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Full text of "Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände : . Bd. 11,2 D - J, und im Anhange Artikel über die katholischen Glaubenslehren von F - K"

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Converſations-Lexikon. 
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Siebente Driginalauflase 


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Zweiter Band. 


| 30 bis C. 





Zur Nachricht. 


Von der fiebenten Originalauflage dieſes Werks find drei verfchiedene Ausga 
veranftaltet worden, die zu folgenden Preifen ſowol durd den Verleger als dı 
alle andre Buchhandlungen des In⸗ und Auslandes bezogen werben Finnen. 

Mr. 1, auf weißem Drudpapier, Pränumsrationspreis für das ganze W 

15 Thlr., oder 27 Ft. Rhein. 

Nr. 2. auf gutem Schreibpapier, 20 Thlr., oder 36 1. Rhein. 

Mr. 3, auf ertrafeinem Velinpapier, 36 Thlr., ober 64 51. 48 Kr. Rhein 
Sammler, bie fi) in portofreien Briefen an den Verleger wenden und ben $ 
trag ihrer Beftellung gleich beifligen, erhalten auf ſechs Eremplare das fiebe 
frei oder Eönnen, wenn fie verfchiebene Ausgaben wählen, bei einem Beträge ı 
wenigftens 105 Thalern Ein Siebentel davon ald Rabatt in Abzug bringen. 


Allgemeine Deutiche 


Real— Encyhklopaͤdie 


für 


die gebildeten Stände, 
(Converſations-Lexikon.) 


In zwoͤlf Baͤnden. 





Zweiter Band. 
Bo bis C. 


Siebente Originalauflage. 


ie ſie der Verfaſſer ſchrieb 
re wie fie ber Disfaft Drucke, 
Deffen Muͤh' ift, daß er 
Andrer Mühe ftete zu Grunde. 
Salderon. 





Leipzig: 
5... Brokhaus. 


1827. EN 
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B. 


Adernatter, eine zahlreiche, in Amerika einheimiſche Schlangengattung, 
arch Größe und durch viele Schilder ihrer Haut am Bauche und am 
klei welcher leßtere immer ſpitz ausläuft; der Kopf hat eine 
Es gibt folgende Arten: 1) Constrietor, diefe hat bie meifte Stärke, 
hön, aber nicht giftig; 2) Sceytale, aſchfarbig und doch dabei bunt; 
ris, durch die Ringe um ihre Haut Eenntlidy; 4) Canina, grau von 
it einem Kopfe, der dem des Hundes gleicht; 5) Phrygia, mit befon- 
we Haut, weiß mit aſchgrauen Rüdenfleden ; 6) Hortulana, 2— 4 
‚ gelbgrau mit braunen Flecken, die wie Heine Gartenbeete alter Verzie⸗ 
ichen; 7) Fasciata, gelb mit dunfelblauen Streichen; 8) Viperina, 
3, mit ſchwarzen Streichen Über den Rüden; 9) Lineata, fehr giftig, 
nit weisen Punkten und Linien in Bogenform, mit einem weißlichen 
und endlich 10) Annulata , eijenfarbig mit ſchwarzen runden Flecken. 
istrictor gehört die Rief enf hlange (Anaconda oder Abgottsfchlan- 
e ift oft mehre Klaftern lang, hat die Dicke eines Mannes, eine gelbs 
Ei in der Länge des Ruͤckens eine Reihe ſchwarzer, fechsediger, blafs 
I autgefchnittener Flecken. Der Schwanz allein macht ein Drittel der’ 
13, eft fogae noch mehr. Selbſt einen Stier kann diefe Natter, welche 
ABdtumen herabfchießt, durch Umfchlingung erdrüden und ihm die Kno⸗ 
schen. Ginen folden großen Thierkoͤrper vermag fie hinabzumürgen , nach⸗ 
ihn mit ihrem gelben Geifer glatt auf der Oberfläche gemacht hat. Sie 
an fo unbehuͤlflich, daß fie in biefem Zuftande leicht erlegt werden kann. 
bie Menichen in einer Gegend ſich vermehren, verfchwinden diefe großen 
en, welche Amerikas Wilde als einen Lederbiffen verzehren. Nur in 
yima trifft man noch bisweilen Hiefy Sciarse/ noͤrdlicher ſind ſie bereits in 
amerikaniſchen Freiſtaaten vecigt 
occaccio (Giovanni), deffen Mame, void Mazzuchelli mit Recht fagt, 
t tauſend Lobfprüche gilt, war der Sohn eines Kaufmanns in Florenz; 
wilie ſtammte von Gertaldo,. einem Dorfe in Toscana, daher er fich ſelbſt 
aldo nennt. Boccaccio, bie ircheliche Frucht einer Verbindung, welche fein 
ı Paris, wohin ihn Handelsgefchäfte gerufen, eingegangen war, wurde 
1313 geboten. Fruͤhzeitig nad) Florenz gebracht, begann er hier feine 
ı und verrieth ſchon als Anabe einen entſchiedenen Geſchmack für die Poefie. 
a 10. Ss. übergab ihn fein Vater einem Kaufmanne, bei dem er die Hands 
ernen follte. Diefer führte ihn nach Paris und behielt ihn 6 Jahre bei 
ne daß er ihm Neigung für den Kaufmannsftand hätte einflößen können. 
wenig bewirkte dies feln achtjähriger Aufenthalt in Neapel. Statt mit 
ten zu verkehren, fchloß er die innigfte Sreundfchaft mit mehren neapolita= 
und florentinifchen Gelehrten, welche der Eunftlichende König Robert dahin 
batte. Nichts beweift, daß er Theil an dem Wohlwollen diefes Fuͤrſten 
vol aber genoß er ber befondern Gunſt einer natürlichen Zochter Roberts, 
t mehre Werke in Profa und Verfen fchrieb, und der er unter dem Namen 
tta oft darin huldigt. In glüdlichen äußern Verhaͤltniſſen, ig 
er. Siebente Aufl. Bb. II. 1 


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Converſations-Lexikon. 


Siebente Dei ginalauflage. 
Zweiter Band. 
Bo bis C. 


Ä Zur Nacdhricht. 


Von der ſiebenten Originalauflage dieſes Werks find drei verſchiedene Ausgal 
veranſtaltet worden, die zu folgenden Preiſen ſowol durch den Verleger als du 
alle andre Buchhandlungen des In⸗ und Auslandes bezogen werben koͤnnen. 

Mr. 1, auf weißem Druckpapier, Praͤnumerationspreis für das ganze We 

15 Thlr., oder 27 Zt. Rhein. | 

Mr. 2, auf gutem Schreibpapier, 20 Thlr., oder 36 Fl. Rhein. 

Mr. 3, auf ertrafeinem Velinpapier, 36 Thlr., ober 64 F1. 48 Kr. Rhein 
Sammler, die fich in portofteien Briefen an den Verleger wenden und den Ü 
trag ihrer Beftellung gleich beifügen, erhalten auf fech® Eremplare das fiebe 
frei oder Eönnen, wenn fie verfchiebene Ausgaben wählen, bei einem Betrage & 
wenigſtens 105 Thalern Ein Siebentel davon ald Rabatt in Abzug bringen. 


Allgemeine Deutiche 
Real-EncyElopädie 
für | 


die gebildeten Stände, 


(Converſations-Lexikon) 


In zwoͤlf Baͤnden. 





Zweiter Band 
380 bis C. 


Siebente Driginalauflage 


Wie fie der Verfaſſer fchrieh, 

Richt wie f ie ber Diebftabt Bructe, 

Deffen Wuͤh' iſt, baf er 

Andrer Mühe ftetz zu Grunde. 
Salderon. 





nn 
Leipzig: 
%. 2. Brockhaus. 
1827. . 





7} 


B. 


oa, Adernatter, eine zahlreiche, in Amerika einheimiſche Schlangengattung, 
ib durch Größe und durch viele Schilder ihrer Haut am Bauche und am 
wanze auszeichnet, welcher legtere immer ſpitz ausläuft; der Kopf hat eine 
dung. Es gibt folgende Arten: 1) Constrictor, diefe hat die meifte Stärke, 
ſebt ſchoͤn, aber nicht giftig; 2) Sceytale, afchfarbig und doch dabei bunt; 
Senchris, durch die Ringe um ihre Haut kenntlich; 4) Canina, grau von 
te, mit einem Kopfe, der dem des Hundes gleicht; 5) Phrygia, mit befon: 
$ fhöner Haut, weiß mit aſchgrauen Rüdenfleden; 6) Hortulana, 2— 4 
ẽlang, gelbgrau mit braunen Flecken, die mie Eleine Gartenbeete alter Verzie⸗ 
13 ausſehen; 7) Fasciata, gelb mit duntelblauen Streichen; 8) Viperina, 
farbig, mit ſchwarzen Streichen über den Rüden; 9) Lineata, fehr giftig, 
war; mit weisen Punkten und Linien in Bogenform, mit einem weißlichen 
abe; und endlich 10) Annulata, eijenfarbig mit ſchwarzen runden Flecken. 

em Constrictor gehört die Niefenfchlange (Anaconda oder Abgottsfchlan- 
Sie ift oft mehre Klaftern lang, bat die Dicke eines Mannes, eine gelbs 
äne Ferbe, in der Länge bed Ruͤckens eine Reihe ſchwarzer, fechdediger, blafs 
t, eral ausgefchnittener Flecken. Der Schwanz allein macht ein Drittel der ' 
ange am, oft ſogar noch mehr. Selbſt einen Stier kann diefe Natter, welche 
ya ver Binmen herabſchießt, durch Umfchlingung erdruͤcken und ihm die Kno⸗ 
hen brechen. Einen ſolchen großen Thierkörper vermag fie hinabzuwuͤrgen, nach⸗ 
rm ſie ibn mit ihrem gelben Geifer glatt auf der Oberfläche gemacht hat. Sie 
sed daan fo unbehuͤlflich, daf fie im dieſem Zuftande leicht erlegt werden kann. 

Eebald die Menichen in einer Gegend fid) vermehren, verfchwinden diefe großen 
Editing, weiche Amerikas Wilde als einen Leckerbiſſen verzehren. Nur in 
Ehtcarsiina trifft man noch bieweilen dieſe⸗ Erhiange, nördlicher find fie bereits in 
Im aerdamerikaniſchen Steiftanten verfiigt:- 

Boccaccio (Giovanni), Leſſen Name, wid Mazzuchelli mit Recht fagt, 
Men für taufend Lobſpruͤche gilt, mar der Sohn eines Kaufmanns in Florenz; 
—— ſtammte von Certaldo,- einem Dorfe in Toscana, daher er ſich ſelbſt 

de Certaldo nennt. Boccaccio, die iincheliche Feucht einer Verbindung, welche fein 
Baer zn Paris, wohin ihn Handelögefehäfte gerufen, eingegangen war, twurbe 
1313 geboten. Frühzeitig nach Florenz gebracht, begann er hier feine 
dien und verrieth ſchon als Knabe einen entſchiedenen Geſchmack für die Poefie. 
dem 10. Ss. übergab ihn fein Vater einem Kaufmanne, bei dem er die Hand: 
erlernen follte. Diefer führte ihn nad) Paris und behielt ihn 6 Jahre bei 
‚ ohne baf er ihm Neigung für den Kaufmannsftand hätte einflößen können. 
fe wenig bewirkte dies fein achtjähriger Aufenthalt in Neapel. Statt. mit 
kaflıten zu verkehren, fchloß er die innigfte Sreundfchaft mit mehren neapolita= 
ſchen und florentinifchen Gelehrten, welche der Eunftlichende König Robert dahin 
jogen hatte. Nichts bemeift, daß er Theil an dem Mohlwollen diefes Fuͤrſten 
tte, mol aber genoß er der befondern Gunſt einer natürlichen Zochter Roberts, 
edie er mehre Werke in Profa und Verfen fchrieb, und der er unter tem Namen 
mmetta oft darin huldigt. In glüdlichen dußern Verhättniffen, mit einem 
Fead æcx. Siebente Aufl. Bd. II. 1 


2 Boccaccio 


lebhaften und heitern Geiſte, einem fimften und gefälligen Charokter, der gluͤck⸗ 
liche Liebhaber einer Koͤnigstochter, mußte der ihm beſtimmte Stand ihn mehr als 
je mit Widerwillen erfüllen. Der lebhafte Geſchmack, den die Prinzeſſin un der 
Dichtkunſt fand, der vertraute Umgang mit wiſſenſchaftlichen Männern, das 
Grabmal Virgil's, das er auf einem Spaziergange bei Neapel erblickte, die Ges 
genwart Petrarca's, der mit hoͤchſter Auszeichnung bei Hofe aufgenommen reazb, 
und von Neapel nad) Rom ging, um den Dichterlorber zu empfangen, die Ver- 
bindung, welche Boccaccio mit ihm gefchloffen: Alles wirkte mächtig auf feine na= 
türliche Neigung, ſich für Literatur und Poefte zu entſcheiden. Nachdem cr zwei 
Sabre in Florenz bei ſeinem Vater verlebt hatte, Eehrte er nach Neapel zuruͤck, wo 
ihn die Königin Sohanna fehr guͤtig aufnahm. Man glaubt, day er nicht mins 
ber um biefer jungen Königin, als um feiner Fiammetta zu gefallen, feinen „De- 
camerone’' fchrieb, der ihn, ohne Nebenbuhler, zum erften italieniſchen Proſaiker 
erhebt. Nachdem ihn feines Vaters Zod zum Herm feiner Neigungen gemacht 
hatte, ließ ex ſich in Slorenz nieder, wo feine erfte Arbeit die Befchreibung der 
fucchtbaren Peft war, mit welcher er einleitend den Decameron eröffnete. Spaͤ⸗ 
ter fchrieb er das Leben des Dante. Er warb gewählt, Petrarca nach Pabua bie 
Nachricht zu bringen, daß man ihn zuruͤckberufen und das Vermögen feines in der 
Verbannung geftorbenen Vaters freigegeben habe. Dort war cd, wo Belde eine 
Freundſchaft für ihr ganzes Leben fchloffen. Als einige Jahre nachher Boccaccio 
durch den Ankauf Eoftbarer Bücher und durch Vergnügungen fein mäfiges Vermoͤ⸗ 
gen erfchöpft hatte, fand er in Petrarca die großmuͤthigſte Huͤlfe; nicht minder 
war Ihm derfelbe für feine Schriften und für fein Leben ein trefflicher Nathgebet 5: 
ihm dankte er vornehmlicd, die Veränderung, die in feinem Weſen vorging. Eis‘ 
fterbender Carthaͤuſer hatte ihm zu einer gänzlichen Entjagung aller Freuden der 
Melt bewogen ; Petrarca milderte diefen Entſchluß und führte ihn zu einer Mägis 
gung zurüd, welche den echten Weifen auözeichnet. Neue Unruhen in $loren;: 
bewogen ihn, fich nach Certaldo zurüdzuziehen, mo er ein Eleined Landgut befaß:: 
‚um bier ruhig feine Arbeiten fortzufegen. Segt verfaßte er mehre kiftorifhe Werk. 
in lateinifcher Sprache. Eins derfelben war das erfte neuere Werk, worin fid: 
mpthologiiche Nachrichten gefammelt finden, die in den Schriften der Alten zer: 
ſtreut find. Er verftand ſehr gut die grich. Sprache und hatte auf feine Koflerz 
den Leontius Pilatus aus Theffalonich von Venedig nach Florenz kommen laffen: 
welchen er drei Jahre in feinem Haufe unterhielt, um von ihm Griechiſch zu led 
nen, den Homer mit ihm zu erflären und von ihm ind Lateinifche überfegen zu laſod 
fen. Er hat den Ruhm, daß er zuerft aus Griechenland auf feine Koften Ab 
Schriften der Stiade und der Odyſſee kommen ließ, und rocder Mühe noch uf, 
wand fparte, fich gute griech. und latein. Handfchriften zu verfchaffen. BZugieid 
bediente er fich feines ganzen Einfluffes, um feine Zeitgenoffen zur Erlernung bau 
Griechifchen anzufeuern und das Studium des Alterthums an die Stelle der n 
laſtik zu fegen. Das Anfehen, das er ſich erworben hatte, war Urfahe, daß e 
zweimal In wichtigen Angelegenheiten an den Papft Urban V. gejandt wurde. 
vollzog diefe Aufträge und kehrte nach Certaldo zu feinen Studien zurüd. Ge 
befiet ihn eine langwierige und widrige Krankheit, die ihn noch lange in einem, 
Zuftande von Abfpannung ließ, peinlicher als die Krankheit felbfl. Er gemat, 
um eine ſchwierige, aber für ihn doppelt fhmeichelhafte Arbeit zu unternehmen . 
Dante war ſtets der Gegenftand feiner hödhften Bewunderung gewefen. Die His. 
rentiner, die diefen großen Mitbürger einft verfolgt und verbannt hatten, 

teten jest, um fein Andenken zu verföhnen, einen Sffentlichen Lehrſtuhl für & 
Erklaͤrung feines Gedicht3, das in demfelben Maße dunkler warb, als man 
von der Zeit, in der es gefchrieben worden, entfernte. Diefe neue Profeffur wurde 
Boccaccio anvertraut, und er lag ihr mit einem fo raftlofen Eifer ob, daß feine Gem 





Boccage 8 


dheit fich nie wieder völlig befeftigen Eonnte. Dazu Fam bie Nachricht von dem 
de feine® Lehrers und theuerften Freundes Petrarca. Er überlebte ihn nicht 
über ein Jahr und flach zu Gertaldo den 21. Dec. 1375. Auf fein Grabmal 
eman folgende, von ihm felbft verfaßte Inſchrift: 
Hac sub mole jacent cineres ac ossa Joannis, 
Mens sedet ante deum meritis ornata laborum 


Mortalis vitae. Genitor Bocchaccius illi, 
Patria Certaldum, studium fuit alma poësis. 


ccxcio erfcheint in allen feinen Werken als ein Dichter von der reichten Exfin- 
25. lebendigften Einbildungsktaft und dem zarteflen und glühenbfterr Gefuͤhl. 
a „Decamerone”, ber eine Sammlung von hundert, zum Theil aus proven- 
hen Dichtern entlehnten Novellen enthält, hat feinen Ruhm vor allen Abrigen 
ruͤndet. Er malte in demfelben, role auf einer ungeheuern Leinwand, Men: 
n ven allen Ständen, allen Charakteren, allen Altern, und Creigniffe aller 
‚ kie ausgelaffenften und heiterften, wie die rührenbften und tragifchften, und 
te dabei die italienifche Sprache zu einem bis dahin noch nicht erreichten Graide 
. BVielfaͤltig iſt der Decameron (deutfch von Soltau) überfegt und von u? 
igen Schriftſtellern aus ihm gefchöpft worden. Won feinen übrigen Werken 
ten wir mir folgende an: „La Teseide ”, der erfte Verſuch einer italien. Epo: 
: und in Ottaven gefchrieben, für deren Erfinder Boccaccio gilt; „Amorosa 
one”, ein großes Gedicht in Zerzinen (die Anfangsbuchftaben der Zerzinen bil 
wei Sonette und eine Canzone zum Lobe der Prinzeffin Maria, feiner Ge⸗ 
zn, die er bier mit ihrem Namen zu nennen wagt); „Il Filostrato”, ein ro: 
ziibes Gedicht in Dttaven; „Nimfale fiesolano ”, ebenfalls in Ottaven; 
ine“ (bie meiften feiner Sonette, Ganzonen u. a. Liebesgedichte hatte Boc⸗ 
is, nachdem er die italien. Poefien Petrarca’s gelefen, verbrannt und die vorhan⸗ 
un ichemen fich wider feinen Willen erhalten zu haben); „Il Filocopo, ovvero 
norena fatiea ’’, ein Fagdbroman; „L’amorosa Fiammetta”, ein lieblicher 
mau, ber auch den deutſchen Leſern durch die Überfegung der Soph. Brentano 
unnt iſt; „L’Urbano” (mird von Einigen für untergefchoben gehalten); „L’A- 
te ossia Nimfale d’Ameto”, ein aus Profa und Verfen gemifchtes Gedicht, 
dem Schlegel in f. „Blumenfträußen” Einiges gegeben bat ; „U Corbaccivo 
ia Labirinto d’Amore”, eine beißende Schmähung gegen eine Frau, die ihn 
a Urrillen gereizt hatte; endlich „Origine, vita e costumi di Dante Ali- 
eri”, durch manche Einzeinheiten anziehend, und fein „Commento sopra la 
nmedia di Dante”, der aber nur bis zum 17. Gefange der Hölle reicht. ©. 
m Werke find: „ De genealogia Deorum libri XV“; ‚De montium, 
lrarım, Iacuum, fluviorum, stagnorun et marium nominibus liber‘; „De 
übas rirorum et feminarum illustrium libri IV”; ‚De claris mulieri- 
“ und „Eclogae.” ine Überficht der Ausgaben feiner Werke gibt Ebert's 
Stiegr. Lexikon.“ Kuͤrzlich hat Graf Baldelli fein Leben befchrieben. Auch fin- 
fh eine Biographie des B. in Wismayer’s „Pantheon Italiens“ (ILL. Heft). 
neue krit. Ausg. de „Decamerone”, mit einem hiftor. liter. Gommentar 
d dem Leben des Boccuccio, gab Biagoli (Paris 1823 fg.) in 5Bdn. heraus. 
Boccage (Marie Anme du), berühmte franzöfifche Dichterin, Mitglied 
Akademien su Rom, Bologna, Padua, Lyon und Rouen, geb. in dieſer letz⸗ 
n Stadt 1710, geſtorben 1802. Sie war die Gattin eines Steuereinnehmerd 
Dieppe und bald deffen noch fehr junge Witwe. Ihre Erziehung erhielt fie in 
is in einem Kofler, wo ſchon ihre Neigung fie zur Dichtkunft hinzog. Als 
a fie verbarg diefe Talente, fo lange die Reize der Jugend 'noch blühten, und 
achte ihre Geifteserzeugniffe erft 1746 bekannt. Zuerft ein Gedicht über den 
echielſeitigen Werth der ſchoͤnen Künfte und Wiffenfchaften; diefes erhielt bei 
1* 


£ Boccherini Bocksbeuteleien 


se Lie. su Rouen den Preis. Hierauf verſuchte fie eine Nachahmung von bei 
„Preznmm Paradies” in ſechs Gefängen, dann vom „Tod Abel's“; gab eine Trag 
be „Zi? Amazonen” u. ein Gedicht in zehn Gef.: „Die Colombiabe”, heraus. Mı 
rm 22 Biccage ward von ihren Zeitgenoffen mit einem Feuer geprieifen, welch 
zz 27 Geſchlecht und der Reiz ihres Betragens entichuldigen Eönnen. Forn 
Venas, arte Minerva war der Mahlfprud) ihrer Bewunderer, unter die felf 
Erite, Fontenelle und Clairaut gehörten. Sie war immer von den ausgeseid 
stm Männern umgeben, und eine Menge Gedichte, welche gefammelt meh 
Bin2e füllen würden, priefen fie. Am anziehendften find die Briefe, die fie ai 
i?ren Reifen in England und Holland fchrieb, und aus denen man am deutlichfti 
ten Eindrud kennen lernt, den fie auf ihre Zeitgenoffen machte. Die Werke di 
ſer berichmten Frau find ing Engliſche, Deutfche, Spanifche u. Stalienifche überfet 

Boccherini (Luigi), ein berühmter Snftrumentalcomponift, geb. 174 
zu Lucca, erhielt vom Abt Vanucci, Mufitmeifter des Erzbiſchofs, den erflı 
Unterriht in der Mufit und auf dem Violoncell. Sein Vater, ein gefchidt 
Gontrabaffift, bildete feine glüdlichen Anlagen mit Sorgfalt und fandte ihn en 
li nach Nom, wo er ſich durch ebenfo zahlreiche als trefflidhe Compofition: 
großen Ruhm erwarb. Wenige Sabre darauf fam er nad) Lucca zuruͤck. Filij 
pino Manfredi, ein Schäler Nardini's und Landsmann Boccherini's, war geral 
daſelbſt. Sie wurden bald innige Freunde und gingen nad) Spanien, deſſen R 
gent die erften Zatente um fich verfammelte. Boccherini, den der König mit E 
ren und Gefchenten überhäufte, ließ ſich leicht bervegen, in Spanien zu bleibe 
Er warb bei der Akademie angeftellt, mit der Verpflichtung, jährlich) neun Stuͤt 
feiner Compofiticn zu liefern, welches Boccherini auch leiftete, bie er 1805 in ſi 
nem 66. Sahre zu Madrid ftarb. Der König von Preußen, Friede. With. II 
der ein großer Liebhaber des Violoncells war und feine Gompofitionen liebte, e 
theilte ihm eine anfehnliche jährliche Penfion unter der Bedingung, ihm jaͤhrli 
einige feiner Quartetten und Quintetten einzufenden. Die Gompofitionen, dd 
Bochherini felbft herausgegeben bat, im Ganzen 58 Werke, find Symphonie 
Sertetten, Quintetten, Quatuors, Trios, Duetten und Sonaten für Vielin 
Violoncell und Zortepiano. Außerdem gab es noch mehre Quintetten und einzel 
Geſangſtuͤcke von ihm in der Handfchrift, von denen einige Sammlungen nad fi 
nem Tode (bei Simrock in Bonn) erfchienen find. Kür das Theater bat er nic 
gearbeitet und für die Kirche ift unter feinen beransgeg. Sachen das einzige „Stab 
mater.” Die Adagios von Boccherini find die Bewunderung der Kenner und ! 
Verzweiflung der Kuͤnſtler feiner Zeit gewefen. Man kann Boccherini ale d 
Vorläufer Hapdn's anfehen, denn er hat zuerſt Inſtrumentalquartetten geſchr 
ben, wovon alle Partien obligat gearbeitet find, und den wahren Charaßter bie 
Gattung beflimme. Seine melodiöfen Compofitionen werden in Frankreich u 
Spanien mehr noch) als in Deutfchland geſchaͤtzt. 

Bocchetta, ein enger, durch drei Schanzen geſchuͤtzter Gebirgepaß t 
Apenninen, welcher aus der Lombardei nach Benun führt. Er ward in dem oͤſ 
Erbſolgekrieqe (1746 u. 1737) und in dem franz. Kriege gegen das Ende dee 1 
Jahih. durch wichtige Freigniffe bezeichnet. 

Bocksbeuteleien, veraltete Gewebubeiten, ein Halten an den Hi 
koͤnmillchen und Formlichen auch da, wo der beabfichtigre Zweck diefe Beibehaltu: 
mit mehr nothlz macht. Der Ausdruck ſchreibt fich von den Beuteln ber, in wı 
Aeninn Mittelaller die Rathaherren, befonders in Hamburg (vgl. Zimmermann 
„Shremf von Hambing“, &, 384), die Statuten auf das Ratbhbaus truge 
Ane⸗le Wentel heiten iin Miederfichfifchen Becksbuͤdel (Buchsbeutel). Da nun! 
fpitenn „beit in den Statuten ber frühern Zeit manche für fie nicht mehr paffen 
iluribyn⸗deci⸗, ſo nannte man das Dringen auf dir Beibehaltung ſolch 


Boͤckh Bode (Joh. Joach. Chriſtoph) 


unzweckmaͤßigen Statuten - - in weiterer Ausdehnung — aller unzmedmäßige: 
Eimichtungen, Gebraͤuche und Gewohnheiten — Bodsbeuteleien. 11. 
Boͤckh (Auguſt), geb. zu Karlsruhe 1785, fludirte zu Halle, war in Ber 
En Mitglied des paͤdagog. Seminars unter Gebide, wurde 1807 außerordent! 
Prefeflor der Philologie zu Heidelberg und Eehrte 1811 als Profeffor der claffifcher 
iteratur nach) Berlin zurüd. Er leitet als Director das philol. Scminar u. nac 
Eeizr'd Tode ift ihm die Direction des päbagog. Seminars übertragen worden 
Zur Birke werden Boͤckh's Namen in der alten Kiteratur unvergeffen maden, | 
Auts. des Pindar, die er durd) ein „Specimen emendationum in Pindari car 
miss” (1810) und durch „Observationes criticae in Pindari prim. Olymp 
arm.” (1811) antündigte (die große Ausg. Leipz. 1811 — 1821, 3 Bbe., 4.) 
Eine neue Anordnung der Pindar’jchen Versmaße ift auf tief eingehende Unterfu 
denzen über die Muſik der Griedjen begründet. Auch Diejenigen, die von de 
Boͤch ſchen Vorſtellung ganz abgehen, haben feiner Gelehrfamfeit Anerkennung 
ſanem Scharffinne ihre Bewunderung nicht verfagen koͤnnen. Das zweite Wer: 
Fre „Staatshaushaltung der Athener‘ (4 Bücher, Berlin 1817, 2 Bde). Di, 
Dertſchen haben nod) keine Schrift gehabt, die über das Staatsleben und die df 
fratiiche Verwaltung eines alten Volks ſolches Licht verbreitete und zugleich für di 
ameſte Zeit von fo praktiſchem Nugen waͤre. Für die Erklärung der attifchen Red 
ner and Befchichtfchreiber ift durch fie ein neuer Weg gebahnt worden. Boͤckh ha 
de 21 Inſchriften hinzugefügt. In den legten Jahren ift er eifrig befchäftigt ge: 
wer mit dem unter den Aufpicten ber Bert. Akademie der Wiffenfchaften, derer 
Mizliet er if, herauszugebenden „Corpus Iascription. Graec.”, deffen 1. Hef 
Ber. 1825 in Fol. erfchien. Die kleinern Schriften dieſes Gelehrten betreffen größ 
tmtheiis Plato, deffen Werke er früher herauszugeben verſprach, und Platoniker 
Bose (Joh. Joach. Chriftoph), geb. 1730 zu Braunfchweig, wo fein Va: 
in Sort war, nachher feinen Abſchied nahm und in Schöppenftädt als Ziegel: 
ſirrichet kͤnmerlich fein Leben feiftete- Hier erhielt der junge Bode mit anderr 
Seuertaaben den erften Unterricht im Lefen und Schreiben. Als ihn der Vater 
bei feinen ſchweren Arbeiten nicht gebrauchen konnte, brachte er ihn zu feinem 
Secnatz, um die Schafe zu hüten. Er fchien jedoch ſelbſt hiezu unfähig unt 
man nannte ihn nur den dummen Chriftoph. Er felbft fühlte in ſich den Beru 
aach etwas Hoͤherm und befonbers große Neigung zur Muſik. Sein ganzer Sinr 
war darauf gerichtet, wie er nad) Braunſchweig kommen Eönnte, um dort etwas 
mirmen. Endlich gelang es ihm, feines Vaters Bruder zu bewegen, daß er ihn 
15 J alt, nach Braunfchweig zu dem Stadtmuſikus Kroll in die Lehre bracht 
wärst Lehrgeld für ihn bezahlte. Er mußte ſich hier zu den niedrigften Dienfter 
keumıa. Sein muſikaliſches Genie entwidelte fich ſchnell und er lernte die mei 
fer Bisfe= und Saitminfttumente mit Fertigkeit fpielen. Nach fieben Lehrjah 
ten ebielt er die Stelle eined Hautboiften. Er heirathete jest ein junges Mädchen 
write fich aber dadurch oft in Öeldverlegenheiten. Um fich in der Muſik weite 
ie derrellkommnen, ging er nad) Helmſtaͤdt zu Stolze, einem Virtuofen auf dem 
Vañen. Durch einen Studenten, feinen Freund, ward er jest mit der franz. 
teien. und latein. Sprache befannt, und durch den M. Stodhaufen mit der Theo: 
ne der Ichönen Künfte und ber engl. Spradye. Don Helmflädt wandte er fid) nad 
Gele, immer ald Hautboift. Er gab hier zwei Sammlungen von ihm componit 
ter Lieder heraus. Nachdem er in Celle Frau und Kinder durd) den Zod verloren 
katte, wandte er ſich nach Hamburg, wo er fid) endlich auf einem feinen Zalenteı 
anzemeifenen Schauplage befand. Er uͤberſetzte Romane und Theaterftüde 
trat er im den Freimaurerorden, beffen Angelegenheiten er fpiäterhin zun 
Hauptzefchäft feines Lebens machte. 1762 und 1763 führte er die Redaction de 
„Damburger Gorrefpondenten”; dabei trich er fleißig die Muſik, und fo traf es ſich 


6 Bode (Joh. Elert) Bodenfee 


das eine feiner Schlilerinnen, welche reich und ſchoͤn war, ihm ihre Hand g 
Sie ſtarb dald, und obgleich er auf den größten Theil ihres Vermögens verzicht, 
fo blieb ihm doch genug, um ein unabhängiges Leben zu führen. Jetzt erwachte 
ibm ein alter Lieblingsgedanke: er wurde Buchdruder. Das erfte Werk aus Bot 
Buchdruckerei war Leſſing's „Dramaturgie. Bode, der fi) wieder mit der Tod 
des Buchhaͤndlers Bohn verheirathet hatte, faßte jest mit Leffing den großen P 
zu einer Buchhandlung der Gelehrten. Die Werke des Genies und des Gefchm: 
follten bier zum Vortheil der Verfaſſer gedruckt werben. Allein Zeffing war 
Geſchaͤfte dieſer Art nicht gemacht und aud) Bode mißlang der Plan, da es ihm 
taufmännifchen Kenntniffen fehlte. 1778 folgte er der Witwe des großen Be 
ftorff ats ihr Gefchäftsführer nach Weimar, wo er feitbem mit literarifchen Arl 
ten ſich beſchaͤftigte und 1793 ftarb. Der Hof von Meiningen hatte ihn zum £ 
rath, der gothaifche zum Legationsrath und der darmftädtifche zum Geheimem 
ernannt. Gluͤckliche Überfegungen der eigenthuͤmlichſten Werke, befonders 
Engländer, erwarben ihm einen ausgezeichneten Rang unter ben deutfchen Schr 
ftelen. B. wußte feinen Überfegungen einen Anſtrich von Eigenthuͤmlichkeit 
geben, wodurch fie eine wahre Volksthuͤmlichkeit erhielten. Seine vorzüglich] 
lÜberfegungen find „Vorit’8 empfindfame Reife”, „Triſtram Shandy’s Leber 
der „Dorfprediger zu Wakefield“ und Montaigne’s „Verſuche““. „Tom Jones" 
ihm am wenigften gelungen. 

Bode (oh. Elert), Aſtronom, yeb. zu Hamburg 1747, zeigte früh 9 
gung für die mathematifchen Wiſſenſchaften, in denen ihn fein Vater, dann 
berühmte I. G. Buͤſch unterrichtete, und gab den erften Öffentlichen Beweis fei 
Kenntniffe durch eine Eleine Schrift bei Gelegenheit der Sonnenfinfterniß am 
Aug. 1766. Der Beifall, welcher ihn zu Theil ward, ermunterte ihn zu < 
Bern Arbeiten und bereits 1768 erfchien f. „Anleitung zur Kenntniß des geftim 
Himmels’ (9. Aufl. 1822): ein gemeinverftändliches Lehrbuch der Aftronon 
das sur Verbreitung richtiger aſtronomiſchen Kenntniffe fehr nuͤtzlich gemirft 
und ncdy wirkt, da e8 den Fortſchritten der Wiſſenſchaft in feinen wiederholt 
Aufizyen gifelstift. 1772 ernannte ihn die berfiner Akademie zu ihrem Aſtror 
men; 30 Jahre nachher ward er wirklich zu ihrem Mitgliede aufgenommm. S 
tem bat er fih, rornehmlich durch Schriften, mannigfaltige Verdienfte um fe 
Miffentaft erworben. Die vorzuͤglichſten darunter find f. „Afttonom. Fahr 
Ar“ (fei 1774), eine jedem Aftronomen unentbehrliche Sammlung, und | 
gteßer „Himmelsat!as“ in2O BL, in welchem ber fleißige Herausgeber 17,2 
Eirene d. h. 12,00 Sterne mehr, als die frühern Charten enthalten) verzeich 
bat. S. „Entwurf ter aſtrenem. Wiffenfhaften ” (Berlin 1793) erfchien un 
arbeite: in einer neuem Auf. (Berlin 1325). "Bode, deffen Subiläum gefe 
mectenecör, wart: 1525, nach feinem Wunſche, feiner Verpflichtungen bei 
Akatemie tor Wiſſeni hHaften und bei der Sternivarte in Berlin enthoben. An fi 
Sir tem Titſe. Ende, bisher Aftronom zu Gotha. 

odenſee Her“ Bodmanfee, von bem alten Schloß Bobman), c 
terftanzer Sie, or "tn Deutſchland und ber Schweiz, hat zwölf Stunden 
tie gripar Yarıo, or Ztuntin in der größten Breite und 368 Klaftern in 
weßen Ziele, 165559 Zu 29: dom Meere. Gr wird in den Zeller, unten ı 
buenore ter ho Gorombitt Mehre Fluͤſſe ergiefen fich in denfelben, 3. 
ter kb, oe de Ferenst gineins und bei Stein am Rhein wieder hinaustı 
feener tu Fire, or Zeum, die Schüffen, und vier Flüffe, die den Nan 
Lad Mm ur Fee Tour 35: Inſeln Lindau, Reichenau und Meinau. 
enttat v3 Zen Zoot ur ZA;reimmüggel, 20 Arten Condyylien und 
Ann uα je Lachsforellen. Handel und Schifffa 
ud wgamn dus Wir tn ZIut auſen nicht betraͤchtlich und beſchraͤnken 


Bodin Bodmer | 


uf Setreibe, Salz und Seewein, wie man ben Wein diefer Gegend nennt. € 
it ſeit 1695 nie wieder ganz zugefroren. 1824 ward auf ihm eine Dampfſchiff 
fahrt eingerichtet. 

Bodin (Fcan), Staatöichrer des 16. Jahrh., geb. 1530 oder 1529 z 
Inzers, ſtudirte zu Toulouſe die Rechte und trat dann ebendaſelbſt als Lehrer de 
Rechte auf, begab ſich darauf nad) Paris und prakticirte. Da es ihm in biefe 
Laufbahn nicht gelang, Aufmerkſamkeit zu erregen, fo widmete er fich literariſcher 
Arbeiten. Der Ruf feiner Gelehrſamkeit und feines Witzes bewog Heinrich III 
ihn an feinen Hof zu ziehen. ‚Allein da er durdy Nebenbuhler in deffen Gunft ver 
drinet ward, fo ſchloß er fi) an den Bruder bes Könige, Franz, Herzog v. Alencoı 
er Anjen, an, der ihn zu feinem Cabinetsſecretair machte, auch ihn mit au 
raze Reifen nad) England und Flandern nahm. In Cambridge fand er fich feh 
ceſcherichelt, Über fein Buch „Vom Staate” (zuerft franzöfifch, dann von Bodir 
vet ind Latein. überfegt) lefen zu hören. Als der Herzog farb, begab er fich 
car Hoffnungen beraubt, nad) Laon, heirathete dafelbft, erhielt eine Gerichts 
fie ued wurde von dem dritten Stunde in Vermandois 1576 als Abgeordnete: 
a Nu Etinde von Blois gefhidt. Hier vertheidigte er die Rechte des Volks unt 
tz Gewilfensfreiheit der Bürger, wodurch er fich bei dem Hofe viele Feinde zuzog 
Auch terirkte er, daß die Stadt Laon fid) 1589 fir die Ligue erklärte, indem eı 
serweilte, daß der Aufftand fo vieler Städte und Parlamente zum Beten des Her: 
zas sen Guiſe Fein Aufruhr, fondern eine gewaltfame Staatsveränderung (Re: 
tiefen) genannt werden könne. Machher unterwarf er ſich jedoch Heinrich IV. 
& ct 1596 zu Laon an der Peſt. Sein Hauptwerk ift das genannte „De la 
repablique “, worin er den erften voliftändigen Verſuch einer wiffenfchaftlichen 
Veatbeitung der Staatdlehre gab, und, durch feine Erfahrung beftimmt, zii: 
hm tm Anhängern der Monarchie und Demokratie einen Mittelweg einzufchla: 
ęra uhr. Seine „Daemononianie” und fein „Theatrum universae natu- 

race" tem 1596) bemeifen, wie ſich in feinem Geifte Gelehrfamteit mit Aber: 
chem verband ; der Vorwurf des Atheismus aber, den ihm fein „Heptaplome- 
roa” pornehmlich zugezogen, rührt von bem religiöfen Indifferentismus her, den 
mn in demfelben zu feiner Zeit wahrnahm. T. 

Rodmer (Joh. Jakob), ein berühmter deuticher Dichter und Literator, 
see, m Greifenfee bei Zurich den 19. Juli 1698. Sein Vater, welcher Pfarrer 
cu, beffimmte ihn dem geiſtlichen Stande, dann dem Handel; aber der Sohn 
vericktete auf Beides, um feiner Neigung zur Poefie und den hiftorifchen Wiffen- 
(baften zu folgen. Er hatte früh nicht nur die griech. und röm. Dichter, fondern 
sch tie Meiſterwerke der franz., engl. und italien. Riteratur Eennen gelernt. Die 
It und Geſchmackloſigkeit der beutfchen Literatur feiner Zeit leuchtete ihm um 
fe zer ein, und er glaubte fich ebenfo viel Verdienft als Ruhm zu eriwerben, wenn 
er 25 Reformator derfelben aufteäte. Zu diefem Ende verband er ſich mit Brei: 
tizcer (f. d.) und einigen andern jungen Gelehrten, und trat 1721 mit einer 
Zeitichrift auf, „Discourſe der Dealer”, worin einige deutfche Dichter, die da= 
mals in großem Anfehen flanden, vor den Richterſtuhl einer neuen Kritik gezogen 
uztm. So unficher auch zum Theil die Anfichten,, fo gehaltlos und leer auch 
tie Urtheile diefer jungen Kunftrichter waren, fo fichtbar parteiifch gegen die 
Der:ſchen ſich auch Bobmer zeigte (er verwarf unter Anderm den Reim und die 
Maft unbedingt, verurtheilte Hans Sachs ohne alle Gnade u. dgl. m.), fo mad): 
tm dech ſchon der keck und dreift ausgefprochene Zadel, der damals etwas Unge: 
wehnliches war, und der erweiterte Blick auf die ältere deutfche Poefie großes Auf: 
ſeben und regte zu weitern Nachforfchungen an. Gottfched, diefer berühmte Ari: 
ſtacch, der ſeibſt für den erften Stimmführer in der fchönen Kiteratur gelten wollte, 
rad, fi) anfangs zu Gunſten der jungen Schweizer aus, trat aber ln 


2 Apimitii Bodoni 


arı = imm Tade. tum. se De Spite ihter Gegnet. So bideten ñch 
Dacteier du Arien se m Ne fherisriiche, Die ſich nebre Inbre lan 
ante Eromun eimyhın 2 Mirmei es bei dieſer gebe nic an Mleinig! 
ar beider Erzen Tess, "sr herte De doch näsliche Folgen und halt eine glaͤn 
Teint er em Eomoo sehen. Nammeih wirkten tie Schweizer gi 
m =>: trat Io ihre Dimeizunz su dem britiſchen Dichtergeſch 
ix Inden mt One, Kemmin;. Grrebius ud. durch die Lebenſtei 
Six: mm !och ar Betümpfang des Gerticad ichen Goͤtzzn Ber gall 
£etm::ı 1725 ai: Bedintt den Lebrſtubl der belortiſchen Geſchict 
Som Dauıande. 1737 wa? cn Mitgticd des greßfen Raths in Zuͤrich, in 
Eeran smimüeswite Nach dem Tode friner Gattin und Rinder zeg 
anf 1 Landaut zuruct und legte 1775 ſcine Steke eis Profefor nieder. Er 
in Zrih2.2.30n.1783. Since ſctttſtſteltri che Thaͤtigkeit war vielfein, 
unsmidlih: ertrat nicht nur ale ciheriiher Kunftticht et und Üreroter, ie 
auch als Geſchicht hreider und Dich:ret uf. In letßterct Eigmichaft leif 
am wenigſten, wie ſ. „Moadite”, 7. drametiſcen Arbri:rn, !. Üderſetz 
dis Homer, des Apollenius und Michu. m. zur Genase bereiien. © 
Verdienſte erward er ich derd die Hetausgebde alter nateriäadiicher Dichter 
mentlich der Maneſſeſchen Minnefänzer, des Bear, des Opiz (nu 
Band), des Wernicke u. ſ. w., und durch ĩ. „Krit. Dichtkunũ“ (3 Ihe, 1 
welche er Gottſched's aͤbnlichem Werke entzesintegte. Ven Sitten war B 
ſtreng und patriarchaliſch, aber man wirft ihm zer, das er fremdes Verdienſi 
ohne Neid und Eiferſucht anichen konnte. Seine überwiesenden Verdienite j 
ihm indeß ein chrenvelle® Andenken bei der Nechmelt, und Die sröiten Manu 
deutfchen Literatur, Klopſtock und Miriand, reiben ich als Pfleglinge ſein 
ferr vergeffenen Namen an. 

Bodmerei !bottonry, contrat a la grosse, <ier pret a la g 
aventure, cambio maritimo) ift cin Darlehen, weiches auf cin Schiff oder | 
Ladung mit der Bedingung aufgenemmen wirt, daß der Derleibert Bodn 
geber, Bodmeriſt) die Seegefabt mitträat, ao bei sänstidhem Untergange 
ganze Foderung verliert, bei partichem Seeſchaden einen Thetl derſelden ein 
dagegen bei gluͤcklicher Fabrt eins Prämie {höhere Zinſen, oder in der That 
Theil des Gewinns) befemmt. Die Cisentkümer des Schiffes koͤnner 
ES chiffsantbeile, die Befrachtet idre Autbeile an der Ladung, der Schiffer 
nur im Rochfalle Schiff und Ladung verdodmen. Genaue und smedimäßic 
fegliche Vorſchriften ſteilen mehre Gefehgebungen auf, das „Hamburger € 
buch”, Ip. H, Tit. 18, der franzef. „Code de commerce" von 1807, 2 
Tit. 9, und vorzuͤglich das „Preuf. Augen. Landrecht“ (1798), Ih. II, 2 
&. 2359 - 2451. Cine gründliche theoretiſche Darftelung enthält Ben 
„Soſtem des Aſſecuranz⸗ und Rodmereiweſens“ (Hamd. 1310— 1821, I 
und IV, V. J 

Bodoni (Ginmbarifta), Vorſteber der koͤnigl Drudierei su Parma, 
tatboi. Mai. Hofbuchdruder, Mitglied mehrer Akademien Staliens, Ritte 
Ordens beider Sicilien und des Ordens der Reunion, wurde 1740 zu Salu 
Piemont, wo fein Vater eine Buchdruckerei bejak, geberen. Cr beſchaͤftig 
ſchon ats Knabe mie dent Dolzfchneiden. Da feine Arbeiten Beifall fanden, 
er 1798 nad) Rom, um ſich au vervolkommnen, und wart in der Drucker 
Propaganda ale Seper angeftellt. Seine Geichidiichkeit, fein Geſchmach 
fein Betragen erwarben ihm Die Liebe der Vorſteber, auf deren Rath er fid) m 
erientalifchen Sprachen bekannt nachte, um vornebmlich in Dielen arbeiten zı 
nen. Ein großes Verdlenſt erwarb er fich Dadurch um dieſe Druderei, daß 
in Unordnung gerathenen Ponzen vieler orlentaliſchen Alpbabete reinigte un! 


Boerhaave 2 9 


nete. Diefe Arbeit fuͤhrte ihn auf den Gedanken, felbft Lettern zu ſchnei-⸗ 


»d zu gießen. Mad) einer höhern Ausbildung firebend, befchloß er 1766, 
zgland zu gehen. Er befuchte auf dem Wege feine Vaterftadt, mo ihn 
tiges Fieber Überfiel, das feinen Reifeplan zerftörte. Um diefe Zeit hatte 
kant Don Ferdinand, Herzog von Parma, dafelbft, neben andern wiſſen⸗ 
hen Anftalten, auch eine Eönigl. Druderei, nach dem Mufter derer von Bas : 
tadrid und Zurin, errichtet. Bodoni trat an die Spige diefer Anftalt, die 
bu zu der erften diefer Art in Europa erhoben wurde, und erwarb fich den 
„Aues, was feine Kunft früher an prachtvollen und dem Schönheitsfinn zu⸗ 
1 Berken geliefert, bei weiten hbertroffen zu haben. Die Schönheit ſei⸗ 
ren, feiner Schwärze und des Papiers laͤßt ebenſo wenig als die ganze Ans 
3 des Techniſchen etwas zu wuͤnſchen uͤbrig, und ſchwerlich moͤchte es ihm 
gend einer ſeiner Nachfolger zuvorthun; doch kommt der innere Werth ſei⸗ 
gaben dem glaͤnzenden Außern ſelten gleich. Sein Homer iſt ein wahrhaft 
ernswuͤrdiges Prachtwerk; wie denn namentlich ſeine griechiſchen Lettern, 
Uen neuern Verſuchen, am gluͤcklichſten die Zuͤge der Handſchrift nachahmen. 
eſchaͤtt find feine Prachtausgaben der griech., lat., ital. und franz. Claſſiker. 
b su Pabua d. 29. Nov. 1813. 
3oerhaape (Hermann), einer der beruͤhmteſten Ärzte des 18. Jahrh. u geb. 
‚Dee. 1668 zu Woorhout bei Leiden, erhielt von f. Vater eine gelehrte Er⸗ 
r Der junge Dermann verftand noch vor feinem 11. Jahre Griechiſch und 
ih. Ein bösartiges Geſchwuͤr an der linken Hüfte, gegen welches er 7 Jahre 
ke Hülfsmittel der Arzneikunde erfchöpfte, war Urfache, daß er Neigung für 
ziſſenſchaft faßte. 1682 ward er nach Leiden geſchickt, um dort Zheologie 
item. Dier gab er, 20 Jahre alt, die erften Öffentlichen Proben feiner Ge: . 
akeit und Beredtſamkeit. Unter Gronov’s, feines Lehrers im Sriechifchen, 
deb ereine akademiſche Rede: „Qua probatur bene intellectam a Cice- 
et ecenfstatam esse sententiam Epicuri de summo bono‘ (Leiden 1690, 
Beerhaane beftritt darin Spinoza’8 Lehre mit fo viel Talent, daß die Stadt 
it einer goldenen Mebaille belohnte. 1689 ward er D. der Philof. und ver: 
te f. Inauguraldiſſertation „De diatinetione mentis a corpore‘ (Leiden 
. Damals fing er, in einem Alter von 22 J., das Stubium der Miedicin 
Dreincourt war fein erfter und einziger Lehrer, ex erhielt von ihm nur we⸗ 
Unterricht, und es ift merkwuͤrdig, dag Boerhaave allein eine Wiffenfchaft 
, auf die er einen fo wichtigen Einfluß ausüben follte. Er ftudirte zuerfl 
atemie, aber mehr in den damals gangbaren Werken eines Veſale, Bartho⸗ 
in Sectionen. Er mar zwar bei den meiften Zergliederungen Nud’s 
sing; dennoch läßt ſich der Mangel eines praftifchen Studiums der Ana» 
in allen Schriften Boerhaave’8 wahrnehmen. Der Einflus, den er dennod) 
ausuͤbte, war nur eine Folge der nothiwendigen Verbindung zwifchen diefer 
nechaniſchen Wiſſenſchaft und der Phyfiologie und Medicin. Indem er in 
ı die mechanifchen Erklaͤrungen vorzog, zwang er die Anatomen, fic) einem 
m Studium der Formen der Organe zu widmen, wie ſich dies an allen Ana= 
‚feiner Zeit, einem Santsrini, Morgagni, Valſalva, Winslow, Atbinus ıc. 
tm laͤßt. Mach diefem vorläufigen‘ Studium, iweldhes in der That die 
Mage ber medicinifchen Miflenfchaft tft, las Boerhaave alle alte und neue 
e über die Medicin nach der Zeitfolge, indem er von feinen Zeitgenoffen bie 
Dippokcates hinaufftieg, deflen hoher Werth und einzig richtige Methode ihm 
ch recht einleuchtete. Ex ſtudirte ebenfalls Botanik und Chemie, und ward, 
ı ee fich noch immer dem geifttidhen Stande widmete ‚21693 zu Harderwyck 
t Medicin. Seine Disputation war „De utilitate explorandorum excre- 
oram in aegris, ut signorum. Mach feiner Ruͤckkehr nach Leiden ent 


an Boerhaave 


are ſich, da man Zweifel gegen feine Orthoborie erregte, völlig für die 
„m 1701 machte die Univerjität Leiden ihn zum Lector und Mepetenten fü 
2 xeurts Lehrſtuhl der Theorie der Medicin; damals ‘hielt er feine erfte m 
"De Rede „De commendando studio Hippocratico‘', worin er, noch i 
erſten aus des Hippekrates Schriften gefchöpften Eifer, die Richtigkeit d 
dieſem großen Manne befolgten Methode beweift und die ausfchließlicyen V 
derfelben darthut; wol ihm, wenn er felbft fid in der Folge nie davon e: 
hätte! Boerhaave fing demals an, die großen Eigenfchaften zu entwidel 
ihn als Lehrer allen, die fi dem Unterrichte wibmen, zum Mufter auf 
Man ftrömte von allen Seiten herbei, ihn zu hören. 1703 hielt er eine 
Rede „De usu ratiocinii mechanici in medicina“, Xeiden 1703. Hier 
ev bereits an, fid) von dem Hippokratifchen Wege zu entfernen, und ſtellt die 
Lehrfäge des fehlerhaften Syftems auf, dem feine großen Talente ausſch 
Eingang verfchaffen follten. 1709 endlich fonnte die Univerfitäit Leiden 
haave für feine Berdienfte belohnen. Sie ernannte ihn zum Profeffor der 
cin und Botanit an Hotton’8 Stelle; und merkwürdig ift es, daß er bei 
Gelegenheit eine Rede hielt, „Qua repurgatae medicinae facilis asseritus 
plieitas” , welche derjenigen an die Seite geftellt zu werden verdient, worm 
Studium des Hippokrates empfohlen. Auch in diefer will er die Medicin zu 
urſpruͤnglichen Einfachheit, zur Beobachtung, zurüdfüihren, ganz dem Geift 
gegen, der ihn in feinen Lehrfägen leitete. Der Unterricht, dem Boerhaar 
jept ganz widmete, veranlaßte ihn, zwei Werke herauszugeben, auf weiche fid 
heutiges Tages faft fein ganzer Nuhm gründet: „Institutiones medicae in 
unnune cxereitationis domesticos‘, und „Aphorismi de cognoscendis e 
ranılis morbis in usum doctrinae medicinae.’ In dem erflern, einem 
ſter von umfaffender Gelehrſamkeit und von Methode, entwidelt er fein & 
in feinem ganzen Umfange; in legterm unternimmt ec eine Eintheitun: 
Krankheiten, und fest ihre Urfachen, ihre Natur und ihre Behandlung ause 
der. Der Lehrftuhl der Botanik, den Boerhaave ebenfalld einnakm, trug 
minder dazu bei, ihn berühmt zu machen. Wefentlihe Dienfte leiftere er der 
tanik durch die beiden Verzeichniſſe ber in dem Garten zu Leiden gezezenen F 
gen, deren Zahl er fehr vermehrt hatte. Man verdankt ihm die Beſchreibun⸗ 
Abblldunqg mehrer neuen Pflanzen und die Aufitellung einiger neuen Gurtı- 
1714 ward er Mector ber Univerfität, und fprach bei Niederlegung feines E 
cato „Do comparando certo in physieis“: eine Rede, die zu feinen vorzu 
ſten uchört. Am Ende dieſes Jahres ward Boerhaave an Bidloo’d Stei£ 
der praßtifche Unterricht übertragen, womit et fi) ſchon feit laͤnger als zehrn 
ven oͤeſchaͤſtigte. Die großen Vortheile unſerer kliniſchen Anſtalten ahnen 
un bie theoretiſche Anwelſung mit der praktiſchen zu verbinden, ließ er eirz 
pital eröffnen, wo er zweimal woͤchentlich, die Krankheiten vor Augen, ihr 
ſcichte feinen Schlilern vortrug, ohne etwas Anderm als allein ber Bei 
tun au folgen. So beſchaͤftigt Boerhaave bereits war, fo übertrug ihm 
TER, nad Lemort's Tode, die Univerfität noch den Lehrftuhl der Chemie, £ 
Wiſcuſchaſt er ſchon ſelt 1703 lehrte. x ſprach bei dieſer Gelegenbeit 
——V Sind auch die Beziehungen, welche 2 
nem Shemir und Mebichn findet, irrig, fo gebührt ihm dock 
adave zwiſchen ber Shemie un Fr 
N In armadıt zu haben, Indem cr fie faßlich in treffl 

uhm, die Ehemle allyemein 9 Ehemie · find vieleid;t fein fehl 
Merten behandelte. eine „Elemente ber Chemie 


Wnt, 








ber völligen Weränderung ber Anfichten, noch für 
Yin alte Weefuche zeichnen fich buch eine große Genaui⸗ 
damalige Zeit iſt der Abſchnitt von den org 


ip für bie 
A eungebreiteter Wirkungskreis erwarb Boerhaave ei 


Boethius Bogdanoͤwitſch 11 


dagleichen wenige Gelehrten ſich zu erfreuen gehabt. Man Fam von allen 
m Europas, ihn um Rath zu fragen. Sein Vermögen betrug bei feinem 
FR: 2,000,000 Gulden. Peter der Große unterhielt fi) bei feiner Durchreife 
‚Ist it, und ein chinefifcher Mandarin fehrieb an ihn unter der Adreffe: An Herrn 
‚ berühmten Arzt in Europa. 1722 zwang ihn zuerft ein Anfall des 
‚von einem Schlaafluffe begleitet, feine Thätigkeit zu unterbrechen. Neue 
1727 und 1729 zwangen ihn, das Lehramt der Botanik und Chemie, 
ſen er yamııig Sahre vorgeftanden, aufzugeben. 1730 verwaltete er das Recto⸗ 
Im zw piten Male, bei deffen Niederlegung er eine Rede „De honore, medici 
3 werräte" hielt, viclleicht die befte von allen, worin er den Arzt als Sklaven ber 
JAr dedelt, deren Bewegungen er zu erwecken und zu leiten habe. Er kehrte 
1 dern geeifirmaßen zum Hippokrates zuruͤck, von dem er fich überhaupt in ber 
. nie entfernte. 1738 Eam fein Übel verftärkt wieder, und nad) einigen 
Bez ricg er ihm in einem Alter von 70 Sahren. Die Stadt ließ ihm in der 
I &tAdealih: ein Denkmal errichten, auf welchem man Boerhaave's Lieblings: 
“Tenfierah ft: „Simplex sigillum veri.‘ 
Bocthins (Anicius Manlius Torquatus Geverinus), ein durch feine 
"T Fucmen, Berdienfte, Wuͤrden und fein trauriges Schickſal berühmter Mann, 
‚[ Mm tM in Rom oder Mailand, ſtammte aus einer alten, reichen und ange: 
| Mebemmn Fwilie erhielt in Rom eine Erziehung, die feine auferorbentlichen Ania⸗ 
"an mhüh mmidelte, ging in der Folge nach Athen, das immer noch der 
des Geſchmacks und der Wiffenfchaften war, und ftudirte daſelbſt uns 
“| Ar Prollas und Andern die Philofophie. Nach Nom zuruͤckgekehrt, überhäufte 
"1 &e Tierterih, Mönig der Oſigothen, der damals Über Italien herefchte, mit Be⸗ 
-[ Era [fan Huld und Achtung, und erhob ihn in Eurzer Zeit zu den erften Stellen 
= er Era. Auch Auferte er auf die Handlungsweiſe Theodorichs den ſchoͤnſten 
j Chef, each die Herrſchaft der Gothen die Voͤlker begluͤckte, die ihr unterwor⸗ 

‚ Arm mare. Loge Zeit war er das Orakel feines Königs und ber Abgott der Go⸗ 

I ca uud die gijten Beweiſe der Ehre fchienen nicht hinzureichen, feine Verdienfte 
= Tugenden m belohnen. Aber Theodorich ward in feinem Alter ſchwermuͤthig, 
Gterflchti; und miftrauifch gegen die, welche ihn umgaben. Die Sothen erlaubs 
ten fh am alle mögliche Bedruͤckungen gegen das Volt, und umfonft verfuchte 

ı fe u mildern und Ungerechtigkeiten zu verhindern. Durch feine Recht 
t, die jedes Untecht beftrafte, hatte er fich früher viele Feinde zugezogen, 
Denen eb jcht gelang, den König felbft gegen ihn einzunehmen und mißtrauifch zu 
wen. Sein Ritzrftand galt für ein aufrührerifches Betragen, und man bes 
ihn eines verrächerifchen Einberftändniffes mit dem Hofe zu Konftantis 
I ABC; mmurde feſtgeſetzt, in ein Schloß in Pavia eingekerkert und 524 oder 526 
j et. Als et noch am Staatsruber war, fand cr Erholung von feinen Ges 
[een ın den Wiffenfchaften, und wandte einen Theil feiner Muße an, mathes 
Be md muſikaliſche Inftrumente zu verfertigen, von denen er mehre dem Koͤ⸗ 
"789 Eltr von Frankreich uͤberſandte. Außerdem lebte und webte er in den alten 
J gehiihen Philefophen und Mathematikern, deren er mehre ins Lateiniſche uͤber⸗ 
Eeine beruͤhmteſte Schrift ift die mährend feiner Gefangenfchaft verfaßte 
„Ben dem Teoſte der Philofophie. In diefer wechfeln Verfe und Profa ab, 
m men findet darin eine Erhebung der Gedanken, einen Adel der Gefühle, eine 
Bikeiskit und Beftimmcheit des Styls, bie diefes, obwol Heine Werkchen, weit 
Üier ale Scriften feines Jahrh. erheben. (Hauptausg. Bafel 1570, ol); eine 
Ma: den Bedeutung, Glasgow 1751, 4.; uͤberſ. von Sreytag, Riga 1794.) 
„Begdans witſch, (Hippolyt Fedorowitſch), Rußlands Anakreon, geb. 
X Hcrewolotſchna in Weißrußland, der Sohn eines Arztes, ward dem Stus 
der Ingenieurwiſſenſchaft beftimmt und kam deswegen 1754 nad) Mostanf 














2 Bogen Bogenſtrich 

z u FSerocmisı; allein dee Anblick eines prachtvollen Schauſpiels und Le 
z’_= 5 Dion entfchieden feine Neigung für die Dichtfunit. Cr wollte Sid 
Zur zei, wevon ihm aber der Schaufpieldirector Cheraskow abrieth, 


Ti 1 er ſich mit den Regeln der Kunft und mit fremden Sprachen bei 
22 Sein kindlich gutmüthiger Sinn erwarb ihm Gönner und Freunde, 
- 22 Graf Michael Iwanowitſch Daſchkow der vornehmſte war. Er m 
"1 Irpecter bei der Univerfität zu Moskau, dann Translateur im Collegi 
z3c ireisen Angelegenheiten. 1702 teifte er mit dem Grafen Beloſelsky alt 
simızzscretair nach Dresden, wo er bis 1768 ganz dem Studium der Kun 
>= zzeiie lebte. Die jchönen Bilder der dafigen Galerie begeifterten ihn zu 
S::: Sre ,Pinche” iDufchenku), das 1775 erfchien und feinen Ruf dauernd 
szintzer. Er lebte hierauf einfam in Petersburg der Ton⸗ und Dichtkunft, 
ir Kerbatina bervorzog. Nun fchrieb er auf erhaltene Veranlaſſung Mebrei 
Samenihen und hifterifhen Sache. Won 1780 an diente er als Mitglied 
12.5 1753 als Praͤſident der Reichsarchive. 1795 nahm er feine Entlaffung 
1:82 2/3 Privatmann in Kleinrußland. Alerander berief ihn wieder nad) Pet 
kizs, wc er 1803 geftorben ift. Er war ebenſo befcheiden als talentvoll, d 
e2 Entiich guter, beiterer Menſch. 
Bogen, der Name des bekannten Werkzeuges, vermittelt deffen die Da 
stm der Geigeninſtrumente geflrihen werden. Der Bogen beftcht aus cı 
zen, cin wenig Ipi6 zulaufenden Stabe von hartem efaftifchen Holze, an di 
Eade Nie Pferdehaare befeftigt find, wontit derfelbe bezogen wird, an d 
rZnre stern ein zierlich ausgearbeitetes Stuͤckchen Holz ober Gifenbein, 
ie senannt, von einer Schraube feflgebalten, beſindlich ift, durch welch 
Serreg@zıre raede cder weniger angefpanne werden Eönnen. Es verfteht fich 
— 223 218 Brise un) Einrichtung des Bogens mit der Größe derjenigen ( 


N 


J 1 * 


‚rn Eiizininscumente uͤbereinſtimmen müffe, welchen der Bogen zum Hi 
er Intcaatien Bienen foll. 

=; zeninürumente eter Geigen, Inſtrumente mit Darmfa 
as, ut zit tech Streichen mit Bogen die Töne hervorgebracht wer! 
Zr st, om 2 Im Atrin von Öeigen find: die große Baßgeige oder der Cont 
112372 2.2.320. 3i’r. euutrabasso); die Eleine Baßgeige oder das Viol 
W =; ze’ "Altgeige, viola di braccio); und die eigentliche € 
zZ anna, Tina. franz. violon). In Anfehung ihrer Beftandtheile 

Ar Erzmai szantergleih. (©. Violine u. Quartett.) 


be : “: 

Zi,:: 72; 25, Seider Artillerie ein Schuß, mittelft deffen die abgefcho| 
Li.‘ vi Zi:eni nie Schreibt, welches gefdyieht, wenn die Mündung bes 
May nz zo misrekie Linie gerichtet wird, im Gegenfage des Kernſchu 


nem: 022 zieıze wıgitcchte Richtung hat. 
7:7. Micht allein die Güte des Tones, welchen ein Gel 
nz: Eetendern Beſchaffenheit hervorbringen kann, fonbern ı 
1 2:2 Ecctrage Ausdruck und Leben gibt, hängt hauptſaͤchlich 
a Bo omerk:: Der richtige Angriff des Bogens, das Anfegen deſſelben 
22 IR ne :# zn teiteiken in beftimmter Richtung und Schnelligkeit, 


nenn net am! 28 Striche u. dgl. gehören in die Schule dir Kunft. 

BASE SE ER * 22: ih am fuͤglichſten in drei Hauptatten abtheilen: 1 
wie ee or mitm nice die ganze Lünge des Bogens, fonden nu 
2. se zz orım zewilfen Grade von Gefchwindigkeit über die Sait 
Lo. 2 2 2m erg, wobei entweder der ganze Bogen, ober na 


2®r>en, mit einem gewilfen Grade von Verweilen übe 
. > 3, in Sen geichleiften, bei welchem zwei, drei oder n 
SE einen einzigen Zug des Bogens genommen werden. 





Eingebung theilhaftig hielt. Natuͤrlich mußte er bei ber teligiöfen 
ines Gemtch® auch in den äußern Begegnifien feines Lebens höhere 
ffn als Andre. Zur Entwicknung diefes auf das Übericdifche gerich ⸗ 
F wirkte der Unterricht, welchen ihm feine Altern, um ihn zu einem 
sorzabereiten, in der Schule ertheilen ließen, nicht wenig. Diefer 
!efn und Schreiben, nebft Unteriveifung im Chriſtenthum; aber fo 
Ne leßtere in unfern Zeiten erfcheint, fo.tiefe Wurzeln fchlug fie in dem 
Menſchen jener Zeit. Seine Ättern ließen ihm darauf das Schuhmas 
Eelemen, das er nachher in Goͤrlitz ehrlich und redlich trieb. Die 
aöart, welche mit demfelben verbunden ift, ſcheint fein bruͤtendes Nadjs 
doͤhere Gegenſtaͤnde befördert zu haben. Auch auf feiner Wanderſchaft 
ich der flillen Anſchauung, und die damals in Sachſen herefchenden 
ber den Kryptocalvinismus befchäftigten ihn auf feinem Wege ſehr; 
vreiziies Gemuͤth ihn uͤber ben Streit der Secten erhob, und ihm uns 
de Bft in der ungeftörten Erhebung zu dem Unendlichen gewährte, ihn 
immer mehr in ſich felbft zuruͤckzog/ und von feines Gleichen abfonderte. 
Brıngen, ſittlichen Eifer und feinem religiöfen Selbftgefühle mochten 
ndre einen unge ziemenden Stolz erblicken. Aber Böhme lebte beſchel⸗ 
ig, ohne die Lehrmeinungen Andrer anzugreifen, oder ihnen die feis 
29m zu wollen. Andre mochten in feinem hoͤhern Eifer baaren Wahn« 
1, weil dem gewöhnlichen Menſchen jeber unbegreifltich ift, der mehr 
ht. Doc wie die dußern Enden ſich überall berühren, fo muß auch 
Eifer und die Betradytung des Höchften, die jedoch bei Böhme nicht 
uung blieb, ſondern fich in einem lebenslaͤnglichen Tugendwandel thaͤ⸗ 
sei der Schwäche des menſchlichen Verſtandes den Schein des Wahn⸗ 
mehmen, und verbindet ſich oft mit Täufchungen, welche überhaupt 
inderung des Menfchen vom Menfchen beginnen. Diefe Taͤuſchun⸗ 
auch Böhme unterworfen gewefen zu fein fcheint, waren aber nicht 
in ‚Ainficht anf hon rofiniäfen Sinn har ihm Aofshte fanhorn mir in 


2* Busme Suk: 


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arm und ma braun: 5 Piel zer mr, nme vrumd 
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beititi,e Lin aiın Zum 2”, am Im jun 
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Bir Beſ hceit Nas ei Toni nt a Berta. Ir u Miztee. © 
una mieten Erficen 2:2 B:, Eeisfen;, Nm. IEng, Zu 
fa: zeiitmikeis uf Die Bunte Bin ser, auke ar zütandes N 
renken, in Zeiinteng mit na wellbestena den Niszardnuung, 
sch mit Beuryung tes ans nei kun un tea Söchen Aufsefspeen 
genztümih suecı: Det und geeftnt ci Sheet met des Gieihnif 
Birth a fi uniemck ati Zate irren Zr ziunietn dun 
sznlinisufe ur mit teger Aufeaäun; dee Gets scheuen X 
Ertenatniij echärre ou überz für des Werk eine serien Eiieuktung, we 
ihm serliitte, am Bid in bie Tiefe der Gettbeit un! in tus innere Weſen 
Zinzesuttum, um fo mesr, Baer ſich von feiner gentisen Entrrickelung und 
tem raftichn Drin;n und Rasen in feinem Innern ſeldſt nicht Rechenſchaf 
geben <ermitte; u ſeibſt aber ſazt, weil alte Föbere Kenntniß ehne göttliche Of 
karun; unmeziit fi. Se wohr der letztere Sig auch iſt, fo wenig iſt die Of 
barunz, ie fig allen eigentlihen Myſtikern erſcheint, ein bio$ leidertliches Ver 
men teicnierer gertlicher Einrirkung; ja die Wahrheit des unausiprechlichen 
iin Gefttis, tech Natur, Schrift oder Gewiſſen aufgeregt, wird, je ſta 
un: fek&ufter dieſes iſt, um ſo leichter auf die Büder und Verſtellungen Überge 
gen, welhe taffeite in der aufzeresten Einbiidungskraft ermwedt, und fo ı 
manche menſchüche Vorſtellungzsweiſe als eine Wirkung kefonderer I’ ffenbar 
anzefehen, ba ihr tch nur eine mittelbare und gleichſam abgeleitete Wahrheit 
kemmt. In Hin’icht Feines ſittlichen Sinnes und religieien Lebens aber, wel 
mehr ift 26 einzeine Vorſtellungsweiſen, und weiches vollkommen mitzutheile 
ſich Fettft unfihig füßlte, mochte er mit Recht eine goͤttliche Erleuchtung in 
finzen. Ze find in Boͤhme's Schriften, neben vielen tiefjinnigen und &öftti 
Außerunzen, auch viele willkuͤrliche Spiele der Phantafie und Verworrenhei 
Ber inken und Austrud zu finten. Es darf ber unbefangene Lefer feiner Schi 
nit sergeffen, 26 kein eigenthlimlicher Menſch — und ein folder war Böhme 


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ler die Buße" Anlaß, weiche Böhme’s Funde ohne fein Willen hatten. 
We. Die Sache erregte fo allgemeine Aufmerkfamkeit, daß Böhme, auf 
a iniger vom Hofe und auf feiner Freunde Bitten, 1624 nad Dresden 
m die von ihm mitgetheilten Lehren unterfuchen zu laſſen. Hier fand er 
nSofe Beifall und Schug; aber nach feiner Rüdkehr erkrankte er, und 
hin danfelben Jahre einen fanften Tod im chrifttichen Glauben, Abra⸗ 
tärandınderg (ft. 1652), fein Biograph und Verehrer, hat auch feine 
a beraußgegeben und erläutert. Die erfte Sammlung derfelben beforgte - 
1675 ein gewiſſet Heinrich Betke; die volftändige, 1682, Gichtel 
„Amferb.), von welchem auch die Anhänger Boͤhme's, eine wegen ihres 
endtaften und wohlthaͤtigen Lehenswandeis ſehr geachtete religiöfe Secte, 
vr „Bihtelianer‘" führen. Eine andre Ausg. erſchien zu Amſterdam 1730 
Ir: „Theologia revelata” (2Bde., 4.), bie reichhaltigfte 1730, 63. 
Ersanh fanden B.s Schriften viele Verehrer, William Lam gab eine 
Bafgang von Böhme's Schriften (2 Bde. 4.) heraus. (E86 bildete ſich 
3 eine Böhmiftifche Secte, und ſchon 1697 ftiftete Jane Leade, eine 
ide Verchrerin Boͤhme's, eine eigne Geſellſchaft zur Erklärung feiner 
deren Dunkelheit manche Weisheitöforfher anzog, unter dem Namen 
Isbifdyen; ja noch jet foll daſelbſt eine ſolche beftehen. Auch) ift ein eng» 
‚ Iohn Pordage, als Erlaͤuterer Boͤhme's berühmt. 
ıme (Johann Gottlob), ehemal. Profeffor der Gefchichte zu Leipzig, 
ı Bär; 1717 zu Wurzen, wo fein Vater Gaſtwirth war, ftudirte auf 
vtie, feit 1741 zu Leipzig, vorzuͤglich unter Mascov, Geſchichte, ward 
auferorbentl. Profeffor, 1758 ordentl. Profeffor ber Geſchichte auf 
tät zu Reipzig und 1766, nachdem er einen Ruf nad) Utrecht abgelehnt 
fl. Hoftath und Hiftoriograph, und ftarb am Schlage den 30. Juli 
ıGer mehren gelehrten Abhandi. und Carmin. latin. ed. J. G. Eck 


0; gab er heraus: „Acta pacis Olivensis inedita, cum observ.“ 
HTRD RR DM AN SAhlildhen Munlı et Air ATRR 








16 Böhmen 


Verforgung dürftiger Witwen und Waifen angewendet werden follen. Die 
ihm geftiftete Dorf» und Schufbibliothe®, welche aber durch den unglüdii 
Krieg 1813 größtentheild vernichtet worden iſt, fowie die von ihm gegel 
Dorfordnung, beweift, dag ihm die Bildung der Bewohner feines Dorfes am J 
zen log 11. 

oͤhmen Goͤheim, Bojenheim) hat feinen Namen von den Boj 
einem celtiſchen Volke, welches ſich daſelbſt etwa 600 vor Chr. unter Anfuͤhr 
eines Neffen des Ambigat, eines Koͤnigs der Berruyer, niederließ, aber in 
Folge groͤßtentheils von den Markomannen daraus vertrieben wurde. Vierteh 
hundert Jahre nach Chr. hatte Boͤhmen, damals von deutſchen Voͤlkerſchaften 
wohnt, unter ſeinen Herzogen, welche jedoch wenig bekannt waren, eine feſte 
gierung. In der Mitte des 6. Jahrh. drang (nach Einigen unter der Anfuͤhr 
eines gewiſſen Zecko) ein zahlreiches Heer Slawen (Czechowe, Tſchechen, ſon 
nen ſich noch jetzt die Boͤhmen in ihrer Sprache), welche bis dahin die Ufer 
ſchwatzen Meeres bewohnt hatten, in Boͤhmen ein, unterwarf es ſich und ma 
daſſelbe urbar. Nach Andern ſoll Zecko eine von den Slawen ganz unabhaͤn 
Perſon geweſen, und die Nachfolger deſſelben von dieſen hart bedraͤngt worden | 
obgleich die Abkoͤmmlinge des Zecko nie ganz aus dem Lande vertrieben wer 
konnten. Der erſte, der uns von ihnen namentlich bekannt ift, war Przemis 
ein Landmann, den 632 die Kürftin Libuſſa ehelichte und auf den Thron | 
Obgleich Karl der Große und einige feiner Nachkommen Böhmen zinsbar mach 
fo dauerte doc) diefe Unterwuͤrfigkeit nicht lange; 840 wurden Böhmen, Schte 
and Mähren von aller fremden Herrfchaft frei und von ihren eignen Herzogen 
giert, wiewol eine gewiſſe Verbindung zwifchen ihnen und dem beutfchen Rı 
blieb. 1061 legte Kaifer Heinrich IV. den Herzogen von Böhmen den Koͤn 
titel bei, welcher dem Könige Wratislas 1086 zuerft allgemein zuerfannt wu 
Nachher ertheilte Philipp um 1230 Przemislas IL. und deffen Nachfolgern 
Koͤnigswuͤrde, welche von Friedrich I. beftdtigt wurde, feit welcher Zeit Boͤh 
ein Königreich geblieben if. Der männlihe Stamm der alten Könige end 
1305 mit Wenzel V., worauf 1310 durch Heirat Johann von Luxemburg 
Krone erhielt und fie auf feine Nachfolger vererbte. Hierauf vereinigten Karl 
(aus dem Haufe Ruremburg, unter dem Namen Karl I., der Böhmen ungen 
emporbrachte) und deffen Söhne, Wenzeslas und Sigismund (welcher Boͤh 
durch den Religlonskrieg mit den Huffiten beinahe verloren hätte) bie Krone X 
mens mit der des deutfchen Reihe. Nach Sigismunds Tode, 1437, kam X 
men an deffen Schwiegerfohn, Albrecht von Oftreihh; diefer flarb jedoch fi 
1439, und das Reid) fiel an feinen (1440) nachgebornen Sohn Ladislaw (9 
humus), der zugleich König in Ungarn war, wodurch Böhmen von ben deufi 
Staaten getrennt wurde. Mach feinem Tode, 1457, wählten die Böhmen 14 
Georg von Podiebrad, der vorhin ſchon Reichsverweſer gemefen war, zu ihrem. 
nig, und darauf, 1469, ald Georg vom Papft in den Bann gethan war, dem: 
nifchen Prinzen Wladislaw, der jedoch erft nad) George Tode, 2471, zum 
kam; diefem folgte nach einer A5jährigen Regierung, 1516, fein Sohn Lubh 
Beide Iegtere waren zugleih Könige in Ungarn. Nachdem Ludwig in 
Schlacht wider die Türken bei Mohacz 1526 geblieben war, kam Böhmen am 
Haus Öftreih. Nach dem Ehevertrage folgte naͤmlich Ludwigs Schwager, 9 
ximilians zroeiter Enkel, der Erzherzog Ferdinand. Diefer wollte die Böhmen 
thigen, in dem fchmalkaldifchen Kriege wider den Kurfürften von Sachfen die 
fen zu ergreifen; als fie aber dazu nicht geneigt waren, fondern Miene machtert 
den Gehorſam aufzuklindigen, fo verfuhr er wider fie, nad) Karls V. Siege 
Muͤhlberg, fehr ſcharf und erklärte Böhmen für ein unumfchränttes Erbes 
Ihm folgte 1564 fein Sohn Marimilian, diefem feine Söhne Rudolf, 1! 


mb Lehrer, eine Menge Künftler, Kaufleute und Handwerker, die nicht 
waden wollten, wanderten aus nad Sachfen, Brandenburg, Holland, 
je. Doch blieben in Ward» und Gebirgedörfern, wohin kein Jeſuit 
Eofat Lam, viele heimliche Proteftanten zurlid. — Seitdem wurde bie 
Sprache in öffentlichen Angelegenheiten nicht mehr gebraucht. Im 
aRriege veröbete Böhmen gänzlich; ed verlor die Blüthe feines Wohl: 
As Ferdinand II. 1637 farb, waren in Böhmen von 3 Mil. Einw., 
17 in 732 Städten und 34,700 Dörfern gezählt hatte, nur noch 130 
tras über 6000 Dörf. und 780,000 Einmw. vorhanden. Nach Karls VI. 
30, machte Karl Albrecht, Kurfürft von Baiern, auf Böhmen Anſpruch 
fi in Prag von den Ständen huldigen; allein Maria Thereſia ber 
Liam, das noch jegt eins der reichten Juwelen in Oftreiche Kaifers 


KB Ringe. Böhmen grenzt gegen W. an Baiern, gegen D. an Mähren 
Veften, gegen N. an bie Laufig und Meißen, und gegen ©. an ſtreich und 

E zähle auf 952 IM. über 3,380,000 Einmw., darunter 2,170,000 
und über 50,000 Juden, in 286 Städten, 275 Märkten und 11,924 

Die hertſchende Religion ift die katholiſche; die uͤbrigen Religionen wer⸗ 
Det. Die Landesfprache ift die böhmifche, eine flawifche Mundart; in 
kreifm und in den meiften Städten wirb deutſch geſprochen. Boͤhmen ift 
sam mit Gebirgen umgeben, enthält fehr große Waldungen, beträchtliche 
area man überhaupt an 20,000 zählt, und fehr fruchtbare Flächen. Die 
ken Fluͤſſe find bie Elbe und die Moldau. Jede Art Getreide, Flache, 
"Ar befte in Europa) und Baumfrlichte find ein Gegenftand der Ausfuhr. 
Exit Häufig, aber um die Gegend von Melnik gut. Die Viehzucht ift 
6b, vorzlglich die Schaf s, Pferde, Schwein» und Federviehzucht ( Faſa⸗ 

Die Bergroerke liefen Slͤber (1823, 13,873 Mark), Kupfer, fehr gu= 
2 (1800 Ent.), Granaten u. a. gute Steine, Eifen (200,000 Ent.), Kos 
Kit Mean mh Frmaltsie. Antimaninm Tarhonorhon. Mann. Galmei. 


18 Böhmerwald Böhmifche Brüder 


ift das befte in Europa, geht nach Spanien, Amerika, Rußland, in die Levante, | 
2, Mit. Sul. Außerdem gibt ed 8 Spiegelhütten; zu Turnau Compofitio 
fleinfabr., Porzellan= und Fayence-, Schmalte: und andre Fabr. Wichtig iſt 
Sabrication von Hüten der feinften Sorte, Papier, Seidenwaaren, gefchliffer 
Granaten, muſikal. Snftrumenten und vielen andern Artikeln. Böhmen wird 
die Stadt Prag und in 16 Kreife eingetheilt, denen Kreishauptleute vorgefegt fi 
Die merfwürdigften Orter find: die Städte Sungbunzlau, Melnik, Zumau, 
chenberg, Zrautenau, Kuttenberg, Budweis, Pilfen, Karlsbad (f.d.), Soachin 
that, Zeplig (f.d.); die Feſtungen Königingräs, Joſephſtadt, Therefienfta 
Eger, der Manufacturort Rumburg, die Dörfer Adersbach, Sedlitz, Seidfch 
Puͤllna, Königswart, Franzensbrunnen (f.d.), Marienbad (f.d.) u.! 
Für den innern Verkehr find 231 Meilen treffliche Kunftflraßen, und 1826 w 
eine Eifenbahn angelegt, welche die Donau mit der Moldau verbinden foll. 3 
Nationalgeift der Böhmen ift in allen Ständen auf die ebelfte, gemeinnügk 
Meife thätig. 1822 hatte Böhmen 2996 öffentl. Lehranftalten, 1 Univerfit. 
theolog. Lyceen, 26 Gymnafien, 2961 Volks- und Birrgerfchulen, und ein C 
fervatorium der Muſik; zufammen mit 6709 Lehrern und 410,463 Schül 
und Studirenden, darunter 2055 Studenten. ©. Prof. Schnabel’8 „Stat: 
ſche Darftellung von Böhmen” (Prag 1826). 
Böhmerwald, f. Böhmifcher und baierifher Wald. 
Böhmifche Brüder, der Name einer chriftlichen Religionsgefellfch 
die fi um die Mitte des 15. Jahrh. aus den Überbleibfeln der firengen Huffi 
in Böhmen bildete. (Vgl. Huffiten.) Unzufrieden mit den Anndherungen 
den Papismus, durch welche die Galirtiner (f.d.) fich zur herefchenden Pa 
in Böhmen zu machen gewußt hatten, wollten fie die fogenannten Compacta 
d. h. die Übereinkunft derfelben mit der Kirchenverfammlung zu Bafel (30. N 
1433), nicht annehmen und fingen feit 1457 unter der Leitung eines Pfarr 
Michael Bradacz, an, in befondere Gemeinden zufammenzutreten, eigne * 
ſammlungen zu halten und fidy durd; den Namen Brüder oder Brüderunitdt : 
den übrigen Huffiten zu unterfcheiden; von ihren. Gegnern wurden fie aber oft ı 
den Waldenfern und Picarden vermengt und wegen ihrer Verborgenheit Grul, 
heimer genannt. Unter harten Bedrüdungen von Seiten der Calirtiner und 
tholifchen gewannen fie, ohne der Gewalt Widerftand zu leiften, durdy Behart: 
keit in ihrem Glauben und Reinigfeit in ihren Sitten eine fo bedeutende Aust, 
tung, daß die Zahl ihrer Gemeinden fi) 1500 auf 200 belief, welche meifi 
eigne unter Begünftigung der Gutsbefiger erbaute Bethäufer inne hatten. „ 
ihren Bekenntnißfchriften zeigt fich das Eigenthuͤmliche ihres Glaubens, befon, 
bei der Abendmahlslehre, in der fie die Zransfubftantiation verwarfen und nur | 
geiftigmuftifche Gegenwart Chrifti annahmen. Übrigens bauten fie ihr G 
bensbefenntniß durchgängig auf die heilige Schrift und fanden damit und ı 
mehr durch ihre Gemeindeverfaffung und Kirchenzucht bei den Reformatoren. 
16. Jahrh. Beifall. Diefe Verfaffung war den Einrichtungen der diteften apc 
lifchen Chriftengemeinde nachgebildet. Durch Entfernung der Laſterhaften 
ihrer Gemeinfchaft und einen dreifach abgeftuften Bann, fowie durch forgfäl 
Trennung der Gefchlechter und Eintheilung ihrer Gemeindeglieder in Anfän 
Fortichreitende und Vollkommene, fuchten fie die Lauterkeit des thätigen Urch 
thums unter ſich herzuftellen, und die ſtrenge, bis auf das häusliche Leben der 
zelnen ausgedehnte Aufficht, zu der fie eine Menge Beamte von verfchiedenen C 
den beftellten, mußte viel zur Erreichung diefes Endzwecks beitragen. Diefe ! 
amten waren ordinirende Biſchoͤfe, Senioren und Gonfenioren, Presbpter ı 
Prediger, Diakonen, Adilen und Akoluthen, unter welche fie die Leitung der Ei’ 
lichen, moraliſchen und bürgerlichen Angelegenheiten ihrer Gemeinde auf eine + 
| 


\ 


TAN VIE SRELOTTWITTEN anjchiojjen, UNO in DIEIET Betomoung noch DIS jedt 
alten Werfaffung beibehalten haben. Ihre in Böhmen und Mähren 
ebenen Brüder gelangten unter Darimilian II. wieder zu einiger Frei⸗ 
hatten ihren Hauptfig zu Fulnek in Mähren, daher fie auch maͤhriſche 
iten. Die für die Proteftanten in Böhmen ungluͤckliche Wendung des 
m Krieges hatte jedoch eine gaͤnzliche Vertilgung ihrer Kirche zur Folge, 
gar, um den Jugendunterricht fehr verbienter Bifchof Comen tu (f.b.) 
iehen. Seitdem wanderten fie häufig aus, aber die folgenreichfte die 
woderungen fand um 1722 flatt, wodurch die Stiftung der erneuerten 
meinde durch Zinzendorf veranlaßt wurde. Über die Geſchichte der Als 
tergemeinde ſ. man außer Granzens „Brüderhiftorie”, Schulze, „Won der 
2 und Einrichtung der evangelifchen Brüdergemeinde” (Gotha 1822), 
Eindige und unparteilihe Darftellung. Ob nun gleich die alte boͤhmiſch⸗ 
r Brüderunität für erloſchen anzufehen ift, fo wird fie doch als eine file 
2 qriſtũcher Wahrheit und Frömmigkeit In Zeiten, die ſich erft mit Mühe 
: Barbarei des Mittelalters herausarbeiteten, als eine Bewahrerin reiner 
1 wie fie die Meformatoren des 16. Jahrh. ihren Gemeinden nicht zu geben 
Sea, and 016 die Mutter ber geachteten und weit verbreiteten evangelifchen 
gemeinde, deren Verfaſſung ſich nach ihrem Muſter gebildet hatz immer 


zig bleiben. 

— Sprache und Literatur. Der hechiſch (ddp: 

des alten, großen Slawen volkes wurde unter allen Mundarten 
¶en Sprache zuetſt wiffenfhaftlic ausgebildet. Boͤhmiſch wird in Boͤh⸗ 

mit weniger Abweichung in Oſtreichiſch⸗ -Schlefien, in halb Ungarn 
avonien gefprohen. Daß die ggechifche Sprache als ein Dialekt der ſlawi⸗ 
I verbreitet geweſen ift, beweiſt fowol ihr Alterthum und ihr Culturgrad 
b Be Größe der Länder, deren Volköfprache fie if. Da nicht bloß durch 
Ute, fondern audy durch einzelne Spiben mannigfache Begriffe ausge— 
ben, die feinern Nuancen ber Begriffe aber ein ſpaͤteres Product find, 


20 Böhmifche Sprache 


nost, dustognost die Würde, hnug, mrwa der Dünger, wes, wesnice, dedin 
das Dorf. — Mlan vergleiche die meiften böhmifchen Wurzelwoͤrter mit d 
ihnen entfprechenden in einer andern Sprache, ſowie die ertenfiv und intenfiv gı 
fere Menge der Begriffe und dee Nuancen von Begriffen, und man wird erfta 
nen Über die Menge von Biegungen und Ableitungen, durd) welche ſich die Czecht 
ſprache vor andern auszeichnet. in großer Theil ihrer Bildſamkeit beruht < 
ben fo vielfachen Declinationen, auf den verfchiedenen Zeiten und den Participfi 
Diefe Eigenthuͤmlichkeit erhebt die Sprache des Böhmen über die aller neuern V 
tionen, die übrigen flawifchen Dialekte ausgenommen. In der Mannigfaltigt 
der Declinationen, welche beinahe burchaus auf einen Vocal fich enden, nur ı 
. Ende gebogen und ohne Artikel gebraucht werden (m. f. Negediy’s Gamma 
Prag 1821), gleicht das Böhmifche dem präcifen Lateinifchen, z. B. muzi (vir 
zene (femina) [z lies wie das franzöfifche ch] u.f.w. Die Participien geben 
viel Gelenkigkeit, indem fie, als Verbaladjectiven, Eigenfchaft des Dinges u 
Zeitbeflimmung zugleich andeutend, den Vortheil der Zeit: und Beimörter in { 
vereinigen, und dadurch den Gebrauch der relativen: der, als, nachdem, da, 
dem ıc., wodurch die Perioden fo fchleppend werben, erfparen, daher ihre befon 
Kürze. — 2) Ein andrer Vorzug der Bildfamkeit der böhmifchen Sprache | 
fteht in der Zufammenfegung ganzer Wörter, z. B. Samowlädce, der Alleinde 
fher, hromowlädny, donnerregierend, ıc. Doch brüdt der Böhme die zufa 
mengefegten Wörter der Griechen und Deutfchen oft durch eine eigne Form 
Adjective, oft auch durch eigne Subftantive aus, wie kostnie, das Beinha 
chmelnice, der Hopfengarten, duha, der Regenbogen. Noch gehört zu den | 
genthuͤmlichkeiten des Boͤhmiſchen, daß es eine große Mannigfaltigkeit von V 
Eleinerungswörtern hat, wodurch man nicht nur Eleine, fondern auch angeneh 
liebe Segenftände bezeichnet, al panacek, das Herrchen, milenka, die Viel 
liebte, panenka, das Juͤngferchen, u.a.m.; daß es „eine Sache oft nennen“ ı 
einem kurzen Ausdrude bezeichnet, 3. B. frantiskowati se (s lied wie fdj), 1 
Namen Franz oft nennen, macechowati se, den Namen der Stiefmutter 
nennen; daß e8 die nomina patrunymica befigt, z. B. kralowee, ber Köni: 
ſohn; daß es eine vollbrachte Handlung kurz andeutet, 3.3. dopsati, zu Er 
fhreiben ; und daß es verba initiativa hat, z. B. hrbatim, ich werde budel 
u. 0, m. — Zweitens hat die böhmifhe Sprache viel Kraft und Nachdru 
da fie nicht durch eine Menge Artikel, Hülfs:, Verbindungs: und libergangsre 
matt und fchlaff wird, fondern die Gegenftände der Einbildungskraft, der Leid 
ſchaft, fowie jede Höhere Bewegung der Seele des Dichters und Redners, durch I 
Kürze rafcher, Eräftiger und lebendiger darzuftellen vermag, indem fie die bebi 
tungsvollften Worte mächtig zufammendrängt und die Verbindung der Redethe 
dem jedesmaligen Grabe der Empfindung gemäß, freier und Eühner, oder gehalten 
und ruhiger ordnet. Auch druͤckt der Böhme viele Gegenftände in natuͤrlie 
Klangbildung aus; fo die Namen der Thiere nach ihrer Stimme, als kruta, 
Truthenne, kachna, die Ente; manche Pflanzen benennt er nad) ihrer Wirkun 
als bolehlaw, der Schierling (von Kopfweh), konitrud, die Gnadenblume, v 
ihrer Form. Die Sprache der Ezechen wird Eurz und nachdrucksvoll durch die E 
behrung der Hülfsverben bei den meiften Zeitrörtern, 3. B. dam, ich werde gebe 
bei den Präteriten in der dritten Perfon einfacher und vielfacher Zahl, wo zugle 
duch die Endſylbe das Geſchlecht bezeichnet roird, z. B. psal, psala, psalo, er, 
e& hat geſchrieben, psali, psaly, psala, fie haben gefchrieben, narozen, naroze: 
narozeno, et, fie, es ift geboren worden. So gibt die Entbehrung der Perfor 
beiden Verben, bes Artikels bei den Subftantiven, verbunden mit dem Gebrau 
vieler Participien und participialifcher Wendungen, der Ezechenfprache den Na 
drucd und bie Kraft bes roͤmiſchen Ausdrucks. Ebenſo erfpart der Böhme me 





, u — — nn — 


Boͤhmiſche Sprache | 21 


ed Verwort und anderweitige Umfchreibung durch den Inſtrumental, der mit dem 
Vlat des Lateiners Übereintommt, 3.8. secenim mece hlawu mu st’al (t’ lies 
er ü', mit einem Schwerthiebe hat er ihm ben Kopf heruntergehauen. Diefe 
Exakt it Daher am meiften dazu geeignet, die Originalwerke des roͤmiſchen Alter: 
fand mir aller ihrer Energie und Gewandtheit zu übertragen. Schon durch den 
Sexush des part. praet. activi fann ber Böhme, forie der Grieche, beftimmen, 
za Keim Prädicate des Mebenfages enthaltene Handlung eigentlich verrichtet 
‚be, eccheß der Lateiner bei feinen ablativis consequentiae, oder bei feinem 
partaps passivi, Die er an deffen Stelle ſetzt, allezeit unbeftimmt und zweifel- 
khefm muß, 3. B. Ilvöagos TIuoızlen anodeısus enıtponov xuı Ta 
u; zu TWy Xonparwv unmosv &ıs Ile.onovyr;oov, Pindarus vstano- 
sis Pasiklea za porucnjka syna swcho a geho gmenj, tähl do Pelopon- 
ca Pindarus constituto Pasicle tum filii tum bonorum tutore, in Pe- 
koemaesam abiitt. — Daraus folgt drittens die Deutlichfeit und Be- 


“ Kimnsbeit der böhmifhen Sprache. Jeder Begriff wird nämlich mit einem 


— — — 


— 


eutemlichen Worte bezeichnet, z. B. die Zeitwoͤrter zjti, atrjhati, krägeti, 
rezati, nelche der Deutſche mit einem Worte „ſchneiden“ ausdruͤckt, bezeichnen: 
mede Sichel, mit der Scheere, mit bem Meffer, mit der Senfe ſchneiden. Sn 
tn Ferbeit des grammmatilalifchen Baues ift das Boͤhmiſche dem Griechifchen 
za, nd bat vor der lateinifchen und vielleicht vor allen andern Sprachen den 
Bes Denn der Böhme gebraucht, wenn er von zwei Händen, zwei Augen ıc. 
yır, ten Dual: ruce, ocis. ud) drüdt er ein dauerndes Zeitwort, dem 
aaucen Aorift gleich, eine unbeflimmt vergangene Zeit aus, 5.3. kupowal 
tan, ale nekaupil ho, was ſich im Deutfchen nicht ausdrüden läßt; denn 
Imewaui heiße kaufen, und kaupiti auch kaufen, alfo wuͤrde es woͤrtlich heißen: 
a dache das Haus, und kaufte ed nicht, mas ein Widerfpruch wäre; man koͤnnte 
wehtras Im: er war im Begriffe das Haus zu kaufen, kaufte es aber nicht, 
ste; jeikk Died Bein richtiger Ausdruck dieſes Begriffes iſt, denn die Handlung 
zz den de, er war fchon im Kaufe. Überhaupt hat das Böhmifche der Bedeus 
fung, nicht der Korm nad), mehre vergangene Zeiten, welche fehr fein unterfchieden 
ck, and zwar praet. sing. unit. (die einmal vergangene Zeit), kaupil, er 
sıt nme! gefauft; plusquamperf. primum, kupowal, er hatte Durch längere 
ft; plusguamperf. secundum, kupowäwal, er hatte ehebem mehrmal 
ft; plasguamperf. tertiun, kupowäwäwal, er hatte vor Zeiten felten ge: 
kafı, mo man durch die Dinzufegung des Huͤlfszeitwortes byl noch eine längere 
eit der Zeit andeuten kann, obwol dies wegen bes feltenen Vorfalld 

Weite gebraucht wird, z. B. byl kupowawal, er hatte vor uralten Zeiten ge: 
kaf Ein Vorzug find die mehren ſutura, wodurch der Böhme nicht nur die 
Ft, kadern auch die Dauer und die öftere und feltnere Wiederholung ber Hund: 
us; zubeuttet, und zwar das futurum simplex, kaupjm, ich werde einmal kau⸗ 
; faturum durativum, z. B. budu kupowati, id) werde durch eine längere 
it teufen; fut. frequentativum, budu kupowäwati, id) werde mehrmalen 
Exfea; und fut. iterativum, budu kupowawati, ic) werde manchmal zu kaufen 
Hesm Ebenſo vielfach ift die Bedeutung und ebenfo fein find die Zeitbeſtim⸗ 
mac der Participien und Participialmendungen ; dadurch, daß durch das Par: 
kipem das Geſchlecht und bie Zahl mittelft der Endſylbe beftimmt wird, erhätt die 
schrie Sprache einen nicht geringen Vorzug vor andern Sprachen. Der Böhme 
Exa fi wie der Grieche durch den Optativ fo fein und höflich, und doc) zugleich 
bir ansdrüden, wenn er etwaß gebietet, 3. B. nechala tuho, laß fie ed gehen, 
reis te, mache ex ed boch. Die Heinen Binbepartifeln ber Rede, die der Böhme 
x dem Griechen gemein hat, mäffen al ebenfo viele Pinfelftricye und Driude 


| Zyeckn zerden, buardy welde bie Jbee und Empfindung des Ganzen beftimmt 


| 22 | Böhmische Sprache und Literatur 


nuancirt wird. Die Griechiſchen dA uev, yap, de, re ıc. kommen mit 
Böhmifchen ele, pak, wsak, li, z, t’ überein, jedoch werben die brei legtern 
mer einem Worte angehängt. Endlich trägt die freie ungebundene Wortſtell 
viel zur Deutlichkeit bei, da das Böhmifche weniger ald alle andre neuere Spra 
an eine gewiffe beftimmte Wortftellung gefeffelt ift. Durch eine gluͤckliche 
(hung der Vocale und Confonanten, und eine ber Ausfprache günftige Zufamn 
reihung der letztern, erhält die böhmifche Sprache viertens viel Wohlkla 
Zwar haben Einige fie des r (lied rsch) wegen rauh nennen wollen; allein der ı 
Klang eines Wortes, nicht einzelne Raute deffelben, entſcheiden uͤber Härte 
Meichheit einer Ausſprache; zudem muß jede Sprache, wegen der Verfchieder 
der darzuftellenden Empfindungen fanfter und rauher Art, auch harte Laute bi 
Eönnen. mpfindet man nicht gleich bei den Worten brinkot mecu, tres 
bubnu, krik wjtezyceych (das Geklirre ber Schwerter, das Wirbeln der Tr 
meln, das Gefchrei der Siegenden) das Furchtbare der Schlaht? — Die 
dungen der fo mannigfaltigen Declinationen der Subftantiven und Adjecti 
dann der Gonjugationen, gehen größtentheils in einen Vocal oder einen der leich 
Confonanten aus. Überhaupt hat der Böhme eine natlicliche Melodie auf | 
chiſche Art ſchon in feiner taktmäßigen Sprache; denn die Zunge verweilt laͤ 
über einer Sylbe mit einem langen Vocal a, €, j, y, u, als mit einem kurzen 
cal. In dem böhmifchen Alphabet von 42 Buchftaben (daher fich die Czec 
fprache nächft dem Ruffifchen an das Indiſche anfchließt) befinden ſich alle 2 
der übrigen Sprachen. Das deutfche z drückt der Böhme mit e aus, das j m 
daß ſch mit ſſ oder s, das italienifche ce, ei (tfche, tſchi) mit c, das franzäfifi 
und ge, gi mit dem z, das u mit dem y, dad gn mit demn, bazen die Fu 
das englifche w mit dem w, befonders am Ende des Wortes. Daher er auch 
feinem Alphabet alle Sprachen in ihrer richtigen Ausfprache fehreiben und ausf 
chen kann, und alle Sprachen leichter und beffer erlernt und ausfpriht, und ı 
felten ſelbſt von Sranzofen, Stalienern, Deutfchen für einen Landsmann angefı 
wird. Er wird nie weiche und harte Buchflaben verwechfeln ; daher ift auch 
Geſang der Böhmen leicht und anmuthsvoll, und die böhmifche Oper gefällt 
die italienifche, indem fie Feine Sylben verfchludkt, fondern immer vollklingent 
Nur als Seltenheit finden ſich Zufammenftellungen ſchwerer Mitlauter in den 
wifchen Idiomen, die man aber wieder durch die freie Wortftellung lindern ke 
Dies ift der Grund, warum der Böhme nach dem Italiener ben erften Rang ir 
Muſik einnimmt. In ganz Europa findet man böhmifhe Mufiker; Oſtreichs 
tuofen find größtentheils Böhmen. Gefühl für Muſik geht mit dem Wohlkt 
der Sprache einer Nation gleichen Schritt. 
Die böhmifhe Literatur hat fünf Zeitalter. Das erſte fängt 
von ber Zeit der Mythe und geht bis 1409. — Es ift gewiß, daß u 
den flamwifhen Volksſtaͤmmen die Czechen die erften waren, die 
Sprache veredelt und auf gemiffe Regen feftgeftellt hatten. (Vgl. das, wa 
den Art. Slawen und Slawiſche Sprache über die frühe Eu 
der alten Slawen gefagt wird.) Aus dem hohen Altertbume mangelt es 
an fchriftlihen Urkunden (wenn wir bie Runenfchrift nicht vor dem € 
ſtenthume üblicdy annehmen) ; doc, wiffen wir, daß die Sprache biefes : 
alter® mit der jegigen gleich war, aus ben Benennungen der Gögen, Heri 
Ftüffe, Städte, Berge, als: Perun, Preemysl, Boriwog, Witawa, 2 
Praha, Zetin, Krkonofe. Durch den Stawenapoftel Method und den Phil 
phen Conftantin, fonft Cyrill genannt, wurden die Slawen in Großmähren 
dem Chriftenthume bekannt, von mo aus es unter Herzog Boirwog nad) Boͤh 
vorbrang, und fo erhielten fie den griechiſch⸗ſlawiſchen Sottesdienft (I. 845). ; 
fer Conftantin erfann für die Laute der ſlawiſchen Sprache dos ayiiWicch-llam 


Boͤhmiſche Literatur. J. Bis 1409 23 


x Alzhabet: Aa, Buky, Wiedi, Glagol, Dobro ꝛc., meiftens aus bem Gries 
then entlebnt. Später entſtand auch das glagolitifche, deffen man fich weniger 
Wirte. Als Der römifche Cultus den griechifchen in Böhmen, Mähren und Pan: 
woz verdrängte, Fam aud) das lateinifche Alphabet ftatt des cyrilliſchen in Ge: 
kısh. In Böhmen war nur nod) bei den den flawifchen Ritus beobachtenden 
Banken zu Sazawa die cyrilliſche Schrift üblich), und als König Wratislaw den⸗ 
ben rieder in andern Orten einführen wollte, und darum mit triftigen Gründen 
va PR Gregor VII. anging, befam er eine abfchlägige Antwort. Eine fo ſchoͤne 
Inf erlag dem Meide ber lateinifchen Klerifei. Da nun die Lateiner alle 
Embed alten Ritus zu vernichten trachteten, und durch die Einführung der 
sten Sprache die flawifche überhaupt beeinträchtigt wurde, fo erlitt fchon ba= 
zit Ne bekmifche Literatur durch das Papftthum einen nicht zu berechnenden 
Sara; daher wir aus den frühen Jahrhunderten nur wenige unbedeutende 
erde in dieſer Schriftart befigen. Sm 10. Jahrh. hatten die Böhmen 
"| ein Schule zu Kubdec, in welder fie Latein lernten. Vom Bifchof Adalbert 
Wertet einem gebornen Böhmen, haben fie ald das größte Alterthum das Lied: 


U m... arg E 


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, ‚Hl Pomilupny“, das noch heutzutage gefungen wird, felbft von Ruffen 
„| aim, obwol es Einige für noch Älter halten. Aus dem 11. Jahrh. gibt es 
I kienilflindigen Werke, nur in lateinifchen Urkunden finden fid) häufig ſlawiſche 
u. en. Das 12. und 13. Jahrh. war fruchtbacer. Als der König Wla⸗ 
Vize %a6 Aufgebot zu dem berühmten Zuge nach Mailand ergehen ließ, ertönte 
=; fe; son Gefängen der muthigen jungen böhmifchen Ritterfchaft; aber kei⸗ 
wein chen bat fich erhalten. Zawis z Rozmberka ſchrieb 1290 mehre gute Ge: 
he. Die Böhmen haben eine Sammlung Iprifchzepifcher ungereimter Natio: 
zacefin;e, die Alles übertreffen, was man bisher von alten Gedichten aufgefunden, 
meer ah aber bloß zwei ganze Blättchen Pergament in 12., und zwei ſchmale 
Scan uralten haben. Herr Hanka, Cuftos des böhmiichen Nationalmu⸗ 
as, wer ic zuͤcklich, diefe ſchaͤzbaren Überrefle in einer Kammer an der Kirche 
= Leniginkef unter verworfenen Papieren zu entdeden. Nach der Schrift fallen 
“ta F 1290 und 1310; einige find auch wol noch Alter. Defto mehr ift 
ee Vrurſt des größten Theils derfelben zu bebauern. Diefe ganze Sammlung 
ec and drei Büchern, wie man aus der Überfchrift der übriggebliebenen Capi⸗ 
des drirten Buches, die das 26., 27., 28. genannt werden, ſchließen kann. Vier⸗ 
„ie Gerichte find erhalten, die diefe drei Gapitel ausmachen; folglid) waͤren bloß 
KH Geikte von dem britten Buche verloren. (S. Rukopi's „KRralodworfty wy⸗ 
wma Bac’, Hanky 1819.) Nach den Überreften des erften Liedes „Boles⸗ 
ar Sirfich der Inhalt des Ganzen nicht angeben ; das zweite Gedicht: „Ay: 
Sa Dat", fodert den Herzog Udalrich auf, die Polen aus Prag zu vertreiben 
1003; das dritte: „Benes“ (ließ: Beneſch) vertreibt die Sachſen, die von 
Gicy vordrangen; das vierte enthält Jaroslaw Sternberg’s „Sieg Über bie 
Tecen dei Dimüg” (1241) u. ſ. w. Göthe würdigte diefe Nationalgefänge einer 
kKeaten Aufmerkſamkeit. Sie verdienen an die Seite von Oſſian's Gedichten 
Kedrzu werden. Noch bat fich ein böhmifcher Pſalter und eine gereimte Legende 
wu dea 12 Apofteln (wovon aber nur ein Fragment von 70 Verfen auf einem 
Eistee in der kaiſerl. Hofbibliothet zu Wien fich befindet) erhalten. Berner die 
„Kazı eines Verliebten an den Ufern ber Moldau” (Weltawa) in Profa; ein 
Frsement von einer Leidensgeſchichte Jeſu, in gereimten Verſen; dann das Kir: 
kai: Swaty Waclawe”, nebft einer Menge von Gedichten, Liedern, Sabeln 
a Saterm in vierfüßigen gereimten DVerfen. Das 14. Jahrh. ift fhon er: 
sur. Unter Kaifer Karl IV., dem Beförderer der boͤhmiſchen Sprache, ward 
Nr graser Univerfitit (1348) geſtiftet. Er trug in der goldenen Bulle den Soͤh⸗ 
a2 ver beugen Rurfleften auf, Sobmiſch zu lernen. Unter feinem Sohn: Kat 


—— 


- 


24 Böhmifche Literatur. IL Bon 1409 bis 1500 


fer Wenceslaw wurden alle Decrete bohmifch abgefaßt, bie früher lateiniſch ware 
Damals war Prag nicht nur die volkreichfte Stadt Deutfchlands, fondern auch, d 
prachtliebenden Hofes und des Wohlftandes der Bürger wegen, ber Sammelpl 
der Künfte und Wiffenfchaften. Dalemil Mezericky fchrieb eine Gefchichte Be 
mens in Verfen; Ondreg 5 Dube eine Sammlung böhmifcher Gefege in 
Bon; Warvrinec z Brezowa eine Gefchichte der römifchen Kaifer, und üb 
feste Mandeville's Reifen; Pribjk Pulkawa eine böhmifche Geſchichte, u 
Benes z Horowic eine Reichsgeſchichte bis Wenzel. Außerdem find Woͤrt 
bücher, Gedichte und Geſaͤnge in Menge vorhanden; fo auch eine Überfegung I 
Lebens Aterander des Großen; das Leben des Kaiſers und Könige Karl IT 
dann die Befchreibung der Heldenthaten eined Pliehta von Zerotin, und | 
Schlacht bei Ereffy (1346), und über König Johanns Tod, das feinen ı 
feiner übrigen böhmifchen Helden Ruhm verewigte; eine Befchreibung bed X 
niers (1315); der Zug des Könige Johann gegen den Grafen Matthias ı 
Trenczin ıc. ıc. 
Mit Huf begann das zweite Zeitalter 1409 — 1500, welches der böhı 
fchen Spradye und der ganzen Nation einen höhern Schwung gab. Wie f 
ftaunten die verſammelten Väter zu Konflanz und Bafel, unter dem damali 
böhmifchen Adel und Bürgern Männer zu erbliden, die nicht nur durch Zap 
£eit und Heldenfinn Europa in Staunen fegten, fondern aud das Wort Go 
mit teiftigern Gründen auszulegen verſtanden. Der damalige böhmifche 2 
ſchwang nicht nur mit fräftigem Arm die furchtbare böhmifche Waffe zur Verti 
digung der Rechte der Nation, fondern er ftand auch auf dem erften Grade wifl 
Thaftlicher Bildung. Die Religionsftreitigkeiten, die die Magifter im Carol 
führten, veranlaften, daß das Volk allgemein die Bibel lad und nachdachte. An 
Sylvius, der nachmalige Papft, fagt: „Pudeat Italiae sacerdotes, quos ne ı 
mel quidem novam legem constat legisse, apud Taboritas vix muliercul 
invenics, quae de novo testamento et veteri respondere nesciat’' (Com. 
diet. Alph. reg. sec. II. 17... Huß von Huffineg überfegte Wiltef 8 Bi 
„Triologus“ ins Böhmifche, und ſchickte es den Laien als Gefchent zu. D 
Tractat von den fechd Irrthuͤmern ließ er in der Capelle Betlehem boͤhmiſch 
die Wand fchreiben. Er fchrieb die erfte Poſtille auf der Burg Kozy (1413), f 
ner eine Appellation an den Papft, eine Auslegung der zehn Gebote, die er t 
Konftanz an den Priefter Havlif und Andre ſchickte; eine Schrift gegen den Pı 
ſter Küchenmeifter ; eine Auslegung der 12 Artikel, zwei Predigten vom Ar 
hrift, „das dreifache Stridlein‘‘ und mehre vortreffliche Kirchengefänge. Se 
- , Briefe aus dem Kerker in Konftanz an die Böhmen uͤberſetzte D. Luther aus d 
Böhmifchen ins Lateinifche, begleitete fie mit einer Vorrede und ließ fie zu Witt 
berg 1536 druden, Er, Jakobellus und Hieronymus, verbefferten und verbre 
ten die böhmifchen Bibeln, wovon, ſich mehre Abfchriften bis auf unfere Zeiten 
halten haben, Wie viele feiner Werke durch die Hände der Sefuiten zu Grui 
gingen, ift unbekannt. Die graufame Hinrichtung der böhmifchen Märtyrer | 
Glaubens. Huf und Hieronymus, fahen die Böhmen als eine Beſchimpfung 
ganzen Nation an, woruͤber fie bittere Klagen führten und es an Spottgedid) 
nicht fehlen ließen. Alles fah fich aufgefobert, ihn zu vertheidigen. Unter bie 
Schusfchriften war die von einem Frauenzimmer, böhmifch verfaßt, die merkw 
digfte. Don dem Vertheidiger des Kelches, Zizka von Trocnow, einem der erf 
Feldherrn in der Gefchichte, den man möglichft zu verdunkeln fuchte, haben fich nı 
einige Briefe und feine Kriegsordnung erhalten. Aus diefer Zeit erhielten fich a; 
mehre taboritifche Kriegslieder, als: „Kdos gste Bozj bogownjdy a zako 
geho” (Wer feid ihr Krieger Gottes und feines Geſetzes) ıc. - „Nuz mnisko 
poskakugte” (Wohlan ihr Möndylein fpringet) ıc. u. dal.; dann einige von t 


Sopann Rokycana, H. Litomeridy, W. Koranda u. A. m. ſchriebe n 
me Berke über Religion. P. Chelcicky gab eine Auslegung der fonntäg is 
mein heraus, ſchrieb das Met des Glaubens, syt wiry, die Rebe 
+13. Gapitel ber Offenbarung von der Beſtie und ihrem Bildniffe 
aobrasu gegjm, und eine Schrift von der Liebe Gottes. Das bes 
Buch von ihm war eins in 40 Gapiteln, bas er „Kopyta”, Schuhleiften, 
Unter vielen Streitfchriften zeichnet ſich die des Priefters M. Lupäc reis 
Fprengwebel aus, und bie von einem tolgigen Kopfe vorgelegte rage: 
foge mir, welche Wögel find beffer, die, weiche effen und trinken, oder die, 
Scffen und nicht trinken?" „Und warum find diejenigen, die nur eſſen 
winten, denen feind, welche effen und teinfen?" Bohuslam von Cecht ic 
1 Bet: „Zreadio wseho krestanstwa”, Spiegel der ganzen Chrifterts 
yin Jena). Es werden darin durch mehre Figuren die entgegengefegten 
gen der Apoſtel und der toͤmiſchen Biſchoͤfe, mit böhmifchen Citaten ver⸗ 
rt Drei andre Figuren ftellen Huß vor, wie er predigt und ver⸗ 
wir, u 16 Blättern, auf denen Huß s Leben und Briefe zu Iefen find. 
mi Gaiden, wovon daß eine ben huffitifchen Gottesdienſt, das andre die 
ben Züge vorftellt, ſteht ber fatyrifche Brief des Lucifer; ‚dann flelit ein 
a binden Helben Zizka an ber Spige feined Heeres vor, worunter Frag⸗ 
3 dem taboritifchen Kriegslicde: „Neprätel se nelckeyte — Na ko- 
enezastawugme” ( Fuͤrchtet nicht die Feinde — Haltet euch nicht mit 

auf); ferner ein Dialog, worin ein Vater feinen Söhnen erzählt, wie 

und das Gefeg Gottes in Böhmen aufgekommen iſt ic. Das Ganze 
u 118 Blättern, worunter 88 mit Gemälden verfehen find. Stibor 
ng und Towacow fehrieb das fehr finnreiche Werk über die Güter der 
2, daB er dem König Georg 1467 gewidmet, und die Sammlung der 
und Rechte bes Markgraftpums Mähren. Walcowsky z Knezmoſta 
we die Lafter und Heuchelei der Geiftlihen; P. Zidek ſchrieb in drei 


Se Mantfamn Leilnwelal\ Tor orfte 


26 Boͤhmiſche Literatur. III. Yon 1500 bis 1620 


Loͤw von Rozmital und Vlatna Denkwürbigkeiten und Reifen durch Deutfchl 
England, Frankreich, Spanien, Portugal und Italien (als deſſen Begleit 
(ein Beitr. zur Zeit: und Sittengefch. des 15. Jahrh.), das Sof. Edm. Horh 
beutfiher Überf. (Brünn 1824) herausgab. M. Gallus, Albjk, Chriftann, 3 

Cerny, 3. Blowic und Sindel fchrieben über Arzneikunde, Aftrologie und Le 
twirthfchaft. Bom J. 1447 haben wir fchon ein Werk über das Propfen 
Bäume, ohne Namen des Verfaffers. Berner haben wir die gereimte Legı 
von den 10,000 Rittern, eine Überfegung von Afop’s Fabeln, den Ratt 
Thiere und Wögel in Profa und in Verſen, in 3 Büchern („ptacj rada‘'). 
der Lehre, die aus bem Munde der Thiere in Reimen fließt, wird die Naturgefch) 
des Thieres in Profa und die Moral vorausgefhicdt. Es wurde dreimal in! 
mifcher Sprache gedrudt, und kam zu Krakau in lateinifche Verſe uͤberſetzt 1 
in 4. heraus. Ferner haben wir eine Satyre in 132 Werfen über die | 
folgung der taboritifchen Priefter; den Maitraum des Hynek von Pobdieb 
des jüngern Sohnes des Könige Georg ; mehre Wörterbücher und Romane, 
ter welchen „Tkadlecek“ auch in Wien in beutfcher Überfegung herausfam. $ 
den Bibeln haben fich 14 Überfegungen bis auf ung erhalten, nebft 10 Neuen 
finmenten. Die ättefte von 1400 ift in Dresden. Die Buchdruderkunft me 
in Böhmen fchnelle Fortfchritte. Das erfte gedruckte Wert war Huß's S 
fchreiben aus Konftanz, 1459, das zweite der trojanifche Krieg, 1468, 
dritte ein Neues Teftament, 1474, die ganze Bibel, 1488, der erfle Ke 
der, 1489. 

Das dritte Zeitalter, von 1500 — 1620, Bann mit Recht das gold 
genannt werden; denn damald erreichte die böhmifche Sprache die höchite S 
der Vollkommenheit und des Ruhms. Waͤhrend jener ſchaudervollen Unru 
wo nicht nur in dieſem Koͤnigreiche, fondern auch in den Nachbarländern volkrı 
Städte Schutthaufen wurden, und eine zahlloſe Menge Doͤrfer ganz verſchn 
den (daher das Spruͤchwoit: boͤhmiſche Dörfer), waͤhrend jener Tage der Ve 
gung teifte dennoch der eigenthümliche Hang der Nation zum Forſchen und i 
Vorliebe für Wiffenfchaft und Kunſt. Die mwiffenfchaftliche Bildung — in 
dern Ländern, einzelne Fälle ausgenommen, bloß ein Monopol der Geiſtlichkeit 
war in Böhmen ein Gemeingut der ganzen Nation. In der Böhmen B 
flammte die Begierde, ſich durch Fühne Thaten den Helden des Alterthums ar 
reiben, und als fie ſich durch die Eorbeeren des Kriegsruhms einen 200jähr. } 
den ficherten, indem e8 zum Spruͤchwort wurde: Böhmen Eonnten nur durch X 
men überwältigt werden, befangen fie die Thaten ihrer Vorditern und ihrer & 
genoffen. Alle Zweige der Wiffenfchaften wurden bearbeitet und auf einen dan 
ungewöhnlichen Grad von Ausbildung gebracht. Alle Schriftfteller diefes : 
alters anzuführen erlaubt nicht der Zweck diefes Werkes, da man unter Rudol 
allein über 150 Gelehrte zählte. Die Vorzüiglichern find: Gregor Hruby 
Gelenj überfegte Petrarfas Bücher von den Mitteln gegen Gluͤck und Ung 
u.n.m. DW. Pifedy überfegte aus dem Griechifchen Sokrates Ermahnung 
den Demonikos. W. Cornelius von Wſehrd fchrieb von den Rechten % 
mens ꝛc.; Lobkowic von Haffenftein das Bud, des Erasmus von Rotterd 
wie fich der Menfc zum Tode vorbereiten foll, feine Reife nach Jeruſalem 
M. Konac von Hodiskow unter mehren Schriften Luciand Unterredungen 
dem Sriehifhen; N. Klaudyan Überfegte den LKactäntius Firmianus von 
mahren Verehrung Gottes, den Senefa vom Zorne; Udal. Welensky 
Munichow Lucians Schriften, den Erasmus von Notterdam vom dhriftli 
Nitter ꝛc.; Joh. Waitowsky von Warta Überfegte die ganze Bibel aus | 
Hebräifhen; Brykcy von Lila gab die Stadtrechte heraus ıc.; oh. v. Pud 

eine oomife Kosmographie; Bohuslaw WBlieguwsty die Gefchichte X 


A des Markgrafthums Mähren und die Nachfolge der Herzoge und 
Ügnens bie vorzüglichften find; W. Wratislaw von Mitromec fchrieb 
mach Konftantinopel; Abraham von Ginterod das Leben des Cyrus 
Kirhifdyen ; Harant von Polcic feine Reife nad) Venedig und andre 
Die Bezirke; Joh. Amos Comenius (f.d.) ſchrieb 54 zum Theil 
Werte. Herder fagt von ihm: „Comenlus mar ber legte Biſchof der 
Brüder. Keine Gemeinde Deutſchlands HE mic bekannt, die mit fo 
für ihre Sprache, fir Zucht und Ordnung bei ihren Gebräuchen fos 
ihrem häuslichen Leben, ja für Unterweifung und Aufklärung im Kreife 
weadigen und Nüglichen fo geforgt, gefkritten, gelitten hätte, als biefe. 
u8 entfprang jener Funke, ber in den dunkelſten Zeiten — Stalien, 
England, die Niederlande, Deutfchland wie ein Feuer durchlief, und 
Comenius gab feine „Janua”, einen „Orbis pietus” heraus, die noch 
ex in 11 Sprachen überfegt wurden, ſeitdem unzählige Auflagen erlebt 
d eigmefich noch nicht übertroffen find: denn haben mir jegt nad) 150 
ana in Werk, das für unfere Zeiten das ift, was jene Werke für ihre 
m? Ja ganz Nordeuropa erregte Comenius Aufmerkſamkeit auf bie 
; dr Reichstag in Schweden, das Parlament von England beadjtete 
Abläge. Die Kirchengeſaͤnge aus diefem und den fruͤhern Zeitaltern, 
uber zum Theil uͤberfetzte, Eönnen allen Sprachen zum Muſter dienen 
rech heute unübertroffen. Wie viele böhmifche Bücher in dieſem 
gedruckt wurden, laͤßt ſich ſchon daraus folgern, daß in Pra; —7 allein 18 
eteien waren, daß auf dem Lande in Böhmen 7 und in Mähren ebens 
udereien beftanden; außerdem wurden viele boͤhmiſche Bücher im Auss 
in Venedig, Nürnberg, Holland, Polen, Dresden, Wittenberg und 
undt. 

vierte Zeitalter beginnt mit 1620 und endigt 1774. Nach ber 
m weißen Berge 1620 erlag die ganze böhmifche Nation nicht nur dem 
mbern auch dem Geifte nad. Die Bevölkerung ber meiften Städte 


28 Böhmifche Literatur. V. Von 1774 bis 1826 


die mit eifernen Gittern, Thüren, Schlöffern, Riegeln und überzogenn | 
verfehen, und oft noc) zur Warnung mit der Auffchrift: „Die Hoͤlle“ beehrt m 
Und für all diefes Herrliche ehemaliger claffifcher Zeit gaben fie den Böhmen 
Logifchen — Unfinn, Berichte von der Hölle und dem Fegfeuer, nad) deren L 
fo Manche aus dem Pöbel wahnfinnig wurden, obſchon auch diefer Kram me 
verbrannt und weislich aufs fehärffte verboten ift. Es legten zwar die Aul 
derer zu Amfterdam, Dresden, Berlin, Breslau und Halle böhmifhe Bus 
dereien an und verfandten an ihre Brüder in Böhmen, Mähren und Ungarn 
in Menge; doch waren es nur neue Auflagen, wodurch die Literatur um 
vorwärts kam. inige Böhmen, die den Verfall ihrer Sprache bedauertes 
mühten ſich berfelben wieder aufzuhelfen, als ein Pefina z Cechorodu, 

Beckowsky, der die böhmifche Gefchichte bis 1620 fortfegte, W. Wefelg 
eine böhmifche Geometrie und Trigonometrie ſchrieb ꝛc.; doch war der St 
groß und von keiner Seite Unterflügung ; der Adel war fremd, die Regierm 
förderte bLoß deutfche Literatur; daher von diefer Zeit an die Böhmen mehr in 
ſcher Sprache fchrieben. 

In dem fünften Zeitalter, 1774— 1826, ging ein neuer Strah 
Hoffnung Über die böhmifche Literatur auf; denn als unter Kaifer Joſeqz 
eine eigne Deputation vesborgener böhmifcher Proteftanten, feiner groß 
gen Denkungsart fich vertrauend, die noch in großer Anzahl vorhandenen 
ligionsverwandten befannt machte, und er die Nothwendigkeit einfah, bi 
leranz und die Freiheit im Denken einzuführen, fo traten ihrer Hunderttai 
in Böhmen und Mähren ans Licht; ihre verborgenen Werke wurden neu geb 
die clafjifhe Sprache wieder anerkannt und bearbeitet. Noch mehr gefchie 
ſes unter der glorreichen Regierung Franz II., der die Nothwendigkeit und 
lichkeit der flawifchen Sprache, die im öftreichifchen Staate 14 Mill. Einw 
zählt, und von welcher der boͤhmiſche Dialekt die Schriftfprad 
einfab, und aus Dank für der Stawen Treue, Tapferkeit und AnhänglichE 
den Tagen der Gefahr, fich zu ihrer Beſchuͤtzung verpflichtet fühlte; denn aus: 
mens und Maͤhrens Gefilden fand ſtets neu verjüngt ein Eräftiges Volk auf 
Wahlplatze. 1809 ſtellten Böhmen und Mähren allein ein Heer von 300 
Mann an Artillerie, fchwerer Reiterei, Sägern und Fußvolk, und als die E 
bei Znaim am dringendften war, ftanden ganze Kreife bereit, ihr Leben dem 
desvater zu opfern. Unter dieſem Schuge bemühen fich, eingebenf des Ru 
ihrer Vorditern, wuͤrdige Männer alle Faͤcher der Wiffenfchaften neu zu be 
ten, und bie jegt weit vorwärts gefchrittenen Nachbaren wo möglich einzu 
Insbeſondere müffen hier die Mitglieder der böhmifchen Gefellfhaft der W 
fchaften, des Nationalmufeums und andrer patriotifhen Vereine, vor 
der Oberftburggraf Graf v. Kollowrath-Liebſteinsky, und Graf Kasp 
Sternberg (f.d.), mit hoher Achtung genannt werden. — Natürliche 
lent hat der Böhme für Mathematik, wie ein Copernicus, Vega, Stenad, U 
Littrow ıc. beweifen. Die ganze Artillerie, die in Böhmen und Mähren rec 
wird, hat ſtets ausgezeichnete Köpfe in der Mathematik befeffen. Philolo— 
das zweite, und Muſik das dritte vorzligliche Talent des Böhmen. Mozart‘: 
ver war Kludt, ein Böhme. In den legten Jahren hat fi) Ablabert Sedl 
Chorherr bes prämonftratenfer Stifts Tepl, durdy phyfifalifche und matheme 
Lehrbücher in böhmifcher Sprache feit 1822, verdient gemacht. Als Wat: 
fcher, Reifender und Botaniker ift Ihabdeus Haenke (f.d.), fowie auch 9 
Sieber (f. d.) zu bemerken. Im matbhematifchen, technifchen und ſtaatsr 
Schaftlichen Fache glänzt ber Rame Graf v. Buquoy (ſ. d.), und fo viele % 
Bol. des Prof. Jungmann's „Vollſtaͤndige boͤhmiſche Literatur” (Prag 1 

2 DBbe.). 24. 





ymepe Sun mungen vun mr — wor 


kam (1800 Einw.), an dem Einfluffe des Chambs in den Regen ges 
u früheften Zeit der Sig der Markgrafen von Cham, die aber ſchon im 
‚uffterben. Die Bewohner diefes Ländchens, Waͤldler genannt, find 
aksfam, kuͤhn, aber roh, verfhlagen und flarrfinnig. Sie hängen am 
heben Vieles davon in ihren Bergen erhalten. Ihre Sprache unters 
brielfach von der baterifchen Mundart, ift volltönig, aber nicht rauh zu 
ntviele eigenthümliche Laute und ift reich an Vocalen. 

Inenbergerfhe Maſchine. S. Vorruͤcken der Nachts 


ie, Boje, Buje, in der Schifffahrt, eine treibende Baake (f.b.) 
Untiefe. Gewöhnlich find es leere Tonnen. Die Ankerboi (Ankers 
wcter, auch bloß Boje) iſt ein Zeichen, meiftens ein nad) beiden Sei» 
Kanfendes leeres Faß, weiches vermittelft des Boiſeils am Anker befeftigt, 
tier geworfen wird, oben aufſchwimmt und deffen Plag bezeichnet. — 
Beier, Bujer, Boyer, ein Meines plattes, vorn und hinten voll 
'&äifinit einem Gabelmafte, einem Schmadfegel und Schtoertern, deſ⸗ 
Kkeint, um Bojen zu fegen, noch mehr aber in der Küftenfahrt, um 
ingen darin fortzubringen. 

ikau Despreang (Micolas), geb. 1636 zu Grosne bei Paris, 
250 Paris, begann feine Studien im College d’Harcourt und feste fie 
be Beamais fort. Schon als Juͤngling las er mit Leidenſchaft die 
hier des Alterthums und verſuchte feine eignen Kräfte in einer Tragoͤdie, 
mißrathen mußte. Nach vollendeten Studien trat er in die juriſtiſche 
xetließ fie aber bald aus Abneigung, verfuchte fich in andern Lagen und 
dh, ſich ganz den ſchoͤnen Wiffenfdyaften zu widmen. Seine erfte 
es adienx d Paris,” kundigte fein Talent an und empfahl ſich vor⸗ 
} Reinheit bes Styis und Zierlichkeit des Versbaues. 1666 erfchienen 
erſten Satyren mit der an ben König gerichteten Einteitung. Sie fan⸗ 


Kae ibm Rn eis base Mimmauh fa Flur An Mana man 


80 Boiſſeroͤe ſche Gemäldefammlung — 


er mit Beſtimmtheit und Geſchmack alle Dichtungsarten (mit Ausnahme des * 
logs) durchgeht und Regeln dafuͤr aufſtellt. An Regelmaͤßigkeit des Plans, St! 
heit ber Übergänge und gehaltener Zierlichkeit des Styls verdient dieſes Ge 
den Vorzug vor Horaz’8 Epiftel an die Pifonen. Es hat lange, nicht nur 
Frankreich, fondern auch im Auslande, ald Geſetzbuch gegolten und einen alf 
halben gleich günftigen Einfluß gehabt, da es auf Reinheit und Regelmäßtz 
dringt und alle Erzeugniffe des Dichtergenius einem zum voraus beftimmten P- 
ſtabe unterwerfen will. Einfeitig find jedoch feine oft gerügten Urtheile über 8: 
und Quinault, denen manche andre gleich unftatthafte Anfichten beizufügen 7 
ren. Boileau hatte viele Gegner gefunden, die ihm Mangel an Fruchtbarkeit, - 
findungsgabe und. Abwechslung vorwarfen. Zu ihrer Widerlegung fchrieb er ' 
„Lutrin”, ein fcherzhaftes epifches Gedicht, das noch jegt in den Augen ber Fi 
zofen ein unerreichted Meifterwerk if. Ein Chorpult, das hingeftellt und we 
nommen worden, hatte in einem Stifte Iwietracht erregt: dies iſt der Stoff 
Boileau’s Gedicht, in welchem die Kunft, kleine unbedeutende Details Interefl 
zu machen, neben den ſchon gerühmten Vorzuͤgen feiner Poefien, Lob verdi 
In feinem Leben war Boileau ein fanfter und edler Dann. Ludwig XIV, 
nannte ihn, nebft Racine, zu feinen Hiftoriographen. Da er die Akadem 
in mehren feiner Schriften angegriffen, fo wurde er erſt 1684 und durch befor 
Bermittelung des Königs in die franz. Akademie aufgenommen. Er farb 17 
an der Bruftwafferfuht. Herr v. St.:Surin hat die „Oeuvres de Boileau‘' 

e. Commentar (Paris 1824, 4 Bde.) herausgeg. Von Daunou’s (Mitgl. 

Inſtit.) „Oeuvres completes de Boileau ”, mit e. liter. u. hiftor. Commen 
erfchien zu Paris 1825 der 1. Th. 

Boiffereefhe Semäldefammlung. Diefe Sammlung der B 
der Boifferee und Bertram’s hat die Idee einer gefchichtlichen Zuſammenſtell— 
altdeutſcher Malerwerke befriedigend ausgeführt und dadurch eine neue Anficht 
Kunftgefchichte gegründet.. Vorher befchränkte fich die Kenntniß der altvaterl 
difchen Malerei größtentheils auf die Werke der oberdeutfhen Schule und il 
Hauptmeifter, Dürer, Cranach und Holbein; von ben Leiftungen bes Joha 
von Eyck hatte man nur eine oberflaͤchliche Kunde; die übrigen ausgezeichne 
deutſchen Meifter, wie Hemling, Mabufe, Schoorel u. U. waren meift g 
in Vergeffenheit gerathen; von dem Zuftande der deutfchen Malerei vor Johe 
von Eyck hatte man vollends keinen Begriff. Den Bemühungen ber drei ve 
nigten Sreunde verdankt man die Entdedung, daß Deutfchland vom 13. Jat 
ber eine bedeutende Malerſchule hatte, welche, tie die italienifche, von der ül 
lieferung der alten buzantinifchen Kunftweife ausging , aber fich eigenthümtich 
in der Faͤrbung und malerifhen Behandlung mit überwiegenden Vorzügen ı 
widelte. Ebenſo verdankt man den fammelnden Freunden die Wiedererfennt 
jener in Bergeffenheit gerathenen nieberdeutfchen Meifter und die wahre hiftorii 
Würdigung des Johann von Eyck als Schöpfer der rein deutfchen Malerei. 
den Werken, welche fie von diefen Kuͤnſtlern aufftellten, fpiegeln ſich Geift, ( 
muͤth und Natur mit einer Treue, Schönheit und Klarheit, wie man es nach 
früher herrſchenden Anficht keineswegs ahnen Eonnte. Hier und in ben Gemaͤl 
des Dürer, Holbein und andrer größtentheils dem 15. Jahrh. angehörigen D 
fler erfcheint der Charakter und das Kunffvermögen der Deutfchen in feiner gan 
Eigenthümlichkeit; dahingegen bei den Nachfolgern der Einfluß der italienife 
Malerei des 16. Jahrh. und der allmaͤlige Übergang zu der modernen niederld 
Kunftweife fihtbar wird, welche zu Ende des 16. Jahrh. ihren Urfprung nal 
Die Sammlung theilt fi) nad) den drei Hauptperioden der Gefchichte der be 
ſchen Malerei in brei Abtheilungen: die 1. umfaßt die Werke aus dem Zeitrau 
vom Anfang des 14. bie zu Anfang des 15. Jahrh. Diefe Werke, ſaͤmmt 


% 


Boiffereefhe Gemäldefammlung 81 


iſch⸗ niederrheiniſcher Art, ſtammen von verſchiedenen Meiſtern der altkoͤl⸗ 
Schule, unter denen Meiſter Wilhelm von Koͤln als der letzte und vorzuͤg⸗ 
minnt wird. Die 2. Abtheilung enthält Gemälde von Johann von Eyck 
‚ meiften mittelbar oder unmittelbar aus feiner Schule hervorgegangenen 
ides 15. Sahrh.: von Hemling, Hugo von ber Goes, Israel von Mede- 
Mise Wohlgemuth, Martin von Schoen u. X. Die 3. Abtheil, end» 
güft Werke deutfcher Maler, die ſich zu Ende des 15. und zu Anfang bes 
jabeh. entroichelt haben, wie Dürer, Lukas von Leiden, Mabufe, Schoos 
Peer, Bernhard von Orley, Cranach, Holbein und die Werke ihrer 
Er md Nachfolger, bei denen die Nachahmung italienifcher Kunft entfchies 
Kr wird, wie bei Joh. Schwarz, Martin Hemskerch, Michael Cocrie, 
tn Wander, beiden Eölnifchen Malern Joh. von Melem und Bartholos 
Baum u. A. Das eigenthümliche Intereſſe, welches die Sammlung für 
triindiihe und für die gefammte Kunftgefchichte hat, die glüdliche Aus» 
ei ſchoͤne Erhaltung der aufgeftellten Meiſterwerke, die auch ohne alle ges 
Kr Beziehung jedem ſinn⸗ und geiftvollen Befchauer einen hohen Genuß 
wm: das Alles hat die Aufmerkſamkeit der gebildeten Welt in ſolchem Maße 
‚ nie fie einer Privatfammlung vielleicht noch nie zu Theil geworden ifl. 
Sezichnetiten Kenner und Kuͤnſtler — wir wollen nur Goͤthe, Canova, 
dr und Thorwaldſen nennen — haben ihren Beifall auf das Lebhaftefte 
xihen. Seht, da in dem lithographifchen Werk, welches die Befiger mit 
Ber (f. d.) ber ihre Sammlung herausgeben, die Gemälde in bloße Zeich⸗ 
uͤerſetzt, von aller Pracht, von allem Zauber der Färbung entkleidet ers 
‚ wiederholt fich die allgemeine Theilnahme auf eine nicht minder auffals 
fe. Beſchteibungen und Beurtheilungen finden ſich in dem „Deutſchen 
a" von dr. Schlegel (1812); in den „Muſen“ von Kouque (1812); in 
‚„Kunft und Altertum” (1816, 1. Heft); in dem „Kunftblatt” (1820 
RN): a der „Abendzeitung ”’ (1821); in der „Literary gazette’ (1821, 
0; ie, Wuͤrtemberg. Jahrbuch für 1821, vorzüglich auch in Sohanna 
ae: „Joh. von Eyck und feine Nachfolger” (1822) und inD. Waa⸗ 
seift über Hubert und Joh. von End (1822). 
slpiz und Melchior Boifferee und Johann Bertram von 
Rhein. Lebterer ift mit den beiden erfigenannten Brüdern durch Freund 
d gleiches Streben auf das genauefte verbunden. Diefe drei Männer 
e Erforfchung, Erhaltung und Belebung des deutſchen Kunſtalterthums 
Berufe gemacht. Die erfte Beranlaffung hierzu gab eine Reife, welche 
reunde im Herbft 1803 nad) Paris unternahmen. Sie wurden von den 
verken der Kunft angezogen, welche der Eroberer dort zufammengehäuft 
»d die feit Eurzem erft ihrer größern Anzahl nad) aufgeftellt worden wa⸗ 
x Kunſtſinn der jungen Leute war fchon durch die Schriften von Forfter, 
Fied und Schlegel und durch wiederholten Befuch ber düffeldorfer Gates 
t aufgeregt ; jegt wurde berfelbe während ihres Imonatlichen Aufenthalts 
durch die täglihe Anfhauung der Meifterwerke antiker und moderner 
das günftigfte entwidelt. Friede. Schlegel, welcher damals in Paris 
le unfern Steunden Privatvorlefungen über Philofophie und ſchoͤne Kite 
Nies gab ihrem Streben eine fichere Richtung. Nun befanden ſich unter 
Rufeum aufgeftellten Gemälden auch einige von altdeutfchen Meiftern, 
: wenige von hoher Vorzüglichkeit. Die franz. Commiffaire, welche die 
ge in den eroberten Ländern aufgefucht, und namentlich der Director des 
3, Denon, hatten ſowol das geſchichtlich Merkwuͤrdige, als den eigent⸗ 
aſtwerth diefer Alterthlimer wentgftens im Allgemeinen zu würdigen ges 
jr. Schlegel, bei ber hoͤchſt ruͤbmlichen Richtung, welche damals [ein 


32 Boiſſeroͤe ſche Gemäldefammlung 


Streben fuͤr die Anerkennung alles vaterlaͤndiſchen Verdienſtes nahm, machte 
der Zeitfchrift „Europa“ das deutſche Publicum zuerſt auf dieſe Werke kunſtrel 
Ahnen aufmerkfam. Die Eölnifchen Freunde erinnerten ſich bei dieſer Gelege 
an Gemaͤlde ähnlicher Art, welche fie, freilich meift verduntelt, in den an af 
thuͤmlichem Schmud noch fo reihen Kirchen und Eöfterlichen Gebäuben ihrer . 
terſtadt gefehen hatten, und meinten barunter Mehres bemerkt zu haben, t 
den ausgezeichneten altdeutfchen Gemälden im parifer Mufeum nicht nur n 
komme, fondern fie wol übertreffen dürfte. Sie mußten überhaupt von den & 
lichen Alterthümern, befonders von dem herrlichen Dom und den Übrigen 8 
denkmalen ihrer Stadt und der Niederlande fo Vieles zu rühmen, daß ſich Schl 
dadurch bewogen fühlte, fie im Frühling 1804 nad) jenen Gegenden zu beglel 
Auf diefer Reife befuchten fie das neu entftandene Mufeum zu Brüffel und die 
lerie zu Düffelborf.” Am erſten Orte fanden fie, außer den Werken der neu 
Niederländer und einem von Rafael, noch mehre altniederbeutfche Gemä 
worunter jedoch nur wenige vorzügliche waren, und die meiften, wie es ſich fp 
ergab, irrige Namen trugen. Damals waren in Köln bie vielen zur Aufhebung 
flimmten Kirchen und Klöfter geräumt, und was die außgeftoßenen Befiger nicht n 
genommen, bie Regierungscommiffaire nicht mit Befchlag belegt hatten, war 
Händler und Troͤdler verfleigert worden. Durch diefe gewaltfame Umwaͤlzung 
men mehre fehr fchägbare, bis dahin ganz unbekannte alte Gemälde zum 
ſchein, die von Kennern und Liebhabern, namentlich von dem Kanonitus Wi 
raff (f.d.) und Kaufınann Lieversberg, angekauft und in ihre Sammlun 
aufgenommen wurden. Indeſſen mußte man bedauern, daß man von ben Bei 
thuͤmern des Erftgenannten, weil feine Sammlung nicht geordnet war, nur | 
nige betrachten konnte. Bon der andern Seite hatte man die Krone von allem 
mals befannten altdeutfchen Gemälden, jenes Altarbild aus.der Rathscapelle, 

Stabtpatronen vorftellend (f. „Europa“, 4. St. &. 134), erft kuͤrzlich wie 
ans Licht gezogen. Walraff hatte es in den erften Jahren nach der franz. Ero 
rung vor der Wuch der Nevolutionsmänner, die Alles, was an die frühere V 
faffung erinnerte, aus dem Wege geräumt wiffen wollten, baburch gerettet, t 
er die einftweilige Verbergung in ein ſchwer zugängliche Gewoͤlbe veranlaf 
Dies Gemälde war jegt, um es der verberblichen Einwirkung des dunkeln Orts 
entziehen, in einen der Säle des Gemeinbehaufes verfegt worden, welcher balt 
den Eisen des Handelögerichts, bald zur Vorrathskammer für die Montur 

Mationalgarde und zu andern Zwecken diente. In diefem Zuſtande fanden un 
Freun de die Dinge, als fie mit Sr. Schlegel nach Koͤln kamen; Alles wurde 

meinfchaftlich betrachtet; die größten Erwartungen waren übertroffen, und t 
fland unan nur Schägen gegenüber, die aus einem ungeheuren Schiffbruch gel 
gen worden! Mas mochte nicht alles in dem Sturm zu Grunde gegangen ſ 
. und role Vieles konnten die bewegten Wellen noch an den Strand fpülen! Du 

durfte es nur eines glüdlichen Zufalls, um der Kunfkliebe der jungen Freunde, 

ſich aus natürlichen Gründen nicht hatten träumen laſſen, felbft zu fammeln, ı 
für ihr ganzes Leben folgenreiche Richtung zu geben. E8 gefhah naͤmlich, 
fie auf dem größten Plage ber Stadt einer Trage begegneten, morauf unter alle 
Geraͤthe auch ein altes Gemaͤlde fortgefchafft wurde. Das Gemälde, die Krı 
tragung mit den weinenden Srauen und ber Veronica vorſtellend, fehien nicht o 
Vorzüge; es war in der Art, die man fpäter für die des Serael von Meckenem 
kannte; der Befiger wohnte nicht weit; er mußte mit dem großen Bilde nicht | 
Hin und war froh, baffelbe für ein Geringes zu Überlaffen. Die Sreunde vern 
men bei diefer Gelegenheit fo gräuelhafte Nachrichten von Mißachtung und VD 
handlung folcher alten Kirchengemälde, daß fie dem Wunfche nicht widerſte 
Bonnten, aus ber zerftörenden Hand unmiffender Menfchen zu retten, was r 


und inrerii [IE IDEE Diuvien, DIE vorgugoweiſe eine pyuo opyhiche UNO ges 
t Zendenz nahmen, fortfegen konnten, hatten fie zugleich Gelegenheit, 
& fo eigenthlmlichen Vechäitnifien begonnenen antiquarifchen Nachfor ⸗ 
ww verfolgen. Bloß auf Kenntniß, Rettung und Exhaltung altvaters 
Kunftwerke bedacht, ſuchten fie nur zu erwerben, was in Gefahr ſchwe⸗ 
u, chne gerade eine Sammlung anlegen zu wollen. Diefe legtere Abs 
delt fich erſt nach und nach, und am meiften ſcheint dazu eine wichtige 
13 beigetragen zu haben, die fie für bie Kunftgefchichte machten. Wir 
me Entdeckung ber bpzantinifch «niederrheinifhen Malerſchule, wodurch 
xugt wurde, baß die deutſche Malerei fich, wie bie ltalieniſche, auf die 
‘Ge gründe. Aus der merkwürdigen Stelle in dem Heldengedidht „Par 
‚a Belfram v. Eſchenbach, welche Fr. Schlegel gefunden („Europa”, 4. 
130), batte fid) ergeben, daß bereits im 13. Jahrh. die Maler von Köln 
richt ſprichwoͤrtlich als die beften von Deutſchiand angeführt wurden. 

übe, welche man anfänglic, dieſer Zeit ober überhaupt der Perios 
tina von Eyd zuſchrelben zu mirffen glaubte, waren ſolche, die mit 
Bra vrca Meiſters Ähnlichkeit Hatten und bloß durch eine weniger kunſt ⸗ 
losfüzng auf ein höheres Alter beuteten. In den Gefichtöjlgen der 
Sumreite man wol hier und ba, wie bei dem Meinen Bilde der Himmels 
ri in Brüffel, eine ſchwache Reminiscenz byzantiniſch- typiſcher For⸗ 
!sh !egte man damals ein zw großes Gewicht hierauf; denn in der Beichs 
Böiltemmwurf und in der ganzen Behandlung war wicht eine Spur jener 
fe fihebar, bie fo entfchieden auf eine durchgängige byzantiniſche Kunfts 
zeit. Als daher umfere Fteunde in Köln in der Vorhalle ber St.= Los 
zum erften Male ein Gemälde fahen, auf welchem die Köpfe mit große 
keiten Sormen, weichem fließenden Haar und Bart, die Gewänder mit 
‚ runden Falten bargeftellt und Alles mit einem ſchnellen gelinden Pinfel 
ewar, hielten fie dies Werk ohne weiteres flır altitalienifhen Urfprungs. 
ße, die Apoftel in Bruſtbildern auf Goldgrund vorſtellend, aus der 


34 Boiſſeroͤe ſche Gemäldefammlung 


ent Auafüsrun; bekannt, deren Urſprung aus dem 14. und sum Theil aus ber 
15. Jchrt. enreitiih wurde, und zu gleicher Zeit fanden fie mehre Gemälde m 
Inſchtiften und Jahrszahlen, welche ben unumftöglihen Beweis lieferten, ba 
jene, wecen ibrer geringen Vollkommenheit, aber großen Ahnlicksit mit Johan 
von Eyck's Werken für die ältern gehaltenen, Bilder der Schule dieſes Meiſtä 
angehirten. Es lag klar am Tage: die ältere Eölniiche Malerei ver Joh. v. Ey 
hatte ſich, wie bie gleichzeitige italieniiche, aus den gemeinidhaftlihen Grumbjl 
gen byzantiniſcher Kunft, jetod mit großer Eigenthuͤmlichkeit entwidelt. — Eu 
Menge Frescegemaͤlde, die auf den entkteideten Winden einiger verlaffenen Ki 
hen und Klöfter hier und ba fihtbar wurden, oder kei Erfchütterung der zum X 
bruch unterminirten Gebaͤude durch Aklöfung der Kalkdecke oft von unten bis ob« 
zum Berfchein kamen, bezeugten wiederholt das Alter und die umfaffente Thaͤth 
keit der brzantinifch = bölnifchen Malerfchule. 1806 endlich entdeckten tie Samn 
ler mehre Zafelgemälbe, einige Apoftel und andre einzelne Heilige vorftellend, d 
zu dem Voltendetften gehören, was aus jener Schule übrig geblieben iſt; als f 
die Tafeln ummandten, fanden fie zu ihrer größten Freude biftorifche Compoſiti 
nen, welche durch ihre Ähnlichkeit mit manchem Theile des obenermähnten Alta: 
bilde® aus ber Rathscapelle die beim Anblick der Vorderfeite gefaßte Vermuthun 
daß diefe Gemaͤlde von denfelben Meiftern berrühren möchten, zur vollfommenfte 
Gewißbeit erhoben. So war denn auch jenem bewundernswuͤrdigen Kunſtwerk 
welches man wegen der ihm eignen Miſchung von Ideellem und Individuellem um 
wegen der hoͤchſt ſanften, verſchmelzenden und zugleich praͤchtigen maleriſchen Bi 
handlung nicht zu claſſiſiciren gewußt hatte, ſeine wahre Stelle angewieſen; ma 
erkannte, daß es der zur vollſten Selbſtaͤndigkeit gelangten byzantiniſch-koͤlniſche 
Schule angehoͤrt, und deren übergangspunkt von der aͤltern traditionellen zu d 
neuern ganz naturnachahmenden Kunſt bezeichne; wie auch Goͤthe ſpaͤter diefi 
Bild ſehr treffend die Achſe der niederrheiniſchen Kunſtgeſchichte nannte („Kunſt: 
Alterth.“, 1. St. S. 163). Unter dieſen Umſtaͤnden mußte in unſern Freunde 
der Wunſch erwachen, eine vollſtaͤndige Reihe von Tafelgemaͤlden der buzantinifd 
koͤlniſchen Schule aufzuſtellen, und überhaupt die Geſchichte der deutſchen Malı 
tel, die durch die gemachte Entdedung um mehr als ein Sahrhundert erweite 
wurde, auch in ihren fruͤhern, noch fehr dunkeln Perioden fo viet als moͤglich au 
zuklaͤren. Zudem hatte fid) ergeben, daß die anfänglich gefaßte Vermuthung ve 
dem hohen Kunſtwerth der von rohen Menfchen zerftörten Gemälde größtenthei 
möchte Üibertrieben getvefen fein. Freilich waren hier und da ein Senfterlade 
Zaubenfchlag, Tiſchblatt oder Schirmdach aus den gemeldeten Tafeln verfertig 
ja größere Gemälde waren bei ber Öffentlichen Verfteigerung als eine laͤſtige Zuga 
zu Glocken und altem Eifen gefchlagen worden, oder es waren ſchwere, dur 
Staub und Shmus untenntlich gewordene Tafeln in den weitläufigen Kreuzgaͤt 
gen zuruͤckgeblieben, und die neuen Bewohner der Kloͤſter, bloße Hüter der & 
baͤude, meiſt Leute von der gemeinſten Art, hatten ſie als Brennholz verbrann 
Indeſſen fanden die Freunde unter manchen überreſten von etlichen Gemaͤlde 
nicht rin einziges von großer Bebeutung, und ihre Sammlung enthält Beine de 
ſelben. Hingegen wurde bei näherer Bekanntſchaft mit den Verhältniffen imm 
klarer, daß die verzüglichften Gemälde durch einen alten Nuf, der an ihnen g 
haftet, vor dent allgemsinen Verderben waren gefchügt worden. Die meifte 
hatten fchen vor 100 und 150 3. dem neuen Geſchmack in der Kirchenverzierur 
weichen müffen, und waren in Mebencapellen, Capitelſaͤle, Sacriſteien un 
Schatzkammern verfegt worden, wo fie zwar wenig betrachtet, aber meiſtens fel 
gut erhalten wurden. Bei der Aufhebung ber geiftlichen Gemeinden fielen bie 
ehrwürdigen Alterthuͤmer entweder den ausgetriebenen Mitgliedern anheim, d 
sum Theil fie Jahre lang in Hoffnung der Wiederkehr der alten Zeit verronhrtei 





Es 
ıd nicht wenig fte, dem deutſchen Vaterland einen 
langentbehrten Ruhm wieder zu geioinnen. Bon der andern Seite 
ete Boifferer Forſchungen uͤber die alte Kirchenbaukunſt unternommen, 
He Überzeugung gaben, daß der Dom von Köin ſowol der Ausführung 
ıge nad) ein® der volltommenften Werke diefer Kunſt in Europa und 
wignet fei, als Mufterbild des reinſten und erhabenften Styls aufge: 
ten. Der Gedanke, diefes lang verfannte Denkmal beutfcher Größe 

mie ber geniale Erfinder es entworfin, zur Anſchauung zu bringen 
tm Kupferſtich zu verewigen, begeifterte den jungen Mann zu jenen 
reihe Die Aufmerkfamkeit der ganzen gebildeten Welt auf biefen in dem 
)ecennium kaum beadhteten Wunderbau gelenkt. Er machte felbft die 
an Meffungen, zeichnete bie Entwuͤrfe und ließ dieſe von dem koͤlniſchen 
h8 ine Meine bringen. Auf einer Kunſtreiſe, welche ihn damals nach 
„Strasburg, Kolmar, Freiburg, Bafel, Um, Münden, Regens—⸗ 
Kreaberg führte, ſchloß er in Münden mit dem Baron Aretin, dem 
trnehmer des dortigen lithograph. Kunftinftituts, einen Vertrag zur Li⸗ 
mes und Herausgabe bes ſchon im großen Mafftabe, aber einftwweiten 
am ; befchränften Umfange und auf die einfachfte Ausführung in Umkiffen 
Werkes. Auch wurde ber talentreiche, zu fruͤh verftorbene Architektur⸗ 
&o Duaglio zur Ausführung der perfpeftivifhen Zeichnungen von Mün- 
Räin beſchieden. Durch die Anfhauung der in jenen Städten befinds 
tube und Gemälde wurde die Kunſtkenntniß ber Freunde bedeutend und 
weiter. Im Beziehung auf die altdeuefche Malerei waren die Samm⸗ 
Münden und Schleißheim, wo der Director von Mannlich diefem Fach 
iſtliche Aufmerkfamleit ſchenkte, ganz befonders lehrreich. Es ergab 
tm, daß die oberdentfche Malerſchule, ſowol was bie Zeit ihrer Biuͤ⸗ 
as die Vortrefflichkeit ihrer Leiftungen betrifft, der niederdeutſchen weit 
und daß fie ſich auf dieſe gruͤnde. Von nun an entwickelte ſich zugleich 
se koͤrniſchen Entdeckunaen ſchon vorbereitete neue Anſicht. dafi der eus 








86 Boifjeree'ihe Gemaͤldeſammlung 


Zuflimmung der ausgezeichnetften Kenner und Kunftfreunde erwerben zu koͤ 
1809 fegten Bertram und der jungere Boifferee ihre Bemühungen zur plan 
gen Bereicherung der Sammlung raftlo® fort, während der Ältere Boiffere 
ganz in die Arbeiten für dag Werk über ben koͤlner Dom vertiefte. Zu A 
1810 wurde der größere Theil ber ſchoͤnen Zeichnungen zu diefem Werke voll 
wobei unter Leitung des Altern Boifferee vorzüglic) die Maler Fuchs und Qu 
für den Grundriß aber der jegige Oberbaurath Schauß in Köln thätig waren. 
ſes Unternehmen erwarb unferm Freunde fo viel Beifall bei den Stadtbehörde 
er biefelben leicht bervegen konnte, jenes Rathhausbild in eine Capelle der . 
Eiche zu verfegen. Da das kirchliche Eigenthum einigermaßen wiederher: 
war, fo ſchien dies das einzige Mittel, das unſchaͤtzbare Gemälde, welches b 
für die Eölnifchen Kunſtalterthuͤmer rege werdenden Üntereffe immer mehr E 
wurde, vor der Entführung in das parifer Mufeum zu fihern. Am Zage d 
Könige 1810 wurde dies Altarbild im Dom zuerft aufgededt, und ſeitdem! 
unter dem Namen: „Das Dombild” die zahlreichften Beſchauer angezogen. 
auch unmittelbar für die Kunftgefchichte war diefe Verfegung fruchtbar. Alk 
nämlich da8 Gemälde im Rathhaufe, wo es mit Klammern an die Wa 
feftigt war, abtöfte, fand man die Stügelftüde gleichfalls bemalt und mit der 
zahl 1410 bezeichnet. Jene obenerwähnte Anficht, die man über dus hift 
Verhaͤltniß diefes Meiſterwerks gefaßt hatte, wurde hierdurch beftdtigt, unt 
tonnte daffelbe nun mit aller Wahrfcheinlichkeit dem Maler Wilhelm von Kö 
fhreiben, den die Chronik von Lüneburg unter dem 3. 1380 den beften I 
in allen deutfchen Landen nennt. Bald nachher war Boifferce fo glücklich , 
andern großen, mit Gemälden und Schnitzwerk gefhmüdten Altar von 
welchen er aus der bereitd halb abgebrochenen St. = Slarafirche rettete, in die 
kirche bringen zu koͤnnen. Es wurde ihm geftattet, denfelben in der entge 
festen Capelle, dem Stabtbilbe gegenüber, aufſtellen zu laffen, und fo bi 
die Befriedigung, die zwei wichtigften Denkmale, welche die erfte und legte ( 
der byzantiniſch⸗-koͤlniſchen Malerfchule beftimmen, in der Domkirche verein 
ehen. Die Unternehmungen der drei Freunde waren kaum fo weit gebdiehen 
% ſich bereiteten, nach Deidelberg zu ziehen, um dort mit gelehrten Mä 
und im Bereich literariſcher Hülfsmittel ihre hiſtoriſchen und antiquariſchen 
bien weifer zu verfolgen. Vorher bereicherten fie ihre Sammlung mit dem 
tühmt geroorbenen Gemälde: „Die fterbende Maria”, welches fie gegen ein kle 
anders componirted Gemälde beffelben Gegenftandes und Meifters und gege 
ganze Reihe bebeutender alter Dialereien von dem Kanonikus Walraff einı 
ten. Um nicht gleich dem Benuffe diefes neuen Beſitzthums entfagen zu n 
ließen fie das Gemaͤlde und mit demfelben die „Darbringung im Tempel” ı 
v. Eyck, ein Bild von Lukas von Leiden und wenige andre nad) Heidelber: 
men. Hier aber machte diefe Beine Anzahl von Gemälden ſchon in den erfteı 
naten (1810) einen fo günftigen Eindrud auf die häufig ſich einfindenden . 
freunde, daß die Befiger, die ohnehin den Wunſch hegten, ſich der franz. 
(haft zu entziehen, der Auffoberung nicht widerftehen Eonnten, nad unl 
ihre bebeutendften Gemälde von Köin herauflommen zu laffen. Die Sam 
hatte zwar in den legten Fahren auch in Köln fchon viele Künfller und Kenn 
gezogen ; aber bie eigentliche Wirkung auf das große gebildete Publicum fir 
1810 und 1811 an, wo die Sammlung nad) Heidelberg verfegt wurde 
doch enthielt diefelbe damals bei weitem nicht die Hälfte der vorzuͤglichſten € 
die fie jegt aufzumeifen hat. Faſt eben fo viel Aufiehen machten die mit der g 
Sorgfalt ausgeführten Zeichnungen zum Domwerk. Der Verſuch, ein 
daraus im bloßen Umriß zu Lithographiren, war fehr unbefriedigend ausge| 
ber Bertrag mit Baron Aretin wurde aufgehoben, und im Sommer 1810 t 


d der fir alles Wahre und Echte jeder Art und Zeit empfängliche Mann 
1812) von den Forſchungen über den koͤlner Dom und über die Kir- 
Efprach und dabei feiner eignen Begeifterung flır den ftrasburger Muͤn⸗ 
Neben jenen Beſchaͤftigungen des Altern Bolfferee ſchritten die Bes 
welche die beiden andern Freunde der Gemaͤldeſammlung wibmeten, 
‚Hüchften Erfolge fort; fie waren unabiäffig bedacht, diefelbe nach dem 
a ganzen Kreis ber altdeutichen Malerei ausgedehnten Plan zu vervolls 
Damals, und namentlich auf Reifen, welche der jüngere Boiſſeree 
1813 in die Niederlande unternahm, wurden viele ber bebeutenbften 
m gemacht; barunter: der „heil. Chrifloph” nebſt den dazu gehörigen 
ad anbre größere hiftorifche Gemälde von Hemling. Ein von Brügge 
entfuͤhttes Gemälde dieſes kunſt⸗ und erfindungsreichen Meifters, wei⸗ 
zunde mit Sr. Schlegel im Muſeum gefehen, hatte dem Letztern Anlaß 
ander „Europa“ (Ates St., &. 36) aufden faft kaum genannten Mas 
#sm zu machen. Seitdem war unfern Sammlern Being feiner Werke 
Beräte gekommen; auf den nieberländifchen Reifen richtete nun der jun: 
Irce fein Augenmerk auf Hemling, und zum Gtüd fand ſich, daß diefer 
! der Heimath immer gefhägt, daß feine Gemälde meift ſehr forgfältig 
den waren. Bon ber Zeit an wurde man recht eigentlich mit den Vers 
8. Hemling ihrem ganzen Umfange nad) befannt, und man befeftigte 
früher ausgefprochenen Überzeugung von ber eigenthuͤmlichen außerors 
Virkſamkeit bed Joh. v. Eyck, ſowie man auch, im Folge der hier ges 
Einfichten, mit den Fotſchungen Über die trefflichen Dealer Mabufe und 
4 Klare Bam, deren Name Werken angeheftetworben, welche keineswegs 
a Schriftftellern, wie Karl v. Mander, entworfenen, hoͤchſt ruͤhmllchen 
it diefer Künfkter entſprechen. Aber nicht nur für die zweckmaͤßige Vers 
e Sammlung, fondern auch für die forgfättige Herftellung der etton bes 
der mit Schmug und verbunfeltem Firniß überzogenen Gemälde, und 
ers fuͤr eine belehrende Aufftelluna ber ermorbenen Schäse waren der 





88 Boiffereefhe Gemäldefammlung 


fcher Übertreibung und gelehrter Pebanterie gleich abhold, Jahre lang fich be 
ten, eine würdige Anficht von der Kunft unfrer Vorfahren zu verbreiten, bi 
allgemein befannt. Heidelberg, eine blühende Univerfitätsftadt, in der befi 
ften und fchönften Gegend Deutfchlands, war der geeignetfte Ort für diefe 
Thätigkeit. Jedoch würde fie den rafchen und weitumfaffenden Erfolg nid 
habt haben, wenn nicht die großen Weltbegebenheiten 1813 — 15 nad) 
nach die ausgezeichnetſten Männer nad) Heidelberg geführt hätten. Das let 
Intereſſe, welches die neugeftiftete, dem Ruhm von Altdeutfchland gewil 
Sammlung mitten in dem Kriegögetümmel des großen Hauptquartierd, wu 
jener entſcheidenden brei Mochen des Sommers 1815, bei den bedeutendften 
bei den höchften fürftlichen Perfonen erregte, wird als ein Beweis von dem ı 
tigen Einfluß, den die höhere Bildung zu unferer Zeit gewonnen hat, ewig 
wirdig bleiben. An diefe zahlreichen und glänzenden Befuche der Samın 
reihten fich jene an, welche Göthe ihr und unfern Freunden im Herbfte 181: 
1815 ſchenkte. Er faßte mit feinem großen Geiſte dieneue Welt, womit e 
umgeben fah, freudig auf, und zolfte den Verdienften unfrer alten Meiſter 
Beifall, der um fo wahrhafter war, als das mit oberflaͤchlicher Kenntniß un! 
einer falſchen Myſtik gepaarte Modetreiben einiger jungen Kuͤnſtler und K 
freunde ihn faſt feindſelig gegen alle aͤltere chriſtliche Malerei geſtimmt hatte. 

erſte Heft über „„Kunft und Alterthum“ war eine Frucht dieſer Beſuche. St 
Goͤthe der Erſte, welcher die beiden hiſtoriſchen Hauptreſultate der Samm 
über das Verhaͤltniß der aͤlteſten deutſchen Malerei zu der byzantiniſchenF 
und über bie wahre Wirkſamkeit des Joh. v. End öffentlich anerkannte un 
große Publicum davon unterrichtete, Eine fo ehrende Theilnahme mußte dei 
ſtrebungen unferer Sreunde einen neuen Schwung geben. Die Sammlung ı 
durch wiederholte Reifen in die Niederlande und nad) Franken auf das zweckn 
fte vermehrt; herrliche Werke von Eyck, Mabufe, Dürer, Orley und a 
Meiftern wurden derfelben einverleibt und 1817 kam der viel bewunderte le 
große Chriftuskopf von Hemling dazu. Gegenwärtig enthält die Sammlun, 
möglichft vollftändige Reihe von mehr als 200 Gemälden der bedeutendſten 

(hen Maler des 14., 15. und 16. Jahrh. Da aber diefe Gemälde meift al 
großem Umfange fi nd, fo wurde der Raum felbft der größten Privatwohnu 
enge, um auch nur bie ausgezeichnetften Stuͤcke gehörig auffiellen zu Eönnen. 

König von Würtemberg mit ber unvergeßlichen Königin Katharina, die Ka 
Mutter von Rußland begleitend, Überzeugte fi im Herbſt 1818 von diefe 
drängten Zuſtande und ließ den Beſitzern auf das großmuͤthigſte ein gerdun 
Gebäude in Stuttgart zur freien Benugung anmeifen. Nun verliehen di 
Freunde im Frühlinge 1819 Heidelberg, wo fie während eines neunjährigen 
enthalte fid) die edelften Sreunde erworben hatten. In Stuttgart wurt 
Sammlung ihrem größern und wichtigern Theile nad) zuerft vollftändig aufge 
Die große und gleihfam neue Wirkung, die diefe hoͤchſt zweckmaͤßige Aufſte 
hervorgebracht, ber fortdauernde Beſuch des einheimifchen und reifenden ) 
cums, und dag tıbereinftimmende Urtheil der unbefangenften Laien aus allen 
fen der Gefellfchaft, wie das der gelchrteften Kunſtkenner und genialjten Ku 
des Jahrhunderts: — Alles diefes hat die Beliger Immer mehr ermuthigı 
ſchoͤnen Erbſtuͤcke vaterländifcher Kunſt allen finnvollen Menſchen, unter der 
ten Aufopferung von Zeit und Bequemlichkeit ihrerfeits, genießbar und leh 
zu machen. Die öffentliche Meinung in dem Lande, das ſo gluͤcklich ift, 
Sammlung gegentärtig zu beherbergen, hat fich durch einſtimmige, ruͤhr 
Erwähnung in der Ständeverfammlung von 1820 ausgefprochen ; und die ( 
Stuttgart hat durch den Antrag des Bürgerrechts, der den drei Freunden von 
ten ihres Stadtraths 1822 gemacht worden ift, die edeln Säfte dankbar geeht 


gende Abdrüde zu erhalten, das Werk nad) Paris verlegt und Überdies 
Künftter zu Hülfe gezogen werden mußten. Die Rupfertafeln, ſowie 
welcher mebft der Geſchichte und Vefchreibung des Doms von Köln die 
tate von bes Verfaſſers vieljährigen Studien Über die altdeutfche Baus 
it, find nun in mehren noch nicht gefchloffenen Lieferungen erfchienen. 
ze28 „Gelchichte und Befchreibung des Doms von Köin”, Srutigant 
—h, 
ſſo na de (Sean Scangois), geb. zu Paris 1774, einer der ausge⸗ 
ı.Heileniften Frankreichs, ward 1809 adjungirter Profeffor der griech. 
n der Univerfität von Paris und 1812 nad) Larcher's Tode, an deſſen 
auch in das Inflitue trat, wirklicher Profeffor. Der König ernannte 
zum Ritter der Ehrenlegion und 1816 zum Mitgt. der Akademie der 
% Außer mehren [chägbaren Beiträgen zum „Journal des debats”, 
reure”, zum „Magazin encyclopedique”, zur „Biographie univer- 
se u den „Notices et extraits” (Bd. 10) verdanken wir ihm u. A. 
tz „Deroica” des Phitoftrat (1806) und des Tiberius Rhetor 
Roc wichtigere Werke von ihm find die Lebensgefchichten der So: 
»2 Eunapus, ein noch ungebructer Commentar des Proklus zu Plas 
sus, ein griechiſcher Roman des Nicetag Eugenianus u. ſ. w. Auch 
zaneinem franz. Woͤrterbuche nach dem Mufter des Johnſon. 
jardo (Matteo Maria, Graf von Scandiano), geb. auf einem Fami⸗ 
Deufes bei Gerrara 1434, war von 1488 bis 1494, wo er ſtarb, Stadts 
\auptmann zu Reggio, im Staate feines Gönners, Herkules von Efte, 
aModena. Diefer gebildete Höfling, Gelehrte und Rittersmann glängte 
48 Dichter. Seinen „Orlando innamorato” (Scandiano 1496) ſpann 
zum Gefange 79, ohne ihn zu vollenden. Die Namen feiner Bauern 
jeder Gegend Scanbianos veretvigte er in ben Heldenfchilderungen und 
hreibung der Naturſchoͤnheiten. In Sprache und Versbau übertraf 
lrioſto, der ihm gleich iſt in Erfindung, Anmuth und Epifodenverflehs 


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Nimerium e: Beizt aar m Eiamaa min sam Carr: se, © 
Insedh u: aa Santtaezir va Diem, io zuteil, Iazdaa 
in weitem Pen ter Aida oa Une: im Zn: Nine Yelıme sudmıd 
rien Yı Beæunteran, na Im aresie. Bi Nm qleteneſatf 
er Alis zen Si: Me VDigs, die Pair, die Ben, die ettndiſce Gef 
Maritssca;:, Euzm, ven Kırır, Heianr, Me Cifrut: sin eurer diieen! 
ir OA4rike feiner eonen Kinizin, die Unnzicioifenseit, Nie Unkusheit 
ger ven Reit na Coiesm. ZSoäeerhin Antın wir Bolingbrece dem Ih 
Iron Lem tafen, anım Mibte tr Geſinnung un? eines Ta ſonderda 
14 irre cher im Partei au lagen, preiägegeden, das dadurch Die ! 
drit feinn Artınanunga, feine Barerlandeiieke, überbaurt {en ganzer € 
nAınensskigi;nweten. Es entſtand nimlih aus den Reidungen 

v4 und Wiss ein ſoſchet Zrieipalt im der Cffentliben Meinung, daß die £ 
kart zetatent, det Itiede für ein Unzluͤck ausgefhrien und die protsitantifche 
Nize für zeführbet eriärt wurde. In diefem Augenblide brach zwiſchen den 
fA,ıymeifin, Grafen Oxford, und Bolingerode, gleich nach tem Abſchl 
Arlızene, ein verberblicher Streit aus. Swift, ber Freund Beider, befond 
init kam Geoßſchatzmeiſter ſehr vertraut, beſchucdigte Bolingbrode, an der 


0) Wapreno jener anweſenheit ın Oeut chiano, adgeſetzt und enttioh, 
ıbatte, daß bie Gegenpartei ihn auf das Schaffot bringen wollte, nach 
Jakob IIL., der fogenannte Prätendent, lud ihn zu ſich nach Lothrins 
mannte ihn zum Staatsminiſter. Als aber Ludwig XIV. geftorben 
Beiingbrode alle Hoffnung, daß die Unternehmungen des Prätendens 
amüırden, und bereute fich mit demſelben ſoweit eingelaffen zu Haben. 
!8 Sefinnungen und feine baraus hervorgegangenen Unternehmungen 
and) über diefen Gegenftand geweſen fein, wie fie wollen, fo darf man 
uhmen, daß er es mit Jakob IH. vedlich gemeint habe. Nichtsdeſto⸗ 
inte ihn dieſer feiner Würde und übertrug fie dem Herzog Ormond. 
8lfo Bolingbrocke s fonderbares Schickſal, dag er ſowol von dem wirk⸗ 
m bloßen Titularkoͤnige von England ber Verrätherei beſchuldigt ward. 
R üm von dem Könige Georg Anerbietungen gemacht, um bie Geheim⸗ 
zätmdenten zu entdecken; biefen Antrag lehnte er ziwar anfangs ab, 
dee nachher inconfequenter Weiſe infofern an, als er fich verpflichtete, 
Wffrötendenten, unter der Bedingung einer gänzlichen Vergeffenheit 
Ada und daß man fich in Betreff des Übrigen auf ihn verließe, einen 
Ba Sqlag zu verfegen. Nichtsdeſioweniger wiberfegte ſich der Minis 
% I den Einfluß Bolingbrocke s auf das englifche Cabinet fücchtete, 
xbeſſelben aus allen Kräften. Nun fchrieb diefer, um feine perfönfiche 
vſen, phitofophifche Tröftungen, fand aber bald noch füßere, indem 
nr teigenden umb fehr begüterten Dame, einer Nichte der Frau von 
«berheirathete. 1723 ward endlich das Parlament, beffen ſaͤmmtliche 
yſchworne Feinde Bolingbrocke's getvefen twaren, aufgehoben, und nun 
ider König, als eine erſie Gnade, nach England zurückzukehren, ohne 
din feine Guͤter miebereingefegt wurde; dies gefchah erſt nach Verlauf 
übten durch eine befonbere Parlamentsacte. Seit feiner Zuruͤckkunft 
id lebte B. ganz ald Landmann ; nur die Unterhaltung Swift s und 
ner bisweilen an. Aber kaum hatte ſich im Parlamente die Stimme 


42 Bolivar 


faſſers die Stelle einer unparteiifchen, allgemeinen Anſicht der Dinge vertritt, un! 
beſonders deßwegen getabelt wurden, weil darin ohne alle Schonung die geoffent 
Religion angegriffen ward, die doch Bolingbrode ehemals eifrig vertheidigt h 
Auch veranlaßte er 1729, durch feinen Streit mit Walpole, Pope’s „Verſuch 
den Menſchen“, bei beffen Abfaffung er dem Verfaffer nicht allein geholfen, fon 
ihm aud) felbft die wichtigften Materialien an die Hand gegeben hat. Sehn| 
führte ihn endlich nad) feinem Vaterlande zurüd, wofelbft er 1738 feine „Vor 
lung eines patriotifchen Könige“, und zwar unter den Augen bes j jungen Thron 
gers, fchrieb. Er ftarb 1751 im 80. Jahre unter den Martern einer langen 
ſchrecklichen Krankheit, während welcher er Betrachtungen über den Zuſtand 
Nation auffegte. Die Handfchrift feiner fämmtlichen Werke hatte er dem fi 
tifhen Dichter David Mallet übergeben, welcher fie 1753 zum Drude beförb 
Kaum aber war diefes Werk erfchienen, als ſich von allen Seiten Stimmen d 
gen erhoben; denn der Berfaffer hatte darin das Chriſtenthum auf eine empor 
Meife angegriffen. Daffelbe wurde daher Öffentlich von der großen J Jury von Ü 
minfter, als der Religion, den Sitten, dem Staate und der öffentlichen Ruhe g 
gefährlich), einflimmig verworfen. Was Bolingbrocke's Charakter anbetrifft 
wiffen wir von ihm, daß er die innigfte Freundfchat und die erktärtefte Keindfe 
zu erregen im Stande war, und daß man ihn eines unmäßigen Chrgeizes, e 
ungezügelten Zorn, einer gehäffigen Nacheiferung und unverföhnlichen Erb 
rung beſchuldigte. Seine Memeiren find brauchbar für die Befchichte Engle 
im erſten Viertel des 18. Jahrh. 

Bolivar (Simon), Präfident der Republik Colombia, mit dem Beina 
el Libertador, flammt aus einer edeln Familie und iſt zu Caraccas um 1’ 
geboren. Er fiudirte zu Madrid und begab fid) dann nad) Frankreich. Seine 
fonlihen Eigenfhaften — ein fpanifches Geſicht, ausdrucksvoll, mit feuri 
ſchwarzen Augen und regelmaͤßigen Zuͤgen, eine edle Geſtalt von mittler G 
und die Anmuth ſeines Betragens — verſchafften ihm Zutritt in den erſten gel 
gen Kreifen von Paris. In dem Beſitz eines Vermögens von 200,000 Fr. jd 
Eink., faßte er, mitten unter den Vergnuͤgungen jener Hauptjtadt, in einem 
ter von 23 Jahren, den Vorſatz, fein Vaterland einft unabhängig zu machen, 
ind Auge. Von Eühnem Charakter, mit einer glänzenden Einbildungskraft 
gabt, dabei fehr berebt, thätig, lernbegierig und durch den Umgang gebildet, mo 
er fih mit Allem vertraut, was dem Staatsmann und dem Krieger wichtig 
ann. Als Freund von Humboldt und Bonpland, hat er mit legterm viele | 
fen gemacht. Auch lebte er damals ſchon mit Palacio, einem Manne von erhab 
Gefinnung und hellem Geifte (nachmal. Minifter der auswaͤrt. Angelegenh. 
Venezuela) in freundfchaftlihen Verhättniffen. Außer Frankreich fah er Engl 
Stalien, die Schweiz und Deutfchland. Nach feiner Ruͤckkehr vermaͤhlte er fi 
Madrid mit der Zochter des Marquis von Uſtariz. Darauf ging er nad Am: 
zuruͤck, das eben die Sahne der Unabhängigkeit aufgepflanzt hatte. Hier gak 
General Miranda in feine Hand das Schwert, welches er fo gut geführt hat. 
wurde die Seile des Befreiungskrieges und wandte auf dieſes Unternehmen e 
großen Theil feines Vermögens. Kein Ungluͤcksfall konnte das Vertrauen erfi 
tern, welches feine Mitbürger in ihn fegten. Ald Venezuela 1812 verlorer 
fein ſchien, bot er dem Vaterlande aufs neue feine Dienfte an, fammelte ein F 
ſchlug die Spanier und eroberte Caraccas d. 4. Aug. 1813. Nach ſeinem € 
über den koͤnigl. General Monteverde bei Agua Caliente 181% wollte er | 
Dictatorftelle niederlegen, wurde aber aufs neue in derfelben beftätigt. Nun ri 
die Spanier die Sklaven zur Freiheit und unter die Waffen. Bolivar wurde 
ſchlagen und wandte ſich nach Cartagena; Venezuela fiel in die Gewalt des koͤr 
Heeres, und der tapfere D. Pablo Morillo landete mit neuen Truppen aus € 


Bolivia 48 


rt organifirte Bolivar einen Guerillakrieg und fammelte in Samalca ein 
von Abenteurern, mit welchem er im Febr. 1817 neue Vortheile über 
mpfte. Venezuela ernannteihn am Ende diefes Jahres zum Oberhaupte 
t, die er eine Zeitlang auß feinem Hauptquatrtiere zu Angoftura verwal- 
m wurbe der Krieg von ihm und den übrigen Generalen der Independen⸗ 
Rorillo mit abwechſelndem Gluͤcke geführt; endlich behaupteten fich die 
a im Innern des Landes und am Dronoco. Bolivar eröffnete daher d. 
1819 den Congreß von Venezuela zu Angoflura. Er wollte jet feine 
inlegen, allein er mußte fie aufs neue übernehmen. Hierauf führte 
rim Sunius über die faft unwegfamen Gordilleren nach Neugranaba, 
:1. Zul. Zunja und ſchlug die Spanier bei Bochica. Diefer Sieg oͤff⸗ 
e Zhore von Santa Fe und machte Neu⸗Granada frei. Er wurde zum 
a dieſes Freiſtaats ernannt und ſprach als folcher, dem allgemeinen 
mis, d. 9. Sept. die Vereinigung der beiden Staaten Venezuela und 
x zu eine Republit, genannt Colombia, aus, was der Gongreß 
æꝛ deſtaͤtigte. 1820 ſchloß er, als Präfident diefer Republik, zu Truxillo 
ketiiftand mit Morillo, und ſchickte Abgeordnete nad) Mabrid, die 
camet 1821 Spanien unverrichteter Sache verlaffen mußten, weil Bo: 
tig gegen La Torre, der an des nach Spanien zurüdgekchrten Morillo 
Lbetdefehl führte, aufs neue begonnen hatte. Der Sieg, den er bei 
2 M. Jun. 1821 erfocht, hatte die Wicderbefegung ven Caraccas und 
zjr Felge, worauf der Congreß von Colombia den fiegreihen Feldherrn 
81, ungsachtet feiner Weigerung, neuerdings zum Präfidenten der 
ziert erwaͤhlte. Als folcher verzichtete er zu Gunften des öffentlichen 
ehr nur auf feinen Gehalt als Präfident, ber feit 1819 jährlich in 
süftern befteht, fondern auch auf feinen Antheil.von 25,000 Piaftern 
uns Jeldherren und Soldaten der Republik vertheilten Nationalguͤtern. 
Sr szeuf die Befreiung Colombias von der fpanifchen Herrfchaft, fo: 
eu Rar und Oberperu ; dann legte er die von den Peruanern ihm über: 
ER Gewalt nieder, verfammelte einen Congreß zu Lima, ſchloß Schuß: 
Katniffe mit den verfchiedenen amerikaniſchen Freiſtaaten, bewirkte die 
tft eines allgemeinen amerifanifchen Gongreffes zu Panama, und 
Er 1826 aufs neue zum Präfidenten ber Republik Colombia gemählt. 
Ipefenheit verfah der Vicepräfident, General Santander, feine Stelle 
ssteffe zu Bogota. Die Zeitgenoffen nennen Bolivar Südamerikas 
ı (Berg. Colombia, Peru, Südamerika.) 
dia, ehemals Oberperu, Peru alta, der jüngfte Freiſtaat im ſpani⸗ 
zerila, deffen erfter Congreß am 25. Mai 1826 ſich verfammelt hat. 
— 229 5.3. auf der oͤſtlichen Abdachung der Andenkette, im N. und 
terperu, im D. von Brafilien und im ©. von den Staaten am Plata 
Der Dictator Bolivar ftellte es diefen Provinzen frei, ob fie fih an 
aden Plataſtaat anfchließen, oder ob fie einen eignen Freiſtaat bilden 
ie wählten das Legte und erlärten fi) am 6. Aug. 1825 für unab- 
11. nahm der junge Freiffaat den Namen Bolivia an und ertheilte 
ttden Namen Sucre, zu Ehren des Siegers von Ayacucho. Er be: 
ssinzen La Paz, Cochabamba, Santa: Cruz, Potofi und Charcas, mit 
n Hauptftadt von Oberperu, Potofi, nun Sucre (Sig der Regierung, 
tw.) Oberperu fteht durch den Benifttom mit dem Marannon (Ama⸗ 
‚ durch den Pilcomayo und Vermejo mit dem Plataſtrome und durd) 
dero, ber fich hier in den großen See Titicaca ausmündet, mit Nie: 
ehindung. Derganze Staat hateinen Flaͤchenraum von 10— 12,000 
ch die Einführung dieſer Republik in das amerikaniſche Staaten: 


4 Bollanpiften Bollmann 


fuftem hat Bolivar ber Politik des Gleichgewichts nicht minder gehufdigt, 
- Alte Welt: 

Bollandiften, eine Gefellfehaft von Sefuiten in Antwerpen, welt 
u.d.%.: „Acta Sanctorum” (f. d.) bekannte Sammlung aller Nach! 
über die Heiligen dee roͤmiſch⸗katholiſchen Kirche herausgegeben hat. Sie er! 
diefen Namen von Johann Bolland, dem erften Bearbeiter der ſchon von H 

oswey dazu angelegten Sammlungen. | 

Bollmann (Erich), ein durch Kenntniffe, Charakter, Unternehm 
und Schickſale ausgezeichneter Mann, lebte vor kurzem noch in London ald 
fteher bedeutender Handlungsgefchäfte. Geb. um 1770 zu Hoya im Handve 
zeichnete ex fich früh durch Faſſungskraft und Lebhaftigkeit ans ; dem ſtrengen 
gefellte ſich ein glühender Eifer für alles Große und Schöne. Mit hohem Sch! 
der Einbildungskraft verband er thatfertige Einficht und ſtarke Befonnenbeii 
genfchaften, die feinen fpdtern Charakter und die Schickſale feines Lebens bef 
ten. Nach beendigten Schulftubien befuchte er die Univerfirdt Göttingen, fi 
die Arzneiriffenfchaft, in welcher er den Doctorgrad empfing, und ging dam 
dem füdlichen Deutfchland, wo er eine Zeit lang in dem Haufe bes berühmten 
Boͤckmann in Karlöruhe lebte. Der Wunſch, fich weiter in der Welt umsz 
30g ihn im Anfange 1792 nad) Paris, mo er ald junger Arzt feine Laufbahı 
ohne Stüd begann. Die franz. Revolution war damals in ihrer getoaltfe 
Bewegung, und Bollmann, welcher ihren Erfcheinungen durchaus feinen $ 
gab, wurde von dem Wirbel der Zeitverhältniffe wider feinen Willen mit 
tiffen. Ein Sreund, Prediger an der ſchwediſchen Gapelle zu Paris, erzählt 
von der Noth der damaligen ſchwediſchen Sefandtin Frau von Stasl, meld 
von den Sacobinern geächteten Grafen Narbonne nicht länger mit Sicherhei 
bergen konnte; die Aufgabe war, denfelben unter guter Verkleidung nach Er 
zu bringen. Bollmann fah die Perfonen; gerührt von ihrer Lage, erbot er | 
dem gefahrvollen Unternehmen, und brachte den Schugbefohlenen gluͤcklich 
London. Hier lebte er in dem Kreife angefehener Ausgewanderten; Zalleı 
Saucourt, Montmorency, Lally: Zolendal, und zulegt auch Frau von Stae 
deten bie glänzendfte Gefellfhaft. Bollmann wurde mit Dank und Liebe g 
feine Handlungs = und Denkweiſe flößte, wie feine uneigenntgige That, die 
Achtung ein. Seiner eignen Angelegenheiten wegen ging er nochmals nad) 9 
fehrte aber bald nad) London zuruͤck, wo er fich mit Eifer auf das Studin 
Staatsweſens, ber Handels⸗ und Gewerbsverhaͤltniſſe, ſowie der geſellſchaf 
Zuſtaͤnde überhaupt, legte, und zugleich die wichtigſten Verbindungen ankı 
Er lebte umgeben von Freunden und Verehrern Lafayette's, deffen harte € 
genfchaft allgemeine Zheilnahme erwedte. Man fah fie als widerrechtli 
Engländer, Ameritaner und Sranzofen verwandten ſich Iebhaft fir ihn. Si 
den in Bollmann einen feurigen Genoſſen, deffen Gefchidlichkeit fie eine 
dung nad) Berlin anvertrauten. Mit Aufträgen, welche von Pitt und Gri 
gebilligt waren, reifte er gegen Ende 1793 nad) Preußen, verweilte 10 Te 
Rheinsberg bei dem Prinzen Heinrich, den er zuerſt zu fprechen hatte, und 
dann nad) Berlin, wo er aber mit feinen Bemühungen, wegen ber Beder 
keiten, die er am Hofe fand, nicht durchdringen konnte; er Behrte unverrh 
Sache nad London zuruͤck. Andre Hoffnungen, für Lafayette's Befreiu 
wirken, fchlugen ebenfalls fehl, und das Schidfal dieſes Mannes, von 
Leiden die traurigften Gerlichte umhergingen, fchien ohne Hülfe. Bollmanr 
begeiftert von dem Bilde des edlen Gefangenen, und durch die Schwierig 
nur nody mehr entzündet, gab die Sache nicht verloren, und reifte, mit En 
lungen und Wechfeln verfehen, im Sommer 1794 abermals nad) dem Fef 
ad, Er ging als naturwiſſenſchaftlicher Reifender durch Deutfchland, hielt 


mm) Schönheiten in Xugenfchein zu nehmen. Am 8. Nov. endlich 
Bergend einen Reittnecht mit ihrem Wagen nach Hof und ließen Poft» 
halten; Lafapette machte nad; Mittag feine gewohnte Spazierfahrt, 
2Ude fetten ſich Bolimann yab Huger zu Pferde, um ihn aufgufuchen. 
Na auf der Landſtraße in ziemlicher Entfernung von der Feſtung, ſtie⸗ 
griffen ſogleich den Wagen an. Lafayette rip den Schlag auf und 
ma mit dei Öff. Officier, der neben ihm faß und ihn feflhalten wollte, 
a; Vollmann befreite Lafayette von feinem Wegner, indem er ſelbſt 
ab niit ihm rang. Inzwiſchen hatte Huger ben Soldaten, ber hinten 
Baya Rand, in die Flucht geiagt und zugleich den Kutfcher in Furcht 
U Bollmann’6 Gegner endiich enttonfinet am Boden lag, war ber. 
Kekia, und e6 galt, ihn ciligft zu bemugen; allein während des Min» 
be Pferde ſich gebäumt, has eine ſich Loßgeriffen und lief nun im Felde 
bene nicht zu verlieren, eine Menge Landieute hatten von ihren Ädern 
Wantangefehen, die Geflächteten mußten ihn in Olmuͤtz verfünbigen. 
uther bewogen, bag noch übrige Pferd zu beſteigen und alein das 
"ka; i Hof wollte Bollmann ihn finden. Huger trennte ſich von legs 
"ae fin „Heil auf eignem Wege. Ballmann aber empfing eine Strede 
kıatiaufene Pferd von einem Bauer, und eilte nun Lafayette nach, 
'htmehr fand. Lafayette hatte den Weg verfehlt, fein Pferd zufams 
3 a) fuchte zu Tuß weiter zu kommen; ber Sprache unkundig, tourbe 
ı Dorfe angehalten ‚. erfannt und nad) Oimüg zurüdgeführt. Bol 
Ye gtüdtich die Grenze; der Weg nach Danztg Rand ihm offen; allein 
ipette in Sorgen, deffen Schickſal feine Nachricht kam, Lehrte er 
Kifpen Grenze zurkdi, durchſtrich bie Gegenden, wo er den vieleicht 
ben zu treffen hoffte, und fiel auf diefe Weife in die Hände derer, die 
derfolgten. Bollmann murde in Ketten nach Wien gebracht und in 
a Kerker geworfen; er fühlte ſich nicht ungluͤcklich, fein Bewußtſein 
ä, et ſah feinem Schickſal heiter entaenen. Die beſondern Umftände 


46 Bollwerk Bologna 


weite Feld der Entwidelung feiner Kenntniffe dringend einluben. Zwei Br 
waren ihm dahin vorausgegangen. Er trat dafelbft in ausgebreitete Gefchäftt 
bältniffe, und gelangte bald zu Anfehen und Vermögen, gefchäst von denn 
Landsleuten, in deren Mitte er auch fein haͤusliches Süd durch die Hand 
ebien Frau gefunden. Mehren Entdeckungen, die er im Gebiete der prakti 
Phyſik und Chemie gemacht, eine größere Anwendung zu geben, machte cr 1 
eine Reife nad) Paris, und ging von da in Gefchäften zum Congreffe nad U 
wo er ald Bürger der Vereinigten Staaten willkommen aufgenommen wurde. 
den ausgezeichnetflen Staatsmännern, dem Fürften von Metternich, Grafer 
Stabion, Herren von Gens u. f. w., kam er hier in Verbindung; befonders 
der Graf von Stadion, der ald Finanzminifter mit der großen Maffe —— 
woran der Staat litt, den ſchwierigſten Kampf zu fuͤhren hatte, einen hohen 
auf die praktiſchen Einſichten, welche Bollmann in dieſem Zweige der SE 
wirthſchaft an den Tag legte, ſodaß auch wirklich in den nachherigen heilſame 
nanzoperationen, ſowie in der Errichtung der Nationalbank, einzig ſeine Ans 
und Entwuͤrfe befolgt wurden, und er als der eigentliche Stifter dieſer in dem 
Finanzen neuen Epoche anzuſehen iſt. Bollmann, der ohne Eigennutz und 
lohnung das gute Werk eingeleitet, konnte die Ausführung in Wien nicht a 
ten, fondern reifte fiber Paris und London nad) Amerika zuruͤck, um feine Sc 
nad) England zu bringen, two fein Aufenthalt flr feine fernern Gefchäfte rı 
wurde. Auch an den genannten Drten ftand er mit bedeutenden Männern in 
bindung, und blieb nicht ohne Einfluß und Thätigkeit in Verhättniffen, & 
woͤhnlich dem Wirken des Privarmannes nicht offen ftehen, deren Behand 
aber da, mo Franklin ſich entwickeln Eonnte, der echten Lebensbildung fo gız 
anderswo der Amtswuͤrde zuftändig wird. WBollmann blieb mit Frau v. Sta« 
an ihr Ende befreundet; fie hat in ihrem letzten Werke feiner mit ehrendenz 
erwähnt. Bon feinen fchriftlichen Arbeiten Ift wenig unter feinem Namen bel 
geworden, ausgenommen mas er über die englifchen Geldverhältniffe, dieſen 
in England fo wenig durchdrungenen Gegenftand, in englifcher Sprache gefa 
ben: Arbeiten, deren Werth von Männern diefes Faches einftimmig aner® 
worden iſt. 

Bollwerk, f. Baftion. 

Bologna (Bononia felsinia), eine der älteften, größten und reid 
Städte in Stalien,, mit Gaffen, in denen bedeckte Säulengänge für die Fußgaͤ 
längs den Häufern hinlaufen, la grassa (die Fette) genannt, am Fuße der A 
ninen zwifchen ben Fluͤſſen Reno und Savena, von 65,300 Einw. und & 
Häufern, mit vielen Mühlen, welche Bolognas Weberei, Seilerei, Seife 
derei, Papiers, Blumen: und Waffenfabriken unterftügen. Bologna ift Hau 
der päpftlichen Delegation gleiches Namens, die von einem Gardinallegaten, 
bier reſidirt, Iandeshoheitlich vertwaltet wird; indeß folche der Erzbiſchof geil 
und der alle zwei Monate neu ermiählte Sonfaloniere mit 50 Senatoren und 8 
teften aus der Bürgerfchaft republikaniſch regiert. — Freiwillig unterwarf fi 
Volk von Bologna 1513 dem päpftlihen Stuhl; es war des Parteienkampfé 
ner Parricier unter fid) müde, die in dem damals fo rechtlofen Stalien die Kı 
des Staats vergeudeten. Bologna hat einen Abgeordneten in Rom, welcher 
die Erhaltung der vertragsmäßig befchränkten Landeshoheit des Papſtes wirkt, 
nad) jeder Papſtwahl die Ausfchreitungsbefchwerden feines oder feiner Vern 
dem neuen Papfte zur Abftellung vorlegt. Auch waͤhlt die Stadt einen Bei 
fürs Oberappellationsgericht in Rom. Ihr Stadtwappen umfchreibt nod) 
das Zauberwort: libertas. Der Papft foll vertragsreife Feine andre Abı 
als die Weinacciſe bezichen. Die Hauptfrage ift: ift die Regel Freiheit oder | 
beeboheit? Erſteres ift die Theorie des Senats und der Alteften (Zribunen), 


Bologna : 47 


wi der römischen Curie. Seit drei Jahrhunderten verfuchte die Kummer des 
Kata in Bologna wie in Rom die Kornaccife (die Annona) einzuführen und vers 
wuhre nicht. In Bologna lebt der reiche Adel des Kirchenftaats, der mehr 
u ariger mit dem Kirchenhaupt und der Curie gefpannt ift, und die alten bo⸗ 
werfen Patricierfamitten, deren Reichthuͤmer in Grunbdeigenthum der fruchts 
len Ruſch bis and Meer, hart an der Grenze zwifchen den Vorbergen der 
Imcianmmd den Anſchivemmungen bes Meers und der Klüffe, beftehen. Jene 
Anker Nachgebornen der Kirche manchen Papft. Hier leben auch aus dem 
Sekunde die freifinnigften Männer im Kirchenftaate, mofelbft Abel, Ges 
Varu sr Buͤrgerſtand 1816 eine Sokratiſche Gefellfchaft zur Befoͤrderung des ge⸗ 
EEqhm Gluͤcks ftifteten, die fchon einmal in Verdacht des Carbonarismus 
ra. Ein wichtiger Nahrungszweig der Stadt wat lange Ihre angeblich -von 
Ueteini dem Juͤngern (425) gefliftete, berähmte Univerfitdt, welche in den 
Furhenkerten der Barbarei die Fackel der Aufklärung leuchten ließ, aber in unfern 
d Ian scnden fie einft befuchenden 2000 Studirenden auf 300 herabſank. Hier 
g) de de berühmte Rechtslehrer Irnerins im 11. Sahrh. das römifche Recht und 
y| en, Martinus, Jacobus und Hugo zogen die Juͤnglinge in ihre Schule. 
Deeliwzeität war der Stabt vormals fo werth, daß fie auf ihren Münzen die 
yes de Üniverfität Bononia docet verfündete. Am berühmteften mar auf dere 
Oe die Rchtöfchule. Ihre Lehrer hatten meift den Ruf, den jungen Studie 
ꝓl auben sid impfänglichkeit für Autokratie beizubringen und geneffen dafuͤr der 
‚5 Gel ie Räifer und der italienifchen Regenten. Gewiß ift, daß feit 1400 Jah: 
a Rem Entdeckung in den Wiffenfchaften und in der Kunft in diefem aͤlteſten 
7) Rei Beförderer fand und, wie die Jahrbuͤcher der MWiffenfchaften beweifen, 
ui 208 2 Maar und Kritiker findet. She Mitbürger, General Graf Fern. Mars 
CH WB, fhete und dotirte hier 1709 daß Istituto delle Scienze mit einer Biblios 
Bet wet 00,000 B., bei welcher 1825 Abbate Meszofantt, Prof. der mors 
ar. Sram, als Bibliothekar angeftellt war, der nad) des Bar. v. Zach 
Kerzen fie Menge lebender Sprachen richtig und geläufig ſpricht (3. B. 
Serien Mundarten, Ruſſiſch, Magyariſch, Walachiſch, die Zigeuner: 
‚ ex, eine jemals Bologna verlaffen zu haben. - Die fremden Truppen In 
' Sn verchafften ihm Gelegenheit, fie zu lernen. Graf Marfigli fliftete und dos 


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22 308 me Sternwarte, ein anatomifches Theater, einen botanifchen Garten 
æ hir Sammlungen für alle Fächer menfchliher Wiffenfchaft und Künfte; 
h 2 Fe vcreinigt mit der Accademia Clementina Papft Clemens XI. — Cine 
11 Ye Edste ſtifteten in Bologna im 16. Jahrh. die berühmten Maler und Bild» 
‚ Mebzui, Guido Reni, Domenichino und Albano und verherrlichten folche 
J Bu ya Verke (S. Malerei.) Auch gab es ſchon feit dem 12. und 13. Jahrh. 
JR 9er: in Bologna, und Francesco, genannt il francia, zeichnet das 15. 
‚ut Den Dauptplag der Stadt bezeichnen mehre ehrwuͤrdige Gebäude, 
Mariä der Rathspalaſt mit trefflichen Gemälden und Bildfäulen,, auch den 
&0 Felianten, die der berühmte Naturforfcher Ulyſſes Aldrovandus mit eige 
Mr band ais Notizen fuͤr kuͤnftige Werke ſchrieb; der Juſtizpalaſt des Podeſta und 
e S.-Petronio mit Ihrer unvollendeten Vorderſeite und dem von 
trier Kupferplatte des Fußbodens gezogenen Meridian. Unter den 73 
Mer Kirchen glänzen ©. Pietro, S.⸗Salvatore, S.⸗-Domenicho, ©.: 
—RX Monte, S.⸗-Giacomo maggiore, alle im Beſitz reicher Kunſtſchaͤtze. 


1 











x 

r X iſt die Zahl der Kunſtſammlungen, die Beſtandtheile reicher Fideicom⸗ 
th, weiche die Wohlhabenheit der Enkel noch immer vergroͤßert. Die Ga⸗ 
A ieri und Zambeccari glänzten einft vor allen, jest übertreffen ſolche Ma⸗ 
un Ercolani. Neid, und gefchichtlich intereffant ift die Gemaͤldeſamm⸗ 


Si Nalerakademie, befonders aus aufgehobenen Kirchen und Kloͤſtern von 


48 Bolus Bombay 


ber Stabregierung vorzüglich in neuerer Zeit dotirt. Dem bewunberten ©: 
brunnen des Markts fehlt nichts als Waſſer, dafür ſchmuͤckt ihn Johann 
Bologna bronzener Neptun. Bon Alters her waren die Thuͤrme Aſinelli un! 
tifenda ein Gegenftand der Aufmerkfamkeit, erfterer durch feine ſchlanke Hl 
orientalifchen Minarets aͤhnelnd; legterer droht nicht mehr den Einfturz, na 
er um 14 Fuß aus dem Loth gemwichen war, feitbem man 3 feiner Höhe aus 
ſicht abgetragen hat. In dem zugleich wegen feiner Wohlfeilheit berühmten 
logna lebten fletö viele Freunde der ernften und heiten Muſen den Wiffenfd 
und felbft die Feinſchmecker preifen das Vaterland vortrefflicher Maccheroni, W 
Liqueurs und eingemachter Früchte. Die hiefigen Dreffirfchulen der Thier 
zum Bologneferhündchen herab, genießen ebenfalls einiger Beruͤhmtheit. 
Wallfahrt nad) der Madonna di San Luca, deren Kirche auf dem dußerften 
berge der Apenninen, eine halbe Stunde von Bologna entfernt, liegt, € 
welcher ein Arcadengang von 640 Schwibbägen hinführt, ziehen jährlid 
Menſchen aus dem übrigen Italien herbei. | 

Bolus, ein Foffil, welches mit gelblicher, roͤthlicher, bräunlicher 
oft mit ſchwarzen Dendriten verfehen, in verfchievenen Gegenden BI" 
Schleſiens, in Steiermark u. f. w. gefunden und u. a. zu Pfeifenköpfen ver 
wird; es eignet fich zu Ablühlungsgefäßen flr Getränke in heißen Sommen 
Die fogenannte Siegelerde ift nichts anders ale Bolus. 

Bombardiren, eine Stadt, eine Seftung, einen Hafen u. f. m 
ſelbige hauptſaͤchlich mit Mörfern, Haubigen und Kanonen beſchießen. Dem 
bardement macht einen Theil ded Belagerungskriegs aus und pflegt am gm 
ßigſten gegen alle Theile des Orts, befonders gegen die Magazine gerichtet 
und ununterbrochen unterhalten zu werden. Selten gelingt ed dem Gomez 
ten, feinen Platz vor Beſchaͤdigung zu [hügen und die Anftalten zur Decka 
zum Löfchen bei entſtehendem Seuer reichen nicht weit; aber die Übergabe ww 
Bombarbement nur nur dann herbeiführen, wenn es die Werke zerftörte. 

Bombaft (Poetit), mit Schwulſt gleichbebeutent, bezeichnet ba 
Mißgriff im Style, wo die Armuth und Leere der Gedanken fid hinter 
Menge gefchraubter Rebeformen und hochtrabender Worte zu verſtecken 
Man will dies Wort aus dem englifchen bumbast herleiten, welches Brei 
Mole, Wulft und auch aufgebunfene Mede bedeutet. Sonft leitete wu 
auch von Theophraftus Paracelfus ab, ber fich den Beinamen Bombaflus g 

Bombay, die3. engliſch⸗oſtindiſche Präfidentfchaft, an der Weſtlit 
VBorderindien (Dekan und Hindoftan), enthält an unmittelbaren Beil 
3924 IM: Die Präfidentfchaft befteht unmittelbar aus Bombay mit 
(512 DM. mit 2 Mill. Einw.), Guzurate (1810 IM. 5 Mitt. Einw 
der reichen Fabr. = und Handelsſt. Surate, die 450,000 Einw. zählt), ww 
einigen kleinern Landſtrichen, 3. B. Afchmir. Mittelbar, d. i. vafallenmäßh 
hören dazu: der Staat ded Holkar, die Rajas im Lande der Radsbuten u 
Es ift aber fehr wahrſcheinlich, daß diefe Heinfte Präfidentfchaft des britiſch⸗i 
talifchen Reiche durch das Syſtem, während der Vormundfchaften der verbäg 
inlaͤndiſchen Kürften die Münbdelftaaten felbft zu regieren und ſich nach V 

der Vormundfchaft gelegene Gebietötheile, als nöthig zum Schuge der 
Handelsgeſellſchaft auf der Erde, abtreten zu laffen, beträchtlich, anwachſen 
Ihre Politik fucht von Bombay aus immer mehr befeftigte Niederlaffungg 
arabifhen und perfifchen Meerbufen zu gründen und dort Seehäfen mit U 
Flotten zum Schug der britifchen Flagge wider die Seerduber zu befegen. 9 
erzeugniffe find: Pfeffer, Kardamomen, Reis, Baumwolle, Arrak, Bei 
Derimutter, Perlen, Garneole, Sandelholz, Elfenbein, Gummi, Bauhl 
Die durch einen (dymalen Meeresarm vom feiten Lande getrennte Infel Ve 


Bombelles . 49 


71000 Einw.) ift bie Statien der britifchen Marine gegen die arabis 
auber; fig, bildet nebft den Heinen Inſeln Satfette, Elephanta (beide 
ten in.ehfen gehauenen Pagoden, Grotten ıc., einft Wohnungen der 
t) u. a. m. einen der ficherften und gerdumigften Häfen von Oſtin⸗ 
ınuc hier und in Goa finden Einienfchiffe den erfoberihen Schuß. Die 
Wette und Bombay find durch einen fahrbaren Steindamm mit einander 
ı Die Stadt Bombap, 90° 18° 9. 8., 18° 56° 40" N. Br. 
YEier.), iſt vorzüglidy gegen die Meeresfläche ſtark befeſtigt. Das Ca⸗ 
auchtwinkliges Viereck, in deſſen einer Baftion fi) eine Cifterne befin⸗ 
du Veſatzung im Nothfall mit Trinkwaffer zu verſehen, da die Inſel faft 
zum at. Der Marktplatz (the Green) ift von prachtvollen Gebaͤu⸗ 
den. Hier if die engliſche Kirche von ſchoͤner Ardjitektur, und das im 
m ẽtel erbaute Gouvernementshaus. Unweit dieſes Platzes befindet fid) 
t, vo eingeborene Kaufleute bie mannigfaltigſten Erzeugniſſe des Orients 
ta ramlaͤden feil bieten. Auf den Schiffswerften von Bombay werden 
gektene Arbeiter, größtentheils Parjen, Schiffe jeder Art, vom Linien- 
Burke, fo gut gebaut, daß fie die europdiichen im Segeln oft über: 
Die neuerbaute trockene Dode kann drei Rinienfchiffe zu gleicher Zeit auf: 
Dis Landhaus bes britifchen Statthalters ift ein jefwitifches Miſſions⸗ 
bie kühle und hohe ehemalige Capelle ift des Statthalters Speifefanl und 
Kkaamven großer Ausdehnung ift fein Tanzfaal geworden. Der Gar⸗ 
Kan acclimatiſirten Pflanzen der weiten Zone von Sapan bie Auffralien, 
m Beraniker viel Merkwürdigkeiten dar; denn die oftindifche Negierung 
Beihinerung und Mannigfaltigkeit deffelben einen Luxus, den die Jeſui— 
ad Kclimatifirung nüglich geglaubter Pflanzen fuchten. " Bon hieraus 
Bee Miffionen der Philippinen und von Süd: und Nordamerika mit 
Ebatien und Apothekerpflanzen. Die Bevölkerung der Infel wird 
Mẽxclen geichägt, worunter drei Viertel Hindus, 13,000 Parfen, 
Baamedancr und 3 — 4000 Juden, nebſt vielen Portugiefen. Die 
ißedurc, Handel und Gewerbfleiß zum Theil betraͤchtliches Vermoͤgen 
ken, follen von den durch Schach-⸗Abbas vertrichenen Feueranbetern 
rk Sie verchren nächft dem heiligen Seuer, das fie in eignen Tempeln 
', Be Sonne, und kommen jeden Morgen und Abend ſcharenweiſe auf 
Khen ber Gitadelle und der Stadt, um fich vor ihrem Gott zu beugen. 
te vormals den Portugiefen,, welchen e8 1530 von einem auf Sal: 
mden indiſchen Kürften überlaffen wurde. 1661 traten es bie 
als einen Theil der Mitgabe Katharinend von Portugal an Karl II. 
terary society of Bombay gibt „Transactions’‘ heraus (1823, 
m. Krf.), die für bie Geſchichte, Sprachen, Erd: und Naturbefchr. 
be wichtig find. 
elles (Ludw., Marquis von), geb. d. 1. Jul. 1750 zu Regensburg, 
franz. Abgefandter beim Reichstag war. Seine Mutter, cine geb. 
Medon, war zweite Geuvernante der Eönigl. Samilie (des enfans 
zeweſen und feitbem vertraute Freundin ber tugendhaften Elifabeth, 
dwig XVI. Als tie Revolution ausbrach, war fein Vater franz. 
bei der Republik Venedig und wurde, da er fich weigerte, den von der 
wamlung vorgefchriebenen Eid zu leiſten, in die Emigrantentifte ge: 
te hierauf unter dem Corps des Prinzen Conde, nach defien Auflöfung 
5 Breslau, bei der Ruͤckkehr der Bourbons aber erſter Almoſenier des 
Berrr wurde. Ludw. v. Bombelles, der aͤlteſte Sohn dieſer den 
inz ergebenen Kamilie erbte die Öefinnungen des alten Hofs. Sewe 
15 erhielt er unter den öfleeich. Cadetten; fpäter kam er nach Neapel, 
Sicbente Aufk Bb.Il. 4 


50 Bomben 


wo die Königin Karoline, die fhon feinem Water eine Penfion von 1000 } 
verfhafft Hatte, ihm eine Kieutenantsftelle bei der neapolitaniſchen Gavalı 
ſchaffte. Neapels Staatsummälzungen vertrieben den jungen: Bombell 
. Wien. Hier fand er eine Anftellung bei der geheimen Staatdfanzlei; ma: 
ihn zur k. oͤſtreich. Geſandtſchaft nach Berlin zu der Zeit, als der jegige Sta: 
ler Fuͤrſt Metternich den öftreich. Geſandtſchaftspoſten dort bekleidete. Hie 
er feine erfte Bildung zum Diplomaten, wurde Sefandtfchaftsrath, u 
fah den Poften eines k. öftreich. Gefchäftöträger® in Abtoefenheit des Ge 
Mit vieler Kiugheit brachte er das k. öftreich. Geſandtſchaftsarchiv nach S 
als 1813 der König Berlin verließ und fich nad) Breslau begab, um dort 
gen Napoleon zu erklaͤren. Der M. v. Bombelles erhielt hierauf, als er 
folge des Fürften Hardenberg an den Rhein mitgegangen war, eine Miffi 
Dänemart, um den Köntg von Dänemark einzuladen, die Alffanz mit N 
aufzugeben. Dann war er 1814 beim Einrüden der Altlirten in Paris ge 
tig, und wurde vom Kaifer von Öftreich gewählt, an Monfieur den 
von Artold am 6. Aprit 1814 die weiße Cocarde zu überbringen. Später 
k. öftreich. Commiſſair beim König Ludwig XVII. Dann gab man ihm e 
Miffioen nad) Dänemark, um dort die Verhandlungen mit Schweden zr 
zuletzt ward er zum wirkt. bevoͤllmaͤcht. kaiſerl. Minifter in Kopenhagen ı 
1816 kam er als k. Geſandter nach Dresden, verheirathete fich aber vorher 
tunftreihen Ida Brun, Tochter des Geh. Conferenzraths Brun und der bi 
Dichterin Friederike Brun in Kopenhagen, Proteftantin, Nichte des Bild 
Seeland, D. Münter. In den von Böttiger herausgegeb. „Sitten = ur 
Thaftsftudien von Neapel” (Leipzig, 1818) von Fried. Brun findet mı 
über der Gräfin Bombelles frühere italienifche Bildung Mehres. Gra 
belles befaß außer feinen diplomatifchen Kenntniffen, die ihm die Ehre er 
1819 den Kaifer von Öftreih auf feiner Reife nad) Siebenbürgen ur 
Galligien zu begleiten, und in diefer Begleitung das Portefeuille ftatt des 
kanzlers zu führen, wozu bie volllommenfte Kenntniß der deutfchen Spr 
hörte, alle Anmuth echt franzoͤſ. Gefelligkeit; fein Haus war mehre J 
Dresden der Mittelpunft muſikaliſcher und dramatifcher Unterhaltungen 
auch feine Gemahlin, fo weit es ihre gefchwächte Gefunbheit erlaubte, Vi 
trug. Sein Talent fürs franz. Schaufpiel gewährte auf einem von ihm 
Gefellfchaftstheater der Schauluft der vornehmen dresdner Welt einen felte 
nuß. Wenn bei dem Martburgsfefle und den dadurch veranlaßten Befo' 
ſowie beim Gongreß von Karlsbad feine diplomatifche Stellung die gröf 
merkſamkeit gebot, fo konnte er bei der ftrengen Erfüllung feiner ihm ve 
geroordenen Inftructionen leicht in Verdacht kommen, die fcharfe Grenzli 
ſchen Politik und Polizei nicht immer feft genug im Auge behalten zu habe 
lein, wer ihn genau Eannte, mußte fehr wohl, daß argroöhnifches Aufhor 
nicht an feiner fröhlichen Gutmüthigkeit haften Eonnte. Cr hatte 1820 
fehl erhalten, feinen dresdner Sefandtfchaftepoften mit dem in Neapel zu 
fhen, als die dort ausgebrochenen Unruhen feine Abreife hemmten. € 
hierauf den Gefandefchaftspoften in Florenz, Modena und Lucca, und 
fi) feit 1821 auf diefem neuen Poiten. 
Bomben, große hohle eiſerne (vormals auch metallene, zutdeile 
lid) runde) Kugeln, mit einem in das Füllloch eingefitteten hölzernen 
und zwei Eleinen Handhaben. Sie werden aus Mörfern geworfen. Gefü 
den fie mit Pulver und gefhmolzenem Zeug (welches aus gleichen Theilen 
fel und Salpeter mit etwas beigemifchtem Mehlpufver befteht, und zum 
Entzünden der Gebaͤude dienen fol). Die Sprengladung beträgt bei den’ 
digen Bomben 5 — 8 Pf. Pulver und 1 Pf. geſchmolzenes Zeug, beiden: 


Bonald Bonaparte (die Familie) 51 


Som 1 Pf. Pulver und 2— 6 Loth gefchmolzenes Zeug. Durch den inwendig 
xdin mit einer Mifchung von Pulver gefüllten Zuͤnder wird die Sprengladung 
etimdet. Die Linge und ber Sag der Brandröhre, ſowie die Richtung des 
Nechers muͤſſen fo berechnet (tempirt) fein, daß die Bombe gerade in bem Augen⸗ 

} Wir, we fie den zu treffenden Gegenftand berührt, crepice, d. i. zeripringe. Die 
' Bamben werben unten etwas dicker als oben gegoffen, bamit fie nicht auf die Brand: 
‚ tete fallen und das Feuer erfliden; doch werben fie jest auch häufig concentrifch 
gemakt, zeil man gefunden hat, daß die Brandroͤhre dennoch im Hallen oben 
Yet Eenim 7. Jahrh. warf man Feuerkugeln aus irdenen Gefäßen, dann 
and Baden oder Mangen, ober mit Handfchleudern von Eifendraht. 1238 
Sucht Inme I., König von Aragonien, bei der Belagerung von Valentin 
ua Battung groser Schwaͤrmer, von 4 Pergamenthäuten gemacht, welche beim 
Mörcfılm zerſprangen. Dann kamen große eiferne Kugeln, die man gluͤhend 
Kekhienderte. In der Mitte des 15. Jahrh. erfand der Fürft Rimini Eigie- 
zu Pendulf Malateſta die Mörfer und Bomben. Diefe beftanden anfangs 
as wirhlen, metallenen, mit Pulver gefüllten, durch Ketten zufammen ge: 

j men halbkugen, welche bucch eine hraushängende Zuͤndſchnur, Stoppine, 
Acan voerden. Nach und nach erhielten fie die Geftalt, die fie jegt haben. 
Der azfihe Ingenieure Malthus, den Ludwig XIII. in feine Dienfte nahm, 
este fein Frankreich ein, und gebrauchte fie zuerft 1634 bei der Belagerung von 

zarte ia korhringen. Won den Bomben, die man nur aus Mörfern wirft, find 

we 24 Sundigen geworfenen Scanaten wol zu unterfcheiden ; diefe werben auch 
ia $e:, jene nur beim Feſtungskriege gebraucht. Vergebens hat der preuß. Ge⸗ 

‚| ara na Iempelhof verfucht, die LOpfündigen Mörfer auch mit ing Feld zu neh⸗ 
’ nr — Bombenfeft ift jede obere Bedeckung, wenn die darauf fallenden 
. ker. durhfchlagen. Ein kreisfoͤrmiges fteinernes Gewoͤlbe erfodert 34 


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n —X (Louis Gabriel Ambroiſe, Vicomte de), Mitglied der franz. 
“zei, bekennt fih zu den Grundfägen der Außerften rechten Seite 
Effi erften Wortführer der theokratifchen Partei oder der Ultramontas 
. * ke wigirte 1791, und ſchrieb in Heidelberg, nach der Aufloͤſung des 
. 3 ‚ beidem er gedient hatte, feine bekannte „Theorie du pouvoir 
* N Piigee et rligieux” (3 vols., 1796). Der Charakter diefer und feiner fpätern 
Rn Ehriften ift dunkele metaphyſiſche Abftraction, bie bekanntlich am aller= 
j we fu ben Ftanzoſen zuſagt. Nach Frankreich zuruͤckgekehrt, wußte er fich 
Rs Une Reiten Bunft zu erwerben, als auch die feingr Brüder. Der Kalfer 
* Cie ta um Rach bei der Univerſitaͤt mit 10,000 Fr. Gehalt. Louis Napo⸗ 
y Bit im den Antrag, die Erziehung feines Sohn, des damaligen Kronprin⸗ 
een, zulibernehmen. Bonald lehnte dies aber ab. Genau mit Chaͤteau⸗ 
mern, nahm er Theil an der Herausgabe des „Mercure de France”. 
2 te Ruffsuration der Bourbons wurde er 1815 In Die Kammer der Drputirten 
tt fimmte in diefer Chambre introuvable (f. d.) mit der Mehrheit. ER 
Run idi6 in bie franz. Akademie aufgenommen. Sein wichtigſtes Werk i 
Teation primitive‘ (3 vols., 1802). Diefer Pubiisift fand aber ſelbſt Bei 
Karz Fmmden (z. B. Chateaubriand) lauten Wider'pruch, alt jer die Legitimität 
Ecichie von Der der Nepublik, und das politiſche Recht deh einen von dem 
are unterfche'den wollte, die er fuͤr eine bloße Municipalverfaſſung erklaͤrte. 
Senaparte (die Familie) iſt ein altes italtinifches Geſchlecht, das, wie 
Siaaparte in feinen „Documens historiques sur le gouvernement de la 
| e" ctiublt, Shen 1272 zu Treviſo anfäflig war, we ein Nardilius Bont 
JR Pedeſta gu Parma und als Maria: oder Gaudentiusritter ih Nukm 
JR: Ein Echtifiſteller dieſes Namens, Fatob Renaparte, ein tekcamtißt 


* 
4* 








52 Bonaparte (Joſeph) 


Zemunn, ber um 15927 lebte, bemerkt, daß feine Familie in der Reı 
Diiniars im Toscaniſchen hohe Amter bekleidet und fich in den Krieg: 
sem; ; sußgeieihnet habe. Ein Zweig derfelben befand ſich zu Sarzana ir 
en, und firdelte ſich, während des Guelfen= und Ghibelünenka 
7 o in Corſica an. Von ihm ſtammte Napoleons Vater, Karl! 
der anfangs mit Paoli für die Unabhängigkeit Corſicas focht, und mit ir 
verließ, in der Folge aber auf Ludwig XV. Einladung in jein Vaterl 
kehtte. 1776 wählte ihn Corſica mit zu den Deputirten dis Adels, 
Konig von Frankreich gefhicdt wurden. Er ſchrieb ſich vor ber franzcfii 
lution von Bonaparte. Seiner Gefundheit wegen hatte er ſich ſpaͤ 
Montpellier begeben, wo er 40 5. alt 1785 ſtarb. — Seine Gemahlin 
Maria Lätitia, geb. 24. Aug. 1750 zu Ajaccio, ſtammte aus dem ı 
italienifhen Haufe Namolini, das von den Grafen Colalto ſich herleitet 
ihm ber Zeit nach folgende Kinder geboren: Giufeppe, Napoliene, Luci 
- Mariana, Garletta, Annunzinda und Girolamo. Die junge Witwe 
ſie ohne Vermoͤgen war, maͤchtige Beſchuͤtzer ‚und fand ſie. Ihre Bi 
mit dem Grafen von Marboeuf gründete das Gluͤck der Familie. 
behaupteten ſaͤmmtlich Edelleute zu fein, und weigerten ſich, Steuern; 
Ludwig XV. befahl daher dem Gouverneur, 400 Familien auszun 
allein als adelig betrachtet werden follten. In diefe Lifte ſetzte Marbe. 
Kamilie Bonaparte. Als die Engländer 1793 Corfica eroberten, fl 
Mad. Lititia, deren zweiter Gemahl der Hauptmann Franz Feſch von 2 
(. Feſch, Sofeph, Cardinat), mit ihren Toͤchtern nad) Marſeille. Ba 
18. Brumaire (Nov. 1799) kam fie nad) Paris; allein erſt nad) Nap 
hebung zue Kaiferwürbe huldigte man der Madame mere, dic dem X 
Sprache nad) halb Stalienerin, halb Franzöfin war und nicht fondei 
neuen Rang fi ſchicken Eonnte. Sie erhielt einen eignen Hofſtaat, 
General: Superiorin der barmherzigen Schweftern (Socurs de lach 
der Sofpitaliterinnen des franz. Reihe. Man rühmte damals viele 
Merke von ihre. Andre fanden fie geizig. Die Größe, welche fie um 
fie wenigftens nicht verbiendet. Unter ihren Kindern liebte ſie den E 
Holland, Louis, am meiften. Sie Ichte feit 1814 in Rom, bei it 
bruder, dem Card. Feſch. — Durch den parifer Tractat vom 20. ° 
wurde bie gerammte Familie Bonaparte aus Frankreich verbannt; und üı 
San. 1816 von Ludwig XVIH, gegebenen Amneftisgefeg wurden von d 
ausgenemmen Napoleon Bonaparte’s ſaͤmmtliche Verwandte, die aus 
verbannt Eleiben, dafelbft nichts befigen dürfen, und binnen 6 Monaten 
kauftes Eigenthum verkaufen folfen. Hierauf beſtimmte die koͤnigl. frei 
nanz vom 22. Mai 1816, daß die Guͤter und Einkünfte der beider Ri 
poleens von Elba nad) Frankreich zuruͤckgekommenen Glieder der Far 
parte, Vie durch das Sefeg vom 12. Jan. 1816 eingezogen worden waren 
ſtühung verdieneer Mititairperfonen und ſolcher Donatarien, dieihre Do: 
üslınde verloren haben, verwandt werden ſollen. Wir handeln int 
Artikeln Joſeph Hapolcon, Lucian, Ludwig und Hieronpmus Bo 
und verweilen weaen Mariana, nachher Eliſa genannt, auf Baccio 
Cailetta, naher * Pauline genannt, auf Borgheſe, wegen Q 
nachher Arnoncide Karoline genannt, auf Murat. Näcıfibem f 
Fugen (unter Leuchtenberg, deſſen Schweſter Hortenſia 
Bonaparte angeführt ift) und Marie Louiſe e (&eopoldine Karel 
Bonaparte (Fofeph),- geb. den 7. San. 1767 zu Ajaccio, 
Piſa, wo er ſich nuͤtzliche Kenntniſſe erwarb, und begann die juriftifd 
als —2 eines Rechtsgelehrten. Die Natur hatte ihn mit Faͤhigk 


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Bonaparte (Zofeph) 53 


gan ımd einer einnehmenden dußern Geſtalt begabt. Er flüchtete 1793 mit feiner 
Fexiie nach Marſeille, wo er ſich 1794 mit Marie Julie Clary, der Tochter 
ened rrihen Kaufmanns (Schwägerin des jegigen Königs von Schweden, Karl 
Jam, vermählte. Auf feines Bruders Empfehlung ward er 1796 Kriegscom⸗ 
wir, Bataillenschef dee Volontaires nationaux und Chef der Adminiftration 
hei der itzlieniichen Armee. Doch bezeigte er fich der Rolle, zu welcher ihn fein 
Bruta berief, nur wenig wuͤrdig. Mach dem 18. Fructidor trat er als corfifcher 
Abdeecdaner in den geſetzgebenden Rath ein. 1797 ging er als Ambaffadeur der 
Reit nach Rom, das er nach des Generals Duphot Ermordung verließ, wor⸗ 
fd Directorium den Kirchenftaat befegen ließ. Auf feinem Geſandtſchafts⸗ 
xefta za Nom hatte er Talente entwidelt, ſodaß man ihn für höhere Staatsge⸗ 
Fhdfe seeisnet hielt. Im Math der Künfhundert fprach er wenig; body wählte 
win in zum Sectetair d. 21. Juni 1798. Nach dem 18. Brumaire ernannte 
in fen Bruder zum Stanterath und Zribun. Dem verfchloffenen und mit po⸗ 
Eefben Sunftsriffen noch aus feiner Advocatenlaufbahn wohlbekannten Sofeph 
Klee 28 uch da keinesweges an Talenten, ſich geltend zu madjen ; daher ernannte 
Om Aion zu feinem Bevollmächtigten, um mit den Verein. Staaten von 
Aetzmmitzeinen Freundſchafts⸗ und Hanbelsvertrag (Paris, d. 30. Sept. 1800) 
Sehen, hierauf den 11. Det. 1800 zum bevollmädyt. Minifter beim Frie⸗ 
deteraaiffe zu Luneville. Als folcher unterzeichnete er dafelbft den Frieden (9. 
ade. 1901}, und den mit England zu Amiens (1802). Auch leitete er nebft 
exe md Bernier die Unterhandfungen mit dem Cardinal Gonfalvi, dem Erz: 
Ne Enns, und dem Pater Gafelli, wegen des nachher am 15. Juli 1801 
Syrien Concordats. Als Napoleon die Kaiferfrone erworben, fah fich 
SJzt auh einander zum Senator und Inhaber der Senatorie Brüffel, dann 
vor Gofsfier und Mitglied des Raths der Ehrenlegion und der eifernen Krone, 
aka. Prinzen und Großwahlherrn von Frankreich erhoben. Napoleon 
(Sri an feinen Brüdern das meiſte Vertrauen zu ſchenken, obgleich Lucian 
va Orzie weientlichere Dienfte geleiftet hatte. Übrigens war Sofeph bei 
m alt aaſieniſchen Charakter nicht zur Grauſamkeit geneigt, vielmehr mild, 
rer fh ih keiner durchgreifenden Mafregeln fähig, am wenigften ein guter 
Eroxeter Taktiker, obgleich er als Lieutenant des Kaifers in deſſen Abwefenheit 
= Srsraas vorſtand. Deffenungeschtet gab ihm Napoleon den Oberbefeht über 
&e ice son Neapel und beflimmte ihn, nachdem die Dpnaftie von Neapel ducch 


y M Findamation vom 27. Dec. 1805 für unwuͤrdig zu regieren erklärt worden 


©7. m Beherefcher beider Sicilien. Sofeph hielt am 15. Febr. 1806 feinen 
Era Neapel, und am 30. März d. 3. erichien das Eniferl. Decret, wos 
—X Napoleon zum Koͤnig von Neapel und Sicilien ernannt, die Ver⸗ 
1b Reichs beſtimmt, ſechs große Reichslehen darin errichtet und eine 
Femken von den Einkuͤnften des Landes für franzöf. Militairs ausgeſetzt 
Mr Indeß widerfland ihm nod) in Gaẽëta der tapfere Prinz von Heffen : 
Seht, und die englifchen Unternehmungen von Sicilien aus unterftüsten bie 


fine, mit großer Rachfucht vergefellichaftete Widerfeglichkeit der Calabre⸗ 


Le neue Herrfcher befolgte in feiner Verwaltung ganz Napolcons Vorſchrif⸗ 
im. Aber auf dem für ihn zu erhabenen Poften verdiente er weder die Achtung 


Wi Andaͤnglichkeit der Völker, welche feinem Scepter gehorchtin. Seine 


raeigten fi zur Ausfchweifung, fin Benehmen war unverfichtig. An 
Kefe Rapoleons nannte man ihn, feines Eehaglichen Lebensgenuſſes wegen, 
Peirfeshen! Seine Verwaltung in Neapel war, ungeachtet er ſeibſt wenig 
mir bewies, doch nicht ohne Mugen. Er nahm die franz. Cinrichtungen 


r * Sfr; er hob die Lehnsverfaffung und die Fideicommiſſe auf; ex trennte 
Seth son Der Verwaltung ; er zog Ktöfter ein, und ſtiftete Schulen u. w. 


54 Bonaparte (Napoleon) 


Vorzuͤglich machte fein Sinanzminijter, Graf Röderer, wichtige Verbeffer: 
im $inanzwefen; fo wurde 3. B. ein neues einfaches und allgemeines Steuer] 
an die Stelle der alten Abgaben gefegt. Allein im Ganzen Überließ er, wi 
Graf Orloff (in f. „Memoires sur le roy. de Naples”) bemerkt, die Geſchaͤf 
rung dem gejchmeidigen und feinen Salicetti, deffen ganzes Talent darin bi 
Gomplotte zu erfinden und die Schlachtopfer zu mehren. Neben treffüichen 4 
ten für die Rechtöpflege beftanden naͤmlich Kriegsgerichte und außerorde: 
Commiffionen, von welchen eine große Zahl Menfhen, chne Beobadhtu: 
ferengern rechtlichen Sormen, zum Zode verurtheilt wurden! — Aber ehe nı 
neue Staat geordnet war, verlegte Napoleons Machtwort feinen Bruder J 
den 6. Suni 1808, aufden nod) wankendern Thron Spaniens und Indient 
welchem die Bourbons damals herabgeftoßen worden waren. Bor feiner ? 
von Neapel, den 23. Zuni, machte Sofeph die eiligft entworfene Confti 
des Reichs befannt und Joachim Murat trat in feine Stelle ein. (S. Mu 
Nachdem hierauf in Bavonne Spaniens neue Conftitution von der Junta be 
ren werden war, reifte Sofeph von Bavonne ab, und hielt feinen Einzug in 
drid am 20. Jul. Doch gelangte er nie zum ruhigen Befig des fpanifchen I 
und über feine ungünftigen Verhäteniffe während diefer Zeit f. m. Spa 
Nach der Niederlage bei Vittoria, den 21. Sun. 1813, lebte cr in Frankrei 
Vergnügen auf jeinem Landfige zu Morfontaine, und befehligte, «als bi 
bündeten Heere 1514 in Frankreich vordrangen, die Nationalgarde von ! 
bewics aber dabei große Unentfchloffenheit. Endlich gab er feine Zuftimmı 
der Capitulstion von Paris, welche Marmont abfchloß, und entfloh mit de 
ferin nach Blois. Nach Napoleons Abſetzung zog er ſich, mit einem ihm zug« 


= ten Einfommen von 500,000 Fr., in das Waadtland zuruͤck, wo er das 


gut Prangin kaufte. Bei Napoleons Ruͤckkehr, 1815, erichien er wieder in 
als franz. Prinz, Connetable und Pair des Reihe; allein nad) der Schlad 
Waterloo ſchiffte er ſich zeitig genug nach den Verein. Staaten von Ameril 
wo er nebſt vielen Begleitern im Sept. zu Neuyork anlangte und fid ball 
auf in Trenton Neujerſer) ankaufte. Cr lebt jegt auf einem Landgute, 
ches früher Moreau bewohnte, in der Nähe von Bordentown, am Delamı 
Pennſylvanien, mit den Wiffenfchaften befchäftigt, als reicher Privatmann 
dem Nanıen eines Grafen von Survilliers. Sofeph fieht feinem X 
Napoleon fehr ähnlich, doch drückt fein Geficht mehr Freundlichkeit und An 
lichkeit aus. Er ift der Wohithäter feiner Landsleute und wird von f. Nachbar 
gelicht. Er hat 1799 einen Roman, „Moina“, gefchrieben, der 1814 neu: 
legt wurde. Seine Gemahlin, die Gräfin Survillier, lebte mit ihren beiden 
tern feit dem Aug. 1820 in Brüffel, von wo die eine Tochter ſich nad) Philad 
zu ihrem Vater begab. Mutter und Schwefter folgten ihr dahin fpäter; 
Fam bie junge Gräfin Survilliers, Joſephs Tochter, in Brüffel wieder an 
fih mit dem Sohne des Grafen von St. = Leu, ihres Oheims, zu vermähle 
Bonaparte (Napoleon). Das Leben diefes auferordentlidyen M 
ift geſchloſſen, aber das Zeitalter, deffen Held er war, wird feinen Name 
Nachwelt übergeben. Noch liegen nicht alle Urkunden und Beweismittel offi 
uns, nach weichen die Gefchichte ihr unwiderlegliches Urtheil über ihn füllen 
Wir ſammeln alfo nur Thatfachen aus dem Keben eines Mannes, den E 
erft bewunderte und fuͤrchtete, dann befiegte und verurtheitte. Nupotcon 2 
parte ift nicht, wie Einige behauptet haben, den 5. Schr. 1768, jondern i 
Aug. 1769 geboren. Er ſelbſt legte auf den Adel feiner Familie Eeinen V 
Mic den Worten: Ic will meinen Adel nur von mir datiren, und mein 
ſpruͤche nur vom franzöfifchen Volke haben”, warf er eine aus italienifchen Arı 
gνσ undenammlung uͤber das Alter ſeines Geſchlechts ins Feuer. 


Bonaparte (Napoleon) 55 


Besemen von Eorfica, Graf von Marboeuf, verfchaffte dem jungen Napoleon 
in Bizl. Zeeiftelle in der Militairſchule zu Brienne, wo er von 1778 bie 178% 
päfin gebildet ward. Durch neue Begünftigung erhielt er einen Plag in 
Birivihule zu Paris, und fhon 1785, im 17. Jahre feines Alters, ward 
a Unterlientenant bei der Artillerie, im Regiment la Fere, angeftellt, zu einer 
ut, wo ime algemeine Gährung nahe Stürme verkuͤndigte. Der junge Corſe 
—— Vaterlande den Sinn fuͤr politiſche Parteikaͤmpfe in ſeinen von 
schloffnen Geiſt aufgenommen. Er hatte haſſen gelernt; denn ein unbe⸗ 
Wegharn Sof gegen Genua, das die Corfen nicht zu bezähmen vermochte, und ges 

$ ya, das anfangs Corfica für Genua, dann für fich unterjochte, wur⸗ 
3 geile Hetzen. N. fah die Theilnahme feines Waters an den Öffentlichen 
iten, deſſen Freiheitsſinn und Haß der Unterjochung, und bemunberte 

4 des Heden Peoli. Aber zugleich lernte er die Menfchen verachten und Haß und 
4 Bade im Bufen verbergen; wilde Kampfluft wurde ebenfo bei ihm vorherefchende 
Benz; 8 Paoli's Ruhm feine Ehrfucht entzuͤndete. Verfihloffen, wie Alte 
Ve Bm razeben, gewöhnte er fi), die Menfchen zu beobachten, fich felbft der 
r, Seeradem; Andrer zu entziehen, und während das gemeinfame Intereſſe faft 
fordert a, nur das eigne zu ſuchen. So geſellte ſich die ſtolzeſte Selbſtſucht zu 
LAmſchaft. Kein fanfteres Gefuͤhl drang in feine eherne Bruft. In der 
| Rüti zu Brienne nahm er bald fein Übergewicht wahr; Fein Lehrer, kein 
1) Ackir — fie waren ja Franzoſen — gewann ihm Eiche, Beiner wahre Achtung 
a Ki zuruͤckgezogen, fuchte er die Einfamkeit, war finfter, hinbruͤtend, 
;, Rechte die Spiele feiner Gefährten. Nichts konnte ihn aus dem Phantas 
: Feakri, a den er ſchon gebannt war, herausteißen. Im Kriege geboren, warf 
* ãt at caiedener Neigung auf die Kriegsmwiffenfchaften. Die tieffmnigften 
Er tr Rethematik wurden feine Luft, weil er fie alle auf Kriegskunft bezog, 
de Fauyanfı feines Lebens ward. Und gerade die Kriegswiſſenſchaft mußte 
ar Vakter am mächtigften einwirken, indem die Menſchen ihm hier 
, Fade Biihinen wurden oder Feinde, die man Überliftete oder nach allen 
35* derart ſchlug und vernichtete. Siegen, herrſchen ward feine heftigſte 

| “SH, und nur darum trat er feinen Mitſchuͤlern etwas näher, um den Krieg 





. 
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:f Sana ın führen, den ex ſchon im Großen dachte. Man meiß, wie er feine 
7 Sesun gecen einander aufgereist, Meuterei gegen die Lehrer angeftiftet und 
Mk iz Zaiesen unter ben Knaben erworben. Bemerkenswerth ift auch, daß er 
Rh ai iei von jenen, und gerade fehr befchränkte Köpfe, zu täglichen Ges 
wählte, und dieſe fo an fich zu feſſeln wußte, daB fie in bemüthiger 
9 feiner Überlegenheit fich zu Werkzeugen feiner Abfichten gebrauchen 
w Rn feinen mathematifhen Studien befchäftigte ihn befondere die Ge⸗ 
de Alterthums. Sn allen kühnen Unternehmungen der Vorzeit erkannte 
“id car Krafigefühl, und jedes gelungene Emporftreben, jeder Sieg gewann 
"enge Entzuͤcken ab, deſſen er fähig war. Daher mußten ihm die Helden 
dösckalen, deffen Lebensbeſchreibungen er mit befonderer Neigung betrach⸗ 
w. a ipitern Fahren zog ihn auch das duͤſtere Nachtgemätde des Nordens in 
sEdlachtgefängen an; Tacitus hingegen, den er nur den Verleumder bes 
: —X war ihm verhaßt. Die Spartaner wurden ihm Vorbilder der Seldſt⸗ 
fun), der Kampfluft und jerier Wortkargheit, die über den Sinn ihrer Rede 
Futafe. Sie ahmte er auch in feinen Antworten und Mittheilungen nad), 
"18 gain die große Fertigkeit, mit Wenigem viel, immer aber mehr zu fügen, 
18 le hetet etkennen ſollten, oder aud) wol eine tiefere Bedeutung, als er felbft 
But, muthmaßen zu laffen. Zugleich lernte er auf kleine Unſtaͤnde achten, 
SEI 2:6 der eignen Abficht förderlich fein Fönnte, überfeyen, den Gegnern 
Ir mihen abinzera und ſie in unbewahrten Augenblicken überliitin. So: 







= 
72 


66 | Bonaparte (Napoleon) 


weit brachte es der Juͤngling in der Heinen Welt von 150 Franzofen, die 
Brienne umgaben. Seine Lehrer, die fein Talent, feine rafchen Fortſchi 
den Kenntniffen,, die feinem Sinn entſprachen, anerkannten, hatten oft U 
feine Ungelehrigkeit in Allem, mas ihm eine Neigung abgewinnen konn 
Poeſie, Grammatik, Drthographie, Latein u. f. w.), feine Verfchloffenh 
Hinterlift, feine unbeugfame Hartnädigkeit, und eine Leidenfhaft, die zr 
in Wuth ausbrady, wenn fie Widerftand fand, zu tadeln. Daher bemerf 
der Lehrer ſchon damals bei Napoleons Namen: „Ein Corfe von Geburt ur 
rakter. Er wird es meit bringen, wenn die Umſtaͤnde ihn begünftigen.” € 
Bonaparte, ald er in die große Welt zu Paris eintrat. Zum Soldaten g 
wußte er ald Officier, fern von’ den Genüffen der Sugend, durch Puͤnk 
im Dienft, durch ausgezeichnete Kenntniffe in feinem Fache und durch 
fegten Fteiß die Achtung feiner Obern zu gewinnen, und je mehr er ü 
Dfficiere feines Alters hervorragte, defto mehr durfte er hoffen, fich emporzu 
gen. Ein ungemeiner Menſch, wie er war, fah er nur Einen Zielpunft ı 
auf den er unbeweglich Alles bezog: Macht für feine Kraft! Als nun di 
Stürme in Frankreich ausbrachen, war er nicht zweifelhaft, welche Part 
greifen follte. „Als General”, foll er felbft gefagt haben, „hätte ich mich 
Hof gehalten, als Lieutenant ohne Vermögen mußte id) die Partei des V 
greifen.” Indeß ward Paoli nach Paris berufen. Mit ihm fchiffte Napo 
gen Ende 1790 nad) Corfica, wo fhon die Parteien der Ariftofraten und 
£raten mit einander Eämpften. Napolcon, der damals fein verunglüdtes 
zu Ehren ber Freiheit in Umlauf fegte, zeichnete ſich unter den letztern au 
wurde zum Gommandanten der Nationalgarde in Ajuccio ernannt. Di 
ohne Patriotismus, hoffte er, in bem Sturm der Revolution ſelbſt an bi 
feiner Landsleute zu treten, zumal da Paoli in der Volksgunſt immer mei 
Allein er war nicht glücklich. Seine Unternehmung auf die Inſel Mabbale: 
er mit einem Beinen Haufen im Namen ber Republik befegte, mißlang, 
damit zufammenhängende Erpedition des Admirals Truguet auf Sarbdini 
unglüdte gänzlich. Paoli aber, der die zügellofen Demokraten nicht mehr ; 
digen vermochte, rief num die Hülfe der Engländer an. Napoleon ftellte 
englifchen Partei, an deren Spige Paoli fand, muthvoll entgegen, und 
nahm mit einigen Truppen, welche die Volksrepräfentanten Salicetti und L 
St.⸗Michel zu Calvi ans Land gefest hatten, einen Angriff auf Ajaccio, wo 
Partei herrfchte. Der Angriff mißlang. Er wurde 1793, auf Paoli’s unt 
di Borgo's Veranftaltung, mit vielen andern Aufrührern aus Corfica ve 
Er fchiffte fid) mit feiner Familie nad) Marfeille ein. Paoli's Anhänglid 
die Engländer machte den feurigen Bonaparte zu dem entfchloffenften Sr 
und zu dem hartnädiaften Feinde jenes Inſelvolks. Das Verfahren der 
in Zoulon mußte feinen Haß nur noch verftärten. Damals herrfchte der € 
durch das Schreden, und glänzende Erfolge fegten Europa in Furcht und ' 
nen. Der Eindrud, den die Beobachtung diefer Erſcheinung aufden Aı 
Lieutenant Bonaparte machte, beftimmte vielleicht Fpäterhin die bleibende R 
der Staats = und Kriegspolitil des Oberconfuls und Kaiſers. Um jene Zeit 
Bonaparte einen Brief an Buttafoco, Deputirten von Earfica in der N 
verfammlung, bem er heftige Vorwuͤrfe machte, daß er Corfica verrath 
verkauft habe; auch hatte er damals ein Werk ber die politifche und milüt 
Geſchichte Corſicas abgefaßt, deffen Drud aber nicht zu Stande kam. U 
fehr entfchtoffenen Republikaner gab er fich zu erkennen in einer von ihm ; 
gnon 1793 herausgeg. Slugfchrift: „Lesouper de Beaucairc”, welche fich ı 
Unterredung bezog, die er Uber die politifche Lage Frankreichs mit einigen 
feuten zu Beaucaire am 29. Zul. gehalten hatte. Endlich wurde er als € 


Bonaparte (Napoleon) 97 


ak. Ictilerieregimente angeftellt, und diente bei dem republikaniſchen Deere 
au Kelermann, welches Lyon belagerte. Seinehöhere militairiſche Laufbahn aber 
Issum mit dem Tage der durch feine Anftalten vorzüglich bewirkten Übergabe von 
Zerien, am 19. Dec. 1793, an welchem er von den Volkörepräfentanten Salicetti, 
Urt: und Barras zum Brigadegenerat und Commandanten der Artillerie bei ber 
Eonre zen Italien, über weiche Dumerbion den Oberbefeht führte, ernannt murbe. 
Dieles Hart war in ſchlechtem Zuftande, und durch öftere Niederlagen muthlos. 
4 Da aseidilte ſich zuerft feine Kunft, trog allee Hinderniffe ein Ziel unverruͤckt 
4 wellmefaflen, Kleine Gefechte zu vermeiden, und mit aller Gewalt auf Einen 
\ Purkissubrehen, und im Fluge ihn zu befiegen. Er fuchte die Heerführer zu 
Berczn, daß fie ihr Vertheidigungsſyſtem verlaffen und, obwol mit geringer 
Be, Pimont überroältigen müßten. Doch ein unerwartetes Ereigniß hemmte 
Kam Kg. Robespierre, und mit ihm die Schreckensregierung, war gefallen. 
Der Ratinakconvent ließ alle Schreckensmaͤnner entwaffnen. In Nizza, wo Na: 
A wein fuchtbare Syſtem mit geenzenlofem Ungeſtuͤm predigte, erſchien ber 
Den Beffroi, der ihn fogleich gefangen nehmen ließ. Zwar erhielt er feine 
:} Beber aitder, verlor aber feinen Poften bei der italienifchen Armee. Er eilte 
=| 26 Pens, um ſich zu rechtfertigen. Aber vergebens wendete er ſich an Aubry, 
:] tea Ktifahrtsausichuß Praͤſident des Krivgscomite war und die Schreckens⸗ 
34 wammeföhnlich haßte. Er fah ſich aufs neue hilflos und lebte von der Uns 
ht; einiger Freunde. Endiich erhielt er aufdie Verwendung des Sean Des 
*bow Freren eine Anftellung bei der Artillerie in Holland. Eben bereitete er 
Be ahzugehn, als er zu einem belohnenden Unternehmen in der Nähe ge: 
| nz. Die parifer Sectionen hatten fih gegen bie dritte Conftitution ber Res 
s wm. Sept. 1795 verbunden. Der Convent zog Streitkräfte zufam- 
race suverläffige Generale. Varras empfahl Bonaparte. Jener erz 
ven üietefehls dieſem ward Das Untercommanbo anvertraut. Er entfprach 
Ya esıren, als am 5. Oct. (13. Vendemiaire) in Paris ber Kampf der 
SF Partei gegen die Conventötruppen ausbrah. Der dankbare Gonvent 
‚er ſeert zum Divifionsgeneral. Drei Monate fpäter, 1796, gab ihm 
j ae derctaium den Oberbefehl über bie italienijche Armee. Damals vermähtte er 
Seiten reichen Witwe des Generald Beauharnois (f. Bonaparte — 
Jessie. Damit begann die glorreiche Laufbahn des 26jährigen Feldherrn. 
da 3.M ir, 1796 übernahm er in Nizza, als Scherer's Nachfolger, den Heer 
Wk Bemihrte Generale ftanden ihm zur Seite. Aber das Heer befand ſich in 
Ser sritende gänslicher Auflöfung. Ihm gegenüber fand Beaulieu an der Spike 
RAGT. ſtreicher und Sarden. Doch Napoleon begeifterte feine Soldaten 
Kt Werte. Wie Hannibal zeigte er ihnen Alles was fie brauchten und 
rin dem Rande des Feindes. Darauf führte er fie in den Kampf. Es 
ge; im, durch Umgehen oder Vorbringen im Rüden des Feindes deſſen Plan 
Breiin und ihn aus feiner Stellung zu werfen. Am 12. Apr. 1796 ſchlug 
ak Fentenette den oͤſtr. Feldherrn d’Argentau. Ein gluͤcklicher Flankenmarſch 
Eibm ten erſten Sieg. Unaufhaltſam verfolgte er den errungenen Vortheil. 
Immung des oͤſtr. Heeres von dem piemonteſiſchen war fein naͤchſtes Ziel. 
m 13. April griff er von neuem an, und erfocht am 14. den glinzenden 
i Millefimo und Dego. Am 15. wur die Trennung der feindlichen Heere 
Maris erreicht. Er warf fich jege zuerft auf den ſchwaͤchern Theil, griff am 
33 verſchanzte Lager der Piemontefer bei Ceva an, drängte diefelben nad) 
sturüd, und ſchlug am 17. im feindlichen Lager fein Hauptquartier auf. 
2. Adends zog er fiegreich in Mondovi ein. Der Hof von Turin bot Fries 
"nbandiungen an; doch der Sieger bewilligte unter harten Berinaunam 
Sen Ragenfkiltftand (am 28, April), der ihm die wichtigften Feſten Niemont® 








ss Bonaparte (Napoleon) 


einraͤumte und ihn zum Meiſter bes ganzen Landes und feiner Huͤlfsquellen m 
Unterdeſſen hatte ſich der oͤſtr. Feldherr hinter den Po gezogen, um den Fein 
Mailand abzuwehren. Er erwartete, durch Napoleons Bewegungen getl 
daß dieſer zwiſchen Valencia und Pavia über den Po gehen werde. Jener at 
wirkte fchon am 8. Mai den Übergang feiner Armee von Piacenza aus und ni 
den Feind, fich bis an die Adda zuchdzuziehen. Bei Lodi verfhanzten fü 
Oſtreicher; das Vorbringen über die lange, ſtark vertheidigte Addabrüde 

unmöglid. Napoleon führte einen Theil feines Heers an die durch ein moͤrder 
Feuer vertheidigte Bruͤcke. Seine Scharen wankten; aber ihre Führer dr 
unerſchrocken vorwärts, und das erfte Wagniß von Napoleons biutiger 5 
war gelungen (10. Mai). Die Lombardei war in feiner Gewalt, und die & 
cher vereinigten ihre Macht, umnur Mantua zu deden. Da fuchten, vor 
unerwartet [chnellen Erfolge betäubt, die Kürften Staliens den Frieden. 
am 9. Mai hatte der Herzog von Parma einen Waffenftillftand erhalten; ar 
der Herzog von Modena. Der Friede mit dem König von Sardinien (Paris | 
Mai) fidyerte der Republik auferordentlihe Vortheile. Eo hatte Bonapar 
Staaten Italiens zittern gemacht, ungeheuere Kriegsfteuern erhoben und feir 
mit neuem Muth erfüllt. Einige Begünftigung fand er in der unruhigen C 
mung der gegen ihre Regierungen aufgeregten Staliener, denen er Freihe 
Vernichtung der Tyrannei verkündete. Überall fuchte er die Unterthanen 
Fuͤrſten, ihrer Verfaffung zu entfremden und Empörung unter den Vor] 
lungen bed Republicaniemus anzufachen. Faſt unerfhwinglihe Summen f 
er für unfihern Waffenſtillſtand; ſchonungslos erpreßte fein Requiſitions 
Alles was zum Bedürfniffe, was zum Luxus des Heergs gehörte. Koftbare 5 
werke fendete er als glänzende Trophäen nad) Paris. Muͤde der endlofen 
druͤckungen, griffen die Lombarden zu ben Waffen. In Pavia und Bicocco 
den viele Franzoſen ein Opfer bes übermuths, mit dem fie die Bewohner g 
Da ſtrafte Napoleon mit Feuer und Schwert die Ungluͤcklichen; Lugo warl 
Augercau ausgeplündert. Hierauf eilte er der Site. Armee, die fid) am Minc 
feftigt, entgegen, ging am 21. Maui über den Fluß, dr, wo man ed wiede 
wenigften erwartete, nahm am 1. Sun. Verona ein, und drängte die Feint 
an die Grenzen Zirols zurüd. Am 3. Jun. ſchloß er Waffenſtillſtand mit 

pel und eilte nun um fo ficherer, feine ganze Macht gegen die Oſtreicher zu we 
Die treuen Ziroler rief er vergebens zur Empörung auf, indem er ihnen F 
und Unabhängigkeit verfprach. Italien felbft dVrohten neue Unruhen; {hr 
fhien er, fie zu dämpfen. Die Eitadelle von Mailand und die Feſte Mantu 
en noch in oͤſtr. Gewalt. Lestere fchloß er ein und drang, um fich Staliei 
verfihern, in das päpftliche Gebiet vor. Am 19. Jun. waren Bologna, U 
und Ferrara in feiner Gewalt, und der Papft fah ſich genöthigt, am 23. 

Waffenſtillſtand mit ungeheuern Contributionen, mit den herrlichften Kunftfd 
und mit vorläufige Verzicht auf Bologna, Kerrara und Ancona, zu erka 
Nun Überfiel er das neutrale Gebiet ded Großherzogs von Toscana, unb bi 
Livorno (23. Jun.), um ſich der englifhen Schiffe zu bemächtigen. Letztere 
lang zwar nicht, aber ein reicher Vorrath englifcher Waaren fiel in feine H 
Cr lich Befagungen zurüd, um, tie er vorgab, das Lund gegen den briti 
Defpotismus zu beſchuͤtzen. Als fich darauf, den 29. Sun., die Citadelli 
Mailand ergeben hatte, unternahm er die Belagerung Mantuas. Diefes z 
freien, drar.gen die Oftreicher unter Wurmfer (der an Beaulieu’d Statt den : 
befehl erhalten) an die Etſch, und unter Quosdanovich uͤber Brescia vor, fie 
fegten Mantua und drängten Bonaparte an den Mincio zuruͤck; aber rafch 
ſich diefer auf die einzelnen öfter. Heerabtheilungen, fhlug d. 3. Aug. Quos 
vich bei ato, und nöthigte am folgenden Tage mit 1200 Mann, die cr 


Bonaparte (Napoleon) 69 


00 Öfkzeicher fich zu ergeben, da fie von feinen Drohungen fich ſchrecken 
uch einen Ruͤckzug lodte er Wurmfer aus feiner Stellung, fchlug ihn 
jaſtiglione und nöthigte ihn, ſich nach Tirol zuruͤckzuziehen. Darauf 
am 23. Aug. die Belagerung Mantuas von neuem, indem er zugleich 
mächtig vordeingenden Oſtreicher einzeln ſchlug. Am 4. Sept. ſchlug 
km Slügel unter Davidovich's Oberbefehl bei Roveredo (f.d.). Raſch 
hun gegen den linken Flügel unter Quosdanovich, ſchlug ihn am 
Fame, bemächtigte ſich der Stadt und drängte den Keind Über die Brenta 
Barmfer, von der Hauptarmee getrennt, von Tirol abgefchnitten, faßte 
mntihluß, ſich nach Mantua zu werfen; Bonaparte, der noch bei 
rin, der Vorſtadt Mantuas, ihn erreichte und am 15. ſchlug, Eonnte 
tim nicht verſchließen. Während Mantua von neuem belagert warb, 
st id) Bonaparte mit der Republicanifitung Staliene. Leicht fand er 
and, den Waffenſtillſtand mit dem Herzog von Modena zu brechen; er 
8 Lad, und vereinigte es mit ber neugefchaffenen cispadanifchen Republik 
“2 Darauf gab er den neuen Republiken die franz. Verfaffung. Auch 
Wr bii, daß Corfica am 18. Det. den Engländern durch die franz. und 
a Aquklicaner wieder entriffen ward. Am 9. Oct. hatte fi Genua un: 
zı Kdingungen in den Schug ber Republik begeben; am 10. Neapel 
&nelmgt, und am 5. Nov. ging auch der Herzog von Parma, durch 
3 Beipiel geſchreckt, denfelben mit großen Aufopferungen ein. Da 
Blu Cfinreicher aufö neue, um Mantuag zu entfegen, gegen Baffano und 
Baur. Doch den ſchwaͤchern Bonaparte rettete feine Kühnheit. Che die 
be heete fich vereinigen konnten, ging er In der Nacht vom 14. auf den 
wei Etſch, und nöthigte Alvinzy zu ber dreitägigen Schlacht bei Ar: 
=1.5317.Nov., in ber nur fein und feiner Generale hoher Muth, das 
x Wfle ihren Soldaten einzuflößen wußten, und die Verzweiflung, mit 
2 Sana ſelbſt jeder Gefahr ausſetzte, feinen Untergang abwandte und 
ren, aber großen Sicg gewann. Alvinzy ging an die Brenta zus 
Art Anidovich ward nach Tirol zuruͤckgetrieben. Doch fchon in den er: 
1197 ruͤckte Alvinzy wieder bis Rivoli(f. d.) vor, ward aber von Bo⸗ 
alt. San. gefchlagen und aufs neue nach Zirol getrieben. Eine oͤſt⸗ 
ekelene unter Provera hatte indeß verfucht, nach Mantua. vorzubringen ; 
athet einen mörderifchen Ausfall; aber B. ſchlug den Angriff zuruͤck, ers 
Saund nothigte ihn, am 16. Jan., fid) mit mehr als 5000 M. zu ers 
Vihtend nun die franzöf. Generale in Tirol eindrangen und Stalien von 
& fiherten, fiel am 2. Febr. Mantua, wodurd der Sieg in Stalien 
arat. An demfelben Tage ruͤckte B., nachdem am 1. Febr. der Waf⸗ 
Imir dem Papfte, der ſich gegen Frankrteich gerüftet hatte, aufgekuͤn⸗ 
a, in das päpftliche Gebiet ein, ſchlug am Senio des Papſtes Zruppen, 
Faenza, bald darauf Ancona, Loretto und Tolentino ein. Der bes 
38 VL. ſchloß am 19. Febr. mit ungeheuern Aufopferungen den Frieden 
ino, der ihm den Kirchenftaat jenfeitö der Apenninen übrig ließ. Sekt 
den Kaifer in feinen eignen Staaten befämpfen. Der Erzherzog Karl 
meer dom Tagliamento befeftigt. Sofort ging B., während die fran⸗ 
ımee Deutkhland bedrohte, Liber die Piave, und erzwang am 16. 
Ibergang Über den Zagliamento und Iſonzo. Am 19. beicgte er Gra⸗ 
20. Goͤrz und am 23. Zriefl. Vor Ende des Monats war faft ganz 
und Krain, und ein Theil von Zirol erobert. Sm rechten Augen: 
ER. mit dem Erzherzog Karl Unterhandlungen an, und bewilligte den 
zecrbneten, in feinem Dauptguartiere zu Judenburg, am 7. Apr. di: 
igen Waffenſtillſtand. Indeß war feine Lage hoͤchſt bedenkuͤch. Vor 


60 | Bonaparte (Napoleon) 


fih ward er von den verftärkten, durch Landfturm und Freiwillige ermut 
Oſtreichern bedroht, die fi ſchon Trieſts wieder bemaͤchtigt und Tirol 
hatten. In Stalien regte fi neuer Aufftand. Darum fchloß er den Prälts 
frieden am 18. April auf dem Schloſſe Eckenwalde bei Leoben, dert dem . 
große Opfer abnöthigte, die Sranzofen aber .aufs neue in den Befig Trieſtt 
und ihnen geftattete, ihre Abfichten auf Venedig auszuführen. Schon 
Mai erließ B. eine Kriegserktärung gegen die Republik Venedig und verları 
Aufhebung der alten Verfaffung. Vergebens entfchuldigte fi) der Senat 
feiner neutralitätsrwidrigen Maßregeln. Wergebens ward am 12. Mai d 
Verfaſſung der Republik vernichtet und das Schattenbild einer demofra 
aufgeftelt. Die venetianifchen Lande und die Hauptftadt blieben von den F 
fen beregt. Im Mai ward aud) Genua revolutionirt und erhielt am 6. Sur 
fiouriiche Republik, eine franz. Verfaffung. Am 29. proclamirte B. in M 
Tie neue cisalpinifche Republik, mit welcher er die cispadanifche Republik vere 
Lucca rettete fidy nur durd) wiederholte Contributionen vom Untergange. D 
nig von Sardinien hatte ſich, nach theuer erkauftem Frieden, mit Frankrei 
entunden; gleihmol ward auch in feinem Rande die Flamme der Nevolutior 
facht. chen damals fammelte der in die Zukunft blickende Feldherr eine 
ſche Legien, und ſuchte frine Verbindung felbft bie nad, Griechenland und A 
aus zudebnen. Unterdeſſen erhielt er das Heer ganz auf Koſten ber Länder, 
e: die rciheit verſprochen, beſonders der venetianifchen Terra-Ferma, und 
Girrdies nech unermeßliche Schaͤtze, wenigſtens an Kunſtwerken, nad) 
Hier auf ging er, unter kriegeriſchen Drohungen, von Mailand nach Udine 
eräfinete am 1. Sept. die Friedens unterhandlungen mit Oſtreich. Am 17 
ezar2 der Deñnitivftieden von Campo-Formio abgeſchloſſen, der Öftreich B 
ent fine ſchoͤnſten italienifchen Provinzen entriß, und vom deutjchen Reich 
beimen Artikeln das linke Rheinufer preis gab. Dftreich hatte dagegen berei 
Juni die venetianifchen Provinzen Sftrien und Dalmatien befegt. 3. gal 
ihm noch Venedig und das fefte Land der Republik bis an die Etſch. Allee 
eigner Machtvollkommenbeit! Das Directorium ernannte hierauf B. mit Ä 
#273 und DBonnier zu Abgeordneten bei dem Reichsfriedenscongreß zu Nal 
Deh kaum Fatte er daſelbſt den 25. Nov. die Untsrhandlungen eingeleitet, 0 
cm 2. Dec. Raſtadt verließ und nad) Paris eilte. Hier merkte er bald, wier 
Erf «6 dem Directorium mit den Chrenbezeigungen fei, die man ihm er 
2. örzatchaber wuͤnſchten den herrfchiüchtigen Feldherrn zu befchäftigen u 
veturm. Er erhielt den Oberbefehl Uber die Armee von England. Indef 
24 Zirte uf Agppten gerichtet, und B. ſelbſt Hat zuerft den Plan zu diefe 
ef mirımtecefn. Mit gefchäftiger Eile ward bei Toyılon eine Flott 
ars ri en suserwählked Heer von mehr al8 30,000 Mann. Schon aı 
27: 2,5. unter Segel. Ihn trieb nad) Agypten der Gedanfe, das br 
“2 > Zirrim au erihüttern. Bei der Elihnften Einbildungskraft fühlte 
"4 33 8:3 eines Alexander. Sein Ziel war Allee, oder Nichts; und di 
„2 m m im wie ein ungeheures Gluͤcksſpiel. (S. Agrpten, Landung 
‚ren, Die Einnahme von Malta (12. Juni 1798) und die Erob 
«aa 4 ın.rn2 2. Juli) eröffneten diefen Zug. Der Sieg über die Türk 
7... 3799 und die Wiedereinnahme von Abufir (am 2. Aug.) war B.'s 
%-. - Z,rzen. Aus Stankreich erhielt er, befonders durch feinen Brudı 
4. 27 05:r England die Verbindung mit ihm unterbistt, ſichere Kunde vi 
—— der Republik. Sieyes hatte ihn zum Wiederherſteller des gel 
eichs außerfehen. Schnell war der Entſchluß gefaßt, zuruͤck 
ab den Oberbefehl des Heers dem General Sicher. Unter Verſpre 
zer Macht wiederzukommen, ſchiffte ex (ich mit Lannes, Murat, 


Me a 


mömwöcung nad) feiner Abſicht. Der Kath dir Alten übertrug ihm den 
Yübre die Truppen, mit uneingefchränkter Vollmacht für die Sicherheit 
natepehfentation zu wachen. Cr ſchwor Treue ber Republik, und am 
1. Brumaire) 1799 vernichtete er die Directorinlregierung. Am 10.Nov. 
nm fich dee Rath der Alten und ber Rath der 500 in St. Cloud. Schon 
Yin lgterm ber Ruf der Nepublicaner: „Keine Dictatur; nieder mit 
ir!" Da trat Bonaparte mit mehren Grenabieren in den Saal. Ein 
rei befkücmte ihn. Man füßte ihn beim Kragen; body ward fein 
Krmvorgab, gegen ihn gezuͤckkt. (Diefer Behauptung ift durch den Bes 
igeifentanten Bigonnet und durch die Erklaͤrung des Deputirten Dupont 
‚die als Mitglieder des gefeggebenden Raths Äugenzeugen des Vorfalls 
Bed geweſen waren, in der Sitzung der Kammer am 18. Jun. 1819 
kalimmtefte volberiprochen worden. Der Grenabier Pourece, welcher 
3 Benaparte damals mit feinem Körper geſchuͤtzt haben fell, hat ſich 
Ws duge brauchen laffen, um die Deputicten, als von Rucian fogenannte 
atans du poi; 4, in den Augen ber Soldaten verhaßt zu machen.) 
meh, hrend jenes ſtuͤrmiſchen Auftritt legte Lucian die Präfis 
Beraidre, eilte zu dem General und foberte die Truppen deffeiben zur 
ghes Saales der 500 auf. Nun drangen auf B.'s Befehl die Grenas 
a Eaal, ſtutzten aber einen Augenblick, als ihnen ein Mitglied des 
Imeral Jourdan) die Verlegung der Mechte der Volksvertreter fuͤhlbar 
® sertricben biefe erſt dann mit gefälltem Bajonnett aus dem Verſamm⸗ 
‚38 General Leclerc, ihr Befehlshaber, ihnen zurief: „Im Namen 
8 Bonaparte, der gefeggebende Rath iſt aufgelöft! Grenadiere vors 
— &o enbigte die Verfaffung von 1795. Darauf verfammelte Lus 
Näfident an demfelben 10. Nov. die wenigen Mitglieder des Raths, 
tie Verſchwoͤrung wußten, und ließ durch fie bie Aufhebung des Dis 
and die Ernennung von drei peoviforifhen Confuln, Bonaparte, Sieyes 
Ducos, decretiren. Sie traten anı 17. Nov. ihr Anıt an. Eilia voll= 


62 Bonaparte (Napoleon) 


trag in feiner ungewöhnlichen Form zuruͤck; auch das beutfche Reich, Ri 
Neapel und die Pforte flanden noch unter den Waffen. Da fammelte®. e 
ferveheer, und am 15. April 1800 eröffnete Moreau den Feldzug in Deutf 
Bonaparte führte fein Heer; noch vor Ende des Mai, über den großen Be 
nah Stalin, wo Maffena der überlegenen feindlihen Macht gewiche 
Schon am 4. Juni zog Bonaparte in Mailand ein. In wenigen Tagen w 
cisalpinifche Republik wieberhergeftellt. Während Moreau fiegend in D 
land vordrang, wurden die Offteicher, die am 4. Juni Genua genommer 
der franzdf. Macht umgangen. Eine Schladyt mußte entfcheiden. Sie wc 
kaͤmpft, den 14. Juni, bei Marengo (f.d.) in der weiten Ebene zwifche: 
fandria und Zortona. Hlerauf ging der feindliche Heerfuͤhrer Melas am 16 
zu Aleffandria einen Waffenſtiliſtand ein, der den Franzoſen den größten 
Oberitaliend einrdumte. Am 22. verließ B. das Heer, nachdem er Maffer 
Obergeneral ernannt, und traf am 1. Juli in Paris ein, wo ebenfo fi 
Volkstaumel als die Huldigung aller Behörden ihn feitlich empfingen. 
fhmeichelte B. dem Republicanismus der Srangofen, während er auf vi 
Weiſe das Wefen eines Freiſtaats vernichtet. So warb am 14. Juli das 
deöfeft der Republik mit den Siegeöfeften verbunden, und der erfte Conful.t 
publik trat mit dem Pomp eines Dictators einher. Die fremden Gefandten 
ten jeßt den Stolz des Imperators cbenfo fehr als achtbare Mitbürger, 1 
nen Unmillen reisten. Bei außerordentlicher Kraft hatte er doch nicht Gere 
nug über fich felbft, und feine grenzenlofe Eitelkeit ließ feinen Sinn, dem die 
Größe immer mehr entſchwand, dem Reize unbefchränkter Herrſchaft er 
Mit feftem Schritt ging er in der Verwaltung des Innern, toie der Außer 
hättniffe auf dieſes Ziel 106. Der Kampf der Parteien ward minder offenbar 
ermübeten Franzoſen beugten ſich unter die Gewalt eines gefelerten Helde 
ihren Nationalftolz erhob. Die Siege in Stalien und Deutſchland gaben $ 
Muth, fremden Staaten Gefege vorzufchreiben. Er empfing die Ehrenbez 
gen ihrer Abgeordneten, waͤhrend bie feinigen mit dem franzöfifch republicar 
Übermuch noch den ihres Gebieters verbanden. Seine Gefandtfhaftspoften 
ben fo ergiebige Stellen, daß fein Bruder Lucian fi) in Madrid fürftiche ! 
thuͤmer fammelte. Doch follte der übermächtige Gebieter auch felbft die Un 
heit angemaßter Herrfchaft erfahren. Am 9. Oct. 1800 ward eine Verſchw 
gegen fein Leben entbedt, und am 24. Dec. ward eine zweite vereitelt, da die b 
tigte Hoͤllenmaſchine ihr Ziel verfehlte. Eine furchtbare Inquifition forfcht: 
den Urhebern. Am 9. San. 1801 wurden 130 Männer jeden Standes ats 
biner verhaftet und 70 davon als Opfer der Tyrannei des erften Conſuls nad 
kas Sechellen deportirt, und am 30. Jan. bluteten als Xheilnehmer der fi 
Verſchwoͤrung Arena, Geracht u. X. unter der Quillotine. Won den De 
ten erhielten Lefrane, Saunois und Vauverſin, ſchon unter Napoleons ! 
rung, die Erlaubniß, nad) Frankreich zuruͤckzukehren; 18 wurde diefe Erk 
erft von Ludwig XVII. 1817 ertheilt; die übrigen ronren im Elend umgekor 
Die wahren Urheber der Hoͤllenmaſchine befanden fich aber nicht unter jene 
wurden fpäter entdedit, und St.:Regent, Carbon und’ Limorlan, ehei 
Chouans, die mit Georges Cadoudal in Verbindung ftanden, hingerichtet. 
auf erging an alle Präfeeten der Befehl, die Waffenvorräthe aufzufuchen ı 
Obhut zunehmen. Indeß wurden auch die neuen Befegbücher vorbereitet 
fhon am 3. Sept. 1800 war mit den norbamerilanifhen Sreiftanten eir 
Friede und zugleich ein Handelövertrag abgefchloffen worden. Darauf nöt 
Moreau's Siege ſtreich zu einem Frieden ohne Englands Theilnahme 
nach langen Verhandlungen zwifchen Sofeph Bonaparte und dem Grafen E 
(9. Febr. 1801) zu Luneville zu Stande kam, und von dem der Oberconf 


Bonaparte (Napoleon) 68 


„gebe. effentlich fangen durfte, erfei, tie ihn das franz. Volk gewünfcht habe. 
83. März folgte der Friede mit dem Könige beider Sicitien; am 15. Jul. ein 
met mit ben Papft; am 24. Aug. ein befonderer Vertrag mit Pfalzbatern; 
»®. Ang. ein andrer mit der batavifchen Republik; am 29. Sept. der Friede 
(Rt, mit Portugal, und am 1. Oct. ſelbſt ein Präliminarfriede zu Lon⸗ 
eanmit Srekbritannien; endlich am 8. Det. der Kriede mit Rußland, dem fi) am 
LE. an Praͤliminarfriede mit der Pforte anfchloß. Die glänzende Feier des 
Barmen Friedensfeſtes zu Paris, am 9. Nov. (dem Gedächtnißtage des 18. 
‚war ein neuer Triumph ded Conſuls. Darüber vergaß man den Un⸗ 
verze va franzöf. Heers in Ägnpten; daruͤber vergaß das franz. Volk den Ver⸗ 
bian freiheit, die immer miehr zur leeren Korm hinabſank. Jetzt tuendete 
Besgen Ne Aufmerkjamkeit auf ſchimmernde Entwürfe für das Innere: fir 
Ber, Siſſenſchaften und Unterricht, fire Handel und Gewerbe, für die Ders 
ſeterz tr Flotte und für die Erhaltung der Colonien. Dabei gefiel den Frans 
wen, 2% itr Conſul den Fremden Gefege, Berfaffungen und zu Zeiten auch 
Semdrutmtunfte. Nur Wenige erfannten ben Hrrrfchfüchtigen wieder, als 
«al in. 1802, begleitet von der Conſulargarde, prunkend wie nie ber Koͤ⸗ 
%, men zog, um dort die Angelegenheiten der cisalpinifhen Republik zu 
ae Er ward dafelbft am 26. Fan. zum Präfidenten der in eine italieni⸗ 
fr zuptiuftm Republik ernannt. Auch B.'s Thaͤtigkeit erhöhte die Berwinm- 
en. Der Abſchluß des Friedens mit Großbritannien, zu Amiens am 26. 
Br 1302, die Beſchaͤftigung mit den Colonien, die Erhebung ded Concor⸗ 
Dia dem Papſt zu einem Reichsgeſetz, die darauf folgende Einrichtung der 
Eaköhen Lerbaͤltniſſ⸗ In Frankreich, die Wiederherſtellung einiger Schulen, bie. 
aim mie sefeierten kirchlichen Feſte, die neuen Verfuͤgungen Über die Ausge⸗ 
weetn: des Alles lich den Franzoſen reichen Stoff zur Unterhaltung, und lei⸗ 
ar Bekadiungen über bie längere Daucr der Gonfularwürbe ein. Am 8. 
Rz bett ter Erhaltungsfenat die Verlängerung des Confulats auf neue 10 
Sr krur nahm diefe nur unter der Bedingung an, daß das Volk fie ge- 
* * dieſes warb nun die Frage gerichtet: Ob Bonaparte Conſul auf 
ers in ſolle? Während die Regifter zur Volksabſtimmung eröffnet wur⸗ 
in. zuie B, den Entwurf zur Stiftung einer Ehrenlegion befannt, bie, am 
N. —X lebhaftem Widerſpruch genehmigt, neue Gewalt in feine Hand legte 
5 urenihn feffelte. Als darauf am 26. Juni der Definitivfriede mit der 
Per Serihloffen warb, durfte er der Republik fagen: wie er ihr allgemeinen 
gehen und ihr Gebiet um 2000 IM. vergrößert habe. So ergab ſich 
RR Se die weit überwiegende Stimmenmehrheit fuͤr das lebenslaͤngliche Con⸗ 
122. Aug. erfolgte die feierliche Proclamation durch ein Senatsconfult. 
Iefidc abermals eine Zufagconftitution in Wirkſamkeit, die dem Conſul mit 
Keemm Beichränkungen faft völlig monarchiſche Gewalt ficherte. Der 
mer’ ftand ale oberfte Staatögewalt uͤber allen Behörden, mit dem Rechte, 
Keyisfyrliche der Gerichtshöfe aufzuheben, den gefeggebenden Körper nad 
Ara zu berufen und zu vertagen, und einen Zuftisminifter zu ernennen, 
Mr ze Juſtizſachen von der oberſten Gewalt abhängig wurden. Auch die 
werd dom Dberconful über das Sechsfache erhöht. Sofort erjchien die 
esirrung mit allem Pomp der koͤnigl. Herrſchaft und es ward ein Hof 
Reit in St.⸗Cloud und Darts hergeftellt, noch förmlicher, ale am konigl. 
re Dokei fuhr B. fort, der Nationaleitelkeit auf alle Weife zu fchmeicheln. 
Srazt ſhwur ihm am 27. Aug. den Eid ber Treue; und eine ſcheußliche Pos 
erteeitete ich Durch das aanze Reich. Seitdem wirkte B. ned) Eräftiger nad) 
m. Dis scgernde, ſich ſelbſt verwirrende Entichddigungegefchäft in Deutid): 
em Weranlaffung, eingreifen. Selbſt deutſche Fuͤrſten flehten des 


64 Bonaparte (Napoleon) 


Mächtigen Begüunftigung und Vermittelung an, die willig gewährt warb un 
25. Sebr. 1803 den neuen Reichsdeputationshauptſchluß zur Folge hatte. 

Unruhen in der Schweiz unterwarfen auch die vordem unabhängige Eidgen 
[haft feinem Willen. Er wollte Alles, was ihm Vortheil brachte. Es gefiel 
am 26. Aug. bie Inſel Eiba mit der Republik zu verfchmelzen. Am 11. 
folgte die durch kein Rechtsverhaͤltniß begründete, kaum jeicht entſchuldigte 
verleibung Piemonts. Waͤhrend franz. Truppen in der Schweiz und an ben ( 
zen flanden, mußten die Abgeordneten der Eidgenoffenfchaft in Paris erſch 
um unter ſcheinbaren Berathfchlagungen die Befehle des Oberconfuls zu vi 
men. Schon am 24. San. 1803 ward ihnen der Entwurf einer Vermittelun 
kunde überliefert; am 19. Febr. erhielten fie diefelbe, bereits gedruckt, a 
unwiderrufliche Derfaffung des Staats. Um feine Anhänger fefter an ſich a 
ten, wurden im Innern der Republik 31 Senatorien errichtet (4. Jan. 11 
- und dag franz. Nationalinflitut erhielt eine neue Geftalt (23. Jan.). Die d 
liche Darftellung der damaligen Lage ber franz. Republik, am 23. Zebr., un 
Zuſtandes der Finanzen, am 12. März, überzeugte das Volt, welche Wo 
ten die neue Regierung über daffelbe verbreitet habe. Neue Straßen und C 
Preisaufgaben, und prachtvolle Anlagen befchäftigten die Müsigen. Gern 
B. den Frieden erhalten, um erft eine neue Flotte zu fchaffen, damit fpäter 
fiherm Erfolg, der Erbfeind Frankreichs bekämpft werden könnte. Aber 
land fchien dies nicht abwarten zu wollen. Klagen häuften fid) von beiden S 
nirgends wurden fie abgeftellt, und fdyon am 13. März erflärte Bonaparte in 
feierlichen Audienz der Gefandten den nahen Bruch mit England. Doch vex 
er neue Unterhandlungen, felbft als der englifche Geſandte ſchon feine Paͤſſe fü 
Als aber diefer Paris verlaffen hatte, legte Bonaparte den 15. Mai Beſchla 
alle fremde Schiffe in den franz. Häfen; am 16. that dies Großbritannien; 
auf erklärte eö am 18. den Krieg. Schon am 3. Juni befegte Mortier, des 
dens mit dem deutſchen Reiche ungeachtet, Hanover, und das Lard fiel, | 
ben Vertrag von Suhlingen, ohne Kampf in franzöf. Gewalt. Alte We 
Artillerie, Vorraͤthe und faͤmmtliche Pferde des handverfchen Heeres wurder 
Stanzofen überliefert, die in Hanover fo große Hülfsquellen fanden, daß bie f 
Armee fi) hier mit dem verfah, was fie zur Führung eines Kriegs gegen Eins 
bedurfte, indeß Deutfchland ruhig zufchauen mußte. Georg III. beftätigte 
den fuhlinger Vertrag nicht, konnte es aber nicht hindern, daß Hanover gar 
erobertes Land behandelt und völlig ausgeräumt ward. Jetzt fing der erfle C 
an, fein Gontinentalfoftem zu entwideln. Zuerft verbot er am 20. Suni: 
die Einfuhr englifher Waaren in Frankreich. Dann follte England in En 
ſelbſt bekaͤmpft werden, und in den franzöf. Häfen, von Havre bis Oftende, 

unter ungeheuern Zurüftungen eine Landung in England vorbereitet. | 
ſperrte die englifche Flotte mehre franzoͤſ. und deutſche Häfen, fammt der Elb 
Mefer. Daraufmward am 15. Febr. 1804 eine Verſchwoͤrung gegen den ; 
conful entdeckt, in welcher Pichegru und Georges Hauptperfonen waren. ' 
wurden mit 45 andern Theilnehmern ober Verdächtigen, morunter auch 
reau, nach und nach verhaftet. Man wollte gefunden haben, daß die 
fchworenen mit mehren Ausgewanderten und englifchen Öefandten und Ac 
in Deutfchland in Verbindung ftänden. Dies gab Veranlaffung zu neuer 
waltthaten. Zwei Militaircommandos unter Caulaincourt gingen in der ' 
vom 14. auf den 15. März Uber den Rhein, Gen. Saulaincoutt (f. Vic ı 
befegte Offenbach; Ordener befegte mitten im Stieden im badifchen Lande 
und Ettenheim, und nahm den Herzog von Enghien(f.d.) gefangen, | 
Vincennes vor eine Mititaircommiffion (in der Nacht des 20. März) geftell 
noch in berfelben Nacht, auf Befehl des DOberconfuls, erfchoffen ward. Au 


Bonaparte (Napoleon) 65 


eden erhoben laut ihre Stimmen gegen bie Verlegung des Voͤlkerrechts. 
[. Regierung ſchien ſich rechtfertigen zu wollen duch, die Anzeige von ges 
inken, durch welche die englifchen Gefandten, Francis Drake zu Muͤn⸗ 
'penere Smith in Stuttgart, Empoͤrung in Frankreich einzuleiten ge= 
. Beide eilten nach England zurüd, wo man die Anklage für Ver⸗ 
nflärte, doch war fie nicht ganz grundloß. In Paris gaben jene Vor: 
Kaffung, auf die Nothwendigkeit einer erblichen Gewalt hinzuweifen. 
azu ward raſch betrieben. Am 27. März 1804 hatte der Senat zuerft 
heritelung der Regierung durch eine erblicdhe Familiengewalt geredet, 
m 30. April erfolgte der Antrag im Tribunat, die Regierung einem 
zertrauen, und diefelbe in der Kamilie Bonaparte's erblich zu machen. 
tfprach dagegen. Adreſſen aus allen Departements wurden veranlaßt, 
tdenfelben Wunſch erklaͤrten. Darauf erſchien am 18. Mai das orga⸗ 
itkonfult, das der verniichteten Republik in Napoleon einen Erbkai⸗ 


um feierlichen Ausruf der Kaiſerwuͤrde am 20. Mat 1804 begann ber 
en B.'s Leben. Das leichtfinnige Volt warb durch den neuen Glanz 
ms leicht befriedigt. Die angefehenften Generale der Republik vers 
fih als Reichsmarſchaͤlle um den Thron; denn auch ihnen eröffneten 
de Ausfichten. Unterdeffen warb die große Unterfuchung gefchloffen. 
b. April hatte man Pichegru in feinem Gefängniß tobt gefunden [Die 
Ermordung des englifhen Seecapitains Wright (f. d.) und des Erges 
yegeu (f.d.), welche dem Oberconful Schuld gegeben wurde, ift nicht 
wieſen, fondern an ſich felbft unmahrfcheinlich ; auch hat ſich Savary, 
Revigo, dagegen hinreichend vertheidigt. S. „Europ. Annalen”, 1818, 
St] Moreau, dee um die Verſchwoͤrung gewußt, ohne felbft Theil 
ſcelte mit dem Tode büßen; allein die öffentliche Meinung rettete ihn 
ar. Nur Georges wurde mit 9 Andern den 25. Juni hingerichtet; 
aus theils begnadigt, theild zu mehrjährigem Gefaͤngniß verurtheift. 
| 5 Macht gegründet. Mie er Frankreich gedemüthigt, trachtete 
} Emopa zu unterwerfen. Altes begünftigteihn. Ein gelibtes, fiegreis 
hab ihm zur Seite. Die Macht feines Staats, durch feine eigne Größe, 
Reinung der Dienfchen erhöht, ward überall mit geheimem Grauen 

Dazu wußte er, was einig war, zu trennen; roa® vereint unbefiegs 
wäre, vereinzelt zu uͤbereilen und zu überwinden. Der lange Schlaf, 
nn Staaten Europas feit langer Zeit gefeffelt, aus dem fie noch im⸗ 
ig aufgeſchreckt waren, beförderte alle Plane des nie Raftenden. 
Eieg über den Einen fchredite und lähmte den Andern. Während Alle 
die Mittel ſannen, ſich zu erhalten, ergriff er raſch, gleichgültig gegen 
Reht, die Eräftigften Maßregeln, ſich über Alle aufzufchwingen. Eine 
Importömmlingen,. abgehärtet in ben Greueln der Revolution, diente 
Pillen. Am 11. Juli 1804 ward die Ehrenlegion, ein Band, das 
'habflichtige Menge an Napoleon feffeln follte, neu gefchaffen. Gleich 
das Heinlichfle Hofceremoniel für den neuen Kaifer vollendet. Nun 
a am 18. Juli, mit feiner Gemahlin, den Pompzug nach den See⸗ 
Aachen und Mainz an. Der Papft fand fich bereitwillig zu der Kaiſer⸗ 
den 2. Dec. in ber Kirche Notre Dame zu Paris erfolgte. Napoleon 
oſt, dann feiner Gemahlin die Krone auf, und der Papft vollzog die 
1805 beaann Napoleon mit einem Friedensantrang an England, ber 
blieb. Indeß bereitete er andre Plane. Eine Menge Eaiferl. Prin- 
ch Mitglieder feiner Familie, hatte er um fich verfammelt ; fie follten 
neue Throne felgen, und Bas Geſchlecht ber Napoleoniden in Europa 
BicbenteXuf. Ib. U, 5 


U 


ü5 Bonaparte (Napoleon) 


emzem 12 Szaaten aber von ihm abhängig maden. Auf Italien 
wet me Snmzr zesehrdet, richtete ſich zuerit feine Abſicht. Die Ne 


e este. fsüten aufhören. Am 15. März erklaͤrte in Paris bie 
muct Ir zuizmiühen Republik den Kaiſer der Sranzofen zum König von 
Ze Ir voice auf die Zukunft. Am 26. Mai kroͤnte Napoleon fich 
Marz au Kinig von Italien, und emannte am 7. Juni feinen S 
Er Demäscncid, zum Vicekoͤnig. Seine Schwefter Elifa war be 
Fazer 2c= Tiembino, und ihr Gemahl Bacciochi zum Kürften von Lucca 
Sm ::e, Parma und Piacenza wurden, mie früher Piement, mit dı 
Zaun zuicaen. Kaum war Napoleon aus Stalien nah Paris zuriı 
3 = 3. Zu;.; nod einmal in Boulogne England bedrohte. Aber ſche 
9 uäınd und ſtreich mit England neu verbindet, da erhielt Die 
ZTemzemee den Namen der großen Armee und den Befekt, ſich raſch auf 
=. ;u werfen. Die Verbindung mit deutfchen Fuͤrſten begünftigte ba 
mn. Am 14. Sept. waren bie Oftreiher in Münden eingerudt. 
sehrete Napoleon die erfte Conjcription für 1806 an, und fken um 25. 
2; fein Heer über den Rhein. Am 2. Oct. ſchloß er in Ludrigsburg 
Auf. on Würtemberg ein Buͤndniß, das neue Truppen ihm zuführte. 
"eikın Tage vereinigten fid) die Baiern mit der franzöf. Armee. Am 3. 30: 
dette, der in Hanover an Mortier's Stelle getreten war, mit feinem Co 
Lie neutraien preuß. Befigungen in Kranken. So waren die Oftreicher | 
3. in der Flanke und im Rüden bedroht. Am 8. erfocht Murat bei 3 
einen bedeutenden Sieg. Am 10. ſchloß Napoleen in Eflingen das Bhı 
Baden. Am 14. wurden die ſtreicher bei Ulm theilweis geichlagen. 
ſchaftliche Proclamationen begeifterten das Heer. Am 17. capitulirte 
Um; am folgenden Tag ein andres oͤſtr. Corps bei Trochtelfingen, unt 
andres zu Bopfingen. Zwar ſchien Napoleons Gtäd zu wunfen: am. 
die franz. = fpanifche Flotte bei Zrafalgar von Nelion vernichtet; Erzher 
drang in Italien vor; Preußen ſetzte feine Ktiegsmacht in Bewegung; bes 
Kaifer erfchien felbft in Berlin, und bewirkte Friedrich Wilhelms Geneig 
Theilnahme an dem Kriege; doc) unaufhaltfan drangen die Franzoſen in 
vor, und [hen am 13. Nov. 309 Murat in Wien, Napoleon in Schoͤnbt 
Ungeheure Kriegsfteuern wurden dem Land aufgelegt, und nach der fogı 
Dreikaiferichlacht bei Aufterlig (f.d.), am 2. Dec., Eam der Kaifer ? 
4. zu Rapoleon und ſchloß den 6. einen Waffenſtillſtand. Am 26. Dec. 
Friede zu Preßburg, der Öſtreich ſchoͤne Provinzen entrig und Baiern, Wü 
und Baden vergrößerte. Schon vorher (15. Dec.) war in Wien ein Ve 
Preußen abgefchloffen, der diefem Hanover übergab und dadurch Prei 
England entzweite. Immer weiter fchritten jegt Napoleons Plane. 3 
König von Baiern gab ſeind Tochter dem Gtiefiohn Napoleons zur 
Stephanie Beaubarnois, die Nichte der Kaiferin Sofephipe, ward mit! 
prinzen von Baden vermählt. Des Beinamens der Große, den ein Sen 
dem Kaiſer beilegte, durfte derfelbe um fo mehr fich freuen, als ihm am ' 
1806 ein gefaͤhrlicher Feind, Pitt, geftorben war. Am 2. März ertidrte S 
Lem gefeggebenden Körper Frankreichs Herrſchaft über Italien, und laut 
Weltherrichaft Frankreichs ausgeiprehen. Am 16. März erhob Na 
Schwager Murat zum Herzog von Kleve und Berg, und am 30. feine 
Joſeph zum König von Neapel und Sicilien. Venedig ward mit Frant 
einigt, Guaſtalla der Schwefter Napoleons, Pauline, Neufchatel dem Kri 
fer Berthier übergeben. Noch feiter band das Zumiliengefeg vom 31. 9 
Glieder der Kaiſerfamilie, mit allen ihren Herefchaften, an den Gewaltig 
24. Mai erkicht auch fein Bruder Ludwig cine Krone, als Rapoleon die E 


Bonaparte (Rappleon) 67 


das Königreich Holland umſchuf. Talleyrand und Bernabotte wurden 
Domainen in den eroberten Ländern lohnten die Feldherren und Mints 
L2. Zuli 1806 warb dee Rheinbund in Paris zu Stande gebracht, 
on, als Protector deſſelben, erklaͤrter Gebieter über ben größern Theil 
ss, woraufam 6. Aug. Kaifer Franz her roͤmiſch⸗deutſchen Kaiſerkrone 
nd daB alte deutſche Reid, aufgelöft ward. Welches Reich an deſſen 
ten, bejeugte am 25. Aug. die [händliche Hinrichtung des Buchhaͤnd⸗ 
aus Nuͤrnberg. Dafuͤr wurden Napoleons Geſetzbuͤcher den Schutz fuͤr⸗ 
mahme empfohlen. Preußen aber fuͤhlte ſich in der franzoͤſ. Argliſt ſo 
daß es zum Schwert greifen mußte, wobei Mapeleon den Schein des 
ı vermeiden wußte. Aber ſchon am 13. Det. erfchien er in Siena... Am 
n einer Doppelfchlacdht bei Jena und Auerſtaͤdt das preußifch = fächfifche 
lich gefchlagen und Sacfen von dem Bunde mit Preußen getrennt. 
uten preußiichen Heertheile unterlagen der ſtaͤrkern Macht. Die beften 
fielen durch Verraͤtherei und Seigheit. Der Sieger entehrte fid) damals 
je küge in feinen Bulletins, indem er die Hoheit der Tugend verleum⸗ 
27. Oct. hielt er feinen Einzug in Berlin, und organifirte die Verwal⸗ 
zaberten preuß. Lande. Am 1. Nov. fah auch, der Kurf. von Heſſen ſich 
aus feinem Lande zu fliehen, das als eroberte Provinz behandelt wurde. 
tov. erſchien in Berlin das berüchtigte Decret, welches England in Blo⸗ 
b ecklaͤrte, und allen Handel, alle Gemeinfhaft mit Engländern ftreng 
. Darauf verfprady Napoleon in Pofen den Polen die Wiederherſtellung 
de. Zwar eilte ein ruſſiſches Heer dem König von Preußen zu Hülfe. 
glückliche Schlacht bei Pultusk, am 26. Dec., die blutige Schlacht bei 
= 7. und 8. Febr. 1807, die.Capitulation von Danzig, die Theilung 
tAußlands durch den Tuͤrkenktieg, die Treffen hei. Heilsberg am 10. 
eä ditolenka den 12., und die Schlacht bei Friedland am 14. bewirkten 
wa Suni ben Waffenftillftand, darauf am 7. und am 9. Juli den Frie⸗ 
Best und Preußens mit Frankreich zu Tilſit (f. d.). ‚Preußen verlor 
"Sa. Unterthanen; unerſchwingliche Kriegsſteuern wurden dem Lande 
‚und die beften Seftungen blieben bis zur völligen Abzahlung in Frank 
we Das Herzogthum Warſchau warb bem zum König erhobenen 
2 von Sachen gegeben; bas neue Königreih Weſtfalen erhielt Na⸗ 
Bender Hieronymus, welcher ſich mit einer koͤnigl. wuͤrtembergiſchen 
vermaͤhlte. Im Triumph Lehrte Napoleon durch Deutfchland nad) 
'suhd, und empfing in Paris die Aufwartung deutſcher Fuͤrſten. Seine 
im jest auf die benachbarte Halbinfel gerichtet... Spanien theilte mit 
(27. Oct. 1807) zu Sontainebleau Portugal. Darauf erklaͤrte der 
dm 13. Nov.: „das Haus Braganza habe aufgehört zu regieren.“ Zus 
gen franz. Heere Spanien und Portugal, jened im Schein bes Frie⸗ 
3 m offenen Angriffe. Auch Hetrurien wurde mit Frankreich vereint, 
ich ſelbſt das laͤſtige Tribunat aufgehoben, Sprech: und Preßfreiheit 
x beichrändt, und die geheime Polizei trieb ihr Wefen immer druͤckender. 
ınd aus rächte fich Napoleon fuͤr die ſtrengere Blocadeverfuͤgung ber 
legierung durch jenes allen Handel, alle Rechte der Neutralen vernich⸗ 
tvom 17. Dec., das ein anders vom 11. Ian. 4808 noch nachdruͤck⸗ 
te (f. Sontinentalfpftem). So meit jest Napoleons Macht 
icte fie Handel und Wohlftand, die Freiheit der Rebe und den Muth 
Reller. Auf fein durch voraußserpreßte Confeription immer furchtbarer 
; Heer troßend, vereinigte Napoleon im Jan. 1808 mitten im Frie⸗ 
nd Kaftel, Mefel und VOließingen mit dem franzöf. Reidy. Nun reifte 
Nan gegen Spanien, Die [don beflehenben Parteiungen befoͤrder⸗ 
5 * 


68 Bonaparte: (Napoleon) 


ten bie Abfihten gegen einen König, ber feiner Verbindung mit Frankreich ı 
Opfer gebracht hatte. (8. Spanten feit 1808.) In Bayonne richtete N 
feon über die fpanifchen Bourbons; hier. feßte er die Krone von Spanien 
Indien auf fein Haupt,- um fie feinem Bruder Sofeph Bonaparte zu ' 
geben. Aber er kannte die Spanier nicht. An dem Muthe biefer Nation 
fi. feine Macht zuerſt. Unterdeffen hatte ze (10. Juni 1808) feinen Si 
ger Joachim Murat zum König von Neapel und Sicilien ernannt, und! 
Großherzogthum Berg dem unmuͤndigen Sohne des Königs von Holland gec 
während die ihres Landes beraubte Königin von Hetrurien, flatt der verfprod 
Entſchaͤdigung, aͤrmliches Koftgeld erhielt. Auch der Papft fah fich getaͤ 
Franzoͤſiſche Truppen hielten fein Land befegt. Zu gleicher Zeit erſchuf Nar 
in Frankreich einen neuen Abel und Majorate für die Diener feiner Plane. 3 
die Organifation der Schulen und Stubienanftalten aber bewies er immer 
wie fremb ihm eine echt menfchlihe Bildung ſei, wie er nur darauf finne, 
Soldatenmacht zu gründen, und nad) Unterbrüdung jebes eblern Freiheits 
ganz Europa ebenfo unterwürfig zu machen wie der neue Religionslatecyi 
für das franzöf. Reich die blindefte Ergebenheit gegen ihn zur Pflicht machte. 
neuem follte es ſcheinen, als wolle ee Europa den Frieden geben. Am 27. 
erſchien er in Erfurt, wo auch der Kaifer Alerander mit vielen Königen und F 
eintraf und fi) enger an. Napoleon anſchloß. Allein England konnte die ‘ 
Spaniens nicht aufgeben. Napoleon war. am 18. Oct. wieder in St.Cloub 
teoffen; am 29. ging er nad) Spanien ab. Seine Gegenwart führte aud) h 
Scanzofen zu neuen Siegen. Doch beohende Bewegungen in Oſtreich riefi 
ſchleunig zuruͤck. Noch einmal wollte ber Kaiſer Franz die eigne Sicherheit 
entfchloffenen Kampf vertheidigen. Am 9. April 1809 erfolgte Oſtreichs R 
erklaͤrung. Schon am 18. traf Napoleon in Ingolftadt ein. Am 20. befie 
an der Spige der Baiern, Mürtemberger und Darmftädter ein oͤſtr. Ha 
Abensberg, am 21. bei Landshut, am 22. bei Eckmuͤhl (f. d.), am & 
Regensburg, und am 12. Mai capitulirte Wien. Vergeblich ſuchte er.die Un 
anfzumwiegeln. . Dagegen erhob ſich Tirol für Öftreih. Auch in Weſtfalen bi 
ein allgemeiner Aufftand, und in Preußen brach ber Volksgeiſt in Schill’ ge 
licher Wagniß aus. Unterdeſſen verfolgte Napoleon in ſtreich feinen Stege 
Am 21. und. 22. Mai verlor er zwar die Schlacht bei Afpern (f. d.) und E 
gen, aber die italienifhe Armee warihm zu Hülfe gelommen, und na 
Schlacht bei Raab, am 14. Juni, verloren die Öftreicher auch die bei Wag 
(f.d.) am 5. und 6. Juli, welche den Waffenſtillſtand zu Znaym am 12. Ju 
Folge hatte. Ungeheuere Kriegöfleuern wurden wieder eingezogen. Nur die X 
tämpften noch glädlich fort; und der Herzog von Braunſchweig⸗Ols entgin 
BVerfolgungen einer überlegenen Macht; auch die Belegung Walcherens bu 
Engländer, die Capitulation von Vließingen (15. Aug.), und die Eroberur 
tonifchen Inſeln (9. Oct.) erzürnten den Zögling des Gluͤckz. Am 13. züı 
Schönbrun ein deutfcher Jüngling, Staps (f. d.), gegen ihn den Dolc 
Unterdeffen hatte Napoleon am 17. Mai 1809 den ganzen Kirchenftaat mit 9 
teich vereinigt." Pius VII. (f. d.) hatte keine andern Waffen als den Bann 
er am 12. Juni gegen den Kaifer ausſprach. Daflır ward er gefangen nach A 
veich abgeführt. Am 14. Oct. ward der Friede zu Wien gefchloffen. ft 
(f. d.) verlor fchöne Provinzen und das Meer. Die illyrifhen Provinzen wc 
ein franz. Generalgouvernement. Hierauf ward am 2. Dec. in Gegenwart 
Könige und Fürften das Krönungsfeft Napoleon’s in Paris gefeiert. Am 16. 
hob ein Senatsconfult die Ehe zwifchen ihm und feiner Gemahlin Joſephin 
Am 11. März 1810 ward in Wien feine Vermählung mit der Erzherzogin 9 
£ouife gefeiert, und am 2. April traute das karlerliche Poox der Carb. Feſ 


Bonaparte (Napoleon). 69 


Paris. Auch mit Schweden war den 6. San. 1810 der Friebe auf den Fuß des 
Gatinmtalfpflems gefchloffen worden. Noch ward am 1. Maͤrz der Vicekönig von 
Julin zum Erbgroßherzog von Frankfurt ale Nachfolger des Fürften Primas er: 
aut, Hanover mit dem Stönigreich Weftfalen vereinigt, und am 16. ber Koͤ⸗ 
ui von Holland zu großen Abtretungen genöthigt. Diefer legte daher unerwartet 
m 1. Juli feine Krone, bie er nicht Länger mit Ehren tragen Eonnte, nieder,. und 
9. wert die Aufnahme des ganzen Koͤnigreichs in das franzöf. Reich decretirt. 
Gleita Cqhidſal hatten Wallis und die beutfchen Rheinbundsländer an den Muͤn⸗ 

I umalı Ems, Meer und Elbe, die Hanfeftäbte, Oldenburg, ein Theil des 
Eſegthums Berg und felbft einige Stüde von Weftfalen, die der König 
abgatestea genöthigt ward. Ein großer Theil Europas war unterjocht. Nur Spa- 
au Baufte noch; England blieb ſich felber treu, unuͤberwunden; und Rußland 
ſan ud old eine gefuͤrchtete Macht da. Auch mit Amerika entftanden Spannun: 
zen über dad Gontinentalfpftem ; daher wurden fcheinbar am 28. April 1811 die 
wa Berlin und Mailand aufgehoben; aber der fogenannte Tarif von 
Kram, Die fortgefepte Wegnahme und Verbrennung der englifchen und Coloniale 
waere Ringen noch tiefere Wunden. Napoleon ftand auf der Höhe feiner Macht, 
De ma möglich noch mehr befeſtigt wurde durch die am 20. März 1811 erfolgte 
der fangen Kaiferin von einem Prinzen, dem fchon vor feiner Geburt 

de Ind eineh Könige, von Rom beftimmt mar. Gegen Ende des Jahrs entſtan⸗ 
kam Inifigkeiten mit Rußland und Schweden. Leicht wurden den Schweden 
(MT. an. 1812) ihre deutſchen Provinzen entriffen. Bald fah man ungehenere 
m Sranfreich gegen Rußland. Während ein fruchtlofes Nationalcon- 
Eu wer ein Sanhebrin der Sfeaeliten in Paris die Franzoſen befchäftigten, 
Yamta fich die Scharen ber franz. und verbimbdeten Heere in Deutfchland und 
Ya. De preuß. Seftungen und Danzig waren noch immer von ben Franzoſen 
weg. Baelon verließ am 9. Mai St.:Cloud. In Dresden verfammelte er die 
dwihe Sing und Fuͤrſten um fich, den Kaifer und die Kalferin von Öftveich. 
Def Eher re fein Heer am 24. Juni über den Niemen. So begann der Krieg 
wide. Er nannte ihn den zweiten polniſchen Krieg. (©. Ruffifc: 
‚ Matfäer Krieg v. 1812— 15.) — In Mostaus Flammen loberte ber 
ME feines Gluͤcks auf. Doc) felbft im Ungluͤck verleugnete er nicht 

| Werggatiihe Natur. So hatte der Tagan der Berezina (27. Nov.) etwas furcht⸗ 





‚ und felbft das 29. Bulletin (3. Dec.) etwas Großartiges. End» 

Keen dem Tage von Leipzig (d. 18. Oct. 1813) die europaͤiſche Macht 

Ha zertruͤmmert. Darauf entfaltete er glorreich die Kraft feines Genius 

' XRX zwiſchen der Marne und Seine (Febr. u. Maͤrz 1814). Es galt 

Hund fein politiſches Leben! Aber nie vermoͤgend, im rechten Augenblicke 

‚ dagegen in jeder Heinen Gunft des Schickſals das alte Gluͤck zuruͤck⸗ 

Wem), verlor er die Gelegenheit zum Frieden mit Europa (f. Chatillon, 

Mm. Da fiel die Öffentliche Meinung von ihm ab, felbft in Frankreich; 

Veiefen alte, von ihm fchon entfernte Diener, vor Allen Talleyrand; fie 

dem Feinde bie Thore von Paris. Nun erhob fich auch der bisher fo unter⸗ 

gegen feinen Kalfer. Zulegt verließ Marmont feinen Feldherrn! 

| Ban Befegeher des Continents blieb nichts als der Name Kaifer und Elba. 

Wall April 1814 unterzeichnete Napoleon feine Thronentfagung und den 

‚ der ihm die Inſel Eiba mit fouverainer Gewalt einrdumte. Am 28. 

el er zu St.»Rapheau, unweit Frejus, wo er vor 15 Jahren mit gro: 

ans Land geftiegen, fi) nach Elba ein. Hier brachte er die Zeit 

kam, Reiten, Schifffahrten, mit Fremden, mit Arbeiten am Schreib: 
Ken, während ihn bie parifer Dofbidtter als wahnfinnig darftellten; denn un: 
Ken Anfdein von Bleihgikitigfeit hatte er feine ihm ergebenen mitgenomme: 


70 Bonaparte. (Napoleon) 


nen Garden forgfältiger ald je geübt, und ihnen immer gefagt, daß ſie ne 
Dinge zu fehen beftimmt vodren. Aus Frankreich kamen ihm Nachrichten 
ber Unzufriedenheit mit der neuen Regierung, und tie befonders die € 
Bauern und Befiper der Nationalguͤter feft an: ihm hingen. Auch von t 
matiſchen Spannung anf dem mwiener Eongreffe erhielt er genaue Kunde. 
ließ er, das Größte wagend, feinem Gluͤck noch einmal vertrauend, die 
der täufchend, Abends den 26. Febr. 1815 Elba, mit allen feinen Trup 
auf einer Brigg und etlichen andern Fahrzeugen eingefchifft tonren und 90 
betrugen. Nach einer gluͤcklichen Fahrt landete et am 1. März zu Canne 
weit von Frejus. Ohne auf Truppen zu flogen, durchzog er das Land, r 
wärts dringend, und erließ Proclamationen, worin er die Mißgriffe der X 
mit den grellften Karben fchilderte. Erſt am 7. März fließ er auf der St 
Grenoble auf eine Truppenmaffe unter Labedoyere, die ihm den Weg v 
ſollte, aber fie ging im Augenblid zu ihm über, und noch denfelben Aben 
ihm Grenoble die Thore. Daffelbe war mit Lyon der Sal, wo er den 10 
einzog. So erreichte er, ohne daß ein Schuß gegen ihn fiel, ohne daß 
Marfchälle, die Ludrvig XVIII. geſchworen hatten, ihm den Weg ernfttid 
im Gegentheil durch Ney's Übergang am 13. ungemein verftärkt, Ab 
20. März Paris, das Ludwig eiligft verlaffen hatte. Ein Ereigniß, da 
Verrath weniger vorbereitet als begunftigt, fat ans Wunderbare grenzt 
end Napoleon, um die Klügern zu bethören, vorgab, daß Enaland felr 
gewollt, daß Öftreich auf feiner Seite ftehe, daß Gemahlin und Sohn aut 
brumn zu ihm zuruͤckkehrten — ein Plan, der in ber Ausführung entdeckt n 
fprachen die Monarchen auf dem Congreffe zu Wien am 13. einmüthig di 
bes Voͤlkerrechts Kber ihn aus, und erneuerten ben Vertrag von Chaumor 
Über 800,000 Mann waren am Ende des Mais fchlagfertig, jene Acht 
ziehen. Allein auch er bot Alles auf, um, da feine Anträge verworfen wur 
Kampf der Verzweiflung zu wagen. Die Verfammlung bed Maifeldes (f. 
u. Maifeld) follte feinen Thron auf der Grundlage liberaler Ideen, zu 
jest feine Zuflucht nahm, wieder aufrichten. Ein Landſturm, der alle? 
vom 20. bis 60. Jahre unter die Waffen ftellte, fchien Frankreich in ein 
Lager zu verwandeln. Die alten, ihm getreuen Truppen zogen aller Orte 
unter den geliebten Ablern die Schmad) verlorener Schlachten auszutilge: 
15. Juni brach er über die Sambre gegen das preußifch = englifche Heer in 
108, das Wellington und Blücher In ausgedehnten Cantonnirungen bei 
Bei Sleurus und Ligny(f.d.) Fam es am 16. zu einer blutigen Schlach 
gewann, inbeffen Ney mit dem linken Stügel ein hartnädiges Treffen bei 
bras auf der Straße nach Brüffel lieferte. Das ſich zuruͤckziehende preußifche 
auch das englifche Heer zum Ruͤckzug, der bis zum großen foigner Wald g 
welchem e8 fi) auf einer großen erhöheten Ebene lagerte, um Napoleont 
abzumarten, da Bluͤcher fi) mit ihm zu vereinigen beftimmt verſproch 
Napoleon glaubte nur den engliſchen Nachtrab zu fehen, der ihm den V 
Brüffel verfperren wollte, und griff den 18. Mittags die aͤußerſt fefte € 
MWellington’s auf den Höhen vor Waterloo (f. d.) bei Mont⸗St.⸗Jean 
beftigften Ungeftüm an. Allein die Stellung und der Muth der Briten ı 
jeden Angriff und als am Abend Bluͤcher nach dem befchmerlichften SM 
der Sranzofen rechter Flanke vorbrach, Grouchy aber mit Thielemann be 
tämpfte, fo ward die Schlacht für Napoleon zur Niederlage, aus der fi 
wenige Zaufend nad) Paris retteten und wohin Napoleon, als der erfte Fl 
ben 21. zuruͤckkam. Hier dankte er, von ben Volksrepraͤſentanken dazu 
dert und vom General Solignac uͤberredet, ben 22. ab,’ jedoch nur zu 
feines Sohns und begab ſich nach Matmoifen, han aber no Nadiekari 


‚Selena hat den Haß eines großen Theils der Zeitgenoffen entwaffriet, bie 
aung feiner Anhänger aber nur vermehrt. Der Sturz von feiner Höhe 
Maf Augenblicke niederſchmettern, aber nicht feine Kraft vernichten. Er 
meine Perfönlichkeit in dem Drucke der Verbannung, wie in dem Patafte 
aiea; mur fein Inneres, das Menfchliche in der ehernen Bruſt, trat jegt 
mer, als es dort der Fall fein konnte, wo er das Schickſal der Staaten« 
‚keinem Willen umſchloß. Alle Perfonen, die in St.⸗Helena ihm dienten, 
ken ihm als Kaiſer; und er wuͤrdigte und erwiberte ihre Treue mit dem 
"3 Danks und der Freundſchaft. Der Gouverneur ber Infel, Sir 
Rome, bewachte ihn mit der gehäffigften ſchonungsloſen Strenge; aber 
m ſtelte ihm eine folche Charakterftärke entgegen, daß in der öffentlichen 
m da Gefangene im benz Grade nur an. Würde gewann, als fein Kerker⸗ 
au Ütung verlor. Übrigens erfannte man auqh hier in jeder von Napos 
Dumktangen den eifernen Sinn und bie unerfchlitterliche Standhaftigkeit, 
& alten früher fo oft gelungen war, das angzuführen, was Andern uns 
&lka. Sn keiner Beziehung wollte er ben Engländern das Recht eincäus 
in erſon verfügen zu dürfen; denm nur freiteillig und unter der Ihm 
Mer Bedingung, nad) England gebracht zu werden, habe er ſich in ihren 
bexten. Als fein Arzt O’Meara auf Befehl des englifchen Gouverneurs 
afemmfte, blieb er mehre Monate lang ohne ärztliche Hülfe; die Bitten 
Yeaer umıb der fich täglich verfchlimmernbe Zuftand feiner Gefundheit fonns 
Bit bewegen, einen von dem englifhen Befehlshaber ihm zugefandten 
tſch zu laſſen. Als man ihm nicht ferner erlauben wollte, ohne militais 
&edung auszugehen, verließ er nicht mehr feine Wohnung. Seine Haupt 
ang wor die Abfaffung feiner Denkfchriften. Zur Echofung fpielte er 
‚Wer fie fich vorlefen, vorzüglich Trauerfptele. Im vertraulichen Kreife 
tton feiner Kindheit und feinen Schidfalen mit einem Gleichmuth, als 
von der alten Geſchichte gefprochen hätte. Unter den Franzoſen auf St.s 
Kr Mannfonn her heitorfte: theitnchnenh an Allem. maa feine ndchiten Iim= 


72 | Bonaparte (Joſephine) 


zarten Dankgefühls und reinmenfchlicher Gefinnung. (Diefes Teſtament, 
in der Beilage zu Nr. 159 der „Allgem. Zeitung” von 1824 vollftändig abgebt 
ift, ward erft 1826 in den wichtigften Punkten, zum Theil durch Vergleich, vol 
gen.) In Napoleons Todesftunde war Feine Änderung in feiner Faſſung bem 
bar. Er verichied — auf feinem Feldbette von Auflerlig — mit einem bew 
würdigen Gleichmuth in den Armen feiner treuen Sreunde, Bertrand und 
‚tholon, zu Longwood am 5. Mai 1821, Abends um 6 Uhr, in einem Alter! 
51 J. und IMon. Am 9. Mai wurde er mit allen friegerifchen Ehren, bie! 
als General gebührten, in einem von ihm felbft gewählten Thale beerdigt. & 
freiroilligen Schickſalsgenoſſen, die Generale Bertrand und Montholon, find 
ihren Samilien über England, mit Erlaubniß der franzöfifchen Regierung, 
Frankreich und Paris (im Det. 1821) zurückgekehrt. Über die Literatur von! 
poleons Gefhichte f. m. d. A. Napoleon und feine Zeit, Schrif 
von ibm und über ihn. 
Bonaparte (Maria Francoife Sofephine), Kaiferin der Franx 
geb. zu St.: Pierre auf Martinique, d. 24. Sun. 1768, war bie Tochter a 
reichen Edelmanns, Zafcher de la Pagerie. Noch fehr jung, vermaͤhlte fig 
mit ihrem Landsmann, dem in der Gefchichte der Nevolution bekannten Wi 
Alerandre de Beauharnois (f.d.), ward nad) deffen Hinrichtung ins GR 
niß der Madelonettes gefegt, durch den Sturz der Schrediensregierung abe 
frei. Nun kam fie unter den Schuß des Director Barras, durch deffen I 
mittelung fie, am 8. Mär; 1796, an Napoleon Bonaparte verheirathet won 
welcher damals den Oberbefehl der italien. Armee erhielt. Von nun an theilt 
das glänzende Schidfal ihres Gemahls , dem fie mit wahrer Anhänglidykeit z 
than war. Am 2. Dec. 1804 feste Napoleon ihe ald Kaiferin der Franzoſet 
Krone auf. Was au) über den leichten Ton, der in ihren jugenblichen Ja 
hervorgeklungen, gefagt werden kann, über ihre Herzensgüte, Uber ihren au 
zeichneten Hang zur Wohlthätigkeit, über ihr unabläffiges Bemühen, Menft 
elend zu vertilgen oder doch wenigſtens zu mildern, iſt nur eine Stimme unter 
nen, welche fie gefannt haben. Niemand vermochte es, ben eifernen Willen ! 
poleons zu brechen; Joſephinens fanftem Sinne gelang es, manche harte‘ 
f&hlüffe des herrſchſuͤchtigen Mannes zu mildern. Dagegen mußte fie wol auch 
Ausbrüche feines Jaͤhzorns erbulden, welcher zumeilen fo ausartete, daß e 
Kaiferin tagelang in ihre Zimmer eingefchloffen haben fol. Won ihrem erften 
mahl hatte fie zwei Kinder, Eugen und Hortenfe Eugenie Beauharnois (ſ. Le 
tenberg, u. kudwig Bonaparte). Ihre zweite Ehe blieb unfruchtbar. 
poleon, der einen Thronerben haben und fich zugleich mit einem mächtigen « 
paͤiſchen Fuͤrſtenhauſe enger verbinden wollte, befchloß feine Verheirathung mi 
Erzherzogin Marie Louife von Oftreih. Mit Anftand gab Sofephine der R 
wendigkeit nach, wilfigte in die Ehefcheibung mit dem Zitel einer verwitweten 
ferin- Königin (Imperatrice-Reine-Douairiere), und zog ſich, nachder 
vorher einige Reifen gemacht, zurüd in die Einſamkeit ihres fchönen Luſtſch! 
Malmaifon. Die Achtung, die Liebe und das Bedauern der Stanzofen fo 
ihr, die man ſchon lange Napoleon's guten Geift (l’etoile.de Napoleon) ger 
hatte. Sie erlebte den Sturz des Reichs, auf deffen Gipfel fie einft geſtan 
Aber fie hatte auch den Troft, daß die großen Monarchen, welche es zertruͤm 
ihren perfönlichen Werth öffentlich anerkannten. Sie empfing die Befuche bei 
gefehenften verbündeten Fuͤrſten. Eine Erkältung indeß, welche fie fih auf ei 
Spaziergange mit dem Kaifer Alegander in ihren Gärten zuzog, gab ihrer Un 
lichkeit eine übele Wendung, fodaß fie am 30. Mai 1814 nad) kurzem Leiden fi 
Die von der bekannten parifer Sibylle, Demoifelle Le Normand, im Nov. 1: 
herausgegebenen „Mémoires historiques et seorets de l’Imperatrice Josepl 


Bonaparte (Lucian) 78 


‚- Tascher de la Pagerie‘',2 vols., enthalten viele Intereffante Nach» 
m Leben diefer merfwürbigen Frau, bie bis an ihr Ende eine Creolin 
aften, babei abergläubig, wie ein Kind, das an Deren glaubt, aber 
uͤthig und bis zur Verſchwendung wohlthätig, befonders gegen Emis 
He außerdem Kunftfinn befaß und Botanik liebtes — nur find jene 
uch nichts verbürgt und haben hoͤchſtens bloß einen ſehr lockern hiſto⸗ 


sarte (Lucian), Napoleons zweiter Bruder, feit 1814 Prinz von Ca⸗ 
Bandgute bei Rom, das er 1808 kaufte und welches nachher der Papſt 
ftenthume erhob), geb. zu Ajaccio 1772, nach Andern 1773. Beim 
t Revolution ergriff er mit Enthuſiasmus die Partei des Volks. Seine 
gann nach dem Falle von Zoulon (16. Dec. 1793) mit einer Stelle 
tpflegungsmwefen. Damals verlobte er fi mit Mademoiſelle Boyer, 
t Örundbefiger und Gaſtwirth zu St.» Marimin im Var: Departer 
Er heirathete fie erſt 1795. — Lucian zeigte damals viel revolutionais 
mußte baher nad) Robespierre's Sturze St.⸗Maximin verlaffen. Seits 
zu Marfeille in großer Dürftigkeit, bis der 13. Vendemiaire auch ſei⸗ 
Ae eine güriflige Wendung gab. Im März 1797 wurde er zum Abs 
des Tiamoner Departements beim Rathe der Fuͤnfhundert gewählt. 
ine Kriegecommmiffariatögefchäfte hatte er nicht verfäumt, bie Grund» 
um fpäterhin fehr angetvachfenen Vermögen zu legen. Den 18. Jul. 
ien er zuerſt auf der Nebnerbühne. Er verwarf die Verordnung, am 
Eüden zu fperren, als tyranniſch, erhob ſich mit Macht gegen die Ver: 
te am Stiftungsfefte der Republik feine Gollegen auf, für die Con- 
m Jahr IH. zu fterben, half aber Eurz darauf die Stuͤtzen derfelben, 
mereillere und Treilhard, ſtuͤrzen. Segt wuchs fein Einfluß, und 
alten die Partei bilden, welche hernach die Abfichten feines Bruders 
. Ser vor dem 18. Brumaire ward er Präfidens des Mathe. Er war 
B4, Ir die Begebenheiten dieſes Tages leitete. Da er die Gährung, 
Rarte's Eintritt in die Verſammlung verurfachte, nicht zu daͤmpfen 
derfieß er feinen Sig, legte die Zeichen feiner Würde von ſich, feste 
%&, fprengte durch die Reihen der verfammelten Truppen und foberte 
um General, den man ermorden wolle, zu retten. (S.Napoleon B.) 
K Eiepes der eigentliche Ucheber des 18. Brumaire) ward Minifter des 
is ſolcher (1799) befoͤrderte er Kuͤnſte, Wiffenfchaften und den oͤffentli⸗ 
bt. Er gründete ein zweites Prytaneum zu St.⸗Cyr und organifirte 
tn. Übrigens wollte er ernftlich eine Republik mit einer Einheit an der 
ber Napoleon das Syſtem der Militairgetwalt ducchfegte, fo entzweite 
m und ging im Dct. 1800 als Gefanbter nach Madrid, wo er durch 
v und einnehmendes Betragen ganz den König Karl IV., die Königin 
ien be la Paz gewann und den bisherigen britifchen Einfluß. auf den 
"entfernte. Auch war er bei der Errichtung des Königreichs Etrurien 
btretung Parmas an Frankreich thätig. Zulegt foll er eine Verhei⸗ 
oleons mit der Infantin Iſabelle eingeleitet haben, die Napoleon erft 
dann aber, durch Zofephines Thränen erfchlttert, verwarf. Am 
801 unterzeichnete Lucian, nebft feinem vertrauten Freunde, dem 
m, zu Babajoz ben Frieden zwifchen Spanien und Portugal und 
geheimen, dem Tractat vorangehenden Bedingung, zahlte der Prinz: 
til. Franken , welche zwifhen Spanien und Frankreich gleich getheilt 
ian erhielt davon, fagt man, 5 Mill., und die übrigen 10 Mill. 
oleons Privatlaffe. Bei feiner Zuruͤckkunft in Paris trat er in das 
März; 1802). Er unterflügte den Plan zur Errichtung einer Ehren: 


74 Bonaparte (Lucian) 


legion, deran Großoffieler er wurde, und beförberte das Concordat vom 
1801 , wodurch er ſich das Wohlmollen des Papftes erwarb, der ihm ii 
viele Beweiſe feinee Achtung gab. Das Inftitut nahm ihn am 3. Febr. 

Mitglied für die Claſſe der politifhen und moralifchen Wiffenfchafter 
kurz nachher erhieft er die Senatorie Zrier. Darauf nahm er Belle ı 
Ehzrenlegion in den Rheindepartements und in Belgien zugetheilten Guͤte 
hatte er ſich jedoch Napoleons Streben nach Alleinherrſchaft widerfegt; 
immer mehr zunehmeriden Mißhelligkeiten mit feinem Bruder. Als en 
beffeiben Jahres Luelan die ſchoͤne Witwe des Banquier Joubertou, gei 
leons Willen, der ihm die verwitw. Königin von Hetrurten jur Gemal 
fchlagen, geheirathet (feine erfle Fran mar 1802 geftorben) und Nap 
der Kaiſerkrone gegriffen hatte, twurbe die Spannung unter den beide 
fo ftark, daß Lucian, um (wie man fagt) einer Verhaftung zu entgehen, 

nach Stalien begab, die 4 Meilen von Rom gelegene Villa de Nemori f 
dott feiner Familie, den Künften und den. Wiffenfchaften lebte. Der 

ihm wiederholt den Thron von Stalien, den Thron von Spanien an, 
aber auch fets die Trennung von feiner Gattin. Bei einer Zuſammer 
Napoleon zu Mantua im Nov. 1807 fchlug ihm diefer u. And. auch d 
rathung feiner Alteften, damals 12 Jahr alten Tochter (jetzt vermählten 
Poſſedi) mit dem Prinzen von Afturien vor; Allein fie hatte den Muth 
trag auszufhlagen. Hierauf trug man dem Prinzen Ferdinand die M 
Taſcher an (die nachher die Gemahlin des Herzogs von Aremberg wurd: 
gefchieben ift); allein Ferdinand fchlug fie aus, weil er fich nur mit ! 
Gefchlecht verbinden wollte. Lucian felbft erbitterte durch feinen Wide 
Kaifer fo, daß er fih nach Nordamerika in Sicherheit begeben wollte. € 
her den englifchen Geſandten am fardinifchen Hofe, Hill, um Päffe vo: 
Megierung, und auf deſſen Verſprechen fchiffte er fich den 5. Aug. 181C 
ta⸗Vecchia mit feiner Kamilie, einem Gefolge von 35 Perfonen, und | 
weglichen Eigenthum ein. Ein Sturm nöthigte ihn, in Cagliari elı 
Aber das engl. Minifterium verweigerte die Päffe, und Lucian durfte nic 
and Land gehen. Beim Auslaufen aus bem Hafen wurde fein Schiff aı 
und H. Adair, ber ſich eben ale britifcyer Gefandter nach Conftantmopel t 
ihn, durch Hill veranlaft, nad) Malta dringen, wo Lucian dem londne 
als die einzige Abſicht feiner Reife nad) Amerika angab, dort fiher als Pı 
zu leben. Das wurde ihm aber nicht zugeftanden. Er warb Im Dec. dei 
England gebracht, doch mit Auszeichnung behandelt. Lord Powis Kb 
anfänglid) fein Schloß Stonehoufe, bei Ludlow; dann bezog er das vc 
kaufte Schloß Zomgrove bei Worcheſter, mo er unter Auflicht blieb 

englifchen Oberften zum Geſellſchafter hatte. Einige Zeit nachher wart 
lament die Frage aufgemworfen, ob Lucian Bonaparte, da er arglos engli 
zu erhalten geglaubt, als Gefangener angefehen werben dürfe? Nach ı 
Debatten ward er, da er der franz. Senatorwuͤrde noch nicht entſagt, zu 
gefangenen erklaͤrt, in feinem Verhältniß aber nichts geändert. Napolec 
(1814) gab ihm bie Freiheit, und er ging mwieder nad) Non. Noch in 8 
er fein mittelmäßiges, aber mit bern größten tupographifchen und chalkog 
Luxus verzierted, dem Papfte zugeeignetes Heldengedicht: „Charlem 
Peglise dlivree”, in 24 Gef., heraus, worin er gegen feinen Bri 
und die Bourbons erhebt. Der Papft beiehnte ihn daflıc mit dem von 2. 
Heinen Fürftenthum Canino, und dem Zitel: Principe di Canino. A 
leon 1815 von Elba aus Frankreich wieder in Befig geriontmen hatte, 

Lucian, durch feine Schweſter Pauline Borghefe bewogen, zu-ihm, 
Befehl an Murat, der Rom befegt hielt, zur Räumung des Kirchenſt 


mupie U]U KR WIS PUIRDERSUNEE FINLELEH. AUUU) AU) hiet JELE ET ſich 
Ne ringen, fondern zu ben Übrigen Pairs, weil er nur durch Ernen⸗ 
fi. Damals ſchickte die zweite Elaſſe des Nationalinſtituts, deren 
ner, eine Deputation an ihn, um ihn zu bewillkommnen. ° Bel diefer 
ach Suard, derſelbe, welcher im Febr. 1815 den von allen Mitglies 
willen angehörten Antrag gemacht hatte, Lucian aus ihrer Mitte aus- 
‚wmiler den Namen Bonaparte führe. — Acht ober zehn Tage, ehe 
æ Armee abging, wurde im Palaft de [’Elifee ein geheimer Rath ges 
tdie Prinzen Jofeph und Lucian, der Cardinal Feſch, Fouche und An⸗ 
iweren. Hier ſchiug Lucian vor: 1) man ſolle ſogieich die von Napoleon 
a keines Sohnes angebotene Abdankung annchmen; 2) man folle dem 
1Öfreich den jungen Napoleon und deſſen Mutter, Marie Louiſe, der 
Khaft zu ertheilen ſei, empfehlen; 3) Napoleon folle, der Rechtlichkeit 
khvertrauend,, fich felbft nach Wien begeben, um für die Vollziehung 
my haften. Napoleon gab feine Zuftimmung, allein am folgens 
vbbee er feinen Entſchluß. Nun verlor Lucian alle Hoffnung. Nach 
wx ba Waterloo behielt ex jedoch alle feine Befonnenheit und fuchte den 

zu beleben. Er rieth feinem Bruder, die Kammern aufzulöfen 
Üxtetoe an die Spike zu treten, um zu retten, was möglich fei. Die 
eahfteigung Ludwigs XVIII. beroog ihn, ſich nach Rom zu flüchten. 
Benreal, Graf Bubna, aber ließ ihn nach Turin auf die Citadelle brin⸗ 
tdody mit Achtung behandelt wurde. Indeß gaben ihm die Verbinder 
kErfärung: „Qu’il s’etait constamment oppose aux vues ambi- 
wu frere, et qu’en dernier lieu il ne s°ötait joint à lui qu’afin de 
i des sentimens de moderation”, unb auf die Kürfprache des Pap⸗ 
it. 1815 feine Freiheit wieder; body machte ſich der päpftfiche Stuhl 
weder ihn noch Jemand von feiner Familie aus dem Kirchenftaate zie⸗ 
m. Seitdem Iebte er in Rom, ober in der Nähe auf feinen Gütern, 
a die Ruffinelfa der Sit bes feinften Kunftgefhmads ift. 1817 vers 
a Päffe für ſich umd einen feiner Söhne nach Nordamerika, die ihm 
m Miniftern der verbündeten Mächte abgeſchlagen wurden. , Endlich 


76 Bonaparte (Ludwig) 


er ald Dichter. 1799 fchrich er einen Roman: „Exrsier. 1813 2: 
ein zweites Heldengedicht in zwölf Gelängen kazze: „La Crrueide. ea laı 
sauvco”, in weldem er die Vertreibung der Surzzuuea zus Eirt:: cum 
nos) beſingt. Bei der Aufnahme des Überſteces des Bu, Ya, ü 
Nationalinſtitut d. 18. Mai 1815, 123 Lecaz daz Irr auf ne Dre ng, 
er den griechifchen Dichter gegen feine Brkrarr a Edi zum Ne 
Werch bitte ein alter Camee mit dem Kazfı red Dezur, ira er femme bp 
aufgenommenen Mitgliede überreic:e. Darb ie Crcansn som 24: 
1816 wurde Lucian in bie Liſte der Mczien tar Ka. Asderiie nie 
aufgenommen, — Die „Memoises secrers sur la vie priree, poliziguee 
tornire de Lucien Buonaparte , Prinee de Canino. redizes sur la cerre 
dance et sup den pieces authentiques et inedites'. 22:2 1813 mb! 
1819, 2 vols., als deren Bat" Ziferie te Besckem: con Einige ge 
wird, enthalten, nad dem Unter Ba’ ter „Biogr. des contempera 
eine enge Unrichtigkeiten. Sie zerim sueit 1815 u Kia! gedtuckt, 
ſoglelch unterdrückt. Zum san Dia kin Hein unten ba Cocbuia 
lg, Vrockhaus 1819. Rz urn Dsfürt sen Dar de: untetennte Gem 
mb Bearbeiter biefer Dent z:fun 123 cruz und Prirsgeten Yucund 
teliſch beurtheilt; er hat Eet en: Lara Weih teiagt, unöhneibe Züge nide 
ſchwiegen und mand;en Setum sertagt: sub fimme das Ganze mit de 
kannten Thatſachen un? Baiiimiten üterän, (22h es immer ois ein nid 
wichtiger Beitrag sus Lazessetitze überhaust angeleben werten muf. 
nennt man Lucian 2:8 DI. rer Schi: „Napoleon devant ses contemper 
(Paris 1426,. 
Bonaparte 'Li:ei:, Grfa Exr-Leu, geb. su Ajaccio d. 2, 1 
4776, Napciesns dreiiee Breuer, fm jung nach Frenkreich, wählte die 
taltiſche Lauftahn, un: würde in ber Artiseriefchuie au Chalens unterrichtet 
er antirepubsitaniide Gzumtrige eintez. Er begleitete ſeinen Bruder nah I 
und Uygpten, eine ih ick zussuseihnen. Aus Ageyten kam er, mit 2 
ſchen an 2:5 Zirecczium, 8. 14. M::; 1799 surüd. Badd nach dem 18. | 
maite (hide iin Nzs:acn ach Berlin, we er ein Jshr sang fehr üppig 
Duraufnzc er ua Brigategeneta erbeben und 1802 mit der Stieftechter 
poleons, Hsrzen’iz Beaubarneis, vermäkit. Cine frühere Liebe, die fein 
ber gerfiicte, za: 2a aite Uricche feines ſputern Miſerbaͤltniſſes mit feine 
mahlin Hıremfiz, äne Eie, tie er ſelbſt mal assorti et sans inelinasion 
pruyuenmar. Sram Beijte trüdte ſich dadurch eine tiefe Traurigkeit, J 
Infigeeit un: va Verrtzdnen leinır Stiche auf, die unheilbar warm. Als 9 
leun wie 83. rzäz2e anzenzmmen, erbeb er feinen Bruder Ludwig zum Conn 
un Beme:z:riianter Gatabiniets, darauf 1805 zum Generalgouverneus 
inant Eie,mRzinkiäleie aber verlieh Ludwig bald wieder Turin. Als hi 
tie karıı er Gesisericnaie Schimmeipennint wegen Erblindung feine @ 
yussch,sa mic, benugte Napoleon die Öelegenbeit, um feinen Bruber, ı 
Wire. ,en ua: sem Bi en ber Nation entgegen, berieiben d. 6. Jun. 1806 
Kinzr fwmirinzen. Luoreig weigerte ſich, die bollaͤndiſche Koͤnigskrone a 
neimer , ı: "Ss: feine Kraͤnklichkeit und bie feuchte Luft Hollands vor; a 
zen an iim, er mälfe als Unterthban geberchen, und quil valait m 
muurir eni, que de vivre prince. Dazu famen nech andre Gründe, die ! 
gi, ze mrien, Sie Krone anzunehmen; dech konnte und follte er durchaus n 
mir 1 2a fangen Statthalter fein. Es wer alſo guemüthige Schw 
wsans: nn Nigtichleit glaubte, dort aid wirficher König herrſchen zu koͤn 
1j2.5 wien iem frei, die frübern, darauf Bezug habenden Verhandlu 
yirm zızaten werten. Ludwig wollte in der That als König ganz Hold 


a1 wewwun vongesunuysog Auıwsrgmsn yuyuan von rrpssgenn wir jugsomnen 
Nitique Srankreiche, Inwiefern auch Holland fie vollziehen follte. Mit 
ee die ſpaniſche Königekröne aus, die ihm Napoleon andat. Bei 
Gelegenheit erklaͤrte er freimtithig: „qu’en acceptantletröne de Ho⸗ 
“ait fait Hollandais”. Die von Frankreich gebotenen Ruͤſtungen auf 
Wie ffrengen Verfuͤgungen gegen ben britiſchen Handel auf ber andern 
kn die Wiederherftellung des holländifchen Staatbvermoͤgens unmög« 
wel mußte Ludwig. Holland gegen einen allgemeinen Bankerott zw 
Bitten unter ben beingenbften Händeln ber auswärtigen Angelegenhels 
he Abfaflung eines neuen Griminal» und eine Civlicober vollendet. 
ün gleichförmiges, dem framzoͤſiſchen nachgebildetes Map» und Gen: 
m Stande. — Perfönlicy zeigte ber König Maͤßigung, Beſcheiden⸗ 
u Renſchenliebe, 3. B. beider Pulvererplofion in Leiden, bei den 
mengen im Winter 1808, und bei Beleidigungen, bie ihm tiber» 
efitnlichleit. Aber Feine Klugheit vermochte Holland feinem Schiele 
Ba. Als Ludwig fortfuhr, das Eontinentalfgftem in Holland nicht 
windziehen, und fein Volk gegen bie immer wachſenden Anmaßun⸗ 
Deens Eräftig vertrat, fo zerfiel ex daruͤber ganz mit diefem, wurde 
anketen, und es gelang ihm nur mit geoßen Aufopferungen, die Kurt 
Andiihyen Staats zu retten. Indeſſen war bies von kurzer Dauet. 
9, daß ein franz. Armeecorps unter Dubinot in Anmarfch fet, um 
md die Kuͤſten zu befegen, legte er die Regierung d. 1. Zul. 1810 nies 
m Berfaffung gemäß, feine abweſende Gemahlin zur Regentin im 
$unmündigen Sohnes ein, den ber Kaifer, ohne des Vaters Bor« 
3. März 1809 zum Großherzog von Berg und Kleve ernannt, ſich 
a die Vormundſchaft vorbehalten hatte, verließ, von zwei Vertraus 
Holland, und begab ſich unter dem Namen eines Grafen von St.Leu 
ach Graͤt, wo er ben Wiſſenſchaften lebte und einen mittelmäßigen 
b. Ludwig hatte fid in Holland nicht bereichert. Die Einkünfte dee 
Monat Juni ließ er feinem Sohne zuruͤck. Auch verbat er, ald Hols 


ch einverleibt war, jebe Apanage für ſich, die Königin und feine Kin⸗ 
Fhtinh ar feiner MMamahlin feine Mafisımn m Dr -Ran hei Marik 


80 Bondt 


und päpftt. Legat auf der Kirchenverfammlung zu Lyon, wo er ben 14. Juli 
an den Kolgen feiner ascetifchen Strenge, in einem Alter von 53 I. flarb u 
glänzendfte Leihenbegängniß erhielt, dem der Papft, Carbinäle und Köni 
wohnten. Wegen feines von Jugend auf reinen Wandels und einiger ihn 
fchriebenen Wunderthaten genoß er während feined Lebens vorzügliche Wert 
Papft Sirtus IV. verfegte ihn 1482 unter die Heiligen und Sirtus V. zaͤh 
1587 den größten Kicchenlehrern als den fechöten im Range bei. Die & 
heit bee Gedanken in f. Schriften und feine Würde als General des feraphifch 
dens verfchaffte ihm den Titel Doctor Seraphicus. Die Franciscaner ſtel 
als ihren größten Gelehrten dem fchotaftifhen Helden der Dominicaner, 2 
von Aquino, entgegen. Lyon, bas feine Gebeine befigt, wählte ihn zum 
patron. Ein großer Theil f. zahlreichen Schriften ift der Ehre und Veredlunj 
Ordens gewidmet. Auch als Veförberer des Mariendienftes, als Apoloy 
GCslibats, der Transfubftantiation, der Communion unter einer Geftalt u 
derer Erfindungen bed Mittelalter diente er der römifchen Kirche, deren 
und Gebräuche er mit großem Aufwand von philofophifchen Beweiſen in 
Commentar über des Petrus Lombarbus „Magister Sententiarum‘ , um$ 
kleinern eregetifchen und ascetifchen Schriften zu unterftügen fuchte. Die 
twürbigften derfelben, f. „Breviloquium‘” und „Centilogquium”, find Ham 
der Dogmatil. Dunkel wird er häufig durch fein Beftreben, die Phitofopf 
ber er Ariftotelifche Bemweisarten mit neu: Platonifchen vermifcht, zur Unterfl 
des Kicchenglaubens anzumenden und durch die fromme Myſtik, die er zun 
gerung ber intelectuellen und moralifchen Standpunkte ber menfchlichen X 
tommnung gebraucht. Ihm ift die Vereinigung mit Gott das höchfte Gut. 

„Itinerarium mentis in Deum” (Reifebud) des Gemüthe zu Gott) und fen 
ductio artium in Theologiam”, ein Verſuch, die Theologie als das Zi 
Künfte und Wiffenfchaften darzuftellen, entwickeln diefe Anficht. Überha 
Myſtik das hervorftechende Element f. Schriften, und zur Begründung ber 
fchen Theologie als Wiffenfchaft hat er mehr geteiftet, als irgend einer ber 

Moftiter. Darum verliert er ſich aber auch, felbft wo er populait fchreiben ı 
wie in feiner vielgebrauchten Armenbibel („Bibl. pauperum”, eine Darſtellu 
biblifchen Geſchichte für Ungelehrte), in allegorifch «muftifche Deutungen, t 
einfachen Inhalt der Bibel entftellen. Dennoch zeichnet er fich durch Wei 
lichkeit des Vortrags, Vermeidung unnliger Spigfindigkeiten, Wärme be 
gioͤſen Gefühls und praktifche Richtung vor andern Scholaftitern aus. I 
erwaͤhnten Commentar hat er bie Eroigkeit der Welt fcharffinnig widerlegt ' 
Unſterblichkeit der Seele durch neue, noch jegt brauchbare Gründe untı 
Seine Werke erſchienen 1588 — 96 zu Rom in 7 Thin. Fol. Es find abı 
unechte Schriften darin, 3. B. der abgeſchmackte Marienpfalter. 

Bondi (Elemente), Abbate, einer der gefchägteften neuern Dichter It 
gehärtig aus Mantua, oder nach andern Nachrichten, aus Parma, war 
Orden der Jefuiten wenige Jahre vor der Aufhebung beffeiben getreten. N 
er dem Erzberzog Ferdinand, Statthalter von Mailand, und deffen Gen 
Marin Beatrice von Efte, einer Kürftin, die des von Arioſto und Taſſo u 
ich gemachten Namens volllommen mwürbig ift, befannt und Lehrer der . 
derſelben geworden mar, trat er, unterflügt durch feine Gönner, nad) und n 
Inriicher, befchreibender, fatnrifcher und elegifcher Dichter, auch als po 
Unerteper auf, und mußte durch feine zierlichen, leichtfließenden, harmo 
Ver’e formel, als auch durdy feinen einfach edein, weder durch bochtraben 
Sendazten noch durch geſuchte oder ungewohnte Ausdrüde und Wendunge 
Besten Seel, gebildeten Männern, befonders aber zartfühlenden Frauen 
Wen, Seren Bickiinzejchriftfteller er in Italien geworben iſt. Wir befigen 


Bondy Bönhafe 81 


he Poeſien in einer ſchoͤnen Prachtausgabe (1808, 3 Bde., bei Degen 
tie der Erzherzogin Marie Beatrice von Efte zugeignet iſt. Der 1.2. 
ängern Gedichte: „La conversazione”, „La felicitä”, „Il governo 
‚La moda” und „La giornata villereccia‘’:; der 2. enthält Sonette, 
‚sgien, Ganzonen, Cantaten und andre Heine Gedichte; fo auch der 3., 
Ikerfegung des Virgil'ſchen Landbaues ſchließt. 
dy CTaillepied, Graf de), geb. zu Paris 1766 in einer alten Familie, 
h Finanzaͤmter und Kenntniſſe einen Namen erworben hatte. Die 
erlaubte dem Juͤnglinge nicht, hierin dem Beiſpiel ber Ahnen zu fol- 
viren feine Sinanzeenntniffe Beranlaffung, bag er 1792 Director der 
arte wurde. Nach dem 10. Aug. d. J. gab er feinen Abſchied und zog 
Mendung, welche die Regierung feines Vaterland: nahm, von allen 
en zuruͤck. Bondy wurde fpäter dem Vicekönig Eugen befannt, auf 
niefung ihn Napolcon 1805 zum Kammerheren ernannte. Cr war 
siner feiner Reifebegleiter, 3. B. auf dem Feldzuge nach Sſtreich 1809. 
enmnte ihn im folg. Jahre zum Requetenmeiſter und zum Prüfecten 
Amörtements. Hier machte er ſichs zur Regel, die ſtrengen Verfuͤgun⸗ 
nligen Negierung zu mildern und bie Öffentlichen Arbeiten in feinem 
Kam, Er beſtimmte den Kaiſer, beträchtliche Summen zur Ausfuͤl⸗ 
npfes Perrache zu beteilligen, wodurch ein großes Quartier von Lron 
wre, und bemühte fich, dieſer Durch die Revolution fo ungluͤcklich ge: 
Etadt ihren Handel und die alte Induſtrie wieder zu verfchaffen. Bel 
dmangel 1812 forgte er, daß keine Noth im diefer großen Stadt ent: 
310 war er es, ber Lyon, als die Alflirten dahin vordrangen, moͤglichſt 
n Fankreichs Feinde hielt; er folgte aber der Armee nad) Valence, als 
iden bahin zurüdziehen mußte. Aufden Wunfch der Lyoner fegte die 
zin nach Napoleons Abdankung wieder in den vorläufigen Beſitz die⸗ 
2, wofelbft er fic) durch Verminderung der Anfoderungen der Alliirten 
neue Liebe erwarb. Ex Eehrte indeß bald in den Privatſtand zuruͤck, 
Fon 1815 zum Präfecten der Seine mit einer Stimme im Staats: 
ı. Hier zeigte er Napoleon gegentiber, im Staatsrathe felbit, bie 
zit eines conftitutionellen Regierungsſyſtems. Am 3. Suli 1815 
der drei Megierungstommiffarien, die mit den vordringenden Feldherren 
ı bie Übergabeconvention abfchloffen. Er trat daher nebft dem Mar: 
ut und dem General Guilleminet fuͤr den Marſchall Ney als Zeuge 
: fie die Generalamneftie der Übergabeconvention für ibn geltend zu 
bemüheten. Das Depart. de ’IIndre rief ihn 1816 und 1818 in die 
mmmer. Hier fprad) er über das Recrutirungsgeſetz und über die Prof: 
jeifte der linken Seite, der er angehört, und gegen die Abändrrungen 
417 
er (Ulrich), der aͤlteſte deutfche Fabeldichter, war Predigermönd zu 
reiten Hälfte des 14. Jahrh. Er ſteht an der Neige des Zeitalters des 
gis und der Ritterpoefte, und hat eine Kabelfammlung unter dem Zi: 
teiftein‘ hinterlaffen, welche ſich durch reine Sprache und maleriſch 
eitere Darftellung auszeichnet. Nachdem ſchon Bodmer und Eichen: 
abeln herausgegeben, hat Benede in Göttingen eine muflerhafte 
des Textes mit Wörterbuch geliefert (Berlin 1516). 
yafe, ein Pfufcher in jedem Fache des bürgerlichen Gewerbes, vor: 
Mikzergeihäft. (S. Senſal.) In diefer Bedeutung kommt diefes 
in Schriften des 17. Jahrh. vor. Seine Ableitung iſt ungewiß; 
dan altdeutſchen Worte Bun oder Boͤhne, welches Boden heißt, wenn 
rt, daß Pfufcher, befonders im Schneiderhandwerke, in dem ober 
Sicdente Aufl. 3b. Il, 


ı2 Bonifaz (der Heilige) 


== Zend Haufes, aufdem Beben, ihre Werkftätte auffchlugen, u 
oma Drim, ſich dort verbargen. 
2 :2.”33 der Heilige), Deutſchlands Apoftel, der zuerfl unter d 
zn: &:Zenebum predigte und Bildung verbreitete. Geb. in Exy 
=. : minder Taufe den Nimen Winfid befommen. Nacht 
2 22 Koffer von Epcefter gewefen, trat er in das Kloſter von M 
zmr3, Gehichte und Theologie lehrte. In feinem 30. Jahre ag 
.ermmite Ein großer Theil von Europa war damals von 
mim; son England gingen die Bekehrer aus: nad) Deutf 
2227 ænien Emmeran (ft. * in Baiern, Kilian (f. 59); 


u 
























=. in u Friesland Siwidvert. 716 faßte Bonifaz den. Plan, 
— =zse den Ftieſen zu predigen, aber ber zwiſchen Karl Martel 


= im Wi ‚ und er kehrte von Utrecht nach England in fein 
Fern 2 Abte er nad) Winbert's Tode ermählt ward. Da er ſich 
2. die Unglaͤubigen zu bekehren, ließ er einen Andern an fo 
E 2 Segab fit) 718 nad Rom, wo Gregor II. ihm Vol 
Deutſchlands das Evangelium zu prebigen. Bonifaz fing 
> Bilern an, war 3 Jahre in Kriesland und dDurdape 


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* z m, sulenthalben die Einwohner taufend und ihre Goͤten 
3.222 zreent. 723 viefihn Gregor IL nah Rom, erhob ihn am 


= mmiung von Kanons, die ihm zur Richtfchnur bieagl 
ch Briefe Karl Martell und allen Fürften und Bi 
= —— Geſchaͤfte zu unterſtuͤtzen. Damals vertauſchte 9 
7 ir min tem Namen Bonifaz. Nach feiner Ruͤckkehr 724 38 
Ezzınttände der Verehrung, 3. B. die dem Thor get AR 
. zu: ige Kirchen und Kloͤſter, ließ von England Prickite 
2:—m Emmen und vertheilte fie ald Gehülfen in Thüringen, 
"32 2: cite Gregor ILL. ihm das Palium, und ensunake: 
* zen ganz Deutſchland, mit der Vollmatt, all 
23:5 Faiten würde, Bisthümer zu errichten. TS WW 
* — Rom, und ward vom Papſte zum Legaun 
=>" emannt. In ganz Baiern gab ed nur bad DU 
—* ee noch die biſchoͤfl. Sitze zu Freiſingen und Sa 
sie er das Bisthum zu Erfurt, für Heffen zu 
= Piderborn verlegt wurde; für Franken zu 
dt. 739 ftellte er den vom heil. Rupertus in 
=. richteten biſchoͤfl. Sig zu Salzburg wieber 
Flaer, Zacharias, beftätigten diefe Einrichtungen 
> Karlmann’d Entfagung weihte Bonifaz deſſen 
Koͤnig der Franken in Soiffons, ftand ber dert 
== sen Pipin zum Bifchof von Mainz ernannt. 
en: erfammlungen, fiftete die berühmte Abtei 5 
* ::°3 neue apoſtoliſche Reiſen zu Belehrung der U 
-:= - 2:2 Dedum, 6 Stunden von Leeumarden in Well 
2*7 7:22 Zite batte auffchlagen laffen, 755 in feinem heil 
- Es = Bzsaren überfallen und nebſt feinen Begleitern « 
2,0. 7 Fern Sein keihnam ward nad) Utrecht, dann na 


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- - u. oo 


= Fizımircht Man zeigt in der dortigen Abtei eine vor 


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2*: ⁊ Fornzelien und ein mit feinem Blute gefärbt 
-- 2.27. Th erfke chriſtliche Kirche im nördlichen Deutfchlar 


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zutſamem Wifer an der Erweiterung feiner Weadjt, verlor aber 
onung bes griech. Kaiſers Theodoſius IL, deren Zuruͤcknahme nicht 
‚ 421 die Eicchliche Herrſchaft in Oſtillyrien und ſtarb ſchon den 
Seine Regierung ift durch Thatfachen merkwürdig, weiche bie 
jigteit des roͤmiſchen Bisthums von den weltlichen Landesherren 
., vom 21. Sept. 530 bis 16. Oct. 531, kam durch den baldi⸗ 
Begenpapftes, Dioscurus, zur alleinigen Regierung. Auch er 
therrſchaft des weltlichen Regenten bei einer Synode ju Rom 531, 
veranftaltete Wahl feines Nachfolgers für ungültig erftärt wurde, 
nig an, durch dieſes Unternehmen bie Majeftät verlegt zu haben. — 
n19. Febr. bis 10. Nov. 607. — IV., vom 25. Aug. 608 bie 
me etwas Merkwuͤrdiges zu thun, außer daß er das Pantheon zu 
sche der heil. Maria weihte. (S. Pantheon.) — V., ein Nea⸗ 
19 — 625, beflätigte das Recht ber Freiftätten in den Kitchen 
nals noch neuen englifchen Kirchen an feinen Stuhl zu feffeln. — 
nur 15 Tage. — VII, ein widerrechtlich eingedrungener Papft, 
14 einen Monat, floh dann mit den Schägen bes Vaticans nad) 
zig im März 984 aufs neue bie paͤpſtliche Gewalt an ſich, indem 
Papft Johann XIV. einkerkern und umkommen ließ, ſtarb aber 
n, 985. — VIIL(f.d.) — IX., Peter Tomacelli aus Neapel, 
„Giemens VII. in Avignon refibitte, zu Rom 1389 Nachfolger 
war ein gebilbeter Weltmann von ſchoͤner Geftalt und einnehs 
n, doch kein Theolog und ber kirchlichen Geſchaͤfte und Gefege fo 
t oft verkehrte Refolutionen ertheilte und den Ärgften Beſchaͤmun⸗ 
ı Beiftand einiger erfahrenen Cardinaͤle entgehen konnte. Defto 
in den Handel mit geiftlichen Ämtern und Pfruͤnden, worin er 
inverſc m Wuchers organificte und namentlich die Abgabe 
2 fo einrichtete, wie fie nachher von ben Paͤpſten gefobert worden 
ſſelbe Amt, ober aud) nur die Anwartfchaft darauf, verkaufte er 


Zager:: VII. 


2 m xen damaligen polftifchen Haͤr 
.. 22 arm ungen Ladislaus zur Krone v 
= Stone in Mailand entgegen. Doch 
“= rer muiee, um fi) gegen Ludwig von A 
nee riäirud, zu ſchuͤtzen, einen großen T 
Sm ser Lebn geben, z. B. Ferrara an das S 
or. eien cnebe, als feine Vorgänger. Zweimal 
. „rutieszt® Banderii) vertrieben, 1391 und 1394, x 
2 Arne Nömer fehr einträgfichen Jubeljahrs (140 
>. 0 2: I>ichaffung jener Vorficher, Gehorſam gı 
‚nee Zente und Überdies Geld zur Reife von Affifr, 
Rom mitten. Seitdem beherrfchte er Rom als unun 
„es VBelk durch feine Feſtungen im Zaum. Zum allein! 
ae Xn⁊c er wegen ber Fortdauer des großen Schisma nicht 
. es sll au Avignon 1394 geflorben war, wählte man dafel 
vr And dieſer neue Gegenpapft wollte ebenfo wenig als fein $ 
. setinez des Kirchenfriedens abdanken. Bonifaz IX. fah daher 
> rom zesefntipften Unterhandlumgen fcheitern und blieb, wie feir 
ne die Archliche Gerichtsbarkeit über Italien, Deutfchland, m 
Se s ANsseng den Kaiſer Ruprecht von der Pfalz unterftägte, Unge 
„dar NSenordifchen Reiche befchräntt. Aus Ärger Uber ben ihm vor 
se Benedict XIII. mit Recht gemachten Vorwurf der Simonie ftı 
. Dir 1404. Der ihm zugefprochene, fuͤr einen bejahrten Papſt freili 
oe: damals aber doch feltene, Ruhm beftändiget Keufchheit kann die 
a Gewinnſucht und niedrigen Raͤnke nicht tiigen. 
KRonifaz VII. Genedict Cajetan), zum Papſt erwaͤhlt den 25. © 
2. au Anagni, ſtammte aus einer urſpruͤnglich cataloniſchen Familie. 
ne ſorgfaͤltige Erziehung, ſtudirte die Rechtsgelehrſamkeit, ward Capi 
Paris und Lyon, dann Eonfiftorialabvocat und paͤpſtlicher Protonotar 
Nachdem Martin IV. ihn (1251) zum Cardinal erhoben, ging er als Le 
Sicilien und Portugal, und ward mit Unterhanbfungen bei mehren Fuͤrſte 
tragt, beſonders vertraute man ihm bie Beitegung ber Streitigkeiten zwiſ 
Koͤnig von Sicillen und Alfons von Aragonien, zwiſtchen Philipp dem 
und Eduard I. von England an. Nachdem Edteftin V. auf Bonifagens B 
paͤpſtliche Würde (1294) zu Neapel niedergelegt hatte, warb dieſer zuı 
gewaͤhlt. Ex fand Widerſprüche von Seiten der Cardinaͤle aus der Famifie 
und richte fich dadurch, daB er fie in den Bann that. Seine Einfüpr 
prachtvoll. Die Könige von Ungarn und Sicilien hielten den Zuͤgel ſeines 
als er ſich nach dem Lateran begab; ſie bedienten ihn bei der Tafel, die Kr 
den Hfuptern. Indeß war Bonifaz in den erſten Verſuchen ſeiner Gen 
gluͤcklich. Man verweigerte ihm die Lehnshetrrlichkeit über Sicilien, und 
nes Bannſtrahls wurde Friedrich u. als König in Sicitien getönt. Ebe 
nig gelang ihm der Verſuch, Schiedsrichter zwiſchen England und Fran 
werden. ine Menge Bullen, die er deßhalb an den König Philipp den 
von Frankreich erließ, wurden nicht beachtet, und eben fo wenig der Ba 
er auf ber Kicchenverfammlung zu Rom (1302) wider ihn ausſprach. J 
Ständen und der Geiſtlichkeit Frankreichs unterſtuͤtzt, vertheidigte Phili 
könial. Rechte gegen die Eingriffe des Papſtes. Man beſchuldigte diefen t 
peljungigkeit, ber Simonie, des Eindraͤngens in ſein Amt, der Ketzer 
—586 und faßte den Beſchluß, daß er auf einer allgemeinen Kirchenv 
zung zu Enon gerichtet werden folfe und abgeſetzt werden koͤnne, indem die 
an ben Eünftigen Papft appellitte. Philipp ging neh weiter. Er ſchickte 


Bonn (Andreas) Bonn (Univerfitat) 85 


tüen, um fich der Perfon bes Papftes zu bemächtigen und ihn nach Lyon 
a. Rogaret verband ſich zu biefem Zweck mit Sciarra Colonna, der, ſo⸗ 
ganze Familie, von Bonifaz unterdruͤckt worden und daher ein heftiger 
deffeiben war. Bonifaz hatte ſich nad) Anagni geflüchtet. Hier überfie- 
Resaret und Colonna. Bonifaz zeigte Muth. „Da id) verrathen bin”, 
', „wie Jeſus Chriftus verrathen ward, fo will ich menigftens als Papft 
® Ex lieg ſich mit dem Mantel und der Tiara befleiden, nahm die Schlüf: 
ah Kreuz in die Hand, und feste ſich auf den päpftlichen Stuhl. Aber man 
He heiligen Zeichen fo roenig als feiner Thraͤnen, und verhaftete ihn; ja, Co: 
ef ſich bis zu perfönlichen Mißhandlungen. Zwei Tage blieb Bonifaz in . 
gaufamen Lage; da griffen die Anagnaner zu den Waffen und befreiten ihn. 
ijüej fih nad) Rom bringen, wo er einen Monat nachher (1303) farb. Aus 
', wergiftet zu werden, hatte er während feiner Befangenfchaft nicht die ge: 
NRehrung genoffen, und füh dadurch ein Fieber zugezogen, das ihn hin- 
. Ran kann Bonifaz Kühnheit in den Anfichten und Beharrlichkeit in den 
Mile nicht abſprechen; aber diefe Eigenfchaften wurden burch Ehrgeiz und 
be, Rachſucht und Eriechende Gefchmeidigkeit befledt. Dante weift ihm, 
um Simoniſten, einen Platz in der Hölle zwifchen Nikolaus UI. und Cle⸗ 
J.a. Bonifaz fliftete 1300 das Secularjubildum, und bereicherte dabet, 
Yale Ertheilung des Ablaffes, feine Caſſe. Ihm gebührt übrigens ber 
nanze für feine Zeiten fehr gebildeten Mannes. | 

Bonn (Andreas), Anatom, geb. zu Amfterdam 1738, der Sohn eines 
Kiss, ſtudirte und promoviste zu Leiden. Als Inauguraldiffertation ſchrieb 
Ein pwei berühmten Arzten, Bichat und Wrisherg, in ihren Werken bes 
Blake Monographie „De oontinuitatibus membranarum‘. Der junge 
mia imauf nad) Paris, um die dortigen Praktiker und die Heilanſtalten 
Eh ianen zu lernen. Mach reichen Erfahrungen. feiner Vorbereitungspe- 
won =1771 in Amſterdam als Arzt auf und hielt Worlefungen. Auf eigne 
Bußfadie drei eriten Defte des „Thesaurus Hovianus ossium morboso- 
inhupfer ftechen. Sein langes Leben — er ſtarb 1818 — mar ganz der 
Se Venſchheit und der Bildung gefchickter Arzte und Wunddrzte gewidmet. 
Bedkcher der Monnikhof ſchen Stiftung zur Erforfhung der beſten Heilme⸗ 
m für bie verſchiedenen Brliche hat er fich ebenfalls große Verdienſte erworben. 
BZenn, Kreisſt. im preuß. Regierungsbezirk Köln, früher bie Reſidenz des 
In Käln, am linken Rheinufer, mit 1109 Häuf. (4 kathol. und feit 1817 
wi. Kirche), 10,600 Einw., worunter 200 Juden, welche in einer befon- 
Ma wohnen. Bonn war ehemals befeftigt, die Werke wurden 1717 
KR &6 befindet ſich hier ein Oberbergamt. Das Lyseum entſtand 1802 aus 
M arichteten und 1786 zur Univerfität erklärten Akademie. (Über die neu 
WUniverf. f.d. folg. A.) Die Fabriken find nicht bedeutend. Der Hans 
m großen Theile in den Händen der Juden. Nach dem fchönen Luftfchloß 
Babe bei dem Dorfe Poppelsborf führt eine 1200 Schritt lange vierfache 


Bonn, Rhein-Univerſität, deren Stiftungsurtunde am 18. Oct. 
u Kuchen von dem Könige von Preußen vollzogen und die mit einem Eins 
aron 80,000 Thlr. jährlich (bavon 16,000 für ben botanifchen Garten) 
we. Das ehemalige kurfuͤrſti. Reſidenzſchloß, der Univerfitdt gefchentt 
it großen Koſten neu eingerichtet, dürfte an Ausdehnung und Schönheit 
am Univerfitätögebäube in Europa übertroffen werben. Es enthält ſaͤmmt⸗ 
Biroruen, eine Bibliothet von mehr ald 50,000 Bänden, ein akadewiſches 
ander Alterthümer, eine Sammlung der vorzüglichften alten Bilvwerte in 
diſſen, ein phpffkalifhes Cabinet, tliniſche Anſtalten von feltener Groͤhe 


86 Bonnay Bonnet (Charles) 


und ausgezeichneter Einrichtung , und foll noch ein katholiſches Seminarium 
Gonvictorium erhalten. Die Anftalt für Geburtshuͤlfe wird in ein beſonder 
cal verlegt werden. Die Malerarbeiten in der Meinen Aula (u. a. das groß 
gorifche Gemälde: die chriftliche Kicche) werden von einigen Schülern bes 
Cornelins fortgefegt. Der koͤnigl. Freigebigkeit verdankt die Univerfität ch 
ein anatomifches Zheater, eine neue Reitfchule im Erbgefchoffe unter der 
thek, und das neu hergeftellte ehemalige Luftfchloß in Poppelsborf, 10 
ten vor der Stabt, welches die zoologifchen und mineralogifehen Sa 
hält und vor dem ſich der botanifche Garten anmuthig ausbreitet. Daran fi 
ſich die dem oͤkenomiſchen Inſtitute beftimmten Gebäude und Länbereien. 
Sternwarte ift der alte Zoll, ein in Deutfchland berühmter Ausſichtspunkt, — 












Endlich hat der König eine Sanskritdruckerei unter A. W. v. Schlegel’# 
anlegen laffen. Unter beffeiben Gelehrten Verwaltung fleht auch das durch 
grabungen fehr angewachfene Mufeum deutfcher und römifcher Alterthümer, 
ein in 5 Facultäten wirkfames Lehrerperfonal von mehr als 50 Profeffer 
Docenten, ſowie über bie Ausbildung der einzelnen Inſtitute, gibt das, 
der preuß. NRhein- Univerficdt”, Bonn, 4 Hefte, Auskunft. Wie für i 
duͤrfniß und die Aufmunterung der Stubirenden durch Stipendien, 
Preisaufgaben im Allgemeinen geforgt ift, fo ift eine befondere Au 
und freigebige Vorforge ben zur Ausbildung kuͤnftiger Lehrer und Gelehrn 
fimmten Übungsanftalten und Pflanzfchulen gewibmet. Das evangelifhsl 
giſche Seminarium, von den Profefforen Augufti, Lüde, Gieſeler, das 
liſch⸗ theologifche, von dem Profeffor Gras geleitet, und das philologifche 
narium, unter Leitung ber Nrofefforen Heinrich und Naͤke, blühen und be 
Fruͤchte. Außerdem find Namen, tie Hermes und Seber in ber E 
logiſchen Sacultät, Madelden, Haffe, Welder in der juriftifchen; v. 
Harleß, Naffe, Stein, Mayer in der medicinifchen, A. W. v. Schlegel, ı 
mann, Welder, v. Muͤnchow, Nees von Efenbed, Goldfuß, Dieflerweg, 
brüd, Freitag, Sturm, Nöggerath in ben verfchiedenen Zweigen ber phllof 
ſchen Sacuttät, durch fchriftftellerifche Werke hinlänglicy bekannt. Auch Nie 
bat ſich nad) Bonn begeben, um durch akadem. Vorlefungen thätig zu fein. 
Anftrengungen ber Regierung, alle Hülfsmittel des Unterrichts hier zu verfanm 
verbunden mit ben Annehmlichkeiten des Orts und Schönheiten ber Gegend 
ben ungeachtet der hohen Preife des Unterhalt den zu erwartenden Erfolg gı 
Im Winterhalbjahr 1826 zählte man in Bonn 931 Studirende, darunter 
Ausländer. 
Bonnay (Marquis de), trat als Adelsdeputirter aus ber Provinz 9 
nois in den franz. Generalftanten beim Anfang der Revolution auf. Am 14. 
1790 Leiftete er zuerft den Buͤrgereid. Er folgte dem verft. König Ludwig X 
als diefer auswanderte, und war fein Hauptrathgeber, fo lange derſelbe in 
fhau vefidiete. 1814 wurde er Pair und Gefandter in Kopenhagen unb = 
in Berlin. Heftig trat er in der Pairsfammer 1816 wider die Deputirtenko 
auf, indem er ſolche befchufdigte, das Verfahren ber Minifter in der reinen 
ziehung der Gefege aufzuhalten. Bisweilen hulbigt diefer Pate auch der $ 
kunſt, 3. B. in feiner gegen Pethion und Charles Lameth gerichteten Satyre 
prise des Annonciades”'. 
Bonnet (Charles), Naturforfcher und Philoſoph, geb. zu Genf ! 
Das Lefen des Schauplages der Natur von Pluche und der Gefchichte der In 
von Reaumur entfchieb die Neigung des Juͤnglings. Er vertaufchte das Str 
der Rechtswiffenfchaften mit der Naturgeſchichte. Durch feine erfte Abhan 
über bie Blattiäufe, worin er bewies, daB ſich diefelben ohne Begattung ve 
ren, ward er im 20. Zahre Correfpondent der At. der Bikeniin.\n Part. 


Bonnet (Advocat) Bonneval 87 


ı ee an ben Arbeiten und Entdeddungen Trembley's uͤber die Polypen 
machte anzicehmde Beobachtungen Uber das Athemholen der Raupen 
terlinge, und über den Bau des Bandwurms. Ein lebhafter Brief: 
ielen in = und ausländifchen Gelehrten und eine zu anhaltende Beharr: 
er Arbeit entzündeten feine Augen, und hinderten ihn über zwei Jahre 
n. Sein immer thätiger Geift benuste diefe Ruhe, um Über die Quelle 
ie Matur der Seele und Über die Geheimniſſe der Metaphyſik nachzu⸗ 
32 ward er Mitglied des großen Raths feiner Baterftadt, und blich 
(bis 1768. Nachdem er feinem Baterlande in der Öffentl. Verwal⸗ 
gen gebient hatte, 309 er fich auf fein Landgut Genthod, am Ufer 
ed, zuruͤck, wo er mit feiner liebenswürdigen Gattin ein eingezogencs, 
dem Umgange mit in= und ausländifchen Gelehrten und feiner ausge: 
erefpondenz gewidmetes Leben führte, bie er 1793 ſtarb. Bonnet 
ec, genauer Beobachter der Natur. Er zog religiöfe Betrachtungen 
tum der Natur und daraus nügliche Kolgen für das Leben. An felz 
gie herrfchen materialiftifche Anfichten, 3.8. die Ableitung aller Vor: 
on der Bewegung der Nervenfibern. Bon f. naturhift. und philofoph. 
Res zwei Sammlungen, die eine von 9 Quart=, die andre von 18 
Neufchatel 1779. Faſt alle find auch ine Deutfche überfegt. Die 
a find: „Traite d’insectologie”; „Recherches sur l’usage des 
les plantes“; „Considerations sur les corps organiscs”; „Con- 
de ia nature”; „Essai analytique sur les faoultes de l’ame”; 
sie philosophique” und „Essai de psychologie‘. 
net, Advocat und Bätonnier (Vorſtand) diefer Claffe von Ge: 
um in Parid. Mährend der Revolution beeiferte er fich viele Un: 
welche vor das Revolutionstribunal gefchleppt wurden, zu vertheidigen. 
Lednertalente zeigte er in feiner Vertheidigung des Generals Moreau. 
ezeit warf man ihm vor, daß er gegen die Leidenfchaften und gegen bie 
kans. Staatsanwälte, befondere feit 1815, zu nachgiebig geworben 
er fi zu fehr den Wünfchen des Generalprocureurs Bellart hingebe. 
nindeg, dag ihm durch ſolche Vorwuͤrfe zu viel gefchieht, da er befannt- 
30 Fahren Leben und Fretheit wagte, um Angefchuldigte zu retten. 
t, daß Bonnet jest ber Äußerften rechten Seite in ber Deputirtenkam⸗ 
tund dadurch feine Popularität verloren hat. 
net, in der Fortification, eine Erhöhung der Bruftwehr an den aus: 
Winkeln einer Feldſchanze, oder eines Feſtungswerks, welche den 
das Enfiliren der Front, an deren Ende fie liegt, zu hindern. Die 
fallen diefen Zweck indeffen nur zum Theil und haben, wenigſtens bei 
den Nachtheil, daß bie zu ihrer Vertheidigung beftimmte Mannſchaft 
agleich nöthigen Erhöhung des Banquet (f.d.) dem Flankenfeuer 
est ift: ein Übetftand, der bei Seftungewerlen, bie, wenn fie richtig 
‚ nie von der Rüdenfeite aus in die Flanke genommen werden können, 
32. 


gfaͤllt. 

reval (Claudius Alexander, Graf von), oder Ahmet Paſcha, 
igeſehenen franz. Familie, geb. 1672 zu Couffac i im £imoufin, fam 
e zur adeligen Leibgarde bes Königs, zeigte aber einen ausſchweifenden 
nlichen Vergnügungen. Sm Kriege lernte man ihn als einen talent: 
luͤcklichen Parteigänger kennen; Jeder folgte Ihm gern, wenn er einen 
ternahm ; beſonders genoß er der Achtung bes Marfchalls von Luxem⸗ 
dem ryswicker Frieden uͤberließ er ſich einem zuͤgelloſen Leben , ſprach 
Hof und Religion, und machte ſich viele Feinde. Beim Ausbruch 
bfoigefrieged 17OL erhielt er bie Etlaubniß, ein Regiment anıumer: 


88 Bonneval 


ben, mit dem er ald Oberſter nach Italien ging, und ſich jegt rieder durch Tey 
keit, aber auch Durch Ausfchtweifungen auszeichnete. Wegen der aus Geldag 
von ihm ver&bten Erprefjungen fchlug ihm der franz. Kriegsminiſter weitere Be 
derung ab; er brach baher in die heftigften Außerungen gegen ben Fl: 









Maintenon aus, und foderte, ald er einem Verhaftsbefehle durch ſchleunige 
entgangen war, feinen Abſchied. Er lebte an mehren deutſchen Höfen. 
Fuͤrſprache des kaiſerl. Gefchäftsträgerd Tunetti in Rom und deffen Goͤnnc 
berühmten Prinzen Eugen, ward er 1706 ald Generalmajor angeftellt, » 
unter Eugen gegen fein Vaterland, unb drang 1708 in den Kirchenftaats 
Bei dem 1714 zu Raſtadt abgefchloffenen Frieden ward durch Eugens 
lung der gegen Bonneval, als Hochverräther, verhängte Prozeß nie 
und ihm die Ruͤckgabe feiner Güter bewilligt; doch Eonnte er diefelben, dafel 
Bruder jegt befaß, trog eines langen Proceffes, nicht zuruͤckerhalten. Fürld 
1716 ausgebrochenen Kriege zwifchen Oſtreich und den Türken kaͤmpfte Dr 
val, kurz zuvor zum Felbmarfchalllieut. der Infanterie ernannt, in der für fg 
glerreihen Schlacht bei Peterwarbein (d. Aug. 1716) mit großer Tapferkeit, gl 
nachdem er auch an der Eroberung von Temeswar Theil genommen hatte, 
rend fein Regiment die Minterquartiere bezog, nad) Wien, und fobald 
Wunden erlaubten, nach Paris, wo er mit vieler Achtung aufgenommen 
Nach Abſchluß des Friedens von Paſſarowitz (21. Zul. 1718) erhielt 
die Stelle eines Hofkriegsraths in Wien; aber Leichtjinn, Sinnlichkeit, Gang 
Spöttersien und die Anmagung fid) in Eugene häusliche Angelegenheiten zwi 
fhen waren Urfache, daß diefer, um ihn zu entfernen, 1723 feine Anſtel 
als Generalfeldzeugmeifter in den Niederlanden bewirkte. Bonneval veifte y 
nach Brüffel, war aber vol Rachſucht gegen Eugen, die er dadurch du 
daß er gegen bes Prinzen Gunftling, den Marquis von Prie, Unterſtattha 
in den Niederlanden, häufige Klagen nach Wien fandte. Es gelang ihm inde 
wenig, denfelben zu flürzen, daß vielmehr der Marquis, der feinerfeits a 
nicht müßig geweſen war, den Befehl erhielt, fich feiner Perfon zu bemaͤchti 
und ihn auf die Citadelle von Antwerpen bringen zu Inffen. Bomneval warb hi 
auf angewieſen, fi in Wien zu flellen und Rechenſchaft zu geben; er ging, d 
Befehle zuwider, zuerft nach dem Bang, mo er faft einen Monat biieb und 
dem fpanifchen und franz. Gefandten in Verbindung trat. Dies hatte zur Ge 
das Bonneval, noch ehe er Wien erreichte, auf das Schloß Spielberg bei Brı 
gebracht, daß ihm der Proceß gemacht und durch den Hofkriegsrath das Leben 
gefprochen wurde, welches Urtheil der Kaifer dahin änderte, daß er ein Jahr I 
auf dem Spielberge in Verhaft blieb. Dann ward er unter ber Bedingung, 
wieder einen Zug auf deutſchen Boden zu feßen, uͤber die tiroler Grenze gebra 
er begab ſich von Venedig nach Konflantinopel. Da ihm der Ruf feiner Ti 
ſowol, als die Erzählung, wie menfchenfreundlich er einft die gefangenen Tuͤ 
behandelt habe, vorausging, nahm man ihn fehr gütig auf. Vom Großv— 
erfucht, feinen Übertrite zur mohammedanifchen Religion zu befhleunigen,, 
er dann erſt zu einer Öffentlichen Audienz bei dem Großſultan gelangen könne, 
ligte Bonneval, der ſchon jegt eine anfehnliche Summe zu feinem Unterhalt 
hielt, in eine Religionsveränderung. Er erhielt vom Mufti Rellgionsunterr 
untertoarf fich ber Beſchneidung, und empfing den Namen Achmet Paſcha; 
jäbrl. Eintommen betrug faft 12,000 Thl. Des müßigen Lebens uͤberdruͤſſig, 
warb er fich um die Stelle eines Commandanten in einer türkifchen Feſtung; «. 
ter Greßvezier hintertrieb feine Anftellung, und erſt nach deffen Tode ward E 
nesal von dem neuen Großvezier zum Befehlshaber ber Bombarbirer ernannt , 
welcher Ztelle er die Artillerie des Großſultans zu verbeffern ſuchte. Hierauf al 
beſcrantten ihn bie Eiferfucht maͤchtiger Paſchen, die Inentiteienheit des E 









Bonpland Bonftetten 89 


mmeb V. und die Abneigung ber tuͤrkiſchen Truppen gegen alle Einrich⸗ 
eutopäifchen Kriegszucht, fo nuͤtzlich er. bei feinem Haffe gegen Oftreich 
er Thaͤtigkeit dem türkifchen Reiche hätte werden koͤnnen. Indeß genoß 
ehmlichkeiten feiner Lage hinlaͤnglich, und ftarb 1747. Seine „Me- 
ih Desherbiers heraus (Paris 1806, 2 Bde). Im 2. Bd. der Des _ 
ſenova's finden ſich Mittheilungen uͤber Bonneval. 

ızland (Aime), Zögling der Arzneiſchule und bes botanifchen Gartens 
‚begleitete 1799 Alter. von Humboldt nad) Amerika, und entdedte 
Oueue Pflanzenarten. Nach f. Ruͤckkehr ward er 1804 Vorſtand des 
nRalmatfon, den er befchrieben hat Paris 1813 — 1817, 11 Lief., 
Wi). Auch war er Mitherausgeber berin Paris franz. und in Tübingen bei 
ch erſchienenen Reife in die Äquinoctiaigegenden bes neuen Gonti- 
» 1799 bis 180%; verfaßt von Aler. von Humboldt und X. Bonpland 
1818). 1818 ging er als Profeffor der Naturgeſchichte nach Buenos s 
det unternahm er den 1. Oct. 1820 eine Unterfuchungsrelfe den Parana 
as innere von Paraguay, wurde aber zu St.⸗Ana am oͤſtl. Ufer des 
me Iheepflanzungen angelegt und eine Colonie von Indianern gegruͤn⸗ 
«0 800 Soldaten des Beberrichers von Paraguay, Dr. Francia, auf 
üte von Buenoß= Ayres überfallen, die f. Pflanzungen vernichteten und 
der meiften Indianern gefangen wegfuͤhrten. Francia fchidte ihn als 
Kat in ein Hort, und beauftragte ihn mit der Anlegung.eined Handels⸗ 
Sch den legten Nachrichten von 1825 lebt Bonpland in Santa: Maria. 
Iungenichaft Hut Eeinen andern Grund als die ihm gelungene Anpflanzung 
eacthees. Alex. v. Humboldt ſchrieb feibft an ben Dr. Francia, um 
wung feined Freundes zu bewirken; er wird jeht barin durch den engl. 
2Gmning und den brit. Gefchäftstzäger in Buenos» Ayres,; Hrn. Parifh, 
I - Aus Bonpland’s Handfchrift ordnete Kunth das große Werk: 
igea et species plantarum‘, welche Bonplanb und Aler. v. Humboldt 
wi in den Tropenlaͤndern der neuen Welt gefammelt und. befchrieben 
Pen 1815 — 25, 7 Thle., Fol., m. Kpf., in 35 Liefrgn., 1240 $r.). 
sehetten (Karl von), Altlandvoigt zu Nyon, geb. zu Bern 1745, 
a einem uralten freiherrl. Gefchlechte im Canton Zuͤrich; fein Water, 
um, war bernifcher Sedelmeifter. In Merdun, dann vom 19. Jahre 
wagen, und hier duch den Umgang mit Bonnet, Stanhope, Voltaire, 
tun andern Gelehrten gebildet, ſtudirte er zu Leiden, hierauf mit Gray 
De, dann zu Paris, reifte nach Itallen (das er fpäter öfter befuchte) 
hi gehaltvollen „Briefe über ein ſchweizeriſches Hirtenland”. 1775 ward 
ſa des jounerainen Raths von Bern, und 1787 Lanbvoigt in Nyon. Hier 
ie Matthiſſon, Salis und Friederike Brun; bier arbeitete Johannes 
w ter Befchichte feines Vaterlandes. Bei der Verſammlung ber helveti- 
Achaft in Otten 1786 ſetzte er nebſt einigen feiner eidgenöffifchen Sreunde 
ü für die befte und volftändigfte Nachricht von dem ganzen Erziehungs: 
kan einen oder andern ber fchweizerifchen Sreiftaaten, und die brauchbar: 
dläge der möglichen Mittel zur Verbefferung derfeiben aus. Sowol hies 
ſNdurch mehre auf Jugendbildung hinftrebende Schriften und oͤkonomiſche 
ungen dewies er, wie ſehr e& ihm um die Aufnahme feines Vaterlandes zu 
Den Umwätzungen tn feinem Baterlande entfliehend, folgte er der Eins 
Br Freundin, Friederike Brun, nach Kopenhagen und lebte dort vom 
11798 bis zum Fruͤhlinge 1801. Bei feiner Ruͤckkehr wählte er 1302 
finem Aufenthaltsort. B. gehört zu den Charaßteren, die Dippel bie 
Würennennt, d. h. bie durch inniges Suſammenſein und Mittheilungen mit 
2 dnunben, durch Briefwechfel und Ideengemeinſchaft eine höhere Gele: 


90 Bonzaniga Bootes 


brität erhalten. Sein Sreundfchaftsbund mit Soh. v. Müller, der f. Bei 
die Gefhichte ihm zufchrieb (f. 13. B. d. Werke), welche zuerft von J 
Brun in den Drud gegeben wurden, wird fo lange im Andenken bleiben; 
großen Geſchichtſchreibers Werk unter den Deutfchen leben wird. So bi 
Name aud) in Matthiffon’8 ‚Erinnerungen‘ und Gedichten, fowie in den 
ten und Liedern feiner treuen Freundin Friederite Brun. Während f. Auf 
in Kopenhagen erfchienen v. Bonftetten’s „Kleine Schriften”, 4 Bochn., 
1801, von dem vielfeitigften Intereffe. 1802 tieß er in Zuͤrich die 
feines Forfchen® uͤber die beſten Mittel der Volkserziehung: „Über Nationaib 
2 Bde., deuden, wovon früher mehre Proben in bem durch Böttiger herai 
‚Neuen deutfchen Merkur” zur Kunde des Publicums gekommen waren 
fpätere Reife nach Italien veranlafte ihn zu intereffanten topograph. Untel 
gen über die zunehmende Verödung der Campagna yon Rom aus Mangel 
tur und der daraus fich verbreitenden ungefunden Luft: „Voyage sur ls 
du dernier livre de l’Eneide, suivi de quelques observations sur s 
moderne” (Genf 1813). Ohne in die Üibertreibungen zu verfallen be 
fpäter Koreff und andre auf grelle Effecte Hinarbeitende Reiſebeſchreiber 
verpefteten Umgebungen Roms fchuldig gemacht haben, find v. B 
auf Alterthums⸗ und Naturkunde begruͤndete, auch durch ein Ch 
vulkaniſchen Boden jener Gegenden erläuterte, Nachforfchungen über die 
Dermaltung und den vernadhläffigten Anbau der Umgegend Rome nicht! 
ladend. 1807 erfdienen ſ. zum Theil durch Muratori und Bettinelli ver 
„Recherches sur la nature et les loix de l'imaginatien“ (2 Bde.) 
Blicke über die Lebensphilofophie enthält f. Schrift: „Penaées dive 
divers objets du bien public”, Genf 1815; und f. Werke: „Etuden 
cherches sur les facultes de sentir et de penser”, 1821, 2 Bu 
„L’homme du midi et du nord” (Genf 1824) beurkunden feinen philofe 
Beobachtungsgeiſt. 

Bonzaniga (Giufeppe), koͤnigl. Bildhauer zu Turin. Durch vle 
rigen beharrlichen Fleiß erhob er die Kunſt, in Holz und Elfenbein zu ſch 
zu einem hohen Grade von Vollkommenheit, ſtiftete dafuͤr einenege Sch 
gründete eine Officin, aus welcher zahlreihe, in ganz Italien gefuchte ı 
Kunftfreunden gefchägte Werke hervorgegangen find. Er ftarb d. 18. Der 

Bonzen werden von ben Europäern bie Priefter ber im oͤſtlichen Afl 
fonders In China, Birma, Tunkin, Cochinchina und Japan verbreiteten $ 
des So genannt. Da diefe Priefter in Klöftern ehelos beifammen leben, $ 
mit den Moͤnchen der chriftlichen Kirche viel Ahnlichkeit; auch kommt das 
ihrer Hierarchie und ihres Gottesdienſtes mit dem Latholifchen in vielen | 
überein. Sie büßen und beten für bie Sünben bes Volks, das an ihrem! 
dienfte nicht Antheil nimmt und fie dafür durdy Schenkungen und Als 
Mangel fhüst. Die Bonzinnen find durchaus mit den hriftlihen N 
vergleichen, da die Religion des Fo Eeine Priefterinnen, wol aber bie Were 
frommer Sungfrauen und Witwen zu Kloftergelübden und gottesbienftliche 
gen zuläßt. Beide Arten heidnifcher Religiofen kennen gewöhnlich nur dem 
niſchen Dienft und die Gögen, ohne um die Bedeutung ihrer religiöfen € 
zu wiffen, weßhalb fie den Aberglauben, ber fie ernährt, zu erhalten ſuche 

Bootes, aud Arktophylar genannt. Die Fabel erzähle: Phi 
der Ceres und des Jaſion Sohn, habe, durch feinen Bruder Plutus alle 
beraubt, ſich gendthigt gefehen, zu neuen Erfindungen feine Zuflucht zu ı 
und den Pflug verfertigt, vor den er zwei Stire gefpannt, damit ben Ader 
und fo fich gendhrt habe. Geres habe ihn zur Belohnung dafür fammt dem 

und bem Ötiergefpanne unter dem Namen Booted an ten Himmel verfeht 


‚Viehzucht. —* Voͤlierſchaft em welche, als Blotus (ber Sohn 
nd Enkel des Amphiktyon), von dem das Land den Namen haben fol, 
ſchaft bemächtigte, den Hellenen gehorchten, bevoͤlkerten zuerft ba6 
ftanben mehre Beine Reiche, bis der Phönicier Kadmus den Haupts 
gruͤndete. Später verehrte ganz Griechenland den thebanifchen Herz 
aa) des thebaniſchen Königs Ranthus Tode die meiften Städte Boͤo⸗ 
tvon Republik bildeten, ward Theben ber Hauptort derfelben. Epa⸗ 
»d Pelopibas erhoben Theben auf kurze Zeit in die Reihe der maͤchtig⸗ 
Griechenlands. In Böotien liegen die auch in der neueften Zeit merk: 
tbenen Schlachtfeider von Platän (jegt das D. Kofla), wo Pau- 
Ltiſtides, durch den Sieg über die 300,000 Perfer bes Diardonius, 
!der griechiſchen Freiheit vollendeten, von Leuktra (jetzt d. D. Paras 
deminonbas den Anmaßungen ber herrſchſuͤchtigen Spartaner ein Ende 
Koronaͤa, wo der Spartaner Agefilaus die Thebaner fchlug, und 
ınea (jegt Kaprena), wo Philipp ben macedonifchen Thron auf den 
Ve griechiſchen Freiheit gründete. Bel Tanagra, dem Geburtsorte 
"6. d.), wuchs der befte Wein; auch zog man hier Haͤhne von vorzuͤg⸗ 
Echoͤnheit und Muth, und verforgte damit die griechiſchen Städte, 
umkamıpf leidenſchaftlich lebten. Werfeinerung und Geiftesbildung 
Korien nie ſolche Fottſchritte als in Attika. Die Voͤotier waren kräftig, 
» plump. Es fehlte ihnen der Scharfſinn und bie Lebhaftigkeit ber 
Mehre Thebaner waren jedoch wuͤrdige Schuͤler bes Sokrates, und 
that fich ebenfo fehr burdy Kenntniffe als durch Feldhernitalente herz 
3 liebten fie die Muſik und zeichneten fid darin aus. Auch hatten fie 
Dichter und Kuͤnſtler. Hefiob, Pindar, bie Dichterin Korinna und 
em Böotier. 

(Stang), geb. 1791 zu Mainz, legte in Aſchaffenburg, wohin f. 
rofe des Kur. von Mainz gefolgt waren, ben Grund zu feiner wiſſen⸗ 


han ER man nahe Minhitchmann’a reicher Meiit her ihm 


923 Bora 


furt a. M. 1816; „Srimahäbharate Nalopakhajanam. Nalas, 
critum, e Mahabharato. Edidit, latine vertit at adnot. illust. Fr 
London und Paris; und zu Berlin: „Ausführliches Lehrgebäube ber BE 
fprache” ; „Indralokagamänam , Atdſchura's Reife zu Indra's H 
andern Spifoden bes Mafabfarah in der Urfprache zum erſtenmale bei 
metrifch uͤberſ. mit Anmerk.“ N 
Borg (Katharina von), Luthers Ehegattin, war 1499 geboren, 
Geburtsort kennen wir nicht, und yon ihren Altern wiffen wir nur fo u 
SM 







Mutter, Anna, aus einer der aͤlteſten Kamilien-Deutfchlands,, der von 
(Haugewis), abflammte. Die Tochter wurde jehr jung in dem Mo 
Nimptſchen, unweit Grimma, als Nonne eingeleidet. Bald fühlte ſich Ay 
trog ihres frommen Gemüthe, in biefer Lage hoͤchſt ungluͤcklich, unb wer 
da ihre Verwandten fie nicht hörten, mit acht anbern Nonnen an Luka, 
Muf zu ihnen gedrungen war. Luther gewann einen Bürger zu Torgay, i 
men Leonhard Koppe, der, in Vereinigung mit einigen andern 
neun Nonnen aus ihrem Kloſter zu befreien unternahnı. Dies gefchah in 
vom Charfreitage auf den Ofterfonnabend, am. 4. April 1523. Er 
nad) Torgau und von da nad) Wittenberg, wo Luther für ein anftändi 
tommen fergte. Zugleich erließ diefer, um feinen Keinden zuvorzukom 
Öffentliches Sendfchreiben an Leonh. Koppe, worin er unverhohlen bef 
er die erſte Veranlaſſung zu diefer That geweſen fei,. auch Koppe zur Au 
derfetben aufgefodert habe, und zwar „tröftlicher Zuvesfiht, Chriſtus, 
fein Evangelium an den Tag gebracht und des Antichrifte Reich zerſtoͤrt 
hier Schughere fein, obs auch das Leben koſten muͤſſe.“ Herner ermahnte 
die Altern und Verwandten der neun Jungfrauen, ſie wieder zu ſich zu 
Einige derſelben wurden von wittenbergiſchen Buͤrgern in ihre Haͤuſer 
men; andre, die noch nicht zw alt waren, ſuchte Luther zu verheisache 
letztern gehörte Katharina, welche vom damaligen Birrgermeifter Phi. Heid 
ins Haus genommen wurde. Luther ließ ihr durch feinen Freund, ben willen 
Prediger Nikolaus von Amsdorf, den Doctor Kaspar Glaz u. A. antragen. 
tharina lehnte diefen Antrag ab, erklaͤrte fich aber bereit, dem Nikolaus von 
dorf, oder auch Luther feibft, ihre Hand zu reichen. Luther, ber. 1524 
Moͤnchskleidung abgelegt hatte, war zwar dem Eheſtand nicht abgeneigt, 
indeffen zu dem Entſchluſſe zu heirathen mehr durch Überlegung als aus | 
ſchaft gefommen zu fein. Überdies war er Katharina damals eben nicht ge 
weil er fie im Verdacht der Hoffart hatte. Um fo Überrafchender war feine $ 
rathung mit ihr, zu der er fich, wie er fagt, von Gott getrieben fühlte; au 
er ein frommes, getreues Weib befommen. An nachtheiligen Gerüchten 
es bei diefer Gelegenheit nicht fehlen. Dahin gehört die ganz grundloſe Sagı 
Katharina vierzehn Tage nach der Hochzeit niebergelommen fel. Nicht ı 
wurde ber häusliche Friede beider Ehegatten in Zweifel gezogen, und babei 
ders Katharinen Schuld gegeben, fie fei böfe und herrifch und müffe deßh⸗ 
von ihrem Ehemanne gezüichtigt werben. So wenig Gegruͤndetes auch Lehtere 
on fid haben mag, fo fiheint doch Luther nicht in allen Dingen mit feine 
äuftieden geweſen zu fein; denn er fpricht mit der ihm eignen Treuherzigkel 
ſowol von den Leiden als Freuden feiner Ehe. Daß er aber fich nicht ungl 
mit ihe gefühlt habe, dafür fpricht fein Teftament, in weichem ex fie, fo la 
unverheirathet bleiben würde, zur alleinigen Erbin aller feiner Habe einfegte 
fie, wie er ſich ausdruͤckt, ſtets ein frommes, treues und ehrliches Gema 
wefen fei, und ihm fuͤnf noch lebende Kinder geboren und erzogen habe. 
bie Beſchuldigung, daß fie verfchwenderifc gewefen, zeugt Luther’s Woh 
Ebenfo grunblos wird fie von Andern des SGeige& heldguiiiar. "RR nach & 












: gefunden wird. Am häufigften bildet es Meine Römer, welche mit 
find. Seine Beſtandtheile find Borarfäure, Natrum und Waffer. 
dem Borar erhäit Man, wenn man ben natuͤrlichen Borar von den 
m fcheibet umb mit einem Überfchuß von Natrum verfieht. 
h (Michael Johannes, Graf von), aus einer alten Familie, die dem 
den felbft Heermeifter gegeben hatte, geb. In Weißrußland (dena jetzi⸗ 
ment Mitepsf), war einer von den Woiwoden diefer Provinz, che 
land vereinigt wurde. Aufgeregt durch Brydone's reizende Befchreib. 
ı machte er fehr jung 1776, zu einer Zeit, two jene Infel nicht häufig 
% eine Reife dahin. Durch einen geroiffen titterlihen Sinn getrieben, 
ka bis Maita, too er fuͤt die Errichtung einer eignen polniſchen Zunge 
3 1780 die Großpriorei Oſtrog zu Stande kam, trug er durch per= 
krfreung bei, fie auszuftatten. Die von ihm auf hiefer Reife g emach⸗ 
wagen theilte er inf. noch jest fehr fchdbaren „Lettres sur Ia Sicile 
rd Malte, Ecrites en 1777" (Turin 1782, 2 Bde.) mit. Zwar 
Kräh muc als Nachteng von Brydone an, aber durch eigenthlimliche 
¶ jorſchungen, befonders durch eime barometrifche Höhenmeffring bes 
fe ferbftändigen Werth. Die fpätern Jahre brachte der gelehrte 
' Befjäftigungen mit der Literatur Troſt für Manches fand, was er 
arrtande gefchehen fah, auf feinen Gütern in Weißtußland zu. Diefer 
fie Überfegung des Oberon an („Oberon, pocme en XII chants, 
Hand, traduit en frangais par M. le Conıte de Borch”‘, Bafel 1798). 
Yıte Geſellſchaften hatten ihn zu ihrem Mitgliede gewaͤhlt. Durch 
ngebungen zuletzt vorzüglich frommen Beſchaͤftigungen hingegeben, 
Gute Warkland (in der Nähe von Diinaburg) im Dec. 1810. 19. 
‘a (Jean Charles), geb. zu Dar im Depart des Landes 1733, In— 
hher Schiffscapitain, berlihmt durch feine Entdeckungen in ber Ma- 
ihm eine Sielle in der Akademie der Wiffenfhaften, und in der 


sihorsen manfantEran ATTA machen an mit Marhemn urh Minars hie 








94 Bordeaux 


hat; ferner ein Inclinatorium zur Meſſung der Neigung der Ma 
viele andre Inſtrumente. Unter f. Schriften nennen wir f. „Reel 
resistance des fluides” ; f. „Nouvelle methode pour observer I 
pendule”; „Nouveau systeme de poids et mesures, adopte p: 
neraux” u. f.w. Die vorzüglichften find ſ. 1778 in zwei Bdn. er 
und f. „Tables trigonometriques decimales” „ welche Delambre 
hat. DB. farb zu Paris 1799. 

Bordeaur, 17° 546” 2%, 44° 50’ 14 N. B., Inder 
deloiß des ehemal. Guyenne oder Aquitanien, Handelds und Haı 
Depart. Gironde und eines Bezirk! von 777)M. und 223,863 Ei 
Ufer der Garonne (mit der neuen, 700 $. langen, von 17 Bo 
Brüde Ludwig XVIII.), 12 deutfche Meilen von der Mündung, 
9. 100,000 Einw. Die etwas alterthuͤmliche und finftere Stadt 
wovon 12 nady dem Steome und 7 nad) der umliegenden Ge: 
Vorftädte (led Chartrons und St.-Severin), ſchoͤne oͤffentliche Plaͤl 
Spaziergänge, 46 tathol. und eine proteftant. Kirche. Ausgezei 
find: die Kathedrale, das Rathhaus Lambriere, worin die alte 
Guyerme vefibirten und fpäter das Parlament feinen Sitz hatte, 
Hötel des fermes, das Theater, das Vaurhall, der von Bonapart 
Palaſt, und eine neu erfundene Mühle von 24 Gängen, welche 
Ebbe und Flut in Bewegung gefegt wird. — Bordeauxr ift mit V 
ften Thuͤrmen umgeben. Die Heinen Forts Haa und St. = Louis ı 
und das flärkere Chateau Trompette vertheidigen den Hafen, in w 
ten Kanuffahrteifchiffe ohne Schwierigkeit mit der Flut, die oft bie zı 
den Sırom herauflommen, der aber durch Verfandung etwas g 
B. hat Über 900 eigne Kauffahrteifchiffe. Im Durchſchnitt we 
Oxhoft Wein und 20,090 Orb. Sranzbranntwein ausgeführt; bi 
fuhrart ikel find Weineffig, getrocknete Früchte, geräucherte Sch 
holz, Terpenthin, Gtasflafhen, Kork, Honig u. ſ. w. Cingefüh 
lonialwaaren, englifches Zinn, Blei, Kupfer und Steinkohlen, 5 
mer: vınd Schiffbauholz, Peh, Hanf, Leder, Heringe, Poͤl 
u. ſ. w. B. hat naͤchſt Nantes den größten Antheil an dem franz 
del, eine Bank, eine Affecuranzgefellfih. u.f.w. Seine Meffen 
Oct.) find von der größten, Wichtigkeit für ganz Weſtfrankreich. 
und Stod’fifhfang nimmt die hiefige Kaufmannſchaft Antheil durd 
Bayonne, St. Jean de Luz und St.-Malo. Bordeaur ift der 
biſchofs, «ines proteftant. Confiftoriums, eines Präfecten, ber 1 
vation und des command. Generale der 11. Militairdivifion. Es f 
Gerichtshof, eine Handelskammer, ein Handelögericht, eine 144. 
verfität, eine 1712 gefliftete Akademie der Wiflenfchaften, welche 
von mehr als 55,000 3. befigt, eine 1670 geftift. und 1768 ern« 
ber bildenden Kimfte, mit einem Muſeum, ein &yceum, eine Linn: 
ein Taubſtummeninſtitut, eine Handels: und Schifffahrtsfchule ı 
den Sabrifen find die wichtigften: 14 Zudkerfiedereien, mehre Glas 
reien, Wollenmwaaren: und Spigenmanufacturen. Bordeaur ift 
bee Römer. Im 5. Jahrh. befaßen e8 die Gothen; die. Norma: 
heim mit Brand und Plünderung. Durch die Verheirathung Ele 
ter Wilhelm X., legten Herzogs von Guyenne, mit Ludwig \ 
Frankreich. Da aber diefe Fuͤrſtin 1152 von ihrem Gemahl 
unb fi) nachmals mit den Herzoge von dee Normandie vermählte, 
Thron von England beftieg, fo fiel es dieſem letztern Reiche zu. Na 
bei Poitiers führte Eduard, der ſchwarze Prinz, den gefangenen 


Bordeaur- Weine Borghefe (Familie) 95 


reich nach Borbeaur, 10 berfelbe elf Ssahre lang wohnte. Unter Karl 
a 08 1451 wieder an Frankreih. 1548 empoͤrte ſich die Stadt wegen 
ang der Salstare, und dee Gouverneur de Morems ward ermordet, wo⸗ 
Inmetable von Montmorency an den Bewohnern ſtrenge Rache nahm. 
der Revolution ward es ald Hauptſitz ber Sirondiften von den Schreckens⸗ 
a ſaſt wie Lyon und Marfeille verheert. Der Druck des Continentalfys 
den der Handel von Bordeaur unterlag, machte die Einwohner der Napo⸗ 
baßzierung abgeneigt, weßhalb fie ſich am 12. März 1814 unter allen 
zit für das Haus Bourbon erklärten. Der römifche Dichter Auſo⸗ 
mBordeaur. Montaigne und Montesquieu find ARE der Umgegend 
ii Letztere Liegt bort in der St. = Bernhardskirche begraben. 
Deaur= Weine werben nicht allein die im Bezirke der Stadt Bor⸗ 
en, fonbern überhaupt die in der Provinz Gunenne wachfenden 
wit. Die befannteften tothen find: Dlargeaur, Haut-Brion, Graz 
koignon, Pontac u. f. w.; der legtere iſt der vorzüglichfte und theuerfte. 
Rain erwähnen wir den Graves als den Eoftbarften, Blaye und Bourg, 
Ems, Sarguesu.f.f. Unter den Graves- Weinen find die gefuchteften 
⸗Brion, Merignac, Peffac, Loignon u. ſ. w. Unter den Medoc⸗ 
lemın Lafitte, Latour und Margeaur. Faft alle Borbeaur- Weine follen 
Juktang brauchen, damit fie verfahren werden Binnen. Manche müffen 
Gier liegen, bis fie die gehörige Güte befommen. Unter dem Namen 
Reine begreift man noch verfchiebene hochländifche Weine, als den 
dezerat, St.⸗Foi, Frontignac, Cahors und Muscateller von Bes 
M, Inverur führt viele verfchnittene Weine aus dem öftlichen Südfrankreich 
ef dem Canal von Languedoc nach Bordeaur gelangen. Sie machen 
Zweig des franz. Weinhandels aus; denn man rechnet, daß felbft 
Jahren über 200,000 Orhoft im Ganzen aus dem Lande gehen. 
Brrdane (Paris), ein berühmter, der venetianifchen Schule angehöriger 
HA.pTıeoigi wahrſcheinlich 1500, geft. 1570. Er gab das Studium 
auf, um unter Zizian fi zum Maler zu bilden. Die Ent- 
Iknz fies Talents machte ſchnelle Zortfchritte. Die Ausführung vieler Auf: 
Ür Fine Vaterſtadt und für Venedig verbreiteten feinen Ruhm bie nad) 
Me, mohin er vom Könige eingelaben wurde. Die dresdner und wiener 
Main briten Mehres von ihm. Sein berühmteftes Bild ift der alte Gondolier, 
am einen Ring überreicht; es ift in Öl gemalt und jeßt wieder in Ve⸗ 






















end, ber Nordwind, welcher von den Griechen als eine Gottheit, in 
winend, verehrt und mit $lügeln abgebildet wurde, die nebft den Haupt⸗ 
voll Schneefloden waren; ſtatt der Füße hat er Schlangen 
Ühe, zub mit dem Schweife, den er von feinem Kleide nachfchleppte, regte 
—R auf. Die Alten erzaͤhlten von dem Boreas, den ſie einen Sohn 
und der Aurora nennen, daß er, als Apollo und fein Liebling Hyacin⸗ 
u Eheibenmwerfen wetteiferten, auf den Apoll eiferfüchtig, deffen Wurf: 
kh zeleitet habe, daß fie den Juͤngling an das Haupt traf, wovon er todt 
Mit der Orithyia, des Erechtheus von Athen Zochter, die er geraubt, 
etz Klecparca und Chione, den Kalais und Zetes, welche Legtere dem Ar⸗ 
Bazı beiwohnten. — Borealifch, nördlich, mitternächtlic. 
arghefe, eine römifche Samilie, melde aus Siena ſtammt. In diefer 
Eeleidete fie feit ber Mitte des 15. Jahrh. die höchften Amter. Papft 
Je, der zu dieſem Geſchlechte gehörte und 1605 den päpftt. Stuhl beftieg, 
feine Verwandten mit Anfehen und Reichthum; er ernannte 1607 
Bm Francesco Borgheſe zum Anführer der Truppen, die er zur Aufs 


96 Borghefe (Bamillo) Borghefe (Marie Paul.) 


rechthaltung der päpftlichen Rechte gegen Venedig ſchickte; er verlich ba6 | 
thum Sulmone an Marco Antonio Borghefe, den Sohn feines Bruders @ 
Battifta, ficherte ihm ein Einfommen von 200,000 Thlen. zu, und 
den Zitel eines Granden von Spanien aus. Einen andern feiner Tieffen, | 
Caffarelli, erhob er zum Kardinal und ließ ihn den Namen Borgheſe all 
Don Marco Antonio Borghefe, Fürften von Sulmone, ftammt bie tea 
lie der Borghefe, welche in dem Sürften Camillo Borghefe und bel 
ber Franz, Fuͤrſten Borghefe> Aldobrandint, fortblüht. (S. auch Genli 
Borghefe(Eamillo, Phil. Ludw., Fürft), vormal. Herzog von & 
italtenifcher Prinz, Prinz von Frankreich ıc., geb. 1775 zu Rom, & 
Marco Antonio Borghefe. Als die Franzofen in SStalien eindrangen, A 
Dienfte in ihrem Heere, zeigte viel Anhänglichkeit an Frankreichs Sade, 
fondere an den General Bonaparte, kam 1803 nach Paris und heirathefl 
leons zweite Schtefter Pauline, Witwe bes General Leclerc. 1804 wardı 
Prinz und Großkreuz der Ehrenlegion, und beim Ausbruch des K 
ſtreich 1805 Escadronschef in der kaiferl. Garde. Nach Beendigung 
erhielt feine Gemahlin das Fürftenthum Guaflalla, und er warb zum 
Guaſtalla erhoben. Nachdem er den Feldzug von 1806 gegen die 
Muffen mitgemacht, und darauf nach Warſchau geſchickt worden, um | 
zu einem Aufftande vorzubereiten, ernannte ihn ber Kalfer zum Genel 
neur der Provinzen jenfeit der Alpen. Als ſolcher hielt er feinen Hofſtaat 
rin, und machte fich bei den Piemontefern beliebt. Seit Napoleons Th 
gung bob er alle Verbindung mit der Familie Bonaparte aufunb trennt‘ 
feiner Gemahlin. Der Fürft hatte der franz. Megierung für die S 
Mitt. Fr. 322 Kunſtwerke verkauft, die eine Zierde des unter dem 
Billa Borghefe (f. Rom) bekannten Palaftes feiner Vorfahren 
und unter denen mehre Kunſtwerke vom erften Range waren, 3. B. 
fifche Hechter, der Hermaphrobit, der Siten, der fterbende Seneca, Au 
Pſyche u. ſ. w. Bonaparte hatte die Kauffumme in Nationalgütern in 9 
geleiftet, weiche 1815 der König von Sardinien in Beſchlag nahm; zugleich 
der Fürft in Folge des zweiten Einruͤckens der Verbündeten einen Theil jenee 
ſchaͤtze zuruͤck. Ex lebt in Florenz, nachdem er Lucedio in Savoym 1B1E 
Min. Liores verkauft hat. Im Königreiche Neapel befigt er die Fuͤrſten 
Sulmona und Roffano. Er iſt einer der reichften italienifchen Fürften. Ih 
f. Bruder. Während f. Aufenthalts in Rom 1826 behandelte ihn Leo 2 
großer Auszeichnung, und man erwartete von ihm die Stiftung frommer A 
Borghefe (Marie Pauline, Zürftin), geb. Bonaparte, Napolechfi 
Schweſter, geb. zu Ajaccio d. 20. Oct. 1780, begab fich, als die Englänbi 
Corſica befegten, nach Marfeille, wo fie den Conventsbeputirten Sreron 
des durch Voltaire in Ruf gekommenen Kritikers) zu heirathen im Beg 
als eine andre Frau deſſen Hand in Anſpruch nahm. Die [höne Pauline fü 
den General Duphot heirathen, der fpäterhin zu Rom, im Dec. 1797, ı 
wurde; allein fie gab aus eigner Wahl ihre Hand zu Mailand dem Generäl 
der 1795 Chef des Generalftabes der Divifion zu Marfellfe geweſen mar 
in fie verliebt hatte. Als Leclerc mit der Macht eines Generalcapitaine mo 
Domingo geſchickt wurde, befahl ihr Napoleon, mit ihrem Sohn ihren 
dahin zu brgleiten. Sie ſchiffte fich im Dec. 1801. zu Breft ein, und bie 
auf den Admiralfchiffe, der Ocean, befangen die ſchoͤne Frau mit ihrem ni 
der (hönen Knaben, als die Galathea der Griechen, als die Venus mari 
der Folge ließ fie fich von Ganova in Rom in Marmor abbilden: ein dem . 
gelungenes, treued Naturbild der Göttin der Schönheit. Ste mar nicht 
mutbvoll und entſchloſſen. Denn als die Neger unter Chriftoph die Capff 














anb fic) eben in Nizza; allein fogleich handelte fie ganz als zaͤrtliche 
Statt ihren Palaft in Rom zu beziehen, begab fie ſich zu ihrem Bru⸗ 
umb machte die Vermittlerin zwifchen ihm und den übrigen Gliedern 
Als Napoleon in Frankreich gelandet war, ging fie nach Neapel 
eſtet Karoline, hierauf nad Rom. Vor der Schlacht bei Waterloo 
n Bruder zur freien Verfügung alle ihre Diamanten, die von großem 
% Sie befanden ſich mit in Napoleons Wagen, der nach jener 
tet und in London öffentlich — wurde. Napoleon hatte bie Ab⸗ 
Schweſter den Schmuck zurüdzufenden. Diefe lebte hierauf, von 
Ne getrennt, zu Rom, wo fie einen Theil des Palaftes Borghefe, 
Hibe überlaffen hatte, bewohnte, und feit 1816 die Vila Sciarra 
Dans, worin Geſchmack und Kunftfinn errichten, war ber Vers 
tes glängendften Kreifes in Nom. Sie fah oft ihre Mutter, ihre 
aund Louis, und ihren Onkel Feſch. Als fie von ihres Bruders Na⸗ 
kit hörte, fuchte fie wiederholt um die Erlaubniß nach, ſich zu ihm 
dena begeben zu dürfen. Endlich erhielt fie, was fie wünfchte, al6 
tan feinem Tode eintraf. Sie ftarb am 9. Jun. 1825 zu Florenz. 
Bermaͤchtniſſen und einer Stiftung, von deren Zinfen zwei junge 
accio Medicin und Chirurgie ſtudiren follen, fegte fie ihre Brüder, 
on St.>2eu und den Fuͤrſten von Montfort, zu Exben ein. Ihr 
Sbetrug an 2 Dil. Sr. 
a (Cefare), zweiter natürlicher Sohn des nachmaligen Papftes 
und einer römifchen Dame, Vanozza. Zu einer Zeit, to jener 
le der Falſchheit und Sittenlofigkeit war, und weder Verträge noch 
it gemährten, brachte er das Unrecht in ein Syſtem. Andre Fürften 
Hast vergoffen, ſchrecklichere Rache geuͤbt; gleichtool ift fein Name 
m Schande gebranbmarkt, denn bei Borgia war Alles befonnene 
das Heiligſte gebrauchte er nad) Willkuͤr zu Erlangung feiner Zwecke. 
bee 1492 Daft aeworden war. bekleidete ihn mit dem Purpur. 





98 Borgia (Stefano) 


tinois, einer Leibwache von hundert Mann und jaͤhrl. 20,000 Livres, un 
ſprach ihm Unterſtuͤtzung bei ſeinen Eroberungsentwuͤrfen. caſar vermaͤhlte ſich 
mit einer Tochter des Königs Johann von Navarra, und begleitete Ludwig 
nad) Italien. Zuerft unternahm er die Eroberung von Romagna, verjag 
rechtmäßigen Befiger des Landes, ließ fie zum Theil meineidiger Weiſe ern 
und fich 1501 von feinem Vater zum Herzoge von Romagna ernennen. 
felden Jahre entriß er Jakob von Appiano das Fürftenthum Piombino; amd 
fuchte er, jedoch vergebens, ſich zum Herzog von Bologna und Florenz zu m 
1502 kuͤndigte er an, daß cr Camerino angreifen wolle, und foderte dazu Gel 
und Geſchuͤt von Guidobald von Montefeltro, Herzog von Urbino. Aus @ 
fam gegen den heiligen Stuhl fchicte diefer ihm, was er verlangte, und ä 
bemächtigte fich dafür des gunzen Herzogthums Urbino. Camerino vond 
Sturm genommen, und Sulius von Barona, der Herr der Stadt, nebft | 
beiden Söhnen, auf Borgia's Befehl erbroffelt. Diefes Schickſal bereitete ar; 

die er beraubte; die ihm nicht in die Hände fielen, verfolgte er mit Gift und d 
Unterdeffen hatten ſich alle Meine Sürften verbunden und zu ihrer Vertheill 
Soldaten gefammelt; aber CAfar Borgia mußte fie theils durch 3000 
die er nad) Stalien berief, in Furcht zu fegen, theild durch vortheilhafte 
tungen zu gewinnen. So trennte er ihren Bund, bemächtigte fich ihrer 
fah ein Hinderniß mehr, von feinem Vater zum König von Romagna, 
und Umbrien erhoben zu werben, als am 17. Aug. 1503 Alexander VL; 
Zugleich befiel Caͤſar Borgia eine ſchwere Krankheit zu derſelben Zeit, ne 
ganze Thätigkeit und Geiftesgegentvart nöthig war. Zwar mußte er ſich ber @ 
feines Vaters zu bemädhtigen, verfammelte feine Truppen in Rom, und A 
fein Buͤndniß mit Frankreich noch enger, aber allenthalben ftanden feine 
wider ihn auf; einer der erbittertften war ber neue Papft Julius IL Bo 
verhaftet und nad) Spanien gebracht, wo er zwei Jahre lang in Gef 
blieb. Er entfloh endlich zu feinem Schwager, dem König von Navarra, ze 
biefem in den Krieg gegen Gaftilien, und ward den 12. März 1507 durch 
Schuß vor dem Schloffe von Biano getödtet. Caͤſar Borgia mar maͤßig und 
tern, liebte und befchüste die Wiffenfchaften, machte Verſe, und befaß eine ' 
wandte Beredtſamkeit, baß er felbft diejenigen verführte, die gegen feige. 
[hung am meiften auf der Hut zu fein glaubten. Macchiavelfi fchifdert in 1 
„Prineipe” den Cäfar Borgia. 

Borgia (Stefano), Cardinal, Worfteher der Propaganda, einer de 
ſten Befchüger der Wiffenfhaften im 18. Jahrh., war 1731 zu Velletri ga 
und erhielt feine erfte Erziehung bei feinem Sheim, Aleſſandro Borgia, Erg 
von Fermo. Sn einem Alter von 19 3. ward er Mitglied der etruskiſchen 
mie zu Grotona, und begann zu Velletri ein Mufeum von Alterthuͤmern 5 
meln, das mit der Zeit vielleicht die reichfte Privatfammlung diefer Art U 
Benedict XIV. ernannte ihn 1759 zum Gouverneur von Benevent und 17% 
Serretair der Propaganda. Dies Amt, das er 18 Jahre verwaltete, b 
in Verbindung mit den in allen Weltgegenden zerſtreuten Miffionairen, 
benußte diefelbe zur Bereicherung feiner Sammlung von Hanbfchriften, DM 
Statuen, Gögenbildern und fonftigen Denfmalern. Pius VE. ernannte ihn 
zum Gardinal und zugleich, zum Oberauffeher der Findelkinder. In diefem: 
erwarb er ſich durch feine nahahmungswerthen Einrichtungen große Verl 
Als der von Frankreich ausgegangene Revolutionsgeift 1797 ſich auch dei 
chenſtaate mittheilte, legte Pius VI. die Dictatur von Rom in die Hände Bag 
und gefellte ihm noch zwei Cardinaͤle zu. Als aber bei der Erfcheinung der] 
zofen vor den Thoren Roms (15. Febr. 1798) der Papſt fich entfernt m 

Bolfspartei die Dberhand gewonnen hatte; ward der Cocdinal Borgia ven 








(Ignaz, Edler von), Naturforfcher, geb. zu Karlsburg in Siebenbürs 
hubirte bei den Sefuiten in Dien, mar 16 Monate lang ein Mitglied 
‚ widmete fich dann in Prag dem Studium der Naturwiſſenſchaften 
ine gelehrte Reife durch Holland und Frankreich. Nach feiner Rüds 
ih aufdie Natur: und Bergwerkskunde, ward 1770 Beifiger in dem 
me und Vergmeifteramte zu Prag, hierauf Bergrath, und 1776, 
Raturaliencabinet zu ordnen und zu befchreiben, nach Wien berufen, 
3 wirkt. Hoftath bei der Hoflammer in Muͤnz⸗ und Bergwerksſachen, 
we lang an einem-hronifhen Gichtübel, und ſtarb 1791. Born beſaß 
ihe Geiſteskraͤfte, uͤberſah jeden Gegenftand mit feltener Leichtigkeit, 
ſorach die befannteften europäifchen Sprachen, und befaß nebft feiner 
Saft, der Mineralogie, in den meiften Wiſſenſchaften mehr als ge⸗ 
mntniffe. Den größten Ruhm erwarb er ſich durch die Verbeſſerung 
ung der Amalgamationsmethode, woruͤber er das wichtige Werk 
‚über das Anquicken der gold⸗ und flberhaltigen. Erze, Rohſteine, 
bares und Hüttenfpeife", Wien 1768. Auch haben f. Beſchreibun ⸗ 
2: des kaiſerl. und bed Radiſchen Gabinets, f. „Briefe über Mi⸗ 

1774, unb einzelne Abhandlungen von ihm in ben Schriften 
ten Geſellſchaften wiffenfchaftlichen Werth. Überhaupt beförderte er 
ſe nachdruͤcküchſte. Von der reichen Ader des Witzes, die ihm zu Gebote 
eine Monachologie („‚Specimen Monachologiae methodo Linnaea- 
katpre auf den Geiſt und die Verfaffung der verſchiedenen Moͤnchsorden. 
eo, eine zu ber Sundagruppe gehörige Imfel Afiens, die größte 
Us, mic Ausnahme des Feſilandes Neuholland. Sie wird vom 
ſchnitten (von 125 — 138° L., 5° 50° S., bis 7° 10’N.B.) und 
DOM. Das Klima ift im Augemeinen gemäßigt. An der Weftküfte 
genzeit vom Nov. bis zum Mai, und das Thermometer ſchwankt 
hen 22 — 26° Reaum.. Die Küfte ift drei bis vier Stunden weit 


Dre bl muaheruce hin Anoke han Mufinuchlaie han Mrnunmkan mache 





erde 


ee  Missinre mu ſich; wahrſcheinlich iſt % 
nn Dust Perirutter werden häufig an t 

war mi: Mar amrergebradhts der Kampherbaun 

Sr en a auge Güte. Viele Küftengegenbe 

u u Tea Schiffbauholze. Starkes Horr 
nun IN .n Sardes, und zahlreiche Heerden von Rot 
nm en repllrsieer dar grudreichen Ebenen. Das merkwuͤrr 
m sn uhuzrihe Drang: Ostang. Die Schmwalben 
u une u Nr Paradiesvogel finden ſich längs dem . 

= N nseuget von Borneo, eine Megerart, bewohnen b 
wur ur de Wenemmung Eidabaner, Horafuras, Maruhts, 

“ uanı iu zuter mancherlei Oberhaͤuptern ſtehenden Stämme 
su. Ne a Menke Alle flehen auf einer niebrigen Stufe bei 
Na m Mich des Beleidigers find Ehrenpunkte für ben wa 
Yen Dr iR tie, am Grabe eines angefehenen Mannes einen 
Are as achten. Die Mündungen ber Fluͤſſe werden von den Bi 
an ohne feften Wohnplatz mit ihren Keinen Fahrzeugen vı 
Ne na nern Fiſchfange nachziehen. An den füblidyen Flußmuͤnd 
un Ir Namen der Iſalams ein ſchwarzgelber, Eleiner, träger mo 
nr Vükerflamım, unter dem ſich jedoch geſchickte Arbeiter in Gol 
sd I finden. Des Handels und Bergbaus wegen halten ſich auf 5 
AW.UDO Eninefen auf. Die durch das ganze indiſche Meer zerſtreuter 
na bier Staaten geftiftet, 3.B. Borneo, Sambas, Hermatha, € 
vandak, Banjermaſſing u. f. w. or alter Zeit mag ſich das Reich vr 
Ade die ganze Infel und einen Theil der Philippinen, namentlich Sulu 
gdindanao, erſtreckt haben; die Beherrſcher ſollen von chinefifcher Abkun 
fein. — 1627 kamen bie Portugiefen bieher, durften fich aber erft 1690 
jermaſſing niederlaffen, wovon fie bald durch Verrat und Mord wieber 
wurden. Die Verfuche der Engländer 1702 und 1774, hier eine Niel 
zu bilden, waren vergeblich. Mur den Hollaͤndern gelang es, mit ben 
von Banjermaffing einen Handelövertrag zu fchließen, 1643 ein Fort 
Factorei bei dem Dorfe Zatis, und 1778 eine zweite zu Pontianak mı 
mehre zu errichten. 1823 haben fie ſich einige bisher unabhaͤngige S 
Malaien unterworfen, und find dadurch die Herren der oͤſtl. Grenze de 
von Banjermaffing bis zu der noͤrdl. Grenze von Sambas geworden; bie 
enthält ale Golb: und Diamantengruben ber Inſel. — Auf der Nordw 
Inſel liegt die Stadt Borneo an einem befländig mit Fahrzeugen bedeck 
(114° 44° 8. 8. von Greenwich, 4° 56° &. B.), der Wohnort des 
dem mehre Fürften Iehnöpflichtig find, und hat 3000 theils auf Pfähteı 
theils auf Floͤßen errichtete Däufer. Da der Boden fehr fumpfig ift, fo 
meifte Verbindung mittelft Meiner Canaͤle flatt, welche die Stadt nach al 
tungen durchkteuzen. Die Wochenmaͤrkte werben auf dem Waſſer geh 
haben deßhaib keinen feſten Pla; das Gewimmel der Käufer und Bei 
ihren Meinen Böten ift heute hier, morgen dort. — Die Ausfuhrartikel 
neo find Gold, Pfeffer, Muskatnuͤſſe, Ebenholz, Kampher, fpanif 
Bambusſtoͤcke, wohlriechende Harze, Benzos und indifche Vogelnefter. ; 
räuber von ben nördlich liegenden Suluinfeln beunruhlgen einen großen 
Küften von Borneo. Die jetzt fehr thätige niederlaͤnd. Regierung if befli 
gefunden und mit reichem Pflanzenwuchs bedeckten Landungspunkte in d 
barfchaft durch Mititairpoften zum Schuge ‚bes Handels ihrer Nation 3 

Faſt alle Producte Borneos werden an die Chinefen verkauft. 
Borodino, f. Moskwa, Schlacht an der. 


% 


ıder Mitte bes Sees. Auf firben Terraſſen befinden ſich, außer einem 
eingerichteten Garten, Eypreſſen, Sorbren, Kaſtanien und Myr ⸗ 
Hola bella iſt mit Kunſtſchnörkel uͤberladen. Sie prangt mit einem 
oſſe non vier Stockwerken, das nahe am Ufer liegi und einige Mo⸗ 
Grafen Borcomeo bewohnt wird. Dich die Stotte Terrene Hänge 
kıten zuſammen, die im franz. Geſchmack und auf 10 Teeraffen, bie 
wieinernd hinauflaufen, gepflanzt find. Das Banze Hat das Anfehen 
upften Prramibe, auf deren Gpige ein Betoffäles Einhorn, bas Wap- 
under, ſteht. Pomeranzens, Citonens and Limoalenbaume, zu 
mverbumden, oder zu Lauben ſich wölbend, hauchen hier Ihre Wohls 
: behftämmige Lorderbaͤume bilben einen Heinen Haln; man fieht 
Erpreffen, nebft Granatbäumen, beren Fruͤchte bier zuc Reife ges 
a die Berge, welche den See bekraͤnzen, dienen ben Infeln zur Schuge 
Die falten Winde. Doch ift das Kilma ber Hola madre milder als 
abela, indem auf ber letztern bie Pomeramgen- und Citronenbaͤume ıc. 
wm) daruͤber gedeckte Breter gefhligt, auch fogar bei ftärkerer Kälte 
darunter gefegt werden mäffen. Die Einw. der Iſola dei Pescatori 
'Ülgen nach Mailand und Piemont und treiben Sqhieichhanbel. 
omeo (Carlo), Graf aus einer atten mailänbifhen Familie, geb. 
1538 zu Arona am Rago maggiore, dem Stanımfcloffe feiner durch 
Gottesfurcht ausgezeichneten Altern, war ſchon als zwoͤlfiaͤhriger 
xndaturabt, findirte zu Pavia bie Rechtewiſſenſchaft, wurde 1559 
1560, da der Papft Pius IV. fein Ohelm war, nach einander apoflos 
wear, Referendar, Cardinal und Exzbifchof von Malland. Bon 
ut, fromm und fireng gegen fich felbft, widmete ſich ber 22jäH- 
9 den ihm übertragenen Begierumgsgefhäften mit gemwiffenhaftem 
Legat über bie. Romagna, Mark Ancona und Bologna verwals 
großen Theil der Einifcegierung, als Protector von Portugal, ber 
der Saeci, ber Franciscaner, Earmeliser und Deatifer — 
der Kirchentegierung bed Papfles, der ihn zu ſelnem Großpoͤniten ⸗ 
A nichtd Bebentenbeb ohne (ent Mitekuna at. Die Wiehers 


102 Borromeo 


Bebensurt. ſodaß vr ſogar den Unterhaltungen entfagte, die bie pre 
ſhatten ihm In der von ihm errichteten gelehrten Gefellfchaft (vaticant 
nanne) gerwiber hatten. Bei den Bauten bes Papſtes mit eigner € 
verwendete er einen großen Theil feiner Einkünfte auf die Verſchoͤne 
ſeinem Schude ftenenden Kirchen. Um bie trienter Decrete, die er woͤr 
und nebſt einigen Gebülfen in dem von ihm redigirten „Catechism: 
den Iembotifchen Buche der katholifchen Kirche, verarbeitet hatte, felb 
ſeden, biete er in Mailand 1565 als Legatus a latere feine erfte Syn 
dem Vode des Papſtes veritattete ihm deffen Nachfolger, Pius V., 
ſandige Reſidenz in feiner Metropole. Hier, wo ſeit 80 Jahren kein 
aenwaͤrtig geweſen und daher die kirchliche Disciplin im aͤrgſten Verfo 
mit Umſicht und Entſchloſſenheit als Reformator der Geiſtlichen, Kıd 
auf. Ungeachtet dee Hinderniſſe, die ihm von.den Freunden der herr 
vrduche entuegengefeßt wurden, gelang feiner Klugheit und unermuͤd 
dieſes ſchwierige Unternehmen. Am Ende feiner achtzehnjährigen Am 
dir Disces von Mailand durch ihre trefflichen Anftalten, verbefkert: 
würdigen Priefter. alten hifchöftichen Sprengeln ein Mufter. B. fing 
feinen Dausgrnoffenzan -bfe er in frommer Gemeinfchaft nach beſtin 
teben lehrte, errichtete Seminarien für den geiftlichen Stand und S 
Adel, brachte die Stifter und: Nonnenkloͤſter zur gefegmäßigen Zucht 
DMaten bes heiligen Ambrofius, eine Congregation regulirter Weltgei 
er nächft den Barnabiten die Leitung der Lehranſtalten anvertraute, w 
fange dazu gewaͤhlten Jeſuliten nicht zufagten. Durch feine biſchoͤflich 
tung, beſonders auf feinen Viſitationsreiſen, gab er ſelbſt das ruͤhm 
wahrer Hirtentreue. '-Zür.dicfe Anflalten und Verbeſſerungen beftim 
nen auf 80,000 Ducati ſteigenden Einkünften brei Viertheile, und bei 
dem er allen übrigen Pfruͤnden entfagte, mit dem Einkommen feines 
In Mailand verſchoͤnerte er ben Dom und bie Feier des Gottesdie 
Volk durch gute Prediger und vorzuͤgliche Kirchenmuſik in die Kirchen 
unter den Laien firengere Kirchenzucht ein und forgte überhaupt für I 
und Sittlichkeit diefer Stadt; die wenig Gutes befist, deffen Stift 
befferung fie nicht ihm verbanfte. Widerſpenſtige Geiftliche und SI 
die auf die Erweiterung feiner bifchöflichen Gerichtsbarkeit eiferfird 
Regierung zu Mailand verfolgten biefen wuͤrdigen Prälaten mit Erl 
wurde wegen Bifitation eines eremten Chorherrnftiftes bei dem P 
als. Hochverräther an den koͤnigl. Rechten verdächtig gemacht; ja, bie 
Humiliaten, eines Ordens, deſſen Reform er’ betrieb, gingen in i 
weit, daß einer berfelben nach ihm ſchoß (1569) und ihn verwundete. 
wurden jedoch beſtraft, der-Humiliatenorden aufgehoben, die Anklaı 
rung zuchdigenommen und feine erzbiſchoͤflichen Rechte mehr al je be 
mals bereifte Borromm bie Fathol. Schweiz, 1570, und ftiftete zu 
heivetifche Collegium zur Bildung tüchtiger Priefter, forte die ımte 
des goldenen Borromaͤiſchen Bundes bekannte Verbindung ber 7 Fatı 
tons zu gemeinfchaftlicher, Wertheidigung ihres Glaubens. Bei der 
4570 und während ber Pet in Maitand 1576 rettete feine Auf 
fchnelle Anordnung zweckmaͤßiger Hülfe einen großen Theil der. Beni 
Stadt. Auch über. bie neuen Verhoͤhnungen von Seiten der fpanifche 
fiegte endlich (1584) fein beharrlicher Eifer für Aufrechthaltung gut 
Zucht. So viele Kränktungen und Beſchwerden mußten feinen ohnehi 
chifche Kafteiungen abgemergelten Körper aufreiben. Er ſtarb den 3 
36. Fahre alt. Es fehlte niht an Wundern auf feinem Grabe, 
feine Heiligſprechung⸗ erfolgte. Auch ohne Wiele wirt Ve Stadını 


Boͤrſe Borſtell 103 


ens, die Kraft und Größe feines Charakters, feine mufterhafte Amts: 
die edein Werke, dieihm gelungen find, verehrten, ohne ſich durch 
ng von Andächtelei und hierarchiſchem Geifte, die fein Zeitalter und 
le feiner Religiofität geben mußten, in der Anerkennung deine 
Hichen und apoftotifchen Sinnes flören zu Laffen. 
‚ ein Gebäude, wo die Kaufleute (gegen Mittag und Abend) kufim. 
um über Alles, was ihre Gefchäfte betrifft, Unterhandlungen zu 
Verkehr mit Wechfeln, Geb, Waaren u. dgl. anzuftellen. Die 
‚I von einer adeligen Samilie, van der Beurfe, zu Brügge in Flan⸗ 
i, in deren Haufe 1530 die Kaufleute ihre Verfammlungen hielten. 
ten, 3. B. zu London, Amfterdam, Antwerpen, Paris, find es 
n, Palaͤſten ähnliche Gebäude. — Börfenalte find diejenigen 
elche wegen ihrer Rechtfchaffenheit und Einficht von den fibrigen zu 
wählt werden, um die Schaltung ber Kaufmannfchaft > Freiheiten 
ſich angelegen fein zu laffen. — Boͤrſenhalle in Hamburg, ein 
ger Börfe für Rechnung eines unternehmenden Mannes, van Ho: 
ren Zeiten erbautes großes Gebäude, worin die hamburger Gefchäfte- 
Stemde, ſich verfammeln. Die in ein eignes Buch eingetragenen 
welche die Kaufleute hier mitcheilen, geben den Stoff zu der weit: 
eitung: „Lifte der Boͤrſenhalle“. 
ell (Ludwig Georg Leopold v.), Eönigl. preuß. Generallieutenant, 
betrat 1788 die militairifche Laufbahn im Guiraffierreg. v. Ilow als 
aut feines Vaters, welcher damals preuß. Generallieut. war. 1793 
in den Schlachten bei Pirmafens und Kaiferslautern aus, und 
Gunſt, welche ihm dies bei dem Herzoge v. Braunfchweig erwarb, 
u feiner fchnellen Beförderung. Dem unglüdlichen Krieg an der 
wohnte er ald Major im Reg. Garde du corpe bei. Dann trat er 
inen Deerfchar auf, welche im norböftlichen Theile der Monarchie 
ber Zapferkeit fritt. Als im Anfange 1807 Königsberg, der Aufent- 
igs mit feiner Familie, unbeſchuͤtzt dem Anbringen zweier feindlichen 
oßgeftellt war, wurde Borftell den Feinden mit nicht mehr als 800 
zengefandt. Es gelang feiner Entfchloffenheit und kuͤhnen Gewandt⸗ 
hal Ney fo zu täufchen, daß diefer jene Eleine Schar für die Avant: 
e nicht vorhandenen preuß. Corps nahm und mit Borftell einen Waf⸗ 
loß. Borftell fand noch) öfter Gelegenheit, ſich auszuzeihnen, und 
pt bie Reiterei, welche bei dem Corps Bluͤcher's von Schwebifd) - 
wirken follte, als der tilfiter Sriede eintrat. Im Frieden war er 
Sommifjion für die neue Organifation des Heeres, flieg bis zum 
und befehligte das pommerfche Truppencorps, ald 1813 der Krieg 
lcher ihm eine glänzende Laufbahn für feine Thätigkeit eröffnete. Er 
jutant des Koͤnigs und führte zuerft die Brigade, weiche Magdeburg 
n Eibufer einfchloß und das Gefecht von Dannigkow lieferte. Spaͤ⸗ 
nm Corps des Generallieut. v. Bülow, commandirte im Gefecht von 
am 23. Mai zwei Brigaden und nahm an dem Gefecht bei Ludau 
dem Waffenſtillſtande als Commandeur der fünften Brigade dem 
Sorps zugetheilt, focht er faft in jedem Gefecht, welches die Nord: 
und entſchied in dem Treffen vor Groß-Beeren durd) den Angriff der 
zlanke bei Klein⸗Beeren, noch mehr aber in der Schlacht von Dennewig 
re von Kropftäde nach dem Schlachtfelde eilte und, felbft einem Be: 
rinzen von Schweden zuwider, vom Gang ber Shlacht beſſer unter: 
m linken Fluͤgel Buͤlow's anſchloß und Gehlsdorf, den Schlüͤſſel der 
lung, nabm, hauptfäclid ben Sieg. Bei Leipzig. befehligte B. 


104 Bory de: Saint: Vincent 


nad) Verwundung des Prinzen von Heffen: Homburg ben Sturm auf bie: 
maifche Vorſtadt und feine Tirailleurs waren die erften, die in die eigentliche ( 
eindrangen. Bei dem Vorruͤcken Bülow’s nach der Schlacht von Leipzig erh 
den Auftrag, Wefel zu blokiren, vereinigte fi), unterbeffen zum Generallteus 
ernannt, im Anfang 1814 wieder mit dem britten Armeecorps, trug am 11. 
viel zur Entfcheibung des Gefechts von Hoogfiraten, wobei er leicht vern 
wurde, bei, deckte fpäter die Einfchließfung von Antwerpen, blieb, als dal 
low'ſche Corps nad) Frankreich vorrüdkte, mit 8000 M. Infanterie, 1400 
den und 16 Kanonen, vereint mit den andern in Belgien ftehenden beutfchen | 
pen, unter dem Oberbefehl des Herzogs von Weimar bei Tournay zurüd, nd 
dem Sefechte bei Courtran Antheil, hatf die Belagerung von Maubeuge decke 
vereinigte fich endlich mit dem Buͤlow'ſchen Corps zur Einfchliegung von Gl 
1815 erhielt B. das Commando des 2. preuß. Armeecorps und war ebei 
deffen Organifirung in Namur befchäftigt, als einige Bataillons fächfifche ( 
und Grenabiere in Lüttich, durch die bekannt gewordene Theilung Ihres 
Landes und einige vielleicht unvorfichtige Ausdruͤcke, fomie durch Maßregeln, wi 
man fächfifche Soldaten und Dffictere gewinnen wollte, zu einem Aufl 
reizt, in dem Quartiere des Fuͤrſten Bluͤcher die Senfter einwarfen und fich nd 
dre Vergehen zu Schulden kommen ließen. Diefe mußten, da viele 
mals in franz. und weftfäl. Dienfte gewefene Soldaten, unter preufifchen; 
liſchen, belgifhen und andern Fahnen vereint und Napoleon nicht ganz 
dicht an der franz. Grenze faft im Angeficht des Feindes ftanden und alfo bei 
ficht ähnliche Vorfälle zu fürchten waren, auf das ernftlichfte geahndet m 
Bluͤcher fandte daher die ſchuldigen Bataillon nad Namur und gab Bord 
Auftrag , fie zu entwaffnen, ihre Fahnen zu verbrennen und die Raͤdel 
ſchießen zu laffen. Borſtell empärte diefer firenge Befehl; gewohnt, 
Leben für feine Fahnen zu opfern, fühlte er im Geift der Sachſen, daß 
eine ſolche Schmach fchlimmer als der Tod fein müffe, und dies verleftete & 
dem bienftwidrigen Schritt, den auf das beftinmtefte ausgefpradhenen V 
ſelbſt als feine Vorbitten eine abfchlägliche Antwort erhielten, nicht zu befo 
Bluͤcher fah ſich daher genöthigt, ihn von feinem Commando zu fatpenbire 
dem Könige Anzeige von dem Vorfalle zu machen. Borftell reifte in das Vate 
zuruͤck und ein Kriegsrecht erfannte ihm mehrjährige Keftungsftrafe zu. 4 
diefen Arreft in Magdeburg, warb aber vom König zu Ende 1815 begnabig 
mit dem Befehl der magbeburger Brigade, fpäter mit dem Generalcomm 
von Preußen zu Königsberg beauftragt, bie er 1825 das Gemeralcommanl 
Mheinprovinzen erhielt, mo er jegt zu Koblenz lebt. 
Bory⸗de-Saint-Vincent (J. B. G. M.), geb. zu Agen 1772 
ßerte von Jugend an einen Hang zur Übertreibung, wenn er, literariſch ober 
tif), irgend eine Partei ergriff. Als Juͤngling voll Feuer über jede Entbediu 
ber Naturgefchichte, und als Mann in ber Politit, wenn auch irrend, doch 
handelnd, wollte er ſtets wahrhaft und gemeinnüsig fich ausſprechen. So 
man f. Auffäge im ‚„Nain jaune” und im „Aristarque“ und die in Aachen von 
verfaßte Verteidigung feiner Srundfäge beurtheilen. Voll neuer Ideen ift f. A 
sur les isles fortunees de l’antique Atlantide ou precis de l’histoire ge 
de L’archipel des Canaries” und feine Schrift fiber die Ernptogamifchen 
Als er den Capitain Baudin 1798 auf feiner Küftenfahrt um Neuholland & 
tete, unterficchte er genau die Vulkane der Infel Bourbon und Fam aufm 
geologifche Hppothefe. Als Militairintendant beim Generalftabe des Marf 
Soult bewies cr gegen die Krieggcommiffarien und Ordonnateurs viel St 
1815 biente er im Felde als DOberfter unter Napoleon. Nach der Niederka 
Waterloo ſchlug er vergebens am 1. Juli in einer oateen dyiigyien (einen Go 






Bosc Bold) 105 


nalcepräfentatton vor, ſich dem Scepter der Bourbons nicht freiwillig 
nerwerfen. In Folge des Eönigl. Decrets vom 17. San. 1816 wan⸗ 
und lebte in Aachen und Dalberftabt, dann in Bräffel, wo er mit van 
ben Naturwiſſenſchaften gerwibmete Zeitfchrift herausgab, die jet in 
fegt vokzb. Auch ſchrieb er ein trefflichee Werk über bie unterirdiſchen 
im dert Kalkgebirge bei Maſtricht. Nach feiner Ruͤckkehr, 1820, nahm 
ı Sowrmalen von der liberalen Partei Theil, vebigirte die Sigungen ber 
mmer im „Courrier francais”, und wurde Mitarbeiter an Courtin’s 
”. 
: Rouis Antoine Guillaume), Inſpector der franz. Stammſchaͤ⸗ 
isfieb vieler gelehrten Geſellſchaften In ſeinem Vaterlande ıc., geb. 
799, wo fein Vater koͤnigl. Leibarzt war, machte ſich bekannt von 
1788 als Redacteur des „Journal des savans”, Gedchtet zur 
hreddensregierung, 1793, fand er eine Zuflucht Im Walde von 
x. Dort botuntfirte er, und obgleich täglich ber Ergreifung und dem 
feat, befchäftigten ihn natuchiftorifche Arbeiten. 1796 fandte ihm 
em nad, Nordamerika als Conſul zu Wilmington und hernach 
'; Alein die amerit. Meglerung bezweifelte, ob das franz. Directorium 
Ihe, ſich bei ihr durch einen Conſul vertreten zu laſſen. Ohne Amtsge⸗ 
Br er daher als Gelehrter in den nordamerikaniſchen Freiſtaaten und 
a Eabinet fir Botanik und Zoologie und noch mehr Ideen für feine 
fen. 1799 ernannte man Bosc zum Administrateur des hospices. 
im er an allen größern Werken in feinen Lieblingsfächern, der Pflan⸗ 
BRoturgefäyichte, Theil. —- Sein Bruder, Etienne Bosc, ver 
lehner und Schriftfleller große Kenmtniffe in ber Naturkunde mit vielen 
ia der Finanz⸗ und Staatswirthſchaft. 
ken Almogaver (Juan), ein ſpaniſcher Dichter, geb. gegen das 
5 apch. zu Barcelma, ftarb um 1540. Seine Ältern, die zu dem 
Kphirten, gaben ihm eine forgfältige Erziehung. Er bigleitete eine 
m Hof Karl V. und hielt fi 1526 an demfelben zu Granada auf. 
Eitten und fein Charakter erwarben ihm die Gunft des Kaiſers. Ihm 
Nehumg des Herzogs Alba übertragen, der feinem Unterrichte die gro: 
aften verdankte, die er in der Folge entwickelte. Nach feiner Verhei⸗ 
B. zu Barcelona, befchäftigt, feine Werte mit denen feines vor ihm 
indes Garcilaſo herauszugeben, als auch ihn der Tod ereilte. Durch 
agero, einen Italienifchen Gelehrten und Gefandten der Republik Ve⸗ 
ı Kaifer, ward B. veranlaft, jtalieniſche Versmaße im Spanifchen 
So ward er ber Schöpfer des Tpanifchen Sonetts, und bediente ſich 
zuerſt bei poetifchen Epiftein, Elegien ıc. der Terzine. Überhaupt 
ch die Einführung ber italimifchen Sormen in die fpanifche Dichtkunſt, 
ebenfo viel Tadel ald Beifall fand, Epoche. Boscan's Gedichte find 
; feine übrigen literarifchen Arbeiten, meift lberfegungen, vergeffen. 
(Hieronymus de), Mitglied des hollaͤnd. Inſtituts, geb. 1740 in 
wo er 1811 im 71. Fahre geftorben ift, war ein guter lateinifcher 
der Sanmmiung f. „Poemata” (Xeiden 1803) überfah man wegen 
weine manchen matten Gedanken. Schäsbarer find f. Anmerkungen 
athologie mit Grotius's latein. Überf., die 1795 bis 1804 zu Utrecht 
nd f. vielen Dreisfchriften, die ſich durch zierliche Diction auszeich⸗ 
egierung ernonnte ihn zum Curator der leidner Univerfität. An der 
B. kein Gefallen. Ihm ging fein feltener, vorzuͤglich ſchoͤn eingebun- 
ſchas voll Prinesps- Ausgaben Über fein Baterland. Seine Binlio: 
ache der claſſiſchen Eiteratur und wegen ber Schönheit ber gefammelten 





106 Boscowich Boſe 


Ausgaben ·eine der erſten in Europa. Sie wurde nach feinem Tode dan 
oͤffentlichen Verkauf zerſtreut. 

Bosco wich (Roger Sof.) geb. zu Raguſa in Dafmatien d. 18. Mai 
trat 4725 ins Noviziat des Sefuitenordens zu Rom, wo er 1740 im Cı 
Romano Profeffor der Mathematik wurde und fich durch mathematifche um! 
nomiſche Abhandlungen auszeichnete, 3. B. über d. Rotation r Sonne, 
gleichheit der Jupiters⸗ und Saturnsdewegungen uͤber das Licht, uͤber 
trik, Ebbe und Flut, Mondsatmoſphaͤre und über die Berechnung der 
| tenbahnen. 1750 erhielt er von Benebict XIV. Staatsminifter, Cardim 
lenti, den Auſcrag zu giner Örabmeflung im Kirchenſtaate, die er mit f. £ 
bruder, P. Maire, ausführte, und in f. Werte; „De literaria expeditio 
Pontificiam Ditionem etc.”, Rom 1755, beſchrieb. (franz. 1770: „vV 
astron. et geogr. Jans 1’ &hat de l’Eglise). Die Gradmeſſungen in dent 
oͤſtreichiſchen Provinzen und Ungarn von P. Liesganig, in Piemont von J 
caria und felbft in Amerika von Maffon und. Diron wurden auf feine An 
unternommen. Er bewirkte ferner die Wiederherftellung des florentinifche 
mons, den P. Nimenez nachher befchrieb und mit welchem er die Schiefe der 
tik beobachtete. 1759 gab er f. „Philosophiae naturalis theoria’ in W 
aus, 2 Aufl. 1763; war dann 6 Jahre lang Profeſſor der Mathematik in 
ara ‚ vom Grafen Fiemian nad) Mailand berufen, 8 Jahre ang Profe 

ſtronomie und Optik. Die Stiftung der mailändifchen Sternwarte der J 
(jest die. kaiſerl. von Brera) iſt ſ. Wert. Als 1773 der Sefuitenorden aı 
ben ward., Inden ihn feine parifee Gönner, de Laborde, Durfort, die D 
Bannes und Vergennes und Mabame de Sivrac, ein, nad) Frankreich 5 
men. Er wurde: naturaliſirt und erhielt eine Stelle als Directeur d’opti. 
la marine mit einem Schalt von 8000 Livres, verließ aber, von verfch 
Seiten gekraͤnkt, Paris 1783, und ging nad) Ktalien, wo er f. ſaͤmmtl. W 
Daflano und Strasburg 1786 in 5 Quartbon. („Opera ad opticanı et as 

rtinentia”) herausgab. Mehres davon warb ind Deutfche uͤl 
1786 6 Über ertrug ihm Kaifer Sofeph die Auffi ht über eine Gradmeſſung zu 
nahme einer Charte von der Lombardei. Vor Vollendung dieſes Geihäft: 
B. d. 12 Feb. 1787 in einem Alter von 76 Jahren. Er vereinigte mit dem 
des mathematifchen Studiums Feuer und hohen Schwung der Einbilbung 
Merkwuͤrdig iſt fein lateiniſches Gedicht über die Finſterniſſe (franz. von Bi 
nicht nur wegen des poetifchen Werths, fondern aud) wegen der Geſchicklichk 
Klarheit, womit er die ſchwerſten Rechnungsvorfchriften und bie verwideltfter 
nomifchen Theorien darin vorträgt. Sein Einfluß an mehren eutopäifchen 
verwebte ihn auch in die Politit. De Republik Lucca trug ihm in einer wi 
Staatdangelegenheit eine ſchwierige Unterhandlung auf, die er mit Klughe 
fuͤhrte und — der Republik einen erheblichen Dienſt leiſtete. Er w 
durch ganz Europa gereiſt, auch in die Tuͤrkei. S. „Journal d’un voy: 
Constantinople” erichte zwei Aufl. 1762 und 1772, eine italien. und d 
liberfebung. 

Bofe, eine in Leipzig und auswaͤrts verbreitete Familie. Ein Se 
1650 in f. 73. Sahre ala Rathsmitgl. und Baumeifker (Abit) zu Leipzig vı 
Kaspar Bofe, war ber 1671 ale Archidiakon an ber Thomaskirche dafelb| 
D. Gottfried Chriſtian Bofe, von welchem das für einen leipziger 
gersfohn gefliftete Legat an 1012 Guld. herrührt, deſſen Zinfen mit 26 Thl 
lich aus der Steuer bezahlt werden. Ein Mitglied des Minifteriums bat bi 
waltung, ‚und durch Stimmenmehrheit wirb biefes Stipendium einem Th 
flubirenden Prebigersfohne, oder, in deffen Ermangelung,, einem Schul 
ſohne ertheilt. Johann. Andreas Bofe (wahrſcheinlich des Vorigen B 


Bofio Bosnien 4107 


in Leipzig, ſtudirte hier, zu Wittenberg und Strasburg, war der franzöf., 
on. und engl. Sprache kundig, warb 1656 Prof. der Gefchichte zu Jena, 
Rector 1661 den Pennalismus (f. d.) abfchaffte und 1674 farb. 
ticeiche Buͤcherſammlung erhielt die dortige Univerfitätsbibliothek. 
ken Differtatienen,, welche D. Walch mit des Verfaſſers Leben zuſam⸗ 
2 fieß, hat er den Eornellus Nepos, mit einem Inder voll hiſtoriſcher 
is. Erfiärungen (Jena 1675), „Petronii Satyricon c. not.” (1701), 
x Agricolae e. conm. Boxhorn.‘ (1664) herausgegeben. Auch fchrieb 
Jetitia Hispaniae, Ducat. Mediolani et regni Neapol.“ (Helmſtaͤdt 
Is. — Die Gebrüder Kaspar und Georg Boſe (geft. 1700), Kauf: 
Ritglieber des Magiſtrats, verfchönerten Leipzig durch nege Käufer und 
uaen, Jener erweiterte den vor dem grimmaſchen Thore liegenden Garten, 
sh jegt der großbofe’fche heißt ; Diefer den an ber Barfußmuͤhle liegenden, 
Benbofe’fchen,, jege Enoch Richter’fchen Garten. Mit dem großbofe’schen 
sum ein viele Merkwuͤrdigkeiten enthaltendes Naturaliencabinet, eine 
ww Herbarienbibliothel, ſowol in Kupfer geflochene,, als nach dem 
sehnete und illuminirte Gewaͤchſe, und eine anfehnliche Ruͤſt⸗ und Zeug- 
wiunden. Der Ruf dieſes Gartens hatte ſich ſo verbreitet, Daß ſelbſt der 
icuem vornehmen Reiſenden ſich nach demfelben erkundigte. Hier bluͤhten 
711. und 1755 amerikaniſche Aloen; auf eine ward eine Denkmuͤnze (1700) 
EDsRorf's Numlsmat hiſt. Leitfaden“, S. 121). Noch ſieht man Über: 
WmBifdfänten, die ben Garten ſchmuͤckten, als die ſinkende Hoffnung und 
ie Gluͤck, von dem Bildhauer Paul Hermann aus Dresden, Georg 
dDeſcher des Hospitals zu St.⸗Georgen ober bed Zucht» und Waifenhaufes, 
Kain der Baukunſt fehr erfahrener Dann den Bau diefed Haufes. Auch 
eörzmifation dieſes Hauſes, der Entwurf zu den Inſtructionen der Haus: 
BUf.w. wor größtentheils fein Werk. Er legte eine treffliche Gemaͤlde⸗ 
Maund beförderte die Herausgabe der von Goldmann begonnenen Werke 
Wiaunfchro. Architekten Sturm. — Der legte männliche Sprößling des 
im ®ckhlecht war D. Ernft Gottlob Bofe, geb. 1734 zu Leipzig, wel⸗ 
4 Dean der mebicinifchen Facultaͤt wurbe-und 1788 flach. 11. 
ſio (N.), der gefeiertſte von Frankreichs lebenden Bildhauern. Na: 
ſarunderte man in Paris 1814 feinen Herkules und im folgenden Jahre 
mphrobit. Der Künftler erhielt daher 1815 das Kreuz der Ehrenlegion 
ken. Die koͤnigl. Regierung ehrte ihn durch bedeutende Aufträge, und 
Ne Wahl der Alabemie, die ihn zu ihrem Mitgliede ernannte. Seitdem 
fine Statue: Heinrich IV. als Kind, öffentliche Auszeichnung gefun⸗ 
£b1.”, 1823, Nr. 81); feineandermweitigen Werkebeurtheilt im Sinne der 
m Aunftanficht die „Revue encycloped.”, 1825, $ebr., S. 328. 
atue Ludwig XIV. ward für den Place des victoires zu Paris bes 
Es gelimgen auch die technifche Ausführung fein mag, fo wenig möchte 
Wringung der Stüge des fprengenden Pferdes im Schweife gelobt mer: 
ufern jegigen Anſichten keineswegs zufagt. 19. 
znien, eine türkifche Provinz, mit dem Titel eines Königreich, das 
alten Bosnien einen Theil von Croatien (Sandſchakſchaft Bielogrod) 
m Slüffen Unna und Berbas, ein Stud von Dalmatien und Herzog: 
$t, und das nörblich an Slawonien, weftlich an Groatien, ſuͤdlich an Dal: 
‚das adriatifche Meer, und oͤſtlich an Serbien grenzt. B. enhält 1063 
350,000 Einro., meiftens flawifchen Urfprungs, Bosniaken und Morla⸗ 
tee 50,000 M. türkifcher Miliz. Die Eingeborenen befichen aus zwei 
a meift griechifcher- Cheiften, und einem Dritttheil Türken, die faft alle 
mbum allodial oder ˖ als Lehn befisen, Juden und Bigeunern... Das 


108 Bosporus 


Rand iſt gegen N. eben, tm S. bergig und waldig, Hauptgewaͤfſer find die 
(Sauſtrom), der Berbas, die Bosna, Nama und Drina. Wosnien &, 
ten Ader:, Obſt⸗ und Weinbau, die. Viehzucht iſt ausgezeichnet, und bi 
birge liefern gutes Elfen, von welchem ein großer Theil im Rande zu Gewehre 
Klingen verarbeitet wird. Die übrigen Gewerbfleißerzeugniſſe ſind Arber; 
- fian und grobe Mollenzeuge. Im 12. und 13. Jahrh. gehörte Bonien g 
garn. 1339 kam es an den ſerbiſchen König Stephan, nach feinem Tode 4 
felbftändig, und der Ban Twartko nahm 1370 den Königötitet au.’ 140 
es. den Türken zinsbar und felt 1463 iſt «6 eine chröifche Provinz. Es wird: 
fübtichen und nörblichen Theil, ober Ober: und Niederbosnien eingetheise 
nes wird bisweilen Derzogmina ober daß Herzogthum Saba genannt, weil: 
Friedrich III. 1440 dern damaligen Fürften diefes Lanbestheil6 den Gerzogstke 
tegte. Trawnik ift die Reſidenz bes Pafcha von Bosnien. Die Hauptft. bei 
des ift Bosna Serai oder Sarajewo, ital. S ‚ om Zufammenfluß gu 
oftazza mit dem Bosnaſtrome, mit 15,000 meiſt sienben 5. unb 60,000 1 
die Garniſon von 10,000 Janitſcharen mitgerechnet. Die Citabelle'liegt- 5 
ger Entfernung von ber offimen Stade. Die Einkünfte von Sarajewo 
desmal bie Mutter bes Großherrn. Moch find Zwornick, Banjaluka und 
Gradisca hiſtoriſch und ftatifltfch merkrotirdig. Die Furcht vor dem Weriufl 
Egenthums macht, daß die Bosnlaken ber kuͤrkiſchen Regierung fo kußl 
And; fle fürchten nämlich, es möchte, wenn eine chriſtliche Macht Bosatel 
der erobern folkte, ihnen ebenfo ergrhen als früher den Chriften nad) derer! 
rung des Landes durch bie Tinten. W 
Bosporus. So wurde die Meerenge, welche aus dem ſchwatzen 
in ben Propontis (Mare bi Marmora) fährt, genannt, entweder weil die. 
Kuh verwandelte So hier überfegte, oder weil bie Deerekge fo ſchmal iſt, de 
Ochſe hindurchſchwimmen kann. Nachher, als man andre Meerengen. aut 
diefem Namen belegte, hieß jene Bosporus Thraciend. In der Mitte bisfel 
nals war die Stelle (5 Stadien, etwa 2800 F. breit),. wo Darius eine S 
brüde fchlug, als er gegen die Seythen ziehen wollte. Bosporus Chase 
hieß bei den Alten die Meerenge, welche aus dem ſchwarzen Meere in den 
Maͤotis führt. Die ehemals hier Handel treibenden Italiener narmten fie 
di S. Giovanni oder Eftretto di Eaffa. Außerdem führte im Alterthume’ein { 
den Namen Bosporus, von der Meerenge, auf beren beiben Seiten «8 Ing. 
Panticapdum (jest Kertfch, f. d.), einer mileſiſchen Golonie auf ber 4 
ſchen Halbinſel, errichteten dieſes Reich 479 v. Chr. die Archaͤanaktiden, wa 
gierten bis #37. Spartakus war der erfte König. Unter feinem Nachfolger 
tyrus ward das Reich auf die Küfte von Aften ausgebehnt, und fein Sohn Bı 
brachte 300 Theodofta dazu, half der Handlung auf (vorzüglich mit Korn 
Athen, mit Fiſchen, Pelzwerk, Häuten, Wachs, Sklaven ıc.), und erivarl 
nem Stamme ben Beinamen der Leukoniden. Leukanor (290) warb ben Se 
zinsbar; und biefer Tribut wurde fo drficdend, daß Partfades, ber letzte der 2 
niden, es vorzog, fich dem Könige von Pontus, Mithribates, zu untere 
der auch die Scythen unter Scilurus (116) bezwang und feinen Sohn zum 
nig von Bosporus einfegte. Diefer brachte fich felh ums da ihm Micheldät 
Tode folgte, fo gaben bie Römer das Land (64) ſeinen zweiten Sohne Phar⸗ 
der fpäter ermordet ourde. Die Roͤmer befegten Hierauf den Thron mit verfe 
nen Fuͤrſten, die fi) für Nachkommen des Mithridates ausgabm. Abs 
Stamm 259 n. Chr. ausgeftorben war, bemächtigten fich die Surmater bes il 
denen es 344 die Cherfoniden entriffen. Nun gehörte die tauriſche Halbinſel 
oſtroͤmiſchen Reiche, bis die Chazaven, und fpäter die Tadarn unter megel 
Fuͤrſten fich derſelben bemaͤchtigten. (S. Kaurien.) 





Boſſcha Boſſi 409 


da (‚Hermeoun), Sohn bes Secretairs Pater Boſſcha being friefifchen 
', farb 6% 3. ale 1819 als Rector ber amſterdamer Schule, mit dem 
trefflichen Patrioten, eifrigen Schulmanns , guten Philologen, Hi 
eines Dichters, ber die reinfte Latinität In Gedichten voll erhabener 
He B. ſtudirte auf dem Athenaͤum zu Deventer und auf ber Hoch» 
meter. Dort fchrieb er „De causis praonipuis quae historiam vete- 
m reddiderint et obscuram” , und fchaute babei tief in das menſch⸗ 
x banbeinden Parteimänner, welche im Alterthume ihre eignen Ges 
x wussen. 1780 nahm er ben Ruf als Mector der Schule in Deven⸗ 
T daS Prorectorat beim Gymnasio velawiano zu Harderwyk und 1794 
rofefiur. 1798 ernannte ihn die Republik zum Bureauchef in der er> 
a der Inſpection der Nationalerziehung. Die koͤnigl. Regierung aber 
leatralbehoͤrden des Erziehungsweſens anders ein, weil fie die jungen 
r nicht mehr durch B.'s Einfluß zu Republikanern bilden Laffen wollte. 
Inanf das Profeſſorat der Gefchichte und der Alterchümer zu Gröningen 
106 das richtige Mectorat der amfterbamer lateiniſchen Schule. Eine 
zatein. Gedichte („‚Musa deventriaca‘‘) erfchien 1806. Seine „Pax 
us", 1802, war mit politiſchem Seherblick gedichte. Dann überfegte er 
kelsfungen Über die Redekunſt und freie Literatur”, wozu er mit vielem 
Inmer. ſchrieb. Der Jugend hatte er 179% eine „Bibliotheca clas- 
chologie, Alterthümer und Geſchichte gegeben. Vereint mit Waſ⸗ 
ulendete er 1309 die Überf. von Plutarch's Lebensbefchreibungen. 
ine B. Denon's großes Wert über Ägypten und Schiller's „Abfall 
abe”. Weniger Beifall fand ſ. leztes Werl: „Geschiedenis der laatste 
Ing der Nederlande”. 
ife, dee Rondeboſſe, im Begenfage der auf einem Melief vorges 
m, bie Ausführung derſelben, in völlig raumerfüllender Geſtalt, 
mEtstuen von Gypso ober gebrannter Erde, ober Statuen in Erz und 
-Soffiren, bilden; befonders in weichen Maflen, mithin aus Gyps, 
— erhobene Arbeit machen. — Ein Wachsboſſirer, der 


fi (Charles Aurele, Baron de), geb. in Turin 1758, ein Sohn bes 
Fire Sainte⸗Agathe, iſt ein berühmter Iprifcher Dichter. Schon im 
kferte er zwei Dramen, „Die Eircaffierinnen‘ und „Rhea Spivia”. Er 
hafte Darſtellung, eine feurige Einbildungskraft und einen wahren 
Bildern voll dithyrambiſchen Schwunges. So widmete er dem 
sin Derzogs von Braunſchweig, der, im Begriffe Menfchen zu retten, 
bei Frankfurt ertrank, eine Ode. GSpäterhin ergriffen ihn die großen 
e Zeit. Er gab zuerfk der italienifchen Ode eine bramatifche Form in 
> Rlopflod’s Geiſt Sein großes Gedicht über die franz. Revolution, 
eromasia”, und die volift. Sammlung f. Poefien erfchien 1814 in 
2. Aufl., ohne in ben Buchhandel zu fommen, da er nur wenige 
bjieben fieß. Ex lebtin Paris als Gelehrter und Privatmann. Seine 
Be, erſt im Dienſt des farbinifchen Hofes, bis folcher feine Continen- 
Frankreich abtreten mußte, dann feine interimiftifche Verwaltung von 
6 ſalches Frankreich eimverleibt wurde, fein franz. Conſulat in Jaſſy, 
Ufien und Crecutivcommiſſion in Genua, feine Präfecturverwaltung 
e TAin, dann be la Manche, fein Übergang in Bönigl. Dienfte 1814 

unter Napoleon 1815 haben Tadler gefunden; er hat in: 
eweggruͤnde, warum er in ber Verbindung Piemonts mit Frankreich 
Deu fah, zu rechtfectigen verfucht. Durch feine Vorftelungen beim 
eſe veranlaßte er eine Verwendung für bie unglüdlichen Waldenſer von 


110 Boffuet Boſtellen 


Seiten des engliſchen Hofes beim turiner Hofe, die, vom Koͤnig von Preuß 
terſtuͤtzt, die kirchlichen und Municipalrechte der Waldenſer nicht bloßchen, 
ſondern durch die Anerkennung der ſardiniſchen Regierung feſt begruͤndet Hat, 
Boſſuet (Jacques Benigne), Biſchof von Meaux, geb. zu Dijon 162 
6 Fahr alt, als fein Vater in Metz Parlamentsrath wurde. Der Sohn blieb 
jon in dem Ssefuitencollegium. Zufällig kam dem Knaben eine lateinifche G 
die Hände, deren Inhalt einen unauslöfchlichen Eindrud auf ihn machte. 18 
alt, ward er nach Paris geſchickt, mo er das Collegium von Navarra bi 
beffen Vorſteher, Nicolas Cornet, ein Vergnügen darin fand, den Bi 
Fünglings zu bilden. Boſſuet fludirte unter der Anleitung dieſes würdigen 4 
griechiſch und die heilige Schrift, verband damit das Lefen der Meifterwe 
Alterthums und das Studium der Gartefinnifchen Philofophie. Er wart 
Doctor der Sorbonne, undin Meg Kanonikus. Hier erbaute er dur Wa 
Beifpiel, befam von dem VBifchof den Auftrag, den Katechismus des prot 
[hen Predigers Paul Ferri zu widerlegen, und that dies auf eine Weiſe, be 
feine Gegner ihn hochachten mußten. Die Königin Mutter (Anna von E 
warb dadurch veranlaßt, ihm die Belehrung der Proteftanten in dem Sprem 
Meg aufzutragen. Diefe Angelegenheit rief ihn oft nach Parie, wo er dur 
Predigten ſolchen Beifall fand, dag ihn jene Fürftin 1661 zum Hofpreb# 
nannte. Seine Einweihungsrede des Marſchalls Zurenne, der 1668 zur 1 
ſchen Kicche Üübertrat, erwarb ihm das Bischum von Condom. 1670 fal 
ihm der König die Erziehung des Dauphins, worauf er 1671 fein hifdyı 
Amt niederlegte, weil er e& fie pflichtwidrig hielt, daffelbe bei feiner beftd 
Abmwefenheit von feiner Gemeinde beizubehalten. Um diefe Zeit hielt er & 
chenrede auf Madame, die Herzogin von Orleans, eine Prinzeffin, die 3 
an einem glänzenden Hofe, deffen Zierde fie war, in der Blüthe ihrer Jahr 
Die legte Rede der Art, die am Sarge des großen Sonde, "wird. für ein SD 
ftüd in diefer Gattung des Styls angefehen. Die männliche Kraft feiner: 
wußte er in bie zum Unterrichte feines Eöniglichen Zoͤglings beftimmten „Dis 
sur l’histoire universelle” gluͤcklich überzutragen. Die Sorgfalt, bie er a 
Erziehung diefes Prinzen wandte, wurbe 1680 durch das Amt des erſten Al 
nier6 der Dauphine, und 1681 durch das Bisthum von Meaur belohnt;.. 
erhielt er die Wuͤrde eines Staatsraths, und ein Fahr barauf die bes erften ? 
fenier® der Herzogin von Bourgogne. Seine Sitten und fein Glaube waren 
ſtrenge. Alle feine Zeit war unter feine Studien und die Ausübung feiner I 
pflicheen getheilt; nur felten und auf wenige Augenblide erlaubte er fich Erh 
gen. Die legtern Jahre feines Lebens brachte er unter feiner Gemeinde zu, | 
ren Schoße er 1704 flach. Die gelehrten Benebictiner, von der Bruͤderſcha 
heil. Maurus, haben in neuern Zeiten eine vollftänd. Ausg. aller Boſſuel 
Merke veranftaltet. Boſſuet's Styl ift voll Kraft, aber nicht ohne Kleden.. 
Inteinifcher Ausdruck ift hart. Die franz. Akademie zählte ihn unter ihre berä 
ften Mitglieder. Boſſuet hat fein Leben ausführlich befchrieben (überf. v. ! 
Feder, Sulzbach 1820), Über feine Streitigkeiten mit dem Erzbifchof von 
bray, enelon, fehe man Fenelon und Quietiſsmus. 
Boſtandſchi, Bartenwärter, die Wache in dem Serail bes Su 
deren Vorfteher Boftandfcht Bafchi heißt, und die Aufficht über das Außere 
auch über die Gärten des Serails, den Canal und die Eaiferl. Luftfchlöffer hat. 
Boſtandſchi Baſchi begleitet den Sultan auf allen feinen Spagierfahrten, ur 
auch das Vorrecht, einen Bart zu tragen. librigens find die Boftandfcht zi 
die Ruderknechte und die Scharfrichter des Sultans. 
Boftellen, in Schweden folhe Guͤter (Hamman), die den Soldate 
Dfficteren und Beamten zu Wohnungen angewiefen find. Jede Boftelle mu 


L Weltdoſton, wo Die reicen Kaufleute ihre Wohnyhaujſer Haven, in 
wtnãßig gebaut. Der befeftigte Hafen faßt uͤber 500 große Schiffe, 
wehrt iſt enge, weßwegen er ſich aber fehr gut reinigt. Die Schiffe: 
kungspläge und Quais find bequem, groß und in vortrefflichem Stan⸗ 
oben reinlich, gepflaftert und durchgängig mit Fußwegen von gehauenen 
ten. Bofton hat 23 Kirchen und Bethäufer für bie verſchiedenen 
Exten. Unter mehren fchönen öffentlichen Gebäuden nennen wir bad 
aatenhaus und die Börfe. Es finden fich hier zwei Theater, ein Con⸗ 
ke Sternwarte, ein mufterhaftes Gefängniß, mehre gelehrte Gefellz 
in Bank und andre angenehme und nügliche Anftalten. Die Fabrik— 
Ins für die Ausfuhr find Segeltuch und Tauwerk von vorzuͤglicher Güte, 
%der, Rum, Wolls und Baummollenkrempeln, Potaſche, Papiers 
ir, Tafelglas u. f. m. Die Stadt ward von Charlestoron ars 1631 
e dich anfangs Trimountain, von ben drei Hügeln, auf denen fie erbaut 
ia ward fie, einem eifrigen Freunde der Freiheit, Cotton, zu Ehren, 
#3 Bofton in England war und nachmais die Prebigerftelle bei ber 
Meianeuen Stadt erhielt, Bofton genannt. 1727 litt der Ort viel , 
. Hier brach 1774 zuerft die amerilanifche Revolution aus. — 
Hand, eine Heine zu Bofton gehörige Inſel, ift der Geburtsort des 
deramin Franklin, dem noch Fein Denkmal auf bem nad} ihm benann= 
wWiahe zu Bofton errichtet ift. Im ber Gegend bei Bunkershill ſteht, 
da an den erften Kampf im Sreiheitökriege, eine 260 F. hohe Dents 
wien Granit, Boſton iſt der noͤrdlichſte Hafen ber Freiſtaaten, wel⸗ 
Ks gelbe Fieber erreicht hat. 
well (Jakob), der Freund und Biograph Johnſon's, geb. 1740 zu 
kadirte in feiner Vaterftabt, in Glasgow und auf der holländ. Univers 
‚ kielt ſich dann in London mehre Dale auf und knuͤpfte bort Verbin⸗ 
den ausge zeichneiſten Dännern feiner Zeit an, wo er auch Johnſon 
t: ein Umftand, den er feibft für den wichtigſten feines Leben hielt. 
ihte er Voltaire in Ferney, Rouffeau in Neufchatel und Paoli auf 
! weichen er fid näher verband. Dann reifete er über Paris nad) 





112 Botanik, 


fhenleben kaum hinreicht, um nur in einzelnen Gebieten bes unermeßliche 
fange ſich gruͤndliche Kenntniffe zu erwerben. Die Gewaͤchskunde zerfällt k 
Abtheilungen, von denen bie eine ſich bloß mit ben dußern Formen und bes 
ſcheidung derfelben, die andre aber mit dem innen Bau, der Miſchung bag 
und mit der Erklaͤrung ber Verrichtungen ber Gewächfe befhäftigt. Die er 
theilung können wir die Naturgefchichte ber Gewaͤchſe, die hiſtoriſche Botan 
auch Phytographie nennen. Die zweite pflegt man die philofophifche Botan 
Phytonomie zu heißen, zu welcher die Anatomie der Pflanzen und die Chen 
ſelben die nothwendigſten Huͤlfskenntniſſe find. Daß indeſſen der Nanıe k 
Iofophifchen Botanik auch von ber erftern gebraucht werden kann, hoffen 
gleich darthun zu Binnen. Was nun zuerft die Naturgefchichte der Gewaͤt 
trifft, fo gehört dazu, als Workenntniß, genaue Bekanntſchaft mit der 
ſprache. Dies ift nämlich eine Sammlung von Ausdrüden, welche von 
Theil des Gewaͤchſes, forwie von jeder Eigenſchaft und Form derfelben ge; 
werben. Die Nothwenbigkeit einer ſolchen Kunſtſprache leuchtet ein, wen 
bedenkt, daß bie allgemeine Verftändlichkeit und die Mittheilung der Beob 
gen beide mit gleichen Rechte fobert, als in jeder andern Kunft und Wiffer 
Damit man allen gebildeten Völkern verftändlich werde, hat man jene Kıq 
druͤcke größtentheils aus der Iateinifchen Sprache, bisweilen auch auß der j 
fhen, entlehnt. In den meiften neuern Sprachen Europas hat man jebodh: 
bücher der Gewaͤchskunde, Wörterbücher und Floren einzelner Gegenden 

zer Länder, welche allerdings für den ungelehrten Liebhaber einem Beduͤrfe 
helfen. Inzwiſchen befchränten fich die dergeftalt mitgetheilten Kenntniffe bg 
mer nur auf die Nation, in deren Sprache ſolche Bücher gefchrieben find. 
hat die Erfahrung gelehrt, dag man felbft in den reichften neuern Sprachen 
einen folchen Vorrath von bezeichnenden Ausdruͤcken findet, wodurch alfe V 
der Wiffenfchaft mit Sicherheit erflärt werden. Daher find, um nicht vom 
[hen Werken diefer Art zu reden, die englifhen, franzöfifchen, italienifche 
ſchwediſchen Bücher vol lateiniſcher Kunſtausdruͤcke, welche ebenfo gut erſt 
werden muͤſſen, als wenn die ganzen Buͤcher lateiniſch geſchrieben waͤren. 
wird alſo immer nur einen Theil der Schwierigkeit heben, wenn man beutfd 
Botanik fchreibt, und es werden uͤberdies noch die gewählten Ausdruͤcke, dur 
allgemeines Gefeg des Sprachgebraudye genehmigt, immer ſchwankend & 
Der zweite Theil der hiſtoriſchen Botanik befteht in der foflematifchen Kennt 
Gewaͤchſe. Syſtem nennt man die Anordnung der Naturkörper nach einem 
den Grundfag. Die Nothwendigkeit einer folchen Anordnung konnte man.er| 
zu fühlen anfangen, als die Zahl der bekannt gewordenen Gewächfe ſich bei 
vermehrte und man die Ähnlichkeiten und Verwandtſchaften berfelben au] 
fand. Zur Zeit der Wieberherftellung ber Wiflenfchaften waren durch Überlit 
der Alten kaum 1500 verfchiedene Pflanzen befannt. In unfern Tagen fin! 
einem mäßigen Anfchlage, fchon über 50,000 befchrieben. Wie wäre es m 
in dieſes zahliofe Chaos Ordnung zu bringen und ſich einige Kenntniß zu er 
wenn es nicht durch Hülfe eines leitenden Princips gefhähe? Solche Grı 
ſchwebten den Bätern der Botanik fchon im 16. und 17. Jahrh. vor, und fe ı 
ten, daß man bei den Gewaͤchſen, wie bei allen Naturkörpern, die wefe 
und nothiwendigen Theile von den zufälligen und minder nothwendigen abf 
in den erſtern aber allein die Norm der foftematifchen Anordnung zu fuche 
Nun fiel allgemein auf, daß die Frucht und der Same der legte Zweck der 3 
tion fei, und es beftanden alfo auch die erften Verſuche einer ſyſtematiſchen 
nung barin, daß man die Verhältniffe und Theile des Samens und der Se 
Stunde der Eintheilung legte, worin man noch dadurch beftärft warb, be 
fah, wie höchft ſtandhaft die Natur bei der Bildung diefer Theile in offenb 


yeuungegrunde aDgeoen ais wemgnens Die olume. Seht war 
aleitender Grundſatz aufgeftellt, der nicht fruchtbarer für ben Unter» 
feifttiche Dittgeilung dee Kenntniffe erdacht werden Eonnte. Cs 
mn geſchaffen, weiches der menfchlichen Vernunft ebenfo fehr zur Ehre 
die Verbreitung ber Kenntniffe erleichtert und befördert. Um eine 
von dem berühmten Linn e ſchen Spfteme zu erhalten, bemerke man, 
wöfdließlich die Werhättniffe der fogenannten Geſchlechtstheile als 
ut. Wie Arifloteles Mangel und Dafein als die beiden urfprüng« 
füge in ber ganzen Naturlehte darſtellte, fo fpaltete Linns alle bes 
ihfe in zwei aligemeine Abthellungen, von denen bie eine offen» 
Ieötheile hat (Phanerogamiften), die andre aber dieſelben verborgen 
enthält ¶ Kryptogamiſien). Die erſte Abthellung umfaßt die 23 
2 feines Syſtems Die Abtheilungen ber Phanerogamiften rich= 
ih nach dem Beifammenfein der beiderfeitigen Geſchlechtstheile auf 
wötboden, ober nad) ihrer Trennung. Die legtere, jegt Diklinie 

ha fich entweder auf derfelben Pflanze, wo bie 21. Claffe, oder Moͤ— 

i verfchledenen Pflanzen, wo die 22. Claſſe, oder Didcie, ihre Stelle 

u 23., die Linns Polpgamie nannte, fiehen ſolche Gewaͤchſe, welche 

üßefchledptötheite auf demſelben Fruchtboden, theils männliche, thelis 

kten enthalten. Das leitende Princip in den zwanzig erften Claffen, 

uate Zwitterblumen haben, iſt erſtlich von der Verbindung, bann von 

men Länge, ferner von der Anheftumg und endlich von der Zahl der 

Ieichtechtstheile hergenommen. Die legten find nämlich entweder 
ihen verwachſen: dies ift bie 20. Claſſe, Gynandrie; oder fie find 
sochfen, und zwar entweder bie Antheren in ber 19. Claſſe, Synge⸗ 
: fiad die Staubfäden in einen, zwei ober mehe Bündel verwachfen 
Romabetphie, 17. Diabelphie, 18. Polyabelphie). Die verfhiedene 
nbfäden macht, wenn zwei länger als die zwei übrigen find, die 14. 

mie, umd wenn vier länger als bie zwei andern find, bie 15. Glaffe, 
‚aus. Die Anheftung dee Staubfäben wird bei unbeflimmter Zahl 
eſchtigt. Stehen fie in ſolchem Falle auf dem Kelche eingefügt, fo 


un Mine Aalnnheiar Ücham Ma nf ham Boshhahum In 


114 Botanik 


bebrfich gehalten. Indeß find andre Kragen die: ob es mit ber Natur Al 
flimme, ob e6 zu Unterfuhungen und Bellimmungen unbelannter Gewäd 
eignet fei, und ob es große und fruchtbare Anfichten über das Gewächöre 
öffne? Auf libereinflimmung mit der Natur kann der nie Anſpruch machen 
nur ein einziges leitenbes Princip anerkennt, denn die Natur hat die Verſch 
beit der Formen in mehren Xheilen, nicht bloß in denen ausgedrückt, welch 
für die einzig wefentlichen hält. Auch können die Verhäitniffe der Geſch 
theile bei fehr verwandten Pflanzen hoͤchſt verfchieden, dagegen übereinftin 
bei gang frembartigen Gewächfen fein. Beſonders ift dem Zahlenverhälte 
Recht der Vorwurf gemacht worden, baß ed auf eine Weife fo ftandhaft fı 
dies zu einer Norm fpftematifcher Anorbnung erfodert wird. Dazu komm 
ein großer, gewiß ber vierte Theil der Gewaͤchſe, bie fogenannten Kryptogas 
gar nicht nach jenem leitenden Princip beflimmt werben koͤnnen, und daß a 
einer bedeutenden Anzahl ber übrigen Gewaͤchſe ganz ohne Hülfe bei ber 
fuhung wären, wenn wir ung firenge an das Linne’fche Syſtem halten w 
Endlich muß man zugeben, daß, mer fich auf das legtere allein befchräntt, d 
den Blick auf den Zufammenhang des Gewaͤchsreiches und auf die intereffas 
Verhaͤltniſſe deffelben einbüßt. Diefe und andre Mängel fallen freilich ef 
auf, wenn man tiefer eingedrungen ift und ſich umfaffendere Kenntniffe ext 
at. Dan hat fi dadurch bewogen gefunden, bie natürliche Methode. fl 
btere dem Linne’fchen Spftem vorzuziehen. Methode nennen wir diefe 2 
nung, weil fie nicht ein einzige® leitendes Princip von einem wefentlichem 
hergenommen anerkennt, fondern dem großen Gange der Natur von den y 
tommneren Geſchoͤpfen zu ben mehr vollendeten Bilbungen folgt. Dalbei 
das ganze Gewaͤchsreich nicht in Glaffen, wie im Syſtem, fonbern in Fa 
und Gruppen abgetheilt, unter welchen die Graͤſer, die Farrnkraͤuter, die. 
die Obftarten und die Nadelhölzer bekannte Veifpiele find. Die Art, bie 
milten und Gruppen aneinanderzureiben, ift nicht ohne bie größten Schu 
keiten. Man iſt naͤmlich gensthigt, weil man der Natur folgen foll, in alle 
jeden Theilen, in dem innern Bau wie in den äußern Verhättniffen, Übrrels 
mungen und Verfchiebenheiten aufzufuchen, wozu natürlich eine tiefe und. 
ſame Unterfuchung gehört, von ber der bloße Syſtematiker kaum einen Begri 
Da man ben Samen al6 ben legten Zweck der Vegetation anfieht, fo müffen 
Theile, ihre Bildung, Lage und übrige Verhaͤltniſſe auf das genauefte er 
toerden, wozu fehr mühfame und oft mikroskopiſche Unterfuchungen erfober! 
den. Dafür hat man aber auch den unleugbaren Gewinn, ſich in der Entd 
der Verwandtſchaften und in der Beflimmung unbelannter Pflanzen dergefl 
üben, daß die legtere weit weniger Schwierigkeiten hat, als wenn man fid 
an ein kuͤnſtliches Syſtem hält: Die vorzüglichfte natürliche Methode, 
wir in neuern Zeiten erhalten haben, ift die von Suffieu, welche buch A 
dolle vorzüglicy erweitert ifl. Dergleichen Unterfuhungen und Beſtimm 
der Pflanzen machen das Hauptgefchäft des Botanikers aus. Zur Befkiw 
einer Pflanze gehört aber, dag man ihr erftlic, ihren Ort im Syſtem ober 
natürlichen Samilie anweife, daß man fie zweitens richtig benenne und dritt: 
unterfcheidenden Merkmale gehörig auffaffe und Eunftgemäß ausdrüdke, 
Pflanze führt zwei Namen, deren einer bie Gattung, der andre die Art beza 
Iſt die Pflanze [yon bekannt, fo muß man gewiß fein, daß fie die ift, mei 
Autoren unter biefem Namen aufführen. Es gehört zu dieſem Geſchaͤft d 
nutzung der vorzüglichiten Werke, die feit der Gruͤndung ber wiſſenſchaftlich 
tanik gefchrieben find. Man muß naͤmlich die gleichbebeutenden Names 
wichtigften Vorgängern Linne’s Eennen, weil diefe die Pflanzen oft wahrer € 
ben und treuer dargeſtellt haben als die Neuern. Man fieht alfo, daß 1 


Botanik (Gefchichte) 115 


nd gründlichfte Kenntniß der Literatur feıned Faches dem Botaniker 
Hit. Es iſt ferner nothwendig, daß man die Pflanzen der Gegend, 
van lebt, mit Fleiß und Genauigkeit erforfche, weil durch oͤftere Beob⸗ 
Gewaͤchſe auf ihren natürlichen Standorten der Biid am beften ge- 
die Kenntnig am ficherfien erweitert wird. Anleitung zu diefem Stu: 
die befonbern Floren, deren Deutfchland eine große Menge und einige 
liche aufzumeifen hat. Das legte und eins ber wichtigften Erfoder⸗ 
1 Biefem Stubium Kortfchritte zu machen, befteht in der Sammlung 
Pflanzen oder Herbarien (f.d.). 

weite Dauptabtheilung diefer Wiffenfchaft pflegt man bie eigentliche 
je Botanik zu nennen, wiewol ein Jeder einfieht, daß die Beflimmung 
tergebung der Pflanzen ſowol Scharffinn als Wis und Beurtheilunge- 
mm Grade fodern. Diefe Abtheilung fängt mit der Unterfuchung des 
3 der Gewaͤchſe oder der Anatomie der Pflanzen an. Dies Studium 
ı Zeiten durch die Bemühungen der Deutfchen zu einem gewiffen Grabe 
ung gelangt, von dem man vor dreißig Jahren kaum eine Ahnung 
bängt mit der erflern Abtheilung der Botanik aufs genauefte zuſam⸗ 
man die Pflanzen nady ihrer natuͤrlichen Anorbnung fludirt. Ohne 
likroskop und ohne Benugung ber beften Schriften in dieſem Fache 
h aber nicht leicht eine’Elare Anſicht von dem Bau ber Pflanzen ver: 
wa. Diernächft muß man die Chemie der Gewaͤchſe mit ber Anatomie 
Unterfuchungen über die Grundftoffe der Gewaͤchſe, ihre mannigfal⸗ 
rungen und Zufammenfeßungen in den verfchiedenen Säften und 
m der Pflanzen leiten uns hierbei. Dann muß man endlich wiederum 
gen des Lebens felbft auffleigen, welche in den Gewaͤchſen im Allge: 
Aben find, die wir im Thierreiche finden. Es ift alfo die innigfte Vers 
Naturlehre thierifcher Körper mit der Phyſiologie der Pflanzen noth⸗ 
du die letztern knuͤpfen fich nun zweierlei Studien, denen ſich der Bo⸗ 
ısmeniger entziehen kann, ba fie die mwichtigften Auffchlüffe über die 
der Natur, über die Geſchichte der Erde und feibft über die Anwen⸗ 
Himfcyaft auf die Künfte und Gewerbe des Lebens darbieten. Es ift 
Kr Lehre von den Mißbildungen und Krankheiten der Gewaͤchſe, welche 
je phoftologifche Anfichten erft Sicherheit und Wahrheit erhält, und 
Gartenkunſt, die Land» und Forſtwiſſenſchaft Aufklärung und Ges 
a. Das zweite Studium, welches fid) an die Phyfioiogie der Pflan⸗ 
R, beftcht in der Erforſchung der Verbreitung ber Pflanzen auf der 
ıder Gefchichte diefer Verbreitung. Betrachtet man die Pflanzenfor- 
# aus der Vorwelt in der Slögformation übrig find, fo gemährt diefe 
| die intereffanteften Aufichlüffe über die Geſchichte unferer Erde. 
den Geſetzen nad), denen die Pflanzen bei ihrer Verbreitung gefolgt 
ven, fo gewinnt man an Kenntniß der Natur in ihren großen und all: 
eihäften, und davon laſſen fich die nüslichften Anwendungen auf die 
ahen. Als literarifches Hulfsmittel kann Sprengel’s Werk von dem 
r Natur der Gewaͤchſe als das vollftändigfte genannt werden. Ein⸗ 
bes Baus der Gewaͤchſe haben Link, Treviranus und Moldenhawer, 
ter Pflanzen aber Semebier, Sauffure und Schrader bearbeitet. 
bichte diefer Wiſſenſchaft. Bon ben beiden Haupttheilen der Bo⸗ 
hilefophifche der ältere. Che die griechifchen Philoſophen daran dach⸗ 
augen und Arten der Gewaͤchſe zu untericheiden, unterfuchten fie die 
eier Pflanzen, ihren Unterſchied von den Thieren und, ſoweit es mit 
Kam Auge gefchehen konnte, ihren Bau. Theophraſt von Erefus iſt 
fer ter philofophifchen Botanik, die er nad) einem großen und eigens 

8 * 


116 Botanik (Geſchichte) 


thuͤmlichen Plane bearbeitete. Aus den Schriften der Aleranbrier unb aus e 
Bemerkungen feste Dioskorides von Anazarba im erften Jahrh. unferer Zei 
nung ein Wert zufammen, welches eine mangelhafte Befchreibung von ung 
1200 Pflanzen enthält, deren Arzneigebrauch dem Verf. wichtiger iſt ale ı 
gemäße Schilderung ober foftematifche Anordnung. Dies Werk blieb fun 
Sahrhunderte hindurch die einzige Quelle botanifcher Kenntniß. Die perf 
und arabifchen Ärzte ſetzten ungefähr 200 ben Griechen unbelannte Pflanzes 
zu, und ed war alfo der Vorrath bekannter Pflanzen bei Wieberherftellun 
Miffenfhaften auf 1400 beſchraͤnkt. Deutfchland hat das Verdienft, bie 
riſche Botanik zuerft gegründet zu haben. Die offenbare Unzulänglichkel 
Dioskorides, wenn man die Gewaͤchſe Deutfchlands kennen lernen wollte, u 
- auffallende Ungereimtheit der Bemühungen Derer, die Dioskorides’s Beſchr 
gen auf deutfche Pflanzen anwenden wollten, brachten Hieron. von Braunfd 
Otho Braunfels, Leonh. Fuchs, Hieron. Tragus und Konrad Geßner 51 
Entfchluffe, unabhängig von Dioskorides die Sewächfe des Vaterlandes zu 
ſuchen und in Holzfchnitten abzubilden. Der zulegt genannte große SE 
faßte zuerft den Gedanken, dag die VBefruchtungstheile die wefentlicherz 
und bag man darnach die Pflanzen eintheilen müfle. Ihnen folgten ka 
Jahrh. die Italiener Pet. Matthiolus, Andr. Cäfalpinus, Profp. Alpiı 
Fab. Columna; die Belgier Dodondus, Cluſius und Lobelius, und als S 
ler der Franzoſe Dalechamp, der Engländer Gerard, die Deutfchen Joa« 
merarius, Tabernämontanus und Joh. Bauhin, deffen Bruder Kaspa 
allein die Zahl der bekannten Pflanzen durch zahlreiche Entdeckungen verr 
ſondern auch die durch die Willkür in ben Benennungen ungemein verwire 
nonymik zu berichtigen fuchte. Dies find die Väter der Botanik, zu berei 
fifchen Werken man hinauffteigen muß, wenn man mit Sicherheit eine $ 
volftändig beflimmen mwill. Durch die Anſtrengungen diefer DMäuner w 
Vorrath befannter Pflanzen zu Anfang bes 17. Jahrh. ſchon bis auf 5500 
wachfen. Das Bebürfniß ber Anorbnung wuchs mit der Vermehrung bed 
rathe. Lobelius und Joh. Bauhin wählten eine willkuͤrliche, zum Theil nard 
“ Anordnung, indem fie Bäume, Gräfer, Farrnkraͤuter, Lilien und äbafiche $ 
lien aufftellten, aber ohne ſich um einen leitenden Grundfag zu bekuͤmmern 
Caͤſalpinus war der Erfle, der, nad) Konr. Geßner's Vorſchlag, bie Fruch 
die wefentlichen Theile des Samens als Gründe einer Eintheilung auff 
welche bei vielen feiner Nachfolger, die man Fructiſten nennt, die herrſi 
Regel geblieben if. Im 17. Jahrh. wurden biefe Methoden von Mob. M 
und Sohn Ray bergeftalt verbeffert und ausgebilbet, daß der Letztere ſchon « 
Bildung der Blumenkrone und ihre Theile Rüdficht nahm, Rivinus abe 
allein die Regelmäßigkeit der Blumenkrone oder ihre unregelmäßige Geſtal 
Zournefort die Ähnlichkeit der Blumenkrone mit andern Gegenftänben als. 
erfannten. Unterbeffen wurde der Vorrath bekannter Pflanzen durch Mi 
Plukenet, Barrelier, Boccone, van Rheede, Petiver und Plumier vermehrt 
wurbe im 17. Jahrh. durch Grew und Malpighi der Grund zur Pflangenane 
gelegt; die Chemie der Pflanzen ward von Homberg, Dodart und Mario 
gründet, und das verfchiebene Gefchlecht berfelben von Grew, Morland unb 
Sat. Camerarius entdedt. Diefe Entdedung ſuchte Micheli fogar aufn 
Organismen, auf Moofe, Flechten und Schwämme, anzumenden. 
Vorgängern und den großen Pflanzenfammiern Rumphius, Parkinfon, & 
Flacourt, Commelyn, Burbaum, Ammann und $euillee verbanfte der unfle 
inne theils den Gedanken zur Gruͤndung feines Syſtems, theils die Ken 
einer ſehr großen Menge von Pflanzen. Er kannte bei ber erſten Ausgabe 
‚Species plantarum‘' 7300 Arten, bei der zroriten Ause. 8800. Wenn 


Botanifche Gärten 117 


ütemft, da ein maͤßiges Herbartum jest fchon 11 bis 12,000 Arten enthätt, 
bani man über den Zumady des Pflanzenvorraths feit fechzig Jahren erfinunen. 
Kanes Gedanken von ben beiderlei Geſchlechtern der Pflanzen wurden in der 
Dig durch Dillenius, Schmidel und Hedwig auf unvolllommene Gewächfe aus: 
guet. Das Syſtem warb von Abanfon, Alfton und Haller Beftcen, von 
Girder, Scopoli, Crang und Facguin weiter ausgebildet. Es wurben im 18. 
In die zahlteichen Entdedungen in der Pflanzenmelt von Joh. Burmann, 
I dcin, Pallas, Forskaͤl, Forfter, Haſſelquiſt, Browne, Jacquin, Aublet, 
men, Stahl, Swartz, Aiton gemacht. Es wurde die Phyſik der Ge: 
Ste Bonnet, Du Hamel, Hill, Koͤlreuter und Senebier erweitert und mit 
zum bidedumgen bereichert, und fo näherte fid) die Botanik der Geſtalt, in 
le zz fie gegenwärtig erbliden. Die Gefchichte diefer Wiffenfchaft hat 
J Aal mlftändig inf. „Geſchichte der Botanik“ (2 Bde., Leipz. 1818) er: 
MR Eae kurze Darftellung des Linne’fchen Syſtems findet man in dem Art. 
43 


























Mn. 
Itanifhe Gärten, Anlagen, in welchen Pflanzen aus allen Welt: 
ph Klimaten gezogen werden. Der Zwed einer folhen Anftalt ift theile 
Nit vnd Erweiterung der Wiffenfchaft, theils Liebhaberei And Luxus. Bei 
imsfeihaftlichen Zwecke kommt e8 darauf an, eine moͤglichſt große Menge 
mlnitim aus den verfchiedenften Familien dergeftalt zu erziehen, daß fie zu 
Duitia Grade der Vollkommenheit gelangen, denn der Unterricht in der 
wird immer fehr befchränft fein, wenn man nicht die abweichendſten 
en erläutern und dadurch den Blick auf den großen Zufammenhang 
im Gewächsreiche richten kann. Zu diefem Ende ift es nothwendig, 
Mfg lefieher einer ſolchen Anftalt einen befländigen Briefivechfet und Zaufch: 
iit allein mit den vorzüglichften Gärtnern in Europa, fondern auch mit 
u fremden Welttheilen unterhalte ; noch beſſer ift ed, Reifende in ferne 
17) Welttheile zu ſchicken, um für eine foldye Anflalt zu fammeln. 
| muß das Klima und den Boben der Linder kennen, aus denen er 
de Pflanzen zur Anzucht erhält; er muß wiffen, welche Gewaͤchſe im 
Sg, a Eimpfen, auf Wiefen, auf Selfen oder auf andern Pflanzen wachſen. 
Li; Angaben wirb die Ausfaat und Anzucht der Pflanzen eingerichtet. 
iast daher in einem botanifchen Garten für Häufer, in welchen man den 
Balder ten gehörigen Grad von Temperatur geben kann. In unſerm Klima 
Mr Treibhaͤuſer nothwendig, die im Winter eine beftindige Wärme von 
467° Fahrenh. unterhalten. Zu diefem Ende werben fie vermittelft Canaͤle 
Wi Se die Temperatur gleichmäßig verbreiten, und damit auch die Wurzeln 
derfelben Wärme genießen, gräbt. man die Töpfe oder Behälter der: 
Bien Brrberiohe ober Eleingeflampfte Eichenrinde ein, die in großen, breiten 
When Kaſten aufgefchüttet und durch Zugießen von Waffer in den Grad einer 
Gaͤhrung verfeßt wieb, welche die erzeugte Wärme auf 5 bis 6 Monate 
kamm. Um den Pflanzen volles Licht und den nothivendigen Genuß 
rme zu verihaffen, läßt man nad) der Mittagsfeite eine Senfter: 
hehe, gewoͤhnlich unter einem Winkel von 50°, auffuͤhren; es ift unnd- 
Felefwand, dieſelben Fenſterwaͤnde auch nad) den Übrigen Himmeldgegenden 
Ppuchten. Da bie frifche Luft ein ebenfo nothwendiges Beduͤrfniß des 
ift als Licht und Wärme, fo muß man entrocder die Kenfter fleißig 
a rc Luftzuͤge neben ben Deizcandien anlegen. Um bie Kälte abzuhalten, 
Sk nın die Fenſterwaͤnde entweder doppelt oder deckt fie mit Laden, Schilfdecken 
Yadranı VBorhängen. — Außer ben Treibhaͤuſern gehören Gewaͤchsbaͤuſer zu 

Iamtonsdigften Gebäuben eines botanifchen Gartens, worin bei ung Pilanın 

Sm füticher Europa, vom Cap, Neuholland und Neuſeeland uͤberwintert 























118 Botanifche Gärten 


werden. Man fucht in diefen Haͤuſern die Temperatur über dem Neaumu 
Gefrierpunkt zu erhalten und heizt daher entweder vermittelft Öfen oder aud 
Canaͤle nur dann, wenn das Quedfilber im Thermometer anfängt bie aı 
Fahrenh. zu ſinken. Daß die Gewaͤchshaͤuſer diefelbe ſuͤdliche Fenſterwand 
und nochMmehr ber friſchen Luft genießen muͤſſen als die Treibhaͤuſer, verſte 
von ſelbſt. Hiernaͤchſt muß man die Pflanzen, die im Freien fortkommen 
ihrem verſchiedenen Standort auch verfchieben behandeln. Es müffen V 
been und kuͤnſtliche Suͤmpfe für die dahin gehörigen Pflanzen angelegt m 
Alpengewächfe zieht man entrocder zwiſchen Steinhaufen, die auf einant 
thuͤrmt werden, oder in Töpfen, die man an die Nordfeite der Gebäude und 9 
ftellt. Die übrigen Pflanzen, die nicht einen beſonders ausgezeichneten ! 
lieben, werden auf Feldern, deren Erbe locker und fruchtbar ift, auch von ? 
Zeit gebüngt wird, fo gepflanzt, daß die Sommergewaͤchſe und zmeiiährii 
befondern Abtheilungen, die ausbauembden aber nach natürlicher Anordnu 
ftehen kommen. Bäume und Sträucher werden gewöhnlich nad) den Geſet 
ſchoͤnen Gartentunft in Eleinen Luſthainen und Gebuͤſchen zufammenge' 
Die Wartung, das Bewaͤſſern, das Verfegen, die Abnahme der Früchte un 
men und bie Vernehrung aller biefer Gemächfe find Gefchäfte des Gärtner 
feiner Gehuͤlfen, wobei ber Auffeher die gehörige Richtung diefen Vefchäftie 
geben und hauptfächlich für die genauiefte Michtigkeit der Beſtimmungen ber 
zen zu forgen hat. Der beftändige Abgang und Zuwachs des Vorrat 
Pflanzen macht, daß man In einer. Reihe von Jahren mehr Pflanzen beo1 
und fie genauer unb mit mehr Muße unterfuchen Fann, als wenn man b 
fpieligften Reifen in fremde Welttheile unternommen hätte. Dazu komme: 
deckungen neuer Pflanzen, an denen es bei einem außsgebreiteten Verkehr ra 
Ien wird. Unterfuchungen über ben Bau der Pflanzen, Verfuche, die felt 
die Gewerbe des Lebens, auf die Landwirthſchaft und auf andre Künfte ein 
deutenden Einfluß haben, machen foldye botanifche Gärten auch für die Wof 
des Staats eripricglich. 2 | 
Die erfte Antegung der botanifchen Gärten verliert ſich in das Mythen 
Hekate und Medea bauten in Kolchis eine Menge giftiger und ntrgficher Gem 
bie ung die Orphiker in der Argonautenfahrt aufzählen. Jener Garten wa 
9 Klaftern hoben Mauern umgeben, und dreifache eherne Thore fuͤhrten h 
Hiftorifch fcheint Theophraft der Erſte gemefen zu fein, welcher einen Pflanze 
ten unterhielt und ihn feinen Schülern vermachte. Dann wettelferten bie A 
Attalus Philometor von Pergamus und Mithridates Eupator von Pontus 
Anlegung von Gärten, worin fle Gifte und Gegengifte zugen. Plinius ert 
eines botanifchen Gartens; welchen Autonlus Gaftor, Schmwiegerfohn des K 
Dejetarus, In Jtalien angelegt harte. Fuͤr das Mittelalter wirkte Karl der ( 
mwohlthätig, indem er die Anlegung von Gaͤrten bei den kaiſerl. Pfalzen und 
gen verordnete und fogar die Gersächfe, einzeln aufzählte, welche gezogen n 
follten. Zu Anfange des 14. Jahrh. legte Matthäus Sylvaticus zu Salerr 
erften eigentlich botaniſchen Garten an. Bald folgte die Republik Venedig, ı 
1333 einen Iffentlichen mediciuiſchen Garten einrichtete und bie Pflanzer 
Amadei malen ließ. Diefe Kunſtwerke werben od) aufbemahrt. Seit W 
berftellung dir Wiffenfchaften wurden die erſten botanifchen Gärten, welche | 
groͤßtentheils ‚nur officinelle Pflanzen enthielten, in Itallen angelegt. H 
Alfons von Efte wa:d der Stifter einer terfflichen Anftalt diefer Art in Ser 
dann folgten die Gaͤrten in Padua, Piſa und Papa. Bpaͤterhm ahmte I 
pellier in Frankreich zuerſt dieſes Beiſpiel nich. In Lelden mard der akader 
Gatten erſt 1577, der parifer erft 1633, und damals wurden auch bie erſte 
sanifchen Gaͤrten in Deutfchland und England eingeriihtet. Seat Gh bie gr 


Botanybai 119 


teten: 1) In Deutfchland der kaiſerl. öftreichifche zu Schönbrunn un: 
'S Aufjicht, der koͤnigl. preußifche zu Berlin unter Link und Otto, der 
weimariſche in Belvedere, der großherzogl. babifche zu Schwetzingen 
igl hanoͤderſche zu Herrnhaufen. 2) In Groöbritannien der koͤnigl. 
Ren unter des jüngern Aiton Aufficht. Der Chelfen-Barten, für die 
otheker geftiftet, und der zu Liverpool unter Shepherd's Aufficht find 
fen gelehrten Anftalten, um nicht die großen Handelsgaͤrten zu nen: 
In Frankreich ift der koͤnigl. Garten zu Paris unter Desfontaines’6 und 
lefſicht der erſte. Ehedem mar auch der zu Malmaiſon, von Sofephine 
'geftiftet, berühmt. (S. Bonpland.) 4) In Stalien iſt der tu: 
sftätgarten unter Gapell!’& Aufficht vielleicht ber befte. 5) In Spa: 
Imigl. Garten zu Madrid unter Mariano Lagasca. 6) In Dänemark: 
fitsgarten zu Kopenhagen unter Homemann’s Auffiht. 7) Sn Ruf: 
mr die herrliche Anſtalt des Grafen Alexis Raſumowsky zu Gorinka bei 
m vornehmſten Gärten an die Seite geftellt zu werden. Außer Europa 
xim der oftindifchen Compagnie zu Calcutta unter Wallich's Aufficht 
fe. — Gegenwärtig haben jebe Univerfitäe und gelehrte Akademie, 
kniche Privarbefiger ihre botanifchen Gärten. Dan erzieht aus frem⸗ 
manche neue Pflanze, nicht um fie für immer zu erhalten — dies er: 
Lenge des Neuen felten — fondern um fie im Stande der Bluͤthe, des 
au. f. w. genau beobachten zu Binnen, wenn Unbelanntfchaft mit den 
nkaften in der Temperatur, Duͤrre oder Räffe, deren bie Pflanze im 
n Küma bedarf, jenes verhindert. Unfere Behandlung erotifher Pflan- 
u ſechr fehlerhaft. Wir fchliegen nämlich eropifche Pflanzen, bie vielen 
Kfm und dann an kältende Temperatur im Vaterlande gewöhnt find, 
Edes Nachts, auch außer Gefahr vor Nachtfroͤſten, in warmen Bes 
a md machen ſolche Dadurch weichlicher, als fie im Vaterlande zu fein 
We fie am Harzfluß und Inſektenbrut leiden, fpäter ober feine Bluͤ⸗ 
Ihe bringen. Inbeß wird jegt das Mechaniſche dee Gärtnerei im: 
Ich) beffere Kenntniffe und überlegte Verfuche vergeiftigt. Die Aus: 
Kurs zahlreichen, im Stall gefütterten ober gemäfteten Viehftandes in 
Iuag mit einem Treibhauſe zu bringen, um dadurch das Hetzen ber 
fer, deren Rauch fo vielen Gewaͤchſen Verderben bringt und fie oft 
Kospitäler verroandelt, zum Theil zu erfparen, haben wir nirgends ver: 
jen aber Vieles gewonnen, dag man die Treibhaͤuſer im nördlichen 
es fein Bann, etwas niedriger anlegt als die Erde, welche folche umgibt, 
doch Feuchtigkeit eindringen zu lafſen. Die älteften deutfchen Univers 
n gemeiniglich fir die Botanik fehr unbebeutinde Gärten. Benust 
hüten Theil des Areals fogar, wie in Halle ober Leipzig, zur Obfterzies 
Verkauf und ſtellt man nicht einen lebendlaͤnglich befolbeten Gärtner 
das Arar der Untverfität bei der Obſtverpachtung fich zwar gut, die 
tſelbſt dagegen befto fihlechter fliehen. Die enge Befchränkung der 
Bärtem auf die officmellen Pflanzen der Apothekerkunſt hat laͤngſt auf: 
eb fehlt e& den meiften nod) immer an Raum. Fuͤr die im Freien mit 
dedeckung vegetirenden Pflansen iſt die Stellung der Pflanzen in Fa: 
eit ber Boden es erlaubt, bei weitem bie vorzuglichlte. Die großen 
j man nach der Seite hinftellen, wo der arten vermehrten Schuß 


any bat, bie britifche, In vielen jungen Anfiedelungen außgebreitete, 
nanftalt auf Neuhollands Oſtkuͤſte, im jebigen Neuſuͤdwales. Die 
15 dazu war der Verluft von Nordamerika, wohin man vormals die 
sur Arbeit Dradpte, ferner bie Bedenklichteit der Briten, die Verbredyer 


120 Botanybai 


nach Weflindien oder Canada zu ſchicken, endlich die Empfehlung Cook's, ia 
fer Bai eine große Golonie zu gründen. Die Gefunbheit und Milde des KA 
die Sruchtbarkeit des Bodens, die geringe Anzahl der Ureinwohner, bie die! 
tern ſeitdem noch mehr aufgerieben haben, bewogen bie Regierung, 1788 | 
die Haupeft. Sidney Cove hier anzulegen. (Vgl. Neupolland, Neufäl 
(28, Port Sadfon und Sidney.) Den Anfang madıten eine Abthe 
von Kriegsvoͤlkern mit 760 Verbrechern jeden Geſchlechts und Alters, und 
freiwillige Coloniften. Zwar fiechte diefe, ſowie alle junge Nieberlaffungen; 
gen des Mangels an Unterftügung von Seiten der Coloniften felbft und wege 
licher Hinberniffe, eine Zeitlang; dann vermehrte fidy aber die Colonie jährlich 
bloß durd) neue Verbrecher, durch die geringe Sterblichkeit und durd) die 
chen Ehen, fondern auch durch die freiwilligen Anfieblungen Fremder, bie dx. 
Gluͤck machen wollen. Auf dem feften Lande zählte man im Anfange 1821 
50,000 Europäer, die an Thieren 2500 Pferbe, 80,000 St. Hornvieh, OL 
Schafe, 40,000 Schweine befaßen und über 60,000 Ader Landes in lanbg 
ſchaftliche Beftellung genommen und eingehägt hatten. Curopäifches Ge 
Mais, feine Merinos, Wolle, Schifföprovifion an Fleiſch find ſchon Ausſuh 
kel. Alles, was Europas Süden liefert, gedeiht dort in Überfluß an FI 









Gartenfruͤchten, faft veredeit fich dort Alles. Selbſt der Weinftod und 
baum verfprehen Segen in Fülle, ferner Tabad, Baumwolle, Zud 
Capfrüchte. Die Arbeit wird gefucht, und jede fertige Hand erhält guten 
lohn. Das wenige in den Wäldern verlaufene Rindvieh hat ſich ſchon auf, 
Stuͤck vermehrt. Die Meer: und Flußfiſcherei ift reich, und Wallfiſch 
culationen nach der Suͤdſee gaben Geminn. Eine Kunftftraße führt von der 
ſtadt durchs Gebirge, das fih 4500 Fuß über das Meer erhebt, nach 
Die Wegfenkung ins jenfeitige Thal mußte die ſchwierige Aufgabe Löfen, 1 
fteiten Tiefe von 800 Fuß ſich allmaͤlig abzudachen. Sie läuft über Stäbe 
Drte, die nody gar nicht vorhanden find, aber doch ſchon mit Kirche, Straße 
Marktplag vom Statthalter, mit Beruͤckſichtigung ber Bequemlichkeit, d 
Natur anbietet, abgepfählt find, indeg der Name an einem Maflbaume pu 
obgleich die Bewohner noch fehlen. In wenigen Monaten fieht man aber F 
und Städte wie durch ein Wunder an der Gabel von ein paar Flüffen, ober « 
Lehne eines Gebirges länge eines ſchoͤnen Thales entftehen, das ein klarer B 
zwei Hälften ſchneidet. Auch das Land jenfeits der blauen Berge fand max 
(ich zur Viehroeibe und zum Aderbau. Soweit die europdifche Cultur bier 
bat die Regierung flationsweife Landguͤter angelegt, die fie ſelbſt bewirchfd 
läßt und die ihr zu Poftanftalten und Proviantmagazinen für eine erwartete ſi 
Bevölkerung dienen. . Candie hat man noch nicht gegraben, aber Quais umb 
(06 in den Häfen gegründet, ımb auf Jahre im voraus Flurkarten an Plägen 
genommen, wo die Regierung eine [chnelle Bevoͤlkerung zu gründen wuͤnſchte. 
Land ift reich an Steinkohlen, die ſchon gegraben und ausgeführt werben, 
den befonders für die Zukunft wohlthaͤtigen großen Polizeianftalten iſt die jd 
Verwendung eines Zufchuffes von 20,000 Pf. St. für alle Verwaltungsbt 
niffe nicht zu viel. Auch Liefert die Colonie zur Gruͤndung verbefferter Munl 
anftalten durch Abgaben für Conceffionen auf Schenthäufer, Rumeinfuhe 3 
teächtliche Zufchüffe. Sidney -Cove (1500 H., 13,400 Einw.) ift der & 
Statthalters, feines Militair- und Polizeiftabes, des Obergerichts, ber H 
magazine, und der einflreilige Aufenthalt der Verbrecher, bis zur Verforgum 
felben mit Arbeit bei Privarperfonen oder Öffentlichen Arbeiten. Die Stel 
eine Bunt, die nach dem Bebürfniß der Colonie ihr Papiergelb vermehrt um 
noch auf Verlangen realifirt, wodurch fie das häufige Auctionsmefen um 
Be ggentjumswechet, indeß die alten Eigenthlmer weiter landeinwaͤrte 


(Sob. und Andr.) Bothnifher Meerbufen 121 


nlegen, ſehr unterflügt. Mhederei und Schiffsbau blühen; die 
r und Manufactur wird durch Verbrecher betrieben, bie bie Unter- 
Regierung zur VBerforgung und Verpflegung gegen Arbeit übers 
Drakoniſch find die Gefege diefer Colonie, aber nur durch folche 
ag unter ben Verbrechern, die noch zur Strafe arbeiten, und de⸗ 
trafzeit ausgedient haben und ſich nachher oft ſchlecht genug betras 
. Fremde Flaggen fieht man hier und in Paramatta häufig, bes 
wmeritanifche. Die Speculation der Einwohner, deren Wohlha⸗ 
kaffeehäufern, Gefellfchaften und auf Bällen fihtbar ift, umfaßt 
genftände. Sie haben bereits eine gelehrte und Landwirthſchafts⸗ 
Börfe, Schiffäwerfte, mehre Buchdrudereien, eine Bleiche, einen 
ten, eine Affecuranzgefelifchaft, und an Zeitungen: das „Austra- 
e“, oder das „Quarterly register‘, mit Kpfn., u. ſ. w. — Die 
tta liegt fchön, bat 2000 Einw., eine gute Rheberei und Tuch⸗ 
ı der Nähe eine Sternwarte. (S. Neufüdmwales.) — New: 
en 1000 Einw., am Coal-River, ift eine ſehr junge Stabt, deren 
en ihr Bluͤthe verſprechen. Darin und beim Holzfällen und in 
iten ein paar taufend Verbrecher, deren Erzeugniffe die Colonie faft 
t. Hier ift auch eine Schulanftalt für die Eingeborenen, die eine 
ehr glücklich betreibt. — Liverpool am Beorgefluß mit 500 
igen Werften verfpricht viel für die Zukunft; man fieht hier mehr 
als vollendet flehen. Die fünfte, die wegen ihrer fchönen Lage viel fuͤr 
peicht, ift Bathurſt, und die fechöte Windfor am Hawkesbury⸗ 
Straßen und wenig Häufern, die aber ſich wöchentlich vermehren. 
ſohann und Andreas), geb. zu Utrecht um 1610, die Söhne eines 
r fie in den Anfangsgruͤnden ber Zeichnenkunft unterrichtete. Sie 
mf in der Schule Abraham Bloemaert's und gingen, noch jung, 
ch Stalien. Johann, durch den Anblid der Werke von Glaube 
en, wählte biefen zum Muſter; Andreas zog bie Portraitmalerel 
er Manier von Bamboccio. Aber wenn ihre natürliche Neigung 
festen Gattungen führte, fo wußte die Sreundfchaft, welche fie be: 
:E zu gemeinfchaftlihen Werken zu vereinigen. So malte Andreas 
ndfchaften feines Bruders die Figuren, und Beide wußten ſich mit 
immung und Einficht gegenfeitig geltend zu machen, dag man nicht 
te, daß ihre Geinälde von zwei verfchiedenen Händen herrührten. 
3 Johannes Werken eine große Leichtigkeit, und beſonders ſchoͤne 
Jefichter, voll Geiſt und Feinheit; auch lobte man darin bie ſchoͤne 
one Kichteffecte und ein warmes, glänzendes Colorit; body hat 
echt einen gelblichen Sarbenton vorgetvorfen, der ſich von ber Nas 
ewol diefer Fehler nicht immer ftattfindet. Der Ruf Johannes ift 
eftätigt worden, und fein Verbienft ſowol als fein Aufenthalt in 
der Künfte haben ihm den Namen „Both aus Stalien” erworben. 
zu Venedig 1650. Johann, untroͤſtlich darüber, verließ Italien 
recht zurüd, wo er bald feinem Bruder folgte. Dan fchägt bie 
Johann Both ſelbſt nach feinen Hauptwerken geägt hat. 
ſcher Meerbufen, der nördliche Theil der Oftfee, von ben 
3&., übrigens von Schwedens nöcblichen Provinzen, Lappland 
grenzt. Er iſt 75 M. lang, 20 M. breit, und 20 bis 50 Faden 
re tritt hier immer mehr zuruͤck; auch friert es alle Jahre zu, ſodaß 
den nad) Finnland im Schlitten überfahren kann. Dabei iſt die: 
vegen vieler einſtroͤmenden Meinen Fluͤſſe ſehr fifchreich, beſonders 
9 derfelben zur Sathjelt. Die Schifffahrt iſt nicht bloß wegen der 


122 — Botocubden Böttcher 


Felskuͤſten, fondern auch wegen der fich oft verfegenden Sandbaͤnke und 
Klippen ohne gute Lootfen gefährlich. 

Botocuden, brafilianifche Wilde, bie, feitdem uns der Prinz 
wied und die oͤſtr. Reiſenden mehre zugeführt, in Deutfchland nähere Au! 
feit erregt haben. Ihren Namen haben fie von den großen Holzpfloͤcke 
fie Ohren und Eippen zu f[hmüden pflegen. Bloß ein geringer Theil b 
den ift bie jest einigermaßen civilifirt; die meiſten Stänmme leben nod 
Mohheit, ſtets unter einander im Kriege und gewohnt, die beftegten Feir 
zehren. Genauere, obgleich unvollftändige Nachrichten uͤber fie findet n 
Prinzen von Neuwied und andern Reifebefchreibungen über Brafitien. 
Givitifirung find 1824 auf Befehl des Kaiſers 3 indifche Dörfer angeleg 

Botfarys, f. Griechenaufſtand. 

Botta (Tarlo Giufeppe Guglielmo), Mitgl. der Akademie de 
ſchaften in Zurin, Dichter und Gefchichtfchreiber, geb. 1766 zu S.⸗G 
Diemontefiichen, fludirte in Zurin Mebicin und Botanik. Er wurde 1’ 
arzt bei der franz. Alpenarmee. Diefer Dienft brachte ihn nach Corfu ı 
in die provtforifche Regierumg von Piemont, wo er Einer von Denen w 
das Provifortum für nachtheiliger hielten als die Einverleibung Pien 
Frankreich. Nach der Schlacht von Marengo wurde er Mitglied der p 
fchen Confulta. Im gefeggebenden Körper mißfiel er Napoleon, well e 
der Despotie feiner Stantöverwaltung redete. 181% war er eins der $ 
im gefeßgebenden Körper, welche Napoleon bes Throns verluſtig erklärten 
der Reftamration ward er aus der Liſte der Glieder des geſezgebenden Koͤ 
geftrihen, weil er ein Ausländer und nicht naturalifirt worden war. 
‚nannte ihn Napoleon zum Rector der Akademie zu Nancy. Er legte 
nieber, als die koͤnigl. Negierung wieder eintrat, und lebt jest als Pri 
Seine wichtigſten Schriften find f. „Beſchreibung ber Inſel Gorfu” (2 
lÜberfeg. von Born's (Joannis physiophili) „Specimen monachologiae" 
rofrbigkeiten der Brown'ſchen Methode‘; „Srinnerungen einer Reife n 
matien”; „Über Töne und Schall”; „Kurze Gefchichte bes favopen pi 
fhen Regentenhauſes“; „Geſchichte des nordamerikaniſchen Kreibelte 
1816 ein mit Beifall aufgenommenes Epos in 12 Sefängen: „IlCamil 
conquistata”; 1824: „Storia d’Italia dal 1789 al 1814" (4 Ihlı 
franz. 5 Bde.), etwas redbnerifch, aber ein wahres Gegengift gegen revolı 
Demokratismus; und 1825 zu Paris in 3 Bon. die „Histoire de 
d’Italie, worin er der chriſtlichen Religion und der Philofophie das ' 
Europa civiliſirt zu haben, abſpricht, und es der Wiedecherftellung di 
ſchaften beifegt. | 

Böttcher (Sohann Friedrich), ber Erfinder bes meißner Porzella 

9. Febr. 1682 zu Schleiz im reußifchen Voigtlande, kam im 15. Fahre ı 
deburg, wo er feine erſte Bildung erhalten, bei dem Apotheker Friedric 
Berlin in die Lehre, und Außerte hier feltene Talente und Beharrlichkeit, 
in hemifchen Stubien, benahm ſich aber auch fo in fich gekehrt, bag mc 
einen halben Narren hielt. Anfänglich befchäftigte er ſich mit ber Le 
Atzkunſt; bald aber verwandte er jebe freie Stunde auf Verfuche, Gold z 
wozu ihn der Apotheker Köpfe zu Heymersleben veranlaßte, welcher ihm e 
lich von einem St.⸗Gallenſchen Mönche erhaltenes Manufeript über t 
der Weifen mitgetheilt hatte. Ganze Nächte verſchloß ſich Böttcher 
Laboratorium, arbeitete dort einzig auf Koften feines Herrn, denn er f 
fein Bermögen, und benahm ſich dann am Tage des entbehrten Sch 
zu jeber Arbeit verdroffen. Dies zog ihm flete Verweiſe zu, und bew 
lich en fo gefpanntes Verhältnig zwiſchen ihm und feinem Herrn, daß 


Böttcher 125 


18 1699 heimlich verließ. Als er bald darauf in ben größten Noth⸗ 
fügte er fi) und warb zu Oftern 1700 unter ber Bedingung, ſei⸗ 
ı Zhun und Treiben zu entfagen, wieder In die Dfficin genommen. 
tet fegte Böttcher mit Hülfe eines Kameraden, Schrader, ſeine alche⸗ 
ſuche fort, und wußte ſich endlich durch Vorzelgung von Meinen Stuͤ⸗ 
er tingirt haben mwollte, im Zorn’fchen Haufe fo in Anfehen zu fegen, 
or der Zeit loßgefprochen ward. Zum Dank dafür erbot ſich Boͤtt⸗ 
jerrn, In Gegenwart einiger Freunde, eine Probe feiner Tingirkunſt 
b den 1. Oct. 1701 vertwandelte er auch wirklich, wie es wenigſtens 
rigrofchenftüde, die er in einem Schmelztiegel flüffig gemacht hatte, 
eingeftreutes rothes Pulver ins feinfte Gold. So fehr nun auch 
Geheimhaltung der Sache bat, ward feine vorgebliche Kunft doch 
bekannt, und erwarb ihm den Zufpruch der vornehmften Leute, unter 
kannten Chemikers Kunkel von Loͤwenſtern. Der König felbft 
ufprechen. Als er aber erfuhr, daß man Willens fei, ihn als Adep⸗ 
m, verſchwand er auf einmal und lebte erft verfteckt in einer Boden⸗ 
m Kaufmann Möber; Ende Det. 1701 aber entwich er nach Wit: 
runter dem berühmten D. Vater Medicin ftudiren zu wollen vorgab. 
a ihn durch ein Commando Soldaten bis an bie Grenze verfolgen 
ch einen Officier bei dem Commandanten von Wittenberg auf Aus: 
am. Allen diefer, gegen welchen Böttcher förmlich den Adepten 
me eiligft den Vorgang an den dresbner Hof, von welchem fegleich 
eigte, Böttcher nicht auszuliefern, fonbern fo geheim als möglich 
m fenden. Dies gefchah im Dec. 1701 und zwar mit ber Außer: 
Der Statthalter Sachfens, Fürft Egon von Fürftenberg, ſchickte 
aicnen Pferde, und ließ Böttcher mitten in der Nacht, auch nicht 
Vege, Tondern über Wurzen nach Dresden abführen, denn in allen 
tBirtenberg lagen verkleidete preuß. Solbaten, welche Böttcher er: 
w Berlin ſchaffen ſollten. Wiederhofte Verfuche des berliner Hofes 
ker, Böttcher twiederzuerlangen , blieben fruchtlos. Auguft IT. 
Amberg glaubten an Böttcher einen unſchaͤtzbaren Fang gethan zu 
fe: verſtand ſich trefflich darauf, fie in biefem Glauben zu erhalten. 
 Apochefergefelle, weichen die Preußen In Wittenberg unter bem 
entfprungenen Kerl requirirten, erhielt Wohnung, Tafel und Be: 
m Fuͤrſtenberg'ſchen Haufe, zu feinen aldyemiftiichen Arbeiten aber 
t bedeutende Summen. 1m fid zu überzeugen, role er bie Gelder 
ſuͤglich aber, um ihm feine geheime Kunft abzufernen, gab man Ihm 
Ehrmfried Walther von Tſchirnhauſen zur Aufficht, in deſſen Labo⸗ 
agiren ſollte. Lange wußte Böttcher Alle, die ihn beobachteten, zu 
Renig aber Hinzuhalten, und wenn die hunderttaufend von Dufaten, 
&affen reolite, nicht zu fchaffen waren, fich mit dem ſchlechten Ge- 
m Tingiren gelieferten Materialten zu entfchutdigen. Als er aber 
ee König endlich doch unwillig warb und keine Taͤuſchung mehr 
Ite, machte er fih im Sommer 1704 bei Nacht und Nebel fort und 
Bes duch Böhmen nach Ungarn. Allein Herr v. Bomsdorf, der 
{des Könige nachfekte, ließ ihn zu Welten, einer Fürftenberg fen 
Hſtreich, feſtnehmen, und brachte ihn nach Dresden zuruͤck, two er 
M im Vorfpiegeln neuer Hoffnumgen verdanfte, daß er nicht als Be⸗ 
“ward. Indeß rierh Ihm doch nun Tſchirnhauſen, ber mol merkte, 
inmmermehr Gold zu Stande bringen werde, ſich lieber mit Erfin- 
ellans zu befhäftigen, womit ber Noönig am erften noch zu befänfti- 
r. Zwar hatte Afehlendaufen ſelbſi, welcher des Könige koſtſpielige 


124 Böttiger 


Vorliebe für das chineſiſche Porzellan mißbilligte und deßhalb die Chin 
Sachſens porzellanene Schröpftöpfe nannte, eine Art von Porzellan e 
allein e8 war noch viel zu glaßartig, ald daß ed auf den Namen von Porze 
fprudy machen konnte. An Materialien zu Porzellanverfuchen fehlte : 
denn Tſchirnhauſen Eehrte von feinen mineralogifchen Reifen durch Sa 
beim, ohne eine Menge Erden mitzubringen, durch welche er die Petun 
fegen meinte, aus welcher die Chinefen ihr Porzellan fertigen. Wirklie 
auch Böttcher im Anfange 1705, während er die Zufammenfegung . 
Schmelztiegeln tauglihen Maſſe beabfichtigte, aus einem braunrothen 9 
meißner Gegend ein Porzellan zu Stande, weldyes das Tſchirnhauſen'ſche 
und Schönheit weit übertraf, Der glüdliche Erfinder ward nun mit 
überbäuft, fogar auf Koften und Veranlaffung des Königs in den Rei 
ftand erhoben, jedoch noch immer nicht auf freien Fuß gelaſſen, theile, m 
die Fertigung des Porzellane ale Geheimniß behanbelt wiffen wollte, the 
man die Porzellanerfindung als Nebenſache betrachtete und immer noch 
dedung des Steind der MWeifen hoffte. Deßhalb warb Boͤttcher's Labeı 
unter Zfchienhaufen’s Aufficht nach der Albrechtöburg in Meißen verlegt, : 
die Porzellanfabrication fo geheim betrieben, daß feibft die Familien der I 
ter, welche man dazu von Zreiberg kommen ließ, nicht erfahren durften, wg 
für welchen Zwed man leßtere von ben Gruben nahm. Als die 
in Sachfen einfielen, warb Böttcher, nebft 3 feiner beften Arbeiter, unten 
riebedeckung bei Nacht auf die Bergfeftung Königftein gefchafft und fein 
rium mit des Königs eignem Petſchaft verfiegelt. Der Commandant bg 
ſteins erfuhr nicht einmal Boͤttcher's Stand und Namen. Letzterer ward! 
aufs anftändigfte verpflegt, aber auch ſtreng bewacht. Sein Zimmer. ha 
ein Vorlegeſchloß. Dieſes eingefchränkten Lebens fatt, wollte Böttcher 
fliehen, verrieth aber, als er fich entdeckt fah, den ganzen Plan felbft dem & 
danten und gab feine Fluchtgenoffen deffen Ahndung Preis, während er | 
leiblichen Arreft bewirkte. Erſt nachdem die Schweden Sachſen verlaffer 
erhielt Böttcher feine Freiheit wieder und Fam den 22. Sept. 1707 nad A 
wo er nun auf der Venusbaſtion Porzellan fertigen mußte. Tag unb Na 
den die Materialien geftoßen, durch den feinſten Kattun gebeutelt, dann « 
morplatten gerieben und endlich auf einer Mafchine des Hoftoͤpfers gemahle 
Schmelzen der Maſſe bediente man ſich an fonnenhellen Zagen des großem 
haufen’fchen Brennfpiegels, der oft 12—14 Stunden nicht über bem D 
am, und fo gerieth die braune Maſſe immer ſchoͤner; doch gluͤckte bie Ü 
des weißen Porzellans, wonach man befonder& trachtete, erft 1709. 172 
das Laboratorium wieder auf die Albrechtöburg In Meißen verlegt, auch 
die noch jegt blühende Porzellanfabrit gegründet und Boͤttcher's Directk 
geben. Letztere aber war, feiner unordentlichen Lebensart wegen, fo el 
daß die Fabrik nicht eher gedieh, als bis man Böttcher die Direction nahm 
ſchweifungen in der Liebe, wie im Trunke, lieferten ihn ſchon mit dem 
ins Stab. Er ftarb zu Dresden den 13. Mär; 1719 und zwar — 
vom Könige nad) und nad) über 150,000 Thaler erhalten hatte — gan, 
det und fo geldlos, daß er aus feiner Caffe kaum begraben werden konnte, 
Böttiger (Karl Auguft), k. fächl. Hofeath und Oberauffeher -& 
tifenmufeen in Dresden, berühmt als Archaͤolog, geb. 1760 zu Reiche 
ſaͤchſ. Voigtlande, wo fein Vater Conrector war, verdankt feine phllologl 
dung der Schuipforte und dem Privatftudium der Griechen und Römer. | 
zig waren Morus und Reiz feine Lehrer und Sreunde. Als er nad E 
geben wollte, verlor er durch den Brand in Gera alle Ausfichten’zu weiter 
füsgung, und warb Hofmeifter eines jungen v. Meilie. 1784 ward er ! 


Böttiger 418 


auch eine Erziehungsanftalt von mehr als 20 Zöglingen unterhielt. 
n in Bausen, wohin er an Roft’s Stelle als Rector berufen wur« 
kurze Zeit, und ging dann durch Herder's Vermittelung nach Weis 
ra 1791 bis 180% Director des Gymnaſiums und Oberconfiftorials 
k. Dier wirkte ber Umgang mit Göthe, Herder, Wieland und 
haft zu feiner Fortbildung, vor Allem aber der vertraute Umgang 
m Künftier, Heinrich Dieyer, mit dem er fpäter mehre archäologis 
berausgab, auf feine Vorliebe zur Archäologie, worin er in den 
die verwitwete Herzogin Amalie umgaben, ſtets neue Belehrung 
hne Außere Vortheile, aber ableitend vom ernften Stubium, war 
ig mit dem Induſtriecomtoir und beffen literarifchen Unternehmuns 
mal für Lupus und Mode” hat er von 1795 bis 1803 ganz allen 
Namen beforgt, und faft jedem Monatsftüde einige Auffäge eins 
‚1797 an war er auch Herausgeber bes „N. beutfchen Merkurs”, 
bad nur den Namen gab. Da er Überdies noch das Journal 
ſaris“ in 6 Jahrg. allein beforgte und die Kupfererfiärung dabei 
hatte, auch ber „Allgemeinen Zeitung”, feit ihrer Stiftung durch 
iſche Überfichten, Biographien der Verftorbenen (die bis 1806 alle 
engliſche Miscellen und ausführliche Meßberichte lieferte, fo mußte 
ı mit einem ausgebreiteten Briefmechfel und ber ſtets zuerft beſorg⸗ 
it, feine Kräfte zerfplittem ; und die Auffoderungen, die Heyne, 
Johannes v. Müller und Andre oft dringend genug an ihn ergehen 
x zu fammeln und etwas Bleibendes zu unternehmen, blieben meift 
Sein Hauptiverk, das er in Weimar begann, aber aus Mangel 
kteftügung nicht fortfegte, find f. Vaſenerklaͤrungen in 3 Thin., 
asikupfern von W. Tifchbein’s in Neapel erfchienenem Werke über 
witon’fche Bafenfammiung. 8 find in diefen drei Heften nur bie 
m erläutert. Der Plan war, daran eine Erläuterung über das 
kan aus ber griechifchen Kunſtperiode zu knuͤpfen, und alle Punkte 
Mythologie darin zu entwideln. — 1804 ward er als Stubien- 
genhauſes nach Dresden berufen. Als 1814 das Pagenhaus mit 
uufe vereinigt wurde, ward er Studiendirector bei der Ritterakade⸗ 
mmuffeher über die Einige. Muſeen der antiken Marmor und ber 
Iupsabgüfle. Er hat feit 1805 mehre Privatoorlefungen in feis 
über einzelne Zweige der Alterthumskunde und alten Kunft vor 
Zuhörerinnen aus der oberften Claſſe der Fremden und Einheimi: 
wovon die Andeutungen zu 24 Vorlefungen über bie Archäologie 
6, die Ideen zur Gefchichte der alten Malerei, die Abhandlung 
mdinifche Hochzeit ic. in Druck gegeben worden find. Auch hielt 
ı den Sommermonaten unentgeltliche Vorleſungen über einzelne 
RE der Archäologie im Vorſaale der Antilengalerie, toelche von Frem⸗ 
ht werden. Seine „Sabina, oder Morgenfcenen im Pugzimmer 
„die auch, ins Franz. Üüberf., in Paris Gluͤck gemacht hat, entftand 
ber diefen Gegenftand im Modejournal, durdy welche der Verfaffer 
bildeten Leferinnen für fi) gewann. Was den fchriftftellerifchen 
I berühmten Gelehrten betrifft, fo hat die Kritik des Sin- und Aus: 
ofe Kenntniß alter und neuer Sprachen, fomwie der alten und neuen 
luckliches Zufammenftellungsvermögen bei ber ausgebreitetften Be⸗ 
eine lebhafte Darftellungsgabe bei umfaffender Gelehrfamkeit aner- 
von einem vortrefflichen Gebächtniß unterftügten Vorzüge haben 
and gefest, viele Selber des menſchlichen Wiffens mit Erfolg anzu: 
iglich iſt es Ihm Im ber Alterthumstunde und Mythologie gelungen, 






126 | Boͤttiger 


theils Dunkelheiten aufzuklaͤren, theils künftigen Bearbeitern den Weg je 
Auch über die Schauſpielkunſt hat er feine Forſchungen verbreitet, indem 
allein die Mechanik der griechifchen und cömifchen Theater beleuchtet, fon) 
in der Entwidelung bes Iffiandifchen Spiele und in f. Beiträgen zu der 
zeitung‘ (Dresd. 1817 fg.) theilweife die Schaufpiellunft der Neuern abı 
bat. Überhaupt darf man ihn zu den gelehrteften, besiehungsreichften ı 
vollften Zergliederern des Kunftfchönen in mehren: Dentmälern des Al 
zählen, die aus Windelmann’s Schule hervorgegangen find. In Dre 
Böttiger Gelegenheit, feine archäologifchen Kenntniffe durd) das Studium 
tike zu vervollkommnen, foroie er ſelbſt vielen Kunftfreunden durch Rebe um 
ein willfommener Führer wurde. — Wenn Übrigens Einige dem gefpien 
wol beneibeten Manne Univerfalität, von der er wenigfiens oft glänzende! 
gegeben hat, als einen Fehler antechnen,, fo gibt ed dagegen Mehre, wi 
Heyne u. A., die diefe Vielfeitigkeit des Wiſſens bei einem Archäologen ı 
tator, dem das Alte wie das Neue zur Vergleichung fo gegenmdrtig ift, ni 
türlich, und die Fuͤlle von Sachen, von der er fich zumeilen hinreißen laͤßt, 
doch wortreich oder je geſchmacklos zu werben, wenigſtens fehr verzeihlu 
da fein Blick Heil, fein Wiffen gründlich und feine Darftellung gefällig und 
ift. Denn ohne feine Überficht der englifchen Literatur und der Meßgefchäfl 
ders der literarifchen, in der „Allgemeinen Zeitung” und im „Worgenblatt 
wähnen, beziehen wir uns hier bLoß auf feine Erklärungen der englifchen & 
im Journal „London und Paris, wo er eine Kenntniß der innern We 
Englands und ber politifchen Parteien dieſes Landes entwidelt hat, die in 
nen fegen muß, da er nie in England war, und fich foldye Kenntniſſe ge 
nicht duch Buͤcher, fondern nur durchs Leben erwerben laffen. Insbeſe 
innern wir noch an feine mit Geift und Gruͤndlichkeit gefchriebenen Erf 
zu der Schiller Ramberg’fchen Galerie in dem Zafchenbuche „Minerva. 
tiger konnte dabei manche münbliche und fchriftliche Mittheilung Schiller's 
Auch ift die feit 1816 dem „Morgenblatte“ zugegebene Beilage bes „Kum 
hauptſaͤchlich durch ihn in Anregung gebracht und gefördert worden. 
bindung mit vielen Musgezeichneten feiner Zeit legt ihm oft die Aflicht au 
nad) ihrem Tode ein literarifches Denkmal zu fliften. So fchrieb er in 
zum 6. Bd. von Bode's „Montaigne“ Bode's literarifches Leben; fo ſchl 
fpäter des Oberhofpredigers Reinhard Charakter in einer zweimal aufgeleg 
rakteriſtik, und den Bergrath Werner in einer Rede, die in mehre Sprad 
ſetzt ift; fo fchrieb er 1819 Skizzen zu Millin's Schiiderung (A. 2. M 
fhildert von Krafft und Böttiger”). Er hat auch den Vorſatz noch nicht au 
über feinen vieljährigen Umgang mit Wieland, und da er im Beſitz mehrer 
Briefe und andrer handfcheiftlichen Urkunden von bemfelben ift, ein Wi 
dem Zitel: „Wieland und feine Zeitgenoffen”, herauszugeben. — 

gab er im Verein mit andern Gelehrten eine der Kunftmpthologie u 
lichen Alterthumswiſſenſchaft gewidmete Zeitfehrift „Amalthea“ (Epz., 
beraus, und feit 1821 ift er Herausgeber und größtentheild Verfaſſer 
„Abendzeitung” begleitenden artiftifchen Notizenblattes. Seine Vorreden 
merkungen zu dem von ihm herausg. „Reiſetagebuch der Frau von der Rı 
nicht zu überfehen. — Nach diefen Beweifen von Böttiger’s reichem U 
Leben wie im Schriftenthum gefellen wir und gern zu Denen, die bem f 
was MWiffenfchaft und Kunft in allen ihren Zweigen befördern kann, raſtl 
gen, dabei auf eine feltene Art gefäligen und in mehr als einer dem Gen 
gewidmeten Verbindung vielfach wirkſamen Manne ihre ungeheudhelte 
darbringen. Sein fehr ähnliches Bildniß, nach Vogel's Zeichnung, fleht 
Zafchenbucd „Urania“ 1823. 


Bogen Bouchardon 127 


en (Bolzano), Stadt in Tirol, am Zuſammenfluß ber Eiſack und 
1000 H., 8100 Einw. und 4 Meſſen. VBebentender war hier ber 
kehe, fo lange Bogen und Tirol außer der oͤſtr. Zolllinie tagen und der 
ber Schweiz und Italien frei war. Diefe vormals noch wichtigern 
theile gaben jene Zlüffe ber Stabt ebenfo wenig, als Leipzig die Pleiße 
ee; deſto mehr aber die ſelbſt jegt noch nicht ganz aufgehobenen Priwi⸗ 
aligen Landesherren, Bifchöfe von Trient, und daß wegen des Zugs 
„ forwie des Lauf der Flüffe in ben Thälern Tirols, die Hauptfahrſtra⸗ 
dentſchland, Italien und der Schweiz ſich hier durchfchneiden. Der 
lichhandel uͤber den Comer See, alfo aus der Schweiz In die Lombardei, 
abeuner Meßhandel fehr. Bozen liegt in einem Gebirgskeſſel. Das 
ktman bort, weil fi) das Thal gerabe füblich nach Stalien abdacht, im 
ine faſt unertraͤgliche Hige, bisweilen fogar den Sirocco. Dagegen ges 
t aber auch die eblern Früchte Oberitaliend (Agrumi) unter dem Schuge 
merkededdung an der Morgenfeite der Berge. Der Herbft ift hier die 
Ireizeit ; immer milde bauert er inder Hegel eben fo lange, als der Wins 
an pflegt. Es waͤchſt an der Lehne ber Berge in Bogen eine vorzligliche 
meins. Im Thale blüht die Anzucht der Maulbeerbaͤume; daher man, 
Fe Seidenzucht in den deutfchen Erblanden bes oͤſtr. Kaiſerſtaats findet. 
scanter, f. Flibuſtier. 
whardon (Edme), geb. 1698 zu Chaument en Baffigni, der Sohn 
ers und Architekten, lernte anfang® zeichnen und malen. Ex ver- 
ut Gopien, ohne jedoch feine Stubien nad) der Natur zu unterbrechen. 
wBinhauerei zu widmen, ging er nach Paris, mo er in die Schule bes 
Inden trat. Bald gewann er den großen Preis, und warb £. Penſionair 
Sie ſtudirte er feine Kunſt theils nad) den Werken des Alterthums, 
ti Veſrel und Dominichino. Ex verfertigte mehre Büften und follte 
isttimens XI. ausführen; aber die Befehle des Könige riefen ihn 
wurd, Hier verfertigte er u. X. eine große Gruppe aus Stein, 
Alien, der einen Bären bändigt, vorftellte, und welche lange in den 
möresbois fand; ferner nahm er Theil an der Reftauration dee Fon⸗ 
kai zn Berfaillee. 1736 folgte er Chauffourier als Zeichner der Aka⸗ 
Men Kimfle. Er übernahm die Statuen, welche bie Kirche von 
iz verzieren follten, 10 an ber Zahl. Auch fieht man in diefer Kirche 
k Grabmal der Herzogin Lauraguais. Der Springbrunnen in ber 
weile, welchen 1739 die Stabt Paris anlegen ließ, ift ganz fein Werk, 
kfein Dleifterfilik gehalten. Ein erwachfener Amor, den er für den 
üte, fand wenig Beifall. Zu dem „Traite des pierres gravées“, 
iette 1750 herausgab, fertigte Boucharbon die Zeichnungen, nad) 
' Rupferfliche gemacht wurden. Endlich übertrug man ihm die Aus» 
$ größten Denkmals der damaligen Zeit, der Statue Lubwige XV. zu 
be die Stade Paris errichten ließ. Ex arbeitete mit unglaublichen 
jahre an dieſem Werke, und lieferte befonbere in dem Pferde ein Muſter 
menheit, das man Allem an bie Seite ſetzen kann, was das Alterthum 
aufzuweiſen hat. Er ftarb 1762. Ihm gebührt der Ruhm eines 
genauen Zeichners; feine Sompofitionen tragen den Charakter einfacher 
wußte mehr Geift und Ausdruck in feine Zeichnungen zu legen, als in 
x. Dan möchte im Allgemeinen feinen Bildhauerarbeiten mehr Feuer. 
Seine zu Rom gemachten Zeichnungen find Eräftig und kuͤhn; fpäter 
ae gesiertere und feinere Manier an, um fich dem Zeitgef[hmad anzu: 
en feinen Schülern ift Louis⸗Claude Vaſſe bekannt, welcher 1772 ftarb. 
ob Leben hat Caylus gefchrieben. 








128 Boucher (&rangoie) | Boucher (Alerander) 


Boucher (Francois), erſter Maler des Königs und Director der 
akademie, geb. zu Paris 1704, fl. 1770. Als Schüler des berühmten L 
gewann er in einem Alter von 19 Jahren ben erften alabemifchen Preis. 
dem er zu Rom kurze Zeit ſtudirt hatte, kam er nad) Paris zurüd und w 
Maler der Grazien genannt: eine Benennung, die ex durch feine Gemaͤ 
vechtfertigte. Er würde vielleicht etwas Großes haben Leiften koͤnnen, u 
nicht der verborbene Geſchmack feines Zeitalters, der das Gezierte und Sch 
liebte, angeſteckt und er nicht ſelbſt ein Lieberliches Leben gefübee hätte. D 
tigkeit, mit welcher er arbeitete, verleitete ihn zu einer übereilten Fluͤchtigk 
Gruͤndlichkeit und Studium. Geine Zeichnungen find verfehlt, feine Farb 
gehörig verfehmolzen, beſonders iſt er im Nackten fo grell, als ob der Sichel 
sothen Vorhanges darauf fiele; mit einem Worte: er iſt als der Zerſti 
franz. Schule anzufehen. Übrigens kannte er weder Neid, noch Geiz, und 
terte junge Kuͤnſtler aus allen Kräften. Mit welcher Leichtigkeit ex ge 
babe, beweift die faft ungeheure Menge feiner Gemälde und Zeichnungen, u 
chen lestere ficy auf mehr ala 10,000 belaufen mögen. Er radirte felbf 
Blätter, nad) ihm aber hat man unzählige Kupferftiche. 

Boucher (Alerander), oder wie er ſich felbft nach dem Worgamy 
franz. Journals zu nennen pflegt: l’Alexandre des violons, einer der m 
digften, aber barockſten Wiolinfpieler, ift 1778 zu Paris geboren. Sche 
Sabre ließ er fich vor dem Dauphin, und im 8. öffentlich hören. Als exe 
Jahre zählte, war er genöthigt, auf Tanzboͤden zu fpielen, um für ſich und ſ 
tern Unterhalt zu gewinnen, ja, er ging bei dem Vicomte de Marie, vorted 
Violin⸗ und Harfenfpieler, förmlicy in Dienſt. Niemand wollte fich ſtu 
auf dem damaligen Theätre de la Cite in einer berühmten Poffe die Mel 
Fiedlers auf dem Theater felber übernehmen follte, al& der originelle, lebhaft 
Boucher die Partie uͤbernahm, und hier alle Abende durch feine tollem Streik 
Paris zum Lachen zwang und ſich felbft eine wunderliche Berühmtheit: 
Sein lebhafter Geiſt riß aud) ihn in den Strubel der Revolution. Er zeich 
als Milttaie aus und führte Heine Haufen in den Tagen bes 13. Benbenila 
4. Prairial. Nach bergeftellter Ruhe ließ er ſich im Orcheſter des Theate 
deau anftellen und hielt fpäter um die Lehrerſtelle im Confervatorium au, di 
Rode's Abreife erledigt war. Sein unruhiger Charakter aber und feine « 
dentliche Eitelkeit hatten ihm zu viel Feinde zugezogen, als daß er zum ef 
fo wichtigen Stelle hätte gelangen follen. Ex ging daher mißmuthig nach S 
Hier mußte er anfänglich mit Unkenntniß der Sprache und manchem Many 
pfen, bis der verft. König Karl IV., der felbft ein leidenſchaftlicher Violinfpie 
von ihm hörte und ihn zum erften Solofpieler feiner Capelle ernannte. 
mehren Fahren ging er nad) Frankreich zuruͤck, wo er ſeitdem mit feiner 
Gelefte Boucher, einer ganz vollendeten Harfeniftin, als Privatmann lebte, 
mit ebenfo ungemefienem Beifall, als ohne allen Erfoig hören ließ. 181 
nahm er in Bern die Orchefterdirection einer großen muſikaliſchen Auffüße 
Haydn’fchen Schöpfung. Aus Dankbarkeit ſchlug man ihm zn Ehren eine 
Medaille mit der Infchrift: & l’Alexandre Boucher. 181% ging er nach € 
In Dover wollten die Douanen fein Inſtrument confisciren, aber Bond 
ſchnell danach, fpielte das God save the king mit Variationen, und die eb 
börden ließen ihn in Srieden ziehen. Dergleichen originelle Züge gibt «6 
lige, denn Boucher ift einer der barod=genialften, wunderlichſten Menſ 
Leben wie in feiner Kunfl. Er entwidelt in einem Zugenblide die vol 
Meifterfchaft, während er wieder in andern wie ein Stümper Eragt. € 
ein Adagio mit allem Gefühl, aller Süße, deren das Inftrument nur fi 

p fpannt piöglich die Violine durch den Bogen, um auf allen vier Sa 


Bonboir _ Boufflers 129 


fpielen. In Berlin, von wo aus er neuerlich feinen Ruf für Deutſch⸗ 
indet hat, bat man treffend von ihm gefagt: er zerreiße mit demfelben 
8 DObr, mit dem er daß Herz entzüde, und er Eönnte ber erfte Violin⸗ 
Belt fein, wenn er es nicht vorzöge, der bizarrefle genannt zu werben. 
bat überdies durch feine Ähnlichkeit mit Napoleon, die er durch Gang, 
und Blicke noch auffallender zu machen weiß, Theilnahme erregt. Je⸗ 
iden Eyfaifer zu fehen, wenn Boucher die Arme in einander fhlägt. Er 
I, diefe feltene Ähnlichkelt habe ihm zur Zeit der Reſtauration in Paris 
\ - 56. 
estoir, ein abgelegenes, einfach und anmuthig verzierte® Zimmerchen, 
salaın beftinmmt (von bouder, fchmollen, daher Manche es durch Schmoll⸗ 
ken überfegen).. Es mag alfo wol feinen Namen einem mißvergnüg- 
man: danken, deſſen Gattin, wenn fie zu [hmollen Neigung hatte, ſich 
zur einſchloß. Das Boudoir ift ein Eigenthum der Dame und ihr Hei- 
\ Hier flieht fie vom geräufchvollen Zwange der großen Gefellfchaft in die 
elinfamfeit. Hat fie die Schwelle überfchritten, die Thür hinter ſich ge- 
uf if fie fich feibft zuruͤckgegeben. Muſik, Lefen, Nachdenken, eine 

it, aber Alles aus Neigung, natürlich, . gefällig und von den Seffeln 
a Velt entbunden,, füllt die erholende Zeit im Boudoir. Kein Fremder 
Ihn. Auch die Freundin, der Gemahl felbft Hat nicht freien Zutritt. 
je ine Erlaubniß dazu, und diefe Erlaubniß ift eine Bunft, eine Auszeich⸗ 
‚Bader Ton bes Bouboire, immer anftändig, ift auch freier, vertraulicher, 
Be, arfälfiger als der abgemeffene Ton des Geſellſchaftszimmers. 
Bufflers (Stanistaus, Chevalier de), Mitglied der franz. Akademie, 
elerquife von Boufflers, Freundin des Königs Stanislaus von Polen, 
uanike 1737 , ward fuͤr einen der geiſtreichſten Märmer feiner Zeit gehat- 
Wielemith feines Umgangs ift ale in ihrer Art einzig gerühmt worden. 
Me Stande beftimmt, in weichem feine Geburt ihn zu den höchften 
Ougfiee Hätte, erklärte er offen, daß fein Hang zum Vergnügen ſich nicht 
whlkten dieſes Standes vertragen würde. Er trat alfo in Militairdienſte. 
wersmm Gouverneur vom Senegal ernannt; als folcher machte er viele 
önkhtungen. Mad) feiner Zurüctunft widmete er ſich jener leichten 
Metigen Literatur , bie das Zeitalter Ludwigs XV. zu feinem Nachtheile 
wbrichnet. Er ward der Abgott der Frauen und aller hohen Cirkel der 
ik Mit nicht geringem Erfolge befuchte er die glänzendften Höfe feiner 
Ieande. Sein Ruf führte ihn in bie erfte Nationalverfammlung, wo 
u Mifigung und gute Vorſchlaͤge bemerkbar machte. Nach dem 10. Aug. 
ner Frankreich und fand beim Prinzen Heinrich v. Preußen in Rheins: 
Hi Friedrich Wilhelm IL. die gaftfreiefte Aufnahme. Ex erhielt in Polen 
f Befisung geſchenkt, auf welcher eine Colonie für franz. Auswanderer 
weben follte. 1800 kehrte er nach Frankreich zuruͤck, wo er fich feinen 
ben Beſchaͤftigungen hingab, die ihn 1804 in die franz. Akademie führten. 
mm 18. Kar. 1815. Er ruht neben dem Abbe Delilfe, und auf feinem 
Ufehe die von ihm felbft herrührende Inſchrift, die feinen heitern Charak⸗ 
igeicnet: Mes amis, croyez queje dors. Seine Schriften find in 8 
105 gefammelt erfchienen. — Seine Mutter war lange durch die 
det Geiftes und Körpers die Zierde und der Schmuck des heitern Hofes 
in Stanislaus, waͤhrend deſſen Mefibenz zu Luneville. Voltaire richtete 
n Radrigal, das fo ſchloß: 

Si vous eussiez vécu du temps de Gabrielle 


Je ne sais pas ce qu’on eut dit de vous. 
Mais on n’anroit point parle d'elle. 


dr. Eiebente Kofl. 86. IN, 9 
















180 Bouffon Bougainbville 


Sie ſtarb 1787. — Der Marſchall von Boufflers, geb. 1644 ur 
geft., darf zu den auszeichnetfien Feldherren feiner Zeit gerechnet werben. 

ein Zögling des großen Eonde, Turenne's, Erequi's, Luremburg’s und GC: 
Berühmt find feine Vertheidigungen von Namur (1695) und von Lille 
Die vom König Wilhelm in Perfon commanbirte Belagerung des erflern 
Eoftete den Alliirten mehr als 20,000 M. Legtere wurde vom Prinzen E 
leitet. Ludwig XIV. fchickte eine eigenhänbige Ordre zur Übergabe an B 
der aber den Befehl geheim hielt, bis alle Bertheibigungsmittel erfchöpft 
Nach der Niederlage von Malplaquet commanbirte Boufflers die franz. A 
daß ihr Ruͤckzug eher einem Triumphe als dem Refultate einer verlorenen ( 

\ 


Bouffon, f. Buffone. 

Bougainville (Louis Antoine de), Reichsgraf und Senator, 
des Inſtituts feit 1796, geb. 1720 zu Paris, flarb dafeibft 1811. Er 
auf der dortigen Univerfität und machte in Sprachen und Wiffenfchaft 
glüdtiche Zortfchritte. Nach den Wünfchen feiner Kamilie widmete er 
Rechtögelehrfamleit und ward Parlamentsadvocat zu Paris, ohne jedoch d⸗ 
einen feiner Neigung angemeflenen Stand zu erwählen, aus bem Auge z 
ren. Er ließ ſich beim Militair einfchreiben und gab 14 Tage darnad) e 
über Die Integralrechnung heraus. 1753 trat er als Flügeladiutant int 
vinztalbataillon der Picardie. Das Fahr darauf warb er Adjutant von 
welcher 1754 das Lager von Saarlouis befehligte ; im Winter deffelben Ja 
er ale Sefandtfchaftsfecretair nad) London und warb während feines kurzen 
halte bafelbft Mitglied dee koͤnigl. Geſellſchaft. Im Sept 1755 Eehrte ex 
vert in das Lager von Richemont zuruͤck und feßte feine Dienfte in derfelben 
haft im Lager von Meg fort. 1756 ward er Abjutant des Marquis vod 
calm, dem die Vertheidigung Canadas aufgetragen war, und ging mit d 
tent eines Dragonercapitains im März 1756 von Breft ab. An der Spt 
Elitendetachements verbrannte er eine engl. Slottille, und war burd) Rath-a 
fpiet im Suni 1758 die Haupturfache, dag ein Corps von 5000 M. Sram 
nem engl. Heere von 24,000 M. mit Erfolg reiderftand. Am Ende des Gef 
bielt er eine Schußwunde am Kopfe. Da der Gouvern. von Canada ſich u 
fah, das Land zu vertheibigen, ſchickte er Bougainville an den Hof nach Fr 
um Verſtaͤrkungen zu fobern. Er reiſte im Nov. 1758 ab und kehrte im Im 
zuruͤck, nachdem ihn der König zum Oberflen und Ludwigsritter ernam 
Nachdem die Schlacht vom 10. Sept. 1759, in welcher Montcalm bE 
Schickſal der Solonie entfchieden hatte, Fehrte Bougainville nach Frank 
ruͤck, und biente in dem Feldzuge von 1761 mit Auszeichnung unter € 
Stainville in Deutfchland. Nach dem Frieden trat er als Seefahrer auf 
bob ſich durch die Überlegenheit des Genies zu einem ber berühmteften S 
Frankreichs. Er bewog die Einwohner von St.⸗Malo, um eine Niebe 
auf den maluiniſchen Infeln zu gründen, einige Schiffe auszuräften, m 
nahm die Ausführung felbft. Der König ernannte ihn zum —— 
Bougainwille ſegelte 1763 mit feiner kleinen Flotte ab. Da aber die 
früheres Recht auf die Inſeln geltend machten und Frankreich ihnen nach 
muͤſſen glaubte, fo erhielt Bougainville den Auftrag, gegen einen von 
zu empfangenden Koftenerfag die Ruͤckgabe der Inſeln zu bewirken. Ex lie 
Enbe den 15. Dec. 1766 mit einer Sregatte und einem Fiätfchiffe von St 
aus und machte in Folge diefer Unternehmung eine Reife um die Welt, ve 
den 16. März 1769 nad) St.⸗Malo zuruͤckkam. Er hat die Erdkunde di 
Menge neuer Entbedlungen bereichert. Im nordamerikan. Kriege befehlig 
der größten Auszeichnung mehre Linienſchiffe, ward 1779 Chef d' Escadre 


Bouille Bouillon 181 


a Jahre Maroͤchal de camp in den Landarmeen. Als 1790 die See: 
ſt einem Auffiand erregt hatten, ward Bougainville zur Stillung def: 
Kdt; aber in jenen Zeiten der Raſerei hörte man die Stimme ber Ber: 
kaͤßigung nicht. Seitdem lebte er den Wiffenfchaften. Er war zugleich 
nswürbigften Sitten, bienfifertig, freigebig und in jeder Ruͤckſicht der 
umg würdig. Bis in fein hohes Alter hatte er die Heiterkeit des Gei⸗ 
richt erhalten. 
(le (Btangois Claude Amour, Marquis de), einer der berühmte: 
Ludwigs XVL, geb. 1739 in Auvergne, wählte früh die militair. 
Er zeichnete ſich im fiebenjährigen Kriege aus, wurde 1768 Gouver: 
uabeloupe und eroberte 1778 Dominica, St.:Euftahe, Tabago, 
ph, Nieves und Monferrat. Nach dem Frieden 1783 kehrte er nad 
und wurde Generallieutenant. Run bereifte er England, Holland 
Ken Theil von Deutfchland, bis er den Oberbefehl ber drei Bisthuͤ⸗ 
ingen befam. Inden Verfammlungen der Notabien (1787 u. 1788) 
br die von Calonne vorgefchlagenen Reformen, die aber der Cardinal 
utrieb. Necker's Anfichten bei ber Zufammenfegung ber Landſtaͤnde 
kt. In den erften Fahren der Revolution erhielt er daſelbſt, ſowie in 
Elſaß und Srandye-Comte, die Ordnung fo gut er konnte. Nur auf 
Irtangen bes Königs beſchwor er die Eonftitution von 1791. Er un: 
Ang. 1790 den Aufftand der Sarnifonen von Meg und von Nancy, 
die Nationalverfammlung ihm für die dabei bewiefene Tapferkeit und 
Dankſchreiben zufchidte, fo warb er doch eben dadurch den Revolutio: 
Hi. Kurz nachher .erfah ihn fich Ludwig XVI. zum Beſchuͤtzer bei 
. Bouille madhte fo zweckmaͤßige Anftalten, daß der König, ohne 
kim Blut zu vergießen, wmfehlbar gerettet worden wäre. Durch 
ter ward Bouille genöthigt, den König bei Varennes feinem Schid: 
Ma und ſich unter dem Kugelcegen der Revolutionairs zu flüchten. 
ieg aus ſchrieb er noch einen drohenden Brief an die Nationalver: 
u fuchte dann die auswärtigen Mächte zur Bekämpfung ber Repu⸗ 
ga. Er unterhandelte zu Wien, gewann insbefondere Guſtav III. 
thielt von Katharina IL. das Verfprechen, 30,000 M. unter Anfüh: 
gs von Schweben und des franzöf. Generals marfchiren zu Laffen. 
ward ermorbet, die Kaiferin vergaß ihre Zufage, und Bouille begab 
x land. Hier fehrieb er f. „Memoiren über die Revolution”, 
v engl. Überfegung (Lond. 1797), dann aus biefer ind Deutfche uͤber⸗ 
mb. 1798), und nach feinem Tode auch in der Urfchrift erfchienen. 
in London 1800. 
ion, en 2 Meilen breites und *æ M. langes Gebiet in den Arben- 
Grenze von Luxemburg und Lüttih. Dieſes waldige unb bergige 
ms der Stadt Bonillon mit 1980 Einw., und 21 Sieden oder Doͤr⸗ 
000 Einw. Die Stadt, bisher der Hauptort eines Cantons, im 
a, Depart. der Ardennen, liegt zwifchen Bergen am linden Ufer des 
emois, 8 Meilen von Lütti, LM. von Ivoix. Sie hat ein feftes 
einem Zelfen, das aber von höhern Bergen beherrfcht wird. Das 
Bouillon befaß einft Gottfried von Bouillon, Herzog v. Nie: 
‚ an den es, als eine von ber Graffchaft Ardenne abgeriffene Herr: 
enkt worden war. Um die Koflen zu feinem Kreuzzuge zu beftreiten, 
jettfried fein Derzogthum Bouillon 1095 an Bifchof Albert von Lüt- 
em das Hochſtift viele Jahre es befeffen, machten die Häufer la Marc 
d Anvergne ihre Erbrecht auf Bouillon geltend, traten jedoch 1641 
e daran gegen 150,000 brabantifche Gulden dem Stifte Lüttich ab. 
9 


152 vBouilly 


Im Kriege von 1672 eroberte Frankreich auch Bouillon, und Lubdi 
ſchenkte es 1678 an den Herrn de la Tour d'Auvergne, ſeinen Oberkam 
Seitdem gehoͤrte es, als ein ſouveraines Herzogthum unter franz. Sch 
Hauſe de la Tour bis zur Revolution. 1792 wurde es eingezogen. 
Beſitzer, Gottfried Karl Heinrich de la Tour d'Auvergne, ſtarb im D 
Durch den pariſer Frieden 1814 kam es groͤßtentheils an das dem König 
derlande zugefallene Großherzogthum Luxemburg. Hierauf ward in t 
Congreßacte vom 9. Juni 1815 im 9. Art. feſtgeſetzt, daß der König de 
ande, als Großherzog von Luremburg, den Theil vom Derzogthum 
welcher nach dem parifer Vertrage bei Frankreich nicht geblieben, mit ve 
verainetät befigen, das Eigenthumsrecht des Herzogthums Bouillon a 
ſchiedsrichterlichem Ausſpruch, einem der Bewerber, unter der Oberhohe 
nigs der Niederlande, zuerkannt werden follte. Diefer Ausſpruch erfolgt 
zig den 1. Juli 1816. Er ift das erſte Beifpiel ber in der deutfchen B 
beftimmten fchiedsrichterlichen Entfcheidung flreitiger Fälle durd, ein Au 
richt, von dem keine Appellation ftattfindet, umd zugleich ein Beweis, 
den Grundfag der gefegmäßigen Erbfolgeordnung nur in Hinficht des Ei 
und Befiges ald Hauptentfcheidungsgrund geltend machen wil. Es 
nämlich, nad) Vorfchrift der Songreßacte, Oftreich den Baron Binder, 
den Baron von Brodhaufen, und Sardinien den Grafen de Gaftelalfer 
ſchen Gefandten am preuß. Hofe), ſowie bie beiden Bewerber, der Fuͤrſt K 
von Rohan Guemenee den Grafen de Sitte be Saucy, und der engl. Bi 
Philipp de la Tour b’Auvergne, den britifhen Sachwalter, Sir John € 
Schiedsrichtern. Nachdem biefelben in Leipzig ihre Verhandlungen gee: 
ten, entfchied die Mehrheit von vier Stimmen gegen eine zu Gunſten de 
Rohan, vermöge feines auf Geburt, Hausverträge und Subftitution b 
Erbrechts, als Enkel der Schweſter des legten Herzogs von Bonillon. : 
von dem Minifter von Brodhaufen hinzugefügt: Bedingung, daß der S 
han dem Aboptivfohne feines Großoheims, dem Admiral b’Auvergne, al 
theil die Einkünfte des Herzogthums von ſechs Jahren auszahlen follte, wi 
eine Stimmenmehrheit von drei gegen zwei verworfen. Hiernach ift Prin 
vermöge feines Subſtitutionsrechts, bem gemeinen Nechte gemäß, in ! 
bes Herzogthums eingetreten, das demfelben Subftitutionsrechte auch kuͤ 
terworfen bleibt. Zugleich foll er, nach dem 69. Art., für den Verluſt 
hoheitlichen Rechte von dem Könige der Niederlande entfchädigt werden 
auch die Inzwifchen bezogene Eigenthumsnugung erfegen wird. Seitden 
glichen worden, daß der mebiatifirte Herzog für bie verlorenen Souverain: 
eine Sahrrente von 5000 Gulden erhebt. Bemerkenswerth ift, daß mı 
fer Sache den Landes: vom Staatenbefige, das Eigenthums⸗ vom Rı 
techte getrennt hat. Staatsbefig und Regierungsrecht ift nad) dem al 
Stantsrechte, mo offenbar Völkerrecht und Voͤlkerwohl die Entſcheidung 
ben, Zandesbefig und Eigenthumsrecht hingegen nad) dem Privatrechte, ı 
und Erbverträge die Regel für die Kamilienerbfolge geben, entfchieder 
Folglich hat der Congreß, indem er die Souverainetät über Bouillon d 
herzog von Luxemburg, ſoweit es in beffen Gebiet liegt, zuſprach, anerk 
die Regierungshoheit nicht als Privateigenthum, noch als Familienerbgi 
tet werden darf, das man veraͤußern oder uͤber das man durch Teſtamen 
ſtitutionen und aͤhnliche Vertraͤge verfuͤgen koͤnne. Auch erhellt daraus, 
über die Regierungshoheit in ähnlichen Fällen verfuͤgen zu duͤrfen fich ı 
glauben dürfte. 
Bouilly (I.N.), ein beliebter franz. Schriftfteller, deffen Sch 
alte ind Deutfche überfegt find, aus einer bürgerlichen Familie in Tours, 
Pd 


Boulevards Boulogne 138 


sf die Rechtsgelehrſamkeit. Dies hinderte ihn aber nicht, ſich auch ben 
tiffenfchaften zu widmen. Im Feuer der erften Revolution, die auch 
th ergriff, ſchloß er fi) an Mirabeau und Barnave an. Um biefe Zeit 
feine Oper „Peter der Große‘, die Gretrp componirte. Als Municis 
‚ Richter und öffentlicher Kläger in Tours verwahrte ihn fein gute® Herz 
‚cchtögefüht vor dem Mißbrauche feiner Amtsgewalt gegen Andersden- 
urch fein kluges Verfahren vereinigte er in ber Nähe der Vendée die Ge: 
wm Mitbuͤrger. Man fah,daher in Tours und feiner Umgegend weder 
seifungen der Vendéer, noch die Wuth bes Revolutionstribunals. Viel 
md la Ehabeauffiere zur Einführung der Primairfchulen nad) dem 9. 
bei. Als die Sache des Öffentlichen Unterrichts, fonderbar genug, aus 
der Organifationscommiffion in jene der Polizei überging, vermundete 
kenfteifer Bouilly's. Er trat ab und widmete fich nun ber Dramatur⸗ 
zchr feine Gedanken etwas weitſchweifig ausfpricht, fo fagt fein Kritiker 
ibm, ex leide am embonpoint du sentiment. Man Eennt aud) auf al- 
va Bühnen fein von Kotzebue uͤberſetztes Schaufpiel: „L’abbe de ’E- 
n andres von ihm iſt: „Madame de Sevigne‘; für die große Oper 
: ‚Les jeux floreaux” u. a.; für da6 Vaudeville: „Haine de fem- 
Ki den Frauen); ferner die von Kogebue bearbeitete „Fanchon” und 
2" Beliebt und oft aufgelegt find f. Erziehungsfchriften: „Les contes 
et”, „Les conseils a ma hille” u.a. m. 

wlevards, f. Paris. . 
nlogne (Bois de), ein in allen franz. Romanen vorkommendes an 
ieheiz nahe vor den Thoren von Paris. Die Revolution zerftörte bie 
IBirme größtentheile. Als Napoleon das nahe St.: Cloud zu feiner 
Bähmz wählte, ließ er die leeren Räume bepflanzen und anfaen, die Ein- 
hama: herftellen und den fchönen Ward mit kleinem Wilde bevölkern, wo⸗ 
tiaiter als jemals wurde. Im Juli 1815 campirten dort bis im Sept. 
klaren bie engl. Truppen unter Lord Wellington, welche die ſchoͤnſten 
gen Bäume zu obigen Behufe fällten. Von Alters her ift dies Ge: 
Daeliylası der Parifer. Hier war manche partie fine, hier zeigten Equi- 
bReiter ihren Lurus. Durch die breitefte Allee wallfahrtete die fromme 
hengchamps. Hier erhoben fich die erften Montgolfieren. — Cuvier 
eelogiſcher Unterfuchung, daß ber Boden des Gehölzes eine angeſchwemmte 
daher findet man in der Tiefe verfteinerte Baumſtaͤmme und Knochen 
anten, Stieren, Elenn- und andern Säugthieren. Die bort wild ge: 
Manzen find alle diejenigen, welche einen fetten Alluvionsboden lieben. 
Mloͤßchen Madrid und Bagatelle liegen dicht am Gehoͤlze, das von kei⸗ 
den unbemerkt bleiben follte. 

slogne, eine alte Seeſtadt an ber Küfte der Picardie, jetzt der Haupt: 
ʒezitks von 184 IM. mit 74,676 Einw., im Depart. Pas de Calais, 
imbung der Liane ins Meer, 11° 16° 33” 8., 50° 43° 33" NM. Br. 
taus Ober: unb Unter Boulogne, welches Iegtere Boulognc sur mer 
ird und in Ruͤckſicht der Schönheit der Häufer und Straßen den obern 
Stadt bei weiten übertrifft. Beide Theile haben an 1600 Häufer, über 
inn., und einen Hafen, ber für große Kricgöfchiffe zwar zu feicht- ift, 
größten Kauffahrteifchiffe bei hoher Flut ohne Gefahr aus⸗ und einlau: 
mm von hier aus bei gutem Winde die Kuͤſten von England binnen 2 
abin erreichen kann, fo ließ Bonaparte den fehr verfandeten Hafen tie: 
ı md eine Menge flacher Fahrzeuge zur liberfahrt eines Landungsheers 
tum, auch eine Forts und Batterien zur Befeftigung des Hafens und 
'nlegen. Schon fand ein jablteiches Heer Monate lang in einem ſtadt⸗ 


184 -  Boulton Bourbon (Haus) 


ähnlichen Lager zum Überfchiffen bereit, als ber Auobruch ber Feindſel 
ſtreich 1805 Die franz. Krieger von bort in andre Gegenden rief. B 
ein Bisthum, ſechs Kicchen, ein Hospital, eine Börfe, ein Handels 
Geſellſchaft des Ackerbaues, der Handlung und der Künfte, eine Schiff 
Seebaͤder, Seifen: , Fayence: ; Blech >, Leinen⸗ und Wollenmamıfact 
Ausfuhrhandel dienen: Heringe und Makrelen, die in Menge längs t 
fangen werden, Champagner: und Burgunderweine, Steinkohlen 
Butter, Leinwand: und Wollenjeuge. Vier Dampfböte find fir d 
nach England beflimmt. . . 

Boulton (Matthew), ein Mann, der mit ausgezeichneten 3 
regſten Eifer, den reinften Patriotismus verband, als reicher Privatm 
Mitglied vieler gelehrten und stonom. Geſellſch. 1809 ſtarb. Gebo 
mingham 1728 und erzogen in einer Privatanftalt zu St.» Johns Ch 
er feinen Vater, der ſich durch eine finnreiche Art, in Stahl einzuleg 
gemacht und dadurch ein großes Vermögen erworben hatte, als er kaur 
war. B. legte mit einem Aufwande von 9000 Pf. fehr ausgedehr 
bäude an. Seine grübelnde Thätigkeit leitete ihn auf manche nuͤtzlich 
Unternehmung. Es gelang ihm, den Goldkalk nachzumachen; bal 
Ins und Auslande die füdnften Zimmerverzierungen aus Boulton’s 
ihm wurden von den koſtbarſten Ölgemätben bie täufchendften Abbildur 
men, wobei er die Methobe eines gewiffen Egginton befolgte, ber | 
durch feine Glasmalereien fih einen Ruf erwarb. In Verbindung 
Watt von Glasgow, der 1769 ein Patent über eine Dampfimafchine ı 
Boulton eine Fabrik für Dampfmaſchinen an, bie jest noch in den v 
Bergwerken und Manufacturen Großbritanniens angewendet werd: 
machte ex Berfuche mit einer Muͤnzmuͤhle; fie gelang volltommen. 12 
fegt acht Mafchinen in Bewegung, von denen jebe burd) einen Knaben 
und in einer Minute 70 — 90 Münzen prägt. Die Handelögefellfchafi 
Leone laͤßt dort viele Silbermuͤnzen und die oftindifche Geſellſchaft viele. 
zon prägen. Nach dem Tode der Kaiferin Katharina fandte Boulton 
Paul I. einige der feltenften Stude feiner Fabrication und erhielt dafuͤr 
Sammlung von Medaillen und Mineralien aus Sibirien, fowie auch 
ruſſiſche Münzen. Boulton und Watt haben auch in Verbindung mil 
nen zu Smetwick, nahe bei Soho, eine Gießerei angelegt, wodurch fie | 
mafchinen eine fo Hohe Vollkommenheit geben koͤnnen, daß ein Scheff 
Steintohlen 6000 Oxhoft Waffer 10 Fuß hoch treibt und eben das bi 
10 Pferde in einer Stunde kaum ausrichten Einnen. (Bol. Dam: 
nen.) Diefer Dann, deſſen Thaͤtigkeit für das Gewerbsweſen und 
[che Kunft den entfchiebenften Nutzen gehabt hat, unb der Tauſenden 
Unternehmungen jährlich ihr veichliches Auskommen verfchaffte, hin 
Sohn und eine Tochter. 

- Bourbon. Der Stammmater dieſes Gefchlechts, das in Fri 
Spanien, im Koͤnigreiche beider Sicitien und in Lucca, Einftig wied 
ma (ſ. d.) regiert, iſt Robert der Starke, ber 861 zum Derzog ' 
erhoben ward und 866 Im Kriege gegen bie Normänner das Leben ve 
Herkunft leiten Einige von Pipin von Heriftal, Andre von einem natürl 
Karls des Großen, noch Andre von den Königen ber Longobarben ab. 
beiten Soͤhne diefes Robert-le-Fort, Odo ımb Robert, wurden 
Frankreich; jener 888, ftarb 898; diefer 922, blieb 923. Der i 
diefes Robert war Hugo der Große, Herzog von Isle de France un 
- Daris und Orleans. Hugos d. Gr. Sohn (Roberts d. Starken Urent 
@apet, gründete 987 die dritte Dymaftie der Könige van Sronteeih, 


Bourbon (Haus) 135 


Finer vom feinen Enteln, Namens Mobert, fliftete die Ältere Linie 
. Burgund, die 1361 erloſch, und ein Enkel dieſes Robert, Hein: 
Surgand, ward 1095 ber erfte Regent von Portugal, wo feine 
chkommen 1383 ausſtarben. Pierre de Courtenap, ein Ab: 
ago Capet's im fünften Grade, war der Vater und Großvater mehrer 
onfantinopel. Das Haus Anjou, welches im achten Grabe 
ıpet abflannnte, befaß zwei Jahrh. lang den Thron von Neapel und 
ch den von Ungarn. Ein andrer Abkoͤmmling Hugo Capet's im zehn⸗ 
ftete das Haus ber Könige von Navarra, welches von 1328 bis 
e. Kin zweites Haus Anjon, das Im breisehnten Grade von Hugo 
mte, gab der Provence berühmte Fuͤrſten. Endlich flammte von 
ben Grade die jängere Linie der mächtigen Derzoge von Burgund 
karl dem Kähnen 1477. erloſch, deſſen Erbin Maria des Erzherzogs 
von Oſtreich Gemahlin und die Großmutter Karls V. war. Alte diefe 
: Ausnahme der burgunbifchen Linie, haben eine ruſſ. Großfuͤrſtin, 
sauna, Heinzichs 1. Gemahlin 1051, zur Stammmutter. — Ro: 
von Clermont, zweiter Sohn Ludwigs des Heiligen, vermählte fick 
5, Erbin von Bourbon. So wurde die Stade Bourbon l'Archam⸗ 
nrbon les Bains im Depart. Altier (fonft Beurbonnais) der Stamm- 
es B., indem Roberts und ber Beatrie Sohn: Ludwig J., Ducde 
a Stifter des Hauſes B. iſt. Die beiden Söhne dieſes Ludwig, Her⸗ 
wbon, ber 1341 ſtarb, ſtifteten zwei Linien: bie aͤltere, bie ber Her⸗ 
bon, welche mit bam Connetable von Bourbon, der 1527 bei dem 
Sem blieb, erloſch; die jlingere, die der Grafen de la Marche, nach⸗ 
‚md Derzoge von Vendome. Kon biefen fliftete Karl, Herzog von 
w 1537 farb, durch feine beiten Söhne: 1) Anton (von Na⸗ 
2» Heinrichs IV.) das königl. Haus Bourbon, beffen ältere Linie in 
wb durch deren Verzweignng in Spanien (feit 1701), in ben beiden 
Secundogenitur der ſpaniſchen Bourbons feit 1735) und in Lucca 
1748) regiert, und deſſen jüngere Linie das herzogl. Haus Orleans 
wig das herzogl. Haus Gonde, das ſich in die Linien Conde und 
— Die franz. Revolution flürzte das Haus Capet von f. Thronen: 
. 1792 bis 1814 ; in Spanien, 1808 bie 1814; in Neapel, 1806 
Parma, 1801 bis 1817, und in Etrurien, wo durch, Napoleon 
von 1801 bis 1807 regierte. Nur allein Kerbinands IV. Thron zu 
d durch britifchen Schutz aufrecht erhalten. Nach Napoleons Bau 
hate ſich das Schickſal mit einem Gefchlecht, beffen Geſchichte mit 
ı Europa verkettet iſt. Wir geben daher eine Überficht des Gefammt- 
on. Nach Karls IV., des Schönen, bes Letzten aus dem aͤlteſten 
ber Capetinger, Tode (1328) beſtieg mit Philipp IV. das Haus V o- 
ron. Dieſes Daus erloſch 1589 durch die Ermordung Heinrichs MI. 
urch Erbrecht, von perfönlicher Größe unterftügt, der Abkoͤmmling 
Due de Bourbon, in der achten Generation, Heinrich (IV.) von 
König von Navarra. Sein Mater Anton hatte durch feine 
Johanne von Albret, Erbin des Heinen Königreichs Navarra, biefen 
en, den Heinrich AV. jegt mit ber Krone Frankreich vereinigte. An: 
Bruder, Ludwig I., Prinz von Condé, ward ber Stifter der Linle 
in umterfcheibet feitdem zwei Hauptiinien der Bourbons: die koͤnigl. 
be. Die Eönigl. trennte fi) in zwei Afte, durch bie beiden Söhne 
L, da ber ditere, Ludwig XIV., den Hauptaſt fortfegte, der mit 
', &ubmig (Dauphin) und Ppitipp V., in die Ältere ober Enigl. ran: 
in bie jüngere ober niul. ſpaniſche fich thellte, waͤhrend der jüngere, 


186 Bourbon (Haus) 


Philipp I., das Haus Orleans fliftete, als er von Ludwig XIV. das Herzog 
Orleans erhalten hatte. Die Könige des Altern koͤnigl. Zweiges des Haufes 3 
bon f. unt.d. Art. HeinrihIV., Ludwig XIII., XIV.,XV., XVL,X 
XVIN. und Kati X. Die Könige des juͤngern koͤnigl. Zweiges f. unter 4 
nien. Geit der Wiederherftellung der Bourbons in ber Perfon Ludwigs W 
des 35. Königs aus dem Geſchlechte Capet's in Frankreich, befteht das Haus] 
bon gegenwärtig (1826) aus folgenden Zweigen und Mitglievern. A: Su 
feanzöfifche Linie: 1) Karl X. (f.d.); 2) deffen Sohn, Ludwig Anton; uf 
von Angouleme, Dauphin (f. Angouleme); 3) die Dauphine, Lubwige 
Tochter, Maria Thereſia Charlotte, geb. d. 19. Dec. 1778; 4) von dem‘ 
ermordeten Herzöge v. Berry (f. d.), zweitem Sohne bed jegigen Köntyer Ku 
lebt noch die Witwe, Karoline Ferdinande Louiſe, geb. 1793, mit einer To 
5) Loulfe, Mademoiſelle de France, geb. den 21. Sept. 1819, und 6) A 
29. Sept. 1820 nachgeborenen Sohne, Heinrich, Herzog von Borde 
Petit - fils de France, dem kuͤnftigen Thronerben, durch deffen Geburt dad; 
Orleans die nahe Ausficht, den Thron Frankreichs zu befteigen, verloren hät 
feinem Gouverneur ernannte Karl X. 1826 den Herzog be la Riviere, zu S 
Lehrer den Biſchof von Strasburg, Tharin, einen Freund der Sefuiten, 9 
feinen Untergouverneuren die Grafen Maupas und Barbancois. — By 
Bourbon in Spanien und deffen Zweige in Stalin, von Philipp V. ‚m 
Enkel Ludwigs XIV., geftiftet (diefe Linie ſteht, kraft Öffentlicher We 
eventuell in der Exbfolge des franz. Throns dem Haufe Orleans nad)! L 
IV., Könige von Spanien (ftarb zu Neapel d. 19; Zan. 1819), und f. & 
lin, Marie Louife von Parma (ftarb in Rom d. 2. Jan. 1819) Kinder: 23: 
lotte, geb. 1775, verw. Königin von Portugat, deren Sohn, Peter venf 
tara, jest Kaiſer von Brafilien, mit des Kalfers von Öſtreich, Franz l., g 

‚Xochter, Leopoldine, vermählt if. 2) Seiner T., Marie Louifene, - ven 
‚ Königin von Etrurien (geft. d. 13. März 1824), Sohn, Karl Ludwig, @ 
Madrid 1799, Herzog von Lucca (künftig Parma), verm. mit ber U bi 
wefenen K. Victor Emanuel von Sarbinien, dem am 14. San. 1823 ein € 
Ferdinand, geboren wurde. 3) Ferdinand VIL(f.d.), 8. v. Spanben 
Karl, Infant v. Spanien, geb. 1788, lebt zu Madrid, verm. mit Maria 
cisca, des verft. K. von Portugal dritter T., die ihm 2 Söhne, Karl, be 
San. 1818, und Ferdinand, d. 19. Oct. 1824, geboren hat. 5) Sfabelle, 
1789, zweite Gemahlin Franz I., 8. beider Sicilien, die ihm 5 Soͤhne 
Töchter geboren hat. 6) Franz de Paula, Imfant von Spanien, geb. 14 
Madrid, verm. 1819 mit feiner Nichte, Louiſe, der 2. X. des K. beiber EN 
Franz I., von deſſen 2. Gemahlin, Iſabella, deren Söhne: Franz, geb. 18 
drid d. 18. Mai 1822, Herz. v. Cadiz, und Karl, Herz. v. Sevilla, geb. 
Juni 1824. — II. Karls IV. Gefchwifter: 1) Ferdinand, K. beiber' 
lien (f.d., geſt. d. 4. San. 1825). Deffen Kinder von f. erften Gemahlin 
voline von ſtreich, find: a) der jegige König Franz J., deſſen X. erfter EX 
Glementine von Öftreih, Karoline, die Witwe des Herz. v. Berry und bie! 
ter bes Derz. v. Bordeaur ift. b) Chriftine, Gemahlin bes feit 1821 vegier. 
Sardinien, Karl Felix. e) Amalie, Gemahlin des Herz. v. Orleans, X 
Philipp, Mutter von 9 lebenden Kindern. d) Leopold, Kürft v. Salerno, ' 
mit Marie Clementine, Kaifer Franz. I. dritter X. 2) Gabriel Anton Franz 3 
Infant v. Spanien, geft. 1788, beffen Sohn Peter, verm. mit Therefia 
K. v. Portugal ältefter X., 1812 zu Rio Saneiro flarb und einen Sohn, 1 
ſtian Maria, Infant von Spanien, geb. 1811, hinterließ. — Aus be 
Karls III. Bruders, Ludwig Anton Jakob, mit Therefe de Vallabriga y 8 
mond, Herzogin v, Chinchon, T. eines aragonifchen Eapitains der Infanterli 


Bourbon (Charles, Herzog von) 187 


udwig Marla v. Bourbon, Erzbifchof v. Toledo; Karoline Joſephine 
mablin Don Manuel Godoy's, des Kriedensfürften, und Marie 
urbon, verm. 1817 mit dem Herzoge v. San Fernando, Grand v. 
- C. Die Seitenlinie des koͤnigl. franz. Hauptaftes des Haufes Bour⸗ 
8, welche die Pairie diefed Namens durch die Revolution verlor und 
XIV. Bruder, Philipp I., abflammt: 1) Herzog Ludwig Philipp 
n: Orleans, geb. 1773 (f. Orleans); 2) des Herzogs von Orleans 
Eugmie Adelheid Louife, Mademoiſelle d' Orleans, geb. 1777. — 
‚Sonde’fchen Linie, zweiten Hauptlinie ber Bourbons, lebt aus dem 
> Sonde: Ludwig Heinrich Joſeph, Herz. v. Bourbon, Sohn des 
men Herz. Ludwig Joſeph v. Bourbon, Prinzen v. Gonbe (f. b.). 
weiter, Louiſe Adelheid, Prinzeffin von Eonde, geb. 1757, lebte in 
‚nem Kiofter zu Norfolk, war 1768 Äbtiffin zu Remiremont , ging 
u Kofler zu Zurin, ward im Dec. 1816 Vorfteherin der Schweſter⸗ 
n zu einem Kloſter umgefchaffenen Tempelthurm zu Paris und ftarb d. 
1824). — Bon Karl Charolois, Prinz von Sonde, leben zwei na= 
be legitimirte Toͤchter, von denen die eine, Charlotte Margarethe Eli⸗ 
Nesitimirte Mademoiſelle de Bourbon, den jetzigen daͤniſchen Generals 
fm von Loͤwendahl, beirathete. — Der zweite Aſt, Bourbon⸗Conti, 
Im Tode Ludwigs Kranz Sofeph von Bourbon, Prinzen von Conti, 
11814. Indeß verlieh im Nov. 1815 Ludwig XVILL. den natürl. 
Ikben, den Derten von Hattonville und von Removille, die Befugniß, 
amd das Wappen von Bourbon: Conti zu führen. Fuͤr eine natuͤrl. 
Hirinzen Ludwig von Bourbon » Conti warb bie Gräfin Gabrielle 
Rent: Eair= Zaim gehalten. Sie war Ritter bed Drbens bes 
Mb der Ehrentegion, und flach zu Paris, 70 3. alt, den 29. März 
19 längere Zeit unter einem Dragonerregimente mit Auszeichnung 
We. Goͤthe hat den Stoff zu ſ. „Eugenia, die natürliche Tochter“, 
Min Dame ſelbſt aufgefegten Lebensbefchreibung (1798) genommen. 
)Eistoire du Bourbonnais et des Bourbons ” von Eoiffier Demoret 
Deputirtenfammer), Paris 1818 ,'2 vols., und Achaintre’s „Hist. 
ae et genealogigne de la maison 'roy. de Bourbon “Paris 1824, 
De „Men. relatifs & la famille roy. de France pendant la revo- 
Its d’apres le journal etc, de la Princensc de Lamballe”, Darts 
u., find ein durchaus unechtes Machwerf.) 
ıbon (Charles, Herzog von), ober ber Connetable von Bourbon ein 
xxo, Grafen von Montpenſier und der Clara von Gonzaga, geb. 1489, 
kinem 26. J. von Franz J. das Schwert des Connetable. Stets auf 
ihſten Poſten, trogte er dem Tode mit einer Kaltbluͤtigkeit, die feine 
deten zur Bewunderung hinriß. Als Vicelönig von Mailand gewann 
jen durch Sanftmuth und Leutfeligkeit. Nichts gebrach feinem Ruh: 
# Ungerechtigkeit feines Königs ihn Frankreich und feinen Pflichten 
das Haus Bourbon in eine Ungunft feßte, die bis zum Ende ber Re: 
nich III. fortbauerte. Gel es nun, daß die Herzogin von Angouleme, 
Ran; L, wie einige Schriftfteller ihr vorwerfen, für den jungen Con⸗ 
Eiche gefaßt hatte, deren Verſchmaͤhung fie nicht dulden Eonnte ; fei e®, 
j von Habfucht verleitet, bie Befigungen Karls von Bourbon in An- 
ı uud einen Procefl daruͤber gegen ihn gewann; genug, fie wollte cine 
Kenkung Ludwigs XII. umflogen. Der Eonnetable, aufgebracht, ſich 
rdurch Die Mutter eines Königs beraubt zu fehen, bem er mit Eifer ge: 
‚ gab den Vorfchlägen Gehör, welche ihm von Karl V. und dem Könige 
u gemacht wurden. - Er erfuhr das Schickſal Aller, die zu fremden 


188 Bourbon (Cardinal) Bourbon (Snfel) 


Fürften übergehen; wohl aufgenommen, fo lange man feiner beburfti 
um fich feiner zu verfichern, der Verachtung ber fpan. Granden, der Eiſ 
Generale Karls V. preisgegeben, ohne Anhang an einem fremden Hofe, 
nicht® als feine Tapferkeit und Reue; aber dieſe Zapferkeit reichte hi 
Heer zu geben und. ben Kaifer zu einem ehrenvollen Betragen gegen ih 
gen. Er mar bereits außerhalb Frankreich, als Franz I. ihm das Connet 
und ben Drden abfobern ließ; feine Antwort verräth den Schmerz fei 
„Den Degen hat mir ber König zu Valenciennes genommen, als er 

garde, die mir gehörte, d'Alengon übergab; den Orden habe ich zu Cı 
Laffen, unter meinem Kopfliffen.” Schon feine Flucht war ein Unglüd 
reich, denn fie hemmte Franz I. Zug nad) Italien. Zum Generat der I 
pen ernannt, belagerte Bourbon zwar vergeblich Darfeille, trug aber zut 
lage bei Pavia bei. Als fein König gefangen nad) Mabrid geführt w 
ging er ſelbſt dahin, um nicht in dem Vergleiche ber beiden Monarchen v 
werben, beffen Abſchluß aber Karl V. verzögerte. Bei biefer Gelegenheit 
daß er auf das Wort des Kaiſers nicht rechnen dürfe, der ihm feine Sd 
Gemahlin verfprochen hatte. Geswungen, feinen Unwillen zu verbergei 
nach Mailand zuruͤck, behauptete Italien durch das Schrecken feiner 
machte ſich durch ſeine Macht ſelbſt dem Kaiſer verdaͤchtig, der, um ihn 
chen, ihm Gelb und andre Beduͤrfniſſe vorenthielt. Um die Aufldfi 
Heeres zu verhindern, führte es Bourbon zur Belagerung von Rom, de 
derung er ihm verfprah. Als er hier der Erſte die Breſche beftieg, n 
6. Mai 1527 von einer Kugel getroffen, welche Benvenuto Cellini abge 
haben behauptet, und farb im Kirchenbanne ohne Nachkommen im 38 
Alters. Sein Leichnam warb nad) Gaeta gebracht, wo feine Sofbatı 
prächtiges Grabmal errichteten, welches nachher zerſtoͤrt worden. 

Bourbon (Ludwig), Cardinal und Erzbifchof von Toledo, g 
ehelicher Sohn bed Infanten Endivig, Bruder des Könige Karl III. vor 
und der Herzogin von Chinchon. Die Heirath gefchah mit koͤnigl. Gen 
Democh bezweifelte man nach bem Tode des Königs Karl ILL. die-&xb| 
Eeit des Prinzen, wenn die Defcendenz det aͤltern Linie im maͤnnlichen & 
Löfchen follte. Daher wurde der römifche Hof beftimmt, ihm die kirchlich 
und 1800 den Garbinalshut zu ertheilen. Nach des Königs Ferdi 
Verhaftung zu Walencay ergriff er die Partei ber Cortes und trat an il 
Meil er 1814 die Conſtitution der Cortes dem K. Ferdinand VII. zur t 
vorgelegt hatte, fiel er beider Sinnesänderung des Königs in Ungnade 
das Erzbisthum Sevilla. Nach den Begebenheiten der Armeeinfurrectic 
Inſel Leon trat er der Revolution bei und war Präfident der proviſoriſch 
vor welcher ber König am 9. März 1820 zu Madrid die Eonftitution 
von 1823 beſchwor. Er farb am 19. März 1823. 

Bourbon, eine von Mabagascar aus, ald dieſes noch franz. Ni 
gen hatte, 1642 (mie St.:Dominge) von franz. Seeraͤubern zuerft ange 
fel, im indiſchen Deere, von Madagascar 80 deutfche Meiten öftlich. 
tugieſen entdedten fie 1545. Die franzöfifch = oftinbifche Hanbelscomp: 
bier 1634 eine Zactorei gegründet. Diefe Infel (112 LIM.) iſt vuffaı 
fprungs, im Innern voll Wälder mit einigen Wilden, die aus entlaufe 
ven fich vermehren. Don Selfen umgeben, ohne Hafen, mit 2 unficher 
ann fie von den Briten, welchen jet die Infel Mauritius gehört, let 
werden; baher:hat fie für Frankreich nur Handelswichtigkeit. Der 
quellenreich und fehr fruchtbar, vorzüglich an der Küfte: denn bas Inner 

#19. Die Spige ber trois Salasses ift 4600 Fuß hoch. Von 2 vı 
Bergen brennt der eine noch fort und leuchtet ven Smrfahrern als ein Pt 


Bourdalone Bourdonnaye 189 


neer zugänglichen Infel nur mit Vorficht nähern. Das Klima iſt 
wüthen oft Orkane. Unter 90,000 Einw. gibt es 20,000 Europäer 
eie Meger. Altes, was Arabien, das afiatifche Inſelmeer und das 
pa erzeugen, gebeiht hier. Die franz. Regierung hat zur Randesver- 
ne zahlreiche Briltz organifirt. — Die Hauptausfuhr ift Caffee (über 
). Reis, Taback, Gewürze, Indigo, Pfeffer, Harze, Kampher, 
mmwolle, Cacao, Schlachtvieh, Holz und felbft Weizen. St.:Denys, 
it der Hauptort der Infel. 

dalome (Louis), der Reformator der Kanzel und ber Gruͤnder der 
hen Beredtſamkeit in Frankreich, geb. zu Bourges 1632, war 16 5. 
2 die Geſellſchaft Jeſu trat. Seine Lehrer vertrauten ihm nad) und 
käuhl der Humaniora, ber Rhetorik, der Phitofophie und ber theolo: 
a 1669 beflieg er die Kanzel, auf ber er um fo mehr glänzte, ale 
Segenfage ber geſchmackloſen Prebiger feiner Zeit, mit Eraftvoller und 
x Berebtfamkeit die Leidenſchaften, Schwächen und Irrthuͤmer ber 
xiimpfte. Die Würbe feines Vortrags und das Feuer feiner Rebe 
kerühmt mitten unter den Siegen eines Zurenne, unter den Seften zu 
w unter den Meiſterwerken der Kunſt und der Literatur, in ben Zeiten 
K und Racine. Ludwig XIV. rief ihn im Advent 1670 an den Hof, 
Io großen Beifall, daß er noch zehn verfchiebene Male an den Hof be: 
Nach der Zuruͤcknahme des Ediets von Nantes ward er nach Lan: 
ui, um den Proteſtanten die Lehren bes Eatholifchen Glaubens an- 
machen, und es gelang ihm bei dieſem mißlichen Sefchäfte, die Würde 
ksamts mit den heiligen Rechten ber Menfchheit vollkommen zu verei- 
ten letztern Jahren feines Lebens entfagte B. der Kanzel, und widmete 
hk Hospitaͤlern, Gefängniffen und frommen Anftalten. Überhaupt 
ka feinen Vortrag dem Faſſungsvermoͤgen Derer anzupaffen, denen er 
Na ertheifte. Einfach mit dem Einfachen, gelehrt mit dem Gelehr⸗ 
Mk mit dem Geiftlichen, ging er ſiegreich aus allen Verhältniffen her- 
ide ihn Naͤchſtenliebe, „heiliger Eifer und die Pflichten feine® Standes 
Ben Allen gleich geliebt, übte er eine Art von Herrfchaft fiber bie Gei- 
Beine Ruͤckſicht konnte ihn je der Sreimüthigkeit und Rechtſchaffenheit 
hm. Er flarb 1704. Auch im Ausiande find ſ. Reden durch Über- 
Emm 


rdon (Sebaſtian), ein berühmter franz. Maler, geb. zu Montpellier 
m Bater, ein Glasmaler, gab ihm ben erften Unterricht; darauf ging 
u und in einige Provinziatftäbte. Dürftigkeit nöchigte ihn aber, Soldat 
Nachdem er feinen Abfchied erhalten, ging er nad) Italien, arbeitete 
GSacchi und Claude Lorrain, und"copirte viele große Werke. Nachher 
Feankreich zurlich, wo er feine Kreuzigung bes h. Petrus für bie Notre⸗ 
Balte. Als ihn die religiöfen und bürgerlichen Streitigkeiten aus Frank⸗ 
vertrieben, nahm ihn die Königin Chriſtine von Schweden zu ihrem 
2. Oipäter machte er ſich in ſ. Vaterlande durch mehre große Werte 
unter folgende: ber tobte Chriſtus; die Chebrecherin; die alten 
Burgund auf dem Rathhaufe zu Air. übrigens befaß er keinen eignen 
za malte immer in Andrer Weiſe. Auch war er ein guter Kupfer: 
tet andern find bie fieben Werke der Barmherzigkeit von ihm geftochen 
be ſtarb 1671, mit Ausmalung der Dede der Tuilerien befchäftigt. 
sdbonnaye (Bernard François Mahe be la), geb. 1696 zu 
. wußte fchon im 10. 3. das Steuerruber zu führen. Als Generalgou: 
1 Jöle de France und Bourbon ſebteſer beibe Befisungen in den bluͤhend⸗ 
b, Sm bem Kriege von 1741 geiff er mit 9 Bleinen Kriegsſchiffen von 


140 Bourgogne (Louis, Herzog von) 


Bourbon das engl. Geſchwader an, zerſtreute daffelbe und unternahı 
tung von Madras. Der Pla ergab fi im Sept. 1746 und bie B 
ten ein Löfegeld von 9 Millionen Fr. Obgleich die Regierung den 
Befehl ertheilt hatte, keine Eroberung auf dem felten Lande zu behauj 
indem er diefes Löfegelb annahm, nur jenem Befehle ſtreng nachgel 
fo ward er dennod) befchuldigt, dem Feinde ein zu geringes Löfegeli 
haben. Der Generalgouverneur von Pondichery, Sean Zrancois 
klaͤrte die Sapitulation für ungültig, bemächtigte fi) der Schiffe Br 
und wollte diefen felbft verhaften laſſen. Ja, er erflattete im Namen 
riums der indifchen Gefellfchaft über befien Benehmen einen fo nadı 
richt nach Paris, daß B. zum Lohne feiner Thaten in die Baſtille 
Nach einem Ljährigen Proceß ward feine Unfchulb anerkannt, und m 
erhielt er audy feine Würbe wieder. Allein bald nachher, 1754, als: 
gen hatte, auch feinem Todfeinde Dupfeir ben Proceß zu machen, fl 
Folgen der langen Gefangenſchaft. (S. „Labourdonnaye's Leben”, 
Niemeyer's Biographien, HL) Ä 

Bourgogne (Louis, Herzog von), geb. 1682 zu Verfailles, ' 
Dauphins, des Sohns Lubwig XIV. und der Prinzeffin Anne von ! 
feiner frübeften Jugend war er hartherzig, zornig, eigenfinnig, Leider 
alle Genuͤſſe und zur Grauſamkeit geneigt; er verfpottete mit un 
Scharffinne die Lächerlichkeiten Derjenigen, die in feiner Nähe ware 
Antworten, felbft wenn er im Zorne war, ſtets mit Sicherheit das r 
fen. Die Erziehung diefes 7 Jahre alten Prinzen wurbe Senclon 
Beauvilliers anvertraut. Es gelang benfelben, feine Neigung zu ı 
ihn zum Guten zu führen. Aus diefer Verwandlung ging ein liel 
menſchlich gefinmter, befcheidener Prinz hervor, der feine Verpflichtui 
füllte. 1697 beirathete er die geiftvolle, liebenswuͤrdige Prinzeffin 
Savoyen, bie eine Zierde des Hofes war und von ihrem Gemahle mit 
Zärtlichkeit geliebt wurde. 1699 Tieß Ludwig XIV. zur militaicil 
feines Enkels ein Luſtlager bei Compiegne halten, und ertheilte den 
den Befehl über das Deer in Slandern, welchen er unter dem Marſch 
führte, und wo er in einem Gavaleriegefechte bei Rimwegen Entfchl 
Muth bewies. Später warb ber Prinz, unter den bedenklichſten Um 
Oberbefehlöhaber ber Heere in Flandern ernannt, und mit Verhalt 
welche ihn vom Herzoge von Benböme abhängig machten, Maribore 
Prinzen Eugen entgegengeftellt. Die Mifverftändniffe zwifchen dem 
Benböme zogen die traurigften Folgen nach fih. Ganz Frankreich 
den Urheber ber Ungluͤcksfaͤlle an, und gab diefelben nicht bloß feinen 
Charakter, fondern auch feiner zu weit getriebenen Religlofitit Sch 
deſto weniger ſchien e&, ale ob es dem Prinzen gelungen wäre, fich in 
ner Kriegeunternehmungen bei dem Könige zu rechtfertigen; Vendẽ 
der ſich gegen den fünftigen Thronfolger fehr unbefcheiden benonmen 
Ungnade, warb jeboc) von der Gegenpartei, zu der ſelbſt kudwiFXI 
gunftige. 1711 ward ber Herzog von Bourgogne durch ben ob f. 
phin, und nun erft fing er an, nachdem er den Zwang, in welchem er 
halten, von fich abgerworfen hatte, bie Aufmerkfamkeit des Hofes auf 
und ſich das Zutrauen des Koͤnigs zu erwerben, ber Ihn zum Reicht 
nahm. Frankreich erwartete von ben Tugenden und den trefflicher 
Prinzen eine dem Lande fo erfprießliche Ruhe, als diefer ploͤtzlich am 1 
von einer Krankheit weggerafft wurde, nachdem 6 Zage vorher feine C 
20 Zage vorher fein aͤlteſter Sohn ein Opfer derfelben Krankheit gen 
In weniger als einem Jahre hatte Sranfreih 3 Dauphins gefehen, 


z$ von Spanien, wovon f. treffliche „Reife in Spanien" den Bes 
Es find davon faft in allen europ. Sprachen Überfegurigen erfchlenen. 
ward er von Ludwig XVI. als bevollmaͤcht. Minifter zu den Fuͤrſten 
ı des niederſaͤchſ. Kreiſes nach Hamburg geſchickt, two er den 1. April 
Handels» und Schifffahrtsvertrag mit Hamburg abſchloß. Ex er: 
kiefer Sendung die Achtung und Licbe aller Hamburger. 1792 ging 
Sefandter an den ſpan Hof, hatte aber hier mit vielen Hinberniffen zu 
ht als Aranda dem Grafen von Florida Blanca im Minifterium ges 
wer in feiner Eigenſchaft anerkannt. Beim Ausbruche des Kriege 
mi und Frankreich ward Bourgoing zurädberufen, und lebte num 
hen Charakter zu Paris, wo er ſich den Wiffenfchaften und der Hers 
ıBeitfchrift wibmete. Endlich ward er nach der Revolution bes 9. Nov. 
Bamaire) der biplomatifchen Laufbahn zuruͤckgegeben und als Bots 
Sopenhagen gefchidt, von wo er 1801 in berfelben Eigenfchaft nach 
We. Auch hier, ſowie in Kopenhagen, ertvarb er fich Durch feine Tu⸗ 
baren Kenntniffe allgemeine Achtung und warb Ehrenmitglied der 
Aaie der Maler: und Bitdhauerfunft. Außer f. Beſchreibung von 
In aud) die Reife bes Herzogs von Chatelet nad) Portugal heraus. 
kantniß der deutfchen che zeugen f. Überf. von Batſch's „Botanik 
mare", Archenhoizs „Geſchichte der Flibuſtier“ u. m. a. Schriften. 

ignon (Antoinette), eine berühmte religiöfe Schwaͤrmerin, geb. 
k, bie X. eines Kaufmanns,- kam fo haͤßlich zur Welt, daß ihre Fa—⸗ 
zer ſich hielt, ob man nicht das Kind, gleich einer Mifgeburt, er= 
Zr Geiſt entwickelte ſich ſchnell. Das Lefen myſtiſcher Bücher und 
ı ber erften Chriften erhigte ihre Einbildungskraft fo, daß fie Erſchei⸗ 
ben vorgab, und ſich berufen fühlte, ben reinen Geift de Evangeliums 
Hm. In ihrem 20.3. wollte man fie verheicathen: aber in dem 
mo bie Seierlichkeit vor fich gehen follte, entfloh fie in Mannskleidern. 
mittelung des Erzbiſchofs von Cambray kam fie in das Kofler des 
eins, wo fie einige Nonnen für ihre Meinungen gewann, und ſich 
dise einer bedeutenden Dartei fah. Eben wollte fie mit ihren Juͤn⸗ 





142 Bourfault 
orte, und es gab keine Thorheit, die nicht in bemfelben ausgeuͤbt wurde. 
jedoch ihre veligiöfen Traͤumereien auch auf die Politik übertragen wollte, 
auf dem Punkte, verhaftet zu werden, fanb aber Gelegenheit, nady Holfte 
fliehen. Diefe herumirrende Lebensart mußte fie nothwenbig vielen Gefa 
fegen, ob fie gleich behauptete, ein Segenmittel gegen jede Art von Beleil 
befigm. Denn fie war nicht allein an und für ſich ſehr keuſch, fonbern f 
auch denjenigen Perfonen, die fich ihr näherten, die Keufchheit ebenfalls u 
len. Dies läßt ſich bei ihrer auffallenden Häßlichkeit leicht glauben. Dem 
erwiefen, baß fie zu verfchledenen Malen bie heftigfte Liebe eingeflößt hat. ; 
60. Fahre hatte fie noch nichtE von ber Lebendigkeit und Thätigkeit ihre 
verloren. Sie befand ſich auf der kleinen Infel Nordſtrand an ber S 
ziemlich zahlreichen Religionsfecte, die fich jedoch ſtreng verborgen hielt, als 
bot an fie erging, von ber Druderei, bie fie, um ihre Schriften zu druden, 
Haufe hatte, Gebrauch zu machen. Da fie keinen Gehorfam leiftete, 
fort, und nahm ihre Druckerei nebft ihren Papieren auf einem Wagen mit 
zog mit einigen ihrer Anhänger nach Harlem, bann nad) Holſtein. 1674 
fi) in Hufum feft und ließ ihre Schriften drucken. Hier vertrieben, ging 
Schleswig, dann nach Hamburg, wo fie an La Coſte und Pet. Poiret? 
fand. Auch aus Hamburg warb fie vertrieben, worauf fie ſich nach Of 
begab, wo fie der Baron von Lugbutg zur Vorfieherin eines Hospitals 
Aber audy hier wollte man fie ihres unruhigen Geiftes wegen nicht dulden ; 
endlich 1680 auf ihrer Ruͤckreiſe nach Holland zu Franeker. Eine Sam 
eine feurige Beredtſamkeit beurkund. Schriften, in 19 Bon. ift 1686 erfi 
Bourfault (Ebme), geb. zu Muſſi⸗l' Eveque in Bourgogne 163 
ohne alle Erziehung auf, und kam 1651 nach Paris, ohne mehr als di 
art feiner Provinz zu verftehen. Hier lernte er franzoͤſiſch fprechen u 
ben, und brachte ed In kurzem fo weit, daß man ihm den Auftrag gab, ı 
für die Erziehung des Dauphins Abzufaflen. Diefes Buch, „La verita 
de des souverains”, gefiel dem Könige bergeftalt, daß er Bourfault zu 
Lehrer feines Sohnes ernannte. Bourſault fchlug die Stelle aus, weil er 
tein verſtehe. Aus demfelben Grunde wollte er nicht in die Akademie trei 
f. Jugend hatte er eine Zeitung in Verfen unternommen, welche en K 
den ganzen Hof fehr beiuftigte und ihm eine Penfion von 2000 Liyres 
Da er aber eines Tages ein luſtiges Abenteuer, das einem Capuciner begey 
zum Beften gegeben hatte, bewirkte der Beichtvater der Königin, baß di 
unterdrüdt wuche, und ohne Schug bes großen Condé würde Bourfau 
Baſtille gefegt worden fein. Eine andre Zeitung wurde wegen zwei | 
Verſe auf den König Wilhelm, mit dem man eben in Friedensunterha 
fland, ebenfalls unterdrüdt. Gluͤcklicher war er auf dem Theater. Mid 
Stüde wurden mit bauerndem Beifalle gegeben, u.a. „Esope & le vi 
„Esope & la cour”, die noch jegt zumeilen aufgeführt werden. Gel 
Tragoͤdien: „Marie Stuart” und „Germanicus” find vergeffen. Bourſa 
das Ungläd, mit Moliere und Boileau in Streit zu gerathen. Ex fh 
abfcheuliche Kritik der „Ecole des femmes“ u. d. Tit.: „Le portrait dug 
Moliere züchtigte ihn dafür in feinem „Impromptu de Versailles‘. U 
Boileau zu raͤchen, der ihn in feinen Satyren verfpottet hatte, fchrieb er 
fpiel: „Satyre des satyres‘, beffen hrung aber Boileau verhindert 
fault nahm in ber Kolge eine eblere Rache. Er hörte, daß Boileau fi 
Bädern von Bourbonne in Gelbverlegenheit befände, elite zu ihm und nötl 
ein Darlehn von 200 Louisd'or anzunehmen. Don einer folchen Groß 
rührt, ſchenkte ihm Boileau feine Freundſchaft und flrich den Namen X 
aus feinen Satyren weg. Bourſault farb zu Montucon 1701. 


Bouffole Bouterwel 145 


fole, vie Magnetnadel mit ihrem Gehäufe und der auf felbigem 
Gradeintheilung. (S. Compaß.) Auch verfteht man darunter eine 
dinkelmeſſungen beflimmte Geräthfchaft, worin bie Bouffole einen 
macht und gemeiniglich mit Dioptern am Nord⸗ und Suͤdpole ver⸗ 


erwek (Friedrich), Hofrath, Profeffor der Moratphitofophie zu 
derdienſtvoll als akademiſcher Lehrer, wie als Schriftfteller, geb. ben 
66 zu Oker, einem Hüttenwerke unweit Goslar, fand in Gellert's 
8 Schriften, fpäter im Horaz, die erfle Nahrung; aber das Lefen 
m und andern fchöngeiftigen Schriften brachten Verwirrung in die 
Knaben, bi6 der regeimäßigere Unterricht, erft in ber Martinsfchule, 
ı Sarolinum zu Braunſchweig, ihn an ernftere Befchäftigung und 
Studium gemöhnte. Sein Plan, als Rechtögelehrter in den hoͤhern 
Kırgerlichen Geſellſchaft zu glänzen, ward fchon im zweiten Jahre ſei⸗ 
khen Laufbahn in Göttingen, nachdem ex bereits als Verfaffer einer 
keiöfchrift feinen Mitbewerbern den Vorrang abgelaufen hatte, durch 
Bekanntfchaft mit einigen Poefie liebenden Sünglingen erfchüttert, in 
se er feine® Berufs zur Dichtkunft inne zu werben glaubte. In die: 
uhftfolgenden Zeit, die ber gereifte Dann fpäter felbft für eine Periode 
erklaͤrte, entftand die Mehrzahl f. Gedichte und ein Roman, 
mar‘ (3 Thle. 1791— 93). — Bouterwek verließ bereits 1787 
Rab aber weder in Hanover, noch ihn Berlin, wohin in Sleim’s Em- 
Igleiteten, das Gluͤck, das er fuchte. 1789 finden wir ihn zum zwei⸗ 
nt als Privardocenten, in Göttingen. Kaum hatte er hier den oben 
Isman vollendet, als das Gefühl der Unzulänglichkeit feiner bisherigen 
nitn auf das Feld der Literaturgefchichte und Philofophie rief, denen 
it wenn auch unter dem Einfluffe wechfelnder Srundfäge und mit ver: 
Use, Doch immer mit gleichem Eifer treu geblieben if. Mit feinem 
ti Reihen der Kant’fchen Phitofophie beginnt ein neuer Abfchnitt in 
ab als er 1796 nad, einer Abwefenheit von 2 Jahren nach Göttin: 
dee, wurde ihm ſchon im naͤchſten Fahre die durch Feder's Abgang er- 
ubentl. Drofeffur der Philofophie übertragen. Fehlte es ihm auch an 
kit und Tiefe, um Schöpfer eines neuen, haltbaren philofophifchen Sy⸗ 
bar, fo gelang es ihm doch oft, vorhandene Lehrmeinungen zu erläutern 
nen Befichtöpuntten zuſammenzufaſſen. Sein philofophifches Stre- 
Kant begonnen und fand in Zacobi feine Enbfchaft. Die „Idee einer 
Ye 1799 als ein Beitrag zur Selbftverftändigung des Menfchen und 
ung des Streits über Metaphyſik, Eritifhe Philofophie und Skepti⸗ 
Bon. erfchien und fpäter durch das „Lehrb. ber philofoph. Wiſſenſchaf⸗ 
L, 1813, 2. Aufl. 1820) und die „Religion der Vernunft“ (Goͤtt. 
Hänbigt warb, war bie unmittelbare Frucht ber nähern Belanntfchaft 
der philofophifchen Anficht Fr. H. Jacobi's. Hier ſowol, als in 
(2 Thle., 1806) hatte er e8 mit mächtigen Gegnern zu thun; und 
rin dieſem Kampfe gegen Ideen, die bie Zeit bewegten, ben Kürzern 
richt ed ihm minbeftens zum Ruhme, trotz aller Verunglimpfungen 
hen Schule, dem redlichen Weiterforfchen nie entfagt zu haben, wie 
ı Sckiften, namentlich die in den Principien umgearbeitete Ausg. 
(1815, 3. Aufl. 1824 fg., 2 Thle.) beweiſen. Ein bleibendes Ver: 
ſich 8. ſeit 1804 durch f. „Sefchichte der neuern Poefie und Beredt⸗ 
Bde.), ein Werk, das, obwol in einzelnen Theilen ungleich bearbeitet 
nen Punkten, zumal in den erſten Bbn., einfeitig und oberflächlich, 
er forgfälsigern Bearbeitung ber ſpotern Abtheilungen, ſowie Über: 


144 Bowdich Boyeldien 


haupt als reiche Sammlung brauchbarer Notizen und ſelbſt gewonnener U 
und Anſichten, zu dem Beſten gehört, maß bie deutſche Literatur in dieſer & 
aufzumelfen hat. Unter f. Heinen Schriften, von denen ber Vf. 1818 ein 
wahl veranftaltete, findet fi Manches, was mir den gepriefenften ſ. 
matifchen Werke vorziehen würben, namentlich ein Feiner Aufſatz, der 
wähnte Sammlung einleitet und in weldyem der Vf. mit rührender Off 
faft übertriebener Strenge gegen fich felbft von feinem bisherigen literarifi 
ben Mechenfchaft gibt. 

Bowdich (J. Edw.), geb. 1794, Naturforſcher, im Dienſte 
kaniſchen Geſellſchaft zu London, machte ſich durch ſeine Geſandtſcha 
Land der Aſhantis (f.d.), „Mission from Cape Coast Castle to As 
(London 1819, 4.), forie durch f. Nachrichten über das afrikan. Sim 
und das portug. Afrika vortheilhaft.befannt. In Auftrag jener Gefeltfcuel 
er zulegt befchäftigt, eine Charte vom Gambiaftrom zu entwerfen; er befg 
feit 1823 am Sambia, und wollte, nad) Vollendung der Charte, ſich an dem 
begeben, wohin ihn f. junge Gattin, eine geſchickte Zeichnerin, zu begleiten dig 
fen war; allein er wurde ben 10. Ian. 1824 ein Opfer des fogen. Gambih 

Boren, eine Art von Fauſtkampf, die zu den Volkseigenthuͤn 
der Engländer gehört. Es gibt Borer, die aus ihrer Fertigkeit ein G 
hen, und für Bezahlung theils die Fehden Andrer ausfechten, theils fich | 
ander in einem Kreiſe von Zufchauern befämpfen. Die Borkunft 
Sertigkeit, fich felbft zu decken und dem Gegner Stöße, beſonders auf ben Wi 
mit der Fauſt beizubringen... Sie hat gewiſſe Regeln und Gebräuche, 
mein beobachtet werben. So lange 3. B. der Eine auf der Erde liegt, 
Andre nicht fchlagen. Gewöhnlich find die Kämpfer bie auf die Hüften 
Derjenige, der zuerft den Wunfch erklärt, aufhören zu wollen, ift ber bee 
Diefe brit. Nationaltunft und die Meifter in derfeiben hat Pierce Egan ie 
te: „Boxiana, od. Skizzen de& antiken u. modernen Pugilism“ (4 WBbe., zu 
London 1824) der Nachwelt überliefert. 

Boydell (Sohn), geb. zu Dorington 1730, verdient einen Plag- 
Kunftgefchichte Englands wegen bes Einfluffes, den feine großen Unternchen 
auf bie Fortſchritte der Künfte in diefem Lande gehabt haben. Er war ſelb 
pferftecher, dann Sammler und Kupferftichhändler. Seine wichtigfle 
mung ift f. Galerie Shakſpeare's, für die er ale große Maler und 
feiner Zeit arbeiten ließ. Er gab außerdem andre Sammlungen von 
heraus, unter welchen ſich die Galerie Houghton's auszeichnet, welche bie; 
Katharina an fid, kaufte. Man verdankt ihm ferner ein Buch von hohe 
effe: „Liber veritatis”, welches aus einem Facſimile des koͤſtlichen 
fteht, in welhem Claude Lorrain Zeichnungen von allen feinen Gem 
legte, unb deſſen Original der Herzog von Devonfhire befist. Bon f. „Col 
of prints, engraved after the most capital paintings in England” (1% 
find die beiden erften Bänbe trefflih. Boydell genoß der höchften Achtung 
Sheriff und Lord Mayor von London. Er ftarb 1804. : 

Boyeldieu (Abrien), einer der beliebteften franzöf. Operncowupg 
deffen heitere und lebhafte Mufit auch in Deutfchland gern gehört wird. . 
1775 zu Rouen geb., und lernte vom 7. Jahre an bei dem dortigen | 
ſten Broche Mufit. Um 1795 kam er nach Paris und machte fich durch 
fition und Vortrag feiner Romanzen befannt und beliebt. Bald wurbe ee al 
feffor des Pianoforte bei dem Confervatorium angeftellt. In diefer Zeit fi 
auch mehre Operetten, unter welchen „Ma tante Aurore“ und ber 
Bagdad“ die befannteften find. 1803 ging er nach Petersburg. Geiz Ay 

ſchaffte ihm eine günftige Aufnahme, und er wurbe vom Kaifer zum Hofcan 





































Boyen 145 


Fuͤr das Theater von Eremitage ſchrieb er auch ſ. „Aline, Königin 
a und die große Oper „Lelemach”‘, welche Einige für feine beſte Mu⸗ 
1805 kam er nach Paris; bie politifchen Ereigniſſe hielten ihn in 
schd und er widmete fein Talent nun dem Theätre Feydeau. Die 
Dpern, die ex feitbem gefchrieben, find „La dot de Susette”; „Jean de 
12), weiche Überall am meiften Gluͤck gemacht hat; „Le nouveau 
ı village‘ (Der neue Gutsherr, 1813) u. „La fete du village voisin’ 
sine fpätere Oper: „Le chaperon rouge” (Rothkaͤppchen) hat leben: 
aber erreicht den Johann von Paris an Eigenthuͤmlichkeit nicht. 
B. Mitglied der Jury zur Prüfung der für die Oper beftimmten 
r Werke. Seine neuefle Oper „La dame blanche” hat (1825) in 
a Erfolg gehabt. Die Eigenfchaften feiner Gompofitionen find: na- 
ihter Romanzengefang, glänzende Harmonie und Sinfirumentirung 
kung, viel Sröhlichkeit, verbunden mit dem Zalent zu charakterifiren. 
umtalifi Hat B. auch verfchtebene Soloſtuͤcke für Pianoforte und Harfe 


ın (Hermann von), ehemal. k. preuß. Kriegsminiſter, geb. 1771 in 
‚ward, da er feine Altern (dev Water war Oberftlieutenant) ald Kind 
f. Zante erzogen. Er trat 1783 bei einem in Königsberg ſtehenden 
Simente als Freicorporal in Dienfte, wurde 1788 Seconbelieutenant 
k 3 Jahre hindurch die Kriegsſchule in Königsberg (unter ber Leitung 
teten Mannes, bed Mineurcapitains Rauch), ſowie die Vorleſun⸗ 
m und Krauß. Bei dem 1794 durch Madalinsky's Einfall in Süd: 
Aundenen Kriege ward B. erſt von feinem MRegimentschef, dem General 
w dann von dem General Günther, weldyer ein befonderes Corps am 
Mäste, zum Adjutanten gewählt, machte in diefem Verhaͤltniß jenen 
Kin deſſen Laufe er verwundet wurde, und Eehrte als Premieurlieutenant 
Sumente zuruͤck. Beim Ausbruch des Krieges 1806 ward Boyen im 
ie Herzogs von Braunfchweig angeftellt. In der Schlacht von 

verwundet, entzeg ihn bie Theilnahme achtungswerther Be: 
tVeimar der Gefangenfchaft, ſodaß er nad) feiner Wiederherſtellung 
07 zur Armee nach Oſtpreußen gehen konnte. Er erhielt hier eine 
ka Beneratftabe und ward zu dem ruffifchen Corps, welches am Narew 
me fand, gefchidt. Nach dem tilfiter Frieden ward Boyen 1808 Ma: 
u an denn Arbeiten einer militairiſchen Reorganifatlonscommiffion, un- 
des edeln Scharnhorft, Theil. 1809 wurde B. auf bes Letztern 
Eitglteb des neu errichteten Kriegsdepartements, und erhielt 1810 den 
rag im Gabinet des Könige. 1812 fchienen die damals eingetretenen 
ſerhaͤltniſſe den Dienflaustritt Boyen's nothwendig zu machen, und 
zuhte, ihm ben Abſchied als Oberfter zu geben. B. benuste feine 
ner Reife nach Wien und Petersburg, von der er im Anfange 1813 
5, den bamaligen Aufenthalte des Königs, zurückkehrte. Bei dem 
6 Krieges gegen Frankreich warb er wieder im Generalftabe angeftellt 
Mile Hauptquartier nach Kaliſch geſchickt. Er begleitete dieſes nad) 
wohnte der Schlacht von Großgoͤrſchen bei. Bei dem Ruͤckmarſch 
ch Berlin geſendet, theils die in den Marken angeordneten Ruͤſtungs⸗ 
ı befdhleumigen, theils, inſofern es noͤthig werden ſollte, fir die Ver: 
en Berlin Anftalten zu treffen. Als der Waffenftiuftand aufhörte, 
uf des Beneralftabes bei dem 3. Armeecorps unter General Buͤlow; 
unfdyaft madyte er bie Zeldzüge von 1813 u. 14 mit, mobei er im 
freiung von Holland zum Generalmajor befördert wurde. Mad) dem 
1814 erhiel DB. bie Otelle des Kriegeminifters und wurde, nad: 
Eirbente Kufl 88. II. 10 


146 Boyer (Xleris) Boyle 


dem Bonaparte von Elba in Cannes gelandet hatte, nach Wien ber 
er die Souverains durch den Elſaß und Lothringen nach Paris begl 
wurde B. Generallieutenant und hielt ſich waͤhrend des Congreſſes i 
Am Schluſſe d. J. 1819 genehmigte der König feinen Wunſch, fic 
ſchaͤften in den Ruheftand zuruͤckziehen zu dürfen. Boyen ift feit 1 
Tochter bes Kammeraffiftenzrathes Bernet aus Oſtpreußen verheicat! 

Boyer (Aleris), Baron, einer ber erfien Wundaͤrzte Euro 
äußern Klinik in Paris und Chirurgien en chef adjoint beim Hot 
rite. Die ausübende Kunft verdankt ihm manche Inſtrumente, 2 
mechanifche Hülfsmittel, die er erfand oder verbefferte. Geb. 1761 
Limoufin und ein Schuͤler des berühmten Defautt, hielt er ſchon von 
lefungen und begleitete Napoleon als erfter Chirurg in feinen Feld 
„Traite complet d’anatomie” (4 Bbe.) hat £ Aufl. erlebt. ©. 
maladies chirurgicales et des operations qui leur conviennent’ 
vollendet. Die Krankheiten und die Heilungsmethoden befchreibt e 
Ohne zu erzählen, wie es Andre machten, beftimmt er feine Weife un 
tichkeit. Eine Zeitlang war er Mitarbeiter mit Rour und Gorvifarı 
de medecine, chirurgie et pharmacie”; auch find viele hirurgif 
„Dictionnaire des sciences medicales” von ihm. Als der Köni 
Bericht von den größten franz. Arzten und Wundaͤrzten Über ben Zu 
dicinifchen und chirurgifchen Lehranftalten im Reiche verlangte, wur 
Mitgliede diefer Unterfuchungscommiffion ernannt. 

"Boyer, Präfident der Republit Haiti in Weftindien, e 
Prince geborener Mulatte, bildete fich in Frankreich, kämpfte dann a 
Chef im Revolutionskriege auf St.-Domingo gegen die Briten. ° 
latten Beauveau Tode wurde er Brigadegeneral und befehligte die‘ 
ter dem General Rigaud. . Zum Unglüd der franz. Coloniften ftand 
faintsLouverture an der Spige ber Neger wider bie weiße Bevoͤlkerun 
kämpfte gegen Zouffeint, war aber nicht gluͤcklich. General Riga 
mußten die Inſel verlafien. Mit ber Erpedition bes Generals Lecler 
nach der Inſel zuruͤck, trennte ſich aber bald von Leclerc und wurded 
Mulatten, verhielt fi aber nebft Pethion ruhig, um feine Kräfte zu 
der thätige, aber graufame Deffaline® die Franzoſen von der Inſel v 
Deffalined’s Tode wollte fein Nachfolger Chriſtoph bie republifanif 
zu Port au Prince ebenfalls unterjochen; allein. mit Huͤlfe Boper’s | 
Pethion als Präfident im füdwefklichen Theile der Infel. Nah P 
1818, durch defien Empfehlung und die Wahl ber Repräfentanten | 
ten ber Republik ernannt, vereinigte Boyer, als Chriftoph 1320 
war, den ganzen ehemaligen franz. Theil von Haiti zu einer Repul 
darauf, 1822, beſetzte er auch ben ehemals fpan. Theil von St.-T 
Haiti.) Seitdem regiert Boner feinen Staat conftitutionell, F 
geſtuͤm, aber beharrlich, iſt B. zugleich. höflich und bisweilen einneh 
gang; dabei aufgeklärt, ein Freund der Wiffenfchaften und ſchoͤnen 
zuͤgliche Sorgfalt widmet er dem Aderbau und ber Volkscultur. Er 
Frankreich den Vertrag abgefchloflen, durch welchen Haiti's Unabt 
erkannt worden ift. 

Boyle (Mobert), ein berühmter englifcher Naturforfcher u 
geb. zu Lismore in Itland 1626, der 7. Sohn des großen Grafen 
Cork, ging 1638 unter der Leitung eines unterrichtetn Mannes ni 
er feine Studien mehre Jahre lang fortſetzte. 1641 reife er nach J 
befand er fi) in Marfeille, als er durch ben Ausbruch ber Mebellior 
Geldverlegenheit gerieth, die ihm erft 1644 nach, England zuruͤckzuke 


erſte genane Kenntniß von ber Einfaugung der Luft bei ben Verkal⸗ 
kebrennungen, unb von der Zunahme bes Gewichts der Metallkalke 
um iſt ex der erfte Führer Derer, welche die chemiſchen Erſcheinungen 
ten, ber Vorläufer eines Mayow, Hales, Cavendifh und Prieſtiey 
ı ollen feinen philoſophiſchen Arbeiten zeigte er einen geraden, me: 
x anf die Erfahrung fußenden Geiſt. Dabei befaß er eine lebhafte, 
ı überfpannten Ideen hingezogene Phantafie, welche in feiner früs 
durch das Lefen des „Amadis von Gallien” auf eine Weife geweckt 
daz der Einfluß davon ſtets fichtbar blieb. Schon von Natur war 
wermuth geneigt, und biefe Stimmung ward durch mehre Erelgniffe 
t Beſonders machten ber Anblid der großen Karthaufe zu Gre⸗ 
ifeit der Gegend, fowie das ſtrenge einfieblerifche Leben der Beifts 
einen tiefen Eindruck auf ihn. Der Teufel, fo fagt er felbft, habe, 
hmermuth benugend, feine Seele mit Schreden erfüllt und ihm 
einige Hauptlehren der Religion eingeflößt. Diefer Zuftand war 

ich, daß er verſucht warb, durch einen freiwilligen Tod ſich davon 

ur die Furcht vor der Hölle hinderte ihn daran. Indem er ſich im 
Irten fuchte, fand er die bis auf ihn erfchienenen Schriften zur Were 
‚Religion für feinen Geift nicht hinreichend. Um felbft die Werke, 
unblage berfelben find, in der Urfchrift kennen zu lernen, ſtuditte er 
m Sprachen, und verband ſich mit Pocode, Thomas Hpde, Samuel 
as Barlow ıc. Das Ergebniß diefer Studien war eine Überzeus 
theils in theologifhen Schriften, theils in mohlthätigen und. groß- 
adlungen äußerte. x fliftete öffentliche Lehrftunden, um neue 
ie Lehrfäge der chriſtlichen Religion vorzutragen, und diefer Boyle’s 
| verdanken wir bie ſchoͤnen Reden Samuel Clarke's über das Da⸗ 
& befdrberte die Miffionsanftalten in Indien, und ließ die Bibel 
a ins Irlaͤndiſche und Galiſche überfegen und druden. Mit feir 
Orundfägen verband er bie reinften Sitten, eine feltene Befcheiden« 





148 Brabant 


Brabant, das Herzogtäum, eine ber wichtigfien Provinzen t 
lande, grenzt m N. an Holland und Geldern, im W. an Seeland und 
im &. an Hennegau und Ramur, im D. an Lüttich und Geldern. 
Herzoge von Brabant übten ein großes Aufehen Aber die Regenten ber 
ten belgifchen Staaten aus, und in ber Periobe der fpanifchen und | 
oͤſtreichiſchen Regierung behaupteten bie Deputirten von Brabant den ı 
in der allgemeinen beigifdyen Staͤndeverſanmlung, ſtimmten auch zuerfl 
ehr Theil von Brabant, und zwar ber größere, der Öfte. Souverainetät, u 
nere der Souvsrainetät der vereinigten Mieberlande angehörte, fo nam 
ſteres das Tpanifche oder Öftreichifche, und letzteres dad hollänbifche ob 
brabant. Der füdliche Theil Brabants Heißt der walloniſche. Die 
meine Landesſprache ift ein verdorbenes Ftanzoͤſiſch; im nörblichen Th: 
das Flämifche. Die vornehmern Claffen der Brabanter reden allgı 
franzoͤfiſch. Vormals war Brabant in 4 Quartiere eingetheilt: Loͤwe 
Antwerpen und Herzogenbufch. Beide erftere nebft einem Xheile des I 
ren oͤſtreichiſch, und das übrige den Generalſtaaten der Niederlande un 
Ganz Brabant begriff in fi) 28 Städte und 700 Dörfer. 1746 et 
Franzoſen das oͤſtt. Brabant, gaben es aber 1748 im aachener Sriet 
Abermals eroberte Frankreich folches 1794 und behielt baffelbe im F 

Sormio (1797) und Im Frieden von Lunevilie (1801). Das 
öfte. Brabant hieß nun das Döpart. de deux Nethes, das fübliche 
1810 vereinigte Frankreich auch das holländ. Brabant mit feinem Reich, 
dete aus demfelben mit einem Theile von Geldern das Depart. des b 
Rhin. or der franz. Revolution hatte das oͤſtr. Brabant feine eigne 
2Biſchoͤfe, 11 Abte, die Herren der Herrfchaften (Baronien), und ' 
Magiſtraten zu Bruͤſſel, Löwen und Antwerpen erwählte Deputicte. 
dem Monarchen und den Staaten von Brabant und Limburg beftant 
Gompactate, Joyeuse entree (der fröhliche Einzug) genannt, kraft 
Stände jener Lande nicht bloß an der Geſetzgebung, fonbern auch an 
vollziehung Antheil hatten. Die Privilegien biefes Theils der Mederl 
den einſt fo hoch gefchägt, dag manche Ehefeauen aus andern Prowiage 
bant oder Limburg Wochenbette hielten, um ihren neugeborenen Göhns 
digenat diefer Rande zu verfchaffen. Während der Regierung ded I 
ſeph LI. entftand ein großer Streit über Die Auslegung der Joyeuse entr 
Ständen von Brabant und Limburg, deren heftiger Widerſtand die Auf 
Stände zur Folge hatte. Diefe Provinzialſtaͤnde verfammelten ſich 
ordentlich und ſprachen kuͤhn die Trennung Brabants von der Lande 
Haufes ſtreich aus. Nach dem Tode Jofephs IL. machte Leopold I. 
tigen Streitigkeiten durch Herftellung der alten Worrechte ein Ende. : 
Brabant, in Kolge des parifer Friedens von 1814 und der Befchküffe 
Congreffes, einen Hauptteil des neuen Königreichs ber Miederlande ı 
aus den 3 niederländ. Provinzen: Ghdbrabant, Norbbrabant und 1 
In Sübbrabant find merkwürdig: Bruͤſſel (Hauptſt.), Loͤwen, Dief 
Zirlemont, Nivelles, Wavre, der Meischof Quatre⸗Bras, i 
Waterloo: in Nordbrabant: Herzogenbuſch (Hauptſt.) Vreda, 
Bergen op Zoom u.a.m. Zu der Markgrafſchaft Antwerpen gehört 
Herrlichkeit Mecheln. Rorbbrabant ift mit Moor, Heide und Wald be 
Ganzen iſt Brabant reich an Getreide, befonders an Welzen, aber aı 
pfen und Flachs. Selbſt In gemeinen Kornjahren bringt e6 mehr ©: 
vor als die Bevölkerung verzehren kann. Auch find die Tuch und Sp 
facturen anfehnlih. Eine Menge Candle erleichtern den inländifcy 
und der auswärtige hat felt der Öffnung ber Schelbe zugenommen. € 


u heißt es danm Dreefche. — Brachen heißt ein brachgelegenes Gelb 
Rale wieder pflügen, es fügen; in manchen Gegenden wird es für 
taffen genommen. Brim Weinbau bedeutet ed: vom Unkraut veis 
kahmonat ift der feste des Jahres, ber Sommermonat, Junius, 
demfelben zu brachen pflegt. 
dmanen, f. Spmnofophiften. J 
hmann (Lorife Karoline), geb. den 9. Gebr. 1777 zu Rochlit, wo 
fen gebilbeter Geiſt auf feine Tochter zuerſt einwirkte, Kreisfecretait 
Ion früh Zalent zur Poefie. In Weißenfels, wohin iht Water 1787 
en war, machte Louiſe in bem v. Hardenberg ſchen Haufe die Bekannt: 
Yhters Novalis (f. Hardenberg), durch ben fie für das ‚Höhere 
begeiftert wurde. Die Romantik bes Mittelalter zog fie befonders 
wali$ an Schiller empfohlen, trat fie, unter dem Namen Lonife, zuerſt 
Rufenatmancd) für 1799" als Dichterin auf. Seit 1803 lebee fie, 
Ite ihrer Ältern, erſt in Iena, dann meiftens in Weißenfels, mit 
Im Arbeiten („Gedichte", 1800, n. X. 1808; Novellen und Heine 
Einige gu Taſchenbuͤchern, zu Kind's „Harfe ıc.) befchäftigt. Zart⸗ 
MOefühis und eine fanfte Melancholie zeichnen die romantifch = eple 
ingen biefer Sängerin der Liebe, zumal ber unglüdlichen, aus. 1820 
Biiderungen aus ber Wirklichkeit". Getäufcht in manchen Lebens: 
endigte fie den 17. Sept. 1822, bei einem Beſuch in Halle, ihr Leben 
der Saale. (©. ihre Biographie vor dem 1. B. ihrer „Auserlefenen 
„&pz. 1824, vom Prof. Schüg.) 
dagraphie, die Kunſt mit Äbkuͤrzungen zu ſchreiben; die Schnell: 
# gleichbedeutend mit Stenographie ober Tachygraphie. — Brachy⸗ 
« Tunſt, kurz und gebrängt zu reden; zugleich ber Fehler in der 
wenn man durch gegwungene Kürze dunkel wird. Es wird im der 
uct, wenn in einem langfamen Gefange eine geſchwinde Stelle vor: 
Irahntatalettifch heißt in ber Dichtkunſt ein Vers, an welchem 
ber ein Fuß fehlt. 
teaten, Hohlmünzen, Blechmuͤnzen, find Münzen von Gold + oder 





150 . Bradley 


denn goldene und kupferne Bracteaten gehören mol nur der fpätern Zeit an. 
Name Bracteat reift feibft auf Byzanz hin (nad) Iſidor von Fouyeiv, vaı 
daher bracteatus, ein Stuͤckchen Raufchgold), denn ber urkundliche aus de 
wo fie im Umlaufe waren, iſt denarius, moneta, obolus, panningus. 4 
Unförmiichkeit der meiften wird man fich ſchwer überzeugen koͤnnen, baß fl 
Mader annahm, An merkwuͤrdiges Zeichen bes fich vegenden deutfchen Kumfl 
ſelen. Zunaͤchſt dienten fie als Aufgeld beim Waarentaufche und wurden, 
ihrer Zerbrechlichkeit wegen, theild um ben Prägfchak recht oft zu gewinne 
häufig umgefchlagen. Man trug fie in eignen fteifen rindsledernen Taſch 
fchäßte fie nach dem Gewichte. Im zierlichern ahmte man fpäter unter Hein 
die Majeftätsfiegel nach, doch blieb in den. Ländern, wo römifche Münze. U 
laufe geweſen war, eine Form, die jener ſich näherte, immer beliebter. Die 
nofenform, die von diefen Ländern ausging, verbrängte bald, ale mit zum 
dem Handel und allgemeiner Bearbeitung der entdeckten Bergwerke die BRä 
edeln Metalle fich mehrte, diefe gebrechlichen Münzen, die flr die Geſchicht 
Gegenden von vorzüglichem Werthe find. Sehr gute Abbildungen von eh 
chen Bracteatenfammlung, welche die Originale beinah erfegen koͤnnen, fink 
in W. G. Beder’s „Zweihundert feitenen Münzen bes Mittelalters” (2 
1813, 4.). In neuern Zeiten hat man ältere feltene Bracteaten, oft mie fl 
wirrenden Abweichungen, nachgefchlagen und das Studium diefer Muͤn 
durch fehr erfchwert. on 
- Bradley (James), geb. 1692 zu Shirmborn in England, Al 
hatte zu Drforb Theologie fludirt, und warb ald Pfarrer angeftellt; alte‘ 
Neigung zur Aftronomie zog ihn bald von diefer Laufbahn ab. Ein Ob 
terrichtete ihn: in den Anfangsgründen der Mathematik; eigner Fleiß bea 
weiter, und #721 ward er Profeffor der Afttonomie zu Oxford. Sedzd 
darauf (1727) machte er feine Entdeckung über die Abirrung des— 
(f.d.) bekannt. Aber fo bedeutend aud) die Genauigkeit in ben aſtronse 
Beobachtungen durch diefe Entdeddungen befördert, und fo genau die 
beſtimmt wurden, fo entgingen die noch bleibenden, wiewol fehr geringen: 
ſchiede B.'s Beobachtungsgeifte nicht. Er verfolgte fie achtzehn Jahre far 
berounderungsmwürdiger Beharrlichkeit und fand endlich, daß man fie wolfe 
erklaͤre, wenn man der Erdachſe eine geringe ſchwankende Bewegung belleg 
che während der Umlaufszeit ber Mondsknoten, b. h. in achtzehn Jahren, 
werde... Er nannte biefe Erfcyeinung das Wanken ber Erdachſe 
Wanken der Erdachſe) und machte die daher entflehende fcheinbani 
gung der Firfterne mit ihren Belegen 1748 in den Transactionen ( 
transact.'‘, n. 785) bekannt. D’Alembert hat nachher durdy Rechnung U 
fifche Urfache dieſes Wankens nad der Theorie der allgemeinen Anzieh 
ftelt. Durch beide Entdedungen ift es erſt möglich geworben, die geb 
nauigteit in die Tafeln Über die Bewegungen der Himmelskoͤrper zu b 
Schon 1726 hatte Bradley in einer Abhandlung gezeigt, wie man vermitl 
Berfinfterung des erften Jupiterstrabanten die Längen meſſen inne. 17 
hielt er, nad) Halley's Tode, den Poften eines koͤnigl. Afttonomen und bi 
Sternwarte von Greenwich. Hier verlebte er den Reſt feiner Tage ohne. 
Verkehr ale mit dem Himmel, und fammelte 13 Bände Fol. von feinen 
Beobachtungen, die: er im Manufer. hinterließ. Won dieſen erfcyien 17 
1. Bd. durch Horesby: „„Astron. observat. made at the observat. at ( 
wich 1750—62 (Bfforb 1805, 2 Bde., Fol.). Aus diefer reichen Fur 
hat man Tauſende von Beobachtungen der Sonne, des Mondes und der P 
gezogen, die, geſchickt mit einander verbunden, :in ‚alle unfere aftronomifek 
fein Genauigkeit gebracht haben. Hier ſchoͤpfte Mayer die Eiamente fe 


ne Ruautat des song vollkommen zu nennen, und ſein Eon nimmt 
araktet des Zuftandes an, den er ausdrüden foll. Seine Articulation 
wefflicy, nicht eine Spibe geht dem Zuhörer verloren; daher er auch 
»Meifter fein kann. Ungiaublich ift die Beweglichkeit feiner Kehle, 
tim Tonlaufen, wo auch fein Ton reiner ift als anderswo, und ber 
tindert bleibt. Er fliege durch den ganzen Umtreis feiner Stimme 
macht die kuͤhnſten Sprünge von den hoͤchſten zu ben tiefften Tönen 
älhe Läufe mit unglaublidyer Fertigkeit. Der Zuhörer wird nie durch 
Riflingens geitört, und es ift baher gar wel zu erklären, wie eine Faͤ⸗ 
km Befiger ein fo umbegrenztes Vergnügen geroähren muß, oft mit 
Her Sreigebigkeit angewendet wird. Braham geht in jede Gompo: 
am gtühenden Gefühle ein, das ihm die lebhafteſten Farben verleiht 
enatürlichen Mittel in Bewegung ſebt. Er fteht immer unter dem 
HEnthufissmus, und feine Imagination ergieft ſich mit verſchwende⸗ 
über Empfindung und Keidenfchaft, über Melodie, Ausdrud und Ver: 
Aber eben hier iſi e6, wo er die Grenzen der Kunft Üüberfchreitet und 
keunen als Wohigefallen erweckt, oft ebenfe ſeht abföft ale ergött 
atdufig die Zufammenwirkung zerftört. Im Beſondern entftehen 
anbeſchteiblich widrigen und gezwungenen Zöne, jene plöglichen Un: 
1 gewaltfamen Ausfaͤlle und unmäfigen Anhäufungen von Noten, 
Icfang entftellen und bie Vermifchung des Kirchen, Theater: unb 
(in welchen allen er abwechſelud zu fingen hat). Braham's Beiſpiel 
Folgen geblieben, denn das ganze Königreid) ertönt von den Gefän: 
ıhahmer, und eine Generation muß vorübergeben, che der falſche Ge: 
her durch B.'s Verirrungen in jedem Winkel Englands fortgepflanzt 
: werden kann. Obgleich alfo B. einer ber größten Sänger ift, wel: 
t iegend eine Zeit hervorgebracht hat, fo dürften doc) im Einzelnen 
ielfeitige Mittel und fo feltfam glänzende Fehler in einem und dem 

@ vereint gefunden worden fein. Er fingt nody gegenwärtig um 
heater mit großem Beifall. Auch ift er Compenift, 3. B. der Oper 
t", wo er, wie meiftens, die Hauptpartie hat. 4. 





152 Brake Bramante 


> Brafe , f. Braade Brakdeich, ein von Fluthen burd 
Deich. 
Brakenburg (Regner), ein bekannter niederlaͤndiſcher Maler, 
ſogenannte Genrebilder, z. B. Bauernſcenen, Familienſtuͤcke, malte, und 
die Freuden des Weins und der Liebe in ihnen darſtellte. Er war geb. 3 
1649 und ſtarb, man weiß nicht wann, in Friesland. Seine Darſtellun 
volle Naturwahrheit. 

Brama, in der indifchen Mythologie, das erſte unter den drei erſ 
göttlichen Wefen, die Perfonification der chaffenden Kraft des Emwigen. 
heißt die Wiffenfchaft der Gefege, und mit Recht gibt man dem als Sch 
chrten Wefen diefen Namen, weil er die ganze Schöpfung nad) den G 
Natur ordnete. Außerdem ift er ber Gott des Schickſals, der zwar nad) 
len des ewigen Gottes, welcher feine unwandelbare Nichtfchnur ift, die 
felben angefangene Schöpfung fortfegt und allen Geſchoͤpfen das Daſein 
gleich aber auch die Zeit und das Alter dieſes Dafeins beflimmt, und n 
das Leben, fondern auch den Tod gibt. Man glaubt, Brama fterbe nad 
geoßen Perioden, und werde dann wieder lebendig, ja nach Andern fttı 
Fahre einmal. Unter den Thieren ift ihm der Schwan gewidmet. Er 
als Verfaffer der Vedas und als Gefeggeber und Lehrer Indiens betradı 
gebildet wird er mit vier Köpfen und ebenfo viel Armen. Seine Berı 
Bramanismus — wird daher al& die aͤlteſte der indiſchen Meligio 
ſehen. (S. Majer, „Die Religion des Brama‘'‘, 1818.) 

Bramanen oder Braminen, die Genoffen der erften und 
iten Kafte der Hindu. Nur fie find fähig, Priefter zu werden. Die! 
find aus Brama’d Gehirn entfprungen, welcher ihnen die Pflichten auf 
Beba (die heiligen Bücher) zu lefen, und Andre zu lehren, zu opfern, An 
Opfern beizuftehen, Almofen zu geben, wenn fie reich find, und wenn fie 
Geſchenke zu nehmen. Ihnen ift ein außerordentliches Anfchen beigel 
Bramine, er fei gelehrt oder unmiffend, ift eine machtige Gottheit. € 
fol die Braminen nie daburd) zum Zorn reizen, daß er ihe Gelb einzieht, 
fie erzuͤrnt, fo Eönnen fie ihn augenbiilich durch Opfer und Fluͤche, fam 
Truppen, Elefanten, Pferden und Wagen, ins Verberben ſtuͤrzen. @ 
feiner Geburt her ift ein Bramine felbft bei den Göttern ein Gegenftant 
ehrung ; was er aber dem menſchlichen Gefchlechte verfündigt, ift ent| 
Ausſpruch. Auf der Erbe gibt es kein größeres Verbrechen als einen Br. 
töbten; und wäre er auch aller Verbrechen überführt, fo darf ihn der $ 
nur aus dem Reiche verbannen, ohne fein Vermögen einzuziehen oder fi 
per zu befchädigen. (Vgl. Hinbus.) 

Bramante von Urbino (Francesco Lazzari), nebft Brune 
eigentliche MWieberherfteller der Baukunſt, geb. zu Caſtel Duranti im € 
Urbino gegen 1444, befchäftigte ſich anfangs mit der Malerei, aber felı 
dene® Talent für die Architektur gewann bald die Oberhand. Zunaͤch 
nach Mailand, deffen Dom ihn unabtäffig befchäftigte. Papft Alerant 
nannte ihn zu feinem Architekten, und Julius II. zum Intendanten | 
baͤude. Auf Befehl des Letztern verband er das Belvedere mit dem va 
Palaſt. Er bewog den Papft, die Kirche von St.-Peter niederreißen 
eine prächtigere erfegen zu laffen, die nicht ihres Gleichen auf der Welt br 
1513 ward nad) dem Plane des Bramante der Grund zu jenem Bau « 
noch heute als das größte Werk der neuern Baukunſt bewundert wird. 
1514, ohne das Ende feines Werks zu fehen. Man hatte baffelbe mit 
licher Schnelligkeit begonnen, aber. feine Nachfolger, Rafael, Julius 
Gallo, Peruszi und Michel Angelo, änderten den erften Plan und ließen 


ieber.) Won dem Begenfage der und der Weisbarkeit, 
a Worten, von dem befebenden Etnfluffe der em auf das Blut ⸗ 
Thaͤtigkeit des lebenden Organs, das Beſtehen beffelben in organi⸗ 
lazüch ab; allein beide ſtehen auch in beſtaͤndiger Wechſelwirtung 
Rach Ackermann nimmt das Nervenſyſtem feinen Urſprung aus dem 
und Soͤmmerring hat durch die genaueſten anatomiſchen und phys 
tefuchungen dargethan, daß die Nerven von dem fie umgebenden 
mäbhrt werben, indem die feinften Endungen beffeiben eine Feuchtig⸗ 
n, weiche als das Mittel des eigentlichen Nervenfluldums angefehen 
Aus dieſer Wechſelwirkung beider Syſteme auf einander find bie 
bei dem Brande erklaͤrbar. Iſt die Nervenkraft eines Theils oder 
tgend einer Urſache gänzlich gefunken, fo hört auch ihr beiebender 
3 Gefäßfoftem beffelben auf, die Empfindung dieſes Theils erlifcht, 
ı deffeiben ftodt und wird endlich ganz vernichtet, d. h. der Theil 
ı den meiſten Fällen entſteht der Brand; 1) Als Folge der Entzän- 
wift die nervoͤſe Entzimbung, bei weicher das den Nerven ſelbſt um- 
mgeroebe ergriffen ift, am meiften geneigt, im Brand uͤberzugehen, 
‚ weit die Abfonderung des 0 dabei unterdrückt iſt 
der Meigbarkeit eine Exniedrigung ihres Gegenſatzes, der Em- 

indung, zur Folge hat, deren gänzliches Erlöfchen alsdann 

im der Meisbarkeit oder das Abfterben der Arterie nach ſich zieht. 
ngen koͤnnen zwar auch den Brand erregen, doch nur dann, wenn 
wie Heftigkeit bis zu nervoͤſen Gebilden fich fortpflanzen und biefe 
wenn die Empfindlichkeit eines Organs ſchon geſchwaͤcht und herabs 

. B. bei durch Ausfchweifungen oder übermäßige Anftcengung ge: 
mſchen. 2) Vom Mangel des Zufluffes des arteriellen Blutes, 3. 
vebeutende Urterie verleht ober zuſammengedruͤckt wird. Berner 3) 
m kebensſchwaͤche die Empfindlichkeit bis auf Null herabſinkt. So 
‚alten Perfonen nicht felten dee Brand an den Fußzehen von ſelbſt, 
m entfernten Theilen die Nervenkraft zuerſt erlifcht, wozu wahr: 
die In der Abnahme befindliche Meizbarkeit und bie daher ſchwaäͤ- 





164 Brandaflecuranz Brandenburg 


deßhalb auch den Falten (Sphacelus) nennt. . Piöglich laffen die Schmery 
der Kranke fühlt ſich ſcheinbar beſſer (beſonders bei inneren Entzündungen, % 
den angegriffenen Theil nicht fieht) ; allein der Puls wird Hein, weich und | 
Bei äußern Theilen fieht man, daß die Geſchwulſt ihre Nöthe und Spanug 
liert, dagegen bleifarbig, grau und endlich ſchwarz wird. An dem be 
Theile entftehen Blafen von dem Abfondern ded Oberhaͤutchens, welche, 
mit wäfferiger, zuweilen auch mit biutiger Feuchtigkeit angefüllt find. 
Brande ergriffene Theil wird endlich kalt und verhält fich als tobte Maſſete 
Lebende fucht das Fremdartige abzuftogen, wenn noch Lebenskraft 
oder dieſe hinlaͤnglich unterflügt wird. Um den brandigen hell herum 
in diefem Falle eine Grenze, welche der Brand nicht überfchreitet; eine von 
lebenden und entzündeten benachbarten Theilen bewirkte Eiterung ſtoͤßt da 
ftorbene von fi, Iſt aber die Lebenskraft zu ſchwach hiezu, fo kriecht deg 
weiter und verbreitet feine verberbliche Wirkung über das ganze Nervenfpflg 
ſcheint, als wenn von dem todten faulenden Theile ſich ein Lähmendes Gig: 
felbe verbreite, welches bald feine ſchwaͤchende Wirkung darauf zeigt, indem bag 
unter fletö zunehmender Schwäche mit Ohnmachten, Irrereden und | 
venzufällen dem Tode entgegengeht. Bei ſchwacher, ungefunder, Üe 
Leibesbefchaffenheit ift der Brand allemal gefährlicher ; an innern Ei 
er faft immer tödtlich. Stellen ſich bei dem Brande Zufälle eines | 
foftemö ein, fo ift er ebenfalls beinahe immer toͤdtlich. u 
Brandaſſecuranz, ſ. Feuerverſicherung. v 
Brandeln, Braͤnder oder Zuͤnder, auch Brand: ober 
Bomben. 
Brandenburg. Vormals lebten in dieſem Landſtriche 
(Schwaben, ſ. Sueven). Unter ihnen hatten die Semnonen in ber 
Mittelmark und die Longobarben in der Altmark ihren Siz. Im J.8 
wurben bie Longobarden genoͤthigt, über die Elbe zu gehen, aber bald 
Marbod, dem Könige der Markomannen, welcher damals Böhmen Ih 
zuruͤckgedraͤngt. Nachdem fie ſich darauf im 3. 19 in den Scyug bed he 
Hermann begeben hatten, theilten fie, waͤhrend der erſten Jahrh. unferw. 
nung, das Schickſal der übrigen norddeutſchen Voͤlkerſchaften, verließen 
großen Völkerwanderung, nebft den Semnonen, ihr Vaterland und KR 
lombardifche Reich in Stalin. In die verlaffenen Länder rüdten 
flamwifche Völker, von denen die Wilzen die vomehmften waren. 
mehre Städte, unter benen Brannibor (Brennabor, Brandenburg) ſich 
nete. Sie wurden mit den Franken und Sachfen in der jegigen A 
Oſtfalen oder Oſtſachſen gehörte) in Kriege verwidelt, und geriethen 
nebft diefen unter die Botmäßigkeit Karte bes Großen, machten fich jebaf 
feinen Nachfolgern wieder unabhängig und beunruhigten (902) Sacdyfen.m 
tingen durch häufige Einfälle. Endlich unterjochte Heinrich, König da 
fhen, die Wenden, uͤberwand die Heveller an der Havel, die Retharig 
Ukermark, und eroberte Brannibor. Zur Befhügung der ſaͤchſ. Grenp- 
(931) befondere Grafen zu Soltwedel (Salzwedel) eingefegt, welches b 
Markgrafen von Nordfachfen oder von der wendifchen Mark waren. ZA 
grafen Gero und Dietrich befiegten zwar die unruhigen Wenden, body 29 
fich die Kriege mit abwechſelndem Gtäde. Seit 1056 hießen die Markgen 
Nordſachſen (der jegigen Altmark) auch Markgrafen von Stade, ſeitdem je 
an die Grafen von Stabe gekommen war. Graf Udo war von biefen ber} 
Ubo IV. (fl. 1130) der Legte. ber dreihundert Jahre hatten die Kriege by 
den mit den Deutſchen an ber Eibe gewährt, als Kaifer Lothar (1134), 
den Bdr, Grafen von Askanien, wit der Rorumart beichute. Albrecht 













ke Waldemar aus dem Haufe Anhalt (1308), der während der Win» 
Yohanne des Erlauchten regierte und nad) deffen Tode die Mark erbte, 
im älteren Markgrafen von Brandenburg ber mächtigfte. Mit dem 
dachfolgers, des Markgrafen Heinrich (1320), erlofch der askaniſche 
ke Stamm. Das faum an bürgerliche Ordnung gewoͤhnte branden- 
Eoerwilberte in dem nun folgenden ſtuͤrmiſchen Zeitraume des Pſeudo⸗ 
Müller Rehbock) und andrer Fehden. 
ubwig IV. von Baiern ertheilte 1322 feinem aͤlteſten Sohn: Ludroig 
mdenburg. Diefer mußte lange um den Befig bes Landes mit den 
Fürften und mit übermüthigen Bafallen kämpfen. Seine Heirath 
the Mauttafch, die ihm Tirol zubrachte, entfrembete ihn dem Inter⸗ 
hurg6, weiches er 1349 feinem Bruder, Ludwig dem Römer, als 
und fpäter ganz uͤbetließ. Diefer nahm wieder feinen Bruder Otto 
mm an, welder nad) Ludwigs Tode alleiniger Kurfürft wurde und 
ꝛ: IV. und dem (uremburgifchen Haufe eine Erbverbrüderung ſchloß, 
mr das Recht der Nachfolge in der Kurmark erhielt und hernach, da 
a träger und verſchwenderiſcher Regent war, Antheil an ber Regies 
Nun verkaufte Dito dem Kaiſer 1368 auch die Niederlaufig, wel⸗ 
Böhmen vereinigte und endlich Dtto 1373 nöthigte, die Kurmark 
im, wofle ihm Karl IV. 200,000 Goldgulden zu bezahlen verfprach 
gebalt nebft einigen Schlöffern in der Oberpfalz zuficherte. Der Kais 
nm Sohn Wenzel, König von Böhmen, mit der Kur Branden⸗ 
am diefe 1373 Kurfürften aus dem luremburgifchen Haufe. 
tmifcher König geworden war, gab Karl IV. die Kurmark feinem 
"Siegmund. Unter der Regierung diefes elfährigen Fuͤrſten ges 
Hin große Verwirrung. Der Abel, ber ihn verachtete, bekriegte ſich 
‚ befonder# war e8 die Familie von Quigow, welche die größten Un- 
verlaubte ; die angrenzenden Fuͤrſten thaten ungeſcheut Einfälle, und 
Eicherheit wurde gänzlich zerftört. Siegmund häufte am Ende eine 





' 156 Brandenburg (Geſchichte) 


rich VE, als Kurfürft zu Brandenburg Kriebrich 1. genannt, wurbe bu 
bes jeßt regierenden Eönigl. preußifchen Hauſes. 

Unter biefem Regenten, der feinen Sig zu Berlin nahm, Eehrten ( 
und Wohiſtand in die verwilderte Mark zuruͤck. Friedrichs 1. 29jährige I 
befeftigte die hergeftelite Ordnung, erweckte den britten Stand zu einem 
Leben und begründete eine zweckmaͤßige Staatswirthſchaft. Sein Sohn, 
II., dee Eifenzahn, trat 1440 fein Stammiand In Franken feinen bei 
dern, dem Markgrafen Johann bem Goldmacher und Albrecht, ſowie fel 
ten Bruder, Friedrich dem Diden, die Altmark und Priegnig ab, du 
Tod aber beide wieder an bie Eurfürftliche Linie Fame. Die Neumar 
Siegmund bem Hochmeiſter des deutfchen Ordens verpfändet hatte, Löfle 
für 100,000 Gutden wieder ein. Bon der Riederlaufig, die fich ihm 
ergab , die er aber gegen den König von Böhmen nicht behaupten kormte, 
durch einen Vergleich Kottbus, Peig, Sommerfeld, Boberöberg, Sta 
Beskow. Auc, verficherte er fich das Recht dee Erbfolge auf Medisml 
Pommern. Nachdem er fowol die böhmifche als polnifche Krone ante 
und feinen einzigen Sohn durch den Tod verloren hatte, übergab er 187 
Bruder Albrecht, dem deutfchen Achilles, die Regierung. Diefer gab 
feinen Lebzeiten bie Kurwuͤrde feinem aͤlteſten Sohne Johann, dem zweita 
rich, Anſpach, und dem dritten, Siegmumd, Bairruth. Diefe beiden 
haben daß ältere Haus der Markgrafen von Brandenburg in tanken geil 
hann farb 1486. Unter feinem Nachfolger, Yohann Cicero, einem fi 
den, gätigen Fuͤrſten, ber bie Univerſitaͤt Frankfurt fliften wollte, aber da 
f. Tod (1499) gehindert wurbe, fing die Mark Brandenburg an, auf| 
gefitteter zu werden, wozu befim Sohn u. Nachfolger, Joachim L 
Vieles beitrug. Diefer Kurfürft, für feine Zeit ein fehr gelehrtee 9 Mont 
jedoch, als ein eifeiger Steund ber roͤmiſch⸗ kathollſchen Kirche, den 
Reformation auf alle Weiſe zu hindern, hoͤrte aber in ſeinen ſpaͤtern 
die Proteſtanten zu verfolgen. Sein Sohn und Nachfolger, Joachim er 
die evangelifche Religion ein und machte fie zur herrfchenden. Er wußte 
von feinen Ländern entfernt zu haften. Unterdeflen war Derzeg * 
Preußen (1568) geſtorben. Da deſſen Sohn, Albrecht Friedrich, die WA 
von Polen erhielt, fo verfchaffte Joachim IL. fid, und feinen Racdylonzmen 
belehnung. Nachdem er und fein Bruder 1571 mit Tode abgegangel 
vereinigte Johann Georg, der 1598 flach, die Neumark wieber mit der dl 
ter dee Megierung bes folgenden Kurfürfien, Johann Friedrich, dee FH 
Jahre Erzbiſchof von Magdeburg geweſen war, fielen durch den Ted U 
grafen Georg Friedrich nicht nur bie gefammten fräntifchen Länder dei 
Brandenburg, ſondern auch das Herzogthum Jaͤgerndorf an bie 
Allein Johann Friedrich vertheilte dieſe ſaͤmmtlichen Länder wieder untet 
mille. Seinem Bruder Chriftian gab er Baireuth, und dem andern, 
Ernſt, Anſpach. Dieſe flifteten daher das jüngere markgraͤfliche Haus 
fen. Das Herzogthum Jaͤgerndorf theilte ex feinem zweiten Sohne, Ye 
org, zu. Das Gynmaſium zu Joachimsthal, jegt zu Berlin, iſt von 
ftiftet worden. Er ſtarb 1608. Sein Sohn Iohann Siegmund fi 
fänglich, vole fein Water, die Regierung von Preußen ftatt des wahnwitz 
3098 Albrecht Friedrich, nad) deſſen Tode er 1618 zum wirklichen Beſi 
Herzogthums kam, das er ebenfalls von Polen zu Lehen trug. Ram Fr 
her hatte ex (1609), nad) dem Tode des letzten Herzogs von Jülich, K 
Berg, weil feine Gemahlin eine Tochter ber diteften Schweſter deſſelben n 
auf dieſe Länder geltend gemacht und blefeiben gemeinfchaftlidh 
n von Neuburg in Beſitz genorammen; \yon werklüchen das ‚Der 












u ein Geseg: Wlipelnn: Bonnte:-AGB° were 


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158 Brandes (Ernſt) Brandgeſchß 


mers, bis er endlich Bedienter bei einem vornehmen Herrn wurde, worau 
1756 beim Schoͤnemann'ſchen Theater in Luͤbeck anſtellen ließ. Seim 
Verſuche fielen nicht gluͤcklich aus. Nach einem Jahre entlaſſen, ſchrieb e 
tonaer Zeitung, wurde abermals Bedienter und trat endlich wieder bei der € 
fchen Bühne in Stettin als Schaufpieler auf, von welcher Zeit an er ſich „ 
Theater widmete. Er fplelte in München, Leipzig, Dresden, Hamburg,; 

u. f. w., bielt ſich zuletzt in Stettin und Berlin privatifirend auf, mobutch: 
in engere Verbindung mit Leffing kam, und flarb in ber ‚legtgenannten 
1799. Er war nur mittelmäßiger Schaufpieler, aber einer der fruch 
Schau⸗ und Luſtſpieldichter; auch ſchrieb er kurz vor feinem Tode eine fi 
ziehende und belehrende Selbftbiographie. Seine Theaterftüde find für & 
ſchauer berechnet und verrathen Charakterftudium und Buͤhnenkenntniß. | 
vorzüglichften hält man „Der geadelte Kaufmann‘ und der „Braf ve 
bach“. Das Melodrama, Ariadne auf Naxos“, welches er befonders fi 
Stau, eine gefchägte Schaufpielerin, gefchrieben hatte, war der erfte Wen 
diefem Fache, der auf dem beutfchen Theater Gluͤck machte. Seine 9 
Charlotte Wilhelmine (Minna) Srancisca Brandes, erfie 4 
gerin beim hamburger Theater, geb. zu Berlin 1765, gleich groß als Si 
und Schaufpielerin, ftarb zu Hamburg 1788. R 









Brandes (Emft), Gelehrter, Staatsmann und geiffreicher. 
Schriftfteller, geb. zu Hanover 1768, bildete ſich, bei gluͤcklichen An 
günftigen Sıüdsumftänden forgfältig..erzogen, bucch Reifen, durch das 
der großen Welt, durch einen Geſchaͤftokreis, der feinen Blick ſchaͤrfte, 
eine vieljährige enge Verbindung mit ben ausgezeichnetften Köpfen D 
Bon 1775 bis 1778 ſtudirte er zu Sörtingen, deffen Wohithäter ex im 
ward, als ihn bie banöverfche Regierung zum Cabinetöfecretair 
ibm die oberfte Leitung der Univerfität anvertraute. Bel einer Reife (LM 
1781) durch Deutſchiand und Frankreich waren befonbers die Theater gi 
und Wien ein Begenftanb feiner Aufmerkfamkeit, und er fprach fich — 
bekannten Bemerkungen über die londner, parifer und wiener 
deutendern Ken hatte aufihn während des Winters 1784 bis 1785 ern 
enthalt in England, wo er nicht allein wichtige literariſche und politifche WE 
dungen anknuͤpfte, fonbern auch fich eine möglichft erfchöpfende Kunde de 
ſchen Staatsverfaſſung verfchaffte, ſowie denn auch diefe Reife befonderd bag 
wirkte, feinen Sinn für Politik auszubilden. Nachdem er mehre anf 
ften bekleidet hatte, warb er zum Geh. Cabinetsrath ernannt. Als 
Franzoſen Danover befegten, war er einer der Abgeorbneten, welche nie 
unterhandelten, und blieb Mitglied des Gouvernements, bis eine 
commiffion eintrat. B. hatte ſich eine fo allgemeine Achtung erworben, 4 
Tod (1810) als ein Verluſt flr den Staat betrauert wurde, obgleich er Beil 
abhängigkeit, die fein bedeutendes Vermögen ihm getwährte, von der weſt 
Regierung keine Dienftftelle angenommen hatte. Große —— 
Welt: und Menſchenkenntniß waren ihm eigen und zeigten ſich in allen f. 3 
von denen die wichtigſten find: „Politifche Betracht. über bie franz. Mevall 
(Ima 1790); „Betracht. über einige bisherige Kolgen der franz. Revolas 
Rüdfiht auf Deutfchland” (Hanov. 1792); „Betracht. aber das weibik 
ud (Hanov. 1802); „Betracht. über den Zeitgeift in Deutfchland‘ (« 

803) ; „Betracht. über den Einfluß und die Wirkungen des Zeitgeifte® ı 
* Staͤnde“, als Bortfeb. bes vorbergeh. Werks (Hanov. 1810)... , 

Brandgeſchoß, in der Artillerie die Gattung von Gefchoffen, 
befiimmt ift, Gebaͤube in Brand zu ſtecken und ben Feind daraus zu vert 

ober ibm boch wefentlichen Schaden uufügen. Im Allgemeinen kann w 










vs Rumbdloch eingefäinittene, diefem gleiche Öffnungen unterfcples 
Age leistere der Brandfag, weicher dem oben angegebenen ähnlich ift, 
Umeigentiich rechnet man auch die Leuchtkugein zu den Bmanbge 
 Sefteli zu denfelben ift dam der Brandkugein gleich. ¶ In fie, twie 
mablugeln, werden ober wurden wenigſtens fonft Stuͤken von gers 
u Dusketenläufen gebracht, deren innere Mündung verflopft, die 
Immar, und in bie Schüffe geladen twurden, die, fobald daß Feuer 
Neingen und baber bie Gegner hinberten, fich ben Kugeln zus fehr zw 
Wach dariber geworfene Erde u. dt. zu erfliden. Dan nannte dies 
[13 —— der keuchtkugeln iſt, bei Nacht einen gewiſſen Um⸗ 
Wen; doch thun fie dies weit unvollkommener, als man meinen und 
It, ba bei einer Belagerung außerhalb eines Umfreifes von 100 bie 
une Dex Leuchtkugel meiſt nicht zu unterfcheiben ift, was man eis 
Wet: — Wollte man den Begriff von Brandgeſchoß moͤglichſt 
würde man auch die Feuerpfeile, die, mit Werg ummidelt, in als 
end in eine Stadt, um biefe zu entzlinben, gefchoffen wurben, und 
Bismier, Die man mac je, um ja ganben, and Dhuslrten auf Stof- 
kan u. dgl. fäyleßt,. dazu rechnen. 
Biugel, f. Braudgeſchoß und Garcaffe. 
Hilber, das von allen qmedein Metellen gefäiebene und im Feuer 


x Sitber 






BERG, 506. zu Sttasburg 1458, farb bas 

Er Hatte In Baſel die Rechte fhubist, 

— und, I“ a bielem Beifall Worlefungen Über feine 

er feinen juriffifhpen-Kenntniffen. erwarb Ihm auch fein, 

ie Based berief Im im ar 
— rünbet DIS „Marrenfe a8 

re „bie, ae und Thorfeiten feiner Zeit (dibert (juert. 


2 
Ei 


160 Brandt (Graf) Branntwein 


und freier Geſinnung, Welt» und Menſchenkenniniß. on ber Hagen bi 
f. Narrenbuche“ aufs neue abdrucken laſſen. 

Brandt (Graf), f. Struenfee. 

Brandung, jeder in der See, unfern des Ufers, auch bei Didi 
von Stüffem gelegene Ort, wo die Strömung mit großer Gewalt, mit Sqh 
und Zifchen, an verborgene Klippen ober an das felfige Ufer fchlägt. An 
ſchaͤumende Brechung der Wellen felbft heißt Brandung. Die Kraft bes A 
ins Wafler richtet fich nach dem Winde, nach der Strömung und nad) ber fl 
fenbeit der Klippen. In den Meeren, weiche Paffatwinbe haben, find DIN 
dungen am geführlichften. Ä E 

Brandwache hieß die Wache hinter dem Feldlager. Ihr lag wi 
lich die Aufrechthaltung der Polizei, die Aufmerkſamkeit auf bie Lageufie 
Bewachung der Arreflanten und Gefangenen, und nächitdens auch bie U 
lung. gegen Überfälle im Ruͤcken des Lagers ob. — In der Seeſprach 
Brandwache ein Schiff, welches in einiger Entfernung von ber BE 
Wacht⸗, auch als Kundſchaftsſchiff gelegt wird. An einigen Oxten, weg. 
Hamburg, nennt man auch Brandwace die Mannſchaften, weiche dei 
außgefchieft werden, um Veranlaffungen zu Seueräbrünften zu verhitemi 
ſchon ausgebrochenen die erften Löfchanftalten zu bewirken. / 

Branntwein, eine geiftige Ftäffigkeit, welche aus verſchi ; 
flige oder Weingährung gebrachten mehlhaltigen Pflangenftoffen, bb ' 
Kartoffeln, Do, Bier» und MWeinhefen, Welntrebern ıc., auch Wein,ig 
aber aus Getreide, durch Deftillation (oder Bremen) abgezogen wich. 
Allgemeinen eine mehe ober minber ftarfe Mifchung von Alkohol unbl, 
Das Verfahren iſt kürzlich diefes: Das zum Brennen beftimmte 
nachdem ed gefcheotet, mit dem bazu kommenden Malze in ben 
Moͤſchbottig eingemeifcht, d. h. mit lauem Waſſer eingeruͤhrt. 4 
Bierteiftunde geftanden, wird «6 in heißem aber nicht kochenbem Wafien|| 

bis es lauft. Dann kommt die Hefe dazu, um bie geiflige Die 
befördern ; das Gefäß wird bededit, und das Gemiſch bleibt ruhig Huhn; _ 
Gaͤhrung erfolgt und der Meiſch oder Moͤſch, d. i, die Maffe, in DIMunt 
blafe koͤmmt. Es wird Feuer darunter gemacht, und bie Maſſe fertwak 
rührt. Der Geiſt entwidelt fid) in Dämpfen und geht durch bie Le 
erhält, in Zlüffigkeit über.. Diefer erfte Abzug, der noch ungenießbar 
Lauer oder Butter, Ein zwelter Abzug gibt ben einfachen Branntwem, 
den doppelten, ber vierte den Weingeiſt (spiritus vini rectificatus), umd' 
endlich dem waſſerfreien Weingeiſt (spiritus vini rectificatissimus), bei 
Nach dem Material, woraus der Branntwein gezogen wird, erhaͤlt er Tl 
men. Der Franzbranntmelin in Frankreich wird aus Wein, Weinhefen & 
trebern gezogen, und heißt nad) den Verfertigumgsorten, Cognac ober GOlg 
leans, Bordeaur ıc.; Kornbranntwein allenthalben aus Roggen, Wein 
Safer, einzeln oder gemifcht. Auch Kartoffeln, Mohrruͤben, Runkelruͤbeit 
Branntwein. (Manf. Ara, Rum, Taffia.) Gept man zur uf 
ſtillation des Getreidebranntweins noch Gewürze, Blumen, Wurzeln, Ku 
erhält man Aquavite, die dann, nad) ben Beftandtheifen, Kuͤmmel⸗ Anita 
Eitronenbranntwein u. f. w. heißen. Diefe mit dem gehörigen = 

der 

















S 


wohlſchmeckend zu machen, zubereitet, geben den Rofoglio, Roſoli, 

lige Art abgeändert und danach, oft auch ganz willkuͤrlich, wie es eben | 

will, benannt wird. Die Araber find die mutbmaßlichen Erfinder der 

weinbrenntunft. Die Zataren ziehen auch Branntwein aus Milch. — | 

welnmwage, f. Arkometer. (&. Hermbſtaͤdt's „Ghemifche Suhl 
AÆunſt, Branntwein zu brennen”, 2. Auf.,m.R., Bert. 1823, 2 Thle) 


4 ißt ihm ebenfo "gleichgüiteig, als die Moral der Männer; er  erzähie 
ıhne es zu fühlen, und ſtellt es als eine einfache Sache dar, von der 
ju machen ift. Er ſpricht von dem guten König Lubwig XI., der 
babe vergiften laffen, und von ehrenwerthen Damen, beren Aben⸗ 
Feder aufzeichnen kann. &o verfegt er und mitten in jenes Jahr: 
26 erlöfchende Rittertyum mit den aufftrebenden, aber nody unge 
a der neuern Zeit kaͤmpfte, und biefer Kampf mehr als gewoͤhnliche 
Re. Brantome war ungeachtet des umherſchweifenden Lebens, das 
y wiſſenſchaftlicher gebildet als die meiſten ſeiner Waffengefährten. 

oires ou vies des hommes illustres et grands capitaines 
’jes des grands capitaines etrangers”; „Vies des dames illus- 
les dames galantes”; „Anecdotes touchant les duels”; „Rodo- 
wements des Espagnols”. &. Schriften wurden erft 1666 bis 
4 teils zuſammen, thells in einzefnen Abtheilungen herausgegeben. 
ien, Kaiſerthum in Shdamerifa. Diefes große Land, eins der 
mhtbarften des Exbbodens, Fennt man erft feit zwanzig Jahren ger 
wre durch Koſter, Dame, Grant, Langsdorf, Eſchwege, den Prin⸗ 
denwied; in naturhiftor. Hinficht durch Spir und Martlus, duch 
Horfcyer Joſ. Natterer (1822— 24), durch die Doctoren Milan und 
1 (ogl. die bei Traßler In Bruͤnn 1820 bis 1822 aus amtlichen Bes 
eiiten Nachrichten unb die „Bibl. ital.“, 1823), durch die Britin 
"(1821 —23) u. X. mehr. Brafilien hat mit Einſchiuß des öftt. 
cicplataniſchen Provinz (f. Cisplatana), Gulanas und Suͤd⸗ 
140,000 LM. mit 7 Mit. Einw. (nad) Freyreiß). Davon find 
ITIM. angebaut. Der natuͤrliche Reichthum Brafiliens befteht 
ven Mindvieh, auch vielen unb guten Pferden; es bringt Safran, 
cyſtall, Ambra, Balfam, Braſilien- oder Fernambukholz, Cochenille, 
Coffee, Indigo, Ingwer, Pfeffer, Chinarinde, Getreide, Holz u.bgl. 


narı feine michtinften (Frasmanlife finh Tiamanton mh Antb Weide 


162 Brafilien (Gefhichte vor 1808) 


fee. Das Klima ift, da Brafilien in der heißen Suͤdzone liegt, im. ; 
heiß, aber durch Häufige Regen abgekühlt, im S. gemäßigter und gefunt 
Ein Zufall warf den Portugiefen Pebro Alvarez Cabral 1500 an d 
eines unbekannten Landes, das [päter nach dem dort für Faͤrbereien aufgel 
Holze Brafilien genannt wurde. Portugal nahm das große Land na 
Küftenausdehnung von 800 Meilen in Befig, ſchickte aber jährlich nur & 
dahin, welche Verbrecher, Juden und Luftdirnen nad) Brafilien führten, | 
Papageien aber zuruͤckbrachten. Gluͤcklicher Weife verwies man dahin 
von der Inquiſition Verurtheilten, welche das Zuckerrohr von Mabeira in 
mit ſolchem Erfolge anpflanzten, daß es bald ein Gegenfland der Ausfuß 
Endlich beſchloß König Johann III. das Land zu colonifiren. Auf ſein⸗ 
gründete Thomas de Soufa 1549 daſelbſt die Stadt San⸗Salvador, und, 
bemuͤhten ſich die Eingeborenen zu entwildern. Zugleich erlaubte der Könk 
Adel, Steeden Landes für fi zu erobern und anzubauen. Während U 
(hen Herrſchaft in Portugal eroberten die Niederländer 1624 3 
die ganze Landſchaft Bahia, 1630, mit Pernambuco, worauf ihr St 
ſelbſt, Fuͤrſt Moritz von Naſſau, 1637 fg. von 14 Provinzen, aus denen | 
beftand, die Hälfte, die an der Kuͤſte lag, der Republik unterwarf. Er ließ 
feines zehnjährigen Aufenthalts in Bahia durch feinen beutfchen Leib 
graf, alle Merkwürdigkeiten jener Küfte genau zeichnen und abmalen. 
Merk befindet ſich in der koͤnigl. Bibliothek zu Berlin.) Nach der 
gung des Haufes Braganza in Portugal, 1640, fchloß die Republik mit 
einen zehnjährigen Waffenſtillſtand, nad) welchem die Niederländer im 
ſiliens blieben. Sie zogen daher einen Zheil ihrer Linientruppen \ 
bald, feit 1645, unternahmen die weltlichen Grunbbefiger einen In 
Erieg, von Cromwell und felbft von ber portug. Regierung heimlich unterfl 
lich nöthigte ein kuͤhner Abenteurer, Cavalcante, nach mehren glücklichen 
die Niederländer ben 28. Jan. 1654 zu capituliren und Brafilien zu} 
Darauf verzichtete die Republik 1661, unter Englands Vermittlung, 
Sumnie von 350,000 Pf. St., auf alle ihre Anfprüche an Brafitien. 
{hab zwar etwas mehr zur Civilifation des Landes; allein die Jeſuiten bie 
Geiſt der Weißen in Seffein und die Eingeborenen in einer fteten Unmeke 
Dazu kam, daß bie Regierung den legtern Frohndienſte auferlegte, und daß 
bie 1679 am la Plata, Buenos⸗Ayres gegenüber, gegründete Colonie & 
gramento, des von hier aus in die fpanifchen Provinzen sieh 
handels wegen, mit Spanien in Streitigkeiten gerieth. Die Spanier 
‚ ten ſich ber Colonie, die ihnen nach manchem Wechſel der Herrſchaft 
verblieb. LUnterdeffen flieg der Werth Brafiliens für Portugal höher, als 
felbſt feit 1698 Goldminen und nach 1728 Diamantgruben entbedtte. 1 
lieferte feitbem, bis 1810, nad Portugal 14,280 Centn. Gold und 2 
Diamanten, bie zulegt aber dennoch der Ausländer, vorzüglich der Brite, 
liſſaboner Markte für fi) zu gewinnen wußte. Dadurch wurde Rio⸗J 
ber Stapelplag für den Ertrag der brafilifhen Bergwerke und ber einht 
Erzeugniffe. Allein die Verwaltung war nichts weniger als ziwedimäßig, 1 
und Volk zu einem in ſich wachfenden Wohlftande zu erheben. Die Aufn 
Beit ber Regierung war faft nur auf die Benugung der Goldwaͤſchen und O 
gruben gerichtet, und die Verwaltungskunſt beftand in der Erhebung va 
und Handelsabgaben, die der Staat in den befefligten Hanbelsplägen an b 
erhob, auf welche ber Hanbel allein befchräntt blieb. Fremde wurden ausgs 
oder eiferfüchtig bewacht, und der freie Verkehr durch eine geheimnißvolle 
gänzlich gelähmt. Im Innern waren durch Die Gunſt der Könige aus bet 
Braganza feit 1640 an die nachgeborenen Söhne des portugiefifchen Adels 


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zerımmen 
Inun diefe braſiliſchen Grundpeend die oben erwähnte Abfinbunges 
Niederländer aus ihren Mitteln aufgebracht hatten, fo beflätigte 
die portug. Regierung ſaͤmmtliche Vorrechte ber alten Plantagens 
sbehnung auf den jegigen und kuͤnftigen Befigftand diefer edeln Ge⸗ 
rin in ber Folge vermehrte bie Regierung ihre eignen Monopolien, 
tegalien wider ben Willen ber alten und reihen Landherren; ja, fie 
ı hohen Verwaltungsämter in der Colonie nicht, wie e8 in den Prix 
töherten lag, an Eingeborene und nicht einmal an die Nachkommen 
gebliebenen befceundeten Geſchlechter, ſondern an edle Portugiefen 
ı Ramen zu verleihen, da body bie Colonie fehr wohl wußte, daß fie 
nicht Portugal, vom Joche der Nieberländer befreit Hatte. Selbſt 
321, fo lange der Hof in Rio⸗Janeiro refidirte, dauerte der Vor⸗ 
mPortugiefen vor ben eingeborenen vornehmen Geſchlechtern in den 
ntern fort, und es wurde fogar da6 Abgabenfoftem auf die Landes- 
ims und auf die Einfuhr der Dinge, die der brafilifche Abel für ſich 
vn beburfte, erhöht. Endlich erfchwerte die Regierung die Ver 
ktern, welche ber reiche Gutshert zur neuen Anlegung von Planta- 
jeen zu koͤnnen glaubte. Auch tar des Hofes fiscalifcher Rechts: 
md Edelfteine in einem Boden, ben ber Vaſall fein nannte, darum, 
Bodencultut duch Goldwaͤſche und Nachgrabung um Diamanten 
bei etwaiger Bünftiger Entdeckung folcher Reichthlimer, ein Kronen: 
ſtens ein Gegenftand hoher Befteuerung fein follte, den Vaſallen 

Krone hatte freilich In den alten Plantagenprivilegien an folche 
lichkeit nicht gedacht und fich daher auch folche nicht vorbehalten. 
manität ber Regierung, das Schickſal der vorhandenen Sklaven 
ı verbeffern, war mißfälig, weil es eine Verlegung bes wohlerwor⸗ 
ms zu fein ſchien, hierin ohne Zuftimmung der Herren zu verfügen. 
neiro, alfo im noͤrdlichen, folglich, fruchtbarern Theil, vermehrte 
unherumn in hen arnton Soeftähten mh. horan Machharfchaft hie 


164 Brafilien (Gefchichte feit 1808) 


die eingeborene niedere Pfarrgeiftlichkeit fehr mißvergnügt, weil, felbft w 
Hof in Brafilien reftbirte, vornehme Portugiefen dort die wichtigften Kit 
erhielten. Dies Alles mußte, ohne daß man demofratifche Theorien den 
nern zutraut, ben Wunſch nad) Unabhängigkeit in der Bruft des Braſilia 
fo fehr aufregen, als den Haß gegen die geborenen Portugiefen verftär 
beiden entwidelte die neuefte Zeit einen mehrjährigen Parteienlampf, 
gebniß das neue Kaiſerthum war. 

Es begann nämlich mit ber Verlegung ber portug. Regierung nad) Bre 
19. San. 1808 an, als die koͤnigl. Familie In Bahia landete, und von 
März 1808 ihren Sig und die Regterung nach Rio⸗Janeiro verlegte, 6 
reife des Könige Sohann VI. nach Liſſabon, die am 26. April 1821 er| 
Brafilien ein neues politifches Leben. Schon am 28. San. 1808 wur 
fammten Häfen Braſiliens der unbebingten Einfuhr von allen befreun 
neutralen Schiffen, forte der Ausfuhr der brafilifchen Erzeugniffe gegen 
eines beftimmten Zolles, mit alleiniger Ausnahme des Brafilienholze® 
Nun trat Brafilien audy mit Deutfchland in eine unmittelbare Verbindn 
auf Anbau, Bildung und Handel gleich vortheilhaft einwirkte. Der mi 
zu Rio⸗Janeiro am 19. Febr. 1810 abgefchloffene Bundes: und Dant 
erlaubte den Briten, fogar Kriegsfchiffe in den Häfen von Brafilien E 
ausbeſſern zu können; und ber damalige Prinz:Regent von Portugal 
bie Snauifition nie in Brafilien einzuführen, auch zur Abfchaffung bes 
handels Eräftig mitzuwirken, mit Ausnahme der portug. Befigung in Afrı 
auf geftattete das Decret vom 18. Nov. 1814 allen Völkern die freie € 
von und nach Brafilien. Nun fprad) der Prinz Regent 1815 Braſillel 
ftändigkeit und gleichmäßige Berechtigung mit Portugal aus. Er erhi 
ben 16. Dec. 1815 zum Königreiche. Endlich warb durch die Vermä 
Kronprinzen (nunmehrigen Kaifers) von Brafilien, D. Pedro, mit der 
Leopolbine, Franz I. von Öftreich Tochter, 6. Nov. 1817, Deutfchland 
Hinficht auf Wiffenfhaft und Handel, mit Brafilien in vielfache Ver 
bracht. Die Regierung in Rio⸗Janeiro geftattete jept ben Nachforfchun 
freien Weg; fo durfte der Engländer Mawe die Diamantengruben, f6 
von Efchwege (nachmals Begründer der naffen Pochmerke und Auffeher 
neraliencabinets in Rio) zu Villarica die Gebirge von Minas⸗Geraes ur 
und das neuefte Werk über Brafilien von Martins und Spir enthäl 
Beweife, rote eifrig felbft ein koͤnigl. Miniſter, Conde da Barca, fold 
ſchaftliche Unterſuchungen befoͤrderte. Da Brafilien nach feinem B 
Klima der Hauptflapelort aller Colonialwaaren werden kann, fo hat die! 
die Anfiebelung der Fremden feit 1809 fehr beginftigt, und zum Anbau v 
Caffee, Baumwolle ıc., fowie von Weizen, Reis und Mais, die hier jaͤ 
Ernten geben, den Fremden große Strecken Landes (Cismarias), von eine 
22,500 8.— Breite und 3 Legoas Tiefe, gegen geringe Koften Überlaffen. 
zer und Deutſche (wie Freyreiß, Baron v. db. Buſche und Payde aus! 
gründeten baher große Niederlaffungen. Herr von Langédorf in Rio⸗ 
dabei vorzüglich thätig gewefen, und feine „Bemerkungen über Braſili 
beib. 1821) enthalten für auswandernde Deutfche viel Belehrenbes. | 
beträgt der Ertrag des Welſchkorns gewoͤhnlich 130 Mat, und ber des! 
Mai die Ausfaat. Der Caffeebaum, welcher tm Durchſchnitt jaͤhrlich 
Bohnen in Weſtindien gibt, liefert in Braſilien wenigſtens 2 — 3, unl 
tn 5 — 6 Pfund. Allein ber Mangel an Induſtrie machte damals de 
unterhalt in ber Hauptſtadt und in deren Umgebungen dußerft koſtbar, 
gänzliche Mangel an Heerſtraßen und Zransportmitteln den im Innern 
des erzeugten Probucten faft allen Werth benahm. Ohne bedeutende ( 


1al mit ihrem Hauptorte Montevideo — ein vormaliger Beftandtheil 
vinz Buenos · Ayres — in Befig genommen und gegen bie Anſpruͤche 
haͤngigkeit gelangten Republik BuenossAyres auf dieſes Land mit 
bauptet. Ein Aufftand in Pernambuco (April 1817), wo eine Par⸗ 
der Republik erhob, ward durch die in Braſilien ſtehenden portug. 
adrüdt. Als aber in Portugal (Auguft 1820) die Revolution aus: 
bie Aufftellung einer Verfaſſung beabfichtigte, fo verlangten auch in 
dien die portug. Truppen dafelbft eine Verfaſſung. Don Pedro, der 
Ukrte hierauf in feinem und feines Vaters Namen (26. Febt. 1821) 
der portug. Verfaffung. Nun ordnete der König Johann VI. (7. März) 
Abgeordneten Brafiliens zu ben in Liffabon verfammelten Cottes an 
4 wit ihnen nad) Liffabon einſchiffen. Da er aber der Bank die Vor⸗ 
aftatten konnte, ſo gab es in derfelben blutige Auftritte. Der König 
daher die Bank in eine Nationalbank und wies ihr zur Deckung der 
iummen die Verwaltung und den Verlauf der Diamanten an. Bald 
ih der König genöthigt, die Berfammlung der Wahlmänner, welche 
Ile ſpan. Gonftitution verlangten, durch das Mititair (21. u. 22.Xpr.) 
x fprengen. Dagegen wiederholte der König die Betätigung der 
Headeten) portug. Verfaffung, und ernannte (22. Apr.) feinen Sohn 
gem Prinzen: Regenten von Braſilien. Nun erft ſchiffte er ſich 
och Portugal ein. Als aber bie portug. Cortes auf bie von ben Bras 
ne völlige Gleichſtellung der bürgerlichen und politiſchen Verhättniffe 
gleiche Nationaltepräfentation nicht eingehen wollten ; als fie, ohne bie 
brafitifchen Abgeordneten zu erwarten, bie Artikel dee Verfaffung, 
im betrafen, entwarfen und bie Zuſatzartikel der brafilifchen Abgeord⸗ 
viefen ; als endlich bie portug. Cortes es ausfprachen, daß Brafilien, 
nent& getheilt, von Liffabon aus durch das Staatöminifterium regiert 
1z Regent nady Europa zuruͤckgerufen werden follte: fo entffanden 
4821) in Rio-Janeiro und in den eingelnen Theilen Brafiliens fo 
jungen, daß man bem Prinzen-Regenten geradezu erklaͤtte, feine Abs 
eBermandlung Brafiliens In eine unabhängige Republik bewirken. 





166 Brafilien (Geſchichte feit 18084 


. und (12. Oct.) den Don Pedro zum verfaffungsmäßigen Kaifer Braſilien 
Der neue Kaifer verband damit den Titel eines immerwaͤhrenden Verthei 
Brafilien. | 

Bald nach der Errichtung des Kaiferthums begann der Kampf ber ' 
mit der republifanifchen Partei. Zu diefer gehörten viele Freimau 
Pedro, ber fich kurz vorher zum Großmeiſter fämmtlicher Freimaurer ir 
erklärt hatte, befahl daher, alle Logen zu fchließen, und der von ihm vı 
Gongreß, welcher eine Conftitution abfaffen follte, ward nicht berufen. 
befaßen bie beiden Brüder Andrate: Joſe Bonifacio, Minifter des Aı 
und des Innern, und Martin. Ribeiro, Finanzminifter, vorzüglich dert 
ganze Vertrauen des Kaiſers. Das Schwierigfte war, feine Anerfennt 
topa zu bewirken. Denn Don Pedro hatte die neue Würde, in Folge d 
ſatzes von der Volksfouverainetät in einer vom Mutterlande abgefallenı 
erhalten; auch handelte «6 ſich barum, ob er nicht feinem Rechte auf 
Portugals entfagen folle. Indeß hatte ihm fein Vater, als er am 26. 7 
Brafilien verließ, Vollmacht gegeben, Alles zu thun, mas nöthig fei, 
Staat dem Haufe Braganza zu erhalten. Gleichwol konnte die Ser 
Majors Schäffer nach Wien die Anerkennung bes neuen Kalfers | 
Schwiegervater, dem Kalfer von Öftreicy, nicht bewirken. Unterbeffei 
brafitifche Zruppen Montevideo, das noch eine portug. Beſatzung hattı 
1823, worauf die Banda Oriental unter dem Namen „Cisplatino‘ mHı 
verbunden wurde, ſowie Bahla, das eine portug. Beſatzung unter ben 
Madeira vertheidigte. Lord Cochrane, brafil. Admital, fperrte den Hafl 
26. Maͤrz 1823. Madeira, durch Hunger zur Übergabe gendthigt, g 
rend der Verhandlung in ber Nacht zum 2. Juli nach Europa, und bie 
pen rüdten ein. 

Im Innern hatte Don Pebro zwei Parteien zu bekämpfen: die @ 
fifche, die ſchwaͤchere, und die republikaniſche, die ſtaͤrkere. Letztere mar 
in Pernambuco mächtig. Die Andrade fuchten beide Durch die Vorberel 
der britifchen nachgebildeten freien Verfaffung zu gewinnen ; allein ihre! 
derniffe aller Art und lauten Widerfpruch geftörte Verwaltung nöthigte f 
kuͤrlichen Maßregeln und zu Verhaftungen. Sie behandelten die Un) 
als Carbonari, und erregten daburch den Verdacht, da der Kaifer nad 
umfchränkten Gewalt ſtrebe. Endlich beriefen fie die Cortes von Brafli 
Sitzung der Kaifer am 3. Mai 1823 eröffnete. Don den 20 Mitgliedı 
unter 60 (flatt 100) gegenwärtigen Mitgliedern die Oppofition bifl 
Aranjo Lima der Beredtefte. Die Minifter ſetzten es durch, daß die geh 
ſellſchaften verboten wurden, was ihnen Gelegenheit gab, noch viele rem 
Gefinnte verhaften zu laffen. Darüber nahm das öffentliche Mißver, 
und als ber Kaiſer, durch einen Sturz mit dem ‘Pferde ſtark befchäbigt, ı 
nat lang nicht Öffentlich erſchien, erhoben-die Feinde der Minifter um fo t 
Stimme, und erließen fogar drohende Vorftellungen an den Kaifer. 
hafteten wurden von dem oberften Gerichtshofe freigefprocheng, und der A 
fi) bewogen, die beiden Andrade am 16. Juli 1823 zu entlaffen. N 
D. Joaq. de Carneiro Campos (ehemals Prof. der Mathematit am Co! 
Liffabon) die Leitung des Auswärtigen, und D. Man. Jacint. Figueroa 
die der Finanzen: Anhänger der politifchen Brundfäge von 1791. 

Unterbeffen war bie König. Gewalt In Kiffabon im Mai 1823 wi 
ſtellt worden; allein die Braſilier erklärten fich nur um fo lauter für 
Berfoffung und für die Zrennung von Portugal. Der Kaifer nahm 
vom König, feinem Vater, abgefchiditen Commiffair, den Grafen de 9 
(6. Sept. 1823) nicht an, weil berfelbe die Anerkennung der Unabhängl 


> 


—4* ww. aijse 


agend an den Congreß. Die beiden Erminifter Andrade und ihr 
.D. Antonio Earlos, ebenfalls Deputixter, verlangten, daß der Con⸗ 
re im Unterfachung ziehen folle; Andre wollten fie an bie Tribunaͤle 

Darüber mtftand am 10. ein heftiger Tumult; das Volk nahm 
»drrte laut die Entlaffung der Minifter und bie Fortſchickung Aller 
Die Minifter gaben ihre Entlaffung, und ber Kalfer verfammelte 
i feinem Palafte San Chriftovao, 4 Stunden von der Stadt. Hier 
h der Gongreß in Permanenz; am 12. Nov. machte ihm eine kaiſ. 
unt, daß alle Offiziere ſich buch ‚zwei Journale für beleidigt hielten; 
fein die Herausgeber des einen umd die Befchliger des andern, und 
ie fie allgemein, an der Spige einer aufruͤhreriſchen Partei zu —— 
des Innern erklaͤrte zugleich, daß die Truppen die Entfermeng ber 
aus der Verfammlung verlangten. Unmittelbar darauf zogen die 
ı Stadt, umtingten den Verfammlungefaal, und ein Offizier Übers 
f. Decret, das bie Auflöfung der Verſammlung ausſprach. Der 
nes zu Drototoh, erklärte die Sitzung für gefchloffen und die Depu ⸗ 
useinander (12.Rov. 1823). Alten beim Herausgehen und nach⸗ 
ıhre verhaftet, barımter die 3 Andrade. ( Sie wurden in der Folge 
a einem Decrete von demfelben Tage nannte der Kaifer die Vers 
ig, 6 —ES jedoch am folgenden dieſen Ausdruck auf bie datin 


den Fe sage gab es unruhige Aufteitte. In Pernambuco erregte 
Auflöfung des Congreffes große Unzufriedenheit, und es war fchiver, 
Brafilter gegen bie Portugiefen zu beſchwichtigen. Endlich warb 
23 eine zweite Rationalverfammlung berufen, und der Kaiſer ließ 
m Staatsrathe verfertigten Berfaffungsentmurf am 11. Dec. 1823 
der Municipalitaͤt) der Hauptſtabe vorlegen, der die Stimmen der 
r ſchriftlich in Regiſtern fammelte. Da alle dieſe Verfaſſung an ⸗ 


En Am m ana  Malfalha malen Im ham 


168 Braſilien (Geſchichte feit 1822) 


ih. Die abfolute Stimmenmehrheit entfcheidet. Der Senat erfent 
Vergehen der Mitglieder der Ähit Familie, der Minifter, der Depu 
Staatöräthe. Überhaupt haben die beiden Kammern große Rechte. : 
hat die vollziehende und die vermittelnde Gewalt; fein Veto ift aber ni 
Einem von zwei gefeggebenden Verfammlungen gleichmäßig gebilligten 
kann er, auf wiederholten Antrag, bie Sanction nicht verweigern. 
freiheit befteht, doch werden Preßvergehen nach dem Geſetze beftraft. 
Iegien, Biden ıc. find abgeſchafft. Die katholiſche Meligion ift die di 
andern Religionen wird der häusliche Gottesdienſt, dody ohne kirchlich 
nung, geftattee u.f.w. — Diefer liberalen Conflitution ungeadhtei 
in Pernambuco die republifanifche Partei die Oberhand. Der vom K 
rufene Präfident Man. de Carvalho Paes d'Andrade wollte dafelbft die 
Provinzen zu einer Republik, die fidy die Union bes Äquators nannte, 
Als aber der Kaifer ben von Portugal her gebroheten Angriff nicht mehr. 
ten hatte, fo ließ er Pernambuco im Auguft zu Lande und zu Waſſer, un 
führung des Lords Cochrane und des Generals Lima, angreifen. Car 
Barros, nebft einem großen Theil der Einwohner, leiſteten harmäd 
ftand; allein fhon am 17. Sept. 1824 ward die Stabt von der La— 
Sturm genommen; Carvalho hatte ſich auf ein engl. Kriegsſchiff, die 
dag Innere des Landes geflüchtet. 

Sm folgenden Jahre fandte der Kaifer den General Brandt und 
— nach London, um daſelbſt mit dem portug. Miniſter, Mare 
real, Aber die Unabhängigkeit Braſiliens zu verhandeln. Daſſelbe gefi 
ber in Liſſabon durch den außerordentl. britiſchen Botſchafter Sir Chark 
ber endlich in Rio⸗Janeiro mit dem braſil. Miniſter der auswärtigen Xg 
ten, Luiz Joſe de Carvalho e Mello, die Ausgleihung zwifchen Brafilie 
tugal am 29. Auguft 1825 unter folgenden Bedingungen zu Stam 
1) Braſilien wird als ein unabhängiges, von Portugal und Algarvien 
Kalſerreich anerlannt; 2) der König von Portugal tritt feinem Sohne 
rechtmäßigen Nachkommen die Souverainetät über Brafilien ab; 3) 
von Portugal behält fich den Titel Kaiſer von Brafilien, bloß für ſei 
vor; 4) der Kaifer Don Pedro verfpricht von keiner portug. Colonie 
wegen einer Bereinigung mit Brafilien annchmen zu wollen; 5) der X 
fchen beiden Nationen wird hergeflellt und gegenfeitig alles eingezogene | 
zurückgegeben ober erfeßt. Der König von Portugal genehmigte diefe 
den 15. Nov. 1825. Seitdem hat der Kaifer von Brafilien Geſan 
Höfen zu Liffabon, London, Paris und Wien angeftelt. Sir Char 
fchloß hierauf zu Rio am 18. Det. 1825 einen Freundſchafts⸗ und J 
trag, und einen andern Vertrag, die (auf 4 Fahre noch verfchobene) Auf 
Sklavenhandels betreffend, zwiſchen Brafilien und Großbritannien < 
wurben aber von bem Könige von Großbritannien nicht ratificirt, weil 
bie gegenfeitige Auslieferung politifcher Verbrecher (oder des Hochverratl 
bigter) und Fluͤchtlinge flipulict worden war. -— Um diefe Zeit dre 
gierung ber Vereinigten Staaten am Plata auf die Herausgabe der Ba 
tal, welche Brafilien feit 1816 In Befis genommen hatte. Der Kai 
daher ben 10. Dec. 1825 an Buenos⸗Ayres ben Krieg, und ließ durch fı 
ſchiffe die Mündung des Plata ſperren. Allein die Cisplataner, nel 
wohnern von Montevideo, hatten bereits für die Verbindung mit dem Pi 
bunde die Waffen ergriffen. Die Infurgenten nahmen Maldonado 
Lecor (Wicomte be Laguna) behauptete ſich jedoch in Montevideo. Dag 
der Plataftaat die Banda-Driental foͤrmlich in feine Union auf, und aı 
3.1825 befaß Braſilien nur noch 2 Punkte in der Banda-Driental: | 


rugal. Bald darauf (8. Mai) eröffnete er den zweiten verfafungss 
ſchen Reichstag zu Rio. Vorher (16. Apr. 1826) hatte er den 
Rden Pedro I. geftiftet. 

Sapitainfcaften oder Gouvernements, in welche das Land eingetheift 
Para, Maranhao, Pernambuco, Bahia, Rio-Janeiro, St.Paulo, 
6, Boyaz, Matto⸗Groſſo, Rio-Grande und Seara. Jedes Gouverne- 
me Comarcas. Die neuefte Einteilung feit 1826 in 19 Provinzen 
genau befannt. Die Einkünfte werden auf 20,000,000 Gulden be: 
nden bei weitem größten Theil die Bergwerke liefern. Die Staats: 
fih 1823 über 21 Min. Thaler (darunter die engl. Anleihe von 
.&t.). Die kaiſerl. Civilliſte beträgt jaͤhtl. 350,000 Thle. Die 
n bie römifchstatholifche, iſt unter der Aufficht eines Erzbifchofs (ju 
16 Bifhöfen. Die Regierung unterhält in allen größern Städten 
klementarſchulen; in legtern iſt der wechfelfeitige Unterricht einges 
Bahia und Rio⸗Janeiro gibt es Schulen für Chirurgie, Medicin, In- 
Ittilleriekunde, Rechtögelehrfamkeit und Handlungsmwiffenfhaften. 
Miitaic-Seecabettenafademie und eine Sternwarte. Im Rip und 
lademien ber ſchoͤnen Künfte, Öffentliche Bibliotheken u. a. Anſtalten. 
Rudicten 300 junge Brafilier in Frankreich. — Die Kringemacht 
in 30,000 M. regulairer Truppen und 50,000 Mitigen; auherdem 
enter freier Neger, Enriquez genannt, weil ein Neger dieſes Namens 
1. die Holländer aus der Provinz Pernambuco vertrieb, Die See: 
1826 96 Schiffe, darunter 1 Linienſchiff und 4 Fregatten. Mit 
keig werben Golonifationsplane betrieben und vorzüglich Deutfche ber 
nan aber auch zu Kriegedienften auffodert. Unter ben deutfchen Co⸗ 
bemeiten: Leo poldinia, von dem jegt verft. Maturforfcher Frey⸗ 
Srankenthal, vom jegigen Gonfut Schäffer errichtet, und die 
:f eingerichtete Colonie. Ungeachtet ber vielen natuͤrlichen Huͤlfs⸗ 
ıe Brafilien beſibt, muß es noch für lanae Zeit politiſch ſchwach blei⸗ 


170 Bratfche Braunfhweig-Wolfenbüttel 


als die Fleinen Krämer in England. Sie nehmen an nichts Antheil, ale m 
unmittelbar auf ihr Gefchäft bezieht. Die Geiſtlichen fand Mathifon fo vı 
fen, daß er fich fchämte, eine Befchreibung ihrer Sitten zu geben. Maͤnn 
höherer Bildung, welche fähig wären, Amter zu verwalten, gibt e8 wenige, um 
find meiſtentheils Portugiefen. Man vgl. die „Corografia Brazilica‘, vor 
noel Ayres de Cazal (Rio⸗Janeiro 1817, 2 Bde., 4.), Southey’s „Histı 
Brazil’ (London 1818, 2 Bde., 4.), und Poͤlitz's „Staatenſyſtem Europa 
Amerikas", Th. 3. — Als Warnung für Auswanderer nad) Brafille 
P. H. Schuhmacher (vormals Commandant am Bord eines Coloniſtentrau 
ſchiffes) die „Befchreibung einer Reife von Hamburg nad) Brafilien, im 
1824, nebft Rachrichten über Brafilien bis zum Sommer 1825" (Braun 
1826) herausgegeben. 
Bratfche (ital. Viola di braceio, daher der Name), eine gröflerel 
auf welcher die Mittelftimmen gefpielt werden. (&. Viole.) 
Branen, das Gefchäft, wodurch das Vier bereitet volrd. Zuerſt m 
Gerſte oder der Weizen gemalzt werden (f. Malz), dann wird das Mal 
Keimen befreit, angefeuchtet und hernach grob gefchrotet. Das Malzſche 
mit weichem (natlirlichem, oder in deffen Ermangelung, kuͤnſtlich bereiteten 
Waſſer eingerühet, dann mit fiedendem Waſſer angemengt und in der Bru 
gekocht, bis fich die Hülfen (Traͤber) abfondern und die Fluͤſſigkeit heil wich, 
abgeſchieden, die Würzeheißt. Dieſe wird darauf In hölzernen Gefäßen, RAY 
Kauͤhlfaͤſſern, abgekühlt, worauf die Hefe hinzugethan und durch die Würze ag 
zur ſchnellen Gährung, auf dem Gäprbottich, wenn es Lagerbier, oder aufe 
Faͤſſern, wenn es leichte® Bier werden fol, zur Gährung gebracht wird⸗ 
man dem Biere die große, faft widerliche Suͤßigkeit benehmen, fo roirb WM 
vor ber Abkühlung mit Hopfen abgekocht. Die Doppelbiere werden ber 
vermöge der Gährung ſtaͤrkere Entwickelung des Weingeiftes erzeugt. Diel 
det ſich auf die Verwandlung des Mehtftoffs der Körner in Zucker durch bak 
malen. Wenn die Bährung vollendet ift, werden die Hefen, ſowol Oben 
Untethefen, absefondert und zum meitern Gebrauch verwahrt, und dad au 
tige Bier in die beftimmten Faͤſſer gefüllt. Aus dem abgebrauten RMeiſch 
man ditech nochmaliges Hinzuthun von Waffer das Nachbier, Duͤnnbier, 9 
Bräune (Angina), eine Krankheit bei Menfchen und Thieren, bie is 
zuͤndung des Halſes befteht. Sie iſt verfchieben nach dem Theile ober der 
des Halfes, welche die Entzündung befonders ergreift. So kann der Sig 
zändung im Kehlkopfe und in der Luftröhre fein, dann heißt die Ara 
Luftröhrenentzündung (Cynanche), von der eine eigne Art der Croup (f. 
ober die Entzimbung ift im Schlunde, eigentliche Hals⸗ oder Schlund j 
gina pharyngea), oder an den zu beiden Seiten bes innern Halfes liegenbai; 
fen, an den fogmannten Mandeln (Angina tonsillaris), oder an der weichch 
mendecke und dem fogenannten Zäpfchen (Angina uvularis). Die meiat: 
Zufälfe der Bräune, welche freilich bei den verfchtedenen Arten derfelben wg 
ander abweichen, find: ſchmerzhafte Erfhwerung des Schluckens, & 
Athemholens, Trockenheit im Halfe, die befonders nach jedem Schlafe feher 
zum Gefühle von Erftiden zunimmt; Röthe und Geſchwulſt der innen Te 
Halfes, wenn die Entzündung an einem dem Blicke erreichbaren Theile figb 
änderte Stimme; vermehrte Abfonderung von Speichel und Schleim. De 
ſellen ſich noch mehre Zufälle, theils von dazukommendem Fieber, theils u 
Hemmung des Athemholens, der Verbreitung des Reizes auf die benach 
Theile. Eine gefährliche Art diefer Krankheit kommt bei den Schweinen ve 
heißt das wilde Feuer. 
Braunfhweig- Wolfenbüttel. Diefes Herzogehum beſteh 
























welchen die Aue, das dfeld, das Weſer- und Leinthal fich aus⸗ 
as pᷣerzger iſt der Harz mit feinen Vorbergen: der Hube, dem 
Hs. Sämtliche Gebirge find mit Laub» und Nadelholz befegt. 
ehruern Walbdbruche, dem von der Ohre burchfträmten Drömling, 
} auf den braumfchweig. Antheil. Zu dem Weſerſtromgeblene gehoͤ⸗ 
[Ner, Leine, Oker und Zufe. Die unbebeutenbern: bie Ohre, Bode, 
Neba, vereinigen ſich mittelbar oder unmittelbar mit der Eibe. Das 
und, am mildeſten in ben beiden nördlichen Bezirken; weit rauher in 
und im Blankenburgiſchen, wo die Kälte im Winter oft fehr Heftig, 
tim Früh» und Spätjahre jer, aber auch bie Hige im hohen 
venm bie Sonnenſtrahlen von den en auf die Thäler  zuchdiptale 
Kirmber als auf dem flachen kande iſt. Die Volksmaſſe in ben hers 
tweig Staaten (nach der neweften Zählung 232,000 Koͤpfe) gehört 
mung nad) zu den Saffen, "unter welchen bie Cherusker, Biukterer 
tier bie erften Rollen ſpielten. Hermann der Cheruster war ein ſaſſi ⸗ 
2d fein Allode lag an den Ufern der Weſer. Hier ward auch auf dem 
ımpus idistavisus) mit jenerh Drufus Germanicus gekaͤmpft, ben 
‚um Varuss Niederlage in Teutoburgs Wäldern zu rächen. Durch 
Einen Gall ward 1180 da® große ſaſſiſche Herzogth. zerfpfittert, Otto 
31235 die herzogl. Würde auf feine Aliodiallaͤnder Über, und es ent 
nogthum Braunfdweig: Lüneburg, deffen Einwohner fich von nun 
deiger nannten. Doch ift noch jeßt ihre Abſtammung in Sitten und 
wie in dem Nachhall altſaſſiſchet Gefege unverkennbar. Bpäter find 
mandert, von deren Abkunft ſich nody Spuren in ber Ausſprache und 
amandher Wohnfige, ald Wendezell, Wenbeburg, Wendhauſen, ers 
Das jetige Herzogthum Braunſchweig⸗ Wolfenbüttel, deffen Fürs 
ioge zu Braunſchweig⸗ Lüneburg nennen, ward vor Jahrhunderten 
$t ans uralten Allodialbefigungen des Haufes Welf⸗Eſte und aus 
tehrer Dynaften. Die Alloden der Bilunger und Brunonen längs 
d Dfer, die der Norbheimer am Solling und der Leine, die ber Suͤpp⸗ 
am Eim und Dorm, machten den Stamm. Hinzu famen in der 


172 Braunfchiweig (Stadt) 


Stromb eck“ (Braunfhw. 1824, 4.). Derfelbe hat des Herzogs Julius 
gefchildert von deffen Zeitgenoffen Franz Algermann (Heimftädt 1822), & 
gegeben. 

Braunfhmeig: Wolfenbüttel warb am 28. Oct. 1806 als eroberte® Laı 
Napolein in Befig genommen und nachher zum Königreiche Weftfalen gef 
bis nach ber leipziger Befreiungsfchlacht (1813) auch Braunfchweig feinen 
ften, Friedrich Wilhelm, am 22. Dec. wiederſah. Nach dem frühzeitig 
deſſelben (1815) übernahm der Prinz: Regent, jegige König von 3 
mundfdjaftliche Regierung bes Landes. Das Landesſchuldenweſen (3, 
Thlr.) ift in der trefflichflen Ordnung ; eine 1814 contrahirte Anleihe v. 1 
Thirn. IfE abgetragen, ſowie auch die von der Stadt Braunfchweig auf dag 
übernornmenen, aus der weftfälifchen Zeit herrührenden Schloßbaufchulbes 
übrigen weftfätifchen Schulden find zwar, der dabei obmaltenden befon 
ftände wegen, noch nicht anerkannt, und felbft in Ruͤckſicht der aͤltern 
ſchulden hat noch keine Rüdzahlung angeordnet werben koͤnnen, dennoch 
das Zuitrauen, welches die Regierung genießt, fo groß, daß wenigſtens big 
cent. Landesobligationen, obgleich fie feine befondere Hypothek haben, für ng 
Eauft werben fönnen. Die Zinfen werben pünktlich bezahlt. Die Grenz 
mit Hemover find duch den Grenzvertrag vom 24. Juni 1824 au 
Braunfihweig hat auf dem Bundestage, in Gemeinfchaft mit Naffau, 
fammtflimme, und im Plenum für ſich zwei Stimmen. Das Bundes 
beträgt 2096 Mann. Getreide, Ruͤbſamen, Flachs, Taback, Cichorien, 
Faͤrberoͤthe und Holz machen die bebeutendften Gegenflände des Handels 
Fabriken aus. Aus dem Zhirrreiherzieht man Schafe, Schweine, Zieg 
vieb und Bienen hinlaͤnglich für der Landesbewohner Bedarf. Fettes 
und Pferde worden zum Theil eingeführt. Die Wälder haben wilde 
Edelhirfche, Rebe, Hafen, Auer⸗, Birk, Reb⸗ und Hafelhühner; doch 
weil fein Wild gehegt wird, bie Jagdausbeute eher ab ale zu. Die Berggeg 
liefern Eifen, Kupfer, Satz, Marmor; Stein- und Brauntohlen, Porzehk 
und andre Sattungen von Mineralien. . Der Rammelsberg ‘gibt Silber, Ki 
Blei, Arſenik, Witriolund Schwefel, auch etwas Gold zur Ausbeute. Kor] 
in den Sandgegenden ber nördlichen Bezirke in großen Streden ; Steintohlen 
liegen unter bem Elme, Dilfe und Ihdte. In Anfehung der Verarbeitın 
Erzeugniffe find befonderö die Brauereien (Dumme) und Branntweinbreng 
die Sarnfpinnerei (der verbreitetſte Gewerbzweig im Lande), die Leinmanky 
Ledermanufacturen, die Papier:, Seifen⸗, Taback⸗, Salmiak⸗, & 
Gichorienfabrilen zu bemerken. Die braunfchweig. ladirten Waaren ind & 
auch im Auslande, berühmt. Das fürftenberger Porzellan wird ebenfalls gef 
Die Seele und ber Mittelpunkt bes Handels ift die Hauptſt. Braunſchweig. 
fehlt e8 dem Lande nicht an gut unterhaltenen Straßen zur Erleichterung um 
auemlichkeit des Handels. 

Der jegt vegierende Herz. v. Braunfchweig, Karl, geb. d. 30. Oct, { 
trat die Regierung felbft an 1824. Die Einkünfte des Herzogthums, ohne | 
(f. d.), betragen 2 Mitt. Gulden. Große Verdienfte um die Verwaltung ber 2 
hat fich der Geh. Rath von Schmidt» Phifeldedi in Braunſchweig erworben. 

Braunfhweig, Hauptſt. des Herzogthums gi. N. (52° 18 N. 5 
28° 15 O. L.), liegt an der Oker in einer angenehmen Gegend, ift der & 
Geheimenrathscollegiums, ber Kammer und des Collegii medici. Die Ül 
Obercollegien für den ganzen Staat befinden fih in Wolfenbüttet (ſ. d.) 
3041 H. 32,500 Einw. Der Billa Brunswid wird zuerft um 1031 in 
Den gedacht. Eckbrecht J., welcher in jenen Gegenden die Schlöffer Hoh 

Dankwerderode und Melwerode beſaß, mag die Ulla auAgrbant unh (aldhı 











Doyoueu veryvrn zuicheun vers uthe UV VEN DUDEN yıczıcu vie Suuun 
KReichsunmittelbarkeit zu erheben. Indeſſen ſchloß fie, nach einer blu⸗ 
mit Herz. Heinrich d. Füngern, in der zweiten Hälfte bes 16. Jahrh. 
Rpaften Frieden, welcher ihr eine gewiſſe Unabhängigkeit fiherte. Ais 
Jahrh. die Hanfe in Verfall gerieth, ſank auch Braunſchweig. Es 
Ieüdende Schuldenlaſt gerathen, Rath und Buͤrgerſchaft lagen gegen 
ſteter Fehde; Herzog Rudolf Auguft benugte diefe Schwäche und die 
warf fich 1671 dem Herzoge. Der Ort ſchien jegt ſchnell wieder aufs 
Die verfallenen Meffen wurben neu belebt, das fürftliche Schloß (dev 
und das große Schaufpielhaus wurden erbaut. 1754 erflärte der. Ders 
ıStabt zur beftänbigen Refidenz feines Haufe. Für ihre Verſchoͤne⸗ 
in Nochfolger, Karl With. Ferdinand, nody mehr, und die Zeitumftände 
ren Wohiſtand außerordentlich. Im dem legten Regi:rungs;ahre des 
t bei Auerftädt fiel, wurden bie Feſtungswerke der Stadt abgetragen, 
ı Anlagen Raum zugeben. Die Stadt, deren Umfang eine Stunde 
iin ſechs Bezirke getheilt, bie ihre Namen von ben Hauptthoren haben. 
Eſten Piäge find der Schtoß= und ber Burgplag, der Hagen, Agi⸗ 
j⸗ und Altſtadtmarkt. Man bemerkt den von Heinrich dem Löwen 
wm, die Martins», Brüder, Katharinens und Andreasliche, das 
vensfehloß, das landſchaftl. Haus, das Zeughaus, das Opernhaus, 
wthhaus oder den fogenannten Autorshof, jegt zum Meßgebaͤude einges 
Reuftadtrachhaus, das große Gewandhaus, das Zucht» und Werks 
rohe Waifenhaus und das Armenkrankenhaus. Vor mancher größern 
it Braunſchweig der Bequemlichkeit trefflicher,, mit großen Steinplats 
ter Fußwege und eines Reichthums an Fluß» und Quellwaſſer. Die 
befigen eine eigne Kicche, fo auch die Römifch-Ratholifchen, die Ju⸗ 
nagoge. Das Mufeum von Kunftfahen und Antiten, als deffen 
das beruͤhmte mantuanifche Onyrgefäß betrachtet wird, iſt jegt durch 
eils aus Parle gurhderhaltenen Schilderelen der ehemal. ſaigdahlum⸗ 


— 


174  Braunfchweig (2.€.,Herz.v.) Braunſchw. (Zerd., Her; 


major, der jüngfte Sohn ded Herzogs Karl von Braunfchweig, geb. zu Wk 
bättel 1° 752, wurde von dem Abt Serufalem unterrichtet. Er fudirte zu & 
burg die militairifchen und andre Wiffenfchaften, bereifte unter Leffing’s Fit 
Italien, und trat 1776, als Chef eines Infanterieregiments, zu Frankfur 
D. in zıreuß. Kriegsdienſte. In diefer Stadt, bie feit 1779, wo er 
baierſchi n Erbfolgefriege zuruͤckkam, fein beftändiger Aufenthaltsort war, 
er ſich Lourcch eine feltene Herzensgüte, womit er einen durchdringenden 
und uns rmüdlichen Eifer für die Wiffenfchaften verband, die allgemeinfte 
rung. 1780 dankte es ihm, Frankfurt faft allein, daß die Wafferflut den J 
nicht dan <chbrach und die Vorſtadt gerettet wurde. Gleiche Thätigkeit 
den Seuı sröbrünften, welche diefe Stadt betrafen. Oft flieg er in Dad 
auf, unı Eimde und Kranke aufzufuhen; denn Menfchenliebe war fein} 
In ihrer Aushbung fand der edelmüthige Fürft feinen Tod, alder bei einer 
ſchwemn aung am 27. April 1785 den Vorftädtern auf einem Kahne zu Süß 
wollte. Die ihm geflifteten Denkmäler werden auch den folgenden Gefchle: 
bie Achti ang bezeugen , die ex ſich während feines kurzen Lebens erworben haft: 
B raunfhweig (Ludwig Emft, Herz. v.), dritter Sohn Herzogs & 
Albrecht von Braunfchweig : Lüneburg, geb. 1718, trat in kaiſerl. va 








als Feld marfchall in die der Republik Holland, war feit 1759, während J 
ten, Gi neralcapitain der Union und adminiftrirender Vormund des Ex 
ters, urıd hatte der Republik in dem langen Striege der benachbarten Sees m; 
mächte fı it 1754 die Neutralität erhalten. Zufolge der 1766 von dem 5. 
beſchwor enen Confultationsacte hatten ihn die Generalftaaten nad) der V 
Leit des Eerbſtatthalters diefem als Rathgeber zur Seite gefegt. Aber «& 
patriotifchen Partei, gegen biefen Kürften Verdacht bei dem Volke zu 
man machte ihm felbft das Recht, feine Ankiäger vor Gericht zu ziehen, : 
Endlich Tıberredete man den Erbſtatthalter, daß, wenn ber Herzog freiwillig 
fein Got wernement nach Derzogenbufch begäbe, alle Unruhen aufhören 
Der Herjjog gab nad) und zog ſich am 24. Mai 1772 dorthin zurlick. Allels 
er dem Erbſtatthalter vorhergefagt hatte, traf nur zu bald ein: die Mi 
griffen vun diefen an, ohne darum den Herzog außer Acht gu laſſen. Er 
1788. Schlözer hat in feiner meifterhaften Vertheibigungsfchrift des Kerze 
Sache vor den Richterftuht des Publicums gebracht. Indeß bleibt fo viel - 
daß des Herzogs Hervorziehen des Adels und der Kürftenföhne im m. 












geborenen. Holländern ber wahre Grund des Haffes der Magiſtraturgeſch 
er felten bei ber Municipalregierung anflellte (welche er als Sinecuren HR 
gab) gegen ihn war. . 
Braunfhweig (Ferdinand, Herzog von), geb. am 11. Ian. : 

zu Braunfchweig, der vierte Sohn Herzogs Ferdinand Albrecht, wurde 
Militairſt and erzogen. In feinem 18.3. durchreifte er Deutfcyland, Hei 
Frankreich und Italien, und trat 1739 als Oberfter und Chef eines Reginus 
preuß. Dienfte. Die fchlefifchen Kriege waren für ihn eine Schule, in welcher e 
zum Anführer bildete. Nachdem er im Anfange des fiebenjähr. Kriegs die Ge 
bei Prag zum Vortheil der Preußen entſchieden und bei andern Gelegenheite 
glänzendflen Proben feines Helbenmuths und Fetdherrntalents gegeben hatte, 
trug ihm ber König gegen das Ende 1757 den Oberbefehl über das verbünbete 
in Weftfalen. Er entwidelte als Heerführer,, ſtets einem ungleich ftärkern | 
Heere gegenüber, den ganzen Reihthum feines Talents. Sein trefflicher ! 
geber war der nachmalige Landbroft von Weftphalen, der als Amtmann zu R 
burg im dänifchen Staatsdienſte farb. Ferdinand vertrieb die Franzofen 

Niederfachfen, Heffen und Weftfalen, und fiegte in zwei großen Schlach 
Grefeld und Minden. (S. Siebenjähriger Krieg.) Nac dem Frieden ı 


u Braunſchweig und einer Schiwefter Friedrichs des Großen. Mit 
wurde feine Erziehung dem Abt Jeruſalem, bamaligem Hofprediger 
tel, Übertragen; feit dem 12, befuchte er unter Jeruſalem's Leitung 
ftete Collegium Carolinum. Zum $ührer hatte er den talentvollen, 
norallſchen Kammerheren von Wittorf. 1} zegte fi fi in ihm bie 
> Ruhm, welche durch die Thaten Friedriche II. immer lebendiger 
— Krieg gab ihm die erſte Gelegenheit, ſeine Talente zu 
Ex führte die braunſchw. Truppen zum ‚Deere ber Verbündeten, und 
: für fie ungläüdlihen Schlacht bei Haſtenbeck, am 28. Juli 1757, 
WIL Urtheil, daß ihn die Natur zum ‚Helden beftimmt habe, indem 
a Franzofen im Mittelpunkte des verbuͤndeten Heers genommene Bat: 
berte. Am 23. Juni 1758 entfchieb er den Sieg von Krefeld. An 
die Armee unter feinem Oheim Ferdinand ausführte, nahm er dem 
teil, und Friedrichs Achtung gegen ihn flieg immer höher, wie deffen 
ibenjähr. Kriegs” und deffen „Ode auf den Erbprinzen von Braun: 
nie. Nach jenem Kriege vermählte ſich ber Prinz 1764 mit der 
"Wallis, Augufte. Da er fehhzeitig die wahre Lage feines Water: 
:gelernt und aus ber ſteten Verlegenheit, in welcher ſich fein Water 
— Lehre geſchoͤpft Hatte, fo machte er ſich, noch ehe ex & 
m, bie größte Sparfamkeit zur Pflicht, und lebte, meiftens von Ges 
zt, nur ben Wiffenfchaften und Känften. 1773 trat er in preuß. 
und ward General ber Infanterie, hatte aber keine Gelegenheit, feine 
Inlagen volltommen auszubilden. Nach feines Waters Tode (1780) 
gierung mit Ernſt und Tätigkeit an. Zuerſt auf die nothiwenbige 
der Finanzen bedacht, befchränkte er feine Hofhaltung, verminderte 
ben, wmunterte ben Aderbau auf, beförberte bie Freiheit des Han⸗ 
hm und unterftügte anfehnliche Bauten, und forgte aud) für das öfs 
nügen, indem er 5. B. unentgeltlic, italienifche Opern, Redouten 
ieh. Dennoch hatte er das Unathid . oft bei dem beften Willen ben 


176 Vraunfchweig (Karl Wilpelm Ferdinand, Herzog v.) 


ein Sranzofe, de Limon, in fehr harten Ausdruͤcken abgefaßt hatte. Der$ 
Stanz und der König von Preußen billigten baffelbe; allein der Herzog fax 
Ausdrücde zu ſtark. Man ſtrich die bitterften Stellen weg, der preuß. Geh! 
tionsrath von Renfner brachte das Ganze in Zuſammenhang, und der preuß 
fandte in Mainz, Hr. v. Stein, ließ es druden. Gleichwol erregte ber bei 
Ton beffelben die heftigfte Erbitterung. Der Herzog hatte den Plan, von 
gen aus auf Paris loßzugehen, ihm die Zufuhr abzufchneiden und es 
Hunger zur Übergabe zu bringen. Am 23. Aug. 1792 ergab ſich Longwy; 
dun am 2. Sept. Allein in der an ſich unfruchtbaren Champagne erſch 
birge, enge Päffe und unwegfame Wälber die Zufuhr für das Heer von 
zen her. Dumouriez ftand im Lager bei St.⸗Menehould; es gab täglich & 
allein Dumouriez vermieb eine Hauptſchlacht, in der er Frankreichs Sch 
Spiel gefegt Hätte, weil er vorausfah, daß die Deutfchen ohnehin durch BE 
und Krankheiten zum Rüdzuge genöthigt werden würden. Diefe .gefähe 
Seinde ſtellten fi) nur zu bald ein. Daher fuchte der Herzog Dumouriez ze! 
Schlacht zu nöthigen, indem er am 20. Sept. das Corps unter Kellerme 
Valmy (f.d.) angriff. Allein die Sranzofen behaupteten ihre Stellung; ' 
fahen fid) die Deurfchen zwei Tage darauf zu einem Waffenftiliftande, und af: 
Sept. zum Rüdzuge aus der Champagne genöthigt. Da während bie 
zugs Cuftine Speier und Worms, auch am 21. Det. die Feftung Mainz 
Sewalt gebracht und darauf Frankfurt genommen, welches letztere jedoch fl 
2. Dec. von den Preußen und Heſſen wiebererobert ward, fo mußten num 
firengungen ber Deutfchen zunächft auf die Wiedereroberung jener Feftu 
tet fein. Der Herzog eröffnete daher 1793 gemeinfchaftlich mit ben 
am Obercheine den Keldzug, nahm am 7. März die Feſtung Königftein, 
Mainz am 22, Juli, und fuchte die Eroberung ber flarfen franz. Feftung 
vorzubereiten. Die Franzoſen unternahmen dagegen am 14. Sept. 
meinen Angriff von Strasburg bis Saarbrüd gegen Wurmfer und ben den 
an diefem Tage Moreau bei Pirmafens im Darmftädtifchen eine blutige 
lieferte. Die Sranzofen wurden aus ihrem Lager bet Hornbach bis an bie 
gedrängt. Einen Monat fpäter gelang es dem Herzog, gemeinfdaftlie 
Wurmfer, am 13. Oct. die weißenburger Linien zu erobern und Landau nds 
tommen. Um nod) einen feften Stuͤtzpunkt zu geroinnen, wagte ber Herzog 
Naht vom 16. auf den 17.Nov. einen Sturm auf das Bergſchloß Bi 
Schluͤſſel zum vogefifchen Gebirge, welcher die Straße von Landau, P 
Meißenburg und Strasburg vereinigt. Diefer Verfuch mißlang. Dageg 
er eine Abtheilung der franz. Mofelarmee unter Hoche, die, um Landau 
fegen, durch das Gebirge hervorbrang, vom 28. bie 30. Nov. bei Kaife 
Allein die Angriffe, die Hoche und Pichegru, ohne Rüdfiht auf ihren Med 
verluft, täglich unternahmen, und die Durchbrechung ber öftreich. Linien, t 
Pichegru am 22. Dec. bei Froſchweiler bemwerkftelligte, nöthigten die Oſtrelche 
Rüdzuge über den Rhein, wodurch zugleich der Ruͤckzug des Herzogs bewirkt i 
Da fich bereite Mißverftändniffe zwifchen Öftreich und Preußen erhoben hatt 
legte er im Anfange 1794 den Dberbefehl nieder. Moͤllendorf war fein Ne 
ger. Jetzt arbeitete der Herzog von neuem für das Wohl feines Landes bi6 5 
unglädlichen $. 1806. Sein Schuldenedict aus jener Zeit ift ein Mufb 
beutfche Fuͤrſten. Bereits in das Greifenalter getreten, wo er fich ohne Ve 
von bem Öffentlihen Schauplage zuruͤckziehen fonnte, übernahm er Laſten 
feine Kräfte überfliegen. Zu Anfange 1806 machte er in Auftrag des Könk 
Preußen eine Reife nad) Petersburg , die auf den bald darauf mit Frankreid 
gebrochenen Krieg Bezug hatte. Der Herzog trat als Oberbefehlshaber ı 
Spige des preuß. Heers. Die phyſiſchen und wmorallichen Kräfte waren j 






















ngeflößt worden war, auf eine fehr ſchmerzliche Weife. 
ifch weig (Briedri Wilhelm, Herzog von), ber vierte und juͤngſte 
3098 Karl Wilhelm Ferdinand v. Braunfchweig. Geb. 1774, er⸗ 
inem zweiten und britten Bruder, die wenige Jahre älter waren, 
mg, bi6 die militaicifche Laufbahn, für welche er beftimmt war, 
te eine befondere Richtung geben mußte. Bon feinem Vater mit 
keit geliebt und dennoch fehr hart behandelt, warb er 1786 vom Koͤ⸗ 
Sen zum Nachfolger feines Oheims, Friedrich Auguft, Herzog von 
ſtadt, ernannt. Er ging jegt nad) Laufanne, blieb zwei Jahre in 
mb wurde bei feiner —X als Capitain bei einem preuß. Ins 
mt angeftellt. In dem Kriege 1792 fg. gegen Frankreich focht ex 
Beeren und ward zweimal verwundet. Mac) dem bafeler Frieden ers 
giment, und vermählte fih 1804 mit der Prinzeffin Maria Eliſa⸗ 
ine von Baden. Aus diefer Ehe wurden 1804 und 1806 zwei Prin- 
ienoch eben. 1805 ſtarb fein Oheim, und er wurde Herzog von DIS 
ı 1806 nahm er an bem Kriege gegen Frankreich mit allem Feuer, 
ruͤckung Deutfchlande und feines Vaters ungluͤckliches Schickſai 
ante, Antheil. Er befand ſich zulegt bei dem Bluͤcher ſchen Corps 
demſolben bei Luͤbeck gefangen. Durch den im Sept. d. I. erfolg⸗ 
b ätteften Bruders, des zwar verheicatheten, aber kinderloſen Erb⸗ 
durch bie ſchon fräher vom Water eingeleitete Übereinkunft zwiſchen 
a andern beiden Brüdern, die wegen unhellbarer Blindheit regies 
übrigen® auch nicht verheirathet waren, würde er nach dem Tode 
wur Nachfolge In der Regierung der braunſchw. ande gelangt fein, 
de umd ber Wille Bonaparte’ verfügten es aber andere. Seit dies 
zu Bruchfal, wo ihm im April 1808 feine Gemahlin ſtarb. 1809 
ve des oͤſtreichiſch⸗ fcanzdf. Krieges warb er in Böhmen ein Freicotps. 
hi in Stralſund jangen, als der Herzog in Sachſen eins 
ver Könia von Weſtfalen nöthinte ihn, mit feinen ſchwarzen Huſaten 


118 Braunfchweig (Friedrich Wilhelm, Herzog v.) 


terieregimente eingerücht war. Obgleich bie Regiment dem Corps bei 
vapfern Widerftand leiftete, fo ward ed dennoch gefchlagen, und ber Obe 
gen. Nun wandte ſich der Derzog nad) Braunfchweig, feiner Vaterfta 
31. Juli traf er dafelbft ein und bivouacquirte mit feinen Truppen auf der 
er brachte die Nacht, in einen Mantel gehüllt, auf Stroh gelagert zu. ' 
ſich keine Ruhe geftatten, denn von allen Seiten waren ihm feine Ver 
ber Ferſe. Der weftfäl. General Reubel 309g 4000 M. feiner Divifion 
in der Nähe von Braunfchweig zufammen, der General Gratien war 
hollaͤnd. Divifion von Erfurt aufgebrochen, und der bänifche General Eı 
von Gluͤckſtadt ins Hanoͤverſche über die Eibe, um dieſen Strom zu bed 
1. Aug. fließ Reubel in dev Nähe von Braunfchweig, bei dem Dorfe £ 
ihn, und es entftand ein Gefecht (das elfte feit feinem Aufbruche aus 
in welchem ein Corps von beinah 2000 M. vor kaum 1500 nicht allel 
wich, fondern denfelben auch gerade den Weg öffnete, auf dem fie alleir 
men konnten. Am 2. Aug. verlieh bee Herzog Braunfchweig ; der We 
einfchlug, ließ vermuthen, daß er auf Celle gehen würde, wohin er aud 
weftfäl. Truppen verfolgt wurde. Statt deffen aber ging er über Hanov 
nad) Nienburg, feßte über die Weſer, brach die Brücken hinter fi ab ı 
ſchirte an diefem Stuffe hinunter. Am 4*. Aug. kam er zu Hoya an um 
dem linken Weferufer weiter, während ſich ein Theil feines Corps, sum 
monflration zu machen, nad) Bremen wandte. Hier rüdten am 5. die 
Huſaren ein, befegten die Thore, eilten aber gleich am folgenden Tage we 
terdeſſen fegte der Herzog feinen Marſch durch das Didenburgifche fort. 
menborft brachte er die Nacht vom 5. auf den 6. Aug. zu, und es ſchien, 
Oſtfriesland zu erreichen fuche, um ſich dort einzufchiffen. Unvermuthet 
er bei Huntebruͤck über ben ſich in die Wefer ergießenden Heinen Strom, t 
bemächtigte fidy aller zu Elsfleth größtentheils leer liegenden Handelsſ 
Weſerfahrzeuge, fchiffte feine Mannfchaft in der Nacht vom 6. auf d 
Zuruͤcklafſung der Pferde ein und verfchaffte fid) mit Gewalt in diefer v 
fern bewohnten Gegend die nöthigen Seeleute. Am 7. Morgens ging b 
ſelbſt, mit aufgezogener englifcyer Flagge, unter Segel, und ſchon am 8. | 
auf Helgoland, von mo er am 11. mit feinem Corps nad) England abfegel 
Meer entzog ihn dem Untergange, denn am 7. Aug. rüdte Reubel, deſſe 
ſchon bei Huchting fid) mit den zur Dedung der Einfhiffung zuruͤck 
ſchwarzen Dufaren gefehlagen hatte, in Bremen ein. Am 8. erfchien Re 
bei Eisflech, das ber Derzog am Tage zuvor verlaflen hatte. In Engla 
der Herzog mit feinem ganzen Corps, welches ſogleich in englifche Dienſte 
und fpäterhin in Portugal und Spanien gebraucht wurde, mit ber Id 
Theilnahme aufgenommen. Ex erhielt vom Parlament eine jährliche Pe 
6000 Pf. &t., bis er am 22. Dec. 1813 als regierender Herzog in | 
flanten zuruͤckkehren konnte. Er war einer der freimächigften und ruͤckh 
Fuͤrſten feiner Zeit, der allen Formen einer täufchenden Höflichkeit von Fi 
abgeneigt war. In feinem Erblande wollte er das Gute mit reinem Wil 
er voolite e8 zu ſchnell, uͤberſah darum die gewohnten Formen, ſtieß eben 
überall an und wurde bald ebenfo fehr verfannt, als man ihn mit unbefch 
Jubel voll überfchwenglicher Erwartungen, die er nicht erfüllen konnte, a 
. men hatte. Er fand Nichts, worauf er fich hätte flügen können in der ge 
wandelten Landesverfaffung. infeitige Rathgeber kamen hinzu. So 
fäen und ernten zugleich. Daraus entflanden Mißgriffe aller Art. &ı 
tifcher Geiſt und fein gefunder Verſtand Liegen Ihn neue gefahrvolle Unte 
gen von Seiten bes größen Gemwaltherrfchere ahnen. Die Vorliebe und 
Anfivengungen, welche er, weit über die Kräfte des Landes und feine üb 


Braunfchweigifche Landftände 179 


Richtungen binaus, dem Militaie wibmete, find aus diefer ihm eigens 
a Anficht der Zeitverhättniffe von 1814 und 1815 erklaͤrbar, und fallen 
s auf Rechnung eines kleinlichen Solbatenfpield. Aber die Finanzen 
adurch noch mehr zerrüttet zu werden; die verhaßten Steuern mußten 
1; die Zinfen der Landesſchuld wurden nicht bezahlt. So mußte er ver- 
den als Regent eines Landes, welches unter feines Vaters Scepter, bei 
hiedenen Weltverhältniffen, in Segen und Wohlſtand blühte. Die Er: 
815 riefen ihn wieder zu den Waffen. Er zog aus mit feinen Scharen 
den Deldentod am 16. Juni 1815. (S. Auatrebras u. Ligny.) 
egraphie im 3. Hefte der „Zeitgenoffen‘. 
kaunf bweigif he Landflände. Die Landfchaft des Herzog: 
Kunfhweig: Lüneburg, molfenbüttelfchen Antheils, beftand früher, wie 
tiheften in den meiften beutfchen Ländern, aus drei Curien: Prälaten, 
kit, zu weicher auch die nicht abeligen Befiger von Rittergütern gehörten, 
Ben, unter denen nur Wolfenbüttel, als ehemalige Refidenz, nicht land: 
hen. Die gefammte Landfcaft hatte einen größern und einen engen Aus- 
ılare bildete zugleich das Schagcollegium, dem die Einnahme und Ver: 
Wie verwilligten unb ausgefchriebenen Steuern, fowie die Direction ber 
3= und der Wegebefferungscaffe anvertraut war. (S. Geſamm⸗ 
Miet Privilegia, als Anhang zu dem gedrudten Landtags» Abfchiebe von 
- Das Fuͤrſtenthum Blankenburg hatte feine eignen Landftände, aber 
fe ma als der That nad), indem die Mehrzahl der Mitglieder aus 
Ben Beamten beftand. Als nach der Auflöfung des Königreichs Weſt⸗ 
hweig und Blankenburg an ihren rechtmäßigen Landesherrn zuruͤck⸗ 
Bea, kam bie zeitgemäße Umgeftaltung der alten fländifchen Verfaffung 
Dom; die Regierung des Herzogs Sriebrich war aber zu kurz und unruhig, 
md felbft bier etwas hätte gefchehen koͤnnen. Nach feinem Tode 
bzinhe beider Lande (im Dct. 1819) zu Braunfchweig verfammelt und 
ish den Grafen Dünfter, Bevollmächtigten des Prinzen Megenten, 
Bi yon England, als Wormundes des minderjährigen Herzogs Karl, 
fi einer neuen Verfaſſung. Sie wählten aus ihrer Mitte einen Aus: 
WRugliedern, um diefen Entwurf zu berathen, darüber mit dem Ge: 
Aegium, als oberfler Regierungsbehoͤrde, Ruͤckſprache zu nehmen und 
I dan Exgebniß diefer Verhandlungen der allgemeinen Staͤndeverſamm⸗ 
he erſtatten. Hierauf erfolgte (19. Ian. 1820) die Annahme der 
urunde, welche, mit den darin gemachten Änderungen (25. April 
be obervormundſchaftliche Vollziehung erhielt. Nach diefer erneuerten 
Betaung bilden die vereinigten Landflände von Braunſchweig und Blan⸗ 
28 stwei an Rechten und Anfehen völlig gleichen Sectionen beftehendes 
Ba afte Section begreift ſechs Prätaten und die Beſitzer ber früher bereits 
en Rittergüter, deren Zahl jedody, wo die fürftlichen Domainen, 
4 um Theil auf dem Landtage repräfentirt wurden, jegt gänzlich da⸗ 
ofen find, fich von 85 auf 78 vermindert hat. Die zweite Section 
7 Praͤlaten, 19 ftädtifchen Abgeordneten (6 von Braunſchw., 2 von 
2 von Helmſtaͤdt und 1 von jeder der Übrigen neun Städte) und 19 
dee freien, biöher nicht Iandftändifchen Grundeigenthuͤmer auf dem 
Rr aus jedem Kreisgerichte). Wer mehr als ein Rittergut befißt, ift 
pi einee Stimme beredhtige. Die jedeömaligen erfien Beamten der 
gefegliche Vertreter derfeiben; in Braunſchweig, Wolfenbüttel und 
welche mehr als einen Abgeordneten zu fenden haben, werden bie uͤbri⸗ 
Leitung der Juſtizbehoͤrde, welche fih jedoch aller Einwirkung auf die 
ju mtbalten has, von den Stabtbeputicten geroählt, namentlidy in 
12° 
























180 Braumer . 


Braunfchweig zwei aus den Sroßhändiern, Banquiers und Kabrikheı 
aus der übrigen anfäßigen Bürgerfchaft. Kür jeden neuen Landtag w 
Wahl vergmommen. Ohne vorgängige Einwilligung der Stände koͤnn 
Steuern ausgefchrieben und ſolche Reiftungen den Unterthanen aufe: 
al8 die nothwendige Erfüllung der Bundesverpflichtungen von dem La 
body find auch diejenigen Abgaben und Leiſtungen, welche vermöge 
Polizeigewalt, zur Leitung des Hanbeld und ber Gewerbe ober zur 
polizeilicher Einrichtungen und Maßregeln anzuorbnen find, namı 
Wegegelder ıc., der ftändifchen Verwilligung nicht unterworfen. Bei ı 
Steuern und Landeslaſten erſtreckt fi) das ftändifche Verwilligungsre 
auf die Art und ben Betrag, ſondern auch auf die Dauer, Echebur 
Verwendung derfelben, zu welchem Zwecke die Stände das Landesfteu 
mit dem Landesheren gemeinfchaftlicdy befegen. Die vier ftändifcher 
dieſes Collegiums bilden zugleich den engern Ausfchuß der Landfchaft, | 
weiterer permanenter Ausſchuß von 9 Mitglied. zur Seite ſteht. B 
gebung haben die Stände nur eine berathende Stimme; übrigens das 9 
ſchwerde und Bitte; fie innen aber Vorſchlaͤge zu wefentlichen Änberı 
Berfaffung nur mit einer Mehrheit von zwei Dritttheiten befchließen. 
der Stände gegen die höhern Landesbehörden und Staatsdiener follj 
genaue Unterfuchung angeordnet werden. Die Verhandlungen find ge 
die landesherrlichen Commiffarien wohnen den Berathfchlagungen nid, 
Meinungen und Abflimmungen einzelner Mitglieder dürfen nicht beke 
werden. Nur die Ergebniffe der ftändifchen Berathfchlagungen werben 
maligen Landtagsabfchieben durch den Drud zur allgemeinen Kennt 
In der Regel follen alle drei Jahre Landtage gehalten werden, auß 
Weiſe aber auch dann, wenn der Landesherr Veranlaffung dazu findet 
hängt es von ber Landesherrſchaft ab, in beſondern Fällen einzelne V 
Stände zufammenzuberufen, um über die ihnen vorzulegenden Land 
heiten ſich zu berathen und ihre Meinung zu vernehmen , wie denn au 
BZufammentretungen von ben Mitgliedern der Landſchaft ſelbſt eingel 
koͤnnen; nur müffen fie davon und von dem befondern Zwecke derfelbei 
tung zuvor gehörige Anzeige machen. Die erfte Ständeverfanmimy 
Nov. 1820 eröffnet worden und 1821 hindurch theils in allgemeiner 
theils durch Ausfchüffe. thätig geblieben. Unter ihrer Mitwirkung ha 
Landesſchuldenweſen, die Beſteuerung, die Verpflichtung zum Krie 
das Zunftweſen eine neue Einrichtung erhalten. 

Brauwer (Adrian), Braur oder Brouwer, ein berühmter M 
dertändifchen Schule, geb. 1608 zu Harlem, wahrfcheinlicher zu Oul 
fein Vater ein gewöhnlicher Zapetenmaler war. Seine Armuth he 
Einflug anf fein Betragen. Als Kind malte er alferlei Blumen unt 
Stiden auf Mügen, die feine Mutter verkaufte. Franz Hals, ei 
Maler, der des jungen Kuͤnſtlers Talent benugen wollte, nahm Ihn: 
Harlem. Hier brachte B., bei anftrengender Arbeit und fchlechter Koft, 
Zeit auf einer Dachlammer zu, wo er Beine Gemälde verfertigte, der 
nicht Tannte, und für die Kranz Hals den Preis einſtrich. Man fill 
Periode zwei artige Bilder von ihm an, die fünf Sinne und die zw 
Auf den Rath feines Mitſchuͤlers Adrian von Oſtade entfloh er nach 
wo er zu feinem Erſtaunen hörte, daß feine Werke gefchägt wurden. 
anfehnlihhe Summen, aber ftatt ſich mit Eifer der Kunft zu widmer 
das Wirthshaus zu feiner Werkftätte, und arbeitete nicht eher ale bis 
gewaltfam auf Bezahlung drang. Dabei aber trieb er feinen Eigen 
daß er das Gemälde, wofuͤr er den gefoderten Preis nicht erhielt, ins 


Bravo Bray 181 


} mit mehr Sorgfalt anfing. Als er während des niederlänbifchen 
Antwerpen am, fah man ihn hier für einen Spion an und brachte 
tadelle. Er erlärte, daß er ein Maler fei, berief ſich auf den eben- 
afteten Derzog von Aremberg, und malte, nachdem er auf diefes 
mdung mit allem Nöthigen verfehen worden war, die ihn bewachens 
‚ wie fie fich in den Wachſtuben mit dem Spiele befchäftigten, mit 
und Wahrheit, daß Rubens bei dem Anblick des Gemäldes ausrief: 
uwer's Werk; nur ihm Binnen diefe Gegenftände gelingen !’' Rubens 
Boslafjung gegen Bürgichaft, Bleidete ihn, und gab ihm Wohnung 
. aber, ftatt für diefe Großmuth dankbar zu fein, entwich heimlich, 
öfere Ausfchweifungen zu fallen. Er nahm feine Wohnung bei dem 
Ibefe, der durch ihm ebenfalls zu einem geſchickten Maler gebildet 
z Mann, der in feinen Neigungen mit B. übereinflimmte, hatte 
au, und die Verbindung unter diefen brei Perfonen ward fo vertraut, 
‚des dadurch gegebenen Ärgerniſſes genöthigt wurden, die Flucht zu 
war nad) Paris gegangen, fand aber keine Arbeit und Eehrte nach 
ch, wo er 1640 im Hofpital flarb. Rubens, der nur ber Talente 
dachte, Lie ihn ebrenvoll in der Sarmeliterkicche beerdigen. Allen 
"5 ſieht man an, welche Orte und Geſellſchaften diefer Kuͤnſtler bes 
verftand er nicht, wie Teniers, unedeln Gegenftänden die Mannig⸗ 
„ben, deren fie fähig find. Dennoch werden feine Gemälde von den 
wuer bezahlt. Es möchte in der That fchwer fein, in der Kraft und 
'Sarben, im geiftreihen Gebrauch des Halbdunkels und in der Wahrs 
racks mehr zu leiften. 

d,im Superlativ bravissimo, aus dem Stalienifchen, ein Ausruf des 
ei bezeichnet man bamit eine Art italienifcher Banditen, Meuchel⸗ 


surarie, eine Arte, welche fo geſetzt ift, daß der Sänger Gelegens 
heingefügte Verzierungen, glänzende Läufe, Sprünge ıc, feine Fertig⸗ 
tz zu legen. Ebenſo redet man audy von Bravourvariationen. 
e (Joachim Wilhelm v.), geb. zu Weißenfels 1738, in Pforta und 
sumd gebildet, geft. 1758 zu Dresben, als er eben zum, Regierungs⸗ 
burg ernannt worben twar, gehört zu den erſten Trauerſpieldichtern 
d, welche den Weg zum Bellern bahnten. Als Sr. Nicolai bei der 
‚Bibliothek der ſchoͤnen Wiffenichaften” 1756 einen Preis für das befte 
das man den Herausgebern einfenden würde, ausgefegt hatte, trat 
ater die Bewerber, Cronegk erhielt den Preis, Brawe's „Freigeiſt“ 
jerliches Trauerſpiel) warb dem „„Kodrus” zunaͤchſt geſtellt. Che er 
ſes Stud das Urtheil der berliner Kritiker erfuhr, fchrieb er feinen 
8 heroiſches Zrauerfpiel in fünffüßigen Samben, in welchem beſonders 
Zeie ungemeine Stärke und Kühnheit überrafchten, Seiner Jugend 
zeihen, wenn er zumellen in gefchmüdte Reden überftrömt, mehr 
‚erwärmt, mehr das Ohr ald das Herz der Zufchauer erfchättert. 
a6 er geleiftet hat doch von ber Art, daß Leffing nicht verfchmähte, 
davon zu fein. „Trauerſp. d. H. v. Brawe“, Berlin 1768. 

(Erangois Gabriel, Straf de), feit 1809 bairiſcher Geſandter in Pe: 
an feit 1820 in Paris, ift in der Normandie geboren, wo fein Vater 
adel der Provinz gehörte, der bei ber Heraldie in Paris feinen Stamm: 
f Wilhelm den Eroberer führen konnte. Seine Mutter war aus Bre⸗ 
ſaß Güter bei Nantes, wohin fi) auch der Vater begab und große 
Fdie Austrocknung der Suͤmpfe und Urbarmachung der Haiden (len- 
etagne verwandte. Der junge Bray erhielt feine Bildung in Rouen 


182 Ä Bray 


und Nantes, wurde dann Maitheferritter in der franz. Zunge, machte ald 
feine Karavane gegen die Algierer mit, und war bei einem mörberifchen Ange 
Algier ſelbſt gegenwärtig. Nachdem er feine Reſidenz in Malta gemacht 
widmete er fich der diplomatifchen Laufbahn unter dem Bureauchef Rays 
Minifterium des Grafen von Montmorin, und kam zur franz. Geſandtſch 
Megensburg, der damaligen Hochfchule für die franz. Diplomatit im 
Europa. Hier wurde er während der franz. Revolution durch den | 
Sefandten Srafır von Goͤrz deſſen Schwiegerfohne, dem batrifchen 
Grafen von Rechberg bekannt. Diefer trug ihm verſchiedene biplomat. @ 
für Baiern auf; er ward defwegen zum bairifchen Legationsrath am 
ernannt, ſchloß 1805 einen Freizuͤgigkeitsvertrag zwiſchen Baiern und 
ab, wurde dann Befandter in Berlin, im Mai 1808 außerordenti. beuall 
Sefandter zu Petersburg, Ritter, und fpäterhin Großkreuz des k. batrifl 
vilvervienflordene, im Nov. 1808 Geh. : Rath im außerorbenti., fpäter 
Geh. : Rath im ordentl. Dienfte, 1817 Wirkt. Stantsrath und 1819 Re 
alc Befiger der Güter Schambach, Tirfhing ıc. Wir bemerken noch, 
Bray auf dem raftadter Congreß als Gefchäftsträger [. Ordens erfchien, 
vem Bailli von Starland in Angelegenheiten des Ordens nad) 
fpäter von Baiern eine Sendung nad) London vollzog. England hatte er 
ber aus eignem Antriebe kennen lernen. Über eine Reife, die er 1801 
gelas und Zentner in das für Baiern neuerworbene Salzburg, zu ben 
von Hallein und Berchtesgaden gemacht hatte, f. die „Voyage aux 
Salzbourg et de Reichenhall et dans une partie du Tyrol, par le 
de Bray", 1808. Im 3. und 4. Abfchnitt wich Tirol befchrieben al® 
vinz, die man damals in Baiern nad) einer 700jährigen Trennung 
erwerb anzufehen geneigt war. Wir lernen den Verfaffer darin auch als 
ner der Pflanzenkunde fhägen. Auf feinem Poften in Berlin 1807 
einer fehr fchwierigen Lage das Intereffe feines Hofes und die Anmucheigt 
franz. libermacht mit dem, mas Pflicht und Rechtlichkeit foderte, klug zu 
gen. Noch jegt dankt ihm mancher preuß. Geſchaͤftsmann und Einwehen 
lins bie damals durch feine vermittelnde Klugheit bewirkte Erleichterung von 
der gebieterifchen Nothwendigkeit. In Berlin trat er mit der damals dert fl 
haltenden Familie von Loͤwenſtern auf Wolmersdorf und Koberhufe in 
vertraute Verhältniffe und vermählte fich mit der zweiten fehr geb!! 
des Haufes. Der Sefandtfchaftspoften beim Kaifer von Rußland war E 
damaligen politifchen Verhältniffen einer der wichtigften, ihm aber auch mE 
neu angelnüpften Kamilienverbindung fehr willlommen. Er gewann bas w‘ 
trauen des Kaifers Alerander, und führte alle Unterhandlungen zur Zufrle 
feines Königs, der ihn um dieſe Zeit auch in den Grafenſtand erhob. Sch 
für wiſſenſchaftliche Forſchungen, für flatiftifche Unterfuchungen und Adek 
Kunſt zeigte, brachte ihn in die freundfchaftlichften Verhättniffe mit den &E 
reichften Männern In Riga, Dorpat und Petersburg, wo er die B 
Reichskanzlers Grafen Nikolas Rumanzoff und die ftatiftifhen Korfchum 
Staatsraͤthe Storch und Krug fleißig benutzte. Eine Frucht dieſer Studien 
erſte vollſtaͤndige Gefchichte und Statiſtik von Liefland in franz. Sprache, 
ſich Graf Bray zugleich ale Mitglied der k. batrifchen Akad. der Wiffenfch. ie 
chen in der hiftorifchen Elaffe beurkundete. Er benuste zur Abfaffung diefes! 
wobei er die Familienarchive vieler alten Gefchlechter in Lief⸗ und Efthlanb, 
die Öffentlichen in Königsberg und Petersburg fleißig befragte, die willke 
Muße, welche ihm während der Abmwefenheit des Kaiſers Alerander vom 
Staaten 1814 und 1815 dargeboten wurde; denn in diefem Zeitraume U 
Der Berf. faft immer in Liefland auf den Gütern \. Säyrirgrenotene auf unf 





















befinden ſich jegt an mehren Höfen baitiſche Gefandte, bie mnter 
ifchen Veteran ihre Laufbahn begonnen haben. (Ex befigt die Babe, 
kt, wo Nichts zu verhuͤllen ift, und durch Geradheit überall Zutrauen 
» durch die Lebhaftigkeit feines durch Reifen und ben Umgang mit 
ten Zeitgenoffen eben fofehr als durch Belefenheit gebildeten Geiſtes 
ft gu erheitern. 

ie, f. Sandflein. 

te mennen die Schiffer ſchaͤumende, ſtark anfchlagende Meereswellen 
von Klippen unter dem MWaffer. 

ung der Lichtſt rahlen (Refractionmichmehr von der Strah⸗ 
n engeen aſtronomiſchen Sinne gebraucht) heißt bie Ablenkung ber 
on ihrer Richtung, welche erfolgt,fobald fie aus einem durchſichtigen Mit: 
in ein anders von verſchiedener Dichtigkeit hbergehen. Auf diefer Eis 
Achtſtrahlen beruhen alle Erſcheinungen bed Sehens durch durchſich⸗ 
+ B. durch die verſchledenen Glaͤſer, durch gefärbte und ungefärbte 
durch die Luft u. ſ. w. Die Wiffenfhaft, welche dieſe Erſcheinung 
ven der Strahienbrechung erklaͤren lehtt, Heißt die Dioptrit (ſ. d.) 
rabei folgende Kunſiausdtuͤcke vor. Die Fläche, mit welcher zwei 
BRittel an einander grenzen und wo bie Brechung gefchieht, wird 
fläche, die gerade Line, welche ſenkrecht auf dieſer Fläche, und zwar 
ke derfelben ſteht, wo der Lichtſtrahl auffällt, das Einfallsloth ge: 
Winkel, welchen das Einfahsioth mit dem auffallenden Strahle 
Neigungswinkel, der Winkel des gebrochenen Strahls mit dem Ein⸗ 
gebrochene Winkel, und der, melden der einfallende und der ge⸗ 
hi einfließen, der Brechungsrinkel, welche Auedruͤcke jedoch nicht 
yſtkern in gleicher Bedeutung gebraucht werben. Folgende Natur⸗ 
Erfe bei ber Strahlenbrechung kennen gelehrt! 1) Geht ein 
6 einem in ein dichteres Mittel Über, fo wird er nach dem 
u gebrochen; ber nebrochene Winkel iſt Meiner als der Neiaunaswin ⸗ 


184 | Brechungswintel Breda 


nicht, wegen ihrer untichtigen Vorftellungen vom Sehen und vom Lichte, 
ſache davon aufzufinden. Im 11. und nachher im 13. Jahrh. bemühte n 
fie durch Vergleichung der Winkel aufzufinden, mußte aber dabei eben] 
Wahrheit verfehlen. Unter ben fpäter verfuchten Erklärungsarten ift di 
ton’fche die befriedigendfte. Ex leitete auf eine fhon bei bloßem Nachdenken ı 
finnlich anfprechende Weife die Brechung, bie der Lichtſtrahl z. B. bei feine 
gange aus der duͤnnern Luft in das dichtere Waffer erfährt, und die Jeder! 
ten kann, wenn er einen Stab ins Waſſer taucht, der ihm nun gebrochen 
nen wird, aus der flärkern Anziehung her, die das Waffer auf den Lichtftei 
übt. Auch verfuchte Newton, das Brechungsverhältniß in verfchiedenen D 
feſtzuſetzen. Er glaubte, daß aus feinen Verfuchen hervorgehe, daß fich 
chenden Kräfte (morunter er die Kräfte verſteht, mit welchen das bredyendı 
den Strahl nach der Richtung des Einfallsloths zieht) ganz nahe wie bie. 
des Körpers verhalten, außer daß durch Übermaß brennbarer und oͤliger T 
brechende Kraft verſtaͤrkt, durch Mangel derfelben aber gefchtwächt werbe. 
Vermuthungen haben in neuern Zeiten eine unerwartete Beftätigung e 
Er ſchloß aus der unverhältnigmäßig großen brechenden Kraft des Diamantı 
derfelbe ein verbrennlicher Körper fei (Adamas, fagt er, qui, ut probal 
substantia est onctuosa coagulata), und mie bekannt hat die neuere Chr 
wirklich verbrennen gelehrt. Dergleichen Blige großer Geiſter verdienen 
angeführt zu werben. Mehre gemeine Erfcheinungen haben in der & 
brehung ihren Grund, 3.3. warum ein auf dem Boden eines Bechers I 
Ring oder eine Münze, die dem Auge durch den Rand verdedit find, be 
bei unveränderter Richtung fichtbar werben, wenn man Waffer in ben 
gießt; warum ein Fiſch im Waſſer nicht an feiner wahren Stelle, fondern u 
um ein Viertel näher an ber Oberfläche gefehen wird; warum Sterne fi 
ihrem wirklichen Aufgange und noch nad) ihrem wirklichen Untergange wahı 
men werdenu. ſ. w. In ihrer Anwendung auf die Aſtrenomie wird bie 
ind. A. Strahlenbrehung(f.d.) abgehandelt. Unter doppelt er Bre 
verfteht man die gewiſſen Erpftallifirten Körpern, namentlich dem Kalkſpath 
laͤndiſchen Kryſtall, beimohnende Eigenfchaft, von den durch fie betrachteten: 
ftänden zwei völlig getrennte Bilder zu zeigen, welches daher rührt, d 
brechenden Körper auf einige Lichttheilchen mit einer andern Kraft ale aufb 
gen wirkten. — Die Literat. d. Gegenft. findet m. im betveff. Art. bern. 2 
Gehler'ſchenPhyſikal. Lex.“ Wortrefflich ift die Daterie abgehandelt im 3.' 
Fechner ſchen deutich. Bearb. d. 3. Aufl. v. Biot's „Lehrb. d. Erperimentak 
(Leipzig 1825, 4 Bde). 
Brehungswintel, ſ. Brechung der kichtſtrahlen. 
Breda, Hauptſt. des hollaͤnd. Bezirks gi. N., hat 9000 Einw 
durch die ſchiffbare Merk mit der Maas in Verbindung. Ehemals war B 
ſtarke Grenzfeſtung für Holland von großer Wichtigkeit, und noch jetzt be 
Hauptpunkt der vor der Maas gelegenen Feſtungslinie großen militattifchen 
Die Befefligungen beſtehen aus 15 Baſtions, ebenfo viel Ravelins und ! 
werfen; auch iſt eine Citabelle vorhanden. Die Hauptftärke ift die mı 
leicht unter Waffer zu feßende Umgebung. B. warb 1534 eine Stadt; 
Zeit ift fie oft der Zankapfel zroifchen den Niederländern, Spantern und ı 
getvefen. Am merkwuͤrdigſten find die Überrumpelungen durch Barlatmon 
und durch Morig von Oranien 1590. Letztere gefchah durch ein Torfſchifſ, 
70 Niederländer verborgen waren. 1625 nahm Spinola diefen Piag na 
und Heinrich von Oranien nach viermonatlicher Belagerung. Während-de 
lutionskriegs bemeifterte fi) im Febr. 1793 Dumouriez der Stabt und | 
und er wuͤrde ſich dadurch zur Eroberung Kolonne (gan haronie hen Weg 


ww Broͤe (Matthieu van — Philipp Jakob van) 185 


te ihm nicht die bei Neerwinden verlorene Schlacht genöthigt, am 4. 
t und Seftung wieder zu verlaffen. Im Sept. 1794 wurde Breba von 
Rchegrus berennt; es fiel aber erſt, nachdem ganz Holland im Winter 
et war. Als im Dec. 1813 bei der Annäherung ber ruffifchen Avants 
tdem General Benkendorf, die franz. Sarnifon einen Ausfall machte, . 
| die patriotifch gefinnte Bürgerfchaft, um ſich in Maffe zu erheben, 
u verichließen und den ausgezogenen Truppen die Ruͤckkehr in Stadt 
j anmöglidy zu machen. — In politifcher Hinficht twurde Breda noch 
667 zwiſchen England und Holland bort gefchloflenen Frieden merk⸗ 
3 


2. 
do w (Gabriel Gottfried), preuß. Regierungsrath und Profeffor der Ges 
Breslau, geb. 1773 zu Berlin von armen Ältern, befuchte das Joa⸗ 
he Symnafium unter Meierotto, der das aufftrebende Talent des Juͤng⸗ 
nbm, und erhielt eine Kreiftelle. Er ging darauf nach Halle, wo er 
ssgifche Seminar unter Wolf trat, und bald die Xheologie mit ben 
wiſſenſchaften vertaufchte. 1794 ward er Mitglied des von Gedike ges 
keliehrerfeminars, und folgte 1796 der Einladung des trefflichen J. 
4 Eutin, der bei der dortigen gelehrten Stabtfchule den Unterricht der 
f mit ihm theilte. Hier gewann er neben ben alten Dichtern und der 
Stndium der alten Erd⸗ und Himmelskunde lieb, aus welchem ſodann 
ſethungen über die alte Zeitrechnung hervorgingen. Boreits 1799 ers 
benbbusch der alten Gefchichte” (5. X. v. Kuniſch, Altona 1825), dem die 
mom über einzelne Gegenftände der alten Geſchichte, Geographie und 
k" folgten. Nach Voß's Abgang übernahm er das Nectorat, ging aber 
Iefeffor der Gefchichte nach Helmſtaͤdt. Hier eröffnete fich ihm ein wei⸗ 
mgilreis. Er durchſchaute die Rage des beutfchen Vaterlandes und ganz 
‚mb flellte fie mit Kraft und Freimuͤthigkeit in feiner „Chronik des neuns 
enderts“ dar. Aber ſchon beim 2. Bd. traten dem wahrheitsliebenden 
zxoße Schwierigkeiten in den Weg, daß er die Fortfegung bes Werks 
ii überließ umd zur alten Weltkunde zuruͤckkehrte. Ex faßte den Plan, 
ı is anf die mittleren Zeiten herab eine gefchichtlich fortfchreitende 
aller geographifchen Syſteme zu liefern. Hierzu bedurfte er einer kriti⸗ 
Kigung der Eleinern griechifhen Beographen. Den Stoff dafür zu 
wife er im Febr. 1807 nad) Paris, wo er bis zum Herbft blieb und 
Insbette machte. Nach feiner Rückkehr verwickelten ihn feine Freimuͤ⸗ 
fein Eifer, womit er in der Jugend den deutfchen Sinn anzuregen 
in Unterfuchungen und Unannehmlichkeiten. Gern folgte er daher 
ı Rufe nad) Srankfurt an der Ober, und ging, ale die Univerfität von 
jreslau verlegt wurde, fchon 1811 dahin. Hier erkrankte er an einem 
Übel und ſtarb nach großen Leiden im Sept. 1814. In diefe Zeit faͤllt 
abe feiner „Epistolae Parisienses” und feine [häsbare Schrift über 
ofen. B. war ein waderer Lehrer, ein fleigiger, gründlicher und geifts 
ichtſchreiber und ein wahrer beutfcher Patriot. 

(Mathieu van), erfter Dealer des Kronprinzen ber Niederlande, Mitgl. 
nd. Rationalinflituts, geb. 1773 zu Antwerpen, bildete bier fein 
ter unter Bincent in Paris und in Stalin. Schon 1798 bemunderte 
Zod Cato's. Diefem fchönen Gemälde folgte die Ziehung des Looſes 
um Minotaurus geweiheten jungen Athenienferinnen, Regulus Abs 
er nach Garthago zurückkehrte, die Taufe des heil. Auguflin, der 
t Apoftel, der Herzog von Braunſchweig auf dem Tobbette, der Ein» 
m Conſuls und feiner Gemahlin in Antwerpen. 1816 malte er, zum 
er Bafferflut am Khein von 1809, die ſich dem Tode weihende Jo⸗ 


186 | Breguet Breisgau 


hanne Seebus und des leidener Bürgermeifters van ber Werff Selbftauf 
1576, worin die Stellung der Gruppen, der fühne Pinfel und das leb 
Lorit in Rubens’s Manier vorzüglich Aufmerkſamkeit veranlaßten. Da di 
Maler feine Ideen ſchnell zu ſtizziren pflegt, fo lieferte er nad) wenigen 
dem Kaifer Napoleon das Flottenmanoeuvre vor Antwerpen auf der Sche 
faft ebenfo rafch Napoleons Einzug in Amfterdam im Augenblide, da 
Magiſtrat die Schlüffel der Stadt überliefert. Auch in der Architektur u 
Bildhauerkunſt bewies B. Talente. — Bree (Philipp Jakob van), ein 
berühmter brabantifcher Maler, des Vorigen Bruder, geb. 1786, birbet 
fein Bruder; allein er ging früher nad) Italien und lebt feit 1818 in Pavi 
ſtellte er im Louvre aus: Maria von Medicis mit ihrem Gohne Ludwig ] 
Rubens, der fein Gemälde der Geburt Sefus in der Galerie des Luremb 
lendet. Ludwig XVIII. erftand es fofort. Gleichen Beifall fand der von! 
der Quelle von Bauclufe überrafchte Petrarca und Maria Stuart in di 
flunde. Lestered Gemälde wurde für die Gemäldegaterie von St.⸗Cloud 
Sein ſchoͤnes Gemälde, darſtellend zwei Könige der Franken, welche Im 
zu Trier Kaiſer Conftantin den wilden Thieren vorwerfen ließ, durfte nd 
lich ausgeftellt werden. — Außerbem lieferte B. fchon 1811 feine oria 
Meifenden zur Ausftellung in Brüffel. Seine fpanifche Nonne gelau 
zur Ausftellung. Im genter Kunftfaal fand 1812 die vom Pater Aubry ia 
der Elemente gefundene Atala viel Beifall. Der König der Niederlande 
in der genter Ausftellung ſich auszeichnende Königin Blanca mit Ihem 
dem nachherigen Könige von Frankreich, Ludwig dem Heiligen, ankauſu 
für den Kunſtſaal in Amfterdam lieferte van B. Maria Leczinska, bei 
Stanistaus von Polen einjährige Tochter. ! 
Breguet (A. 2), Uhrmeshaniker der €. franz. Marine, Mitgli 
der Wiſſenſch. und des Bureau des longitudes, ber Gefellfch. zur Exrag 
der Nationalinduftrie, des E. Raths der Künfle und Manufacturn uub 
tenlegion, geb. zu Neufchatel 1747, hat die Uhrmachertunft, Mechanik, $ 
durch eine Menge nuͤtzlicher Erfindungen, z. B. durch doppelte aftvonomilh 
doppelte Chronometer, Seeuhren, fympathetifches Pendelwerk, Uhren, 
Aufziehens nicht bebürfen, wenn fie nur bisweilen getragen werben, den 
fchen Thermometer ıc. vervolllommt. Er verbefferte auch die Telegraphe 
Sohn hat, wie der Vater, den höchften Sinn fir das Schöne, Neue 
liche in der großen Manufactur mechaniſcher und phyfitallicher Vervollle 
gen, welche fein Vater in Paris ftiftete; auch England ſchaͤtzt diefen Erf 
eins ber ausgezeichneteſten mathematifchen Genies der neueren Zeit. 
Breisgau, mit der Lanbvogtei Ortenau, ehemalige Landgrafl 
ſuͤdweſtlichen Schwaben, zwiſchen dem Schwarzwalde und dem Khein, 
gefegnetften Landſtriche Deutfchlands (60 TIM., 140,000 Einw. in 17 
Fl. und 440 D., wovon die Ortenau 16,000 Einw. enthielt). Die & 
gend hat Holz: und Viehzucht, das flache Land Wein: und Feldbau für 
treidegattungen und Hanf. Neben dem Bergbau auf Silber, Blei u 
berefcht viel Gewerbfleiß, befonders in den Waldgegenden, wo bie befan 
zernen Uhren in Menge gefertigt und durch ganz Europa, felbft nad 
geführt werden. Die landesherrlihen Einklinfte des Breisgaus, mit | 
der vier Waldſtaͤdte und ihres Bezirks, betrugen 600,000 Gulden. De 
ort war Freiburg. Öſtreich trat im Frieden zu Luneville (9. Zebr. 11 
Breisgau, eine der Älteften Befigungen des Haufes Habsburg (Mu 
Habsburg wurde auf dem Schloffe Limburg geboren), nebft ber Orte 
Ausnahme dee Frickthals, das über 5 IM. und 19,400 Einw. hat, 
Frantteich an bie helvetifche Republit abgetreten vourüe) onen Yrang van 


Brise 4897 


beffen Tode (Det. 1803) erhielt es fein Schwiegerſohn, der Erzherzog 
on ſtreich, als Derzog von Breisgau; durch den preöburger Frieden 
ı ed an Baden, mit Ausfhluß eines Theile, welcher an Bölrtemberg 
z aber, gegen Entſchaͤdigung, dem Großherzogthume Baden wieder 
zurde. H. Leichtien hatte in f. „Unterfuchung über bie eömifchen Alter: 
Schwaben” drei roͤmiſche Straßen bezeichnet, die nach Nigel (Rigola) 
a führten. Dadurch ward die Entdeckung der hier vorhanden gewefenen 
kiederlaſſung bewirkt; es erfchien davon zu Freiburg 1825 eine gebr. 


lak (Scipio), ein Römer, Sohn eines Schwaben, geb. 1768, und für 
Stand beſtimmt, weßhalb er in Spallanzani’8 Werken als Abbate ers 
r einer ber genialften Geologen unferer Zeit, welcher den neptunifchen 
mtgegentrat, obne deßhalb unbebingt den Vulkaniſten beizuflimmen. 
f. der Phyſik und Mathemat. zu Ragufa. Der Abbe Kortis gewann 
Maturfunde. Dann fam er nad Rom als Prof. am Collegio Naza- 
Me Neapel wiſſenſchaftlich, ging nach Paris, wo er mit Kourcroy, 
Isvier 2c. in Verbindung trat. Später ernannte ihn Napoleon zum 
ne Salpeter⸗ und Pulverfabrication des Koͤnigreichs Stalin. Auch 
ofied des Inflituts und vieler gel. Geſellſch. Schon feine erften Schrifs 
weiche ex fich dem Publicum als Naturbeobachter bekannt machte, 3.8. 
‚ über die Solfatara bei Neapel, in deren Nähe er Jahre lang als 
ı Alaumfiebereien lebte, geben Andeutungen auf die Anfichten, welche 
f. Spfteme ausbildete. Das erfte größere Werk, welches er 1798 zu 
Drud gab, war bie „Topografia fisica della Campania”. Die Beobs 
er bier befchriebenen Gegenden fegte er einige Zeit fort und Eehrte dann 
deſſen Umgegend er aus phufifchem und geologiſchem Geſichtspunkte 
mb feine frühere Meinung, daß der größte Theil der berühmten 7 Huͤ⸗ 
Ka eines eingeftärzten Vulkans ſeien, beftätigt fand, zurüd. Der 
Iseuhen feiner Vaterſtadt wegen ging er nach Frankreich und machte fich, 
Aineralogen befannt, indem er jenes durch Druckfehler entftellte Wer, 
Bemerkungen, Rachträgen und Berichtigungen bereichert, 1801 u. d. 
ges physiques et lithologigues dans la Campanie‘', 2 Bde., herauss 
Yingt if eine topograph. = mineralog. Befchreib. der Umgegend Roms. 
men die Refultate 12jähriger Forſchungen. Bis dahin gab es Über die 
edes Veſuvs nur zerſtreute Bemerkungen. Fruͤhere Schriften über die: 
enthielten nur die Befchichte einzelner Ausbrüche, und das einzige mi- 
Werk von Sonni über jenen Gegenftand iſt nichts ale ein Katalog. 
Erſte, der diefe Gegenden als phyſiſcher Geolog unterfuchte. In mehre 
vard dieſes fhäsbare Merk Übertragen; franz. vom General Pomme⸗ 
& von Stanz Ambr. Reuß (Leipz. 1802, 2 Bde., m. 8.). — ©. Auf: 
frankreich benuste Breislak zur Unterfuchung der durch die Puys (vulfa= 
sge) berfihmten Gegenden der Auvergne, welche Beobachtungen nicht 
Iusbilbung der Theorien B.'s von den Wirkungen der Vulkane beitrus 
Raitand ſchrieb er f. „Arte di salnitrajo” und gab 1811 f. „Introdu- 
ia” (2 Bde.) heraus, welcher er 1818 eine gänzlich umgearbeit. 
72 u.d. T.Inatitutions géologiques“ (in 3 Thln.), gleich⸗ 
mand, folgen ließ. Eine deutſche überſetz. dieſes Werks von v. Stroms 
Bon., Braunſchw. 1819 — 20) erhält durch Anmerk. und Nach⸗ 
hoͤhern fiterarifchen Werth.” (S. Strombed.) 1822 erihien B.s 
gif. Beſchreib. der Provinz Mailand. B. farb zu Zurin d. 15. Febr. 
um Alter von 783. ©, berihmtes Mineraliencabinet hat er der Fo⸗ 
wo Überlaffen. Ein Bilönif von D. befindet fi, vor dem 11. Joheg. 


188 Breislak's Syſtem der Geologie 


des „Mineralog. Taſchenb.“ von v. Leonhard, welches mehre Auszuͤge aus ſ. 
ſten Schriften enthaͤlt. 
Breislak's Syſtem der Geologie gehört unter neuen, 
geiſtvollen Modificationen dem der gemaͤßigten Vulkaniſten an. Nach B. w 
chaotiſche Maſſe, aus welcher ſich die Erde, vorzüglich durch die Rotariomd 
gung, geftaltete, durch den Waͤrmeſtoff (nicht durch das Feuer in feiner ji 
‚Seftalt) flüffig, und erhärtete, indem der bisher freie Wärmeftoff in den gel 
nen Zufland überging, in welchem er ſich jegt in ben Körpern befindet und: 
Reibungen oder hemifche Zerfegungen befreit werden kann. Nach diefer Gew 
ficht führe B. fein Syſtem mit großem Scharffinne, geftügt auf zahfreichel 
achtungen, durch; doch verleitete ihn nicht felten fein Feuereifer, in aͤhnliche 
ler zu verfallen als die find, welche er an den Neptuniften rügt. Er 
der Erklärung des Baues des Erdkoͤrpers, wie in diefem mehre mächtige 
Eräfte fowol das Entftehen bewirkten, als auch zu feiner fernen Ausb 
unterbrochen thätig find. Das Beftreben, alle hierher gehörige Unterfuch 
Ein Princip zu leiten, veranlaft die Aufftelung einer einzigen Urkcaft, 
dem Entftehen des Erdkoͤrpers vorwaltend thätig war, und eines Urzuflanbei 
welchem alle fpätere Abänderungen entiwidelt werden. Damit bie Erbe an 
den Polen ſich abglätten, die Kryſtalle fi) bilden und das Verwandte in 
birgsfchichten ſich auffinden könne, wird der Urzuftand des Erdkoͤrpers als ch 
fige Maffe angenommen. Nun kannte die ältere Chemie nur zwei Auflöfun 
tel, da6 Feuer und das Waffer, und vernachläffigte dabei bad auf der Ob 
der Erde fo thätige Gasförmige und das noch wirffamere Unwägbare, bei 
terfuchung in das Gebiet der höhern Chemie leitet. Es mußte deßhalb auch 
fige Erdmaſſe entweder durch eine Operation bes Feuers oder durch Auflöfee 
nem wäfferigen Stoffe entftanden fein. Im erften Kalle beftand die Exbrii 
Schladen eines großen Feuermeers, im zweiten aber aus mechanifchen, h 
chemiſchen Niederfchlägen des großen Urmeers. Zur erften Hypotheſe befemg 
gewöhnlich die füdlichen Europäer, welche oft auf vulkaniſchem Boden mE 
ober folchen in der Nähe haben; zu ber ziveiten die nörblich wohnenden Ref- 
ſcher, welche das große Schaufpiel der Feuerberge nur aus Befchreibungen F 
Beide Theile fuchen inder Beobachtung der Erdſchichten Alles auf, um ihre M 
zu unterftügen. B.'s fcharf beobachtendem Blicke Eonnte es nicht entgehen,, 
Neptuniſten viele Thatſachen der Erboberfläche zur Sprache brachten, die 
kaniſchen Syſteme nicht zufagten. Auch läßt er nach fo fleißigen, eignec 
achtungen nicht verkennen, wie er ed ahnet, daß die große Natur bei ihren 
niffen andern Gefegen gefolgt fei, ale ihr engbegrenzte Syſteme vorfchreibens 
halb dachte er aufeine neue Entzifferung bes großen Problems, welche ii 
Feuer und Waffer vermittelnd treten follte. Diefem Spfteme nad) 1 BE 
meftoff nur infoweit wirkſam, daß die Erbmaffe eine weiche, teigartige Beſt 
heit annehmen kann, wozu ein geringerer Grad der Hige, vielleicht noch ux 
Siedepunkte, binreichen fol. Dieſer Wärmeftoff praͤdominirte bei der f 
Geſtaltung der Erde und ift noch jet bei den vullanifchen Erſcheinungen & 
thätig. — Nah B.'s Spfteme befand fich diefer Wärmeftoff im Urzuftanl 
Erde mit den übrigen Elementartheilen gemengt und trat aus einer Ver 
die andere, fo lange der chaotifche Zuftand dauerte („Geologie“, nach v. Stream 
Überf., 1. Th., $. 90); endlich verband er fich dauernder mit den Stoffen a 
Vermandtfchaft aufs innigfte, nahm einen bleibenden Zuftand an und bie 
kuͤhlte ſich allmälig ab, zuerft auf der Oberfläche, two fich die Elemente dM 
birgsmaſſen nad) chemifchen Verwandtfchaften fammelten. Granit und & 
Sebirgsarten entflanden duch Kryſtalliſation, der Urkalk durch Verbindw 
Elementarkalks mit der Koblenfäure, welche die Verbindung bes Kohle 




















Breislak's Syſtem der Geologie 189 


uerfloffe erzeugt hatte. Waffer und Luft verbrauchten bei ihrem Ent: 
m Wärmeftoff; jenes, bei der Verbindung des Sauerftoffs mit dem 
re, erſchien zuerft in Dampfgeftalt und dann bei fortfchreitender Abkuͤh⸗ 
pfbarer Form, wo es die Unebenheiten der Erdoberfläche ausfüllte. Vom 
erwaffer tvar das Urmeer fehr verfchieden burch den höhern Wärmegrad, 
uin aufgelöften Urſtoffe und durch die heftigfte Bewegung. Die weiter 
Abkühlung des Innern der Exde bildete die Gebirgsfchichten, wobei in 
‚ beißen, noch weichen Erdmaſſe viele Gasarten eingefchloffen wurden, 
bh Aufblähen Gebirge, Höhlen und Thäler verurfahten. Aus ber ur⸗ 
m Schlammmaffe ſchieden fidy die durch den Wärmeftoff aufgelöften De: 
m Erden und verbanden ſich mit ſolchen Beftandtheilen, zu denen fie die 
manbtfchaft hatten. Die fo gebildeten Erze liegen jetzt in fehr verfchies 
itgemaſſen, fowie das heftig bewegte Urmeer die metallifhen Beftands 
hier, bald dort angehäuft hatte (Th. 2, 5.435). über das Entftehen 
n96: und Floͤtzgebirge hat B. dem neptuniſchen Syſteme ſich fehr naͤhern⸗ 
m, indem er die Wirkſamkeit des Waſſers durch den Waͤrmeſtoff und 
iſche Stoffe, welche zur Entwidelung der Gasarten dienen, zu verſtaͤr⸗ 

Das Unregelmäßige in dem Baue der Flößgebirge erklaͤrt er aus ber hef⸗ 
gung bed Urmeers (Th. 2, 5. 388 und 389). Dagegen entfernt er ſich 
neytuniſchen Syſteme bei der Erklaͤrung des Entſtehens der vultanifchen 
ten, deren Gebiet er fehr ausdehnt, indeß feine Gegner viele Gebirgsar⸗ 
Gattung, befonders die pſeudovulkaniſchen, für Niederfchläge aus einer 
tgehalten voiffen wollen. Nah B. follen die.neuern Granite, Gneus, 
md Porphyre, welche über Muſchelkalk gelagert find (in Norwegen), vuls 
Ikfprungs fein, tie auch andere Porphyrarten, der Pechſtein, Obfibian, 

Bimsftein, der gefchichtete Trapp, fämmtliche Bafalte, die Mandels 
tkencit, manche in den Laven befindliche Kryſtalle, der böhmifche Gra⸗ 
diamant u. f.w. Mas ſich im Bereiche der Vulkane vorfindet, wird 
ig entftanden mit den wirktichen Laven erachtet, ohne näher zu beruͤck⸗ 
daß den Ausſtroͤmungen der Vulkane häufig frembartige Theile aus dem 
rErdde und aus ben Wänden der Schluͤnde beigemifcht find. Ein ſtark 
egrab findet bei den Seuerausbrüchen, nach vielen Thatfachen zu ur: 
ht im Innern der Erde, fondern nur gegen die Oberfläche hin flatt, wie 
haͤufig Schlamm, Waffer und ſelbſt Fifche, ohne gefotten oder geräftet 
unverändertem Zuflande von ben Feuerbergen ausgeworfen werden. 8. 
‚durch ungenügende Muthmaßungen zu erklaͤren. Verdichtete Luft foll 
Hhen.f.f., die aus Höhlen, weit entfernt vom Sige des vulkanifchen 
nmmen, emporheben und der thonige Schlamm, fehligend gegen bie 
g der Hige, die Fiſche einhuͤllen (Th. 3, 8.643). — BB. vermirft mit 
rennenden Kohlenflöge und Zorffchichten, von welchen manche Natur⸗ 
Urſache des untericdifchen Feuers der Vulkane eben; da er aber an ein 
chandenes Feuermeer im Herde der Vulkane alaubt, genügen die maͤch⸗ 
er Tiefe waltenden Kräfte mit ihren Verbindungen und Auflöfungen der 
offe nicht. Jene Vorausfegung erfodert etwas ſchon Zufammengefebtes, 
aterirbifchen Slammenmeere zur Nahrung dient, und diefes iſt ihm das 
tunen oder Bergöt (il bitume fluido ovvero petrolio, Thl. 3, $. 599) 
hosphor, indeß er die Elektricität als mahrfcheinlich mitwirkende Urſache 
iſchen Erſcheinungen nennt. Da das fluͤſſige Bergoͤl vieles Waſſerſtoff⸗ 
te, welches ſchon bei der Beruͤhrung mit der athmoſphaͤriſchen Luft ſich 
und durch den Zutritt des Sauerſtoffs, der ſich theils aus der atmoſphaͤ⸗ 
ft, theils durch Zerfegung von fauerftoffhaltigen Maffen im Innern der 
t, große Erplofionen hervorbringen Bann ; fo glaubt B. durch diefe neue 


188 Breislak's Syſtem der Geologie 


des „Mineralog. Taſchenb.“ von v. Leonhard, welches mehre Auszüge aus. 
ſten Schriften enthält. 
Breislak's Syflem der Geologie gehört unter neuen, 
geiftoollen Mobificationen dem der gemäßigten Vulkaniſten an. Nach B. m 
chaotifhe Maffe, aus welcher fich die Erde, vorzüglich durch die Rotation 
gung, geftaltete, durch den Wärmefloff (nicht durch das Feuer in feiner j 
‚GSeftalt) flüffig, und erhärtete, indem ber bisher freie Wärmeftoff in den gel 
nen Zuſtand überging, in welchem er ſich jegt in den Körpern befindet und 
Reibungen oder chemiſche Zerfegungen befreit werden kann. Nach diefer Be 
ſicht führt B. fein Syſtem mit großem Scharffinne, geſtuͤtzt auf zahlreiche] 
achtungen, durch; doch verleitete ihn nicht felten fein Feuereifer, in Ähnliche 
ler zu verfallen als die find, welche er an den Neptuniften rügt. Er 
der Erklärung des Baues des Erdkörpers, wie in diefem mehre mächtige 
kraͤfte ſowol das Entftehen bewirkten, als auch zu feiner fernern Ausbildung 
unterbrochen thätig find. Das Beſtreben, alle hierher gehörige Unterfuchung 
Ein Princip zu leiten, veranlaßt die Aufftellung einer einzigen Urkraft, roch 
dem Entftehen des Erdkoͤrpers vorwaltend thätig war, und eines Urzuftant 
welchem alle fpätere Abänderungen entwidelt werben. Damit bie Erde an 
den Polen ſich abglätten, die Kryſtalle fi bilden und das Verwandte in 
birgefchichten ſich auffinden koͤnne, wird ber Urzuftand des Erdkoͤrpers als ch 
ſige Maſſe angenommen. Nun kannte die ältere Chemie nur zwei Aufloͤſe 
tel, das Feuer und das Waffer, und vernadhläffigte dabei das auf der DI 
der Erde fo thätige Gasfoͤrmige und das noch wirkfamere Unwägbare, def 
terfuchung in das Gebiet der höhern Chemie leitet. Es mußte deßhalb auch | 
fige Erbmaffe entweder durch eine Operation bed Feuers oder durch Aufloͤſu 
nem wäfferigen Stoffe entftanden fein. Im erſten Falle beftand die Exbril 
Schlacken eines großen Feuermeers, im zweiten aber aus mechanifchen, 
chemifchen Nicderfchlägen des großen Urmeers. Zur erften Hypotheſe beken 
gewöhnlich die füblichen Europäer, welche oft auf vulkaniſchem Boden wi 
ober ſolchen in ber Nähe haben; zu ber zweiten die noͤrdlich wohnenden Ref) 
fcher,, welche das große Schaufpiel der Feuerberge nur aus Befchreibungeg 
Beide Theile fuchen inder Beobachtung ber Erdſchichten Alles auf, um ihre WR 
zu unterftügen. B.'s ſcharf beobachtendem Blicke konnte e8 nicht entgehen, J 
Neptuniſten viele Thatſachen der Erdoberflaͤche zur Sprache brachten, diel 
kaniſchen Spfleme nicht zufagten. Auc, läßt er nad) fo fleißigen, eipnek 
achtungen nicht verdennen, wie er ed ahnet, daß die große Natur bei ihren 
niffen andern Gefegen gefolgt fei, als ihr engbegrenzte Syſteme vorfchreibe 
halb dachte er aufeine neue Entzifferung bes großen Problems, welche pi 
Feuer und Waſſer vermittelnd treten follte. Diefem Syſteme nach if 3.% 
meftoff nur infoweit wirkſam, daß die Erbmaffe eine weiche, teigartige Well 
heit annehmen kann, wozu ein geringerer Grab der Hitze, vielleicht noch all 
Siedepunkte, binreichen foll. Dieſer Wärmeftoff prädominirte bei ber 
Geftaltung der Erde und ift noch jegt bei den vulkanifchen Erſcheinungen u 
thätig. — Nah B.'s Syſteme befand ſich diefer Wärmeftoff im Urzuſtan 
Erde mit den Übrigen Elementartheilen gemengt und trat aus einer Verbindi 
die andere, fo lange der chaotifche Zuftand dauerte („Geologie“, nach v. Streu 
Überf., 1. Th., $. 90); endlich verband er ſich dauernder mit den Stoffen u 
Verwandtſchaft aufs innigfte, nahm einen bleibenden Zuſtand an und bi 
fühlte ſich allmaͤlig ab, zuerſt auf der Oberfläche, wo ſich die Elemente d 
birgemaffen nad) chemifchen Verwandtfchaften fammelten. Granit und & 
Gebirgsarten entflanden durch Kruftallifation, der Urkalk durch Verbinden 
Elementarkalks mit der Koblenfäure, welche die Verbindung des Kohle 





















Breislak's Syſtem der Geologie 189 


yauerfloffe erzeugt hatte. Waffer und Luft verbrauchten bei ihrem Ent: 
en Waͤrmeſtoff; jenes, bei der Verbindung des Sauerftoffs mit dem 
fe, erſchien zuerft in Dampfgeftalt und dann bei fortfchreitender Abkuͤh⸗ 
pfbarer Form, wo e8 die Unebenheiten der Erdoberfläche ausfüllte. Vom 
eerwaffer war das Urmeer fehr verfchieben durch den hoͤhern Waͤrmegrad, 
arin aufgelöften Urfloffe und durch die heftigfte Bewegung. Die meiter 
Abkühlung des Innern der Erde bildete die Gebirgsſchichten, wobei in 
‚ beißen, noch meichen Erdmaſſe viele Gasarten eingefchloffen wurden, 
4 Aufblähen Gebirge, Höhlen und Thäler verurſachten. Aus der ur: 
m Schlanmmmaffe ſchieden ſich die durch den Wärmeftoff aufgelöften De: 
m Erden und verbanden ſich mit folchen Beſtandtheilen, zu denen fie die 
swandtfchaft hatten. Die fo gebildeten Erze liegen jegt in fehr verfchie= 
irgsmaſſen, forwie das heftig bewegte Urmeer bie metallifchen Beſtand⸗ 
bier, bal dort angehäuft hatte (Th. 2, $. 435). Über das Entftehen 
mg6= und Floͤtzgebirge hat B. dem neptunifchen Syſteme ſich fehr naͤhern⸗ 
ea, indem er die Wirkſamkeit des Waſſers durch den Wärmeftoff und 
iſche Stoffe, welche zur Entwidelung der Gasarten dienen, zu verſtaͤr⸗ 

Das Unregelmäßige in dem Baue der Flößgebirge erklaͤrt er aus der hefs 
sung des Urmeers (Th. 2, $. 388 und 389). Dagegen entfernt er fich 
sptunifchen Syſteme bei der Erklärung des Entflchens der vulkanifchen 
ten, deren Gebiet er fehr ausdehnt, indeß feine Gegner viele Gebirgsar: 
Gattung, befonders die pſeudovulkaniſchen, für Nieberfchläge aus einer 
tgehalten wiſſen wollen. Nah DB. follen die. neuern Granite, Gneus, 
md Porphnre, weiche über Muſchelkalk gelagert find (in Norwegen), vuls 
Irfprungs fein, wie auch andere Porphyrarten, der Pechſtein, Obfidian, 
‚Bimsflein, der gefchichtete Trapp, fämmtliche Bafalte, die Mandel 
tkeucit, manche in den Laven befindliche Kenftalle, der böhmifche Gra⸗ 
diamant u. ſ. w. Was fich im Bereiche der Vulkane vorfindet, wird 
Kg entftanden mit den wirklichen Laven erachtet, ohne näher zu beruͤck⸗ 
If den Ausſtroͤmungen der Vulkane häufig frembartige Theile aus dem 
rErdde und aus den Wänden ber Schlünde beigemifcht find. Ein ſtark 
Kpegrad findet bei den Keuerausbrüchen, nach vielen Thatfachen zu ur= 
ht im Innern der Erde, fondern nur gegen die Oberfläche hin flatt, wie 
haͤufig Schlamm, Waffer und felbft Fifche, ohne gefotten oder geräftet 
ıunverändertem Zuftande von den $euerbergen ausgeworfen werden. B. 
durch ungenügende Muthmaßungen zu erklären. Verdichtete Luft foll 
chen. ſ. f., die ans Höhlen, weit entfernt vom Sige des vulkanifchen 
smmen, emporheben und ber thonige Schlamm, ſchuͤtzend gegen die 
g der Hitze, die Fiſche einhuͤllen (Th. 3, 5.643). — 3. vermwirft mit 
rennenden Kohlenflöge und Zorffhichten, von welchen manche Natur: 
Urſache des unterirdifchen Feuers ber Vulkane reden; da er aber an ein 
thandenes Feuermeer im Herde der Vulkane alaubt, genügen bie maͤch⸗ 
er Tiefe waltenden Kräfte mit ihren Verbindungen und Auflöfungen der 
offe niht. Jene Vorausfegung erfobert etwas ſchon Zuſammengeſetztes, 
aterirdifchen Flammenmeere zur Nahrung dient, und diefes ift ihm das 
tumen oder Bergöl (il bitume fluido ovvero petrolio, Thl. 3, $. 599) 
hosphor, indeß er die Elektricitaͤt als wahrſcheinlich mitwirkende Urfache 
iſchen Erſcheinungen nennt. Da das fluͤſſige Bergoͤl vieles Waſſerſtoff⸗ 
tz, welches ſchon bei der Beruͤhrung mit der athmoſphaͤriſchen Luft ſich 
und durch den Zutritt des Sauerftoffs, der fich theils aus der atmoſphaͤ⸗ 
ft, theils durch Zerfegung von fauerftoffhaltigen Maffen im Innern der 
rt, große Erplofionen hervorbringen kann ; fo glaubt B. burch diefe neue 


190 Breite 


Anficht das große Naturräthfel der vulkanifchen Erfcheinungen gelöft zu | 
Offenbar aber laͤßt ſich gegen da8 Feuermeer der Phosphore und Bergoͤle Vieh 
dem unmiberlegbar zur Sprache bringen, was er felbfl gegen den vulka 
Brand der Zorffchichten und Steinkohlenfloͤtze ſagt. Wo liegen die maͤt 
Quellen jener, um Jahrtauſende hindurch die Flammen ber Feuerberge zu 
halten? Bedürfen wol die im Innern des Erdplaneten thätigen Kräfte eine 
ducts, wie bee Steinkohlen, des Torfs ober Bergoͤls, um neue Gebilde | 
zubringen? Iſt es nicht weit haltbarer und einfacher, anzunehmen, daß vs 
ſche Exrfcheinungen aus dem Zufammentreffen mehrer unwägbaren Stoffe auf 
Orte und aus der dadurch erhöhten Thätigkeit geroaltiger Kräfte der Natur ı 
ben? — Wenig geneigt, bei feiner Theorie die Entdeckungen der hoͤhern ( 
zu benugen, hängt B. an der Vorftellung von einem Feuer im Innern ber El 
beſchraͤnkt fich auf fchon vorhandene Stoffe und deren Zerſtoͤrung, um bie C 
nungen der Wärme und Hige hervorzubringen. — Die im Erbplaneten th 
Kräfte beduͤrfen wol nicht der Auflöfungen ins Ofenfeuer oder Waffer, um b 
bekannten und unbelannten Mineralien zu erzeugen. Dazu bedienen fie id 
ver Mittel und Wege, bie wir jegt, zum Theil erſt neuerlich, durch bie & 
ſche Säufe kennen gelernt haben und vieleicht noch mehr Eennen lernen u 
So leitet Breislak's Syſtem zu neuen Unterfuchungen und theilt [har 
achtungen, wie einzelne nicht unwichtige Entdedungen im Gebiete der 
mit, welche des Vfs. Berbienft um die Naturwiffenfchaft felbft dann auf das 
lichfte auszeichnen, wenn man fich nicht geneigt findet, feine Theorie der 
der Oberfläche unfers Erdrundes als richtig anzunehmen. — In Stalien fi 
einen, doch nicht mit gleichem Geifte begabten Gegner an dem gleichfalls zw 
land lebenden Profeffor Ermenegitbo Pini, der 1811 f. Widerlegung heran 
d. T.: „Sui sistemi geologici reflessioni analitiche”. 

Breite (geographifche), der Abſtand eines Orts auf der Erde vom 
gemeffen durch den ztwifchen dem Orte und dem Äquator enthaltenen Bogen 
fprechenden Mittagskreiſes. Die geogr. Breite iſt entweder nöcblich ober 
je nachdem ber Ort, vom Äquator der Erde aus gerechnet, nach dem Nocbs 
Südpole hin liegt. Diefe Breite ift das Mag des Winkels, welchen bie 
mittelpunkte führende Scheitellinie des Orts bafelbft mit der Ebene des 
tors macht. Nun trifft. die verlängerte Scheitellinie am Himmel das Zen 
Orts, die verlängerte Ebene des Erdaͤquators aber den Äquator der Hi 
mithin wird die Breite eines jeden Orts auch durch ben Abſtand des Kqu 
Himmel von dem Zenith, oder durch dag Complement der Aquatorhöhe audge 
Da nun das Complement der Äquatorhöhe die Polhoͤhe genannt wird, fe 
Breite eines Orts feiner Polpöhe gleich. Orter im Aquator felbft haben, 
ihre beiden Pole im Horizont liegen, weder Breite noch Polböhe. Auch ka 
Breite eines Orts nie über 90 Grad betragen, weil die Polhoͤhe nie über MO 
fleigen,, d. h. weil der Pol hoͤchſtens im Zenith felbft liegen kann. Die Breit 
nen, nebft den Längen (f. d.), die Lage der Örter auf der Erde gegen einas 
beſtimmen. Aufbdiefer Beflimmung beruht die Geographie und die richtige 
nung ber Landcharten. — In der Aftronomie verfteht man unter der Bri 
Geſtirne den Abftand eines Geſtirns won der Ekliptik, welcher durch ben zu 
. der Ekliptik und dem Geſtirne enthaltenen Bogen eines auf der Ekliptik fei 
ſtehenden größten Kreiſes (Breitenkreifes) gemeffen wird. Man unterfcheibı 
bier nördliche und füdliche Breite. Ein Geftirn in der Ekliptik hat gar keine 
mithin hat die Sonne nie eine Breite, die Planeten aber eine fehr geringe. 
die Breite eines Geſtirns kann nicht über 90 Brad betragen. Sie wird durch 
achtung der graben Auffteigung und der Abweichung gefunden. Die Breite b 
ſtiene finbet man in den Fixſternverzeichniſſen (ſ. Fir ſterne); ein au 


Breitinger Breitkopf 191 
aph. Breiten liefert die „Berliner Sammlung aftron. Tafeln”, &. 1, 


inger VJohann Jakob), Kanonicus und Profeſſor der griech. und sr. 
dreich, aus einem alten zürcher Geſchlecht, geb. 1701, ftarb daſelbſt 
wen er ben alten Claſſikern ein unausgefeute® Studium gewidmet 
te er ſich zur Philoſophie, Literatur und Geſchichte. Aus feiner Vers 
Bodmer (f. d.) gingen bie befannten Steeitfchriften gegen die leipzi⸗ 
d. h. gegen Gottſched, Schwabe, Triller, Schoͤnaich u. ſ. w., her 
itig trug dieſe Verbindung mit Bodmer, dem er an Genie, wienci 
—— , nachſtand, zu dem Rufe bei, den auch er in jenem Zeit⸗ 
war er weniger eitel und ruhmſuͤchtig als jener, und 
* die Sache ſelbſt, als fuͤr den Zweck, Aufſehen zu erregen. So 
zreitinger ohne Neid und Eiferſucht, daß ihm Bodmer faſt immer vor⸗ 
x. 1730 gab er feine „Bibel der Siebenzig“ in 4 Quartbon., nach 
om, heraus, welche er durch eine vaticanifche und andre Handſchrif⸗ 
ı. Im folg. I. ward er Profeffor an dem Gymnaſium zu Züri, wo 
unten über die Verbeſſerung des Schulunterrichts in einer Differt.: 
iaimium est in studio ico”, darlegte, und von den erſten 
erfonen ber Stadt unterflüßt, die beabfichtigte änderung in dem Gym: 
se. Allenthalben, wo er Keime von Genie und Zalent fand, uns 
Ibefeuerte er ſie. Ebenfo thätig verwandte er ſich für bie theologifchen 
a Zuͤrichs, und wurde Gründer der afcetifchen Geſellſchaft, weiche noch 
ie vorgüglichfiem Schriften Breitinger’s find: Kritifche Dichtkunft”, 
ke Schriften über ſchweizeriſche Alterthümer; und „Orationes so- 
wie 1776 nach bes Vfs. Tode herausfamen. Auch hatte er weſent⸗ 
Kan ber Deraußg. des „Thesaur. heivet”. 
Hopf (Johann Sottiob Immanuel), geb. 1719 in Leipzig, wo [. Va⸗ 
& Shriftoph) In demfelben Jahre mit einem ſehr geringen Anfang eine 
wi, Buchdruckerei und Buchhandlung angelegt hatte. Ungern gab dies 
mg des Sohnes nad), welcher fi) ben Wiffenfchaften widmen wollte. 
Jahren f. akademiſchen Studien, in welchen er die Geſchaͤfte feines 
etzeiben heifen mußte, entichloß er ſich auch noch Mathematik zu flus 
kabel zu ahnen, zu welchen Erfindungen in ſ. Kunft ihn ber praktiſche 
Biftenfchaft führen würde. Es fielen ihm die Werke Albrecht Dürer’s 
', der bekanntlich die Figuren der Buchſtaben mathematifch beredynet 
en eine ſchoͤne Korm zu geben. Hierauf fußend, machte er die Fort: 
das Studium der Buchbruderkunft, deren gelehrtefter Kenner er wur⸗ 
uptgefchäft feines Lebens. Er fing eine allgemeine Änderung mit den 
‚ und warb dadurch ber Wieberherfteller des guten Geſchmacks in tys 
Schoͤnheit für Deutfchland. Als der Vorfchlag wiederholt wurde, die 
cift, die man für geſchmacklos anfah, abzufchaffen und dafür die latei⸗ 
ihren, erklaͤrte er ſich mit Lebhaftigkeit dagegen, und legte auf das 
D am die Verſchoͤnerung ber deutfchen Schrift, der er die gothifchen 
uf zu benehmen fuchte. Diefe Arbeiten befchäftigten ihn bis an f. Tod, 
bie Trgebnifle ganz befriedigen Eonnten. Daß er neben f. Bemühun- 
ft auch noch 1755 die Kunft, Noten mit beiveglichen 
ıden, auf die Stufe der Vollkommenheit brachte, auf welcher fie jet 
auns. Bon weniger praftifchem Nugen find f. Erfindungen, Landkar⸗ 
dniffe und endlich chineſiſche Charaktere, mit beweglichen Typen zus 
ten. Ob ihm gleich wegen der legten Erfindung ber Papft Stud wuͤn⸗ 
* parifer Akademie ihm ihren Beifall bezeigte, fo find die von ihm 
den Charaktere doch fo mißgeſtaltet, daß Bein Chineſe fie wie⸗ 


193 Bremen 


dererfennen würde, weßhalb auch nie bavon Gebrauch gemacht worden. 
her aufgezählten Verbefferungen und Erfindungen beziehen ſich auf die Xy 
ſuchte aber audy die Metallmaffe zu den Typen zu verbeffern und ihr dies 
Härte zu geben. Außerdem erfand er nicht lange vor feinem Ende noch ı 
Methode, feinen Schmelzern und Gießern ihre Arbeit zu erleichtern. Au 
Preſſen hat fein nachdenkender Fleiß manches verbeffert. Mit befonberm ! 
dirte Breitkopf die Gefchichte der Buchdruckerkunſt. Schon 1779 gab er 
heraus: „Uber die Sefchichte der Erfindung ber Buchbruderunft”‘, und h 
Vorläufige Unpelge ber Geſchichte der Buchdruderkunft, deren Ausarbel 
unabiäffig befchäftigte, ohne daß er jedoch damit zu Stande kam. 1784 
der erfte Theil eines, Verſuchs, den Urfprung der Spielkarten, die Einfhf 
Leinenpapiers und ben Anfang ber Holzſchneidekunſt in Europa‘ zu erforſch 
fer Theil, der nur die beiden erften Gegenftände abhandelt , iſt mit gro 
ftändigkeit und Benauigkeit abgefaßt; das ganze Merk iſt unvollendet ı 
und der, 1801 von J. C. F. Roch, aus den hinterlaffenen reichhaltig 
gänzlich ungeordneten Papieren des Verfs. mit großer Mühe gefammelte 
deffelben ift eine fragmentarifhe Materialienlefe. Noch fing B. in den I 
gen feines Lebens eine Buchdruckergeſchichte an, aber feine ſinkende Gef 
ihn damit nur bis auf das fiebente Capiel kommen. Er ſtarb 1794, um 
ließ eine der größten Buchdruckereien und Schriftgießereien, Breitkopf um 
. Außerdem folgte ihm der Ruf eines deutfchen Biedermanns im ganzem! 
des Worte. 

Bremen ander Wefer, in dem ehemal. 788 durch Karl den Gi 
gründeten Erzbisthume, nachherigen (feit 1648) Herzogthume Bremen 
feit dem Entftehen der Henſa eins der ausgezeichnetfien Mitglieder biefed 
gen Städtebundes. Schon im 13. Jahrh. hatten die Einwohner Stel 
mit ihren geiftlichen Oberherren, als aber die Kirchenreformation eintead 
Stadt die Iutherifche Lehre annahm, ward der Erzbiſchof verjagt, und ve 
zwar durch feine Klagen bei Kaifer Kari V., daß nach der Schlacht bei 
Bremen (1547) belagert wurde; doch entfegte Graf Mannsfeld mie 4 
Hamburger die Stadt. Die Einführung der reformirten Lehre durch Albre 
denberg ward fchon 1562 eine neue Quelle großer Unruhen in Bremen. 4 
des Magiſtrats entwich, und die reformirte Lehre behauptete feit jene 
Oberhand. 1640 wurde. die Stadt, unter dem Widerfpruche des Damallg 
Ersbifchofs, zum Reichstage berufen, und erhielt Gig und Stimme 
ftädtifchen Collegium; da jedoch die Krone Schweden, durch den 
Frieden Befigerin des fAcularifirten, und in ein Herzogthum umgewanbd 
ſtiftes, die frühern Anfprüche des Biſchofs auf die Stadt nicht wollte faher 
fo brachen die deßhalb obwaltenden Streitigkeiten zu verfchtedenen Malen 
Feindfeligkeiten aus, welche der Stabt 1654 und 1666 Angriffe und Wi 
gen von Seiten der Schweden zuzogen, und obgleich beide Male die Sa 
Vermittelung beigelegt warb, fo blieb doch die Meichefreiheit der Stadt ı 
macht. Erſt als Kurbraunſchweig zum Befis des Herzogthums Bremen | 
ſtand es 1731 der Stadt die Reichefreiheit zu; auch wurden durch Abteı 
Ämter Blumenthal und Neulirchen von der Stadt an Hanover bie Irrm 
gen der ſchuldigen Sontribution aus den vier bremer Gohen ausgeglichen. 5 
huf des Iutherifchen Gottesdienſtes war feit 1639 der Dom eingeräumt ı 
bis zum Frieden von Amiens von Hanover ab. Durch jenen Frieden kam 
des Magiſtrats Botmäßigkeit. Bremen wird durch die Wefer in die Alt: u 
ſtadt getheilt; die Feſtungswerke find gefchleift und Bremen ift dadurch 
und fchöner geworden. Auf dem Grund der Feſtungswerke wurde 1802 

liſcher Barten angelegt, der im Halbeirkel von einem MWeferufer zum a: 


Bremen 193 


t, allenthalben fließendes Waſſer und breite reinliche Gaͤnge hat, die 
e und Schatten die Wahl frei laffen. Er hat vor jedem Thore einen 
t Tannen bepflanzten Plas zum Spazierengehen der Greife und 
itze fuͤr Kinder jeden Alters. Dann hat er eine in andern Parks oft, 
Schönheit, daß jede Baum-, Stauden = oder Pflanzengattung ge: 
Plaͤtzen ſich findet, wo die Lage, die Höhe, die Niederung und der 
usfchliegung deſſelben, botanifc, der Pflanzung am angemeffenften 
ir große Mehrheit feltener fchöner Pflanzen und Wechfel bluͤhender 
er Sommerzeit an angemeffenen Stellen grforgt. Die Nachtigall, 
utze der Polizei, hat ſich hier eingemohnt. An biefen Park ftoßen 
äufer, faft alle neu erbaut, mit einer weiten Fernſicht auf den Fluß, 
Wiefen und den Bartengrund umher. Hauptgebäude find, außer 
das 1405 erbaute Rathhaus mit f. Rheinweinkeller darunter, das 
zdthaufe eingerichtete vormalige palatium des Erzbiſchofs, die Boͤr⸗ 
ing, das 1801 errichtete Mufeum mit f. Bibliothek, Naturalien- 
mer, das Schaufpielhaus, das Krankenhaus, die Stadtbibliothee, 
und das reformirte Waifenhaus. Zu den hiefigen Polizeieinrichtun⸗ 
15 die Waſſerkunſt auf der Infel zwifchen der Alt- und Neuſtadt, 
ide und daneben eine Faͤhranſtalt verbinden, täglich der Altſtadt 9792 
, weiches Waſſer liefert, und die Wegfchaffung der verunzierenden 
&den in ber Altſtadt häufig engen Gaſſen. Im Bleikeller des (um 
sbifch. Adalbert erbauten) Doms unter dem Chor halten ſich, der 
ft halber, die dahin gebrachten Leichen unverweſet. Die Bevoͤlke⸗ 
ın auf 38,000 Seelen in 5350 Häufern. Die Altſtadt, meit grö- 
Made, iſt in vier Kirchfpiele oder Quartiere getheilt. In der Neu: 
hauptpfarrlicche, und in den Vorftädten find zwei Toͤchterkirchen. 
en Gymnaſium, und für den wiffenfchaftlichen Unterricht dag Pä- 
er Magiſtrat, welcher ganz reformirter Religion iſt, befteht aus 
fern und 24 Rathöherren, und wirb aus Gelchrten und Kaufleus 
wfest. Mur bei allgemein wichtigen Dingen, 3.8. bei neuem Auf: 
e Wittheit (Wiffenfchaft) [der Bürgerconvent hat die gefeggeb. Ge⸗ 
aberufen, welche aus Älterleuten und fänmtlichen Schoß entrichten: 
rfteht. Der Magiftrat behauptet die Unter und Obergerichte, doch 
Frieden von Amiens Hanover wegen bes Herzogth. Bremen einen 
m gewiffe Vorrechte hatte. Das ftäbtifche Gebiet, 34 11M., mit 
ucher. Einwohnern in 1 $1. und 35 Dörf., befteht aus vier Gohen 
h gehört der Stabt der Hafen Vegefad am Weferftrom. Von 1810 
semen der Hauptort des franz. Departements der Weſermuͤndun⸗ 
ner Songreß hat Bremen als freie Stadt in den deutfchen Bund auf: 
e bat in der Bundesverfammlung eine Stimme im Plenum und mit 
n freien Städten eine Gefammtftimme. Sie ftellt ein Contingent von 
400,000 Gld. Einf. (Schulden 44 Mill. Gld.). Die Stadt hat 
e andern freien Städte in der franz. Periode gelitten und fie konnte 
e 1813 ihre Handelsverbindungen mit England wieber eroͤffnen, er: 
820 die völlige Abfchaffung des elöflether Zolls; allein die Verſan⸗ 
Vegeſack und Bremen hat nicht aufgehört und erlaubt den tief be: 
iffen nur bis Brade oder Eisfleth und hoͤchſtens bis Vegeſack hinauf: 
ie Umladung auf Lichterfchiffe vermehrt bie Verladungskoſten und 
Mlahl und Waarenbefhädigung. Oft ift fchen die Rede davon ge: 
er Mündung ber Leefte einen Canal für Seeſchiffe nach Bremen durch 
Biefengrund zu ziehen und biefed große Handelshinderniß zu heben. 
uch koſtbarer, würde ein neues (chiffbares Wafferbette fen, welches 
Birbente Zafı B6. 0. 5 13 


194 °. . Brennbare Luft Brennglas 


die Marſch des Stebingerlandes durchſchnitte, das zum Herzogth 
gehört, und nebenher dieſer Marfch eine beffere Abwaͤſſerung ver 
Durch ſtarke Eisgänge, bie viel Erde mit fich führen, fcheint die S 
Kluffes durch eine Bank von einem Ufer zum andern fogar zuzunehn 
turhinderniß des Weſerhandels ift Die Urſache geweſen, daß Hambı 
Nachtheil an feiner Handlung den nicht bloß tranfiticenden frembe: 
Ablauf von 6 Monaten einen Zoll von 14 Procent auflegen konnte, 
duͤrfniß der Zeiten 1815 fein älteres Finanzſyſtem beim ſchweren D 
fender Ausgaben umändern mußte. Die Aſſecuranzgeſellſchaften 
in Bremen 1818. Der Herings⸗ und Wanfifchfang der Stadt ifl 
der Handel, befonder& mit deutfcher Leinewand nach St.Thomas 
rika, im Zunehmen. Olbers und Heeren wurden bier geboren. 

Brennbare Luft, f. Gasarten. 

Brenner in Tirol. Die Altern Schriftfteller begriffen unt 
naeus alle Paͤſſe über die tirolifchen und hohen rhätifchen Alpen, fc 
timer und den Bernardino. Der eigentliche Brenner (auch mons | 
zwiſchen Innsbruck und Sterzing, zwiſchen den SI. Inn, Aicha u 
Zoifen über der Meeresfläche, ift 6063 Fuß hoch und über ihn führ 
hohe und 4 Stunden lange Straße, welche Deutfchland mit St 
An feinem Fuße ift der Pag Lueg oder Lug, mo die Meitens : 
von Marimin und Marentius ftehen , deren erflerer vom 3. 236, d 
über die Allemannen, das genaue Maß 130 römifcher Meilen nad 
zeigte. Der Brenner war die Hauptftellung flr die Vertheidigung : 
legten Aufſtande von Tirol 1809, auf welchem fie ſich, befonders i 
gegen bie anruͤckenden Baiern und Sranzofen tapfer vertheidigten 
Nov. die Verbindung mit Stalien hemmten. (Bol. Alpenitra' 

Brennglas, ein Linſenglas, welches bie barauf fallenden t 
in einem fo engen Raume vereinigt, daß fie einen verbrennlichen K 
chen fie fallen, wie Seuer entzünden. Gemeiniglich bedient man 
gläfern ſolcher Zinfen, die auf beiden Seiten erhaben find, meil bi 
kuͤrzern Brennweite die Strahlen am ftärkften auf einen Punkt wer 
ungen eines Brennglafes find um fo flärker, je größer feine Ol 
Keiner fein Brennraum iſt. Soll ein ſolches Glas feine gehörige 
fo mäffen die Sonnenſtrahlen ſenkrecht darauf fallen, welches ber 
das im Brennen entftehende Sonnenbild voͤlllg kreisrund erfcheir 
zwifchen das Brennglas und feinen Brennraum nody ein zweites 
einer Bürzern Brennweite mit dem erften in gleicher Richtung, fi 
Sonnenftrahlen nod) weit mehr zufammen und vereinigt fie in ein 
Raum, wodurch die Wirkung ungemein verftärkt wird. Diefe zw 
das Collectivglae. Schon Griechen und Roͤmer fcheinen die Brı 
boch denſelben ähnliche helldurchſichtige Steine ‘gekannt zu haben. 
13. Jahrh. wurden fie befannter, aber erft am Ende des 17. ließ vo: 
die größten, aus einem Stuͤcke beſtehenden Brenngiäfer, welche n 
unglaublicher Mühe fchleifen. Zwei davon, bie ſich noch in Paris b 
33 Zoll im Durchmeſſer, und das Gewicht des einen beträgt 160 P 
fer wirken dem heftigften Feuer gleich. Sie entzünden felbft naf 
Holz im Augenblid‘, und bringen kaltes Waffer in Meinen Gefäß: 
Sieden ; Metalle ſchmelzen und verglafen fie auf einer Porzellanplaı 
Schiefer und ähnliche Dinge glühen augenblicklich und verglafen. 
Tſchirnhauſen'ſchen Glaͤſer nicht völlig rein find, wodurch die Wirk: 
vermindert wird, fo unternahmen e8 1774 Briſſon und Lavoifier, ; 
Uhrglaͤſern ähnliche Linfengidfer zu einer Linfe zufammenzufegen. 


Brennfilber Brennfpiegel 195 


nit einer ducchfichtigen Stüffigkeit anfülften. Hier Laffen fich, bei ungleich 
Roften, viel leichter Blafen und Adern vermeiden. Sie brachten auf 
ein Brennglas von 4 Fuß Durchmeffer zu Stande, deffen gröfite Dicke 
te 8 Zoll betrug, und welches ſchon für fich viel ſtaͤrker wirkte, als das 
ſen ſche Glas, mit einem Collectivglafe verbunden aber die außerordents 
rungen hervorbrachte. — Für bie Chemie und Phyfik find die Verfuche 
Brenngläfern von Wichtigkeit. Übrigens vermag das Brennglas, bei 
erfläche und gleicher Krümmung, dennoch beinah viermal weniger als der 
iegel (f. d.), welcher mehr Licht zuruͤckwirft, als das Glas durchlaͤßt, 
: Brennweite hat, und von der Farbenzerſtreuung frei iſt. Dagegen ift 
iglas, der Lage feined Brennpunkte megen, der fich hinter dem Glafe 
xit bequemer. Der Brennpunkt (focus) ift nicht fowol ein Punkt, als 
‚ein Bild der Sonne, deſſen Durchmeffer den 108. Theil der Brenn: 
und befjen Mittelpunkt der eigentliche Brennpuntt iſt. In ber höhern 
te werben auch den Kegelfchnitten Brennpunkte beigelegt, weil z. B. 
A Linien ober Lichtftrahlen, welche parallel mit der Are auf fie fallen, 
idwerfung genau in Einem Punkte derfelben vereinigt. Mehte Ereigs 
t legtern Zeit haben auf die Erfahrung geführt, daß convere, alfo die 
Brenngläfeer nachahmende Fenſterſcheiben, Wafferflafchen u. d. m. 
afte veranlaffen können, wenn fie die Sonnenſtrahlen auf entzüntliche 
tennweite befindlihe Subftanzen concentriren. Wegen der Schwierigs 
icfens und Schleifens großer Linfen hat man kuͤrzlich Buffon’s Gedan⸗ 
unweis anzufertigen und hernad) zuſammenzuſetzen, realifirt. Von ders 
menlinfen bat Becquep, nad) Fresnel's Vorfchlage, eine finnreiche Ans 
indie Lichtverſtaͤrkung der Leuchtthuͤrme gemacht. (S. Pharus.) Me: 
rat. vol. d. A. Brennfpiegel. 

tnnfilber, in Scheideraffer aufgelöftes und mit Salmiak verntifchtes 
wches der Gürtler zum Verſilbern gebraucht. 

tmnfpiegel, Spiegel, deren glatt polirte Oberfläche die auf fie fals 
nmftrablen in einer ſolchen Richtung zuruͤckwirft, daß fie fich in einer 
sven den Spiegel in einem engern Raum vereinigen, und auf Dinge, 
ı diefen Brennraum bringt, wie das heftigſte Feuer wirkten. Hohlſpiegel 
tie mit ihrer Are parallel einfallenden Strahlen in enge Räume. Sphaͤ⸗ 
iyiegel find die gemöhnlichften ; man bedient ſich aber auch ber parabolis 
dſelbſt Planfpiegel kann man wie Hohlfpiegel brauchen, wenn mehre 
wf eine gefchickte Weiſe vereinigt werden. Soll ein Brennfpiegel die 
Lirkung thun, fo muß feine Are 'genau gegen den Mittelpunkt der Son: 
gerichtet werben. Dies iſt der Fall, wenn das im Brennraume mit einer 
des Spiegels lothrechten Ebene aufgefangene Licht eine völlig kreis⸗ 
eibe bildet. Alsdann jteht der Brennraum in gerader Linie zwiſchen der 
ddem Spiegel. Schon die Alten find damit bekannt gewefen, wie man 
n ihrer hinterlaffenen Schriften fieht. Daß Archimedes mit Brennfpie- 
stte des Marcellus bei der Belagerung von Syracus in Brand geftedt 
ach der Natur der Sache unmöglich ; eher koͤnnte man glauben, baf e6 
Verbindung von Planfpiegeln gefchehen ſei, wenn nicht die ganze Erzaͤh⸗ 
aus biftorifchen Gründen zu verwerfen wäre. Daß ſich mit letztern große 
a in beträchtlichen Entfernungen bervorbringen laſſen, haben Verſuche 
Kicher ſtellte fünf Planfpiegel von gleicher Größe auf ein Geruͤſt in folche 
Pie die Strahlen auf eine hundert Fuß entfernte Stelle warfen, und er: 
burd) zıne große Hitze. Buffon brachte 1747 eine Verbindung von 168 
gein zu Stande, deren jeder 6 Zoll hoch und 8 Zoll breit war. Mit +0 
diegel zimdete er in einer Entfernung von 66 Zuß ein betheerted Buchen: 

13 * 


196 Brennſtoff Brennus 


bret, und mit 128 Spiegeln in einer Entfernung von 150 Fuß ein betheertet 
von Tamnenholz faft augenblidlidy an. In einer Entfernung von 20 Zuß b 
er mit 45 Spiegeln eime große zinnerne Flaſche, mit 117 Spiegeln Heine € 
Gerd zum Schmelzen. Nachher verbrannte er mit feiner Mafchine Holz in 
Weite von 200, ſchmolz Zinn in einer Entfernung von 150, Blei in eine 
fernung von 130 und Silber in einer Entfernung von 60 Zug. Im u 
Jahrh. wurden unter anbern in Italien mehre große Brennfpiegel verfertige 
von noch zwei zu Paris und Kaffel übrig find. Auch von Zfchirnhaufen b 
1687 einen zu Stande, ber 3 leipziger Ellen im Durchmeffer und 2 Ellen X 
weite hat, und aus einer binnen, fehr gut polirten Rupferplatte befteht. Er 
det fich gegenwärtig auf dem mathematiſchen Saale zu Dresden. Diefer € 
fegt Holz in Flammen, kocht und verduͤnſtet Wafler, ſchmelzt 3 Zoll dickel 
und Blei, verglafet Ziegel, Knochen u. dgl. Außer Metall kann man auch 
Pappe, Glas und andre Materien zu den Brennfpiegein nchmen. Nur me 
Oberfläche polirt fein. Im neuerer Zeit hat man die Brennfpiegel als Revı 
ren (f. d.) benugt, um Licht in große Entfernungen zu werfen, weßhalb fie ſi 
mal für Leuchtthuͤrme eignen. Steht naͤmlich im Brennpunfte eines parabel 
Spiegels etwa eine Lampe, fo werden die von daher auf den Spiegel fall 
Lichtftrahlen fämmtlich der Are parallel zurüichgefendet, aus welchem Grund 
3. B. die Lenoir ſchen Reverberen auf 80,000 Fuß weit noch einem Stern 
Größe gleich fehen Eonnte. — Über Brennglaͤſer und Brennfpieget ſ. m. Prie 
„Geſch. u. gegenw. Zuft. d. Optik.; a. d. Engl. durch Kluͤgel“, Epz. 1776,4 
171; u.d.5.B.dern. A. von Gehler’s „Phyſikal. Lexik.“, Keipz. 1825. 

Brennftoff, Phlogifton, nannte man in der aͤltern oder Stahl'ſche 
turlehre und Scheidekunſt einen gewiflen feinen brennbaren Stoff, welchen 4 
allen Körpern annahm, und durch deſſen Dafein man das Verbrennen bei 
erklärte. Von den neuern Naturlehrern ift fein Dafein vollkommen widerleg 
ben. Daher heißen diefe Antiphlogiftifer, jene hingegen Phlogiſtiker. (&,1 
mie und Stahl.) 

Brennus, der Name mehrer gallifcher Feldherren; er bezeichnete iheel 
de. Nicht unmahrfcheinlich ift feine Ableitung von dem celtifcyen Worte il 
Oberhaupt. Ein Anführer der Sennonen, einer galliſchen Voͤlkerſchaft md 
italien, der unter diefer Benennung aufgeführt wird, fiel um 390 v. Chr. 
sömifche Gebiet ein. Ein Hetrurier, Arung, der bei einem Streite 
Mündel in Rom kein Mecht gefunden hatte, wandte fi) an die Sen 
durch fie Rache zu nehmen. Gereizt durch die Beſchreibung von dem 
Hetruriens, machten jene ſich auf und eroberten Alles von Ravenna bis 
Darauf belagerten fie Cluſium, deffen Einwohner Rom um Huͤlfe baten 
Roͤmer ließen auch durch drei Brüder aus der Samilie der Fabier dem Wei 
Vorftellungen thun. Brennus erwiderte, daß er fein Recht auf fein S— 
gründe. Diefer Übermuth entrüftete die Fabier. Sie begaben fich in die t 
unter dem Schein einzuleitender Unterhandlungen, ermunterten die Eintwohs 
Muth und Ausdauer und verfprachen ihnen Hülfe. Ja, fie ſtellten fich bei 
Ausfalle felbft an die Spige der Cluſier. Brennus beſchloß, diefe Treufofigk 
rächen, und zeg, bie Belagerung von Clufium aufhebend, gegen Rom, na 
er zuvor die Auslieferung der Fabier vergeblich gefodert hatte. Dieſe wurder 
mehr zu Kricgstribunen ernannt, und tüdten mit 40,000 Mann dem Fein 
gegen. Am Fluſſe Allia, unmeit Rom, kam e6 zur Schladyt; die Nömer a 
eine völlige Niederlage, und Brennus beſetzte die von Einwohnern ver 
Stadt. Rur das Capitol war mit einer Befagung verfehen worden, und 
vierzig Sreife, Priefter, Conſularen und Zeldherren hatten fich entfchloffe 
der Stadt zu bleiben, und durch ihren Tod den unterirdifchen Göttern ein 


— 


Brentano | 197 


In ihren priefterlichen, confularifchen und Triumphgewaͤndern festen 
ich geſchmuͤckte Opfer auf ihre obrigkeitlichen Stühle mitten auf den 
erwarteten den Tod. Als Brennus auf den Markt kam, febte ihn 
ebietende Anblick jener Männer in Erſtaunen. Man hielt fie für 
er Gottheiten, und fcheute fi, ihnen nahe zu kommen. Endlich er: 
n Gallier, ging aufden M. Papirius zu, und faßte ihn bei dem Bart. 
nen elfenbeinernen Stab gegen den Übermüthigen und gab ihm einen 
rüber geriethen die Gallier in Wuth, und opferten jene Greiſe Ihrer 
ı warb geplündert, und was von Einwohnern ſich noch in den Haͤu⸗ 
dergehauen. Brennus beftürmte hierauf das Capitol, und da er mit 
kgeſchlagen wurde, fledite er die Stadt in Brand und machte Alles dem 
ih. Das Capitol aber war fo feft, daß er beſchloß es auszuhungern. 
berten Streifparteien das platte Land, und trieben Brandfchagungen 
Hbarten Städten ein. Eine foldye Partei erfchien vor Arber, dem 
orte des tapfern Camillus. Diefer edle Patriot beredete den Rath 
ie Stadt zu vertheidigen, machte einen nächtlichen Überfall, und rich: 
liches Blutbad unter den Belagerern an. Durch diefen Sieg warb 
: aus der Stadt entflohenen Römer neu belebt; fie fammelten fich, 
ın ſtark, erwählten Camillus zu ihrem Feldherrn, und ber Senat, in 
benachrichtigt, ernannte ihn zum Dictator. Indeß war die Befagung 
ı harter Bedraͤngniß. Brennus verfuchte einft in der Nacht einen 
jelungen fein würde, wenn nicht die der Juno geheiligten Gänfe durch 
ie Römer geweckt hätten. Der ehemalige Conſul Manlius machte 
nter der Befagung, worauf die Gallier zuruͤckgetrieben wurden. Da 
tol weder von der Annäherung des Camillus, noch von dem Mangel 
bas mußte, denen jener die Zufuhr abgefchnitten hatte, war man zu 
he geneigt. Brennus verſprach für ein Köfegeld von 1000 Pfund 
zelagerung aufzuheben und das roͤmiſche Gebiet zu verlaffen. Das 
gewogen, aber die Gallier bedienten ſich dazu unrichtigen Gewichts, 
yie Römer beklagten, warf Brennus mit den Worten: „Wehe den 
ein Schwert nody zu dem Gewicht in die Schale. Schon wuren bie 
8, diefe Ungerechtigkeit zu dulden, als Samillus zu rechter Zeit mit 
herbeteilte und den Vergleich für nichtig erflärte. Es kam zum 
. einem Heinen Verluſt zogen ſich die Gallier zuruͤck und räumten in 
Lager. Camillus folgte ihnen am andern Tage und ſchlug fie. Was 
em entlam, wurde von den Einwohnern des Landes niedergehauen, 
reichte fein Vaterland wieder. — Ein andrer Brennus fiel ald An: 
altier, ungefähr 100 Jahre fpäter, mit einem ungeheuern Heere 
Fuß und 30 — 40,000 zu Pferde) in Macebonien ein, fhlug den 
durchzog Theffalien und Griechenland und ging nach Delphi, wo er 
empel plünberte oder pluͤndern wollte: denn nach ber Erzählung Meh⸗ 
ein fürdyterlicher Sturm; Gewitter und Erbbeben gefellten fid) dazu, 
r zu rächen; ein griechiſches Heer rückte heran, und bie Niederlage der 
allgemein; Brennus tödtete ſich felbft. 
tano (Clemens), geb. zu Frankfurt a. M. 1777, ftubirte zu Jena, 
Schriften das Bewußtſein bichterifcher Anlagen in ihm geweckt zu haben 
päter hielt er fich abwechfelnd zu Jena, Frankfurt a. M., Heidelberg, 
erlin auf. 1805 verheicathete er ſich mit der von ihrem erften Gatten 
Dichterin, Sophie Mereau, die ihm im nächftfolgenden Fahre durch 
riffen wurbe. Unzufriedenheit mit fi) und den Menfchen, wie es 
wchte ihn 1818 der Welt zu entfagen und ein Klofter im Münfterfchen 
ufenthalte zu wählen, von wo er fich nach einigen Streifzuͤgen nach 


'198 Brefche Bresckt 


Mom begeben hat, und dort, wie es beißt, ald Secretair bei der Propagant 
geſtellt, ein eifriger Bekehrer geworden ift. — Nachdem B. bereits 1800 
dem Namen Maria mit einem Bänddyen poetifcher Spiele aufgetreten war 
er im nächften Jahre einen Roman: „Godwi oder das fleinerne Bild der Mu 
in 2 Thln., folgen. So groß von der einen Seite bie Erwartungen waren, bie 
Roman, in welchem der Einfluß einer juͤngſt entftandenen Kunftfchule nic 
verkennen ift, den der Dichter felbft aber einen verwilderten nannte, durch bat 
ihn ausgegoffene poetifche Leben und durch vieles Einzelne in Inhalt und ; 
Gelungene flr die Zukunft erregte, fo war dennoch nicht zu leugnen, daß I 
ein Geift walte, der mit ſich nod) zu uneind war, um die ſtreitenden Elements 
reichen, aber noch unentwidelten innern Welt mit einander in Einklang zu bei 
Doch finden ſich darin einige ſchoͤne ſinnige Lieder. — Was auf Godwi folg 
darunter mehre dramatifche Arbeiten, wie: „Die luftigen Muſikanten“, ein ( 
fptel (1801) ; „Ponce de Leon”, ein Luftfpiel (1804); „Die Gründung Pr 
„Victoria und ihre Gefchwifter mit fliegenden Fahnen und brennender Zunte 
klingendes Spiel (1817) — erfüllte jene frühern Erwartungen nur zumj 
dagegen gelang es dem Verf., in einzelnen, hier und da zerftreuten Novel 
ſchmale Linie einfacher Schönheit feftzuhalten. Die dankbarfte Anerken 
verbient die Liebe, mit der er, zum Theil in Verbindung mit gleichgeflimmten 
den, manches ſchoͤne Erzeugniß einer früheren Zeit vom Untergange rettete = 
allgemeinerer Runde brachte. Dahin gehören die feit 1806 mit ſ. Freunde -d 
von Arnim u. d. X. „Des Knaben Wunberhorn” (3 Thle.) herausgeg. den 
Volkslieder und die Ermeuerung einer ſchoͤnen, alten Gefchichte, die, u. d. T 
Goldfaden“, von Georg Wickram aus Kolmar verfaßt, ein paar Jahrhundert 
borgen gelegen, bis fid Brentano durch Herausgabe derfeiben (1809) 
‘verdiente, den ſchon Leffing zu erwerben gefonnen war. 

Brefche, die Öffnung oder der Weg, den der Belagerer durch fein 
in ben Feſtungswall macht, um in die Feſtung eindringen zu Eönnen. 
fie Daher dahin legen, wo bie wenigfte Vertheidigung iſt, d. i. in die G 
ober Façen der Bollwerke. Gewöhnlidy wird, um den Widerftand der Belag 
zu theilen, in die an der Fronte liegenden Gefichtslinien der beiden angegrifl 
Bollwerke und in die Ravelinfage Breſche gelegt. Dies gefchieht mit ſchu 
Geſchuͤtz, und nur da, wo die Kanonen nicht hinreichen, mittelft der Mia 
BrefhesBatterie,f. Batterie. — Practicabel, gangbar, heißt die 
wenn fie fo groß tft, daß fie bei einem Sturme einen glüdlichen Erfolg ho 
Dies ift nad) der allgemeinen Annahme der Fall, wenn fie für 14 Mann 
nie ganzbar ift. Doch kann fie auch oft bei weit geringerer, ja bei der H 
Breite vortheilhaft benußt werben. . " 

Brescia, Hauptſt. einer Delegation (Kreifes von 314,000 Einm 
564 IM.) in der Statthalterfhaft Mailand, am Kuße eines Gebirge zu 
dem Garda » und Iſeoſee an den Flüffen Mella und Garza. Lebterer 
det, wie es in den meiften lombardiſchen Städten der Salt ift, diefe Fabrikfta 
3438 9. und 31,000 Einw. Eine Citadelle beherrfcht von ihrer Felshoͤhe 
die Stadt, die eine prächtige Kathebrale hat. Diefe und bie ſchoͤne Biblioth 
biſchoͤflichen Palafte verdankt die Stadt dem Cardinal Quirini. Die Sta 
ferner eine philharmoniſche Gefellfhaft, ein Muͤnzcabinet und Theater, wi 
letzteres faft in allen italtenifchen Städten von gleicher Bedeutſamkeit finbet 
in Italien viele Landgutsbefiger ihre Einkünfte in den Städten verzehren un 
ihrem Vergnügen leben. In diefer Stadt, von Alters her armata genannt, : 
Bergamo war die Hauptfabrik für Armaturftüde aller Art im Debit und Gef 
der Levante, die hierin einen großen Luxus treibt und von Venedig feit Fahr 
ten mit fhönem und koſtbarem Feuer⸗ und Schneidegerocht verfehen wurde 


>» 


Breslau 199 


ı Rad von Alters der Bresclas Flinten und fein Stahl Im Orient; weniger be: 
w die Dis, Baschents, Leinwand⸗, Tuch⸗, Seidens, Eifen» und Papierfabriken 
Seide, Wein, Flachs, Tuch geht von hier ins Innere, denn bie kuͤnſtlichen 
nungen durch Alpengewaͤſſer und der Überfluß der Seen geben, bei der offenen 
Ib Brescianiſchen nach Süden, der an fich fruchtbaren Erde im Gebiet diefer 
ion einen hoben Wegetationsreichthum, den der Fleiß der Landpachter und 
Beihuß der reichen Grundherren von Alters her zu benugen frebt. Unter der 
Imichen Regierung war bier die Abgabenfreiheit groß; dennoch waren die 
Baner {ehr unruhige Untertbanen ber Republik, deren Polizei fo ſchwach war, 
kradye kaum zu ahnden. Dem venetianifhhen Banbitenwefen hat die fran: 
ketenifche und nun die Öftreichifche Regierung ein Ende gemacht. 1826 
Baashe bei Brescia merkwürdige Alterthuͤmer In einem vermauerten Gewölbe 


Bres lau, Hauptſt. von Schiefien, am Einfluffe der Ohlau In die Oder, 
AO Einw., worunter 4600 Juden. Als Centralpunkt einer Provinz von 
Mm. und vermöge ihrer geographifchen Lage hat B. mande Eigentsüm- 
Rinne geroiffe Abgefchloffenheit bewahrt. B. iſt dee Sig des commandiren⸗ 
als, des Oberpräfidenten von Schlefien, einer Regierung, eines Oberlans 
uf.w. Die katholifche Univerfität wurde (f.d. f. Art.) 1702 von Kaifer 
Bl ufifter. B. hat über 20 katholiſche Kirchen, von denen die Kathedrallicche 
Yan auf der Dominfelder Sigdes Biſchofs von Breslau iſt; unter 84 Lehr: 
ind & bedeutende Gymnaſien, Zluther., L reform. und 1 Eathol.; unter den 
in find die Eönigliche und die Univerfitätsbibliothet (Gentraibibliothef) 
ie Gtadt gehörige Rhediger'ſche (letztere wegen ihres Reichthums an Hands 
a bemerken. Bon den mwifjenfchaftlichen Anftalten und Vereinen nennen 
Bhufiiche Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Eultur, welche ſich feit einigen Jah⸗ 
18 ducch bie Unterftügung, welche fie der zeichnenden Kunft und der 
mpeiben laͤßt, fehr verdient macht ; ferner ben Verein für fchlef. Gefch. 
fe Bibelgefellfh. u. ſ. w. Die Stadt befigt in ihrem Rathhauſe und 
"Eandinfel gelegenen Kreuzkicche herrliche Denkmäler älterer deutfcher 
md bewahrt an Öffentlichen Orten wie in Privatfammlungen manche 
Verke der bildenden Kunſt. Auch hat fie ein ſtehendes Theater. Bres⸗ 
körutenden Handel, allein er ift Durch bie neuern Zeitverhältniffe gefuns 
Sr werden die 2 jährlichen Wollmärkte von weit her zahlreich befucht. 
Schickſalen der Stadt In der neuern Zeit muß die Belagerung 1806 und 
den Franzoſen und Rheinbundstruppen bemerktwerden, denn nach erfolgter 
Bingen die Sranzofen an bie Feſtungswerke zu zerftören, worauf die gänz- 
ifung derfelben erfolgte. Die an der Stelle ber weitläufigen Werke ent- 
Spaziergaͤnge und neuen Gebäude haben B. fehr verfchänert. 
teslau, Univerfität. Die Vereinigung der frankfurter hohen Schule in 
Schleſiens mit der bafelbft fhon beftehenden von den Jeſuiten geftifs 
tät für katholiſche Theologen, die beträchtliche Erweiterung der An: 
bedeutente ihr angewiefene Fonds und die Vermehrung bes Lehrerperfo: 
ausgezeichnete Gelehrte war 1811 zu einer Zeit gefchehen, mo bie Lage 
ESiaats weber nad) Innen noch nach Außen günftige Ausfichten gewähren 
Denncch zeigte auch diefe neue Schöpfung bald, gleich der berliner, daß 
iebendig war; ein veger Eifer für die Wiffenfchaft befeelte Lehrer und Zus 
Der Krieg, welcher Preußens trefflichfte Juͤnglinge auf das Schlachtfeld 
nothivendig eine Stodung herbeiführen. Aber der Friede brachte auch 
Aen neues Gedeihen. Die Lehrer erhielten und gewannen größere Wirk: 
. Bir nennen Wachler, Steffens, Menzel, Buͤſching, Stenzel, von Cölln. 
Sir Erudicenden betrug 1826 über 850. Da Bresiau jcdoch mit Berlin 



























200 | Breft Bretfchneider 


nicht wetteifern kann fo wird e8 Ihr immer ſchwer fein, junge Nichtfchlefier 
zu ziehen. An die Stelle berühmter Lehrer (Bredow farb; Augufti gin 
Bonn; Haindorf nad) Halle; Spridmann, Behrends, Raumer, Zink, v. 
"gen nad) Berlin; der Mineralog Raumer nady Halle; Bartels nad) Da 
Schilling und Brandes nad) Leipzig; der Oberbibliothefar Schneider und! 
ftarben) find andre Gelehrte getreten, welche mit Erfolg und Beifall lehren; 
noch ift mehr als eine Luͤcke auszufuͤllen. Bedenkt man indeß, daß ber 
Staat im Laufe eines Jahrzehends drei Untverfitäten fo gut als neu degrüml 
fo wird es begreiflich, daß nicht jede offene Stelle gleich fo zu befegen ift, wie 
Minifterium für den Sffentlihen Unterricht wünfcht, deffen Fürforge die Und 
fo viel zu verdanken hat, befonber& die liberale Ausftattung ihrer wifferfchel 
Anftitute, der Bibliothek, des botanifchen Gartens, der Anftalten und San 
flr Phyſik, Chemie, Mineralogie, Zoologie, Afttonomie, der vom Geh. Obee 
Math Ruft in Breslan eingerichteten, im Sept. 1823 eröffneten chirurgifchen « 
u. f. w., welche ſich ſaͤmmtlich der Leitung kenntnißreicher Männer erfreum. 
Breſt, wohlbefeftigte Stadt im ehemaligen Bretagne, jegt 
Bezirks im Depart. Finisterre, mit 25,865 €. in 2600 Häuf. Der 
lieu erhob fie 1631 zu einer Stadt und zu dem wichtigen Seeplage, der fie; 
Sie hat ben beiten Kriegshafen in Frankreich, mit einer Mhebe, auf wei 
Kriegsichiffe ficher Liegen Eönnen. Kerner find hier zu bemerken die Ge 
die Schifffahrt-, die Schiffbauſchule, eine Schule des Seeingenieurcorpb’ 
Hier liegt ein bedeutender Theil der franzoͤſiſchen Seemacht. Die Fifcyen 
ſehr beträchtlich, befonders der Sardellenfang. Am 1. Juni 1794 warb 
die franz. Flotte von den Engländern unter Howe gefchlagen, welcher ihr i 
fchiffe abnahm und ein ſiebentes verſenkte. 
Breteuil (Louis Augufte Le Tonnelier, Baron v.),'geb. 1733, fra 
mat, war anfangs bevollmächtigter Minifter bei dem Kurfürften von KR 
am zuffifhen Hof, hierauf nad) und nad) Botfchafter in Schweden, J 
Meapel, zu Wien und auf dem Congreß zu Teſchen. Seine Gefandf 
Wien erklärt feine Anhänglichkeit an die Königin Marie Antoinette. AU6% 
und Staatsſecretair war er ein eiftiger Vertheidiger der Monarchie; er Gil 
“ für einen der erklärteften Nevolutionsgegner. Nach dem 14. Juli entging 
ſchleunige Flucht dem Schickſale Foulon's. 1790 übertrug ihm Lu 
einige geheime Unterhandlungen mit den vorzüglichften nordifchen Ho 
Convent erließ einen Anklagebeſchluß gegen ihn. Man findet in der 
Mevolution von Bertrand de Molcville fhägbare Belehrungen über fi 
diplomatifchen Arbeiten. 1802 Eehrte er mit Genehmigung ber Regi 
Frankreich zuruͤck, und ftarb 1807 zu Paris. 4 
Bretfehneider Heinrich Gottfried von), geb. am 6. Mi fi 
Gera, geft. als k.k. öftreichifcher penfionirter Hofrath den 1. Nov. 18104 
Schloſſe feines Sreundes, des Grafen von Wetby, Krzinig bei Pilfen. 7 
Gubernialrath, Bibliothekar in Ofen und in Lemberg, Rathgeber und 
bes Kaifers Joſeph II., Reifenbenteurer, Dichter, Romanenfchreiber, »! 
ſtich-⸗ und Gemaͤldeſammler, Recenfent, Satyriker, ein Prregeinus« Pri 
hundert Farben, und doch dabei ein redlicher Freund der Wahrheit, wie 
tannte, gefchworener Feind aller politifchen und pfäffifchen Gaufelel, di 
nungslos entlarute, ein Encyklopaͤdiſt, ohne mit d’Alembert und Diben 
Verbindung zu ftchen, ein Lichtleiter und Wohlthaͤter feines Zeitalter & 
und Schrift, ein Deutfcher in Wefen und Denkart und daher Feind der I 
nifchen Gewaltſtreiche, angefeindet von Tauſenden, gelicht von Allen, bi 
nau kannten, gefucht wegen feines Witzes und feiner Gabe der Unterhalt 
fürchtet von allen Narren und Heuchlen. Er’ erhielt feine erfte Bildung 















Bretichneider 201 


n SInflitue in Ebersdorf, wo er durch Hunger ſtehlen, durch aufge: 
ndäcktelei an Allem zweifeln lernte, dann auf dem Gymnaſium In 
ein Vater Bürgermeiiter war. Er wurbe durch Wiederbelebung feines 
Sornet bei dem fächfifchen Cavalerieregimente Graf Brühl in War: 
war als folcher Thellnehmer an der Schlacht bei Kolin, wurde fpäter 
nmeifter bei einem preuß. Freicorps gefangen und bie zum hubertsbur: 
n einer franz. Feſtung feinen Studien und Fortſchritten in franz. Cul⸗ 
t, dann von frankfurt a. M. aus durch den Reich&hofratly von Mofer, 
er Bretfchneider'fchen Kamille, in naflauifche Dienfte al ufingifcher 
ann empfohlen. Als hier Einfchräntungen durch die Finanzen gebo- 
verließ er feine Stelle und unternahm abenteuerliche Reifen nad) Frank⸗ 
d und England bie nad) Berlin zuruͤck 1772 und 1773. Der hollän- 
dte in Mainz, Graf Wartensieben, hatte ihn, mit Reiſegeld verfes 
naland geſchickt, wo er die Herzogin von Northumberland auf ihrer 
nSontinent begleiten follte; er fand fich aber in London d urch feine Un⸗ 
ht und verließ, dem Heroismus in der Freundfchaft Alles aufopfernd 
ber Scham gefeffelt, oft oßne Geld in der Tafche, das von Wider⸗ 
smeinde England, um in Verfailles fein Gtüd zu fucdyen , wo er vom 
jennes zum Dechiffriren gebraucht, mit geheimen Auftraͤgen beehrt, 
rite des dortigen Hoflebens eingeweiht, endlich durch cine wichtige, 
ft aber fuͤr unecht gehaltene Urkunde Geld zur Ruͤckreiſe nach Deutſch⸗ 
wo er Frau und Kinder zurücgelaffen hatte. Die vorn ihm erft bei 
ıthalte bei feiner Tochter in Kralau 1801 verfüßte Befihreibung dies 
ahrhaften als feltfamen Kreuz und Querzüge fand fid) nach Nicolai's 
Im Nachlaß und wurde von dem umfichtigen Durchſucher deffelben, v. 
dit biographifchen Nachrichten und Auszügen aus f. vieljährigen Brief: 
Ricolai unter der Auffchrift: „Reiſe nad) London und Paris, von Brets 
bſt Ausz. aus f. Briefen (Berlin, Nicolai, 1817), herausgeg. (ſpaͤter 
ys „Edinburgh magazine‘ aud) ins Engl. überjegt.) Nach feiner Ruͤck⸗ 
B. unter dem Minifter von Hohenfeld in Koblenz, zerfiel aber mit 
a La Roche und nahm nun die Ausfiht an, die ihm der unter Maria 
vielvermögende Hoftath von Gebler in Wien zu einer Anftellung im 
nfte eröffnete. Ex wurde ins Banat gefchidt und lebte eine Zeitlang 
Hauptmann in Werfchez ein fröhliches, aber durch Verfaſſung feiner 
negeichichte befchäftigtes Satrapenleben. Als 1778 das Banat 
em Königreiche Ungarn einverleibt wurde, kam er nach einem kurzen 
mit 700 Gulden Wartegeld in Wien, als Bibliothefar an die neuer: 
erſitaͤt Ofen, wo er fi) aber unter dem Druck geiftlicher und weltli⸗ 
erren nie gefallen konnte und von den ihn wuͤthend haffenden Zefuiten: 
fo gebäffigfte angefeindet wurde. Gerade dies brachte ihn in genaue 
ft mit Joſeph II., der nach einer langen Unterredung im Dec. 1782 
von Swieten befahl, ihn bei der Studiencommifjion anzuftellen. 
vertrauter Umgang mit Nicolai, als diefer 1781 Wien befuchte, und 
gegründete Verdacht, daß Bretfchneider die meiften Materialien zu 
Reifen’' geliefert habe, entfremdete ihm die Sefinnung Taft aller Wiener. 
ie in Wien ſelbſt feften Fuß faffen, fondern wurde mit der nach Lemberg 
Garalli ſchen Bibliothek an die neu errichtete Univerfität nach Lemberg, 
arafter eines k. €. Gubernialraths verfegt. Der Umgang mit dem geift: 
um, die Freundſchaft des dortigen Gouverneurs, bie Verheirathung 
sattochter nach Krakau, bei welcher er fich oft erholte, oͤftere Badereiſen 
se nach Pyrmont, Brüffel, Warſchau brachten einigen Reiz in fein 
tiichlert und Jeſuitenchikanen fehr umduͤſtertes Leben, bis er, 1809 


208 | Bretfchneider 


mit einer Penſion und dem Charakter eines k. k. Hofraths zue Ruhe gefeht, 
Aufenthalt in Wien nahm, dort nad) der Schlacht bei Wagram von einen 
zofen niedergerannt und auf immer am Arme gelähmt wurde, und num, 
bem er in Franzensbad und Karlsbad auf Eurze Friſt ſich geftärkt hatte, a 
Gute feines treuen Freundes, des Grafen Wetby, an mwiederholtem Sch 
gänzlich gelähmt, noch in feinen legten Stunden ſich in der Phantaſie mi 
Feinden herumhauend, zuletzt bewußtlos verfdjied. Früher noch hatte er na 
Gebrauch des wiesbabner Quells vom Sept. 1809 bis Mai 1810 in & 
im vertrauten Umgange mit feinem alten Freund Meuſel gelebt, in deffen. 
er mehre handfchriftliche Auffäge, fowie den Anfang feiner Selbſtbiographie 
legte. Diefe, durch Mittheilungen vermehrt, die ihm ber allein noch lebenbe 
bes merkwisdigen Mannes, der oͤſtreich. General von Bretſchneider, au 
Nachlaſſe feines Vaters zufandte, bat der raftiofe, auch die WBrofanien ı 
Literatur nicht unbeachtet laffende Kiterator in zwei Sammlungen: „Ben 
Nachrichten und Bemerk.“, Erlangen 1816, und: „Hiſtoriſche und Ks 
Unterhaltungen”, Koburg 1818, mit eignen Nachweifungen bereichert bee 
geben. In der legten Sammlung findet man die intereffanten Bruchſtit 
feiner Juge nogeſchichte, von ihm felbft, in beiden aber eine Mienge Ci 
ſchilderungen und Anekdoten, die von ber Beobachtungs⸗ und Erzähle 
Bretfchneitier'3 das vortheilhaftefte Zeugniß geben. Er hat mit und ohne 
30 Jahre hindurch viele poetifche und ſatyriſche Dichtungen herausgegeben 
Auswahl, verbunden mit einer aus ben vorhandenen Quellen zufammeng 
Biographie, durch die vielen Beziehungen auf die Ausgezeichnetften ſeince 
noffen, intırei biß vier Bochn. fehr anziehende Memoiren bilden würde. 4 
aber auch nichts gefchrieben, al& den vom Kaifer Joſeph gleichfam herven 
„Almanad) der Deiligen” auf 1788, mit Kpf. und Muſik, gebr. in F 
Erlaubniß der Obern, unftreitig das wigigfte feiner Probucte gegen Pfa 
Moͤnchslege nden, und ben Roman: „Waller's Leben und Sitten, wahrht 
doch wahrfdyeintich befchrieben von ihm felbft”’, Köln, bei Peter Hammer t 
Nicolai), 1793, worin die Sitten der bamaligen wiener Welt, die Kniffe mb 
der damaligen dortigen Reichshofraͤthe und ihrer Agenten, vor Allem aber Mg 
wefen der dortigen Afterlogen und Umtriebe der unechten Freimaurerei mit den 
digſten Farben abconterfeit und in einer den Leſer bis zu Ende in Span 
tenden Handl ung verwebt find: fo würde er ſchon durch Diefe zwei Schrift 
erſchrockener Bekaͤmpfer alles Lugs und Trugs auf immer bemerkensw 
Allein er wirkte aud) noch durch Auffäge in gelefenen Zeitfchriften, 3. 8. 
mals den Jeſu itenfreunden u, Schwärmern fo verdrüßlichen „Berliner IR 
und durch treffende Recenfionen, theils in den Jahre lang faft allein von 
Anzeigen verfehenen „Srankfurter Anzeigen‘, theils und vorzüglich durch fen 
tem in Nicolai’s „Allgemeiner deutfchen Bibliothek”, roeldye durch die C 
Eenntli find, vielfach zur Entlarvung geiftlicher und teltlicher Beträg 
Berühmt iſt eine Iehrreiche Recenfion, die ee 1792 im 107.Bbd.der „Allgem. but 
Bit." über Swedenborg's Leben und Schriften aufgeſtellt u. wodurch erate 
diefes Nachtwanderers mit dem Kopfe, wie er ihn nennt, durch die ſcharfft 
Erklärung auf immer vernichtet hat. Hätte er die noch in feinen legten Leben 
von ihm angefangene Gefchichte der Herrnhuter vollendet, fo müfte fein Ne 
immer im ſchwarzen Regifter der 1822 ihr erfted Jubiläum feiernden 8 
union fiehen. Damals trieben Roſenkreuzer und Afterfreimaurer arges Lk 
in Wienund Prag. Darumtraf auch biefe feine Geißel und oft wandte er aus 
Stelle in Petron's „Satytlkon“ an, wo er die ganze Stadt Kroton mit eines 
voll Leichen und Raben, Betrügern und Betrogenen vergleicht, aut capf 
aut captant. Das durch „Werther's Leiden‘ damals in Deutfchland gra 




















Bretzner Breughel 208 


ber veranlaßte ihn zu dem brolligen Baͤnkelſaͤngerlled: „Eine entſetz⸗ 
fhidyte von dem jungen Werther”, und gegen das durch Goͤtz von 
aufgeregte Ritter⸗ und Spektakelweſen auf der deutfchen Bühne 
Pfeile feiner Satyre. So entging ihm, feit er in Frankfurt a. M. 
m ſatyriſchen Papillotten aufgetreten war, bis zum ſchmaͤhlichen Fuͤr⸗ 
tfurt, wo Kaifer Napoleon waltete, Nichte, was ihm einer Ruͤge 
', ungeahndet. 
ner (Chriftoph Sriedrich), geb. zu Leipzig 1748, geft. daſelbſt 1807, 
nd zulegt Mitglied einer Handlung in Leipzig, welcher er mit Puͤnkt⸗ 
ifer vorftand, ſodaß er nur feine Nebenflunden der Poefie widmen 
fer Urfache muß man es zufchreiben, daß er in feinen Werken uns 
ilagen als Vollendung gezeigt hat. Sein Eomifches Talent war nicht 
fin Dialog iſt öfters unbeholfen und fteif, und fein Wig fällt zuwei⸗ 
me. Was aufdem Theater Wirkung thut, kannte er ziemlich genau, 
te fich dabei auch zu fehr vom Urtheil der Schaufpieler abhängig, denen 
äfige oft willfommener iſt als das Wollendete. Unter f. Stüden 
„Das Räufchchen” (erſch. 1793) u. „Der argwoͤhniſche Liebhaber“, 
‚auf ber deutfchen Bühne. Sie gefallen durch Lebendigkeit einiger 
md Scenen, obgleidh Manches darin auch veraltet ift. Unter feinen 
it „Der Irrwiſch“ bekannt und „Belmont und Conftanze, oder bie 
ans dem Serail" durch Mozart's Muſik berühmt geworben. Auch 
: „Leben eines Luͤderlichen“ (zuerſt 1787 — 88, n. Aufl. 1790) 
egarth's und Chodowiecky's Zeichnungen als Leitfaden dienten, iſt nicht 


ghel, eine berühmte nieberländiiche Malerfamilie, deren Stamms 
Namen von einem Dorfe unweit Breda annahm. Dies war Peter 
‚auch der luſtige oder Bauernbreughel genannt, nach dem Charafter und 
gmeiften Darftellungen. Er war 1510 (nad) Mechel 1530) geb., 
des Deter Koeck van XAelft, reifte nach Italien und Frankreich und 
Känfihten, und was ihm fonft von Naturgegenftänden gefiel, auf, 
bfeiner Ruͤckkehr in Antwerpen feft und wurde in die dortige Malerge⸗ 
nommen. Nachher beirathete ex bie Tochter feines Lehrers Koeck und 
fe, wo er auch 1570 (nach Andern 1590) geitorben ift. In feinen 
kiten, Ländlichen Seften und Zänzen fchilderte er die Luft des Eräftigen 
wie ex fie mit frifchem Blick, oft verkleidet, beobachtet hatte, in kräftigen 
ſradirte er. Viel aber ift aud) von Andern nad) ihm in Kupfer geftochen 
hinterließ zwei Söhne: Peter den jüngern und Johann. Der 
Begenftände , in denen große Gontrafte darzuftellen waren, und malte 
eufel⸗, Deren: und Räuberfcenen. Dies hat ihm den Namen Höllen- 
rogen. Auch hat er einen Orpheus gemalt, welcher die Höllengätter 
ecfpiel bethört, ein Gemälde, das fich in der Galerie von Florenz befins 
e Berfuchung des heil. Antonius. Der zweite Bruder Johann war 
ten und in ber Malerei Bleiner Figuren ausgezeichnet, Won feiner ges 
trache nannte man ibn Sammetbreughel. Er malte auch für andre 
ſchaftliche Gründe, für andre Eleine Figuren in diefelben, und war 
tbarer Kuͤnſtler. Mit Rubens gemeinfchaftlich arbeitete er Adam und 
diefe. Rubens malte Adam und Eva hinein. Diefes und feine vier 
ener Bertumnus und Bellona, die er auch in Gemeinfchaft mit Ru: 
te, gehören zu feinen Hauptwerken. Ex fol 1568 geboren fein, fah 
vumd Eehrte mit reicher Anſchauung genaͤhrt zurüd. Er foll 1640 ge: 
— Später lebende Glieder diefer Samilie find Ambrofius, ferner 
uber fich in Italien aufhielt und 1690 ſtarb; und deſſen Bruder Joh ann 


204 Breve Bridgewater:Ganal 


Baptift, der auch In Rom farb, und Abraham's Sohn Kaspar Breu; 
Blumen : und Fruchtmaler bekannt. 

Breve im Allgemeinen ein kurzer fchriftlicher Befehl, daher im & 
Brief, im Engl. wzit; im engern Sinne ein päpftliches Schreiben an ein⸗ 
Sürften, eine Regierung oder Obrigkeit in Sachen, weldye das germeil 
betreffen. Diejenigen Brevia, welche die’ Datarii oder Seoretarü a 
und weldye Refcripte, Depeſchen, Gonceffionen, Befehle u. f. w. find, 
Dergament gefchrieben und mit dem Fifcherringe in rothem Mache & 
an Kürften und Bifchöfe gerichteten Hirtenbriefe find ohne Siegel. Sc 
Namen von ihrer Kürze in den Sormalien, da fie ohne Eingangsformedi 
Namen des Papftes und ben Worten anfangen: Dilecto Filio salutems 
licam Benedictionem., 

‚Brevier, das Tafchenbuch der Latholifchen Geifttichen, welcht 
Zerte aus der Bibel auf jeden Tag, nebft Gebeten und Liedern enthält) 
Geiftliche taͤglich zu leſen verbunden iſt. 

Btre vis heißt in der Notenbezeichnung eine Note, welche zweigt 
gilt. Ihr Zeichen ift — au) | | oder |O ||. Eine ganze 
ver heutigen Sprache (vier Viertel haltend) hieß bamald Semibrevis, 
andern alten modus hielt dic Brevis 3 Semibreves, 9 

Brewſter (David), Secretair der koͤnigl. Societaͤt in Chill 
der gelehrteften Phyſiker in Großbritannien, geb. um 1785. Seine v 
lungen über verſchiedene Gegenftände der Phyſik ftehen vornehmlich a 
handlungen der edinburger koͤnigl. Soctetät. Er ift Herausgeber der ſe 
ten „Edinburgh Encyclopedia” (20 Bde.). Auch iſt er der vornehr 
geber der Quartalfchrift: „The edinburgh philosophical journal”, 
findung des Kaleidoskops (f.d.) machte ihn allgemein berühmt. 
vielen Gelehrten, welche dem Fremden einen Aufenthalt in Edinburg. 
machen, ift B. einer der vorzuͤglichſten, weil er, außer den Kenntniffek 
ches, in weichem er ganz zu Haufe ift, viele encyklopaͤdiſche befigt und! 
von fehr feinen Sitten ift. 

Breyhan, eine befannte Sorte Bier, nad) dem Erfinder‘, Ch 
welcher «8 1526 zu Hanover zuerft braute, fo genannt. " 

Breze (Marquis von), Oberceremonienmeifter Ludwigs x 
durd) die berühmte Antwort Mirabeau's, der ihm mit donnernder Gtkg 
als er in der Sigung der Deputirten des dritten Standes am 23. 
Befehl zur Aufhebung der Verſammlung überbradhte: „Sagen Sie M 
daß wir uns hier im Auftrage des Volks befinden, und daß wir ung ni 
jonette vertreiben Laffen. Der Hof ließ ſich durch biefe £ühne Antwort 
Verfammlung und im Publicum den außerordentlichften Enthuſias 
brachte, erichredden und ſchwankte in feinen befchloffenen Masregein. 4 
benugte Dagegen den ertegten Enthuſi iasmus, ließ die Unverletzlichkeit 
abgeordneten decretiren und daß Jeder, der ed wagen wuͤrde, ſich an Gi 
vergreifen und Verhaftsbefehle gegen ſie zu erlaſſen oder auszuführen, | 
ther des Vaterlandes zu betrachten wäre und für infam erklärt ſei. Des 
de Breze folgte Ludwig XVIII. ins Ausland und wurde nad) ber R 
feine alte Würde wiedereingefest. 

Briareus oder Ageon, f. Sentimanen. 

Bridgewater:Ganal. Er wurde zur Vereinigung > 
Severn gezogen. An einigen Stellen ift er bloß durch die Felſen ge 
bern ducch Mauerfteine gewoͤlbt. Durch Öffnungen in dem dark 
Berge erhält er Luft und Licht. Die darin fhiffenden Fahrzeuge tr 
Laſten; ein einzelner Menſch führt ſolche. (Val. d. Art. Candte und ES 





















Brief 205 
gewater, von 5000 Einw. obgleid, 12 engfifche Meilen von dem 
hat doch den Vortheil einer Flut, die auf 6 Faden fleigt, und nur 
af fie gar zu ſchnell anlaͤuft. Schiffe von 200 Tonnen Einnen 
angen und Eleinere fogar bi6 Zaunton und Langport. In dieſer 
e und dem Meichthum eines unternehmenden Privatmanne neu 
oͤlkerung Lebt Alles vom Handel, beſonders mit zugeflhrten Pros 
e Secten englifcher Diffenters haben hier Kirchen. Eine eiferne 
Burrel verbindet die Stadt Bridgemwater mit der Vorſtadt Eaftover. 
er, iſt feinem Urſprunge nach eine [chriftlich abgefaßte Mittheilung, 
mte abmwefende Perfonen gerichtet if. Auf diefem Begriffe beruht 
ie de8 Briefftyis, und alle Anfoderungen, welche das Äußere 
ffen. Wenn man von dem Briefe das Schreiben unterfcheibet, das 
m genannt wird, fo ſchließt man damit gemöhnlidy die officielle 
r die Mittheilung an eine öffentliche Behörde von dem Gebiete bes 
an fagt dann 3. B. ein Anhaltungsfchreiben, nicht Brief, bifchößg 
iben c. Es bliebe ſonach des Brief auf die Privatmittheilüung bes ' 
ſetzen den Unterfchieb darein, daß man unter dem Ausdrud Schreis 
aund ausgefübrtern Brief, unter der Benennung Brief im engern 
rein kürzeres Schreiben verſtehe. Mag diefe Unterfcheidung ſich 
tprung des Wortes Brief berufen (mahrfcheinlich aus Breve), fo 
tiger allgemein als die angeführte. — Der Brief bezieht fich auf 
& zu andern Perfonen, ſodaß man durd) denfelben nicht bloß Vers 
ft oder Diejelben zu erhalten ſucht, fondern auch engere Verbindun⸗ 
Wege aufiöft. Er vertritt die Stelle des Geſpraͤchs, daher ber 
mer auf dasjenige Rüdficht zu nehmen hat, was der Abmefende 
finde, wenn er mit ihm fpräche. - Die wichtigfte Regel für das 
ſt daher, ſich das Verhättniß zu dem Abivefenden, und die Ums 
eihe dieſes Verhaͤltniß gegenwärtig beftimmt wird, klar vor Augen 
m nun der Brief die Stelle mündlicher Mittheilung vertreten foll, 
auch an Keichtigkrit und Nathrlichkeit derfelben mehr als eine ans 
Jarftelung und muß mwenigftens den Schein des Unvorbereiteten 
ber Schriftliche Mittheilung ift, fo ift er doc, an ſich weniger nachs 
legter ale jene, und muß den Nachdruck, den bei der mündlichen 
m und Geberden hervorbringen, duch Angemeffenheit und Bes 
Ausdrucks, fowie durch Kolge und Zuſammenhang der Gedanken 
m. Er Eann jedoch nicht überhaupt als Anrede an Abweſende be: 

denn dies wuͤrde ihm eine Einförmigkeit geben, welche wenigſtens 
m Briefe fremd ift, welcher durch Vielfeitigkeit der Wendungen oft 
innimmt. Bon der andern Seite aber kann man auch die Kobe: 
igleit und Natürlichkeit nicht in der beliebten Regel ausfprechen: 
‚, wie man im vorliegenden Kalle mit einer Perfon fprecdyen wuͤrde; 
iche Mitcheilung Überhaupt hat ihre nicht zu vertilgenden Eigen: 
— fie fodert, daß Alles beftimmter und zufammenhängender ge: 
die Handlung des Schreibens eine abfichtliche ift, und indem fie 
ſtatten gebt als das Sprechen, audy mehr Zeit und Ruhe zum 
eſtattet. Selbſt der Erfahrung widerſtreitet der Ausdrud jener 
na unzähligen Fällen will dee Schreibende die mündliche Unterredung 
‚ an bie er ſchreibt, durch feinen Brief umgehen und vermeiden, und 
a, was er mündlich fo nicht fagen würde. Doch verfteht es fich, daß 
:, die über alle Verhättniffe gebietet, auch die perfönlichen Verhaͤlt⸗ 
be fich der Brief bezieht, durchdringen und verebein foll. Das Wahre 
t daher, dee Brief foll an Lebendigkeit der mündlichen Unterhaltung 


206 Brief 


fi) annähern, fobaß man ben Schreibenben vor fich zus fehen umb zu höre 
und die Leichtigkeit und Natürlichkeit dee brieflidhen Mittheilung befteht 
dem einfachen und fließenden Ausdrude ber Gedanken, bem man Vorl 
und Anftrengung nicht anfieht, in jenem Ausdrude, ber die Gegenftände! 
theilung und die Lage des Mittheilenden ungefucht und Elar bezeichnet, um 
leicht verftändlichen, aus den Gegenftänben ſich unmittelbar ergebenden Zu 
bange der Gedanken, durch welchen ſich der Brief zu einer mufterhaften fly 
Darftellung erhebt. Um einen guten Brief zu [chreiben, muß man daher 4 
den Stoff des Briefes nach obigem Grundfag in feiner Gewalt haben, ſon 
insbefondere einen leichten und fließenden Styl befigen, weicher mehr ode 
durch Übung im Denken und Schreiben gewonnen wird. Dunkle, [ci 
Ausdrüde, tünftliche Zufammenftellungen von Worten und Gedanken; 
feierliche Bilder, kuͤnſtliche Perioden, die in einer Rede noch an ihrer Y 
würden, ſowie eine foftematifche Anordnung und Gtaffification der Gebanl 
Briefe im Allgemeinen ebenfo fremb, als eine verivorrene, nur du 
eigenthuͤmliche Ideenafjociation erflärbare und durchaus unlogifche ober 
tifche Verbindung der fchriftlihen Mittheitung überhaupt widerſtreitet. 
auf Stimmung fehr viel anfommt und die Einheit der Stimmung aud) 
die Einheit des Tones mittheilt, wodurch er als ein Ganzes auf dem 
zu wirken vermag, fo ift es für den Brief fehr vortheilhaft, ihn in Einem 
zwar wo möglich in der Stimmung zu vollenden, welche der Brief 
gen foll, wobei, wie fit) aus Obigem ergibt, diejenige Stimmung 
ift, welche unferer und des Verhaͤltniſſes, in welchen wir zu Andern 
wuͤrdigſten iſt. Iſt aber ein guter Brief überhaupt derjenige , welcher fei 
dern Zwed auf eine den Grundſaͤtzen ber fiyliftifchen Darftellung angem 
erfülst, fo ift ein geiftreicher und in Afthetifcher Dinficht fid) empfehlend 
folder, in welchem eine burd) Zeinheit und Mannigfaltigkeit der Geda 
durch Leichtigkeit der Gedankenmittheilung ausgezeichnete Individuallekt: 
Verhaͤltniſſe, welches der fchriftlichen Mittheitung zum Grunde liegt, voll 
angemeffen ausfpricht. Wir verlangen daher von dem mufterhaften Briefe 
aus der Eigenthuͤmlichkeit des Schreibenden hervorgegangen, biefelbe ı 
zeichne; aber wir fodern damit auch, daß der Brief, um auf den Empfl 
geränfchte Wirkung hervorzubringen, die Eigenthümlichkeit deffelben g 
beachte und fich derfelben anichließe. Das Übrige hängt von der beſondern 
fenheit des Verhaͤltniſſes zwifchen Schreiber und Empfänger ab, wortbenl 
vie Nichts beftimmen kann, und es iſt daher ebenfo lächerlich, wenn U 
nothwendige Ruͤckſicht aufden Empfänger bi6 zur Verleugnung ber Indu 
bes Schreibenden treiben will und ihm eme kriechende Unterwuͤrfigkeit ul 
lerifche Demuth oder eine mattherzige Schlauigkeit zur Pflicht macht, als 
widrig und aller Sitte zuwider wäre, fid) des Briefes nur zum Ausdruck! 
ze6 und der Eitelkeit zu bedienen. $olgende bei Abfaffung eines SBrlel 
mein anmendbare Örundfäge ergeben fid) aus dem Obigen: 1) Der & 
ftelle ſich Far, lebhaft und vollftändig vor, an wen, woruͤber und in wei 
er fchreibe. 2) Um nichts Wefentliches zu vergeffen, frage er ſich insbeſonl 
ben Hauptgegenfland bes Briefes ausmachen folle und was zur voliftänbt 
führung deſſelben gehöre. Was die Anordnung anlangt, 3) fo denke 
Schreibende die Gegenſtaͤnde feines Briefes in derjenigen Folge, welche 
kung, die ber Brief hervorbringen foll, am angemeffenften ift und welche 
teften und natuͤrlichſten Übergänge von einem Gegenftande zum andern 
macht. So wird audy der Zufanmmenhang und die Einheit bes Briefes 
Zu den Kiugheitsregeln gehört e6, daß man Dasjenige, was den Empf 
teifft und für ihn das Wichtigfte iſt, vorausftellt, die Angelegenheiten abe 


Briefſtyl 207 


enden betreffen, nachſtellt. Aber In vielen Fällen, wo wichtige 
: Vorbereitung beduͤrfen, ift eine andre Ordnung nothwendig. 
sird die Anordnung, wie der Inhalt felbft, oft durch den zu bes 
ief beftimmt. 4) Die Form und der Ton des Briefs wird vors 
ıfer Verhaͤltniß zu dem abwefenden Empfänger beftimmt. Diefes 
ı Iheilen bes Briefö und vornehmlich vom Eingang und Schluß, 
uch, Standesverhältniffe, Convention und Etikette beftimmten 
meiften hervorzutreten pflegen. Ein vertrauteres Verhältnig und 
: Dentart unter den Schreibenden hebt biefe Formen auf. Die 
n verfchiedene Arten. In Beziehung auf das allgemeine Verhaͤlt⸗ 
ng zwifchen dem Schreibenden und dem Empfänger find die Briefe 
Antwortefchreiben (beantwortende Briefe) — gleichſam fchriftliche 
rede, oft auch Stage und Antwort —, denn nicht jede Zufchrift 
ort im engern Sinne. ft eine Zufchrift die erfte, die man an 
ſodaß man mit'derfeiben erft ein Verhältnig anknuͤpft, fo bebarf 
efchaffenheit der Umftände Längern ober kürzern Einleitung, in 
Beweggründe des Schreibens an die beftimmte Perfon auseinander 
ie Annäherung entſchuldigt. Beiden Antwortfchreiben ift, außer 
ten Setbftändigfeit und Ordnung der zu beantwortenden Punkte, 
ng der Antwort auf die Zufchrift überhaupt zu beobachten, mobel 
su dem Empfänger wiederum beflimmen muß, mas und wieviel 
zbürfen. — Durch die Kürze der fchriftlichen Mittheilung , infos 
3er Nähe des Abwefenden in Verbindung fteht, unterfcheidet man 
billet) von dem eigentlichen Briefe, der an entferntere Perfonen ges 
Das Billet wird an eine Perfon gefchrieben, die mit dem Schrei» 
und demfelben Orte, oder wenigftens in geringer Entfernung von 
:, um ihre augenblidtich eine Nachricht zu geben, fie einzuladen, 
odern ıc. Aus diefem Grunde iſt leichte Kürzedem Billete eigen 
nd Außern Formen des Briefs werden bei demfelben weniger fireng 
in Hinſicht auf den befondern Inhalt und Zweck des Briefs pflegt 
sinzutheilen in 1) Gefchäftsbriefe, 2) Convenienzbriefe, 3) vers 
tterhaltende, 5) belehrende Briefe. Diefe Eintheilung iſt jedoch 
zen, als ob der Zweck, den bie eine Gattung ausfpricht, ben ber 
isſchloͤſſe; fie verbinden fich vielmehr fehr häufig und gehen auf 
eife in einander über. Die, Geſchaͤftsbriefe gehören in Hin» 
bart dem Geſchaͤftsſtyl an, und e8 kommt darauf an, ob fie öffent- 
iten oder Privatgefchäfte betreffen. Das befondere Gefchäft, wels 
and ift, hat gewoͤhnlich auch auf den Ausdruck des Gefchäftsbriefs 
gt gewiffe Formen ber Dittheilung mit fi). Die eigenthümlichen 
{che aus der Natur beflimmter Gefchäfte hervorgehen, muß man 
kennen lernen Auch gibt es zu diefem Zwecke befondere kaufmaͤn⸗ 
ankfurter Brieffteller für Kaufleute”, herausgeg. von Cleminius, 
und franz. Sprache herausgeg. Beifpielfammlungen von Buͤſch 
m), militatrifhe u. a. Vrieffteller; ſowie die Schriften über den 
3. Theod. Heinſtus's, ‚Lehrbuch des deutfchen Geſchaͤftsſtyls“, Bert. 
Zrieffteller für das Geſchaͤftsleben überhaupt, 3.3. „Vollbeding's 
iger Brieffteller für das bürgerliche Geſchaͤftsleben“, Berl. 1815) 
; geben. Den Übergang von dem Geſchaͤftsbrief zu dem Hoͤflich⸗ 
das Anhaltungsfchreiben und ber mit demfelben in Verbindung 
ungöbrief, bei welchem ein vorbereitender Eingang und ein zweckmaͤ⸗ 
entlich und die Formen ber Höflichkeit unerläglich find. — Die Hoͤf⸗ 
rConvenienzbriefe ſind folche, welche bie Schicklichkeit oder die 


208 Brieffteller 


im geſellſchaftlichen Leben herrſchende Sitte in einem befondern Falle 
fodert. Es ift nicht eine bürgerliche Pflicht, die der Schreibenbe erfüllt, 
einen Convenienzbrief ſchreibt, noch ein vertrauliche® Verhaͤltniß, welches 
beftimmt, fondern eine Pflicht, welche bloß die Bildung dem Schreiben 
legt, daher ein folcher Brief nicht ſowol gefodert, als erwartet werben fa 
dies um ſo mehr, je mehr er Anſpruch auf Bildung macht. Da die gefelif 
Sifte der verpflichtende Grund des Gonvenienzbriefes ift, fo muß der Sc 
mit den Kormen des Anftandes und ber Schidlichkeit bekannt fein, bie: 
bildeten Ständen herrſchen, und insbeſondere in Hinſicht auf den gegebı 
welcher der Gegenftand des Briefes ift, gelten. Die geſellſchaftliche Su 
aber einen folhen Brief nur unter Vorausfegung eines beftimmten biı 
oder gefellfchaftlichen Verhältniffes, z. B. Verhältniß einer Perfon zu ihre 
‚ner, Berhältniß des Umgangs in der Geſellſchaft. Nach den befonderr 
welche den Höflichkeitöbrief veranlaffen, ift er Gluͤckwuͤnſchungsſchreib 
zwar eigentlicher Gratulationsbrief, wenn dem Empfänger ein erwuͤnſchti 
niß begegnet ift, an welchem der Schreihende Antheil nehmen kann (Staw 
Amtserhöhungen und gluͤckliche Familienereigniffe, wie Geburten, Ber 
gen ıc.), oder Anwünfhungsfchreiben, wenn man Jemandem bei irgend eis 
abfchnitte ſeines Lebens (am Geburtstage, Antritt eines neuen Jahres 
gluͤckliche Zukunft wuͤnſcht. Meiftens ift Beides verbunden. Das entgegi 
Beileidsſchreiben (Condolenzbrief) betrifft ein dem Empfänger trauriges J 
ereigniß, defien er fich aber nicht [hämen darf. Auf ein den Schreibenden I 
des und dem Empfänger zuzuſchreibendes oder wenigſtens dutch denfelben u 
tes Ereigniß fröhlicher Art bezieht ſich das Dankfagungsfchreiben. Auf be 
ſich beziehen das Benachrichtigungsſchreiben, welches jedody dem Geſ— 
und dem vertraulichen Briefe ſich nähert, forwie der Empfehlungsbrief, 
man dem Empfänger bie Perfon oder die Angelegenheiten eines Dritten 
lich des Überbringers) empfiehlt. Der Empfehlungsbrief geht dadurch 
vertraulichen Brief über, daß er ſchon ein näheres Verhältniß, ja eime 
Steichheit der Verhättniffe zwifhen Schreiber und Empfänger voraus 
wenigſtens in der Möglichkeit befteht, fich gegenfeitig Dienfte erweiſen 
nen, da man hier den Empfänger um einen Dienft bittet. Dedicatiet 
ben gehören meiftens, befondere bie gedrudten, zu den Convenienzbek 
Unter dem vertraulichen Briefe im meitern Sinne fann man denj 
ftehen, in welchem man ſich vertraulich ausfpricht. Geſchieht dies Über 
nen oder uns mit dem Empfänger gemeinfamen, ja auch über folche fi 
hältniffe, die uns und den Empfänger gemeinfchaftlich intereffiren, dann 
vertraulicher Brief im engern Sinne. Hier find e8 die Verhältniffe der Vi 
(haft, der Liebe, Freundſchaft, Dankbarkeit, des wohlwollenden Umgen 
welche fich die vertrauliche Mittheilung gründet; — und fo umfaffend der 
Gefühle und Segenftände iſt, welche ein Herz dem andern mittheilen. kann 
faffend iſt aud) der Inhalt des vertraulichen Briefs; fo verfchieden die Yab 
tät und Lage bes Schreibenden, fo verfchieden auch der Ton und die Form, 
der vertrauliche Brief annehmen fann. Darum läßt fid) dieſe Art des Beh 
feine Theorie faſſen. Zür ihn gibt es Leine Vorfchrift der Körmtichkeit, ' 
Formen, deren er ſich bedient, müfjen aus dem vertraulichen Verbältniffe 
wir Andern fchreiben,, gleihfam von felbft hervorgehen ; fie find die Aust 
Adytung, des Wohlwollens, die nicht vorgefchrieben werben können. Wu 
von dem eben angeführten vertraulichen Briefe im engern Sinne, den m 
fonft den Empfindungsbrief nennt, iſt der unterhaltende Brief, den An 
den Brief des Witzes und der Laune genannt haben. In Ruͤckſicht feines 
gewinnt diefer Brief, je mehr er Über die vertraulichen VBerhältniffe der B 






ertgryi. Dei VIWUUWE FOLIE] hat ſich uorrhaupt ver croenvigreit 
a Lehrvortrags zu nähern. Won einer andern Seite grenzt derfelbe, 
anhaltenden Briefen, an die poetifhe Epiftel (f. Epiftel), fowie 
et in den didaktiſchen Brief übergeht, wovon Horaz's fogenannte 
der Epistola ad Pisones cin Beifpiel iſt. Auch wird ber Brief in 
16 Kunftform angewendet. 

Bisherigen haben wir die Grundzüge einer Theorie des Briefſtyls 
die Außern Formen, welche beim Brieffchreiben gewoͤhnlich find und 
dem Namen Eourtoifie begreift, betreffen die Beobachtung der 
Titulaturen, Formeln und Ausdrüde, welche in den verſchiedenen 
kerhältniffen gegen ganze Stände und Ditglieber derfelben oder gegen 
und ihre Behörden am Anfange, im Conterte oder am Schluffe des 
Iobertwerben, ferner bie Stellung ber Worte auf dem Raume des Pas 
ich in Hinficht der Auffchrift und Unterſchrift, Format des Briefe, Zu⸗ 
1, Eouvert, Siegel ıc., worin man gegenwärtig nicht mehr fo ſtreng 
u8 in felihern Zeiten ift. Dan jernt diefe Foderungen, die ſich beſon⸗ 
ſeſchaͤfts · und Gonvenienzbriefe beziehen, aus den Anleitungen zum 
md aut Briefftellern kernen. — Briefftelfer find naͤmlich ſchrift- 
gen zum Brieffchreiben, durch Formulare und Beifpiele erläutert. 
vorhandenen Brieffteller befchäftigen ſich nicht ſowol mit dem Brief⸗ 
t, als mit den fpeciellen, durch gewiſſe freundſchaftliche und buͤrger⸗ 
iffe beſtimmten Formen bes Briefe. Zu erftern lieferte Stodhau: 
ueſte Anweifung, Briefe zu ſchreiben“ (1. Aufl., Helmft. 1751, 6. 
778), und Gellert’s „Abhandlung von dem guten Geſchmack in Brie⸗ 
ich bei feinen Briefen findet (Reipz. 1751, und mehrmals gedruckt) 
verachtenden Beitrag. Unter den eigentlichen deutfchen Vriefftellern 
‚von Neulich, Aug. Bohfe, Hunold, genannt Menantes, nur bei— 
ten) iſt Heynatz's Handbuch zur richtigen Verfertigung und Beur⸗ 
Arten von fchriftlichen Auffägen des gemeinen Lebens Überhaupt und 


RE Mactera Mamaklnn sum Meinfldnnihamit Faunia hallan 





210 Brieftaube Brienne _ 


Briefe, die von Richelet gefammelten Mufterbriefe und andre berühmt. | 
englifchen Literatur find die Briefe von James Howel, Sir William Tempi 
bifon, Pope, Swift, Bolingbroke, der Lady Montague, Vorik (Stem 
fterfielb und Gray; in der italienifchen die des Manuzio, Ludovico 
Cardinals Bembo, Bentivoglio, Bernarbo Taſſo, bie von Zub. Dolce 
bal Caro gefammelten , die des Pietro Aretino, Algarotti und Gaſparo 
rühmt. Auch die Deutfchen befigen ausgezeichnete Muſter, wie Leffing’s, 
mann’s, Klopſtock's, Wieland’s, Gellert's, Weißes, Jacobi's, Garoe's, : 
Sturz's, Gleim's, Bürger’s, Lichtenberg’s, Sohann von Müller’6, M 
u. A. Briefe. Wie Bolingbrofe den Brief auch zu Behandlung wiſſen 
Gegenftände (3. B. über das Studium der Gefchichte) und Richardfon ihn 
Roman anmwenbete, fo haben die Deutichen auch in diefen Gattungen. 
Menbelfohn’s, Jacobi's, Herder's, Joh. von Muͤller's und J. Ge. | 
daktifche Briefe. 

Brieftaube, Brieftaubenpofl. Die Brieftaube, Pavrbrf 
lumba tabellaria , ift im Oriente zu Haufe und daher der Gebrauch, ba 
gleihen Tauben Briefe beftellen zu laffen, vornehmlich dem Morgenlar 
Die zu diefem Dienfle erlorenen Zauben heißen im Arabifhen Hamabz 
einen bunten Federring um ben Hals, rothe Füße mit Flaumen, finl 
Größe eines Rebhuhns und niften in ber Nähe von Menſchen. Im & 
d. h. Chaldaͤa, Babplonien und Affyrien, laffen fich die weißen Tauben & 
teften dazu abrichten. Für die erfte Pofttaube im Allgemeinen gilt 
Noah fliegen ließ und die ihm das Ölblatt zuruͤckbrachte. Eine eigentildg 
taubenpoft legte der Sultan Nureddin Mahmud (ftarb 1174) an. u Wu 
fere Aufnahme brachte fie der Khalif Ahmed AlraferLidiv-Allah von Bac 
1225). Damals oftete ein wohlabgerichtetes Paar folher Tauben LU 
d. 1. arabifche Dufaten. Diefe Stugpoft erhielt fi) bie 1258, mo Ds 
den Mongolen erobert und zerſtoͤrt wurbe. Segt halten ſich nur noch b 6 
zelne Große im Orient dergleichen Zauben. Die Abrichtung berfelben SE 
und Geduld. Sobald die Jungen — am liebflen wählt man Ming 
Weibchen — Federn befommen, ſucht man fie möglichft zahm zu machcd 
einander zu geroöhnen, thut fie dann in einen unbebedten Käfig und Idft U" 
Ort ſchaffen, wohin fie gewöhnlich Botfchaften bringen follen. Wenn map 
dann nach einiger Zeit, in der man mit ihnen gefpielt und getändeit hal, 
fo eilt fie gewiß bald zu ber andern zuruͤck, mit der fie gepaart I. Daher 
wird auf das feinfte Seibenpapier, auch bisweilen auf eine eigne At, 
pier genannt, gefchrichen, der Ränge nach unter einen Sign gelegt um. 
Stednabel (die Spige nicht nach dem Körper zu) an einer Feder befeffigk 
fteht fich von felbft, daB vom Briefe nichts herabhängen darf, damit fick. 
nicht baren ſammle, die Flügel ermüde und fo die Laube nöthige, fi, 
Eine ſolche Taube kann an einem Tage wol 1000 Parafangen, über GE 
ſche Meiten, zuruͤklegen. Auch in Ägypten gab es 1450 ſolche Brieftaig 
zu deren Behuf in Thuͤrmen, die man von Strede zu Strecke der öffen R 
herheit wegen erbaut hatte, eigne Brieftaubenhäufer angelegt waren. PIE 
allein bei den Dorgenländern finden wir biefen Gebrauch, fondern auch, %: 
Völkern. So fandte ſchon Decius Brutus, nad) des Altern Punius Mia 
feine Depefchen aus Modena durch Zauben, und in neuerer Zeit bedlent 
Belagerten im nieberländifchen Kriege, zu Harlem 1573 unb zu Beiden, 
diefer Taubenpoft. ur 

Brienne (Kardinal de Lomenie von), f. Lomenie. an 

Brienne, Städtchen im Aubes Depart. (Ober: Champagne), 
Brienne sta: Ville und Brienne le: Chäteau, welche zufammen 

































Brienne 311 


zählen, mit Fabriken und Weinbau. In der ehemaligen Mititair: 
ju Brienne fe Chäteau machte Napoleon bie erften Studien In ber 
jept ift Brienne berühmt, weil hier ber legte Ruͤckhalt feiner fo lange 
ıftenden Macht gebrochen wurde. Denn hier wurde die erſte, durch 
edeutende Schlacht ber Verbündeten auf altfranzöfifhem Boden ge: 
bucch das legte Vertrauen bes Heers auf Napoleon erfchüttert, ber 
et, dag bie Scanzofen, an ihrem Herde kaͤmpfend, unuͤberwindlich 
Weg nach Paris und zur Vernichtung der Kaiferwürde war gebahnt. 
efeche bei Bar-fur= Aube (24. Jan. 1814), dem erften Widerftande, 
Indeten feit iprem Eindringen in Frankreich von der Schweiz her ge: 
ten fie [chnell vor. Napoleon, der mit großen Berfprehungen Paris 
lücher am 26. bei Vitry durd) feine Übermacht zuruͤckgedraͤngt hatte, 
.28., wo Schwarzenberg in Chaumont, Bluͤcher in Gt. Disier, 
delot, und Wittgenftein in Vaſſy ſtanden, feine ſaͤmmtlichen Streit: 
inne, und griff am folgenden 29. mit aller Macht die verbändeten 
yarenädig und blutig war von beiden Seiten der Kampf. Die in: 
iin, und die Klammen des in Brand gefledten Brienne erleuchteten 
feld. General Chateau hatte mit zwei Bataillons das brienner 
umen, es aber bald wieder räumen müffen. Erſt mit der 11. Stunde 
6 Gefecht. Am andern Morgen begann e8 von neuem, und durch 
purde Blücher gezwungen, fich bis Trannes zuruͤckzuziehen. Am 31. 
yleon in den Ebenen zwiſchen La Rothiere und Trannes entroidelt. 
am 1. Febr. die Corps des Kronprinzen von Wuͤrtemberg, des Gra⸗ 
nd die ruffifhen Grenadierreſerven zu Bluͤcher, und Fürft Schwar: 
l, die Schlacht zu beginnen. Um Mittag rückte Bluͤcher in drei Co— 
Beneral Saden gegen La Rothiere, Giulay gegen Dienville und ber 
n Wuͤrtemberg gegen Chaumreil. General Wrede zog inbeffen von 
gen Brienne. Der Boden erlaubte nur wenig Geſchuͤtz wirken zu laf: 
Muth der Truppen erfegte dieſen Mangel. Der Kronprinz von Wür- 
zuerft den Feind aus feiner Walbftellung, und entriß ihm ben wichti⸗ 
on La Gibrie, den zwar biefer fogleich wieder angriff, nad) einem 
digen Ringen aber dem Sieger überlaffen mußte. Giulay nahm 
d Sacken drang vor bis La Rothiere. Um 3 Uhr waren alle Schlacht: 
Hamteit. Der heftig fallende Schnee Eonnte wol das Feuer einen 
m Schweigen bringen, aber die Xhätigkeit der Fechtenden nicht laͤh⸗ 
leon leitete fortwährend die Schlacht, und kämpfte, ſich oft perfön- 
w ausfegend, mit allem Muth, welche das Gefühl der Wichtigkeit, 
‚ geben konnte. Aber aud) die verbündeten Monarchen begeifterten 
ıcch ihre Gegenwart auf dem Felde der Entfcheidung. La Rothiere 
sold genommen, verloren und wieder genommen. Eben kämpfte 
e um deffen Befig; ſchon ftand die feindliche Cavalerie vor den Bajo: 
Fußvolks; da erhielt er Verſtaͤrkung. Er griff wieder an, marf die 
it :Brienne, mo fie auch die Infanterie in Unordnung brachte, und 
anonen. Während deffen hatte Bluͤcher frifche Truppen gegen La Ro: 
. Die Stadt ward erobert. Der Kronprinz von Würtemberg nahm 
il, Wrede Chaumreil, Giulay die Stellung von Dienville. Der 
ehlindeten war entfhieden. Die Sranzofen zogen fid) während der 
m Seiten auf der Straße von Brienne zuruͤck und ließen dafelbft nod) 
Nachhut, welche aber am andern Morgen das Schickſal des Haupt: 
mußte. Der Verluſt war auf beiden Seiten groß. Die Verbündeten 
Stuͤck Geſchuͤtz und machten eine beträchtliche Anzahl Gefangener. 
Yefes Sieges ſ. im Art. Ruſſiſch⸗deutſcher Krieg. 
14 


212 Brigade Brille 


Brigade, beim deutfchen Kriegsweſen, eine Truppenabtheilung auı 
ven Bataillons Fußvolk ober mehren Escadrons Reiterei: daher ber Briga 
ein Dfficier, der eine folche Brigade befehligt, und Brigadegeneral, m 
General ift. Inder franz. Kriegsfprache heißt auch Brigade, bei ber co 
eine Sorporalfchaft, daher Brigadier, ein Gorporal; bei den Sappirern 
gleichen bei den Douaniers, nennt man eine Abtheilung von 6 Mann Brig: 

Brigantine,.Brigg, ein Schiff mit Niederborb, welches von 
Seite 10 — 15 Ruder hat, dabei auch Segel führen und bie 100 Dann 

‚Ian. Die Ruderer müffen zugleich Soldatendienfte thun, und haben ihre: 
£ete unter der Ruderbant. Die Brigantinen werden, befonders häufig ins ı 
laͤndiſchen Meere, zu Seeräubereien gebraucht, wovon fie den Namen haben, 
find vorzüglich ſchnelle Segler. 

Brigg, ein engliſches Wort, oft mit Brigantine gleichbedeutend, 
lich aber jedes zweimaſtige Kriegs - und Kauffahrteiſchiff, welches einen große 
einen Fodmaft mit Stengen und Bramftengen führt, und beffen großes | 
ein Baum oder Girkfegel if. Man fpricht und fchreibt au) Brick. 

Brighella, f. Masten. _ 

Bri gbthelmflone, abgekürzt Brighton, vor wenig Jahren « 
befannter —328— in Suſſerſhire an der Suͤdkuͤſte Englands, nur befal 
Meifenden, denen e8 bequemer war, von Dieppe in Frankreich hiecher, Wk 
gekehrt, als zwifchen Calais und Dover überzufahren; jegt eins der befl 
und glänzendften Seebäder Englands, mit trefflichen Anlagen und einem i “ 

phen. (1324 H., 35,000 Einw.) Seine fchnelle Aufnahme verdankt i 
einzig und allein ber Vorliebe des vorigen Prinz⸗Regenten von England, | 
irgend einer geheimen Urſache einft auf den Einfall kam, hier, und nid 
fonft gewöhnlichen Babedrtern, das Seebad zu ‚gebrauchen, und fidh 
wohl gefiel, daß er alle Jahre zuruͤckkehrte, fich eine prachtvolle Sommer 
erbaute, und auf diefe Weile aud) den Großen feines Hofes Veranlaffug 
dafelbft ihren Sommeraufenthalt zu nehmen. Unter den neuen Anlagm 2 
ton erwähnen wir den Marftall des Prinz-Regenten, und ben fogenanntg£- 
cent mit dem davor gelegenen fchönen Plage und der gut gearbeiteten, A 
aber geſchmackloſen Bildfäule des Prinzen in Dragoneruniform. 

Brillant, f. Diamant. 

Brillantiren, einen Diamant oder fonft einen Edelftein uf 
art ſchleifen. N 

Brille. Diefes Inſtrument ift einer doppelten Einrichtung &.. 
Folge es fowol für Kurzſichtige als für Weitſichtige (f. v.) 
mittel zum beutlichen Sehen abgibt. In dem erften Falle müffen bie € 
cav, in bem andern conver gefchliffen fein ; denn dort müffen fie bie zu gP 
hung der Lichtſtrahlen, welche im Auge flattfinbet, vermindern, bier abe 
geringe Brechung berfelben vermehren. In beiden Fällen iſt eine forgfält 
wahl nöthig, damit der Grad der Soncavität und ber Converität dem € 
Kurz» und Weitfichtigkeit entfprechend fei. Denn da ſich das Auge j 
nach an bie Gläfer, die man anhaltend gebraucht, gewöhnt, fo wird es ſich ſ 
die zu ſtarken als auch an die zu ſchwachen gewoͤhnen können. In dem. 
alle wird der Sehler des Geſichts verfchlimmert, durch den letztern Umſta 
man wenigſtens etwas dazu beitragen, um ihn zu verbeflern, oder werigi 
demfelben Grade zu erhalten. Außerdem ift auch bei den mehrften Menſ 
Kurz» und Weitfichtigkeit des einen Auges größer als die des andern. m 
man ſich aber bei der Auswahl einer Brille auf das Gefühl allein verlaffi ' 
man gewöhnlich zu ſcharfe Glaͤſer wählen und felten fie jedem von beiden 
börig anpaffen koͤnnen. Daher ift die Einrichtung in dem optiſch⸗ 
























ss) 


Brille (lunette) Brink 218 


M. Zauber in Leipzig ebenfo ſinnreich als nuͤtzlich, durch welche der 
73⸗ und Weitfichtigkeit erft foͤrmlich gemeffen wird. . Danach laſſen 
Glaͤſer, welche nad) dem Grade der Gonverität und Goncavität nume: 
größerer Sicherheit auswählen, und wenn nad) und nad) ein ſchwaͤ⸗ 
ht wird, To wird dadurch das Geficht öft verbeffert, und länger, wenn 
yo. Weitſichtige follen wenigftens fo fange, als es möglich ift, ſich 
arfern Glaͤſern überzugehen. — Es verfteht ſich von felbft, daß die 
ſehr forgfältig gearbeitet fein müffen, wenn man deutlich fehen und 
nl für das Auge fich ihrer bedienen will, d. h. die Concavität oder 
uß ganz gleichmäßig fein. Auch muß das Glas den höchften Grad 
tigkeit befigen und darf Beine Sarbe haben. Nur bei fehr reisbaren 
venn man genöthigt ifk, fehr glänzendweiße Flächen (3.3. den Schnee 
nnenfchein) lange Zeit anzufehen, ift es nuͤtzlich, ſich grüner Gtäfer zu 
Außerdem bedient man ſich auch der Brillen, um das Auge von dem 
entwöhnen. In diefen fogenannten Schielbrillen befinden ſich aber 
fer, ſondern fie beftehen aus Blech. In der Mitte, der Augenare 
: eine Heine Öffnung, nad) welcher ſich der Augapfel wenden muß, 
s erbliden fol. Dadurch gewoͤhnt er fid) nad) und nach an feine ge: 
‚normale Stellung. Die alten Griechen und Römer wußten nicht® 
Im 12. Jahrh. findet man von einem arab. Schriftfteller, Alhazen, 
mg erwähnt, bie zur Erfindung der Brillen geführt haben konnte. Am 
Jahrh. redet Roger Baco davon. Die eigentlichen Brillen müffen 
11 erfunden worden fein. 1270 Eannte man in Deutfchland fchon 
. Augenpflege) Kürzlid hat man in Paris die Erfindung 
Brillen gemacht, denen man einen befonbers günftigen Einfluß auf 
3 Sehvermögens nachruͤhmt. — Dean vgl. Hagen, „Über den 
Gebrauch der Brillen und Augengläfer (Wien 1822), und den Art. 
zuͤſch's „Handb. der Erfindungen”, fowie den von Maͤrtens verfaß: 
ILen im 13. Bde. der Erſch⸗ Gruber'ſchen „Encyklop.“ 
e (lunette), ein fehr unbeflimmter Ausdrud in ber Befeſtigungs⸗ 
prünglid) wol jedes abgefonderte, flefhenähnliche, bloß aus zwei Fron⸗ 
‚Merk bezeichnete. Später verftand man im engern Sinne daruns 
ie, mit oder ohne Flanken vor den Ravelind oder andern Außenwerken 
ven gelegene, meift unvegelmäßige Werke, die den Zweck haben, Stel: 
walls, die vom freien Felde aus gefehen werden können, zu verdeden, 
‚ welche duch Sehler der urfprünglichen Anlage der Seftung unbe: 
m find, Seitenvertheibigung zu gewähren. Meiſt leiften fie weit 
ie follen. 2) DVorgefchobene Werke auf ober vor dem Glacis, oft 
miger, oft von baftionähnlicher Geſtalt. Diefe Gattung Brillen, 
hen Fronten eines Platzes mit Vorficht angebracht, halten, wenn fie 
ondern mehre zufammen, in einer oder zwei Reihen einander Seitens 
gewaͤhrend, vor denfelben liegen, den Feind bedeutend auf, indem fie 
feine Laufgräben mehre hundert Schritte weiter entfernt, als er fonft 
pürde, anzulegen, und an die Eroberung jeder Brille Zeit, Menfchen 
enden. Eine Dauptrüdficht bei ihrer Anlage ift, daß es dem Beine 
, 2 Brillen auf einmal anzugreifen. 
(Kan ten), Profeffor der alten Literatur zu Groͤningen. é ſtu⸗ 
ogie in Leiden und ſchrieb 1792: „Observationes in loca veterum 
se sunt de vindieta divina”. Seine Profeffur bei der Univerfitdt 
tor er, als Rapoleon folche eingehen ließ, und zur Entfchädigung bot 
dienten Philologen ein mäßiges Schulrectorat. Erft das 5. 1813 
Profeffur auf der Univerfität Sröningen wieder. Als Dichter zeigte 


214 Brintmann 


er. ſich fich in der Überfegung der Medea des Euripides in hollaͤndiſch 
guter Profaift in f. Überfegungen mehrer römifchen und griech. Claſſik 
Kritiker in der „Bibliothek für alte Literatur”. 

Brintmann (Karl Guſtav von), Bönigl. Kammerherr, ehem 
Envoye extraordinaire in £onbon, Commanbeur bes Nordſternorden 
24, Febr. 1764 auf einem väterlichen Gute im Kirchfpiele Bränoficka | 
holmer Landeshauptmannſchaft. Sein Vater, Hans Guſtav von X 
war zu feiner Zeit ein berühmter Sachwalter und im Befig eines anfehn 
kommens. Seine Mutter war bie Gräfin Bemtus Chriflina Leyonfta 
dem. er feine erfle Bildung in Schweden erhalten, auch die Univerfität 
ſucht hatte, ließ ihn fein Water auf einigen der berühmteften Lehra 
Deutfchland feine Studien fortfegen, zuerft in Barby, welches bamals al 
faule ber herenhutifchen Anflasten in großem Anfehen ftand; dann in H 
mit Schleiermacher in genaue Verbindung trat, dann in Leipzig und J 
1790 kehrte er nach Schweden zurüd, wo er fi, bei feinen ı 
Sprachſtudien und bei feiner früh erworbenen Bekanntſchaft mit flaat 
Berhältniffen, mit beftem Erfolg der diplomatifchen Laufbahn wibmet 
1792 wurde er als Legationsfecretair ber ſchwediſchen Geſandtſchaft 
den zugegeben, wo er 1794 auch die Stelle eines Gefchäftsträg: 
1797 ernannte ihn der König zum Ambaffabefecretair in Paris und in 
Sabre zum Geſchaͤftstraͤger bafelbfl. Dort wurde er nad) dem 18. 
nebft dem hamburg. Conſul Schlüter und andern diplomatiſchen Perfe 
den erften Conſul fortgefchidt und hielt ſich einige Zeit in Wefel auf. 
er in derfelben Eigenfchaft nach Berlin und erlebte bafelbft die berüchti 
ſendung des preuß. Ordens. Obgleich feine Öffentliche Stellung dadur 
cat und bedenklich geworden war, genoß er doch, wegen feiner perföntu 
haften, allgemeine Hochachtung. Sein biplomatifcher Charakter hai 
fen Zeitpunkt ganz aufgehört. Bald trat er aber wieber in der Eigen 
außerordentl. Bevollmächtigten bei dem berliner Dofe auf und begleitet: 
das preuß. Hauptquartier und bie Flucht des Hofes 1807. In dem 
genben Jahre begab er ſich als ſchwed. Minifter nad) Eondon, von wo er 
Stockholm zurüdberufen wurde. In der vor kurzem erfchienenen „Hi 
cours du Nord’ findet der Liebhaber die Verhältniffe, in welchen Brir 
gegen feine innere Überzeugung ſtreng feinen Pflichten genügte, genau 
Seit feiner Ruͤckkehr nad) Stockholm hat er ſich dort als koͤnigl. Kamr 
Mitglied des wichtigen Collegiums zur Berathung der allgemeinen Rı 
genheiten ſtets aufgehalten. 1815 erhielt er das Gommanbeurkreuz 
fternordene und wurde Mitglied der k. ſchwed. Akademie der Wiſſenſchaf 
Lebensweife hatte von jeher viel Eigenthüumliches; um biefer treu bleil 
nen, hat er fich nicht verheicathet, ob er gleich mit ben ſchoͤnſten und g 
Frauen ſtets in den angenehmften Verhittniffen lebte. Er lebt in Sto 
feinen Lieblingsftudien, umringt mit einer ausgefuchten Bibliothek 
ſchaͤten aller Art in feinem Mufeum, wo er auch des Nachts zubring 
bloß auf feinem Sopha eines fehr kurzen Schlummers genießt und nur 
geht. Seine Lieblingsunterhaltung iſt ein umunterbrochener Brief 
mehren erprobten Freunden und einigen Damen von Geift und hoher B 
diefe fchreibt er oft Briefe Aber die intereffanteften Gegenftände ber Li 
Lebenscafuiftit, die in Inhaltsfülle und Eleganz der Form bie hoͤchſte 
baben. Überfließender Wig und die firengfte Felle, das feinfte Urthei 
fich in Allem, was aus feiner Feder kommt, indem er ſich felbft über Co: 
Styls die ſtrengſten Regeln gemacht hat. So ftand er viele Jahre in 
effanten Briefwechfel mit der Frau von Stasl. Es ſteht ihm Meichthr 


Brifeie Briffot 215 


beis des Ausdrucks ebenfo fehr in ber claſſiſchen Sprache bes alten Latiums 
der franzoͤſiſchen, deutfchen, englifchen und feiner ber Dichtkunſt fo viel Be⸗ 
ichkeiten barbietenden Dutterfprache zu Gebot. Ex ift Profaiker und Dich- 
gleicher VBolllommenheit. Unter ben angenommenm Namm Selmar gab 
kb feines Aufenthalts in Leipzig 2 Bochn. Gedichte heraus, die in Eritifchen 
ins gut aufgenommen wurden. Er behielt biefen Namen aud) bei feinen 
m Dichtungen, die er in verfchiebene Muſenalmanache und Zeitfchriften gab. 
Bit Präcdfion, Reinheit und Wohlklang findet man in f. legten Arbeiten, 
ee Ramen u. d. T.: „Philofophifche Anfichten und Gedichte” gab. Ein 
Bändchen f. nur in verfiohlenen Minneftunden mit der Muſe erzeugten 
Grf er für feine vertrauten Freunde und Freundinnen während f. Aufent 
Paris drucken, etwa 16 Lieblihe Bluͤthen in elegiſchem Syibenmaß, in 
e fo ſtreng, als Voß und A. W. Schlegel, fi an die Gefepe des Vers: 
üdet. Auch in ſ. Diutterfprache iſt er ald Meifter in der Dichtkunſt ges 
Den 20. Dec. 1821 reichte er der ſchwed. Akademie ein Gedicht: „Die 
BGmius‘ ein, welchem der höchfle Preis, eine große goldene Medaille, 
m mure. Da er während feines Aufenthalts in Deutſchland mit ben 
em und Denkern der Deutfchen, mit Goͤthe, Jacobi, Fichte, den Bruͤ⸗ 
u. A., ſowie mit den intereffanteften Staatsmaͤnnern in genauer 
fand, fo war man efnige Zeit fälfchlich der Meinung, daß er ber eis 
Hörfafler der, Denkwuͤrdigkeiten des Herrn von S—a” fei, bie nur ein 
parte fo fchreiben konnte. Herr v. Woltmann, ber wirkliche Verfaſſer, 
Bandes aus Unterredungen mit Brinkmann niebergefchrieben haben. (6) 
| it, f. Achilles. 
Bilfoc, f. Coffe. 
lot de Warville (Jean Pierre), geb. 1754 in Duarville, einem 
EGartees, wo fein Vater Kuchenbäder und Speifewirth war und eine 
ag hatte, welches feiner Eitelkeit Gelegenheit gab, fi) den Beinamen 
BR, den er nachher in England in de Warville uminderte, beizulegen. 
3320. J. Gatte er ſchon miehre Schriften herausgegeben, von denen eine 
indie Baftille brachte. Frau v. Genlis fagt in ihren Memoiren, daß fie 
bie ihm durch ihren Einfluß bei bem Herzoge v. Chartres feine Freiheit 
Weihafft Habe. Er heirathete eine Perfon aus dem Haufe der Mabame 
Bm ging nad) England. Hier lebte er als Spion im Solde des Polis 
#6 von Paris, befchäftigte fich zu gleicher Zeit mit Literatur, und machte 
h, in London ein Lyceum zu errichten. Er war aber dabei nicht glüd: 
are nad) Scankreich zuruͤck. 1788 machte er eine Reife nady Amerika, 
ſagte, um die Brumdfäge ber Demokratie zu ftudiren. Nach feiner Zu: 
sab er 1791 rin Werk über die Vereinigten Staaten heraus. Bei ber 
tberufung der Generalſtaͤndeverſammlung ließ er einige Pamphlete, und 
ka Journal: „Der feanzöfifcye Patriot”, in Paris erfcheinen. Als fi 
1789 die Gemeinde von Paris bildete, ward er Mitglied derfelben. Er 
x der Hauptanflifter des Aufftandes auf dem Maröfelde, mo man bie Ab: 
Prewigs XVI. und eine republifanifche Verfaffung verlangte. Ex ſprach 
. —— gegen alle fremde Mächte, und bewirkte die erfte Kriegserklaͤrung 
rt. Den 10. Aug. warb dad neue Minifterium faft ganz aus feinen 
fnggen zufommengefegt. Als Mitglied des Convents blieb er an der Spige 
—* Ausſchuſſes, in deſſen Namen gr auf den Krieg gegen England 
XR ri Bei Ludwigs XVI. Proceß verfuchte er den Urtheilsſpruch 
Beats des Bolks zu bringen, und ftimmte hierauf für des Könige Tod mit 
h der Vollziehung, bis die Eonftitution von den Urverfammlungen geneh⸗ 
Ha würde. Doc) mitten im Strome der Revolution untergrub ſich unmerk⸗ 

























216 Briftol Britannien 


lich feine Partei. Nach mehren Anklagen befchuldigte ihn db. 28. Mai 
Robespierre, als ob er bamit umginge, eine föberative Berfaffung mit zusel! 
menten einzuleiten ıc., und verlangte, daß er vor das Revolutionsg 
werde. Der 31. Mai vollendete feinen Sturz. B. fuchte unter dem 
eines Kaufmanns von Neufchatel die Schweiz zu erreichen, warb aber in 
verhaftet und in Paris den 31. Oct. in feinem 39. 3. guillotinirt. Als 
triebener Verehrer der Amerikaner hatte er die Sitte ber Quaͤker ang 
zuerft die Mode, das Haar ungepudert zu tragen, eingeführt. Geringer. 
Ruf, vermochte er unter den Sirondiften höchftens die Meinungen zu leite 
vend viele Andre diefer Partei ihm an Muth, Kühnheit und Talenten ı 
legen waren. 4 
Briftol, nad) London und Liverpool die wichtigfte Handelsſtadt 
britifchen Reichen (6700 H. und 76,500 E., darunter viele Methobiften), 
ber Gtafſchaft Sommerfet, an der Mündung bes Avon in die Saverne. 
dition führt ihr Alter bis 4 Jahrh. v. Chr. zuruͤck; Gildas nennt fie um. 
Chr. unter den befeftigten Städten Britanniend. Im 11. Jahrh. wu 
wie verfichert wird, ein Markt für den Sklavenhandel gehalten, und ft 
Heinrich II. (ft. 1189) galt Briftot für eine fehr reiche und anſehnlich 
Ihren Hauptflor erreichte fie im 18. Jahrh. durch die Schiffbarmachung F 
1727 fuhr die erfte Barke von Briſtol nad) Bath. Der geräumige Pi 
währt volle Sicherheit. Won 1803-- 9 hat er durch Bauten, bie mE 
600,000 Pf. St. gekoftet haben, wichtige Vortheile erhalten. Grofei 
weinbrennereien, Glashuͤtten, Metallgießereien, Seifenfiedereien, Witriet 
eine Menge andrer Fabriken werden durch den Üiberfluß an vortrefflich 
kohlen fehr beguͤnſtigt. Briſtol handelt vorzüglich mit Irland und 
indien, es treibt Fiſcherei bei Neufundland und beſchaͤftigt uͤber 2 | 
Es bat. 7 Banken, eine Börfe, ein pneumatiſches Inſtitut fire Chemie u 
fiofogie, 32 Hospitäler, 27 Capellen c. Der Biſchof von Briſtol dab 
zu Wels. Die heißen briftoler Heitquellen (hot wells genannt) werden J 
ſucht. In einer der 18 Kirchen wird ein Monument der Sreunbin 
Elife Draper, gezeigt. 2 
Britannicus Caͤſar (Tiberius Claudius Germanicus), 
Kaifers Claudius und der Meffalina, welche ihn wenige Tage nach de 
rungsanteitt des Claudius gebar. Der Senat ertheilte dem jungen F 
wie feinem Vater, den Beinamen Britannicus, als diefer Lebtere von fol 
nach Britannien fiegreich zurückgekehrt war. Als erfigeborner Sohn des & 
ee der rechtmäßige Thronerbe; allein Claudius, von feiner zweiten Gem 
berrfchfüchtigen Agrippina überredet, nahm ihren Sohn erfter Ehe, AU 
Nero, an Kindesftatt an, und erklärte dieſen, ba er 3 Jahre Älter war ı 
tannicus, für feinen Thronfolger. Der feile Senat gab feine Zuftinnmung. 
pina ſuchte indeß, unter dem Vorwande mütterlicher Zärtlichkeit, den Weil 
in möglichfter Unmündigkeit zu erhalten. Sie erfegte feine Diener durch 
die ihr ergeben waren. Seinen Lehrer Sofibius ließ fie ermorden. Sie « 
ihm nicht, außerhalb des Palaſtes zu erfcheinen, ja, fie hielt ihn fogar vom 
Vater entfernt, indem fie vorgab, daß er blödfinnig und epileptifch fel. . 
ſchwache Kaifer gab zwar zu verftehen, daß er Agrippina’s Raͤnke durchſche 
durch fie bewirkter Tod hinderte ihn jedoch, den beaangenen Fehler wicher 
machen. Nero ward zum Kaifer ausgerufen und Britannicus blieb | 
unter flrenger Verwahrung. Als Agrippina fpäter ſich mit Nero felbk % 
nigte, und ihm drohte, flatt feiner Britannicus auf den Thron zu fegem, 
Nero ben damals 14jährigen Britannicus vergiften. u 
Britannien nannten bie Römer, nach Ariftoteles, das heutige 






























faßten bie Römer feften Zuß, gewannen ben Bewohnern mehr Yand 
Serten ihre Provinz, welche fie Britannia romana nannten. Die 
Tweiterungen berfelben geſchahen unter Hadrian und Gonftantin. 
ım die befiegten Einwohner die Sitten ber Römer an. Das Land 
Gäfar’& Zeiten fehr bevölkert und, nach Tacitus’8 Zeugniß, fruchtbar. 
das roͤmiſche und barbatiſche Britannien getheilt. Jenes fuchten 
t Hadrian durch einen mit Themen und Bafteien verſehenen Erd⸗ 
Einfälen der Barbaren zu fhägen. Unter Antonin rüdte Lolllus 
Rauer weiter hinaus; Geptimius Severus zog fie aber wieder zus 
ihm theilte man bie roͤmiſche Provinz in den öfklichen (prima oder 
in den weſtlichen Theil (secunda oder superior). Conftantin fügte 
nen hinzu. Die Einwohner bes alten Britanniens ſtammten theils 
prünglicyen Colonie ber Celten, theils von Galliern ab, welche mit 
miſcht von Gallien aus ſich bier nieberliegen. Die celtifchen Colos 
ie eigentlichen Britannter, wohnten im Innern des Landes und hats 
antommenden Kaufleuten tveniger Umgang als bie Gallier, die an 
Hnten. Daher waren fie auch nad) dem Zeugniß der Römer wilder 
rter. Die galliihen Einwohner an den Küften hatten ſchon eine Art 
m, und ließen ſich daher eher in Furcht fegen als jene in Wäldern 
uten Bölker. Sie trieben faͤmmtlich feinen Aderbau, fondern lebten 
x und Jagd. Ihre Kleidung beftand in Thierhaͤuten; ihre Woh⸗ 
n aus Reifern gefloctene und mit Schilf bedeckte Hütten. Ihre 
Druiden, und heilige Welber übten eine Art Herrfchaft Über fie aus. 
nianer, eine befonbere Gongregation von Auguflinermöndhen, die 
von ihrem erften Wohnplage, Britini in Ancona, bekommen haben. 
ne fehr ſtrenge Lebensart, aßen kein Fleiſch und fafteten von dem Feſte 
hoͤhung an bis zu Oftern, außer den übrigen kirchlich vorgefchriebenen 
ı in Speife und Trank, in deren genaueſte Beobachtung fie eine Or⸗ 
gt hatten. Ihre Kleidung war grau, body ohne Gürtel, bamit man 
Minoriten umterfheiden kͤnne. Als 1256 Alerander IV. die allge⸗ 








218 Brodmann Broekhuizen 


terſtadt aufgenommen und zu mehren wichtigen Sendungen und Ämtern geb 
Er machte ſich durch eine geſchickte Gefhäftsführung fo verdient, daß nm 
1735 die wichtige Amtmannsftelle in Rigebüttel auf 6 Jahre uͤbertrug. 
Hamburg zuruͤckgekehrt, wurde er Befehlshaber bes Bhrgermilitaire, Pre 
larch, Eaif. Pfalzgraf u. f. w. und ftarb daſelbſt 1747. Sein, Irdiſches 
gen in Gott", eine Sammlung religisfer Naturbetrachtungen in vielen 
gen Gedichten (1721—48), ift fein Hauptwerk (Hamb. 1721, 9 Bbe.). * 
fen Gedichten zeigt fi) ein frommes, dankbares Gefühl, mit dem er Ad 
anftaunt und genießt, was Gott der Erde Schönes gab. Er befaß die Gab 
und ſchnell zit reimen. eine Schilderungen geben oft ins Kieinliche und I 
ſich auf Dinge aus, die kein poetifches Colorit annehmen wollen, baher bie 
mißtönige Karbenmifchung und die ermüdenden Wiederholungen. Er tändy 
mit feiner Sprache, die indeß auch einen Schag von fein nuancirten Au 
von pohlklingenden, malerifchen Tönen enthält, ben ſelbſt Geßner und | 
ber Benugung nicht unwerth fanden. b 
Brodmann (Franz Karl), Schaufpieler, geb. 1745 zu Graͤß in 
mark, verließ feinen Lehrmeifter und ging zu herumziehenden Schaufpielet 
rathete auch die Tochter der Directrice einer folchen Geſellſchaft. Er [pielte 
einige Eleine Rollen zu Wien (1765) und kam von da 1768 zur Kury’fche 
fchaft in Würzburg, bis er 1771 nah Hamburg gerufen warb, two er fAgı 
unter Schröder bildete und fich einen Ruhm erwarb, der ihn unter die eyſte 
fpieler Deutfchlands feste. Man verglich ihn mit Garrick und Le Kal, 
betrat er in Berlin als Gaft die Bühne und warb nach der Vorftellung y 
herausgerufen; eine Ehre, bie vorher noch keinem Schaufpieler in Verfik 
fahren war. Die Infchrift einer auf ihn geprägten Münze: Peragit tra 
potestas, quod violenta nequit, bezeichnet fein ruhig Eräftiges Spiel 






















t 
genfag der fonft gewöhnlichen Übertreibung. B. war ein denkender Künfl 
durch tiefed Studium, durch unabläfjigen Fleiß, durch Nachbildung der 
Mufter, die er vor fich hatte, fich die Natürlichkeit, die Leichtigkeit im € 
warb, welche die hamburger Bühne zu bes großen Eckhof's und Schröt 
vor allen damaligen Bühnen fo vortheilhaft auszeichnete. Joſeph IE. bi 
1777 nady Wien. Hier trat er zum erſten Mate ats Effer, in der „Sunft 
ften”, aufder Bühne. Aber eben fein natärliches Spiel machte, daß er 4 
weniger auffiel; auch fchabete fein fleifchiger Körperbau feinen Helden: ı 
baberdarftellungen. Es beburfte einiger Zeit, ſich an ihn zu gewoͤhneh 
wurde er ber Liebling des wiener Publicums und blieb es bis an das Er 
Scaufpielerlaufbahn. Es ift ſchwer, feine vorzuͤglichſten Rollen aut 
denn er hatte wie Garrick das feltene Talent, alle Rollen im Luft» und J 
fpiele vortrefflich zu fpielen. Sein Geficht, fein Körper waren Alles, wa 
ftellen wollte. Keine Rolle war für ihn zu ſchwierig, aber aud) Leine gu fi 
unwichtig. Natur und Wahrheit waren fein Ziel; darum war er vorzügfk 
im bürgerlihen Drama. Er fpielte die Charaktere der Väter, z. B. dem. 
förfter und Odoardo, mit großem Erfolge. DB. farb zu Wien 1812. 
Ä Brody, Stadt in Galizien im zloczower Kreife, an der tuſſ. re 
2600 H. und 16,500 Einmw., mworunter bie Hälfte Juden, bie hier eine 
eine Realfchule haben. Der Speditionshandel der 38 meiſtens jübifchen: 
haͤndler ift fehr wichtig, Indem die Stadt zum Umtaufch ber polniſchen 
gegen bie der Walachei, Keim u. f. w., bie in Pferden und anderm F 
Wachs, Honig, Unfchlitt, Haͤuten, Pelzwerken, Anis, eingemachtem | 
f. w. beftehen, bequem gelegen iſt. Brody gehört dem Grafen Potocki. 
Broethuizen (Ian van, bekannter in ber Iateln. Form Janus 
husius), geb. 1649 in Amſterdam aus einer anfehnlichen Familie. Jung 


Broglio (Familie) 219 


ter, ber eime Hutfabrik hatte, und Fam umter VBormunbfchaft eines 
Der gelehrte Adrianus Funius wurde fein Lehrer in der Latein. 
8 Gilles Valkenier in feiner Vaterſtadt Bürgermeifter geworden war, 
amaligem Brauch der Lehrer feine Zöglinge auf, ein Iatein. Gedicht . 
bung bed Bürgermeifter zu entwerfen. Auf der Stelle dichtete dies 
mit fo reiner Latinität und fchöner Gebankenentwidelung, baß fein 
Bürgermeifter überreicht wurde. Der junge Dichter wollte nun Ges 
indeß fein Vormund ihn zum Apotheker beftimmte; er war gehors 
t fort zu dichten, und das Publicum munterte ihn durch Beifall auf. 
rw ſtatt der Apothekerkunſt den vaterländifchen Kriegsdienſt. Unter 
n Admiral be Ruyter ſchiffte er ſich als Seefoldat 1674 auf einer Er: 
ben weſtindiſchen Infeln ein. Im Sturm und Ungewitter flimmte 
me Leier. Auf der Höhe der Inſel Dominica überfegte er Davib’s 
lateinifche Verſe und dichtete feinen „Celabon, oder das Verlangen 
tmianbe”. Als er im Herbfl des naͤml. Jahres nach Utrecht in Bes 
gab ihm dieſes Winterquartier Gelegenheit, mit Gelehrten Belannts 
nüpfen. Biergab er eine Sammlung v. Gedichten (Utrecht 1684; 
Amfterd. 1711, 4.) heraus und üÜberfegte Rapin's „Wergleihung 
it dem Birgit”, erhielt bald nachher in Amfterdam eine Officiersſtelle 
fe, ber Muſen zu pflegen. Ex beforgte eine neue Ausg. von San- 
dichten und Palearius's Schriften, fpäter neue Ausg. von Properz 
02 u. 1726, #.) und Tibull (Amfterd. 1708 u. 1727, 4.) mit ges 
ne., und bewies dadurch feine vielfeitige gelehrte Bildung. Nach 
ı Frieden erhielt er ald Hauptmann feinen Abfchied. Er ftarb 1707. 
lio, eine in ben Jahrb. ber franz. Kriege und Diplomatik berühmte 
amt aus Piemont: 1) François Marie, Marſchall von Frank: 
671 und gefl. 1745, nahm feit 1689 an allen Seldzügen in ben 
, in Deutfchland und Italien ruhmvollen Antheil. Auch ward er in 
ı Sefchäften gebraucht. Er flieg durch alle Grabe, bi er 1734 
ı Frankreich wurde. Im oͤſtreich. Erbfolgekriege hatte er zulegt ben 
ber die Armeen von Baiern und Böhmen, führte aber das Heer auf 
men zuruͤck, wodurch er ſich die Ungnade bed Hofes zuzog. — 2) 
3ncoi®, der Ältefte Sohn des Vorigen, ebenfalls Marſchall von 
eb. 1718, begann feine Laufbahn in der Schladht von Guaftalla und 
4), und focht in allen Kriegen Frankreichs Immer muthvoll, wenn 
mer gluͤcklich. Im fiebenjähr. Kriege kaͤmpfte er unter d'Eſtrées bei 
id bei Roßbach unter Soubife. Als Oberbefehlshaber war er um fo 
Bergen. Der Kalfer ernannte ihn zur Belohnung für den hier er- 
g zum Reichsfuͤrſten. Diißhelligkeiten zroifchen ihm und dem von der 
egünftigten Soubife zogen ihm feine Zurüdberufung und feine Vers 
1789 emannte ihn Lubwig XVI. beim Ausbruche der Revolution 
iniſter; er befehligte zugleich die Truppen, welche Paris im Zaum 
. Der Abfall der Nationaltruppen vereitelte alle Maßregeln und 
serte aus. Sin dem Seldzuge 1792 befehligte er ohne Erfolg eine Abs 
gercanderter. Nach Beendigung beffelben zog er fich ganz zurlid und 
ı Dünfter im 86.3. — 3) Claude Victor, der dritte Sohn 
. ging dagegen ganz in die Ideen ein, welche die Revolution herbeis 
sward zum Abgeorbneten des Adels von Kolmar bei ben Generalftän- 
Mach der Auflöfung ber conflituirenden Verfammlung ward er ale 
Samp bei ber Rheinarmee angeftellt, bei feiner Weigerung aber, die 
ı 10. Aug. anzuerkennen, außer Thätigkeit gefegt, ſpaͤter dieferhalb 
tolutionstribunal geführt und im Juni 1794 guillotinirt. — 4) 


220 Broglio (Wictor, Herz.v.) Bronkhorft (Peter 


Charles Francois, ein Bruber von Victor Frangois, iſt i 
der franz. Diplomatik dadurch berühmt, daß ihm Ludwig XV. di 
geheimen Minifteriums anvertraut hatte. Ob ſich gleich Broglio 
Geſchaͤfts mit vielem Verftande entledigte, fo entflanden doch du 
Minifterium , das dem Öffentlichen nicht felten ganz entgegenwirk 
oft die Lächerlichften Verwirrungen. &o ward er vom Könige der 
bannt, erhielt aber zugleich insgeheim wieder ben Auftrag, auch 
nung feine Gefchäfte wie feither fortzufegen. Unter Ludwig XVI. ı 
braucht und farb 1781. — 5) Victor, Pair von Frankreich 
Victors, ſ. d. folg. Art. 

Broglio (Victor, Herzog von), Pair von Frankreich, 
vermähle mit einer Tochter der berühmten Stau von Stael. Sein 
der im fiebenjähr. Kriege bekannt gewordene Marfchall, Herzog v. 5 
Vater, Victor, fiel als Opfer des Revolutionstribunals bei allen 
den er beftändig bemährt hatte. Der Sohn genoß eine trefflich 
folgte anfangs feiner Neigung fuͤr ſchoͤne Kunſt. Bald zogen ihn ı 
ſenſchaften und praktiſche Staatsverwaltung mehr an. Er wurde € 
ditor, Militairintendant in Syrien und in Valladolid, und franz. 
rath in Warfhau, Wien und Prag. 1814 nahm er Sig ind, 
und gab hier glänzende Beweife von feinem tiefen Stubium ber j 
niffe der Geſellſchaft in ihren gebildeten Ständen und der für die jeı 
geeigneten Öefeggebung. In Ney's Proceffe war er einer der wen 
das Nichtfyuldig ausfprachen. Er redete mit Nachtrud gegen di 
fee und gegen die Profcriptionslifte. Als das Minifterium die Di 
zu erweitern ſtrebte, fand feine Behauptung viel Beifall: „daß 
rungen Alles und obendrein allein verfehen wollten, woraus die 
quemlichkeit entflände, daß das Publicum die Thatſachen nicht keir 
Regierungen zu außerorbentlihen Beſchluͤſſen beflimmten, und ! 
Regierung die Öffentliche Meinung nicht erfahre.” Bei Öelegenhe 
über die Genfur der Zeitfchriften führte er an: „Eine jede neue 
um fo unbedenklicher dem Publicum die freie Rebe geftatten, fob« 
braͤuche der vorigen zu vertreten fich unberufen fühlt. Die Preßbe 
huͤllt den Miniſtern, durch ihre eigne Schuld, die wahre Kenntniß 
fie fid) zu der Nation befinden. Sie fhroächt unter Anderm unge 
gen Vorurtheile bes Publicums für die Verwaltungsfähigkeit ber f 
ten ber Krone. Die Preßbefhräntung hat nur Werth für Minif 
einer Partei im Staate leidenfchaftlicdy in die Arme werfen und die! 
kuͤr und Ausfchreitung geftatten wollen.” Der Herzog befigt außer 
Gebiet der Staatswirthfchaft ausgezeichnete Kenntniffe, er ift ein: 
ner und verfteht, was wenigen Gefchäftsmännern gegeben ift, fogle 
einzubringen. 

Bromius, ein Beiname des Bacchus. 

Bronk horſt (Peter van), holländ. Maler, geb. 1588 in 
1661. Er ftellte fehr gelungene Perfpectiven von Zempein und $ 
belebte diefe durch Beine, ſchoͤn gearbeitete Figuren. Auf dem 
Deift befindet fich fein Urtheil des Salome. — Johann van 
geb. 1648 in Leiden, lernte die Malerei ohne andre Leitung als di: 
und brachte es darin zu einem hohen Grad von Vollendung. Er 
welfe Thiere, mit befonderm Fleiße aber Voͤgel. Das Leichte unt 
Federn ftellte er fehr täufchend dar. Er war eigentlich Paftetenbäc 
Malerei bloß zu feinem Vergnügen. — Ein andree Johann 
borft, geb. zu Utrecht 1603, war Glasmaler; ſchaͤtzbare Werke 


Bronner Bronziren | 221 


neuen Kirche zu Amſterdam. Auch hat er einige Städe nad) Cor⸗ 
ıburg geflochen. 
ner (tanz Xaver), geb. 1758 zu Höchftäbt an der Donau, erhob 
niedrigften Stande durch eine forgfältige Ausbildung feiner natuͤrli⸗ 
Sein Bater war Knecht in einer Ziegelbrennerel. Der Cantor des 
Anlagen de6 Knaben zum Singen bemerkte, erbot ſich, ihn unent= 
terrihten. So kam er 1769 als Singefnabe in das Jefuitercolles 
ilingen. Mad) beenbigten Schuljahren ward er Moͤnch unter den 
in Donaumerth umd erhielt den Namen Bonifaz. Er widmete fich 
größten Eifer dem Studium der Phyſik, Mathematik und Philofo- 
ı Übungen in der Muſik und Poeſie. Beſonders dichtete er Schäfer: 
heridpylien,, wozu ihn feine Umgebungen veranlaßten, da er in feiner 
e Ausficht auf ein Fifcherborf hatte. Indeſſen gefiel ihm das Kiofters 
Er entfloh und kam unter bem Namen Johann Winfried 1784 nad) 
rich. Hier fand er durch Fuͤßli's Verwendung ald Notenfeger in ei⸗ 
Anftellung. Salomo Geßner begleitete ſ. „Sifchergedichte und Er⸗ 
Zürich 1787; neuefte Ausg. in den „Schriften“ ıc., Zuͤrich 1794, 3 
ur Vorrede. Inzwiſchen hatte er fich bewegen laffen, nach Augs⸗ 
dres Klofter zuruͤckzukehren. Aber man hielt nicht, mas man ihm 
ec ergriff zum zweiten Dale bie Flucht und wurde von feinen ſchwei⸗ 
nden gern wieder aufgenommen. Seitdem warb er Lehrer an ber 
in Aarau und erhielt 1810 einen Ruf als Profeffor nad, Kafan; im 
"kam er aus Rußland zurüd. Sein von ihm felbft befchriebenes Les 
nd (Zürich 1795 — 97, 3 Bde.). In feinen Gedichten, fagt Geßner, 
Charakter; zu befcheiden, wagte er e& lange nicht, fie feinen Freun⸗ 
Aufgemuntert durch ihren Beifall, fuhr er in feinen Beftrebungen 
hte den Landmann In feiner Hütte oder bei feinen Feldarbeiten, be= 
enehmſten Gegenden an Stüffen und Bächen, und entwarf hier feine 
Naher das naive Detail von fo vielen neuen, anmuthvollen Beinen 
er diefe Wahrheit, diefe feifche, weine, wahre Farbe: überall ficht 
te Gefühl für das ſittlich Schöne, überall die feinfte Bemerkung je 
tder Natur. 
je, ein Eünftliches Metall, eine Mifchung aus Kupfer und Meſſing, 
n, Kupfer und Wismuth, woraus Bildſaͤulen und andre Kunſtſachen 


m. 
zino (Angelo), ein Maler der florentinifchen Schule und Nachah⸗ 
ael Angelo, der um 1550 biühte, viele Portraitd malte und auch in 
hen Bildern fich durch herrliche anmuthige Köpfe auszeichnete. Eins 
teften Gemälde befindet ſich in der Kirche Sta.⸗Croce in Florenz; es 
im Limbus dar und foll durch Köpfe, unter denen viele Portraits feis 
nd Zeitgenoffen waren, Sruppirung und Colorit ausgezeichnet, aber 
e Kälte und Manier fein. Auch hat man bie Nadtheit der Figuren 
ftarb zu Florenz 1570. 
iren. Dieſe Kunft beftcht darin, dag man Bildſaͤulen, Büften, 
Beräch einen Überzug gibt, wodurch fie das Anfehen erhalten, als 
Bronze. Die Farben, die man dem liberzuge gibt, find willkuͤr⸗ 
ic, nimmt man Boldpulver dazu. Zu dem Ende reibt man Gold: 
ungfernhonig auf einem Steine fo lange, bis das Gold in bie allere 
lchen zermahlen iſt. Jetzt thut man dieſe Mifchung in ein Geſchirr 
wodurch ber Honig aufgelöft wird und das Goldpulver zu Boden 
ſchuͤttet man das Wafler ab und läßt das Pulver trodnen. Man 
mit Muſivgold, welches aus Zinn und Quedfilber zuſammenge⸗ 


222 Broſchiren Broſſes 


ſchmolzen, abgekuͤhlt, gepulvert und mit Salmiak und gereinigtem 
einer gleichfoͤrmigen Maſſe gerieben wird. Dieſe bringt man In eine 9 
auf ſich, bei verftärktem euer, das Quedfilber mit ben Ammoniı 
miaks verflüchtigt, das Zinn aber, mit dem Schwefel und der Satıfi 
Art.von Kalk verbunden, als ein matt goldenes Pulver zuruͤckbleibt. 
der Maffe ein röthliches Anfehen geben, fo kann man fle mit etwas 
fammenteiben. Außerdem gebraucht man zum Bronziren einen befoı 
den man aus Animagummi und Leinoͤl macht. Diefen Firniß flreich 
mit einem Pinfel über bie ganze Oberfläche, die ntan bronziren will, : 
trocknen, doch fo, daß er noch einigermaßen klebrig bleibt. Dann 
ein Stuͤck weiches Leder um einen oder zwei Finger, taucht fie in das 
reibt dies forgfältig ein, oder, was noch vorzuziehen, man breitet das 
einem weichen Haarpinfel auf dem Hebrigen Überzuge aus. Dann 

das Ganze, um ben Staub abzuhalten, und läßt e8 fo trodum. Zu 
etwa Iofe Boldpulver mit einem weichen Pinfel abgekehrt. Das 8 
Holzes fodert eine eigenthimliche Vorkehrung. Man reibt berliner B 
gelb, Umbererde, Lampenruß und Pfeifenthon einzeln mit Waſſer 
und mifcht fie in einem Geſchirr in ſolchen Verhäftniffen, role die gewuͤ 
es fobert, zufammen. Das Holz muß vorher polirt und mit einem ı 
Firniß, wozu man Lampenruß gethan hat, überzogen werben. Ra 
Überzug getrodnet ift, trägt man erft zu zwei verfchiebenen Malen t 
[hung auf. Wenn auch diefe volllommen troden iſt, bringt man I 
ſchriebene Bronzepufver mit einem Pinfel darauf, veibt und polict dal 
überzieht dies hiernaͤchſt mit einer binnen Lage fpanifcher Seife. End 
les mit wollenen Lappen abgerieben. Will man Eifen bronziren, fon 
her fo ſtark erhigt werben, daß man es nicht in der Hand halten kann. 

Broſchiren heißt beiden Seldenwebern, vielfarbige Blumen 
ftoffe einweben, brofchirte Arheit; auch wird das bloße Zufammenheftei 
broſchiren genannt. 

Broffes (Charles de), erfter Präfident im Parlament von 
geb. zu Dijon 1709, beſchaͤftigte fich mit dem Rechtöftubium, obn 
Künfte und Wiffenfhaften aus dem Auge zu verlieren, zu denen er v 
hatte. Die genaue Bekanntſchaft mit dee roͤm. Gefchichte erzeugte da 
in ihm, Italien (1739) zu beſuchen. Bei feiner Ruͤckkehr gab er f. | 
den jegigen Zuftand ber umterirdifchen Stadt Herculanum“ heraus (X 
Zehn Fahre darauf erfchien f. Abhandlung über den Fetiſchdienſt. A 
Einladung, ber fein Jugendfreund war, fchrieb er (1756) eine „A 
Seereiſen nad) Auſtralien“. Man glaubte Damals an ein ſuͤbliches 9 
de Broffes den Namen Dagellanien beilegte und deffen Nichtbafein er 
bewiefen wurde. Diefem Werke folgte eine Arbeit ganz andrer Art 
Umfang und die Mannigfaltigkeit ber Kenntniffe Ihres Verfaſſers bewe 
handlung Über die mechaniſche Bildung der Sprachen. Sie enth. 
hen Mängeln viele neue und tiefe Unterfuchungen, geiftreiche Vermu 
Anfichten; zugleich befchäftigte fich be Broffes fein ganzes Leben hindꝛ 
Arbeit, die in den Augen ber Gelehrten nicht mindern Werth haben 
hatte den Entfchluß gefaßt, den Salluſt zu überfegen und die kuͤck— 
ſchichtſchreibers auszufüllen. Zu diefem Behufe brachte er Über fiebenhr 
ftüde des Saltuft zuſammen, aus denen er mit beträchtlichen Einfd 
Geſchichte des 7. Jahrh. der römifchen Republik mit bewundernswuͤr 
ſamkeit zufammenfegte: ein Werk, welches noch mehr Beifall wuͤrde 
ben, wenn das Verdienft des Styls mit der Tiefe und dem Scharflin 
forfhungen übereingeftimmt hätte. So zeitraubend diefe verfchlede 


Brot Brotbaum 2233 


nderten fie doch de Broſſes nicht, auch feinen Ämtern treu vorzuftehen. 
7. Seine binterlaffenen Handſchriften find während der Revolution 


mgen. 

Schon in dem früheften Alterthume finden wir den Gebrauch ber 
Samenbörner als Nahrungsmittel. Der unbequeme Genuß der Koͤr⸗ 
e die Ratur gab, bewog ben Menſchen, auf Mittel zu finnen, ſich 
erleichtern. So entftand nach vielen Verfuchen das Brot. So leicht 
itung beffelben zu fein fcheint, fo muß es doc) lange gebauert haben, 
ı einer gewiſſen Vollkommenheit barftellte. Man zerrieb erft die Koͤr⸗ 
Steinen und machte aus dem davon erhaltenen Mehle ober Schrote 
d Waffer einen Brei, ober getrodinete fefte, ſchwer verdauliche Ku⸗ 
ift noch die Dauptnahrung der Karavanen, bie In Nordafrikas Wuͤ⸗ 
b Süter transportiren. Auch bie Carthaginenfer aßen fein Brot und 
den Römern daher [pottend pultiphagi (Breieffer) genannt. Nach 
ben, vielleicht auch durch ein Ungefähr, kam man darauf, das mit 
ifhte Mehl in Gaͤhrung zu feßen, welche die klebrige Eigenfchaft 
gänzlich zerftört, den Geſchmack verbeffert und die Maſſe fähig macht, 
wohlſchmeckendes, leicht zu verbauendes und mithin gefundes Brot 
Das Verfahren beim Brotbaden ift folgendes: Man Enetet etwas 
ver durch eine ihm eigne geiftige Gährung aufgequollen und locker ges 
nd dadurch einen fauern, aber geiftigen Geruch befommen bat und 
äßt, unter bie große Maſſe des neuen Teiges; hierdurch entfleht In 
iderm Grade eine verwandte Gährung. Der ganze Teig wirb locke⸗ 
ckelt ſich darin viel Luft oder Gas, welches, da die Zaͤhigkeit des Tei⸗ 
gaͤnzliche Entbindung unmoͤglich macht, Augen, d. h. eine Höhlen, 
singt, ihn hebt und auftreibt; dies nennt man das Gehen des Tels 
fem Zuſtande wird der Zeig in ben geheizten Ofen gebracht, mo 
bes Badens die in den Höhlen eingefchloffene Luft und das geiftige 
ı die Hitze noch mehr ausdehnt und bewirkt, daß das Brot lockerer 
n den Waffen, die nıan aus ungebadenem Teig erhält, ganz ver» 


im Abendmahl, f. Hoftie. 
baum, ber, in Oſtindien und beſonders auf ben Inſeln der Suͤdſee 
‚ von Englänbern in neuern Zeiten auch nach Weſtindien verpflanzt, 
Bräße einer mittelmäßigen Eiche, feine Blätter find anderthalb Fuß 
halten einen milchichten Saft; die 20 — 30pfündige Frucht, die 
Artocarpus L.), ift groß, lang, mit Budeln befegt und gelb von 
fe Frucht wird vor der Reife abgenommen, zerſchnitten, in Blaͤt⸗ 
und auf heißen Steinen geröftet, nach welcher Zubereitung fie wie 
qmeckt und als Brot genoffen wird. In jedem ber verwachſenen 
fiedt ein Länglicher, oben mit einem langen Haar verfehener Samen- 
sch diefe Kerne fnb eßbar. Sie gleichen den Kaflanien und werden 
in der Afche gebraten. Forſter fand den Gefchmad der auf diefe Art 
Seotfruscht völlig mie die Krume von Weizenbrot mit Kartoffeln vers 
a weiß felbft Leckereien aus Brotfrucht zuzubereiten. Das Holz, be- 
mebelten Baums, iſt gelblich und diene zu allerlei Kunſtſachen. Aus 
berden Zeuche verfertigt. Die Blätter geben Servietten und Tiſch⸗ 
wickelt auch bie Frucht darein. Der Saft, ber dem eingefchnittenen 
gibt, mit Kokosmilch eingelocht, einen guten Vogelleim, mit 
und Eiweiß einen feften Kitt. Die trockenen Bluͤthenkaͤtzchen 
ald Zunder. Die Vermehrung und Fortpflanzung bes Brotbaums, 
‚70 Sahren feine volle Größe erreicht, geſchieht durch Samen, durch 


224 Broturtheil Brouffonet 


Ableger und abgefchnittene Zweige. Während feines Flors trägt er fo reich 
ein Menſch von drei Brotbäumen acht Monate lang leben ann. 
Broturtheil oder die Probe des geweihten Biffens, ſ. Ordali 
Brotverwandlung, Zransfubflantiation, f. Abenb 
Brougham, ausgefprochen: Bruhm oder Brohm (Henry), 
London um 1779, Mitglied des Parlaments, der koͤnigl. Gefelifchaft ı 
don, Advocat und Mitarbeiter an bem „Edinburgh review”, hat 
Ruhm eines der größten Redner der Oppofitionspartei durch die Kraft u 
digfeit feines Ausdruds erworben. Seine Sprache ift gewählt und fd) 
fein Vortrag feurig ohme Übertreibung, indem er bei aller Kuͤhnheit der 
lung ſich doch flets in den Schranken der Maͤßigung hält. Weil er, alle 
zungen des Vortheils oder des Ehrgeizes widerſtehend, ſich die allgemeine 
erworben hatte, fo wählte ihn die verft. Königin Karoline von England | 
vor bem Oberhaufe verhandelten Proceffe zu ihrem Rechtöbeiftand (Coum 
unternahm nichts gegen feinen Rath. Er vertheibigte fie mit flandhafte 
und erfchütterte zulegt noch die britiſchen Pairs durch eine der kuͤhnſten Ape 
die man in ben Annalen ber britifchen Beredtſamkeit kennt. Schon bei der 
parlamentarifchen Verhandlungen über die Königin (damals Prinzeffin u 
118) und bei jenen über bie Civilliſte der Prinzeffin Charlotte hatte er * 






Freimuͤthigkeit ausgezeichnet. Außerdem erkannte man ſein ausgezei 
dienſt in dem Bericht uͤber das engl. Armenweſen und in ſeinen Vorſch 
Errichtung von Armenſchulen an. Bekannte Werke von ihm find: „Zeei 
tiber die Colonialpolitik der europ. Mächte” (1803, 2 Bde.), worin er 
auffodert, Frankreich zu der Wiederoberung von Domingo beizuftehen; 
Zuftand der Nationen”, in mehren Ausgaben , nebft andern im Pa 
tenen und gebrudten Reden, und mandyen Entdedungen im Gebiete 
bie feine Lieblingsbefchäftigung if. 1826 wurde er nicht wieder ins 
gewählt. | 
Brouffonet (Pierre Marie Augufke), Arzt und Naturforff 
zu Montpellier 1761, ſtudirte Naturgefchichte, namentlich Zoologie, 
er zuerft in Frankreich das Linne’fcye Syſtem einführte. Er machte 
fen Verſuch in einem Werke über die Fifche, von dem nur ein Heft erſch 
„Ichthyologiae decas I." (2ond. 1782). Nach drei Fahren kehrte er 
ris zuruͤck, wo ihn Daubenton, obgleich ein Gegner Linné's, zu feinem 
tretee am College de France und 1784 zu feinem Gehätfen in der 
ſchule ernennen ließ. Brouffonet übergab indeß der Akademie mehre fi 
bandlungen und warb Mitglied derfelben. 1785 ward er Secretalr 
Ackerbaugeſellſchaft, weldye dadurch einen neuen Schwung befam. 
Arbeiten für diefe Sefeufchaft gab B. das für den Landmann fo nägliche 
rurale ou Calendrier & l’usage des cultivateurs” heraus. Auf fi 
wurden die erſte Dierinoheerde aus Spanien, und aus der Levante 
nad) Frankreich gebracht. Dabei fand er noch Zeit, Forſter's „Geſchichte!l 
dedungen und Reifen im Norden‘ zu überfeßen. 1789 ward er, In bel 
collegium von Paris gerufen, zum Mitgliede der Nationaiverfammiung | 
Hier machte er ſich wenig bemerktich ; nad) Eröffnung des Convents gu 
nad Montpellier zuruͤck, wo er nach dem 31. Mai als Girondiſt und eı 
Mitglied bes Infurrectionsconvents, welcher zu Bourges verfammelt werd 
verhaftet wurde. Er rettete ſich nach Madrid, wo die Botaniker Ortega u. (& 
ihn hülfreicd) aufnahmen, die ausgemanderten Royaliften ihn aber vertreibe 
Joſeph Banks, der feines Freundes Zuftand erfuhr, ſchickte ihm einem Gi 
von 1000 Louisd’or, mit welchem Brouffonet auf einem engl. Schiffe ı 
bien gehen wollte. Ein Sturm zwang das Schiff, in den Hafen von Liſſ 














Brown (Georg v.) Brown (3ohn) 225 


Ungeachtet bed Anſehens des Herzogs von Foens, der ihn verborgen 
en ihn neue VBerfolgungen aus biefem Zufluchtsorte. Er durchirrte Al⸗ 
) Anbalufien und ging endlich, unter bem Namen bes Arztes bes ame: 
Gefandten zu Marokko, nad) Afrika über. Hier nahm er feine bota= 
adien wieder vor und fanbte mehre Sammlungen an Banks. Nachdem 
Imigrantenlifte geftrichen tworden und nach Frankreich zurückgekehrt war, 
a Conſul zu Mogador und zum Reifenden des Inftituts ernannt, beffen 
:, den Statuten zuwider, troß feiner Abwefenheit geblieben war. Er 
iner Samilie als Conſul nady den canatifchen Infeln und verwaltete baf- 
auf dem Gap, als der Minifter Chaptal, fein Verwandter, ihn zum 
er Botanik zu Montpellier ernannte. 1805 ward er Mitglied des ges 
a Körpers. Im Juli 1807 ſtarb er in Folge eines Falles, der die Wirs 
mı bervorbrachte, daß er alle Namen und Subftantiva vergaß; die Ad» 
wegen, mit deren Hülfe er die Gegenftände bezeichnete, boten fich ihm 
a Menge dar. Er hat Bandfchriften von großem Werthe hinterlaffen. 
zw (Georg von), ein Irlaͤnder, geb. ben 15. Juni 1698, vollendete 
kun zu Limerid und trat in feinem 27. J. in kurpfaͤlziſche Kriegsdienſte. 
Jer als Capitainlieutenant in xuff. Dienfte, wo er gleich anfangs durch 
& Entfchloffenheit eine Meuterei unterdrüdte. An allen Kriegen, bie 
son jener Zeit an bie 1762 führte, nahm er ehrenvollen Theil. 1739 
Wi Arosa in tuͤrkiſche Gefangenfchaft und ward dreimal ald Sklave vers 
Der franz. Geſandte in Gonftantinopel verfchaffte ihm feine Freiheit wie 
ıwar fo gluͤcklich, einige Pläne des Divans zu entbedien, mit denen er 
burg eilte. Dafür wurde er Generalmajor. Im fiebenjährigen Kriege 
ki Zorndorf von ben Preußen gefangen, befreite fich aber, und warb fo 
B, def er nicht wieder zur Armee gehen konnte. Peter III. ernannte ihn 
eſchall, und er follte unter ihm in dem gegen Dänemark befchloffenen 
iren. Brown erkühnte fi, dem Monarchen zu fagen, daß die⸗ 
ungerecht als unpolitifcy wäre, worauf ihm Peter befahl, feinen 
Wiss Reich zu verlaffen. Ehe er aber abreifte, ließ der Monarch den 
im cufen , beftätigte ihn in feinen Würden und ernannte ihn überdies 
dereut von Liefland, wo er 305. blieb und viele nügliche Anftalten traf. 
Wh II. erhob ihn zum Reichegrafen. Einige Fahre vor feinem Ende 
Aers wegen von Katharina II. feinen Abſchied, allein die Raiferin gab 
Iawert: „„Dert Graf, nichts kann uns trennen ald der Tod.“ Diefem 
Ver größten Gelaffenheit entgegen. Zwanzig Sahre vorher hatte er fich 
u Sarg machen laffen, ben er öfters befah, ſowie er fich auch jährlich) 
ment vorlefen ließ. Er flarb am 18. Sept. 1792 im 95. J. 
wa (John), Stifter des nach ihm benannten Bromnianismus in 
a, geb. 1735 ober 1736 zu Buncle in der Grafſchaft Berwick in Schott: 
I ſchon früh ungewöhnliche Talente, weßtwegen ihn feine Altern, die von 

waren, von einem Weber, bei weichen er die Kehrjahre aushal⸗ 

en und ftudiren laffen wollten. Er kam in feinem 16. Jahre 

hen Dunfe auf die Inteinifhe Schule, wo er durch außerordent: 

J alle feine Mitfchüler übertraf. In der Exrntezeit verdung cr fich ale 
. una fidh dadurch die zu feinem Studiren nöthigen Mittel zu verfchaffen. 
und Geſchicküchkeit erwarben ihm die Stelle eines Unterlehrers an ber 

Damals ging fein Plan dahin, Religionslehrer der Separatiften zu 
B deren Secte feine Ältern und auch er fich hielten, und deren vornehmite 
k Beranlaffung gegeben hatten, daß er auf die Schule fam. Ein Be: 
denſer Pfarrkirche, wo er ben Gottesdienſt abwartete, zog ihm ben Un: 
t Geperatiften zu und veranlaßte feinen Übertritt zur herrfchenden Kicche, 
der. Siebente Aufl. Bd. Il. 15 











226 Brown (3ohn) 


Um Mebicin zu fudiren, ging er endlich nach Edinburg. Hier erwarb 
durch Überfegungen, auch wol durch Verfertigung der Inauguraldisput 
für die Studenten und durch Unterricht in der lateiniſchen Sprache feinem! 
unterhalt, und befuchte zugleid) die medicinifchen Vorlefungen, welche er ı 
befam. 1765 verheicathete er fid) und nahm Stubenten in die Kofl, ı 
größern Aufwand feines Hauſes beftreiten zu Eönnen. Im Anfang entfp 
Erfolg feiner Erwartung ; allein er lebte auf einem zu großen Fuße, und 
Banquerott. Die mebicinifchen Vorleſungen befuchte ex dabei zehn bis ch 
fang unaußsgefegt. Der Prof. Eulen übertrug ihm den Privatunterricht i 
Familie, unterftügte ihn auf alle Art und erlaubte ihm fogar, Abenbvor 
zu halten und in diefen feine eignen Morgenvorlefungen zu toiederholen, A 
ihm felbft feine Hefte anvertraut. Nach und nady entftanden jedoch zwiſq 
den Männern Mißhelligkeiten, die endlich zu offenbarer Feindſchaft führten 
nad) diefem Bruch mit Cullen trat Brown mit feiner neuen Theorie ber HU 
hervor, und gab 1779 ſ. „Elementa medicinae” heraus, worüber er ı 
lefungen hielt. Er gerieth darüber mit allen Lehrern der Mebicin in 
in Feindſchaft, und die mitunter freie Aufführung Teiner Anhänger, unter k 
denten, fowie der anmaßende und beleidigende Ton, in welchem er ve 
Andern fprad), brachten das Syſtem nebft feinem Urheber in fchlechten R 
Mat (1776 und 1780) wurde Brown zum Präfidenten der mediciniſch 
fchaft gewählt. Zu St.⸗Andrews in Schottland, wohin er unter Begf 
ler Freunde ging, nahm er die Doctorwürde an. 1782 und 1783 
Profefforen und alle Ärzte in Edinburg von Brown's Anhängern fo g 
die dadurch angeregten Streitigkeiten nicht felten in Duelle Übergingen. 
fprady von der Gelehrſamkeit, den Talenten und dem Syſtem ber nad 
Drofefforen mit der größten Verachtung. Dagegen follten audy bie. 
nicht einmal in ihren Differtationen Stellen aus Brown's Schriften. 
1784 ftiftete er, um ſich Anhänger zu machen, die Freimaurergeſellſchaß 
zum röm. Adler genannt. In feinen Vorlefungen war er gemeiniglich RW 
und gerieth oft in großes Feuer. Won einer folchen Stimmung fchreiikt 
Ausruf des bekannten, nachher oft als Machtfpruch angeführten: Opium 
non sedat! her. Bisweilen, wenn er ſich mit vieler Anſtrengung beſtech 
Zuhörern die Srunbfäge feiner Theorie recht lebhaft vorzuftellen, und 
matt fühlte, pflegte ex ſich dadurch wieder zu ermuntern, daß er 20 bis £ 
Laudanum in einem Safe Rum nahm und diefe Gabe 4 bie 5 Mat 
Vorlefung wiederholte. Hierdurch wurde feine Einbildungstraft bie 
finm erhöht, feine Gefunbheit aber gänzlich untergraben. Gein Eifel 
Vorlefungen hielt nicht lange an, und in eben dem Verhaͤltniſſe wurden 
Schüler faumfeliger. Endlich am er Schulden wegen ins Sefängniß; 
feine Schüter feine Vorleſungen noch befuchten. 1786 zog er nach 2 
ging aber dort nicht beffer. Vorleſungen über fein Syſtem wurden ung 
angekündigt, kamen aber nicht zu Stande. 1787 gab er feine Wei 
über die alten Syſteme der Phyſik heraus. Er lebte nad) gewohnter U 
Selbſt feine beften Freunde mußten ſich feiner ſchaͤmen und zogen ſich uf 
zuruͤck. Mit der Iebhafteften Gewißheit fprach er von dem TriumphezJ 
Spftem endlich erhalten wuͤrde, that aber felbft wenig dabei. Im Det. IE! 
er in der Nacht am Schlagfluffe, nachdem er den Abend vorher noch engl 
Gabe Opium zu fi) genommen hatte. Edinburg nahm fid) ber hun 
Familie an. Wie jede neue Theorie, zumal wenn fie der bisher gangban 
gänzlichen Umſturz droht, großen Widerſpruch findet, fo ging es auch bet 
[hen Lehre. Der üble Ruf, in welchem der Urheber in feinem Voteriami 
feine Feindſchaft mit Eulen, Monro, Duncan u. X. m., von bern U 


















* 


Anganger, deonoets UNIFT DEM Siudenien, ven noch ungevuoeten 
t unter ben Nichtaͤrzten; allein er erregte auch den Kampf zwiſchen 
m und ihren Gegnern, welcher in der Folge auf eine Art geführt 
Biſſenſchaft weder Ehre noch Gewinn brachte. Wie aus den Ber: 
} yſchen Spftems durch die Bearbeitung der deutfchen Ärzte 
; atſtand, und biefe endlich dutch die neue Naturphilofophie 
2, daruͤber ſ. Naturphilofophie und Erregungstheorie. 
€ (Marimilian Ulyſfes, Graf von), £. k. Generalfeldmarſchall, 
705. Sein Vater, Ulyfjes von Browne, verließ 1690 als Anhaͤn⸗ 
DJakob II. Irland, ward kaiſerl. Oberfter und ſtarb 1721. Der 
m Jugend auf bei dem kaiſerl. Heere, zeichnete ſich im italienifchen 
8 in den Schlachten bei Parma und Guaftalla aus, und wurde 
Halllieutenant und Beifiger des Hofgerichtd. In dem fchlefifhen 
B. feiner Monarchin mit Einficht und Eifer; dann gewann er den 
5 gegen die Franzoſen die Schlacht von Piacenza, nahm ben Pa 
sin und machte fi zum Meifter von Savona. 1752 erhielt er 
nent der Stadt Prag, fammt der Oberbefehlshaberftelle über alle 
Böhmen, und ward 1756 Feldmarſchall, als König Friedtich II. 
nad) Böhmen zog. B. verlor zwar die Schlacht bei Lomofig, den 
drang aber bennody fieben Tage nach derfelben gegen Sachfen vor, 
Pirna und dem Königftein eingefchloffenen ſaͤchſiſchen Kriegsvoͤlker 
diefen Zweck erreichte er nicht; indeß zwang er bie Preußen, Boͤh⸗ 
1, wofür er mit dem goldenen Vließ belohnt wurde. Als Friedrich 
n Macht von in Böhmen eingedrungen war, lieferte B. den 
te Schlacht bei Er mußte das Schlachtfeld räumen, wurde 
det nach Prag gebracht und flach im Juni 1757, mit dem Ruhme, 
4 II. feinen Lehrer nannte. 

e, Browniften, f. Independenten. 

(Sames), geb. 1730 zu Kinnaird in Schottland und erzogen in 
ıfe von Kondon, erregte ſchon früh große Hoffnungen. Nach Voll 
Stadien war er Willens, ſich als Rechtsgelehrter in Schottland nies 


nm Alla Mau au ch Bam in FR Anka mac Ancham mn 


228 Brud) 


hielt fich aber noch einige Zeit in Stalien auf, um bafelbft die herrlichen Den 
des Alterthums kennen zu lernen. Gein Aufenthalt in Algier war nid 
Schwierigkeiten und Gefahren. Nach mehren Reifen fowol in bas San 
Afrika als an den mittelländifchen Küften ging er 1767 nach Afien, beſucht⸗ 
bed unb Palmyra, und Lehrte kraͤnküch nach Aleppo zuruͤck. Hier 
beſonders mit den Heilkräften der Natur bekannt, da ein Arzt in jemen 
die er zu bereifen fich vorgenommen hatte, in vorzüglicher Achtung flcht, 
Fruͤhling 1768 ging er nach Kairo, von wo er gegen Ende deffelben Jahe 
Lauf des Nils firomaufwärts verfolgte. Er kam jedoch zu Waſſer nicht wei 
Spene, kehrte nad) Kenne zuruͤck und benutzte eine Karavane bis Koffels 4 
then Deere, von mo aus er an Arabiens Kuͤſte bis Jedda fegelte, welches 
Sammelplag der Waaren aus Indien für Mekka und die benachbarten 
flimmte Hafen ift. Hier hielt er fidy einige Zeit auf, fleuerte dann an 
bin bis zu der Meerenge am Ende des rothen Meeres und kehrte im Get, 
nad) Maſnah zurüd, einer Heinen Inſel an der afritan. Küfte des rothen fl 
nahe an Abyffinien. Bon Mühe und Gefahren umringt er bie 
Abyſſiniens Hauptſtadt, vor, wo er ſich unter dem wildeſten efan 
noch gefehen hatte. Es hatten fich erſt Eürzlich in diefem Lande bie Blat 
breitet, und Bruce erwarb fich durch Anwendung der europdifchen Vehuukl 
ſowol bei Hofe als beim Volke großes Anfehen. Er blieb über 3 Jahre 
finien, befuchte die Quellen bes Nils und brachte ein ganzes Jahr damit 7 
Reife noͤrdlich durch Nubien und bie ungeheuern Wuͤſten, welche diefes 
Ügppten trennen, nad) Alerandrien fortzufegen, das er im Mai 1773 
Nach einer Abwefenheit von 11 Sahren Lehrte er nad) Schottland zur 
thete zum zweiten Mai und fchien fich allen literarifchen Arbeiten entzeg 
ben, als ihn der Tod feiner Gattin 1785 veranlaßte, Troſt für feinen 
ber Befchreibung jener Länder zu fuchen, die er durchwandert hatte. 
ſchreibung erſchien 1790 in fünf Quartbänden. Bier Jahre nachher il 
Sturz von einer Treppe fein Leben. Bruce war groß und ſtark gebaut f 
einnehmender Bildung. Sein Eraftvoller Körper ertrug Anſtrengungen 
behrunden ohne Mühe; Fühn in feinen Unternehmungen, gewanbt im 
lichen Übungen, rubmbegierig und eitel, braufete fein heftiges Gemuͤch 
Born und Argwohn auf; mit Kenntniffen mancherlei Art, mehren nf 
Alten Sprachen ausgerüftet, entbehrte er jedoch jenen ruhigen, 
Blick, der den Mann von tiefem Gehalte verkündigt. Seine Behaupt 
Athiopien der Sig der Älteften Auftidrung, daßdie Falaſha, Agavs und Tg 
vom Ambara und Gafat urſpruͤnglich Abkoͤmmlinge aus Paldftina min 
Theorien über den Urfprung der Künfte, Wiffenfchaften und der Handu 
Erzählung von der Erbauung von Arum, Meroe und heben und ber 
ſchichte Abyffiniens fcheinen zwar bes gelehrten Hartmann Urtheil im „WM 
rechtfertigen, daß Bruce bei vielen merkwürdigen Berichten häufig auch I 
Wahrheit gibt, ſich oft widerfpricht und den Schein von Kenntniffen anal 
ihm fehlen, fodag fein Werk nur mit Vorficht gebraucht werben inne. 3 
fi) in den neueften Unterfuchungen der Reifenden Manches bewaͤhrt, ! 
behauptet hatte, und es ſcheint natuͤrlicher, anzunehmen, daß fein w 
barin befteht, daß er Dinge als eigne Erfahrung erzählt, welche er nur v 
hörte, durch die er getäufcht wurde. — Über Michael Bruce, der 
freiung Lavalette'& eine Hauptrolle übernommen hatte, f. LRavalette. 
Bruch (mebicin.). 1. Hernia, eine Krankpeit bei Menſchen unb.i 
da aus irgend einer Döhlung des Körpers ein Theil der barin enthaltene: 
tveide heraustritt. Die gewoͤhnlichſten Brüche kommen am Unterleibe Dogg 
ein Theil der Gedärme und des Netzes durch eine Erfchütterung ober Aufl 




















Brüde 2829 


8 feiner Lage gebracht wird und ſich abwärts ſenkt, bie innere 
eritonaeum) vor fich her und nad) außen durchdraͤngt, und mit der 
me Gefchwulſt bilbet, die anfangs klein ift, in der Folge aber immer 
e mehr die Gedaͤrme vortreten. Man benennt die Brüche des Un: 
eben, theils nad) dem Orte, als Leiftenbruch, in den Dünnen, wel 
fogenannten Bauchring heraustritt; Schenkelbruch, der an ber in: 
Schenkels hervortritt; Nabelbruch, wo die Theile durch die nicht 
abelöffnung fich hervorbrängen; theild nad) dem, was fie ent 
beuch, Netzbruch, Windbruch. Der Leiftenbrudy kommt am öfter: 
ın wird anfangs bloß eine kleine Geſchwulſt von der Größe einer 
ſtens nach irgend einer Anftrengung oder Erfchätterung, in den 
xx, die zuweilen von ſelbſt oder doch jedesmal im Liegen bei gelindem 
verfchtwindet, aber Immer wiederkommt und immer größer wird. 
ıben Urfachen find Erfchlaffung und Schwäche der Aufern Haut und 
kein, daher auch Brüche jest viel häufiger find als ehedem. Hefti⸗ 
Uen, Sprünge u. ſ. w., felbft Blähungen und bei Kindern heftiges 
sen Veranlaffung dazu geben. Der angeborene Bruch kommt auch 
vern, beſonders bei Knäbchen vor, die ihn gleich bei der Geburt an 
Yer Waſſerbruch gehört nur ber Benennung wegen hierher, indem 
nhaͤufung wäfferiger Feuchtigkeiten in der Scheidenhaut eines Teſti⸗ 
Samenſtranges iſt, und auch bei Kindern oft vorkommt. Jeder 
efchrwerlicher Zufall und kann, wenn er vernachläffigt wird und ſich 
zu Einklemmung deffelben, wenn er nicht wieder zuruͤckgeht und 
erſtopfung des Stuhlgangs verurfacht, oft Weranlaffung gibt, gar 
yrurfachen. Das Beſte ift, den Bruch fo bald als möglich wieder 
n und ein Bruchband zu tragen, welches ihn verhindert, fich wieder 
m. Man hat aud) den Hirnbruch bei Kindern, wo das Gehirn fid) 
a Magenbruch in der Magengegmd. — 2. (Fraotura.) Knochen: 
ıng des Zuſammenhangs der Knochen. Öfter trifft es die Möhren: 
Armbruͤche und Beinbruͤche am bäufigften vorfommen. Zur Beis 
kche gehört, daß die Theile zuvoͤrderſt wieder in bie richtige Lage ge» 
i dem langen Knochen ducch Ausdehnung des Gliedes gefchieht, und 
nden und Schienen fo lange darin erhalten werben, bis der aus den 
asſchwitzende und fie wieder verbindende Knochenfaft (callus) vers 
H 


. Es iſt gefragt worden, ob die Alten Bogenbruͤcken gehabt, oder 
aus bloßen gerablinigten Verbindungen zufammengefegt geweſen 
ie ſich nicht leugnen, daß die Griechen fchon Gewölbe und Dome 
das Wort Tholos bedeutet zuvertäffig einen Dom ober ein Zimmer 
ei, Tholos nannte man den Speiſeſaal, worin die Prytanen ſchmau⸗ 
t man noch Bogen und Gewölbe in den liberreften der alten griechi⸗ 
iſchen Baukunſt, und die herrlichen Wafferleitungen beweiſen, daß 
rdings in Gewoͤlben zu bauen verflanden. In ben neueften Zeiten 
ders In England bie Pollham'ſche Theorie der Bruͤckenwoͤlbung auf 
ausgeführt. Smeaton, Telford, Darby, Paine und Walker find 
ackenbaumeiſter in England. Die neueften und berühmteften Bruͤ⸗ 
find Die Vaufhall⸗, die Southwark⸗ und die Waterloobrüde. Die 
„hen find durchgehends nach der Kettenlinie gewölbt. An Feſtig⸗ 
e berteifft die Waterloobruͤcke alle übrige. Sie befteht aus neun 
men jeder 120 Fuß Spannung und 35 Fuß Höhe hat. Die Bruͤ⸗ 
ı 20 Suß di, von großen Granitbloͤcken aufgeführt. Die obern 
e der Begen (ind zum Theil mit Mauerſteinen, zum Theil mit Exve 


250 Bruͤckenbruͤder Brüder u. Schweftern des freien GBeift« 


‚oder Sand ausgefüllt. Die Brüdenftraße ift 28 Fuß breit und hat noch am 
Seite einen Weg für die Fußgänger von 7 Fuß Breite. Diefe Bruͤcke wi 
jeder Rüdfiht als ein Triumph der neuern Baukunſt angefehen. Die in 
Art, und befonders aud) wegen ber weiten Spannung ihrer Bogen ebenfo 
wuͤrdige eiferne Southwarkbrüde hat nur drei Bogen, ben mittlern zu 240; 
die beiden aͤußern, jeden zu 210 Fuß Spannweite. Das zu derfelben x 
Eifen wiegt 11,200,000 Pfund. — Unter den großen deutfchen Brüden 
befonders die Dresdner Eibbrüde von 17 Bogen und 1100 Zug Länge & 
reich verzierte, 1790 Zuß lange Brücke über die Moldau zu Prag genannt 5 
den. — In neuerer Zeit benugte man das Princip der Kettenlinie auf HE 
brüden, und führte die unvollfommene Idee, welche rohe Völker in M 
Amerika ſchon lange gehabt hatten, aufrichtige Srundfäpe zurid. Dany 
durch einer Curve, der Kettenfinie, eine große Anwendung und Brauchbartäg 
ftelite endlich dadurch in kurzer Zeit und mit verhältnifmäßig geringen 
Brüden von fehr bedeutende. Ausdehnung her. Die Einrichtung dieſer 
brüden ift folgende: An den Ufern zu beiden Seiten des Fluſſes wei 
feftem Grunde Pfeiler von Mauerwerk oder Bußeifen aufgeführt und an’ 
Ketten, deren Glieder mehr oder minder ſtarke und mehr oder minder langt 
gen von gutem Stabeifen find, aufgehängt, fobaß fie die Kettenlinie birbag 
den Pfeilern nach dem Lande zu und mit den Hauptletten in fefter Be 
gehen die fogenannten Landketten; dieſe find, da fie der Laft der Brüden 
ſtehen haben, in dem Grunde feft verankert. Won den Hauptletten ha 
rade und mit jenen verbundene Ketten ſenkrecht herab; fie tragen bie © 
Brüde, welche wiederum durch Querhölzer verbunden find, und auf 
gußeifernen oder hölzernen Belegplatten der Brüde liegen. Letztere find 
eifernen Fahrbahnen verfehen, erftere mit einem Steinpflaftr. Ohne J 
gen laffen ſich diefe Eonftructionen nicht befchreiben. Wir nennen nur & 
vorzüglichften Hänge- oder Kettenbrüden. Die Alteften diefer Art befig 
in China; in England wurde die erfte um 1741 zu Wind in Duchamsfk 
den Fluß Tees errichtet, fie diente aber nur als Laufbrüde für die 
41811 befanden fidy in Nordamerika bereits 8 Kettenbruͤcken; 1813 u 
1000 Fuß lange Brüde über den Werfey in der Gegend von Liverpool g 
fie ift aber bis jett nicht ausgeführt; im Nov. 1816 ward eine Drahti 
437 $. Länge über die Tweed, den Grenzfluß zwifchen England und & 
mit einem Koftenaufwande von 20,000 Pf. Sterl. errichtet; 1817 t 
zwei ähnliche Drahtbrüden über denfelben Fluß; 1818 die 260 5. lange: 
bruͤcke zu Dryburgh, und 1820 die 361 $. lange und 18 8. breite Uni: 
brüde zu Nochamford über die Tweed; legtere Eoftete nur 5000 PR 
warb die Landungsbrüde zu Newhaven bei Edinburg von Ketten errichtet 
merkwuͤrdiger ift die Hängebrüde über die Meerenge Menay, weldye Angie 
Wales trennt. Telfort baute fie 1825. Die größte Länge der 16 Kettet 
1600 Fuß; die Brüde hat zwei Fahrwege und einen Fußweg. Sm t 
Fahren wurden auch auf den Sontinente Hängebrüden erbauet, fo 5. B. HE. 
zu St.:Petereburg, zu Nienburg im Herzogthum Anhalt:Köthen über bie, 
Letztere ift 275 F. lang und nad) einem ganz von den genannten abe. 
Printipe conftruict, indem fie in der Mitte eine Klappe zum Durclaffen J 
ften an den Kähnen hat. Die eine Hälfte war im Dec. 1825 durd) eine . 
darauf befindliche Menfchenmaffe eingebrochen; jeboch iſt diefer Unglüdie 
aus kein Beweis gegen die Vorzuͤglichkeit folcher Arten von Brüden. 

Brüdenbrüder, f. Brüderfchaften. 

Brüder und Schweftlern bes freien Geiftles nannte 
13. Jahrh. eine in den Rheingegenden entflandene Religiondgefelifchaft, u 


N 
































m, befpönigt haben. Die Spnoden zu Koͤln 1306 und zu Trier 
fen ihren Untergang, und in den Verfolgungen, bie nun Über fie er⸗ 
n fie theild bekehrt, cheils getöbtet ober zerflreut. Ihre Reſte verlo⸗ 
ven Begharden und feinen zum Theil nach Böhmen gekommen zu 
ı während der Huffitiichen Unruhen Ähnliche Separatiften entbedkte. 
tten.) b 
‚wgemeinde (evangelifce) oder Brüderunität, die auch unter 
der Herrnhuter befannte Religionsgefellfchaft. Sie entftand aus 
ber in ihrem Vaterlande verfolgten Söpmifgen oder mährifchen Brü⸗ 
iſche Bruͤder), melde ſich 1722, unter Begünftigung des Bra: 
» auf dem Gebiete feines Ritterguts Berthelsdorf in der Oberlaufig, 
Sfeite des Hutberges, anbauten und ihre Colonie Herrnhut (f. d.) 
6 mehre nachgekommene böhmifdye und mäprifche Auswanderer ben 
ten und die Verſchiedenheit der Coloniften in ihren Retigionsbegriffen 
i einer gemeinſchaftlichen Übereinkunft über fefte Regeln des Blaus 
n6 fühlbar machten, wurden, unter Leitung des ſchon früher von der 
meinde nad) dem Muſter der erften apoftolifchen eingenommenen 
dorf, gewiſſe Vereinigungspunkte feftgefegt, in denen man bie Un= 
been ber verfchlebenen proteftantifchen Glaubensbekenntniſſe, deren 
» hier verfanmmelt hatten, unberührt ließ, nur die Grundwahrheiten 
ams ald Glaubensartitel annahm, und eine nad) den Sagungen der 
ven Bruͤderkirche geregelte Verfaffung und Kirchenzucht einführte. 
amen eines freiwilligen Einverftändniffes nahmen alle Einwohner 
27 diefe Statuten an, und bildeten fo den erften Stamm der Brü: 
16 deren Stifter der von nun an ganz für fie lebende Zingendorf 
em if. Die Nachkommen jener Ausgervanderten, benen bald durch 
Verbote umterfagt wurde, noch mehre ihres Gleichen aus Böhmen 
mfzunehmen, machen, twie leicht begreiflich, nur den kleinſten Theil 
ahiteichen Gemeinde aus. Um baher den verſchiedenen proteftanti: 
overwandten den Zutritt zu erleichtern und bie Einigkeit zu erhalten, 
Hercnhutern 3 Tropen oder Arten des Lehrbegriffs flatt: der mäh- 


252 Brüdergemeinbe 


bindung zur Gottfeligkeit, und haben, obwol Bingenborf8 und Spangen 
Schriften bei ihnen in großem Anfehen ftehen, Eeinen eignen durch beforben 
botifche Bücher feftgefeuten Lehrbegriff. Vielmehr erflärten fie fich, wo die! 
rungen danach fragten, ausdruͤcklich für Verwandte des augsburgifchen Bel 
niffes, und wurden auch) in mehren Staaten dafuͤr anerkannt. Weit inbd 
befannten, oft nur zu fehr ins Sinnliche hinliberfpielenden, aber jet Dur) 
beffern Geſchmack zum Theil veralteten Religionsvorftelungen und | 
ihnen eher im Schwange gingen, als fie an eine zuſammenhaͤngende 
ihrer Glaubenslehre gedacht hatten, fo nahm auch biefe nach und nach einey 
thümliche Beftalt an, welche ſich von dem Lehrbegriffe der proteftantifchen: 
merklich unterfcheidet. Der Hauptcharakter ihrer religisfen Anficht 
daß fie die Religion mehr ale Sache des Gefühle denn ald Sache bes 
betrachten und, infofern fie fubiective Überzeugung wird, fuͤr ein gläubiges 
fen der evangelifchen Wahrheit erklaͤren, dabei aber befonders an gewiſſen 
erfundenen Wahrheiten und den Bildern hängen, in welche das Neue 

Lehre von ber Erlöfung durch Chriſtum einkleidet; befonders halten fir fi 
Idee des Mittleramts Chriſti, und denken ihn am liebften unter dem 
Lammes, das der Welt Sünde trägt. Üübereinſtimmend mit dem Prote 
nennen fie zwar das demuͤthige Gefühl der Shindhaftigkeit den Grundzug 
lichen Gefinnung ; allein dadurch entfernen fie fich von feinem Exnfte, U 
diefem Gefühle eine gewiffe Suͤßigkeit, einen Seelengenuß finden. 
flimmend mit dem Proteftantismuß halten fie die Bibel für Gottes Wert 
die Erkenntnißquelle der Offenbarung ; das aber ift ihnen eigenthämlich, 
die Bibel nur als den Grund einer Offenbarung betrachten, welche der 
der Gemeinde immer fortfege und twieberhole; den chriftlichen Glauben 
innere Emipfindung der Wirkung Jeſu befchreiben, und aud) in ben ü 
lichen Gefühlen diefer Gnadenwirkung eine Erkenntnißquelle der Religlon 
Denn die Lehre von der immerwaͤhrenden Regierung Chrifti über feine M 
ben fie weitläufig ausgemalt und auf alle Lebensverhältniffe angerwenbet. 
dem Heilande erkennen und verehren fie die Gottheit; alle Werke in ber 
und überfinnlichen Welt fchreiben fie ihm zu; im Namen des Heilandes 
Altes, was fie befchließen und unternehmen, und jede bebeutenbe 

von ihnen durch die Worte: „Der Deiland will es“, begründet. Eine 
liche Erklärung feines Willens ift ihnen bie Entſcheidung durch das Loo®, 
ſich in allen Faͤllen einer zweifelhaften Wahl, als bei Amtsbefehungen, 
angelegenheiten, Verheirathungen u. dgl. bedienen. Jedoch bindet das 
Denjenigen, welcher loofet, nicht aber nothwendig auch Die, für welche 
ſodaß ein Mann die ihm durch das Loos zuerfannte Braut, und biefe roieberil 
auf diefe Art ihr angetragenen Bräutigam ausfchlagen kann. Ung 

cher Verirrungen, welche da, too das Gefühl vorwaltet, unvermeidlich find, WM 
jedoch der durchaus praltifche Zweck ihrer Vereinigung, eine Gemeinde 
religiöfer, von den Laftern der Welt abgefonberter, durch Arbeitfanıkeit gemmeil 
ger, äuftiedener und in einer weifen Befchränkung gluͤcklicher Menfchen zul 
ganz den Beifall, den er bei Gutgeſinnten gefunden hat. Dabei haben | 
überall nad ben Umftänden gerichtet und die Lehren der Weltklugheit beokt 
ohne weiche ihre ſchoͤne Idee, eine Chriftokratie, d. h. ein fittliches Meich, tue: 
Chriſtus — zu errichten, nicht in fo großem Umfange zur Ausführung g 
men jein würde: denn jene Anfichten, Phantafien und Bitder, welche ihre | 
gie charakterificen, und nur vermittelft Ihrer Lieder und Lehrvortraͤge in U 
und Andenken erhalten werden, möchten bei den Veränderungen des 
nicht hinreichend fein, die Glieder ihrer Gemeinde zufammenzuhalten, wenn 
für nicht auf das Zweckmaͤßigſte durch eine Bemeinverfaffung und Zucht g 





























kbamgen angehalten werben, zuſammen. ine gleiche Einrichtung 
Mernbans, In ben in dem auch zur Bedienung Feine Mannöperfon zuges 
© größere Gemeinorte haben auch ähnliche Häufer für Witwer und 
mittelte ober in Dienften ftehende Glieder diefer Chöre bürfen fich 
mberer Erlaubniß der Obern, bei ihren Familien und Dienftherrs 
item. Das Ehedyor beſteht aus ſaͤmmtlichen Ehepaaren in ber Ges 
ı zwar in Privathäufern wohnen und ihre Geſchaͤfte treiben, aber, 
isder ber übrigen Chöre, unter ber Aufficht und Berathung der Ehors 
a. Durch diefe Chorbeamten wird bie Ätteftenconfereng jeder Ger 
m, was in den Chorhäufern und Familien vorgeht, in Kenntniß ges 
t, alle Angelegenheiten ber Gemeinde leitende Behörde befteht aus 
heifer, weicher ais ber oberfte Worfteher der Gemeinde den Vorſit 
ıteprebiger und dem Chorbeamten. BBeigeordmet iſt ihr ein Aufs 
‚weiches Über den Nahrungsfonds und die Polizei wacht, auch Strei⸗ 
jet. Beide Behörden machen, mit Zuziehung eines engern Aus⸗ 

ı Gemeinde, bie — Helferconferenz aus, weiche die gewoͤhnlichen 

agelegenheiten in sieht und den beiden obern Behörden 
ung übergibt. Zur Berathung über außerordentliche Angelegenheis 
dh mit diefen Gollegien ein weiterer Ausfcuß um bifbet mit Ihnen 
sth. Die Beamten der Brüdergemeinde find Bifchöfe, meihe die 
m un über die Erhaltung ber kirchlichen Ordnun ung wach, uͤbtigens 
Mimmte Sitze, noch eigne Sprengel oder Discefantechte haden; 
Conseniores eivilea, weichen bie Sorge für bie äußere Verfaſſung 
Iniffe zu den vefpestiven Randesobrigkeiten obliegt; Presbpter oder 
he entweber bei Gemeinden angeftelit find, oder zu Mifftonen ges 
1; Diafonen, welche den Prebigern beigeorbnet find, und Diakonifs 
mit ber Seelenpflege und Berathung des weiblichen Geſchlechts bes 
)er Mittelpunkt der in fo viele Zweige getheilten Aufficyt und Ges 
umge er lebte, der Graf Zinzendorf, welcher der Gemeinde unter dem 
Drbinarkae vorſtand. Aus den ihm zur Huͤlfe beigegebenen Biſchoͤ⸗ 
m bildete ſich ein Gollegium, welches umter bem Namen unitaͤte⸗ 





236 Bruͤdergemeinde 


Chor andeutet, zu dem ſie gehören; feuerroth tragen eB bie jungen Maͤl 
roth die Iedigen Schweſtern, blau die Ehefrauen und weiß die Wit 
immer werben andre als unfchulbige Befellfchaftsfpiele nicht bei ihm 
Karten und Würfel find nicht einmal in ihren Gemeinlogis (Gafthäu| 
den; auch Tanz und Romanenlefen geflatten fie nicht, wie uͤberhaupt ke 
gen, das die Geſchlechter, die felbft auf den Spaziergängen einander 
möäffen, zuſammenbringt. So wird das Erwachen der Geſchlechtsll 
Ehe auf alle Weiſe verhütet, und felbft junge Leute, die man miteinand 
then will, fehen und fprechen fich in der Regel nicht eher als bei einer 

ficht der Alteften veranftalteten Zufammentunft. Wer gegen bie Gemei 
und Sittlichkeit fehlt, wird erſt durch liebreiche Ermahnungen, und two 
fruchten, dutch den Bann gezüchtigt, der in der Ausfchliefung vom ? 
und andern Zurädfegungen befteht, oder endlich veranlaßt, aus der G 
treten. Eins der wirkſamſten Mittel, jede Unfittlichkeit von ihnen abn 
die anhaltende und angemeſſene Beichäftigung, die fie allen Glledern ihre 
zu geben wiflen. Ihre Arbeitfamteit und Geſchicklichkeit in Künften. 
werten, die Ausbreitung.umb Lebhaftigkett ihres Handels iſt ruͤhmlich be 
ohne den Gewerbfleiß wäre es auch unbegreiflicy, wie fie die bebeutenben 
für ihre öffentlichen Anftalten und Unternehmungen beftreiten koͤnnten. 

von einer Heilandskaſſe, In welche jebes Mitglied fein Vermögen werfa 
gänzlich ungegründet. Allerdings aber verwaltet die Unitaͤtsaͤlteſten 
eine der ganzen Geſellſchaft angehörende Caſſe, welche durch bie Einkän 
Gemeingütern, durch) den Gewinn an 10 Procent von allen Handelt 
Gemeinde, durch) jährliche Beiträge der Mitglieder und durch Vermaͤch! 
tm wird. Die Abgaben jedes beitragenden Bruders mögen im Durdhf 
Ich gegem 10 Thaler betragen. Wenn man fie aber aud) geringer au 
muͤſſen die Einkünfte ber Gaffe fehr bebeutend fein, da fich gegenwän 
ſammtzahl der beitragsfähigen Mitglieder auf 100,000 beläuft. D 
aller Seelen der Brübergemeinde wurde, mit Einfluß der Negergemet 
1786 auf 500,000 gefchägt. So hat ſich dieſe Geſellſchaft, die 1727 
3 bie 400 Serien zählte, allmälig vergrößert und erweitert. In ber 
zeichnen füch die Gemeinorte Herrnhut, Niesky bei Goͤrlig und Kleinwell 
gen, in Schiefien Gnadenfrei bei Schweidnitz, Gnadenberg bei Bunzla 
und Gnabenfelb bei Kofel aus. Anſehnlich find auch bie Gemeinden: 
tenborf bei Erfurt, zu Ebersborf bei Lobenftein, zu Chriftiansfelb im | 
[chen und zu Zenft bei Utrecht. Außerdem gibt es gebulbete Herrnhute 
mit eignen Derfammiungsfälen in Bafel, Amfterdam, Harlem, K 
Stodholm, Berlin, Neuwied, wohin die 1758 von Herrenhag und Mar 
Hfenburgifchen vertriebene Gemeinde ging umd ein befonderes Stadtviert 
in Petersburg ımb Moskau. In Rußland wurden fie 1764 privilegiet 
ten den durch den Verkehr mit den Tataren und Kalmuͤcken merkwuͤrdige 
ort Sarepta im aftrachanifchen Gouvernement. Beſonders aber Yu 
England Eingang gefunden, wo fie durch eine Parlamentsacte von 174 
alte bifchöfliche Kirche anerkannt find. Überall haben fie fi des € 
Megierungen würdig bewiefen. Sie gehören wegen ihrer Werträglichkel 
ſamkeit und Genuͤgſamkeit zu den beften Staatsbürgern, beobachten 

Landesgefege und tragen die bürgerlichen Laften, ob fie gleich in ber X 
ihres Gemeinweſens und In ihrer Bicchlichen Einrichtung unabhängig 

wönfhen. Ihre Eolonien außer Europa entflanden durch ihre Miffte 
fortwährend haben fie das verbienftliche Geſchaͤft der Heidenbekehrun 
unverdroſſenſten und verftändigften Eifer betrieben. Ihre erſte M 
©t.» Thomas ward von Zinzendorf 1732 unter Begünfligung ber bäı 


Bg) HUT ais TNEIGIONSDELTAUNG grozer INEUME, jeine Vorzuge mut 
Warabkter verlieren. Bleibt aber die Bruͤdergemeinde, was fie iſt, 
Üngeacktet ihrer Eigenheiten unb ber feltfamen Miſchung von Frei⸗ 
3 von Sanftmuth und Härte, von Einfalt und Schlauheit, von 
mmuß, die man in ihrer Verfaffung, Denkart und Handlungsweiſe 
xch treueß Feſthalten ihres vortreffůchen Endzwecko, ald ein ehrwuͤr⸗ 
des frommen Sinnes einer nun verſchollenen Zeit, als eine ſchaͤ⸗ 
wahrerin der proteſtantiſchen Unterſcheidungẽlehren und als ein 
en Tugenden, bie den Menſchen gluͤclich machen, noch lange unter 


und Gedeihen erhalten. 
Tode ihres Stifter Zinzenborf hat fich ihre Werfaffung auf fieben 
4, 1769, 1775, 1782, 1789, 1801 und 1818, theils beftätigt, 
1. Merkwuͤrdig iſt ihre legte 1818 zu Hi Itene Synode. 
: zebigirten und fpäter öffentlich befannt gewordenen Statuten ber 
kübergemeinde find in der Angabe der Merkmale ihres Geiſtes mehr 
ı al6 dem Inhalte nach neu. Die Bibel wird darin als pofitive, 
be Confeſſion als negative Norm ihres Glanbens, die Bildung einer 
‚ einer lebendigen Gemeinde Jefu als Zweck ihrer Vereinigung bare 
nennt ſich ein beſonderes Volk der Gnadenwahl unter dem unmit- 
ve Chriſti, weiches unter ber Leitung des h. Geiſtes durch eine un- 
tion (jebt aus 10 Männern beftehend) und Berathung von ihm 
d, und beftätigt ihre bisherige Chorverfaffung und übrigen discipli⸗ 
Htungen. Diefe Statuten erwaͤhnen jedoch nicht die Mobificetion, 
enuch bes Loofes bei Verheirathungen fir die nordamerikaniſchen 
Bemeinden auf dringenden Antrag ber erftern gleich bei der Synode 
neinflimmung zu echaiten, 1819 auch flır bie deutichen Gemeinden 
daß Niemand mehr gezwungen, aber immer noch jedem auf das 
ders freigefteitt wird, ſich deffelben zu bebienen. Die Eheverbins 
Ar Berlobte, die nicht über ſich looſen Laffen wollen, auch bei biefer 
mg ber Aufficht und Berathung ber Obern jeder Gemeinde unter⸗ 
fen, „Kann die herrnhutiſche Gemeinde eine wahrhaft evangeliſch⸗ 


— 


— 





288 Bruͤderſchaften 


ten, bie bie Anerkennung der Kirche nicht erlangten ober nicht ſuchten, bei 
ter eines Separatismus annahmen, ber fie in den Verdacht der Keen 
3. B. die Beguinen und Begharden, die Bräbder und Sch 
* freien Geiſtes, die Apoſtelbruͤder, die Geißler ober | 
lanten und Kreuzbräber (f.d. Art. und im Art. Orden bie Srani 
deren dritter Orden ähnliche Exfcheinungen aufweiſt). Die Kirche hat fi 
ober kuͤrzere Zeit geduldet, aber endlich doc, als Keger verfolgt und um 
Selbſt die alten Baucorporationen oder Brüberfchaften der Bau! 
Gewerken, von benen der Freimaurerorden feinen Urſprung herleitet, & 
weilen Zunftgeheimniffe errathen, deren teligiöfer Gehalt auf eine eigent 
in den Augen ber Kirche verfängliche Gnoſis und Symbolik hindeutete. (€ 
maurer.) Andere verhält es fich mit den unter kirchlicher Aufficht emt| 
ober doch von der Kirche beftätigten frommen Brüberfchaften, die keine Bel 
fondern anerkannt loͤbliche Zwecke theils zu der wegen Mangel an Poll 
Armmanftalten nöthigen Aushülfe der Reifenden, Schuglofen, Bedrängks 
Een und Verlaffenen, theils zur Befriedigung eigner Buß: und Andachtäht 
hatten. Von diefer Art waren bie Brüdenbrüder (Fratres pontifiegg 
vom 13. bis in dad 15. Jahrh. im füdlichen Frankreich blühten, B 
Hofpize und beſſere Wege anlegten und unterhielten, über die Si 
firaßen wachten und duch Almofen und Schenkungen bedeutende Neid 
langten, die, nachdem diefer aus Rittern, Mönchen und Arbeitern zufı 
Orden unter üppigen Großmeiftern feiner erften Beftimnrung ungetuml 
Pius II. aufgehoben worden war, den Johannitern zufielen; ferner die 
lichen Ritter u ellen der h. Hermandad (f. b.) in Spanien, Dig 
liaren und Kreuzträger im Dienfte der fpanifchen Inquifit u 
bie Kalandsbruüder in Deutfchland (f.d.)u.a.m. Die Beſtimm | 
und Gefangene zu befuchen, Almofen zu fammeln und auszutheilen, 
zu tröften und auf den Richtplatz zu begleiten, Todte zu begraben und 
richtete ober aufgefundene Leichen Seelenmeffen zu veranftalten, wäl 
Alerianer (nad) dem h. Alerius, ihrem Schugheiligen), welche zu &M 
14. Jahrh. in den Riederlanden meift aus den untern Volksclaſſen entfäil 
einem weiblichen Zweige, den ſchwarzen Schweftern, vermehtt, f 
Rheinlande verbreiteten und, obwol Laien, Häufer hatten und unter gel 
rung 2 Provinzen ihres Ordens bildeten, übrigens nad) ihren fchlecdytuf 
gen Celliten ober Cellbruüder, wegen ihrer leifen Klaggefäng 
Berrdigungen Lollharden ober Nol lbruͤder, wegen ihrer Mi 
temans genannt wurden, und in Antwerpen, Utrecht und Köln in bei 
beftehenden Brüderfchaften zur Leichenbeftattung fortieben; bie Br 
Todes vom Orden des h. Einfiedlers Paul, die 1620 zu Rouen geftfigg 
wie die Alerianer gekleidet und durch einen Todtenkopf auf dem Stapui 
zeichnet waren, aber von Urban VIII. ſchon wieder unterdrückt wurden; 
Unzahl von Bäßern, d. h. Brüberfchaften, die dergleichen Liebesdienfte Fer 
übungen verrichten, in den Hauptftäbten Italiens (in Rom allein über 
beſtehen und Laien von allen Ständen, aud) vom höchften Adel, in ſich 
gen. Da gibt ed noch jetzt graue (alte Erzbruͤderſchaft von ber Kixi 
St.:Lucia in Rom fhon 126%, in Frankreich unter Heinrich III.), f 
(Erzbruͤderſchaften der Barmherzigkeit und des Todes), rothe, blaue, 
violette Buͤßer, von jeder Farbe der Kutte mehre, die ſich durch ai 
Farben des Guͤrtels oder Mantel von einander unterfcheiben ; auch bat f 
Brüderfchaften ihr eignes Schitd mit kirchlichen Symbolen ober bem I 
Schupheiligen auf der Schulter. Gleich find fie einander in dem Scha 
Kieldung, die aus einer Kutte und dem Bußſack befleht, der Kopf und € 





















Bruges 239 


nur 2 Löcher fuͤr die Augen hat, baher fie in dieſer Vermummung un: 
wa. Die Erzbrüderfchaften find durch ihre Privilegien von den uͤbri⸗ 
ihnen abflammen, ausgezeichnet; geiftliche und weltliche Obrigkeiten 
fie, da ihre Thaͤtigkeit manche Lüde in den öffentlichen Wohlfahrts⸗ 
‚füllt und oft wahrem Beduͤrfniß, wie durch Ausftattung armer Maͤd⸗ 
Zekehrung der Buhlerinnen, durch Sorgfalt für ſchutzloſe Fremde und 
fl. (&. „Tagebuch einer Reife nad) italien”, von Elife d. d. Recke, 
1.1816.) Unter die ehrwürdigften Geſellſchaften diefer Art gehört 
Philipp von Neri 1548 zu Rom geftiftete Brüderfchaft der h. Dreis 
Aufnahme der Pilger und Genefenen aus ben Hofpitdlern, die 1645 
Kfteten Brüberfchaften der Schufter und Schneider zur religiöfen Bes 
siffender Lehrlinge und Geſellen diefer Handwerke, die 1678 ebenba= 
Knimen P. Barre gegründeten Brüder und Schweftern der chriftlichen 
Jeſuskindes, die Freiſchulen flr arme Kinder unterhalten und um bie 
te Jugend in Frankreich große Verbienfte haben, auch dem Erziehungs⸗ 
Raintenon zu ©t.: Eyr Lehrerinnen gaben. Diefe Brüderfchaft, die 
geiſtlichen Orden lebt und von einigen Obern regiert wird, erhielt ſich 
Revolution und wird jegt wieder aufgemuntert, ja in den Rancaflerias 
geweiht. Die neueften, feit der Rückkehr der Bourbons von foges 
Monsprieftern in Frankreich geftifteten Bruͤderſchaften, 3.3. die 1815 
ensffenfhaft zum b. Tefusherzen zu Tours, verbergen unter bem 
Refigion politifche Zwecke, ſtehen unter ber Leitung anticonflitutioneller 
und machen mit den Ultras Partei („Censeur europeen”, 1817, 
Richt zu verwechfeln find mit den Brübderfchaften die Orden der barm⸗ 
Wer und Schweftern, deren Hofpitäler zur Aufnahme der Kranken 
ztrag der Almofen, die fie einfammeln, in ben bebeutendflen Städten 
jen Shriftenheit beſtehen. Diefe Barmherzigen fliftete 1540 Johann 
x unter Karls V. Fahnen in Afrika gefochten hatte) in Spanien, gab 
ze Kleidung und die Verfaffung eines Bettelordend. Pius V. gab 
Regel des h Auguftinus. Sie leiften alle Möndysgelübbe und ſtehen 
so man fie faft überall findet, unter einem gemeinfchaftlichen General. 
wopa verbundenen Barmherzigen haben braune Kutten und ihren be: 
al in Amerifa. Die barmherzigen Schweſtern beftehen aus mehren 
eunabhängigen Genoffenfchaften, und haben unter Anderm das große 
m Paris inne. Beide Orden wurben, wo fie ihrer erften Beſtim⸗ 
eben, bis jet erhalten. Sie nehmen Kranke jeden Standes, jeder 
jeder Rellgion auf. 1685 zählte der Orden 224 Kiöfter. Bol. D. 
ſch. der Deilanflalt der barmherz. Brüder in Prag (feit 1620), nebft 
ie Entſtehung u. Schickſale dieſes Ordens uͤberh.“ (Prag 1823). E. 
jes (BVicomte de) gehört zu dem bedeutendften Perfonen des franzd= 
z. Er war Schiffslieutenant, als die franz. Revolution ausbrach, 
den engl. Truppen bei ber Erpedition auf St.» Domingo, wo feine 
ws Eigenthum befaß. In Deutſchland heirathete er fpäter eine Gräfin 
Nach der Zuruͤckkunft des Könige in Frankreich wurde der Vicomte, 
nn der aͤlteſten Sefchlechter dafelbft abſtammte, Inſpector der 8. Mili⸗ 
a der Provence. Es gelang ihm aber nicht, Napoleons Landung mit 
Folgen zu befeitigen, als diefer 1815 von der Inſel Elba zurückkehrte. 
: zu dem Armeecorps des Herzogs von Angouleme im füdlichen Frank⸗ 
vofte im Juni 1815 Marſeille in Befig nehmen, als der Marſchall 
Herjog zur Capitulation zwang. 1816 war er auf einer wichtigen 
Isa in Berlin. — Sein älterer Bruder, Graf Bruges, wurde 1815 
Ken Seneralinfpector der Nationalgarden. 


240 Brügge Brugmand 


Brügge, Brugm, fer Heupeft in bes wie niceänh * 
dern, iſt durch Canaͤle mit Gent, Oſtende und 
G., 34,250 E., eine Akademie der an. Su an und: re 
Sefelfchaft für die Rasionalliteratur, — bes Adszbauı 


Weltverkehrs handeinde hatten daſt 
14. Jahch. ihre Conſulate; daher fo viele Denkmaͤler der Baus um 
kunſt. ©. des Architekten Rudd „Collection de gravures au trait 
tant les plaus, coupes, elevations, profils, voütes, plafonds et 
eipaux monumens d’architect. et de seulpture de la ville de Br 
le XIV" jusqu’au XVIIS sicale” (56 Kpf. m. d. holl. und franz. | 
Dier wurbe 1430 der Drben des golbenen Vließes geftiftet und Joh 


Brugmans (Sebald Suflinus), ein durch Kenntniffe und 
im Ausiande geachteter, niederlaͤndiſcher Gelchrter, war Oberarzt be 
Deine unb der Gnonien, Mitglied des nieberländ. Fuftitute, forel 
eurep. Hlabemien und gel. Geſellſchaften. Geb. zu Franeker 1763 
er er (dem 1781 in Soöningen zum D. der Phliofephie. Beine Diffes 
thelsgia groningana’ erregte —— Die Akademie in! 
um biefelbe Zeit ſeine Bewerbung um die Preitaufgabe: „Über ſchaͤbl 
tige Pflanzen auf den Wiehweiden”. Auch erhielt er „Über bie Ke 
Abſterbens der Bäume” von ber Akademie zu Bordeaur, und von bee 
cietät der Wiffenfchaften „Lber das Unkraut” den Preis für die von d 
gefehten Fragen. Alte 3 ſchrieb er in franz. Sprache. Nachdem 
mebic. Doctorwärbe buch eine Differtation: „De puegenia”, in @ 
worben hatte, äbernahm er an van Swinden's Stelle gu Franeker den 
Philoſophie und der Phyſik. Hier lieferte er ſchnell hinter einander 2 
gen, weiche den großen Denker vertiethen: „De natura soli frisiei ( 
und „De accuratieri plantarum indigenarum notitia maxime oo 
* trug nach allen Kräften dazu bei, die Liebe für alle Zweige der N 
in feinem Vunterlande noch mehr auszubiſden. Auch begann er in 
Gabinet der vergleichenden Anatomie anzulegen, bas ſich ſpaͤterhin 
erften in Europa ausbilbete und ſelbſt von Euvier bewundert wurde. 
Gabinet befand fih aud Schild Kopf in ——— Berfegt nad 
firät Leiden, las er von 1795 an dort über Chemie. Gene großen 
die Medieinalanfkaiten der Armee begannen 1794. Er fliftete für { 
miſches Laboratorium und eine Gentralapothele. An der „Pharmacop 
von 1805 arbeitete er thätig, seferoirg aber nic die Verdienfte fei 
dee Profefforen Driefen und Vrolik, fowie ber Ärzte Deimann m 
König Ludwig ernannte B. zu feinem Reibarzt und ließ Altes fortbeftet 
felbe beim Hofpitalweſen neu organifict hatte. Mach der Wereinig 
derlande mit Frankreich ernannte ihn Rapoleon zum Benealinfpect 
taͤler und zum Rector ber Univerfität Leiden. Geine Fuͤrſprache tile 
alle Schulden ber Univerfität, fondern verfchaffte ihr auch einem un! 
vermehrten jährlichen Zuſchuß aus der Staatskaſſe Ein ausgeze 
bienft dieſes Mannes ift, daß während feiner vieljährigen Direction 
fpitäler in ſolchen niemals ‚Dofpitalficher bie Tödtlichkeit ber Wunder 
beiten vermehrten, ferner, daß er nad) ber mörderifchen Schlacht v 


Brühl (Heinridy, Graf von) 241 


Bätfe für uhr als 20,000 verwundete Krieger und jede Bequem: 
‚affte. Abhandlung: „Über die Nur des Miasma der 
Erönte 1814 die harlemer Akademie. Die Univerfität Leiden vers 
effliche Anordnung Ihrer naturgefchichtlihen Sammlung, und dag 
egeben wurde, was 1795 von dort nad) Paris gemandert war. B. 
chtungen über eine innere, den Fifchen eigenthinhliche Organifas 
ühigkeit zu ſchwimmen mehr als der Schwanz und die Schwimm⸗ 

in den Sammlungen des nieberländifchen Nationalinſtituts nies 
farb im 56.53. feines Alters am 21. Juli 1819, von Allen bes 
ven Charakter wie feine großen Kenntniffe zu wuͤrdigen verftanden 


Heinrich, Graf von), Minifter Auguſts III., Königs von Polen 
von Sachſen, war 1706 in Thuͤringen geboten. Sein Vater, 
elſiſcher Geh.⸗Rath, war unbeguͤtert und außer Stand, ſeine 
zuſtatten. Heinrich trat daher als Page in bie Dienſte der Herzo⸗ 
Sein heiteres Wefen und die Anmuth feiner Sitten gewaniten ihm 
Kürftin und bald darauf auch Auguſts I: In der Folge ernannte 
mm Kammerherrn und ließ ſich von ihm auf allen Reiſen begleiten. 
Snade feines Herrn zu feinem Vortheil, und hatte bereits mehre 
erlangt, als der König am 1. Febr. 1733 zu Warſchau flarb. 
es Gluͤck war die polnifche Krone fammt den Übrigen Reichskleino⸗ 
Bruͤhl's anvertraut; ohne Saͤumen reifte er nach Dresden, übers 
neuen Kurfürften, Auguft HL, und war fehr thätig, ihm ben 
1. Seitdem hörte das Gluͤck nicht auf, den Grafen zu beguͤnſti⸗ 
bft verſtand meiſtethaft, daſſelbe ſich unterzuordnen. Klug und 
ſchte er ſeinen Herrn; zugleich entfernte er Alle, die es haͤtten ver⸗ 
ein gleiches Anſehen um einen gleichen Preis zu erkaufen. Au⸗ 
eine Gunſt dem Grafen Sulkowski geſchenkt; Brühl, der ſich noch 
nug glaubte, um ihn zu verdraͤngen, ward der Freund ſeines Ne⸗ 
theilte das Miniſterium mit ihm. Inzwiſchen vermaͤhlte er fich 
toſlowrath, einer Kavorite dee Königin, und fo gelang es ihm, 
a zu bewirken, daß Sulkowski entfernt ward. Jett befand er fich 
zwuen Augufts, und mit bervundernswürbiger Geſchicklichkeit war 
vüht, Alle von bem Könige abzuhalten, die ſich ihm nähern wolf 
trat ohne Brühl’s Genehmigung in des Könige Dienfte; begab 
die Capelle, fo wurden zuvor alle Wege von Zufchauern und Bes 
emadıt. Auguſt verlangte von feinem Minifter einen glänzenden 
Brühl erfüllte diefen Wunſch feines Gebietere im weiteſten Ums 
t sweihundert Domeſtiken und bezahlte feine Garde beffer als der 
fel war die Löfttichfte und feine Garderobe bie glaͤnzendſte. „Bruͤhl“, 
., „war der Mann dieſes Jahihunderts, der die meiften Kleider, 
, Stiefeln, Schuhe und Pantoffeln hatte. Caͤſar würde ihn zu 
ten und parfumicten Köpfen gezählt haben, die er nicht fürchtete.” 
: nicht Caͤſar, und Brühl galt Alles bei dieſem ſchwachen Regenten. 
fuͤrſt ſtlaviſcher bedient; immer befand ſich Brühl in feinem Ges 
ige in feiner Nähe, ohne ein Wort zu fprechen, twähtend ber ges 
rauchend umberfchlenderte und die Augen auf ihn warf; ohne ihn 
uͤhl, habe ich Geld?" — „Ja, Sire.“ — Das war befländig 

Aber um diefe Antwort geben zu können, wurden die Caſſen ers 
Land mit Schulden belaftet. Dagegen hatte man das Heer vers 
16 der fiebenjähr. Krieg ausbrach, hatte Sachſen nur 17,000 M. 
rw Soldaten, die ſich aus Mangel bei Pirna ergeben mußten. Une 
iebente Aufl. Bd. 1, 16 


242 Brühl (Friedr. Aloyſius, Grafv. — Hans Morig, 


terdeß war Brühl mit dem Rönige nach Polen geilichtg Dan hatte bie 
und Porzellane gerettet und dafür bie Staatsardyive bes Sieger überlaffe: 
minder eitel al& berrfchfüchtig, hatte ſich Brühl für einen Abkoͤmmling dr 
Brühl, Woiwoden von Pofen, erklären lafien. Die Kalferin Siſabeth 
den St. Andreasorben verliehen und Karl VI. ihn zum Reichegrafen erhob 
ben Tode der Königin, in der ihm eine erbitterte Feindin flarb, ſchenkte 
König die ganze Apanage derſelben, um ihn für die in Sachfen erlittenen 
zu entſchaͤdigen. Auguft war kaum in Dresden wieder angelommen, « 
5. Dct. 1763 ſtarb. Schon am 28. deffelben Monats folgte ihm Bruͤhl 
reits feit einiger Zeit gegen feine Erſchoͤpfung angekaͤmpft hatte, ums bie 
eines Guͤnſtlings unausgefegt zu erfüllen. Prinz Zaver, der ihn perſoͤnl 
ließ, als Abminiftrator von Sachſen, die Bruͤhl'ſchen Güter mit Beſchle 
und eine Unterfudyung verhaͤngen, die jedod) damit endigte, daß Brühl’s 
te8 Bermögen auf feine Nachkommen überging ; und wirklich fcheint er. 
fehnlichen Reichthuͤmer mehr ber übergroßen Sreigebigkeit feines Fuͤrſte 
erlaubten Mitteln verbankt zu haben; auch ift es rühmenb anzuerkennen 
mit feiner Prachtliebe und feinem Aufwande den Künften und Wiff 
fentliche Vortheile gewährt hat. Seine Bibliothek kaufte der Kurfuͤrſt 
Thlr. — Bon feinen vier Söhnen erwähnen wir hier den aͤlteſten 4 

Brühl (Friedrich Alopfius, Graf von), geb. zu Dresden 173% 
Mutter, eine hoͤchſt würdige, einfichtsvolle und geiftreiche Frau, erpag 
möglichftee Sorgfalt und bewies dabei ebenfo viel Kiugheit ala eine ij 
fchlechte fonft nicht gewöhnliche Strenge. Brühl ftubirte in Leipzig wu 
und ward bereite in feinem 19. J. polnifcher Th 

9 















dem er Europa durchreiſt hatte, wohnte er im ſiebenjaͤhr. Kriege eini 
der Oſtreicher bei. Nach dem Tode Auguſts ILL. verlor er feine A 
und Sachſen. Jedoch ſoͤhnte er ſich mit Stanislaus aus und erhielt 
ben zurüd. Sein Lieblingsaufenthalt war Pförten in ber Niederlauſih 
ſtiller Abgezogenheit für die Wiffenfchaften und feine Freunde lebte. 

Befuche, den er feinem Bruder Karl in Berlin machte, ftarb er da 
Natur und Studium hatten ihn zu einem Ideale eines gebildeten Uiettme| 
hoben. Er war einer der ſchoͤnſten Maͤnner und befaß babei eine 
dige Leibesftärke. Die meiften europ. Sprachen fchrieb und ſprach er matgf 
Ausbrud. Bon feinen Einfichten in die ſchoͤne Literatur und Schaufi 
feine fchriftftellerifchen Arbeiten. Auf dem Baſſon war er Virtuofe 
außerdem faft alle Infirumente. Er zeichnete und malte mit Gefch 
fit. In den mathematifchhen Wiffenfchaften hatte er ſich die a 
Kenntniffe erroorben, befonder& in der Artillerie und der Luſtfeue 
ſich von der erftern genaue Kenntniß zu verſchaffen, arbeitete ev zu Augh 
ein ganzes Jahr unerkannt in ber Stuͤckgießerei. Seine Thätigkeit weg 
dentlich. Dabei lebte er aͤußerſt anäfig, eine Tugend, bie fich bei 
feiner Art Höchft felten findet. ine fonderbare Gewalt hatte er über bil 
mehre Nächte konnte ex ihn ganz entbehren und dagegen wieder in Ve 
fen. Die Kunft der Unterhaltung war fein Triumph. Seine Schaufpiele 
Zeitlang mit Beifall auf den deutfchen Bühnen gefehen wurden, find inf 
erſchienen (1785 — 90). Eins der beften ift die „Brandfchagung ni 









wahren Anekdote aus dem fiebenjährigen Kriege. Auch überfegte er‘ 
„Aleibiades“ ins Franzoͤſiſche — Hans Morig, Brudersſohn 

ſters, geb. 1736 zu Wiederau, ein Kiebling Gellers und Cronegk's Fe 
der Univerjitär Leipzig, befaß viele Kenntniffe in der Aſtronomie und fla 
als ©. fächf. Gefandter in London. Er hatte ſich durch finnreiche Verbd 
an Inftrumenten und durch Aufläge in den „Philos. transact.”, auch d 


Brühl (Karl Friedrid) Moris, Graf von) 243 
s sur divers objets de l’economie politique‘ (Dresben 1781) be: 


#. 

I (Karl Friedrich Moritz, Graf von), geb. 1772 zu Pförten in der 
‚, Generalintendant ber 8. Schaufpiele in Berlin. Seine geiftreiche 
nablin bes Grafen Moris, juͤngſten Sohnes des Grafen Heinrich, 
.d.), geb. Schleierweber 1756 und geft. 1816, welche der Erzie- 
Sohnes die höchfte Sorgfalt widmete, befaß große Talente fir Gefang 
wol als für theatralifche Darftelung ; fein obengenannter Oheim war 
r und ebenfo leidenfchaftlicher als gluͤcklicher Schaufpteler in ernften 
arakteren; fein Water ſelbſt befaß ein entfchicbenes Talent für Dar: 
fcher Rollen, und fo war ber junge Graf von Kindheit auf Zeuge und 
hmer muſikaliſcher und theatralifcher Kunftübungen im Kreife feiner 
che von geiftzeichen Perfonen, z. B. Meißner, Naumann u. A., ftets 
e und in Pförten und Seifersdorf Privattheater hatte, auf welchen 
Reinecke, deffen Gattin und der nicht minder gefchägte Schaufpiels 
ndes auftraten. 1785 begleitete der junge Graf feine Ältern nach 
fah den Kreis, welchen bort Männer, wie Wieland, Herder, Göthe 
e geiftzeiche Herzogin Amalie bildeten. So ward fein Geift immer 
ı fhönen Künften Hingezogen, und obfchon er fich für das Stu⸗ 
orftwiffenfchaffen entfchieden hatte,“ blieben fie doch immer feine 
ang. Im 18. 5. wurde er im Preußifchen, wo fein Vater die Stelle 
m umb Chaufferbaus-Intendanten bekleidete, als Jagdjunker ange: 
md in Berlin Gelegendeit, in der Zeichnenfunft und in der Muſik uns 
Faſch und Thuͤrſchmidt Kenntniſſe und Übung zu erlangen. Eine 
aftliche Reife durch Deutfchland führte ihn in der Zeit, mo Schiller in 
e, am zweiten Dale dahin ; er hielt ſich ein Jahr lang dort auf, ges 
hlwoſlens der Derzogin und des fäglichen Umgangs mit den Genien 
nd Wiffenfchaften, welche fie umgaben, und wurde Mitglied des ges 
2 Iheatervereins, in welchem er mehre Male vor der Herzogin auftrat. 
node fchrieb Gäthe „Paldophron und Neoterpe”, beſtimmte die erſt⸗ 
fe fuͤr den jungen Grafen und leitete fein Studium berfelben. Mit 
Heinrich von Preußen verlebte er als Kammerherr einige Jahre zu 
in Ländlicher Stille zwar, doch nicht geſchieden von der Theaterkunſt, 
sine franz. Schaufpielergefellfchaft unterhielt, durch welche der Graf 
em der franz. Theaterpragis kennen lernte. Mach dem Tode des Prin« 
an ben Hof der Königin, Mutter des jehigen Könige, berufen, wozu 
Kefer Fuͤrſtin fuͤr Theater und Muſik die Veranlaſſung gegeben hatte. 
widmete der Graf diefen Künften und ihren Huͤlfswiſſenſchaften ein 
tudium und benuste jede Gelegenheit zur Erweiterung feiner Kennt: 
ı. Dieſe Gelegenheiten mehrten fich, als er 1813 dem Heer als Ftei⸗ 
Frankreich folgte, Paris, feine Kunftfchäge und feine Theater fah, 
m Preußen hierauf nad) England begleitete und auf der Bühne von 
Achtungen des unfterblichen Shakſpeare in der Urfprache hörte. Go 
warb er 1814 an die Spige ber Bühne von Berlin, einer Kunſtan⸗ 
aufpiel, Oper und Ballet, berufen. Um die Oper, für welche fein 
Hftand amı wenigſten zu wirken vermocht hatte, erwarb ex ſich bald ein 
fallendes Verdienſt. Er mar es, ber einen Devrient anftellte, die 
4 der Anlagen einer Düring (jegt Stich) beförderte, das Woiff ſche 
ı nach Berlin 309, dem Herrn Wolff die Regie der Tragoͤdie anver: 
ſt Calderon auf die Bühne brachte, die Marime von der Unantaffbar- 
ellenbefiges abfchaffte, den Einmirkungsverfuchen einer pebantifchen 
mlich widerftand und die dramatiſchen Dichter in ein anftändigeres Ver⸗ 

16 * 


244 Brumaire Brun 


haͤltniß gegen die Bühne zu fegen fuchte. Daß der würbige Lenker dieſ 
mit Hinderniffen kämpft, bat ſelbſt die firengere Kritik nicht verkannt, w 
feinen Dang zu Garderobe⸗ und Decorationdiurus tabelte, und es ift ven 
daß er dieſelbe, wo es thunlich ift, nicht unberudfichtigt laͤßt. Er iſt 
mit einem Sräulein von Pourtale aus der Schweiz vermählt und hat bus 
recht von Neufchatel erhalten, wo er im Befreiungskriege Militalrcon 
war, 

Brumaire, der 18. (9. Nov. 1799). Ein entfcheidender Ta 
Jahrbuͤchern der franz. Revolution. An ihm flürzte der General Bona 
Directorium; am 10. trieb B. mit Bajonetten den Rath ber Künfhen 
einander und warb darauf zum erflen Conſul emannt. (©. Bonapa 
Frankreich.) 

Brun, ſ. Lebrun. 

Brun Griedrike Sophie Chriſtiane), geb. den 3. Juni 1765 zu f 
Herzogtb. Gotha, wo ihr Vater, Balthaſar Münter (f. d.), Super 
war. Kaum 5 Wochen alt, trat fie an der Bruft der Mutter, Frieder 
v. Wangenheim, die Reife nad) Kopenhagen an, wohin ihe Water als Prı 
deutichen Gemeinde abging. Ihre früheften Erinnerungen find bie an, 
mer’fche Haus, an Kiopftod, Reſewitz, Sturz, Funk und Gerftenberg 
Auselnandertreibung dieſes Kreifes durch Struenſee's revolutionaire B| 
ſchloß ſich das Herz bes Vaters an Niebuhr und an die Haͤuſer Reventlan 
ſtorff und Schimmelmann. Der zweite große Bernftorff war fein und Bi 
gen Freund, und es bildete ſich em Band der Liebe zwiſchen den Geſchwiſt— 
berg und dem DMünter’fchen Haufe. Da wurden die erften poetifchen SCH 
rem Bufen wach, die das dreizehniährige Mädchen, des Waters Lichlin 
Menfchen unbemußt, In einen alten Weidenbaum In ihres Vaters Gag 
bauchte. Zugleich entfland zwiſchen ihr und dem in acht herrlichen Kimk 
blühenden Gefchlechte Bernftorffis gine dauernde Sugendfreundfchaft, - 
hatte das junge Mädchen eigentlich wenig, aber viel Gutes gelefeu unter w 
Obhut und noch mehr gehört. Kerngefund, fröhlich und thätig, vergaß 
darüber die thätige Wirthfchaftsübung nicht. Die Lieder entſchluͤpften 
unwillkuͤrlich, und fo ifts mit ihren Dichtungen ſtets geblieben. Noch .y 
endung ihre® 16. 5. begleitete fie ihre Altern auf einer Reife zur Vaterfl 
Mutter, nad) Gotha. In Kiel, Hamburg, Göttingen, Braunfc 
Weimar fah fie die Würdigen von Angeficht, die ſchon laͤngſt ihre —* 
hatten. Im Sommer 1783 ward fie die Gattin bed daͤniſchen Confı 
Conftantin Brun. Er war dänifcher Conful in Petersburg gewefen und 
nun als abminiftrirender Director der Eönigl. weſtindiſchen Compagnie.ka 
bagen niedergelaffen. Drei Wochen nad) ihrer Heirath begleitete fie üben 
nad) Petersburg. Im firengen Winter zwiſchen 1783 u. 1784 von dei 
kehrend, wurde fie durd) das unüberfleiglicdhe Eis der Belte zwei Monate k 
burg zuruͤckgehalten. Hier war ihr der tägliche Umgang mit Klopſtock w 
lih. Dem erften, bald nad) ber Ruͤckkehr in die Heimath geborenen Gef 
ten noch vier Kinder, von welchen das zweite flach. Im ſtrengen Winter | 
1788 unb 1789 wurde die Dichterin in einer Nacht fo taub, als fie feitdı 
geblieben iſt. So jung, lebensfroh, gefellig, wußte fie ſich doch nach des 
Schmerz einer ſolchen Überrafchung bald in fich ſelbſt zuredyt zu finden unb- 
Einfamkeit durch Poeſie und Wiſſenſchaft zu tröften. Die erfte Neife ins 
Europa unternahm fie mit Brun 1791, Uber Paris durch das füdliche Fe 
nach Genf, in Geſellſchaft der zwei Alteften Kinder. In Lyon lernte fie I 
fon , fpäter den teeuften Pfleger ihrer Gedichte, die er in zwei Auflagen E 
und Fuͤßli beforgte, in Genf Bonftetten kennen. Die erften zwei Bde. de 


Prun 245 


ı Schriften” von Sr. Brun (2 Bde., 1799 — 1801, bei Orell u. Fuͤßli) 
en bie vielleicht in zu reger Begeifterung entftantenen Schilderungen ihrer 
auch die Schweiz und das fübliche Frankreich. Nach der Geburt ihrer letz⸗ 
ter list ihre Geſundheit fehr. Die noch Übrige Lebenskraft erfchöpfte der 
ng ihres Waters, der 179% ſtarb. Hensler in Kiel ſchickte fie daher im 
m 1795 nach Sttalien. Die diteften Kinder begleiteten fie. In Lugano ver⸗ 
‚Re ſich mit ber tieffühlenden Fürftin von Deffau, die damals mit Matthifs 
ib nach SStallen reife. In diefem Verein durchlebte bie Dichterin einen der 
Kim Winter in Nom, fand aber erſt im Sommer 1796 in der Schwefel: 
von Iſchia ihre Geſundheit wieder. Zoega's und Fernow's Freundfchaft, 
Nagelieas Bekanntſchaft war ihr Gewinn während ihres Aufenthalts in 
h De wir aus den zwei legten Bänden ihrer profaifchen Schriften genau Eens 
um. Im Herbft 1796 Eehrte fie volllommen genefen in die Schweiz zu: 
3 geſtaͤrkte Conſtitution widerſtand faft zwei Jahre dem Klima von Kopens 
Bonftetten hatte indeß, um dem Joche des franz. Directoriums zu ent 
5 Dänemart ein Aſyl gefunden. Er gab der Freundin feinen Johannes 
uud fie wınde bie Dritte in diefem Bunde. Als 1801 Dänemark den 
Fysm England befanden hatte, fand fich die Dichterin durch erneuerte Leis 
Basen Zuſtand veriegt, der den berühmteften Arzt in Kopenhagen, Sartorph 
ı FR dem Ausſpruche bewog, fie müffe zur Lebenserhaltung mildere Luft 
Braun 0.3. reifte Daher mit ihrer jüunaften Tochter, Adelaide, in die 
Den Winter brachte fie im Waadtlande und in Gopet bei Neder und 
ten Tochter, Anna Germaine von Staël, zu; doc) nur der Aufents 
verſprach Befferung im Kreiſe der alten Sreunde von 1795. Die 
BE het fie im 1. und 2. Theile der „Epifoden” (Zürich, Orell und Fuͤßli) 
Strenger wie nie empfing der heimathliche Himmel die Halbnenefene. 
x nach ihrer Zuruͤckkunft brach eine Reihe übel auffie ein und ihre Nerven» 
ten fich bie zuc Epitepfie. Das einftimmige Urtheil der Ärzte exilirte 
Ihre zwei juͤngſten Töchter begleiteten fie. Mit ihnen lebte fie den 
1805 auf 1806 in und bei Genf im Cirket der alten Freunde, welchen 
ihreiber Italiens, Sismondi, vergrößerte. Den Sommer 1806 
nit Sismondi und Bonftetten im Waadtlande zu. Cine gefährliche 
Bere Tochter nöthigte zu neuen Reifen (f. „Epiſoden“, 3.Bd.), bis end: 
1807 in Rom die Kranke wiederhergeftellt wurde. Ida hatte fich durch 
bite Bildung Überreizt, fie Eonnte nur in den Seebädern von Gaftell a 
in der mildern Winterluft von Neapel Befänftigung und Beruhigung 
Dert erheiterte und tröftete die Einfame die väterliche Sreundfchaft des 
dalatro, Biſchofs von Tarent, und das Zufammenieben mit der gelleb⸗ 
Sitangieri. In Rom war fie im Juli 1809 Augenzeugin von dem 
en de Miollis's und Galicetti’S, und fand die befte Gelegenheit, uͤber 
len Widerſtand, den der ehrwuͤrdige Greis Pius VII. dem Ufurpator 
te, und Über die Megführung des Papftes in die Sefangenfchaft (7. 
perlaͤſſigſten Nachrichten einzuziehen. Sie gab 1816 ihre damals an 
Hot von Seeland, ihren Bruder, gefchriebenen „Briefe aus Rom“ durch 
a Dresden heraus. Der Nov. 1810 brachte die genefene und aufs neue 
hende Tochter in die Arme der Fhrigen zurüd. Die intereffantefte Par 
Flepten Reife hat fie im 4. Theile der „Epiſoden“ dargeftelit, auch unter d. 
Sinen⸗ und Landſchaftsſtudien von Neapel und feinen Umgebungen”, 
Fa 1809 und 1310, mit ſpaͤtern Zuſaͤtzen 1818 herausgeg. von Böttiger 
Am ſchmerzhafteſten verwundete die Ruͤckkehrende der Verluſt ihrer ins 
denen Mutter. Seitdem iſt die Dichterin dem heimiſchen Herde treu ge: 
m. Dech mußte fie im verhängnißvollen Winter zwiſchen 1813 und 1814 





















246. Brund Brundifium 


eine qualvolle Krankheitbeftchen. Die Muſenkunſt gießt den wunberthätig: 
in jede fhmerzende Wunde. Das 3. Bdchn. „Gedichte ift 1820 in Bo 
nen. Mie ruht ihr Saitenfpiel, welches zulegt die Wiebergeburt Grü 
gefeiert bat. She neueftes Werk iſt: „Wahrheit aus Morgenträumen 
äfthetifche Entwidelung” (Aarau 1825), worin fie ihr Jugendleben felb| 

Brund (Richard Kranz Philipp), einer der genialften Kritiker 1 
Zeit, geb. zu Strasburg 1729, machte bei den Jeſuiten zu Paris ſch 
(hritte in den Wiffenfchaften, vernachläffigte aber diefelben, als er i 
ſchaͤftsleben trat. Er befand ſich als Kriegscommiſſair während der 
Gießen in Winterquartieren und wohnte bier zufällig bei einem Pro| 
durch Rath und Veifpiel den Gefchmad für die Wiffenfchaften in ihm wich 
und ihn zum Lefen der Claſſiker leitete. Als Brund nad) Straßburg zurüd 
war, widmete er alle Zeit, bie er frei hatte, dem Griechifchen, und be 
einem Alter von 30 3. und mit einem Öffentlichen Amte bekleidet, die V 
der Helleniften der Univerfitdt. Der Eifer, der ihm zu diefem muͤhſa 
dium Muth gemacht hatte, flieg Lurch das Vergnügen, Schwierigkeite 
winden, und fo fegte ſich allmaͤlig die Überzeugung in ihm feft, daß alle 
täffigkeiten, die er in den griech). Dichtern zu bemerken glaubte, nur Na 
ten ber Abſchreiber feien. In diefer Meinung änderte er, was ihm anl 
warf bie Ordnung der Verſe um und erlaubte ſich Freiheiten, welche 
durchaus verwerfen muß. Diefer Wuth zu ändern überließ er fich be 
den Randgloſſen feiner Bücher und in den zahlreichen Abfchriften, die e 
feinem Vergnügen als zum Gebrauche von den griech. Dichtern mad 
Willkuͤr ift auch in feinen Ausgaben fo fichtbar, daß fie nur einen fehe u 
Gebrauch, ſelbſt der beften, erlaubt. Dennoch iſt Brund der griech 
von weſentlichem Nuten gewefen, und feit dem Wiedererwachen der Ü 
ten haben wenige Gelehrte fo Eräftig ihre Kortfchritte gefördert. Beww 
man, wie Vieles und Wichtiges er in einem Zeitraume von zwanzig Je 
ſtet hat. Auch beforgte er eine ſchaͤtzbare Ausgabe des Virgil. Von fel 
Ausg. nennen wir die Analekten, den Apollonius Rhodius, den Ariflop 
®nomiler, und fein Meiſterwerk, den Scophoftes, für den ihm ber K 
Sahrgebatt von 2000 Franken bemilligte. Um diefe Zeit unterbrach die 
volution feine Studien. Mit Feuer ergriff er die neuen Sdeen und we 
erften Mitglieder der Volksgeſellſchaft in Strasburg, ohne ſich jebod 
Grundfägen einer anſtaͤndigen Maͤßigung zu entfernen. Dies bemeift de 
daß er waͤhrend der Schreckens zeit zu Beſancon verhaftet war, und erfl 
beepierre'd Tode feine Freiheit erlangte. 1791 nöthigten ihn oͤkonon 
hältniffe, einen Theil feiner Bibliothek zu verkaufen, und 1801 muß 
male dau feine Zuflucht nehmen, was für ihn fehr bitter war, da er fei 
leidenfchaftlich liebte und bei feinen vormals glänzenden Wermögensumfl 
koͤſtliche Bibliothek gefammele hatte. Wenn wan mit ihm von einem %ı 
den er befeffen batte, traten ihm die Thraͤnen in die Augen. Seit jene 
ben ihm die griech. Studien verhaßt; dagegen beforgte er noch eine Aui 
venz und hatte den Plautus zum Drude fertig, als er 1803 farb, 
nachgelaffenen Papiere find auf der pariſer Bibliothef. | 

Brundiſium (jekt Brindiſi), berübmee alte Stabt in Terra 
(Könige. Neapel), am adriat. Meere, deren jedt verfandeter Hafea zu! 
zeit einer ber befuchteften war, weil man von du gewoͤbnlich nach Griech 
Alien überfahr, Daher auch bie appiiche Derrftrake Dabin führte. Auch ve 
Unopel nach Rom, durch die albaniich: macebonifchen Gebirge, ging 
Weg über Brindiſi. Wirgu ſtard in Brindiſi. Jedt zaͤblt fie 5900 
12. Jabrb. 6u, OOO), und iſt der Sig eines Erzbiſchefs. 


Brune 247 


ze (Guillaume Marie Anne), Reichemarfchall, Sohn eines Abvocaten 
ı Saitarde, daſ. geb. 13. Mär; 1763, kam jung nach Paris. Beim 
er Revolution war er Buchdruder und hatte ſich felbft durch einige Heine 
kannt gemadyt. Er widmete fid) nunmehr der Politik, war Mitglieb von 
er Cordeliers, fand in Verbindung mit Danton und fpielte in ben Stür: 
it eine thaͤtige Holle. Bis zum 10. Aug. 1792 beſchaͤftigte ihn die Her: 
8 Zageblatte, dann ging er als Civilcommiſſair nad) Belgien. 1793 
ilĩtairdienſte bei der Kevolutionsarmee in der Gironde. Den 10. Oct. 
: Barras die Jakobiner zuruͤcktreiben, welche das Lager von Grenelle 
hatıen. Machher zeichnete er fich, als Brigadegeneral bei der Italien. 
7 in dem Angriff auf Verona und in der Schlacht von Arcole aus. 
ectorium der Schweiz den Krieg erklärte, erhielt B. den Oberbefehl 
drang (Ian. 1798) ohne großen Wiberftand ein und bewirkte eine 
fation bes Landes. 1799 uͤbernahm er den Oberbefehl in Holland, 
ngländer in Nordholland (19. Sept.) bei Bergen und nöthigte den 
York zu ber Übereinkunft von Alkmaar (18. Dct.), nach welcher bie 
Engländer und Rufen Nordholland räumen mußten. Im Ian. 1800 
den Staatsrath berufen; darauf kam er an die Spige der Weſtarmee. 
gung ber durch Bürgerkrieg zerrütteten Provinzen mar gröftentheils 
Dem 13. Aug. ward er zum Obergeneral der italienifchen Armee er⸗ 
m Ende Dec. führte er feine Truppen über den Mincio, ſchlug die Oſt⸗ 
$, ging am 8. San. 1901 über die Etſch, befegte Vicenza und Rove⸗ 
chloß (16. Ian.) zu Treviſo mit dem öfter. General Bellegarde einen 
land, durch weichen verfchiebene fefte Pläge in italien den franz. Trup⸗ 
umt wurden. Als ihn gegen Ende Nov. 1802 der Friede in ben 
zuruͤckrief, legte er dem gefeggebenden Körper ben Sriebensfchluß mit 
tanifchen Dofe zur Beftätigung vor. Im folg. J. ginger als Ambafs 
Gonftantinopel. Er fiegte daſelbſt anfangs über die englifche Partei 
von dem ottomanifchen Dinifterium die größten Ehrenbezengungen ; 
neue Spaltungen zwiſchen den beiden Mächten erhoben, verließ er die 
er war in feiner Abweſenheit (19. Mai 1804) zum Reichsmarſchall 
den. Zu Ende 1806 ernannte ihn Rapoleon zum Generalgouverneur 
dte, und bald barauf zum Anführer der Truppen in Schwediſch⸗Pom⸗ 
den König von Schweden. Diefer Monardy lud den Marfchall zu 
ichen Zuſammenkunft ein, in welcher er ihn auffoberte, ſich für die 
ige XVII, feines rechtmäßigen Herin, zu erklaͤren. B. lehnte zwar 
‚ab ; dennoch mochte er ſich durch einige Außerungen in biefer Unter: 
durch Beguͤnſtigung des englifchen Schleihhandels in Hamburg, Na: 
unft zugesogen haben, genug, er ward von feinem Poften abgerufen 
he Anftelung. Nach der Revolution von 1814 ertannte er Lud⸗ 
an und erhielt das Ludrwigstrenz, ward aber nicht angeftcht. Dies 
er fich bei Napoleons Rückkehr ſogleich für ihn erklärte. Er bekam 
ehl eines Beobachtungsheeres im füdlichen Frankreich und ward zum 
t. Als ſich die Umftände wieder verändert hatten, zögerte er lange, 
m, das er befegt hielt, 1815 Ludwigs XVII. Truppen übergab und 
yerfung dem König einfandte. Diefer Umftand und die in feinem Com: 
übte Strenge mochten wol die Volkswuth gegen ihn gereist haben. 
son Touton nach Paris begab, ward er in Avignon von dem koͤniglich 
zelke erfannt, das fich fogleich vor dem Wirthshauſe, wo er abgefliegen 
nmenrottete. Mod) miehr wurden die ſchon erhigten Köpfe aufgeregt, 
Geruͤcht unter ihnen verbreitete, Brune fei der Morder der Prinzefiin 

Doc ließ man den Marſchall ruhig abfahren. Kaum aber hatte der 


7 


248 Brunehild Brunelleſchi 


Wagen bie Stabt verlaſſen, als ein Haufen des Geſindels, welches gefeigt 
den Poflillon zwang, nad) dem Gaſthofe zuruͤckzufahren. Als der Marke 
geftiegen war und ſich mit feinen zwei Adjutanten in fein voriges Zimmer bg 
hatte, wurden die Thüren des Haufes verfchloffen. Die Empörer hatten. fl 
deß bedeutend vermehrt und foderten mit großem Gefchrei den Tod dee Max 
Umfonft vertheidigten ihn der Praͤfect und der Maire, da feine Truppen] 
Stabt waren, mit Gefahr ihres Lebens 44 Stunden lang. Die Thür ı 
lich gefprengt, ein Haufen Mörder drang in das Zimmer, und der U 
fiel, von mehren Piftotenfchüffen getroffen, nach einigen nutzlofen Verfud 
zu vertheidigen und zu rechtfertigen. Sein Leichnam ward auf eine E 
Weiſe gemißhandelt, von dem Gaſthofe bis zur Rhonebruͤcke geſchleift * 
Fluß geſtuͤrzt. 

Brunehild, Brunichild, Gemahlin Siegbert's L., Könige u 
ftrafien feit 568, eine weitgothifche Prinzeffin , voll Verftand, x 
Geiſtes, beroifcher Entfchlofienheit und tiefer Staatswiſſenſchaft, aber nom‘ 
Charakter, der Alles ber ungezaͤhmten Derrichbegierde aufopferte. Cie 
ihren Gemahl zu einem Kriege gegen feinen Bruder Chitperih, und als m 
darin ermordet worben war, lebte und wuͤthete fie fort bis 613, da Lothar Zi 
nig von Soiſſons, fie in feine Gewalt bekam und als eine Mörderin 
Königen und koͤnigl. Prinzen zum fchredlichften Tode verdammte. (©. & 
yonde) — Brunbildis, f. Nibelungen. 

Brunellefchi (Sitippe), geb. 1377 zu Florenz, widmete fi! 
bium der Werke des Dante, der Phoſik und der Peripective, deren ſaͤmmcig 
geln kaum befarmt waren. Ex formte verfchieden: Siguren und erfand f 
Maſchinen. Doch widmete er fih der Baukunit vorzugsweiſe. Cr ig 
Zeichnenkunſt, um feine architektoniſchen Plane ſelbſt machen, die Bild 
jene damit ausihmüden, und die Mechanik, um über die Maffen derfe | 
ten zu können, ſowie er auch Matbematik und Grometrie gründlich Fabia 
behauptet, daß er Die peripectinifchen Anſichten der dernehmſten Den 
Florenz gezeichnet babe: eine unit, die damals in Erſtaunen ſetzte. Die 
ſchicdenartigen Kenntnifſe ſetten idn in den Stand, kübne und gewagte HE 
u uͤbernebmen, und seriäufften ihm den Namen eines —— — 
funfl. Als Bildhauer verdankte er viel feinem innigen Verhaͤltniſſe mit 
telto, der dama:s noch fehr ins, aber fen ſebt geihicdt war. Beide gi 
Wem: bier füite Brunelieidi die Idee, tie Barkunſt nad den E 
Griechen und Römer umwmichaffen. Au 1407 die Baumeifter fi pe 
verſammelt hatten, um der on Bau der Kurdel des dertigen Dems zu 
ſchlagen, fand Brunelleſchi wenig Geber und ging wirder nach Kom zur 
zwiſchen thaten die Kuͤnſtier Verzicht auf eine Unrernebmung, welche ihr 
bei weitem uͤberſtieg. Mon war — zu Broneleſchi feine auf 
nehmen, welcher erelaͤrte, das er deu Dem mit einem Gerrö:be bebedien m 
durch feine ciane Eichmere und einzig durch die Staͤrke dee Zufanımenhang 
einzeinen Tdeile ſich fhwebend erdalten ſele. Diere Behauptung fd 
Baumeiſtern fe fonterder, Mt man deren Urbeber für wuhnfinnig hielt u) 
der Verſammlung entfernte. Da jedech ale andre Plane der Erwertung 
aiftraröperionen eden's wenẽa entſprachen. fo rief man B. den neuem 
foderte ihn auf, die Art und Weiſe, mie er feinen Pisa audiufübeen 
zeigen. Dies ſchlug er aus, daute aber zwei kleine Gapclen nach ſeinen 
Soteme. worauf ihm der Man der Kuzpi übersrssen wurde. Da er mä 
deſſelden Demertte, NE, je weiter dr Rau ſertSrtt. immer mehr Zeit ver 
ging, ſo legte er auf dem Gewöͤrde der Sırde font Heine Wirthäbäufer u 
ernarte dadurch den Arbeitern Die Zeit des Dinaut: end Hecunterſteigens. 
































Brunet Bräningd 249 


Hang es ihm, einzig von feinem Genie geleitet, zur Ehre feines Va⸗ 
e berühmte Kuppel, die eine von den Fühnften Schöpfungen des 
Beiftes iſt, zu vollenden. Aber bie gental erfundene Laterne, welche 
ff der Kuppel ausmacht, war noch nicht fertig, als er 1444, im 67. 
; doch ward fie nach feiner Angabe beendet. Sein Denkmal ber alten 
fo hoch als dieſer bewundernswuͤrdige Bau; die einzige Kuppel der 
z Rom, melde feitdern erbaut ift, übertrifft fie an Höhe, kommt ihr 
igleit und edlem Style nicht gleih. Michael Angelo erklärte, es fei 
lelleſchi nachzuahmen, und unmöglich, ihn zu übertreffen. B. bat 
age andrer Meifterwerke der Baukunſt ausgeführt. 
et (Jacques Charles), Buchhändler zu Pagis, begann ſeine aus⸗ 
Aliographiſche Laufbahn mit der Redaction mehrer Auctionskataloge, 
onders der des Grafen d'Durches (Paris 1811) intereffant iſt, und 
applementbande zu Gailleau’s und Duclos's „Dictionnaire biblio- 
(Paris 1802). 1810 erfchien die erfte Ausg. ſeines „Manuel du 
:Pamateur de livres’ in 3 Bdn., welches einen fo allgemeinen Bei⸗ 
bereite 1814 eine zweite und 1820 eine dritte Aufl., jede von 4 Bon., 
serden konnte. Durch dieſes Werk trat er ald wuͤrdiger Nachfolger 
t Debure (von deſſen Werke ſich das feinige nur burch die alphabetifche 
heidet) und zugleich als ein neuer Begründer ber allgemeinen Biblios 
Eine verftändige Anlage des Ganzen, Genauigkeit und Sorgfalt 
ren Angaben, meift glüdtiche Auswahl des Aufgenommenen, weife 
und die durch Allgemeinheit feiner Mutterſprache erhöhte Bequem⸗ 
Werks für den täulichen Gebrauch haben demfelben eine Verbreitung 
ven es in hohem Grade würdig iſt. In denfelben Verhaͤltniſſen les 
ebure, bat er indeffen mehr die Bücher berudjichtigt, welche im Hans 
ben. Einen Verſuch, den Plan feines Werks mit den Nüdfichten 
welche der eigentliche Gelehrte bei feinen Studien und Arbeiten zu 
mthält das ſeitdem erfchienene „Bibliograph. Keriton” von Ebert. 52. 
et, f. Parifer Theater. 
ings (Ghriftian), einer der größten Waſſerbaukundigen Hollande, 
ı Nederau in der Pfalz, ftarb 1805 als Generaldirector aller Sees 
)e. Jung widmete er fich den Wiffenfchaften, die mit der Waſſer⸗ 
Besiehung flanden, und wurde Einnehmer von Deichcontributionen. 
ten ihn die Staaten von Halland zum Gmeralflußinfpector. Dies 
r Theilnahme an widhtigen Commiffionen, 5. B. über den Torfftich 
vaard 1789, und 1796 in die Gommiffion wegen allgemeiner Vers 
Deichweſens, ferner 1797 in die Commiffion wegen Trodenlegung 
a zwiſchen Niewskogs und Zevenhoven, und 1798 in die Commiffion 
‚ber Waflerbauten bei Helvoetfluis. Seine widhtigften Waflerbaus 
ebefferte Bedeihung und Abwaͤſſerung des harlemer Meers, die befs 
ng und Austiefung ber fogenannten Oberwaſſer in den Niederlanden, 
ber Flut fo oft große Landſtrecken uͤberſchwemmten, ferner die Umlels 
alſtroms und des Sanals Pannerben, wodurch das Bett des Rheine, 
d des Leck verbefiert wurde. Er führte den Strommeſſer, eine fehr 
Khine, in feinem Departement ein, um zu rechter Zeit auf Abbruchs⸗ 
Borlandes und die Umlenkung des Stroms aufmerkſam gemadjt zu 
Aue vielen praktiſchen Amtögefchäfte erlaubten diefem wuͤrdigen Beam⸗ 
m, als Schrififteller aufzutreten ; doch findet man von ihm willen: 
affäge im 14., 19. und 20. Bande der „Denkſchriften der harlemer 
der Wiffenfchaften”. Auch gab er 1772 eine Heine Schrift heran, 
a Voctheil bewies, wenn man dem See von Beverwyk einen Abflug ins , 


r 


248 Brunehild Brunelleſchi 


Magen bie Stadt verlaſſen, als ein Haufen des Geſindels, welches gefolgt 
ben Poſtillon zwang, nad) dem Gaſthofe zuruͤckzufahren. Als der Marſche 
geſtiegen war und ſich mit feinen zwei Adjutanten in fein voriges Zimmer beg 
hatte, wurden die Thuͤren des Daufes verſchloſſen. Die Empoͤrer hatten. | 
deß bedeutend vermehrt und foderten mit großem Geſchrei den Tod des Darf 
Umfonft vertheidigten ihn der Praͤfect und ber Maire, da Seine Truppen 
Stadt waren, mit Srfahe ihres Lebens 44 Stunden lang, Die Thür wait 
lich gefprengt, ein Haufen Mörder drang in das Zimmer, und der Ung 
fiel, von mehren Piftotenfchüffen getroffen, nach einigen nuslofen Verſuchen 
zu vertheidigen und zu rechtfertigen. Sein Leichnam mard auf cine barbg 
Meife gemißhandelt, von dem Gaſthofe bis zur Rhonebruͤcke gefchleift und IE 
Fluß geſtuͤrzt. | 
Brunehild, Brunidhild, Gemahlin Siegbert's I., Königs we 
ſtraſien feit 568, eine meftgothifche Prinzeffin, voll Verftand, um met 
Geiſtes, heroiſcher Entſchloſſenheit und tiefer Staatswiſſenſchaft, aber von 
Charakter, der Alles der ungezaͤhmten Herrſchbegierde aufopfette. Sier 
ihren Gemahl zu einem Kriege gegen ſeinen Bruder Chilperich, und als er | 
darin ermordet worden war, lebte und wuͤthete fie fort bis 613, da Lothar IE 
nig von Soiffone, fie in feine Gewalt bekam und als eine Mörderin ei 
Königen und Bönigl. Prinzen zum fchredtichften Tode verdammte. (S. 8 
gonde) — Brunhildis, f. Nibelungen. 
Brunellefhi (Zilippo), geb. 1377 zu Florenz, widmete ſich Deur 
dium ber Werke des Dante, F Phyſik und der Perſpective, deren ſaͤmmtücht 
geln kaum bekannt waren. Ex formte verſchiedene Figuren und erfand 
Maſchinen. Doch widmete er ſich der Baukunſt vorzugsweiſe. Er 
Zeichnenkunſt, um ſeine architektoniſchen Plane ſelbſt machen, die Bildh 
jene damit ausſchmuͤcken, und die Mechanik, um uͤber die Maſſen derſel 
ten zu koͤnnen, ſowie er auch Mathematik und Geometrie gründlich ſtudirte. 
behauptet, daß er die perſpectiviſchen Anſichten der vornehmſten Den 
Florenz gezeichnet habe: eine Kunſt, die damals in Erſtaunen ſetzte. 
ſchiedenartigen Kenntniſſe ſetzten ihn in den Stand, kuͤhne und gewagte 
zus uͤbernehmen, und verſchafften ihm den Namen eines Wiederherſtellers dee: 
kunſt. Als Bildhauer verdankte er viel feinem innigen Verhätmiffe mit 
tello, der damals noch fehr jung, aber ſchon fehr gefchickt war. Beide g 
Kom; hier faßte Brunelleſchi die Ssdee, die Baukunſt nady den Gru 
Griechen und Römer umzuſchaffen. Als 1407 die Vaumeiſter ſich zu 
verſammelt hatten, um uͤber den Bau der Kuppel des dortigen Doms zu 
ſchlagen, fand Brunelleſchi wenig Gehoͤr und ging wieder nah Rom zurüd, 
jroifchen ehaten Me Künftler Verzicht auf eine Unternehmung, melde 
bei weiten überflig. Man war gezwungen, zu Brunellefdi feine 3 
nehmen, welcher erklärte, daß er ben Dom mit einem Gewölbe bebedien 
durch feine elgne Schwere und einzig durch die Stärke des Zufammenhang 
einzelnen Theile ſich ſchwebend erhalten folle. Diefe Behauptung fc 
Baumeiftern fo fonderbar, daß man deren Urheber für wahnfinnig hielt ab 
der Verſammlung entfernte. Da jedoch alle andre Plane der Erwartung deej 


























foderte ihn auf, die Art und Weife, wie er feinen Plan auszuführen 


. giftratsperfonen ebenfo wenig entfpradyen, fo rief man B. von neuem * 


zeigen. Dies ſchlug er aus, baute aber zwei kleine Gapellen nach fein 
Syſteme, worauf ihm der Bau der Kuppel Übertragen wurde. Da er wi 
deffelben bemerkte, daR, je weiter der Bau fortfchritt, immer mehr Zeit vn 
ging, fo legte ex auf dem Gewölbe der Kirche ſelbſt Heine Wirthshaͤuſer am 
eriparte dadurch ben Arbeitern die Zeit des Hinaufs und Herunterſteigens. 


Brunet Bruͤnings 249 


ang es ihm, einzig von feinem Genie geleitet, zur Ehre ſeines Va⸗ 
berühmte Kuppel, bie eine von den kuͤhnſten Schöpfungen des 
eiſtes if, zu vollenden. Aber die genial erfundene Laterne, welche 
I dee Kuppel ausmacht, war noch nicht fertig, als er 1444, im 67. 
doch ward fie nach feiner Angabe beendet. Kein Denkmal der alten 
d hoch als diefer bewundernswürbige Baus; die einzige Kuppel der 
Rom, welche ſeitdem erbaut ift, übertrifft fie an Höhe, kommt ihr 
gkeit und eblem Style nicht gleich. Michael Angelo erlärte, es ſei 
Ueſchi nachzuahmen, und unmöglich, ihn zu übertreffen. B. hat 
ge andrer Meifterwerke ber Baukunſt ausgeführt. 
t (Jacques Charles), Buchhändler zu Pagis, begann feine aus⸗ 
iographifche Laufbahn mit der Redaction mehrer Auctionsfataloge, 
nder& der des Grafen d'Durches (Paris 1811) intereffane ift, und 
pplementbande zu Gailleau’s und Duclos's „Dictionnaire biblio- 
Paris 1802). 1810 erſchlen die erfte Ausg. feines „Manuel du 
’amateur de livres‘’ in 3 Bbn., welches einen fo allgemeinen Bei⸗ 
ereits 1814 eine zweite und 1820 eine dritte Aufl., jede von 4 Bdon., 
tden konnte. Durch dieſes Werk trat er ald würbiger Nachfolger 
Debure (von deffen Werke ſich bas feinige nur durch die alphaberifche 
idet) und zugleich als ein neuer Begruͤnder der allgemeinen Biblio⸗ 
Eine verftändige Anlage des Ganzen, Genauigkeit und Sorgfalt 
mn Angaben, meift gluͤckliche Auswahl des Aufgenommenen, weife 
md die durch Allgemeinheit feiner Mutterſprache erhöhte Bequem 
Verks für den taͤglichen Gebrauch haben demfelben eine Verbreitung 
n es in hohem Grade würdig if. In denfelben Verhältniffen les 
ure, bat er indeffen mehr die Bücher berudfichtigt, welche im Hans 
m. Einen Verſuch, den Plan feines Werks mit den Nüdfichten 
welche der eigentliche Gelehrte bei feinen Studien und Arbeiten zu 
hält das feitdem erfchienene „Bibliograph. Lerikon” von Ebert. 52. 
t, f. Parifer Theater. 
ngs (Ghriftian), einer der größten Wafferbaufundigen Hollande, 
Neckerau in der Pfalz, farb 1805 als Generaldirector aller Sees 
Jung widmete er fi den Wiffenfchaften, die mit der Waſſer⸗ 
esiehung flanden, und wurde Einnehmer von Deichcontributionen. 
en ihn die Staaten von Helland zum Gmeralflußinfpector. Dies 
Theilnahme an wichtigen Sommiffionen, 3. B. über den Torfſtich 
amd 1789, und 1796 in die Commiſſion wegen allgemeiner Vers 
Deichweſens, ferner 1797 in die Commiſſion wegen Trodenlegung 
zwiſchen Niewskogs und Zevenhoven, und 1798 in die Commiffion 
bee Wafferbauten bei Helvoetfluis. Seine wichtigften Wafferbaus 
befferte Bedeihung und Abmäfferung des harlemer Meere, die befs 
g und Austiefung der fogenannten Obermwafler in den Niederlanden, 
er Flut fo oft große Landſtrecken uͤberſchwemmten, ferner die Umlei⸗ 
lſtroms und des Canals Pannerden, wodurch das Bett des Rheins, 
des Led verbefjert wurde. Er führte den Strommeſſer, eine fehr 
hine, in feinem Departement ein, um zu rechter Zeit auf Abbruches 
Sorlandes und die Umlenkung des Stroms aufmerkfam gemacht zu 
ne vielen praktiſchen Amtögefchäfte erlaubten diefem wuͤrdigen Beam» 
1, als Schrififteller aufzutreten ; doch findet man von ihm wiſſen⸗ 
fäse im 14., 19. und 20. Bante der „Denkichriften der harlemer 
er Wiſſenſchaften“. Auch gab cr 1772 eine Heine Schrift heraus, 
Vortheil bewies, wenn man dem See von Beverwyk einen Abflug ind . 


250 Brünn Brunnen: und Badereifen 


Meer durch Durchgrabung bes [malen Landſtrichs zwifchen beiden 9 
gen des Sees und bed Meers verfchaffte. 1778 erfchlenen von it 
die Berichte und Protokolle uber das Waſſer des Oberfiröme, mit ein 
13 Bl. und ZKpf. Das Directorium ber damaligen Republik n 
Monument in der harlemer Kathedralkirche fegen und beftimmte dem 
beften Denkfchrift auf die ruhmmürdige Thaͤtigkeit dieſes Mannes 
Medaille und Kette von 200 Dukaten Werth. Sein Zögling un! 
folger Conrad gewann den Preis 1807. Das Monument ſelbſt ifl 
genden trüben Zeiten bisher nicht zur Vollziehung gelangt. 

Brünn, Hauptſt. von Mähren und einem nach ihr benannte 
Einfluß ber Zwittawa ig die Schwartzawa, iſt mit Graben, Wall 
umgeben und hat ein zum Theil abgetragenes, 816 Fuß hohes Di 
Spielberg, ein Staatsgefaͤngniß. Die Stabt mit 10 Vorftädten zı 
und 33,300 E. Sie iſt der Sig des mährifc) » fchlefifchen Landesgul 
Kreisbehörben und eines Biſchofs, hat ein Gymnaſium, ein Fräul 
Pfarrkirchen, viele ſchoͤne Häufer, gute Schulen, viele wohlthätige An 
forftbotanifchen Garten, ein Theater u. ſ. w. Dier befindet fich die f 
ſchleſiſche Geſellſch. für Ackerbau, Naturs und Landeskunde, fowie d 
muſeum. DB. iſt ein wichtiger Gewerb⸗ und auch durch Spedition d 
delsplag in Mähren. 12 Tuchmanufacturen und 19 Tuchmacherm 
fich durch feine Waaren aus. Mod) gibt es Färbereien und Mar 
Seidenzeuchen, Harasband, Seife, Wagenfchmiere, Leder, Cattun, Tı 
felin u. dergl. 

Brunnens und Badereifen. (Vgl. Bäder, Gefun 
u. Mineralwaffer.) Bei der Auswahl des Waſſers für die K 
man alle Mineratwaffer in Hinſicht ihrer Wirkung in drei Haͤuptclaſſ 
Stahlmwaffer und Säuerlinge, in fehmefelhaltige und in falzhaltige. 4 
waffer, twenigftens die wirkſamern darunter, find gewöhnlich auch 
d. h. fie enthalten eine reichliche Menge von tohlenfaurem Gas, wel 
theil von Eifen aufgetöft hält. Bei welchen diefes der Fall nicht ift, 
wenig Eifengehalt, und dies Wenige ift in der duͤrftigen Menge von. 
gas fo ſchwach gebunden, daß e# ſich ſchnell zerfegt, das Eifen von der 
ſich trennt und als Oder niederfchlägt, befonders wenn das Waffer 
erwaͤrmt wird, wodurch es dann vor gemeinem Waſſer nichts voraus 
es die Haut und die Wäfche beſchmutzt. Die reichhaltigen Stahlwaſſ 
das Blutſyſtem, indem fie durch ihren Antheil an Eifen den Cruor ir 
mehren, fehr ftärkend. Sie können daher in Kränklichkeiten von gefu 
diefes Syſtems, in Bleichfucht, Kacherie überhaupt, in Magenſchwe 
dern daven herrührenden libeln gebraucht werben, dagegen fie den an 
an Vollbiätigkeit Leidenden fhAdlich find. Außer ben wenigen wirkl 
hen Eiſenwaſſern gibt es In Deutfchland eine Menge unbedeutender £ 
es häufig der Fall if, daß ſich einige Gran Eifen in einem großen | 
Waſſer, das ja das allgemeinfte Auflöfungsmittel ift, auflöfen oder v 
erſt darin bilden. In vielen Waſſern diefer Art würden kaum dem 
nach befondere Beftandtheile zu vermuthen fein, wenn nicht die verrätf 
äpfeltinetur auch das Hunderttheilhen eines Grans Eifen entdeckte, 
Waſſer von ſolcher Kleinigkeit, gleich ale [hämte es fich feiner Armu 
wird. Doc) haben diefe geringhaltigen Waffer das Gute, daß man i 
wahl nicht aͤngſtlich zu fein braucht, da fie nicht ſchaden, wenn fie auch 
— Schwefelhaltige Wafler fcheinen vorzüglid, auf das Nerv 
Unterleibe8 erregend zu wirken und daher die Thätigkeit der Leber un 
umlauf in Unterleibe zu befordern. Sie können deßhalb bei Kraͤnkl 


—— — 


Brunnen- und Badereifen | 251 


im Bintumlauf des Unterleibes und ber Leberfunction herrühren, ge: 
n, dagegen fie bei Anlage zu Anhäufungen und Wallungen bes Blu⸗ 
g wirken Lönuen. — Die falinifhen, 3.9. Bitterfalz u. f. w. 
Waffer wirken auf bie eigentlichen Verdauungswerkzeuge, namentlid) 
mabfonderung des Magens und der Gebärme, befördern die Bewe⸗ 
heile und können von folhen Perfonen mit Nutzen getrunken werden, 
flopfung und andern davon herrührenden Kränklichkeiten leiden, da⸗ 
en, welche ſchon mit einer frankhaften Abfonderung biefer Theile bes 
e vermeiden müflen. Die warmen Quellen und die Seebäder find 
ter die kraͤftigen Bäder zu rechnen. Dan Eönnte zwar denken, daß 
irkſamen Beſtandtheile, weldye ſich in den Geſundbrunnen befinden, 
en und beftimmten Gaben als Arzneimittel in bequemerer Form ver: 
ı tönnten; allein die Ärzte, befonders die Bades und Brunnendtzte, 
die Beftandtheile der mineralifchen Wafler, durch die innigere Mi: 
uflöfung von der Natur felbft zubereitet, weit wirkſamer als diefelben 
meien ober in Eünftlichen Bädern wären. In Anfehung der Beſtim⸗ 
men, nach welchem Bade und Gefundbrunnen fie reifen follen, ift 
niges erwähnt. In Anfehung der oͤkonomiſchen Umftünde der Kran⸗ 
re befondere ihre Ärzte ſehr umſichtig zu Werke gehen und die ärmern 
minder wohlhabenden Kranken lieber davon abhalten. Zudem iſt in 
bringen, daß folche Kranke bei aller Humanität der Badebirectionen 
te, weiche für den Minderwohlhabenden fo gut wie für ben Reichen 
auf die heilſame Wirkung der Vergnügungen der Bäder nicht rechnen 
u fie denfelben meiſtens entfagen müffen. Wer hingegen Gelb und 
te Kraͤnklichkeit hat, befonder8 wer bei ber Annäherung der Babezeit 
t von Badektankheit fpliet (ungefähr wie die Menſchen, die fi an 
a gewöhnt haben, an ber Ader ein Juden fühlen, wenn die Zeit wie: 
Re sur Ader ließen), braucht unter den Bädern nad) ihren Beſtand⸗ 
noftlich auszuwählen; es wird ihm jedes gut befommen, und er wird 
Kormmmener Badegaft fein. Wer noch ſchwankend fein follte über die 
tungen ber Bäder, der fefe nur die Ankündigungen von manchen, 
eihe von Krankheiten aufgeführt iſt, die alle burd) die wunderſame 
[quelle weggefpült werben. Wenn wir aber auch zugeben, daß alle 
Folgen der Bades und Brunnencuren nicht einzig und allein Wir⸗ 
tanbdtheile des Mineralwaſſers, fondern andrer Nebenumftände find, 
: doch behaupten, daß diefe Vortheile durch Eeine andern Mittel fo gut 
n können als durch Bades umd Brunnencuren. Schon der bei man: 
n ungeroöhnliche Eindruck des bloßen Waſſers auf den ganzen Koͤr⸗ 
Bautnerven ımd dadurch auf das gefammte Nervenſyſtem, ift von den 
olgen für die Geſundheit. Das Trinken der Sefundbrunnen hat den 
eil, daß viele Menſchen, die eine gewiffe Art von Wafferfcheu haben, 
lachkeit überzeugt werden, daß auch ihr Magen Wafler vertragen kann, 
ige Wochen mit diefem heitbringenden Element erquidt, und nicht 
bee, Bier, Wein, oder andern higigen Getränken beläftigt wird. Wie 
rner ift die koͤrperliche Bervegung, welche da6 Gebot des Arztes, noch 
zemeine Beifpiel, die Mode, die Langeweile, ergwingt. Manche Dame, 
dem das Gehen für zu beſchwerlich oder unanftändig hielt, der Ge⸗ 
re an feinen Arbeitstifche fich krumm gefeffen hat, der Geſchaͤftsmann, 
Arbeit anf dem Stuhle gefeffelt hielt, der fette Müßiggänger, welcher 
pha fich zu pflegen gewohnt ift, allen if die Bewegung wohithaͤtig, 
je würden fie ohne Badereiſen nicht haben. Auch der haͤufigere Genuß 
uft, der wohlthätige Einfluß der Reiſe ſelbſt iſt ſehr Hoch anzuſchlagen. 


252 Bruno ber Große Bruno (Reonardo) 


Wo findet fich endlich eine beffere Gelegenheit, ſich von druͤckenden häust 
gen, von läftigen Arbeiten u. f. f. eine Zeitlang zu befreien? Selbſt di 
gungen in ben Bädern haben ihren eignen Reiz; fie kommen des Jahı 
mal, find nicht mit dem läftigen Zwang verbunden, der andre Vergnuͤgu 
und vereinigen Vieles, was in andern Drten zerftreut iſt. Doch iſt au 
ficht des Verhaltens in den Vätern Einiges zu bemerken. Die Zeit d 
halts darf nicht zus Eurz fein. Unter drei Wochen kam ſich Niemand 5 
Mugen von der Cur verfprechen. Die Badeaͤrzte fehen es am liebften, 
Kranken 4 bis 6 Wochen bleiben können. Bor einer gar zu firengen D 
fi) Niemand zu fürchten. Die Badeaͤrzte verorbnen eine paffende Did: 
fen dann die nähere Beſtimmung bderfelben dem Kranken, der feine N 
am beften kennen muß. Übrigens darf Niemand fürchten, daß alle jen 
nur in großen Bädern den Badegäften zu ftatten kaͤmen. Die meiften fi 
nen und felbft in den unberühmten Bädern auch zu gentefen. Seitd 
durch D. Struve in Dresden, in mehren großen Stidsen die Mineralwo 
lich und befriedigend nachgemacht werden, wird das Reiſen zu Bades ı 
neneuren zum Theil entbehrlich, oder man kann damit noch die Anneh 
verbinden, welche größere Städte barbieten. 

Bruno der Große, Erzbiſchof von Köln und Herzog von 2 
britter Sohn Heinrich des Voglers und Bruder Kaifer Dttol., ba 
Antheil an den Begebenheiten feiner Zeit und Übertraf alle damalige X 
Fähigkeit und Einfichten. in zahlreiches Gefolge von Gelehrten aus 
bern, felbft aus Griechenland, ſchloß fich ſtets an ihn an, und feln ſchoͤn 
wirkte, daß mehre Prätaten ihm ähnlich zu werben ſtrebten. Er ſtarbz 
ben 11. Oct. 965. Man legt ihm Sommentare über die 5 Bücher 1] 
einige Lebensbefchreibungen von Heiligen bei. 

Bruno (der heilige). Unter mehren, welche biefen Namen fi 
ber berühmtefte der Stifter des Sarthäufermäncheordene, geb. zu Köln 
aus einem alten und edeln Gefchlechte, das nody In der Mitte des 18.! 
ftand, wurde in der Schule der Collegialkirche St.⸗Cunibert erzogen, bei 
auch in der Kolge ein Kanonikat erhielt, und ftudirte dann zu Rheims, w 
auszeichnete, Daß ihm der dafige Bifchof Gervais die Aufficht über alle S 
Sprengels übertrug. Bruno zog mebre ausgezeichnete Schüler, unter an 
ben nachherigen Papft Urban IL. Die Eittentofigkeit feiner Zeit bewo 
Einfamteit zu fuchen ; daher begab er ſich mit 6 gleichgefinnten Freund 
b. Hugo, Biſchof von Grenoble, und diefer führte fie feibft 1084 in di 
ben von der Stadt entfernte Wüfte, weiche Chartreufe heißt und von n 
bier entflandene Drben feinen Namen erhielt. Hier in einem engen, 
fchroffen, mit Schnee und Dornen bebedten Felſen überragten Thale w 
Bruno und feine Gefährten ein Bethaus und Eleine abgefonderte Zelle 
Mohnungen erbauten und 1086 einen der ftrengften Moͤnchsorden (| 
beten. Unterdeffen war Urban IL. Papft geroorden und berief 1089 fein 
Lehrer zu fih. Bruno gehorchte wider Willen, fchlug aber jede geiftli 
aus und erhielt 1094 die Erlaubniß, eine zweite Carthaufe in der Einfe 
della Torre in Calabrien zu gründen. Hier lebte er nad) voriger We 
feiner neuen Colonie mit gleicher Weisheit vor und ftarb in den Am 
Schüler 1101. Leo X. erlaubte 1514 den Carthäufern, Ihm zu Ehren 
Meſſe zu halten, und Gregor XV. dehnte 1623 diefelbe auf die ganze 
Kiche aus. Seitdem ward er in die Zahl ber Heiligen verfebt. Bi 
feinen Schülern Leine befondern Gefege gegeben, erft 1581 kam eine v 
Regel für die Carthäufer zu Stande, welche Innocenz XI. beftätigte. 

—X oder Bruni (Brunus, Leonardo) aus Arezzo, daher 


Bruno (Giordano) 258 


(Hretiuus) , gehört zu den berühmteften Gelehrten aus der Periode 
xckung der claffifchen Literatur in Stalin. Er war 1370 geboren 
rüber Jugend durch ein Bildniß des Petrarca zu den Stubien ent. 
m fein, denen er fein Leben widmete. Er ftudirte in Florenz und 
ſt die Rechte, aber die Ankunft des Emanuel Ehrpfoloras in Florenz 
ür die claff. Gelehrſamkeit. In ber Folge bekleidete er mehre Am⸗ 
hen Hofe und begleitete ben Papft Johann XXIII. nach Koftnig, 
efept wurde und Bruno nach Florenz entfloh. Hier fchrieb er feine 
Beſchichte, erhielt dafuͤr das Buͤrgerrecht und wurbe fpäterhin, bes 
deu Mediceern, Staatsſecretair der Republik. In diefem wichtis 
wb er 1344; Florenz und Arezzo wetteiferten, durch prächtige Eres 
ntmäler das Andenken ihres großen Bürgers zu ehren. Bruno's 
ı die Ausbreitung und Förderung des Studiums ber griech). Literatur 
züch in feinen woͤrtlichen latein. Überfegungen ihrer Claſſiker, 4.8. 
Schriften, Demofthenifcher Reben, der Biographieen des Plus 
ferdem verdankt er feinen Ruhm feiner florentinifchen Gefchichte, 
e feiner Zeit von 1378 — 1440, und feinen Reben. Reichhaltig 
Zriefſammlung. Seine Schriften find in latein. Sprache, mit Aus» 
Biographien, des Dante und Petrarca. Sein Hauptwerl: „Hi- 
me. (12 Buͤch., Strass. 1610, Fol.), zufammm mit dem 
ns rerum suo tempore gestarum“. Fruͤher italienifc) zu Venedig 


) (Biorbano), ein durch Originalität, poetifche Kraft und Kuͤhnheit 
m ausgezeichneter Philofoph des 16. Jahrh., geb. um bie Mitte dies 
Mola im Neapolitanifchen, ward Dominicanermoͤnch, rettete fich 
vor ben Verfolgungen, die feine Religionszweifel und Spoͤttereien 
be ihm zuzogen, 1582 nach Genf, wo er ed aber durch feine Para» 
eHeftigkeit mit den intoleranten Saloiniften bald verbarb, trat. 1583 
zegner der Ariftotelifchen Philofophie und Lehrer der Lulliſchen Kunſt 
» Gegner fand, reifte nad) London, ging nach Paris zuruͤck und lehrte 
6 — 88 zu Wittenberg feine Philoſophie. Warum er Wittenberg 
mbefannt; jedoch gewiß, daß er 1588 nach Helmſtaͤdt und vielleicht 
ich Prag ging. Beguͤnſtigt von dem Herzog Julius von Wolfen» 
e in Delmiftäde bis zu deſſen Tode 1589, befchäftigte ſich dann in 
8. mit Derausgabe einiger Schriften, verließ aber auch diefe Stadt 
te, man weiß nicht, aus welcher Abficht oder Weranlaffung, nad) Itas 
er feit 1592 zu Padua Ruhe fand, bis die Inauifltion zu Venedig 
aften ließ und der Inquifition zu Rom überlieferte, die ibn nach 
ngenfchaft und vergeblihem Warten auf ben Widerruf feiner Leh⸗ 
Apoftaten, Ketzer und Abtrünnigen von dem Ordensgeluͤbde, den 
D verbrennen ließ. Er litt die Todesſtrafe, die er noch 8 Tage zus 
yerruf hätte abwenden Finnen, mit Standhaftigkeit. Wie feine 
riffe auf die herrſchenden Formen und Lehren der Ariftotelifchen Phis 
uf die befchränkten Ariſtoteliker felbft ihm uͤberall Feinde machten, fo 
mit feinem Stolz verbundene Unbefonnenheit in die Hände feiner 
ne jeht aͤußerſt feltenen philofophifch.didaktifchen Schriften verrathen 
mg, tiefes Eindringen in ben Geift der Philoſophie der Alten, Geiſt 
omwie gründliche mathematifche und phyſikaliſche Kenntniffe. Wie 
„Bibliogr. Lexikon“ (Epz. 1821, 4., I, ©. 238 fg.) angeführten 
ıben derſelben beweiſen, find die meiften aus d. 3. 1583 bis 1591. 
nten Sabre erfchien zu Paris fein berühmtes Buch: „Spaccio della 
Iante” (eine allegorifche Darflelung der Moral mit vielen fatyrifchen 


254 Brüffel 


Biicken auf f. Zeit), ferner f. durch Jacobi vornehmlich ben Deutſch 
sergdene Schrift: „De la causa, principio et uno‘ (MWenebig, mal 
den 15-4), ferner (mahrfch. ebendaf.) „Dei infinito universo et mon 
enthält die Begründung, dieſes die Anwendung feiner Metaphyſik auf di 
Erſcheinungen. Man findet barin einen reinen, mit fehr mürbigen Vo— 
von Gott verbundenen Pantheismus, wie ihn vorher noch kein Philofopl 
Vollendung begründet u. dargeftellt, und fpter nur Spinoza, der nach £ 
Vorgange feine Ideen benußte, mit noch mehr wiffenfcyaftlicher Gonfegqu 
bildet und durchgeführt hat. Daß Gott ihm die Weltfeele und die Welt 
diger Organismus war, hätten feine Zeitgenoffen ihm noch verziehen; 
confequente Behauptung, die Welt ſei unendlidy und unermeßlich, unb | 
von der Mehrheit der Welten, mußte bamals, wo bad bamals neue, won 
Eifer ergriffene Copernicanifche Syſtem von allen Seiten angefochten u 
ein Verbrechen gelten. Die Form feiner Schriften ift melft dialogifdh, a 
gerechte Anordnung, feine Sprache aus Stalienifh und Latein feltfag 
fein Zon heftig und feurig, die Genialität und Erhabenheit feiner Ideen 
für Jeden, der fie verſteht. Dunkler, aber auch minder leſenswerth, fü 
gifchen Schriften, in denen er die Topik und Mnemonik des Roimuml 
mit abenteuerlicher Künftlichkeit ausführe. Zu den Sonderbarkeiten 
gehört die Verbindung des Glaubens an Magie und Aſtrologie mit 
Einfichten in die Natur der Dinge. Er bat auch Gedichte: „‚Here 
und u. a. ein Luſtſpiel: „Il candelajo” gefchrieben. Die größten um 
tern Philofophen benutzten ihn fleißig; unter den neueften nähert fi 
feiner Metaphufit und Naturanficht am meiften und hat auch eine feine 
Schriften („Bruno, ober über das göttliche und natürliche Princiy 
Berl. 1802) nach ihm benannt. Über Bruno und feine Schriften 
und Thanner’s „Lehrmeinmgen berühmter Phyſiker“ (5. H., Sue 2 
Brüffel, ehemal. Hauptft. der öfte. Niederlande, mit 75,0001 
€., 9500 H., jest nach Amfterdam die wichtiate Ecadt im Koͤnigech 
derlande, die Hauptſt. von Südbrabant. Sie HR um wein Candin U 
ten, welche fie mit dem Fluſſe Senne ımt uw wesen Scheldecat 
Sie ift trog der großen Ungleichheit des Redee Int mitten im der Gt 
gung einer ſchoͤnen fleinernen Doppeitunee ua SO Stufen jofke 
baut und hat zahlreiche Palaͤſte. andern gedaut als die O 
nicht einmal ganz gefund, iſt die Mumerlare: ſcoͤn und geſund de 
fladt, gefchmlickt durch den Part, dere ide Stunde im Umfıng 
liche Öffentliche Gebiube, Yu zumem Werk zieht beſonders die fegrumg 
Allee mit Statuen von weißem Mauc die Arfmerkſamkeit auf fie. 
dafelbft dem neugierigen Feera tem mit Quadern eingefaßten Bec 
Inſchrift befagt: daß Peter der Gaade denfelben bucch ein unfeeiirigeht 
geroeiht habe. Eine anter, Mr doͤchſt geſchmackloſe und ſogar —* 
Merkwuͤrdigkeit Bräffene DR am etuicher Springbrunnen, mit einex-g 
gen, modern geffeiberen — Die chemat. Feftungsmerte fin 
die Citadelle Monerenp Nut ae me® Ju einigem Schut. Das gerä 
erbaute und 1821 vun Mean befhldigte Schloß des Könige Hk 
hergeſtellt worden. An guupen Piägen hat bie Stadt den Könige», 
und Sandplat, auch Wet Markt, ein regelmäßiges Paraf 
febe verfciedenen, aber Adern Dausfasaden gefhmüdt. Die 
find die Mi am Pad gl. N. und jene der h. Gudula. 
tuäirdigkeiten find ein ZBatfenhaus, Hoſpital, eine Akademie dee Wiſſenſche 
ſchenen ine Geſellſchaft für Medicin und fuͤr Naturforfchung, eh 
fchuie, ebne Gemäidefammlung, ein phfifalifches und ein Ma 

























’ 


ıdte füblichen Niederlande über Bruͤſſel viel Getreide, Kleeſamen und 
as ins Ausland, theils nach dem noͤrdlichen Provinzen der Nieder⸗ 
Bonmmerrefibenz in bem 4 Stunde von der Stadt gelegenen und durch 
mit derfelben verbundenen Dorfe Larken (ſprich: Laken) ift ſehens⸗ 
rd vor etwa 40 Jahren auf Veranlaſſung der Erzherzogin Chriſtine, 
Ratthalterin in den oͤſtt. Niederlanden, von dem franz. Architekten 
aeinem ſchoͤnen Styl erbauet. Seine Lage, auf einem fanft empor» 
kgel, mit der Ausficht auf die große Stadt und auf die reiche, mit gut» 
Men und lieblihen Landhaͤufern bedeckte Gegend, iſt aͤußerſt anges 
m lieblicher Park ijt einer der vorzuͤglichſten Sammelpläge der bräffes 
Bett. Bruͤſſel war von jeher freiheitslicbend, wie alle größere Städte 
den Herrſchaft der Herzoge von Burgund. Das Antaften der Heins 
en reiste fofort zum Aufftand, und bie Selbſthuͤlfe damaliger Zeit bes 
Ich in der Verhaftung des Souverains, bis die Unterthanenbefchwerde 

Dies Scyidfal traf 2 deutfche Kaiſer, Marimilian I. und Karl V. 
enten und das Bolt waren fo gutmüthig, daß man nad der bald er⸗ 
tföhnung gegenfeitig aufrichtig vergaß, was beide in Zwiſt gebracht 
einer Religion und in der Gelbbewilligung für den Staat wollte der 
durchaus frei fein. Als König Philipp von Spanien hierin autos 
ıte, und den Gig des Generalgouvernements, der Inquifition und 
m, Herzogs von Alba, nach Brüffel verlegte, erfolgten hier die Binz 
t berühmten Grafen Egmont und Hoorn. Hier war audy der ſpa⸗ 
waffenplag wider bie inſurgirenden Niederländer im langen Kampfe 
1648. Viel litt Bruͤſſel nachher durch die Kriege Spaniens mit 
‚und Oſtreichs mit Ludwig XV., bis Maria Thereſia im Geift ihrer 
Ahnen bie Niederlande regierte und für ihre Finanzen weife benugte.- 
0. 1792 zogen bie Franjofen unter Dumouriez, nach dem Gefechte 
„in Brüffel ein; den 26. März 1793 nahmen es jedoch die Öftrels 
e Schlacht von Neerwinden wieder. Den 9. April kam Kaiſer 
Hbf an, beſchwor den 13. die Joyeuse Entrec, und empfing von 
Die Huldigung als Derjog von Brabant. Alein den 9. Juli 1794 


Wenmsnlan auFe mana um halten aa Im Eulshanalihlun Mehl 





254 Brüffel 
Biden auf f. Zeit), ferner f. durch Jacobi vornehmlich den Deutſchen 
getvordene Schrift: „De la causa, principio et uno” (Wenedig, wahel 
don 1584), ferner (wahrſch. ebendaf.) „Del infinito nniverso et mondll 
enthält die Begrlnbung, biefes die Anwendung feiner Metaphyſik auf bie] 
Erfcheinungen. Man findet darin einen reinen, mit fehr würdigen Vorß 
von Gott verbundenen Pantheismus, role ihn vorher noch Eein Phitofoph i 
Vollendung begründet u. bargeftellt, und fpäter nur Spinoza, ber nad) Dei 
Vorgange feine Ideen benugte, mit noch mehr tolffenfchaftlicher Gonfeguemg 
bildet und durchgeführt hat. Daß Gott ihm die Weltfeele und die Welt di 
diger Organismus war, hätten feine Zeitgenoffen ihm noch verziehen; d 
confeguente Behauptung, die Welt fei unendlich und unermeßlich, und fl 
von der Mehrheit der Welten, mußte bamald, wo das damals neue, von 
Eifer ergriffene Copernicanifche Syftem von allen Seiten angefochten wi 
ein Verbrechen gelten. Die Form feiner Schriften ift meift dialogifch, ch 
gerechte Anordnung, feine Sprache aus Italieniſch und Latein feitfamw' 
fein Ton heftig und feurig, die Senialität und Erhabenheit feiner Ideen € 
fie Jeden, der fie verſteht. Dunkler, aber auch minder leſenswerth, Fall 
gifchen Schriften, in denen er die Topik und Mnemonik des Raimunil 
mit abenteuerlicher Künftlichkeit ausführt. Zu den Gonderbarkeiten 
gehört die Verbindung des Glaubens an Magie und Aſtrologie mit Di 
Einfichten in die Natur ber Dinge. Er hat auch Gedichte: „Herold 
und u. a. ein Lufffpiel: „Il candelajo” gefchrieben. Die größten until 
tern Philofophen benußten ihn fleißig; unter ben neueſten nähert 
feiner Metaphyſik und Naturanficht am meiften und hat auch eine feinen 
Schriften („Bruno, oder uͤber das göttliche und natürliche Princip bei 
Bert. 1802) nad) ihm benannt. Über Bruno und feine Schriften Bi 
und Thanner’s „Lehrmeinmgen berühmter Phyſiker“ (5. H., Sulzb. 
Brüffel, ehemal. Hauptſt. der öfte. Niederlande, mit 75,000: 1 
€., 9500 H., jest nad) Amfterdam die wichtigfte Stade im Koͤnigteich 
derlande, die Hauptſt. von Südbrabant. Sie ift von vielen Gandten I 
ten, welche fie mit dem Fluſſe Senne und dem großen &cheldecanale 
Sie ift trotz der großen Ungleichheit des Bodens, die mitten in der Gtadt 
gung einer fchönen fleinernen Doppeltteppe von 50 Stufen veranlafte, 
baut und hat zahlreiche Patdfte. Schlechter gebaut als die Oberſtadt 
nicht einmal ganz gefund, iſt die Unterftabt; ſchoͤn und geſund dagege 
fladt, geſchmuͤckt durch ben Park, der eine halbe Stunde im Umfang hat; 
liche Öffentliche Gebäude, In biefem Park zieht befonders die fogen: 
Allee mit Statuen von weißem Marmor die Aufmerkfantleit auf ſich. 
dafelbft dem neugierigen Fremden einen mit Quabern eingefaßten Brum 
Inſchrift befagt: daß Peter der Große denfelben durch ein unfreimilfige 
geweiht habe. Eine andre, aber hoͤchſt geſchmackloſe und fogar me 
Merkwuͤrdigkeit Bruͤſſels iſt ein Öffentlicher Springbrunnen, mit einer 
gen, modern gekleideten Bronzefigur. — Die ehemat. Feſtungswerke 
die Eitadelle Monterey dient ihr noch zu einigem Schug. Das gerä 
erbaute und 1821 durdy Brand befchädigte Schloß des Könige iſt 
hergeftellt worden. An großen Plägen hat die Stabt den Königs«, | 
und Sandpiag, auch den großen Markt, ein regelmäßiges Parall 
ſehr verfchiedenen, aber fchönen Hausfacaden gefhmüdt. Die | 
find die Michaeliskirche am Platz gi. N. und jene der h. Gudula. A 
wuͤrdigkeiten find ein Waifenhaus, Hofpital, eine Akademie dee Wiffenf 
ſchoͤnen Künfte, eine Geſellſchaft für Medicin und fir Naturforfchung, 
ſchule, eine öffentliche Gemaͤldeſammlung, ein phyſikaliſches und ein Rai 



























I 


Bruft 255 


Bibliothek von 80,000 Bänden und 2000 Handfchriften, ein bota- 
ı and eine muſikaliſche Geſellſchaft. Die Bebeutfamkeit der biejigen 
m bat durch bie engl. Spigenfabrißen viel verloren. Die Fabriken 
in Borten, Gold⸗ und Siberbraht, Blonden, Tuch, feidenen, baum: 
wollenen Zeuchen, Hüten, Papier, Glas, Seife, Licht, Wachsleine⸗ 
m, Spielkarten, Fayence, Stärke, Scheidewaſſer, Vitrioloͤl, Keder, 
aren, Kutſchen, Eiſenblech, Taback und Zucker haben durch die Tren⸗ 
8 von Frankreich viel Abſatz nad) Frankreich verloren und einen ge: 
im Bande felbit gegen vormals, teil die niederlaͤnd. Zollanftalten die 
r britifchen Induſtrie im Verbrauch eingeführter englifcher Induſtrie⸗ 
mit franzoͤſiſcher Douanenſtrenge abwehren. An rohen Landespro⸗ 
die ſuͤdlichen Niederlande uͤber Bruͤſſel viel Getreide, Kleeſamen und 
ils ins Ausland, theils nach den noͤrdlichen Provinzen der Nieder⸗ 
Sommerrefidenz in ben Stunde von der Stadt gelegenen und durch 
mit derfelben verbundenen Dorfe Laeken ([prich: Laken) ift ſehens⸗ 
ard vor etwa AO Jahren auf Veranlaffung der Erzherzogin Chriftine, 
tatthalterin in ben oͤſtr. Niederlanden, von dem franz. Architekten 
ı einem ſchoͤnen Stylerbauet. Seine Lage, auf einem fanft empors 
gel, mit ber Ausficht auf die große Stabt und auf die reiche, mit guts 
fen und lieblichen Landhaͤuſern bedeckte Gegend, iſt aͤußerſt ange 
a lieblicher Park iſt einer der vorzuͤglichſten Sammelplaͤtze der bruͤſſe⸗ 
delt. Bruͤſſel war von jeher freiheitsliebend, wie alle größere Städte 
ben Herrſchaft der Herzoge von Burgund. Das Antaften der Hein» 
m reiste ſofort zum Aufftand, und die Selbſthuͤlfe damaliger Zeit bes 
ich in der Verhaftung des Souveraing, bis die Unterthanenbefchwerbe 
Dies Schidfal traf 2 deutfche Kaifer, Marimilian I. und KarlV. 
mten und das Volk waren fo gutmüthig, daß man nach der bald ers 
ſoͤhnung gegenfeitig aufrichtig vergaß, was beibe in Zmift gebracht 
iner Religion und in der Geldbewilligung für den Staat wollte der 
burchaus frei fein. Als König Philipp von Spanien hierin autos 
ite, und den Sitz des Generalgouvernements, der Inquiſition und 
nm, Derzog6 von Alba, nach Bruͤſſel verlegte, erfolgten hier die Hin: 
: berühmten Grafen Egmont und Hoorn. Bier war auch der fpa> 
yaffenplag wider die infurgirenden Niederländer im langen Kampfe 
1648. Biel litt Bräffel nachher durdy die Kriege Spaniens mit 
und Oſtreichs mit Ludwig XV., bis Maria Thereſia im Geift ihrer 
Ahnen die Niederlande regierte und für ihre Finanzen weife benuste. 
. 1792 zogen bie Franzoſen unter Dumouries, nach dem Gefechte 
‚in Brüffel ein; den 26. März 1793 nahmen es jedoch die Öftrel- 
Schlacht von Neerwinden wieder. Den 9. April kam Kaifer 
ft an, beſchwor dem 13. die Joyeuse Entrée, und empfing von 
die Hulbigung ald Herzog von Brabant. Allein den 9. Juli 1794 
e Franzoſen aufs neue und behielten es im Friedensſchluß. Bruͤſſel 
et. des Dyledepartem., bis e8 1813 von der franz. Derrfchaft be: 
‚der zum Könige. der Niederlande gefchlagen wurde. Der König 
Helnd dort und im Haag. Ebenfo halten die beiden gefeßgebenden 
Haag und in Brüffel abwechfelnd ihre Sigungen. 
‚ der vorbere Theil des Obrrleibes, der die Brufthöhle bildet; fie 
vom Halfe bis zum Anfange des Unterleibes und wird vornehmlich 
uftbein und die Rippen gebildet. Erſteres Läuft vom Halfe an, ber 
durch die Mitte der Bruft hinab; legtere find hinten am Ruͤckgrathe 
wölben fidy nach dem Bruftbeine hin, mit welchem fie fid) vermittelft 


256 Bruſtwehr Bruͤten der Voͤgel 


eines Knorpels feſt verbinden. Bei den Fiſchen, welchen die Rippen fehl 
chen die Schluͤſſelbeine, die Schulterblaͤtter, der Bruſtknochen und einig 
den Oberleib aus, und die fehr Kleine Bruſthoͤhle befindet ſich dicht unter 
men am Ende ded Gaumen hinter dem Naden. Bei den Infelten | 
mittlere Theil des Körpers dad Bruftftüd. 

Bruftwehr, in der Kriegstunft, jede Erhöhung, welche vor bem 
Schuſſe fihern fol. Da Holz; und Stein durch das Anprallen der Su 
fpringen und umberfliegen, fo find fie zu Bruſtwehren nicht brauchbar. 
ſten macht man dieſe aus Erde, in beſondern Faͤllen wol auch aus Faſchin 
gefültten Schanztörben, Sand» und Wolfäden. Die Dide der Bruſtu 
ſich nach dem feindlihen Geſchuͤtze richten; in ber Regel darf fie nicht a 
und nicht über 18 — 24 Zuß did fein. Cugnot gibt die Regel: man ı 
Bruftwehr fo hoch machen, daß man aus dem Innern Raume der Schau 
Entfemung eines Kanonenfchuffes, nichts als den Dimmel und die & 
Bäume erbliden könne. Kann man diefe Regel wegen zu bedeutender | 
her Berge nicht befolgen, fo fichert man fich durch im Innern der Schu 
geführte Querwaͤlle. 

Brüten der Vögel. Die Vögel legen bekanntlich wie big 
Amphibien, wie die Sifhe, Infekten und Würmer, Eier, aus 
Zunge mittelft der Wärme entwidelt. Die 4 Iegtgenannten Claffen 
überlaffen die Entwidelung ihrer Eier der Sonnenwärme, die Vögel 
hierzu der Wärme ihres Körpers. Daraus entfteht für fie ein wichtiges 
das Brütm. Alte bekannte Vögel verrichten diefes Geſchaͤft ſelbſt, nur 
nicht, ber feine Eier in die Nefter der Bachſtelzen und andrer Eleinen 
Der Strauß, dem man fonft alles Brüten abſprach, brütet in Geſellſchaſt 
ren Weibchen Tag und Nacht. Bet vielen Vögeln, 5. B. den Enten, 
Hühnern und andern, liegt allein dem Weibchen das Bruͤten ob; bei am 
und infonderheit bei denen, welche fi) paarweife zufammenhalten, 5. 8.1 
Lerchen, Sperlinge, Meifen, nimmt auch das Männchen daran Theil. ? 
fein Weibchen gewoͤhnlich um Mittag einige Stunden ab, damit es auf 
ausgehen und ſich baden kann. Andre bleiben während der Brütezeit nd 
Weibchen figen, ſchuͤtzen es vor feindlichen Anfällen und tragen ihm Na 
3. B. Ganarienvögel, Stieglige, Hänflinge u. a. Die Beharrlichkeit 
ſtrengung des brütenden Weibchens verdient Bewunderung. Es 
bequemfte Stellung an, um feine Eier nicht zu befchädigen, und verg 
Sefeufchaft und Nahrung. Unfere Gänfe, Enten und Hühner machen 
Öfteres Zerftoßen und Verlaſſen der Eier eine Ausnahme. Muß das 
ja aus Hunger oder Durſt fein Neft verlaffen, fo bedeckt es die Eier 
Moos, Wolle u. dgl. Die mehrften Vögel werden während des Wei 
zahmer. Andre vertheidigen ihre Neſt mit der augenfcheinlichften Leben 
Die Haushenne ‚fest fi) kuͤhn dem größten Hunde entgegm. Mur W 
Freiheit lebende Vögel leiden es, daß man fie im Brüten flöre. Viele 
ihre Nefter, wenn eine Menſchenhand in ihrer Abwefenheit die Eier betafl 
thut fogar der Canarienvogel. Die aumälige Entwidelung und Ausbil 
jungen Vogels im Ei hat man beſonders bei den Haushühnern genam bu 
Die erſte Bedeckung des jungen Vogels ift eine Art Slaumfedern, bie 
den ordentlichen Federn verdrängt werden. Das neuausgekrochene 
bält fi) noch einige Stunden ober längee im Nefte unter der Mutter 
die Äußere Luft gewohnt ift. Die Altern, befonders die Mutter, beweifen 
bewundernswuͤrdigſte Sorgfalt für ihre Jungen, fie zu beſchuͤtzen, zu ernäf 
zu pflegen. Es wird ihnen bequeme Nahrung gebracht, welche die Mutte 
es nötbig ift, zuvor im Kropfe erweicht. Der Koth dee Jungen wird, To 










Brutto  iı. Brutud (Lucius Sunius) 257 


d find, vom Älternpaare aus dem Nefte gefchafft, damit ihnen die Unrei⸗ 
icht am Wachöchume ſchade. Waſſer⸗ und Sumpfoögel verlaffen bald 
Bebuet das Neſt und ſchwimmen oder laufen mit der Mutter umher, von 
‚wie vom Vater, angewieſen werben, ihre Nahrung ſelbſt zu fuchen. Die 
eſchuͤtzt fie, nimmt fie bei übler Witterung unter die Fluͤgel und läßt es 
ner werden, um es ihnen bequem zu machen. Die Zeit bes Bruͤtens iſt 
& nad) ber Größe der Wögel verſchieden. Wenn der Haͤnfling nur 14 
ext, fo brütet die gewöhnliche Henne in 24, der Schwan aber in 42 Tas 
Jungen aus. In wären Klimaten fol die Brütezeit etwas abge: 
den. Go fagt man, dag in Afrika die Henme nur 13 Tage fige. Auch 
ke, daß bei fehr kühler Witterung Gaͤnſe und Hühner viel länger ſitzen, 
a das Wetter recht warm if. Im Durchſchnitt ift eine Wärme von 
ıbe. dazu erfoberlih. Das kuͤnſtliche Ausbrüten der Eier ift nicht 
f Ägypten eingeſchraͤnkt, fondern man hat auch in Neapel während bes 
9. dergleichen Brütöfen angelegt. Aber in Ägypten ift diefe Kunft auf 
I Grab der Vollkommenheit gebracht worden. Die dazu eingerichteten 
Kvon Ziegelfteinen und etwas in die Erbe hineingearbeitet. Sie beftehen 
‚ bie mit einander in Verbindung flehen und in mehre Kam⸗ 
Igetheile find. In einem Winkel des Gebäudes ift ein Ofen, den man 
t fintereinander, täglich 3 — 4 Stunden, mit Kuh: und Kameelmifl, der 
Ihen Feuerung jenes Landes, heizt. Um ben rechten Grad der Wärme 
I bat man kein andres Mittel, als das eigne Gefühl der Arbeiter. Man 
Bike Zemperatur, bie man hervorbeingen will, mit der Wärme der Bäder. 
bie zu ſtark, fo Öffnet man eigne Luftzuͤge. Der Boden der Abthei⸗ 
her Kammern wird mit Matten, und einer Schicht Stroh darlıber, bes 
BW darauf let man die Eier, dody fo, daß fie einander nicht berühren. 
Barden fie 2 ‘Mat, und eben fo oft des Nachts umgewandt. Nach 8 oder 
Bumterfucht man fie mit einer Lampe, ob fie audy befommen. Die fehl: 
ia wirft manı weg und bringt die übrigen am 14. Tage in das obere Stock⸗ 
ke 20. oder 21. Rage kriechen die Kächlein aus, und werden nun ihren 
mern zuruͤck gegeben oder verkauft. Kür das Ausbrüten nimmt der Bes 
Dfens ein Dicitttheil der Eier. Solcher Öfen follen 400 in Ägypten fein, 
u Dfen (firft unglaublich) 50,000 Küchlein ausgebrütet werben. Die 
w eines Dorfes, Berme im Delta, find im Befige diefer Kunft, die fie 
K Ägypten :treiben. Auch in Ehina iſt dies kuͤnſtliche Ausbrüten in Ge⸗ 
Man legt die Eier in hölzerne Büchfen, die mit Sand gefuͤllt find, und 
ı auf eiferize exhigte Platten. Reaumur machte 2 Borfchläge bekannt, 
2 das kuͤnſt liche Ausbrüten auch in Europa einführen wollte. Auf ges 
u Badöfen. fo Ute ein bewegliches Geſtell von Bretern angebracht werden, 
um bie Eier iirgen koͤnne. Ein andrer Vorſchlag war, die Eier in Miſt⸗ 
sugraben; a llein theils die Unficherheit der Temperatur, theils die (hät: 
karten, die aus ben Mifthaufen auffleigen, hinderten ben glücklichen Er: 
Iäntermebien ı8: bie meiften Eier wurden faul. Neuerlich hat ein uns 
tsanzofe ein Werk über das kuͤnſtliche Ausbrliten herausgegeben, worin 
wtifhen Vruͤ töfen in größerer Zweckmaͤßigkeit einzuführen fucht. 
r Dfen mit € ochendem Wafler. 
mtto (Ital.), im Begenfage von Netto, wird in der Kaufmannsfprache 
wumkt Inbegti ff deffen, worein fie verpackt ift, genannt. Es gilt das 
din Beziehung ı auf das Gewicht der Waare, daher man 5. B. fagt: Das 
Iewiegt 9 Ge. Brutto, d. h. mit Inbegriff des Gerichts des Fafles. 
mind (Luchs 6 Junius), der Sohn des Marcus Sunius und der Toch⸗ 
Men Zorguinie 8, rettete fein Leben vor den Verfolgungen des Tarauiniud 
Az. Sichente At jI. BD. 1. 17 





268 Brutus (Marcus Junius) 


Superbus dadurch, daß er fich bloͤdſinnig ſtellte, weßhalb ex ben Wein: 
tus bekam. Bei einer In Rom ausgebrochenen Peſt begleitete. ar bie 
Zarquinius, zu dem Dralel in Delphi. Aa Lurretin, be Gollatinus 
fish den Dolch in den Buſen ſtieß, um die Entehrung micht gu Überleben 
von Sertus, dem Sohne bes Tarquinius, erlitten, eh Brutus, ber d 
wärtig war, die Maske fallen; er 309 den biutigen Dalch aus der | 
ſchwur den Zarquiniern Rache, erklaͤrte den Erſtaunten das Mäthfel 
wandlung, vermochte zu einem gleichem Eide alle Anweſende, und lleß, 
feiner Leitung unterwarf, ſagleich bie Thore ſperren, das Volk zufammeı 
Leichnam oͤffentlich ausſtellen, und verlangte die Verbannung der 
Nachdem fie beſchloſſen worden, trug Brutus darauf au, bie Königer 
ſchaffen und eine freie Verfaſſung einzuführen. Da beflimmte man, 
fuln auf ein Jahr die hoͤchſte Gewalt ausüben follten, und ertheilte bief 
erft dem Junius Brutus und dem Tarquinius Collatinus. Tarquin 
Thore gefperst und fich von dem ‚Deere verlaffen fab, ſchickte Geſandte 
die fein Privateigenthum zurädfobern und zugleich verſprechen follten, d 
gegen die Republik unternehmen wolle. Man bewilligte die ſes Begı 
noch. verſuchten die Sefandten eine. Verſchwoͤrung und sogen mehre J 
diefelbe, unter denen fich auch die beiden Söhne des Brutus und fei 
Gollatinus Neffen befanden. Aber ein Sklave, Namens Binder, € 
Vorhaben vor feinem Ausbruche. Nachdem bie Schuldigen gefangen 
worden, ließen die Confuln auf den folgenden Morgen das. Volk zu di 
berufen, Alles war tief erſchuͤttert, unter den Befangerien auch I 
Söhne an Pfähle gebunden und den Water auf dem Richterſtuhl zu ſe 
verurtbeilen follte. Gollatinus weinte, und felbf der ſtreng e Valerin 
ba. Aber Vrutus fand gefaßt auf und befahl, nachdem die Schuld un 
lid) erroiefen worden, dem Lietoren, das Geſetz zu vollgiehen. Weder bir 
Volks nody feiner Söhne änderten feinen Entſchluß. Er ımuhnte dem: 
Schaufpiele mit Standhaftigkeit bei, und erſt nad) ber Himcichtung v 
Verſammlung, in die er jedoch gerufen ward, da Eolicıtinuß fein 
Vettern zu retten wünfchte. . Das Volk verurtheilte Aue, und wählte a 
des Colatinus den Valerius zum Conſul. Indeß hatte Rarauimiei 
fenna unterflägt, ein Heer verfammmelt und ruͤckte gegen ERcım an. 'd 
zogen ihm entgegen. Brutus führte bie Reiterei, ihm gegen iber befeh 
Zarquin’d Sohn. Beide bucchfließen ſich im Angriffe zu gleicher Z 
Spießen, 509 v. Chr. Die Römer fiegten und Brutus wid feierll 
Die Weiber betrauerten ihn ein ganzes Jahr lang als deu Raͤcher der 
Geſchlechts. 

Brutus (Marcus Junius). Diefer mit dem Nrımun des ef 
bezeichnete Republikaner war anfangs ein Feind des Pom pejtss, der .| 
in Galatien getöbtet hatte, vergaß aber feinen Privathaß und Ä 
Pompejus, als ſich berfelbe zum Wertheidiger ber Freiheit : aufwarf. | 
doch feine Befehlshaberftelle an und ergab ſich nach ber uı sglüctichen | 
Schlacht dem Caͤſar, der ihn mit der zärtlichften Freundſch aft aufnah 
immer geliebt hatte und fogar ihn für feinen Sohn hielt, tı abem Berutu 
eine Schweſter des ftrengen Gato, Caͤſar's Beliebte gewei en mar. 
lung ber Staatsänter wies der Dictator dem Brutus Mac edonien zur‘ 
an. Dennoch ward Brutus ein Haupt der Verſchwoͤrung "gegen Cäfe 
zaͤrtlichſten Bande dem Wohle des Vaterlandes opfern zu r. mäfjen glami 
von Haß gegen Cäfar-und von Liebe zur Freiheit angetrieb zum, fuchte a 
fchriftliche Auffoderungen, dann durch feine Gemahlin Ju mia, tes Br 
fir, denfelben zu gewinnen; und als erihn genug vorb: weitet glaubt 


Bruyoͤre 259 


lich feinen Plan einer Verſchwoͤrung gegen ben nad) der Alleinherrſchaft 
Eaͤſat. Brutus ging darauf ein und bewog durch fein Anfehen viele 
unften Römer zum Beitritt. Caͤſar ward im Senat ermordet. Brutus 
xch Öffentliche Meden bie Abficht diefer That, konnte jedoch das Mißver⸗ 
Volks nicht befiegen, und begab ſich mit feiner Partei auf das Capitol. 
faßte ee Muth, als der Conſul P. Cornelius Dolabella und der Prätor 
ss Cinna, Gäfar’s Schwager, fich fir ihn erklaͤrten. Allein Antonius, 
$ geoßmüthig verfchont hatte, ſoͤhnte fich nur zum Scheine mit ihm aus, 
te von ihm die Erlaubniß, dem Volke Caͤſar's Teſtament vorlefen zu duͤr⸗ 
ud) gelang 26 bem Antonius, das Volk zur Wuth und Mache gegen die 
ſar's zu reizen. in allgemeiner Aufſtand zwang die Werfchworenen, 
zu flüchten. Brutus ging nad) Athen und fuchte dort unter dem roͤmi⸗ 
\ eine Partei zu bilden; auch gewann er die Zruppen in Macedonien. 
man, Öffentlich zu werben, welches ihm um fo leichter ward, da die übri« 
sjanifchen Truppen feit der Niederlage ihres Feldherrn noch in Theſſalien 
niften. Dortenfins, ber Statthalter von Macedonien, txat ihm bei, 
D Brutus, Meifter von ganz Griechenland und Macedonien, in kurzem 
ige eines mächtigen Heeres. Er ging hierauf nad) Afien, wo er ſich 
u6, defien Waffen hier einen ebenfo gluͤcklichen Fortgang gehabt hatten, 
In Rom hatten dagegen die Triumvirn die Oberhand. Saͤmmtliche 
me waren veructheilt worden, und man rüftete fich, fie zu bekriegen. Bru⸗ 
Iaffius aber unterwarfen fich die Lycier und Mhodier mit großer Anſtren⸗ 
gingen dann nady Europa zurüd, um den Triumvirn die Spige zu bie⸗ 
fell, nach Plutarch, dem Brutus auf dem Marfche von Sardes nach Abys 
Haafien ein Gefpenft erfchienen fein.) Das Heer ging über den Delle 
ı fanımeite fi, 19 Legionen und 20,000 Reiter ftark, in den Ebenen 
wi in Deacedonien, wo auch die Triumvirn, Antonius und Octavian, 
Regionen eintrafen. Obgleich die römifchen Gefchichtfchreiber in ihren 
über die Schlacht von Philippi nicht übereinftimmen, fo fcheint doch fo 
‚ daß zwar Gaffius vom Antonius gefchlagen warb und ſich von einem 
laven den Tod geben ließ; daß aber Brutus mit mehrem Güde gegen 
abtheilungen kämpfte, an deren Spige Octavian fland, der aber durch 
kit behindert ward, bem Treffen in Perfon beizumohnen; daß Brutus, 
Khlacht eine vortheilhafte Stellung inne hatte, two er ſchwer anzugreifen 
daß er durch die thörichte Hitze feiner Krieger gewiffermaßen gezwungen 
Kampf zu erneuern, der nun auch für ihn unglüdlich ablief. Er warb 
en. Mur mit wenigen Freunden entrann ec dem Tode, uͤbernach⸗ 
x Höhle, und da er feine Sache rettungslos fah, bat er einen feiner Vers 
en Gtrato, ihn zu töbten. Range weigerte ſich diefer; als er ihn aber 
oflen ſah, hielt er ihm mit abgewandtem Geſicht fein Schwert entgegen, 
Brutus ſich ſtuͤrzte. So ſtarb B. 42 v. Chr. im 43. Lebensjahre. 
uyere (Sean dela), der berühmte Verfaffer der Charaktere und Sitten 
hunderte, war auf einem Dorfe bei Doucdan, unweit Paris, 1639 
x Eaufte ſich anfangs die Stelle eines Schagmeifters zu Caen; allein 
f kam er durch den Biſchof Bofjuet mit einer Penfion von 3000 Livres 
erzoge von Burgund, um denfelben in der Geſchichte zu unterrichten, 
fi in deſſen Hauſe feine ganze Übrige Lebenszeit auf. Er überfegte 1687 
Bere bes Theophraſt mit vieler Eleganz ins Sranzöfifche und begleitete fie 
Ssige von Eharakteren, worin er bie Sitten feiner Zeit mit ſcharfem 
d in einem bis zum Epigrammatiſchen finnreichen und mwigigen Vortrage 
Dieſes Werk fleht in verbienter Achtung. Ta Bruyere nahm feine Cha 
icht ſeiten von lebenden Perfonen, wiewol er dies leugnete, und (heimt 
17 


260 Bruyn Bubne 


fich dadurch viele Feinde gemacht zu haben. Übrigens war er ein D 
benswürdigen Sitten und milder Sinnesart. 1693 ward er, nicht ı 
rigkeit, Mitglied der franz. Akademie und ftarb 1696. 

Bruyn (Eorneille Le), Maler, aber ungleidy berühmter als R 
im Haag 1652, lernte das Zeichnen'und Malen von Theodor van 
ging 167& nach Rom, wo er zwei und ein halbes Jahr feine Kunft ff 
auf folgte er feiner Neigung zum Reifen, beſuchte Neapel und andre 

liens, fehiffte fich nach Smyrna ein, durchreiſte Kleinaſien, Ägypter 
fein des Acchipel®, Alles, was ex feiner Aufmerkſamkelt wirdig fa 
nend und abzeichnend. Dann ließ er ſich in Venedig nieder, beichäf 
feiner Kunft und ward ein Schüler Carlo Lotti's. 1693 kam er in fü 
zuruͤck und machte 1698 feine Reifen bekannt. Die günflige Auf 
Werks erwedite aufs neue feine Reiſeluſt. Ex befuchte 1701 fg. Rı 

fin, Indien, Ceylon und einige afiatifche SInfeln. In Rußland nı 
den Großen und verfchiedene Prinzen feiner Familie, 1706 in Batavi 
dort angefehene Männer. 1708 kam er in fein Vaterland zurüd, w 
Fahren feine zweite Reifebefchreibung herausgab, deren Werth, wie t 
erſtern, mehr in der Schönheit und Genauigkeit der Abbildungen als 
gen Bemerkungen befteht. Den Reſt feiner Rage brachte Le Bruyr 
feiner Kunft befchäftigt, bald im Hang, bald in Amſterdam zu, und ft 
bei feinem Freunde und Beſchuͤtzer van Mollem. 

Bryant (James), Sprachgelehrter und Alterthumsforfcher , 
mouth 1715, farb 180% auf feinem Landhaufe bei Windfor. Er fu 
und Cambridge, ward darauf Erzieher der beiden Söhne des berühr 
von Marlborough, deren dlteften er audy als Secretair nach dem Con 
tete, wo diefer das Eönigl. Heer anführte. Nach feiner Ruͤckkehr bei 
diefe® Goͤnners Einfluß einen einträglichen Poften bei ber Artillerie, 
feinen Unterfucyungen über biblifche, roͤmiſche und griech. Alterthuͤm 
Sein wichtigftes Werk ift das „Syſtem der alten Mythologie”, w 
Duartbänden 1773 — 76 herausfam. So fehr man den Schar| 
Gelehrſamkeit des Verf. bemundert, fo tabelt man bock mit Recht, d 
dungen ftatt ffrenger Beweiſe angenommen und ſich vorzüglich auf d 
Pfad der etymologifhen Erklärungen begeben. Nächftdem führte er e 
ten Streit Über die Wahrhaftigkeit des Homer und über das wirklich 
Troja. Er fuchte nämlich zu zeigen, daß es nie ein Troja gegeben, 
ganze Feldzug der Griechen von Homer erdichtet ſei. Eine frühere 
die 1767 erfchien, feßt die Infel Melite, an welcher ber Apoftel Pı 

bruch gelitten, mit vielen Scheingrünben, nicht nad) Malta, fondern 
tifche Meer. Die heiligen Schriften fuchte er durch Erläuterungen d 
Philo des Juden urid des Juſtinus Martyr zu erklaͤren; aber auch i 
in allen feinen Schriften unterliegen feine Gelehrſamkeit und fein Get 
fucht und Paradorie. 

Buache (Jean Nicolas), Geograph, geb. 1740 zu Neuvil 
Mitglied der franz. Akad. d. Wiffenfchaften und des Längenbureaus, 
Chartenfammlung für das Seeweſen, wurde d'Anwville's Nachfolger a 
graph des Könige, machte fich durch geograph. Lehrbücher und Abhan 
alte und Über neue Geographie (in den „Memoires de l’Institut”, T 
befannt. Er flarb zu Paris den 21. Nov. 1825. 

Bubna (Graf von), aus einer alten Familie in Böhmen, 
fruͤh den öftreich. Dienften und ftteg allmälig zum Kammerhern =. 
Lieutenant. Zu Ende 1812 ward er von feinem Monarchen Mi 
hen Aufträgen an Napoleon nad) Paris und im Mai 1818 






Bucentaur Buch 261 


idt. Er führte alsdann in bem Befreiungskriege 1813 eine oͤſtreich. 

g mit vieler Auszeichnung, und erhielt 1814 den Oberbefehl des 
1, welches über Genf in das fühliche Frankreich eindringen follte, wo⸗ 
diet Vorſicht im Vorruͤcken als Schonung und Menſchlichkeit gegen 
3 WBersohner zeigte. Bei Lyon ftand er dom Marfchall Augereau ges 
e diefen befiegen oder bie Stabt mit Gewalt nehmen zu koͤnnen, bie 
Blanchi und Heffen: Homburg zur Unterftägung ankamen, worauf 
: Heffen = Homburg ben Oberbefeht übernahm. Bubna blieb bis zum 

ver verbuͤndeten Heere in yon und begab ſich alsdann nach Wien. 

Yang Napoleons 18L5 führte er wieder fein Corps unter dem Ober⸗ 
rimont gegen Lyon, und ftand in Savoyen dem Marſchall Suchet 
1 Paris erobert und dieſer über Lyon zuruͤckmarſchirt war. Nun befegte 


ftand Lyon, errichtete dafelbft ein Generalgouvernement und Krieges _ 


die Aufrührer, gegen welche er nunmehr weit ſtrenger verfuhr. Im 
feinen Rücmarfch nach Öftreich an und erhielt fuͤr feine Dienfte ſchoͤne 
hmen von feinen Kaifer zum Geſchenk. Bei den piemontef. Unruhen 
Graf B. den Dberbefehl uͤbez die Sfr. Truppen, welche in Piemont 
fung herftellen ſollten. (S. Piemont.) Nach Vollziehung diefes 
xd er zum Öeneralcommandanten der Lombardei ernannt. Er ſtarb 
m 6. Juni 1825 in feinem 56. 3. J 
ataur, in der Mythologie ein Ungeheuer, halb Menſch und halb 
ſel. Auch führte diefen Namen die prächtige Galeere, in welcher der 
enebig (f.d.) ſich jährlich am Himmelfahrtstage mit dem abriatifchen 
bite. 
pbalus, das Pferd Aleranders des Großen, welches berfelbe für 
twa 15,000 Thaler) kaufte. Es war von ber Zucht des Philonikus, 
ers, ber es dem Könige Philipp zum Kauf anbot. Aber ſchon hatte 

dem Preis zu hoch fand, befohlen, das unbändige Roß hinwegzus 
ver junge Alerander ſich erbot, es zu befteigen. Wirklich ſchwang er 
ind zu Aller Verwunderung gehorchte ihm das Roß und lleß ſich wil⸗ 

es früher Beinen Reiter geduldet hatte. Alerander gewann ed darum 
t nie ein andres Pferd beftieg, wie denn auch der Bucephalus, wenn 
be gerüftet war, einem Andern gehorchte. Als er an einer Wunde 
t, ũeß Alerander ihn am Hydaspes begraben unb erbaute um fein 
tadt, die er Bucephalia benannte. 

zus (Martin), geb. 1491 zu Schleteftadt im Eifaß, ſtarb als Pro: 
ologie in Sambridge 1551. Mad) ber Reformation Luther’s ging er 
ninicanerorden zum Lutherthum über. Ex bekleidete anfangs die Hof» 
beim Kurfürften Friedrich von der Pfalz, war hernach Prediger in 
nd zugleich 20 3. hindurch auf dortiger Univerfität Profeffor, bis ihn 
d VL. von England auf Veranlaffung des Exzbifchofs Cranmer nad) 
sesief. Den dort im Leben gefeierten Dann traf das Schidfal, daß 
Inigin Maria feine Gebeine verbrennen ließ, um ihren Äbſcheu vor 
autiömus darzulegen. Der Cardinal Eontarini nannte ihn den gelehr⸗ 
agen unter den Keen. Unter dem Namen Aretius Filinus erläuterte 
wen. Geine erfte Gattin war früher eine Nonne. Rach ihrem Tode 
keit noch in 


lg der Buche nahm. Im Las 
jeutet, weil man fonft auf Baſt 
Blätter von den Baumblättern, 





260 Bruyn Bubna 


fich dadurch viele Feinde gemacht zu haben. Übrigens war er ein Dann u 
benswürdigen Sitten und milder Sinnesart. 1693 ward er, nicht ohne &i 
tigkeit, Mitglied der franz. Akademie und ftarb 1696. | 

Brumyn (Corneille Le), Maler, aber ungleich berühmter ale Reiſende 
im Hang 1652, lernte das Zeichnen'und Malen von Theodor van der St 
ging 1674 nad Rom, wo er zwei und ein halbes Jahr feine Kunſt ſtudirte 
auf folgte er feiner Neigung zum Reifen, befuchte Neapel und andre Stäbe 
liens, ſchiffte ſich nach Smyrna ein, durchreiſte Kieinafien, Ägypten und bi 
fein des Archipels, Alles, was er feiner Aufmerkſamkeit würbig fand, am 
nend und abzeichnend. Dann ließ er ſich in Venedig nieder, befchäftigte fi 
feiner Kunft und warb ein Schüler Carlo Lotti's. 1693 kam er in fein Bat 
zuruͤck und machte 1698 feine Relfen bekannt. Die günftige Aufnahme! 
Werks erweckte aufs neue feine Reiſeluſt. Er befuchte 1701 fg. Rußland, 
fin, Indien, Ceylon und einige afiatifche Infeln. In Rußland malte er! 
den Großen und verſchiedene Prinzen feiner Familie, 1706 in Batavia verfäll 
dort angefehene Männer. 1708 kam er in fein Vaterland zurück, wo er nnd 
Jahren feine zweite Neifebefchreibung herausgab, deren Werth, wie ber 
erftern, mehr in der Schönheit und Genauigkeit ber Abbildungen als im zu 
gen Bemerkungen beſteht. Den Reſt feiner Tage brachte Le Bruyn, 
feiner Kunft befchäftigt, bald im Haag, bald in Amfterdam zu, und flarb 
bei feinem Freunde und Beſchuͤtzer van Mollem. | 

Bryant (James), Sprachgelehrter und Alterthumsforſcher, geb. 
mouth 1715, ftarb 1804 auf feinem Landhaufe bei Windfor. Er flubiete 
und Sambridge, ward darauf Erzieher der beiden Söhne des berühmten 
von Mariborough, deren Älteften er auch als Secretair nach dem C 
tete, wo diefer das koͤnigl. Heer anführte. Nach feiner Ruͤckkehr bekam 4 
diefe® Goͤnners Einfluß einen einträglichen Poften bei ber Artillerie, der 
feinen Unterfuchungen über biblifche, roͤmiſche und griech. Alterthuͤmer 
Sein wichtigſtes Werk ift das „Syſtem der alten Mythologie”, welches 
Duartbänden 1773 — 76 herauskam. So fehr man den Scharffinn 
Gelehrſamkeit des Verf. bewundert, fo tabelt man bock mit Recht, baß er 
dungen flatt firenger Beweiſe angenommen und fidy vorzüglich auf den trii 
Pfad der etumologifchen Erklärungen begeben. Naͤchſtdem führte er einen 

ten Streit über die Wahrhaftigkeit des Homer und über das wirkliche 
Troja. Er fuchte nämlich zu zelgen, daß es nie ein Troja gegeben, und 
ganze Feldzug der Griechen von Homer erbichtet fei. ine frühere Ab 
die 1767 erfchien, ſetzt die Infel Melite, an welcher ber Apoftel Paulus € 
bruch gelitten, mit vielen Scheingrünben, nicht nach Malta, fondern in da 
tifche Meer. Die heiligen Schriften fuchte er durch Erläuterungen des 
Philo des Juden und des Juſtinus Martyr zu erklaͤren; aber auch in biefeh 
in allen feinen Schriften unterliegen feine Gelehrſamkeit und fein Geiſt bet 
fucht und Paradorie. | J 

Buache (Jean Nicolas), Geograph, geb. 1740 zu Neuville⸗au⸗ 
Mitglied der franz. Akad. d. Wiſſenſchaften und des Laͤngenbureaus, Aufſch 
Chartenſammlung für das Seeweſen, wurde d Anville's Nachfolger ats erſte 
graph des Koͤnigs, machte ſich durch geograph. Lehrbuͤcher und Abh | 
alte und über neue Geographie (in ben „„Memoires de l’Institut”, T. VI, 
bekannt. Er ſtarb zu Paris den 21. Nov. 1825. 

Bubna (Graf von), aus einer alten Familie in Böhmen, mwibnd 
fruͤh den öftreich. Dienften und ſtieg allmälig zum Kammerherrn u. Felbmär 
Lieutenant. Zu Ende 1812 ward er von feinem Monarchen mit auferodl 
den Aufträgen an Napoleon nad) Paris und im Mat 1813 an denfelben 

















Bucentaur Bud 261 


Aandt. Er führte alsdann in dem Befreiungstriege 1813 eine öftreich. 
lung mit vieler Auszeichnung, und erhielt 1814 den Oberbefehl des 
eers, welches über Senf in das füdliche Frankreich eindringen follte, wos 
fo viel Worficht im Vorruͤcken als Schonung und Menfchlichkeit gegen 
hen Bewohner zeigte. Bei Lyon fland er dem Marfchall Augereau ges 
ohne diefen befiegen oder die Stadt mit Gewalt nehmen zu können, bie 
von Biandyi und Heffen » Homburg zur Unterflügung ankamen, worauf 
von Deffen = Homburg ben Oberbefeht übernahm. Bubna blieb bis zum 
ch der verbündeten Deere in yon und begab ſich alsdann nach Wien. 
Bandung Napoleons 1815 führte er wieder fein Corps unter dem Ober: 
ı Srimont gegen Lyon, und ftand in Savoyen dem Marſchall Sucher 
‚dis Paris erobert und diefer über Lyon zuruͤckmarſchirt war. Nun befegte 
erfand Lyon, errichtete dafelbfi ein Seneralgouvernement und Krieges 
gen die Aufruͤhrer, gegen welche er nunmehr weit firenger verfuhr. Im 
ter feinen Ruͤckmarſch nach Öftreich an und erhielt für feine Dienfte ſchoͤne 
Böhmen von feinem Kaifer zum Geſchenk. Bei den piemontef. Unruhen 
kit Graf B. dem Oberbefehl übeg die öfter. Truppen, welche in Piemont 
efaffung berftellen follten. (S. Piemont) Nach Vollziehung diefes 
werd er zum Generalcommandanten ber Lombardei ernannt. Er flarb 
sten 6. Suni 1825 in feinem 56. J. . 

tentaur, in der Mythologie ein Ungeheuer, halb Menſch und halb 
tEſel. Auch führte dieſen Namen die prächtige Galeere, in welcher der 
2 nedig (f. d.) ſich jährlich am Himmelfahrtstage mit dem adriatifchen 

(te. 

tephalus, das Pferd Aleranders des Großen, welches berfelbe für 
s (etroa 15,000 Thaler) kaufte. Es war von der Zucht des Philonikus, 
ſeliers, ber es ben Könige Philipp zum Kauf anbot. Aber fchon hatte 
ber ben Preis zu hoch fand, befohlen, das unbändige Roß hinwegzus 
I6 der junge Alerander fich erbot, es zu beſteigen. Wirklich ſchwang er 
', und zu Aller Berwunderung gehordhte ihm das Roß und ließ fich mil 
ba es früher Beinen Reiter geduldet hatte. Alerander gewann e6 darum 
5 er nie ein andres Pferd beflieg, wie denn auch ber Bucephalus, wenn 
Nacht gerüftet war, keinem Andern gehorchte. Als er an einer Wunde 
war, ließ Alerander ihn am Hydaspes begraben und erbaute um fein 
Stadt, die er Bucephalia benannte. 

cerud (Martin), geb. 1491 zu Schlettftabt im Eifaß, ſtarb als Pro: 
Cheologie in Cambribge 1551. Nach der Reformation Luther's ging er 
Neminicanerorden zum Lutherthum tiber. Ex bekleidete anfangs bie Hof⸗ 
Le beim Kurfürften Friedrich von der Pfalz, war hernach Prediger in 
und zugleich 20 3. hindurch auf dortiger Univerfität Profeffor, bis ihn 
sarb VI. von England auf Veranlaffung des Erzbiſchofs Granmer nach 
ı berief. Den dort im Leben gefeierten Mann traf das Schidfal, daß 
Königin Maria feine Gebeine verbrennen ließ, um ihren Abfcheu vor 
ſtantismus darzulegen. Der Cardinal Contarini nannte ihn ben gelehr: 
Bogen unter den Ketzern. Unter dem Namen Aretius Silinus erläuterte 
mm. eine erſte Gattin war früher eine Nonne. Nach ihrem Tode 
te er fich noch zweimal. | 

ch, mehre zu einem Ganzen verbundene Blätter oder Bogen Papier. 
ſche Benennung entftand vielleicht daher, weil man ehedem zum Einbin> 
de, Blaͤtter und auch das geichliffene Holz der Buche nahm. Im La: 
yeife das Buch liber,, welches Baft bedeutet, weil man fonft auf Ball 
Ebenfo konnut vielleicht die Benennung Blätter von den Baumblättern, 


62 Bud (keopolb von) Buchanan 


deren man ſich ſtatt des Papiers bediente. In fruͤhern Zeiten wurben € 
Blei⸗, Kupferplatten, Pergamentrollen u. a. m. gebraucht. (S. Buchſt 
ſchrift.). 

Bud (Leopold von), geb. 1777 im Preußiſchen, einer der erften @ 
fien Deutfchlands, der feinen Zweck, die phufifche Befchaffenheit der Erb: 
eignes Befchauen zu erforfchen, ſeit mehr ald 30 J. auf Reifen durch alle 9 
zen Deutſchlands, durch Skandinavien bis zum Nordcap, durch Theile von 
britannien, Frankreich und Stalien und bis in die canarifchen Inſeln, eifi 
folgt hat. Er unterſucht dabei vornehmlidy Geognoſie, allgemeine Phnfl 
ſchaffenheit und Temperatur der Atmofphäre, Erhöhung des Bodens unt 
nit. Sm Befige einer gluͤcklichen Unabhängigkeit, beginnt er von Berlin a: 
er gewoͤhnlich die Wintermonate verlebt, mit dem Srühling feine naturforfl 
Wanderungen. Einfach in feiner Lebensart, mäßig, an Belchwerben 
ceift er zu Wagen, zu Pferde, zu Fuß, wie es fein Zweck erfobert. —* 
und mild in ſeinen Urtheilen, beachtet er jede Mittheilung von Andern, 
zum Wahren fuͤhren kann. Unter den Geognoſten hat er zuerſt die V 
artigkeit der vulkaniſchen Erſcheinungen und beſonders ihrer Wirkungen 
Geſtalt und Beſchaffenheit der Erdoberfläche deutlich dargelegt. Er theilt 
die Vulkane in Gentral= und Reihenvulfane. Die legten fcheinen Ihm 
tung großer Spalten in der Erde und diefe wieber der Richtung der Urg 
folgen. Seine Centralvulkane find die liparifchen Infeln, der Atna, 
Azoren , die Canarien u. f.w. Was ihm die Geognofie verdankt, | 
„Beognoft. Beobachtungen auf Reifen durch Deutfchland und Italien“ 
f. „Phyſikal. Befchreibung der canarifchen Inſeln“, wo er 1815 mehr 
vermeilte. Ihn begleitete damals ber norwegifche Botaniker Chriſtian 
einige Jahre [päter die Zahl der Opfer der unglüdtichen Unternehmun 
Tuckey Im Congofluffe vermehrte. Auch iſt v. Buch's „Reife durch 
Lappland" (2 Thle., Berlin 1810, m. Kpfn.) ein Hauptwerk fber den 
der Erde im hohen Norden. B 

Buchanan (Georg), Dichter und Hiſtoriker, geb. 1506 F 
Schottland, ſtudirte zu Paris von 1520 bis 1522. Nachdem er früher 
Huͤlfsmilitair in Schottland 1523 Dienfte genommen hatte, verließ er fe 
ihm die Kriegsftrapagen eine ſchwere Krankheit zugezogen hatten, und 
auf die Univerfität St.» Andrems, wo er Luther's Lehre kennen lernte, 

im nämlichen Jahre nach Paris. Hier lebte er in hoͤchſter Dürftigkelt 
1526 Eehrer der Grammatik im Collegium der h. Barbara wurde. Dafı 
ihn der junge fchottifche Graf Eaffils zu feinem Lehrer und nahm ihn 
nad) Schottland. Als diefer 1536 ftarb, ernannte ihn Jakob V. zum Bd 
nes unehelichen Sohnes Jakob Stuart, Grafen Murray. Well er eine | 
Satyre gegen die Franciscaner, mid man fagt, vom Könige felbft verfaßt, : 
ließ, mußte er flüchtig werden und hielt fich einige Jahre in Frankreich als | 
auf, wo er einige latein. Tragoͤdien fchrieb und den Euripides überfegte. 
ging er nach Portugal, um eine Lehrftelle an der neuerrichteten Univ 

bra zu übernehmen. Seine Feinde unterließen jedoch nicht ihn auch Kiez 
folgen, und er warb, ſowol wegen jener Satyre, als auch well man ihm’ 
gemeinen den Vorwurf machte, Fein echter Katholik zu fein, auf einige 
um ſich beffer zu unterrichten, in ein Kiofter gefperrt, in welchem er fely 
hen Umfchreibungen der Pfalmen in latein. Verfen verfaßte. Nach viel 
umſchweifen kam er 1563 wieder nach Schottland, befannte fich öffenerid 
formirten Religion, warb nachher Lehrer bes jungen Könige Jakob VL, si 
gen Jakob I., den er ſtreng hielt und ihn ſelbſt oft Förperlich züchtigte. 
dem Jakob aur Regierung gekommen war, fagte .er ihm bittere Wahrheit 








= 


Bucharel Buchdruckerkunſt 268 


5 bie ſchottiſche Geſchichte („Historia Sootiae”, libri XX; in feinen 
erken hetamögeg. von Rudimann, Edinb. 1715, 2 Bde., Fol.) nicht 
Seit gegen die kathol. Religion und gegen feine ehemalige Wohlchäterim, 
ı Marta Seuart, zu deren Gegnern er fich ſchlug. Er biteb in Gunſt 
Naigter Eitfabeth. Zuletzt wurde er unter Jakobs Regierung Director 
tet und geheimer Siegelbewahrer, verließ aber 1581 diefe Stelle, ging 
ug und farb daſelbſt 1582. Er hat theils durch feine obenerwähnten 
chelle Durch andre Gedichte feine Meifterfchaft in ber latein. Dichter: 
iefen. Als Lyriker war er feurig und kuͤhn, als Satyriker witzig und 
Bein Charakter war ſchwankend und leidenſchaftlich. 
harei, ber flͤdliche Theil der Tatarei (Turkeſtan) in Mittelaſien, heißt 
beten (f.d.), deren Hauptfit die Bucharei iſt, auch Usbekiſtan. 
ıdle große und Eleine Bucharei geheilt. Diefe (Oft » Dfchagatai 
a, 22,2% LIM.) ſteht feit 1759 unter chinefifcher Hersfchaft. Jene, 
wWeftbudharei (26,800 IM. mie 3 Mill. Ein.) liegt am Amu 
‚ und amı Gebirge Muftag, hat ſchoͤne und ausbauernde Pferde, viel 
gute Baumwolle u.f.w. Die Einwohner find theils Bucharen, 
me in Städten wohnen und Landwirthfchaft, Manufacturen und einen 
bandei mit China, Indien, Perfim und Rußland haben, theils usbe: 
tem, welche, in Ordas getheilt, nomabifiren, theil® Turkmanen, Zus 
tw. Das Land flieht jetzt unter einem Schah aus dem einzigen noch 
ſchiechte von Dſchingiskhan. Die Hptſt. it Samarkand (ſ. d.), in 
der Schah im Sommer nomabifirt. Seine Winterrefibenz iſt Bu⸗ 
thara), Dauptft. der Provinz gi. N., an der Kuanderia (Goghb), des 
meiſtens von Holz und Lehm find. Diefer große Stapelplag des Lan⸗ 
6 wichtigfte Emporlum im mittleen Afien für Indier, Afghanen, Ko: 
fer, Ruſſen, Sinefm, Araber, foll 200,000 Einw., 400 Moskeen, 
es (Schulen) und 10 große Karamanferais enthalten. — Nach dem 
Zimuriden (um 1468) gründete Scheibani in der Bucharei die Herr⸗ 
Gbefen , deren Befchichte Senkowski in f. „Supplem. & l’histoire des 
' (Detersb. 1824, 4.) zuerſt genau erzählt bat, fowie Hr. v. Meyen⸗ 
‚Reife (1820) nach Buchara“ ben gegenwärtigen Zuftand des Landes 
Noch jetzt pflegt die Bucharei, ſchon früher das Vaterland berühmter 
Avicenmna war in Buchara geboren), alfe Theile der islamiſchen Gelehr⸗ 
x Schah ift zugleich Khalif und erkennt die Rechtmäßigkeit der osman. 


an. 

druckerkunſt wird in Abficht auf das dabei ftattfindende Verfah⸗ 
stographifche, typographiſche und ftereographifche eingetheilt. Die 
hiſche Buchdruckerkunſt befteht darin, dag man die Schrift in gunze 
fein einfchneidet, fie dann mit Schwaͤrze überzieht, mit Papier bedeckt 
k. Dies tft die aͤlteſte Art der Buchdruckerkunſt, die aud) bis jest nod) 
Japan und Tibet im Gebrauch, iſt. Die typographiſche Buch: 
iſt diejenige ,- bei welcher man ſich einzelner Lettern oder Typen bes 
de man gehörig zufanmmenfegt und dann abdruckt. Eine kurze Zeit hin: 
De man gefchmittene Lettern, aber bald nachher und noch jest gegoſſene. 
ographiſche Buchbruderkunft befteht darin, daß man die aus meh⸗ 
zufammengefehten Seiten mittelfi eines Guffes in Platten oter Ta⸗ 
Kt, von denen man abdrudt. Die Chinelen follen ſchon unter ihrem 
Iswang, welcher ungefähr 1100 J. vor Chr. lebte, tie xolograyhiſche 
ntunft gefaumt haben; body fchreiben ſich auch die Japaner die erſte Er: 
ben u. Auch in Tibet ſoll nad) dem Berichte verichiebener Reiſen⸗ 
Runft ſeit undenklichen Beiten getrieben werden. Ob es gleich ſchon jeit 


264 Buchdruckerkunſt (Geſchichte) 


Jahrtauſenden Sitte war, mit dem Petſchaft Abdruͤcke in Wachs zu r 
ches leicht Veranlaffung zur Erfindung der Buchdruckerkunſt hätte g 
fo wurde doch erſt etwa vor viertehalb Jahrhunderten Guttenberg bat 
Erfindung derfelben geleitet. Denn es iſt mit Recht zu beſtreiten, d 
päer, und unter ihnen die Deutfchen, damals irgend eine Kenntriß v 
druckerkunſt bei den Chinefen gehabt haben, obgleich nicht zu leugnı 
ſchon vor Guttenberg, und zwar 1423, die Kunft, Bilder mit einiger 
in Holz zu fchneiden, befannt war. Drei Städte flreiten um die Eh 
dung der typographiſchen Buchdruckerkunſt, Harlem, Strasburg 
Die Harlemer behaupten, daß ihr Bürger Lorenz Iansfoen, mit dei 
Kofter, d. h. Küfter (an derigroßen Parochialkicche zu Harlem), berı 
Kunft, die Schrift in Holztafeln einzufchneiben, erfunden habe. ( 
nicht dabei ſtehen, und mehre Kofter’fche Drucke find, wie Scheltema 
noch im J. 1823 zu betveifen verfucht haben, mit beweglichen Type: 
nachher bleiernen und zinnernen, gefertigt. Wenn auf diefe Weife 
dern die Ehre ihrer elgenthümlichen Erfindung der Buchbruderkunft 
wol felbft ein niederländ. Gelehrter, Ban Hultem, fich gegen dieſe 
klaͤrt hat), fo ift es doch nicht nur nicht zu erweiſen, fondern eine ur 
maßung, die Erfindung ber Buchdruckerkunſt in Mainz von biefer ha 
leiten, nämlich duch Veruntreuung der Kofterfhen Typen durch feir 
Johann, welcher damit Über Amfterdam und Köln nach Mainz gegan 
1442 „Alexandri Galli Doctrinale‘ unb „Petri Hispani Tractat 
haben fol. (Vgl. über die hollaͤnd. Erfisdung: Ebert im „Hermes“, 
4.) Die Steasburger fchreiben diefe Erfindung Guttenberg zu, der 
burg gemacht haben follte; die Mainzer hingegen behdupteten, daſ 
Suttenberg nicht in Strasburg , fondern vielmehr in Mainz die typoı 
druckerkunſt erfunden habe. Die Wahrhelt ift, dag Guttenbe 
Strasburg die erfte Idee feiner nachherigen Erfindung faßte und fie in 
fuchen prüfte, fie aber erft in Mainz mit Hülfe Peter Schöffer’s zur 
brachte. Es iſt erwiefen, daß Guttenberg bereit 1436, als er noı 
burg war, fein Druderzeug hatte, und auch ſchon in diefem Sabre 
einer Druderprefle machte. Nachdem ihm aber bie xylographiſche Mi 
öftern Wiederholung zu mühfam ſchien, dachte er daruͤber nad), ob 
einzelnen Buchflaben drucken und biefe hernach wieder gebrauchen koͤ 
führte ihn auf die Erfindung der beweglichen Kettern,, die er noch vor 
gemacht haben, benn bereits in diefem Jahre befaß man abgefeßte Ketı 
Eehrte Suttenberg nach feiner Vaterſtadt Mainz zuruͤck, und mit 1 
die vervolllommmete Periode dev Buchdruckerkunſt. Guttenberg verbaı 
ſem Jahre mit einem reichen Bürger in Mainz, Namens Johann { 
tvelcher mit Hülfe Peter Schöffer’s von Gronsheim die Gießkunſt be 
ner typographiſchen Geſellſchaft. Kauft nahm bald darauf (wahrſche 
diefen Schäffer, einen fehr erfinderifchen Kopf, in den Verein auf, 
der eigentliche Vollender dev Buchdruckerkunſt wurde. Quttenberg bi 
beweglichen Lettern erfunden und biefe anfangs aus Holz, dann aus $ 
lich aus Zinn gefchnitten. So blieb aber die Buchdruckerkunſt noch e 
mes als koſtſpieliges Sefchäft, bis von Joh. Kauft oder Peter Schöffe 
nen metallenen Letteen und andre Vortheile babei erfunden wurden. 
größere, mit gegoffenen Lettern von Guttenberg, Kauft und Schöfl 
gedruckte Werk, welches gegen 1455 vollendet wurbe, iſt bie fogenaı 
berg’fche Iateinifche Bibel, die man audy bie 42zeilige nennt, weil fie a 
fländigen Columne 42 Zeilen hat. Als fi) Zauft 1456 von Gutten 
und, in Folge eines von Ihm bemfelben zu machenben Darlehne von 


Buchdruckerkunſt (neuere) 265 


ſen Druckerwerkzeug sugeeignet hatte, übernahm er in Vereinigung 
— here typograpb. Werke, wodurch num die eigentliche Buchs 
unb nad) immer mehr ausgebildet wurde. Da Fauſt insbeſondere 
e ad und deutfchen Bibel betrieb, durch deren Abfchrift die Mönche 
miehnlichen Verdienſt gehabt hatten, letztere ohnehin die erfiaunfiche 
mg der gebeudkten Schrift nicht begreifen konnten und biefe Kunft deß⸗ 
ıgebung bes Satans zufchrieben, fo gerieth er daruͤber mit ihnen in 
jen Streit. Er war naͤmlich mit feiner, 1462 zum erften Male mit 
N gebeudten Bibel nach Paris gereift, um fie dafelbft zu verkaufen. 
wegen der Anfeindbungen der beutfchen Mönche Paris fchleunig verlafs 
‚veranlaßte dies wahrfcheinlich die bekannte Sage, der Zeufel habe. 
1466 reiſte Fauſt zum zweiten Dale nad) Paris und farb dafelbft 
worauf P. Schäffer in Mainz die Buchbruderkunft allein fortfegte. 
Trenmung Guttenberg's von Fauſt hatte Erſterer Mittel gefunden, 
Drudeei anzufchaffen, und Damit mehre Werke gedrudt, von denen 
ver bekannte aftrologifch =mebicinifche Calender in Folio von 1457 
ſt, welcher als der erfte bekannte Druck mit beigebrudter Jahrzahl 
‚, Da die Lettern dieſes Calenders von denen, mit welchen Kauft und 
ten, durchaus verfchieben find, fo fchließt man daraus mit Sicher: 
er Galender in Guttenberg's Druckerei gedruckt worden ſei. Geit 
ten fich mehre Arbeiter von Mainz und errichteten Drudereien in und 
Hand, zuerſt in Italien, hernach in Scankreich, beffen bamaliger Koͤ⸗ 
fürft war, ber fich ber neuen Kunſt annahm. Nebſt Fauſt, Schöffer 
ng war ein gewiſſer Albrecht Pfifter, man weiß nicht eigentlih, auf 
e, zur Aushbung der Buchdruckerkunſt gelangt; berfelbe foll bald nach 
bel gedrudt haben. 
m nun nach und nad) bie Buchdruckerkunſt bie in die Mitte des vori⸗ 
amer mehr verbeflert worden war, machten fih 3. ©. 3. Breitkopf 
zarth in Breslau und Franz Ambrofius Didot in Frankreich befondere 
Meommmung diefer Kunft verdient. Meuerlich erhielt Phit. Ruſher 
in Patent für verbefierte Drucklettern, wodurch der Druck fchöner, 
md leichter werben fol. Auch erfand Franz Bailey von Philadelphia 
„ Mattrizen zu Buchftaben zu verfertigen, welche nicht nachgeahmt 
m, worüber Robert Barclen 1790 ein Patent erhielt. Übrigens 
cchdruckerkunſt, weiche mit dem Abdrud von ganzen Tafeln ihren Ans 
nun auch durch Abdrud ganzer Tafeln ihre höchfte Vollkommenheit 
ollen. Dan bemüht ſich nämlich jest, die aus beweglichen Lettern 
sten Seiten in folide Maſſen oder Zafeln zu verwandeln. Belannt- 
Buchbrud: durch Erfindung der beweglichen Lettern zu größerer 
weit; aber eben biefe Beweglichkeit ift auch Urfache, daß fich, fo oft man 
ver auflegt, neue Druckfehler einfchleichen, und daß ſich beim Druden 
weiten an die Ballen anhängen und damit herausgezogen merben, 
‚ber Drucker fie nicht immer wieber an den rechten Ort einfeßt, neue 
flehben. Dieſe Unvolllommenheiten waren insbefondere bei einem 
ms Lauter Zahlen beſteht, fehr kraͤnkend. Firmin Didot, der Sohn 
Srofius Didot, dachte daher, als er die logarithmifchen Zafeln von 
ı foßte, auf Mittel, jenen Unvolllommenheiten vorzubeugen, und 
hm dadurch, daß er die aus beweglichen Buchftaben und Zahlen zu⸗ 
en und aufs genauefte corrigirten Seiten auf ganze Tafeln abgießen ' 
am bins und hergeworfen werben Binnen, ohne daß fich ein Buch⸗ 
t. Durch dies Verfahren wird das Herausziehen ber Lettern, mit: 
Ihe neuer Druckfehler während des Druds, unmöglich gemacht. 


66 Buchdruderkunft (neuert) 


Entdeckt man aber einen ſtehen gebliebenen Fehler, fo wird die b 
dem Drte bes fehlechaften Buchſtabens durchbohrt, der falſche Ei 
genommen, ber rechte dafür eingefegt und wieberum zugeloͤthet, aı 
Form nad) und nad) ganz correct wird. Diefe fo verbundenen Let 
dot Stereotypen, von dem Griech. orsoeoc, feſt, feftfichen 
Form, Geſtalt. Er ließ mit felbigm 1795 Callet's obengenannı 
und trigonometrifche Tafeln abdrucken. Die Erfindung der Ster 
hört eigentlich nicht Dibot, fondern wird den Holländern zugefd 
fhon feit mehr als 100 3. fol man in Holland derſtanden haben 
Lettern Drude von Dauer zu verfertigen. Der Erfinder derfeiben 
Mey, der Vater des bekannten Malers diefes Namens, gewefen f 
des 17. Jahrh. in Leiden mohnte. Er verfertigte und goß unbei 
ober Platten zu einer holländ. Bibel in Quart, von welchen viele t 
abgezogen wurden. Die Kormen zu dieſer Bibel befinden ſich noch 
den der Buchhändler &. und J. Luchtmans in Leiden. Dit Mey 
unbemwegliche Typen zu verfertigen, in Holland wieder verloren; w 
fettbem kein Gebrauch mehr davon gemacht, weil diefe Art zu druc 
war. Auch foll ein Schotte, Namens Ged, zu Anfang bes 18. J 
von gegoffenen Platten zu drucken, erfunden, auch einen Salluſt 
gelötheten Typen abgedrudt haben. Man fieht Hieraus, daß Did 
ſchen oder flereographifchen Drucke mehre Vorgänger gehabt hatte. 
diefe Kunſt fehr verbeffert, ſodaß durch diefelbe eine weit größere 
in Anfehung der Reinheit ber Schrift und eine bebeutende Wohifi 
plare erreicht roiid. Sein verbefiertes Verfahren ift folgendes. € 
liche Lettern, die ſich von den gewoͤhnlichen nur dadurch unterſcheil 
maß kürzer und von einer weit haͤrtern Maſſe find. Dieſe werden < 
liche Weiſe gefebt; man druckt Probebogen und corrigirt, bi6 der < 
lichſt fehlerfrei if. Alsdann wird jede mit diefen harten Lettern 
ein Viereck vom weichften Blei abgedrudt. Diefe Bleiplatte dier 
trize für eine ganze Seite, und die obenertwähnten Kettern von bi 
alfo die Patrigen, welche zur Verfertigung diefer Matrizenplatte di 
‘dem fie diefen Dienft geleiftet haben, toleder auseinander genomn 
fegt und zur Verfertigung andrer Matrizenplatten benutzt werder 
man nun eine foldye Seite, bie als Matrize dient, fo wird fie abge 
wird aufeine Teigmaſſe abgedruckt, die ſich hinterher verhärtet und zı 
beim Abdruck feloft werden die verfchtebenen Tollden Platten oder | 
meffingene Platte gefchoben, welche die Stelle der Form vertritt ı 
ift, um dem Banzen Haltung zu geben, da biefe fehr binnen fter 
ten oder Solumnen dem Drude ſchwerlich roiberftehen würden. € 
fahren des Grafen Schlaberndorf, des Buchdruckers Herhan umb 
Errand und Renouard befteht darin, daß man mit gewöhnliche: 
befondere Art von beweglichen Matrizen verfertigt, welche ungefäl 
liche Drucklettern ausſehen, mit dem In ber Natur der Sache legen! 
daß die Buchftaben gerade und vertieft In der Matrize find, flatt 
und erhaben auf der Druckletter flehen; dag man fobann diefe vor 
rechten Seite, wie daß gebrudte Bud, fein foll, fegt und damit 
Drud dienenden ftereotupifchen Tafeln ober Columnen abklatſcht 
Verfahren abkürst. Seitdem hat es Herhan auch dahin gebe 
Saͤtze kalt in Kupfer zu ſchneiden, wovon jeder Charakter In ein 
der Drahtmühle gezogenes Prisma gefchnitten if. Die Mafcht 
Ausführung dieſer beiden Gegenſtaͤnde erfunden hat, find hoͤchſt fir 
dem haben fich noch Gatteaux zu Parts und Samuel Falle, ein ge 


Bucher Büchercenfur | 207 


Nen, ber Graf Profper von Sinzendorf, und Boubler, ein Gießer m 
ie Erfindung und Verbefferung ber Stereotupendruderei fehr verdient 
ı Deutfchland hat bie bie jegt einzige Stereotppengießerei Karl Tauch⸗ 
‚angelegt. Für typographiſche Schönheit haben Baskerville in Eng» 
und Erapelet in Frankreich, Bodoni in Italien, Ibarra in Spanien, 
f, Söfchen, Degen, Tauchnitz und Vieweg in Deutfchlanb am mei⸗ 
— Naͤchſt den Lettern iſt das Hauptwerkzeug der Buchbrudterkunft bie 
erpreffe, worein die geordneten Lettern gefest, mit Schwaͤrze 
lerauf mit einem Bogen Papier bedeckt und dann durch den Drud auf 
xuckt werben: Anfangs drucke man bie Holztafeln mit einem Reis 
‚0b. Statt diefes Reibers erfand Guttenberg die Preffe. Aus einer 
m Urumbe ergibt ſich, daß fie bereits 1436 im Gange geweſen ift. 
& hingegen kannte man 1458 nody Feine Preffen, denn Kart VOL. 
eſem Fahre Jemand nad) Strasburg, der dafelbft die Buchdrucker⸗ 
ı fofte. Leonhard (Joh.) Danner, der 1585 flarb, brachte 1550 
mberg bie meffingenen Spindeln in der Buchbrudkerpreffe an, wozu 
adung der Brechſchraube Veranlaffung gegeben hatte. Verbeſſerte 
‚fanden nad) und nad), ſaͤmmtlich in der zweiten Hälfte bes vorigen 
h. Haas in Bafel, Joh. Gottfr. Freitag in Gera, Franz Ambroſius 
Imiffon in Paris, und Joſeph Tidley, ein Engländer. Kinsley zu 
Sonnecticut hat eine Preffe erfunden, welche ſelbſt die Schwärze auf 
ufträgt, das Papier daruͤber breitet und zwei Bogen auf einmal ab» 
! brauche nur eine Stunde unb den Beiftand einer einzigen Perfon, 
00 Bogen zu drucken und abzurerfen, dahingegen auf ben gewoͤhn⸗ 
wpreffen zei Leute in einer Stunde nie über 250 Bogen abdruden 
u hat auch eine Mafchine, aufroelcher vermitteift eines Drucktifches und 
hingehenden Druckwagens Bücher gedruckt werden können. — Die 
iexfchwärze iſt eine ſchwarze Farbe, welche zum Druden der Buͤ⸗ 
eroird. Anfangs drudte Guttenberg mit Schreibtinte; dann bediente 
mpenrufles, womit noch der Donat gedruckt wurde. Erſt um 1450 
6 fpäter erfanden Zauft und Schäffer die Buchdruckerſchwaͤrze, weiche 
und ſtarkem Firniß bereitet wird. In Parts wird die vorzüglichfte 
verfertigt und davon feibft nach England und Deutfchland verfandt. 

er (Anton von), ein um bie Auffidrumg in Balern verbienter und 
riften gegen bie Jeſuiten bekannter Schriftfteller, geb. in München 
1736 , warb in den latein. Schulen ber Jeſuiten unterrichtet, ftudirte 
t und erhielt 1768 die Priefterweihe. Als Nector des Gymnafiums 
von 1773 — 78 arbeitete er an Verbeſſerung bes Unterrichts und 
dr, nicht ohne harten Kampf für Licht und Recht. Ebenſo bemühte 
Marter zu Engelbrechtsmuͤnſter, das Volk fittlich = religiös zu bilden; 
e 1784 als geiftlicher und Schuldirectorial- Rath nach Mündyen bes 
3 warb er zur Ruhe geſetzt und flarb den 8. Jan. 1817. Als humori⸗ 
iſtſteller iſt er durch die „Sharfreltageproceffion‘‘, die „Faſtenexempel“, 
acula⸗ Büchlein”, die „Chriftenlehre auf dem Lande” vortheilhaft bes 
me „Wetträge zur Gefchichte der SSefuiten in Baiern“ (vor und nad) 
ung) Haben großen hiſtoriſchen, wenn auch nicht fchriftftellerifchen 
und Bas Urtheil eines kirchlich⸗ frommen und fittlichuntadeligen katho⸗ 
ichen Über diefen Begenfland hat fchon feines unbefangenen Wahrheites 
ı ein großes Gewicht. Anton v. Bucher's, Saͤmmtl. Werke" wurden 
. herauögeg. von J. v. Kleffing (6 Bde., München 1819 fg.). 
excenfwr. Bald nachdem die Buchbruderkunft erfunden war, ers 
Dipfke die große Gewalt, welche diefed Mittel des Gedankenverkehrs, 


268 Büchercenfur 


womit das bisherige Abfchreiben gar nicht in Wergleich km, über die G 
ausübte. Dieſelbe war doppelt gefährlich in einer Zeit, wo ohnehin das 
ber Eicchlichen Obrigkeit fehr gemißbraucht und, eine natüiliche Folge all 
brauche, fehr ſchwankend geworden war; fie fuchten alfo zuerft das Le 
bann auch das Druden aller Schriften zu verhindern. Sie bemugten bie 
denen Ältern Verordnungen der Kicche gegen das Leſen ketzeriſcher Bücher u 
ten eine kirchliche Aufficht über die Buchdruderei ein, was ſchon 1479 unl 
vollftändig aber durch eine Bulle Leos X. von 1515 geſchah. Hierin wa 
Biſchoͤfen und den. Inquifitoren die Pflicht auferlegt, alle Schriften vor ben 
durchzufehen und die Belanntmachung kegerifcher Meinungen hierdurch m 
den. Man ging aber aud) weiter, da diefe paͤpſtliche Verordnung wegen 
darauf eingetretenen Reformation nicht in allen Ländern gehanbhabt werben 
und entwarf ein Verzeichniß von Büchern, welche bei Vermeidung kirchlich 
fen Niemanb leſen follte. Dies Verzeichniß wurde von dem tridentiniſch 
cilium, welches aud in ber 4. Seffion (1546) bie Genfurverorbnung 
hatte, zwar unternommen, aber nicht ausgeführt, und zulegt den Paͤpſten 
fen (25. Seff. v. 1563), von weichen auch mehre foldye Indices librorum 
bitorum officielf gegeben roorden find. Noch in der neuern Zeit (1758) 
vermehrter Index decretirt. Dan wollte fogar auch ältere Werke, welche 
gut mehr verbieten ließen, von den barin befindlichen Irrlehren veinigen. | 
flümmeln; > Herzog Alba ließ in den Niederlanden einen ſolchen Index « 
rius verfertigen ; ein andrer wurde 1607 zu Rom entworfen, welcher 
Bruchſtuͤcke geheim geblieben ift. Diefe geiftliche Cenfur wurde bald z 
von der weltlichen Macht aufgefaßt und zum Theil weiter ausgedehnt. Fi 
land gaben dazu die Eirchlich > politifchen Streitigkeiten die nächte X 
indern diefe auch In heftigen gegenfeitigen Schm hſchriften gefuͤhrt wu 
Reichsabſchied von 1524 enthielt Verbote derſelben, eine ſtrengere Aw 
die Drudereien wurde im NReichsabfchied von 1530 angeordnet und dies f 
Meichögefegen 1541, 1548, 1567, 1577 u. a. wiederholt. Au ii 
liſchen Frieden (1648, Osnabr. Infte. Cap. V, $. 50) wurde feftgefegt 
Regierungen feine Schmähungen gegen anbre Religionsparteien bulbe 
und ſeitdem verfprach der Kaifer in feiner Wahlcapitulation, ſtreng bar 
hen, und in den beiden legten von K. Leopold II. (1790) und K. Fra 
noch (A. VI, $. 8) hinzu: „daß keine Schrift gebrudt werben folle, d 
ſymboliſchen Büchern beiderlei Religionen und mit den guten Sitten nl 
bar fei, oder wodurch der Umſturz der gegenwärtigen Verfaffung ober E 
der Öffentlichen Ruhe befördert werde.” Die Cenſur war alfo in fämmill 
ſchen Reichslanden reichsgrundgeſetzlich, wurde aber in ihnen nach fehe 
nen Grundfägen ausgeuͤbt, und es war in den meiften proteftantifche 1 
nicht ſchwer, für einzelne Schriftſteller, gelehrte Zeitungen die Eenfure 
erhalten, fowie manche Inſtitute, Akademien, Univerfitäten in Anfehye 
dentlichen Profefforen mit Genfurfreiheit privilegirt waren. Die Reg 
fhügten zumeilen ihre Angehörigen mit großem Nachdruck bei einer g 
muͤthigkeit, wie 3. B. die Handverfche ſich Puͤtter's und Schläger’. on sa 
ernftlich annahm. Auch in den übrigen europäifchen Ländern beftan Ge 
Frankreich gehörte fie zu dem Geſchaͤftskreis des Kanzlers und wurde k 
Genforen ausgeübt. Zuerft hörte die Cenſur in England auf. Sie war fi 
dee bekannten Sterntammer beforgt worden, und nad) Aufhebung diefe# 1 
bofs (1641) vom Parlament. 1662 wurbe deßhalb ein eigned Geſch 
aber auch nur auf eine beftimmte Zahl von Jahren. 1679 wurde es end 
ebenfo 1692 noch auf zwei Jahre, ſodaß mir 1694 das Recht ber 4 r 
Drud der Schriften, Zeitungen u. dgl. von ihrer vorhergehenden Er 



















Büchercenfur 269 


achen, d. i. zur Anorbnung einer Genfur, ganz aufgehört hat. In 
ſelbſt in ben Ur. Niederlanden herrſchte, wo nicht völlige Cenſurloſig⸗ 
je Nachſicht. Alles, was in Frankreich nicht gedruckt werben durfte, 
m Mieberlanden, oder auch in ber Schweiz in Fr und Gef, 
Jortheil des niederländ. und helvet. Handels. In Schweden wurde 
et von 1766, alfo unter der damal. ariſtokratiſchen Verfaffung, die 
x Eenſur verorbnet; Inbeffen Guſtav IH. mußte dennoch, obgleich 
md der Preßfreiheit, während feiner von ariftokratifchen Umtrieben, 
Revoiution von 1771 nur unvolllommen befiegt hatte, beunruhigten 
e Cenſur beibehalten und fogar fehr fireng ausüben: laſſen. Gu⸗ 
bald nach feiner Thronbeſteigung ein Edict, nach welchem bie Cen⸗ 
Religionsfachen beibehalten und von den Eonfiftorien geübt werben 
hatte jedoch keinen Beſtand; zuerft wurde durch Beſtrafungen ges 
I2 die Cenſur wieder ganz hergeſtellt, dem Hofkanzler übertragen und 
habt. Franzoͤſiſche und deutſche Buͤcher wurden verboten. Koͤnig 
ob gleich nach feiner Thronbeſteigung durch eine proviforifche Ver⸗ 
12. Apr. 1809 die Senfur ganz auf, und dies ward in der Conſtitu⸗ 
Juni 1809, $. 86, grundgefeglich beſtaͤtigt. In Dänemark wurde 
igl. Refeript vom 14. Sept. 1770 (Min. Struenfee) die Cenſur 
ber und iſt nicht wieder hergeftellt worden, obgleich die Geſetze und 
uch welchen der Mißbrauch der Preßfreiheit beftvaft wurde, fehr ges 
s mb zumeilen fehr drücdend getwefen find. In Frankreich war die 
unter den Einrichtungen, welche die Revolution abfchaffte. Alle 
ı von 1791 an bis auf die Charte constitutionelle von 1814 er . 
eßfceiheit Für grundgefeglich; während der Republik beftant zwar 
aber bie Revolutionsteibunale erfegten fie. Napoleon ftellte fie 
* vom 5. Febr. 1810 in einer andern Form (direction de l’im- 
der her. Auch nady der Reſtauration hat fie wechfelnde Schidfale 
wiften über 20 Druckbogen find immer frei geblieben, aber über 
and Journale iſt die Cenſur mehrmals wieder angeordnet worben, zu⸗ 
Kug. 1824 (kurz vor dem Tode Ludwigs XVIII.), aber auch wieder 
m m eigen König am 29. Sept. def. 3. Nur zur Anlegung neuer 
smale muß die vorgängige Exrlaubniß der Regierung eingeholt, und 
mögebern möüffen ſehr ſtarke Cautiowen beftellt werden. Was bie 
terin in Frankreich bringen wird, fleht zu erwarten; eine abermälige 
ung der Genfur, und zwar einer fehr firengen, auch gegen laͤngſt er» 
te, wirb von einer Seite lebhaft verlangt. In dem Königreich der 
f die Cenſur grundgeſethlich abgeſchafft (Kundamental: Statut vom 
15, Art. 226), fogar im Königreich Polen (Gonftit. vom 27. Nov. 
6), aber hier iſt fie durch eine Verordn. vom 16. Juni 1819 wieder 
- Sn den deutfchen Staaten konnte bis 1806 eine völlige Cenſur⸗ 
ausg werden, da der Reichsfiscal dagegen aufzutreten bas 
Abe: nad) 1814 fchafften mehre Staaten die Genfur ab; Naſſau 
n 4. Mat 1814), Weimar (in der Verfaffungsurtunde vom 5. Mat 
stemsberg ( Verordn vom 30. Jan. 1817), Baiern (26. Mai 1818), 
ſſen (Berf. vom 17. Dec. 1820, 5.35), jedoch mit ſehr verſchiede⸗ 
mengen über bie Verantwortlichkeit der Schriftiteller, Druder und 
e — etze.) In Gemaͤßheit der karlsbader Beſchluͤſſe von 
Beſchluͤſſe der deutſchen Bundesverſammlung vom 
119, iſt * Die Cenſur in ſaͤmmtlichen deutſchen Bundesſtaaten, je⸗ 
nſehung der Schriften unter 20 Bogen und der Zeitſchriften, zur bun⸗ 
Schuldigkeit geworden, und diefe zuerft nur auf 5 Jahre angenom⸗ 


210 Bücherformat ¶ ¶ Dacherkataloge 


menen Maßregeln find nunmehr auf unbeſtimmte Zeit verlängert worden 
Cenſur hat nicht nur in ber Art ihrer Ausübung verſchleden⸗ *232 
laſſen ſich auch verſchiedene Abſtufungen in, ihrer jetzt uͤbllchen ide 
nehmen: 1) Algemeine Genfur des Buchhandels und der Druderel, u 
auswaͤrts gedruckte Bücher nicht one Gmehmigung der Cenſoren verkau 
dürfen, wie fie in Rußland, Öftreich, Spanien ıc. befteht. [Öftrdid h 
Cenſur auslänbifcher Bücher 4 Kormeln: a) admittitur,-völlig feei; hy | 
I fcei, aber ohne Öffentliche Werlaufsankändigung; ©) erga schedam 
Gefchäftemännse und Gelehrte gegen fhriftl. Revers zu verkaufen; d 
tur, ganz verboten] 2) Allgemeine Genfur, body bloß der Buchdcuqh 
der Ian Inlande gedruckten Schriften. Diefe befteht in Preußen (Cenfur 
19. Dec. 1788, Cabinetsordre vom 28. Dec. 1824), wofelbft jeboch au 
eine Recenfur bed Verlags eines auswärtigen Verlegers angeordnet wurd 
ſchraͤnkte Genfur, wie im beutfchen Bunde, bloß Uber Schriften unter 3 
und Zeitfchriften, was jest in ben deutſchen Bundesſtaaten bie Begel; 
Preßfreipeit und Dreßvergeben.) " 

Bücherformat. Das Format oder die Größe der Bücher: 
mal von ber Größe ber Papierbogen, und dann bavon ab, wie viel Mal. 
brochen find. Iſt der Bogen ein Dat gebrochen, ſodaß er * Geiten g 
das Format Folio; iſt er 2 Mat gebrochen und liefert 8 Seiten, fo if: 
ift ee. 3 Mal gebrochen und liefert 16 Seiten, fo ift es Octav; iſt er 4 
brochen und liefert 32 Seiten, fo ift es Sedez u. ſ. w., indem bei 
Bruch die Zahl ber Seiten ſich verdoppelt. Außerdem find noch 
mate da6 Duodez, wo ber Bogen 24, und dad Octodez, wo er 36 
fert, und hoͤchſtens noch davon die Verdoppelung. Se nachdem ber 
ober Heiner ift, fälle auch das Format größer oder Heiner aus, und 
daß es Koliobücher gibt, bie fid) ben Quartanten nähern, und umgelehet; 
die in Höhe und Breite faſt das Quartformat erreichen, und wieder an 
Sedez find. Diefe Verfchiedenheiten bezeichnet man durch großes, mm 
kleines Format, und fpricht baher von Groß⸗, Mittel: und Kieintehe 
Mittels und Kleinquart u. f. w. 

Bücerfataloge. Kataloge bedeutender Bibliotheken (nd ag 
doppelten Geſichtspunkte zu betrachten, ſowol unter einem allgemeinen Mit 
als auch unter einem befondern, weichen man ben bibliothefarifchen 
In erfterer Dinficht haben fie Intereffe, wenn die Bibliothek, weiche fie 
entweder überhaupt fehr zahlreich ift („Bibliotheca Thottiana”, — 
95, 7 Thle. in 12Bbon.; „Bibl. Firmiana“, Mail. 1783, 6 Bde. 
du duc de la Valliere”, Par. 1783 — 88, 9 Bde), oder fih d 
Auswahl, Reihthum an feltenen und Eoftbaren Werken (Cat. Bibi Har 
von Dich. Maittaire, Lond. 1743—45, 5 Bde.), wegen ſeltener * 
Engel's, Bern 1743, und Dan. Salthen’ 8, Königeb. 1751, Ka 
alter Drude (J. F. Dibdin, „Biblioth. Spenceriana”, Lond. 18 
Ferd. Fossii „Cat. codd. sec. 15. impressor, bibl. Magliaboshianae' 
1793, 3 Bde., Fol.), wegen ausgezeichnet ſchoͤner Exemplare, vorzuͤglich a 
ment („Cat. de la bibl. de Mac-Carthy”, Par: 1815, 2 le 
burch einzelne ſtark beſetzte Fächer auszeichnet. Go find für die Rat 
wichtig die Kataloge von Joſ. Banks (Lond. 1796, 5 Bde) und Cobre 
1782, 2 Bde.), für die ungariſche Geſchichte der des Grafen Szechen 
pronii", 1799 fg.), für die claff. Literatur die des Grafen Rewiczky (Be 
des D. Askew (ond. 1775) u A.; für die franz. Literatur bie zweite A 
des Valliore ſchen Kataloge; für die ital. Riteratur die Kataloge von 
(Rom 1747, 4), Floncel (Par. 1774, 2 Bde.) und Gingueno (Ba 










Boͤchernachdruch 211 


he Gipsasbhaınde der von Abelung (Dresd. 1807). Indeſſen erhal» 
anuch der reichſten Bibliotheken, ihren wahren Werth und ihre 
sine zweckmaͤßige Einrichtung und Anordnung, und ge⸗ 
hp zugleich auch ein fpecielles bibliothekariſches Intereſſe. Dazu ift 
Mäubigkeit und Genauigkeit in den materiellen Angaben, welche fid) 
den und vorzuͤglich ſeltenen Werken, bis auf Bemerkung des Dru⸗ 
ignatue, bes Cuſtas u. ſ. w., bei Kupferwerken bis auf bie 
und e Beſchaffenheit der Kupfer, forvie der Namen der 
„den muß voczuͤglich auch eine lichtuolle und Leicht zu uͤberſehende 
æ 12* erfoderlich. Franzoſen waren hierin die erſten Vorgänger. 
be beach Durch den „Catalogus bibliothecae Cordesianae” (Par. 
Bahn; ihw folgten Yanael Bulliadus und Sof. Quesnel im „Cat. 
e" (Par.1679). Durch weitere Ausbildung diefer Anorbnungs« 
zugleich durch bibliograph. Genauigkeit zeichnete ſich im 18. Jahrh. 
haͤndler Gabriel Martin aus (Kataloge von Bulteau 1711, du Kay 
ned 1729, Braf Hoym 1738), und auf dem von ihm gelegten 
en Debure im Kataloge von Gaignat (1769) und bei der Redaction 
heilung bes Walltare’fdyen Katalogs, forvie bei der Bearbeitung der 
Hung, ber Buchhändler Nyon mit Gluͤck fort. Um diefelbe Zeit lie 
&. Morelli in Wenig den durch diefelben Eigenfchaften ſich empfeh⸗ 
g der trefflichen Bibliothek des Maffeo Pinelli (Men. 1787, 6 Bde.). 
ie diefe Kataloge bloß zum Behuf bes Verkaufs verfertigt wurden, 
im höheres Streben zu. Auf einen eigentlich wiffenfchaftlichen und 
ben Standpunkt erhoben fich, um der frühern mangelhaften Kataloge 
(sen (Drf. 1738, 2 Bde., Kol.) und parifer Bibt. (1739, 6 Bde., 
erwähnen, Joh. Mich. Srande in feinem Realkataloge der Buͤnau'⸗ 
150,7 Bde., 4.) und Audiffrebi in bem alphabetifchen der Caſanati'⸗ 
vet (Rom 1761, 4 Bde., Fol.). Beide Werke, obgleich leider unvolls 
übertroffene, vielleicht ſelbſt unübertreffliche Mufter, und namentlich 
erſtern der mit kindiſchen Fehlern angefüllte und aa unzuverläffige 
biblioch. academiae Theresianae” von Joſeph v. Sartori (Mien 
be, #.) anf keine Weife verglichen werden. Endlich gibt es noch 
Sataloge (Cat. raisonnes), weiche nähere Nachrichten und Urtheile, 
me feltener und merkwuͤrdiger Bücher, und zum Theil Angaben ihrer 
ten. Außer ben wenigen allgemein Intereflanten Werken diefer Art 
ibricius (Wolfenb. 1717, 6 Bde., 4), Dat. Friede. Reimmann 
31, 2 Bbe.), Sortlieb Stolke GJena 1733, 18 Bde., 4.) u. A. find 
uchbar die Kataloge von Grevenna (Amſt. 1778, 6 Boe., 4.), Serna 
Bräffel 1803, 5 Bde.) und Lord Spencer (f. oben), fowie Denis’s 
keiten der Barelii'fchen Bibliothek” (Win 1780, 4.). As, 
zaahdrud. Der unveränderte Abdruck einer Schrift, einer 
Gemspofition oder irgend eines andern Geiſteswerks ohne Zuftimmung 
mb Verlegers, befonders zum Zweck des Verkaufs in gewinnſuͤchti⸗ 
KReum war nad Erfindung der Buchdruckerkunſt das Gefhäft des 
unb des Eichriftflellers zum bürgerlichen Nahrungsztveige geworben, 
h. dachber zu lagen anfing, daß daffelbe durch Nachdrucker geftört 
a war anfangs nicht zweifelhaft darüber, daß dies ſowol fittlich un⸗ 
—— Eingriff in bie volllommenen Rechte der Verfaſſer und 
—XXG Verleger ſei, indem Beide, welche auf die Hervor⸗ 
den Deuck einer Schrift Mühe und Koſten verwenden, in der Abſicht, 
nlsuf derſelben Erſat und einen billigen Gewinn zu erlangen, durch 
B Agerö Ecfolgs beraubt werben. Luther nannte den Nachdruck ges 


nF 
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m. Bachernachdruke 


radezu einen Diebſtahl, und andre Gelehrte betrachteten die Sache el 
war doch, weil die Sache eben neu war, kein poſitives Geſetz barl 
und befonder& ber Umftand, daß man die claffifchen Werke des At 
mein als Gemeingut anfah, noch mehr aber, daß man bie größtum 
tung nüglicher und der h. Schrift ſelbſt auf alle Weife zu 
war, brachte auch bald entgegengefekte Meinungen in Bang. Vo 
des vor. Jahrh. am iſt bei verſchiedenen Weranlaffungen der Streit 
maͤßigkeit des Nachdrucks von Zeit zu Zeit erneuert, und auch in 
durch die Bemühungen ber deutſchen Buchhändler. bei bem wlenen 
die in der deutfchen Bundesacte (Art. 18) gegebene Verfichetung al 
angeregt worden. ine Folge diefer Meinungsverſchiedenheit iſt 
fen, daB auch die pofitive Gefeggebung in den verfchießeilen eutop 
einen ſehr abweichenden Gang genommen hat, und ſelbſt bei ben 
18. Art. ber deutfchen Bundesacte eingetretenen Verhandlungen der: 
beöverfammlung bie Anfichten fehr verfchleben warn. Eine Bifl 
fowol der literariſchen Streitigkeiten über den —— ui6 © ale euch 
gefeglichen Beſtimmungen in den einzeinen europdifchen Staate 
einer Schrift gegen den neueften Vertheidiger deſſelben, D. Sc 
(„Der Nachdruck aus dem Geſichtspunkte dar Moral, der Politik m 
Jena 1823). Die widhtigften Punkte bei diefer Exörterung fin! 
gende: I. Das Unmoralifche des Nachdrucke, welcher die Früchte f 
ſich zugueignen fucht, iſt für jedes unverborbene Gefühl fo einlend 
felbe von diefer Seite nur äußerf wenige Vertheibiger gefunden bat 
der öffentlichen Meinung auf dem Nachdruckergewerbe ein faft allgen 
wie auf andern ſchmutzigen und einem ehrliebenden Manne umaı 
ſchaͤftigungen. Aber II. viele ——— haben doch, ung 
Unfittliche des Nachdrucks einraͤumten, ihn nad) natuͤrlichen Rechte 
für unrechtmaͤßig gehalten. Dabei iſt nun wieder zur Sprache q 
man Recht und — nicht auf eine ſolche Weiſe einander entge 
ne, indem zuletzt doch alle Rechte der Menſchen ihren Entflehunge 
Pflichten haben (dev Menſch hat nur barum Rechte, weil er Pflid 
daher etwas fchlechthin Unmoralifches auch nie Gegenſtand einer Bi 
koͤnne. ILL Andre haben den Nachdruck nach dem Naturrecht fü 
erklaͤrt, zu deſfſen Beweis aber wieder verfchiebene Wege eingefch 
ſprach man von einem literariſchen Eigenthune, welches der Verfaff 
oder eines andern Geiſteswerkes daran habe, und vermöge deflen « 
vertvehren könne, gegen feinen Willen Gebrauch davon zu machen. 
man dieſe Anſicht etwas genauer prüfte, fand man freilich, daß vor 
thume an Gedanken ober an einer gewiflen Zufammenftellung um 
derfelben nur fehr uneigentlich gefprochen werden koͤnne. Daher 
(3. B. Pütter) auf den Gedanken, dag in dem Verlagscontract dei 
mit dem Verleger und wiederum im Derkaufscontract des Verla 
einzelnen Käufer ſtillſchweigend und mefentlic die Bebingung ent 
den einzelnen erkauften Exemplaren Seinen andern Gebrauch, als d 
fchreibene u. dgl. zu machen, nicht aber daſſelbe nachzudrucken, um 
Nachdrucker allezeit wegen Verlegung dieſer Kaufsbedingung im U 
ſelbſt geriätic belangt werben koͤnne. So richtig nun auch biefer: 
und natürliche Vorbehalt des Werfaffers if, fo liegen doch in biefer 
große Schwierigkeiten, zumal für die gerichtliche Verfolgung nach u 
den pofitiven Mechten, hauptfächlich in dem Übergange eh einer fold 
auf einen Dritten. Kant unterfuchte baher das Verlagsverhältn! 
hielt den Verleger für den Bevollmächtigten des Schriftſtellers, deffi 


27a Bücherprivilegium Buchhandel 


Bücherprivilegium, die ausfchliegende Befugniß, wel 
keit einem Buchhändler oder ſonſt Jemandem über ben Verlag eines 
Das ältefte Bücherprivilegium, das man bis jegt kennt, gab ‚Heint! 
Bamberg, 1490. Naͤchſt demſelben gibt es ein venetianifche® vo 
Polen waren fie um 1500 gebräuchlich; das Ältefte päpfitiche iſt vo 
Frankreich findet man bergleichen von 1507. Das erfte Baiferliche i 

Bücherverbot, f. Büchercenfur. 

Buchhalterei, die Kunft, vermöge welcher ein Kaufmanı 
Rechnimgsführer feine Einnahmen und Ausgaben, fomol in Geld alı 
fonftigem Werth, in feinen Büchern verzeichnet, fobaß er mittelft eine 
fit den Stand jeder einzelnen Rechnung und feines ganzen Geſchaͤf 
ausmitteln kann. Die Buchhalterei beruht, wie ber Handel Üüberh 
beiden Begriffen von Debet und Credit, oder deſſen, was man befig 
zunehmen, und was man zu bezahlen hat, und wird in die einfache ı 
pelte ober italienifche Buchhalterei eingetheilt. In der erflen wer 
des Debet und Credit zwar von einander getrennt, aber doch fo v 
jedes bloß einzeln erfcheint, da bei legterer Gläubiger und Schuldner 
roechfelfeitiger Verbindung mit einander flehen, zu welchem Enbe ai 
pelt, einmal ale Debet und einmal als Credit, eingetragen werben, 
Serthume ober Verfehen vorgebeugt wird. Diefe doppelte Buchha 
15. Jahrh. in Stalien auf; fie war aber fon im 14. Jahrh. in 
einer gefeglichen Vorſchrift befolgt worden. Als befonbere Regel 
Poſten ift Folgendes zu merken: Alte eingehende Gelder und Waarı 
bitores an den, der fie geliefert hat; dagegen werben alle Diejen 
oder Waaren von uns empfangen, Debitores an Cafle oder Waarı 
cher, deren der Kaufmann bedarf, find hauptfächlich ein Memorial 
in welches alle Gefchäfte und was darauf Bezug hat, ohne weitere 
getragen werden ; ein Journal, worin das im Memorial Enthaltene n 
Gredit monatlich abgefondert wird, und ein Hauptbuch, in welches d 
formirten Poften auf ihre ordentliche Rechnung geftellt und nach w 
die Bilanz gegogen wird. Für die beften Anweifungen gelten: Bergh 
lehrender doppelter Buchhalter” und Wagner’ „Neues voliftänt 
Lehrb. des Buchhhaltens”. — Buchſchuld iſt eine Schuld, we 
mann in fein Buch eingetragen, ohne ein Schuldbekenntniß von S 
tors darüber zu haben. Nach dem leipziger Hanbelögerichtögebrauc 
erkannte Buchſchuld bei Kaufleuten Wechfelkraft. 

Buchhandel, Buchhändler Bor Erfindung der Bi 
trieben die Abfchreiber der Bücher zugleich Dandel damit. So bei 
und Römern, wo Diejenigen, welche Abfchriften der Werke der Ge 
nem Läden verkauften, viele Schreiber für ihre Rechnung hielten. 
nifchen Griechen hatten einen befondern Plag in Alerandrien, wo & 
wurden. Auch in Rom und deſſen Pflansftädten gab es Buchhaͤndl 
ſchreiber und Schönfchreiber hielten. Nach Errichtung ber hohe 
Bologna und Paris ſiedelten fih an beiden Orten Buchhändler an 
tionarii hießen. Die Werke, womit fie handelten, waren in Hefte 
weichen fie jedesmal nur 4 zum Lefen ober Abfchreiben für hohe Pri 
Die Benusung großer Werke war daher Armern nicht Leicht möglis 
durfte feit 1342 Niemand mit Büchern handeln, der nicht von ber I 
Iaubniß dazu erhalten hatte, und es wurden von befonders dazu vera 
ten die Abfchriften durchgefehen und bie Verkaufpreiſe beitinmt. 
findung der Buchdruckerkunſt war der Buchhandel urſpruͤnglich, 
Verlagshandel nennt. Die Buchdruder waren zugleich Buchhaͤ 


Buchhandel 275 


händler, brachte die van ihm gedruckten Bibeln zum Verkaufe nach 
Nach der weitern Ausbildung und Verbreitung der neuen Erfindung 
etriebſame Leute hinzu, welche den Verkehr der Buchdruder erleich⸗ 
fie die Verlagsbuͤcher verfchiedener Drudereien in die Stifter und 
damals die Hauptpfleger der Wiffenfchaften, zum Verkaufe bradı> 
eſchaͤft trieben beſonders die Abfchreiber, welche jegt ihre Nahrung 
. Schen gegen Ende des 15. Jahrh. gab es in Deutfchland foldye 
z. B. in Um, Nördlingen, Augsburg. Später entflanden bie 
ndler, welche den Gelehrten Hanbfchriften ablauften und biefelben 
drucken ließen. Der erſte bis jetzt befannte Buchhändler diefer Art 
‚in Nürnberg, der 1516 auf feine Koften Bücher drucken ließ, ohne 
'erei zu befigen, wie andre nuͤrnbergiſche Buchhändler. In Leipzig 
ım 1545 zwei Buchhändler, Steiger und Boskopf, neben ben flar: 
ibenden Buchdruckern nieder. Die Bücher wurden nad) Frankfurt 
fe gebracht. Später kam die Buchhaͤndlermeſſe zu Leipzig in Auf 
67 ſchon von 19 fremden Buchhändlern befucht ward, welche eine 
er Büchercommiffton unterfchrieben. Der leipziger Meßkatalog er: 
600. Die jegigen Buchhändler theiten fid) noch immer in 3 Elaffen: 
welche ihren Verlag felbft auf der Meffe abſetzen (devem es aber ge: 
yeutfchen Buchhandel nicht viele mehr gibt, obgleich mehre große Ver: 
ıngen auch Buchdrucereien befigen), Verlagshaͤndler, welche bie 
fie auf ihre Koften haben druden laffen, gemwöhnlic nur an die ei: 
iden baltenden Buchhändler (fogenannte Sortimentshäündler, woge⸗ 
händler genannt werden) verlaufen, und Sortimentshändfer, die in 
Laden mit Büchern handeln, welche fie von den Verlegern beziehen. 
aben in der Regel zugleich eignen Verlag, um deſſen Artikel gegen 
Faufchhanbel umfegen zu Eönnen, oder (da diefer Zaufchhandel in den 
wegen der vermehrten Verlagshandlungen nicht mehr fo allgemein 
ın), um mit dem etwanigen Vortheil des Verlagshandels den des 
ndel® zu verbinden. Diefer Verkehr wird in Deutfchland durch die 
zu Leipzig ungemein befördert, jedoch wird gewöhnlich nur bie Oſter⸗ 
untlichen Buchhändlern Deutſchlands und einigen Buchhändlern der 
Linder, 3.3. Stankeeihe, der Schweiz, Dänemarks, Lieflande, 
ht, um gegenfeitig die Rechnungen abzufchließen und neue Verbin: 
nüpfen. Der deutfche Verleger gibt die bei ihm erfchienenen Bücher 
n Sortimentshändler a condition, d. h. in Commiſſion auf eine be: 
nad) deren Ablauf diefer das Verkaufte bezahlt und das Nichtver⸗ 
eben darf, welche Einrichtung zwar den Vertrieb der Bücher erleich- 
che immer fo vortheilhaft für den Verleger ift als die Einrichtung im 
Zuchhandel, wo der Sortimentsbuchhänbler größtentheilß gleich fei- 
lichen Bebarf von einem Artikel auf beflimmte Rechnung nehmen 
5 ehebem auch in Deutfchland beinahe durchgängig der Fall war. 
nd in ihrer Act einzig iſt die Einrichtung im deutfchen Buchhandel, 
re Buchhandlung bed In: und Auslandes, melde entweder deutfche 
it oder damit Sortimentsgefchäfte macht, in Leipzig ihren Commif: 
cd) den der Verlag ausgeliefert und bezogen wird. A. in Riga, der 
entſchen Buchhandel berechneted Bud) verlegt, hat B. in Leipzig als 
iſſionnair, an den er Eremplare feines Buchs frei einfendet, um daffel: 
keit an alle mit ihm in Verbindung flehende Sortimentshandlungen 
5 Hamburg, und von Strasburg bie Königsberg, deren jede wieder 
Sommiffionnaie in Leipzig hat, zu verſchicken, wozu er ihm feine Vor: 
e Zahl der Exemplare für Jeden mittheilt. B. gibt diefe Neuigkeite: 
18 * 


276 Buchhandel 


eremplare nun in Leipsig an bie Commiſſionnairs der Sortimentshänbier 
ſolche woͤchentlich oder nach Maßgabe des Verbrauchs öfter oder feltener 
Doft oder durch Fuhre auf Koften des Empfängers abfenden. C. m € 
der nach Empfang der ihm zur Neuigkeit gefandten Eremplare findet, d 
feine Abnehmer nicht hinreichen, verlangt deren mehr; allein er ſchreibt 
nicht anA. nad) Riga, fondern ſchickt an feinen Commiſſtonnair D. in Let 
Zettel, auf welchem die Anzahl der Eremplare, weldye er verlangt, be 
D. übergibt diefen Zettel an B., ber folchen erpebirt, das Verlangte D. 5ı 
derung an C. einhaͤndigt und den Zettel gelegentlich, als Beleg, an A. 
Durch diefe Einrichtung entflehen für den deutfchen Buchhandel, ſowie fi 
fetbft, große Vortheile. Der Sortimentshänbler erhält Alles frei von Le 
dadurch, daß fich für ihn, von allen Theilen Deutſchlands her, mächentitch ı 
Zahl an ihn gerichteter Bücherpakete fammelt, bie er zufammenpadien wi 
abfenden laͤßt, kommt ihm die Kracht unendlich wohlfeller, als wenn et] 
zelne Paket befonders zugefandt erhielte, und das Gefchäft wird dadurch vd 
Für Leipzig entfpringen durch dies Commtiffions = und Speditionsgeſchaͤſt 
durch, daß fich aufder Oftermeffe aus allen Theilen Deutfchlanbe und 

dern mehre hundert Buchhändler — die ſich während der Meſſe auf 

fe 



















Börfe mit einander berechnen — mit ihren Gehälfen verfammeln, gro 
und es läßt ſich erwarten, baß die koͤnigl. ſaͤchſ. Regierung dies Immer 
gen, und die Freiheit und Sicherheit eines fo großen Verkehrs durch RER 
mäßige Einrichtungen fhügen werde. Daburch, daß fich die Buch 
andern Kaufleuten, uͤber gewiffe Procente einigen, welche fie ſich 
Rabatt von ihren Verlagsartilein bewilligen, iſt es nur allein möglich, 
ben in allem Buchhandlungen Deutſchlands, mit wenigen Ausnah 
und demfelben Labenpreife verkauft werben können. Mehre ober 
numg von dem Stapelplas des deutfchen Buchhandels, ſowie ber 
couts, der verfchiedene Muͤnzfuß, die ungleichen Abgaben u. ſ. w., veri 
vermindern natuͤrlich die Unkoften des Verkehrs, und fomit auch den 
dem Sortimentsgeſchaͤfte, da Überdies der Sortimentshaͤndler nich 
Kaufleute dergleichen Unkoften auf die feſtbeſtimmten Preife feiner Want 
kann, wogegen er ebenfowie jene Verluften aller Art ausgeſetzt bleibt 
Krebsfchaden des deutfchen Literaturverkehrs, den Buͤchernachdp 
In andern europ. Ländern, 5.3. in England und In Frankreich, befüik 
keine folche den Verkehr beförbernde Verbindung unter ſaͤmmtlichen 
noffen, wie in Deutſchland, und noch meniger ein fo wichtiger Ditke 
andels, als die Büchermeffe in Leipzig if. Jedoch iſt In Sranfreft 
entralpuntt für den franz. Verlagohandel. In Großbritannien weh 
Edinburg mit London. Im den Niederlanden find die wichtigften WA 
bandfungen im Amſterdam, Utrecht, Leiden und Harlem. In Brüffe 
werden viele franz. Originalwerke nachgedruckt. Auch treten In rl 
England oft mehre Buchhandlungen zu gemeinfchaftlichein Verfage gtö 
zufammen, welches in Deutfchland felten der Kalt tft. 1802 fitftek 
ameritanifchen Buchhändler eine Meffe zu Neuyork und festen eine & 
feſt. In Spanien und Portugal wird der Preis jebes Buches durch 
keitliche Taxe beſtimmt, die demſelben in fruͤhern Zeiten jebesmal vorgebe 
Ruͤckſichtlich der Verlagsartikel verdient noch bemerkt zu werden, bi fü 
nahme eines ſolchen der Verleger mit dem Verfaffer gewoͤhnlich über 
lende Honorar zu einigen, außerdem auch die Koflen bes Drucks, die 
Mühe des Debits ıc. zu tragen hat, und dagegen das Werk ats fein —99 
tenchtet. Fuͤr den Fall neuer Auflagen werben gewoͤhnlich befondere 
gepmmmgscht, Der Verleger, welcher Honorar; Druck, Papier x. gie 


"Buchholz Büchfe 277 


Buachs zu besahlen hat, bafleibe finde nun Käufer oder nicht, wagt bei 
lbernahme [rin Capital, wie der Kaufmann bei feinen Speculationen. 
# zugleich hervor, wie fehr ber Nachdrucker, der feine Hand nur nach 
wen Artikeln ausfitedt und fein Honorar dafuͤr entrichtet, gegen ben 
ı Verleger In (ungerechtem) Vortheil ſteht. 
bolz (Paul Ferdinand Friedrich), geb. den 5. Febr. 1768 zu Alt 
de von feinem Vater wegen feiner natürlichen Fähigkeiten zu einem ges 
ebeſtinnat. Er wollte in Halle, nachdem er auf den Schulen zu 
Reuruppin und Berlin gut vorbereitet worden war, Theologie ſtudi⸗ 
eFortſchritte, welche er unter Lieberkühn und Gedicke in der Philologie 
te, lenkten ihn von diefem Berufe ab. Auch in ber englifchen, franzs- 
talienifchen Literatur erwarb er fidy gute Kenntniffe. Kaum war er in 
$. nach feiner Vaterſtadt zuruͤckgekehrt, als ihm eine Lehrerftelle an ber 
nie zu Brandenburg angetragen wurde. Er nahm ben Antrag mit 
Bald machte er die Entbedung, daß ihm Beſſeres zu Theil gewor- 
ac) bes Maße feiner Kenntniſſe verdiente. Gein Beftreben ging num 
& in ihn gefeßten Vertrauens wuͤrdiger zu machen, und er erweiterte Ich: 
ech den Umgang mit feinen altern Collegen den Kreis feines Willens. 
ihren Jahren die Verbältniffe an der Ritterafabemie ſich veränderten, 
ſich zu einem Staatsamte vorzubereiten. Ex gab baber, 32.3. alt, 
telle an der Ritterakademie auf und ging nach Berlin. Die Schrift 
für ihn anfangs Nothbehelf. Sobald er aber einfah, daß ſich in gaͤnz⸗ 
Ingigkeit von Protsctionen auf biefer Bahn Fortfchritte machen ließen, 
n fo lieb, daß er allen andern Beftrebungen entfagte. Seit 21.53. ift 
feinen Schriften. Die Zahl derfeiben ift bedeutend, ihr Gehalt ners 
)as genauere Studium der franz. Revolution erzeugte in ihm die Idee 
tationsgeſetzes für die fittlihe Welt und eine Reihe von Schriften, 
isfer Idee zufammenhängen. „Der neue Leviathan”, „Rom unb 
as „Gemaͤlde des gefellfchaftl. Zuftandes im Koͤnigreiche Preußen”, 
der über die Natur der Geſellſchaft, mie Blicken in die Zukunft” ıc. 
g nicht fehlerlofe Productionen; allein alle verrathen das aufrichtige 
ces Verfafferd, über die Erfcheinungen ber fittlichen Welt ins Klare zu 
u fie einem und bemfelben Gefege zu unterwerfen. Seine Vater 
unverkennbar; doch ſieht ex in dem Vaterlande immer nur einen Xheil 
land, in Deutſchland nur einen Theil von Europa, und in Europa 
Heil des von Menſchen bewohnten Himmelskoͤrpers, Erbe genannt. 
nie dem Parteigeifte gehulbigt, nie Parteihaupt zu werden geflcebt. 
in mit ber Geſchichte der europ. Staaten und feit dem Frieden non 
æ Herausgabe der „Neuen Monatsſchrift für Deutfchland” beſchaͤf⸗ 
Philoſoph. Unterfuchungen über bie Römer” bekannt gemacht, deren 
lufmerkſamkeit der Belchrten verdienen wuͤrde, wenn fie immer ges 
1, die Gegenwart in bem Spiegel ber Vergangenheit ober auch umge: 
ten. In den „Philoſoph. Unterfuchungen über das Mittelalter” 
zeigen, wie ein großer Theil ber Fragen, mit deren Löfung die 
befchäftigt find, aus ber Vergangenheit herftammt, und durch welche 
zen bie euzopälfche Gefellfchaft auf ben Punkt der Vervollkommnung 
wosauf fie ſich gegenwärtig befindet. 
fe, ein Zeuergemwehr mit gezogenem, d. h. inwendig geriefeltem Lauf, 
der gJatsläufigen Flinte. Der Zeitpunkt ihrer Erfindung kann nicht 
wor werben. 1381 gelobte Augsburg in dem Kriege der Reichsſtaͤdte 
nilente von Franken, Schwaben und Baiern, 30 Buͤchſen zu ftellen. 
a ſchen die gezogenen Röhre beim Scheibenfchießen in Leipzig gebraucht. 


278 Buchſiren Buckingham 


Der Nuͤrnberger Wolf Danner, der 1552 ſtarb, verbeſſerte das‘ 
Schmieden ber Büchfentöhre. Auguftin Kotter, ein Buͤchſenma 
berg, der gegen 1630 ftarb, foll 1624 die mit Sterns und Rofenzi 
Röhre erfunden, nach Andern aber fie nur zu größerer Volllomm 
haben. | 

Buchfiren oder Bugfiren, im Taue fchleppen. Ei 
von einem oder mehren andern mittelft angelegter Taue buchſirt, 
oder in den Hafen gezogen, entweder mern es durch den Verluſt 
außer Stand ift zu fegeln, ober wenn es wegen ber Nähe des & 
Mangels an Wind feine Segel eingezogen hat. 

Buchſtaben, f. Schrift. 

Buchftabenrehnung, f. Algebra. 

Buchſtabenreim, f. Alliteration. 

Bucht, f. Bai. 

Buchwald (Suliane Franziska v.), merkwürdig durch G 
Charakter, die aͤlteſte Tochter von Philipp Jakob Freih. von Neue: 
Paris am 7. Oct. 1707, wo ihr Vater in Dienften des Herzogs von 
der Jaͤgerei ftand, ihre Mutter aber bie Stelle eiter Hofdame bei 
Charlotte Eiifabeth bekleidete. Schon 1711 309 fie mit ihren Älter 
gart und wurde von ihrer Mutter in ber Religion, Moral, Gefchich 
bung und Wappenkunde unterrichtet. 1724 kam fie als Hofdam 
zu der vertwitw. Herzogin Eliſabeth Sophia von Sachſen-Meining 
innigfte Sreundfchaft mit der Prinzeffin Loulfe Dorothea, Stiefto 
zogin und nachherigen Gemahlin des Herzogs von Gotha, Friedri 
und den Oberhofmeifter Schal! Hermann von Buchwald heirathı 
ba8 herzogl. Diinifterium Fam: fie wurde wirkliche Oberhofmeifter! 
fi eine folche Achtung, daß man fie nur die Mutter des Hofes nı 
rend bes fiebenjähr. Kriege erwarb fie fid) große Verdienfte um den £ 
Stadt. Selbſt Sriebrich IT., König von Preußen, weihte ihre fein: 
Sie flarb am 19. Der. 1789. ' 

Büdeburg, f. Lippe. 

Budind (Armotb), der erſte Kuͤnſtler, welcher Randeharten i 
und druckte. Er brachte dieſe Kunſt zu einem hohen Grade ber Va 
—— der das Geheimniß der Buchdruckerkunſt bei den E 
und Schoͤffer erlernt hatte, wollte unter Anderm auch eine Ausgabe | 
geben. Fuͤr die in den koſtbaren Handfchriften deffelben enthaltenen 
ber Holsfchnitt zu unvolllommen. Sweynheym kam auf den Ge 

fer zu flechen, und verband fi) dazu mit Budind. Jener flar 
Ausführung; Budind vervolllommnete und vollendete fie. Die 
bes Ptolemaͤus mit Charten (denn die Ausg. von 1468 hat gew 
Jahreszahl) erfchien endlich zu Rom 1473 in Folio und ſchließt miı 
terfchrift: Claudii Ptolenıaei Alexandrini philosophi geographi 
Buckinck e Germania Romae tabulis aeneis’ in pieturis format 
Sempiterno ingenii artifieiique monumento etc. Diefelben Cho 
einigen folgenden römifchen Druden des Ptolemaͤus zugegeben. 

Budingham (Georg Villlers, Herzog v.), der unwuͤrd 
Jakobs IE. und Karls I. von England, geb. 1592 zu Brookesby in 
Leicefter, aus einer Familie, die zur Zeit Wilhelm des Eroberers 
mandie dahin gegangen war, zeigte fire bie Ausbildung feines Geif 
lage oder Neigung, dagegen hatte Ihn die Natur verfchwenberifch ı 
Anmuth und Gefchmeidigkeit begabt. Dadurch gewann er die Gur 
Jakob 1. in einem fo hohen Grade, daß er in meniger als zwei 


em Prinzen auszuföhnen, gegen den er in einem Anfall von Jaͤhzorn 
theben gewagt hatte, fondern den wahrfcheinlichen Thronerben zus 
‚vom ſich zu machen, um auf den Todesfall bes alternden Jakob bie 
m Macht zu ſichern. Go flößte er dem jungen Karl bie romanhafte 
Ina Madrid zu gehen und durch feine Gegenwart alle Schwierig⸗ 
erhandlung abzuſchneiden. Dem Könige warb in einer ſchwachen 
nwilligung dazu entriffen, und wiewol er lange befhalb auf Buding: 
ıhob ex ihn dennody zum Herzog. Der Ausgang der Sache war, 
vorhergefehen hatte. Während der junge Prinz durch die Anmuch 
iheit feiner Sitten die koͤnigl. Familie und die Nation entzüdkte, bes 
ingham, ber ihn begleitete, dutch Anmaßungen und Zügellofigkeit, 
inen Zweck; die durch Briſtol ſchon weit geförderte Unterhandlung 
von, damit kein Andrer fie fpäter glüdtich beendigen könne, ers 
die geöbften Beleidigungen gegen das fpanifche Minifterium, reiſte 
n Prinzen ab, täufchte den König durch falſche Berichte und bewog 
lament zu der Erklärung, daß man, ſtatt ſich mit Spanien zu ver» 
sen Krieg erklaͤren müffe, und Jakob erklaͤrte Spanien den Krieg. 
das Haus der Gemeinen, obgleich es in ben Krieg gewilligt hatte, 
tigkeit bie Dazu erfoderlichen Gelder. WBudingham verband fi mit 
Puritaner und faßte den Plan, die biſchoͤfliche Würde abzufchaffen, 
ı bee Kirche zu verkaufen und mit dem daraus gelöfeten Gelbe ben 
jen. So ward Jakob in allen feinen Intereſfen der Politik, des 
Bewiffens von feinem Günftiing verrathen und ſtarb in der Mitte 
ungen. Es war ihm zwar gelungen, den Heitathsverttag feines 
Jenriette von Frankreich zu fchließen; er hatte aber auch noch den 
, eim englifches ‚Heer, welches feinem Schtoiegerfehne, bem unglüchs 
ten von ber Pfalz, Friedrich V., feine Erblaͤnder wieber erobern folkte, 
hten Maßregeln Buckingham s zu Grunde gehen zu fehen, während 
a mit Spanien bie friedliche Zuruͤckaabe diefes Landes bewirkt haben 


280 Bäder 


nehmung auf Cadirx hätte belehrt fein follen, daß ex dem Kriege gegen Cyan 
gewachſen war, trug kein Bedenken, noch einen zweiten Krieg gegen F 
anzufangen. Er war nach Paris gegangen, um fi im Namen felnel 
mit ber Tochter Heinrichs IV. zu vermählen; hier hatte er gewagt, ſeine 
nen Wuͤmſche bis zur Königin von Frankreich zu erheben. Da ihn def 
mehr mit Nachſicht als Unwillen zuruͤckgewieſen hatte, fo wollte er alßı 
Gefandter an den franz. Hof zurüdtehten. Seine Verwegenheit war jch 
unbemerkt geblieben, und Ludivig KILL. verbot ihm fchriftlich, auch nm 
danken an diefe Reife zu hegen. Dafuͤr ſich zu rächen, verband Budking! 
zu einem Einfal in das franz. Gebiet mit den Proteflanten von Mochelie, 
Unternehmung und der Angtiff auf die Inſel Rhe (1627) übertrafem a 
ſchicklichteit noch die Unternehmung auf Cadix. B., zugleich Mmniſter, 
umb Feldherr, ſchien mit ſich ſelbſt zu wetteifern, in weicher dieſer Giget 
ex ſich am tiefſten herabwardigen koͤnne. Nachdem er bie Einwohner vom 
zum Aufſtande bewogen, um fie der Rache Richelieu's zu uͤbergeben, nei 
ein Drittel de6 engl. Heeres aufgeopfert, Eehrte er nach England zuruͤck, ci 
von feinen Mitbuͤrgern als von feinen Feinden verachtet und verwuͤnſcht fl 
genden Bebürfniffe machten die Zuſammenberufung eines neuen Parlammull 
Budingham eröffnete es mit der Erklärung, ba der Koͤnig fich berfeiben @ 
heben gekonnt, und daß, wenn man die Gelder vertveigere, Se. Mai. 
finden würden, Ihren Bebürfniffen abzuhelfen. So ſtreute ex den 
Zwietracht zwiſchen König und Volk, die gegenfeitig ſich nur zu veriänbig 
ten. Er mußte in ben Debatten fich den Urheber bes öffentlichen 

hören, während man in dem Derzen des Könige das Hellisghum aller 
anerkannte. Ohne zu wiffen, wann er nachgeben unb wann er wiberiuß 
beftritt er aufs äußerfte die beruhmte Petition der Mechte, weiche bie 
elementen der Engländer gehörigen Freiheiten wieberherftellen ſollte, lich 
lich von feinem Wiberſtande ab, als er hörte, dag man im Unterhaufe ein 
Anklage gegen ihn einleiten wolle. Die Beſchwerden über ihn nahen & 
ihren Lauf; doch begnägte man fich ſtatt einer förmlichen Anklage mit Deut 
daß der König von feiner Perfon und aus feinem Rath, den Herzog ven 
ham entfernen möchte, der die Haupturfache des Öffentlichen Ungiädis 
Antwort des Monarchen war eine plögliche Auflöfung bes Parlamente. { 
“Hloß, aufs neue den Proteftanten von Rochelle zu Hülfe zu kommen. 
Denbigh leitete die Unternehmungen, kehrte aber, nachbem er die Flagge 
durch Unthätigkeie beſchimpft hatte, unverrichteter Sache zuruͤck. Jett 
König Budingham, fich ſelbſt an die Spige einer neum Rüftung zu Pd 
mit unglaublicher Schnelligkeit ins Werk gerichtet wurde. Der Derzog mM 
ausbrädiichen Willen des Königs nachgeben und war im Portsmouth ia 
ſich einzufchiffen, als er im Aug. 1628 mitten unter feinen Höflingen, Gel 
Golbaten von dem Dolche eines Subalternofficiers, Zeiten, fiel. Go ai 
Mann, deflen bloger Name die Idee der unbefchräntteften Macht erwediie 
Ankiagen beider Häufer, dem Haſſe Richelieu's und Olivarez's, und fh 
zufriedenheit zweier Könige, in deren Namen er regierte, Trotz geboten 
der in dem Augenblide feines Todes durch ben Eifer, mit weichem er bie 
gen betrieben, die Gunſt ſeines Könige wiebergeiwonnen und im Vertrau 
ungeheuern Hüifsmittel, mit denen er fi) umringt hatte, einem geil 
folge enfehen burfte. 

Bldler (Johann), ats Schinder hannes der Anführer als 
berbande, die gegen das Ende des vorigen Jahrh. am Shen ihr Umweef 
Bon armen Altern geboren, trat er in die Dienſte eines Scharfrichter. 
roandte feinem Dienftheren einige Belle und entwich, wurde aber ertappt Gi 


l 


Bucoliſches Gedicht Bud 20801 


gem verarchelit. Diele öffentlich, an ihm vollgogene Strafe eutfchieb, mach 
(age, übez das Sdiefal feines künftigen Lebens. Ohne zu wiſſen, was 
magen follte, trieb ex fich herum und kahl Schafe. Ex kam zum zweiten 
werfuchung, entfprang und gefelite ſich zu Fink dem Rothbart, Anführer 
Abande. Nochmals ergriffen, entlam er wieder und kehrte zu feinen 
nuten guck. Schinderhannes wurde wieber aufgefangen, fand aber 

t, auföneue zu entfpringen. Run befchloß er, bloß Straßenraub zu 
 bifdete zu bem Ende eine große Bande. Bald fegten fie die ganze Ges 
heecken. Polizeiliche Berfolgungen trieben ihn auf das vechte Rhein⸗ 
eine geisiffe Julchen Blaſius heirathete. Ein Lieb, das er auf fie dich⸗ 
ı damals auf allen Märkten und Kirchweihen ber dortigen Gegend ges 
a diefe Zeit nahm die Räuberei eine andre Richtung. Dan brach zur 
a die Häufer, und die Bande trieb ihr Unweſen fo 6ffentlich, daß bie ins⸗ 
on ihm geängflisten Tuben Gefandtichaften an Gchinberhannes abs 
* aan mit ihm abzufindben. Endlich wurbe bei einer forgfältigen Durch⸗ 

sen Begend Schinderhannes entdeckt und nad) Frankfurt gebracht. 
45 feinen wahren Namen und einen großen Theil feiner Verbrechen 
uf wurden ex und feine Kameraden dem Epecialgericht zu Mainz über 
ber bewies er im Ganzen viel Wahrhaftigkeit, denn er glaubte, weil er 
Pod Degengen, nicht zum Tode verurtheilt werben zu Binnen. Allein 

De Beftimmungen des Geſetzes fid, befannt gemacht. Dennoch 
—* zu erhalten und bewies bis zum letzten Augenblicke die groͤßte 

Seine Hinrichtung wurde am 21. Nov. 1803 durch die Guillotine 


elifches Srebiht, Dirtengebicht, ſ. Id plle. 
Mid der Stifter einer uralten, nach ihm benannten Religion, deren 
von den Braminen verdrängt, fid) nach Tibet, China 
" wo fie, fowie in Ceylon, noch vorhanden ift, ausbreitete, und deren 
— Buddhiſten — wie Ritter (inf. „Vorhallen europaͤiſcher Voͤlkerge⸗ 
glaubt, auch nad) Weften an die Ufer des ſchwarzen Meeres, nad) Kol- 
mutigen Mingrellen, und von da nad) Thracikm auswanberten, wo fie 
sion ber Pelasger und Hellenen ben erfien Grund gelegt haben follen. 
u ſelbſt in der Afaichre biß nach dem hohen Norden hinauf Spuren der 
re entdeckt zu haben. — Nach Abel Memufat, der fich auf bie japanifche 
“(im „Journal des savans”', Jan. 1821) bezieht, ift Buddha, deſſen 
Name Tſchakia⸗-muni war, unter ber Regierung des Tſchao⸗wang aus 
ke Tſcheu, 1029 vor ber chriſtl. Zeitrechnung geboren und unter ber 
bes Mou⸗ wang, 950 v. Chr., geſtorben. Vor feinem Tode vertraute 
kmmiß feier Myſterlen feinem Schuͤler Mahakaya an, einem Brami⸗ 
igreiche Mafata, das in der Mitte von Indien Ing. Diefer Mahakaya, 
io:wang um 950 v. Chr. lebte, ift der erfte Heilige ober Patriarch der 
sion, weldye von ihm feinem Nachfolger Ananta binterlaffen wurbe. 
Encyliopädie nennt überhaupt, ben Mahakaya mit einbegriffen, 
sifcher Folge 33 Patriarchen, welche die geheime Lehre bes Tſchakia⸗ 
Inäter als Bett unter dem Namen Bubbha verehrt wurde, einander, in- 
Hasen werte wählte, überliefert haben. Mehre von ihnen ſtarben 
abdhiſten Audtwanderung nennen) freiwillig in ben Flammen. Unter 
Beaming (bei den Chinefen Phusfa, im Sanſtrit Deva⸗VBodhiſatua 
ber. den Böttern der zweiten Claſſe ihre verfchiebenen Benennungen gab, 
ah Bubbha, als defien Sohn, aus feinem Munde geboren, verehrt, 
*5 durch ſeine Philoſophie, bie ein metaphyſiſch⸗ allegorifcher 
W, autgeblibet hat. Seine biöher ungewiſſe Epoche muß nach jener 







liche Aufttärungen über die alte Muͤnzkunde gibt, und feine Sommentere-$ 


288 Budé 


Schrift auf das J. 332, unter Hian⸗wang's —— 618 J nach 2] 
muni's Tode, geſetzt werden. Der 28. Patriarch, Bodhidhorma, war be 
ber feinen Wohnſitz in Hindoſtan hatte. Er ging zu Schiffe und wählte ie, 
nabe bei dem berühmten Berge Sung, feinen Aufenthalt. Hier flarb.« 
nad) Chr. Das Seheimniß feiner Lehre erbte von ihm ein Chinefe, ber 4 
Patriarch wurde. Nach diefem nennt jene Schrift noch vier Ehinefen, well 
Würde bekleideten. Der legte ſtarb 713 nach Chr. Die Befchichte ihres 
ift, wie die mancher andern Heiligen, mit Fabeln vermifcht; Übrigens u 
Lebenswelfe ganz fo, wie die Alten une die der Gynmoſophiſten und Sa 
befchrieben haben. Sie widmeten fich religiöfen Übungen, anhaltenden: ) 
tungen, und verurtheilten fich zu ber ſtrengſten Enthaltſamkeit, ja mehre ⁊ 
nen befiegelten, wie ſchon erwähnt worden ift, ihren Glaubenseifer in I 
des Dogma der Seelenwanderung durch einen freiwilligen Tod. Ans; 
diſchen Patriarchenthum entftand um 706 nad) Chr. die in China un 
Mongoien übliche Sroßmeifterwürbe, mit dem Zitel: Geiftlicher Fuͤrſt de 
tzee, womit eine Art von Beichtvaterftelle bei den Kaifern verknüpft w 
veranlaßte fpäterhin in Tibet die Entfiehung der erblichen Großlamawuͤr 
mit war zugleich jede andre Stufe dieſes hierarchiſchen Syſtems gegeben, 
Klofterieben der BubdhiftensReligiofen nothwendig regelmäßige Supede 
Unterlamas verlangte. Außer mehren Dentmalen bed alten Bubif 
find befonder6 zwei merkwürdig: die Ruinen des Riefentempels Bore: 
Java, mit Eunftreichen Sculpturaxbeiten, umb die fünf großen untert 
Im, Pantſch⸗Pandu genannt, wahrſcheinlich ein alter Tempel der Buddi 
der Stabt Bang, auf dem Wege von Guzurat nad) Malva. Die Gag 
al& Urheber diefer Erftaunen erregenden Werke der alten inbifchen Baus 
hauerkunſt, die weit über der Kunftgefchictichkeit der heutigen Indin 
Dandus, die Heroen der indiſchen Mythologie. Eine genaue Befched 
Denkmaͤler enthält der 2. Bd. der Schriften der gelehrten Gefelsfchaft 
Eondon 1819). : 
Bude (Guillaume), gewöhnlid lat. Budaͤus, einer der gel 

Gelehrten feiner Zeit, geb. zu Paris 1467 und geft. 1540, war koͤnig 
—* und Requetenmeiſter. Er ſtudirte zu Paris und Orleans, aber 
folg, da er feine Jugend in beſtaͤndigen Zerſtreuungen zubrachte. Erik 
Jahre ergriff ihn der Trieb zu den Wiſſenſchaften, aber nun auch mit ein 
Gewalt, daß er Beine andre Befchäftigung mehr kannte als bie Stubien, 
ſelbſt an feinem Hochzeittage noch 3 Stunden wibmete. Er ftubirte vorui 
fogenannten ſchoͤnen Wiſſenſchaften, aber auch Mathematik unter Tanaq; 
und bie griechiſche Sprache unter einem Vetter des berühmten Laskarial 
Steichgültigkeit gegen alles Übrige fpricht fich in ber bekannten Antwort 
einft einem Bedienten gab, der ihm meldete, daß fein Haus brenne. 
erwiderte er trodden und nur eben von feinen Büchern aufblidend, „me 
du weißt, daß ich mich um die Wirthfchaft nicht bekuͤmmere.“ 8: " 
Miffenfchaften, befonders Alterthümer und Sprachen; vorzüglich he 
Kenntniffe in der griech. Sprache. Unter feinen vielen gelehrten Br 
philof. , philol. und jurift. Inhalts find, find feine Abhandlung ‚De os 
tibus ejus®, worin er die Lehre von ben Erbtheitungen abhandelt und fe 




















hifchen Sprache, melde das Studium ber griechifchen Literatur in $ 
züglich befördert haben, die wichtigften. Sein Styl im Bateinifchen {eva 
Franzoͤſ. ift kraftvoll, aber oft rauh und durch griechifche Wortfegungen 
Er war nicht allein al& Gelehrter, fondern auch als Menſch und Bürger ai 
gefchägt. Ludwig XII. ſchickte ihn in feinen Angelegenheiten nad) Rom. .: 


vun anne wur wunpapepran ungen vor avav mm avay (je Vuwmme- 


»Revolution) von Spanien abfiel. — Die Stadt Buenos» 
die Hauptftabt jener Provinz und dann ber einſtweillge Sig der Cen⸗ 
‚ und des Gongreffes der vereinigten Staaten von Suͤdamerita. 1826 
ı dem Gongeeffe der Plata⸗Union (f. b.) zu dem beftänbigen Gige 
g und zue Hauptſtadt des Bundesſtaats erklaͤrt. Auch iſt fie der Sig 
B. Sie liegt am Silberſtrom oder Rio de la Plata (f. d.), deſſen 
mbes Ufer man fchon hier wegen ber niedrigen Lage nicht erblicken 
ich fein Ausfluß noch 28 Meilen entfernt if. Der Drt hat gegen 
über 70,000 Einw., eine Univerfität, ein Naturaliencabinet, eine 

eine mathematifche Schule, Mater» und Zeichnenfchufe, literariſche 
n und Afabemien, mwohlthätige Anftalten, eine Citadelle und wichtigen 
t Ochſenhaͤuten und Taig, jährl. für mehre Miltionen Piafter), der 
den Händen ber Briten ift, die mit Fabrikwaaren bezahlen. Auch die 
thanblungövereine fliehen jegt mit B⸗A. in anmittelbarem Verkehr. 
m Zwiſchenhandel von Brafilien, Chile, Peru und Paraguay. Jaͤhr⸗ 
bis 400 fremde Schiffe ein,. die jedoch 2 Meilen unterrwärts, wo der 
eilen breit iſt, Anker werfen müffen. Über die Verhaͤltniſſe zu Bras 
et die Mündung des Plata gefperrt hält, f. Brafilien. Das 
3%. it mild. Im Winter gibt e6 wenig Tage, wo das Waffer etwas 

Die Gewitter find dagegen vielleicht nirgends häufiger und ſchreckll⸗ 
i wurde Buenos: Apres von einem britiſchen Geſchwader umter dem 
Fir Popham und des General Beresford erobert. Indeſſen war biefe 
me bie Folge einer plöglichen Überrafchung, denn fobatd die Spanier 
n Schreden erholt hatten, griffen fie die Engländer an und machten 
it zu Kriegögefangenen. Im folg. I. Samen zwar unter Whitelock 
d Verſtaͤrkungen, allein man ließ die Briten ruhig in die Stadt Bues 
niehen, und alsdann empfingen fie die Spanier mit einem fo fuͤrch⸗ 
er aus allen Arten von Geſchuͤtz und Gewehren, daß wenigſtens ber 
28 beitifchen Heeres vernichtet wurde, und der übrige durch ben Ab» 
Baffenftilftandes fich rettete. So zeigten ſchon damals die amerika⸗ 
nier eine Gelbftändiafeit und Kreiheltätiebe. welche fie ſeitdem öfter 


284 Buffon 


jahre einige Monate bort auf. Als die Sranzofen 1808 Madrid 
raͤumten, und die Spanier die Stabt in Vertheibigungsflaud feı 
Buen Retiro hierzu benugt und mit einem Sinfanterjersgiment | 
Angriffe der Franzoſen am 5. Dec. ward es als Schlüffel der € 
gegenftand bed Kampfes. Dreifig Stud Geſchuͤtze legten bald i 
faſſungsmauer Brefche, und bie flürmende Divifion Vilatte vertr 
nach kurzem Widerfland. Die Capitulation der Hauptſt. war 
Eroberung. Bei dem Sturme wurde das Schloß geplündert, viı 
Wände beim Suchen nad) verſteckten Koftbarkeiten eingefchlage: 
tige Prucht faſt ganz vernichtet. Später benugten bie Franzofı 
als den Punkt, der Madrid beherrſcht, zur Citadelle. Sie unth 
salt einem Mall, wendeten bie Zimmer zu Gafernen und Depots 
ten bie neue Citadelle Durch ein detadyirtes, 2000 Schritte feitwärt 
zu bem eine Porzellanfabrid uumgefchaffen ward. Diefe Wefeftig 
unruhige Stabt im Zaume halten und im Fall eines Aufftandes d 
der Samilie des Königs Joſeph zum fichern Zufluchtsorte diener 
4 au die Befagung während der Schlacht von Talavera in 
ck 


zuruck 

Buffon (George Louis Leclerc, Graf v.), Naturforſcher und 
Schriftſteller des 18. Jahrh. geb. zu Montbar in Bourgogne 1 
feinem Vater, Benjamin Leclerc, Rath des Parlaments feiner Pr 
fältige Erziehung. Der Zufall führte den Juͤngling zu Dijon 
Herzoge von Kingſton zufammen, deſſen Führer, ein gelehrter S 
ſchmack für die Wiſſenſchaften einflößte. Sie bereifeten gemein 
reich und Stalin; Buffon ging ſodann nady England. Um ſich 
zu vervolllommmnen, ohne darum die Wiflenfchaften zu vernachid 
er ein Werk über die Differenzialrechnung von Newton und bie 
wächfe von Hales. Mad) einiger Zeit trat er mit eignen Werken 
er die Geometrie, Phyſik und Landwirthfchaft bearbeitete. Er ſchri 
genftände Unterfuchungen, die er nach und nach ber Akademie bi 
vorlegte, zu beven Mitglied ev 1733 ernannt wurbe. Die wichti 
Bufommenfegung eines Spiegelö, um, wie Archimedes gethan ba 
in weiten Entfermingen zu entzünben, und Verſuche über die S 
und über die Mittel, fie beſonders baburd) zu vermehren, bag man d 
Zeit vor dem Fällen (hält. Buffon, ber in den erften Jahren n 
beſtimmten Begierde nad) Belehrung und Ruhm befeelt war, bef 
nenmung zum Intendanten bes koͤnigl. Gartens 1736 eine befti 
auf Die Wiffenfchaft, in welcher er fich unſterblich gemacht hat. 
die Naturgeſchichte in ihrem ganzen Umfange uͤberblickte, fand 
Werke über biefelbe vor als talentlofe Compilationen und trockene 
über einzelne Gegenſtaͤnde bie trefflichiten Beobachtungen, aber 1 
Werl. Zu diefem entwarf er den Plan; er wollte darin mit d 
bes Plinius und dem Scharffinn des Ariftoteles die Genauigkeit u 
ber Beobachtungen der Reuern vereinigen. Kraft, ein fo weitlaͤu 
umfaflen, und Lebhaftigfeit, es zu fchreiben, fühlte er in ſich: ab 
bie Geduld noch die Organe, fo zahlreiche und oft Heinliche Gegenſt 
ten umb zu beſchreiben. Er verband fid dazu mit Daubento 
fehlenden Eigenſchaften befab, und nad) einer zehnjährigen har! 
lieferten beide Freunde die drei erften Bände der Naturgefchichte 
1749 bi6 1767 noch zwölf andre folgen ließen, welche die hen: 
Natur der Thlere und die,.Gefchichte des Menfchen und der Säug 
Der glängendfte Theil derfeiben, die allgemeinen Theorien, bie 8 





286 Buffone Bugenhagen 


ihn in der Verfolgung feined großen Plans aufzuhalten. Er flach gu Pa 
16. Aprit 1788, 81 Jahre alt, mit Hinterlaffung eines einzigen Gohns, 
der Nevolution unter ber Guillotine farb. Buffon war von einer ebein. 
and einer würbevollen Haltung, aber von einer Nachiäffigkeit in ber 

bie mit dem Tone feiner Schriften nicht übereinftimmte. *) Die gefi 

gabe feiner Naturgefchichte iſt die von 1749—88 in 36 Bon. 

Buffone (Itat,), Bouffon, ein komiſcher Sänger in ber Op 
ober dem italienifchen Intermezzo. Doch unterfchelden die Italiener noch by 
eantante, d. i. deſſen Rolle ausgezeichneten Gefang, und Buflo comics, 
Rolle mehr Spiel erfobert. — Buffonerien find bie Späße, 
anbringt. Das Wort iſt wahrfcheinlich aus der niebrigen Latinität entia 
welcher Buffo (Pausbad) derjenige hieß, welcher auf dem Theater mit auf 
nen Baden erfhien, um Obrfeigen zu befommen und das Gelächter der 24 
zu erregen. Daher bufla Baden, buflare Pausbaden machen. Rah 
ſenreißer, Spaßmacher uͤberhaupt. 

Bufoniten, —— verſteinerte Zaͤhne gewiſſer Fiſchatten 

Bugenhagen (Johann), auch Pomeranus, Dr. Pommer, 
dienſtoollſten Gehuͤlfen Luther's im Reformationswerke, geb. d. 24. Juni 
Julin bei Stettin in Pommern, ſtudirte zu Greifswald und warb 1 
der Schule in Treptow. Ergriffen von dem Geifte der Reformation, 
fi, um ber Verfolgung feiner Eatholifchen Obern zu entgehen, 1524 
tenberg, wo er ſogleich unter bie alademifchen Zehrer aufgenommen, 1 
an ber Stabtlirche und bald darauf Profeffor der Theologie und 
tendent bes Kurkreifes wurde. Luther führte durch ihn den evangelifi 
dienſt zuerſt in der Stadtlicche zu Wittenberg ein und bediente ſich fi 
chen philologifchen und eregetifchen Gelehrſamkeit bei der Überfegung der 
gleich ſchwaͤcher zeigte ſich B. in feiner 1525 gegen Zwingli gerichteten Sl 
Abendmahle, welche das. Signal zu den Sacramentöftreitigkeiten gab f 
Bwingli mit verbienter Derbheit abgefertigt wurde. Dagegen begründete € 
Ruhm durch eine für feine Zeit vortreffliche Erklärung der Pfalmen (‚‚Inteng 
in librum Psalmorum ”, zuerft Nürnb. 1523), die als das Hauptrem 
feinen Schriften zu betrachten iſt. Er nahm an ben ſaͤchſiſchen Kirchenoil 
und am erften Entwurf ber augsburgifchen Confeſſion thätigen Antheil, 
telte auch die Vereinigung ber evangelifchen Reichsſtaͤdte mit den Sachſen 
größte Verdienſt erwarb er fich um die Reformation durch Einrichtung des 
üſchen Gottesdienſtes und der Kicchenverfaflung in den Städten und Länbg 
bin er zu dieſem Zwecke berufen wurbe. Er tbat bied 1528 in Braunſqs 








*) Wol iſt es einer Erwähnung werth, daß Buffon, von dem b’Alembert 
„Ne me parlez pas de votre Buffon, de ce comte de Tuſſière qui, aulieg| 
mer simplement le cheval, dit: La plus noble conquete que l’homme 
faite est celle de ce fier et fougueux animal”, worauf ihm Rivarol wigig,! 
nicht ganz paffe paffend, antwortete: „Oui, c'est comme ce sot de J. B.R 

s’arise 


Des bords sacres oü nait l’surere 
Aux bords eaflammes du couchant, 


au lieu de dire de l’est a l’ouest”; daß berfelbe Buffon, nad) Eaharpe's Ber, 
ofen gegen alle Poeſie und felbft ft gegen die Berfe Racine's erklärte. Ich k 
barpe, ber Berf. des „Cours de litterature”, ‚ben ehrwuͤrdigen Greis uffeh 
verſichtlich behaupten bören daß auch die Ihönften Bere voller Behler feien und, 
—— der guten Proſa nie erreichten. Er ſcheute ſich nicht, die Verſe der 
um Beiſpiel zu nehmen, und mie eine betaillirte Kritik ber Verſe der erſte 
ed, was er fagte, verrieth eine folcye Unbefanntfchaft mit ben Elementen ber I 
und ber Berfifcation daß es unmöglid) gewefen wäre, ihm zu antivorten, op 


Irganifationen von folchem Gewicht erfoberlih war. Fuͤr die Nie⸗ 
verfegte er Luthers deutſche Bibel ins Plattdeutſche, welde 1533: zu 
m. Luther’ treuer Freund blieb er bis zu deffen Tode und hielt ipm 
henpredigt. Während der Veränderungen, die der ſchmaikaldiſche 
„brachte, verließ er Wittenberg nicht, faßte auch mit Melanchthon 
Suterim ab, daher die Angriffe auf daſſelbe in den interimiſtiſchen 
auch ihn trafen und fein Alter verbitterten. In den legten Jahren 
titt er an Entkraͤftung und farb den 20. Apcit 1558. Die Gegner 
; haben ihm des Ehrgeiges und Eigennuges befchuldigt. Diefem Vors 
wicht aber feine Ablehnung der ihm angetragenen Bisthumer Säles- 
nin, gegen beren Einkünfte feine Ämter in Wittenberg nicht in We: 
m konnien. Liebe zum akademiſchen Leben und Anhänglickeit an 
re Reformation hielt ihn an dem Geburtsorte berfelben fell. Dan 

auch eine Gefcichte von Pommern (,Pomeriana”, Greifema 


;e ( Thomas) geb. 1740 zu Kopenhagen, dänifcher Juſtiſtath inf 
atik und Aſtronomie an der Univerf. zu Kopenhagen und bei ber €. 
itgl. mehrer. gel. Geſellſch. u. Atadem. d. Wiſf. Aftconom an ber 
pa Kopenhagen ſeit 1777, deren eigentlicher Wiederherſteller er warb. 
xv. aatron.ꝰ, Kopenh. 1784). Er behauptet nicht nur unter den nuͤtz⸗ 
men in Europa, fondern aud) unter den thätigen Beographen einen 
Rang. Den weſentlichſten Antheil hatte er an ben vortrefflichen Char⸗ 
mark, welche bie kopenhagner Akad. d. Wiſſ. herausgab ; denn er 
Aufnahme der erfte trigonometrifche und aſtronomiſche Beobachter. 
ickte er für die Erdkunde durch Bildung junger Männer, Rich, bie 
© Wibe, Soeberg, D’Aubert, Pihl, Lievog, Ginge, Engelhart, vor: 
nnte Aftonomen, gihgen aus feiner Schule hervor. Eine Denge 
me in ber k. Marine und unter ben Sandtruppen wurden durch feinen 
aͤbiat, die unaäblinen, ſchaͤbdaren Beobachtungen aus Norwegen, Is⸗ 


288 Bujukdere Bukareſcht (Friede zu) 


der daͤniſchen Fahrwaſſer mehr sehen. Ausnehmend viel leiſtete⸗ 
bang gefchtre Döner für ben koͤnigl. Seedienſt —— air 
der ſphaͤriſchen u. theoret. Aftconomie”, 1796 ; „te Grund 
et Altona 1797, 3 Bde) find in den Händen alex Aſtron 
abglich aber iſt feine — der Ausmeflungsmethode zum Behuf 
Chatten” ein Muſterlehrbuch über Landesvermeffungen geworden. Er 
Bujukdere, d.h. großes Thal (von bujuk, groß, und dere, 
durch feine, befonders vom Bosporos betrachtete, Lage und Umgeb 
reigendes Städtchen, auf der wefllichen Küfte des Botporos, nicht we 
ſtantinopel und dem ſchwarzen Deere, fo genannt von dem großen T 
chem es liegt, nach dem auch das dadurch firömende Waſſer Buj 
Dieſes That iſt eine Fortſehzung des tiefen ſogenannten ſaroniſchen & 
der Boeporos In Form eines Dalbcirkels bildet, und erſtreckt ſich eine € 
einwärtt. Das Thal, wie der Thalſtrom, heißen danach auch feibfi 
os , d. 1. ber tiefe Bufen. Es hieß vormals das ſchoͤne Land (xuAoc 
noch heutzutage fuͤhrt der herrliche Spaziergang den Namen: die Wie 
la prairie). Auf dem untern Theile dieſer fchönen Wiefe, welcher fel 
wegen vorzugsweiſe die Wieſe heißt, erhebt fich eine der herrlichſten B 
des Bosporos, aus fieben Platanen beſtehend, welche zufammen Jed 
d. h. die fieben Brüder, genannt werben. Mach einer nicht völlig erwi 
fou Gottfried v. Bouillon mit den Deere der Kreusfahrer 1096 auf dief 
gelagert haben. Der Ort ſelbſt befteht aus dem untern und obern ; 
finden ſich die Häufer der Griechen, Armenier und einiger Türken ; im 
aber die Sommerwohnmgen und Gärten der europdifchen Geſandten, 
manche auch Däufer in dem tiefer im Lande liegenden anmuthigen Be 
Unter diefen Wohnungen —— ſich beſonders der ruſſiſche Geſandt 
und Garten durch regelmäßigen Bau und ſchoͤne Anlagen aus. Mod 
entftand ber herrliche, große Garten des vormals dänifchen und kurſaͤch 
teägers und eines des reichſten Banquiers in Pera, des Freiherrn Hübfi 
thal {mie er ſich nach Bujukdere nannte). Diefe Palaͤſte liegen ſaͤmm 
ſchoͤnen Quai, der ein fleißig befuchter Spaziergang ber Einwohner vo 
iſt und deffen Reize befonders in mondhellen Nächten mit Begeiftern 
werden. Cine zlemlich lange Kunſtſtraße, die durch den Ort führt, beft 
Meihen Häufer, die geößtentheils im europälfchem Geſchmacke gebaut f 
pflegen fogar den Winter dort zugubringen wegen der, uͤber alle Befe 
babenen, herrlichen Gegend. Auch ift Bujukdere der allgemeine Zufl 
die hoͤhern Stände, wenn eine anſteckende Krankheit in Conftantino 
oder Pera herrſcht, ſowie wenn eine Volksempoͤrung zu fürchten ift. 
Bukareſcht (d. i. Freudenſtadt), Hauptft. der Walachei, | 
Hospodars und eines griech. Biſchofs, hat 10,000 fchlecht gebaute 
60,000 E., darunter Griechen, Juden und Armenier. Die Strafı 
gepflaftert, fondern ſaͤmmtlich mit eichenen Bohlen belegt. Die Gel 
hier früher ein Gymnaſium mit 12 Lehrern, weiches 1810 244 ©ı 
fuchten. Es tft eingegangen, nachdem der jegige Hospodar Ghika, ei 
lache, die alten Stiftungen für den Unterhalt deffelben 1825 eingezoge 
Dandel mit Wein, Häuten und andern Landesproducten iſt ziemlidy le 
28. Mat 1812 rourde hier ein Friede zroifchen Rußland und der Pfort: 
Bukareſcht, Friede zu, d. 28. Mat. 1812, Rußlands leg; 
ſchluß mit der Pforte. Kaifer Alexander hatte im Nov. 1806 fowol 
der Moldau und Walachei, als and) wegen Verlegung feines freien € 
rechts durch den Bosporos, die Waffen ergriffen und die Moldau beſ 
bie orte am 7. Ian. 1807 den Krieg an Rußland erklärte. Es warb 


Bulowina Bulen 289 


1807 , im Folge des Friedens zu Tilſit, ein Waffenſtillſtand zu Slo⸗ 
fen, nach welchem die Ruſſen die befegten Fuͤrſtenthuͤmer räumten. 
deſſelben im April 1808, dauerte bie Waffenruhe ſtillſchweigend fort; 
oleon auf dem Congreſſe zu Erfurt in die Vereinigung ber beiden Fuͤr⸗ 
sit Rußland eingewilligt hatte, eröffnete Rußland im Febr. 1809 zu 
Friedenscongreß, und verlangte ſowol die Abtretung der beiden Kür: 
18 auch aie Entfernung des großbritannifchen Gefanbten aus Conſtan⸗ 
rauf brach die Pforte die Unterhandlungen ab, und der Krieg ward 
DI erneuert. Die Ruffen drangen in die Bulgarei ein, und blieben 
tigen Feldzuͤgen Meiſter der Donau. Die Pforte bot daher bie Hand 

Ein Congreß ward im Dec. 1811 zu Bularefcht eröffnet. Indeß 
DB darauf Napoleon gegen Rußland, unb ſchloß am 14. März 1812 
ein Buͤndniß, nach welchem beide Mächte die Integritaͤt der Pforte 

Auch that er alles Mögliche, um die Pforte zur Kortfegung des Krie⸗ 
m. Gleichwol brachte die Vermittelung Großbritanniens und Schwe: 
a3 Nachgeben Rußlands und das Mißtrauen der Pforte gegen Napo⸗ 
ſchluß des Friedens zu Bukareſt zu Stande, den ruff. Seite Andri 
Sabanejeff und. Sof. Konton um 28. Mai unterzeichneten. Die 
zanz Beffarabien und ein Dritttheil der Moldau niit den Feſtungen 
ender, Ismail und Kilia an Rußland ab, ſodaß ber Pruth bie zu fei- 
bung in die Donatı, und von da das linke Donauufer bie Kilia und 
nündung der Donau in des ſchwarze Meer die Grenze beftimmten. 
gaben ihre Übrigen Eroberungen zuruͤck. In Afien follte die Grenze 

vor dem Kriege voiederhergeftellt werden. Die Pforte bewilligte den 
ie als Verbündete der Ruffen flr ihre Unabhängigkeit gekämpft hat- 
aneftie und das Recht, Ihre Innern Angelegenheiten felbft zu verwalten, 
ißige Steuer, welche die Pforte ihnen auferlegen würde, unter ſich 
- Die Servier nahmen jedoch dieſe Bedingungen nicht an und fegten 
rt, unterlagen aber bald ber türkifchen Übermacht. 

wina, f. Galizien und Öftreidh. 
n (Boolen) odır Buleyn (Anna), zweite Gemahlin Heinrichs 
igland, war ber legte Sprößling aus der Ehe des Sir Thomas Boolen 
ter des Herzogs von Norfolk, geb. 1499 oder 1500. Sie begleitete 
wich Schwefter, welche ſich mit Ludwig XII. vermählte, als Ehren: 
rankreich, Lehrte aber nicht mit derfelben nach England zuruͤck, als der 
igs fie zur Witwe gemacht hatte; fondern begab ſich an den Hof der 
dia, Gemahlin Kranz I., und nach deren Tode zur Herzogin von Alen⸗ 
mefter des franz. Monarchen. Schön, jung, geiftreich und lebhaft, 
an galanten Hofe Franz I. vielleicht nur zu fehr. Aus unbelannten 
te fie um 1525 bie 1527 nad) England zurüd, und ward Ehrendame 

die bald von ihr verdrängt werden follte. Der König, von heftiger 
entzündet, fand einen unerwarteten Widerftand, und Anna erklärte 
ij er fie nur als Gattin befigen koͤnne. Sie wußte, daß der König 
u Gedanken umging, fidy von feiner Gemahlin, Katharina von Ara⸗ 
den zu laſſen; fie wußte aber auch, welche Schwierigkeiten die Eatho= 
en der Ausführung biefes Plans entgegenfebte. Cranmer fol ſich 
sge der Wünfdye des Königs dargeboten, und dies bie erſte Veranlaf- 
Abfall Englands von ber roͤmiſchen Kirche gegeben haben. Aber der 
Aarich wartete nicht einmal, bis die Diener feiner neuen Kirche 
ıg ausfprachen, fondern vermählte ſich heimlich am 14. Nov. 1532 
heelen, die er zuvor zur Marquiſe von Pembrod erhoben hatte. Erſt 
wengerfchaft das Geheimniß enthülite, erklärte Cranmer die erfte Ehe 
.Siebente Aufl. Bd. IL 19 


290 Bulgarien 


fie nichtig und die zweite für gültig, und Anna warb mit beifpielfo| 
Meftminfter als Königin gekroͤnt. 1533 gebar fie die berühmte En 
ungezügelten Lüfte des eben fo ausſchweifenden als tyrannifchen Koͤn 
Anna jedoch nicht auszuloͤſchen, und wie fie als Ehrendame Katharin 
bieterin verdrängt hatte, fo ward fie von Johanna Seymour, threı 
verdrängt. Noch gefellte fi) zu dem überdruß Heinrichs der Argn 
treue; und allerdings ſcheint er nicht ganz ungegrlindet geweſen zu | 
das gegen fie eingeleitete gerichtliche Verfahren durchaus unregelmäßig 
ward 1535 verhaftet, angeklagt und vor eine Sommilfion geftellt. | 
Smetton, der nebft Andern eingezogen worden, bekannte, die Gunſt 
befeffen zu haben, und am 17. Mai 1536 warb fie von 26 Nichte 
verurtheilt. Vergeben gab Anna vor, ſchon früher mit dem Grafen vc 
berland vermählt und mithin nie die legitime Gemahlin Heinrichs gen 
vergebens vernichtete Cranmer die Ehe; das Todesurtheil warb nad 
des härtnädigen Heinrich® volljogen, ber es für eine ausgezeichnete ( 
daß er den Scheiterhaufen in das Schaffot verwandelte. Der legte 
Mat 1536) der Ungluͤcklichen bietet mehre intereffante Montente ba 
bie Stau des Thurmwaͤchters rufen, toarf fich vor ihr auf die Knie 
ihr: „Geht, unb bittet in meinem Namen, und in dieſer Stellung, ı 
feht, die Prinzeffin Maria (Katharinens Tochter) um Vergebung füı 
den, die ich ihr und Ihrer Mutter verurfacht habe.” Dem König 
„Ihre Wohlthaten gegen mich haben ſtets zugenommen. Ich war nid 
machten mic zur Dame, zur Marquiſe, zur Königin, und ba ich au 
höher fleigen fan, machen Sie mich heute zur Heiligen. 
Bulgarien, Bulgarei, tuͤrkiſch-europaͤiſche Provinz 
DIM. (Moesia inferior), mit ber Hauptft. Sophia und ben Pafchal 
Siliſtra, Widdin ꝛc. Gegen D. iſt ihre Grenze das ſchwarze Meer, ı 
Gebirge Sardick und ein Theil des Hämus, denn ber Fluß Kamtſch 
garien hier vom eigentlihen Rum⸗Ili und Macedonien; gegen WB. g 
- rien an die freien Servier und im. an die Donau. Es iſt ein 
gebifdete® Land, deſſen reizende Thaͤler nad ber Donau abdachen un 
Menſchen, als die jegt dort lebenden 1,800,000 (urſpruͤnglich Magya 
wen, Bulgaren) ernähren koͤnnte. Seit 866 find die meiften Bewohr 
Kicche zugethan, und haben 3 Erzbifchöfe unter einem Patriarchen. 
rung hat der mohammedaniſche Beglerbeg von Rum⸗Ili im alte 
Sophia ; unter ihm ſtehen 4 Pafchen zu Sardick, Nikopolis, Sitiftra 
Die alten Möfier kämpften lange tapfer wider die HRimer und bie ı 
um ihre Freiheit. Wider ihre oft bis Conſtantinopel reichenden S 
baute Kaifer Anaftafius 507 eine große Mauer. Sn den häufigen } 
uff. Großfürften mit den griech. Kaiſern waren die Bulgaren felt: 
und gemeiniglicy bald des Einen, bald des Andern Verblindete. Dem 
griech. Kaiſers unter eignen Königen am Ende unterworfen, bemerfi 
Afan, daß der Hof zu Conftantinopet felbft des Schuges mehr als? 
dürfe, und gab 1185 das Schugbändnig des Hofes zu Conftantinopel 
dies anfcheinend weife, fo wurde es doch Bulgariens Unglüd in der 9 
ten, denn Ungarns Könige verlangten nun von dem bufgarifchen U 
Der lange Kampf mit jenen hatte Bulgarien entvoͤlkert. Als m 
über Gallipoli in Europa vorgedrangen waren, traf ihr erfler heftiger 
garien. Der Kampf war fo ungluͤcklich, daß 1392 der bulgariſche 
mann in tuͤrkiſche Gefangenſchaft geriet und die Nation dadurch if 
digkeit verlor. — Die Bergmweiden und Flußwieſen diefer fruchtbe 
geben einen reichen Ertrag, der meiftens ausgeführt wird. Andre A 


Bulimie Bullion 291 


Bein, Eifen und die in den Vorbergen gewonnenen Erze, Holz, 
che, Fiſche, Wild und die Federkiele der Adler, womit der bulgarifche 
eine Pfeile beflügelt. 
te, Heißhunger. Die davon befallenen Perfonen quält ein 
Hunger; ſoviel fie auch Speife zu ſich nehmen, fo haben fie doch 
{ von Sättigung ; und wenn ihr Magen überfüllt if, fieht man fie 
falten und ſich des Genoſſenen, halbverbaut, unter heftigen Schmer: 

Gewoͤhnlich erfcheint diefe Krankheit im Gefolge 'andrer. Sie 
hrend gewiſſer intermittirender Fieber, bei mehren Eingeweidekrank⸗ 
ers folchen, die durch den Bandwurm erzeugt werden; auch ift fit 
h nach higigen Krankheiten, welche die Kräfte des Kranken erfchöpft 
ntfteht alsdann aus dem Beduͤrfniß aller Koͤrpertheile, die verlorenen 
zu erfeßen. In gewiſſen Fällen aber fcheint das außerordentliche 
ch Speife von einer befondern Befchaffenheit des Magens herzurüh: 
einer großen Schnelligkeit verbaut. Dergleichen bewerkt man bei 
en waͤhrend ihrer Schwangerfchaft, bei jungen Leuten, die viel Lei⸗ 
zaben, bei Perfonen, die gewuͤrzhafte und erhigende Nahrungsmittel 
2.Alsdann iſt die Bulimie nicht als Krankheit zu betrachten, fon: 
erhöhete Eßluſt. Als Krankheit iſt fie furchtbar wegen ihrer Folgen: 
ruſtfieber, Schtwindfucht, Verftepfung, Wafferfucht. 

(John), f. Sohn Butt. 

‚, Urkunde, Verordnung oder Decret des Papftes in Glaubens : und 
‚ auf Pergament geſchrieben umd mit einem bleiernen Siegel ver: 
aglich das Siegel ſelbſt. Gemeiniglich werden die päpftlichen Bullen 
afange benannt, 3.38. bie Bulle: In coena domini; Cum inter; 
Ascendente ıc. Die Sammlungen der Bullen heißen Bulla- 
ie goldene Bulle heißt von dem in goldener Kapfel angehängten 
jsroeife dasjenige Grundgeſetz des deutſchen Reichs, das Kaifer 
5 auf 2 nad) einander gehaltenen Reichstagen zu Nürnberg und zu 
Dic. mit Zuthun der Kurfürften und zum Theil mit Zuziehung des 

errichtete. Jeder Kurfuͤrſt und die Stadt Frankfurt erhielten da⸗ 
lausfertigungen davon. Der Hauptzived der goldenen Bulle war, 
und was damit in Verbindung fand, auf möglichft fichere Beſtim⸗ 
en; auch war dieſe Abficht im Ganzen erreicht worden, denn die Vor: 
denen Bulle hatten fich größtentheile, bie auf die neueſten Veraͤnde⸗ 
opa, erhalten. Außerden wollte man dem Unweſen des Fauſtrechts 

womit man jedach damals noch nicht zu Stande kam. 
on, eigentich: Golderz; gegenwärtig, nach einem in England an- 
Sprachgebrauch, alles ungeprägte Gold und Sitber in Stangen 

Diefes Wort hat feit dem Anfange des laufenden Jahrh. eine, aud) 
nd, erhebliche Bedeutung gewonnen, al& es fid) nimlid) um die große 
2: ob der gelegentlihe Mangel ber Waare des Bullion, und die dar: 
de Erſchwerung aller Verbindungen mit dem Auslande, hinveiche, 
wirbigung eines in allen übrigen Ruͤckſichten zuverläffigen und guͤl⸗ 
gelbes, wie es die Noten der londner Bank für England geworden 
hüeßen? Won 1808-—- 10 naͤmlich war der Preis einer Unze 
gotdes, wofür die britifhe Minze 3 Pf. 17 Sh. 10% P. bezahlt und 
fie nach diefem Verhättniffe Guineen zu 21 Sh. ohne allen Schlag: 
auf dem Markte bis zu 4Pf. und 8, 10, auch 12 Sh. geftiegen. 
in einer Guinee befindliche, gefeglich 21 Sh. der Landeswährung 
b auf dem Bullionmarkte durch bie Preisfteigerung des rohen Goldes 
h. koſtete, und das bloße Einfchmelzen des gemuͤnzten Salbe und deffen 

19 


292 Bullion 


Betz? 24 Baia einen Voctbeil ven 15 — 18 Teac. einteug, fi 
ara "ame umiınfnden Getmünze nicht befermden. 

Reis, 23 As die Beinen rricım, mufte ich dus Beduͤrfnij 
"rs ik Ira sauber Banknoten vırmeirm, die auch den Maı 
erz2ea Er Retiums ſo veIſtantig erfegten, daS innerhalb bei 
Faziımr Seine me'ratlihe Stétung des Birkebrs un! des Eigenthu 
zer zur. Diele unerkerte Erſcheimanꝗ ST nur aus der vollfomme 
se Bentner Baal . da, insbeicndere aber zug dem Umſta 
205 Szine sinsise Banknote wilfinlick, ſeadern zur auf jedesmal 
der Rezierunz cber ber Prisacen, segen vellſt Andiges Unterpfand 

un: Öfmtichr Effecten, als ein wahre! Discontgeld, creirt wurde 
nach das emittirte Papier nicht blog, wie ein gewoͤbnliches Papiergel 
gunke ausſtroͤmte, ſeadern ibenſo regelmaͤßig und nethwendig n 
der Wechſel und Effecten an die Bank zurückkebrte. Es war auge 
ein ſe ches blos auf effectice Nachfrage creictes Discontzeid niemal 
niß bes inlaͤndiſchen Merktes überfleigen kennte, da es, wenn der 
nimlid, das Verlangen nach den Diecentirungen, erloͤſchte, nicht 
kuͤrliches Papiergeld blieb, ſendern die Canaͤle der Circulation unr 
verlieh. Da aber London nicht bleß inlindiiher Markt iſt, ſond 
markt, fo muete zur ganz volkemmenen Organiſatien jenes Die 
noch die Bedingung hinzugefügt merden, daB jede von der Bank 
allen Zeiten an derſelben präfentirt und, ale ein Wechſel auf Sicht 
werden konnte. Hierdurch blieben die Banknoten nicht nur im G 
der effectiven Nachfrage bes Inlandes, fondern felbft des Auslandet 
zum Diecont präfentirten Wechſeln und Effecten nunmehr nicht bio 
diſche Sicherheit und Soliditaͤt, fondern audy auf die Zahlbarkeit in 
gefehen wurde. Dieſer größern Vollkommenbeit hatte di: Banl 
bis 1797 genügt, als ber franz. Seits gegen Sroßbritannien unte 
terminationstrieg diefen Staat in die Nothwendigkeit brachte, fich 
gerungsftand zu verfegen. Die von bem Parlamente verordnete | 
baaren Zahlungen der Bank war eine der Hauptmaßregeln diele 
ftandes: die Banknoten hörten auf als Weltmährung zu beſtehen, 
ohne alle Herabwärdigung als eine allen innen Bebürfniffen gı 
oder Stantswährung. Als nun, nach langen erfolglofen Demo; 
Seiten des Feindes, die eigentliche Belagerung (die Continentalfper 
Ausfälle aus der Feftung, Landungen und Kriege in Holland und 
verfionen im Rüden des Zeindes und manderlei Verfuche, den E 
Een, nothiwendig rourden, waren die in England vorhandenen baarı 
bald verbraucht, und es trat ein Mangel an diefem Kriegsbebürfniffi 
empfindlicher war, teil England im Friedensſtande mit allen übri, 
verharte. Die Theurung der Goldbarren und der ausländifchen 
in der befchriebenen empfindlichen Progreffion zz. Nun erhob 
außer den Thuͤren des Parlaments die Beforgniß, Daß eine zumelt q 
fion der Banknoten jene Steigerung der Gold- und Wechfelpreife b 
daß alfo vielleicht die Suspenfion der baaren Zahlungen der Ban 
Sommers des Landes fchwer druͤckende Calamität veranlaßte. 3 
feste zur Unterfuchung der Sache einen Ausſchuß nieder, der unter! 
Barrenausfchuffes (der Bullion-committee) eine große Gelebrii 
Außerdem waren die größten Talente des Landes, 1810 und 181: 
ausſchließlich mit diefem Probleme beſchaͤftigt. Der Bericht der C 
teichen Zeugenverhöre (Minutes of evidence) berfelben, und eine g 
geiftreicher Schriften über die Bullionangelegenheit find ein Denk 


Bullock⸗ Mufeum Bülow (Heinrich von) 298 


Mnns, wemit bie große Nationalangelegenheit behandelt worden, und eine 

fr jeden Staatswirth des gebildeten Europas. Das Endrefultat, welches 

R nach eingetretenem Frieden Üüberfehen werden konnte, war, daß keine De⸗ 

a der Banknoten als Staatswaͤhrung, wol aber eine momentane Herab⸗ 

ng derfelben als Weltwährung, als leichtverfchmerzliche Kriegslaft ftattge: 
Ohne daß die baaren Zahlungen der Bank hergeftellt worden find, haben 

Benpreife und Meichfelcours nach dem Frieden allmaͤlig in ihr altes und 

Ki Niveau zuruͤckbegeben; aber bie Frucht aller jener vielbeſprochenen Be: 

kt für England und Europa gleich erheblich ; die unvergleichliche Einrich⸗ 

u Geldſtaates von Großbritannien und fein ganzes inneres Getriebe ift ans 

men; England ift deffen, was es im natürlichen Laufe feiner Entwicke⸗ 
en, bewußt, alfo mächtig und ficherer, und eine Wiffenfchaft des Geld: 
möglich geworden. 

Ulock⸗Mu ſeum in London, in Piccadiliy, eine Privatanftalt zur 

von allerhand, befonders naturhiftorifchen u. ethnographifhen Samm⸗ 

felgendes iſt die nicht eben logiſch richtige Glaffification der verfchiebenen 
des bort Sehensmürbigen, wie folche „The pieture of London” an- 
ürdigkeiten aus der Suͤdſee, Merkwürdigkeiten aus Amerika, Merk: 
| —* Afrika, Kunſtwerke, Naturgeſchichte, beſonders reich an Exem⸗ 
opfter vierfuͤßiger Thiere, Voͤgel, Amphibien, Fiſche, Inſectologie, 

Mineralien, Mandherlei, Ruͤſt⸗ und Gewehrkammer. Dies 

für 1 Sh. Einlaß an jedem Wochentage den Schauluftigen offen, 

) uech immer vergrößert. Hier ftellte auch Belzoni feine ägpptifchen 

a auf. 

18, irlaͤndiſche Bulls, widerfinnige, eine komiſche Wirkung erregende 
man in England befonders den Irlaͤndern nacherzaͤhlt, und von denen 
Sammlungen hat. Auch werden fie in den englifchen Luſtſpielen 
sucht, die darin auftretenden Irlaͤnder lächerlich zu machen. Zum 

ia Irlaͤnder, der fehr haͤßlich ift, erzählt, er fei als Kind fchön gewefen, 

Rutter babe ihn vertaufcht. 

mer (William), naͤchſt Bensley der außgezeichnetfte Buchdrucker in 

Eins der erften Erzeugniſſe feiner Preffe war eine Ausgabe des Pers 

| 24); zu f. vorzuglichften Meiſterſtuͤcken gehören die Prachtausgaben 

re (1792— 1801, 9 Bde., Fol.; von diefer führt feine Officin die 
fepearepress) und des Milton (1794—97, 3 Bde., Fol). Er 

Sünftling der kunſtgerechten englifchen Bibliomanen (daher er 

Drude für den Rorburgheiub beforgt) und wird von ihnen faft 

u erhoben. Der Unbefangene wird ihn indeffen nur neben, nicht Über 

len, und bei alfer Anerlennung feiner ausgezeichneten Kunftfertigkeit 

1, daß es feinen Drucken bei aller Schönheit der Typen, der Schwärze 

iers an dem gefälligen und gefhmadvollen Ganzen fehlt, welches bie 
m Dfficinen fo vortheilhaft auszeichnet, und daß die Erzeugniffe feiner 
das namentlich bei den Disdin’fchen Werken der Fall ift, häufiger durch 

x entftelit find, als es einem Kuͤnſtler geftatter ift, der mit Didot und 
R bie Schranken zu treten begehrt. 92. 

How (Heinrich v.), Sohn eines wohlhabenden Edelmann, geb. zu Fal⸗ 

u Brandenburgifchen um 1770, genoß in dem Haufe ſeines Vaters cine 

rziehung, machte ſich dann Inder Mititaicakademie zu Berlin mitden franz. 

ertsaut, und warb früh bei einem Infanterieregiment in Berlin ange: 

u de trat er zur Cavalerie Über. Als aber der Dienft den Reiz für ihn 

yatte, lebte er ſehr zuruͤckgezogen. Ihn feflelte das Studium des Poly: 

LTacitus und des 3.3. Rouſſeau. Diefe Schriftfteller erfüllten feinen 




















294 Bülow (Heinrich von) 


Kopf mit fo vielen neuen Ideen, daß fie fein ganzes Wefen verändert 
nahm feinen Abfchied und ging nach ben Niederlanden, wo ein Aufflandg 
feph UI. ausgebrochen war. Die hohe Meinung, welche man von ber pn 
tie hatte, verfchaffte ihm bald eine Stelle in einem Regimente; doch fchl 
an Gelegenheit, ſich auszuzeichnen. In feinen Hoffnungen getäufcht, 
in fein Vaterland zurüd, faßte eine leidenfchaftliche Liebe für das he 
brachte eine Geſellſchaft von Schaufpielern zufammen. Bald verließ erg 
unb ging mit feinem Bruber nach Amerila. Er fand aber auch best 
nicht, die er fuchte und von ber er felbft Feine deutliche Jdee hatte. | 
Überdruffe, den getäufchte Erwartungen erregen, Eehrte ex nad) 

Indeß Hatte der Danbelögeift der Amerikaner beide Brüder angeftedt. 
deten den legten Reſt ihres vaͤterlichen Erbes zum Anlauf eines 

raths von Glaswaaren an, und fchifften fidy damit in Hamburg zum zug 
nad, Amerika ein. Da fie aber nicht Sachkenntniß hatten und, um 
ſchnell abzufegen, vielen Grebit geben mußten, fo fahen fie ſich bald 
Seiten betrogen, und waren genöthigt, abermals nach Europa zurkdl 
est trat Heinrich von B., arm an Vermögen, doch reich an nit X 
als Schriftſteller auf. Sein erſtes Werk war f. „Spftem der Kriegtkeg 
bewies auf eine eminente Weife fein Genie. Er fühlte dies felbfl, une 
Lobſpruͤche verftändiger Männer in feinen Erwartungen aufs Höcdft 
Eam er 1799 nach Berlin zuruͤck, um entweder im Genetalftabe ober. 
der austwärt. Angeleg. angeftellt zu werden. Zu feinem Ungluͤcke fühlt 
ner, welche damals an ber Spige diefer Verwaltungszweige ftanden, Ed 
fi) mit einem fo genialen Menſchen einzulaffen. Um leben zu könne; 
genöthigt, von dee Schriftftellerei Profeffion zu machen, foweit dies dig 
von Genie möglich if. Er fchrieb ein Buch „LÜber das Geld“, übe 
Mungo Park’s Reifen aus dem Engl., und gab im Winter 1801 die, 
des Feldzugs von 1800°' heraus. Nach mancherlei Händeln, die iu 
neigung gegen die gewöhnlichen Anfichten zugezogen hatte, faßte er day; 
nad) London zu gehen und ein Sournal über England zu [chreiben. Abe 
Hefte feined Journals fanden Leine Käufer. Es entftanden für ihn B 
tm umd er ward Schulden halber verhaftet. Nachdem er 6 Monate i 
und bis zum Sommer 1804 zugebracht hatte, Eehrte er, Allen unern 
Berlin zurüd. Er mußte, um feinen Unterhalt zu gewinnen, voleber 5 
flellerei feine Zuflucht nehmen, und war fleißiger als je. Die „Lehrfüget 
Krieges“; die „Geſchichte des Prinzen Heinrich von Preußen”; f. „A R 
Monatsfchrift” und endlich f. „Taktik der Neuern, wie fie fein follte‘‘, | 
ander ſchnell. In dem erften diefer Werke gibt er zuerſt den Unterfchl 
Strategie und Taktik an, und bringt alle Kriegsunternehmungen auf Bi 
geflalt zuruͤck, in welchen Grundfägen er jedoch von Somini und andern 
befteitten worden. Endlich fühlte er auch Beruf, die „Geſchichte De 
von 1805 zu fchreiben. Er fchrieb fie nach feiner Anfiht. Diefe ig 
in Rußland und Öftreich keinen günftigen Eindrud mahen. Auf 
gen der Gefandten auswärtiger Höfe ließ ihn der König von Preußen b 
Ausbruche des legten Krieges ins Gefängniß fegen. Als man nach Dee 
bei Jena der Ankunft der Franzofen in Berlin entgegenfah, führte man 
den Ausſpruch der Ärzte, die feine Freilaſſung zu feiner | 
ten, nach Kolberg, von ba nad) Königsberg und endlich nad Rige, weg 
1807 im Gefängniffe am Nervenfieber ſtarb. — Es ift noch zwi 
Bülow ein eifriger Anhänger Swedenborg's war, welches er auch du 
ziehende, in Kolberg verfaßte und nad) feinem Tode erſchienene Schu 
permissum est, Coup d’oeil sur la doctrine de la neuvelle ag 
























Dennewig (F. W. Graf) Bülow (L.F. V.H. Gr. v.) 295 


809, an den Tag gelegt hat. Er prophezeiht darin, daß 1817 oder 
ohe Licht, dad Swedenborg angezuͤndet, alle bisherige kirchliche Kor: 
fon und die neue beffere Lehre fich feſtgruͤnden werde. 

3m (Friedrich Wilhelm, Graf) von Dennewitz, E. preuß. Ge: 
er Sinfanterie, Ritter mehrer Militairorden zc., berühmt durch feine 
ten Befreiungskriege, wurde 1755 auf dem Gute feines Vaters, Fal⸗ 
ver Altmark, geboren. Er trat im 14.5. in das preuß. Militair und 
Capitain geftiegen, als er 1793 mit dem Charakter eines Majors zum 
des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen ernannt wurde, und als 
theinifchen Feldzug ehrenvoll mitmachte. Waͤhrend der Belagerung 
vereitelte feine Entfchloffenheit den beabfichtigten Überfall bei Marien: 
jen Erſtürmung der zahlbacher Schanze erhielt er den Verdienftorden. 
fein Amt beim Prinzen auf, und er erhielt ein Bataillon. Im Kriege 
ar er als Obriſtlieutenant in dem belagerten Thorn und focht in meh: 
mit Auszeichnung. 1808 ward er Generalmajor und Brigabegeneral. 
se Krieg gegen Frankreich ausgebrochen, Tieferte er am 9. Apr. das erfle 
effen bei Mödern, nahm ar 2. Mai Halle und ſchuͤtzte dann das be⸗ 
n zum erften Mate durch den Sieg bei Ludau (4. Juni). Nach dem 
ande rittete er, unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von Schrocden, 
edes 3. Armeecorps, Berlin zum zweiten Male durch die denkwuͤrdige 
n Grofiberren (23. Aug.). Zum diisten Male endlid) half er es ret- 
ı großen Sieg bei Dennewig (ſ. d.). Der König nahm ihn dafür 
je Zahl feiner Großritter des eifernen Kreuzes auf und gab ihm, nad) 
bes Feldzugs, für fi und feine Nachkommen den Titel: Graf Bülow 
8. -- An der Erſtuͤrmung Leipzige, am 19. Oct., hatte cr einen 
ten Antheil. Er focht fodann mit demfelben Ruhme in Weftfalen, 
elgien, am Rhein, bei Laon, nahm Soiſſons und Lafere, und be- 
Seldzug mit dem Einruͤcken in Paris. Nach den Frieden ward er 
nder General von Oſtpreußen und Lithauen. Bei Eröffnung des 
ı1815 erhielt ex den Oberbefehl des 4. Armeecorps, mit welchem er 
hei Belle⸗Alliance fo wefentlich beitrug, daß der König, um ihn aus⸗ 
ihn zum Chef des 15. Linienregiments ernannte, welches fortan den 
yiment Bülow von Dennewis führen follte. Am 11. San. 1816 
held zum Generalcommando nad) Königsberg in Preußen zurüd und 
t am 25. Febr. 1816. DB. war ebenfo achtungswerth als Bürger 
nf. Er hatte die Kriegskunſt von früher Jugend an gründlich und 
ih ſtudirt, ſetzte dieſes Stubium während feiner militairifchen Lauf: 
ſſig fort und war ein denkender Feldherr. Uber er huldigte auch) den 
ein gebildeter Geift war im Gebiete der fchönen Künfte kein Fremd 
'onkunſt 309 ihn vorzüglich an, und er hat mehre Motetten, eine Meſſe 
men 51 und 100 componitt. 

w (Lubwig Friedrich Victor Hans, Graf von), E. preuß. Staatsmi⸗ 
un 14. Juli 1774 zu Effenroda bei Braunfchweig, dem Stammgute 
ineburgiſchen Landfchaftsdirectors),, erhielt eine treffliche Erziehung, 
1788 — 0 die Ritterafadbemie zu Lüneburg und dann bis 1794 die 
zoͤttingen. Sein Better, der nachmalige preuß. Staatskanzler Fuͤrſt 
erg, damals dirigirender Minifter der preußifch-fränkifchen Fuͤrſten⸗ 
te den jungen Mann von empfehlendem Äußern und ungewöhnlicher 
meeit beim Kammercollegium zu Baireuth ale Meferendarius und 
Teffor an. Selbſt in die Hauptftadt verſetzt, berief er ihn 1801 als 
tiegs⸗ und Domainenrath nad) Berlin, wo er im Generaldirectorium 
9 : hatberftäbtifchen, im fränkifchen und Bergwerksdepartement den 


296 Bülow (Huguft Friedrich Wilhelm von) 


Vortrag hatte und ſich durch Fleiß und Geſchaͤftsgewandtheit auszeichnete. 
ward er zum Kammerpräfidenten in Magdeburg ernannt, welchen Pofte 
Ruhm bekleidete, bi er nad) dem Abfchluffe des tilfiter Friedens bei der | 
des Staatsrathes des neuerrichteten Koͤnigreichs Weſtfalen, als Mitglied | 
nad) Kaffel berufen umd bald ‚nachher, an Beugnot’s Stelle, den 8. MR 
wirklicher Minifter der Finanzen, des Handels und Schages wurde. Uı 
ſchwierigſten Verhaͤltniſſen leiſtete er hier Bedeutendes, gewann das Werte 
Nation, wie ded Königs, und leitete nach großartigem Plane, unter Wide 
aller Art, die Organifation aller auf feine Stellung Bezug habenben Ver 
zweige. Manche Eönigl. Önadenbezeugungen wurden ihm zu Theil; au 
er in den Grafenftand erhoben: eine Auszeichnung, die der König von ! 
fpäterhin beftätigte. — Viele Feinde benusten feine mehrmalige Abe 
während welcher er zu Paris am kaiſerl. Hoflager wegen rüdftänbiger Krit 
den und der franz. Seits erfolgten Länderberaubung unterhandelte, und mal 
König fo wider ihn einzunehmen, daß er, unmittelbar nad) feiner 

7. Apr. 1811 den Abfchied erhielt. Sein Abgang aus dem Miniſterin 
von Vielen betrauert. Bülow ging auf fein vaͤterliches Gut Effenroba, : 
laͤndlicher Beſchaͤftigung und ftaatswiffenfchaftlichen Studien lebte, bi8 
großen Kataftrophe am Ende 1813 der König von Preußen ihn, auf 
Vorſchlag, nad Frankfurt a. DM. berief und zum preuf. Staats» 
minifter ernannte. Unter ben Priegerifchen Anftvengungen Preußens 
zweiten parifer Frieden, bot er alle feine Kräfte auf, Hülfsquelien h 
Er begleitete aud) den König 2 Mal nad) Paris, London und Wien. 
der Sicherftellung des Friedens die Reorganifation des Staates in H 
fammten Verwaltung und befonders der Sinanzen erfolgen follte, ſchi 
fruͤher bewährte Eraftvolle Wirkfamkeit des Sinanzminifters in etwas m 
von welcher Erfcheinung die Urfache aber mehr in andern hemmenden 
niffen, als in feiner Perföntichkeit zu fuchen if. Die Stellung ber 
gegen einander, das Beduͤrfniß neuer Inſtitutionen im Widerſtreit mit de 
rität angeerbter Vorurtheile, das Schwerfällige und Unfichere des vor 
Staatsmechanismus, befonders durch die Bildung der Provinzialregiern 
gienu.f. f., machten bie Erfüllung der Foderungen, welche man an dem‘ 
minifler zu machen berechtigt war, fehr ſchwierig, beſonders da weder in el 
faffungsurkunde, noch in der ganzen Gefeggebung eine fihere Grundlage | 
war. Go trat, im Verfolg der Stantsrathöverhandlungen am Fall 
1817, eine neue Beflimmung der Minifterialverhältniffe ein; das Fingi 
rium ward ben Weſen nach aufgelöft in die Minifterien des Schages 
Staatscontrole, und der dem Namen nach fortbeftehenden Behörde mur dü 
ber Steuer: und Domalnenverwaltung gelaffen. Diefes war der Zeity 
welhem B. den König um feine Dienftentlaffung bat und auf die ehe 
Weiſe ſolche ale $inanzminifter erhielt, indem er Mitglied des Staatl 
riums, des Staatsraths und Minifter des Handels verblieb. Im Fr 
wurde das Minifterium des Handels mit dem Dinifterium des Innern u 
und Hrn. v. B. bie obere Zeitung der Provinz Schlefien Übertragen. 1 
aber ſchon den 25. Aug. 1825 im Babe zu Lande. -— Sein Gtiefbral 
der erften Ehe feines Vaters, 

Bülow (Auguft Friedrich Wilhelm von), geb. zu Voͤrden In B 
den 23. Febr. 1762, beendete gleichfalls feine akademifchen Stubien zu @ 
und widmete fich ber juriftifchen Laufbahn zu Hanover und zu Celle, wo e 
fanzlei=, dann Öberappellationsrath wurde und mehre juriftifche Arbeits 
gemeinfchaftlich mit Hagemann die „Prakt. Ersrterungen aus allen XI 
Rechtsgelehrſamkeit“ herausgab. 1805 trat er in preuß, Dienfte, zuerſt 










Bünau Bundeöfeftungen 297 


rath zu Münfter, feit 1807 in Berlin, 1810 warb er Oberlandesge⸗ 
nt zu Soldin, fpäter Mitglied des neuerrichteten Staatörathes, dann 
vortragenber Math des Staatskanzlers; 1814 kam er als General- 
; preuß. Gouvernements nad) Dresden, wo ihm auch bie geheime Pos 
1816 warb er zum Oberpräfidenten der Provinz Sachfen ernannt 
Magdeburg zu feinem MWohnfis, wo er, bei erfolgter Auflöfung des 
Jalberftadt beftandenen Civilgouvernements, eine ihm fehr günftige 
vorfand. ine erweiterte Wirkſamkeit erhielt er, als im Verfolg der 
iongreßbefchlüffe Genfurgefege und Unterfuchungen demagogiſcher Um⸗ 
cdnet wurden und er, damit befchäftigt, wiederholt Iängere Zeit in Ber: 
et. Die Mittheilungen in der preuß. Staatszeitung über die dema⸗ 
ntriebe rühren angeblich von ihm her. — Im Der. 1820, ald man 
aennung zum Miniſter vermuthete, ward er, unmittelbar nach einer 
udienz bei dem zu Berlin anwefenden Großfürften Nikolaus, von einem 
befallen, deſſen Folgen ihn bis jegt von allen Öffentlichen Gefchäften 
vn. Sein Nachfolger als Oberpräfident der Provinz Sachſen war 
n58:Chef- Präfident von Mog zu Erfurt. 20. 
au (Heinrich, Graf von), geb. zu Dresden 1696, zeichnete ſich ſchon 
ser akadem. Fahre durch eine Gelehrfamkeit aus, welche ihm nach und 
eg zu den höchften Staatswuͤrden bahnte. Nachdem er am dresbner 
Staatsaͤmter bekleidet hatte, wurde er Oberconfiftorial:Präfident und 
Rath und zulegt Oberauffeher der Grafſchaft Mansfeld. Aber er 
ruht, der eben damals die erften Schritte zu feinem nachmaligen unbe= 
influffe that, Eonnten nicht neben einander beftehen; Buͤnau trat da= 
Kaiſer Kart VIE. Dienfte ald Geh. Rath und Wirkt. Reichshofrath, 
von ihm nicht nur als bevollmädht. Eaif. Miniſter nach Niederfachfen 
adern auch in den Reichegrafenftand erhoben. Nach des Kaifers Tode 
feinen amtlichen Verhaͤltniſſen, und wurde kurz darauf Statthalter zu 
d, nachdem der junge Herzog ſeine Regierung ſelbſt angetreten hatte, 
Minifter. Als der Herzog 1758 frühzeitig flarb, verließ B. den Hof 
auf fein Gut Osmanneftedt zuräd, wo er bis zu feinem am 7. Apr. 
sten Tode feinen Studien lebte. Als Staatsmann zeichnete er ſich 
durch Klugheit und Erfahrenheit als durch eine hohe und mehrfach er: 
tlichkeit aus, in feinem Privatleben war er mild und gütig, und feine 
rit war von einem Umfang und einer Gründlichkeit, wie man fie bei 
anzs Standes in der Megel felten findet. Zwei Dinge find es, die 
eibende ehrenvolle Erwähnung ſichern — feine durch umfaflendes 
ium, wie durch Sorgfalt für die Darftellung ausgezeichnete, leider aber 
, „Deutfche Kaifer- und Reichshiſtorie“ (Rpz. 1728--43, 4 Bde., 4.), 
liche, vorzuͤglich im Fache der Geſchichte uͤberreich ausgeſtattete Biblio⸗ 
durch den von Franke's Meiſterhand gefertigten Katalog eines Theils 
gemein bekannt, und jetzt eine der vorzuͤglichſten Zierden der koͤnigl. 
jethek zu Dresden iſt, für welche fie 1764 für 40,000 Thlr. gekauft 
52. 
b, f. Zeflament. 
d (deutſcher), ſ. Deutſchland und Deutſcher Bund. 
desfeſtungen, die feſten Plaͤtze, welche dem deutſchen Bunde an⸗ 
: Bertheidigung der deutſchen Grenzen beſtimmt find und zum Theil 
befteben, zum Theil erft erbaut werden follen. Ob ſolche Seftungen 
kann nur ein Laie in der Kriegskunft fragen, welcher nody an dem 
eigniffe des Revolutionskriegs und der erften Jahre der Napoleonifchen 
: die Feſtungen erregten Vorurtheile Eiebt, und an dem die großen Leh⸗ 


298 Bundeöfeflungen . 


ven, welche der Krieg in Spunien und d. J. 1812 über ben ſtrategiſch 
Feſtungen gegeben bat, ungenugt verübergegangen find; ein ſchw 
denen aber ift, wie und wo die ſchuͤtzende Feſtungskette anzulegen fei 
fi) bei Beantwortung derisiken der auf Deutſchland feit Anbeginn 

Laftende Fluch, die Scummiigeniiske, weiche Aber dam Wohle des Hein: 
des Geſammwaterlandes vergißt, wieder ſeht chätig gezeigt; und w. 
befonder& der weniger mächtigen Regierungen Deutſchlands, den Bar 
auf ihr Schickſal zu geringen Einjlus zu haben ſchien, mindeftens dı 
mittelbar bemmten, geihah dies von andern durch das Geſchrei, alı 
jene zu einet Bundesfeſtung erwaͤhlte Stadt dies nicht werben koͤm 
Land des Nachbars brifer als das des eiguen Staats ſchuͤtze. Diefe 
fültig getbeilten Interefſen madyen die Anwendung umfaflender un! 
Theorie und Erfahrumg grguindetir Ideen, bei Anlegung der Bun 
unmöglich, und ſtatt, wie zu wünfden wäre, alle Bundesländer d 
Dauptpäffe ſchließende Feſtungskette zu umgeben, binter biefer an 
yungepunkten ber Strafen: und Waflercommunicationen Piäge zı 
alter Beduͤrfniſſe für die Sffenfise und Defenfive anzulegen, und endii 
des Landes noch einige Centralfeſtungen, wo ſich alle Kräfte fammeln | 
zu fehen, wird das Vaterland zufrieden fein muͤſſen, mit Nichtbeacht 
hen Grenze (wo Lie Befigungen Öſtreichs und Preußens außerhalb 
die Braugungen der Grenzen ;u reinem Zwecke des deutſchen Bund 
machen) und mit gänzlicher Übergehung der nördlichen, welche durd 
und ber füblichen, welche durch die Alpen ziemlich genügend gebedt iſt, 
Eifaß bedschte ſuͤdweſtliche Grenze einigermaßen jur Vertheibigung & 
erhalten. Zu diefem Zwecke find (don im parifer Frieden Mainz um 
dem Bunte übergeben, und hierzu ift nody 1815 Landau gelommen. 

im Frieden preufifche, oͤſtreichiſche und darmftädtifche, Luremburg pı 
nieberlänt&e, Landau bloß bairifche Beſatzung. Im Kriege foll ? 
Diefer und set andern Bundespläge gemifcht fein und nie von einem 
allein gegeben werten. Nach einem frühen Beſchluß des Bundest 
Ferdem zur Verwahrung des jebt ganz offenen Schwarzwaldes Ulm ı 
knoten ber wichtigfien, aus dem Schwarzwald ins Donauthal führ 
und als Schlüffel der Donau mit einem Aufwand: von 5,000,000 9 
Feſtung erfien Ranges umgeſchaffen, zu Germersheim oder in beffer 
doppelter Brüdenkopf mit einem Aufwande von 3,750,000 Thlr. gı 
ſuͤdweſtlichen Grenze bei Raftadt ober Donaueſchingen aber und zwii 
und Luxemburg bei Homburg auch fefte Plaͤtze, jedoch von geringerm ! 
legt werden. Kine Militaircommiffion ward niebergefegt, um bie 
diefer Punkte und die fonftigen Umftände zu unterfuchen. Bei diefer 
brachte Wuͤrtemberg es bald zur Sprache, daß Um, ftatt dies R6 
Baiem zu fügen, erſt feine Wirkfamkeit begönne, wenn diefe bei 
bereits völlig in ber Hand bed Feindes wären, und daß Manheim, an 
gung des Neckars und des Rheine gelegen, ſich viel beffer als Ulm zu el 
feftung eigne: eine Meinung, die auch in mehren Slugfchriften vor 
ſtuhl des Publicums gebracht, von der Militaircomite aber und wol 
allgemein von der Öffentlichen Meinung verworfen wurde, indem ı 
Hauprfeftung, die aud) ein Hauptdepot in ſich faffen fol und zu berem 
fo große Summe beflimmt ift, nicht an ber Grenze, ſondern in ber 
Stoats liegen muß. Obgleich es nun hierin und in Kuͤckſicht auf ! 
dem erften Befchluß blieb, fo wurbe diefer body in andern Punkten geh 
den Bericht der Gommiffion ift Über die zu Germersheim und Raſtal 
den Zeitungen noch nichts definitiv vom Bundestage befchloffen ve 


Bunbesitaat Buquoy 299 


des zu dem Bau diefer Pläge nöthigen Aufwanbes ift ein Theil der 
tieben von 1815 flipulicten franz. Contributionsgelder beflimmt; das 
U der Bund gemeinſchaftlich aufbringen. Die Bunbesfeflungen wuͤr⸗ 
s faſt ohne Werth fein, werm nicht Preußen Koblenz fammt bem Ch: 
und Köln auf eigne Koften herftellen ließe, und Wefel, Juͤlich umb 
fietö in gehoͤrigem Bertheibigungäftande erhieltes benn erſt daduech 
rtheidigung der Rheinlinie ein Ganzes. 

besflaat (Union), eine Verbindung mehrer Staaten zu em 

; weichem eine eigentliche gemeinfchaftliche Staatsgewalt aufgeſtellt 
er bie einzelnen Theile ſich der Regel nad) in allen Beziehungen unter: 
len. Sie wird dem Staatenbunde, ber Föderation, entgegengeftelit, 
durch eine Verbindung mehrer Staaten entfleht, die aber ſich nur zu 
«den, 3. B. Vertheibigung nad) Yußen, vereinigen, ſich auch dazu ge> 
infchaftlichen Anorbnungen unterwerfen, aber body) ald Regel ihre Unab⸗ 
md Selbſtaͤndigkeit beibehalten. Don der lebten Art ift der beutfche 
ber erſten Art konnte man fonft die Vereinigten Niederlande rechnen, 
ch die Vereinigten Staaten von Nordamerika und die neuen bort ent: 
taatenſyſteme mehr ber Union als der Köderation nähern. Aber die 
ı swifchen den beiben Formen bes Bundes ſtaats und Staatenbundes, 
Ukommener Reinheit kaum vorkommen koͤnnen, find von der größten 
igleit. (Vgl. Foͤderativſyſtem.) 

dſchuh, die veraltete Benennung einer ehemals gewöhnlichen Art 
he, die bis über die Andchel gingen und zugebunden wurden. Un⸗ 
ıd damit der Bauernaufftand in der erften Hälfte des 16. Jahrh. bes 
H die Aufruͤhrer einen ſolchen Schuh als Zeichen auf einer Stange 
‚den Fahnen führten. (S. Bauerntrieg.) 
I:Schauenflein (Baron von) war 1790 Charge d’Affaices des 
I im Haag, wurde 1792 zum Kammerherrn und kaiſ. Gefandten in 
nt, und ging von ba 1794 als Directoriahninifter zum Reichstage nach 
‚wo er vergeblich fi) bemühte, die verfchiebenen Fürften von einer 
von ber Coalition abzuhalten. Bald hernach warb er ald Gefandter 
erſaͤchſ. Kreis nach burg geſchickt. Lange Jahre verſchwand ſein 
allen oͤffentlichen Verhaͤltniſſen, bis er endlich wieder 1815 bei dem 
in Frankfurt als k. k. oͤſtreich. Geſandter erſchien und zum Praͤſidenten 
nannt wurde. Er behauptete ſtets mit milder Feſtigkeit das Intereſſe 
iifche Auficht feines Hofes. 1922 wurde der Baron von Muͤnch⸗ 
m fein Nachfolger. 
naparte, |. Bonaparte. 
narotti, f. Angelo (Michael). 
uoy (Seo Longueval, Graf v.), Freih. v. Veaux, Mitgl. mehr. gel. 
id gemeinnuͤtiger Vereine, ald Schriftfieller in den mathematifchen, 
chafti., ſtaatewirthſchaftl. Disciplinen ruͤhmlichſt bekannt, ift d. 7.Sept. 
üffel geboren. Sein Geſchlecht iſt eins der vorzüglichften Böhmens, vor- 
mt der Beneral d. N., der im dreißigjähr. Kriege eine bedeutende Rolle 
r junge B. erhielt Privatuntericht und ſtudirte in der Therefianifchen 
nie zu Wien. Mathematik und Phyſik befchäftigten ihn fait ausfchlie: 
17. Sabre an; dann aud) Chemie. Rad) dem Tode ſ. Oheims, des 
av. — 1803, gelangte er als Fideicommißerbe zu dem Beſitze 
ofen Bermoͤgens. Er machte jept Reifen durch die Schweiz, Frankreich 
Nach feiner Ruͤckkehr verehelichte er fich und lebt ſeitdem, fern von 

OStastsbienfe, ganz ben MWiffenfchaften und ber Aufficht auf die Ver: 
mer Büter. As Schriftſteller trat er zuerft mit Unterſuchungen Über 


500 Buräten Burchiello 


die von den franz. Mathematikern ſobenannten virtuellen Geſchwindig 
und von einer im franz. Inſtitut 1815 geleſenen Abhandl. über ein ı 
meines Princip der Dynamik urtheilte diefe Akademie hoͤchſt guͤnſtig. 
quon hatte fid in biefen Schriften nod) faft gänzlich auf den Standpur 
pusculartheorie geftellt, allein ein fortgeſetztes Studium d. Natur zeigte i 
zulaͤnglichkeit derfelben ; er neigt fih daher in feinen fpätern Schriften 
ling'ſchen Naturphilofophie hin, geht aber dabei einen ganz eigenthümt 
indem er nad) einer Methode, welche er parallelificende nennt, von d 
analptifhen Galcul Gebrauch macht. Hierher gehören vorzuͤglich dir 
Derherrlichung des empirifc, erfaßten Naturlebens”, ein dibaktifches C 
vielen Erläuterungen. Seine „Umgefehrte Ableitung der Functionen‘' 
bie Sinfinitefimalrechnung fehr wichtiges Wert. — Auch auf die Staats 
Hit Graf B. die algebraifchen Formeln angewandt, und diefen Anfichten 3 
‚Theorie der Nationalwirthfchaft” und „Das nationalwirthfchaftlich 
gefchrieben, wegen welcher Werke ihn ein Beurtheller in einem ber 
ſten kritiſchen Inſtitute den deutſchen Lauderdale genannt hat. Näd 
Graf B. als Befiger großer Landguͤter und Fabriken in Böhmen -— derm 
er ungeachtet feiner unausgeſetzten gelehrten Arbeiten ſelbſt führt — M 
Beförderung der Landwirthſchaft, vorzüglich des Fabrikweſens geth 
Schönheit des Buquon’fhen Kryſtallglaſes und der von ihm erfundenn 
maffen ift anerkannt. ©. des Gr. B. „Auswahl des leichter Aufzufafh 
meinen philefoph. wiſſenſchaftl. Schriften” (Prag 1525, 1. Boch.). 

Ruräten. Diefe tatarifche Nation iſt ned ein Nomadenvolk, 
Stimmen beftchend. Gie unterwarf ſich dem ruff. Scepter 1644 undı 
zweiten Hauptſtamm der Kam üden (ſ. d.) aus. Sie ftreift im fübt.i 
Scatthalterfchaft Itkuzk. Ihre Menfchenzaht ift über 100,000 Köpfes 
82.000 mit Bogen bemaffnete Männer ſtellen und wählt fich ſelbſt Ihe 
und Älteſten: jedoch betätigt der Statthalter von Irkuzk ihre Wahl. € 
ren fich von Viehzucht, Jagd und Gewerben, beienders bem Eiſenſchmit 
ihre Tleidung iſt mir Pelgwert verbraͤmtes Leder. Gegen Kälte und 
rarinen bie Buraͤten ihre mit Leder uͤberzogenen ſechs⸗ dis achteckigen Huͤtte 
senannt. Die Religion diefes Volke iſt theild lamaiſch, theild ſchaman 
m Doergett nennen die Buräten Dctorgon Burch an oder Tingiri Burdh 
meitget): die Planeten find Untergötter und der Obergeift der böfen Ge 
Saedoͤl. Dir lamaiſchen Goͤtenbilder werben gleich den ſchamaniſchen 
Zeche gemalt, bald aus Hold, Blech, Fils und Limmerfellen gebitbet. € 
er Inrten raacht die an ſich haͤßlichen Goͤtzenbilder noch haͤßlicher. Diet, 
aden die Cigenbeit, daß menſchliche Geſtalten den Figuren der Goͤtzen zun 
ce Weil das weibliche Geſchlecht in diefer Nation für unrein gilt, fü 
rt In der Jurte dem Plate bet Hausgötter nicht nähern. Der Bu 
nu ar Meinigung Immer den Plag vorher, wo ein Srauenzimmer faß, ı 
dien Stelle niederläßt. Es gehen zumellen arme Buräten zur gı 
ATER a —, indeß pflegen fie dann dag, was den Chriſten heilig ift, mi 
a ana zi verehren. Ihre Zahl belief ſich 1783 auf 49,76 
FR a R weibl. Geſchlechts. 

wu rspiello (Domenico), vielleicht der ſonderbarſte Dichter, v 

u ra hrden wir wenig unterrichtet find. Er Ichte zu Anfang des 18 
deleuz, wo er wahrſcheinlich geboren war. As der Sohn eines 1 
ung ovamnl, hatte er feinen andern Namen erhalten ale Domi 
in der Folge Burchiello, aus Veranlaſſungen, die fi m 
- Am 1425 fing die Zeit feines Ruhms an; erft 1432 ı 

eben. Seinem Charakter haben Einige vie! Boͤſes m 


vd (Sohann Ludwig) Burdhardt (Johann Karl) 801 


einen niedrigen Poffenreißer, der für Geld Alles that, gefchildert; 
ı ihm dagegen in Schuß genommen. Seine Barbierftube ward fo be- 
Gelehrte und Ungelehrte, Hohe und Niedrige fid) täglich daſelbſt ver 
und der große Cosmuß fie in einem Gewölbe feiner Galerie fogar ma⸗ 
e erfcheint in diefem Gemälde in zwei Theile abgetheilt; hier wird bar: 
ort gedichtet und muficitt. Das Portrait Burchiello’s iſt darüber 
o unbeftritten auch feine Berühmtheit ift, fo ſchwer ift e8 doch, über 
der Unmerth feines Wises und feiner Satnren zu urtheilen, da une 
und perfönlicen Verhälmiffe unbekannt find. Aber eben diefe Bes 
nuß ihn aud) in unfern Augen herabſetzen. Fuͤr feine Zeitgenoffen 
Satyre durch das geheimnißvolle Dunkel und die abfichtliche Seltſam⸗ 
usdruds noch anziehender gemacht. Burchiello's burleske Sonette 
ch Raͤthſel, zu denen ung die Auflöfung fehlt, was auch Doni zu ihrer 
ethan zu haben behauptet. Die erzählenden und befchreibenden laffen 
yter verftehen, aber auch in ihnen iſt das Salz meiftend fo grobkoͤrnig, 
urch die Satyre fich felbft wieder zerftört. Sie find ſaͤmmtlich [ehr keck, 
ıfitelicy und zügellod. Die beiten Ausg. f. Sonette find von 1568, 
31757, London. 
hard (Sohann Ludwig), geb. 1784, berühmt durch feine Meife 
‚ ſtammt aus einer angefehenen Familie in Bafel. Da er in feinem 
Frankreich unterdrüdten Vaterlande keine Dienjte nehmen wollte, 
‚ nach Beendigung feiner Studien in Leipzig und Göttingen, 1806 
‚wo die Afrikaniſche Sefellfchaft einen neuen Verſuch machen wollte, 
Hornemann (f. b.) ſchon betretenen Wege, von Norden aus das 
Afrika erforfchen zu laffen. Sie nahm Burckhard's Anerbieten, diefe 
in, 1808 an. Burchkhard ftudirte nun die Sitten des Orients und 
Sprache in ihrer reinften Schule, zu Aleppo. Er blieb zwei und ein 
in Syrien, befuchte Palmyra, Damascus, den Libanon und andre 
worauf er fidy nach Kahira begab, um mit einer Karavane durch den 
heit von Afrika nach Fezzan zu gehen. Vorher machte er 1812 fg. 
en Mil hinauf, faft bis nady Dongola; dann als armer Kaufmann 
her Türke eine zweite durch die nubifche Wuͤſte, die auch Bruce bes 
unter großen Beſchwerden nad) Berber und Shendy bis Sualin an 
eer, von mo er über Djidda nach Mekka mwallfahrtete. Er war jeßt 
he und Sitten der Araber fo eingeweiht, daß er, als ein Zweifel über 
us entfland, von zwei Rechtsgelehrten, nad) überflandener Prüfung 
ven und praktiſchen Theile des mohammedanifchen Glaubens, nicht nur 
laͤubigen, fondern auch für einen fehr gelehrten Mufelmann erkannt 
15 kam er nad) Kahira zurüd und befuchte darauf den Sinai. Als 
wartete Seszanlaravane wirklich ankommen follte, Überrafchte ihn der 
ra den 15. April 1817. Die Mohammebaner beftatteten feinen Reich: 
zzeichnender Feierlichkeit. Er hatte nad) und nach alle feine Tagebuͤ⸗ 
dt. Seine letzten Gedanken gehoͤrten ſeiner Mutter an. Burckhard 
ı neuere Reiſende, dem es gelang, bis Shendy, im innern Sudan, 
eroẽ — noch jeßt, wie vor 3000 Jahren, ber Mittelpunkt des Handels: 
oͤſtlichen Afrika — vorzudeingen und über den dafigen Handel mit 
ſch — fo heißt ber Sklavenhandel — genaue Nachricht einzuziehen. 
ifche Erzeugniſſe, z. B. folinger Schwertklingen, fand er auf dem 
te in Shendy. Bon feinen „Travels in Nubia 1815’ (London 
be die Afrikaniſche Gefellfchaft herausgab, nebft feinen Forſchungen 
aere von Afrika, erſchien zu Weimar eine volift. Überfegung. 20. 
khardit (Johann Karl), Mitglied der k. franz. Akad. der Wiſſenſch. 


Burg 808 


dh oben, gegen ein leidenfchaftliche®, zur Willkuͤr geneigtes Miniſte⸗ 
Rraft des gefehmäßigen Widerfiandes. Das Collegialſyſtem hingegen 
; große Langſamkelt, Foͤrmlichkeit und Halbheit In die Verwaltung. 
der Beſchluß aus den Abflimmungen mehrer coordinirten Beamten 
ven ſoll, wird derſelbe oft aus einer Combination verfchiebenartiger 
iner Miſchung abmeichender Spfteme beftehen, welche nur nachtheilig 
Wenn das Collegialſyſtem in einem großen Staate angewendet wird, 
araus fo anfehnliche und maͤchtige Gorporationen (z. B. die Parla⸗ 
tm Frankreich), und diefe halten das Intereſſe ihred Corps (den Esprit 
it ſolcher Beharrlichkeit feft, daß fie die Operationen der Regierung 
Ippofitionsgeifte hindern und in der Ausführung lähmen. Das hat 
gnoch jederzeit bewieſen. Daher war die Verwaltung in den meiften 
jeher bureaumaͤßig eingerichtet. In England flehen die Sheriffs an 
r Sraffchaften, und befonders alle Miniſterien arbeiten in Bureaus. 
ame iſt die Preßfreiheit eine unbeſtechliche Controle, ſondern die Be: 
fung bat eine foldye Kraft in den einzelnen Gemeinden, in ben Graf: 
h die Quartalſeſſionen der Sriedensrichter und die große Jury, endlich 
Reichsſsgemeinde, dem Parlament, dag man die Nachtheile des Bu: 
richt einmal bei den Gerichten ſtark empfindet. In Frankreich waren 
Intion zwar manche Verwaltungszweige collegialiſch eingerichtet, wie 
efen in den Cours des aides und den Chambres des comptes, auch 
rge in den hoͤhern Inſtanzen. Allein die Provinzialverwaltung war 
eaumdäßig organifirt, indem an ihrer Spige bie Intendanten mit ſehr 
ſewalt fanden. Die Revolution fuchte zwar an ihre Stelle eine cols 
verwaltung der Departements zu flellen, allein dies gelang nicht und 
'gänzliche Aufhebung des Zufammenhange in der allgemeinen Staats⸗ 
ur Folge. Napoleon ftellte daher mit fehr richtigem Blick die alte 
vieder ber, indem er ſtatt der Intendanten Präfecten einfegte, denen 
tnrräthe und Departementscollegien zur Seite ftanden. Dieſe find 
Zeit noch unbedeutender geworben als fie unter Napoleon waren, und 
ird jegt mehr als je oder als irgend ein andres Land burenumäßig be: 
ı Deutfchland iſt flets eine zweckmaͤßige Verbindung beider Syſteme 
gewefen. Die Gerichte, wenigſtens die höhern, haben, wie es durch: 
ig fcheint, eine collegiate Einrichtung ; die untern Stellen der Admi⸗ 
d meift bureaumäßig organifirt, ebenſo auch die Miniſterialdeparte⸗ 
in der Mitte ſtehen zur Aufrechthaltung und Ausbildung der Grund⸗ 
a mit collegialer Verfaſſung. Dier und da wird aber auch bei ihnen 
fen mit der Solleginleinrichtung combintrt, indem gewiſſe Gefchäfte 
then überlaffen werben, ſodaß fie folche fuͤr ſich allein beforgen, aber 
azen des Collegiums davon Rechenſchaft ablegen müffen. 37. 
(Bkitterburg). Die Burg war im Mittelalter die Wohnung des Rit⸗ 
Mefidenz feines Zürften. Nur dem Manne, der eine Autorität im 
bte, war es geftattet eine Burg zu bauen, die ihm und feinen Hoͤrigen 
ve der Fehde Schutz gewaͤhrte. Faſt alle Burgen lagen auf felfigen 
und weit umher das Land Überfchauend. Eine Ringmauer, tief und 
ben Gewalten zu trogen, zur Vertheibigung eingerichtet und mit 
a verfehen, umſchloß gewoͤhnlich einen Raum, deffen Größe von der 
rer auch von der Macht und dem Reichthum bes Befigers abling. Wo 
Abhang die Annäherung erfchroerte, pflegte noch ein meiftentheile trock⸗ 
vor der Ringmauer angelegt zu werden, über welchen Zugbrüden fuͤhr⸗ 
Ehre, in der Mauerlinie ober hervorfpringend, verflärkten die Ver: 
auf dem hoͤchſten haufete der Burgwaͤchter. Alle Zugänge, befondere 5 


Bars 305 
vertgaen a Re ra Remgensk 
... VENZPE INÜTINIER. De Sncte DIT 


ee. nr er Wirer are Vezeczer: 
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„ten (Sobns des Kerchanen Arrre⸗ Dirk item Un 

ch der Mathematik un? befinter@ dit Airinemie, uber 

. ver kaiſerl. Sternwatte 5.7 Pauls Triesnecker im Rr- 

iv Zalande, Euler:c. 1791 erbicit er dir Pro fefur dor Ohren 
:senfurt. Da aber Iriesneder Durch Heß’ Ted sum Aftre nome: 
bewarb fih Buͤrg um die Arıuncteniteiie un! erbiei: ne im Sert 
ner Ephemeriden bewahten dir Beriiie feines Kieikes un. ſeinc: 
als praktiſcher und theoretiiher Aftroenerm Unſterblich bat er cc 
ie dee Mondesbewegung gemacht, der verwickeltũen allet affrenemi: 
. Die Dondtafeln gehoeren naͤmlich zu Yen wichtigiten aſtronom 
egen ihres Rupens für die Schifffabrt. Die eitopüiichen Esemüchte. 
land, hatten große Preife auf die Eründung Der Langenbeſtimmung 
,„ weldye nur duch zwei Methoren, die Verfertigung genauer See 
ven und genaue Monttafeln gefunden werden kann. Kür jene ten: 
mb Mudge, flır diefe Tobias Marer ii.d.', Letzterer wenigſtens 
im England ausgefebten Preiſe davon. Hierauf gab dag parifer Na— 
(798 die Preisfrage auf Aus einer gregen Anzahl der zuverlaͤf⸗ 
nd neuen Mondbeobachtungen, weniaften® 500 an der Zahl, die 
mittlern Laͤnge des Apogeums und des aufiteigenden Knotens ber 
beſtimmen. Bürg rang um dieſen muͤhevollen Preis, nidır, wir 
,, nur mit 500, fondern mit mehr als 3000 Beobachtungen un! 
ven finmceichen Methode in den ſchwerſten Rechnungen, wodurch cr 
n für die Nachwelt brauchbares Werk arliefert har. Er berichtigtr 
ſche Laͤngenepoche des Mondes fo genau ls meglih. B. hatte 
tmerber, den franz. Afttonomen Aler. Bouvard. Lagrange, La— 
bre, Legendre und Mechain, die erſten Geometer und Aftrenomen 
en die Prüfungscommiffarien, de Lambre Berichtevritatter. Beide 
wurden zwar von fo vorzüglihem Werther gefunden, daß man den 
m beſchloß, jedoch fo, daß die Bürg’fche : erhalten folle. Aber in der 
Maffigung befchloß der Conſul Bonaparte, den Hauptpreis zu ver 
hielt Jeder 1 Kilogramm in Golde (260 Dukaten), ein Kall, einzin 
Bärg’s Name ward dadurch berühmt. Spaͤter belobnte ibn rin Ka! 
'gopofdöfteuze und verlieh ihm alle Muße, feine mühfamen Mond: 
zu vervolllommmen und zu beendigen: eine Lage, die ihm allein ben 
Behörs erträglich machen kann. Diele nach de la Place'6 
kondtafeln erichienen im J. 1806 bei dem Nationalinſt 







Biebente Aufl. Bb. 1, 20 


304 "Burg 


das Thor waren ſchwierig und wohl zu verſperren. Nicht ſelten hingen die 
. lichen Burggebaͤude theilweiſe mit den Ringmauern zuſammen und waren 
Stodwerke hoch. Wo das nicht der Fall war, hieß ber Raum zwifchen ba 
mauer und den Gebäuden Zwinger, und machte bier und da auch mol di 
ten aus. Im Innern der Burg fand man große Gefelifchafts:, oh 
Schlafgemaͤcher für die Kamilie des Bewohners, für fein oft zahlreiches 
für feine Burgfeeunde, die er gaftfceunblich aufnahm, und eine Capelle 
dadyt, mit Begräbnißhallen unter der heiligen Stätte. Oft fand man 
dere Gemaͤcher zum Ballſchlagen und Kegelfpiel. Gemeiniglich waren ale 
fäle und fogar die gewöhnlichen Wohnzimmer gewölbt. Mit Fenſtern g 
fparfam, der sunden Treppengänge waren befto mehr und die Burgwa 
Nähe der Zugbrüde. Die Waffenhalle war geſchmuͤckt mit den Bitdern Ki 
fahren und mit ihren ſchweren Rüftungen und Waffen. Die großen Sauei 
den hatten immer reiche Vorraͤthe auf lange Friſt im Fall einer Belage 

oder mehre Verließe fand man zur Aufbewahrung der Gefangenen und 
raum für Roſſe, Hunde, Falken und Zuchtvieh, ingleichen einen oder mehreX 
Zur Zeit einer Fehde flüchtete der geängftigte Hörige nad) der Burg mi 
GSefinde, Vieh und aller Habe, die er zu retten vermochte. — Fragt mai 
fhäftigten ſich die Edeln, welche oft nicht Iefen oder fchreiben konnten, aufil 
gen, wenn die Waffen ruheten? Nach den Chroniken Ihrer frommen $ 

ihre Zafel:, Trink, Berathſchlagungs⸗ und Gebetögenoffen waren, las d 
fruͤh der Samilie, dem Gefolge und dem Gefinde die Meffe, dann jagte m 
gaſtfreundlich beherbergten Rittern, fchmaufete beim Becherklang nad 
Jagd, trank zur Nacht und ruhete von den Arbeiten bes Tages auß, 
großen Feſtabend fuchte man den Lehnsherrn, ein Kofler oder Abte ul 
mit guter Tafel auf, feierte dort die Morgenandacht und die befonbere 
Tages, ſchmauſete und half nach dieſer Muͤhwaltung die Gefchäfte desg 
oder weltlichen Herrn beforgen, die beim Blingenden Becher beredet und DL 
Seheimfchreiber, Kanzler oder Notar zu Papiere gebracht, vorgelefen au 
Siegelsingen der Anwefenden, zum Beweiſe der gefchehenen Verhandlung 
gen wurben. Ballſchlagen, Kegel, Würfel: und Schachſpiel befchäftigte } 
gen Abende. (Nur das Alter dispenfirte den Ritterdmann, an folchen CR 
feine® Heiligen oder feines Lehnsherrn gebührend zu erfcheinen, um Dem 
dienen, deſſen Miniſterial man war und deſſen Schug und Beiſtander 
zu bedürfen ahnen durfte.) Hier erinnerten fich die alten Derren ihrer x 
Thaten; hier fahen fich bie —* und Juͤnglinge; hier beredeten bie . 
ven, die Beichtvaͤter und Kirchenpraͤlaten die Heirathen der vornehmen Geh 
bier verföhnte man Feindfchaften oder füete den Keim zu neuen; bier be 
die künftigen Turniere, wählte die Kampfrichter und bie eben Jungfra 
Siegern des Tages den Dank austheilten ; hier an heiliger Stätte ſue 
fall um neue Lehen an und foderte der Lehnherr zu Beweifen der Treue a 
ſolchen geiftlichen und weltlichen Ehrentagen eilten bie Ritter der —** 
Ahnen wieder zu, um bie Vollziehung des Beſchloſſenen zu betreiben, die J 
zu Ernſt und Scherz in den Waffen zu uͤben und des Himmels Segen m 
ternebmungen zu erflehen, weiche das Kirchen: ober Lehenthum beſch 
Nach vollbrachter Ehrenthat pflegten eben diefe Mitter mit ihren Gm: 
weiheter Stätte, bie auch ihren Ahnen bereits theuer war, dem Hoͤchſten 3 
dem Heiligen, der geholfen haben follte, fromme Geluͤbde darzubringen di 
fofort zu vollgiehen. — Was ließ aber jene Ritterburgen allmälig, wo ed u 
durch Feindesgewalt oder eigene Nachläffigkeit gefchah, fo gänzlich in X 
then? Diefe Frage Iöfet die veränderte Natur des Ritterftandes. Als e 
die Hauptwehr feines Volkes zu fein, und als die Enkel Prätaturen, Heil 













Bürg 805 


mter ber ritterlichen Unabhängigkeit vorzogen, als fie das Benutzungs⸗ 
rigen neben der Waffenehre ſtark zu fludiren anfingen, da legte man 
wien, niebergefchlagenen Waldſtrecken und Wieſen große Rittergüter 
werte den Bauernfland, der vorher nur den mäßigen Burgbdienft leı- 
nds und Spanndienften. In der Nähe der Wirthfchaftsgebäude und 
er Pachterwohnung fand der Herr der alten Ritterburg ſelbſt rathſam 
ſich eine Wohnung zu bauen, jedoch anfangs noch die Befeſtigungen 
arch Erdwaͤlle und tiefe Graͤben, welche eine Zugbruͤcke und ein raͤum⸗ 
irten ſtatt des engen Zwingergartens ſchmuͤckte, beizubehalten. Die 
eht noch auf der Hoͤhe, aber in Ruinen. 

(Johann Tobias) Aſtronom, geb. d. 24. Dec. 1766 in Trier, ſollte 
hloß ſich aber ein Handwerk zu lernen, um feinem verarmten Vater 
zu verfchaffen. Dies wendete ivdody fein Lehrer ab, der die großen 
Juͤnglings erkannte. Buͤrg's Fleiñ erregte die Aufmerkfamteit des da⸗ 
mators der oͤſtr. Lehranſtalten, des Praͤſes der Studien⸗Hof⸗Com⸗ 
Er. v. Swieten (Sohns des berühmten Arztes). Durch deſſen Un: 
idmete er fich der Mathematik und beſonders der Aftronomie, übte ſich 
djunctus der faiferl. Sternwarte, $. de Paula Zriesneder, im Be: 
ftudirte Kalande, Euter ꝛc. 1791 erhielt er die Profeffur der Phnfit 
u Klagenfurt. Da aber Triesnecker durch Hell's Tod zum Aſtronomen 
d, bewarb fid) Bürg um die Adjunctenſtelle und erhielt fie im Sept. 
wiener Ephemeriden bewahren die Beweiſe feines Fleißes und feiner 
it als praktiſcher und theoretifcher Aftronom. Unſterblich hat ex fich 
worie der Mondesbewegung gemacht, der verwickeltſten aller aſtronomi⸗ 
m. Die Mondtafeln gehören namlich zu den wichtigiten aftronomi: 
regen ihres Nutzens für die Schifffahrt. Die europaͤiſchen Seemaͤchte, 
land, hatten große Preife auf die Erfindung der Laͤngenbeſtimmung 
kt, welche nur duch zwei Methoden, die VBerfertigung genauer See: 
Iren und genaue Mondtafeln gefunden werden kann. Kür jene tru⸗ 
und DRudge, flır diefe Tobias Maner (ſ. d.), Letzterer wenigftens 
e in England ausgefeßten Preife davon. Hierauf gab das parifer Na⸗ 
1798 die Preisfrage auf: Aus einer großen Anzahl der zuverlaͤſ⸗ 
und neuen Mondbeobahhtungen, wenigftene 500 an der Zabl, die 
mittlern Laͤnge des Apogeums und des nuffteigenden Knotens der 
u beſtimmen. Buͤrg rang um dieſen muͤhevollen Preis, nicht, wie 
de, nur mit 500, ſondern mit mehr als 3000 Beobachtungen und 
nen finitceichen Methode in den ſchwerſten Rechnungen, wodurch er 
in für die Nachwelt brauchbares Werk acliefert hat. Er berichtigte 
e’fhe Laͤngenepoche des Mondes fo genau als möalih. B. hattr 
'itwerber, den franz. Aſtronomen Alter. Bouvard. Yaarange, Ya: 
nbre, Legenbre und Mechain, die erften Seometer und Aftronomen 
zen Die Prüfungscommiffarien, de Lambre Berichtserſtatter Beide 
ı wurden zwar von fo vorzüglihem Werthe gefunden, daR man den 
ten beſchloß, jedoch fo, daß die Buͤrg'ſche erhalten Felle. Aber in der 
Khlaßfigung befchloß der Conſul Bonaparte, den Hauptpreis zu ver 
hielt “Seder 1 Kilogramm in Golde (260 Dukaten), ein Fall, einzia 
Bhrg’s Name ward dadurch berühmt. Spüter belolnte ibn ſein Kai 
Leopoidekreuze und verlieh ihm alle Muße, feine mühfamen Mond: 
zu vervolltommmen und zu beendigen: eine Lage, die ihm allein den 
Gehoͤrs erträglich mahen kann. Diefe nach de Ta Place's Theorie 
Nondtafeln erfchienen im J. 1806 bei dem Mationatinititue 713 


Siebente Aufl. Bb. 11. 20 


396 Bürger (Gottfried Augufl) 


Bürger (Gottfried Auguſt), geb. am 1. Fan. 1748 zu Wi 
Hatberftädtifchen, wo fein Water Prediger war, ſtarb d. 18. Jun. 1 
gen. Bis in fein zehutes Jahr lernte er weiter nichts als Lefen 
doch Außerte fich eine Art poetifcher Stinmung in ihm. Als Ku 
Einfamteit, und liebte die ſchauerlichen Gefühle, welche Dämmerun 
der und menfchenleere rter einzuflößen pflegen ; er fing auch an, 
und ohne ein andres Muſter, als ihm das Geſangbuch darbot, 
die wenigfiene im Versmaße richtig waren. Latein lernte ex ſehr 
tam er nach Afcherdieben auf die Schule. Er machte ein Epigramı 
heuern Haarbeutel eines Primanere, befam derbe Schläge dafür 
das halliſche Paͤdagogium gebracht. Hier ward feine Freundſcha 
begründet. 176% bezog er die Univerfität ‚um Theologie zu ft 
mit Klo in genaue Verbindung, die auf Bürger’s lebhafte Phantafie 
lichkeit großen Einfluß hatte. 1768 ging er von Halle nach Goͤttinge 
logie mit ben Rechten zu vertaufchen. Allein auch hier gerieth er in b 
in Klotz's Schwiegermutter wohnte, in Verbindungen, bie weder au 
noch auf feine Sitten vortheilhaft wirken Eonnten. Sein Großvaı 
ber allein unterftügt hatte, zog feine Hand von ihm ab. Ohne | 
mit jenen ausgezeichneten Jünglingen, die damals in Böttingen ſtud 
Höltn, Miller, Voß, den beiden Stolberg, E. F. Cramer, Leiſewitz 
ſcheinlich verloren geweſen. Boie beſonders munterteihn auf, und fül 
blicum ein. Gemeinfhaftlic mit feinen Freunden ftudirte er nun bi 
der Alten und Neuen, ber Franzoſen, Engländer, Italiener und € 
ders Shakfpeare und bie alten englifchen und fchottifchen Volkslieder 
licks”', welche nachher fo [ehr auf feinen Geiſt wirkten, wurden fein H 
Gedichte machten Auffehen. 1772 brachte es Boie dahin, daß die H 
ihm die Stelle ihres Juſtizbeamten in Alten⸗Gleichen übertrugen, ei: 
chen, das nur als Mettung vor ber dringendſten Noth angefehen wu 
vater, als ex hörte, daß fein Enkel ein Amt erhalten hatte, ſoͤhnte fich 
aus, und fchoß eine Summe vor, um feine Schulden zu bezahlen 
liche Gaution zu machen. Durch einen Freund verlor Buͤrger biefe 
gluͤck, weiches der Hauptgrund zu der Zerrlittung feiner ökonomifcher 
die bis zu feinem Tode fortdauerte und auch auf feinen poetifchen Cha 
Einfluß hatte. Er heicathete 1774 die Tochter eines benachbarten 
mens Leonhardt, und auch diefe Heirath wurde flr ihn eine Quelle 
den. „Schon als ich mit ihr vor den Altar trat”, fchreibt ex feibf 
Zunder zu ber glühendften Leidenfchaft für ihre Schweſter, die damo 
15 Jahr alt war, in meinem Herzen. Ich fühlte das, allein ich h 
Sieberanfall,, der ſich bald geben würde. Es wäre meine Pflicht ge 
dem Altare zuruͤckzutreten. Mein Sieber legte ſich nicht, fondern wı 
tiger, immer ımauslöfchlicher. In eben dem Maße, ale ich liebte, ı 
geliebt. D ich würde ein Buch fchreiben müffen, wenn ich viele 
Kämpfe zwiſchen Liebe und Pflicht erzählen wollte. Wäre die mir 
Weib gemeinen Schlages, wäre fie minder großmäthig gewefen, fo 
zu Grunde gegangen. Was die weltlichen Geſetze nicht geflattet hat 
glaubten drei Perfonen fidy zu ihrer eignen Rettung vom Verderber 
zu dürfen. Die Angetraute entfchloß fich, mein Weib oͤffentlich u 
nur zu heißen, und die andere es zu fein. 1784 verlor ich meine Ki 
rathete ich öffentlich und förmlich die Einzige, höchft Gefeierte meing 
lein nach kurzem Beſitze verlor ich fie ſchon im naͤchſten Jahre. Wa 
Verluſt mir war, fagen meine Freuden » und Trauerlieder.“ Nicht 
der That fo tief, als diefer Werluft feiner Molly. Er hatte überbier 


Bürger (Gottfried Auguſt) 807 


tung fein ganzes Vermögen und, von Kabale verfolgt, durch freiwil: 
t feine Stelle verloren, und feine Vermoͤgensumſtaͤnde waren höchft 
iz von biefem allen würde ex fich erholt haben, wenn jener Verluſt ihn 
sthes und aller Kraft beraubt hätte. Nach Niederlegung feiner Stelle 
Öttingen, erft als Privarbocent, dann nady ziemlich langer Zeit als au: 
rofeſſor ohne Gehalt. Er, der Lieblingsdichter der Nation, war gend- 
Unterhalt auf's kuͤmmerlichſte durch Lohnuͤberſetzung fuͤt Buchhändler 
Dennod) wuͤrde er erträglich gelebt haben, wenn nicht bei feiner Sorge 
ber, denen er gern eine Diutter gegeben hätte, ein Gedicht von einer 
ie, wie es fchien, von ber Schönheit feiner Gedichte bezaubert, den 
ihm Öffentlich ihre Hand zu bieten, ihm zu Geſicht gelommen waͤre 
biefes Schwahenmädchen, mit Namen Elife Hahn, feine Gattin, und 
und romanhafte Verbindung für ihn eine Quelle des bitterſten Kum⸗ 
ſelbſt die zwei Jahre darauf erfolgte gerichtliche Trennung derfelben 
zen konnte. Einfam, ohne Eräftige (freunde, an Leib und Seele heftig 
ı Kraft und Bermögen erfchöpft, mußte er durch Lohnarbeiten fein Le: 
bh friften. Ein Geſchenk der Regierung zu Hanover half dem druͤckend⸗ 
ein wenig ab. Es erweckte dick in dem gebeugten Manne die Hoff: 
iger Befoldung wenigſtens; er ahnete nicht, daß ex deren nicht mehr 
de, und flarb bald nachher eines ruhigen Todes. Denkt man ſich ben 
Dichter, fo muß man erflaunen uͤber das, was er deffenungeachtet ge: 
Fr bat uns Lieder, Oden, Eiegien, Balladen, erzählende Gedichte und 
interlaflen. In keiner diefer Arten behauptet er einen niebern Rang, 
ihm die Stimme dev Nation feinen Plag unterden Erſten angewiefen. 
ühmte Recenfion feiner Gedichte that Bürger fehr weh. A. W. Schle: 
n „Charakteriftifen u. Kritiken“ befonnener in die Mitte getreten, und 
em ficher folgen, um ein reines Kunfturtheil über unfern Sänger aus: 
Srüher hatte man an ihm gepriefen, daß er allen Volksclaſſen genieß⸗ 
les mit dem ficherften Griff aus dem Mittelpuntte gehoben, Alles nicht 
ig gedacht, empfunden und gefagt, der Ausbrud den Gedanken nicht 
dern angefchaffen fri. Ganz im Gegentheil vermißte Schiller in dem 
ber Bürger’fchen Gedichte den milden, ſich immer gleichen, immer hel⸗ 
jen Geift, der eingeweiht in die Myſterien des Schönen, Ebeln und 
dem Wolle bildend herniederfleigt, aber auch in der vertrauteflen 
mit demfelben nie feine himmliſche Abkunft verleugnet ; er vermifchte 
a mit dem Wolfe, zu dem er fidy nur herablaffen follte, und anftatt es 
ı fpielend zu fich hinaufzuziehen, gefällt es ihm oft, ſich ihm gleich zu 
silfer vermißte an ihm die Idealiſirkunſt, die Kunſt, das Vortreffliche 
Bandes von gröbern, wenigſtens frembartigen Beimifchungen zu be: 
er’6 Muſe, ſagt er, hat einen zu finnlichen, zu gemeinfinntichen Chu: 
e iſt ihm felten etwas Andres als Genuß oder finnliche Augenweide. 
nur Jugend, Sefundheit, Städfeligkeit und Wohlleben. Seine Ge: 
ı er mehr einen Zufammenmwurf von Bildern, eine Compofition von 
Art von Mofaik, als Ideale nennen. Wirklich war Bürger nie von 
t'ſchen Idealitaͤt ausgegangen ; feine leitenden Principien waren Nas 
alaritaͤt und Correctheit. Was den poctifchen Werth von Buͤrger's 
es einzelnen Dichtungsarten anbetrifft, fo ſteht ex in den Romanzen, 
m altenglifchen Balladen nachgebildet hat, feinen Vorbildern an Ein: 
Zartheit nach; in feinen eigıfen, deren Neihe, auf das glänzenbfte, 
inet, die ihm, wenn er ſonſt nichts gedichtet hätte, allein bie Unſterblich⸗ 
Wirde, findet man doch, als die beiden Endpuntte feiner Manier, eine 
mäße Künftlichkeit der Darftellung, und dann wieber wirklich Volks: 
20 


308 Bürger (Marie Ehriftine Clifabet)) Buͤrger 


gemaͤßheit, die nicht burch bloße Enthaltung von allem nicht Volkemaͤß 
durch Annahme gemeinee Sprecharten erreicht werben follte. Won fi 
ins Volkstone gibt es einige, bie nicht Leicht zus fehr gelobt werben koͤnn 
eigenthümlich, ohne Bizarrerie und frei aus voller Bruſt gefungen, w 
haupt wenig deutfche Dichter ſich mit ihm im reinen kraftvollen Klan 
vergleichen laſſen. Bürger bat auch dad Verbienft, das bei und vergefl 
einfeltigen Worurtheilen verachtete Sonett zuerfl wieder zu Ehren ge 
ben. Unter f. Überfegungen ift die des Homer die wichtigfte. A. WB. | 
fein Urtheil im folgendem Refultate zufammen: Bürger iſt ein Did, 
eigenthuͤmlicher als umfaſſender Phantafie, von mehr biederer und 
als zarter Empfindungsmweife; von mehr Gruͤndlichkeit im Ausführ 
in der grammatifchen Technik, als tiefem Verſtand im Entwerfen; 
Romanze und dem leichten Liebe ale in der höhern Inrifchen Gattung 
in einem Theile feiner Hervorbringungen echter Volkédichter, deſſen 
ihn nicht Maximen und Gewoͤhnungen hindern, ſich ganz zu demfe 
ben, Klarheit, vege Kraft, Friſche und zuweilen Zärtlichkeit hat. Exrfl 
Gedichte Goͤtting. 1778. S. Werke hat K. Reinhard mehrmals, 5 
‚1823—25, 8 Bde. herausg., fowie Buͤrger's „Lehrbuch ber ÄAſth 
1825), das er nach f. in Göttingen gehaltenen Vorlefungen handſcht 
laſſen hatte, und f. „Lehrbuch des deutfchen Style” (Berlin 1826). 

Bürger (Marie Chriftine Elifabeth), geb. Hahn, zu Stut 
Nov. 1769. Die Gedichte Gottfr. Aug. Buͤrger's machten einen folk 
auf ihr Herz, daß fie ihm in einem Gedichte ihre Herz und ihre Band aı 
ger betrachtete diefen Antrag anfangs nur ale das Spiel einer aufgeregt 
und fcherzte daruͤber. Als aber verfchiedene Nachrichten einliefen, wm 
naiven Dichterin ein fehr reizendes Bid entwarfen und die Kuͤhnhe 
ſchluſſes doc auch keine gemeine Weiberfeele zu verrathen fdyien, gl 
Sache verdiene wol eine ernftlichere Erwägung. Er gab ihr alfo eine p 
wort und diefe leitete zu Unterhandlungen ein, welche ſich damit enbigte 
ger fein Schwabenmaͤdchen 1790 als Battin abholte. Aber nur wei 
tebte er in biefer fo fonderbar geknüpften Verbindung glücklich; fie ı 
getrennt werden und fcheint nicht wenig zu Buͤrger's frühem Tode be 
haben. Die Gefchiedene erfhien nun als Schaufpielerin und Derl 
Dresden, Altona, Hamburg und in andern Städten. Man hat von It 
dichte und andre Schriften. 

Bürger, f. Buͤrgerſtand. 

Bürgertrone, beiden Römern die hoͤchſte militaicifche Bel: 
he Demjenigen zu Theil ward, ter einem Bürger das Leben gerettet 
hatte bie Auffchrift: Ob civem servatum, und war aus Eichenlaub g 
Gerettete überreichte fie auf Befehl feines Anfuͤhrers feinem Retter, di 
wie einen Vater zu ehren hatte. Unter den Kaifern wurde fie nur t 
theilt. Zugleich waren damit Ehrenbezeigungen verbunden. Der € 
feinen Schmud bei den Schaufpielen und faß zunächft beim Senat. 
Eintritt ftand bie ganze Verſammlung, zum Zeichen der Hochachtung 
Auguftus bewilligte der Senat als ein befondered Ehrenzeichen, daß au 
feines Daufes zwiſchen zwei Lorberzweigen eine Bürgerkrone aufge 
follte, zum Beichen, daß er der befländige Exhalter feiner Bürger und 
der Feinde fei. Gleiche Ehre widerfuhr auch dem Claudius, 

Bürgerlihe Gefellfchaft, f. Staat. 

Bürgerfchulen find beſtimmt für Kinder aus dem Buͤrg 
darin eine ihrer wahrfcheinlichen künftigen Beftimmung zum bürgerlid; 
gemeffene und zum Theil darauf vorbereitende Bildung erhalten ſollen. 


Bürgerfchulen 309 


algeneine, nach den herrſchenden Begriffen der Zeit nothwendige Bildung 
Dee iR zwar auch in dieſen Schulen das Hauptaugenmerk bes Unterrichts 
Zucht; jedoch glaubt man es hier nicht wie in ben Landſchulen bei den Ele: 
Nefer Bildung beivenden laſſen, ſondern nad) den höhern Foderungen der 
In Bien weiter gehen und den Unterricht auch auf ſolche Kenntniffe und 
km ausbehnen zu bürfen, welche vornehmlic, ben künftigen Fabrikanten, 
u, Dandeld: und Geſchaͤftsmann für feine Berufsarbeiten brauchbarer ma⸗ 
m auf eine feiner Wohlhabenheit und bürgerlichen Stellung angemeffene 
If geiſtigen Entwickelung und Einſicht erheben koͤnnen. Fuͤr aͤrmere Kin⸗ 
denen abzunehmen iſt, daß ſi ſie meiſt in die Claſſe der Dienſtboten, Hand⸗ 
ud niedern Handwerke übergehen, und bei dem Drucke ihrer Verhaͤltniſſe 
eqhungen und Verkuͤrzungen ihrer Lernzeit erleiden muͤſſen, wurde, um 
ai dem Entbehrlichern aufzuhalten, durch beſondere dieſen Umftänden ge: 
Schulen geforgt, weldye niebere Bürgerfchulen, oder, weil der Un: 
Hin meift unentgeltlich ertheilt wird, Freiſchulen heißen. Sonad) gibt es 
ei Battungen von Bürgerfchuien: die höhern, welche es auf eine feinere 
de gefelifchaftliche und Gefchäftsieben anlegen, ohne die eigentlich ge: 
miffe einzumiſchen, und bie niedern, twelche fid) mehr auf das Unent: 
hraͤnken, ohne darum hinter den weitern Fortfchritten der Städter in 
en Sachlenntniffen und Kunflfertigkeiten ganz zuruͤckbleiben zumollen. 
Dre der Errichtung ſolcher Schulen eben nicht alt ift, betweifen die in meh⸗ 
bten nod) ganz nach bem alten Schlendrian beſtehenden Zrivialfchulen. 
Rlektern war und ift ein wenig Latein beinahe das Einzige, was fie von 
3 Dorficyuien unterfcheibet, denn darauf befchräntte ſich fonft, d. b. bie - 
e des vorigen Jahrhunderts, ber ganze Vorzug, den man dem nicht ge: 
übten vor dem Landmann geflattete. Zwar hatte ſchon im 17. Jahrh. 
ins den Gebanten, den Unterricht in fogenannten Realien, z. B. Ge: 
Besgraphie, Naturkunde, Zechnologie u. ſ. w., mit dem damals vorherr: 
Exrachıt terrichte zu verbinden, und Augujt Hermann Franke fliftete am 
Sach. zu Halle feine berühmten Schulanftalten, unter denen bie deut: 
Bürgerfchulen das erfte Beiſpiel eines wohlgeordneten Volks unterrichts 
fogenannten Realien und einer genaueren Beruͤckſichtigung der Beduͤrf⸗ 
B Bärgerftanbes geben. Die Nachahmung derfelben an andern Orten be: 
* aber meiſt nur auf eine fuͤr dieſen Zweck verbeſſerte Einrichtung der 
en lateiniſcher Schulen; die zu gleicher Zeit in den Staͤdten beſtehen⸗ 
* (auch Viertel⸗, Winkel⸗ und Klippſchulen genannt) leiſteten 
** der Unfaͤhigkeit ihrer Lehrer felten mehr als gemeine Dorfſchu⸗ 
1747 von Hecker zu Berlin errichtete Realſchule und die Normalſchulen 
wen Felbiger und von Schulenftein in den oͤſtr. Staaten kamen ber 
Befriedigung dieſes Volksbeduͤrfniſſes um vieles näher, und die foge: 
y thropen wußten ihre fuͤr Anftalten diefer Art am meiften geeigneten 
8 genug vor die Ohren der Regierungen zu bringen, fobaß die Spre; 
* der Volksbildung in der neueſten Epoche der Erziehungskunſt 
| Fänglichtrit und willige Hänbe zur Ausführung ihrer Ideen vor: 
} Daher ſchreiben fich die gegen Ende des vorigen und im Anfange des jetzi⸗ 
mit großem Eifer vorgenommenen Umgeftaltungen des deutfchen Stadt: 
fat, denen die theild aus ben untern Glaffen der Gymnaſien und Lyceen ge: 
wu in der Abhängigkeit von diefen gelehrten Anftalten verbliebenen Bin: 
für Knaben, theilß die völlig new errichteten und feibftändig beftehenden 
ar Erabtfhulen für beide Geſchlechter ihr Dafein verdanken. Am mel: 
hal Vaflız in den balcifchen und würtemberg. Landen; aber audy mehre 
R fan nchtichen Deutſchland, 5. B. Kübel, Bremen, Leipzig, Braunſchweig, 
































510 Bürgerftand Burgfriebe 


Zittau, Naumburg, Mühlhaufen, Altenburg u. a. m., haben fich durch 
liche Sorgfalt für dieſe Angelegenheit ausgezeichnet. Mehr ober weni 
die oben angegebene dee ber Bildung zum Bürgerftandbe zur Ausfuͤhr 
men, und nach Verhältnig der Umftände, entweder die höhere von ber ni 
gerfchule getrennt, oder, wo nur eine Schule beſtehen kann, die höher 
claffe auf bie niedere gepfropft worden. Daß eine in Betracht des 
beflagenswürbigen Zuftandes der deutſchen Schulen fo ſtark ins Auge fı 
befferung in vielem Städten nur noch gewuͤnſcht wird, liegt hauptſaͤchlich 
zulänglichkelt der Mittel zur Beſoldung der erfoderlichen Lehrer, und mı 
mol an der Gleichguͤltigkelt mancher Unterbehoͤrden. 

Bürgerfland, Buͤrgerliche, Bourgeoisie, eine zahlreiche SI 
alfe Freie unter ſich begreift, die roeber zu dem Adel, noch zu dem Bauen 
rechnet werben innen. Man umterfcheiber daher den Staatsbuͤrge 
und dem eigentlich fogen. Bürger einer Stadt, von dem Buͤrgerli 
haupt, Bourgeois. Eine Abtheilung des Bürgerftandes heißt bie Ei: 
noratioren, vornehmere Bürger; fie begreift ben Stand ber Gelehrte 
und Kaufleute. Der Bürgerftand gehörte fchon im Mittelalter zu 
borenen. Man unterfchied nämlich, nad) Erbauung der Städte, inge 
tares (Ritterfreie), burgenses und rusticos. Anfangs waren bie 
nur mit einem Pfahlwerk (Zaun) umgeben, und der Sig der germantfi 
nen unter Altermännern und Schulzen. An ihrer Seite entftanden ! 
freien und unfreien Leuten unter einem Biſchof und Voigt: dies war 
Gemeine; endlich entftand mit ber Nationalbewaffnung eine Burg mit 
nern und Hörlgen unter einem Burggrafen, alfo eine dritte Gemein: 
und Gewerbe aber wurden überall nur von freien Deutfchen getriel 
Kaufleute ftanden unter kaiſerl. Schutze. Daher gründete ſich audy d 
Verfaffung auf ben Gewerbftand ; und als diefer audfchließend in bie ! 
bifdete fich der Unterfchied zwiſchen dem niedern Adel und den Buͤrg 
aus, vorzüglich feit Heinrichs IV. Zeit, am Ende des 11. Jahrh. (©. 
„Abb. über das Städtewefen” und Huͤllmann's „Geſch. ded Urſprungs 
in Deutfchland”.) Da fich die ſtaͤdtiſchen Gemeinheiten, jede für ſich, 
den, erlangten fie, als folche, Freiheiten und zum Theil felbft tandftändH 
die einzelnen Bürger aber begnügten fich, unter dem Schuge ber Gemet 
ihrem Gewerbe zu leben und waren in ihrem Sinne freier und ftolzer, a 
und Kriege: Dienftadel. Go kam es, daß Iehterer der Perfon des Kür 
der Bürger aber entfernter ſtand, und daher von den bedeutenden A 
Stellen im Staate, am Hoflager und im Heere außgefchloffen wurde. 
ſchließung fällt jegt nothiwendig weg, wo Bildung und Verbienft allein t 
keit beftimmen folen. Der erbliche Befig von Vorzuͤgen hat fogar | 
Haufen des Adels fo von aller Anftrengung und eigentlicher Arbeit em 
er mit dem Willen felbft die Kraft dazu verloren zu haben ſcheint. 1 
innen diefe allgemeine Erfahrung nicht widerlegen. Man vergleich 
den adeligen Officer in Frankreich vor 1792, und ben bürgerlichen 
oder die Summe der bürgerlichen Officiere in dem preuß. Deere von 1: 
mit der Summe adeliger Officiere in demſelben Herre im J. 1806. % 
von den Gefchäftsmännern, von dem Gelehrten und Künftierberufe. 

Burgfriede bezeichnete In den alten Ritterzeiten 1) diejen 
um eine Burg, wol aud bisweilen einen ganzen Gerichtsbezirk, in ı 
öffentliche Friede im Namen des Burgheren geſchuͤtzt wurde; dann war 
der Vertrag ober das Buͤndniß gewiſſer Familien Über manche hierher q 
genftände; 3) begriff man die Sicherheit ſelbſt darunter, welche fuͤr 
andern Burgen pber Reſidenzen in einem vorzuͤglichen Grabe zuſtand. 


Burggraf Burgunder 311 


ggraf, derjenige, welchen der Beſitzer einer mit Hoheitsrechten ver: 
zg zum Hauptmann in derſelben ernannte, die Aufſicht über dieſelbe 
ie Beſatzung in derſelben zu führen, und das Gerichtsweſen, ſowie die 
derfetben zu verwaltn. In den mittlern Zeiten gab es viele folche 
, deren Nachkommen diefen Titel noch beibehalten haben, wenn fie 
ichen Burgen weder erbllch, noch auf andre Art befigen.. Sie wurden 
richter, Burgvoͤgte, Burgmänner und Weichgrafen genannt. Der 
eines Ganerbſchloſſes, welcher von dem Ganerben (ſ. d.) gewaͤhlt 
daiſer beſtaͤtigt wurde, hieß bis auf dic neueſten Zeiten ein Burggraf, 
m Burggraf von Friedberg in der Wetterau. In einigen Gegenden 
Be, 3.8. im Heſſen⸗Kaſſelſchen, werden die Unteraufieher landetherr⸗ 
ude (Schloß = oder Hausverwalter) noch jetzt Burggrafen genannt. 
ghers, f. Seceders. 
gſchaft (fidejussio), ein Vertrag, wodurch ſich Jemand verbind⸗ 
etwas auf den Fall zu leiſten, daß Der, dem eigentlich die Verbindlich⸗ 
es nicht leiſten ſollte. Die Verbindlichkeit des Schuldners gegen den 
wird durch einen ſolchen Vertrag nicht verändert; vielmehr bleibt ſelbi⸗ 
E verpflichtet, und der Glaͤubiger ift niche eher berechtigt, den Bürgen 
„als bis cr din Schuldner ohne Wirkung angegriffen, es wäre denn, 
Ich dieſes Rechts ausdruͤcklich begeben hätte. Iſt die Bürgfchaft von 
ernommen, fo haben diefe ſich entweder nur gemeinfchaftlich, oder jeder 
kr das Ganze verbindlicdy gemacht. Im erftern Fall hat Feder nur ſei⸗ 
zu vertceten, mit Einfchluß deffen, was etwa nody auf ihn kommen 
an einer oder der andre Mitbuͤrge zahlungsunfähig geworben ; über den 
If. Alle für Einen. 
gunber, burgundifhe Reiche, Burgund. - Die 
(kei den Alten Burgundi, Burgundiones, Burngundi, Bugantae, 
auch Urugundi genannt) gehörten dem Hauptſtamme der Vandalen 
ten ihre erſten befannten Wohnfige zwifchen der Oder und Weichſel, in 
ı Neumarkt und dem füblichen Theile von MWeftpreufen. Von den 
tſchen Voͤlkerſchaften unterfcheiden fie ſich dadurch, das fie in Dörfern 
weint wohnten (daher vielleicht ihr Name Burgunder entſtanden ifl), 
tzerſtrent und mehr nomabifch Iebten. Hierin liegt wahrfcheinlich auch 
daß fie viel länger al& die ihnen benachbarten Bothen und Vandalen 
ohnplaͤtzen ſich behaupteten, bis fie endlich den von den Weichſelmuͤn⸗ 
aufdrängenben Gepiden nicht mehr zu widerſtehen vetmochten. Der 
re großen Schlacht gegen diefe hatte zur Folge, daß fie nach Deutichland 
wo fie bis in die Gegend des Oberrheins vordrangen und fich dort, oͤſt⸗ 
en Allemannen, niederließen. Diefen nahmen fie bedeutende Länder: 
and lebten daher mit denfelben in faft beftändiger Fehde, bie die Bur⸗ 
; andern germanifchen Voͤlkerſchaften vereint, im Anfange des 5. Jahrh. 
einfielen. Nach Iangem Kampfe und manchem erlittenen Nachtheile 
hnen, durch Vertrag von ben Römern das ſuͤdoͤſtliche Gallien zu erhal: 
noch die Namen Bourgogne und Hochburgund fich herfchreiben. Ein 
Belvetien, Savopen, Dauphine, Lionnois und Franche⸗Comtẽ gehörten 
Im Reiche, das fchon 470 Burgund genannt wurde. Der Sig der 
ſcheint bald in Lyon, batd In Genf geweſen zu fein. Von Ihrer alten 
‚if man, daß fie Könige Hatten, die fie Hendinos nannten und nad) 
bitten und abfegten; traf fie ein bedeutendes Unglüd, als Mißwachs, 
er Niederlagen, fo mußte der König daflır büßen; er verlor feinen 
A Toderr veſtieg, unter weichen fie gluͤcklicher zu fein glaubten. Ehe 
Mike Bftgion annahmen (mas in Galllen gefchah), hatten fie einen 


Burgund (Herzogthum) 318 


als das erfte Blut im beginnenden Bürgerkriege fließen ſollte (1405), 
e der Heere durch eine Umarmung ſich verfähnten, unb zum völligen 
Unsfähnumg in ber folgenden Nacht in einem Bette zufammenfchlies 
dennoch wurbe Orleans (1407) auf freier Straße von Meuchelmoͤr⸗ 
bem gebracht, und Herzog Johann von Burgund bekannte fich felbft 
ifter diefeg That, welche die größten Zerruͤttungen in Paris zur trau: 
batte. Zwar erhielt Johann vom Könige einen Exlaffungsbtief, 
emeſis erreichte ihn in dem Augenblide, als er bie Scene der öffent: 
‚nung mit dem Dauphin auf der Brüde zu Dontereau noch ein Mal 
; ſchon während der erſten Bewillfommnungsworte warb tr von ben 
es Dauphins niebergeftochen (1419). Sein Sohn und Nachfolger, 
; dem Beinamen der Gütige (bisher Graf von Charolais), wußte in 
zland zroifchen Frankreich und Burgund (1420) gefchloffenen Srieben 
fung tes Dauphins, zur Strafe für Herzogs Johann Ermordung zu 
Kus Philipps Regierungszeit iſt der Streitigkeiten zu gedenken, die er 
e von Brabant und deren zweitem Gemahl, dem Herzog von Gloce⸗ 
mb die ſich mit einem Vergleiche endigten, kraft deſſen Philipp als 
ne’6 gelten (wenn fie kinderlos ftürbe), fie aber ohne feine Einwilli⸗ 
rirathen ſollte. Doch Jacobine brach (1430) die Iegtere Bebiigung, 
hachtigte ſich Philipp ihrer Befigungen Hennegau, Holland und See⸗ 
er ihr nur wenig zu ihrem Unterhalte ausſetzte. Im Jahre vorher 
p ſchon Namur durch Kauf erworben, und 1431 fielen ihm auch Bra⸗ 
mburg zu, als die Familie Antons von Burgund, zweiten Sohnes 
ilipp des Kühnen, erlofh. Im Frieden mit Frankreich (1435 zu 
ke Philipp, außerdem daß König Karl VII. wegen Johanns Ermors 
che Abbitte thun mußte, fehr anfehnliche Diſtricte von Frankreich, 
son, St.⸗Gengoul, Auxerre und Bar an ber Seine, für fi) und feine 
nntichen und meiblichen Erben, Peronne, Monbibier und Roye für 
an männlichen Erben; ferner St.: Quentin, Corbie, Amiens, Abbe: 
en, Dourlens, St.-Riquier, Crevecoeur, Arleuxr und Mortagne, und 
ft Boulogne für fi und feine Erben. Zu diefen bedeutenden Bes 
a 1441 auch noch das Herzogthum Luremburg. Schon 1430 war 
dritten Ehe gefchritten, da feine zwei vorherigen ihn kinderlos gelaffen 
# feiner Vermaͤhlung mit Iſabella (Elifabeth),, einer Tochter Könige 
on Portugal, zu Brügge (f. d.) in Flandern, fliftete er den Orden 
m Vließ. Drei Söhne entfprangen aus biefer Ehe, von denen die 
ı bald flarben. : Der dritte, Karl, Graf Eharolais, warb nadı dem 
ps (u Brügge den 16. Juli 1467) Herzog zu Burgund. (S. Karl 
€.)  Diefer erwarb 1475 Geldern, und hinterließ 1477 eine Zoch: 
als einzige Erbin feiner Staaten. Sieben Prinzen touren ihre Freier ; 
ber Dauphin von Frankreich und Marimilian von ſtreich. Der 
fe mit ihrer Hand das Herzogthum (die Niederlande und Hochbur⸗ 
r König von Frankreich befam von dem burgundifchen Nachlaffe 
e Städte in ber Picardie und das Herzogthum Bourgogne, das er ale 
tasog. Marie farb in ihrem 25. Jahre an den Folgen eines Falles, 
iheerm Gemahle 3 Kinder, Philipp, Margarethe und Stanz (der aber 
Barb) geboren hatte. Nicht alle burgundiſche Provinzen wollten Mapi: 
Bormumd ber Kinder anerkennen. Da verlobte er feine Tochter mit 
im Kart, wobei die Grafſchaften Artois und Burgund, nebft Macon⸗ 
ois, Salins und Bar an ber Seine zum Heirathegute beftimmt wur: 
Die Abficht, die Provinzen hierdurch ganz zu beruhigen, ward nicht er 
ders waren die Flanderer die hartnädigften, und es kam fo weit, daß 


814 Burgunder Ben Brurkard Waldis 


Maximilian, 2 Jahre nach feiner Erwaͤhlung zum römifchen Könige (14 
Brügge Über 3 Monate lang gefangen gehalten wurde. Eudlich erkam 
die Slanderer als Vormund feines Sohnes Philipp und als Meglerungn 
an. Nun verliert fich die Geſchichte der burgundifchen Länder in die ber 
lande und Frankreichs. Das eigentliche Burgunb war, wie wir oben geh 
ben, in 2 abgefonderte Theile zerfplittert: Bourgogne und Hochburgund 
Franche⸗ Comteẽ. Jenes wurde im fogmannten Damenfrieden von Cambr 
(f. Franz 1.) von Spanien auf immer an Frankrelch abgetreten, dleſes 
Ludwig XIV. und bebielt es 1678 im nimmeger Frieden. Seitdem fi 
Burgumb nie wieder von Frankreich ‚getrennt worden. (S. Nieder 
Königreich der.) Baron Barante, Pair von Frankreich, gab zu Part 
in 10 Bon. eine „Histoire des Ducs de Bourgogne de la malson de 
(1364 — 1477) heraus. | 
Burgunder Wein, einer der vorzuͤglichſten franz. Weine, ha 
feinen, eigenthümlichen, ſehr reizenden Geſchmack, befonder& wenn er wi 
jung mehr if. Seine Wirkung ift minder raſch als bie des Cha 
dauerhafter; er macht einen fanften und ruhigen Eindrud, und gilt für el 
deres Stärkungsmittel bei alten und ſchwaͤchlichen Perfonen. Die U 
ſchaͤten ihn ſehr hoch, und bei allen nordiſchen Nationen wird er viel gi 
Am vorzüglichften wird er gewonnen in ber Gegend von Nuits; aus biefe! 
erhält man den Romanee, den Boubot, Echeraur, la Fache, Didier, 4 
u.f. f.5 diefe Sorten übertreffen alle übrige Burgunder, und werden 
und zarten Geſchmacks wegen fehr body bezahlt. Ins Ausland kommt 
felten. Der Wein von Chamtole ift der vorzuͤglichſte. Unter den 
zeichnen fich der weiße Montrachet, Chambertin, Clos be Vougeot ıc. at; 
- zweiter Elaſſe find der Volnay, Pomard, Vosne ıc., die faft ebenfo * 
find als die erſten, wenn fie zur gehoͤrigen Reife kommen. Die Wein 
Gegend von Auxerre, Dijon und Avalon find nicht weniger berühmt, unb 
vorzüglich ausgeführt. Man verführt die jungen burgunder Weine Im Mi 
April, die alten können das ganze Jahr über verfandt werden. Sie Hai 
beffer auf Flaſchen als auf dem Faſſe. Es wird jegt viel mouffirender Bw 
nach Shampagnerart, bereitet, er iſt aber bedeutend fchrverer ald ber Champ 
Burkard Waldis, ein Fabeldichter des 16. Jahrh., geb. zu A 
an der Werra, war in frühern Jahren Mönch, bucchwanderte den Norbe 
ften und Süden Europas, nahm fpäter das proteftantifche Glaubensbekenn 
fuͤr welches er eifrig kaͤmpfte, ward hierauf Kaplan der Landgräfin Mi 
von Heflen und flarb, role es fcheint, nad) 1555 als Pfarrer zu Abterohde 
unmeit feiner Vaterſtadt gelegenen Dorfe. Sein „Efopus, gang 'nen ı 
unnd in Reimen gefaßt, mit fampt hundert newer Fabeln, vormals im Du 
gefehen noch außgangen” (Fkf. a. M. 1548), enthätt 400 Fabeln, Erd 
und Schwaͤnke, theils ben liberfegern Äſop's und andern alten Fabeldichten 
erzählt, theils nach bekannten Novellenſammlungen, wirklichen Vorgäuy 
eignen Erfindungen, mit gluͤcklicher Laune, treffender und freimuͤthiger Sat 
nicht ohne Eigenthuͤmlichkeit in einer leichten umd fließenden Sprache be 
Fünf Ausgaben (die lehte 1584) bezeugen den Beifall der Zeitgenoffen. 1 
er hier und da durch Geſchwaͤtzigkeit, fo If dies weniger ihm als feiner Be 
meſſen. Sollten aber auch Gellert, Gemmingen, Efchenburg u. &. fe 
dienſt zu hoch angeſchlagen haben, fo verdient er doch gewiß nicht die Bet 
gung, die er von einigen Literatoren unferer Tage hat erfahren muͤſſen. 
bloß Ältire Dichter, wie Rollenhagen, ſcheinen ihn benugt zu haben, am 
unferer beften neuern Fabeldichter, wie Gellert, Zacharid, Hagedorn, 9 
ihm den Stoff, zum Theil ſelbſt die Einkleldung einiger ihrer gepriefenften € 







Burke 315 
g bat ein: Auswahl von B. Waldis s Fabeln“ geliefert Seaprſhw. 


rle (Edmond), geb. zu Dublin 1730, Sohn eines proteſtantiſchen 
x6, verdankte feine erfte Erziehung einem wackern Quaͤker und der Schule 
erſtadt. 1753 Bam er nach London, wo fein Geift und feine Kenntniffe 
ssselmeten. Ex flubirte zwar die Rechte und warb Advocat, aber feine 
hien ihn mehr zu der Literatur hinzuziehen, und er fchrieb fuͤr Journale 
iſche Scheiften. Das erfte Werk, zu dem er ſich bekannte, die „Vindi- 
natural society”, 1756 (d. i:: Reclamation der Mechte der natürlichen 
), iſt ein Überͤlick der Übel, welche die Civillſation hervorgebracht hat. 
es als ein nachgelaffene® Werk von Bolingbrofe heraus, und hatte beffen 
Manier vollkommen nachgeahmt, denn feine Abficht war, zu zeigen, daß 
ven Gründen, mit welchen Bolingbrofe bie Religion angegriffen, fich alle 
und politifche Einrichtungen angreifen faffen; aber er war dabei fo 
n die Sache eingegangen, daß den Meiften die Satyre entging. 1757 
Berfuch über das Exhabene und Schöne“, und fchon damals fagte John⸗ 
Zure der außerordentlichſte Menſch fei, den er je kennen gelernt habe. 
varf B. den Plan zu dem „Annual register” und übernahm ben hiſto⸗ 
el deffeiben; auch ward er Mitglied einer debating society und ging 
gezeichneten Schaufpielern um. So bildete er fid) allmaͤlig zum Redner 
mann. eine öffentfiche Laufbahn fing 1761 an, als er mit feinem 
emilton, Secretait des Vicekönige, Lord Halifar, nach Irland reifete. 
vr Rückkehr 1765 ward er von dem Marquis von Rodingham, erſtem 
atzkammer, zu deffen Privatfecretair ernannt und zum Abgeordneten 
6 Wendover gewählt. Wiewol er theil durch dieſes Verhaͤltniß, theils 
betraͤchtliches Geſchenk, welches Rockingham ihm unter dem Namen 
ehns machte, der Miniſterialpartei beizutreten genoͤthigt war, fo zeigte 
am den Volksgrundſaͤtzen keineswegs entgegen. Die in Amerika ent 
izuftiedenheit fing an bie ganze Nation zu beſchaͤftigen. Burke zeigte 
Rede den 1%. San. 1766 die Nachtheile der Stempeltare, und erwarb 
‚des Altern Pirt Beifall. Seinem Vorfchlage gemäß ward die Stamp- 
tempelacte bes Lord Grenville) mit der Erklärung zuruͤckgenommen, daß 
mien übrigens allerdings das Mecht habe, Amerika zu befteuern. Diefer . 
b wenigſtens die gegenwärtigen Streitigkeiten. Indeß trat Lord North 
ige der Geſchaͤfte; B. fchloß mit einem Präftig und einfach entworfenen 
6 Sekten Miniſteriums und nahm feinen Platz In der Kammer der Ges 
o er ſich unter den Anhängern bes entlaffenen Minifterlums auszeichnete. 
ige der Oppoſition warb er zugleich bewundert und gefürchtet. Damals 
ı einem Pamphlet: „Thoughts on the cause of the present discon- 
etrachtungen über die Urfache der gegenwärtigen Unzufriebenheit), wel⸗ 
Kuffehen machte, als Dittel gegen die allgemein gefühlten Übel vor, 
ewalt in die Hände der großen Familien der Whigs zu legen, welche bie 
; Revolution von 1688 ſowol als der nachherigen Maßregeln gervefen, 
mete auf biefe Weife die Nodingham’fche Partei. Er zog fich dadurch, 
verdienter Weife, den Vorwurf eines zu weit getriebenen Demokratismus 
Dppofition gegen bie Maßregeln der Miniſter, vor und nach dem amerik. 
indie er Alles an, zuerft den Bruch zu verhindern, nachher, eine Annaͤhe⸗ 
bewirken. Sein Rebnertaient hatte damals feine Reife erlangt; die 
nr deßs Parlaments enthalten wenig Beifpiele einer fo kraftvollen und le: 
Berchtſaikeit als B. beſaß. 1773 befuchte er Paris zum erften Mate. 
und bie großen Geiſter daſelbſt machten auf ihn einen widrigen Eindruck. 
item Hariamentoͤſitzung hielt ex jene, feitdem oft angeführte, Rede über 


316 Burke 


die Nothwendigkeit, auf die Verſchwoͤrung ber Atheiſten gegen bie Religion uah 
Thron wachfam zu fein. 1774 hielt man ihn für einen fo entfchiebenen Anh 
der Freiheit, daß die Whigs ber reichen Stadt Briftol ihn zus Ihrem 
wählten. For fchloß ſich an B. an und ward fein Schüler, bald aber fein Sy 
buhler. B. griff die Unternehmungen der Miniſter als unzulänglich, 
und ungerecht an; am 22. März 1775 legte er dem Parlamente jene 13 
ten Vorfchläge zur Ausföhnung mit Amerika vor. Allein der Krieg ward 
des Volks, und B., der ſich ihm widerſetzte, ſchien in der öffentlichen 
verlieren. Er erzürnte zugleich feine Freunde zu Briftol, als er für bie 
auf freien Handel und für die Katholiten auf mildere Gefege im Parlament 
Auch fprad) er gegen Pitt's Vorfchlag einer Parlamentereform, als zu A 
tionen führend; dagegen machte er den berühmten Antrag über bie 
reform, die ihm den Haß aller Sinecurenbefiger zugog. Dennoch ward a 
der gewählt; außer Briftol ernannte ihn noch eine zweite Stadt zu ihrem A 
neten. Damals hielt er in der Wahlverſammlung jene berühmte Rede, in 
er Rechenſchaft von feinem Betragen ablegt und welche für fein Meifterfikd 
ten wird. Seine BIN, worin er auf Anderung ber im Febr. 1780 erg 
firengen Maßregeln antrug, gewann ihm bie Gunſt bed Wolke wieder. % 
endigte feine Verwaltung im März 1782, und Rodingham mit feiner saugg 
tei warb wieder ind Minifterium berufen. B. ward Generalzahlmeifiei 
mee und trat in ben geheimen Rath. Sekt. gelang es ihm, jene Bill, wich 
theilweife, ducchzufegen. Der Tod bes Marquis von Rockingham oͤſte 
nifterlum anf, deſſen Seele B. gewefen, und diefer zog ſich zuruͤck, ba Lech 
burne zum Nachfolger ernannt wurbe. Diefer Minifter machte bad ber fe 
ten Coalition Pas, zu welcher B. den Plan entworfen hatte, welche ab 
Fox's berühmte, dem Könige und dem Wolke gleich mißfällige oſtindiſche 
der getrennt ward. Damals ergriff Pitt das Ruder des Staats, und fig 
an, das Parlament aufzuloͤſen: eine Maßregel, die B. mit Feuer befiritt, J 
ſting's berühmter Proceß machte eine Dauptepoche in Burke's Leben. A, 
Bäctefte Gegner beffelben fchien er ebenfo fehr für feinen Privathaß als J 
Sache der Nation zu handeln, und bewährte ſtets auf6 neue fein großes E 
talemt, ohne jedoch an Öffentlicher Achtung zu gewinnen, denn es fehlte ihm 
. nöthigen Sachkenntniſſen. In andrer Hinficht nannte man B. feine 
Kenntniffe twegen a man of general genius, den Cicero Englands. | 
die Krankheit des Könige (f. Georg ILL.) die Einfegung reiner Regentſchaft 
fobern fchien, beflritt er die Grundfäse der Minifter, dag bie Regentſchaft 
Wahl der Nation abhange und durch kein Erbrecht beftimme fei, und ſetzte 
durch nicht nur dem Mißfallen des Wolke, fondern durch feine unehrerbietige 
Berungen über den König noch befonderm Zabel aus. Die franz. Mevolut 
von ihrem Anfange an in B. den erklärteften Gegner, deſſen Grundſaͤte ſit 
heit allerdings mit jener Gefeg und Ordnung umflürzenden Herrſchafter 
Parteien und Volkshaͤupter nicht uͤbereinſtimmten. Als im Febr. 1790 4 
Minderung bes Heers gefprochen ward, und For verlangte, baf man ber 
gierung in Frankreich ein edles Vertrauen zeigen follte, erklaͤrte Burke laut, 
alle Sreundfchaft mit ihm aufhebe. Bald darauf gab er f. „Refleetions ei 
revolution in France”, 1790 (Betradytungen über bie franzoͤſ. Revolutien 
aus, werin er mit bewundernswuͤrdigem Scharfblick biefe Begebenheiten beu 
und alle die verberblicyen Kolgen vorausfagt, welche nur zu richtig eing 
Nie machte ein Buch groͤßeres Auffehen, und nicht zu berechnen ift der 
es auf die Öffentliche Meinung in England hatte, welche auf das Entfi 
gen Frankreich eingenommen war. Georg II. gab ihm eine jährliche 
2500 Pf. St. Noch 4 andre Schriften gab er über die Revolution heraml 































Burleigh Burlesk 317 


ig beſchaͤftigte und deren Fortſchritte die letzten Jahre ſeines Lebens ver: 
Seine letzte Schrift 1796, die „Thoughts on a regieide peace”, 
whetiſches Wort, das kraͤftigſte Wort, was jemals bie britifche Preffe 
St. Auferben machte ee (1792) einen vergeblichen Verfuch, die Eman- 
irlaͤndiſchen Katholiken zu bewirken. Er zog ſich darauf aus dem Par: 
&, hatte den Schmerz, feinen einzigen geliebten Sohn, der feine Stelle 
arch den Tod zu verlieren, und flarb, von Kummer und Alter gebeugt, 
1797 im 68.5. feines Alter. Burke war ald Privatmann ſehr 
ig. Bon feinem Eifer für die Wiffenfchaften zeugen f. zahlreichen, zum 
sbaften Schriften. James Prior gab 1824 zu London ein fehr an: 
Memoir of the life and the character of Edm. Burke‘, mit Pro: 
riefen und Gedichten heraus. Er fuchte ihn darin gegen bie Anklage, 
rügigen Beweggruͤnden gefolgt und ein Feind ber Freiheit geweſen fei, 
en. (Vgl. B. 8 Biogr. im 5. Heft d. „Zeitgenoffen“.) 
eigb ‚f. Gecil. 
eö?t (vom ital. burla, ber Scherz, der Spaß) zeigt ſchon durch feine 
g an, daß der Begriff deffelben dem des Ernſtes entgegengefest fei. 
den Hauptempfindungen der menfchlidyen Seele, alfo auch die beiden 
ſtaͤnde der darſtellenden Kunſt, in Freude und Leid, in Scherz und Ernſt, 
n und im Tragiſchen beftehen, und bie verfchiedenen Benennungen jener 
tempfindbungen, der ihnen inwohnenden Natur gemäß, vielleicht nicht 
mdern nur quantitativ von einander unterfchieben zu fein ſcheinen, fo 
, daß burlesk als Unterbegriff von komifch, dem Hauptbegriffe, anzu⸗ 
Schte. Wenn das Komiſche in ber verkehrten, gaͤnzlich verfehlten Ans 
Mittel, zu einem vorgefesten Endzwede zu gelangen, befteht, fo ſcheint 
zerkehrtheit jener Mittel nur noch greller zu bezeichnen. Wenn mir 
n noch einen gewiffen Grad von Kolgerichtigkeit vorfinden müffen, und 
um wahrhaft Kuͤnſtleriſch⸗Komiſchen unerlaßlich nothwendig zu fein 
fi im Segentheile das Burleske von jebem Zwange, mit fich ſelbſt 
mmung zu erfcheinen, frei, und fleht äußerlich ganz regellos da, dürfte 
ſtoweniger im Innern eine ſtrenge Nothwendigkeit offenbaren müffen. 
ch im Komifchen, neben den Geſetzen diefer innern Nothwendigkeit, 
ge einer dußern Nothwendigkeit fireng hervorleuchten müffen, fo ift 
Burleske diefer Geſetze der äußern Nothwendigkeit inſofern gänzlich 
16 nur der innere Gehalt beffelben mit fich in Einklang zu flehen 
a8 Wefen des Burlesken ift demnach infofern verfchieden von dem 
als die Poffe, wo fich Alles von außenher regellos und willkürlich zu 
int, von dem eigentlichen Luſtſpiele, in welchem auch die äußern Er: 
in geſeslicher Übereinflimmung ſtehen follen, verſchieden iſt. Da nun 
ur der neuern romantifchen Bildung, als welche weder im Komifchen, 
jifchen, das Heine, das Einfache, das Unvermifchte anerkennt, weil fie 
oß aus dem Ernſten, ober aus dem Scherzhaften, fondern aus beiben 
ht, es mit fich bringt, daß fie weder ein reines Luftfpiel, noch auch ein 
zfpiel aufweiſen koͤnne, fo folgt daraus, daß wir auch vom Rein: Bur= 
irkticher Kunftgattung (die mechanifchen kunſt⸗ und regellofen Poffen 
maemen), fein vorhandenes Merk anführen Binnen. Die Burleske 
h in ber europaͤiſchen Kunſt durchaus nicht rein und unvermifcht vors 
fonbern muß ſtets, wie fie auch wirklich thut, den Charakter des Tragi⸗ 
mnebmen. Den Alten fcheint diefe Gattung der Dichtkunſt nicht bes 
n zu fein, und die Erfindung berfelben den Italienern, namentlidy dem 
acesco VB erni (1. d.) anzugehören. Außer ihm nennen wir hier nod) 
deffen Tragis Komödien wahre Vorbilder derjenigen Burlesken find, 


318 Burmann (Familie) 


wie bie romantifche Poeſie fie geflatten darf und geflatten faun. Bei ben 
fen! bat care, und bei ben Deutfchen Blumauer die Änelde auf F 


Burmann. Dieſes Geſchlecht ſtammt aus Koͤln und iſt burd 
zeichnete Männer in der gelehrten Welt beruͤhmt worden. Franz Bur 
geb. zu Leiden 1632, war 9 Jahre Paftor zu Hanau feit 1655, ſeit 166 
regens des Collegii Ordinum zu Leiben, und endlich Profeflor der Ihe 
Utrecht, wo er 1679 flarb, und ber Verf. mehrer theologifchen Schriften. 
zwei Söhne, wovon Peter, der Ältere, geb. zu Utrecht 1668, daſelbß 
Leiden flubirte, 1688 D. der Rechte ward, dann Deutfchland und bie Sq 
seifte und nad) feiner Ruͤckkehr zu Utrecht die juriflifche Laufbahn betra 
glänzendften Erfolge auf derfelben machten ihn jedoch nicht dem fräh beg 
Stubium der Alten ungetreu. Dies bewies feine 1694 zuerft erfchleneme 3 
„De veetigalibus pop. rom.” (am voliftändigften 1737). Auf Graͤvin 
pfehlung ward er 1696 zum Profeffor der Geſchichte und Berebefanlekt 
Univerfität zu Utrecht ernannt, welches Lehramt er mit einer Rede „Ded 
tia et poesi’’ antrat. Gpäterhin erhielt er die Piofeflur der griech. Spa 
Politik. Seitdem verging kein Jahr, in weichen er nicht etwas herandgı 
weder einen Claſſiker, mit [. Anmerkungen verfehen, oder eine Rebe, ob 
[he Verſe, worin er Meifler war, oder ein Pamphlet gegen feine 
deren feine Heftigkeit und Undulbfamkeit ihm viele zugezogen hatten. 
tigkeiten find jegt vergeffen, und nur die wichtigen Dienfte im Andenken 
die er der römifchen Literatur durch feine vortrefflichen und zahlreichen 
geleiftet hat. Sie empfehlen fich nicht fo [ehr durch Geſchmack und Kritik 
Gelehrſamkeit, philologifche Genauigkeit, eine Fülle von Hülfsmitteln 
beit des Druds. Einige derfelben, wie f. Ovid, Virgil, Quinctillan, 
Phaͤdrus, find Werke vom erften Range. 1715 ging er nach Perigoninf 
als Profeſſor der Geſchichte, Beredtſamkeit und der griechiſchen Sprachen 
ben, wo er nach einer fhmerzhaften Krankheit 1741 ftarb. — Sein jängen 
der Franz, geb. zu Utcecht 1671 und geft. ebendaf. 1719 als Prof. dee 
gie, war ber Verf. mehrer theologifhen Schriften. Er hinterlieh 4 Ch 
welchen ſich zwei ebenfalls als Gelehrte ausgezeichnet haben: Johann, 
Amfterdam 1706, ftarb 1780 dafelbft als Arzt und Profeſſor der Votan 
bat feiner Wiffenfchaft durch mehre Werke weſentliche Dienfte geleiftet, us 
erwähnt feiner mehrmals auf das ehrenvolfle.e Peter, Secundus 
geb. zu Amfterdam 1713, trat als berühmter Philolog In die Kußfapfı 
gleichnamigen Oheims, der ihn nad) dem frühen Tode feines Vaters exzog. 
dem waren Duker und Drakenborch feine Lehrer. 1734 ward er zu Une] 
Rechte. Im folg. Jahre erhielt er den durch Weſſeling's Übergang ei 
eriebigten Lehrſtuhl der Beredtſamkeit und Gefchichte auf der Univerſitaͤt 
1741 bekam er den Lehrſtuhl der Poefie ; aber fchon 1742 verließ er Fram 
an dOrville's Stelle als Lehrer der Geſchichte und alten Sprachen nad 
dam zu gehen. 1744 erhielt er den kehrſtuhl ber Poeſie, 1752 ward er 
der öffentlichen Bibliothek, und 1753 Infpector des Gpmnafiums. | 
Oheim hat er viele treffliche Ausgaben beſonders Inteinifcher Claſſiker gelief 
er glich demſelben ſowol in umfaffender Gelehrſamkeit und einem feltene 
für bie Iateinifche Dichtkunſt als auch in der Reizbarkeit des Charakters, 
er in große Streitigkeiten verwickelt wurde. Klog und Gare, mit dena 
Menge von Schmäh > und Streitſchriften wechfelte, waren feine Dax 
Er ftarb 1778 auf feinem Landgute Sandhorft. — Nicolaus Rans 
Burmann, 1734 zu Amfterdam, folgte 1781 feinem Water, dem 
geführten ae? auf dem Lehrſtuhl der Botanid, um weiche Mi 





Burmann (Gottlob Wilhelm) Bunt 319 


wfalis namhafte Verdienſte erworben bat, theils durch eigne Schriften, 
ch die Sörderung fremder Unternehmungen. Er war e4, ber Thunberg 
‚ das Cap und Japan zu befuchen, welche Reife der Botanik bebeutenbe 
ungen verfchafft hat. Er flarb 1793. 
mann (Gottlob Wilhelm), eigentlich Bormann (fein Lehrer gab 
kamen der holländ. Philologen), der ſich als deutfcher Dichter einen Mas 
ben, geb. zu Lauben in der Oberlaufig 1737, wo fein Vater damals 
und Bechnenmeifter war, befuchte die latein. Schulen zu Löwenberg und 
‚im Schleſien, ftudirte 1758 zu Frankfurt a.d. D. die Mechte, kehrte 
in Vaterland zuruͤck, fuchte fich aber in der Folge in Berlin als privati= 
elebster feinen Unterhalt durch Unterricht, beſonders In der Muſik, außer⸗ 
Schriftſtellerei, Geleger:heitögedichte u. ſ. w. zu erwerben, lebte aber 
ver dußerfien Dürftigkeit. Er war Elein von Perfon, hager, hinkend 
Ialtet ; aber in dieſem unfcheinburen Körper wohnte ein Geiſt voll leben⸗ 
hls für alles Edle und Schöne. Dabei war er Sonderling in hohem 
m Stetigkeit, daher audy ohne gründliche Studien und reifen Geſchmack; 
tig den Folgen feiner Seltſamkeit unter und reifte ſchon im Leben ber 
beit, die nach der ihm inwohnenden Geiſteskraft ihn nie hätte treffen 
Berlin war Burmanı ein großer Gegner der Karſchin, ſowie diefe 
wc ihn wiederum haßte. Zuletzt brachte die Karfchin, weiche von ben 
en Burmann's unterrichtet worden war, durch perfönliche Wer: 
el ihren Sreunden eine namhafte Summe für ihn zufammen. B. fagte, 
Geld, ba es von keiner ihm werthen Perfon, fondern von feiner Fein⸗ 
ide zum Poflen annehmen und es fich recht wohl bekommen laſſen wolle. 
e Stärke beſaß B. im Dichten aus dem Stegreif. Er Eonnte jedes ges 
ma iss ein poetifche® Gewand hüllen, und oft 4 bi8 5 Stunden ein Ges 
derſen fortfegen, bei welchem man freilich fehr oft nur Reime, aber mit: 
überrafchende Gedanken und treffende Wendungen wahrnahm. Vom 
rührt, brachte er die Ichten zehn Sabre feines Lebens höchft elenb zu. 
ihn bereits für tobt, bis am 5. San. 1805 ein Eleines Gedicht von ihm 
ungen erfchien, worin er fich als flerbend und in der aͤußerſten Noth 
Mebre, bie ihn früher gekannt hatten, eilten zu ihm, aber B. war bes 
ichen. Wir nennen von f. Werfen die Fabeln (Dresden 1768, Frankf. 
74, Bertin 1773), Lieder (Berl. 1774) und die Gedichte ohne dem 
1R (Berlin 1788 und 1796). 
smet (Bilbert), Biſchof von Salisbury, ein eifriger Befoͤrderer der 
Istion wiber König Jakob II. und der Berufung der Dynaſtie Braun⸗ 
den engl. Thron, war zu Edinburg 1643 geboren. Sein Vater, einer 
seften Juriſten Schottlands, war von Karl II. zur Belohnung für feine 
Beie an die Sache Karls I. zu einem Lord Cromont ernannt worden. 
B. erhielt von ihm die forgfältigfte Erziehung. Nachdem er einen ju⸗ 
barfus gemacht hatte, beflimmte er ſich dem geiftlichen Stande und 
daehin einſchlagenden Studien. Ausgerüftet mit einem außerorbent: 
haͤchtniß, einer lebhaften Einbildungstraft, einer großen Lernbegierde, 
a Geſundheit, und gewohnt, täglich um 4 Uhr aufzuftchen, mußte er 
ſich ansgebreitete Kenntniſſe erwerben. Eine Reife durch England gab 
zenheit, ſich mit den Gelehrten zu London, Drford und Cambridge zu 
‚ 166% ging er nach Holland, verkehrte mit den ausgezeichnetfien Maͤn⸗ 
wwaun in ihrem Umgange jenen Geiſt allgemeiner Duldung, den er feit 
Bu ganzen Verfahren zeigte. Nach feiner Ruͤckkehr ward er Mitglied 
(haft zu London und Pfarrer zu Salton in Schottland. Seine Frei: 
yes ihm Aufeindungen von Seiten der [chottifchen Vifchöfe zu. Ihnen 


s 


320 Burney 


zu entgehen, hielt ec ſich von aller Geſellſchaft entfernt, und trat 16 
Geſpraͤchen zwifchen einem Sonformiften und Nonconformiften au 
fachen Widerfprudy fanden. In demfeiben Jahre ward er als theo! 
nad) Glasgow berufen, aber fein Eifer für die bifchöfl. Werfaffung 
Presbpterianern, und feine Duldung gegen biefe den Bifchöflichen vı 
Bertheibigung des Anſehens der Gonflitution und ber Geſetze der 
Krone von Schottland, worin er gegen Buchanan die bifchöfl. Verfaſſu 
und die Souverainetät ber ſchottiſchen Monarchen vertheidigte, mad 
befannt, der ſchon früher durch eine Schrift, in welcher B. die Med 
EHefyeidung wegen Unfruchtbarkeit zu beweifen fuchte, aufmerkfa 
worden war. Allein durch eine plögliche Veränderung feiner Grun 
er feibft die Ausfichten, welche das Wohlwollen des Königs ihm 
Da er ſich in Schottland nicht perfönlicy ficher glaubte, legte er Te 
ow nieder und ging nad) London, wo er fid, durch feine Prebii 
eine öffentliche Berathfchlagung mit dem D. Stillingfleet gegen 
anbre katholiſche Geifttiche einen großen Ruf erwarb. Als 1685 
dem Burnet in Ungnabe ftand, weil er ihn hatte vom Throne ausſi 
zur Megierung gelommen tar, bereifte er Frankreich, Italien, D 
Schweiz; altenthalben zeigte er feine Abneigung gegen ben kathol 
dienft, ſodaß Innocenz XI., der ihn gütig aufgenommen hatte, ih 
Aufenthalt in Rom nicht verftattete. In Dolland zog ihn der Prir 
in feinen Plan, ſich der engl. Krone zu bemächtigen, und B. unte 
fichten dieſes Fürften theils durch eine Menge von Ziugfchriften, 
daß er ihn mit mißvergnügten Engländern in Verbindung brachte, r 
- den Proceß als Hochverraͤther machte. Allen Berfolgungen zu ent 
ſich in Holland naturalifiren und trat jet Öffentlich für den Prinzeı 
auf, verfaßte das Manifeſt deſſelben und fhiffte fidy mit ihm ein. 
B. zweimal die angetragene bifhöfl. Würde nusgefchlagen : 168° 
Wilhelm ILL. das Bisthum von Salisburn an. Im Haufe der Lo 
er jegt trat, zeigte er Dulbung, ſowie in feinen Amtsverhaͤltniſſen 
wollen. Cine große Kräntung wiberfuhr ihm bei Gelegenheit einı 
worin er die Anſpruͤche Wilhelms IH. auf das Recht der Eroberu 
fchien, und weldyen das Parlament durdy des Henker Hand verbr: 
fach 1715. Burner ward in feinen politifchen Grundfägen oft 
ftände beftimmt. Sein Eifer gegen den Katholicismus hat ihn o 
haftigkeit verleitet. Diefer Tadel trifft befonders feine Gefchichte d 
Englands, obwol das Parlament ihm eine Dankſagung dafür zu 
Ehre, die keinem andern Schriftfleller zu Theil geworben. 
Burney (Charles), muſikaliſcher Schriftfteller und Tonſel 
in Shrewsbury, begann feine Stubien in Chefter unter Bader, £ 
dortigen Hauptkirche, feste fie unter der Leitung feines Halbbrub 
Shrewsbury fort und vollendete fie in London (von 1744 bie 17 
D. Ame. In dem legtern Jahre erfchienen feine erften Compoſit 
das Divertiffement „Alfced” und die Pantomime „Queen Mab” n 
Namen bekannt und geehrt. 1751 erhielt er die DOrganiftenftelle 
in Norfolk. Bier faßte er den Plan zu feiner allgemeinen Gefchic 
fammelte Materialien dazu und befchloß, alte Anftalten in Europa 
Intereſſe barbieten konnten, zu beſuchen. 1760 jedoch ging er au 
Herzogs von York wieder nach London, mo er theilß feiner anzieht 
tionen, theilß der muſikaliſchen Sertigkeit feiner aͤlteſten damals 8j 


wegen Auffeben erregte. 1761 ertheilte ihm die Univerfltät zu Or 
eines fit. 1770 machte er Reifen durch Frankrei 


Burn Burfa 321 


re nachher durch die Niederlande und Deutfchland, in Hinficht auf 
6 großes Were, Von beiden Reifen gab er bie Befchreibungen ber- 
felben Zeit warb er Mitglied der londner Akademie (Royal society). 
der 1. Th. f. „General history of music from the earliest ages 
tt period”, 4., der 2. 1779 und der 3.u. 4.1789. Er hat nod) 
te Schriften, worunter Haͤndel's Biographie vorzüglich zu bemerken, 
me muſikaliſche Compofitionen binterlaffen, und ift im April 1814 
ım Chelfechospital geflorben. DB. hatte eine zahlreiche Familie, de: 
e Mitglieder ſich vortheilhaft bekannt gemacht haben. --- Seine zweite 
anzista d'Arblay, ift die DVerfafferin der bekannten Romane 
Gecitia”, „Samilla”. 
8 (Robert), ein fchottifcher Dichter, geb. 1759, der Sohn eines 
ers in der Grafſchaft Apr, lernte in der Schule feines Dorfs lefen, 
feibft ein wenig Franzoͤſiſch. Die meiften feiner Gedichte find Volks⸗ 
ifcher Mundart, aber ausgezeichnet durch das Feuer, die Kraft und 
Phantaſie. Um ein Gefühl von Melandyolie zu verbannen, wel: 
em Neigungen widerſtreitende Lage in ihm erregte, überließ er ſich 
aft den Bergnügungen der Gefelligkeit und kam dadurch in viel: 
Er gab endlich einen Band Gedichte heraus und wurde hierdurch 
Run kam er nad) Edinburg. Die angefehenften Männer beeis 
n mit Auszeichnung aufzunehmen, und er würde ſich in der höch- 
erhalten haben, wenn er fidy nicht von feinem Hange zur Un- 
te beherrſchen laſſen. As cr 1788 mit einer neuen Ausgabe 
te 500 Pf. St. gewonnen hatte, unternahm er eine Pachtung, 
hete ſich mit einem Mädchen, das er ſchon früher geliebt hatte. 
n er das Amt eines Accifeeinnehmere. Aber ſowol feiner Pad}: 
em Amte fand er fo übel vor, daß er jene aufgeben mußte, und 
yar, dieſes zu verlieren, als der Tod ihn im Suli 1799 hinraffte. 
find in England fehr gefhägt. Sie erfyienen von D. Currie gefam: 
4 Bon. ; feine Gedichte einzeln 1804 zu Glasgow in einem Bande, 
4 aus feinem Nachlaß eine Sammlung Briefe und Gedichte. 
ı (au) Brufa), 46° 38° 12° Länge, 40° 11' 30" Morberbreite, 
ſchoͤnſte Stadt in Natolin am Fuße des Olympus, 4 Meilen vom 
ania am ſchwarzen Meere, mit 80,000 Einw., worunter 6000 Ar: 
D Griechen, 1200 Juden. Die eigentliche Stadt fteht auf ſenk⸗ 
ittenen Felſen, zwiſchen denen ſchoͤne Bäume hervorfproffen, und 130 
at fie ſtarke Mauern und Waͤlle. Sie wird übrigens durch das noch 
em Felſen belegene Gaftell von fehr hohem Alter, wie die cyklopiſchen 
igen, beherrſcht. Vermuthlich war hier einft der Sie der alten bithy: 
e. Sowol die Griechen als Armenier bewohnen jede eine befonders 
nd Brüden verfchloffene Vorftadt. Die chriftlichen Vorftädte liegen 
: Polizei in der niedrigen Ebene. Die Stadt hat 2 Faifer!. Patäfte, 
3, mworunter zwei durch ihre Bauart ausgezeichnete, 3 griechifche und 
Ricche, + Synagogen. Ein griech. und ein armen. Erzbiſchof haben 
. Die Einmohner verfertigen feidene, Gold = und Silberfloffe, Sti: 
verfenden bdiefe, fowie viele rohe Seide, durch Karamanen nad) 
mflantinopel und Angora. Sultan Osman I. eroberte die Stadt 
Khte fie zur Refidenz, welches fie bis zur Eroberung von Conſtantino⸗ 
rblieb. Die Stade hat treffliche Büder. Im neuen Brunnen ent: 
Ste Duelle und es durchſtroͤmen dies Bad zwei heiße Quellen. - - Des 
san Grab liegt außerhalb der Stadt. Marmor und Jaspis ſchmuͤ⸗ 
tmal, und aud) andre Grabmäler der Sultane, welche bier refidir: 
Biebente Aufl. Bd. II. 21 


Buͤſching 925 


ver Bürger und bie Quellen und Hinderniſſe deſſelben geſprochen wird, 
), treffliche „Abhandlung vom Geldumlauf” in Alter Händen fein. 
u Alten⸗Weding im Lüneburgifchen 1728 geb., kam früh mit ſei⸗ 
einem Geiftlichen, nach Hamburg, befchäftigte fi), ungeachtet der 
ner Geſundheit und feines Geſichts, eifrig mit den MWiffenfchaften, - 
48 nach Göttingen, um Theologie zu ſtudiren, womit er Gefchichte 
ktathematik verband. 1757 erhielt er im Hamburg bie Profeffur der 
767 fliftete er in Verbindung mit Wurmb eine Handelsſchule, welche 
Re ihrer Art in Europa wurde. Er hat um Hamburg, das fein An: 
ein Öffentliches Denkmal ehrte, unvergängliche Verdienfte. Er ſtarb, 
hohes, aber noch kraͤftiges Alter durch eine, beinahe an Blinbheit 
genſchwaͤche zum Theil erfchiwert worden war, an einem Zußfchaden 
ı feinen zahlreichen Werken machen wir noch folgende namhaft: „Er⸗ 
> Bde. (1790 — 1802) ; „Grundriß einer Geſchichte der merkwuͤrdig⸗ 
dei‘’ (fortgefegt von Brebom) ; „Lehrbudy ber gefammten Handlungs⸗ 
“2. die „Hanblungsbibliothel”, 3 Bde. (gemeinfchaftlich mit Ehe: 
313 —16 ift eine Samml. ſ. ſaͤmmtl. Schriften in 12Bdn. erſchienen. 
ing (Anton Friedrich), geb. 1724 zu Stadthagen im Schaum: 
yen, wo fein Vater ein gefcyägter, aber in feinen häuslichen Umſtaͤnden 
ex Advocat war. Nachdem er fein Knaben: und Juͤnglingsälter mit 
ngung ben Wiffenfchaften gewidmet hatte, bezog ex noch, durch die 
Nung feines Vaters aus dem väterlichen Haufe vertrieben, auf ein 
iſche Waiſenhaus. Oſtern 1744 wurde er Student der Theologie in 
an Baumgarten einen Freund, Beſchuͤter und Wegweiſer fand, der 
erfchienene „Introductio in epistolam Pauli ad Philippenges” mit 
begleitete. Nach Vollendung f. akadem. Studien fing er an, Vorle⸗ 
er dortigen Univerfität zu halten. 1748 übertrug ihm der dänifche 

Graf zu Lynar, den Unterricht feines aͤlteſten Sohnes, der bei feinem 
m Grafen Reuß in Köftrig, erzogen wurde. Als im folg. 3. der Va⸗ 
3 vom bänifchen Hofe zum Gefandten in Peteröburg ernannt worden 
B. denfelben nebfk feinem Zöglinge dorthin: Aufdiefer Reife faßte B., 
gelhafte der Huͤbner ſchen und Hager'ſchen Geographien recht deutlich 
den Entſchluß, eine neue Erdbeſchreibung zu entwerfen. Da der Graf 
ine Zuruͤckberufung erwartete, ſandte er ſchon im Aug. d. folg. J. 
nebſt B. nad) Deutſchland zuruͤck. Hier fing dieſer an, feine Exbbe- 
gzuarbeiten, und ließ bereits 1752 ein kurz gefaßte Staatsbeſchrei⸗ 
flein und Schleswig, ale Probe und Ankuͤndigung des größern Werks, 
Jen größten Theil deffelben arbeitete er in Kopenhagen im Haufe fei- 
Dauber aus, in welchem er zwei Jahre verteilte. Zugleich gab er: 
vom dem Zuſtande der Wiffenfchaften u. Kuͤnſte in den dänifchen Rei⸗ 
‚275% u. 1756), eine Donatsfchrift heraus, durch welche er füch in 
eht beliebt machte. 1754 Eehrte er, wegen ber Ausarbeitung ber Geo⸗ 
Deutfchland, wieder nady Halle zuruͤck, wo er vor ber Hand bleiben 
rieb daſelbſt feine Differt. „Vindiciae septentrionis”, und kündigte 
über die Berfaffung der vornehmften europdifchen Staaten an. Raum 
t begonnen, als ihm. von dem hanoͤverſchen Minifter Müncdhaufen 
es außerordentl. Profeſſors der Philofophie zu Göttingen angetragen, 
Freiheit geflattet wurde, feine geograph. Acbeit zuvollenden. B. nahm 
1, und traf fchon im Aug. 1754 in Söttingen ein. Er las nun, au: 
hiſchen Collegien, auch ein Eatechetifches Collegium, mit praktifchen 
Bsubirenden verbunden, unb Liber die politifche Exbbefchreibung. Da 
tellsrifchen geographifchen Arbeiten ſtets fein Hauptgefchäft blieben, 


326 Buͤſching 


fo lehnte er den Antrag, zugleich Univerfitaͤtsprediger zu werben, v 
eben diefem Grunde ſchlug er auch den foͤrmlichen Antrag aus, der i 
dänifhen Minifterium gemacht wurde, nad) Dänemark zuruͤckzu 
eine neue Schule anzulegm. Im Fruͤhlinge 1755 verheirathete 
fliane Dilten, nachdem fie vorher feinetwegen von ber reformirten 
therifchen übergegangen war. Diefe Frau ift deßhalb merkwuͤrdig, 
(ein von der göttingifchen gelehrten Geſellſchaft als Ehrenmitglied 
fondern auch von dem damaligen Prorector der Univerfität Helm 
zur kaiſerl. gekroͤnten Dichterin ernannt wurde. Jetzt nahmen 8 
ihren Anfang. Er hatte naͤmlich fein bisheriges theologiſches Sy 
gefunden, bag Mehres darin nicht haltbar ſei. Dies vertaufchte er ı 
unb fchrieb alsdann zur Erlangung der Doctorwuͤrde eine Disput 
er fein neues Syſtem oͤffentlich darlegte. Obgleich einige Einwen 
gemacht worden waren, fo hatten bie goͤttinger Theologen doch ®ei 
floß daran genommen. Aber bald darauf fing der hanoͤverſche Con 
ten, Muͤnchhauſen's Beichtvater und fein Rath in den theolog. 
der Untverfität, an, ben redlichen Buͤſching der Heterodorie zu deſchr 
haufen ahnete unangenehme Folgen für die Univerfität, und fü 
ein Reſcript an B. ergehen, worin ihm, da er in feiner Inaugura 
ben recipieten Lehrfägen der Iutherifchen Kirche abgewichen fei, a 
Eünftig nichts Theologiſches mehr drucken zu laffen, was er nicht ı 
heime Concilium zu Danover zur Genfur eingeſchickt habe; aud 
erft der theolog. Vorleſungen, befonber& der bogmatifchen, enthalt 
tete hierauf, wie es einem Manne geziemt, in ernftem freimüthige: 
die Sache in Hanover nur noch mehr Auffehen erregte. Dbgleid 
men Folgen, welche diefes Ereigniß für B. nad) fich gezogen hat 
nad) verloren und er auch 1759 ordentl. Profeffor der Philofoph 
fo war ihm dadurch der Aufenthalt in Göttingen doch fehr verleil 
nun hierzu noch die Drangfale des fiebenj. Krieges kamen, die Go 
fen, fo nahm B. einen Ruf als Paftor bei der Iutherifchen Petert 
teröburg an. Am 24. Juli kam er mit den Seinigen dort aı 
ſehr gute Aufnahme. So fehr ihn bier ſchon fein Predigtamt bei 
größere Bemühung machte ihm noch die Gruͤndung der mit der E 
denen Schulanftalt, welcher er durch fein raſtloſes Beſtreben ein 
verfchaffte. Nichtsdeſtoweniger bildete ſich nach und nad) eine‘ 
feinen Schritten entgegenftrebte. Dadurch fühlte fi B. am 
feine Entlaffung zu nehmen, obgleich die KRaiferin Katharina ihm 
chen ließ, mit Ablegung feiner theologifchen Würde in Dienfte bei 
Akademie zu treten und fich feinen Gehalt felbft zu beftimmen. 

1765 nad) Deutfchland zuruͤck, und wählte Altona zu feinem Au! 
feine fchriftftellerifchen Arbeiten fortzufegen und den Ruf zu eiı 
gung abzuwarten. Münchhaufen wuͤnſchte Ihn wieder in Göttir 
fehn; Buͤſching's Bedingungen ſchienen dem Miniſter zu hoc 
Verhandlungen blieb B. In Altona, von feinen petersburger Goͤn 
den auf das großmüthigfte unterftäügt. 17766 ward ihm von Ber 
eines Directors dee verbundenen berlinifchen und Eölnifchen Gym 
und Stimme im Oberconfiftorium angeboten, welches er Ende O 
lebte ex, von feinen Vorgefegten und Freunden aufrichtig geliebt ur 
räufchlofer, aber wahrhaft bewunderungswuͤrdiger Thätigkeit fuͤr ft 
tector der Gpmnaflen, und erwarb fih um bie Aufnahme de 
Verdienſte. Ex ftarb 1793 im 70. 3. feines Lebens. Sein gröf 
ſches Berbienft hat er unftreitig als Geograph. Bis auf feine Erb! 


Buſchmaͤnner Buſte 327 


e Deutſchen, noch irgend eine andere Nation, ein geographifches Merk, 
Behandlung und auf einige Vollſtaͤndigkeit Anſpruch ma⸗ 
&r behauptet den erſten Plag unter ben Geographen unferer Zeit, und 
ſchreibung“, die feit 1754 nach und nach in einzelnen Bänden herausge- 
und waͤhrend ber Lebenszeit Ihres Verf. acht rechtmäßige Ausgaben ge: 
iſt nach den unvollkommenen Verfuchen feiner Vorgänger das erſte vor: 
rk in dieſem Sache, aber unvollenbet. nn 
tmänner (holländifh Bosjesmannen), der allgemeine Name jener 
Mflämme, bie in den Wüften Sübafritas einen ungeheuern Flaͤchen⸗ 
men, die Rorbfeite der Colonien am Gap beftrelfen, und ſich gegen das 
noch wenig bekannten Welttheils in Regionen verlieren, die bis jegt noch 
er betreten hat. Der ehemalige hollaͤndiſche Gouverneur Janſſens gibt 
chrichten von ihnen. Die Bufhmänner fmd ein wildes, ungezaͤhmtes, 
ot und uͤber alle Vorſtellung' verwildert⸗ elend. Weit entfernt, eine 
Hden, leben fie nicht einmial gefellig beifammmen. In einzelnen Familien 
fe umher, und vereinigen ſich nur in geößern Maſſen, wenn fie fi, ver: 
er einen räuberifchen Anfal machen. Sie bauen die Erde nicht, und 
einziges zahmes Hausthier ald den Hund. Ihre gewöhnliche Nahrung 
ven. Sie ertragen ben Hunger fehr lange, und entfchädigen ſich durch 
chlichere Mahlzeit, wenn es ihnen gelingt, ein Stud Wild zu erlegen, 
a ober einige Dantmel zu ſtehlen. Hütten und Hausgeraͤth haben fie 
z nicht. Der brennende Himmel iſt ihr Zelt, der heiße Sandboben Ihr 
Waffe beſteht aus einem Heinen Bogen und vergifteten Pfeilen, die 
ulicher Beſtimmtheit in große Kernen fchießen. ihre Sprache Ift über: 
ie befteht aus einem geroiffen Mlatfchen mit der Zunge und rauhen, her: 
en Toͤnen, fuͤr die wir keine Buchflaben haben. Sie find im Ganzen 
Beftatt, ihre Haut iſt dunkelgelb, und ihr Haar, das ber Wolle gleicht, 
Zoͤpfen zuſammengewirrt. I | 
'm baum (Hermann), ein durch ſ. Wert: „‚Medulla theologise mo- 
züs probatisque auetoribüs coneinnata”, das 50 Auflagen erlebte, 
sordener Jefuit, geb. zu Nottelen in Weſtfalen 1600, Rector bes Ir: 
ums su Hildesheim und Muͤnſter, ftarb 1668 als Beichtuater de krie⸗ 
fchofe Bernhard von Galen, deffen Freund und Guͤnſtling er war. 
te Werk war als ein Driodesbändchen In den Seminarien der Jeſuiten 
rauch, als der Pater Laeroir vermittelft feiner Commentare und ber Zu: 
er Eollendall zwei Folianten daraus machte, weiche mit neuen Vermeh⸗ 
9 zu Lyon vom Pater Montaufan herausgegeben wurden. Diefelbe 
dien 1758 unter dem Drudort Köin. Jett fand man Über den Men: 
oͤnigemord Grundſaͤte darin, die um fo tabelhafter erfchienen, ald eben 
miens einen Verſuch gegen Ludwigs XV. Leben gemacht hatte. 
nent von Toulouſe ließ das Werk öffentlich, verbreimen, und zwang die 
ber Jeſuiten, vor Gericht zu erfcheinen. Diefe fagten fich von der Lehre 
108, erflärten, den Verfaſſer nicht zu Tonnen, und leugneten, daß 
won hell habe. Das Parlament von Paris begnügte ſich, das Bud) 
em. Gegen diefe beiden Urtheile trat ein italienifcher Jeſuit, Pater Za⸗ 
xlaubniß feiner Obern, als Vertheidiger von Bufembaum und Lacroir 
eine Bertheibigung wurde vom parifer Parlament auch verdammt. 
st man von Buſembaum „Lilium inter rpinas, de virginibus Deo 
re in saoculo inservientibus”. . 
e (ital. il busto, dv. d. Iatein. bustum), ein durch des Bildhauers 
ſtelleer mienfchlicher Kopf mit einem Theile des Oberleibes. Sie find 
wurch Me arößere oder geringere Hinzufügung von einem Theile des 


328 Buftrophedon Buße 


Dberleibes. Es gibt 1) folcye, wo an dem Kopfe nur ein Stud Hals bi 
der Vertiefung beffelben und der obere Theil der Schultern befinblich if 
mit dem oben Theile der Bruſt bis unter die Herzgrube (bie eigentlid 
ten Büften), und 3) Köpfe mit dem Obertheil der Bruft bis auf den N 
auf die Hüften. Zwiſchen der Buͤſte und ihrem Fußgeſtell befindet fü 
eine Säule oder ein langer Stamm, und dann nennt man eine folche ; 
Derme (f. d.); öfters figt aber auch die Figur auf einer Fläche, und 
lief gearbeitet. Alte dieſe Berfchiebenheiten find antiquarifch von Wich 
äfthetifcher Hinficht hat man zu unterfcheiben Portrait, ibealifirte Pı 
idealiſche Köpfe. Don den eigentlichen Portraitbuͤſten hat man kei 
äflhetifchen Wortheil zu erwarten als von Portraits überhaupt ; ibealifir 
büften reichen ſchon näher an bie ſchoͤne Kunft und können fehr lehrr 
das Studium der Charakteriftit. Die idealen Buͤſten endlich gehoͤr 
ihönen Kunſt; dahin gehören die Büften von Göttern und Heroen, 
Archäologen wichtig find, da fie zu mancher Wergleihung Gelegenhel 
manche Luͤcke ausfüllen. Gewiß ift der Urfprung der Büften von den 
zuleiten; doch findet man die eigentlichen Buͤſten bei den Griechen erfi 
ders, und bei den Römern zu der Säfaren Zeiten in Gebrauch. Dieſe 
hatte feinen Grund, einmal in einer den Griechen und Römern gemelı 
Sitte, die Ehren» oder Weihſchilde mit Portraits zu zieren, und fol 
Rechte bes rom. Adels, in den Vorhallen der Wohnungen die Bilbniffe 
fahren aufsuftellen. Dadurch ward man auf ben häufigen Gebrauchr 
teter Buͤſten berühmter Männer Überhaupt geleitet, und führte fie, de 
Aufwandes wegen, auch in den Darftellungen ber Götter en. Wir 
große Menge von Büften aus dem Alterthum; body ift der bei rei 
Theil aus Rom und Italien. Die meiften find aus Marmor. Wichtk 
jenigen von Bronze, welche man in Herculanum fand. Die feltenften 
Edelfleinen und edeln Metallen. Eine Hauptfchwierigkeit entfleht de 
vornehmlich bei der Bildung folcher Portraitbüften, die nur bis auf di 
gehen, baraus, daß der in vollkommen richtigem Merhältniffe und ganz: 
dargeflelite Kopf dem Beſchauer unverhaͤltnißmaͤßig groß und ftark ; 
pflegt; wol nur befhalb, weil wir, obne uns deſſen deutlich bewußt 
wohnt find, bei ber genauen Betrachtung eines Menſchen feinen Kopf m 
gen Körper zu vergleichen, welche Vergleichung beider Buͤſte ſich auf d+ 
fleliten geringen Körpertheil befchräntt. Jenem Mißſtande laͤßt fich mı 
merkliche Abweichungen von den wirklichen natürlichen Verhaͤltniſſen b 
lenden Kopfes vorbeugen, wobei aber bie Grenzlinie gar leicht überfd 
und bier erreicht der Kuͤnſtler das Hoͤchſte, wem er biefe Grenzlinie fo ı 
nimmt, daß gerabe jene wohlberechneten Abweichungen ben unbefangene 
täufchen umb ihm über bie Identitaͤt (volllommene Ähnlichkeit, Gle 
Darxgeftellten mit dem Darzuftellenden Beinen Zweifel übrig laſſen. 
Buftrophedon, eine Schreibart, die auf Münzen und In 
dem hoͤchſten griechifchen Atterthum gefunden wird. Die Zeilen liefen 
nicht ununterbrochen von der Linken zur Rechten, oder von der Mechten 
fondern bie erfte fing von der Linken an und ging zur Rechten, die zwei 
in entgegengefeßter Richtung von der Rechten zur Linken, bie britte wi 
Linken zur Rechten u. ſ. w. Man nannte fie Buftrophebon (d. h. od 
weil die alfo gefchriebenen Zeilen wie die Furchen des von Ochſen gepfli 
auf einander folgen. Solon's Gefege waren auf diefe Art in Tafeln ein 
Buße, jedes Leiden, das zur Vergütung eines begangenen Unre 
wird. Diefer alte rechtliche Begriff entſprach nach der Bußpraris ber ı 
lichen Kicche auch der religiöfen Buße, d.h. der Genugthuung, bie’ 


Buße (tath.) 329 


Bergehungen Gott und der Kirche zu leiften hat. Mad) proteitanti- 
wird fie wicht unter bie Sacramente gerechnet, teil ihr bie weſentlichen 
erfelben fehlen. Der protefiantifche Lehrbegeiff nimmt als Beſtand⸗ 
uße oder Belehrung nur Reue und Glauben an. Reue tft ihm bie 
atniß der Sünden entflandene Betruͤbniß liber ben Verluſt der gättlis 
und die Geneigtheit zur Befferung, Glaube die zuverfichtliche Erwar⸗ 

die verfähnende Kraft des Todes Jeſu Vergebung der Stunden von 
fangen, und beides wirkt nach diefem Lehrbegriff die göttliche Gnade 
Berdienft der Dienfchen, weil er nur burdy das Verbienft Chrifli begna⸗ 
4 werden kann. Die letzte ganz biblifche Beſtimmung leugnete zwar 
e Kirche ebenfo wenig als die Wirkungen der göttlichen Gnade in dem 
Bußfertigen, räumt aber doch in beiden Beziehungen der eignen Kraft 
keit des Menſchen mehr ein, als die Haren Ausfprüche der heiligen 
proteſtantiſcher Anficht erlauben. Über die Eicchlichen Bußanſtalten 
gen f. Kirchenzucht. ai. 

? (Sacrament ber Buße), die chriftliche Bußanſtalt der Eatholifchen 
: Menfdy fol vom Böfen zum Guten übergehen, dies ift die Aufgabe. 
zwei Sragen, bie erfte, wie die Bedingungen heißen, ohne die ein Über: 
fen zum Guten werden kann, und zweitens, wie die thätigen Princi- 

Die dieſen Übergang bewirken, ober mit andern Worten, zum erfien, 
uͤnſchten Übergang möglich, und um andern, was ihn wirklich macht. 
vie die erfle Frage! — Der Übergang vom Böfen zum Guten ift 
‚ohne richtige Selbſterkenntniß des Menfchen in Hinficht auf das Boͤſe, 
ohnt und nicht inwohnen foll, und in Hinſicht auf das Gute, das ihm 
nicht mangeln fol. Diefs richtige Selbſterkenntniß iſt nicht möglich, 
ſchende Gemütheflimmung des Dienfcyen, ſich fehen zu wollen, wie er 
muth. Alſo Selbſterkenntniß und Demuth find die zwei Bebinguns 
ie ein Übergang möglich if. (Man vgl. dies trefflich ausgeführt in 
rat, Bd. 1, ©. 462-488.) — Wir konmen zur zweiten Frage, 
lichen libergange vom Böfen zum Guten. Im Menfchen, der böfe 
26 Böfe, und wo das Böfe herrſcht, da iſt fittliche Unordnug, es herrſcht, 
und dient, was herrſchen ſollte. Diefer Dienfc hat das eine Geſetz, 
ablick länger in diefer Unordnung zu verweilen, und alle ihm noch bei- 
Rräfte babi zu concentriren, daß in ihm bie fittliche Unordnung geho⸗ 
ittliche Ordnung wieberhergeftellt werben möge; fo gebietet e6 das Ge: 
u, fo fobert ed die Stimme bes Gewiſſens, welches ald das Wort Got: 
icht nur das Böfe vor der Handlung uns zu verbieten und in und nach 
ıg zu verbammen, fonbern auch die Nothwendigkeit der Ruͤckkehr zu 
gefallenen ans Herz zu legen hat. Erſt dann ift alfo aus einem böfen 
afdy gemacht, wenn bie fittliche Ordnung in ihm vollftänbig hergeftellt 

gang kann man eine Revolution nennen, denn was bisher zu un⸗ 
mint oben und umgelehrt. Diefe Revolution im Innern iſt nothwen⸗ 
: Reformation im Äußern verfnüpft, denn eö kann in dem Menfchen 
ne fo entfcheibende Umänderung in Sefinnung und Zweck vorgeben, 
Heibe als ein lebendiges Princip auch eine Veränderung im Danbeln, 
ein bervorbringe. Unbegreifbar iftdiefe Umänderung, denn eben darum, 
Peincip im Menſchen herrfcht und feine Handlungen beſtimmt, laͤßt ſich 
2, wie das gute Princip zuraßertfchaft komme, es Läßt ſich — ebenfo we⸗ 
ben Wachen und Schlaf — ber Zwiſchenzuſtand zwifchen der Gattung 
ib des andern Principe, der Übergang von einem zum andern nicht bes 
fer unbegriffene Actus ift rein gaͤttlich, erift ein Act dee Schöpfung. — 
Verbeſſerung des Menfchen ift fomit keine bloße Entwickelung der menſch⸗ 


330 Buße (kath.) 


lichen Natur, denn fie wird ja durch das Boͤſe auch entwickelt wie durch bat 
Ebenſo wenig tft fie eine bloße, bald fo bald anders verfuchte Bekämpfung d 
Meigungen ohne Umfprung bes ganzen Gemüthes zum Guten, dern es fa 
Boͤſe einzelne Neigungen befämpfen, um die herrfchenbe befriedigen zur koͤm 
kann ber Boͤſe eine einzelne böfe Neigung aus dem ſchwachen Reſte einer uͤl 
bfiebenen Achtung für das Gefeg unterdrüden und doch im Grunde boͤſe! 
Ebenfo wenig ift die fittliche Verbefferung des Menſchen bloß eine Zurechtm 
des ÄAußern. Überhaupt geht fie von Innen heraus, nicht von Außen hi 
denn nicht die Reformation im Außern ift eine Quelle der Umwandlung im 
fonbern umgekehrt. Ohne Beiftand des heiligen Geiftes gibt es für den d 
Leine Umwandlung, Eeine Belehrung, der heilige Geiſt ſchafft das Goͤttliche! 
kehrung im Menfchen, dies ift gemeinfame Lehre bes Chriſtenthums. &6h 
überhaupt Chriftus das Befferungsgefchäft, das an fich ſchon göttlichen Mi 
der Leitung feiner göttlichen Kirche Tibergeben ; er ſprach nach feiner A 
folgende Worte zu feinen Süngern: „Wie mid) gefandt hat der Water, fo 
Euch, und diefes fagend, hauchte er fie an und ſprach zu ihnen: Mehmet 
gen Geift ; welchen Ihr nachlaflet bie Sünden, nachgelaffen werden fie bir 
hen Ihr fie behaltet, denen find fie behalten”. Den Apofteln war alfo DR 
der Sündenvergebung gegeben und zwar, fie zu ertheilen oder zu verwelgei 
fie bie Sünde vergaben, der wurde hierfür des Werbienftes des Todes 
haſtig, nicht aber Der, dem fie behalten wurden. Daß aber hier an eine 
Vergebung der Suͤnden im eigentlichen Sinne zu denken fei, ift unge 
Chriftus, fo oft er fich dieſes Ausdrucks bediente, damit ben gewoͤhnlichen, 
her Sinn verband. Er laͤßt zu Bott beten: „Vergieb uns unfre 
auch role vergeben ımfern Schuldigern”, und Iehret dann: „Wenn Ihr 
Menfchen ihre Vergehungen, fo wird vergeben Euch auch ber himm 
wenn Ihr aber nicht vergebet den Menfchen ihre Vergehungen, fo wird all 
vergeben Euer Vater Eure Bergehungen” (Matth. 4, 12, 14, 15; vergl 
11, 25, 26). Ferner fpricht er: „Jede Suͤnde und Läfterung wird nach 
werden den Menfchen, aber des Geiſtes Läfterung wird nicht nachgelaffem 
den Menfchen” (Matth. 12, 31). Am Kreuze betete er für feine 9 
„Vater, vergib ihnen!” (kLuc. 23, 34.) Nach dieſen und mehren andern’! 
muß man annehmen, es hat die katholiſche, mit dem heiligen Geift 
von jeher angenommen, daß Chriftus in der obigen feierlichen und befli 
rede an feine Apoftel eben diefe Vergebung ber Suͤnden gemeint habe, die 
von Gott erwarten laͤßt und felbft erbittet. — Den Sprachgebrauch habe 
jene wider ſich, welche unter der Sündenvergebung entweder die Predigt N 
oder die Ausfpendung der Zaufe verftchen möchten. Man ficht zugleicht 
angeführten Stellen, daß die Sündenvergebung ein wahrhaft göttlichen 
durch welchen die Menfchen In ein ſolches Verhaͤltniß mit Gott gefept 
wenn fie gar nicht gefündigt hätten, daß fie fomit nicht mehr ÜÜbertreter und 
fondern als heilig und Anfprudy habend auf das ewige Leben vor ihm 
Das Chriftus diefe Macht der Sündenvergebung gehabt und ausgeübt 
nicht zweifelhaft fein, wenn man aud) nur die Geſchichte vom Gich 
trachtet (Matth. 9, 2—9). Er erklärte hier nicht bie früher geſchehene 
fung der Sünden, fondern er Tief fie nah. ine folhe Gewalt haf 
Chriftus den Apofteln und burch diefe der Kirche, den Nachfolgern der 
theilt. — Indem auf diefe Weiſe der Kirche, bie Sündenvergebung ausj 
übertragen worden, ift die herrlichfte Anftalt der Keitung des Bußgeſchaͤftt 
det. Nur dem wirklich reuigen, dem gebefferten Sünder kann, fol url 
Sünde vergeben werden. Ob der Suͤnder reuig, gebeffert ſei, dies als eiiwel 
gung der Veraebung zu wiſſen, ift ebenfe wichtig der Kirche als dem € 



















I 888 ZIUE EG “u vir Yyursussust, 17% vuavıvpL vvis BEL IUUBJERE ZFUFIIDWEID- 
geiftiger Huͤlfe zu künftiger Fuͤhrung feines Lebens, bedarf Handleitung, 
Bottes Auge wandeln, fich vor Wieberfall fihern und feine Heiligung 
I; dazu dient ihm die individuelle Belehrung und insbefon- 
auere Beſtimmung jener Pflicht, die aus der Suͤnde hervorgeht, das 
hen= und Schulfprache Buße auflegen beißt, was im Grunde nur 
Satisfaction ift, die die Gebefferten Gott und ihrem Gewiſſen ſchuldig 
as Sailer mit dem paflenden Ausdruck: weitere Führung des 
en Individuums bezeichnet. -— Indem der Beichtende dem 
feme Sünden ſpecifiſch vorträgt, verfchafft er dieſem die Möglichkeit, 
bſterkenntniß und zur Beſſerung zu verhelfen, fowie er, eben durch feine 
den Geift der Demuth und der Reue bethätige. Seit den erften Zeiten 
thums hat diefe Eromotlogefe ſtatt gefunden, wie die Kirchenväter Fir- 
mafius, Bafilius, Chryfoftomus, Cyrillus Alerander, Cyprian, Hila⸗ 
, Ambrofius, Auguftin auf das deutlichfte beurkunden. Es ift ein hi- 
tthum, wenn verfchiebene Proteftanten annehmen, daß erft P. Inno⸗ 
Dinrenbeichte erfunden habe, denn Innocenz III. hat nur in Gap. 12, 
itentiis, die Disciplinvorfchrift, daß Beichte und Communion jähr : 
:t gefchehen follen, erlaffen. Dabei kann es aber fehr wol zugegeben 

ebe diefe Zeitbeflimmung erlaffen worden und tie bie Gläubigen noch 
enreinheit hatten und wie die Öffentlichen Suͤnder durch das Inſtitut 
ißen von der Kirche auf beftimmte Zeit ausgefchloffen waren, die Ohren: 
cr war als nachher, wo fie faft zur Andachtsuͤbung geworden und dem 
Euchariſtia vorhergeht. — Aus dem entwickelten Beifte der Beichte 
les und nur Das dem Gewiffensfreunde (Beichtvater) eröffnet werben 
zu wiffen bedarf, um das fittliche Verderben des Suͤnders kennen zu 
zur tiefern Selbſterkenntniß, zur wirklichen Beſſerung, Beruhigung 
ing (Führung) deffelben mitwirken zu fonnen. Das geheime Sünden: 
t nie Endzweck, fondern nur Mittel und zwar Mittel zur Körderung 
Selbſterkenntniß u. f.w. Nie foll daher das geheime Suͤndenbekennt⸗ 
ur des Nichtbekennenwollenden, nie als Beftiedigungsmittel der Neu: 
Runftariff für aeheime Drben, nie als Staatsmarime zur Ausforſchung 


332 Bußtage Bute 


zufließende Kraft, Gutes zu hun und Widriges zu leiden, ia bankbarı 
ammenben, wozu fie uns geſchenkt ift, nämlich zur Erfüllung aller Fobı 
die ewige Gerechtigkeit an die Geretteten madt. Das Concilium 3 
ſtimmt hierüber Seas. 14, c. 8: „Es iſt nun aber unfere Genugthu 
für unfere Sünden darbringen, keine ſolche, daß fie nicht durch Jeſum 
fchehe; denn wir, die wir aus ung, als ſolchen, nichts vermögen könne 
Alles, wenn Der hilft, der ung flärkt. Der Menſch hat daher nicht U) 
überheben,, fondern unfer Ruhm ift gänzlich in Chrifto, in welchem n 
welchem wir Verbienfte erhalten, in welchem wir genugthun, würdig: 
Buße bringend, welche Früchte aus ihm Kraft haben, von ihm dem Vateı 
und durch ihn vom Vater angenommen werden“. Nothwendiger Ge 
Beichte find nur bie Tobfünden ; nur der von Gott abgefallene, wenig: 
Schwachheiten hingegebene Menſch bedarf der Beichte. — Die Bu 
fi) übrigens nicht auf Auferlegung von Gebeten, fondern diefe weitere ı 
nad) den Bedürfniffen des Gebefferten, verfchieden. Überhaupt iſt di 
Vorzug ber katholiſchen Bußanitalt, daß dadurch der Unterricht indivib 
Bedürfniffen der Einzelnen angepafit wird, während der chriftliche Leh 
Ale gleich ift. Unnennbar find die Vortheile, welche die Eatholifche . 
diefe Einrichtung ihrer Bußanftalt erntet, und fie könnten nody weit 
wenn die VBeichtväter mehr der Idee entſpraͤchen. Durchgehend iſt 
Anfiht, daß es nicht fruchte, den Tod Chrifti zu bemundern und fid 
fondern daß ernfte, zu nachhaltiger Befferung führende Reue und Bu 
ſei. Nur aufdiefe Weiſe fcheinen die ernigen Foderungen der Moral n 
dberbaren Wirkungen des Todes Chrifti in Einftimmung gebracht wı 
nen. Es iſt nicht zu leugnen, baß die katholiſche Kirche bei ihrer, zw 
ſtiſcher Moral und bequemer Myſtik die richtige Mitte haltenden Bi 
ſehr wohl befinde. V 

Bußtage, gewiſſe, in manchen Laͤndern jaͤhrlich angeordne 
deren wahren Zweck der aus aͤltern Zeiten beibehaltene Name, welcher: 
da den Beifag: Bet: und Kafttage, hat, nicht ganz Mar ausdrüdt. S 
benthume ordnete man bei Landuͤbeln befondere Bettage an, in der M 
durch die erzuͤrnte Gottheit zu befänftigen. Bei den Juden findet 
Beier eines großen Bußiages, die lange Nacht, flat. Auch unter 
ahmte man diefe Bußtagsfeier nah. Im 5. Jahrh. ordnete man 3 
Frankreich zur Abwendung des fchädlicyen Ungesiefers, welches das | 
wuͤſtete, außerordentliche Bettage an. — In Sachſen ward zur Zeit bei 
Krieges 1633 der erfte Bußtag ausgefchrieben und 1710 der dritte. 
ed im Könige. Sachſen bei drei jährlichen Bußtagen verblieben. Scho: 
bei der Belagerung Leipzigs 1547, wurden einige Bußtage angeordnet 
aber in den künftigen Jahren nicht erneuert ward. Zu manchen Zeiter 
fünf (wie 1674) und zu andern auch ſechs Bußtage in einem Sahre. 
Lande friert man jährlidy nur einen Bußtag. Die zu den an diefen X 
tenden Predigten bier und da von der hoͤchſten kirchlichen Behörde vor: 
Texte meint man, wenn man von Bußterten redet. 

Bute (John Stuart, Graf v.), britifcher Staatsmann, geb 
fang des 18. Jahrh. in Schottland. Seine Vorfahren waren feit : 
des Meiche, und verwandt mit den alten Königen Schottlands. J 
gend ſchien Bute zerflreuenden Vergnügungen ergeben und wenig gen 
Politik zu befaffen; dennoch ward ex 1737, nad) dem Tode eines ſchott 
an deffen Stelle ins Parlament gewählt, bejtritt hier unabläffig und 
nigem Grunde die Maßregein der Minifter, empfahl ſich dadurch kei 
Regierung und warb, als 1741 ein neues Parlament berufen wurde, 


wer mern Damien yymemnmıe une wre mongeg won Zeus vun ware 16 


legten. Lord Maldegrave und der Biſchof von Lincoln, die an ihre 
»n, erhoben vergeblidy Klage über ihn. Georg IH. flach, 25. Oct. 1760, 
age darauf warb Bute zum Mitglied des geheimen Raths emannt. Im 
L nourbe das Parlament aufgelöft. Bute trat als Staatsferretair am 
«6 Lords Holderneß und ernannte zu feinem Unterfecretait Charles Jen⸗ 
hmaligen dord Hawkesbury und Grafen von Liverpool. Der Kanzler 
ammer, Legge, ward entlaffen. Pitt (der große Chatam), der feinen 
neuen Gonfeil vernichtet fah, nahm noch in demfelben Jahre feinen 
Diefes Exeigniß machte ein hoͤchſt ungünftiges Auffehen bei der Nation. 
ı nunmehr mit dem unbeſchraͤnkten Vertrauen feines Könige an der 
Staats; er fäumte nicht, den alten Herzog von Neweaſtle, ber als erſter 
hatzkammer allein nody von dem alten Minifterium übrig war, zu vers 
ahm auch dieſen wichtigen Poften ein und empfing zugleich den Orden 
ındes. est ſchloß er, nach harten Kämpfen im Parlament, Frieden 
eich. Mochten auch die Bedingungen für England den errungenen 
nidjt unangemeffen fein, fo war es body (himpflich, daß der König von 
rog des mit ihm beſtehenden Buͤndniſſes, feinem Schickſale überlaffen 
inte mußte die lebhafteften Vorwürfe hören; dennoch gelang es ihm, die 
uͤr ſich zu gewinnen, und Alles ſchien der Macht des Minifters eine 
r zu veefprechen. Er hatte die Anhänger der Wiigs dem Könige ver⸗ 
wacht und von der Verwaltung ausgeſchloſſen; dagegen begünftigte er 
ſelbſt die vormaligen Jakobiten, und umgab fo ben König mit Perfo- 
Grundſaͤtze mit den jeinigen uͤbereinſtimmten, befonders mit feinen 
Landsleuten. Das Bolt murtte, unzählige Ftugfchriften griffen mit 
‚den Dinifter an, der nur langfam das Vertrauen des Publicums er= 
1te, ald neue Urfachen der Unzufriedenheit die Gemüther aufs aͤußerſte 

Zur Tutgung der Kriegsſchuiden mußte Über eine Anleihe unterhan⸗ 

deren Zinfen ber Minifter durch eine Taxe auf den Fruchtwein decken 
ot der Oppofition ging der Vorſchlag in beiden Häufern duch. Die 
on Bam vergebens bei dem Könige mit dem Geſuch ein, feine Beftäti- 
Tagen. Bute's Einfluß ſchien unbearenit, ald man toider Erwarten 








334 Buttler 


nannten, bildeten eine mächtige Partei. Man bezeichnete fie mit dem alten 
men Cabale und klagte fie an ald die Ucheber aller vorhandenen Übel. 1766: 
B. in der Kammer der Pairs erklärt, daß er ſich von ben öffentlichen Augd 
heiten völlig zurüdigezogen habe und daß er den Köpig.nicht mehr fehe; da 
zweifelte man nicht an feinem fortwaͤhrenden großen Einfluffe. Erſt mit dem 
der Prinzeffin von Wallis, 1772, fcheint er die Theilnahme an ben Regier 
gefhäften ganz aufgegeben zu haben. Der öffentliche Haß legte ſich; f 
vergeffen. Seine legten Sahre verlebte B. auf feinen Landhäufern. Ein kal 
botanifcher Garten, eine Bibliothek von 30,000 Bänden, prächtige aſtronen 
phyſikaliſche und mathematifche Inſtrumente gewährten feinem Geifte die mm 
faltigfte Befhäftigung. Sein Lieblingsftudium war die Botanik; er befaf] 
ausgebreitete Kenntniffe. Für die Königin von England ſchrieb er „ 
Tafeln”, welche die verfchiedenen Pflanzengefchlechter Großbritanniens 
(I Bde., 4). Diefes Werk ift wegen feiner Pracht, durch die es alle fruͤ 
nifche Werke übertrifft, und wegen feiner Seltenheit merfwürdig. Es w 
zwölf Exemplare abgezogen, melche einen Aufwand von mehr ald 10,000 
verurfachten. B. farb 1792. Ex befaß mehr Anmaßung als Geſchick 
Staatsmann, wozu ihm Talente und Kenntniffe fehlten, verlor er feine ei 
und erzeugte durch falfche Maßregeln Unruhe und Zwietracht im Schoße I 
tion. Er wollte herrſchen unter dem Schuge der hoͤchſten Gewalt, und 
beinahe diefe felbft in Gefahr. Man hat ihm Hochmuth vorgeworfen, 
mifchte diefen Fehler mit einem edeln Stolz und verfhmähte es ftandhaft, | 
feines Miniſteriums feile Federn in Sold zunehmen. Mißtrauifh und! 
galt er fuͤr hart, herefchfüchtig und hartnädig ; gemöhnlid zeigte er einen 
unentſchloſſenen, felbft furchtfamen Geiſt. Nie griff man ihn wegen feine 
an ; in feinem Privatleben zeigte er die liebenswuͤrdigſte Einfachheit. 
Buttler (Samuel), Dichter, geb. zu Strensham in der Graff 
cefter 1612, ftudirte zu Cambridge, und wurde Gehülfe des Friedensrichtert 
zu Earlscroon. Als diefer feine Neigung für Literatur und Künfte mahr 
währte er ihm hinreichende Muße, um fich damit zu beſchaͤftigen. B. trat 
in welcher Eigenfchaft ift unbekannt, in die Dienſte der Gräfin Kent, bei‘ 
ſich mehre Gelehrte zufammenfanden, darunter Selden, welcher beſonders 
gen Buttler in feinen literarifchen Arbeiten anfeuerte. Er machte die * 
ſchaft des Sir Samuel Luke, eines durch Geburt und Vermoͤgen ausge 
Mannes und gluͤhenden Puritaners, der ſich ſpaͤter der Sache Cromwell's a 
Damals faßte B. die Idee zu ſ. „Hudibras“, einem Werk, das feinen & 
gründet hat, und das, vermöge der Natur des Gegenftandes und vermoͤge! 
fände, unter welchen es erfchien, einen glänzenden Erfolg haben mußte, 
fagt, der Vf. habe ſich unter dem Hudibras ſelbſt ſchildern wollen. Die, 
des Gebichtes ift, die Schwaͤrmerei und die wilde Ausgelaffenheit der 
Secten und politifchen Parteien lächerlich zu machen, welche England im 
ten Regierungsjahren Karls I. umgekehrt und zulegt diefen Fuͤrſten auf das 
gebracht hatten. Die Helden find 2 groteske Garicaturen, der Ritter DR 
und fein Stallmeifter Ralph, feltfame und ziemlich anmuthlofe Nachahmm 
Don Quixote und Sanyo Panfa. Ohne ein eigenthuͤmliches poetifi 
Tonnteder „„Dubdibra®” nur damals ein bedeutendes Intereſſe erregen ;| feine 
mußte ſich verlieren, je weiter man. fi) von dem Zeitpunßte entfernte, dem 
Entflehung verbankte; und gegenwärtig mögen mol die Wenigften von 
die ihn aus Gewohnheit loben, Geduld gehabt haben, ihn zu lefen. Für 
länder hat! er das wichtige Mebenverbienft, durchaus national zu fein. 
innert fie an Ereigniffe und Anekdoten aus einem anziehenden Zeitrau 
Geſchichte, und ift zugleich ein Gemälde rein engliſcher Sitten, Chara 



























cd. Wir befigen eine meifterhafte Überf.des „Hudibras” von Soltau. 
ann (Philipp Karl), geb. zu Frankfurt a. M. den 5. Det. 1764, 
ingen, wurde Prinzenerzieher zu Deffau, privatifirte dann in Bers 
1800 als Profeffor am Joachimsthalſchen Gymnaſium, zugleich 
er koͤnigl. Bibliothek angeſtellt. Sept iſt er zweiter Bibliothekar 
ex Akademie ber Wiffenfhaften, wodurd er auch an der Univers 
fol. Seminartum Theil nimmt. Seine Selöftbiographie fleht in 
biographie bett. Gelehrten“, 1807, im 3. Heft. Buttniann, einer 
etſten Philologen der jegigen Zeit, verbindet mit umfaffender Bele⸗ 
rarffian, die Deutlichkeit und gediegene Kürze des Vortrags, die 
theten eigen fein muͤſſen, der in weitem Kreiſe Lehrer werden wil. 
tifchen Schriften find in allen Schulen eingeführt, denen das Fort⸗ 
Behandlung der alten Sprachen nicht fremd geblieben iſt. Die 
f. kurzgefaßten „Griech. Grammatik erfchien zu Berlin 1792. 
rt und, mit Benugung der mannigfaltigften Forſchungen in einem 
fleißig bebauten Feide, umſichtig verbeſſert, hat fie in doppelter Se 
bränktern für die Anfänger, einer etwas ausgebehntern für bie, 
xache zu denken verftehen, eine Auflage nad) der andern erlebt. 
‘gern Grammatik ift 1822 erfchienen, die 7te der Eleinern 1824. 
verdankt das Werk dem Vorzuge, dab es, auf hiſtoriſch m Wege 
ie Elemente der Sprache, wie ſicher aufbewahrt Data, ſammeit, 
aufgefundenen Schag durch die philoſophiſche Beleuchtung Ord⸗ 
wit zu bringen ſtrebt. Was die Schranken eines Schulbuch nicht 
‚rftatteten, hat er in 2 andern Werken niederzulegen begonnen, bie 
sfchriften anzufehen find. Das erftere ift der „Rerilogus, oder 
iech. Worterktärung, hauptſaͤchlich füe Homer und Hefiod” (1. Bd. 
Aufl. 1825); das zweite die ausführliche „Griech. Sprachlehre“ 
.Bb.; 1825, 1. Abth. des zweiten). Noch verbanft man dieſem 
:. Bd. der durch Spalding's Tod unterbrochenen Ausg. des „Quins 
und den vermehrten und mannigfaltig verb. Abbrud der von Majo 
Scholin zur Odyſſee (1821). Mehre der gediegenften Auffäge 


N Mast ab nt hi u matten 





336 Buttura Burhoͤwden 


derlegung Deret, bie ein gruͤndliches grammatiſches Studium für ertöbtn 
und den Geiſt nicht erkennen, der auch aus dem Chaos des Alterthums ei 
Schoͤpfung hervorfuͤhren kann. 

Buttura (Antonio), ein italienifcher, 1771 zu Verona geborener 
As 1799 die vereinigten oͤſtreichiſch⸗ruſſiſchen Heere die jungen ital. Rı 
bedrängten, begab ſich B. nad) Srankreih. Bis dahin kannte man in feh 
terlande von ihm nichts als einige artige Sonette und eine ital. Überfet 
Trauerfpiels: „Die Venetianer”, von Arnault. In Paris Üüberfegte er 9 
„Art poetique” in ital. Verfe, mit treuer Beibehaltung des Ideenganges 
ginal. Der Verſuch war um fo ſchwieriger, als Boileau das Meiſterwer 
fo hart tadelte. Dennoch fand die Überfegung in Stalien Beifall. Eb 
Beifall des Publicums bewog ihn, auch Racine's „Iphigenie en Aulide" 
Verſen wiederzugeben. 1811 ließ er einen Band Gedichte, meiftens £ 
Enthufiasmus für Frankreich, druden. Sein Verfud) der „Gefchichte V 
in ital. Profa fand in Ftalien und Frankreich, fowie f. „Tableau de la lit 
italienne”, als Einleitung zu f. Borlefungen im Athenee, großen Beifa 

Buxhoͤwden (Friedrih Wilhelm, Graf von), ſtammte aus einer 
Familie, welche 1185 bereits Kehngüter im Herzogthume Bremen befaß. 1 
lich waren es die Hanfeftädte, insbefondere Bremen, welche zur Anfiebe 
deutfchen Ritter in Liefland, Efthland und Preußen viel beitrugen, und e 
mals nicht felten, bag deutfcher Adel unter dem Banner deutfcher Städte fr 
ift möglich, daß durch ähnliche Veranlaſſung von Bremen nach Kiefland 
fegt werden Eonnten. Burhöwden wurde zu Magnusdal (welches fein X 
Kronpachter befaß) auf der Infel Moen bei Öſel 1750 geb., ward im pi 
ger Cadettenhauſe erzogen und focht feit 1769 gegen die Tuͤrken. Sein 
gen Sitten machten ihn mit dem Fürften Orloff befannt, welchen er au 
Reiſen durdy Stalien und Deutfchland 1774 und 1775 begleitete. Res 
netungen zogen damals den Juͤngling vorzügli an. Seine Heirath 
vornehmen Ruffin, Natalia Aterijeff, 1777, brach feinem Güde im 
dienfte eine weitere Bahn, ſodaß er 1783 bereits Oberfter wurde. Als 
focht er 1789 mit den Schweden, ſchlug 1790 die ſchwed. Generale | 
und Meyerfeld und entfeßte Friedrichshamm und Wiborg, wofür ihn die 
Katharina dur Drden und die Schenkung des Kronguts Magnusbal 
Im Kriege mit Polen befehligte er eine uff. Truppendiviſion 1792 ur 
Beim Sturm auf Praga that er nach Kräften der Wuth der Krieger Einhe 
für gab Ihm ber Feldmarſchall Sumaroff die Gommandantur in Warfchaı 
Verwaltung des eroberten Polens. Seine Mäßigung und Uneigennüg 
warben ihm, was damals fehr ſchwer zu erlangen fland, die Achtung di 
Die Anerkennung feiner Verdienfte auch im Verwaltungsfache bewog di 
Paul, ihn zum Militairgouverneur in Peteröburg zu ernennen. Doch 
hier, wie Andre in ähnlicher Lage, bald die Gnade feines Monarchen, w 
er fi) nach Deutfchland zuruͤckzog. Nach Pauls Tode rief ihn Kaifer 4 
zurüd. ine der häufigften Klagen in der Refidenz war damals die ungleh 
theilung der Ortsabgaben. Buxhoͤwden hatte den Ruf, gerade ducchzugel 
war ohne Verbindung mit den babei intereffirten Perfonen. Dies me 
jungen Monarchen bervogen haben, eine billigere Regulirung dem Grafi 
hoͤwden aufzutragen. Zur allgemeinen Zufriedenheit glich er Alles aus 
Kaifer beftätigte die Umänderung. Der Monardy vertraute ihm nun das 
torat der Truppen in Liefland, Efthland und Kurland an, mit der Stelle € 
neralgouverneurd. Als durch die Allianz Rußlands mit Öffreich 1805 
Krieger wider Napoleon auftraten, führte er die Truppen feiner Infpei 
Feld und befehligte am Schlachttage zu Auſterlitz den linken Flügel, we 


grrzag KM WFT ve LOTMFURTOMD IM cappiano, DET Im DEM grie⸗ 
Kr wurde. 1809 nöthigte ihn feine geſchwaͤchte Gefundheit, 
» miederzulegen. Weder die Ruhe in Eſthland, noch Deuiſchlands 
* vermochten feine Geſundhelt herzuftellen. Er ſtarb im Auguſt 
m Schloſſe Lohde in Eſthland im 61. I. feines Alters. 
Br „ ein durch eine Reihe von Gelehrten während zweier Jahrhun⸗ 
w. Literatur ruͤhmlich bekannter Name. Johann B. geb. 1664 zu 
eftfaten, ftudirte zu Marburg und Herborn mit fo vieler Auszeich⸗ 
3 Lehrer Pifcator offen geftand, der Schüler übertreffe bereits bie 
zu Baſel und Genf genoß er den Unterricht von Grynaͤus und Theo⸗ 
Tief fich, nachdem er Deutfhland und bie Schweiz bereift hatte, zu 
verheirathete fich hier und warb Profeffor der hebt. Sprache. Nach 
altung dieſes Lehramts ftarb er 1629 an einer anſteckenden Krank: 
hemüihungen bezogen fic) befonders auf die Schriften der Rabbinen, 
idllcher Kenner er war. Auch verfaßte er gefchägte grammatifche 
y. Werte. — Sein Sohn, ebenfalls Johann, geb. 1599 zu Bafel, 
intſchiedenſte Neigung für den Zweig der Literatur, in weichem fein 
igeichnete. Man fagt, daß er ſchon in feinem 4. Jahre Deutſch, La⸗ 
Jebräifch gelefen. Ex befuchte die verſchiedenen Städte Hollande, 
id Deutſchlande, wo die hebr. Literatur am meiften in Aufnahme 
algte er feinem Water auf dem Lehrfluhl der alten Sprachen zu Bafel 
bft 1664. Ex iſt Vf. mehrer gelchrten Werke. — Sein Sohn, Jo⸗ 
>, geb. zu Bafel 1645 und geft. ebendaf. 1704; folgte feinem Water 
‚ade auf dem Lehrſtuhl der hebr. Sprache. Außer einer Vorcede zu 
189. des Tiberias feine® Großvaters hat er nicht herausgegeben, aber 
r —e— hinterlaſſen. — Sein Neffe, Johann B., war 
der bebr. Sprache zu Baſel. Er ſtatb 1732, und hinterließ einen 
elbe Laufbahn betrat. Man hat einige Schriften von ihm. 
(Beorge), Lords Viscount Tortington, Admiral von Großbritan⸗ 
33, ging in feinem 15. J. zu der Eönigt. Flotte und zeichnete fich bald 


Im fpanifhen Erbfolgekriege Leiftete er den Verbündeten große 
hei Nor Msnnahme har Flatte im ‚Anfen nan Minnk heiher (rahos 





9338 Byron (Sohn). Byron (George: Not Gort 


Franzoſen mit bedeutender Macht gelandet waren und das Fort S 
gerten, zu befreien, oder doch zu unterſtuͤßen. Hier lieferte er dei 
ſchiff ſchwaͤchern franz. Flotte unter dem Marquis de la Galiſſo 
ſchiedenes Treffen, aus dem er fich, mit Aufgebung des erhaltenen ! 
308. Für diefen der engl. Flagge zugezogenen Schimpf wurde eı 
gericht gezogen, zum Tode verurtbeilt und am 14. März 1757 
farb als ein Opfer der ſchlechten Maßregein des Minifteriums; d« 
es, daß B. auch bei größeren Kraft und Thätigfeit, als er wirkli 
norca nicht würde haben retten koͤnnen. 

Byron (Sohn), engl. Commodore, geb. 1723, fhiffte | 
auf einem Schiffe des Lord Anfon ein, welches beflimmt war, 
Melt zu machen, aber im Norden der magellanifchen DMeerenge 
Byron wurde mit einigen feiner Unglüdsgefährten von den Inbic 
geführt, und blieb dafelbft bie 1744, wo er fidy auf einem Schiffe 
‚einfchiffte und 1745 nad) Europa zuruͤckkam. 1758 befehligte « 
und that fich in dem Kriege gegen Frankreich hervor. Georg IM., 
des atlantifchen Oceans zwiſchen dem Gap und der Sudfpige von 
fuchen laffen wollte, gab Byron zu diefem Ende den Befehl einer Fı 
cher diefer im Juni 1764, begleitet von einer zweiten Fregatte unte 
nat, abfegelte. Beide Fahrzeuge befuchten Madeira, die Inſelnt 
gebirges, und liefen von ba in den Rio Janeiro, der Stadt d. N. 
Byron befchiffte darauf den füdlichen Theil des atlantifhen Dceand 
er die Peppsinfeln vergebens aufgefucht hatte, befuchte er die | 
durchfuhr die magellanifhe Meerenge und fegte feine Reife in 
Dier begegnete er Bougainville, der eine Colonie auf den Falkland 
den beſchaͤftigt roar. Byron richtete ſich nördlich auf die Inſel M 
nahm er ſeinen Weg weſtlich, paſſirte ben gefährlichen, im Oſter 
infein gelegenen Archipelagus, und entdeckte hier Island of i 
und Island of King George. Indem er dann nordöftiich weite 
er Island of Danger und of Byron, fhiffte vor den Garoliner 
das chineſiſche Meer; darauf ſich ſuͤdlich wendend, kam er durch di 
Banca nad) Batavia, von wo er zu Ende 1765 abfuhr und im! 
England zuruͤckkam. Obwol Bpron’s Reife nicht fruchtbar an En 
fo verdient er doch einen ehrenvollen Platz in dee Geſchichte der Reifı 
denn er war der Erſte von jenen berühmten Weltumfeglern (Walli 
GooE), welche bei ihren Unternehmungen nicht bloß einen kaufmaͤn 
auch einen wiſſenſchaftlichen Zweck hatten. 

Byron (George Noel Gordon, Lord), Dichter, Großneffe 
ten Commodore Byron, flammte aus einer adeligen Familie, 
baum bis in bie Zeiten Wilhelms des Eroberers hinaufreicht; v 
Seite (daher nannte er fid) Gordon) fland er mit der fchottijcher 
verwandtfchaftlicher Berührung. Geb. in Schottland den 22. 3 
lebte er einen Theil feiner Jugend in den wildromantifchen Gege 
landes. Seine Bildung empfing er auf der Harrorofchule und au 
Cambridge. Hier lebte er ganz der Dichtkunſt. Er mar ein Feind 
Sein Liebling war ein Bär. Aus dem Schädel eines feiner Vor 
einen Pokal. Schon in feinem 13. 3. ſchrieb er ein Drama: „Ulri 
das er aber ind Feuer warf; in feinem 15. J. befeng er fein reizen! 
. Kamiliengut, das er 1812 erbte, Newſtead Abbey (f.d.); ü 
er f. „Hours of idleness’ heraus, die indem „Edinburgh reyi 
tadeinde Kritik erfuhren. Dagegen fchrich der junge Dichter f. bei 
„English bards and scotch reviewers”, das Werk einer zuͤ 


eben hat, in der wir auch feine Pocfie befangen finden! -- Die 
Ahlen, bag ein naher Verwandter Byron's den Vater jener Miß im 
n habe. Sewiß ift, daß Byron ſich in die Miß Ch—Itvorth verlichte, 
mſchaft war fo she, wie er fie in feinen ‚Helden gefchildert hat. 
R ſcheint keineswegs den Wuͤnſchen Byron's zuwider geweſen zu ſein; 
ſcheiterten an einer frühen Liebe der Miß zu einem 
— mit dem fie ſich nachmals verheirathete. Sobald Byron die 
den Befig der Geliebten aufgeben mußte, verfiel ec In einen der Ras 
Zuftand, aus dem er bald in den Wirbel der wilbeften Ausſchwei ⸗ 
die flilfe Kaufe der Mufe flüchtete, Betäubung oder Troſt ſuchend. 
er felbft damals für liebenswärdig, und fein trauriges Geſchick mochte 
Hwache Geſchlecht um fo anziehender machen, da Mitleid und Liebe 
egnen unb verbinden. Cr war die Seele der Geſellſchaften, die er 
nahm an jedem Spiele und Scyerze Theil; nut ben Freuden des 
» er wegen feines Klumpfußes entfagen. Bald aber wurbe er des 
ynüigens überbräffig, und nachdem er 1809 majorenn geworden und 
der Pairs erhalten hatte, verließ er, Menſchenhaß und Lebensveradys 
n, fein Vaterland, und machte eine Reife durch Portugal, Spanien 
and, die er in den beiden erften Gefängen von „Childe Harold” bes 
Damals, 1810, durchſchwamm er den Hellefpont. Sein Begleiter 
feiner zweiten Reife war John Hobhoufe, der bekannte Parlaments: 
‚ außer einer Befchreibung der Reife durch Griechenland, einen weit: 
sentar zu dem vierten ihm gewibmeten Gefange von „Childe Haro!d”, 
nfaßt, befanntgemacht hat. 1811 kam Byron nad) England zus 
te in ben erfien gefelligen Kreifen der Hauptftabt, namentlid in dem 
d Holland, dem Mittelpunkte der gebildetſten Unterhaltung Man 
ı diefer Zeit mehre junge Damen, für das ewige Heil des Dichters 
hnungsbriefe an ihn gefchrieben haben, und daß eine ihn hoffnunge: 
feiner Gegenwart bei einem Abendeffen den Verſuch machte, fi mit 
zu erfichen. Im diefer Periode ſtieg Byton s Ruhm als Dichter 
wozu wol auch das Abenteuerliche feiner Verſoͤnlichteit mit beitrug. 





340 | Byron (George Noel Gordon, Eotb) 


in England mandyerlei Geruͤchte; ber Eorb ſelbſt bekennt in f. berüht 
wohl” (Fare thee well): daß er zwar bie Schuld ber Trennung trag 
Schmerz und Reue ihn der Verzelhung wol hätten werth machen bärfer 
Liebe für feine Gattin und fein Kind fpricht auch mit ungewöhnlicher W 
den Anfangs» und Schlußflanzen ber zweiten Abtheilung von „Chil 
Hierauf trat Lord Byron feine zweite Reife an, welche durch bie Niede 
Rhein herauf, dann durch bie Schweiz nach Itallen ging, und deren X 
die beiden legten Gefänge von „Childe Harold’ gewidmet find, in denen 
die Maske feines Helden ablegt und fich felbft als den abentenerlichen 
darftellt. Dann lebte der Lord in einer. einfamen Abtei bei Venedig, fi 
gen benachbarten Küftenorten des abriatifchen Meeres, auch bewohnte 
lang eine Infel im Acchtpelagus. Won Venedig ließ er ſich alle Morg 
Feſtlande überfegen und tummelte wilde Roffe. 1818 wiederholte er 
ſtuͤck im Schwimmen, indem er bei einer Schwimmpartie In dem engli 
4 Stunden und 20 Minuten mit Schwimmhoſen im Waffer blieb. € 
er zu Ravenna. Hier ſtand er mit der ſchoͤnen Graͤfin Guiccioli in 
vertrauten Verhältniffe. Als deren Vater und Bruder, die Grafen E 
gen carbonarifcher Umttriebe aus Ravenna verbannt wurden, nahm Por 
ganze Familie gleihfam unter feinen Schug und ging mit ihr nad) F 
auch die Gräfin, melche fih von ihrem Gemahl getrennt hatte, ſich b 
die Samba auch in Pifa nicht mehr geduldet wurden, führte Byron | 
nua, wo Alle wie zu einer Familie vereinigt lebten, bie das Schidfat t 
den Lord nad) Miffolunghi zog. Lord Byron wollte fein Leben in € 
befchließen. „Denn, ſchrieb er in eins feiner Bücher, „wenn Alles 
über mich gefagt hat, wahr iſt, fo bin ich nicht wärdig, England wied 
wenn aber Alles bloß Verleumbung gewefen, fo iſt England unwuͤrdig 
der zw fehen”. Der große Dichter ſtarb in Miffolunghi, nachdem e 
der Griechen (f. d.) große Opfer gebracht hatte, an einem Entzuͤndun 
19. Apr. 1824. Des Spiridion Trikupi Trauerrede auf ihn ift dafell 
erfchtenen. Ganz Griechenland trauerte um ihn 24 Tage und bemahı 
in einem Maufoleum zu Miffolunghi. Der junge Graf Peter Gaml 
dahin gefolgt und führte jegt die irdiſchen überreſte feines grofmüthig 
nach England, wo er die „Narrative of L. Byron’s last journey t 
aus ſ. Tagebuche (Kkondon 1825) herausgab. Lord Byron hinterließ « 
und eine Halbſchweſter, Miſtreß Ligh. Sein Coufin, der Schiffecap 
Byron, erbte bie Titel des Lords. Die jährlichen Einkünfte deſſelben 
St.) fielen an feine Witwe. Sein Körper wurde in der Abtei Newſteat 
Seit feiner zweiten Abreife aus England hat Lord Byron die b 
Gefänge von „Childe Harold”, das dramatifche Gedicht „Manfred”, 
soner of Chillon“, die venetianifhe Novelle „Beppo”, den erſten 
leichtem Style, „Mazeppa“, das Trauerſpiel „Marino Falieri, Doge « 
ben berüchtigten „Don Juan”, von dem biß jegt in 2 Abth. 5 Gefäng 
find, 3 dramatifche Dichtungen: „Gain, „Sarbanapalus” und , 
Foscari“, und die profaifche Gefpenftergefchichte „The vampyr” und | 
dichte befanntgemadht. — Lord Byron’s Dichterruf iſt niche nur 
Baterlande, fondern aud über das Ausland, namentlich Deutfchland 
veich, verbreitet. Franzoſen und Deutfche befigen Überfegumgen vor 
feinen Werken, von manchen mehre. Von deutfchen liberfegern nennen 
von Rordftern, Adolf Wagner, Theodor Hell, Breuer, Karoline Pichl, 
frau v. Hohenhauſen ıc. — Über alle Gebitbe Lord Byron's ſchwebt 
druͤckender Himmel, ber Beine Ausficht nach einem heitern, heilen Senfel 
Unter biefem Himmel mag immerhin rin glaͤnzender Luftkreis mit So 


Byron (George Noel Gordon, Lord) 841 


zumem fich bewegen; wir fehen dennoch das alles weit daruͤberhin umſchlie⸗ 
d . Für jenen duͤſtern Geiſt hat Byron ſelbſt das oft 

te Wort gloomy zur feſtſtehenden Bezeichnung geftempelt. Unheilbarer 
1. ſtarr verzweifelnbes Leiden, Lebensuͤberdruß und Menſchenhaß, ohne 
Gt und Hoffnung auf ein beſſeres Dafein und ein erhöhetes, geläutertes 
mgeichlecht, fprechen uns klagend oder verfpottend aus allen Gedichten des 
n; daneben aber flanımende Begeifterung für die Herrlichkeit der Vorwelt, 
wonne und Zprannenhaf, gigantifcher Trotz auf Menfchenkraft; und im 
übe Alles wieder binfchmelzenb in zärtlihen Sammer, in Seufjer nad) 
um, unwiederbringlich verlorenem Liebesgläd. Die Phantafie diefes Dich 
merſchoͤpflich in lebendiger Malerei der Außenwelt; die Gletſcher der Alpen 
'Refı bes Drients, das Schlachtfeld von Waterloo und bie Ruinen 
Ken weiß er gleich anfchaulich und anfprechend vor unfere Augen zu ftellen 
umſer Herz zu legen; aber am liebſten und längften weilt feine Mufe auf 
us Brauens und des Jammers, auf Leichenbergen, in den Kammern ber 
haden Kerkern ber Unſchuld, in den Zellen einfamer Verzweiflung. Treffend 
wDichter Moore von Byron’s Mufe, fie wohne gern unter Ruinen der Her⸗ 
BÜxten, welche das Feuer bes Gefuͤhls zerſtoͤrt hat, wie der Kaftanienbaum, 
alkaniſchem Boden waͤchſt, dort zu gedeihen, two der Brand der Leiden: 
— gelaſſen hat. Weniger ſtark iſt der Lord in der Schilderung von 
.Odſchon alle feine Helden ſich in den weſentlichſten Zuͤgen gleichen, 

nie zufälligen Außerlichkeiten, nach Alter, Klima und Sitte verfchieden find, 
hiess Dichter doch nicht gelungen, diefen einen Charakter ſicher und vollſtaͤn⸗ 
When. Cr will uns feine Helden durch Befchreibungen und Reflerionen 
in, wie Gegenden und Kunſtwerke; er läßt fie zu wenig handeln und zu viel 
r Dazu kommt, daß er feinen eignen perfönlichen Eharakter, fein Gefühl 
ua Glauben überall in daß Leben und Handeln, fowie in die Reden feis 
Bm einmilht. Das Beiwort gloomy paßt auch für feine Helden, für 
Isar, den Gorfaren, den Renegaten Alp, den Lara, den Manfred ıc.; 
u, verworfen, hoffnungslos, aber alle aufgefchwollen von eitlem Men⸗ 
u gegen Bott und die Natur; babei ein duͤſtrer, geheimnißvoller Hinter: 
‚ie unausfprechliche Lafter und Greuel mit ihren folternden Strafen ver 
Lk Die unaufhoͤrliche Klage über bie Verworfenheit des Menſchengeſchlechts, 
Hder Dichter ſich nur zu erheben fcheint, um ſich nachher auch mit zu ver: 
Rab die ganze Brut deſto tiefer zus erniebrigen ; der oft bis zum Ekel auge: 
nEkel an dem Leben; bie höhnende Refignation auf Lohn und Strafe ei: 
heit; endlich der unablaͤſſtz nach Seufzern und Thränen ringende Jam: 
einen unfealichen Verluſt: — diefe ſtehenden Gefühle und Maximen ber 
Beran's mülfen allmaͤlig fehr verdächtig werden und an der Kraft ihres 
B verlieren, beſonders wenn man bamit das Leben des Lords und feige letz⸗ 
Ken Dichtungen, namentlich den „Don Juan“ vergleicht, den ein Mann 
undluft wol fdymwerlich gefchrieben haben möchte. Byron's Heldinnen 
qaratterloſer und einförrniger als die Heiden. Von allen erhalten wir 
tühende Befchreibungen, denen öfters ein uͤppiger Reiz beigemifcht iſt; 
ı diefe Befchreibungen geben wur das ſchwankende Bild einer ſchwachen, 
Ibaheit; und in ihrem Charakter und Schickſal kommen fie faft alle 
jerein, daß fie lieben, liebend fallen und von der Verzweiflung bemeint 
— Der portifche Styl des Lords ift glänzend, prachtvoll, blendend; er 
p grellen Begenfägen, Lebt das Chiaroscuro, und Malerei und Declama⸗ 
kam ihm mehr Dienfle als bie echte Poefie erheiſcht. Durch Überfpan- 
8 in einigen Lieblingäftellen werden manche andre zu karg 
tet, und bapusch leidet bie Einheit und Vollendung des Ganzen. Yu 


340 | Byron (George Noel Gordon, Eotb) 


In England mandyerlei Geruͤchte; ber Lord ſelbſt bekennt in f. berühmten 
wohl” (Fare thee well): daß er zwar bie Schuld ber Xrennung tenge, U 
Schmerz und Reue ihn der Verzeihung wol hätten werth machen bärfen. 9 
Liebe für feine Gattin und fein Kind fpricht auch mit ungewöhnlicher Bahıl 
den Anfangs⸗ und Schlußſtanzen bee zweiten Abthellung von Childe S 
Hierauf trat Lord Byron feine zweite Reife an, welche durch bie Niederlaun 
Rhein herauf, dann durch die Schweiz nach Ftalien ging, und beren Beſchl 
bie beiben legten Gefänge von „Childe Harold’ gewidmet find, in denen erg 
die Maske feines Helden ablegt und ſich felbft als den abenteuerlichen BE 
darftellt. Dann lebte der Lord in einer einfamen Abtei bei Benebig, foreiei 
gen benachbarten Küftenorten des adriatifchen Meeres, auch bewohnte er 
lang eine Infel im Archipelagus. Von Venedig ließ er fich alle Morgen 3 
Feſtlande überfegen und tummelte wilde Roffe. 1818 wiederholte er fi 
ftüd im Schwimmen, indem er bei einer Schwimmpartie In dem engliſ 
4 Stunden und 20 Minuten mit Schwimmbhofen im Waffer blieb. 

er zu Ravenna. Hier fand er mit der ſchoͤnen Gräfin Guiccioll in 
vertrauten Verhältniffe. Als deren Vater und Bruder, die Grafen 
gen carbonarifcher Umtriebe aus Ravenna verbannt wurden, nahm Korb 
ganze Familie gleichſam unter feinen Schug und ging mit ihr nach 
auch die Gräfin, welche fi) von ihrem Gemahl getrennt hatte, fich 
die Samba auch in Pifa nicht mehr gebuldet wurden, führte Byron ſn 
nua, wo Alle wie zu einer Familie vereinigt lebten, bis das Schickſal der 
den Lord nach Miffolunghi zog. Korb Byron wollte fein Leben in 
befchließen. „Denn“, ſchrieb er in eins feiner Bücher, „wenn Alles, 
über mid) geſagt hat, wahr ift, fo bin ich nicht würdig, England wieder 
wenn aber Alles bloß Verleumdung gewefen, fo iſt England unwuͤrdig, 
ber zw ſehen“. Der große Dichter ftarb in Miffotunghi, nachdem er 
dee Briechen (f. d.) große Opfer gebracht hatte, an einem Entzuͤn 
19. Apr. 1824. Des Spiridion Trikupi Trauerrede auf ihn ift daſelbſt 
erfchienen. Ganz Griechenland trauerte um ihn 21 Tage und bemahrte Mi 
in einem Mauſoleum zu Miſſolunghi. Der junge Braf Peter Samba di 
dahin gefolgt und führte jegt die Irdifchen Überrefte feines großmuͤthigen 
nad) England, wo er die „Narrative of L. Byron’s last journey to @& 
aus f. Zagebuche (London 1825) herausgab. Lord Byron hinterließ eine ı 
und eine Halbſchweſter, Miſtreß Ligh. Sein Coufin, der Schiffe 
Bpron, erbte die Titel des Lords. Die jährlichen Einkünfte deffelben 
St.) fielen an feine Witwe. Sein Körper wurde In der Abtei Newſtead 

Seit feiner zweiten Abreife aus England hat Lord Byron bie 

Gefänge von „Ehilde Haroid”, das dramatifche Gedicht „Manfred“, 
soner of Chillon‘', die venetianifhe Novelle „Beppo”, den erſten 
leichtem Style, „Mazeppa“, das Trauerfpiel „Marino Falieri, Doge of Wü 
den berüchtigten „Don Juan”, von dem biß jegt In 2 Abth. 5 Gefänge wf 
find, 3 dramatifhe Dichtungen: „Cain“, „Sarbanapalus” und „Die 
Foscari“, und die profaifche Gefpenftergefchichte „The vampyr” und Mei 
dichte bekanntgemacht. — Lord Byron’s Dichterruf ift nicht nur ie 
Baterlande, ſondern audy Über das Ausland, namentlich Deutfcyland unb 
veich, verbreitet. Franzoſen und Deutfche befigen Überfegumgen von Ne] 
feinen Werten, von manchen mehre. Bon beutichen Üiberfegern nennen wir 
von Norditern, Adolf Wagner, Theodor Hell, Breuer, Karoline Pichler, b 
frau v. Hohenhanfen ıc. — Über alle Gebilde Lord Byron's ſchwebt ein 
druͤckender Himmel, ber Beine Ausficht nad) einem heitern, heilen Jenſeits g 
Unter biefem Himmel mag immerhin rin glänzender Luftkreis mit Sonme, 



















Byron (George Noel Gordon, Lord) 841 


non ſich bewegen ; wir fehen dennoch das alles weit daruͤberhin umfchlie- 
Ber d Fuͤr jenen duͤſtern Geift hat Byron felbft das oft 
} gloomy zur feftfichenden Bezeichnung geſtempelt. Unbeilbarer 
‚ Base verzweifelndes Leiden, Lebensuͤberdruß und Menſchenhaß, ohne 
tund Hoffnung auf ein befferes Dafein und ein erhöhetes, geläutertes 
geſchlecht, fprechen ung Hagend oder verfpottend aus allen Gedichten des 
; baneben aber flammende Begeifterung für die Herrlichkeit der Vorwelt, 
nung und Tyramnenhaß, gigantifcher Trotz auf Menfchenkraft; und im 
Is Alles wieder hinſchmelzend in zärtlichen Sammer, in Seufjer nad) 
1, uneoieberbeinglich verlorenem Liebesglüd. Die Phantafie diefes Dich: 
— in lebendiger Malerei der Außenwelt; die Gletſcher der Alpen 
des Orients, das Schlachtfeld von Waterloo und die Ruinen 
a weiß er gleich anſchaulich und anſprechend vor unſere Augen zu ſtellen 
Bier Herz zu legen; aber am liebſten und laͤngſten weilt feine Muſe auf 
W Grauens und bes Jammers, auf Leichenbergen, in den Kammern der 
ien Kerkern ber Unfchulb, in den Zellen einfamer Verzweiflung. Treffend 
Yhter Moore von Byron's Mufe, fie wohne gern unter Ruinen der Her⸗ 
ken, weiche das Heuer bes Gefühle zerftört hat, wie der Kaſtanienbaum, 
sitanifhen Boden wählt, dort zu gedeihen, wo der Brand der Leiden: 
ı pur gelaffen hat. Weniger ſtark iſt der Lorb in der Schilderung von 
mw. Obſchon alle feine Helden fich in den weſentlichſten Zuͤgen gleichen, 
a pafaͤlligen Außerlichkeiten, nad) Alter, Klima und Sitte verfchieden find, 
ws Dichter doch nicht gelungen, diefen einen Charakter ſicher und vollftän- 
haen. Er will uns feine Helden durch Befchreibungen und Reflerionen 
‚wie Segenben unb Kunſtwerke; er laͤßt fie zu wenig handeln und zu viel 
Dazu kommt, daf er feinen eignen perfönlichen Charakter, fein Gefühl 
Glauben überall in das Leben und Handeln, fowie in die Reden feis 
a einmifcht. Das Beiwort gloomy paßt auch für feine Helden, für 
w, denn Gorfaren, ben Renegaten Alp, den Lara, den Manfred ıc.; 
verworfen, hoffnungslos, aber alle aufgefchwollen von eitlem Men: 
segen Bott und die Natur; dabei ein duͤſtrer, geheimnißvoller Hinter: 
: unausfprechliche after und Greuel mit ihren folternden Strafen ver: 
Die unaufbörliche Ringe über die Vertworfenheit des Menfchengefchlechte, 
we Dichter ſich nur zu erheben fcheint, um ſich nachher auch mit zu ver: 
) die ganze Brut befto tiefer zus erniedrigen ; der oft bie zum Ekel ausge: 
Hei ar dem Leben; bie höhnenbe Refignation auf Lohn und Strafe ri: 
üt; endlich der unabläffig nad) Seufzern und Thraͤnen ringende Jam⸗ 
nen unſaͤglichen Verluſt: — diefe ſtehenden Gefühle und Marimen der 
ren's müflen allmälig fehr verdächtig werden und an der Kraft ihres 
verlieren, beſonders wenn man bamit das Leben dee Lords und feine letz⸗ 
s Dichtungen, namentlich den „Don Juan“ vergleicht, den ein Mann 
Huft wol fchwerlich gefchrieben haben möchte. Byron's Helbinnen 
arakterloſer uud einfürmiger als die Helden. Bon allen erhalten wir 
hende Befchreibungen, benen öfters ein uͤppiger Reiz beigemiſcht ift; 
veſe Befchreibungen geben wur das ſchwankende Bild einer ſchwachen, 
Waheit; und in ihrem Charakter und Schickſal kommen fie faft alle 
in, daß fie lieben, lebend fallen und von ber Verziveiflung beweint 
- Der poetifche Styl des Lords ift glänzend, prachtvoll, blendend; er 
gelien Begenfägen, liebt das Shiaroscuro, und Malerei und Declama: 
n ihm mehr Dienfte als die echte Poefie erheiſcht. Durch Überfpan- 
berfuͤlung in einigen Lieblingsſtellen werden manche andre zu karg 
ut, und bapucch leidet bie Einheit und Vollendung des Ganzen. Auch 


% 


548 Byſſus Byzantiner 


im Styl ringt feine Leidenſchaftlichkeit zwiſchen lüberſpannung un 
In Beſchreibungen von Naturgegenſtaͤnden, von Scenen der Welt, 
des bewegten Lebens iſt Lord Byron Meiſter. Seine Muſe hen 
blicken uͤber den Occident und Orient, Bilder holend aus Palmenw 
Eisgebirgen. Nur auf England ſchaut fie nimmer herab, und aı 
fie fich in den üppigen Düften des Orients, wo die Natur ein Engel: 
ein Teufel fcheint. Doch läßt fie ſich träumerifch auf die Truͤmn 
und Herrlichkeit nieder, verzweifelnd an Gegenwart und Zukunft, 
tofe Lehren fchöpfend aus der Vergangenheit. — Wer einen G— 
feftzuhalten vermag, wird das Mefentlichfte diefer Charakteriftit | 
den größern Werken des Lords, in „Chifbe Harold“, „The Gis 
freb” ıc. belegt finden, roährend einzelne Züge durdy einzelne Heine 
noch genauer werden erprüfen laffen. Auf „Beppo“ und „Don J 
fere Charakteriſtik nicht; diefe beiden Gedichte gehen ganz auß ber ' 
ſich die Poefie Byron's bisher bewegt hat, heraus. Gie find leicht 
im Inhalt, oft unverfhämt; nur der bittere Hohn gegen Alles, t 
fhen heilig fein follte, ift ihnen mit den frühen Werken gemein. 
„Mazeppa’ bildet gleichfam einen Übergang von der erften Gattun: 
gen zu diefer zweiten. „Der Doge von Venedig” ift als Trauer 
Belchreibungen , Raifonnements und Declamationen ausgefchm: 
frei von Theaterkunſtſtuͤcken, welche auch gewiß den Zufchauer hir 
wenn die Handlung richt durch die eben gerügten Ausſchmuͤckungen 
halten wuͤrde. Lord Byron's Gedicht: „The island, or Christiar 
rades“ (Lond. 1823) enthält einen Wechſel von ſchoͤnen Bildern < 
und Schüiderungen der Empörung, des Kampfes und des Todes | 
Grunde ven Will. Bligh's „Reiſe in das Suͤdmeer“, überfegt r 
Berl. 1793). Ein andre® Gedicht: „Hcaven and earth, a m 
überfegt 1823), ift eine Scene aus der Suͤndflut. Im Allgemei 
auch Lord Byron Buffon's Ausſpruch: „Der Styl ift der Menfe 
autobiographifchen Memoiren Byron's vernichtete der Erbe diefei 
Freund Thomas Moore, aus Kamilienrädfihten. — Wir bemi 
der Verleger Murray an Byron nad) ımd nach für feine Gedichte 
Summe von 15,455 Pf. St. bezahlt hat. Aus einem Tagebuche, d 
Gapit. Thomas Medwin, der in Pifa mit ihm täglidy umging, 1: 
gehalten hat, gab derfelbe „Conversations of Lord Byron“ (2o: 
aus. Außerdem vgl. man Lord Byron's Biographie von With. 
„Zeitgenoſſen“, N. R. XVII; ferner „Lord Byron en Italie et 
accompagne de pieces inedites par le Marquis de Salvo“ (dem 
Lords), Lond. 1825, und deffen „Private correspondance, inc! 
ters to his mother” ıc. (ond. 1824, beutfch vor Log). 
Byffus (Goffppium und Xylon), die Baummolle, die au 
zu Herodot's Zeiten, aus Ägnpten aber noch früher kam. Mit Un 
den Byſſus fonft für eine feine Leinwand. Die aus dem Byſſus ver 
Zeuche hießen insbefondere Sindones. Korfter leitet das Wort 2 
Koptifhen ab. Kerner verftand man im Alterthum und verfteht ı 
Byſſus bie haar: oder fadenähnlichen Auswüchfe (den fogenannte: 
verfchiedene Arten von Seemufcheln ſich an den Klippen fefthänge 
zeichnet die Steck⸗ oder Seidenmuſchel ſich durch die Länge und fei 
heit ihres Barthaares aus, woraus man noch jet in Sicilien und 
dauerhafte Zeuche, auch Dandfchuhe und Strümpfe verfertigt. 
Byzantiner. Dasbpzantinifche oder oſtroͤmiſche Kaiſerthi 
fange von Afien die Länder diesſeits des Cuphrats, die Kuͤſte des fch 


Byzantiner | 948 


ıfien, von Afrika Ägypten und von Europa bie Länder von ben Meer⸗ 
m das adriatifche Meer und die Donau umfaßte und nicht nur um tau⸗ 
das abendlaͤndiſche Kaiſerthum überlebte, fondern ſich noch durch die 
mitte lndiſchen Meere und Italien vergrößerte, entſtand, als 395 
das raͤmiſche Reich unter feine beiden Söhne, Arcadius und Honorius, 
)as morgenländifche Kaiſerthum erhielt der aͤlteſte, Arcadius; feine 
ſchlug demſelben ſogleich tiefe Wunden. Bei feiner Minderjährigkeit 
us Vormund und Minifter; dieſer und Stilicho, der Minifter des Wefts 
‚tem einander gegenfeltig zu flürzen. Die Gothen verwüfteten Griechen» 
tropius, bed Rufinus Nachfolger, und Gainas, des Rufin Mörder, 
durch eigne Verbrechen (399). Der Letztere verlor fein Leben in einem 
tgten innern Kriege (400). Arcadius und fein Reich wurben nun von 
ra und geisigen Gemahlin, Eudoria, bis an ihren Tod (404) regiert. 
ee und die Hunnen verrwüfteten die Provinzen Afiens und an ber Dor 
: ainberjährige Theodoſtus folgte dem Water (408) unter Leitung ber 
feinet Schwefter. Bei geringen Geiſtesgaben hatte ihn bie Erziehung 
Belbftregierung ungeſchickt und unthätig gemacht. Pulcheria, die auch 
Augufta führte, regierte das Reich nicht unglüdtih. Won bem an 
a abgetretenen abendländifchen Reiche behielt Theodofius Weſtillyrien 
Ne Griechen fochten glüdlich gegen den Perferlönig Varanes. Das 
Zwiſt gerrüttete und von den Römern und Perfern in Anſpruch genom⸗ 
nifche Reich ward von nım an ein Zankapfel zwifchen beiden Nationen 
ttila verwuͤſtete Theodoſius's Reich und nöthigte ihn zum Tribut (448). 
Bruders Tode wurde Pricheria als regierende Kaiferin anerkannt: das 
A diefer Art (450). Sie gab ihre Hand dem Senator Marcian, den 
auf den Thron hob. Beine Weisheit und Tapferkeit hielt die Hunnen 
ungen ab; doch unterflägte er das occidentalifche Reich nicht thätig ge⸗ 
hunniſchen und vandaftfchen Kriegm. Den durch den hunnifchen Krieg 
dmifchen Grenzen gebrängten Deutfchen und Sarmaten wies er zum 
aungen an. Pulcheria flarb vor ihm (453). Auf Marcian folgte 
\2eo I. (457), ein von ben gleichzeitigen Schriftftelleen gelobter Fuͤrſt. 
mehmungen gegen bie Vandalen fcheiterten (467). Ihm follte fein 
sigen ; biefer aber flarb gleich nach ihm, nachdem er feinen Vater Zeno 
sgenten ernannt (474). Die Regierung dieſes ſchwachen, von feinen 
rgehaßten Kaiſers ward durch häufige Empoͤrungen und innere Zerruͤt⸗ 
RNachs bezeichnet. Die Gothen verheerten die Provinzen, bis ihr An» 
dorich (489) nad) Stalten zog. Ariadne, des Zeno Witwe, hob den 
naftafins, mit dem fie fi) vermählte, auf den Thron (491). Das 
edenheit und zu Tumulten einmal aufgereizte Volk war durch Mildes 
ſten und welfe Verordnungen nicht völlig zu beruhigen. Die auf diefe 
wächten Kräfte des Reiche konnten den Perfern und den Völkern an 
nicht hinreichenden Widerſtand leiften. Gegen ihre Einbrüche in bie 
oa Gonftantinopel erbaute Anaftafius die fogenannte lange Mauer. 
zaſtus's Tode riefen die Soldaten Juſtin zum Kalfer aus (518). Trotz 
Igen Geburt behauptete er fich aufdem Throne. Religionsverfolgun⸗ 
un Die Beiftlichen, und mandyerlei Verbrechen, wozu fein Neffe Ju: 
verleitete, zeichnen feine Regierung aus. Nach feinem baldigen Tode 
te ihm eben diefer Iuftimtan (f. d.), der zwar den Namen des Gro⸗ 
dient, dem aber dody viele Regentenfühigkeiten nicht abzufprechen find. 
rlkemt ale Geſetzgeber und durch die Stege Belifar’s, aber wie wenig 
ft er been Reiche hatte geben können, bewies der fchnelle Verfall deffelben 
mäsde. Juſtin II, fen Nachfolger (565), mar ein geisiger, grau» 


544 Byzantiner 


ſamer, ſchwacher, von feiner Gemahlin geleiteter Fuͤrſt. Die Lı 
riſſen ihm einen Theil von Itallen (568), auch mit Perfien füh 
menien einen fehr unglüdlichen Krieg (570), und bie Avaren plı 
der Donau gelegenen Provinzen. Juſtin fiel aus Kummer in Wi 
fein verbienftvoller Minifter, vourde zum Caͤſar erklärt, und ber Fel 
führte den Krieg gegen Perfien gluͤcklich. Die Griechen verbandı 
erften Dale mit den Türken. Gegen feinen Nachfolger Ziber II. ( 
ren fi die Kaiferin Sophia und der Feldherr Juſtinian vergeb 
Avaren erfaufte der Kaifer den Frieden, von ben Perfern erzwang 
Mauritius (682). Tiber erflärte ihn zum Caͤſar. Mauritius (i 
vorzüglicher Regent geweſen fein, aber für dieſe Zeiten fehlten ihı 
Entſchloſſenheit. Er hatte an den morgenländifchen Grenzen Ri 
die Dankbarkeit des Königs Kosroes II. getwährte, den er, als fe 
ihn vertrieben hatten, wieder aufben Thron fegte (591). Deſſem 
der Krieg gegen die Avaren durch die Schuld des Commentiolus 
geführt. Das Heer war mißvergnügt und wurde bald durch ın 
und Sparſamkeit, bald wieder duch furchtfame Nachgiebigkeit 
rief endlich einen feiner Dfficiere, den Phokas, zum Kaifer aus. 9 
auf der Flucht eingeholt und getöbtet (602). Phokas's Lafter uni 
tenfäbigkeiten führten im Innern die größte Zerrüttung herbei. 
Sohn des Statthalters in Afrika, griff zu den Waffen, nahm Cr 
und ließ Phokas hinrichten (610). Er that fi) nur in der fu 
perfifchen Krieges hervor. Während der erften zwölf Jahre feiner: 
derten die Avaren und andre Donguvdlker die europäifchen Provinz 
fer eroberten die Küften Syrien und Ägppten. Als es ihm endli 
bie Avaren zu befriedigen, zog er felbft gegen die Perfer (622) un! 
lich zuruͤck, während die aufs neue feindlich aufgeftandenen Avareı 
vergebens angriffen (626). Unterſtuͤtzt von bem Aufruhr gegen S 
bis in das Innere Perfiens ein. In dem mit Siroes (628) gefch 
erhielt er die verlorenen Provinzen und das heilige Freut zuruͤck. 
die inzwiſchen unter Mohammed und den Khalifen mächtig gewe 
oberten unter feiner Regierung Phoͤnicien, die Länder am Euphr: 
rien und ganz Ägypten (631— 641). Unter feinen Nachkomm 
ziger würbiger Regent. Ihm folgte fein Sohn Eonftantin III., 
Gemeinſchaft mit feinem Stiefbruder Heralieonas (641). Der 
und leßterer verlor die Krone in einem Aufruhr und warb auferd 
Darauf erhielt Conftans, des Conftantin Sohn, den Thron (f 
Verfolgungsgeift und die Ermordung feined Bruders Theodoſius 
ihn dem Wolke verhaßt. Die Araber, ihre Eroberungen fortfeger 
einen Theil von Afrika, Cypern und Rhodus, und fchlugen Ihn felbf 
Innere Streitigkeiten nöthigten ihn zum Frieden. Ex verließ dar 
pel (659) und fuhrte in dem folgenden Jahre gegen die Longob 
einen unglüdlichen Krieg, in welchem er zu Syrakus das Lebe 
Conftantin IV., Pogonat, des Conſtans Sohn, überwand ber 
Gegenkaiſer Mezizlus und theilte anfangs mit feinen Brüdern, T 
raklius, die Regierung. Die Araber uͤberſchwemmten ganz Aftii 
brachen durch Kieinafien in Thracien ein und griffen Conftantino 
hinter einander zur See an (669). Dennoch erhielt er von ih 
Trieben; dagegen nöthigten ihn die Bulgaren zu einem Tribut 
nian II, fein Sohn und Nachfolger (685), ſchwaͤchte die Maron 
aber kriegte er gegen die Bulgaren (688) und gegen bie Araber (6 
febte diefen graufamen Fuͤrſten ab und fandte ihn verſtuͤmmelt na 


Byyantiner 948 


).  Reonitins aber wurbe wieber von Apfimar ober Tiber III. ab- 
nb biefen uͤberwand der König von Bulgarien, Trebellus, welcher 
e auf den Thron ſetzte (705); allein aufs neue empörte ſich gegen 
Bardanes. Mit Zuftinian II. erloſch des Heraklius Stamm. 
nige Sorge war die Beförderung des Meonotheismus, während die 
a und Thrazien verwüfteten. Gegen den allgemein gehaßten Kürs 
refchlebenen Heere ihre Anführer zu Kaiſern aus, unter benen Leo, 
? Oberhand behielt (713 — 14). Leo trieb die Araber von Con⸗ 
fie faft zwei Jahre angegriffen, zurüd und bämpfte den von Bas 
origen Kaifer Anaflafius angeregten Aufftand. Seit 726 befchäfs 
fhebung des Biiderbienfted. Die italieniſchen Provinzen wurden 
ab der Longobarben, und bie Araber plünderten die morgenlaͤndi⸗ 
Nach feinem Tode (741) beftieg fein Sohn, Eonftantin V., den 
erer, tätiger und edler Fuͤrſt. Er bezwang feinen aufrührerifchen 
basdus, entriß den Arabern einen Theil Syriens und Armeniens 
ulegt auch noch die Bulgaren, gegen die er lange ungluͤcklich gewe⸗ 
75. Ihm folgte fein Sohn Leo III., ber nicht ungläclich gegen 
t, und diefem fein Sohn Conftantin VI. (780), deſſen herrſch⸗ 
‚ Bene, als Bormünderin und Mitregentin fi durch Wiederein⸗ 
fberdienftes eine mächtige Partei machte. Er firebte umfonft, ſich 
ihres Lieblinge Stauratius Abhängigkeit loszumachen, umd flarb 
ı er geblembet worden. Gegen bie Araber und Bulgaren wurbe 
fortgefegt, doch endigte er gegen die erften unglüdlih. Der Pian 
4 mit Karl d. Er. zu vermählen, erregte das Mißvergnügen der 
den Patrizier Ricephorus auf ben Thron ſetzten (802). Sirene 
loſter. Nicephorus ward den Arabern zinsbar, und blieb gegen bie 
).  Gtauratius, fein Sohn, verlor die Krone an Michael L, ſowie 
Leo IV. (313), Leo wurde abgefegt und getödtet von Michael IE, 
raber entriffen ihm Sicilien, Unteritalien, Kreta und andre Länder. 
ı Bilderdienft; fo auch fein Sohn Theophilus. Theodora, Vor⸗ 
Sohnes, Michaels ILL., endigte ben Bilderſtreit (841). Während 
ı Verfolgung der Manichder verwuͤſteten die Araber die afiatifchen 
e ausfchmweifende und verfchwenderifche Michael nöthigte feine Mut⸗ 
ze zu geben. Die Regierung führte ftatt feiner Barbas, fein Oheim, 
Ermordung Baftlius, der Michael umbrachte (867); Baſilius 1. 
yertverflicher Regent (886). Seines gelehrten Sohnes, Leo’s V., 
nicht gluͤcklich (11). über Sonftantin VIIL., Porphyrogenneta, 
‚ar der Mitkalfer Hlerander Vormund, und nad) deſſen Tode (912) 
ve. Romanus Lakopenus, fein Feldherr, zwang ihn (919), den 
und feinen Kindern zu theilen. Jener aber beraächtigte ſich deffels 
ı und regierte mild, aber ſcwach. Sein Sohn Romanus I. (939) 
gen die Araber. Ihm folgte (963) fein Feldherr Nicephorus, ben 
b. Tzimiskes tödtete (970), welcher die Ruſſen gluͤcklich bekriegte. 
omanus's Sohn, folgte diefem guten Regenten. Er befiegte die 
de Araber. Sein Bruder, Eonftantin IX. (1025), glidy ihm nicht. 
schter Zoe beftieg Romanus III. den Thron (1028). Diefe aus: 
r ſtaatskluge Fuͤrſtin ließ ihren Gemahl hinrichten und erhob nach 
ı Ihren: Michael IV. (1034), Michael V. (1041) und Eonftans 
Suffen, Patzinatzen und Araber verherrten indeß das Meih. Nach 
Schweſter, Theodora, zur Kaiferin gewählt (1053). Ihr Nach⸗ 
LVL (1054), warb von Iſaak Komnenus abgefest, diefer wurde 
‚  Gein Nachfolger, Conſtantin XI. Ducas, focht gluͤcklich mit den 


LT Byzantiniſche Kunſt 
eweſen zu ſein (ſ. Bilderſtuͤrmer), indem man die Gewohnheit, den 
enſaͤulen und Statuen aufzurichten und verdiente Biſchoͤfe abzubilb 

auf die Maͤrtyrer und heilige Perſonen übertrug, woran ſich ſpaͤterhin bie « 
bige Verehrung derfelben knuͤpfte. Obgleich nun Bilder biefer Art im] 
Jahrh. häufiger wurden, fo erflärten doch noch viele Kirchenlehrer, w 
Tertullian (f. d.), die Kuͤnſte für Erfindungen des Teufels und meinten, 
nifhen Statuen feien von Dämonen befeffen, in welcher abergläubifchen 9 
der rohe Poͤbel oft die herrlichſten Goͤtterbilder zerſtoͤrte. Erſt nach vielen | 
wurde im 9. Jahrh. die Bilderverehrung im griechifhen Reiche befeftigt, 
da am zeigen fich die erften uns befannten Spuren einer riftlichen Bin 
Materkunft im Orient. Aber felbft jene Portraitflatuen, auf weiche b 
angewieſen war, zeigten nicht mehr die Freiheit und Würde alter Kunſt. 
der Kaifer verlangte Statum aus Gold und Silber, fo lange der durch 
gen der Unterthanen gefüllte Schag es geftattete; Wilder aus Erz um) 
wurben weniger geachtet. Und wie felten mochte den Kuͤnſtler fein 
beben, da bald Eriechende Schmeichelei den unwuͤrdigſten Menſchen M 
und Ehrenfäulen errichten ließ? Natuͤrlich, daß mit den wuͤrdigen Gage 
auch die wuͤrdige und freie Behandlung der Kunſt verfchwand und ſich Ina 
tige Mechanik verlor. Ale Bilder, fagt Heyne in feiner Abhandlung über 
der fpätern Kunft unter den byzantinifchen Kaiſern (in den „Comm 
Gotting.”, T. XI), der Kaifer, berühmter Männer oder heiltger Perfe 
men eine Geſtalt, Miene und ‚Haltung an; nirgends zeigte fich die @ 
Genius in freier Schöpfung und Umbilbung, im Hinftreben zur Wei 
Ausbrud. Sa, von Juſtinian's Zeit herab verlor ſich das richtige Maß, E 
haͤltniß der Theile und die Wahrheit der Umriſſe fo fahr, daß bie Bi 
Geſpenſtern und Mißgeflalten immer ähnlicher wurden. Selten ſah mag 
alten roͤmiſchen Gefichter dargeftellt; bie Geſtalten, weiche die Künfkier h 
ſchienen einem ganz andern Menfchengefchlechte, einem neuen Volke ang 
und wol that es Noth, zuweilen bie Ramen beizufchreiben. In ber perfpm 
Anorbnung der Figuren beobachtete man kein Geſetz, und auch das Archit 
verfchlimmerte fi) wenigftens feit dem 6. Jahrh. fehr. Um fo beſorgta 
Prachtliebe diefer Zeit, die Eoftbaren Gewaͤnder der Kaifer, Bifchöfe ul 
ausgezeichneter Perfonen nachzubilden; und zwar liebte man nicht bloß 
Gewaͤnder, fonbern es kam auch der unmäßige Gebrauch von Perlen und 
nen auf, die inlangen Obrgehängen, auf Arm: und Halsbändern 
ben; das ganze Gewand war oft mit Edelfteinen befegt, und um den 
eine doppelte Reihe von Perlen herum; denn folder Kleider pflegten 
mehre an einem Tage zu wechſeln. Ron Eonftantin bis auf Juſtinian 
man auch aus Münzen fehen kann) die Pracht der Diademe unb bie We 
bung in Perlen und Edelfteinen. Da der Plaſtik, bie das Nackte und bie 
heit der Gewaͤnder liebt, ſolche Äußerlichkeiten fremd find, fo laͤßt fich leicht 
worum die Verfertigung von Statuen fo balb aufhoͤrte. Auch findens my 
ben nur in den erften Jahrhunderten angeführt. _ Heyne gibt in ber ang 
Abhandlung ein Werzeichniß der byzantinifchen Statuen, welche von Schell 
diefer Zeit genannt werden. Jeſusbilder, Statuen ber Apoflel und Heifg 
men darunter nicht vor. Statt jener findet man gemalte und in mufloll 
beit gefertigte Crucifixe. Gab es aber früher dergleichen, fo wurden fie ing 
Bilderſtuͤrmer zerſtoͤrt ober vernichtet, wie eine eherne Statue des Hei 
ben Conftantins Standbild, weiche Leo ber Bilderſtuͤrmer zerftörte, ul 
Eufebius gelobten Abbildungen bed guten Hirten , ober des Daniel unteg 
wen, womit fchen Conſtantin bie Öffentlichen Brunnen verzieren ließ. N 
bes Heilands won Engeln umgeben, in Moſaik gearbeitet, beſchreibt Phofn 













20 teijen fonnte. Die Wlldnteret zeigte jich Immer mehr als verzieren» 
an Altären, Tabernakeln, heiligen Gefäßen und Umen, bie man aus 
wmor verfertigte. Auch erhielt fid noch Lange die Steinfhneibekunft. 
tiner.) — In dee Malerei aber, bie man in ber Moſaik nach⸗ 
der Geſchmack jener Zeit vornehmlich Gold und lebhafte Farben, das 
m Kunft und Wahrheit weniger beklimmert war; doch bildete ſich in 
hen Malerei zunaͤchſt der Keim einer chrifklichen Kunft aus. Die 
gen menſchllcher Geftaiten, welche bie alten griechifhen Kuͤnſtler 
terwerken aufgeftellt Hatten, mußten die chriſtlichen Kuͤnſtier aufgeben; 
nm und Geift ſollte fich in ihren Werken ausfprechen, der nicht an das 
enthum erinnerte. Aber erft allmdtig entwickelte ſich die Morm einer 
e abweichenden bildlichen Darftelung bes Hellande, der Mutter Jeſu 
poftel. Die Kuͤnſtler, weiche hier nichts Gegebenes vor ſich hatten, 
xrt Phantaſie ſchaffen follten, was ber äußern Erſcheinung geheiligter 
dig wäre, konnten mit Ihrer rohen und ungelibten Kunſt nur andeu⸗ 
afgemäß ausführen. Rach langem Umherirren ſchloß man ſich in 

Jeſu und feiner Apoftel näher an bie jüdifche Nationalbitdung ans 

te, ja zuweilen auch in ben Mienen hielt man fidy meiftens an 
erehrter Biſchoͤfe, und bildete fie mit aufgehobenen, fegnenden Häns 
Band an der Bruft, oder mit einem Buch in der Hand. So entſtan⸗ 

je in der maleriſchen Darftellung jener in der priftlichen Kirche 
tem Perfonen. Die Mofait ahmte diefelben nad), in Marmor aber 
ie nicht auszubilden; auch eignen ſich die Gegenſtaͤnde der chriſtlichen 
Haupt mehr fuͤr die Malerei, welche das Innere zu einem Äußern 
m Ausbrud der Gemuͤthsweit in der Lichterfcheinung gibt, als die 
r das Äußere zum Innern erhebt. (S. Modern.) Da man fidh Ins 
aturwahtheit und Ausführung weniger kuͤmmerte, fondern ſich bes 
immal Gelungene zu twieberholen, fo läßt ſich erklaͤren, warum man 
sure fegmb eines Kuͤnſtlers Autorität aufgefteltte, und von dem Se 





350 Byzantiniſche Kunft 


bünnen, verdrehten und Bleinlichen Kormen ſklaviſch nachgeahmt, dageg 
größern Fleiß auf koſtbare, oft geſchmacklos angebrachte Verzierungen vı 
und ein Streben nach dem Abenteuerlichen, felbft in der Architektur. 3 
flug alter Kunftwerke wurde immer geringer, forie ber Mangel derſelb 
feindliche Zerſtoͤrungen, abergläubige Vernichtungswuth, Habſucht und yı 
Naturgewalt immer größer wurde. Die meiften Werke ber aͤltern Zeh 
noch übrig waren, gingen durch die Exoberungen Conſtantinopels wäl 
Kreuzzuͤge (120% u. 1261) zu Grunde; und fo ftand Eonftantinopel fels 
ften Zierden längft beraubt, als die Dufelmänner e6 (1453) einnahmen. 
Dies war im Allgemeinen der Zufland ber Kunft im byzantinifche 
Aber diefe Kunft übte einen großen Einfluß auf alle neuere Kunft aus. Fr 
es die Verbindung, in welcher die glänzende Reſidenz des oftrömlfchen N 
dem weftrömifchen blieb, dann der Handelsverkehr und die Kreuzzuͤge, 
der Einfluß der neugriechiſchen Kunft auf das Abendland und vo 
Stalien fid) nüpfte. Wir wollen diefe Verbindung zuerft in Hinficht ag 
kun ſt betrachten. Nach Stieglig („Won berdeutfchen Baukunft‘) war bej 
teriftifche der neugriechifchen Bauart: Ruhe und Einfalt, aus Armuth 
und in Schwerfälligkeit ſich verlierend. Aber durch die neugriechifche 
welche bis in die erften Zeiten bes Mittelalters die herrſchende war, 
Same bewahrt, aus dem In fpätern Zeiten das Neue und Beſſere here 
tonnte. Gonftantinopel nämlich ward zu einer Schule der Baukunſt, 
die Baukuͤnſtler in alle Theile des vömifchen Reiche bis nach Brit 
ben, um bdafelbft Kirchen anzulegen, wobei die genannte Sophienkirche 
Mufter blieb; ja felbft in die Morgentänder, zu den Arabern, trugen 
hen ihre Bauart — fie erbauten damals Mofcheen — ſowie nad) 
den Mauren, welche daraus ihren eignen Styl entwidelten. Unv 
fi) der neugriechifche oder byzantinifche Styl in Italien unter den Los 
wie unter den Gothen, welche ihre Kuͤnſtler aus dem Morgenlande 508 
da aus ging er unter Karl d. Gr. nach Deutfchland und Ballien, wie 
felbe Zeit mit der chriftlichen Religion nach England über. Die Ba 
durch Karl d. Gr. nach Deutfchland verpflanzt wurde, mar eine ausg 
chiſch⸗ roͤmiſche Bauart, woraus fi durch Vereinigung mit dem ar 
deutfchen Styl die echt deutfche Baukunft, die vom 13. bis 16. Jahch 
Baufunft, Geld. der) entwidelt hat. Die Basreliefs an den aͤlteſt 
Deutſchlands und einige Gemälde in denfelben zeigen ebenfalls noch 
neugriechifcher Kunft. -— Ebenfo findet man bei Gori (3.38. Diptye 
pag. 33 u. 270, tab. IV u. XXI) und Ciampini („Vet. moniment, 
1U4, tab. XXIX) Abbildungen von italifchen und gallifchen Bild 
in den Gewaͤndern, Verzierungen, und in den architeftonifchen Formen 
tinifchen Urfprung verrathen. — Was die Malerei insbefondere 
wurde die byzantinifche Kunft ebenfalls der Herb, welche die unter der 
menden Funken derfelben bewahrte. Sowie in ben erſten chriftlichen 
griechifche und römifche Kunft überhaupt wenig verfchieden war (denn 
ſprangen gemeinfchaftlich aus den Truͤmmern der alten Kunft), fo laͤßt 
Dinficht der Malerei ein auffallender Unterfchieb wahrnehmen. Doch 
ſelbe in fpäterer Zeit immer größer, je mehr Griechenland und Stalien fl 
Kurze, dicke Körper, fleife, gewaltfame Bewegungen, übertriebene und: 
Zeichnung der charakterificenden Theile, beſonders der Augen, kleine O 
breitere Untertheile des Geſichts, auffallende Fleiſchfarben im Geſichte, 
anliegende Haare, hochgewoͤlbte Augenbrauen, unzweckmaͤßige, mit 
ten Falten überhäufte Bekleidung, blaffe Faͤrbung mit ſchwarzen 
zeichnen ungefähr die griechifchen Malerelen feit dem 5. Jahrh. aus. 




















Byzantinifche Schriftfteller 351 


1, bie wir befonders in Hanbfchriften finden, zeigen eine reinliche, bes 
ad fleifige Behandlung. Als in Italien die Kunft im Verfall war (vors 
ı 9. Jahrh.), wurde die Malerkunſt von den Griechen noch am meiften 


welche, durch die Bilderzerſtoͤrungen vertrieben, fie nach Italien und ans . 


ern verbreiteten, und mit ihr die geheiligten Orte ausfhmüdten. So 
engriechiſche oder byzantinifche Scyule die Mutter der altitalienifchen und 
beinifchen, welche der deutfchen Schule vorherging. Die Verwandtſchaft 
t fi) auch in der Ähnlichkeit der italienifchen Bilder mit denen aus der 
üfchen Schule. Nach Italien kamen, ber gewöhnlichen Annahme zus 
12. Jahrh. mehre griechiſche Künfkier, welche die Kirchen zu Venedig und 
it ihren Werken ausſchmuͤckten. An ihren Styl ſchloſſen fich die italie⸗ 
imfller an, und gründeten im 13. Jahrh. eine Kunft: und Malerfchule 
eniſche Kunft), welche fid) mit nationeller Eigenthümlichkeit in treuer 
g ſchoͤner Wirklichkeit entwidelte. Die niederrheinifche Malerſchule aber, 
& die altlölnifche genannt wird, weil fie vom Anfange des 14. bi zum 
"6 15. Jahrh. in dem altberühmten Köln vorzuͤglich blühte, ſcheint fich 
pe als die italienifche an die byzantinifche Form gehalten zu haben, von 
um noch in der fpätern deutfchen Malerei Spuren in jener fommetrifchen 
sbalifchen Anordnung der Gegenftände, in Schmud und prachtooller 
4, wohin auch der Goldgrund gehört, und in den anliegenden Gewaͤndern 
w. ber fie hob auch die heiligen Gegenſtaͤnde in ein ihnen eigenthüms 
Kt. Die Sammlung ber Brüder Boifferee (f. d.), welche die 
ı Werke diefer Schule aufbewahrt, gibt dazu fichtbare Belege. Erſt Joh. 
geb, ber bie lebendige Indivibualität treu ergriff und ſich von ber Allges 
wugriechifcher Darftellung, und der in der altıömifchen Schule herr: 
fealisät der Auffaffung entfernte; mit ihm beginnt ſchon die bürgerliche 
iche Auffaffung der heiligen Gegenftände, weiche unter feinen Nachfolgern 
ward. — Noch fehlen uns genauere Nachrichten über den biftorifchen 
hang diefer niebercheinifchen, fowie der altitalienifhen Schule mit der 
hen Kunſt. Über die früheren Zeiten der byzantinifchen Kunſt aber ift 
ben Serour d’Agincourt’6 „Histoire de l’art par les monumens depuis 
mce au 1&me siecle jusqu’a son renouvellemcat au 16me” Paris 


L). . 

zantinifhe Schriftfleller, eine Reihe griechifchee Schriftftels 
Werke die Geſchichte des griechifchsrömifchen Kaifertyums vom 4. Jahrh. 
en, bis zur Eroberung Sonftantinopels durch die Türken und felbft noch 
be Geſchichte bis zum Ende des 16. Jahrh. betreffen. Dan bemerkt an 
keiftftellern alle Mängel einer immer mehr entarteten Zeit, aber aud) noch 
diterer trefflicher Einrichtungen, die ſich durch den Verfall der gefelligen 
und durch die verwilbernde Sprache bucchfühlen laffen. Sie find die 
eund reichhaltigfte, wenn auch nicht die einzige, Quelle ber Geſchichte des 
mden Roͤmerreichs, fowie denn eine Charakteriſtik der heutigen Griechen 
)em ganz gelingen ®önnte, der ſich mit diefen Bpzantinern, etwa wie 
Bikoifon, vertraut gemacht hätte. Außerdem enthalten fie nie genug 
den Stoff für den Geſchichtſchreiber der Völkerwanderung Überhaupt, 
nen Voͤlkerſyſtems, das fich durch fie im nördlichen Afien und in Europa 
wie fire den Forſcher der chriftlichen Kicchengefchichte. In einer eignen 
g, die in Paris veranftaltet wurde (‚Corpus scriptorun. historiae By- 
, Paris, koͤnigl. Druderei, 16545— 1702, 23 Thle.), nachgebruckt zu 
mis veränderter Folge der Autoren, 1729-33 , welche beide jedoch fels 
dig in den Bibliotheken angetroffen werden, findet man diefe leider viel 
wtannten Schriftſteller beifammen, um deren Erklaͤrung ſich mehre franz. 


N 


35% Byzantiniſche Schriftfteller 


Gelehrte, namentlich Du Fresne, durch Erläuterungen und Bloffarien un 
liche Verdienſte erworben haben. H. Hafe zu Paris hat die Reihe biefer 
ſteller durch die Herausgabe des Leo Diakonus („Leonis Diaceni Caloẽm 
ria ete. e Bibl. Regia nune primum in lucem edid. ill. C. B. Hase 
1819, Fol.) erweitert, der ſich in Form und Gehalt an die parifer große 
anfchließt. Er verfpricht den Pſellus folgen zu laffen. Stritter, zuleht 
anter Paul I. beim großen Reichsarchiv zu Moskau, hat buch einen 
Auszug (‚„Memeriae populorum ad Danubium , pontum Euxinum, ' 
Maeotidem, Mare Caspium et inde magis ad Septentrionem incel 
DPeterob 1771— 79, 4Bde., 4.) bewieſen tie wichtig fie als Quellen fi 
ruſſiſche Gefchichte find. — Vier von ihnen bilden, ſich ergänzend, eine for 
Geſchichte bis zum J. 1470, naͤmlich 1) Zonaras, 2) Nicetas Akomin⸗ 
niates , 3) Nicephorus Gregoras, &) Laonikus, oder Nikolaus Chafkon! 
Athen. Diefe vier Hiſtoriker bilden eine eigentliche byzantinifche Geſchicht 
Zuſammenhang. Die Übrigen Autoren, die nur einzelne Theile der byza 
Geſchichte behandelt haben, findet man faft alle im Corpus byzantinum. 
1648 ſehr prachtvoll zu Paris in der koͤnigl. Buchdruckerei in drei Bette 
ſchienen iſt. Die merkwuͤrdigſten unter diefen find nach der Zeitfolge: 
pius aus Caͤſarea, Rhetor zu Sonftantinopel. Man hat von ihm F 
ſchichten, naͤmlich Persica in 4 Büchern und Gothiea in 4 Büchern, ch 
ausgegeben von Höfchel, Augsburg 1607, und „Geheime Sefchichte” (Aı 
in 9 Büchern, mo er fich im Gegenſatze des erſten Werks fehr feinbfellg 
Kaifer Juſtinian zeigt, herausgeg. von Reinhard, Erlangen und Lei 
2) Agathias; ſchrieb nad) Juſtinian's Tode uͤber deſſen Regierung in 5 
Herausgeg. Paris 1660, Fol. 3) Theophylaktus aus Ägypten. M 
ihm eine Geſchichte der Thaten des Kaifers Mauritius in 8 Büchern, 
‚(Paris 1644). 4) Nicephorus, Patriarch zu Conftantinopel, welcher meht 
theologifche Schriften hinterlaſſen hat. Hierher gehört fein „Breviarium 
oum” von der Ermordung bed Kalferd Mauritius bis 770 (Vened. 1759). 
Secylitzes, bekleidete mehre Staatsdmter in Eonftantinope. Man hat 
einen Abriß der Gefchichte von 811 bis auf Iſaak Komnenus 1057. 
lat. Überfeg., Denebig 1570. Daſſelbe Werk fegte er fort bis auf Aleram 
nenus, 1081 (nody im Manufeript). 6) Anna Komnena, Zochter de 
Alerius I., welch. um 1150 flarb. Sie fchrieb eine ee oder ein I 
die Thaten ihres Waters, des Alexius Komnenus, in 15 Büchern. Herau 
Hoͤſchel, Augsburg 1610. Eine voliftändigere Ausgabe, Paris 1651, Kol 
org Akropolita, Staatsmann in Conftantinopel: „Abriß der byzantini 
f&ichte von ber Eroberung Eonftantinopels durch bie Lateiner (1204) 64 
Wiedereroberung” (1260) (Parie 1651). 8) Georg Pachymeres, befle 
Staats⸗ und Kirdyenämter in Sonftantinopel: „Byzantiniſche Geſchie 
Büchern, von der Geburt des Michael Paldologus 1158 bis 1308" (| 
1568, $01.). 9) Joannes Kantakuzenus, Kaifer: „Byzantiniſche Geld 
Bädern, von 1320—54" (Paris 1645). 10) Georg Kodinus, Pk 
ber in Conftantinopel ; wir befigen von ihm mehre Werke über die Alterth 
Conftantinopel. Das mwichtigfte darunter ift uͤber die Ämter und Dienf 
Hofe und der Kirche von Conftantinopel (Paris 1648, $ol.). 11) Cor 
Porphyrogennetus, oder Porphprogenneta, Kaifer, befchrieb das Leben feh 
vaters, Baſilius Macedo: herausgeg. von Johannes Meurfius. Dan 
wir ein Werk von ihm über die Staatöverwaltumg, an feinen Sohn, un 
Provinzen (Suaro) des orientalifchen und occidentalifchen Kaiſerthum 
Schriften und Sammlungen nicht zu erwähnen. Das wichtigſte von 
bie Geremonien des byzantinifchen Hofs, herausgeg. von Leich u. R 


hzantiniſch⸗koͤlniſche Malerſchule Cabanis 858 


2 Bde. 12) Dukas ſchrieb nach der Eroberung von Conſtantinopel 
üfche Geſchichte von 1331 bis zur Eroberung von Lesbos (1462). 
5 Banburius, Presbpter und Benedictinermoͤnch, hinterließ ein weit: 
$ über die Alterthlimer von Eonftantinopel, in welchem mehre Werke 
fefteller enthalten find. 14) Petrus Gillius. Don ihm haben wir 3 
die Meerenge von Conftantinopel und 4 Buͤcher von der Topographie 
rthiamern Conſtantinopels. 15) Zoſimus ſchrieb eine römifche Ge: 
Büchern vom Auguftus bis zum Honorius. Dieſes Werk ift befon- 
fpätern Epochen wichtig. Herausgeg. von Reitmeyer, Leipzig 1784. 
Phranzes ftarb nach Conftantinopele Eroberung in einem Kloſter von 
s bat von ihm eine Chronik der buzantinifchen Gefchichte in 4 Buͤchern 
77. — von Alter, Wien 1796. 
ntiniſch-koͤlniſche Malerſchule, ſ. Byzantiniſche 
Boiſſerée'ſche Gemaäldeſammlung. 
nz, Byzantium (nach feinem erſten Erbauer Byzas), am thraziſchen 
if einem dreieckigen Vorgebirge gelegen, das heutige Conſtantinopel 
Alterthum eine bluͤhende Stadt, war eine griechiſche Colonie, von 
ſern gegründet und in ber Folge von Mileſiern und andern griechiſchen 
tert und verfchönert. Neben ihre befand fich eine Eleine Bucht des 
zit Namen Ceras, welche drei Häfen bildete. Die fchöne und vor: 
je von Byzanz begünfligte den Handel ungemein, und fegte es in den 
Handel Andrer nad tem ſchwarzen Deere einzufchränken und mit 
bgaben zu belegen. Wenn alles dies den Reichthum der Stadt fehr 
o mußte fie doch auch vielfach von den Anfaͤllen der Thracier, Bithy⸗ 
und felbft der Griechen leiden. Beſonders hart warb fie im pelopon> 
ege mitgenommen.: Nach bemfelben aber gewann fie wieder, und 
ifeen begann ihr hoͤchſter Flor. Seit Sonftantin ward fie die zweite 
es roͤmiſchen Reichs und die Reſidenz des Regenten, welche fich be: 
ben Glanz des alten Roms zu geben. Sie wurde, wie Rom, in 
ionen getheilt, erhielt ein Amphitheater, ein Korum romanum, einen 
aus und eine Menge prächtiger Gebäude und Statuen, die man zum 
m dahin brachte. (Vgl. Eonftantinopel.) | | 


E. ”) 


tte Buchftabe des beutfchen Abc, welcher vor a, o und u ivie E, vor 
lautet. In der Muſik bezeichnet C: 1) die erſte Klangſtufe in jeder 
es Tonſyſtems; er wird als der Grundton deffelben angefehen (vergl. 
et, Zabulatun); 2) den Vierviertels, und wenn es durchſtrichen ift, 
iteltakt (f. Alla breve); 3) einen Notenfchlüffel. (S. Schluͤſſel.) 
t, in England das berüchtigte englifhe Minifterium unter Karl IL, 
ven fünf ſchaͤndlichen Männern Clifford, Aſhley, Buckingham, Ar: 
Bauderbale beftand, deren Anfangsbuchftaben zufammengefeßt die⸗ 
Den. (S. Karl U.) Daher nady Einigen das Wort Cabale für 


riguie. Ä 

nid (Pierre Sean George), Arzt, Philofoph und Literator, geb. zu 
7, tam als A4jähriger Juͤngling nach Paris, wo er fidy mit Eifer 
haften widmete. Im 16. I. ging er mit einem polnifhen Magnaten 
‚ weiche man hier vermißt, find unter 8 aufzufuchen. F 
Biebente Aufl. Bd. IL. 28 


Erdarrus 


„urtsen, war Zeuge des ſtuͤrmiſchen Reichöta 
” —— — ae Rreachtung gegen die Menſchen erfüuͤll 
Te ri. Seine Ueberfegumg zweier 8 
— 2... Mademie vorlegte, blieben zwar von | 
UT meet Fümerr urtheilten anders, umb er erh! 
2 eine vollfländige Überfegumg der „St 
— ſA a mar Durbceuil fein Lehrer und Rathgeber. 
_ _ un „u zunichte Geſundheit wiederherzuſtellen, rieth 
2J RSBernnis wählte das nahe bei Paris gelegene 
7 Seivetius und durch fie mit Holbach, Franklin 
num die Freundſchaft von Condillac, Turgot und 2 
men ibm bei Voltaire, Diderot, d'Alembert und ı 
kr ein. Indeß hatte ſich Cabanis ganz feinen B 
— wonen Wiſſenſchaften entfagt. In feinem „d 
ee 173 förmlich Abſchied von ihnen. Bei dem 
Ae er ſich zu ihren Grundſaͤtzen, aber er verabfche 
ae « XGAQeckt wurde. Gleiche Meinungen hatten ihn mit 
ati. Das Genie diefes außerordentlihen Mannes, de 
xvenchaften in ſich vereinigte, bemädhtigte ſich feines 
un. wa ıhrn in em Bündniß, Über welches er vielfach ange 
and meiftechaft die Kunſt, ſich mit fremden Arbeiten 
Sb on ihm die Schrift über bie Öffentliche Erziehung, die nad 
a Zn veodanis ſelbſt 1791 herausgab. ine noch innigere Frei 
ASendoecet geſchloſſen. Er ftarb ats Mitglied bes Senats am: 
ar die Anthropologie wichtige Schrift: ‚„‚Rapports du ph 
A Uhomme” (Paris 1802, 2 Bde., 1805 verbeffert) wir 
wor nt auch von Jakob (Halle 1804, 2 Bde) ind Deutfche uͤbert 
veuftindigen Werke find in 4 Bon. Paris 1824 erſchienen. 
Sadarrııd (Srangois, Graf v.), geb. 1752 zu Bayonne, 
oe Water, einem ausgezeichneten Kaufmann, zur Handlung beftt 
zur ce zu dondon und Toulouſe unterrichtet worden, ſchickte ihn fei 
m Yundelsfreunde, Galabert, nad) Saragoſſa, deffen Tochter 
WMuen beider Familien heimlich 1772 heirathete. Doch übertrug ihr 
ywrwater die Leitung einer Seifenfabrit zu Carvanchel. Die Nähe v 
uber idin, fich mit mehren Gelehrten bafelbft, namentlich mit di 
varı, dem Herausg. der Zeitung von Mabrid, in Verbindung zu ſetze 
dem Grafen von Campomanes und dem P. Diavides befannt mad 
wuetten fich in ihm ehrfüchtige, hochftrebende Plane. Der nor 
Kg. an dem Spanien gegen England Theil nehmen mußte, bera 
Gebrauchs feiner Huͤlfequellen in Amerita, und Eabarrus, da 
nanminifter in dem hoͤchſten Drange der Umftände um Bath .gı 
ig vor, ein Binfen tragendes Papiergeld zu ſchaffen; dem gemäf 
rl. Pinfter in Umlauf gefegt, und da fie bald beffer ale baares Gel 
wann Gabarrus das entichiedenfte Anfehen. Darauf errichtete er I 
Qariot 1782, deren Director er ward, und eine Dandlungsgefellfchafi 
mn 1785. Gabarrus wurde Sinanzrath. Nach Karls III. Todı 
am Ungnade. Florida Blanca ward Minifter; Llerena Elagte ihn 
miwirtte 1790 feine Verhaftung. Exit 1792 ward er freigefprocdye 
und um Grafen erhoben, und 1797 zum bevollmädytigten Miniftei 
denecongreß mit Frankreich ernannt. Bei feiner Ruͤckkunft nad, © 
vielen Anteil an den Weränderungen, die im Miniſterium vorgenor 
Xen neuem zum Botfchafter nach Frankreich beftimmt, wurde er von 


= 


für feine Perfon ausſchließilch bewohnt; bamn aber auch das 
richem ex bie Regierungsgefcyäfte bearbeitet, feine geheimen Räthe 
weichem feine Veſchluͤffe ausgehn. (S. Eabinetsordre.) Das 
auch für die Regierung, befonders in politifcher Hinficht, z. B. das 
Gabinet, das Cabinet der Tullerien ıc. Endiich ift Eabinet jeber 
äubes, ober jedes Gebäude, ober mehre Gebäude,worin Sammium ⸗ 
leiten aus dem Natur: oder Kunſtreiche aufbewahrt werben, als Ge⸗ 
m, todte Thiere, Münzen, Soffilien, Seltenheiten aller Art; und, durch 
diefe Sammlungen felbft. Da man nur vorzüglice Stuͤcke In der» 
niungen aufnimmt, fo nennt man ein ausgezeichnet ſchoͤnes Kunſt ⸗ 
ıRaturs) Werk: ein Cabineteſtuͤck, und einen Künfkler, der befon- 
be Arbeiten liefert, 3.8. einen Maler, einen Cabinetsmaler. 
etsjuftiz, Gabinetsinftang. Die Einwirkung des Gous 
3 Bang ber je, die Exhebung ber richterlichen Gewalt 


Bichters gewoͤhnlich mit einander verbunden, und in den melften 
18 Blichteramt lange ein Nebengeſchaͤft des Kriegebefehlshabers (de& 
und Herzoge) geblieben. Das hoͤchſte Gericht hielt der Rö- 
ol von Alters ber für Unrecht gehalten wurde, wenn er allein das 
fo hing es doch, die Fuͤrſtengerichte ausgenommen, von ihm ab, 
ı Entfcheibung zu Mathe ziehen wollte. Der gerechte Sinn, das 
Urtheil des Fürflen fand oft bei dem Wolke größeres Wertrauen als die 
en. der. — 25 — Soinvilfe erzähle, wie eifrig der H Lud⸗ 
: 70) ale Abende zu oͤffentlichen Audlenzen anwandte, in weichen er 
ns Bersatnus (des Atteften Schriftſtellers Aber franz. Recht) und 
felbſt die Rechtshaͤndel hörte und entfchied. Dennoch regte 


f 





356 Cabinetsordre 


Faͤllen niedergeſetzt wurden, wo man einer Verurtheilung im vor 
wollte ; die Sternkammer in England, weldye ohne Geſchworene richt 
bigt wurde, dem Einfluffe des Hofes und der Miniſter allzu fehr bin 
waren Gegenſtaͤnde allgemeiner Beſchwerden, und die Unabhängig! 
von dem perfönlichen Willen des Souverains und feiner Minifter en 
tionen deutlich erfanntes und ausgefprochenes Beduͤrfniß. Au 
Reicheftände fuchten die oberften Gerichte des Reichs gegen ben Eir 
Hofes wiederholt ficher zu fellen; In der Wahlcapitulation verfpra 
der Juſtiz ihren ungehemmten Lauf zu laffen (Art. XVL, 6.8, 9 
dagegen wurde in ben Reichsgeſetzen und von den Reichögerichten ! 
Leit der landesherrlichen Gerichte von dem Cabinet ber Reichsfuͤrſte 
techt gehalten. Die Aufftellung einer zweiten oder dritten Inſtanz 
wenn auch dies mit rechtöverftändigen Mäthen befeht war (C 
wurde als ein Eingriff in die Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte 
mehr aber wurbe die eigne Einmifchung bes Landesheren in die Ri 
(Gabinetsjuftis) als unverträglich mit dem Zwecke des Staats von 
fegen verboten. Allein dennoch war e8 nicht möglich, diefem Übe 
fen. In Frankreich bahnten fich die Befchwerben über die Gericht 
ben Weg an den Eöniglichen Hof, und waren nur zu oft gegründet 
wiffenheit und Nachiäffigkeit, welche vermöge der Verkäuflichkeit 
den höhern und niedern Gerichten herrfchend wurde), als daß nicht 
gen die Mißbraͤuche der Mechtsverwaltung nothwendig getvefen mı 
land hatte man ein ſolches in der Öffentlichkeit der Parlamentsverl 
dem Antlagerechte ber Kammer ber Gemeinen und der höchften Gei 
Dberhaufes. Aber in Frankreich war ber Eönigliche Staatsrath die ı 
welche gegen bie Ungerechtigkeiten der Parlamente, ihren Despotisnn 
geift, ihren politifchen Sanatiemus Huͤlfe gewähren konnte. Dah 
den Conseils du Roi wieber ein eignes Juſtizcolleglum aus, das 
an weldyes die Beſchwerden und Nullitaͤtsklagen gegen die Ausſpr 
mente gewwiefen wurden. Auch diefes wurde aber nur zu oft ein W 
trigue, feine Entfcheibungen hatten in einigen Faͤllen die allgemei 
fi , aber häufiger gegen ſich, und es mar eine ber erften Arbeiten 
diefen Zweig des Staatsraths von aller Einwirkung bes Hofes frei ; 
entfland daraus das Caſſationsgericht (f.d.), ein Inftitut, 
ganzen nüglichen Wirkfamkeit noch nicht genug erkannt zu fein fche 
großes Übel der Cabinetsjuftig waren in Frankreich die berüchtigten 
eachet(f. d.), welche gleichfalls erſt in der Revolution ihre Endfch 
Deutſchland fehlte e8 in ben meiften Staaten an grundgefeglichen 
über die Grenzen der landesherrlichen Gewalt über die Berichte, d 
digkeit ſich vielleicht bei den Reichögerichten ſelbſt am auffallendſt 
grünblichften hat wot Gönner darüber gefchrieben („Handb. des Pre 
und den Regierungen die Mittel gezeigt, wie fie die Gerichte in Au 
nung halten koͤnnen, ohne in das Materielle der Entſcheidungen ein, 
der auffaliendften Beifpiele von ben Gefahren der Cabinetsjuſtiz, 
der Eifer für Gerechtigkeit zum Unrecht führt, wenn er die Formen ı 
Friedrichs II. Verfahren in der Sache des Müllers Arnold (f. 
machte einige ähnliche Erfahrungen. 

Gabinet3ordre. Auch in flaatsrechtlihem Sinne hat 
Bedeutungen. Es ift bald bie eigne und unmittelbare Geſchaͤfte 
Souverains, ſowol für feine Privatangelegenheiten und Befchäfti 
Staatsfahen. Fe mehr der Souverain felbft an der Staatöne 
nimmt, deſto bebeutenber wird audy für fie das Gabinet, und we 


Cabochon Cacaobaum 857 


a getrennt ift, fo wirb Derjenige, welcher im Cabinet den Vortrag hat, eis 
Biniffer, und zwar ohne alle Öffentliche Werantwortlichkeit. Daher hat 
Einrichtung oft Befchwerben ber conflituirten verantwortlichen Staates 
d ſelbſt der Stände veranlaßt, und in neuern Zeiten hat man es meis- 
bee von den Staatsgeſchaͤften getrennt, ober den Vortrag im Cabinet 
miſterium verbunden. In Öftreich z. B. befleht ein geheimes Gabinet, 
Director, 5 Secretairs und einigen Kanzliften; in Frankreich eine 
t cabinet du Roi aus Secretairs, Bibliothefaren, Vorlefern, Kanz⸗ 
Rünftteen. In Preußen haben nad) den neuern Anordnungen der 
lee, der Kriegsminifter, der Generaladjutant und ber Cabinetsrath 
eßlichen Vortrag im Cabinet. Cabinetsöminifter beißen daher auch 
Staaten diejenigen, welche ben unmittelbaren Vorträgen bei dem Sous 
ſonſt zuweilen bie geheime Gonferenz genannt) beimohnen, ba die uͤbri⸗ 
nur an den Berathfchlagungen der Minifter Theil nehmen, Conferenzs 
annt werden. In England bebeutet das Cabinet (Cabinet couneil) 
Ausichuß des Minifteriums und der geheimen Raͤthe, zu welchem kei⸗ 
tewegen erſcheint, fondern alle, auch die Dinifter, für jede Sigung 
ngelaben werden müffen. In Frankreich ift das Conseil du cabinet 
Ordonnanz vom 19. April 1817 ein erweiterter Miniſterialrath, zu 
jer allen Departementsminiftern (Ministres sceoretaires d’etat) noch 
agicende Staatsminifter und zwei Staatsraͤthe gezogen werben. Eben 
aiſt daher auch die Bedeutung der Ausdruͤcke Cabinet sſchreiben 
retsbefehle. Jene werden gewoͤhnlich den Kanzleifchreiben entges 
und ergehen im eignen Namen, oft auch mit eigner Handfchrift bes 
‚ ohne Gontrafignatur eines Minifters, in der Form von Privat; 
Eine Art derfelben find die Gabinetöbefehle, oder Cabinetsordres, 
falls mit eigenhändiger Unterfchrift de6 Souverains erlaffen werben, 
rt als Beſchluͤſſe eines Cabinetsraths aus der Staatskanzlei außgefertigt 
die berühmten englifchen Cabinetöbefehle über die Schifffahrt der Neu⸗ 
16. Mai 1806, vom 7. San. und 11.Nov. 1807. Die berüchtig« 
de eachet im alten Frankreich gehörten auch, wenigſtens zum Theil, 
wtöbefehlen. Ausgeſchloſſen find die Cabinetöbefehle in Anfehung der 
a in der conflitutionellen Monarchie durch bie derfelben weſentliche Be: 
daß jede eigentliche Regierungshandblung unter der Verantwortlichkeit 
sbeamten (welche durch bie Gontrafignatur der Minifter ausgedrückt 
un muͤſſe. Auch in Preußen gibt es Fälle, im welchen felbft den Be: 
euverains die rechtliche Wirkung geſetzlich abgefprochen if. (Allgem. 
‚U, &.1, 8.10) (Bst Continentalfyfiem und Geheime 


rdnungen.) T. 
chon, ein Ebelfteln, befonbers ein Rubin, ber zwar ſchon gefchliffen, 
ht gehörig geformt iſt. 


tage, bie Fahrt an ben Küflen von einem Hafen zum andern, bei 
hohe See vermeidet; auch bie Kenntniß der Küften, und der Handel, 
Seekhften getrieben wird. — Cabotier, ein plattes Fahrzeug, das 
m gebraucht wird, ein Küftenfahrer. — Cabotiren, bie Küften 
er Küftenhandel treiben. 

obaum. Suͤdamerika hat davon ganze Wälder. Die Norbames 
ben dieſen Baum gleichfalls. Seine hoͤchſte Höhe ift 50 Fuß. Der 
+ Eu Diameter, fein Holz iſt weiß und leicht, feine Rinde rauh und 
Biätter gleichen benen des Kirſchbaums. Die Frucht hat die Geſtalt 
e, 6 Zoll lang, 3 — 4 Zoll dick, oben zugefpigt, mit 10 hervorragenden 
ielen Warzen. Die junge Frucht wechſelt bis zur Reife die erſte grüne 


868 Cachet (Lettres de) 


Farbe in gelbe und zulegt in roͤthliche; unter dieſer obern Fruchtrinde ha 
dicke gelbe und im Innerſten eine weiße zarte. In ſolcher liegen 5 Reiben 
bohnen, jede zu 6 — 8 Bohnen, von Mandelgroͤße, nur baß fie dicker find: 
ſeriges Fleiſch verbindet die einzelnen Bohnen mit einander; jede Bohne 
harte braume glänzende Schale und einen leicht zerreiblichen violetten Ker 
Frucht ift faftig, hat einen angenehmen fäuerlichen erfrifchenden Geſchmac 
ift dagegen ber Ölreiche Ken. Die Amerikaner Ichrten ben Spanien U 
ladebereitung aus Cacao, Zuder, Vanille oder peruvianifchen Balfam. | 
dianer benugen noch jet die Schale zu Gefäßen, die Blätter zum Kor 
oder zum Deden der Häufer. — Die Cacaobutter iſt das feifige au 
DI der Cacaobohnen. Man gewinnt diefe Bohnen vom Theobroma Ca 
Theobroma bicolor. 

Cachet (Lettres de), geheime Verhaftöbefehle, vermöge tweldhel 
ehemal. Königen von Frankreich und ihren Miniftern Jedermann nad 
eingekerkert oder an einen gewiſſen Ort verwiefen werben konnte, ohne 
davon anzugeben. Die erfte Anwendung derfelben fchreibt man dem 
Miniftertum des Cardinals Richelien fo berichtigten Gapuciner, Pater 
Man bat jedoch fehr Unrccht, diefe ehemals in Frankreich gewöhnliche 
Befehle im Allgemeinen geheime Berhaftsbefehle zu nennen. Die 
zu einem Beinen Theile ihre Beſtimmung. Alle Ausfertigungen aus 
Staatskanzlei ergingen naͤmlich entweder offen, als Lettres patentes, 
ſchloſſen, als Lettres eloses oder de cachet. Jene wurden immer auf 
gefchtieben, der Name des Königs von einem Staatsminiſter unterfi 
Minifter contrafignirt, nicht zufanmmengefaltet, fondern nur am untern 
gebogen und mit bem großen Staatsfiegel bedruckt. Sie fingen mit 
an: „A tous presens et à venir Salut!‘ und endigten mit dem viel befl 
„Car tel est notre plaisir”, welches nichts ale das deutfche: „Damm 
unfere ernftliche Meinung und unfer Wille!“ ift. Im diefer Sorm wurden 
Verordnungen, Gnadenbriefe, Privilegien ıc. ausgefertigt, aber alle uf 
ihre Wirkung zu haben, vorerft von dem Parlament, in deffen Sprengel 
ten, einregiftrirt fein. (Das Parlament henmte daher oft durch B 
die Wirkung diefer offenen Briefe.) Diefe, bie Lettres closes, wurden 
auf Papier gefchrieben, theild im Namen des Könige, welcher dabei in I 
Perſon ſprach und mit der Formel fchloß: „Sur ce je prie Dieu, qu'il 
dans sa sainte et divine garde”, und, mit feinem Ramen unterzeichnet, 
Auftrag des Königs mit ben Anfangsworten: „De par le Roi: Il est or 
ete., und von einem Minifter unterfchrieben. Sie wurben dann mit beu 
koͤnigl. Siegel zugefiegelt, fo, daß der Inhalt von außen nicht zu fehen wi 
Gebrauch diefer verfchloffenen Briefe war fehr viel weiter als auf bloße Be 
gen ausgedehnt. Alle Befehle an Behörden und Indwiduen (3. B. guta 
berichten, fich an beflimmte Orte zu begeben, Verweiſungen aus ber 
aus dem Lande) ergingen In diefer Form. Verhaftungsbefehle mußten 0 
felben gegeben werden, weil die Gerichte, und befonder& die Polizei, fonft in 
den Fällen nicht hätten wirken koͤnnen. Dem Potizeidirector (Lieutenant 
de la police) von Paris wurden immer eine große Zahl im Voraus zug 
fie nad) Bedürfen auszufüllen. Ohne fie hätte er gar kein Recht gehabt, 
tige Menfchen in Verhaft nehmen zu laffen. Häufig mar auch die Ba 
eine koͤnigl. Gnade, indem fie ben Verhafteten dem ſtrengern Verfahren der 
entzog. Eine Vertheibigung derfelben gegen die bekannten N 
(„Memoires sur la Bastille”, Xond. 1783) und Mirabeau’s (‚Des ls 
oachet et des prisons d’etat“, 1782) hat Pfeffer in Schloͤzer's „Sem 
gen’ unternommen, aber mit aller feiner Gruͤndlichkeit doch nicht den 1 







Caͤcilie Cacus 350 


abgewendet, daß fie ein hoͤchſt verderbliches Werkzeug der Willkuͤr und 
swaren. (S. Baſtille.) 37. 
lie Es gibt mehre Heilige d. N. in der kathol. Kirche. Die bes 
die man fuͤlſchlich zur Exrfinderin der Orgel und zur Schugpatronin ber 
macht bat, fol im der erſten Hälfte bes 3. Jahrh. n. Chr. den Maͤrty⸗ 
en haben (220). Ihre heibnifchen Altern follen fie nad) der Legende 
iſchen Juͤngling, Valerian, wider ihren Willen verlobt haben. Gie 
a ihrem ‚Derzen dem Herrn eine ewige Jungfraufchaft gelobt; und 
Inſtrumente tönten, wie es in jener Legende heißt, tonte es in ihrem 
kn zu dem Herrn (cantantibus organis, illa in corde suo soli do- 
ıbat dicens ete.), d.h. betete fie: Herr, laß mein Herz und meinen 
et bleiben. Als nun der Bräutigam erfchien, bedeutete fie ihn, fie 
zübren, ein Engel des wahren Gottes befhüge ihre Unfchuld. Der 
Valerian wollte ſich von diefer Angabe überzeugen; fie verwies ihn am 
Ucban, der ſich unter den Gräbern der Märtyrer verborgen hielt, und 
er chriftlichen Religion unterrichtete und taufte. Als er nun zu ber 
Ham, fah er den ſchuͤzenden Engel, der Beiden Kränze von himmli⸗ 
und Lilien reichte. Valerian bewog nun auch feinen Bruder Tubir⸗ 
ſtlichen Glauben anzunehmen. Beide Brüder ließ als eifrige Chris 
der cömifche Praͤfect Almachius enthaupten. Gäcilien follte das Les 
t fein, wenn fie den heibnifchen Göttern opferte. Allein fie blieb feft 
suben. Darauf ließ fie des Tyrann in ein Bad mit fiedendem Waſſer 
in weichen man fie noch am andern Tag unverlegt fand. Dann 
Henker enthaupten, der, ald er 3 Mal gehauen, das Daupt nicht vom 
anen vermochte. So lebte fie noch 3 Tage, ermunterte bie Glaͤubi⸗ 
und befchenkte die Armen. Schon im 5. Jahrh. findet man in Rom 
idmete Kirche. Der Papſt Pafchalis, der große Sorge um die Relis 
fpürte auch ihrem Körper nach. Da foll fie ihm, wie er in feinen 
dit, im Schlafe erfchienen fein und ihre Begräbnißftelle angezeigt has 
alis aber ließ nachgraben und den gefundenen Körper 821 in der von 
ergeſtellten Kirche beifegen, wo man auch jebt ein Denkmal berfelben 
e Caͤcilie zur Schußheiligen der Tonkunſt geworden, darüber hat man 
Meinungen aufgeftellt; alle kommen darauf zuruͤck, daß dies entwe⸗ 
tifverfland oder durch eine ſymboliſche Deutung der in ihrer Legende 
oben angeführten Worte gefchehen. Ihre Verehrung als folche ift 
ter den Dichtern bat fie Chaucer, Dryden in feinem von Händel com⸗ 
leganderfeft”, welchem ber von Winter componirte „Timotheus, oder 
der Töne‘, nachgebilbet ift, ferner Pope in einer Ode befungen. 
menichino, Dolce und Mignard haben fie in berühmten Gemälden 
son denen fie fchon das Bild des Erſtern, wie Herder in den „Zelt. 
st, als biımmlifche Erſcheinung, als perfonificiete himmlifche Andacht, 
chleit werth macht. Allein der Juͤngling von Urbino hat auch bie 
me Bedeutung jener Legende in f. Darfielung am iichtigſten ge⸗ 


8, ein Raͤuber in Italien, der Schrecken des aventiniſchen Waldes, 
enden und Fremden, ein ungeheurer, und nach Einigen auch feuers 
efe von übermäßiger Kraft und ſchrecklicher Geftalt, war ein Sohn 
Ein Höhle mit langen Winbungen war feine Wohnung, über deren 
Ipfe und Arme bes Trſchlagenen hingen, und die er mit einem Steine 
ma 20 Paas Stiere nicht fortberwegen Eonnten. Als Hercules des 
des Durch Italien trieb, raubte ihm Tacus einige derfelben und führte 
Bpuz zus verbergen, ruͤkwaͤrts in die Höhle. Aber das Gebruͤll vers 


360 Cada Moſto Eadenz 


rieth fie, worauf Hercules den Räuber ergriff und nach einem ſchrecklichen 8 

(f. Virgil's Äneide im 8. Buche) mit der Keule erfchlug. Zum Dank u 
Hercules die Ara maxima, Evander aber nebft feinen Arkadiern erwieſa 
Hercules als idtem Mohithäter göttliche Ehre. 

Cada Mofto oder Ca da Mofto (Luigi da), geb. zu Venedig 
1432, widmete ſich nach einer forgfältigen Erziehung dem Handel umb 
mehre Reifen im mittellänbifchen und atlantifchen Meere. 1454 reifle « 
dem Schiffe feines Landemannes, des Marco Zeno, nad Flanden. 9 
Winde hielten ihren Lauf in der Strafe von Gibraltar auf, und fie ward 
thigt, bei dem Cap St.: Vincent anzulegen, wo im der Einſamkeit ber Pri 
eich feinen Studien oblag und ſich mit der Entdeckung der afritanifchen K 
ſchaͤftigte. Cada Mofto, ein Juͤngling voll Unternehmungsgeift, bot dem 
feine Dienfte an und erhielt ein Fahrzeug von 90 Tonnen. 1455 reif 
Lagos ab, lief in den feit 5 Fahren entdediten Senegal ein, fuhr noch weite 
Küfte hin und vertveilte bei dem Fürften Damel, deſſen Staaten ſich vom 
bis zum grünen Vorgebirge erſtreckten. Nachdem er Gold und Sklaven « 
beit hatte, richtete er feinen Lauf nach dem grünen Vorgebirge. Hier ver 
fi mit 2 andern Entdeddungsfchiffen des Prinzen, und fo kamen fie enbiil 
Mündungen des Sambia, deſſen Reichthlimer man ihnen gerühmt hatte. 
indeß von ben Einwohnern angegriffen wurden und die Schiffemannfd; 
der langen Reife ermübet, darüber den Muth verloren, fo fahen fie fi Ri 
nach Portugal zuruͤckzukehren. 1456 machte Cada Mofto in Gemein 
2 andern Schiffen eine zroeite Reife nad Sambia. Auf dem Wege dahin 
ten fie die Infeln bes grünen Vorgebirged. Als fie diesmal in den Ga 
liefen, wurden fie gut aufgenommen; allein der Eintaufch des Gorbes 
ihren Erwartungen nit. Die 3 Schiffe kamen bis zu dem Fluß Cafan 
dem Rio Grande, und kehrten darauf nach Portugal zurüd. aba D 
dafelbft bie 1463, in welchem Jahre Prinz Heinrich flarb. Die Beſche 
Reifen: „Prima navigazione per l’Oceano alle terre de’ Negri deli 
Etiopia, di Luigi Cadamosto”, Bicenza (1507) und Mailand (1519), W 
von den Schifffahrten der Neuern, ift ein wahres Muſter. Es herrfchtt 
bewundernswürdige Ordnung, die Erzählung iſt anziehend, die Befchreibun 
Kar und genau. i 

Cadenz (Cadence, ital. Cadenza), Schlußfall, Tonſchluß, iſt 
Tonfolge, welche dem Ohre das Gefuͤhl eines Ruhepunktes oder Endpun 
Man unterſcheidet demnach 2 Arten derſelben: eine ſolche, nach welcher 
eine Reihe der Toͤne ſchlechterdings fuͤr geſchloſſen, beendigt, erklaͤren muß, 
keine weitere Fortſetzung derſelben zu erwarten hat. Dieſe iſt die 
Cadenz; und eine ſolche, welche nur das Gefuͤhl eines Ruhepunktes g 
welcher man alſo eine Fottſetzung der Tonreihe erhalten muß — 
Durch die erſtere werden ſowol die Haupttheile eines Tonſtuͤcks von 
ſondert, als die ganzen Tonſtuͤcke geſchloſſen (Finalcadenz). Damit das 
Gefuͤhl völliger Beruhigung erhalte, muß die Modulation ber Toͤne wiedea 
Srundton zurüdgeführt werden und mit dem harmonifchen Dreiklang auf 
ben fchließen. Kommt der Grundton auf den Dreillang einer Nebented 
welche man ausgewichen iſt, fo entfleht eine Halbcabenz, mit welcher Di 
Periode des Satzes gefchloffen wird. Folgt auf den Vorbereitungsaccord | 
Schlußaccords ein andrer, fo nennt man bie eine truͤgeriſche, abgebrocheme; 
brochene Cadenz, Trugſchluß (clausula falsa, cadence rompue, oadenfl 
ganno, eadenza sfuggita), meil hier das Ohr gleichſam getäufcht ober 
wird, indem es etwas Andres erwartete. Sie kann Übrigens eine volkie 
oder Dalbcadenz fein. Häufig verfteht man unter Cadenz auch jene der 



















.Gabet de Baur Cadiz 361 


fühle des Sängers oder Soloſpielers überlaffenen Soloſtellen, twomit 
ornehmlich in gewiſſen galanten Muſikſtuͤcken den Schlußfall aus⸗ 
Hier fiel der Sänger ober Soloſpieler, während der Schlußfall in die 
miitteift einer ausgehaltenen Note (ſ. Fermate) aufgehalten rourbe, 
leinen Paufe ein, und entwidelte entweder einen Hauptgebantı'n bes 
der legte die Hauptgebanken deffelben nochmals in gebrängter Übsrficht 
uf näherte er fich der Vorbereitimgsnote des Schluffes und fie mit 
: wieber in den Grundton des Stüds ein. Diefe Art von Coiden; 
gurirte Cadenz, ober Cadenz in der Melodie. (S. Claufel.) Man 
r oft fehr Iangmelligen, abfchweifenden und unförmlichen Ausw uͤchſe 
ten Zeit überdräffig geworden, und bie figurirten Cabenzen kommen 
t ſelten ober in abgefürzter Form vor. dd. 
t de Vaux (Antoine Alexis), Chemiker, Mitglied des franzöf. 
‚harmacie und vieler gelehrten beutfchen Geſellſchaften, geb. in Paris 
mfange Apotheker, ift aber feit vielen Jahren ein gluͤcklicher prakti⸗ 
mm, und ungeachtet feiner hohen Jahre noch immer thätig durch ches 
n = ober lanbwirthfchaftliche Verſuche, die Erbe und die Kabrifen feines 
einträglicher zu machen. Für Frankreich wirkte er auch im Staats⸗ 
ift einer der Hauptredactoren bes „Journal d’economie rurale et 
' von 1803 an, und des „Cours complet d’agriculture pratique”. 
igften Schriften betreffen die Abnahme des Waflers in den Thälern, 
öhen abgeholzt werden, Verbefferungen der Production in der Lands 
nd aller Zweige ber Sefumbheitspolizei, ſowol in den Städten ale auf 
Seibft ein großer Weinbergebefiger zu Argenteult, lehrte er praktiſch, 
4 forgfältigere Eultur eblere Weine erzielen koͤnne, als bie Weinberge 
ten. Über alle Zweige ber Gärtnerei und Landwirthſchaft verbreis 
muͤtzige, neue oder bisher unbeachtet gebliebene Kenntniffe. Ex rieth, 
er auf Corfica beffer zu fchonen, nach überſchwemmungen die durch 
ädigten Gebäude rafch wieder auszutrodinen, empfahl die Rum: 
uppen, Knochengeleed, Vernichtung ber Maulmwürfe, das Reinigen 
zurch Dämpfe, Weofchaffung alles faulenden Gewaͤſſers in der Nähe 
und Dörfern, die Malerei mit Milch, die Acclimatifirung des Gaffees 
des Tabacks, die Veredlung der Bartenbdume, die Vermeidung ges 
ehler beim Baumfchnitt und bie Krümmung der Zweige der fruchts 
dume, damit fie nach einer bargelegten Erfahrung größere und zus 
fruͤchte tragen, ohne fich dadurch zu erſchoͤpfen; ferner die Benutzung 
mehls zu Brot bei Getreidetheurung , bie beffere Militairverpflegung 
ere Koſt; endlich die Mittel, durch welche hohe Theurung ber eriten 
duͤrfniſſe in Gegenden, bie eine fehr ſtarke Bevölkerung haben, abges 
en kann. 
3 ober Cadix, im Königreich Sevilla, die reichſte Hanbelsftadt und 
ſten Städte Spaniens, liegt auf dem weſtl. Ende der 3 engl. Meilen 
30 Fuß über dem Deere liegenden Erdzunge einer Inſel, welche Leon 
ſuͤdoͤſti. Theil diefer Infel war ehemals durch die alte Bruͤcke Suaco 
en Sande verbunden. Die Stadt ift mit einer Mauer und unregels 
Rionen umgeben, wie es die Befchaffenheit des Erdbodens zugelaffen 
rs Suͤdſeite kann man ihr wegen der hohen und fteilen Ufer nicht beis 
ı der Morbfelte ift eine Landung wegen ber Sandbaͤnke und Klippen, 
inter dem Waffer befinden, gefährlich. An der Suͤdweſtſpitze ift eine 
Idfen, bie zum Theil, wenn das Waſſer hoch geht, mit Waſſer bedeckt 
f der Spige St.-Sebaftian ift ein ſtarkes Sort zur Vertheibigung ans 
dir kann alfo nur von der fchmalften Seite der Erdzunge angegriffen 


362e Cadiz 


dn, ua hier hat man Abos angewenbei um es gegen feindliche Angeitie | 
zw flellen. Man kann denmach Cadir für eine Banpefeftung anfehen. & 
ekarmige Bai bildet einen trefflichen Dafen und befteht igemtlich aus.2 an 
hängenden Meerbufen. Der erfte von diefen Meerbufen heit Bahia 
ber andre Bahia de Puntales. Die Öffnung des erſten beträgt 2000, 3 
zweiten aber nur 500 Klafter. Diefe Öffnungen, fowie uͤberhaupt de 
und die Stadt, merden durch bie Forts St.⸗Catharina, St. Gebaftian, ( 
Matagorda, Puntales und Fort Luis vertheibigt. Die Bahia de Gadie, 
allgemeine Hafen der Rauffahrteifchiffe, die Bahia de. Puntales aber bar £ 
Kriegöfchiffe und der nach Amerika gehenden und von da herkommenden 
teifchiffe; denn die Schiffe fremder Nationen durften daſelbſt nicht eir 
Trocadero ift eine Infel, die durch den von dem Hafen von Gabir 
Matagorda nad) Puerto⸗Real führenden Canal gebildet il. Das Fort 
legt am Meere auf der Infel, welche die Cortadura bildet, und vertbeibigt 
ihe gegenüberliegenden Matagorda die Einfahrt in den innern * 
ſehung der Kriegsmarine galt Cadix immer für einen Hauptplatz, und male 
goin's Meinung war es der vollftänbigfte Seeplag von ganz Europa. D k | 
ift feie 1786 ſehr erweitert, verfchönert und mit geſchmackvollen neuen ( 
verfehen worden. Gie hat ein Bisthum, eine alte und eine ungemelng 
nee Kathedralkirche, 13 Kiöfter, eine Akademie der fchönen Rufe | 
fhule, eine Steuermanns », nautifche und mathematifche Schule, eins 
lich eingerichtete Sternwarte, ein Sees und Landhofpital, eine chiruegiiie. 
anftalt, einen botanifchen Sarten, ein Theater, 15 bürgerliche Hoſpitu 
Zahl der Einwohner belief fidy vor 1808 in 8000 H. auf 75,000, de 
Engländer und Deutſche. Auf der Exdzunge bei der Stadt find fehe 
Salzwerke und Weingdrten, worin ein guter Wein wählt. Die Chunfl 
. erheblich. Unter die Unannehmlichkeiten ber Stadt gehört der Mangel a 
barem Waſſer. Es ift zwar jedes Haus mit einer Ciſterne verſehen; 
feifche Waſſer wird von der Stadt Puerto de Santa Maria geholt. Cabke 
Mittelpunkt bes ſpaniſch⸗ amerikaniſchen Handels. Alle Seehandel trei 
ropäifche Nationen haben hier ihre Confuln, Agenten und Correfpondentem, 
waren 110 große Handelshäufer in Cadix. 1792 betrug der Werth ber 
dern Erdtheilen eingeführten Waaren 100 Miu. und der Werth ber Ausful 
Mi. Realen. 180% belief fich die Zahl der eingelaufenen Schiffe auf 
Die Stadt Cadir ift uralt. Sie wurde zuerfl von den Xpriern erbaut u 
d. h. ein Zaun oder ein eingegäunter Ort, genannt. Noch fieht man auf 
S.⸗Pedro bei ruhigem Waffer in der See die Truͤmmer bes Derculestem 
der Häufer des alten Gades. Nach ihnen befafen es die Karthaginenfer ug 
die Mömer, welche es Gades nannten. In der Folge bemeifterten ſichd 
diefer Stadt und befaßen fie bis 1262, wo fie ihnen durch die Spanier du 
wurde. 1696 wurde fie von ben Engländer geplimdert und verbranng 
Spaniern aber wieder, und zwar in einem feitern Zuftande, bergeftellt. 1 
fuchten die Engländer einen abermaligen Angriff, richteten aber nichts 
Spanien mit Frankreich verbündet war, wurde Cadix mehrmals von den 
dern blokirt und auch zinmal, jedoch ohne Erfolg, bombarbirt. 1805 
Nachbarfchaft di: wichtige Seefchlacht vor. (S. Zrafalgar.) Seit 
Iution von 1808 war Gadir bis zu Ferdinands VAL. Ruͤckkehr im Inſt 
zuſtande. Nach den Kortfchritten der franz. Zruppen in Andalufien zog 
oberfte Inſurrectionsjunta nad) Cadix, verfammelte dort Ihre ſtaͤrkſte 
wurde noch durch beträchtliche englifche Corps aus Gibraltar und 
ſtaͤrkt. Sie ließ die Erdzunge vor Cadir abgraben und die 700 Schri/ 
Bruͤcke, welche das fefte Land mit der Infel Leon verbindet, abbredgen. 4 




























Gabuceus Caffarelli du Falga 363 


rc gänzlich vom Lande getrennt; und ba ed von der Serfeite burch Fe⸗ 
„Forts, vorzüglich aber durch ſtarke fpanifche und englifche Flotten ges 
fo gehörte die Belagerung diefer Stadt (vom 6. Febr. 1810 bis zum 
312) zu ben außerorbentlichflen Unternehmungen. General Sebaſtiani 
von ber Landfeite; im März wurden die Laufgräben an mehren Orten 
kfte eröffnet umd, ungeachtet des heftigften Feuers aus ben Forts, von 
3 und ſchwimmenden Batterien und unter mehrmaligen ſtarken Aus» 
Belagerungsmwerke fortgefest, die Forts längs der Bai eingenonmmen 
andy das wichtige Fort Matagorda, Cadir gegenüber, erobert. Don 
zde ein Verſuch gemacht, die Stabt, ungeachtet der großen Entfernung, 
ren, zu welchem Ende bie Sranzofen Mörfer von einer neuen Erfins 
rotlla hatten gießen laflen. Den 15. Dec. wurden die erften Bomben 
ten geworfen und flogen bis in die Stadt; weil aber die Däufer in Ca⸗ 
haus von Stein gebaut find, fo entftand kein Brand und der Schaden 
utend. 1811 machten die vereinigten Engländer und Spanier mehre 
m Entfag und zerftörten wirklich einmal die Werke der Belagerer, we⸗ 
m Theil. Von Seiten der Franzoſen war man vorzüglich mit dem 
x Ausruͤſtung einer Flottille zum Angriff auf die Inſel Leon befchäftigt. 
aren die Spanier mit ihren Vertheidigungsanftalten in größter Thaͤtig⸗ 
on der Eroberung der Inſel das Schidfal von Cadix abhing. Diefer 
uerte bis in die legte Hälfte d. 3. 1812, wo MWellington’s fiegceiches 
m die Mitte von Spanien die Sranzofen nöthigte, ſich für immer aus 
zuruͤckzuziehen und die mit feltener Anftrengung betriebene Belagerung 
Dagegen zogen die Franzoſen 1823 am 3. Oct. nach kurzer Ein⸗ 
ı Sadir ein. (S. Spanien) Die Stadt San: Fernando, vor 
1sdesLeon und San⸗Carlos, hat 3000 H. und 40,000 E., eine 
‚fehle, Sternwarte, Fabriken ıc. Auf der Inſel Leon liegt auch das 
Gabezas, wo Riego am 1. Ian. 1820 die Militairrevolution bes 
8 Schiffsarſenal und die Werfte befinden fi) auf der Infel La Ca⸗ 
Dafen von Cabir. 
10EuUs, ein Lorbers oder Dlivenftab mit 2 Eeinen Stügeln am obern 
ven ſich 2 Schlangen wanden, bie ihre Köpfe einander zufehrten, ohne 
zw firäuben, diente zu einem Sinnbilde des Friedens. Ihn tru⸗ 
Ade, deren Perfon dann felbft den Feinden heilig und unverleglich war. 
rzaͤhlt: Apollo fchenkte diefen Stab dem Mercur für die Abtretung der 
ier erfunden zu haben. Als Mercur mit demfelben nad) Arkadien kam, 
einander kaͤmpfende Schlangen; er warf den Stab unter fie, und ſo⸗ 
langen fie denfelben in frieblicher Eintracht. Die Schlangen, welche 
verzieren, waren nad) Böttiger urfprünglic, Andeutungen der künftlis 
von Bändern und Schnüren, momit bie diteften Handelsleute des Mit: 
re Kiften und Waaren verwahrten. Zwar iſt der Caduceus das eigen: 
nterſcheidungszeichen Mercure’, der bamit bie Schatten zur Unterwelt 
and deßhalb auch Sabucifer genannt wird; body finden wir ihn auf ans 
m andy in den Händen des Bacchus, Hercules, der Ceres, Venus und 
Bet den Neuern dient er vorzugsweife als Sinnbild der Hans 


arelli du Falga. Unter 5 Bruͤdern d. N., die fi alle in ver» 
ächern der Verwaltung und der Wiſſenſchaften ausgezeichnet haben, 
anteften: 1) Louis Marie Joſeph Marimilian, geb. 1756, 
oe Saint⸗Jean d’Acre als Divifionsgeneral. Seine Schriften, die ihm 
Hay im Nationalinſtitut verfchafften, betreffen Mathematik, die Noth⸗ 
mes beffern Öffentlichen Unterricht und andre Verwaltungs: oden ab⸗ 


864. Caffarelli Caffee 


ſtract⸗ philoſophiſche Gegenſtaͤnde. Sein ganzes Leben warden MWiffenfd 
gewibmet und dem Streben, dee Menfchheit nüglich zu fein. Er huldig 
Grundfägen der Revolution und diente bei der Rheinarmee als Gapitain; af 
der Nationalconvent den Armeen 1793 Ludwigs XVI. Hinrichtung hatte bei 
- machen laffen, mißbilligte er dies, wurde dafuͤr abgefegt und 14 Donate ela 
tert, dann im Militairausſchuß abermals angeitellt, und ging [päter nach ber 8 
armee zuruͤck. Der Verluft eines Beins hinderte ihm nicht, als Chef des fl 
corps an ber Erpedition nach Ägypten Theil zu nehmen. 2) ein Brube 
guft, Senerallieutenant, geb. 1766, lernte unter den farbinifchen Trupgg 
Kriegsdienſt. Er machte dann faft alle Feldzuͤge des Revolutionskri 
Frankreichs Fahnen mit. 1804 fandte ihn Napoleon nach Rom, um den 
zu bewegen, ihn bei feiner Krönung zu falben; dann wurde ee Gouverneur 
lerien, erhielt eine Stelle bei ber Armee, war von 1806 — 10 Krieg 
Krone Ztalien und hernady im activen Kriegsbienft bei der Armee in 
Napoleon beförderte ihn zum Chef der erflen Militairbivifion während der 
Zage; ſeitdem wurde er penfionirt. 

Caffarelli, f. Majorano. 

Caffe (Daniel), Portraitmaler in Paftel, geb. 1750 zu Kuͤſtrin, 
beim frühen Tode feines Vaters eine forgenvolle Kindheit. In feinem 
wurde er von einem Staffirmaler zum Zimmeranftreichen, fpäter zum M 
tebtonifcher Zierrathen ıc. gebraucht. Das Kortfchreiten in der Kunft 
durch äußere Umftände gehindert, die ihn nöthigten, feinen Unterhalt al 
ber, fpäter als Bebienter zu fuchen. Doch verfäumte er dabei nicht, ſich 
len zu üben. Eine vortheilhafte Anftellung als Kreisfchreiber verließ er 
zur Malerei, indem er auf einer Reife nach Berlin 1778 einen Maler E 
der ihn unter dem Berfprechen, ihm feine Kenntniffe in der Kunft mit; 
"feine Dienfte und mit nad) Dresden nahm. Sein neuer Herr fah fi 
jenes Berfprechen zu erfüllen, daher Caffe noch einmal Dienfte nehmen 
Hier erwarb er fi, in feinen Nebenftunden Jeden malend, der ihm 
wollte, die Sertigkeit, einem Portrait Ahnlichkeit zu geben, und dieſes 
gewiß, wendete er ſich in einem Alter von 32 J. an die Malerakademie in 
deren Director, Cafanova, ihn freundlich aufnahm. Nun ftudirte er die 
und ba er fi) zum Paftellmater beftimmte, die Gemälde von Menge, erwi 
auch durch Fertigung und Miſchung feiner Paftellfarben eine gründliche 
kenntniß. Nach Zjährigem Studium flellte er 1785 zum erften Mate ud 
fein eignes Portrait aus, welche Arbeit ihm nicht nur den erften Preis, ſ 
auch, durch die Empfehlung Caſanova's, die Bekanntfchaft des Zürften Beh 
ruſſ. Sefandten in Dresben, erwarb. Sein Ruf breitete ſich während 10% 
die er in Dresden verlebte, foroie in der Folge von Reipzig, wo er ſich haͤuth 
derließ, fo aus, daß er feine Arbeiten in meit entfernte Länder brachte. DI 
fertigung ber Paftellfarben lehrte er feinem Bruder, wodurch er den Grund g 
Fabrik legte, die ihre Farben ins In» und Ausland verfendet. 1799 malt 
Dresden ben in Katharinas Geſchichte befannten Admiral Orloff nebft 
milie in großen Bildern in halber Figur, die zu feinen gelungenften X 
bören. Won 1807 an befuchte er mehre Sommer Dresden und malte beul 
zuͤglich für den Lord Fintlater, Copien auf der Galerie, bie wegen ihrer dem! 
ungewöhnlichen Kraft und Wärme befondern Beifall fanden. Ex ſtarb d. 16 
1815 in Leipzig. 2 

Gaffee. Von Arabien, wo ber Caffeebaum einheimiſch ift, Es 
Frucht nach Ägypten im 16. Jahrh. 1591 brachte ihn Prosper Alpiı 
Arznei nady Venedig, 1644 findet man ſchon ben Gebrauch deffelben in 
veih und 1652 in London. Gegen das Ende des 17. Jahrh. brachten I 


















Gaffeehäufer Cagliari (Paolo) 365 


Mokka nad) Batavia, und gegen 1710 von Batavia nach Am- 
ge Jahre nachher bekam ter botanifche Garten zu Paris von hier 
m, und 1720 ward ein dort gezogener junger Bau von Des 
Antillen geführt. Der Bemuͤhung diefes Reifenden wird der An- 
ächfes auf Martinique, St. Domingo, Guadeloupe und ben 
mifchen Inſeln verdankt, welches ein durch alle Welttheile verbrei- 
ıligemeinen Beduͤrfniß gewordenes Getraͤnk liefert. Man machte 
a weit früher Gebrauch von dem Gaffee, als man bie: Pflanze 
ı 1652 war zu London ein Grieche, ber fich mit ber Zubereitung 
chäftigte, wie er denn in Arabim, Ägypten, Syrien und in Gon> 
n feit dem 9. Jahrh. in Gebrauch'geweſen fein fol, - Die Frucht 
is ift eine Beere, welche bei ihrer Reife die Größe, Geſtalt und 
sfche hat. Das äußere Fleiſch huͤllt zwei. längliche Bohnen ein, des 
eim enthält. Die Araber bereiten aus der Hülfe ein Getraͤnk, das 
ten und Gultanscaffee nennen; die Europder hirigegen bedienen 
obnen. Das bekannte, daraus gewonnene Getränk wirkt auf bie 
terleibes, beſonders auch auf die Mervengeflechte ber großen Puls: 
daher die Strömung bes Blutes, erregt eine angenehme Wärme 
» erleichtert die Verdauung ; theils durch die Ableitung des Blutes 
n nad) dem Unterleibe, theild durch die nach dem Gehirn ſich fort: 
ung ber Unterleibsnerven wird bie; Thätigkeitider Dirnorgane mit 
‚af und Bie Traͤgheit verfcheucht und Munterkeit erhalten... Allein 
tungen wegen kann dies Getränk bei reizbaren Naturen auch Be: 
be, Herzklopfen, Zittern ber Glieder und fieberartige Erfcheinungen 
md zu Hämorrhoibalbefchwerden Veranlaſſung geben. Die bei 
sten Caffeebaͤume gaben 1821 gute reichliche Fruͤchte. 
‚aufer. Ein Armenier, Namens Pascal, war der erſte, der im 
rze Zeit nachdem ber tuͤrkiſche Gefandte, Soliman Aga, den Part: 
Gebrauch des Caffees gezeigt hatte, auf ber Meſſe in der Vorſtadt 
ine Caffeebude aufſchlug. Doch fcheint das erſte wirkliche Caffee⸗ 
1724 dafelbft gegründet zu fein. Dieſes befteht noch jetzt, und 
ı feinem damaligen Stifter, einem Sicilianer, Namens Procopio, 
fe Proeope. Dieſe Anftalt fand vielen Beifall und daher auch 
r. Die Zahl der Gaffeehäufer für alle Stände fol gegenwärtig in 
zufend betragen, das glänzenbdfte und berühmtefte derſelben ift ſchon 
hren das Cafe des mille colonnes im Palais Royal, und es gibt 
vielleicht Beine bedeutende Stabt in Europa, die nicht eine mehr ober 
he Anftalt ähnlicher Art aufzuweiſen hätte. 
rd, Hauptſt. der Infel Sardinien an einem Hügel am Deere. Sie 
Eheilen: 1) dem Gaftelle, welches auf der Spige bes Huͤgels liegt; 
; 3) ber Eſtempache und 4) der Billa nova, ift ſtark befeftigt und 
icekoͤnigs, eines Erzbiſchofs und einer 1765 verbeflerten Univerfität 
renben, auch ber VBerfammlungsort der Corti. Außerdem befinden 
, 1805 von dem deutfchen Baron Prunner geftiftete, Lönigl. Ge: 
kerbaus, ein natuchiftorifcyes und ein Antiquitätenmufeum. Ihre 
unterhalten einige Fabriken. Cagliari ift der Stapelplag des gan⸗ 
Handels, daher Schiffswerfte und Quarantainehaus. Ihr geraͤu⸗ 
afen wird durch mehre Forts gefchügt. 
ei (Paolo), bekannter unter dem Namen Paul Veronefe, ein Ma: 
', geb. 1532. Sein Vater, ein Bildhauer, wollte ihn für diefe 
allein der Juͤngling verrieth mehr Neigung zum Zeichnen, und 
dem Maler Antonio Badile, feinem Oheim, in die Lehre geh 


366 Gaglioftro 


Paul machte unter ber Anleitung dieſes geſchickten Lehrers Kortfı 
die veronefifche Schule bereits herrliche Kuͤnſtler, wie Forbicini, G 
Bruſaſorei und Farinato, zählte, fo hatte er.in den erſten Jahren ı 
Er ging nach Mantua und Vicenza, unb in der Folge nach Venedig 
muͤhte er füch, In die Fußſtapfen Tizian's und Tintoretto's zu treter 
ſchlen er fie durch eine gefuchtere Zierlichkeit und durch reichere D 
der Verzietungen übertreffen zu wollen. Man erkannte bald an 
daß er die nach Antiken geformten Gypsabdruͤcke und die geägten B 
mefan und ‚Albrecht Dürer ſtudirt habe. In feinen erſten großen 
zu St.⸗Sebaſtian in Venedig find, erſcheint fein Pinfel nody furcht 
* eins feiner Frescogemaͤlde in derſelben Kirche, die Geſchichte be 
meine Bewunderung, und man glaubte, ihm wichtige Arbeiten Über 
fen, roorunter viele Bilder gehören, mit welchen er die Marcusbibli: 
Dierauf begab er ſich mit dem venetianifchen Geſandten Grimani x 
bier mit Begeiſterung die ſchoͤnen Muſter Rafael's und Michael 
malte nach feiner Ruͤckkehr feine ſchoͤne Apotheoſe Venedigs. Wo 
find feine verfchiedenen Gaſtmaͤler. In Venedig befinden fidy dı 
fech6 In den Mefectorien der Kiöfter. Am beruͤhmteſten iſt fein 
Sana mie 120 Figuren, worunter viele Portraits, und fein Gi 
bet Simon. An jenem tabelt man mit Recht die unpaflend angeb 
Pracht, bie Bereinigung ber verfchiedenften Perfonen und Trachten, ı 
Zug von Stolz, der flatt einfacher Hoheit in dem Chriftusgeficht 
die Verfegung der Hauptperfon in einen Winkel des Gemaͤldes un! 
derlaufen der weißen Tiſchtuͤcher und der Architektur. In feinen P 
Emaus verlegt Paul Veroneſe alle Einheiten ber Zeit, des Orts und 
Aber neben allen biefen Mängeln, welche glänzende Vorzüge, w 
@eit ber Ideen, bei deren Ausführung er fi) um fo ungebundener g 
her Geiſt in den Phyfionomien, — Adel in den Portraits und 
des Colortts! C. ſtarb 1588. : Seine Schüler waren Carlo und | 
Söhne, und —8* fein Bruder, ferner Michele Parrafio, Nau 
rona, Franceſco Montemezzano. 
Caglioſtro (Graf) ſſein eigentlicher Name war Giuſe 
geb. 1743 zu Palermo, wurde, da fein Vater fruͤhzeitig farb, v 
Verwandten erzogen und in den Orden ber barmherzigen Brüber ı 
famo fand bier Gelegenheit, fein Talent für die mebicinifchen Wiff 
denen er In ber Folge fo viel Auffehen machte, zu entwideln, zeig 
großen Bang zu Ausſchweifungen. Man fah fidy genöthigt, ihn ı 
Diden zu entfernen. Er Eehrte nach Palermo zuruͤck täufchte daſell 
gläubige Perfonen mit Zauberkünften und Schaggraben, fpielte noc 
gereien, und benußte befonders feine fchäbliche Geſchicklichkeit, allı 
täufchend nachzuahmen. Er wollte fich durch Verfaͤlſchung einer 
VBeſitz eines freitigen Grundſtuͤcks fegen, ward aber entdedt, und fa 
deimlich die Flucht zu nehmen. Jett wollte er fich nad) Rom begel 
Deife durch Calabrien lernte er die ſchoͤne Lorenza Feliciani, die Toch 
lers, Eennen. Diefe fhien ihm zur Ausführung feiner Betruͤgereie 
ſchickt. Er verband ſich daher mit ihr, und zwang fie bald darauf, 
hen Abfichten mit dem Verluſt ihrer Tugend befördern zu helfen. 
feine Wanderfchaften, auf welchen er fich hohe Titel beilegte, 
Mamen bed Marchefe Pellegrini und dann bes Grafen Caglioſtro 
Anfang. Er durchzog mehre Länder Europas, verweilte in den Ha 
gewann bald durch feine hemifchen Mifchungen, bald durch fein 
bald auch durch die Galanterien feiner Frau beträchtliche Summe: 


Cagnolii 367 


Liſſabon, Paris, London und in einer Menge andrer &täbte ; uͤber⸗ 
n zw befrügen, und immer iſt er fo gluͤcklich, ſich noch zeitig ‚genug 
ht zu cetten, wenn zuweilen einem ober dem andern Betrogenen bie 
angen waren und Me wachende Gerechtigkeit ben Gauner zu entlur⸗ 
luffindung des Steins der Weifen; Zubereitung eines koͤſttichen Le⸗ 
nd andrer trefflichen Univerfalmittel, welche nur durch geheime Wiſ⸗ 
vorgebracht werben koͤnnen, waren Immer der Ball; womit Gagfeftro 
tbigen Ylınger-um eine verhaͤltnehmoͤßige Einlage an baarem-&eide 
Manche woillten fich von Ihm wicht gerade in bie Tiefen dir Magie 
m, foribern beanägten fich, für anfehnliche Summen andre Arznei⸗ 
wWeln / unter denen fich befonders ein Schonheitswafſer befand, womit 
alte Damen von den häßlichen Runzeln zu befreien verſprach. Dies 
andwerk trieb unfer Held mehre Sabre. Da aber milt den abneh⸗ 
n feiner Frau viele ergiebige Huͤlfsquellen für ihn zu verfiegen anfin= 
Arzneienhandel auch zu ſtocken begann, befchloß ex, als Stifter einer 
heimen Seete fein Gluͤck zu verſuchen, ließ fich deßwegen bei feinem 
halt in London zum Freimaurer aufnehmen, und fpielte ſeitbem die 
zunderthaͤters und Magiers, worin er die Augen aller ſchwaͤrmeriſchen 
9 auf ſich zog. Die Gräfin Caglioſtro blieb ihrer Seits auch nicht 
mar bie erfte und gelehrtefte Schuͤlerin Ihres Gatten, und fpielte nun⸗ 
le einer Priefterin der geheimen TBeisheit ebenfo meifterhaft als fie 
fefterin einer andern Goͤttin gefpielt hatte. Das Syſtem, wodurch 
en alten ägpptifchen Orden, deffen Stifter Enoch und Elias geweſen 
wiederherſtellen wollte, war ein Lehrgebäude der abgeſchmackteſten 
und des aberwigigften Unfinns; aber der Anftrich des liberirdifchen 
ifoollen, womit er dbertüncht mar, und die täufchende Wunderkraft 
8, welcher batb mit der ſcheinbarſten Uneigennügigkeit Kranke unent⸗ 
‚ bad als großer Kophtha (diefen Namen hatte er ſich als Wiederher⸗ 
ptiſchen Maurerel beigelegt) die Geheimmiſſe ber Zukunft offenbarte, 
viel Freunde und Befoͤrderer. Caglioſtro durchſtreifte abermals Eu⸗ 
achte beſonders in Mitau, Strasburg, Lyon und Paris ungemeines 
jet ſeinem Aufenthalt in letzterer Stadt (1785) hatte er das Unglück, 
igte Haldbandgefchichte verwickelt zu werden, und warb ale ein Ver: 
ndinald Rohan des Landes verwieſen. Jetzt begab er ſich wieder nach 
ertieg mehre Sendſchreiben an feine Anhänger, worin er fid) über Die 
erlittene Beſchimpfung bitter beklagte, und den franzdf. Hof mit den 
Karben ſchilderte. "Won London, mo er ſich nicht lange halten Tonnte, 
Bafel und in andre Städte der dafigen Gegend, gab aber enblidy den 
Bitten feiner Frau und andrer Freunde Gehör und kehrte 1789 nach 
vo er ſich mit der Maurerei befchäftigte, aber entbedkt, auf die Engels: 
und durch ein päpfttiches Erkenntniß als Freimaurer und Erzketzer 
er Religion hoͤchſt gefährlicher Mann zu lebenslaͤnglicher Haft verur: 
Er finrb im Sommer 1795 im Sefängniffe zu St.-Leo, einer klei⸗ 
ı Mtcchenftaate. In einer Biographie ber Frau von der Rede in den 
"XI, findet man anziehende Auffchiüffe aber Caglioſtro's Aufenthalt 
feine Verhättniffe zu der Srau v. der Rede. An den „Memoiren Ca⸗ 
on ſich ebenfalls intereffante Mittheilungen über Caglioftro. Vergl. 
sch „Urania' f. 1822. 

li (Antonto), Aſtronom und Mitglied des franz. Nationalinftituts, 
Geſellſchaft der MWiffenfchaften des Königreichs Italien, gebürtig aus 
te in feiner Jugend bei der venetianifchen Geſandtſchaft in Parie, wo 
Hummelstunde fett 1776 mehr als die Diplomitif anzog. 


868 Cagots Caille 


1782 In Verona fich niederließ, richtete er in feinem Haufe ein Obſerva 
Von hier aus ‚bereicherte er die Himmelskunde mit manchen Entdedun, 
dee Wermäftung feiner Sternwarte 1798 durch die Franzoſen, die inbef 
luſt eicfegen lleßen, wanderten feine Inſtrumente nach der Brera⸗St 
Mailemd; er ließ ſich nun-bei der. Kriegsſchule in Modena ale Prof. der! 
anftellen. 1814 kehrte er nadı Verona zuruͤck und flarb dort 1816. ' 
vorsäglich f. „Notizie astronomiche adat. all’ uso comune” (Mol 
2 Bbe., mit Kpfın.) und ſ. „Txigonometria piana.e sferica” (2.4 
41804, 4., mit Kpfın,; franz, o- Chompre, 2. %., Paris 1804, 4.). 

Cagots, eine ebenfo ungluͤckliche Menſchengattung wie di 
Man findet ſie im ſuͤdlichen Frankreich, in der Naͤhe der Pyrenaͤen; 
find elende Bettler, mit den niedrigſten Arbeiten beſchaͤftigt, von Ausfı 
und Ungeziefer bedeckt, auf die geöbften Nahrungsmittel befchräntt, u 
fend, ohne Wohnung, ohne Kleider, ohne Seuerung in der Winterkälte, 
mit ſchmutzigen Lumpen bedeckt, die Nächte im Koth und in Viehſtaͤllen 
von hagerm, bleichem Geficht, meiſtens verflümmelt, an ihren Gliebe 
verachtet, verhöhnt oder bemitleidet, ausgeſtoßen aus ber menfchlichen ( 
als des Lebens unmürbige, viehiſchen Ausfchweifungen ergebene Weſe 
verruchteften Lafter angeklagt, womit das Menfchengefchlecdyt fich bel 
In den vorigen Sahrhunderten wurden fie entfernt als Ausfägige, verfk 
ger, verabfcheut ale Menfchenfrefler und Päderaften; man durchbohr 
Züße mit einem Eifen, zwang fie als Erkennungszeichen eine Eierſcha 
Kleidern zu tragen u. f. w. Auch der Name Gagot, welchen Scalige 
gottus ableitet, iſt ein Beweis ihrer tiefen Verachtung. Über die. Abſtar 
fer verworfenen Menfchenclaffe im Schoße einer der gebitberften Na 
Meit find bie Meinungen fehr verfchieden. Am wahrfcheinlichften iſt 
thung, daß fle von jenen nordifhen Barbaren herſtammen, bie im 
vierten Jahrh. in das füdliche Europa einwanderten. Genauere Untı 
aber haben gelehrt, daß fie nicht ohne Kähigkeiten find, nügliche M 
menſchlichen Geſellſchaft zu werden, und bag man fie zu diefem Zweck n 
Zuftande bes Elends, der Verachtung und des Mangels reißen dürfte, 
hindert, ihre, wenn auch geringen, Anlagen zu entwideln und anzumend 

Cahorsweine nennt man bie zum Verſchneiden, d. 5. Ve 
drer rothen franz. Weine gebräuchlichen Pontatweine, welche theils in 
theils In den Häfen benutzt werden, wohin bie leichtern und wohlfeilern fı 
einen feften Abfag finden. 

Caille (Nicolas Louis de la), geb. zu Rumigny unweit Rofoy i 
1713, fludirte auf dem Collegium zu Lifieur amd wollte fich dem 
Stande widmen. Aber um biefeibe Zeit richtete fich feine Aufmerkſ 
auf die Aſtronomie, er trug den geometrifchen Geiſt in die ſcholaſtiſche 
und felbft in die Theologie über, deren Sprache er umändern und der 
nach ber Weife des Eußlides, feines Lieblingsſchriftſtellers, behandeln w 
entfagte er der Theologie ganz. Gaffini und Mataldi wurden feine 9 
nahm mit ihnen gemeinfchaftlicy die Küften Frankreichs, von Nantes bi 
auf. Die Genauigkeit und Geſchicklichkeit, welche er bei dieſem Geld 
machten, daß man ihn würdig fand, auch an der Meffung des Meridia 
man ſich zu befchäftigen anfing, Theil zunehmen. Er begann biefe g 
am 30. Apr. 1739, und hatte in demf. 3. alle Dreiedhe von Paris bie Pe 
endigt; die Bafen von Bourges, Rhodez und Arles gemeffen ; die Az 
die Entfernung der Sterne vom Zenith zu Bourges, Rhodez und Perpi 
achtet, und den größten Antheil an der Meſſung des Laͤngengrades geno! 
bei dem Hafen von Cette endigt. Während des harten Winters von 1 


Gaille 869 


Relecke über die Hauptberge von Auvergne aus, um mit dem Meridian 
‚ bei Roms gemeffene Bafis in Verbindung zu bringen. Er wollte fi) 
fe Abſchweifung ein Mittel mehr verfchaffen, um bie Zweifel über die von 
669 gemeffene Bafis von Zuvify aufzuklären. Er hatte wahrgenommen 
ct, daß diefe Bafis um ein Zaufenbtheil zu lang fei, woraus folgte, daß 
Picard’ wenigſtens um eine Linie kürzer fei, als die Toife der Akademie. 
Lange beftrittene Behauptung La Caille's ward jegt außer Zweifel gefrbt. 
> feiner Abweſenheit und in Folge feines Rufe zum Profeffor der Mathe⸗ 
aCodegium Mazarin, wurde bie Kortfegung der Mittagslinie in dem noͤid⸗ 
heile bis zum Derbft verzögert. 2a Caille beendigte fie in einigen Mona» 
dernd welcher er nod) zwel Bafen maß und zu Paris und Düntirchen aflıos 
rt Beobachtungen machte. Nach ſeiner Ruͤckkehr ging er an die Berechnuns 
eine fo lange Arbeit nach ſich 309, und durch die Vergleichung der verfchiedenen 
„Die ex gemeffen hatte, zeigte er, daß vom Äquator nad) dem Pol zu die 
hfen: ein Ergebniß, das dem aus ber alten Meſſung gesogenen gerade 
Seine geometriſchen, mechanifchen, aftronomifchen und optifchen 
gen, die ſich in wenig Jahren folgten, beweifen, mit welchem Fleiße er 
Batb Drofelfor verwaltete ; feine „Ephemeriben‘ und die zahlreichen und wich⸗ 
icen, die er der Akademie der Wiflenfchaften übergab, feine Berechnuns 
Bufterniffe auf 1800 Jahre, in der erften Ausgabe des „Art de verilier 
beweiſen, mit welchem Eifer er feine aftronomifchen Arbeiten fortfegte. 
Ye Berichtigung der Sternverzeichniffe unternommen, und wählte dazu 
fee der correfpondixenden Höhen. 1746 mar er im BBefig einer eigens 
eingerichteten Sternwarte auf dem Collegium Mazarin. Treu der muͤh⸗ 
Betyobe , der er den Vorzug geben zu müffen geglaubt hatte, bracht: La 
haha Jahre lang feine Tage und Nächte zu, die Sonne, die Planeten und 
BB die Sterne zu beobachten, um die aſtronomiſchen Berzeichniffe und Ta⸗ 
en. Dan hatte ihm die beiden ſechsfuͤßigen Sectoren überlaffen, 
den Meridian von Frankreich berichtigt hatte. Begierig, die niemals über 
ent von Paris erfcheinenden Sterne ber füdlichen Hemifphäre Eennen zu 
wosarf er den Plan zu einer Reife nach dem Gap; er fah zugleich, welchen 
wand diefer Drtöveränderung für die Brflimmung der Parallare des Mon» 
Venus und ded Mark, und für die Strablenbrechung ziehen könnte. La⸗ 
&».), damals 19 3. alt, wurde zur Ausführung der damit in Verbindung 
Beffungen glrid;zeitig nach Berlin geſchickt, welches mit dem Gap unter 
Reridian liegt. Diefe aftronomifhe Unternehmung koftete jährige 
> Arbeiten. Aber es gelang La Caille in 127 Nächten die Stellung 
fie 10,000 Sternen mit einer bewunderungswuͤrdigen Genauigkeit zu 
Da feine Abreife vom Cap fidy verzögerte, benugte ex die Zwiſchen⸗ 
e Südzone einen Grad zu meffen. Auch nahm er noch auf Befehl der 
cine genaue Charte von Isle de France und der Infel Bourbon auf, wel⸗ 
verher von dem berühmten Seefahrer d’Apres ebenfalls gefchehen war. 
u Rückkehr befchäftigte er fich aufs neue anhaltend, die verſchiedenen, für 
u der Längen ([. Laͤngen, geogr.) vorgeſchlagenen Methoden zu vergiei⸗ 
wählte daflıc die Abflände des Mondes von der Sonne oder den Geſtirnen, 
Bertheile dieſer Methode und ſchlug eine fpäterhin allgemein angenom⸗ 
von nantifchhem Almanache vor. Für die wenig unterrichteten Seefahrer 
reiche graphiſche Huͤlfemittel an, wodurch fie auf eine leichte Weiſe mit 
de vertraut gemacht wurden, die fie durch die Laͤnge der Berechnungen 
m wınfte. In ununterbrochener Thaͤtigkeit theilte La Gaille feine Zeit zwi⸗ 
Dfervatorium, feinen Rechnungen, feinen Pflichten als Akademiker 
‚ und der Herausgabe feiner verfchiedenen Werke, Es erfchienen jeht 
IAız. Gisbente Aufl. Bd. 11. 24 




























"870 Gairo 


feine Sonnentafeln, feine „Astronomiae fundamenta novissim: 
rum obserrvat. stabil.” (Paris 1757, 4.), die Sortfegung feiner 
außerdem befchäftigte er fich ganz befonders mit dem Monde und 
Thierkreifes. Da er einfah, daß für den ungeheuern Plan, ben eı 
die Methode der correfpondirenden Höhen viel zu langfam fei, br« 
Sternwarte ein Mittageglas an, das ihm die geraden Auflfteigı 
wit mehr Leichtigkeit geben folltes aber um zugleich diejenige C 
langen, die er beabfichtigte, machte er fidy zum Geſetz, in fein ı 
feinen Stern aufzunehmen, den er nicht drei ober vier Tage beoba 
er ihn jedesmal mit mehren von denjenigen Sternen verglich, d 
er fo mühfam beftimmt hatte. Dadurch erreichte er eine größere 
feine berühmsen Nebenbuhler Bradley und Mayer, die, obwol m 
menten verfehen, fidy bei den Sternen von geringerer Größe gen 
einzigen Beobachtung begnügten. Zu bedauern ift, daß diefer fc 
dem Heraubgeber, einem Schuͤler und Freunde La Caille’s, nic) 
falt gewidmet worden, welche man gemwünfcht hätte. Unter ſo 
fand 2a Gaille auch noch Zeit für fremde Arbeiten. Bon Boug 
bend feine Hanpdfchriften empfohlen hatte, ließ erden „Traitc de 
la lumicre” erfcheinen, und arbeitete den „Traite de naviga 
Ferner gab er die Beobadhtungen des Landgrafen von Heffen : Ko 
rus, die Meife Chazelle's nad) Ägypten, und Feuille’d nad) den cc 
heraus. Ein heftiger Anfall von Gicht hatte feine Arbeiten unter 
fie, Saum genefen, um fo eiftiger fort, zerftörte aber dadurch feine f 
heit, und ftarb 1762. Seine Manufcripte hatte er feinem Freunl 
geben, welcher den „Ciel austral‘ mit einer Vorrede Über den ®; 
tier herausgab. Nie war ein Gelehrter ein größerer Freund der A 
heit al La Caille. Die Menge, ſowie die Richtigkeit feiner Beob 
mwundernswürdig, um fo mehr, wenn man bedenkt, daß feine gaı 
Laufbahn fi auf 27 3. befchränkt. La Caille's „Journal du voy 
de bonne esperance” hat Garlier herausgegeben (Paris 1763; 
burg 1778). | 

Cairo, arab. Kahira (b. 1. die fiegreiche), Hauptſt. in ? 
größten Städte Inder Welt. Sie liegt am öftlichen Ufer des Nil 
gen Ebene, befteht aus 4 ziemlich weit von einander entfernten Th 
Bulak, dem Hafen der Stadt und Neu⸗Cairo. Im Gaftell refi 
Die eigentliche Stadt, ohne Gärten und Pflanzungen, bat 34 ı 
fang, 31 Thore, 2400 unregelmäßige, ungepflafterte Gaffen, w 
am Ende des Quartiere verfchloffen werden, um Unordnung 3 
Kreuzwege, 38 Sadgaflen, 25,840 größtentheils von Ziegelftein 
fer mit platten Dächern, über 200,000 Einw., Araber oder 9] 
Eoptifche Chriften, Mameluden, Griehen, Sprer, Armenier, 
den ꝛc. Das Caſtell auf einem Felſen mit dem 276 Zuß tief au 
ſephsbrunnen iſt der Wohnort des Paſcha. Dean zähle an 80 6 
200 Moſcheen, 2 griech., 12 Eoptifche und 1 armenifche Kirche, 
viele Beiden», Camelot⸗, Tapeten⸗, Schießpulver⸗, Leder, 
Gattunfabriten. Der Handel der Stabt ift fehr wichtig, da fie 
alles Verkehrs zwiſchen Europa, dem mittelländifchen Meere, Afteı 
oͤſtlichen Afrika ift. Hier ift auch eine mohammedaniſche hohe Si 
druckerei, Bibliothek von 25,000 Bbn., und eine Telegraphentir 
deutfche Meilen entfernten Alerandrien, durch die man in 40 Mi 
erhält. In der Nähe befindet ſich eine Wafferleitung von 317 
Flecken Bulak, Cairos Hafen, mit einem Inſtitute für 101 


Gajus - Galabrien 371 


‚ha, und Buchdrudere. 1798 wide fie von den Franzofen eins 
5. Agypten.) 
‚ nad) griech. Schreibart Gajus, ein Rechtsgelehrter aus den Zeis 
Habdrian und Antoninus Pius (117 — 161), von deſſen Leben fonft 
ft. Bon feinen mannigfaltigen Schriften find befonders die,„Inſti⸗ 
tig geworben, zuerſt als ein Lehrbuch des Rechts, welches Sahrhuns 
Suftinian eins der gangbarften blieb, dann als Grundlage des offis 
hs des Rechtsſyſtems, welches eine wefentliche Stelle in der Juſtiz⸗ 
an's einnahm, und neuerdings als bie einzige einigermaßen vollftäns 
natiſch geordnete Quelle der aͤltern Rechtswiffenfchaft der Römer. 
her aus biefen Inftitutionen von Cajus einzelne Stellen, Auszuͤge 
mgen. Zwei einzelne Blätter einer Handſchrift, welche ſich in der 
Domcapitels zu Verona befindet, entdeckte Scipio Maffei fchon 
s vorigen Jahrh., die Handſchrift felbft fand aber erft Niebuhr, als er 
iß. Gefandter nady Rom ging und ſich unterwegs zwei Tage in Ve⸗ 
Zu einer Handfchrift ber Briefe des heil. Hieronymus hatte man 
t benugt, worauf bie „Sinftitutionen” des Cajus gefchrieben waren. 
fie als Codex rescriptus anerkannt, ohne jedoch den Inhalt des 
3, welches dem fpätern hatte weichen müffen, genauer zu erforfchen. 
daß ein altes juriftilches Werk bier verborgen lag, und von Savigny 
gluͤcklich auf die Smftitutionen des Cajus. Die Akad. der Wiſſ. 
kte 1817 zwei Profeſſoren, den Philologen Imm. Bekker (f. d.) 
ten Goͤſchen, nach Italien, um dieſen Fund genauer zu unterſuchen. 
ich der Profeſſor Bethmann⸗Holweg freiwillig an, und durch 
Bemuͤhungen iſt der groͤßte Theil des Buchs wieder in Zuſammen⸗ 
und bis auf die ganz unleſerlichen Stellen hergeſtellt worden. Ge⸗ 
Fragmente von Cajus Berlin 1820. Seitdem iſt die Handſchrift 
ume nochmals verglichen und manche Ergänzungen gefunden worden, 
sen Aufl. (Berlin 1825) nachgetragen worden find. Sie haben über 
ee roͤmiſchen Nechtögefchichte ganz neue Anfichten eröffnet, aber auch 
mnige und gelchrte Hypotheſe zerſtoͤr. 37. 
refe wird der aus Galabrien gebättige Maler Mattia Preti 
fl. 1699) genannt. 
rien, ein Berg» Küftenland, das, 58 Stunden lang und 7 — 20 
‚ die füdliche Spige der italienifchen Halbinfel bildet. Es zieht fich 
heile Neapels, Länge den Apenninen und bem tyerhenifchen Meere, 
us den VBorgebirgen Spartivento und Squillace, und öftlich bis zum 
nt in das mittellaͤndiſche Meer hinein, und enthält auf einem Flaͤ⸗ 
320.D.M. über 890,000 Einmw., darunter viele Arnauten. Die 
tniß diefes in ber Zabel und in der Geſchichte merkwürdigen, bie» 
den nicht fehr zugänglichen Landes verdanken wir dem Kriege, ben 
während Napoleons Herrſchaft, unter Joſephs und Joachims Me: 
t den ſtolzen und fanatifchen Calabreſen bis 1810 geführt haben. 
e war Galabrien ein Theil von Großgriechenland, die Wohnung des 
das Vaterland des Charondas, Zaleukus, Praxiteles, Agathokles 
Männer, Hier, mo einſt das wolluſtathmende Spbaris 
& und Volk jetzt in tiefe Barbarei geſunken, aber dennoch durch die 
le des Koͤnigreichs Neapel (f. Sicilien, Könige. beider), obwol 
se Art, nicht unberuhmt. Das Klima ward fchon im Alterthume 
im einigen Gegenden erzeugen ftilfftehende Gewaͤſſer, um deren Ableis 
sand kümmert, in der heißen Jahreszeit anſteckende Krankheiten. Der 
unterhält im größten helle des Jahres ein reizendes Gruͤn, das von 
94% 


372 Calabrien 


zahlreichen Quellen und Fluͤſſen beguͤnſtigt wird. Schon Plinius ruͤhmt die @i 
barkeit des ſchwarzen Bodens, der, mit Ausnahme der aroßen Ebene Das 
welche einer völligen Wuͤſte gleicht, uͤberall die kalkartigen Felſen Calabriens bi 
Die ſchoͤnſten Wälder von Fihten:, Tannen⸗ und Lerchenbaͤumen — bie 
zeichen Bäume des von den Alten fchon gepriefenen Silawaldes — beichet 
Müden der Apenninen. Auch wachſen hier die immer grüne und die Coe 
eiche, die orientalifhe Platane, die indifche Caftanie, der Zürbeibaum, bie 
der Nuß⸗ und andre Baͤume, die Aloe und die Feige. Der bluͤthenreiche 
baum gibt das calabrifche Manna, wie man den bonigfüßen Saft des St 
und der Afte nennt. Die Haiden find mit einer herrlichen Art von Da 
Zimmetrofen und Salbei gefymüdt, ganze Hügel mit Erdbeerpflanzen ual 
beerfiräuchern bedeckt. An ber Küfte findet man ben immergrünenden 3 
Eenftrauch und den Erbbeerbaum. Bei allen Reihthlimern eines mil 
Landes an Suͤdfruͤchten fieht man hier auch einige Vorzüge tes noͤrdlichen 
man irrt mitten unter Obftgärten von wohlſchmeckenden Äpfeln und auf gell 
penwiefen mit faftigen Kräutern. Im Thale mifcht der dornige Kaprrftrenl 
glänzendweißen Blumen unter den dunkelgruͤnen Rosmarin und der Lorber 
tet alle Fluͤſſe. Aus dem Schilfrohr (Sarrachio) verfertigt der Calabe 
Schifftaue, Körbe, Matten, Seile und Netze, in welchen ber Thunfiig, 
gen wird. Allein ber träge und unwiſſende Bewohner hat die griechiſch 
diefe® herrlichen Bodens vergeſſen, der ihm vortrefflihen Wein und guit 
feet; doch führt er Getreide und Reis, Safran, Anis, Shäholz, SEM; 
Flachs und Hanf aus; er pflegt den Diiven=, Feigen:, Mandel: und U. 
mwollmbaum; felbft das edle Zuckerrohr wird vollkommen zeitig. Auch WE 
ift fehe gut. Nicht weniger reich ift Calabrien an Schafen, Hornvieh 
ders fchönen Pferden. Die Gewäfler enchalten Thunfiſche, Muränen 
Bei Reggio fängt man die Pinna marina, eine Art Mufchel, aus ber 
Mole man einen glänzenden Stoff verfertigt, der ebenfo Leicht ift, ald 
Kälte ſchuͤzt. Auch fiſcht man Korallen. Die Steinbrüche und Gru 
Alabafter, Marmor, Gchleiffteine, Gyps, Alaun, Kreide, Steinfalg 
fteine und das ſchon zu Homer's Zeit berühmte Kupfer. Als die gröfte E 
digkeit erfcheint dem Beobachter der Zuftand des Volke. Der Galabrefe 
vierzig Stunden von tem Thoren ber Hauptfladt entfernt, wild rote bei 
graufam wie dee Mohr, roh und unwiffend wie der Neger am Senegal, 
noch hat er dabei treffliche Eigenfchaften. Er ift aufrichtin, gaſtfrei und a 
lich für Ehre. Die Verborbenheit des von Natur fo Eräftigen Menſche 
iſt die Schuld der Regierung, des Klerus und des (nunmehr aufgehet 
dalſyſtems. Unter dem Landvolke fieht man neben wenig Reichen lau 
Ohne viel zu arbeiten, lebt der Bauer faft allein von den freigebigen Spe 
Natur. Seine Wohnung gleicht den Schweinftällen im übrigen Europche 
ber übten die Großen eine ſchreckliche Despotie uͤber ihre Unterthanen 
kuͤr und Eigennup berrfchten, Alles war käuflich und die Sbirren waren 
nete Macht der Majoratsherren zum Drude der Unterthbanen. Der ME 
müde Calabreſe floh dann gewöhnlich in die Gebirge und lebte vom Raube 
fenhett, Rachſucht, Grauſamkeit mit Hinterlift und Schlauheit find Ha 
Charakter des Volks. Einmal beleidigt, ift der Calabrefe unverföhnlich, 
erblicher Haß die meiften Samilien, und der Einzelne geht nie aus, ohne 
nem ſchwarzen Mantel bewaffnet zu fein. Des Nachts verrammeln fie 
fer. _ Bon gefelliger Sreube haben fie Beinen Begriff, und felbft die 
nur daran, Geld zufammmenzufcharren. Die Srauenzimmer find nicht f& 
heirathen fich früh und verblühen ſchnell. Selbſt die aus den höhern 
nen im Durchſchnitt weder leſen noch fchreiben. Ihre Männer find fo 






























Galais Calas 378 


wer Inenzer eingeſperrt halten und ſehr hart behandeln. Bei einer 
geihaften Juſtizpflege Ift der Dang zu Proceffen und Chikanen allges 
jeiftlichkeit iſt ebenfo unwiſſend als verborben, und der Aberglaube 
n Claſſen; felbft der Räuber trägt Reliquien auf der Bruſt, welche er 
e der verbrecherifchen That um Beiſtand anruft. Übrigene haben die . 
1 Geift , den fie entweder dem Klima verdanken ober von ben alten 
angen haben. Ihre Sprache, ein verdorbenes Italieniſch, iſt ſchwer 
iber voll origineller umd bezeichnender Ausdrüde. Die einigermaßen 
e druͤckt ſich mit einer geniaten Reichtigkeit und Wärme aus. Ihre 
erſt lebhaft und verftändlich. Ihre Überredungstunft ift einnehmend, 
nicht zum Zweck, fo rächen fie fih duch Mord. Die Natur hat 
Satabrefen gethan: fie find wohlgeftattet, muskelkraͤftig, braͤunlich 
e haben fprechende Züge und Augen voll Feuer und Ausdruck; aber 
abende Leidenfchaft und im Kopfe verwildert, find fie, die Garden 
ı — Europas Wilde. (Berg. „Sejour d’un oflicier francais en 
aris 1810.) Der Verwaltung nad) wird das Land eingetheilt in 
ı (das nördlich) und in Calabria oltra I, und II. (das füdlich gelegene). 
nsa (15,000 Einw.), bier Reggio (16.500 Einw.) und Catanzaro 
».) die Hauptſt. Diele allein find unter den wenigen Städten durch 
a und Handel bedeutend. Geidenfabr. hat aud) Monteleone (das 
rum, bei den Römern Vibona, jegt 15,000 Einw., Trümmer eines 

; Handel hat die Hafenft. Crotone. Die Stadt Gerace ift aus den 
m Locri erbaut. Pizzo, wo Murat am 13. Det. 1815 ergriffen 
Daher die allergetreuefte Stadt und iſt von allen bürgerlichen Steuern 
ionsabgaben befreit. Won dem Erdbeben, das im Febr. 1783 das 
rien vermüftete, 300 Städte und Dörfer zerflörte und 30,000 Men» 
fieht man noch jegt viele Spuren. 20. 

8, franzöf. Seeſtadt an der Meerenge, welche England von Frank⸗ 
nd von ben Franzofen der Pas de Calais, auch la Manche, von den 
ber the Britifh Channel genannt wird. Die ſtark befeftigte Stadt 
h eine Citadelle und das Fort Nieuvelet gedeckt. Sie hat 8500 €. 
en, der aber für große Schiffe zu feicht, und nur deshalb wichtig iſt, 
zus in Friedenszeiten woͤchentlich zweimal Paquetboote nach Dover 
on baher zuruͤckkommen. Die Überfahrt dauert uͤber ben 6 geogr. 
214 Fuß) breiten Canal, nad eingeführten Dampfböten, felten 

1346 wurde Calais von König Eduard III. von England nach einer 
idigung, die die Belagerung von Calais zu einer der merkwuͤrdigſten 
te macht, erobert; die Engländer blieben bis 1558 in ihrem DBefige, 
ng zuletzt unter allen englifchen Befigungen in Frankreich verloren. 
mert eine Denkfäule an die Rüdkehr Ludwigs XVII. am 24. Apr. 
. 1819 find hier 19,577 Reiſende ang Land geftiegen und 11,033 
eſchifft. 
dra, ſ. Moſaik. 

(Jean). Dieſer unqluͤckliche Mann, der als ein Opfer ber durch 
arteitfch geleiteten Juſtizpflege auf dem Blutgeruͤſte ftarb, war 1698 
aparede bei Chartres, in Languedoc, geb., in der proteftantifchen Re⸗ 

und hatte fi) als Kaufmann in Zouloufe niedergelaffen. Er hatte 
d drei Toͤchter, Die er felbft erzog, und ftand wegen feiner Rechtſchaf⸗ 
Wgenwinften Achtung, als er in feinem 68. J. ploͤtzlich des ſchreck⸗ 
echens angeklagt wurde, deſſen ein Vater beſchuldigt werden kann. 
m ättefler Sohn, Marc Antoine, im väterlichen Haufe erdroffelt ge: 
io glaublich es auch ſcheinen mußte, daß der von Natur ſchwermuͤ⸗ 


574 uiutcuda Calcio 


thige, unruhige Juͤngling fich felbft ben Tod gegeben, fo riefen doch bald ta 
Stimmen in der Stadt, daß der Vater den zum Übergang zur katholiſchen Bis 
geneigten Sohn ermordet habe. Jean Galas und feine ganze Familie wuch 
haftet und ein Proceß gegen ihn eingelsitet, in welchem zahlreiche Zeugen; 
Unzulänglichkeit [ehr einleuchtend war, wider ihn auftraten. Umſonſt 
der Greis auf feine Zärtlichkeit fir feine Kinder und auf bie Melancholie fein 
nes, umfonft führte er an, baßer einem andern Sohne, der bie Eathol. 
angenommen, fogar nod) ein Jahrgeld zahle, daß er bei feiner Alterfi 
ſolche Gewaltthat an einem kraftvollen Sünglinge unmöglich verüben | 
eine kathol. Magd, die er im Haufe gehabt, die That nicht zugegeben haben 
das Parlament von Toulouſe verurtheilte ihn mit acht Stimmen gegen 
Made mit vorhergehender Zortur und ließ am 9. März 1762 das Urtheil 
Standhaft und ruhig duldete er die Martern der Folter und beflieg das SO 
mit den Worten: „Ich flerbe unfchuldig, meine Richter muͤſſen irre 
den fein. Chriſtus aber, ber die Unſchuld ſelbſt war, ſtarb ja eines 
lern Todes“. Der jüngfte Sohn ward auf immer verbannt, dagegen 
Mutter und die Magd freigefprochen. Die Familie des Ungluͤcklichen 
nad) Genf. Voltaire, der zu Ferney lebte, lernte fie kennen, unb faßte 
ſchluß, das Andenken des Galas zu vertheidigen. Er brachte die Sache 
Richterſtuhl der Öffentlichen Meinung, und lenkte die Aufmerkſamkeit aufl 
gel der Sriminalgefeßgebung. Die Witwe und Die Kinder Calas's baten 
eine Reviſion des Proceſſes. Funfzig Richter prüften alle Umftände 
und erklärten ſaͤmmtliche Angeklagte für unfhuldig. Der König fuchte 
gebigkeit die Samilie wegen ihres unerfeglichen Verluftes zu entfchädigen, 
fonen vom erften Range wetteiferten, ihre Lage zu erleichtern. 

Galatrapa, f. Orden. 

Galciniren heißt feuerbeftändige Körper flärker ober ſchwaͤcher 
Hatte der Nüdftand eine lockere oder pulverige Geftalt, fo wurde diele 
Kalk genannt. Im engern Sinne verfteht man darunter die V 
regulinifchen Form ber Metalle in Metallkalk oder metällifhe Erde. Die 
koͤnnen auf verfchiebene Weife, entweder durchs Feuer, auf dem trod 
durch eine Art von Verbrennung in freier Luft, oder auch auf naffem Weg 
Auflöfung der Metalle und durch Niederichlagung ihrer Kalte calchnirt I 
Zum Berveife dient das Blei. Schmelzt man eine genau abgewogene Mall 
Metalle in freier Luft in einem flachen Gefäße, fo erfcheint bald eine graue; 
Haut auf der Oberfläche; nach Wegnahme berfeiben zeigt ſich das Blei ad 
Oberfläche hellglaͤnzend; nach einiger Zeit zieht fich eine ähnliche graue 
ber. Mit diefem Abhäuten kann man fortfahren, fo lange noch Blei 
ift, und man hat dann alles Blei in eine ftaubartige Maſſe verwandelt, 
Kalk iſt. Diefer Bleikalk iſt fpecififd) leichter, als das metalliſche Biel, 
Inte Gewicht aber beträchtlich größer, al8 da& dazu verwendete Biel, ſodaß 
13 Pf. Blei LLPF. Bleikalk erhält. Platine, Gold und Silber erleiden 
oben beſchriebene Art gleiche Veränderung, weßhalb fie edle Metalle gena 
Sehr beruͤhmte Chemiker find jett uͤberzeugt, daß bei der Calcination 
Luft zerſetzt werde und ein waͤgbarer Theil derſelben zu den Metallen 
durch die Vermehrung der Gewichtszunahme begreiflich wird. Jede Wed 
iſt daher eine Suͤurung, kei welcher jedoch der Sättigungsgrad noch beil 
nicht erreicht, mithin Beine Acibität hervorgebracht, fondern nur eine u 
Halbfäure erzeugt wirb. 

Galcio, eine Art Ballonfpiel In Italien, das bei großem Few 
geſpielt wird. Die zwei ſpielenden Parteien unterſcheiden ſich durch kurze 
von rothem und blauem Taffet mit blau und rothen Aufſchlaͤgen. Auf ein 



















Calcutta 875 


‚ich rin weiter Kreis von Zuſchauern gefchloffen. Man zieht mit flie- 
en und kriegeriſcher Muſik auf den Kampfplatz und ſtellt fidy in zwei 
e Dann hoch einander gegenüber, fo eingetheilt, daß kein Mann hinter 
ucken zu fiehen Eommt. Ein jeder befommt dadurch Raum, das Beinige 
nn der Ball vor feine Süße kommt. Zwiſchen beiden Parteien bleibt 
eaum, 50 Schritte breit. Es kommt Alles darauf an, den Ball mit 
us dem Selbe der einen Partei in jenes der andern zu werfen. Die 
wiffen während oder vor dem Spiel nicht die Zeit, mit der ihr Spiel endet, 
nur Demjenigen bekannt, zu deſſen Ehre das Feſt gegeben wird. Die 
yeren Felde der Ball am Ende der beflimmten Zeit liegt , hat verloren. 
mt ein Spieler ohne mit Biut unterlaufenen Waben und Säienbeb 
| 6 


utta, Praͤſidentſchaft der englifch s oftindifkhen Gefelfchaft in Hin: 
000 IM, mit 32? Mi. Einw.). Calcutta, die Hauptft. Bengalene 
izen britifchen Oftindiene, liegt an dem weſtlichen Arm des Hoogly, 
des Ganges, auf dem die größten Oftindienfahrer bie zur Stadt kom⸗ 
Die Fahrt iſt jedoch wegen vieler Sandbaͤnke, die ihre Lage und 
loͤſſig verändern, nicht ohne große Gefahr. Erſt im vorigen Jahrh. 
utta aus dem unbedeutenden Dorfe Govindpour zu feiner jegigen Größe 
erhoben. Das Klima war, als die Engländer 1690 ſich zuerſt hier 
‚ ebenfo ungefund wie zu Batavia; erft nad) und nad) hat man es 
e gemacht, theild durch Hinwegſchaffung eines nahen Waldes, theils 
aß man lernte, feine Lebensweife ihm angemeflener einzurichten. 
ae diefe Niederlaffung in fletem Wachsthum, erholte fich fchnell 
56 erlittenen Zerftörung , und iſt jetzt eine der prächtigften Städte 
im J. 1823 in 78,760 H. 197,000 €., darunter über 13,000 
ber 48,000 Mohammedaner, über 118,000 Hindus ıc., mit den Di: 
erhalb des Stadtgebiet 6 — 800,000 M. und mit ben benachbarten 
in einen Umfange von 7 Meilen 2,225,000 €.). Die Häufer der 
die ein eignes Stadtviertel bilden, find aus Backſteinen, von ſchoͤner 
zum Theil Paläften ähnlih. Wegen bes heißen Klimas find fie nicht 
zebaut, fonderm ftehen getrennt, haben hohe und Luftige Zimmer, platte 
- find mit einer Veranda (einem Säulmgange) umgeben. Dagegen 
mannte ſchwarze Stadt (die Peltah), der von den Eingeborenen bewohnte 
ıltig ab; fie hat überaus enge und krumme Straßen, untermifcht mit 
m und unzähligen Wafferbehältern. Einige find gepflaftert. Häufer 
nen, aus Lehm, aber meift aus Bambusrohr und Steohmatten, ftehen 
einander. Die Citabelle Sort William unweit der Stadt, vom Lord 
begonnen, iſt ein prachtvolles Fuͤnfeck mit vielen Außenwerken, aber 
igung zu ausgedehnt. Sie enthält bombenfefte Gebäude für 10,000 
, würde auf den Werken 600 Kanonen erfodern. Sie beherrſcht dem 
Graben umgibt das Ganze, der aus dem Hoogly bis auf 8 Fuß Höhe 
a kann. Zwiſchen Sort William und der Stadt liegt sine Ebene, die 
gang immer befucht iſt. Hindoo, Schwarze, Europäer, Equipagen 
b Palankins wimmeln hier bunt durcheinander. Auf der Weftfeite fteht 
'arauis Wellesiey mit einem Aufwande von einer Million Pf. St. er: 
Bouvernementshans, das durch feine Pracht in die Maͤrchenwelt von 
d eine Nacht verfebt. Das alte Fort iſt jegt ein Zollhaus, und das 
chwarze Loch eine Niederlage. Ein 50 Fuß hoher Obelist am Eingange 
Ramen ber ungluͤcklichen Gefangenen, bie hier 1756 , als dev Nabob 
wia die Stadt eroberte und plümberte, das Opfer der unmenſchlichſten 
t wurden. Andre öffentliche Gebäude find das Gerichtshaus, cine 


376 Galcutta 


armenifche und eine englifche Kirche. In der Mitte ber Stade iſt ein großer] 
ſerbehaͤlter angelegt, um die Einwohner in der heißen Jahreszeit, wo dad 
waffer abſchmaͤckig ift, mit Waffer zu verfehen. Hier ift die Reſidenz deb 
ralgouverneurs von Indien und der Sit des höchften Gerichtshofs, der w 
liſchem Geſetz fpricht, ohne Ruͤckſicht auf Rang, Stand oder Nation. 
gehen werden von einem Oberpolizeibermten und von Friedensrichtern umta 
Die Ruhe der Stadt erhalten einige Compagnien Seapoys, die regelmaͤßige Ei 
durd) die Stadt machen. Calcutta ift der Stapelplag von Bengalen und bi 
nal, durch welchen die Schäge der innern Provinzen nad) Europa gehen. J 
Hafen ſieht man Schiffe aller Nationen, und die kaufmaͤnniſche Thaͤtigkel 
regſam als irgendwo. Es gibt Häufer, die jaͤhrlich zwiſchen 4 und 5 DEE 
Sterl. umſetzen. Der Handel in Zuder, Opium, Seidenzeuch, Mutlin i 
iſt fehr beträchtlich. Viel Salz wird nad) Aſam verführt, und dagegen Gel 
ber, Eifenbein, Moſchus und eine eigne Siidenbaummolle zurüdgebract. 
als Scheidemünze dienenden Kauris (Heine Duicheln) werden auf den Di 
gegen Reis eingetaufcht. Der fonft fo vorthrithafte Tauſchhandel mit Peg 
und den malayifchen Inſeln ift fehr geſunken. Die britifchen Kaufleute fin 
lich die zahlreichſten; viele haben großes Vermögen erworben und leben mal 
Pracht, die man in dieſem Stande nicht leicht fintet. Von ben Fremden Fi 
ihnen die Amerikaner an Zahl und Anfehen ſowol als auch an aͤußerm Gig 
nächften. Sie find friebliebende und }«.Bige Geſchaͤftsleute; viele haben k 
Gapitalien und treiben einen ausgebreiteten Handel nach China und den HER 
gen Welten, bis zum perfifchen Meerbufen. Die Mongoten indeß find Die 
tertſten, und ba fie ihe Geld nur zu ungeheuern Zinfen anlegen, ziehen fig: 
drei Mal größern Nugen davon als gewoͤhnlich ein Capital gibt. Die 
bleiben, auch wenn fie reich find, bei ihren befchränften Begriffen und ide 
wohnten Sparſamkeit. Ihre Häufer und Laden find fehlecht und unfreng 
nur an Hochzeiten und religiöfen Feſten erlauben fie fich eine außerordentlich 
gabe. Dann verfammein fie ſich unter prachtvoll erleuchteten Baldachinen, 
den Rofenwaffer und andre Wohlgeruͤche in Überfluß und fpeifen Zuderwen 
goldenen Gefäsen, während Mädchen dazu fingen oder eine Pantomime auf 
wird. Der Kleinhandel von Calcutta ift meift in den Händen der Banianeg 
Sarkars, die mit unermüdlichem Eifer darauf aus find, wohifell einzulaufen, 
fich jede Art von niedrigen Raͤnken erlauben, den Käufer zu bevortheilen. 4 
Art von Betrug ift bei ihren Landsleuten fo wenig in Mißcredit, daß fie 
den Meiftern darin den Beinamen Pucka adme, was einen Dann von 
Talent bebeutet, beifegen. Ungeachtet ber hohen Preife, die im Allg 
allen Lebensbeduͤrfniſſen herrfchen, und ungeachtet des ungehruern Au 
engl. Kaufleute findet man doch eine Menge Anftalten zu Unterflügung bee: 
leidenden. Dahin gehört ein Hoſpital für folche Eingeborene, die der 
Huͤlfe bedürfen; zwei Schulen für Verwaifete, deren Väter im Dienſt 
pagnie geftanden; eine Freiſchule u. f. w. Das Collegium von Fort 3 
welches vom Marquis Wellesley geftiftet worden, haben die Dicectoren 
wieder aufgehoben. Es ſollte, feiner urfprünglichen Beſtimmung nad), 
gen Leute, welche in ben Dienft der Compagnie treten, nicht allein in dem « 
lichen Sprach» und andern Kenntniffen unterrichten, fondern auch Über Ihr 
gen wachen und fie vor den Gefahren fchligen, denen fie hier bei dem Mang 
Erfahrung mehr ale anderswo außgefegt find. Das Legtere ift aber jebt m 
fallen. Die Afiatifhe Befellfchaft, weiche 1784 von Sir W. Jones gefliftet! 
den, befchäftigt fich mit Auflidrung und Erforſchung der Literatur, der 
Alterthuͤmer, Künfte und Wiſſenſchaften Aſiens. Die von ihr bera 
Schriften find größtentheils von hohem Werth, Auf der (hönen Bauminfet, | 































Saldara (Antonio) Galderari 877 


mn Gonsmeraufenthalt ber reichen Briten, hat bie oſtindiſche Geſell⸗ 
anifchen Gatten. 
a (Antonio), ein berühmter Componift bes 18. Jahch. 1714 zu 
ınd 1763 zu Wien als Sapellmeifter geftorben. Seine Kirchen 
ſind noch jept in Anfehen. 
:a (Polidoro), genannt Saravaggio, geb. 1495 zu Caravaggio 
‚on, kam jung, nach Rom, diente erſt als Handlanger den in dem 
mden Mauren und empfand großes Verlangen, Maler zu werden, 
ın v. Udine und die andern in den Logen des Vatican befchäftigten 
n ſah. Er trat in enge Freundfchaft mit Maturin von Florenz, der 
interſtuͤtzte. Caldara übertraf ihn bald und befleißigte ſich der Ver⸗ 
zeichnung, wobei er ſtets die Antike vor Augen hatte. Rafael ges 
den Galerien des Vaticans, und hier malte er unter beflen Aufficht 
Sriee. Bu Meſſina vollendete er ein Ölgemälde, weiches Chriſtus 
e vorſtellt, eine Menge ſchoͤner Figuren enthält und feine Fähigkeit, 
jenftände zu behandeln, beweifl. Mehr als ein Anbrer hat er ſich 
der Manier der Alten genähert, befonders in Nachahmung der Bass 
? Figuren find correct, ſchoͤn vertheilt und geordnet, die Stellungen 
Köpfe voll Ausdrud und Charakter. Aus Allem erkennt man, daß 
ılırde erworben haben, wenn er mehre größere Acheiten unternommen 
ielem Fleiß behandelte er das Helldunkel, beſonders biejenige Cats 
weldye man Sgraffiato nennt. Auch in ber Lanbfchaft zeigte er 
Bel der Plünderung von Rom 1527 floh er nady Neapel; als er 
ach Rom zuruͤckkehren wollte, vourde er 1543 von feinem Bedien⸗ 


ari (Keſſelſchmiede). Diefen Namen gab fich eine ber vielen gehels 
ften, weiche in Italien von der politifchen Bährung der Zeit hervor⸗ 
nn. Sie haben im ben letzten Zeiten ihren Sig vornehmlich in Neapel, 
in den Provinzen alt in der Hauptſtadt gehabt, wo fie mit den Cars 
fang verbunden, dann aber diefen entgegengefegt waren. JInſofern 
m polltifchen Zwed verfolgten, fcheinen alle dieſe Geſellſchaften in 
zdie Staatsrinheit Italiens und deffen Befreiung von auswärtiger 
gemeinſchaftliche Grundlage zu haben, allein in ihren Anfichten über 
Refultate fid) wieder fo fehr von einander zu trennen, dag daraus 
feintfilige Stellung gegen einander entflanden iſt. über den wah⸗ 
iner jeden diefer Gefellfchaften, worunter die Calderari und Car» 
ı die größte Ausbreitung erlangt haben, iſt es ebenfo ſchwer, etwas 
zugeben, als Über ihre Geſchichte. Denn obgleich fie, vorzuͤglich 
1817 ihre Statuten und Verhandlungen durch den Drud bekannt 

fo find doch diefe Quellen theils nicht bis zu uns gekommen, theils 
volllommen rein und zuverläffig. Won den Galderari erzählt Graf 
eires sur le royaume de Naples”, II, ©. 286), daß fie gegen 
6. den Carbonari entſtanden fein. Man habe nämlich diefer Gefells 
pe fehr angewachſen war, eine neue Form gegeben und dabei eine 
verigen Mitglieder autgefchloffen, welche fich num unter dem Namen 
ı eine neue Geſellſchaft vereinigt hätten und die entfchiedenften Geg⸗ 
Mitbruͤder geroorden wären. Mad) der Rückkehr des Königs Fer⸗ 
rapel habe der Fuͤrſt Canoſa als Polizeiminifter die Culderari beguͤn⸗ 
m verbächtigen Sarbonari defto wirkfamer zu befämpfen. Er habe 
e neu eingerichtet, in Curien eingetbeilt, über weiche in jeder Pro: 
:alcurie die Auffiche führte, und ihnen den Namen Calderari del 
geben. Er habe 20,000 Flinten unter fie austheilen laffen, aber 


878 7 Galderon 


als der König von diefem abenteuerlichen, ohne fein Vorwiſſen begonnenen 
nehmen Nachricht erhalten, fei den weitern Fortfchritten durch Canofa’s € 
fung und Verbannung Einhalt geſchehen, die Verbindung ſelbſt aber dam 
aufgehoben worden. Diefen Angaben wird von andern Seiten wi 
Ganofa trat am 27. Juni 1816 aus dem Minifterium, welches er nur fi 
nate verroaltet hatte, und drei Monate nad) feiner Verbammung erfchien 
Decret, welches die Verbote umd Gtrafgefege gegen alle heimliche Verb 
auch in Anfehung der Calderari, erneuerte und ihre gerichtliche Verfolgung 
obgleich fie felherhin Anhinglichkeit an den König und die gute Sache 
hätten. Canoſa feibft hat in einer anonymen Schrift („I pifferi di mont 
Dublin 1820) den Angaben des Grafen Orloff, inſoweit fie ihn und bie 
betreffen, widerfprodhen. Sie find, nad) feiner Erzählung, nicht in N 
bern in Palermo entftanden. Dort wurden durd) Lord Bentint die Zünfk 
tranze) aufgehoben, welches große Unzufriedenheit erregte. Beſonders 
fchmiede (calderari) ließen der Königin ihre Bereitwilligkeit erktären, 
englifche Herrfchaft bie Waffen zu ergreifen, und es entflanden daraus 
an welchen die neapolitanifchen Flüchtlinge einen vorzüglichen Antheil ME 
Lord Bentint ließ diefe nach Neapel ſchaffen, wo fie nicht ermangelten, au 
geheimen Verbindungen gegen Murat thätig zu fein, und bei dieſer 
nahm eine der Altern Gefellichaften, die ſich bis dahin Trinitarier g 
ben Namen ber Catderari an. Als im Dinifterium zu Anfang 1816 
Mede war, nachdruͤckliche Maßregeln gegen fie, als die Überbleibſel der 
1799, zu ergreifen, nahm Fuͤrſt Canofa fie nicht an ſich in Schuß, wol 
er, daß man ſich ihrer ale eines nuͤtzlichen Gegengewichts gegen die zahlrei 
gefährlichern Carbonari bedienen könne. Den Namen Galderari des 
wichts habe aber bie Geſellſchaft nie geführt, roie denn Fürft Canoſa in j 
auch der Austheilung von Flinten roiderfpricht. Unter den Calderari, 
diefen Aufklaͤrungen doch eine Sortfegung der 1799 vom Cardinal Ruffo 
nen Haufen zu fein fcheinen, waren faft lauter gemeine Leute, daher au 
nen nichts gedruckt ift, wie von den Carbonari. Eine einzige unbebeutende'd 
(ein Bogen) von dem Rechtsgelehrten Pasqu. Tonelli („Breve idea delle € 
naria, sua origine ncl regno di Napoli, ruo scopo, sna persecuzione 
che fe’ nasccre la setta de’ Calderari”, Neap. 1820) erwähnt ihrer. 
Salderon. Don Pedro Calderon de la Barca Henao y Riano, au 
altabeligen Familie ffammend, geb. zu Madrid den 1. San. 1601, erhiefef‘ 
fuitercollegium feiner Vaterftabt feine erfte Bildung und ftudirte zu Sal 
vornehmlich, Gefchichte, Phitofophie und die Rechte. Sein postifches 
fi) fruͤh entwickelt, denn ſchon ver feinem 14. Jahre fchrieb er fein erft 
ſpiel: „El carro del ciclo” (Bd. 9 ſ. Werke). Gein Talent für diefe 
von Poefle, das feinen Namen auf die Nachwelt gebracht hat, vielleicht 
ceicher Erfindungsgeiſt für feſtliche Beranftaltungen, erwarben ihm bald 
und Gönner. Als er 1625 Salamanca verlaffen hatte, um in Mabrib 
zu füchen, nahmen ſich mehre Große des jungen Dichter an. Aber aus 
trat er 1625 in den Sotbatenftand und truy zehn Jahre lang in Mailand F 
Niederlanden mit Auszeichnung bie Waffen. 1636 berief ion Philipp 
Hof zuruͤck und übertrug ihm die Entwuͤrfe zu den Hoffeierlichkeiten, 
die Verfertigumg der Schaufpiele aufdem Hoftheater. Im folgenden Ja: 
Ritter des St.⸗Jagoordens ernannt, nahm er Theil an dem Seldzuge in 
nien. Dir gegen Erwarten fruͤh abgefchloffene Friede gab ihn feiner 
Kunft zuruͤck. Der König gab ihm jegt eine monatliche Penfion von 30 ct 
de oro, hielt aber aud) fein Talent in ununterbrochener Thaͤtigkeit für 
und Kirche. Dabei fcheute der Monarch Beine Keften, um des Dichter 













4 













Salderon 879 


em Pomp aufguführen. Nach zehn Fahren erhielt er 1651 von dem 
ei die Etlaubniß, In den geiftlidhen Stand zu treten, und befam 1653 
ellanflellen an der erzbifchöflichen Kirche zu Toledo, ohne feine bishe⸗ 
tigung aufzugeben. Da ihn jedoch diefe Stelle zu weit vom Hofe ent 
yiett er 1663 mit Beibehaltimg feiner bisherigen noch eine andre Stelle 
1. Hofcapelle und zugleich eine auf die Einkünfte von Sicillen angewie⸗ 
ı. Gein Ruf vergrößerte feine Einkünfte noch um Vieles, indem er 
efehenften Städten Spaniens um Verfertigung von Autos sacramen- 
nleichnamsftüden) erſucht ward, welche ihm glaͤnzend bozahlt wurden. 
iqung derfelben wendete er, feitdem er in den geiftlihen Etand getreten 
zlichen Fleiß, und in der That verbunfelte er Altes, was die an Stüs 
{rt fo reiche Literatur Spaniens bie dahin aufzuweiſen hatte. Diefe 
em vornehmlich feinem religiöfen Gemüthe zu, und auf ſie legte er auch 
zlichen Werth, ſodaß er ungerecht gegen feine übrigen Stuͤcke ward, die 
Hinſicht ebenfalls eine nicht geringe Auszeichnung verdienen. Überhaupt 
der Mittelpunkt feiner Gedichte ; auf fie bezieht er die Mannigfaltig⸗ 
heinimgen mit füdlicher Lebendigkeit. Welchen Stoff der Dichter aber 
die, überall ertennt man, freilich) mehr oder minder, da® Wehen des 
fhen Genius, und ſteht er an Reichthum der Erfindung vielleicht dem 
ga nad, fo übertrifft er ihn an Feinheit der Ausführung, Adel der Em⸗ 
nd angemeffenem Ausdrud. Allerdings werden wir dabei Manches 
ne» und Empfindungsweiſe, umferer gemohnten Anficht und Ausdrucks⸗ 
finden, weit öfter aber dem Dichter als unuͤberttefflich zu bewundern 
thaben. Die ſpaniſche Nation zählt Calderon unter Die größten poeti⸗ 
8, und die Kritik ift billig genug, manche unleugbare Mängel feiner 
Zeit und den Umftänden zuzufchreiben. Unter feinen dramatifchen Wer 
le Sntriguenftäde, voll von Verwickclungen und reich an den intereffan« 
n; dann find heroiſche Komödien, wieder andre hiftorifche Schaufpiele, 
‚den Namen der Tragödie verdienen. Hierzu gehört „Der ftandhafte 
e unter den romantifdyen Tragoͤdien erften Ranges einen ehrenvollen 
nt. Außerdem hat man von Calderon nad) 95 Autos sacramentales, 
Borfpiele) und 100 Saynetes (Divertiffementd). Sein letztes Schaus 
er im 81. Fahre feines Alters. Calderon's Eleinere Gedichte, Lieder, 
omanzen u. A. find ungeachtet bes nicht geringen Beifalls, den ihnen 
8 Zeitgenroffen ertheilten, verloren gegangen; feine Schaufpiele allein 
och mehr als Die des Lope auf der Bühne erhalten. Die Anzahl feiner 
an Schaufpiele beläuft ſich auf 128, wobei aber mehre einzelne, theils 
wild ungedrudt, nicht mitgerechnet find. Die vollftäntigfte Ausgabe 
forgte D. Juan de Vera Taſſis y Villarroel (Madrid 1685, 9 Bde.). 
legel und Gries haben uns mit meifterhaften Überfegungen Calderon'⸗ 
e beſchenkt. Bon jenem befigen wir 5 Stüde in 2 Bon. (Berl. 1803 
von diefem bis jegt 10 Studer in 5 Bdn. (Berlin 1815— 22). Ih⸗ 
ch der Freiherr von der Malsburg angefchloffen, von deffen Uberſetzung 
pz. 1819— 25) erſchienen find. Goͤthe und Schlegel haben dag Vers 
sie deutſche Bühne, fie dem Genius Calderon's eröffnet zu haben, wie 
Scwäder in Hinfiht Shaffpeare’s fih erroorben hatte. 1810 oder 1811 
ft „Der ftandhafte Prinz” in Schlegel's liverfegung auf dem Hofthene 
mar; ihm folgte die Schickſalstragoͤdie „Das Keben ein Traum‘ in eis 
sung vom Hm. x. Cinfiedel, und fpäter „Die große Zenobia” nad) Gries. 
hritt das erfigenannte Stüd auch die Bühne von Berlin, fand aber 
Dppofition. „Das Leben ein Traum“ bearbeitete Weit (Schreyvogel 
mit Benugung ber Gries'ſchen Überfegung für das Theater; in biefer 


880° Galedonier Galedonifcher Canal 


Geſtalt fanb das Stud auf den meiften deutfchen Bühnen Beifall. 
auf die tragiſche Kunft ift es dem „Standhaften Prinzen” vorzusiehen, d 
eine der ſchwerſten Aufgaben: echt poetifche Behandlung der Schickſals 
einer Tragödie mit gluͤcklichem Ausgange. Die große Fruchtbarkeit Call 
einen fo reihen Vorrath für die Bühne aufgehäuft, dag wir unfer Th 
fehr bereichern koͤnnen, wenn wir unfere Überfegungsmanier dem Theate 
annaͤhern, welcher keine ſchwerfaͤlligen Nachbildungen fremder poetiſch 
duldet, weil fie das Auffaffen vom Mund aus erfchiweren. Zu wünfdyer 
derfeiben Meifterhand, die in den „Borlefungen über dramatiſche Kunf 
ratur’ eine Charakteriſtik Calderon's geliefert hat, eine vollftändige Paru 
fpanifhen Dichters mit feinem Geiftesverwandten Shakſpeare. Wat 
über die Ironie Beider geſagt hat, darf von Keinem überfehen werden, d 
wahre Einficht hierin Ernſt iſt. Zu bedauern ift, daß mam die Werte 
nicht dhronologifch geordnet hat. Wir würden dann auch fehen, wie bei 
ter, je fpäter, deſto tiefer, dee Myſticismus Wurzel ſchlug. In einem 
62 Fahren ward er Priefter und in die Brüderfchaft von S.⸗Pedr. aufg 
1687 erwählte fie ihn zu ihrem Capelan mayor. Er vermadhte diefe 
(haft fein ganzes Vermögen, weßhalb fie ihm ein prächtiges Denkmal fr 
deron Rarb den 25. Mal 1687 in einem Alter von 87 J. Unter f. Nach 
Tirſo te Molina darum bemerfenswerth, weil von ihm das Stud „De 
Gaſt“ hertuͤhrt, welches oft nachgeahmt und als Dper („Don Juan“ 
geworben ift. Eine fehr correete Ausgabe des Calderon im Driginal von. 
ift bei Brockhaus in Leipzig begonnen ; die drei erfien Bde. (1820 21, 
30 Comedias. S. über Calderon und f. Werke einen Auffap von Val 
in den Anhange zu den „Wiener Fahrbüchern” Nr. XVII u. XVIL 
(Bol. Spaniſche Poefie.) | 

Caledonier, der alte Name einer großen Ration oder vieln 
Voͤlkerbundes in dem heutigen Schottland (Britannia barbara). Tacit 
für Deutfche, Andre mit mehrem Rechte für Selten. Sie find die Vor 
heutigen Bergſchotten. 

Galedonifher Canal. Fr fängt an am atlantifhen M 
Sort William in der fcho:tifhen Grafſchaft Inverneß und erſtreckt ſich 
bie 53. Grad der Breite, durch die drei Seen (Loch) Lochy, Bid) und 
Murray: Firch, einem Buſen der Nordſee, an dem Inverneß liegt. Be 
dungen dieſes Canals find durch Feſtungswerke beſchuͤzt. Diefer Canal 
den gedachten drei Seen, weldye noch mehr Tiefe haben, einen Warffer 
23 engl. Buß, folgtich iſt ee der tiefite und breitefte Canal in Europa ı 
neuen nieberländ. Ganal von Amflerdanı nach Nieuwe Diep. Es könn 
rüftete Sregatten von 32 Kanonen, die 20 bie 21. Fuß tief gehen, dı 
mit 8 Hanptfchleufen verfehenen caledoniſchen Canal ſchiffen. Die groß 
anlagen an beiden Meermündungen find ſo raͤumlich und tief, daß fie 
Flotte aufnehmen können. Wegen ber drei benupten Seen wurden nu 
Meilen dieſes Canals ausgegraben, und die Koften betrugen 800,00C 
Als diefer Canal angefangen wurde, beabſichtigte die Regierung theile , 
gung vieler Arbeiter auf den Inſeln und im Gebirge, die aus Nahrur 
auszumwandern anfingen, theils das Interefle des Handels. Die Spike 
ſchottland ift mit Feisinfeln, Felsriffen und Sandbänten umgeben. Di 
unter dent Waffer geben freilich die fehr genau geflochenen Seecharten 
und es fehle diefer Küfte nicht an Leuchtthuͤrmen und Lootſenanſtalten, r 
thig find; allein wenn heftige Stürme weben, fo mongeln niemals Sd 
weder an diefer noch an der jütländifchen Kuͤſte. Seittem ber Canal | 
ganz ſchiffbar geworden, hat der Schiffer die Bequemlichkeit, ſich den gı 


Galemtourg Galender 381 


Inslidy erfparen zu Binnen. Bei widrigen Winden ziehen Dampfboͤte 
', die den Canal paffiren, vorwärts. chen zeigt fih auch der Nutzen 
d in Landwirthichaftlicher Rüdficyt, weil viele Arbeiter e6 bequem fanden, 
nen Landflellen Linse dem Canal, den fie ſelbſt graben halfen, anzuſiedeln, 
'uhr dort und die Abfubr der Producte über das Beduͤrfniß der cultiviren⸗ 
lie leicht it. Selbſt die grofen Landberren haben angefangen, laͤnas tem 
db den drei Seen, durch welche er läuft, bedeutende Landguͤter in Gultur 
wo man vor zwanzig Takren nichts als Felfen, Door und Heide fin. 
al wird künftig die Hauptwaſſerſtraße zwiſchen Irland, Liverpool und der 
zden. Durch den Ganalbau kam in diefe vormals durchaus arme und oͤde 
et Geld in Umlauf, und er war es wiederum, der das auffallende Wachs 
hottifchen Fifchereien ſehr beförderte. Freilich verband ſchon früher der 
ıe, füüdlicher belegene Canal das atlantiſche Meer. und die Nordfee, aber 
ı Geld [paren wollte und fidy dad Wachſen des ſchottiſchen Handels nicht 
aachte, als es die Zeiten raſch herbeiführten, wurde diefer glasgower Canal 
fund nicht breit genug angelegt, um große Seeſchiffe aufnehmen zu koͤnnen, 
nr, den der neue caledonifche Canal verbefiert hat. 48, 
alembourg, eine Art Wortfpiel, indem man einem Worte einen ans 
ken als den gewöhnlichen gibt, den es aber haben kann, wenn man ohne 
kauf Grammatik ober Drthographie einige Buchflahen verändert, hinweg « 
ıuthut, ohne daß dadurch die Ausfprache geändert wird, alfo die Ähn⸗ 
des Ranges bleibt. Hierdurch unterfcheidet ſich ein Calembourg von dem 
hen jeu de mot. Ein weſtfaͤliſcher Graf Galemberg, der unter Lud⸗ 
J. in Parts lebte, fol durch feine Sprachfchniger die Geſellſchaften beluftigt 
ı Marquis Bievre zur Einführung diefer neuen Art von Witz veranlaft 
As ein Beifpiel führen wir folgendes an: Ein Raͤrber foderte einem 
ua tie Boͤrſe ab, Inden er ihm mit den Worten die Piftote auf die Bruft 
„La boursc, ou la vie.” — „Pour l’avis (la vie), “ erwiderte diefer tro⸗ 
ie meillcur que je puisse vous donner, ent de quitter votre meticr, 
soi vous serez pendu, et pour la bourse (den Haarbeutel) je n’en ai 
arceque je porte un eadogan“ (Haarknoten). überhaupt ift die fransäf. 
x reich an dergleichen Mortfpielen, weil fie arm an Worten iſt, dieſe folg: 
wehren Bedeutungen genommen werden koͤnnen. 
Istender, die Eintheilung der Zeit in Yahre, Monate, Wochen und 
inshefondere ein Verzeichniß diefer Eintheilung. Bei den alten Römren 
Bm Mangels eine ſolchen Verzeichniffes, wie wir e8 haben, der Pontifer 
ws am erflen Tage des Monats den Monat mit ben darin einfallenden Ze: 
w den Neumond aus (calare); daher Calendae und Calender. Zu den 
Vcheilungen der Zeit gaben wiederkehrende Ereigniffe der Natur Belegen: 
Der ſcheindare tägliche Umlauf des ganzen geſtirnten Himmels und mit 
KSonne ıc. um bie Erde, erzeugte die Eintheilung in Tage. Da ſich aber 
M der Tage zu ſehr vergrößerte, fo fühlte man bald das Beduͤrfniß eines 
tBeitmafes, welches mehre Tage in ſich faßte. Dieſes bot der Wechſel des 
8, defien Erfcheinungen man alle 29 -— 30 Tage wiederkehren ſah, dar, und 
and die ſchon größere Zeitabtheilung in Monate. Allein nad) Verlauf von 
iemlichen Zeitraume fah man auch diefe zu fehr gehäuft, und man bedurfte 
och groͤßern Mapıs dir Zeit. Dies fand man in dem ſcheinbaren jährlidyen 
der Sonne um die Erde in der Ekliptit. Man hatte fpäterhin und nad 
m vorangegangenen, unten näher zu erwähnenden, Jrrthuͤmern endlich die 
ang gemadıt, daß fie nad) etwas mehr als 365 Tagen biefen ſcheinbaren 
sumde, und nannte biefen Zeitraum ein Sonnenjahr oder bloß Jahr, welches 
Vieder nach den vorigen Zeitmaßen, Monaten und Tagen, beflimmte. Da 


852% Calender 


nun wegen des wichtigen Einfluffes, den der Lauf der Sonne in der 
ihre damit zufammenhängende Entfernung von unſerm Scheitel auf ! 
die Gefchäfte ihrer Bewohner in alien Gegenden hatte, diefer Umſtand! 
ſamkeit der letztern natuͤrlich auf ſich ziehen mußte, fo fam es, daß al 
Voͤlker von einiger Cultur das Jahr, ale das größte Zeitmaß, angenon 
Wahrſcheinlich Haben ſich zuerſt die Phoͤnicier, dann die Ägypter, dann 
diefer Zeitrechnung bedient, von welchen fie zu andern Völkern fortgepf 
Die Beftimmung des Jahrs nach Monaten und Tagen konnte aber a 
ſehr genau fein, benn diefe® foberte Lange und aufmerkfame Beobach 
Calender der älteften Völker konnte daher nur fehr unvollflommen f 
war es flr diefe genug, die oͤkonomiſchen Geſchaͤfte danach einzuri 
Lauf der Sonne mit bem bes Mondes in Übereinflimmung zu bringeı 
ſich zuerft die Griechen. Sie rechneten 124 Umdrehungen des Mo 
Erde auf ein Sonnenjahe, und, um die Theilung der Monate zu verm 
fie ein Jahr zu 12 Monaten mit einem zu 13 Monaten abwechfeln. 

die Mängel diefer Eintheilung einſah, beflimmte den Monat auf 29. 
ließ auf gleiche Weife Monate von 29 und 30 Zagen abwechſeln. D 
den die Zeiträume der Monate mit ber angenommenen Zeit bes Fahre 
noch nicht in genaue Übereinftimmung gebracht, und e8 mußten batd 
nungen entfliehen. Ungeactet von Zeit zu Zeit Borfchläge zur Wert 
than wurden, fo gelang es doch erſt Meton und Enctemon dadurch, 

Zeitraum von 19 Jahren angaben, binnen welcher Zeit die Neumond 
die vorigen Tage des Jahres zuruͤckkommen [indem 19 Sonnenjahre zü 
235 Lunationen ausmachen] (f. Cyclus), die Sache der Richtigke 
bringen. Diefe Zeitrechnung, welche die Griechen 433 v. Chr. ann. 
fo großen Beifall, daß fie mit goldenen Buchflaben in eine zu Athen e 
fel eingegraben wurde; daher man diejenige Zahl, welche angibt, wie vi 
der laufenden 19jaͤhr. Periode verfloffen find, die güldene, Zahl nan 
die 19jaͤhr. Periode war noch um 6 Stunden zu lang. Diefem DV 
Kalippus, 102 Fahre fpäter, abzuhelfen, wiewol er es noch nicht d 
daß der Anfang der Jahreszeiten auf einem beflimmten Tage des J 
Beiden Römern führte ihr erfter König Romylus ein Jahr von 10 2 
oder Monaten ein, wovon +, naͤmlich März, Mai, Quintilis und 
Tage, die übrigen, April, Juni, Sertil, September, November uı 
nur 30 Zage hatten. Da er einfah, daB diefe Rechnung nicht a 
ſchaltete er zur Ergänzung des Jahrs nody fo viel Tage ein, als bie 
des folg. J. nöthig waren. Sein Nachfolger, Numa Pompilius, 
Rechnung ab, fügte nody 50 Zage hinzu, fchnitt von den 6 Monater 
Zage hatten, weil er die gerade Zahl für unglüdlich hielt, einen ab, un! 
den 56 Tagen 2 neue Monate, jeden zu 28 Tagen, welche er Zanuar ı 
nannte. So bekam das Jahr 12 Monate und 350 Tage; und um 
Laufe der Sonne in Übereinſtimmung zu bringen, bediente man fidy 
tungen nach Art der Griechen. Die legtern waren aber den Prieflern 
und weil diefe nach den Beduͤrfniſſen des Staats oder ihren Privatvort 
fehr willfürlic, verführen, fo verurfachten fie bald Mifvergnügen und 
Defienungeachtet dauerte biefe Einrichtung bis gegen das Ende der repı 
Berfoffung fort. Der Calender der Römer hatte eine ganz eigne | 
Sie gaben naͤmlich 3 gewiffen Tagen des Monats eigne Namen: d 
hieß bei ihnen allemal Calendaͤ; in den 4 Monaten März, Mai, Qu 
ins) und October hieß der 7., in den Übrigen der 5. Tag Nond, ı 
4 Monaten der 15., in den uͤbrigen der 13. Tag Idus. Nach diejen 
fie die übrigen auf folgende Art: fie zählten bie Tage von den obengen 


‘ 


. 


Calender 383 


odaß man ben. Tag, von welchem man zu zählen anfing, mitrechnete. 
nan 3. B. den 3. März angeben, fo mußte man wiffen, dag im März die 
af den 7. fielen, daher wurde jener der 5. vor dert Nonen genennt ; wollte 
8. Sanuar nenn, in welchem Monat die Nond auf den 5, und die Idus 
13. fallen , fa war biefer der 6. vor den Idus des Januar; follten endlich 
den Idus fallenden Tage angezeigt werden, fo gab man an, bie wievielften 
mn Calenben des folgenden Dionats waren. Wegen bes Dlangels an Ge» 
ter oben angegebenen Berechnung war es nad) und nad) dahin gekommen, 
icero’& Zeit der Calender die Srühlingenacdhtgleiche um faſt 2 Monate (nad) 
legtem Brief des 10. Buchs der Briefe an den Atticus war gegen Ende 
saligen Calendermais die Frühlingenachtgleiche noch nicht vorbei) zu fpät 
Um diefer Unordnung Einhalt zu thun, berief Julius Caͤſar, als er die 
x und das Pontificat übernommen hatte, 707 nad) Roms Erbauung den 
Iſtronomen Soſigenes nady Rom, welcher mit dem Marcus Zabius die 
mung zu Stande brachte, die nad) ben Namen ihres Stifters der Julia» 
Calender genannt wurde. Die Hauptverbefferung beftand darin, baß 
—— wieder auf den Maͤrz zuruͤckbrachte. Man ſchob zu 
e 707 zwiſchen den November und December noch 2 Monate ein, 
Kefes Jahr (annus confusionis) 14 Monate befam. Fuͤr die Zahl der 
wurde die Bellimmung der Griechen angenommen, naͤmlich 3654 Tage, 
Zahl und die Namen der Dionate wurden beibehalten, außer daß der Quin⸗ 
rühren Des Urhebers diefer Verbeflerung, von nun an Julius genannt wurde, 
Zeg in die bürgerliche Zeitrechnung nicht aufgenommen werben fonnte, fo 
beson 4 Jahre ab, wo er einen ganzen Zag ausmachte, und fchaltete diefen 
ptem 23. und 24. Zebr. ein. Diefer Tag wurde Schalttag und das 4. 
ae er eingefchaltet wurde, Schaltjahe genannt. Diefer Calender ift bei 
bis zum Untergange ihres Reichs und in der chriftl. Kicchenverfaflung 
bis 1582 n. Chr. üblich geroefen. In der letztern waren die Feſte 
Zeirrechnung verwebt. Aber bier mußte um des Oſterfeſtes willen auf 
des Mondes Rüdficht genommen werden. Die Juden feierten ihr Oſter⸗ 
) den 14. Nifan (März); die Ehriften in demfelben Monate, nur bes 
fie einen Sonntag dafür. Da num aber das Ofterfeft der Chriften mit 
der Juden bisweilen zufammerfiel, und man es nicht für chriſtlich 
wichtige Feſt mit den Juden zugleich zu feiern, fo wurde auf der Kir⸗ 
lung zu Nicaͤa, 325 n. Chr., feftgefegt, dag das Oſterfeſt allemal den 
nach dem erften Vollmonde nach der Fruͤhlingsnachtgleiche gefeiert wers 
die man bamal® auf den 21. März fallend annahm. Weit fich alfo 
be Berechnung des Oſterfeſtes auf den Lauf des Mondes gründet, fo hatte 
den 19jaͤhr. Mondeyclus des Meton angenommen, nad) welchem das 
4 Zage enthielt, und die Neumonde nad) 19 Jahren allemal wieder auf 
Zag fallen mußten. Die Unrichtigkeit dieſes, folchergeftait mit dem 
| verbumbenen, Jullanifchen Jahres mußte ſich aber, bei Vergleichung 
R wirklichen Eintritte der Nachtgleichen, bald veroffenbaren, da feine anges 
de Länge von 3654 Tagen die wahre um 11 Minuten übertrifft. Um diefe 
ten rückte alfo die Zeit ber Nachtgleichen gegen jedes ſolches SSultanifche 
wid, und im 16. Jahrh. war demzufolge die Fruͤhlingsnachtgleiche von 
„März; auf den 10. gelommen (d. h. fie trat wirklich bereits am 10. flatt 
‚An, wohin fie ber Calender fegte). Aloys Lili, ein Arzt zu Verona, ent⸗ 
ber einen Dian zur Verbefferung, und nady feinem Tode überreichte ihn fein 
:dem Papfte Gregor XII. Zur Ausführung deſſelben berief diefer eine 
Deitaten und Gelehrte zufammen; 1577 nahmen alle Entholifche Regen⸗ 
Vorſchlag an, und 1582 ſchaffte Gregor durch eine Breve den Sulianifchen 












384 Calender 


Calender in allen kathol. Ländern ab und führte ben neuen e'n, welchen wir 
dem Ramen des Bregorianifchen oder verhefferten Calendert, ober bes ni 
Styls befiken, dahingegen jener nun der alte Styl genannt wurde. 
Verbeſſerung beftand darin: man warf vom 4. Det. 1582 an 10 Kogehı 
und zählte nad) dem #. ſogleich den 15. Jedes hundertſte Jahr, weidyes nad 
alten Styl ein Schaltjahr fein follte, follte nun ein gemeines fiin, das 4.4 
nommen, b. b. es follte das J. 1600 ein Schaltjahr bleiben, aber 1700, 
1900 ein gemeine® und 2000 wieder ein Schaltjahr fein. Bei diefer 1 
mung war das Sonnenjahr zu 365 Tagen, 5 Stunden, 49 Dinut., 12 En 
angenommen. euere Beobachtungen von v. Zach, de Lalande und D 
geben zwar die mittlere Länge des tropiſchen Sonnenjahrs noch um etwa 2 
kuͤrzer an; allein es iſt unnüg, die Lefer auf die daraus entfpringende Unrich 
die ſich erft nach 3 Fahrtaufenden auf Einen Tag belaufen wird, aufme 
machen. Diefer Verbefferung ungeachtet behielten bie Proteflanten dem 
ſchen Calender fort bis 1700, wo fie den neuen Styl auch annahm; J 
daß fie zur Oftergrenge denjenigen Tag, auf weichen ber erſte Vollmond 
Fruͤhlingsnachtgleiche aſtronomiſch fällt, beflimmten. Diefe Einrichumgi 
zeugte wieder Abweichungen; 1724 und 1744 fiel das Oſterfeſt der 8 
8 Tage fpäter als das der Proteftanten. Daher wurde 1777 der Grege 
Gatender für die Feſtrechnung unter dem Namen des allgemeinen Weiche‘ 
(das, was in den jeßigen Galendern, unter den Epochen, mit dem Ausbruds' 
befferter Galender” bezeichnet wird) eingeführt, damit Proteftanten und 
lien das Ofterfeft, mithin alle bewegliche Feſte des Jahre, weil fie von DR 
hängen, an einem Tage feierten. England nahm den neuen Si 1 
Schweden 1753 auch an; der alte iſt nur noch in Rußland uͤblich und 
neuen jebt 12 Tage verfchieden. In Frankreich wurde während ber Rei 
von dem Natlonalconvente durch ein Decret vom 24. Nov. 1793 ein neue 
der eingeführt. Zur Grenze diefer Jahrrechnung nahm man die Herbfinadl 
0.3.1792, welche den 22. Sept. 9 Uhr, 18 Min., 30 Sec. Bormi 
dem parifer Meridian einfiel, an, als den Tag, an welchem das erfte Der 
neuen Republik bekannt gemacht worden war. Nach diefem beftand das I 
12 Monaten, jeder zu 30 Tagen; zur Ergänzung deſſelben haͤngte man « 
fünf und in den Schaltjahren fedy6 (jours complementaires) Tage au. 
Schaltjahre, deren alle 4 Fahre eins mar, beſtimmte man nady einer 
Meriode, welche Sranciade hieß. Statt der Wochen wurde jeder Monat in 
(Decaten), jeder zu 10 Tagen eingetheitt, ſowie fidy alle übrige Ei 
auf da:3 Decimalfpftem gründeten. Die Namen der Monate wurden fo 
daß fie durch ihre Ableitung die Jahreszeit ıc. bezeichneten. Sie waren: 
vom 2:2. Sept. bis 22. Dec.: Vendemiaire, Weintefemonat (Dct.); 
NMebelnionat (Rov.); Frimaire, Reifmonat (Dec). Winter vom 22. 
22. März: Nivöse, Schneemonat (Jan.); Ventöse, Windmonat 
Pluviösse, Regenmonat (Mär). Frühling vom 22. März his 22. 
minal, Keimmonat (April); Florcal, Bluͤthenmonat (Mai); Prairielg: 
fenmon at (Juni). Sommer vom 22. Juni bie 22. Sept.: Messidor, 
monat (Zuli); Thermidor, Higemonat (Auguft); Fructidor, Frud: 
(Sept). Die 10 Tage jeder Decade hießen: 1) Primidi, 2) Duodi, 3). 
4) Quowtidi, 5) Quintidi, 6) Sextidi, 7) Septidi, 8) Oetidi, 9)M 
10) De æadi (der Ruhetag). Überdies hatte noch jeder Tag im Jahre 
fondern Namen, der aber nicht von Heiligen, fondern von der Dlonomie 
men, und der Zeit, in welche der Tag fällt, angemeffen war; 5.8. der 7. 
miaire hieß Carottes, Möhren. Diefer Calender wurde auf Befehl Ra 
durch in Senatsbecret vom 9. Sept. 1805 aufgehoben und der algemein | 






























Galiber Galigula 885 


mifche) Calender in ganz Frankreich wieder eingefährt. Über die 
„tung ber Juden und Mohammebaner vgl. man den 2. Bd. von 
zterung der Sternkunde” (3. Aufl., Berl. 1808, &.485 fg.). Als 
alenderberehnung nach dem Gregorianiſchen Styl f. man bie Dar: 
ehler's „Phyſikal. Wörterbuche” (in der ditern Bearbeit.), Bd. LU, 
und das Gefchichtliche findet fich ziemlich vollftändig beifammen im 
Zufch’8 „Handbuch der Erfindungen” (Eifenad) 1814, ©. 152 fg.), 
in’s „Histoire du calendrier". Wan hat aud) aftronomifche Ca⸗ 
. das beri. „Aftronom. Sahrbuch” vom Prof. Bode gehört, von wel: 
3%. 1822 50 Bde. herausgelommen waren und welches noch fort 
wint. Dahin gehören ferner die parifer „Connoissance des tema”, 
Nautical almanac” (die „Ephemerid. Vindob.” find mit d. 3.1806 
den) u.f.w. Unter den gemeinnüsigen Calendern verdienen vor allen 
ıtionalcalender für die deutfchen Bundesſtaaten“ (bereits 4 Jahrg., 
und das gothaifche „Taͤgl. Taſchenb. f. alle Stände” ruͤhmliche Er- 
ater den fogen. Hundertjährigen Calendern (b. h. denjenigen, 
ertjaͤhrige Calenderüberficht gewähren) ift der von Fritſch (Queblinb. 
zeichnet. — Normal⸗, immerwährende ober allgemeine Calender 
man Galendertabellen, welche die Data zur Calenderconftruction für 
n, und Anweifung zur Löfung ber bei biefer Galenderabfaffung vor: 
Probleme enthalten. Gehler's ſchon erwähnte Anleit. zur Calender⸗ 
acht fie ziemlich entbehrlich. Vgl. Chronologie und Ideler's treff⸗ 
. d. mathem. und techn. Chronol.” (1. Bd., Berl. 1825). 
er, Caliberſtab, BVifirftab, ArtilleriesMaßpftab, 
: meffingener Maßſtab, welcher die Durchmeffer der Kugeln von ein 
und zeigt. Auf einer Seite find bie fleinernen, auf der andern die 
auf ber dritten die eifernen Kugeln verzeichnet. Auf der vierten find 
verfchiedenem Berichte bes Pulver und die Durchmeffer der Boh⸗ 
efhüges angegeben. Georg Hartmann aus Edolsheim, Mathema- 
ıberg, bat ihn 1540 erfunden. Galiber wird auch für den Durch- 
uͤndung eines Gefüge und den einer Kugel von allen Arten ge: 
 fagt man: „Geſchuͤtz von ſchwerem, von leichtem Caliber““ — In 
ſt iſt Caliber das Modell eines zu erbauenden Schiffs. Ferner ein 
verfchledenen Handwerkern, ja bei einigen überhaupt jedes Modell. 
ula (Cajus Caͤſar Auguftus Sermanicus), Sohn des Germanicus 
pina, geb. 12 n. Chr. im Lager, wahrſcheinlich in Deutfchland, und 
ionen auferzogen. Hier bekam er von den Soldaten, gleich welchen 
igae, einer Art einer Stiefein, bediente, den Beinamen Galigula. 
beim Kaifer Ziberius fo einzufchmeicheln, daß er nicht nur dem grau: 
ſale feiner Altern und Gefchwifter allein entging, fondern aud) mit 
ıberhäuft wurde. Ob er den Tiberius durdy ein langſames Gift, wie 
m, aus dem Wege geräumt habe, ift ungewiß. Als berfelbe fich fei- 
herte, ſetzte er, nad) Sueton, den Galigula und des Drufus Sohn, 
3, zu Erben des Reichs ein. Allein Galigula, um feines Vaters Ger: 
n allgemein geliebt, fonnte ohne Schwierigkeit fich des Thrones allein 
Rom nahm ihn freudig auf, und die entferntern Provinzen des 
ten ihm entgegen. Auch waren feine erften Handlungen gerecht und 
fattete auf das ehrenvolifte die UÜberrefte feiner Mutter und feines 
9, feßte alle Staatsgefangene in Freiheit, rief die Verbannten zurüd 
de Anklage wegen Hochverrathe. Den Obrigkeiten ertheilte er freie 
gige Gewalt. Obgleich des Tiberius Teſtament von dem Senat für 
t worden war, vollzog er doch alle Artikel deffelben, den einzigen ob= 
Siebente Aufl. Bd. 11. 


| 886 Caligula 


erwähnten ausgenommen. Als er zum Conful erwaͤhlt worben, 
Oheim Claudius zum Mitconſul. So hatte er die erſten 8 WR 
gierung durch mehre Handlungen dev Großmuth bezeichnet, als ihı 
befiel, nady welcher ex fidh durch die unerwartetfie Umwandlung 

graufamften, unnatürlichften Tyrannen zeigte. Die Ahnfllichften 
ten ihm zur Luft. Während feiner Mahlzeiten ließ er Verbrechen 
ſchuldige foltern und enthaupten; bie angefehenften Perfonen wu: 
gerichtet. Im Wahnfinne des übermuths hielt er fich feibft für ı 
fieß fich die Ehren erweifen, welche man dem Apoll, dem Mars um! 
piter erwies. Auch mit den Attributen der Wenus und andrer Goͤ 
ſich Öffentlich. Seiner eignen Gottheit erbaute er einen Tempel. 

er, das römifche Volk möchte nur Einen Kopf haben, um ibn auf ei 
bauen zu innen. Die Worte eines alten Dichters: „Oderint 

führte er häufig im Munde. ine feiner größten Thorheiten we 
einer Bruͤcke zwiſchen Bajd und Puzzuoli. Er weihte diefen W 
prachtvoll ein, und nachdem er die folgende Nacht in einer Orgie m 
den hingebracht, ließ er plöglich, um noch vor feiner Abreife etwas A 
zu thun, eine Menge Perfonen, ohne Unterſchied des Alters, Ranges 
nung, ergreifen und in das Meer flürgen. Bei feiner Ruͤckkehr 
rend in Rom ein, weil er, wie er fagte, die Natur felbft befiegt 

tüftete er fich zu einem Zuge gegen die Germanen, ging mit mel 
Menn über den Rhein, kehrte aber wieder um, nachdem er einige 
gelegt hatte und ohne einen Feind gefehen zu haben. Ihn hatte et 
befallen, daß er ſich, als er an die Bruͤcke kam und biefe von der 
Maffen veritopft fand, von Hand zu Hand über die Köpfe der © 
heben ließ. Er begab ſich hierauf nach Gallien, das er mit beiſpi 
ausplünderte. Richt zufrieden mit der dadurch gewonnenen anfe 
verkaufte er alles Eigenthum feiner beiden Schwehtern, Agrippina 

er verbannte. Auch das Geraͤth des altem Hofs, die Kleider des 
nius, des Auguftus, ber Agrippina 2c. verkaufte er. Bevor er ( 
fündigte er die Abficht an, nad) Britannien gehen zu wollen. ( 
fein Drer an der Küfte, beftieg eine prächtige Gondel, Echte aber, 

kaum vom Lande entfernt hatte, zurüd, ordnete das Heer, lleß d 
Schlacht geben, und befahl den Soldaten, ihre Taſchen und Helm 
anzufüllen, indem er ausrief: „Diefe dem Ocean entriffene Beut 
nem Palaſt und dem Capitol!" Als er nad) Rom zuruͤckgekehrt w 
einen Triumph wegen feiner Kriegsthaten, begnügte ſich jedoch mit 
Unzuftieden mit dem Senat, befchloß er den größten Theil der Se 
ausgezeichnetfien Männer Roms zu verderben. Dies berviefm 2 2 
nad) feinem Tode fand, worin die Namen der Verurtheilten verzeid 
von denen das eine gladius (Schwert), das andre pugil (Dolch) be 
föhnte fich indeß mit dem Senat wieder aus, da er ihn feiner würdig 
terhielt Öffentliche Bordelle und Spielhäufer, und nahm felbft das ( 
Bejuchenden ein. Sein Pferd, mit Namen Incitatus, war fein Lie! 
. ein Haus, eigne Diener und ward aus Marmor und Golde gefpe 
hatte e6 in das Collegium feiner Priefter aufnehmen laffen, und w 
fogar zum Conſul zu machen. Noch hatte er die Abſicht, die Bedid 
vertilgen, und faft hätte er die Werke und Bildniffe des Virgil 
allen Bibliotheken wegnehmen laffen, jenes, weil er ohne Genie ı 
diefes, weil er ein unzuverläffiger Gefchichtfchreiber fei._ Die Si 
waren von Jugend auf verdorben, mit allen feinen Schweftern hatte 
getrieben. Nachdem er mehre Weiber genommen und verftoßen he 


Calixtiner Calixtus (Paͤpſte) 387 


Eine Verſchwoͤrung, an deren Spitze Chaͤrea und Cornelius Sabinus, 
hassen ber praͤtorianiſchen Cohorten, ſtanden, machte endlich feinem Leben 
ıb feiner tyranniſchen Regierung im #. Sahre (von 37 — 41 n. Chr.) 


irtiner oder Utraquiften, eine huffitifche Partei in Böhmen, bie 
mlicy durch die Beibehaltung bed Kelchs im Abendmahle fuͤr die Laien 
atholifchen unterfchied. (Vgl. Huffiten.) Unter Georg von Pobies 
D— 71, der ſich ſelbſt zu ihrer Partei bekannte, wurden bie cafigtinifchen 
a übrigen Überlegen, unter Wladislaw erhielten fie fi) im Befitze ihrer 
reiheit, und theilten ſeit der Reformation des 16. Jahrh. wie den Glau⸗ 
ich das Schickſal der Proteftanten in Böhmen. Ihre Weigerung, im 
iſchen Kriege gegen ihre Glaubensgenoffen zu fechten, zog ihnen anfangs 
digungen zu, doch ließ der ihnen fonft ungünftige Ferdinand I. fie die 
des Religionsfriedens feit 1556 mit feinen übrigen evangelifchen Unter⸗ 
ießen, und der vortzreffliche Marimillan II. gab ihnen völlige Freiheit 
mshbung. Bedenklicher wurde ihr Schickſal unter Rubolf II., und fir 
ihe, ihn endlich dahin zu bringen, daß durch den am 9. Juli 1609 aus: 
Majeftätsbrief die von ihnen in Verbindung mit den böhmifchen Bruͤ⸗ 
en Evangelifchen eingereichte böhmifche Sonfeffion oͤffentlich anerkannt, 
Ischenorbnnung, vermöge deren fie bisher eigne Kehrer, Kirchen und Schu: 
ı befonderes Gonfiftorkum zu Prag gehabt harten, beftätigt wurde. Da 
thias mancherlei Verlegungen ber Freiheiten diefes Majeſtaͤtsbriefes zu⸗ 
a die vereinigten Proteftanten unter Anführung des Grafen von Thurn 
mer Selbſthuͤlfe, die ben dreißigjährigen Krieg anfachte und nad) einem 
umphe unter dem von ihnen erwählten Könige, Friedrich von der Pfalz, 
Rieberlage diefes übelberathenen Fürften bei Prag 1620, mit völliger 
ung des Proteftantismus beftraft wurde. Ferdinand II. ließ viele Ga: 
stheraner und Meformirte als Mebellen hinrichten und nöthigte andre 
mderung; auch Ferdinand III. dehnte die Wohlthaten des mweftfälifchen 
üche auf die Evangelifchen in Böhmen aus. Seine Nacyfolger waren 
ſtantismus nicht guͤnſtiger, und erft das Toleranzedict Joſephs II. gab 
eliſchen in Böhmen 1782 die feit 162 Jahren entbehrte Freiheit der 
ihung wieder, welche die veformirten und lutherifchen Gemeinden, unter 
Reſte der atten Calixtiner verloren haben, noch gegenwärtig genießen. E. 
ireus. Päpfte diefes Namens. I. War römifcher Bifchof v. 217 bis 
er nach langer Gefangenſchaft den Därtyrertcd erlitt. — II. Guibo, 
Grafen With. v. Burgund, Erzbifchof von Vienne und päpftlicher Legat 
ich, wurde 1119 zum Nachfolger des von Kaifer Heinrich V. aus Stalien 
a Papftes Gelafius II. im Kiofter Clugny, tvo diefer geftorben war, ges 
zu Vienne gekrönt. Noch in demſ. J. hielt er Kirchenverfammlungen 
fe gegen Eegerifche Separatiften und zu Rheims, two der langwierige In⸗ 
it beigelegt werben follte; aber ba der Kaifer einen deßhalb fchon ges 
Vergleich nicht beftätigte, tourde die Excommunication beffelben , die 
. noch als Erzbiſchof und Legat auf dem Concilium zu Vienne 1112 
yen hatte, feierlich wiederholt. Auch den vom Kaifer ernannten Gegen⸗ 
zor VILL, ercommunicirte Calixtus zu Rheims und erneuerte Ältere Bes 
re die Simonie, Inveftitur durch Laien, Vererbung geiftliher Pfruͤnden, 
cm und Priefterche. Wegen eines Rangſtreites der englifchen Erzbis 
ch er den König Heinrich I. zu Gifors, doc) ohne Erfolg. Defto gtüds 
? ee den Iweſtiturſtreit durch Verbindung mit den Rebellen in Deuktſch⸗ 
mders den Sachſen, gegen den Kaifer Heinrich V. fort, zog 1120 nad 
ad mit großem Gepränge in Rom ein, nahm mit Hülfe der Normaͤnner 
25 * 


888 Calixtus (Georg) 


1121 Sutri, wo Gregor VIII. ſich noch hielt, und diefen felbft gefangen, ſch 
aber auch feinen Sieg über den Gegenpapft durch die fchimpflichfte Behar 
deffelben. Den bebrängten Kaifer nöthigte er 1122 zur Annahme des m 
Goncorbats, das den Inveftiturftreit zum Wortheile der Kirche endigte (f. 3 
flitur und Concordat), und fprach ihn dann erft vom Banne los. 
einer fünfjährigen Regierung ftarb er den 12. Dec. 1124. — Calirtı 
nannte ſich der Cardinalbifchof von Tusculum, Johann Unghieri, ber 11 
Rom zum Gegenpapfte Pafchalis III. gewählt und von dem Kaifer Friedrid 
ftätigt warb, aber neben dem außer Deutfchland und Stalien überall get 
Dapfte Alexander III. nicht auflommen konnte und, da der Kaifer Aleranderı 
gab, 1178 ſich ebenfalls diefem Papfte unterwerfen mußte und von ihm die] 
eines Statthalters inBenevent erhielt. Weil er nicht unter bie rechtmäßigen | 
gehört, wird in beren Reihe ein ſpaͤterer Calixtus der dritte genannt. 
fer war ein fpanifcher Edelmann, Namens Alfons Borgia, vorher Bifchofwf 
Imcia und lange Rath des Könige Alfons von Aragonien und beiden Siciäg 
ben er Sriedensverträge mit Caſtilien und dem Papſte Eugen IV. fciofıg 
durch Cardinal ward. Sonſt ſchlauer Unterhändier und geſchickter Juriſt 
er, im hohen Alter 1455 zum Papſt erhoben, den Beherrſcher der Kirche ii 
Anmaßungen und Künften feiner unternehmendften Vorgänger. Um bi 
den Concilien zu Konftanz und Baſel der Papſtgewalt ungünfliger gem 
Stimmung der Zürften und Völker zu befchroichtigen, rief er fie zu einem Kra 
gegen die Türken auf, den er gleich nad) dem Anttitte feiner Regierung burdg 
Rüftungen zur See und Hülfsgelder an Scanderbeg thätig begann. Ag 
Abficht vereitelte in Deutfchland die Unzufriebenheit der Reichsſtaͤnde über 
Aneas Spivius erfchlichene wiener Soncordat, bie Wiederholung ihrer 
den über die Fortdauer alter päpftlicher Mißbraͤuche und die Unthätigkeit 
fonft ſehr ergebenen Kaifers Friedrich III., in Frankreich der Widerwille 
Erhebung des Zehhten zum Tuͤrkenkriege, gegen welche die Univerfitäten 
ris und Toulouſe foͤrmlich appellicten, und feinen Wohlthäter, ben König 2 
beleidigte er fogar dadurch, daß er ihm ſowol die Belehnung mit Beneves 
Terracina, als auch die Eegitimation und Anerkennung feines Baftarde, , 
nand, als König von Neapel verweigerte. Diefe Krone hatte ex feinem | 
Peter Borgia, zugedacht, den er zum Herzog von Spoleto und Gouv 
Rom erhob, wie deflen Brüder zu Cardinaͤlen. Da diefe Neffen fchiechte 
fchen waren, fo erregte fein Nepotismus auch das Mißfallen der Römer. : 
Saleeren gewannen den Türken drei Feine Inſeln ab, aber da Niemand 
fland, blieb fein Tuͤrkenkrieg übrigens fruchtlos. Wie fehr es ihm da 
war, zeigte der, nach feinem 1458 erfolgten Zode, gefundene Vorrath von1 
Dulaten. Eine merkwürdige Probe päpftlicher Gewiffenhaftigkeit gab 
ben Kurfürften von Brandenburg, deffen Rath D. Knorr er durch den 
Aneas Sylvius proviforifch des Eides der Treue gegen feinen Herrn 
ließ, um ihm Gefälligkeiten abzugewinnen, die der beutfche Juriſt 
Dienftpflicht unverträglich fand. (Aeneae Sylvii Epistolae ed. Norimb. 
4., ep. 364.) | . 
Calixtus (eigentlich Gallifen, Georg), der geiſtvollſte und auf 
Theolog der lutheriſchen Kirche im 17. Jahrh. Geb. 1586 zu. Meelby 
fteinifchen, zu Flensburg und Helmflädt gebildet, 1605 auf diefer Uni 
vatdocent der Philofophie, wendete er fi) 1607 zur Theologie, befischte 
füddeutfchen Univerfitäten, trat 1611 zu Helmſtaͤdt mit polemifchen Di 
über. die Eirchlihen Dogmen auf, die ihn als einen originellen Kopf und 
Beftreiter herrfchender Vorurtheile ankuͤndigten, unternahm Eur; darauf B 
gleitung eines reihen Nirderländers eine größere Reife, auf der er erſt in 














Calirtus (Georg) 889 


ia Holland, England und Frankreich verweilte, um die verfchiedenen Reli 
arteien und bie größten Gelehrten feiner Zeit aus lebendiger Anfchauung 
ı 3 lernen, war 1613 wieder in Helmftädt und gründete feinen Ruhm als 
9 beſonders durch den fchnellen Sieg, den er 1614 bei einem Religionsges 
auf dem Schloffe Hemelfhenburg über den Jeſuiten Turrianus gewann. 
in demf. J. wurde er Profeffor der Theologie, bald darauf Abt von Königes 
und Kirchenrath, und blieb bis an feinen Tod (19. März 1656) der thätigfte 
efiebtefte Lehrer zu Helmſtaͤdt. Der Geift diefer Univerfität war fchon 
ı freier als die Denkart der wittenberger, weil fie die Concordienformel nicht 
smmen hatte, und bie eibliche Verpflichtung der bafigen Doctoren der Theo⸗ 
sur Beförderung des Kirchenfriedens ward auch fir Calixtus ein Antrieb, 
Bgungspunfte für alle Religionsparteien aufjufuchen. Doch fein Genie, 
fefe feiner eregetifhen, patriflifhen und Lirchenhiftorifchen Kenntniffe und 
uf feinen Reifen gewonnene höhere Standpunkt des Urtheils über Welt und 
eleben gab ihm ſchon an und für fi) Beruf zu kühnern Forſchungen, 
m Infichten und billigerm Verfahren gegen Andersdenkende, als bie Eng» 

der Theologen feiner Zeit vertragen mochte. Obgleich feine Abhandlun⸗ 
Ber das Anfehen der heiligen Schrift, die Zransfubftantiation, die Prieflers 
In päpftlichen Primat, das Abendmahl unter einer Geftalt n. a.m., felbft 
kam Urtheile gelehrter Katholiken, zu dem Gruͤndlichſten und Treffendften ges 
was je von Proteftanten gegen die Unterfcheibungslehren bes Katholicismus 
eben worden iſt, magte dennoch Bufcher, ein Prediger zu Hanover, ihn 
einer Schmaͤhſchrift des Kryptopapiemus anzuklagen, weil feine Ausdruͤcke 
tungen bier und ba ber Batholifchen Lehre günftig fchienen ; und daß er 
Moraitheologie und einem befondern Werke Über bie Toleranz gegen bie 
auch diefen Gerechtigkeit widerfahren ließ, ja fogar in einigen Punk: 
ihnen näherte, mwurbe ihm von den Anhängern des Buchftabens der Con 
L als die aͤrgſte Ketzerei ausgelegt. Vergebens bemühte er fich, die 
Zeloten in feinen Vertheidigungsfchriften zu bedeuten, daß die Mei: 
theologifcher Schulm, welche die Meformirten und Lutheraner trennen, 
Gericht hätten als die Grundlehren des Glaubens, in denen fie einig 
daß die aͤlteſten chriſtlichen Glaubensbekenntniſſe allen Meligionsparteien 
viren. Dazu kam, daß er in ſpaͤtern Disputationen die Trinitaͤtslehre 
Teſtamente weniger deutlich finden wollte als im neuen, die Nothwen⸗ 
zater Werke zur Seligkeit wenigſtens anerkannte und 1646 auf dem Reli: 
ch zu Thorn, zu dem der reformirte Kurfuͤrſt von Brandenburg ihn als 
ermittler ſandte, mit den reformirten Theologen vertraulicher umging 
den Iutberifchen, die ihn auch bort anfeindeten. So brach denn der Ver: 
ded Groll derfelben wider ihn in ben Streitigkeiten los, bie nach ber ihm 
d gegebenen Religionsmengerei die fonkretiftifchen heißen und die Lutherifche 
noch fange nach feinem Tode bewegten. (Vergl. Synfretismus.) Die 
Im unter feinen Gegner, ber Oberhofprediger Sat. Weller in Dresden und 
wiefioen Joh. Hülfemann in Leipzig und Abrah. Calov in Wittenberg, 
Ken ſich nicht, ihm in ihren Schriften die gehäffigften Ketzereien aufzubür: 
e beſtimmten audy den Kurfürften Joh. Georg I. von Sachſen zu feindfeligen 
ten gegen die heimftädtifchen Theologen bei dem Herzog von Braunfchroeig. 
Biefer (übte feinen Ealirtus, und die evangeliſchen Reichsfuͤrſten drangen 
uf dem Reichstage zu Megensburg 1655 in Johann Georg, feinen Theolo⸗ 
kube zu gchieten, was biefer nun auch that. So blieb Salirtus bis an feinen 
naigftens in feinen Amtöverhältniffen ungekraͤnkt, die unparteiifche Anerken⸗ 
feiner Verdienfte aber der Nachwelt vorbehalten. Die Streitigkeiten, in 
verwickelt wurde, hielten ihn zwar zum Nachtheil der Wiffenfchaft ab, feine 
















890 Calkar Callico 

neuen Ideen und hiſtoriſchen Entdeckungen in groͤßerer Vollendung du 
und zuſammenzuarbeiten, als man fie in ſ. zahlreichen, meiſt fchnell e 
und zum Theil ohne feine Zuftimmung herausgegeb. Schriften findet 
dete er aber eine Schule gelehrter und helldenkender Theologen, di 
Geiſte fortarbeiteten und in den von f. Sohne, Kriedrich Ulrich 
weiter geführten fonkretiftifchen Händeln feine Ehre vertheidigten. 
Dogmatik aus den Refultaten feiner hiftorifchen Forſchungen und fein 
der heiligen Schrift auffaffenden Eregefe neues Licht und eine beffere ı 
liche Form, ſchied von ihr zuerft die hriftliche Moral und erhob diefe zu 
dern Wiffenfchaft, weckte das Studium der Kirchenvaͤter und der Kird 
und machte überhaupt zuerft Bahn zu den Kortfchritten, welche du 
Thomafius und Semler zu einer völligen Umgeflaltung der theoloc 
af und rveligiöfen Worftellungen und zu einer wirkſame 

ten. 

Calkar (Johann v.), ein niederlaͤndiſcher Maler aus Joh. v. € 
geb. um 1500 im Kievefchen zu Calkar, bildete ſich zugleich neben v 
mälden nad) Tizian's Meiſterwerken in Italien, verierte fich jedoch ! 
nialen Schöpfungen niemals von der Natur. Kaum unterfcheibet b 
Auge die Tiziane von Calkar's Gemälden. Deutfchland befigt noch ı 
für die Kunft vollendete Mater dolorosa in der Boiſſerée' ſchen Sammt 
Gegenftüd, wahrfcheinlich ein Ecce homo, zu fehlen ſcheint. Rul 
ſolcher Verehrer der Calkar'ſchen Gemälde, daß er ſtets ein kleines 
Meifters auf feinen Reifen mit fich führte. Es ſtellte die Hirten vor, w 
an ber Krippe Jeſus empfängt. Das Licht geht hier, wie in Correg 
von dem Kinde aus. Aus Rubens's Nachlaß kaufte ſolches Sandrart 
Kaifer Ferdinand III. Es ift jegt in der Balerie von Belvedere. Ca 
nungen mit Feder und Kreide find von nicht geringerm Kunftwerth a 
mälde. Ron ihm find faft alle Bildniffe in Vaſari's Lebensbeſchreibr 
ler und gleichfalls die Tafeln zu des Arztes Veſalius anatomifchem W 
Venedig zog er nach Neapel und flarb dort 1546. 

Salloen (San Frederik van Beek), ein niederländifcher Gi 
Afteonom, geb. 1772 zu Groͤningen, flarb 1811, war Mitglied ı 
thätiger Gorrefpondent mehrer. beutfchen gelehrten Geſellſchaften. Eı 
Univerfitäten Utrecht, Göttingen, Leipzig und Jena, foroie die Ste 
Gotha und Berlin, um für feine Lieblingsmiffenfchaften, Aftronomie 
gie, immer mehr Kenntniſſe fich zu verfchaffen. 1799 wurde er 9 
Aftrtonomie an der Univerfität zu Leiden, 1805 erhielt er diefelbe ! 
Utrecht. In der niederländifchen Commilfion der Maße und Gew 
To thätig, daß ihn König Ludwig bei der Stiftung des holländifchen 
flituts zum Mitoliede deffelben ernannte. Denkwuͤrdig bleibt fein 1 
ryalus, über das Schöne” (1802) und fein zweites Liber die Uhrwer 
Die Tayler'ſche Stiftung Erönte feine Preisfchrift, zur MWiderlegunc 
von Dupuis, „Originc de tous les eultes“, in der er gründlich dem 
fprung des moſaiſchen und chriftlichen Gottesdienſtes enthüllte. Wi 
halb und ganz vollendete Abhandlungen dieſes Eenntnißreihen Danr 
als Manuſcript vorhanden. 

Callico, urfprünglich ein weißes oftindifches Baumwollenz 
England gebleiht, in Mancheſter und in Eondon, gleid) andern weiße 
gedruckt wurde, und fo in den Handel kam. Im Auslande wurden b 
liſche gedruckte Cattune Callico® genannt. Auch in England nahm 
mehr weiße oftindifche Callicos, befonders nicht für das Ausland, fond 
ser in England gewebte weiße Cattune. Da zuerft gemeiniglid) dieſe 


Gallifen Galmar | 891 


unbe und Muſtern, worin rothe Blumen vorherrſchend waren, gedruckt 
Samen davon zweierlei Arten zunaͤchſt in den beutfchen Handel: full 
veſdruck), we die rothe Farbe doppelt aufgetragen war, und halfchints, 
ver Druck. Gphterhin brachten die Engländer auch mit andern Far⸗ 
e Callicos in den Handel, und fo lange das fogenannte Continen⸗ 
engliſchen Danufacturen dom Feſtlande verdrängte, nannten alle 
ſchweizeriſche Fabricanten ihre gebrudkten Cattune Callicos. 
ifen (Heinrich), Arzt und Wundarzt, geb. 1740 zu Pens im Her⸗ 
in, Sohn eines armen Geiſtlichen, bildete ſich durch fich ſelbſt, diente 
re und auf der Flotte, dann in den Hofpitälern zu Kopenhagen, wurde 
wundarzt der bänifchen Flotte und 1773 Profeflor der Chirurgie bei 
'ät zu Ropenhagen. Er fchrieb 1777 f. „Institutt. chirurgiae ho- 
ie ganz Europa mit Beifall aufnahm, und über welche in Wien und 
iſchen Univerfitäten gelefen wird. Noch findet man von ihm treffliche 
medieciniſchen Zeitfchriften.. Den Ruf an die erſte Lehrftelle bei der 
chirurgiſchen Schule in Berlin lehnte er ab. Der König von Daͤne⸗ 
ıte ihn zum Staatsrath 1802, Danebrogemann 1809 und Com: 
13. Er farb zu Kopenhagen d. 5. Febr. 1824, 84 Jahr alt. 
ot (Jacques), der malende Gozzi, wie ihn Jean Paul nennt und 
ı feinen „Phantafieftüden in Callot's Manier“ ſchildert, geb. 1594 zu 
este flandhaft jebes Hinderniß, das ſich der Vervollkommung feines 
entgegenflellte. Zweimal entlief er feinen Altern, die ihn einer an: 
mung wibmen wollten, und floh nad) Italien, lernte zu Rom zeichnen 
Darigi, kupferſtechen unter Philipp. Thomaffin, und wurde nachher gu 
Schüler von Canta » Ballina, und zu Nancy von Claude Henriet. 
6 ex fich gänzlich der Liebe zur Kupferftecherei, und 309 hier wieder bie 
', wabrfcheinlich, weil durch fie fein lebhafter und fruchtbarer Geiſt 
ausdrüden konnte. In einem Zeitraume von 20 J. erfand und fers 
1600 Stüde. (S. d. Verz. indem „Cabinet de singularites d’ar- 
peinture, sculpture et gravure” von Le Somte, Thl. 2, p. 376 
d befler noch im Gerſaint's „Catalogue de Lorangere.”) In ber 
Compoſition und Austheilung des Lichts glänzt Callot nicht, aber in 
ı Partien if er vortrefflich; die Zeichnungen find richtig, die Stellun: 
fällig , die Gruppen mannigfaltig, die gegmungenen Contrafte vermie: 
sdruck ift ſtark und die Ausführung von der Leichtigkeit einer Meifters 
mdern Ruhm hat er fich durch die Zeichnung Heiner Figuren erwor⸗ 
su in Menge in allen feinen Stüden angebracht hat. Die meiften 
3 man bie heiligen Gegenflände abrechnet, find Darftellungen von 
Belagerungen, Bälten, feftlichen Aufzügen. Von diefen merden bie 
malheurs de la guerre” auf 18 Bi. als das vorzüglichfte gepriefen. 
Blätter verfertigte er für Cosmus II. von Florenz, Ludwig XIII. von 
nd den Herzeg von Lothringen. Eigne Neigung trieb ihn fo fehr zum - 
daß er diefer Laune ſelbſt bei Darftellung beiliger Gegenftände nicht 
3. B. in der Verſuchung des heil. Antonius. Er ftelte aber nicht 
d burleske und groteske Figuren in feinen Blättern mit auf, bie man 
tagen genannt bat, fondern ſchuf aud) ganze Gemaͤlde diefer Art, die 
den Inbegriff feiner Kunft zeigen. Seinen Jahrmarkt, feine Bettler 
is feine volkommenſten Arbeiten. Zu bemerken iſt noch, daß er der Erſte 
im Äten ſich de Scheidewaſſers und eines Firniffes bediente. C.flarb 
635. Auch als Menſch tft er ſehr intereffant. Wan leſe Callot's 
ei Gerſaint a. a. D. oder von Huffon (Par. 1766). 
ar, die Hauptf. von Smäland in Schweden, an ber Oſtſee, Dland 


392- Galmarifche Union Galonne 


gegenüber gelegen, mit 4500 Einw., auf der Infel Quarnholm. Sie hag 
Heinen, aber guten Hafen, und treibt beträchtlichen Seehandel mit Bretten 
und Theer. Auch hat fie Wollenzeuchmanufacturen und iſt der Sit eines L 
und des Landeshauptmanns. Das wohlbefeftigte Schloß Calmar liegt a 
Stadt im oͤlandſchen Sunde. 

Calmariſche union, f. Margaretha. 

Calmet (Auguftin) ,. ein als eregetifcher und bifkorifcher Schriftfieil 
rühmter Benedictiner von der Congregation des heil. Vannus, geb. d. 24 
1672 zu Mesnil la Horgue bei Commercy in ber Dioͤces von Toul, trat 11 
Toul in den Orden und ftubirte in den Klöftern deffeiben, befonbers unte; 
cinth Alliot in der Abtei Mozen⸗Moutier, nachdem er die bebräifche Sprit 
Lehrer erlernt hatte. In diefer Abtei lehrte er feit 1698 Philoſophie umb M 
gie, kam 1704 als Subprior und Vorfteher einer gelehrten Möndysgefeifufl 
Abtei Münfter im Eifaß, ging wegen ber Herausgabe feines Commenil 
die heilige Schrift 1706 nad Paris, dann 1709 in die Abtei St. = Mu 
der er 1715 als Prior nach Lay, 1718 als Abt nady St.= Leopold in Rai 
fegt und 1719 zum Viſitator feiner Congregation erhoben wurbe. S 
bielt er 1728 die Abtei Senones in Lothringen, ſchlug die Würde eines I 
in pertibus aus und farb d. 20. Dct. 1757 zu Paris. Er erwarb fl 
Verdienſte um die Wiffenfchaften in f. bändereichen Werken hauptfädl 
fleißiges Zufammenftellen, Sichten unb gemeinnuͤtziges Verbreiten bes 
* Ieifteten. Sein „Commentaire sur tous les livres de l’anc. et de nour.; 
(Paris 1707—16, 23 Thle., 4.) entroidelt den Wortverftand meiſt richeig 
"Vermeidung myſtiſcher und allegorifcher Erklärungen und mit mehr Unbef 
heit als man fonft von Katholiken gewohnt war. Cr enthält auch eig 
[dungen und ſchaͤtzbare Abhandlungen zur biblifchen Alterthumskunde, Ü 
.aber Mangel an tiefer Kenntniß der orientalifhen Sprachen. Sein „Dietien 
hist, et crit. de la Bible’ (Par. 1722—28, 4 Thle., Fol.), ein zu fet 
fehr brauchbares biblifches Realwoͤrterbuch, ift in das Engliſche, Hollän 
Deutfche überfegt, wie der Commentar oft aufgelegt und auch von Pro 
fleißig benugt worden. Weniger (häst man f. „Geſchichte des Alten und 
Teftaments ober des jüdifchen Volles“ und f. Weltgefchichte („„Hist. un 
eree ct profane”‘, Strasb. 1735 — 71, 17 Thle., 4), Beides nur Co 27 
Dagegen erſcheint er als ſelbſtaͤndiger Focſche und Entdecker neuer er 
f. „Histoire ecel. et civile de Lorraine” (Nancy 1728, 4 Thle., Fol.; 1 
— 47, 6 Thle., Fol.), dem erflen wohlgeordneten Werke über die Geſi 
Lothringens, das genau, treu und zuverläflig, aber auch fehr weitſchweiß 
ſchrieben iſt. Gegenſtuͤck ift die viel nachläffiger gearbeitete „‚Bibliothequs 
raine” als Literargefchichte. Tief eindringende Kritik und Geſchmack in der: 
ftellung geht allen feinen Werken ab, fie haben daher in Frankreich od 
Tadel erfahren als in Deutfchland. 

Calmouds, ein zuerft m England, vorzüglid in Leeds Geringe 
gewebtes, dickes, fehr langhaariges Zeuch, dem die Engländer einen febe fü 
Glanz zu geben wiffen, und das zu Winterüberröden gebraucht wird. Es wi 
den nieberländifchen, medtenburgifchen, fächfifchen und fchlefifhen Manuſat 
gut nachgemacht. 

Calonne (Charles Alerandree de), geb. 1734 zu Douai, wo fein 9 
erſter Parlamentspraͤſident war, fudirte zu Paris, widmete fi dem Advoe 
ftande zu Artois, trat als Generalprocuratenr in das Parlament von Douai, 
warb 1763 zum Maitre des requötes, 1768 zum Intendanten von Ma 
in der Folge von Lille ernannt. Dies war feine Lage, ale Ludwig XV. | 
Der aus einer langen Verweifung zucldberufene Miniſter manage hatte 



















Calonne 895 


got und Meder, Fleury und Ormeſſon ins Finanzminiſterium berufen. 
33 folgte diefen, nad) Maurepas's Tode, Salonne, der freilich fchon 
in Unordnung fand. Außer den Anleihen und verfallenen Zahlums 
von den vorhergegangenen Regierungen herfchrieben, waren 176 MI. 
ı worden. Galonne verhehlte feine Verlegenheit und nahm einem 
Vohlbefinden an. Er verfhmähte das Hülfsmittel der Exfparniffe, 
Iligen Termine, hielt die Öffentlichen Papiere durch geheime Vorfchüffe 
jleumigte die Zahlung der Staatsrenten, feßte bedeutende Verguͤtun⸗ 
Regies und Landglterpachtungen aus, ficherte den Credit der Caisse 
machte Pläne zu Tilgungsfonds, und unternahm fogar eine Umpraͤ⸗ 
dmuͤnzen, wie in einer Zeit der tiefften Sicherheit. Anfangs befolgte 
m genommene Anleiheſyſtem. Nach feiner Schägung hatte die Regies 
76—86 ungefähr 1250 Mill. geborgt; das jährliche Deficit aber 
' 115 Mid. ; dies follte jedoch 1797 bis auf 55 Mill. getilgt fein. 
e mußten bie Staatseinkuͤnfte, weiche fi) damals auf 475 Mill. bes 
n, bis auf 590 Mill. gebracht werden. Galonne’s erfte Maßregeln 
tw den Augenblid berechnet; die Staatsſchuld war auf kein fichere® 
geimdet. Dies zu bewirken, gab es nur ein neues Contributionsſy⸗ 
onne ſchlug ed vor. Seine beiden Haupthebel waren eine in Natura 
meine Grunbfteuer und eine Erhöhumg.der Stempeltare. Da indeß 
ı war, daß der Ausführung eines Plans, der von ben beiden erſten 
Staates bis dahin unerhörte Opfer foderte, von ihnen Hinderniffe ent= 
erben würden, eine allgemeine Staͤndeverſammlung aber zu gefährlich 
Ihlte Galonne einen Mittelweg, der die für die Erreichung feiner Abs 
. Bedingungen zu haben fchien. Er fchlug eine Verſammlung von 
wählt aus den angefehenften Mitgliebern der beiden erften Stände, 
ten, und aus den Häuptern ber wichtigften Municipalitäten vor. 
re. 1787 hatten die Rotabien ihre erfte Sitzung zu Verſailles. Man 
Ungeduld den Bericht des Finanzminifterse. Er erflattete ihn mit 
lichkeit, deren er fähig war; aber dies konnte den uͤbeln Eindruck ſei⸗ 
fe nicht mindern. Der Ausfall von 115 Mill. war größer als man 
te. Galonne leitete ben Urfprung deffelben von ber Verwaltung Ter⸗ 
auptete, baß er Damals 40 Mill. betragen, daf er von 1776—83 um 
fliegen, und gab endlich zu, daß er felbft ihn bis 1786 um 35 Mill. 
Lafayette erfchien an der Spige der zahlreichen Anklaͤger, die nun 

e auftraten, aber der König fchien im erften Augenblide feinen Mini⸗ 
Der Großfiegelbewahrer, Calonne's fteter Gegner, wurde entlafs 
Triumph war jedoch nur von kurzer Dauer. Unabhängig von La: 
Necker's Freunden trat noch eine andre Partei gegen ihn auf, diejenige, 
sbifchof von Toulouſe, Lomenie = Brienne, Ins Minifterium brachte. 
hrak über die Weitläufigkeiten der Verſammlung der Notablen und 
eung , welche fie erregte. Calonne wurde feines Amtes entfegt und 
en verwiefn. Won dort begab er ſich nad) England, wo er 
in Katharina eine fchmeichelhafte Einladung befam ; er aber befchäf: 
Anklagen, welche ſich gegen ihn erhoben, zurüdzumeifen. In ſeiner 
gegen das Ende 1787 gerichteten Bittſchrift durchgeht er alle ſeine 
Unternehmungen, und bemuͤht ſich zu beweiſen, daß ſie ſaͤmmtlich die 
der Finanzen zum Zweck gehabt. Der Erzbiſchof von Toulouſe, 
er, hatte ihm das perſoͤnliche Mißfallen des Koͤnigs zu erkennen ge⸗ 
arlamenter von Grenoble, Touloufe, Befangon hatten ihn der oͤffent⸗ 
ng preisgegeben ; da& Parlament von Paris war förmlich gegen ihn 
Galonne vertheidigte ſich gegen alle diefe Angriffe; er erfuchte den 


394 Calottiſten Calpe 


Koͤnig zu erflären, daß ex ſtets auf feinen ausdrüdtichen Befehl ober 
ſtimmung gehandelt habe, und erbot fich, im Fall der König ſchweig 
lichſte Weife vor dem Berichtshofe der Pairs, vor bem er ti 
rechtfertigen. Allen Beſchuldigungen fegten Calonne’s Freund: 
wahre Thatſache entgegen, daß er arm aus dem Miniſierium getret 
unwirkſam war ein Brief Galonne’s an den König vom 9. Febr. 1' 
Betrachtungen enthaltend und hauptfächlic, gegen Necker gericht 
barin an, daf er die Abficht habe, ſich als Candidat zu den Generalſt 
den. Wirklich erfchien er in der Wahlverfammlmg bes Adels von ! 
aber umverrichteter Sache nad) Eondon zurüd, wo er fich mit polemi 
über die Lage der Angelegenheiten Frankreichs befhäftigte. Die R 
indeß begonnen. Galonne nahm mit. einem Eifer, der feine Kräftı 
fohien, an den Ereigniffen Theil. Seine Unterhandlungen, feir 
Deutfchland, Italien und Rußland, feine Beharrlichkeit, feine 
machten ihn der Partei unfchäsbar, welcher er diente. * ſeine 
Sache noch mit der Feder zu dienen, ſchrieb er fein „Tableau d 
Nevembre 1795”, merkwuͤrdig wegen der Wärme, womit er die 
ſtellt. Seitdem lebte er zu London, vornehmlich mit den fchönen A 
tigt, die er immer mit Gefchmad getrieben hatte; 1802 kehrte er 
ruͤck, wo er im Dct. d. 3. flach. Dies war die Laufbahn eines 
den erften Anſtoß zur Revolution feines Landes gab. Die für e 
waltung erfoderlihden Eigenſchaften befaß er in einem hohen 
kannte genau das Einzelne, umfaßte das Ganze mit bewunderung 
nauigkeit, und war felbft fähig, da6 Höchfte ins Auge zu faflen 
Weisheit, welche die Gedanken zur Reife bringt, wenn ein vorfd 
der die Hinderniffe erräch, wenn ein folgerechter und orbnungslieber 
den Erfolg der Unternehmungen vorbereitet, weſentlich zu einem Sı 
hören, fo darf Catonne keinen Anfprud) auf diefen Namen mac 
Charakter fehlte Menſchenkenntniß. Seine Sitten waren fern 
zu fein. Seine Werke, unter denen feine Reden und Denkſchrif 
famımlung der Notabien den erften Platz verdienen, haben als hi 
mäler in der Kinanzverwaltung bleibenden Werth. 

Calottiften (oder das Regiment de la Calotte), eir 
weiche zu Paris in den legten Regierungejahren Ludwigs XIV. en 
abenteuerlichen Einfall hatte, ein Regiment unter dem Namen la 
Plattmuͤtze, weldye man Einem, der fich über Kopfichmerzen beklagte, 
Scherz gerathen hatte, und woraus fich eben jener Einfall entfpan 
und darin Alle aufzunekmen, welche durch finniofes laͤcherliches B 
feitfamen Charakter, tolle Meinungen u. f. w. den öffentlichen Tad 
würden. Sie hatten befondere Wappen, worin der Scepter bes I 
Schellen, Affen, Klappern ıc. fid) befanden ; in der Hauptfahne fan 
„Pavet Momus, luna influit”. Alten, die fi) durch Thorheiter 
wurden Patente zugefchidt, und obgleich Manche fidy hoͤchlich darlı 
fo wurden fie dennoch ausgelacht. Als der Oberfte dieſer GaNotiften 
ftorben war, und die Leichenrede (eine ſinnreiche Kritik des akader 
welche die Galottiften auf ihn hielten, confiscirt wurde, ellte der Gar 
zum Marſchall von Villars, beflagte fih, und ſetzte am Ende bir 
gneur! Seit Alexander's und Caͤſar's Tode haben die Calottiſten keiı 
ſchuͤter als Sie’, und die Confiscation murbe aufgehoben. Inde 
Herren doch zu uͤbermuͤthig, indem fie Minifter und felbft fremde Ki 
und fo nahm das Regiment bald ein Ende. 

Galpe, eine der fogenannten Säulen des Hercules, und 


Galprenebe Calquiren 896 


—— Gibraltar. Die auf der afrikaniſchen Kuͤſte gegenuͤber⸗ 
vla. 

renede (Gautier de Coſtes de la), geb. zu Tolgou in Gascogne, 
# 1663 als koͤnigl. Kammerherr, iſt einer von den Schriftſtellern, 
eine nette Art meift fehr bicleibiger und Tangausgefponnener Ritters 
7. Jahrh. Mode wurde. Begebenheiten aus der Gefchichte der Gries 
mer wurden in dem Geifte und der Manier des Altern Ritterromane 
daß nur die Namen griechifh und roͤmiſch blieben, die Abenteuer 
die Situationen und Charaktere ganz die romantifche Ritterzeit ath⸗ 
a Galpremede find „Caffandra‘, 10 Bde.; „Cleopatra”, 12 Bde.; 
, 7 Bde., wozu Herr von Baumoriere noch eine Fortſetz. in 5 Bbn. 
ch) diefe Werke erwarb ſich ber Verf., beffen Zrauerfpiele neben denen 
Ie keine Aufmerkſamkeit erregen konnten, zu feiner Zeit großen Ruf. 
ift nicht, daß bie ſeinigen unter allen diefer Art ſich vortheilhaft aus⸗ 
8 mangelt dem Verf. nicht an bichterifcher Einbildungskraft; feine 
nicht ohne Erhabenheit, und man findet gut gezeichnete Charaltere, 
der des Artaban eine Art von Gluͤck gemacht hat, indem er zum 
zeworden HE, welches freitich zugleich das Lächerliche der Übertreibung 
: die es allerdings bier nicht abgeht. Waͤre Calprenede minder eilfers 
fo bätte er beffere Werke liefern koͤnnen; faft fchrieb er aber fo ges 
ſprach. Dennody find die Begebenheiten mit vieler Kunft in eins 
ten, die Sprache nicht gemein, und das Ganze, fo gedehnt es ift, nicht 
e Haltung. An Abenteuerlichkeit hat wol feine Gattin in ihrem 
es nouvelles, ou les divertissemens de la princesse Alcidiane‘’, 
etroffen. Auch in Deutfchland wurde in der letzten Hälfte bes 17. 
Gattung von Romanen Mode; die „Aramena‘, „Octavia“ des 
m Ulrich von Braunfchreeig u. a. waren diefer Art. 

urnius (Titus Julius), gebürtig aus Sicilien, lebte im 3. Jahrh. 
von ihm 7 Idyllen, die nicht ohne Verdienft find und den Virgil’fchen 
obrot fie ihnen an Zierlichkeit und Reinheit, ſowie den Theofcit’fchen - 
md Natuͤrlichkeit nachfichen. Die befte Ausgabe ift von Beck (Reipz. 
ſch von Wiß (Leipz. 1805). 

riren, durchzeichnen, entweder auf aefirniftes Papier, welches man 
hnung legt und bie durchſcheinenden Striche nachzieht, oder auch in⸗ 
: Mürdfeite einer Zeichnung oder eines Kupferftiches mit einer Kreide 
weiſies Blatt darunter legt und mit einer ftumpfen Nadel Über dieje⸗ 
der Zeichnung binfährt, welche man burchzeichnen will und welche auf 
ten Papier ericheinen. In der Materkunft und in ben mit ihr vers 
ıftsweigen iſt das Calquiren oft von großem Nutzen. Beſonders mas 
: gefchieteften Kupferftecher häufig Gebrauch davon, wenn es darauf 
8 nachzubildende Driginal mit geometrifcher Genauigkeit aufdie Platte 
. Da jedoch die Abdruͤcke eines Kupferftiches, der auf die vorbefchrie: 
Art voraezeichnet waͤre, verehrt erfcheinen würden, wie man dies in 
veilen findet, fo muß der Kupferftecher fich entweder bes Firnißpapiers 
„ bei Übertragung der darauf ahgeriffenen Zeichnung auf die Platte, 
namenben,, oder fich burd) einen fogenannten Gegenabdruck, ber die 
mogelehrt und fo barftellt, wie fie auf die Platte gebracht werden mußt, 
nmen. Der Gegenabdrud wird hervorgebracht, indem man bie zu 
ichnung behutfam anfeuchtet, fie fodann mit einem ebenfall® anges 
latte weißen Papiers bebedit und beide zugleich unter die Kupferbrus 
ngt. Durch diefes Verfahren erhält man einen, in der Ausführung 
ommnen, in den Umtiffen aber doc) ganz genauen Abbruch, deffen Übers 


396 Salumet Galvin 


tragung auf die Platte nach der obenerwähnten Methode nun Leine u 
Schwierigkeit mehr unterroorfen ift. 

Calumet, bei ben nordamerikaniſchen Wilden eine große, geſch 

Tabackepfeife, welche fie als Sinnbild des Friedens überreichen: Kriedenspfe 

Calvarienberg, Golgatha, die Schäbelftätte, der Richtplat be 
Juden. Diefer in der evangelifchen Geſchichte berühmte Berg, ber eher 
Berhalb der Stadt Jeruſalem gelegen war, iſt jest in deren Ringmauer einge 
fen. Auf demfelben fteht die größte und vornehmſte Kirche in Paldftima, ı 
die heilige Helene, Kaifer Conftantin’6 Mutter, im 4. Jahrh. zu bauen ange 
hat. In katholiſchen Ländern heißt jede Erhöhung, jede Gapelle, we m 
Kreuz aufgepflanzt hat und wohin man in der Kaftenzeit, zur Feier und 
lung des Leidens Chrifti, wallfahrtet, Galvarienberg. Es find oft wi 
zu deren Spitze ein Pfad führt, der von Stelle zu Stelle mit Bildern ober 
einen Gapellen, Inſchriften ꝛc. beſetzt ift, welche die Hauptbegeb 
Lebens Jeſu darftellen bi zur Kreuzigung, die oben durch drei wi 
mit dem Heiland und ben zwei Schächern, zumellen auch mit den dazu 
Gruppen, verfinnlicht wird. 

Calvart (Dionys), Maler, geb. zu Antwerpen 1555, kam 
ſchaftsmaler fehr jung nad) Italien, wo er, um Figuren zeichnen zu 
Schule Kontana’s und Sabbatini’s in Bologna befuchte, mit welchem 
er nach Rom reiſte. Nachdem er einige Zeit nach Rafael gezeichnet 
öffnete er eine Schule zu Bologna, aus der 137 Meifter, und * 










Albano, Guido und Dominichino hervorgingen. Die Bologneſer 
als einen der Wiederherſteller ihrer Schule, beſonders in Hinſicht des 
Calvart verſtand Perſpective, Anatomie und Architektur, aber feine Figum 
zuweilen unebel und zu kuͤhn geftellt. Er ftarb 1619 zu Bologna ; 
feine beften Gemälde. Agoftin Caracci und Sadeler haben einen 
Werke geftochen. " 
Calvin (Johann), Chauvin, ber zweite große Meformator bes 16, 
geb. zu Noyon in der Picardie den 10. Juli 1509. Sein Vater, Gerarb: 
ein Böttcher, widmete ihn früh dem geiftlichen Stande. Calvin fagt in ei 
an Claude d’Hangeft, Abt von St.⸗Eloi zu Noyon, dag er der Familie d 
Iaten feinen erften Unterricht und eine anfländige Erziehung verdantte. ' 
12%. alt, erhielt er eine Pfründe bei dem Dom feiner Vaterſtadt. Sechs 
darauf ward er zu einer Pfarre berufen, die er bald mit einer andern verkl 
So hatte Calvin durch feine Gönner ſchon vor feinem 20. 3. mehre Pfruͤn 
felbft den Titel und die Einkünfte einer Pfarre, während er noch in 
Studien fortfegte. Hier machte er die Bekanntſchaft feines um einige 
tern Landsmann Pierre Robert Dlivetan, von dem er bie erften Keime 
Lehre empfing, welche ſich in Frankreich zu verbreiten begann. Er fand 
durch veranlaßt, der Theologie zu entfagen, um zu Orleans und fpäter zu 
die Rechte zu fludiren. Er machte ſchnelle Fortfchritte barin, und lernte 
die griech. Sprache unter Melchior Volmar, einem Deutſchen, der die von 
in ihm gemedte Neigung zu Neuerungen verſtaͤrkte. 1532 kam er 
zuruͤck und legte feine Pfehnden nieder. Er gab in demf. 3. einen la 
mentar über die beiden Bücher des Seneca „De clementia” heraus, auf 
er fich lateiniſirt Johannes Calvinus nannte, und mußte 1533 aus Paris il 
da fein Freund Michael Cop, Rector der Univerfität, regen einer über bM 
Lehre gehaltenen Rede in Unterfuchung verfiel und er ſich der Theilnahme 
verbächtig gemacht hatte. C. begab ſich zu Du Tillet, Kanonicus zu Angie 
bei welchem er ruhig feine Studien fortfeßte, und die Materialien zu feiner 2% 
nachher erfchienenen „Chriſtl. Unterweifung” zu fammeln anfing. on & 


Calvin 397 


NMerac zur Königin Margarethe von Navarra, Franz I. Schwefter, die 
omwol ans emtfchiedener Neigung für die neue Lehre als aus Liebe für die 
ıfchaften mehren Gelehrten, welche ihrer Meinungen wegen Frankreich vers 
foßten, eine Zuflucht gewährte. C. warb von ihr fehr wohl aufgenommen 
ente bier mehre Männer kennen, die in der Folge feiner Partei nüglich wur⸗ 
kbete nach Paris zurüd, mußte aber 1534 aufs neue Frankreich verlaffen. 
ing er nach Bafel, wo er als Glaubensbekenntniß der in Frankreich geaufam 
Isten und zum Scheitechaufen Verurtheilten f. „Chriftl. Untermeifung” 
(gab, in weicher er dje Abſicht hatte, fie von ber aus politifchen Gründen 
tetn Verleumdung zu befreien, daß fie Aufrührer und Wiedertäufer feien, 
& der Iutherifchen Lehre nichts gemein hätten. Es würde ſich nicht in der 
zftellen Laffen, wie er weiter ging als Luther in der Lehre vom freien Wil 
der Zurechnung und dem Verdienft guter Werke; leichter Laffen ſich bie 
HEslgerungen angeben, die er aus feinen Lehren zog. Er befteitt nicht nur 

b die Oberſtelle des Papftes, fondern felbft das Anfehen der allgemeinen 
ammilungen; ein Bifchof oder Priefter ift ihm kein fichtbared Haupt der 

e laͤßt Bein andres Geluͤbde zu als bie Kaufe, und keine Sacramente als 
und das Abendmahl; felbft diefe betrachtet er nicht als unerlaßlich noth⸗ 
gar Seligkeit. Die Meſſe ift ihm eine Entweihung und die Verehrung 
Bien ein Sögendienft. Diefes Werk: „Institutio christianae religio- 
efien nachher franzöfifch und wurde faft in jedem Jahre von ihm verbeffert 
herausgegeben. Die volftändigfte Ausg. beforgte Robertus Stes 
1559. Die vorangefegte „Praefatio ad Christianissimum Regem, qua 
ber pro confessione fidei offertur“ konnte indeß den Religionsverfols 
Frankreich kein Ende machen, da Sranz I., von religiöfer Schwaͤrmerei 
durch politifche Rüdfichten dazu gedrungen wurde. C. ging darauf 
im, um bort feine Lehre zu predigen, fand bei der Herzogin Renata von 
ie, Tochter Ludwigs XL. und Gemahlin Hercules’s von Eile, die in der 
zu feiner Lehre bekannte, günftige Aufnahme, mußte fich aber von Aoſta, 
ihn entdedite, durch ſchleunige Flucht retten und kam um die Mitte 1536 
b Paris. Da er jedody Hier nicht mit Sicherheit leben konnte, befchloß 
Bafel zu gehen und nahm ben Weg über Genf, too feit einem Jahre durch 
Ihes Decret der Regierung die neue Lehre eingeführt worden und Karel 
befeftigung derſelben thätig war. Mit diefem vereinigte ſich C. und bes 
darauf den Auftrag, theologiſchen Unterricht zu ertheilen, dem er fich ein⸗ 
te, während er Karel die Kanzel überließ. Aber ein nicht minder eiftiger, 
miger geſchickter Geiſtlicher, mit dem fie fi) verbunden hatten, zog ihnen 
ge mächtiger Feinde zu, durch «welche fie endlich geftürzt wurden. Der 
dau war folgender. Die genfer Kirche bediente fic) beim Abendmahl des 
m Brotes und hatte die Taufſteine aus den Kirchen entfernt; auch, außer 
tag, alle Feſte abgefhafft. Diefe Neuerungen wurden von der laufanner 
nicht gebilligt. Der Magiftrat von Genf verlangte von Farel und Calvin, 
nad) dem Ausſpruche derfelben bequemen follten, und gab ihnen, da fie 
yeten, den Befehl, die Stadt in 3 Zagen zu verlaffen. Dies gefchah im 
3. Sie gingen nad) Bern, und da die Bemühungen des berner Magis 

d der zuͤricher Synode ihre Zuruͤckberufung nicht bewirken konnten, begab 

im nach Strasburg, wo Luther's Lehre durch Bucer feit 10 Jahren Ein: 
unden hatte. Diefer nahm ihn fehr wohl auf und ließ ihn zum Profeffor 
je ernennen. Zugleich bekam er die Erlaubniß, eine franzöfifche Kirche 
weiche durch die große Menge aus Frankreich Geflüc)teter fehr bedeu⸗ 

a. Ungeachtet ber großen Achtung, in der er hier ftand, waren doch feine 
uf Genf gerichtet, defien Einwohner er in 2 Schreiben ermahnte, der neuen 














398 | Galvin 


Lehre treu zu bleiben, als der Cardinal Sadolet fie einlud, In ben Schoß der 
zuruͤckzukehren. Hier gab Calvin aud) 1540 feine Schrift über das Aben 
heraus, in welcher er ſowol Luther’s, der diefed Sacrament im Wortſime 
als Zwingli’s Meinung (f.d.), der es bildlich verſtand, zu widerlegen! 
Exft in einer 1549 in Zürich gehaltenen Unterredung erklärte er fich umbebli 
die Meinung des Letztern. Endlich 1541 gelang es feinen Freunden ie 
feine Rüdberufung zu bewirken ; eine eigne Deputation erfuchte den Magiſte 
Strasburg, ihn feiner alten Heerde wiederzugeben. Da aber GE. zum Abg 
ten auf dem Reichſtage zu Frankfurt ernannt worden und nachher no N 
rathfchlagung zu Regensburg beiwohnen mußte, fo konnte er erſt im Sept. 
wieder nach Genf kommen. Er legte jetzt dem Rath den Plan feiner Bel 
gen über die Kicchenzucht vor, welche fogleih angenommen und im N 
kanntgemacht wurden. Zufolge derſelben wurde ein halb aus Bei 
aus Laien beftehendes Confiftorium gebildet, „um über die Erhaltung 
Lehre und die Sitten zu wachen. Daffelbe zog Jedermann ohne Au 
die geringften Handlungen und Meden zur Rechenfchaft, umd verwies bie 
Kirchenſtrafen nicht zureichten, mit einem Gutachten an den Rath. Se 
fi) C. zum Herrn aller Handlungen, wie aller Meinungen der Genfer. ? 
Geiſt herrfchte ausſchließlich im Rath, wie im Confiftorium, und die R 
men nie Anftand, Jeden zu befteafen, der ſich ihm widerfegte. So ward 
giſtratsperſon entfegt und zu zweimonatlicher Gefängnißftrafe verurtheilt 
der Lebenswandel diefes Mannes unregelmäßig fei und er mit Calvin's $ 
Verbindung ſtehe“; fo wurde Jakob Gruet enthauptet, „teil er gottioſt 
und unfittliche Verſe gefchrieben und die Kicchenordnungen zu ſtuͤrzen geſucht 
Mit gleicher Strenge wurden die Meinungen gerichtet. Es ift bekannt, u 
chel Servet auf feiner Durchreife durch Genf 1593 verhaftet und auf Catokl 
kiage lebendig verbrannt wurde, weil er das Geheimniß der Dreieinigkeit I 
zu Genf weder gefchriebenen noch gedruckten Buche angegriffen hatte. Ned 
reiche ähnliche Beifpiele ließen fich anführen, um den blinden umd wilden Schi 
eifer zu beweifen, den er dem Magiſtrate von Genf für die Erhaltung 
Sitten und der fogenannten reinen Lehre eingeflößt hatte; und dadurch 
‚ihm, den Neuerungen und dem Unterfudhungsgeifte Einhalt zu thun und 
bänger zu ſtrengen und in gewiſſer Dinficht untabelhaften Menſchen zu 
Auch in der bürgerlichen Gefeggebung der Genfer und den Formen ihrer 
nahm er Änderungen vor, wobei ihm einige geflüchtete Franzoſen behuͤl 
Zur Beförderung nüglicher Studien errichtete er die von feinem Freunde 
Beza fo gluͤcklich geleitete Akademie. Lieft man, was C. während feines 
halts in Genf Alles that, fo kann man nicht begreifen, wie er fo vielen J 
nicht unterlag. Ex predigte faſt täglich, ertheitte wöchentlich 3 Mat th 
Unterricht, wohnte allen Berathfchlagungen des Confiftoriums, allen Sig 
Predigergefeuifchaft bei, und war die Seele aller Befchtäffe. Ebenfo oft 
riftifche wie über theologifche Gegenftände befragt, antwortete er Allen, 
fand er noch Zeit fire potitifche Verhandlungen im Namen der Republik, 
Menge Schriften zur Vertheidigung feiner Meinungen, von benen feine 
tare über die Bibel die wichtigften find, und für einen Briefwechfel durch 
ropa, vornehmlich aber nad) Frankreich, wo er auf alle Meife die neue 1. 

































breiten fuchte. Außer feinen gedrudten Predigten befigt die genfer 

deren 2025 in der Handfchrift, und, wie audy die berner, mehre ungebrudte 
gifche Abhandlungen. Wiewol Calvin in wefentlichen Punkten von Luch 
wich, fo wurden doch feine Anhänger von den Lutheranern nicht unterſchled⸗ 
in den Edicten Franz I. und Heinrichs II. und ſelbſt in dem Edict von Rouen 
mit dieſem Namen bezeichnet. Sie ſelbſt betrachteten zwar Calvin als ide 


Galviſins Camalbulenſer 399 


kb bar für verſchieden von den Anhängern Luther's zu halten. Dirfe 
sfonderung gefchah erft nad) dem Colloquium (Unterredung) von Poiſſy 
fie außer einigen andern hauptfächlich den 10. Art. der augsburgifchen 
verwarfen und den Namen Calviniſten annahmen. Calvin 
7. Dat in feinem 55. Lebensjahre. Er war von fehr ſchwachem Koͤr⸗ 
an häufigen Krankheiten. In Steasburg hatte er ſich mit einer Witwe, 
Burie, 1539 verheirathet; ein mit ihr gezeugter Sohn flach früh; 
x ex feine Battin, worauf er fich nicht wieber verheirathete. Ex war 
w ſtreng in feinen Sitten, aber von einer traurigen und unbeugfanten 
Immung. Er Eannte nie die Süßigkeit der Freundſchaft, und hatte 
Leidenſchaft, als feinen Meinungen den Sieg zu verfchaffen. In 
er Umeigennügigfeit wird er Wenige feines Gleichen haben. Er hatte 
sgehalt von 150 Franken, 15 Maß Getreide und 2 Kiffer Wein; nie 
nm Mehres. Der Werth feines gefammten Nachlaſſes in Büchern, 
Bed ıc. uͤberſtieg nicht 125 Thaler. Sein Charakter war unduldfam 
keinen Widerfpruh. „Ich habe”, ſchrieb er an Bucer, „keine haͤr⸗ 
fe gegen meine Fehler, die groß und zahlreich find, al& diejenigen, in 
wine Ungeduld zu befiegen fuche. Dieſes reißenden Thiers bin ich noch 
worden”. Auch iſt der Zon feiner Streitfchriften faft immer hart und 
kit und Verachtung gemilcht. Es gelingt ihm nicht immer, das Ge⸗ 
von feiner Überlegenheit hat, zu verbergen. Als Theolog ftanb Calvin 
rr Zeitgenoffen nad) an tiefen Kenmtniffen, Scharffinn und, wie er fid) 
ruͤhmt, in der Kunft, einen Gegenftand darzuthun; als Schriftfteller 
großes Lob. Beine lateinifchen Schriften find mit viel Methode, Würde 
Weit gefchrieben. Außerdem war er auch ein großer iechtögelehrter 
dichter Polititer. Aber alle diefe ausgezeichneten Eigenſchaften wuͤrden 
reicht haben, ihn zum Oberhaupt einer befondern Religionspartei zu 
an er nicht mit Kühnheit die Ausübung aller dußern Gebräuche verwor⸗ 
Dadurch gewann er auf der einen Seite viele Gebildete, welche den 
für etwas Unmwürbige® anzufehen geneigt waren, und gab auch den Uns 
m leichte® Mittel an die Dand, ihre Trennung von der Gegenpartei zu 
ohne auf die Sache felbft eingehen zu dürfen, wozu fie allerdings weder 
geſchickt waren. 
yifims (Gerh), Mufiker und Chronolog bes 16. Jahrh., der Sohn 
nanns, Jakob Kalwitz, zu Gorſchleben in Thüringen, geb. den 21. Febr. 
chte die Schulen zu Frankenhauſen und Magdeburg, die Univerfitäten 
und Leipzig, wo er Mufikdirector an der Paulinerfiche ward. 1582 
8 Santorat in ber Schulpforta und 1592 an der Xhomasfchule zu Leip⸗ 
mehre ihm in Frankfurt und Wittenberg angetragene Profeffuren aus 
m 23.Nov. 1617. Seine gründlichen und in gutem Latein gefchries 
erifch = mufilalifchen Werke findet man in Gerber’s „Biogr. Lexik. der 
" angeführt. Man hat auch nody viele große Motetten und Hymnen 
Er ift auch Verfaſſer mehrer wichtigen chronol. und andrer roiffenfch. 
: „Opus ehronologieum‘’ (1605, 4.); „Formula Calendarii novi 
» Greg expeditior, melior et certior” (Heidelb. 1613 ıc.); „Elen- 
nd. Greg.” (1613). Zach (f.d.) fagt von ihm ale Chronologen: 
naue und feurige Forfcher war kein bloßer Compilator, wie die meiften 
enoffen find. Er beurtheilte, was er gefammelt hatte. Zum Behufe 
echnung bat er nahe an 300 Zinfterniffe benugt, und frine Zufammen: 
z Bewegungen der Himmelskoͤrper mit den gefchichtlichen Zeuyniffen 
ebenfo viel Gelehrſamkeit als Scharffinn‘’. 11. 
naldulenfer, Ecemiten und Mönche des vom h. Romuald, einem 


Banedictiner abellgen Befchlechts aus Ravenna, im Thale Camall 
aufden Apenninen 1012 geftifteten und 1072 vom Papft Alerande 
ten. Ordens, gab es In Stalien, Frankteich, Deutfchland und Polen 
fange bloß zum Einſiedlerleben in abgefonderten Klaufen beſtimm 
bei zunehmendem Reichthum und Anwachs großentheils zum geſellſch 
ſter leben über, und theilte fich in Einfiedler, Obfervanten und Eonven 
zwar 1513 zu einem Ganzen vereinigt, dem Vorſteher des Stammifii 
untergeben und durch Unterdruͤckung der außsgearteten Gonventualen | 
den, aber durch das Streben neuer Stiftungen nad) Unabhängigkeit w 
Im 18. Jahrh. beftanden 5 von einander ganz unabhängige, unter 
ralem (majores) ſtehende Brübderfchaften der Gamaldulenfer: 1) d 
übrigen, Samalboli ; 2) Kronenberg bei Perugia; 3) zu Turin; 4) 
bei Paris; 5) zu Murano im Venetianifhen. Zwoͤlf andre Kloͤſte 
dulenferinnen ftanden unmittelbar unter den Biſchoͤfen ihrer Spreng« 
Kleidung und die verfchärfte Benedictinerregel hatten Alle mit ein 
bie Einfiebler überdies noch Bärte und firengere Regeln im Kaften 
Geißeln und andre Selbſtquaͤlereien. Bei diefem ſtets nur befche 
konnte der in der Öffentlichen Meinung nie bedeutende Camaldule 
Beine Weife gemeinnäsig und, nachdem er im Öftreichifchen unter S 
Frankreich während der Mevolution, in Stalien und Polen unter den 
Franzoſen erlofhen war, auch nicht vermißt werden. 

Camapyeu oder Camaieu heißt ein einfarbiges Gemälde; 
eine eintönige Malerei. Eine der gemöhnlichften Arten der Mate 
Farbe heißt Grau in Brau, oder Srifallle, womit man befondere | 
nachahmte. Sonſt gibt es auch rothe, grüne ıc. Camayeus. Diefe 
in Frankreich befonders im Anfange des 18. Jahrh. fehr beliebt. 2 
nennen auch fo Cameen, welche durch verſchiedene Schichten des Stein 
Sarben zeigen. 

Cambacérès (Jean Jacques Regie de), Herzog von Parn 
getvefener Erzkanzler des franz. Reiche, Mitglied des Inftituts ıc., 
Montpellier in einer unbegüterten Familie angefehener Rechtsgelel 
Eifer und feine Zalente erwarben ihm bald einen großen Ruf und d 
Raths an der Cour des comptes zu Montpellier. Zu Anfang d 
unterzog ex fi) verfchiedenen Staatögefchäften, wurde im Sept. 17° 
mitglieb, arbeitete in den Ausfchüffen und befchäftigte ſich befonders 
richtsfache. Am 12. Dec. 1792 erhielt er den Auftrag, Ludwig 
gen: wen er fich zu feinem Beiftande wählen wolle? und bewirkte | 
daß die gemählten Rathgeber freien Zutritt zu dem Könige erhielten 
1793 erklärte er Ludwig fir ſchuldig, machte aber dem Convent be 
tig, ihn zu richten, und flimmte: einftweiligen Verhaft, und im Fa 
. lichen Einfalls, den Tod. Den 24. Fan. warb er zum Sectetair er 
Mitglied bes Wohlfahrtsausfchuffes zeigte er in der Sigung vom 
Berrätherei des Dumouriez an. Im Aug. und Dct. 1793 legte er 
Plan zu einem bürgerlichen Geſetzbuche vor, in dem fich die demokra 
des damaligen Zeitgeiftes ausfprachen.. Dan fand in einem aufgefar 
von Antraigues die Worte: „Ich wundere mich gar nicht, daß Caml 
Denen ift, welche bie Ruͤckkehr des Koͤnigthums wuͤnſchen; ich & 
Gambaceres wies die Befchuldigung, melche daraus hätte gegen ihn 
den Einnen, zurüd. Die Verſammlung befahl, feine Rede drude 
aber fein republikaniſcher Huf hatte dennod, einen Stoß befommen, 
aus dem Directorium, für das er aufgezeichnet war, zuruͤckgewieſen. 
den Rath ber Fünfhundert, wo er einen neuen Plan zu einem bürger 


bei Cambridge (Adolphus Frederik, Herzog v.) 401 


legte. Diefes „Projet de Code civil“ (4796) wurde fpäterhin bie 
? des „Code Napoleon”. Den 20. Mai 1797 trat er aus dem Rathe; 
baranf erſchien er unter den Wählern von Paris, und nach ber Revolu: 
O. Prairiat VIL (19. Juni 1799) ward er zum Juſtizminiſter erhoben. 
Brumaire erhielt ex die Stelle eines zweiten Conſuls, welche er im Dec. 
Er ließ die Einrichtung der Gerichtsverwaltung den Dauptgegenftand 
Häftigung fein. Nach Napoleons Thronbefleigung ward er zum Reiche: 
und darauf zum Großofficier der Ehrenlegion ernannt, erhielt nady und 
lie fremde große Orden und warb 1808 Herzog von Parma. Er bat 
acch vorzügliche Anhänglichleit an Napoleon ausgezeichnet. Die vielen 
nfulte, die während defien Regierung erfchienen, find von ihm abgefat. 
leon gegen bie verbuͤndeten Mächte 1813 zu Felde zog, war C. Präfident 
tſchaftsrathes. Bei Annäherung der Verbündeten 1814 folgte er dem 
zent nad) Blois und fandte von bort feine Zuſtimmung zu des Kaifers 
Als diefer aber 1815 zurückkehrte, ward er von neuem Erzkanzler und 
ifter, fodann Präfident der Pairskammer. Nah Napoleons zweitem 
af ihn die Verbannungsverorbnung Ludwigs XVIU.; er ging nad) 
Sm Dec. 1818 erlaubte ihm der König die Ruͤckkehr nadı Paris, wo er 
Zeit privatificte und den 8. März 1824 ftarb. 
mbrai ober Camerich, große, ſtark befefligte Stadt (3000 H., 
) mit einem Bisthume, an der Schelde, in den franzöf. Niederlanden, 
ent du Mord, hat Fabriken. Won daher kommt die unter dem Namen 
oder Cammertuch bekannte Leinwand. In der Kathedralkicche ift Fonoͤ⸗ 
tmatl. 1508 wurde zu Cambrai die Ligue (f.d.) gegen Venedig ges 
1529 der Friede mit Karl V. (f. Franz .), und 1724 ward Hier vom 
a VI. und Philipp V. ein Friedenscongreß eröffnet, der fich aber durch 
t Vergleich von 1725 zerfchlug. . 
mbribge, die fchlechtgebaute Hauptſt. der engl. Grafſchaft gl. N. in 
‚ mit 11,000 Einw., am Fluſſe Sam, berühmt wegen ihrer Univerficdt, 
m 630 geftiftet fein fol, aber erſt 1280 ihre jegige Einrichtung erhielt. 
13 Collegia (f. Colleges), unter welchen das ZrinitysCollege das 
if, und 4 Hallm. Die Univerfitätsbibliothet hat 100,000 Bücher 
: Handfchriften; die des Zrinity:College 13,000 Bücher. Es gibt hier 
lſchaft der Wiſſenſchaften, einen betanifchen Garten, ein chemifches La: 
a, eine Sternwarte, eine Naturalien= und eine Kunflfammlung. Die 
t zählte 182% 4489 Studenten. Sie fendet 2 Deputirte ins Parla- 
omwell und Milton fludirten dafelbft, und in dem Garten des Chrift: 
ht noch ein großer Maulbeerbaum, den der unfterbliche Sänger des „Ver: 
aradieſes“ gepflanzt haben fol. Ex wird mit großer Sorgfalt gepflegt, 
bat den Stamm mit einem Überzuge von Blei bekleidet, um ihn vor 
ufje der Witterung zu ſchuͤtzen. 
mbribdge (Adolphus Frederik von England, Herzog von), Graf von 
, Baron von Culloden, Generaiftatthalter von Hanover, Kanzler der 
t don St. Andre und Felbmarfchall, ift geb. den 24. Febr. 1774. Fuͤr 
mbienft beſtimmt, trat er mit dem 16.3. als Faͤhnrich ein und bezog bald 
ke Univerfitde Göttingen. Nachdem er ſich einen Winter am Hofe 
Vilhelms IL aufgehalten hatte, reifte er nad) London zurüd, wohnte 
u Selbzuge in den Niederlanden bei und wurde in der Schlacht bei Hond⸗ 
‚Sept.) gefangen, aber ſogleich wieder befreit. 1794, nach erlangter 
keit, zum Öberften und Herzog von Cambridge ernannt, ward er in die 
mer berufen. Hier trat er, wenigftens dem Namen nach, auf die Seite 
Hition unter Fox, bis dieſe Partei, wegen ihrer revolutionnairen Geſinnun⸗ 
ke. Gicbente Aufl. Bd. II, 26 


402 Gambronne Cambyſes 


gen verdaͤchtig, ſich beinahe aufloͤſte. Er ſchloß ſich num an bie anl 
entgegengeſetzte Partei des Gremoille an, bis er 1803 ohne Armee zı 
gung von Hanover abgefandt.murde. Bald trat er aber den Oberbefi 
moden ab und kehrte nach England zurüd. Stets heftig gegen Bona 
ſchwankte er zwifchen den Parteien des Lord Sidmouth, Grenville uı 
fition, und wurde nad) der Wiedergemwinnung von Hanover zum Gene 
dieſes Königreich6 den 24. Det. 1816 erhoben. Die Stade Hanover ı 
durch feine koͤnigl. Hofhaltung und durch den Schuß, den er manchen ! 
mentlich der Schaufpiellunft angebeihen läßt, gegenwärtig ich viel. \ 
fi) den 7. Mai 1818 mit Augufte, der Tochter des Landgrafen Friedri 
Kaflel, die im Mär; 1819 ihm einen Sohn und 1822 eine Tochter ge‘ 
Cambronne (Pierre Jacques Etienne, Baron), General, ( 
der Ehrenlegion und Maredal:desCamp, geb. den 26. Dec. 1770 zu 
baftien nahe bei Nantes, flammt von einer wohlhabenden $amilie co 
einer guten Erziehung. Unter der Republik und unter Napoleon r 
Feldzuͤge mit, und wurde wegen feiner perfönlichen Tapferkeit im Deere 
daß ihn folches, wenn er es nicht abgelehnt hätte, nach Latour d'Auve 
zum erſten Grenadier von Frankreich ernennen wollte. Er war Chr 
garde und gerade zu Fontainebleau, als Napoleon abdankte und fid n 
Eiba begab. Diefer nahm ihn nun als Chef der Divifion von der 
mit, die ihn in fein Eril begleitete. Gambronne commanbdirte das 
mit welchem Napoleon 1815 am 1. März im Bolf von St.» Juan 
hatte die Auffoderungsadrefie an die franz. Armee unterzeichnet, zı 
Fahnen zuruͤckzukehren. Auf dem Sclachtfelde bei Wuterloo fiel 
Schwerverwundeten in britiihe Gefangen chaft. Bekannt ift feh 
Antwort auf den britifhen Capitulationsantrag: „La garde meurt, 
rend pas.” Cr mar einer der 19 Napoleoniſchen Generale, weldye naı 
Ordonnanz vom.24. Juli 1815 vor ein Kriegegericht geftellt werden 
ftelite fidy au der Kriegsgefangenſchaft vor diefem Bericht perföntich 
da er den Bourbons feinen Eıd der Treue geleiftet hatte, fowol vom n 
erften als zweiten Kriegsgericht freige'prochen. 
Sambyfe6(Kambyfes). 1) Cyrus des Großen und der Kaſſar 
ward nach feined Vaters Tode König der Perfer und Meder 530 v. 
nad) feiner Thronbefleigung machte er einen Angriff auf Agypten, ſchlu 
diefe® Lundes, Pfammenit,' eroberte die Haupeft. Memphis und unter: 
6 Monaten das ganze Land. Nunmehr wollte er eine flotte gegen ( 
fenden, Äthiopien erobern und fich des Tempels des Jupiter Amıon ! 
Die erfte diefer Unternehmungen kam gar nicht zu Stande, da die mi 
bemannte Kiotte ihm den Gehorfam verreigerte ; das gegen die Amm 
ſchickte Heer kam in den Sandwüften um, und das Deer, an deffen S 
gegen die Äthiopier aufgebrochen war, ward durch Hunger zum Rüd; 
gen. Segt übte er ſchonungslos die aͤußerſten Graufamteiten aus. 
feinem Eintritt in Memphis die Ägypter in der Feier eines Feſtes zı 
wiederaufgefundenen Apis begriffen fand, glaubte er, man freue ſich fei 
Er ließ den heiligen Stier ſich vorführen und erſtach ihn mit feinem 
Priefter aber lieh er mit Rutben peitfhen. Seinen Kummer zu verg 
ließ er fi) dem unmäßigften Genuffe des Weins. Kein Verhätmiß w 
Trunkenen heilig. Seinen Bruder Smerdis, über den ein Traum ihr 
hatte, ließ er umbringen ; feine Schwelter und Gemahlin Atoffa, die d 
Tod beweinte, tödtete er mit einem Fußtritt. Diefe und andre Han 
unfinnigften Wuth hatten die Gemuͤther von ihm entfernt. Ein Ma 
dies Mifvergnügen und bemädhtigte fid) unter dem Namen des Sm 


Camee Camera clara 403 


heimlicht hatte, des Throne. Cambyſes war entfchloffen, nad) Sufa 
a ihn zu beftrafen, dis er fich beim Auffteigen auf fein Pferb mit ſei⸗ 
nn bie Hüfte verwundete. Er ftarb an diefer Wunde bald darauf 522 
in Affyrien, ohne Kinder zu hinterlaffen. 2) Ein Perfer von nies 
t, der Großvater des Vorigen, den der König Aftyages feiner Tochter 
m Gemahl gab, um ber Erfüllung eines Traums, nad) welchem er 
Tochterfohn die Krone verlieren follte, vorzubeugen, indem er ſich mit 
ſchmeichelte, daß feine Enkel ſtets der ihrem Vater erzeigten Wohlthat 
n würden. Er entging aber dennoch feinem Schidfale nicht, denn 
Nandane Sohn, entthronte ihn. 
ꝛe, eigentlich ein erhaben gefchnittener Stein. Weit bei den Alten 
Onyre dazu genommen wurden, fo werden vornehmlich erhaben ges 
wre, dann audy alle erhaben gefchnittene, koſtbare Steine Cameen 
Sie wurden beſonders fchichtenförmig gefchnitten, fodag der Grund 
irbe als die erhaben gefchnittene Kigur erhielt. Cine der berühmtes 
u Paris befindliche Onprcamee unter dem Namen: „Apotheofe des 
Fuß hoch und 10 Zoll breit) auch durch die befondern Schidfale, 
Onyx gebabt-hat, merkwürdig. (Vgl. Steinfhneidetunft.) 
nen (oder Samönen) werden auch die Mufen genannt. Eigentlich 
gleichbedeutend mit Garmenta, einer prophetifchen Gottheit, welche die 
ium einwandernde Golonie unter Evander mit aus Arkadien brachte; 
ge fie feine Mutter nennt. Andre nennen zwei (carmentes), als in 
mheit und Zukunft blidiende, fiegende Schidfalsgöttinnen, welche 
zu Goͤttinnen der Geburt wurden. — Numa weihete den Camenen 
md Hain, und ebenbaher wurden fie mit den Mufen verroechfelt. 
'ntation, ein hernifches Verfahren, wodurch ein Metall (oft auch 
mit Subftanzen, welche darauf wirken follen, oft [hichtweife (stra- 
tratum) in verfchloffenen Gefäßen in Verbindung gefegt werden, da⸗ 
ſchiedenheit des beabfichtigten Zwecks in einer erhöheten Temperatur 
Beimifchungen getrennt oder verändert (oft auch orydirt) werde. Das 
ie Caͤmentirbuͤchſe (Schmelztiegel) ; die Subftanz, womit die Metalle 
örper umgeben werben, das Gäment oder Cämentpulver. So wird 
sem Gemenge von Ziegelmehl, Galcothar und Kochſalz, Eifen mit 
und andern Subflanzen cämentirt und dadurch in Stahl vertan: 
yagegen durch Cämentation mit Gyps in Reaumur'ſches Porzellan. 
eht durch Gämentation aus Eifen, da6 man in ſchwefelſaure Kupfer: 
it, durch Entziehung des Sauerfloffs und ber Säure ıc. 
era, Camerarius, f. Kammer. 
era clara (helle Kammer), ein vom Opticus Reinthaler erfunde: 
Inſtrument, welches den Mängeln der Camera obscura abhilft und 
bat, daß der abzubildende Gegenftand nicht von der Sonne beſchienen 
wancht. Alle Gegenſtaͤnde bilden fich darin mit großer Beſtimmtheit 
ab, und fie ift bei heHem und truͤbem Wetter, bei Sonnen : und Mond: 
portheilhaft zu gebraudhen. — Camera lucida ift die etwas 
Jenennung eines in England erfundenen Inſtruments, welches mit 
obscura (f. unten) nur infofern Ahnlichkeit hat, daß es die gegen: 
n Gegenftände ganz der Natur getreu und in fehr veriingtem Maß» 
I. Der Hauptbeflandtheil ift ein Prisma. Wenn der Befchauer 
nahdem es gehörig aufgeftellt ift, mit dem Auge nähert, fo erblickt er 
I davor befindlichen Gegenſtandes in größter Klarheit und vollkomme⸗ 
der Umtiffe auf dem untergelegten Papierbogen, und kann denfelben 
: Mühe darauf abzeichnen, während die Umflehenden nur feine Z:ich: 
26 * 


404 | Ä Cameralwiſſenſchaften 


nung auf dem Papiere entſtehen ſehen. — Camera obscura | 
Kammer) nennt man entweder ein ganz verfchloffenes Zimmer, in wek 
Licht nur durch eine Beine runde Öffnung fallen kann, ober einen nach ben 
der Lichtlehre eingerichteten Kaften, in welchem fich die äußern Gegenſtaͤ 
kleinert abbilden. ine foldye Camera obscura dient theils zur Unterf 
theils kann man fich ihrer auch zum Nachzeichnen von Landfchaften und G 
bedienen, wiewol dabei am Colorit, welches zwar treu, body) matter ifl, ei 
wird, was man an Schnelligkeit und Leichtigkeit geroinnt. liber die The 
ſes Inſtruments f. die Lehrb. der Phyſik und Optik und Brander's (eines 
Kuͤnſtlers) „Beſchr. einer ganz neuen Art von Camera obscura” (Augeb. 
Zufäge dazu, Ebend. 1775. | 
Cameralwiffenfhaften, von Camera, oder Kammer (f.b 
Drte, wo bie Finanzen eine® Landes vertvaltet wurden; auch führte das Cal 
welchen diefe Verwaltung oblag, diefen Namen; dabei wurde den Kanm 
gien aud) die Verwaltung ber Polizei, das Intendanturweſen bes Milit 
andre abminiffrative Gefchäfte des Staats aufgetragen. In Preußen 
dagegen diefe Collegien Kriegs: und Domainentammern genann 
Intendantur⸗, Einquartierungs= und Serviswefen und die Verwaltung | 
mainen als ihr Hauptgefchäft betrachtet wurde. Auch gehört die Regulis 
Steuerwefens, die Erhebung der Abgaben und deren Verrechnung zu ife 
ſchaͤfte. Die Kenntniffe, welche zur Verwaltung der Kammerämter gı 
nannte man die Cameralwiffenfhaften, und mer fich denfelben m 
einen Cameraliften. Da die Haupteinnahmen in ben meiften deutfcher 
ten aus den Domainengütern, deren Abminiftration oder Verpachtung : 
wurde, fo wurden diejenigen Kenntniffe, welche zu einer guten Benup 
Domainen gehörten, al& die Haupterfoderniffe eines guten Cameraliſta 
fehen. Zum Steuer: und Servisweſen wurden wiffenfchaftliche Kenntaf 
nicht für nöthig gehalten. Aber Ökonomie, d. i. Kunft, Pachtanfcyläge 
chen, den Ertrag der Guͤter gehörig zu taxiren, dazu fchien ein befonderes 
nöthig zu fein. Und diefer Umfland war auch wol die —— 
die preuß. Regenten zuerſt bewogen wurden, eine Profeſſur der Cam 
ſchaften auf ihren Univerſitaͤten einzurichten. Die erſten Profeſſoren 
ralwiſſenſchaften beſchaͤftigten ſich mit nichts als mit Vortraͤgen uͤber 
nomie, die Domainenanſchlaͤge — und uͤber die Polizei, wobei 
lich die polizeiliche Stadtverwaltung beachtet ward, kurz, mit dem, was 
einen hoͤhern Cameralbeamten noͤthig zu ſein ſchien. Indeſſen fand ſich 
Beduͤrfniß mannigfaltigerer Wiſſenſchaften fuͤr die Kammerbeamten ein. 
Beduͤrfniſſe des Staats immer größer wurden, fo mußte man auch au 
rung der Staatseinkünfte bedacht fein, und man warb bald inne, ba 
auf dem bisher betretenen Wege, durch bloße Erhöhung oder beliebige Be 
faltigung und Vermehrung der Abgaben, nicht bewirken laffe. Dan wu 
dag Einficht in die Natur des Nationalreichthums der verfchiedenen 
wendig fei, um zu erfennen, wo und wie viel man nehmen könne, um die 
woraus die Abgaben genommen werden follen, nicht gänzlich zu erfchäpfen 
ganzen Staat zu verderben. Man bemerkte, daß felbfl das Domaine» 
galienwefen einer höhern Kritik bedürfe, und es zu unterfuchen noth 
nicht diefe Quellen vielleicht auf andre Weife viel beffer benugt werden 
Man fahe ein, daß der beffern Einrichtung des Staats und infonderheit bag 
zen viele alte Statuten und Geſetze im Wege ftanden, und es trat das 
hervor: ob e6 nicht beffer fei, viele diefer Inftitutionen ganz abzuſchaffen 
Gefege einzuführen? Alle diefe Probleme aber erwarteten ihre prakt 
löfung von den adminiftrativen Staatsbeamten in den Provinzial: ober 








Camerarius (Joachim L) 405 


Aegien. Hierzu aber reichten bie bisher erworbenen cameraliſtiſchen 
nicht hin. Dkan begriff, daß, um fie zu loͤſen, im die ganze Natur und 
fen bes Staats und der bürgerlichen Geſellſchaft eingedrungen werben 
I man die Quellen bes Nationalreichthums genau erforfchen, die Wir⸗ 
re Arten von Abgaben ſich deutlich machen, und die Natur und die Fol⸗ 
Brgerlichen Inſtitutionen oder aller Geſetze ergründen müffe, um beſtim⸗ 
men, welche Inftitutionen, welche Gefege, welche Abgaben, welche Fi⸗ 
Itung fi) mit dem Zwecke des Staats am beften vertrage. Es erhellte, 
ame Sameralwiffenfchaften Beinen genau beftimmten Begriff gebe, daß 
ſchaften, die füt einen Kammerbeamten nöthig find, in jedem Lande und 
ovinz andre fein koͤnnen, und daß daher dieſes Wort ein fehr ungefchickter 
ei, um einen präcifen Begriff von einer beftinmten Wiffenfchaft zu ges 
wurde eingefehen, 2 diejmigen Wiffenfchaften, welche zur Beurthei⸗ 
Abminifttation eines Staats gehören, nicht durch den Begriff eines fo 
ten Dinges, als die Kammer ift, erkannt werben Binnen, fonbern daß es 
re Begriff des Staats iſt, aus welchem hervorgehen muß, mas zur Er⸗ 
nd zur Beurtheilung der Vollkommenheit deffelben nöthig ifl. So 

der Begriff der Staatswiffenfchaften aus und trat an die Stelle 
almwiffenfchaften, ein Name, ber wegen feiner Unbeftimmtheit in ber 
er Wiffenfchaften billig ganz eingehen follte. (S. Staats a ſſen⸗ 

5 


) . 
gerarius (Joachim L), geb. 1500 zu Bamberg, einer der größten 
und Polphiftoren Deutfchlands, derfoviel zu den Kortfchritten der Künfte 
haften im 16. Jahrh. beigetragen , theils durch die Ausgaben, Übers 
nd Commentare vieler griechifchen und lateinifchen Autoren, theild durch 
e, von benen die meilten lange claffifch geweſen und nody heut fehr ges 
‚ theils endlich dadurch, daß er dem Univerfitäten Leipzig und Tübingen 
tademifchen Gynmaſium zu Nürnberg eine neue Geftalt gab. Auch 
den politifchen und religioͤſen Angelegenheiten feiner Zeit großen Antheit, 
nit wichtigen Verhandlungen beauftragt. Der Umfang feiner Kennt- 
Beisheit und Mäfigung feiner Srundfäge, die Kraft feines Charakters, 
und uͤberzeugende Berebtfamkeit erwarben ihm die Achtung aller aus⸗ 
ı Derfonen, und befonders der Kaifer Karls V. Ferbinande I. und Mari: 
Sein alter Famitienname Liebhard wurde in Camerarius verwanbelt, 
Borfahren am Hofe Kammermeifter geweſen. Dreizehn Jahre alt, 
fein Tan nad) Leipzig, wo er unter Richard Crocus die griechifche 
adirte. Er vertrat in einem Alter von ſechszehn Jahren oft die Stelle 
ad, wenn diefer abweſend war. 1518 ging er nadı Erfurt, too er mit 
effus in Werbindung trat, und 1521 309 der Ruf Luther’s und Melanch⸗ 
dach Wittenberg. DMelanchthon ſchenkte ihm feine ganze Sreundfchaft. 
b war 24 3. alt, als er fein erſtes Merk, die Lateintfche Überf. einer 
emoſthenes, herausgab. Ein Fahr darauf erfchienen feine Bemerkun⸗ 
eTuſculanen des Cicero, wodurch ermit Erasmus in Briefwechſel kam. 
er des Krieges wegen Wittenberg, und bereifete Prehßen. Im folg. 
zu Mürnberg als Lehrer der griechiſchen und Iateinifchen Sprache ange: 
1530 von dem Senat zum Abgeordneten am Reichötage zu Augsburg 
Er nahm mit feinem Freunde Melanchthon großen Antheil an ben dor: 
thſchlagungen, in deren Folge Beide die unter dem Namen der Auge: 
Sonfeffion befannte Acte herausgaben. Bier Jahre nachher wählte ihn 
iger Senat zum Secretair, welches ehrenvolle Amt er jedoch ablehnte. 
5 Mirich von Wuͤrtemberg berief Ihn auf die Univerfität Tübingen, und 
Tametarius feine „Elemente der Rhetorik”. Einige Zeit darauf trugen 


Pd 


406 Camerarius (Joachim IL) Camillus 


ihm Heinrich und Moritz von Sachſen auf, die Univerſitaͤt kLeipzig neu zu 


firen. Er verfaßte, gemeinſchaftlich mit Safpar Börner, die Statuten bee] 
Lange ftand er ihr als Nector und Decan vor. 1559 ging er aufs neue a 
georbneter zum Reichsſstage nad Augsburg und von da mit Melandhtben 
Nürnberg, um hier über verſchiedene Religionsgegenflände zu verhandeln. 
folgenden Jahre begleitete er diefen Gelehrten auf den Reichstag zu Regen 
In der Folge gab er die für die Zeitgeſchichte fo wichtigen Briefe Melanch 
heraus, mit dem er 38 Jahre in Verbindung geſtanden hatte. Auch ſchrich 
Leben Melanchthon's, welches eine Geſchichte der Reformation in ſich M 
Gamerarius war 68 Jahre alt, ale Marimilian II. ihn nad) Wien einlud, ı 
über verichiedene kirchliche Angelegenheiten mit ihm zu berathen. Er 
reichen Sefchenten zurüd. In einem Alter von 74 J. befiel ihn eine 
dis vom Stein herzurühren fhien. Er wollte fich jedoch der Operation nid 
werfen, verbot auch die Section feines Körpers, und ftarb zu Leipzig 1974. 
feinen neun Kindern waren fünf Söhne, deren einer Jo ach im Mi. (S. d. 
Camerarius rear von Natur ernft und einfplbig, felbft gegen feine Kinder. 
Lüge war er über Alles feind, und duldete fie felbft im Scherze nicht. Seine 
ten belaufen ſich auf 150, meiftens Überfegungen aus dem Griechifchen 
nifhen. Auch hat man von ihm lateinifche und griechifche Gedichte und elf 
vertranter Briefe. y 
Camerarius (Joachim IL.), des Vorigen Sohn, geb. am 6. Now, 
zu Nürnberg, einer der gelebrteften Aerzte und arößten Botaniker feine 
Nachdem er zu Wittenberg, Leipzig und Breslau Medicin fiudirt hatte, 
er Stalien, hörte hier die beruͤhmteſten Profefforen und promovirte zu Ve 
Seit 1564 übte er feine Kunft mit großem Erfolg in Nürnberg aus. Er 








den Magiftrat, eine medicinifche Lehranſtalt zu ftiften, deren Decan er bie 


Tod war. Vor Allem lichte er die Botanik, über die er mehre große Werkel 
zugeben ſich vornahm. Er legte einen botanifhen Garten an und ſpartt 
Mühe noch Koften, um Materialien zu fammeln. So faufte er von Ka 
in Zürich die koſtbare botunifche Bibliothek und die Hand chriften Konrad € 
um 150 Butden. Es befand fih dabei eine Sammlung von 1500 in 
fhnittenen Pflanzen, welche Camerarius zum Theil für „Epitome utili 
tri Andreae Matthivli” u. f. w. benugte. ine kleine Zahl von Abbird 
er jedoch hinzugefügt, und zwar von feltenen Pflanzen, deren erfte Re 
ihm verdankt. Saͤmmtliche Abbildungen find als die volllommenften zu 
die in Holz ausgeführt worden. Camerarius fügte feinem Werke die 
überſetzung von „Calceolarius's Reiſe nach dem Berge Baido“ bei, deren 
Überfegung (von G. Handſch) unter dem Namen „Kräuterbuch” bekannt iſt 
feinen uͤbrigen Werken nennen wir: „Hortus medicus et philssophiew" 
Katalog der Pflanzen feines Gartens); „Symbolorum et emblematum‘ 
herbaria desumtorum Centuria una” (Nürnb. 1590); „Electa georgie 
Opuscula de re rustica” u. f. w. Cr farb zu Nürnberg 1598. — Rod a 
wir Jobann Rudolf Gamerarius und deffen Sotn, Elias Au 
ferner deffen beide Söhne, Elias und Rudolf Jakobd, und endiih u 
teen Sobn Alerander, welche jih fämmtlid um die Medicin, beſonder 
um die Botanik, bedeutende Verdienfte erworben haben. 

Camillus (Marcus Furius). Diefer roͤmiſche Held ward 401 v 
zum Volketribun erwaͤhlt und nahm Theil an ber Belagerung von Beil. 
Jahre fpäter ward er mit derfelben Würde bekleidet, und zog wider d 
lisker. Nachdem er Cenſor geworden, trug er auf ein Gefeg an, das bi 
verheiratheten Männern auferlegte, die Witwen der im Kriege Gebllebenen 
rathen. Mac der Niederlage der Kriegstribunen L. Atilius und En. Ge 









j Camillus 407 


ei durch Die Tuſter warb Camillus Dictator. Er ſchlug die Falisker, 
ter und Tuſker, ruͤckte vor Veit, in das er fich einen unterirdifchen Weg 
‚ und bemeifterte ſich 396 vor Chr. eines Platzes, der zehn Jahre lang ber 
en Macht getropt hatte. Das Volk murrte, als man Samillus, auf einem 
a Bogen mit vier weißen Roflen und das Geficht gefchminkt, im Triumph 
a fah; denn das Eine wie das Andre gebührte nur ben Göttern. Aber aufs 
Rieg die Unzufriedenheit der Bürger, als der Dictator den zehnten Theil 
te von ihnen zurüdfoberte, um ein dem Apollo für den zu verleihenden 
thaned Geluͤbde zu bezahlen. Nach langem Steeite kam man überein, dem 
ne goldene Schale zu weihen, wozu die römifchen Frauen all ihr Gefchmeibe 
ffentlichen Schag liefern mußten. Nicht lange danach warb Camillus zum 
abun ernannt. Er belagerte Falerii, deſſen Einwohner ſich aufs Außerfte 
sten. Ein Schulmeifter überlieferte die Kinder der vornehmften Falisker 
millus, der aber den Verrächer mit gebumdenen Händen unter Ruthenſtrei⸗ 
aden Knaben zurücdführen ließ. Diefe Großmuth bewog die Belagerten, 
zu ergeben. Der Senat erlaubte dem Camillus, das Schickſal ber Bes 
we beftimmen, und diefer begnügte ſich damit, daß fie feinen Soldaten den 
Bin Sold bezahlten, vermehrte aber nur dadurch die Zahl feiner Feinde. 
kher hatte fid) Camillus dem Vorſchlage, mit der Hälfte der Bürger Roms 
shevölkern, widerfeßt; er that es auch jest, als diefer Vorfchlag erneuert 
Einige Zeit mit der Würde eines Interrer bekleidet, hatte er mit allen Ver: 
wa des Haffes zu kämpfen. Der Volkötribun Lucius Apuleius Elagte ihn 
m Theil der Beute unterſchlagen zu haben. Camillus, der feine Verurtheis 
kıusfah, verbannte fich freiwillig, obgleich feine Freunde ſich erboten, die 
vfoderte Summe zu bezahlen. Minder hochgefinnt als Ariftides im glei- 
I, fol Camillus die Götter gebeten haben, bald fein undankbares Vater» 
Reue zu nöchigen. Diefer Wunſch ward erhört. Brennus (f. d.) hatte 
ms mit Ausnahme des Gapitold bemaͤchtigt. Camillus, der in Ardea 
‚ bewog die Einwohner der Stadt zum Widerſtande und ſchlug bie ſorg⸗ 
yerten Gallier. Die nady Beji geflüichteten Römer foderten ihn auf, ſich 
Bpige zu flellen; aber Camillus erkiärte fi) nur auf den Fall bereit dazu, 
8 auf dem Capitol noch vorhandene römifche Volk ihm den Oberbefehl über: 
Pontius Cominius, ein junger Plebejer, hatte den Muth und das Gluͤck, 
haft auszuführen. Gamillus, einmüthig zum Dictator ernannt, ſah 
an der Spise eines Heers von ‘40,000 M., mit dem er zum Entſatz 
tols herbeieilte, das eben den Frieden erfaufen wollte. Da rief er: „Mit 
dicht mit Gold kauft fich Rom los!" Es kam zum Treffen; die gefchlages 
Hier verließen in der Nacht ihre Lager. Camillus holte fie am folgenden 
a umb trug den vollftändigften Sieg davon. Triumphirend zog Camil⸗ 
m dem Zujauchzen des Volks und des Heers, die ihn mit den Namen 
w, Water des Vaterlandes und zweiter Gründer der Stadt begrüßten, in 
L Aber die Stadt war in einen Schutthaufen verwandelt, und bie Tri⸗ 
menerten ben Vorſchlag, nad) Veji auszumandern, indem fie zugleich dem 
Beforgniffe über des Camillus Macht zu erregen fuchten. Der Senat ver: 
boch ihre Abfichten und Camillus behielt die Dictatur. Rom ward wieder 
ut. Jetzt verbanden ſich die Aquer, Volsker, Etrusfer und ſelbſt die La⸗ 
gen Rom. Camillus, zum dritten Mat Dictator, bewaffnete Alles, kam 
den Seinden eingefchloffenen Kriegstribunen zu Hülfe, ſteckte das feindliche 
ı Brand und gab die Beute feinen Soldaten preis. Darauf nahm er 
ie Hauptſtadt der Aquer, ein, unterwarf die Volker und zwang die Tu⸗ 
Ruͤckzuge. Cr triumphirte fodann zum dritten Mal, erflattete aus ber 
a Römerinnen, was fie früher zur Erfüllung feines Gelübdes bargebracht 


- 


408 Gamifarden * Camoens 


hatten, und trat in ben Privatſtand zuruͤck. Als aber bald barauf bi 
von Anttum Rom angriffen, ward er zum Kriegstribun ernannt, erf 
nen Collegen den Öberbefehl, und nahm firenge Rache an den Fein 
Ruhm reizte die Eiferfucht des Manlius; der Senat, dadurch beunrul 
Eamillus nochmals zum Kriegstribun. Manlius unterlag, aber dai 
anfangs bei feiner Hinrichtung geiauchzt hatte, fühlte bat Reue. D 
die Pränefliner, Bundesgenoffen ber Volsker, anzugreifen; Gamillu 
geachtet feines hohen Alters den Dberbefehl übernehmen. Es fchie 
thunlich, eine Schlacht zu wagen; ba aber 2. Furius, fein College, 
auf den Feind loszugehen, ließ er diefen eine Schlacht liefern und bef 
‚auf die Führung eines Ruͤckhalts. Geine Erfcheinung rettete den ba 
Furius; am folgenden Tage erfocht er, von dieſem ruͤhmlich unter! 
volftändigen Sieg. Die Bewohner von Tuſculum, gegen bie er fof 
unterwarfen fich ohne Widerftand und erlangten Rome verfcherzte ! 
wieder. Zum vierten Male warb Camillus zum Dictator ernannt, 
den Volkstribunen Licinius und Sertius angeflifteten Unruhen Befoi 
ten; er entfagte jeboch bald einer Würde, bie er diesmal gegen Rom 
gegen ihre Zeinde anwenden follte. Er war bereits 8O Jahre alt, 
ſcheinung eines neuen galliſchen Herd Rom in Schrecken feßte. € 
nochmals bie Dictatur, uͤberfiel die Gallier, zerſtreute fie gänzlich, 
die Ehre des Triumphe. Da neue Unruhen ausgebrochen waren 
millus feine Würde nicht eher nieder, bis die Gaͤhrung geſtillt war. 
er neben dem Capitol der Eintracht einen Tempel erbauen, trat von 
hen Schauplage ab, und ſtarb bald nachher, 365 vor Chr., von Ro 
an ber Peft. 

Camiſarden, diejenigen Neformirten in Frankreich (in der 
die fich zu Anfange des 18. Jahrh. dem gemaltthätigen Verfahren de 
fehlshaber wiberfegten. Die Steuereinnehmer wurden von den Mi 
welche, um unerkannt zu bleiben, im bloßen Hemde erfchienen — baf 
—, bei Nacht überfallen, aus den Betten geholt und mit den Steuer 
Hals aufgehentt. Die Regierung fandte Truppen, um diefe Gewa 
zu beftrafen; aber ein gewiſſer Sean Cavalier, ein Bauer, den eine‘ 
als den Befreier Iſraels bezeichnet hatte, trat an die Spike der Can 
wußte theild durch fein unbegrenztes Anfehen bei feinen Anhängern 
feine Talente und feinen Muth den Mafregeln alter erfahrener Gener 
zu begegnen, daß man den Weg der Unterhanblung vorzog. Di 
Villars ſchloß einen Vergleich mit Cavalier , worin die Foberungen 
im Ganzen zugeftanden wurden, und vermöge deſſen Cavalier felbft 
in koͤnigl. Dienfte trat. Spätere Kränkungen bewogen ihn jedoch, | 
verlaffen. Er ging nach England, wo bie Königin Anna ihn anftellt 
der ihn in London Eennen lernte, gibt ihm die rühmlichften Zeugnif 
ſtarb als General und Gouverneur der Inſel Jerſey. 

Camoens (Luis de), der berühmtefte Dichter der Portu— 
von den großen Männern, deren Verdienſte erſt der Nachwelt einleut 
tenb ihr Zeitalter fie verhungern ließ. Ex war zu Kiffabon wahrſch 
geb., denn aus einem Verzeichniß der 1550 nad) Oſtindien fchiffen 
erhellt, daß Camoens, damals 25'%. alt, fich zu dem Feldzuge me 
Vater Simon Vaz de Camoens war Sciffscapitain und fam burd 
an der Küfte von Goa 1556 um. Camoens ſtudirte zu Colmbra. In 
ſchaͤzte man nur die Nachahmung der Alten. Camoens war von! 
feines Landes, von den Sitten feiner Zeit begeiftert; feine Iyrifchen 
hören, wie die Werke des Dante, Petrarca, Ariofto und Taſſo, der ı 


Camoend 409 


ethums gebilbeten Literatur an. Nach Beendigung feiner Studien 
4 Liffabon zuruͤck; eine Palaftdame, Katharina v. Attayde, flößte ihm 
e Liebe en. Oft find heftige Keidenfchaften mit großen Naturgaben 
Samoens war mit beiben ausgeſtattet. Er warb nady Santarem ver» 
5 feine Liebe für Katharina ihn in Streitigkeiten verroidelte. Aus Vers 
warb er Soldat und biente auf der Flotte, welche die Portugiefen gegen 
nssfandten. Ex bichtete in der Mitte bee Schlacht, und wie bie Gefahr 
nius entflammte, entflammte fein Genius wieder feinen Muth. Ein 
te ihm das rechte Auge vor Geuta. Er hoffte, man werde wenigſtens 
ıden vergelten, wenn man auch fein Zalent verkenne; aber ben doppelten 
1, die er hatte, flellte fich der Neid entgegen. Voll Unwillen ſich vers 
hen, chiffte er fi) 1550 nad) Indien ein. Er erreichte Goa, feine Eins 
ft ward erregt durch die Helbenthaten feiner Landsleute in biefem 
id, obgleich er ſich über fie zu beklagen hatte, widerſtand er boch 
Antriebe, ihren Ruhm In einem Epos zu verherrlichen. Aber dieſe Lebs 
ve Geiſtes, die den Dichter macht, iſt ſchwer vereinbar mit der Maͤßi⸗ 
eine abhängige Lage erfodert. Camoens mar entrüftet durch die Miß⸗ 
e Regierung in Indien, und ſchrieb eine Satyre, welche ihm die Vers 
ıh Macao zuzog. Hier lebte er mehre Jahre in keiner andern Geſell⸗ 
der mit allen Reizen des Oriens im Überſchwange ausgeftatteten Nas 
chtete feine „Lufiade”. Vasco da Gama's Unternehmung nad) Indien, 
eit diefer noch nie zuvor verſuchten Seefahrt ift ihr Gegenftand ; am bes 

find aus derfelben die Epifode der Ines de Caſtro und die Erfcheis 
naſtor's, der, kraft feiner Herrſchaft über die Stürme, Gama’s Reife 
will, als er im Begriff ift, das Gap zu umfciffen. Im damaligen 
ack verband in feinem Gedicht der „Lufiade” Camoens die Erzählungen 
‚ Sefchichte mit dem Slanze der Dichtkunſt und das Chriſtenthum mit 
ı der Mythologie. Er gefiel fich, den Urſprung der Portugiefen von 
m abzuleiten, für deren Stammältern und Schuggötter Mars und 
ten. Da die Kabel dem Bacchus die erfte Eroberung Indiens zufchreibt, 
uͤrlich, diefen als eiferflüchtig auf die Unternehmung der Portugiefen dar⸗ 
Hat indeß diefe Nachahmung der Werke des claffifhen Alterthums 
zeheil hervorgebracht, fo befteht er vielleicht darin, dag der Originalität 
de Abbruch gefhah, die man in einem Werke zu ſuchen berechtigt iſt, 
3 Indien und Afrita von einem Augenzeugen befchrieben werden. Die 
on der „Luſiade“ hat etwas fo Meizendes und Prachtvolles, daß 
der Bebildete, fondern auch das Volk von dem Zauber derfelben entzuͤckt 
te herrlichen Stanzen auswendig lernt und fingt. Das allgemeine In⸗ 
Gedichts befteht vorzüglich in dem patriotifchen Gefühle, von welchem 
ungen if. Der Nationaleuhm der Portugiefen erfcheint hier in allen 
peicye die Erfindung ihm leihen kann; und fo mußten es natuͤrlich Ca⸗ 
ndfeute noch mehr betvundern als Ausländer. Einige Kritiker fprechen 
de’ ein kraͤftigeres und reineres hiftorifche8 Colorit, als Taſſo's „Befrei⸗ 
alem” zu. C. ward endlidy aus feiner Verbannung zurüdgerufen; an 
ung bes Fluſſes Macon in Cochinchina litt ee Schiffbruch und rettete 
nmend,, in der einen Hand die Rolle feines Gedichts Über den Fluten 
md, den einzigen Schag , den er den Wellen entriß, und ber ihm theurer 
in Leben. In Goa hatte er neue Verfolgungen zu erbulden, er ward 
‚ulden ins Befängniß gefebt, und nur auf die Bürgfchaft einiger Freunde 
qch 1569 einfchiffen, um nad) Liſſabon zurüdzutehren. König Sebaftian, 
Kindheit entwachſen, gewann Gamoens lieb. Er nahm die Zueignung 
chen Gedichte (1572 erfchlenen) wohl auf, und gerüftet zu feinem Zuge 


410 . Gampagna di Roma 


gegen die Mauren in Afrika, fühlte er tiefer als ein Andrer das Genie bei 
iers, der, wieer, die Gefahren liebte, wenn fie zum Ruhme führm; ab 
Eönnte fagen, daß das Mißgeſchick, welches Camoens verfolgte, ſelbſt ſein 
land umſtuͤrzte, um ihn unter deſſen Truͤmmern zu vernichten. Sebaſtl 
1578 in der Schlacht von Alcacar. Mit ihm erlofch der koͤnigliche Stama 
Portugal verlor feine Unabhängigkeit. Alle Huͤlfsquellen, wie ale Hoffi 
waren damit für Camoens verloren. So groß war feine Armuth, daß Na 
Sklave, den er aus Indien mit fi) genommen, in den Straßen bettelte, da 
feines Herrn zu friften. In diefem Elend verfertigte ex noch Iprifche & 
weiche zum Theil die rührendften Klagen enthalten. So fchöpfte fein Gel 
Begeifterung aus Leiden, vor denen fonft der Sarbenglanz der Poefie zu ſch 
pflegt! Endlich ſtarb diefer Heros der portugiefifhen Literatur, die Zierd 
Vaterlandes und Europas, 62 Jahre alt, 1579 zu Liffabon im Hoſpit 
Sabre nachher prangte zu feinem Andenken ein praͤchtiges Denkmal. X 
züglichlte Ausg. der „Lufiade‘‘: „Os Lusiadas ete.“, gab Joſé Maria dei 
Botelho (Paris 1807 bei Didot, kl. Fol.) heraus. Die befte franz. Üb 
Anm. ift „Les Lusindes, ou les Portugais etc.” von J. B. F. Milie 
1825, 2 Bde.). Camoens’s Werke beftehen außer der „Lufiade‘ in & 
Ganzonen, Seftinen, Oden, Elegien, Eklogen, Stanzen, Rebondillen, & 
men, Satyren, Briefen u. 2 Komödien („Amphiteuo” nach Plautus und di 
bes Philodem'). (Vol. Portug. Sprache u. Literatur.) Eine Bis 
bes Camoens finder man in den „Dallefhen Biogr.“ (8. Bd., 3. St.); ſeh 
bar aber find John Adamſon's „Memoirs of the life and writings el 
Camoens (tond. 1820, 2 Zhle.), wovon ber 2. Bd. eine Kritik feiner We 
haͤlt. ©. auch d. Art. d. Fr. v. Stasi über ihn in d. „Biogr. univers.' (6. 

Campagna di Roma, ein Landftrid) Italiens, der den größte 
des alten Latiums umfaßt; jegt ein Theil des Kirchenſtaats, ungefähr 15 | 
Meilen breit und 50 lang. Gewoͤhnlich verfteht man darunter die wuͤſte 
welche bei Ronciglione, oder ſchon bei Viterbo anfängt, und ſich mit Inbei 
Pontinifhen Sümpfe (f. d.) bie Terracina erftredit, in deren Mit 
halb verödet die alte Hauptftadt der Welt liegt. Der Boden diefer Ge 
faft durchaus vulkaniſch, hat aber wenig Erhöhungen. Die Seen der Car 
find offenbar ehemals Krater feuerfpeiender Berge gerwefen. So liegt d 
Regillus (oberhalb Frascati) in der Tiefe eines umgekehrten Kegels harter’ 
zer Lava, welcher 40 bis 60 Fuß body ift und nackte milde Felſen bildet 
Krater von Albano und Nemi, welche 4— 500 F. höher ale der Regillut 
haben eine ſehr regelmäßige Kegelform, und find fo body, dag man eis 
Stunde braudt, um von den Seen bis an den Rand des Kegels zu ge 
Hoͤchſt merkwürdig ift der Albanerſee überdies durch feinen Ableitungskan 
Emiffar, eins der aͤlteſten und trefflichſten Römerwerke, weiches dem We 
Sees einen Abfluß jenfeit der Berge verſchafft. Während der WBelageru 
Veit war der See fo hoch angeſchwollen, daß er fein hohes Ufer zu überftei 
fogar Mom zu uͤberſchwemmen drohte. Auf den Ausſpruch des delphiſch 
kels, day die Eroberung Vejis nicht eher möglich fei, bie man dem See ein 
tung gegeben ; wurde 393 v. Chr. binnen Jahresfriſt der Canal, deffen Lär 
eine halbe Stunde beträgt, durch die vulkaniſchen Kelfen gehauen, und « 
Weile das Waller in die Etene tem Meere zugeleitet. Noch heute erf 
Merk feine Beftimmung. Auch Schwefelquellen kommen häufig vor, bı 
zwiſchen Nom und Zivoli, wo das Waſſer faſt ſiedendheiß aus der Erde qu 
den See der So:fatara bildet. Allee, was hineingeräth, mirb bald von ei 
artigen Muffe überzogen und zu Kärpern verdichtet, die auf dem Waſſer 
und ber bewegen, ja oͤfters Menichen tragen und ſchwimmende Infeln | 


Campagna Di Roma 411 


er aus biefen Eee entfpringende Heine Fluß (die Albula ber Alten) ber 
e Eigenſchaft, und ftöße Rauch und Schwefeldämpfe aus, bis er in den 
Anio) fäne. Mon den Alten wurde fein Wafler als vorzüglich keils 
hägt; neben dern See ftanden die Thermen des M. Agrippa, deren 
och vorhanden find. Der Boden der Campagna ift im Allgemeinen 
er in feinen Niederungen hoͤchſt fruchtbar, doch wird aller Anbau fehe 
ist. Nur bei Monteroſi ftehen nody immergrüne Eichen in Menge; 
is an bie albaner Berge fieht man fehr felten eirten Baum. Alte Bes 
der Franzoſen, durch Anpflanzungen von Bäumen die ungefunde Luft 
jegenden zu verbeffern, find gefcheitert. (3. F. Koreff „De regionibus 
ire pernieioso contaminatis”, Berlin 1817.) Dörfer und Flecken 
der Cımpagna nicht; bier und da trifft man einzelne Hütten, an die 
irgend eines alten Thurmes oder Tempels gelehnt, und aus den Bruch: 
er alten Gebaͤude zu'ammengeftoppelt, die man dort Cafali nennt. In 
des Sommers, wenn bößartiae Fieber Die Campagna fo gefährlich ma: 
Yie unaluͤcklichen Landleute genoͤthiat, in die benachbarten Stättchen ober . 
zu flüchten, wo fie unter den Saͤulenhallen der Kirchen und Palaͤſte 
ager fuchen. Werweilen fie zu lange im Felde, fo unterliegen fie den 
md die arofe Menge von Kranken, welche während der Monate Jul., 
Seyt. die roͤmiſchen Spitäier anfuͤllt, beftcht meiftene aus Landbewoh⸗ 
ie den Caſali zeigen ſich in der Sampagna nech unzählige Ruinen von 
Rennbahnen, Grabmälern (vorzlialih auf der Via Appta) und bie 
hen zerſtoͤrter oder noch erhaltener Waſſerleitungen, von Epheu und ans 
Judy malrrifh umranft. Im Winter meiden Schafheerden in die'en 
während des Sommers, wenn Tıodenhrit des Bodens und die Gefahr 
; drokt, werden fie auf die Apenninen getrieben; haib wilde Rinder⸗ 
iben das ganze Jahr hindurch in der Campayna. Die Hirten derfelben 
: auch batd ein Raub des Todes, oder verfallen in ein Siehthum, wel⸗ 
ig ihrem elenden eben ein Ende madıt. Sie ftammen meftens aus 
e, und verdingen ſi h für geringen Kohn an die Eigenthuͤmer der Heerde, 
fie ein Nomadenteben führen. Dir eigentliche Vichzucht iſt voͤll'g vers 

Bonft.tten ſah zu Torre Paterno, kaum vier Meilen von Rom, eine 
ı einigen Dundert Kühen, deren Beſitzer es nicht der Mühe werth hielt, 
m, obſchon die Mitch in Rom fo theucr als in andern großen Staͤdten 
yage sur la scene des six derniers livres de l’Eneide”, Grnf 
as Auschen der Hirten laͤßt den flaunenden Wanderer cher an bie 
r Tatarei als an die Nihe Rome denken. Es begegnet oft genug, 
Schäfer, ganz in $elle gekleidet, mit blutigen Händen aus einer der uns 
oͤhlen treten fieht, worin fie eben ein Lamm geſchlachtet haben. Die 
n find beritten und mit großen ganzen bewaffnet, womit fie ihre Heerde 
ke im Zaume zu halten voiffen. Nicht unaͤhnlich den Ko aden, ficht man 
ı Rom erieinen, wo Alles aͤngſtlich von den Strasen weicht, Tobald 
von Rindern oder gar Büffeln durchgetrieben wird. Kaum der neunte 
Sampagna iſt angebaut; alles Übrige dient zur Weide. Und eben diefe 
Iüftenei gewährte zu den Zeiten der alten Römer ein lachendes Bild der 
ıcht und Fruchtbarkeit. Saatfelder, Haine, Landbaͤuſer, Dentmä:er 
reljend mit einander ab, und nach den Verfiherunaen eines Stiabo, 
Dinius herrſchte hier die gefundefte Luft, einige fumpfige Landftriche an 
ı ausgenommen. Woher nun diefe unfelige immer weiter greifende 
des Klimas? Ste enıftand bereits im 6. Jahrh., angeblich nach gro» 
noenmungen der Tiber. Allein noch jet finden diefe zumeilen flatt, 
ibef zu vermehren ; dagegen ift in der heißen und trodenen Jahreszeit 


5 
eo: 


“0. Gampagna di Roma 


gegen bie Mauren in Afrika, fühlte er tiefer als ein Anderer das & 


ur: 


ters, der, wieer, die Gefahren liebte, wenn fie zum Ruhme führ 
Eönnte fogen, daß das Mißgeſchick, weiches Camoens verfolgte, fe 


land umflärste, um ihn unter deſſen Trümmern zu vernichten. 


1578 in der Gchlacht von Alcagar. Mit ihm erlofch ber —— 
Portugal verlor feine Unabhaͤngigkeit. Alle Hülfsquellen, wie al 


‚waren damit für Camoens verloren. So groß war feine Armuth, dd 


Sklave, den er aus Indien mit ſich genommen, in den Straßen bett 
ſeines Herrn zu friſten. In biefem Elend verfertigte er noch lyr 
weiche zum Theil die ruͤhrendſten Klagen enthalten. So ſchoͤpfte fi 

Begeiſterung aus Leiden, vor denen ſonſt der Farbenglanz der Dorf 

pflegt! Endlich ſtarb dieſer Heros der portugieſiſchen Literatur, bi 

Vaterlandes und Europas, 62 Jahre alt, 1579 zu Liſſabon im 
Jahre nachher prangte zu feinem Andenken ein prächtiges Denkn 
züglichfte Ausg. der —2* : „Os Luaindas ete.“, gab $ofe M: 
Botelho (Paris 1807 bei Didot, M. Fol.) heraus. Die befte frı 


Anm. iſt „Les'Lusindes, ou les Portugais etc.” von 3.8.5. ! 


1825, 2 Bde). Camoens's Werke beftchen außer der „Bufiade‘ 
Canyon, Seftinen, Oben, Elegien, Eklogen, Stanzen, Redondil 
men, Satyren, Briefen u. 2 Komödien („Amphitruo” nach Plautus 
des Phitodem”). (Bol. Portug. Sprache u. Literatur.) E 


‚bes Camorns findet man in den „Halleſchen Blogr.“ (8. Bd., 3. Sı 


bar aber find John Adamſon's „Memoirs of the life and writi 
Camoens (Lond. 1820, 2 Thle.), wovon ber 2. Bd. eine Kritik feii 
hält." ©. auch d. Art.d. Fr. v. Stasi über ihn m d. „Biogr. univer 

Gampagna di Roma, ein Landſtrich Stalins, der den 


des alten Latiums umfaßt; jept ein Theil des Kirchenſtaats, ungefä 


Meiten breit und 50.lang. Gewoͤhnlich verſteht man darunter di 
welche bei Ronciglione, oder ſchon bei Witerbo anfängt, und fid) mi 
Pontiniſchen Sümpfe (f. d.) bis Terracina erſtreckt, in der 
halb versdet bie alte Hauptflabt der Welt liegt. Der Boden bie 
foft durchaus vulkaniſch, hat aber wenig Erhoͤhungen. Die Seen 
ſind offenbar ehemals Krater feuerſpeiender Berge geweſen. So 


Regillus (oberhalb Frascati) in der Tiefe eines umgekehrten Kegels 


zer Lava, welcher 40 bis 60 Fuß hoch iſt und nackte wilde Felſe 


. Krater von Albano und Nemi, welche — 500 $. höher als der 9 


haben eine fehr regelmäßige Kegelform, und find fo hoch, daß r 


rg braucht, um von den Seen bis an den Rand des Kegeli 


ft merkwuͤrdig ift der Albanerfee uͤberdies durch feinen Ableitı 
iffar, eins der aͤlteſten und trefflichfien Roͤmerwerke, welches d 
Sees einen Abfluß jenfeit der Berge verfhafft. ‚Während ber B 
Veit war der See fo hoch angeſchwollen, daß er fein hohes Ufer zu Ü 


ſogar Rom zu uͤberſchwemmen drohte. Auf den Ausſpruch des be 


kels, daß die Eroberung Vejis nicht eher möglich fei, bie man dem € 
tung gegeben ‚ wurde 393 v. Chr. binnen Jahresfriſt der Canal, def 
eine Halbe Stunde beträgt, durch die vulkaniſchen Felſen gehauen, 

e das Waſſer in die Ebene dem Meere zugeleitet. Noch bei 
Lit ‘eine Beſtimmung. Auch Schwefelquellen kommen häufig 
jwilh.n Rom und Tivoli, wo das Waſſer faft ſiedendheiß aus ber € 
ben See der Soifatara bildet, Alles, was hineingeräth, wird bald 
artigen Maſſe überzogen und zu Kaͤrpern verdichtet, die auf dem | 
und ber benegen, ja oͤfters Menſchen tragen und ſchwimmende 


Campagna di Roma 41 


Yer aus dieſem See entſpringende Heine Fluß (die Albula der Alten) bes 
e Eigenſchaft, und ſtoͤßt Rauch und Schwefeldämpfe aus, bls er in den 
Anto) faͤllt. Won den Alten wurde fein Waſſer als vorzüglich keils 
Hägt; neben dem See flanden die Thermen des DM. Agrippa, deren 
och vorhanden find. Der Boden der Campagna ift im Allgemeinen 
er in feinen Niederungen hoͤchſt fruchtbar, doch wird aller Anbau fehr 
igt. Nur bei Monteroſi ftehen noch immergrüne Eichen in Menge; 
is an die albaner Berge fieht man fehr felten einen Baum. Alle Bes 
der Franzoſen, durch Anpflanzungen von Bäumen die ungefunde Luft 
egenden zu verbeflern, find gefcheitert. (3. 5. Korff „De regionibus 
ire pernieioso contaminatis”, Berlin 1817.) Dörfer und Flecken 
der Cumpagna nicht; bier und da trifft man einzelne Hütten, an bie 
irgend eines alten Thurmes oder Tempels gelehnt, und aus den Bruch⸗ 
ee alten Gebäude zufammengeftoppelt, die man dort Gafalinennt. Im 
des Sommers, wenn bösartige Fieber die Campagna fo gefährlich mas 
die unaluͤcklichen Landleute genoͤthigt, in die benachbarten Städtchen ober . 
zu flüchten, wo fie unter den Saͤulenhallen der Kirchen und Palaͤſte 
ager ſuchen. Nerweilen fie zu lange im Felde, fo unterliegen fie den 
nd die große Menge von Kranken, welche während ber Monate Jul., 
Seyt die roͤmiſchen Spitaͤler anfülit, befteht meiftens aus Landbewoh⸗ 
ie den Caſali zeigen fich in der Campagna nech unzählige Ruinen von 
Rennbahnen, Grabmälern (vorzlulich auf der Dia Appta) und die 
hen zerſtoͤrter oder noch erhaltener Wafferleitungen, von Epheu und ans 
such maleriſch umrankt. Im Winter weiden Schafheerden in dieſen 
während des Sommers, wenn Tıodenhrit des Bodens und die Gefahr 
} droht, werden fie auf die Apenninen aetrieben; hatb wilde Rinders 
iben das ganze Fahr hindurch in der Sampayna. Die Hirten berfelben 
auch bald ein Raub des Todes, oder verfallen in ein Siechthum, wels 
ig ihrem elenden eben ein Ende madıt. Sie ftammen meftens aus 
je, und verdingen fih für geringen Lohn an die Eigenthlimer der Heerde, 
fte ein Nomadenteben führen. Dir eigentliche Vichzucht ift völl’g vers 
Bonſt. tten ſah au Torre Paterno , kaum vier Meilen von Rom, eine 
ı einigen Dundert Kühen, deren Beſitzer es nicht der Mühe werth hielt, 
m, obſchon die Mitch in Rom fo theuer als in andern großen Stidten 
yage sur la scene des six derniers livres de l’Eneide”, Grnf 
)a8 Auschen der Hirten 1dft den ftaunenden Wanderer cher an die 
re Tatarei als an die Mihe Roms denken. Es begegnet oft genug, 
Schäfer, aanz in Felle aefleidet, mit blutigen Händen aus einer der uns 
öhlen treten fieht, worin fie eben ein Lamm geſchlachtet haben. Die 
n find beritten und mit großen Ranıen bewaffnet, womit fie ihre Heerde 
ft im Zaume zu halten wiffen. Nicht unähnlidy den Ko ’aden, fieht man 
ı Rom erfheinen, wo Alles aͤngſtlich von den Straien weicht, Tobald 
von Rindern oder gar Büffeln durchgetrieben wird. Kaum der neunte 
Sampagna ift angebaut; alles Übrige dient zur Weide. Und eben diefe 
Züftenei gewaͤbrte zu den Zeiten der alten Römer ein lachendes Bild der 
icht und Fruchtbarkeit. Saatfelder, Haine, Ranthäufer, Dentmä.e 
teisend mit einander ab, und nach den Verfiherunaen eines Stiabo, 
Puinius herrſchte hier die gefundefte Luft, einige fumpfige Landſtriche an 
ı ausgenommen. Woher nun diefe unfelige immer weiter greifende 
des Klimas? Sie enıftand bereits im 6. Jahrh., angeblich nad) gros 
noemmungen der Tiber. Allein noch jetzt finden diefe zumeilen flatt, 
ibel zu vermehren ; dagegen ift in der heißen und trodenen Juhreszeit 


41% Campan Gampanella 


die ungefunbe Luft, jene in Italien fo berüichtigte Aria cattiva, am furchtba 
Wahrfcheinticher ift es, daß fie durch die Werheerungen, weiche Mom und fl 
biet in den Zeiten ber Völkerwanderung heimfuchten und entvoͤlkerten, 
bie Heinen Etgenthumsftellen in große verwanbelten, begründet wurbe. 
bau gerieth in Verfall, weil es an Menfchen fehlte; außgetretenes WWaffek 
ſtockend und erzeugte Suͤmpfe, weil man ihm keinen Abfluß verſchaffte 
Jahrhunderten in ihrem feinbfeligen Wirken nicht unterbrochen, ſcheint die 
durch eine langſame, aber unaufhaltfame Zerftörung des Menſchen mb 
Werke in dem begimfligeften Lande ber Welt für alle Vernachlaͤſſigung ſich 
zu wollen. Daher find ſelbſt die Eräftigften Maßregeln, den Zuſtand der 
pagna und die Schädlichkeit des Klimas zu verbeffern, bis auf diefe Stunde 
lich geblieben, und felbft die Strenge der Regierung ift nicht im Stande, 
ſten Mißbraͤuchen, die wir gefchildert, abzuhelfen, weil ihr zwei mächtige 
Vorurtheil und Trägheit des Volkes, im Wege find. Go fchreitet das 
ben immer meiter; fchon findet man felbft einzelne Theile Rome, welche N 
cattiva verpeftet, im Sommer öde und verlaffen, und diefe Luft, in 
Schmeichelmehen Niemand Verrath und Tüde ahnen follte, droht nach 
fi in den vollen Befig der ſieben Hügel zu fegen und Rom aus Rom zu 
gen, bis ein Vulkan ſich in diefer Gegend wieder öffnen und dadurch 
Schwefel und Salpeter zu reichen Boden Luft machen wird. F 
Campan (Jeanne Louiſe Henriette), geb. Geneſt zu Paris 
1752, Borleferin der Töchter Ludwigs XV., gewann bie Zumeigung der Ge 
des Dauphins, der nachmaligen Königin Maria Antoinette, welche fie 
Sohne ihre geh. Secretairs, Hrn. Campan, verheirathete und fie zu 
Kammerfrau ernannte. Mad. E. gab ihrer Befchügerin Beweife von X 
Anhänglichkeit, und wollte ihr nad) dem 10. Aug. 1792 in den Tempel 
was aber Pethion nicht geftattete. Nach Robespierre's Sturz errichtete 
eine Erziehungsanſtalt für Mädchen zu St.⸗Germain, die bald einen 
teten Ruf erhielt. Daher ernannte Napoleon fie zur Vorfleherin der von 
gründeten Anftalt für Töchter der Officiere der Chrenlegion zit Ecouen, 
einrichtete und fieben Jahre lang verwaltete. Nach der Reſtauration 
wig XVII. diefe Anftalt auf. Mad. Campan verlor ihre Stelle. Ihr 
Sohn farb 1821 an den Folgen erlittener Mifhandlungen, weil er ein 
ter des Marſchalls Ney war. Mad. Campan farb zu Paris 16. Mid 
Bon ihren „Memoiren fiber das Privatleben der Königin Maria Antoinette, 
Erinnerungen an die Zeiten Ludwigs XIV., XV. u. XVI.“, 4 Bde. (ind 
über. 1824), erſchien (Paris 1823) die 5. Aufl. Gie enthalten zum 
niß der franz. Revolution anziehende Beiträge. Auch ihr „Journal anecdeli 
(Paris 1824) ift reich an pitanten Zügen von Napoleon, Alerander I. u. 2. - 
Campanella (Thomas), ein als Philofoph berühmter | 
moͤnch, geb. 1568 zu Stilo in Calabrien, in feinem Orden zu Neapel 
ſenza, mo er mit des Titefius Lehre und mit den Schwaͤchen ber ſchola 
lofophie befannt wurde, wiffenfchaftlich gebildet, machte fich zuerſt durch 
Beftreitung der damals allein geltenden Ariftotelifchen Philofopbie, und bank 
das Beftreben eine neue Reform alter Wiffenfchaften durch Philoſophie zul 
ten, bekannt. Seine Schriften gegen bie Ariftoteliter (‚Ad doctorem ; 
de gentilismo non retinendo“, Paris 1593, 4., ımd „Philosophia ned 
demonstrata”, Neap. 1591, 4.) und feine Überlegenheit als gelehrter & 
zogen ihm viel Haß zu, was ihn bewog, fich feit 1592 abwechſelnd In i 
renz, Venedig und andern Städten Italiens aufzuhalten, bis er 1598 
habe 






























Baterftadt zuruͤckkehrte. Aber ſchon 1599 ließ ihn die fpanifche Re 
mehren andern Mißvergnügten verhaften. Man befchufdigte ihn, er 


Sampanella 43 


ganz Unteritalien In die Hände der tuͤrkiſchen Flotte liefern und als Res 
oder Reformator auftxeten mollen. Er konnte zwar nicht überführt 
arch die graufamften Foltern zu Seinem Geftänbniß gebracht werden, 
och als ein Gegenfland des Neides vieler Gelehrten und des Argwohns 
ng 27 Jahre in verfchiedenen Schlöffern Neapels gefangen. Für feine 
erwendete fich ſchon 1608 der Papft Paul V., aber erſt 1626 erlangte 
"LU. durdy Ban Srblten, ihn als Ketzer zu richten. Campanella warb 
chein in die Gefaͤngniſſe der Inquiſition zu Rom verſetzt, und 1629 
aͤpſtlichen Jahrgehalt ganz freigelaffen, auch von Urban VIII. eines 
Umgangs gewürdigt. Neue Nachftellungen der Spanier nöthigten 
334 nach Frankteich zu flüchten. Hier wurde er ehrenvoll aufgenom- 
fchloß im Genuß einer Eöniglichen Penfion fein Leben 1639 in dem 
Honorẽ bafelbft, bevor er die nach einem encyklopaͤdiſchen Plan geord⸗ 
lung feiner Werke, wovon nur die & erften Bde. erfchienen waren, 
te. Seine Schriften find außer den obengenannten: „De sensu re- 
gie” (Fol. 1620), das et wol in Neapel fchrieb, ferner: „Exordium 
aenovae”; „Nova physiologia secundum principia propria”; und 
s philosophiae instaurandae” (1617,%01.). Während feiner Gefan⸗ 
wieb er: „Apologia pro walilaeo” (1622), „Philosophia epilogi- 
" (1623); auch italienifche Gedichte „Scelta d’alcune poesie filo- 
Settimontano Squilla“ (Anfpielung auf feinen Namen, 1622), 
ı Frankfurt a. M. in *. von dem weimariſchen Hofrath Tobias Adami 
en, der ihn im Kerker befucht und feine Sreundfchaft gewonnen hatte. 
ften Campanella's au biefer Zeit, 3.8. „De rerum natura‘, „Civi- 
eine Art Platonifcher Republik, „Atheismus triumphatus s. contra 
ınismum‘” (Rom 1631, Fol.), eine ſchwache, ſchwuͤlſtig gefchriebene 
ng der geoffenbarten Religion und römifchen Kicchenlehre, mit Aus⸗ 
e Macchiavelliften, erfchienen erft nach feiner Befreiung. Seine Prüs 
chifchen Philofophie aller Schulen hatte ihn früher zum Skepticismus, 
mer feuriger Geift zu einem beſonders in feiner „Universalis philoso- 
ıphysicarum rerum juxta propria dogmata partes Ill” (Par. 1638, 
eine „Philosophia rationalis” (5Thle., Paris 1638, 4.) dargelegten 
Dogmatismus geführt, in welchem Idealismus und empirifcher Rea⸗ 
derlich gemifcht umd wiberfprechende Behauptungen ducch die Spiele 
ften Einbildungskraft verbunden find. Ihrer Übermacht muß auch 
ang aflrologifcher, magifcher und theurgifcher Träumereien in fein Sp: 
trieben werden. Er hatte fie von den Neuplatonikern, aus der Kabbala 
ardanus angenommen, aber auch mit neuen Dichtungen vermehrt. 
ung auf geheime Wiſſenſchaften entfprady ganz dem Gefchmad feiner 
ee Gebrauch feiner Phitofophie zur Vertheidigung eines ſtark ausges 
Karholiciemus und Papismus verfchaffte ihm die päpftliche Gunſt. 
Sinne ſchrieb er außer f. „Atheismus triumphatus” noch „Monarchia 
ompend. in quo demonstrantur jura summi pontificis super uni- 
a” und „Della liberta e della felice vuggezzione allo stato eccle- 
veide Äfie 1633, 4.). Sein ER „De propriis libris et recta ra- 
mdi’ iſt mehrmals (bef. von Naude 1642), herausgegeben worden. 
tinifchen und afttologifchen Werke übergehen wir. Originalitaͤt, kuͤh⸗ 
ng und Reichthum ber Ideen, bei einer in feinem Latein und calabris 
miſch rauhen Sprache doch große, oft hinreißende Kraft und Lebendig⸗ 
drucks und Anbahnungen befferer Wege zur philofophifchen Erkenntniß, 
ſelbſt nicht zu verfolgen wußte, machen ihn zu einer merkwuͤrdigen Er- 
n der Befchichte der Philofophie. Er dichtet in feiner Philofophie und 


414 Gampanien Campbell 


philoſophirt in ſeinen Gedichten, dies aber mit ſo viel wahrhaft poeti 
dag unter feinen jetzt ſeltenen Schriften die erwähnte „Seelta“, aus dı 
feiner „Adraſtea“ anziehende Proben gegeben hat, vorzügliche Ben 
dient. 

Campanien, ber alte Name einer Landfchaft Staliens im jetz 
reich Neapel, welche theils durch die Merkwürdigkeiten ber Natur , wo) 
fuo, die phlegräifchen Felder, der Avernusfee gehörten, theild durch ein 
Fruchtbarkeit einen befondern Reiz für die vornehmen Römer hatte, ' 
berrlichften Landhäufer, Zeugen ihrer Verſchwendungsſucht, dafelbf 
Cumaͤ, Puteoli, Neapel, Herculanum, Pompeji, Capred, Salernu 
Gapua, die Hauptft. Campaniens, find Namen, an welche die wichtigften 
gen gefnüpft find. Die appifche und lateinifche Straße führten in | 
diefer Landſchaft, welche einen reigenden, verführerifchen Aufenthalt da: 
jegt noch ift Campanta oder Terra di Lavoro die fchönfte und fruchtba 
von ganz Italien. 

Gampbell (Thomas), geb. 1777 zu Glasgow in Schottia 
feine Anlagen fo fchnell aut, daß er fchon in feinem 12. Jahre die 
Glasgow beziehen konnte, und bald darauf in einem afademifchen We 
einen viel ältern Mitbewerber den Preis davontrug. Er übte ſchon da 
poetifchen Styl durch Überfegungen aus den griechifchen Dichtern, die ih 
manche alademifche Prämien erwarben. Wenige Dichter Finnen f 
umfoffenden und gründlichen gelehrten Bildung rühmen wie Campbell 
claffifhen Literatur machte er auch die Philofophie zu feinem Studi 
der Geſchichte feines Waterlandes , die er mit Anfichten der Minifteriu 
dirte, hat er ſich durch feine 1808 erfchienenen „Annalen von Großbri 
der Thronbefteigung George III. bie zum Frieden von Amiens“, als ſch 
Sorfcher befanntgemadht. Won Glasgow aus befuchte er die Gebirge ) 
fhire. Nach einem kurzen Aufenthalte in dieſer Gegend begab er ſich 
burg und ſchloß ſich dem Kreife der dortigen Dichter und Literatoren a 
in f. 21. J. vollendete er hier da8 Lehrgedicht: ‚The pleasures of! 
feinen Dichterruhm in England begründete. Die dichterifche Trauer ü 
Zetſtuͤckelung ergriff ben nun verblichenen Kosciusko dergeftalt, daß ı 
vergoß, als er diefe Stelle der „Pleasures” zum erften Male las. 
fuchte Campbell den Continent, und hielt fich gegen ein Jahr in Deutf 
wo er die Bekanntfchaft der ausgezeichnetften Dichter und Gelehrten eifi 
und unter Andern auch bei Klopftod einen Tag verlebte, von dem er no 
ohne Entzuͤcken fprechen kann. Won Hamburg aus ging Campbell 
Male nad) London, wo er bis zu feiner Verheirathung 1803 biieb. € 
er fi in Sydenham niebergelaffen,, wo er noch wohnen fol. 1809 ı 
Gedicht „Gertrud of Wyoming”, das ihm die Stelle eines Profeffort 
Eunft an dem koͤniglichen Inſtitut verfchaffte. — Vor allen lebenden 
Dichtern ift Campbell durdy bie Correctheit, Gediegenheit und Stätte fı 
ten ausgezeichnet, und keiner übt ſtrenger, als er, die Zeile der Kritik an 
nen Arbeiten. Daher iſt auch fo wenig von ihm erfchienen. Das Eb 
der gleichförmig vertheilte Schimmer und Schatten find jedoch nicht geı 
nen Werken die enthufiaftifche Aufnahme zu verfchaffen, welche die geni 
auch regellofern Compoſitionen eines Byron und der Dichter der „Lab 
in England erfahren haben. Indeſſen fehlt es der Campbell’fchen Pe 
wegs an Lebenskraft, Phantaſie und Gefühl, und im Erhabenen u 
ſchen Eönnen wir ihn den gröften englifhen Muſtern an die Seite flı 
deinswerch möchte an ihm ein Übertriebenes Streben nach claffifcher Pri 
bie nicht felten Dunkelheiten erzeugt. Sein Gedicht „Gertrude of \ 


Campe Ä 415 
ie Zerftörung der Colonie Wyoming in Pennſylvanien burd die verefnte 
‚ der Wilden und Europäer ; darin verwebt fidy die Geſchichte zweier 
von denen die Heldin Gertrude den Kriegstod ſtirbt. Der Charakter 
Iche® iſt zarte Rührung und feelenvolled Dlitgefühl für die Leiden ber 
. Auch ale Literarhiſtoriker, Kritiker und Anthologe hat ſich Campbell 
ifche Poefie verdient gemacht durch f. „Specimens of the british poets 
aphical and critical notices and an essay on english poetry'' (Lonb., 
zen erften Bd. der Verſuch über die engt. Dichtunft einnimmt. 29. 
ıpe (Joachim Heinrich), aus einer durch Mißheirath geftifteten Mes 
altadelichen, im Fürftenth. Braunfhmeig- Wolfenbüttel anfäffigen Ges 
z v. Campe, geb. 1746 zu Deenfen (gewoͤhnlich Deerfen gefpr.) im 
eigifchen, erhielt feine frühere Bildung auf der Schule zu Holzminden, 
dann zu Helmftäbt und Halle Theologie. 1773 warb er Feldprediger 
egimente ded Prinzen von Preußen zu Potsdam, aber fein Herz, das 
Anblick des menſchlichen Elends tief erſchuͤttert wurde, lenkte feine Nei⸗ 
ie Erziehung hin, mit der Hoffnung, durch eine beſſere Bildung jugend⸗ 
n die Hauptquelle des menſchlichen Elende zu verſtopfen. 1777 wurde 

anbalt > deffauifcher Educationsrath und nach Baſedow's Abgange 
ws Philanthropins zu Deſſau. Er zog ſich jedoch von dieſem Poſten 
‚ und legte eine Privaterziehungsanſtalt zu Hamburg an, die er wegen 
waͤchten Gefundheit und abnehmenden Geiſtesmunterkeit 17833 dem 
app überließ und in Wittorw bei Hamburg privatifirte. 1787 ward 
braunſchweigiſcher Schulrach und Eigenthuͤmer einer bie dahin mit 
Waifenhaufe zu Braunſchweig verbunden gemefenen Buchhandlung, 
re Firma der braunfchweigifchen Schulbuchhandlung befannt iſt und 
wrch den Verlag feiner eignen Schriften fich zu einer der angefebenften 
and emporfhwang. Spaͤterhin übergab er diefelbe dem Buchhändler 
& Berlin, dem Gemahl feiner einzigen Tochter, der eine Buchdruckerei 
tgigßerei, auch eine Spielfartenfabri damit verbunden hat, und deffen 
‚in jeder Dinficht eine der berühmteften in Deutfchland ift. 1805 wurde 
des Stifte St.» Ciriaci, bei dem er vorher Kanonicus gewefen war, 
ertbeilte ihm bie theologifhe Facultät zu Deimftädt das Diplom 
er Gottesgelahrtheit. Ziefgreifender Kummer über die Leiden feines 
8 und dadurch befürderte Altersſchwaͤche hatten feinen Geiſt gelähmt ; 
Fahre feines gemeinnügigen Lebens brachte er geſchaͤftslos in dem en» 
eder Seinigen meift in feinem Garten bei Braunfchmweig zu, und flarb 
ut. 1818 in einem Alter von 723. In feinen philofophifchen und paͤ⸗ 
ı Werken erfcheint C. ſtets als ein Mann von dem menfchenfreundtlichs 
a und dem edelften Gemeinſinne; aus allen leuchten edle, patriotifche 
vor. Beſſerung der Sitten und Bereicherung des Geiſtes, eine Ums 
unfers gefammten Erziehungsweſens und die daraus folgende beffere 
zgendlicher Seelen waren das Ziel feines aufgeklaͤrten und thätigen 
Seine Verdienſte um das Erziehungsweſen find mit dem lauteften 
rkannt worden, wiewol feine vorelligen Urtheile uͤber das claffifche Als 
ein Parteinehmen für den Philanthropiemus und die damit zuſammen⸗ 
berpraßtifche Richtung zu tadeln find. Seine Erziehungsfchriften find 
tem und geſchaͤtzteſten. Sein Styl ift rein und fließend, frei von den 
: Schule, lebhaft, fanft. In der vertraulichen und rührenden Schreibs 
Ruſter. Vorzüglich befaß er eine fritene Gabe, ſich zu dem Faſſungs⸗ 
ver Ingend, die er unterrichten will, herabzulaffen. Als Phitofoph 
‚gut von teodenen fpeculativen Betrachtungen zu faßlicher Moral, vom 
fe zu dem leichten Spielen der Jugend Überzugehen. Obſchon feine 


416 Campecheholz Camper 


Bemühungn um die Reinigung und Bereicherung der beutfchen Spr 
die Geſtalt des Sonderbaren angenommen haben, fo bat er boch auch hi 
ein bleibendes Verdienſt erworben. Seine Schriften für bie Jugend hai 
T.: „Sämmtliche Kinder: und Jugendſchriften von Joachim Heinrich 
Braunſchweig 1806—9, 12., 30 Bdchn., mit Kpfen.) herausgegeben. 
diefen iſt „Robinfon der Jüngere” in alle europäifchen Sprachen von C 
Petersburg, fogar in die neugriechifche überfegt worden. Faſt ebenfo v 
und vielfach überfegt ift fein „Theophron, oder der erfahrene Rathgeber fin 
erfahrene Fugend”. Ein ausgezeichnetes Verdienſt um unfere Sprady 
fih Campe ducch fein „Woͤrterbuch ber deutſchen Sprache” (Braunſchu 
—11, 5 Bbe., 4.), und das damit nothivendig verbundene „Verdeutſchu 
terbuch” (1 Bd., 4, 1801 u. 1813), welches er von Theod. Bernd amt 
eg. Campe befand ſich 1789 in Paris und wurde Damals ein feuriger &ı 
der franzöfifhen Revolution. Seine aus Paris gefchriebenen Briefe e 
zuerft im „Braunfchweigifchen Journale‘ und erregten viele Aufmerkſamb 
tamen 1790 gefammelt heraus. Campe wurde dieſer Briefe wegen bäufig n 
und Spott angegriffen, und in ber That find fie fehr freimüchig und kuͤl 
Beredtfamkeit und Wärme gefchrieben, enthalten aber freilich auch Übertrei 
die fich bei einem fonft fo ruhigen Denker, wie Campe, nur mit dem da 
faſt allgemeinen Enthuſiasmus für die Revolution erklären laſſen. 

Campecheholz, das Holz eines Baumes, der an der Norbküfte d 
kaniſchen Meerbufens in Amerika waͤchſt, und das zum Wiolettfärben, fel 
Zeit auch gegen die Ruhr, gebraucht wird. 

Camper (Peter), geb. zu Leiden am 11. Mai 1722, geft. im $ 
7. Apr. 1789, war einer ber gelehrteften und fcharffinmigften Arzte und 
men bes 18. Jahrh. Seine Verdienfte um Anatomie, Chirurgie, Entbk 
kunſt und gerichtliche Arzneiwiffenfchaft find befannt; aber auch für die J 
des Schönen hat er nicht Unbedeutendes geleifte. Ex zeichnete ungemel 
mit der Geber, malte in Det, boffirte, und verftand den Bildhauermeißel 
ven. Der genau und ſcharf beobadhtende Anatom mußte nothwendendig 
auf den Mann haben, den Neigung und Talent zuc Befchäftigung mit ber 
Kunft hinzog ; weldyen Gewinn aber durfte ſich vornehmlich die Theorie der bi 
Kunft von der Bereinigung biefer beiden Befchäftigungen in einem folchen! 
verfprechen! Schon die Aufftellung feiner Gefichtelinie (f. Angeſicht) 
unwichtig. Seine Abhandlung. von den Sprachwerkzeugen der Affen, 8 
darthut, daß dem menfchenähnlichiten Affen die Rede durch einige Geh 
welche die Ratur an feine Luftröhre hing, gleichſam abfichtlich verfagt fel 
tigte die meiften ber bis dahin Über menfchliche Beſtimmung gehegten, m 
erheblichen Zweifel. Man fieht fchon aus jener Aufftellung der Geficytsfl 
Camper auf Schönheit der Formen ein vorzuͤgliches Augenmerk müffe gerl 
ben. Merkwuͤrdig ift hierüber eine Abhandlung von ihm, die erin ber 
ſchule zu Amſterdam 1790 vorlas. Bedeutend für die Theorie der 6 
Kunſt it auch feine Schrift über Verbindung der Anatomie mit den j 
den Künften, welche in der englifchen Überfegung von Cogan, durch de 
fäge und Veränderungen, noch fehr gewonnen hat. Sie enthält eine Untes 
über die natürliche Verfchiebenheit der Gefichter bei Perfonen aus verfchieben 
dern und Lebensperioden, über die Schönheit in der alten Schnitzbildnere 
einer neuen Methode, Köpfe, natürliche Geftalten und Bidniſſe einzelner | 
richtig zu ſtizziren. Camper fchrieb in vier Sprachen, und erhielt bei verfd 
Akademien zehn Mal den Preis. Er hatte zu Leiden fludirt, ging danm 1 
fen und erhielt zu Genf den Ruf als Profeflor der Philofophie, Medicin u 
surgie in Franeker. Mach einigen Jahren Iehrte er diefelben Wiſſenſch 


Campetti Campo Chiaro 417 


dann zu Groͤningen. Hierauf privatiſirte er zu Franeker, erhielt ſeit 
im Staatsrath, und zog deßhalb nad) dem Haag, wo er ſtarb. In der 
e zu Leiden ſteht fein einfaches Denkmal aus Marmor. 

ıpetti, f. Wünfchelruche. \ 

ipher, ein eigenthümlicher, dem ätherifchen Olen und Harzen ver: 
iherer Beftanbtheil einer großen Anzahl von Wurzeln, Rinden, Bluͤ⸗ 
Hättern und überhaupt ber meiften lippenförmigen Blumen, welche ihn 
liation zugleich mit dem ätherifchen Öl liefern. In größerer Dienge 
a in Japan wachfenden Baum (Laurus Camphora) vorhanden, deſſen 
Eheile in China und Japan in einer Blafe mit Waffer deſtillirt werden, 
der rohe Campher in Heinen Körnern im thönernen Delme, der mit 
chen iſt, fublimirt. Mit einigem Zufag von Kalk wird er hernach im 
ich Sublimation gereinigt, und gelangt in Form conver : concaver Ku: 
Handel. — Aus dem Laurus sumatrensis, der auf Sumatra, Mas 
Zorneo, alfo gerade unter ber Linie waͤchſt, quilit freiwillig der Cam⸗ 
arros; er ift zwifchen dem Holze und der Rinde völlig ausgebildet, der 
kein Ausfuhrartikel nady Europa ifl. Die Wurzeln des Zimmtbaums 
innamomum), auch ein Gewaͤchs der heißeften Tropen, liefern ebens 
her. Der gereinigte Campher ift weiß, durchſichtig, kryſtalliſirt im 
durchdringendem, eigenthbämlichem Geruche, von brennendem hinterher 
ſachenden Geſchmack. Er ift etwas zähe und verflüchtigt ſich nach und 
Luft, iſt aufloͤslich in Alkohol, Äther, ächerifchen und fetten Ölen, 
uch Waſſer daraus gefället. Concentrirte Schmwefelfäure loͤſt ihn in 
snzerient auf. Mit Schwefel und Phosphor geht er Verbindung ein. 
kad $. fließt er gleich dem DI und fublimirt ſich unverändert. Seine 
ile find Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerfloff, ohne ausgemitteites 
diefer Stoffe zu einander. Die Sublimation mit Kalk erhöht den Ges 
kihmad. 

ipidoglio, Capitol (f.d.) 

ıpiftron (Jean Galbert de), dramat. Dichter und Zeitgenoffe von Ras 
ı Zouloufe 1656, geft. ebend. 1723; feine Trauerſpiele fanden bei ihrem 
außerordentlichen Beifall, der ſich aber nicht erhalten hat, fodaß auch nur 
evon ihm, die Tragödie „Andronicus”, weiche die Geſchichte des D. Cars 
dern Namen darftellt, und das Luftfpiel „Le jaloux desabuse” in ber 
gdr6 „Theätre frangais des auteurs du second ordre aufgenommen 
arpe ſagt von C.: „Man hat die Verftändigkeit feiner Plane gepriefen; 
e auch, aber nicht minder ebenfo ſchwach angelegt als ſchlecht ans⸗ 


apo Ghiaro (Herzog v.), neapolitanifcher Diplomat. 1805 diente 
aigl. Garde als Gapitain der Liparioten, einer Art von reitenden Jaͤgern. 
a Neapel, als ſich der König bei Annäherung der Sranzofen mit feiner 
ach Sicilien flüchtete. Seine liberalen Gefinnungen führten ihn im 
Jahre in den Staatsrath Joſephs, der ihn batd nachher zum Minifter 
‚Danfes ernannte. Auch Murat bewies ihm, ale Joſeph zum König 
im ernannt war, großes Vertrauen, indem er ihm die Direction der 
eiite. Won jekt an wurde er zu den wichtigften diplomatifchen Miſſio⸗ 
ut. Hierzu gehörte inäbefondere die am wiener Congreß. Der Wans 
u Könige felbft vereitelte aber alle mit großer Geſchicklichkeit eingeleitete 
kungen des Herzogs. Mac, der Revolution von Neapel 1820 wurde er 
Mer der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Seine Bemühungen 
ſchwierigen Poſten wurden nicht mit Erfolg gekrönt, und nad) der Ab» 
Imige zum laibacher Congreſſe wurde ex wegen eines Circulars, das ex 
3, Giebente Aufl. Bd. IL 27 


418 Campo - Formio Campomänes 


mit dem Grafen Zurlo gemeinfchaftlicy contrafignirt hatte, vors Pa 
dert, das ihn jedoch freifprach. Jetzt lebt er von allen Geſchaͤften zur 
Gampo:Formio, Gaftell bei (vielmehr Vorftadt von) Up 
eine Provinz des oͤſtr. Guberniums Venedig, merkwürdig durch ber 
vom 17. auf den 18. Oct. 1797 zwifchen Öftreic, und Frankreich, ı 
Seiten Oſtreichs von den Gefandten Cobenzl, Meerveldt, Degelma 
chefe di Gallo, von Seiten Frankreichs vom General Bonaparte ı 
Frieden. Die Unterhandlungen hatten zu Udine den 19. Mai be 
wurden abwechfelnd bier und in dem Schloffe Pafferiano , meldyes ! 
wohnte, fortgefest. Oſtreich entſchloß fich erft, als Bonaparte mit di 
des Krieges drohte, zur Abtretung Mantuas. Hierauf ward der Fı 
Orten unterzeichnet, man batirte ihn aber von Campo» $ormio , of 
zu begeben, weil diefer Drt zwiſchen Udine und Pafferiano lag. Df 
den Niederlanden, Mailand und Mantun. Die cisalpiniſche Nepu 
Mailand, Mantua, Modena, Bologna, Ferrara, Romagna und 
(chen Terra firma am rechten Ufer der Etfch gebildet. Die Rep 
ward getheilt. ftreich erhielt Venedig, Iſtrien, Dalmatien, dü 
des Sattaro und die Terra firma bes linken Ufer der Etſch; Franke: 
tianifchen tonifihen Inſeln und die venetianifchen Befigungen in Alba 
des Friedens mit bem deutfchen Reiche follte ein Congreß zu Raſtadt 
den. Durch geheime Artikel willigte der Kalſer in die theilweiſe ober 
tretung des linken Rheinufers an Frankreich, wofür Öſtreich Salzbu 
Theil von Baiern am Inn bekommen follte. Dem Herzog von Mobder 
Zürften, die Länderverluft erlitten, wurden Entfchädigungen in D 
gefichert. Bonaparte hatte diefen Frieden eigenmaͤchtig abgefchloffen 
dig iſt feine Erklärung hierüber in f. „Memoires (Bb. 4) diete au cc 
thulon“ (Xondon 1824, ©. 242 fg.). Das Directorium war mit 
unzufrieden; fpätere Ereigniffe veranlaßten die zweite Goalition ger 
1798; darauf erklärte Frankreich an den König von Ungarn und Bi 
den Großherzog von Toscana ben Krieg, am 12. Mär; 1799. (€ 
Zuneville, Frieden zu, und Schoͤll's „Traites de paix‘, Bd. 
Campomanes (D. Pedro Modrigues, Graf v.), Minit 
der von Philipp V. 1738 geftift. koͤnigl. Akademie und Großkreu 
Karls III., geb. in Afturien den 1. Juli 1723, nüste feinem Vat 
feine Talente und feine Gelehrſamkeit, durch feine erhabenen Anfichte: 
verwaltung und Politit, während feine Schriften durch ganz Euroy 
verbreiteten und ihn unter die vorzäglichften Schriftfteller feiner N 
Die Akademie der fchönen Wiffenfhaften zu Paris eımannte ihn zu 
fpondenten,, fowie bie philofophifche Sefellfchaft zu Philadelphia, a 
Empfehlung, zu ihrem Mitgliede. Die fpanifchen Schriftfteller 
Talente, feine Rechtfhaffenheit und feine Wohlthätigkeit. Camp 
ſich den Ruf des gefcyickteften und uneigennügigften Rechtögelehrten v 
nien erworben, als Kat II. ihn 1765 zum Fiecal des koͤnigl. und 
von Gaftilien ernannte‘, auf deffen Befehl er „Discorno sobre el fi 
industria popular” (1774) und „Discorso sobre la educacion pı 
Artisanos y su fomento‘ (1775) herausgab, worin er Alles abhande 
Polizei, Abgaben, Aderbau, Manufacturen und Handel betrifft. Den & 
unterftüste er bei dem ſchwierigen Unternehmen, die Sefuiten aus St 
treiben. Auch hatte er durch eine Abhandlung die Sreigebung des G 
bewirkt. Er fuchte das Gauner s und Bettlerweſen zu vernichten, 
die Zigeuner fchrieb, „und Überhaupt Mittel an bie Hand gab, wie 
matblofen Muͤßiggaͤnger nuͤtzlich gebrauchen inne. Bei dem Megiı 


Gamuccini Canaͤle | 419 


(788 wurbe G. zum Präfidenten des Raths von Caſtillen und darauf 
sminifter ernannı. Zu diefer Zeit führte er den Vorfig unter den Cor: 
8, und fein Anfehen ſchien auf unerfchütterlihen Grundfeſten zu ru: 
als der Graf Florida Blanca die Gunſt des Königs erwarb, wurde ©. 
athe entfernt und verlor feine Ämter. Er lebte hierauf den Wiffenfchaf. 
karb den 3. Febr. 1802. Unter feinen hiftorifhen und geographifthen 
befinden fidy zwei mit Gafiri gemeinfchaftli aus dem Arabiſchen 
apitel des Ebn al Awam über den Aderbau; am meiften werben feine 
miften Sariften geſchaͤtzt. Wal. den Art. Campomanes in Erſch's 
(Bd. 1 
uecini (Vincenzo, Ritter) wird für den beften jebt lebenden italie: 
torienmaler gehalten. Er ift aus Rom gebürtig und aus der neuem 
le hervorgegangen, was fi) auch in der Wahl und Behandlung der 
e ausſpricht; doch ſchuͤzt ihn der dem Italiener eigne Schoͤnheits⸗ 
irte und theatealifcher Übertreibung diefer Schule. Er arbeitete fort- 
Rom und erhielt, von Haus aus ziemlich bemittelt, frühzeitig bedeu⸗ 
aͤge. Beine erften größern Arbeiten, die er in den erften Jahren diefes 
den Lord Briftol verfertigte, waren die Ermordung des Caͤſar, umd ale 
der Tod der Virginia, welches für feine befte Jugendarbeit gehalten 
zas Gorrectheit im beſſern Sinne zu heißen verdient”, fchrieb von ihm 
Schlegel 1805, „muß man ihm in ausgezeichnet hohem Grabe zuge: 
me Zeichnung ift beſtimmt und richtig, der Charakter der Figuren edel, 
kraͤftig und heiter, ohne Härte; die Draperien find wohl verflanden, 
ben der Gewänder gut gemählt; das Coſtum ift gelehrt beobachtet, auch 
rung meiftens glücklich; endlich mas die Gompofition im Ganzen be: 
t fie ſchicklich und mit gruͤndlich uͤberdachten Motiven angelegt. Bei 
Vorzuͤgen indeſſen ſpuͤrt man eine etwas ſparſame Ader der Erfindung: 
‚ welchem der Kuͤnſtler freilich durch unablaͤſſige Studien jeder Art ab: 
nüht iſt“. Andre tadein Kälte ber Zeichnung und des Colorits und die 
» Anordnung der Figuren, wogegen die Schrift: „Windelmann und 
indert“ die Kraft und Bewegung der Figuren, Abwechfelung und Aus: 
zpfe und den Geſchmack in den Gewändern lobt. Camuccini ift Mit: 
ademie San⸗Luca und Maler der St.⸗Peterskirche; er verfertigte für 
Gemälde Ehriftus mit dem ungläubigen Thomas. 1818 hatte er den 
irector der Akademie In Neapel, reiſte auch dahin, kehrte aber bald nad) 
ck. In feinem prächtig eingerichteten Studio find in einer Reihe von 
e Werke bis auf die erften Umriffe und Skizzen unter Abguͤſſen von An⸗ 
Relit ; bier findet man auch außer den angeführten Bildern den Einzug 
in Perugia und mehre Portraits. Außerdem befigt er in feiner Woh⸗ 
effliche Gemälde alter Meifter, Eoftbare Handzeichnungen von Rafael, 
ano und da Vinci, feltene Kupferftiche und Abguͤſſe. Camuccini ift 
feine Geſchicklichkeit im Reftauriren alter Gemälde berühmt. Ihm mar 
: über die Gemaͤlde in Rom übertragen. 1826 ertheilte ihm der König 
m ben cothen Adlerorden. 44. 
aan, f. Paldflina. 
ada, f. Amerika und Norbamerika. 
‚al, Pas de Calais, f. Calais. 
aͤle, durch Kunft hervorgebrachte Fluͤſſe, zu Beförderung des inner 
Das auf den Sanalbau verwendete Capital wird durch einen angemeffe: 
erzinſt. In Besug auf die englifhen Canaͤle fagt Nemnich: „Der 
m Plan von dem ausgebreitetſten Nusen zuerft in Ausführung gebracht 
gebührt dem Herzog von Bridgewater. Sieben Meilen von Manche. 


27T * 


420 Canaͤle 


ſter beſaß er reiche Kohlenminen, welche ihm wegen des beſchwerlic 
ports keinen Vortheil brachten. Er leitete daher mit Erlaubr 
tung 1758 von feinen Minen einen Canal nad) Mancheſter, deff 
er dem größten mechanifcyen Genie, das England je hervorgebracht hi 
Dies war Brindiey, ein Mann von fehr vermahrlofter Erziehung u 
fion ein Mübhlenbauer, der weder fchreiben noch lefen Eonnte, der abe 
ften Plane und Berechnungen ohne Feder und Papier im Kopfe zu 
und für die ſchwierigſten Faͤlle jedesmal die beften und ſicherſten Mit 
der Canal bie dahin vollendet war, wo der Fluß Irwall für große F 
bar ift, ließ ihn Brindley mittelft eines Aqudducts 39 Fuß über die 
Waſſers weiter leiten. Noch bewundert man ein andres Meifterfti 
ley, die Leitung des Canals unter einem Berge, faft eine Meile b 
Ienminen. Kaum mar der Canal von Morsley : Mit bis Manche 
fo legte der Derzog einen andern von 29 Meilen Länge an, mwodurdy ? 
mit Liverpool bemickt wurde. Brindley hatte den großen Plan, 
Verbindung zwifchen London, Briſtol, Liverpool und Hull zu 
und andre Städte und Fabrikpläge duch Zweige mit jenen Hi 
binden. Er erlebte zum Theil nody die Ausführung deffelben. 
begann der Herzog die Great Trunk Navigation, wodurch die 
und Merſey, und mithin Liverpool und Hull in Verbindung famer 
nat it 99 engl Meilen lang und wurde 1777 vollendet. Gleich 
des Great Trunk leitete Brindley von diefem Canal einen andern n 
Severn, wodurch die Schifffahrt zwiſchen Briftol, Hull und Liv 
erceicht wurde. Diefer Zweig ift 46 englifche Meilen lang und mwurt 
Sn demfelben J. ftarb Brindiy. Mehre Haupt: und Nebencandie 
Folge zu Stande gebracht. Bis 1802 zählte man 28964 engl. Me 
Canaͤlen durchſchnitten, welche über 13 Mitt. Pf. St. gekoftet hatt: 
Angabe find 43 Canaͤle als Privateigenthum, wohin audy der von Bi 
andre große Candle gehören, nicht begriffen. Der Grand Funcı 
erft im Dec. 1805 vollendet worden. Er vereinigt viele Candle t 
vinzen, und bildet von da eine Communication zwifchen der Themſe, 
fen und Trent“. Ein andrer wichtiger Canal ift der Caledoni 
Kürzlich hat man eine Dampfmafchine eingerichtet, zum Ziehen der 
wenigftens In der weltlichen Hälfte des Canals ſchon fehr gute Dienfl 
Naͤchſt England hat Frankreich die bedeutendften Candle aufzun 
Canal du Midi, Sübdcanal, fonft Canal von Languedoc, auch 
nal, ward nach) Andreofiy’s Plan durch Riquet von 1666 — 81 mit 
aufwand von 174 Mil. Livr. (der jegt vielleicht das Dreifache bi 
angelegt, und geht vom Hafen Cette am mittelländifchen Meere bis ı 
wo er ſich mit der Garonne verbindet, fodaß auf ihm Schiffe in 11 2 
Dcean in das mittelländifche Meer kommen. Er ift 45 franz. Meit 
60 Fuß, unten 32 breit und wenigftens ſechs Fuß tief; die dar 
Barken gehen nicht fünf Fuß Waffer, wenn fie auch 2000 CEtnr. tr 
den Ufern find Wege zum Ziehen, der eine neun, der andre feche Fr 
Canal hat 62 Schleufen; er geht 85 Toiſen lang u. 19 Fuß breit d 
von Malpas, und führt, mittelſt 55 mit Einfaffungen an der Seit 
tungen eingerichteter Brüden, über verfchiedene Flüffe hinweg. Xı 
29 Bruͤcken für Landftraßen über denfelben. Sein Waffer erhält 
großen, zu St.-Ferrol zwifchen zwei Bergen und einer 36 Toiſen 
angelegten Beden, 1200 XZoifen lang, 300 breit und 20 tief, wel 
vollftändigen Füllung gegen eine Mit. Kubiktoifen Waffer enthäit, 
großen upfernen Hähnen zum Ablaffen des Waffers verfehen ift. 


Ganaletto Ganarifche Inſeln 421 
jährlich 300,000 $r., und ber reine Ertrag beläuft fich ebenfo hoch. 


iudwig XVI. wurde der Canal du Centre, ober von Charolaig, 


fangen und 1791 beendigt. Er nimmt feinen Anfang bei Digoin und 
die Saone bei Chalons. Er hat 81 Schleufen und dient dem Handel 
ichen Provinzen mit der Hauptftadt durdy die Nhone, Saone, Loire, 
von Briare und die Seine. 3) Der Canal von St.: Quentin, den 
4 eine Geſellſchaft begann, ward erft 1809 vollendet. Er verbindet die 
ıd Scheide, iſt 13 Lieues lang, fängt bei der Stabt le Chatelet, unmeit 
196 der Schelde an, ift auf dem offenen Profil 24 Fuß breit, fleigt von 
in bis Tronquoy 40 Fuß durch 6 Schleufen, und fällt von Macquin⸗ 
ambrai 130 Fuß durch 18 Schleufen. Er wird durch die Quellen der 
pcifet, und ift an zwei Stellen unter der Erbe durchgeführt, bei Tron⸗ 
und bei Bellicourt 2900 Zoifen. Durd ihn, die Dife, Seine und 
on Briare ift eine Verbindung der Nordfee und der Straße von Calais 
ttellaͤndiſchen Meere eroͤffnet worden. Viel iſt in der neueſten Zeit fuͤr 
erbindungen in Frankreich geſchehen. Wir nennen die Canaͤle von Je⸗ 


edan, Burgund, Arles, Beaucaire, Carcaffonne, des Ourcq, der Satz 


Haiden, die Candle in der fonftigen Bretagne, die Candle der Ille und 
Blavet, den Canal von Nantes nach Breft und den ehemaligen 
anal, jest Canal de Monsieur, welche zum Theil noch unbeendigt find. 
alt der franz. Regierung für die Beförderung. der Innern Verbindung 
te bat ſich auch unter den Bourbons nicht verringert, und in der 
Kammern von 1522 wurden eine Anzahl von Unternehmungen biefer 
"hundert Miu. Sr. tarirt waren, gegen yewiffe Conceffionen an verſchie 
ignien zur Ausfuͤhrung uͤberlaſſen. 

olſtein vereinigt der beruͤhmte ſchleswig-holſteiniſche Canal 
ad Nordſee. Er wurde von 1777 — 84 ausgeführt, und koſtete 24 
er. Er ift 44 Meilen lang, auf der Oberfläche 100 Fuß breit, 10 
nd hat ſechs Schleufen. Preußen hat den Brombergifchen, ben 
n Sriedrid, Wilhelmscanal u. a., die jedoch an Kunft und Aufwand mit 
ten nicht zu vergleichen find. In Rußland bemerken wir ben Lado⸗ 
nal, welchen Peter dev Große wegen der gefährlichen Schifffahrt auf 
fee ziehen ließ. Gr geht von Schlüffelburg bis Neuladoga in den Fluß 
ift 15 deutſche Meilen lang, 17 Schuh breit und hat 32 Schleufen. 
vard & 1732. Da die Wolchow mit der Wolga vereinigt worden ift, 
ch ihn die Oftfee mit dem kaſpiſchen Meere zufammen. Sn Spanien 
onifche Kaifercanal, der fein Waffer aus dem Ebro erhält, der vor: 
Andre wichtige Candle, 3.3. der von Troll haͤtta, werden befon> 


ihrt. 
aletto: 1) Ein venetianifcher Maler, geb. 1687, der eigentl. Antonio 
ie$ und durch feine naturwahren Landfchaften und Architekturgemaͤlde 
.Er ftarb zu London 1768. Won ihm gibt es eine Anficht von Bene: 
Vogelperſpective. Auch foll er zuert die Camera obſcura zur Perfpec: 
baben. 2) So heißt auch Bernardo Bellotti, der ebenfalls ein 
ihafter war und viele Anſichten italienifcher Gegenden und Pro: 
Dresden lieferte. Er lebte in Dresden als Mitglied der Maleraka⸗ 
arb nach 1770. 

ırifche Inſeln, eine Gruppe von 12 Eilanden (151 DM. mit 
ach A. 215,000 E.), an ber weſtlichen Küfte von Afrika, ungefähr 18 
3 Lande entfernt. Vom 27° 39° b. 299 26’ N. B. und vom 359° 
3.2. erſtrecken fie fi) von O. nach W., find vulkanifchen Urfprungs, 
in fo herrliches Klima und einen fo fruchtbaren Boden, daß der Name 


42% Canariſche Inſeln 


der gluͤcklichen Inſeln, der ihnen von den Alten beigelegt wurde 
fertigt werden kann. Juba II., König beider Mauritanien, hat fie 
befchrieben. Von Julius Caͤſar im Triumphe aufgeführt, ward eı 
ften und Wiffenfchaften der Römer unterrichtet und bildete ſich zı 
tehrteften Fuͤrſten. Seine Belchreibuna diefer Infeln hatte Plini 
Suba nannte die eigentlichen Canarien „fortunatas”, Madera hinge 
tofanto „purpureas”. Bon der Inſel Ferro (f. d.), beiihm „O 
den Übrigen erzählt er intereffante Merkwuͤrdigkeiten. Der Verluf 
des mauritanifchen Könige ift um fo mehr zu bedauern, ba wir gewi 
ten, Nachrichten von jener alten räthfelhaften Voͤlkerſchaft darin zu 
ehedem diefe Inſeln bewohnte. Diefe Völker verftanden die Kur 
einzubalfamiren, und näheten fie dann in Ziegenhäute, worauf fie i 
Einem Stuͤck Holz gemacht, gelegt und in Srotten beigefeßt wurder 
mien riechen angenehm, zerfallen aber in Staub, wenn man fie auı 
haͤuten herausnimmt. Die Spanier erzählen wunderbare Dinge ı 
diefer Völker, Guanches genannt, von ihrer Achtung des weiblich 
von ihren reinen Sitten und von ihrer ariftofratifhen Werft 
Sprache flimmte zwar einigermaßen mit der überein, welche d 
benadhbarten felten Landes reden ; inbeffen wiſſen wir zu wenig vo 
man daruͤber urtheilen koͤnnte. Bon 1316— 34 entdedten unt 
Spanier, von den Mauren gebrängt, diefe Infeln, und man findet 
alten Landcharte, die Andreas Bianco in Venedig 1436 verfertigte, 
ben. Indeſſen fcheinen die Spanier diefe Befigungen nicht gead 
denn ber Infant won Portugal, Heinrich Navigator (f.d.), lie 
Befig nehmen und verfolgte von da aus die Entdeckungen bis nad 
Guinea. Allein 1478 unternahmen die Spanier aufs neue die 

Sanarien und vollendeten fie am Ende bes 15. Jahrh., indem fie 
hen Einwohner unterjochten und in ber Folge ganz vertilgten. 

Inſeln faft von lauter Spaniern und nur wenigen Portugiefen bevoͤlk 
eine bafaltifche, von innen emporgehobene Snfel, ift die größte (41T 
Einw.), und erzeugt jährlih 30,000 Oxh. trefflihen Wein. Di 
hohe Pic ift wegen feiner Steilheit, und weil die Spige ganz mit ! 
vulkaniſcher Afche bedeckt ift, aͤußerſt ſchwer zu befleigen. Rings ı 
der genau auf der Spige fich befindet, ift ein fo ſchmaler kreis 
von Lava, daß man kaum Plag zum Sigen hat. Seit 1704 ift keir 
bruch erfolgt, wol aber Seitenausbrüche, der legte 1798. Vom! 
Aprit ift der Gipfel mit Schnee und Eis bededt. Bon der Spige 
fieht man die Inſel mit allen ihren lieblichen Landfchaften auf da 
feinen Süßen, weit die Luft in jenen Breiten viel burchfichtiger il 
Man fieht aber auch bie übrigen Sinfeln, das Meer in unermeßlich 
fetbft die Küften Afrikas, mit ihren unendlichen Waldungen und je: 
die Spuren der traurigen Sandmüften. Die befeft. Hauptſt. S 
8400 Einm. iſt der Sig des Gouverneurs, hat auf der oͤſtlichen Sei 
nen trefflichen Hafen, worin die englifhen Schiffe anlegen, um ke 
friſches Waffer einzunehmen; doch muß man jene, wegen Unfrudhtt 
dens, größtentheile aus Canaria holen. Eine andre Stadt, Raguna ı 
der Gig des Biſchofs und der Tribunale, ift weit fchöner gelegen 
(33 UM., 45,000 Einw.) ift wenig unterfucht, jedoch fruchtbaren 
Die Hauptſt. Palmas (9400 Einw.) iſt der Sig der oberften geil 
den der Infeln. Die %. Palma (15 UIM., 25,000 Einw.) liefer 
feet. Die 3. Fortaventura (35 DM., 8000 Einw.) leidet < 
Die 5. Lancelotta (13 IM., 9000 Einw.) hat 3 Vulkane, die 


Ganarienvögel Gandelaber "423 


ten. Sünf Canarien find unbewohnt. Das vorzüglichfte Erzeugniß die: 
ade iſt ein weißer und füßer Wein, der fogenannte Canarienfect; 
tden ungefähr 40,000 Ohm ausgeführt, meiftens nach Amerika und Eng: 
ferdem Weingeiſt, rohe Seide, Soda und Früchte. Der Betrag der Aus: 
uft ſich auf 242,000 Piafter. Die canar. Infeln find das Vaterland der 
narienvögel, zum Finkengefchlechte gehoͤrend, urfprüngfich mit weiß- 
em Gefieder und grünlichen Echwanz: und Schwungfebern, welche Karbe 
amifhung mit Stiegligen, Hänflingen und Zeifigen viele Abänderungen 
ringille canaria L.). Diefe Vögel find erft feit dem 15. Jahrh. in 
befannt. Sept werden fie aus Zirol, dem Schwarzwalde u. f. m. durch 
tiger nach England, Rußland und insbefondere nad) Conftantinopel 
(S. Feop. v. Buch's „Phyſikal. Befchreibung der canarifchen Inſeln“, 
825, 3.). 
mnafter, f. Zabad. 
ındelaber. Lichter und Kerzen nach unferer Art waren ben Alten un- 
ihre Stelle vertraten Fackeln, die zu Homer’s Zeit ausfchließlic im Ge: 
noefen zu fein fcheinen, und Lampen, die bald an der Decke der Gemächer 
Sen aufgehängt, bald auf eignen leicht beweglichen Lampentifchchen 
aria) oder Lampenträgern (Candelabra und Candelabri) fo aufgeftellt 
a fie zu den gewoͤhnlichen Geſchaͤften bequem leuchteten. Diefe Lampen: 
Aprünglich von Rohr mit einem oben befeftigten Teller und unten einer 
oder mit Küßen zum SFeftftellen, hießen bei den Griechen Eychnuchen ; 
ſehr uneigentlich entfpricht das deutfche Wort Leuchter dem römifchen 
lien Namen Gandelaber. Griechifche Kuͤnſtler entwidelten in der 
dung biefer Lanıpenträger, deren reichſte Form aber gefliffentlid) an den 
erinnerte, von dem fie ausgegangen war, eine unendlihe Mannigfaltig- 
ſchmackvollſten und ftets ſich überbietenden Verzierungen. Aus dem ein» 
ohrftabe formte der griechifchen Kuͤnſtler erfindungsreicher Sinn batd ſaͤu⸗ 
Schaͤfte, die durch geſchickte Workehrung verkürzt oder auseinander ge: 
erden Eonnten ; bald uͤppig auffchießende Akanthusſtauden, mit ſich über: 
Biättern, bald Stämme mit Epheu und Blumen umfchlungen, die oben 
m Vaſen oder in Glodenbiumen endeten (um die Lampe, oft wol nur um 
Rauchwerk aufzunehmen), denen unten, oberhalb des Fußgeſtells, das 
entatzen bilden, eine zierlich ausgearbeitete Scheibe entfprah. Die Bei: 
den erwähnten Dufterformen findet man, außer mehren fehr berühmt ge: 
ı Sandelabern des britifhen Mufeums und der Sammlung im Louvre 
), vorzüglich im Vatican, wo ein eigner Gang ganz mit Candelabern in 
ausgeſchmuͤckt iſt. Noch groͤßere Schlankheit lie die Bronze zu, und 
magewürbige Überreſte der Art, die Schäfte ſehr häufig damascenitt, 
kr eingelegt oder fchillernd von der Miſchung verfchiedenartiger Metalle, 
Deradanum zu Tage gelommen. Vorzuͤglich berühmt in der alten Welt 
ı Ganbelaberfabriten non Tarent und Agina. Die Arbeiten der erflern 
(fi, nach Plinius, durch Zufammenfegung und Proportion der Schäfte 
aͤginetiſchen durch Sauberkeit in der Ausführung des angebrachten 
8. Schon die Alten benusten die fo gefällige und finnreiche Form der 
rs, mit verfländiger VBerücfichtigung der Umgebung und Beftimmung, 
en plaftifchen Werken. Die Ähnlichkeit in Beziehung mit der befonder« 
apsdienfte vieldeutigen und geheiligten Fackel gab Denkmaͤlern die’eı 
e noch bebeutfamere Wuͤrde. Das größte, das alle überbot, war der 
m Hafeneingange von Alerandria. Aufeine fehr geniale Art ward dieſe 
ı neuerer Zeit im cheiftlichen Sinne ins Leben gerufen. An der Stelle, 
ange des 8. Sahch. (um 72 1) die wahrſcheinlich erfte Kirche in Thüringen 


424 Candidat Canga Acguelles 


vom Apoſtel der Deutſchen, Bonifacius, gegruͤndet wurde, auf einer w 
Anhöhe zwiſchen den Dörfern Altenberg und Catterkeld, im gothaiſchen Ant 
thüringer Waldgebirges (etroa 3 Stunden von der Hauptſtadt), waren vor? 
Fahren nur unbedeutende Spuren der Grundmauer des Gebäudes fichtbn 
mehr als zehn Jahrh. lang ber Gottesverehrung vieler Gefchlechter gewid 
wefen war. Im überwachhfenden Walde drohten auch diefe fidy zu verliere 
machte ein frommer , nicht reicher Einwohner von Altenberg, Nik. Bräd 
feinem Teftamente eine Stiftung, um einen Dentftein an die heilige © 
fegen. Ein Oberbeamter faßte den Gedanken auf, und Iud zu Beiträgen 
ftattlicheres Denkmal ein. Nicht unbedeutende kamen zuſammen und bee 
von Gotha, Auguft, der das Unternehmen großmüthig unterfiäßt hatte, « 
dafür, dem Denkſtein die Form eines Leuchter® zu geben. Die echt bibiff 
gorie der Reuchte vereinigt ſich hier auf das glüdlichfle mit den Erinnerie 
denen die fo bedeutfam gewählte Form den Kenner des Alterthums a 

1. Sept. 1811 ward das 30 Fuß hohe Denkmal, das unter dem Namen 

tingifchen Candelabers zu jener Zeit vielfältig befchrieben und abgebildet wei 
auf eine höchft würbige Weiſe von Geiſtlichen aus allen drei vereinigten che 
Confeffionen in Gegenwart des gothaifchen Hofes und vieler Tauſende % 
fhauern feierlich eingeweiht. Es ift aus feeberger Sandſtein, nach cine 
nung des Hofbaumeiſters Poͤnſch in Gotha errichtet. 

Candidat, ein Weißgekleideter, weil bei den Römern Diejenigen, 
um ein Amt beivarben, in glänzend weißer Kleidung erfchienen. Außerbemt 
die Candidati der Römer Eeine Tunica oder Unterfleid, entweder zum Il 
Demuth, oder um ihre auf der Bruft empfangenn Wunden vorzeigen zei 
— In der proteftantifchen Kirche heise Candidat ein Theolog, welh 
Studien auf der Univerfität beendet und durch eine Prüfung die Befugnifi 
digen und die Anmartfchaft auf eine Pfarre erhalten hat. 

Candide, der Name eines berühmten umd in der franz. Literatum 
machenden Romans von Voltaire, in welchem er das Syſtem des Optimi 
(f. d.) mit aller Geiftesgemwandtheit, die ihm zu Gebote fland, perfiflirt, ef 
mit blendender Leichtigkeit eines oberflächlichen Raiſonneurs gegen die pofil 
ligion ankaͤmpft. Voltaire zeigt ſich hier unuͤbertroffen in der Kunft, die ei 
Gegenftände mit frivolem Wig zu behandeln, indem er zugleich den keſer W 
Meiz feiner Darftellung befticht. Einzelne Schilderungen dieſes Romans, 
des Sarnevals von Venedig, find ausgezeichnet; das Ganze kann fchon bei 
leuchtenden Abficht wegen fchwerlich als poetifches Werk betrachtet werden. 

Sandirte Sachen heißen mit geläutertem und abgeflärtem Zud 
zogene Früchte, Bluͤthen, Gewuͤrze, Wurzeln u. ſ. w. In Italien und b 
lichen Frankreich find fie ein Gegenftand des größern Handels und ber A 
In Genua find 3. B. die daſelbſt candirten Eitroyate, kleinen grünen Po 
u. f. w. berühmt. In Frankreich liefern Montpellier, Zours und Nancy bi 
ſten candirten Früchte. - Candis ift der bekannte Zuder in großen Kr 
welcher in fcharflantige Städen bricht. Man laͤßt, um ihn zu erbafti 
Zuderfaft in Gefäßen an Zwirnsfaͤden Erpftallifiven. An diefen Fäden bi 
die größten Kryſtalle, die kleinern fchießen an den Seiten und an dem Bi 
Gefäße an. 

Ganga:&Arguelles (Don Zofe), Finanzminifter des Könige we 
nien, von 1820 bie zum März 1821, zeichnete ſich bei den Cortes vom ff 
Abgeordneter von Valencia, durch feine Talente ebenfo fehr aus als dure 
Eifer für die conflitutionellen Grundfäge. Als Finanzminifter legte er ben 
eine Überſicht aller Staats: und Kirchengüter in Spanien vor, woraus Mi 
daß bie legten um ein Drittel die erſtern Überfliegen. Als König Ferdinen 


Caniſius 425 


egierung wieder angetreten hatte, wurde Canga⸗Arguelles nach Penniscola 
t in der Provinz Valencia, auf einer Landzunge mit einem Caſtell) verwieſen, 
4. 1816 aber wieder in Freiheit geſetzt und in Valencia angeſtellt. Nach der 
therftellung der Sonftitution von 1812, im 3. 1820, erhielt er das Finanz⸗ 
ement. Bald darauf machte er feine gehaftvolle Denkſchrift über den Finanz⸗ 
d des Staats duch den Drud bekannt (‚„‚Memoria sobre el credito pu- 
' Mabrid 18320), in welcher er bie Lage, worin fid die Staatskaffe befand, 
et, als der König die Conſtitution beſchwor, fchilderte, und über die von dem 
erium feit dem 9. März 1820 angewandten Mittel, um die Finanzen wies 
guftelen, Rechenſchaft gab. Man ſah baraus, daß die Einnahme des 
damals bis auf 320,066,000 Realen gefunfen, die Ausgaben aber bis 
0,116,231 Realen gefliegen waren, daß folglich das jährliche Deficit 
10,050,231 Realen mehr als die gefammte Einnahme betrug. Der Minis 
Nag dagegen, außer andern minder wichtigen Hülfsmitteln, vor, durch directe 
140 Mitt. aufnıbeingen, den fiebenten Theil der Kirchen: und Kloſterguͤ⸗ 
veräußern, die Eleinern Befigungen an der Nordkuͤſte von Afrika zu ver 
und eine Anleihe von 200 Mit. zu eröffnen ; auch zeigte er, wie bie große 
Beamten und der Nachtheil dee Privilegien zu vermindern fei: Vor⸗ 
k welche jeboch nur theilweife und unter ben größten Dinderniffen ausgeführt 
1, ſodaß fich das Deficit in dem Budget von 1822 nur bie auf 198 Mil. 
ı verminderte. Als im März 1821 fämmtliche Minifter, weil ber König 
Schluſſe feiner Rede bei der Eröffnung der Cortes am 1. März, ohne daß 
m etwas wußten, fich über die Schwäche der erecutiven Macht beklagt hatte, 
Maflung gaben, trat auch Sanga = Arguelles aus dem Minifterium. 1822 
er zum Mitgliebe der Corted erwählt, die am 1. Märzd. J. ihre Sigung 
m. Ex gehörte darin zu den gemäßigten Liberalen, und trug auf Maß» 
aa, um bie Conftitution zu befeftigen und durch Reformen die Lage der Fi⸗ 
sm verbeffeen. Nach dem Sturze der Gonftitution in Cabir fluͤchtete ew 
4 England. 20. 
Banifius (Petrus), geb. 1524 zu Nimmegen, mar der Erſte, den die 
m in Deutfchland fir ihren Orden gewannen. Zu Köin, wo er fludirte, 
aufgenommen, bewies er große Thätigkeit zur Vereitlung der Reformations⸗ 
he des Kurfürften Hermann von Köin. In das Collegium feines Ordens 
gelflabt verſetzt, wurde er 1549 Lehrer der Theologie, bald auch Rector und 
Ingier der dafigen Univerfität. Die wichtigften Dienfte leiftete er dem Orden 
ma Papſte zu Wien feit 1551, erft als Rector des dafigen Collegiums, 1553 
Biftation, d. h. durch Umformung der wiener Univerfität nach den Abfichten 
Mens, und bei einjähriger Verwaltung des Bisthums zu Wien, das er als 
Baiche annehmen durfte. Nicht nur fein großer und kleiner Katechismus 
uma doetrinae christianae”, 1554), der als Gegengift wider den Luthe⸗ 
air vielen Auflagen verbreitet und ins Deutfche überfegt wurde, auch noch 
Klemm Bolksunterrichte gebraucht wird (deutfch, 3. Aufl.) und f. „Katholifche® 
ad” (7. Aufl., Landshut 1826), ſondern auch fein Einfluß auf Kaifer Fer⸗ 
B., der fi) von ihm umflimmen ließ, ihn auch zum Goncilium in Trient 
t, und feine mitunter gewaltfamen Maßregeln gegen die Proteftanten in 
b, baben viel dazu beigetragen, die Reformation in den kaiſerl. Staaten, 
ı fablichen Deutſchland überhaupt, zu unterdrüden. Die Sefuiten, beren 
Previncial in Deutfchland er war, verdanken ihm ihre erfte Verbreitung in 
Bande. Zu Prag, Augsburg, Dillingen und Freiburg in der Schweiz ſtif⸗ 
Cellegia derfelben. Im legten, wohin er ſich unter der feinem Orden mins 
igen Regierung Kaifer Marimilians I. zuruͤckgezogen hatte, farb er den 
x. 1597. 31 


% 


426 Canitz Gannd 


Canitz (Friedrich Rudolf Ludwig, Freih. v.), geb. zu Berlin 1 
aus einem alten adeligen Haufe. Mad) einer ausgezeichneten Er: 
terlichen Haufe ſtudirte er zu Leiden und Leipzig die Rechte und mad 
Reife durch Italien und Frankteich. Von diefer zuruͤckgekehrt, wur 
junker am Eurfürftlichen Hofe zu Berlin, bald darauf Legationsrc 
Eigenfchaft er zu. mehren Sendungen gebraucht wurde, und nach bı 
fürften Tode unter Friedrich, dem nachherigen Könige, Seheimer € 
während des Congrefies zu Daag abgefandter Minifter. Schon frü 
Studien geneigt, widmete er feine Mußeſtunden den Muſen un! 
des häuslichen Lebens, feit 1681 vermählt mit der als vortrefflich: 
rühmt gewordenen und ihm zu früh entriffenen Dorothea (Doris; 
ftarb 1699, bewundert als Dichter, obgleich ex nie etwas von feine 
deuden laffen. eine Gedichte erfchienen zuerft Berlin 1700, ur 
1727 zehn und 6161765 vierzehn Auflagen. Ganig ift ein eleganter 
voliften Bedeutung diefes Worte, und die Reinheit, Klarheit, Leicht 
flimmtheit feiner Berfe contraſtiren vorteilhaft gegen den wüften Pı 
fleinfchen und Hoffmannswaldau'ſchen Schule. Ein großer portift 
jedoch keinesweges. 

Sannd, Stadt in der neapolitanifchen Provinz Puglia an 
des Aufidus am adrintifchen Meere, berühmt durch die große S 
bier die Römer 216 v. Ch. gegen Hannibal verloren. Gleich de 
im Oberbefehl des römifchen Heeres wider die Garthag., befolgten die 
ins Paulus und Terentius Varro den Defenfivplan wider Hanni 
dahin frebte, durch einen Schlag Roms Schickſal in diefem Kriege 
weil aber der roͤmiſche Senat wußte, daß das römifche Heer 87,000 ' 
liche aber nur 50,000 M., darunter 10,000 Reiterei, ſtark war, u 
bal weder Verbündete noch einen Stügpuntt für ein gefchlagenes £ 
fen Emährung aus einem verheerten Lande im Rüden immer fan 
fo befahl der Senat den Eonfuln, durch eine Hauptſchlacht den lc 
beendigen. Hannibal entdeckte bald die Veränderung in den Ope 
Gegner; um nun die Römer zu einer Hauptfchlacht zu bewegen, 
Conſul Terentius Varro die Freude, in leichten Reitertreffen Sie 
indem bie carthagiſche Reiterei ſich jedesmal raſch nach dem Haupı 
nibal's zu Cannaͤ, das ſchon im J. zuvor abgebrannt worden war, zu 
der andern Seite gaben die Römer ihre feſte Stellung zu Canuſiumc 
gen ein paar Meilen öftlicher, um Hannibal noch mehr einzuengen, 
ger auf und zwar an beiden Ufern des Aufidus. Endlich fanden 
Schlachtfeld am rechten Ufer des Aufidus zu enge und gingen bei 
ganzen Heere auf das linke Ufer. Der Conful Barro lehnte feinen 
an den Fluß und breitete fich weit in die Ebene aug. Zur nämlü 
ſchritt bei einer Furth Hannibal den Aufidus und flellte fein Klein 
tömifchen entgegen. Das roͤmiſche Heer hatte auf dem rechten F 
ſche, auf dem linken die verbündete Reiterei und alles Fußvolk wie 
der Mitte. Schlau ftellte Hannibal die numidifche Reiterei derjen 
fhen Verbündeten und die der Spanier und Gallier der römifch 
Seine Infanterie aus Afrika theilte er im zwei Maſſen, jede der | 
ftand nahe bei der Neiterei. Geſondert von beiden Flügeln durd 
Raum, ftanden in der Mitte im flumpfen Winkel die Spanier und € 
und hinter ſolchen noch ein ftarfes Corps. Im der Mitte überna 
feibft das Commando. Berechnet hatte er, daß der Wind Volturnu 
lien in damaliger Jahreszeit in gewiſſen Stunden in einer bekam 
wehet, in der Periode des Angriffs Staub und Sand den Römern cı 


Canneliren Canning 427 


hindern wuͤrde, feine Evolutionen zu errathen, ehe fie entſchieden. Die 
ıppen beider Heere begannen das Treffen, die Römer mit Wurfſpießen, 
mit balearifchen Schleuderern, deren einer gleich anfangs den Sonful 
JYaulus verwundete, indem er die erfte Unorbnung hberftellen wollte. 
das erſte Anprellen der römifchen Meiterei auf bie Spanier und Gallier; 
mpf lange dauerte, verließen die Kämpfer ihre Roffe und griffen einan> 
an. Die gewandtern Gallier und Spanier warfen aber ſchnell die roͤ⸗ 
erei, die ihre Pferde verlaffen hatte, und hieben Alles, was floh, nieder. 
he Fußvolk wollte feine Reiterei retten, und zog ſich nad) dem Flügel 
bin, in welchem es mit vielem Nachtheile focht, und fiel das fpanifche ' 
e Fußvolk an, das fi) in guter Ordnung nad) Hannibal's Befehl in bie 
n Räume zivifchen ber Mitte und den Linien immer weiter fechtend zus 
ied veranlaßte nun ſchnell, daß Hannibal vom Mittelpunkte aus den uns 
wbringenden und eingeengten Römern mit eben der afrifanifchen Infan⸗ 
für dieſe Benugung geſchont hatte, in die Stanke fiel. Nun ſchwankte der 
t länger, überall fielen die eingedrängten Römer, unter ihnen ber Gonful 
rulus und beide Proconfuln Servitius und Atilius. Mas vom 
e floh, hieb in der Ebene die numidifche Reiterei nieder. Der Sieger 
DOO Gefangene. Der Römer Verluft betrug nach ihren eignen nie= 
gaben 45,000, nad) den hoͤchſten 70,000 M. Bon den gefallenen 
Römer ließ Hannibal die Goldringe fammeln, und ſchickte bavon einige 
n Zeichen des Siege nach Carthago. Weil der Sieg daB Heer Hanni⸗ 
acht hatte, fo drang er nur mit Vorficht bis Mom vor, hoffte vergebens 
a in der Stadt und Abfall der italienifchen Verbündeten. Geld fehlte 
ifchen Feldherrn immer und daher bie Recrutirung. Diefer Mangel, 
das kurze MWohlleben des Winterguartierd in Capun, "war der wahre 
rum er nach 17 Seldzügen immer mehr geſchwaͤcht, endlich Italien auf: 
e. (Berl. Hannibal.) 
neliren, in ber Baukunſt, aushöhlen oder außtehlen. -- Canne: 
t, mit Reifen verfehen, z. B. cannelirte Säulen find foldye, deren 
rechte Aushöhlungen hat, welche parallel fortlaufen. —- Canneli⸗ 
Akehlung, rinaförmige Vertiefung. 
nemann (Elias) niederlänbifcher Miniiter, Staatsrath und Mitglieb 
Kammer der Generalſtaaten, geb. in Amiterbam und von feinen Altern 
at beftimmt, erhielt durch die Revolution 1795 eine andre Laufbahn. 
te Staatsmann Gogel bemerkte feinen fähigen Geift und verfchaffte 
die Stelle eines Greffiers (Generalſecretairs) im Finanzfach, dem er 
Nach der Amalgation der Niederlande mit Frankreich, 1811, verfegte 
mann in die Direction der directen Steuern im Depart. der Maas: 
und als 1813 ein allgemeiner Aufſtand in den Niederlanden erfolgte, 
an die Spise der Patrioten und verfaßte den Volksaufruf des fich con» 
Gmeralgouvernements am 21. Nov. 1813 im Namen des Prinzen 
n. Indeß Gogel in Paris negociirte, wurde Sannemann General: 
bee Finanzen und fegte 1814 das alte Syſtem der inbirecten Abgaben 
n Die Stelle des franz. Verwaltungsſyſtems in biefem Sache. Zur Be: 
F ihn der König in ben Staatsrat und ernannte ihn fpäter zum Liqui⸗ 
alten bolländifchen Staatsfhuld in Paris vom 3. 1816 an: ein 
Zeſchaͤft, das er zur Zufriedenheit feines Monarchen beendigte. 
nibalen, Eannibaleninfeln, f. Garaiben und An: 
agen. 
ning (George), einer ber erften Staatsmänner unferer Zeit, brit. 
d Gabinetöminifter für die ausmärtigen Angelegenheiten feit 1822, 


428 Ganning 


ber Sohn eines mittelmäßigen Dichters, geb. 1770 in Irland, Aut 
und Drford. Schon in Eton gab er mit den beiden Brüdern 3. u: 
und mit Frere die Zeitfchrift „Mikrokosmus” heraus und machte fich 
Gedichte, u. A. über die ſtlaviſche Unterdrückung der Griechen, vortheil 
Einige witzige Verfe, im Sinne des Minifteriums, erwarben ihm ' 
gung; auch trug feine Perſoͤnlichkeit — Geiſt und Anmuth im Umgaı 
feiner fchnellen Beförderung bei. Selbſt Sheridan urtheilte im Par 
guͤnſtig über den jungen Rebner. In Cambridge veranlaßte er mit Fr 
1792 den nicht minder befannt gewordenen „Anti:$acobin, ober den ı 
Unterfucher” („The weekly Examiner‘). Nach feinen Univerfitätsjal 
fi) den Rechten widmen, aber die Politik zog ihn bald ganz an fi. ' 
ward er Parlamentsmitglied für Newport auf ber Inſel Wight und : 
Staats ſecretair. Er war in dieſer Zeit eine der Hauptitägen der Pi 
maltung. Bei Gelegenheit eines 1794 mit dem König von Sardini 
‚ Venden Vertrags hielt Sanning eine Rede, in der man fein Zalent er! 
ber Folge ſprach er fehr lebhaft für die Abfchaffung des Sklavenhandelt 
Behandlung des Gegenftandes und ein biühender Ausdrud, oft v 
Stellen aus der alten claffifchen Literatur, find in feinen Reden bem 
hat der geſuchte Anſtrich von Erubition ihm die Spötterei zugezogen, 

Ient etwas nad) Schimmel (nad) der Öllampe) rieche. Auch hat ih) 
keit feines Wiges und das große Selbfivertrauen auf feine Redeku 
Feinde gemacht. Die fchwierigften Angelegenheiten des Gontinent: 
bandelte er leihthin mit vieler Anmaßung, gegen Frankreich ſtets fı 
dem Minifterium ganz ergeben ; dabei erlaubte er ſich heftige Ausfaͤll 
fonen, u. A. Sarkasmen gegen den Minifter Addington (dev 1801 an 
getreten war) und gegen Kor, fobaß er öfter mit dem Feuer feines 9 
fid) entfchufdigen mußte. Als Pitt, um den Frieden von Amiens mı 
ahen, fic) vom Staatsruber entfernte, trat auch Canning zurüd. Nach 
des Friedens aber, als Pitt wieder die höchfte Leitung der Staatsan 
übernahm, erhielt Canning ebenfallß einen bedeutenden Poften. Mi 
(1886) verlor E. feinen Einfluß. or wurde erfter Minifter und E. tr 
Dppofition. Als Percival an Fox's Stelle kam, wurde C. 1807 mir 
der auswärtigen Angelegenheiten. Als folcher ließ er 1807 die dänifd 
Kopenhagen gewaltfam wegführen ; auch fchloß er zu London den 14 
den Allianztractat zwiſchen Großbritannien und Spanien mit der ob 
ab, die damals Spanien im Namen Zerdinande VII. regierte. Ir 
Streits über die von ihm veranftaltete Erpedition nach Walcheren im 
mit feinem Gollegen Caſtlereagh, der jene Unternehmung mißbilligte, 

mit demfelben auf Piſtolen in Hyde-Park:Corner. Er trat jegt auı 
ſterium, ohne im Parlament entfchieden zur Oppofition Üüberzugehen 
derfuhr dagegen 1812 die große Ehre, von Liverpool zum Parlamenti 
wählt zu werden. 1812 fprach er eifrig für die Emancipation der Kı 
widerſetzte fi) der Unabhängigkeit Norwegens. Bon feiner Sinecu 
fandtfchaftspoften in Liffabon, mo kein. Hof war, und worliber er viel vo: 
willen der londner Blätter und Zerrbilder leiden mußte, kehrte er na 
1816, durdy Frankreich, wo man ihn zu Bordeaux — unbegreiflid 
der größten Auszeichnung — empfing, nach Eondon zurüd. Darauf 
feine Freunde in Liverpool am 12. Juni 1816, nach einem heftigen 
den Candidaten der Volkspartei, wobei fogar Canning's Leben in Gefo 
Parlamentsglieve. Er trat 1817 aufs neue ins Miniflertum ein 
Präfident des indiſchen Minifteriatdepartemente (Board of Contro 
jedoch in der Sache ber Königin und der Cmancipation der Katholiken 


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ſchaffen. Bei diefer in ſtatiſtiſcher Hinfiche Ichrreichen Debatte mußte 
ge Canning zur großen Beluftigung des Daufes einen großen Markt⸗ 
n laffen, der den erften Spaßvogel ım Rande fpiele. Indeß wurde 
‚efdylag verworfen und Canning noch in demfelben Monat (März 
m Directoren der Compagnie an die Stelle des aus Oſtindien zurüds 
ırquis dv. Haſtings zum Generalgouverneur der Staaten der briti’cy« 
ompagnie ernannt. Nach des Marquis v. Rondonderry’s Selbfts 
it Canning im Sept. 1822 als Staatsjecretaic der auswärtigen Ans 
ins Minifterium. Als ſolcher bat er feitdem der britifchen Politik 
ie von der Cabinetspolitik der heil. Allianz und eine neue Richtung in 
6 MWelthandels durch alimdlige Befeitigung des Prohibditivſyſtems ges 
t die Verhaͤltniſſe Brafiliens und Portugals geordnet, mit Rußland 
te zur Echaltung des europ. Friedens Unterhandlungen angefnüpft 
oͤſiſche Cabinet in Hinſicht der ſpaniſch⸗ amerikaniſchen Sache zu den 
britiſchen Cabinets hinuͤbergezogen. Er hat das erſte Beiſpiel der 
der ſpaniſch⸗ amerikaniſchen Freiftaaten in Europa gegeben; er bat 
mancipation der Kathol:fen in Großbritannien erklaͤtt und die Auf⸗ 
ritifchen Korngefeße eingeleitet. Kein Minifter hat eine fo ſchwache 
ı befämpfen gehabt als C. Keiner ift fo populair national als C. 
26 machte er eine Reife nach Paris, deren Reſultate noch nicht bes 
Als Parlamentsredner behauptet C. einen ausgezeichneten Rang. 
ı nicht gewoͤhnliches Maß von Scharffinn, einen unerfchöpflichen 
n finnreihen Wendungen, eine große Gewandtheit in der Sprache. 
feines Witzes verfehlen ihres Gegenftandes nicht und Feine Bloͤße feis 
entgeht ihm. Aber Burke, Pitt und For waren ihm dennoch Übers 
egeiftert und überwältigt nicht wie Burke; er imponirt und zermalmt 
;; er reift nicht mit fich fort wie For. Seine „Speeches” (über 50, 
eit 1812 bei Gelegenheit feiner + Wahlen zum Parlamenteglicde in 
alten hat) erfchienen zu London 1825. In Liverpool. mo G. in 





.480 Canopen 


Pacheco, vervollkommnete ſich In der Schule von Juan bei Caftillo 
uͤbte ſich zugleich in der Bildhauerei und machte ſich zuerſt durch 3 St 
große Kirche von Lebrija bekannt. Kaum 24 Jahre alt, hatte er fd 
eines großen Kuͤnſtlers. 1638 ernannte ihn der König zu feinem Hof 
befam er viele Arbeiten als Architekt. Ex führte mehre berühmte © 
und war auf dem Gipfel feines Ruhms, als ein fchrediiches Ereign 
zerflörte. Er fand, als er einft in feine Wohnung trat, feine Gattin ı 
fein Haus beraubt. Ein italien. Bedienter, auf den der nächfte 2 
war entflohen. Die Richter entdeckten bei ihrer Nachforſchung, d 
diefen Italiener eiferfschtig geroefen fei und mit einer andern Frau ein 
gehabt habe. Sie fprachen den Flüchtling frei und verurtheilten den G 
nöthigte Cano, Madrid zu verlaffen. Cr verbreitete das Gerücht, n 
entflohen zu fein, und ging nach Valencia, wo er, als feine Kunft i 
hatte, in einem Carthäuferkiofter Zuflucht fand. Er trat jedoch auı 
dorgenheit heraus und kehrte nach Madrid zurüd, wo er fich zwar anf 
gen hielt, aber bald, des Zwanges mübe, ſich verhaften ließ, ind 
„Excellens in arte non debet mori”. Cr mard auf die Folter geb 
jedoch aus Achtung für fein Talent die Vergünftigung, daß die Denke 
ten Arm verfchonten. Standhaft ertrug er die Martern, ohne ein ' 
ftoßen, auf welches man ihn hätte verurtheilen können. Der König 
Nachricht gegeben wurde, nahm ihn wieber in feine Gunft auf und ı 
da er Priefler geworben war, zum Racionero (Refidenten) von Star 
führte als folcher ein frommes und mufterhaftes Leben und flarb 16° 
thuͤmlich war feine unbegtenzte Abneigung gegen bie Juden, dere 
und Nähe er nicht einmal ertragen Eonnte. Auf dem Sterbebette mı 
das Abendmahl von einem Priefter zu nehmen, der es auch befehrten 
ben hatte. 

Ganopen. Canobus oder Canopus heift in den dgyptifd 
mern jede® große, bauchfoͤrmige Gefäß, wie es urfprünglich gebrauch 
Nilwaſſer friſch und trinkbar zu erhalten. Boͤttiger, inf. „Archäot. ? 
glaubt, fie fein von der Stadt benannt, wo fie theils zum Verfüh 
waſſers ins Ausland, theils für ben Gebrauch im Inlande in allen Fe 
alten Preifen verfertigt wurden. Sie waren häufig ans Bafalt geart 
ſchoͤne Canopus von grünem Baſalt in der Villa Albani) und mit erh: 
ren oder Malereien verziert, ober wie der im Mus. Pio-Clementinun 
tem weißen Alabafter gearbeitet, mit gewunbenen Cannelirungen v 
auch von ſchwarzer gebrannter Erde. Unter der Geſtalt eines folchen 
darauf gefeßtem Menſchenkopf, zumeilen auch mit Schlangen und ı 
Attelbuten verbunden, verehrten die Ägypter einen ihrer fegnenden 
Die zwifchen Alerandria und der weſtlichen Nilmündung (auch bie c 
nannt) gelegene Stadt Canobos oder Canopos foll nad) Einigen von 
ehrten Gottheit ihren Namen haben. An die Stelle diefer rohen C 
teat unter den erften Ptolemdern Serapis. (S. Th. 1 v. Creuzer's, 
wo Abbildungen diefed Kruggotts gegeben worden find, und, maß deſſe 
betrifft, Creuzer's „Dionyfos”.) Nach Eufebius follte die kugelfoͤr 
des Gefäßes die ganze Natur, oder die Welt bezeichnen; der menſchli 
auf deutete den Alles belebenden Geift (vovs) an, was man ſonſt au 
gel und Schlange bezeichnet hatte. Nach Zoega („Nuni Aegyptii ir 
p. 34) mar Canobos einerlei mit Knuph, welches Wort auch auf gleiı 
hinweiſt, und bezeichnet den guten ſchuͤhenden Gott. Über Urfprung 
tung diefes Namens f. auch Fr. Schlichtegroll's „Auswahl vorzügl. € 
dem Stoſch'ſchen Cabinette”, S. 58 fg., wo ebenfalls Abbildungen ; 


Canoſa Canova 481 
Verehrung dieſer Gottheit findet man auch In Italien zu Babrian’s 


ofa, Stadt in Unteritalien (Terra di Bari), berühmt durch bie in 
befindlichen Gräber. Eine halde Meile von Canofa, in einer durch 
‚tfeld, auf welchem Hanmibal die Römer fchlug, berühmten Gegend, 
» Anhöhe, die mit alten Gräbern angefüllt if. Sie find in Felſen ges 
mit Erbe bededt if. Man hatte in diefen Gräbern einige Vaſen von 
und weißlicher Karbe, auch einige gemalte, aber von grober Arbeit, und 
hne Werth gefunden. Millin ließ bei feinem Aufenthalte zu Canofa 
waben, wobei man 4 Gräber entdedite. 1813 ließ ein dortiger Guts⸗ 
einem nicht weit von jenem Begräbnißplag gelegenen Gute einen Keller 
maffe graben, und man öffnete dabei eine ſchoͤne Grabkammer. Der 
ae gegen Welten. Nach Aufhebung der Thür fand man 6 Stufen, 
san in einen Eleinen Vorhof, den 2 vierediige Pfeiler unterftügten, bin- 
ine Öffnung, welche ber des Thores entfpricht, führte zu der Kammer, 
er Leichnam war. Die Thür war auf beiden Seiten mit einem drei: 
won verziert; im Tympanum fieht man eine Lyra. Mitten in diefer 
ein erhöheter Plag, auf welchem ein 24 Palmen hohes Bette in Form 
elepipedum in den Zuf felbft ausgearbeitet iſt; darauf lag ein Krieger 
pf gegen Oſten. Er war mit einem Harniſch angethan, einen Selm 
nur an einem Fuße bewaffnet. Der Körper fiel in Afche zufammen, 
? äußere Luft berührte. Auf der großen Vorderſeite der Mauer war in 
dnes Basrelief, ein Seepferd und einen Fuchs vorftellend, ausgearbeis 
lyphen, die wol den Jäger bezeichnen. Außerdem fand man eine tus 
ve umd eine Menge trefflicher Vaſen. Als der koͤnigl. Auͤfſeher über 
gen und Entdedungen ſich nach Ganofa begab, waren die in dem Grabe 
Gegenftände ſchon zerftreut. Der Gutsbeſitzer, der demfelben nur 
) unbedeutende Vaſen vorzeigte, hatte einige verſchenkt. Mehre, fo: 
indenen Waffen und Geräthfchaften, werden nun in dem koͤnigl. Mus 
apel aufbewahrt. S. Millin's „Description des tombeaux de Ca- 
que des bas-reliefs, des armures, et des vases peints qui y ont 
erts en 1813" (Paris 1813, Fol.), welchem Werke fehr genaue Ab> 
eigegeben find. Die Malereien auf jenen Vaſen find das Bedeutend⸗ 
tdedung; fie beziehen fich, wie faſt alle, auf den griechiſch⸗italiſchen 
fl der alten Bewohner diefer Landftriche, namentlich auf die Einwei⸗ 
on der Unterwelt. 44. 
offa, unweit Reggio im Herzogthum Modena, ein jegt in Trümmern 
ergſchloß. Hier ward 951 Adelheid, K. Lothars Witwe, von Be: 
elagert, ale fie Otto dem Großen, K. der Deutfchen, ihre Hand und 
on Stalien anbot. Im 11. Iahrh. gehörte Canoſſa der Markgräfin 
m Toscana, bei welcher Gregor VAL. fi) 1077 befand, als er hier dem 
ven Banu getbanen 8. Heinrich IV. (f. d.) die harte Buße auflegte. 
va (Antonio, Ritter), der dritte Bildhauer, der in neuerer Zeit eine 
eine Kunft in Italien gründete. Michel Angelo Buonarroti war der 
ni der zweite. G. kann ale Wiedererwecker des lieblich reigenden Style 
erben, ſowie ale Stifter einer neuen Schule in Anfehung der weichen, 
ührung und vortrefflicdyen Behandlung des Marmors. Geb. d. 1. Nov. 
fſagno im Venetlaniſchen, einem Dorfe des Nobile Salieri, äußerte er 
abe Talent zum Modelliren. Die Salieri, Vater und Sohn, thaten 
einem Bildhauer in Baffano in die Lehre, wo er ſich handwerksmaͤßig 
erſte eigne Arbeit Canova's in feinem 17. 3. war eine Eurydice in 
rmor im halber Lebensgröße. Er wurde nun auf die Akademie nad) 


N 


458 Canova 


Venedig geſchickt, wo fein eigentliches Kunſtſtudium begann. Er ge 
Preiſe, und feine übungsſtuͤcke erregten Erwartungen, die er ſpaͤter n 
Die erfte Arbeit, die ihm aufgetragen wurde, war die Statue des Dar 
in Lebensgröße, für Padua. Im 25.3. vollendete er die Gruppe 2 
Ikarus in Lebensgröße in cararifhem Marmor; fie iſt merkwürdig 

arbeit, aber fie hat nody feine Spur von Form und Styl und iſt dürftig 
bildung gemeiner Natur. Indeß fandte der Senat von Venedig ib 


- einem Jahrgehalt von 300 Ducati nad Rom. Hier war bie erſte? 


Stubiums ein Apollo, der fi) eine Lorberkrone aufiegt, 3 Palmen h 
mor; er ift noch ſchwach und charakterlos, doch verließ der Künftier di 
Nachahmung der gemeinen Modellnatur, und dieſe Statue ift als fe 


“ zum Soealifchen zu betrachten. Cine Gruppe in Lebenögröße, Theſe 


erfchlagenen Minotaur figend, war das erfte große Werk, wodurch 

1783 in Rom bekannt machte. Es gehört noch jegt zu feinen vorzuͤgl 
ten. Theſeus bat Deldendyarakter, und die Formen zeigen Studiu 
der Antile. Es wurde mit ungetheiltem Beifall aufgenommen unt 
in Wien kaufte es. 1783 übernahm ©. die Verfertigung eines Grabi 
Dapft Clemens XIV. inder Kirche degli Apostuli; er blieb beidem He 
und verbefferte nur den duch) Bernini's Schule ganz geſunkenen Gefdı 
bübete er eine Gruppe von Amor und Pſyche, worin er zuerft feinen 

betrat, der ſich entfchieden zum Meizenden und Kieblichen neigt. D 
find ungemein zart und anmuthig; doch fucht man vergebens eine Anfı 
man beide Phyfiognomien zugleich erblicken könnte; uͤberdies ragen Ar 
auf eine mißfällige Art über die zu viele Ducchfichten darbietende Gr 
Das Portrait des jungen Prinzen Chartoriski als Liebesgott fälle i 
Ein zweites öffentliches Monument wurde Canova von feinem Gönner 
zen Rezzonico, aufgetragen, naͤmlich das Grabmal ded Papſtes Clem 
der Peterötiche. Seit 1792 ift e8 daſelbſt aufgeftelle und zeichnet | 
loffale Größe und einfachen Styl aus. S. den Kupferftic von Rafıı 
Der Figur der Religion wirft man etwas Starres vor, die langen ©: 
ungeheuce Kreuz und die Eleinlichen Falten des Untergewandes gebe 
ſchmackloſes Anfehen; der Genius hat mehr iymeichelnden Reiz als 

tung. Indeß nahm der Ruhm des Kuͤnſtlers immer ju. Er eri 
Palaſt des venetianifhen Geſandten eine Schule zum Beften der jun; 
ner. Beine naͤchſten Arbeiten waren ein ſtehender geflügelter Amor; ı 
bolung der Gruppe Amor und Pſyche; eine ftehende Gruppe, Venus 
wo der Adonis beſonders ſchoͤn ift, für den Marchefe Verio in Neapel 
mal des venetian. Admirald Emo, für die Republik Venetig ; dies ift 


-menfegung von runder und erhobener Arbeit. Ferner bildete E. eine 


Pſyche, ſtehend, halb bekteidet, mit der Rechten einen Schmetterling 
gein baltend auf der offenen linken Hand, und ihn mit ruhig heiter: 
teachtend. Außerdem bildete er in diefer Zeit viele Basreliefs, meift 
dem Leben des Sokrates, aus der alten Fabel und Gefchichte, die jebo« 
als gelungen anzufehen find. Nur eins, das vorzüglidyfte derſelber 
Padua als weibliche Figur in figender Stellung, führte er in Marmor 
büßende Magdalena in natürlicher Größe gehört zu den Marmorwerke 
er das Verfchmolzene und Mürbe am toeiteften getrieben bat. De 
Affect der Reue ift fprechend ausgedrüdt. Froͤhlichere Empfindung 
liebliche Bild einer Hebe. Hier ift der Künftier in feiner Sphäre be 
und Reisenden. In leichter lebendiger B-wegung ſchwebt bie holbe S 
auf einer Wolke; mit aufgehobener Rechten gießt fie aus einem Gef 
eine Schale, die fie in der Linken hält. Beide Gefäße, ſowie Hebe’ü 


Canova 483 


der Saum ihres Gürtele, find vergoldet. C. Licht die Verfchiebenheit bes 
fd ımd firebt oft danach, mit dem Marmor zu malen. Er wiederholte biefe 
je vorige Statue. Jetzt wollte er fein Talent im Tragifchen verfuchen, und 
e den raſenden Hercules, der den Lichas ins Meer fchleudert. Die Gruppe 
effal und der Hercules noch etwas größer als der farnefifche, macht aber eis 
idrigen Eindruck, welcher beroeift, daß diefe Gattung nicht zum Beruf uns 
uͤnſtlers gehört, Weit gelungener ift feine Darftellung der beiden Fauſt⸗ 
ee, Kreugas und Damorenos. Eine flehende Gruppe des Amor und ber 
r, welche auch öfter wieberholt if, wurde Canova's Triumph. Die Pſyche 
ma Schmetterling ift hier mit einem Amor zur reigendften Gruppe verbunden. 
dalamedes wurde fpäter von C. in Marmor ausgeführt, ward aber im Wins 
05 durch eine Überfhwenmung umgeftürzt und zertrümmert. 1798 und 
verfertigte C. das Modell zu dem berühmten, oft befchriebenen Grabmale ber 
eb. Erzherzogin Chriſtina von Oſtreich, Gemahlin des Herzogs Albert von 
ſen⸗Teſchen, welches 1805 von dem Künftler felbft in der Auguftinerkicche zu 
eufgeftelt wurde. Die Erfindung befjelben ift neu; zum erften Mal wagte 
der große Kuͤnſtler, die Bahn des Herkoͤmmlichen zu verlaffen. 1797 bils 
das Eoloffale Modell zu einer Statue des Könige von Neapel, einer feiner 
Arbeiten. Bei dem Ausbruche der Revolution war er in großer Gefahr, 
ſtuͤrmenden Sacobinismus zu erliegen: doch die lieblichen Piychen, Hes 
Amors fänftigten die rohe Volkswuth; fie allein ſchuͤtzten damals ihres 
Werkſtatt, und der Eönigliche Koloß verbarg fich in einem der hintern 
ie. Diefe Statue, die 15 Palmen Höhe hat, wurde 1803 in Mar» 
geführt. Während der Revolution 1798 und 1799 begleitete E. den 
Prinzen Reszonico auf einer Reife buch Deutfchland. Nach feiner Ruͤck⸗ 
er fich einige Zeit im Venetianifchen auf und malte fuͤr die Kicche feine® 
8 Poffagno ein Altarbiatt, auf welchem ber tobte Chrift, die Marien, 
8 und Joſeph, und oben Gott Vater in einer Ölorie, abgebildet find. 
ettigte er in Rom feinen Perfeus mit dem Haupte ber Meduſa, der waͤh⸗ 
Zeit, wo der Apollo vom Belvedere aus Stalien entführt war, auf deſſen 
Fußgeſtell ftand. Diefe Statue erhöhte und verbreitete Canova's Ruhm 
alle vorhergehende Werke. Doch ift Perfeus ohne Einheit und beſtimm⸗ 
eg, eine Nachahmung des Apollo ohne tiefere Bedeutung. Aber von 
Schönheit find alle einzelne Theile deffeiben, in ben Formen fowol els 
ifterhaften zarten Bearbeitung. Diefer magifche Reiz der Vollendung in 
d reinen Stoff feffelt Augen und Sinne und läßt die ſtrengern Kunſt⸗ 
oft vergefien. Weit weniger gelungen ift der in gleicher Größe gearbeitete 
* 1802 wurde C. von Pius VII. zum Oberaufſeher aller roͤmiſchen 

















und aller Kunſtunternehmungen im ganzen Kirchenſtaate ernannt und 
des goldenen Sporns erhoben. In demſ. J. wurde er von Bonaparte 
berufen, um das Modell zu einer koloſſalen Bildſaͤule deſſelben zu ma⸗ 
Anfange 1803 ſah man das Modell der Buͤſte und ſpaͤter auch das der 
Statue des Kaiſers in der Werkſtatt des Kuͤnſtlers. Es iſt unmoͤglich, 
charaktervoller aufzufaſſen und es zugleich reiner im antiken Helden⸗ 
Bealificen. Es gibt in dieſer Art nichts Gelungeneres als dieſe Buͤſte; 
der Statue iſt bei weitem nicht fo trefflich. Georg IV. hat fie ſeit der 
Herzog von Wellington geſchenkt. Die Statue ber Madame Lätitin Bo: 
eftend 1319 in Paris der Herzog v. Devonfhire für 36,000 Franken. 
Bunte d:8 fleißigen Kuͤnſtlers find: Wafhington, Eoloffal, als Imperator 
er an fein Volk fchreibt (vor dem Palaſte des Congreſſes in Wafhington 
; die Srabmäler bes Cardinals von York und Pius VII.; die Büften 
und Stan; II.; eine Nachbildung der mebiceifhen Venus; eine dem 
Gicbente Aufl. Bd. Il. 28 










43% Ganftern 


- Babe entfllegene Wenus; eine Portraitflatue, halb nadt auf dem Ruf 


gend; ein Monument für ben verft. Kupferflecher Volpato; die Eoloflal 
des Theſeus, der den Centauren erlegt, welche bie frühern Werke im Heit 
tee weit übertrifft; Alfieriſs Grabmal, flr bie Gräfin Stolberg in Zu 
daſelbſt aufgeftellt, woran man bie mweinenbe Stalia, eine Koloffatlitatuı 
mor, befonbers bewundert; die aus dem Babe ſteigenden Charitinnen; t 
mal der Gräfin S.⸗Croce, ein großes Basrellef in Marmor; eine Ver 
Tänzerin, mit faft durchſichtigem Gewand ; die Portraitftatue ber Gem 
clan Bonaparte’s, mit der Lyra im Arm, eine große, fchön bekleidete 
ſtatue; ein koloffaler Hektor; ein ruhender Paris; eine Mufe, über Leb 
ein Modell zu einem Boloffalen Ajar und das Modell einer figenden, mi 
Gewand umgebenen Statue der Erzherzogin Marie Zouife von Oftreid 
Napoleons zweiten Sturze (1815) foderte C., im Auftrage bes Papſtes 
"Rom entführten Kunſtwerke zurüc, ging dann nad) London und kam 1 
Rom zuruͤck, wo Pius VIE, durch Eintragung feines Namens in da 
Buch des Capitols und ein Ihm eingehändigtes Senbfihreiben, ihn für 
dient um bie Stadt Rom’ erflärte und ihn zum Marchefe von Iſchia 


Scubl jaͤhrl. Einkommens ernannte. C. ftarb den 13. Det. 1822 zu Oi 


In der Art, wie Canova den Marmor behandelt, ift ein befonderei 
fihtbar, den Reiz des weichſten Schmelze6 hervorzubringen. Nicht 
der Oberfläche bed Marmors durch Seile und Bimsſtein die zartefte Bel 
und einen milden, matten Glanz gegeben zu haben, hat er eine ins Celblich 
Beize erfunden, die aus Ofenruß zubereitet ift, und welche er nad) ber leg 
zenden Politur aufträgt, um das biendende Weiß des Marmor zu bı 
demfelben das Weiche, Mürbe des Elfenbeins oder Wachſes zu gebe 
Verblaſene ift für Kunſtliebhaber anzichender als für echte Kenner. 
bie Modelle feiner Erfindungen zuerſt Kein in Wachs zu verfertigen, dan 
von derfelben Größe, die das Werk haben follte; das Übertragen des in 
geformten Mobells auf den Marmor, fowie das Aushauen des Bilde: 
Groben, überließ er geſchickten Arbeitern bis auf den Punkt, wo er felbft 
vollendende Hand anlegte. Als Künftler durfte man C. wol am treffer 
Menge vergleichen. Beide waren Erwecker ihrer Kunſt aus der Ohnmat 
fie durch verborbenen Befchmad gefunten war; Beide wurden von gleid 
ben befeelt; nur ift bas Talent des ital. Bildhauers ergiebiger, gefchme 
fühlender. Als Menſch war E. achtungs⸗ und liebenswerth. Er w 
thätig, offen, mild, gefällig und gütig gegen Jedermann, er fannte wel 
lerſtolz noch Mißgunſt, fein Setbftgefühl war hoͤchſt befcheiden, ungend 
über ganz Europa verbreiteten Ruhms; er war nicht allein völlig unei 
fondern audy von ber edeiften Wohlthaͤtigkeit beſeelt; er unterſtuͤtzte a 
Kunſttalente Eräftig und fegte Preife aus, um die Kuͤnſtler aufzummti 
fein fittlicher Charakter war fo trefftich, daß felbft unter feinen vielen Ne 
feinen Werth als Menfh nur Eine Stimme iſt. Seine neuefle Arbeit 
große Sruppe, deren Hauprfigur die Religion als Siegerin darftellt; f 
Denkmal der neueſten Zeitereigniffe in Kom aufgeftellt werben, auf Ke 
in England dazu gemachten Unterzeihnung. C. war auch lieblicher Me 
feltfam genug, mehr Colorift als ſtrenger Zeichner. Über ihn f. A. 
gel's „Sendfchreiben an Göthe”, forwie G.'s Urtheil in der Schrift: | 
mann und fein Jahrhundert“; ferner C.'s Lebensbeſchreib. von Miſſinini 
Prato 1824), aud) die „Biografia” vom Grafen Cicognara (Vened. 18. 
ausfuͤhrl. Lebensbefchr. E's von Heine. Hafe enthält „Zeitgenoſſen“, N. ! 
Abbildungen f. fämmtlihen Werke find in Italien und zue Paris erſchlent 

Canſtein (Karl Hildebrand v.), Stifter der nady ihm benann 


Gantabile Santate 485 


geb. 1667 zu Lindenberg, flubirte zu Srankfurt a. d. O., durcchreifte 1687 
), England, Staflen und Deutfchland, kam 1688 nad) Berlin zurüd, wurde 
‚siunter des Kurfürften von Brandenburg, und biente als Freiwilliger in 
ederlanten. Eine gefährliche Krankheit nöthigte ihn, ben Kriegsdienft zu 
r. Er begab ſich nad) Halle, wo er In vertrausen Umgang mit Spener 
d fein Leben einer frommen Thaͤtigkeit widmete. Der Wunſch, feine res 
Befinnungen unter der aͤrmern Claſſe zu verbreiten, führte ihn auf ben 
en, die Bibel mit flehenden Lettern zu druden. Er eröffnete eine Unter 
ıg und legte Hand ans Werl. So entſtand jene berühmte Bibelanſtalt, 
beiden Frankeſſchen Stiftungen bie Rede iſt. Canftein hat auch eine - 
onie der vier Evangelien” (Halle 1718) und das „Leben Spener's“ ges 
a. Er ſtarb zu Halte 1719 und hinterließ dem Woifenhaufe feine Bücher 
mg und einen Theil ſeines Vermögens. 
jantabile (fangbar) bezeichnet im Allgemeinen 1) das Faßliche und 
menbängende, Leichte und Fließende der Melodie, wodurch fie fangbarer 
2) die fanftern oder melodieufen Stellen eines Tonſtuͤcks, im Gegenfage der 
ewegten, taufchenden oder der Paflagen; 3) einen Sag von langfamer Ber 
deffen Melodie in hohem Grade ſangbar ift. dd, 
 ontate (vom ital. cantare), ein Singftüd mit Inftrumentalbegleitung, 
km Betrachtungen und Gefühle über einen Gegenftand in verfchiedenen 
Wenden Sägen der mufitalifchen Darftellumg angemeffen entwidelt werben. 
Bed das zum Grunde liegende Gebiht Santate genannt. Gegenftände find: 
me Naturfcenen, welche Empfindungen erweden, 3. B. Jahreszeiten, oben 
wirhende Sage ober Geſchichte aus dem menſchlichen Leben. ine Cantate 
erzaͤhlend, belehrend, betrachtenb oder rein lyriſch fein, weßmwegen der 
ſich aller verfchledenen Arten Gefangflüde (Recitative, Arien, Duetten, 
Chöre ꝛc.) in berfelben bedienen kann. Diejenigen, welche einen geifts 
ff haben, werden geiſtliche Cantaten genannt, die andern heißen welt⸗ 
da die Cantate keine eigentlihe Handlung in ſich faßt, wie das Drama, 
fie dialogiſche Form hat, fondern mehr Betrachtung über einen gewiſſen 
ift, fo folgt daraus, daß fie von keinem allzu großen Umfange fein müffe. 
Mofel Über den Umfang der Cantaten und Dratorien ıc. im „Leipziger 
„4. Deft.) Der Dichter fol daher nicht Alles, was ſich über feinen Ges 
Bfagen Läßt, fondern nur Das, was im Stande ift, Herz und Verftand zu 
barzuſtellen fuchen, wobei das Einfache natürlich bem Verwickelten vorges 
Ierden muß. Auch if es nicht Immer nothwendig, verfchiedene Perfonen in 
x ale redend einzuführen; oft wird der beabfichtigte Endzweck vollkommner 
„ wenn die Gantate ohne eigentliche Namen und Perſonen dargeftellt 
ha, dussch alicgorifche Perfonen wird dee Zweck oft ganz verfehlt und die Dar» 
I feoftig. Überhaupt hat der Dichter ſich bei der Cantate fo viel als möglich 
deraliſchen Anmerkungen, Lehren u. dergl. zu enthalten, da fie überall die 
ng ſtoͤren, indem fie der Lebhaftigkeit der Empfindungen Einhalt thun, und 
Iufeper nicht Gelegenheit genug geben, ſich Eräftig und Individuell aus zudruͤ⸗ 
KFindet der Dichter uͤbrigens nöthig, dem Zukörer hift:tifche Errignijfe date 
, fo iſt ihm anzurathen, daß er dies nicht durch nackte bloße Erzählungen 
die Porfie der Gantaten f. Kraufe, „Ben der muſikal. Poeſie“. Die 
geiftlichen Cantaten werden, beionders wenn fie die Xeidensgefchid,te Jeſu 
Dratorien genannt. Bii legtern hat der Tonſetzer alle diejenigen 
gu beobachten, weiche wir im Art. Kirchenmuſik aufſtellen. As Die 
Eantaten und Dratorien find Ramler, Gerſtenberg, Niemever, Jacobi, 
von Swieten, Meifner („Lob ber Muſik“), als Componiſten Händel, Rolle, 
ESqhuſter, Joſ. Haydn („Schoͤpfung“, „Sahreszeitin‘‘), B. U. Weber, K. M. 
28 * 














436 Ganthariden Ganut I. 


v. Weber („Kampf u. Sieg‘), Winter („Zimotheus”), A. Homberg ıc. zu de 
züglichften zu zählen. Die Gattung kommt zuerft in ber erften Hälfte d 
Jahrh. vor und man benußte zu derfelben das fogenannte Madrigal. — Caı 
beißt audy ber vierte Sonntag nad) Oflern, weil man vormals den Gotte 
mit den aus dem erſten Verſe des 98. Pfalms genommenen Worten: „C 
domino canticum novum“, anfängt. 

Canthariden, f. Fliege. 

Canto fermo wird dem Ganto figurago (f. Siguralgefang) 
gengefegt und bezeichnete ſonſt die pfalmodifche Recitation; neuerdings t 
man darunter oft eine einfach fortgehende choralmäßige Melodie. 

Canton, Überhaupt ein Bezirk. So mar im Preusifchen jebem 
ment ein Canton angeroiefen, aus dent es feine Recruten zog, und cantony 
hieß fo viel als militaicpflihtig. Insbeſondere werben die ſchweizeriſchen R 
Een, ſowol zufammen als aud) einzeln, Cantons genannt, jedoch nur bei da 
ändern. — Gantonniren heißt in der Militairfpracdye, wenn bie Krieg! 
nicht im Lager oder Bivouak, fondern in Dörfern, Städten und bewohnten 
nahe beifammen liegen, um [chnell zu irgend einem Kriegszweck zufammeny 
werden zu koͤnnen. 

Canut I, König von England und Dänemark, beftieg beide va 
Throne 1015. Den Namen des Großen erhielt er wegen feiner Macht,! 
fred ihn wegen feiner Tugenden erhalten hatte. Die von den Dänen in E 
begangenen Barbareien hatten Ethelreb IL, den 12. König aus dem ſ 
Stamme, zur biutigften Rache gereizt. Er lich 1002 an Einem Tage 
nen, Weiber und Kinder niedermegeln. Der Schwefter des damals in DW 
regierenden Königs Sveno hatte er in feiner Gegenwart den Kopf abfcylage 
Sveno Landete hierauf in England und verwüftete das Land mit Fl 
Schwert, in gleihem Maße Treuloſigkeit wie Gewalt übend. Etheleh 
die Normandie entflohen. Sveno ftarb 1014, noch ehe er feine Machf 
feftigen Eönnen. Dies volbrachte fein Sohn und Nachfolger Canut. E 
feine Herrfchaft damit, baf er bie ganze Oſtkuͤſte feines neuen Reichs we 
und die feinem Vater als Geißeln übergebenen Engländer, nachdem er ihch 
und Haͤnde hatte abbauen luffen, zu Sandwich erfäufen lich. Dann 
Verſtaͤrkung aus Dänemark und fegte feine Verwuͤſtungen im mittägik 
land fort. Der tapfıre Edmund zog ihm mit einem Heere entgegen, unbl: 
jedesmal durch die Zreulofigkeit Edrich's, feines Schwagers, gefchlagen, @; 
dennoch fich gegen Canut zu behaupten, fodaß die engliſchen und daͤniſchcc 
des langen Kampfes müde, eine Theilung Englands zwiſchen beide 
verlangten. Ein feistlicher Vertrag ficherte Canut den Norden, Ede 
Süden von England zu; aber einen Monat nad) dem Vertrageermor 
von Edrich erkaufte Kimmerlinge Edmund, und ganz England fid « 
der vor einer Reichsverſammlung durch falfche Zeugen befhwören ließ, € 
babe, mit Übergehung feiner beiden nody unmündigen Kinder, ihn zum ¶ 
ner Krone eingefegt. Nachdem der Reichstag diefe Abtretung beftät 
fandte Ganut die beiden jungen Prinzen dem Könige von Schweden mit 
trage, fie zu tödten; biefer aber ſchickte fie nach Ungarn, wo fie die großag 
Aufnahme fanden. Canut, der feine Regierung mit Grauſamkeiten ung 
chen begonnen hatte, ward in der Folge menfchlid und zulegt fromm 
gläubig. Den Übergang zu einer mildern Regierung machte er dab 
die Engländer, welche ihren König verrathen hatten, beftrafte, \ 
Edrich hängen und nachher in die Themfe werfen ließ. Als er dann 
Reichsverſammlung die fächfifhen Gebräudye toiederherfteltte und DA 
Engländern gleid;e Rechte und gleichen Schug der Perfon und des € 





















Ganzone Ganzonetta | 487 


verwandelte ſich ber Abſcheu, den feine Tyrannei erweckt hatte, in Hoch⸗ 
nd Segenswuͤnſche. Voͤllig befeftigte er feine Macht durch feine Ver: 
mit Emma, ber Witwe Ethelred's. Nun ging er zwei Mal nad) dem 
de; das erſte Mal, um Schweden zu befiegen, das zweite Mal, um 
au erobern. Aber nachdem er der mächtigfte Fuͤrſt feiner Zeit geworben 


ff ihn das Gefühl der Nichtigkeit irdiſcher Majeftät. Er erbaute Kir: 


Kıöfter und machte felbft eine Wallfahrt nach Rom, wo er große Frelhei⸗ 
e englifhen Schulen erhielt. Dieſer Geift der Frömmigkeit befreite ihn 
er einft, feine Schmeichler zu verwirren, ſich an den Strand feßte und 
ıender Flut dem Meere Stillftand gebot, da e8 aber dennoch anfchwelfend 
benette, mit den Worten aufftand, daf nur Der allmaͤchtig fel, dem ber 
vorcht habe, als er ihm geboten: „Bis hierher und nicht weiter!" Seine 
rnehmung mar gegen Malcolm, König von Schottland. Vier Sabre 
b er 1036 zu Shaftebum. Sein Zeflament beflimmte feinem älteften 
Swen, Norwegen; bem zweiten, Harold, England; dem britten, 
nut, Dänemarf. 

ı30ne, eine lyriſche Dichtart, provenzalifchen Urfprungse. Schon bei 
iſchen Dichtern des 13. Jahrh. findet man fie, anfange freier und unges 
von Petrarca aber zu beftimmten und regelmäßigen Formen ausgebildet. 
nzonc Petrarchesca, aber aud) Canzone toscana, teil fie von Tos⸗ 
zgebildet wurde. Sie ift in miehre Stangen abgetheilt, in welchen fos 
st und Bertheilung der Verfe (elf⸗ und fiebenfylbige), als die Stellung 


gleichförmig if. Gewöhnlich fchließt die Ganzone mit einer Stange, 


ner als bie übrigen iſt, und ripreda, congedo, comiato, Abſchied, ge⸗ 
,. Ber Petrarca fehlt fie faft nie, bei aͤltern Dichtern oͤfters. Meift 
eine Apoftcophe des Dichters an feinen Sefang, worin er von ihm Abs 
mt, ihm Aufträge gibt u. ſ. w. Übrigens gibt e8 verfchiedene Arten 
‚en, ſowie verſchiedene Benennungen der einzelnen Theile berfelben. Die 
Anacreontica ift in Eleinere Stangen, aus kürzeren Verſen beftchenb, 
mit gleihförmiger Reimftellung durch alle Stanzen, aber unbeſchraͤnk⸗ 
der Verſe und Stellung der Reime. Man findet jedoch unter diefem 
ht bloß leichte, anmuthige Lieder der Freude, der Liebe, des Scherzes, 
ch Gedichte von feierlichem, erhabenem Inhalt und prächtigem, dithy⸗ 
ı Schwunge. Diefer Inhalt und Schwung eignet fich noch mehr für 


ne Pindarica, welche Luigi Alamanni im 16. Jahrh. zuerft in die itas ° 


oefte eingeführt und Chiabrera hauptſaͤchlich ausgebildet hat. Sie un: 
fi) von der Petrarca’fchen durdy kuͤhnern Schwung, erhabenere Ideen, 
beit in der Wahl ber Versarten und Stellung ber Berfe, und burd) 
ihrer Stangen, die von den griechifchen Chören entlehnt iſt. Wie diefe 
e, Antiftrophe und Epode bearbeitet find, fo aud) die Pindar’fchen Can⸗ 
auch Canzoni alla Greea heißen. Jene Theile heißen zwar auch Bal⸗ 
zaballata und Stanza, oder Volta, Rivolta und Stanza, welches Allee 
em Griechiſchen uͤbereinſtimmt, doc) ift auch hier die griechifche Benen⸗ 
blichfte geblieben. Noch ift zu bemerken die Canzone a ballo, eine 
alienifche Dichtart, urfprünglic) beftimmt, zum Tanze (ballo) gefungen 
. Man nannte fie auch Ballata. Seit dem 16. Jahrh. kommt biefe 
ritalienifchen Dichtern nicht mehr vor. “ dd, 
nzonetta (Poefie und Mufit). 14) In der italieniſchen Poefie eine 
26 kurzen Berfen, wie bei ben Dichtern de8 15. Jahrh. fehr im Gebrauche 
Rinuceini und nad) ihm Chiabrera haben deren in neuerer Zeit gedichtet 
mehr Anmuth eingehauht. Meift find es Lieder mit dem Ausdrude 
Empfindung. In der Muſik verfieht man deßhalb gemeiniglich darunter 


x 


458 Gap 


2) Heine italtentiche Acder, ober auch kleine Melodieen und Themen m B 
tionen. d 

Sap, ein fid Ind Meer erſtreckendes Vorgebirge; insbeſondere das Ca 
guten Hoffnung an ber Südfpise von Afrika (33% 55” 15°”), entbedt 
Portugiefen Barthoiomeo Diaz 1493, und zuerft 1497 umſchifft von bem 
tugiefen Vasco da Gama. Die Holländer waren jedoch die erſten Seefe 
weiche feit 1600 die Wichtigkeit diefer Landfpige erkannten, um bier au 
Seereife nad) dem afiatifhen Archipel und ruͤckwaͤrts neue Lebendmittel un 
ſches Waſſer an Bord zu nehmen, auch die Kranken ins Hofpital zu bringen 
Beinen meitern Transport ertragen konnten. Die holländ.soflind. Comp 
übertrug damals dem Schiffschirurgus Vankisbeck die Einrichtung der erſten 
lagen. Indeß hatten fie nur die Abſicht, dort fo viel Schiffsprovifion zu pr 
ciren, al® die anlandenden Schiffe bebürften. Erſt 1652 ficherten fie fk 
Beſitz des Caps durch Feſtungswerke und eine Befagung. Lage und Klima 
mildeſte in ganz Afrika) beguͤnſtigten die neue Colonie, Drei Gebirgsketten, di 
nach der Capſtadt hin abdachen, fehügen ihr Gebiet. Sieben Zehntel defl 
follen wegen duͤrrer Ebenen (Karroo) und Sandfleingebirge unbewohnber 
Der Nordofkwind herrſcht im Winter vom Mai bis Sept. Syn der Regel! 
Witterung dann mild und nur bisweilen regnicht, ftürmifch und Ealt. Si 
übrigen Monaten herrfcht der Suͤdoſtwind mit großer Heftigteit. Der Eu 
ift fehr heiß, außer in den Stunden des Scewindes, aber darum nicht unge 
Die europäifchen Baͤume merfen nur auf ein Paar Monate ihre Blätter af 
afeifanifchen find immer grün. Wein⸗ und Getreidebau, Gartens und B 
feuchte, Viehzucht, Jagd und Fifcherei boten den Coloniften reichlichen Unt 
dar. Handwerker (meift geborene Deutfche) in der Capſtadt und hollaͤndiſche B 
auf dem Lande, obgleich oft im Kriege mit wilden Kaffern, Hottenzotten u. X 
männern, fanden bier bei einigem Gewerbfleiße Wohlftand und ein bequem 
ben. In der Stadt ſelbſt herrſcht viel Lupus, vorzüglich in der Tafel und 
Kleidung. Als Ludwig XIV. der Republik der Niederlande 1672 ben Unte 
drohte, wollten die Republikaner im ſchlimmſten Salle lieber nad) dem Ca 
nach Batavia auswandern ald Frankreichs Joch tragen. Bon 1600, u 
Dolländer die Gapftadt gründeten, bis 1806, wo fie folche mit ber Colonie ı 
Briten verloren und im Frieden von 181% Letztern abtraten, vermehrte ſich 
der Wohlftand der Capſtadt von 16,000 Einw., unter denen ſich 10,000 & 
befinden, aber an große Colonialverbefferungen hatten die holländifchen Stanf 
nie gedacht. Ganz andre Plane umfaßt feitdem in diefer Colonie die britiſch 
gierung. Die Stadt iſt der Hauptpunft der Colonialcegierung und Waffe 
für ein Lands und Seemilitair von wenigftend 5000 Mann. Die britifche 8 
rung erweiterte nach dem Fifchfluffe das Gebiet durch Anfiedlung einer bewafl 
Gotonie von Arbeitern, Handwerkern und Eulturunternehmern aus bem Mi 
lande. Der Krieg mit den Kaffern war jedoch mehrmals den neuen Anlage 
derblich. Indeß wußte der britifche Statthalter die afritanifhen Wilden 
Friedensverträge und Dandelöverbindungen zu zähmen. Einzelne Stamm 
kennen ihn fogar bisweilen ald Schiedsrichter in ihren Streitigkeiten an. 3 
britiſchen Linientruppen auf dem Cap gehört ein Corps Hattentotten und ef 
[cher Seapoys, weiche die Strapagen eines Kriegs mit den Wilden beffer al 
topder ertragen. Noch wichtiger ift das Cap den Briten getoorden, feit fie di 
ſel Mauritius (Isle de France) befigen. Diefer bedeutende Rhedeplatz und 
theidigungspunkt erzeugt naͤmlich wicht den nothwendigen Bedarf, und beyo 
felben früher von ber Inſel Bourbon, die bei Srankreich geblieben It. Se 
das Cap jenen Mangel erfegen. Auch Madagascar bietet dieſelben Vorthei 
Unyeachtet der Zrägheit der Capbauern bringt bie Colonie fo viel Getreide | 


Sapacitüt Gapelfen 459 


hrſich Reizen nad) Erglond zur Saat verſchifft. Gegenwaͤrtig ums 
ı die Engländer vom Gap aus — woran bie Holländer nie gedacht hatten 
ĩſchfangsexpeditionen nad) den Gewaͤſſern des großen auftralifchen Contis 
ſelbſt nach den den aͤußerſten Kuͤſten des eifigen Suͤdpols Die Rhede der 
ift nicht ganz ficher, aber die Colonie hat die Saldanhabai, bie Falfebat, 
Limonsbai, Woodsbai. Weil hier Paffatwinde wehen, fo ift bald bie 
die andre Bat an der weſtlichen oder öftlichen Küfte bie ficherere, nad der 
en Ankunft und dem verfchiedenen Aufenthalt der Schiffe. übrigens 
h allen diefen Baien fichere Molos, ſelbſt nahes Quellwaffer hier und ba. 
e Regierung fängt aber an, jeden Mangel allmälig abzuhelfen. Den 
figten Weinbau bat die Regierung durch ben mäßigen Einfuhrzoll in 
und den Verbrauch in Dflindien, forole durch polizeiliche Aufficht auf bie 
ng der Meben und bes Kelterne, verzehnfacht. Trefflich gedeihen noch 
’ und die edle Schafsucht, bie einzige zahme Thierart. Auch hat das Cap 
ſchlecht bewohnten Punkten Schiffsbauholz. Die britifche Induſtrie 
tig, dort alle Producte Afrikas und Oſtindiens zu afklimatifiren, deßhalb 
ie die Anfiedelung von Malanen und Chinefen. Die Colonie befindet 
anzen beffer unter der umfichtigen britifchen Regierung als unter der hol⸗ 
; auch folen die Bewohner nad) dem britifchen Colonialſyſtem gewiſſe 
: politifhe Rechte erhalten. Die Eintheilung in 4 Landvogteien hat die 
beibehalten, weicht aber darin durchaus von der hollaͤndiſchen Verwal: 
daß fie die Anfiedlung Meiner Landftellen begünfligt, die unmäßigen Weis 
e zuerſt feßhaft gemorbenen aftikanifchen Bauern befchräntt umd durch 
ordentlicher Erbbücher das Grundeigenthum nad) britifhem Colonial⸗ 
elle. Nach Colebrode hatte 1822 die Gapftadt 1748 Häuf. u. 18,422 
runter 7534 Negerfllaven. Die ganze Colonie (oder das Capland bie 
Br. 6035 IM.) zählte damals 28,835 Hottentotten und 32,188 Re 
en Weißen und Freien überhaupt 120,000 Ber. Die Einkünfte bes 
auf 1,463,500 Thlr. und die Ausgaben an 1,250,000 Thle. 1826 
rit. Regierung in der Capfladt ein Mufeum für Naturs u. Kunſtgegen⸗ 
das unter der Aufficht des D. Smith fleht. 
racität, in der Geometrie die Inhaltsfaͤhigkeit eines gehöhlten Koͤr⸗ 
ber fpricht man don der Gapacität eines Schiffes, eines Gemäßes ıc. — 
ern Theorie von ber Wärme bedeutet Sapacität das Verhältniß ber 
n Wurmeftoff, weiche in einem Körper eine beftimmte Veränderung fels 
ratur bervorbringt, zu ber Maſſe (dem Gewichte), oder nach Anden 
Volumen deffeiben Körpers. (S. Wärme und Wärmemeffer.) 
ber, „Vom MWärmeftoff” (Wien u. Leipz. 1786, 2 Bde, 4.). 
Jellen, Beine geiftliche, entweder felbftändige (3.8. auf Kirchhoͤfen 
Städten) oder in Kirchen und Privathäufern angebrachte Gebäude ohne - 
in welchem jedoch nur gewiſſe gottesdienfllihe Handlungen begangen 
Da nun in dieſen kirchlichen Capellen audy bisweilen geiftliche Muſiken 
wurden, ſo belegte man die Geſellſchaft der dazu angeſtellten Tonkuͤnſt⸗ 
aſelben Namen, und zuletzt uͤberhaupt die Tonkuͤnſtlervereine, welche ſich 
Perſonen oder Regenten halten. (S. Orcheſter.) Die ſchwaͤchſte Be⸗ 
er ſolchen Capelle kann nicht weniger als 4 Spieler fuͤr die erſte und 
ge, 2 für die Bratſche, 4 für die Baͤſſe und 2 fuͤr jedes erſte und zweite 
ment in ſich fallen. Denn die Geigeninftrumente müffen, wenn fie 
ach befegte Blaſeinſtrumente bie gehörige Wirkung machen follen, vier» 
fein. Im Aligenteinen werben alle diefe Muſiker nur zur Begleitung 
iptemiften gebraucht und brauchen Beine Soloſpieler zu fein. Außer den 
taliften bat eine Capelle auch Sänger, als erfte und zweite Sopran- 


440 Capellen (G. A. J., Baron de) Gapello 


fängerinnen, dern Stelle oft auch Caſtraten einnehmen, Tenoriſlen und Bi; 
Sie können, gleich den Inſtrumentaliſten, entweder bloße Chorfänger ob 
Splofänger fein. An der Spige fteht der Eapellmeifter (maestro di ecı 
beſſen Amt s8 ift, für das Beduͤrfniß der aufzuführenden Muſiken zu fory 
richtig zu befegen, das Einftudiren derfelben zu leiten, und bei der Aufl 
ſelbſt die Direction gu übernehmen, was fonft bei Kirchenmuſiken mit der 
bei Theater: und Kammermufiten mit dem $lügel oder der Geige geſchah; 
neuern Zeit häufig ohne Inſtrument durch den Taktſtock. Erhatdie Pa: 
(f. d.) vor fi, und wo noch ein Goncertmeifter angeftelft ift, dee an ber © 
Geige fteht und die Inftrumente zu führen bat, ba leitet der Concertmeif 
nehmlich den Gefang. Der Capellmeifter muß außer der umfafjendften Ha 
kenntniß auch jedes einzelne Drchefterinfteument wenigſtens theoretifch Eennı 
in den Stimmen vorkommende Fehler anzugeben ober au verbeſſern verſtehe 

Gapellen (G. A. J. Baron de), Generalftatthalter aller niederlaͤ 
Niederlaſſungen in Afien, ift einer der wenigen Staatsmaͤnner unferer 3 
im Gluͤck und im Unglüd den Srundfägen der Moral des Privatmanns di 
treu blieben. Sein Vater, einer der heftigften Antioranier, ift bekann 
feine Bertheidigung der Seftung Gorkum gegen die Preußen. Der Sohr 
eine treffliche Erziehung, und begann feinen Staatsbienft als Präfecturl 
in Utrecht. 1808 ernannte ihn der König Ludwig zum Präfecten in Oftfe 
So beliebt dort auch das Andenken der preußifchen Regierung war, fo gı 
dem Baron C. doch, ſich, wenn auch nicht die Verwaltungsgrundfäge fek 
gierung, beiden Oſtfrieſen beliebt zu machen. Ludwig ernannte darauf ben 
C. zum Minifter des Innern und zum Staatsrath. Es iſt nicht unwah 
ich, daß fein Rath den König bewog, bie Regierung nieberzulegen, als ı 
im Intereſſe der Niederländer nicht Iänger verwalten konnte. Durch fein’ 
vermögen unabhängig, nahm C. keine Dienfte unter Napoleon an, fon! 
ſuchte den Ermonarden auf mehre Monate, als biefer fich in Öſtreich « 
fo lange Napoleon herrſchte. König Wilhelm wußte, daß C. ſchon deßh 
beliebt bei der Nation war, weil er Napoleons Staatsbienft abgelehnt ii 
ernannte ihn daher zum Colonieminifter, weil bie neue Organifation ber Cı 
verionltung nur biefem vorurtheilsfteien Danne, der nicht an ber alten hi 
lingen konnte. Als der wiener Congreßbeſchluß Belgien mit Holland ver 
erhielt Baron E. den Auftrag, als außerordentl. Staatsſecretair in Bri 
Gemüther ber Belgier für die neue Regierung zu gewinnen und proviforifd 
‚ einzuleiten, daß ſchon bei Einführung der neuen Organifation die Aufau 
Leit des neuen Souverains auf alle billige Wuͤnſche der Belgier fich bei 
Zugleich traf Herr v. C. die Einleitung zu einer beffern , gefeglich anzuorb 
Verwaltung ber nieberländifchen Colonien. Sie follten dem Staat nid 
tie bieher, große Zufhußfummen Eoften, nicht mehr wehrlos fein und, a 
afiatifchen Archipel immer weiter verbreitet, zum Handel des Mutterlandes w 
bisher beitragen. Seit 1815 hat C. auf f. hohen Poften in Batavia dur 
liche Einrichtungen die Production, befonders auf Sava, ſehr gehoben. 9 
iſt Freihafen geroorden und die nordamerikaniſchen Schiffe machen bart t 
noch größere Waarenumfäge als ſelbſt die nieberländifchen. Der fleißige S 
führt Immer mehr Gaffee und Zuder, Reis, Rum und Gewürze nacy t 
fen, je mehr die Nordamerikaner für baares Geld dort ausführen; dahe 
Zollertrag in Javas Häfen merktich gefliegen. Auch hat fich der fall g 
nirte Gewürzhandel auf Banda und Amboina durch die größern Prob: 
vortheile der Eingeborenen, fowie des Debit europäifcher Producte in de 
reichen Borneo wieder gehoben. 

Capello (Bianca), eine edle Benetianerin aus einer ber angef 


Capello 441 


en Venedigs, die zweite Gemahlin Francescos Il. von Medici, Großher⸗ 
en Toscana. Ein junger Klorentiner, Pietro Buonaventuri, der in den 
der Salviati, mit denen er verwandt rear, bie Handiung erlernte, knuͤpfte 
rine Liebſchaft mit Bianca an, welche ſich um fo leichter ihrer Neigung über: - 
18 Buonaventuri fich ihr als einen Verwandten und Handelsgeſellſchafter 
Iotati ankündigte. Die beiden Liebenden flohen, da fie entdeckt zu frin fuͤrch⸗ 
noch in demfelben Jahre aus Venedig und nahmen die Euftbarften Juwelen 
aufes Gapello mit fih. Diefer Raub fegte Biancas Verwandte in die aͤu⸗ 
Wuth. Gie behaupteten, der ganze venetianifche Adel fei durch fie belei⸗ 
erden, und wirkten vom Senat einen Befchl aus, Pietro zu verfolgen, mit 
Preis für Denjenigen, der ihn tödten würde. Meuchelmörder verfolgten 
Bnach Klorens, wohin er ſich mit feiner Geliebten begeben hatte. Um diefe 
ebte Cosmo I.; allein der Regierung uͤberdruͤßig, hatte er alle Geſchaͤfte ſei⸗ 
Bohne Francesco übergeben, defien Charakter noch finfterer und graufamer 
feinige war. Francesco follte fidy mit der Erzherzogin Johanna von Oft 
bien, deren Stolz und Kälte ihm keine Liebe einzuflößen vermochten. 
ri begab ſich nady feiner Ankunft unter den Schutz Francescos und 
die engſie Verbindung zwifchen diefem Fuͤrſten und feiner Sattin. Bis zu 
aͤhlung mit der Erzherzogin 1565 hatte Francesco diefe SBerbinbung 
«halten; nach feiner Vermaͤhlung glaubte er diefe Ruͤckſichten nicht mehr 
gu dürfen. Er führte Bianca in feinen Palaft ein, indem er :Buonavens 
kinem Intendanten ernannte. Als aber die Anmaßungen beflelben uners 
wurden, ließ Srancesco ihn 1570 ermorden. Bianca wußte den Groß⸗ 
wmer mebr zu feſſeln. Sein Entzuͤcken erreichte den Gipfel, ale fie ihm, 
kiner Gemahlin nur Töchter hatte, einen Sohn darbrachte, ben fie fälfch 
iar gemeinfchaftfich erzeugte Kind untergefchoben hatte. Faſt alle Mits 
es Betrugs ließ Bianca umbringen. Aber wider Ermarten gebar die 
in im folgenden Jahre ihrem Gemahl einen Sohn, und flarb 1578 bei 
unft mit einem andern Kinde. Erſchuͤttert dutch den Tod feiner Gattin 
Vorftellung feiner Brüder, verließ Krancesco Klorenz, in der Abſicht mit 
zu brechen. Diefe fegte dagegen alle Mittel der Verführung in Bewegung ; 
Raum den Beichtvater des Großherzogs, und kaum zwei Monate nad) ber 
Ieein Tode ward fie insgeheim Srancescos Gemahlin. Aber eine geheime 
Reugte weder dem Chrgeize Biancas noch den Hoffnungen des Großherzogs, 
kp dem frühen Tode feines mit der Erzherzogin erzeugten Sohnes einen 
won feiner zweiten Gemahlin erwartete. Er gab zuetſt Philipp II. von 
kn Nachricht von feiner Verbindung, und da diefer fie billigte, befchloß er, 
melich bekannt zu machen. Ex ließ der Republik Venedig erklären, daß er 
wfei, fich auf das innigfle mit ihr zu verbinden, indem er eine Zod)ter von 
Bircus zur Gemahlin nehme; und derjelbe Senat, der Biancı Capello oͤf⸗ 
bbefd;impft und aufibhres Gatten Kopf einen Preis gefegt hatte, überhäufte 
Bmit Ehrenbezeigungen. Cine Erklärung der Pregadi ernannte fie zu einer 
Bund eigentlichen Tochter ber Republik; zwei Geſandte, begleitet vun neunsig 
b, erfdjienen von Seiten Venedigs in Florenz, um der Adortion und der 
Kling beizuwohnen. Beide Feierlichkeiten wurden im Det. 1579 mit gros 
kadyt vollzogen. Durd) bie Anmaßungen Bianca und ihres Bruders, ber 
Zeit Miniſter war, wurde Francescos Regierung dem Volke tugäd) vers 
E Da Bianca einſah, daß fie weder den früher untergeſchobenen Sohn 
Ikeorfoige bringen, noch, wie fie zweimal entfchloffen war, diefen Betrug 
Gefater wiederholen könne, wuͤnſchte fie mit dem Garbincl Sernando von 
ki, dem naͤchſten Thronerben, ſich aus zuſohnen. Derſelbe hatte daher 1587 
kam Bruder und deſſen Gemahlin eine Zuſamnienkunft auf dem Poggio 












448 Gaper Sapetinger 


von Gafano. Man ſchien gegenfeltig ohne allen Groll zu fein, aber wer 
nachher erkrankten plöglich dev Herzog und Bianca, und Beide ftarben um 
Fernando legte feine geiftlichen Würden nieder und trat die Regierung a 
er auch getban, um den Verdacht einer Vergiftung von fich zu entfernen, 
denken ift damit befledit geblieben. 

Caper, ein Schiff, welches in Kriegsszeiten von einem ober mehr: 
ten (armateurs), oder auch auf Actien ausgerüftet wird, um Schiffe, ' 
licher Unterthbanen Eigenthum find, ober neutrale Schiffe, die dem Feind 
vorr aͤthe zuführen, ober wider erklaͤrte Blocadegeſetze nach feindlichen H 
aus biefen Handel treiben, wegzunehmen. Die bazu nöthige Autorifati 
tres de marque) ertheilt gemeiniglidy bie Abmiralität des Landes. Bf 
Gaperbriefe betrachtet man die Gaperunternehmungen als Seeraub, ui 
deren Capitaine und felbft deren Matrofen als Seeräuber. 

Gapetinger. So heißt das franzöfifhe Köntgsgefchlecht, bas 
118 Souveraine gegeben bat, als 36 Könige von Frankreich, 22 Kbı 
Portugal, 11 von Neapel und Sicilien, 5 von Spanien, 3 von Ungarn 
fer von Go:aftintinopel, 3 Könige von Navarra, 17 Herzoge von Burg 
Herzoge von Bretagne, 2 Herzoge von Lothringen und 4 Herzoge von 
Die Geſch ichte dieſes Koͤnigsſtammes iſt zugleich die Gefchichte der Er 
und ber Ausbildung der franz. Monarchie. (Vgl. Frankreich.) Wu 
ben Namın der Eapetinger die Schickſale eines der intereffanteften Laͤn 
Voͤlker Europas anreihen, fo fleht diefes Haus, nachdem es in der neu 
binnen 12 Sahren von vier Thronen herabgeflürzt und auf diefelben wird 
hoben’ worden war, jest da als ber erfte und aͤlteſte Träger des europäifche 
rechtlichen Grundfages der Legitimität. Deſto auffallender tft fein U 
Was ein Hausmener der Merovinger, Pipin der Kleine, Karls des Gr 
ter, gegen das Eöniglihe Haus der Merovinger einft unternommen ı 
geführt hatte, indem er ſich auf den legitimen Thron der alten Franl 
ſchwang, baffelbe widerfuhr feinem Gefchicchte, ben Karolingern, nady ein 
raume von 235 Jahren. Unter den letzten kraft⸗ und rathlofen Karoling 
Hugo der Große, Herzog von Francien (morunter damals Jsle de Kran 
fiehen war), Orleans und Burgund, eine Gewalt, tie einft die Hausme 
den Merovingern. As nun Ludwig V. 987 ohne Kinder geftorben wa 
gingen bie franz. Großen des verft. Könige Ohelm, den Herzog Karl von 
lothringen, der ınit den Waffen einen Thron behaupten wollte, welche 
bei dem Eätolingifchen Haufe zu laſſen, die Scanzofen geſchworen hatten, 
fen den vom Papft Johann XV. begünftigten Sohn Hugos des Großen, 
mit dem Beinamen Ca pet (Capetus, Capito, Breitkopf — wahrſcheinl 
einer befond ern Art des Hutes, Capatun), Ludwigs gewefenen Vormund, 
Herzog von Francien und Graf von Paris war, zu ihrem Könige aus. 
pfere Karl son Lothringen ward, nach einem mit abmechfelndem Glüdeg 
Sampfe, durch den Verrath eines Biſchofs in Laon überfallen und gefan 
ftarb bald darrauf im Gefängniffe und fein Sohn Dtto, Herz. in Niederlol 
farb 1006. Die beiden jüngern Brüder beffeiben flarben kinderlos in: 
land. So Lam das Haus Capet auf den Thron von Frankreich. Mad 
Geſchichtſchre ibern ſtammt Hugo Capet von einem beutfchen Haufe ab, < 
er mit einer heutſchen Prinzeffin, Adelheid, König Heinrichs I. von Dei 
(Herzogs von Sachſen) Tochter, vermaͤhlt. Hugo ließ fi In Rheime 
und nuch dein: von ihm eidlih und ſchriftlich Abernommenen Verpfli 
blieben der Nation, Insbefondere dem mächtigen Feudaladel und dem Kle 
ihre bisherigen Rechte u. Verfaffungen zugefichert. Übrigens gründete ſch 
Capet durch EL uge Einrichtungen dis lange Fortdauer feiner Dynaftie, wel 


Gopi Aga . Gapitale 445 


VWelf, gegemmärtig das aͤlteſte regierende Haus der Welt iſt. (Val- 
Ge und feine Nachfolger bis auf Ludwig VII. brauchten nämlich 
ihren muthmaßlichen legitimen Thronfolgern ſchon bei ihren Lebzeiten 
tel ertheilen zu laffen. Hugo ließ daher feinen Sohn Robert bereits 
985 als Mitregenten Erönen und falben. Dann fchaffte er durch ein 
yeilung dee Erbguͤter unter die Söhne der Könige ab und verbot jede 
der zu Kronglitern (Domainen) erhobenen Befitungen feines Hauſes. 
der Koͤnige wurden ſeitdem mit Geld ausgeſtattet und die den Prinzen 
ertheilten Apanageguͤter mußten, wenn keine maͤnnliche Erben da wa⸗ 
Krone zuruüͤckfallen. Beide Staatsgrundſaͤtze wurden durch ſpaͤtere 
re mehr befeſtigt. So kann alſo Hugo Capet, indem er fein Erblehn⸗ 
Paris, Isle de France und Burgund mit der Krone unarfloͤslich verei⸗ 
Gruͤnder de franz. Koͤnigsthrons und der legitimen Fortdauer feines 
felhen werben. Was er begonnen hatte, das vollendeten feine Nachfols 
es zur Zeit der Kreuzzüge und feit Errichtung der ſtehenden ‚Deere. 
gehörige Pubticiftifche hat der Marquis de Pafloret, Pair von Frank 
on ihm beforgten Kortfegung der „Ordonnances desRois de France 
sıe race”, Vol, XV, XVI, XVII (Paris 1811, 1814, 1820, Fol.), 
tet, womit die 1821 von der Akademie der Inſchriften gekroͤnte 
‚ed Advocaten Beugnot: „Essai sur les institutions de St.-Louis” 
), zu verbinden iſt. 20. 
Aga am tuͤrkiſchen Hofe, ber Vorſteher der Verfchnittenen. Er 
h Alle, weiche den Großvezier fprechen wollen, und führt bie fremden 
x Audienz. — Capigi (Capidſchi) heißen die Wächter oder Thorhüter 
gegen 400. Ihr Vorficher heißt Capigi Baſchi. Auch über 
ie Befehle ded Sultans; unter andern Denen, welche erbroffelt wer⸗ 
e Schnur. 
largefäße, f. Haargefäße. Ä 
aiuin, der Befehlshaber einer Compagnie. Im Mittelalter bedeutete 
Feren ober Selthauptmann. Ein Sciffscapitain hat ein Schiff zu 
Beneralcapitain ift in Spanien der hoͤchſte Befehlshaber über die kand⸗ 
den Colonien auch der Generalgouverneur. 
tale, Vprraͤthe beweglicher nüglicher Sachen, bie zunaͤchſt nicht zur 
ſondern zur Hervorbringung eines Einkommens fuͤr den Eigenthuͤmer 
.Dieſes Einkommen bewirken fie dadurch, daß mit ihnen Arbeit 
jedingungen bezablt, dadurch aber nüsliche Dinge von fo großem 
ruebracht werden, daß nicht nur das ganze Capital, welches die Arbeit 
wieder erfegt wird, ſondern auch noch Etwas uͤbrig bleibt, welches 
mthümer der Capitale ein Einkommen bildet. Die Nothwendig⸗ 
Mugen der Gapitale für ein Volk laͤßt fich Leicht einleuchtend machen. 
ig von Dem, was der Menſch täglich braucht, liefert ihm bie Notur, 
eibft etwas dabei zu thun brauchte; das Meifte muß durch Arbeit, Ge: 
ind Fleiß gefchaffen, vermehrt, vervollkommnet werden. Hierzu bedarf 
Zeit, und während der Zeit, daß er die verfchiebenen Bedürfnigmittet 
‚ muß er lieben. Diefes könnte er aber nicht, wenn nicht Vorräthe 
und Bedürfnigmitteln vorhanden wären, die ihm vorgefchoffen wuͤr⸗ 
mm er dieſe verzehrt hat, muß er wieder von neuem dergleichen her⸗ 
otglic neue Vorſchuͤſſe erhalten, das heißt, es find Capitale und wie⸗ 
taie noͤthig, wenn nuͤtzliche Arbeit fortdauernd gefcheben foll, unb um 
um fo größere Capitale, je vellfemmner der Zuftand ber menſchli⸗ 
bafı wird. Denn 1) da in einem ſolchen Zuftande Das, mas der 
be, ihen felten zur Behrung dient; ba ferner, wenn die Arbeit vertheilt 


444 Gapitale 


ift, die Beſtandtheile bes Dinges durch fehr viele Hände gehen müflen 
vollendet ift; da oft fich einander ganz fremde Menfchen, derem keiner ı 
Anbern etwas weiß, an einem und bemfelben Dinge arbeiten, tworkber ı 
vergeht, ehe das Ding zur Befriedigung eines Bedürfniffes gebraucht werd 
mährend welcher Zeit die ganze Reihe jener Arbeiter leben will; da enl 
Sachen, wenn fie audy fertig find, bald eine kürzere bald eine längere Ze 
wahrt werden müffen, ehe fie zum Verbrauche gelangen Eönnen: fo mü 
diefe Arbeiter, welche mit jenen Sadyen befchäftigt find, von einem andı 
ducte zehren al& von dem ihrigen, und es muß alſo der ganze Unterhalt b 
oder ihr Arbeitslohn vorräthig fein, wenn ihre Arbeit gefcheben fol. 2). 
beiter verbrauchen eine Menge Materialien zu ihren Arbeiten, die um fi 
fein muß, jemehr bas Product durch eine geſchickte Vertheilung der Arbeit i 
Zeit vervielfältigt ward. Diefe rohen Materialien müffen alfo gleichfalls 
rath angefchafft und immerfort erneuert werden, wenn bie Arbeit ohne U 
chung.fortgefegt werden fol. 3) Auch find Sinftrumente, Mafhinen, A 
bäude, Magazine u. ſ. w. nöthig, welche ſaͤmmtlich erft durch vorgängig 
hervorgebracht werden müffen, und zum Capitale gehören. 4) Sollen D 
thigen Waaren gekauft werden, fo müffen die Käufer den Taufchwert! 
thig haben, um ihn dem Eigenthümer der Waaren zu geben, d. b. fie müflı 
talien bejigen, in&befondere, twenn fie bie Waaren nicht zum Selbftverzeik 
dern um fie wieder zu verlaufen oder damit zu handeln, anfdyaffen. 
5) erfodert auch die Verführung der Waaren von einem Orte zum anbe 
großen Apparat von Schiffen, Wagen u. f. w. Allee biefes find Beſtandt 
Capitals einer Nation, und fie machen die nothiwendigen Bedingungen am 
welchen allein die Vervollkommnung der Arbeit fi) ausbreiten kanm. 

Da das Geld das allgemeine Taufchmittel tft, wofür alfo alle 
oder brauchbare Dinge zu haben find, fo gehören die Geldvorraͤthe bei eina 
natürlicher Weife auch zum Capitale, ja man nennt bie Geldvorraͤthe ſchleqh 
pitale und Manche wollen nichts al6 Geldvorräthe darunter verftanden wife 
ohne binreichenden Grund. Denn das Weſen des Capitals befteht da 
es einen Vorrath von Beduͤrfnißmitteln in fich ſchließt, und es müffen 
Vorräthe von nüglichen Produeten Gapitale fein. Geldvorrätbe nad 
vorzüglich unter diefen Begriff, weit für Geld Die Producte oder Beduͤrfni 
Art in der manniofaltigften Form am ſchnellſten zu haben und baher zu Bey 
fuͤr Jedermann am paſſendſten find. Gapitale koͤnnen urfpriinglich nur! 
entftehen, daß die Menſchen das Nügliche, was ihnen die Natur liefert, € 
Arbeit fchafft, nicht ganz verzehren, fondern es zum künftigen Gebrauch 
wahren, daß fie, während fie diefen Vorrath verbrauchen, der Natur deu 
Fleiß neue Producte in noch größerer Menge abgewinnen, oder noch mehr ] 
durch ihre Arbeit fchaffen, als vorher vorhanden waren, und bag auf biel 
fie und die aufeinander folgenden Menfchengefchlechter burd) ihren Filet 
wieder mehr an deffen Stelle fegen, was fie während der Zeit ihrer Arbe 
indem fie Vorräthe andrer Art erzeugen, verzehrt haben. Capitale find: 
Wirkung der Sparfamkeit und des geſchickten und vervolllommneten Flel 
Zu dem Begriff des Capitals gehört der Begriff der Beweglichkeit. Dah 
cen Srundflüde oder Grund und Boden nicht unter den Begriff Capita 
Reichthum eines Landes befteht aus Grundftüden und Capitalen. Erſter 
vermittelft der Capitale hervorgebracht oder vervolllommnet fein, und a 
fodann: es ftedden Capitale in ihnen, aber fie felbft werben nicht zu den € 
gerechnet. Die Capitale hören auf Gapitale zu fein, fobald fie zur Ve 
übergeben, und fie werden in diefer Hinfiht dem Einfommen (ſ .d 
gengefegt. Kegt Jemand davon einiges zu feinen Vorraͤthen, fo ſchlaͤgt e 


Gapital formiren, und während fie wieded verzehrt werden, auch die 
19 zu neuen Probucten und dadurch fort und fort erfegt werben. Diefes 
nögen darf daher nie vermindert, fonbern muß immerfort erhalten u. vers 
m, wenn der Reichthum wachen foll. — Gapitale find eine Hauptbedins 
welche feine Production und Fein Gewerbe gedeihen oder groß werben 
ı Daher ein neues Gverbe in einem Staate aufkommen fell, fo muß erſt 
thige Capital vorhanden fein. Iſt daher in einem Gewerbe ein Gapis 
m, und wird dieſes Capital durch andere vortheilhafte Gewerbe angezo⸗ 
5 das erfle Gewerbe eingeben, wenn nicht irgend ein andres Gupital 
um das wegziehende zu erfegen. Oft haben die Iirgierungen darın ges 
ie, um ein Gewerbe in ihrem Staate zu erzeugen, bafjelbe fo beguns _ 
abei mehr zu verdienen war ale bei andern. Da aber eine ſolche Beguͤn⸗ 
Eeine neuen Capitale im Lande fchaffen konnte, fo konnte das neue 
x dadurch entfliehen, daß fich andre Capitale, die im Lande bisher wo 
äftigt waren, dahin zogen; folglidy mußten durch diefe Begunftigung 
Gewerbe eingehen ober rbenfo viel ihre alten Befchäftigungen aufges 
ch die Begünfligung neue erzeugt wurden. Die Gemerböthätigkeit in 
> kann ſich daher nur mit ber Vermehrung der Gapitalien vermehren und 
vo Lepteres nicht flastfindet, da können die Gewerbe zwar verändert, 
rmehrt werden. 51. 
italgewinn. Wenn ein Capital angewandt wird, um dadurch defs 
vieder hervorzubringen, und es wird dadurch nod) mehr als diefer Werth 
ht, fo heißt dieſer Überfhuß Capitalgewinn. Bon demfelben 
die Zinfen bezahlt, weldye für die Nutzung des Capitals entrichtet wer⸗ 
‚ und die der Gapitalift fich felbft zurechnet, wenn er es felbft ift, der 
Lanlegt; 2) Das, was dem Unternehmer des Gewerbes, auf welches 
. verwandt wird, für feine Mühe, Arbeit und Rifico gebührt. Der 
L des Überfchuffes heißt dev Unternehmergewinn. Der Capitals 
alſo aus zwei Beſtandtheilen zufammengefegt, ndmlid dem Zinfen» 


— BR a u an m — m an m 





446 Gapitalrente Gapitalfteuer 


nen, ober deren Werth ſich immer gleich bleibt; deßhalb ſammeln die Gaplı 
ihre Gapitale In allgemeinen Zaufcymitteln oder in baarem Gelde. Diefe 
fi am leichteften verleihen, und für deren Benugung find Diejenigen, weh 
feiben bedürfen, bereit Zinfen zu bezahlen, welche ſodann das Einkomm 
Gapitaliften ausmahen. Werzehren nun Diejenigen, welche an Andre C 
feihen, diefelben, fo muͤſſen Die, welche Capitale borgen, ſowol die Zinfen ı 
Capitale felbft von andern Drodbucten bezahlen, und folche Gapitaliften lebe 
"der Production Andrer. Verleihen fie aber ihre Capitate an Solche, weldye 
hervorbringenden Gewerben anwenden, fo werden durch dieſe Capitale 1) D 
gen ernährt, welche Davon ihren Arbeitslohn erhalten; 2) Diejenigen, ı 
damit Materialien oder Sachen abgefauft werden, erhalten dadurch bie 
dergleichen Dlaterialien oder Sachen von neuem bervorbringen zu laſſen 
endlich 3) bleibt von den Producten, welche vermittelft jener Gapitale bei 
- bracht worden, noch fo viel übrig, daß davon die Zinfen und endlidy die 
ſelbſt woiedererftattet werben koͤnnen. Solche Gapitaliften leben daher 
Producten ihrer Capitale, und ihr Unterhalt Eoftet den Übrigen Ei 
gar nichts. Vielmehr find fie ed, welche Andern Unterhalt und Nahrungi 
ihre Gapitale gemähren. Ein Land ift daher fehr gluͤcklich, wenn «6 vl 
cher Capitaliften enthält. Werden aber die Capitale der Capitaliften von | 
verzehrt, die nichts Mügliches wieder an deren Stelle erfegen, fo geht em 
diefer Theil des Reichthums für die Capitaliften ganz verloren, oder md 
Staate Andre die Zinfen dafür bezahlen und die Gapitale erftatten müfl 
muͤſſen diefe fi für Andre anftrengen und für die Capitaliſten arbeiten, wu 
gleich von ihnen nichts mehr empfangen, und die Quelle, woraus fie 
Mugen gezogen haben, ganz verloren gegangen iſt. Dergleichen C 
müffen daher am Ende dem Volke zur Laſt fallen; denn Das, was 
kommen fonft hervorbrachte, ift nicht mehr vorhanden, und doch müffen die 
durch die Gapitale Andrer immerfort für fie bervorgebracht werden. Di 
natuͤrlicher Weife den übrigen Claſſen des Volks, welche fonft davon le 
ten, entzogen, und es wird Elar, daß dergleichen Gapitaliften dem Lande 
(äftiger fallen müffen, je zahlreicher und je reicher fie find. Daran find jedel 
die Gapitaliften Schuld, fondern Die, welche ihr Capital verzehrt und den i 
die Laft der Zinfen oder Ruͤckzahlung der Capitale aufgebürdet haben. 
Capitalrente ift Das, was ber Gapitalift für die Abtretung fi 
pitais an einen Andern terminweiſe erhült, oder was Der, welcher ein C 
beliebigen Gebrauch von dem Gapitaliften einpfängt, oder der fonft die V 
keit dazu übernimmt, an den Gapitaliften ober Den, melcher deffen Rechte 
Capital erhalten hat, abgeben muß. Die Rente muß fo lange fortgezahlt 
als das Capital nicht zuruͤckgezahlt oder erflattet if. (S. Rente.) nd 
Capitalfteuer, eine Abgabe, welche nach dem Capital geor 
Sie widerftreitet den Principien eincd guten Steuerſyſtems. Denn nad U 
ben follen Abgaben nicht die Quellen bes Nationalteihthums angrei 
vermindern; da nun die Capitale ein Dauptmittel und eine Dauptquelle 
tionalreihthums find, fo ſollten fie nicht durd) eine Steuer vermindert W 
Die Capitalſteuer gehört unter die Rubrik von Vermoͤgensſteuer, dd 
Gapitale bilden einen Haupttheil des Nationalvermögens. ine ſolche G 
fleuer wurde im öftreich. Staate in dem Kriege mit Frankreich aufgelegt, w 
von Eleinen Gapitalen 1 oder 2 Procent nahm und diefe Abgabe für die g 
fogar bis zu 20 Procent für große Gapitaliften, fteigerte. ‚Eine andre Nas 
winnt die Steuer, wenn man fie nicht nad) dem Capitale, fondern nad) de 
fen und Gewinnften, die von den Capitalen gezogen werden, mißt. Denn 
wird es eine Capitaleenten= ober Capitalgewinnftjteuer, bie ſich fehr wohl m 

















Sapitälcen Sapktoltum 447 


ne® gutem GSteuerſyſtems verträgt. . Denn von feinem: reinen Ein 
zu Zinfen, Renten und Gapitalgetoinnfte gehören, kann Jeder einen 
ner abgeben, ohne baß dadurch das Nationalflamnmermögen geſchwaͤcht 
E daher auch keine Capitalftener, wenn man die Abgabe zwar nad) 
nnten Steuercapitale beflimmt, aber. dabei darauf Ruͤckſicht nimmt, 
: von bem vorauegefegten Gewinne des Capitals bezahlt werden kann, 
n 3. B. das reine Einfommen eines Individuums mit einer beſtimm⸗ 
10, 16, 20, 24 u. f.w. zum Capital erhebt, und diefes mit fo viel 
fteuert, daß diefelben nun einen proportionirlichen Theil des reinen 

. aus dem Gapitale ausmachen. Die Schwierigkeiten dabei find in⸗ 
im Lande befindlichen Gapitale und deren Eigenthuͤmer genau zu erfor 
yabei 2) der Freiheit und Gewiffenhaftigkeit ber Bürger allzu laͤſtig 


taldyen, inder Sprache der Buchdruder die lateiniſchen Buchſta⸗ 
, der Figur (Schnitt) der großen, aber nur in gleicher Größe mit dem 
einen gegoffen find, 3.38. Ara, Mum. 
tel, Hauptſtuͤck, Abtheilung eines Buchs, daher auch Gegenftand 
hs. — Da bie Negeln und Statuten der geiftl. Orden und Stifter in 
theilt waren, fo wurde auch bie Berfammlung der Ordensglieder und 
‚ weil man dabei alle oder einige Capitel diefer Kegeln vorlas, und ber 
ufammenlamen, ja auch der Verweis, den ein ftraffilliges Mitglied 
\ des übertretenen Capitels der Regeln erhielt, Capitel genannt. 
erorden, weiche urfprünglid) viel von der Verfaſſung der geiſtlichen 
haben, bedienen fid) beffelben Ausdruds von den Berfammlungen 
und feltfl einige Innungen nennen ihre Zunftverfamnuiungen En: 
er Bedeutung, daß man die Glieder einer Befellfchaft, ale ein Ganzes 
runter verfteht, heißt nur das Collegium der flimmfähigen Domherren 
nd dieſe nennen fi, zum Unterfchiedbe von den nicht flimmfäligen 
nicis, Bapitularen. (S. Stift.) E. 
olium, die Burg des alten Roms, fland auf dem capitoliniſchen 
Eleinften von den fieben Hligeln Home , welcher in fruͤhern Zeiten ber 
. audy tarpejifche hieß. Der erfte Grund dazu wurde 614 v. Chr. 
us Priscus gelegt, vollendet aber ward es erft nad) Vertreibung der 
ı Zeit der bürgerlichen Unruhen unter Sylla ging es in Flammen auf. 
om Senate wicheraufgebaut. Das nämlicdhe Schickſal hatte ed noch 
:paftan und Domitian waren die Wicderherfteller; der Letztere lie «8 
eraufrichten und verordnete die capitolinifchen Spiele daſelbſt. Nach 
8 Befcyreibung war der Tempel mit den außenflehenden Säulen 200 
185 breit. Eigentlich beftand das ganze Gebäude aus drei Lempeln, 
jupiter, der Juno und der Minerva gewidmet und duch Maucern vor. 
efondert waren. In dem weiten Porticus wurden dem Volke die 
bizeiten gegeben. Die Statue Jupiter's war figend auf einern Seflei 
d Eifenbein abgebildet und befland in den Alteften Zeiten auß roth ges 
n. Unter Trajan ward fie von Gold verfertig. Das Dad) des Tem⸗ 
aus Erz; Q. Catulus ließ es vergolden. Bon eben ber Beſchaffen⸗ 
h die Pforte, Überhaupt war an dem ganzen Gebäude Pracht und. 
erſchwendet. Die Vergoldung allein foll 12,000 Tatente (gegen 12 
) gekoftet haben, wehtvegen die Römer das Gebäude auch) das goldene 
uf dem Giebel ftand eine Duadriga (ein Viergefpann), anfangs von 
ch von vergedetem Erz. Der Tempel felbft enthielt eirıe uners 
ige der prächtiyften Geſchenke. Die wichtigften Staatsacten, deß⸗ 
ylliniſchen Bücher wurden in demfelben aufbewahrt. Das heutige: 





” 


448 Gapitulation : Capo d'Iſtrias 


Gapitolium (Gampiboglie), welches aufdem Plage und zum Theil auf den 
des alten Gapitoliume ſteht, {ft ein neues Gebäude nach dem Riffe des M 
gelo. Der Hauptzugang auf daffelbe bietet einen prächtigen Anblick dar; 
Gebaͤude gehören, nad) dem Urtheil ber Kenner, unter Michel Angelo‘ 
vorzügliche Arbeiten. Es beficht das neue Capitol aus drei Hauptgebaͤ 
dem vorzüglichften wohnt der Senator von Nom), welche den capitolinifd 
nicht ganz bedecken. Aufden Ruinen des ehemaligen Tempels des Jupi 
tolinus, von welchem man noch einige Säulen findet, ſteht jegt «ine F 
nerfirche. 

Capitulation. Die Sciüffe und Vergleiche einer Volköverfe 

oder ciner andern Gemeinde oder Senoffenfchaft hatten den Namen Ca 
oder Capitulare, weßhalb auch Die Geſetze der fränkifchen Könige Capitı 

” biegen. Capituliren bedeutet alfo Unterhandiungen und Vergleiche ſchli— 
von noch die Übergabe einer belagerten Stadt, eines Truppencorps, mit 
Bedingungen, entgegengeicht der Übergabe auf Discretion (Wittkür des 
auf Gnade und Ungnade) Capitulation genannt wird. Die geiftlichen € 
Deutſchland fingen im 15. Jahrh. an, ihren neuermählten Akten, Bifchel 
bifhöfen geroiffe Regeln der Eünftigen Regierung ald Bedingung vorzult 
von ihnen eidlich beftarfen zu laſſen, welche aber, weil fie häufig unred 
Einſchraͤnkungen der bifhöflichen u. f. w. Regierungsrechte zu Gunften b 
herren enthielten, vom Papſte zuweilen caffirt wurden. Die geiftlichen K 
waren die Exften, weiche fid) nach dem Fall der Hohenflaufen von den neun 
gewiſſe Vortheile verfprechen lisBen und diefe Verträge Capitulatione 
ten. Als noch vor Marimilians Zode fein Enkel Karl V. zum Eünftige 
in Vorſchlag Fam, machte man das Bedenken, daß ein junger Herr, we 
erblicher König von Spanien erzogen worden fel, die eingeſchraͤnkte Bu 
Deutſchlands wenig achten werde, und man befeitigte dies dadurch, daß a 
ihm die Feſthaltung gewiffer Punkte eidlich angeloben ließ. Er follte n 
Mefidenz nicht außerhalb des deutſchen Reiche nehmen, Beine Ausländer ind 
Reichsaͤmtern anftellen u.f.w. Dies nannte man feine Wahlcapitul 
Seitdem wurden einem jeben neuen Kaifer von den Kurfürften ſolche Bed 
vorgelegt, die er förmlich beſchwoͤren mußte, und dieſe Wahlcapitulationn 
ten daher eins der wichtigflen Neichegrundgefepe aus. Die Ubrigen Reid 
wollten den Kurfürften zwar dies große Vorrecht nicht ganz ausſchließlich 
ben; fie machten ihnen die Befugnif, neue Zufäge au machen (Jus adcapil 
flxeitig und verlangten, daß eine unabänderlihe MWahlcapitulation (Cap 
perpetua) entworfen werben folle. in ſolches Project wurde aud) enter 
feit 1711, jedoch ohne geſetzliche Unabänderlichkeit erhalten zu haben, in 
Ganzen zum Grunde gelegt. Die Berichtigung und Erweiterung ber 
Wahlcapitulation war immer das erfte Sefchäft des Wahltags. Die let 
tulation des Kaiſers Franz II. ift vom 5. Sul. 1792. Sie enthält 30 Arıl 
benen jeder wieder in mehre Paragraphen zerfällt, und fie iſt noch jegt m 
barin aufgeftellten Grundſaͤtze des Landesſtaatsrechts von rechtlicher Am 
keit. Befonders Liber die Werhäitniffe der Landftände, das Privatfürftens 
Grundlagen ber Gerichtsverfaffung, enthält fie manche wichtige, noch jet 
Beflimmungen. 

Capo d'Iſtrias (Johann, Graf v.), ruflifcher Staatsfecretait 
in die Reihe derjenigen Staatsmänner, welche, von dem Schleier bei | 
umgeben, ihr vielvermögendes Wirken vor allen Augen verborgen zu halte 
fobaß es nur aus den Bewegungen bes Bodens erkannt wird, unter wei 
thätig fird. Capo d'Iſtrias, geb. zu Corfu 1780, wo fein Vater Arzt n 
dirte die Heilkunde zu Venedig. ALS die euffifhen Truppen 1799 bie | 


Gaponniere Capri 449 


ten, ftand fein Vater, Anton Maria von Capo d' Iſtrias, an ber Spige 
195 nachdem bie Inſeln aber, in Folge des tilfiter Friedens, 1807 von 
yieder abhängig geworden waren, trat berfelbe in ruffifche Dienfte. In 
brte er nach Corfu zuruͤck, wurde dafelbft Senator und flarb den 17. 
‚80 3. alt. Der Sohn blieb in Rußland, mo er anfangs in ben 
8 Grafen Rumanzoff und hierauf bei ber ruff. Gefandtfchaft in Wien 
ir. 1812 führte er die biplomatifchen Gefchäfte bei der Donauarmee, 
sefeht Admiral Tſchitſchagoff übernahm. Als fich dieſes Heer, nach 
ıge der Franzoſen, mit der großen ruff. Armee vereinigte, verwaltete 
ias im Hauptquartiere unter den Augen des Kaiſers diefelben Gorres 
häfte und erwarb ſich bald das Vertrauen feines Monarchen in einem 
ye, daß er feitbem zu den wichtigften Staatsverhandlungen gezogen und 
sfecretair in dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten er: 
©. Er warb Großkreuz des Wladimir⸗, Ritter des St.:Annenz, 
‚es k. oͤſtreich. Leopold» und bes k. preuß. rothen Adlerordens. 1813 
Sefandter bei der Schweiz, unterhandelte mit dem oͤſtr. Geſandten 
en Verhältniffe diefer Republik und verfügte fih im Sept. 1814 als 
mädhtigter zum Congreß nad) Wien, von wo ihn Napoleons Einfall 
auptquartier der Verbündeten nach Frankreich rief. Er unterzeichnete . 
Bevollmächtigter ben parifer Vertrag vom 20. Nov. 1815 und kehrte 
Monarchen nach Petersburg zuruͤck, wo er an den Geſchaͤften bes 
; den thätigften Antheilnahm. Bekannt find feine Bemühungen für 
nftellung der Republik der ionifchen Infeln, für die Aufrechterhaltung 
igion in Rußland gegen bie Umtriebe der Jeſuiten und für die Be⸗ 
Sriechen von dem tuͤrkiſchen Joche. Als aber Rußland den Aufſtand 
ı mißbilfigte, und Stroganoff (f.d.) von feinem Geſandtſchafts⸗ 
mflantinopel abging, trat auch Straf Capo d'Iſtrias 1822 von den 
uruͤck und privatifitt feitdem in Deutfchland und der Schweiz, mei- 


nf. 
ınnidre, In den Feſtungen ein gegen das feindliche Feuer von ber 
ızzch von oben gebedkter, zu Verbindung zweier Werde oder zu Feſthal⸗ 
sichtigenn Punktes dienender Platz; befonders 1) ein durch zwei glacids 
iſtwehren gefhügter Gang, der durch den trockenen Graben von einem 
te zum andern, 3.3. vom Hauptwalfe zum Navelin führt; ift nur 
eite Gefahr zu beforgen und daher nur Eine Bruftwehr da, fo ifi diefe 
zapommiere; iſt oben eine Bededung von Faſchinen oder Holz vorhan⸗ 
fe, doch wird der letztere Begriff mit der Caponnicre häufig verwech⸗ 
ne Blochäufer im bedeckten Wege, fehr gefchickt zu deffen Vertheidiz 
horn legte Ähnliche, jedoch minder zweckmaͤßige Einrichtungen unter 
an, und Scharnhorft will dergleichen unter dem Namen Feldcapon⸗ 
in den ausfpringenden Winkeln der Feldſchanze anbringen. 32. 
ri, Beine Infel am Eingange des Golfs von Neapel, befteht aus wei 
und einem gut angebauten Thale. Dis und Weinbau, Wachtelfang 
i Hefchäftigen die 3000 Einm. derfelben. In der Stadt Capri iſt eine 
zſchule. Der Ertrag des Wachtelfangs gehört dem Bifhof von G. 
Felſenwand ift von C. getrennt Anacapri, 1600 F. hod) (mit 
wohin man auf einer Felfentreppe von 522 Stufen von dem untern 
infel gelangt. Beiden Römern hieß fie Capreaͤ. Auguft tauſchte fie 
tpolitanern ein und ließ fie zu einem Orte des Vergnügens und der Er: 
chten, ohne jedoch Gebrauch davon zu machen. Ziberius aber brachte 
eben Jahre feines Lebens in ſchaͤndlicher Zügellofigkeit hier zur Die 
es Palaſtes find noch vorhanden, 
Siebente Aufl. Bd. II. 29 


40 Capriccio Garacalla 


Capriccio, Caprice nennt man auch eine Art von Tonſtuͤe 
chem ber Componiſt, was die Ausführung und Folge feiner Gedanken an 
mehr einer Laune, die aber genial fein fol, als der firengen Ocbnung ı 
einer beftimmten Gattung überläßt, wie darin befonders K. M. v. Webe 
geleiftet hat. Diefe freiere Form läßt ſich zweckmaͤßig bei Übungeftäd: 
den, in welchen die feltfamften und fchwierigften Figuren, wenn fie nuı 
firumente oder der Natur der Stimme Überhaupt "nicht zumiber find, v 
koͤnnen. Auf Originalität und Phantafie macht ein ſolches Tonſtuͤck ſ 
feine Benennung Anfprud). 

Gaprification, f. Feigen. 

Capua, befeft. Stadt in Terra bi Lavoro In Neapel, am Volt 
einem Erzbifch., einer Kriegsfchule und 7300 Einw., 1 Stunde von 
Capua, aus deffen Trümmern fie zum Theil im 9. Jahrh. aufgeführt wu 
alte Capua, eine ber [hönften und angenehmften Städte in Italien, ı 
trächtlich, daß man es mit Rom und Carthago verglich. Hannibal nah 
nach der Schlacht bei Gannd feinen Aufenthalt und verfprady ihr, fiez 
ſtadt von Italien zu erheben; fie verband fich daher mit ihm wider bi 
toelche fie aber nach 5 Jahren eroberten. Die Vandalen verwüfteten fi 
ftelite fie wieder her; allein fie wurde durch bie Longobarben aberma 
Man fieht noch Refte alter Gebäude daſelbſt. 

Capuciner, f. Sranciscaner. 

Caput:Mortuum (Todtenkopf), ein technifcher Ausbrud £ 
mie für den Rüdftand in, der Retorte, welchen man bei teodenen Dei 
erhält, weil er bei Fortſetzung berfelben Leine flüchtigen Subftanzen mehr 

Caracalla (Antoninus Baffianus), ber ältefle Sohn des Katı 
rus, geb. 188 zu Lyon, wurde, 13 3. alt, von f. Vater zum Reichsge 
nannt; gleichwol trachtete ex demfelben nach bem Leben. Severus farb 2 
folgte Caracalla gemeinfchaftlid mit Geta. Beide Brüder haßten fich 
früheften Kindheit. Nach einem Feldzuge gegen die Caledonier fchloffe 
unrühmlichen Frieden. Dann wollten fie das Reich unter fich theilen; 
Mutter Julia und die Großen des Reiche widerfegten ſich dieſem Plar 
dachte Caracalla darauf, fich feines Bruders durch Meuchelmord zu ı 
Nach einigen mißlungenen Verſuchen heuchelte er das Verlangen, ſich 
nen, und bat feine Mutter, ihm eine Zuſammenkunft in ihrem Zimmer ı 
Bruder zu verfhaffen. Geta erfchien und warb (212) von mehren dazu 
Genturionen in den Armen feiner Mutter durchbohrt. Reiche Geſchenke 
ten die Prätorianer, Caracalla ald alleinigen Kalfer auszurufen und Geta 
Seind des Staats zu erllären. Der Tyrann ließ Geta's Kinder und Al 
gend eine Gemeinſchaft mit ihm gehabt, umbringen. (S. Papiniann 
gibt die Zahl der Schlachtopfer auf 20,000 an. Aber auch viele von den 
feines Bruders ließ er hinrichten, und ihn felbft unter Die Götter verſetzen 
war fein Vorbild; er ließ das Grab bdeffelben wiederherſtellen. Glel 
Dictator bereicherte er Die Soldaten mit unbegrenzter Sreigebigkeit, wozu 
loſe Erpreffungen und Räubereien die Mittel gabm. Graufam mie Cal 


Nero, aber thörichter als Beide, betrachtete er den Senat und das Voll 


chem Haß und gleicher Verachtung. Aus Habſucht gab er allen freien 
bes Reiche das römifche Bürgerricht und nahm zuerft Agppter in den © 
Alexander, den er in dußern Dingen nachahmte, und Achilles waren d 
fände feiner Verehrung. Er begab fich nad) Iium, um das Grab bei 
[hen Helden zu befuchen, und vergiftete feinen liebſten Freigelaffenen F 
ben Achill in feinem Schmerz um Patroklus nachzuahmen. Noch unfl 
ſcheint Garacalla auf feinen Kriegszuͤgen in Gallien, wo er Grauſamb 


Garacas 451 


t beging. Darauf zog er über den Rhein in bie Länder ber Hatten und Ale 
umm. Die Katten beflegten ihn und ließen ihn nur gegen eine anfehndche 
anme Goldes über ben Fluß zurückgeben. Das Land der Alemannen betrat er 
Bunbesgenoffe und ließ Seftungen darin erbauen. Sodann berief er die junge 
unſchaft zufammen, al& wollte er fie in feinen Sold nehmen, ließ fie aber von 
en Truppen umringen und nieberhauen. Wegen biefer Großthat nahm er ben 
men Alemannicus an. In Dacien erfocht er einige Vortheile Aber die Gothen. 
t dern Partherönige Artabanus, der in feine Foderungen willigte, ſchloß er 
eden zu Antiochien. Den König von Edeffa, Abgares, einen Bundesgenoffen 
Römer, lub er nad) Antiochien ein, ließ ihn mit Ketten belaften und bemaͤch⸗ 
sfich feiner Staaten. Als er diefeibe Zreulofigkeit an Vologeſes, König von 
nenien, ausgeübt, griffen die Armenier zu den Waffen und jchlugen die Römer 
Et. Caracalla ging hierauf nad) Alerandrien, um die Einwohner für die Spöte 
den zu ftrafen, die fie ſich gegen ihn erlaubt hatten. Während der Vorberefs 
zu einem großen Blutbade brachte er dem Serapis Hekatomben und befuchte 
»s Grab, auf weichen er feinen kaiſerlichen Schmud als Opfer zuruͤck⸗ 
Sodann gab er mehre. Tage und Nächte die Einwohner der Mekelung und 
g preis und fah diefem Schaufpiele von ber Höhe des Serapistempels _ 
welchem er zulegt den Dolch niederlegte, den er einige Jahre vorher auf ſei⸗ 
er gezüicht hatte. Der Wunfch, über bie Parther zu triumphiren, bewog 
zater dem Vorwande, daß Artabanus ihm feine Tochter zur Ehe verfagt habe, 
en zu brechen. Er fand das Land ohne Vertheidigung, plünderte es auß, 
Medien und näherte fi der Hauptſtadt. Die Parther, welche Uber den 
in die Gebirge zuruͤckgegangen waren, rüfteten fich, mit allen ihren Kräften 
den Jahre über die Römer berzufallen. Caracalla erwartete fie nicht, 
ging nad) Mefopotamien zuruͤck, ohne ein parthifches Heer gefehen zu has 
Dee Senat, dem er die Unterwerfung des Drients meldete, erkannte ihm 
ph und den Beinamen Parthicus zu. Unterrichtet von den Ruͤſtun⸗ 
Parther, wollte er den Krieg gegen fie erneuern, al& der Präfect der Praͤ⸗ 
, Dacein, den er beleidigt hatte, ihn zu Edeffa auf dem Wege zum Tem⸗ 
Sunus (217) ermordete. In Rom bat C. große Denkmäler, prächtige 
die feinen Namen trugen, und einen Zriumphbogen errichtet, welcher die 
des Severus verberrlicht. 
Garacas oder Benezuela, war bie 1810 ein fpanifches Generals 
t, dann ber Schauplatz des Inſurrectionskampfes unter Miranda, 
unter Bolivar mit den fpanifhen Truppen unter Morillo (ſ d.), und 
udlich 1821 ein Beftandtheil des neuen Freiſtaats Colombia (f.b. und 
Bameritanifche Revolution). Das Zropenland Caracas liegt zwifchen 
e und 12° N. Br. an der noͤrdl. Küfte von Südamerika, am atlantis 
und am Drinoco. Es grenzt füdlich an Brafilien und weſtlich an Neu⸗ 
und enthielt, nady Altern Angaben, auf 23,242 geograph. IM. 900,000 
darunter über 220,000 Neger und mehre unabhängige Stämme ber Urs 
(Garaiben, Otomaken, Guaraunos u.a.m.). Die Provinz Caracas 
DM. mit 500,000 €.) war anfangs das Eigenthum der berühmten Wels 
Augsburg, denen Karl V. fie für eine Schuld, als Lehn der Krone Caſtilien, 
ebtrat; fie nahmen das Land 1526 in Befig, gaben aber daffelbe 20. J. 
auf, weil die dorthin geſchickten deutſchen Soldaten durch ihre Grauſamkeit 
sucht die Golonie zerrüttetn. Das Klima ift, ungeachtet das Land bis 
Aquator fich erſtreckt, nichts weniger ale unerträglich heiß ; denn es zieht 
daffelbe von W. nach D., in einer Breite von 10 — 20 Meilen, ein 
jer Anden, die Sierra de Merida, welche von 4000 — 14,790 3. hoch ans 
und fich endlich der Inſel Trinldad gegenüber verflicht. Die wichtige Dan 
, 29 



























d 


452 Garaccioli | (Bamilie) 


dels⸗ und Hauptitadt Caracas (mit 30,000 E. und einer Univerfitde), € 
Erzbiſchofs, liegt 15 Stunden vom Meere, am Fuße des 8400 8. hohen 
la Site, am Fluß Guayra (der ſich durch den [ehr unzjichern] Hafen Eu € 
[(Soayre} [Stadt mit 4000 €.) ausmuͤndet), in einer Höhe von 2760 8. 
kommt die faft flete, angenchme Temperatur. Das ganze Jahr hindı 
das Thermometer 76 — 85° Fahrenh., felten finkt es im Winter auf 52‘ 
&. hin verlaufen fich die Berge in weite Ebenen, Llanos genannt: treffli 
ben für die zahlreichen, faft wilden Heerden, die den Stadtbewohnern 
Der Winter in Caracas ift die Regenzeit vom April bis in ben November. 
regnet ed jeben Tag im Durchſchnitt 3 Stunden, und zwar mit folder £ 
dag alle Ströme (dee Drinoco mit feinen Nebenflüffen) das Land weit um 
ſchwenimen. Die Fruchtbarkeit des Bodens iſt außerorbentlich groß. 
durchdringliche Wald auf der Oftfeite liefert überflüffiges Bauholz; all 
kann es nicht ausführen, weil man es nicht über die Berge und Fluͤſſe zu 
vermag. Die Eöftlichften Hölzer, die zu Zifchlerarbeiten und zu feinerı 
geräthe ungemein brauchbar find, werben in geringer Menge ausgeführt. 
Cochenille, und eine unzählige Menge Arzneien, Harze und Balſame 
die Wälder; aber die Europder wiffen kaum den Namen der Bäume, 
Subftanzen liefern, und die Einwohner bekuͤmmerten ſich bisher faft gar 
die Reichthuͤmer ihre® Bodens. Man fing jedoch an, Saffee, Baumwoll 
Indigo, Zuder und Zabad zu bauen, und der Barinass und Muracaib: 
find befannt. Die Perlenfifcherei, die im 16. Jahrh. jaͤhrlich 800, 00 
eintrug, iſt vernachläffige. Der befte Hafen, Porto Cavallo, liegt 
ungefunden, fumpfigen Gegend, auf einer Halbinfel. Diefe ebenfalls 
feftigte Stadt Hat 8000 Einw. Bei dem Erdbeben, weldyes am 26. Mi 
das Land in einem Umkreiſe von 300 Meilen heimfuchte, kamen in Car 
Guayra 14,000 Menfchen um. 1826 vereinigte ſich in Caracas unter 
neral Paez eine Partei, welche ber Verfaffung der Republik Colombia 
derativform geben will. 

Garaccioli (Louis Antoine de), geb. 1721 zu Paris, ſtammte 
alten berühmten neapolitanifhen Familie d. N. ab. Seine geſellſchaftli 
lente bereiteten ihm in Italien, das er nach Vollendung feiner Studien | 
reiſte, eine glänzende Aufnahme, insbefondere bei Benedict XIV. und Cleme 
Er wendete fidy nachher nad) Deutſchland und nad) Polen, wo er in der 2 
Stelle eines Hofmeifters der Kinder des Prinzen Rewski (Rzewuski),« 
erften Kronbeamten, erhielt. Mad) vollendeter Erziehung derfelben kehrt: 
Paris zuruͤck, wo er fich durch feine Unterhattungsgabe fehr beliebt macht 
feinen „Lettres du Pape Clement XIV.’ (Ganganelli), die eine milde 
phie, fanfte Moral, verftändige Grundfäge über mancherlei Kebensverhätt 
einen feinen Geſchmack verrathen, muftificirte er nicht bloß Frankreich, 
ganz Europa, da fie lange Zeit für echt gehalten wurden und dadurch da 
Intereſſe in Anſpruch nahmen. Die erſte Ausg. derfelben erfchien 1775 ir 
Die franz. Revolution beraubte ihn aller feiner Huͤlfsmittel; 1795 erhiel 
Convent eine Penfion von 2000 Livr., die ihn bis zu feinem Tode, 18 
Mangel fügte. — Ein Marquis de Caraccioli, der fich Durch fe 
bindungen mit den Encyklopaͤdiſten, insbefondere mit Marmontel und D’A 
befannt gemacht hat, geb. 1711, war gegen die Mitte des 18. Jahrh. 
Sefandter in London und Paris. Hier galt derfelbe für einen der feinfti 
und eine Zierde der damaligen fo hoc, ausgebildeten parifer Geſellſchaft 
findet feiner in allen Memoiren aus diefer Zeit gedacht. Er wurde fp 
Vicekoͤnig von Sicilien ernannt und ftarb 1789 in Palermo. — Fra 
Caraccioli, Bruder des Herzogs von Roccaromana, ein verbienftvolte 


acten, Masten, Die nit ım Vommno, jondern in nachgeahmter ges 
Kleidung gewiſſer Stände erfcheinen. In der Sonverfation werben fie 
ſaraktermasken genannt. 
afa oder Caraffa (Michael), einer der beliebteſten jegtlebenden ital. 
geb. 1787 zu Neapel, von bürgerl. Herkunft, fludirte unter Fenaroli 
GSonferoatorium und benugte Cherubini bei f. Aufenthalte in Paris, 
genehme und eigne Melodie, ift aber, leider, in bie Nahahmung Roſ⸗ 
len. Unter f. Opern hat die Opera seria „Gabriele de Vergy” am 
ifall gefunden. Mit Barbaja war er auch in Wien 1823 und führte 
„Abufar“ auf. Er ift ein vortrefflicher Liedercomponift. 
aibifche Snfeln, fo heißen die Beinen Antillen von ihren Urbe⸗ 
en Garaiben, bie aus Nordamerika, in der Nähe von Florida, durch ins 
jege vertrieben, aufdiefe Infeln und auch nach Guiana in Suͤdamerika 
wo fie, durch fluͤchtige Negerſklaven verftärkt, noch in Freiheit und oͤf⸗ 
ege mit den europ. Goloniften leben. Bon den Infeln wurden fie im 
meiftens verdrängt; nur auf St. Vincent findet man noch 100 und 
ica 30 Samitten von rothen Caraiben. ihre Farbe ift olivenbraun; 
fich aber mit Orlean, um fich gegen Infettenftiche zu fichern. Sie 
und leben ohne Berfaffung. Auf der Infel Er.» Vincent find auch 
iraiben, aus einer Bermifchung von Negerſklaven mit caraibifhen Wei⸗ 
nden. Ihre Anzahl fleigt auf 2000 Familien. Sie find braunſchwarz 
jich, aller Anſtrengung der Engländer ungeachtet, mit Gewalt ber 
ı freien Befig ihres Antheils an der Infel erhalten. Das caraibifche 
tim N. und D. an die Antillen, in ©. an das fefte Land von Amerika, 
f von Venezuela ift. 
aiten oder Caraͤer heißen bei den Juden Diejenigen, welche bie 
es Zalmud verwerfen und fich bloß an den Buchflaben der Schrift hal- 
egenfag ber Nabbaniten (f.d.). 


aman (Victor Riquet, Graf von), Chef diefer alten und durch Ihren 
ham Mar ho Iannnehalor Bannla heriihmten Teamilie. emiarirte 1791 





454 Caravaggio 


merkwuͤrdig gewordene General, geb. in Sicilien, dankte feine Erhebung ſich f 
Er hielt fid zur republik. Partei, als K. Serdinand wegen des Vordringen 
franz. Heere fih nah Sicitien begab, und nad) des Generals Mack Niede 
(1798) in Neapel die fogen. parthenopeifhe Republik proclamirt wurde, ' 
gelang es ben Ropaliften, die Cardinal Ruffo anführte, fid) der Hauptſtadt u 
zu bemächtigen, und Carascofa entging ber faft allgemeinen Achtung aller In 
ſtell d’Uovo capitulicenden Anhänger und Beamten der damaligen repubiil. 8 
rung. Als die Scanzofen 1806 wiederum In Neapel einruͤckten, wurde Cara 
Bataillonschef im erften Linien-Infanterieregimente, das Joſeph Bonaparl 
richtete, unter deffen Fahnen er in Spanien ſich auszeichnete. Nach feiner! 
kehr erhob ihn Joachim (Murat) von einem Mültairgrade zum andern; 181 
fehligte er eine Zruppenbivifton, die mit den Oſtreichern gegen bie Franzoſ⸗ 
Selde ftand. Gegen die Oftreicher führte er 1819 eine Divifion des nea 
Heeres und unterzeichnete mit andern neapol. Generalen die Militairconde 
von Cafalanza, vermöge deren bie neapol. Armee bie Waffen niederlegte. A 
Mititaleinfurrection in einem Theile des Heeres von Neapel im Juli 1820 
brach, befehligte er als Kriegsminiſter denjenigen Theil der Truppen, der zur d 
pfung der Infurrection beſtimmt war, und rüdte bamit bis an Die Grenze der. 
di Lavoro vor. Weil er aber mit den vom Könige noch nicht abgefallenen I 
pen den Gegner anzugreifen zögerte, brach auch unter feinen Truppen bie S 
tection aus. Später nahm er an der Revolution Antheit, als der König die ı 

conflitutionellen Grundfäge gebilligt zu haben ſchien. Bet der Invafion de 
Armee erhielt Carascofa ein bedeutendes Commando und follte bamit bie € 
von Terracina auf Neapel zu deden. (S. Abruzzen, Neapol. Revoln 
und Pepe) Allein die über Sulmona vordringenden Oftreicher hatten ihn 
gangen und fein Heer zerftreute fih. Er follte als einer der Hauptbegänftig 
neapol. Kevolution verhaftet werben, als er fi) nad) Barcelonu flüchtetk. 
lebt jet in England ald Verbannter und fhrieb: „Mem. hist., polit. et mill 
la revolut. du roy. de Naples en 1820‘ (Lond. 1823), bie hiſtor. mi 
Werth haben. 

Caravaggio (Michel Angelo Ameright oder Morigi, genannt 
A:ıgelo da), ein berühmter Mater, geb. zu Caravaggio im Mailändifchen 
war anfänglich Maurergefelle, legte fich auf das Studium ber Malerei, 
Mailand und Venedig und ging dann nach) Nom, wo er Auffehen erregte. 
kann ihn als den Erfinder einer Manier anfehen, die eine Menge Nachah 
Mit der Kraft und Wahrheit des Halbdunkels verbindet er die des Colo 
dies charakterifist ihn. Uns die Wirkung hervorzubringen, beleuchtete er 
genflände gern von oben mit geraden Richtern. Er gab der Natur, welche e 
ahmte, breite und Eräftige Schattenmaffen, wodurch das Licht fehr gehobel 
eine große Wirkung hervorgebracht wird. Zu dieſem Behufe ließ er das 
oben in feine Werkflatt fallen und die Mauern derſelben ſchwarz anftreichen, 
Nackten war er Meifter. Seine Fehler find nicht zu verfennen. Einſeit 
ſclaviſche Nachahmung der Natur war fein hoͤchſtes Ziel. Er ahnete 
hen Ruhm ein Meifter erwirbt, der mit Nachahmung ber Natur Hoheit der‘ 
und eine verftändige Anordnung zu verbinden weiß. Hannibal Caracci um 
minichino glänzten vielleicht bei ihren Kebzeiten weniger als Garavagglo, abe 
Ihrem Zode erhielten fie einen ausgezeichneten Platz, weil fie, ohne das (Sole 
dus Studium der Natur zu vernschläffigen, nach Richtigkeit der Zeichnung u 
habenheit der Gedanken ftrebten. Er war ein ſehr leidenſchaftlicher Menfch um 
(bon 1609. Die Mater, die ihm am meiften nachgeahmt haben, find Ma 
Baksıtin und Niibeira mit dem Beinamen Efpagnolet, 

Caravaggio, ſ. Caldara, 








Caravanen Carbonari 455 


a vanen (ein perſiſches Wort), große Reiſegeſellſchaften in der Levante 
ka, die fi, um vor Räubern gefichert zu fein, zufanmmenbegeben und 
h bie Handlung ober Pilgerfahrten zur Abficht haben. Eine folche Ges 
£ oft mehr als 1000 Kameele bei fi, welche das Sepdd und die Waa⸗ 
mb welche einzeln hinter einander gehen, fobaß ein folcher Zug bisweilen 
lang iſt. Sie reifen dee Hige wegen meift fehr frühe. Da jeder Mo⸗ 
in feinem Leben wenigftens einmal das Grab Mohammed's befuchen 
xen jährlich von mehren Sammelplägen Garavanen nad) Mekka. Der 
iner ſolchen Mekkacaravane, der einiges Gefhüg zur Bedeckung mit 
ird Emir Adge genannt. Handlungscarapanen erwählen ſich aus ihrer 
t Derssfehlehaber, welchen fie Caravan:Bafi nennen. — Cara⸗ 
e, f. bee. 
svanferais, im Orient, eine Art von Bafthäufern, welche auf 
raßen und in Gegenden, two in einer beträchtlichen Strecke keine Städte 
gefunden werben, angelegt find, um den Reifenden ein Obdach zu ges 
Sie find zum Theil prachtvoll erbaut, enthalten aber gewöhnlich kein 
‚ daher ber Reifende Bett und Teppich mitbringen muß. In vielen 
Aufnahme unentgeltlich 
ronari (Köhler), der Name einer politifchen, weit ausgebreiteten, 
efelsfchaft in Stalin. Nach den „Memoirs of the Secret zocieties 
h of Italy, particularly the Carbonari; translated from the ori- 
script” (2ond. 1821) if die Garbonaria 1818 aus ihrer frühern Vers 
eroorgetreten. Sie bat Inſtructionen, Katechismen der verſchiedenen 
tuten, Rituale u. dgl. druden laffen, weldye aber nur bie eine Seite 
iicht das geheime Spiel der Obern und ben eigentlichen Gelft des Gans 
ı. Sie haben eine märchenhafte Tradition, nach welcher fie von Koͤ⸗ 
von Frankreich geftiftet wären, weßhalb fie bei ihren Feſten auch beffen 
trinten. Sie mit den Unruhen, welche zu Anfang des 16. Jahrh. 
eutichen Bauern ausbrachen, oder gar mit den berüchtigten Forſt⸗ 
er normannifchen Könige Englands in Zufammenhang zu bringen, iſt 
ewagt; wenn man aber, da ſich doch ihr Alter nicht beftreiten laͤßt, an⸗ 
ıte, baß fie ein Zweig der Waldenfer wären, fo würde ſich ihr religioͤſer 
velcher auf evangelifche Reinheit der chriftlichen Kehre und Verwerfung 
r gerichtet fein fol, fehr wohl erklären laſſen. Nach Botta's „Hist. 
ıchteten ſich unter Joachims Herrſchaft die Republikaner in bie unzus 
Schluchten der Abruzzen, von gleichem Haffe gegen bie Sranzofen, wie 
and erfüllt. Sie fchloffen einen geheimen Bund und nannten fich 
ye Haupt, Capobianco, befaß große Mebnergaben. Ihren Zwech 
ms durch den Ruf: „Rache des durch den Wolf erdruͤckten Lammes! 
nd Karoline fuchten ihren Beiftand gegen die Sranzofen. Prinz Dos 
>erzen ſelbſt Republikaner, ward deßhalb an fie gefandt. Auch Graf 
bt (in f. Werke über Neapel) die Stiftung oder neue Belebung der 
er Königin Caroline von Sicitien zu; Andre behaupten, der vorma⸗ 
tinifter Maghella habe diefer Verbindung ihre jegige Bedeutung geges 
‚bella, ein geborener Genuefer, wurde zur Zeit der ligurifchen Re⸗ 
eiminifter, nad) Ihrer Wereinigung mit Frankreich Director der Ta⸗ 
As Murat den Thron von Neapel beftieg, wurde er von demfelben 
eiminifterium angeftellt und nad) Salicetti’8 Abgang ſelbſt Minifter, 
Stteben war aber immer auf die Einheit und Unabhängigkeit des ges 
iliens gerichtet, und In diefer Abficht benupte er die Carbonaria, welche 
tete und ausbehnte. Er drang ſchon 1812 in feinen Herrn, ſich von 
&yufagen und das Banner für die Sreiheit und Selbfländigkeit Ita⸗ 


— 


456 Carbonari 


liens zu erheben. Nur in ben kurzen Zeiträumen, wo man biefe Hoffm 
Murat hegte, wurde er von den Carbonari unterflügt, welche babei haı 
eine Eonftitution verlangten. Murat gab aber feinem Schwager Nad 
Maghella's Bemühungen und lieferte ihn, als geborenen Genuefer, nc 
reich aus, wo er eine Zeitlang unter Polizelaufficht lebte, 1815 aber w 
Sstalien kam und hauptfächlich die von Murat befegten päpftlichen Sta 
beitete. Nach Murat's Vertreibung durch die oͤſtr. Deere wurde er in ı 
eifche Seftung abgeführt, dann aber an den König von Sardinien ausgel 
nachdem er ein Jahr in Feneſtrelles gefangen gehalten worben, wieder i 
gefest. — Das Ritual der Garbonari ift vom Kohlenbrennen herg 
Reinigung des Waldes von Wölfen (Kampf gegen Tyrannei) iſt die ( 


“ ihrer Symbole, Darunter follen fie anfangs nur die Befreiung von aui 


Herrſchaft verflanden haben; fpäter haben ſich aber daraus demokratiſche 
monardjifche Grundfäge entwickelt, welche vielleicht beſonders in den hoͤ 


den mitgetheilt wurden. Sie nennen ſich unter einander gute Vette 


zweite Grad führte den Namen Pythagorder und der Schwur in dem ? 
eide: „Daß allen Tyrannen!“ Mon dem dritten Grabe, deſſen Eriften, 
bezweifelt werben kann, ift wenig offenbar geworden. Es finden fi 

Spuren von einem vierten Grabe. Eine allgemeine Verbindung und L 
Ordens feheint nicht zu Stande gefommen zu fein. Die Vereine da 
Orte, dergleichen die Bleinften Städtchen gehabt haben, traten unter el 
Verbindung, aber nur nach den Provinzen, Der Berfammlungsort h 
(baracca), bie äußere Umgebung der Wald, das Innere dee Hütte de 
verkauf (vendite). Der Verein der ſaͤmmtlichen Hütten einer Provinz ı 
Republik, meift mit den antiten Namen der Provinzen, z. B. die Pro: 
Zucanien in Principato Citra (welche aus 132 Hütten befand und ihr. 
Sale:no hatte), die oſt⸗lucaniſche Republik in der Provinz Baſilicata zı 
die Republiken von Hirpinien, Daunien ꝛc. Die Oberhütten (alta vı 
Neapel und zu Salerno fuchten eine allgemeine Direction des Ordens, 
für das Königreich, zu Stande zu bringen; allein es ſcheint nicht, daß 

ausgebildet worden if. Wie fehr aber der Sinn des Volkes für die t 
bereitet war, erhellt daraus, daß der Orden gleich nach der neuern Stiftun 
bis 30,000 Mitglieder hatte, und er nahm dergeflalt zu, daß er fich I 
Stalien verbreitete und allein im Monat März 1820 an 650,000 neue 

aufgenommen worden fein folen. Ganze Städte waren dazu getreten; t 
hen Lanciano in Abruzzo Citra hatte ſchon im März 1814 1200 bewaf 
glieder des Ordens. Natürlich Eonnte man beider Aufnahme nicht fe 
wefen fein; felbft Menfchen, die notorifcd) vom Raube Iebten, wurden 

und die Behauptung, da die Aufnahme gleich eine Befferung ihres Kebe 
bewirkt habe, wird mol nicht allzu großen Glauben finden. Vorzüglich 
der geiftlihe Stand und das Militaie in den Drden gebrängt zu haben. 

giöfe Charakter deſſelben ergibt fich aus feinen Statuten: „Jeder Car 
das natücliche und unveräußerliche Recht, den Allmaͤchtigen nach feiner e 
fiht und Überzeugung zu verehren‘‘, und diefe Tendenz ift offenbar die 
des Ordens, denn fie Läßt fich durch Gewalt viel weniger unterdrüden, 

litiſche, und fie deutet auf eine allgemeinere und tiefere Bewegung der 

Bon der Sreimaurerei fheint die Carbonaria manche Form entiehnt 

allein fie kann nicht wol aus derfelben entitanden fein. Selbſt in S 
die Freimaurerei als etwas davon ganz Verfchledenes und Döheres bei 
Außen den Garbonari haben fi) noch eine Menge andrer Gefeltfchaft: 
die Europäifchen Patrioten; bie Entfchloffenen (decisi), an deren Sr 
rüchtigter Räuber, Giro Annichiarico (gewefener Geiftlicher), fland, we 


Carbunkel Cardano 457 


eral Church gefarfgen nehmen und hinrichten ließ. Mit ihm wurde feine aus 
g Mitgliedern beſtehende Bande ausgerottet. Über den Zweck und die Ver⸗ 
ıg ber Carbonari zur Zeit der Napoleoniſchen Herrſchaft ſ. man „Hermes“, 
. Seit ber Unterdruͤckung der neapolitaniſchen Revolution, 1821, wurden 
arbonari in ganz Italien für Hochverräther erklärt und als folche nach den 
en beſtraft. 37. 
Sarbuntel, auch Karfunkel, f. Rubin. Der Carbunkel des Arıges 
e kleine brennende dunkelrothe Geſchwulſt im Weißen des Auges oder auf ber 
haut, welche in eine Brandkrufte übergeht und Btindheit, Brand des ganzen 
jfels und oft den Tod ſelbſt zur Folge hat (Carbunculus oculi). 
Sarcaffe, ein Kopfzeug, eigentlich das dazu erfoderliche Gerippe von 
auch eine Brandkugel. (S. Brandgeſchoß.) Endlich das Gerippe einch 
R, wenn es nod) ohne Wände, Verdecke, Maften xc. auf dem Stapel lient. 
Kardano (Geronimo), Hieronymus Cardanus. Diefer berühmte Tıens 
t und Mathematiker, geb. 1501 zu Pavia, ward vom 4. J. an in dem 
[- Vaters, der als Arzt und Rechtögelehrter in Mailand wegen feiner Ges 
it und Rechtlichkeit berühmt war, mit Sorgfalt auferzogen. Bmanzig 
it, ging er nad) Pavia, um feine Studien zu vollenden, und ſchon 2 Jahre 
nflärte er den Euklides. Später ward er Lehrer der Mathematik zu SRais 
kan der Medicin. Er Echrte nach Pavia, dann wieder nach Mailanl) zu⸗ 
Ste einige Zeit zu Bologna, und da er ſich hier Streitigkeiten zugezogen, 
efih nah Rom. Hier ward er in das medicinifche Collegium aufgeriom=- 
erbielt eine Penfion vom Papfte. Die Einladungen des Königg von 
k nahm er in Ruͤckſicht auf das Klima und die Religion des Landes nicht 
festere Grund feiner Weigerung ſcheint fonderbar, da er der Irreligion 
ward; aber bie Biographen find in Anfehung feiner wahren Religions 
Ben nicht einig. Sie führen widerfprechende Stellen an, die nicht beftem> 
en von einem Manne, der fich in Fabbaliftifchen Träumereien und Para⸗ 
verlor, der einen Dacmon familiaris zu haben vorgab, von dem er War⸗ 
R echictte ac. Durch Alles diefes reiste er die Theologen gegen fich, roelche 
Peöratubigeit angriffen; man fe&te ihn fogar unter die Zahl der Atheiften, 
it Unrecht. Nach unferer Meinung war C. abergläubig und hegte Hirn⸗ 
we, die mit den herefchenden Meinungen nicht Übereinftimmten. Er glaubte 
kan die Aſtrologie, daß er mehre Male das Horoſkop feines Lebens zog und die 
it feiner Borausfagungen nicht der Unficherheit der Kunft, fondern feiner 
eit zufchrich. Seine 2 Schriften: „De subtilitate” und „De rerum 
Rate”, enthalten das Ganze feiner Phyſik, feiner Metaphyſik und feiner na⸗ 
ifchen Stenntniffe, und können als intereffanter Beweis gelten, mie feltfam 
und Narrheit fi) mifchen koͤnnen. C. fchrieb auch über die Mebicin, 
unter vielem Wuſt manchen gluͤcklichen Gedanken auf. Sein Ruf als 
fo groß, daß der Primas von Scyottland, der feit 10 Jahren krank war 
Arzte des Königs von Frankreich und des Kaifers umfonft zu Nathe gezogen 
fhn zu ſich berief. Und wirklich ftelfte C. die Gefundheit diefes Prälaten her. 
indes Anfprüche auf die Dankbarkeit der Gelehrten, fo ift es in der Mathe⸗ 
Die Algebra, welche feit ihrer Entſtehung nur in Italien bearbeitet wor⸗ 
reiste den Wetteifer der Mathematiker, die ihre Entdedungen forgfältig 
Netten, um fich bei ihren Öffentlichen Wettitreiten damit den Rang abzus 
€. erfuhr, wie gefagt wird, daß Tartalea die Auflöfung der Gleihuns 
3. Grades gefunden habe, entlocte ihm deren Mittheilung durch Lift und 
km Verſprechen der Verſchwiegenheit, machte biefe Methode aber dennoch 
hf. „Ars magna’ befannt. Es erhob fich ein heftiger Streit daruͤber, ber 
Kr mehr mit Sicherheit entihieden werden kann. Die Ehre, der Erfindung 











458 Cardinal Cardinaltugenden 


feinen Namen zu geben, blieb Demjenigen, ber fie zuerſt bekannt machte, wm 
jest nennt man fie die Formel Carbano’d. Dan glaubt einflimmig, daß € 
neue Faͤlle erfand, die in Tartalea's Regel nicht begriffen fein mochten, ba 
Vervielfältigung der Wurzeln der höheren Gleichungen und enblic das Da| 
gativer Wurzeln, deren Gebrauch er jedoch nicht Tannte, auffand. Gt 
warb vielfad, beunruhigt, nicht nur durch die Angriffe feiner Feinde, fonba 
durch feine eignen Ausfchweifungen, die man aus dem Bilde Eennen lernt, ı 
ee felbft in dem Werke „De vita propria” wol allzu grell geſchildert bat. 
Frekmuͤthigkeit darin geht fo weit, daß Diejenigen, die ihn mit Nachſicht bei 
haben, genöthige geweſen find, anzunehmen, daß er Anfälle von Tollheit 
babe. Er ſtarb wahrſcheinlich 1576, wie Einige fücen, eines freiwilligen 
ertodes, um fein vorhergefagtes Sterbejahr nicht zu Überleben. Seine fi 
erke, mehr als funfzig, find zu Lyon 1663 in 10 Fol.⸗Bdn. gefammelt erfd 
Cardinal, ein Geiftlicher im der Eathol. Kiche, der das Recht Ki 
ber Papſtwahl mitzuſtimmen. Die Cardindle folgen dem Range nad) um 
bar auf den Papft, behaupten fuͤrſtlichen Rang und führen feit 1631 
Eminenz. Der Urfprung der Gardinalsiürde ift in Dunkel gehüllt. Den 
‚ Ieitet man von cardinalis (vorzüglich, vornehm) ab, womit unter dem Kaiſer 
. dofius auch die höchften Eivilpoften im Staate bezeichnet wurden. Bis 
Jahrh. war der Titel Cardinal allen Beiftlichen, die als wirkliche Priefter bei 
einer Kirche angeftellt voaren, gemein. Bon biefer Zeit an aber bifbeten 
mächtiger gewordenen Päpfte ein Collegium, einen geheimen Rath von Ge 
hoͤhern Ranges, denen buld ber Cardinalstitel vorzugsweiſe verblieb, und di 
unter Alerander III. auch das ausfchließliche Recht der Papftwahl erhielten. 
cenz 1.V. (v. 124354) gab ihnen den Rang vor den Bifchöfen und den 
Hurt, und Bonifaz VIII. den Zürftenmantel. Sie bilden mit dem Papit 
Uge (Sollegium und haben drei Rangordnungen: Diakonen, Presbyter 
fhöfe. Ihre Zahl ward 1526 von Sirtus V. auf 70 feſtgeſetzt. Di 
der Ciardindte hängt allein vom Papft ab. Die Namen Derer, we 
bazu beftimmt, Läßt er in dem Confiltorium mit der Sormel „Fratres habg 
e follt zu Brüdern erhalten zc.) vorlefen. Den Gemwählten wird ihre WE 
erfendung des rothen Cardinalshuts befannt gemacht. Ihre Kleidung 
in einem Chorrod mit kurzem Purpurmantel, und in einem Käppdyen, Ulf 
chem fie einen Hut mit feidenen herabhangenden Schnüren, an deren Endei 
ften find, tragen. Die Farbe ift entweder roth oder violett. — Gardindf: 
auch ein aus weißem Wein, bittern Pomeranzen und Zuder bereitetes | 























annt. 

Cardinaltugenden oder Principaltugenden (Stammtugende 
den in der Moral die Tugenden genannt, welchen alle übrige unters 
find, oder welche alle übrige in fi) enthalten. Die Eintheilung ber & 
welche der Annahme diefer Gacdinaltugenden zum Grunde liegt, hat ihren 
In der alten griehifchen Philofophie, und zwar findet fich hier dieſelbe M 
wie bei den natürlichen Elementen, wieder: Bei Plato heißen biefe Har 
den Weisheit (ober Kiugheit), Maͤßigkeit, Männlichkeit (oder Tapferkei 
Gerechtigkeit oder Rechtfchaffinheit. Die drei erften fcheinen fi auf die F 
des Menfchen gegen ſich feihft, und zwar auf die dreifache Eintheilung def 
in die vernünftige, unvernünftige (Sig ber ſinnlichen Triebe) und ini 
verbindende, oder den Sig der Affecten, befonders des Zorn, zu beziehen 
Gerechtigkeit aber bezieht ſich entweder auf die Pflichten gegen Andre ( 
Menſchen), oder fie wird als die Vereinigung der drei erflern angefehen. 
ſcheint diefe Eintheilung ſchon den Altern Pythagoraͤern eigen zu fein. 
ehrilse dieſelben noch weiter ein, Auch bie Stuiter behandelten ihre Moral 


ECarga Cariati 459 


ng, und Cicero führt in feinen Pflichten dieſelben auf. Plotin und 
atoniker theilten die Tugenden in & Claffen: bürgerliche ober polis 
opbifche ober reinigende, religiöfe und endlich göttliche oder Mufters 
lche Eintheilung mit feiner übrigen philofophifchen Anficht zuſammen⸗ 
e 4 Carbinaltugmden nun gingen, zufolge ber Autorität jener alten 

auch in die chriftliche Moral uͤber. Einige fügten ihnen noch die drei 
chriſtlichen Tugenden: Glaube, Liebe und Hoffnung, bei, und nann⸗ 
hiloſophiſchen. Bildende Kuͤnſtler ſuchten fie zu verſinnlichen, und 
ſchen Dichter ſangen: 

Bier find der Angel Tugent, 
Damit geziert wirb bie Jugend. 

m Zeiten hat man diefe Eintheilung zur Behandlung ber fpeciellen 
unbrauchbar gefunden, und um fie richtig gu beurtheilen, muß man 

Begriff Halten, welchen bie Alten mit den Worten aͤgern oder 
ıden. 

a, das Verzeichniß der Kaufmanndgüter, bie in ein Schiff geladen 
zumeilen die Ladung felbft.— Cargador, ein Mäkter, der für einen 
ng ſucht, ihm auch die Ankunft geladener Waaren anzeigt. — Cargo, 
mann, welcder von den Eigenthlimern ber Ladung angenommen wird, 
ig des Verkaufs der urfprünglichen Labung und die Einnehmung ber 
g am Orte der Beflimmung des Schiffes zu führens; daher Supers - 
tercargo. — Cargalfon, eine Sciffsladung, bie ein Kaufmann 
nder ſchickt, um fie zu verkaufen. 

ti, Prinz, ein neapolitanifcher Diplomat, ſtammt aus dem altem 
yen Geſchlechte der Fuscaldo und begann unter Sofeph und Soachim 
litanifhen Marine feinen Staatsdienſt. Joachim ernannte ihn zum 
d Generaladjutanten, ſtellte ihn hernach beim Hofftaat als: Geremos 
ınd in ber Armee ald Marechal de Camp an. Mit dem Herzog von 
y negocirte er im März 1815 beim wiener Congreffe die Anertennung 
Joachim, bis die Kriegserfiärung bed Generals Filangieri an dem 
dmarſchall Bellegarde Veranlaffung wurde, daß der Prinz Cariati 
fen mußte. Ehe diefer über Ancona, wo er anlandete, zu Joachim 
nnte, war Murat's Regierung ſchon durch die Siege der Deftreicher 
eben, und der Prinz, der in Wien fr feinen Souverain eine Vergrößee 
Staaten negocirt hatte, unterhandete fofort nad) felner Ruͤckkehr bei 
odore Sampbeli für Murat’ Gemahlin eine ſichere Überfahrt aus Nea⸗ 
ieft und für Neapel eine ſchnelle Befignahme durch die oͤſtreich. Trup⸗ 
kazzaroni von der Plünberung abzuhalten, König Ferdinand ließ 1818 
n den Brad eined Marechal de Camp. Im Monat Juli 1820 übers 
e Regierung, unter dem Befehl des Kriegsminifterd, General Nugent, 
ındo der wider die Aufruͤhrer in die Provinz Avellino gefandten Fruppen, 
ugent magte aber nicht mehr den Angriff auf die Infurgenten, welche 
fand, fonbern wollte erft eine Verſtaͤrkung an fic) ziehen und des Könige 
fe erwarten. Als er zuruͤckkehrte, fand er ſchon die ganze Provinz im 
id die Revolution war damals entfchieden. Ungern nahm Prinz Gariatf 
ı nah Paris an, um dort Namens feines Königs biplomatifch zw era 
i berfelbe die fpanifche Sonftitution freiwillig angenommen habe, King 
bung ertheilte ihm fein Hof an den Congreß zu Laibach. Ehe er dahin 
rlangte er nur eine Audienz beim Kürften Metternich, der Ihm erklärte, - 
f, wie fpäter ein öftreich. diplomatifches Circular näher kund that, Pie 
in Neapel nicht anerkennen werde. Er kehrte nun in fein Vaterland 
hat ſich ſeitdem nad) England begeben, 


460 Caricatur 


Caricatur (Zerrbild), ein Kunſtausdruck, von dem italien. 
laden, uͤbertreiben (charger bei den Franzoſen; daher auf dem ẽ 
Darftellung). Caricatur ift demnach eine Darftellung , in welcher 
(haften, Merkmale des dargeftellten Gegenftandes, der Menge ı 
Ibertrieben worden find, die ÜhnlichEeit aber dennoch unverkennbar 
den Gegenſatz, welcher ſich dem Betrachtenden dabei aufdringt, ı 
lächerlich; daher kommt es, daß man gewöhnlich, wiewol unrichti 
catur zunaͤchſt und hauptfächlich an das Lächerliche denkt. Es gibt « 
liche Garicaturen. Entwidelt man ſich die Urfache jenes Gegen 
man den Grund. Sener Gegenfaß geht hervor aus einer Verglei— 
ſchauten individuellen mit dem Mufterbilde, welches der Einbi 
der Gattung vorfchwebt, u. welches nie ganz verloren gehn kann, we 
geftellte Weſen aufhören würde, der Gattung anzugehören. Inden 
nach dieſem unaufgeblichen Urbild gearbeitet iſt, die uͤbrigen ab 
Zwergartige oder ind Rieſenhafte ausarten, geht jener Gegenfas h 
nit gewahr werben kann, ohne das gegebene Mißverhältniß nı 
Wirkung zu beurtheilen. Mas in der Guricatur der allgemeine: 
gemäß ift, wird für die Urfache, das librige für bie —— geno 
entweder als zu groß, oder als zu klein erſcheint. Das Erſte gib: 
das Zweite die laͤcherliche Art der Caricatur. Mit Recht fagt t 
„Ein Kind von gehöriger Größe mit einem koloſſalen Kopfe, Yrmeı 
fürchterliche Garicatur; ein ermachfener Menfc mit einem Eleinen $ 
Miünddyen und einem füßen Stimmchen ift ein pußiger, ſchnur 
laͤcherliche Caricatur“. Es kann aber and) Garicaturen geben, in 
gemifcht iſt, 3.8. der Bramarbas, der fich ein murtinlifches Anf 
geben fucht, daß er außerweſ entliche Theile unmaͤßig vergrößert, a 
kart, Huarzopf, Stiefein, Sporn, Hut, Säbel ıc., wobei das! 
Furchtbarkeiten fletö wicder um fo mehr hervorleucdhten wird, jen 
der Kleinen Sigur ded Bramarbas abfliht. Das, was furchtbar feiı 
bier aus keinem andern Grunde lächerlich, als weil die menſchli 
Spiel tritt. Fuͤrchterliche Caricaturen, bei denen dies nicht der? 
bioße Mißgeftalten zu betrachten, die durchaus Fein Begenftand für 
fein können. Sie find unverfchulbetes Unglüd, welches nur unfe: 
fpruch nehmen kann, wenn fie nicht gerabezu Abfcheu erregen. D 
die, um Garicaturen darzuftellen, ſich in Aufſtellung unverfchuti 
Gebrechen erfchöpfen, welche nur bübifcher Muthwille zum Geger 
fpottung nehmen kann, vom Wefen der Caricatur ebenſo ſchlecht 
der fchönen Kunft unterrichtet. Wenn alfo Darftellung unverichul 
Gebrechen hier nicht fattfinden foll, fo werden im ©egentheit i 
ganz eigentlich hierher gehören. Diefe, Abdräde der innen Hi 
ſich theils in der ganzen Eörperlichen Befchaffenheit, theils und vo 
beweglichen Zügen des Geſichts zu erkennen. Der ganze Körper ı 
deutliche Erfcheinung einer mißgebildeten Seele, Ausdruck: des geift 
fehlerhaften Charakteriftifchen in einem menfchlichen Einzelwefen 
ſammtheit folcher, 3.8. eines Standes, einer Secteu.f.w. In d 
ber ernfte Leonardo da Vinci feine Caricaturen gezeichnet. Hier fiet 
Eifchen, den Mürtifchen, den Prahler, den Faullenzer, die F 
fräßigen, die Ausfchweifung des Wolluͤſtlings, die Plumpheit d 
das Lachen der Dummheit u. f. w. mit charakteriftifcher Treue dc 
fonft weniger bemerkbaren Züge nur ftärker hervorgehoben. Alleı 
da Abweichung von dem Ideal der Wohlgeſtalt des innern und dı 
befjen Neigungen und Leidenfchaften mit der Vernunft in ſchoͤne 


Caricatur 461 


m eigentliche Übertreibung des fehlerhaften Charakteriſtiſchen iſt aber 
men. Diefe entfteht erft durch Sdealificung. Man denke hierbei 
Berfchönerung, denn wie es eine Idealiſirung ins Schöne gibt, fo 
ine ins Häßliche (f. Sdeal); dort und hier wird das jedesmalige 
e bis zu bem Punkte der möglichen Vollkommenheit gefteigert. Die 
it im Schlechten wird natürlicher Weife, je mehr fie erreicht worden 
) fichtbarere Unvolltommenheit in moralifcher und Afthetifcher Hin: 
ollkommenheiten aber ironiſch als Ideale aufgeftellt, find dic eigents 
caturen, bie man befhalb erklären kann als Ideale geiftiger 
im angemeſſenen Ausdrud und entfprechender Geftaltung des Koͤr⸗ 
n vornehmlich auf bildende Kımfl ficht) ; oder als Handlungsweifen, 
m Grunde liegenden Denkart und Gefinnung Ideale geiftiger Miß⸗ 
nden, wenn man die Poefie beruͤckſichtigt. Nach diefer Erklaͤrung 
chwer fallen, zu entfcheiden, ob und Inwiefern Darftellungen von 
ı der fhönen Kunſt zuläffig fein. Vollkommen zweckmaͤßige Dars 
rſchuldeten geiftigen Gebrechen der Menſchen ift der Gegenftand 
Saricaturen find deßhalb die Ideale des Satyrikers. So lange 
en Anfprüche auf einen, und zwar chrenvollen, Plag auf dem 
‚bgemiefen hat, was mit allen Sophiftenkünften nie erreicht werden 
» Darf man aud) die Caricaturen nicht als Gegenſtaͤnde Afthetifcher 
eriwerfen, und zwar weder die fchredlichen, noch die lücherlicyen, 
a in das Gebiet des Satyrikers, ber entweder mit erhabenem Ernſte 
r, oder mit Eomifcher Laune die Narren des menfchlichen Gefchlecht® 
thin gehören die ſelbſtverſchuldeten moralifchen Gebrechen, welche 
1, bierher bie ſelbſtverſchuldeten Geiftesgebrechen, welche die laͤcherli⸗ 
en geben. Jene find Gegenftandb der pathetifchen, dieſe ber komi⸗ 

So müßte man fie nun ſchon in ber Poefie, ber Satyre und Kos 
allein es fragt fi), ob auch in der bildenden Kunft? Wahr iſt es, 
aricaturen bem gebildeten Geſchmack anftößig und der Bildung des⸗ 
ch find. Immer haben fie etwas Widriges, welches hier, wo ber 
ınmittelbar vor den dufern Sinn gebracht wird, weniger gemils 
etifchen Darftellungen ift, und man darf daher ein Zeitalter mit 
x Meigung für Caricaturen ald ein Zeitalter des Ungeſchmacks 
Damit ift nun aber noch keineswegs ihr völlige Werbannungsurtheil 
1. Denn wie man die italienifche von der niederländ. Schule, eine Dias 
Sedia von einem Kopfe Denner’8 unterfcheidet, die legtern aber, um 
hkeiten reillen, gern beftchen laͤßt, wiewol hinter ben erften: fo kann 
ipt die Charafteriftiler neben jenen beftehen laffen, welche die reine 
treben und darftellen. Wie diefe ganz in der Poefie find, fo nähern 
Nrofa; es gibt auch in der Poeſie Gattungen, die näher an die Profa 
iptſaͤchlich jene, die fich in der Moral begegnen. Unter den Werfen 
tes treffliche, obgleich fie nicht reinpoetifd genannt werben dürfen. 
ı der bildenden Kunft etwas Ahnliches, fo Laffen ſich Darftellungen 
ven in ihr, mofern fie rechter Art find, retten; fie entfprechen der 
Broteske in der Pocfie, und fo werben fie auch ſchon von den Alten 
e unter ihren Masken eine Menge Caricaturen hatten. Mehre hercus 
aͤlde beweifen daſſelbe. Allein fie laffen ſich auch wirklich nur retten, 
yter Art find, d. 5. wofern die Idee derfelben in der That poetifch, das 
in der angegebenen Art charakteriſtiſch und finnreich if. Muſter⸗ 
(reift Hogarth (f.d.). Eine ruͤhmliche Erwähnung verdienen indeß 
o da Vinci, Annibale Garacci, Ghezzi, Callot, und unter 'unfern 
syornehmlihh Ramberg (f. d.). Ungleich fragenhafter find mehre 


462 Carignan 


politiſche Caricaturen, bie hauptſaͤchlich In London In fo groß: 
nen find, daß man dicke Bände damit anfüllen Einnte. Die © 
ſich beſonders zu dieſem Geſchmacke hingeneigt zu haben, vielleic 
ihrer politifchen Freiheit, als weil er ihrem Schoͤnheits ſinne zuſag 
geht aber hier nicht ſelten bis zur zuͤgelloſen Frechheit, Indem das. 
babenfte dem Spott und ber Verachtung preisgegeben wird. Di 
fee verbieten bei Strafe alle Schmähfchriften; allein ber Geſetzg 
der Kuͤnnler ebenfo gut ſchmaͤhen kann ale der Schriftiteller. G 
bury find ed hauptſaͤchlich, von denen die neuen britifchen Carica 
Den Letztern hatıran öfters den neuen Hogarth genannt, und er ve 
men infofern, als er fein glüciches Talent öfters zu moralifchen 
bat. Bei fo viel Vorliebe der Engländer für Caricaturen iſt e8 ı 
bern, wenn wir nur von einem Engländer (Groofe, Lond. 1788 
Grohmann, „Regeln zur Caricaturzeichnung, nebft einem Verfuc 
ſche Malerei“, Leipzig 1799) eine Theorie erhalten haben, die j 
wünfchen übrig läßt. Auch gehört hierher Malcolm’ ‚Historic 
art of caricaturing, with graphic illustrations” (Rond. 1813, 
nellen Gilcay’s Spottbilder hat Boͤttiger in der mweimarfchen Ze: 
und Paris’ erklärt. Sie find mit hift.:polit. Erläuterungen und 
richten (London 1824, von Pyr.e, wie man glaubt) gut commeı 
Überhaupt dürfte es unthunlich fein, da Regeln vorfchreiben zu | 
Witze und der genialen Laune fo Vieles uͤberlaſſen werden muß. 
Sarignan (Karl Amadeus Albert), Prinz von Savonr 
Dec. 1798, vermählt 1817 mit Dar. Theref., Tochter des Gro 
von Toscana, muthmaßlicher Thronerbe der Krone Sardinien, ba 
Selig Joſeph, Feine männlichen Erben hat. Bis zur Infurrection 
fardinifchen Armee in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1821 
an Stantsgefchäften Feinen Theil genommen. Die Führer der J 
ten ben Prinzen, der ohne Kenntniß der diplomatifchen Lage des | 
beſtimmen, daß er Öffentlich die Schritte der Inſurrection in ein 
vom 12. März billigte. Am 21. März reifte der Prinz nad) No 
fiructionen an bie proviforifhe Junta zu ertheilen, und von Novaı 
ins oͤſtreich. Hauptquartier, in Folge diefer Ereigniffe aber nad) 
ihm die Rückkehr nad) Zurin verfagt war. 1823 machte er unter 
Angouleme den Feldzug in Spanien mit; zeichnete ſich vor Gabi 
feit 1824 wieder in Zurin. — Stifter ber Linie Savoyen⸗Carigne 
Franz, jüngfter Sohn Karl Emanuels E., Herzogs von Savoyen 
fih mit Marie von Bourbon, Gräfin von Soiffons, vermaͤhlt 
befigt ein beträchtliches Privatvermögen, ſowol im Piemontefifche: 
weich. Letzteres blieb dem Haufe in der ‘Periode der franz. Revolu 
lert, indem Herzog Karl Ferdinand das franz. Bürgerrecht annahm 
von diefem Haufe der Chevalier de Savoye ab, ein Sohn des C 
franca, Maria Ludwig (farb 1785), Großvatersbruders des muthn 
erben und des Grafen Gemahlin, Louife Anne de Mahon. D 
vom Chef des Regentenhaufes nie ald rechtmäßig bie eventuelle Rı 
gründend anerfannt worden. An ſich Eonnte die Erbfolgefähigkeit 
tignan, ſelbſt vor der Erklärung des wiener Congreffes, im Allger 
flritten werden; allein da ſich die Linie Savoyen» Carignan feit 21 
Hauptlinie bildete, fo konnten verfängliche Streitigkeiten entfleher 
Ermwerbungen der letztern, beftehend u. a. im Herzogth. Montferrat. 
Theil von Mailand, der Infel Sardinien und Genua, nicht eine w 
fion des legten Kronträgers in der Dauptlinie zuließen. Noch ve 


! 


Carillon Carli 468 


bdurch bie Notorietaͤt, daß manche Theile von Savoyen und Piemont 
tfche Reichſslehen geweſen waren, und es ließ ſich denken, daß uͤber 
ihilieät ber Krontraͤger aus der Hauptlinle verfügen konnte, nachdem 
Kaifertbum fich aufgelöft hatte. Vermuthlich bewog die geſchichtliche 
wie oft Exbfolgeftreitigkeiten ausſterbender europdifcher Regentenhäus 
eil Europas unter einander in Krieg gebracht hatten, die wien er Come 
en, aller Ungemwißheit ducch reine Anerkennung ber allgemeinen Erb⸗ 
es Haufes Carignan beim fehlenden Mannsſtamm in dee Hauptinis 
machen. Auch iſt des Prinzen von Carignan Ehe bereits durd, zwei . 
gnet. (S. Sardinifhe Monardie.) 
llon, f. Stodenfpiet. 
ffimi (Giacomo), ein berühmter italien. Zonfeger des 17. Jahrh. 
Padua gebürtig gewefen fein, und lebte noch 1672. Ex hat viele geiſt⸗ 
en, Gantaten und Motetten gefchrieben, und feine Zeitgenoffen ruͤhm⸗ 
n des charakteriftifchen Ausdruds ber Empfindungen und wegen feines 
Enden Styls. Zu feinen Hauptverdienften wird gerechnet die Ver» 
3 fchon vor ihm eingeführten Recitativs, dem er mehr ben Ausdrud 
en Rede gab. Überhaupt wirkte er zu einer freieen Geftatt ber Muſik 
Feinheit des muſikaliſchen Ausdrucks, indem er feinen Bäffen mehr 
nd Figuren gab. Auch foll er die erften Eirchlichen Cantaten gefchrios 
ınd eine Anleitung zum Singen, welche Öfters herausgegeben worden, 
ı zugefchrieben. 
ta (ital., von dem lat. Caritas), nennt man in bem Gebiete der 
Darftellung der chriftlichen Liebe oder Nächftenliebe. Sie wich in der 
tunft als liebevolle Mutter repräfentirt, bie ihre Kinder nährt, pflege 
enden Antheil an ihnen bezeigt. So hat fie 3. B. Andrea del Sarto 
ı einem Bilde, welches fonfl in dem Mufeum Napoleon ſich befand. 
holde Mutter mit zwei Knaben, von benen ber eine an ihrer Bruſt Liegt, 
h an füßen Früchten labt; ein dritter ſchlummert fanft in ihrer Nähe, vom 
bewacht. Dieſe feelenvolle Hul der Darftellung war der Antike fremb, 
i (Giovanni Rinaldo, Graf), zumeilen nady feiner Gemahlin Carlie 
mnt, geb. im April 1720 zu Capo d’Ifkria in einer alten adeligen Fa⸗ 
rtigte fchon in feinem 12. Sahre eine Art von Thraterftüd, an das er 
; feinem Alter mit Wohlgefallen erinnerte. Früh entroidelte fi in 
erwiegende Neigung zur Kunde des Mittelalters, womit er das Studium 
Miffenfchaften und der Poefie verband. Nachdem er bereits im 18, 
Abhandlung Über das Nordlicht und Gedichte herausgegeben hatte, ſtu⸗ 
' der Univerfitädt zu Padua Mathematik, insbefondere Geometrie, und 
be, hebraͤiſche und lateiniſche Sprache. Zwei Jahre darauf nahm ihn 
ie ber Ricovrati zum Mitgliede aufs; feit diefer Zeit wurde er durch feine 
seitigleiten mit den berühmten Alterthumskennern Fontanini und Mu⸗ 
mt. In ſ. 21. 3. ernannte ihn der venetianifche Senat zum Prefeffor 
mie und der Serwiffenfchaft. Fest entftand zwifchen ihm und dem 
rotti ein laͤcherlicher Streit über einen noch Lächerlichern Gegenfland. 
enaͤmlich das Dafein ber Deren geleugnet, aber behauptet, daß man 
es Zeufels ein Zauberer werden koͤnne. Carli gab ſich die Mühe, diefe 
zauptung zu widerlegen, und ward dafür von Tartarotti der Keberei bes 
Raffei brachte endlich durch feine Schrift: „La magia annihilata‘, die 
r des Zeufeld zum Schweigen. Die Verwaltung feines großen Vere 
higte hierauf Carli, feine Profeffur niederzulegen und nach Iſtrien zu⸗ 
‚wo er feine Muße zur Nachforſchung über die Alterthuͤmer feines 
„Unterſuchungen über die alten Münzen ıc, anwandte, und mehre 


464 Garlin 


wichtige Werke über diefe Gegenftände herausgab. Nachmals ernannte il 
Kaifer zum Präfidenten des höchften Handelsgerichts und bes Studienrathe, 
zu Mailand errichtet wurden, darauf zum Geh. Staatsrath und Praͤſident 
Finanzcollegiums zu Mailand. Als Stubdiendirector widmete er ſich faſt aus] 
lich dem öffentlichen Unterrichte, und noch im Alter fchrieb er über verfchiedene 
des thierifchen Lebensproceſſes. Er ft. 1795. ©. fümmtl. Werke hat er 1784 
in 15 Bon. herausgeg. u. d. T.: „Opere del Sig. commendatore D. Gia 
naldo conte Carli, presidente ete.“ In diefer Ausgabe find jedoch die „An 
niſchen Briefe nicht mitbegriffen, welche ein befonderes Werk in5Bdn. ausm 
Carlin. Unter diefem Namen, dem italienifhen Diminutiva 
Karl, iſt der berühmtefte Arlequin der franz. Bühne, von welchem Einigı 
den Namen Arlequin herleiten, befannt. Er hieß naͤmlich Carlo Antonio 
nazzi, geb. zu Zurin 1713. Sein Vater war Officher unter ben Trupp 
Könige von Sardinien und er felbft trat als Faͤhnrich bei einem dortigen, 
mente in Dienfte. Sein Vater ftarb früh und hinterließ Fein Wermögen. 
nöthigte Carlin, Unterricht im Fechten und Zanzen zu ertheilen, um dadur 
Reben zu friften. In den Stunden der Muße fpielte er mit f. Schülern Kq 
Als er ſich eines Tages zu Bologna befand und dort ein neues Stud aufg 
ward, erbot er fich, die Rolle des Arlequin an der Stelle des Schaufi 
übernehmen, derfich aus dem Staube gemacht hatte, und fpielte fie mit dem 
denften Beifall, ohne daß ihn Jemand erkannt hatte. Erſt bei ber vierten 
fung entdedite man in dem unbefannten Schaufpieler Garlin. Bon dert 
nad) Venedig und andern Städten Italiens. 1741 reifte er in Gefe 
Scaufpielerin Eafanova, Mutter der bekannten Brüder Cafanova, nad 
um ſich bei der italienifchen Komödie dafelbft zu engagiren. Hier hat 
hindurd) die Rollen ded Arlequin mit nie ſich verringerndem Beifalle 
Goldoni fand ihn noch dort und rühmte ihn nicht nurals einen dergrößten 
fondern auch wegen feiner trefflidien Sitten. Ebenſo behauptet Go 
ihn die Natur mit einer unnachahmlichen Anmuth beſchenkt habe. S 
feine Geberden, feine Bewegungen nahmen für ihn ein, ſodaß er auf der 
ebenfo fehr bervundert wie im Umgange gefchägt ward. Carlin hatte fic) bis 
bes Parterre fo fehr zu erwerben gewußt, daß er mit einer Zwangloft 
Vertraulichkeit zu ihm ſprach, die fid) fein anderer Schaufpieler hätte erla 
fen. Wollte man eine Rede andas Publicum halten oder fi) wegen irgend 
entfchulbigen, fo befam Er den Auftrag, und feine gewöhnlichen Ankün 
waren angenehme Unterhaltungen mit den Zufhauern. Er war noch 
Smprovifiten als in der Ausführung niedergefchriebener Stellen. Ein 
Stüd von 5 Alten: „Les vingts-six infortunes d’Arlequin“, hat er 
Weiſe durchgefpielt und das Publicum vollkommen befriedigt entlaffen. 
einigung von Heiterkeit und Wohlwollen in feinem Charakter mit einer: 
ſchuͤtterlichen Rechtlichkeit machten ihn fo belicht, daß von ihm gefagt wurd 
Dans ses gestes, ses tons, c’est la natufe ındme, 
Sous la masque on l'admire, a decourert on l’aime, 
Diele wisige und geiſtreiche Außerungen von ihm waren lange in Umlauf. I 
Tages war das Theater fo Icer, daß die Gefellfchaft nur vor zwei Zuſchan 
fpielen hatte. Am Ende des Stuͤckes gab er dem Einen derſelben ein Zeichen 
durch er ihn einiud fich ihm zu nähern. Es geſchah. Carlin trat bie an den 
der Bühne vor und fügte zu jenem mit der ihm eignen Lichenswärkl 
„Wenn Sie, mein Herr, beim Hinausgehen Jemand begegnen ſollten, fei 
Sie doc) die Güte, ihm zu fagen, daß wir morgen wieder em Stüd von Ad 
aufführen werden”. Merkwuͤrdig wegen des Contraftes mit der Heiterkel 
ihm auf der Bühne nicht verließ, war feine große Hypochondrie im ſpaͤtern 















Carlos 465 


icherlei Anekdoten in Umlauf find. Carlm IE Verf. eines Stuücks von 
‚ea nduvtlles metümorphoses d’Arlequin”, welches 1763 im Druck 
Pujoulx hat in dem 1784 u. d. T.: „Caprice de Proserpine ou 
m imoderne‘', bekannt gemachten Eufifpiele ben Manen Carlin's eine 
gewibmet. . 
98 (Don), Infant von Spanien, Sohn Philipps II. und Mariens 
1, geb. zu Baltabolid 1545. Geine Mutter flarb 4 Tage nach feiner 
x ſeilbſt war ſchwaͤchlich; ein Schenkel war kürzer als der andre. Die 
hficht, mit welcher er von Johanna, der Schwefter des Königs, erzo⸗ 
vermehrte feine angeborene Heftigkeit und Halsſtarrigkeit. 1560 
ihn von den zu Toledo yerfammtelten Ständen als Tihronerben ans 
id 1562 ſchickte er ihn auf die Univerficät zu Alcala de Henarez, in ber 
daß das Studium der Miffenfchaften feinen unbändigen Charakter 
de. Ein unglüdlicher Fall zog ihm ein higige® Fieber zu, das den 
Hoffnung übrig ließ. Der König eilte fogleic) zu feinem Sohne, und 
erinnerte, daß det Prinz eine befondere Verehrung gegen den heil. Dis 
der damals noch nicht kanoniſirt war, fo befahl Philipp, den Leib des 
Droceffion berbeizubtingen. Man legte ihn auf das Bette des Krans 
eckte das heiße Geficht deffelben mit dem Ealten Leichengewande. Der 
ein; bei feinem Erwachen hatte das Fieber nachgelaffen: er foderte 
genas. Alles glaubte an ein Wunder und Philipp hielt zu Rom um 
echung des Didacius an. In dem Bilde, welches die gleichzeitigen 
iber von D. Carlos entwerfen, weichen fie von einander ab. Nach 
‚and er mit Liebe zum Ruhm einen hohen Muth, Stolz und Herrſch⸗ 
Andern liebte er das Seltfame und Ungewöhnliche; Zufall ober Wi⸗ 
en ihn in Wuth, Gewandtheit oder Unterwuͤrfigkeit befänftigten ihn. 
x als ein Anhänger der Aufrührer in den Niederlanden und beſonders 
d der Inquiſition dargeſtellt; allein er befaß weber Kenntniffe noch 
nicht einmal naͤllirlichen Verftand genug, um liberale: Anfichten faͤ⸗ 
Alles mar bei ihm leidenfchaftliche Erregung, die durch Widerſtand 
Ausbruͤche überging. Llorente hat die Gefchichte über den Charakter 
en und fein Schidfal aus fihern Quellen in f. Werken über die fpanis 
ifition (f. d.) berichtigt. Nach ihm war D. Carlos hochfahrend, 
iſſend und fehlecht erzogen. Gewiß iſt, daB auf dem Congreffe von 
unbreſis 1659 von bee Vermaͤhlung D. Carlos mit Eliſabeth, der 
michs II., die Rebe war, und daß Philipp, damals Witwer von Marla 
d, fich ſelbſt an die Stelle feines Sohnes feste. D. Carlos ſoll Elis 
‚t, und es nie feinem Mater vergeben haben, daß er fie ihm entriffen. 
iſt Liorente, daß D. Carlos nie in die Königin verliebt geweſen, auch 
kelloſe Königin mit ihm nie in einem vertrauten Verhaͤltniſſe geſtanden. 
te Philipp, der keinen andern Erben als D. Carlos hatte, ihn der Res 
unfähig achten, und ließ feine Neffen, die Erzherzoge Rudolf und 
Spanien tommen, um ihnen die Erbfolge in feinen Staaten zuzuſi⸗ 
Catlos, ber fortwährend in Mißverftändniffen mit feinem Vater lebte, 
ee 1565 Spanien zu verlaffen, und war bereit abzureifen, ald Ruy 
Silva, ein Bertrauter Philipps, den zugleich Carlos zu dem feinigen 
te, ihn von feinem Entſchluß abwandte. 1567, als der Aufruhr der 
Phitipp beunrubigte, ſchrieb D. Carlos an mehre Große des Reiche, 
(bfiche habe, nad, Deutfchland zu gehen. Er eröffnete ſich feinem 
Juan von Öftreich, der ihm mit Sanftmuch zurebete und ihm vor: 
bie meiften Großen, an die er gefchrieben, nicht unterlaffen würden, 
won zur amterrichten. Das geſchah wirklich, und D. Juan felbft Dinge 
Siebente Aufl. Bb. II. 30 


466 Carlos 


terbrachte Philipp, was der Infant ihm vertraut hatt» Man | 
dem Unglücd der Niederländer gerührt gemwefen; daß er von ihne: 
ben, ſich an ihre Spige zu fielen, und daß ihm diefer Plan gefal 
feltfam und ungewöhnlich geweſen. Auch Philipp ſchien zu. g 
Sohn nad) den Niederlanden gehen wolle. Der Baron Montic 
den Kopf. überdies hatte der Infant oft fehr ungefläm bas \ 
an der Negierung Theil zunehmen, aber, zu eiferfüchtig auf feu 
ſich Philipp mit Kälte und Zuruͤckgezogenheit gegen ihn, währe 
von Alba, Ruy Gomez de Silva, D. Juan von Öſtreich und € 
trauen ſchenkte. D. Carlos faßte daher gegen diefe Männer ı 
liche Abneigung. Unerträglic war es ihn, daß Alba die Sta 
Flandern erhalten, die er für fich erbeten hatte. Der Erbau 
Louis de Koir, erzählt von D. Carlos Folgendes, was de Thoı 
Der Prinz hatte ſtets unter feinem Stopfliffen 2 bloße Schwerte 
ſtolen, und neben feinem Bette mehre Gewehre und einen Ka 
pulver. Oft hörte man ihn Hagen, daß ihm fein Vater die Bra: 
Meihnachtsabend beichtete er einem Priefter, daB er befchloffen & 
hen zu ermorden. Der Priefter vertveigerte ihm daher die Abfois 
des Kloſters von Atocha entlockte ihm Außerungen, aus denen m 
er gegen feinen Vater einen Anſchlag gefaßt habe. Nun wart 
Könige hinterbracht, welcher ausrief: „Ich bin Derjenige, den m 
ben will; aber ich werde Maßregeln ergreifen, ihm zuvorzufom 
fchloß Phitipp, als König finfter und mißtrauifch, als Vater ung! 
oder Furt, Politid oder Aberglauben, ben Untergang feines ı 
in welchem er nur einen der Krone untsinbigen Verbrecher ſah. 
‚im tiefen Schlaf in der Nacht des 18. Tan. 1668, als der Gra 
fein Zimmer trat und fämmtlidye Waffen wegnahm. Darauf eı 
welchem Ruy Gomez de Silva, der Herzog von Seria, ber Groß 
niterordens (Bruder des Herzogs von Alba) und mehre Garbeoffic 
raͤthe vorausgingen. D. Carlos ſchlief ununterbrochen. Man 
er den König, feinen Vater, erblickte, rief er: „Ich bin des Tot 
ee ſich an Philipp wandte: „Wil Ew. Majeftät mich umbringe 
von Sinnen, aber in Verzweiflung bin ich Über Alles, was m 
nimmt”. Darauf beſchwor er mit Tränen alle Umſtehenden, 
geben. „sch bin nicht gekommen“, antwortete der König, „eu 
fondern als Vater euch zu zuͤchtigen und euch zur Pflicht zuruͤckzu 
fahl ihm aufzufichen, entzoa ihm feine Bedienten, und ließ ein mi 
tes Käftchen, das unter dem Bette ftand, in Beſchlag ne 
ergab er den Prinzen dem Herzoge v. Feria und 6 Edelleuten zur : 
ſchaͤrfte denfelben ein, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, und 
ben noch mit Jemanden reden zu laffen. Jene Wächter kleider 
Trauerkleider; man nahm die Zapeten, die Meublen und fetlbjl 
und ließ nur eine Matrage zurüd. D. Carlos, vol Wuth un 
hatte, die harte MWinterkälte vorſchuͤtzend, ein großes Feuer an; 
ftürzte fich plöglicy in die Slammen, um darin zu erfliden. Nu 
man ihn heraus. Abwechfelnd verfuchte er, ſich duch Durfk, durc 
unmäßigen Genuß von Speife zu tödten; er verfchluckte einen Di 
an zu erwürgen. Nachdem Phitipp ſich wegen feines Betragen: 
und den mädhtigften Fürften Europas zu rechtfertigen gefucht, 
Geiftlichkeit, den Eönigl. Gerichtshoͤfen und Städten feines Rei 
ſchehenen Nachricht gegeben hatte, trug er (nicht der Inquiſitie 
Staatsrathe, unter dem Vorſitze bes Cardinals Espinoſa, der Ste 


Carlos 467 


und Praͤſident bes Rathes von Caſtilien war, auf, über den Prinzen 
eil zu fprechen. Dieſes Gericht foll, nach genauer Unterfuchung und Abs 
elec Zeugen, den Tod über Ihn ausgefpeochen haben. Allein e6 ift uns 
‚ das die Hinrichtung mittelft einer vergifteten Suppe gefchehen fet. 
cig wird behauptet, dag ihm im Bade die Adern geöffnet, oder daß er ers 
orden. Ferreras und andre fpan. Gefchichtfchreiber erzählen, daß er, 
er das Sacrament mit vieler Frömmigkeit genommen und feinen Vater 
eihung gebeten, an einem bösartigen Fieber acftorben ſei. Nach Los 
srzeichnete der König den 2. März den gerichtlich beftätigten Befehl zur 
a Verhaftung des Prinzen, für welchen: fih der Papft und alle Fürften, 
hifipp gefchrieben, vorzüglich Kaifer Maximilian II, umfonft verwandt 
Die Vollziehung übertrug Philipp dem Nun Gomez de Silva, Prinzen 
i. Der Prinz betrug ſich mit leidenfchaftlicher Unruhe. Er weigerte fich 
Zzu beichten, lebte unordentlich, und der Zorn entzündete fein Blut fo 
ſelbſt Eiswaffer, deſſen er ſich täglich bediente, ihn nicht abkühlen Eonnte. 
e Menge Eis in fein Bett legen, ging nackt und barfuß auf den Zimmers 
nher, unb nahm im Juni elf Tage lang nichts als Eiswaffer zu ſich. 
chte ihn der König und fagte ihm einige tröftende Worte, worauf der 
ir Speife genoß als ihm dienlich war. Dies zog ihm ein bösartiges Kies 
Interdeffen leitete D. Diego Bribiesca de Mugnatones, Mitglicd des 
ı Gaftilien, den Proceh. Der Prinz erhielt davon nicht die geringfle ges 
Inzeige. Im Juli füßte Mugnatones aus den Zeugenausſagen und den 
menen Papieren bes Prinzen einen Bericht an den König ab, des In⸗ 
ED. Carlos, weil er einen Vatermord befchloffen und die Herrfchaft 
; durch einen Bürgerkrieg fich habe verfchaffen wollen, bes Majeftätsvers 
ür überführt zu achten ſei; daß es jedoch von dem Souverain abhange, 
Rronprinzen nad) den allgemeinen Geſetzen des Königreich® richten laſſen 
darauf erflärte Philipp, dag ihm fein Gewiſſen als König nicht erlaube, 
Belegen in Anfehung des Prinzen, welcher bei feiner Laſterhaftigkeit des 
änztich unwuͤrdig fel, eine Ausnahme zu machen. Er glaube, ba bei der 
u Gefundheit bed Prinzen Eeine Rettung zu hoffen, daß es guet fei, 
fait auf ihn zu wenden, fondern ihn fo viel eſſen und trinken zu laffen 
le, was feinen Tod herbeiführen würde. Nur folle man ihn von der 
Bichkeit feines Todes Überzeugen, damit er beichte und fein ewiges Heil 
Be. Die Procefacten erwähnen von dieſem Entfchluffe des Königs nichts, 
) kein Urtheil gefchrieben, noch unterzeichnet, und der protofollirende Se⸗ 
Pedro dei Hoyo, bemerkt in einer Note: „daß das gerichtliche Verfahren 
iehen gewefen, als der Prinz an einer Krankheit geftorben, weßhalb es 
Urtheilsſpruch gelommen fei”. Damit flinnmen fchriftliche Nachrichten 
Perionen, die im Palafte des Königs angejtellt waren, überein. In 
Erflärung des Königs hielten der Cardinal Espinoſa und der Prinz 

es für rathlam, den Tod des Infanten dem Fortgange feiner Krankheit 
Dem Leibarzte des Könige, Dlivarez, der den Prinzen behandelte, 
Anficht von dem Prinzen von Evoli eröffnet. Er verordnete darauf 
li dem Kranken eine Arznei, nad) welcher die Krankheit todtlich zu wer⸗ 
!, und rieth nun dem Infanten, fid) durch das Sacrament auf den Fall 
B yerzubereiten. Dies that D. Carlos den 21. Juli, und bat durch feis 
trater ten König, feinen Vater, um Verzeihung. Philipp ließ ihm diefe 
Segen zufihern; darauf nahm D. Carlos das Abendmahl und machte 
ment. Sein Todeskampf waͤhrte den 22. und 23. Suli fort. Der Prinz 
i mit Kuhe die Gebete der Geiftlihen an. In der Nacht zum 24. bes 
e König zu ihm, und gab ihn, ohne von ihm erkannt zu werden, feinen 


30 * 


468 Carmqgnole Carmel 


Segen, worauf er weinend fortging. Bald darnach, den 24. 
4 Uhr Morgens, ftarb D. Carlos. Er wurde feinem Stande ge 
Leichenrede, im Dominicanernonnenllofter EI Real zu Madrid 
tugendhafte Königin Elifabeth farb am 23, Oct. deff. Jahres 
zeitigen Entbindung, und nit an Gift, wie Philipps Feir 
Philipp IE. ließ die Proceßacten 1592, in einem Käftchen verfchloffe 
Archive zu Simancas nieberlegen. Daß traurige Schickſal bes 
mehren teagifchen Schriftftellern zum Stoffe gedientz wie nen 
Schillers, Alfter’, Otway's und Campiſtron's. 

Carmagnole hieß in der erften Zeit der franz. Mepuk! 
ein dazu gehöriges Lied. Die Benennung rührt wahrfcheinlic) 
Carmagnole in Piemont her. Der Zanz entftand zur Zeit ber 
Volkes gegen das dem Könige verlicehene Veto wider die Beichlü 
verfammlung. Bei Volköfeften, Hinrichtungen und Ausbruͤchen 
ward die Sarmagnole gerwöhnlich gefungen oder getanzt. &. 
Name aud) auf die Nationalgarden, die Kleider von gewiſſem Sch 
ſchwaͤrmeriſche Anhänger der Revolution, angewandt, und mand 
Nationalconventes, z. B Barrere, nannten leichtfertig ihre Mitt 
Verſammlung fo. — Petits carmagnoles heißen in Paris Scho 
Schuhpugerbuben, meift Savoyarden, vermuthlich von der erwaͤt 
Carmel, ein Gebirge bes Libanon in Paldftina an ber | 
Galilaͤa, im Paſchalik Acca. Es befteht aus mehren, von fruchtba 
ten Thaͤlern unterbrochenen, reichbewalbeten Bergen, in einem 
Meilen, und geht am Ausfluffe des Kifchen in eine anmuthige EI 
die füdliche Küfte des Meerbufens von Ptolemals oder Acca am M 
Auf feinen Höhen. find Ruinen von Kirchen und Kiöftern aus di 
lichen Königreich Jeruſalem und eine Höhle, Die, der Sage na 
Elias bewohnte. Seit dem 4. Jahrh. hatten hriftl. Einficdier 
zum Aufenthalt gewählt, doc) erft um die Mitte des 12. Jahrh 
unter Leitung Berthold's aus Galabrien bie Vereinigung zum Erem 
fem Gebirge, welcher der Patriarch von Jeruſalem, Albrecht, 12 
alten Bafitianifchen meift übereinflimmende Regel und Honorir 
paͤpſtliche Beftitigung gab. Dies ift ber wahre Urfprung des £ 
dom Berge Carmel ober der Carmeliter. Diefe Mönche ſelbſt ſchi 
Stiftung dem Propheten Elias zu, um ſich den Vorzug eines in 
gen Alterthums zu geben. Mad) ihrer Meinung gehörten ihrem 
pheten und heil. Männer bed alten Teſtaments von Elias bis auf 
goras und bie gallifchen Druiden an; die Rechabiten, Effener un 
- ten Xertiarier, bie beit. Frauen des N. T. mit der h. Jungfrau ! 
und die Einfiedler des chriſtl. Alterthums echte Glieder ihres Orde 
Auch Ehriftum machen fie zum befondern Befchüger beffelben, w 
Garmeliter, und feine Apoftel zu Miffionairs vom Berge Sarme 
nigen Behauptungen bat der Sefuit Papebrocy widerlegt und di 
laͤngſt für Kabeln erklärt. Dennoch blieben die Carmeliter babı 
noch unter Benedict III. im 18. Jahrh. die Statue des Propheten 
Stifters, in der Peterskirche zu Nom aufftellen. Zivifchen 1238 
von den Saracenen verbrängt, fi) nad) Europa verpflangt, und 
dere Regel angenommen, die fie zum Kloſterleben berechtigte. 
weiß: und braungeftreiften Mäntel vertaufchten fie 1287 mit ga 
ter denen fie fonft ſchwarze, feit der Mitte des 15. Jahrh. aber | 
Kutten trugen. Der Garmeliterorden zerfiel bei feiner weiten Au 
innere Streitigkeiten in 4 von einander unabhängige Körperfch: 


Garımer 469 


ı machen bie beſchuheten Obfervanten nach der Ann 15. Jahrh. aufs 
sten Regel aus, zu denen die von ber firengen Obfersanz in Stans 
alien, und bie 1462 von dem General Sereth geftifteten Garmelites 
m, Sie hatten im 18. Jahrh. 38 Provinzen in der kathol. Chriſten⸗ 
h ihrer eignen [ehr übertriebenen Angabe 7050 Kiöfter mit 180,000 
eiderlei Geſchlechts. 2) Die 1433 von den Obfervahten gefchiedene 
eiße und runde Hüte ausgezeichnete Gongregation von Mantua mit 
und wenigen Frauenkloͤſtern. 3) Die Barfüßer und Barfüßerinnen 
inerinnen in Spanien, welche, 1562 von der 5. Thereſia geftiftet, 
en Obſervanten unabhängig wurden und im 18. Jahrh. zu 6 Provins 
e 2000, meift weiblichen, Meligiofen angemwachfen waren. 4) Die 
Statlen, welche fi 1600 von den fpanifchen trennten und im 18. 
Provinzen in Stalien, Frankreich, Deutfchland, Flandern, Polen und 
D0O Mönchen und Nonnen hatten. Ihnen gehoͤrte die h. Maria 
von Paztzi an. Diefe beiden Barfüßercongregationen folgen ber 
sen Megel mit neuen Verfchärfungen, 5. B. Faſten, Stillfchroeigen, 
ten im jeder Provinz eine Einfiedelet zur bung in der volllommnern 
geeit. Faſt in Leinem Orden wurden bie Seltfipeinigungen und 
koben tes blinden Gehorſams gegen die Obern meiter getrieben als 
tefügern,, welche darum auch die Ausermwählten unter den Carmelitern 
en. Jede dieſer vier Körperfchaften hat ihren eignen, unmittelbar 
idhaͤngigen General. Nur einige Klöfter der Carmeliterinnen ftehen 
fchöfen. Die Barfüßerinnen in Frankreich hatten feit 1661 ihren 
erwählten Dbern. Die Vorrechte der SBettelorden und den 1287 
Bebrauch des Scapuliers U. L. Fr., welches 6 Zoll breit über Bruſt 
herabhängt und von grauer Wolle zu fein pflegt, haben alle Carme⸗ 
ider gemein. Sie fchreiben dieſem Scapulier wundervolle, befeligende 
ıd errichteten Ihm zu Ehren eine Scapulierbrüderfchaft, der dielenigen 
sen, bie es tragen und den Orden vor andern begünftigen. Im gleis 
niffe zu den Carmelitern fleht die Erzbruͤderſchaft U. 2. Fr. vom Berge 
tom. Ama engften ift ihnen ihr dritter Orden verbunden, der 1476 
ſehr Leichte Regeln beobachtet. Die Glieder deſſelben find, wie die 
drer Orden, zu gewiſſen Kaften, Gebeten und zum Gehorfam gegen 
dee Congregation verbunden, zu der fie fich halten. Der von Deins 
rankreich errichtete Ritterorden U. 8. Sr. vom Berge Carmel und des 
‚ hing mit den Sarmeliten nur durch den Namen zufammen. Da die 
fer Letztern jede gemeinnuͤtzige Thaͤtigkeit ausfchloß, fo wurde ihnen bei 
ꝛin der Megierungen gegen die müßigen Orden die Annahme von Nos 
gt und nur in Spanien, Portugal, Sicitien und Amerika haben fie fih 
ändert erhalten. In Paris, wo die vornehmen Damen ihre Buß» 
t am liebften bei den Garmeliterinnen anftellten, beſteht feit 1817 wie» 
enkloſter biefes Ordens unter höchftem Schuß. Das gegenmärtige 
Miſſion in Perfien, welche die italienifchen Barfüßer unternommen 
ıbefannt. E. 
er (Bohann Henrich Kaſimir, Graf von), k. preuß. Großkanzler, 
-, ©. Commiſſair bei dee pommerfchen, oſt⸗ und weftpreuß. Lands 
lin, Ritter des ſchwarzen Adlerordens ıc., bat ſich durd) feine Ver: 
e preuß. Rechtsverfaſſung unfterblich gemadyt.. Er war 1721 in der 
ponheim geboren, trat nach vollendeten Stubien in preuß. Staats⸗ 
bald von Friedridy dem Großen bemerkt, und bis zum Großkanzler 
und Suftizminifter erhoben. Thaͤtigkeit, Feſtigkeit, Umficht in den 
nd ein hoher Gercchtigkeitsfinn bezeichneten feine Amtsverwaltung. 


470 Garmin Garnot 


Ihm dankt Preußen, unter vielen andern nüglihen Veranflaltungen 
Einrichtungen ber ritterfchaftlichen Creditfpfteme, die Vorbereitung 
Landrechts, vor Allem aber die Verbefferung der Gerichtöverfaffung 
zen Umfange, und des Civllproceſſes. (S. Landrecht) Nu 
ruhmvollen Dienften zog fi) armer auf fein Gut Rügen bei ( 
und ftarb dafelbft 1801. 

Carmin, das mit einem erdigen oder-metallifchen Oxyd vcı 
Pigment der Cochenille ober der Lackſchildlaus. Sie nimmt am lich 
auf Cactuspflanzen. Da die Schönheit diefer theuern Farbe nicht 
des angewandten Verfahrens, fondern aud) des quantitativen Ve 
Zuthaten ſehr modificirt wird, fo hat man über die Bereitung des Eı 
mins höchft abweichende DVorfchriften. Diejenigen Fabriken, wel 
Garmin bereiten, verhehlen ihre Methode als ein Fabrikgeheimniß 
hat die befte natürliche Cochenille. 

Garmontelle, franz. Dichter, bekannt durch f. „„Provei 
ques” (10 Bde.), geb. 1717 zu Paris, farb dafeltft 1806. Cr 
und Ordonnateur der Foͤtes bei dem Herzoge von Orleans geweſen 
lage diefer Eleinen Sthde ift im Ganzen fehr lodler, urd man bar 
kuͤnſtlichen Knoten, noch eine gehörige Entwidelung darin fischen, 
Folge dramatifcyer Scenen. Sie find jedod) Außerft brauchbar für 
theater, und manche dramatifche Dichter haben fie ald eine reiche % 
fach benutzt. Die Fruchtbarkeit Carmontelle's mar ebenfo auße 
feine Leichtigkeit. Mean behauptet, er habe außer feinen gedruckten 
Theaterarbeiten Handfchriften zu mehr als hundert Bänden hinterle 
faß aud) das Talent zu malen. Faſt alle berühmte Perfonen fei 
abgebildet; auch malte er eine Art Transparente, die 100 und mehr 
ten, und wie fie ſich nach und nad) abrollten, eine Folge von Scenen 

Garmofiren oder Carmufiten, umkrinzen, von dem | 
Rand, einen größeren Edelſtein mit Heinen einfaffen. 

Carnation, die Nahahmung des menfchlichen Fleiſchesr 
fchiedenen Befchaffenheit durch Farben in der Malerei. (S.Nadt 

Garneval, Faſching. (S. Faſtnacht.) Berühmt find in 
neval zu Venedig und das zu Rom. Das erftere finge nach Weitn 
Lufibarkeiten find Schaufpiele, Redouten, die VBergnügungen des | 
und bisweilen, bei Befuchen großer Fuͤrſten, noch eine Negatta, ı 
rennen in Boten. Nach dieſem gab es in Venedig nody ein zweites 
venetianifhe Meſſe, welde auch das Himmelfahrts = und Bucent 
weil es gewöhnlidy um Himmelfahrtstage anfing und weil man die 
mählung des Doge mit dem adriatifchen Meere Damit verbunden hat 
1% Tage; jedoch durften Feine Charaktermasken, fondern blos ver 
minos getragen werben. Das Garneval zu Nom (m. ſ. Goͤthe't 
ſchreibung) dauert nur 8 Tage und befteht vorzüglich in Maskera 
vennen. 

Carnies, f. Säule. 

Carnot (Lazare Nicolas Marguerite), geb. zu Nolan in B 
ans einer niedern Bärzerfamilie, der Sohn eines Adyocaten, zeigt 
an ein feltene® Talent für Mathematik und militaitifhe Wiſſenſch 
dem Gentecorps angeſtellt und flieg unter Beguͤnſtigung des Prinz 
Nachher gab er mathematiſche Verſuche heraus, die feine Aufnahm 
lehrte Geſelſſchaften bewirkten; fein» Lobrede auf Vauban wurde vo 
zu Dijon gekrönt. Zu Anfange ter Menolution war ee Ingenieuthe 
wurde (1791) zum Abgeordneten kei ber gefeggebenden Werfamr 


Gurnot 471 


anfang nur an ben milltalzifchen Angelegenheiten The. Auf feinen 
wurden die adeligen Officiere verabfchiedet und bürgerliche angeftellt. 
ked des Convents flimmte er fuͤr Ludwigs Tod, ward darauf im März 
rmee gefandt, wo er auf dem Schlachtfelde den feigen General Gratien 
4 ſelbſt an die Spige bes Heers flellte und die Feinde zuruͤcktrieb. Bel 
kehr in den Convent warb er Mitglied des Wohlfahrtsausfchuffes. Jetzt 
aot's großer Einfluß auf die militairifchen Unternehmungen feinen Ans 
3 Befige aller Plane, welche in den Archiven Ludwigs XIV. niedergelegt 
tete er bie franz. Deere, und es iſt nicht zu leugnen, daß feine Anord⸗ 
‚ihren Siegen beigetragen haben. Er ward nad) Robespierre’8 Sturz 
angeklagt, aber immer freigefprochen. Bei der Errichtung bes Directo: 
95, ward Carnot Mitglied defjelben und erhielt einige Zeit einen ziem- 
luß; erließ fih aber von Barras die Leitung des Kriegsminifteriums 
d ward feitdem fein Gegner. Sein Plan, Barras zu flürzen, mißlang, 
de, nebſt Andern, am 18. Sructidor (K Sept. 1797) zur Deportation 
Er floh nad) Deutfchlandb und gab eine Recytfertigungsfchrift heraus, 
8 mit Begierde gelefen wurde und durch die Aufdeckung der Schaͤnd⸗ 
iner chemaligen Collegen den Sturz derfeiben am 30. Prairial (18. 
I) befördert. Nach dem 18. Brumaire wurde Carnot zuruͤckberufen 
Mufterinfpector (Inspecteur aux Revues), und 2 Monate darauf, 
), zum Kriegsminifler ernannt. Er zog ſich zwar bald in den Schoß 
ifie zurüd, ward jedoch den 9. März 1802 zum Tribunat berufen. 
abeugfamteit der Grumdfäge, welche ihn zeither ausgezeichnet, verleug⸗ 
ı hier nit; er trat mehre Male den Abfichten der Regierung entgegen, 
‚der Einzige gegen das lebenslängliche Confulat, und erhob ſich haupt⸗ 
en ben Vorfchlag der Kaiſerwuͤrde. Dennoch blieb er im Zribunat bis 
ufpebung, lebte nachher 7 Jahre als Privatmann und gab mehre gehalt: 
irifche Werke heraus. 1814 übertrug ihm Napoleon den Oberbefehl 
en. Er verband die tapferfte Vertheidigung mit der forgfültigften Scho: 
Stadt, die er hernach, auf Befehl Ludwigs XVIII., dem engl. Gencral 
bergab. Er behielt zwar feine Titel und Würden, Eonnte aber, als ein 
: und firenger Republitaner, bie Gunft des Hofes nie erlangen, und 
ı weniger, al& er in einer Denkfchrift an den König das herrſchende Sys 
und beftig tadelte, weßhalb er auch bei der neuen Einrichtung ber Aka⸗ 
Biffenfchaften uͤbergangen ward. Als Napoleon 1815 wieder die Zuͤ⸗ 
zierung faßte, machte er Carnot zum Srafen und Pair ded Reichs und 
das Minijlerium des Innern auf. €. verwaltete diefen ſchwierigen Pos 
iner gewohnten Rechtlichkeit. Nach des Kaiferi zmeitem Sturze wurd 
) der proviforifchen Regierung von Frankreich und war hernady der Eins 
en Mitgliedern derfelben, welche in die Verordnung vom 24. Juli bes 
den. . Er ging zuerſt nach Gerney, two er fich mit politifcher Schrift: 
chaͤftigte, bann 1815 mit feiner Familie nach Warfchau, von da aber 
seburg, wo er den 3. Aug. 1823 ſtarb. S. die „Corresp. de Nap. 
v. le Cte. Carnot, pend. les 100 jours” (Par. 1819) und „Carnot's 
Körte. Die Gebrüder Baudouin in Paris, die den Befis aller Hand» 
ınot’s erworben haben, gaben 1824 „Mem. histor. et militaircs sur 
diges d’apres ses manuscrits, sa corresp. inedite et ses Ecrits etc. 
“heraus, die man ald Carnot's Memoiren anfeben kann. Unter Gar: 
iften nennen wir f. „Essai sur les machines‘; „Reflexions sur la 
que da calcul infinitesimal’'; „Sur la geometrie de position’; 
'ense des places fortes”; „Exposè de la conduite politique de Car- 


le 1. juill. 1814." In Magdeburg gab E. ein „Blemoire sur I. 


472 Ga Carolina Marin (Känigin yon Neapel) 


fortification primitive' und einen Band Gedichte heraus. S. Gamers 
in den „Zeitgenoſſen“, N. R., KVL 

Garo (Annibale), einer der berühmteften ital. Schriftſteller des 16.° 
geb. 1507 zu Citta⸗Nova in der Dark Ancona, war Lehrer der Kinder !ı 
Gaddi's, eines reichen Florentiners, nachher deſſen Secretair, und erhielt du 
anfehnliche Pfründen. Nach Gaddi's Tode, 1543, trat er mit bemfelben $ 
die Dienfte von Pietro Lodovico Farnefe, welchen 1545 fein Vater, Papft Pa 
zum Herzoge von Parma und Piacenza erhob. Die Gunft dieſer Famil 
ſchaffte Caro bald die Mittel, feiner Kiebhaberei für Antiten und Münzen ( 

‘zu leiften. Er brachte eine bedeutende Sammlung zufammen. Die tos 
Sprache war fein Hauptftubium, und der Ruf feiner reinen und gierlichen € 
art in Verſen und in Profa verbreitete fich durch ganz Italien. Der Herjo 
trug ihm mehre Borfchaften an Kaifer Karl V.; doch ging Caro damit um 
Dienft zu verlaffen, den ihm die Launen und Lafter bed Kürflen verleibeten, ı 

fer zu Piacenza ermordet ward, Er ſelbſt war in Gefahr, flüchtete nach! 
und ward von dem neuen Herzoge, Dttavio Sarnefe, mit Sreundfchaft aufl 
men. Die beiden Cardinaͤle Ranucclo und Aleffandro, Brüder Dttavios, a 
ten ihn nad) einander zu ihrem Secretair, und in des Regtern Dienften ftanb 
1548 bis an feinen Tod 1566. Schon alt und feit lange vom Podagra g 
verließ er Parma und begab ſich nach Rom, das er nur in der ſchoͤnen Jah 
mit Frascati vertaufchte. Seine Überfegung der „Aneide” in reimlofen Be 
vortrefflih. Nach feinem Tode erſchien von ihm außer der „Eneide” eim 
feßung des Longus und der Rhetorik des Ariftoteles, ferner „Rime” und „Let 
Wie feine Gedichte ſich ducch Eleganz auszeichnen, fo find feine Briefe Muß 
ſchoͤnen italtenifchen Profa. 

Carolina, f. Halsgerihtsordnung. 

Carolina Mara, Gemahlin K. Serdinands L beider Sicifien, 2 
fer Stanz I. und Marien Therefiens, geb. den 13. Aug. 1752, ebenfo lieben 
als geiftwoll, nur zu ihrem Ungtüd ohne feften Charakter. Den Vermaͤh 
tractat zufolge follte die junge Königin nach bee Geburt eines männlichen 5 
erben im Staaterath Sig nehmen. Ihre Neigung, perſoͤnlich mitzum 
wartete aber nicht fo lange, fondern ſchon vorher entfernte fie ben alten D 
Tanucci, der des Königs Vertrauen und die Zuneigung der Meapolitaner I 
Batte, unb erhob zum Principaiminifter den aus Frankreich gebürtigen 2 
(f.d.), der die Finanzen des Staats durch Verfchwendungen zerrüttete, und 
bes Vorzugs, den er den Ausländern bei Beſetzung der Hof⸗ und Staatsaͤm 
Vieh, wegen der Einführung eines Staatsinquiſitionsſyſtems wider Jede 
der gegen ben Guͤnſtling ober feine Verwaltung zu reden oder zu handeln 
kuͤhnte, und wegen andrer Schwächen, wenn nicht Vergehen, den Haß aller | 
ſich zuzog. Hatte die Königin dieſem Manne baflır grenzenloſes Zutrauen gel 
daß er ihe und der Dynaſtie hoͤchſt ergeben war, fo erbitterte Died die Natioı 
die Monardyin, die ihren Einfluß auf ihren Gemahl in Maßregeln der Stre 
der Alle geltend machte, die befeyuldigt wurden, dem franz. Jakobinism an 
gen, in der That aber nur verdächtig waren, dem herrſchenden Minifter unl 
Verwaltung entgegen zu arbeiten; denn das neapol. Volk kannte Damals nk 
mal das jakobinifche Revolutionsfpftem, glaubte ſich aber unter Acton's X 
tung bei fteten Verhaftungen, Dienftentfegungen, Verurtheilungen und be 
vermehrten Auflagen fehr übel zu befinden. Nur die Monacchin und ben 
fler erfchredte die ſtille Gährung der unterdrüdten Volksſtimme nicht, die no 
ter unter dem Reichsadel als in den andern Ständen fi) ausſprach. Verh 
gen, Verbannungen, Hintichtungen follten den Oppofitionsgeift in dee $ 
daͤmpfen, und fachten ihn nur Immer mehr an. Der Praͤſident der Sich 


aroline Amalie Eitfabeth (Königin von England) 475 


ni, mußte dem Haffe bed Volks toeichen, das zur Empörung reif war. 
verglich der Befchichtfchreiber Guoco jenen mit Robespirrer, der auch. 
Verrath und Verſchwoͤrung witterte. Die Kriegseridrung Neapels 
eich 1798 war Folge des Glaubens der Regierung und der Königin, 
das Staatsruder führte, nur dadurch der Volksunzufriedenheit eine 
ng geben zu können; aber Mad’s Niederlage führte bie Franzoſen 
: Thore der Hauptflabt, und die Dynaſtie mit ihren Miniſtern unter 
er dritiſchen Flagge nach Sichlten.- Des Cardinats Ruffo Aufftand 
wider bie Sranzofen und die republikaniſche Partei in der Hauptſtadt 
dem Könige 1799 wieder zuruͤck. Ärger als einft Acton und Was 
nun der unglüdlichen Königin Freundin, die beruͤchtigte Lady Hamil⸗ 
ie Monarchin, iheen Gemahl, englifchen Gefandten am Hofe zu Nea⸗ 
ven beitifchen Admiral Nelfon nur zu viel Einfluß erlangt hatte. Die 
von Neapel wurde gebrochen und eine Staatdjunta ernannt, welche, 
iale’s (f. d.) Vorfig die Anhänger und Beamten der interimiftifdyen 
richtlich Ächtete. und ſtrafte. Erſt nady der Schladht van Marenga 
urationsvermaltung auf. Als die Königin 1805 einer neuen Allianz 
on in Wien beigetreten war, eilten zwar 12,000 Ruffen dem Königs 
zu Huͤlfe; aber diefe vereinte Macht hinderte doch Frankreich Übers 
in Neapel diesfeits des Faro für Napoleons Bruder Joſeph umb, 
efignation, für deſſen Schwager Joachim Murat ein Königreich zu 
icht raſch genug ging die Wiebereroberung Neapels durch englifche 
em Sinne der Königin; fie entzweite ſich darüber mit dem britifchen 
1, Zord Bentint in Sicilien, der fie durchaus von allem Einfluß auf 
des Staats entfernt willen wollte, und die Vicariateregierung des 
Calabrien, ihres Sohnes, forie die fichianifhe Verfaffung verans 
richt war dieſes Mißverſtaͤndniß Urſache, daß die Monardyin 1811 
aſtantinopel nach Wien begab. Sie ſtarb am 8. Sept 1814 zu 
ohne die Herſtellung des Throns von Neapel erlebt zu haben. 
ine Amalie Eliſabeth, Georgs IV., K. von Großbritannien und 
nahlin, zweite T. des in der Schlacht bei Auerſtaͤdt toͤdtlich verwun⸗ 
3 Karl Wilhelm Ferdinand von Braunſchweig und der Prinzeſſin 
England, George IH. Schwefter, ward geb. den 17.Mai 1768. Die 
roline verlebte am väterlichen Hofe eine zwangvolle Jugend, bie fie 
Drinzen von Wallis (jegigen König von Großbritannien) vermühlt 
on im folgenden Jahre erfreute fie das koͤnigl. Haus und die britiſche 
die Geburt einer Tochter, Charlotte Augufte (geft. als Gemahlin 
!eopold von SadjfensKoburg am 6. Nov. 1816); doc) war fie faum 
sette genefen, als ihr Gemahl fich von ihr trennte, indem er erklaͤrte: 
in Niemandes Macht ftehe, und daß fie fih in Bezug auf diefelbe 
itig nicht verantwortlich fein koͤnnten. Diefed war der Anfang des 
treite® zwiſchen beiden Ehegatten, welcher bis zu Carolinens Tode 
md von Geiten des Gemahls durch wiederholte Befhuldigungen die 
spreisgab, indeß der König Georg ILL. und die britifche ration fort 
verſtoßene Gattin in Schus nahmen. (Vgl. Georg IV.) — Die 
Wallis lebte, vom Hofe entfernt, auf einem Landhauſe zu Blafheath 
: Einfamteit den Künften und Wiffenfchaften, der Mildthaͤtigkeit und 
ven bi 1808, wo viele für Ihre Ehre fehr nachtheilige Gerüchte, nad) 
t dem Capitain Mandy, mit Sir Sidney Smith u. X. in unerlaub: 
iffe ſtehen und Mutter eines Knaben geworden fein follte, den König 
ur Unterſuchung ihres Betragens eine Minijterialcommitjion nie⸗ 
ı deren Spige der Lorblanzler Grenville fand. Dieſe hörte eine 


d 


474 Karoline Amalie Eiifabeth (Königin von England) 


Menge Zeugen ab und that den Ausſpruch: daß die Prinzeffin von ber An 
gung einer fattgehabten Schwangerfchaft und Entbindung freizuſprechen, 
tragen aber nicht frei fei von Unvorfichtigkeiten, daher ein leichter Verda 
ftanden, der feinen Glauben verdiene. Der König betätigte diefe Un 
anerkennung, indem er feiner Schwiegertcchter einen Staatsbeſuch machte ; 
Achtungsbezeigungen erfolgten von den Prinzen, ihren Schwaͤgern; bi 
zog von Cumberland begleitete die Prinzeffin an den Hof und in die Oper 
Verbreitung jener Gerüchte ging von ber Umgebung des Prinzen v. Wa 
vom Hofe der regierenden Königin aus, welche fich der Schwiegertochter f 
rend fehr abhold bewies. Die Nation offenbarte bei blefer Veranlaſſung, 
vielen folgenden, enthufiaftifche Zuneigung für die Prinzeffin. 1813 cı 
von neuem öffentlicher Streit zwiſchen beiden Ehegatten, indem die Prinze 
Wallis ſich über die Schwierigkeiten beſchwerte, welche ihr als Mutter 
wurden, ihre Tochter oͤfter zu ſehen. Der Prinz von Wallis, damals 
beſeitigte dieſe Klage; hierauf erhielt die Prinzeſſin im Juli 1814 die Er 
nad) Braunfchweig zu gehen und von dort Stalien und Griechenland zu | 
Nun begann fie den abenteuerlichen Reifezug duch Deutfchland, Italien 
dyenland, den Archipel und Syrien nad) Serufalem, auf welchem der S 
Bergamt ihr vertrauter Begleiter war. Biel Anftößiges wurde fpäterhin ı 
Verhaͤltniſſe zwifchen ihr und Bergami erzählt, indeg die Prinzeflin auf ihre 
fahrt Anerkennung ihres auf Verminderung des Menſchenelends gerichtete 
nes, ihrer herablafienden Güte, Leutfeligkeit und Freigebigkeit fand. Na 
Ruͤckkehr lebte fie in Italien mebrentheild auf einer Billa am Comerſee. 
Drinz von Wallis am 29. Jan. 1820 den britifchen Thron beftieg, wurde i 
Lord Hutchinfon der Antrag gemacht, für ein Sahrgeld von 50,000 Pf. | 
Namens einer Königin von England, ſowie jedes auf die koͤnigl. Samilie bez 
Titels fi) zu enthalten und England nie wieder zu betreten. Sie ſchlug 
ſchimpflich aus und nahm vielmehr bie Rechte einer britifchen Königin in Aı 
erhob Beſchwerden über die verweigerte Anerkennung, und brachte Auflaurı 
Verſchwoͤrungsumtriebe zur Sprache, die ein geheimer Agent, der Bar 
Ompteda, von Mailand aus gegen die Prinzeffin angezettelt hatte. Mi 
lungsverſuche, um die Foderung der Königin zu befeitigen, führten zu kein 
folge; fie faßte endlic) den muthigen Entſchluß, nad) England zuruͤckzukeh 
fie, dem Minifterium unerwartet und unerwuͤnſcht, unter den lauteiten 9 
bezeigungen der Nation, den 5. Juni von Calais eintraf und am folgend 
im Zriumphe in London einzog. Nun trat der Minifter Lord Liverpool 

Parlamente mit einer Anklage gegen die Königin auf, weldye zum Zmed 
biefelbe ald eine der Koͤnigskrone unmürbige Ehebrecherin der öffentlichen 
tung preiszugeben. Wie viel Anftößiges auch die nun folgenden Parlam 
handlungen und Unterfuhungen an den Zag geben mochten, bie Öffentliche 
ſprach ſich zu Gunſten der Königin aus, ſodaß, nachdem alle Künfte der b 
Rechtsformen erfhöpft waren, und mit kaum erlangter Stimmenmentl 
123 bejahenben gegen 95 verneinende Stiramen ber Strafantrag beim dri 
letzten VBorlefen im Haufe der Lords durchgegangen war, die Minifter es 
erachteten, die weitere Verfolgung der Strafbill auf 6 Donate zu va 
— ober, der That nad), gänzlich fallen zu laſſen. So endigte ein Pre 
das fittliche Gefühl in feinem Urfprunge, Sortgange und Schluffe tief beleld 
Die Königin Caroline lebte, wenngleich vom Hofe des Königs, ihres G 
entfernt, in Brandenburghoufe, nach Ihrem Range, ihrer Würde anerfanni 
dem Schuße einer Nation, welche fo oft ihre felbftändiges Urtheil in auf 
Thatfachen gezeigt hat. Sie verlangte im Juli 1821, ale Georg IV. fein 
Erönt wurde, erſt mitgekrönt zu werden, bann ber Krönung beizumehnen. 


fegung des Sarges, gaben erſt in Xondon, dann in Braunſchweig Vers 
u manchem Unfuge, der mehr im Widerftreite gegen willfürliche Mine 
uffe als in der Achtung der Dahingefchiedenen feinen Grund hatte. In 
hte der Selbfländigkeit der britifchen Nation gegen die Gewaltanma⸗ 
; Minifteriume wird der Name diefer Königin immer genannt mer 
Verherrlichung des fittlihen Werths ihres Gefchlechts ging ihr Leben 
ungünftigften Verhältniffen verloren. S. „Zeitgenoſſen“, N. R., 
10 


pline Mathilde, geb. den 22. Jull 1751, nachgeborene T. des 
n Wallis, Friedrich Ludwig, verm. 1766 mit dem K. Chriftian VIE 
nark, gebar am 28. San. 1768 den jegt regierenden König v. Dänemark, 
II. — Haß und Zwietracht herefchten am daͤn. Hofe, und fowol bie 
mutter ihres Gemahls, die Königin Sophia Magdalena, als auch feine 
r, Jullana Maria, waren der jungen Königin abgeneigt. Der Wis 
e Erfiern war ein gewöhnlicher Kaltfinn, der aus ber Ungleichheit des 
Charakters und ber Lebensart bei dem Zwange bes Hoflebens unter 
Perſonen leicht entftehen kann, und infofern der jungen Königin nicht 
Zrauriger wurde für fie Die erklärte Abneigung der Stiefmutter Ihres 
Lestere war beleidigt worden durch die Wahl des Königs, der fie fich 
ntgegengefeßt hatte. Dit allen Reizen der Sugend und Schönheit ers 
mge Monarchin in Kopenhagen. Sie war leutfelig und berablaflend 
mann und ward vom Volke verehrt. Eine Zeitlang tröftete fich die 
gin über das Betragen der Altern Königinnen durch die Anhänglichkeit 
able, duch die Bewunderung bes Hofes und deffen Vergnuͤgungen. 
» erft gleichgültiger gegen ben Gemahl, als deſſen Aufmerkſamkeit ab» 
ttert gegen bie Stiefmutter und mißtrauiſch gegen die Höflinge. Bel 
lichen Lebhaftigkeit verbarg fie ihre Sefinnungen keineswegs. Der 
emerkte das kaum, deſto feindlicher wurde die Stiefmutter deffelben ges 
erende Königin geſtimmt. Um bie nämliche Zeit hob fich In feines Mo⸗ 
unft oh. Friedr. Struenfee (f.d.). Der Königin fiel dies aufs 
Bünftting hielt fich gegen die Monarchin ſtets in den Schranten der Ehr⸗ 
)ied verminderte allmälig ihren Widerwillen gegen ihn, und fie gewoͤhnte 
em Umgang, da er den Monarchen wenig verließ; ja, fie begegnete dem 
len Dann mit Adıtung und Cönade. 1770 impfte Struenfee dem 
n bie Blattern ein, er und bie Stönigin verpflegten ben jungen Prinzen 
y die Königin wollte, daß er künftig des Kronprinzen Erziehung befors 
Struenſee wurde Conferenzrath und Vorlefer bed Königs und der Koͤ⸗ 
ie Legtere beurtheilte Struenfee als einen Mann, ber ihr bei ihren po⸗ 
anen von Mugen fein koͤnnte, un‘) eröffnete ihm ihre Wünfche. Struenfee 
8 und glaubte den König gut gernug zu Tonnen, um ihn nad) der Königin 
‚leiten. Der König erwies nun feiner Gemahlin ein Vertrauen, wovon 





476 Caronaden Garracci (Familie) 


fie Gebrauch machte, und Struenfee arbeitete dahin, die koͤnigl. Gewalt in 
und der Königin Hände zu bringen. Weil des Königs Beſchluͤſſe von feiner 
gebung abhingen, fo fonberten fie ihn von aller Geſellſchaſt ab, bie fie nicht gen 
hatten. Brandt, Struenfee’s Kreund, hatte den Auftrag, Alles zu erfinden, 
mit der junge König feine Tage angenehm vertändeln könnte, und die Regierun 
Staats gerieth dadurch in Struenſee's Hände. Gegen diefen Gang der £ 
vereinten fich die Königin Stiefmutter und ihr Sohn, Prinz Zeiedrih. 
Partei verhaftete am 17. San. 1772 die Königin, die Grafen Struenſee 
Brandt und Alle, die ihnen ald $reunde angehörten. Die Königin Caroline! 
thilde mit ihrer Tochter Louiſe Augufte, einer DHofdame und Aname wurden 
der Feſtung Kronenburg in Verhaft gebracht, Struenſee und Brandt bagege 
Ketten gelegt und am Ende einer commiſſariſchen Unterfuchung als Dochvsm 
verurtheilt und hingerichtet. Selbſt die Königin fief anfangs Gefahr einer 6f 
lichen Berurtheitung, ohne bes engl. Sefandten Ritter Keith energifcye Vorſta 
gen. Indeß wurde fie am 6. Apr. 1772 von der Hofcommiffton, die die In 
fition wider fie und die verhafteten Guͤnſtlinge des Könige geführt hatte, von il 
Gemahl gefchieden und follte in Aalborg ihre Tage befchließen. Doch bewirkt 
Verwendung ihres Bruders, des Könige Georg III., daß fie in Freiheit 9 
wurde. Sie verließ Dänemark und ihre beiden Kinder und kam am 20. Dt. 
in Celle an, lebte dort allgemein gefchägt und geliebt, und ftarb aus Grum 
Kummer an einem Bruftfieber und Friefel am 10. Mai 1775, kaum 24 
alt. Merkwuͤrdig bleibt ihr Abfchiedsfchreiben an ihren koͤnigl. Bruder, das 
In der Schrift: „Die legten Stunden der Königin von Dänemark”, 
kann. Im franzöfifhen Garten fegten ihr die Landflände von Celle ein 
nunent. 64, 

Garonabden, von Garon, Ihrem Erfinder, eine Art ſchwerer Gef 
bie den Haubigen ähneln, von fehr ſchwerem Galiber find und volle und 
Eugeln, wie auch Kartätfchen fchiefen. Sie werden meiſtens auf den 
auf den Verdecken ftehend, gebraucht, zumeilen aurh in Feſtungen. Man b 
fie zuerſt im amerikaniſchen Freiheitskriege. 

Carotten, Taback in Stangen, etwa von 12—15 Zoll Länge 
verfchiedener Dicke, meiftentheils kegelförmig und mit ſtarkem Bintfaden 
ben. Sie erhalten diefe Form deßhalb, um fie fo bequemer zu Schnupfta 
reiben zu können. 

Carpzov, eine Familie, welche mehre berühmte Rechtsgelehrte 
gebracht hat. Benedietus Carpzovius, geb. 1565 zu Brandenburg, 
1595 Profeffor der Rechte zu Wittenberg, 1602 Appellationsrath zu D 
ging 1628 mit Genehmigung des Kurfürften wieder nad) Wittenberg uni 
daſelbſt 1629. Wir befigen von ihm „Disputationes juridicae”. Geine 
baben ſich theils als Juriſten, theils als Theologen ausgezeichnet. Bon aseı 
berühmtefte ift Benedict, geb. zu Wittenberg 1595, gefl. 1666. Er 
Eurf. fächf. Geheimerath, Veifiger des Schöppenftuhle, des Appelationsgril 
und Prof. der Rechte zu Leipzig. Er verdient als ber erſte prattifche Juriſt fü 
Zeit betrachtet zu werden. Seine Hauptwerke, welche claffifhen Werth ha 
find: „Practica rerum criminalium‘ ,; „De capitulatione Caesarea”; 
ceisiones illustrium Saxonum”; „Definitiones forenses’; „Processus 
saxonici’; „Responsa jur. elector.” etc. etc. 

Garracci, eine berühmte Malerfamilie. Lodovico Carracci, 
eines Fleiſchers, geb. 1555 zu Bologn-2, ſchien anfangs gefchidter, die Far 
reiben als fie mit Einficht zu gebraucherr. Aber die Langſamkeit, die man i 
warf, war nicht die Kolge eines befchrän ıften Geiſtes, fondern des Beſtrebent, 
zu leiſten als biöher geleiftet worden wi. Er verabfcheute Alles, was man 













i gegen fie, daß fie im Begriff waren, ihren Vorfag aufzugeben.: Aber 
der Entſchloſſenſte unter ihnen, drang darauf, nidyt nachzugeben, fondern 
me der Schmähungen zahlreiche Werke entgegenzuftelen. Lodovico, der 
ıth faßte, befhloß, eine Malerafademie zu Bologna zu ftiften, welche er 
emia degli Incamminati (von incanminare, auf den Weg, in Gang 
annte. Als erften Grundſatz flelite cr auf, daß man die Beobachtung 
mit der Nachahmung der beften Meifter verbinden müffe. Bald gab er 
el dieſes Grundfages in ber —— Johannes des Taͤufers bei den 
m, worin er in einzelnen Figuren den Styl Rafael's, Tizian's und Tin⸗ 
achahmte. Die ſchoͤnſten Wuke Lodovicos, denen es auch damals nicht 
derern fehlte, find zu Bologna, z. B. die Halle in dem Kloſter St.⸗Mi⸗ 
osco und die Verkündigung in der Kathedrale zu Bologna. Ein Meiiter 
chitektoniſchen Anfihten und in der Zeichnung ; überhaupt war er ſehr 
n allen Theilen der Malerei. Kine unendlihe Menge von Ideen iſt von 
nt worden; Jeder Eonnte bad von ihm nachahmen, wozu er fid) n ges. 
fühlte. Range genoß Lodovico feines ganzen Ruhms, wenigſtens fo 
Vettern lebten, welche fortführen, ihn zu ehren und-zu Rathe zu ziehen. 
619, faft in Armuth, nachdem er Agoftino um 17 und Annibale um 10 
riebt hatte. Der Hauptvorwurf, der ihn trifft, befteht darin. dag er 
Studium der Antike mit dem der Natur verband. Auch ift ſein Colorit 
orden. — Paolo Gartacci, ein Bruder Sodovicos, ift unbedeutend. — 
» Garracci, deffen nebft feinem Bruder Annibate ſchon oben erwähnt 
ar 1558 gu Bologna geboren. Er mar beſtimmt, Goldſchmied zu we⸗ 
in Better ihn für die Malerkunft gewann; in kurzem warb er einer der 
en Schüler deffeiben, beſonders in der Erfindung. Auch beſchaͤftigte er 
e Kupferflecherfunft, und er hat mehr geftochen als gemalt, aus Ruͤck⸗ 
siche den vortheithafteften Begriff von feiner Gutmuͤthigkeit geben. Als 
nad feiner Ruͤckkehr von Venedig, wo er die Werke Tintoretto's gefes 
ner Preisbewerbung feinem Bruder Annibale vorgezogen worden, unb 





478 Carrey Carrier 


kung, 1601 ſtarb. Fuͤr die von ihm und f. Vetter in Bologna geſtiftete Aka 
hat ee eine Abhandlung über die Perfpective und Architektur abgefaßt, die er 
erläuterte. Als Kupferftecher verdient er großes Lob; als ein geſchickter Ze 
hat er nicht felten die fehlerhaften Umtiffe in feinen Driginaten verbeflert. 
feinen Kupferftichen find viele obfcöne, die felten geworben find. — Anni 
Carracci, des Vorigen Bruder, geb. 1560 zu Bologna, arbeitete anfangs I 
Handwerke f. Vaters, der ein Schneider war. Auf ſ. Vetter Lodovico Rath 
er zeichnen, und bald machte er fotche Fortſchritte, daß Lododico ihn in feiner | 
ftatt behalten wollte, während er feinen Bruder unter Fontana ftudiren lief. 
nibale verfertigte anfangs mehre forgfältige Copien nad) Correggio, Zistan, 
Veroneſe, malte wie fie viele Eleine Gemaͤlde und arbeitete fodann auch an 
Merken. In der von den Carracci's gemeinfchaftlid) geftifteten Akademie tı 
die Regeln der Anordnung und Bertheilung der Figuren vor. Dean hält ih 
einen ber größten Machahmer Correggio's. Er machte fich zuerft durch feinen 
Rochus, welcher Almofen vertheitt, befannt, der gegenwaͤrtig in Dresden iſt. 
darauf warb er nad) Rom berufen. Er fuchte bier einen Augenblick Nafın 
die Antike nachzuahmen, leiftete aber nicht ganz Verzicht-auf Gorreggio's | 
Mon teng ihm auf, die Önterie des Farnefe’fchen Palaftes zu malen. Die, 
Arbeit athmet eine antike Zierlichkelt und die volle Anmuth Rafael's. Mä 
merkt hier unter verfchiedenen Nachahmungen Tibaldi's, der zu Bologna 
1550 mit Nicolo dell’ Abbate malte, einen Theil des Style von: Michel 
zumeilen gemildert, und das Edelfte und Trefflichfte der Venetianer und E 
den. Pouffin urtheilte, daß feit Rafael nicht beffer componirt worden. 

ift audy fein Genius des Ruhms (in Dresden). Zwar gibt es in Bologna’ 
baber, welche Lodovico dem Annibale vorziehen; das Ausland aber erkennt ih 
den c- sten unter den Caracci an. Vielleicht hatte Agoftino mehr Erfindun 
Lodovico marhr Zalent zum Lehren; aber Annibale hatte einen erhabenen Ge 
feine Manier iſt beredter und edler. Er flarb aus Kummer Aber den Un 
Cardinals Farneſe, der feine zwansigjährige Arbeit mit 500 Goldthalern * 
hatte, 1.609, und ward an Rafael's Seite in der Kirche des Pantheens zu 
beerdigt. — Francesco Garracc, ein Bruder Agoſtinos und Annibafl 
vollig unbedeutend; wichtiger it Antonio Garracci, ein natürlicher Sohn 
ftinos, 1583 zu Venedig geboren. Seine Gemälde find felten und nicht 
Verdienſt. Er flach zu Rom 1678, Zahlreich find die Schuler der X 
Unter dieſelben gehoͤrt auch Dominichino. 

Carrey, ſ. God save the King. 

Garrier (Jean Baptifte), geb. 1756 zu Volai bei Aurillac in Dbd 
vergne, Procurator zur Zeit der Revolution, trat 1792 in den National 
terug zur Errihtung des Mevolutionstribunals am 10. März 1793 bei 
widelte den rafendften Verfolgungseifer. Er ftimmte für Ludwigs X VL 
foderte am 6. April 1793 bie Arretirung ded Herzogs von Orleans und 
mächtig zur Revolution vom 31. Mat mit. Am 8. Oct. 1793 kam er nad 
tes mit dem Auftrage, dem Buͤrgerkriege durch ſchnellere, allgemeinere 
tigere Mittel der Vernichtung und Mache entgegenzuarbeiten als bläher 9 
war. Die Gefängniffe waren bereits angefüllt; die Niederlage der Ven 
Savenan vermehrte nod) bie Zahl der Gefangenen. Taͤglich wurde eine A 
uͤbereilt Verurtheilter hingerichtet; aber Carrier fand biefes Verfahren zu tung 
Er ſchlug daher vor, die Gefangenen in Maffe und ungerichtet zu vernichten. 
Pricfter tieß er unter dem Vorwande, fie zu trangportiren, in ein Fahrzeug bei 
deſſen Boden fidy öffnen ließ; fo wurden fie in der Nacht erfäuft, und dies wi 
holte man täglih. Dann wurden jeden Abend die dem Tode geweihten Sal 
opfer jedes Alters und jedes Geſchlechts auf Barken gebracht. Man band fie 


Garro Garitens 479 


mei zuſammen und ſtuͤrzte fie unter Säbelhieben und Baponnetflichen ins 
x. Die Henker beluftigten fich, je einen Süngling und ein Mädchen zus 
enzubinden, und gaben diefen Noyades ben Namen republifanifche ‚Hochs 
Außerdem. wurden in den Steinbrüchen von Gigan täglich 500 und mehr 
gene erfchoffen. Länger als einen Monat dauerte dieſes Wüthen; man 
t, das 15,000 Menfchen dadurch umlamen. Die Ufer der Loire waren mit 
nbededt, und das Waffer des Fluſſes fo verdorben, daß man verbot, es zu 
n. Einige Monate vor Robespierre's Sturz ward Carrier zuruͤckberufen. 
J, Thermidor (27. Sul. 1794) traf auch ihn. Er wurde vor das Mevolus 
didunal geftellt, weiches ihn am 16. Dec. 1794 zum Tode verurtheilte. 
Garro (Giovanni di), ein Arzt aus Mailand, der fi) in Wien nieberlieg, 
ühme durch feinen Eifer für Verbreitung der Schutzpockenimpfung in Deutſch⸗ 
dalen, Ungarn und Rußland. Selbſt die Vorurtheile der Tuͤrken wußte er 
meinden, indem er 1800 dem Lord Elgin Smpfitoff nach Eonftantinopel 
nebſt einem ind Türkifche überfegten Auszuge feines Werks über die Im⸗ 
Aue Verſuche der Engländer, in Indien die Impfung zu vollziehen, was 
Iher mißglädt, weil immer der Impfſtoff auf dem Wege verdorben war; 
8 Vorſicht wußte dem D. Harford zu Bagdad Materie von lombarbifchen 
ı zu verfchaffen, welche ihre ganze Stärke behielt, und diefer Sendung vers 
Indien bie Wohlthat der Kuhpodenimpfung, welche die Indier, als von der 
gen Kuh abflammend, unter dem Namen Amurtum (Unfterbiichkeit) ges 
Lt Garro’8 ‚Observations et experiences sur la vaccination, avee une 
ke eolorice” (Mien 1501 u. 1802) und f. „Werfuche über den Urſprung 
werodenmaterie von J. J. Loy, aus dem Engl. uͤberſ.“ (Wien 1802) find 
kt. In der „Bibliotheque britennique” finden fid) merfwürbige Briefe 
F vorzüglich der vom 27. Aug. 1803 über die antipeftilenziatifche Kraft 
pockenmaterie. 
arroufel, ein Ritterſpiel, das zu Wagen ober zu Pferde, in Wettfah⸗ 
elrennen ıc. angeftellt reird und ein Überbleibfel der alten Turniere iſt. 
n Spiele werden” zuweilen an fürftt. Höfen mit vielem Aufwande geges 
d die Sieger dabet von ben Damen feftlich bekraͤnzt. Auf Reitbahnen 
von den Schülern ebenfalls Garroufels gehalten. Eine Nachahmung ber 
durch mechanifche Vorrichtungen findet man häufig in Luſtgaͤtten und 
ihen Orten. (Bol. NRingelrennen.) 
arftens (Asmus Jakob), ein ausgezeichneter Dialer, geb. zu St.⸗Juͤr⸗ 
kchleswig 1754, Farb zu Rom 1798. Seine große Neigung zum Ma⸗ 
Zeichnen warb vermehrt ducch die Anficht der Gemälde von DOvend. Be⸗ 
die Werke andrer Metiter, welche er nur dem Namen nad) kannte, zu ſehen, 
rt das Haus eines Kaufmanns, wo er die Handlung erlernen follte, und 
Kopenhagen. Die Bemälde und Statuen, welche er hier fah, machten 
haftefien Eindrud aufihn. Sein erftes Bild war der Tod des Äſchylus; 
Harffıe ihm die Unterflüsung des Grafen Moltke. Dennody fah ſich C. ges 
& Portraits zu malen, um feinen Unterhalt zu gewinnen. Er murde unter 
Winge der Akademie aufgenommen. 1783 machte er fid) nad) Rom aufden 
Er verweilte zu Mantua und zu Mailand; allein ohne Schuß und Huͤlfs⸗ 
- ohne ſelbſt die Sprache zu verftchen, fah er ſich genöthigt, nad) Deutſch⸗ 
Rrich;ufehren. Über Zürich, wo er Zavater und Geßner fah, kam er endlich 
tech, wo er faſt 5 Jahre vom Porteaiticen lebte. Seine Reife war indeß 
kunüs gemefen. Cr hatte die Schweiz und Werke von Biulio Romano und 
Wo da Vinci gefchen, und war mit vielen neuen Ideen bereichert worden. 
Doerbdeck ward ein reicher Liebhaber aufihn aufmerkfam gemacht, ber ihn 
Etand fegte, fid) nad) Berlin zu begeben. Hier lebte C. faft unbekannt, 











4 


480 Gartell Carthago 


bis feine Compoſition, welche den Sturz ber Engel vorſtellt und übr 
enthält, ihm die Stelle eines Profeffors bei ber Akademie verfchaffi 
tiafte Arbeit, welche er in Berlin zu Stande brachte, war die A 
Saales im Palais Dorville. Mit einer Penfion von 450 Thken. 

nah Rom. Boll Berounderung für die Werke Rafael's verlor er : 
übertriekine Neigung für die allegorifche Compofition. Sein erſtes 

war der Beſuch der Argonauten beim Centaur Chiron, welches fidy I 
heit des Stute, die Schönheit ber Formen und die Vertheilung des $ 
net. Das Urtheil der Kenner ber feine zahlreichen Arbeiten fiel fehr 
Man bemerkt befonders f. Compoſition von Megapont, welche ihn n 
Michel Angelo in Vergleihung brachte. Er machte noch andre fd 
tionen; faft zu allen ift ter Gegenftandb aus dem Homer, Pinda 
Afchylus, Shakſpeare und Oſſian geſchoͤpft. Apollonius Rhodius! 
Stoff zu einer Folge von 24 Zeichnungen, die er 1796 ſelbſt aͤtzener 
Bruſtkrankhelt ihn den Künften entriß. Koch hat fle in Kupfer geftoc 
„Les Argonautes” (Rom 1799). Sein letztes Merk war Odip rc 
Man findet in G.’8 Arbeiten jenes Streben nad) Reinheit der Korme: 
nad) anmuthigen Stellungen, und Boheit und Kraft, wodurch fich 
Alten fo herrlich auszeichnen, zugleich aber aud) eine aus zu genauer 
entftandene Rohheit. Mit der Anatomie war er nicht genugfam 

von der Prrfpective und richtigen Vertheilung des Lichts verſtand eı 
von der Natur gelernt hatte. Die Geheimniffe bes Eolorits waren 
blieben, da er erſt fpät angefangen hatte, in DI zu malen. (Mol. Fe 

Gartell, ein Verttag, wegen Auslieferung ber Gefangenen 
ferteurs ; auch eine ſchriftliche Ausfoderung zum Zweikampf. 

Carteſius, f. Descartes, ©. 

Carthagena, uralte Stadt an ben Küften bed Königr. 
flarfe Handlung treibt, und einen Hafen hat, der zu den drei große 
von Spanien gehört und der befte im ganzen mittelländifchen Mer 
Baffin iſt fehr tief und reicht dicht An die Stadt. Die Hügel umt 

‚Höhen und einer Inſel vor dem Hafen fichern den Eingang vor allen S 
Stadt liegt mit der Citadelle im Hafen auf einer Halbinſel. Sie 
Einw., treffiihe Schiffsrerfte, ein Secarſenal, eine Seecadettenf 
matifche, nautifche und Pilotenfchulen, ein Obfervatorlum, einen bot 
ten, eine Segeltuchfabrif, Fiſcherei, Handel mit Barilla, Seide, 
ftein c. In ihrer Nähe benusten die Carthager Silbergruben von fı 
Ertrage, daß Hannibal dadurch zu der Rüftung feines Feldzugs wil 
über die Alpen in Stand gefeßt wurde. In der Nähe liegen heiße 
gute Salzwerke. Die Stadt wurde von dem carthaginenfifhen $: 
drubal erbaut. — Carthagena in Indien oder Neu⸗Carthagena iſt 
mit der Hauptſt. gl. N. in dem fübameritanifchen Freiſtaat Colombia 
amerita und Colombia.) j 

Carthago, die beruͤhmteſte Stadt Afrikas im Alterthum, « 
mädhtigen und reichen Handelsrepublit. Dido (f. d.), von Tyr 
kam in diefe Gegend, wo ihr die Einwohner; der Sage nad), fo vi 
ließen, als fie mit einer Ochfenhaut bebedien könne. Dido aber zerfch 
in fo duͤnne Riemen, daß fle ein beträchtliche® Stud Land damit um: 
Auf demfelben erbaute fie das Schloß von Carthago, und gab dem ne 
Staate treffliche Einrichtungen. Die 1. Periode der Gefchichte Ca 
bis zum Anfange des Krieges mit Syrakus, von 878— 480 v. Ch) 
breitet fich in Afrita und Sardinien aus, führt Handelskriege mit di 
und Etruskern, und fließt um 509 v. Chr. mit Rom einen Handels 


les litt, muiHte ſich Larthago aufs neue in deſſen Angelegenpeiten, jan 
jenem In feinen eignen Staaten angegriffen und hart bedrängt. Nach 
es Agathokles nahm es wiederum Theil an den Händeln Siciliens, als 
eitigfeiten mit den Hülfätruppen deffelben, den Mamertinern, aus⸗ 
Jiefe Gelegenheit benugten die Römer, um die Carthager aus Sicilien 
n, obgleidy die Garthager früher den Römern (275) gegen Pyrrhus 
n Sichliien und Unteritalien Beiftand geleiftet hatten. Damit fängt 
re an: der dreimal erneuerte Kampf Roms und Carthagos um Herr: 
solieifhe Macht, von 264-—146. Der erfte punifche Krieg (f. 
auerte 23 Jahre. Cacrthagos Heere und Flotten wurden gefchlagen. 
ch den Frieden (241 v. Chr.) alle Beſitzungen auf Sicilien, und das 
Jormauern gegen Stalien. Hierauf griffen die Miethstruppen, welchen 
te Carthago den rüdftändigen Gold nicht bezahlen konnte, zu den 
Jamilkar Barkas ſchlug fie und ſtellte Carthagos Macht in Afrika wies 
lein Sardiniens, wo die Miethstruppen von Carthago abgefallen wa⸗ 
tigten ſich, ungeachtet des Friedens mit Carthago, die Roͤmer (228). 
$ Hamilkar, das Haupt der demokratiſchen Partei, Spanien zu ero⸗ 

veiche Bergmerfe die Carthager reizen mufiten. Den glüdlihen Er⸗ 
ternehmens binnen 17 Jahren verdankte Carthago dem Stamme bes 
s melchem die Namen eines Hamilkar, Haßbrubal und Hannibal her: 

Zur Behauptung bdiefer Eroberung gründete Hasdrubal Neucarthago, 
Sarthagena, die mädhtigfte aller carthaginenfifchen Colonien. Der 
Krieg (218—201 v. Chr.) .aber, fo groß der Feldherr war, der ihn 
te mit Carthagos Demüthigung. Hannibal, von feinem Baterlande 
t und durch blutig erfaufte Siege geſchwaͤcht, mußte Italien verlaffen, 
den Römern in Afrika felbft angegriffenen Vaterlande zu Hülfe zu eilen. 
t bei Zama, in der Nähe von Carthago, entfchied für die Römer. 
j den Frieden unter den härteften Bedingungen: Garthago verlor Spa: 
r alle Kriegsſchiffe bie auf 10 aus, bezahlte 10,000 Talente (über 


fe Var norfnrach aha Mama Narmitton Balnan Brian sa Fiehran Mas 


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Garton ı 488 


bei Grenoble und bie mit dem feinften Kunftfinn ausgefhmüdte Carthauſe 
apel, prachtvolle Paldfle. Jeder Mönch hat darin feine freundliche Woh⸗ 
wit mehren Zimmern, Wirtbfchaftsgelaß und Gaͤrtchen. Gaſtfreiheit und 
thaͤtigkelt uͤbten diefe meift gebildeten Mönche reichlich aus. Nie bemerkte 
m ihnen das rauhe, ſchmutzige Weſen der Bettelmönche; übertriebene Buß: 
m waren ihnen unterfagt und -Geißelungen nur zur Strafe gebräuchlich, 
ie Befehe gegen Abtruͤnnige und Ungehorfame ungemein fireng. Ihre Klei⸗ 
war durchaus weiß mit ſchwarzem Mantel; die Laienbrüber zeichnete ber 
nd das kürzere Scapulir aus. Die 1616 entftandenen Carthaͤuſerinnen Blei: 
ich wie Die Mönche weiß mit ſchwarzem Schleier. Sie erhielten die Erlaub⸗ 
nfamımen zu fpeifen und das Stillfchweigen öfter zu unterbrechen. Jedem 
afloſter dieſes Didens, deren es im 18. Jahrh. nur nody 5 in Frankreich 
Kand ein Garthäufer als Vicar, jeder Carthauſe ein Prior vor; General des 
DOrdens war ber jedesmalige Prior der großen Sarthaufe bei Grenoble. Er 
isch um die Mitte des 18. Jahrh. in 16 Provinzen 172 männliche Carthau⸗ 
ler fich, wovon 75 in Frankreich, die übrigen meift in Deutfchland und Ita⸗ 
zen. Nur die Carthaufen in Sicitiien und Spanien find dem Schidfale ber _ 

kung bisher entgangen. 
Barton bat mehre Bedeutungen. In der Malerei, eine Zeichnung auf 
ı Papier, Pappe oder anderm Material, deren man fid zum Model bei 
geößern, vornehmlich in Fresco, ÖL, Tapeten, fonft auch in Glas und Mo: 
m berfeiben Groͤße auszuführenden Gemälde bedient. Beim Frescomalen 
jartons am zwedimäßigiten, weil babei ein ſchnelles Verfahren nothwendig, 
me Verzeichnung nicht leicht gu verbeſſern iſt. Gewöhnlich werden die Gar: 
wider Anwendung burchgezeichnet (f. Cal qui ren), oder man durchſticht bie 
I ber Segenftände mit einer Nadel und fährt dann mit einem Saͤckchen von 
Maub über die Löcher, um dadurch die Zeichnung an die Wand zu bringen. 
Srescomalen wurden fonft die Figuren auch ausgefchnitten und an den naſ⸗ 
feftgehalten; der Dealer fuhr dann mit einem eifernen ober hölzernen 
em ande berfeiben hin, ſodaß die Umriſſe der Figuten in einer leichten, 
Bertiefung auf dem feifchen Kalke erfchienen, wenn man den Gar: 
. Bei einer gewiffen Art von Tapetenwirkern werben nod) jeßt die 
ausgefchnitten und hinter ober unter ben Einfchlag gelegt, wonach ber 
feine Arbeit einrichtet; weßhalb auch diefe Cartons in Farben ausgefühet 
Bon biefer Art find die Cartons, welche Rafael für den Papſt Leo X. 
und nad) welchen bie berühmten Rafael'ſchen Tapeten (f. Tapeten 
faet) in den Rieberlanden gewirkt wurden. Es waren ihrer 12, welche 
aus dem neuen Zeflamente barflellten; von ihnen find nur noch 7 in 
(gu Windfor) vorhanden. Die befte Abbildung berfelben hat Nik. Dos 
id. T.: „Pinacetheca Hamptoniana” (fie wurden in dem Palaft Hamp⸗ 
aufbewahrt) gegeben. S. Richardſon's hiſt. u. krit. Beſchreib. derfelben; 
ſtblatt· zum „DRorgenblatt” (St. 12, 1820); ſowie uͤber die nach die⸗ 
Tapeten, Fernow's„Roͤm. Studien“ (3. Thl.), und 



















gewirkten 
nblatt (St. 165, 1812). Der Carton zu der Schule von Athen, welcher 
Be Franzoſen nad) Paris kam, und ein Sragment der Schlacht des Maren: 





Gonftantin werden in der Ambrofianifchen Galerie in Mailand aufbe: 
gibt e6 auch Cartons von Giulio Romano in der Sala Borgia, von 
und ital. Meiſtern, welche die Gemälde größtentheils nach diefen 
ihren Schülern ausführen ließen. Welchen Werth die ditern italien. 
Cartons gelegt Haben, fieht man aus Giov. B. Armenini’s „Precetti 
#4 (Ben. 1687, 4.). Im der fpätern Zeit fehlte es an Aufträgen zu 
Malereien, befonders in Fresco; auch gingen die Künftler ſelbſt werägrt 
51 * 





Bauf 





484 Cartouche Cartwright 


ſorgfaͤltig zu Werke, und man arbeitete mehr nach kleinen Skizzen 
Neuerdings haben einige deutſche Kuͤnſtler durch Verfertigung fleißi 
Aufmerkſamkeit erregt. Hierher gehört Cornelius, deſſen Cartons 3ı 
mythologiſchen Frescogemaͤlden das „Kunſtblatt“ (1821, St. 66 fo. 
derſelbe hat auch den Carton zu dem Frescobilde, welches den traı 
Joſeph vorftellt, gezeichnet. Ferner Overbeck, der den Carton zu de 
die 7 magern Jahre, und Joſephs Verkaufung allein, mit Wild. € 
DH. Veit aber die giüdlihen Fahre gemalt hat. Die letztgenar 
aus Joſephs Geſchichte hat ſich der verft. preuß. Generalconful Barthı 
Wohnung in Rom von den genannten Künfttern in Sresco ausführen 
die Billa Maffimi hat Overbeck Cartons zu Bildern aus Taſſo's „Bef 
ſalem“ und Julius Schnort aus Arloflo’8 Gedicht; für das Schle 
Vogel (f.d.) gearbeitet. S. das „Kunftblatt” zum „Morgenbl.“ (18 
pappenes Behaͤltniß zur Aufbewahrung von Zeichnungen, Kupfern, I 
Mufterzeihnungen auf Akademien ıc., nennt man auch Carton. 
Buchdruckerkunſt ift Carton: 1) ein neugebrudtes Blatt (Auswech 
bfatt), weiches flatt eines fehlerhaften und ausgefchnittenen, zur Berie 
Abänderung, in ein Bud; gelegt wird; und 2) ein völlig geglätteter D 
gen, worauf das Papier geklebt wird, welches man auf den Preßdeck 
dadurch alle Ungleichheit im Abdruck möglichft zu verhäten. — Endli 
tons audy Lange, flache, pappene Schachteln, weiche ben Mobehänt 
Aufbewahrung und Überbringung von Spigen, Bändern und ähnlid) 
ven dienen. 

Cartouche (kouis Dominique). Der Diebefinn diefes zı 
Ende des 17. Jahrh. geb. Verbrecher zeigte fich fchon früh. Wege: 
aus der Schule und fpäter aus dem väterlichen Haufe gejagt, trat er i 
nerbande der Normandie, dann an die Spige einer bald fehr zahlreich: 
Paris, bei welcher er das unumfchränktefte Recht über Leben und Xi 
bielt. Er warb erft 1721 in einer Schenke ergriffen und ins Chate 
Auf der Folter nannte er keinen feiner Mitfchuldigen. Als er aber auf 
platz, 100 er gerädert werben follte, angefommen war, warf er, in der H 
feine Genoſſen ihn befreien würden, feine Augen umher, unbda er fich ge 
ließ ex fich zurückführen und nannte feine Mitſchuldigen. Seine Hinri 
bald nachher. Man hat mehre Befchreibungen feines an Abenteuern rei 

Cartouche, in den bildenden Künften, eme zierlid gem: 
fehnigte Einfaffung zur Auf- ober Überfchrift eines Wappens, Sch 
Bei dem Militair: eine Meine Patrontafche der Grenadiere, jegt vorzü 
valerie 5. ferner eine Patrone, d. I. bie mit Pulver und Kugel gefuͤllt 
Kanonen; auch bie bloße Pulverladung des Wurfgeſchuͤtzes, welche 
Haubige oder Bombe verbunden fein Bann; und beim Kartätfchenfchu 
Kartätfche von der Ladung abgefondert, was jetzt nicht mehr gebräu 
ganze Kartätfche ſelbſt. | 

Cartwright (Ebmund), geb. 1743 in Nottinghamfbire | 
Majors Sohn Cartwright, des befannten Redners für die Parlaments 
dirte zu Oxford. Diefer Senior aller englifchen Dichter, befannt burd 
feit 1762, ſtarb 1824. Den meiften Beifall erhielt f. Erzählung 
Elvire“ (1774). Er war einer der Hauptredacteurs bed „Monthl 
Auch war er ein gefchiditer Mechaniker. Er ftrlite 1786 die erfte W 
auf und erhielt öfter Preife für feine Erfindungen. Seit 30 J. Hefch: 
mit der Bewegung der Wagen und Schiffe durch Dämpfe; man | 
feinen Plan eines Dampffchiffes einem amerifanifchen Ingenieur mi 
biefer bann ihn ausgeführt. 


Caſa Caſanova (Johann Jakob de Seingalt) 486 


Caſa (Giovanni della), italieniſcher Dichter und Redner, aus einer edeln 
alten Familie von Mugello bei Florenz, geb. daſelbſt 1503, ſtudirte zu Bo⸗ 
2, Padua, Rom, und trat als Beiftlicher in die Dienfte der beiden Cardinaͤle 
andro Sarnefe, von denen ber erfte 1534 unter dem Namen Paul IL Papft 
x. Gafa ward 1541 apoftolifher Commiffair zu Florenz und Mitglied der 
sm Akademie, 1544 Erzbifchof von Benevent, und in demfelben Jahre päpft: 
Nuntius zu Venedig. Er gab bei mehren Öelegenheiten Beweiſe von feinem 
urtalent und von feiner Gefchidlichkeit in Leitung von Gefchäften. Paul lV. 
ke ihn sum geheimen Staatsfecretair. Caſa durfte hoffen, Cardinal zu wer» 
als er am Podagrta flarb, wahrſcheinlich 1556. Sein berühmteftes Werk 
„Galateo , ovvero de’ costumi”, dem cin andres: „Degli uffizj com- 
itra gli amici superiori e inferiori” (eine von ihm verfert. Überf. f. latein. 
idtung: „De officiis inter potentiores et tenuiores amicos’) als Sup⸗ 
me dient. Die befle und vollftändigfte Ausg. f. ſaͤmmtl. Werke erfchien zu 
N; 1752 in 3 Bon, 4 
Cafanova (Franz), Schlachtenmaler, geb. zu London 1730, kam früh 
men Altern nach Venedig, mo er fich der Malerkunſt widmete. Im 25.5. 
we nad) Paris, wo der große Zeichner Parrocel ihm manchen gehaltvollen 
‚gab. Indem er nady van der Meulen und Parrocel felbft malte, wandte er 
X auf das Colorit und die fo fchwer wiederzugebenden Wirkungen des Lichte. 
Dieterich, dem dresdner Kuͤnſtler, geleitet, widmete er fi) der Schlachtenma⸗ 
ein großes Bild diefer Gattung verfchaffte ihm eine Stelle bei der Akade⸗ 
u Dresden. Es war von einer lebendigen und Fühnen Ausführung, zeigte 
Maſſen, geiftteihe Anordnung, und verrieth Kenntniß von den Wirkungen 
Kies. Dies Schöne Werk verfchaffte ihm von allen Seiten Beftellungen. Die 

waren diejenigen, welche er für den Prinzen Sonde malte. Das Feuer 
Jelocits und der Ausführung iſt unübertrefflih. Auf Begehren der Kaiferin 
ina malte er (in Wien) die Siege diefer Fuͤrſtin über die Türken, welche fie 
in ihrem Palaſt uufftellte. Stets mit feiner Kunft befchäftigt, ſtarb er zu 
unweit Wien 1805. — Sein Bruder Johann, gleichfalls Dialer, geb. 
m London, ſtarb 1795 zu Dresden, wo er als Profeffor und Director 
Lunſtakademie tüchtige Schüler gezogen hat. Auch ſchaͤtzt man f. „Abhand⸗ 
über alte Kunſtdenkmaͤler“ (ital. u. auch deutich, Lpz. 1771). 
aſanova (Johann Jakob dr Seingalt), des Vorigen ältefter Bruber, 
Benebig 1725, bekannt durch feine Memoiren als ein origineller, ebene: 
und lebensfroher Mann, der faft in alen Lagen wie unter allen Ständen 
allen Hauptfläbten Europas eine anziehende Rolle gefpielt hat. Nicht 
anziehend hat G. felbft feine bunten Abenteuer in den erſt nach feinem 
anszugsweiſe Üüberfegten (9 Bbe., Lpz. 1822—26), vor kurzem auch im 
Originale (da6 600 Foliobogen ſtark vom Herausg. des C.⸗L. gefauft wurde, 
1826) erfcheinenden „Memoiren gefhildert hat. Sein Vater, Cajetan 
n Jakob, der aus dem fpanifchen Gefchlecht der Palafor abſtammen foll, 
ans Meigung zu einer Zänzerin, Schaufpieler geworden, verband ſich 
achher mit der Tochter eines Schuhmadyers, Fanoſi, die dem Stand ihres 
es folgte. Jakob Cafanova, ihr aͤlteſter Sohn, empfing in Pabua feinen 
Unterricht, und machte fchnelle Kortfchritte in der lateiniſchen Sprache, ſowle 
er Gegenſtaͤnden bes Wiffens; fine frühe und heftige Keidenfchaftlichkeit 
erwickelte ihn fchon bier in manche Abenteuer, die jedoch ſ. Beobachtungs⸗ 
Märften, der ihn zum Menſchenkenner bildete. Er ſtudirte die Rechte und 

im 16. Jahre zwei Differtationen, die eine, „De testamentir’‘, und bie 
hber die Frage: „Utrum Hebraei possint construere novas synagogas”. 
kührte ihn fein gefellige® Talent zu Venedig in.auserlefene Girket, in welchen 








486 Caſanova (Johann Jakob de Seingalt) 


ein gebilbeter, aber frlvofer Ton herrſchte. Der Patrlarch von Bene 
die niedern Weihen, und feine erfte Predigt fand allgemeinen Beifall. 

Predigt aber verunglückte, weil Cafanova ſchlecht auswendig gelernt hat 
verſtrickte er fich in mancherlei Liebeshändel; er ward aus einem S 
gejagt, und litt endlich, eine kurze Haft im Fort St.:Andrd. Indeß [ud 
Mutter, Schaufpielerin in Warfchau, den Weg für die hoͤhern geiſtlich 
zu bahnen. C. reift deßwegen nady Neapel, findet aber nad) manchen 
Duerzügen erſt in Rom eine Stelle beim Cardinal Aquaviva; ja a 
dem Papft Benedict XIV. in perfönliche Berührung. Die glänzendfte 
ſchließen fid) ihm auf, aber eine Unbefonnenheit, zu der ihn f. Gutmü 
leitet, nöthigt den Cardinal, ihn fortzuſchicken. Nun will C. nach ( 
pel gehen. Allein in Ancona feffeln ihn Liebſchaften mit Sängerint 
eine Unachtfamkeit'geräth er in ben Cordon der fpanifchen, dann in den 
Truppen, die damals in Italien ftanden, als Gefangener. Es gelin 
die Freiheit wieder zu verfchaffen. Nun läßt er fich eine Uniform mad 
in den venetianifchen Kriegsdienſt. Darauf geht er mit Empfehlungen 
Aquaviva an den Renegaten, den Grafen Bonneval, verfehen, nadı ( 
pel. Hier macht er Bekanntfchaft mit einem edeln und weifen Muſeln 
Religionsgefpräche, welche er mit ihm führt, find von großem Inter 
alte reiche Türke faßt ſolche Neigung zu dem jungen Venetianer, da 
feine Religion zu gewinnen wünfcht und ihm dann feine Tochter geb 
nimmt es nicht an; feine Militaieverhäftniffe führen ihn nach Corfu. 

der junge Faͤhnrich auf alle Weiſe, wirb aber als Militair beleidigt u 
Venedig zuruͤck, wo er, wenn auch nicht verachtet, doch verborgen e 
als Violinſpieler lebt. Zufällig iſt er anweſend, al eben ein angefehen 
vom Schlage getroffen wird ; er verwirft alle angewendete Heilmittel, 
bricht Alles was die Arzte für den Erkrankten thun, und rettet mittel 
orbnungen diefen Dann vom Tode. Bagradio, fo heißt derfelbe, hi 
für einen Begünftigten des Himmels, und E. gibt ſich das Anfehen, I 
einer geheimen Wunderkraft eingemweiht zu fein. Nun wird er gemifft 
diefem Manne adoptirt und ift fein und deſſen Freunde Orakel. A 
nenheiten nöthigen ihn nochmals, Venedig zu verlaffen. Mailand, 9 
Gefena befchäftigen ihn mit manchem Abenteuer, Er rettet eine 
vornehme Franzöfin aus einem entehrenden Zuſtande und geht n 
Parma. Aber die Verwandten Hentiettens wünfchen das reizende 
Familie wieder zu befigen, und fie muß fich in Genf von ihm trennen. 
waren bie Vergehen C.'s in Venedig vergeffen worden, und er kehrt 
Baterftadt zuruͤck, wo er mit Bagrabio lebt, der in ihm noch immer « 
wählten fieht. Das Spiel, welches er Überall gelibt, befchäftigt un 
auch bier, und ohne eine befondere Beranlaffung zu haben, tritt er feir 
nach Paris an, wo er eine Zeitlang als Reiſender fich aufhält, biser n 
zuruͤckkehrt, und ſich in jene Verwickelungen begibt, welche bie befar 
tung in den Bleitammern zur Folge haben, aus der er ſich mit eben ſor 
als Verftand befreit. Er geht wieder nad) Paris, wo nun biejenic 
C.s Leben beginne, mit der fein Blick fich erroeitert, und Öffentliche P 
wie Staatöverhältniffe feine Aufmerkſamkeit in Anſpruch nehmen. 

zeichnete Männer und Srauen in Paris werben ihm näher gebracht, fog« 
von Choiſeul. Nach einem langen Aufenthalte in Frankreich macht 
Reife über Stuttgart, Zürich, Solothurn, Bern und Laufanne, die X 
ten Haller’6 und Voltaire'd. Don hier geht er durch Savoyen über € 
Avignon nach Marfeille, Toulon, Nizza, Genua, Livorno, Pifa ı 
Das Verhättniß, in welches E. zu Sumaroff tritt, gehört zu den Dierk 


Safanova (Johann Jakob de Seingalt) 487 


halts am legten Dit. Aus Toscana verwielen, wendet er ſich Aber⸗ 
Ram und Neapel. Bald aber vertaufcht er diefen Aufenthalt mit ber 
ber Florenz, Bologna, Parma und Turin nach Paris. Gelt biefer 
in ſtetem Wechſel, bald in Paris, bald im füblichen Deutfchland, in der 
ab Oberitalien, kehrt mehre Mate nach Paris zurüd, bis er in London 
ides Leben beginnt. Aber dies nimmt einen trüben Antgang. Nun 
nördliche Deutſchland und der Norden von Europa das Theater ber 
(ale unfers Helden. In Berlin bahnt ihm bie Bekanntfchaft mit dem 
chwerin den Weg, fid) dem König Friedrich II. vorftellen zu laſſen. 
werneur bei ber Sadettenanftalt werben ; allein dies beſtimmt ihn, Ber 
au verlaffen. Beine vorzüglichfte Bekanntſchaſt daſelbſt war Calſſa⸗ 

bden die Kotterie im preuß. Erantı eingeführt worben war. Nun reift 
ga nad Petersburg, und ber Meifende theilt intereffante Detallg mit, 
lufzeichnung ihm der Aufenthalt in Rige, Petersburg und Moskau dem 
- Er bat Gelegenheit gehabt, ſich mehre Male mit der Kaiſerin Kathas 
Regierungsgegenflände zu unterhalten. Später begibt er ſich nach War: 
er das dem Publicum in der „Urania“ fuͤr 1822 zuerſt bekannt gewor- 

| mit Branidi hat. Die Ausſicht, in Polen ein Gtüd zu machen, 
sch vereitelt; C. geht jetzt nach Dresben und von dort über Prag nach 
)och bier wird Ihm der Aufenthalt bald unterfagt, und er reift nun nad) 
Augsburg, Lubwigeburg und Aachen; von dort geht er nad) Spaa 
als nad Paris. ein Lettre de cachet nöthigte ihn, baffelbe 
zu verlaſſen; Madrid wird das Ziel feiner Reife. Hoͤchſt anziehend find 
28, Die er namentlich von ben bedeutenden Männern in Mabrib entwirft; 
Radrid verjagen ihn Unbefonnenheiten. Er reifte von Barcelona gb nad) 
w und kommt nad) Als in der Provence. Hier macht er die Bekannt: 
dem Marquis b’Argens und mit Caglioſtro; dann wendet er ſich nach 
Meapel. Einige Libesabenteuer verfüßen ihm nochmals den Aufent: 

nen beiden Städten, bis er die Reife nach Venedig antreten fann. Zu 
naxng mit ber Regierung feines Vaterlandes fcheint ein Werk ben Grunb 
aben, weiches er zur Widerlegung des Buches von Amelot be la Houffaie 
Berfaffung Venedigs gefchrieben hatte. C. behauptet, feitdem ber 
suf manche Weile Nutzen gefliftet zu haben, ja es wird von Perfonen, 
wen Berhaͤltniſſen genauer bekannt waren, behauptet, baf er im Solde 
u für geheime Dienfte geflanden habe. Nach einem nicht langen Aufent: 
Besebig scht er abermals nach Paris, und mit der Erzählung von ben 
un Tsimes dortigen Aufenthalts hört das Manufcript feiner Memoicen 
u :zeiß aber aus Nachrichten, bie der Prinz Charles de Ligne mitgetheilt 
mich den meitern Gang von C's Leben. Diefer außerorbentliche Mann 
waß ch geltend zu machen, aber nirgends vermochte er ein dauerndes 
m Inürfen. Eines Tages [peifte er bei dem Geſandten Venedigs zu 
ker Beisifichhaft des Grafen von Wanflein aus Dur in Böhmen. Das 
kmme auf Kabbala und alchemiſtiſche Gegenflände, in denen C. zu 
Balrflein iR verwundert, ihn in Dingen bewandert zu finden, 
Auserwählten jugänglid, find, und madıt C., ben er zum erflen 

R zujembixkiih den Vorſchlag, ihn nach feinem Schloſſe in Böhmen zu 
ums Dust gemeinidyaftli zu laboriren. Der Vorſchlag war als eine 
Eure hohſt awünfdıt; fo kam G. nach Dur, mo er bie Aufficht 
Bebcecthet , fi ganz den Wifſenſchaften wibımete und 


Ps Bien m Juni 1803 beſchles — CG's. Schriften zeugen ebenfalls 
— GBebddytnif und dem treffenden Urtheil dieſes Proteus, deſſen 
a hans sistbentegten keben der Welt inheimifcher war als in byr Lite» 


x Gef 









488 Caͤſar 


ratur. Sie find jeboch geiſtvoll⸗originell wie der Mann ſelbſt, 
Zu den bekannten gehören: 1) „Confutazione della Storia del 
neto d’Amelot de la Houssaie, divisa in tre parti” (Amfl 
2) „Iatoria delle turbulenze della Polonia dalla morte di Elisal 
fino alla pace fra ia Russia e la porta ottomana, in cui si 
li avenimenti cagioni della rivoluzione di quel regno” (Graͤtz 1 
ie übrigen * Thle. von dieſem Werke find, obgleic) ausgearbeitet, 
worden. Das Manufcript aber ſcheint verloren. 3) „Dell’ Ilia 
tradotte in ottave rime” (Venedig 1778, 4 Bde.4). 4) „H 
faite des prisons de la republique de Venise, qu’on appelle 
(Prag 1788). 5) „Icosameron, ou histoire d’Edouard et d’E 
passerent quatre-vingt ans chez les Megameickes, habitans : 
Protocosme dans l’interieur de notre globe” (Prag 1788—1 
6) „Solution du probleme deliaque demontree” (Dresb. 1790, 
rollaire à la duplication de Hexaëdre donnc à Dux en Boh« 
1790, 4 Bon.). Zu diefen kommen noch Streitfchriften, roelche du 
mit Snethlage in Söttingen über Gegenftände der Sprache verunlaf 
Unter C.s Manufcripten, die der Herausgeber bed C.⸗Lex. beſitzt, f 
„Essais de philosophie et de critique”. Seine „Memoiren“ felt 
Fürft Karl v. Ligne zuerft aufmerkſam machte, find ein großer Spiege! 
ner Zeit, in welcher Frivolitaͤt oft fich paarte mit Kraft und Verftant 
in Italien und das bunte Treiben in den großen Städten Europas, ı 
der franz. Revolution, erblickt man mol nirgends fo lebendig und ı 
dargeſtellt, als in diefen Selbſtbekenntniſſen eines gefcheiten Epikuraͤt 
Caͤſar (Cajus Julius), groß ale Zeldherr, Staatsmann ı 
ſchreiber, geb. ben 10. Juli (Quinctilis) 100 v. Chr., war der Sol 
E: Julius Caͤſar, und der Aurelia, einer T. des Aureltus Cotta. Sc 
zeigte er außerorbentliche Talente. Er hatte einen durchdringenden 
ungewöhnlich ſtarkes Gedaͤchtniß und eine lebhafte Einbildungskraf 
(haften unermüdet, und konnte, nad) des Altern Plinius Zeugniß, 
ben, leſen, hören, dictiren und zwar vier bis fieben verfchiedene Brie 
rius's Partei in Rom bie Oberhand gewann, verheirathete Cinn 
Cornellia an Cäfar, weil er ſich dadurch in feiner Gewalt defto feſter 
Als aber Sylla nad) Rom kam, fuchte ihn diefer zu bereden, ſich vo 
zu trennen. Seine Weigerung reiste Sylla's Zorn, der nur auf bi 
Freunde bavon abftand, ihn in die Acht zu erklaͤren. Sylla's Äuße 
in biefem Juͤnglinge einen kuͤnftigen Marius erblicke, bewog CAfar, 
laffen. Er reiſte in Sabinum umher, wurbe von Sylla's Soldater 
mußte ſich mit 2 Talenten Iöfen. Darauf begab er ſich an den H 
Nikomedes von Bithynien. Won da ging er zum M. Minucius T 
tor in Aften, welcher ihm die Anführung der Flotte übertrug, womi 
lagert werden follte. Caͤſar that ſich dabei fehr hervor, ungeacht 
22 Fahre alt war. Hierauf ging er nach Rhodus, um ſich unter ! 
Anleitung der gerichtlichen Berebtfamkeit zu widmen. Unterwegs 
Seeräubern gefangen und mußte fi) mit 50 Talenten loskaufen. 
rächen, rüftete er in Milet einige Schiffe aus, uͤberfiel die Seeraͤ 
größtentheild gefangen umb ließ fie vor Pergamus kreuzigen. Nur 
Rom zuruͤck und ward Legiontribun, Qudftor und Adil. Zugleic 
durch Freundlichkeit, prächtige Gaftmäler und Spiele die Liebe des 
‚werben, und im Vertrauen auf diefe Gunſt wagte er es, die Bildſaͤ 
geßjeichen des dem Senate und den Patriciern verhaßten Mari 
richten. Durch einen feiner Verwandten, 8. Julius Caͤſar, dem er 


Caſar | 489 


leß ex viele Anhänger bes Sylla theils verbannen, theils zum Tode ver 
An der Verſchwoͤrung des Catilina hatte er gewiß insgeheim Antheil; 
digte die gefangenen Mitverfchtoorenen und mußte gegen Cato, der ihm 
verfprach, einen Zumult zu erregen, durch welchen derſelbe mit Lebens- 
Rednerbuͤhne zu verlaffen gensthigt ward. Dennoch fiegte Cato und 
or auf einige Zeit bie Prätur. Bald aber ward er vom Wolle zum Pons 
nus erwählt und ging als Statthalter in das jenfeitige Spanien. Di 
ıbiger ihn nicht fortlaffen wollten, verbürgte ſich Graffus für feine unges 
uldenlaft von 830 Talenten. Auf der Reife nad) Spanien fagte er bei 
& eines elenden Dorfes das befan.ıte Wort, welches fo ganz fein nach 
n Gewalt ſtrebendes Gemuͤth enthüllt: daß er lieber hier der Exfte, als 
er Zweite fein wolle. In Spanien machte er verſchiedene Eroberungen, 
mit fo vielem Gelde nad, Rom zuruͤck, daß er feine Schulden bezahlen 
Um jetzt das Confulat zu erlangen, fchien es ihm vortheilhaft, den Poms 
Graffus, deren Feindfchaft den roͤmiſchen Staat in zwei Parteien theilte, 
en. Dies gelang ihm, und alle Drei befchloffen, die hoͤchſte Gewalt unter 
ten. Dies war das erſte Triumvirat in der römifchen Gefchichte 
:). So ward Caͤſar zugleich mit M. Calpurnius Bibulus Conſul, bee 
6 folcher des Pompejus Einrichtungen, und feste, gegen ben Willen bes 
ıd feines Gollegen, ein Gefeg wegen Austheilung gewiffer Rändereien an 
ger durch. Diefer Sieg verfchaffte ihm das höchfte Anfehen beim Volke ; 
ejus verband er ſich noch inniger, indem er feine X. Julia an ihn ver 
und den Ritterfland machte er fich dadurch geneigt, daß er ihm ein Drit: 
gaben erließ. Vergebens erhoben die Häupter der Patrioten, Cicero 
ihre Stimme gegen die Zriumvire; fie zogen dadurch nur bie Mache 
mf fih. Als das Fahr des Conſulats verfloffen war, erhielt Eäfar bie 
tfchaft in Gallien auf 5 Fahre nebft dem Commando von # Legionen. 
er die gelehrte Galpurnia, T. des einen der neuen Confuln, Calpurnius 
tratbet hatte, ging er nad) Gallien, zwang die daſelbſt eingedrungenen 
ur Ruͤckkehr in ihr Vaterland, befiegte dann den Ariooift, der an ber 
tſcher Stämme ſich in dem Lande der Aduer niederlaffen wollte, und bie 
Binnen 9 Fahren unterwarf er ganz Gallien, ging 2 Mal (55 u. 53) 
Ihein und ſetzte 2 Mal nad) Britannien über, fchlug die tapfern Bewoh⸗ 
Landes in mehren Schlachten, und zwang fie, Geifeln auszuliefern. Der 
te nämlich feine Statthalterfhaft in Gallien nieder auf 5 Jahre beftd- 
nd Pompeius Spanien, und Craffus Syrien, Agypten und Macedonien 
ce zu verwalten befamen. Aber der Tod des Craſſus, welcher gegen bie 
lieb, Iöfte das Triumvirat auf, ſowie nach dem um dieſelbe Zeit erfolg: 
er Sulia die Sreundfchaft zwiſchen Pompeius und Cäfar erkaltete. Pom⸗ 
acht und Anfehen wuchfen indeg immer mehr; aber auch Cäfar fuchte 





490 | Gäfar 


auf warb C. mitbem Schage ber Republik Truppen und begab ſich nady par 
er, ohne ben Feldherren bes Pompejus eine förmliche Schlacht zu liefern, in ſ. 
brachte. Dann eroberte er Marfeille und ging nach Rom zurüdl, wo er vi 
tor, M. Ämilius Lepidus, zum Dictator ernannt wurde. Zugleich wählte 
Volk auf das folgende Jahr zum Conful. Unterdeß hatte Pompejus ein 
aus den DMorgenlänbern zuſammengezogen. Cäfar flieg daher mit 5 Leg 
Epirus and Land. Da aber die Schiffe, weldye den zurüdgebliebenen Tip, 
Heeres nachholen follten, von ber Flotte des Pompeius genommen wurden 
ex dem Pompejus einen Wergleich vor, den diefer jedoch verwarf. Unterde 
Caͤſar bie erwarteten Verſtaͤrkungen und bot eine Schlacht an; Pompeius ı 
felben aus, fah ſich aber, da C. ihn in feinem Lager eingefchloffen hielt, ge 
einen entfcheidenden Schritt zu wagen und das feindliche Heer zu durdı 
Dies gelang und E. nahm feinen Ruͤckzug nad) Pharſalut, wo er in einer f 
aber entfcheidenden Schlacht (48 v. Chr.) das Feld behauptete. Pompe 
nad) Afien, dann nad) Agppten, um ein neues Heer zu werben. Da fd 
tei nur gefchwächt, nicht aufgelöft war, eilte ihm Caͤſar nady, ſetzte über ben 
pont, wo Caſſius (f. d.) mit der Flotte ſich ihm ergab, und ging nad) 

Hier erhielt er die Nachricht von der Ermordung des Pompejus. Er vergs 
nen über das traurige Ende feines Gegners, ließ feinen Leihnam auf dai 
tigfte beftotten und überhäufte fetne Anhänger mit Wohlthaten, wobucd ı 
wog, zu ihm Üüberzutreten. Widrige Winde hinderten indeß bie Abreife | 
und er benuste dieſe Zeit, die Streitigkeiten zwifchen brm jungen Ptolem 
feiner Schweſter Kleopatra (f. d.) beizulegen. In Rom beeiferten fd 
und Volk, die Gunſt des Siegerö zu gewinnen. Man ernannte ihn auf! 
zum Gonful, auf ein Jahr zum Dictator und auf Lebenszeit zum Volk 
G. aber 309 gegen ben Pharnaces, König des cimmeriſchen Bosporus; eine 
Mithridates's des Großen, welcher bie Länder feines Waters in Aſien wieb 
oben verfucht hatte, begnadigte unterwege ben König Dejotarus, einen A 
bes Pompejus, und endigte den Krieg fo fchnell, daß er dies feinen Freun 
dem berühmten Worten meldete: „Veni, vidi, viei!“ Hierauf begal 
nah Rom, verzieh allen Pompejanern, und erwarb fich durch feine Guͤt 
gemeinfte Liebe. Als feine Dietatur zu Ende war, ließ er fid) wieder zum 
wählen, und wiewol er nichts an ben alten Sormen der Staatsverfaſſung 
fo herrſchte er doch mit faft unumfchräntter Gewalt. In Afrika aber ha 
unter Cato und andern Feldherren die Freunde ber Mepublit gefammelt 
ſchiffte mit einem Heere hinüber und lieferte mit abwechſelndem Gluͤc 
Schlachten, bis der Aber Scipio Metellus bei Thapfus erfochtene Sieg d 
zu feinem Vortheile entſchied. Cato, der ſich in Mtica befand, ftieß fich bass | 
durch die Bruſt, und die Stadt unterwarf fid) dem Sieger. Darauf mad) 
Mauritanien und Numidien zu römifchen Provinzen, und befahl, Carth 
Gorinth wieder aufzubauen, welches auch in Einem Sahre gefcyab. S 
ward er mit den größten Chrenbezeigungen empfangen ; man verlänge 
Dietatur auf 10 Jahre, übertrug ihm allein die Wurde eines Cenſors, 
feine Perſon für unverleglich und ftellte feine Bitdfäule neben ber Statue: 
piters im Capitol auf. Er fagte darauf in einer Rede an das Volk: & 
ihm anvertraute Gewalt nur zum Beſten des Staats anwenben werde, 1 
ſcheuchte alle Beforgniß, die Einige noch gebegt hatten, durch bie Begn 
. bes Glaudius Marcellus, eines feiner erklaͤrteſten Feinde. Bald barauf 
die ihm bewilligten 4 Triumphe über Gallien, Ägypten, über den Pharma 
Juba, alle in einem Monate. Sie gehörten zu ben prächtigften, die ma 
in Rom gefehen hatte. Er gab ſodann verfchiedene gute Geſetze und berie| 
Gelehrte nach Rom. Unter Anderm nahm er eine Werbefferung bed Eal 


Gafes (2a8) 491 


. Während biefer feleblichen Befchäftigung hatten die Soͤhne des Pom⸗ 
Spanien neue Kräfte gefammelt, ſodaß Cäfar felbft gegen fie ins Feld 309. 
wurbe nach der bartnädigften Gegenwehr erobert, barauf kam es bei 
w eimer allgemeinen Schlacht, deren Ausgang ein Zufall für Caͤſar ent 
hdem das Gluͤck den ganzen Tag über zweifelhaft gewefm. In 7 Mo: 
Spanien erobert und Caͤſar z0g triumphirend in Rom ein. Man ers 
ı jene zum Dictator auf Lebenszeit und gab ihm den Titel Imperator 
inne der Souverainetät. Cäfar fuhr indeß fort, feine Feinde durch 
verföhnen und feine Sreunde durch Ehrenftellen zu belohnen; bie Zahl 
wen erhöhte er von 300 auf 900. Aber diefe Herabwuͤrdigung bes 
leibigte Die Römer; noch mehr dee Stolz, mit dem er fich gegen biefen 
ffenen Senat betrug. Als er einft auf einem goldenen Stuhle auf den 
B, Überreichte ihm Marc. Antonius ein Eönigliches Diadem; er aber 
us und das Volk belohnte ihn dafür mit lautem Beifall. Am folgen» 
n war feine Bildſaͤule mit Diademen gefehmüdt. Die Volkstribunen, 
erabreißen und die Urheber ins Gefaͤngniß fegen ließen, wurden von Caͤ⸗ 
t. Hierdurch entftand eine Exrbitterung, welche mit einer Verſchwoͤrung 
ren Urheber C. Caſſius war. Caͤſar, die ihm drohende Gefahr nicht 
warf neue Plane. Er wollte die Parther beftiegen, dann Über ben 
zanz Scythlen bis an Germanien und Ballien erobern. Caͤſar's Freunde 
daß nach ben ſibylliniſchen Büchern die Parther nur durch einen König 
den koͤnnten, und wollten bemmad) barauf antragen, Cäfar in Rüdficht 
it dem Namen Dictator, in allen eroberten Ländern aber mit dem Titel 
36 zu begrüßen. Bu dem Ende wurbe eine Senatsverfonmulung auf den 
fefigefegt; aber diefen Tag beftimmtin auch die Verfchworenen zur Aus⸗ 
res Vorhabens. Ein Wahrfager warnte ben Cäfar, und feine Gemah⸗ 
ungluͤckliche Träume beängftigt, befchwor ihn, wicht in den Senat zu 
ber Decius Brutus, einer ber Verſchworenen, zerſtreute alle Bedenk⸗ 
nd führte ihn aufs Capitol. Unterwegs ward ihm ein Billet übergeben, 
ihm die Verſchwoͤrung angezeigt war; aber Caͤſar ſteckte es im Bebränge 
zu fih. Die Verſchworenen hatten verabredet, daß Metellus Cimber 
ade für feinen Bruder bitten, und wenn Cäfar das Geſuch verweigerte, 
ervand von den Schultern reißen folle, auf welches Zeichen fie mit ihren 
a bucchbohren würden. Dies gefhah. Caſca's Dolch teaf ihn zuerft 
nbete ihn am Halſe. Kaum aber hatte fich Caͤſar umgewandt und bie 
nochen: „Verfluchter Safca, was machſt du?“ als die Werfchworenen 
Seiten aufihn eindbrangen. Dennoch vertheibigte er ſich unverzagt. Als 
, Brutus umter den Verfchtworenen fah, verhüllte er mit den Worten: 
mein Sohn? fein Geſicht und fank, mit 23 Wunden bebedit, an ber 
des Pompejus hin. So farb diefer außerordentliche Mann, der wuͤr⸗ 
vefle, der je in Rom nach der Alleinherrfchaft geftzebt, ber 500 Schlach⸗ 
en und 1000 Städte erobert hatte, 44 v. Chr., am 15. März, im 56. 
. Roch haben wir von ihm die Befchreibung f. Kriege mit ben Galliern 
ompeius in einem einfach edein Styl. Die gefchägteften Ausg. find 
(8ond. 1712, Fol.), Graͤvius (Leiden 1713, 2 Bde.) und Dudendorp 
',2Bbe.,%.). Eine der beften neuern Handausgaben bie von Oberlin 
). Deutſche Überfes. haben wir von Haus und Wagner. Won A. G. 
nd nach beffen Tode vollendet von 3. C. 2. Haken, erfchien (1799 — 
; „Beben bes ©. Julius Caͤſar“ (4 Bde). Aus den Quellm bat ihn 
), Soltl (Berl. 1826). 
26 (Bartolomeo de Tas), f. Las Caſas. 
es (Emanuel Auguft Dieubonne, Grafv. Las), ſ. as Cafes, - 


498 Safaubon (Iſaak de — Meric) Gafchemere 


Caſaubon (Iſaac be) ſgewoͤhnl. Caſaubonus], geb. ben 18. Sch 
zu Genf aus einer Familie der Dauphine, ward von f. Water, einem Oki 
fo gut unterrichtet, daß er im 9. J. fertig lateinifch fprah. Im 19.3.5 
die Univerfität zu Genf, wo er Jurisprudenz, Theologie und orientalifde 
chen ftubirte und 1582 feinen Lehrer Portus auf dem Lehrſtuhle der griech. 
hen erfegte. Er wurde hier Schwiegerfohn des H. Etienne (Stephanus) ı 
jedes Jahr griech. und latein. Schriftfteller mit Exitifchen Comment. und I 
heraus. 1596 nahm er einen Lehrſtuhl der griech. Sprache und der ſchoͤnen? 
fhaften zu Montpellier an, wo er jedoch nur 2 Jahre blieb. Heinrich IV 
ihn nad) Paris. Seine Religion, um derentwillen fein Water ſchon gefluͤcht 
die Eiferfucht der andern Profefforen und vielleicht fein etwas unnachgiebigı 
rakter, verurfachten ihm Unannehmlichkeiten, für weiche er durch die Steh 
koͤnigl. Bibliothekars entfchäbigt wurde. Nach Heinrichs IV. Tode folgte 
Chevalier Wotton, auferorbentl. Gefandten Jakobs I., nach England, m 
feibft mit Auszeichnung aufgenommen , erhielt zwei Pfründen und eine anft 
Penſion, und farb zu London den 1. Juli 1614. Er wurde in der Weßn 
abtet beerbigt. C. war ein toleranter Theolog, ein Gelehrter vom erften! 
em guter überſetzer und trefflicher Kritiker. Als Kritiker hat er den Diogend 
tius, Ariſtoteles, Theophraft, Sueton, Perſius, Polybius, Theokrit, € 
Dionyfius von Halikarnaß, Athendus, Plinius den Juͤngern u. A. bearbel 
erläutert; faft alle Zweige der Alterthumswiffenfchaft verdanken ihm fra 
Forfchungen. Seine gründliche Unterfuchung „De satyrica Graecorus 
et Romanorum satyra” verdient ein ausgezeichnetes Lob. Geringern We 
ben f. theotogifchen Arbeiten. —- Meric Cafaubon, des Vorigen 
geb. zu Genf 1599, hat fic) ebenfatis durch Gelehrſamkeit berühmt gemad; 
war f. Vater nady England gefolgt und wurde D. der Theologie zu Orford. 
kleidete nach und nach mehre geiftliche Ämter, als die Revolution, weiche Kat 
das Blutgeruͤſt führte, ihn feiner Einkünfte beraubte. Dennoch nahm ei 
trag Cromwell's, die Geſchichte feiner Zeit zu fchreiben, ebenfo wenig als ! 
ladung der Königin Chriftine, nadı Schweden zu kommen, an. Nach de 
Lehr der Stuart's ward er für feine Treue durch Miedereinfegung in ſeim 
belohnt, welche ihm bie an ſ. Tod 1671 blieben. &eine Gelehrſamkeit wı 
nigfach, aber an Gruͤndlichkeit ſtand er f. Vater nah. Auch er bat, auf 
Iogifchen Werken, Anmerk. zu mehren Claſſikern geliefert, z. B. Terenz, 
Florus, Polybius u. A. 

Caſchemere (Kafdhmir) [816 IM., 2 Miu. €.) in Hindoſta 
eine Provinz des Afghanenftnates Kabul in Afien, iſt eins ber berühmtefta 
thäler, roelches von den Riefengebirgen Afiens, dem Himalaya und Hindi 
eingefchloffen und von dem Behat oder Tſchelam (vormals Hydaspes) burd 
wird. Bon 3 Seiten führen nur 7 Päffe in dies Land; von D. her fegrh 
Himalaya eine unüberfteigliche Schneemauer vor. Die Pracht und Erha 
des Kranzes von Schneegebirgen, die Lieblichkeit und der Reichthum der p 
auffteigenden Hügel und Voralpen kann von keinem Augenzeugen reizen 
ausgemalt werden. Die hohe Lage de6 Thales und die daffelbe umgebenden 
gebirge machen das Klima mehr Falt als warm, duch überhaupt gemaͤßigt um 
Diefes an romantifchen Gegenden fo reiche, von vielen Fluͤſſen und Baͤchen 
ferte Land ift mit einem Überfluffe von herrlichen Erzeugniffen gefegnet ; dah 
nen e6 die Afiaten das Paradies von Indien, den Blumengarten und den 
bes eroigen Fruͤhlings. Die Berge find voll Wald⸗ und Alpenweiden, ai 
liegen Getreidefelder, längs den Gewaͤſſern ift Reisbau. An den Vorhäg 
ben ſich reihe DObftwälder hin. Maulbeerbaͤume merben wegen der Gel 
im Menge gezogen ; um fie fchlingen fich die Neben, aus deren Trauben ma 


Caſchemirziegen 498 


t, ber dem Madera gleicht. Suͤdfruͤchte reifen hier nicht. Das Thal 
er Blumen berühmt, die auf allen Wiefen und in allen Gärten pran> 
vachlen Violen, Rofen, Narciffen und unzählige europäifche und nichts 
Zlumen. Die Einwohner find Hindus, die fid) zur Religion des Brama 
> fie gleich unter der Derrfchaft der Afghanen, Belenner des Jelams, 
e Sprache iſt ein Zweig des Sanskrit. Sie verfertigen die berühmten 
ı vorzüglicher Güte. Die Wolle dazu kommt aus Tibet und ber Tas 
Ichen Ländern die Ziege, die fie gibt, allein gedeihen fol. Man vers 
ch ungefähr 80,000 Shawls auf 16,000 Stühlen, von denen jeder 
eſchaͤftigt. — Die Hauptft. Caſchemir (auch Serinagur), die größte 
mzen kabuliſchen Staate, liegt am Behat eine Stunde weit ausgedehnt 
m 200,000 Einw. Liber die tibetanifhe oder Caſchemir⸗Ziegenart, 
rundhaar (Flaum) die feinften Caſchemit⸗GShawls verfertigt werden, ſ. 
Beimar. Zeitfchr.: „Neues und Nugbares aus dem Gebiete der Haus⸗ 
rthſchaft 
bemirziegen, eine verwandte, aber edlere Gattung unſerer ges 
e, find feit 1820 auch in Frankreich eingeführt und ftammen von ben 
ab, die andem Himalaya weiden. Das Klima in Tibet wechfelt.oft 
3 gibt dort wenig Megen, aber viel Schnee, weil die Winterkälte unter 
puntt if. Bekanntlich liegt Tibet an der nördlichen Abdachung bed 
birges und Caſchemir an ber füblichen, und letzteres ift daher, mit Tibet 
in wenig wärmer. In Zibet ift diefe Ziege ein Haustbier, dem man 
: zu üppige Weide gibt. Die Lieblingsnahrung diefer Thiere find Laub⸗ 
irzige Pflanzen, Raute, Heidekraut. Dabel vergißt ber Tibetaner nies 
a Ziegen wöchentlic, wenigftens einmal Salz zu geben, welches fich 
re gewöhnlichen Nahrung diefer Thiere als nuͤtzlich bewährt. Ver⸗ 
iche aus ihrem kalten gebirgigen in ein waͤrmeres Land, fo iſt die na» 
Kolge, daß erft die Menge der Wolle ſchnell abnimmt und dann beten 
inger wird. Ebenſo waͤchſt bie Wolle fehr langfam in den waͤrmern 
um fo ſtaͤrker, je mehr bie Bältere Jahreszeit herannabt.. Der Kopf 
en Ziege ift größer, die Hörner liegen ruͤckwaͤrts und find etwas ges 
Beine find zart. Ze kälter die Region ift, wo dies Thier weidet, je ſchwe⸗ 
Hies. Gorgfältige naturgemäße Nahrung und Pflege erhöht die Kein» 
le. Wie bei den Merinofchafen, geben die Jaͤhrlinge die feinfte Wolle, 
Dig ausgewachfene Ziege nicht Über 16 Loth. Die Ziegen, welche in 
chſten Thaͤler beweiden, haben eine helle Dkerfarbe. In niedriger liegen» 
wicd bie Sarbe gelb und weiß, umd noch weiter unterwärts ganz weiß. 
ben die hoͤchſten Dimalayagebirge, die noch von Menſchen bewohnt were 
auch eine Ziegengattung ſchwarzer Wolle, welche in Indien und im 
nde der Ziegen am theuerften als Stoff für Shawls bezahlt wird. Die 
ich feine gefräufelte Wolle liegt dicht an ber Haut bei allen Tibet: und 
gen, gerabe wie das Unterhaar unferer gemeinen Ziege unter grobem 
— Man ſchiert in Caſchemir und Tibet die Wolle im Fruͤhjahre kurz 
riode der waͤrmern Jahreszeit, ehe das Thier im Naturftande Dornen 
aufſucht, um fich von der ihm dann Läflig werdenden warmen Dede 
und ſucht aufs forgfättigfte ale harte und lange Haare heraus. Diefe 
gereinigte Wolle waͤſcht man erſt in einer warmen Auflöfung von Posts 
nach im reinen Wafler, wobei aber das Filzen ſehr vermieden werden 
in bleiht man folche auf dem Grafe und Erempelt fie zum Spinnen. 
wolle wird 3 Mal gefärbt: vor der Krempelung, nad) dem Spinnen 
amt. Die Afiaten fpinnen die Wolle nicht hart, damit der Shawi 
und bedienen ſich dazu einer Spindel, weiche aus einer Thonkugel mit 


494 Gafematten Gafimir IL 


dinem Eifendraht beſteht. Die Finger und ber Daumen bes Spinners m 
durch Spedfleinpulver gefchmeidig erhalten. Zu einem großen Shaw ven 
erſten Keinheit gehören 5, zu einem von geringerer Güte 3— 4 Pfund 
Mein in London hat eine Maſchine erfunden, welche diefe feine Ziegenmolk 
einfach, feiner als die feinfte Spindelfpinnerei aus Tibet [pinnt und dabei fe 
Faden. — Im unfern beutfchen Gebirgägegenden, wo häufig bei ſehr flarka 
völkerung das Grundeigenthum wenig getheilt ift und mo fich hoher Kalkbode 
nicht allzu faftige Weidepflanzen finden, wide ed am aus arften fein, 
meine Ziege, die freilich aud) eine Sharolmolle liefert, die aber in ber 
und Qualität der eblern von der tibetanifchen oder Caſchemir⸗Race nachfte 
mälig abzufchaffen und dagegen als Hausthier, hauptſaͤchlich zur Milde 
und nebenher der feinen Shawlwolle halber, die Cafchemirziege einzuführen. 
niger würde in Großbritannien das nebelige und feuchte Klima die Einführg 
günftigen. Das Fleiſch der edeln Ziege ſchmeckt nicht ſchlechter; auch iſt 

fo milchreich bei guter Pflege. Hier eignet fie ſich ganz für die Glaffe ber 
Hauerlinge. Als Hausthier ann man fie leicht vor naſſer Weide bewahr 
wie beim edein Derinofchaf wenigftens gefchehen follte, an feuchten Tage 
dem Dache halten. Ein Hauptübel, woran bie Safchemitziege leiden fol, 
Ktauenfeuche ; diefe ift aber, wie beim Merinofhaf, nicht Folge der reid 
hen Weide, fonbern der unreinen Stallung, indem man unvernünftiger 
das reinliche Thier lange auf feinem ammoniumreichen Dünger ftehen IA: 
durch außer dem Nachtheil der Einathmung ungefunder Luft und des Um 
das diefe Thiere beläfligt, auch das Horn der Süße verlegt werben muß ui 
Fußkrankheit nothwendig folgt. — In Frankreich gedeihen biefe Ziegen ch 
ſchemir vortrefflih. Der ımternehmende Baron Ternaus (f. d.) ließ be 

befannten parifer Profeffor der orient. Sprachen, Amadöe Joubert, day 




























folche in den dortigen Steppen, teansportirte fie über die Wolga länge de 
bis Feodoſia in der Krim, wo fie des fchnelleen Transports halber nach: 
reich eingefchifft wınden. Auf ber Überfahrt, die lange dauerte, flarbe 
indeß blieben über 400 durchaus gefunbe übrig, die von ben Ausfchiffung 
Foulon und Marfeille theils nach Rouffillons Pyrenaͤen, theils nad) di 
bergen ber Provence und dann nach dem Elſaß und Rambouillet zur Weide 


Caſematten (Morbleler, von dem Spanifhen Casa und 

Seftungsbau bombenfefte Gewölbe unter dem Hauptwalle, beſonders im 
fleien, theilß den Graben daraus zu beftreichen, theild Gegenminen 
Bugleich dienen fie zur Aufbewahrung des groben Geſchuͤtzes und nd 
Befagung zur Wohnung. - 

Cafimir II, der Große, König von Polen, Sohn Uladislas 
hatte fich durch Tapferkeit unter ber Regierung f. Vaters ausgezeichnet, 
aufgetragen, Rache an ben beutfchen Rittern zu nehmen, und, um ihn 
ſchaft zu bilden, ihn zum Regenten von Großpolen gemadht hatte. | 
er 1333 den Thron beftiegen, als er den von f. Vater mit den deutſchen 
gefchloffenen Waffenftiliftand auf ein Jahr verlängerte und den König von 
einlud, Vermittler zwifchen ihm und biefem Orden zu werden. Man 
auf dem Congreffe von MWiffegrad überein, daß die Ritter an Polen das 
von Gujavien und den Bezirk Dobrzin zuruͤckgeben und 10,000 Gulden 
digung zahlen follten; dagegen Leiftete Gafimir auf Pommern Verzicht. | 
biefer für den Orden vortheilhnfte Vertrag wurde von dem Reichstage nicht 
migt, und da man nicht im Stande war, augenblidlich zu den Waffen zu 


Gafino 495 


: man, ſich durch den Papſt Gerechtigkeit zu verfchaffen. Der heilige Stuhl 
eitte bie Ritter, Pommerellen und die andern Provinzen, welche fie inne 
an Polen zurhdjugeben, die von ihnen zerftörten Kirchen wiedetherzuſtellen 
Eafimir eine bebeutende Entſchaͤdigung zu zahlen, endlich auch zu allen Koften. 
Urtheil, das mit dem Banne begleitet war, machte die Ritter nicht muthlos; 
dten fich an Kaiſer Ludwig V., der ihnen verbot, die Güter des Ordens ab» 
1. Die Ritter behielten ihre Eroberungen und legten die Waffen nieder. 
e, der keinen Sohn hatte und fich der Hälfe eines mächtigen Fuͤrſten ver- 
wollte, wählte 1339 f. Neffen Ludwig, einen Sohn des Königs von Uns 
mm Nachfolger. 1340 bemädhtigte er ſich Kleinrußlands, das vormals 
en gebört hatte und deſſen Bcherrfcher geftorben war. Um feine Kräfte 
Nußland zu vereinigen, bot er den deutfchen Mittern den Frieden auf Bedin⸗ 
a an, Über die man ſchon früher einig geworden war. Diefer Vertrag wurde 
rm MReichstage 1343 beſtaͤtigt. Run eroberte Cafimir faft ganz Schieften, 
ma ex jeboch nur Frauſtadt behielt. Der König von Böhmen, als Oberlehns« 
6 Derzogs von Schiefien, Über biefe Vorgänge erbittert, ruͤſtete ſich, das von 
Er bedrohete Polen anzugreifen. Diefe Barbaren näherten fid) Krakau ; 
machte Ihnen den Übergang Über die Weichſel ftreitig, zwang fie zum Kuͤck⸗ 
z nach Schlefien, zerſtreute das böhmifche Heer und Lehrte dann in feine 
a zurüd, um bafelbft die Ordnung wiederherzuſtellen. Er berief einen 
5 nach Wilslicza 1347 und beauftragte die geſchickteſten Männer des 
mit einer allgemeinen Umarbeitung der Geſetze, an melcher ex feibft Theil 
Seine neuen Verordnungen wurden angenommen. Die väterliche Sorg⸗ 
er unabtäffig der unglüdiichften Gtaffe feiner Unterthanen bewies, erwarb 
a Titel eines Königs der Bauern. Er verfuchte fogar mit einigem Erfolge 
ee in feine Staaten zuruͤckzufuͤhren. Sein Reich vor künftigen Angriffen 
an, befefligte er bie Städte; auch legte er ‚Dofpitäler, Schulen und Univer⸗ 
en. Allein die Truppen, die er einem Sohne des Woiwoden ber Moldau 
bt hatte, um das Erbe feines Waters wieder zu erobern, erlitten eine große 
se, ſodaß Cafimir die Gefangenen mit großem Löfegelbe befreien mußte. 
Kart IV., der fi mit Caſimirs Enkelin, einer T. des Herzogs von Stets 
mähtet hatte, eroberte 1366 Rothrußland von den Litthauern und überließ 
Am diefer Nation Volhynien und das Palatinat von Belt, unter der Bes 
8, Dotens Lehnsherrlichkeit anzuertennen, wodurch Caſimirs Ruhm noch 
de. Er flach, 61 J. alt, an den Kolgen eines Sturzes mit dem Pferde 
Gaftimir hatte viele Maitreſſen, darunter eine Juͤdin, Namens Efther, 
Staubensgenoffen bie Freiheiten auswirkte, deren fie feitdem in Polen 
haben. Mit Caſimir erloſch das Geſchlecht der Piaften, das 523 Jahre 
3 geherrſcht hatte. Die Polen wählten jest Sremblinge, und legten da: 
m erften Grund zu den Unruhen, welche das Reich bis zu feinem Untergange 
t haben. 
Rafino, thells ber Drt, in welchem fich eine gefchloffene Gefellfchaft zu 
Beranügen verfammelt, theils diefe Geſellſchaft ſelbft. Die Benennung 
mden Urſprung haben. Der Monte Gafino in der neapolitanifchen Provinz 
MEavoro, auf welchem die ältefte Benedictinerabtei (f. Benedict) fleht, 
herrliche Lage und von dem Kiofter genießt man der reizendften Ausficht. 
Rena iſt ſchoͤn und gefumb, die Luft fo rein und die Ruftperfpective ſtellt Alles 
Satben dar, daß man von allen Seiten dahin reifte, um bie Na⸗ 
zu genießen. Dazu kam, daß die Mönche des Kloſters ſich der Heil: 
tgersibmet hatten und in dem Rufe ftanden, heilende Balfame vom Berge 
befitzen und die Kraft der Pflanze Diptam zu kennen, melde die Schmer: 
2 Die Wallfahrten nach dem Monte Caſino hoͤrten nicht auf, und er 





















494 Gafematten Gafimir IT. 


einem Eifendraht beſteht. Die Finger und ber Daumen d- Ku 
ducd) Spedfteinpulver geſchmeidig erhalten. Zu einem a “dä 
euften Seinheit gehören 5, zu einem von geringerer @r Cafino b 
Dain in London hat eine Mafdyine erfunden, weldpe „“’, wiedn 

einfach, feiner als bie feinfte Spindelfpinnerei aus Xi Ferfonen, unt 
Baden. — In unfern beutfchen Gebirgägegenden Namen Cafino 

völferung das Grundeigentum wenig gethellt iſt . 
niche allzu faftige Weidepflangen finden, wände und forosmaroni 
meine Ziege, bie freilich auch eine Sharimo' uuh Rom, wo wii 
und Qualität ber eblern von der tibetanife —* no 
mälig abzufchaffen unb_ba, als ‚on gel 

und nebenher der feinen Shantmolıe nal um der Synode der Dr 
niger wuͤrbe in Großbritannien bas ne ¶ amauen Bericht von ben ! 
günftigen. Das Fieiſch ber edein ? auf in feinem Kofler die 
fo mitdyreich bei guter Pflege, FH „uy und Philorophie, und gir 
Hauerlinge. As Hausthier kar ‚dit wurde. 1749 begab ẽr 
wie beim edeln Merinoſchaf m F;withel, deren Aufieher ee in der 
dem Dache halten. Ein Se „g. Hrühmten „Bibliotheca arabi 
Kiauenfeuche; dieſe ift aber 3", meihe in 1851 Xrt. die (Ämmiı. 
hen Weide, fonden ber -, — die an atabiſchen Handſchrifte 
daß reinfiche Thier Lange Fam Jethümen nicht ganz freie W, 








durch außer dem Nadye 2 ji, und ift ein unentbehrlices Re, 
das diefe Thiere Ba, 2 du Madrid 1791. 


ußtcanthei 5 ‚b. um 1515 auf der Inſel Kadzant 
& ——— P/ an nad} der er fid nannte, ift durch 
befannten parifer * bung ber Religionsparteien beruͤh 
Städt 1820 ne * Gm und Rn Philologie, kanoniſches Rec, 
Gafdpernie dis ſelher Kränktichkeie kein Öffenstic 
foldhe in den Sn hu Schlichtung der Religionefkreitigkeiten 
biß Feobofia x  ietadelte, literarifche Angriffe von diefem uni 
reich einger gl In duftg ds Herzogs von Kleve zu Duisburg m 
indeg bliek FI —— tief ihn der mit dem Ausgange der t 
ZToulon ER nzunufriebene Kaifer Ferdinand I, nach Wien, u 
Bergen d — die Katholiken und Prote ſtanten auffegen zu 
wurden — moͤglich hielt, wenn dieſe ihren MWiderreill 
[ ze ir Spifimdigkeiten , jene offenbare Mifbräuche und 
u Feſtu⸗ —9— aufgeben und Beide über bie in der augsburgifchen C 
fleien —— alten Lehten des Glaubens, wie ſchon au 
Zugl KR derfucht worden, einig würden. C. richtete, 
Ber ne erfolgten Tode Ferdinands, an deffen den Prote 
Aben ch folaet, Maximilian I., das gefoderte Gutachten. ( 
Lu Du Catholicos et Protestantes controversis ad Im 
ar Me rel jo sultatio, ed. Hug. Grot.", 1642.) Obwol aufrid) 
ke eb auf die Eregeſe der Altern Kicchenväter, tam den Prı 
eh bau es Glaubens, durch die Vorſchlaͤge, daß Communion 
— en ‚Heitathen der Prieſter erlaubt, Verehrung der Bi 
h Geſtau fiüen Meffen, das Schautragen der Hoſtie und ühnliche 
wien, Ne Ablaß gemäßigt, die aufsen Gebtaͤuche den Beftimmu 
uigerdrat m überlaffen werden follten, ſewie durch die Modification 
jenen der Katholiten, entge wollte aber Papft, Hieraichie, d 
Be slantiation und die 2 des Sacraments ex opereope 
nee iffen. Diele Vorſchlaͤge fanden aber bei den Eiferern bei 
mare FT 


ba: 





Caſſas Caſſationsgericht 407 


Waeinige kirchenhiſtotiſche und liturgiſche Abhandlungen 
Gr, dem Ruhme eines ebenfo gelehrten als gemäßigten 
1. 


See, “756, Zufe, und Profeffor am en 
'n Schüler von Lagrerme dem « 
S A 4% , Grafen von Choifeul: Gönffier, zu 
D sahrh., Kieinafien, Palaͤſtina, Syrien, 
almatien und Troas; verglich die dortige 
> Alten, maß Überall die ſchoͤnſien Überrefte 
— merkwuͤrdigſten Gegenden mit ebenſo viel Ge⸗ 
— «fe Arbeiten, von den beſten Meiſtern geſtochen, 
Ss Voyage pittoresque.de la Syrie, de la Phönicie, 
RE me-Egypte" (1799 fg, 30 Rife,FoL, Zert von de 
4vandon (II, 133—36) ausführlich, befchrieben.. Die 
Ry on find vollendete, mit Firniß überzogene Aquarellgemäide 
.koͤnigl. Bibliothek zu Partie. Zu feiner „Voy. pittor. de 
matie‘ hat er durch Joſeph Ra Walter ein Tagebuch und eine 
‚efer Provinz auffegen laffen (Paris 1802, gr. Foi. m. Rpf.). 
.on, ein aus bem Mittelalter ftammendes Wort, die Erklärung 
&t beftändig, unwirkſam, null. und nichtig, in rechtlichem Sinne 
aden. &o wird ein Vertrag, ein Teſtament, eine Ehe Arin Prie 
jer handlungen einer Behörde, ein gerichtliche Verfahren; ein Rich» 
‚ tvenn babei weſentliche Formen verlegt worden, oder wein der 
nden Gefegen zuwider ift, indbefondere wenn bie Staatsbehoͤrde 
Amtebefugniffe ganz uͤberſchritten hat. Ein Beamter wird cafs 
e Pflichten feines Amts fo groͤblich und vorfäglich verieht, daß feine 
g gurbdgenonmen werden muß, und ec alfo badurd) zugleich feiner 
we, feines Anſpruchs auf ftandesmäßigen Unterhalt vom Staate 
a mit dem Staatedienſt verknuͤpften Wortheile verluſtig wird; es iſt 
Grab der Entfernung vom Amte. (S. Staatsämter) Das 
wigs XIV. ward vom parifer Parlament caffirt, weil der König 
ıgen Über Gegenftände getroffen hatte, welche in der Werfaffung 
tivaren amd vom Könige nicht roilifürclidy geändert werden konnten. 
tſchaft, Thronfolge u. ſ. w.) Inwieweit bie Verlegung einer ges 
iebenen Foim oder einer den Inhalt ſelbſt betreffenden gefeglichen 
e Nichtigkeit der Handlung nach ſich ziehe, gehört zu den beftiittes 
Jurisprubeng; im Ganzen wirb man fagen müffen, ba eine Hand» 
halt den Gefeden zumiber ift, nicht rechtöbeſtaͤndig fein kann, obwol 
von rechtlicher Wirkſamkeit fein Bann, daf daraus Entfhädigunges 
ben; Formen hingegen ziehen nur dann durch ihre Verlegung bie 
ſich, wenn dies ausdruͤclich vorgefchrieben war. Die Rechtswi⸗ 
eine Nichtigkeit der ganzen Handlung zur Folge hat, bist auch 
db.). 7. 
ionsgericht (Cowr de cassation), eine der vorzuͤglichſten Ein- 
neuen Frankreichs, welche der gefammten Redjtöverfaffung und 
8 Landes Zufammenhang und Gleichfoͤrmigkeit gibt, ohne die noth⸗ 
Ängigeit der Gerichte zu gefährden. Daher hat fid) diefe Schöpfung 
malverfammlung auch dem Wefen nach unter allen Veränderungen 
unb Reftanration erhalten. ie hat ſich fogar in denjenigen Län: 
welche durch ihre Vereinigung mit Frankreich den franz. Gefegen 
nach den parifer Frieden aber ein Theil der preuß. Monarchie ges 
Es iR im Art. Sabinetsjuftiz ſchon erwähnt worden, daß es 
lebente Aufl. Bb. II. 32 








430 Balırı . kayjuander 


war, wie unfere Bäder, ein. Bereinigungsort nicht bloß. für Kra 
auch für Gefunde, welche bier die fchöne Jahreszeit in Ländliche 
keiten verlebten. Die gefelligen Vergnuͤgungen des Monte Cafino E 
Erinnerung. Man fuchte fie, wie jede entflobene Freude, wieder 

Man fliftete Zuſammenkuͤnfte bekannter und gemähiter Perfonen, unt 
Zauber der Sefellfhaften des Monte Cafino mit dem Namen Cafino 

gebildeten Cirkel zu übertragen. 

Caſiri (Michael), ein gelehrter Orientaliſt und fprosmaronii 
licher, geb. zu Zripoli in Syrien, 1710, kam nad Rom, wo er in 
gium von St» Peter und St Marcellin ftudirte und 1734 in dı 
Stand trat. Im folgenden J. begleitete er den gelehrten Affemanni ı 
wohin derfelbe auf Befehl des Papftes ging, um der Synode der Mar 
wohnen ‚- und flattete 1738 zu Rom einen genauen Bericht von den R 
nungen der Maroniten ab. . Er lehrte hierauf in feinem Klofter die a 
rifhe und chaldäifche Spradye, Theologie und Philofophie, und gin: 
Madrid, mo er beider Bibliothek angeftellt wurde. 1749 begab er | 
Könige Befehl, auf die Escurialbibliothek, deren Aufſeher er in der 
u. ſammelte hier die Materialien zu f..berühmten „Bibliotheca arabic 
(Madrid 1760-70, 2 Bde., Fal.), welche in 1851 Art. die fümmei. £ 
der Bibliothek des Escurials äufzählt, die an arabifchen Handfchriften 
reichfte in Europa iſt. Diefes von Irrthuͤmern nicht ganz freie Wer 
wichtigften Angaben und Auszüge, und ift ein unentbehrliches Repe 
jeden Drientaliften. Caſiri ſtarb zu Madrid 1791. 

Caſſander (Georg), geb. um 1515 auf der Inſel Kadzand 
bei Brügge in den Niederlanden, nach der er fich nannte, iſt durch 
hungen und Vorfchläge zur Vereinigung der Religionsparteien beruͤhm 
und lehrte zu Brügge, Gent und Koͤln Philologie, Eanonifches Recht 
fche Theologie, übernahm wegen feiner Kraͤnklichkeit Eein Öffentlich: 
trat 1561 mit einer Schrift zu Schlichtung der Religionsftreitigfeiten ı 
weil er Calvin's Heftigkeit tadelte, literarifche Angriffe von diefem und 
Waͤhrend er 156% in Auftrag des Herzogs von Kleve zu Duisburg mi 
ber Wiedertaͤufer befchäftigt war, rief ihn ber mit dem Ausgange ber tt 
Kicchenverfommlung unzufriebene Kaifer Ferdinand I. nad) Wien, ur 
Vereinigungspunfte für die Katholiken und Proteftanten aufſetzen zu I 
Annahme der Raifer fir möglidy hielt, wenn diefe ihren Widerwill: 
Hierarchie und ihre Spisfindigkeiten, jene offenbare Mifbräuche und | 
des Aberglaubene aufgeben und Beide über die in der augsburgifchen Ec 
baltenen, unbezweifelten, alten Lehren des Glaubens, wie fhon auf 
quium zu Regensburg verfucht worden, einig würden. C. richtete, 
demfelben Jahre erfolgten Tode Ferdinands, an deffen den Protef 
günftigern Nachfolger, Marimilian II., das gefoderte Gutachten. (, 
lis religionis inter CaCholicos et Protestantes controversis ad Im; 
et Max. II. consultatio, ed. Hug. Grot.“, 1642.) Obwol aufrich 
fit, baute er ed auf die Eregefe der Altern Kirchenväter, kam den Pre 
den Grundlehren des Glaubens, durch Die Vorfchläge, daß Communion 
let Seftalt und das Heirathen der Priefter erlaubt, Verehrung der Bil 
Hauien, die ſtillen Meffen, das Schautragen ber Hoftie und ähnliche 
abgefchafft, der Ablaß gemäßigt, die dußern Gebräuche den Beſtimmu 
zeinen Kirchen überlaffen werben follten, fowie durch die Modification 
begriffes der Katholifen, entgegen, wollte aber Papft, Hierarchie, di 
der Zransfubftantiation und die Würde des Sacraments ex opere ope: 
erhalten wiſſen. Diefe Vorfchläge fanden aber bei den Eiferern beil 


Caſſas Caſſationsgericht 497 


U. €., der noch einige Firchenhiftorifche und liturgifche Abhandlungen 
, 1566 zu Köln mit dem Ruhme eines ebenfo gelehrten als gemäßigten 
31 


a6 (Louis Francois), geb. 1756, Inſp. und Profeffor an ber Go⸗ 
act., berühmt als Zeichner, ift ein Schüler von Lagrenne dem Juͤng. 
. Er bereifle als Begleiter bes Grafen von Choifeul: Gonffier, zu 
e Siebziger J. des vorigen Jahrh., Kleinafien, Palaͤſtina, Syrien, 
von Agnpten, Iſtrien, Dalmatien und Troas; verglich die dortige 
e mit den Nachrichten der Alten, maß uͤberall die fchönften Überrefte 
fl gmau, zeichnete die merkwuͤrdigſten Gegenden mit ebenfo viel Ges 
Richtigkeit und gab diefe Arbeiten, von ben beften Meiftern geftochen, 
teen heraus. ©. „Voyage pittoresque de la Syrie, de la Phenicie, 
tine et de la Basne-Egypte‘ (1799 fg., 30 Liefr., Fol., Text von de 
Theil), if bei Landon (11, 133—36) ausfüuͤhrlich befchrieben. Die 
hnnungen davon find vollendete, mit Firniß uͤberzogene Aquarellgemäide 
a ſich in der koͤnigl. Bibliothek zu Paris. Zu feiner „Voy. pittor. de 
le la Dalmatie’ hat er durch Joſeph La Vallée ein Tagebuch und eine 
ichte diefer Provinz auffegen laffen (Paris 1802, ar. Kol., m. Kpf.). 
'ation, ein aus dem Mittelalter ſtammendes Wort, die Erfidrung 
t nicht beftändig, unwirkſam, null.und nichtig, in rechtlichen Sinne 
handen. So wirb ein Vertrag, ein Zeflament, eine Ehe,:ein Prie 
ie Verhandlungen einer Behörde, ein gerichtliches Verfahren, ein Mich» 
firt, wenn dabei wefentlidhe Formen verletzt worden, ober wein ber 
sietenden Geſetzen zuwider ift, insbefondere wenn die Staatsbehörbe 
xer Amtsbefugniffe ganz Überfchritten hat. Ein Bramter wird caſ⸗ 
r die Pflichten feine Amts fo gröblidy und vorfäglich verlept, daß feine 
Uung zuruͤckgenommen werben muf, und er alfo dadurch zugleich feiner 
tsehre, feines Anſpruchs auf ftandesmäßigen Unterhalt vom Staate 
dern mit dem Staatedienft verknuͤpften Vortheile verluftig wird ; es iſt 
sefte Grad der Entfernung vom Amte. (S. Staatsdmter.) Das 
Ludwigs XIV. warb vom parifer Parlament caffirt, weil der König 
ungen über Gegenftände getroffen hatte, welche in der Werfaffung 
mt waren und vom Könige nicht willkuͤrlich geändert werben konnten. 
egentſchaft, Thronfolge u. f. ww.) Inwieweit die Verlegung einer ge: 
ſchriebenen Form oder einer den Inhalt ſelbſt betreffenden gefeßlichen 
g die Nichtigkeit ber Handlung nach fich ziehe, gehört zu ben beſtritte⸗ 
3er Jurisprudenz; im Ganzen wird man fagen müffen, baß eine Hand» 
Inhalt den Befegen zuwider ift, nicht rechtsbeftändig fein kann, obwol 
mol von rechtlicher Wirkſamkeit fein kann, daß daraus Entſchaͤdigungs⸗ 
stftehen ; Formen hingegen ziehen nur dann durch ihre Verlegung die 
nach fich, wenn dies ausdruͤcklich vorgefchrieben war. Die Rechtswi⸗ 
elche eine Nichtigkeit der ganzen Handlung zur Folge hat, heißt auch 
(f. d.). 37. 
ſationsgericht (Cowr de cassation), eine der vorzüglichften Ein- 
des neuen Frankreich, welche der gefammten Rechtsverfaſſung und 
e des Landes Zufammenhang und Stleichförmigkeit gibt, ohne die noth: 
abhängigkeit der Gerichte zu gefährden. Daher bat fid) diefe Schöpfung 
dationalverſammlung auch dem Wefen nach unter allen Veränderungen 
kon und Reflauration erhalten. Sie hat ſich fogar in denjenigen Laͤn⸗ 
tet, weiche durch ihre Bereinigung mit Frankreich den franz. Gefegen 
a, durch den parifer Frieden aber ein Theil der preuß. Monardjie ge: 
. Es ik im Art. Cabinetsjuſtiz ſchon erwähnt worden, daß es 
. Siebente Aufl. Bd. II. 32 


498 Caſſationsgericht 


Faͤlle gibt, in weichen auch gegen Rechtsſpruͤche, bie ber Kerm nach re 
geroorden find, noch außerorbentliche Rechtsmittel zugelaffen werden nel 
in In welchen zum Theil die nothwendige Hülfe nur durch die Thaͤtigkeit 
rungögewalt, von welcher fonft die Rechtspflege burchaus unabhängig 
geletftet werden kann. In Frankreich waren für diefen Zweck fchon zu 
Ludwigs IX. (1226— 72) die Supplicationen an den König eingefüh 
kamen die Appellationen an die Parlamenter, als hoͤchſte Reichegerichte, 
gegen been Ausfprüche ordentliche Rechtsmittel nicht ſtattfanden. Alleir 
ftattete den Parteien noch, auch dieſe anzufechten, wer fie auf unrichtig 
liche Woransfegungen gebaut waren , ober gegen unbeflxittene Rechtsſaͤtze 
und durch eine Werorbnung von 1302 wurde baflıe fefigefeht, daß den 
Bönigliche Gnadenbrieſe zur Ausführung ihrer Gerechtſame gegen oberfl 
Entſcheidungen (Lettres de grace de dire contre les arröts) erthe 
ſollten, weiche in der Kanzlei (vom Kanzler von Frankreich) ausgefertig 
Die Sache ging alddann zur weitern Verhandlung zwar au das Part 
eh, wurde aber nun in Gegenwart des Königs ſelbſt ober eines beſo 
auftragten deflelben vorgenommen unb entfchieden. Doch ſchlich fi 
brauch ein, daß diefe Sachen auch an das Comfeil bed Königs (welches 
rung@behörde gegen die Parlamenter in einem äbnlichen Verhaͤltniſſe 
der deutfche Reichshofrath im feinem erflen Entſtehen gegen das Deich 
richt) gegogen and dort von den Maitres des requäten (der gelehrten Ban 
tatböcolieginme mit bloß berathender Stimme) entfchteben wurden. Spät 
diefe Onadenbriefe (in welchen fich die in Deutſchland uͤbliche Nichtigkeit 
das Geſuch um Wicdereinfegung in den vorigen Stand vereinigte) den 
Lettres de proposition d’erreur, und unter den bürgerlichen Unruhen ı 
bes 14. Zabeh. wurden fie inner häufiger an das Confell getviefen, w 
auch aufing, die Rechtsſachen von den Parlamenten, wenn eine Partei 
teilichkeit desfelben klagte, vor ſich felbft zu ziehen und den Bang ber J 
Lettres d’etst (Suspenfionen der Proceffe wegen angeblicher Abweſe 
Partei im Dienſt des Königs) zu hemmen. Unter dem Kanzler Poyet (1: 
wurbe biefes Unmefen am aͤrgſten, aber den Kanzlern Dfivier (1545- 
Hoͤpital (156068), diefen befben großen Refonmatoren der franz. Re 
fung, verdankte man ſchon Beſchraͤnkungen deſſelben, bis in ber U 
von Blois (1576) alle Redztömittel gegen bie Erkenntniſſe der Parlames 
drei: ber Proposition d’erreur, wegen Irrthums ber Richter in ben 2 
der Roguäte eivile ( Wiedereinſchhung in den vorigen Stand), wegen B 
Partei, oder Fehler des Sachwalters und ber Cassation (Ridytigkeitefi 
gen Verlegung ber Formen ober klarer Geſetze in der Entſcheidung vebuc 
Durch die beruͤhmte Procegorbnung von 1667 wurde das erſte auch 
fehafft, die requäte eivile und Caffation aber erweitert und genauer 
Die erſte wurde immer bei dem Gerichtshofe felbft angebracht und emtfc 
legte mußte bei dem Eonfell angebracht werden. Zu biefem Ende war in 
seil prive oder Cons, des parties ein eignes Collegium ausgebildet wor 
ches aus dem Kanzler, den 4 Staatöfecretairen (Departemententinlf 
Staatsraͤthen und fämmtlichen Maitres des requetes (1789, 78 an be 
ftand. Auf die Emtfcheidungen dieſes Collegiums hatten Hofgunſt umb « 
wirkungen allzu vielen Einfluß, ſodaß fie, obgleich oft große Ungerechti 
Parlamente und ander hoͤchſten Berichte aufdeckend, dennoch nicht in gi 
fehen flanden. Es wurde daher ſchon von der erften Nationalverfammeh 
hoben, und an feine Stelle ein unabhängiger Berichtshof, das Caffatioı 
gefegt (Geſetz v. 27. Nov. 1790), welches in allen Gonftitutionen | 
wurde, und unter der kaiſerl. Regierung (1804) den Namen Gaffarione: 


Gaffini (Bamilie) 499 


& führt. Es beſtand nad) der Organifation von 1800 aus 48 Mitglies 
ide auf Vorſchlag der Confuln vom Senate ernannt wurden unb ihre 
m ſelbſt ans ihrer Mitte erwählten. Später wurde die Ernennung ber 
en dem Kaiſer überlaffen. In der Charte constitutionnelle von 1814 iſt 
Recht, die Mäthe zu ernennen, bem Könige beigelegt, fie können aber 
ex entlaffen werben. Der Juftisminiftee (Garde des Sceaux) hat ba 
a Vorſitz zu führen, wenn das Tribunal die ihm zuftehende Cenſur und 
argewalt über die koͤnigl. Hofgerichte (Cours royales) ausübt, außerdem 
ven Oberpraͤ ſidenten (premier pres.) und 3 Sectionspraͤſidenten. Das 
richt nie in ber Hauptfache, fondern nur tiber die Gompetenz ber Gerichte, 
Hlagen gegen diefelben und über die Nichtigkeitögefuche der Parteien in 
» Criminalfachen, und verweift die Sache, wenn ein Erkenntniß wegen 
3 der Form ober klarer Mechtefäge bei der Entſcheidung der Sache caffirt 
ein andres Bericht. Es theilt ſich zu diefem Ende in drei Sectionen, 
n des requetes, welche über die Zuläffigkeit ber Gefuche in Civilſachen 
', die Seetion de cassation oivile und die Seet. de cassation erimi- 
Bird, nachdem ein Erfenntniß cafjirt morben ift, von dem zweiten Ges 
erfelben Sache wieder ebenfo gefprochen und zum zweitenmal Gaflation 
r, fo mug das Gaflationsgericht entweder authentifche Interpretation 
es von der Regierung erbitten, ober wenigſtens müffen alle drei Sectio⸗ 
mentreten, um die Caſſation wiederholt auszufprechen; und wenn bas 
mneniß wieder ebenfo ausfällt, fo macht ein abermaliges Caſſationsge⸗ 
sthentifche interpretation ſchlechthin nothwendig. Die Erkenntniffe des 
zhofes werden nicht nur in die Bücher der Gerichte eingetragen, deren Ur: 
ss find, fondern auch durch ein amtliche Bulletin befannt gemacht unb 
ie Zufammenftimmung und Gleichförmigkeit in ber Entwidelung der 
Tenfchaft erhalten, ohne welche die Prarts nur ein willkuͤrliches Schwan- 
en mannigfaltigee Theorie, nicht aber eine wahre Fortbilbung der Wiffen: 
Geſetzgebung gewähren kann. Bon feiner Errichtung an hat bas Caſſa⸗ 
nal die Adytung und das Vertrauen Frankreich genoffen, und zählt 
ausgezeichnetſten Rechtögelehrten unter feinen Mitgliedern, wie den Praͤ⸗ 
zenrion de Panfey , die Räthe Chabot, Merlin und Sarnot. — Für bie 
reuf. Rheinprovinz (die Regierungsbezirte von Kleve, Duͤſſel⸗ 
en, Aachen, Trier und Köln) wurbe durch die Verordnung vom 24. Yun. 
: Mevifions» und Gaffatienshof zu Berlin (beftehend aus einem Präs 
2b 16 Näthen, worunter Prof. von Savigny) errichtet, welcher das (dem 
ofgerichten gleichſtehende) Appellationsgericht zu Düffelborf (aus 1 Praͤ⸗ 
26 Räthen und 6 Affefloren beftehend) und in dem Bezirk dieſes letztern 
Banbgerichte (franzoͤſ. Tribunale erfter Inſtanz) unter fi) hat. — Im 
d geben die Reftitutionen und Nichtigkeitöllagen (writ of error) von 
drei Obergerichte im den meiften Källen an die beiden andern (von Com- 
s an die Kings-bench; von Exchequer an das Bericht ber Exchequer- 
‚ befiehend aus dem Großkanzler, dem’ Lordfchagmeifter und den Rich⸗ 
i nch und Common pleas; von der Kings-bench in Schuld: und 
bern Sachen an bie Exchequer-chamber , beftehend aus ben Richtern 
wu pleas unb Exchequer) und in legter Inftanz immer an das „paus 
als oberften Nationalgerichts hof. 
ſſini. Dieſe in der Geſchichte der Aſtronomie u. Geographie berkbinte 
ae drei Benerationen hindurch fich die größten Verdienſte durch wiffen- 
keiſtungen erworben. 1) Siovanni Domenico, geb.d. 8. Juli 
Perinaldo bei Nizza, ftubirte zu Genua bei den Jeſuiten. Der Zufall 
w Neigung auf die Aſtronomie. Er machte fo fchnelle Sortfchritte, bag 
52 * 


500 Caſſini (Familie) 


fyon 1650 der Senat von Boloyna ihm den erſten Lehrſtuhl ber ? 
der Univerfität übertrug. Es gab hier eine Dittagslinie, welche < 
1575 in der Kirche der beil. Petronia gezogen hatte, um bie Äquinoı 
flitin zur genauen Beſtimmung der Kirchenfefte mit ihrer Hüli 
weiche aber nicht die erfoderliche Genauigkeit gewaͤhrte. 1653 kam 
auf den Gedanken, eine längere und genauere Mittagslinie zu ziehen 
her die Unficherbeiten gehoben werden koͤnnten, weldye noch Über 
{hen Refrsctionen und über alle Elemente der Theorie der Sonr 
In 2 Jabern fam er mit diefer ſchwierigen Arbeit zu Stande, dere 
genauere Gommentafeln, eine richtigere Beflimmung der Parallare d 
und eine treffliche Tafel der Refractionen waren. Fremdartige Gef 
der Senat von Bologna und nachher der Papft ihn beauftragten, ur 
weilen f. aftrenomifchen Arbeiten. Ex befand fidy zu Citta bella 
mit Sicherdeit auf der Scheibe bed Jupiters die Schatten wahrnah 
Xradunten bdeffelden darauf werfen, wenn fie zwifchen diefem Pia: 
Senne INfindtich find, und welche er genau von den Flecken auf der S 
unterfbied. Durch erflere berichtigte er feine Theorie von der Bewe. 
Innten, durch Ieptere beflimmte er die Umſchwungszeit des Jupite 
machte er eine Menge von Beobachtungen Über die Infekten, die v 
gedruckt wurden. 1668 gab ©. f. „Ephemeriden ber Jupiterstraba 
ein Dememderungsmwürbiges Werk, fo unvolllommen es auch jegt, m 
Arbeit verglichen, erfcheint, und er warb durch Golbert nach Frankrei 
woſelbſt es jenem gelang, 1673 ihn auf immer für dieſes Land zu g 
fegte bier f. aſtronomiſchen Arbeiten mit doppeltem Eifer fort, und er 
dem ſchon von Hupgens wahrgenommenen Zrabanten des Saturn, 
Sdon früher hatte er das Zodiakallicht entdeckt ; er zeigte ferner, daß 
nicht, wie man geglaubt hatte, fenkcecht auf der Ebene der Ekliptik flı 
Die Urfachen der in der Theorie des Mondes unter dem Namen Librat 
Erſcheinung fennen. Die Geſetze biefer Bewegungen, bie er fehr gen 
find eine feiner fchönften Entdedungen. Der Akademie überreicht 
&ungen über den indifchen Galender, und gab neue und genauere 2 
AYupiterstrabanten heraus. Die von Picard angefimgene, von Lal 
nördlich von Paris, 1700 von Gaffini bis an die Außerfte Spike vı 
fertgefäbrte Mittagslinie wurde 40 3. nachher von Francois Caſſini 
und 100 J. fpäter von Méechain und Delambre gemeffen. Das € 
ledtern Meffung weicht von dem durch Gaffini gefundenen nur um | 
von 21 Toiſen ab. GC. ftarb, nachdem er einige Jahre früher fein G 
batte, b. 14. Sept. 1712 an Atteröfchwäche. Lalande gibt in der „Bihl 
ein Verzeichniß f. Schriften. Sein erſtes Werk waren die „Obse 
anal 16552— 53" (Modena 1653, Fol.). S. 1666 zu Rom in Fol 
Upp. astronom.” enthalten eine vollftändige Sammlung ber frühe 
Oudiich befinden wir feine von Ihm felbft gefchriebene Biographie, d 
Kufflal de Thury (f. unten) in den „Memoires pour servir & l’his 
von“ (F.) berausgegeben bat. 2) Jacques, des Vorigen Sol 
NR, Behr. 1677 zu Paris, trat fhon 1694 in die Akademie der 
en. Vr begleitete feinen Water nach Italien, bereifte in der Kolge 
Nayland, und ward 1696 Mitglied der koͤnigl. Geſellſch. zu London. 
Ruͤcktedr defchäftigte er fich mit ber Aftronomie und Phyſik, und ſchri 
Mmadiungen über die Elektricitaͤt, über die Barometer, über den St 
Jewehre, über die Vervollkommnung der Brennfpiegeiu.f.w. 17 
|. großes Werk über die Neigung der Bahnen der Satumstrabant 
Wunygek. Aber allgemein machte er ſich durch f. Arbeiten zur Beflimn 


Caſſiodor 501 


de bekannt. Bei der erſten, 1669 begonnenen Meſſung glaubte man, 
des Meridiand nach Norden kürzer zu finden als nad Süden, und man 
us auf eine ftärfere Krümmung der Erde nad) den Polen zu. (S. Ab⸗ 
9.) 6., der 1701 die Meſſung mit f. Vater bis Sollioure und 1718 
rchem fortge'eht hatte, gab bei diefer Gelegenheit fein diefe Behauptung 
es Wert „De la grandeur et de la figure de la terre” heraus. Alle 
der Newton'ſchen Syſtems widerfprahen einem Refultat, das dem 
edes Anziehung und der Ummwälzung der Erde um ihre Are entgegen 
in warf ein, der gemeffene Bogen, obmol er ungefähr 9 Grade betrug, 
roß genug, um mit Sicherheit darauf fußen zu Binnen. Ludwig XV. 
rauf, die Grade des Meridians unter dem Äquator und in der Nähe des 
effen ; aber um die Aufgabe noch unmittelbarer zu löfen, wurbe bie Aka⸗ 
3 beauftragt, die Länge von ganz Frankreich, von Breft bie Strasburg, 
.. ©. leitete diefe Arbeit und verfiel dabei in einige Irrthuͤmer, welche 
eihaftigkeit der Inftrumente der frühern Beobachter, denen er zu viel 
x, zuzuschreiben find. Er ftarb auf f. Randgute zu Thury 1756. Aus 
enanntem Werke befigen wir von ihm „Elemens d’astronomie” (Pæris 
Lat. duch Hell in Wien), wozu bie ebendaf. erfchienenen „Tables mitr.“ 
bung gehören. Wegen ausführlichen biogr. Notizen vergl. die Eloge 
fem. de l’acad.' 3) Caffini de Thury (Eeſar Francois), des 
Sohn, geb. den 14. Juni 1714, war noch nicht 22 Jahre alt, als er in 
nie der Miffenfchaften trat. Die Sammlungen derfelben enthalten 
nblungen von ihm; aber feinen ganzen Fleiß befchäftigte ein größeres 
tan hatte den Plan gemacht, Frankreich geometrifch zu vermeffen; Caſ⸗ 
erte ihn dahin, ganz Frankreich topographifd) aufzunehmen, auf biefe 
Abftand aller Örter von dem Meridian von Paris und dem Perpendicu⸗ 
eſes Meridians zu beſtimmen. Nie hatte man eine größere und für bie 
e nüplichere Arbeit unternommen. Als 1756 bie Unterflügung auf 
che bie Regierung dazu vermilligt hatte, trat auf C.'s Antrieb eine Ge: 
ıfammen, weldye die Koften vorſchoß und ihre Vorichüuffe aus dem Ver: 
Sharten wieder erhielt, fodaß es ihm gelang, faft die völlige Beendigung 
it zu erleben. Er flarb 1784 und hinterließ, außer Zufägen zu feines 
"ables astron.”, mehre auf feine große topographifhe Unternehmung 
Schriften. 4) Jacques Dominique (Graf), bed Vorigen 
». zu Paris 1740, Director der dortigen Sternwarte und Mitglied ber 
der Wiffenfchaften, nahm Theil an der Örenzregulitung der einzelnen 
ents, und ifl neben feinen mathematifchen Kenntniffen im Verwaltungs: 
tundig. 1789 fg. übergab C. der Nationalverfammlung die „Carte 
üque de France” in 180 Bt. (jest mit der „Carte d’assemblage des 
182), das Ganze bebedt eine Quadratflaͤche von 33 5. Höhe und 34 
Die erfin Bl. enthielten die Umgegend von Paris; fcharfe Abzuͤge 
ı wegen des ſtarken Abſatzes jest felten. Der fogenannte „Atlas natio- 
ne Reduction deflelben auf $ des Maßſtabes, beforgt von Dumen u. a. 
6, feit 1791; außerdem gibt ed noch eine Reduction auf } de Maß: 
481. 1793 wurde C. vom Revolutionstribungt als Gegner der Repu⸗ 
tet; er rettete fein Leben, verlor aber die Kupferplarten ber Charte von 
‚ bie z Mil. Franken gekoftet hatten. 
fiodor (Magnus Aurelius Caſſiodorus), ein gelehrter Römer unter 
hen Herrſchaft, hefoͤrderte die Erhaltung wiffenfchaftlicher Exkenntniffe. 
Sauitaci (Aquiliacum) 480 n. Chr., nach Andern 470 geboren, beklei⸗ 
? Staatsämter in Rom, und wurde auch Secretair des Oftgothenkönige 
), zog fih aber 937 freiwillig in die Einſamkeit eines Kloſters in Cobo⸗ 


502 Caſſius Longinus Gaftanos 


brien zuruͤck, wo er 577 ftarb. Er ließ die Mönche feines Kloſters Handfch 
von alten Schriftftelleen abfchreiben, und wurde durch fein Lehrbuch „De sei 
diseiplinis liberalibus, “in welchem er das „trivium” und „quadrivium" b4 
delte und Bruchftüde der alten claffifchen Riteratur nieberlegte, ein Lehrer fi 
Mittelalter. Für Theodorich ſchrieb er auch feine univerſalhiſtoriſche Compil 
„Variarum libri XII.“, fowie er eine „Historia Gothorum” verfaßte, w 
wir einen Auszug des SSornandes haben, und mehre theofogifche Schriften 
geringer Bebeutung. Seine Werke hat 3. Garet (Venedig 1679, Fol. ı 
Ausgabe 1721) gefammelt. 

Caſſius Longinus (Cajus), Fremd des Brutus, rettete als Qui 
des Eraffus die wenigen in der mörberifchen Schlacht gegen die Parther Abel 
bliebenen römifchen Soldaten, und behauptete damit Syrien gegen die Par 
bis zur Ankunft des Bibulus. In dem zwifchen Pompejus und Caͤſar ausge 
chenen bürgerlichen Kriege ſchlug er fich zur Partei des Erſtern, dem er als 
fehlshaber zur See wichtige Dienfte leiſtete. Als CAfar nach dem Siege bei} 
falus den Pompejus verfolgte, fieß er beim Überfegen über den Hellefpont mit 
nigen Fahrzeugen auf die aus 70 Segeln beftehende feindliche Stotte, welche 
fing befehligte. Caͤſar foberte fie zur Übergabe auf, und Gaffius, über den U 
und die Kühnheit Caͤſar's erſtaunt, gehorchte Ihm. Als aber über Caͤſar 
fücht, fich zum Oberheren des roͤmiſchen Staats aufzumerfen, kein Zmeifel 
biieb, faßte Caſſius als ein eifriger Republikaner den Entſchluß ihn zu töbten, 
führte ihn, vereint mit mehren Diitverfchworenen, 44 3. v. Chr. aus. Damm 
er in Verbindung mit Brutus ein Heer, um mit den übrigen Republitanifchged 
ten bie erlangte Freiheit zu behaupten. Es kam zwifchen biefen und Octaviud 
Antonius, die Caͤſar's Tod zu rächen vorgaben, bei Philippi zu einer Sch 
in welcher Caſſius, weil er Alles für verloren hielt, fich felbft ermorbete (42 v. 
Brutus nannte ihn den legten Römer. (Vgl. Brutus und Caͤſar.) 

Caftagnetten, Heine hölzerne Klappern, welche in Form zweier au 
hoͤhlter und aufeinander paffender Becken oder Schalen durch ein Band verbzt 
und an ben Daumen befeftigt werden. Indem man nun bie übrigen 
ſchnell an ihnen abgleiten Läßt, entiteht ein tremolirender Ton, welcher den 
mus des Tanzes genauer bezeichnet. Etwas Ähnliches war das Krotalon 
Alten, die ſich auch bei ihren Taͤnzen und Bacchusfeften Feiner Cymbalm 
ten. Wahrfcheinlich aber ftammt ihr Gebrauch aus dem Orient her 
durch die Mauren nady Spanien. Hier haben fie auch ihren Namen Ca 
weil fie gemöhnlid, aus Kaftanienholze gemacht wurden, ober wegen Ihrer 
erhalten. Noch gegenwaͤrtig findet man fie In Spanien und hier und da im 
lichen Srantreih. Der Reiz der Abwechſelung hat ihnen auch in den Ballet 
Dpern (3. B. „Sohann von Paris’) einen Platz verfchafft. 

Caftaflo8 (Don Francisco de), fpanifcher General, geb. 1743, 
ben franz. General Dupont de !’Etour in der Sierra Morena am 20. Jufi X 
zur Niederlegung ber Waffen und ſchloß mit ihm die folgenreiche Capitu 
Baplen. Er ftammt aus einer vornehmen Familie in Biscaya und ift ein 
bes berühmten Generals, Grafen Drelly, den er nach Deutfchland begleitete, 
in bes großen Friedrich Schufe die Taktik fludirte. 1794 diente er mit Aut 
nung als Obrift in der Armee von Navarra unter Caro; 1798 wurde x Gen 
lieutenant, und bald darauf, als Feind des Friedensfürften, mit mehren anbius 
ficieren aus Madrid verbannt. Beim Eindringen der Franzoſen erhielt ee 1 
ben Oberbefehl einer Deerabtheilung an ber Grenze von Andalufien, wo Da 
vorzubringen Miene machte. Mit 9000 M. Linientruppen und etwa YO) 
Bewaffneten aus dem Volke ſchlug er den General Dupont. (S. Bapylen.) 

gegen verlor er bie Schlacht bei Tudela (Pan. 1808). 1811 ernannte Ihn bie 











Saftelcicala Gafti 5053 


Miheft sum Obergeneral der vierten fpanifchen Armee und zum Commandan⸗ 
nushesz Provinzen. Er wurde nun der Waffengefährte Wellington’s und ent: 
Its große militairiſche Talente in ber Schlacht bei Viktoria, bie zum Theil durch 
und feiner Truypen Tapferkeit gewonnen wurde. Die Regentfchaft beging 
— * ibm feine Stelle zu nehmen und ihn zum Staatsrathe zu er⸗ 
ſchrieb dem Kriegeminifter: „Ich habe die Genugthuung, bem Feld⸗ 
Fe de das Commando, das ich 1811 vor Liffabon übernahm, an ber 
von Frankreich zu übergeben”. Nach Ferdinands Ruͤckkehr wurde er Bes 
nkepltainn won Catalonien und mit Orden beehrt. 1815 befebligte er das zum 
uhten in Frankreich beftimmte Heer. 1816 legte er feine Stelle nieder. 1824 
Ing es ihm, fich bei Ferdinand VII. zu purificiten (vom Werbacht conflitutioneier 
zu veinigen), er wurde wieder zum Generalcapitain ernannt und 1825 
Otaatsrath berufen. 
Gafelcicala (Don Fabricio Ruffo, Fürft von), aus einer alten neapofitas 
* Jamilie, erhielt unter dem Miniſter Acton 1796 in dem berüchtigten politi⸗ 
u Smautiitionstribunal eine bedeutende Stimme. Da aber dieſe Ötaatsiunta 
‚imech zus ſtrenge Strafen nach bloßer Willkuͤr verhaßt gemacht hatte, fo loͤſte 
*8 derſelben, Acton, ſein eignes Inſtrument wieder auf. Er errichtete 
andre Junta, in weicher Guidobaldi und der Praͤſident Vanini, wahre Schre⸗ 
, Play nahmen und ihre Strenge fo weit trieben, daß Acton ſelbſt bie 
Derfelben zu fürchten anfing, ſodaß er das Miniſterium niederlegte und der 
Gaftelcicala fein Nachfolger wurde. Vanini wurde nun dem Volkshaſſe 
und entleibte fidy ſelbſt. Der Prinz Caſtelcicala war es insbefondere, 
au ber Schlacht bei Abulir feinen Hof zu einer Kriegserklaͤrung wider Frank: 
buwog; auch begleitete ex feinen Monarchen, als diefer in Folge bes Vor⸗ 
bes franz. ‚Heeres 1799 mit dem Hofe ſich nach Sicilien begab. Zwei J. 
wurde er ficitianifcher Geſandter in London, und als Die bourboniſche Dyna⸗ 
im franz. Thron wieder beſtiegen hatte, Geſandter beim franz. Hofe. In 
Poſten unterzeichnete er, in Folge einer Ihm aufgetragenen au 
Berhandlung, den für Großbritannien hoͤchſt wichtigen Tractat mit 
beider Sicilien am 26. Sept. 1816, der die Handelsverhaͤltniſſe beiber 
fo —— daß gegen 10 Procent Einfuhrzol nad) den Facturen ber 
alle britiſche Producte und Fabrikate in den ficitianifchen Häfen einge> 
werden dürfen. Mach der Revolution 1820 ernannte ber König Ferdinand 
Bringen sum Botſchafter in Madrid; er Ichnte aber diefe Ernennung ab, und als 
um Paris zurädberufen wurde, blieb er dennoch und ſetzte feine Miſſion fort, 
I annahm, daß der König unter dem damaligen Einfluffe ber Inſurre 
t habe frei handeln Finnen. Seitdem ift ex koͤnigl. ficitianifcher Botſchafter 


Daris 

Gafelii (Johann Friedrich), geb. zu Wien den 6. Mär; 1781, Theater: 
iz Dafeibft, ſchrieb mehres als Pſeudonym: Brüder Fatalis. Bekannt find f. 
muntifdhe Schen” (7 Jahrg, Wim 1816— 22); das Drama: „Die 
ie und der Mörder (1819); „Die Schweizerfamilie”, nach der franz. Oper 
Nuf., Wien 1821),u.f.w. Auch rebigirte ex eine Zeitlang das wiener „Con⸗ 
ntienöblast‘' uud iſt nody Herautgeber bes Taſchenbuchs: „Huldigung ben 
ma". ©. —— in Hafelnäffen” (Wien 1825) iſt eine Samml. 
‚2000 in kurzen Reim» und Kernſpruͤchen. 

Eaſti 26 Dichter, geb. 1721 zu Prato in der Naͤhe vom Flo⸗ 
» machte feine Seudien auf dem Seminar von Montefiaſcone, ward baun Pro⸗ 

w bafstbfl, eine Dompfrände und machte eine Reife nach Frankreich. 
* Eistabung des Fuͤrſten von Roſenberg, der ihn in Florenz kennen gelernt 
ie, ging ar mach Biten und ward Joſeph IL. vorgeftellt, welcher den Geiſt des 




































504 Gaftiglione 


Dichters zu fhägen wußte und ihn oft in feine vertrauten Unterhaltunge 
C. ergriff jede Gelegenheit, die fich ihm darbot, um andern Höfen empfohl 
werden, inbem er fich, jedoch ohne Amt und Zitel, an mehre Gefanbtfchaften 
ſchloß. Katharina II. nahm ihn auf das fchmeichelhaftefte auf. Er bei 
dann auch ben berliner Hof und andre deutfche Höfe. Als er nady Wien zuri 
kehrt war, ließ ihn der Fuͤrſt von Rofenberg, welcher Doficyaufpieldirector mar, 
Metaftafio’d Tode zum Poeta cesareo (faiferl. Hofpoeten) ernennen. Rad 
ſephs II. Tode aber foderte G. feinen Abfchied und zog ſich nad) Florenz zu 
wo er einen großen Theil f. Werke fchrieb. 1783 kam er nad) Paris. Unges 
des hohen Alters hatte er noch die ganze Kraft und Thätigkeit feines Geiftes. E 
Heiterkeit, feine durch einen leifen Anftridy von Ironie gewuͤrzte Naivetät, | 
MWelterfahrenheit machten feinen Umgang hödhft anziehend; dabei mar ſein 
rakter feft und fein Betragen regelmäßig. Eine Erkältung machte den 6.1 
1803 plöglich f. Leben ein Ende. Er war über 82 J. alt. Wir befigen von 
„Novelle galanti dell’ Abb. C.“ (neue Aufl., Paris 1804, u.d. X.: „Near 
di Giamb. Casti” in 3 Bdn.). Ihre Zahl beläuft fi auf 48. Faſt alle find jl 
108, aber zugleich anziehend durch die Lebhaftigkeit, Eigenthuͤmlichkeit und i 
lichkeit des Styls. Ein Gleiches laͤßt fich von f. großen, didaktiſch⸗ fatyel 
Gedicht: „Gli animali parlanti, poema epico diviso in 26 canti di Gü 
Casti” (Mailand 1802, 5 Bde.) , fagen, welches er als 70jaͤhriger Greie, 1 
— 99 ſchrieb, und welches erſt jegt die verdiente Aufmerkfamleit erregt, u 
ſcheinlich, weit früher e8 Niemand wagen mochte, die darin enthaltenen M 
Wahrheiten öffentlich) zur Sprache zu bringen. Es find davon zwei frang. 
eine beutfche Überfegung („Die redenden Thiere”, 3Bde., Bremen 1817) et 
nen. Zebtere verbient allgemeine Anerfennung. Sehr angenehm find Gafti’s „I 
Anacreontiche” und hoͤchſt originell und luſtig f. Eomifhen Opern: „La g 
di Trofonio”, ‚Il Re Teodoro in Venezia” u. f.w. 

Caftiglione (Baldaſarre), einer ber zierlichften diterm italien 
Schriftfteller, geb. den 6. Deche. 1478 zu Gafatico im Dantuafchen (f. M 
war aus dem regierenden Haufe Gonzaga), ftubirte zu Mailand, trat in bie Di 
bes Herzogs von Mailand, Ludwig Sforza, nad) deffen Gefangennehmung | 
die Seanzofen der Marquis von Gonzaga zu Mantua ihn aufnahm. ( 
Sabre nachher trat er in die Dienfte des Herzogs von Urbino, Guidobalbel 

vera, der ihn zum Anführer einer Compagnie von 50 M. machte. Caflig 

eb bald eine Zierbe des feinen, prächtigen Hofes von Urbino. Seine glänye 
Eigenfchaften, feine Kenntniffe, Talente und liebenswürbigen Sitten bew 
den Herzog, ihn 1505 ale Gefandten an Heinrich VIII. nad) England, und 1 
in gleicher Eigenfchaft an Ludwig XII. nady Mailand zu fenden. Guiboba 
Nachfolger, Herzog Francesco Maria, erhob ihn zum Grafen und gab ika 
Schloß von Ruvillara bei Pefaro zu Lehen. Als Leo X. 1513 Papft gem 
war, erfchien C. bei demfelben als Abgefanbter feines Deren, unb trat bis 
den berühmteften Literatoren und Kuͤnſtlern in freundfchaftliche Verbindung. 1 
gelang es ihm, für den neuen Herzog von Urbino, Federigo, den Befehl üb 
päpftl. Truppen, den f. Vater geführt hatte, auszuwirken. Auf eine andee 
diente er dem jungen Herzog in dem Kriege gegen die Franzoſen, unb warb | 
nady Clemens VII. Wahl, wieder nad) Rom gefandt. Als diefer Papſt das 
darauf die wichiigften Angelegenheiten mit Karl V. zu verhandeln hatte, le 
fie, mit des Herzogs von Urbino Bewilligung, in Caſtiglione's Hände. Dei 
fer bezeigte ihm perfönlich große Gunft, dennoch kam ber Friede nicht u © 
vielmehr warb 1527 Rom von dem Gonnetable von Bourbon genommer 
geplimbert. Dies Ereigniß verurfachte C. den tiefſten Schmerz; der Paz 
fchuldigte ihn der Vernadhläffigung. Zwar gelang es ihm, fich zu vechtfer 


Saftilin Gaftration 505 


tube gewann er nicht wieder. Der Kaiſer, der feine Sorgfalt für ihn 
naturaliſirte ihn als Spanier, und gab ihm das reihe Bisthumm 
©. aber weigerte ſich, es vor ber völligen Ausſoͤhnung Karls mit dem 
mehmen. Aber fchon hatte ber Kummer feine Gefunbheit unterara> 
irb den 8. Febr. 1529 zu Toledo. Unter C.'s Werten ift das „Libro 
ano" das berühmtefle. Er ehrt darin die Kunft, die ein Hofmann 
ıäffe, um feinem Fürften angenehm und nuͤtzlich zu fein und überhaupt 
it Erfolg aufzutreten. Die Schreibart ift mufterbaft. Die aͤltern Aus» 
enen, als voliftändiger, ben Vorzug. Auch feine, nicht zahlreichen 
und lateiniſchen Poefien find Mufter der Eleganz. S. Briefe 
9) find zugleich flr die politiſche und Literargefchichte wichtig. Taſſo 
a einem Sonett gefeiert und Giuilo Romano ihm ein Monument zu 
richtet. 
ilien, 2 Königreihe: Alt: und Neucaftilien, f. Spanien. 
lereagh, Lord, britifcher Minifter, f. Londonderry. 
rametation, bie MWiffenfchaft, ein Lager geſchickt abzufteden, 
ft überhaupt. Sie gründet fich bei regelmäßigen Lagern anf das Abs 
ver Linien und auf die unter einem Heere zu haltende Lagerordnung. 
befiche «6 aus Zelten, Baracken, oder zum reinen, eigentlichen Bivouac 
n Piägen, muß fo vertheilt fein, daß die Schlachtorbnung baburch 
ügen nadygebildet ift, damit beim plöglichen Aufbruch die Stelle jedes 
nd die Geſtalt des Ganzen fich leicht und natürlich finde ; zugleich aber 
xhörter, das Gepäd und alle Kriegsvorraͤthe in den bequemften Erreis 
t geftelit find. 
ration, Berfchneidung, Entmannung, das Verfahren, wodurch eis 
gen Weſen durch Wegnahme der Hoden bie Zeugungsfäbigkeit geraubt 
kwuͤrdig ift die Veränderung, welche die Gaftration bei dem Menfchen 
Der männlicdye Körper fängt an, dem weiblichen ähnlich zu werden. 
ikraft ber Fibern und des Muskelgewebes wird geſchwaͤcht und da: 
Ugervebe in den Stand gefegt, eine bei weitem größere Menge von Fett 
mehmen, bie Barthaare bleiben zurüd, der obere Theil der Luftröhre 
beträchtlich und ber Caſtrat erhält die Phyfiognomie und Stimme 
8. Auf ben moralifhen Charakter fcheint die Caſtration gleichfalls 
yaben, indem fie die Urtheilskraft ſchwaͤcht, gefuͤhllos, muͤrriſch, klein⸗ 
im Ganzen genommen unfähig zu großen Unternehmungen madht. 
Glaffe madyen Diejenigen aus, denen die Theile zwar nicht entnommen, 
ilt kuͤnſtlich zerftört find, daß ihnen, obwol nicht die Begattungsfaͤhig⸗ 
e Kraft der Zeugung mangelt. Ihrer erwähnt Juvenal als befonterer 
: sgellofen Römerinnen. Sin die dritte Claffe endlich gehören dieje⸗ 
ı, denen fämmtliche äußere Zeugungstheile genommen find. Gie wer: 
Eürken vorzugsweiſe zu Hütern der Weiber gebraucht. Die Caftrirten 
Ren Elaſſen nennt man aud) Eunuchen, und die der dritten ganze 
griech. einen Betebewahrer, Betthüter). Wir haben im Deutfchen 
Elaſſen die allgemeine Benennung Hämmling. Geſchieht die Caſtra⸗ 
ig mannbaren Perfonen in Kolge einer Verlegung oder deral., fo wirkt 
Charakter einige Veränderung, laͤßt aber den Körper durchaus in ders 
afſung. Gogar die Zeugungsfähigkeit dauert wenigſtens noch eine 
ng fort. Rad) ben Verfiherungen der alten Schriftfteller übten die 
wfonders die Lydier, die Gaftration an den Weibern aus. Keptere 
weibliche Weſen zu Hütern ihrer rauen und Zöchter gebraucht haben. 
die Operation eine ganz entgegengefeßte Wirkung hervor. Der Ges 
erliſcht, an Kinn und Oberlippe erfcheint der Bart, der Bufen ver- 


fr nd 


508 Gafus Gatalani 


Gafus, in der Grammatik, die verfchiedenen Beugungen, welche 
men (Nennwort) oder Pronomen (Fürwort) durch Umwandlung feiner € 
erleidet, um dadurch auszubrüden, in welchem Verhaͤltniſſe ed gedacht wird 
diefe Verhaͤltniſſe feibft ſich auf Feine beflimmte Zahl beſchraͤnken laſſen, au 
derfeiben durdy Praͤpoſitionen (Wormörter) bezeichnet werden, fo ift die 3 
Caſus in verfehiedenen Sprachen verfchieden.. Die gemöhnlidhften Cafus (I 
fälte) find: der Nominativ, der Genitiv, der Dativ, der Accufativ, ber 9 
und der Ablativ. 

Gatalani (Angelica), verehel. Walabregue, Sängerin, ift nad 
eignen Erklärung 1784 zu Sinigaglia im Kirchenftaate geboren, mo ihre 
noch 1819 lebten (nach Andern zu Monfoldo bei Sinigaglia), und in dem € 
cienkloſter bei Rom erzogen. Muſik ift eine der Hauptbeichäftigungen im 
Erziehungsanftalten. Angelica entwidelte ſchon in ihrem 7. Jahre ein 
gejeichnetes Talent für den Gefang, daß feibft von fern die Menſchen 
firömten, um fie zu hören, und endlich die Obrigkeit dem Kloſter unterf: 
Wundermaͤdchen ferner fingen zu laffen. Aber die Achtung eines Cardimg 
die Liebe des berühmten Bofello erhielten und erzogen fie der Kunſt. In 
verließ fie dieſes Kloſter. In ihrem 19.5. erfchien fie zu Venedig auf dem 
und trat von nun an auf den Theatern von Mailand, Slorenz, Rom, 
meiftens in den großen Sopranpartien auf. in vortheilhafter Ruf 
Liffabon, wo fie neben Crescentini und der berühmten Gafforini 5 Jahre 
Zierde ber italien. Oper war und endlidy 1806, mit Gefchenten und € 
begleitet, über Madrid und Paris nad) London ging. In Mabrib br 
erſte Concert über 15,000 Thaler ein, und ihr Ruhm verbreitete ſich 
Europa, ale fie in Paris durch eine Reihe von Concerten Altes in Erſta 
In London hatte fie im erften Jahre einen felten Schalt von 72,000 
fotg. J. von 96,000 Francs, nebft 2 Concerten, jedes von 30,000 $r., 
warb nebenbei, während der 8 J. ihres dortigen Aufenthalte, ducch Reif 
Provinzen ungeheure Summen. 1814 Erhrte fie nad) Paris zuruͤck und 
die Direction der italien. Oper mit einem bebeutenden Zufchuß, melde | 
1815 bis zu Bonaparte's zweitem Sturze wieder verlaffen mußte, waͤ 
cher Zeit fie Belgien bereiſte. Mit der Rückkehr des Königs übernahm 
Dper wieder. 1816 befuchte fie Hanover, Hamburg, Berlin, Leipzl 
furt, Münden, Wien, Stuttgart, Karlsruhe und Italien, umd murbe 
Mat nicht bloß angeftaunt, fondern auch grünblidy beurtheilt. Sie erhi 
Platz unter den bedeutendften Sängerinnen ihrer Zeit angemiefen, da ei 
und Einzige kaum denkbar iſt und fie an einzelnen bedeutenden Eigenfhafl 
Erfoderniffen des Geſanges mandıer frühern und noch lebenden Kuͤnſtlerit 
ſteht. (Bol. den bekannten Aufſatz der leipz. „Muſik. Zeit.“, Jahrg. 1816, 
Wendt.) Ihren Ruhm verdankt fie einem angenehmen Außern, einem kl 
Spiel, der aufergemöhnlichen Klangkraft und einer herrlichen Bewegllchke 
Stimme, einem feltenen reinen TZriller, einem ausnehmenden Reichthume 
tiger, auffallender, mehr glängender als ſchoͤner Figuren und Verzierung 
fonders in der chromatifchen Zonteiter, und einer ganz eignen wunderfanu 
bindung diefer Vorzlige zu einem fremdartigen Ganzen, welches mehr ger 
Staunen und Bewunderung zu erregen, als zu dem Derzen zu fprechen. | 
Regierung nach ihrer Zuruͤckkunft fortroährend bei der ital. Oper in Part 
tend zufchießen mußte, fie felbft aber in der Wahl der Stüde und der Sq 
ter ſich niche dem Wunſche des Publicums fügte und Sängerinnen eiferſuͤch 
fernte, weiche ihrem Geſange auch nur in einzelnen Eigenfchaften gleich od 
legen fchienen, fo hob jene endlich das Privilegium auf und Mad. Catala 
wieder auf Reiſen. Sie beſuchte 1815 Münden, Wien, Dresden, Ü 









Catalonien Catilina 509 


ı Aachen, ſpaͤter Petersburg und Warſchau. 1822 hielt fie ſich in 
wo fe noch mit großem Beifall fehr befuchte Concerte veranftaltete. 
: woieder in Stalien und ging von Rom im Sept. 1826 nach Stutt⸗ 
t an einen ehemal. franz. Gapitain, Valabregue, verheirathet, von 
e Kinder hat. 
onien, die öftlichfte Provinz in Spanien, mit der Hauprft. Bar: 
Spanien.) 
(Charles Simon), Eomponift, geb. um 1773 zu Paris, ein Schüler 
! Prof. der Harmonie am Confervatorium daſ., hat eine große Menge 
ke in verfchiedenen Gattungen herautgegeben, von denen ihm’ jedoch 
Ruhm erworben als fein „Traite d’harmonie” (1802), welchen das 
um zur Grundlage bei dem Unterrichte in der Compofition beftimmt hat 
ranz., Lpz. bei Peters). In diefem Werke geht Gatel bei der Lehre 
nonie von einer dem Scheine nach neuen Anfiht aus. Er unters 
ch 2 Arten von Accorden: die natürlichen und die kuͤnſtlichen; erftere 
liche, und leßtere, durch vergögerte® Eintreten der einen oder der ans 
‚ bie Eänfttihe Harmonie hervorbringen. Eigentlich aber iſt biefe 
nichts weiter, als was wir bereits Jahrhunderte lang als Grundſatz 
nkts anerkannt und in unfern Sompofitionen ausgeführt haben., Die - 
jerfe Gatel's beftehen, außer einer großen Menge von Sompofitionen 
umente, befonders Militairmuſik, in den Opern: „Semiramis”, 
es’, „L’auberge de Bagneres” und „Lei artistes pär oecasion”. 
fchland führen zmei in Berlin lebende ausgezeichnete Kuͤnſtler den 
. De Eine, Louis, tft Architekt und durch mehre ardyitektonifche 
ınnt; der Andre, Franz, Zeichner. 
ina (Eucius Sergius) trat in das Sünglingsalter, ale Rom der 
zrius und Sylla zur Beute geworden. Sprößling einer patricifchen 
8 er ſich an die Partei des Letztern, hatte einigen Antheil an dem 
en größern an den Achtungen deffelben. Mord, Brand und Raub 
len Thaten und Vergnügungen feiner Jugend. Sein Einfluß auf 
Mepublik war bedeutend. Im Deere fcheint er jedoch mit Auszeich⸗ 
zu haben. Hoͤchſt gefährlich ward er, al& er zu feinen übrigen Las 
rug gefellte. Während er die Seelen der Juͤnglinge vergiftete, mußte 
ven Eatulus Wohlgefallen und Achtung abzugewinnen. Gleich ge= 
Fugendhaften zu täufchen, den Schwachen abzüſchrecken und feine 
ı Werderbten mitzutheilen, vereitelte er zwei von Clodius gegen ihn 
Hagen: einen verbrecherifchen Verkehr mit einer Veftalin, und unges 
ungen, die ex al8 Proconful in Afrika ausgeübt hatte, betreffend. 
in den Verdacht, feine erfte Gemahlin und feinen Sohn umgebradht 
Indeſſen hatte ſich eine Act von Buͤndniß unter mehren jungen Mäns 
yer Geburt und vertvegenem Muthe gebildet, welche, um aus ihren 
Schulden zu kommen, kein andees Mittel fahen, als fich der Höchften 
zu bemädhtigen. Catilina war das Haupt. Dieſes Anfehen ver⸗ 
ptfächlich feiner Verbindung mit den alten Soldaten Sylla's, durch 
Nachbarſtaͤdte von Rom, und Rom felbft, in Schrecken hielt. Zus 
ichte er nicht nur die vermorfenften und unruhigſten Plebejer, ſon⸗ 
ıtricier waren unter feinen Anhängern und Gonfularen unter feinen 
. Altes begünfligte feine Verwegenheit. Pompejus verfolgte Trium⸗ 
Eucall Leicht gemacht ; diefer war im Senat die ſchwache Stüge der 
, die umſonſt in ihn drangen, ſich an ihre Spige zu ftellen. Craſſus, 
on den Gladiatoren befreit hatte, aber mit unerfättlicher Begierde 
und Reichthum ſtrebte, ließ den furchtbaren Einfluß Catilina's ent: 


606 Caſtriota Caſuar 


ſchwindet, die Stimme wird rauh u. ſ. w. Boerhaave und Pott erzaͤhlen 
Beiſpiele der Art; bei den Indiern verurtheilt das Geſetz die Ehebrecherin 
Caſtration und dann zum Tode. Bei uns berechtigt allein unmittelbare unb 
gefährliche Beſchaͤdigung der Theile felbft zu einer Operation, bie von fo tel 
Folgen für die menſchliche Gefeufchaft ift. Unter den libeln, weiche fonfl! 
ligionsſchwaͤrmerei erzeugte, bat auch die Caftration eine große Rolle g 
Die Kaifer Eonftantin und Juſtinian waren gezwungen, fich nılt ihrer 
Macht bem religiöfen Wahnwitze zu widerfegen, und nur dadurch, daß fie 
flaämmelung dem Menſchenmorde gleichfekten,, waren fie im Stande, da 
zubalten. Die Valerianer, eine Religionsfecte, denen das Beifpiel bes Dy 
die Sinne verwirrt hatte, bielten biefe Verftimmelung ihrer felbfl nicht 
eine Pflicht, welche die Religion ihnen auferlegte, fondern fie glaubten 
allen Denjenigen, die ihnen in die Hände fielen, in Gutem oder in Boͤſem 
Dicht ausüben zu müflen. In Italien war die Caſtration der Knaben, 
Sopranfängern zu machen, ehemals fehr häufig, weßhalb die Ben 
mit Sopranfänger gleichbebeutend ward. Clemens XIV. verbot biefen 
der aber doch noch lange nachher fortdauerte und in gewiſſen Staͤdten 
gebutdet, fondern felbft fo ſchamlos ausgeibt ward, daß öffentliche A 
dies Eund thaten. In der neuern Zeit find nachdruͤcklichere Geſetze ba 
worden. — Gaftriren beißt bei ben Thieren im Allgemeinen 
ſchneiden, ein Schwein fchneiben; dann auch bei den Pferben, 
den Hähnen, kappen oder fapaunen ıc.; bei Büchern, getoiffe Stellen 
druck binmweglaffen. 

Gaftriota, f. Standerbesg. 

Caftrum Doloris (Zrauerbühne), nicht gleichbedeutend mit 
Diefer (das Trauergeräft) ift bloß die flufenartige Erhöhung bes Sarges 
feieenden erhabenen Todten mit der denfelben umgebenden Kerzenerl 
den dazu gehörigen Verzierungen, Wappen, Inſchriften ıc., welche ſich 
Kirche, ohne daß diefe übrigens eine Veränderung zu erleiden braucht, ober 
Privatwohnung befinden kann. Das Caſtrum Doloris aber iſt der 
worin ein Katafalk ſich befindet, nebft allem Zubehoͤr. Wenn eine 
andre vornehme Perſon, deren Familie dem Verewigten diefe Ehre 
geftorben ift, wird ber Sarkophag (der gewoͤhnlich Leer iſt, weil eine fo 
bewahrung der Reichen felten möglich ift) des Verſtorbenen auf einer 
ſchwarz bebediten Erhöhung (dem eigentlichen Katafalk) zur Schau au 
den Hang des Todten anbeutenden Zeichen find auf ben Sarg gelegt (mie 
gen, Epauletts ıc. eines Dfficiers), ober einzeln auf 4 bis 6 den Sarg 
Tabourets befindlich (die Reiche: oder fürftlichen Infignien), wenn eö 
rendes Haupt ober zur Herrſcherfamilie gehörig gervefen. Hohe Arm 
geben den Sarg. Ein Thronhimmei bedeckt ihn, an deſſen Pfellern 4 
fieben. Der im Dienfte des verft. Fuͤrſten deſſen Perſon zunaͤchſt geftaubll 
ficier oder Offictant fteht zur Linken am Kopfende des Sarges, mit ber 
denfelben berührend, zum Zeichen der auch über das Grab hin reichenden 2 
lichkeit. Das Zimmer ift ſchwarz ausgefchlagen, mit fübernen Gehaͤngen 
den Sinnbildbern ıc. ernft und edel verziert und mit zahlreichen Kerzen ei 
Ein ſolches geſchloſſenes Zimmer, oder die Kirche, oder Capelle, wenn fie bi 
gerichtet worden, heißt eigentlih Caſtrum Doloris. Die Stangofen 
Chapelle ardente, welcher Ausdrud wohl von Chambre ardente 
unterfcheiden iſt. 

Gafuar, nad) dem Strauße der größte Vogel; re mißt vom Saas 
zu den Klauen bie 54 Fuß. Die Fluͤgel des Caſuars find noch kleiner aitl 
Seraußes und zum Fliegen gan unbrauchbar. Gtatt der Schwungfebeuii 
















Gafuiftik Caͤſur 607 


a & bis 6 kahle Schäfte, die ben Stacheln eines Stachelſchweins gleichen. 
mf iſt fo ſchnell, daß ihn die flüchtigften Jagdhunde nicht einholen koͤnnen. 
iat Dftindien, befonders Java und die Moluden. Geine Nahrung bes 
6 Planzenſtoffen. Zu Botanybai und Port Sadfon hat man eine Gat⸗ 
faare entdedit, die noch weit größer find, und fie neuholländifche genannt. 

afuifti?, derjenige Theil der ehemaligen Theologie und Moral, welcher 
den ägen befchäftigt, nach welchen ſchwere Gewiſſensfaͤlle (befon- 
‚ eine Golifion der Pflichten eintritt) entfchieden werden müffn. Kant 
e Dialektik des Gewiſſens. Daher Cafuift ein Moralift, welcher dergleis 
wiffenszweifel zu Löfen fucht. Berühmt find die Gafuiften unter den Je⸗ 
4 B. Escobar, Sanchez, Bufembaum u. X. m., ebenfo fehr durch ihr 
km Exfinden ſolcher Fälle, ale durch die Zweideutigkeit und Seltſamkeit ihrer 





jafur, derjenige Punkt des Metrums, Versmaßes oder Takts ([. Vers), 
Vortfuß, oder vielmehr em Wortrhythmus endet. Eine chythmifche Figur, 
nie? ein Wortfuß ift, tritt als folche, mithin felbftändig, in da6 Mes 
droht, ſich behauptend, es zu unterbrechen, wird aber durch die organi⸗ 
des fortfchreitenden Metrums beherrfcht (Ausdrud des herrſchenden 
ser Vermaßes.) Es gibt ſich alfo hier ein befeitigter Widerſtreit, eine 
und Gegenbewegung fund zroifchen Rhythmus und Metrum, Wort: 
Zeltfuß, oder rhythmiſcher und metrifcher Periode. (S. Rhythmus.) 
Man aber die Caͤſur entweder auf das Ende oder in die Mitte einer metris 
ober eined Taktes fallen. Am erften Falle heißt fie Inrifch, im zweiten 
bwifch. Hieraus ergeben ſich folgende Regeln für die Caͤſur: Da Worts 
Beftanbtheile derfelben find, fo dürfen dieſe in der declamatoriſchen nicht 
Schritt mit ben Versfüßen halten, welches bie Caͤſur geroiffermaßen auf: 
den Vers matt und lahm madıt, 3.3. 
Morgen | ie | gofbne | frühe | unfre | Lieber | fchallen | dir, 
Wortfüge muͤſſen mannigfaltig wechfeind ſich im Gebiete des herrfchen- 
bewegen. Ferner bürfen keine ſchwaͤchlichen, matten Wortfüße gewaͤhlt 
wie der fchon den Alten verhaßte und im Herameter zumal verpönte Ams 
(v— gi Dann dürfen nicht gleiche Wortfüße hintereinander gleiche 
Ben, 3. ©. 
P “ Gdüttenreiche „ grauenvolle, grabesdunkle Mitternacht, 
I hebt Contraſt des Versaccents und der Versarſis den Vers ſehr. Endlich 
anch größere Wortformen gehörig vertheilt gebraucht werben, wobei freilich 
bye der Leiche parobifch werdenden ungeheuern Formen forgfältig zu vermei⸗ 
k Älerigens iſt Caͤſur nicht Schluß einer metrifchen Reihe, ſondern einer 
When und metrifchen zugleich, und keine Caͤſur macht eine Sylbe fang, die 
Richen churhmifch iſt. Lyriſche und unbemwegliche Caͤſur hat der Were: 
7 — — — 


— — ou u | — u — do — UuDy 
Lieder tönen, es rauſcht ber Berge | rebenbefränzete Walbung 
— — u u|l—- — 0 


Be: 
Bell glänzen bie Meereswellen | froh tangend —XE 

puit || begeichneten Stellen. Declamatoriſche Caͤſuren find 

— u I lJ—uu 9 UI — vi vyvIi — vu 

Kst, Dehfeine, | gilt es San | und See enge 
must bezeichneten Stellen. — Beide Arten von Caͤſuren zu unterfchels 
Ni Xpet die Iprifche den Abfchnitt, die declamatoriſche den Einſchnitt genannt. 
Raterfachung über die Butäffigkeit ober Unzufäffigkeit mandyer Säfuren im 
R Sepameter gehört nicht hierher. 
















508 Safus Gatalani 


Caſus, in der Grammatik, die verfchiedenen Beugungen, 
men (Nennwort) oder Pronomen (Fuͤrwort) durch Umwandlung 
erleidet, um dadurch auezudrüden, in welhem Verhaͤltniſſe es geda 
dieſe Verhättniffe ſelbſt fich auf keine beftimmte Zahl beſchraͤnken la 
derfeiben durch Präpofitionen (Vorwoͤrter) bezeichnet werden, fo 
Caſus in verfchiedenen Sprachen verfchieden. Die gewoͤhnlichſten 
fäller find: der Nominativ, der Genitiv, der Dativ, der Accufati 
und der Ablativ. 

Catalani (Angelica), verehel. Walabregue, Sängerin, 
eignen Erklaͤrung 1784 zu Sinigaglia. im Kicchenftaate geboren, 
noch 1819 lebten (nach Andern zu Monfoldo bei Siniyaglia), und i 
cienktofter bei Rom erzogen. Muſik ift eine der Hauptbeichäftige 
"Erziehungsanftalten. Angelica entwidelte ſchon in ihrem 7. Ja 
gezeichnetes Talent für den Gefang, daß felbft von fern die M 
firömten, um fie zu hören, und endlich die Obrigkeit dem Kiofter ı 
Wundermädchen ferner fingen zu laffen. Aber die Achtung eines 
die Liebe des berühmten Bofrlio erhielten und erzogen fie der Kunfl 
verließ fie diefes Kiofter. In ihrem 15.3. erſchien fie zu Venedig aı 
und trat von nun an auf den Theatern von Mailand, Florenz, | 
meiftens in den großen Sopranpartien auf. Ein vortbeilhafter I 
Liffabon, wo fie neben Erescentini und der berühmten Gafforini 5 
Zierde der italien. Oper war und endlid) 1806, mit Geſchenken und 
begleitet, über Madrid und Paris nach, gondon ging. In Madrid 
erfte Concert über 15,000 Thaler ein, und ihr Ruhm verbreitete 
Europa, als fie in Paris durch eine Reihe von Concerten Alles in € 
In London hatte fie im erften Jahre einen feften Gehalt von 72, 
fotg. $. von 96,000 Francs, nebft 2 Concerten, jedes von 30,00 
warb nebenbei, roährend der 8 J. ihres dortigen Aufenthalts, duxd 
Provinzen ungeheure Summen. 1814 kehrte fie nach Paris zurüd 
die Direction der italien. Oper mit einem bedeutenden Zufchuß, ı 
1815 bis zu Bonaparte's zweitem Sturze wieder verlaffen mußte, 
cher Zeit fie Belgien bereiſte. Mit der Rückkehr des Königs übern: 
Dper wieder. 1816 befuchte fie Hanover, Hamburg, Berlin, | 
furt, Münden, Wien, Stuttgart, Karlöruhe und Stalien, und wi 
Mat nicht bloß angeftaunt, fondern aud) grünblicy beurtheilt. € 
Piag unter den bedeutendften Sängerinnen ihrer Zeit angemwiefen, 
und Einzige kaum denkbar ift und fie an einzelnen bedeutenden Ei, 
Erfoderniffen des Gefanges mancher frühern und noch lebenden K 
fteht. (Vgl. den befannten Auffag der leipz. „Muſik. Zeit.“, Jahrg 
Wende.) Ihren Ruhm verdankt fie einem angenehmen Außern, e 
Spiel, der außergemöhnlichen Klangkraft und einer herrlichen Ben 
Stimme, einem feltenen reinen Zriller, einem ausnehmenden Rei 
tiger, auffalender, mehr glängender als fchöner Figuren und Ve 
fonders in der chromatifchen Xonleiter, und einer ganz eignen wur 
bindung diefer Vorzüge zu einem fremdartigen Ganzen, welches m 
Staunen und Bewunderung zu erregen, als zu dem Herzen zu pre 
Regierung nach ihrer Zuruͤckkunft ſortwaͤhrend bei der ital. Oper i 
tend zufchießen mußte, fie felbft aber in der Wahl der Stüde und 
ter ſich nicht dem Wunſche des Publicums fügte und Sängerinnen 
fernte, welche ihrem Gefange aud) nur in.einzelnen Eigenfchaften @ 
legen ſchienen, fo hob jene endlich das Privitegium auf und Mad. 
wieder auf Reiſen. Sie beſuchte 1815 Münden, Wien, Drei 


"Gatalonien . Gatilina 509 


Aachen, ſpaͤter Petersburg und Warfchau. 1822 hielt fie ſich in 
vo fie noch mit großem Beifall ſehr befuchte Concerte veranftaltete. 
wieber in Italien und ging von Rom im Sept. 1826 nach Stutt⸗ 

an einen ehemat. franz. Gapitain, Valabregue, verheirathet, von 
Kinder 


bat. Ä 

ınien, die oͤſtlichſte Provinz in Spanien, mit der Hauptſt. Bar: 
Spanien.) 
(Charles Simon), Componift, geb. um 1773 zu Paris, ein Schüler 
Prof. der Harmonie am Sonfervatorium daſ., hat eine große Menge 
e in verfchiedenen Gattungen herauegegeben, von denen ihm’ jedoch 
Ruhm erworben als fein ‚„Traite d’harmonie” (1802), welchen das 
n zur Grundlage bei dem Unterrichte in der Compofition beftimmt hat 
:anz., 2pz: bei Peters). In diefem Werke geht Catel bei der Lehre 
onie von einer dem Scheine nach neuen Anfiht aus. Er unters 
h 2 Arten von Accorden: die natürlichen und die kuͤnſtlichen; erſtere 
stiche, und legtere, durch verzögerte® Eintreten der einen oder der ans 
die Fünftiihe Harmonie hervorbringen. Eigentlich aber iſt dieſe 
‚iches weiter, als was wir bereits Jahrhunderte lang als Grundfag 
ikts anerkannt und in unfern Sompofitionen ausgeführt haben., Die - 
erke Catel's beftchen, außer einer großen Menge von Sompofitionen 
ımente, befonders Militairmuſik, in den Opern: „Semiramis‘, 
es’, „L’auberge de Bagnöres” und „Les artistes pär oecasion”. 
ſchland führen zwei in Berlin lebende ausgezeichnete Kuͤnſtler den 
Der Eine, Louis, iſt Architeft und durdy mehre ardhiteftonifche 

amt; der Andre, Kranz, Zeichner. 
na (Lucius Sergius) trat In das Sünglingsalter, ale Rom der 
rius und Sylla zur Beute geworden. Sprößling einer patricifchen 
z er ſich an die Partei des Letztern, hatte einigen Antheil an dem 
m größern an den Achtungen deſſelben. Mord, Brand und Raub 
ten Thaten und Vergnügungen feiner Jugend. Sein Einfluß auf 
Republik war bedeutend. Im Deere ſcheint er jedoch mit Auszeich⸗ 
zu haben. Hoͤchſt gefährlich noard er, al& er zu feinen Übrigen La⸗ 
ug gefellte. Während er die Seelen der Juͤnglinge vergiftete, wußte 
m Eatulus Wohlgefalen und Achtung abzugewinnen. Gleich ges 
ugendhaften zu täufchen, den Schwachen abzüfchredden und feine 
Verderbten mitzutheilen, vereitelte er zwei von Clodius gegen ihn 
lagen: einen verbrecherifchen Verkehr mit einer Veftalin, und unge⸗ 
mgen, die er als Proconful in Afrika ausgehbt hatte, betreffend. 
in den Verdacht, feine erfte Gemahlin und feinen Sohn umgebracht 
ndeffen hatte ſich eine Art von Buͤndniß unter mehren jungen Maͤn⸗ 
se Geburt und verwegenem Muthe gebitbet, welche, um aus ihren 
chulden zu kommen, fein andres Mittel fahen, als fich der hoͤchſten 
zu bemädtigm. Catilina war das Haupt. Diefes Anfehen vers 
prfächlich feiner Verbindung mit den alten Soldaten Sylla's, durch 
Rachbarftädte von Rom, und Rom felbft, in Schreden hielt. Zus 
hte er nicht nur die verworfenſten und unruhigſten Plebejer, fon: 
tricier waren unter feinen Anhängern und Confularen unter feinen 
Altes beguͤnſtigte feine Verwegenheit. Pompeius verfolgte Trium⸗ 
kecull Leicht gemacht; diefer war im Senat die ſchwache Stüge ber 
die umfonft in Ihn drangen, ſich an ihre Spige zu ſtellen. Graffus, 
n den Stadiatoren befreit hatte, aber mit unerfättlicher Begierde 
md Reichthum ſtrebte, ließ den furchtbaren Einfluß Catilina’e ent: 


810 Gatilina 


ftehen, befeftigte ihn fogar, und erröthete nicht, fich darauf ſtuͤ 
Gäfar, der des Marius Partei mit der feinſten Kunſt wieder beiel 
Gatilina und feuerte ihn vielleicht fogar an. Nur 2 Roͤmer gab es 
den feften Willen hatten, ihr Vaterland zu retten: Cato und Gicı 
befaß alein die dazu nöthige Geſchicklichkeit. Catilina's Anhänz 
nächft die Erhebung deffelben und eines feiner Vertrauten zum Co: 
durften fie hoffen, ſich des Schages und der Güter der Republik ı 
nen Vorwaͤnden, befonder® mittelft der Achtungen, zu bemädhtigen. 
ihnen die Einaͤſcherung und Plünderung Roms verſprochen habe, ifl 
Dagegen haste Cicero den Muth, fi um das Confulat, trog ber‘ 
fahr, zu beiverben, deren Umfang er am beften Fannte. Weder 9 
Drohungen, noch felbft Aufftand und meuchelmörderifche Werfud 
ab, und da die Beforgniffe ber reichen Römer fein Streben beguͤnſt 
er 65 v. Chr. zum Eonful beftimmt. Altes, was die Partei des 
fegen konnte, war, daß Cajus Antonius, einer ihrer Verbündeten, 

ernannt wurde. Diefes Mißlingen beraubte Catilina nicht der Hr 
das naͤchſtfolgende Jahr gewaͤhlt zu fehen. Deßhalb verboppelte e 
des Schreckens, mit denen er feine Macht begonnen hatte. Indeßi 
Partei mehre bedeutende Männer. Antonius ward durdy Cicero 

gezwungen; Gäfar und Graffus faßten denfelben Entſchluß; Pifo ı 
getöbtet worden. Aber Italien war leer von Truppen. Die Be 
erwarteten nur ein Zeichen, um zu den Waffen zu greifen; dieſes; 
tilina. Der Senturio Manlius erfchien unter ihnen und bildete e 
teurien. Gicero wachte ; ein glücklicher Zufall verfchaffte ihm Ke 
Rathſchlaͤgen der Verſchworenen. Einer berfelben, Curbus, ftant 
von zweideutigem Rufe, Namens Kulvia, in Verbindung und ba 
Planen bekannt gemacht. Durch fie erfuhr er, daß zwei römifche 
nommen hatten, ihn in feinem ‚Daufe zu ermorden. An dem zur: 
ſtimmten Tage fanden die Mörder die Thuͤren verfchloffen und & 
zögerte Cicero, die Umflände einer Verſchwoͤrung befanntzumad; 
ſchritte und Huͤlfsmittel er zuvor ganz erforfchen wollte; er begnüg 
gemeinen bie drohende Gefahr ahnen zu laſſen. Sobald aber d 
Manlius bekannt geworden mar, ließ er das berühmte Senatu 
„daß bie. Fonſuln Mafregein ergreifen follten, um bie Republik v 
bewahren”. Hoͤchſt ſchwierig war es, ſich bes Oberhaupts einen 
zu bemaͤchtigen, das in und außer Rom Soldaten hatte; noch ſch 
fein Verbrechen zu beweiſen vor feinen Mitgenoſſen oder vor Denen 
für ihre elgnen Plane bedienen wollten. Es war zwifchen zwei ül 
einer Umwaͤlzung innerhalb der Mauern Roms, und einem Bücgı 
309 das Letztere vor. Gatilina, ber Feind des römifchen Volks, wa 
zu erfcheinen ; Cicero tritt gegen ihn auf; eine Bühne Rede rette 
Darauf verließ Gatilina Rom. Lentulus Sura, Cethegus und au 
natoren übernahmen es, den Ausbruch ber Meuterei in der Stadt ; 
Gatilina vor ben Thoren Noms erfcheinen würde. Cicero und Sa 
die Abficht der Verſchworenen fei geweſen, Rom in Brand zu ſteck 
wohner nieberzummegeln ; gewiß iſt es, daß dieſe furchtbaren Folgen, 
ten Entſchluß, fi) aus ben Umfländen ergeben Eonnten. Lent: 
und andre Merichworene fegten indeß ihre verbrecherifchen Umtri 
wendeten fich au bie Geſandten der Allobrager, um ben Krieg a 
Italiens zu verfegen. Dleſe waren aber dem Voͤlkerrechte getzen: 

führten ‚zu wichtigen. Mer Velefwechſel der Verſchwerenen malt i 
warb eufgrfungen. Der Eines haste japt ein vffenbares Verbeec 


> 





2 u 
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Gatinat Cato der Cenfor | 511 


Rände wicht erlaubten, in bem Proceffe gegen die Verſchworenen bie zu 
— zu beobachten, ſo wurden, wie dies fruͤher ſchon in minder 
F geſchehen war, die darauf Bezug habenden Geſetze unbeachtet ge⸗ 
gegen die augenblickliche Hinrichtung; aber Gato und Cicero 
3 f Verſchworene wurden hingerichtet. Cajus Antonius er⸗ 
ſtrag, gegen Catilina zu marſchiren, während Cicero Rom bewachte; 
temised flelite ſich Frank; num uͤbernahm fein Legat Petreius den Ober: 
gelang ihm, Catilina von allen Seiten einzufchließen. Diefer, ber 
3 fab, wählte den Tod mit den Waffen in der Hand. Die Seinigen 
m Beifpiele. Dan focht mit größter Erbitterung. Alte fielen auf 
auf den ihe Kührer fie geftellt hatte; Gatilina felbft aber am ihrer 
Piſtoja in Hetrurin den 5. Ian. 62 v. Chr.). Die Gefchichte der 
a Verſchwoͤrung hat Salluft befchrieben. 
nat (Nicolas), Marſchall von Frankreich, geb. 1637 zu Paris, wo 
Decan der Parlamentsräthe war, vertauſchte das Studium der Rechte 
affen, weil die Enticheidung eines verlorenen Proceſſes ihm ungerecht 
- trat unter bie Relterei, ward bei dem Sturm auf Lille 1667 von 
V. bemerkt und erhielt eine Lieutenantflelle unter den Garden. Die 
denen er nad) und nach emporftieg, bezeichnen die glänzenden Thaten, 
Yaftricht, Beſangon, Senef, Cambrai, Valenciennes, Saint⸗Omer, 
ichtete. Mach der Schlacht von Senef, in welcher ex verwundet wor⸗ 
der große Conde an ihn: „Niemand nimmt mehr Antheil an Ihrer 
, als ich; es gibt fo wenig Männer wie Sie, daß man zu viel ver⸗ 
mar Sie verliert”. Der König von Frankreich, beunruhigt über bie 
des Herzogs von Savoyen, erklaͤrte ihm den Krieg und ſchickte Gatinat 
tel eines Lieutenant: Ömeral gegen ihn. C. gewann die Schlachten 
wo (18. Aug. 1690) und bei Marſaglia (4. Oct. 1693) in Piemont 
jerzog von Savoyen, bemächtigte fi) Savoyens und eines Theils von 
ud erhielt dafür 1693 den Marſchallſtab. Bei feiner Ruͤckkehr aus dem 
de, wo feine Menfchlichkeit und Sanftmuth oft gegen die ausdruͤckli⸗ 
Lorwois's der Übermundenen gefchont hatte, ward er von Ludwig XIV. 
rer Autzeichnung empfangen. In Slandern zeigte er biefelbe Thaͤtig⸗ 
sun ee 1697 Ach. 1701 trat er wieder an bie Spitze ber ital. Armee, 
n Eugen gegenüber. Aber das kaiſerl. Heer war ber freien Willkuͤr 
, währmd G. durch die Befehle des Hofe beengt war ; außerdem 
u Derzoge von Savoyen nicht trauen, und litt Mangel an Belb und 
in. Geſchlagen bei Earpi am 6. Juli, mußte er das ganze Land zwi» 
ip und Made räumen. Nicht glüdlicher war er inder Schlacht von 
Wilierei den Oberbefehl hatte. Als er nach einem fruchtlofen Angriffe 
ı wieder ſammelte, antwortete ©. einem freien der ihm vorftellte, daß 
ne uunwerrmeiblichen Tod entgegengingen: „Es iſt wahr, der Tod ifl vor 
vie Schande iſt hinter uns!” Die Unfälle, die er erlitt, und bie trotz 
klingen der Def nicht ber Zreulofigkeit des Herzogs von Savoyen zu: 
ihm die Ungnabe de6 Koͤnigs zu. C., der feinen Ruhm 
Sheften, als darin fand, feinem Vaterlande zu nuͤtzen, 
Burhdfegung und farb zu Saint-Gratien 1712. Ex war 
Eisme des Werts, religiös ohne Strenge, Hofmann ohne 
unb firth freigebig, heiter, rubig, bedachtſam; dieſe unver> 
hatte ihm von feinen Soldaten ben Namen le Pere de la 


Doreius) , mit dem Beinamen Priscus, auch 
und Ältere), geb. 232 v. Chr. zu Tuſculum, erbte 


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51% Gato der Genfor 


von feinem Vater, einem Piebejer, ein Guͤtchen im Lande ber Sabi 
eignen Händen baute. Seine Jugend fiel in die Zeit der Anweſenl 
in Italien. Siebzehn Jahr alt, machte Gato feinen erſten Feldzu 
Maorimus, als diefer Capua belagerte. Fuͤnf Jahre danach foch 
ſelben bei der Belagerung von Tarent. Nach der Einnahme die 
er der Freund des Pythagoraͤers Nearch, ber ihn in die erhabenen Le 
heit einmeihte, mit deren Ausübung er ſchon vertraut war. Ra 
des Krieged kehtte Cato auf fein Landgut zuruͤck. Da er die Geſi 
mit Reichtigkeit ſprach, ging er mir Tages anbruch in bie benachbarte 
nen al6 Rathgeber und Sachwalter dienend, die Ihn dazu auffoder 
Flaccus, ein edler und mächtiger Römer, der in der Nachbarfchafi 
hatte, bemerkte die Tugenden und Talente des Juͤnglinge, gewam 
lud ihn ein, nach Rom zu fommen, wo er ihn durch fein Anfehen zi 
ſprach. Wenige reiche und angefehene Familien ftanden damals ar 
Republit. Cato war arm und unbekannt; aber feine Beredtſamke 
der Kunft des Demofthenes verglich, die Strenge und Kraft feines 
gen bald dıe Aufmerkſamkeit auf ihn. Mor Gericht und in den ! 
lungen zeigte ec ſich der ſchoͤnen Erklärung gemäß, die er felbft vor 
gegeben und Quinctillan uns aufbewahrt hat: „als einen rchtid 
Kunft, gut zu reden, erfahrenen Mann". Dreifig Jahr alt, ging 
teibun nad Sicilien. Im folg. I. ward er Quäftor, und feitden 
ſchen ihm und Scipio ein Wetteifer und ein Hof, die Beide bis an 
festen. Cato, der nad) Rom zuruͤckgekommen war, Elagte den € 
ſchwendung an, und wiewol derfelbe losgefprochen warb, fo ger 
durch feinen für das Befte de Staats bewiefenen Eifer einen groß 
das Volt. Fünf Fahre nachher, als er Ädil geefen, ward er Prl 
die Statthalterſchaft von Sardinien. eine ſtrenge Maͤßigkeit, F 
und Gerechtigkeitsliebe wurden hier noch mehr bemerkt als in Roı 
Inlel machte er die Bekanntſchaft des Dichters Ennius, von bei 
lernte und den er bei f. Rückkehr mit nach Rom nahm. Endlid) ı 
v. Chr. Conſul in Gemeinſchaft mit feinem Freunde Valerius Flacı 
ſchaffung der Lex Oppia, welche In ben bebrängten Zeiten des zw 
Krieges gegeben worden, und den Frauen verbot, mehr als eine halb 
buntfarbige Kleider und andern Putz zu tragen, widerfegte ex ſich 
ten; aber er mußte der Beredtſamkeit des Tribunen Valerius und 
Bitten der römifchen Frauen unterliegen. leid) barauf ging er 
ab, das fidy empört hatte. Sein erſtes Gefdyäft war, bie für das f 
ten Vorräthe nach Rom zu fchidten, Indem er erfiärte, der Rrieg mı 
ernähren, die ihn führen. Er erfocht mit einem neugefchaffene 
Siege, untertwarf die Provinz aufs neue und kehrte nach Jtalim 
die Ehre eines Triumphe zuerkannt wurde. Kaum war er von 
wagen gefliegen, als er die conſulariſche Toga ablegte, ben Harniſch 
Gempronius nad) Thracien folgte. trat er unter den Beh 
Manius Acilius, um gegen Antiochus zu fed I mo 

fielen. Durch einen kühnen Maxfch befebte 

Kallidrom, eine ber feilften Bergfpigen e 

fo den Ausgang der Schlacht, ° Er’ 

erfochtenen Sieges nach Rom, 

tigen Gegenpattel, bie ehrenvollfte, 

Genforamt, zu Theil. Er hatte 


ihm Valerius Flaccus geben, 





Gato von Utica 515 


bie alten reinen Sitten zurückführen. Mit furchtbarer Strenge ver 
6 Koat, und twiewol [. Mafcegeln ihm Widerfprud) und Widerfadher 
erhielt er doch den größten Beifall; und als er fein Amt niedergelegt 
vefhloffen, ihm eine Statue mit einer ehrenvollen Inſchrift zu errichten. 
: Ehre wenig zu achten, unb antwortete, als ihm früher Jemand feine 
mg ausbrädte, bag ihm noch keine Statue errichtet worden: „Ich will 
aan frage, warum dem Cato feine Bildfäule bewilligt, ale warum 
willigt worden?" Dennod) fehlte ihm jenes Selbfigefühl nicht, das 
Verbienft wohl anfteht. „Iſt er denn ein Cato?“ pflegte er zu fra⸗ 
t eines Andern Verſehen entſchuldigen wollte. Cato’8 politiſches Leben 
‚er Kampf. Er klagte unaufhoͤtlich und mit Erbitterung an und ward 
klagt, aber jedes Mal losgeſprochen. Sein legtes Staatsgeſchaͤft war 
tſchaft nach Carthago, um den Streit zwiſchen den Garthaginenfern 
nig Mafintffa zu (lichten. Dan betrachtet diefe Reife ais bie Urfache 
ng Garthagos; denn Cato war Über die Art, wie biefe Nebenbuhlerin 
Bertufte wieder erfegt hatte, fo erftaunt, daß er ſeitdem jebe Rede mit 
em Worten fehloß: „Praeterea censeo, Carthaginem esse delen- 
igens bin id) der Meinung, Carthago müffe zerftört werden.) Ex flach 
& feiner Ruͤckehr (147 v. Chr.) 85 Jahre alt. Cato, der fo haus: 
it den Staatseintünften war, betradytete den Reichthum nicht gleiche 
6 zur Härte war er ſtreng gegen feine Sklaven. Den Aderbau fuchte 
Beife zu vervolllommmen und kannte alle Hülfsmittel deſſelben genau. 
war ec auf feinem Landgute gern froͤhlich mit Freunden und überließ 
den ber Tafel. Darauf beziehen ſich die Verſe des Horaz: 
Narratur et prisci Catonis 
Saepe mero caluisse virtus. 

Bat verheisathet und hatte mit jeder Gattin einen Sohn. Als GBatte 
var er gleich muſterhaft. Ex verfaßte eine Menge von Schriften, von 
sige „De re rustica” fid) erhalten hat. Zu bedauern iſt am meiften 
1. Reben, deren Gicero mit dem größten Lobe erwähnt, und ſ. Befchichte 
19 des roͤmiſchen Volks, welche bie alten Geſchichtſchreiber vielfältig 


» (Marcus Porchub), zum Unterſchiede von dem Genfor, deffen Ur 
£, vom Utica, dem Dite feines Kodes, genannt, geb. 93 vor Ehr., 
dem Abflechen feiner tern in dem Haufe feines Ohelms, Lwius 
sferzogen. (Er zeigte früh Reife des Urtheils und Feſtigkeit des Cha⸗ 
Ran ‚ daß er in feinem vierzehnten Jahre, als er In des Sylla 
Döupter mehere auf Wefeht deffeiben Ermordeten erblidt, von feinem 
wert gefobert habe, um den Tyrannen zu durchbohren und fein Waters 
u Ruedgtfchaft zu befesien. it feinem Bruder von möütterlicher Geite, 
we von Jugmd auf in der zärtlichften Eintracht. Gato ward zum 
e⸗ 6 ernauee. Gr tat in Werbinbung mit bem Stoiker Antipater von 

eh ganzed Reben hindurch: den Grumdfägen ber Ston getreu. 


Öfienttich.auf gegen die Voltstribunen, welche eine vom 
ca, die ihnen hinderlich war, niederreißen Laffen wollten. 

2 Berebtfamkeit, durch welche er fich fpäter fo 

ften Feldzug machte ex ger 

fo aus, daß der 

te. Sodann 





516 Gattaneo Gatten 


dräden und Bildern, Wieberholungen und eine gewiſſe Einfirmigi 
getabelt; aber wie viel ſchoͤne Eigenſchaften wiegen diefe Mängel a 
des Ausdruds, Klarheit des Style, eine blühende und feuchebare Ph 
Moral, die leicht und anſpruchlos Geift und Herz gewinnt. Und bo 
Dichter, ber fo lange Zelt allgemein gelefen und bewundert wurde, | 
delt gefunken , aus welcher er erfi gegen das Ende bes vorigen Jahrh. | 
dyck und Feith erweckt worden ift, die feine Werke neu herausgegeben I 
beftehen aus Sinnbitbern und Allegorien nad) dem damaligen Jeitgeſe 
Gedichten über die verſchiedenen Alter und Lebensverhätmiffe, aus 
dern, Idyllen u. ſ. w. Er flach anf feinem Landgute zu Zorguliet 
einem Alter von 83 3. 

Cattaneo (Gaetano), Arhäolog , Director der. €. Münz 
der Brera zu Mailand, war in frähern Jahren Mater, weßhalb er fich 
in Rom aufhielt, wo ihn ein großes Gemälhe, das fpäterhin In Ma 
ſtellt ward und Beifall fand, der Schwür der Sieben vor heben, vrı 
mit den Alterthumewiffenſchaften, zunächft für feinen Zweck, vertran 
Vorzüglich zog ihn die Mänzwiffenfchaft an. Unter der Regierung 
nigs Eugen wurde er bei der Muͤnzſammlung der Brera ungeftellt 
mals wurde jene Sammlung mit kaiſerlicher Liheralität unterftägt ı 
lieh vermehrt. Cine Überfiht der Sammlung, die dem genauen Ka 
‚geben ſollte, gab E. 1813. („Catal. populor., urb. et regum, quorı 
servantur in Mus. regio offic. monet. Mediol.”) Wie weit biefer 
ruͤctt fei, erklaͤrte er in der Vorrede zu des Gr. Cafliglioni „Monete 
Museo J. R. di Milano“ (Mail. 1820). Doch die echte Mänzroiffe 
zu ſehr in alle Zweige der Kunfkiehre der Antiten, der Hermeneutik ur 

ein, als daß C. fidh diefen hätte entziehen kͤnnen. Meh 
ſchienene Abhandlungen gehen davon den Beleg. eine „Equej; 
mento antieo di bronso del Mus. naz. ungherese” (Mailand 
feine „Osserv. sopra un framm. antico di bronzo rappresentai 
(Mait. 1819) können als Mafftab feiner Leiſtungen in biefem Fache 
genwärtigift Cattaneo mit einer Kunftgefchichte der Lombardei beſchaͤ⸗ 

Cattaro, Statt in Dalmatien mit ſtarken Mauern und 
ſchloſſe, an dem von Ihr benannten Meerbufen (bopche di Cattaro). 
hohen Bergen umgeben, ſodaß fie im Winter bie Sonne nur wen 
fieht. Die Einwohner der Stabt und des Gebletb find cheils Fathe 
griechiſche Ehriften. Gattaro unterwarf fi 1420, aus Furcht vor 
freitwiltg der Repubitt Wenebig. Lange deb engen und 
Gattaro liegen nzehte wohlbewohnte Orte, welche ſich, wie Cattaro fe 
Serfahrt, einigem Handel und ber Fiſcherel näpten, 1814 nahm es £ 
in Befig. Jedt gehört es zum dalmatifdyen Keeife Cattaro. Die Se 
Einw. und der Kreis von Gattaro auf 14. IM; in 142 Derfch? 
Diefe wichtige Feftung hat großen Werth, thet jen des ſ 
wegen des Einfluſſes auf ben Handel und 
der Montenegriner, dieihre Grenze bis an den See 
von Zenta ausgedehnt haben. · ¶ Gergl. Di j 

Catten, eins der beruhtuteften itrib: 
Ruͤcſſicht ihrer Innern Berfaſſung den r 
Land, das heutzutage Deffen, Fulda, 
Stüd von Franken bis an die Saale 
f&pen Ränder, dem öfltichen &heili on 
und Main. Mit den 
Bu CAfar’s Zeiten wohnten feiiki 





Gattun Gatullus 617 


a Die Tencterer und Ufipeter, und Cäfar konnte nichts gegen fie außrldye 
fs, toelcher anfangs durch den Angriff ber Cheruster ſich die Catten zu 
gesmacht hatte, ward, als er Beflungen in Ihrem Lande anlegte, ihr Feind; 
&, abne fie zus befiegen. Durch ihre Einfälle in die decumatifchen Felder 
Gchmächung der Gheruster wurden die Gatten groß und mächtig, ba bie 
jenen im Bunde geftandenen Völker fich nun mit ihnen vereinigten. Im 
folgenden Periode Eriegten fie wahrſcheinlich mit Trajan, unter Marc 
a fie in Germanlen und Rhaͤtien ein, wurden fpäterhin von Dibins Ju⸗ 
lagen, umd fommen zulegt 392 in Verbindung mit den Franken umter 
‚e Markomer in der Geſchichte vor. Won da an verfchwinbet der Name 
is im 8, Jahrh. die Haffi oder Heſſi auftreten, welche mit ben Gatten 
le ausgemacht haben follen. Nach dem Berichte Cäfar’s war das Land 
in 100 Baur eingetheilt; jeder von biefen mußte jährtl. 1000 Mann ins 
1, welche fuͤrs nächfte Jaht mit ben Zurüdgebfiebenen, die unterdeffen das 
len mußten, wechſelten. Ihre Nahrung war Mich, Käfe und MWilds 
Kleibung machten fie ſich aus Khierfellen. Ein Eigenthum hatte eigentlich 
fondern die Gürfen, welche aber nicht fouverain waren und andtage 
Sten, theilten jährlich die Äcker und Gelder unter die Familien aus. 
ermanien.) 
tun, auch Gotten, ein baumtollenes Zeuch, daB zur Bekleidung der 
d zu vielfadyen häuslichen Zwecken verwendet wird. Es wurde urſpruͤng⸗ 
»5 aus Oftindien durch die Holländer, Engländer, Dänen u.f. to. zuge: 
toich der größte Theil des unermeßlichen Bedarfs von den Völkern des 
ſelbſt verfertig. Die Franzoſen und die Schweizer zeichnen ſich darin 
einfte Waare aus. Ihnen folgen die Engländer, biefen die Sachſen, 
vorzüglich die hemmiger Babricanten große Partien auf die deutſchen 
ngen. Außer dee innern Bhte und Feinheit des Stoffs kommt vorzlig« 
bönheit der Muſter und bie Dauerhaftigkeit der Farben bei dem bedruck⸗ 
en in Betracht. Auch hier findet wieder diefelde Stufenleiter flatt, die 
: @hte angegeben iſt. Bon einzelnen Städten in Deutfchland zeichnen 
amburg, Augeburg und Berlin durch die Lieferung fehr ſchoͤnet Waare 
3. Beder, Oberkampf, Widmer.) 
ullus (Gajus Walerins), ein 6 roͤmiſcher Dichter, geb. 86 
Verona (nad A. zu Sirmium, einer Heinen Stadt auf einer Halbinfel 
Jemacus [Rage di Garda]) vonangefehenen und reichen Ältern, kam jung 
we er durch die Anmuth feines Geiſtes bald alle Diejenigen anzog, 
Zeitraum zu verherrlichen begannen. Er war der Freund 
Ylancus, Ciana und Comelius Nepos, bem er in der Folge bie Samm⸗ 
. BDiefe Sammlung ift nicht von großem Umfang, aber 
»a6 G. in meheen Gattungen ber Dichtkumft Hätte leiſten Lönnen, wenn 
Vergnögungen und Meifen vorgezogen hätte. Mahr- 
gar nicht auf uns gefommen. Über den Werth 
den Alten wie bei den Neuern nur Ein Urs 
vom iyım Lobfprüche, und Martial räumt im 
Fihen allekın den Vorrang vor-fih ein. In der tändeinden Gattung wie 
u $ Geengen beſchraͤntt, ift er Muſter. 
ihmt if feine ſchoͤne Epifobe 
Geint. Er war 


‚nach griech. 





518 Cauchois· Lemaire Cauſalitaͤt 


v. Ch. in e. Alter von 30 J. geſtorben ſei. Scaliger dagegen behauptet, 
gehörigen Beweis, daß er 71 I. alt geworden. Die Ausgaben ſ. Werke 

(Padua 1737) und Döring (Leipz. 1788—90, 2 Bde.) verdienen eine 

Erwähnung. Außerdem in den meiften Ausg. von Tibull und Proz 

vorzüglichften Poefien Catull's, zu denen das Gedicht an den Sperling 

und die reizende Mänie bei dem Tode deffelben gehören, find von Ramlı 
worden. 

Cauchois-Lem aire (Louis Auguftin Fcangois), ein geiftor 
polit. Schriftfteller, durch die Geſchichte feiner potitifchen, Verfolgung: 
Deutſchland nicht unbefannt. Er iſt in Paris 1789 geboren, wo er 
Studien machte und ſich der Erziehung widmete. Nach der Reftaurat 
ein Journal, den „Gelben Zwerg” („Nain jaune“) heraus, das zwar in 
tionellen Sinn abgefaßt war, zugleich aber auch fo viel Schärfe enthir 
1815 nach der zweiten Reftauration unterdrückt wurde. 
fen, ging nady Bruͤſſel, gab hier den „Nain jaune ref; ber. 

‚ biefe Zeitfchrift auch hier aufhören mußte, fie auf den Titel des „Vrai lit 
unter welchem fie vieler Proceffe und Anfechtungen ungeachtet noch j 
unter ſtets wechſelnder Redaction, fortbefteht. Cauchois wurde ber bei 
gierung vom franz. Minifterium fo verdächtig gemacht, daß er mit noch 
franz. Stüchtlingen Befehl erhielt, das Königreich zu verlaffen und fich ı 
burg zu.begeben. Ex warb durch Gendarmen über die Grenze gebrad 
aber nach dem Haag, wurde hier gaflfrei aufgenommen und den Augen t 
folgenden Polizei entzogen. Hier verfaßte er ein fehr energiſches Mem 
Generalſtaaten, in welchem er feine Verfolgungen als eine Verletzung t 
rechts darſtellte. Daffelbe veranlafte in den beigifchen Kammern bie I 
Discuffionen, wobei fidh Hogendorp und Dotrenge außzeichneten, wi 
am Ende verworfen. Unter Decazes’s Minifterium Lehrte Cauchois r 
zuruͤck wo er fei an mehren liberalen Journalen ein fleißiger Mitarb 

Gaudinifche Päffe, f. Avellino. 

Gaufalität (ürſachlichkeit). Die neuere Philofophie verſteht 
Cauſalitaͤt nicht, wie die Scholaftiter, die Wirkſamkeit einer wirtend«ı 
fondern das Verhättniß der Urfache zur Wirkung. Als reiner Verſta 
betrachtet, gehört die Gaufalität unter die Kategorie ber Relation. U 
iſt der Grund der Wirktichkeit eines Andern, welches als eine actuelle & 
tung genannt wird. Die Caufalität befteht daher darin, daf, wenn de 
wirkllch gefegt iſt, auch das Andre, als durch baffelbe nothwenbig, g 
Die kritiſche Ppitofophle behauptet, daß biefer Begriff nicht aus Erfah 
dern aus der urſpruͤnglichen Thaͤtigkeit des Geiſtes ſeibſt fammt. Au⸗ 
fan, fegt eine Urſache voraus, lautet der Gag des Grundes ober ber! 
deffen Verweis am Ehrzeften fo dargelegt wird. Wenn eine Erfahrung! 
möglich fein fol, fo müffen nicht bioß Eindruͤcke —— —— —— 
dern wie muͤſſen die Wahrnehmungen auch verkukpfen 
ſchieht durch einen Schluß, der eine allgemeine objectivg! 
der Erkenntniß von Gegenftänben follen bie Vorfkı 
der Einbitdung) verbunden, Se es ſoll 
derknupft find. Run iſt aber Dasjenige 

tknuͤpfung nothwendig beſtinmt 
Grund der Vertnhpfung. Ee ſ aber 
wie verfchiedene wirkliche Dinge ala ver 
iſt, daß fie im Verhäitniffe von U 


was geſchieht, muß eine Uefache ha 





Gautel Cavalcanti 610 


Pe weiche fie möglich mat. So nimmt Kant nur Eine zeitliche 
die Erfahrungemelt an, beftreitet aber Hume, der die Gaufalvers 
ung von Erfahrung und Gewohnheit herleitet. Fichte ſieht den Vegriff ber 
77* einen abgeleiteten, ſynthetiſchen Begriff an, welcher unter dem hoͤ⸗ 
der Wechfeibeftimmung ftehe. Die Deduction iſt dieſe: Das Ich 
elle aller Realität; Realitaͤt und Thaͤtigkeit find Denn das 
fege ſich umd bemeift eben dadurch feine Realität und Thaͤtigkeit. Nun fol 
4 beflimmt werden, d. h. es foll Tätigkeit in ihm aufgehoben werben durch 
Mfichtfein. Mithin iſt In ihm das Gegentheil der Thätigkeit gefept, das heißt, 
m. Gollnun aber im Auftande des Leidens die abfolute Kotalität der Reas 
ı beibehalten werden, fo muß nothwendig, vermoͤge des Geſetzes der Wechſel⸗ 
Iummung, ein gleicher Grad der Thaͤtigkeit in das Nicht · Ich uͤbergetragen wer⸗ 
Jaſofern nun das Ich durch dad Nicht⸗-Ich leidet, hat letzteres Mealicät, 
es an fich keine hat, vermöge der Wechfelbeftimmung. Alſo das Nicht ⸗ Ich 
das Ich nur infofern Realität, als das Ich dadurch afficitt iſt Durch 
ıthefis witd gefegt Thaͤtigkeit in das Eine, ſowie Leiden in fein Entgegens 
and ehrt. Diefe Syntheſis wird genannt die Syntheſis der Wirk 
(Gaufatität). Dasjenige, dem Thaͤtigkeit zugeſchrieben wird, und infos 
Leiden, beißt die Urfache (Urreatität); Dasijenige, dem Leiden zugefchries 
und infofern nicht Thaͤtigkeit, heißt das Bewirkte, der Effect, mithin 
einer andern abhängige, Feine Urrealität. Beides verbunden Heißt Wir: 
; Übrigens teugnete Fichte das zeitliche Verhäitnig zwiſchen Urſache und 
5 niche die Urfache als folche, fondern die Subftanz, welche der Caufalis 
idprieben wird, fei der Zeit nach eher als die Wirkung. Einige betrachten 
Aß der Cauſalitaͤt als ein Verhältnig des Ganzen zu feinen Innern 
kaa und nehmen ebenfallß eine von Zeitbeftimmung unabhängige Caufalität an. 
‚Gautel (jur.), eine Vorſichtsmaßregel, Bedingung in Gontracten u. dgl., 
Wigtichen Schaden von ſich abzumenden und den andern Theil fo feft als mög» 
binden, oft auch eine nicht fehr ruͤhmliche Liſt zu dieſem Zwede. — Cau—⸗ 
mrisprubenz, ein auf dergleichen Vorfihtsmaßregeln gerichtetes juris 
‚Stubium. 
auterium, ein Eifen, um angefteffene Knochen damit auszubrennen; 
oder Äsmittet; Fontanell. — Cauterifiren, mit gluͤhenden Eiſen 
Fontanell fegen. 
utton, Sicherheitsleiſtung, satisdatio. Diefe ift in dem bürgerlichen 
‚oft erfoberlich, befonders wenn Jemand entweder fremde Gelder und ans 
gen zu verwalten hat (ein Bormund, ein Beamter, Rechnungsfuͤhrer), 
er zwar den Genuß irgend einer Sache hat, aber die Subftanz derfelben 
mgewiffen Zcitcaum oder bei dem Eintritt gewiſſer Vedingungen wieber 
hat, endlich wenn: Jemand vom Staate zu einem Geſchaͤft 
1, welches viele Privatperfonen veranlaft, ihm das Ihrige anzuner- 
bie Notarien in Feankreich. In Proceflen müffen von Kiägern, welche 
find, — werden. Die ** werden beſtellt 
ſumme, durch Verpfaͤndung unbeweglichet 
Dfänder, duch Bürgen, von Armen durch * un 


Philo ſoph und — u 13, 
‚Gpibelline. Da buch 

de Rune in. Florenz 

‚beider Darteien, 





520 Cavalerie Cavanilles 


zogen, an der er 1300 zu Florenz ſtarb. Er hatte in ſeiner Jugend eine 
nad) St. Jakob in Galicien unternommen. Auf feiner Ruͤckkehr über 
verliebte er ſich zu Toulouſe in ein junges Maͤdchen, Namens Mandetta. 
find die meiſten Verſe gerichtet, die wir noch von ihm befigen und die fi 
früheren Zeit durch ihren ſchoͤnen Styl vortheilhaft auszeichnen. Sein 
über die Natur der Liebe hat ihm den meiften Ruhm erworben. Der gel 
binal Egidio Solonna und einige Andre haben fie commentirt, aber bie 
tare fcheinen zuweilen wieder eined Commentars zu bedürfen. eine 
berausgeg. von Cicciaporci, erfchienen zu Florenz 1813. 

Cavalerie, f. Reiteret. 

Cavalier (Kortification), deutſch Katze, eine Erhöhung auf be 
wall einer Feſtung, aus Erbe, die oft auch mit Mauerwerk bekleidet | 
und befonder® dazu beſtimmt, irgend einen Punkt bes vorliegenden T 
überhöhen, außerdem aber, im Bollwerk gebaut, die Seitenvertheibigu: 
dieſes gibt, zu verflärken, auf der Courtine aber angelegt, die Enfilad 
hindern. In neuerer Zeit hat man die Überzeugung gewonnen, baß Ga 
Bollwerk gebaut, den Raum verengen, Abfchnitte unmöglich machen um 
naten, falls nicht ein Graben den Gavaller von Bollwerk trennt, foͤrml 
BVertheibiger des legtern leiten, mweßhalb man fie denn auch von da auf di 
oder hinter die Baftions verlegen will. 

Gavalletta (auch Cabaletta, aber wol unrichtig) bezeichnet In 
gen itafienifchen Opernmuſik ein gefälliges huͤpfendes Thema in ber Ar 
vatine, welches gerwöhnlich in dem legten Theile derfelben, im 3 Takt eir 
Roffini macht diefe Eavalletta, welcher gemöhnlich ein ober zwei Takte ve 
in welchen nur der Accord (gewöhnlich staccato) von den Saiteninftrum 
gegeben wird, einen Hauptreiz feiner Savatinen aus. 

Cavanilles (Antonio Joſeph), Geiftlicher und Botaniker, ge 
San. 1745 zu Valencia, flarb zu Mabriv 1804. Er empfing den ef 
richt in f. Vaterſtadt bei den Fefuiten, und fludirte nachher Phitofophie 
logie auf ber Univerfität daſelbſt. Auf feinen und feines Freundes Mi 
wurben die Werke Condillac's und Muſchenbroeck's für den Sffentlichen 
benugt und die Mathematif mit weit geößerm Eifer als zuvor gelehrt. 
Cavanilles lehrte die Philofophie zu Murcia, als er gewählt ward, 
bung der Kinder des Herzogs von Infantado, Sefandten zu Paris, zu üb 
Er ging 1777 mit ihnen dahin, und blieb 12%. In biefer Hauptſtadt, 
mit dem Studium mehrer Wiffenfchaften, beſonders der Botanik, b 
Er gab zuerft „Bemerkungen über den Art. Spanten in der neuen Enı 
(Paris 1784) heraus, In welchen er mit wahrhaft patriotifchem Eifer I 
oder gewagten Behauptungen des Verf. faft immer durch Thatſachen 
Im folgenden J. begann er fein großes botanifches Wert: „‚Monadelph 
dissertetiones decem” (Paris 1785 —89, Madrid 1790, 4., mit Kpi 
Botaniker bewundern die Genauigkeit und den Scharffinn, welche dies 
zeichnen. Nach feiner Ruͤckkehr begann Cavanilles das ſchoͤne Wert 
et descriptiones plantarum,, quae aut sponte in Hispania erescı 
hortis hospitantur” (Madrid 1791 — 99, 6 Bde., Fol., mie 60' 
Es enthält eine Menge neuer Gattungen und eine noch größere Menge A 
aus Spanien als aus Amerika, Indien und Neuholland. G. war mit 
beit beſchaͤftigt, al er von ber Regierung den Befehl erhielt, Spanten zu 
die Pflanzen diefes Landes zu unterſuchen. G. hatte f. Reife mit dem J 
Valencia angefangen und aud) eine Menge Beobachtungen über das M 
über die Geographie und den Aderbau diefer Provinz gemacht. El 
auf Koften des Koͤnigs u. d. T.: „Observaciones sobre la hictori 


Gavata Cavendiſh 521 


grieultura, peblacion etc. del reyno de Valencia” (Maprib 1795 
“., Fel., mit Rpfen. nad) den Zeichnungen des Verf.). In biefem 
ſich ©. durchgaͤngig ald einen genauen Beobachter, gelehrten Phyfiker 
Patrloten. Dan hat noch mehre intereffante Schriften von ihm, 
h einige polemifche. Sie finden fich in den mabriber „Annalen ber 
ne”, Das Vollendetſte ift wol bie Abhandlung Aber bie Raferei und 
gemittel. Er war mit dev Herausgabe eines „Hortus regius Ma- 
‚(dyäftigt, ale ber Tod 1804 f. nuͤtzlichen Tätigkeit ein Ende machte. 
nr bat Thunberg ein Geſchlecht „Cavanilla benannt. 
ta, Cavatina, im der Mufik eine Arie von leichterm Charakter, 
e Sag minder ausgeführt iſt als bei der Arie. Sie hat daher nicht, 
liche Arte, einen zweiten Haupttheil, und ift bisweilen mit einem Reci⸗ 
m. Gewöhntid) hat fie eine mäßige Bewegung im leichten Zweiter 
grazioͤſe, gefällige Melodie und eine reine Harmonie find ihr eigen. 
e häufig flatt der Arte angewendet. | 
idiſh (Hency), geb. 1735, der zweite Sohn bes Herzogs von 
eſaß als ſolcher anfänglich ein [ehr maͤßiges Vermoͤgen. Statt fic den 
und ohne Befchäfte nach der Bitte der britiſchen Nachgebormen aus 
m Gefchlechtern zu widmen, befchäftigte ex fich einzig mit ben Wiſſen⸗ 
erwarb ſich eine ausgezeichnete Stelle unter den Gelehrten, die am 
ı Kortfchritten der neuen Chemie beigetragen haben. Er hat zuerſt die 
jenthuͤmlichkeiten des Wafferftoffgafes anatpfirt und die Eigenſchaf⸗ 
I, welche baffelbe von der atmofphärifchen Luft unterfcheiden. Ihm 
ı Die wichtige Entdedung von der Bufammenfegung des Waſſers 


e hatte wahrgenommen, baf, wenn man Oxygen mit boppelt fo viel ' 


maifche, diefe Mifhung m’: einem Knall verbrennt, ohne einen 
uͤckſtand zu laſſen. C. wiederholte diefen Berſuch mit der ihn 
n Genauigkeit. Er verfchloß beide Gasarten in gehörig trockene 
e, am den Ruͤckſtand ihrer Verbrennung nicht entweichen zu laffen, 
5 dieſes Zuruͤckbleibende Waffer fel, deffen Gewicht dem Gewichte ber 
ten gleich kam. Lavoiſier beftätigte Dies ſpaͤter volltommen. Derfelbe 
mauigteit in den Verſuchen führte C. auf eine andre Entdeckung, 
ley entgangen war. Dieſer hatte wahrgenommen, daß eine Maffe 
er Luft, eingefchloffen in eine Röhre, durch welche man fortgefebt 
nen leitet, an Maſſe verliert, und daß ſich dabei eine Säure bilder, 
opfen Lackmustinctur, die in die Röhre gebracht worden, roth färbt; 
den Verfuch nicht weiter. C., der ihn wiederholte, verfchloß in der 
Kuflöfung von aͤtendem Laugenſalz, welche die Säure verzehrte, und 
ie Säure Satpeterfäure fei. Die Analyfe der nach dem Verſuch in 
whdgebliebenen Luft bewies, daß fie bem Gewicht nach ebenfo viel 
nd Stickſtoff verloren habe, als die entftandene Säure betrug. Er 
Ht das Verhaͤltniß des Sticiikoffs zum Sauerſtoff, weiches 2: 43 
ch fanb ſich, wenn beide Gasarten gehörig rein in diefem Verhaͤltniſſe 
elektriſche Funken hindurch geleitet würden, daß die Mifchung gänz- 
nd, wodurch feine Entdeckung volllommen beftitigt wurde. G. hat 
aber in der Phyfik durch dieſelbe Genauigkeit in den Werfuchen ausges 
& im der hoͤhern Geometrie hatte er gründliche Kenntniffe, welche er 
mmung ber mittiern Dichtigkeit unferer Erdkugel fehr gluͤcklich an⸗ 
fand fie 54 Mat fo groß als die Dichtigkeit des Waſſers: eine Ans 
ı der von Maskelyne auf einem andern Wege gefundenen wenig abs 
Enigl. Geſellſchaft zu London hatte ihn zu ihrem Mitgliede gewählt, 
mannte ihn das franz. Rationalinflitut zu einem feiner acht auswaͤr⸗ 


522 ECEarton Caylus 


tigen Mitglieber. C. war damals wahrſcheinlich der reichſte unter ben Gi 
und der gelchrtefte unter den Reihen. Ein Ohelm batte ihn 1773 zum 
eines großen Vermögens eingefegt. Diefer Gluͤckswechſel änderte nichts in 
rakter und f. Gewohnheiten. Regelmäßig und einfach im hoͤchſten Grabe | 
felbft, war er von einer wahrhaft koͤniglichen Großmuth für die Wiſſenſch 
für geheime Wohlthaten. Seine große, trefflich ausgemählte Bibliothel 
ließ ex den Öelehrten zur Benugung. Ex flarb zu London im März 1810, u 
terließ ein Vermögen von mehr als 7 Mill. Thlr. denjenigen Gliedern f. Ser 
wandten, welche das Gluͤck am wenigſten begünftigt hatte. S. Schriften bh 
in Abhandlungen in den „Philoruphical transactions” (von 1766 —91 
zeichnen ſich durch Scharffinn, Genauigkeit und Zreue auß, 

Sarton (Witiam), Englands Guttenberg, geb. um 1410 in ber 
fhaft Kent, lernte in London die Handlung, wurde von dem Vereine der! 
Kaufleute als ıhr Factor nach Holland und Flandern gefendet, und war 
Deputicten, welche 1464 von Eduard IV. beauftragt wurden, den E 
tat mit Philipp dem Guten, Herzog von Burgund, zu verlängern und zul 
gen. Mährend feines Aufenthaltes an biefem glänzenden und gebilbeieg 
trug ihm die Gemahlin Karls des Kühnen, Margaretha von York, die 

fegung einer damals fehr beliebten Sagenfammiung, des „Recueil 
toires de Troyes’ vom Capellan Raoul Lefevre, auf, deren Drud er 
gleich feibft übernahm und zu Köln (1471, Fol.) vollendete. Es war 
englifher Sprache gedrudte Buch, und diefer erfte Verſuch hatte ihm fe 
ſchmack an diefer neuen Art.von Beſchaͤftigung eingeflößt, daß er fi 
fländigen Drudapparat anſchaffte, mit dielem nad England zurüdt 
dort in der Weftminfterabtei eine eigne Dfficin, die erſte in England, 
1474 erſchien (in Fol.) aus derfelben das erfte auf engliſchem Boden ged 
„Ihe game and playe of the chesse” (eine von Carton aus dem 
machte lberfegung eines urſpruͤnglich lateiniſch ge’chriebenen Werks den 
von Geffolis); feit diefer Zeit war Garton bis an feinen 1491 im 81. 8 
erfolgten Tod als lÜiberfeger und Druder ununterbrochen thaͤtig. Wie 
deffen auch fein Verdienft um die Verbreitung der Buchdruckerkunſt in = 
ſi 











terlande iſt, fo hält er doch keine Vergleichung mit andern Druckern 
aus. Sein Papier und feine Druckerſchwaͤrze iſt gut, aber feine gotbif 
(runder oder römifcher Schrift hat er fich nie bedient) iſt geſchmacklos, 
verfchnörkelt und verzogen, und die abfcheulichen Holzfchnitte, die er feinen 
den beifügte, koͤnnen nur zu ihrer Entftellung dienen. Pergamentbrude | 
fo viel man weiß, nicht geliefert. _ In welcher Achtung feine Drude bei den 
fhen Bibliomanen ſtehen, fieht man daraus, daß der Herzog von Devonfi 
defectes Eremplar feiner obenermähnten Überſetzung des „Reeueil des his 
ee (von 1471) in der Roxburgh'ſchen Auction für 1000 & 
aufte. 

Cayenne, ſ. Guiana. 

Caylus (Anne Claude Philippe be Tubieres ıc., Graf von), Ard 
geb. den 31. October 1692 zu Paris, erhielt eine eben’o gründliche ald 
zende Erziehung und machte ald Krieger den ſpaniſchen Erbfolgekrieg mit 
nach Italien, nahm 1715 den Abſchied, begleitete im folgenden Jahre | 
auf feiner Gefandtihaft nad) Conftantinopei und berrifle von dert Gh 
land, die Serpläge der Levante und alle jene an Erinnerungen fo reichen 
bis zu den Ruinen von Ephefus ıc. Nachdem er die Darbanelien und Die 
mer befungenen Ufer befucht und nach dem alten Byzanz zuruͤckgekehrt 
gab er ſich nach Adrianopel, wo damals Muftapha U. refibiete. Auf 
Mutter Eehrte ev 1717 nach Paris zuruͤck und begann nunmehe f. 









Gazotte 523 


mem. Er befchäftigte fich jegt ganz mit dem Studium bes Alterthums 
bung ber Kuͤnſte. Malerei, Bildhauerei, Muſik und befonders Kus 
feffeiten wechſelsweiſe f. Tätigkeit. Hauptſaͤchlich arbeitete er an 
Werke über die ägpptifchen, griechifchen, etruſkiſchen, roͤmiſchen und 
derthuͤmer, das eine Menge Kupfer enthält, welche die Antiken feiner 
> feltenen Samıminng barftellen, die er dem Könige vermadht hat. 
ihr Die Malerakademie und 1742 die Akademie der Inſchriften zum 
f. Caylus sheilte ſ. Arbeiten zwiſchen beide, und fliftete für jede einen 
f. guten dyemifchen Kenntniffen war er der Erſte, welcher fidy mit der 
; derjenigen Mittel befchäftigte, welche von den Alten bei der enkauſti⸗ 
i angewendet wurden; wenigſtens leitete er die Aufmerkſamkeit auf 
der Kunft. Unermübdlich in f. Forſchungen, bereicherte er das Gebiet 
yaften mit unzähligen andern nüglihen Aufichlüffen über die Art, die 
. Marmor einzuverleiben, über den Papyıus, bie Lava, das Grab des 
28 drehbare Theater des Curio, die Kunft, dad Kupfer zu härten, allers 
ı aus buntem Glaſe zu verfertigen, über die Mittel, vermöge welcher 
ungeheure Laſten fortbewegten, Über die Mumien; über die enkauſti⸗ 
chsmalerei fchrieb er ein befonderes Memoire. Diefe und andre Ges 
beit ex in ungefähr 45 Abhandlungen ab, womit er die Sammlungen 
der Inſchriften bereichert hat. Wenn man auch nicht leugnen kann, 
ten Schriftſtellet oft mißverftand, fo find doch f. Verdienfte um den 
"beit der Künfte und des Alterthums unleugbar ſehr groß. Was ihm 
Gruͤndlichkeit abgeht, hat er durch Beftimmtheit und Deutlichkeit ers 
igte 1769 fein thätiges Leben. Strenge Redlichkeit, feltene Einfache 
zuweilen einiger Despotismus in f. Meinungen, waren die Grund⸗ 
rakters. Junge Kuͤnſtler fanden an ihm einen großmütbigen Beſchuͤ⸗ 
at von ihm zahlreiche Schriften, fomol Romane und Sammlungen 
haften Inhalts, ale aud) antiquarifch = archäologifche, z. B. „Recueil 
egyptiennes” (Paris 1752—67, 7 Bde.). Auch war C. ein fleis 
cqhickter Kupferſtecher; als folcher hat er u. a. eine Folge von 200 Bl. 
Inften Zeichnungen bes koͤnigl. Cabinets geliefert; eine Sammlung 
aach Rubens und van Dyd; eine andre von Charakterkoͤpfen und ver 
aricaturen, nad) Leonardo da Vinci; viele Blätter nad) Lukas von 
echt Dürer und X. u. ſ. w. — Seine Butter, eine Nichte der Frau 
n, ebenfalls eine fehr geiftreihe Frau, bat fich durch ein kleines ans 
erkchen: „Mes souvenirs‘', bekannt gemadht. 
tte (Jacques), ein durch Leichtigkeit und Gewandtheit des Styls bes 
riftfteller, geb. 1720 zu Dijon, ftudirte bei den Jeſuiten und ging 
mtroleur nach Martinique. 1759 trug er durch f. Thaͤtigkeit dazu bei, 
er Engländer auf das Fort St.⸗Pierre zu vereitein. Aber 1. geſchwaͤchte 
sthigte ihn nach Frankreich zuruͤckzukehren, wo er |. Bruder beerbte 
ald Generalcommiſſair der Marine f. Abfchied naym. Er hatte dem 
tte, Superior der Miffion der Jeſuiten, alle f. Befigungen auf Mars 
zeten und dafuͤr Wechfeibriefe auf den Orden erhalten, welche dieſer, 
chten Zuſtande der Angelegenheiten Lavalette's, zu bezahlen ſich weis 
ge verlor dadurch 50,000 Thaler. Ex mußte gegen f. ehemaligen 
bericht auftreten, und diefer Proceß iſt gewifiermaßen als die Quelle 
betrachten, weiche fpäter gegen die Jeſuiten ausbrachen. G.’6 Heiter⸗ 
ahelt, feine lebhafte, anziehende Unterhaltung, und das Talent, ſich 
paffen, mit weichen ec zuſammen tsar, erwarben ihm allgemeine Liebe. 
der Defeltfchaft und unter dem ſchoͤnen Geiſtern. Schon 1763 gab er f. 
unbe Biittngenidt afnkiehect henats 1 7747-72 führhb er |. „Din 








524 Cazwini Cebes 


ble amoureux“ und denLord Impromptu”, und fpäter f, „Oewvres me 
badines”, welche Werke mit Beifall gelefen wurden. Man bemerkt iu 
reiche Einbildungskraft, eine mehr als gewöhnliche Leichtigkelt des Sty 
fonders eine lebhafte und natuͤrliche Art zu erzählen. Ein Schuͤler von 
de Pasqualis bewog C., ſich in den von jenem geflifteten Orben aufn 
laſſen. Kaum war C. aufgenommen, fo verwirrte er fich in bie Trdunie des 
liſtit. Mit Hülfe eines arabifchen Mönche, Namens Dem Chavis, bil 
er fich mit der Überfeg. der arabifchen Erzählungen, derem Sannnlung ia 
eine Fortſetzung von „Tauſend und eine Nacht‘ bildet, und ben 37. bis 
bes „Cabinet des fees” einnimmt. Dom Chavis gab Cazotte in einer Hall 
halb ital. Sprache den Umriß der Erzählungen; diefer, damals in einem U 
70 Jahren, nahm die Feder um Mitternacht, wenn er aus den Gefenfhufl 
er zu befuchen pflegte, zuruͤckkam, und fchrieb, indem er fich feiner Phau 
Tief, bis 4 oder 5 Uhr Morgens; fodaß er in zwei Wintern fein Unternch 
endigte. Ein merkwuͤrdiges Beifpiel feiner faft unbegreiflichen Leichtigk 
beiten ift die fomifche Oper: „Les sabots” (die Holzſchuhe, Muſik von ! 
die er in einer einzigen Nacht vollendete. Als bie Revolution ausbrach, 
ihr entgegen, wo er nur Eonnte. Die Urheber des 10. Aug. 1792 fi 
in diefem Sinne mit feinem Freunde Ponteau, damaligem Secretaie ber 
‚gepflogene Correſpondenz, unb Cazotte nebft [. Tochter Elifabeth ww 
Gefängniffe der Abtei gebracht. Als er hier an jenen fürcdhterlichen Se 
gen den Mördern übergeben wurde, warf heldenmuͤthig ſ. Tochter ſich Gbai 
beſchirmte den Greis mit ihrem Körper. Diesmal entfank der Stabi ben 
des Verbrechens; Water und Tochter wurden freigefprochen. Aber (he 
def. Monate warb er aufs neue verhaftet und zum Tode verurtheilt 
Blutgeräft beftiegen hatte, rief er mit fefter Stimme ber Menge zu: 
wie ich gelebt habe, Bott und meinem Könige treu!" | 

Cazmwini (Zacharia Ben Mohammed), arab. Naturforfcher, 
aus einer Familie von Rechtsgelehrten, die ihren Urfprung von Anas 2 
einem Gefährten Mohammed's, ableitete und ſich in Cazwin, einer Gtabk 
fien, niedergelaffen hatte. Won ihr hat diefer Schriffteller den Beine 
welchem er berühmt worden iſt. Don f. Lebensumſtaͤnden wiſſen wir x 
Kadi von Wazith und Hillah war und im J. der Flucht 682 (12% 
Sein wichtigftes Werk ift eine Naturgefchichte : „Die Wunder der Nat 
Eigenthuͤmlichkeiten der gefchaffenen Dinge”, aus welchem Ideler das CagE 
den Sternbildern der Araber herausgegeben und wovon ſich Bruchfühdi 
chart's „Hierozoikon“, Dufeley’6 „Oriental collections” ‚Wahl’s, Jake 
Sacy's arab. Chreftomathien befinden. Cazwini's Abficht war, wie} 
Wunder der ganzen Natur zu ſchildern. S. Werk enthält in gebrängter 8 
was bis auf ihn gefchrieben worden war, aber in fo großen Zügen unb 
thuͤmlich dargeftellt, daß es mehr werth ift, als bie meiften Driginak 
von denfelben Gegenftänden handeln. . Es gibt von bemfelben eine abgekänf 
fifche Überfegung. 

Gebes von Theben war ein Schüler des Sokrates. Nach 
lung wurde er der moralifche Metter bes Phaͤdon, der als junger Sklav⸗ 
Heren zur Unzucht gebraucht wurde. Cebes kaufte auf Weranlaffung 
te6 den Knaben und führte ihn der Weisheit zu. Man bat Beine 
richten Über des Gebe Leben. Ex fchrieb drei Befpräche: „Bebbemie*, 
chus“ und „Pinar, ober dad Gemälde”. Unter diefem Ramen if u 
gorifhe Schrift vorhanden, in der Art der Erzählung des Probläud 
am Scheidewege. Über die Echtheit dieſer ae 


* N 


























mweiſten Gelehrten ſind aus: 


. Cecil N 585 
Gebes ober einem unbekannten floifchen Phitofophen unter des 
&. Yahch, nach Chr. verfertigt worden ſei Mon dem Wieder» 
Wiflenfpoften an iR diefe unterhaltende Gcheift unzählige 
eis — Theognis, Pothagotas ic. heraus gegeben wor⸗ 
tx enwäßsen unser den groͤßern Ausgaben nur bie von Schweighäufer 
31806), unter den Schulausgaben die von Thieme und beardeitet vom 
Berta 1810), und von Buͤchüng, von neuem bearbeitet und bedrutenb 
von Broffe (Meißen 1813). 

Hl (Diiliam), Baron von Burleigh, Staatsfecretaie unter Cduard VI. 
bech, dazın Sroßſchatmeiſter von England, geb. 1520, ſtuditte zu Lone 
ywanm durch f. Geſchicklichteit in einem teligiöfen Streit Heinrichs VIII. 
efall, wodurg fid) ihm früh eine glänzende Laufbahn eröffnete. Zu Ans 
Eduarda VI. trat Gecit in den Dienft des Staats. Als 1547 
g von Gomuerfet Protector des Reichs geworden, ernannte diefer ihn 
und nahm ihn mit ſich auff. Zuge nach Schottland. Bei 
ik ward er 1548 zum Gtantsfecretaic ernannt. A das Jahr darauf 
[3 geftäne nun, entging aud) Gecil mit andern Anhängern des Herzoga 
Imgniffe nicht. Er erhielt jedoch nach 3 Monaten f. Sreiheit wieder, wor 
bemalt —— ‚Herzog von Northumberland ihn wegen ſ. Talente 
ſaa Amt einfehte. Bald darauf warb Cecil Ritter und Mitglied des 
mache. Mitten unter den ſich anfeindenden Hofparteien befdhäftigte er 
Kit den Pflichten {. Amtes. Als Eduard ihm ais Geheimenrathe die Acte, 
Yehanna rap zur Ehronerbin erklaͤrte, zur Unterfchrift vorlegte, weigerte 
Ihe zu thun, ais fie zu contrafigniren. Ebenſo wenig Sonnte nad dem 
Süchben der Herzog v. Northumberland ihn bewegen, weder die Procas 
Sohamna Bray, noch das umlaufoſchreiben, worin ihr echt bewleſen 
A für einen Waflard erflärt wurde, aufzufegen. Die Mitglieder de6 
waren damals als Gefangene in Tower. Cecit benutzte bie Abwe - 
Serzoge, fie zu befteien. Die meiften erklaͤrten ſich fir Maria, einige 
mod denfelben Abend zu ihr: Gecit fand ſich am folgenden Tage ein 
gleih man fie gegen ihn einzunehmen geſucht hatte, gütig aufgenoms 
legte er ſ. Ämter nieder, lebte aber mit den Miniſtern in guten 
und tief ſich von der Graffchaft kincoln, In der er geboren war, 8 
Parlamentsmitgliede wählen. Er entroiselte jegt eine Feſtigkeit und 
‚ verbunden mit einer feltenen Tätigkeit und Cinſicht, wodurch 
Einfluß auf die Verhandlungen gewann. Mit der Prinyeffin Ell⸗ 
er einen geheimen Brieftoedhfel und gab ihr Nachrichten, die in 
Rage , worin fie ſich befand, hoͤchſt wichtig fein mußten. Als 1558 
den Thron beftieg, ernannte fie ihn zum Mitgliede des Geheimen ⸗ 
yum Staatsfeceetair. An der englifchen Kirchenverbeſſerung ſowie an 
nahm er den thaͤtigſten Antheil. Die Gunft and da6 Anfehen, 
der Königin fland, erweckten ihn mächtige Feinde; ber gefäbrlichfte 
mar der Graf Leicefter, Eliſabeths Guͤnſtüng. Cecil's weife Mafregein 
fepnelt den Ayfcuhr des Herzogs von Norfolk im Norden Englands. 
war bie Sicherheit Cůſabechs gefährdet, fo lange Maria Stuart 
on Schottkand befaß. Als Unruhen, an denen Burleigh Antheil ges 
Viefe Fürftin bewogen, in England Zuflucht zu fuchen, rieth er 
u Ian, und nach der Verſchwoͤrung Babington’s betrieb 
tach der Hinrichtung der unglüdticyen Maria entzog 
an ihre Gunſt. Er gewann indeß feinen gans 
1588 England — Hhitipps Armada hedcoht wurde. 
und unterzeichnete noch auf |. Sterbebette 


\h) 


















526 Gefalonien Gelebes 


den für England vorthellhaften Sriedensvertrag mit Spanien, worauf e 
terfchied. Gecil war von feinen Sitten und einnehmendem Betragen, einer: 
Selbſtbeherrſchung und Beſonnenheit, und einer bewundernswuüͤrdigen 
keit. Seine Sitten waren durchaus unbeſcholten. Seinen Wirkungskrris 
er mit vieler Klarheit, und befolgte das dem Charakter Eliſabeths ange 
Syſtem, feinem Vaterlande durdy Unterhandlungen und feibft durch Imri 
den fremden Höfen den Frieden zu erhalten. Ein Theil f. Scaatsfckel 
gedruckt worden. 

@efalonien, die größte unter den Infeln auf dem ionifchen Mi 
ber Meftfeite der Halbinſel Morea und am Eingange des Golfo di Patref 
DM., 63,200 Einw., treffliche Seefahrer mit 400 eignen Schiffen), 1 
Detfchaften, 3 Häfen, treffliche Ankerpläpe und Buchten. Gefalonien # 
gig, aber fehr fruchtbar, mit einem milden Klima; Roſen und Reiten blich 
im fogenannten Winter; doch ift die Infel häufigen Erdbeben ausgeſetzt. 
niffe find: Getreide, Wein, deffen fie an 50,000, und ÖL, deffen fie an! 
Faͤſſer ausführen foll; Korinthen, deren Ausfuhr man auf 6 Mill. P 
ſchlaͤgt; Baummolle (100,000 Pfd.), Seide, officinelle Kräuter, Salbei, f 
rin und Süpdfrüchte. Bei der eigenthümtichen Landwirthſchaft der 
fen Grundeigenthuͤmer muß fie faft alles Getreide und Fleiſch aus Moren 
Die Hauptft. Cefalonia oder Argoftoli hat einen guten Hafen. Die 
hörte den Venetianern bi6 1797, wo die Franzofen fie beiegten. Seit 18 
fie zur Republiß der vereinigten Jonifhen Infeln (ſ. d.). ©. 
„Statistical account of the isl, of Cefalonia” (London 1824). 

Cekropés, der Stifter des attiſchen Staats in Griechenland, 
einer Solonie aus Gais an der Mündung des Nils dort um 1550 ». 
langte (doch wird diefe Einwanderung aus Agypten von Neuen, 5.8. 
Müller, bezweifelt), die wilden und rohen Bewohner Religion ımd 
fie mit den Vortheilen des gefellfchaftlichen Lebens befanne machte, 
zur nachherigen Stadt Athen (Cekropia) legte und noch elf andre Ortſch 
deren Einwohner er im Aderbau unterrichtete. Auch pflanzte er den O 
heiligte ihn der Minerva, Athens Schugasttin. Dann machte er fein 
terland mit der Schifffahrt befannt, und legte dadurch den Grund zur 
Er ftarb nach einer 80jaͤhr Regierung. Sein Grabmal wurde im Wi 
pel errichtet; ihm aber weihte man, um fein Andenken immer lebhaft zu 
das Sternbild des Waſſermanns. (S. Attila.) 

Celebes, eine der Sundainfeln in Sübdafien, oͤſtl von Borneo, 5*1 
bis 1° 3 N. B., 135° 567 bis 141° 20° d.2., 2558 IM. grof, 
Einw. von verfhiedenen Stämmen, mworunter im Süden die Bonier ode 
nefen und die Macaffaren die befannteften find. Durch die Inſel, bevai 
res wenig bekannt ift, und deren Oſtkuͤſte Celebes, die Weſtkuͤſte Macaffa 
geht von N. nach ©. der hohe Bergrüden Bonthain, der auf feinen beiden 
entgegengefegte Sahreszeiten verurfacht. Die meiften Fluͤſſe find Küftenfilfl 
oft reißend. Die regelmäßig twehenden Ger: und Nordwinde kühlen dis 
fehr heiße Luft etwas ab. Der Boden iſt, vorzüglich an den niedern RAM 
fruchtbar; immer grünende Berge und Thaͤler wechfeln mit einander ab. 
ducte: Diamanten, Gold, Kupfer, Zinn, Suͤdfruͤchte, Baumwolle, Pa 
tosbäume, Eben, Sapanis und Sandelholz, Bambusrohr, Manguet, 
melonen, Bananas, Arekanuͤſſe, Betel, Neis, Pfeffer, Kampher, 
und zahme Thiere, die ſchoͤnſten Papageien, Bienen, eßbare 
Schlangen, Krokodille (tie göttlich verehrt werden) c. Den Do 
Befig wichtig, nicht ſowol des Handels wegen (demm bie Beſatzungen 

fern Aufwand, ald der Gewinn für die Regierung beträgt), ſondern von 



















Gellamare Gellini : 527 


lebes der Schluͤſſel zu den Molukken ift und dieſe gröftentheils mit Reis 
bern Lebensbedürfniſſen verforge. Der Sitz ded Gouverneurs ift im Fort 
em, in deſſen Mähe der große, von Holländern, Chinefen und Macaffaren 
te Fiecken und Handelsplatz Vlaardingen liegt, ander Stelle wo fonft Mas 
dand, Die ehemalige Mefidenz diefes ſuͤdweſtlichen Strichs. Die von den 
dern befeffenen norböftlihen Befigungen bilden kein eignes Gouvernement, 
ı eben unter der Regierung der Inſel Ternate. 
kellamare (Antonio Giudice, Herzog von Giovenazzo, Fuͤrſt v.), geb. zu 
11657 und am Hofe Karls Il. von Spanien erzogen, machte mehre Feld⸗ 
ud unter Spaniens ahnen den größten Theil des fpan. Erbfolgekrieges 
We 1707 ın die Gefangenſchaft der Kaiferlichen fiel, die ihn bie 1712 in 
mb hielten. Mach ſ. Auswechfelung Behrte er nach Spanien zurüd, ward 
imetöminifter und 1715 zum auferordentl. Befandten am franz. Hofe 
Hier ward er dad Dauptwerkzeug der Abfichten Alberoni's und bie 
Verſchwoͤrung gegen den Regenten, Philipp von Orleans, um diefen 
Sefte zu verhaften, die Reicheftände zu berufen und Philipp V. zum Regen» 
en, der als Herr Spaniens und Frankreichs uͤbermaͤchtig gewefen wäre. 
e noch die Befehle f. Dofes, als der Plan entdedt und aus feinen aufs 
Briefen die fämmtlichen Theilnehmer an der Verfchwörung erkannt 
Er ward verhaftet und unter Bedeckung nach der paniſchen Grenze abs 
Der mabdrider Hof ernannte ihn zum Öeneralcapitain von Altcaftilien ; 
Rarb er 1733 zu Sevilla. 
eilarius (Chriftoph), einer der gelehrteften Philologen des 17. Jahrh., 
zu Schmalkalden, wo fein Vater Superintendent war. Schon feine 
— hatten ihren urſpruͤnglichen Namen Kellner in Cellarius verwandelt. 










er auf mehren deutſchen Univerfitäten ſtudirt hatte, uͤbernahm er, 30 J. 
Lehramt zu Weißenfels. 1673 ward er zu Weimar, ſpaͤter zu Zeig 
eburg Mector der dortigen Schulen, endlich Profeffor der Beredtſam⸗ 
Geſchichte zu Halle, wo er 1707 ftarb. Er hatte eine Dienge alter Autos 
gelebrten Anmerkungen und fehr genauen Regifern herausgeg., al& bie 
Cicero, des Pliniue, den Cornelius Nepos, Curtius, Eutrop, Sertus 
Bellejus Paterculus, die zwölf alten Panegyriften, Minucius Selig, 
iens u. f.w. eine eignen Werke beziehen ſich auf alte Gefchichte und 
, xömifche Alterthümer und lateinifche Sprache ıc. 
ellini (Benvenuto), Budhauer und Goldfchmied, geb. zu Florenz 1500, 
ae 1570 ftarb. Beſonders zeichnete er ſich in letzterer Kunſt aus, daher 
g f. Arbeiten, die überhaupt felten gerworden find, zu ungeheuern 
bezahlt werden. Bon fühnem, biederm und geradfinnigem, dabei aber 
‚ keine Abhängigkeit, keine Beeinträchtigung duldendem Charakter, 
er ſich oft in Händel, die er häufig feine Gegner mit dem Leben bezahlen 
ſelbſt in große Gefahren, ward gefangen gefegt und rettete fich nur 
und bie mächtigen Beſchuͤtzer, weiche f. Geſchicklichkeit ihm erwor⸗ 
: 6 der Gonnetable von Bourbon vor Mom rückte, verband ſich Cellini 
Freunden zum Widerftand, und in f. Setbftbiographie rühmt ex ſich 
Feldherrn durch einen Buͤchſenſchuß getödtet zu haben. Nach der 
der Stadt zog er fich in die Engelöburg zuruͤck und bediente hier 5 Stüd 
Mach f. Angabe war er ed ebenfalls, der mit einem diefer Geſchuͤtze den 
won Ziranien töbtete. Unter Paut IL. klagten feine Feinde ihn faͤlſchlich 
Theil der Iuwelen der päpftlichen Krone, die er zur Zeit der Gefahr hatte 
mb einſchmelzen müffen, entwendet zu haben; und obgleich er fich recht⸗ 
er uud: dem Befängniffe doch nur auf Verwendung Franz 1. befreit, 
auf einer fehhern Reife nad) Frankteich lieb gewonnen hatte und jegt zu 














528 Gelſus Eeltes 


fi) einlud. C. begab ſich nach Fontainebleau, wo er In Auſtrag dı 
ſchiedene Arbeiten unternahm; da er aber verſaͤumt hatte, der Allei 
Herzogin d’Etamıpes den Hof zu machen, warb ihm von biefer fo Ic 
gewirkt, 618 er ſich entfchloß, in fein Vaterland zukehten. Hier 
Cosmus begunſtigt, mehre Werke in Metall und Marmor aus, um 
Perfeus mit dem Medufenhaupte (in Erz), welcher noch den Mark— 
tenz ziert, und einen Chriſtus in der Capelle des Palaftes Pitti. A 
verfchiedene treffliche Stempel zu Münzen und Medaillen. Geine 
weifen, daß er ein denkender, mit mannigfaltigen Kenntniffen audger 
ler war. Bereits 58 I. alt, entſchloß er fich, fein an Abentenern unt 
Schickſalen reiches Leben zu befchreiben. Diefes anziehende, von i 
abgefaßte Werk, von dem 1818 eine neue vollftänd, Ausg. in Floren 
ward, in welchem er mit Unbefangenheit feine Tugenden und Fehler 
wol er hin und wieder als Künftter mit zu großem Selbſtgefuͤhl f 
Perfonen, mit denen er in Verhättniffe am, mit treffenden Bhaen ſchi 
Goͤthe s meiſterhafte Überfegung auch unter uns bekannt getvorden. 
‚gen Schriften find die wichtigſten: „Due trattati, uno intorno a 
eipali arti dell’ oreficeria, l’altro in materia dell’ arte della sc: 
Ausg. 1731). Die Schreibart Ift frei, gediegen und eigenthäumlich, 
Grufca als einen Claſſiker oft in ihrem Wörterbuche anführt. Ein: 
f. Biographie findet man auch im Kunſtblatt zum „Mosgenbt.“, 1 
Gelfus (Aurelius Cornelius) lebte wahrſcheinlich unter Au; 
bat ihm den vömifchen Hippofcates genannt, weil er diefen riechen n 
die Hiypokratiſche Medicin nady Rom verpflanzte. Außerdem ſchrieb 
torit Kriegekunft und Ackerbau; doch iſt er als Arzt am befanntı 
Gchreibart ift zierlich, gedraͤngt und dennoch fehr Mar. Aus ſ. M 
Arzneitunde” Haben andre gute Schriftfteller ſowol für die Medici 
Epirurgie wie aus einer unverfiegbaren Quelle geſchoͤpft. Ex hat ihn 
von Stellen geliehen, um ihre Lehren zu unterftügen, hat aber zu 
auch fehr willfücliche Auslegungen erfahren. Hippoktates und A 
die beiden Scheiftfteller, denen Ceiſus am meiften gefolgt iſt. Ausgabı 
„De medieina“ find 50 vorhanden; zuerſt Florenz 1478, Kol. ; 
Krauſe, 293. 1766; von Targa, Padua 1769, 4:, und Verona 18 
Celten, auch Kelten (fich felbft nannten fie Barl oheı Bale 
der 4 Hanptoöiterftämme, weiche das alte Gallien bewohnten und 
ſich von der aͤußerſien Spige der Bretagne bis an ben Rhein und bie 
ten. Die Römer nannten daher das ganze Land Celtioa oder Gı 
Abſtammung ift ungewiß; fie kamen in umbebannter Worzeit aus Afı 
Einwanderung in Öberitalien, bie.man Eennt, geſchah Belle 





tieren. 
und Maffiliern machte fie.gefitteter. 
von den Roͤmern Pl bie 


Gement Cenci 529 


Deutſchland verbreiteten. Er war 1459 zu Protuch bei Schweine 
mm geboren und hieß eigentlich Deiffet, nannte ſich aber Geltes, mit. 
ma Protucins. Um nicht Winzer werden zu müffen, entlief er feinen 
udirte in Koͤln. 1484 und 1485 bildete er fich unter Rudolf Agricola 
ı zum Philologen und Latein. Dichter, erwarb ſich darauf als Privats 
n Univerfitäten Erfurt, Leipzig und Roftod bie Mittel zu einer Reife 
wo er die berähmteften Gelchrten jener Zeit in Padua, Ferrara, Bos 
a4, Rom und Venedig hörte und an Vielfeitigkeit und Tiefe in feinen 
gewann. Nach feiner Rückkehr durch Fuyrien, Ungarn und Polen, 
t Brutus mit der Aſtronomie und Aſtrologie befannt machte, fand er 
Höfen, beſonders bei dem Kurfuͤrſten von Sachſen, Friebrich dem 
günftigfte Aufnahme, kam auf deffen Empfehlung an den Hof Kaiſer 
„nach Nürnberg, wo er von biefem wegen feiner gefchägten latein. 
1 als der erfte Deutfche, ber den Lorberkranz erhielt, eigenhändig zum 
znt wurde. Darauf unternahm er eine 1Ojähr. Wanderung auf 
niverfitäten in Deutſchland, theild um gelehrte Verbindungen anzu ⸗ 
48 um durch Lehren und Difputiren ben Sinn für die alten Claſſtker 
Auf diefer Reife half er zu Heidelberg bie rheiniſche gelehrte Gefells 
deren Beſchuͤtzer und Erhaiter der Bischof von Worms, Johann von 
c, brachte die Kenntniß der alten roͤmiſchen Literatur nach Leipzig, 
cholaſtiker nicht lange buldeten, lehrte um 1494 einige Zeit NHetorit 
: und fand endlich einen Ruhepunkt in Wien, wo der Kaifer Maris 
1501 zum ordentlichen Lehrer der Dichtkunſt und Beredtſamkeit und 
für das Stublum des claff. Alterthums neuerrichteten fünften Facul ⸗ 
figen Univerfität ernannte. Ex tehrte hier auch bie Philofophie ber 
e griech. Sprache, bereicherte bie kaiſerl. Bibliothek mit griech. und 
n, Himmelskugeln und Landdyarten, betrieb die Herausgabe der. Hand⸗ 
von Kiofterbibliothelen, zog junge Dichter und Rebner, gewann ben 
Biſſenſchaften und veranftaltete bie erften theatral. Vorſtellungen am 
m Plan, die deutfche und Darimilians Gefchichte zu fchreiben, Eonnte 
ihren; doch hinterließ er eine Geſchichte und Befchreibung von Nürns 
dicht Über die Lage und Sitten Deutſchlande, mehre philofophifche, 
nd biographliche Werke und eine Menge Gedichte, in denen er ſich als 
achahmer Tibull's und Horaz’6 hervorthat. Won andern Ppilologen 
iterſchled er ſich dadurch, daß er das Stubium der Sprachen nicht als 
m nur als Hülfemittel zum Anbau der Realwiſſenſchaften betrieb, 
m Gefchichte, Statiſtik und Topographie befonders liebte. Auf feinen 
er bie Fre einer großen literarifchen Verbindung gefaßt, die aus 7 
reich, Rhein» u. Mofelland, Redarland, Nicderfachfen, Pommern, 
ngarn beſtehen follte und unter dem von ihm felbft entiehnten Namen 
jeltica” von dem Kalfer Marimilian I Privilegien erhielt. Doc) kam 
frühen Todes (4. Gebr. 1508) amd anbrer Hinderniffe fein Plan im 
"zu Stande, unb nur bie rheiniſche Gefsüfcpaft Überebteign. 31. 
‚% Eifen md Caͤmentation. 
— m cderin, war bie Urſache ber 





530 | Cenis Cenſus 


trug dahin zu bringen, daß feine juͤngſte Tochter, die von hoher Schoͤnh 
endlich feinen Nachſtellungen und Lüften unterlag. Beatrice entdeckte die 
fame Mißhandlung nicht nur ihren Verwandten, fondern fuchte aud) beim 
gen Papfte Clemens Schug zu finden. Doc) fheirs Ihr diefer nicht zu 2 
worden zu fein; denn al& der verbrecherifche Vater feine fdyaudererregende $ 
lung aufs höchfte trieb, verband fie ſich mit ihrem Bruber Giacomo und 
uchlofen Alten von 2 Meuchelmärdern im Scylafe ermorden. Die Sd 
wurben jedoch entdeckt, geftanden unter der Folter den Mord und feliten 
Dapftes Befehl von Pferden zerriffen werden. Vergeblich fuchte der gelebt 
naceus (durch) f. „Quaestiones” berühmt) durch eine lebendige Schilder 
Lafterthaten des Ermordeten den Papft zu einer Milderung der Eitrafe zu 
gen. Nach andern Erzählumgen fcheinen Beatrice und ihre Verwandten we 
einen Antheil an der Ermordung des alten Eenci gehabt zu haben; vieln 
ein Gewebe von Bosheit und Schändlichkeiten ber Ausſage zweier Bandit 
die Mitglieder der Familie Cenci Glauben verfchafft haben. So viel ift ge 
am 11. Sept. 1599 Beatrice Cenci und ihre Schwefter mit einer Art Gr 
Mannaya genannt, Hingerichtet, Giacomo Genci mit einer Keule erfchla 
der jüngere Bruder wegen feiner Jugend begnabdigt, die Reichthuͤmer ber 
aber, worunter fi) audy die durch ihre Kunſtſchaͤtze nachmals bekannte un 
fuchte Vila Borghefe befand, eingezogen und vom damaligen Papfte, | 
aus dem Haufe Borghefe, feiner Familie gefchentt wurden. Im Pataftrf 
zu Rom wird dem Meifenden ein treffliches Gemälde, angeblich von Guin 
als das Portrait der unglüdlichen Vatermoͤrderin gezeigt, und dieſes ha 
ſchoͤne Maͤdchenbild ift die Veranlaffung der in ganz Europa verbreiteten ® 
ber obigen Schauergefchichte. 2 

Genis (derBerg), ein Theil des Alpengebirges in der Grafſchaf 
sienne in Savoyen, beffen Höhe 8670 Fuß über die Meeresflaͤche angegebe 
berühmt durch den Weg, welcher über denſelben aus Savoy nad) Piemet 
beffen Grenze er macht. (S. Alpenftraßen.) Auf dem Berg iſt eins 
Madellino genannt, und ein ftehender See, mit einem Haufe, la Ramasse | 
Der See enthält Korelln von 16 Pfunden. Höhere Schneegebirge um] 
diefe Ebene. 

Genotaphium, f. Denkmal 

Genforen waren zu Rom Magiftratsperfonen, welche über dig 
bes Volks und das Vermögen der Bürger cin Verzeichniß hielten, und jel 
Chr. die Schagung der Bürger beforgten. Zugleich hatten fie die Auffict 
Sitten. Sie wurden alle 5 Jahre gemähtt. — Bel uns heifen Gem 
von Seiten des Staats mit der Buchercenſur (f. d.) beauftragten Pa 

Genfus, bei den Römern eine der widhtigften Staatshandlungen 
bie Grundlage zu der nachherigen Größe diefes Neichs ward. Der König ! 
Tullius führte ihn 577 v. Chr. ein, Indem alle römifche Bürger in der & 
auf dem Lande von ihrem ganzen Vermögenszuftande, von der Anzahl ih 
der, Sklaven ıc., bei Verluſt ihrer Güter und ihrer bürgerlichen Freile 
Anzeige machen mußten. Hierauf theitte er nach diefer Angabe alle Bürg 
Claſſen, und diefe wieder in Centurien (f.d.). Die erfte Claſſe befi 
ſolchen, deren fämmtliches Vermögen fi) wenigſtens auf 100,000 Affe om 
Erz belief; die zweite beftand aus Perfonen von 75,000, die dritte von 
die vierte von 25,000, die fünfte von 11,000 Affen; alle übrige g 
ſechſsten Staffe. (Der Werth eines Affes war in den aͤlteſten Zeiten etwail 
nige und fpäterhin 12 Gr. nad) unferm Gelde.) Jede Claſſe hatte ihre hd 
Waffen, ihren befondern Plag im Heere ıc. Diefe Eintheilung hatte fl 
einen ſehr wichtigen Vortheil. Statt daß früher die aͤrmſten Würger eben! 


Gentauren Cent jours 531 


und eben die Kriegebienfte zu leiſten hatten wie bie reichen, und bie Staats: 
leung in ihren wichtigften Zmeigen in den Händen bes unwiſſenden und lei⸗ 
aftlichen Poͤbels fich befand, fielen jetzt die ſchwerſten Laſten in Krieg und 
m auf die Reihen. Dafuͤr wurde aber auch die hoͤchſte Staatsgewalt in die 
e der reichen Bürger der erften Glaffe, melche allein fo viel Genturien als die 
m zufsmmen enthielt, und fonach in die Hände eines Standes gelegt, dem 
nehr Einficht und Kenntniſſe zutrauen Eonnte. Die Bürger der legten Claffe, 
: gar fein oder doch nur ein unbedeutendes Vermögen hatten, wurden faft für 
Claſſe gerechnet; daher dein auch die alten Schriftfteller öfter nur 5 Claſſen 
aen. In der Folge litt die urfprüngliche Eintheilumg einige Abänderung, bie 
tfache aber blieb. Diefer Cenfus wurde alle 5 Jahre wieberholt, und anfangs 
en Königen, dann von ben Conſuln und zuletzt von den Genforen gehalten. 
chin wurde jeboch berfelbe nicht allemal zu den feftgefeßten Zeiten vorgenom⸗ 
ja, er unterblieb bisweilen ganz. Nach Enbigung des Cenſus wurde ein Rei⸗ 
gsopfer gebracht, Suovetaurilia genannt. 
Gentauren, ein altes rohes Volk In Theffalien auf dem Berge Pelion. 
Babel zufolge waren fie die Kinder eines Sohns bes Apollo, Gentaurus 
we ſchoͤnen Stuten von Magnefia, oder auch des Ixion und ber Wolke, 
Irion.) Daß fie halb Roffe und halb Menfchen geweſen, wird fo erlidrt: 
ntauren hätten zuerft die Kunft verftanden, das Roß zu befleigen und zu 
ym. Zur Zeit des theffalifchen Könige Trion ward auf dem Pelion eine 
e Stiere wuͤthend, welche ſich in den Gegenden umher zerftreuten und große 
tungen anrichteten. Spion bot eine große Belohnung Dem, ber fie ebten 
'; dadurch gereizt, erfanden die Gentauren die Kunſt des Reitens und erlegten 
wäthenden Stier. In der mythiſchen Geſchichte kommen die Gefechte ber 
nen mit dem Hercules, Theſeus und Piritbous vor. Letzterer bezroang fie 
e Spige der Lapithen, einer andern theffalifchen Voͤlkerſchaft, ihrer Erbfeinde, 
‚ tödtete Diele und vertrieb fie von dem Pelion. Berühmt find im Alter 
r die Centauren Neffus, Chiron u. A.; Letzterer kommt auch zumellen unter 
Ramen Gentaut vor. 

Gentgerichte waren beiden alten Deutfchen ſchon zu Tacitus's Zeiten 
. Wie dem Gau der Gaugraf, fo ftand dem Gent ein Centgraf, oberfter 
br, vor, der auch die Krieger, melche die Centen zu flellen hatten und 
" Gentener hießen, anfuͤhrte. 

Centiare, der hundertfte Theil der Are (f. d.); fo auch, nach der neuern 
b Sincheitung der Maße und Gewichte, Sentigramme, Gentilitre, 
time, Gentimetre, der hundertfte Theil einer Gramme, eines Litre, 
Branc, eines Metre. S. Franzoͤſiſches Decimatfpftem. 

Gentimanen (griech. Hekatoncheiren), Hunderthaͤndige, die drei riefen: 

Göhne des Uranus und der Gaͤa (des Himmels und der Erde), Cottus, 
8 (oder Agdon) und Gyges. Mit hundert Händen und funfzig Häuptern 
flößten fie felbft ihrem Vater Furcht ein, fobaß derfelbe gleich nach der Ges 
gefeſſelt in dem Innern der Erbe verfhloß. Hier lebten fie in Trauer, bis 
, dem ein Drakelfprud) der Erbe mit ihrer Hülfe den Sieg Über die Titanen 
ig, fie loͤſte und an das Licht der Sonne brachte. Nachdem fie fich mit Net: 
RD Ambrofla erquickt, traten fie mit in den Kampf, der ſchon zehn Fahre uns 
eben geführt wurde. Sie fochten mit ungeheuern Selsftüden, deren fie mit 
Merfe dreihundert auf die Zitanen fchleuderten, welche endlicdy unterlagen 
wfeffelt in den Tartarus geworfen wurden, wo die Gentimanen fie bewachten. 

Cent jours. Vom 20. März 1815, wo Napoleon Bonaparte zum 
m Male den Herrſcherſtuhl der Bourbons beftieg, bis zum 28. Juni, an 
was Iage Ludwig XVII. von Cambray aus die re wiederergriff, 

34 * 


552 Gentlivre 
zähle man gerade 100 Tage; daher nennt man jene Zwiſchenregieru 


‚ Handlungen von ber gegenwärtigen in feiner Veziehung anerkannt wo 


le gouvernement des cent jours. Die 42 Nummern ber Gefegf 
(Bulletin des lois), welche in diefer Zeit erfchlenen und mit Eini 
12 Beſchluͤſſe der ‚proviforifchen Regierungscommiffion (vom 22. bie: 
313 Verordnungen ꝛc. enthalten, Haben daher nur ein hiſtoriſches Intere 
bilden den 6. Abfchnitt (Serie) diefer Sammlung, welche mit der Erric 
berüchtigten Revolutionstribumals (11. März; 1793) beginnt und noch jı 
7. Abſchnitt fortgeht. Wenn bie Leichtigkeit, niit weicher Napoleon in 
von Cannes mit 1100 Mann ohne Schwertſtreich nach Paris vorrüd 
Beweis Liefert, wie wenig aufrichtige Ergebenheit für den alten Könige 
Frankreich vorhanden war, fo gewährt die Geſchichte der 100 Tage auch 
zeugung, daß Napoleon felbft die Grundlage realer Macht, die in der 6 
Meinung ruht, unter den Franzoſen verloren hatte. Sein Acte ad 
(vom 22. April 1815), welche mit gänzlicher Beſeitigung der Charte 
tionnelle vom Juni 1814 die Verfaffungen von 1799 (3. VIII.), v 
(tebenslängliches Confulat) und von 180% (Kaiſerthum) abändert unt 
fuchte die Maffe des Volks durch ausgedehntere Rechte ber beiden Kammı 


. größere Unabhängigkeit der Gerichte, ſtillſchweigende Aufhebung der Spec 


und der Staatögefängniffe, durch vollkommene Preffreipeit und gaͤnzl 
hebung erblicher Standesunterfchiedbe zu gewinnen. Eine allgemrine' 
fammlung (Champ de Mai) follte die Neigung bes Volks zu großen Sd, 
beftechen. Allein der einmal gelöfte Zauber kann nie wieder erneucr 
Bei dem einen Theile fand Napoleon für biefe Verheißungen keinen Gla 
andre benugte bie größere Unabhängigkeit zu noch weiter gehender Einfe 
der Regierung. Die erſte verlorene Schlacht ſtuͤrzte eine fo fchlecht g 
Macht, und Napoleon mußte, verlaffen und gedrängt von feinen frühen 
gern (Koudye, Gaulaincourt, Carnot zc.), zum zweiten Mal die Regieru 
legen. Miniſter waren in diefer Zeit, vermöge eines Decrets vom 20. Mi 
Gaudin, Herzog von Gaẽëẽta, Finanzm.; Maret, Herzog v.Baffano, St 
tate; Herzog Decres, Marinem.; Zouche, Polizeim.; Mollien, Schag 
vouſt, Fuͤrſt Eckmuͤhl, Kriegem.; Gaulaincourt, Herzog v. Vicenza, Mi 
ausm. Angel.; Carnot, Din. bes Innern; Cambaceres, Herzog v. Ma 
Erzkanzler, Juſtizminiſter. Nach der Ruͤckkehr des Königs wurden durch 
ordnung vom 24. Juli 1815 alle Mitglieder der Pairskammer von 181 
einen Sig in der Napoleon'ſchen Regierung der 100 Tage angenommen ba 
von biefer Würde ausgefchloffen, haben ſolche aber fpäter bis auf 2 (Baı 
bifhof von Tours und Graf Canclaux) wiedererhalten. Bon den 117° 
100 Tage fisen nur 40 noch jeht in der Kammer. Das Geſetz vom 

1816 ſprach zwar eine allgemeine Amneſtie aus, nahm aber davon Dieien 
weiche früher für den Tod Ludwigs XVI. geſtimmt und während der 100% 
der ein öffentliches Amt angenommen hatten. Diefe wurden für immer aı 
zeich verbannt, aller bürgerlichen Rechte flr verluflig und des Beſitzes von 
unfähig erklaͤt. (S. Chambre introuvable.) 

Gentlivre (Sufanne), berühmt durch ihr dramatifches Talent 
romanhaftes Leben, geb. um 1667 in ber Grafſchaft Lincoln, wo ihr 1 
bedeutendes Lar.bgut befaß und während der Unruhen unter Karl I. ein eifi 
bänger ber Parlamentöpartei war. Als Karl II. auf den Thron zuruͤckkehr 
er zur Strafe ſeines Vermögens beraubt und mußte nach Irland fliehen, 
f. Zochter forgen zu koͤnnen. Diefe war erſt 3 Jahre alt, ats ihr Va 
und noch nit 12 3., als fie auch ihre Mutter verlor. Gchon in ihr 
bichtete fie ein Lied, das fic) erhalten hat. Durch die Mifßhandlungen, ı 


Gentner Gentralbewegung 538 


m erlitt, denen ihre Erziehung anvertraut war, aufs Äußerſte ges 
fie, um nad) London zu gehen. Unterwegs begegnete ihr ein junger 
ms Hammond, der damals In Cambridge ſtudirte. Angezogen von 
ıgend und Schönheit, fchlug er ihr vor, Ihm in Mannskleidern nach 
folgen. Bald aber ſchickte er fie mit Empfehlungen nach London, 
al auf kurze Zeit verheirathet war. Durch Noth gerieth fie auf den 
‚ihrem Dichtertalente Vortheil zu ziehen; auch betrat fie Die Bühne. 
te fie M. Centlivre, Mundkoch der Königin. Ihre Luftfpiele, von 
wy-body” (welches Juͤnger in bem Luftfp.: „Er mengt fi in Alles”, 
und „A bold stroke for a wife” ungemeinen Beifall fanden, unb 
: wonder! a woman keeps a seoret!’, bis jest auf dem Theater 
1, zeichnen fich weder durch Zierlichkeit der Schreibart, noch durch 
Sharaktere aus und beleidigen häufig das Gefühl für Schicklichkeit 
er fie befigen Kebhaftigkeit, Heiterkeit umb Erfindung in der Intrigue. 
tatur geiftweich, fanft, gewandt und unterrichtet. Mit Steele, Howe, 
dgell ftand fie in feeundfchaftlicher Verbindung ; aber durch ein Ge⸗ 
Iberfegung des Homer hatte fie ſich Pope's Feindſchaft zugezogen, 
Dunciade“ auf eine ungerechte Art charakterifirt. 
7, gemeiniglich von 100, ober 110 bis 112 Pfund Gericht. Bel 
enen Gewichten in Deutſchland ift der Centner ebenfo ungleich als 
)ew franz. metrifche Centner hat 100,000 Grammen Gewicht gleich 
nen, 
(latein.), urſpruͤnglich ein aus verfchiebenartigen Stuͤcken zuſam⸗ 
euch (daher nach Leſſing's Bemerkung die Kleidung des Harlequin 
zen Mimi centuculus ſchon bei Apulejus vorkommt), hat man be⸗ 
olche Gedichte Übergetragen, welche aus Erinnerungen an andre ge: 
nd. Im ſtrengſten Sinne aber verftand man fonft unter Gentonen 
aus Stellen verfchiebener Dichter mit Einfchiebung einzelner elgner 
ngeflidt waren. Dean fuchte darin eine eigne Kunft, fremde und 
e Stellm zu einem Ganzen zufanmmenzufegen, und fo gab es ſchon 
ſche Gentonen (Centones Virgiliani), Flickgedichte, in twelchen bie 
dem Virgil zugehörten, z. B. ein Hochzeitgebicht des Aufonius; 
je mit Homerifchen Verſen ausftaffict (Homerocentonen). 
lamerika, ober bie Republ. Guatemala, f. Mittelamerika, 
Ibewegung. Ein in Bewegung gefehter Körper, der von irgend 
end feiner Bewegung befländig nad) einem außer der Richtung ges 
Punkte getrieben wird, muß einen krummlinigen Weg um biefen 
ven. Ein an einem Faden herumgefchlungener Stein bewegt fich 
fe, weil er durch die Kraft der Hand in allen Stellen feines Weges 
telpunkt gezogen wird. Der Mond rollt darum im Kreife um bie 
uch) die Schwerkraft gegen diefelbe in allen Punkten feiner Bahn 
Richtung, die feine Bermegung außerdem nehmen wuͤrde, abgelenkt 
Mittelpunkt (die Exde) diefer feiner beinahe kreisförmigen Bahn ge: 
In diefen und ähnlichen Fällen nennt man den Punkt, nach welchem 
per unaufhoͤrlich getrieben wird, ben Mittelpunkt der Kräfte; die 
lche ihn treibt, die Centripetalkraft; diejenige, mit welcher fich der 
ittelpunkte zu entfernen fucht, die Gentrifugals oder Schwungkraft, 
ung felbft die Sentralbewegung. — Alle Planeten unſers Son> 
leichen alle Monden und Nebenplaneten deſſelben, beroegen fich, 
nne, diefe um ihre Hauptplaneten, nad) den Gefegen der Central⸗ 
it. Gentralträfte) — Die nähere Betrachtung ber Central: 
egenftand ber Himmelsmechanit, Über welche Newton ſ. „Prinei=_ 


934 Gentralfeuer °  Gentralverwaltung 


pia mathemation philosoph. natural.”, Zapface f. „Mecanique cel 
gefchrieben haben. Al Mufter einer gedrungenen, ſchoͤnen Darſtellr 
wir d. A. in Gehler's „Phyſik. Woͤrterb.“ (Ältere Bearb.) Bd. 1, € 
empfehlen. 

Gentralfeuer. Mehre Phyſiker haben in dem Mittelpunfi 
ein nie verloͤſchendes Feuer angenommen, und daffelbe Centralfeuer gen 
alten Zeiten wollte man die Vulkane und ähnliche Erſcheinungen aus 
erklaͤren. Spaͤter, ale man einfehen lernte, daß ein im Innern ber 
ſchloſſenes Feuer zu den Unmoglichfeiten gehöre, verftand man unter 
tralfeuer die Wärme im Innern der Erde. Diefer Centrafwärme ſchre 
einen großen Theil ber Wärme auf unferer Erdoberfläche zu. Allerdi 
fid) bis in gewiſſe Tiefen ein Grad von beflimmter, faſt gänzlich unver 
bender Wärme im Innern der Erde zu befinden, der wahrſcheinlich von 
genden Sonnenwärme herruͤhrt. Wenigftens Ichrt die Erfahrung, di 
Kiimaten das Innere der Erde wärmer ift als in kalten. In Sibirien, 
man, um wo möglich einen Brunnen zu graben, bis 80 Zuß tief in den 
und fand ihm noch in diefer Tiefe gefroren. Mehre intereffante Erfahr 
in Biot's „Astronomie physique” (2, Aufl, Paris 1810), im 2.2 
Cap.: „De la temperature de la terre”. 

Gentralträfte, diejenigen Kräfte, aus deren Zufammenn 
Gentrafbewegung hervorgeht, nämlich die Centripetals und Centrifugall 
gibt es auch Phyſiker, welche das Dafein der letztern Kraft leugnen und 
bloße matbematifche Idee erfiären. Ste fagen: Jeder einmal bemi 
fegt vermöge feiner Traͤgheit frine Bewegung in derfelben Richtung ın 
ſelben Gefchroindigkeit fort, ohne dazu noch einer neuen Kraft zu bebür 
find bie Himmelstörper von dem Weltfhöpfer im Anfange mit einer a 
Kraft angeftoßen, und müßten, vermöge ihrer Trägbeit, nad) einerlei R 
mit derfelben Geſchwindigkeit bis in Ewigkeit fortlaufen, wenn fie ni 
Punkten ihrer Bewegung nad) einem außerhalb der Richtung derſelbe 
Punkte gezogen würden, woburdy eine Gentralbewegung entfteht. Do 
bewegenden Kraft ift nun die Rede nicht mehr. Derjenigen Urfache o 
die Himmelskoͤrper nad) den außer ihrem Bahnen liegenden Punkten zie 
der Name Kraft, und zwar Centripetalkraft. Sie wuͤrde den Himmels 
er in Ruhe waͤre, in Bewegung ſetzen; ba fie ihn fchon in Bewegung fi 
dert fie wenigſtens die Richtung bdeffelben in allen Punkten. Mit ber 
Centrifugalkraft verhält es fich Dagegen ganz anders; was fie wirkt, erſ 
lich als Refultat der Trägheit des Körpers, oder vielmehr der aus ih 
ſchon einmal vorhandenen und ihr gemäß nur fortbauernden Bewegung 
Diefe Anficht ſcheint auch die richtige, wenigſtens verlieren ſich die Ein 
bagegen in dem nämlichen Maße, als man bei tieferem Nachdenken ver 
dem ſchwierigen Gegenftande wird. (Vgl. Gentratbewegung.) 

Gentralverwaltung, die, der Alliirten in den I. 1813 
unter der Leitung des Freiherrn von Stein, verdient als eine Einrichtı 
jener Zeit große Erwartungen erregte, ohne fpäter Das zu leiften, was 
gehofft worden, einer hiftorifchen Erinnerung. Sie wurde nady der € 
Leipzig durch ein Publicandum vom 26. Det. eingefeßt, Freih. v. Ste 
und der Zweck berfelben dahin erklärt, bie Hülfsquellen der von ben fie 
meen eroberten Länder zu benugen, um Deutfchland von feinem bishe 


*) Erklaͤrt man Kraft mit den Mechanifern ald die Urfache der im vorh 
ftande, ruhenden oder bewegten, der Körper voruchenden Veränderung, fü 
obige Darftelung als vollkommen begründet. Vergl. Kaͤſtner's „Höhere 
2. Aufl, ©. 22—30. 


Centre (le) | 585 


Diefer Idee gemäß hätten alle die Liinber des ſeitherigen Rheinbun⸗ 
jach der leipgiger Schlacht befegt wurden, und die nicht ſchon im Augen» 
n den Verbündeten beigezählt twaren, der Gentralverwaltung follen un» 
verden. Diele dee fcheiterte aber an der Ausführung, da jeder der 
lcher den Verbündeten durch Verträge beitrat, fich die Unabhängigkeit 
stralverwaltung ausbedung. Es blieb daher nebft dem Königreich 
Deutfcyland nur noch das Großherzogth. Frankfurt, das Großherzogth. 
a8 Laͤndchen des Fürften von Iſenburg der Centralvertwaltung unters 
Nach dem Einruͤcken in Frankreich wurde fie dagegen auch auf die bort 
ommenen und noch zu nehmenden Länder ausgedehnt, und zu dieſem 
. San. 1814 ein Regulativ erlaffen, das diefe Länder in 3 Linien, jede 
nements, tbeilte. Nach dem erften parifer Frieden trat für die franz. 
yon am 15. Juni 1814 die Centralverwaltung außer Thätigkeit, und 
n übersrheinifchen und andern beutfchen Länder gleich nad) dem wiener 
Eine anziehende (wenn auch einfeltige und befonders gegen Baiern 
innte) Schrift über diefe Gentralverwaltung erfchien 1815 bei Reimer 
id es wurde als Vf. derſelben Herr Eichhorn genannt. Sie gehört 
zern Documenten über die Gefchichte diefer denkwuͤrdigen Zeit. 
re (le) Inder frang. Deputirtenlammer. Sin dem englifchen Haufe 
n bringt es fchon die locale Einrichtung mit ſich, daß die Mitglieder 
wi Parteien abfondern, die Minifteriaten und die Oppofition, denn 
ben auf ben beiden Seiten und in der Mitte ift ein breiter Raum. In 
hen die Bänke in einem Halbkreife, dem Präfibenten gegenüber, und 
ift ein ſchmaler Durchgang. Die Minifter ſelbſt figen nicht, wie in 
tse den Deputirten, fondern auf der vorderſten Bank ber linken Seite, 
der Mitte. In England- ift das Minifterium der Mittelpuntt der 
und Alle, weiche nicht mit ihm flimmen, treten, wenn auch unter 

verfchiedene Anfichten herrſchen, in der Oppofition zufammen. In 
:ben bie beiden Dauptparteien der alten Zeit und der neuen Zeit unab: 
en Miniftern einander entgegen und machen es dadurch möglich, daß 
ium fid) eine geraume Zeit behaupten kann, welches, wie alle bishe⸗ 
Partei entſchieden angehören, fondern auch feiner Seite ſich von Ihnen 
erhalten will. Schwerlich ift noch jemals eine folche Verſammlung 
‚nat, ein Rath der Reichsherren oder eine Deputirtenkammer gemefen) 
Überzeugung allein gelenet worden; die Stimmen, welche durch die 
: Meinung der Einzelnen gewonnen werden, werden durch diejenigen 
elche von eigennügigen Motiven beſtimmt worden. Daher hat in 
ie in England der Grundſatz, daß kein Staatsbeamter willkuͤrlich ent» 
könne, nurin großer Befchräntung (faft nur in Anfehung der Rich: 
yerden können; alle übrige Staatsaͤmter hingen von den Miniftern ab 
inter der Bedingung vergeben, mit ihnen jederzeit und ganz unbedingt 
In ber franz. Deputictenfammer halten fich diefe auch in ihren Plägen 
er und nehmen die mittelſten Bänke ein (Je Centre.) Hier findet man 
ecten, die Staatsanwälte und andre Rigierungsbeamte, welche nicht 
yerzeugung, fondern kraft ihres Amtes die Anträge ber Minifter jeder 
sen. Mit ihnen vereinigen ſich Diejenigen, welche, wie unter dem 
a Dinifterium die Doctrinairs (f. d.) thaten, unabhängig von 
yauptparteien in der Mitte fiehen und aus Innern Gründen mit ben 
immen. (Im Villoͤle'ſchen Minifterium find die Doctrinaire fall ganz 
Site der Dppofition übergegangen.) Aber wie die eigne Meinung 
ligen Aufern Verhältniffe, wodurch jene oft beflinumt wird, doc) auch 
It Recht behaupten, fo läßt ſich ſelbſt im Centrum jener große Gegen: 


686 Gentrifugalfraft Gephalud 


ſatz ber Parteien nicht unterdruͤcken; es thellt ſich daher wleder In eine rechte 
Ike Seite. und gebt fo von ber gemeinfchaftlichen minifteriellen Grunbfarbe t 
mancherlei Abfchattungen fort bis zur greifen Parteifarbe ber dußerfien Ra 
und Linken. Hieraus ergibt fich, daß ein ausgezeichnetes Talent ſich fhverli 
einer ſolchen Aufopferung der Selbftändigkeit verſteht, und daher Lönnen mm 
tee dem Theile des Centrums, welcher aus innern Gründen demſelben ange 
dergleichen gefucht werben. 3 
Gentrifugalfraft, f. Centralträfte. 
Gentripetalfraft, f. Centralkraͤfte. 
Genturie, eine Abtheilung von hundert Mann. Dieſe Art ber Ein 
lung war bei den Römern fehr gemöhnlich, und wurde im Allgemeinen von ı 
gersifien Menge, wenn auch nicht gerade humbert ; gebraucht. So hießen S 
vien bei den Soldaten die Compagnien, in welche bie römifchen Legionen fich 
ten; beim Wolke die Abtheilungen, welche die ſechs Claſſen des Volks, von 
vlus Tullius eingeführt, ausmachten, und deren bie erſte Claſſe 8O enthielt, 
noch die 18 Cinturien der Ritter kamen; die drei folgenden Glaffen hatten je 
Centurien, die fünfte 30 und bie fechste nur eine Centurie. Nach den C 
aber flimmte das Volk bei den Öffentlichen Wahlen. (S. Cenſus.) 
Genturien (magbdeburgifche) nannte man das erfte umfaffenbe ‘ 
Proteftanten über die Gefchichte ber chriſtlichen Kirche, weil ed nad) Sahrh., | 
jedes einen Band füllte, eingetheilt und anfänglich in Magdeburg auf 
toorben war. Matthias Flacius (f. d.) faßte daſelbſt 1552 den Plan 
die Übereinflimmung der evangelifchen Lehre mit bem Glauben der alten 
und die Abweichungen der Fatholifchen Kirche von bemfelben nacdyzumeifen. 
Wigand, Matth. Judex, Bafilius Faber, Andreas Corvinus und Th 
huter waren naͤchſt Flacius die Hauptmitarbeiter und Medactoren, einige 
Ufche Fürften und Große die Beförderer, und viele andre Gelehrte die 
dieſes manchen Aufwand erfodernden- Werkes, das mit großer Sorgfalt 
wiffenhaftigkeit aus den Quellen gefchöpft, mit geſunder Beurtheilung 
und in Inteinifcher Sprache ausgearbeitet, doch von den Genturiatoren — fo 
man die Mitarbeiter — nur bie 1300 fortgeführt tdurde. Es erſchien 
von 1559— 74 in 13 Bdn. Fol. und in einer guten neuen Ausgabe von 
garten und Semler, die jeboch nur bi8 500 reicht, zu Nürnberg von 175 
in6 Bbn.4. Einen zweckmaͤßigen Auszug beforgte Lucas Dfiander 
1592 1604 in 9 Bon. 4), von dem die Ausgabe Zub. 1607 und 160 
woͤhnlich in 4 ftarfen Bon. 4.) auch das 14. bis 16. Jahrh. umfaßt. Die 
Uken fahen fi dadurch empfindlich angegriffen und mit Thatfachen roiberlegträ 
Baronius.(f. d.) den Centürien feine „Annalen entgegenfebte. 
Cephalus, Sohn der Kreufa, nah Andern- ein Sohn des Deiel 
König in Phocis, und der Diomede, und Gemahl der Profis. As ein 
Jüngling erregte er die.Leidenfchaft der Aurora, die ihm, als er einft am 
Morgen auf dem Hymettus jagte, entführte, nachdem er ſich kurz zuvor 
kris vermählt hatte. Er verfchmähte die Liebe der Göttin, und fie entlich 
der traurigen Vorausſagung, daß er mit feiner NReuvermählten nicht gi 
tvürde. Dies erregte in ihm ben Kein der Eiferfucht; er ſtellte feine 
auf die Probe, in welcher fie wenigftens nicht ganz beftand, und darüber 
Vorwürfe von ihm erdulden mußte. In der Kolge ward Prokris ſeibſt 
eiferfüchtig, belaufchte ihn einft im Gebuͤſche auf der Jagd und da fie ein 
machte, war fie von Cephalus, der das Raufchen eines Wildes zu hören 
mit dem Jagdſpieß getödtet worden. Er wurde von dem Areopagus aus 
lund verbannt, oder, wie Andre erzählen, durchbohrte er fich aus Verz 
bemfelben Spieße. 


























Ceracchi Ceremoniel der europ. Maͤchte 587 


racchi (Joſeph), geb. in Rom, war durch die Werke ſeines Meißels 
als bie Mevoiution in feiner Vaterſtadt ihn bemog , die Kunſt mit ber 
a vertauſchen. Er gehörte 1799 zu den feurigſten Anhängern der neuen 
. Als ee nach der Herftellung ber päpftlichen Herrſchaft Nom verlaſ⸗ 
e, ging er nach Paris, wo ber erfie Conſul feine Buͤſte bei ihm beftellte. 
aber ließ fidy mit den jungen franz. Künftlern, die er in Rom gekannt 
» deren fireng republilanifche Meinungen mit feinen Anfichten übereins 
in eine Verſchwoͤrung gegen Bonaparte ein, in welchem er nur den 
der feines Landes fab. Er wurde im Det. 1800 mit Arena, Damerville 
imo Lebrum In der Oper verhaftet. Als er vor dem Gerichte ſtand, ſchien 
vendigkeit, fich vertheidigen zu müffen, ihn zu empören, und er antwors 
infoibig. Er wurde mit feinen Mitſchuldigen zum Tode verurtheilt und 
jebs. 1808 mit großer Stanbhaftigkeit zum Blutgeruͤſte. Die Kunft vers 
ı Schüler und beinahe ſchon Mebenbuhler Canova's fehr viel. 

eberus, ein dreikoͤpfiger, fchlangenhanriger Hund, den Typhon, jener 
te der himmelſtuͤrmenden Riefen, mit der Echidna gezeugt hatte. Mor 
ellen zitterte bie Hölle, und wenn er ſich von feinen hundert Ketten, an 
:lag, losgerifſen, konnten ihn felbft die Furien nicht bändigen. Er bes 
n Eingang des Tartarus oder des Todtenreichs und ſchmeichelte ben Herz 
en; wer aber wieder zuruͤckwollte, den ergriff und verfchlang er. Nur 
bänbdigte ihn. '' 
realien, von Geres, ber Göttin des Feldes und ber Feldfruͤchte, bie 
fe des Feldbaues; auch bie der Ceres geweihten Feſte. 

rebralſyſtem, derjenige Theil des gefammten Nervenfoftems im 
ı Körper, weldyer das Gehirn und die von demfelben ausgehenden oder in 
& verfentenden Nerven begreift. Es gehören alfo alle die Nerven, welche 
Aumeswerkzeugen geben, dazu. (Bol. Nerven.) Man rechnete zwar 
das Ruͤckenmark und bie von demfelben abgehenden Nerven dazu, weil 
liche Bewegung von dem Gehirn aus durch das Rüdenmark angeregt 
tet wird, allein zweckmaͤßiger trennt man beide von einander. und nennt 
ewegung zuftändige Neruenpartie Vertebralſyſtem (f.d.). 
temonielder europdifhen Mächte. Ceremoniel ift überhaupt 
geiff gewiſſer zu beobachtender Gebräuche. Eigentlich hat kein Staat 
icht oder einen Vorrang vor den übrigen; ba aber fchwächere Schu und 
haft der maͤchtigern ſuchen, fo entfteht dadurch ein Vorrang des einen vor 
m. Dies hat Veranlaffung gegeben, daß nach und nach Würden, Rang 
mbezeigungen bes Stanten, ihrer Regenten und Stellvertreter beftimmt 
ud, wodurch ſich (im Gegenſatz des inneren Staatsceremoniels) ein Voͤlker⸗ 
4 gebildet hat, auf beffen Beobadytung oftmals weit mehr gefehen wurde 
fung der heiligſten Verträge. Hierzu gehört: 1) Titel des Regenten. 
ſtimmte den Kalſer⸗ und Königstitel als ben hoͤchſten, und diefe gaben, 
von der Macht des Fürften, Vorzüge. Seit Karl dem Großen galten 
hen Kaifer ale Oberherren ber Chriftenheit und behaupteten den höchften 
ı gar Abhängigkeit der Könige von fih. Um ihre Unabhängigkeit zu bes 
unten baber mehre Könige ſchon im Mittelalter ihre Krone ebenfalls eine 
, England ,. B. in allen Staatsacten noch jegt imperial erown. Die 
ua Srasıtreich erhielten von den Türken und Afrikanern förmlich den Titel: 
w de Franeo. Je weiter herab, deſto weniger geſtanden die Könige dem 
I fs ſech allein Vorzüge vor dem koͤniglichen zu. 2) Anerkennung biefes 
d Ranges. Ehedem maßten ſich Papft und Kaifer das Recht an, biefe 
pe vergeben; nachher ward der Grundſatz geltend, daß jedes Volk fei- 
enten beliebig einen Titel geben koͤnne, beffen Anerkennung von andern 


5358 Geremoniel der europaͤiſchen Mächte 


Maͤchten aber auf Verträgen beruht. Viele erkannten deßhalb manı 
nicht oder fehr fpät an. Dies war ber Fall mit Preußens Königs, Ruf 
titel, mit ben neuen Titeln deuticher Fuͤrſten u. f.w. 3) Ehrenbe; 
ſem Range und Titel gemäß. Zu den fogenannten koͤnigl. Ehrenbez 
aber auch verfchiedenen Staaten, die nicht Kaiferthümer und Koͤnig 
zugeftanden wurden, 3. B. Venedig, den Niederlanden, der Schw: 
fürften) gehörte bad Recht, Geſandte erfter Claffe zu ſchicken u. f. w. 
es aber einen fehr flreitigen Punkt, den des Vorranges nämlidy oder d 
d. i. des Rechtes, bei vorkommenden Gelegenheiten den ehrenvollern 
nehmen, entweder perfönlich, bei Zuſammenkuͤnften ber Kürften ſelb 
GSefandten, bei feierlichen Derfammlungen u. f. w., oder fhriftlid 
fung und Unterfchrift. der Staatsfchriften. An Gründen zur Bchaupt 
ranges hat es nie gefehlt. Da im Mittelalter die Concilien am häuf 
laffung zu Streitigkeiten darlıber gaben, fo miichte fid der Papft Of 
unter mehren Nangordnungen der europäifchen Mächte, die von Pä 
fen wurden iſt die Hauptfächlichfte die, weiche Julius IL. durch feinen 
meifter, Paris de Graffis, 1504 bekannt machen ließ, nach welcher die 
Nationen alfo auf einander folgten: 1. römifcher Kaiſer, 2. römijcher. 
nig von Frankreich, 4. König von Spanien, 5. von Aragonien, 6. v 
7.von England, 8. von Sicitien, 9. von Schottland, 10. von Ung 
Navarra, 12. von Eppern, 13. von Böhmen, 14. von Polen, 15 
mark, 16. Republik Venedig, 17. Herzog von Bretagne, 18. Her 
gund, 19. Kurfürft von Baiern, 20. von Sachſen, 21. von 8 
22. Erzherzog von ſtreich, 23. Herzog von Savoy, 24. Grohe 
renz, 25. Herzog von Mailand, 26. Herzog in Baiern, 27. Lothrü 
wurde diefe Rangordnung nie allgemein anerkannt, indeß lag body) bat 
barer Keim für die Zufunft, und. einige Staaten, zu deren Vorthe 
war, wollten fie als Grundregel angefehen wiſſen, während andre, a 
gengefegten Gründen, fie nicht anerkannten. Um die Vorrangsfot 
terftügen, wurde bald das Alter der Unabhängigkeit der Regentenfan 
geführten Chriftenthums, bald die Regierungsform, die Zahl der K 
Thaten, Umfang der Befisthümer u. a. m. angeführt. Dod ill ı 
bes erfien, zweiten, britten, vierten Ranges nichts Beſtimmtes ausg 
dem wiener Gongreffe kam eine Beflimmung des Ranges ber europäi 
und der davon abhangenden Folgen zur Sprache, und die Commi 
von den acht Mächten, die den parifer Frieden unterzeichnet hattı 
Zwecke ernannt wurde, machte auch in ihrem Entwurf eine Abtheilun 
nach drei Glaffen. Da aber die Meinungen darüber nicht einftimmig ı 
zwar die meiften Bevollmächtigten für drei, Portugal und Spanien | 
Gtaffen fimmten, und Lord Caftlereagh den Grundfag der Claſſificat 
Duelle neuer Streitigkeiten, uͤberhaupt verwarf, fo ließ man bie Fr 
Rangabtheilung der Mächte auf ſich beruhen, und befchränkte ſich au 
lung der Geſandten gekrönter Häupter nach drei Rangclaffen. (©. | 
Regenten gleicher Würde, wenn fie ſich befuchen, räumen einanber | 
Rang ein ; fonft wechfeln fie oder ihre Gefandten, wo ver Vorrang n 
gemacht ift, bis man ſich etwa auf andre Weife vereinigt. Viele S 
ven nicht den Vorrang, fondern nur bie Gleichheit. Kann einer abeı 
erlangen, fo gibt es mehre Auskunftsmittel, um fo anftößigen Auftei 
mals häufig vorfielen, auszumweichen. Entweder kommt der Meg 
oder fendet einen Gefandten andern Manges als der, mit dem er 

rang ſtreitet, oder ber Regent oder fein Geſandter erfcheinen nicht bei 
keit; ober wenn man erſcheint, verwahrt man fich oder Läßt fich ein 


Geremoniel der europaifchen Maͤchte 539 


a Verträgen zwifchen zwei Mächten werben zwei Exemplare gemacht, 
mtweder nur von einem Theile unterfchrieben,, oder von beiden in der 
der Dad Exemplar erhält, "worin ihm der Ehrenplag zugeftanden ift. 
ben erwaͤhnten Beltimmung über das Rangverhältniß der Gefandten, 
17. Beilage zur Schlußacte des wiener Congreſſes bildet (f. Kluͤber's 
‚8.6, ©. 204), fol in Urkunden oder Verträgen zwiſchen mehren 
unter welchen Abwechfelung (da Alternat) flattfindet, das Roos unter 
ten über die Ordnung entfcheiden, welche bei ben Unterzeichnungen zu 

Übrigens kann man ein perfönlicyes Geremontel, ein Ranzleiceremoniel, 
ndtſchafts⸗, Kriegsceremoniel unterfcheiden. Das Kanzleiceremoniel bes 
f Ausfertigung der Kanzleis oder Staatsfchreiben, in Anfehung derer fols 
te beobachtet werden: 1) Regelmäßig werden fie in der Staatöfprache 
ıden Hofes (gewoͤhnlich beutfch ober franzoͤſiſch, auch, den Umſtaͤnden 
fh) abgefaßt; In der petersburger Kanzlei iſt es gebräuchlich, dem 
ziginalfchreiben eine amtliche Überfegung in deutfcher oder franzoͤſiſcher 
sufügen. 2) Sind fie an Gleiche oder Geringere gerichtet, fo fängt ber 
: mit feiner eignen Titulatue an, worauf der Titel ded Empfängers, 
ung bes gegenfeitigen Werhältniffes, die Begrüßungsformel und dann 
ede folgt. Bei Schreiben von Fuͤrſten mindern Ranges an höhere wirb 
der gewöhnlichen Anrede angefangen. Kaifer und Könige nennen fich 
Brüder, mährend fie Fürften von geringerm Range nur Vettern 
e deutſchen Fuͤrſten geben fidy unter einander ebenfalls den Zitel Vet⸗ 
€ Benennungen werden bier im politifhen Sinne gebraucht, den etwa 
wirklichen Verwandtſchaftsverhaͤltniſſen umbefchadet. 3) Im GSontert, 
bgefegt auf bie Anrede folgt, redet der Schreibende von ſich in der Mehr⸗ 

Uns, und gibt dem Empfänger den gebührenden Titel: Majeftät, 
t, Liebden u. f. wm. 4) Mit einer hergebracdhten Schlußformel wird 
den geendigt. Dann folgt abgefegt Bezeichnung des Drts, des Tages, ' 
bi, auch wol des Regierungsjahres, wo ed ausgefertigt worden. Hierauf 
fchrift, weiche an Höhere oder Gleiche von dem fchreibenden Fuͤrſten 
j, an Beringere aber in der Kanzlei gefchrieben wird, ſodaß der Fuͤrſt, 
Echreiben zuvor von dem Minifter contrafignirt worden, nur feinen 
zuzuſetzen hat. 6) Die Aufichrift enthält den ganzen Titel des Empfaͤn⸗ 
in Verhaͤltniß zu dem Schyreibenden.: 7) Die Ausfertigung gefchieht 
ı fhönen Papier, meift ohne Couvert, immer aber mit Aufdruͤckung 
ı Staatsfiegeld. Das große Staatefiegel wird nur bei befonders wich⸗ 
imbeiten, bei der Ausfertigung von Staatöverträgen, Chepacten ıc. 
denen es in einer filbernen Kapfel an feidenen Schnüren angehängt 
fer und Könige fchreiben einander in der Hegel, wegen der gewöhnlich 
en Sprachverfchiebenheit, franzoͤſiſch. Die gewoͤhnliche Fotm von 
iben deutſcher Fuͤrſten an einander iſt folgende: Unſere freundvetterli⸗ 
e, auch was Wir mehr Liebes und Gutes vermoͤgen, zuvor; Durch⸗ 


Fürſt, freundlich vielgeliebter Here Vetter! ...... Im Contert: 
an. Schlußformel: Wir verbleiben Ew. Liebden zu allen angenebs 
bvetterlichen Dienſterweiſungen willig und gefliffen. Gegeben ..... 


: Em. Kebden bienftmwilliger, treuer Vetter und Diener. Sept 
h die Fuͤrſten in ihrem gegenfeitigen Briefwechſel in der Regel ftatt 
ſchreiben der fogenannten Dand > oder Gabinetfchreiben, welche fich 
wwöhnlichen Briefform nähern. — Schließlich bemerken wir, baß 
Me wiener Staatskanzlei ſelbſt den aͤlteſten deutfchen Fürftenhäufern 
hädicat: Burctauctig: Dochgeboren, zugeſtand, das der Kuifer in 
neiben die Kürften duste (3. B. Deiner Feden) und daß dieſe ſich 


540 - Gere Gerguozzi 
Seiner Kaiſerl. Majeftät allerunterthänigfte, treugehorfamfte Kurf 


nannten. *) 

Ceres, bei den Griechen Demeter oder Deo. Ste iſt über 
tin, oder bie fruchttragende und fruchtbringende Erbe, Dies deutet ı 
bindung mit Perfephone (Proferpina) in der Mythe an. Sie mı 
als Exfinderin des Ackerbaues (daher ihre Attribute Halme und Al 
gleich als Stifterin aller bürgerlichen Gefellfchaft, die ben herumſchn 
den an den Boden feffelte, ihm dadurch mildere Sitten, Eigenthur 
ber Geſetze (daher ihr Beiname Tihesmophoros) und damit ein 8 
vorgeftellt und biefer Idee gemäß in Merken ber Kunft gebildet. 
Tochter des Kronos und der Rhea, unweit der Stadt Enna in Si 
wodurch die Fruchtbarkeit diefed Landes angedeutet wird. Mit Zu 
ihrem Bruter, zeugte fie die Proferpina, welche diefer bem Herrfcher 
geweiht hatte. Piuto entführte ſie. Ceres durchirrt, fie fuchend, | 
in menfchlicher Seftalt, zündet am Atna ihre Fackel an und befteigt 
chen befpannten Wagen. Aber vergeblich iſt fie bemüht. Hekate ſag 
fie das Schreien der Entführten gehört. Auch den gaſtfreien Keleo 
Eleuſis befischt fie, laͤßt fich, als fie deſſen Haus verläßt, an diefem £ 
Tempel weihen und ſchenkt beffen Sohn Zriptolemos den Drachent 
edle Frucht des Weizens, damit er ihn auf der ganzen Erde ausſtr 
Segen der Goͤtter unter alle Menſchen verbreiten folle. Denn das ai 
bes Helios entdeckte ihr endlich den Aufenthalt der geliebten Tochter, | 
vom Orkus zurüdfodert. Jupiter bewilligt ihr die Bitte unter de 
bag Proferpina noch nichts von Pluto's Koft genofien. Schon al 
einige Körner bes Granatapfels gegeſſen; Ceres erhielt baher durch 
viel, daß ihre Tochter die Hälfte des Jahres dem Lichte der Oberwelt 
warb. As fie fo die Tochter gefunden, bob fie den Fluch auf, be 
Erde ausgefprochen, und Fruchtbarkeit und Leben kehrten zurüd. 
bie Einführung des Aderbaues in Kreta zugeſchrieben wird, zeugt 
Plutus, den Gott des Reichthums. Jupiter aber töbtete eiferfüd 
bem Blige. Alles befondere Andeistungen der Idee von der Erfindı 
breitung bes Aderbaues. „Sie hat”, fagt Dirt, „in ihrer Abbildun 
Geſtalt und daffelde Matronenanfehen wie die Juno, doch dabei et 
als die Götterfönigin; ihr Auge ift weniger geöffnet und fanfter blick 
niedriger, und anftatt des hohen Diadems umgibt ihr Haar ein Al 
ein bioßes Band". Sie hält in der Hand bie Fadel, oft auch Si: 
oder Kranz. Ihre Kefte in Rom hießen Cerealien, in Griechenland 2 
und die Eleufinien. — liber ben Planeten biefed Namens f. Plan 

Cerinthus, f. Snoftiter und Chiliaſsmus. 

Cerquozzi (Michel Angelo), ein römifcher Maler des 17 
wegen feiner. Darflellungen .dven Beinamen delle battaglie (der Sd 
und-fpäterhin ale Nachahmer des Peter Laar auch den Beinamen d 
oiate erhielt, indem er durch poffenhafte Darftellungen aus dem gı 


*), Das Schreiben, durch welches ber türkifche Kaifer dem Könige voı 
feiner Thronbeſteigung Gluͤck wuͤnſchte, fland auf einem 6 Buß poben unt 
Bogen und war von einer amtlichen franz. Überfegung auf gewöhnlichen 
tet. Es war in ber Mitte zufammengefchlagen, aufgerollt, und ftedte üı 
langm und verhältnigmäßig breiten Sacke von Silbertuch, welcher eben 
und mit einem dicken Strange von gelbweißer gebrehter Seide ummunbe 
Seide ward durch eine große Mafle gewöhnlichen rothen Wachſes zuſc 
welchem das Faiferliche Siegel, eine bloße Infchrift (bie wahrſcheinlich t 
Kaifers darftellte), aufgeb war. Zum Schuge des Siegels diente eine 
Kupfel, roh gearbeitet und Ibenform. 


Gerte Partie Cervantes 541 


b. In dem Palafte Spada findet man von ihm dargeſtellt Ma⸗ 
ven Bazzaroni. Der Darftellung eblerer Gegenſtaͤnde hatte er ſich 
: war 1602 zu Rom geb. und ft. 1660. 
Partie (charte partie, charter-party, charta partita), ur⸗ 
[chriftlicher und in ber Form aufgefeuter Vertrag, daß bie beiden 
einandergefchnitten wurden und wieder zufammenpaffen mußten, 
veifend gelten follten. Im Seehandel der Contract, welcher über 
5 eines ganzen Schiffs oder eine& Theils deflelben zwifchen dem 
es Schiffs (Mheber) und dem Verfender der Waaren (Befrachter) 
rd. Es wird darin die Zeit der Ladung, der Ort ihrer Beſtimmung, 
die gegenfeitigen Entſchaͤdigungen beſtimmt, welche eintreten, wenn 
ı der einen oder ber andern Seite nicht gehalten wird. 37. 
ration (jur.), eine Belehrung über gewiſſe Rechtsverhältniffe, 
efchrift der Rechte zumeilen bei gerichtlichen Handlungen Denen ers 
uß, welchen man ehre eigne Bekanntſchaft mit dergleichen Verhaͤlt⸗ 
auen kann, 3. B. über bie Wirkungen einer Erklärung, eines Vers 
aittung, Über die gegen ein Erkenntniß flattfindenden Rechtsmittel. 
: folche geſetzlich vorgefchriebene Certioration, fo kann tie abgeges 
noch von Demijenigen, welcher hätte belehrt werden follen, ans 
n, und ber nachläffige Richter muß für den verurſachten Schaden 
37 


i (Giuſeppe Antonio Joachimo), geb. zu Turin d. 13. Juni 1738, 
Mitglieder des Ordens der Sefuiten, deſſen Auflöfung er überlebte, 
berühmteften Profefforen am Collegium zu Lyon. Eeine „Apologie 
ens“ machte großes Auflehen. Schon früher hatte er zwei Reden 
„Über die Mittel, die Zweikaͤmpfe zu verhindern,” und „Liber die 
m die neuen Republiken nicht den Glanz der alten erreicht haben‘, 
on der Akademie von Dijon gekrönt. Die Apologie der Sefuiten 
Gunſt des Dauphins. C. war zu Paris, als 1789 die Revolu⸗ 
Seine Srundfäge und vielleicht einige Rachſucht wegen der als 
r Sefuiten erfahrenen Demütbhigungen machten ihn zu einem ber 
führer der neuen Ordnung. Er war in enger Verbindung mit Mis 
‚eitete viel für diefen. Überdies gab er mehre Belegenheitsfchriften 
ein „Ilemoire sur la nccessite des contributions patriotiques”. 
n den geſetzgebenden Körper, einige Zeit nachdem er in der Kirche 
uf Mirabeau die Leichenrede gehalten hatte. Erſchoͤpft durch feine 
tigkeit flarb er den 2. Gebr. 1792. Der Magiftrat von Paris bes 
raße nach ihm, 
tes Saavedra (Miguelde), einer ber glänzendften Märtyrer 
xſcheinlich zu Alcala⸗de⸗Henares 1547 geb., von wo f. Altern, al® 
ar, nach Madrid zogen. Den Wünfchen feiner unbegüterten Als 
nudium zu wählen, entſprach er keineswegs, indem ein unbefiegbas 
ır Poefie binzog, welchen fein Lehrer Juan Lopez noch mehr ents 
en, Romanzen, Sonette und ein Schäferroman „FZilena” waren die 
Te feiner poetifchen Kraft. Leider hatte er feines Lebens ſchoͤnſte 
w an diefe Liebe hingegeben; Dürftigkeit zwang den 22jährigen 
Vaterland zu verlaffen, um anderwärts fein Unterfommen zu fins 
ach SStalien, mo er zunaͤchſt als Kammerdiener in die Dienfte des 
o Acquaviva in Rom trat. 1570 fg. diente er unter dem päpft« 
r M. A. Colonna in dem Kriege gegen die Türken und afrilunifchen 
tb und Delbenfinn zeichneten ihn aus; in der Schlacht bei Lepanto 
imten Arm. Er trat hierauf in die Dienfle f. Könige unter den 


542 | Cervantes 


Truppen In Neapel; 1575 wollte er in fein Vaterland zuruͤckgehen 
von dem Eorfaren Arnaut Mami gefangen und in Algier ats SH 
Sieben Jahre lebte er in diefee Gefangenſchaft, bie, weit entfernt, fei 
beugen, vielmebr alle Kräfte deffelben erhöhte. Vincente de 106 Rios, 
vorzüglichfter Biograph, berichtet bie fühnen aber verunglüdten Plan 
derholt zur Erlangung feiner Freiheit entwarf; da man aber für die E 
ſes Zeitpunkts im Leben bes Cervantes feine andre Quelle hat als de 
„Der Gefangene“, von welcher man nicht mit Gewißheit angeben fan 
Dichters eigne Schickſale rein erzählt, fo muß es dahin geftellt bleiben, 
dem Romane feines Sklavenlebens Wahrheit ſei. 1580 kauften ihn 
Verwandte und Freunde 106. Er kam zu Anfang des folg. I. wieder 
an. Bon nun an lebte er gänzlich den Muſen in fliller Zuruͤckgezogen 
außgeftattet in feinem Innern, gaben ihm bie Welten, bie er fchuf, € 
weicher er fi) entzog._ Wenn man von einem Manne, der mit um 
Erfindungsgabe, der umfaffendften poetifchen Phantafie, treffendem 9 
muͤthlicher Laune einen gereiften, Maren, burchbringenden Verftani 
Schatz praktifcher Welt: und Menfchentenntnig verband, nichts Grm 
tet, fo iſt dies natürlich, felten aber, daß die gehegte Erwartung fo über 
wie von Cervantes. Erfreulich begann er feine neue poetiſche Laufba 
feine Geliebte feiernden Schäfereomane „Salaten” (1584), nad) de 
nung er fi) bald verheirathete. Da dies ihm einen groͤßern Erwerb 
machte, fo widmete er feine poetifche Thätigkeit der Bühne und liefer 
Zeitraume von zehn Fahren gegen dreißig Dramen, unter denen fein 
„Rumancia” als einzig hervorragt und an hoher Kraft, kuͤhner Sprad 
Ausführung an Äfchylus reicht. Nicht ebenfo glücklich war er in einer 
tung von Schaufpielen, wie fie der Spanier vorzäglid) liebt: einem | 
Antriguen, Abenteuern und Wundern, vielfach In einander verfchlumg, 
war unftreitig der Grund, warum er von Lope de Vega, der eben bier 
fand, verdrängt ward. Nicht ohne Verdruß, wie es fcheint, gab er 
Theater auf. Zwiſchen 1594— 99 hielt er ficy in Sevilla auf und I 
nem Eleinen Amte befchränkt genug. Ererfchien zuerft nach zehn Si 
als Schriftfteller, und nun erſt ganz in der Sphäre, die feinem Geni 
men angemeffen war, und mit einem Werke, das feinem Namen die 
Bett fichert. Es ift fein „Don Qulxote“. Servantes hatte mit diefem We 
form des Geſchmacks und der Denkart bei f. Landsleuten beabſichti— 
abenteuerlichen Heldengeifte mit allen feinen fhlimmen Folgen, deren 
Rittercomane waren, wollte er ein Ende machen. Der erfte Theil ı 
wurde anfangs lau, bald aber mit dem hoͤchſten Beifall aufgenommen 
das ganze gebildete Europa mit dem Vaterlande des Dichters theilte. 
man bier Manches in dem Werke, was der Verf. keineswegs hatte gı 
theils einen wirklichen Ritterroman, theils fatyrifche Angriffe auf beke 
nen; allein die entdeckte Taͤuſchung wirkte nicht, wie in andern Fällen, 
rung bes Beifalld. Das ift ja überall die Wirkung der echten Poefie, 
vermerkt die Semüther gewinnt und fefipätt. Won welchem echtpoetift 
aber Cervantes befeelt war, zeigt fich in feinem feiner Werke mehr alı 
Duirote”, da deffen profaifcher Zweck und einfeitige fatyrifche Richtun 
berniß wurden für die fchönfte allfeitige poetifche Entfaltung. Unter u 
ſichtspuukte man das herrliche Werk betrachtet, fo ſteht es als unübertre 
flerda. Als Roman ſtellt es, wie diefe Gattung es erfodert, die gar 
und Geſchichte eines Einzelweſens dar, in welchem fich durch wunder! 
fale feine eigne Natur offenbart; und wie ftellt es Alles dar! Waͤdh 
falfche Romantik zu vernichten ſtrebt, iſt es felbft von echt romantiſchem 


Cervantes 643 


ngen; während e8 eine Unwahrheit vernichtet, iſt es ſelbſt voll des ticfften 
er Wahrheit; während es die Thorheit züchtigt, macht es fpielend die 
e MRarcheit zum Spiegel der Weisheit. Und welche fchöne epifche Entfal⸗ 
Beldz reges Leben in allen Gliedern! Welche Wahrheit der Charaktere ! 
füle der Begebenheiten! Welche Menge und Manniofaltigkeit der ans 
m Situationen! Welche Kunft und Weisheit in deren Verkettung! Welche 
Weltanſchauung! Und dabei jene unausfprechliche Milde, jene Lieblich- 
fidy wie ein Lächelnder Frühling über das Ganze ausbreiten, jene Leichtig⸗ 
zurch das Ganze wie von felbft entitanden fcheint, jene unendliche Klar⸗ 
snenblicher Tiefe, machen das Werk zu dem einzigen feiner Art. Daher 
mc die Eigenheit, daß es den gebilbetften Geiftern wie den ungebildeten 
venn gleich die Flachheit nichts von feiner Ziefe ahnet. Es iſt buchftäblich 
ij dieſer Roman fich eines allgemeinen Beifall erfreut habe. Allein 
ne Gluͤck f. Werks brachte kein Gluͤck dem Dichter, der nad) wie vor vers 
ed. Vergeblich waren feine Bemühungen um Beſſerung feiner Lage, und 
i⸗ ſtolz zog er fih mit feinem Genius und feiner Armuth zurüd. Erſt 
m Zroifchenraume mehrer Sabre erfchien er wieder im Publicum, indem 
f. „Zwölf Novellen”, die neben dem Boccaccio vorzugsmeife genannt zu 
erdienen (1613), und dann f. „Reife auf den Parnaß“, einen Verfuch, 
hmad feiner Nation zu läutern, und 1615 acht neue Schaufpiele nebfl 
306 herausgab, die aber gleichgültig aufgenommen wurden. Neid und 
ft Hatten ſich indes an fein Verdienſt gehängt und fuchten den unverants 
vernadhläffigten Mann wo moͤglich auch in literarifche Vergeffenheit zus 
ängen, wozu die vergeblid) ermartete Fortfegung des „Don Quixote“ den 
d lieh. Kin Unbekannter, unter dem Namen Alonzo Fernandez de Avella⸗ 
ib eine Fortjegung heraus voller Schmähungen gegen Cervantes. Mehres 
1 diefer den haͤmiſchen Streich bitter empfand ; er rädyte fich aber auf eine 
re Weiſe Durch die Herausgabe der Fortfegung f. „Don Qulgote” (1615), 
as Echte war, was bei feinen Rebzeiten von ihm erfchien, denn fein Roman 
4 und Sigiemunda” kam erft nach f. Tode heraus. In aͤußerſter Dürfs 
che biefer ihn uͤberraſcht haben, hätte Gervantes nicht in f. legten Lebens⸗ 
a dem Grafen von Lemos einen treuen Gönner gefunden. So war er 
vor Butler's Tode gerettet, allein feine treue Gefährtin durch dad ganze 
ke Armuth, verließ ihn doch auch nicht beim Abfchiede aus demmfelben. Fa 
ter von 68 3. ftarb er den ?3. April 1616 in Madrid, wo er in den legs 
km ſeines Lebens ſich aufgehalten hatte. Ohne Seierlichkeit wurde er bes 
und nicht einmal ein gemeiner Reichenftein zeigt die Stätte, wo er ruht. 
inem Ruhme ale Schriftfteller hinterließ er noch den eines heibenfinnigen, 
eraden Mannes, der mit edlem Freimuth eigne wie fremde Fehler gerecht 
te. 1669 erſchien zu Frankf. die erfte deutfche Überf. des „Don Quirote” 
an., blieb aber unvoliendet; dann die erfte vollſtaͤnd. Überf. (Baſel u. 
83,2 Bde.) von J. R.B. Seitdem haben wir von diefem Meifterwerke 
Erwähnung werthe Überf. erhalten: die von Bertuch (1781), welche Mans 
zegliel, wodurch das Komifche und Burleske frärker hervortrat; die von 
ertin 1799, aud) in einer 2. Aufl.) und die von Soltau (Königsb. 1800, 
Bg., ps. 1825), aus denen man den ganzen poetifchen Genius des Werke 
nt. Mit einer Überf. der „Novellen“ hat uns Soltau (Königeb. 1801, 
‚und des Zrauerfpield „Numancia“ der Baron de la Motte Fouqué 
ab. für Freunde des Suͤdens“, Bert. 1810) befchenft. An dem genann: 
yenbuche befindet fid) auch das fpanifche Original. ine fhäsbare Ausg. 
ca Zufzore” iſt die von Pellicer (Madr. 1789, in 8 Bdchn.) und die von 
dd. 


544 Gefarotti Ceſſion 


Ceſarotti (Melchior), einer ber beruͤhmteſten Literatoren und 
Italiens aus dem 18. Jahrh., geb. 1730 zu Padua, aus einer alten m 
‚ aber armen Kamille. Früh gab er Proben f. Talents, und vollendete ſ. 

ſchen Studien mit glänzendem Erfolge. Am meiften zog ihn feine Nei 
den fhönen Wiffenfchaften hin. Früh zu dem Lehrfluhl dee Rhetorik 
Seminar, wo er gebildet worden, berufen, widmete er ſich mit Eifer dei 
ten f. Amted. Dffen erklärte er ſich gegen die Vorurtheile und den Sch 
der Schulen. Seine Thätigkeit war unermuͤdlich; er las kein Buch, ob 
züge und Anmerkungen zu machen, wobei er ſich von feinen Schülern he 
Gluͤcklich Überfegte er drei Tragsdien von Voltaire „Semiramis”, „La | 
Cesar’ und „Mahomet” in italienifche Berfe. 1762 ward E. nad) Ver 
rufen, um in dem erlauchten Haufe Grimani die Erziehung gu übernehmen 
drei Tragoͤdien von Voltaire erfhienen im Drude mit zwei einleitenben 
lungen: „Über das Vergnügen an der Tragoͤdie“ und „Über den Urfpr 
die Fortfchritte der Dichtkunſt“. Letztere ſchloß er jedoch fpäter von der: 
digen Ausgabe f. Werke aus. Durch einen Engländer lernte er bie eben vo 
pherfon zu London herausgeg. Gedichte Oſſian's kennen. Einige Bruchſti 
berfelbe ihm wörtlich überfegte, erregten in E. eine foldhe Bewunderung, 
auf der Stelle befchloß, das Englifche zu lernen. Sowie er eins von den G 
bes fchottifchen Barden volltommen verftand , Üüberfegte er es in italieniſch 
und in noch nicht 6 Monaten waren fämmtlicye Gedichte überfegt. 1768 e 
den Lehrftuhl des Griechifchen und Hebräifchen auf der Univerfität Padua ı 
nun nad) und nad) feine Überfegung bes Demofthenes, feinen „Gurfus be 
Literatur” u. feinen Homer in einer doppelten Überfegung der ,„Stiade”, eim 
freien verfiftcirten und einer genauen in Profa mit Einleitung u. Anmerk. 
1779 gründeten die Venetianer zu Padua eine Akademie der Künfte und! 
ſchaften; E. wurde zum beftändigen Secretair der Glaffe der ſchoͤnen KA 
nannt. Nach den Ereigniffen, welche 1796 und 1797 die Geſtalt Sstatlı 
ändert hatten, gab er auf Befehl der republitanifchen Regierung einen „f 
über die Studien” heraus, worin er die Methode des Unterrichts und de 
bung zu verbeffern fuchte. Er fchrieb auch Über den Unterricht eines Sta 
gers und Uber den aufgeflärten Patriotismus. C. pries f. Wohlthaͤter N 
in einem Gedicht in reimlofen Verſen, betitelt „Pronea” (VBorfchung), 

1807 erfchien. Ungeachtet feines hohen Alters dachte er noch an mehren 
beiten, und befchäftigte ſich befonders mit der Ausgabe feiner [ämmtlichen 
welche feit 1800 begonnen hatte, als er 1808 ſtarb. C. gehört als Schr 
zu jenen außerordentlihen Männern, die ſich neue Bahnen brechen, Bew 
und Nachahmer finden. Seine Profa ift lebhaft, voll Feuer und Kraft, ı 
gleich voll Neuerungen und hauptfächlid) voll Gallicismen, und mithin ber € 
art eines Machiavelli, Annibal Caro, Galilei nicht an die Seite zu ſtellen 
feinen dichterifchen Arbeiten ift die beruͤhmteſte feine lberfegung des Oſſian 
berrliche Verfification Alfieri befonders bewundert. Die vollftänd. Ausg. der 
Ceſarotti's ift nach feinem Tode von feinem Freunde und Nachfolger Giufepg 
bieri fortgefegt und beendigt worden (Pifa 1805 fg., 30 Bde.). 

Geffion (jur.), Abtretung eines Rechts, einer Koderung ober K 
einen Dritten (Geffionar), damit diefer fie für feine Rechnung ſtatt des bit! 
Glaͤubigers (Gedenten) gegen den Schuldner (debitor cessus) geltend mady 
diren kann daher gültig nur Derjenige, welcher über fein Vermögen frric 2 
tion hat, und Geyenitand der Ceſſion können nur folche Mechte fein, weh 
dem Verkehr dev Privatperfonen abhängen, alfo 5. B. Erine Standes⸗ u 
milienrechte, Peine Privilegien und Gonceflionen, weldhe vom Staate ı 
ſtimmten Perfonen verliehen werden, eine Amter und Würden (wo doch n 


Geto Gevallos 545 


die Biefignation zu Gunſten eines Dritten, Eraft befonberer Ver⸗ 
iM); ferner eine Criminalklagen, keine Injurlenklagen, auch 
echt Beine Foberungen und Sachen, Uber welche bereits ein Pros 
iſt. Die Ceſſion wird gefchloffen zwifchen Cedenten und Geffionar, 
Schuldner braucht dabei nicht zugezogen zu werden. Daher wird 
fein Verhaͤltniß nicht verändert; er behält gegen den Ceſſionar alle Ein: 
welche er gegen ben Gebenten hatte, und kann dem Legtern fogar fo lange, 
die Geffion nicht angezeigt ift, gültige Zahlung leiften. Der Cedent haf⸗ 
Gefftonar nur dafür, baß die abgetretene Zoderung wirklich vorhanden ge- 
(veritas) , nicht aber daflır, daß der Schuldner zahlungsfaͤhlg fei (bonitas). 
befondern Geſetze des K. Anaftafins braucht der Schuldner (debitor 
) dem Geffionaz nicht mehr zu zahlen, als berfelbe wirklich für die Foderung 
kn ki haben beweift (exceptio legis Anastasianae), ein Geſetz, welches für 
8 bürgerlichen Verkeht unpaffend und daher in mehren neuen Geſetzgebun⸗ 
h, Preußen, Frankreich) aufgehoben if. — Cessio bonorum, die Er» 
„ weidhe einem ohne fein Verfchulden in Vermögensabfall Gerathenen in 
ı gegeben | ift, fich durch Überlaffung feines ganzen Vermögens an feine 

= von perfönlicher Verantwortung, Verhaft u. f. w. zu befreien. 37. 

6 eto, f. Phorcns. 

Cette, Stadt mit 7000 Einw. in dem ehemaligen Languedoc, jegt im Der 
t Herault, aufeiner Landzunge zwifchen dem mittelländifcyhen Deere und 
von Than, in welchen fich ber große Canal ergieft. Der fichere, jetzt 
getiefte Haſen wird durch das Kort &t.: Pierre und St.⸗Louis gedeckt. 
Erzengniffe von Languedoc ift Gette der Hauptausfuhrpiag. Nicht unbes 
* der ‚Handel mit wollenen, baummollenen und feibenen Waaren, Leber, 
j nn, Sn 3, DI, Krapp, Soda, Sardellen, Taback, Seife u. ſ. w. 
’ Gette Bude und Seidenfabriken und eine Sähifffahrtefchute. In den 
a Lagunen werden jährlich 500,000 Eentner Boyfalz gewonnen. 
2— (Septa), Stadt an ber afrikaniſchen Kuͤſte, im Koͤnigreiche Fez, 
pe Landjunge, Gibraltar gegenüber (7400 Einmw., Biſchof), hat ein bedeu⸗ 
Bort, aber einen ſchlechten Hafen. 1415 machten fich die Portugiefen 
von biefer Stadt. Mit Portugat kam fie 1570 an Philipp II. von Spas 
d blieb bei der Revolution von 1640 unter ber Derrfchaft diefer Monar⸗ 
fie auch im Frieden 1668 von Portugal überlaffen wurde. C. gehört 
* — die nur zum Handel und zur Deportation der Verbannten 


va —— geb. 1648 zu Mailand. Leſſing fagt von ihm: Diefee 
Jeſuit, weicher 1737 farb, war ein ebenfo großer Mathematiter ale 
und wahrer Poet, nicht bloß Verfificator, wie fein lateiniſches Gedicht: 
Jesus”, im neun Büchern, beweiſt, welches er ſelbſt eher für ein komiſches 
dich als für ein wahres epifche® Gedicht angefehen wiffen wollte. Als 
ciker bat er mehre vortreffliche Unterfuchungen, 3. B. über die Theilung 
meels, angeſtellt. Auch hat er „Opuscula mathematica” (Mailand 1699) 
* Ferner ſchrieb er mehre Biogtaphien, z. B. die des ital. Dichters 
guten Bemerkungen uͤber Poeſie. 

3* «alles (Don Pedro), ſpaniſcher Miniſter, aus einer alten Familie von 
geb. 176% zu Santander, ftudirte zu Valladolid, war eine Zeitlang 
ſecretair zu ‚Liffebon, vermählte ſich mit einer Anverwandtin des 
‚ wurde Minifter der auswärtigen Angelegenheiten, und leitete 
weit Vorſicht und Maͤßigung. Als aber Napoleons Plane den madrider 
versoirgen anfıngen, trat er auf die Seite des Prinzen von Afturien, auf 
ae fpanifdye Patrioten, welche die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes liebten, 
mudız. Giebente Aufl. Bd. IL 35 


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546 | Gevennen Ceylon 


ihre Hoffnung ſetzten. Er begleitete denſelben nach Bayonne, war Auge 
der dortigen Begebenheiten, und mußte aus Klugheit dem Verlangen Joſej 
naparte's nachgeben, als Staatsrath des Innern in ſeine Dienſte m 

Dieſer glaubte durch den Beitritt eines beim Volke ſo beliebten Mannes 
Sache eine bedeutende Stuͤtze gewonnen zu haben. C. war aber kaum inꝰ 
angekommen, als er ſich gegen Joſeph erklärte unb mit ber ſpaniſchen 

vereinigte, in deren Angelegenheiten er nach London ging. Hier gab ri 
rühmte Schrift über die Angelegenheiten Spaniens 1808, beſonders über bi 
bandlungen zu Bayonne heraus, bie als eine der erften Urſachen betrachtet 1 
kann, welche den Unwillen Europas uͤber Napoleons Politik zum Widen 
reisten. Während der Dauer des fpanifchen Befreiungskrieges bekleidete & 
die wichtigften Poften, und audy nad) der Ruͤckkehr Ferdinands VII. gelang ı 
bei demfelben einen großen Einfluß zu behaupten. Durch ein Decret wurd 
ermächtigt, zum Gedaͤchtniß an die Treue, die er dem Könige beiwiefen, einei 
zu wählen, die er f. Samilienwappen zufügen folle. Er wählte die Inf 
„Pontifice ae Rege aeque defensis”. Bald nachher verlor er bie Gm 
Könige, weil er deffen Wermählung mit der Prinzeffin von Portugal mid 
Er wurde vom Poften des Staatsſecretairs entfernt und nach Neapel, dam 
Wien ale Gefandter gefchicdt, welchen Poften er 1820 verlor. Seitdem] 
im Privatftanbe, \ 

Cevennen, f. Sevennen. 

Geylon (Seitan), eine 966 IM. große Inſel im indiſchen Meere 
eine feichte Meerenge, die Palksſtraße genannt, von ber Shdoftfpige dei 
Halbinfel getrennt, aber durch die Adamsbruͤcke, eine merkwürdige Ref 
Sandbaͤnken, damit verbimden. Die erften glaubwuͤrdigen Nachrichten U 
fer Inſel, welche als die Wiege des Buddhacultus angefehen wird, 
wir dem Portugiefen Almeyda, der 1505 durch Zufall in einen Hafen 
einlief und von den Einwohnern gaſtfreundlich aufgenommen wurde. Di 
met, der das Haupterzeugniß biefer Infel war, bewog die Portugiefen, GA 
niederlaſſungen bafelbft anzulegen; aber ihre Grauſamkeit, ihre Habfuchta 
Fanatismus, der ſich durch Unterdruͤckung ber Landesreligion und gemaltf 
kehrungsverſuche aͤußerte, machte ſie ſo verhaßt, daß die Singaleſen 1 
Hollaͤndern, welche dieſe Beſitung den Portugieſen zu entreißen ſuch 
moͤglichen Beiſtand leiſteten, und ſie als ihre Befreier anſahen. Durch die 
rung der portug. Hauptſt. Colombo gelang es 1656 den Hollaͤndern, die 
gieſen zu vertreiben. Doch bie Freude der Eingeborenen Über ihre vera 
Befreiung verwandelte ſich nach einiger Zeit, während welcher den Hollaͤni 
wichtigften Bezirke eingeräumt worden waren, in Daß gegen diefelben. 
Kriege erfolgten, In welchen die europaͤiſche Kriegskunft fiegte und die 
nöthigte, fich in die unzugänglichen Innern Gegenden der Inſel zuruͤck 
wo fie fi unabhängig von dem Joche der Europäer erhielten. Nachdem 
von den Franzofen 1795 in die batavifche Republik verwandelt worden 
fegten die Engländer diefe Inſel und in dem Frieden zu Amiens 1802 
ben Engländern förmlich abgetreten, die 1815, durch die Gefangennehuug 
fingatefifchen Könige von Candy und die Eroberung feiner Hauptftadt, ſich M 
gänzlich unterwarfen. Die Inſel, welche ein unmittelbar ber Krone 
fenes Gouvernement bildet, deſſen Sitz in der Haupft. Colombo if, hat 
mit Reisfeldern bedeckte Ufer, zroifchen welchen fich ſtolze Kokoswaͤlder ef 
Das Innere des Landes ift von einem fteilen, mit dichten Waldungen bebediug 
birge durchſchnitten, das die Inſel in zwei beinahe gleiche Theile trennt und 
hoͤchſte Spige der berühmte (6680 F. hohe) Adamsberg oder Hamalel in 
welchem die Singalefen und alle Hinduß die koloſſalen Sußftayfen des Adam 


















Chaban | 547 


ach ihrem Glauben bier erſchaffen ward und nad) der bubdhiflifchen 
uddha felbft if. Der Boden der Inſel ift reichlich von Fluͤſſen bewaͤſ⸗ 
ser mehre ſchiffbar find. Das Klima iſt im Panzen mild und gefumd. 
zu Aquator nahe, if die Hige der Seewinde wegen gemäßigter ats auf 
ber liegenden Feſtlande. Der Reichthum ber Erzeugniffe dieſer Infel 
Ran findet Bold, Silber, Blei, Zinn, Eifen und Quedfilber; ferner 
Arten von Edelſteinen in den Slüffen, wenn diefe nach heftigen Regen: 
ben von den Gebirgen herabfchtwemmen und hernach in ber trodenen 
Heber in ihr Bette zurückkehren. Die uͤppige Vegetation bringt beis 
en von Pflanzen hervor, die Indien und den tropifchen Ländern eigen- 
db. Wild wachfen alle edle Suͤdfruͤchte; ferner findet man Reis, Ta⸗ 
‚ Zuderrobr, Saffee, Pifang, Kamarinden, mehre Palmarten, den, Pals 
Ebenholz, Zalipot = oder Talpatbäume mit ungeheuer großen Blaͤt⸗ 
ı eineinziges 15 bis 20 Menfchen deckt, Hanf, Faͤrbekraͤuter ꝛc. Das 
b6, ber Zimmetbaum, iſt ihr eigenthuͤmlich. Die beften und srgichigs 
waͤlder, gewöhnlich Bimmetgärten genannt, befinden fi) an den Kuͤ⸗ 
gewinnt jäbrlidd an 8000 Gentner. Die undurchdrimglich dichten 
nur felten von Menſchen betreten werden, enthalten eine Menge von 
en, als Elefanten, die heerdenweiſe umherziehen und beren Jagd ein 
nügen der Singalefen ausmacht, wilde Schweine, bie fehr gefährlich 
ven, Affen, Schalalsıc. Auch an zahmen Vieh, an Geflügel und Fi⸗ 
Inſel reich. Die PDerlenfifcherei an der Weſtkuͤſte in der Bai non 
rar ſonſt ſeht ergiebig. Die Einwohner, deren Zahl Colquhoun auf 
e und 800,000 Eingeborene fhägt, nach Andern aber über 2 Mil: 
‚ teilen fich, außen den eingewanderten Stembdlingen, in zwei Haupt⸗ 
jaͤnzlich von einander verfchieden ſind, naͤmlich Wedas (10,000), ein 
eſellſchaftliche Ordnung in den dichteſten Wäldern lebendes Volk, dag 
am noch Viehzucht treibt, ſondern ſich bloß non dem Ertrage des Jagd 
md Singaleſen, bie einen gewiſſen Grad der Bildung erreicht haben 
iben, Elſen und Geld verarbeiten, Baumwolle weben und auch eine 
ve haben. Sie ſind gleich ben Dindus in gewiſſe Kaſten eingetheilt, 
hre eignen Geſetze, Sitten und Kleidung bat, und bekennen ſich zur 
2 Religion, deren Moral ſich duuch einen Geiſt der Milde und Rein: 
ren auezeichnet. Außerdem Hindus und Mohren. Der: Befis des 
Trincomale iſt der britifchen Seewacht wichtig, weil er in ganz Oſtin⸗ 
le und keinen Brandungen ausgefegt iſt. | 
an (Francois Louis Rene Mouchard, Graf von), geb. den 18. Aug. 
einem alten normännifchen Befchlecht, war franz. Staatsrath und 
zintendant In Hamburg während der, Statthalter{chaft des: Marſchalls 
5b. diente früher in der koͤnigl. Garde und, als diefe Durch die Revo⸗ 
ft wurde, im der Innern Verwaltung vom Maire bid zum. Präfecten, 
su) Intendanten, ſowol zu Napoleons als auch gewöhnlich der Admi⸗ 
friebenheit, befonders in Toscana, wo er bie Tilgung det anfehnlichen 
en, ohne deren Herabfegung auf ein Drittel, wie in Frankreich und 
# verkauften Staategätern bewirkte. Verfehlte er eines gleichen all⸗ 
ifaAs während feiner Intendantur zu Hamburg, fo war daran Schuld 
olegm ausgefpeochene „Hors de la loi’' einiger Departements, in denen 
ten gezeigt hatte und die nun der Statthalter zur Strafe als Feindes 
e. Eine folche, bucch Beine Geſetze befchräntte Willkür eines Militair⸗ 
oͤnliche Neigung zur Härte hatte, mußte die Leiden einer buch lange 
f. Hamburg) erfhöpften Stadt aufs Außerfte treiben. Nahm feeis 
halter wenig auf Woritellungen des Civile Ruͤckſicht, fo hätten doch 
35 * 


548 Chabanon Chabert 


dringendere Vorſtellungen von Seiten des Grafen der Stadt manche 
verſchaffen koͤnnen. Aber Napoleons Staatédiener machten bie amt! 
gegen Diejenigen, die Über oder neben ihnen fanden, nur in ben alle 
Sälen geltend; während der Belagerung ſelbſt hörte außer der Mill: 
benz jede andre Verbindung mit der parifer Gentralverwaltung auf. . 
fang der Belagerung wurde die Bank von Davouft weggenommen, 
aus dem Silber der Bank Doppelmarkftüde mit Alten Stempeln 
Feiner als die gewöhnlichen waren; man nannte fie baher Chabanı 
hatte wirklich die Abficht, den Inhabern einen Erfag in parifer 
welche die Regierung befaß, zu verfchaffen. Diefe erlaubte fidy abe 
gleiche Gewaltthätigkeiten in Frankreich felbft, wie der Mifitairg 
Hamburg. Der Graf ſtarb im März 1814 in Hamburg am Hofpt 
er fi aus Kummer über manches Widerwärtige, abfichtlich, wie er | 
zuzog. Cr befaß viele gelehrte Kenntniffe und im Umgange Gutmuͤth 
feinem Tode wurden bie Requiſitionen des Militalrgouverneurs an . 
niffen noch druͤckender. 

Chabanon (N.), Mitglied der franz. Akademie, geb. auf S 
1730 und geft. in Paris den 10. Juli 1792. Was ihm an Genie f 
mußte er durch Fleiß zu erfegen. Er überfegte den Pindar und 
(1771 fg.). "Seine beſten Schriften find die, in welchen er fein durd 
Eeit und Geift unterftüstes Talent flr die Art Eritifcher Analpfe hat er 
nen, bie keinen hohen Flug nimmt, die aber, auf Wiffen, Kennin 
ſchmack gegründet, in ihrem Kreife fehr nüglich wirkt und angeneh 
Mir rechnen dahin f. „Discours sur Pindare et la poesie Iyri: 
und „Observations sur la musique” (1779 u. 1785, 2 Bde., fein | 
Seine Tragoͤdien, Luftfpiele, akademiſche Lobreben haben Werftänd! 
lichkeit, Eleganz, aber Kälte. 

-  . &habert (Joſeph Bernhard, Marquis von), ein ald Rautike 
und Geograph ausgezeichneter Seemann, geb. den 28. Gebr. 172 
trat 1741 in Seedienfte, ging 1746 mit einem franz. Geſchwader 
und überzeugte fi) hier von der Mangelhaftigkeit der bisherigen © 
Amerika. Daher fiudirte er nach feiner Rückkehr in Paris Aſtronon 
zuerft die franz. Seeofficiere auf das Studium "einer Wiffenfchaft, 

Ehre und oft Ihre Erhaltung fo fehr abhängt. Im Kriege bis 1748 

das Ludwigskreuz. Nach dem Frieden übergab er den Plan zu eincı 
lichen Beobachtungsreife in den nordamerikaniſchen Gewaͤſſern, der 
führt wurde. Siehe f. aftronom. hydrographiſches Werk: „Voyagı 
ten de l’Amerique septentrionale” (1753, 4). 1758 ward er 

Akademie und entwarf den Plan zu Charten des mittellänbifchen Di 
Ausführung er 176% begann; auch warb er Inſpector bed Depot 
wo der berühmte Mecyain unter ihm arbeitete und mehre Jahre mit R 
Berechnung ber unzähligen Beobachtungen zubrachte, die Chabert al 
eines neuen Atlaſſes des mittelländifchen Meeres angeftellt hatte. — 
kaniſche Krieg förte died Unternehmen und rief den tapfern Chabı 
Poſten, mo er fi) fo auszeichnete, daß er 1781 das Commando eh 
ders erhielt. Die Revolution trieb ihn nach England, wo Ihn Mast 
fchaftlich aufnahm. 1800 verlor er, in Zolge vieler Anftrengungen 
kehrte 1802 nach Paris zuruͤck und erhielt von Bonaparte eine Pen 
ward ee Mitglied der Längencommiflton, der er 1805 die Charte von 
mit der Küftenbefchreibung überreichte. Seine Blindheit hinderte ih 
während der Wiffenfchaft und den Verſammlungen des Inſtituts dur 
Gedaͤchtniß zu nügen. Lalande weiß feine Genauigkeit im Beobachten, 


Ghagrin Ehalcedon (Kirchenverfammlung) 649 


einen Arbeitsfleiß, feine Beharrlichkeit und feinen Muth in Befeitigung 
aderniſſe nicht genug zu ruͤhmen. Ein Bruſtfieber raffte ihn den 2. Der. 


besrin, f. Schagrin. 
heillot, ein hinter den Tuilerien liegendes Dorf, das jegt mit zu Paris 
t wird, Prächtige Landhäufer und Gärten mit herrlihen Ausfichten auf 
se und umliegende Gegend zieren daſſelbe. Am äußerften Ende des Qual 
es besühmten Brüde von Jena (gegenwärtig Bruͤcke der Militairſchule ges 
wgenüber, befindet fich der von Napoleon mit ungeheuerm Aufwanbe uns 
eme, aber unvollenbet gebliebene Palaſt des Königs von Rom. Die Ruls 
iben geben, wenn man von Derfailles fommt, einen widerlichen Anblid 
en mit der fchönen Architektur der Mititaicfchule, die gerade gegenüber 
ıen widrigen Gontraft. In der Pfartlicche findet man ein Grabmal bes 
olfteinfhen Edelmanns, Grafen Joſias Rangau, Marſchalls von Frank⸗ 
: Hier 1650 beerdigt wurde. Die Nonnen des Ordens de Sainte-Marie 
sitation hatten bier ein berühmtes Kloſter, wohin oft verfolgte irdiſche 
ch zurücdyog. Hier flarben die Königin Henriette von Frankreich, König 
IV. Tochter, Gemahlin des britifchen Königs Karl I. 1669, und ihre 
bie Prinzeſſin Louife von Pfalzbaiern, die mit den übrigen Nonnen bie« 
uf den nahen Wiefen Heu machte. 
haife (Perebela), f. La Chaife. 
Jalcedon, jetzt ein Dorf, Kademki, eine unter der roͤm. Herrſchaft bluͤhende 
Bithynien an der nordweſtl. Landſpitze Kleinaſiens, Conſtantinopel gegen⸗ 
weit des jetzigen Scutari. Hier hielt im Herbſt 451 der oſtroͤm. Kaiſer Mars 
werte allgemeine Kirchenverſammlung, um den Monophpfiten die durch 
mewicht bes alerandrinifchen Patriarchen Dioskuros, auf der fogenannten 
huode zu Epheſus, 449 erzwungene Herrſchaft über ben kirchlichen Lehrbe⸗ 
ber zu entreißen, unb eine Sormel über den Stauben an Chriftum feflfegen 
I, welche, von ben Neftorianifchen und monophpfitifchen Kehren gleichweit 
‚ alle Parteien der rechtgläubigen Chriften befriedigen follte._ Seine Come 
ı führten den Vorſitz umd gleich nad) ihnen die Regaten des römifchen Bi⸗ 
wi., ber zwar den Glauben auch ohne Concilium zu beſtimmen verfucht, 
bach beſchickt hatte, um feinen Einfluß darauf zu behaupten und für ben 
ikuros gegen ihn verhängten Bann Rache zu nehmen. Die Kirchenver: 
g, die aus 600 faft bloß orientalifchen Biſchoͤfen beftand, feste ben Dios⸗ 
und nahm nad) heftigen Debatten, naͤchſt den Glaubensbekenntniſſen der 
wm Kicchenverfammlungen zu Nicda und Conftantinopel und zwei die 
ifche Lehre verbammenden Spnobalfchreiben des ehemaligen Patriarchen 
vom Alexandrien, auf Betrieb der römifchen Legaten auch den Inhalt eines 
stpches, den Urheber des Monophpfitismus, gerichteten Schreibens Leo's 
hemaligen Patriarchen Flavian zu Gonftantinopel in ihre Gtaubensformel 
leſe erklaͤrt die Mutter Jeſu für die Gottesgebaͤrerin und beflimmt gegen 
den Glauben an einen Chriftus, der in zwei Naturen ohne 
ung unb ohne Verwandlung, ohne Trennung unb ohne Abfonderung 
„ſodaß durch die Vereinigung beider Naturen zu einer Perfon und 
Unterfchied nicht aufgehoben, fondern das Eigenthuͤmliche einer jeden 
worden fei. Außer diefee Glaubensformel gab die Kirchenver⸗ 
30 Kirchengefege (Canones) gegen Mißbräuche des Klerus, unter 
dem Patriarchen zu Conftantinopel gleiche Rechte und Vorzüge 
und diefem nur den Vorrang einrdumte, wobei es auch, troß 
der zömifchen Legaten, blieb. Blutige Empoͤrungen in Palaͤſtina 
waren bie nächte Folge der chalcedoniſchen Beſchluͤſſe gegen Diet: 


she 


Hi 


> 


550 Chalcedon (Mineral) Chaldaͤa 


Euros und die Monophyſiten, und erſt nach hundertjaͤhrigen kirchlichen“ 
unter denen die Monophyſiten (f. d.) ſich völig von ben Orthodore 
ten und eine eigne Kirche bildeten, erhielt die chalcedontfche Glaubentfor 
bleibende ſymboliſche Anfehen, das fie noch jetzt bei ben katholiſchen, gel 
und proteftantifchen Chriften hat. 

°  Chalcedon, ein Mineral, welches felten in ſtumpfwinkeligen rho 
Then ſeryſtallen, gewöhnlich aber tropffleinartig, traubig, auch ale 1 
rungsmittel von Echiniten vorkommt. Seine Farbe iſt das Weiße, Grau 
Selbe, Braune, zum Theil mit baumförmigen Zeichnungen (Baum: ol 
kaſteine), halbdurchſichtig bis durchfcheinend. Et findet ſich auf Gänge 
phyr, Gruͤnſtein und in andern Felsarten, beſonders als Gemengtheil b 
und als Ausfällungsmaffe der Blafenräume verſchiedener Felsarten, bef 
der Wade. Vorzuͤgliche Fundorte find Oberftein in der Pfalz, Island 
zder, Ungarn ıc.. Die Alten bezogen ben Ch. befonders aus Ägypten 
wurde in Nom verarbeitet; jegt erhält man ihn aus Island, Sibirien, 
bürgen (roofelbft der biangefärbte zu Haufe iſt) und benugt ihn zu Rtı 
Uhrſchluͤſſeln, Knöpfen, Dofen, Vaſen, Medalllons, Halebändern u. f. 
den Spielarten des Chalcedons gehören: ber Karniol, durch feine 
Farbe ausgezeichnet; er findet fich in ftumpfedigen Städen; am fd 
Arabien und Japan. Der 8. fteht in hoͤherm Werthe als der Chalcedon; 
heit und Gleichheit der Farbe, Freiſein von Sprüngen ıc. bedingen den $ 
reinften werden zu Petfchaft: und Ringſteinen, zu Uhrfchlüffeln ıc. beart 
fonderö zu Oberſtein. — Der Heliotrop iſt grün mit rothen 
fommt meift aus Arabien, Sibirien u. f. m. — Das Plasma 
Beide werben zu Gemmen und verfchiebenen Bijouteriegegenſtaͤnden u 
— Der Agat oder Achat beſteht aus verbundenen Lagen von € 
Jaspis, Hornftein, Amethyſt u. ſ. w. Er erfcheint auf Gängen, beft 
Dpenau in Baden, zu Oberflein, zu Schlotewitz in Sachſen, in Sibirte 
In früheften Zeiten trug man den mit Charakteren bezeichneten Achat als 
die Alten verarbeiteten ihn zu ſchoͤnen Vaſen u. dgl. Sept ift feine Ve 
vielartig, ſowol zu Gegenftänden bes Nutzens ale des Bergnügens. Til 
Moͤrſer, Meidfteine, Farbenmäpfchen, Zuckerbuͤchſen, Tabacksdoſen, 9 
Stockknoͤpfe, Degengriffe, Meſſerhefte, Zahnreiber für Kinder, St 
Spielmarken u. f. w. werben aus Adyat gefertigt. Die vorzuͤglichſt⸗ 
fchneibereien find zu Oberſtein, in Sibirien 1. — Der Dnyr if ei 
achat, in welchem zwei oder mehre Farbenabänberungen in geraden ober g 
unten einander parallelen und fharfbegrenzten Lagen wechfeln. Die Di 
den beſonders für Kameen benugt und meift fo gefchnitten, daß eine Ik 
das Erhabene der Figur ausmacht, die bunkelere Kage aber zum Gru 
Man kann die Achate auch mittelft verfchiebener metalliſchen Auflöfung 
lich färben. — Der Chryfopras ift ein nur derb im Serpentin zu 
und Baumgarten in Schlefien vortommender, durch Nideloryd grür 
CHalcedon. Es werden aus demfelben Steine zu Ringen, Bufennadel 
Dofenftüde, Petfchafte u. f. w. gefertigt.” Die Farbe des Minerale H 
genehm, aber nicht beftändig ; dent fie verbleicht nicht nur, wenn das M 
Hige ausgeſetzt wird, fondern verfchtwindet auch allmälig beim Gebraw 
und Sonne. Man verwahrt daher den Chryfopras in Kellern und zw 
feuchteter Baumwolle. 

Chaldaͤa, der fübliche, vormals durch Waͤſſerungen fehe fr 
machte, jest aber wuͤſte Strich von Babylonten gegen Arabien zu und 
fchen Meerbuſen, welcher die Weftfeite an der Mündung des Tigris und 
einnahm. Die Chaldaͤer, ein Imitiicher Volksſtamm, eine der beri 


Shaldäifche Ehriften Shalotais 551 


onen Alten, waren die erften Bearbeiter ber Metalle und nicht ohne aflre> 
ſche Kenmtniffe. Sie legten den Grund zu dem babylonifchen und affyrifchen 
e; ihe Rame erhielt fidy in dem Prieftergefchlechte der Babylonier, deſſen 
Geber fidy mit dem Gottesdienfte, mit Auslegung ihrer geheimen Schriften, 
Babrfagen, Arzneikunde, Traumdeuten, Beſchwoͤrungen, Zauberei, Stern⸗ 
rt u. dgl. beſchaͤftigten, dieſe Kenntniſſe aber vor dem Volke geheim hielten. 
ven Schriften biefer Chaldaͤer iſt nichts auf uns gekommen. Urfprünglich 
B Boll d. N., auch Kephener genannt, am Kaukaſus gewohnt und erfl um 
. Eh. im perfilhen Meerbuſen fich niebergelaffen haben. (Vgl. Baby» 


x.) 
Thaldaͤiſche Chriſten, f. Secten, Syriſche Chriſten und 
naschriſten. 
Sbalfograpbhie, ſ. Kupferſtecherkunſt. 
Thalotais (Louis René de Caradeuc de la), Generalprocureur beim bre⸗ 
Parlament, geb. zu Rennes d. 6. Mär; 1701, ſtarb d. 12. Jul. 1785. Der 
ı$ diefes ausgezeichneten Staatsbeamten auf die Revolution, die nach f. Tode 
akreich ftattfand, war in Folge der fonderbaren Stellung ber franz. Parlamen» 
b ihrer Mitglieder zroifchen dem Könige und der Nation fehr bedeutend. LaCh. 
ſich durch die Kraft f. Beredtſamkeit und die Unabhängigkeit ſ. Grunbfäge 
ng ecworben, erregte jebach erfi nach ſ. 60.3. allgemeines Aufſehen, als er den . 
Hgegen die Jeſuiten begann. Der franz. Hof hatte den Jefuiten verfprochen, 
Be in Frankreich bleiben Eönnten, fuchte aber ihren mächtigen Einfluß zu 
hen. Gegen den Orden wirkten la Chalotais's Freunde, d'Alembert, Duclos, 
Bar, Mably, Mortesquieu und Diderot. La Chalotais aber griff den Orden 
ie f. berühmten (oft gedruckten) „Comptes rendus des constitutions des 
Is” als Fiscal vor dem Parlament zu Rennes an. Andre Generalprocureur® 
kManrbäide) folgten f. Beiſpiel vor andern Parlamenten. Der Erfolg waı 
"Orden aufgehoben wurde. 2a Eh. wurde in diefem fiscalifchen Anıtöverfah- 
wi den Haß, den jede gemißbrauchte Macht eszeugt und beſonders durch die in 
Kid, zahlreichen Janfeniſten, weiche die Sefulten fo lange verfolgt hatten, 
We Unentfchloffenheit des Hofes und durch den Neid der andern geifltichen 
swider die Jeſuiten unterſtuͤzt. Der kuͤhne und freimüthige La Chalotais 
k die Sefuiten vorzüglich durch aufgeftelte Thatfachen. Vergebens ſchrie⸗ 
EBertheidigung der Jeſulten Gaveyrac, der früher die Aufhebung des Ediets 
dantes hatte rechtfertigen wollen, ferner bie Jeſuiten Menouc, Griffet und 
dige Gerutti, weiche geltend machen wollten, was zur Ehre Sotteb und bes 
8 die Jeſuiten vollbracht haben follten und welche Talente ihre Schulen aus⸗ 
t hatten. Die freie Stellung des Mannes, der fo heftig den Orden ver» 
mitte, gab f. Feinden bald eine Belegenheit zur Rache, als über die verweis 
yerfamentarifche Einregiſtrirung neuer Finanzedicte, weil folche die alten 
ten des Herzogth. Bretagne und feiner Stände verlegten, zwifihen bem 
und dem Parlament zu Rennes Streit entflanden war. Der Gengrälprocus 
wrde mad) 36jaͤhrigem Dienft mit f. Sohne und 5 Parlamentsräthen, bie 
rlgften wiberfprochen hatten, verhaftet. La Ch. traf dies Schickſal als an⸗ 
en Werfoffer geroiffer anonymen, an einen Minifter gerichteten Sendſchrei⸗ 
verem Setyol dem Geſchreibe eines Mannes aus ber niebrigften Claſſe glich. 
Dich berheucrte der Verhaftete f. Unfchufe in mehren Denkſchriften (1766 fg.). 
Dublicum und auch Voltaire vertheibigte f. Unfhuld. Dennoch ließ die nies 
ne Gommiffion ihre Actenſtuͤcke drucken und verurtheilte La Ch. vor vollen» 
Inſiruction. Der Miniſter Calonne, der das Verfahren leitete, nebft bem 
halter der Provinz, Herz. von Aiguillon, waren des Verhafteten getfönliche 
e. Das neue, ſtatt des entläffenen zu Mennes pingefente Paciament eiometa 


552% | Chaloupe Chambers 


ſich die Competen; des Richteramts in dieſer commiffarifchen Unterfuchn 
La Ch. zu. Kaum aber begann hier der Rechtsgang, fo weigerten ſich bi 
Richter, in dieſem Proceffe Recht zu fprechen; die übrigen, 13 an ber 3 
warf CH. als parteilfh. Endlich fiegte die Stimme des Volles. Die 
lungen ber Gerichtshöfe und des Herzogs von Choiſenl machten Eindrud 
König, der die Abolition befhloß. Die Verhafteten wurden nach Sat 
wiefen. Man foderte von La Eh. eine Bitte um Eintlaffung von feine 
welches diefer verweigerte. Das Parlament von Rennes verlangte die 
einfegung feiner lieder in ihre Amter. Der Schriften über jenes Rechts 
erfhienen immer mehre. 150 Berbreiter derfelben hatte man ine Bi 
fledt; man wurde ed endlich müde, die immer zahlreichern Druckſchrifte 
wie man laut fagte — bie Wahrheit zu verbrennen. Aus biefer lange 
gung des Generalprocureurs entfprang ein neues Parteiverfahren ; denn bi 
ment von Rennes leitete einen fiscalifchen Proceß wider den Statthalter, H 
Alguißon, ein. Exft der Thronfolger, Ludwig XVI., gab dem Generalpro 
Freiheit nach einer Daft von 10 Jahren und ließ ihn fein Amt zu Rem 
antreten. Im ganzen Proceffe wider La Ch. war das Verfahren ebenfi 
end als tyrannifh. Durch Feigheit und Willkür grub ſich die ausf 
Megierung ihre Grab. Ungerecht war das Verfahren und ohne Kraft bie 
rung. Schon damals ließ ſich ahnen, daß ein Despotismus, defien Spı 
fi) fo abnusten, bald in ſich zerfallen würde. . Noch 1826 erlaubte fid 
ein Schriftfteller von der Partei der Jeſuiten befeidigende Ausfälle auf Lat 
Er warb deßwegen non den Erben gerichtlich belangt und verurtheilt. 

Chaloupe, ein großes zum Dienft der Seeſchiffe beftimmtes X 
ches gewöhnlich durch Ruder in Bewegung gefeht wird, zumellen aber a 
und Segel hat. Während das Schiff unterwegs ift, liegt die Chalom 
ihr die Heinen Boͤte, mit Tauen befeftigt, auf bem Verdeck, und nur aufl 
oder etwa in Rotbfällen wird fie ind Meer gelaffen. Sie dient hauptſaͤt 
Transport ber fchweren Sachen, die zum Schiffe gehören. Kanonierchalo 
dergl. Böte, die an ihrem Vordertheile mit einer Kanone (gewoͤhnlich 24 
verfehen find. Sie find oft von großem Nutzen, weil fie dem feindlich 
nur die fehr ſchmale Worberfeite zumenden, und daher von dem Geſchuͤt 
nicht leicht zu treffen find, auch ohne Schwierigkeit fih an Stellen zu 
koͤnnen, die wegen ihrer Seichtigkeit den tiefer gehenden großen Schiffen 
bar . 

Chamade (wahrſcheinlich von dem italienifchen Chiamata, Ruf 
ein Zeichen mit der Trommel oder Trompete in einer Feſtung, welches 
gernden Feinde andeutet, daß man mit ihm unterhandeln will. Dabei 
Auffteden weißer Fahnen flattfinden, welches auch allein hinreicht, went 
ausfegung bed Nichtgehörtwerdens (wie etwa bei zur See belagerten | 
eintritt. 


Chamäleon, ein vierfüßiges Thier von der Größe und Gef 
Froſches, zum Geſchlecht der Eidechſen gehörig, mit einer glatten unbehaat 
einem langen Schwanze und einer fehr langen Zunge, mit welcher es, wie 
Pfeile, die Inſekten haſcht. Afien und Afrika ift fein Vaterland. € 
(haft dieſes Thieres, daß es feine Karben nady den Orten, wo es ſich befi 
ändere, haben neuere Reiſebeſchreiber, 3. B. Goldberry in f. „Frage 
voyage en. Afrique eto.“ abgeleugnet. Letzterer gibt deflen Farbe he 
und nur bei Krankheiten, ober, wenn es lange hungern muß, werde bie | 
bräunlich ober aud) ganz ſchwarz. 

Chambers (Ephraim), geb. gegen Ende bes 16. Jahrh. u! 
Weſtmoreland, gehörte einer Duöterfamitie art, ward bei einem Mecha 


Ghambery Chambre ardente 558 


uphen in bie Lehre gegeben und gewann bort Liebe für die Wiffenfchaften und 
& Ban muß ihn als den eriten Erfinder und Urheber dee Encyhklopaͤdien 
habetifcher Form anfehen. Zwar war fchon das „Lexicon technicum " von 
erſchienen, als Ch. 1728 das feine in 2 Bon. in Fol. auf Unterzeich nung 
huineen in London berausgab; allein jenes Werk von Harris war in ber 
nd Behandlung von einem ganz verfchiedenen Charakter. Ch. war noch in 
re bei jenem Globusfabrikanten, als er die Idee zu f. „Encyklopaͤdie“ faßte, 
ſolcher bat er auch bie erften Artikel berfelben entworfen. Er bildete: fich 
durch Privatſtudien aus, und fo ſchrieb er feine Encyklopaͤdie in ihrer eicſten 
ganz allein. Sie erhielt großen Beifall und er wurde Mitglied der Eö:nigl. 
je der Wiſſenſchaften. 1738 war eine neue Auflage nöthig und ſeit dem 
das Merk bis auf die neueften Zeiten, jedes Mal verbeffert und vermehrt, 
Kt. Die Ausg. von 1786 in 5 Bon. in Kot. ift die gefchägtefte, Londori bei 
6: „Cyelopaedia or universal dictionary of arts et sciences”. Cham- 
5 1740. 
bambery, Hauptſt. bes Herzogth. Savoyen, Sig eines Erzbiſchofs mit 
Einw., in einem ziemlich weiten, ſich rundenden Thale, welches mäßige 
Hasfaffen, die mit Villen, Gärten und Landhäufern befegt find. Der zahls 
aber nicht reiche Landesadel ‚verzehrt hier nach italleniſcher Sitte die Eins 
einer Bandgüter. Die Stadt hat eine öffentliche Bibliothek, einen akademi⸗ 
Berein , eine Malerſchule und eine Aderbaugefellfchaft. Ihr Landsmann 
Beigne,, der in Indien große Reichthlumer erwarb, bereichert feine Vater⸗ 
it wohlthätigen Stiftungen und Berfhönerungen. Die nahen Bäder wer⸗ 
 befuche. Hier herefcht jeder Gewerbfleiß, der ſich in dem bergigen Sa⸗ 
mfäflig gemadıt hat, befonders in Deftillation, in 2einen, Leber, Seife, 
und 
ikambord, Schloß, Park und Dorf mit beträchtlichen Zubehör (5000 
Bed, 23 Meiechöfe, überhaupt 11,000 Adergrundftüde), im Departement 
u Eher unweit Bois, wurde von der franz. Nation dem Sohne des ermor⸗ 
herzogs von Berry, dem jungen Herzog von Bordeaux, als Gefchen bes 
‚ diefe Angelegenheit von dem Minifterium jebody auf eine ſolche Weife eins 
‚daß fie bei dem franz. Wolke wenig Beifall erhielt. Dieſes prachtuolle 
‚ das in der Mitte eines Parks liegt, den eine 8 Stunden lange Mauer 
ft, hatte einen großen Umfang (440 Säle und Zimmer, 13 große Trep⸗ 
källe für 1200 Pferde u. f. w.). Stanz. ließ es von dem Architekten 
en im gotbifhen Styl erbauen; unter Ludwig XIV. wurde es vollendet. 
erste Franz I. die Feſte feiner Galanterie; hier blühten zuerſt die Künfte in 
ich auf; bier wohnte König Stanislaus Leszinsky 9 Jahrelang. 1745 
es Lubwig XV. dem Marſchall von Sachſen, der dafelbft 1750 ftarb. 
Folge gab Napoleon die Domaine Chambord dem Kürften von Wagram 
re) uud erhob fie zum Fuͤrſtenthume Wagram. Als defien Witwe diefes 
am Öffentlih zum Verkauf ausbot, bildete fi ein Verein, der es für 
WO Ge. erlaufte und im Namen Frankreichs dem Herz. v. Bordenur an 
Zauftage, den 1. Mai 1821, ſchenkte. Bon Chambord find 1822 bei 
un in Paris lithograpb. Blätter, Anfichten ıc. nebft Befchreib. erfchienen ; 
ı großes lithograph. Blatt von Iſabey, das größte diefer Art in Frankreich. 
hambre ardente, ehemals in Frankreich ein ſchwarz ausgeſchla⸗ 
wit Kerzen erleuchtetes Zimmer, in welchem Staatsverbrecher höhern Ran⸗ 
detet wurben. — Als König Franz II. im 16. Jahrh. einen Gerichtshof, 
on die Proteftanten zus verfahren, einfeste, die gewoͤhnlich zum euer vers 
wurden, narmte das Volk denfeiben, mit Anfpielung auf diefe Todesart, 
# Chambre ardente, 


654 ‘  Chambre introuvable 


Chambre introuvable (die unfindliche Kammer). Cin & 
nıme, welcher der franz. Deputirtenlammer, die nach ber zweiten Reſtanu 
Ludivige XVIII. zufammentrat, wegen ihrer Leidenſchaftlichkeit und ihrer I 
nationalität gegeben murbe und der ihr geblieben iſt. Die der Revolution eritg 
gefeste Partei glaubte nämlich ihren Triumph nicht vollſtaͤndig genug feld 
Einen ; allein diefe Reaction dauerte nur vom 28. Jun. 1815 bis sum 6. ( 
1816. Schon in der Proclamation aus Cambrai hatte der Känig die I 
über mancherlei Beforgniffe zu beruhigen gefucht, welche zu den Begebenheitn 
Mir; 1815 beigetragen haben konnten; man geftand ein, daß die Reglern 
fehtt haben koͤnne; das Minifterium follte durch einen Präfibenten mehr & 
echalten; die Wiedereinführung der Zehnten und grundherrlichen Mechte vum 
ein Märchen erklärt; den Käufern der Nationalguͤter nochmals Unorrill 
ihres Eigenthums zugefichert und verfprochen, daß alle Claſſen bes Volleg 
Staats: und ſelbſt Hofämtern zugelaffen werden follten. Fuͤrſt Talleyrand 
num nad) der zweiten Ruͤckkehr des Königs Präfident des Miniſterialra 
übrigen Minifter waren Louis, Pasquier, Gouvion⸗St.⸗CEyr, Jauchat 
Derzog von Richelieu und — Kouche. Die Deputirtenfammer wurde aufge 
Zahl der Deputirten von 262 auf 402 vermehrt, doppelte Wahlen In den 
biffements» und Departementswahlcollegien angeordnet, aber die Wet 

"ganz in die Hände der Reichſten eines jeden Departements gelegt, indem 
einmal durchaus an die Candidaten der Arcondiffementscolegien gebunbeiit 
Ehe die Kanımern wirklich zuſammenkamen, zeigten bie Auftritte im € 
Frankreich, die Ermordung der Mameluden zu Marfellle, der Proteſteh 
Nismes, des Marfhalls Braune zu Avignon, weldyer wilde Geiſt der kei 
entfefielt worden war. Gchon im Aug. wurde das BRinifterium 
Herzog von Richelieu ward Präfident; an Fouché's Stelle trat Decazes; 
miniſter ward Elarke, Herz. v. Feltre; Barbes Marbois, Dubouchage ı 
vetto traten flatt der Herren Pasquier, Jaucourt und Louis ein. Die 
ber Mordfcenen im Süden blieben ungeftraft; eine koͤnigl. Verordnung 
Nov. befahl zwar, die Mörder des Gen. Lagarde und bie Ucheber der 
Graͤuelthaten zu Nismes vor Bericht zu flellen, aber von 18 Angefchuidigte 
nur zweien der Proceß gemacht. Dagegen buͤßte Ney feinen Wankelm 
ſich manche Entfhuldigungsgrände anführen Tiefen und trotz der Capit 
Paris, die Über alle politifche Vergeben eine allgemeine Amneſtie ausg 
mit dem Tode. Am 7. Oct. wurde die Sitzung der Deputirteulamme d 
deren Wahlen von eben dieſem Geiſte geleitet worden waren, welcher num 
als der herrfchende ihrer Verhandlungen zeigte. Alle Maßregeln, melde 
Behr jur alten Verfaffung zu beglinftigen fchienen, welche der Mache mb 
gunguſucht zum Werkzeuge dienen konnten, wurden ohne Discuflion ange 
ja verlangt. So die Gefege vom 9. Nov..1815 über die Beſtrafung auf 
ſcher Husrufungen, vom 20. Dee. über die Wiederherftellung der Prevotai 
vom 11. San. 1816 über die Verbannung der Königemörder, vom 8. M 
die Abfchaffung der Ehefcheidungen. Aus dem Staatsdienfl wurden eime 
untengeordnete Beamten, welche nie an den Begebenheiten einen thätigen M 
genommen harten, unter dem Vorwande sevolutionaiter Geffnnungem! 
und der Kriegsminifter Elarke verfuhr ganz willkuͤrlich bei der neuen, Drgas 
der Armee, Indem ek verdiente Dfficiere zurüdfegte, amdre vorzog. De 
theilige Friede vom 20. Nov. 1815, die großen Laften, welche die fremdeni 
und die Gonttibution dem Volke auflegten, die große Theutung, vermehel 
Spannung; es brachen Unruhen zu Grenoble, Zouloufe umb Lyon auf, 1 
einigen Hundert ircegeleiteten Bauern das Leben Eofteten, deren wahre I 
Aber unentdeckt büehe —Die Meoistung wurde endfich gewahr, daß fe auf) 

























Ehamfort 555 


e nicht weiter fortichreiten Eönne, ohne einen allgemeinen Ausbruch zu wagen. 
Mintfter Baublanc und Barbe » Marbols wurden durch Laine und Dambray 
'; ba darauf erlangte der Miniſter Decazes einen entfcheidenden Einfluß. 
e nım bie Majorität der Deputirtenkammer fuͤr fid) haben mußte, fo erfolgte 
. Sept. 1816 durch eine Ordonnanz des Königs die Auflöfung der Kammer 
ugleich eine Herabfegung der Deputirten auf die Zahl von 258. Späterhin 
a8 Geſetz vom 5. Febr. 1817 eine neue Wahlordnung, weiche eine Zeitlang 
üben Dauptparteien im Gleichgewicht zu halten ſchien; fie mußte aber, als 
glaubte, daß bie Gonftitutionellen durch fie das Übergewicht befommen koͤnn⸗ 
zrch Das neue Wahlgefet von 1820 ihren Gegnern weichen. 37. 
Ehamfort (Sebaftiin Rod Nicolas), geb. 1741 in einem Dorfe 
wnt In Auvergne, kam früh nad) Paris. Er hieß damals Nicolas und 
e von feinen Altern nur f. Mutter, für die er flets die größte Zärtlichkeit 
. De D. Morabin war f. erfter Lehrer und Beſchuͤtzer. Won angenehmer 
Kebidung,, lebhaftem Geifte, witzig und allem Zwange feind, trat er 
: dem Namen Chamfort in die Welt. Artikel für das „Journal encyclope- 
#" und die Medaction bes ‚„Vocabulaire francais”, von bem er mehre Bde. 
Bgab, waren feine erften nüglichen Arbeiten. Er fchrieb mehre Abhandiun« 
Die partfer und andre Akademien, auch einige mit Beifall aufgenommene 
Wiele, von denen „Le marchand de Smyrne” ſich auf der Bühne erhalten 
Geine Geſundheit indeß war geſchwaͤcht; fein Erwerb reichte kaum für f. Bes 
bin. Chabanon, fein vertrauter Freund, dem man unverlangt eine Pens 
1200 Livres gegeben hatte, nöthigte ihn, diefelbe anzunehmen. Nach⸗ 
i wiederhergeftellt war, begab er fich aufdas Land, um zu flubiren und zu 
Er verfertigte die wichtigſten Artitel des „Dietionnaire dramatique” 
3 Bde.), und beendigte zugleidy f. Tragoͤdie „Mustapha et Zeangir”; 
ihn die Stelle eines Secretairs beim Prinzen Sonde verfchaffte, die er nach 
Zeit verließ, um fi) nad) Auteull zu begeben. 1781 wurde er In die 
francaise aufgenommen. Seine ſchoͤne Antrittsrede war fein letztes 
ches Werk. Er verheirathete ſich, lebte einfam und gluͤcklich mit feiner 
an deren Tod, wo er Vorlefer bei der Prinzeffin Elifabeth, der Schweſter 
igs, wurde. Beim Anfange der Revolution fand ſich Chamfort in Vers 
Iag mit ben wichtigften Männern beider Parteien, die fie befchleunigten; 
ke durch Beguͤnſtigung und Benutzung, die andre durch möglichfte Befäms 
und Vernichtung der Mißbraͤuche. Er wandte vergeblid, Rath und Bitten 
x erftern an, um fie aufzuklären und zuruͤckzufuͤhren; aber er konnte fich nur 
er zweiten vereinigen, und gesungen zu wählen, 309 er, mit Hintanfes 
aller f. Vortheile, die Partei vor, die f. Charakter und f. Grundfägen anges 
a war. Seine Verbindungen mit Dlirabeau und Andern nahmen ihn an« 
ich dergeſtalt ein, daB er ſich mit Nichts weiter befchäftigen konnte. Er 
großen Antheil an mehren von Mirabeau's Schriften und Reden. Indeß 
te ſich Chamfort's Lage, ohne daß ſich darum f. Grundfäge änderten; er 
: (. Denfion, f. Ämter, und nährte fi) nun durch Übernehmung nüglicher 
ken. Die Bibliothekarſtelle an der Nationalbibllothek, zu der er Durch den 
Mer Roland ernannt wurde, brachte ihn für einige Augenblicke in günfligere 
inbe ; bafd aber erbitterten ihn die Nevolutionsgreuel, er Außerte ſich ruͤck⸗ 
106 und ward nebſt Barchelemy und zwei andern Beamten ber Bibliothek vers 
tWlewol er bald wieder in Freiheit gefegt wurde, fo hatte ihn doch die kurze 
mgenfchaft mit ſolchem Abfcheu erfüllt, daß er, als er einen Monat nachher 
m verhaftet werden follte, fich zu tödten verfuchte. Die Hülfe der Kunft und 
Bergfalt der Breundfchaft hielten ihn im Leben zuruͤck, doch farb er im April 
4, Man muß in Chamfort’s Grift ehenfo viel Umfang und Grhnptia« 









656 Chamiſſo Champagne (Provinz) 


keit als Scharfiinn und Feinheit anerkennen; ſ. Schriften verrathen 
nach den beſten Muſtern geleitetes Studium und einen reinen Geſchmack 
war er ſtreng redlich, dienſtfertig und hoͤchſt uneigennuͤßig. Seine U 
1795 von Ginguené in 4Bon. herausgegeben worden und ſpaͤter noch 
erſchienen. Deutſch von Stampeel (Leipz. 1797). 
Chamiſſo (Adalbert von), deutſcher Dichter, Naturforſcher ı 
umfegler, geb. 1781 in der Champagne, verließ mit f. Ättern Frankreich 
der Revolution und fand in Berlin ein neues Vaterland. Er kam an dei 
Königin Mutter und warb bald Dfficier im Infanterieregiment Gös. ! 
lernte er die deutfche Sprache und machte fich mit der deutfchen Literatu 
deren Geiſt und Tiefe ihn mächtig anzogen; er faßte die Erfcheinungen der 
Doefie u. Philoſophie mit eigenthuͤmlichem Sinne auf, und ergab ſich vorzi 
jenigen Richtung, die der franz. Beiftesbilbung am meiften fremd erfchien. 
fchaftliches Streben und ernfle Freundfchaftsverbindungen — ftatt all 
fei bier nur Fichte genannt — machten ihn ganz zum Deutfchen. 2 
zeigten ihn alsbald f. Gedichte, denen eine befondere Farbe und eigen 
Kraft nicht abzufprechen iſt· Durch den Frieden von Tilſit wurben Ch. 
verhältniffe aufgelöft; er reifte nad) Frankreich, wo feine Familie einen 2 
verlorenen Befigungen wiederbekommen hatte, kehrte aber bald nad) De 
zuruͤck, wo er ganz den Studien lebte und ſich vorzugsweiſe der Natur 
widmete. Bei einer abermaligen Anwefenheit in Frankreich lebte er ein 
in dem geiftteichen Kreife der Frau v. Staöl, die er fpäterhin auch im der 
befuchte. Don 1811 an war er wieder in Berlin, wo er mit Eifer de 
wiffenfchaften oblag. 1813 fchrieb er das feltfame Büchlein „Peter S— 
das fein Freund Souque nachher im Druck herausgab und woria die ( 
eines Mannes, der feinen Schatten verloren, ebenfo eigenthuͤmlich alß ı 
erzählt volrd. Als der ruſſiſche Reichskanzler, Graf Romanzoff, eine Ent 
reife um die Welt auf feine Koften veranftaltete, ward Chamiſſo aufgefi 
Maturforfcher diefe Reiſe mitzumachen, und er eilte ſich der Exrpediti 
(ließen, die 1815 von Kronftadt unter Segel ging. Nach dreijaͤhri 
langte fie 1818 wieder in Kronfladt an. Obwol einer der Hauptzwecke 
bition, die Entdedung einer noͤrdlichen Durdyfahrt aufgegeben worben 
beachte fie doch reiche Ausbeute aler Art mit zuruͤckk. Ch.'s „Bemerku 
Anfichten” auf diefer Reife (Weimar 1821, 4.) bilden zugleich den 3. Bd. 
zen Reiſewerks. Sie enthalten die ſchaͤrzbarſten Beiträge zur Länder un 
unbe, mit forgfältigemm Fleiße und treuer Wahrhaftigkeit bearbeitet. ( 
jegt wiederum ſ. Wohnfig in Berlin, wo ihm die Univerfität das Doc 
ertheilte. Eine Anftelung am botanifchen Garten knuͤpfte ihn ganz an 
tes Vaterland, während f. Familie nach Frankreich zuruͤckkehrte, wo fie in 
Ordnung der Dinge günftige Verhältniffe und ehrenvolle Wirkſamkeit 
funden bat. 

Chamouny, Fleden mit 1150 Einw. in dem engen und kal 
gi. N. in der Landſchaft Faucigny in Savoyen, am Buße des Montbla 
zum erften Male 1741 befuchte merkwürdige Chamounythal liegt 3200 
dem Meere und bat Überfluß an Holz; auch wird noch Garten: und Ad 
teichen. Es wird von Reiſenden fo häufig befucht, daß dadurch im diefer 
den Gegend Wohlſtand entftanden if. Kummer in Berlin bat «6 i 
dargeſtellt. 

Champagne, ehemals eine franz. Provinz, deren oͤſti. Theil, 
reits Daideland und moraftig, daher Champagne pouilleuse genannt, 
purtemaent der Marne gehört. Die weſtlichen Gegenden haben gute 9 
za Wichweiden; die kreidiaen. fonft ohne Düngung unfruchtbaren Hoͤ⸗ 


Ghampagne (Philippe) Champagner Weine 557 


ficken champagner Wein. Ferner liefert die Champagne die beften Flinten⸗ 
ganz Europa. Die wichtigften Städte find Trohes, Chaumont, Chalons 
une u.f.w. In dem Feldzuge von 1814 war die meftliche Champagne 
ich das Kriegäthenter; ebenfo die öftliche 1792. 
hampagne (Philippe), ein geſchickter Mater, geb. 1602 zu Bruͤſſel, 
ch 1621 nach Paris, wo er bei einem nicht eben bedeutenden Maler, Nas 
allemand, arbeitete. Um diefeibe Zeit kam Pouffin, damals noch ein Juͤng⸗ 
8 Ftalien zuruͤck. Champagne nahm feine Wohnung bei ihm, und benuste 
ben Rath f. neuen Freundes. Anfangs hatte das Genie des Einen und das 
des Andern manche Widerwaͤrtigkeit zu beftehen. Ein mittelmäßiger Kuͤnſt⸗ 
achesne, war ale Maler der Königin Mutter, Maria v. Medici, mit den 
im des Palais Lurembourg beauftragt. Pouffin und Champagne arbeite: 
ter ihm. Der Beifall, den die Königin einigen Gemälden Champagne's 
, erregte Duchesne's Eiferfucht, und jener, von Natur blöde und fanft, 
h dadurch bewogen, nach Brüffel zuruͤckzukehren. Er war kaum bafelbft 
namen, als er die Nachricht von Duchesne's Tode und eine Einladung, nad) 
üch zurückzukehren, erhielt. Die Königin uͤbertrug ihm die Reitung ber 
len des Lurembourgs, und er begann die Galerie des hommes illustres 
®. Dann malte er ſechs Bilder für die Sarmeliter der Vorſtadt St.⸗Jac⸗ 
md im Gewoͤlbe der Kirche das berühmte Crucifix, ein Meiſterſtuͤck der Ders 
‚ das, obwol auf einer horizontalen Flaͤche gemalt, perpendiculair erfchien 
M die geuͤbteſten Augen täufchte. Andy führte er eine Menge von Werken 
ster denen bie Kuppel der Sorbonne das wichtigfte if. Auf einer Reife 
ruͤſſel verfertigte er für den Erzherzog Leopold ein Gemälde: Adam und 
m Tod Abel beweinend. Nach f. Rückkehr nach Paris ward er zum Pros 
nd fpäterhin zum Director der Akademie ermählt. Der Titel des erften 
Malers ſchien ihm gewiß zu fein, als Lebrun, der aus Italien zuruͤckkam, 
mögegeichneten Platz erhielt. Champagne, der die Überlegenheit des ger 
ebrun unpartetifch anerkannte, ertrug dies ohne Neid. Bei herannahens 
ee zog er ſich nach Port » Royal zuruͤck, wo feine Tochter Nonne war. Diefe 
zu einem der herrlichſten Gemälde Anlaß gegeben. Sie ift figerib darges 
He ein langwieriges Fieber fie dem Tode nahe gebracht; aufgegeben von den 
betet fie mit einer Kloſterſchweſter, und erlangt die Geſundheit wieber. 
Mate der Tochter, befonder® der Kopf, iſt von wunderbarer Schönheit. Das 
Nuſenm befigt nebft diefem Gemaͤlde noch ſechs andre von demfelben Mei⸗ 
B. ein Abendmahl und eine Mater dolorosa. Außerdem finden ſich ſ. 
ben Arbeiten in Paris und vielen Städten Frankreichs zerftreut. Cham: 
atte eine Übertriebene Gewiflenhaftigkeit. Er würde z. B. nie nadte Fi⸗ 
emalt haben. Die höhern Kunftfoberungen erfüllen f. Werke nicht. Den» 
— ihm unter den niederlaͤndiſchen Malern einer der erſten Plaͤtze. Er 
74. 
hampagner Weine, die Weine der Liebe, der fröhlichen Laune, der 
aftuchen Begeifterung, gehören zu den edelften, welche die Natur uns ges 
at. Man bat in Champagne mehr als 20 Arten weiße und rothe; von 
haͤumende (moufficende) und nicht ſchaͤumende. Die weißen find die bes 
n, obgleich es auch fehr fein und zart ſchmeckende rothe Arten gibt. Die 
den Sorten erſter Güte werden von Kennern den mouffirenden vors 
. Der mouffirende Champagner entfleht dadurch, daß man ihn nicht in 
at gähren laffen, fonbern gleich in wohl zugefpundete Faͤſſer gefüllt hat, ſo⸗ 
ſich entwidelnde Luft mit dem Weine verbunden geblieben. Dan zieht 
eine am beſten aus Rheims und Epernay, und theilt fie gewöhnlich in drei 
ab, deren Preis auf der Stelle von 6 bis zu 3 Livres wechfelt. Die feinften 


> 


556 Chamiſſo 6 
. — Duutoilliere, und im den ıeil 
Leit als Scharfiinn und Seinhelt © „won Haft ale Weinberge 
nach den beften Muſtern geleitetes „möefelien. Daher wird dert 
war er fireng redlich, dienflfertig  "._ suneit, fo gedeiht er vortreffüch 
1795 von Binguene in 4Bbn. I Ta hägtefle Theil und liefert dm ı 
erſchienen. Deutfd von Stamr: = „_, „oem zu ben einträglichften m g 
Chamiſſo (Adaibert vr msstoften ihren Befigern in guten S 
umſegler, geb. 1781 inderCi BSBGBSileichwol kann der Befiger in If 
der Revolution und fand in B⸗ u usb diefe zu ergiebig, fo wird der Wei 
Königin Mutter und ward b- „2, dagegen ber wohlhabende feine MI 
lernte er die deutſche Sprar- Auch gewinnt. Der Wein bei Chalon 
deren Seift und Tiefe ihn m . Sumitod am 25. Juni abgeblüht, und! 
Poeſie u. Phitofophie mit e =" - „ Die Trauben werden fehr vorfichtig, 
jenigen Richtung, die der ' Sue des Weine ift von der Farbe des Tram 


ſchaftliches Streben und — _, seien und blauen Trauben ausgeprefte ( 
fei hier nur Zichte gen" » dat feinen Sig im der „Hlilfe der blauen, 
zeigten ihn alsbald ſ. m ätheung loͤſt den Farbeſtoff auf und zieht 
Kraft nicht abzufpred: _rainte des Dec. gehörig ausgearbeitet, fo fäng 

















vechättniffe aufgelöfl man ihn bei hellem Froſtwetter ab und ? 
verlorenen Beſitzun „ass halben Unze zu einem Faß von 250 
zuruͤck, wo er gan: - "ges abermalige Gährung. Einen Mo 


widmete. Bei eir # zu von neuem ab und klaͤrt ihn mit der 
in dem geiftzelhe: "a Fichleime zum zeiten Mal. In dieſem 
befuchte. Von  - m Wrz, wo man ihn auf Bouteillen zieht. . 
wiffenfchaften or = „gs 3 Gaͤhrung ihre ganze Wirkung gethan zu 
er Sur‘ m m Bein, und nimmt ihm den in der Flaſche 
e m 
erzählt wird > uns Layer der Freiſtatt), eine Niederlaſſung franz. 
veife um die „Se zuge (kaum entftanben) vom Congreß der Verei 
Naturforfk mm“ weil Spanien fie an der Grenze von Merich 
(htm, —— — — hatten naͤmlich bie Anſiebler im Octob 
langte ſie m "u zum and Frankreich verbannte General Lallemand, 
ditien.d BMmelte und die meiſten davon indie am Tom 
Bat w  yamıma (am Mobile, an der Grenze von Weftfloride 
ſicht Ra u. Ausgermanderten führte, wo der von ihnen the 
ine ae zriheilte Bezirk Marengo und die von ihnen darin 4 
kunde — Hier liegt auch Mobile, eine von Franzoſen 
jeßt rn ae Riederlaffung. Die Anlage von Aigleville haben ve 
** rn und Lefebres De6nouetteß geleitet. — — Texas wur 
5 . Staaten mit Spanien wegen Florlida abgeſchloff 
Dit _ .2 Deſpanien überlaffen. In derſelben Zeit bildete ſich da 
fin ne n James Long, mit dem ſich mehre Sranzofen von 
— 2aſu⸗ vereinigt hatten, die Republik Texas, deren Hau 
gl > u Fuch diefe Republik loͤſte fih bald auf, und General. 
de Staaten zuchd. Texas gehört jept zu den Verein. mu 
* > un zwar zu dem Staate Santander; es befand fich aber 
r un m anem völlig gefeglofen Zuftande, indem Abenteurer aller 
N AJ aufene Sklaven, wilde Indianer und fluͤchtige Verbreche 
De um eine Art von Unabhängigkeit zu behaupten. 
— age der Schleichhandel zu fein. Das Land ift fo fruchtbar, 
u Jahren das 150. Korn gewinnt. Zuder und Baumı 
nt th, vom Caffee Hofft man daſſelbe. Die Wälder find 





Champignons Chandler 69 


angefuͤllt, beſonders mit wilben Pferden, die an Kraft und:Leich⸗ 
‚.ıfhen gleichlommen ſollen. Der zahlreichſte Stamm der Einges 
e Comanches, ein tapferes und thätiges Bol, das mit den Spantern 
Fehde lelht | „“ ’ 
mpignond, eßbare Schwännne, bie. uns hauptfächlic von Freink⸗ 
cc getrocknet oder eingemacht zugeführt werden; bie mehrften fomenen 
it, Bordeaur und Cette, die von Orange werden für bie beften gehalten. 
mpion, in ben Ritterzeiten, jeber Kämpfer, der feine Sache oͤffent⸗ 
Schranken Bann gegen Mann ausfocht ; im engerer und’ gewöhnlicher 
ein folcher Ritter, weicher die Sache .einer andern nicht. waffenfählgen 
etwa eines @eiftlichen, eines alten ſchwachen Sreifed, eines Kindes imd 
ner Dame, auf folche Weife verfiht. Wenn ein Ritter, was felten ges 
eine Dame die ſchuldige Ehrfurcht verlegt hatte, tratein durch Verwandt⸗ 
Teigung dazu befugter Ritter für fie:in bie Schtanken, die Unbill zu raͤ⸗ 
ard ihre Champion. Wenn zwei Damen in Uneinigkeit gerathen waren, 
en Champion, der durch den Zweikampf ihr Recht vertheibigte. Dadieſe 
incip ſchoͤne Sitte nach und nach durdy Mißbrauch oft bis zum Kaͤcher⸗ 
tete, fo hat das Wort Champion, vorzüglich in der. deutſchen Rede, 
3 einen ſpoͤttelnden Nebenbegriff erhalten; übrigen® entfland biefe 
ichkeit des Ritterthums in Spanien Eurz vor den erften Kreuzzuͤgen, und 
b, fremde Intereffen mit dem Schwerte zu verfechten, ging von dort 
ge Europa über. J ... —— 
npollion, J. F. der Jungere, geb. zu Figeac 1790, Prof. d. 
renoble, ſtudirte die koptiſche u. a. oriental. Sprachen, unterſuchte bie 
Mofette, viele Papyrusrollen, beſonders zu Turin 1823u. 1824, und 
athéon egyptien‘‘, wine Samml. von Abbild. nach Denkmaͤlern, mit 
. heraus (Paris 1824, 4.), dann f. „Precis du systeme hierogly- 
aneiens Egytiens”, mit Kpfn. (Paris 1824), worin er feine Entziffes 
Imtbedlung des phonetifhen Atphabets darftellte, in welchem er den 
x das ganze hieroginphifche Syſtem gefunden zu haben glaubt. Nach 
e Dierogipphen 5. ICh. phonetiſch oder tonbezeichnend, z. Th. bieratifch, 
ffe bezeichnend. Beide Arten kommen, nad Ch., auch gemifcht vor. 
hen.) Ch.'s Syſtem foll auf ben Anſichten der beiden Engländer Wars 
Doung beruhen. Die Unhaltbarkeit beffeiben fuchte Th. Aufonioli 
yse de la theorie de M. Champ. le jeune sur les hierogl. des ane. 
aris 1824) darzuthun. Ch. hielt 1825 Vorlefungen über fein Syſtem 
art X. ernannte ihn.1826 zum Vorſteher der neuen Abtheil, im koͤnigl. 
s Darts (ins Louvre), roelche bie von Drovetti nad) Livorno gebrachten 
th., bie der König. erfauft hat, und überhaupt alle morgenl. Denkmäler 
Der ältere Bruder und Lehrer deſſelben, J. J. Champollion = Figeac, 
eac in Query 1779, ehemals Prof. in Grenoble, hat fi durch eine 
r l’inseription du temple de Denderah” und andre archäologifche 
ften befannt gemacht. ©. „Antiquites de Grenoble” (Grenoble 1807, 
gefhäßt; f. „Annales desLagides” (Paris 1819, 2 Bde.) erhielten 
m ©. Akad. der Infchriften und wurden 1820 von Ihm ergänzt. Beine 
ıgen über bie alte Chronologie find zum Theil noch in der Handfchrift. 
nebſt dem Lithographen Motte „Les tournois du roi Rene’ (nad) den 
nd den Driginalzeihnungen in d. Ein. Bibl.) mit Anmerk. u. 20 Kpf. 
126 in Sol. herausgegeben (nur 200 Er. ; das Er. koſtet 1300 Fres.). 
I des Eönigl. Inſtit. von Frank. u. and. gel. Geſellſch. 
u, Khan, Fuͤrſt od. Regent; Insbefondere das Oberhaupt der Tataren. 
adler (Richard), Helleniſt, geb. 1738, Mitglied des Magdalenens 


560 Chantrey 


eollegiiums in Orforb und der antiquariſchen Geſellſchaft in London, gab 171 
„Marmora Oxoniensia” heraus (f. Arund el), wobei er nicht nur bie Jul 
feiner Vorgänger berichtigte, ſondern auch mehre Luͤcken, befonbers in der Gi 
von Paros, gluͤcklich ergänzte. Die Geſellſchaft ber Dilettanti ſchickte Ihn gı 
ſchaſtilch mit dem Doctor Mevett und Pars nad) dem Orient, zum SBchul 
quai Ifcher Forſchungen und Sammlungen. Die Leitung ber ganzen Bailı 
Chandler übertragen. Dem zufolge bereifte ev 176466 Ionien, Attil 
golit: und Elis, und kam mit einer reichen Ausbeute nady England zuruͤck. 
gab er den erften Band feiner ioniſchen Alterthuͤmer heraus; 1800 den p 
1774 ließ ex zu Dxford „Insoriptiones antiquae pleraeque nondum edit: 
Asia minori et Graccia, praesertim Athenis colleetae‘ drudn. 
Kuriſt, die alten Infchriften richtig zu lefen, genau zu copiren und gluͤcklich 
ganzen, hat ihn Niemand uͤbertroffen. 1775 erſchien zu Orford der 1. Wb. 
„Reife nady Kieinafien” , der zweite 1776 u. d. T.: „Reife nach Griechen 
Seine ,Geſchichte von Troja” ift gewiffermaffen eine Ergänzung feiner Rei 
Aften. Er flach 1810 zu Tilchurſt in Berkſhire, wo er zum Rector des € 
gels echannt worden war. | 
Chantrey (Franz), ein englifher Bildhauer, den feine Lanböleute 
zu freigebig dem britiſchen Canova nennen. Doch ift bie Behauptung 
Kunfkrichter wol gegründet, daß diefer Künftler, der in dee Schule der 
bildet, durch die Kraft feines eignen Talents fich eine neue Bahn gef 
auch auf die Veredlung der bildenden Kunft in England einen guͤnſtigen 
ausübt. Er ift 1782 in Morton, einem D. an ber Grenze der Graffı 
geboren. Schon als Schulknabe mobellitte er in Thon. eine 
Mitwe eines wohlhabenden Kandmanns, hatte ihn zum Rechtsgelehrten 
An dem Tage aber, als er in Sheffield ankam, um in feine neue Schule 
ten, fah er vor dem Fenſter bes Bildhauer und Vergolders Ramſay ei 
geftellte Figuren. Diefer Augenblick entfchied über fein Schickſal, und fi 
ruf ahnend, befchloß er, ein Künftler zu werden. Er trat zu Ramſay in 
arbeitete drei Jahre unermüdet, zeichnete und mobellicte in allen freien A 
und fludirte nad) der Natur, was er aber vor bem bamit unzuftiebenen 
bergen mußte. 1802 fam er nady London, ‘wo er ſich bald durch die 
Büfte des geiftreihen Horne Tooke einen Namen erwarb, indem er in 
die fihern Grundſaͤtze eines freien natürlichen Style darlegte. Dam 
ihm die Stadt London die Ausführung des Standbilds George ILL, 
Vollendung er die Zeichnung zu dem Denkmale entwarf, das zu Nelfon’s & 
Seeufer bei Yarmouth errichtet werben follte; allein die an fidh ſchon und 
ſche Idee — des Helden Bild, mit dem Sterne auf der linken Bruft (der bed] 
erleuchtet werben follte), ale Pharus, 130 Fuß body, auf einen weit m U 
binausragenden Damm, und auf einem Fußgeſtelle von den Vorbertheilen & 
Feinde genommenen Schiffe aufzuftellen, war zu riefenhaft, als daß fie haͤs 
geführt werden Einnen. Mehr als dies gründeten Ch.’ Ruhm eine Grup 
zwei im fanften Zodesfchlafe fich Liebevoll umfafjenden Schweftern, deres 
Kindergeftalten Ruhe und Stille in jebem Umtiffe und jedem Gliede zeigen 
Kathedrale zu Lichfielb) ; eine knieende Frau, die Lady St.⸗Vincent, und eiu 
teres Mädchen auf den Zehen ſich erhebend und eine Taube in ihrem Buſen! 
fend (die Tochter des Herzogs von Bedford), zu Wobums Abbey, neben Ca 
Grazien aufgeftellt. Außer mehren andern Denkmaͤlern unb Stand 
der Paulskirche u. a. a. O. ſchaͤtzt man audy feine neueften Werke: die B 
Piuyfalr, Walter Scott, Benjamin Welt, Wordéworth u. a. 1814 
Ch. Paris, wo er Italiens Bildwerke bewunderte, und darauf Stalin. E 
wol iſt er feinem urſpruͤnglichen Naturftyle treu geblieben. „Die Kun! 
















Chaos 6Ghapelle | 561 


zen englifche Runftrichter, „iſt Tebiglich eine Tochter des engliſchen Gl⸗ 
Styl ohne Nachahmung, den Alten fo wenig ähnlich als die wilden 
m Stuͤcke Shakſpeare's denen des Euripides.“ 20. 
08, das Erſte von Allem, was ward. Der Bedeutung des Worte nadı, 
der Altes faßt, was in ihm wird. Nach Hefiod waren die vier Grund⸗ 
ms denen Alles entfland: das Chaos, die Erde, der Zartarus und ber 
ve); andre alte Dichter nahmen das Chaos allein als die erſte Grund⸗ 
Dinge an, und leiteten Alles aus bemfelben her; Andre nannten als bie 
n Grundurſachen: die Nacht, ben Erebus und den Tartarus; nod) Ans 
us bem Chaos Erde und Himmel entftehen, und alle übrige Dinge durch 
vollendet werben. Später dachte man fi unter dem. Chaos den ums 
en Urftoff. Aus fich ſelbſt zeugte das Chaos, nach Hefiod, den Erebus 
scht, und biefe zeugten mit rinander den Ather und den Tag. 
pelain (Jean), durch ein verungiädtes Gedicht bekannter geworden, 
r andre Dichter durch ein gelungenes, war zu Paris am 4. Dec. 1595 ges 
te Medicin, welcher er fi) anfangs gemibmet hatte, vertaufchte er mit 
ine® Erziehers der beiden Söhne eines franz. Großen und mit dem Stu⸗ 
Sprachen und Dichtkunſt. Marini, ber eben wegen bes Drudes feines 
ac) Paris gekommen war, veranlafte ihn, eine Vorrede vor dieſes Bes 
en, durch welche Chapelain bie Aufmerkſamkeit des Cardinals Richelleu 
.  Resterer, der die Schwachheit hatte, auch als Schöngeift glänzen 
brauchte einen Dichter, der mit ihm und bisweilen auch für ihn arbei⸗ 
batte Talente und Kenntniffe, er war gefällig und (mas die Hauptfache 
wiegen, und fo war fein Weltglüd gemadyt. Er wurde eins der erften 
der Academie frangaise und mit deren Organifation beaufiragt; er 
a bedeutenden Jahrgehalt, und wurde bald das Orakel aller damaligen ° 
ichter. Mur hätte er nicht felbft als Dichter auftreten foßen. Seine 
ı von Örleans” („Pucelle‘‘), bereit6 um 1630 begonnen und mithin einer 
m epifchen Verfuche der franz. Ziteratur, hatte durch ihre frühzeitige Ans 
und nachmalige 2Ojährige Verzögerung Erwartungen erregt, denen 
u endlichen Exfcheinen (1656) nicht zu genügen vermochte. Zwar vers 
‚in ben erften 18 Monaten ſechs Ausgaben fchnell hinter einander, aber 
e das Gedicht der Gegenftand des Spottes der neuern franz. Dichter 
ſank im Vergefienbeit. Die Anlage deffeiben iſt nämlich zu weit aus⸗ 
(24 Bücher, von denen bei de6 Verf. Leben nur die erften zwölf erſchie⸗ 
Befchreibungen find oft kleinlich durchgeführt, die Gleichniſſe (in denen 
Bavifche Nachahmung des Homer nicht verfennen kann) gezwungen und 
ı unpaffend, die Reben weitſchweifig und langweilig; indeß ift wenig⸗ 
Kan im Ganzen gut angelegt und der erzählende Theil des Gedicht bies 
: gelungene Stellen bar. librigens erwarb ſich Ch. allgemeine Achtung, 
Ueb ihm bis an feinen am 22. Febr. 1674 erfolgten Tod. Die vollftäns 
3. f. „Pucelle” (18 Bücher) erfchien zu Genf 1762. Die k. Biblio» 
ris verwahrt alle 24 Bücher in der Handfchrift. 52. 
ıpelle, eigentlich Claude Emanuel Luillier, mit dem Beinamen 
weil er in dem Dorfe La Chapelle bei Paris 1626 geboren worden, einer 
wörbigften und anmuthigften franz. Dichter. Die Freiheit und Leich⸗ 
es Beiftes und die Fröhlichkeit feines Charakters machten ihm die vor- 
md gebildetiten Perfonen zu Freunden; unter diefen Racine, Boilcau, 
afontaine, Bernie u. A. Die Erzeugniffe Chapelle's tragen das Gepräge 
rakters, Zreiheit, Munterkeit und Wis. Seine mit Bachaument ab- 
fe, „Relat. d’un voy.faiten France” (1662, 12.) ift das erſte Muſter 
em, ieblichen, von der Freude und Unſchuld eingehaudyten Dichtungsart. 
5. Giebente Aufl. Bd. Il. 36 4 


562 Chappe d’Auteroche Chaptal 


Er ſchrieb auch viele muntere Lieder, Sonette, Epiſteln. Das Tale 
Nichts geiſtreich zu ſprechen, beſaß er in einem bewundernswuͤrdigen 
ſtarb 1688. 

Chappe d'Auteroche (Jean), geb. 1722 in Auvergne, 
dem geiſtlichen Stande und ſtudirte die Aftronomie. 1760 ward er 
demie gewählt, um zu Tobolsk den Durdygang (f. d.) der Venus bu 
nenfcheibe (6. Juni 1761) zu beobachten. Er war ſo gluͤcklich, bei fein 
gungen einen reinen und heiten Himmel zu haben. Nach zwei SSahı 
zuruͤck und gab feine Reifebefchreibung heraus. Sie enthält viel Lehr 
auch manche ungünflige Bemerkung über Rußland, und wurde von 
Katharina LI. ſelbſt in einer Broſchuͤre: „Antidote contre le voyag: 
Chappe”, widerlegt. Daffelbe Phänomen, das Chappe nach dem 
führt batte, ließ ihn 1769, auf Veranlaffung der Akademie, eine Mei 
fornien antreten; allein er flarb vor Erreichung des Ziels zu S.:Luca 
1769. Seine Beobachtungen auf diefer Reife hat C. F. Caſſini u. d. 
de Californie” (Paris 1772, 4.) herausgegeben. Sie entſprach 
den Erwartungen. Ä 

Chappe (Claude), des Vorigen Neffe, geb. 1763, berühmt 
dung des Telegtaphen, erregte ſchon im 20. J. durch anstehende Abhe 
dem „Journal de physique” Aufmerkſamkeit. Der Wunſch, ſich feinen 
den von ihm entfernt lebenden Freunden mitzutheilen, führte ihn auf b 
durch Zeichen mit ihnen zu fprechen, und diefe Verſuche führten ihn 3 
deckung. Als es ihm gelungen rear, feine Vorrichtung im Großen « 
uͤbergaber 1792 der Nationalverfammlung die Befchreibung der von 
nen und Zelegraph (Fernfchreiber) benannten Mafchine. Die Anlegu: 
telegraphifchen Linie wurde 1793 befohlen; das erfte Ereigniß, das 
meldet wurde, war die Einnahme von Conde. Der Eonvent erhielt 
richt zu Anfang einer Sigung, becretirte, baß Condé fortan Norblibre 
und erfuhr nod) in derfelben Sigung, daß das Decret bereits überbrad 
dem Heere verbreitet ſei. Schon von Alters ber hatte man ſich verab 
ducch Zeichen mitgetheilt. Die Seefahrer bedienten ſich diefes Mit 
benklichen Zeiten. Der Taktiker Äneas erwähnt einiger Verſuche, bi: 
des Alphabet in gewiffer Entfernung durch Zeichen auszubräden, u 
Ende des 18. Jahrh. hatte Amontons einen Verfuch der Art gemacht 
erfte Syſtem erlaubt nur eine ſehr beſchraͤnkte Anwendung; eine Nach 
hin, zwei ober drei Worte nach der Methode des Äneas zufammenzuf 
Anıontong betrifft, den man unter die Erfinder der telegraphifchen Ki 
bat er von ber Mafchine, die er ausgebacht, Feine Zeichnung hinter! 
Aufgabe war daher noch zu Iöfen. Es kam darauf an, ein Mittel zı 
man mit Schnelligkeit nad) allen Orten und zu allen Zeiten jebe beliebig 
fördern könne. Chappe erfand eine Maſchine, deren Formen fehr 
deren Bewegungen leicht und einfach find, die allenthalben aufgerichtet ı 
die allem Wetter roßt, und die, bei ihrer Einfachheit, eine hinreich 
von Grundzeichen gibt, um von diefen eine genaue Anwendung auf ! 
machen, bdergeftalt, daß gewöhnlich nur ein, nie aber mehr als zwei 
eine Idee nöthig find. Die Ehre diefer Erfindung wurde ihm indeß von 
tig gemacht, und der Kummer, den er daruͤber empfand, verfenkte ihn 
Melancyolie, in weicher er 1805, indem er fi in einen Brunnen 
Leben ploͤtzlich endigte. Sein Bruder Sean Joſeph wurde Directo: 
Zelegrapben. 

— Chaptal (Jean Antoine Claude), Graf von Chanteloup, Pai 
reich, geb. 1753, widmete ſich dem Studium der Arznei⸗ und Natu 


Charade Charaktere 568 


ſt als Arzt ausgezeichnet, machte er ſich 1791 bei der Beſtuͤrmung der 
3 Montpellier für die Sache der Revolution bemerkbar. 1793 ward 
r Pulvernoth nad) Paris berufen, und mußte durch feine chemifchen 
ind feine Thätigkeit beider ungehnuern Fabrik zu Grenelle durch tägliche 
g von 3500 Pf. Pulver allem Pulvermangel abzuhelfen. 1794 kehrte 
ıtpellier zuruͤck, erhielt eine Verwaltungsftelle im Depart. Herault und 
aſelbſt errichtete Profeffur der Chemie. 1798 wurde er zum Mitgliebe 
8 ernannt, zeigte fich fehr eifcig für die Sache de6 18. Brumaire, wurde 
exften Conful zum Staatsrarh und 1800 zum Minifter des Innern 
, er das Studium aller Künfte belebte und bei Paris eine chemifche 
r errichtete. 1804 fiel er in Ungnade, weil er ſich weigerte, in einem 
hte zu erklären, daß der Runkelruͤbenzucker beffer wäre als ber aus 

1805 ernannte ihn der Kaifer zum Großkreuz der Ehrenlegion und 
Ecrhaltungsſenats, nach der Rückkehr von Elba zum Generaldirector 
‚und der Manufacturen und zum Staatöminifter. Des Königs Wie: 
ste ihn im den Privatftand, und nöthigte ihn, mit ber Prinzeffin von 
gen des ehemals ihr gehörigen Chanteloup in Unterhandlungen zu tres 
März 1816 ernannte ihn der König zum Mitgliede der Akademie der 
ten 6. Section. Ch.'s Schriften über Gegenftände ber Nationalin- 
nie, über den Weinbau u. f. w. werden fehr gefchägt; vorzüglich feine 
pliquee aux arts” (Paris 1807, 4 Bde.; deutich von Hermbſtaͤdt, 
, feine „Chimie appliquee a l’agrieulture” (Paris 1823, 2 Bde.) 
ndustrie francaise” (Par. 1819, 2Bde.). Er leitete zwei chemifche 
ven zu Montpellier und Neuilly, erfand den Gebrauch alter Wolle ſtatt 
Berfertigung der Seife und des Faͤrbens der Baummolle mit türkis 
; die Verfertigung aller Arten von Cement und Eünftlicher Puszolane 
ſchem calchnirten Oker, ohne fremde Stoffe; neue Zöpferglafuren, 


oft vergiftenden Bleierze und Wafferbleirc. dabei zu gebrauchen, und 


ie Anwendung hemifcher Bleichen. 


ade, Spibenräthfel, d. h. ein Räthfel, deffen Begenftand ein Name 
fl, das man zu errathen aufgibt, indem man die einzelnen Spiben ale 
hende Worte auf eine rärhfelhafte Weife beſchreibt. Gelungen fann 
barabe nennen, wenn bie verfchiedenen Raͤthſel, welche fie enthält, in 
den Bezug auf einander gebracht find und mit einer epigrammatifchen 
Banzen zufammmenlaufen. Am angemeffenften fpricht fich die Gedan⸗ 
Berfen aus, und unfere wigigen Köpfe haben uns im Ülbermaß damit 
Die deutfche und franz. Sprache, auch die griechifche, find reich an fols 
nengefegten Wörtern ; bie deutfche deßwegen, weil fie oft die Subftans 
Andert zufammenfegt. Man leidet das Spibenräthfel auch in Beine 
nr, Sonette und andre Sormen ein. S. die in Almanachen und Zeit- 
a Kind, Große, Körner, Theodor Hell, Goͤckingk ıc., vorzüglich die 
„Agrionien”. (Bol. Griphi.) 

rattere, beftimmte Zeichen für einen Gegenſtand oder Beortff. Die 
Shinefen iſt eine Charakrerfchrift, in ber jeder Gegenſtand oder Begriff 
mes Zeichen ausgedrüdt wird. Auch wir bedienen uns in einigen Wiſ⸗ 
der Kürze oder Beflimmtheit wegen, gewiffer Charaktere, z. B.: 
onomifche Beihen: © Sonne; ) Mond; ED Erde; 3 Mer: 
aus; / Mars; [I Bella; 2 Juno; F Pallas; g Ceres; 21 Sus 
aturn; & Uranus. Die zwölf Zeichen des Thierkreifes: VWidder; 
TI Zwillinge; S Krebs; SL Löwe; 1 Jungfrau; = Mage; 
n; A Schüge; 4 Steinbod; = MWaffermann ; 3 Fifche. 


36 * 


u a „= EEE 


564 Charakter 

B. Mathematifche, arithmetiſche Zeichen ꝛxc. Die Zahlen ba 
me: 1,1; I,2x.; IV,4; V,5; VI, 6c.; IX,9; X, 10; XX, 2 
L, 50; C, 100; CC, 200 «.; D oder 19, 500; M oder cıo, 1000 u. 
In der Algebra bezeichnen bie erften Buchftaben des Alphabets: a, b, e, gen 
lich gegebene Größen, Hingegen die letzten Buchſtaben: x, y, x 2c., die mei 
bekannten ober aufzuſuchenden Größen. Ferner: — ſo vielmehr (plus), — 
niger (minus), bezeichnen auch die Addition und Subtraction; Xbezeichn 
Multiplication, — die Divifion, — fo viel als glei. Ingleihen: ° t 
’ Minute, * Secunde, “Terze. 

C. Chemifche Beiden: A uf; V Ede; UV Waffe; A F 
C Silber; O God; 9 Kupfer; 7 Eifn; $ Blei; 2 Zinn; IQ 
fiber; (D Salpeter; 9 Salz; PL Schwefel; OD Weinftein. 

D. Seometrifhe und trigonometrifche Charaktere: <| 
kel; A Deeied; D Quadrat; O Kreis; CO Ähnlich; || oder HE par 
| perpendieular; L_ rechter Winkel; [__] Rechte u. ſ. w. Die letten 
Charaktere find jedoch weniger im Gebrauche, theils weil fie, beſonders bei 
tiger Schrift, leicht unbeutlich, theils zu verwechſeln find. 

Charakter, Charakteriſtik. (Anthropoiogie. Schöne Kunſt.) 
Charakter verſteht man überhaupt das auszeichnende Merkmal eines Dim 
durdy ed von andern unterfchieben und ald ein eignes erfannt wird. Gt 
ftifch pflegt man Dasjenige zu nennen, was durch eigenthämliche Beſch 
fo ausgezeichnet ift, daß es nicht verfannt und mit einem Andern verwed 
den kann. In diefer Beziehung kann Charakter Allem und Jedem zuge 
werden, was fich durch befondere Merkmale von andern Wefen unterfcheibe 
man fpricht vom Charakter eines Baumes, einer Waldung, einer Landſchaßt 
Thieres u.f.w. Es ift z. B. Charakter des Menfchen, d. h. Unterfd 
merkmal feiner Gattung von allen auf der Erde neben ihm lebenden orge 
Weſen, daß er eine aufrechte Geſtalt, eine Eunftgefhidte Hand, Bern 
Sprache, tbierifche Triebe und fittliche Freiheit, animalifche Bebürfniffe 
ind Unendliche reichende Faͤhlgkeit der Vervollkommnung hat, und fo ein 
bares Mittelwefen zwifchen den Thieren und hoͤhern Geiſtern iſt. Was bei 
alter eines einzelnen Dienfchen betrifft, fo verfteht man darunter im weitern! 
den Inbegriff aller Eingenfchaften, wodurch fi ein Individuum von ar 
terfcheidet, im engern bloß feine fittlichen Eigenfchaften, den fittlidyen, mor 
Charakter. Man muß naͤmlich, wenn man bie Befchaffenheit eines M 
genau erkennen und richtig beurtheilen will, ſtets Rüdficht nehmen auf Mi 
teil, Temperament (f. d.), Geift (Kopf, Talente), d. h. auf die F 
fenheit und Richtung feines Vorftelungsvermögene, Herz, d. h. auf die F 
fenheit und Richtung f. Gefuͤhlsvermoͤgens, die Fähigkeit, von Gegenfländgl 
Vorftellungen gerührt zu werben, und Gemüth, d. b. auf die Befchaffenhell 
Richtung des Begehrungsvermögens, die Neigungen und Zriebe, unb 
haͤltniß zum Gefühlsvermögen (Gemüthsart). In dem letztern Hinfi 
fowol auf das Natürliche ale auf Das nefehen werden, was der Menſch 
Natur gemacht hat, durch Freiheit. Da es num aber von befonberer 
ift, den Menfchen gerade in diefer Hinfiht am forgfältigften zu erforſchen, 
mar in der Iegten Beziehung zwei Punkte genau berüdfightigen: a) 
Dentungsart, d. h. die Regeln, welche ſich ein Menſch für fein Verhalten, 
(deren rund man die Gefinnung nennt), und b) die nad Grumdf 
Sittlichkeit und Freiheit eingerichtete, in einem Menfchen herefchende, fd MM 
gleich bleibende Handlungsweiſe. Eben diefe aber ift e®, welche man im 
Sinne, oft jedoch auch vorzugsmwelfe, Charakter eined Menfchen nennt. 





















Charakter 8686 


nt man Den, ber fich nie die Mühe gab, fich frei zu feften Grundſaͤtzen 
ı amb ohne Kraft iſt, fie zu befolgen. Man darf daher annehmen, nur 
de Seelen haben Charakter. Je ftärker und größer, deſto mehr iſt ihr 
Folge ihrer Brundfäge, und deſto treuer iſt jenes diefen: confequente; 
ver, defto weniger iſt dies der Fall: inconfequente Menſchen. Ausgebil⸗ 
fe Vernunft und große Kraft des Willens machen alfo den Mann von 
- Sind nun diefe Grundfäge dem Sittengefege gemäß, fo iſt fein Cha⸗ 
; find fie ihm entgegen, boͤs. Frei ertworbene, fittlich gute Srundfäge und 
‚fe Handeln machen den Zugendhaften, frei erroorbene fittl.böfe Grund⸗ 
nen gemäßes Handeln machen ben Lafterhaften, ven Böfewicht. Als Norm 
harakter des Tugendhaften da, das herrfchende, beftändige —ã 
etz in allen Lagen und unter allen Verhaͤltniſſen zu befolge gen. 
ı, gäbe es nun, außer biefem Charakter und dem ihm völlig mt 
einen andern, und wir wuͤrden die Meiften ohne Charakter finden, wofern 
klicher Weiſe die weitere Bedeutung die gangbarfte wire. Man farm 
Charakter in engerer Bedeutung den moralifchen, den in weiterer ben 
ſchen nennen, unter welchem man fich alfo zu denken bat: den beharr⸗ 
ſtimmungsgrund der Art zu fein und zu handeln in einem menfchlichen 
ım, obne Rüdficht, ob freie Seibftchätigkeit oder Naturbefchaffenheit 
iduums die Urfache deffelben war. Alle Eigenheiten demnach, welche in 
mfchen durdy Naturell, Temperament, Kopf, Herz und Gemüth hervor» 
erden, Alles, wodurch er eine eigne Naturart ift, rechnet man einem 
in diefem Stande als Charakter an, und verwechfelt daher diefen auch 
it Naturell und Temperament. Die urfprüngliche Dispofition zu einer 
aturart bringt jeder Menſch mit auf die Welt; Erziehung, Gewohnheit 
Schickſale und andre Umftände tragen das Meifte zur Bildung des Bes 
darin bei. Wie wichtig forgfäleigene Unterfuchungen hierüber für Errei⸗ 
ſerer Abfichten, und mithin für Gluͤck und Ruhe unfers Lebens ſeien, 
icht erinnert zu werden. (S. Menſchenkenntniß.) Wenn num ber 
ſche Menſchenforſcher die WVerfchiedenheit der menfchlichen Natur nach 
ade und Zufammenbange erkennt, fo ſtellt fie ung der Künftler dar für 
Bungskraft. Diefe ift ſtets auf Anfchaulichkeit gerichtet, aber nicht auf 
e, die uns die Gegenftände wie im fernen Nebel verſchwimmend, mit nur 
den Umtiffen, fondern auf eine folche, die uns biefelben in moͤglichſt 
a Umriſſen vor die Seele führt. Das Bezeichnendfte des Gegenſtandes 
tiefem Vehnfe herausgehoben werden von ber Geite, von welcher ed getabe 
e Aufmertfamteit feſſeln foll, und mit ſolchen Zügen bargeftellt, welche 
ige freie Beobachtung fo lebhaft erneuern, daß wir gleihfam mit unmits 
Begenwart bes Gegenſtandes getäufcht werden. Daher 3.8. jene Bei⸗ 
nmer’6: das ſchwerwandelnde Dornvieh, die erdaufwuͤhlenden Schweine, 
Stab, der langausſtreckende Tod u. f. w. oder der Pappel fliber- 
: Blätter bei Bo u. A.m. Haben aber diefe Dichter mit den hinzuge⸗ 
imörtern etwas Andres gethan als charakterifirt, den eigenften Charakter 
mftandes hervorgeheben , um diefen ums dadurch näher zu flellen? Poe⸗ 
Oereien umb Beichreibungen würden fehr matt und kahl ausfallen ohne 
gende und gleichſam belebende Charakterifirungen. Nicht aber 
Bein find fie nothwendig, fondern im jeder Gattung ber Poefie, im Kleins 
m Groͤßten, im Theile wie im Ganzen, und jede fhöne Kunſt erreicht 
r gehörig nur duch fie. Zarter, feiner, tiefer Sinn, vege, lebhaft aufs 
Knbildımgskraft für alle empfindbare Äußerungen und Züge des Charak⸗ 
in ber Natur und Menfchheit find dem Runftgenie wefentlid) ; ; eben das 
ztießt es in und Andern den Sinn dafür und lehrt und auch in Kiefer Kine 


566 Charakteriftit in der Poefte 


fiht Welt und Leben kennen, wie wir fie vorher nie gefannt. Mit wie enden 
Augen fehen mir beide an, wenn ber Dichter, der Maler, Bildhauer, Tontinf 
lee uns auf Erfcheinungen, Äußerungen, Zuflände und Verhaͤltnifſe aufmeriieg 
gemacht haben, an denen wir fonft, ohne fie zu beachten oder nur zu bewecke 
vorübergingen! In die Augen fpringt jedoch, daß nicht jede ſchoͤne Kunſt die &y 
raktere aller Gegenftände darftellen koͤnne, denn jede ift auf einen gewiſſen Ka 
befchränkt; die bildende Kunft auf Gegenſtaͤnde der Aufern Welt, die Tonka 
auf Gefühle. Die Poefie allein umfaßt die äußere und innere Welt, und dag 
Sphäre gerade foweit reicht als ihr Darftellungsmittel, die Sprache, fo ergibt fi 
daß eigentlich kein Gegenftand ſei, den fie nicht barftellen inne. So viele Gege 
flände fie aber darftellen kann, fo viele kann und foll fie auch charakterificen. H 
ift im Allgemeinen eine Grenzlinte zu ziehen, außer welche das Schönheitägefl 
bei Ekel und Abſcheu erregenden Gegenftänden zieht. Das Charafterifiren 
fih nun entweder auf die Außere Form und Befchaffenheit, oder auf die 
Kraft und Wirkſamkeit, oder auf den Ausdrud des Innern durch das 
Welches von diefen bargeftellt werde, immer foll e& fo dargeftellt fein, 
erfcheint als ein echter Abdruck der Natur, denn ohne Naturwahrheit iſt die 
nur ein leeres, bedeutungsloſes Spiel; zugleich aber audy fo, daß die Ein 
Eraft dadurch in eine lebhafte und dem gegenwärtigen Zweck entfprechende 
£eit verſetzt werde. Sol dies gefchehen, fo muß die herausgehobene Ei 
lichkeit anſchaulich, ſinnlich Elar, Leben erregend, gedrängt bezeichnet fein, g9 
den Begenftand eben nur von der Seite mit Beitimmtheit bezeichnen, von 
er eben jet unfer Intereſſe auf fich ziehen fol. Dies Letztere verfteht fich 
ſelbſt, weit ja fonft der Dichter ins Unendliche ausfchweifen Binnte, ohne und 
Zwecke nur im mindeften näher zu führen. Übrigens kann über das Mehe 
Weniger lediglich das Geſetz der Zweckmaͤßigkeit entfcheiden. Mancherlei DM 
ftehen dem Dichter zu Gebote : jet wird er mit einem einzigen Beiworte 
jeßt eines ausgemalten Gleichniſſes, bald einer laͤngern Beſchreibung, bald 
ausführlidien Schilderung bedürfen. Einigen Unterfchied zwar verurfacht 
die befondere Natur der verfchiedbenen Dichtungsarten; doch bezieht ſich dieſer 
auf die Mittelsals auf die Behandlung. Das Charakterifiren kommt aber 
Poeſie hauptſaͤchlich vor bei der Darftellung menfchlicher Charaktere (C 
zeichnung), ſodaß man vorzugsweife an fie zu denken pflegt, wenn von 
terifiren in Werken der Poefie die Rede iſt. Es verſteht fi von felbft, 
ber Anfoderung an den Dichter, er folle Charaktere darftellen, nicht g 
koͤnne, er folle nur folche Perfonen in feinen Werken vorführen, welche im 
Sinne Charakter haben. Nur Engel oder Teufel würden dann in feiner 
erfcheinen, mithin meift Wefen, wie wir fte in der Natur nicht, oder nur als 
Ausnahmen finden. Iſt es nun gleich nicht wahr, mas man oͤfters be 
hat, daß mir in ihrer Geſellſchaft Langeweile finden und unfere Theilnahme 
erregt fühlen würden (denn mir fühlen uns von Milton's Satan, Klopftod’s 
meledy aufs böchfte intereffirt, und es tft Fein Zweifel, daß wir durch bie 
ftellung eines echt tugendhaften Menfchen, wenn er z. B. im Kampfe gegm 9 
fuhung und Schickſal als wahrhaft erhabener Gegenftand nur durch feinem 
ſiegt, die innigſte Theilnahme fuͤr ihn erregen wuͤrden), fo wuͤrde doch ber 
nur um Extreme ſchweben. Wenn es daher gleich keine noch fo große 
Handlung gibt, deren die menſchliche Natur nicht fähig wäre, fo hat ed 
ſchwerlich einen Menfchen gegeben, deffen Weisheit mit feinem Zufage von 
heit, deffen Tugend mit Beinem Fehler, keiner Schwäche gemifcht geweſen 
Nur Weſen diefer Art hält der Menſch im Durchſchnitt fuͤr feines Gleichen, 
der Dichter hat nicht die Verpflichtung des Moratiften auf fidy, uns ſittliche 

ber menfchlichen Natur aufzuftellen, ſondern er ſchildert die Menfchen wie fie ſ 






















Charakteriſtik in der Poefie 567 


fie fein follen. So wenig er daher bloß tugendhafte Charaktere (oder _ 
zentheif) aufftellt, ebenfo wenig können wir erwarten, daß er bloß con» 
ın6 vorflelien werde, da fefte praktifche Srundfäge unter den Menſchen 
ielten, and unabweichliche Befolgung berfelben noch feltener find. Viel Stu⸗ 
Muͤhe könnte der Dichter, wenn er nur confequente Charaktere darzuftellen 
erſparen; denn eben Darftellung der inconfequenten Dienfchen, von denen 
ıgen pflegt, daß fie keinen Charakter haben, dergleichen 5. B. der Prinz in 
Balotti” und Elavigo find, gehören zu den fchroierigften Aufgaben in ber 
jeihnung. Das menfchliche Sein in feinen verfchiedenartigften Anwand⸗ 
ingt der Dichter zur Erſcheinung, und dadurch werden jene Gattungen 
, welche Begebenheiten ober Handlungen der Menfchen zum Begenflande 
igleich meiſt Entwidelungen der Geſchichte des menſchlichen Herzens, 
me Menſchenkunde. Ganz entgegengefeht den meiften Menfchen, bie 
nur geriffe Eigenheiten an ſich und Andern fhägen, begünftigt und. 
t wiſſen wollen, hat der echte Dichter Sinn für Alles, Luft an Allem, 
6 in Beziehung auf das Ganze, und im Kleinen felbft das Große fieht, 
dient. „Nur alle Menſchen“, heißt e8 in Meiſter's Lehrbrief, „machen die 
aus, nur alle Kräfte zufanmımengenommen die Welt". Indem nun der 
deſſen Bruft ein Vorgefuͤhl alles Defien ruht, was der ganzen Menſch⸗ 
eilt ward, diefe verfchiedenen Abwandlungen derfelben, fl deren Beobach⸗ 
a Blick gefchärft ift, darſtellt, eröffnet er uns auch den Sinn für Leben 
beit und die Verkettungen des im Dunkeln waltenden Schickſals. 
agen wir mit Herder, „wenn ein Dichter das Wort Schickſal fo mißver⸗ 
ß die große Goͤttin ein Poltergeift würde, ber für und wider nichts bie 
angelegten Plane der menfchlichen Vernunft, aller Vernunft entgegen, 
und fchabenfroh ohne alle Schuld der Menfchen verwirrte; wenn er 
nftfkc® fänne, daß Alles, mas Menſchen wohlgefinnt und mohlbefonnen 
en, ungluͤcklich, dagegen, was die Götter leidenfchaftlic und brutal 
ſcheulich gluͤcklich ausfalle, dann haften wir in diefem Dichter das 
upide Schickſal“. Nein, durch Menſchencharaktere, durch die eigen» 
individuellen Anlagen und Fertigkeiten ber Dienfchheit, wirkt das Schick 
seihen Namen man fonft dafür wähle; an diefe knuͤpft es die unfichts 
m, aus denen bie Ereigniffe und Begebenheiten ber Menſchheit gewo⸗ 
‚ und auf diefe Weife ſtellt fie der echte Dichter dar. Wie nöthig wird 
eftimmter Umriß, Haltung, anſchaulich lebenvolle Darftellung der Chas 
Ihne reine, wahre, treue, lebendige Charakteriſtik der Geifter und Herzen, 

innigfte Erfaffung jeder flarken und jeder leifern Nuance verfehlt er 
nen Zweck! Im Allgemeinen werben an jede Charakterzeichnung eine6 
‚gende Anfoderungen mit Recht gemacht: 1) Sie fei wahr und der 
ou. Was hier gegen die Naturgeſetze der Wahrheit ift, kann unmoͤg⸗ 
ein; der Charakter muß mit den allgemeinen Gefegen ber menſchlichen 
seinflimmen. 2) Die Charakterzeichnung muß Haltung haben, d. h. 
» felbft nicht widerfprechen, fie muß confequent durchgeführt fein. Hier 
wierigkeit umftreitig bei den fogenannten Charakterlofen am größten. 
Falle möüflen nur die jedesmaligen Beftimmungsgründe herausgehoben 
noirtenden Situationen mit Geſchicklichkeit angelegt und durchgeführt 
zens gibt e6 allerdings auch Widerfprlche in fonft confequenten Charak⸗ 
7 3. B. berrfchende Leidenfchaften mit den Grundſaͤtzen in Conflict gera⸗ 
iſt es 5. B. keineswegs gegen die menſchliche Natur, daß ein Ehrgei⸗ 
I6 zum Miederträchtigen erniedrige, wenn er dadurch feinen Zweck zu 
fies es iftaber gegen die menſchliche Natur, daß ein Phlegmatiker ſich 
wigflen Liebhaber zeige. 3) Die Charakterzeichnung muß leicht übers 


568 Chbaratteriſtik in der Darftellung 


ſchaulich fein, damit man nicht über ben Charakter unentfchieben bleibe. 
aber ift es nicht Schuld des Dichters, wenn feine Lefer den Löwen ni 
Klauen erkennen; denn von dem Dichter wird keinesweges gefodert, 1 
eine Charakterzeichnung wie la Bruyere liefere, fondern feine Phantafie fl 
Äußerungen und Züge des Charakters zufanımen, als fein Zweck erheiſch 
reichen, unfere Phantaſie zu erregen und unfer Urtheil zu beftimmen. € 
teifer Zug, der Natur fein abgelaufcht, worin fich bie Eigenthuͤmlichkeit 
rakters ausdrückt, ift oft hinceichend zu bewirken, daß unfere Phantafie 
binzudichte. Züge diefer Art find es, welche vornehmlich bie befchreibe 
beleben, die es fo fehr mit Befchaffenheit und Zuftänden, überhaupt de 
den, zu thun bat. Hier muß die Phantafie durch die Charakterzeichn 
fortfchreitendes Spiel verfeht werden, worin fie zu dem Gegebenen ein: 
faltigkeit des durch den Charakter Möglichen hinzubichtet, ba fie bi 
den Charakterzeichnungen der dramatifchen Poefie (bei Entfaltung dı 
durch Verſetzung in Lagen, welche zum Handeln nöthigen) den Verſtan 
Spiel veranlaßt, rüdwärts bis zu den Gründen zu gehen. Man da 
an die Entwidelung von Hamlet's Charakter in „Meifter’s Lehrjahren‘ 
Die erzählende Poefie, die es flatt dev Handlungen mit den Begebenheit 
hat, fteht in diefer Hinſicht zwifchen jenen beiden in der Mitte. libric 
deamatifche und erzählende Poeſie Das mit einander gemein, daf dort die. 
bier die Begebenheiten durch die Charaktere bedingt find. In diefer Hi: 
ben fich denn für Charakterzeichnung folgende Befege: 1) Nur ſolche ZU 
zungen und zur Entwickelung führende Situationen anzubringen, ale zuı 
wefentlich erfoderlich; 2) nicht mehr ale nöthig waren und 3) alle in ei 
Aufeinanderfolge, daß das Zufammenfaffen in ein Zotalbild dadurch md 
Fehlt an foichen Zügen etwas, fo tft die Charakterzeichnung dürftic 
nicht mit der erfoberlichen Stärke herausgehoben, fo ift fie flach, matt, ot 
unbeftimmt; find ihrer zu viele, fo ift fie überladen; find fie zu ſtark 
übertrieben, und find fie nicht in der gehörigen Ordnung, verworren. D 
weifen von felbft auf die entgegengefepten Tugenden. Man laffe fid 
durch .eine Eintheilung der Dramen, die auch für den Roman gelten far 
teiguen» und Charakterſtuͤcke, nicht zu dem Wahne verleiten, in dem fel 
und Äfthetiter zu flehen fcheinen, al ob manchen Dramen und Roman 
terzeichnung minder wefentlich fei. Charakterzeichnung ift in allen unerle 
dingung, und jene fogenannten Charakterſtuͤcke unterfcheiden ſich von d 
in Hinſicht auf Charakteriſtik bloß wie Gattung und Art. Es liegten 
meifte Gewicht überhaupt auf den Charakteren, oder es wird insbefonder 
Glaffe von Individuen, deren Repräfentant der Held des Charakterflüds 
thuͤmliche bargeftellt, indem man alle Dauptzüge eines Charakters, die ma 
an mehren zerſtreut antrifft, auf Eine Perfon häuft, und fo gewifler 
perſonificirten Charakter felbft, wie z. B. in Molloͤre's Geizigen, erhaͤlt 
den Faͤllen redet man von einem Charakterftüd. Die Unterſuchung, 
Dichter hierbei gehen dürfe, ob und wie er dabei die Individualität v 
oder zu retten nöthig habe u. A. m., würde aber zu weit führen. — Was d 
terdarftellung inder Schaufpieltun fl anlangt, fo iſt der Schauſpiele 
Drgan des Dichters, fondern auch Mepräfentant feiner Beiden, und 
durch feine Perfon zu verfinnlichen und zu beleben beſtimmt if, fo folgı 
daß er den vom Dichter gezeichneten Charakter treu darftellen fole. Die 
Aufgabe bes Schauſpielers ift hierbei diefe, einen idealen Charakter a 
dualitaͤt darzuftellen in feiner eignen Perfon. Diefe feine Perfon muß e 
dig verleugnen; für den fremden Charakter, den er darftellen fol, hat ı 
Vorbild, denn der Dichter liefert ihm mehr nicht als Beranlaffung, ſich 


Charakteriſtik in der Darftellung 6569 


Die Bäge dazu kann er nirgend anders entlehnen als aus der Natur, 
tweder ein einziged Original copirt, ober die zerſtreuten Züge von mehren. 
bindet. Da das Erfte nur in feltenen Faͤllen anwendbar ift, fo bleibt 
ens das Letztere übrig, wobei er fich als echten Kuͤnſtler mit fchöpfes 
ntafie beweift. Übrigens ift e8 wol feinem Zweifel unterworfen, daß 
pieler fchärfer charakterifiren muͤſſe ale wir es überall in der Natur 
‚ daß ohne Charakteriſtik die Schaufpiellunft nichts if. Der Schaus 
ıbet fich ziemlich dabei im Kalle des bildenden Kuͤnſtlers; wie denn übers 
Schaufpieitunft als beliebte Bilbnerei betrachtet werden mag. Dann 
ıber bekennen, daß die Schaufpiellumft noch mehr Schwierigkeiten zu 
ve als die Bildnerei; denn wenn ſich dieſe auf einen Moment befchränkt, 
einen volftändigen Cyklus darzuftellen, worin mit immer gleich gehals 
heit ein Beharrliches, der Charakter, in beftändigem Wechſel durch bie 
gften Übergänge zum Ziele geführt wird, an welchem alles Einzelne 
z ausmacht. Mit der Bildnerei bat fie Ausdrud und Befchaffenheit 
es der Seele im Körper gemein, denn darin befteht der eine Theil 
eriſtik bildender Kunft; der andre bezieht fidy lediglich auf die äußere 
eit der bargefiellten Wefen, Erfaffung der Eigenthümlichkeiten, womit 
in jedes in Geſtalt, Farbe und Groͤße gezeichnet hat. — Außer diefee 
sewabrheit kann die bildende Kunft zwar in Hinfidht auf äußere 
sch Wahl der Formen, das Trefflichere darftellen, charakteriftifc kann 
fein durch den Ausdruck des Geiſtigen im Körperlichen. Wo die Natur 
irch inwohnenden Geiſt, Seele, bedeutend zu werden, da fängt auch 
fl der Kreis ber ſchoͤnen bildenden Kunft an, und Copien von Raturs 
a, wäre auch ihr äußerer Cherakter noch fo trefflich, haben doch keinen 
af den Rang unter Werken fchöner Kunft, wenn nicht der Künftler jene 
herausgehoben hat. Dies ift bei mandyen Gegenftänden gar nicht, 
in geringem, bei andern in höherm Grade möglich. Die der erftern 
it Goͤthe widerfirebende Gegenftände, bei denen wir nicht verweilen 
s denen der zweiten Claſſe gehören Stillleben, Landfchaften, Thier⸗ 
une Charakteriſtik leer und fade find und den Beſchauer gleichgültig 
höhere Charakteriſtik beginnt, wo im organifchen Leben freie Thätigkeit 
beſonders da, wo fie m Individuen ſich in unendlicher Mannigfaltig⸗ 

In der Thierwelt wird wenig Individualität gefunden, indem faft 
iduum feine ganze Gattung repräfentirt; der bildende Künftier wird 
ichlich feine Kunft bes Charakterificens in Darftellungen aus der Men⸗ 
gen koͤnnen. Auf dreifache Weife ftellt er den Menſchen dar, plaftifch, 
fd und mimifh. Bei der plaftifchen Darftellung, die auf vollendete® 
re Form gerichtet iſt, kann er nur äußere Zuftände charakterifiren, 5. 8. 
jede des Maͤnnlichen und Weiblichen, die Stufen des Alters u. X. m.; 
arakteriſtik gehört den andern Arten an. Phyſiognomiſche Darftellung 
usdruck des Innern Dienfchen im dußern in Ruhe, und ift entweder 
z Charakterſtuͤck. Die meiften Portraits find mehr für die Erinnerung 
ern aͤſthetiſchen Sinn’, und es werben meift keine höhern Anſpruͤche 
8 auf äußere Ähnlichkeit der Gefichtszüge, weßhalb denn aud) Bild⸗ 
Igemeines Intereſſe haben. Wie in diefen nur die Perfönlichkeit eines 
nbivibuums, fo iſt im Charakterftüi die Individualität einer ganzen 
sffe dargeftelt.. Dan kann hierher die Charakteriftit von Lebrun rech« 
bie vorzüglichften Gemuͤthsbewegungen und Leidenfchaften nach ihrem 
ſchen Ausdrud dargeftellt find. (S. Phyfiognomit.) Mimiſch 
dende Kunfl den Menſchen dar, wenn fie aus feinem Außern auf eine 
Handlung fchließen Läßt, bei welcher er unternehmend ober leibend inter» 


570 Charakteriſtik in ber Darftellung 


effirt iſt. Diefe mimiſche Darfiellung ift entweder pathologifch, w 
den Mienen und Geberden ben Grund ber Seelenbewegung nur errath 
dramatiſch, wenn fie den Grund felbft als eine vollftändige Begebent 
wilde die Beranlaffung des mimifchen Ausdrucks mthält. Diefe lebt 
lungen find wieder biftorifche und Charakterbilder. Die legtern erhe 
die erſtern dadurch, daß alle Figuren derfelben für fich intereſſiren müf 
Handlung ihnen nur zur nähern Bezeichnung ober Berfinnlichung dei 
beigelegt, within umtergeorbnet ift, wovon das volllommenfte Beil] 
Schule von Athen fein dürfte; im hiſtoriſchen Bilde find die Figuren uı 
lung willen da. Das Verhätmiß ift wie in den Charakters und Int 
Sitnationsſtuͤcken der bramatifchen Poefie, und was in Hinficht au 
zeichnung dort galt, gilt auch hir. — Muſik. Der Gegenftand bei 
Empfindungen, das Darftellungsmittel Töne. Durch beide wird d 
dee Tonftäde bedingt. Davon, daß jede Empfindung ihren eigne 
babe, ift wol unmöthig zu ſprechen; wir gedenken alfo nur des darnach 
Ausdruds durch Töne. Auf eine zwiefache Weiſe wird diefer beftim 
durch dem Gang und die Bewegung der Töne, und dann durch bie Ze 
Erfahrung lehrt ums, daß jede Empfindung und Leidenfchaft ihre eic 
Bewegung habe; denn vafch hüpft die Freude, mit zögerndem Sch: 
der Schmerz u.f.w. Mit diefem der jebesmaligen Empfindung a 
Rhythmus charakterifirt alfo die Muſik zunaͤchſt. Da ſich aber nid 
Bewegung, fondern auch durch Höhe und Tiefe, Stärke und Schwäcd 
je nachdem diefe oder eine andre Empfindung die Urfache von ihnen 
ſcheiden, fo wird die Wahl der Tonart ein zweites Mittel zu charakter 
Mufit. Hier teitt die Charakteriſtik der Tonart ein (f. Konarten 
fieht, wie wichtig die Beftimmung ift, aus welchem Ton ein Tonſtuͤck 
fo zeigt fi) denn auch, die Muſik fei nur rein wirkſam, wenn fie au 
echt charakterifirt. — Daß fich die Declamation in demfelben F 
fpringe in die Augen; denn Declamation, wenn fie ift, was fie ſei 
nichts Andres als eine gefprochene Muſik, weßhalb audy ber verewig 
fie eine notierte VBeredtfamleit nannte. Und was fobern wir von eine 
clamation? Nicht bloß, daß fie richtig ausſpreche, Längen und Kuͤrz 
meinen beobachte u. f. w., fondern daß fie Stillſtand, Fortfchritt un 
die Bewegung, Ton, Modulation, Nachdruck und Affect dem jebest 
balte der Darftellung aufs genauefte anpaſſe. Denken wir hierbei w 
Schauſpieler, fo erfiheint uns die Schwierigkeit der Kunft in ihrem 
fange; denn wie er in Hinfiche auf mimifchen Ausdrud mit dem bilde 
ler verwanbt ift, fo ift er es in Hinficht auf Declamation mit dem Tonk 
Mahrheit feines Mienen: und Geberdenfpiels ſoll er auch durch die F 
ned Sprahausdruds beglaubigen und fo der Poefie von allen Seite 
Seele geben. — Endlich darf die Baukunſt ebenfo wenig als eine: 
Kunft den Charakter vernachläffigen, welcher durch die Wirkſamkeit g 
men auf unfer Gefühl beftimmt wird. Die Werke der ſchoͤnen Bauk 
ſich charakterifiren als erhabene, prächtige, [hauerliche, ſchoͤne, romantifi 
ben bis zum Seierlichen find Tempel; prächtig, Eindrud von Größe 
erregend Palaͤſte; ſchauerlich Gefängniffe, Zeughäufer u. a.; reizen, 
ſoweit eß durch Symmetrie und Eurythmie erreichbar ifl, Privatwobı 
ländliche Baukunſt u. ſ. w. Das Romantifche ift vornehmlich der goth 
kunſt eigen, von deren mannigfaltiger Anwendung zu unferer Zeit we 
Erinnerung nöthig iſt. Vgl. die „Unterfuchung über ben Charakter d 
über die Verbindung der Baukunſt mit den fchönen Künften, und bie 
welche Durch diefe hervorgebracht werden ſollen“ (Leipzig 1788, von v. 


Chardin Charenton 571 


artenkunſt d.) bedarf der Charakteriſtik bei ihren Darſtellun⸗ 
s weſentlich. — Das Reſultat aller dieſer Unterfuchungen iſt: keine 
# ft ohne Charakteriſtik, und ein großer Theil der Wirkungen, welche 
ngt, beruht auf ihrem zweckmaͤßigen Gebrauche. Deßhalb dürfen wir 
That nicht verwundern, wenn es AÄſthetiker gegeben, bie geradezu das 
fhönen Kunft in Charakteriſtik fegen. In neuefter Zeit hat dies beſon⸗ 
than; f. zwei Auffäge von ihm in Schiller’6 „„Doren”. Man über: 
ht, was hiergegen von Goͤthe in den „Propylaͤen“, und von Fernow 
mifchen Studien” erinnert worden. Schön iſt des Erſtern Charak⸗ 
Sharakteriftiker ; der Unterfuchung des Legtern fehlt wenig, um erſchoͤ⸗ 
Er ſetzt das Ideale dem Charakteriftifchen entgegen und zeigt, daß 
usdruck des Charakteriftifchen Kunftwahrheit beroickt werde. Wie 
ſei, iſt gezeigt worden; allein fie ift noch keine Schönheit, und von 
t ift doch die Rede. Da ergibt ſich denn von felbft, daB Wahrheit und 
k weder der ganze, vollftändige, noch der höchfte Zweck der Kunſt fein 
yern daß zu ihr noch Idealitaͤt der Form und Schönheit ber Darftels 
ommen muͤſſe. Schöne Darfiellung des Ideals unter charakteriftis 
jungen iſt es, worauf bier Alles anlommt. Vgl. Ideal, und Sue 
diungen über Poefie und Kunft. 
din (Sean), Sohn eines proteftant. Juwelenhaͤndlers zu — 
awelenhaͤndler, geb. 1643, war noch nicht 22 3. alt, als fein Water 
iamanten einzulaufen, nad) Oftindien ſchickte. Nach einem kurzen 
n Surate lebte Sharbin ſechs Jahre lang in Iſpahan, wo er ſich wenis 
männifchen Geſchaͤften, als mit tiefen Studien und Unterfuchungen 
und feine Verbindungen am Hofe benugte, um die zuverläffigften 
über die politifche und militairifche Lage Perfiens zu fammeln. Er 
liche Materialien über die Alterthümer und bie Gefchichte zufammen. 
er nach Frankreich zuruͤck; da er aber fah, daß er wegen feiner Relis 
nſtellung zu hoffen hatte, nahm er eine beträchtliche Dienge von Koſt⸗ 
t ſich, und reifte 1671 wieder nad) Perfien. Theils dort, theils in 
er 10 fahre. 1681 kam er in London an, und bald nach feiner Ans 
te ihm Kari II. den Titel eines Chevaliers. Chardin gab den 1. Bd. 
efchreibung in London 1686 heraus. Die andern Bände follten fol 
zum bevollmächtigten Miniſter des Königs von England bei den Gene 
m Holland und zum Agenten der englifch:oftindifchen Compagnie bei 
a ernannt wurde. Seine neuen Pflichten entzogen ihn nicht feinem 
bäfte, und 1711 erfchienen zwei Ausg. feiner Reifebefchreibung. Bald 
e er nach England zurüd, wo er 1713 ftarb. Alte fpätere Reifen: 
e Benauigkeit und Wahrheit feiner Angaben und die Mannigfaltigkeit 
niffe beftätige. Die befte Ausgabe von Chardin’s Reife hat Langles 
Dctavbon. nebft einem Atlas in Fol. beforgt. 
enton, Flecken, dritthalb Stunden von Paris, auf der Straße nad) 
Byon, wo fich die Marne in die Seine ergieft. Diefe Lage hat viele 
und Fabriletabliffements nach Ch. geführt, das ein fehr lebhafter 
ter Ort iſt. Geine Bruͤcke über die Marne ift von diefer Seite her der 
a Paris; daher die denkwuͤrdigen Angriffe auf diefelbe in den innern 
Kriegen Frankreichs. Schon 865 bemädhtigten fih die Normänner 
d zerflösten fie. Auch 1814 wurde lebhaft um ihren Beſitz gekaͤmpft. 
e ber Thierarzneifchule von dem nahgelegnen Alfort hatten ſich von 
ng den Ehrenpoften erbeten, diefen wichtigen Punkt gegen die andrins 
ztemiberger und Öftreicher vertheidigen zu dürfen. Sie erhielten ihn, 
ı nach der heldenmuͤthigſten Tapferkeit den Maſſen der Altiirten weichen. 


572 Sharette Sharlatan 


In dem nahe gelegenen Petit-Charenton befindet ſich das beruͤhmte Betyi 
Wahnfinnige, mo gewöhnlich —500 Ungluͤckliche beiderlel Geſchlechte m 
er Sorgfalt gepflegt werden, um ihre Heilung zu bewirken; bie für unbe 
Bärten werden nach Bicetre geſchickt. Hier ftarb 1813 Sabre, Darf. de 
fline”, den Rapoleon wegen diefer fittenlofen und gefährlichen Scrift di 
Wahnfinnigen zu behandeln befolven hatte. 

Charette de la Eoutrie, f. Bender. 

Charfreitag (dev ftille Zreitag) heißt wahrſcheinlich fe v 
alten deutfchen Worte charen, d. i. leiden oder büßen. Die Proteflanten | 
ten ihn als den feierlichften Tag des ganzen Jahres, dagegen gift er bei den 
liken nur für einen halben Feiertag. 

Charge d’raffairen, ſ. Geſandten. 

Charitinnen, ſ. Grazien. 

Charkow, Hauptſt. der flobodifchen Ukraine in Rußland, 1500 | 
an 15,000 Einw. Dieſe treiben einen nicht unwichtigen Zwiſchenhandel, 
gibt vier große Jahrmärkte hier. 1803 wurde die hohe Schule daſelbſt zu ein 
verfität umgefchaffen und aus Deutfchland mehre Gelehrte als Profeffeng 
bin berufen. Der Kaifer bewilligte jährl. 130,000 Papierrubel zu 
außerdem erbot fic der Adel des Landes 400,000 R. zur Einrichtung 
wovon er aber 1809 noch den größten Theil ſchuldig war. Sie zaͤhlt 38 
foren und etwa 300 Studenten, wovon 60 auf kaiſerl. Koften 
den. Die Legtern find verpflichtet 6 Jahre nad) ihrem Abgange von ber 
als Lehrer an den Schulen des Univerfitätäbezirts zu dienen und werden 
Univerfität ziemlich willkürlich dahin gefchidt, wo fie Lehrer fein fi 
Untverfität hat eine Bibliothek, ein Natural.» und phyſik. Cabinet. In 
noch ein Gymnaſium, eine Kriegsfchule u. f. vo. Hier hält auch eine p 
Geſellſchaft ihre Verſammlungen. 

Charlatan (italieniſch ciarlatano), ein Marktſchreier, Owl 
Afterarzt, dann Überhaupt Jeder, der ſich auf eine auffallende Weiſe dem 
Schein von Kenntniffen oder Geſchicklichkeiten gibt. Wahrſcheinlich 
Wort von dem italtenifchen ciarlare, ſchwatzen, her, weil im Schwaten 
Eunft des Charlatans befteht. Es mag nicht undienlich fein, einige 
anzudeuten , deren fich manche Ärzte und Afterärzte bedienen, um 
Auffehen zu erregen. Da läßt fic) der Eine des Tags mehre Mal auf allem 
fehen, wenn er auch nichts da zu thun bat; ex kann keine Gefellfchaft befi 
aus derfeiben zu einem ſchweren Kranken gerufen zu werben (dev Bote ifl 
woͤhnlich der eigne Diener) ; ein Andrer nimmt jede Gelegenheit wahr, 4 
Laien Berichte von großen Euren, vornehmen und fremden Kranken, Die 
ihn gewendet, zu erftatten; ein Andrer fpiegelt dem Publicum eine neuer 
Methode vor, die überall helfen, ja in welcher die einzig wahre und el 
dicin beftehen fol; ein Dritter begnuͤgt fich zu diefem Behufe wol auch mul 
einzelnen Mittel, weiches er felbft entdeckt haben will und das er geheim han 
Eine gibt die theuerſten Mittel, die er finden kann, und erſaͤuft feine Aral 
In denfelben; ganze Batterien von Arzneiflafchen häufen fi) an dem Bd 
Kranken; der Andre gibt feine Arzneimittel in fo Meinen Dofen, daß fie iu 
rochen, geſchmeckt, gefühlt oder gefehen werben können, aber — fie fl 
Quinteffenz der Arzneiftoffe enthalten und müffen daher theuer genug Fin 
den. Der Eine fpielt mit einer ungewoͤhnlich langen unb breiten Kranke 
ſuchung und fchreibt die Ergebniffe derfelben im Beiſein des Kranken we 
ſogleich auf, der Andre will die Krankheit ohne alle Unterfuchung aus den &ı 
sögen, den Augen, dem Pulfe, dem Urin ıc. erfennen und nennt das prall 
Bi, was fonft als Infpiration, geheime Weisheit x. galt. Der Ein 


Gparlemont Charleroi 678 


khermäßige Feinheit und Galanterie, der Andre durch Grobheit bemerk⸗ 
hen. Der Eine verfpricht allen Kranken, die fih zu ihm wenden, bie 
Dehife unit bee größten Gewißheit; der Andre zuckt über jeden Zufall die 
gt Aberali Bedenklichkeiten und nimmt jeden Kranken als todten Mann 
* t der Charlatan mehr Gewicht auf das Äußere als auf Kennt⸗ 
Yung, amkeit. Weit entfernt, baß er feine fogenannten Entdes 
ma Urtheile andrer gebiideten Ärzte. vorlegt, verwirft er dieſe vielmehr 
ib beſchuldigt fie einer zu großen Strenge, oft wol auch des Neides und 
chtigkeit, ja ee ſcheut ſich nicht, alle andre Ärzte ale unwiſſende und 
—— zu laͤſtern. An die Menge wendet er ſich; in den Zeitungen 
laͤttern ſucht er den vergaͤnglichen Thron ſeines Ruhms aufzuſchlagen; 
er ſeine Streitigkeiten 7* mit Grobheiten, als Gruͤnden; frenge 
tliche Unterfuchungen verſchmaͤ ht er 
rlewmont und Givet, eine der ſtaͤrkſten Seftungen Brent, 
dv. Ardennm, mit 3500 Einw., liegt an beiden Ufern ber Mans, 
nufrodte von Namur, an dem Vereinigungspuntte mehrer Straßen, 
birgigen Terrain und hat fixategifche Wichtigkeit, weil beide einen Bruͤ⸗ 
den und einem länge der Maas vorruͤckenden Deere, wenn daſſelbe die 
et, zum Anlehnen des Flügels dienen; ift der Feind aber Meifter der 
hn ſehr hindern, und zwingen, ein der Befagung mindeſtens doppelt 
I WBeobadhtungscorps zurüchzulafien. 1555 baute Karl V. das Schloß 
ine Stadt Gharlemont; Ludwig XIV., dem ber Plag im Frieden von 
zufiel, ließ, um den nur 2 Bataillons faffenden Raum zu vergrößern, 
Se des Berge gelegenen Flecken Givet befeftigen und Charlemont verftärs 
der Play jet eigentlich aus vier Feſtungen befteht, von denen Charles 
Sroß-Bivet auf dem linken, Klein-Givet und Dont d’ Haur auf dem 
z der Maas liegen. Der Charlemont erhebt fi auf einem fchmalen 
oben, fat uͤberall dvominirenden, fenkrecht nach der Maas unde nach Wes 
lürgenben, auf der Nordfeite fehr fleilen und nur oſtwaͤrts fanft abge 
ſſen, iſt mit 6 Baſtions, auf der Oſtſeite, dem einzigen möglichen Ans 
te, mit einem Horn⸗ und einem Kronwerke und außerdem mit mehren 
Werten befefligt; faſt alle Gräben find in Felfen gehauen und die mei⸗ 
r gut cafemattiet. Broßs Bivet hat 4 Baftions und 3 Navelins mit 
Bräben, Klein⸗Givet 4 Baftions und nafle Gräben, jebody keinen bedeck⸗ 
nb der Meut b’Haur, eine dem Charlemont gegenüber gelegene Höhe, 
eime iss Form eines verftäckten Kronwerks geführte Befeftigung feſtge⸗ 
kann zugleich zum verfchansten Lager dienen. Die Feſtung ift auf 
ann Belegung eingerichtet, kann aber auch allenfalls 25,000 faffen 
—4000 Wann gehalten erden. Wenn nun audy die Givets und der 
sur einen Angriff zulaffen und eben nicht große Schwierigkeiten machen 
a IE doch der Charlemont faſt unangreifbar. Wirklich hat er auch noch 
stlichen Angriff erfahren, und obgleich 1815 die Preußen ſich zu demſel⸗ 
a, ja felbft die Givets und den Mont d’Haur durch Capitulation in die 
‚ fo hatten fie doch vor dem Charlemont eine geroiffe Scheu. Nach 
Bertrag befegten die Ruſſen den Charlemont. 
rleroi, Stadt in der niederländ. Grafſch. Dennegau, mit 4000 E., 
mbre, 4 Meilen von Namur, an ber Strafe von Philippeville und 
ach Brüffel, der Hauptort eines Bezirks, hat als Feſtung ftrategifche 
fe Wichtigkeit. 1666 befefligten die Spanier diefen Punkt zuerft; 
has ben Namen ihres Könige, verließen aber 1667 den Bau beim Ans 
franzöfifcyen Armee. Ludwig XIV. ließ denfelben fogleich durch Vau⸗ 
aufnehmen, und biefer legte die Feſtung in Form eines regulairen baſtio⸗ 


574 Charlestown Charlotte Augufte (Prinzeffin v. Bel 


nirten Sechsecks mit 5 Ravelins, 5 Contregarben und 2 Hornwerken, auf 
am rechten Sambreufer gelegenen fteil nach diefem Fluß abſtuͤrzenden Berg | 
baß zwei Fronten durch die Sambre, zwei andee durch zu Zeichen aufef 
Bäche Deckung erhielten, bie beiden noch ungeſchuͤtzten Seiten aber drei du 
vor ſich hatten und eine Art Kronwerk mit mehren Lunetten und Mebeuh 
überſchwemmung dediten. Am rechten Sambreufer ward ein Bruͤckenkopf ia 
eines Kronwerks angelegt und gleichfalls durch überſchwemmung gebedi. 
wurde die neue Seftung ihrem Erbauer durch den aachner Frieden abg Ä 
von ihm 1678 in dem von Nimmegen zurückgegeben, 1693 aber, nad 
lang offenen Trancheen, von den Franzofen wieder erobert. Vauban, der © 
der Seflung , führte damals den Angriff auf bie ſuͤdweſtliche, durch einen 
gedeckte Fronte. 1746 vertheidigte ſich der Platz fo fchlecht gegen den 9 
Conti, daß er fünf Tage nach Eröffnung der Zrancheen in dem Augenblick⸗ 
lirte, wo 200 Dann aus den Laufgräben ohne Befehl und Ordnung in N 
ßenwerke und felbft durch die Thore in die Stabt vorgedrungen waren und dort 
bertm. 1794 wurbe Charleroi von den Franzoſen vier Mal eingefchloffen 
ſchoſſen, jedoch drei Mat entfegt und erſt, als die Befagung bei ber letzten 
rung auf einige Hundert gefchmolzen und höchft ermattet war, bie Gtabt 
der Wall in Schuttlag, der Keind mit den Trancheen nur no 180 5. von 
entfernt war und fi) zum Sturm rüftete, am 25. Suni durch Capitulation 
Hätte die Befagung ſich noch einige Tage halten können, fo wäre auch 
Entfegung gelungen, denn ſchon ellte ber Prinz von Koburg zu diefem 
und lieferte am 26. Juni, ohne zu wiſſen, daß der Platz erobert fei, die 
Fleurus (f.d.). Die Franzoſen demolirten die Werke von Charleroi; 
diefelben, da der Feldzug von 1815 die Wichtigkeit dieſes Punktes von 
tifch bewies und man ben Plag unter die Zahl der von den franzoͤſ. 
geldern neu zu erbauenden Feſtungen aufnahm, wieder zu bauen 
worden. 

Charlestomn, Hauptft. von Sübcarolina in den Vereinigten 
auf einer Halbinfel zwifchen den Fluͤſſen Aſhley und Cooper 1630 an 
gut gebaut, hat eine Bank und zaͤhlt über 25,000 E., worunter 13 
2900 Häufer ohne die Padhäufer und Magazine. Der Handel von hie 
nad) Europa, als nach den weftindifchen Infeln iſt wichtig. Die Ha 
befteht in Reis, Taback, Baumwolle, Indigo. Es laufen jaͤhrllch über 
Schiffe ein und aus. Die Rheeder der Stadt haben 200 Schiffe. Liter. um 
Geſellſchaft, Bibliothek, botanifcher Garten, Aderbaugefellfchaft, 

Charlotte Augufte, Prinzefiin von Wallis, Tochter der Könige 
eoline (f.d.), vermählt mit dem Prinzen Leopold von Koburg, geb. den 7 
1796 in Carltonhouſe, brachte die erften Jahre unter den Augen ihrer Mut 
die mit befonderer Liebe über fie wachte; fpäterhin kam fie unter die Auf 
Lady Clifford, und der Bifchof von Egeter leitete ihren Unterricht. Ihre S 
waren mit Rüdficht auf ihre Beftimmung, einft die Königin eines mächtige 
kes zu werden, georbnet, und fie mußte fi) vom Morgen bis zum Abend nal 
felben befchäftigen.. Man verfüchert, daß fie mit den vorzüglichften Schrift 
der Alten bekannt und mit der Gefchichte und Statiftil der europaͤiſchen & 
insbefondere mit der Verfaffung und den Einrichtungen ihres Waterlandes u 
geweſen ſei. Sie fprach mit Leichtigkeit franzöfifch, deutſch, italienifch w 
niſch, fang und fpielte die Harfe, das Glavier und die Guitarre vortreffii 
zeichnete Landfchaften nad) der Natur mit Geſchmack. Ihre Schreibart u 
fällig, und fie liebte den höhern Styl der englifchen Poefie. Bei dem un 
Mißverftändniffe zwifchen ihrem Water und ihrer Mutter neigte fie ſich a 
Seite der Ieptern. Der Prinz von Dranien wurde zu ihrem Gemahl beſt 













GSharlottenburg Charoft 575 


TE wünfchte diefe Bermählung, weil der Prinz in England erzogen und 
ten unb Intereſſen des Volkes bekannt war. Ex hatte, nad) Vollendung 
den auf der Univerfität Oxford, in der britiſchen Armee in Spanien ges 
ch ausgezeichnet. Doc) das Widerſtreben der Prinzeffin vereitelte diefe 
r S$ngwifchen warb fie an ihrem 19. Geburtstage 1815 bei Hofe einges 
Prinzeffin, weiche unter jedem Verhaͤltniſſe eine Zierbe ihres Geſchlechts 
ı welche, zeigte ein lebhaftes aber edles Gemuͤth, Seibftänbigkeit und Ho⸗ 
finnungen; fie äußerte oft, daß die Königin Elifabeth das Vorbild einer 
n England fein müffe, und man wollte bemerken, daß fie mit Elifabeth 
gehabt habe. 1814 war Prinz Leopold von Koburg im Gefolge ber 
uveraind nach England gekommen. - Seine Bildung und fein zartfinnis 
nen machten Eindrud auf das Herz der Prinzeffin, umd es wurde ihm 
fie zu werben. Die Bermählung, hier die Folge perfönlicher Neigung, 
2. Mat 1816 vollzogen. Der Prinz, .ein edler, liebenswürdiger Mann, 
Gemahlin mit Zärtlichkeit. Sie waren immer beifammen, titten zus 
8, befuchten die Hütten der Landleute und waren das erfreulichfte Bild 
be. Sie verließen Slarenton felten, und kamen nie nad) London, aus 
we Gegenwart bei Hofe nöthig war. Ihr haͤusliches Leben war ganz 
iingerichtet ; nach Tiſche zeichneten fie zufammen und Abends ward 
acht ober vorgelefen. Indeß erwartete das Volk mit Sehnſucht, die 
die es hoch verehrte, Mutterfreuden genießen zu ſehen. Die erfle 
ſchaft betrog leider durch eine zu frahzeitige Entbindung die Erwartung 3 
höpfte England wieder frohe Hoffnung, Die Prinzeffin befand fi 
ke am 5. Nov. 1817 nach dreitägigem Leiden von einem todten Knaben 
wurde. Wenige Stunden nad) der. Entbindung wurde fie-von Kräms 
n und verfchled. 
slottenburg, koͤnigl. Luſtſchloß an der Spree, mit einem ſchoͤnen 
ne Stunde von Berlin, welches die erſte Königin von Preußen, So⸗ 
te, erbauen ließ. Die neuangelegte Stadt enthält 430 H. und 4700 
in ſchoͤner Weg führt durch den Thiergarten nad) Charlottenburg, für 
e ein Vergnügungsort. Anfangs hieß es, von dem nahen Dörfchen 
beiburg. Unter der verew. K. Louife, Gemahlin Friedrich Wilhelms ILL, 
erfchönert worden. Indem Schloßgarten befindet fi) das dieſer vor⸗ 
Kürftin errichtete Grabmal, unter deſſen Gewölbe auch ihre Afche ruht. 
des Monats (jur Erinnerung an den Sterbetag der Königin, 19. Juli 
ven die Pforten dem Publicum offen. Am 19. Juli jeden J. iſt da» 
mm Könige und feiner Samilie Gottesbdienft. 
ron (Mptbolsgie), Sohn des Erebus und der Nacht. Sein Amt 
odten ber dem ſchwarzen Acheron, den immer vom Geheule ber Todten⸗ 
enden Kochtus, und den felbft ben Böttern furchtbaren Styr zu fühs 
feine Mühe mußten ihm die Todten ein Faͤhrgeld bezahlen, das man 
tbenen in den Mund fledte. Wer dies nicht mitbrachte, oder wer auf 
it Beine Begräbnißftätte gefunden hatte, .deffen Schatten mußte an den 
Aderon umherirren und marten, bis Charon ihn einnehmen wollte. 
ihn vor als einen finftern Alten mit firuppigem Barte und zerlumpter 


tonea, Ort in Boͤotien, berühmt durch die Schlacht 338 vor Chr. 
YWilipp von Dacedonien und den verbündeten Griechen. (S. Gries 
‚ und Philipp.) 

ıroft (Armand Zofeph de Bethune, Herzog von), geb. zu Verſailles 
sch Wohithätigkeit und Vaterlandsliebe feines großen Ahnherrn Sully 
eichnete fich im Kriege bei mehren Gelegenheiten aus. Freund und Was 


576 Charpentier Charta magna 


ter feiner Soldaten, belohnte er aus feinen Mitteln die Zapfen. 1 
fein fämmtliches Silber in die Münze, um den Beduͤrfnifſen des ©: 
zutommen. Der Friede 1763 gab ihn einem ruhigen Wirkungskrei 
feine Wohtchätigkeit gegen die Soldaten, welche ee commanbiet hatte 
Beſonders thätig für die Werbefferung des Ackerbaues und ben oͤffer 
richt, fchaffte ee lange vor der Mevolution die Frohndienſte und die 
auf. feinen Guͤtern ab, fchrieb gegen den Feudallemus, entwarf ei 
Tilgung der Zinfen und Nenten, u. ſ. w. In verfchiebenen Kicdhf] 
Her Wohlthaͤtigkeitsanſtalten, forgte für den Unterhalt und Untere‘ 
Kinder, ſtellte Arzte und Hebammen an, ftiftete ein Hofpital und fi 
ih aus. In einem Jahre ber Theurung ließ er auf eigne Koften © 
Hafen von Catais einführen. Inden Provinzialverfamlungen fpra 
hnen; in der Verſammlung der Notabeln erklärte er ſich für bi 
ertheilung der Öffentlichen Laften. Die Revolution brach aus. | 
Decrete über die patriotiſche Beiſteuer machte er ein frelwilliges 
100,000 Fr. Während der Schredienszeit hatte er fi nad) Mei 
zogen. Hier wurde er verhaftet, und erft nady dem 9. Therwidor eı 
Freiheit wieder. In den Zeugniffen, welche ihm die Mevolutlonsaud 
ten, wurde er ber Water der leidenden Menfchheit, der Wohlthäter 
kehrte nach Meillant zuruͤck, wo er eine Ackerbaugeſellſchaft ſtiftete 
war ihm zu groß, und fein ungeheures Vermögen reichte kaum für | 
mungen bin, bie er den 27. Oct. 1800, von unzähligen Menſchen 
sen Wohlthaͤter er geweſen, an ben Blattern flarb. 

Eharpentier (Johann Friedrich Wilhelm von), Berge 
Freiberg, um bie wiffenfchaftlihe Wetreibung des Bergbaues h 
geb. 1738, flarb 1805. 1766 erhielt er an die neuerrichtete Bi 
Freiberg einen Ruf als Lehrer Dee Mathematik, fpäterhin machte er ſich 
tiſchen Grubenbaue bekannt, befam 178% bie Direction de6 U 
Schwemſal und ging 1785 nad Ungarn, um die Anwendbarkeit de 
gamirmethebe zu prüfen. Nach f. Zuruͤckkunft ward In Freiberg da 
gamirwerk nach einem fehr durchdachten Plane angelegt. Er war 
vom Kaiſer Joſeph in den Meichendelftand erhoben worden. 

Charton (Pinre), Sohn eined Buchhaͤndlers, welcher V 
undzwanzig Kindern war, geb. zu Paris 1541, fludirte zu Orleane 
die Rechte und prakticirte. Allen nach fünf oder ſechs Jahren widn 
geiftlichen Stande, zeichnete ſich ale Kanzelrebner aus, bekleidete m 
Gascogne und Languedoc, und erhielt den Titel eines Prebigers der. 
garethbe. Zu Bordeaur trat er in enge Freundſchaft mit Montaign 
feinem Teſtament die Erlaubniß gab, fein Zamilienwappen zu füt 
Verſammlung der Geiſtlichkeit von 1595, bei welcher er als Abgeort 
wurde er zum Secretair ernannt. (Er ftarb 1603 zu Parie. Chaı 
tefles Werk ift fein „Traitö de la sagesse”, ber von mehren Seit: 
und vertheibigt wurde. Der „Traite de la sagesse”, den er furz vo 
ſchrieb, tft ein Auszug und eine Mechtfertigung des vorigen. Monta 
valr ahmt er oft darin mach, .boch vermißt man die Lebendigkeit und G 
Beit des Erſtern. In f. „Traite des trois verites” beweiſt er gegen 
daß es eine Religion gebe, gegen die Nichtchriften, daß von allen | 
chriſtliche die allein wahre fei, und gegen die Keter, daß die roͤmiſch⸗kat 
allein felig mache. Außerdem find noch „Discours chrötiens” von 

Charta magna, gewöhnlid; Magna charta (engliſch: 
eharter). Es gehört zu den gangbaren Irrthuͤmern, daß der La 

gleich, welcher dem K. Johann von England 1215 abgendthigt wurd 


Charta magna 577 


B englifchen Staatsrechts fei, und eine bedeutende Beſchraͤnkung der 
echte enthalten habe. K. Johanns Freiheitsbrief ift nur ein hiſto⸗ 
ıment; die eigentlich geltende Magna Charta iff dirjenige, welche Jo⸗ 
n und Nachfolger, Heinrich III., im 9. Jahr feiner Regierung (11. 
) ausſtellte. Auch ward durch diefe Freiheitsbriefe das beftehende Recht 
zu Bunften des Volkes abgeändert, fondern eher zu Gunften der koͤ⸗ 
'acht, und es find feine Bewilligungen, welche dem Könige abgenöthigt 
‚ fondern Anerkennungen des früheren Rechts und Verfprechungen, fols 
le bisher zu beobachten, und Anordnung gewiffer Zwangsmittel. Schon 
übte kein fo unbefchränktes Recht über die Engländer aus, ale fein 
ver Eroberer, anzudeuten fcheint; fein Sohn Heinrich I. (welcher im 
inem Bruder Wilhelm auf dem Throne folgte) ftellte bei dem Antritt 
j einen Freiheitöbrief aus, welcher den Vafallen in einiger Beziehung 
ır als der vom K. Johann. Er erfaufte damit die Ausfchliefiung f. 
ers Robert von der Thronfolge, welche demſelben ſchon vor Wilhelm IL. 
te und burd) einen Vertrag mit biefem ausdruͤcklich verfichert worden 
che Umftände traten bei K. Stephans und Heinrichs II. Thronbeſtei⸗ 
das Erbfolgerecht Beider nicht unbeftritten var, und Beide ſtellten da- 
nd 1154) neue Freiheitsbriefe aus. Der Breibeitöbricf K. Johanns 
durch den Jagdvergleich von 1217 erweitert und waͤhrend der unruh⸗ 
rung Heinrichs III. nicht weniger als ſieben Mat erneuert und beſtaͤtigt. 
fagbvergleid) (Charta de foresta) wurden die Bedruͤckungen gemildert, 
Vithelm I. an theils die Jagdluſt der Könige ſelbſt hervorgebracht, theile 
al erlaubt hatte. Ganze Diftricte waren zu koͤnigl. Bannforften ges 
ie härteften Strafen auf die Jagd- und Forſtfrevel gefegt. In dem 
h wurden viele von jenen Bannforften wieder aufgehoben (disaf- 
inem jeden Lehnsbefiger bie Jagd auf f. Grund undBoden zugeftanben, 
sfgefeke fo gemildert, daß einjähriges Gefaͤngniß das hoͤchſte Maß der 
[oßte. Die Magna charta 8. Johannes enthält 60, die von K. Hein: 
37 Artikel. Außer den Beftimmungen, mwodurd die Iehnherrlichen 
Könige feftgefent und bie durch Mißbrauch bisher ausgeübten Bes 
abgeftellt wurden (3. B. daß die Erbtöchter und Witwen der Vafallen 
igen werden follten, nach dem Willen des Königs zu heirathen; daß 
nur in den drei anerfannten Fällen von den Vaſallen gefodert, Niemand 
liches Exrkenntniß mit einer Geldbuße beiegt, auch wegen Geldftrafen 
Lehngute vertrieben und der Gutsunterthan nicht feines Ackergeraͤths 
den folle u. dergl.), find es hauptſaͤchlich wenige allgemeine Punkte, 
mf die heutige Zeit fortgewirkt haben: z. B. Art. 11 der Charta K. 
J. 1224, worin dem Oberlandgericht (Communia placita) ein bleis 
angewieſen wird; und vor allen Art. 29: „Kein Freier ſoll verhaftet, 
feine® Lehnguts, feiner Freiheiten oder hergebrachten Rechte entſetzt, 
tEldrt, aus dem Lande gewiefen oder auf irgend eine Weiſe ins Verder⸗ 
werden, wir wollen auch unfere Macht nicht gegen ihn brauchen nod) 
fer (nee super eum ibimus, nec super eum mittemus), als nad) 
m Urtheil feiner Stanbeögenofien oder nach dem Nlechte des Landes. 
Recht und Gerechtigkeit Keinem verkaufen, Keinem verfagen oder ver» 
Die legte Beftätigung erhielt die Diagna Charta in dem J. 1300 von 
Die diteen Ausgaben find fehr häufig; der ditefte Abdrud ift v. 1507. 
in allm Sammlungen der Parlamentsſchluͤſſe („Statutes at large’ 
igton, 4., v. Tomlins) abgebrudt. Die befte Ausgabe ift von Black⸗ 
® 1753, 4.) und in feinen „Law tracts” (1762, 2 Bde.) beforgt. 
Giebente Aufl. Bd. II. 87 


576 


tee ©. 


fein 
zu 
fei: 
B. 
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.—— te 9% 


n 


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Bin 2 
Pur) 


2 ach in Martens’ „Samml 
+). 

: „n mittlern Zciten Carte, Char 

: ne Menge befonderer Arten, n 

.3 Stoffes, worauf die Urkunde ge 

„= Bon dem legten Grunde beit 


- ..222 Indentures (chartae indenta 


“= Seide Theile auf Ein Stud Perga 


‚nförmig auseinander gerchnitten wer 
Smeiß erfoderlih ift. (Sonſt wurte 


„sifchen beide Ausfertigungen der LE 


‚zen, wovon diefe Art auch chirograz 
on in wellenförntige Yinien bat min m 

. „zungen der Staatöpapiere angewende 
. 2 Indet und ausfchneidet, wo dann jede! 
„ae Nummer paffen muß. Auch die jetzt gi 
3:3 Charte, als einer das öffentlihe Recht, di 
“seiner Zeile deffelben betreffenden Urkunde 

Briefe, die Berleibung ſtaͤdtiſcher und and 
Chartae libertatum oder Charters genunnt 

Nen Urkunden einen fo großen Werth gelegt, 

7 !v forgfältig aufrecht gehalten als die Englaͤnd 
Neem Fache ſo reich als die engliſche. Seit 15 
nes beruͤhmte Landbuch (Gerichtstagbuch, el 
un zer Yennfchaften aus den Zeiten Wilheims I. (I 
- ,: 1035) auf Koften des Parlaments gedruct wu 
2 one Commiſſion ded Parlaments niedergelegt mu 
zen Urkunden aufzuſuchen und zum Drud ut 

. getban, um diefe Denkmaͤler der Geſchichte umd 
Rymer's Sammlung („Foedera. con 
y areungne generis acta publica inter Reges Anglia 
Xde., Fol. Haag 1745, 10 Bde., Fol.) war ſchen ind 
-smiung ungemein reichhaltig und muſterhaft, wird abe 
raum Zheil 3. Ausg., welche unter Aufſicht und an 
 peint, die vorigen noch bei weitem übertreffen. Es i 


Nach dem 1821 erſtatteten Bericht der ( 


7: dis dahin feit 1801 45 Bde. Fol. alter Urkunden gedri 
2 Zeitraum von mehr als 700 3. umfaffen und über E 
rung ein ungemeines Licht verbreiten. Der eiftiufte B 

ne iſt Charles Abbot, jetzt Lord Colcheſter. Möchte d 
sah ein Dann wie Abbot finden, welcher die ehemaligen ) 
.. Nergeffenheit rettete! 
won Wiihelm I. 


Die Stadt London hat noch weil 


aus dem J. 1066, wovon der eine ihr 


J BRekenner erbaltenen Rechte beftätigt, der andre ibr das Le 


N 
% 


Ro: s 


Sie find auf Pergamentftüde, 6 Zou lang, 1 30 
22: ver Sprache zierlich geſchrieben, der erſte enthaͤlt 9 Ze 
s Siegel haͤngt noch iwiewol in Stuͤcken gebrochen: daran 
2. = Neuerdings bat man von dem gröften Nationalfreiht 
‚.GEharta magna) bie Bedeutung des Wortes Charte < 
am be ſchraͤnkt und din Satz als Örundlage aller Verfaffur 


— rtruſtellen geſucht, tan eine ſolche nur vom freien Millen Ber 


inne und jeder Zwang Ne Unglitigkeit nach fich ziebe. 


Charte constitutionnelle 579 


och ber Geſchichte ſowol als der Natur der Sache zumider, und geht felbft über 
» Grunbfäge des Hrn. v. Haller hinaus, wenn es nicht überhaupt zu ben ſonder⸗ 
wa Mißverſtaͤndniſſen unferer Zeit gehörte, diefen Schriftſteller, welcher die 
2 ber Herrſcher noch mehr angreift als die Rechte der Völker, für einen Mies 
| r der Staatswiſſenſchaft gelten zu laffen. Die wichtigften und ſegens⸗ 
ber a Urkunden diefer Art find aus Kampf und Streit hervorgegangen, und fie 
als diejenigen, welche nady dem neuern Sprachgebrauche octropirt, d. h. aus 
Antriebe der Herrfcher negeben find, befommen doch ihre verbindliche Kraft 
cch den Willen beider Theile und werden, einmal gegeben und angenommen, 
afliche Verträge. (S. Conftitution.) Ihre Kraft liegt freilich nicht 
Stuͤck Papier, worauf fie gefchrieben jtehen, aber doch iſt der Spott über 
en Conſtitutionen unferer Zeit ein fehr verfehlter. Es find nicht bloße 
2, welche von unferer Zeit verlangt werden ; ein ſolches Verlangen wäre allers 
etwas fehr Ihörichtes, fondern die Anerkennung und Befolgung derjenigen 
:he des Öffentlichen Rechts, welche den Menfchen von jeher, vor 000%. - 
wie vor 1000, und vor 500 fo gut wie heute, alle willfürliche Gewalt, 
haft, welche kein andres Gefeg erkennt als die Launen und Lüfte 
here, und keinen Zweck als fich felbft, verhaßt und unerträglich g 
haben. 
barte constitutionnelle von Frankceich von 1814. Su unzu⸗ 
auch ein großer Theil des Volkes im Anfang mit dieſer vom Koͤnig aus eig⸗ 
pollEommenheit gegebenen Verfaſſung war, fo iſt dieſelbe doch nun, nach⸗ 
m gefehen hat, daß die alt:abelige Partei ſelbſt diefe unvoliftändigen Grund» 
conftitutionellen Monardyie nicht zu halten gedenkt, fondern fie nur als 
Blige Beſchwichtigung der öffentlichen Meinung, eigentlich aber als den erften 
Be einer weitern Ruͤckkehr zur alten Ordnung der Dinge betrachtet, der Nas 
fo werth gerworben, als den Engländern ihre noch viel unvollftändiger 
Fehann, Karl li. und Wilhelm III. erlangten grundgefeglichen Freiheiten. 
—** iſt das Loſungswort des einen Theile, wie „Vive le Roi‘' des ans 
d es koͤnnte leicht fein, daß jene es damit ernftlicyer meinten als diefe. Denn 
zFfamer man bie Handlungsweiſe der fogenannten Ultraroyaliften betrachtet, 
ächer wird es, daß es ihnen um Befefligung der Eönigl. Gewalt wenig, 
" g derfelben für den Augenblick aber nur aus dem Grunde zu thun 
ich wieder in den Befig aller Vortheile und Vorrechte zu fegen, deren Uns 
‚vornebmite Urſache und deren Vernichtung die erfte Wirkung der Revo» 
Die Zurüdgabe ber Emigrantengäter, die Wiederherftellung der guts⸗ 
m Recht, bie Lehnsgefaͤlle, die Zehnten und vor Allem die ausfchließliche 
ng zu ben höhern Stellen in Staat und Kirche werden fo unverhohlen 
da man fich ſchon in der Deputirtenfammer den Ausdrud Seigneur hat 
miafien. Daher ift der Streit fo wichtig, ob der König die Charte aus 
Macht, als eine bloß auf dem Eönigl. Willen beruhende, weder den 
m noch feine Nachfolger bindende Verordnung gegeben habe, wie bie 
m behaupten, ober ob der König darin einen unwiderruflichen Vertrag mit 
2 gefchloffen, als Dberhaupt und Stellvertreter des franz. Volks den 
Ien erklärt habe. Vieles ift noch zuruͤck was die Charte theils aus⸗ 
| verheißt, wie eine genauere Beftimmung über die Verantwortlichkeit der 
beanıten, theild als nothwendige Ergänzung ſtillſchweigend fodert, wo⸗ 
Agüich die beſſere Einrichtung der Gemeindeverfaſſung gehört. Dasjenige, 
Ben veczuͤguch der Regierung Napoleons zum Vorwurfe machte, die wills 
ng unter sonftitutionellen Formen, die Prafecturen und die 
fratie vom Miniſter bis zum Maire, ift noch ganz Diefelbe. Die Gemein: 
Departements haben nichts von der freiern und ſelbſtaͤndigern Verwaltung 
37 * — 

















a 


580 Charybdis Chaſteler 


ihrer gemeinſchaftlichen Angelegenheiten wieder erlangt, welche die erſten Ge 
der Revolution ihnen einraͤumten, und welche in der That eine der wichtigſten 
dingungen der Volksentwickelung iſt. Aber eben darum iſt auch die geſetzſiche 
ſtimmung dieſes Gegenſtandes eine der ſchwierigſten und bedenklichſten, weit fi 
mittelbar auf die Volksmaſſe wirkt und Intereſſen beruͤhrt, welche dem Arme 
dem Reichen nahe liegen. Das Geſetz, welches den Deputirten in ber Si 
von 1821 vorgelegt wurde, trug den Stempel bes bamaligen Minifteriums (! 
quier), welches die Ariftokratie ale Werkzeug der Regierung benugen zu ih 
glaubte und ihr zu dem Ende jene halben Bewilligungen anbot, welche den ı 
Theil erbitterten, ohne den andern zu gewinnen. Die Reichften jeder Grm 
ſollten den Ortsvorſtand wählen und ohne Wahl ſelbſt mit bilden, aber die Bi 
niffe, ſowol der Ortevorftände, al& der Kreis - und Departementödeputationen, 
ren gegen die Megierung fehr befchräntt. Es war eine fehr verfehlte Nackt 
des englifchen Grand Jury (f. Jury), welche zu den vorzhglichften Einrichta 
dieſes Landes gehört, und zugleich ein Beweis fehr geringer geſengebender | 
Denn wenn man eine in jeder Hinficht fehlerhafte Verwaltung ber 
einführen will, fo darf man fie nur den Reichen Übertragen und ihnen dabli 
laſſen, diejenigen Mitglieder, welche es nicht als die hoͤchſten Steuerentrichter 
Rechtswegen find, felbft zu wählen. Die jegigen Minifter, obgleich ganz 
adeligen Partei angehörig, haben noch gar nicht gewagt, eine Municipalordu 
Vorſchlag zu bringen. Denn zu ielen biefer Dinge gehört doch mehr « 
bloße Mehrheit in der Deputirtenlammer, und ungeachtet die Megierung in 
Befige aller aͤußern Mittel der Macht ift und die ropatiftifche Partei nunnufi 
voRfländig der Regierung bemächtigt hat, fo fühlt fie fich doch nicht art 
die Sefinnungen und Intereſſen bed Volkes geradezu anzugreifen. Mi 
reift unter allen diefen Kämpfen doch die conftitutionelle Monarchie ihr 
endung entgegen. Die Staatsbeamten werden an Öffentliche Rechenſcheß 
Verwaltung gewöhnt, und die Sitzung von 1821 hat den Art. 8 der 
durch Aufhebung der Genfur erfüllt. Zwar ift das Geſetz Aber Beſtrafui 
Preßvergehen ftreng, aber doch nicht fo ſtreng, als die englifchen Geſetze | 
belle. Daß aber das Urtheit ber Preßvergehen den Gerichten ohne Zuzich 
VUrtheilsſchoͤffen zugeroiefen ift, hat man zwar in Frankreich für eine Beſche 
der Preßfreiheit erftärt, die Folge jedoch wird lehren, und hat es bei dem Pe 
gen den „Courrier” und den „„Constitutionnel”, wegen angeblicyer hr 
Tendenz, bereitö gelehrt, ob ftehende und unabhängige Richter nicht auch ib 
Beriehung der wahren Freiheit beſſern Schug gewähren als jene ſchwan 
Voiksurtheile. 
Charybdis, Tochter Neptun's und der Erde, die ihrer Unerſaͤtt 
wegen von Jupiter ins Meer geftürzt wurde, wo fie als Meerfteubel jede - 
das ſich ihr näherte, auf den Grund hinabriß und verſchlang. Veraul 
zu diefem Mythus gab der Wirbel im ſicilianiſchen Meere, der den une 
Schiffern ehemals um fo gefährlicher war, da fie fich in dem en 


















entgehen, der Gefahr ausfepten, an den Felfen der Scylla Schiffbruch zu 
Legt iſt die Charybdis den Schiffern nicht mehr furchtbar, weiche bei 
Meere, zumal wenn kein Suͤdwind weht, ficher Über fie hinfahren. Se 
jegt Galofaro und la Rema. 

Chaffeki, die erfte Sultanin, oder diejenige Gemahlin des ci 
Kaiſers, die ihm den erften Prinzen geboren hat. 

Chafteler (Johann Gabriel, Marquis von), Brand von Spanien 1. 
k. k. oͤſtr. Gen. d. Artil. oder Feldzeugm., Militairgouverneur In 
einer Seitenlinie des herz.⸗lothringiſchen Geſchlechtet, geb. 1763 auf dem 
Mulbais in Hennegau, erhielt feine erfte Bildung in dem Collegium de 





Shafteler 681 


4. 1776 trat er in den oͤſtr. Kriegsdienſt. Bon 1778—80 ſtudirte er in 
 Jagguisuralad. ; zu Wien, wurde Lieut. im Geniecorps und machte fidy von 
81—84 bei dem Bau der von Joſeph angeorbneten Feftungen Joſephſtadt und 
reflenſtadt rühmlich bekannt. Zugleich ftudirte er Geſchichte, Naturkunde, 
Isgersiffenfdyaft, und vorzüglich Kriegsbaukunft. Im Tuͤrkenkriege biente er 
dem Corps des Herz. von Koburg; 1788 bei der Belagerung von Chotym ward 
Me zechte Fuß gerfchmettert. In der Schlacht bei Fodfan erwarb er ſich das 








kreuz. Dann zeichnete er ſich bei dem ruffifhen Deere unter Repnin 
Nach dem Warffenftiliftande brauchte man ihn bei der Aufnahme und Auss 
mg der militaitifchen Eharte der Walachei; er vollzog wichtige Aufträge in 
pad, Peterwardein, Bruͤſſel ꝛc. Während der niederländifchen Unruhen gab 
größten Beweiſe feiner Anhänglichkeit an das Kaiferhaus. Vom Ausbruche 
ans. Revolution an nahm er als Obriftlieut. im Geniecorps an allen Feld⸗ 
des oͤſir. Heers Theil, 3. B. bei der Vertheibigung bed Caftelld von Namur 
bei der Belagerung von Walenciennes, Quesnoy und Maubeuge 1793. 
fr Schlacht bei Wattigny (15. u. 16. Dct. 1793) warf er den rechten Flügel 
n;. Armee. 1796 und 1797 arbeitete er auch als Diplomat in Polen 

„ Petersburg. Nach dem Frieden von Campo⸗Formio war er Bevollmaͤch⸗ 
Übernahme und Grenzbeftimmung der neu erworbenen venetianifchen Pros 
und 1799 Generalquartiermeifter des vereinigten ruffifch:öftreich. Deere in 
Zu Kray's Siege über Scherer bei Verona trug er viel bei. Suwa⸗ 

B Bertrauen redhtfertigte er in der Schlacht an der Zrebia (17.—19. Juni 
h. In den Laufgräben vor Aleffandria erhielt er feine dreizehnte Wunde durch 
| — — Im Fruͤhjahr 1800, von ſeiner ſchweren Verwundung 
t, ſendete ihn Baron Thugut zur Rheinarmee, deren Oberbefehl Kray 

d diefem der Erzherzog Johann übernahm. Chaſteler erhielt eine Brigade 
Gorps in Tirol, wo er die ticoler Landwehr einübte. Als der Erzherzog 
dem Waffenſtillſtand von Stadt Steyer ſchloß, wurde Tirol geraͤumt und 
a franz. und oͤſtreich. Sauvegarden in gleicher Anzahl beſetzt. Chaſteler be⸗ 
die Öſtreicher, Ranfoutp und Demont die Sranzofen. In diefer Muhezeit 
Gh. vortrefflihhe Plane für die Befeftigung Tirols, für die Bildung der 

he und des Landſturms daſelbſt. Daher ertheilten ihm Tirols Staͤnde die 
annfchaftl. 1802 ging er nach Paris, wo es ihm gelang, feine Ausſtrei⸗ 
m der niederlaͤndiſchen Emigrantenlifte zu bewirken. Beim Ausbruche des 
1805 erhielt er ein Sommando. Das Gefecht am Pag Strub mit der 
Divifion Derop, der Marſch gegen Salzburg, die Vertreibung Mars 
6aus Graͤtz erhöhten feinen alten Ruhm. 1808 wurde ihm die Befeſtigung 
| übertragen; dann befehligte er das achte Armeecorps bei der Armee 
reich. Ein Eleiner Theil deffelben war nach Zirol beftimmt, und der 

1. Sahann übertrug dem Gen. Ch. wegen feiner Kenntni des Landes dieſe 
mung perfönlih. Ch. und Hormityr waren nun die Seelen des ticoler 

6 und aller damit zufammenhängenden politifch = militattifchen Erfolge. 

| war dad Unglüd bei Regensburg geſchehen. Ch. mufte ſich nach dem 
ben Tirol wenden. Napoleon, Über die Capitulation der 8000 Franzoſen 
— in Innsbruck ergrimmt, gab zu Enns einen Tagesbefehl, wodurch 
3 gewiſſen Chaſteler, angeblich General in oͤſtreich. Dienſten, als Raͤuber⸗ 

, als Urheber der an den gefangenen Franzoſen und Baiern veruͤbten 
haten und ale Anftifter des tiroler Aufſtandes, in die Acht erklaͤrte, vor ein 
gericht zu ftellen und binnen 24 Stunden zu erſchiefen befahl”. Kaifer 
nl Bepreflalien gegen diefen voͤlkerrechtswidrigen Befehl, der um fo 
es war, als die Fürforge für die Gefangenen und Verwundeten einer ber 


eu Begenflände war, womit Ch. fid) befchäftigte. Die bairiſche Armee, unter 


Ehatam 


u. a Dımig, brach ein; furchtlos ging ihr Ch. 
F „a3. Mai bei Wörgl zerſprengt. Nun zog er 
. 0» Srenmwes. Indeſſen war Zicol von allen Seiten ı 
00 „urn !eingte den Erzherzog Sohann von Villach bi 
rotes su Dem inzwilchen bei Afpern gefchlagenen ' 
>. x Scezenig vorüber war, aus Tirol heraus und dr 
„mc nach Ungarn. Mad) Beendigung bes Kriege 
» &.trmeommandant in Zroppau, 1813 befebligte e 
. .„.ttmee in den Schlachten bei Dresden und bei Ku 
et m amrnette don Thereſienſtadt, und übernahm Dr 
„  weinsss wurde, den Klenau mit Gouvion⸗-Saint-Cyt 
“= In tt mard er zum Gouverneur von Venedig ernannt 
- Wunden den 7. Mai 1825 geftorben iſt. Diefer ri 
.. zftiiche Feldherr fprach zwoͤlf Sprachen, und ebi 
eo . mieseriner der edelften Wallonen in Oſtreichs Heeren. 
: Wiliam Pitt, Graf von), Vater des 1806 verftorb. 
. nr Der größten und verehrungsmürdigften Staatemdi 
E nr Ehrgeiz, Parteilichkeit und Herrſchſucht ebenſo we 
.s ..2 Ranken entfernt, bloß durch die Lberlegenheit feines € 
Surnar und voll Begeifterung für fein Vaterland, war er ı 
ve, uns meit hinausblidend. In der Beredtſamkeit hat il 
ns. jacmeffen. Seine Reden waren erhaben und kühn. Mil 
te he Zuhörer dahin. Durch Gefaͤlligkeit und Würde, verb 
„  ama Spzrache und dem volllommenften Geberbenipiel (in welche 
Sa: Xeriug vor fich ſelbſt einräumte), nahm er alle Gemüther fü: 
2 una deutlichen, von ſchwerfaͤlligen Schtüffen, Schwulſt und 
x Sonny freien Vortrag wirkte er auf die Überzeugung Aller. € 
ar, ns Robert Pitt von Boconnod in Cornwall, geb. 1708, verti 
2, denſte mit den Staateriffenfchaften, zog, ale ihn bald darauf 
x &rum für das Unterhaus wählte, die allgemeine Aufmerkfamte 
XWAam Schon damals wegen feines Patriotismus von der verwitw. 
x MWieidorouyb ein Vermädtnig von 10,000 Pf. Sterl., ſowie in 
“2 ednliche Erbfchaft von einem gewiffen Pynſent. Deffenungead 
‚a „uf Bine Att zu bereichern, und felbft feine erflärteften Keinde 
8. male viele hatte, und die ſich in der Folge noch vermehrten, Eor 
sa Zermgſten Flecken auf feinen Charakter werfen. Er hatte eine Kar 
2 se deim Prinzen von Wales angenommen, legte aber diefelbe 1745 ni 
128 ın Irland Schagmeifter, Generalsahtmeifter der Armee und gehelı 
>.2 dit Würde gab er bald auf; 1756 zum Stantefecretair des füd 
wartemente ernannt, mußte er diefen Poften auf Befehl des K. Georg IH., 
inte wider ihn eingenommen und durch MWiderfeglichkeit von ihm bele 
den wer, in dem nämlichen Fahre verlaffen. Das Volk, das ihm mit 
ung anding, deſtuͤrmte jedoch den König fo mit Bitten, daß er 1757 
um Staatsſecretair ernannt wurde. Jetzt zeigte fich fein großer Geifi 
ganzen Stärke. Er überftrahlte alle Mitglieder des Parlamente und c 
ec; Fein Wille wurde von allen geehrt, er war es, ber die Ihätigkeit br 
der weeder bob und wahrend des damaligen Kriegs mit Sranfreich feinem 2 
duch Stiftung einer Randmiliz, Verbefferung der Slotten, Auswahl treffii 
perren und andre durchdachte Plane in wenig Jahren das demfelben ſcho 
urfene Übergewicht über Frankreich und die Alleinherrfchaft des Handel v 
Frankreich wurde in allen vier Welteheilen gefchlagen, und ſchen 1761 
dim damals nody unvorbereiteten Spanien den Krieg anzulündigen, weil ı 


* 


Ehateaubriand 6588 


affelbe ben Franzoſen beiftehen würde. Sein ganzes Streben war die 
Englands auf den Truͤmmern der bourbonifchen Mächte. Allein plögs 
rach der Tod George II. f. Entiwinfe. Georg III. ward von Pitt’s Geg⸗ 
Geafen Bute, einem befchräntten Staatsmanne, wider ihn eingenoms 
B Pier f. Stelle 1761 freiwillig niederlegte und bloß im Unterhaufe blieb. 
: London übergab eine allgemeine Dankſagung an Pitt, defien Gemahlin 
von Chatam geworden war, ließ ihm zu Ehren eine Infchrift auf der 
jbruͤcke anichlagen und betrachtete ihn als das Palladium der Freiheit. 
panien 1762 foͤrmlich mit Frankreich verband, rieth Pitt zur Fortſetzung 
durch den man beide feindliche Staaten vielleicht ganz entkraͤftet haben 
lein die Gegenpartel ſchloß 1763 Frieden. Pitt nahm fich des Volks 
Bedruͤckung an. Da er vorausfah, daß ſich die amerikaniſchen Colonien 
ernder defpotifcher Strenge vom Mutterlande trennen würden, drang er 
1766 auf glimpflichere Behandlung derfelben und auf Widerrufung der 
te. In demielben Jahre wurde ein neues Minifterium berufen, und 
ernannte ihn zum geheimen Siegelbemahrer, Viscount von Burton, 
> Grafen von Chatam. Dies gefchah jedoch nicht ſowol aus Hochach⸗ 
Verdienſte als um ihn aus dem Untsrhaufe, wo fein Einfluß uͤberwie⸗ 
in das Dberhaus zu bringen, in welchem er wegen ber Majorität, bie 
ite des Lords North und f. Anhänger war, dem Minifterium nicht fo 
verben Eonnte. Auch hier empfahl Pitt mit der lebhafteften Sreimüthig« 
re Maßregeln gegen Amerika, befonders 1775 ; allein man verwarf f. 
und 1776 erklaͤrten ſich die Colonien für frei. Ein abermaliger Vers 
21777 zur Ausföhnung mit ihnen machte, ſchlug ebenfalls fehl; vers 
te er die Unmöglichkeit, die Amerikaner zu bezwingen. Am 8. April 
6 er fich, wiewol fehr krank, in das Haus, um das ungerechte und un⸗ 
Zerfahren der Minifter gegen Amerika öffentlich zu tadeln; nach geen« 
e fan er ohnmaͤchtig nieder und wurde aus dem Parlamente auf fein 
ayes bei Kent gebracht, wo er ben 11. Mai flarb. Das Parlament gab 
; f. Söhne, der die Grafſchaft Chatam befaß, für fi und f. Nachkom⸗ 
Pf. St. Jahrgeld, begrub Pitt auf öffentliche Koften mit dem größten 
‚ feßte ihm in der Weftminfterabtei und nachher, 1782, in Guildhall 
Denkmäler. . 
teaubriand (Francois Augufte, Vicomte de), Pair von Frankreich, 
bes edlen Malesherbes, gehört zu den ausgezeichnetften jetzt lebenden 
een Frankreichs. Erift 1769 zu Combourg in der Bretagne geboren 
186 in das Sinfanterieregiment Navarra. Während ber blutigen Ach⸗ 
Laufe der Revolution verließ er fein Vaterland und begab ſich nad) Nord⸗ 
Auf feine Bildung als potitifch sreligiöfer Dichter hat der zweiiährige 
: unter den wilden Stämmen von Kentucky, von mo er in den jahren 
bie zum Cap Mendocin an das Ufer des flillen Meeres vordrang, ents 
‚Einfluß gehabt. In Amerika fchrieb er ein Gedicht in Profa: „Die 
oder Gemälde des Lebens der indianifchen Stämme”, das erſt 1826 
ımmlung feiner Werke erfchienen if. 1792 Echrte er nach Europa 
a unter den Kahnen der Emigranten zu fechten. Hier ward er bei 
rung von Tihionville vertvundet. Dies und andre Gründe bervogen 
England zu gehen, wo er ſich in einer bedrängten Lage befand, weßhalb 
keller ward, wodurch er mit dem Grafen de Fontanes in eine freunds 
Verbindung fam. Damals fchrieb er den „Essai historique, polit. 
sur les revolutions anciennes et modernes, considerees dans leur 
rec la revolution frangaise” (Rond. 1797 und Leipz. b. Brockhaus). 
rift enthält mehre Abfchnitte, denen die aufgellärteften Männer noch jegt 


582 Chatam 


dem Marſchall Herzog von Danzig, brach ein; furchtlos ging ⸗ 
fein Heer wurde aber am 13. Mai bei Woͤrgl zerſprengt. Nor . 4 
Gentralpofition des Brenners. Indeſſen war Tirol von al. her 
ten, ber Vicekoͤnig Eugen drängte den Erzherzog Johann: " 
fuchte den nächften Weg zu dem Inmifchen bei Afper ’ wi 
Ch. brach, ſowie der Vicekönig voruͤber war, aus Tir de 
Kaͤrnthen und Unterfteyer nad) Ungarn. Nach Bee’ 2 
eine Zeitlang ais Milltaircommandant in Troppar — 
nadiercorps der Hauptatmee In den Schlachten br’ erh 
Feldzeugmeifter, Gouverneur von Thereſienſte . de6 Otrfenb ı 
der Vertrag gemißbilligt wurde, den Klenau 
hatte. Im Dec. 1814 ward er zum Gouv⸗ 
den Folgen von 14 Wunden den 7. Mai 1‘ 
finnte —S—— Feldhert Aug 
als großmuͤthig war er einer ber ebelf 
Chatam (Miliom Pitt, Ger He früber würde das Buch fo 


William Pitt, einer der gröften ur .s Beinden berfelben Gnade gefun! 
Tand6, dab et, von Ehıgeig, Dar, a en 
Eigennug und Ränken mit Fontane, 2a Darpe und andern 
— ) Mithrramegebrr beb „Merent 
Sa, (and mi A eeisafsrcstaie in Rom unter dem Cav 
ct AR hr pm zu fe Mäctpeern", einem rellgiöſe 
einer (hönen Oprate —* franz. Minlſter in Wallis angeſ 
ee I ‚Herzogs von Enghien (im März 1804) 

zug ihre Griechentand und Rpodus nad) Jeruſai 


and Garthago, dann Eehrte er durch € 
Si Va a ach slnm Moe brachte een 


Ales auf biefen Zwec angel 
„aparte wuͤnſchte das Anſehen 















" Dat ‚Kiefel, einen Rofenkranz, ein Flaͤſch 
Fee , mit Waffer aus dem todten Meere und etı 
und befam Mis als Zeugniſſe ſeiner Pilgerfahrt und feine 
von Mi nelorer f. Eigenthumsrecht am „Mercure de Frı 
eine anfe TAN Borde durch Spanien einen Artikel geſch 
er ſich ‚heleidigende Anfpielungen zu finden glaubte. U 
fehon di ’8,Martyrs”. ie fonnten natuͤrlich nur et 
deng ‚Ehenier war fein Berwunderer von des Bicomt: 


am Chenier's Stelle 1811 Mitglied des Infti 


rk rinıf. Eintrittörede über f. Vorgänger, auf den ı 
ud: ‚ fogmannıte Eloge hätte halten follen, mit fo wenig 
parte nur bie Empfindlichkeit feiner Eigentiebe und die Abfich 
Ru erkennen Eonnte. Übrigens finden ſich hier, un 
den A ‚kinörairo de Paris & Jerusalem“ mehre Gtelfen zum 
du mei der Verf. deffen Eriegerifchen Ruhm bemumderte, ti 


u gefiehe), zum Beſten f. Verlegers, einen Wink des Poli 
n sacıret laffen durfte. Endlich erhob das I. 1812 feine Hr 
f ———— zu ſehen, und im April 1814 ſchrieb CH. zu 
’  folkin alle euxop. Spradyen überfegte Stugfchrift: „De Buc 
— man konnte gegen eine Macht, die nicht mehr vort 

br Hatte. Dagegen erfchien 1824 zu Pariß bei dacroſſe, neu at 


Taten gewordene Ausg. de6 „Ensai“ von 1797, mit Roten und m 


- mranftaltete 1814 eine neue Ausg. des „Essai”, worin er alle mi 
van SBLA enthaltenen Weränberungen. 


: 
um 
— 

* 


Chateaubriand 586 


Ser Vf. bier gethan hat. Der Mann, „den die Vor ⸗ 
»ovidence), wird ebenfo &räftig wie früher, aber 
Dadurch ſprach ſich der Wicomte entſchieden 
er ſeitdem treu geblieben iſt, oder, wie 
8 befuhr I u ee 
& auch Einfluß auf die ti 
2 Sn x os sur quelques brochures 
RER nm. Bei Napoleons Landung 
—R8R it ihm nad) Paris zuruͤck. Als 
% .a im Dai 1815 einm Bericht über 
N . SImtereffen fo unkluger Weife bedroht 
sicht im Parts durch dem Drud® verbrels 
X „er Staatsminifter und Pair. Als folher 
a Mafregeln gegen politifhe Umtriebe, erkiärte 
sichterlihen Formen, gegen bie theilweife Erueue⸗ 
“fm. Den 21. März 1816 wurde er Mitglied der 
ES «ge nachber erſchien ſ. Schrift: „La monarchie selon 
» er einige gute Ideen mit ſehr unpolitifchen Lehren, deren 
«a der koͤnigl Gewalt und denen des Volks gleich nachtheilig 
H verwiſcht hat. Weil er ſich darin Zweifel an dem eignen 
«96 In Anfehung ber Drdonnanz vom 5. Sept. erlaubte, fo firich 
1 aus der Lifte der Staateminiſter aus, worüber die Vorſtadt Gt.» 
ungufrieben war. Geitdem griff Ch. öfter das Spftem von Decazes 
e im mehren Auffägen, daß Frankreich untergehen müffe, wenn man 
Berwaltung nicht ändere. Der „Moniteur‘ vom 21. Auguft 1818 
iher nachdruͤcuiqh ſ. Schrift: „Remarques sur les affaires du mo- 
der Folge (1820) ſtimmte Chateaubriand für die Ausnahmegefege. 
Taufe bed Herzogs von Bordeaur überreichte er der Herzogin v. Berry 
mit Waffer aus dem Jordan, und man fragte bei diefer Gelegenheit, 
a nicht 1811 für gut gefunden habe, mit dieſem romantiſchen Waſ⸗ 
e gu benehen, welche Damals die Schickſale der Zukunft in ſich faßte?" 
ip. als bevoilmaͤchtigter Miniſter und außerordenti. Gefandter nach 
aber 1821 nach Paris zurädt, wo er am 30. April 1821 wieder zum 
ex unb Mitglied des geheimen Raths ernannt wurde; er nahm jedody 
‚ feine. &ntlaffung von dem Poften eines Staatsminiſters. 1822 
Drcayet’ 6. Stelle zum auferorbentl. Geſandten am Hofe zu London 
Poften, deffen Gehalt befannti. 300,000 Fr. beträgt (ohne 150,000 
#en Einrichtung bewilligt werden). Ch. kehrte aber bald nad) Paris 
dann dem Hertzog von Montmorency auf den Gongreß zu Verona 
ach feiner Mückehr Nachfolger des Herzogs von Montmorency im 
der auswaͤrt. Hogelegenheiten (28. Dec. 1822), weil er mit Hm. v. 
die fpanifche Sache übereinftimmenb dachte. In diefem Sinne der 
ard das Schreiben an den franz. Befandten in Madrid, Grafen de la 
aßt, worauf der Krieg ausbrach. Allein bald trat zwiſchen Willele 
gewiffe Kälte ein, tweil Jener den romantiſchen Schwung bes Letztern 
d· rodeliſtiſchen Sache nicht biigte. Ch. erhielt dagegen ben ruſſ. 
d dem preuß. ſchwarzen Adlerorden. Als nun Ch. Wilöle's Gefehs 
Renten berabjufegen, in der Pairdlammer nicht unterftügte — viels 
Erwartung, daß die Vertverfung des Vorſchlags Villale's Sturz zur 
Einnte —, fo erhlelt er felbft am 5. Juni 1824 feine Entlaffung. 
# XVIH. Xode gab Ch. ſchon am 17. Sept. eine meifterhaft abges 
riſt une. d. Titel: „Le Roi est mort; vive le Roil” heraus, bie ihm 





5 Ghateaubriand 


ihren Beifall geben würden, nur nicht Herr von Chateaubriand ſelbſt. D 
nämlich feine frühern Itrthuͤmer (ses terreurs) feitdem öffentiich eingeftan! 
ein neues Werk nad) altem Glauben gefchrieben. („Jrecris‘, fagt er, „un« 
neuf avec une foi antique”.) *) Denn als Bonaparte an die Spitze de 
tung trat und ſich den liberalen Ideen abgeneigt erklärte, geſchah es, daß 
Verf. des „Essai historique‘ von diefen Ideen fich losfagte. „Unter € 
gierung, die Eeine friedliche Meinung aͤchtet“, fchrieb ee 1801 in der Vor 
3. Ausg. f. „Atala“, „ift es erlaubt, die Vertheibigung des Chriftianisu 
einen Gegenfland der Literatur, zu uͤbernehmen““. Er nannte damals B 
einen von den Menſchen, welche die Gottheit, wenn fie des Strafens s 
zum Zeichen der Verföhnung auf die Welt fendet. Die erfte Ausg. von ( 
briand’8 ‚Genie du christianisme‘ erfhien 1802 in England, dann 
Frankreich; der Roman „Atala“ füllte das 13. Buch deffelben aus. D 
machte einen großen Eindruck; auch ift darin Alles auf diefen Zweck angele 
Zeit dazu war glüdlicy gewählt, denn Bonaparte wänfchte das Anfehen d 
wiederherzuftellen. Sünfandzwanzig Jahre früher würde das Buch fo w 
ben Augen der Sorbonne als vor den Feinden derfelben Gnade gefunde 
Jetzt ſchwiegen die Prälaten zu den etwas weltlichen Anfichten des Vfs. 
und Darftellung das religiöfe Gefühl anfpracdhen. Nach dem 18. Bruma 
Ch. nad) Frankreich zuruͤck, trat mit Fontanes, La Darpe und andern au 
neten Gelehrten in Verbindung und warb Mitherausgeber des „Mercure 
war er auf eine kurze Zeit: Gefandtfchaftsfecretair in Rom unter dem Cardin 
Diefer Aufenthalt begeifterte ihn zu f. „Maͤrtyrern“, einem religiöfen | 
Noch in demfelben Jahre ward er als franz. Minifter in Wallis angeftell 
aber gleich nad) dem Tode des Herzogs von Enghien (im März 1804) fe 
laflung. 1806 reifte er über Griechenland und Rhodus nad Serufalem, 
befuchte er Alerandrien, Kairo und Carthago, dann Eehrte er durch Sp 
Mai 1807 nach Frankreich zurüd. Nach f. eignen Worten brachte er von 
Argos und Korinth ein Dugend Kiefel, einen Roſenktanz, ein Flaͤſchcher 
aus dem Jordan, eine Phiole mit Wafler aus dem tobten Meere und etwai 
rohr von den Ufern des Nils als Zeugniffe feiner Pilgerfahrt und feines ( 
mit. Bald nachher verlor er f. Eigmthumsrecht am „Mercure de Frane 
er über die Meife bes H. v. la Borde durch Spanien einen Artikel gefchriet 
in weldyem der Kaifer beleidigende Anfpielungen zu finden glaubte. Um 
erfchienen Chatenubriand’6 „Martyrs’. Sie konnten natuͤrlich nur theil 
falten. Auch SSofeph Chenier war kein Bewunderer von des Vicomte € 
Als nun Chateaubriand an Chenier's Stelle 1811 Mitglied des Inſtitut 
ben war, urtheilte er in f. Eimtrittörede über f. Vorgänger, aufden er 
Herkonmen eine fogenannte Eloge hätte halten follen, mit fo wenig € 
daß man darin nur die Empfindlichkeit feiner Eigenliebe und die Abficht, 
teienzwiſt zu nähren, erkennen Eonnte. Übrigens finden fich bier, und ı 
figer in dem „Itineraire de Paris à Jerusalem‘' mehre Stellen zum Lo 
leons, theils weil der Verf. deſſen kriegeriſchen Ruhm bewunderte, thei 
(tote er felbft gefteht), zum Beſten f. Verlegers, einen Wink des Polizei 
nicht unbeachtet laffen durfte. Endlich erhob das 3. 1812 feine Hoff 
Bourbons wiederhergeftelit zu fehen, und im April 1814 ſchrieb Ch. zu P 
berühmte, faft in alle europ. Sprachen uͤberſetzte Flugſchrift: „De Buon: 
des Bourbons”; man Eonnte gegen eine Macht, die nicht mehr vorha 
*) Ch. veranftaltete 1814 eine neue Ausg. bed „Essai”, worin er alle mißfl 
len abgeändert hatte. Dagegen erſchien 1824 zu Paris bei Lacroffe, neu abge 
alte, febr felten geivorbene Ausg. bes „Essai” von 1797, mit Roten und mit 
Ausg. von 181% enthaltenen Veraͤnderungen. 


Chateaubriand 586 


ſchreiben als 06 der Bf. bier gethan hat. Der Mann, „ben die Vor⸗ 
te” (emveys par la providence), wird ebenfo kräftig wie früher, aber 
nıen Zügen gefchiibeet. Dadurch ſprach ſich der Vicomte entichieden 
dot der Ultraxoyaliſten aus, der er ſeitdem treu geblieben ift, oder, wie 
an fagt: „Der Philoſoph der Wuͤſte beſtrebte fich, nummehr ber Philos 
ilerien zu fein”. Doch fuchte er dabei auch Einfluß auf die öffentliche 
u gewinnen, und f. „Reflexions politiques sur quelques brochüres 
mpfabhlen ihn dem damaligen Minifterium. Bei Napoleons Landung 
dwig XVIIL nach Gent, und Eehrte mit ibm nach Paris zuruͤck. Als 
z Koͤnigs in Gent legte er demſelben im Mai 1815 einen Bericht ber 
Frankreichs vor, worin gewiſſe Intereſſen fo unkluger Weife bedroht 
hienen, daß Bonaparte den Bericht in Paris durch den Druck verbreis 
Den 19. Aug. 1815 ward er Staatsminiſter und Pair. Als folcher 
ateaubriand für firenge Maßregein gegen politifhe Umtriebe, erklaͤrte 
Herſtellung ber alten richterlichen Formen, gegen die theilweiſe Erneue⸗ 
rputirtenfammer u. ſ. w. Den 21. März 1816 wurde er Mitglied der 
Ein halbes Jahr nachher erfchien |. Schrift: „La monarchie selon 
in welcher er einige gute Ideen mit fehr unpolitifchen Lehren, deren 
den Rechten ber Eönigi. Gewalt und denen des Volks gleich nachtheilig 
kuͤnſtuch vermifcht hat. Weil er fich darin Zweifel an dem eignen 
Könige In Anfehung der Drdonnanz vom 5. Sept. erlaubte, fo ſtrich 
nig aus der Lifte der Staatsminiſter aus, worüber die Vorſtadt St.⸗ 
be unzufrieden mar. Seitdem griff Ch. öfter das Syſtem von Decazes 
ärte in mehren Auffäßgen, daß Frankreich untergehen müffe, werm man 
es Verwaltung nicht ändere. Der „Moniteur‘ vom 21. Auguft 1818 
daher nadhbrüdlich ſ. Schrift: „Remarques sur les affaires du mo- 
In der Folge (1820) Kimmte Chateaubriand für die Ausnahmegefeke. 
: Taufe des Herzogs von Bordeaur uͤberreichte er der Derzogin v. Berry 
en mit Waffer aus dem Jordan, und man fragte bei diefer Gelegenheit, 
enn nicht 1814 für gut gefunden babe, mit diefem romantifchen Wafs 
iege zu benetzen, welche damals die Schidfale der Zukunft in fich faßte ?“ 
Ch. als bevollmächtigter Miniſter und außerordenti. Sefandter nach 
ste aber 1821 nach Paris zuruͤck, wo er am 30. Aprit 1821 wieder zum 
üfter unb Mitglied des geheimen Raths ernannt wurde; er nahm jedody 
J. feine Entlaffung von dem Poften eines Staatsminifters. 1822 
n Decazes's Stelle zum außerordentl. Gefandten am Hofe zu Konbon 
in Poften, defien Gehalt bekanntl. 300,000 Fr. beträgt (ohne 150,000 
: erften Einrichtung bewilligt werden). Ch. kehrte aber bald nad) Paris 
ste dann dem Herzog von Montmorency auf den Congreß zu Verona 
nach feinee Ruͤckkehr Nachfolger des Herzogs von Montmorency im 
m der auswaͤrt. Augelegenheiten (28. Dec. 1822), weil er mit Hrn. v. 
ee die ſpaniſche Sache übereinftiimmend dachte. In diefem Sinne der 
ward das Schreiben an den franz. Gefandten in Madrid, Grafen de la 
zefaßt, worauf der Krieg ausbrach. Allein bald trat zroifchen WVillele 
ne gerwiffe Kälte ein, weil Jener den romantifchen Schwung bes Letztern 
fh »royaliftifhen Sache nicht billigte. Ch. erhielt dagegen ben ruff. 
und den preuß. ſchwarzen Adlerorden. Als nun Ch. Wiliele’6 Geſetz⸗ 
ie Menten herabzuſetzen, in der Pairskammer nicht unterftügte — viels 
s Erwartung, daß die Verwerfung des Vorſchlags Villele's Sturz zur 
m könnte —, fo erhielt ex felbft am 5. Zuni 1824 feine Entlaffung. 
vigs XVIII. Zode gab Ch. ſchon am 17. Sept. eine meifterhaft abge: 
frift une. d. Titel: „Le Roi est mort; vivo le Roil” heraus, die ihm 


586. Chateaurour Shatelet 


die Gunft'des Hofs und die Gnade des Könige zumandte. ' Er fam jrdoch 
wieder ind Minifterium. Dagegen trat er zur Contreoppofition und bedien 
ber entfeffelten Dreffe, um in dem „Journ. des debats” die Maſtegeln bes I 
flertums in gut 'gefchriebenen Artikeln einer [harfen Kritik zu unterwerfen. 1 
Flugſchrift: „De l’abolition de la censure”, worin er den Gag aufitellte 
ohne Preffreiheit die vepräfentative Regierung nichts tauge, fanb großen B 
1836 erſchlen ſ. berebte und freimüthige „Note sur la Gröoe”, welche bie! 
der Griechen empfahl, für welche Ch. auch in der Kammer mit großem Rad 
ſprach. Gegenwärtig befchäftigt er fich mit der Herausgabe ſ. „Oeuwres 
plötes‘ in 25 Bdn. (davon 13 ungedruckte), wofhr ihm der Buchhaͤndler Lal 
ein Honorar von 550,000 Fr. bezahıt hat. — Unter den übrigen Schriftu 
Vicomte nennen wir f. „Memoires, lettres et pieces authentiques, tow 
la vie et la mort du due de Berry". Auch war er eine Zeit lang Haupt 
teur des „Conservateur”s doch hörte diefe von Kisves fortgefepte Zeitſchri 
als das Eenſurgeſetz erfchien. Chateaubriand’s Schriften athmen poetifche® | 
Er ſchreibt mit Wärme, bilderreich, geiftvoll und nicht ohne Kraft; insbe 
kann man viele feiner Schliderungen trefflic nennen; allein den Ideen fehlt 
Ziefe und Zufammenhang. Wenn ihm alfo auch. feine Darftellungsgabe 
ausgezeichneten Rang unter ben Lieblingsfchriftftelleen erworben hat, fo 
eins feiner Werke claffifcdy in dem Sinne genannt werden, in welchem bi 
nur den Werken eines hohen und freien Geiftes gebührt, weldye Id 
mit.Ziefe und Gruͤndlichkeit vereinigen, ohne die Wahrheit durch fophifti 
dungen oder durch Träume einer ſich felbft täufchenden Phantaſie und 
Bombuft einer üppigen Redeform zu entftellen. WBiele feiner Schriften 
Engliſche überfegt; fie werden aber in England weniger gefchägt als in 
und in Amerika noch weniger: als in England. Lady Morgan nennt Ihn 
famen und unerreichten Nachfolger der Coucy, Nesle, Chatillon und Med 
den letzten der Kreuzfahrer und edlen Pilgrime von Europa! - 

Chateaurour (Marie Anne, Herzogin v.), aus bem erlauchten 
Nesle, vermählte fi 1734 mit dem Marquis de la Tournelle. Im 23. 
Witwe, warb fle von der Ducheſſe Mazarin, ihrer Tante, aufgenommten, 
aber bald diefe Stuͤtze. Nachdem ihre beiden Schweſtern (Bintimille und 
Eine nach der Andern das Herz Ludwigs XV. beherrfcht hatten, flößte fie 
nige eine lebhafte Leidenfchaft rin. Sie ward zur Palafldame ber Königin 
der Folge zur Herzogin Chateaurour ernannt und erhielt eine Penfion von 
Livres. Auf ihren Antrieb hatte ſich Ludwig XV. an die Spitze der Heere ie 
dern und im Eifaß geftellt, um den Kortfchritten bes Feindes Einhalt zu thu 
wurde zu Meg krank; man gab fein Erben auf und.nöthigte ihn, in die Emfe 
der Herzogin zu vollligen. In Paris fand fie bei Michelieu Zuflucht, der md 
Geneſung des Könige Beide wieder mit einander ausſoͤhnte. Sie erlangte 
voliftändigen Triumph und follte zu dem wichtigen Poften einer Surintendat 
der Dauphine erhoben werden, als fie 1744 flarb. Zu Paris erfchien 1801 
Sammlung von ihren Briefen in 2 Pibchn. 

“Chatelst. Als Paris nocdy.auf den‘ Umfang der Altſtabt (Cite) befd 
war, konnte mar nur über 2 Brüden (le petit pont und le pont au ch 
hineintommen. Jede war durch 2 Thuͤrme befeftigt: einen Bleinern nach ber! 
zu, in der Stadtmauer, und einen größern vor der Bruͤcke, nach bem Felde zu. : 
beiden dußern Thuͤrme find bad Grand und Petit Chatelöt. Daß das € 
Chatet&t von Julius Gäfar erbaut worben fei, war eine fehr unfichere, obwol 
von Gelehrten (La Marre in f. „Traitc de police‘, Bd. 1, ©. 87) angenen 
Sage, aber zur Zeit der normannifchen Belagerung (885) ftand der arofe J 
bereite. .. Dos Grand Chatelet war das Schloß der Grafen von Parts, und 









Ghaͤtelet Chatillon (Eongref zu) 587 


aller koͤnigl. Berichte in der Stadt und Graffchaft, ſowie des Lehnhofs. 
idt hatte gar keine eigne Gerichtsbarkeit, ihr Stadtvogt oder Stadthnupts 
Krevöt) wurde vom Könige gefest und war nicht nur der Erſte des Gerichts 
r dem Namen nad, da er am Fällen der Urtheile feinen Thell hatte), ſon⸗ 
von Amtswegen Anfuͤhrer der Ritterfchaft. Seit 1388 war die früher 
, dann eine Zeitlang bamit vereinigte Stelle eines Hauptmanns der Kauf 
aft (Prevöt des marchands , in andern Städten Maire) davon getrennt. 
thäfte des Chazelet wurden durch Amtsverweſer, Amtleute (Lieutenants) 
deren fünf waren, drei für die bürgerlichen Rechtsſachen, ein Criminal⸗ 
kann und der Pollseioberammmann (Lieutenant general de la police); 
war im runde Polizeiminifter des Königreich, und der Umfang feiner 
e, wie feiner Gewalt, befonders nad) der Einrichtung, welche Ihnen der 
' D’Argenfon unter Ludwig XIV. gegeben hatte, machte ihn zu einem ber 
en Beamten bes Staats. Im Chateldt nahm er aber die 4. Stelle ein. 
richt beftand aus 56 Näthen, mit 13 Staatsanwälten, einer Menge 
nen, 3. 8. 63 Secretairs oder Greffiers, 113 Notarten, 236 Procuras 
Alle diefe Stellen waren kaͤuflich: die Stelle des erſten Civil: Oberamt« 
bar zu 500,000 Livres angefchlagen, ein Notariat zu 40,000 Livres. 
telet nahm nach den hoͤchſten Berichten (Cours souveraines) bie erſte 
1. 37. 
ätelet (Gabriele Emilie de Breteuit, Marquiſe du), aus einem alten 
der Picardie, geb. 1706, lernte von Ihrem Vater, dem Baron Breteuil, 
26 fie fo gut verftand als Mad. Dacier (f.d.); doch mar ihr Lieb» 
Mathematit. Dabei beſaß fie eine gefunde Urtheilskraft und viel Ges 
Sie liebte daB gefellige Leben und die Vergnügungen ihres Alters und 
8. Indeß gab fie Alles auf und sog fi) 1733 in das halb verfallene 
lirey, in eine hoͤchſt traurige Gegend an der Grenze von Champagne und 
n, zurüd. ie verfchönerte dieſen Aufenthalt, legte eine Bibliothek an, 
Inſtrumente ıc. Cirey wurde oft von Gelehrten befucht, z. B. von Maus» 
Jobann Bernoulli. Hier war es, two die Marquife in 3 Monaten von 
Englifch Iernte, und mit ihm Newton, Rode und Pope lad. Eben fe 
enge fie Italieniſch. Auch fchrieb fie eine Abhandlung Über das Feibnig’s 
em; dann Übrrfegte fie Neroton’6 „„Principia” ins Sranzöfifche und fügte 
sbraifchen Sommentar hinzu. Voltaire lebte mit ihr zu Cirey 6 Jahre; 
g fie mit ihm nad) Brüffel, um einen Proceß zu führen, den Voltaire durch 
theilhaften Vergleich endiate. Auch mit dem Phitofophen Wolf ftand fie 
wechlel bis an ihr Ende. Ihr „Traite de la nature du feu' gemann den 
d ſteht in der Sammlung der Preisfchtiften der parifer Akademie der Wifs 
m. She Bemahl war der Oberhofmarfchall des Könige Stanislaus 
zu Luneville, Marquis de Chätelet-Laumont. Sie ftarb zu Luneville 


atillon, Congreß zu, vom 5. $ebr. bie 19. Mär; 1814, und 
itige Kriegsereigniffe. Die Unterhmblungen, welche die Vers 
(hen zu Frankfurt am 10. Det. und 27. Nov. 1813 mit Napoleon an» 
darm aber, nad} ihrer Drclaration vom 1. Dec., feit dem 8. Jan. 1814, 
ı Schauplag des Krieges in das Her; von Frankreich verlegten, abyebro> 
7, murden aufs neue fortgefegt in dem für neutral erflärten Städtchen 
fur Seine (Hauptort eined Bezirks in dem Depart. Cö:e d’or mit 3700 
oo Caulaincourt (Herzog v. Vicenza), der an Maret's (Herr. v. Baſſano) 
iniſter der ausmärt. Angelegenh. geworden war, die Antwort des Kürften 
4 auf f. letzten Brief erwartete. Lord Caſtlereagh leitete daſelbſt die Uns 
ngen im Namen Großbritanniens ; außer ihm befanden ſich noch daſelbſt 





688 Chatillon und Kampf zm. d. Marne und Eine 


3 britifche Minifter: Lord Gathcart, Aberdeen unb Stewart. Im Ran 
lands unterhandelte Graf v. Razumofftki, im Namen Öftreichs Graf St 
im Namen Preußens Baron v. Humboldt. Die Gefchichte biefes Congeı 
mit dem Gange des Krieges im genaueſtem Zufammenhange. Nach der 
bei Brienne oder la Rotbiere (ſ Brigune) zog fi) Napoleon über X 
8. Febr. nach Nogent an der Seine, 23 Stunden von Parks, zurüd. 

bündeten hatten ihrerfeitg in dem Krirgsrathe.än Brienne am. 2. Febr. 6 
bie franz. Armee nicht mit vereinter Kraft-zu verfolgen, weil das Land fi 
auf Eimer Strafe nicht hinreichende Verpfiegungsmittel darbot; Schu 
und Bücher trennten fi alfo, um auf Paris zu marſchicen: Jener üb 
das er am 7. Febr., Napoleons Heertheile zuruͤckdraͤngend, beſetzte, an bei 
der Seine; Diefer über Arcis und Chalons, um hier die Heertheile von V 
und Langeron aufjunshmen, längs ber. Aube und Marne nah Meauxr hiı 
Bluͤcher drang, den Marfchall Macdonald verfolgend, flatt die Norda 
Belgien abzuwarten, in einzelnen Heerhaufen, wodnrch er feine Kräfte zei 
zu. raſch durch die Champagne vor. .. Zwilchen ihm und der Dauptarmeı 
leerer Kaum von 3 — 4 Märkhen, den Napoleon, ungeachtet der vr 
Wege, mit raſcher Kühnheit zum größten Nachtheil für die Alliirten benu 
terdeffen mar der Congreß bereits am 5. Febr. eröffnet worden, indem Nay 
zur augenblicklichen Auslieferung aller feften Plaͤze in den von Frankreit 
tenden Ländern erbot, fobgid bie Verbündeten ihm einen Waffenſtillſtand 
dep. Allein diefe verlangten ſogleich die vorläufigen Bedingungen einel 
au.unterzeichnen, der Frankreich feine alten Grenzen fichere, wenn Rapel 
6 der wichtigften. Grenzfeſtungen einrdumte. So ſtand die Unterhandl 
Napoleon. — ‚rechts von Schwarzenberg diesſeits Troyes bedroht, links 
cher überflügelt, deſſen vorderſter Heerhaufen unter York bis la Ferte:fond 
am 9. Zebr., 3 Tagemärfche von Paris, vorgedrungen war — ploͤtzlich Di 
Seitenmarſch die Mitte der Linie, auf welcher die duch flarke Zwiſchen 
trennten Abteilungen des ſchleſiſchen Heeres ſich befanden, ſenkrecht du 
ſodaß er nun im Ruͤcken und in der linken Flanke des Feindes vordrang. 

nämlich 36,000 M. unter Victor, Oudinot und Milhaud an den Übergs 
ten der Seine und Vonne gegen Schwarzenberg zuruͤck, und eilte von Rt 
die Seine mit ben Heertheilen von Ney und Marmont, nebfl den Gad 
Mostier, 30,900 M. ſtark, am 9. Febr. nad) Sesanne, warf fid) as 
Champaubert mit 6000 Pferden auf die ruff. Heerabtheilung dei 
Alfufieff, der 5000 M. Fußvolk und 24 Kanonen hatte. Diefer mußte 
tapferm Widerflande, mit 2000 M. ergeben; 2000 M. enttamen durch 
ber, und 15 Kanonen fielen in feindliche Gewalt. Rapoleon fland jept ü 
der unter Sacken und Pork vorgefchobenen Heertheile. Jener marſchi 
20,000 M. ſtark, eiligſt von la Ferte nach Montmirail zuruͤck, wurd 
am 11. Febr. von Napoleon, der Montmirail ſchon beſetzt hatte, nach eiı 
gen Kampfe in den Dörfern l' Epine und Marchais, gefihlagen, und 308 | 
die Ankunft eines Theile des Deerhaufens von York gedeckt, mit einem 
von 2400 M. an Tobsen, 1000 Gefangenen und 9 Kanonen, in der I 
Chateau⸗Thierry zuruͤck, das er, nachdem ſein Nachtrab auf den Höhen ı 
am 12. nochmals gefchlagen worden war und über 2000M. verloren hatte 
erreichte. Hier deckte Prinz Wilhelm von Preußen mit 2000 M. den 
auf das rechte Ufer der Marne, worauf Suden und auch York, der i 
Meaur zuruͤckgewichen mar, Beide von Macdonald verfolgt, ſich nach R 
ruͤckzogen. Unterdeffen hatte Blücher, auf die erfte Kunde von Napoleo 
gung, den Heertheil des Generallieut. von Kleift und die Abtheilung bes 
Kapzewitſch, am 12. in der Stellung bei Bergeres zufammengezogen, 3 


Chatillon und Kampf zw. d. Marne u. Seine 589 


ung, Rapoleon fei von den Generalen York und Saden zuruͤckgewieſen, 
00 M. nach Etoges vorgerüdt, wo er Marmont, den Napoleon ihm 
eſandt hatte, am 13. angriff und ihn, um fidy mit Sadın und Dorf zu 
(, nach Montmirail hin bie Vauchamp zuruͤcktrieb. Aber fhon am 14. 
pofeon hier und bei Joinvillers den preuß. Vortrab. Wald fah ſich Bluͤcher 
Seiten angegriffen, und feine Lage jegt erfennend, befchloß er den Ruͤck⸗ 
Fußvolk ſcharte fid) in Maffen, die Batterien zwifchen fid), die Reiterei 
luͤgeln. An biefem Tage, bei Vauch amp und Etoge®, rettete bie 
: dee Preußen und der Helbenmuth ihrer Führer, Bluͤcher, Gneifenau, 
> Prinz Auguft von Preußen, das Heer von Schlefien. Denn troß ihrer 
heit an Reiterei vermochten bie Sranzofen nicht die preuß. Vierecke zu 
en; vergebens hatte Grouchy Champaubert und mit 6000 Reitern die 
ach Etoges befegt, um Bluͤcher den Ruͤckzug abzufchneiden. Obgleich 
de umzingelt, warfen die Preußen und Ruſſen ſeine wiederholten Flanken⸗ 
uruͤck und zogen fechtend in gedraͤngten Scharen fort, bis ſie den Wald 
es erreichten. Auch hier mußten ſie ſich durch Maſſen des feindlichen 
das ihnen dahin zuvorgekommen war, durchſchlagen, wobei die Nach⸗ 
Srouchy's Reiterei in ben Flanken und von Marmont's Fußvolk von vorn 
m, groͤßtentheils zerfprengt und gefangen wurde. Erft in ber Nacht ges 
cher, mit einem Verluſte von 4000 M. und 9 Kanonen, in die Stellung 
ned. Am 16. wid) er, ohne meiter verfolgt zu werden, nach Chalons an 
te zurück, wo er ſich mit York und Saden und mit den herbeiellenden 
von 2angeron vereinigte. Das fchlefifche Heer hatte in diefen 6 Zagen 
beit feiner Stärke, beinahe 15,000 M. verloren, war aber jegt von neuem 
00 DM. ſtark. 
irdefjen waren MWitgenftein und Wrede Über die Seine in Napoleons 
wrgebrungen und Fürft Schwarzenberg hatte die an ber Seine ftehenden 
Alungen aus Send am 11., aus Nogent am 12., aus Montereau am 
He aus Provins und aus andern Orten vertrieben, fobaß das Deerlager der 
tm Monarchen am 16. bis Bray vorgeruͤckt war. Dies bewog den Kai⸗ 
leo, am 15. bei Etoges von der Verfolgung Bluͤcher's abzulaffen, und er 
ewaltmaͤrſchen, mit feinem jegt auf 100,000 M. verftärkten Heere, von 
sit am 16. bie Meaur, um von hier aus fich auf die einzelnen Abtheiluns 
indlichen Hauptheeres zu werfen. Allein Schwarzenberg empfahl fofort 
auf dem rechten Seineufer ſtaffelweiſe vorruͤckenden Heereötheilen in der 
ew egung einzuhalten. Doc, Witgenftein fegte willtürlich feinen Marſch 
tz daher geſchah es, dag nicht nur fein Vortrab unter Pahlen von dem 
Berarb bet Mormant und Nangie am 17. angegriffen wurde, wo er einige 
Rann und 10 Kanonen verlor, fondern daß auch am 18. bei Montes 
m linken Ufer der Seine, wo die Donne in die Seine fällt, ein nach⸗ 
Befecht geliefert werden mußte, wo jedoch der tapfere Kronprinz v. Würs 
m der Spitze des vierten Heertheils, mit etwa 10,000 M. und 38 Stüd 
‚denn Übergang fiber die Seine dem an Victor's Stelle getretenen General 
nd dem Kaiſer Napoleon felbft, die ihn mit 30,000 M. und 60 Kanonen 
— fowie Schwarzenberg es ihm befohlen — bis zum 18. Abende vers 
and fidy hierauf, indem er Über die Bruͤcke nad) Montereau unter dem 
n Sefchligfeuer ging, nach einem Verluſte von 2800 Mann, ohne die 
sen und das unbrauchbar gemachte Gefchlig, ungehindert auf das Haupt⸗ 
sog. Dadurch gelang es dem Fürften Schwarzenberg, alle Maffen feines 
m 19. wieder bei Tropes zu vereinigen. Sept hoffte Napoleon, den Fuͤrſten 
mer Schlacht zu zwingen, wo Alles ihm den entfcheidendften Erfolg vers 
Yazıs kam noch Die Nachricht von einem Siege, den der Vicekoͤnig von Ita⸗ 


590  Chatillon (Congreß) 


lien gegen-Bellegarde am Mincio vom 8. bie 10. Febr. erfochten hatte”), wai 
poleons Iuverficht fo fehr erhob, daß er die unbedingte Vollmacht Eaulahas 
den Srieden abzufchließen, zurücdnahm und am 18. feine Foderungen zu Ch⸗ 
in einem flolzern Zone höher fpannte als bisher. Allein Fuͤrſt Schwarz 
ging noch in der Nacht durch Troyes Über die Seine und ftellte fid) am 21. 
Blücher aufö neue eng verbunden, länge dem rechten Ufer dieſes Fluſſes bis‘ 
auf. Diefer vielfach getabelte Ruͤckzug am 19., auf welchem am 25. aı 
über die Aube bis Colombe nad) Chaumont hin folgte, weil Augereau von 
aus die Verbindung des Hauptheeres mit der Schweiz bebrohte, rettete beide 
der Verbündeten, welche jegt beinahe Alles verloren fahen, was fie feit der & 
bei Brienne gewonnen hatten. Schwarzenberg entfandte nun Bianchi mit 3 
Mann, um längs der Saone gegen Augerenu vorzuruͤcken; zugleidy wurde dei 
fer Napoleon, als deſſen Heerlager noch zu Diontereau war, am 19. Febr. U 
fliltftand angetragen, und ein Eilbote aus Chatillon uͤberbrachte ihm den Er 
eines vorläufigen Friedens, unterzeichnet von ſaͤmmtlichen Bevollmaͤchtigt 
verbündeten Mächte zu Chatillon den 17. Febr. 1814. Aus dem Umſtand 
Diefer Tractat zwifchen den Mächten Oftreicy, England, Rußland und Preufe 
„St. Majeftät, dem Kaifer der Sranzofen, feinen Erben und Nachfolger” 
ſchloſſen werden follte, fieht man, daß die englifchen Bevollmächtigten an kein 
fondern Artikel, die Anertennung von Napoleons Kaifertitel betreffend, gl 
fondern diefen Zitel als [chon zugeflanden angenommen haben. Die Beding 
fand der in Paris errichtete Regentfchaftsrath, dem der Kaifer den Entruug 
theifte, annehmbar ; allein eine Nebenbeflimmung, die von den Verbün 
derte Befegung von Paris bis zum endlichen Frieden, beleidigte Napoleons 
fo fehr, daß er mit dem Ausrufe: „Ex fei jegt näher bei Wien, als die V 
bei Paris!“ die Vorfchläge verwarf, jedoch mit Oſtreich befondere Unteche 
gen anzufnüpfen fuchte. Eben fo wenig nahm er den von den Verbuͤ 
23. Febr. wiederholten Antrag eines Waffenftilftandes an, willigte aber « 
nach den am 25. Febr. vom Sürften v. Liechtenftein überbrachten Vorſch 
Unterhandiungen zwifchen Flahault und dem oͤſtr. General Duca, dem 
Schumaloff und dem preuß. General Rauch, in dem Dorfe Lufigny 
wurden. Doch fein Verſuch, ſtreich von den Verbündeten zu trennen, 
geblich; der Kaifer Franz ſchien zwar einer Ausgleihung mit Napoleon 
neigt zu fein; allein ducch einen Unfall wurde der mit feinen Vorſchl 
tragte Unterhändler, Bar. v. Langenau, unterwegs aufgehalten und der 
leon günftige Augenblid ging dadurch verloren. Denn die 4 Mächte 
fih bald aufs engfte gegen Frankreich zur Derflellung und Behauptung 
dens durch den, für Die Dauer von 20 Jahren, am 1. März abgeſchloſſenen 
zu Chaumont (f.d.), nad) welchem fie, wenn Napoleon die ihm gem 
Ftiedensvorfchläge nicht annähme, den Krieg fortfegen, wenn er fie aber ann 
den Frieden, forvie er von ihnen befchloffen fel, mit vereinter Kraft aufcecht 
ten wollten. So wurde das Schugs und Trugbündniß von Chaumont bie 
matifche Grundlage ber noch beftehenden europäifchen Staatenverhättniffe. 
Mährend dies geſchah, rückte Napoleon, unter befländigen Gefechte 
Hauptarmee nach und befegte am 25. Febr. Troyes. Bluͤcher hatte ſich indı 
Schwarzenberg twieder getrennt und ging am 24. bei Vaudemont über die 
um in der linden Flanke des Seindes, wo Marmont und Mortier vor ihm j 
wichen, gegen die untere Marne vorzubringen und fid) ber aus Flandern heraı 
den Nordarmee zu nähern. Das Hauptheer unter Schwarzenberg aber zog | 
*) Der Abjutant bes Vicelönigs brachte ihm jene Nachricht in dem Augenblicke, 


bei Montereau gefiegt hatte. Napoleon fertigte ihn fogleicy mit den Worten ab: 
tournez aupres d’Eugene, racontez -lui, comment j'ai arrang6 ces gens-I 














Ghatillon u, Kampf an ber Aube und Aisne 601 


zu Langres befindlichen Unterſtuͤzungen zuruͤck, ſodaß nunmehr das oͤſtr. 
50,000 M. im Süden, unter dem Prinzen von Heſſen⸗Homburg, und 
fche Im Norden, mit Winzingerode’s und Woronzoff's Heertheilen der 
re unter Buͤlow vereinigt, die beiden Slügelheere der Hauptarmee bilben 
Mapoleon konnte jekt mit ganzer Macht entweder auf Schwarzenberg 
ihn zur Schlacht nöthigen, oder auf Bluͤcher. Aber tie den vorfichtis 
nmenen Schwarzenberg zur Schlacht zwingen? Er eilte alfo Bücher 
h Zettenborn, deffen leichte Truppen von dem Deere, das aus Flandern 
linke Marneufer durchftreiften, entdedite ſchon am 27. Febr. Napoleons 
ı der Richtung von Arcis⸗ſur⸗Aube über Sere-Champenoife und Sezanne 
irre. Auf die davon an Bluͤcher und Schwarzenberg gemachte Meldung, 
‚terer fofort feinen Rüdzug ein, ſchlug die feindlichen Heertheile unter 
Id, Dubinot und Gerard zuruͤck, erzwang am 27. Febr., im Sturm auf 
n Übergang über die Aube, befegte aber erft nad) dem Gefechte bei 
‚am 3. März, das nur 11 Stunden von Bar⸗ſur⸗Aube entfernte Troyes 
zrauf er feine frühere Stellung an der Seine wieder eınnahm. Unterdeffen 
e Blücher, nachdem er den Marfhall Marmont bis auf wenige Meilen 
zuruͤckgedraͤngt hatte, um dem Dauptheere mehr Freiheit zu verfchaffen, 
Aione der Nordarmee entgegenzuziehen, bei welcher Gelegenheit die am 
folgte lbergabe von Soiffons*) feine Bewegung, wie die Vereini⸗ 
Rordarmee unter Winzingerode und Buͤlow, erleichterte. Bülow war 
18 Flandern über Avesnes in Frankreich eingedrungen, hatte am 26. Febr. 
o fich beträchtliche Kriegsvorräthe und 100 Kanonen befanden, durch den 
huͤmen wegnehmen laffen, ſich hierauf mit Winzingerode vereinigt und 
aon ber am 2. März gegen Soiffons vorgerucdt. Bluͤcher nahm jetzt mit 
00,000 Wann ftarten Deere am 4. März eine Stellung bei Craone und 
[ons befest, wo General Rudczewitz mit 5000 Ruffen den von Mortier 
'ärz verfuchten Sturm zuruͤckwies. Mapoleon mußte daher oberhalb 
über den Aisſsne gehen; dies that er, nachdem er von Fismes aus am 5. 
jenommen und ſich der Aiönebrüde bei Bery⸗au⸗Bac bemädhtigt hatte, 
frz. Hierauf griff er am 7. die Generate Saden und Woronzoff auf den 
a Craone mit folhem Erfolg an, daß die Ruffen, zwar unbefiegt, jedoch 
Verluſte von 4800 M. an Zobten und Verwundeten, fich nebft der Bes 
n Soiſſons in die Stellung von Laon zuruͤckzogen. Die Sranzofen zähls 
Zodte und Verroundete. Entfcheidender war die Schlacht bei Laon am 
Diefe Stadt von 7000 Einw. diente, ihrer vortheilhaften Lage wegen, 
mbeten al6 Waffenplag. Buͤlow hielt die Anhöhe vor Laon befegt, Kleiſt 
ftanden auf dem linken, Winzingerode auf dem rechten $lügel. Dem am 
cdrohten linken Flügel wurden als Unterftügung noch die Deertheile von 
m Langeron zugewieſen. Da Sümpfe und Engwege den Zugang ers 
‚ fo tonnte Napoleon erft Nachmittags den linken Fluͤgel bes Seindes 
smont mit Macht angreifen laſſen, waͤhrend fein linker Flügel mit dem 
mblichen von früh 8 Uhr an in ein ftehendes, meift unentfcheidendes Ges 
delt blieb. Die Stellung von Bluͤcher's Mitteltreffen war unangreifs 
ich blutiger Anſtrengung gelang es endlid) Marmont, den preuß. linken 


Boiſſons, das eine fleinerne Brüde hat und ber Schlüffel von Paris für ein 
ben Rieberlanden, alfo ein militairifch wichtiger, jedoch nur von Mauer und 
ngebener Play ift, laufen fechs ‚Heerftraßen zufammen. Darum hatte Winzins 
e Stade bereits am 14. Kebr. mit Sturm genommen; allein nach dem Treffen 
zirail befegte fie Mortier wieder am 19. Behr. General Moreau, welcher 
m 8. 3 übergab, wurde vor ein Kriegsgericht geſtellt, aber der 31. März 
ı das Leben. 


ER  CHadlilonk. Schlacht bei Bao: 


Flügel gegen Laon zuruͤckzudraͤngen und ſich gegen Abend bes Dorft 
mächtigen, Die Entſcheidung der Schlacht am folgenden Tage erwart 
piöglic um 7 Uhr Abends General York, nebft Kieift, bern Prinze 
Preußen ımb der Meiterei, welche unter dem General Ziethen in d 
bes Feindes einbrach, einen nächtlichen Überfall in dem Dorfe A 
gleichzeitig von vorn ein Angriff mit den Bajonette fo Eräftig unte 
im Rüden und auf beiden Fluͤgeln angegtiffenen Sranzofen nad) 
ftande aus dem Dorfe getrieben und völlig in die Flucht gefchlagen 
verloren 26 Kanonen und mehr als 2500 Gefangene; Marmon 
und bie Reiterei unter Arrighi waren beinahe ganz zerfireut ober aufgı 
ungeachtet griff Napoleon am 10. früh, ſtatt ſich ſogleich zuruͤckzuzie! 
unbegreiflichen Eigenfinn mit feiner geringen Macht ben rechten F 
und das Mitteltreffen mit verdboppelter Heftigkeit an, fah ſich aber aı 
einem hartnaͤckigen Kampfe, mit beträchtlichen Verlufte, gezwungen 
Ehavignon und Soiffons zuruͤckzuweichen. Hätte Blächer den n 
am 9. raſch benugt, fo würde er dem Kaifer Napoleen eine gaͤnzl 
beigebracht haben. Sept rückte er ihm nur langſam nad) und bil 
März auf dem rechten Aisneufer ftehen. Unterdeflen hatte der 15, 
ruſſ. Heertheil des Grafen St. Prieft mit dem Corps des preuß. 
der aus den Ardennen herab über Vitry heranzog, am 12. März t 
feste Rheims erftürmt. Napoleon bahnte ſich daher fofort, du 
einnahme von Rheims, den Weg nad) der Aube hin zum Angriff a 
berg, der fchon am 14., als er die Kunde von Blücher’8 Siege bei 
feine Heermaffen wieder am rechten Seineufer und die Aube aufwe 
hin in Bewegung geſetzt hatte. (&. den 3. Abſchn. der Geſch. de 
1814 unter d. Art.: Paris, Einnahme im J. 1814.) 

poleon das ſchleſiſche Heer an dem Alsne zu vernichten hoffte, waren 
lungen zu Lufigny am 5. März erfolglos abgebrodyen worden un 
ſtockte das Friedensgeſchaͤft gänzlich, roll Napoleon nicht nachgab 
ſtimmten die Verbündeten den 10. März als die Schiußftift, bis zu 
leon entweder den ihm vorgelegten Friedensentwurf annehmen, odı 
ben entfprechenden Gegenentwurf übergeben ſollte. Allein flatt dı 
laincourt einzelne Punkte vor, welche die Unterhandblungen nur in die 
haben würden. Man bewilligte ihm alfo noch eine Friſt von 55 
Caulaincourt am 15. März, alfo nach ber Schlacht bei Laon, ein: 
wurf übergab, nad) welchem Napoleon 1) Stalien nebſt Venedig 
für Eugen Beauharnois und deffen Erben verlangte, 2) auf Dollar 
tete, jedoch die Miederlande nebft der Scheide und Nimmegen behaltı 
Inte Rheinufer follte bei Frankreich bleiben, Joſeph aber für Span 
ronymus für Weftfalen, Eugen für Srankfurt, und Napoleons Nef 
has Gtoßherzogthum Berg, felbft Eliſa, Talleyrand und Berthie 
meſſene Entſchaͤdigungen erhalten. Doch felbft mit diefen Vorſchlaͤ— 
franz. Kaiſer nicht voller Ernft. Er hoffte noch immer auf gluͤckli 
dann jene Punkte zurkdzunehmen. Der Herzog v. Baffano ſchri 
AI. März, unmittelbar vor dem Xreffen bei Arcis⸗ſur⸗Aube (f. t 
(Sinnahme), einen Brief an Caulaincourt: „Der Kaifer wünfcye, ' 
Abſchluſſe des Traetats, dadurch fo wenig feflgebunden zu fein, d 
zu dem legten Augenbiide fid, nach den Eriegerifchen Ereigniffen r 
den Umftänden Vortheil ziehen Lönne”. (S. Shös „Traites d 
10. Bd. ©. 413.) Diefer Brief war ben Alllirten noch nicht ir 
fallen, als fie, im Sinne des Tractats von Chaumont, mit der 8. 
18, und 19. März die Unterhandlungen zu Chatillon abbrachen wı 


Ghatoulle Chatterton 698 


ı zu Vitry am 25. März, alfo in dem Augenblide ihres Marſches auf Par 
"Stube, warum fie dies gethan und den Krieg fortzufegen befchloffen häts 
annt machten.*) (Den weitern Gang des Kriegs erzählt der Art. Paris, 
ihme im J. 1814.) Bol. Prokeſch's „Denkwuͤrdigkeiten aus dem Leben 
imarfchalls Schwarzenberg‘ (Wien 1823); Koch's „Alemoires pour ser- 
'histoire de la campagne de 1814’ (Paris 1819, 2 Bde.), und die 
zur Geſch. d. Feldz. in Frank. in den $. 1814 u. 1815 unter dem Coms 
xs Kronprinzen v. Würtemberg, herausg. von den Dfficieren des k. wuͤrt. 
quartiermeiſterſtabs (Stuttg., 3 Hefte, mit Plan u. Charte). K. 
hatoulle, ein Kaͤſtchen, worin mehre Abtheilungen befindlich, zur Au 
ing des Geldes, der Koſtbarkeiten, wichtiger Papiere ıc. beſtimmt; dann 
atkaſſe eines Fürften, an meldyer der Staat keinen Antheil hat; daher Chas 
er, Patrimonialgliter, diejenigen Güter, welche ein Landesherr ale Private 
eſitzt, und duch Erbfchaft, Kauf oder andre unter Privatperfonen zur 
ung bes Eigenth'ms gewöhnliche Wege erlangt hat, die er daher gewoͤhn⸗ 
zt von der Kammer, fondern von einem befondere dazu verordneten Amte 
en laͤñt. | 
Ihatterton (Thomas), ein engliſcher Echriftfteller, ber, während eines 
Lebens, durch feine Sonderbarkeiten eine Art von Ruhm erlangte, war 
ga Seite! von armen tern geboren. Seine Lehrer erklaͤrten ihn für uns 
zu lernen. Ec Eonnte noch nicht lefen, als ein altes franz. Muſikbuch 
bie Hände fiel, defjen Charaktere feine Neugierde reisten. Um den Inhalt 
‚, lernte ex lefen. Bon dem Augenblide an betrieb er die Studien mit 
Erfolge, als feine Lage und fein unftäter Charakter ihm erlaubten. In 
8%. kam er in die Armenfchule von Eoifton, wo er unter dem Scheine 
uth und Unfähigkeit die Anftrengungen feines Geiftes verbarg. Sein 
Berk, eine Satyre auf einen Methodiften, der feines Vortheils halber die 
intaffen bette, fchrieb er in einem Alter von 113 Jahren. Bon der Zeit 
fein Geſchmack und fein Beruf entfchieden. Seine Schwermuth ging 
igkeit voll Unbefcheidenheit und Eitelkeit über; er träumte nur von Ruhm, 
Unſterblichkeit. Er las viel und fand beſonders Gefhmad an den 
ern, aud an alterthümlichen Ausdruͤcken. Mitdem 14. Sabre verließ 
chule und warb Schreiber bei einem Procurator in Briftol. Zufällig war 
in den Befig einer Menge alter Pergamente aus dem 15. Sahrh. gekom⸗ 
in der Wirthfchaft verbraucht wurden. Ch. bemaͤchtigte ſich derfelben 
we nach einigen Tagen, daß er einen Schatz entdeckt habe. Cr verfchaffte 
ücher von den alten Mundarten feines Vaterlands, und als man 
Vie Vollendung der Brüde von Briſtol feierte, ließ er, damals 16 $. alt, 
szeblich aus einer alten Handſchrift gezogene Befchreibung ber Moͤnche, 
pam erften Male über die alte Bruͤcke gegangen, in der Zeitung dieſer Stadt 
m. Erſt auf die wiederholte Frage, wie er zu diefem Auffage gefommen 











end de lHérault behauptet in f. kleinen Schrift: „Congres de Chatillon’ (Pas 
S, Napoleon habe gleich bei Eröffnung des Congreſſes den Frieden fofort und 
ize gewollt, Saulaincourt aber habe aus Angftlichteit die Unterhandlung gegen bie 
me Borfchrift hingehalten, die Alliirten dagegen hatten, insgeheim von einer Ver: 
Big in Paris gegen Napoleon unterrichtet, die Unterhandlung verzögert. Nah 
B Rapoleon am 17. und am 19. März dem Hrn. v. Gaulaincourt Vollmacht ges 
zu bewilligen, was zum Frieden fuhren koͤnne; allein ber UÜberbringer fe 

dr. und bie rufl. Truppen aufgehalten worden und erſt am 21. dem Hrn. v. 

int vier Stunden von Chatillon beseanet. Noch am 25. März habe Caulain⸗ 
* Befehl an den F. v. Metternich, daß er den Frieden abzuſchließen 






bevollmaͤchtigt ſei, geſchrieben; allein der Kaiſer von Oſtreich habe ſich in 
en, und der Marſch auf Paris ſei bereits unternommen geweſen. 
38 


ig. Giebente Aufl. Sb. Il. 


694 Ghaucer 


fei, gab er die Auskunft, daß er mehre koſtbare alte Handſchriften b 
wie es die Wahrheit war, aus einem Kirchenarchive berfchrieben. 
Sabre befhäftigte er fich mit Abfaſſung der alten Werke, die ex verfe 
Dichtern, befonders Rowley, unterfhob. Er fchrieb fogar an den $ 
pole, erzählte ihm von feinen literarifchen Entbeelungen und legte « 
Da diefer höflich antwortete, feste er ihm In einem zweiten Briefe ſ 
einander und bat ihn um eine Anftellung, die ihm erlaubte, feine: 
Poefie zu folgen. Walpole hatte inzwifchen die Unechtheit des üb: 
dichts entdeckt, theilte Ch. feine Zweifel mit und lehnte jede Zumu 
ab. Dies brachte Ch. gewaltig auf. Unzufricden mit der Welt, drı 
Leben zu nehmen, befam von dem Procurator den Abfchied und ging 
Die gute Aufnahme, die er bei den Buchhändlern fand, gab ihm neu 
Er fchrieb für mehre Tageblaͤtter im Geifte der Oppofition; fo 
Stantsummwälzung zu bewirken und die Nation wieder in ihre Rec 
Um diefe Zeit farb fein Gönner, der Lerdmajor Bedford. Seine | 
merte fich, fo gering auch feine Bedürfniffe waren, und mwiewol 
MWaffer und Brot einfchränkte, fo fehite es ihm doch nicht felten auı 
er aber verdiente, wandte er theild für Geſchenke an feine Mutter ı 
denen er ſtets bie glänzendften Ausfichten eröffnete, theild an öffent 
aungeplägen auf, die er mit dem Scheine von Wohlſtand befuchte. 
dem er mehre Zage nichts genoffen hatte, vergiftete er fi) 1770, nı 
alt. Seine Werke verbreiteten fich mit der Geſchichte feines Ungluͤck 
würbigften darunter find Die unter Rowley's und andrer alten Dicht 
ausgegebenen Poefien, die er in einem Alter von 15 3. verfaßte 
darin eine Eräftige und glänzende Phantafie, eine gluͤckliche Erfint 
tiefes Gefühl. Won den Gedichten, die ex unter feinem Namen 
find feine Satyren die beften. Seine profaifhen Auffäge find 
ſtechend. Dan hat feine Werke mehrmals gefammelt herausyegebi 
1803 in 3 Bbn. 
Chaucer (Geoffrey), geb. 1328 zu London, war eines Kauf 
nad) Andern von abeliger Geburt. Er ftudirte zu Cambridge und zı 
bem erftern Orte machte er fich in feinem 18. 3. durch ſ. „Hof d 
äitefte, noch vorhandene Gedicht in engitfcher Sprache, befannt unt 
großen Beifall. Nachdem er auf Reifen f. Kenntniffe noch verm« 
Zeit die Rechte ftudirt hatte, begab er fich, diefes Studiums über! 
Hof und wurde, obwol er nicht mehr ganz jung fein konnte, Pag. 
Er ftand bei dem Könige und vornehmlich bei deffen Sohne Gan 
dem berühmten Herzoge von Lancafter, in großer Gunſt. Als der V 
Liebe des Kürften für feine Coufine, die Herzogin Blanca, befan 
ihre Vermaͤhlung, die Reize und Tugenden der Herzogin. Diefe 
in Lady Katharina Swynford eine Nebenbuhlerin, mit deren Schn 
ſich Chaucer verheirathete. Dadurch befefligte er ſich in der Gunf 
auf deffen Empfehlung er zu ehrenvollen Ämtern ernannt wurde. 
Geſandter nad) Genua, bei welcher Gelegenheit er Petrarca befuchte, 
miffarius zu Karl V. von Frankreich, um die Erneuerung eines Waf 
und die Bermählung Nichards, Prinzen von Wales, mit der Tod) 
zu unterhanbdeln, momit er jedoch nicht zu Stande am. Als ein 
Herzogs von Lancafter, nahm er die Meinungen Wiclef's an ur 
ſcheint, fogar in genaue Verbindung mit demfelben; aber weder fi 
noch die Hofränte, noch die theologifhen Streitigkeiten unterbrach 
ſchen Arbeiten. Jenem erſten Gedichte folgten bald „Troilus und | 
n Haus des Ruhme'' und a. Werke, die theils dem Boccaccio, theils 


Shaubet | 595 


re berühmten Verfaſſern nachgeahmt waren. Beſonders frheint er aus den 
en ber Tronubadours gefchöpft zu haben. Diefe Poefien tragen das Gepräge 
hlechten Geſchmacks, weicher damals in ganz Europa herrſchte, wiewol Wahr: 
ne Charaltergemäide und Zartheit ber Empfindungen nicht zu verfennen find. 
Inglänber betrachten ihn ale den Erfinder ihres heroifchen Verſes. Als 1382 
Nelefanhänger, trotz des Widerſtandes der Geifttichkeit, die Wahl eines Lords 
6 von Ihrer Partei zu London burchfegen wollten und barüber Unruhen aus⸗ 
u, welche eine firenge Verfolgung diefer Secte von Seiten des Hofes zur 
batten, flüchtete Chaucer, der als perfönlicher Freund Wiclef's beim Wolke 
k war, ins Hennegau, wo er ziemlich ruhig lebte. Er blieb im Genuffe 
Einkünfte. Da jedoch die Zreulofigkeit feiner Geſchaͤftstraͤger ihn ohne 
: fieß und er fi) genöthigt fah, heimlich nady England zuruͤckzugehen, warb 
deckt, verhaftet und feines Amts als Zollauffeher im Hafen von London , das 
her durch einen Stellvertreter hatte verwalten laffen, entſezt. Endlich 
ter feine Freiheit wieber, ward aber in große Noth verfegt. In diefer Leidens⸗ 
rieb er ſein, Vermaͤchtniß der Liebe‘, eine Art Nachahmung von Boethius’s 
) „De eonsolatione”, das er in feiner Jugend Überfegt hatte. Die Lage 
8 wechfelte aufs neue mitdem Schickſale des Herzogs von Rancafter, der 
Hoffnung, zur fpanifhen Krone zu gelangen, ſich in zweiter Ehe mit Peters 
famen Tochter vermaͤhlt hatte, und zwar 1389 unverrichteter Sache aus 
zuruͤckkehrte, aber doch bedeutende Summen von dort mitbrachte, die er 
erſtellung feiner Partei am Hofe verwandte. As 4 Sahre nachher 
te Gemahlin geftorben war, vermählte er fi) mit Katharina Swynford. 
x der fo nahe mit der koͤnigl. Familie vertwandt war, fah bie Gunft des Hoft 
und erhielt, wie es fcheint, fogar fein Amt wieder. Nach dem Tode 
& fcheint er in Ruhe auf feinem Schloffe zu Dunnington gelebt zu haben, 
noch lange die Eiche zeigte, in deren Schatten er nadhfinnend zu verweilen 
md roelche feinen Namen trug. Hier verfaßte er das beruhmtefte f. Werke, 
terbury-tales’', in der Form des „Decameron’ von Boccaccio, jedoch 
Sie zeichnen fid) durch große Mannigfaltigkeit und anziehende Lebens 
aus, find aber eigentlich ein unvollenbetes Werk. Auch hat Chaucer zuerft 
Mitterthum in der Porfie Gebrauch gemacht. Seine Erzählung „Sie 
it im Geſchmack des „Don Quixote“. Er flarb 1400. Chaucer's Werke 
gedruckt erfchienen, 
audet (Antoine Denys), behauptet unter den Bilbhauern der Frans . 
erneuern Zeit vielleicht den erften Rang. eb. zu einer Zeit (31. März 
Paris), wo der fchlechtefte Geſchmack in feiner erhabenen Kunft vors 
he, endete er damit, daß er Meiſterwerke lieferte, in welchen griechifche Eins 
us Wahrheit ſich auf eine Weife ausfprachen, die von wenigen neuern Kuͤnſt⸗ 
erreicht worden. In feinem 21. 3. terug er bei der Akademie den erften 
hdavon. Nun kam er nad) Rom, wo er mit dem berühmten Drouais 
pefammentraf. “Beide verband die innigfte Freundſchaft und gleiche Begeis 
8 für die Kunft. Bei feiner Ruͤckkunft nad) Paris wurbe er Mitglied der 
„ Seine erfte Arbeit war jegt ein Basrelief unter dem Periftyl des Pans 
die Nacheiferung zum Ruhm darftellend. Dem ſchlechten Gefhmud ber 
enen Zeit mißfiel die grandiofe und einfache Idee deifelben, und erſt 
har man ber meifterhaften und erhabenen Ausführung Gercchtigfeit wibers 
laffen. Reiſende finden In dem Mufeum Luremburg und Zrianen mehre 
Werke Chaudet's, wie 3.3. la sensibilite, ein junges Mädchen, 
kber die Erſcheinung der Senfitive, die unter ihren Händen ſich zufammens 
a Erſtaunen und Nachſinnen geräth; die wunderſchoͤne Cypariſſe u. a. m. 
ſtarb zu Paris den 19. April 1810. 
38 * 





























596 Chaudon Shaumont (Vertrag von) 


Chaudon (Louis Maieul), ein gelehrter Benedictinermoͤnch 
zu Ciugny, das 1787 fäcularifirt wurbe, geb. zu Valenfole ben 10. 
fhrieb Mehres zu Gunften der Katholiken, was die Päpfte Clemens 
Pius VI. durch zwei an Ihn gerichtete Breves ausdruͤcklich anerkannten 
Merken muß das „Nouveau dietionnaire historique” genannt werde 
4766, in 4 Bbn.); es erlebte 10 Ausgaben; die Y. zu Paris (1820 
Bon.) iſt wegen Entfernung des Verfaffers, der zu Limour in Langue 
vom Drudorte, weniger correct als bie frühern Ausgaben. Die 10. 
Paris 1822 fg. in 25 Bdn. Außer andern, meift gefchichtlidyen unl 
Merken bat Ch. aud) an dem „Dictionnaire anti-philosophique”, ſo 
„Grands hommes venges’‘, das unter dem Namen des Hrn. v. Sablı 
kam, fowie an der „Bibliotheque d’un homme de goüt” u. a. Anth 
men. — Man darfihn nicht mit feinem Bruder Maieul Chaudon 
jener, Mitglied der Akademie der Arkadier zu Rom, aber Capucinermoͤr 
wechſeln. Won dem Legtern erfchien: „La vie du bienheureux La 
Brindes” (neuefte Ausgabe, Paris 1787). | 

Chaufepie (Jacques George de), calviniſtiſcher Prediger, q 
warden in Friesland 1702, lebte ald Beiftlicher zu Vließingen, Del 
1743 zu Amflerdam, wo er 1786 flarb. Außer theologifchen Werker 
fegungen aus dem Engl. ſchrieb er ein „Nouveau dietionnaire histori« 
tique pour servir de supplement ou de continuation au Dictionna 
rique et critique de Bayle” (Amfterdam u. Haag 1750—56, 4 Bi 
Er legte feiner Arbeit eine englifche, verm. und verb. Überf. des Bayle i 
zum Grunde. Bon 14,000 Art., die ſein Werk enthält, find 600 bie 
etwa 280 vermehrt und verbeffert, und die übrigen von ihm hinzugefeg 
halben zeigt ſich eine große Gelehrſamkeit, aber in Anſehung des eigen 
Geiftes und Styis ſteht Chaufepie tief unter Bayle. Auch fchrieb 
Pope's Leben. | 

Shaulieu (Guillaume Amfrye de), der Anakreon der Kranz 
1639 zu Fontenai, zeichnete ſich fruͤh durch feinen Geift aus, und erw 
Achtung der Herzoge von Vendöme, die ihn zum Abt von Aumale u. a. 
ernennen liefen, wovon er jaͤhrlich 30,000 Livres Einkünfte hatte. C 
tigte ſich jest nur mit feinen Vergnügungen und damit, fie zu befingen. 
feinen Aufenthalt im Temple aufgefchlagen, wo fich ale Diejenigen verf 
die, wie er, Vergnügen und Geiftesbildung liebten. In diefer Gefell 
Epikurdern, welche ber Grofiprior von Vendome felbft Häufig befucht 
Anftand und Moral nicht eben ftreng beobachtet; man ſchmauſte und d 
ergögte fich mit der Dichtkunft, deren augenblickliche Schöpfungen of 
genug ausfieln. Chaulieu, ein Schüler von Chapelle und Bachaum 
nete ſich bier vor allen Andern durch die Anmuth feines Geiſtes und durt 
terkeit feines Charaktere aus; er erwarb fid) den Beinamen des Ane 
Tempels. Wie Anakreon lebte er der Liebe und der Dichtkunſt bie in 
Alter. In einem Briefe an den Marquis de Lafare, in welchem Cha 
ſelbſt ſchildert, ftelit er ſich als ruhmredig, ungeduldig und zähzornig, ab 
thaͤtig und traͤge, als einen Planmacher und von den Annehmlichkeiten 
eingenommen dar. Er ſtarb in feinem Hauſe im Temple 1720, 813 
Harpe bemerkt mit Recht, daß fich in f. Verſen die Nachiäffigkeiten ein 
aber auch der gute Gefchmad eines feinen Geiſtes zeigen, der vorneh: 
alter Ziererei frei ift. Die beffern Gedichte Chauliew’s verdienen wegen If 
lichen Natürlichkeit aufbehalten zu werben. 

Chaumont (Vertrag von), den 1. März 1814 (Stadt im Dez 
Dife). Waren die Verträge, durch welche Rußland, Preußen, Großbi 


Ghauffee Ehaufleen 597 


Vftreich und die meiften beutfchen Fuͤrſten gegen Napoleon 1813 ſich 
hatten, zunächft auf die Befreiung Deutfchlande und die Auflöfung bes 
es gerichtet, fo hatte die Quadrupelalliang, welche Öftreich, Rußland, 
wien und Preußen zu Chaumont abſchloſſen, unmittelbar zum Zweck 
mg Europas von Frankreichs politifchem Drude für jegt und alle kuͤnf⸗ 
a, und die Wiederherflellung eines dauerhaften, auf ben Grundſaͤtzen 
en Gleichgewichts und der Unabhängigkeit ber Nationen ruhenden, euros 
eltfriedens. Wuͤrde diefer Zweck durch die Unterhandlungen mit Napo« 
e bereits in Chatillon (f. d.) ihren Anfang genommen, nicht erreicht, 
ıer Vertrag die zwiſchen den Verbünbeten bereits beſtehenden wechfelfeis 
Richtungen zur räftigen Fortſehung des Krieges verftärten. Saͤmmt⸗ 
Rächte kamen nämlich durch den von jeber mit den drei andern abgefons 
fichneten Vertrag von Chaumont über angemeffene Leiftungen zur Ers 
nes boppelten Zweckes überein, bie, mit der größten Pünktlichkeit erfüllt, 
von Paris 1814 derbeiführten. Den Vertrag unterzeichneten der Fuͤrſt 
nich, der Graf von Neffelrode, Lord Caſtlereagh und der preuß. Staates 
Hardenberg. Viel Blut und Elend hätte Europa nicht gefehen, wären 
Verbindungen der Staaten gegen Frankreich Übermuth, feit dem weſt⸗ 
ieden bis zu den Bündniffen, die der Sriede zu Preßburg und der von 
ſten, mit derjelben Einficht Betten, mit derfelben Eintracht beobach⸗ 
derfelben Kraft erfüllt worden. Der Vertrag von Chaumont hat daher 
sfathiftorifchen Charakter. In ihm liegt der diplomatiſche Schtüffel zu 
; damals in Europa Glorreiches gefchehen iſt; er wär Europas Schild 
315. Da er jedoch gegen Napoleon perfönlich gerichtet war und Frank⸗ 
m Congreſſe zu Aachen 1818 unter die zum Erhaltung der Ruhe von 
yünbeten Mächte aufgenommen wurde, fo tft er nicht wieder erneuert 
K. 
ıffee (Pierre Claude Rivelle de la), Schaufpieldichter, geb. 1692 
hrieb zuerft eine Kritik der Fabeln von La Motte. Als La Motte das 
über das Unnüge der Verfification in der Tragödie und Ode aufgeftelit 
Shaufjee mit f. „Epitre & Clio” gegen ihn auf, welche noch jetzt ges 
Sein erſtes Stuͤck für das Theater, das er, 40 5. alt, ſchrieb: „La 
pathie”, erhielt ziemlichen Beifall. Zolgender Umftand beflimmte 
ng im Dramatifhen. Die Schaufpielerin Quinault glaubte in einer 
hen Karce den Keim eines fehr rührenden Stuͤckes zu finden und 
dem Voltaire ihren Antrag abgelehnt hatte, Chauffee die Bearbei- 
m vor. Dieſer fchrieb nun „Le prejuge à la mode”, So entftand 
ie larmoyante (das meinerlihe Schaufpiel) aus der Poſſe. La 
aubte ſich auch zur Tragoͤdie erheben zu können, und fchrieb ohne Gluͤck 
nm’, welchen Gegenftand [chen Th. Corneille bearbeitet hatte. Die 
meres” und die „Gouvernante”, welche darauf folgten, werden noch 
. Er flarb 1754. Voltaire fagt von Ihm, er fei einer der Erſten nach 
Bernie haben. 
ıffeen, Kunftfiraßen, auh Dammflraßen, alle durch 
te, in der Mitte etwas erhobene, auf beiden Seiten mit gehöriger Abdas 
oͤſchung nebft Gräben verfehene, gepflafterte oder ungepflafterte, 23--36 
Strafen, fie mögen bloß aus Erde oder aus Erde u. Steinen erbaut fein; 
Sinne nennt man nur ſolche Eands oder Heerſtraßen Chauffeen, deren 
aus großen Bruchfteinen und an den Seiten zum Zufammenhalten mit 
m dauerhaft aufgeführt, die Fugen zroifchen den Grundfteinen mit 
ern Steinen und grobem Kies ausgefüllt und feſtgeſtampft werben, 
ı fie, dammfoͤrmig und richtig abgeboͤſcht, entweder mit bloßem groben 


598 Chauſſoen 


Kies, ober mit grobem Kies und feſten zerſchlagenen Steinen, zugleich überfäh 
und feftftampft, diefe Oberfläche aber zulegt mit einem feſten Steinſchutt ven 
fhlagenen harten Steinen überfähet und an den Seiten mit Wegen für Vie] 
gänger und mit Gräben verfieht. In Gebirgegegenden wird ber Chaufferbut 
fehr fchwierig, weit bier theils Berge abgetragen, theils Thaͤler ausgeflkk, zu 
(en wol aber auch die Kunftftraßen In Schneckenwindungen einen Bergall 
herunter geführt werben mäffen. Eine andre Schwierigkeit des Ehaufföcbame 
wenn felbiger auf Moraͤſte trifft, wo es ſogar nothwendig wird, durch Pal 
ober zu verfentende Steinmaffen einen feften Grund zu befommen. Die 
feen find feine Erfindung neuerer Zeit, denn das Alterthum zeigt und Werke, 
bie man nody jegt erflaunt. Die Befchreibung, welche uns Herodot vom 
koͤnigl. Straße in Perflen macht, die von Sardes bis zur Refidenz Suſa fl 
beinahe 450 deutſche Meiten lang, und überall mit Eönigt. Ruhehaͤuſern un 
ſchoͤnſten Herbergen verfehen war; die Überrefte von den roͤmiſchen Strafe 
man in ungeheurer Menge und Größe, oft 1200 Meilen lang, durch das 
Reich anlegte, die gerabe Richtung, die man ihnen gab und deßwegen 
trug, Selfen und Gebirge durchbrach, ihre Erhöhung, in der fie oft über & 
und Heine Thäler weggingen, die ungemeine Seftigkeit und Genauigkeit, DM 
bei folhen Bauen zu erreichen fuchte, Übertreffen alle Erwartung. In den 
Zeiten ſcheinen die niederländifchen Heerftraßen, die fid) aud wegen ihrer l 
auszeichnen, die erften geweſen zu fein, welche man in Chauffeen ve 
Diefen folgten darauf die Chauffeen in Frankreich, England und Spanien 
1753 zuerft in Deutfchland, und zwar in Schwaben zwifhen Öttingen und 
lingen. Die beften Chauffeen haben Spanien, Frankreich, England, O 
Balern. Die nachahmungswertheſte Verfaffung, der Chauffeen findet man ig 
land, wo nicht nur zuerſt die Straßengewichtsmeffer für die Wagen der 
an den Chauffeegelteinnahmen eingeführt, fondern auch die für die | 
und Dauerhaftigkeit überaus wichtige Anordnung gemacht worden ift, daf 
Mitte die Reiter ihren Weg nehmen und alle Wagen rechter Hand fahren 
Hierdurch werden die vielen Fahrgeleife und das Ausweichen ber Wagen 
denen es jeboch freigelaffen Ift, den zu langfam fahrenden Vorwagen durch 
Ausbrechung auf die Chauffee vorzufahten. Vermoͤge bes Straßenregais 
Landesherr das Recht a) zur Anlegung der Chauffeen in moͤglichſt gerader 
durch jeded Grundſtuͤck brechen zu koͤnnen, b) zur Veflteitung der Koften 
geld zu fodern, c) Chauffeeordnungen befannt zu madyen, d) bie Weite det 
geleiſes nebſt der Breite der Hadefelgen zu beftimmen und die Sperrketten 
ten und e) das Gewicht vorzuſchreiben, was auf Laftwagen nach ber Zahl dx 
geladen werden darf. Seine Pflicht iſt, die Chauffeen in gutem Stande zu 
Je beſſer die Straßen find, je mehr kann der Fuhrmann laden, je geringer | 
Frachten, je größer ift der Waarenaustaufh. In der Mark fährt im Sau 
Suhrmann mit einem Pferde 6 und in Brabant auf der feften Kun 
Centner. Die Koblenfuhrleute von Charleroi nach Bruͤſſel fahren 22,00 
Kohlen mit 6 Hengften und in England ein Pferd in einer Eiſenbahn 80 Ee 
In Frankreich ſchafft man gute Pflafterfteine auf 20 Stunden heibei. Ma 
dort den fontainebleauer Sandſtein auf den Straßen um Paris jedem ande 
teil er fich leicht in Parallelepipeda briht. Führt man eine Straße berga 
muß man beridfichtigen, daß nicht fo fehr die Reibung als das Heben d 
erfchwert. Für bergichte Kunftftrafen taugt bie Pflafterung nicht. Ich 
man in England Chauffeen mit Steinfhutt, Steine werden nämlich zerfl 
und auf den vor bem Eindringen des Waffers geficherten Erdgrund dann einl 
body aufgeſchuͤttet, die Luͤcken aber nad) und nach ſtets mit ſolchem Schutt 
füllt, bi6 das Ganze ein fefter, gewölbter Damm wird. Dieſer von Nac 











Ghauveau = Lagarde Shauvelin 599 


Chauffeebau ift auch in Rußland, Frankreich und Deutfchland verfucht 
— S. ſerner Eifenbahnen. 
ruveau⸗Lagarde, geb. zu Chartres 1767, einer der beruͤhmteſten 
a Redner Frankreich während der Revolution, der den Muth behielt, 
a dem Revolutionstribunal im voraus zum Tode beftimmten Schlacht⸗ 
Gefahr des eignen Lebens, mit feltener Beredtſamkeit zu vertheidigen. 
nie Defeze, dem beredten und kuͤhnen Vertheidiger Ludwigs XVI., und 
on Ducoudray, der mit ihm gemeinfchaftlicy die Vertheidigung Marien 
ne führte, ſtets als ein Mufter gelten, wo e8 darauf ankommt, unter 
änden mit Muth der Pflicht und der Ehre zu folgen. Unter die beruͤhm⸗ 
r ungluͤcklichen Clienten, die er zu vertheidigen hatte, zählen wir, außer 
n, Charlotte Corday und Briffot. Miranda rettete er vom Tode. 1814 
vom Könige geadelt und erhielt das Kreuz der Ehrenlegton. 1816 gab er 
icht über den Proceß der Königin und der Prinzeffin Elifabeth heraus, 
wuvelin (Francois, Marquis de), ein ausgezeichnetes Mitglied ber 
rellen oder linken Seite in ber Deputirtenkammer, auß einer der beruͤhm⸗ 
j. Familien, Sohn des Darquis de Chauvelin, franz. Generallieutenants, 
von Genua und Parma, dann franz. Ambaffadeurs in Turin, der einer 
chſten und licbenswürbigften Männer feiner Zeit war. Auch f. Onkel, 
uvelin, war ein durch Patriotismus, Muth und Einſicht gleld) ausge: 
Mann, wofuͤr er aber durdy Lettres de cachet verbannt und mehre 
jeferfert wurde. Diefer Abbe Chauvelin hatte an der Vertreibung ber 
us Frankreich einen fehr bedeutenden Antheil genommen. Srancois 
geb. um 1770, und erzogen in ber parifer Militairfchule, war beim 
der Revolution feit ein paar Jahren in Dienften. Er umfußte die 
derfelben mit dem ganzen Feuer feiner erſten Jugend und wurde 1791 
de camp des nachmaligen Marſchalls Rochambeau, der die Vertheibis 
Nordgrenze zu organiſiren den Auftrag bekam. Bei ſeinem Geſchaͤft 
fo glänzende Talente, daß er Im Febr. 1792 auf Dumouriez's Antrag 
Zeit außerordentlich wichtige Geſandtſchaft zu London erhielt. Nach 
tung Ludwigs XVI. brach England alle diptomatifche Verhältniffe mit 
ab, und Chauvelin erhielt eine zweite Sendung nad) Florenz; ex mußte 
ad) von hier entfernen, da Lord Hervey, der engl. Geſandte, dem Groß: 
rte, daß, wenn Chauvelin nicht innerhalb 2-E Stunden abreijen wuͤrde, 
itered Livorno würde bombardiren laffen! Zur Zeit des Terrorismus 
ins Gefängniß geworfen, und verdankte nur dem 9. Thermidor feine 
Unter der Directorialvegierung lebte Ch. bloß den Wiffenfchaften. Vom 
b dem 18. Brumaire in das Tribunat ernannt, zeichnete er fich mit - 
ſtant und einigen Andern durch den Eräftigften und überlegteften Wider⸗ 
die Einfchreitungen der Gonfulargewalt aus. So tadelte er die Errich⸗ 
rben® der Ehrenlegion. Er wurde defhalb aus dem Tribunate entfernt. 
‚urdigte Mapoleon Chauvelin’s Charakter und Patriotismus, Indem er 
chher zum Präfecten des Departiments der Los ernannte. Diefen Pos 
ete er 8 Jahr lang mit Ruhm, pis er 1811 in den Staatsrath gerufen 
n«ralintendant nach Gatalonien gefandt wurde. Mach der Reſtauration 
em Departement der Cöte d’or zum Repräfentanten in der Deputirtens 
ıannt. Von dieſem Zeitpunft an flieg Chauvelin immer höher in der 
x Nation; er wurde flets aufs neue und zulegt 1822 zum Deputirten 
Kein anderer Redner ber Kammer übsrtrifft Chauvelin an glänzenden 
ungen, an gelftteihen und ſcharfſinnigen Antworten, an Gegenwart 
und an wigigen, oft beluftigenden Angriffen oder Verthe digungskuͤn⸗ 
Salon fpridht ex wie Beaumardyais, von der Tribune wie Barnave 


598 Chaufieen 


Kies, oder mit grobem Kies und feften zerfchlagenen Stein er 
und feftflampft, diefe Oberfläche aber zulegt mit einem feſt - 


ſchlagenen harten Steinen uͤberfaͤhrt und an den Seiten me — =” 
gänger und mit Gräben verfieht. In Gebirgegegenben r. 

ſehr ſchwierig, weil hier theils Berge abgetragen, theil? 

fen mol aber auch die Kunftftraßen In Schneckenwir 
herunter geführt werden müffen. ine andre Shui # 
wenn felbiger auf Moräfte trifft, wo es fogar not’ “dm 
oder zu verfenfente Steinmaffen einen feften Gr ‚„ppe * 
feen find keine Erfindung neuerer Zeit, denn da? ‚400 — — 
bie man noch jetzt erſtaunt. Die Befchreibv .n auf HOUR; 


koͤnigl. Straße in Perfien macht, die von F 6 Dorf Locle nn 
beinahe 450 deutſche Meilen lang, und oͤ ‚ce Modehanblung, © 
ſchoͤnſten Herbergen verfehen war; die Ü Jorf Fleurler iſt der Ha 
man in ungeheurer Menge und Groͤße 
Reich anlegte, die gerade Richtung, . n der Privaten ober ber Kau 
trug, Seifen und Gebirge ducchbrar geſchaͤfte beforgen, d. h. folche, ! 
und Eleine Thaͤler torggingen, bie · eLübertragen, und bei welchen fir 
bei ſolchen Bauen zu erreichen fud- verfügen. Man nennt diefe Perſon 
Zeiten fcheinen die nieberländife „.fierd. Die beutfchen Banquiers fint 
auszeichnen, die erſten geweſ ‚uhlelgefchäfte machen, was in Hollanı 
Diefen folgten darauf die Ch gga In ber Regel nicht thun. Die Cheds, 
1753 zuerft in Deutſchland z', gelten in den Wechfelzahlungen und ir 
lingen. Die beften Chan es nur felten der Fall ift, daß ihre Bey 
Baiern. Die nahahmır t wird, fo herrſcht darin ein außerorder 
land, wo nicht nur gr gehen lang, che die Zahlung wirklich verlan 
an den CHauffergelt Zr gerichtlichen Kraft verlieren, da der Regre 
und Dauerhaftigke A Banker faltirt, eigentlich nur drei Tage na 
Mitte die Reiter FH a it. Sobald fie indeffen in die Hände eines < 
Hierdurch werd⸗ BR, zen, werden fie noch denfelbigen Tag verrecht 
denen es jedoch / *— Sitte iſt, daß die Caſſiers taͤglich ibre (guͤtt 
Ausbrehung Aare nstaufhen und ſich das Fehlende oder Überſchie 
Landeshrrr ’ IA ne 
durch jedet —* it dieſem Namen, deſſen Urſprung zweifelhaft iſt 
geld zu fo’ Ay af, welche die Natur der Körper, oder vielmehr die V 
geleiſes r wi ihre wefentlichen Beſtandtheile gegenfeitig ausuͤben. 
ten und nl af bie Phyſik im engern Sinne ıc. genannt. Diefer 
gelaber ⸗ ze als irgend ein andrer zuzukommen, da der Unterſchie 
Se de’ ei zufenem [ehr ſchwachen Grunde beruht. Erſtere unter‘ 
Frac hung ber Körper, indem fie felbige in ihren Dlaffen ber: 
Zub —*z Wirkung der integrirenden Beſtandtheile. Di 
Ca me dem durch ihre allgemeine Anziehung oder Abitofung hai 
Kar erzeugt fie eine befondere Verbindung oder Zerfegung. 
aM yanagen Kenntniffen iſt es unmöglich, die Phyſik von dei 
dA an ann die eine nicht ohne die andre ſtudiren. Die 
' —7— fanden, die Metalle zu ſchmelzen, fie zu verbinden, fir 
* welche zuerſt die naͤchſten Pflanzenſtoffe abſonderten und 
—— erkannten, ſind die erſten Chemiker geweſen. Aber ſtat 
merhedifchen, philoſophiſchen, vom Bekannten zum Unbekan 
—— zu folgen, ließ man ſich durch aſtrologiſche J 
— von dem Stein der Weiſen und hundert thoͤrichte 
em gen. Bis 1650 findet man in der Gefchichte ber Chemie nur eini. 


Speinte, Gefchichte 601 
TB, Roger Baco, Arnaud Se Villenenve, Wafl- 
"a u. f.w. haben mehre Eigenfcyaften des Eis 
. 8, des Salmiaks, des Salpeter6 wahr 
Rn “rs und andre Säuren gefunden, fie 
5 "feiten abzujlehen, das Opkum, 
a !inigen. lauber zeichnete 
x \ 
rs R ‚en aus. Cr ſuchte einige 
BE sciblelbfel der Dpetatlon ‚nice 
BE ihm benannte Glauberfälz u. 
% x „itdeten Bein Ganze& einer Wiffene 
* ‚en Theorie, zu keinem voRfländigen 
12 en Grund zu einer regelmäßigen Wiffen⸗ 
* o auf einer Vorausſetzung beruhte‘, welche 
> en. Biel verbankte er dem berühmten Becher, 
’ eiterte. Cr fühlte, daß die meiften chemiſchen 
‚einen Urfache oder doc) von wenigen Grundfägene 
ombinationen anknuͤpften, abhängen raschen. Er 
‚ entzündbaren Brundfloff an, ben bie brenndaren Koͤr⸗ 
dren, und den fie von noch brennbarern Körpern; als ff, 
Eönnten. Diefen Grundſtoff nannte er Phlogifton. 
efchehen mit Aufftellung einer Hppothefe, bie foldherger 
Erfeeinungen unter einander verband. Woerhinne, ber, 
‚ trug viel dazu bei, es außzubreiten; er ſchuf Die phllos 
icherte fie mit einer Menge von Verfuchen über das Feuer, 
ſ. w. Die Wiffenfchafe machte durch diefe Phitofophen 
die Grundfäge, von denen fie ausgingen, falſch waren. 
Cavendiſh und Lavoiſier vorbehalten, Stahl's Theo⸗ 
e die Schöpfer der pneumatifchen ober antiphlogiſtiſchen 
eſchichtlichen Theil Fourcroy ih feiner „Philosophie chi- 
yateme des connnissances chimiques” am volftänbig« 
zald man die Zufammenfegung der atmofphärifhen Luft 
man, daß die brennbaren Körper, Indem fie In Berühr 
tatt einen ihrer Grundſtoffe zu verlieren, ſich eines Bes 
htigten und dadurch an Gewicht zunähmen. Man nannte 
en (Sauerftoff), weil er, wenn er In den brennbaren 
yanden ift, mehre derfelben in Säuren verwandelt. Das 
le des Phlogifton, indem es eine entgegengefegte Rolle 
tklaͤrte faſt Ales, was vorher unerflärhar war. Aber mas 
Licht und Zufammenhang brachte, waren bie 1787 ans 
fibenennungen, melde alle einzelne Angaben dem Ge 
icher Leichtigkeit einprägen, da alle die Namen ber Koͤr⸗ 
ng ober ihre Hauptbeſchaffenhelt ausbrüden. Zwoͤlf oder 
jingereicht, um eine methobifche Sprache zu fchaffen, die 
Benennung enthält, und bie mit Veränderung ber Ende 
Veränderung anzeigt, welche dle Körper in ihrer Verbin ⸗ 
, Hourerop, Guyton de Morveau und Berthollet find 
üchen Umgeftaltung. Die chemiſche Kunſtſprache läßt 
nd paßt nicht nu (de die bekannten Erſcheinungen, fons 
machenden Entdeckungen. Sie iſt das erſte Beiſplel einer 
iſchen Sprache. 
A Mittel, die innere Natur bee Körper kennen zu lernen, 
ſis Auflöfung und Bufammenfegung). Durch jene trennt 





600 Ehaur be Bonds Chemie 


ober Vergniaud. In den für die Zeitgefchichte und bie Entwickelung ber Ro 
fentativverfaffung fo wichtigen Verhandlungen der franz. Deputirtenkanmmer fi 
wir Chauvelin bei jeder Discuffion In den erften Reihen und ſelbſt die Fräntitäk 
Geſundheitsverhaͤltniſſe konnten ihn bei ber wichtigen Seffion von 1820 ni 
ihr entfernt halten. 
Chaur (la) de Fonds, Melerei und Dorf In der Graffchaft Vale 
im fchmweizerifhen Kanton Neufchatel. Das rauhe, zum Aderbau unrüdhtige 2 
diefes Namens, wohlhabend durch Viehzucht und Käfehandel, ift mit bem be 
barten Zocle durdy feine Uhrenfabricatton und Spitzenkloͤppelel merkwuͤrdig 
Chaur de Fonds hat gegen 5800 Einm., darunter an 400 Uhrmacher und ( 
Spigenmacerinnen. Ohne die Penbeluhren werden auf 40,000 golbme 
fiiberne Taſchenuhren bier jährlich verfertigt. Das Dorf Locke hat gegen Sf 
Einw. Man findet an beiden Orten eine parifer Modehandlung, Buchdt 
eine Buchhandlung und Banquiers. Das Dorf Fleurler ift der Hauptfg 
Spitzenhandels. 
Checks, in England, Anweilſungen der Privaten ober der Kaufleu 
diejenigen Perſonen, welche ihre Caffengefchäfte beforgen, d. h. foldye, weil 
die Einziehung ihrer Gelder und Wechſel uͤbertragen, und bei welchen fie, ver 
der Checks, über diefe Gelder wieder verfügen. Dan nennt dieſe Perfonen im 
land Bankers, rote in Holland Caſſiers. Die beutfchen Banqulers find etw 
ders, da diefe hauptſaͤchlich Mechfelgefchäfte machen, was in Holland und! 
land die Caſſiers und Banker in der Regel nicht thun. Die Checks, in! 
Gaffiersquittungen genannt, gelten in den Wechfelzahlungen und im geth 
Leben als baar Geld, und da es nur felten der Fall ift, daß ihre Bezahlui 
Banker oder Caffier verweigert wird, fo herrfcht darin ein außerordentlichchſ 
trauen. Sie laufen oft Wochen lang, che die Zahlung wirklich verlangt ei, 
gleich fie dadurch an ihrer gerichtlichen Kraft verlieren, da der Megreß gege 
Ausftelfer, wenn etwa der Banker fallirt, eigentlich nur drei Tage nad) dem 
der Ausftelung zulaͤſſig iſt. Sobald fie indeffen in die Hände eines anderaJ. 
ters oder Caſſiers kommen, werden fie noch denfelbigen Tag verrechnet, dag 
London und Amfterdam Sitte ift, daß die Caſſiers täglich ihre (gültig ung. 
menen) Qulttungen austaufchen und ſich das Fehlende oder Überſchießende 
laſſen oder zahlen, | j 
Chemie. Mit diefem Namen, deſſen Urſprung zweifelhaft iſt, be 
wie die Wiffenfchaft, welche die Natur der Körper, oder vielmehr bie Mir 
nen lehrt, welche ihre wefentlichen Beſtandtheile gegenfeitig ausliben. DW 
Chemiker haben fie die Phyſik im engern Sinne xc. genannt. Diefer letzte 
ſcheint ihr mehr al& irgend ein andrer zuzulommen, ba der Unterfchied dry 
und Chemie auf einem fehr fchwachen Grunde beruht. Erſtere unterfucht W 
genfeitige Wirkung der Körper, indem fie felbige in ihren Maſſen betrachtet 
tere unterfucht Diefelbe Wirkung der Integrirenden Beſtandtheile. Dieſe W 
wird In der einen durch ihre allgemeine Anziehung oder Abſtoßung hervergeig 
in der andern erzeugt fie eine befondere Verbindung oder Zerfegung. Aber; 
unfern dermaligen Kenntniffen iſt e8 unmöglich, die Phyſik von ber Chend 
fondern, man kann die eine nicht ohne die andre fludiren: Die Menf 
weiche Mittel fanden, die Metalle zu ſchmelzen, fie zu verbinden, fie zu ford 
die Arzte, welche zuerft die naͤchſten Pflanzenftoffe abfonderten und ihre & 
thuͤmlichkeiten erfannten , find die erften Chemiker geweſen. Aber flatt eine) 
lichen, methodifchen, philofophifchen, vom Bekannten zum Unbefannten ü 
henden Beobachtung zu folgen, ließ man ſich durch aſtrologiſche Träumd 
ducch die Kabel von dem Stein der Weifen und hundert thörichte Hrpel 
irre leiten. Bis 1650 findet man in der Gefchichte ber Chemie nur einige hefaı 




























Ghemte, Befchichte | 601 


myumerfen. Rhaſes, Roger Baco, Arnaud be Vilmame, Ball: 
n, Paracelfus, Agricola u. ſ. w. haben mehre Eigenfchaften des Eis 
Lueckſilbers, des Spießglafes, des Salmiaks, des Salpeters wahr 
fie Haben die Schwefel:, Salpeter⸗ und andre Säuren gefunden, fie 
hrungsarten erfunden, geiftige Stüffigkeiten abzuziehen, da6 Opium, 
u. f. w. zu bereiten, die Alkalien zu reinigen. Glauber zeichnete 
die Sorgfalt in feinen Unterfuhungen aus. Er ſuchte einige 
? zu vervollkommnen, rieth die liberbleibfel der Operation nicht 
wegzuwerfen, entdeckte das nach ihm benannte Slauberfalz u. 
e diefe einzelnen Entdedungen bildeten Bein Ganzes einer Wiſſen⸗ 
yanden fich zu keiner allgemeinen Theorie, zu keinem vollſtaͤndigen 
Stahl erſchien. Er legte den Grund zu einer regelmäßigen Wiffen» 
doch unzureichend war und auf einer Vorausfegung beruhte‘, welche 
yachtungen twiderlegt haben. Vlel verdankte er dem berühmten Becher, 
‚er berichtigte und erweiterte. Er fühlte, daß die meiften chemifchen 
m von ciner allgemeinen Urfache ober doch von wenigen Srundfägene 
othwendig alle Sombinatienen anknuͤpften, abhängen moͤchten. Er 
Koͤrpern einen entzuͤndbaren Grundſtoff an, den die brennbaren Koͤr⸗ 
brennen verlören, und ben fie von noch brennbarern Körpern,’ als fi, 
x annehmen koͤnnten. Diefen Grundftoff nannte er Phlogifton. 
Schritt war gefchehen mit Aufftellung einer Hppothefe, die ſolcherge⸗ 
beobachtete Erfcheinungen unter einander verband. Boerhaave, ber 
ſtem annahm, trug viel dazu bei, es auszubreiten; er ſchuf die philos 
mie und bereicherte fie mit einer Menge von Verfuchen über das Feuer, 
yes Lichts u. f. w. Die Wiffenfchaft machte durd) diefe Phitofophen 
wenn gleich die Srundfäge, von denen fie ausgingen, falfch waren. 
ck, Priefttey, Savendifh und Lavoifier vorbehalten, Stahl's Theo⸗ 
en, indem fie die Schöpfer der pneumatifchen oder antiphlogiftifchen 
be, deren gef&hichtlichen Theil Kourcroy ih feiner „Philosophie chi- 
> feinem „Systeme des connaissances chimiques” am vollftändig« 
Ut hat. Sobald man die Zufammenfegung ber atmofphärifchen Luft 
nt hatte, fah man, daß die brennbaren Körper, indem fie in Beruͤh⸗ 
brannten, ftatt einen ihrer Grundftoffe zu verlieren, fich eines Bes 
er Luft brmächtigten und dadurch an Gericht zunähmen. Man nannte 
ndtheil Oxygen (Sauerfloff), weil er, wenn er in den brennbaren 
Übermaß vorhanden iſt, mehre derfelben in Säuren verwandelt. Das 
an die Stelle bes Phlogifton, indem es eine entgegengefegte Rolle 
eine Theorie erflärte faft Alles, was vorher unerlärbar war. Aber mas 
ie auf einmal Lidyt und Zufammenhang brachte, waren die 1787 ans 
ı neuen Kunftbenennungen, weldye alle einzelne Angaben bem Ges 
außerordentlicher Leichtigkeit einprägen, ba alle die Namen der Koͤr⸗ 
ihren Urfprung ober Ihre Hauptbefchaffenheit ausdrücken. Zwoͤlf oder 
Örter haben hingereicht, um eine methodifche Sprache zu fchaffen, die 
uneigentlihhe Benennung enthält, und die mit Veränderung der Ends 
r Ramen die Veränderung anzeigt, welche die Körper in ihrer Verbins 
n. Lavoiſier, Fourcroy, Guyton de Morveau und Bertholiet find 
t diefer glücklichen Umgeftaltung. Die chemiſche Kunſtſprache läßt 
uͤrliches zu und paßt nicht nur für bie bekannten Erfcheinungen, fons 
x die noch zu machenden Entdedungen. Sie ift das erſte Beifpiel einer 
a und analytiſchen Sprache. 
hemie hat zwei Mittel, die innere Natur ber Körper kennen zu lernen, 
rund Sonthefis (Auflöfung und Bufammenfegung). Durch jene trennt 


608 Chemie, philofophifche 


fie die Beſtandtheile eines zufammengefegten Koͤrpers, durch biefe 
getrennten Beflanbtbeile, um ben zerſetzten Körper wieberherzuftell 
nauigfeit des erſten Verfahrens zu beweifen. Diefe Mittel beruhe 
lichſt vollſtaͤndigen Kenntniß der beiden Kräfte, die ale Körper dei 
wegung fegen, nämlich Anziehung und Abſtoßung. Man hat ein 
Beftandtheile und eine planctarifhe Anziehung unterſchelden wolle 
flern den Namen ber chemifchen Verwandtſchaft gegeben; aber bie © 
ziel Arten. der. Anziehung. Das abwechſelnde Spiel der Anziehr 
ßinig der Beſtandtheile veranlaßt eine Menge von Erfcheinungen, w 
Sinne wirken, und eine Menge von Verbindungen, welche die Na 
genfchaften der Körper verändern. Das Studium diefer Erſcheinun 
niß diefer Verbindungen gehören in des Gebiet der Chemie. Die ( 
Körpers muß ſtets feiner Analyſe vorangehen. Dft reicht die einfac 
bee äußern Formen, der Farbe, der Schwere, des Orts, wo er 
u.f. w. hin, um durch Vergleichung auf die Kenntniß feiner chemiſc 
ten zu führen. Es gibt demnach Feine ausgebreitetere Wiſſenſchaf 
mie; auch kann ihr Gebiet nicht von einem einzelnen Menfchen ı 
Um das Stubium zu erleichtern, betrachtet man fie unter verfchie 
puntten, die ſich in Abtheilungen und Unterabtheilungen abfonbe 
man ſich einer einzelnen voidmen Tann, obgleich die Art zu beobacht 
ren und zu combinicen immer diefelbe ift, obgleich alle Erſcheinunge 
allgemeine Theorie erklären laffen und ſich auf gewiffe Gefege bez 
vorgängig kennen muß. Diefe Gefege zufammengenommen bilden 
philoſophiſche Chemie. Sie betrachtet, was man unter Ver 
Aggregation oder Cohäfion und unter Berwandtfchaft der Sompofiti 
bat; fie erflärt die Erſcheinungen ber Auflöfung, Sättigung, Kryſ 
Aufpraufens, der Schmelzung, der Neutralifation. Das chemifche 
tet, indem es die Eigenfchaften der Körper verändert oder modificirt, d 
widtige Betrachtungen über die Veränderung der Form, der Dichti 
peratur dar. Diefe Betradhtungen gehören ber philofophifhen Gt 
läßt auch wahrnehmen, daß die Verwandtfchaft fid) äußern kann: 1 
einfachen Körpern, 2) zwifchen einem einfachen und einem zufamme 
per; 3) zwiſchen zufammengefegten Körpern; und indem jie den ( 
ſtellt: daß ein Körper nicht diefelbe Verwandtfchaft zu allen andern 
daß er fie ungleich anziehe, gibt fie die Gefege an, weldye bie Wahlve 
und die fie modificirenden Urfachen beflimmen, als da find die Cohaͤſi 
die Unaufloͤslichkeit, die Elafticität, die Temperatur der Körper. 
Kraft der Verwandtſchaft, ſowol der einfachen ald zuſammengeſetzte 
die Umftände an, welche das Spiel der Anzichungen begünftigen o' 
genwirken; fie Ichrt, daß zwei Körper nicht auf einander wirken, wi 
von beiden oder beide flüffig find, daß die Körper, ſelbſt in einem Zuf 
loͤſung, nur in unmerklichen Abftänden auf einander wirken ; daß zw 
keine bemerkbare Berwandtfchaft zu einander haben, ſich mittelft ei 
einigen; endlich, daB die charakteriſtiſchen Eigenſchaften der Körper d 
nigung zerflört werden, und daß der zufammengefebte Körper neu 
zelgt. Indem fie von diefen Grundgefegen zur Unterfuchung der eiı 
fortgeht, betrachtet die philoſophiſche Chemie die Wirkung des Lid 
meftoff6 und der Elektricität, die Natur ber einfachen und zufammen: 
baren Körper, ber Luft und des Waſſers, die Bildung der Säuren 
loͤſung, die Natur und die Eigenſchaften der ſalzigen Grundſtoffe 
dung mit den Säuren, die Verkaikung, Auflöfung und Beſchickung 
Metalle, die Bildung und Natur der Pflanzen, die untsrfcheidenden 


Chemie, angewandte 603 


ttelbaren Pflanzenfloffe, die Erfcheinungen der Animalifation und die Eigens 
en der animalifhen Zufammenfegungen ; endlich die von felbft erfolgende Zers 
g raonlihre Stoffe. Dies ift der Kreis, den die Phitofophie der Chemie 
ft, Indem fie fich auf das Allgemeine befchräntt. 

Nach ber Anwendung, welche von diefem Allgemeinen gemacht wird, zerfaͤllt 
mie in fieben ober acht befondere Zweige, bie wir noch kurz durchzugehen has 
Das Studium ber großen Erfcheinungen, die man im Dunſtkreiſe beobach⸗ 
d die man Zufterfcheinungen (Meteore) nennt, bildet die meteorologie 
Chemie. Eie erklaͤrt die Bildung der Wolken, des Regens, bed Nebels, bes 
eG, der Waſſerhoſe, den Hygrometer⸗, Barometer⸗ und Thermometerſtand 
uf, die Bildung des Nordlichts, der Meteorfteine, und übschaupt Altes, 
hemifch isber unſrer Exrdkugel vorgeht. — Geologiſche Chewie kann man 
Äge nennen, weldye vornehmlich die großen Gombinationen der Natur ſtu⸗ 
‚wodurch die Vulkane, die Metallminen, die Steinkohlenlager,, die Bafalte, 
alwaſſer, jene ungeheuern Salz: und Kaltmaffen, der Salpeter auf dem 
des Indus, das Natrum in den Seen Agyptens, der Borar in ben Seen 
entftanden find. Der Chemiker als Geolog ſucht die Urfachen der Über⸗ 
ngen, ber Erdbeben, ber Verminderung der Geroäffer auf der Erdkugel, 
des Klimas auf die Farbe der Thiere und Pflanzen, auf den Geruch der 
auf den Geſchmack der Früchte zu ergründen und zu erklaͤren. Bei dieſen 
Beobachtungen vornehmlich bedarf er der Naturkunde und Phyſik. Die 
in ihrer Anwendung aufdie Naturgefchichte, wird wie dieſe eingetheilt. Man 
et daher die Chemie des Mineralreich 6, welche die Metallurgie und bie 
umfaßt und fi) mit der Unterfuchung aller unorganifhen Stoffe, ber 
Salze, Metalle, Erdharze, Waffer befhäftigt; die Chemie des Pflangens 
‚ weiche die Pflanzen und ihre unmittelbaren. Erzeugniffe zerlegt, und bie 
bes Thierreichs, welche auf alle von todten oder lebendigen Thieren kom⸗ 
Stoffe angewandt wird. Letztere zerfällt wieder in die phpfiofogifche Chemie, 
die in den thierifchen Stoffen ducch die Lebensthaͤtigkeit bewirkten Veraͤnde⸗ 
betrachtet; in bie pathologifche Chemie, welche bie durch Krankheiten ober 
e Verlegungen verurfachten Veränderungen beobachtet; in die therapeus 
pharmakologiſche Chemie, welche die einfachen Arzneimittel zerlegt, bie 
ng und Zubereitung der hemifhen und einfachen Arzneimittel aufklaͤrt, 
L der Aufbewahrung anzeigt und die ſtets geführlichen Sophiſtereien ken⸗ 
; in die Chemie der Geſundheitslehre, welche ſich mit den Mitteln befchäfs 
Wohnungen der Gefundheit gemäß einzurichten, die Luft, melde man 
ethmet, zu prüfen, den Seuchen zuvorzutommen, gefunde Nahrungsmite 
igen, den Einfluß der Beſchaͤftigungen, Moden und Gebräuche auf die 
it der Menfchen zu erforfchen. Die Chemie findet endlich) noch Anwen⸗ 
Haushalt und inden Künften. Im Haushalt hat fie den Zweck, eine 

je von Werrichtungen zu vereinfachen und zu regeln, die wir unaufhörlich in 
Wohnungen vornehmen, um fie gefund, warm, hell zu machen, um Klei⸗ 
mittel, Getränke zuzubereiten u. ſ. w. Die Brotbereitung, das Einkals 
Getreides, die Bereitung der Maſt, die Bereitung und Reinigung ber 
die Kunſt, Backhaͤuſer, Ofen und Kochherde zu bauen, Zeuche zu bieichen 
waſchen, eine kuͤnſtliche Kälte hervorzubringen u.f. mw. Wichtiger und 
ter ift Die Anwendung der Chemie in den Künften und Gewerken. Gie 
Zweck, das chemijche Verfahren, durch weldyes die zu verarbeitenden 
Inde unfien Bedlcfniffen angepaßt werden, aufzufinden, zu berichtigen, 
term, zu vervollkommnen oder zu vereinfachen. Schließlich erwähnen wie 
Is Gebrauchs, der auch in gerichtlichen Angelegenheiten von der Chemie viels 
Fmayıt wird, um ein Vecbredyen gehörig zu srörtern. Bei Vergiftungen, 
























604 Chemie, naturphilofophifche 
Schrift: und Muͤnzverfaͤlſchungen u. dgl. Bann allein bie Chemie zu fü 


niffen führen. 

Chemie, naturphiloſophiſche. Die Chemie hat ia der neuſt 
Fortfchritte gemacht, und zwar nicht nur von praßtifcher Seite, als A 
derm auch von £heoretifcher, indem fie angefangen hat, fi von ber ni 
einer Kunde (eines Aggregate chemifcher Kenntnifſe) zum Range eine 
(haft im engern ımb höhern Sinne (f. Wiffenfhaft) zu erheb 
kann fienur, role jeber Zweig der Naturkunde, durch den Einfluß de 
loſophie oder phitofophifchen Naturwiſſenſchaft gelangen. Da naͤmlich 
ter der Natur, wenn man leßtere aus dem Standpunkte ihrer Ide 
hoͤchſte Einheit in der größten Mannigfaltigkeit iſt, indem fie, aus dei 
das Mannigfache gefegmägig entwidelnd, fid) zu einem organifc 
neftaftet, fo war in den bisherigen Lehr⸗ und Handbüchern der Cher 
Zahl der chemiſchen Elemente der größte Stein des Anftoßes für den ph 
Taturforfcher. Die erfte Reform alfo, welche ber Chemie, wenn 
haft werben follte, bevorftand, war die Reduction (Zuruͤckfuͤhrm 
ien Elemente auf wenige Grundfloffe. Dazu hat vorzüglich Win 
nen Schriften, namentlich in feiner „Darftellung ber vier Beftandthe 

änifchen. Natur ıc., aus dem Latemiſchen Überfegt von D. J. Schu 

80%, den. erflen Anftoß gegeben, wiewol er lange Zeit nur bei Wer 
fanh. Aber diefer Anftoß hat dennoch gewirkt, und bei dem gegemmi 
züglichen Bildungszuſtande der Naturwiſſenſchaft kadn die weitere wiſſ 
Ausbifdung ber Chemie nicht ausbleiben, Vor der Hand iſt nur erſt die 
zu einer mifſenſchaftlichen Chemie gegeben. Die ganze fihtbare Natuı 
drei Urkräfte gebildet und beherrſcht, welche daher auch Weltkraͤf 
werbeit koͤnnen, naͤmlich durch Schwere, Licht und Wärme. Diefe Url 
in. der engflen Verbindung mit einander, wirken gemeinfchaftlich und 
durch ein Ganzes aus, das ſchon die Alten (Philofophen und Chemiker 
ment, den Äther, das Feuer (Urfeuer), fpäter die Alchemiſten das 
universale, auch Elementarfeuer nannten. Die Urkräfte des Athers 
find alfo diejenigen, durch welche ſich die fchaffende Kraft Gottes zun 
Natur offenbart, und der Ather (als Weltmaterie) iſt fein erſtes Organ 
fiſchen Wett. Aus dem Utelement (dem Äther, Urfeuer) und durch I 
denmach zunächft die drei materiellen Elemente, Luft, Waffer und Er! 
den, woraus ber Erdkoͤrper und alle Planeten gebildet find. Diefe mat 
Iedifchen Elemente müffen nothwendig die Eigenfchaften ihres Mutterel 
ihrer Erzeuger, der Urkräfte, an ſich tragen, aber es find dieſe Kräfte 
(hen Elementen zu Stoffen geworden, welche jenen entfprechen. Di 
eigentlich nur drei Grundſtoffe, aus welchen zundchft die Elen 
Waſſer und Exde), mithin auch alle Körper auf und in der Erde und de 
zufammengeftgt find, und alle Verſchledenheit entfteht aus dem verfchie 
haͤltniß, in welchem fie mit einander verbunden find. Diefe Stoffe he 
ftoff, Sauerfloff und Kohlenſtoff. Der erfte ent[pricht (hat die Natur) t 
ber zweite dem Lichte, der dritte der Schwere. In der Luft iſt der Sti 
toaltend, wo er als Stickgas mit Sauerftoffgas und etwas Kohlenftoff 
dung ift, im Waſſer herrfcht der Sauerftoff in Verbindung mir Wafl 
vom Stidftoff nicht mefentlich verfchieben ift), in bem Exdelemmt (den 
Metallen) ift der Kohlenftoff uͤberwiegend, in Verbindung mit Sauer: 
ftoff. Diefes wären fun die eigentlichen chemifchen Elemente ober @ 
deren nur brei find, wenn man, mit Ofen, den Wafferftoff nicht als grı 
den vom Stickſtoff betrachtet, fondern diefen — was wenigftene fehr wa 
iſt — für eine Verbindung des Waſſerſtoffs mit Sauerfloff Hält. An 


- 


GEhemie, naturphilofophifche 605 


hrſcheinlichkeit keine Rüdficht, fondern laſſen beibe Stoffe, wie fle 
Eigenſchaften als verfchieden offenbaren, auch als verfchiebene Ele 
und dann iſt die Zahl der hemifchen der Zahl der phyſiſchen Elemente 
von diefen chemiſchen Elementen, Sauerftoff und Koblenftoff, find 
riſcher) oder planetifcher Natur, da fie ſchon in Gasform (als Sauer 
mfaure® Gas) bie ſchwerſten find ; die beiden andern dagegen, Stick⸗ 
Terftoff, geben die leichteften Safe und find daher folarer (fonniger, 
rt. Zwei und zwei von biefen Stoffen oder hemifchen Elementen find 
pgengefeßt eder verhalten fich polar zu einander, wie Überall Höheres 
Soolares und Telluriſches, das heißt, fie ſtehen in ganz ähnlichem 
ı einander, wie die beiden Pole eines Magnets oder wie die beiden elek⸗ 
: 4 Eund —E. Daher iſt ſowol der Stickſtoff dem Kohlen» und 
ils auch der Wafferftoff beiden entgegengefegt und umgekehrt. Aber 
fe beider Art verhalten ſich unter einander felbft polar und dee Sauer: 
kohlenſtoff entgegengefeßt,, wie der pofitive Pol dem negativen, und 
Waſſerſtoff dem Sticftoff entgegengefest. Hierauf gründet fich denn 
panbtfchaft der chemifchen Stoffe, indem die ungleichnantigen oder un» 
heterogenen) einander anziehen, die gleichnamigen oder gleichartigen 
einander zurüdftoßen. In Verbindung mit diefer Anficht müffen 
neuen Auffchlüffe, welche die Naturphiloſophie uͤber das Weſen des 
e Wärme, ded Magnetismus, Elektrismus und Galvanismus gege⸗ 
die Chemie als Wiffenfhaft von großem Einflus fein, und «6 wird 
ifachen Grundlage in der Folge ein natliriid geordnetes Ganze der 
viffenfchaftliches Gebäude hervorgehen. Auch kommt die erperimen- 
ie neuerlich der fpeculntiven oder philofophifchen gleichſam auf halben 
m, indem auch fie auf dem Wege der Erfahrung und des Erperiments 
enigere Srundftoffe zuridfommt. — Zugleidy muß die obige willen» 
undlage für die Chemie zu einer beffern Eonderung diefer Wiſſenſchaft 
Raturwiffenfchaften Veranlaffung und hinreichende Gründe geben. 
: die Chemiker Vieles in ihre Wiffenfchaft gezogen, was, ſtreng genoms 
ıhin gehoͤrt, was eben daher kommt, daß fie vorausfegten, e8 müften 
heinungen aus befondern Stoffen erklärt werden, da doch Vieles nur 
geeit und dem Verhättniß der Naturkräfte vernünftig zu erklären ift. 
Raturphilofophie dargethan hat, daß es zur Erklärung der Natur des 
zaͤrme, der Elektrictät, des Magnetismus u. f. w. keines befondern 
Bärmeftoffs, keiner elektriſchen und magnetifhen Materie bedarf, 
en Die Theorien diefer Proceffe und Kräfte nicht mehr in die Chemie 
18 Vorkenntniſſe und Propaͤdeutik für die Wiffenfchaft nöthig ſind), 
dynamiſche Phyſik (ſ. Dynamik), da man bisher bloß die mechas 
thematiſche Phyſik von der Chemie gefondert hat. Die Naturwiſſen⸗ 
ı zwar alle in enger Beziehung zu einander; aber es trägt zu ihrer 
ei, wenn zugleich die Grenzen einer jeden genauer beflimmt werben. 
ng der Chemie von andern Naturwiffenfchaften, namentlicd, ber Phys 
ıf der Unterſcheidung des chemifchen Proceſſes von andern, 3. DB. dem 
dem Magnetismus, die man, zu dieſem Behuf, dynamifche Pros 
yeit bei diefen eine Kraft, 3. B. die magnetifche, in zwei Pole (einfels 
rfaͤllt, die fich als der pofitive und negative entgegengefegt find. Beim 
soceß dagegen zerfällt die Materie in zwei entgegengefegte (einfeitige, 
serien, die ſich auf ähnliche Art, role die Pole des Magnets oder die 
He, zu einander verhalten, gegen einander in Spannung find, und 
, fobatd die Bedingungen gegeben find. Der eine Pol des Chemißs 
ıffiges Element, der andre ein feftes, jenes iſt Waſſer in Form einer 


608 Chemnitz (Martin) 


niffen durch ſeltene Geiſtesgaben, gründliche Kenntniffe und bleiben 
um feine Kirche, zu einer hohen Stufe der Berühmtheit empor. 
Altern zu Treuendriegen im Brandenburgifchen den 9. Nov. 1522 geb 
burg und Frankfurt a.d. D. wiffenfhaftlid gebildet, übernahm er 154 
melfterftele in Wrigen an ber Oder, um den geringen Ertrag derfelb« 
zur Fortfegung f. Studien in Wittenberg anzuwenden. Nah D 
Rathe legte er fi auf Mathematik und Aftrologie, ging mit f. Vern 
Dichter Sabinus, 1547 nad) Königsberg, wo er 1548 das Rectorat 
ſchule erhielt, für 1549 und 1550 den Galender fertigte und, wegen f. 
Kenntniffe dem Herzog Albrecht empfohlen, 1550 deffen Bibliotheke 
fi) nun erft ganz der Theologie widmete. In den Streitigkeiten Of 
die Rechtfertigungslehre nahm er mit Mörlin Partei gegen denfelben 
fi 1553, wo Oſiander's Partei obfiegte, wieder nach Wittenberg. 
Vorlefungen über Melanchthon's Dogmatik („Loci communes‘), 
eignen „J,oci theologiei” (ed. Polycarp. Leyser. $ff. a. M. 159 
- fanden. Diefes Werk ift ein Commentar über Melanchthon's Dog 
Methude und gelchrter Ausftattung alle Arbeiten ähnlicher Art aus jer 
trifft und durch ſchaͤzbare Abhandlungen zur Dogmengefdichte bleib 
erhielt. Chemnig vollendete ihn zu Braunſchweig, wo er 1554 Prı 
Hier griff er die Jefuiten durch eine nadte Darftellung ihrer gefaͤhr 
(„Theologiae Jesuitarum praccipua capita”, 2p3. 1562) an un 
einer Vertheidigungsfchrift des portug. Seruiten, Didacus be Paiva 
fuͤr den Drden und die Sache der tridentinifchen Kirchenverſammlung 
ſelbſt Durch Chemnitz's Bud) verlegt fühlte, Gelegenheit, die Beſchluͤf 
chenverfammiung elner f[harfen Prüfung zu unterwerfen. So entft 
men Concilii Tridentini‘ (zuerft £pz. 1565 fy., 2Bbde., am beſter 
1707, Fol.), ein Wert voll hiftorifcher Aufſchluͤſſe und büntiger W 
ber römifch=Eatholifchen Lehren, das von feinem ſpaͤtern Polemiter g 
thofiten verbunfelt ward und noch jegt vor andern Werken diefer Art 
die Unhattbarkeit des papiftifchen Kehrfyftems zu erweifen. Mit glei 
vertheidigte Chemnig auch die Lutherifche Abendmahlslehre gegen die 
(„Repetitio sanae doctrinae de vera praesentia corporis ct sa 
mini in coena sacra‘, %p3. 1561). Entfcheidend war der Antheil 
der Feftftellung bes Lehrbegriffs der evangelifchtutherifchen Kirche ı 
Mörlin arbeitete er 1566 in Königsberg das „Corpus doctrinae 
aus, welches fuͤr die Lutheraner in Preußen ſymboliſches Anfehen erhi 
er 1567 an Moͤrlin's Stelle Superintendeht zu Braunfdiveig gemwort 
er eine Confeffion für die niederfächfifchen Kirchen ab, meldye 1571 a 
vent zu Wolfenbüttel angenommen wurde, und betrieb feit 1573 mit S 
bie Vereinigung der fächfifhen und ſchwaͤbiſchen Kirchen zur Annat 
trachteformel (Formula concordia), die in Ober⸗ und Niederſach 
und Schwaben als Glaubensnorm eingeführt wurde. Faſt feine gan 
war nun biefem Werke gewidmet, bei allen defhalb gehaltenen Conv 
er nÄächft Andres das Wort und erwarb ſich durch die Klugbeit und ef 
Benehmens nicht weniger als burd) die Tiefe feiner bogmatifchen unl 
Einfichten die Bewunderung f. Zeitgenoffen. Daß er dabei f. Lehrer 9 
beffen größter Schüler er war, durch Wort und That verleignete ı 
ftreng=tutherifche Kirche zu erneuern, ber theologifhen Wiffenfchaft fr 
heit zu fernern Fortfchritten abfchnitt, kann ihm jegt nicht mehr zum 9 
hen. Er flarb ein Fahr nach Niederlegung feines Amtes den 8. X: 
Braunfchweig. Die von ihm angefangene „Harmonie der Evangelien 
Leyſer und oh. Gerhard vollendet. — Sein Sohn, Martin Ch. 


Ghenal Chenille 609 


Yin, zuletzt Geh.⸗Rath und Kanzler zu Schleswig, fl. 1627. — Sein 
Hlipp Dogistav v. Ch., geb. 1605, war in ſchwed. Kriegsdien⸗ 
d aber das berähmte Buch: „De ratione status in imperio nostro 
iermanico etc. auct. Hippolito a Lapide” (1640, 4., u. 1647, 12.), 
a en kaiſerlichen Intereſſe mehr Abbruch that ale manche vers 
acht. wurde nachher ſchwediſcher Hiſtoriograph, ſchrieb noch eine 
des ſchwediſch⸗ beutfchen Krieges (1648 u. 1653) und ſtarb ant ſei⸗ 
uw Hallſtadt in Schweden 1678. 
nal (von dem engl. Channel) [Canal], bedeutet im Franzäfi im ein 
Meere ober in Seeſtroͤmen fich fchlängelndes Fahrwaſſer zwifchen Klip⸗ 
andbaͤnken oder Snfeln, in denen man nur mit Hülfe eines Lootſen 
1. Bei intändifcher Canalfchifffahrt nennt man fo das Fahrwaſſer, das 
ung ber Tiefe von Zeit zu Zeit abgelaffen und ausgemodert wird. 
nier (Marie Joſeph de), geb. den 28. Aug. 1764 zu Gonftantinopel, 
ater, Louis Chenier, der ſich durch treffliche Wecke über die Mauren, 
Eko und das ottomanifche Reich befanntgemadht hat, Generalconful 
ung nach Paris, diente eine Zeitlang als Dragonerofficier, nahm feinen 
d widmete ſich in Paris der Literatur. Nach 3 Jahren trat er mit f. 
X hervor, ber als ein Denkmal des im Anfange der Revolution in 
berrfchenden Geſchmacks betrachtet werden kann, übrigens nicht ohne 
Berdienſt iſt. Ch. erlangte, indem er den Leidenfchaften des Volks 
‚ bald eine große Popularitaͤt. Er brachte nach und nad) mehre Tra⸗ 
Theater, die ihr Gluͤck zum Theil der Bemühung des Vfs. verdankten, 
die Sprache der herrfchenden Partei in den Mund zu legen. 1791 
enri VIIL” und „La mort de Calas”, beide mit Beifall. Zür das 
batte Eh. eine Vorliebe und arbeitete e6 zu mehren Malen um. Die 
1805 ift die einzige, welche alle Verbefferungen enthält. Sein „Cajus 
„ ber 1792 erfchien, verdankte einen großen Theil f. Beifalls den Zeitz 
Bald darauf trat Ch. in den Epnvent und hier theilte er lange die 
er ausgelaffenften Demokraten, forte in f. 1793 und 1794 erfchienes 
on‘ und „Timoleon”. Manche f. Dramen wurden weder aufgeführt 
fe. Mic bemerken unter denfelben eine abgelürzte Bearbeitung von 
Rathan“ und einige liberfeg. von Sophokles. Ch. hat Schönheiten 
hler, die ihm eigenthämlich find; aber ſowol in der Profa als in feinen 
t er ein Talent von feltenem Umfang ; vorzüglich zeichnet ex ſich in ber 
. Außerdem bat er fid) faft in allen Dichtungegattungen verfucht. In 
ahren feines Lebens befchäftigte er ſich mit einer Gefchichte der franz. 
Die Reben, bie er 1806 und 1807 in dem Athendum von Paris las, 
» Gefchichte der Sprachen, der verfchiebenen Dichtungsarten und ber 
if Kranz I. In einer 1806 herausg. Einleitung hatte er den Entwurf 
Verkes und bie Hauptergebniffe beffelden vorgelegt. (S. f. „Fragmens 
e litterature fait & Athenee en 1806 ct 1807 ete.“, Paris 1808.) 
‚ab Ch. eine Charakteriſtik der vorzüglichften Erzeugniſſe der franz. 
ı1788—1808 in f. „Tableau historique de l’etat et des progres 
rature frangaise depuis 1789". $n feiner legten Schrift über die 
Dreife fodert er den für die befte unterrichtende Schrift ausgefeßten 
inen feiner ehemaligen Feinde und würdigt das Eycee von la Harpe fo 
ichtig, daß nie eine grünblichere Kritik daruͤber erfchienen ift. Er ſtarb 
. 41811 
lille nennt der Seidenweber rauhe, fammtartige Faͤden, die er zu 
irten Arbeit gebraucht. Der Stoff zur Chenille reird auf einem Sei: 
hi wie glatter Taffet mit mehr oder weniger einzelnen Kettenfäben, je 
Sicebente Aufl. Sb. IL 59 


610 Cherbourg Gherfon 


nachdem er rauh merben foll, gewebt, bann in Streifen zerſchnitten und an 
Spinnmühle über einen Faden gefponnen. So befommt man rauhe fa 
oder pläfchartige Schnüre von verfchiedener Dicke, die die Franzoſen Chemil 
nen, weil fie den haarigen Raupen aͤhnlich fehen. 

Cherbourg, Stadt und der einzige Kriegshafen am Ganol im 
Depart. Manche, zwifihen dem Vorgeb. la Dogue, oder Rhaz Blanchatd um 
de Barfleur. Sechs Forts beſchuͤtzen die Rhede. An der Landſeite fehlen’ 
ſtungswerke. CH. hat 14,300 E., ein Handelögericht, eine Börfe, Schiff 
ſchule und eine gelehrte Gefelfchaft. In ihrer Nähe gibt e8 Porzellan : und 
fabriten, Viehhandel und eine Niederlage von Colonialmaaren. Seit 2, 
hatte die franz. Regierung bier einen Hafen für ihre Kriegsflotte anzulege 
Koften gefpart, bit Napoleon 1808 die fruͤhern Waſſerbauwerke aufgab, 
Ende nichts geleiftet hatten, als daß hier bei gewiffen Winden etwa 40 Linie 
fiher anfern tonnten. Das jekige im Felſen ausgefprengte Baffin hat un 
1000 Fuß Länge und 770 8. Breite, dabei 50 5. Tiefe und kann folglich 
nienfchiffe aufnehmen ; aber audy hier fängt ſchon die Strömung an Ei 
niederzufchlagen. Dem Dafen fehlen Thore, daher iſt die Strömung beih 
fo ſtark, daß häufig 10—12 Ankertaue zur Feftlegung eines Schiffes nöd 
1813 fing Napoleon an, eine eben fo große Dode ausſprengen zu laffen, 
Kriegsfchiffe zu ihrer beſſern Erhaltung, fo lange fie nicht ausgerüftet work 
troden zu legen. Die Dode ift jest beinahe fertig und hat mit dem By 
100 Miu. Franken, ohne die frühern vergeblichen Koſten zur Verbeffuu 
Rhede, gekoſtet. 

Cheribon (Scheribon), Landſchaft auf Java, oͤſtlich von Batavi 
Stadt d. N. hat 10,000 E., liegt an einem kleinen Fluſſe, nahe der See, un 
beträchtlichen Handel mit Indigo, Caffee, Reis, Baummolle und Zude 
Cheribon⸗Caffee ift von lichterer Farbe (meniger bräunlich) als der Java 
Das Land hat 216,000 E. Es ift vulkanifchen Urfprunge und daher I 
feuchtbar. Die oftindifch-holländifche Dandelegefelsfhaft hatte ben unterm 
eingeb. Fürften die Ausuͤbung großer Souverainetätörechte gelaffen ; allein ! 
tifche Regierung fette die Keinen Zürften gänzlich auf Penfion, weit fieä 
behalten dachte. Die jegige nieberländifche Regierung hat die britifche Ana 
beibehalten. 

Cherfon, Hauptft. des ruſſ. Sonvernements Cherfon, am Day 
Meile von der Mündung) und der Hauptkriegshafen für die Flotte des 
Meeres, 1778 angelegt, ift wohlbefeftigt und hat gegen 2000 zum Theil 
H. und 20,000 E. Die Stadt befteht aus & Theilen: der Feftung ml 
Kirche, einer Münze, einem Zeughaufe und einer Stuͤckgießerei; der Abm 
mit den großen Seemagazinen und Schifföwerften; der griechifchen Boch 
einem großen Kaufhofe und der Soldatenvorftadt. Die Admiralitaͤt iſt id 
Nikolajew (an der Mündung des Ingul in ben Bug, erbaut 1789) verſ 
bequemer und gefünder liegt. In den Hafen laufen jaͤhrlich, außer 
und franz. Schiffen, 400 griechiſche platte Fahrzeuge ein. Wo große 
gen die Mündung einen fehr geringen Sau haben, bildet ſich im Gewaͤſſe 
Niederfchlag viel Schlamm, folglidy wird das Flußbette ſeichter. Damm a 
durch deſſelben Echebung über den Spiegel des Waſſers Moräfte und JInſch 
ſchen denen fidy ein engeres Vette wieder einwuͤhlt. Diefe Verfchlammm 
um fo rafcher, went, fo bedeutende Klüffe, als der Dnepr und der Bug, 
einen gemeinfhaftlihen Bufen des Meers flürgen. Dan muß baber denn 
ten Slüffen ein neues tiefed Bette graben und ſolches bedeichen, damit es I 
wenigftens für einige Jahrhunderte zu reinigen fähig if. Dieſen Canal ba 
temkin bei der Anlage von Cherfon vergeffen, daher alle einigermaßen tief 


Cherfonefus Cherubini | 611 


a Mell ihrer Ladung beim Einlaufen in Dezakow, deſſen Hafen 17 Fuß 
bat, Iöfchen, oder bort beim Auslaufen eine volle Ladung einnehmen. 
nan hier 1823 den ins ſchwarze Meer fließenden Ingul durch eine Ver⸗ 
Fahrwaſſers bis zu 184 5. Tiefe [hiffbar gemacht, ſodaß 1826 in Ris 
Einienschiff von 110 Kanonen vom Stapel laufen Eonnte. Die Statt: 
aft Cherfon oder Nitolajew (1206 IM., 371,000 €.) ift eine trocke⸗ 
m S. allmaͤlig erhebende Steppe mit fetten Wiefen und ungefähr 18 
ı den Ftüffen. Der Küftenboden ift überall mit Eifentheilen geſchwaͤn⸗ 
gt reichlich Salzpflanzen, weßhalb er fich zur Schafzucht eignet. Im 
das Klima heiß und im Winter kalt. Reichlich gebeiht der Maulbeer⸗ 
em falzigen Boden, den er liebt; aber die Einwohner denken nicht bars 
Borzug zum Seidenbau zu benugen. Auch zu Ölfaaten würde fih aus 
en Urfache der Boben eignen und der Abfag nicht fehlen; aber die Land» 
if bier noch fehr In der Kindheit. Als Kaifer Joſeph und Katharina II. 
1787 fi) befuchten, wurde bei den glänzenbften Feften ein Kriegsbund 
forte verabredet. In der Nähe von Ch. liegen die Grabmaͤler Potems 
Doward’6. Zu diefem Gouv. gehören auch Odeſſa, Oczakow und an 
ndung die Ruinen von Olbia. 
:fonefuß, griehifh: eine Halbinfel; z. B. 1) der cimmerifche Cher⸗ 
sonesus einmerica), jetzt Juͤtland ıc. (vgl. Cimbern); 2) der taus 
taurica, auch magna genannt), die vom ſchwarzen Meere und bem 
8 gebildete Halbinfel, die Arimm; 3) der thracifche Ch. (Ch.thracica 
08 Chersonesus) , die große Halbinfel in Xhracien, die heutige Halb⸗ 
wbanellen. . 
rub, in dee h. Schrift der Engel des zweiten Chors der erfien Hierarchie. 
t der hebr. Plural. An und für fiy find Cherubim wie Seraphim bibli⸗ 
icke. Erſteres heißt: wie Juͤnglinge; Seraphim: wie Seuerflammen. 
bat ihnen ihre Pläge in der Rangordnung der himmliſchen Heerfcharen 
2 Maler und Bildhauer pflegen die Cherubim durch geflügelte Kinder⸗ 
fen. 
eubini (Luigi), geb. zu Florenz 1760, ein genialer Componift, von 
rt, die echtserhabene Muſik von dem gewöhnlichen Klingklang zu 
n wiſſen. Ch., ein Schüler von Sarti, fegte fchon im 18. 3. zu 
e Oper („Adriano in Syria”), die aber für bie dortigen Kunſtkenner 
var. Beſſer verſtand man ihn in Mantua, wo (1784) f. zweite Oper: 
:o nell’ Indie”, und nod) mehr zu Turin, wo (1788) f. „Ligenia in 
ıgetheilten Beifall fanden. Ex ward nad) Paris berufen und machte 
rn „Demophoon”, „Koboista”, „Medea“ ıc. immer mehr Auffehen. 
apb war die berühmte Oper: „Les deux journees” (‚Der Waflerträs. 
fe Muſik ift ein Meifterwert, in welchen Fülle, Harmonie, Kraft und Er⸗ 
sit ben angemefienften Charakteren ſich vereinen. Was Ch.'s Verdienfte 
hebt, ift feine mufterhafte Befcheidenheit, worin er bem großen, vielleicht 
ven Mozart, deffen hohen Geiſt er mit einer Art Religiofität verehrt, 
Als einer der 5 Auffeber bed Conſervatoriums zu Paris, fieht er bei den 
benen Zöglingen auf das Exrnfte, Strenge, Große ebenfomol als auf 
ung bes Geſchmacks. 1805 ward er nach Wien berufen, um für das 
heater eine Oper zu fchreiben. Er fegte bier f. „Faniska“, welche 1806 _ 
ateſten Beifalle aufgeführt ward. Man finder auch darin Tiefe, Kraft, 
bütternde Überrafchungen, welche aber, wie dies bei f. meiften Werken 
nur durch wiederholtes Hören verftanden werden können. Oft hat 
feine harmoniſchen Huͤlfemittel zu uͤppig angebracht. Unter f. zahl⸗ 
sten, die er nach feiner Ruͤckkehr in Paris componirte, verdienen eine 
39 * 


. 612 Cherusker Cheſter 


dreiſtimmige Meſſe und f. „Pygmalion“ für das Theater ber Tuilerien beſend 
Auszeichnung. 1821 erſchien ſ. Compoſition: „Blanche de Provenee oulacı 
des fees”, in 3 Aufz., woran Berton, Boieldieu, Kreutzer und Paer mit 2] 


nahmen. 

Cherusker, das berühmtefte deutſche Volk unter ben Iſtaͤronen B 
Bote wohnte zu beiden Seiten des Harzgebirges zwiſchen dem ſuͤdweſtl. Tpeürf 
thüringer Waldes, wo die Gatten ihre Nachbarn waren, und ber Gaale. 
füdtiche Seite des Landes durchzog Drufus auf feinem Ruͤckzuge von der € 
nach dem Rhein. Durch bie Nordfeite aber drang er aus dem Paderborn 
über die Wefer nach der Elbe vor. Hier fcheint die Aller die Nord» und Of 
ber Cherusker gebildet zu haben. Überdies befaßen fie auch einige Landſtriche 
Mieftufer der Weſer. Der Voͤlkerbund der Cherusker umfaßte allet 
zwiſchen der Wefer, dem Rhein und der Rippe, bewohnt von den Kattuariern, 
fibariern, Dulgumniern, Marfen, Chamavern ıc. Die Römer wurden 
10 v. Ehr. mit den Cherustern bekannt, als Drufus bis an die Weſer vorbe 
aber aus Mangel an Lebensmitteln wieber umkehrte. Im folg. I. zog rauf 
Morbfeite bes Harzes mitten durch bie Cherusker hin von der Wefer nad) der 
Damals zeigten fie fid) wenig furchtbar ; 7 v. Chr. traten fie fogar in Freun 
mit den Römern und nahmen Kriegebienfte bei ihnen. Als aber Varus ihn; 
gaben auflegen und fie dem römifchen Geſetze unterwerfen wollte, entftand « 
gemeine Verfchwörung gegen die Römer. Varus, von ihnen in ben tem 
Wald gelockt, ward 9 n. Chr. in einem dreitägigen Kampfe mit f. ganzen 
aufgerieben. (S. Hermann und Germanen.) est wurden die Chet 
das Biel aller Angriffe der Römer. Germanicus (f.d.), der bie Marfes 
Gatten gefchlagen hatte, zog gegen bie Cherusker, deren Anführer, Seal 
Hermann, in Krieg miteinander waren. Gegeft, von Hermann belagntj 
den Germanicus zu Hülfe, der ihn auch befreite, aber nach mehren frudß 
Seldzügen ſich zurücdzog. Die Cherusfer waren durch die legten Vorth 
mächtig geworben. Sie wurden e8 noch mehr durch die Verbindung mit ben 
barden und Semnonen, die von dem marlomannifchen Bunde abgefllen Wi 
und der Sieg Hermann’6 über die Markomannen unter Marbod erhob die & 
2er zum erften deutfchen Wolke, bis nach Hermann's Ermordung (21 n. Che) 
neue innere Unruhen ausbrahen. Man übergab dem Stalicus, dem legten 
der Familie Hermann’e, bie Herrfchaft, vertrieb Ihn aber bald wieder. Dif 
barden ſetzten ihn aufs neue ein und führten einen langen verberblichen Ke 
den Cherustern, die, ihrer Bundesgenofien beraubt, zwiſchen der Saale u 
Süpdfeite des Harzes fich befchräntten, bis fie im 3. Jahrh. mit allen ihren € 
Bundesgenoffen im großen fränkifhen Bunde als Volk verſchwanden. 

Chefter, Hauptft. der engl. Grafſch. Chefhire, Gig eines Biſchoſt, 
16,000 €., ift, wie man glaubt, von den Römern erbaut und mit Maus 
geben; das einzige Überbleibſel von der uralten Befefligungsart in Englant. 
Bauart iſt ganz einzig, indem das 2. Stockwerk der-Däufer zurüdtritt, oral 
demfelben ein offener Raum entficht, welcher, da das 3. Stockwerk wieder 
fpringt, einen bedeckten Bang bildet, der ſich durch ganze Straßen hinzieht 
und da, befonders an den Straßeneden, führen Treppen hinab. Diefe | 
find überall mit den dahinter liegenden Zimmern für bie größern Kauflade 
Orts benutzt. Die malerifche Wirkung, welche aus diefer Bauart hervoch 
müßte, ſchwindet faft ganz dadurch, daß die Siockwerke der Haͤuſer fetten | 
gleiche Höhe haben und die Gänge öfter gar zu niedrig find. Der ehemals bel] 
Hafen war durch die allmälige Verſandung des Fluſſes Dee in Verfall gekomm 
In neuern Zeiten ift ein Ganal (The new channel) gegraben worden, auf 

Springzeit Schiffe von 350 Tonnen bis an die Kajen gelangen koͤnnen. 




















Chefterfield Chevalier 618 


endet iſt meiſt auf den irländifchen und!auf Küftenhandel”eingefchräntt. Zür ir⸗ 
wifhe Leinwand ift Chefter der große Markt. Ein vorzüglicher Ausfuhrartikel 
der berühmte Chefterkife. Schiffbau wird mit Vortheil getrieben. 

Chefterfield (Philipp Dormer Stanhope, Graf von), Staatsmann, 
ner und Schriftfteller, geb. 1694 zu London, ftudirte zu Cambridge mit aus⸗ 
Ihnetem Erfolge. 1714 fg. machte ex eine Reife in Europa, und erwarb ſich, 
ders gu Paris, jene Freiheit des Tons und Betragens, die ihn für fein ganzes 
a auszeichnete. Nach George I. Thronbefteigung verfchaffte ihm fein Ver⸗ 
Der, der General Etanhope, die Stelle eines Kammerjunkers bei dem Prin⸗ 
on Wales und der Flecken von St. Germain in Cornwallis waͤhlte ihm zu ſei⸗ 
Bepräfentanten im Parlamente, obgleich er das gefegliche Alter noch nicht 
g erreiche hatte. Die Laufbahn, in melde er trat, konnte am beiten feine 
ate und feinen Charakter entwiden. Schon am Ende des erfien Monate 

er eine Rede, bei weicher die Zuhörer eben fo fehr Über die Kraft f. Gedanken 
unten, als fie über die Eleganz bes Style und die Anmuth und Leichtigkeit f. 
tcags entzädt waren. Auch im Oberhaufe, in das er nach f. Vaters Tode 
Meat, zeichnete er ſich auf gleiche Weife bei mehren Gelegenheiten aus. 1728 
ker ald Gefandter nad) Holland, und es gelang ihm, das Kurfuͤrſtenthum Has 
we vor den baffelbe bedrohenden Kriegsübeln zu fihern. Zur Belohnung em⸗ 
den Hofenbandorden mit der Stelle eines Oberhaushofmeiftere George II. 
Folge wurde er zum Vicekoͤnig von Irland ernannt, von wo er 1748 zuruͤck⸗ 
a, um die Stelle eines Staatöferretairs einzunehmen; er zog ſich aber bald, 

eihwädhten Gefunbheit wegen, von den Geſchaͤften zuruͤck, um den Reſt f. 
in einer gluͤcklichen Ruhe den Studien und der Freundfchaft zu widmen. 
ſteiftſtelleriſches Talent hat Ch. in einigen moralifchen, Eritifchen oder fcherzs 
Auffägen, in f. fpäter gedruckten Parlamentereden, befonbers aber durch 
mlung von Briefen an feinen Sohn, welche großes: Auffehen in ganz 
gemacht haben, gezeigt. Eine mit Annehmlichkeit verbundene Gruͤndlich⸗ 
üae genaue Kenntniß ber Sitten, der Gebräuche und des politifchen Zuſtandes 
opa, mannigfaltige Belehrung, edle und natürliche Eleganz und ein Vor⸗ 
der dem geübteften Schriftfteller Ehre machen würde, find ihre glänzenden 
Aber alles Diefes konnte den Anſtoß nicht ſchwaͤchen, den die in allen Brie⸗ 
getragene Moral gab. Deit Recht mußte man ſich entrüften, daß ein Vater 
Ne ein fanftes und abgeſchliffenes Betragen als ‚die wefentlichfte Eigenfchaft, 
R Mann von Welt erwerben koͤnne, empfiehlt; ja, er geht fo weit, ihm fehr 
ute Stauen zu nennen, deren Eroberung er alß leicht anficht. Zu feiner Ents 
igung führen wir indeß an, daß Chefterfield’s (außer ber Ehe gezeugter, aber 
ya unter dem Namen Stanhope adoptirter) Sohn, für den er diefe Briefe 
b, von einem überaus linkiſchen Betragen war, und daß ber Vater, der auf 
ufeen Anftand fo hohen Werth fegte, ihm vielleicht auf diefe Weije einige 
ang dafür einzuflößen gedachte: eine Hoffnung, bie jedoch nicht erfüllt wurde. 
n das Ende feines Lebens wurde Chefterfield taub, andre Körperleiden kamen 
unb gaben f. legten Tagen eine truͤbe Kärbung. Er hatte mit Pope, Swift, 
agbrocke u. a. ausgezeichneten Gelehrten, auch mit Samuel Johnſon — der 
Inen fchönen Geiſt unter den Lords und einen Lord unter den ſchoͤnen Geiſtern 
te, und von f. Briefen fagte, daß fie bie Myral einer Buhlerin und die Sitten 
I Zanzmeifters lehrten — in vertrauten Verhältniffen geftanden. Cr flach, 
Jaebxe alt, 1773. 

Cheval (a), zu beiden Seiten eines Gegenftandes, gleichfam darauf reis 
d. So befindet ſich militaicifh ein Corps a cheval eines Fluſſes, wenn der 
R Flügel am rechten, der andre am linken Ufer deffelben fteht. 

Chevalier (Jean Baptifte le), Abbe, erſter Oberbibliothekar der Bi⸗ 










614 Chezy (Antoine Leonard — Helmina v.) Ghiabrera 


bliothet de Sainte-Genevieve, bekannt durch f. „Befchreibung der Eimer 
Troja”, war 1752 zu Trely bei Coutances im Manchedepartement gebe 
machte große Reifen in wiffenfchaftlicher Hinficht, namentlich nach Afien, und ia 
1807 in Paris. Man hat von ihm bie „Befchreibung der Ebene von Xroie”, 
eine Act von Sortfegung davon in f. „Voyage de la Propontide et da 
Euxin“, welche oft mit Sharten herausgeg. und überfegt find. Tiefe 
gen find le Chevalier’ Sache nicht; er ordnet Wahrheit und hifkorifche Treu‘ 
aͤſthetiſch Wirkfamen unter, und geht darauf aus, das alte Griechenland X 
neuen wiederzufinden und dadurch Homer's hiſtoriſche und geogtaphiſche Me 
haftigkelt zu begruͤnden. 

Chezy. I. Antoine Leonard, geb. 1773 zu Paris, Orientaliſt, Si 
lehrer der Sprache und Literatur des Sanſkrits am College royal in Paris, | 
Stelle, die von Ludwig XVIII. für ihn gebilbet wurde, und einer der Conſervat 
der Eöniglichen oder Nationalbibliothel. Er hat aus dem Perſiſchen das GA 
„Meinen und Leiln” uͤberſetzt, das nach ihm von A. Th. Hartmann (Reips. 18 
Ins Deutfche übertragen wurde. Aus dem Sanftrit hat er 1814 eine CE 
der „Tod Yajuadattas”, bekanntgemacht. — II. Die Gemahlin deſſell 
als Schriftftelerin und Dichterin in Deutfchland unter dem Namen Hel 
bekannt. Ihr Vater ift Sriebrih von Klende aus Bremen, ihre verfi. A 
Garoline Louiſe, war die Tochter der berühmten Karfchin (f. d.) und fehl 
terin. Helmina, geb. zu Berlin den 26. San. 1783, erhielt eine forgfätige 
ziehung, wurde aber aus oͤkonomiſchen Rüdfichten ſchon in ihrem 16. 3. an 
Herrn von Haftfer verhetrathet: eine Ehe, die ſich nach einem Jahre teennte. 
v. Genlis hatte unfere Dichterin auf ihrer Auswanderung aus Frankreich n © 
Eennen gelernt. Dies veranlaßte fie, Helmina nady der Trennung von Fer 
Haſtfer zu fi) zu laden, wo fie für ihr Schickſal forgen wolle. So kam fie 
noch nicht 20 3. alt, nad) Paris, wo fie in der Umgebung der Frau von & 
keineswegs bie Beftiebigung fand, welche fie mochte erwartet haben. Ja 
Schlegel's Haufe lernte fie Herrn von Chezy Eennen, ber 1803 ihr Gemahl 
Aus diefer Ehe find zwei Söhne entfproffen, die ihr, nachdem 1810 eine fi 
Trennung von ihrem Manne eingetreten war, nach Deutfchland gefolgt fl 
deren Erziehung fie feitdem zunächft ihre Sorgfalt widmete. Der Für] 
intereffirte fich befonder® fuͤr die talentvolle Frau, die während ihres Aufe 
in Paris auch mannigfaltig thätig an dem literarifchen Verkehr in Deut 
Thell gmommen hatte. Ste war 3.8. bie Gründerin und erfte Heraut 
der bei Gotta erfchlenenen „Kranz. Miscellen”. Der Befreiungskrieg von 1814 
flammte ihren Eifer für die Nationalfache des Vaterlandes in einem hohen € 
vieleicht mehr, als ſich für zarte Stauenfitte ziemte. Menigftens wurde 
Bemühungen ber beutfchen Frauenvereine unterftügend, ob ihres Eifers 
an ſich ruhmmürbige Pflege der vermunbeten Vaterlandsvertheidiger In a 
nehme Händel mit einer Behörde in Koͤln verwickelt, bie ſich jedoch eh 
fie endeten. Seit diefer Zeit lebte fie in Berlin und Dresden und gegenwärd 
und bei Wien. Als Dichterin gebührt Ihr im Liede unter den lebenden Dichter 
vielleicht der erfte Rang. Einen höhern poetifchen Schwung nahm fie m dem 
tergebicht: „Die drei weißen Roſen“ („Urania“ f. 1821). Auch unter ihren 
vellen ift manches Ausgezeichnete, ſowol durch geiftreiche Erfindung wie dur 
ſchmackvolle Ausführung. An Umfang das Bebeutendfte aus diefer Elaſſe If der 
man: „Emma” in den „Ausgewählten Schriften” der Verfafferin (‚Heibelb. 
2 Bde). Auch hat fie für 8. M. v. Weber die Oper „Euryanthe“ gebb 
(Wien 1823). 

Chiabrera (Babrist), Dichter, geb. zu Savona im Genueſiſchen 10 
bluͤhte im 16. und 17. Johrh. hatte eVorer nerlaren, noch ehe er gebocca 



















Ghiaramonti Chiari 615 


‚on feinem 9. J. an bei einem Oheim zu Rom erzogen. Er ſtuditte bei 
m; der Wetteifer erhöhte feine vorhin ſchwachen Körperkräfte, und bie 
. vollendete er ſ. Curſus der ſchoͤnen Wiſſenſchaften und der Philofophie. 
rich warb ihm der Umgang mit Muret, Paulus Manutius, Speroni 
ehrten Männern. Nach f. Ohelms Tode trat er in bie Dienfte des Car: 
naro, mußte aber biefelben nad) einigen Sahren verlaffen, da ihm bie 
e für eine von einem römifchen Edelmanne ihm angethane Beleidigung 
hatte, nicht erlaubte,‘ Tänger in Rom zur bleiben. Er ging in f. Waters 
', verhetrathete fich, ſaſt 50 J. alt," und lebte, zwar nur in mittelmä: 
ch unabhängigen Gluͤcksumſtaͤndenn. Geiftig umd koͤrperlich gefund, 
ein hohes Alter, und ſtarb zu Savona 1638. Sein poetifches Genie 
pät entwidelt. Erſt in f. Vaterlande fing er an, die Dichter mit Auf: 
: zu leſen. Die Griechen, und unter diefen Pindar, zogen ihn am 
Aus der Bewunderung für lehtern entfprang die Begierde, Ihn nach⸗ 
So fchuf er ſich eine rigne Gattung und Gchreibart, welche ihn von 
n ttalienifchen Lyrikern unterfcheiben und ihm den Beinamen des ita⸗ 
Imbdar erwarben. Es gelang ihm nicht minder, bie geiftreiche Naive⸗ 
: Anmuth Anafreon’s nachzuahmen; feine Sangonetten haben ebenfo 
eit und Eleganz als f. großen Canzonen Erhabenhelt. Außerdem ift 
mehrer epifchen, dramatifchen, bukoliſchen und andrer Gebdichte Sein 
tete ſich bald durch ganz Italien; er befuchte Nom, aber verweilte nur 
und Genus. UÜberall ward er mit Geſchenken, Auszeihnungen und 
 überhäuft. on 
ıramonti, der Familienname des Papfte® Pius VII. (f.d.). Da 
eine Vorgänger, Siemens XIV. und Pins VI. von denen das Museum 
mtinum feinen Namen hat, die Kunſtſchaͤe, weiche ber Vatican um⸗ 
mehrte und das Hinzugekommene würdig aufftellen lieh, fo hat man 
n und unter feiner Regierung im Vatican entflandenen Mufeen eben: 
. Namen genannt. Vornehmllch führt ihn die Sammlung antiker 
ıd Basreliefd, weiche In einem großen, an das Museum Pio - Clemen- 
enzenden Saale aufgeſtellt if. Ausioahl und Aufſtellung derfelben 
ı übertragen. Die Beſchreibung und Abbildung dieſes Mufeums („I 
iaramonti descritto ed illustrato da Filippo Aurelio Visconti e _ 
Guattari etc.”, Rom 1818, $ot.) fchließt fi als Supplement an 
ımb. und Ennio Quir. Visconti herausgeg. Werk über das Museo Pio- 
an. — Als Eingang in das Museo Chiaramonti und in die vatis 
Hiothet dient da6 Museo (Chieramonti) delle inscrizioni, da6 Mus 
. und rom. Inſchriften, welche in einem langen Corridor an den 
igemauert find: eine Sammlung, dergleichen es in Europa feine andre 
)apft Lie fie durch Baer. Marini aufftellen und anordnen. Man fommt 
urch die Loggien des Vaticans. Endlich gibt ed auch eine Biblioteca 
tä; dieſes iſt Die ganze Bibliothek des Cardinals Zelada, womit ber jegt 
apft den Batican bereichert hat. 44. 
‚ci (Pietro), ein fruchtbarer komifcher Dichter und Romanfchreiber, 
Ecia gegen den Anfang des 18. Jahrh., trat nad) Beendigung f. Stu: 
Jeſuiten ein, ward aber bald Weltgeiftlicher und lebte als ſolcher, frei 
ten, einzig den Wiſſenſchaften. Mit dem Titel eines Hofdichters des 
ı Modena ließ er ſich In Venedig nieder, wo er innerhalb 10 oder 12 
r als 60 Komödien aufs Theater brachte. Chiari und Goldoni waren 
r, aber das Publicum ertheilte dem Lrätern die Palme. Die 
Stuͤcke nehmen 10 Bde, diein Profa abgefahten + Bbe. ein. Cs 
richt an Erfindung, noch an Eunftreicher Behandlung eines Stoffe, 


616 Chiaroſcuro Chile 


aber fein Styl iſt ohne Kraft, ohne Lebendigkelt, ohne komiſchen Aufſchw 
Dialog ohne Eigenthümtichkeit und Wahrheit, und fällt jeden Augenblick 
ober Mattigkeit. Er ſchrieb auch 4 Tragoͤdien; fie wurden jedoch fo: 
aufgenommen, daß er davon abſtand. Sehr bejahrt ging er wieder nach 
wo er 1787 oder 1788 ſtarb. Einige von ſ. Romanen ſind mehr werth 
moͤdien, aber ſie malen im Ganzen geringfuͤgige Gegenſtaͤnde, und zeigen 
Kenntniß des menſchlichen Herzens. „La giuocatrice di lotto”, | 
lerina onorata”, „La Cantatrice per disgrazia” interefficen wenig, ı 
wol find es die beffern. Außerdem haben wir von ihm: „Lettere sceltı 
tere filosofiche”‘, „Lettere scritte da donna di senno e di spirito p 
stramento del suo amante” u.a. m. 

Chiaroſcuro, f. rau in Grau und Helldunkel. 

Chiffre, 1) eine geheime Schrift, die vorzüglich bei dem B 
der diplomatifchen Agenten mit ihren Höfen gebraucht wird und frühe 
herlei Weiſe zufammengefegt und verftedlt war. Jetzt iſt die gewoͤhnlio 
fehrift, die eigentlichen Worte nur mit andern Zeichen, und zwar mit w 
Zeichen zu ſchreiben. 2) Der verzogene Name oder die ineinander geft 
Anfangsbuchſtaben der Vor: und Zunamen einer Perſon. — Chiffre 
geheimen Zeichen ſchreiben. (Wal. Dechiffrirkunſt.) 

Chile, fpr. Tſchile (nicht Chili), ein von 24° 20° bi zum 43° ! 
ausgebehnter, ſchmaler Küftenftrich am weftlichen Abhange der Cordillere 
amerika, das von der Natur durch die herrlichſten Vorzüge ausgezeicht 
ber neum Welt. Es hat auf 10,612 LM. 900,000 Einw., daruntı 
von fpan. Abkunft, und 580,000 Indios fideles. Außerdem zählt 
400,000 unabhängige Indios bravos. Der wirklich colonifirte Stri 
geogr. Meilen lang, 10 bis 90 breit und hat nur 5548 IM. Chite 
D. an Zucuman, Eujo (auch Oſtchile genannt, das durch die Andenkett 
eigentlichen Chile getrennt ift) und Patagonien; gegen ©. an das Mag 
Land; gegen W. an das Suͤdmeer und gegen N. an Peru. ine dreifa 
fung des Bodens bildet drei natürliche Abtheilungen: den Gebirgefire 
Theil eine hohe Bergwuͤſte mit Klippen und Abgruͤnden, zum Theil ein f 
Thalland; den mittleren, groͤßtentheils ebenen, und den niedrig liegenden 
ober das Küftenland, das 42 Flußthaͤler, die von den Anden abfallen, d 
ben. Sechszehn feuerfpeiende Berge und Erberfchütterungen, welche 
Fahr drei bis vier Mat, jedoch nicht heftig, fühlt, rechtfertigen die Vorſic 
die Straßen und Häufer in den Städten angelegt find. Berg: und 
mäßigen die Hitze; daher ift die Luft ebenfo gefund ale mid. Der B 
feuchtbar, daß eine gewöhnliche Ernte im Mittellande 60: und 70:, ı 
40: und 50fältig trägt, weßhalb Chile als die Kornkammer von Suͤdam 
fehen wird. Im den Andenthälern iſt die Kraft der Vegetation am groͤ 
man kennt an 200 Pflanzen, die Arzneiträfte haben. Am zahlreich 
Gocospalme verbreitet. Auch gedeihen alle aus Europa nad) Chile vi 
Geroächfe vortrefflih. Unter ben einheimifchen Thierarten find bie Vi 
der Guanaco vorzüglich) nutzbar; die europäifchen Thiere übertreffen 
Stamm an Größe und Güte. Die Balen und Flüffe find überaus fifchre 
fängt bei den Chiloe⸗Inſeln Stodfifche in Menge; auch wird an den Kuͤ 
fifchfang getrieben. Noch gibt e6 viele Arten genießbarer Schalthiere ı 
Seegewuͤrm. Giftige Thiere werden nicht gefunden, und unter den R 
iſt der Pagi, oder der chileſiſche Loͤwe, nur den zahmen Thieren, nicht den 
gefährlich. Die Inſektenwelt iſt bunt und mannigfaltig. Man findet 
fen und größten Schmetterlinge. Seidenzucht wird erft feit kurzem getrie 
wichtigſten ift der Metalkreihthum. Faſt kein Berg iſt ohne Gold, das 


Ghiliaften, Chiliasmus 617 


de findet. Kupfer und Silber, Eifen, Arfenit, Schwefel, Zink und 
fo auch Salz, metalifhe Erden, Kalt, Marmor, Edelfteine werben 
md zum Theil von vorzüglicher Güte gefunden. — Unter den Ur⸗ 
find die freiheitsliebenden Araucanen (f. d.) und Pueldi gefaͤhr⸗ 
arm der Spanier, welche in der Mitte der Indianer nur die Feftung 
fen Valdivia befigen. Das Land befteht aus zwei Theilen: der von 
⁊n eroberte Theil ift jetzt ganz in ber Gewalt der Republikaner; dages 
tet der indianiſche noch immer feine Unabhängigkeit; bier liegt zwiſchen 
0 nördlicher dem Gallacallay ſuͤdlich das Gebiet der Araucanen. Dieſes 
ptete f. Freiheit in bem biutigen Kampfe gegen den tapfern Valdivia, 
ad Eroberer Chiles (feit 1541), der bei Tucapel befiegt, in ihre Haͤnde 
ihnen erfchlagen wurde. Ein Juͤngling von 16 J., Namens Lautaro, 
; der Retter ſ. Vaterlandes. Er ſchlug hierauf Valdivia's Nachfolger, 
ven Villagran, bis er in einem fpätern Treffen, 203. alt, fill. Der 
& Helden lebt noch in den Kiedern f. Volks. — Das fpan. Chile war 
. 1810 ein Generalcapitanat ; allein feit dem 10. Sept. d. J. kämpfte 
Freiheit, und den 1. Fan. 1818 erklaͤrte es fich für unabhängig. (Vgl. 
rikaniſche Revolution.) Zu Chile gehören: der 1825 von den 
ren eroberte Acchipel der Chiloe⸗-Inſeln, eine Öruppe vonmehr als 
n an der Küfte von Chile, meiftens Klippen, zufammen 172 OM., 
) Einw., welche Viehzucht, Holzhandel und Fifcherei treiben; ferner 
we Selfeneiland Juan⸗Fernandez, bekannt durch des Schyottläns 
3er Selkirk Aufenthalt, 1703—8 (f. Robinfon), feit 1821 eine 
chileſiſche Staatsgefangene und Verbrecher. Die Hauptſt. von Chile, 
iſt der Sig der Regierung. Sie hat 45,000 Einw. und eine Univers 
treibt aus dem 15 Meilen von der Stadt liegenden Hafen Val pa⸗ 
000 Einmw.) einen wichtigen Handel mit Lima, Acapulco, Buenos» 
Yaraguay. Die Ausfuhr beftehtin Korn, Wein, Branntwein, Fett, 
von, Vicunas, Pferden u. ſ. w. Die Republik Chile ift ein Foͤderativ⸗ 
flebt aus 3 Staaten: Coquimbo, S.⸗Jago und Conception. Der 
ſ. Sig in S.⸗Jago. Die vollziehende Gewalt hat der am 3. Apr. 1823 
erbirector, General Freyre. 1824 betrugen die Einkünfte 797,122, 
n 917,384 Gulden, die Staatsfchulb in London 10 Mill. Gulden, 
00, die Mil; 20,860 M., die Marine 12 Segel. — Dftchile ober 
n ©. waldiges Gebirge: und im N. ebenes Sumpfland, ift eine Pros 
ita⸗Republik. Gie hat 10,000 IM., und ohne die wilden Völker 
w. Die Hauptfladt ift S.⸗Juan⸗de⸗Frontera mit 19,000 Einm. 
iaften, Chiliasmus, die Meinung von einem taufend Jahr 
auernden Reiche voll Herrlichkeit und Lebensgenuß, das der Meſſias 
tiften würde, ging aus ben mefliantichen Erwartungen der Juden hers 
ihre Propheten angeregt und genährt, durch ihre Drangfale in und 
plonifchen Befangenfchaft, tie durch die im Elend ſteigenden Anfprüche 
nalſtolzes zum WBebürfnig gemacht, wurden diefe Erwartungen zu den 
beſonders unter dem Drude der römifchen Herrſchaft, immer beftimm: 
licher. (Bol. Meſſias.) Jeſus kündigte ſich ald den erwarteten 
b feine neue Religionsverfaffung als die Erfüllung der Verheißungen 
m bes alten Bundes an. Seine deutliche Erklärung, daß er kein irdi⸗ 
m ein geifliges Reich der Wahrheit und Tugend fliften wolle, und die 
inflimmenbe Lehre feiner Apoftel, daß ein dauerndes Gluͤck nur in einer 
le zu hoffen fel, hielt bie neuen Chriften nidyt ab, die von den Apofteln 
yerrliche Wiederkunft Jeſu ſchon auf Erben zu erwarten und feine dieſer 
ünflig ſcheinenden Ausfprüche nach ihren auf finnliche® Wohlſein bes 


620 Chimboraſſo 


groͤßten Feuer, ſchloß ſich den ausgezeichnetſten Mitgliedern der co 
Verſammlung an und verſammelte die glaͤnzendſte Geſellſchaft um 
Verbindung mit Herrn von Fontenay war indeß nicht glücklich; fie d 
die neue Geſetzgebung über Eheſcheidung, um ſich 1793 von ihm, be 
den Emigranten anfchloß, zu trennen. Sie ward jetzt die Befchügeri 
rifchen und Fünftlerifchen Vereine, intereffirte fid) beſonders für Lah 
fungen (Cours de litterature), die diefer im parifer Zyceum hielt um 
fi) die erfte und glänzende Gefellfchaft in Paris vereinigte. Indeſſ 
fih in Paris der Terrorismus nach den Tagen bes 31. Mai auf ei 
Meife, und. Zherefe glaubte in Bordeaur den Gefahren deffelben bei 
Hauptftadt ausweichen zu koͤnnen; bier traf fie ben Deputirten d 
Zallien, ben fie früher al6 Commis in. bem Bureau Aleranders von 
in der conflituirenden SBerfammlung Rapporteur im Militairausſchuß 
gekannt hatte. Tallien war auf Miffion in Bordeaur und handhabı 
Decrete des Nationalconcents ganz im Sinne jener Zeit. Indef 
der ebenfo fhönen als mild gefinnten Frau von Kontenay an, und e6 
ein vertrauliches Verhaͤltniß zioifhen ihnen. Sie ſcheint fih Tallien 
Bedingung ergeben zu haben, daß cr fich feines Einfluffes bedienen 
der Stadt Bordeaur das graufame Schickſal abzuwenden, das derſell 
und Nantes, wo die F:ıfiladen und Noyaden an der Tageſsordnung 
ftand. Bald aber bemerkte der Wohlfahrtsausfhuß, daß Tallien 
Zenith der Revolutionsgrunbfäge ftehe; er rief ihn zur Verantwortur 
zuruͤck, Therefe wurde verhaftet und ebenfalls nach Paris geführt, um 
volutionstribunal zu erfcheinen. Man nahte fih dem 9. Thermi 
1794); Danton’s Blut ⁊auchte noch. Robespierre hatte einen neuen 
im Sinn: mit einem Schlage follten alle Deputicte, die biefem fur 
niedergefchmetterten Volkstribun, feinem Gegner, angehangen batt 
werden. An der Spige berfelben ftand Tallien. Thereſe war beftim 
Blutgeruͤſt zu folgen. Das Geheimniß des Ziyrannen wurde verrath 
für Thereſe begeifterte Zallien und der 9. Thermidor befreite Frankre 
Ungeheuer. Wenige Zage nachher verband ſich Frau von Kontena 
am Altar. Sie wirkte fehr mohlehätig auf Talllen's Öffentliches L 
ganzes Streben war nur darauf gerichtet, Unglüdlichen und durch d 
Verfolgten beisuftehen. Auch zog fie ebenfo durch ihre eben in der hd 
ftehende Schönheit als durch ihre fo wohlthätig wirkende politifche € 
neue die Augen von ganz Paris auf fich, und wo fie im Theater und a 
Drten erfhien, wurden ihe flets laute Huldigungen zu Theil. € 
Ssofephine von Beauharnois, nachmaliger Gemahlin Bonaparte’s, b 
der glänzenden Cirkel, welche Barras um fich verfammelte. Ihre 
für ihren Gemahl verhinderte übrigens andre voruͤbergehende Verbin 
bie Laune oder Phantafie für fie herbeifuͤhrten. Tallien folgte Bor 
Ägypten. Der Abwefende wurde vergeffen. Sie ließ fich durch die G 
von ihm trennen; doc, blieb ftets ein freundfchaftliches Verhätmiß zr 
Napoleon, der vor f. Verbindung mit Jofephine für Madame Talli 
Leidenfchaft empfunden, zog ſich als erſter Conſul und noch mehr al 
von ihr zuruͤck und geftattete ihr durchaus Feinen Zutritt an f. Hof. 
fie In die Oppofition und führte zu ihren Verbindungen mit Frau vı 
mit ihrem jegigen dritten Gemahl, dem Grafen $rangois Carar 
1805 heriathete, und der fpäter, in Folge von Exbfchaftsverhältniff 
eines Prinzen v. Chimay annahm. Aus diefer Ehe find 4 Kinder entf) 
lebt gegenwärtig abwechſelnd auf den Gütern ihres Gemahls und in 9 
Chimborafig, f. Eorbitieras. 


China, Lage 621 


Ihina, Tſchina, hat nebft den unterwürfigen und Schugländern auf 
9 IM. 242 Mit. Einw. Das eigentliche China, „bie Blume der Mitte”, 
‚138 IM. (18° 37° — 413’ N. B.), mit 146,280,163 Einw., von 
RU. auf dem Waſſer wohnen, 31,000 Matrofen, 822,000 Fußvolk, 
O Meiterei, 7552 Dfficiere und 9611 Beamte find. China unterworfen 
ie Mandſchurel 34,300 IM., die Mongolei 91,360, Zurfan 27,290 
Schutzſtaaten: Tibet, Butan, Korean, Lidelo, 34,271 IM. — Erft 
ortugtefifche Seefahrer, welche auf Bafco da Gama folgten, befamen die 
er richtigere Vorftellungen von der Lage, Ausdehnung und Belchaffenheit 
mbes. Seitdem verdanken wir unfere Kenntniß deffelben einigen Gefandten, . 
ver Hof und die Landſtraßen gefehen, einigen Handelsleuten, welche die 
t eines Grenzortes bewohnt, und einer bedeutenden Anzahl von Miffionas 
: Das wiebererzählen, was fie gefehen aber felten zu würdigen gewußt haben. 
sberungen der Kaifer der Dynaftie Mantchou, faͤlſchlich Zataren genannt, 
hre Macht Über den größten Theil der fogenannten freien Tatarei ausgedehn:, 
zewohner jedoch) meiſtens nicht Tataren, fondern Kalmuden und Mongolen 
Die Ruffen drangen zugleich in Sibirien vor, und fo wurden Rußland und 
Brenznachbarn längs einer Linie von der Gegend des Palcatis Sees bis zur 
ung des Amurfluffes. Diefe lange Grenze ift im Allgemeinen durch die Rich» 
er altaifchen, faianifchen und daourifchen Gebirge beftimmt, wiewol über 
um hinaus die Muffen ihr Reid, bis an die Ufer des Amurfluffes ausgedehnt 
‚ Der See Palcati, die Berge Alak und Belur trennen im W. das chinefifche 
kon den Kirgiſen, Usbeken und andern unabhängigen Tatarenvoͤlkern. Waͤh⸗ 
hineſiſche Herrſchaft fi im M. und Nordweften der Grenze des afiatis 
nds näherte, breitete fie fi in W. und Suͤdweſten über bie weiten 
Tibets aus, und erreichte faft die engliſchen Befisungen in Bengalen. 
Länder von Sirinagur, Nepaul und andre, und die Garromgebirge 
diefer Seite die Schranken zwiſchen China und Indien. Mehr öfttich bes 
 Birmanifche Reich die hinefiiche Provinz Yun=nan. Im S. grenzen vom 
km Anam die Provinzen Lao und Tunkin an China. Der öftliche Ocean, 
Buſen Korea, befpült bie Küften Chinas in einer Ausbehung von fiebent: 
bert Meilen, von den Grenzen Tunkins bis zur Mündung des Amurfluffes. 
find das dhinefifche oder gelbe Meer und der Meerbufen von Tunkin; der 
en Kormofa trennt die Infel bief. Nam. von dem feften Lande; das blaue 
gelbe Meer verbreiten ſich, jenes zwifchen China, den Infeln Lieukieu und 
biefes zwifchen China und Korea. Don Korea bie zum Amurfluß erſtreckt 
jepanifche Meer, deſſen aͤußerſte Spige den Namen des Meerbufen® ber 
erhalten hat. — Das eigentliche China grenzt oͤſtlich an ben oͤſtlichen 
en M. trennt es die große, ſchon vor 2000 3. erbaute, 300 Meilen 
Oo Zuß hohe und auf der Oberfläche 5 Fuß breite Mauer von der Mongolei 
ı Mantfchulande ; weſtlich feßen politifche Grenzen den nomadifhen Wans 
n der Kalmuden ober Eleuthen von Hohonor und der Sifanen ein Ziel, 
allen die Grenzen des chinefifhen Reichs und des eigentlichen China zufams 
is enthält 1572 Städte, darunter find die wichtigften: Peking, Kan: 
md Nansking(f.d.); 1193 Feftungen, 2796 Zempel, 2606 Ktöfter, 
el. Palaͤſte u. f.w., und wird in 15 Provinzen getheilt. — Zwei Ges 
zuͤge theilen das Land, der eine in füdöftt.= der andrein nordweſtl. Richtung. 
verbreitet fich zioifchen ben Provinzen Quang fi, Quan⸗tong und Fo⸗kien 
‚ und den Provinzen Hu⸗quang und Kiangsfi im N. ; er läuft anfangs 
nach D., wendet ſich aber auf den Grenzen von Fo⸗kien nordöftlih. Die 
kette, befonders in den Provinzen Kaͤt⸗ cheau und Quang fi, ift wegen der 
ehnenden wilden Voͤlkerſchaften ſchwer zugaͤnglich; bie Reifenden haben nur 









—— — — — vu. 
0 aber: 
iu fein, Veit unergeimifigen stutitchen Zruppen, gefdyweige eur 
wifamm Berfand zu leihen Der inefilhhe Adel cheilt ſich 
den verfinfichen und meh. Unter dem erftem gibt es fünf E 


wohnen. Die Titularen des perfänlichn Adels haben ſaͤmmtlich t 
dem amtlihm Adel cher den Mandarinen. Den Rang der 
kennt man durch die Farde der Knöpfe an ibren Mügen. Auch gibi 
tarinen. In Allem hat Chins 13— 14,000 Giotimandarinen, fie I 
unb 18,000 Rriegemanderinen, erſtere in 9, letztere in 5 Glaffı 
Meicdyebehörbe ift der Math der Miniftermandsrinen. Diefe arbeitet 
Untergeortnete Centralbeb oͤrden find: 1) Eipu (Wache der Beamten) 
ſachen den Vortrag, 2) He⸗pu (inanzcollegium), 3) Lispu (Car 
4) Ping:pu (Dberfriegärath), 5) Heng-pu (Jufligcollegium un 
(Kongpu.) In jeder Provinz iftein Mandarin Statthalter. Ihm zı 
den Statthalter beobachtender und feine Befehlevollziehender Rath. 
find befondre Gerichte. Die Eeremonialfteidung ber Mandarinen bef 
tem Atlas, mit einem Übersuge von blauem Kreppflor. Vorn un 
Ehrenzeichen geſtickt, welches ihren Civil» oder Militairrang b 
Recht, eine Pfauenfeder hinten auf der Müge zu tragen, iſt mit ein 
Drdendzeichen zu vergleichen und wird al6 eine befondere Gnabenk:, 
Die gepriefene Weisheit ber chineſiſchen Geſe tze kann mit zwei W- 
firt werden: es find gute Polizeiverordnungen mit guten moraliſch⸗ 
tet. Gie laffen dem Kaifer, wie den Mandarinen eine unbeſchraͤn 
das Volk, das blinden Gehorfam gegen feine Obern als feine erſt 
trachten gewohnt iſt. Unzählige Ceremonien erinnern jeden Augen 
ferfeled der Stände. (IR. [. das „Chineffhe Complimentisbud) Ir 
au Makao 1824.) 


China, Geſchichte 625 


Erſindungen treffen wir bei ihnen wieber. Sie druckten Bücher fruͤ⸗ 
ndem fie die Charaktere in Holztafeln ſchnitten, welche Methode noch 
Hifl. Die Magnetnadel kannten und gebrauchten fie ebenfalls vor 
ıgeachtet blieben fie in der Schifffahrtskunde weit zuruͤck, da fie den 
e unvolllommen verftehen. Im Ganzen bat man bie Denkmäler 
ht zu fehr erhoben; dennoch find einige ihrer Landſtraßen, Ihrer uns 
zenbrüden, ihrer pyramidalen Xhürme, beſonders aber ihre große 
chineſiſch genannt Van⸗Li⸗Tſching, die Mauer von 10,000 Li, der 
werth. Diefe läuft über hohe Gebirge und durch tiefe Thaler und 
n über breite Ströme hin, von der Provinz Shen⸗ſi bis Wanghay 
jelben Meere, in einer Länge von 600 Stunden: An einigen Örten 
ichtige Päffe zu decken, doppelt, auch dreifah. Die Grundmauer 
find von feiten Granitbloͤcken, der größere Theil aber non blaufichen 
durch einen fehr reinen und weißen Mörtel zufammengebalten. Faſt 
ritte find viereckige Thuͤrme ober ftarke Bafteien. — De Nationals 
E die Krucht des eingeführten Hexkommens. Die tägliche Lebenswelfe 
en ift in jedem Range durdy unabweichliche Regeln vorgefchrieben. 
aͤnke enthalten ſich die Chinefen faft gänzlich, Dagegen ift der Gebrauch 
gemein. Ihre Hauptfpeife ift der Reis. Die Vielweiberel ift den 
en Mandarinen erlaubt. Der Kaifer unterhält ein zahlreiches Serall. 
yer Weiber iſt Sklaverei. Eine befondere, gleichfam göttliche Vereh⸗ 
die Chinefen ihren Vorfahren; fie feiern zu ihrem Andenken eigne 
ı Gräbern. Die urfprüngliche Religion Chinas ſcheint ein Zweig 
endienſtes geweſen zu fein, deffen Princip die Anbetung der Geſtirne 
iger Naturgegenftändeift. Diefe alte Religion ift durch ſpaͤtere Secten 
n. Unter dieſen find die wichtigften die Secten bes Gong-fustfe (Con⸗ 
es Lao:kiun oder Tao⸗tſe. Das Volk bekennt fich grüßtentheile zu der 
:tommenen Religion des Fo. (Bol. Confucius und Fo) Die 
taifer auß der tatar⸗ mantſchuiſchen Dynaſtie tft die Dalai⸗Lama⸗Reli⸗ 
ma.) Über die Ausbreitung des Chriſtenthums in China f. Miſ⸗ 
ne gegen den Kaifer 1823 entdeckte Verſchwoͤrung gab Veranlaſſung 
neinen Verfolgung der Chriften , die jedoch 1824 aufhärte. Nach den 
ee franz. Miffion aus China betrug dafelbft die Anzahl der Chriften 
ab 27 hriftliche Knaben⸗ und 45 hriftliche Mäbchenfchulen. — Der 
andel der Chinefen ſteht mit dan Umfange und Reichthum ihres 
n Verhaͤltniß. 1806 wurden ausgeführt: 465 MIN. Pf. Thee, 16 
fer, 21,000 Stüde Nankin, 3 Mi. Pf. Toutenague, ferner Kupfer, 
n, Quedfilber, Porzellan, ladirte Waaren, Zimmet, Rhabarber, 
verfchiedene Droguereimaaren, auf 113 Schiffen , nämlidy 80 engl., 
und 3 dänifhen. Sie brachten nach China: Reis (36 Mil. Pf.), 
Tuͤcher und Stoffe, Glaswaaren, Fuchs⸗, Fiſchotter⸗ und Biber 
(holz, Arecanüffe u. f. w. Der Handel mit den Europäern ift einer 
on 12 dazu privilegisten Kaufleuten anvertraut, welche Hanniften 
ıen ungeheuern Gewinn haben, 

efte Geſchichte Chinas ift dunkel und fabelhaft. Nach ige regierten 
‚ durch mehre Mil. Fahre, Götter, Tien: Hoan: Schi, und fabel⸗ 
familien, Zi» Hoang: Schi, Kiehus Tohu: Ki, zu welcher legten 
Sefeggeber der Chineſen, gehört; Us Ri, unter welcher Familie ſich 
iefenen Ya das Schu: King anfängt, aus welchem bie Chinefen ihre 
chte ſchoͤpfen. Aber diefes Buch beſteht die hiflorifche Kritik nicht. 
ı Eönigl. Haͤuſer diefer erften dunkeln Periode find die Kin (bis 1767 
Syamg (bis 1122), Tſcheu (die 258 vor Ehr.). Für den Stifter dies 
Giebente Aufl. Bd. II. 40 


Werbrüderungen von Unzufriedenen aller Volksclaſſen ; eine derſelbe 
Wafferrofen in Lehre”. In ihren naͤchtlichen Verfammlungen verfli 
fer, fetert priapifche Myfterien, und bereitet Alles vor auf bie Ankı 
Fo, ber daß golbene Zeitalter mit fidy bringen fol. Die Katholiken 
flig war, haben durch ihre Bekehrungs » Unvorfichtigkeit ihre m 
verfcherzt und bie Verbreitung ber chrifilichen Religion ward in Pezi 
verboten. Auf Kia-King folgte 1820 deffen zweiter Sohn, Tava⸗ 
Ruffen Daoguan. So wenig wie die Geſandiſchaft des Lords Mac 
ronnte die vuffifche des Grafen Golowkin und bie neuefte britifche 
berft (1816). die mehr ais 1000jährige Politik des Hofes von C 
Gleiſe bringen. Sie tonnten, da diefes „himmtifche Reich bes Wei 
narchen als feine Bafallen behandelt, weder politiſche noch Hand. 
anknlıpfen. S.Staunton’s „Miscellaneous notices relating to Ch 
1822). und ©, Timfowsty's „Reife nad China durch die Mon 
1820 und 1821”, a. d. Ruſſ. von Schmidt (Reipg. 1825 fg, 32 
Chinarinde, Cortex Peruvianus, die Rinde aller Baͤu 
Geſchlechte der Cinchona gehören und die La Conbamine. zuerft 
Diefe Bäume finden ſich auf dem feften Lande von Südamerika, 
Königreiche Peru, unweit der Stabt Lora. 2) In allgemeiner Be 
auch die Rinder der dem Geflecht Cinchona verwandten Gefchlei 
Handel geößtentheild China nova heißen, mit darunter begriffen. 
Fieberrinde und peruaniſche Rinde, und wird von den Amerikanern 
nannt, aus welchem Worte vieleicht die unpaffende beutfche Ben 
rinde entffanden ift. Sie wird vom Sept. bis zum Nov., atfo in 
reszeit von.den Bäumen abgeihält. Nad dem Abſchaͤlen flicht z 
ab, aher aus det Wurzel treiben neue Sproffen hervor. Gewiß da 
ner längft vor Ankunft ber Eucopder in Amerika gewußt, daß die I 
ſelfieber heilt. Nach Spanlen kam fie zuerft 1632. In Europa r 
rinde daburch befannt, daß der Gattin des Vicekoͤnigs, Grafen 
Bimn in Marin hat alnom Muchlstkinhen han Alahwandk Aarfalhan ni 


Shinefiihe Sprade, Schrift und Literatur 629 


legt, enthaͤlt fie harzige und gummoͤſe Theile‘, auch etwas Erbe und Bau: 
Die Kraft der Rinde laͤßt ſich durch heißes und kaltes Wafler, durch ge: 
ven Branntwein, nod) mehr aber durch Rheinwein ausziehen; eine Mi: 
ms Waſſer und gereinigtem Weingeift-ift jebech das allerwirkfamfte Aufloͤ⸗ 
ttel. In Wechfelfieben wird. die Chinarinde mit dem gluͤcklichſten Erfolge 
idt. Hoͤchſt wirkſam zeigte fie ſich «uch in allen chroniſchen Krankheiten, 
rande, bei bösartigen Blättern, in Nervenkrankheiten, infonderheit bei 
yen und hnpochondeifchen Beſchwerden, beim Stickhuſten, der Ruhr, beim 
t. Sie ſcheint daher mit Recht den erſten Plus unter den Arzneimitteln eins 
m. (In den Marfchgegenden heilt der Seewermuth auf dem Außendeichs⸗ 
ı ftarkem Getränk ausgezogen, die dort enbemifchen Fieber gemeiniglich Teich» 
ie Chinarinde.) In den Apothelen hat man davon : Ertracte, Tincturen, 
I, Pulver, Spruperc. Während der Sontinentalfperre benutzte man ftatt 
a verfchiedene europäifche Baumrinden, hat fie aber nach dem Aufhören 
yerre ſaͤmmtlich aufgegeben. ©: „Verſ. eines Monographie der China”, von 
. Bergen, mit 8 color. Kpf.in Kot. w.10 Tab. (Hamb. 1826, 4.,18 Thie.). 
binefifhe Sprache, Schrift und Literatur. Die hinefi- 
rache gehört zu den einfplbigen und iſt unter diefen diesinfachfte, d. h. die 
bildetfte. Ihre einfyibigen Wörter beftehen aus einem Vocale mit einem 
porangefeßten Gonfonanten ; erfcheinen fie in unferer Schrift mit mehr Buch» 
fo ift dies nur Nothbehelf, um ihren Klang mit unfern Schriftzeichen nad)» 
Da Überdies die Gonfonanten B, D, R, X und 3 der Shinefen fehlen, 
Zahl der einfachen Conſonanten, ‚welche fie ihren Worten vorfegen, fehr 
inkt. Zwei Conſonanten hinter einander find ten Chinefen unausſprechbar, 
ie dergleichen in ausländifchen Wörtern finden, fügen fie jedem einen Vo⸗ 
Die Worte Hoc est corpus meum lauten bei ihnen: Ho-ke-nge-su- 
l-pu-su-me-vum. Solcher hoͤchſt einfachen Wurzellaute ober Wur⸗ 
baben die Chinefen nad) aͤltern Angaben 328 oder 350, nad) Remufat 
H Montuccl 460. Sie zu vervielfältigen haben fie fein andres Mittel als 
oder Accent. Diefer ift vornehmlich fuͤnffach; nämlich der gleiche (wie wie 
ti, drei u. f. w. ausſprechen), der tiefe gleiche (diefer ift in den Sylben, 
h afpiriren laffen, allemal afpiriet), der hohe (welcher Hoch anfängt und 
ut, wie wenn Jemand im Zom nein! fagt), der fleigende (weicher etwas 
ıgt, aber fleigt, auch länger gebehnt wird, als ein andrer Ton, wie bei 
erwunderndes fo), und der Eurz abgebiffene (mie wenn Jemand aus Kurcht 
fangenen Laut nicht vollenden Eönnte). Überhaupt wird die Zahl der Töne 
gen auf, von Andern auf 11 und 13 gefest, von denen jedoch wahr: 
nur in einzelnen Faͤllen Gebrauch gemacht wird. Dem Ausländer find 
diftcationen für Ohr und Zunge unerreichbar, und ſelbſt Ler Chineſe Bunt 
ımit, daß er ein Wort zur Erklärung hinzufegt. Nehmen wir durchgaͤn⸗ 
Zöne an, fo erhält daburdy der Ehinefe aus feinm 328 Wurzeln 1625 
ve Wörter:- Durch die Alpiration werden diefe auf 3250, oder nad) der 
Mechnung auf 7700 vermehrt. Diefenun, melde das daran gewöhnte 
e Ohr als verfchieden empfindet, bilden den ganzen Sptachſchatz der Chl⸗ 
d müffen nebft ihren oft fehr fonderbaren feierlichen Bedeutungen, wodurch 
Mort gegen 50 verfchiedene Bedeutungen erhält, hirireichen alle cons 
abſtracte Begriffe auszudruͤcken. Da fie alle einiyibig find, fo gibt es 
aterſchled der Redetheile, auch fällt alle Abteitung und eigentilche Biegung 
ie Declination und Conjugation wird durch Umfchreibung dürftig erſetzt. 
md allenthalben aber bleibt viel Dunkelheit, daher audybefonders ihre als 
ſchen Bücher, die Kings, von jedem Ausleger andere gedeutet werden. — 
nder fonderbar iſt die Schrift derChinefen. Sie ft weder natuͤrllche noch 





630 Bu Ghio : Chiromantie 


fombolifche Hieroglyphik, noch Solbene, noch Buchſtabenſchrift, ſonde 
ganze ausgebildete Begriffe, und zwar jeden Begriff durch ein eignes Zei 
ohne mit der Sprache in Vetbindung zu ſtehen. Man kann daher ein ch 
Buch verſtehen lernen, sole. bad Besingfle von ber Sprache zu wiflen. 1 
geh Säit liegen fach6 theils geraden theils auf verichiedene Art gekrü: 

m Grunde, welche zunaͤchſt Die 214 f. g. Schtüffel oder Urzeiche 
wit a riden alle übrige Bein, ben ben Höchfte Zahl man auf 80,000 anı 
fannnengefest find. Auch ein leberslaͤngliches Studium reicht nicht hin, 
Beichen dem Gedächtnis einzuprägen: indeſſen find fchon 8 — 10,000 
binteichend,, ein gewoͤhnliches Buch zu verſtehen. — Die Literatur er 
iſt eich an mannigfaltigen Werken. "Eine eigne Abtheilung in derfelben : 
Kings oder heiligen Bücher, welche Sonfucius in Die jeige Form brachte 
theils gefchichtlichen , thells moraliſch⸗ religiöfen , theils poetifchen Inhal 
biefen Kings iſt das Schu⸗king ins Franzöfifche überfept. Inter den gefd 
Werken iſt eins der wichtigften..bie.(febe fehlerhaft) ins Franz. überf. „C 
Meichsgefchlihte". Außerdem verbimt Erwähnung das ins Englifche üb 
nefifche Strafgefegbuch”, die „‚Lobfihrift auf Mukhden“, die „Inſchrift 
u. ſ. w. In Peking ericheint wöchentlich in ungeheurem Format auf Sı 
eine Zeitung, bie als das Jahrbuch des chineſiſchen Reiche und els das ri 
fegbuch betrachtet. werben kann; ber Kaifer übernimmt bei berfelben oft 
Genfur. Huͤlfemittel zut Externung des Chinefiichen haben wir von 8 
Beyer, Remufats-sin Wörterbuch (das aber ſehr getadelt wird) von den 
Deguigues. Ein andres ift von Montucci gu erwarten. In Kanton h 
lehrte britiſche Miſſionair Morriſon ein Wörterbuch der chineſiſchen Sp: 
auszugeben angefangen. Große Arbeiten der Miſſionarien für das 
der Hinefifhen Epyrache finden fich bandfchriftlih in Rom, Paris, P 
0.0. a. Ort 

Chin... bei den Alten Chioe, ſ. Scios. 

Chio sk oder Kiosk, ein von allen Seiten offenes und freiftehentei 
haus mit einem Zeltdache, das auf einigen (gewoͤhnlich ins Gevierte 
Säulen ruht, um welche unten ein Geländer herumlaͤuft. Es wird ı 
Stroh oder ähnlichen Materiatien erbaut, und wird befonders angelegt 
Schatten eine freie Ausficht zu genießen, dient aber auch zur Werfchöner 
ländlichen. Partie, oder Gartenanſicht. Das Wort Chiosk iſt tuͤrkiſch. 
Tuͤrken und Parſern iſt diefe Act von-Pavillon in die engliſchen, ftanzoͤſi 
beutfchen Gärten gekommen, 

Chiragra, die Gicht, weiche ſich der Gelenke ver Hand bemä 
ihre Bewegungen hindert. Sie raubt nad) und nach den Bänden ihre G 
und macht die, Finger krumm, ungeftaltet, und lähmt ihre Berwegung , 
um bie Flechſen einen kalkichten Stoff im Knoten und Ballen anhäuft, 
endlich die Gelenke ganz erftarzen. (Bet. Arthritifch.) 

Chirograpbarifch (von Ehimgraphum, bie Handſchrift, bef 
Schuldſchein), was auf handſchriftlichen Verſicherungen beruht: daher 
grapharius, hiragrapharifcher Glaͤubiger, deſſen Foderungen ſich auf eine 
ſchein, Wechſel v. ſ. w. ohne Pfandrecht gruͤnden und denen die hypoth 
Foderungen vorgehen. 

Cdiro lagie, die Fingerſprache, oder bie Aunſt, fid) mit den He 
Fingern verſtaͤndůch zu machen. Sie iſt ein wichtiges Mittel der Mitch 
Stunme. und Taubſtumme. 

‚Shiromantie (aus dem Griedh.), bie angebliche Kunft, aui 
hen ber Hand wahrzuſagen. Ihre Anhaͤnger behaupten, daß durch 
weiche die göttliche Weisheit urfprünglich in die Hand jedes Menſchen 


Chiron 631 


time zuverläffige Weile feine Neigungen und Begierden, feine Fehler 
en, feine Liebe und fein Haß beſtimmt find. Jedes wichtige Kebenser: 
ſelbſt mit unaustöfchlichen Zügen aufgezeichnet, zu deren Entzifferung 
beſondern Wiſſenſchaft bedarf. Spuren der Chiromantie finden ſich 
flotele®, welcher 5. DB. verfichert, daß es ein Zeichen von langem Leben 
ine oder zwei Linien nad) der ganzen Länge der Hand binliefrn. Die 
n aber führen, um ihre Kunſt auf göttliche Ausfprüche zu gründen, 
is ber Bibel an, als da find: Et erit quasi signum in many tua et 
mentum ante oculos tuog (2. Buch Mofiß, Cop. 13, Ders 9) und: 
mnium hominum signat, ut noverint singuli opera sua (Hiob, 
ns 7). Das Mittelalter bildete die Chiromantie aus, und in unfern. Ta⸗ 
vanz. Wahrfagerin Lenormand in diefer Kunft vornehme Adepten ihrer 
3 nach in Paris und auf den Reifen nach den Congreſſen gefunden. Die 
a finden in den in der Hand verzeichneten Linien das eigentliche Schick⸗ 
Menfchen. Diejenige diefer Linien, welche um vie Wurzel des Daus 
t, nennen fie die Lebenslinie, weil aus ihrer Lage, Ihrer bald unter: 
ald nicht unterbrochenen Länge ober Kürze, ihrer Stärke ober Schwäche, 
ber Flachheit ſich die Dauer und Beſchaffenheit des Lebens beſtimmen 
ie Diefe unmittelbar mit dem Herzen in Beziehung fleht, fo fleht eine 
je in der Mitte ber Dand läuft, in genauer Verbindung mit ben Ges 
‚eißt die natürliche oder die Kopflinie. Die dritte große Linie, welche 
yer vorigen zunaͤchſt unter den Fingern binläuft, wird Die allgemeine 
zeigt überhaupt die Körperkraft an, und was dem ganzen Körper und 
en Gliede begegnen fol. Die Perpendicularlinie, welche mit den bei: 
ı Dreicd bildet, heißt die Leberlinie und lehrt die. Berbauungsfräfte und 
atuͤrliche Lribesbefchaffenheit kennen. Sehr wichtig ift dem Chiromans 
‚ welche die Grenze des Arms und ber Hand bezeichnet und den arabis 
ı Rafcette führt. Iſt die Stelle, welche fie einnimmt, von guter Farbe, 
ies eine gute Leibesbefchaffenheit. Die Saturns⸗ oder Glückslinie 
: Rafcette mitten durch bie Hand nach dem Mittelfinger zu; fie vers 
zerth der andern Linien und erfegt, was ihnen abgehen möchte. Die 
e von der Rafcette nach dem einen Singer hinläuft, beißt die Milch» 
yr erkennt man die lüfternen, gefchwägigen, unbefländigen Männer, 
icht von den Weibern hinreißen laffen. Jetzt find nur noch die unter 
: befindlichen Linien übrig; diejenige, welche (den Daumen ungerech⸗ 
n Mittelfinger in einem Heinen Bogen umfaßt, heißt der Venusguͤr⸗ 
eine außerordentliche Wolluͤſtigkeit anzeigt; die übrigen haben Beinen 
amen. Aus diefen Linien flellt der Chiromant feine Vorherſagung. 
udium ift auferordentlid) verwickelt wegen der vielfältigen Abmweichun: 
zenheiten, welche ſich barbieten. Bald find die Linien einfach, bald 
I und vierfach, ja fogar Aftigs bald gerade, bald Erumm ober ges 
: können Winkel, Drei⸗ oder Vierecke ober andre Figuren bilden, 
erändert gar fehr ihre Bedeutung. Oft find fie mit Heinen Kreuzen 
‚ weiches, wenn nicht andre Zeichen bayegen find, die giädlichfte 
tg iſt. Altes bisher Angeführte find aber nur die Grundzuͤge ber nie 
antie; um ihr einen wahrhaft erhabenen Charakter zu geben, hat man 
ver Aftrologie in Verbindung gefeßt. 
on, Sohn des Saturn und der Philyra, fol in Theffalien unter 
m, und zwar in Beftalt eines Roſſes, um die eiferfüchtige Rhea da⸗ 
hen, geboren worden fein. Er galt bei feinen Zeitgenoffen für einen 
rzt, Alttonomen und Muſiker. Der Ruf feiner Weisheit machte, 
alte Fuͤrſten damaliger Zeit ihre Söhne zum Unterricht übergaben, und 


630 Ehio Chiromantie 


ſomboliſche Hieroglyphik, noch Solben⸗, noch Buchftabenfdnrus, Ur 
ganze ausgebildete Begriffe, und zwar jeden Begriff buch Er ſoll ein t 
ohne mit der Sprache in Verbindung zu ſtehen. Man Er aichkeit erlangt! 
Buch verftehen lernen, ohne das Geringſte von der Sr .rgebeten haben, 
ſiſchen Schrift liegen fech6 theils gerade theils auf t 

nien zum Grunde, welche junaͤchſt die 214 f. g. " ‚ung der Hände, beio 
mit weldyen alle übrige Zeichen, deren hoͤchſte R .zlation, bie ein Theil de 
ſammengeſetzt find. Auch ein tebenstängliche® ¶ der Händeberorgung ein 
Zeichen dem Gedächtnig einzuprägens. inde dieſeide hervorgebracht r 
hinreichend, ein gewoͤhnliches Buch zu ve · ¶ treatias on rhotorieal del 
iſt reich an mannigfaltigen Werfen. € der redneriſchen und theat 
Kings cher heiligen Bücher, welche € 
theils geſchichtlichen, theils moraliſ⸗ 
dieſen Kings iſt das Schu⸗king in⸗ 
Werken iſt eins der wichtigften 
Reichögefchichte”. Außerdem 






Bezeichnung der Geſten ur 
ſprache, durch welche maı 
* Jain, welche ein Redner oder 
",uuftanbes anzuwenden bat, bi 
.Aion eines Redners oder Schaufp 
neſiſche Strafgefegbuch”, di Ne Zukunft aufbewahren konne. 
u. ſ. w. In Peking erſche  , Ahrder ſcharfſinnige Mann geht z: 
eine Zeitung, die ais dae “gmenen 15 Jundamentalſte lungen, n 
fegbuch betrachtet werd- ltige, erfchöpften die möglichen S 
Cenſur. Huͤlfsmittel „für möglich Hält, durch die auf dieſell 
Berer, Remufatz :r’ one oder Schaufpicler feine ganze Acti 


Deguignes. Ein 0 
jtunft , derjenige Theil der Heitkun 


leheie beitifche Di 
auszugeben ange joy und doyov, da6 Wert) in Verrichtungen 


























der chinefifchen ‚her ald den Theil der Arzneikunde erklären , 
u.a. a. Orten ıenten bewaffnete Hand zur Erhaltung d 

Ehio, a Sfeiten anwendet. Sie ift feine eiane Ärztliche 

Chio MH säifemittel, und zwar das mächtigite und wire 
haus mit e ie Theil der Medicin, und Älter als diefe. Sit 
Säulen ri ed Wunden früher nethwendig, als die bei der 
Schon % — Menſchen ſich feltener zeigenden Krantheiter 
Schatten BE ehem trojanifchen Kriege Melampus, Chiton u: 


laͤndlich Zu Arzenauten als Ärzte brgleiteten; ferner, daß ir 
Tuͤrker Äskulap's, Machaon und Podalirius, die verw 
beutfd — "Dub iedoch fpätechin ſowol die griechiſchen al8 dir ar 
unb-innere Medicin vereinigt bearbeiteten, beweifen i 
ihre‘ — ‚Gaten, Celſus, Paulus von Äyina, Albucaſis u. ſ. w 
umb ge Zeiten einzelne chlrurgiſche Operationen von de 
um a’ "zu vn Dippokratifchen Eide war der Steinfhnite den Arte 
ent Ang Arabern herrſchte überdies eine gewiſſe Scheu ver den 
Be für eine Schande gehalten, wenn bie Ärzte ſolche felbi 
e at überliefien fie diefelben meiftend den Stlaven. Im? 
— der ganzen Heiltunſt beinahe ausſchließlich den Mind 
dxe Aber 1163 verbot die Kirchervetſamml. von Teure den Gr 
— ‚Juden im chriſiichen Europa bie Xryncitunde trieten, id. 
de 9 Die Chirurgie ward von den Univerfitäten verbannt, untez 
mti athe alles Bintvergiefen verabfcheue. Damals trennten fid 
[93 ie. Dieie Trennung wurde dadurch um fo mehr begunſtigt, 
[72 un Bader und Barbierer entflanden waren, welche ſich nun 
383° | junge zueigneten. Zu den Zeiten der Kerugzlige (von LLOO ar: 
ar izle Ausfchlags = und andre Krantheiten aus dem Morgenlande 
* 


“un 





Chiwa Chladni 635 


> th und Deutfchland, welche den Henfigen Gebrauch 
dſtuben veranlaßten. In Frankreich ntftand 

hof Wihelm zu Rouen das Xragen ber 
— 2N3 4 blieben dieſe Bader und Barbierer 
ni an % .eB zeiftreuten ſich die Nebel des Mits 
* Re gewann die Chirurgie eine neue Geſtalt. 
| , eine& eignen Gewerbes blieb, fo betrieben 
RR aſchaft, und die Merle eines Berengar von 
du, Y ‚ach ꝛc. waren die mahre Quelle der Kenntnifſe, 
* 4 arch die Verbindung mit der Barbierkunſt herabge⸗ 
— tt hatte. Erweitert durch die Entdeckungen eines Caͤ⸗ 
7 on Aquapendente, Wifeman, Wilheln Harvey, Fa⸗ 
‚ce die Chirurgie neue Fortſchritte. 1731 wurde in Frank: 

‚ie der Chirurgie gefttftet, weiche bald In ganz Europa bes 

‚ner wie Marechal, ta’Peyronie und Ramartinicre ic. erwarben 
„ienfte. Die Sammlung von Denk» und Prefsfchriften der Aka⸗ 
gie enthält die Geſchichte diefer blühenden Pertöde. Hier. findet 
v eines J. L. Petit, Sarengeot, Lafaye, Lecat, Sabatier und 
ktiker. Der Wetteifer von ganz Europa wurde burchdiefe Beiſpiele 
feibe Zeit lebten in England: Chefetten, Douglas, die beiden 
‚ Alanfon, Pott, Smellie, die beiden Hunter; in Stalien: 
randi, Moscati; in Holland: Albinus, Deventer, Camper; in ' 
dem Norden: Heifter, Zah), Platner, Stein, Roͤderer, Bils 
allifen, Theden und Richter. Bis gegen das Ende des vorigen 
e franzöfifche Akademie der Chirurgie mehre wärdige Mitglicder, 
Schoße felbft erhob ſich ein Mann, der fie in der Gefchichte der 
Achtung feiner Zeitgenoffen erlegen follte: Defautt(f. d.) wurde 
men Schule. Außer der chirurgiſchen Schule zu Paris find andy 
und vorzüglich die zu Montpellier (wo Delpech fi) auszeichnete), 
jer mit der pariſer übereinftimmten, berühmt. Der franzöfifche 
hat in ſ. „Parallele der franzoͤſ. u engl. Chirurgie” (Paris 1815) 
ie D. von Ammon in f. „Parallele der franzöf. und deutfchen Chi 
323) die deurfche etwas einfeitig erhoben. Jetzt erft, wo die Chis 
:der eigentlichen Mebicin Dand in Hand geht, wo fie fid) auf moͤg⸗ 
atomiſche Kennmiffe ftügt, kann fie mit Sicherheit ihrer immer 
ommrung entgegengehen. Indeß find nicht alle Ärzte zur Aus 
Operationen gefhidt. Die dazu nöthigen Eigenfchaften Eönnen 
ach libung ertworben werden, zum Theil müffen fie von der Nas 
1. Bekannt find: Sam. Cooper’s „Dictionary of surgery” cte., 
bearb., Weimar 1824, 4Bde., und Richerand's (zu Paris) 
euern Wundarzneikunſt“, nad) der 5. Aufl. Überf., Leipz. 1823 





Rhtwa), Ehiwenzen, f. Turkmanenland. 

Ernſt Florenz Friedrich), geb. zu Wittenberg 1756, Sohn des 
igen Zuriftenfacultät, E. M. Chladenius, erhielt f. erſte gelehrte 
Fuͤrſtenſchule zu Grimma, widmete ſich dann zu Wittenberg und 
sgelehrfamkeit, und wurde auf legterer Univ. 1781 der Philoſophie 
Rechte Doctor. Nach dem Tode ſ. Vaters verließ er die Rechtswiſ⸗ 
idmete fi) ganz dem Studium der Natur, dem er bisher alle feine 
geſchenkt hatte. Als Liebhaber der Muſik, worin er erſt im 19. 
terzicht erhalten hatte, bemerkte er, daß die Theorie des Klanges 
mnachläfjigt war als andere Zweige der Phyſik, und entbrannte 


632 Ghironomie Chirurgie 


unter feine Schuͤler gehörten Äokulap, Neftor, Peleus, Mhefeus, U 
flor und Pour, Ünene, Achilles, Bachus, Jaſon ꝛc. Ex foß ein h 
erreicht haben, und weil er von feinem Vater die UnfterblichEeit erlangt k 
lich, I ſagt die Mythologie, Tebensfatt, ben Jupiter gebeten haben, I 
zu laſſen. 
Chironomie (Xespovousa), die Bewegung der Hänbe, befon 
fie als Kunft betrieben wird, mithin als Gefticulation, bie ein Theil der 
Schon bie alten Rhetoren fahen die Wichtigkeit der Haͤndebewegung ein, 
teten dabei vorzüglich den Ausdruck, der durch diefelbe hervorgebracht we 
Gilbert Auftin hat im f. „Chironomia, or a treatisean rhetorical deliv 
1806; im Ausz. Leipz. 1818: „Die Kunft der redneriſchen und theatra 
damation”) ein elgenthämliches Syſtem zur Bezeichnung der Geſten und 
bervegung aufgeftellt,, gleichfam eine Zeichenfprache, durch weiche man, 
Moten die muſtkallſchen Toͤne, die Action, welche ein Redner oder € 
Bein Ausdruck irgend eines Gemuͤthszuſtandes anzumenden hat, besei 
mithin auch die mufterhafte Geſticulation eines Redners oder Schauſpiel 
baften Erinnerung und Lehre für die Zukunft aufbewahren könne. Z 
werben durch Figuren erfäutert. Aber der fcharffinnige Mann geht zu n 
er glaubt, bie von Ihm angenommenen 15 Sundamentalftellungen, wele 
Veränderungen auf 139 vervielfältigt , erfchöpften die möglichen Stell: 
Bewegungen, und menn er es fir möglich hält, durch die auf diefelben 
den Bezeichnungen dem Redner oder Schaufpieler feine ganze Aetion 
zuſchreiben. 

—Ghirurgie, Wundarzneikunſt, derjenige Theil der Heilkunde, 
d. griech. Xtio, die Hand, und oyor, das Werk) in Verrichtungen mi 
beſteht. Man kann fie daher als den Theil der Arzneikunde erklaͤren, dr 
die bloße, ober mit Inſtrumenten bewaffnete Hand zur Erhaltung der ( 
oder Heilung der Krankheiten anwendet. Sie iſt eine eigne ärztliche W 
fondern vielmehr ein Hülfsmittel, und zwar das mächtigite und wirkſan 
mittel, der mechanifche Theil der Medicin, und Älter ale dieſe. Schon 
machten die Heilung dee Wunden früher nothwendig, als die bei der eiı 
Benswelfe der damaligen Menſchen fich feltener zelgenden Krankheiten. ! 
daß ſchon 50 3. vor dem trojanifchen Kriege Melampus, Chiron und 
ler Üstulap die Argonauten als Arzte begleiteten; ferner, daß im t 
Krlege zwei Söhne Äskulap's, Machaon und Podalirius, die verwunl 
hen beforgten. Daß jedoch fpäterhin ſowol die griechiſchen als die arabii 
die Chirurgie und.innere Medicin vereinigt bearbeiteten, beweiſen die 

„Dippofrates, Salen, Celfus, Paulus von Agina, Albucafis u. ſ. w. 
ben zu Hippoktates's Zeiten einzelne chirusgifche Operationen von der SI 
kennt. In dem Hippokratiſchen Eide war der Steinfchnitt den Arzten ſi 
ten. Beiden Arabern herrfchte überdies eine geroiffe Scheu vor den O 
und es wurde für eine Schande gehalten, wenn die Ärzte folche ſelbſt v 
Bel den Römern uͤberlioßen fie diefelben meiftens den Sklaven. Im Mit 
bie Aushbung der ganzen Heilkunſt beinahe ausfchließlich den Mönchen 
fleen zu. Aber 1163 verbot die Kircherverſamml. von Tours den Geiftti 
he mit den Juden im chriſtlichen Europa die Arzneikunde trieben, jede bI 
ration. Die Chirurgie ward von den Univerfitäten verbannt, untez dem! 
daß bie Kirche alles Biutvergießen verabfcheue. Damals trennten fid) M 
Chirurgie. Diefe Trennung wurde dadurch um fo mehr beguͤnſtigt, daſ 
Zünfte der Bader und Barbierer entftanden waren, welche ſich nun bie 
der Chirurgie zueigneten, Zu den Zeiten ber Kreuzzuͤge (von 1100 an) ke 
(ich viele Ausſchlags⸗ und andre Krankheiten aus dem Morgenlande naı 


Chiwa Chladni 638 


ns nach Itallen, Frankreich und Deutſchland, welche den haͤufigen Gebrauch 
der und die Errichtung der Badſtuben veranlaßten. In Frankreich entſtand 
wblerzumft, da (1096) der Erzbiſchof Wuhelm zu Rouen das Tragen der 
verbot. Mehre Jahrhunderte hindurch blieben diefe Bader und Barbierer 
ig der Ausübung der Chirurgie. Indeß zeiftreuten ſich die Nebel des Mits 
6. Bon der Anatomie erlsuchtet, gewann die Chirurgie eine neue Geſtalt. 
& fie fortbauernd der Gegenſtand eines eignen Gewerbes biieb, fo betrieben 
e größten Ärzte fie als Wiſſenſchaft, und die Merke eines Berengar von 

eines Fallopius, eines Euftach sc. waren die mahre Quelle der Kenntniffe, 
Ambrofins Pare feine durd) die Verbindung mit der Barbiertunft herabges 
te Wiſſenſchaft bereichert hatte. Erweitert durch die Entdeckungen eines Caͤ⸗ 
agatus, Fabricius von Ayuapendente, Wifeman, Wilhelm Harvey, Fa⸗ 
von Hilden, machte die Chirurgie neue Zortfchritte. 1731 wurde in Frank; 
me eigne Akademie der Chirurgie gefliftet, welche bald In ganz Europa bes 
wurde. Männer wie Marcchal, la Peyronie und Ramartiniere te. erwarben 
mernde Verdienfte. Die Sammlung von Denke und Preisichriften der Aka⸗ 
Ir Chirurgie enthält die Gefchichte diefer blühenden Periode. Hier findet 
Ürbeiten eines J. L. Petit, Garengeot, Lafaye, Lecat, Sabatier und 
dern Praktiker. Der Wetteifer von genz Europa wurde burchdiefe Beiſplele 
Um diefelbe Zeit lebten in England: Chefetten, Douglas, die beiden 
, Sharp, Alanfon, Pott, Gmellie, die beiden Hunter; in Ztalim: 
‚ Bertrandi, Moscati; in Holland: Albinus, Diventer, Samper; in ' 
d und dem Morden: Heiſter, Zach, Platner, Stein, Röderer, Bils 
Jetell, Gallifen, Theden und Richter. Bis gegen das Ende des vorigen 
| gähtte die franzoͤſiſche Akademie der Chirurgie mehre wuͤrdige Mitglicher, 
Rs ihrem Schoße felbft erhob ſich ein Mann, der fie in dee Gefchichte der 
wie in der Achtung feiner Zeitgenoffen erfegen follte: Default (f. d.) wurde 
wyt der neuen Schule. Außer der hirurgifhen Schule zu Paris find auch 
Berasburg und vorzüglich die zu Montpellier (wo Delpech ſich außzelchnete), 
nicht immer mit der parifer übereinftimmten, berühmt. Der fcanzöfifche 
at Rour'hat in f. „Parallele der franzöf. u engl. Chirurgie” (Paris 1815) 
söf., fowie D. von Ammon in f. „Parallele der feanzöf. und deutfchen Chi- 
Eeipz. 1823) die deutfche etwas einfeitig erhoben. Jetzt erft, wo die Chi⸗ 
wieder mit der eigentlichen Mediein Hand in Hand geht, wo fic ſich auf moͤg⸗ 
jenaue anatomifche Kenntniffe ftügt, kann fie mit Sicherheit ihrer immer 
u Vervollkommnung entgegengehen. Indeß find nicht alle Arzte zur Auss 
az großer Operationen geſchickt. Die dazu nöthigen Eigenfchaften koͤnnen 
eilt nur duch) Übung erworben werden, zum Theil müffen fie von der Nas 
Hiehen fein. Bekannt find: Sam. Cooper’® „Dictionary of surgery” ete., 
R., deutfch bearb., Weimar 1824, 4 Bde., und Richerand's (zu Paris) 
Weiß der neuen Wundarzneitunft”‘, nad) der 5. Aufl. überf., Leipz. 1823 









The. 
CEh iw a (Khiwa), Ehiwenzen, ſ. Turkmanenland. 
Th ladni (Ernſt Florenz Friedrich), geb. zu Wittenberg 1756, Sohn des 
ei der dafigen Juriſtenfacultaͤt, E. M. Chladenius, erhielt f. erfte gelehrte 
ung in der Fuͤrſtenſchule zu Grimma, widmete fi) dann zu Wittenberg und 
I der Rechtsgelehrſamkeit, und wurde auf legterer Univ. 1781 der Phitofopbie 
4782 der Rechte Doctor. Nach dem Tode ſ. Vaters verließ er die Rechtswiſ⸗ 
Beh, und widmete fid) aanz dem Studium der Natur, dem er biöher alle feine 
N Stunden gefchentt hatte. Als Liebhaber der Mufit, worin er erft im 19. 
eiſten Unterricht erhalten hatte, bemerkte er, daß die Theorie des langes 
ki mehe vernachlaͤſſigt war als andre Zweige der Phnfit, und entbrannte 


636 Ghoiſeul 


davon entzuͤckt war. Ch. bekam ſeitdem fo viele Aufträge, daß et 
Zeichnungen und Kupferftiche verwandte. Faſt alle Kupfer zu L 
gnomifhen Fragmenten“ find nach f. Zeichnungen geflochen; ei 
mehre mit einer unnachahmlichen Vollendung ausgeführt. In 
find die Kupfer, welche er zu Baſedow's Werken und zu dem, Goth 
lieferte. Es erfhien kaum ein Buch im Preußifhen, zu wı 
wenigftens eine Vignette geftochen hätte. Seine ſaͤmmtl. Bid 
auf mehr als 3000; zu bemerken aber ift, daß er die Eigenheit h 
fen Veränderungen vorzuftehmen,, wenn eine gewiffe Anzahl vı 
macht war, fodaß nicht alle Abdruͤcke eines und beffelben Btuttei 
Er ift als der Stifter einer neuen Kunftgattung in Deutſchland zu 
lid) der Darftellung moderner Figuren mit einer Wahrheit der Phi 
Lebhaftigkeit des Ausdruds und einer, auf fittliche Beſſerung a 
weiche in ihrer Art einzig blieb. Lange fhon hatte er die Stelle ei 
der Akademie der bildenden Kuͤnſte zu Berlin befteidet; 1798 n 
Stelle wirklicher Director. Er ſtarb d. 1. Feb. 1801. Auch als 
Ch. allgemein geſchaͤtt. 
VCLhoiſeul, (Etienne Francois de), Herzog von Choiſeul 
Staatsminifter LAbwigs XV., geb. 1719. Als Graf von St 
Dienfle, zeigte eine glänzende Tapferkeit und flieg bald empor. 
lung mit einer reichen Erbin, einer Schweſter der Herzogin von G 
Verbindung mit der Marquiſe de Pompadour erlaubten ihm, die 
nes Ehrgelzes zu hoffen, den er nie verheimtichte. Er ging als Gefu 
und 1756 in gleicher Eigenfhaft nad) Wien, folgte aber in demſe 
dinal Bernie, damaligen Minifter der ausrodrt. Angeleg., der a 
die Miderfprüche, die er nach Abfchluß des viel befteittenen Buͤndn 
erfuhr, feinen Poften verließ. Der neue Minifter erwarb ſchnell 
fluß, ward Herzog und Pair, trat zugleich an bie Spige des Kri— 
überließ aber nachher das Departement der auswärt. Angeleg. dem ' 
nachmaligem Herzog von Prasiin. Ohne den Namen zu haben, w 
nifter und leitete allein alle Angelegenheiten. Von jeher den Je 
vereinigte er fich mit den Parlamenten, um Ihren Sturz zu bewirk 
erte der fiebenjährige Krieg fort und Krankreich erlitt nur Unfälle. 
bie Finanzen ganz erſchoͤpft waren, unter druͤckenden Bedingung 
fließen. Den beiden Miniftern, welche die Staatsverwaltung 
ten, konnte das Unglüd nicht zugefchrieben werden; andre minder 
den vielleicht größere Opfer haben bewilligen müffen ; aber dag Ch 
lin noch mit Ehren und Önadenbezeigumgen Üüberhäuft wurden, ı 
zu bittern Anfcyuldigungen. Man behauptete, daß fie nur den 
hätten, um fich nothwendig zu machen, und tadelte fie, nicht f 
fhloffen zu Haben. Die Pompadour ftarb 1764, 1765 der Dau 
deffen Gemahlin. Nachdem man verfucht hatte, Über den Tod d 
abgefhmadkteften und fhändlichften Gerüchte zu verbreiten, um 
gehäffigften Verdacht zu bringen, ließen ſich die Feinde deffelben, ei 
guillon, ein Abbe Zerray und der Kanzler Maupeou zu den veräd 
herab. Sie brachten es dahin, daß Ludwig XV., troß der Vorſt 
niftere und troß feines ihm gegebenen Worte, die Gräfin Du Barı 
ftelfen ließ und dadurch, das Anfehen bes Throns herabwürdigte. 2 
Du Barry dem Minifter auf alle Weife entgegen ; das Ziel ihret 
die Stelle der Pompabour ganz einzunchmen. Choifeul wiss | 
Stolz juruͤck; aber fo lobenswerth auch fein Betragen gegen bie X 
“ wenig butrfte er doch die Achtung gegen: feinen Köniz und Not 


Choifeul .. 637 


giebigkeit wuͤrde er ihn haben leiten Binnen, durch feinen Trotz erbit⸗ 
ur, und gab feinen Seinden felbft die Waffen gegen fid) in die Hand. 
n von Örammont, des Minifters Schwefter, hatte immer viel Cewalt 
Heift gehabt; fie übte fie bei diefer Gelegenheit ohne die geringfte Mäs 
gemuntert durch das Mifveranügen des Voiks, das damals für die 
azler Maupeou angegriffenen Parlamente Partei nahm. Die Sache 
nte und des Miniſters ward eins. Man überzeugte den König, daß 
zum Miderftand anreise. Noch Fämpfte Ludwigs altes Wohlwollen 
Rinifter einige Zeit den Raͤnken entgegen, bis er im Dec. 1770 ihm 
t abgefaßten Schreiben feine Ungnade anfünbigte und ihn nach Chantes 
ıte. Ch.'s Abreife glidy einem Zriumphe; feine Entfernung ward als 
lungluͤck betrachtet. Drei Jahre verlebte er in der Verbannung, ums 
iner glänzenden und ausgewählten Geſellſchaft. Nach Ludwigs XV. 
Choiſeul feine Freiheit wieder, nachdem er geradenur fo lange verbannt 
8 nöthig war, um feinen Ruf zu vermehren und die allgemeine Ach⸗ 
ver ftand, außer Zweifel zu fegen. Als Kriegsminifter änderte er nach 
m Unfällen die Einrichtungen des Heeres. Friedrichs neue Taktik nds 
So groß das Mißfallen der Altern Officiere im Allgemeinen auch dars 
eren viele ben Abfchied nahmen, fo leuchtete doch bald die Nothwendig⸗ 
enemmenen Umbildungen ein. Das Artilleriecorps befam eine neue Ges 
be Schulen wurden errichtet, in benen man OÖfficiere bildete, welche 
tillerie zur erſten von Europa erhoben. Gin Gleiches fand bei bem 
tatt. Befondere Aufmerkiamleit widmete Choifeut den Antillen; Mars 
eneu befeftigt, St.-Domingo auf die hoͤchſte Stufe des Wohlſtandes 
8 CH. und Praslin 1770 aus dem Minifterium traten, waren in wes 
ben Zahren die Verlufte der Flotte hergeftellt; fie zählte 6% Linien⸗ 
) Fregatten und Corvetten. Die Magazine waren gefüllt. Auch ſchloß 
rilienvertrag, ber ale Negenten aus dem bourbonifchen Haufe verband 
iſche Flotte in die Hand Frankreichs gab. So verfchaffte er dem franz. 
Achtung toieder, die er durch lange Kriegsunfälle verloren zu haben 
18 den wirklichen Kräften Frankreichs fehlte, erſetzte feine Fefligkeit. 
d eroberte Corſika, ohne daß England wagte, ſich Öffentlich zu wider⸗ 
zeugt von der Wichtigkeit der Unabhängigkeit Polens für das Gleich⸗ 
pas, burchkreuste ex ſtets die ehrgeizigen Plane Rußlands und vers 
‚einen Krieg mit den Türken, die er Eräftiger unterftügt haben würde, 
er König felbft fich ihm widerſetzt hätte. Franzoͤſiſche Dfficiere wurden _ 
ſchen Confödericten, zu den Tuͤrken und zu ben oftindifchen Fuͤrſten, 
e er zugleid; mit den ameritanifchen Golonien gegen die Engländer zu 
offte, gefhidt. Verſchwenderiſch mit feinem eignen Vermögen, was 
taatsausgaben fparfam. Ludwig XV., der nur zu bald Ch.'s Entfer⸗ 
eue empfand, rief aus, als er die Zheilung Polens erfuhr: „Das 
eſchehen, wenn Ehoifeul nody hier waͤre!“ Nach Ludwigs XVI. Thron⸗ 
ard er an den Hof zurüdberufen und auf das ebrenvolifte empfangen, 
nifterium wurde ihm nicht wieder anvertraut. Choifeul lebte, troß fels 
ren Schulden, fortwährend mit dußerm Glanze und ſtarb 1785 ohne 
Sein Neffeu. Erbe war Claude Antoine Gabriel, Herzog von Choifeuls 
e, geb. 1762, Pair von Frankreich [on vor der Revolution. Er wan⸗ 
92, nachdem er bei der Flucht des Könige 1791 mit thätig gewefen, 
iftet, jedoch fpüter freigefprochen worden war. Er errichtete ein Regi⸗ 
n und diente gegen Frankreich. In der Folge warf ihn ein Schiffbruch 
Küfte. Gr blieb vier J. Im Gefängniffe, während man unterfuchte, 
gegen. bie nad) Frankreich zuruͤckkehrenden Gefangenen bei ihm änges 


636 Choiſeul u 
Tdeil edet it 


davon entzuͤckt war. Ch. bekam ſeitdem fo viele” 5 die Raͤtke de 
Zeichnungen und Kupferſtiche verwandte. —6* im, a \ 
gnomifchen Fragmenten“ find nad) f. Zei Buͤbne vericẽin. 
mehre mit einer unnachahmlichen Volle ‚en. welche den Ci 
find die Kupfer, welche er zu Bafrdomw's“ aihranft, Die Aus 
lieferte. Es erjchien faum ein Dh nd bieß Choragie. De 
wenigſtens eine Vignette geſtochen —* u, der auch da, m: jene: 
auf mehr al3 3000; zu bemerfer * tach bisweiien true 
ken Veraͤnderungen vorzunehm Dieſe Abtheilungen des Ir 
macht war, ſodaß nicht alle ? „ganennen pflegt, waren bar 
Er iſt als der Stifter einer ne \ Zwätere nach Der andern, vin 
lich der Darftellung moderr - en ber einzelnen Lieder oder 45 
Lebhaftigkeit des Ausdru mine. Wie aber die M * 
welche in ihrer Art eins’ un zuten geweſen fei, darirber sich. 
der Akademie der bild: ta es vielmehr eine Art Tewrzc 
Steile wirfiiher Di > md daß überhaupt bie Miiilun da 
Ch. ailgemein geſchẽ u cinklaͤngen und Ictauen 2 tar br 
Choifent ” "zu rurden auch ven den Injktumuni. 
Staatsminiſter 9 Ten im Einklange bealeitet. * e em 


PL 


Dienſte, zeigte . „naher in den Irauerfpieien abekonimen. 
lung mit einer ri, und Schiller als der Erfle it. deiſen 
Nerbindung . I sen wieder € einen Verſuch sima.bt, in. 
nes Ebrgeip 23 ringen. Daß übrigens in un'ſerer brüten 
und 1750 BR AM mebrſtimmigen Ge ang ausmacht, worst 
dinal Ber u „so Zangeriinen befext ift, und das Gebor mit 
die Wide BEER beit der Melodie zu rühren weit, int beto 


erfuhr, ET sanon jenen Der altın Griechen verſchnden iind, 
fluß, ' * ———— der Veiwunderung, echmeri, Anbetuna ꝛc. 


J 
—* ne 


überli —— ze, * bekannt, von großer Wirkung, aber and 
nach e are" Axie:ige Aufgabe. -EChor heißt auch der obere 


8 

niſte KR „N: ar deckt. Man nennt die katholiſchen Canı nici c 
ver Br Br Zunge md Beiſtunde halten. - Chorbiſchof:ſce: 
ert Be = yder einen Zbeil feines Sprengeis biv Muri 
die —— ET Bericht, welches der Biſchof und die —— u 

fe ger" url " —* Kerzen fiammen, und mitten auf dem Tiſche 

ur FT legte, 
t RE a ham. Plain-Chant, roeniger richtia Plein-Chant, 
ja un ni wder beim Sffentlihen Gottesdienſte von de 
*7 en n meiden, und die aus lauter langfam ſich fertberoege 
IE RL, st beſteht. Dadurch bekommt der Choral den Char: ar 
.. A “., wodurch er das Herz zu fremmen Empfindungen ſtim 
ori * 2 fir den Geſang bit. 

„tt F sraphie (Tanzverzeichnung), die Erfindung new 
sr N jihen anzudeuten, wie der Gerang durch Neten am 
Ni 28* er den Wea, den jeder Taͤ — (welches man die 5 
Sen GN die Güeder eder Theile des Wegs, Dir au jedem X; “ N 
2... 3°° * Nuſik gebeͤren, nanlich, was in jeder Zeit und auf dle 
nz ° rslung der Rule, der Arme und des NS, die Bewe 
Er, N die Bewegungen Mt it Fertrücken eder die Schritte. Da 
if” 4% tigkeit far jede Veweaung NgEMER, wodurch das Gau 
rue wind n Munkſtuck dem Tontunſtier 


re remſo verſtandüch wid wie ei 
ce 


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as de æi 


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re Chriſt (Joſeph Anton) © dl 
die Stellung, Vewegung und Greintionen andenten 
J Deepbiähe. e. 

- « mu 

gyung einer einzelnen Gegend, im Gegenſate 
9 Öeßgleichen auch die Kunſt, Provinzkarten 


oolutionskriege, bie damals ſogenannten Aufruͤh⸗ 
der Loire; eigentlich führten dieſen Namen nur 
‚„ner bes rechten Ufers der Loire im ehemaligen Bre 
; “ Die Fläche Landes, wo hauptfaͤchlich der Kriegsſchau⸗ 
u Atinahe ein Viereck, wovon bie Städte Nantes, Anger, 
vr ie Winkel find; aber die Streifereien erſtreckten ſich —* 
der Kuͤſte hin, bis zu der Stade LOrient. Über den Ai» 
‚ang Chouans iſt man nicht ganz Finig. Einige leiten fie voribemi 
Ae eines Schmiebes ab, welche in jenem Gegenden zuerft Aufrufe 
Afollen. Andre wollen den erſten Grund berfsiben in ber — 
e des Wortes ehat-huant (Nachteule) finden. .:Mach Angabe: der 
ne Geſellſchaft von Schleihhändlern, welche vor Lee Revolution 'dn 
ewerbe mit heimlicher Ausfuhr des Salzes aus der einer Staͤnde⸗ 
aießenden Bretagne in die benachbarten Provinzen trieb, ſich an den 
Toͤnen der Nachteule unter einander erkannt haben, um fich gegen 
zu fommen, wenn etwa eind ihrer Mitglieder das Unglüd hatte, ei⸗ 
anzutreffen. .Ducch die Revolution wurde das Handwerk dieſer 
größtentpeils keine andre Beichäftigung kannten, überfläffig; bafie 
al an ein herumſtreifendes Leben gewöhnt waren, durchzogen fie das 
den Räuber ; mehres Gefindel gefellte ſich zu ihnen, und fo wuchs ihr 
inglich war Mord-uas. Pluͤnderung ihre Dauptabfiht; naher. aber - 
yandieVendser-(f. d.), um mit diefen für Religion und Ränig- 
'en, und theilten deren Schickfal. Nach der Ruͤckkehr Ludwigs. KVUL 
16 ehemalige Haͤupter der Chouans für ihre einft beiwiefene Anhäng 
ausgezeichnet worben. 
im (xerapu, griech.) ,; das heilige Satbdl, das am grünen Don 
rinem Satholifchen Bifchofe: bereitet und: bei ber Taufe, Firmeiung, 
und legten Olung gebraucht wird. Daher Ehriftus, der Geſalbte 
(Joſeph Anton), Schauſpieler, geb. in, Wien 1744, ſtudirte bei 
md machte nachher als Huſar einen Theil: bes fiebenjährigen Krieges 
em Kriege trat er in Clvildienſte, heirathete heimlich ein Fraͤulein 
Ka, ging mit ihe nach Galzburg und trat hier unter fremdem Nas 
gner ſche Truppe. Ex fand fpätcchin bei den Theatern im Klagen 
) zum Taͤnzer ausbiidete), in Wien, Prag; Braunfchweig und (1774, 
m Döbbelin) in Dresden. Als Seiler an Döbbelin’s Stelle tint, 
vom ber ganzen Truppe verlaffen. Nur Chriſt folgte ihm nach Ber⸗ 
4 1778 zu Schröder und 1779 zu Bondini mach Dresden. Beſſere 
ewogen ihn, einem Rufe nach Petersburg zu folgen. Da er aber 
nicht geftel, ging er bald nad) Riga, wo er feine Frau verlor und 
lite Blanck verheicathete. Aus diefer Ehe entiprang die verehelichte 
r, eine ber Zierden bes k. fächfifchen Hoftheaters. Nach fünfjähels 
it in Bige ging ©. nach Dainz und kehrte 1793 zum dritten Male 
zu Franz Seconda zuruͤck, wo er, von allen Freunden der Kunſt 
BOjdhriges Jubilaͤum feierte und 1824 ftarb. Chriſt's mufterhafter 
tlefes Befühl, feine Kenntniß der Bühne, die kuͤnſtleriſche Berech⸗ 
el und Zumenig in allen feinen Leiftungen und aterh wyt jenes Ge⸗ 
41 


Biebente Aufl. Pe. i. 






640 Choral Choregraphie 


noch zuwellen bei Äſchylus. Er ſtellte gemeiniglich einen Theil ober die Xi 
des Wolle, bei welchen die Handlung vorying, wol auch die Mäche des Ki 
u. ſ. w. vor; und nie konnte der Chor aus der Tragoͤdie wegbleiben, ja, dem 
oben angeführten Urjprunge nady,..nicht einmal die Bühne verlaifen. Ya 
waren e8 auch fehr viele, bisweilen auf 50 Perfonen, welche den Chor aulı 
ten; in der Folge wurde die Zahl bis auf 15 befchränft. Die Ausitattun 
Chors war in Athen eine bürgerliche Ehrentaft und hieß Choragie. Der Anl 
ober Vorsteher eines ſolchen Chors hieß Koriphaͤus, der auch da, wo jener Anth 
der Handlung nahm, im Namen der Übrigen ſprach; bisweilen theilte ſich dat 
in zwei heile, welche abwechſelnd fangen. Diefe Abtheilungen des Chors, | 
man, vielleicht nicht ganz richtig, E höre zu nennen pflegt, waren dann in! 
gung, und gingen von einer Seite des Theaters nach der andern, von welche 
wegungen die verfchiedenen Benennungen ber einzelnen Lieder oder Abfäge he 
ten, naͤmlich Strophe, Antifirophe und Epode. Mie aber tie Muſik, na 
cher diefer Chor gefungen wurde, beſchaffen gervefen fei, daruͤber laͤßt ſich nicht 
flimmtes fagen; wahrfcheintid) ift, daß es vielmehr eine Art feierliche Rede, 
einem beflimmten Maße gewefen, und daß überhaupt die Melodien drrfelben, 
man fie fo nennen darf, bloß in Einflängen und Octaven beſtanden babız 
fehr einfach gewefen feien, Sie wurden aud) von den Inftrumenten, w 
einige Floͤten waren, Ton für Ton im Einklange begleitet. Mit dem 
alten Tragoͤdie iſt nachher der Chor in ben Trauerfpielen ahgefommen, und 
Zrauerfpieldichter unferer Zeit, und Schiller als der Erſte (f. deffen V 
„Braut von Meffina’), haben wieder einen Verſuch gemacht, ihn nad At 
ten aujunfere Buͤhne zu bringen. Daß Übrigens in unierer heutigen 
Chor einen vier= oder auch mehrftimmigen Gefang ausmadıt, wobei jede 
mit mehren Sängern oder Sängerinnen befegt ift, und das Gehör mit alla 
dee Harmonie und Schönheit der Melodie zu rühren weiß, ift bekannt, 
‚Chöre, weiche durchaus von jenen ber alten Griechen verfchicden find, drä 
- weder freudigen Zuruf, oder Verwunderung, Schmerz, Anbetung ıc. einet 
menge aus, und find, wie befannt, von großer Wirfung, aber auch für du 
feger eine befonders ſchwierige Aufgabe. — Chor heißt auch ber obere Theil 
che, wo der Hauptaltar ſteht. Man nennt die katholiſchen Canonici Chorhe 
tell fie dort ihre Sing: und Betſtunde halten. — Chorbifchofijt ein Ge 
dem der Biſchof über einen Theil feines Sprengel3 die Aufſicht anvertt 
Chorgericht, ein Gericht, welches der Biſchof und die Chorherren um einen 
halten, auf welchem Kerzen flammen, und mitten auf dem Tiſche ein Re 
kaſten zu ſtehen pflegte. 

Choral franz. Plain-Chant, weniger ridhtig Plein- Chant;, die Md 
nach welcher die geiftlichen Lieder beim öffentlichen Gottesdienſte von der ganze 
meinde gefungen werden, und die aus lauter langfam ſich fortbewegenden m 
fchen Hauptnoten befteht. Dadurch bekommt der Choral den Charakter dei Ei 
und der Würde, wodurch er das Herz zu foommen Empfindungen flimmt. ( 
ſteht dann auch für den Geſang ſelbſt. 

Choregraphie (Tanzvorzeichnung), die Erfindung neuerer Zeit 
Tinze durch Zeichen anzudkuten, wie der Gefang durch Noten angedeutet 
Sie befchreibt den Weg, ben jeder Tänzer nimmt (welches man die Figur od 
Touren nennt), die Glieder oder Theile des Wegs, die zu jebem Takte und zu] 
Takttheile der Muſik gehören, nämlich, was in jeder Zeit und auf jeder Not 
fchieht, die Stellung ber Füße, der Arme und des Leibes, die Bewegungen 
Fortruͤcken u. die Bewegungen mit Fortruͤcken oder die Schritte. Dabei wird 
Die Geſchwindigkeit für jede Bewegung angemerkt, wodurch das Ganze dem I 
Eundigen ebenfo verfländlich wird wie ein Muſikſtuͤck dem Tonkuͤnſtier. Auf 


— 















ni⸗chocianbe Chriſt ( Joſeyb Autoi Mel 
qcnzes, welche die Sielleng, Bewegung und Erolutionen anherten 
munte man choregrap haͤfch e. 
oriambe, ſ. Rhythmus. 
srograpbie, bie Beſchreibung einer einzelnen Gegend, im Segenfoge 
saphie (Erbbefchreibung). Desgleichen auch bie Kunft, Provingkarten 


R. 
ouans, im franz. Revolutionskriege, die damals fogenannten Aufrhf» 
ten und linken Ufer der Loire; eigentlich führten diefen Namen ur 
ich gefinnten Bewohner bes rechten Ufers der Loire im ehemaligen Bre⸗ 
sjou und Maine. Die Fläche Landes, mo hauptſaͤchlich der Kriegsſchau⸗ 
het war, büdet beinahe ein Viereck, wovon die Städte Nantes, Anger, 
und Mesmes die Winkel find; © aber die Streifereien erſtreckten fid) biäewelr 
weiter Länge der Kuͤſte hin, bis zu ber Stade: LDrient. Über den Alp 
z Benmnung Chouans iſt man nicht ganz-rittig. Einige leiten fie vorubeuk 
er Söhne eines Schmiedes ab, welche in jenen Segenden zuerft Aufruht 
haben folen. Andre wollen ben erſten Grund derſeiden in der fehlechaſ⸗ 
wache bed Wortes ehat-huant (Macıteule) finden. Mac, Angabe: Der 
a eine Geſellſchaft von Schleichhaͤndlern, weiche vor der Revointion‘ dh 
hrs mit heimlicher Ausfuhr des Salzes aus der einer. Staͤnde 
gentefenben Bretagne in bie benachbarten Provinzen trieb, ſich an den 
Kara Zönen ber Madhieule unter einanber erkannt baden, um fich gegen⸗ 






bhife zu kommen, wenn etwa eind ihrer Diitglieber das Ungluͤck hatte; eb ' 


her anzutreffen. ‚Durd bie Revolution wurde das Handwerk dieſer 
sche größtentheils keine andre Beſchaͤftigung kannten, überfläffig; bafıe 
* an ein herumſtreifendes Leben gewoͤhnt waren, durchzogen Paper das 
wurden Raͤuber; mehres Seibel geſellte ſich zu ihnen, und fo wuchs:ihr 
war Mord uad Plände rung ihre Danptabfiht; nachher aber 
ie.fih an die Bendéæer( J. d.), um mit dieſen füt Religion und Röhig- 
kuupfen, und theilten deren Schickſal. Nach der Rückkehr Ludwigs K VE 
ledens male — Chouans * ihre einft bewle ene Antaern 
v woll ausgezeichnet worden. 
riſam (xciouu, grlech.), das heilige Salboͤl, das am gruͤnen Doris 
‚en einem Latholifchen Biſchofe bereitet und‘ bei ber. Taufe, Kirmmeiuug, 
sühe und letzten Olung gebraucht wich. Daher Ehriftus, der Geſalbte 
ei (Hofeph Anton), Schaufpieler, geb. in.Wien 1744, fubirte bei 
ten und machte nachher ala Huſar einen hell: bes fiebenjäprigen Krieges 
uch dem Kriege trat er in Givlidienfle, heirathete heimlich ein Fraͤmte in 
e Coſta, ging mit ihe u Salzburg und teat hier unter frembem Nas 
re Feng pe. Ex fand fpäterhin bei den Theatern in Klagen 
ſich zum Taͤnzer ausbilbete), in Wien, Prag, Braunſchweig und (177€, 
) | alten Dösbelin) in Dresden. As Seiler an, Döbbelln’s Stelle tint, 
fich vom der. ganzen Truppe verlaffen. Nur Chrift folgte ihm nach Ber⸗ 
jedoch 1778 zu Schröder und 1779 zu Bondini nach Dresden. KBeffere 
Hfe.bewogen ihn, einen Rufe nad) Petersburg zu folgen. Da er aber 
aeg sticht geftel, ging er bald nad) Riga, mo er feine Frau verlor und . 
æ Witwe Blanck verheicathete. Aus diefer Ehe entfprang die verehelichte 
Hensse, eine der Zierden bes k. fächfifchen Hoftheaters. Nach fünfiähels 
ushatt in Riga ging Ch. nach Mainz und kehrte 1793 zum dritten Male 
üben zu Franz Seconda zurüd, wo er, von allen Freunden der Kunſt 
Sin 342 Jubilaͤum ſeierte und 1824 ſtarb. Chriſt's muſterhafter 
Sein Aefes Gefuͤhl, feine Kenntniß der Buͤhne, die kuͤnſtleriſche Berech⸗ 
Busiel uud Zuwenig in allen feinen Leiſtungen und überhaupt jenes Ge⸗ 
ip. Sichente Aufl. Pb. II. 41 












mneichange ya finden, rgelang ihm, wie es Wenigen gelingt; dab 
eine Gruͤndlichteit, Umſicht und Schärfe aus, wie fi 
tr Charakter des deutſchen Gelehrten legt. Aber berfelbe national 
Ahell auch eine nicht innner von Geſchmack zeugende Paradorien| 
ihm die klare und Jedermanm anſprechende Darſtellung ber gefur 
ſelten gelingen Ueß. Im Lateiniſchen wie im Deutſchen aus Gri 
Mliedener Fremd der veralteten Sprachformen, und in der, obgleich 
fstiderh. an fich ſeht ſolgerechten Entwickelung feiner Seen, ohne : 
allgemein libliche, iimer wär bem Bange feiner Ideenreihe folgent 
tel, ohne es zu wollen, mb hält nicht felten ben trefflichften und « 
genommenen Fund in newes Dunkel ein. Deſſenungeachtet find 
tberinsell fie aus dem angegebenen Grunde bisher zum Theil viel 
worben find, des achtſamſten Stubdiums werth und belohnen die Di 
bleweilen auf fie zuwenden genoͤthigt if, reichllch. Wir nenne 
Bugenberbeit: „VNortes academicae” ‚(Halle 1727, 4 ©t.), 
Aber de Befchichte.der Longebarten (1728 uns 1730), f. Biog 
logle Macchiavells (1738), f. zu voͤlig neuen Reſultaten füt 
det) Aber die murrhinifchen Gefaͤße der Alten (1743), f. noch 
Ferſchungen über die Unechtheit der Fabeln des Phaͤdrus (1746 
für jene Zeit einziges Wert über die Monsgrammen der Ma 
flacher: (Leipzig 1747), durch welches er das Studium der R 
Dewsihland zwerfl rordte,if. Text zu den beiben erften Tauſenden 
Daktylothek (Reipy. 1788,:4). Zugleich gebübet ihm der Ruh 
ber eigentlichen Accdologlerin Deutſchland geweſen zu fein, zu di 
er, anch durch akademiſche Vorleſungen (herausgegeben von Zeun 
wiekte Zu mehren. f. — bat er die Kupfer ſelbſt radirt. 
..Ghbeiftenthbum, im objectiven Sinne: ber Inbegriff 
brauche und kirchlichen Ehmichtungen, darch welche bie von Fefut 
degängene Religion in dA Leben der Wölker eingeführt, allmaͤlig 


Sheiftenthum 643 
Bee, She man erſt ausfcheiden müßte, um zu erfahren, was es fein fol. 
s Ente wien nun nicht ficherer kommen, als wenn man auf dem Wiege der 
pas Uintesfuchung die Religion, welche Jeſus feibft hatte, in feinem Leben 
Mit unser Weit geben wollte, d. i. bie urſpruͤngliche Megel, das ideale Chri⸗ 
um amömsltteite, wuͤrde nur babei die Gefahr, den eignen Beift und Sinn in 
ußlegung ber allerdings nicht volflänbigen und mannigfaltigem Verftäubui . 
xebenen Urkunden der Entfiehungsgefchidhte des Chriftenthums hineinyutens 
ud ergänzend die Ergebniſſe zu verfäifchen, durch fronıme Demuth und unbes 
we Wabeheitstiebe abgewendet. Aber diefe Aufgabe zu loͤſen iſt ſelbſt den 
Wien Forſchern bis jetzt nicht völlig gelungen, und auch unter den, weniger 
s and Gectengeift als durch bie Verſchiedenheit der wiffenfchafts 
Mlschoben und philofophifchen Brundfäge getrennten, hriftlichen Theologe 
Mdet noch ſtreitig, auf welcher Grundlage der, übrigens immer einſtimmiger 
Iante, einfache Inhalt ber Religion Jeſu beruhe. (Wat. d. Art. Religion, 
barung, Rationalidmus u. Supernaturalismus.) Die ' 
ſich vr feine Wirkung auf bie weit von einander abweichenden geifligen 
Eigenthuͤmlichkeiten der Völker, die das Chriſtenthum zuerft am» 
« 22 der sonen Menſchheit zufagende Wahrheit und Alles einf« 
tliche Kraft dar. Die Juden hattm im Glauben an einen lebendigen 
Schoͤpfer aller Dinge den Quell der Retigiofttät feftgehalten, die Grie⸗ 
he, Im Leben brauchbare Wiffenfchaft angebaut, die Römer Grund» 
hrs und der Staatsverfafſung aufgeftellt umd durch Erfahrung erprobt. 
en, In ihrer vereinjelten Wirkſamkeit zur wahren Begluͤckung unb 
bes gefelligen und individuellen Lebens der Menfcyen unzu⸗ 
| — der Bildung laͤuterte, ergänzte, und verband das Chriften⸗ 
Beh das Geſet einer reinen Wenſchlichkeit, deſſen hoͤchſter Zweck, die Mens 
un felig zu machen, wie Gott ift, in ber von Chriſtus angefündigten umb 
Tore eines göttlichen Reiche auf Erden alle Mittel zu feiner Aus⸗ 
4. Geine Religion brachte, was jenen Völkern fehlte, in die grie⸗ 
enfihoft eetiglöfen Gehalt, in die roͤmiſche Geſetzlichkeit fittliche — 
Sebemmigkeit Freibelt und Licht, und indem fie das Gebot eimralle 
erhob fie den engherzigen Nationalgeiſt zum 
So farben die Beſtrebungen bes Blidungsganges der altem. 
x Ihren Högern Wirkungspunkt umd zugleich den Antrieb, ges 
IT maden, was Geheimthuerei und Kaftengeift der Menge fonft vors 
hoͤchſten Ideen, die wichtigften Wahrheiten und Rechte, die rein⸗ 
Ä eve kat Lebens führte es allen Gefchlechtem (f. rauen) unb 
u ; bie Moglichkeit einer vollkommnen Tugend bewies es durch das Wels 
Gehfirrs ; den Frieden dee Welt begründete es durch das Wort von der 
sg ber Denfchen mit Gott und untereinander, und, ihre innigſte Neig 
3; den Anfänger und Vollender des Glaubens, den gekreuzigten, 
und vecherrtichten Mittler zwiſchen Himmel und Erbe tichtend, lehrte 
gerechten und wohlthätigen Zufammenhang bes Lebens nach dem Tode 
gepmmsärtigen erkennen. Die Gefchichte Jeſu und die Vorbereitungen 
ſeine Bendung war ber Stoff, aus dem ſich inter den Chriften die Ah⸗ 
Inhalts und diefer Bedeutung ihrer Religion entwickelte. 
Zerufahım entftand bald nach dem Tode Jeſu die erfte Gemeinde, eine 
| en in Sprien bradjte (um 65) den Namen Chriftianer oder Chris 
: Der rem urfprünglich von ihren Gegnern als Schimpfname beigelegt 
Au Die Reiſen der Apoftel verbreiteten das Chriftenthum in allen 
Reichs; Palaͤſtina, Syrien, Kieinafien, Griechenland, die Inſeln de® 
— Italen und die Nordkuͤſte von Afrika wurden fon im 1. Jaheh. 
ai 





























Br MH (Iohann Frietuich)  Gheiftentiem 
Vegene, das die Schauſpleler aus ber alten. Schule (von Geiler, Eckhef und 


ber) auszeichnet, weiſen ihm einen hohen Raig unter. dem erſten deutſchen 


fpieleen an. Er bat mehre Rollen, wie es die Franzoſen * ei 
unter. diefen mag kam im. Reffing’6 „Minna von Barnhelm“ wol 


geweſen 
C brift (Johann driedrich) geb. 1701 zu Koburg, Prof. der. D 
Lapzig, wo er am 3. Ang: 1756 ſtarb, hatte als Führer eines jungen Dan 
Neiſe nach Holland, England und Stalten gemacht. Mit großem Scharfi 
band er ·eine Gelehrſamkeit vom feltener Tiefe und Mannigfaltigkeit. Be 
Quellen aufzufindan der doch auf eine neue Art zu benupen, auch in bei 
Ken Bruchſtuͤcken helle. eines geößern Banzen und Spuren eines inner 
merhange gu finden, gelang Ihm, wie es Wenigen gelingt; babel zeichen 
Börfchungen eine Gruͤndlichteit Unificht und Schärfe aus, wie fie recht 
ir Charakter des dautſchen Gelehrten legt. Aber derſelbe nationale Charn! 
Thell auch eine nicht inuner von Geſchmack zeugende Paradorienfucht wa 
TR die klave und Jederman auſprechende Darſtellung ber gefundenen! 
ſatten gelingen 16. .: Im Lateiniſchen wie im Deutſchen aus Grundſaͤter 
Mledener Freumd Aer veralteten Sprachformen, und in der, obgleich nie vern 
ſeidern an ſich ſehe ſolgere Iten Entwickelung feiner —R ohne KReuͤckfich 
allgemein lihliche, immer mr dem Gange feiner Ideenreihe folgend, wird @ 
Ust, vhne es zu wollen, mb huͤllt nicht fetten ben trefflichften und eben eff 
gervommenin Fund in neues Dunkel et. Deſſenungeachtet find ſeine I 
vbeirintell fie ans dem angegebenen Grunde bisher zum Theil viel zu weil 
worben — des achefanıften Studiums werth und belohnen die Mühe, md 
Aeweilen auf ſe — genoͤthigt iſt, reichlich. Wir nennen feine 

t: aondemicae” (Halle 1727, 4 ©&t.), ſ. + 

Aber role — — — — —— (1728 1841730), f. Btögraphis m 
wäh Mochianeie {1731), f. zu völlig neuen Mefultaten führenden | 





u MU Über die. mutrhiniſchen Geſaͤße ber Alten (1743), f. mod, nicht Wil 


gen Über die Unechtheit der Gabeln des Phaͤdrus (1746 und LA 
jene Zeit einziges Werk über die Monsgrammen der Maler ud 
ſticher —— 1747), durch welches er das Studium ber Kunſt 
Deuisichlaud zuerſt weckte ſ. Text zu ben beiden erſten Tauſenden ber 
Daktyllothek —5 B, 9. Zugleich gebuͤhrt ihm der Ruhm, bes 
ber eigentlichen Archaͤologie in Deutſchland geweſen zu fein, zu deren id 
er and) durch akademiſche Vorleſungen (herausgegeben von Zeune, Leim 
wette... Bu neeheni Griften hat er bie Kupfer felbſt cabirt. a 
nabeiientpum, im objectiven Simne: der Inbegriff der behe 
enkuche und kirchlichen Einrichtungen, duch welche bie von Jeſus nn 
gezangene Religion in DAB Beben ber Voͤlker eingeführt, 
Beändiger Wirkſamkeit erhalten worden tft; im ——ãæe— — u 
thäähtiche Gepraͤge, das biefe — den — Gefuͤhlen, Geſian 
ENtit der ihr ergebenen Denfchen (der Gheiften) aufgedricht bat. Die! 
wirkung ber Thatſachen, auf denen —* — * Begriff des Chriſtent 
caht, iſt ſo durchgreifend und maͤchtig, daß es nicht befrrden kann, 
ner 
ugl ca e Religionsphliofsphie ſogar verfuchen, ji 
| berifficche boch.bas Uefptüngliche und unter göttticyer Beglaubigung Überll 
uar dieſem, freitih dem eigentlich lebendigen und wirklichen Gel 
| genwart, neu herguſtellen. Das Chriftenthum, wie eb jetzt Inden Bei 
Abk, erhielt unter dem Einfluffe der Priefterfchaft, der Wokkschkrniichkett, I 
lkes und taufendfacher Reibungen mit Staat und Wiſſenſchaft eine Dir 


















Chriſtenthum 648 
man erſt ansfcheiben müßte, um zu erfahren, was es fein fall. 
nun nicht ficherer fommen, als a a —— 
Baanfedung die Religion, weiche Jefus felbft hatte, in ſeinem 
Auxu und ber Welt geben wolite, d. i. bie urſpruͤngliche Megel, das ideale Chri⸗ 
Han ancttelte, tohrde nur babei bie Gefahr, den eignen Geiſt und Stun ie 
Datiogung der allerdings nicht voRftändigen und mannigfaltigem Werftäibsitß . 
Dpgebenen uctunden der Entftehungsgefcichte des Chriftenthums —E 
Und ergängend die Ergebniffe zw verfälfchen, durch fromme Demuth und 
a a Tan Taf Dim KR Om 

nicht en, um! unter weniger 
Pimnfiffond- und Brct Eeremgeit —X Beſchiereen der reiffenfopafts 
und phitofophifchen Orunbfäge getrennten, chriſtuchen Theologen 
noch fixeitig, auf weicher Grundlage ber, übrigens immer einftimmiger 
'ehnfache Jnhatt der Religion Jeſu beruhe. (Wgt. d. Art. Religion, 
wie ——— — u Supernaturatiemug,) Die 
durch feine Wirkung auf die weit von einander abweichenden geiſtigen 
und Eigenthämlichleiten dev Völker, bie das Chriſtenthum ankam 
; a6B allgemeine, der ganzen Menfchheit zufagende Wahrheit und Alles eini⸗ 
Kraft dar. Die Juden hatten im Glauben an einen lebendigen‘ 
Schöpfer aller Dinge den Queli der Religiofität feftgehalten, die Gries 
, Im Beben brauchbare Wiſſenſchaft angebaut, die Römer Grunde 
und der Otantöverfaffung aufgefteiit und durch Erfahrung erprobt. 
im ihrer vereinzeiten Wirkſamkeit zur wahren Begluͤcung und 
des gefeligen und Inbioiduellen Lebens der Menfcyen unges 
Seuudſtoffe der Budung laͤuterte, ergänzte, und verband das 
do Seſet einer reinen Denfchlichteit, deſſen Häcfker Zroed, die Mens 


1 
















Bet en Gehalt, ehe Gefeglichkeit fittliche 
Frelheit und Licht, und Indem fe dat Orher Amel 
Weubertizbe verkündete, erhob fie den engherugen Nationaigeift zun 
So fanden die Weftzebungen des Bitbungsganges ber altem 
Ihren Höhern Wirkungspunkt und zugleich den Anteieb, ge⸗ 
ya wachen, was Geheimthurrei und Kaftengeift ber Menge ſonſt vor 
Die hüten Dan, die wichtigſten Wahrheiten und echte, die reine 
des Lebens führte «6 —— — (f. Frauen) unb 
gu; ve einer vollkommen Dugend bewies es durch daS Bel⸗ 
Seſſters; dem Irieden der Weit begründete es durch das Wort von bad 
ſchen mit Bott und untereinander, und, ihre innigfte De 
Anfänger und Vollender des Glaubens, den gekceuzigten, 
Lund serhertihten Mitte wiſchen Himmel und Erbe tichtend, (chrte 
weracen an mohtchtigen Aufemumenhang des debens nad) dem Node 
gegemssäktigen extennen. Die Gefhichte Jeſu und die Worberelt; 
fohne Genbung war ber Gtoff, aus dem fich unter ben ———— 
Seheits und dieſer Bedentung ihrer Religion entwickelt 
Serufelem entfiand bald nach dem Tode Jeſu Die efle Gemeine m 
Umtlschien in Syrien brachte (um 65) den Namen Chelftinner Ber girl 
Iy: Ser Open urſpruͤnglich von ibren Gegnern als ———— 

Die Keiſen der verbreiteten das Eheifkeweherm — 
Beige; Paldfiina, Soclen, Klemaſien, Griechenland, die 
rohen zu di Sehe von Afte wuren fc im a N 
41* x, 


sr 


ww %y 


Borkhungen e eine ne Gröidfichlete, ümſicht md d Schärfe auf, sie fie fe o 
ir Charakter des dautſchen Gelehrten liegt. Aber derſelbe nationale C 
Theil auch eine nicht innner von Geſchmack zeugende Paradorienfuch 
ihm die klare und Jedermamn anfprechende Darftelung ber gefunder 
Selten gelingen Ueß. Im Zateinifchen wie im Deutfchen aus Grund 
ſechledener Freund der veralteten Sprachformen, und in der, obgleich nie 
fehrbern an ſich fee ſolgerechten Cutwickelung feiner Ideen, ohne Ruͤ 
allgemein lihliche, immer wür dem Gange feiner Ideenreihe folgend, wi 
kel ohne hg wollen, aub huͤllt nicht felten ben trefflichften und eben 
gewonnenen Fund in newes Dunkel ehr. Deſſenungeachtet find ſet 
rbeniriell fie aus dem angegebenen Grunde bisher zum Theil viel zu 
worden find, des achefanıflen Stubiums werth und belohnen die Ruh. 
bisweilen auf fie zuwenden genoͤthigt if, reichlich. Wir nennen fe 
Fuzendarbeit: „Nortes scoademicae” (Halle 1727, 4 ©t.), f. 
Uber die Befchichte.der Longobarden (1728 -unb 1730), f. Biograpi 
togte Mochiavel’e (1731), f. zu voͤllig neuen Reſultaten führen 
Kat) Kber die murchinifchen Gefaͤße ber Alten (1743), f. noch nid 
Ferſchungen Über die Unechtheit der Fabeln des Phädrus (1746 un) 
für jene Zeit einziges Werk über die Monegrammten der Maler 
fischer (Leipzig 1747), durch welches er das Studium ber Kuwf 
Deutkchlaud zuerſt weckte, ſ. Tert zu den beiden erſten Tauſenden ber 
Daktyllothek (Leips. 178, . —— gebuͤhrt ihm der Ruhm, 
der eigentlichen Acchkoleglein Deut (land geweſen zu fein, zu derer 
es. anch durch afademeifche Vorleſungen (herausgegeben von Zeune, 
wittte Zu mehren f. Schriften hat er bie Kirpfer ſelbſt radirt. 
GEhriſtent hum, im objectiven Sinne: ber Inbegriff ber 
braͤuche und kirchlichen Einrichtungen, durch welche bie von Jeſus GE 
desängene Religion in daB Leben der Völker eingeführt, allmaͤlig ent 
Dekänäiger Wirkſamkeit chatten worden iſt; im fubjectiven Sinne 


Diane aufheben mife, an u fan, mas 0 nf u 


sit aim nicht ſicherer kommen, als wenn man auf dem 

Imterfuchung die Religion, welche Jeſus feibft hatte, In feinem * 
der Welt geben wollte, d. i. die urſpruͤngliche Regel, das ideale Ehri⸗ 
nwittelte, wuͤrde nür dabei die Gefahr, den eignen Geiſt und Sinn in 


der allerdings nicht voRftändigen und mannigfaltigem Verſtaͤudniß 


a Urkunden der Entſtehungsgeſchichte des ne hineinzutra⸗ 
nzend die Ergebnifſe zw verfaͤlſchen, durch frorme Demuth und unbe⸗ 
wheitstiebe abgewendet. Aber dieſe Aufgabe zu loͤſen iſt ſelbſt den 
eſchern bis jetze nicht voͤllig gelungen, und auch unter den, weniger 
ſtons⸗ and Gectengeift als durch die Verſchiedenhelt ber wiſſenſchaft⸗ 


den mad phitofophifchen Grumbfäge getrennten, dheifktichen Theologen 


och fireltig, auf weicher Grundlage der, übrigen immer einftimmiger 
einfache Inhalt ber Religion Jeſu berube. (Vgt. d. Art. Neligion; 
ung, Rationaliömus u. Supernaturalismus.) Die ' 
mrch feine Wirkung auf bie weit von einander abweichenden geifligen 
und Eigenthümlichkeiten dev Völker, die das Chriftenthum zuerſt em⸗ 
allgerneime, der ganzen Menfchheit zufagende Wahrheit und Alles eini⸗ 
He Kraft. dar. Die Juden hatten im Glauben an einen lebendigen 
höpfer aller Dinge den Quell der Religiofität feftgehalten, die Grie⸗ 
he; Im Leben brauchbare Wiſſenſchaft angebaut, die Römer Grund» 
ts und der Staatoverfafſung aufgeflelit und durch erfahrung erprobt. 
seen, In ihrer vereinzjelten Wirkſamkeit zur wahren Begluͤckung und 
lendung des gefelligen und individuellen Lebens der Menfcyen unzu⸗ 
undſtoffe der Biidung laͤuterte, ergänzte, unb verband das Ehriftem- 
a8 Beet einer veinens Bösmfchlichit, deſſen hoͤchſter Zweck, die Men⸗ 
ſelig zu machen, wie Gott iſt, in der von Cheiſtus angekuͤndigten und 
Idee eines goͤttlichen Reichs auf Erden alle Mittel zu feiner Aus⸗ 
et. Seine Religion brachte, was jenen Bolkern fehlte, in die rie⸗ 
iſchaft * Gehalt, in die roͤmiſche Geſetzlichkeit fittliche 
e Sebtmmigteit Freiheit und Licht, umd indem fie das Gebet eier all- 
rıbestiebe verfhnbete, erhob fie den engherzigen Nationalgeift zum 
BI. . 2* tanken die: Beſtrebungen des WBitbungsganges der altem 
Kauhım ihren hohern Wirkungspunkt und zugleic, ben Anteieb, ge⸗ 
gu machen, was'Geheimthurrel und Kaſtengeiſt der Menge ſonſt vor⸗ 
te hoͤchſten Ideen, die wichtigſten Wahrheiten und Rechte, die rein⸗ 
es ſittlichen Lebens führte «6 allen Geſchlechtern (ſ. Frauen) unb 
; die Möglichkeit einer volkemmnen Tugend bewies es durch das Bei⸗ 
— den Frleden der Welt begruͤndete es durch das Wort von der 
der Menſchen mit Gott und untereinander, und, ihre innigſte Nei | 
ben Anfänger und Vollender des Glaubens, den gekreuzigten, au 
md verherrlichten Mlittter zwifchen Himmel und Exde richtend, Ichrte 
nechten. und wohlthätigen Zuſammenhang bes Lebens nach dem Tode 
nwsärtigen erkennen. Die Geſchichte Jeſu und die Vorbereitungen 
ine Benbung war. ber Stoff, aus dem ſich unter den Chriften die Ah⸗ 
Inhalts und dieſer Bedeutung ihrer Religion entwickelte. 
falten entſtand bald nach dem Tode Jeſu die erſte Gemeinde, eine 
lochlen in Gyrien brachte. (um 65) den Namen Chriſtianer oder Chris 
‚een urfprüinglich von ihren Gegnern als Schimpfname beigelegt 
je Reiſen der Apoftel verbreiteten das Chriftenthum in allen Gegenden 
‚Reichs; Paldftina, Sytien, Rieinafien, Griechenland, bie Infeln ded 
‚ Stalin und die Nordkäfte von Afrika wurben fon im 1. Sapeb. 
41 


ihre ACHT ais WIRIEBGEDET DES WDIAUDENS AUT DET erſren augememer 
fammiung (f. Nicka) 325 durch Aufftellung eines flr alle Cheif 
Staubensbelenntniffes aus. Auf diefe Grundlage haben die ſpaͤtern 
(f.d.) mit Huͤlfe der Scheiftfteller, welche die Kirche als ihre Väter ur 
(f.Kirhenväter, Hieronymus, Ambrofius, Auguftin 
das Gebäude des rechtgläubigen (orthodoren) Lehrbegriffs aufgeführt, 
Obern der in Priefter vermandelten und als ein bevorrechteter be 
(fe Klerus, Seiftlihkeit, Priefter) über die Laien erhobene: 
theils durch den immer weiter um ſich greifenden Einfluß der ihnen 

Kirchenzucht, theils durch die von ihnen in Umlauf geſetzte Meinur 
nur auf fie vererbten Überlieferungen aus dem Munde der Apoftel 

tion), die ihnen anfangs aus Liebe und Dankbarkeit bewilligten u 
folgerecht erweiterten Vorrechte vor allen andern Chriften zu heiliger 
mälig zu Derren der Kiche zu machen wußten. (S. Biſchoͤfe, Pa 
Papſtthum, Hierarhie) Dabei unterflügte fie nicht wenig 
Julian's Regierung und vorübergehende Launen feiner Nachfolger 

Nachtheil unterbrochene Begünftigung von Seiten der Kaiſer (f. T 
ber Große), als die vermehrte Pracht und Mannigfaltigkeit des € 
(fe Meffe, Heilige, Reliquien, Bilderſtürmer), der | 
ber claffifchen Geiſtesbildung wachfende Aberglaube der ohnehin unw 
ker und das unter feinem Schatten gluͤcklich gedeihende Moͤnchsweſen 
fer.) In diefer, mehr den Sinn als den Geift anfprechenden Ge 
ſchon feit dem 4. Jahrh. umter ben Gothen befannte Ehriftenthum ;ı 
germanifhen Völkern im W. und N. von Europa, und wußte bie r 
bie auf den Trümmern bes weftrömifchen Kaiſerthums neue Reiche gruͤ 
die Macht des Glaubens Im 7. und 8. Jahrh. allmälig unter feine . 
bringen, während es fein Gebiet in Afien und Afrika an die Saracenen 
deren Bedruͤckungen Hunberttaufende ſchwacher Chriffen zum Mo! 
mus übergingen, und faft nur die von der orthoboren Kirche verftoßen 
Dorteien im Orient (f. Sabobiten, Konten, Armenier, D 


Chriſtenthum 645 
me aber, bie balb veligiöfe Begeifterung, bald Sucht nach Gewinn und Aben⸗ 
ua (10961150) zur Eroberung bes h. Stabes trieb, erwarben ihr neues 
ugeich Jeruſalem nicht dem griech. Kaifer, fondern fich und dem Papfte. (©. 
ensräge.) Die Verwirrung, die biefes endlich doch wieder vereitelte Unter» 
wen in die bürgerlichen und häuslichen Angelegenheiten ber Occidentalen brachte, 
der Kirche alınflige Gelegenheit, ihre Befigungen zu vermehren und bem roͤmi⸗ 
aGStuhle Spieltaum zur Befeſtigung feiner Univerfalmonarchie dar. Aber 
jwider die Abficht und Erwartung der Kirchenfuͤrſten kamen dabei durch den 
uitigen Verkehr der Wölker und durch die heimkehrenden Kreuzfahrer Reſte alter 
wien ((.Manichder, Paulicianer) in das Abendland und überhaupt 
u, feiere Ideen in Umlauf, welche theils ber philofophifche Prüfungsgeift eini⸗ 
Hager der Scholaſtik (f. Ab älard, Arnold von Brescia), theild ber unter 
kunb Bolt gäbrende Unwille über die Unchrifklichkeit der Kleriker, zum Zuͤndſtoff 
win allerlei Werbrüderungen und Secten zufammentretenden Oppoſition gegen 
anje roͤmiſche Kirchenthum machte. (S. KRatharer, Albigenfer, Wale 

er) Die Stiftung und Vervielfaͤltigung neuer geiſtlicher Orden (ſ. d.), 
die Franciscaner und Dominicaner, zur Verwaltung der von den Welt⸗ 
wernachtäffigten Seelſorge und Volksbelehrung, konnte dem libel nicht abs 
weil fie im Ganzen mehr für die Kirche und das Papſtthum als gegen Aber» 
a and Unwiſſenheit thätig waren, und kühne Gedanken, die ihrer 
t weichen mollten,, ließen fi nody weniger burdy die mit Feuer umb 
beroaffnete Gewalt der Inquiſition (f.d.) aus den Seelen reißen. 
Berſchiedenheit der chriftlichen Religion, wie fie Damals gelehrt und gebt 
von der Religion Jeſu Chriſti, das Mißverſtaͤndniß deffen, mas die Kirche 
den religiöfen Beduͤrfniſſen des menſchlichen Geiſtes und Herzens, war 
thells durch das Erfaſſen des Geiſtes Jeſu felbft aus der Bibel, bie troß aller 
fon damals im Verborgenen wißbegierige Lefer fand, theils durch bie 
Beredtfamkeit einzelner Lehrer und Seetenhäupter Vielen Bar gewor⸗ 
kirchliche Orbensgefellichaften fehnten ſich, einen eignen Weg zu gehen 
mpelberren, Scanciscaner), ber Zorn beleidigter Fuͤrſten vergaß 
denk für die Werdienfte des Papſtthums um die Bildung ber Völker in den 
a Jahrhunderten des Mittelalters, und die Päpfte felbft forgten zu wenig, 
ie ihres Hofes und der Geiftlichkeit abzuftellen ober vor den Augen 
zu verbergen, ja, fie gaben ihr das Ärgerniß einer Spaltung (ſ. Schisma, 
thum), welche die Achtung ber feit 1378 über 3O Jahre unter 2 Gegen, 
getheitten tateinifchen Chriftenheit gegen ihr Oberhaupt nicht vermehren 
Ir durch Die ihrer Macht fehr unguͤnſtigen Befchlüffe des Conciliums zu Kon⸗ 
414 — 18 beigelegt werden konnte. Hatten die Lehren des Englänbers 
Hef (f. 6.) ſchon vorher neue Gegner des Papftthums geweckt und vereinigt, 
mun die Empoͤrung der Anhänger des wegen ähnlicher Lehren zu Konflanz 
kanten böhmifchen Reformators (f. Huf, Huffiten) in vollen Flammen 
mad noͤthigte dem Concilium zu Bafel (1431— 43) Verwilligungen (Coms 
ab, die, ſtandhaft behauptet, den Freunden der zu Bafel nur vorgefchlages 
ach nicht durchgeſetzten Kicchenverbefferung, an Haupt und Gliedern zeigten, 
ine ebenfo entfchloflene und durch Vereinigung mehrer Völker nachbrüdlichere 
myfung der in der römifchen Kirche eingerifienen Mißbraͤuche ausrichten wuͤrde. 
num feltbens die Sehnſucht nach einer Wieberherftellung des urfprünglichen 
lehums der 1517 begonnenen Reformation vorgearbeitet, wie dieſe Forte 
‚gewonnen und was fie geleiftet, ift im Act. Reformation und den vers 
ten Art. dargelegt. » Daß durch biefen gewaltigen Umfchwung der Ideen und 
Kam Verhaͤltniſſe jene Sehnfucht ſchon ganz befriedigt und ein Chriſtenthum, 
om Beifte feinen Stifters vollfommen entſpraͤche, in Lehre und Beben darge 

















638 Ghoifeul-Gouffier - Cholera morbus 


wenbet werben follten. Der erfte Conſul ſprach ihn frei, und lief ihn in einı 
les Land bringen, 1. San. 1800; 1801 gab erihm die Erfaubniß nach Fre 
zuruͤckzukehren. Nach der Reftauration wurde Eh. Generaliieut. In der‘ 
fammer hat er ſich zur conftitutionellen Partei gehalten. Er ſchrieb: „Relat 
depart de Louis XVI, Ic 20 juin 1791”, und die „Hist. et proccs de 
(rages de Calais” (beide in ben „Mem. des contemporains‘”). 
Choifeul:Gouffier (Marie Gabriel Augufte, Grafvon), P 
Frankreich, geb. 1752, nahm den Namen Gouffier nad) feiner Vermaͤhlr 
dem Sräulein von Gouffier an. 1776 machte er eine Reife nach Griechenta 
Afien. Wegen feiner für die Wiffenfchaft fo reichhaltigen Reifebefchreibum 
er Mitglied der Akademiv. 1784 ging er als Botfchafter nach Conſtan 
und nahm viele Öelchtte und Kuͤnſtler mit, in deren Gemeinſchaft er fi, n 
ſeiner Mußeſtunden, mit gelchrten Nachſuchungen beſchaͤftigte. 1791 w 
zum Gejandten am londner Hofe ernannt, blieb aber in Conflantinopel, u 
tete alle feine Noten an die damals in Deutfchland lebenden Brüder Ludwig 
Bei dem Rüdzuge aus Champagne aber fiel fein Briefwechfel in die Haͤndel 
publikaner, und am 22. Det. 1792 ward von dem Convente Verhaft gegen 
ſchloſſen. Er verließ daher Conftantinopel und begab fid) nach Rustand, ı 
Kaiferin ihm eine Penſion als Akademiker zugefland. Im Febr. 1797 
vom Kalfır Paul I. zum Geh » Rathe ernannt. 1802 fam er nach Fr 
ruͤck, und nahm das Jahr barauf feinen Plag in der Eigenfchaft eines 
dee chem. Akademie in dem Nationalinftitute und neuerlich in der Akudennik 
ein. Er ſtarbim Sommer 1817. Von feiner „Voyage pittoresque de a@ 
erfchien 1809 die 1. Kief., die 2.1820; die 3. 1824, gr. Fol., Kpf. u. U 
erfte Band der Neife erfchien 1782. — 1816 las er eine gegen die deutſchen 
fophen gerichtete „Dissertation sur Homere” in der Akademie der Inſchtiſte 
Chol£ra morbus (vonzoAr, die Galle), die Gallenruhr, audi 
kolik, iſt weſentlich verfchieden von der acuten afiatifchen oder indifchen © 
Diefe letztere, die morgenländifche Brechruhr, fcheint der heftigfte Grad vm 
genentzündung zu fein, welche das Sonnengeflechte (Plexus solaris) erg 
nad) wenig Stunden burdy Lihmung des Pulfes den Tod herbeiführt. S 
fruͤher von indiſchen Arzten für nicht anftsdungsfiähig gehalten. Allein‘ von 
— 19 taffte fie in Indien über 3 Mitt. Menſchen weg. Wer von del 
beit befallen wurde, empfand plöglich, ohne daß ein Übelbefinden vock 
ſchneidende Schmerzen und einen Drud in der Herzgrube, welche ein laut 
fchrei auspreßten. * Zugleich flellten fi Erbrechen und Ausleerungen ein 
von Galle, fondern von unglaublid großen Quantititen eines weißlichen V 
mit anfangs gelben, dann fhwärzlihen Subſtanzen, bei heftigen Schmen 
Darmcanale und Anhaltenden Krimpfen. Das Geficht befam ein leichen 
Anfchen ; die Oberfläche des ganzen Körpers wurbe Ealt, zumal Hände um 
welche eine dunkelblaue, in ſchwarz uͤbergehende Farbe annahmen; das Bi 
von den Außen Theilen zurüd und haͤufte fi) in den Höhlungen ber Bru 
Unterleibes und des Kopfes an, wobei dad Herz gewaltſam arbeitete, um dk! 
maffe, deren Umlauf gehemmt war, fortzutreiben ; die Augen nahmen em 
zend rothe Farbe an; der Puls war unfühlbar; die Secretionen hörten auf; 
brenziender Durft und die außerfte Unruhe. Der Kranke verfiel in gaͤnzliche 
tofigkeit, und nad einem ſtarken Blutverluſte durch die Naſe erfolgte b 
92 — 24 Stunden der Ted. Das Übel ergriff fomot ſtarke als ſch 
Naturen, doch ſchienen Frauen und Kinder demſelben weniger untertoorfen gi 
auch verbreitete es ſich ohne Unterfchied über alle Stände und Arbeitsclaffen. 
die Franken ſchuͤtzten ſich durch Abſonderung. Die Diät äußerte auf die Su 
Iung diefer Krankheit einen entfchledenen Einfluß, und man bemerkte, def 


Choliamb Chor 639 


‚ weiche unmäßig viel Fruͤchte genoffen, am fchneliften aufgerieben wurden. 
ke ſpasmodiſche (krampfartige) Cholera Indiens fcheint dem Zuge der Karamas 
gefolge zu fein; fie ift von Bengalen (Calcutta) her feit 1817 von O. nach W. 
efchritten, ohne je eine rudgungige Bewegung zu machen. 1821 verbreitete 
bis nach Schiraz (Hauptftadt der perfifchen Provinz Zarfiftan) ; tm folg. 3. 
fie in Tauris, Hauptft. der perf. Provinz Aderbeizghan, und in andern Staͤd⸗ 
Perfiens; 1823 drang fie bis an die weftliche Grenze diefed Reiche und zeigte 
geieht in der türkifchen Provinz Mofful, auf den Küften Ägnptens, Syriens 
Eryerns. Die Krankheit offenbarte ſich zuerft in ben niebrigften und ſchmutzig⸗ 
Quartieren der Städte, wo die Armern Volksclaffen am dichteften beiſammen 
men; fie verbreitete fih von Quartier zu Quartier, indem fie jedesmal erft In 
teen außtobte, che jie in einem andren ausbrach. Am zerftörendfiien zeigte 
Ph in niedrigen und ſtark bewohnten Häufern. Zulegt erfchien fie auch an hoch: 
Orten. Sie wurde jederzeit in den Sommermonaten wieder hervorge: 
nachdem bie Bältere Jahreszeit ihrem Graſſiren Einhalt gethan hatte. Die 
der Seuche betrug an demfelben Orte nie unter 14 und zuweilen uͤber 30 
Man glaubt, daß ein Zehntel der Bevoͤlkerung burd) fie hingerafft worden 
nur ausnakmeweife entging ein Angefleckter dem Tode. Unter dım ange 
Mitteln fheint man durch Blutentziehung, warme Bäder, Opinte und 
die günftigften Erfolge erlangt zu haben. In Aftrachan, wo diefe Seuche 
1823 ausgebrochen war, von den Arzten jedoch nicht für anſtec?end ge: 
wurde, nahm die ruff. Regierung fo zweckmaͤßige Maßregeln, das fie balb 
Dt. ©. das „Magaz. ber ausländ. Literat. der Heilkunde, von Gerſſon und 
Ber, Hamb. 1824. Die oftind. Cholera hat D. Sat. Jameſon defchrl.:ben. 
’ Ghboliamb, ber hinkende Jambe, jambifche Hinkvers, fonft auch (Zkazon, 
- Bipponaktifcyer Vers genannt, weil ſich feiner der Satyriker Hipporaar aus 
bias bediente, oder ihn gar erfand. Der jambifche Hinkvers iſt ein je mbifcher 
Fler, deſſen Icgter Fuß ftatt des erwarteten Jamben rinen Trochaͤ us ober 
us hat, wodurch er bie hinkende Bewegung erhält, wie z. B. der lhekannte 











⸗ 


u U — u — V 
Der ——* ſcheint ein Vers | für Kunſtrichter 
Apel's Beifpiel: 
vv —u -[lu—u — u — — u 
Wir fingen unlgeniret gleich | den Waldvögeln. 
won den Choliamb zu Lomifhen Wirkungen vortheilhaft anwenden koͤnne, 

Rh aus f. Bau. In Zimmermann’s „Dramaturg. Blättern”, Ste 8, iſt 

Keen Gegenſtand mit Einjicht geſprochen werten. 

Chor (Schauſpielkunſt und Mufit), urfprünglic ein Trupp Saͤn ger unt 
welche bei ſeſtlichen Gelegenheiten den Pomp und das Feierliche derſelben 
muften. So war es auch unſtreitig bei der Tragödie und Konroͤdie, in 

der Chor urſpruͤnglich der Hauptbeſtandtheil, der geſchichtlichen Beeutung 

Die Grundlage war. In der Folge wurden die Choͤre freilich nur zus Neben. 

geracht. In der Bluͤthenzeit der altiſchen Tragoͤdie mar dee Chor eine Gr: 
haft von Perfonen maͤnnlichen und weibiihen Geſchlechts, die waͤhrend der 
ke Vorftelung Zuſchauer, oder vielmehr Zeugen der Handlung warm und 
em Schauplatze fortwährend zugegen blieben. Stand die Handlung ft, fo 
Ver Chor Lieder, welche eine Beziehung auf biefe hatten, und entweder den 
uud ſtaͤrken, oder dle Empfindungen über den Vorgang der Handlung aus: 
ia follten, nahm wol auch biewellen durch Bemerkungen gegen die handeln⸗ 

onen, buch Nach, durd) Troſt, durdy Ermahnung, oder Abrathun 
anblung feibft Theil; früher erſchien er als Hauptperfon der Handlun 








640 Choral Choregraphie 


noch zuwellen bet Äſchylus. Er flellte gemeiniglich einen Theil oder t 
des Volks, bei welchem die Handlung vorging, wol auch die Raͤthe 
uf. w. vor; und nie Eonnte ber Chor aus der Tragoͤdie wegbleiben, ja, 
oben angeführten Urjprunge nach, nicht einmal die Bühne verlajien. 
waren es auch fehr viele, bisweilen auf 50 Perfonen, welche den Cho 
ten; in der Solge wurde die Zahl bis auf 15 befchräntt. Die Ausf 
Chors war in Athen eine bürgerliche Ehrentaft und hieß Choragie. D. 
oder Vorſteher eines ſolchen Chors hieß Koriphaͤus, der auch da, wo jene 
der Handlung nahm, im Namen der Übrigen ſprach; disweilen theilte fi 
in zwei Theile, welche abwechſelnd fangen. Diefe Abtheilungen des Ch 
man, vielleicht nicht ganz richtig, EC höre zu nennen pflegt, warten dan 
gung, und gingen von einer Seite des Theaters nad) der andern, von ı 
wegungen die verfchiedenen Benennungen der einzelnen Lieder oder Adfi 
ten, naͤmlich Strophe, Antifirophe und Epode. Wie aber Lie Muſik 
cher diefer Chor gefungen wurde, beſchaffen geweſen fei, darlıber LäSt fich 
flimmtes jagen; wahrſcheinlich ift, daß es vielmehr eine Art feierliche: 
einen beftimmten Maße gewefen, und daß überhaupt die Melodien derfi 
man fie fo nennen darf, bloß in Einklängen und Octaven beftanden 
fehr einfach gewvefen feien. Ste wurden auch von den Önftrumenten, ı 
einige $Ftöten waren, Zon für Ton im Einflange begleitet. Mit dem $ 
alten Tragödie ill nachher der Chor in den Zrauerfpielen abgefommen, ı 
Zrauerfpieldichter unferer Zeit, und Schiller als der Erſte (f. deffen L 
„Braut von Meffina‘), haben wieder einen Verfuch gemacht, ihn nach 
ten auj’unfere Bühne zu bringen. Daß Übrigens in unierer heutigen 
Chor einen vier: oder auch mehrftimmigen Gefang ausmadyt, wobei jet 
mit meSren Sängern oder Sängerinnen befegt iſt, und das Gehör mit a 
der Harmonte und Schönheit der Melodie zu rühren weiß, ift bekanı 
‚Chöre, weiche durchaus von jenen der alten Griechen verſchleden find, d 
weder freudigen Zuruf, oder Verwunderung, Schmerz, Anbetung ıc. ei 
menge aus, und find, wie bekannt, von großer Wirkung, aber auch füı 
ſetzer eine befonders ſchwierige Aufgabe. — Chor heißt auch der obere Th 
che, wo der Hauptaltar ficht. Man nennt die Batholifchen Ganonict Cho 
wejl fie dort ihre Sing: und Betſtunde halten. — Chorbifchofijt cin! 
dem der Bifchof über einen Theil feines Sprengel3 die Aufſicht anvrı 
Chorgericht, ein Gericht, welches der Biſchof und die Chorherren um ı 
halten, auf welchem Kerzen flammen, und mitten auf dem Tiſche ein 
Baften zu fi.hen pflegte. 

Choral (franz. Plain-Chant, mwenfger richtig Plein- Chant;, di 
nad) welcher die geiftlichen Lieber beim öffentlichen Gottesdienfte von ber < 
meinde gefungen werden, und die aus lauter lanafam ſich fortbewegend 
chen Hauptnoten befteht. Dadurch bekommt ber Choral den Charakter d 
und der Würde, wodurch er das Herz zu frommen Empfindungen ſtimm 
fleht dann auch für den Geſang feibft. 

Choregraphie (Zanzvorzeihnung), die Erfindumg neuerer 
Taͤnze durch Zeichen anzudkuten, wie der Geſang duch Noten angedt 
Sie befchreibt den Weg, ben jeder Tänzer nimmt (welches man die Figu 
Touren nennt), die Glieder oder Theile des Wege, die zu jedem Takte un! 
Takttheile dee Muſik gehören, nämlich, was in jeder Zeit und auf jeber 
fchieht, die Stellung der Fuͤße, der Arme und des Leib-s, die Bewegur 
Fortruͤcken u. die Bewegungen mit Fortruͤcken oder die Schritte. Dabei 
bie Geſchwindigkeit für jede Bewegung angemerkt, wodurd das Ganze d 

Eundigen ebenfo verftändlich wird wie cin Mufitftüd dem Tonkuͤnſtier. 


Ä Ghriſt (Sofeph Marten) © MS 
die reines, Bewegung und Eelationen suhaen 
wants: ma. choregraphaͤſch e. 
sriambe, f. Rhythmus. 
—— — die Beſchreibung einer einzelnen Gegend, im —— 
Erdbeſchreibung). Desgleichen auch die Kunſt, Provingkarten 


nn im franz. Revolutionskriege, bie bamal6 fogenannten Aufık$e 
mm echten und linken Ufer der Loire; eigentlich führten diefen Namen ur 
) gefinuten Bewohner bes rechten Ufer der Loite im ehemaligen Bre⸗ 
* und Maine. Die Flaͤche Landes, wo hauptfaͤchlich der Kriegeſchal⸗ 
‚bfinst war, bidet beinahe ein Vieteck, wovon bie Staͤdte Nantes, Anger, 
nad Bleunes die Winkel find; aber die Streifereien erſtreckten ſich biämwel 
wi) weiter laͤngs der Kuͤſte hin, bis zu der Stade. PODrienit. liber den Hp 
pe der Benennung Ehonans iſt man nicht ganz rinnig. Einige leiten fie vorubemk 
ber Sahne eines Schmiedes ab, weiche in n bemen Bepenkin zuerſt Aufecht 
haben fallen. Andre wollen den erſten Grund derſelben in der fehlechaß 
peadye. bed Wortes chat-huant (Machteule) finden. Mach Angabe: de 
a fe Frhr von Schleichhändlern, welche vor der Revolution n 
mit heimlicher Ausfuhr des Gafgos aus bee einer: 
1 Bretagne in die benachbarten Provinzen trieb, ſich am;bem 
Ahnen der Nachtenie unter einander erkannt haben, um ſich gegem 
su. tommm, wenn ettea eind ihrer Mitglieder das Ungluͤck hatte eb 
‚anzutreffen. Durch die Revolution wurbe bas Banbiverk..biefer 
he größtentheils Beine andre Befdhäftigung kannten, überfläffig; Yafle 
diaknai an ein herumſtreifendes Beben getoähnt waren, burchzogen ſie das 
dmurden Raͤuber; mehres Geſindel geſellte ſich zu ihnen, und fo wuchs:hr 
b- Anfängli war Mord und Pluͤnderung ihre Hanptabficht; * 
Lan] urieWVendeser(f.d.), um mit diefen für Religion uny R 
mafen, und theilten baren Schickſal. Mad) der Rückkehr Ludwigs IK VÄl 
Former Hluptre ver Chouans fr ihre einft beriefene Anhänge 
beiten Ge on. le das heilige Salboͤl, das am guinen Dede 
| einen katholiſchen Biſchofe bereitet und: bei der Kaufe, Firmeeieuig, 
—— —⏑— ui, Daher Ehriftus, der Geſccbhee 
8 GGoſeph Anton), Schauſpieler, geb. in Wien 1744, ftubirte bei 
umb made nachher ala .Dufar einen Theil: bes fiebenjährigen Krieges 
—— — in Elvildienſte, heirathete heimlich ein Fraͤulein 
** ging mit ihe nach Salzburg und trat hier unter fremdein Na⸗ 
ſche Truppe. Cr ſtand ſpaͤterhin bei ben Theatern in King 
2*8 um Känzer are in Wien, Prag, —— eb (1 *8 
—— in Dres Als Seiler an Doͤb 
{ich vom ber ganzen — verlaffen. Nur Chriſt —* * he 
bach 1778 gu Eiheöber und 1779 zu Bondini nad) Dresden. Beſſere 
a einem Rufe nad) Petersburg zw folgen. Da ee aber 




















y 
























— — verheirathete. Aus dieſer Ehe entſprang die verehelichte 
Br —— des 8. ſaͤchfiſchen Hoftheaters. Nach fünfiähel 
in Niga ging Ch. nach Mainz und kehrte 1793 zum dritten Make 

Sean Ge ande zuruͤck, wo er, von allen Freunden der Kunſt 
12 Jubilaͤum felerte und 1824 ſtarb. Chriſt's muſterhafter 

‚Sein Aefes bi, feine Kenntniß der Buͤhne, die ——* Berech⸗ 

mb Zuwenig In allen feinen Leiſtungen und Bean a 
*ul. BB. 11. 












ging er bald nad) Riga, wo er feine Frau verlor. u 


6409 Choral Choregraph — 


noch zuwellen bei Äſchrlus. Cr ſtellte gemeiniglich fire 
des Volks, bei welchem die Hantlung vorging, wol mn 
u. ſ. w. vor; und nie fonnte der Shor aus der Tragödie — 
‚oben angeführten Urjprunge nad... nicht einmal die I - = 
waren es auch fehr viele, bisweilen auf 50 Perfonen, — ⸗ 
ten; in ber Folge wurde die Zahl bis auf 15 beſchta — 
Chors war in Athen eine bürgerliche Ehrenlaft und hie. c* 

oder Vorſteher eines ſolchen Chors hie Koriphäu 
ber Handlung nahm, im Namen der Übrigen fpr 
in zwei Eheile, weiche abisechfelnd fangen. Diet; 
man, vielleicht nicht ganz richtig, Chöregzum, 
gung, und gingen von einer Seite des Thra: 
wegungen die verſchiedenen Benennungen de 
ten, naͤmlich Strophe, Antiſtrophe und @ 
her dieſer Chor gefungen wurde, befchaffe 




















fimmtes fagen; mwahrfdyeinlich ift, daß; .c gefunde 
einem befkimmten Maße gewefen, mb FR aus Grund 
man fie fo nennen darf, dioß in Ei) Sf it. FR) nie 
ſehr einfach gewvefen felen, Sie wı, 11 ; Pi een, ohne Rüd 
einige SStöten waren, Ton fuͤr X fi ook ee en wi 

eben 


alten Tragoͤdie iſt nachher der Ch 
Zrauerfpieldichter unferer Zelt, : 4; ° ade Bießer zum Zee ui 
E —* 


„Braut von Meffina”), haber ;: > 
ten auffunfere Bi Hg ‚}  m6 werth und belohnen die Mädı 
Chor sinen vers ober aud,z;> BE iR, reichlich. Mic nennen fu 
mit me dren Sängern oder‘. <miene” (Halle 1727, 4 ©), [. 
der Harmonte und Sch. ‚oardm (1728 und 1730), f. Biograp 
Chöre, weiche durchaus" 9" f. zu völlig neuen Refultaten führer 
"weder ferublgen Zuru’/ „OEM Gefäße der Alten (4743), f. mod, nie 
menge aut, und fin’ mechtheit der Fabeln des Phädrus (1746 un 
feßer eine befondere „i# Wert Über die Monsgrammen der Maler 
hr, too der Hauy durch welches ex das Studium der Kum 
fü Zamdte, ſ. Zert zu ben beiden erſten Zaufenden de 


Deffenungeachter find ih 








1748, 4). Zugleich gebührt Ihm der Ruhm, 
EhorgericAtrhäelogte in Deutfchland geefen yu fein, gu derc, 
Halten | pademifche Vorlefungen (Herausgegeben von Zeume, 
kaften (Garen f. Schriften Hat er bie Rupfer felbfk rabirt. 


wat Eimtiiungen, — 
Kae Prien in dab — 
meind 2% —e erhalten wochen 1; m arten et 
und Grpräge, das biefe Religion den Anfichten, Gefühlen, SM 
—* ‚dee ihr ergebenen Menſchen (der Chriſten) aufgebrück har. i 
der Thatfachen, auf denen biefer zwiefache Begriff des Shri 

s M.fo durchgreifend und mächtig, daß «8 nicht befremden far N 
Faatrauch bier Beides vermengt, und eine durch den gleich an 
ah binlängtich Haralteriſirte Religionsphilofophie fogat 9 
—— doch das Urſpruͤngliche und unter göttlicher —E 
——8C eh —* hent lebendigen und wirklichen her 
amart, neu herzuſtellen. Das Chriftenthum, wie es jeße in den 
je, erhielt unter dem Einfiuffe der Priefterfhaft, ve —E 
MAna und tauſendfacher Reibungen mit Staat und Wiſſenſchaft eine 


—RXR 648 


——— mie, um zu erfahren, was es fein foll. 
FRXXE kommen / als wenn man auf dem Wege der 

ION, welche Jefus ſelbſt hatte, in feinem Leben 
d. i. bie urfprüngliche Regel, das ideale Chris 
je Gefahr, den eignen Geift und Sinn in 
en und mannigfaltigem Verſtaͤndniß 
te des Chriftenthums hineinzutra= 
fromme Demuth und unbes 
zu Iöfen iſt felbft den 
ch unter den, weniger 


Rs % 
—R & N ledenheit der wiffenfchafte 


- anten, chriſtlichen Theologen 
N <, übrigens immer einftimmiger 
’ ruhe. (Vgl. d. Art. Religion, 


—8 Supernaturalismus.) Dies 








EN ‚it von einander abweichenden geiftigen 
END „Völker, die das Ghriftenchum zuerft ms 
% „enfchheit zufagende Wahrheit und Alles einis 


‚suben hatten im Glauben an einen lebendigen 
den Quell ber Religiofitdt feftgehalten, die Gries 
auchdare Wiffenfhaft angebaut, die Römer Grund⸗ 
‚aatsberfaffung aufgeftellt und durch Erfahrung erprobt. 
cer vereingelten Wirkſamkeit zur wahren Beglüdung und 
es gefeligen und individuellen Lebens der Menfcyen unzus 
der Bildung läuterte, ergänzte, und verband das Chriften- 
einer reinen Menſchlichkeit, deſſen höchfter Zweck, die Men- 
tadyen, wie Gott ift, in der von Chriſtus angefündigten und 
es göttlichen Reichs auf Erden alle Mittel zu feiner Aus: 
e Religion brachte, was jenen Völkern fehlte, in die gries 
gißfen Behatt, in die roͤmiſche Gefeglichkeit fittliche alte, 
gkeit Freiheit und Licht, und indem fie das Gebot einer all 
verkündete, erhob fie den engherzigen Nationalgeift zum 
fanden bie Beftrebungen des Bildungsganges ber alten 
ihren Höhern Wirkungspunkt und zugleich den Antrieb, ger 
was Geheimthierei und Kaftengeift der Menge fonft vor- 
ı Foren, bie wichtigften Wahrheiten umd Rechte, die reine 
n Lebens führte e8 allen Gefchlechtern (f. Frauen) und 
lichkeit einer volllommnen Tugend bewies e8 durch das Beis 
‚en Frleden dee Welt begründete es durch das Wort von der 
hen mit Gott umd untereinander, und, ihre innigfte Neigung 
iger und Vollender des Glaubens, den gekteuzigten, aufs 
üchten Mittler zwifchen Himmel und Exde richtend, Ichrte 
3 wohlthätigen Zufammenhang des Lebens nach bem Node 
a erkennen Die Gefchichte Jeſu und die Vorbereitungen 
ung war ber Stoff, aus dem fich unter bem Ehriften bie Ah- 
id dieſer Bedeutung ihrer Religion entwickelte 
uftand bald nad) dem Tode Jeſu die erfte Gemeinde, eine 
Syrien brachte (um 65) den Namen Chriftianer oder Chris 
prüngtich von ibren Gegnern als Schimpfname beigelegt 
ver Apofiel verbreiteten das Chriftenthum in allen Gegenden 
Paldftina, Sprien, Kleinaſien, Griechenland, die Inft 
und die Nordkuͤſte von Afrika wurden ſchon Im 
41* 





BR. MpeHl Cohn Frierih) Cheiſtenchum 
Yryıle, das die Schauſpieler aus der älten Säule (von Geiler, Eckhof un 


derj auszeichnet, weifen ihm einen hohen Raug unter den erften deutſcher 


fpieleın an. Er bat mehre Mollen, wie es die Franzoſen nennen, ge 
unter dieſen nn Riccam im. Reffing’6 „Minna von Barnhelm“ wol d 


geweſen fein 

Chritt (Iobann Friedrich) geb. 1701 zu Koburg, Prof. der D 
Letyzig, wo er am 3; Aug: 1756 ſtarb, hatte als Führer eines jungen Maı 
VNeiſe nach Holland, England und Stalten gemacht. Mit großem Scharf 
band er · eine Gelehrſamnkeit von feltener Tiefe.und Mannigfaltigkeit. Bi 
Quslien aufzufiuden oder doch auf eine neue Art zu benupen, auch in bei 
dm Bruchſtuͤcken Theile eines geößern Ganzen und Spuren eines innerr 
merhange gu finden, gelang ihm, wie ed Wenigen gelingt; dabei zeichn 
Meſchungen eine Gruͤndlichteit Umficht und Schärfe aus, wie fie vecht ı 
ar Charakter des dautſchen Belchrten liegt. Aber derſelbe nationale Charal 
Ahell auch eine nicht inuner von Geſchmack zeugenbe Paradorienfucht war 

Ten die Have und Dedernamm anfprechende Darftellung der gefundenen 9 
folten gelingen Il. Im Lateiniſchen wie im Deutfchen aus Grunbfägen 
Mledener Freumnd der veralteten Sprachformen, und in der, obgleich nie verw 
ſurdern an ſich ſeht folgeropten Entwicklung feiner Ideen, ohne Ruͤckſicht 
allgemein Ubliche; mumer wär dem Gange feiner Ideenreihe folgend, wird er 
kel. vhne es zu wollen, und huͤllt nicht ſelten den trefflichſten und eben erſt 
gewmonnenen Fund in newes Dunkel en. Deſſenungeachtet find ſeine E 
beminell fie aus dem angegebenen Grunde bisher zum Theil viel zu werk 
üorden find, des achefanıflen Studiums werth und belohnen die Muͤhe, wei 
bisweilen auf fie zuwenden genoͤthigt iſt, reichlich. Wir nennen feine g 
beit: ‚Nortes aondemicae” (Halle 1727, 4 ©t.), f. For 
Ber Geſchichte der Lougobarden (1728 -un5 1730), f. Biographie w 
Ingie Mechiauel'e (1731), f. zu voͤllig neuen Reſultaten führenden | 


A aber die muerhinifchen Gefäße der Alten (1743), f. noch nicht wä 


Ferſchungen Über die Unechtheit der Fabeln bes Phäbrus (1746 und 176 
für jene Zeit einziges Werk über die Monogrammen der Maler wb 
fischer (Leipzig 1747), durch welches er das Studium ber Kumftgelh 
Desisichland zuerft weckte ſ. Text zus den beiben erfien Tauſenden der Pia 
Daktyulothet (Leipz. 17B,: 4). —— gebuͤhrt ihm der Ruhm, der € 
ber eigentlichen Archaͤologie in Deutſchland geweſen zu fein, zu deren Bel 
er auch durch akadeniſche Vorleſungen (hevamsgegeben von Zeune, Lei 
weten. Zu mehren f. Schriften hat er die Kupfer ſelbſt radirt. Br 
GChriſtenthum, im objectiven Sinne: ber Inbegriff der Bee 

braͤuche ind kirchlichen Einrichtungen, darch weiche bie von Jeſus Chrifia 
gegangene im dat Leben der Voͤlker eingeführt, aliniälig entwickel 
beftindiger Wirkſamkeit erhalten worben iſt; im fubjectiven Sinne: be 
thintiche Gepraͤge, das diefe Religion den Anfichten, Gefühlen, Gefinnu 
Et der ihr ergebemen Menſchen (dev Chriſten) aufgedruͤckt hat Die! 
wirfung der Thatfachen, auf denen diefer zwiefache Begriff des Chriftentt 
cuht, iſt ſo durchgreifend und mächtig, daß es nicht befremben kann, v 
Ewqhgebrauch hier Beides vermengt, und eine durch den gleich anzufi 
Bernd) hinlaͤnglich charakteriſirte Religionspbllofophie ſogar verſucher, jer 
bar ficche doch das Urfptüngliche und unter goͤttlicher Beglaubigung lüberti 
ans. dieſem, freilich dem eigentlich lebendigen und wirklichen Chriftenthume 
genwart, neu herzuſtellen. Das Chriftenthum, wie es jetzt in den Ge 
lebt, erhielt unter dem Einfluffe der Prieſterſchaft, der Volkschaͤmlichkeite 

geiſtes und tauſendfacher Reitungen mit Staat und Wiſſenſchaft eine Dr 
u ' 





Wie mean erſt ausfcheiben müßte, um zu erfahren, was es fein fol. 
sit aim nicht ſicherer kommen, als wenn man auf bem Wege der 
Istesfuchung die Religion, weiche Jeſus feibft hatte, In feinen Leben 
> Ver Welt geben wollte, d. i. bie urſpruͤngliche Megel, das ibeale Chris 
Ianktteite, wuͤrde nur babei Die Gefahr, den eignen Geiſt und Sinn in 
g der allerdings nicht vollſtaͤndigen und mannigfaltigem Verſtaͤndniß 
a Sekunden der Entftehungsgefchichte des Chriftenthums hinelnzutres 
nyend die Ergebniffe zu verfaͤlſchen, durch fronmme Demuth und unbes 

ebe äbgerwendet. Aber diefe Aufgabe zu loͤſen iſt ſelbſt den 
vefcyeen bis jetzt nicht völlig gelungen, und auch unter den, weniger 
ſtous⸗ und Gectengeift als durch die Verſchiedenhelt ber wiſſenſchaft⸗ 
ben und philofophifchen Grundſaͤte getrennten, heifklichen Theologen 
weh fireitig, auf welcher Grundlage ber, übrigens immer ei 
einfache Inhalt ber Refigion Jeſu beruhe. (Vgt. d. Art. Religion; 
ung, Rationaliömus u. Supernaturalismus.) Die 
yucch feine Wirkung auf die weit von einander abweichenden geifligen 
und Eigenthuͤmlichkeiten der Völker, die das Chriftenchum zuerſt em⸗ 
allgemeine, der ganzen Menfchheit zufagende Wahrheit und Alles eini⸗ 
ge Kraft dar. Die Juden hatten im Glauben an einen lebendigen‘ 
höpfer aller Dinge den Quell der Retigiofität feftgehalten, die Geis 
he, im Leben brauchbare Wilfenfchaft angebaut, bie Römer Grund» 
‚es und der Staatoverfafſung aufgeſtellt und durch Erfahrung erprobt. 
aten, In ihrer vereinzelten Wirkſamkeit zur wahren Begluͤckung und 
lendung des gefelligen und individuellen Lebens der Menfchen unzws 
rıtndftoffe der Bildung laͤuterte, ergänzte, und verband das Ehriſten⸗ 
8 Geſetz einer reinen Wenſchlichkeit, deſſen hoͤchſter Zweck, die Men⸗ 
ſelig zu machen, wie Gott iſt, in der von Cheiſtus angekuͤndigten und 
Idee eines göttlichen Reichs auf Erden alle Mittel zu feiner Aus⸗ 
et. Geine Religion brachte, was jenen Völkern fehlte, in bie grie⸗ 
aſchaft religiöfen Gehalt, In die roͤmiſche Geſetzlichkeit fittliche * 
ve Froͤmmigkeit Freiheit und Licht, und indem fie das Gebot einer all» 
ruberttebe verfänbete, ‚schob fie den engherzigen Nationalgeiſt gımm 
an. .: Co fanben bie Beſtrebungen des Wildungsganges der alten 
Meuchum ihren Höhen Wtrkungepunkt und zugleich den Antrieb, ges 
gu machen, was Geheimchuerel und Kaftengeift ber Menge fonft vors 
He hoͤchſten Ideen, die voldhtigften Wahrheiten und Rechte, die rein: 
es fittlidyen Lebens führte es allen Geſchlechtern (f. Frauen) unb 
; die Möglichkeit einer volkommnen Tugend bewies e6 durch das Bei⸗ 
Schfters ; den Frieden der Welt begründete es durch das Wort von der . 
ber Menfchen mit Gott und untereinander, und, ihre innigfte Neigung 
ben Anfänger und Vollender bes Glaubens, den gekreuzigten, aufs 
md verherrlichten Mittler zwifchen Himmel und Erde richtend, lehrte 
mechten und wohlthätigen Zuſammenhang des Lebens nad) bem Tode 
emtsättigen erkennen. Die Gefchichte Jeſu und bie Vorbereitungen 
eine Sendung war ber Stoff, aus dem ſich unter den Chriften die Abs 
Inhalts ind diefer Bedeutung ihrer Religion entwickelte. 
uıfatem entſtand bald nad) dem Tode Jeſu die erfte Gemeinde, eine 
tlochlen in Syrien brachte (um 65) den Namen Chriftianer oder Chris 
: pen urfprünglich von ibren Gegnern als Schimpfname beigelegt 
te Helfen der Apoftel verbreiteten das Chriſtenthum in allen Gegenden 
Reihe; Palaͤſtina, Syrien, Kieinafien, Griechenland, die Infeln ded 
, Ztaflen und die Rordkäfte von Afrika wurden (don im 1. 

4 


644 Fhriſtenthum 
Sitze chriſtlicher Gemeinden. Einfach und ihrem beſchraͤnkten Zuſtande angem 
bildeten fie ihr kirchliches Leben, im Wechſel mannigfaltiger Bebruͤckungen er 
ten fie. (Vgl. Verfolgungen.) Am Ende des 2. Jahrh. waren in allen 
vinzen, am Ende des 3. faft die Hälfte der Bewohner des römifchen Reid, 
vleler angrenzenden Länder Chriften. Das Streben nad) Einheit des Gla 
(f. Drthodorie) und die Kirchenverfaffung veranlaßte unzählige Reibungn 
Andersdenkenden, Irrlehrern und Kegern (vgl. Kegerund Gecten), undfl 
gu jener anmaßenden Priefterherrfchaft, von der das geftürzte Judenthum ck 
die erften Chriften fo druͤckendes Beifpiel gegeben hatte. Nachdem nım zu Aa 
bes 4. Jahrh. durch Conſtantin den Großen die Chriften erſt Duldung un 
darauf das Übergewicht im römifchen Meiche gewonnen hatten, uͤbten die Bif 
ihre Macht als Sefebgeber des Glaubens auf der erften allgemeinen Kirche 
fammlung (f. Nicäa) 325 durch Aufftellung eines fuͤr alle Cheiften binde 
Staubensbelenntniffes aus. Auf diefe Grundlage haben die ſpaͤtern Contil 
(f. d.) mit Huͤlfe der Schriftfteller, welche die Kirche ale ihre Väter und Lehrer 
((.Kichenväter, Hieronymus, Ambrofius, Auguftinusu.X, 
das Gebäude des rechtgläubigen (orthodoxen) Lehrbegriffs aufgeführt, währen 
Dbern der in Priefler verwandelten und als ein bevorrechteter heilige & 
(fe Klerus, Geiſtlichkeit, Priefter) über die Laien erhobenen Gef 
theils durch den immer weiter um ſich greifenden Einfluß ber ihnen 
Kirchenzucht, theils duch die von ihnen in Umlauf geſetzte Meinung 
nur auf fie vererbten Überlieferungen aus dem Munde der Apoftel (f. X 
tion), die ihnen anfangs aus Liebe und Dankbarkeit bewilligten und von 
folgerecht erweiterten Vorrechte vor allen andern Chriften zu heiligen und 
ig zu Derren der Kirche zu machen wußten. (S. Biſchoͤfe, Patria 
Papſtthum, Hierarchie) Dabei unterflügte fie nicht weniger We 
Julian's Regierung und vorübergehende Launen feiner Nachfolger ohne 
Nachtheil unterbrochene Begünftigung von Selten der Kaiſer (f. Theode 
ber Große), als die vermehrte Pracht und Mannigfaltigkeit des Gortetbld 
(fe. Meffe, Heilige, Reliquien, Bilderſtürmer), der beim & 
der claffifchen Beiftesbildung wachſende Aberglaube der ohnehin unwiſſ 
ker und das unter feinem Schatten gluͤcklich gedeihende Moͤnchswefen. (6.4 
Her.) Im biefer, mehr den Sinn als den Geiſt anfprechenden Geftalt Sad 
ſchon feit dem 4. Jahrh. unter den Gothen bekannte Ehriftenthum zu dead 
germanifchen Völkern im W. und N. von Europe, umd wußte die rohen Al 
die auf ben Truͤmmern des weflrömifchen Kaiſerthums neue Reiche gründeten;! 
bie Macht des Glaubens im 7. und 8. Jahrh. allmälig umter feine Heriſch 
bringen, während es fein Gebiet in Afien und Afrika an die Saracenen verlee, 
deren Bedruͤckungen Hunderttaufende ſchwacher Cheiffen zum Mobanımd 
mus Übergingen, und faft nur bie von ber orthoboren Kirche verftoßenen kekaı 
Parteien im Orient (f. Jabobiten, Kopten, Armenier, Maron! 
Reftorianer) fi behaupteten. Bei dieſem MWechfel der Dinge, der in @ 
wur Spanien und Sicilien traf, gewann das nun immer planmäßiger zur 
Uchen Obergewalt über das Abendland vordringende römifche Papfithum 
und Gregor VIE) im N. und bald auch im D. dieſes Welttheils durch die I 
sung der flavifchen und ſkandinaviſchen Völker (vom LO. bis ins 12. Jahrh.) 
als ihm anderwaͤrts entriffen werden konnte. Denn jene Exoberimgen dei 
hammedaner hatten hauptfädlic daB Gebiet ber fchon feit dem 5. Jahrh. m 
occidentalifchen und dem roͤmiſchen Stuhle ergebenen (Iateinifchen) Kirche 
wehr einigen und allmälig ganz von ihr abweichenden orientalifchen Kirche (f. @ 
chiſche Kirche) verheert, und diefe erhielt erft im 10. Jahrh. durch die E 
zung der Ruſſen neue Anhänger, die jet ihre mächtigfte Stüge find; die 4 











N 


Chriſtenthum 645 


kur aber, die balb religiöfe Begeifterung, bald Sucht nach Gewinn und Aben⸗ 
man (10961150) zur Eroberung des h. Grabes trieb, erwarben ihe neues 
Wuigeich Jernſalem nicht dem griech. Kaiſer, fondern fi) und dem Papfte. (©. 
—28 — Die Verwirrung, die dieſes endlich doch wieder vereitelte Unter⸗ 
hun in die bürgerlichen und haͤuslichen Angelegenheiten ber Occidentalen brachte, 
—* guͤnſtige Gelegenheit, ihre Beſitzungen zu vermehren und dem roͤmi⸗ 
m Etuhle Spielraum zur Befeſtigung feiner Univerſalmonarchie dar. Aber 
wwöer die Abficht und Erwartung der Kicchenfürften kamen dabei durch den 
Ihkigen Verkehr der Völker und durch die heimkehrenden Kreusfahrer Def alter 
gen (ſ. Manichaͤer, Paulicianer) in das Abendland und überhaupt 
Be, freiere Ideen in Umlau a: welche theils ber philofopbifche Prüfungsgeift eini⸗ 
Kiinger der Scholaſtik (f. Abaͤlard, Arnold von Brescia), theil6 der unter 
ud Bolk gährende Unwille über die Unchriſtlichkeit der Kleriker, zum Zuͤndſtoff 
wallerlei Verbruͤderungen und Secten zuſammentretenden Oppoſition gegen 
roͤmiſche Kirchenthum machte. (S. Katharer, Albigenſer, Wal⸗ 
ee) Die Stiftung und Vervielfältigung neuer geiſtlicher Orden (f. b.), 
De Sranciscaner und Dominicaner, zur Verwaltung ber von ben 
vernachläffigten Seelſorge und Volksbelehrung, konnte dem Übel nicht abs 
weil fie im Ganzen mehr für die Kirche und das Papſtthum als gegen Aber⸗ 
mund Ummiffenheit thaͤtig waren, und kuͤhne Gedanken, die ihrer Über⸗ 
weichen wollten, ließen fi) nody weniger durch die mit Feuer und 
bewaffnete Gewalt der Inquifition (f.d.) aus den Seelen reißen. 
Berfchiedenheit der chriftlichen Religion, wie fie damals gelehrt und gehbt 
von der Religion Jeſu Chrifti, das Mißverftändnig deſſen, was die Kirche 
BU den veligiöfen Bedürfniffen des menfdylichen Geiſtes und Herzens, war 
theils durch das Erfaſſen des Beiftes Jeſu ſelbſt aus der Bibel, die troß aller 
ſchon damald im Verborgenen mißbegierige Lefer fand, theils durch die 
Beredtſamkeit einzelner Lehrer und Sectenhäupter Vielen Elar gewor⸗ 
andy kirchliche Orbensgefellfchaften fehnten fi, einen eignen Weg zu gehen 
mpelberren, Sranciscaner), der Zorn befeidigter Fuͤrſten vergaß 
für die Verdienfte des Papſtthums um die Bildung der Völker in den 
Jahrhunderten des Mittelalters, und die Päpfte felbft forgten zu wenig, 
ihres Hofes und der Seiftlichkeit abzuftellen ober vor den Augen 
zu verbergen, ja, fie gaben ihr das Ärgerniß einer Spaltung (f. Schisma, 
tum), weiche die Achtung der feit 1378 über 30 Jahre unter 2 Gegen⸗ 
getheilten Iateinifchen Chriftenheit gegen ihr Oberhaupt nicht vermehren 
Bar durch die ihrer Macht ſehr unguͤnſtigen Befchlüffe des Gonciliums zu Kons 
71414 — 18 beigelegt werben konnte. Hatten die Lehren bes Englänbers 
Mef (f. d.) fon vorher neue Gegner bes Papſtthums geweckt und vereinigt, 
Ing num die Empoͤrung ber Anhänger bes wegen ähnlicher Lehren zu Konſtanz 
manten böhmifchen Reformators (f. Huf, Huffiten) in vollen Flammen 
uud möchigte dem Concilium zu Bafel (1431— 43) Verwilligungen (Coms 
W) ab, die, ſtandhaft behauptet, ben Freunden ber zu Bafel nur vorgefchlages 
ac nicht durchgeſetzten Kirchenverbefferung, an Haupt und Gliedern zeigten, 
Une ebenfo entfchloffene und durch Vereinigung mehrer Voͤlker nachdruͤcklichere 
Inpfung der in der römifchen Kirche eingeriffenen Mißbraͤuche ausrichten würde. 
Im ſeitbem die Sehnfucht nach einer MWiederherftellung des urfprünglichen 
Ieutgums der 1517 begonnenen Reformation vorgearbeitet, wie dieſe Forte 
—*77 gewonnen und was fie geleiſtet, iſt im Art. Reformation und den vers 
Fred dargelegt. - Daß durch diefen gewaltigen Umſchwung der Ideen und 
Een Verhaleniſſe jene Sehnſucht ſchon ganz befriedigt und ein Chriftenthum, 
bes Geiſte ſeines Stiftes vollfommmen entfpräche, in Lehre und Leben banaze 












646 Chriftian IL (König v. Dänemark) 


ſtellt worden ſei, behaupten die eiftigften Proteflanten ebenfo wenig, als um 
tige Katholiken die Nothwendigkeit einer ſolchen Herftellung und das große Bert 
des Proteftantismus um bdiefelbe und folglich auch um bie Verbeſſerung ber. 
Kirche ableugnen mögen. (Bol. Erident, Katholicismus, Protef: 
tismus.) Gehe mannigfaltig find die Geftalten, in denen das Chriftag 
unferer Tage erfcheint. Die füdlichen Völker beweiſen, wie leicht dieſe Rey 
ſich nationalifict, wie viel fie aber auch unter dem Einfluffe einer überwiegen 
Sinnlichkeit und Herrfchaft der Phantafie von der einfachen Größe, fittlichen 8 
und reinen Geiſtigkeit ihres urfprimglichen Charaktere verliert; den noͤrdlichen 
ern nahm der Proteftantismus die meiften, wenn auch nicht alle, Laſten ab, 
denen bie libermacht der irdifchen Natur ben Geift der Religion niederbrädt; 
chriſtliche Europa trägt in feinem gegenwärtigen, von manchen ber Religion; 
fremden Einflüffen bedingten, fittlichen und politifchen Leben immer noch des 
präge der Erziehung, bie es dem Chriftenchum verdankt (f. Bildung), u 
Diefe Form auch feinen Eolonien in entfernten Welttheilen aufgedruͤckt, unter d 
allein das republikaniſche Nordamerika ſich zu einer in ihrer Art einzigen Unch 
gigkeit von jedem Sectengeifte und allgemeinen Freiheit aller Belenntniffe me ı 
hen wußte. Suchen wir aber das Chriſtenthum, wie es in Chriſtus ſelbſt tebad 
wirkte, unter unfern Zeitgenoffen auf, fo finden wir es bei feinem Wolke 
keiner Religionspartei rein und unentſtellt wieber, fondern nehmen feine 
in bem Wandel ber wenigen Erleuchteten und Frommen aus allerlei 
welche Chriftus Lieben und von feinem Geiſte durchdrungen find. 
Chriftian U., König von Dänemark, geb. zu Kopenhagen 1481, 
nachläffig erzogen. Als Juͤmgling beging er vermöge feines heftigen 
die Außerften Ausfchweifungen. Der König Johann, fein Vater, der 
von hörte, ſtrafte ihn ſtreng, aber vergeblich. Als er 1507 nach Bergen 
wurde, um einige aufrührerifche Bewegungen zu erſticken, faßte er eine 
denſchaft für eine junge Holänderin, Namens Dyvele, deren Mutter ein 
. Dyvele warb bie Geliebte Chriftians, der ihr, und befonbers Ihn 
ter, eine unbefchräntte Herrſchaft über feinen Geiſt einräumte. Ex befanh 
Vicekoͤnig in Norwegen, bis die wankende Gefumbheit feines Vaters ihn 
penhagen zuruͤckrief. Nach feiner Thronbeſteigung vermählte er ſich 
Karls V. Schweſter, Iſabelle. Darauf machte er Heinrich VIII. 
ſtellungen uͤber die Seeraͤubereien der Englaͤnder, erneuerte die Vertraͤge 
* von Moskau und bemühte ſich den Hanſeſtaͤdten den Handel gl 
reißen. Die Hoffnungen, welche dies Verfahren bei feinen-Unterthanen au 
wurben balb durch die fürchterlichen Scenen vernichtet, zu weichen der Xi 
Dyveke Anlaß gab. Man Hagte die Verwandten von Zorbern Dre, Bow 
des Schloffes von Kopenhagen, an, fie vergiftet zu haben. Dre geftand eis 
here Liebe für fie ein; der König ließ ihn enthaupten. Andre 
bereiteten Schredien im ganzen Reiche; befonders hafte Chriſtian den Adel, Ir 
den Monarchen grolite, welcher gegen Übertältigung den Bürgers und Be 
Hand in Schug nahm. 1516 kam ein päpftlicher Legat im Norden an, um: 
zu predigen. Chriftian nahm ihn-auf, In ber Hoffnung, daß er ihm in Sche 
nach deffen Krone er firebte, nüslich fein könne. Die Schweden waren ini 
Parteien getheilt. Guſtav Trolle, Erzbiſchof von Upfala, ein geſchworener 
von Stenon Sture, Adminiſtrator des Königreichs, hatte ſich heimlich ml 
lan verbunden; aber bie ſchwediſchen Stände nahmen Sture in Schu | 
Trolle ab und liefen fein Schloß fchleifen. Der Nuntius, der unter biefe 
Ränden nad) Schweden kam, ließ fi) von Sture gewinnen, entdeckte ihm be] 
Ehriftians und rechtfertigte beim Papfte die Schweden gegen Trolle. Emil 
gab fid, Chriftian 1518 ſelbſt nach Stockholm, um mit dem Ahmeinifkraie 















Gheiftian II. (König von Dinamarf) 54 


haben. Zur Sicherheit wurden ihm 6 Geißeln aus bauer 
** As dieſe Geißeln, unter denen ſich Suſtav Waſa beſarh, 
lotte e 











——— an Die Schweden wurden bekÜnger 
cm 19. Yan. gefchlagen und Sture tödtlich verwundet. Die Dänen verſelg 
Becheit. Trolle nahm den Vorfig in der Berfammlung der Reihefiänte 
Klpfela und trug darauf an, Chriſtian als König anzuerkennen. Wiewol Viele 
Mänlen abgeneigt waren, fo mußten fie doch ber Nothwendigkeit —— urd 
Wi amchenen. Eine allgemeine Ammeſtie wurde verkuͤndigt; Jeder eilte, fie 
Dimugen. Die Hauptſtadt, wohin die Witwe des Adminiſtrators fi zurge⸗ 
hatte, leiſtete einigen Widerſtand. Sobald das Meer offen war, erſchen 
wit feiner Flotte vor Stockholm, das fich ihm nicht ergab. Er ſah ut 
x deu Sommer verfließen; feine Vorraͤthe wurden erfchöpft, feine Teuppen 
eg entfchloß ex fich, ſchwediſche Unterhaͤndler an die Elnwohner 
Seine Werfprechungen und bie Hungersnoth bewirkten, was bie 
vn Ds en nicht bewirkt hatte; man öffnete ihm bie Thore. Er verſprach, 
feine zu erhalten und bes Vergangenen nicht zu gedenken. Chris 
fund fich zu Ende Dct. in Stodholm ein, verlangte von ben Biſchoͤfen und 
m eine Acte, die ihn als erblichen König anerkannte, und ließ ſich zwei age 
wir Trolle kroͤnen. Zu Meicherittern ernannte er nur Ausländer, und 
daß er darum biefe Wuͤrde keinem Schweden ertheile, weil es das Lamb 
Wh Gerwalt der Waffen erobert habe. Trotz der allgemeinen Beſtuͤrzung orh⸗ 
le an, während weicher er die Menge zu gewinnen wußte. Er fann baps 
— Anſehen in Schweden zu befeſtigen, und beſchloß, dieſe Abßcht 
ang der erſten Famillen zu erreichen. Nur uͤber die Mittel waren 
doeber verſchiedener Meinung. Endlich erinnerte Slaghoek, des Koͤnigs 
er, am den 37 die Feinde Trolle's geſchleuderten Bann, und fügte 
daß, wenn auch ber König als Fuͤrſt das Vergan gangene vergeffe, er dach als 
ber Befchie des Papſtes die Ketzer auscotten müfle. Dem gemäß feberte 
Ä — Beftrefung der Ketzer; der König ernannte eine Gommifflon, vor welcher 
erfchienen. Unter ihnen war auch Chriſtine, die Witwe des Abd⸗ 
Als fie, um ihres Bemahls Andenken zu rechtfertigen, das 1517 
gegebene Decret vorzeigte, bemaͤchtigte ſich Ghriftian deſſelben umb 
—— * daraus. Die Angeklagten wurden für ſchuidig erklaͤrt 
Sechlachtopfer fielen in des Könige Gegenwart unter dem Weile des Hen⸗ 
Diefe Blutſcenen dauerten ſewol in der Hauptfladt als in den Provinzen 
heiſtian rechtfertigte fich durch die Öffentliche Erklaͤrung, daß fie für bie Rabe 
6 nothwendig wären. Darauf Eehrte er nach Dänemark zurüd. Blut⸗ 
— ſeinen Weg; in alle Staͤdte legte er Garniſonen. Auch in 
zeigte er fih geaufam. Er machte eine Reiſe nad) den Niederlanden, 
V. ‚Hälfe gegen den Herzog von Holſtein, Friedrich, feinen Oheim, mit 
is Streit gerathen, und gegen die Luͤbecker, die ftets zu Schwedens Beiſtand 
waren, zu exbitten. Bei feiner Ruͤckkehr nach Kopenhagen war ganı Schwe⸗ 
ter ders Waffen. ek's Tyrannei hatte einen allgemeinen Aufſtand 
I * rief ihn und * ihm das Erzbisthum von Lund, ließ ihn 
beſd darauf Iebenbig verbrennen, um den Papſt zu befänftigen, ber einen Le⸗ 
u nach Dänemark geſchickt hatte, um Über die Bifchöfe, weiche zu Stockholm 
m ermordet werben, Nachforſchungen anzuftellen. Um ben Papft ganz zu vers 
” änderte er in den le Altes, was das kutherthum begünftigte, für das 
Seigung gezeigt hatte. Unterdeſſen war Guſtav Waſa der Sefangenfchaft 
Ihn und haste das Panier gegen die Dänen sehoben, Die zu Wahftene zuge 





















erfreute feine Schiffe, warf [ihn auf die norwegtfche Kuͤſte, und erft nach den 


648 Chriſtian VIL (König v. Dänemark) 


ſammelten Reichsftände erklärten: Chrifttan ber ſchwediſchen Krone fir 
Die Samifon von Stockholm empörte fi wegen Mangel an Bezahlung. 
flian, deſſen Wuth aufs höchfte flieg, befahl den daͤniſchen Befehlthaber 
*7 hinrichten zu laſſen; dieſe Maßregel beſchleunigte feinen Sturz. * 
hlelt noch Stockholm, Calmar und Abo, drei Orte, welche für die Schtuſa 
Reichs galten, beſetzt; aber bald warb er von ben Luͤbeckern beunruhigt. 1 
verfuchten fogar einen Angriff auf die Kuͤſten Dänemarks. Um an ihnen 
zu nehmen, trat Chriftian mit dem Herzoge von Holſtein in Unterhandie 
welche ſich aber durch fein empörendes Betragen zerfchlugen. Inzwiſchen ie 
zwei Geſetzbuͤcher bekanntmachen, wodurch einerfeits bie Geiſtlichkeit beſche 
andrerſeits der Bauernſtand gehoben wurde. Dieſe allerdings weiſen und me 
Uchen Maßregeln waren mit andern vermengt, bie allgemeinen Unwillen « 
mußten. Man murrte einſtimmig über die Verſchlechterung des Geldes und i 
bie umerträgliche Laft der Steuern. Die jütländifchen Bifchöfe und Genut 
unterrichtet von den Geſinnungen des Adels, entwarfen zuerft den Plan, 9 
König aufzuftchen.. Zu Ende 1522 erfärten fie Ihren Unterthaneneib fürn 
Chtiſtian feiner Rechte für verluftig, und boten die Krone dem Herzog von He 
Friedrich, an. Der König, der Verdacht gefchöpft hatte, berief den jütiänhll 
Adel nach Kallundborg in Seeland, und da fi) Niemand einfand, von neumS 
nach Aarhuus in Juͤtland, wohin er fich felbft begab. Seine Antımft y 
Verſchworenen, die Ausführung ihrer Plane zu befchleunigen. Sie verſcc 
ſich in Viborg und faßten dafelbft zwei Urkunden ab, In deren einer fie deni 
abfegten und in der andern Friedrich auffoderten, vom Throne Beſitz u ul 
Der Bürgerkrieg war dem Ausbruche nahe, als Chriftian feine eigne © 
gab. Er verließ im April 1523 Dänemark, indem er die Königin, (eine 
feine Koftbarkeiten und bie Reichsarchive mit fich auf die Flotte nahm. Ein€ 



















ten Gefahren erreichte er Veere auf Seeland. Karl V. begnügte fib, | 
Friedrich als dem ihtländifchen Adel und der Stadt Lübe zu verbieten, 
Chriſtian zu handeln. Diefer rüftete indeß ein Heer und eine Flotte aus uml 
dete 1531 zu Opslo in Norwegen. Aber feine Truppen erlitten neue X 
. Angegeiffen in feinem Lager durch die bänifche und hanſeatiſche Flotte, zog rl 
bie Stadt zuruͤck; feine Schiffe wınden ein Raub der Flammen. Alle 
quellen beraubt, machte er den bänifchen Generalen Vergleichsnorfchläge 
ihen endlich ein ſicheres Geleit ausftellten, damit er fich auf der Dänifchen Fl 
Kopenhagen zu einer perfönlichen Zufammenkunft mit Friedrich begebm F 
Im Juli 1532 kam er vor Kopenhagen an; allein Sriebrich verwarf den o 
nen Vertrag und ber Senat verfügte Chriftians Verhaftung. Dem g 
man ihn auf das Schloß Sonderburg auf der Inſel Alfen. Dier ** 
Jahre in der Geſellſchaft eines Zwerges und ſpaͤter eines alten Invalliden in 
Thurme, deſſen Thuͤre man vermauert hatte. Alles verließ ihn. Au 
Ehriſtian III. den Thron beſtieg, wurde fen Schickſal vermoͤge eines Werten 
Karl V. gemildert. Er lebte von 1546 an zu Kallundborg von einer ihm 
tolefenen Rente und ſtarb daſelbſt ben 24. an. 1559. Gene Gemahlia 
fline, eine Bekennerin des Lutherthums, hatte ſtandhaft bis an ihren Tob 
fein Unglüd getheil. Ex hatte drei Kinder: Johann, der 1532, 139. 
Regensburg ſtarb; Dorothea, mit der ſich Friedrich, Kurf. von der Pfel, 
Ghriftine, mit der fi) Franz Sforza, Herzog von Mailand, und in zweiter 
Stanz, Herzog von Lothringen, vermählte. 

Chriſtian VII, König von Dänemark, geb. 1749, aus ber erſten 
Friebrichs V. mit gouife von England, folgte f. Vater am 13. San. 1766. 1 
demſ. Isuttlgliäte ex ſich wit Georgs ILL. von England Schweſter, Karoline 


Ehriſtian Friebrih von Holſtein 648 


"Auf f. Reiſe von 176769 durch Deutfchland, Holland, England und 
reich, beſuchte ex Die außgezeichnetften Gelehrten, die Akademien und Iiteraris 
Befeilfiihaften, warb zu Gambridge D. der Rechte und hinterließ alfenthalben 
uf eines leutſeligen und unterrichteten Fürften. Anfangs fland der Graf . 
G. v. Bernfterff, der Friedrichs V. ganzes Vertrauen befefien hatte, an ber 
bee Befhäfie: aber 1770 nahm Struenfee (f.d.), des Könige Arzt, 

Gewalt über ihn getwonnen hatte und auch die jungen 
ige Königin für ſich einzunehmen wußte, diefen Poften ein. Die Neues 

‚ weiche diefer Miniſter vornahm, erregten den Haß des Adels und bie Uns 
beit des Militairs. Die herrfchluftige verwitwete Könign (Julie Marie 
unſchweig, Stiefmutter Chriftians) war umfonft bemüht geweſen, Chriftian 
Bemabfin zu entzweien, um ſich der Gefchäftsleitung zu bemächtigen. Sekt 
fie fi mit einigen Mißvergnügten und am 16. Jan. 1772 gelang es Ihe, 

ninſchaft mit diefen und ihrem Sohne, dem Echprinzen Friedrich (Chri⸗ 
), .untee dem Vorgeben, daß die Königin und Gtruenfee 
umgingen, ihn eine Entfegungsacte unterzeichnen zu laffen, dem lange ſich 
mben König die Ausftellung eines Verhaftsbefehls gegen die regierende Mös 
unb Struenſee abzudringen. Geitdem war die Führung ber Gefchäfte in 
mb der Königin Julie umd ihres Sohnes Friedrih. Der König, dem eine 
Mranfheit den Gebrauch der Vernunft raubte, regierte nur noch dem Namen 
1.1784 trat der jetzige König als Mitregent an die Spige der Regierung. 
edeich VE.) Bor der Einnahme der Hauptftabt durch die Englänbel, 
kette man Cheiftian VII. nad) Rendsburg ins Holfteinifche gebracht, wo 
März 1808 ſtarb. Die Königin, Karoline Mathilde, hatte, 
Ka man fie auf das Schloß Kronburg geführt fid) über ihre Verbindungen 
henenfee gerichtlich vernehmen laſſen müffen. Sie begab ſich fpäter nach 
wo fie 1775 farb. Cheiftian hatte nur zwei Kinder, dem jetzigen König 
4 VL unb bie Prinzeffin Augufta, verm. mit dem verft. Herzoge v. Holſtein⸗ 
laburg. Merkwuͤrdig find über Struenſee's Kataſtrophe die „Memoires 
de Falckenskiold”, koͤnigl. dan. Generalmajor, herausg. von Secretan 
11826). 
er an Friedrich von Holften, aͤlteſter Sohn des. 1805 verft. Erb⸗ 
friedrich von Dänemark (Halbbruber des Waters des jebigen Königs) und 
Kronerbe, geb. den 18. Dec. 1786, Generalgouverneur von Kühnen unb 
reines Sinfanterieregimentse. Won ſ. erften Gemahlin, Charlotte v. Meck⸗ 
von ber er ſich 1812 gefchieden, hat er einen Sohn, Chriflien 
ich Karl, geb. 1808. 1815 hat er ſich wieder vermählt mit Karoline 

‚ X. des Herzogs von HolfteinsSonderburg-Auguftendurgg. Er wohnt 
fee ober auf Sorgenfrei bei Kopenhagen, und bereifte 1819 Frankreich und 

1813 warb er Statthalter in Norwegen, zu einer Zeit, wo Rußland 
nueben, von England und Preußen unterftügt, mit Dänemark, das, mit 
ich im Bunde, Krieg gegen England führte, Liber die Abtretung Norivegens 
nbeiten. K. Kriedrich VI. erklaͤrte den 23. April: daß er fich nie entfchlies 
be, Rorwegen gegen bie Provinzen, die an das Holfteinifche grenzten, um⸗ 
en. Die Unterhanblungen zerfchiugen fi), Dänemark ſchloß am 10. Juni 
gen Bund mit Frankteich und erlärte an Schweden, Rußland und Preu⸗ 

Krieg, mußte aber im Frieden zu Kiel (f.d.), 14. Ian. 1814, Norwe⸗ 
Schweben abtreten. Als ber Statthalter, Prinz Chriftian, den 28. San. 

Normaͤnner diefen Vertrag vorlegte, fo vermarfen fie 
mehthig und nahmen das alte Hecht ihrer frühern Selbſtaͤndigkeit in Ans 

Bergebens ficherte ihnen der König von Schweden wiederholt 5 
Ing u, mit groͤßern politiſchen Rechten, als fie je unter 







> os 4 ® ® ° 
at rn 


Dat aeunindfihe Zeit erärte ſich mit rung AR (dr 
machte in Drontheim, der alten Heuptflabe de) 9} 







































in Chriſtiania augelommen, ums ihe zur Wefolgug 
Salem Biebenb — ; allein flatt aller Antwort leiftete ber Yan; 
uch: vun Ein alt Regent und erließ / 13: März, eine * 
ehen Fe dad Feſdgeſchrei des Normannen gegen Jeden ſei, der feine‘ 
Au emtaften wärbe. Zugleich verſammelte er ein Heer von 42,000 8 
ui, 20 Aptil, einen Reichetag nach Eidewold, wo bie Behrpabi u von 
lnilierztzetern des Volks, 17. Mai, ein Grundgeſetz für Norwegens $ 
weuf un den Prinzen zum Echlönige von Norwegen erklaͤrte. Als * 
un 28. Mai 1814, unter dem Namen Chriſtian I. auegerufen. Gr ſchie 
eſten Anker nach London, um Englands Zuſtimmung zu erhalten; 
keitifhen Diinifter machten die mit den Verbündeten abgefchioffenen Bei 
en den Widerſpruch der Open tion geltend und verfügten, 29. April, Du | 
Ur merwegifchen Kuͤſten. Auch Dänemark erklaͤrte durch ein Abrufungif 
Supenbagen 18. April, alles in Norwegen Geſchehene für ungültig. Un⸗ 
wg ſich ein ſchwediſches Heer an der Grenze zufanımen. und ſchwediſche Krig 
Buuugten an Norwegens Küfte. KWergebens fandten Öfreich, Rußtend, Mi 
wu England im Jnli Wevotimächtiste nad) Eheiftianig, um den Prisg 
Nechgeben aufzufodern; König Friedrich VI. drohte ihm fogar mit Nick 
dineb Berichtöhofes, der ihm das Erbfolgerecht auf Daͤnemaͤrk abfprei 
Des Kronprinz von Schweben ruͤckte daher, von Wenmesberg aus, 7.3 u 
89,000 Mann gegen’ die Grenze vor, 13,000 M. folgten und 10,000: 
ae Machhalt. Der König von Schweden uͤbernahm hen Oberbefehl über 
. won 4 Einienfchiffen, 3 Sregatten und 75 Kanonenböten, welche unter 
* Due den linken Fluͤgel deckte und Die norwegiſche Flotille von 61 
¶ Schoonern und 36 Kanonenboͤten noͤthigte, ſich zuruͤckzuziehen. Rei 
sapfern Vertheidigung, wobel jedoch das norwegiſche Heer faſt immer im Ra 
war, entſchloß ſich Prinz Chriſtian zu dem Waffenſtillſtande von Moß, 14 
wodurch Frederikahald mit Frederikſteen ben Schweden übergeben und dein 
ſche Heer, das an Allem Mangel litt, aufgetöft wurde. ' Auch genchmi 
ein: Storthing (Meichötag) gehalten werde, und Schweden verfprach, bie 
wold entworfene Verfaffung anzımehmen, bis auf die durch die Wereinig 
megens mit Schweden nothwendigen Abaͤnderuugen. Dierauf esttärte | 
Man, 16. Aug., zu Moß, daß und warum er die normwegifche Königskene 
ge. Das Volk in Chrifttanta gerieth in unruhige Bewegung. Man [dei 
u Verraͤtherei; allein bald fügte fich Alles in bie neue Ocbmung. Prinz € 
der zu Ladegardsoen bei Chriftiania frank war, übertrug die Regierung dem 
rathe, ſtellte, 10. Oct, dem Storthing die Entſagungeurkunde aus um: 
ich nach Daͤnemark ein. (8. Schweden und Norwegen.) 
Ehriftiania, Hauptſt. des Königreichs Nortvegen, Sit der! 
"Werfammiungsort bes Storthing (59° 53746” N. B.), mit 1800 H. 14 ” 
Uegt im Stifte Chriſtiania ober Aggerhuus, am noͤrdl. Ende bes Meechui 
Mansfiord, in einer Gegend, wo viel Gartenbau getrieben volch. tet 
den: Vörftädten aus der eigentlichen Stadt Chriftlania oder ber —2* 
König Chriſtian IV, 1624 nad) einem regelmäßigen Plane auffuͤhren eß, Mi 
Mabt oder Opslo und ber 1815 gefchkeiften Wergfeflung Aggerhuus. Diei 


Ude Stadt Ghriierila bildet ein Viereck von 1000 Schritten in der E 
‚ in rechten Minkeln fich durchſchneidende, —*2 
| | bene und me wel Secc hohen, weigeeutheils | m 























Chriſtine (Königin von Chweben) . 684 


mu befepte Straßen, und nimmt mit jedem Jahre an Schönheit der Bauart 
Bu bemerken find das koͤnigl. Mefidensfchlöß, das neue Rathhaus und Die 
Biefe. Seit 1811 befindet fich hier eine Univerfität (Friedericia) mit einem 
y. Seminar, botan. Garten, Sternwarte, Bibliothel, Sammlungen, 18 


1 


und 200 Studenten. Außerdem find bier eine Kriegsſchule, e. Hate 
Nut, e. patriot. Befellfchaft, e. Reichsbank u. ſ. w. von Fabrikanſtalten 
n großes Alaunwerk zu bemerken. Der wichtige Handel, vorzüglich mit 
s and Eiſenwaaren, wird durch den teefflichen Hafen beguͤnſtigt. Mau 
vera Werth der jährlich ausgeführten Breter auf 810,000 Gulden. In ber 
er Stadt find 136 Saͤgemuͤhlen, weiche jaͤhrl. 20 Win. Planken liefern. 

ihriſtine, Königin von Schweden, geb. den 9. Dec. 1626, Tochter 
ı Kdelfs und der durch ihre Schönheit und ihren Gefhmad für die Künfke 
Ihueten Prinzeffin Maria Eleonore von Brandenburg. Guftav, ber in 
zem Die einzige Stuͤtze feines Thrones ſah, wandte die größte Sorgfalt amf 
Hebung. Er ließ fie männlich erziehen und in allen Wiffenfchaften unters 
‚ weiche ihren Geiſt bitden und ihren Charakter Eräftigen konnten. Nah ſ. 
wi Lüpen, 1632, gaben die Reicdyaftände der Gjaͤhrigen Königin Chrifline 


fehſten Kronbeamten zu Vormuͤndern, indem fie diefe zugleich mıit der - 


derwaltung beauftragten. Die Erziehung Chriſtinens wurde nach dem Plane 
Meifs fottgefeht. Ausgefigttet mit einer lebhaften Einbilbungskraft, 
Gedaͤchtniß und einem feltenen Werftande, machte fie die 
Fertſchritte; fie lernte die alten Sprachen, die Sefchichte, Geographie, 











Zugleich verrieth fie ſchon damals jene Sonderbarkeit in ihrem Be⸗ 
Charakter, wovon ihr ganzes Leben das Gepräge trug, und die vlelleicht 
Ergebniß ihrer Erziehung als ihrer angeborenen Neigungen war. Gie 
in SrauenBleidern erfcheinen, legte gern große Strecken zu Fuß umb zu 
und theilte die Beſchwerden und felbft die Gefahren ber Jagd. Dei 
unterwarf fie fich ſchwer. Gegen Die, weiche fie umgaben, zeigte 
Die größte Vertraulichkeit und verhähnenden Stolz oder Achtung ges 


Die Ihre Bormänder in Erflaunen fegte. Schon 1642 trugen ihe bie 
am, bie Regierung felbft gu Übernehmen, allein fie entſchuldigte fich 

Jugend. Erſt 2 Jahre nachher fing fie an felbft zu regieren. Eine große 
Isle in dee Arbeit und eine unerfchütterliche Feſtigkeit bezeichneten ihre erſten 
L Gie enbigte den 1644 mit Dänemark begonnenen Krieg und erbiet 
w Werteng zu Brömfebro 1645 mehre Provinzen. Sodann befchleunigte 


* Die Regierungskunſt. Bald zeigte fie im Staatsrath eine Reife des 





a Orenſtierna's Meinung, der durch die Kortfegung des Kriege noch erde . 


fr Schweden zu erlangen hoffte, die Wiederherſtellung der Rue 
ſchland, um nachher ſich ungeftört ihrer Neigung zu den MWiffenfchaften 
MEuſten des Friedens überlaffen zu können. Chriftine war durch ihre Ta⸗ 
b derch die politifchen Umſtaͤnde berufen, bie erfte Rolle im Norden zu ſpie⸗ 
d einige Zeit hindurch zeigte fie ſich empfaͤnglich für diefen Ruhm. Bei 


; 





| ‚ Spanien, Holland, England bewarben ſich um ihre Freund» 
Se beförberte den Handel burc eine weiſe Geſetzgebung und vervollkomm⸗ 
gechceten unb literariſchen Anftalten. Die Nation war ihr zugethan und 
Ih, die Tochter Guſtavs, umgeben von Feldherrn und Staatsmännern, 
große Fuͤrſt gebildet hatte, an der Spige der Megierung zu fehen. All⸗ 
ußerte ſich ber Wunſch, daß die Königin einen Gemahl wählen 
ſeiches Band war Cheiſtinens Unabhängigbeitäfinn entgegen. 





ey 


entfagte den Vergnügungen ihres Alters, um ſich ganz den Stubien 


Der Kanzler Orenflierna warb von ihr wie ein Vater geehrt; fie 


behauptete fie die Würde ihrer Krone und die Ehre ihres 





652 Chriſtine (Königin von Schweden) 


Fürften, die fich um ihre Hand bewatben, zeichnete ſich ihr Vetter, A 
von Pfalzzweibrucken, durch einen edeln Charakter, ausgebreitete Ken 
große Klugheit aus. Sie lehnte f. Antrag ab, bewog aber 1649.die R 
ihn zu ihrem Nachfolger zu beftimmen: Darauf (1650) Tieß fie ſich 
Pracht und unter dem Königstitel kroͤnen. Seitdem veränderte fich ihr 
auf eine auffallende Weiſe. Sie vernadjläffigte ihre alten Minifter ur 
den Rath ehrgeiziger Lieblinge. Die Ränte kleinlicher Leidenſchaften 
bie frühern edeln und nüglichen Anfichten. Der Schag ward durch Ber 
erſchoͤpft. Auszeichnungen wurden Unwuͤrdigen verliehen, und bie E 
zeugte nicht nur Klagen und Murten, fondern felbft Parteiungen. In 
wirrung erklärte bie Königin, daß fie bie Regierung niederlegen wolle. 
Guftav Adolfs Andenken ehrenden Minifter machten die ftärkften V 
bagegen, und Orenftierna vor Allen druͤckte ſich mit fo viel Kraft aus, 
nigin von ihrem Entſchluß abftand. Sie übernahm mit mehr Feſtig 
gierung wieder und zerſtreute auf einige Zeit die Wolken, bie fih um i 
erhoben hatten. Dabei befchäftigte fie fih mit den Studien, kauft 
Münzen, Handſchriften, Bücher, unterhielt mit vielem Gelehrten | 
und berief mehre an Ihren Hof. Descartes, Grotius, Salmafius, Bo 
Ehevreau, Nauds, Vofftus, Conring, Melbom erfhienen in Stodho 
Königin unterhielt mit ihnen lebhaften Verkehr. Unter den literariſd 
kelten, ‚bie fie mit den ernfthaften Studien verband, war auch ber griec 
welchen fie von Meibom (f.d.) und Naude ausführen lief. Abern 
rangen zeigten fich, und Meffenius’s Verſchwoͤrung hatte nicht nur I 
ber Königin, fondern fie ſelbſt bebroht. Chriftine, die überhaupt di 
dentliche liebte, beſchloß aufs neue dem Throne zu entfagen. Sie 
1654, bamals 29 3. alt, die Reichöftände zu Upfala und legte in ihrer 
bie Zeichen der koͤnigl. Würde ab, um fie ben Händen des Prinzen Kat 
übergeben. Sie behielt ſich ein beftimmtrs Eintommen, völlige Um 
Perfon und die höchfte Gewalt über alle Diejenigen vor, die zu 
gehörten. Einige Tage nachher reifte fie ab und ging über Dänemark u 
land nad) Brüffel, wo fie feierlich einzog und einige Zeit verweilte. 
insgeheim und nachher zu ——— zur katholiſchen Religi 
Schritt, der großes Aufſehen erregen mußte, und über deſſen Anläſ 
Beſtimmtes angeben läßt. Von Innsbruck reiſte Chriſtine nach Roı 
Amajonenkleidung zu Pferde mit vielem Glanz einzog. Da Papſt At 
fie conficmirt hatte, fegte fie ihrem Namen noch den Namen Aleffandı 
beſuchte die Denkmaͤler und verweilte aufmerkfam bei Allem, was hi 
innerungen weden konnte. 1656 reifte fie nad) Frankreich und verwe 
tainebleau, zu Compiegne, wo damals ber Hof ſich aufhlelt, und zu $ 
fehr ihre Tracht und ihre Sitten Anftoß gaben, fo fehr ließ man body | 
. tem umb Kenntniffen Gerechtigkeit widerfahren. Sie wollte die Vern 
ſchen Frankreih und Spanten werden ;Tallein Mazarin lehnte biefe $ 
ab und wußte mit gutem Anftand ihre Abreife zu beichleunigen. Dei 
auf kam fie zuruͤck; diefer zweite Aufenthalt in Frankreich ward durch 
tung ihres Oberftallmeifters Monaldeſchi merkwürdig, der ihr ganzes 
beſeſſen hatte, aber bes Hochverraths von ihr befhulbigt wurde. Dief 
der Rache bleibt, wiewoi ſelbſt Leibnig fie vertheidige hat, ein Flecken 
denken Ghriftinens. Auch gab ihr der frang. Hof fein Mißfallen zu erl 
wei Monate vergingen, ehe die Königin ſich öffentlich in Paris zeig 
1658 nach Rom gzuruͤckgekehrt war, erhielt fie wenig erfreuliche Rad 
Schweden. Ihre Gelder blieben aus, und Niemand wollte ihr Vorſchi 
Aus diefer Vexlansabeit yog fe Ulerander VII. durch eine Penfion v 


‚Shriftoph der Kämpfer 658 


Nach dem Tobe Kari Buftaus; 1660, unternahm bie Königin eine Reiſe 
Schtoeden. Sie gab vor, ihre oͤkonomiſchen Angelegenheiten ordnen zu wol⸗ 
Mein man bemerkte bald, daß fie andre Abfichten habe. Da ber Kronprinz 
he jung war, erklärte fie, daB fie auf f. Todesfall den Thron in Anſpruch 
n werde. Man nahm jedoch diefe Idee übel auf und nöthigte fie, eine foͤrm⸗ 
ntfagungsacte zu unterzeichnen. Andre Unannehmlichkeiten bewogen fie, 
ins zu verlaffen. Indeß kehrte. fie 1666 zum zweiten Mat nach Schweden 
ging aber, ohne die Hauptſtadt erreicht zu haben, nach Hamburg, als fie 
daß man Ihe die Öffentliche Ausübung ihrer Religion nicht zugeftehen werbe. 
fe Zeit bewarb fie ſich um die polnifche Krone, ohne daß jedoch bie Polen 
achteten. Enblidy kehrte fie nad) Italien zuruͤck, wo fie ben Meft ihrer Tage 
ws im Schoße der Künfte und Wiffenfchaften verliebte. Sie ftiftete eine 
nie, beachte koſtbare Sammlungen von Handfchriften, Münzen und Ge 
zuſammen und flarb, nachdem fie noch manchen Kummer erfahren, am 
ril 1689. Sie warb in der Peterskirche beigeſetzt, und ber Papſt ließ ihr 
ntmal mit einer langen Inſchrift errichten. Sie fetbft hatte nur die wenis 
octe verlangt: Vixit Christina annos LXIII. Ihr Haupterbe war der 
ei Azzolini, Ihe Intendant: Die Bibliothek kaufte Aterander VIIL, ber 
bandfchriften im Vatican nieberlegen ließ und bie übrigen Bücher feiner Fa⸗ 
ns. Die Bemätde und Antiken kaufte Odescalchi, der Neffe Innocenz XL 
bee Herzog Regent von Frankreich einen Theil der Gemälde um 
Saudi. Den Reichthum diefer Sammlungen erkennt man'aus den beis 
Ben, worin fie befchrieben find, naͤmlich Haverfamp’s „Nummophylacium 
inas“ und das „Museum Odescaleum”. Chriftinens Leben zeigt 
von Ungleichheiten und Widerfprüchen ; man fieht von einer Seite Stofg, 
, Breimüthigkeit, Sanftmuth, von bet andern Eitelkeit, Härte, Rach⸗ 
Verſtellung. Ihre Kenntniß des Menſchen und der Welt, ihre Einficht, 
und durchdringender Verſtand bewahrten fie nicht vor thoͤrichten 
alchymiſtiſchen und aſtrologiſchen Träumen und andern Taͤuſchungen. 
einige Beine Werke hinterlaffen, in denen fich ihr Charakter und ihre Denk⸗ 
und die größtentheild in Archenholz’s Memoiren diefer Prinzeffin 
4Bde., 4.) enthalten find. Die Echtheit der 1762 unter ihrem Namen 
Briefe IR durch nichts erwieſen. 
riſto ph der Kämpfer, Herzog von Baiern, geb. den 5. Yan. 1449, 
Aetersmann in Baiern, wurde das Opfer bes neuen politifchen Syſtemo 
gend auf war er mehr für die Waffen, Jagd, Ringen und Laufen als für 
je Unterricht. In der Refidenz zu Mündyen zeigen noch drei Nägel 
bie Hoͤhe, zu der er es im Springen brachte. Daneben liegt ein gro⸗ 
in von mehren Sentnern, welchen er wit den Fuͤßen weit fchleuderte. Da 
uber , der vegierende Herzog Albrecht, die Alleinherrſchaft zu behaupten 
fo befanı Ehriſtoph nur einige Güter und Schlöffer. Alein von Natur 
„ aufbraufenb und ungeftüm, hatte Chriftoph Immer Händel mit f. Bru⸗ 
Reſer ief ihn einfl, ta er eben im Bade war, gefangen nehmen, denn auf 
zt wagte Keiner ihn zu ergreifen. Er wurde dann in die Altvefte zu Müns 
Inmgen geſetzt. Sein Waffengefährte, Pfalzgraf Otto von Neumarkt, fuchte 
retten, alleln das Unternehmen gelang nicht, worauf der Herzog ihn auf 
den ber Staͤnde los lief. Entruͤſtet ob folder Behandlung, raͤchte ſich 
ph dadurch, daß er ben Grafen Niklas von Abensberg, Vertrauten des Her⸗ 
16 diefer auf ber Straße nad) Freifing gegen feine Burg ritt, erfchlug. Noch 
B Denömat biefer That auf derſelben Straße. Diefer Abensberger, der am 
van der Befangennehmung bed Herzogs Antheil hatte, mar ber legte feines 
med. Auf der durch Pracht und Aufwand befannten Dochzeit des Herzogs 













654 chriſtoph (derzeg von Wäctemberg) 


Georg von Bailern⸗Landehut erlegte Chriſtoph im Zweikampfe be 
Ritter aus dem Norden, ber die ganze bort verfammelte deutſche Ritt 
Ehriſtoph machte viele Feldzuͤge, beſonders im ungarifchen Heere ı 
füyen Kriege mit, wo er ſich durch feine Tapferkeit Ruhm erwarb. 
er fich an die Helme des Derzog6 Georg an, welche dem König Mc 
Ungarn zu Hülfe eilten. Er erkletterte zuerft die Mauern von © 
und öffnete dem Kalfer bie Thore. Als der regier. Herzog durch [ 
ſchaft die Rechte und Freiheiten bes Adels in Batern befchränkte, w 
gen. von dem Abel gebilbete Loͤwlerbund den Herzog Chriftoph zu | 
Diefer Bund führte mit dem Herzog Krieg, wurde aber bald burd 
und das Anfehen des Kaiſers aufgeloͤſt. Hierauf zog Herzog Chri 
ruhigen und freubelofen Lebens im Vaterlande müde, in Begleitn 
fien und Edlen Deutfchlands nad) Paldftina., Auf der Heimkehr 
Schwäche. Er ſtarb zu Rhodus in den Armen des Großmeiſters, 
denberg, Bruders der Gemahlin bes Grafen von Abensberg, den 

en hatte, am 15. Aug. 1493, 

hriſto ph, Herzog von Wärtemberg, geb. 1515, der ein; 
3096 Ulrich von Wuͤrtemberg und ber balriſchen Prinzeffin Sabin 
Bein Jahr alt, von feiner Mutter, die aus Wuͤrtemberg entflob, nebfi 
fler verlaffen; in feinem 4.3. vertrieb der ſchwaͤbiſche Bund feinen 
und Leuten und verkaufte, ohne Ruͤckſicht auf den ſchuldloſen Soh 
thum an Hſtreich; Chriſtoph ſelbſt ward nach Inebruck und dann 
bracht, um bier erzogen zu werden, und wäre 1529, bei der Bel 
durch Soliman, beinahe in türkifche Befangenfchaft gerathen, wem 
zieher Tyfferni ihn gerettet hätte; berfelbe rettete ihn zum zweiten II 
Kari V. ihn nad führen, und mit ihm feine Anfprüche aı 
In ein ſpaniſches Kiofter begraben wollte; durch Tyfferni veranla 
Prinz, als man fchon an den Grenzen Staliens war, und gelaı 
abenteuerlichen Flucht gluͤcklich zu feinem Oheim, dem Herzog von ! 
trat er, nicht ohne Einwilligung feines Waters, mit feinen gegruͤnde 
auf Wuͤrtemberg Öffenttich hervor, unterſtuͤzt von vielen deutfchen 
von auswärtigen Königen. Aber Hſtreich war nicht gefonnen, auf 
Guͤte das Herzogthum herauszugeben; um fo mehr eilte Philipp de 
von Heſſen, dem vertriebenen Ulrich, feinen Freund und Vetter, ı 
Waffen zu dem Seinen wieber zu verhelfen, wozu Stanz I. von 
Geld vorſchoß. Die gluͤcküche Schlacht bei Laufen im Wuͤrtembei 
Vertrag von Kaden, 1534, gaben das Herzogthum ben rechtmäßig: 
ruͤck, wiewol Weich genöthigt war, es als öfteeich. Afterlehn anzuer! 
ſtoph war inzietfchen feinem Water ſremd geworben, und fhon darun 
gettebt, weil es mit Balern verwandt war; er mußte beßhalb W 
neue verlaffen und trat in franzöfifchen Dienft. Endlich nach Sjät 
heit rief Ihn fein Water zuruick, vermaͤhlte Ihn mit ber anfpachifchen) 
Maria, 1544, und von jet an lebte Chriſtoph einige Fahre mit fet 
big in Mönpelgard, das ihm zum Sig angewiefen war, bis das Un, 
über Wuͤrtemberg hereinbtach und ihn zur angefizengteften Thaͤtig 
Herzog Ulrich, dee 1546 am ſchmalkaldiſchen Kriege gegen Karl V. 
men hatte, wurde vom König Ferdinand deßhalb der Felonie angeklag 
zogthum felbft als verwicktes öftreich. Afterlehen von demfelben in Aı 
men. Schon war der Proceß eingeleitet, und MWürtemberg aberm 
verloren zu gehen, als Ulrich im Nov. 1550 flarb. Zwar übern: 
fogleich die Regierung des angefochtenen Derzogthums; auch wurde 
felbft gegen defien Bruder, den König Ferdinand, beguͤnſtigt; demno 


n@heifioph ¶ Herzog von Bihrtemberg)" 688 


saß fest. bie —— die Sache Chelſtophs durch dem Krieg des Kurfürkten 
von Gachſen 1662 eine guͤnſtigere Wendung nahm. Da waren bie oͤſtreich. 
fish, als fie einige unter den deutſchen Fuͤrſten zum Vermitteln geneigt 
big. fanden; auch ——5 Chriſtoph war unter dieſen, welche den paſ⸗ 
ſertrag zu Stande beachten, auf den einige Tage nachher ein zweiter folgte, 
Risiig Berbinand, gegen eine freilich bedeutende Summe Geldes, fein 
Infpehchen auf Wihrtemberg volftändig entfagte. Chriſtoph behielt das 
hum unter benfelben Verhättniffen und Bedingungen, wie es fein Water 
Biebereroberung beſeſſen hatte, und von dieſem Angenblick an nahm feltse 
optthätige Wirkſamkeit fr baffelbe Ihren Anfang ; ex wurde 

ve und religiöfer Sefetzgeber. Die ſchon von feinen Vater nach feiner 
führte, aber in der legten Zeit ducch das fogeriannte Interim‘. 33* 
bs evangelifche Lehre warb zur Freude ber Einwohner wiederhergeſtellt 
taugliche Meligionsiehrer an allen Orten geforgt. Don. Shriftopt richeti 
lihrung ber Kirchenconvente her, einer Art von Sittengerichten In jeder Bes 
bes geſammten Würtemeberge. Er hielt feine Hände ein von ben fo bebens 
wifttichen Bätern feines Landes; er bildete daraus das große wuͤrtembergl⸗ 
dyengut und verorbnete, daß daffelbe ausfchließend für bie —— dee 
mad für andre wohlthätige Zwecke vertvendet würde. Sein Werk find die 
hergiichen Kloſterſchulen für Bildung junger Beifllichen und das autge⸗ 


iſche Seminar in Tübingen. Seine Kirhmorbnungen bezeugen, 


deolog 

Migthm dieſe Angelegenheiten waren; daß bis dieſen Tag feine Anſtalten 
begeugt, wie richtig ſein Blick, wie reif ſein Urtheil war. Auch 
* Einrichtungen dauerten lange. Wohlmeinend dehnte er die ſoge⸗ 
ger Freiheiten, dieſe Grundlage der Verfaſſung des ehemaligen Her⸗ 
auf alle —— aus; er gab den Abgeordneten der Landfchaft 
Miss Hilfe an den Praͤlaten, welche er ihnen auf immer zugefellte. Unter 
Daten ſich bie Ausichäffe, unter ihm faft bis zur Unabhängigkeit die ſtaͤndl⸗ 
mmtafles wenn auch biefe Anftalten [päterhin ansarteten, fo geſchah es bach 
wen üben, fie ſchienen wendeftend anfangs und fcheinen ſelbſt noch jest Vielen 
whlkhätig. Auch gab er das „Würtembergifche Landrecht”, ein Geſetzbuch 
peeliche Verhaͤltniſſe, das in unfern Tagen fogar gegen das napoleonifche zu 
2* Er half dadurch einem dringenden Beduͤrfniſſe ab, ließ es auf 
Wende At entwerfen, indem ex die Stände beiyog, welche die — 

DS fenuen en ßen, und hielt mit Feſtigkeit über deſſen Beobachtung. Aus 
wiele ſtaatewirthſchaftliche und polizeiliche Werorbnungen vom ihm 
wollte es zatr Erleichterung des Verkehrs und Handels ben Neckar ſchiff⸗ 
Be al diefer Tpdeigfei fire das Wohl feines Heczogthums verlor er 
Dad gefamuste — che Vaterland und ſelbſt Europa nicht aus den Augen 5 
kfate der BReligion, welcher er fo eifrig ergeben war, und feiner Blaubende 
kun, wo fie immer fein maktien, ‚ertegten ſtets feine lebhafteſte Theilnahme. 
kenod Surbasiiihen Bilker in Slavonien, Servier ıc. fuchte er mit andem 
(ls. felsı reineres Ehriftenthum zu gereinnen; liberfegungen des Neuen Tes 
I eb wehrer lutheriſchen Schriften in ihre Sprache wurden in Tübingen 
& fe fie weranflaltet. Um den unglüdlichen Hugenotten in Frankreich 
u Hees Saat eh verſchaffen, hatte er eine perfönliche Zufammentunft 
Keine don icis und ben Guifen. Er teug nicht wenig dazu bei, daß 
— * ber Religionsfriede zu Augsburg 1555 zu Stande kam, 
fich zu zerſchlagen drohte. Sein herzlichſter Wunſch war, daß bie 
feiner Gonfeffion fe eng ale möglich zufammenbhielten, uns mit 
be Stürme zu beſtehen, welche, wie er vorausfah, der Religion 
nmoch bevorflanden,, und befhalb veranlaßte er mit unfäglicher Diübe 






















A} 
















d 


666 Ghriftoph (Sant) °  - Ghrifinskäpfe 


jene Zufammentunft zu Naumburg, 1560, wo fie ſich insgeſammt auf 
Halten über der augöburgifchen Confeſſion vereinten. Doch. nicht aur 
bensverwandten ſahen auf ihn und richteten ſich gern nad) feinem Rat 
gang, ſondern ſelbſt die von der katholiſchen Partei gaben ihm haͤufig 
Achtung und Zutrauen. Er mar unter den Fuͤrſten, welche das geſa 
zur Viſitation des in Unordnung gerathenen Kammergerichts in 
wählte; ex war unter denjenigen, welche als feierliche Geſandtſchaft vor 
ganzen Reichs nad) Frankreich ſich begeben follten, um bie Rüdgı 
Deutſchland abgeriffenen Iothringifchen Bisthuͤmer zu unterhandeln. %ı 
fih der Kalfer Ferdinand, daß er das letzte Hinderniß, weiches ber ! 
Sohnes Marimilian zum roͤmiſchen König noch im Wege ſtand, voll 

möchte, und welche innige, traute Steundfchaft verband. diefen ' 
felbft mit Chriftoph, den Katholiken mit dem Lutheraner, zu einer Zeit, ı 
denheit der Religion die heiligften Verhättniffe des Lebens aufhob! ! 
wirkte Chriftoph 18 Fahre als regierender Herzog von Württemberg; 
früh geſchwaͤcht von ben Anftcengungen feiner Jugend, im Dec. 151 
und bebauert von Reich und Kaifer, am meiften von feinen Unterthan: 
Vater in ihm verloren. Er murbe dem wärtembergifchen Volk allmaͤli 
fen Fuͤrſtenideal; wollten fie einen feiner Nachfolger ruͤhmen, fo hieß e 
zweite Chriftoph! — Seine Linie erloſch mit feinem Sohne Ludwig. « 
hat des Herzogs Chriſtoph Leben gründlich beſchrieben. 

Chriſtoph (Sanct⸗) gehört zu denjenigen Heiligen, beren ! 
Berebrung am berühmteften, die Lebensumftände aber am wenigften | 
Er fol aus Syrien oder Cilicien gebürtig geweſen, vom heil. Babylas, 
Antiochien, getauft worden fein und die Maͤrtyrerpalme in Kieina! 
Mitte des 3. Jahrh. erhalten haben. Reliquien von ihm werden an v 
befonders in Spanien, gezeigt. Die morgenlaͤndiſche Kirche feiert feh 
Mai, die abendiänbifche den 25. Juli. Man nahm befonders in Ze 
zu ihm feine Zuflucht. Chriſtoph oder Ehriftophel bedeutet eigentlid) ı 
Chriſti; er wird riefenhaft abgebildet, das Jeſuskind auf feinen Sd 
das Meer tragend. 

Chriſtoph, f. Haiti und Heinrich. 

Chriftus, f. Jeſus. . 

Ehriſtuskoͤpfe koͤnnen nie Ähnlichkeit eines Portraits haben 
sicht von einer Abbildung des Angefichts Jeſu, die, in Tuch abgedrud 
Abgar von Edeſſa befeffen haben fol, und von einem ähnlichen : 
Schweißtuche ber heil. Veronica (Berenice) iſt ebenfo unverbürgt als t 
einem folchen Gemaͤlde, das der Evangelift Lucas verfertigt Haben ſollt⸗ 
bar unechter Brief, den Lentulus, der Vorgänger des Pilatus, an d 
Genat gefchrieben haben foll, fchreibt.Chrifto eine maͤnnlich ſchoͤne Gef 

t#bildung zu. Unter den vorhandenen Chriftusbildern iſt das dit 
selief von Marmor auf einem Sarkophag aus bem 2. oder 3. Jahrh. 
azu Rom. Man fieht darauf Chriftum als einen noch unbärtigen ju 
mit roͤmiſchen Geſichtszugen und ſanftgelockten, herabhängenben Haa 
roͤmiſche Toga gekleidet, auf einem curuliſchen Stuhle figen. Ebendaſ 
fich auf einem andern Sarkophag aus dem 4. Jahrh. ein Chriſtusbild 
Geſicht, orientalifchen Zügen, gefcheitelten Haaren und kurzem ſchl 
An dieſes Bild haben fich Die neugriechifchen und italieniſchen Maler bi 
Angelo und Rafael treulid, gehalten. Seit dem 16. Jahrh. weurt 
Schule Jupiter und Apollo Mufterbilder fuͤr die Chriftusköpfe, welche 
Büge ber verfchiednen Nationen annahmen, deren Künftier fid) daran 
Daß eben in diefem Mangel eines beftimmten, portraitähnlichen Worb 


Chrom Chronik ‘657 


e Anweiſung liegt, das Angeficht des Goͤttlichen, wenn es eimmäl von 
Kunſt dargeſtellt werben ſoll, aus den Zügen ſittlicher Wuͤrde uiid 
ı geflalten, die das Bild feines Geiſtes und Lebens in der evangeliſchen 
ı fich trägt, und hier mehr als bei jedem andern Kunftwerke religiöfe 
‚ den Pinfel oder Meißel führen müffe, haben die großen Künffter 
von denen wir die anfprechendften Chriftusköpfe befigen. Se: höher 
ı6 Ideal in der Bruft des Kuͤnſtlers war, defto mehr Innere, jeben Be⸗ 
ifende Wahrheit wird auch fein Chriftusbild Haben. Wir wuͤuſchen 
ler, der fich daran wagen will, einen ſchoͤnen Traum, wie ihn Danne:> 
in Stuttgart hatte, bem das Bild des Heilands zu verwirklichen m 
Grabe gelungen ift. DE et >05 
m, Chromium, ein 1797 von Vauquelin entbecktes, feltente und 
g gefanntes Metall von weißer Farbe, fehr fpröde und zum Stäritelyeh 
ein hohen Hitzgrad erfobernd. Drydationsflufen kennt man:zwe}, bie 
ner und bie anbre von heldlichrother Farbe. De Lfkere- iR im Woſte 
nd befigt die Eigenſchaften einet Säure, weßhalb fie auch Chit om: 
nnt wird. Die Säuren fcheinen weder auf das regüliniſche, iöch auf 
Metall eine bedeutende Wirkung zu haben ; "die Alkaͤllen verkalken ˖ed 
ung der Chromfäure mit Alkalien ſchlaͤge die meiſten metalliſthen Auf⸗ 
it ſehr ſchoͤnen Farben wieder. Cs findet ſich im Nethbiriez, in 
im Smaragd u.f.w. Des grünen Kalkes hat man ſich Mader Por⸗ 
mit gluͤcklichem Erfolg: ya mehren grünen Sarbenfchattirungkh bedidik. 
matifch. Die Griöfie- verbanden Dr Umfang ihrer Wink 'ntage 
hen Tetrachorden, die aus ber Folge eines stoßen halben Totee und 
ben Toͤne beſtanden/ und aus deren Zuſanimenkettung diejenige Ton⸗ 
efchein kam, die man das biatoniſche Klanggeſchlecht oder die biatonifche 
ant, ſondern auch zu ſdithen, die aus der Folgezweber halben Toͤne und 
Terz (5. B. aus der Tonfolge e, f, ſis, a) beſtanden, unb nanntäh:dte 
Tonreihe, die aus diefen Tetrachorden herborging, das chromiatiſche 
Kianggefchlecht, wahrſcheinlich, weil man gewohnt war, Die Hesiutis 
ritte mit einer andern Farbe oder Tinte zu bezelchnen als die diakoni⸗ 
‚in der neueren Muſik hat män die Folge der halben Toͤne zu einem be: 
aggefchlecht oder zu einer beſondern Tonkeiter georbnet, die man auch 
aennt. Sie entſteht, wenn man diejenigen Moͤdlficationen der Töne, 
derſetung der harten oder weichen Tonart ˖ uf die uͤbrigen ine! der 
thwendig macht, mit der Reihe der urſpruͤnglichen Toͤne verbindet. 
em Theile dieſer Verſetzungen ber Tonart verſchiedene Töne um- einen 
n Ton erniedrigt werben muͤſſen, fo ergeben ſich daraus eigentlich zwei 
Battungen dieſer chtomatiſchen Tonreihe, naͤmlich diejenige, bie ſich aus 
g ber Toͤne, als e, eis, d, dis, e, f, fis, g, fie, a; ais, h, und diejenige, 
ee Erniedrigung ber Töne, als c, des, d, ed; &, f, ges, g, as, a, 5, h 
In beiden find aber nur die einen kleinen halben Eon ausmachenden 
hyromatiſch, wie e, eis; des, d u. f. w.; Wr uͤbrigen, bie einen großen 
bilden, wie cis, d oder c, des, find biarenifdh.‘ Daher neint-man 
ne ſolche Tonleiter biatonifchschhromatifcdh. (Wal: Ton, Tonart.) 

nit. Die Chroniken, oder geſchichtlichen Detftellungen einer Zeit un⸗ 
ch von den Annalen (geſchichtl. Jahrbuͤchern), mehr dem Worte 
he nach; denm bie älteften Chroniken find Anmalen, weil die Begeben- 
we Folge ber Jahre angeordnet find. Im fttengern Sinne des Worte, 
hroniken ober Zeitbücher die Geſchichte einer Zeit überhaupt mit ihren 
Reiten, ohne Beſchraͤnkung auf ein befonderes Volk und ohne Hinſicht 
e Anordnung und Darftellung, nach der Folge der Jahre enthalten; 
Giebente Aufl. 8b. IL, a 


656 Chriſtoph (Sanct) Ghriſtu 


Zuſammenkunft zu Naumburg, 1560, wo fie ſich Ing 
— [ren der augsburgifchen Gonfefflon vereinten. Dot 
benövertvandten fahen auf ihn und richteten fich gern nach 
gang, fonbern ſelbſt die von der Earholifchen Partei gaben i 
Achtung und Zutrauen. Er tar unter den Fuͤrſten, weid 
gar Bifftation des in Unordnung gerathenen Kammer“, 
wählte; er war unter benjenigen, welche ais feierliche @r 
ganzen Reiche nach Frankreich ſich bogeben folten,. 
Deutfchland abgerifienen Toten — 


Sohnes Marimilian zum roͤmiſchen König. no 

gen möchte, und welche Innige, teaute Freunt 

felöft mit Chriſtoph, den Katholiken mit bem £r- 

denheit der Religion die heiligften Werhäteni; ? 

tolckte Chriftoph 18 Jahre als regierenber 

fehh geſchwacht von den Anftrengungen *; 

und bedauert von Reid) und Kalfer, an; Al 
Vater in ihm verloren. Er wurde dem IN and d 
ften Fuͤrſtenidealz wollten fie einen ſein ıgeedne 
‚zweite Chriftoph! — Seine Linie er Jıyen Benel 


hat des Herzogs Chriſtoph Leben gri 14 Ehre Überhaupt. 

Chriftoph (Sanct-) 08, be6 Dtto vor 
Berehrung am berühmteften, d Ejupprand’s „Gef; 
Er foll aus Sprien ober € ion diwie des Gregor 
Antiodien , getauft worden Eongobardiſche Ge 


Mitte des 3. Jahrb, exh Hichte einzelner Provi 
befonders in Spanien, gegel ‚ihtei Demi), fmner 
abendlaͤndiſche d, 1. Eginhard’s Geſchichte Karl 
> Sie find zum Theil i 


gefunden morben find, ode 

seilche Buch in deutfcher Sprache | 

Allgemeinen tragen die gefpichtii 

in welcher ‚fie. entftanden 

ten und, insbefondere die Denkart der 

feliche Befchränftheit und ihre zum 

leicht; auch find fie voll won theol 

bahingegen find fie aber quch von den 

hlichen Maifonnement frei, welches man 
Dragmatiemns gerühmt hat und für die | 

; heittener Geſchichtsforſchung hat maı 
welche die. Begebenheiten, denen fie gewidm 
tifchee-Runft erzählen, von den Chroniken u 

ölfene Darftellungsweife hertſcht; doch md 
bichtöwerken ‚der neueften Zeit den Vorzug 
Biftorifche Kunft nicht in die Glaͤtte des Styis, 
amgen frkt, die man bei der Erzählung der Bege 
Neuere ‚Hiftoriker haben ſich des Titels Chror 

aflen bedient, — Über die Chroniken und Annalen d 
hateinifd) geſchtiebene Abhandlungen Roͤsler's, beſ 





Su, zonfg Gpronologie 69 - 


), und die Directorien von Freher und Adelung zu 
tung biefer Quellen der deutfchen Geſchichte ver⸗ 








0905, die Zeit), was in gewiſſe Zei⸗ 
bezeichnet man bamit, im Gegen» 


‚m gehören diejenigen, 
I ‚Stutfoftern, ihren Grund 
‚8, Geiftess und Gemüthes 
owie Krankheiten des Repro⸗ 
u on der organifchen Maffe ihren 

N. N zrierigen Verlauf haben. 2) Alle 
NS RN „erlauf uͤberſchreiten und längere Zeit 


„ceift, ober welche ſich zu einer andern 





N N > aben ihren segemäigen und beftimmten 
J u 3. bis 4. Tage, gewoͤhnlich am 7., 14., 
— N ..n. Wird aus Mangel an Naturkräften oder 
> ie kritiſche Entſcheldung derfelben geftört, fd fegt 
II weneſung überzugehen, in einer andern Geſtalt fort 

= Fieber und Metaftafe.) Zu ben fchon an ſich 

Du) et erſten Claſſe kommt zuweilen noch ein fiebechafter Zus 

Fortſchreiten der Krankheit aus dem urſpruͤnglichen Gebiet 
‚at herruͤhrt; dies nennt man ein chroniſches Fieber. Dahin 
‚enannten ſchleichenden, auszehrenden, hektiſchen Fieber. ' 
oiſtichon, Ehronogramm, ein folder Vers, bei dem die 
„enden römifchen Zahlbuchftaben die Jahreszahl derjenigen Begeben ⸗ 
auf welche ber Vers fich bezieht; z. B. reges ConCeDant paCeM, 
aufammmen die Jahreszaht 1800 ausmachen: eine Spielerei, die jetzt 
ruͤbt wird. 
ologie, Zeitkunde, die Wiſſenſchaft, die Ordnung und Dauer 
ee folgenden Veränderungen ber Dinge nach einem ſichern Maßſtabe 
Der Maßſtab, deſſen man ſich hierzu bedient, find die Bewegun⸗ 
velökörper, namentlich ber Sonne und des Mondes, welche die natuͤr⸗ 
ng ber Zeit in Jahre, Donate und Tage hervorbringen. Das Bes 
vie Geſchaͤfte des Lebens noch beftimmtere Abtheilungen der Zeit zu 
ee nur durch kuͤnſtuche Mittel konnten abgemeffen werden), beachte 
leitabthellungen hervor: im Stunden, Minuten, Secunden, Terzien, 
theilung der Zeit nennt man die kuͤnſtliche. Auch in der natürlichen 
t Imbeß nody etwas Willkuͤrliches, indem es lediglich von der Wilke 
chen Punkt in den Bewegungen jener Himmeiskoͤrper man als Ans 
auehmen will, 3. B. bei der jährlichen Bewegung ben längften Som» 
ı Bhrzeften Wintertag. Deßhalb wurde von den erften Gefeggebern 
liche Leben beftimmt, wo der Anfang und das Ende des Jahres, 

Zuges fein, zugleich aber auch, in wie viel kleinere Theile diefe groͤ⸗ 
werben follten. Aus dieſem Unterſchiede der natürlichen und Fünfte 
rgerlichen Zeiteintheitung geht ein Unterſchied in der Chronologie ſelbſt 
anterfcpeibet die mathematiſche und afttonomifche und die hiftorifche. 
iſche Chronologie beftimmt die Gefege oder Dauer ber natürlichen 
> den am ‚Himmel richtig beobachteten Umläufen der Geſtirne; die 
ronologie handelt von den bürgerlichen Eintheilungen der Zeit, von 

a2* 





IE uan ysı “ausyssins YVEU WILTUUEV yeıwwuLievesse WyLyssh —öA 
—** „als die Claſſe der Weiſen und Gelehrten eines Volkes, 
Geſchaͤft. Im der chriftlichen Zeit waren es ebenfalls meift Geiſ 
ſchichtuche Zeitbücher abfaßten, wie Eufebius, der Biſchof zu 
nach. Altern vorhandenen Gefhichtbüchern fein „Chroniton” 
die alte- Gefchichte umfaßte. Hieronymus aus Stridon arbeitet 
in latein, Sprache um, und Andre festen es fort. Zu diefen C 
auch viele Geſchichtẽewerke der Byzantiner (f. d.), und das aler 
niton (‚„‚Chronicon paschale”), herausgeg. von du Sresne. Kerr 
welche von, Mönchen, befonders von den fleifigen Benedictiner 
geſchrieben wurden, und theils die Geſchichte überhaupt, feit ? 
die auf Ihre Zeit (wie die. Chronik Rhegino's, des Dtto von Freiſi 
‚bie. Geſchichte einer beſondern Zeit (mie Ljumrand's „Gefchichte | 
96), oder. einer einzelnen Nation Arie des Gregor von T 
der Franken‘, des Paulus Diakonus „Rongobarbifche Befchichte 
liſche Sefchichte” u, a.), Die Gefchichte einzelner Provinzen, Stä 
(wie 4.8. die „Chronik der. Abtei St. Denis“), ferner die © 
berühmter Münner (wie z. B. Eginhard's „Geſchichte Karls des € 
ſchichte einzelner Begebenheiten. Sie ſind zum Theil in große 
herausgegeben worden (. B. die „Seriptores rerum germani 
zum 13. und 14. Jahcrh, groͤßtentheils in lateiniſcher Sprache 
nicht einmal der, Name ihrer Verf. befannt;, dann werden fie r 
nannt, wo fie abgefaßt oder gefunden morben find, oder nach 
Das ältefte ‚große hiftorifche Buch in deuticher Sprache ift Dtto 
„Reinmchronik”, —Im Allgemeinen tragen die geſchichtlichen Ze 
‚telalter8 das Gepraͤge der Zeit, in welcher fie entftanden find, u 
Die religioͤſen Anfichten und insbefondere die Denkart der Geiftii 
alters, ihre wiſſenſchaftliche Beſchraͤnktheit und ihre zum Theil 
gläubigkeit verräth ſich leicht; auch find fie voll von theologifchen 
Nutzanwendungen; dabingenen find fie aber auch von den politiſch 


Chroniſch Chronologie 659 - 


ärenica medii aevi‘ (1798), und die Directorien von Sreher und Adelung zu 
gleichen. Eine forgfältige Sichtung dieſer Quellen der deutſchen Geſchichte vers 
Baltet die frankf. Geſellſchaft. (S. Deutfhe Geſchichtskunde.) 
Shronifch (von dem griedifchen xoovos, die Zeit), was in gemwiffe Zeis 
fie, oder was lange dauert. Gewöhnlich bezeichnet man damit, im Gegen» 
der fogenannten hitzigen, fchnellverlaufenden, die langwierigen Krankheiten. 
Neich der Begriff der chrenifchen Krankheiten bis jegt noch unbeflimmt ift, fo 
ı man ihn doch für folgende Krankpeiten feftfegen: 1) Weiche ohne Fieber ent» 
u, fic) ausbilden und eine Zeitlang fortdauern. Dahin gehören diejenigen, 
e nicht urſpruͤnglich im Gebiete der Srritabilität, im Blutfuftem, ihren Grund . 
ı, alfo Krankheiten des gefammten Nervenſyſtems, Geiſtes⸗ und Gemuͤths⸗ 
heiten, Krämpfe, Hypochondrie und Hpfterie, ſowie Krankheiten des Repro⸗ 
möfpflens, folche, die in der niedern Region der organifchen Maffe ihren 
haben, langfam entftehen und einen nigeoircigen Verlauf haben. 2) Alle 
x, weiche entweder ihren gefegmäßigen Verlauf überfchreiten und längere Zeit 
mern, als diefer eigentlich in fich begreift, oder welche fich zu einer andern 
cheit Hinzugefellen. Die Zieber haben ihren regelmäßigen und beflimmten 
guf; fie endigen ficy zuweilen am 3. bis 4. Tage, gewöhnlich am 7., 14., 
, hoͤchſtens nach 4 Wochen. Wird aus Mangel an Naturfräften oder 
aachtheilige Einwirkungen die Eritifche Entfcheldung derſelben geftört, ſo ſetzt 
Krankheit, anftatt in Geneſung überzugehen, in einer andern Geftalt fort 
chtoniſch. (Vgl. Fieber und Metaftafe) Zu den ſchon an fidy 
Krankheiten der erften Claſſe kommt zuweilen noch ein fieberhafter Zus 
ſcher von dem Fortfchreiten der Krankheit aus dem urfprünglichen Gebiet 
Ber Irritabilitaͤt herrührt; dies nennt man ein chronifches Fieber. Dahin 
hH die fogenannten ſchleichenden, auszehrenden, hektifchen Sieber. ’ 
sonodifiihdon, Ehronogramm, ein folder Vers, bei dem bie 
taımenben römifchen Zahlbuchitaben die Jahreszahl derjenigen Begebens 
auf welche der Vers ſich bezieht; 5. ©. reges ConCeDant paCeM, 
BBCH zufammen bie Jahreszahl 1800 ausmachen: eine Spielerei, die jegt 
hr geübt wird. v 
hronologie, Zeitkunde, die Wiſſenſchaft, die Ordnung und Dauer 
sauber folgenden Veränderungen der Dinge nach einem ſichern Maßſtabe 
Der Mapftab, deffen man fich hierzu bedient, find bie Berweguns 
Anmelskoͤrper, namentlich der Sonne und des Mondes, welche die natürs 
Heilung ber Zeit in Jahre, Donate und Tage hervorbringen. Das Bes 
für die Geſchaͤfte des Lebens noch beftimmtere Abtheilungen ber Zeit zu 
aber nur durch kuͤnſtliche Mittel konnten abgemeffen werden), brachte 
e Beitabtheilungen hervor: in Stunden, Minuten, Secunden, Terzien, 
| ung der Zeit nennt man bie kuͤnſtliche. Auch in der natürlichen 
ung iſt indeß noch etwas Willkuͤrliches, indem es lediglich von der Willkuͤr 
welchen Punkt in den Bewegungen jener Himmelskoͤrper man als Ans 
et anschmen will, 3. B. bei der jährlichen Bewegung den längften Soms 
Den kuͤrzeſten Wintertag. Deshalb wurde von den erften Geſetzgebern 
B bürgerliche Leben beftimmt, wo der Anfang und das Ende des Jahres, 
B und Tages fein, zugleich aber auch, in wie viel Eleinere Theile dieſe groͤ⸗ 
heit werben follten. Aus diefem Unterfchiede der natürlichen und kuͤnſt⸗ 
bar bürgerlichen Zeiteintheilung gebt ein Unterfchied in der Chronologie ſelbſt 
man sunterfcheidet die mathematifche und aftronomifche und die hiftorifche. 
suewifche Chronologie beftimmt die Gefege oder Dauer der natürlichen 
nach den am Himmel richtig beobachteten Umläufen der Geſtirne; die 
Chronologie handelt von den bürgerlichen Eintheilungen der Zeit, von. 
42* 


660 Ehtonometer Chryſolith 


den Zeitrechnungen der verſchiedenen Völker, von den alten Perioden ober bei 
teften Zeitepochen u. f. vo. Ohne Erinnerung ficht man, daß jebe dieſer Ok 
logien der andern bedarf, um verftändlich zu fein ; alle hiftorifche Chronologie g 
det ſich auf die aſtronomiſche, dieſe aber kann die Dauer der Zeitthelle nicht befl 
angeben, ohne ſich der bürgerlichen Zeiteintheilung zu bedienen. Die Matt 
tier und Aftronomen beflimmen zu diefem Behufe die Theile der Zeit, wie fi 
der Natur durdy die Bewegungen ber Sonne und des Mondes angedeutet w 
Den Anordnern des buͤrgerlichen Lebens ift es Überlaffen, geſetzlich zu beftin 
euntt ſvelchem Tage das Jahr anfangen, aus wie viel Tagen ein Monat, eine! 
Geftehen ſolle, u. ſ. w. Diefe gefeglichen Beſtimmungen begründen den Galı 
(ſ. d.) oder Almanach. Bis fo weit mußte die aftronomifche Chronologie u 
biftorifchen verbunden werben; wie aber die Zeit bei verfchiedenen Völkern b 
lich eingetheilt wurde, Binnen wir nur hiftorifch wiſſen. Die hiſtoriſche Cha 
gie trägt daher vor: 1) Die Jahresformen verfchiedener Voͤlker, wie fie durch 
geber, Religionsftifter und andre Anordner der bürgerlichen Gefelifcyaft befl 
wurden; 2) diejenigen Begebenheiten, welche von verfchiedenen Völkern pır 
gewählt wurden, d. b. zum Anfangspunkte, nach weichen fie die Folge de! 
zählten (Jugs der Hindus, Ara Nabonaffar’s, Geleucidifche bei den 
Syrern, Perfeen, Agyptern, Erſchaffung der Welt bei den Juden, Chrifl 
bei den Ehriften, die Olympiaden bei den Griechen, Erbauung Roms, 
Üra bei den Römern, Hedſchra oderFlucht Mohammed's bei den Moham 
w.a.m.). Weit hierbei fo viel Fremdartiges vorfonmt, was die 
ſchwert, fo wird 3) eine Jahresform und eine Epoche gewählt, um auf 
Jahresformen und Epochen der Übrigen Völker zuruͤckzufuͤhren und die 
beiten aller Völker umd Zeiten darnach zu ordnen. Der heutige europki 
nolog und Geſchichtsforſcher muß die Zeitangaben nad) uns fremden 
Jahresrechnungen auf ſolche zur&dführen, die im heutigen Europa geb 
den. Anleitung zur mathematifhen und afteonomifchen Chronologie 
Lehrbuͤcher der Aſtronomie; ausgezeichnet iſt u. a. der Vortrag in der „Ai 
mie” von Lalande (2. Bdo., S.270 fg., 2. Aufl.). Über hiftorifche Chro 
breitet fich, mit gleichzeitiger Feſthaltung auch des aftronom. Geſichtsp 
tere’ 6 ‚‚Abriß dee Chronologie”, und ausfchliefend behandelt die hiſtoriſt 
logie Hegewiſch's „Einleitung in die hiſtoriſche Chronologie”. Ein Haupt 
das „Handbuch der mathematifchen und technifchen Shronologie” (aus 
Ien) von D. L. Sdeler (1. Bd., Berlin 1825, 2. Bd. 1826). 
Chronometer (griech.), Zeitmeffer, alfo eine jede Uhr; befonders 
uhr, eine in England erfundene Gattung vorzüglich genau bearbeiteter Sa 
uhren, im Engl. Stop-watch genannt, deren man fich zur Beſtimmung 
Ränge bedient. Ein gutes Ehronemeter darf inmehren Monaten nur um 
cunden oder höchftens Minuten abweichen. (S. auch Zaktmeffer) " 
CEChryſalide, f. Schmetterlinge. | \ 
Ehryfeis, f. Achilles. \ 
| Chryfippus, ein berühmter floifcher Philoſoph aus Cilicien, ber 
feine Kunft und Stärke im Disputiren auszeichnete. Er war der 
der Epikurder, und foll an 700 verfchiebene Werke gefchrieben haben, 
tifchen Inhalts, von denen aber nichts Voliftändiges mehr vorhanden ifl. © 
in hohem Alter um 206 v. Chr. 4 
Shryfolith (Dtioin), ein Mineral, welches in prismatifchen 
in derben Maſſen und eingefprengt vordommt, eine piſtazien⸗ umb 
Farbe hat und durchſichtig bis durchfcheinend if. Der Stanz iſt 
Bruch mufchlig. Seine Härte ift geringer als die des Topaſes, feine 
— 3,49. Er findet ſich im Baſalt, bafattifchen Laven und in Gef 













Chryſoloras | Cheyſoſtomus 661 


lande, beſonders in Braſilien. Der Chryſolith hat eine nicht unangenehme 
„aber wenig Feuer und eine geringe Härte, ſodaß feine Politur leicht leidet, 
x als Edelftein keinen großen Werth hat. Man gebraucht ihn, mit einer 
lie unterlegt, zum Beſetzen von Halsketten u. f. w. 
Thryſoloras (Emanuel), ein vornehmer Grieche aus Conftantinopel, 
u die Mitte des 14. Jahrh., ift als der erfte Verpflanger der griech. Literatur 
ftalien anzufehen. Der Kaifer Johannes Paldologus ſchickte ihn 1391 nach 
s und England, um Hülfe gegen die Türken zu fuchen. Dadurch befannt 
ven in italien, Eehrte er um 1395 dahin zurüd, als Lehrer der griechifchen 
nz nad) Florenz berufen. Er blieb ungefähr 3 Fahre in Florenz, wo er eine 
Zahl von Schülern aus allen Ständen und Altern um ſich verfammelte und 
eisen Enthufiasmus erregte, ebenfo fehr durch die Würde feines Anftandes - 
e Anmuth feines Vortrages wie durch den Reichthum feiner neuen Gelehr⸗ 
t. Aus feiner Schule gingen Leonardo Bruno, Poggius, Franz Philelphus 
adre Däupter der Wiedererweckung der claffifhen Studien hervor. In der 
wirkte er auf ähnliche Weife in Wailand, wohin der griechifche Kaifer Mas 
weicher 1400 nach Italien gelommen war, ihn berief, in Pavia, Venedig 
in Rom. Der Papft Gregor XL. bediente fich feiner auch in oͤffentli⸗ 
und fandte ihn u. A. nad) Konftanz an die Kirchenverfammlung, wo 
farb. Er darf nicht mit feinem Brudersſohne und Begleiter nach Ita⸗ 
Jaun Chryfoloras, verwechfelt werben. 
syfopras, f. Chalcedon. 
syfoltomus (Johannes, St.:), ein berühmter Kirchenvater, geb. zu 
um 344. Sein Bater Secundus befehligte in Syrien die Truppen 
Noch bahnte in Griechenland die Beredtfamleit den Weg zu ben erften 
Chryſoſtomus ftudirte fie unter Libanius, dem berühmteften Redner 
„ und übertraf bald-feinen Meifter. Nachdem er die Philoſophie unter 
ſtudirt hatte, widmete er fi) dem Studium der heil. Schrift, und 
feen von dem eiteln Glanze der Welt, in den Einoͤden Syriens fein Leben 
weihen. In einem Alter von 20.3. hatte er einige Rechtsfachen mit aus 
em Erfolge vor Gericht geführt; bald aber entfagte er dem Allen, um 
durch Faſten und Wachen, die Herrfchaft der Leidenfchaften in fich 
Drei Jahre verlebte er in Antiochien. Eine enge Sreundfchaft vers 
mit Bafılius, mit Theodorus, nachmals Bifchof von Mopfuefte, und mit 
, ſpaͤter Biſchof von Seleucien. Als Theodorus für einen Augenblick 
Berufe entzogen hatte, erließ Chryſoſtomus zwei trefflich abgefaßte Er⸗ 
| an ihn, um ihn zu feiner Pflicht zuruͤckzufuͤhren. Die Bilchöfe der 
yeu hatten befchioffen, ihm und Baſilius die gleiche Würde zu ertheilen, und 
melten ſich zu diefer Wahl; aber Chryſoſtomus nahm die Flucht und vers 
bh. Baſilius wurde zum Bifchof ernannt und verdankte feine Erhebung der 
m Lift feines Freundes, über die ex fich aber bitter beklagte. Chryſoſtomus 
igte fich in feiner ſchoͤnen Schrift über das Priefteramt. Er mar damals 
$. alt. 374 zog er ſich zu den Einfiedlern zurüd,, welche die Gebirge auf 
nıge von Antiochien bewohnten. Das Leben, melches er mit ihnen führte, 
io beſchrieben: „Sie ſtehen beim erften Hahnenfchrei oder um Mitternacht 
Rachdem fie gemeinſchaftlich Pfaimen und Hymnen gelefen, beſchaͤftigt ein 
By in feiner Zelle mit Lefen ber heil. Schrift oder Abſchreiben von Büchern. 
R fie in die Kicche. Nach der Meſſe Eehren fie rubig in ihre Woh⸗ 
be. Nie fprechen fie mit einander. Ihre Nahrung ift Brot und Sa; 
wehmen etwas DI dazu und bie Kranken Gemüfe. Rach dem Eſſen zuhen 
be Augenblide, und nehmen dann ihre gewohnten Übungen wieder vor. Sie 
We Exde, fällen Holz, verfertigen Köche und Kleider, waſchen den Reifenden 
















662 Chryſoſtomus 


die Füße. Ihe Bett iſt eine auf die. Erde gebreitete Matte, ihre Kleidung $ 
ober aus Ziegen» und Kameelhaaren bereitete Zeuche. Sie gehen barfuß, ba 
kein Eigenthum, die Wörter mein und bein ſprechen fie nie aus. Es hıriig 
ihren Zellen ein ununterbrochener Friede, eine ftille und ruhige, in der Weit k 
gefannte Heiterkeit." Nach 4 Fahren verließ Chryſoſtomus diefe Einſiedler, 
eine noch tiefere Einfamtkeit zu fuhen. Er zog fich in eine Höhle zurüd, m 
2 Sabre, ohne fich niederzulegen, verlebte. Sein Wachen, feine Kaften 
und die Seuchtigkeit feiner Wohnung verurſachten ihm eine gefährliche Kranf 
die ihn zur Ruͤckkehr nad) Antiochien (381) nöthigte. In demfelben Jahre m 
er von dem Biſchofe von Antiochien zum Diakonus berufen und 386 zum Pri 
amte erhoben. Derfelbe machte ihn zu feinem Vicar und trug ihm auf, bem 
das Wort Gottes zu verkündigen. Bis dahin war bas Geſchaͤft nur den Biſch 
vorbehalten gewefen. Seine Beredtſamkeit zog die Juden, bie Heiden, die $ 
an. Er war, fagt Sozomenes, die Zierde biefer Kirche and des ganıen Me 
landes, al8 397 der Kaifer Arcabius ihn auf den bifhäflichen Stuhl von Co 
tinopel erheben wollte. Damit fich die Einwohner von Antiochten feiner 
nicht widerfegen möchten, ließ der Kaifer ihn heimlich nach Conftantinopel 
wo Xheophilus, Patriarch von Alerandrien, ihn weihte. Er fing damit 
Aufwand feines Haufes zu befchränten, fliftete und unterhielt mehre Ho 
verbeflerte die Sitten der Geiftlichen und befehrte eine Menge Heiden und 
Er gab fo reichliche Almoſen, daß er den Namen Johannes ber Almofı 
erhielt; mit größter Aufopferung wibmete er ſich der Pflege der Kranken. 
Evangelium zu verbreiten, ſchickte er einen Biſchof ale Miffionnaie zu den 
einen andern zu den Scythen, und noch andre nad) Perfien und Palaͤſtina. 
zwelmaliger Auftuhr warb durch f. Beredtſamkeit geftilt. 399 hielt C 
zu Conftantinopel eine Kicchenverfammlung, auf welcher mehre Biſchoͤfe A 
- Simoniften abgefegt wurden. Severin, Biſchof von Gabala in Syrien, 
es, Chryfoftomus auf der Kanzel anzugreifen und bad Volk gegen ihn aufge 
warb aber als ein Werleumber vertrieben. Zwei gefährlichere Feinde hatte 
foflomus in der Kalferin Eudoria, deren Ungerechtigkeit und Raͤubereien 
manchen Klagen Anlaß gaben, und in Theophilus, Patriarchen von A 
deſſen Eiferfucht er erregt hatte. Letzterer verfammelte mehre Biſchoͤfe 
cedon, welche die gegen Chryſoſtomus erhobenen Klagen unterſuchen ſollten. 
aber weigerte ſich zu erſcheinen, weil man in Ruͤckſicht ſeiner die Kirch 
legt habe, und verſammelte ſeiner Seits 40 Biſchoͤfe zu Conſtantinopel. 
der Haß ſeiner Feinde ſiegte. Seine Abſetzung wurde ausgeſprochen und 
din beſtaͤtigt, ber zugleich einen Verbannungsbefehl unterzeichnete. Chrofi 
verließ heimlich die Stadt, um nicht von feinen Anhängern zurüdgehalten 
den, und wollte nady Bithynien gehen. Das Volk aber drohte mit e 
flande. Ein Erdbeben verbreitete in der folgenden Nacht allgemeines 
In der Bedrängniß widerrief Arcadius feinen Befehl, Eudoxia felbft lud 
ſtomus zur Ruͤckkehr ein. Im Triumph führte ihn das Volk in die Stadt 
feine Feinde flohen ; die Ruhe ward hergeflellt, aber nur auf kurze Zeit. 
das mit mandyerlei heidniſchem Aberglauben zur Einweihung einer ber Kaiſ 
festen Statue begangen wurde, erregte den Eifer des frommen Erzbiſchoft, 
cher Öffentlich dagegen ſprach. Eudoxria, aufs hoͤchſte erbittert, rief die ie 
benen Prälaten zuruͤck, und Chryfoftomus wurde verurtheilt, obgleich er 
fchöfe für fi Hatte. Arcadius ſchickte einen Haufen Soldaten ab, ihn zu 
ben; die Kirche wurde entweiht und mit Blut befledt. Papft Innocem 
der abendländifche Kaifer Honorius erklärten fich für Chryfoftomus ; aber 
verweigerte die Zufammenberufung eines Conciliums, worauf jene drangen 
befahl dem Chryfoftomms ausdruͤcklich, fich an feinen Werbannungsort zu bog 





























— 


' iz 66s 


gehorchte, und wurde nach Nicaͤa in Bithynien gefuͤhrt (404).: Balb 
breiſe wurden die Sophienkirche und der Palaſt, worin der Senat ſich 
ein Raub der Flammen. Viele Kunſtwerke gingen in dieſem Brande 
deſſen Anſtifter der Kaiſer die Freunde des Chryſoſtomus betrachtete. 
und die Hunnen verwuͤſteten das Reich; man drang von mehren 
hryſoſtomus's Zuruͤckberufung; Arcadius blieb unerſchuͤtterlich us 
> nach feiner Entfernung geftorben ; fie hatte noch vor ihrem ode bie 
che Stadt Kukufa in den Wüften des Taurus zu feinem Aufenthaltes 
1. Bon Krankheit, Entbehrungen und den Beſchwerden einer 7jäh: 
rſchoͤpft, kam er dafelbfi an. Sein frommer Eifer blieb auch hier 
Er ſchickte Miffionnaire nad) Perfien.und Phoͤnicien; er fchrieb 17 
pmpias, die ebenfo viele moralifche Abhandlungen find. An fie rich» 
ine Schrift unter dem Titel: „Niemand vermag Dem zu ſchaden, der 
ft ſchadet“. Die ganze Chriftenheit fah mit Ehrfurcht und Liebe auf 
Dulder; aber der Kaifer, über diefe Theilnahme erzuͤrnt, befahl, ihn 
% Pontus Eurinus, nad) der auf den dußerften Grenzen gelegenen 
t zu bringen. Mit unbedecktem Scheitel ließen bie bazu befehligten 
Greis in der glühendften Sonnenhige die Reife zu Fuß machen. Er 
n Befchwerden. Zu Komana in Pontus mußte man ihn in das Ora⸗ 
eil. Märtyrer Bafilius bringen. Er legte weiße Kleider an, nahm 
on, fprach fein Gebet, das er wie immer mit den Worten ſchloß: „Gott 
Altes!" machte das Kreuz Über fich und verfchted (407), 63 9. alt. 
wurde an der Seite des heil. Baſilius beerdigt, 438 aber feierlich nach 
Hl gebracht und dort in der Kirche der Apoftel in dem Begräbniffe der 
t. Später führte man feine Überrefte nach Rom und fegte fie in der 
aticans bei. Die griechifche Kirche feiert fein Feſt den 13. Nov., bie 
7. Jan. Der Name Chryſoſtomus (Boldmund) ward ihm erſt nach 
egeben, um bie Beredtſamkeit zu bezeichnen, die ihn über alle andern 
thebt. Niemals wiederholt er fich, ſtets ift ee Original: Die Lebens 
ille feiner Einbildungskraft, bie Gewalt feiner Dialektik, fein Talent, 
ften zu erregen, die Schönheit und Genauigkeit feiner Bilder und 
n, die Zierlichkeit und Reinheit feines Styls, feine Klarheit und Er⸗ 
n ihn den berühmteften Schriftftellern Griechenlands an die Seite, 
che Kirche hat keinen vollendetern Redner. Die genauefte griechifche 
terße ift von Heinrich Saville (1612, 9 Bde., Fol.); die vollſtaͤndig⸗ 
ad Sateinifch, if von Montfaucon (Paris 1618, 13 Bhe., Fol.) 
(romanifh Coira), Hauptſt. des Graubuͤndnerlandes am Fluſſe 
n Rhein, mit 2500 Einw. Der Speditionshandel zwiſchen Deutſch⸗ 
ien macht die Stadt wohlhabend. Sie hat zwei evangeliſche Pfarr⸗ 
dem Rathhauſe iſt die Stadtbibliothek und unten das Kaufhaus mit 
ederlage. Hier befinden ſich ein philoſophiſches Collegium, eine oͤko⸗ 
eine Bergbaugeſellſchaft. Der Bund des Hauſes Gottes war vor⸗ 
z dem hieſigen Biſchof zehntpflichtig. Allmaͤlig machten ſich aber 
ıden davon frei. Die Gegend hat Wein: und Obſtbau, und in der 
re Rhein an für Heine Fahrzeuge fchiffbar zu werden. Zu dem Hochs 
gehören nody * Kicchfpiele mit 3500 Einw. Bis 1498 war Chur 
Yöfladt, dann kam fie mit Beibehaktung einiger Freiheiten an den 
mter dem Erzbiſchof von Mainz ftand und ein Reichglied war. Die 
enz liegt dicht an der Stadt und an demfelben Platze die Domkirche, 
rum die wenigen Katholiten wohnen, die in Chur leben. Die Eins 
ſchofs find bis auf 10,000 Fl. gefhmolzen, wovon der größte Theil 


mt. Die weltlichen Befigungen bes Bifchofs find 1802 eingezogen _ Ä 


\ s 





Churchill Cibber (Colley — Theophilus) 


und der heivetifchen Mepublit ale Entſchaͤdigung für anderweitige Verlu 
en worden. ' 

Ehurchill (Charles), ein engliſcher Satyriker, geb. zu Weſtminſter 
zeichnete ſich auf der Schule mehr durch die Lebhaftigkeit feines Geiftes al 
Fleiß und Fortſchritte aus. Die Univerfität Orforb verweigerte ihm wegen 
zu mangelhaften Kenntniß in. den alten Sprachen bie Aufnahme ; vwoahıfd 
wurde dadurch der Haß geweckt, den er in mehren feiner Werke gegen diefe 
ſitaͤt aͤußert. Nachdem er noch einige Zeit die Schule von Weftminfter 
hatte, ward er Geiftlicher umd erhielt eine unbedeutende Pfarre; daher fin 
mit Sruchtwein zu handeln; aber Mangel an Ordnung führten ihn bad zum 
Eerott. Er kam nach London zurüd, wo er eine Pfarre bekam und zuglı 
terriht in der Grammatik. ertheilte. Aber auch hier fah er fid) von neuen ( 
gern verfolgt, und nur durch die Großmuth eines Freundes entging er der ! 
tung. : Schon damals fand er mit Zhornton, Colman umd Lloyd, bie ı 
von literarifchem Verein bildeten, in Verbindung, und machte ſich ſelbſt du 
„Roſciade“ bekannt, deren erfte anonyme Ausgabe (1761) mit vielem 
aufgenommen wurde. Dies Gedicht war eine Satyre auf die Schaufpid 
Zeit. Gegen einige Angriffe auf die „Rofciabe” fchrieb der Verfaſſer f. „Ay 
in welcher die Journaliſten, die Schaufpieler und Garrick ſelbſt angegriffen 
Um fich zu rächen, machten feine Feinde auf feine Sitten aufmerkfam, dh 
nichts weniger als muftechaft waren. Er fuchte ſich gegen diefe Bef 
in einem Brief an Lloyd, „The night” betitelt, zu rechtfertigen. 
ſchien mit diefem Briefe ber erfte Gefang eines Gedichts „The ghost".: 
Auffehen machte „The prophecy of famine, a scotch pastoral”, ein m 
geſchriebenes Werk voller Ausfälle gegen die Schotten. Der Verfaffer mu 
feinen Anhängern über Pope erhoben, aber diefe Ehre erbitterte feine Zei 
noch mehr, denen er durch Thorheiten aller, Art zeichen Stoff zu Angriſ 
Hogarth war fein Freund; als aber diefer eine Caricatur auf den bei 
Wilkes, mit dem Churchill in der genaueften Verbindung ftand, heranl 
hatte, rächte er Wilkes durch einen Brief an Hogarth, worin er den ma 
Gharakter diefes Kuͤnſtlers fo unwuͤrdig angriff, daß ber Kummer dark 
garth's Tod befchleunigt haben fol. 1763 erſchien der vierte Geſang bes „ 
Um eben diefe Zeit machte er die Satyren: „The conference” und „Theı 
bekannt, von denen letztere zu feinen anziehendſten Stuͤcken gehört. Ein 
ber gab er fein Gedicht „Gotham” heraus, worin er die Pflichten eines 
chen darſtellt. Hierauf folgten „The candidate”, „The farewell‘ 
times‘ und „Independence”. Den Beſchluß machten „The journ: 
eine beißende Zueignungsſchrift feiner Predigten an Warburton. 1764 m 
Dichter eine Reife nach Boulogne. Hier überfiel ihn ein Stiefel, an te 
in feinem 33. 3. ftarb. 

Chylus, der Mihfaft, Nahrungsfaft, auch Nährfaft, der durch 
dauung der Speifen im Magen bereitet wird; eine zähe weißliche Fluͤſſi 
in das Blut übergeht, deſſen Abgang er erfegt. — Chylification, b 
tung des Mitchfaftes aus den genoſſenen Nahrungsmitteln. 

Gibber. I. Colbey, Dramatiker und Schaufpieler, geb. zu Londe 
diente unter dem Herzoge von Devonfhire bei. der Revolution, welche den 
von Oranien auf den Thron fegte, und betrat hierauf das Theater von Di 
Er fand anfangs Beinen befondern Beifall, bis endlich fein Talent für d 
Bolten, welche die Engländer grims (Murrkoͤpfe) nennen, auf eine glänzen 
in der Rolle des Fondlewife in „The old batchelor” v. Congreve hervortrai 
erfchien feine erfte Komödie: „Love's last shift", die vielen Beifall erhi 
fpielte darin die Role de Six Novelty, eines Modegecken, dergleichen | 


x 


Giborium - Gicero 665 
n Stheden vortonmt, in welcher Rollengattung ex ſich ebenfalls auszeichnete. 
u dramat Huf begründete er hauptſaͤchlich durch „The careless husband”, 
er ſelbſt feinem erklärten Feinde Pope Beifall abgemann. Es if} bies 
wor ohne Neuheit in den Charakteren und ohne Erfindung in der Schürs 
3 Anotens, aber ein zierlich ausführtes Gemälde der Sitten und Lächerliche 
der Zeit. Sein Lufifpiel „The Non-juror”, eine ben engl. Sitten anges 
des „Tartuffe”, erfchien 1717 und war gegen die Jakobiten 
t; wie fie vom Hofe gut bezahlt wurde, fo zog fie andıes Seits dem Verf. 
inde zu, deren Zahl er durch fein Betragen als Mitdirector des Theaters 
raylane, fett 1711, noch vermehrte. Diefe befamen freien Spielraum, 
730 zum gekroͤnten Poeten erhoben ward. C. ergriff indeß bald bie beſte 
ſelbſt Aber feine Verfe zu fpotten und dadurch feine Feinde zu entwaffnen. 
dope lief nicht ab, ihn bei jeder Gelegenheit Lächeslich zu machen. 1750 
C das Theater und gab die „„Apologie des Lebens Colley Gibber’s' x. 
‚ ein meit Geiſt und Freimuͤthigkeit gefchriebenes Werk, das viele anziehende 
wen und Bemerkungen enthält: Ex ſtarb 1757. — II. Theophilus, 
wigen Sohn, geb. 1703, widmete fich ebenfalls dem Theater. Die Natur 
a in Anfehung des Phyſiſchen nicht fo begünftigt wie feinen Vater; aber 
Mt und Lebhaftigkeit in feinem Spiele erſetzten die aͤußern Mängel, und er 
ben ausgezeichnetften Erfolg auf der Bühne gehabt haben, wenn nicht ein’ 
Hang zur Verfchwendung ihn unaufhoͤrlich irregefuͤhrt hätte. 
ſich 1757 bei dem Theater zu Dublin engayirt, litt aber auf der.liberfahet 
und ertranf. Die unter feinem Namen erfchlenenen „Lebensbefchreis 
ſcher und trländifcher Dichter‘ rühren von Robert Shiels her, der die 
Cibber's Namen davor zu fegen, um zehn Guineen von ihm erfaufte, 
Schulden halber in der Kingsbench faß. — Eibber’s Battin, Sufanna 
‚ geb. 1716, war eine der beften Schaufpielerinnen bes engl. Theaters. 
x die Schweſter des als Componift berühmten Doctor Arme (von welchem 
kGompofition des „Rule Britannia‘ herrührt), der fie in der Muſik unters 
und is einer feiner Opern auf dem Haymarkettheater auftzeten ließ. 1734 
ıthete fie ſich mit Th. Cibber, der ſich aber bald von ihr fchied. Sie wibmete 
terhin der Tragoͤdie. Ihre Schönheit und ihr Talent erwarben ihr aliges 
Bunfi. Sie ftarb 1766. 
iborium, urfprünglich ein aus einem aͤgyptiſchen Gewaͤchſe verfertigte® 
ſchirt. In der cömifchen Kirche ift es das Gefäß oder Behaͤltniß, worin 
nerabile (die getweihten Hoſtien, Abenbmahlsoblaten) aufbewahrt wird. 
icero (Marcus Tullius). Diefer berühmte Römer war im 3. Roms » 
06 v. Ehr., zu Arpinum geboren. Seine Familie gehörte zum Ritters 
hatte ſich aber ſtets entfernt von Gefchäften und Ämtern gehalten. Sein 
der in Ländlicher Ruhe den Wiffenfchaften lebte, ſtand in ehrenvollen Vers 
sen mit den erfien Bürgern ber. Republik. In die Zahl derfelben gehörte 
hente Redner Crafſus, welcher felbit für die Erziehung des jungen Cicero und 
Bruders, Quintus, forgen wollte, ihnen Lehrer wählte und ihre Studien 
Das Lefen der griechiſchen Schriftfteller, die Dichtlunft, Redekunſt und 
aphie nahmen die erften Jahre feiner Tugend ein. Ex fchrieb viel in griechi⸗ 
Sprache; feine Verſe waren ſchoͤn gebaut, aber nur von mittelmäfigem dich» 
m Werth. Seine Beflimmung war, ber größte Redner Roms zu werden. 
machte ex einen Feldzug unter Sylla in dem Kriege gegen die Marfen. Nach 
ädkehr benuste ex ben Unterricht des Akademikers Philo und des beruͤhm⸗ 
Aut Molo, und wandte mehre Jahre darauf, fic die einem Redner noths 
gen Kenmtniffe zu erwerben. Er mar ein Zeuge der Grauſamkeiten bes Mas 


mb Ginna, der Ächtungen des Sylla; bie geſchwaͤchte biutbefledte Ruhig, 














4 


Eicero 667 


dr als je mit den Miffenfchaften, fchrieb in griechifcher Sprache die Gefchichte 
Sonftrtats, und verfaßte uͤber denfelben Gegenftand ein lateiniſches Gebicht 
Sefängen. Endlich brach das Ungewitter (08. Elodius, Gicero’s Feind, 
a Geſeh erneuern, das Jeden des Vertaths fehulbig erklärte, ber einen 
en Bürger hineichten laffe, bevor das Wolf ihn verurtheilt habe. Der er⸗ 
Gonfular legte Trauerkleider an, und erſchien, von den Nittern und vielen 
Patriciern begleitet, in den Straßen Roms, den Schuß bes Volks antu⸗ 
Elodius, an ber Spige bemaffneter Anhänger, beleidigte ihn mehre Male 
gte fogar ben Senat zu umlagern. Da wählte Cicero eine freiwillige Ver⸗ 
9 ducchhierte Jtalien, und nahm endlich feine Zuflucht nad) Theſſalonich 
laneus. Giodius lieh indefi durch nee Decrete Cicero’s Gartenhäufer ſchlel⸗ 
!d an der Stelle feines Haufes zu Rom einen Tempel ber Freiheit erbauen; 
attin und Kinder wurden Mifhandlungen ausgefegt. Während die Nach⸗ 
mabiefen Ereigniffen den Ungluͤcklichen faft zur Werzweiflung bradıte, ber 
Pb zu Rom eine Änderung zu feinen Gunften vor, Clodius's Kuͤhnheit warb 
eich unerträglich. Pompejus ermunterte Cicero's Freunde, feine Zuruͤck⸗ 
ng zu beroirken. Der Senat erflärte, daß er ſich mit Feiner Angelegenheit 
werde, bevor nicht das Werbannungsbdecret zurlichgenommen fei. Durch 

des Eonfuls Lentulus und auf ben Vorfchlag mehrer Tribunen ging, troß 
jen Zumult, in welchen Gicero’s Bruder Quintus gefaͤhtlich verwun⸗ 

km folgenden Jahre das Zurleberufungsbeeret in der Volksverſamm⸗ 

So kehrte Cicero nad) zehn Monaten ehrenvoll zuruͤck. Der verfams 
empfing ihn an den Thoren der Stadt und fein Einzug glich einem 

Die Republit übernahm den Wiederaufbau feiner Häufer. Won 

inete begann für Cicero ein neues Leben. Sein republifanifcher Eifer 

Rh) in dem Maße, wie er fich mehr an Pompejus anſchloß, den er für feis 
iter erflärte. Clodius widerfeßte ſich mit gewaffneter Hand dem Wie⸗ 

bee Häufer Cicero's und griff ihn oft felbft an; Mito' trieb ihm mit den 
url? und Elagte ihn zugleich vor Gericht an. Rom ward oft ein Schlachts 
Vdeß veriebte Cicero mehre Jahre in einer Art von Ruhe, mit feinen ches 
Werken beſchaͤftigt. Aus Gefältgkeit gegen Pompejus verteidigte er 
Gund Gabinlus, zwei ſchlechte Bürger, bie ſich als feine unverföhnlichen 
hatten. Vierundfunfzig Jahre alt, trat er in das Collegium ber 
Ber Tod des unruhigen Elodius, welcher von Milo umgebracht wurde, 
In von feinem gefährtichften Sogner Er vertheibigte den Mörder, bee 
mb und Rächer ivar, in einer ſchoͤnen Rede; aber der Anblick der Solda⸗ 

Pompeius und das Geſchrei der Anhänger des Clodius verwirrten ihn, ale * 

kt. Um dieſe Zeit ernannte ber Senat ihn zum Statthalter von Eilicien. 
körte auf diefem für ihm neuen Poften den Krieg mit Gluͤck, ſchlug bie 
wech und warb von den Soldaten mit dem Titel Imperator begrüßt. 
ie bes Triumphs ward ihm jedoch nicht zugeftanden. Sobald feine Sens 
mbägt war, kehrte er nach Rom zuruͤck, das der Bruch zwiſchen Caͤſar und 
26 mit einem großen Ereigniffe bedrohte. Die Schreden eines Buͤrger ⸗ 
mabfcyeuend, trachtete er vergebens, beide Nebenbuhler zu verföhnen. Cds 
pgen Rom, und Pompejus fah fid) gezwungen, mit ben Confuln und dem 
ya fliehen. Cicero, der dieſes plögliche Anruͤcken nicht vorhergefehen hatte, 
Kos in Statten; Caͤſar fah ihn zu Kormid, und vermochte nichts uͤber 
Bicero, obgleich er überzeugt war, daß die Gegenpartei ficherer fei, und obs 
—*2X8 Dolabella einer von Caͤſar's Vertrauten war, ging dennoch aus 
‚wieder zu Pompejus. Nach der pharſaliſchen Schlacht und des Poms 
weigerte er fidh, ben Oberbefehl über einige in Dyrrhachium gebliebene 

m pr übernehmen, ſondern begab ſich zurüc nach Italien, welches Caͤſar's 


Rede, die ebenfo- viel Kehren als Lobſprüche für den Dictator e 
darauf ſprach er für Ligarius, und der Todesbefehl entfant den H 
Cicero gewann einen Theil feines Anſehens wieder, als der Tod feiner 
ihm auf das fhmerzlichfte traf. Die Ermordung Caͤſar's eröffnete dei 
neue Laufbahn. Er hoffte einen großen politifhen Einfluß wieder 
die Verfchwornen theilten ihm den Ruhm einer Unternehmung zu, 
ihm feinen Antheil ‚gegeben, und je weniger er dabei felbft gethan 
mehr eilte er das Werk zu billigen und zu befärbern. Aber Antoniı 
ſar's Stelle. Auch in biefem unruhvollen Jahre fand Cicero Mu; 
Beſchaͤftigungen und vollendete unter Anberm fein Wert „De gloris 
14. Jahrh. verloren gegangen. Er entſchloß fich, nach Griechenlani 
er ſicher fein Eonnte; allein bald kehrte ev nach Rom zuruͤck, und 
betounderten Reden gegen Antonius ab, bie wir unter dem Mameı 
ſchen kennen, und bie, indem fie feiner Beredtſamkeit das Siegel 
ruͤhmlich feine Vaterlandeliebe beurkunden. "Fin unverföhnlicher 
tonius, glaubte er den jungen Octavius begünftigen zu müffen, ı 
verftellte Maͤßigung deffelben nicht täufcte. Won ihm gingen alle 
ſchluͤſſe des Senats zum Kriege aus, den die Confuln und der junge 
men ber Republik gegen Antonius führten. Als nad) dem Tode d 
ſuln Octavius ſich des Conſulats bemächtigt hatte und mit Antoniu 
ein Buͤndniß ſchloß, ſank die Macht des Senats und des Redners v 
der Triumvirn. Cicero, der ſtets Octavlus geſchont und dem Bru 
gefchlagen hatte, fich mit ihm auszuföhnen, fah endlich, daß es ein: 
geben würde. In Tusculum, wohin er ſich mit feinem Brud 
Jurückge zogen hatte, erfuhr er, daß fein Name auf Antonius’6 Verl 
Achtungsuſte ftehe. Er begab fich in großer Unentſchloſſenheit an d 
und f&iffte fi ein. Ungünftige Winde trieben ihn ans Land zu 
Bitten feiner Sklaven ſchiffte er ſich zum zweiten Mal ein, flieg al 
ans Land, um in feinem Landhaufe bei Formlaͤ fein Schickſal zu er 


mil Barhan!! Fanta an in ham Matarlanha had ih wahr ala simmat 


Cicerone | 669 


heig fein Vaterland liebte”. — Er war, mas fo felten mit Größe verbunden 
ch ein tugendhafter Mann, denn er hatte nur Charakterſchwaͤchen, kein Lafter, 
e fachte immer das Gute um des Guten, ober mas am leichteſten zu verzeihen 
m des Ruhmes willen. Sein Herz war allen edeln Eindräden, allem großen 
ſchoͤnen Gefühlen, der Waterlandsliebe, der Freundfchaft, der Dankbarkeit, 
ste für die Wiffenfchaften geöffnet. Cicero's Weredtſamkeit blieb ſtets 
er. Nach den Wiedererwachen der Milfenfchaften war er der bewundertſte 
tn Schriftfkeiler, und immer wird die Reinheit und Eleganz feines Styls 
ra erften Bang unter den eömifchen Claſſikern erhalten. Der Styl der philo⸗ 
hen Schriften, ohne vebnerifchen Prunk, athmet jenen feinen Atticiömus, 
nige Zeitgemoffen auch feinen Reden gewuͤnſcht hätten. Man erfennt indes 
ledner am dem gebehnten, minder lebhaften Dialog. Dieſe philoſophiſchen 
ften, deren Hauptinhalt von den Griechen entlehnt iſt und weiche akademiſche 
iiche Lehren und Srundfäge in fich verbinden, haben flt uns einenfehr unglels 
Bett. So iſt fein Wert „De natura Deorum‘' für uns nur eine Samm⸗ 
von Jerthüͤmern; die Tuſculanen (,‚Tusculanae quaestionen‘‘) leiden -an 
Byigfinbigkeiten der atheniſchen Schule; ebenfo gehört das Werk „De fini- 
keserum et malorum” diefer etwas zu trockenen dogmatiſchen Phitofophte am. 
pen haben feine Werke uͤber die praktifche Moral ihren ganzen Werth behal⸗ 
' Des Buch „De offieiis‘‘ bleibt die fhönfte, von rein menfchlidher Weisheit 
Abhandlung Aber die Tugend. Treffüch Aberf.; uud erfäut. von Gaede. 
die Freuden der Freundſchaft und des Alters nie beffer dargeftellt worden 
to's Werken „De amieitia” und „De senectute”.:: Won feinem politis 
„De republica” hat Majo einen großen Theil wiederentdeckt, und 
Rom herausgegeben. C. ſchrieb die 6 Bücher „De rep.” in ſ. 54. J. & 
zeigen, durch welche Staatskunſt, durch welche Kräfte und welche Sit⸗ 
Webmifcdye Volk die Herrſchaft der Welt errungen habe. : Gteinader hat diefe 
& Lelpz. 1823 herausgegeben. Villemain hat fie in Paris 1823 Uberf. und 
k.v. Robbe, Goͤtt 1824. Über den:farmatifchen Goder des C. „Deorep.”, ber 
B1 im Befige eines volhyniſchen Edelmanns befand umd feitbem verſchwunden 
€ Prof. Guſt. Münnid in Krakau Auskunft in f. Schrift: „M. Tull. Ci- 
s H. de repubi. notit. oodicis Sarmat.” (Goͤtt 1826). Nach ihm ſoll 
\ im f. Bette „Deperfeeto senatore” jenen Coder benukt haben. — &.’% 
„De divinatione” und „Delegibus‘ find fehrreiche Denkmäler des Al⸗ 
8. Deerſelbe philofophifdye Geſſt zeigt fich in feinen oratorifchen Schriften, 
rö In der wichtigften derfelben, „De oratore”, wiewol weder hier noch-in 
iaris oretoribus”, den „Topieis”, „De partitiöne oratoria’ ıc. Het für 
archbares enthalten iſt. Das anziehendfie von allen Eiceronifchen Werken 
w Fl die Nachwelt feihe „Epistolae familiares” und „Ad Atticum”, wel 
re als irgend ein andre eine genaue und lebhafte Idee von dem Zuftande der 
te geben, und den Verf. in feiner ganzen Eigenthuͤmlichkeit als Menſch zeigen. 
ab meiſterhaft überfegt von Wieland.) Sein Leben ift von Plutarch, unter 
stern von Middleton und Morabin befchrieben worden. Um die Herausg. 
Mär. der Werte Eicero’3 haben ſich verdient gemacht Paulus und Aldus Mar 
Lamblnus, die beiden Gruter, die beiden Gronov ıc. Neuere Ausg. f. 
L. Werke haben wir von J. A. Erneſti, Beck und Schüg. — über Cicero, 
men einer Schriftgattung, ſ. Schriften. 
Bicerone, In Italien, beſonders in Rom, Derjenige, der den Fremden 
ertwuͤrdigkeilten und Alterthuͤmer zeigt und erklaͤrt. Weil dergleichen Leute 
eig zu fen pflegen, fo hat man fie, durch eine fcherzhafte Anfpielung auf 
1 Cicerone genannt. Zu einem gutem Cicerone gehören aber gründliche ges 
Reuntnifie, und daher haben auch mehre Archäologen ımd Kunſtkritiker, als 


Aaen, 10 jeyt auc Jagemann um em zweiten |. 2Oriefe uder Itaue 
das Cieisbeat gefällig darzuftellen. Diefe Sitte iſt um fo auffallen 
Natur eiferfüchtige Italiener mit dem Eheſtande feinen ganzen € 
‚ändern ſcheint. Der P. Barri hat die Gicisbeatura zum Gegenftar 
liſchen Werks gemacht und. theilt fie in die larga und stretta. Dit 
zuläßlich, aber die legte ift auch ihm ein Stein bes Anſtoßes. Ir 
verſchwindet diefe Sitte oder Unfitte auch in Italien immer mehr. 
Deutſchen gebraucht, hat ſtets einen mindeſtens verbächtigen Neben 
oft für Hausfreund gelagt, aber für einen ſolchen, den man Öfteren 
der Frau, als in Begleitung des Mannes-vom Haufe ſieht; aud m 
beguͤnſtigten Liebhaber, 
‚Eicognara (Reopoi, Graf), geb. zu Ferrara um 1780, 61 
Güter im Gebiete diefer Stabt, Mit ausgezeichneten Talenten, ı 
. Anfehen durch Statur-und männlichen Anftand, verband. er von fei 
‚einen feltenen Fleiß und eine große Vorliebe für die ſchoͤnen Künfte 
Werk (Sereara 1811) entſtand aus Beurtheilungen von Basuffel 
storiche dei letterati ed artisti Ferraresi‘ ; es war gegen gewi⸗ 
‚gen des Abbate Denina gerichtet. und: umfaßt mehre intereffante Pı 
ſchen und literariſchen Gefchichte feines Vaterlandes. Bei der S 
‚alpinifchen Republik wurde er zu einer der erſten Verwaltungsftell 
erklärte ſich bei ſ. republikanifchen Gefinnung laut gegen die Verw 
tetlandes in ein Königreich unter Napoleon. Doch fuͤgte er ſich di 
keit und. übernahm bie Praͤſidentenſtelle der Künfte in Venedig, wc 
wohnte und, mit der ſchoͤnen Witwe Foscarini vermählt, fein Haı 
punkt des guten Geſchmacks und. der lehrreichſten Gefelligkeit macht⸗ 
ihm dabei theils durch fein anſehnliches Einkommen, theils durch die 
quellen feines Geiftes- alle Mitiel zu Gebote, was Geſchmack hattı 
liebte, um ſich zu vereinigen. Napoleon. unterftügte ihn bei ſ. Ui 
und ernannte ihn. zum Ritter der eifernen Krone. Nach deſſen 
vom KR: Kranı in feiner Stelle als Dräfident der Runftafademie | 


Eicognara / OH | 


) Erempl., die zum Geſchenk gehörten, nur noch 500 Abdriſke auf ge 
5 Velinpapier gemacht worden find, die nie in den Buchhandel kamen, 
5 Omaggio zu ben größten bibliographifchen Seltenheiten. (S. des Gras 
era sulla statua rappresentante Polimnia diCanova”, Bened. 1817, 
Viele Jahre hatte er die auch von Agincourt in Rom gepflegte Idee, 
ann's „Geſchichte der Kunſt“ bis auf die neuefte Zeit fortzufegen, um bie 
‚auf welcher allein die antike Kunft beruht, in ihrer Ausartung und Vers 
vom Mittelalter herauf in ausführlichen Forſchungen zu verfolgen, in ſich 
nd alles dahin Gehörige geſammelt und vorbereitet, Pietro Giordano, 
mann, hatte, durch Ermuthigung des Vf., großen Theil ap,bder Unter 
der jet in allen Bibliotheken ‚befindlichen, wegen ihrer Weitſchweifigkeit 
gelhaftigkeit gleidy heftig getabelten und doch aud) in ihrer jegigen Form 
lichen „Storia della scultura dal suo risorgimente. in Italia sino al 
Canova”, wovon der 1. Th. (Fol. mit 43 Kpfn. in Umeiffen) in. Mes 
Koften des Grafen Gicognara: und 1816 der 2. Th. mit 90 Kpfn. er 
efer hatte bei der Veränderung der Zeitläufte auf dem Titel die Abaͤnde⸗ 
ino al secolo XIX." Der 3. Th. kam 1818 heraus mit 48 Kpfn. 
2. Aufl. erfchien der 5. Ch. zu Prato 1824., Das Werk zerfällt in 7 
vovon das 7. ganz dem als Landsmann und Micberherfteller der antifen 
fs hoͤchſte geftellten Canova und deffen Werken gewidmet ift, wobei freilich 
nern unſers Fernow's Kritik gänzlich unbelannt blieb. C. nimmt fünf 
rer Kunſt in Italien (von der Skulptur Italiens. ift nirgends die Rebe) 
m Culminationspunkt Michel Angelo an, den er aber für einen größem 
Bildhauer hätt! Er hat fich in viele Nebenunterfuchungen eingelaffen, 
h das erfte Buch faft nur vom Coſtum, das zweite bloß von den Kirchen 
Indeß wird ſchwerlich über die nothwendige Beibehaltung bes antiken 
a modernen Statuen etwas Treffenderes geſagt werben als hier bemerkt 
. Man hat ihm vorgemorfen, daß er felbft zu wenig In das Weſen ber 
Kunft eingedrungen fei und daher überall nur mit biographifchen und 
a Rotizen das Werk angefuͤllt habe, ftatt in die Kunſtkritik einzugehen. 
lingsidee, daß in Kriegeflürmen und großen Ummwälzungen der menſch⸗ 
am innigften geweckt und auch die bildende Kunft am Eräftigften geftal- 
fei, findet in ber Geſchichte Italiens manche Beftätigung, dürfte aber 
: Allgemeinheit große Einfchränktung erleiden muͤſſen. Als ein Cata- 
re von moderner Skulptur gewährt das auch durch ein nuͤtzliches Regi⸗ 
erte Werk große Vortheile. Es hat in Italien ſelbſt ſcharfe, aber auch 
xitiken erfahren. In Deutſchland hat Fiorillo in den „Goͤtting —9 
bgeurtheilt. Aber die ſtrengſte, zum Theil wol auch leidenſchaftůche R 
6 Emeric David in der „Revue encyclopedique” (1819, Th. 3, J 
Th. 7). Als der erſte Band vollendet war, reiſte ‚ver Vf. ſelbſt nach 
ihn dem Kaifer Napoleon, dem er zugeeignet ift, zu überreichen, und 
als vom Nationalinftitut, zu deffen Mitglied er ermählt wurde, felerlich 
nt. Er hatte zur Herausgabe dieſes Werks eine Unterftügung vom 
ſt genoflen, die nach dem parifer Frieden von 1814 wegfiel und ben Her⸗ 
der einen großen Theil feines Vermögens diefem Unternehmen aufge 
e, in große Verlegenheit ſetzte. In Folge mancher Mißverftändniffe, 
deer Cicognata als Theilnehmer an dem Carbonariunweſen in Italien 
md Leopold Cicognara, der damit verwechſelt worden war, von Paris 
ſehr freimüthigen Brief über die ganze Unterfuchung befanntgemadht 
er bei feiner Ruͤckkehr nach Venedig eine kalte Aufnahme, und nahm da⸗ 
errareſe, ſeinen Aufenthalt in Rom, wo er jetzt noch lebt. Sein Eifer 
weiterung der Kunſtakademie in Venedig, für die Anſtellung neuer Pre 





W Yarie,- aus d Aginesurt s und Maffer6 Werlaffenfchaften, aus. 
en, wobei er oft ſelbſt Reiſen nach Parts und Lond 
ir fehlenden Seltenheiten. Der Katalog beſteht aus 40 Claſſen 
mern. Saft bei allen hat der genau unterrichtete Befiger Bemerku 
halt, Werth und Zahlj der dabei befindlichen Kupferftiche, erſte Au 
macht und daburch den Katalog zu einem bibliograph. Wegweiſer 
von Kunſtbuͤchern erhoben. Einen eignen Abſchnitt machen die 
Katafalken ıc., wovon an 200 Kupferwerke vorhanden find. € 
nahe an 300 Nummern bloß Über Kleidung und Trachten. — Cicı 
Schriften; die er theil6 einzeln, theils in Britifchen Journalen hat at 
find faft gar nicht in den Buchhandel gelommen und aͤußerſt felten 
bören Abhandiungen über bie antiten Pferde am ©. «Marco, über | 
Über zwei Gemälde Tizian’s, über Simon Memmi, über den Code 
Theophilus, über die Propylden, feine Elogen auf Koffini und S 
Milizio, endlih: „Le fabbriche piò cospicue di Venezia, m 
strate ed intagliate dei membri della Veneta R. Accademia « 
(Vened., gedruckt b. Atvifopofi 1820, 2 Thle., Fol.). Das Wei 
Kpfe. von allen Wundern der Baukunſt Venedigs von den frühe 
Die hiftor. und krit. Bemerkungen dazu find groͤßtentheils vom Gre 
feibft, doch haben auch die beiden venet. Baukuͤnſtler, Antonio Din 
tate der Akademie, und Antonio Selva, viel dazu beigetragen, um d 
die, jegt zum Theil veröbet, dem zerftörenden Zahn der Zeit preiöge: 
nigſtens eine literariſche Fortdauer zuzufichern und fo der Prophezeil 
fprechen, welche Lorb Byron am Ende f. Trauerſpiels „Faliero“ 
hat. 


Gib. Don Rodrigo (Ray) Diaz, Graf von Bivar, mit b 
je Sid, geb. 1026, der Inbegriff der Heldentugenden feines Jah 
te Krone des fyanifhen Ritterthums. Bon feinen Feinden (den A 
maurifchen Könige) „el mio Cid” (mein Her) ’ „Campeador" (8 


Eid 678 
r Herz flug, und gern hätte Rodrigo gefochten, um bie glühenben 
zerriſſenen Herzens im eignen Blute zu Iöfhen. Aber Keiner mochte 
Löwen ftehen, und verziweifelnd konnte nur die Erfüllung großer Pflich⸗ 
recht halten. Fünf maurifche Könige waren in Gaftilien eingefallen; 
und Mord zogen mit ihnen. Rodrigo, der noch nicht ziwanzigjährige 
chwang ſich auf fein edles Roß Babieca und zog an feiner Vafallen 
furcdhtbaren Feinde entgegen, der bald aufhörte, des Landes Schrecken 
ie fünf gefangenen Könige fandte der junge Held an Ferdinand, wel⸗ 
ihm Zimenen zuführte und wieder vereinigte, was des Schidfals Ins 
wig getrennt zu haben fhien. In Valencia vermählten fi Beide. 
ereinigte Galicien, Leon und Oviedo mit Caftilien; die Nachwelt nennt 
Ben; Mobrigo aber war es, ber ihm den Zunamen erwarb. Als Ser 
König Ramiro von Aragon um den Beſitz von Calahorra in Streit 
rte biefer ihn zum Zweikampf und flellte flatt feiner den Ritter Martin 
Ferdinand beftimmte ftatt feiner den Eid zum Zweikampfe und erwarb 
lahorra. Ferdinand hatte in feinem Teſtamente das Reich unter feine 
eilt; dem Sancho war Gaftilien, dem Alfonfo Leon und Oviedo, dem 
cien mit dem eroberten Theile von Portugal zugefallen. Diefe Theis 
iste einen Bruderkrieg, in deffen Schlachten Sancho fiegte, teil ber 
zum Gampeabor Über das ganze Heer ernannt hatte, das Ban⸗ 
Nifonfo war gefangen, Garcia durch unmeife Regierung ſelbſt gefallen, 
zur noch darauf an, Zamoras hartnädigen Widerftand zu beugen, wo 
ichwefter Urraca herefchte. Vor den Mauern biefer Stadt aber warb 
cheimörberifch gemorbet, und Alfonfo, nur vor 8 Monaten noch vom 
m, auf den Thron berufen. Die Romanzen erzählen, im Namen ber 
iliens habe der Eid dem neuen König ber Sancho's Ermordung einen 
id mit fo eindeinglichem Ernſte vorgelefen, daß Alfonfo erfchüttert, aber 
t worden. Gewiß ift, daß ber neue König des großen Dienſtmannes 
ge Treue ehrte und nichts fparte, um ihn ganz ſich zuzueignen. Diefe 
varten aber erſt eine kritifche Unterfuchung, befonder® in Hinfiht auf 
mählung. Nach ber Geſchichte vermählte Alfonfo ihn mit Donna 
tee Michte (1074), und es fcheint demnach, man müffe ihn für zwei 
it annehmen. Joh. v. Müller vermuthet, daß des folgen Gormaz groß: 
hter feine erſte Kimene gewefen ſei. Wie dem nun fei, fo ift gewiß, 
der im Frieden und Krieg auch feinem neuen Könige wichtige Dienfte 
noch öfter die Wandelbarkeit der Kürftengunft erfahren. Ein Mann 
firenger Geradheit und Tugend, unbeugfam, hochgefinnt, Werächter 
en Lebens, war nicht für den Hof; fein treuer Freund und Waffen» 
wo Hanez, Dinaya, Weib umd Kind waren feine Welt; der Ernſt 
rweckte nur Ehrfurcht und Scheu; fein zuruͤckgezogenes Leben gab den 
r Verleumdung Raum; daher warb mehrmalige Verweiſung über ihn 
ur in Zeiten der Noch fuchte man ihn wieder, und großmüthig, wie 
chte er dann nicht der zugefügten Beleidigungen. Endlich aber nahm 
ig Alles, was er von ihm hatte, Weib, Koftbarkeiten, Geld; nur aus 
a Scham, vielleicht auch aus Furcht, ließ er nachher Kimenen frei. 
jeplünbert, auf feine eigne Kraft beſchraͤnkt, wurde Rodrigo jegt gluͤck⸗ 
zzer als je zuvor; fhets getreu feinem Vaterlande und feiner Religion, 
3 Durch den Ruhm feines Namens fich feibft ein Heer, um die Mauren 
zu befämpfen. Mitten im gluͤcklichſten Laufe feiner Siege aber eilte 
ige feinem von Joſeph, dem Gründer Marokkos, bedrängten Koͤ⸗ 
fe, leider auch diesnzal nur, um Undank für Großmuth einzuernten. 
it brady er da mit feinen Getreueften auf und floh, verlaffen und mit 
Giebente Aufl. 8b. II. 48 


674 Cider 


Allem ſchlecht verſehen, vor feinem König. Nur er blieb ſich treu und fein Gluͤt 
Meundings befiegte fein Edelmuth den König, der jegt Jedem frei gab, in den 
des Cid zu ziehen, ber ſtets für Spaniens gute Sache und nie anders ı 
laͤnzendem Erfolg geführt warb. Vor dem neidifchen ‚Hofgefinde erklaͤr 
Alfonfo laut: „Dieſer Cid dient mir viel beffer ale Ihr”, und lich ſich endlie 
mehr hindern, ihn zu beſuchen. Don ber Zeit an wandte er fein Herz nie 
von ihm, und beförberte nur unfchufdig, was die Boshelt gegen ben Cid ve 
hatte. Zwei Brüder, Grafen von Carrion, hatten beſchloſſen, durch Heire 
ner Töchter den Reichthum des Eid in ihre Hände zu bringen. Der König fell 
der Werber und der Eid gab dem König nah. Mit Donna Elvira und; 
ol und dem großen Reichthum, welchen der Eid erbeutet, zogen fie vond 
Kaum aber hatten fie ſich des Geleits entledigt, als fie in einer wilden Ba 
dem Frauen die Kleider vom Leibe riffen, fie banden und fchlugen, bis der € 
ihre Stimme erſtickte, und mit dem Gelde in ihre Heimath zogen. Durd 
Bertrauten, den der Vater heimlich nachgefendet, warb die Unſchuld gern 
das Bubenftüd an den Tag gebracht. Der Eid foberte Recht; Alfonſo ba 
Dimftimannen von eon und Caſtilien an ein hohes Landgericht in bie Stadt! 
Ruͤckgabe der Koftbarkeiten und Schaͤte wurde geboten, und für den € 
Zweikampf mit Mannen, welche der Eid ernennen würde. Die Buben fubten 
, abzulehnen, der König aber war für bas Recht. Mit ſchlecht verftellter &4 
ten fie in die Schranken; die Ritter des Cid rannten fie und ihren Oheim ſu 
das entehrte Leben warb ihnen gelaffen. Die letzte der öffentlichen Tate 
mar die Eroberung von Sagunt (Murviedro), nach welcher er im 74. 30 
zu Valencia ſtarb. Was der Eine Mann gewonnen und viele Jahre 
ten hatte, fehlen gegen die andringende Macht der Ungläubigen ſchwer zu 
ten für die geſammte Macht von Leon und Caſtilien. Beine Witwe gi 
mit des Helden Leihnam nad) Gaftilien. Zu St.:Peter von Cardena wed 
fine Grabftätte gefentt, die von Kaifern und Königen geehrt ward. De 
auch die edle Rimene, und unter Bäumen vor dem Kloſter liegt Babieca, Wi 
Roß. Des Eid Thaten, befonders feine Verbannung und Rückkehr, find derl 
ſtand des Atteften, vermuthlidy am Ende des 12. Jahrh. verfertigten cafliike 
Gedichte, des „Poema del Cid el Campeador”, das in der von Sanchq 
berausgeg. „Coleccion de poesias castellanas anteriores al siglo XV.* 
Scyubert’s „Biblioteca enstellana, portugues y provenzal” abg 
Die fpätern Romanen, die das Andenken des Helden feiern, wurden pu 
des 16. Jahrh. von Fernando del Caſtillo gefammelt:und 1614 von Pedro | 
in dem „Romancero general” wieder herausgegeben. -- Audy gibt es neu 
cobar herausg. Sammlung: „Historia del muy-noble y valeroso cabs 
Cid Ruy Disz, en romances” guffador 1815, Sevilla 1632). Eine gu 
zahl derfelben fteht in der von Depping mit einer Einleit. und Anmert. U 
fehr reichhaltigen „Sammlung der beften altfpanifchen biftorifdyen, Ri 
maueifchen Romanzen” (Altenb. u. &pz. 1817): Überhaupt find deren ber] 
vorhanden. Aus biefen Romanzin (und wahrſcheinlich aus der Momangen 
lung des Escobar) hat Herder Inf; „Eid" (Mb: 1806) 70 überfee. 1 
Leben hat Joh. von Müller nady ſpaniſchen Quellen, meift nach einer « 
Risco’s‘ „Historia del Cid“ (Mapdrid- 17925 abgedrudten Chronik Hef 
(Im 8. Th. feiner ſaͤnmtlichen Werke). - Was Eprantlin und Geſaͤnge 
fogenannten Geſchichte des Eid auf und hebrathe haben, findet man za 
geftellt in „Chronicle oſ the Cid, from Ne Spanish by Robert Be 
(Lond: 1808, 4.). u Be ed 
Eider (Bruce: oder: Obſtwein), ein ieriuaktiged Geteänt," will 
dem Safte folder Frlichte, Die viel fchleimigszudetartige Beſtandtheile cu 


Cigarro Cignani 676 


Gaͤhrung gewonnen wird. Die Bedingungen der Gaͤhrung find a) ein ges 
er Grad der Wäfferigkeit, nach welchem fie weder zu fehr, noch zu wenig mit 
fr derduͤnnt find; b) eine Wärme von 55 — 70 Grab nad) Fahrenh. Ther⸗ 
ter; umd e) der Zugang ber refpirabeln Luft. Lum Apfelmeine und Birn⸗ 
, oder dem eigentlich fogen. Cider (Vinun pomaceun), nimmt man volls 
m reifes, reines, nicht durch Faͤulung angegriffenes Herbſt- oder Win⸗ 
t, ſchuͤttet es unter freiem Himmel auf einen Haufen und laͤßt es etliche Wo⸗ 
egen, damit es recht muͤrbe werde, befreit baffelbe fodann von Schalen und 
n, zerſtampft oder mahlt es auf.der Weinmühte, preft den Saft aus und 
mfelben wie den Zraubenfaft gähren. Die Äpfel find ben Birnen und das 
fropfte Obſt dem gepfropften vorzuziehen. Stärker wird ber Wein daraus, 
man den Saft erſt durchs Gefrieren vom überflüffigen Waffer befreit, aber 
ch Zucker zufegt. Schlechtern und ſchwaͤchern Cider aber erhält man, ſo⸗ 
anfatt.den Saft aus dem Obſte anzumenden, daſſelbe bloß zerguetfcht und. 
Baffer übergoffen, oder auch mit Waffer zum binnen Brei gekocht und dann 
Baffer mitteift eines hinzugefegten Gahrungsmittele, z. B. Defen, abgeguhren- 
Übrigens iſt noch zu bemerken, daß jede Sorte Obſt für ſich allein bleiben 
Auf ähnliche Meife laffen fit) aus den Möhren, Pflaumen, Kirfchen, 
hen, Quitten, Erdbeeren, Himbeeren, Stacyel: und Johannisbeeren wein: 
zGetraͤnke bereiten. Der eigentliche Cider oder Fruchtwein wird in Deutſch⸗ 
wenig, in England und Frankreich aber häufig gemadıt; die Einwohner‘ 
die follen die Erfinder des Elders geweſen fen. : Maͤßig genoffen, iſt 
der Geſundheit keineswegs naditheilig, im Übermaße .genoifen aber ums 
da er fehr beraufcht. In mehren heißen Ländern bereitet man aus dem 
verfchiedener Palmarten durch Gaͤhrung den fogen. Palmwein, aus 
bes Zuckerrohrs den Vin de Canne, ımd bei uns aus dem Saite, wel: 
rühjahr durch das Anbohren ber Birken abgegapft wird, ein Getraͤnk, 
N an Farbe und Geſchmack dem Champagner aͤhnlich ill. 
Eigarro, künſtlich zuſammengedrehete Roͤllchen feinen Rauchtabacks, 
von einer Seite angezündet und von. ber andern eutweder in den Mund ges 
ka, oder in ein kleines Mundftuͤck gefledt und abgeraucht werben. Es ges 
au urfprünglid) eine befondere Art. Taback, welche auf der Infel Cuba erbaut 
Hernach nahm man auch andre amerikanifche Blätter dazu. Won Ames 
m ihr Gebrauch nach Spanien, Frankreich, Deutfchland, und ift jetzt alls 
verbreitet. Die feinften Sorten fommen von der Havannah.: - 
lignani (Carlo), ein berühmter Maler, geb. zu Bologna 1628, ein’ 
e Albano's. So leicht er neue Werke unternahm, fo felten war er damit 
m genug, um fie für beendigt anzufehen. Seine Flucht nach Ägypten 
u Werk von 6 Monaten. Er veritand. zu componiren, wie die Carracch, 
ne Figuren auf eine Weife zu vertheilen, daß feine Gemälde größer fcheinm 
wirklich find. Seine ſchoͤnſten Frescoarbeiten find zu St. Micharl in Bo- 
in von Engeln getragenen Dvalen, und in dem Saale des Farneſe ſchen Pas 
wo er König Franz I. von Frankreich barftellte, wie er die Köpfe heilt. Zu‘ 
Imalte er in dem herzogl. Garten mehre Anfpielungen auf die Kiebe, welche 
Me Malereien Auguflin Carracci's nichts verlieren. In f. Himmelfahrt 
\ gs Korli hat er den fchönen Micya:t von Guido in der Kuppel zu Navenna 
nige andre Ideen dieſes Meiſters :nachgeahmt ; aber- außerdem if: er allent⸗ 
rim der Zeichnung ber: Nacheiferer Correggio's. Er bringt nicht fo oft Vers 
Igew.an wie die Lombarden, und.is feinen Umriſſen und Gewaͤndern hat er 
m.iigenthinmliche Vollendung.-- Sein Pinfel ift kräftig und fein Eotorit leb⸗ 
Eemens XI. erwies ihm verfchiedenie Ehrenbezeugungen. Der: Auftrag, 
Bpgel der Kirche Madonna del fuoco in Scrli zu malen,‘ bewog Ihn mit (. 
45 * 







676 Gilicien Gimarofa 
zahlreichen Schulen nach. Forli zu ziehen, wo er 1719 flach. Sei 
von mehren Meiſtern peflochen worden. Bon f. Schuͤlern waren 
ſten: Grefpi, Seanceschini, Quaini, der Graf Felix Cignani, fei 
bee Graf Van Tignani, fein Neffe. 

Cilicien, in der alten Geographie das Land zwiſchen Pampl 
sien, im N. vom Taurus begrenzt. Die Bewohner der Küften mı 
Serräuber furchtbar und beunruhigten felbft das ägdifche und ioniſch 
nördlichen Einwohner tebten zum Theil nomabifch, die oͤſtlichen v 
Dur Alerander warb Cilicien eine maceborfifche, dann eine fpeifd 
Pompejus’s Sieg über die Geeräuber zum Theil, ganz aber erſt ur 
eine roͤmiſche Proving. - . 

Ciliciunm, urfprünglid, ein in Cilicien verfertigte® raubes 
Bockshaaren, die gewöhnliche Tracht der Soldaten und Schiffsleute 
fpäterhin und noch jetzt das pferbehaarene Bußgewand, welches bie 
Mönche zur Fleiſcheskreuzigung auf dem bloßen Leibe tragen ; dan 
Klaͤſtern ein Hanbbreiter, aus duͤnnem Drabte geflochtener Gürtel 
Spiten, welche inwendig an ben Leib kommen; er wird ebenfalls 


getragen. J 

Cimabue (Giovranni), Eimer der Wiederherſteller der SI 
Mittelalter, geb. 1240 zu Florenz, entſagte den Studien, um ſ. 
Malerei zu folgen. Zwei greiechifche Deifter, welche vom Senat no 
rufen worden, um eine Gapelle in der Kitche Sant» Maria: Nove 
maren feine erſten Lehrer. Obgleich diefe Meifker ben Pinfel un 
ten, fo lehrten fie ihn doch nach einer alten liberlieferung die Verh 
die griechifchen Kuͤnſtler in der Nachahmung bee menfchlichen Forn 
hatten. Aufmerffam auf ihren Unterricht, ftubinte E. beſonders die fc 
Statuen. Er zeigte zuerſt den Malern, bie ihm nachfolgen follten, 
des ſchoͤnen Ideals defien Andenken mehre Jahrhunderte ber Unruhe: 
gluͤcks ausgelöfcht hatten. Zwar findet man in den Werten Cs 
moniſche Anorduung in Vertheilung des Lichts und Schattens, wel 
Helldunkel bildet; feine Farbe iſt trocken, lach und kalt; bie Umriffe | 
durchſchneiden fich auf einem blauen, gelinen oder gelben Grunde, 
ung, bie er beabfichtigte. Er hatte keine Idee von der Linear» und 2ı 
feine Gemälde. find eigentlich nur einfarbig. Aber biefe Fehler, wo 
beit der Kunſt zuzuſchreiben find, werben durch die hoͤchſten Schoͤnh 
Ein großer Styl, firenge und wahre Zeichnung, natürlicher Ausdru 
pen und fehöner Kaltenwurf: darin beſteht im Allgemeinen das V 
großen Meiſters. Geine Werke erinnern am volllommenften an | 
Gemälde des Alterthums. Die beften berfelben befinden ſich in der 
Maria⸗Novella zu Florenz und in dem Sacro eonvento zu Aſſiſſi. 
geftorben fein. Sein Zalent iſt gleihfam das Band zwiſchen der al 
Malerei. G. übte mit gleichem Erfolg die Glas⸗ und Frescomalerei 
tektur. Durch ihn ward die Bahn gebrochen, weiche Maſſario, Pi 
Giovanni Bellino, Leonardo da Birch, Tizian, Michel Angelo un! 
endeten. (©. auch Italieniſche Kunfl.) 

Cimaraſa (Domenico), Tonfeher, geb. zu Neapel 1755, 
erfien mufitalifchen Unterricht von Sacchint, trat in das Gonfervat 
retto, wo er die Srundfäge der Schule Durante’s: tinfog, und ſtu 
daß ev bat f. liberlegenheit in dem ‚‚Sacrifieio di Abramo“, ber 
u.8; m. datlegte. .. Stublum und Genie waren in Ihmr vereint. No 
alt, hatte er ſich ſchon vielfältigen Beifall Auf der Haupttheatern J 
ben... Er ward uacdg Petertburg, wo er füch 4 Fahre auſhlelt, und ı 


Eimbern | u. 
bets 





aiege”; „Gii Orasj e Curlasj”; Dr mb ;,Artemisia di Ve 
, iha ber Tod wicht ganz beendigen In; under ſ. Opere. 
R „b’lakema in Londra"; „L’amor oostante”;. „Le trame deldse” ; 


. legte: 
Bemegi: „I: zinestre di capelle”‘, „Il calzolare”. 
Muaregte f. tom. Dper: N mnteimenio segreto”, Vet al T. — — 
als kaiſerl. Ameifter 8794 zu Wien ſchrieb und der die einzige Ehte 
:auf Kaiſer Leopolde Befehl an einem Abend 2: Mal gegeben zu werben, 
be en | 1793 g Neapel, unter der eignen Leitung ihres Vfs. 57 Mal 
in Gegenwart des Hofes aufgeführt © wurde. Bon Wien —— gm ee er 
und wurbe dort In die revolutionairen Bewegungen verwickelt 
1808 an den Folgen der Ihm im Gefaͤngniß et 
Pantheon zu Rom wurde 1816 ſ. Buͤſte von Saneva neben 
und Paefiello aufgeſtellt. 
imbern oder Cimmerier waren das erſte deutſche Volt, welches bie 


amd ihren Wohmplägen in Taurien mb der eucop.’Xatarei in Rieinafim 
ken. Damats mußten die Schthen vor den Maffageten von der Oftfeite bes 
Rue Meeres weichen und sogen fich weſtlich gegen bie Cimmerier. Dieſe 
u smfchiäffie, ob fie, nach dem Witten ihrer Könige, ſich den Anktimmiingen 
mwaffseter Dand widerſetzen, oder, wie eine andre Partei rieth, auswanbern 
&s kam zwiſchen Beiden zu einem Treffen, im welchem bie koͤniglich⸗ 
n autertag. Nachdem man bie Tobter am Tyras (Dniefter) b ‚wo 
nach ihee Grabmaͤler fah, floh bie gefchlagene Partei um bie * und 
— ——— un Ric Allen ein, wo fie ben Griechen befannt wur⸗ 
— BR unb noc) meiter zuruͤck. Es blieb unter 
nichts als die Sage von diefen Eimmeriern übrig, daß fie nordweſt⸗ 
mem *8 hielten bie Griechen, als fie In den nordweſtlichen Dcean ka⸗ 

bertigen Wölkerfchaften fe Gimmeriee, und aus demfelben Grunde bes 
Ye jetzige daͤniſche Halbinfel den Namen der cimbrifchen oder cimmeriſchen. 
fand eine Sage vor, welche die Cimmerier in den wilden Hoͤhlenbewohnern 
un Avernus fuchte; und Pytheas hielt eine Menſchengattung, die ex auf ber 
en Hatbinfel fand, für Cimmerier. Diefe Fabeln dienten nur dazu, Ver⸗ 
ng in die Geſchichte zu bringen. Die wahren Cimmerier waren nie fo weit 
VFechen hinaufgekommen, fondern wohnten an der Weichfel, von wo fie, unter 
Hasen derGinbern, gemeinfchaftlich mit den Teutonen fi ben Römern 
machten. 114 v. Chr., ale die Römer ſchon Dereen von einem Theile 
Alpen im heutigen Kain, Iſtrien ıc. wares, und ſich in Dalmatien 
längs ber Küfte feftgefegt hatten, erſchien plöglich ein ungeheurer ” 
Votker, welche den Eonful Papirtus Carbo im heutigen Steiermark 
Ye, ri Rat. noch Italien einzubringen, auf dar Nordſeite fortgegen und 





















le 





“76 = GSimon 
hald · darauf in Werbung mit den Tigurinern, in das Gebiet ber Aile 
fieen.- Die Mimmeri ſtellten ihnen zwei Heere unter dem Conſul 2. € 
„unter M. Ayrelius Scaurus entgegen; ‚aber Beide wurden gefcdhlagen: 
„den Tigurinern, ‚Diefer von den Eimbern. :: Doc; aud) jet zogen bie € 
‚u Freien; ſondern uüberſtroͤmten Gallien in drei Haufen: Teutoner 
sank. Ambrouen: · Amel neue Deere, mit: welchen ber Conſul. C. Manl 
MVYrocoufal Q. Sexvilinso Gaͤpio ihnen entgegeneikten, wurden jenſeits bed 
Cbenfalls gefchlagen. Die Römer verieten, nach -Wetius’s Angabe, 80,6 
Wahrend Rom feine,iehte Hoffnung anf. Marius ſetzte, burchjögen di 
‚das beige weſtliche Curopa. Gallien ward hart mitgenommen ; bie‘ 
⸗Belgier ——“ fie ud: Nun warbider Einfall nach Italien 
Ex follte von. den Jeutenen und Ambronen .auf der Weftfeite der Alpı 
Cimbern und: Zigurkiern. ausfı der. Oſtſeite gefchehen. Nachdem Maris 
durch drei. volle Jahre ertwartetiund. fette Scupſen an ihren-Anblid gen 
»ſchlug er 102. 12 on an zwei Tagen,‘ am.erflencdie Ambronen, am 
Teutonen, bel Xig ‚ti Provente, vollkdmmen. - Die Cimbern, welche 
Etſch den Gonſul Catulus zuruͤckgeſchlagen unb fich Länge dem Po ausg 
ten, verlangten von ben Römern Land, mirden aber von Marius bei X 
v. Chr. gaͤnzlich geſchiagen. Geitbem verſchwhiden die Cimbern un 
ans der Geſchichte. Ein: Theil von ihnen-war mit dem Gepaͤck in Bel 
geblieben. Das ſind die-Abvatic. Arſt fpdter erkannten die Römer: 
‚Bern ein deutſches Wolf. Range hielten fie fie, durch ihren Anblick v 
Gelten. .. Das celtenartige Äußere der Cinibern aber laͤßt fich dadurch er 
ſie ſich auf Ihrem Zuge von der Donau und den Karpathen mit Celter 
und vermiſcht hatten. 

Cimon, Sohn des Miltiades und ber Degefippie, Tochter des thr 
nige Olorus, mach, nad) Plutarch, ſehr nachlaͤſſig erzogen und überließ fid 
von Ausfchweifungen:: In dem perfifchen Kriege aber fing er an, fid 
machen. Als Themiſtokles vorgefchlagen hatte, bie Stabt zu verlaſſen 
die Schiffe zus begeben, um den Krieg zur See zu führen, erfchien Cir 
folge mehrer Juͤnglinge auf ber Burg, Iegte den Zaum feines Pferdes 
nieder, und nahm dafuͤr von ber Mauer einen ber Schilde, womit er fü 

begab. Er zeigte viel Muth in ber falaminifchen Schlacht. Ariſtides 
merkte, ſchloß ſich ihm an, indem er ihn für gefchidkt hielt, dem gefät 
fluſſe des Themiſtokles Schranken zu fegen. Als die Achenienfer in Wer 
den übrigen riechen eine Flotte nach Afien fanbten, um ihre dortigen 
von dem Perferioche zu befrein, gaben fie Ariflides und Cimon ben Di 
felben, und ale bald darauf Ariſtides nach Athen zuruͤckkehrte, befehlig 
geſammte griechiſche Seemacht. Er that ſich durch glaͤnzende Unterne 
Thracien hervor, ſchlug die Perſer an ben Ufern des Strymon, und 
ſich des Landes. Er eroberte die Inſel Schros, deren Bewohner Sen 
ben, und gründete dafelbſt eine athenienfifche Colonie. Hier fand er T 
beine, und brachte fie nach Athen, wo biefem Heroen zuerft em Te 
wurde. Darauf unterwarf er alle Städte an der Küfte von Kemafi 
dee perfifchen Flotte, welche vor der Mündung des Eurpmebdon lag, en 
Perfer, obwol an Zahl uͤberlegen, wagten nicht, die Schlacht anzun— 
bern fuhren den Fluß hinauf, um fi unter den Schug ihres Landheer 
Cimon, ber ihnen folgte, griff fie an, und nahm oder zerflörte ihnen m 
hundert Schiffe. Darauf landete er, und brachte ihr Heer in völlige 
Diefe beiden an einem Tage erfochtenen Siege (469 v. Eh.) ſchuͤtzten 
vor jedem Angriff ber Perfer. Cimon kehrte jegt nady Athen zuruͤc 
Verſchoͤnerung er Vi weni Beute verwandte, Er ließ die Werzdi 


Gincinnatus 679 


Selber und Gärten wegnehmen, damit ein Sjeder nehmen Bönne, was ihm. 
be. Sein Tiſch war für alle Bürger feiner Curie gedeckt; er erſchien oͤffent⸗ 
die andere, ald von einigen Sklaven mit Kleidern begleitet, bie er den Dürfs 
sanstheilte; er ſchmuͤckte die Stadt mit prächtigen Spaziergängen, ließ ben 
ftplag mit Platanen bepflanzen, verwandelte die Akademie in den herrlichften 
m von Athen, und Alles auf feine Koften. Diefe Sreigebigfeit war um. fo 
e, da fie nicht aus Schmeichelei gegen das Volk geſchah, denn er war dem 
uiſtokles und fpäter dem Perikles und Ephialtes, welche die Macht bes Vol⸗ 
avergroͤßern fuchten, fletö entgegen. Sein Hauptb.fireben war, ein gutes 
erſtaͤndniß zwiſchen den Athenienfern und Lacedämoniern zu erhalten, von 
un legten er geliebt warb und die er nachzuahmen fuchte. Als gegen das 3. 
». Ch. die Thafier ſich empört hatten, ſchlug er fie, nahm ihre Stadt, ſowie 
jeſdminen, welche fie auf dem benachbarten Sefllande hatten, und gruͤndete 
Stabt Amphipolis. Raum war er nach Afien zurüd, als Perikles und andre 
Shäupter ihn anklagten, daß er ſich durch die Geſchenke des Königs von Mace⸗ 
m habe abhalten laſſen, dieſem Fuͤrſten einen Theil feiner Staaten zu entreis 
abwol man im Krieden mit ihm war. Das Volk aber verwarf eine fo grund⸗ 
Isflage. Da bei einem während der Unternehmung auf Thafos ausgebroche⸗ 
‚Uufftande der Heloten gegen die Lacedaͤmonier diefe bei den Athenienfern 
Bishten, fegte es Cimon durch, ihnen Truppen zu fenden ; aber die Lacıdä= 
Ir, weiche den Wankelmuth der Athenienfer fuͤrchteten, ſchickten dies Huͤlfs⸗ 
Kia wieder zuruͤck, welches fehr übel aufgenommen wurde. Andrer Seite 
aherikles und Ephialtes die Abwefenheit Cimon's benugt, um dem Areopag 
Rage Urteile zu nehmen und dem Gerichtöhofe der Heliaften zu übergeben, 
die untern Volksclaſſen eine außerordentliche Gewalt erhielten. Cimon 
tg bei feiner Ruͤckkehr vergeblich, die Sachen auf den alten Fuß zu fer 
dielmehr benutzten feine Feinde das dadurch aufgeregte Mißvergnügen des 
‚ ihn verbannen zu laffen. Er begab ſich nach Boͤotien. Als bald darauf die 
enfer nad) Tanagra geruͤckt warn, um den von Delphi, das fie von den 
ren befreit hatten, zuruͤckkehrenden Lacedämoniern den Durchzug flreitig zu 
1, fand er fi ein, um mit feiner Tribus zu fechten. Er foderte feine Freunde 
urch ihr Betragen zu zeigen, wie grundlos die Befchuldigung fei, daß er bie 
monier begünftige, und faft alle fielen, indem fie mit der größten Tapferkeit 
m. Obwol diefe Schlacht zum Nachtheile der Athenienfer ausfiel, ſetzten 
den Krieg bis 456 vor Chr. fort, wo die gänzliche Unterwerfung der Helo⸗ 
m die Beforgniß erregte, mit der ganzen Macht Lacedämone einen unglels 
umpf eingehen zu müflen. Sie riefen Cimon zuruͤck, der den Frieden ab» 
zugleich aber, um der Tätigkeit der Athenienfer Nahrung zu geben, eine 
tion gegen Ägypten und Cypern befchlichen ließ. Mit zweihundert Schiffen 
nad) Eypern und ſchickte von da ſechzig nach Agypten. Mit den Übrigen 
re die perfiiche Flotte und Randarmee an der phönicifhen Küfte (450). Der 
mte Cimonifche Friede 449 vor Chr., deffen Iſokrates, Demofthenes, 
:und Plutardy gedenken, den Zhucndides aber nicht erwähnt, iſt wahrfcheins 
a biftorifches Factum, fondern eine durch das Geruͤcht von einem Vertrag, 
ye zum Abfchluß gekommen, entftandene Angabe. Cimon belagerte 449 die 
Citium, farb aber nody vor der Einnahme, und nad) feinem Tode zogen 
Archenienfer zuruͤck. Athen verlor in ihm einen feiner ausgezeichnetſten Buͤr⸗ 
Die Volkspartei, der er widerftanden hatte, gewann nunmehr das Überges 
md führte den Staat feinem Untergange entgegen. 

Sincinnatus (Lucius Quinctius), ein Patricier aus den erften Zeiten 
Imifchen Freiſtaats, ebenfo ausgezeichnet durch Heldenthaten als durch 
uch, Genuͤgſamkeit und Uneigennügigkeit, wurbe 260 v. Chr. zum Conſul 


680 Ginka (Lucius Cornelius — Gornelius) Cino da Pifloje 


‚gewählt. Die Abgefanben die ihm die Nachricht davon uͤberbrachten, trafen ik 
anf dem Felde mit dem Pfluge in der Hand. Er nahm die Wärbe an, nt ie 
* nur, daß nunmehr fein kleines Landgut unbearbeitet bleiben wäre. DU 
GConſulat verwaltete er uneigennuͤtzig und ruhnwoll, ſchlug es aber, als ed ihm 
das ae Jahr wieber angeboten wurbe, aus, und erhielt nachher, um da 
Ihdiichen Krieg gegen die benachbarten Ayuier pi endigen, bie Dietate auf 
Donate. Auch diesmal fanden ihn die Boten hinter dem Sogleich 
er dem eingeſchloſſenen Conſul Minutius zu Huͤlfe, uͤberfiel bie Feinde bi 
‚nahm ihr Heer gefangen, und theilte die Beute unter feine Soldaten ab, 
uhr für ſich zu behalten als eine gofbene Krone, bie ihm fein Beer aus De 
keit ſchenkte. Son nach ſechszehn Tagen legte er, nachdem ex einen? 
eſelertz feine Wuͤrde nieder, und kehrte in die laͤndliche Ruhe zuruͤck ar 
— eh erhielt er die Dietatorwuͤrde abermals, um der Derrfchaft des umruhigm: 
gefährlichen Spurtus Dältus ein Ziel zu fegen. Er traf die wirffanften X 
rungen, und zerſtreute, als der Aufrührer durch einen gewiſſen Ahala u 
wor war, deſſen zahlreiche Anhänger. So wurde ©. el Mal der Retter Pi 
das ihn als Water verehrte. 

BO nna (Buchus Sorneftus), en Anhänger des Marius, der, als Cyüehg 
bie Achterklaͤrung bes Marius fichverhaßt gemacht hatte, dad Eonfulat eriam 
jenen, der eben als Proconful nach Aften abgehen wollte, anklagte, be 
GStaat ſchlecht verwaltet Habe. Splla fand es nicht rathſam, ſich auf die 
zu fielen. Als Einna darauf ein neues Gefeh zu Bunften der Bundesgen 
waltfam durchſeden wollte, kam es zwiſchen feiner Partei und der Dartd U 
nats, an deren Spige DOctavius, ber andre Conſul, fland, auf bem fi 
einem biutigen Gefechte, in welchem Einna und die Seinigen befiegt m 3 
Verluſte von 10,000 Tobdten aus der Stadt vertrieben wurden *56 
Bandesgenoffen, brachte 30 Legionen zuſammen, rief die Beächteten, wnb 
diefen auch Darius, zu ſich, bemächtigte fi) Roms, umd trat dem fr 
Mane des Marius bei, alle Senatoren, bie dem Wolke entgegen taten, f 
morden. Dies Blutbad banerte fünf Tage. Auch für das folgende Ir 
er nebſt Marius eigenmaͤchtig das Confulat. Jetzt aber erſchien Sylla, und 
wollte ihm entgegengiehm ; allen feine Solbaten weigerten fidy und er 
ihn. — Einna (Cornelius), ein Enkel des Pompejus, war das Daupt ei 
—— gegen ben Kaiſer Auguftus, der ihm aber großmuͤthig verzieh ch 

Gonfulat übertrug. Cinna war darauf dem Kaiſer bis an feinen Rob 
Ä erteilen Treue ergeben. 

Eino da Piltoja, Rechtögelehrter und Dichter, ge. 1270% 
aus ber Famille Sinibuldi oder Sinibaldi, hieß eigentfidh Guittone, aust 
Verkleinerung Suittoncino die Fiorentiner durch Abkürzung Eino machten. 
digte feine —**— in Bologna, und verwaltete darauf das Richteramt my 
bis 1307, wo ber unter dem Ramen des Gtreites der Schwarzen und 3 
bekannte blutige Buͤrgerzwiſt ihn zur Flucht nöthigte. Er ging — ni 
Freunde an der Grenze der Lombardei, der, wie cr, von der Partei 
mar, und defien Tochter, Selvaggia, ihm Liebe eingeflößt hatte. — 
liebte ſtarb. Gino reiſte darauf durch die Lombardei uͤnd Frankreich, und 
einige Zeit zu Paris. Vor 1314 war er wieder in Itallen, denn in Diefan 3 | 
er zu Bologna feinen Commentar über den Juſtinianiſchen Coder heraus, 
in zwei Jahren gefchrieben hatte, was in Ruͤckſicht auf feinen Umfang umd 
Schwierigkeit des Gegenſtandes allgemeine Bewunderung erregte. Er 
dafür die Würde eines Dr. der Rechtsgelehrſamkeit. Mehre 
um feinen Befig. Drei Jahre lebte er zu Trevifo , länger zu Derugia, © 

Saähnte Vartolo fein Säfte wer. Ob er auch, wie Einige behaupten, 




















Cinque Ports Girce 681 


a, Ama und felbft zu Parie gelehrt habe, iſt zweifelhaft; gewiß aber, daß 
334 unter den Profefforen der Univerfität von Florenz war. Er lehrte das Eis 
cht. Falſch iſt es, daß Petrarca und Boccaccio feine Schüler gewefen. Cino 
1336 nad) Piftoja zurückgekehrt, als er erkrankte und noch in bemfelben $. 
iu Anfange des folgenden ftarb. Sein Sommentar übertraf Alles, was in dieſer 
Höher erſchienen war, und wurde mehre Male gedruckt. Als italienifcher Dich⸗ 
thoͤrt er zu den beſten jener fruͤhen Zeit. Von allen Vorgaͤngern des Petrarca 
demſelben am aͤhnlichſten. Seine Gedichte, deren Hauptgegenſtand die oben⸗ 
mte Selvaggia iſt, wurden zum erſten Male 1558 zu Rom von Pilli heraus⸗ 
ben. Gpäter find fie zu Venedig mit einem 2. Theil vermehrt erfehienen, den 
jedoch fire unecht hält. Die vollftändigfte Ausgabe ift von Ciampi (Florenz 
2, 2. Aufl.), nebft dem Beben des Dichters. 
Sin ve Ports, die Fünfhaͤfen. Go heißen ſeit Wilhelm dem 
f auf der englifchen Küfte von Kent und Suffer gegen Frankreich zu 
vr (Dover, Sandwich, Romney, Hithe und Haſtings), die vor als. 
wen vor kandungen zu fihern waren, und obgleich fpäter noch zwei andre (Wins 
und Rye) hinzukamen, fo ward doch die obige Benennung beibehalten. Um 
hner diefer Städte defto inniger an das Intereffe Englands zu knuͤpfen, 
man ihnen viele Freiheiten, und gab ihnen einen beſondern Aufſeher, 
Ward’en (Oberamtmann) of the einque ports, der jaͤhrlich 3000 Pf. 
bejieht. Ex hat außerdem Abmiralitäts  Surisdiction. Der Zweck diefer Ein⸗ 
dat nun zwar infofern ſchon laͤngſt aufgehört, als diefe Häfen gegenwaͤr⸗ 
It verfchlänmmt find, daß fie zu Landung bedeutender Kriegsflotten nicht 
en; die alten Vorrechte find ihnen aber, wenigftens zum Theil, verbiies 
gehört u. A., daß jede diefer fieben Städte, fo unbebeutend fie auch find, 
entsglieder Wahit ‚ daß ihre Buͤrger ſich Barone nennen und bei 
gen der Könige von England ben Prachthimmel tragen, der nach Been⸗ 
u der Feierlichkeit ihr Eigenchum wird. Auch die Aufſeherſtelle befteht noch 
Iarcue, und wird gewöhnlich einem begüunftigten Hof⸗ oder Staatemanne 












S; priani (Giambattiſta), Maler und Kupferſtecher, geb. 1732 zu Piſtoja, 
1785 zu London. Man kennt ſ. Lehrer nicht, weiß aber, daß Correggio ſein 
w war. 18 J. alt kam er nach Rom, um ſich in ſ. Kunſt zu vervollkomm⸗ 
Bald erwarben ihm ſ. Talente einen glaͤnzenden Ruf. Einige Englaͤnder, 
bh dort befanden, bewogen ihn nach London zu gehen. Hier ward er eins der 
Mitglieder der 1769 geftift. koͤnigl. Akademie. Cipriani's Zeichnung ift cors 
f. Köpfe Haben Anmuth und Lieblichkeit. Sein Colorit iſt harmoniſch und 
lgemeine Eindrud f. Gompofition einnehmend. Zu Arioſt's „Rafendem Ro: 
lieferte er eine Reihe Pleiner Kupfer, tworin man die ganze Anmuth f. Ta: - 
findet. Mehre artige Kupferſtiche von Bartolozzi find in Cipriani’s Manier. 
Eirce, eine mächtige Zauberin, nad) Einigen des Helios und der Perfa, 
Deeanide, nach Andern des Hyperion und der Afterope Tochter ; des Aëtes 
wre Pafiphae Schweſter. Sie wohnte auf einer an der Weftküfte Italiens 
sun Inſel in einem Thale, wo ihr von glänzenden Steinen erbauter Palaft 
nem freien Plage fland, den gebändigte Löwen und Wölfe umfchweiften. 
Beſchaͤftigung beftand im Weben, wobei fie ſich mit Gefang ergögte; ihre 
rinnen waren vier Berg: und Flußnymphen. Als Ulyſſes auf feiner Irtfahrt 
Wer Inſel gelandet war, fchidkte er den Eurylochus mit einem Theile der 
wihaft aus, um die Gegend zu erfunden. Sie kamen zum Palafte der - 
&, weiche fie mit Speife und Wein bewirthete, fie dann aber mit ihrem Zaus 
be berührte und in Schweine verwandelte. Nur Eurylochus mar durch vor» 
Im Enthaltung von dem Zaubertranke ber Verwandlung entgangen und benad)s 


cas -Gircenfifcge Spiele -. 


eichtigte Ulnfies von dem Vorfalle. Diefer ging nun felbft geräftet an's Land, m 
feine Gefährten zu befreien. Unterwegs begegnete ihm Mercur, lehrte In * 
. fich- vor dem Zauber verwahren ſolle, und gab ihm bie Pflanze Moly, ds R 
feine Gefährten. zu befreien. So —p erſchien er bei der Circe, deren 
bei ihm wirkungẽlos blieben. Dem Rathe Mercur's zufolge, rannte er * IM 
feinem Schwerte auf fie 108, als welfe er ſie tödten, und zwang fie, ihm mit 
gen Eiden zu ſchwaͤren, daß fie ihm Bein Leid zufligen und feine Gefährten bef 
wolle. Ulyſſes verweilte nun ‚bei ihr ein ganzes Jahr, und zeigte mit * 
Soͤhne, den Adrius oder Agrius amd ben Latinus. Vor feiner ſe er 
ihm, daß er, um gluͤcklich nach Daufe ga onen, zuvor in —* 
uud den Tireſias um Rath fragen 
Eircenſiſche nn fo genannt von dem Circus (. d), we 
Uch: dem Eirens marimus, wo fie gehalten wurden. Schon Romulus 
gleichen dem Neptun zu Ehren. Bu ber Folge flieg durch den Wetteifer ber A 
die Pracht dabei immer höher; unter den Kaifern- erreichte fie den Gipfel Die: 
nebenften circenfilchen Spiele waren bie. Iudi romani oder magni, auch, von 
VBeinamen der Cybele, megalenses , welche vom 4. bi6 14. Sept. den fege 
sen großen Göttern zu Ehren gefeiert wurden. Wie leidenfchaftlich das X 
Spiele Itebte, beweift der Ausruf, der ſeine zwei größten Weblufniffe 
Panem et Circenses (Brot und circenſiſche Spiele)! Das Feſt eröffnen ' 
gender Aufgig. Nachdem die Bilbfäulen ber großen Götter nad) bem Tangı 
Supite auf dem capitolinifchen Berge-gebracht worben, ging ber Zug va 
Tempel über das Korum und Velabrum in ben Circus marimus. Die —320 
Beitliche Perſon führte den Zug an, Voraus wurde das Bild der geflägelten 
(Fortuna alata) getragen. Dann kamen die Bilder des Jupiter, der 
ingtva, bes Neptun, der Ceres, des Apollo, der Diana, und, vr 
Caͤſar's Tode, auch das Bild dieſes vergätterten Roͤmers, im der Folge 
auch bie Bilder der vergötterten Kaifer, auf bedeckten prächtigen Wagen, 
von Pferden oder Mauithieren, Dirfchen, Reben, Kameslen, Elefanten 
wol von Löwen, Panthern ober Tigern gezogen wurden. Dem prächtigen m 
zuge folgten Reihen von Anaben, die ihre Vaͤter ober Muͤtter verloren t 
welche bie beim Wettrennen zu gebrauchenden Pferde leiteten. Ihnen fe 
Söhne ber, Patricier von 15—16 J., bewaffnet, theilg zu Pferde, theils 
Dann kamen di Obrigkeiten der Stadt; den Beſchluß machten der Gmu 
Söhne der Ritter zu Pferd und zu Fuß. Jetzt folgten die zum Wettfohen 
Wettlaufen beftinnmten Wagen und Pferde, umb die verfchiebenen Artın | 
ter, als Saufllämpfer, Ringer, Läufer, alle, bis auf eine Bedeckung um bis 
tm, nadt. An biefen Zug fchloffen ſich tanzende Männer, Juͤnglinge = 
ben, nad) bem Alter in Reihen georbnet. Sie trugen vlolette Kleider, eine 
fingenen Gürtel, Schwerter und kurze Spieße, und die Männer noch & 
Helme. Jeder Abtheilung ging ein Mann voraus, der die Wend 
zes angab; die muſikaliſche Begleitung folgte, und — ſchloß ſich en 
großen D 




















als Silene und Satyrn gekleideter Perfonen an, welche, mit 

bängen in den Händen, allerlei fchershafte Taͤnze aufführten unb wieder ⸗ 
ſellſchaft von Muſikanten hinter fi) hatten. Der ausgelaffenen Freude fü 
das ‚Heilige. Zuerft kamen die Camilfi, Anaben, welche die Prieſter beim 
bedienten, dann bie Opferbiener, nach biefen die Haruſpices mit ihren A] 
meflern, und die Opferfchlächter, welche die geſchmuͤckten Thiere zum Altar ff 
die verichiedenen Priefterfchaften mit ihren Dienern ; zuerſt der Oberprieſter 
tifer marimus) und die übrigen Pontifices,, dann die Flamines, barauf die & 
die Quindecimvirn mit den fibyllinifchen Büchern, bie veflalifchen Sun 
bann die übrigen geringen Priefterorben nach ihrem Range, Dem er 





Girculation 683 


g von Bötterbiibern, zuweilen auch ein Schaugepränge erbeuteter Schaͤtze. 
ircus ging der Zug einige Mal im Kreife herum, worauf zum Opfer gefchrite 
de. Datten dann die Zufchauer ihre Plaͤtze genommen, fo begann die Muiſik 
e Spiele nahmen ihren Anfang. Diefe waren: 1) Wettrennen, zu Pferde 
Wagen. Sie waren fo ehrenvoll, dag Männer vom hoͤchſten Range daran 
sabmen. Das ganze Wettrennen, wozu die Wettfahrer in 4 Parteien ge 
yaren, befland aus 24 Fahrten und jede Fahrt aus 7 Umlaͤufen, die zuſam⸗ 
gen 14 beutfche Meilen betrugen. Jede Partei machte 6 Fahrten, 3 Vor⸗ 
s und 3 Nachmittags. Die Wagen waren fehr leicht und gewoͤhnlich mit 
4 Pferden (neben einander) befpannt. 2) Gymnaſtiſche Kämpfe; 3) die-tro- 
m Epiele, Kampffpiele zu Pferde, welche Aneas zuerft einführte, Julius 
aber erneuerte; 4) Thiergefechte, in weichen entweder Thiere mit Thieren 
it Menſchen (Verbrechern oder Sreiwilligen) tämpften. Der Aufwand da⸗ 
woft ungeheuer; fo gab Pompeius in f. zweiten Confulate 500 Löwen zu 
Thiergefechte ber, welche nebft 18 Etefanten in fünf Tagen getödtet wur⸗ 
5) Nachahmung von Seegefehten (Naumadjien), wozu ber Circus unter 
4 geſetzt werden konnte. 
kirculation. Dee Wohlſtand in einem Staate hängt hauptſaͤchlich das 
I baß Jeder einen Überfluß von brauchbaren Dingen hat, womit er Das, was 
wf und wovon Andre Überfluß befigen, eintaufcht. Ale dergleichen Dinge 
mnac und nad, einen beflimmten Werth, d. h. wer fie hat, gibt fie nicht 
ng, wenn er nicht ein andres Ding von Werth dafuͤr erhält, das er entwe⸗ 
ME bedarf, oder wofür er leicht Das, was er bedarf, eintaufchen fann. 
Ian der größte Theil der Bewohner eines Landes zu einem Überfluffe von 
km Dingen gelangt find, fo verlangt auch ein Jeder Etwas dafür, was cr nicht 
was Andre haben, bie Dagegen ebenfalls Etwas daflır verlangen, was ihnen 
R und was im Befig Andrer ift. Inden nun Jeder Etwas gibt und Jeder das 
a6 Andres empfängt, fo entfteht Das im Volke, was man Circulation, Um⸗ 
er Verkehr nennt. Die Bebürfnigmittel werden nad) dem Grade und der 
? fie Jeder nöthig hat, und wie ſich Feder über deren Werth mit dem Andern 
en kann, umgetaufcht, ſodaß einjebes Ding in die Hände Desjenigen gelangt, 
sgehrt. Das Mittel, wonach man den Werth der Güter ſchaͤtzt und ver⸗ 
8 das Geld. Weil deffen Werth Jedermann Eennt, fo nimmt er für Das, 
überflüffig hat, gern Geld, und wenn auch Waaren gegen Waaren vers 
werben, fo werben fie doch nach Gelde geſchaͤtzt und auf dieſe Weiſe ihr Um⸗ 
eflimmt und erleichtert. Geld (ſ. d.) ift daher das Hauptinftrument ber 
tion, bie man aus diefem Grunde auch Geldumiauf nennt. Denn ob» 
Be Waaren in Umlauf gefegt werden, wenn fie aus einer Hand in die andre 
fo ift es doch allein das Geld, welches ſtets im Umlaufe bleibt ; deßhalb 
‚andy das circulirende Mebium oder Circulationsmittel genannt. Die Wir: 
der Circulation find folgende. Diejenigen, welche Geld befigen, begebren 
miweber Beduͤrfnißmittel, oder wollen fonft einen Nutzen daraus ziehen. 
ı fie fich nun für das Geld Waaren, fo befommen die Waarenverkaͤufer das 
Bittel in bie Hand, neue Waaren dafür einzukaufen oder dergleichen verfers 
nlaffen. In beiden Faͤllen wird das Geld und die Waaren in Circulation 
Die Waaren enden ihren Lauf fehr bald, wenn fie von den Käufern cons 
werden. Oft aber find fie in der Hand des erften Käufers noch nicht zur 
wtion beflimmt , fondern fie werden von biefem wieder verkauft, es fei, da⸗ 
sneue Käufer fie einzeln den Confumenten verkaufe, oder daß derfelbe durch 
kitung neue Waaren daraus mache; zu diefem Zwecke können die Waaren 
Nele Hände gehen, ehe fie an die Sonfumenten gelangen. Bei Lestern endet 
t Lauf durch die Confumtion. Das Geld aber bleibt immer für den Austaufch 


083 . Circulatin 

befitmmt, es iſt gleichſam ein Hebel, um die Waaren und Guͤter o 
in te andre zu bringen, deßhalb verſteht man unter Circulation haı 
Geſdumlauf Das Mittel aber, welches bie Haupttriebfeder bes 
macht iſt der zu hoffende Gewinn ober Vortheit, den ſich ſowol bi 
Die Geibbeflger davon verfprechen. Sobald naͤmlich die Vorftellimg I 
bdaß es mehre Menfchen in einem Lande oder an einem Orte gibt, w 
chen und auch Mittel Haben, fie zu bezahlen, fo werben dadurch And 
zu verfertigen oder unzufchaffen. Diefes werden fle jedoch nur inſe 
als fie hoffen Löhnen mehr fuͤr Das, was fie hervorgebracht ober angefi 
erhalten, als es ihnen ſelbſt koſtet. Denn nur: in diefem Mehr dei 
unb bie Triebfeber, das Dervorbringen und Anfchaffen zu wieberholei 
Hanbwerker und Fabrikanten fehaffen daher Vorraͤthe von Beduͤrfniß 
bezahlen mit dem für Ihre Waaren erhaltenen Gelbe bie Materialien 
ter , welche zur Hervorbringung ober Anfchaffung neuer Waaren nd 
Diefe Art entfleht ein Kreislauf des Geldes, ſodaß dieſelben Stuͤck 
der Fabrikant für feine Waare empfängt und welche von ihm feine 
ten, oder welche diefe zum Einkauf ihrer Bebürfnigmittel anwenden 
deriei Candle wieder zu daanfelben Fabrikanten gurinflehren oder t 
von neuem beginnen ober wieder ebenfo vollenben innen, um ihn a 
fangen. Die Erculation felbft bringt indeſſen Bein. Product hervor, 
auch den Nationalreichthum nicht, fondern fie ſezt das Vorhanden 
tern voraus. ie trägt aber allerdings ge Bermehrung ber Güter, 
tionalteichthums bei, inwiefern fie Die Triebſeder zur Erzeugung um 
der Güter tft, welche eben dadurch einen größern Werth erhalten, di 
‚Yation gefeßt werden. Denn bie Mühe Deffen, der fie ſammelt, ai 
Denen, die fie begehren,, zuführt, muß vergütet werben, und um fı 
Vergütung beträgt, iſt ein foldyes Gut mehr werth geworben. Im 
Eirculation bie Urfache iſt, daß mehr Arbeit gefertigt und dadurch d 
als ihr Werth vermehrt wird, iſt fie auch Urſache der Vermehrung 
reichthums, obgleich Bein Beſtandtheil deffelben. Der Nugen ber © 
daher um fo größer für bie Geſellſchaft fein, je fehneller fie durch dei 
Vorraͤthe die neuem Productionen förbert und mit derfelben Gelbfur 
fegt vermehrt. Damit Diejenigen, weldye die Producte hervorbrii 
sicht mit dem Auffuchen der Käufer und dem Verführen ihrer Waa 
fo findet fich in der Geſellſchaft bald eine befondere Claſſe von Leuten 
Geſchaͤſt Übernehmen und felbiges mit viel größerer Vollkommenheit 
die Probucenten felbft, weil fie fi) damit allein befhäftigen. Diefe 
der Kaufleute und der fonft mit dem Handel befdyäftigten Perfonen 
mann fucht einerfeitö mit feinem Gelbe die Probucenten auf, kauſt it 
täthe ab nnd ſetzt fie dadurch in den Stand, ihr Gewetbe fortzufegen 
führt er die Waaren Denen zu, welche fie begehen. Mit dem dafür 
fucht er von neuem Waaren auf, und fo wird der Kreislauf bes & 
Waaren unımterbrochen fortgefegt. Je ſchneller die Vorräthe den P 
gekauft werden, befto fchneller koͤnnen die dafür eingehenden Gelber ; 
ductionen angemandt werben, und befto weniger Geld iſt nöthig, um 1 
titaͤt Waaren zu erzeugen und umzufegen. Werden z.B. einem Fal 
natlich für 1000 Thlr. Waaren abgekauft, fo kann er mit bem dafür 
Gelde fogleich wieder ebenfo viel neue Waaren erzeugen, und bie € 
er für die erften empfangen, koͤnnen fofort zur Bezahlung feiner Arb, 
terialienlieferanten angewandt werben, und da biefe fie gleich wieder fü 
ausgeben, fo können dieſelben Geldſtuͤcke im folgenden Monate wi 
neu erzeugten Waaren poxuͤckehren, und wenn dieſes in einem Jahre 


Girculationsbanf 885 


bat dieſes Geld hingereicht, um dem Fabricanten den Waarenivperth, 
fee Geldſumme gleich ift, ſechs Mat zu bezahlen, nicht zu rechnen, was 
Geldſtuͤcken in der Zroifchenzeit eingetauſcht wird. Die Größe oder der 
* Circulation hängt von der Quantität und Qualität (Werth) der um⸗ 
Zaaren ab. Es iſt aber zu dem Umfag einer gleichen Quantität gleich 
: Waaren nicht eben auch eine gleiche Quantität Geld nothwendig, fon» 
m die Geldmaſſe, worin eine gleiche Quantität Waaren umgefegi: wird, 
enen Ländern und unter verfchledenen Umftänden fehr verſchieden und 
£ bald Meiner fein. Diefes hängt theils von der Schnelligkeit theils von 
:ab. Da naͤmlich mit einem und bemfelben Gelbftüde nacheinander viele 
mgeſetzt werben Finnen, auch viele Umfäge gar nicht mit@elde, fondern 
m Credit bewirkt werden, fo wird ein Land, in welchem das Geld nie 
ig ruht, fondern ſtets aus den Händen forteilt, um wieber angewandt zu 
ıd wo ber Credit die Kraft des banren Geldes hat und oft zur Zahlung 
weniger baares Geld zum Umfag gleicher Waarenwerthe nöthig haben 
res Land, wo die Circulation langſam von flatten geht und der Credit 
. &o hat 3. B. Rußland eine viel größere Quantität Geld zum Umfage 
erthe von Waaren nöthig als England, teil dort die Kaufleute ihre Geld⸗ 
fammeln und mebre DRonate liegen laffen muͤſſen, ehe fie wieder Waa⸗ 
intaufen tönnen, und bie Waaren einen langen Weg durchwandern, ehe 
ſonſumenten gelangen ; bier aber Jeder, ber Geld einnimmt, faſt in dem⸗ 
mblide wieder Gelegenheit findet, folche® anzulegen, und aus den Maga⸗ 
Baarenvorräthe der Abzug ununterbrochen fortdauert; weil in Rußland 
t wenig gefchieht, während er in England von ber größten Stärke und 
isgedehnteſten Umfange if. Wemm indeſſen die Circulation In folchen 
icht, wobei der Eine nur fo viel gewinnt, als der Andre verliert, fo ift 
vielmehr fhädlich als nuͤtzlich fire den Nationalreichthum. Diefes ift 
a8 1) beim Spiel, wo zwar das Geld aus einer Taſche in die andre 
Der, welcher ed weggibt, nichts Nuͤtzliches dafuͤr wieder befommt. Dies 
er Fall bei dem Handel mit Staatepapieren. Ihr Werth befteht In der 
Iche fie tragen. Bleibt nun dieſe Rente unverändert und der Inhaber 
unter Dem, was fie ihm gekoftet haben, fo verliert der Verkäufer; aber 
ſchein bringt befhalb dem Käufer nicht mehr als er dem Verkäufer ges 
‚ ber Nationalreichthum gewinnt alfo dabei gar nichts. Da aber doch 
Capital auf ben Umfag dieſer Schulbfcheine gewandt wird und biefer 
Nation im Ganzen durchaus Beinen Vortheil bringt, fo geht dadurch 
der Nutzen verloren, der entitehen würde, wenn biefes Capital auf 
Arbeit angelegt würde. 
sulationsbant. Ihr Zwed ift, Banknoten auszugeben, welche 
es baaren Gelbes im Verkehr vertreten. Dergleihen Noten lauten ge: 
auf den Werth einer Landesmuͤnze und gelten mehr oder weniger Einhels 
m. Sie heißt auch Zettelbank. Die größte diefer Art ift die londoner, 
ie nebenbei noch andre Beſtimmungen. Die Heinften Noten ber londo⸗ 
auteten fonft auf fünf Pf. St.; in den fpdtern Zeiten aber hat fie auch 
a Pfundnoten ausgegeben. ine andre große Zettelband befindet ſich in 
welche die Heinften Zettel auf fünf Rubel lautend ausgibt, aber auch 
zu 10, 25, 50 und 100 Rubel in Gireulation fegt. Auf gleiche Weife 
weichifche Bank Zettel aus, bie bie zu einem Gulden herunter gehen. 
ifchen und daͤniſchen Banken haben noch Eleinere Zettel in. den Umlauf 
Die Zettelbanten ſchaffen ihren Noten dadurch Credit, daß fie verfpker 
then gegen baares Geld auszuwechſeln, fobald bie Inhaber es verlangen, 
ie Bank puͤnktlich Wort, fo gelten ihre Noten dem baaren Gelbe gleich, 


. 686 Sirculationsbant 

Macht aber die Bank Schwierigkeiten bei der Auswechſelung ober verwei 
feibe gar, fo fallen dio Noten unter den Werth des baaren Beides, wel 
Ichen kann, daß fie endlich. gar nichts mehr gelten. Beiſpiele von ein 
findenben und fafl gaͤnzlich vernichteten Werthe ber Banknoten haben | 
von söftreich, Ecroeden, Rußland u. f. w. gegeben, umd ſelbſt die 
England iſt in-diefen Fehler während des legten fand. Krieges verfa 
Gireu lations » oder Zettelbant kann nur dann mit Mugen beftehen, wen 
f6 großen Fonds hat, daß.fle dadurch das Vertrauen erweckt, daß fie alle 
verbindlichkeiten auf das beftimmtefle erfuͤllen inne und werde. — 1 
cum bedkent ſich gern dergleichen Noten. Es hat nämlich: jedes Land ı 
Quantität Geld zum leichtern Kauf und Verkauf feiner Warren ebenfo 
die Waaren ſelbſt. Nun iſt aber den Verkäufer nicht ſowol daran geleg 
das banre Geld für feine Waaren ſelbſt in Empfang nimmt, als vielm⸗ 
ein Mittel in Haͤnden hat, womit er kaufen kann, was ihm beliebt, und 
für Waaren ebenfo.gern nehmen als baates Geld. Diefe Verficher: 
ihm num die Banknote, berm-mit biefer kann er und jeder Andres dem 
das reelle Geld heben, worauf fie lautet, ſobald er es braucht. Da 
Berkäufer ebenfo denken wie *. fo kann eine ſolche Rote lange die Ste 
von Beides vertreten und wie Metallgeld cirtuliren, bis es einmal Jem 
findet, fie zu realiſtren. Diefe Noten haben uͤbrigens weit mehr Bequ 
als das baare Geld ſelbſt, Indem fie 1) die großen. Zahlungen erleichtern 

‚. . guträhöportivn find und 3) Alles damit ausgerichtet werden kann, woad 
geſchieht, ſoweit ihr Grebit reicht; ſo werden fie in’einem Bande, dasg 
. kung teelbt und vollen Grebit hat, fich bald bellebt machen und man wir 
in der Regel nur wenige ihrer Zettel zur .Auswechfelung präfentirn 
won eine ſolche Bank bemerkt, daß wenig Metallgeld für Ihre Roten gr 
und felbe größtenthelts ſtets im Publicum bleiben, fo wird fie ohne € 
ige: eier baate Geld benuten Finnen und nur ſo viel in Caſſe beh 

hulich vordommenden Verwechfelungen hinreichend ifl. 

uf fie bet diefer Benupung. ihres müffig liegenden baaren Geldes beſtim 
beobachten, wenn fie wicht In Gefahr gerachen ivill, ihre Berti 

u Binnen. : Diefe Regeln find 1) daß fie nie eine größere Dun 
ten ausgibt, als das Publicum, unter welchen fie genommen werben, 
dig bebarf; denn fonft kehren die. überfläffigen fogleich zur Want zur 
hat nur die Muͤhe der Verwechſelung davon. 2) Die Bart muf den 9 
Noten ſtets dem baaren Gelbe gleich erhalten. Dieſes kann fie mit Ger 
allein dadurch, daß fiefelbige ununterbrochen auf eines Jeden Belangen 
lich und ohne Koften mit baarem Beide für voll auswechfelt und dieſe 
fung in allen Orten, wo bie Roten häufig gebrnucht werben, erleichtert. 
dieſes Inner zu koͤnnen, muß fie. 3) nicht nur an allen Dt, wo berg! 
wechfelungen vordsmmen koͤnnen, einen folchen — baaren Geldes 

ten, daß fie nie in bie Verlegenheit kommen kann, bie gefoberten Verw 
aufſchieben oder umgehen zu muͤſſen; ſondern fie maß auch ihre uͤberflͤ 
von Gelder nur auf eine ſolche Weiſe anlegen, daß fie nach 538* 
wieder zu The zuruͤckkehren, damit, falls außerordentliche Umſtaͤnde 

ſle fich ſtets in —— ſetzen koͤnne, den entſtehenhen groͤßern Fade 
fie Genuͤge leiſten zu innen, :Dee Hauptnugen einer folchen Zettelbank 
ber darin ‚: daß fie den Handel unterſtuͤtzt, indem fie den Kaufleuten du 
tuebit ober durch Discontivung Ihrer Wedifel die Zahlungen erleichtert ur 
2 mad — ihres baaren Vermögens, den fie ſonſt zu 
ben Zahlungen in Gaffa hätten behalten mäffen, zu andern Zn 
ern und daß fie dem Lande die Koſten des Inſtrumentes, bas zur X 


Girculationspapiere Circus 687 


zuͤter noͤthig iſt (der Anfchaffung von Metallmünzen), in einem gewiffen Grabe 
we. Soll ihr Nugen weiter getrieben und etwa dadurch alles baare Gelb uͤber⸗ 
ig gemacht und Papier an deffen Stelle gefegt werben, fo ſetzt fie ſich allen Ge⸗ 
m des Papiergeldes aus, und bringt alle Nachtheile über das Volk, welche das 
lergeld To leicht nach fich sieht. (S. Papiergeld.) -: 
Circulationdpapiere find Creditſcheine und Wechſel, die fuͤr einige 
das baare Geld vertreten ſollen, ohne daß ein beſtimmter ſolider Fonds auf ihre 
re Bezahlung hindeutet. So find z. B. die Wechſel ſolide Creditpapiere, wenn 
Verth, auf welchen fie lauten, ſich in Deſſen Händen befindet, der fie zuletzt 
hlen ſoll. Sind ſie aber bloß auf den Credit des Andern gezogen, ſodaß ſie zu 
a, welcher fie ausgeſtellt hat, zuletzt zuruͤckkkehren, um von ihm eingeloͤſt zu 
wn, und die Zwiſchenleute, zu deren Bezahlung fie dienen, fie bloß um des 
zits willen, den fie den Indoſſanten zutrauen, an Zahlungsftatt nehmen, 
muß ber Ausfteller auf andern Wegen dafür forgen, daß Die, welche feine und 
e Zwiſchenhaͤndler Papiere annehmen, bie Zahlmittel erhalten, fo find fie bloße 
mationspapiere und dienen bloß ben Ausftellern einige Donate lang durch Cre⸗ 
Jahlmittel zu verfchaffen. Die Reverfe-(f. d.), welche in den Handelsſtaͤdten 
eeprovinzen uͤblich find, gehören unter denfelben Begriff; jedoch unterfcheis 
ſe ſich von den Circulationswechſeln dadurch, daß dieſe einen andern Fonds 
als ihnen zum Grunde liegt, da hingegen in den Reverſen be⸗ 
ausgrdruͤckt iſt, daß fie bloß auf dem Credeit des Ausſtellers gegruͤn⸗ 
* England ſind die papers of circulation fehr befannt. (S. Schein 









ti; cumpvallationdlinie, die Umfchanzung, womit Diejenigen, wels 
Feſtung belagern, ihr Lager umgeben, um ſich gegen äußere Anfälle, gegen 
ni fihern. — Gontravallationslinie, die Umſchanzung, womit da6 
E gegen die Ausfälle ber Feſtungsbeſatzung gefchlist wird. Da die Circum⸗ 
tionsfinie außerhalb der Schußweite um die Seftung laufen muß, fo befommt 
ken Umfang, der ſowol ihre Erbauung ale ihre Vertheidigung fchroierig macht. 
te findet fie nur felten Anwendung, unb man ftellt lieber ein eignes Beobach⸗ 
korps auf. 
Circus, bei den Römern diejenige Art von Gebäuden ohne Dach, mo 
Hiche Wettrennen zu Wagen und zu Pferde und andre Spiele des Fechtens und 
und gegeben wurden. Sie waren rechtwinklige Vierecke, nur daß die eine kurze 
s einen Halbcitkel machte. Der Eingang befand fid) in ber geraden kurzen 
r Inwendig waren zu jeder Hand ſechs Hallen (carceres), wo die Pferde 
Bagen ihren Stand hatten. An den beiden langen und der gekruͤmmten Gelte 
fidy die fiufenmweis über einander erhöhten Sige der Zufchauer, die auf 
Gewoͤlben ruhten, und unter denen noch ein breiter Waffergraben, Euripus 
nt, die wilden Thiere von den Zufchauern abhielt. Innerhalb befand ſich ein 
we Pia (arena), der mit Sand beftreut war, und wo die Schaufpiele gegeben 
Diefer Platz war der Länge nach durch eine Dauer (spina) in ziel Hälfs 
ie, die zwölf Fuß breit und feche hoch, und mit Heinen Tempelchen, Al⸗ 
„Statuen, Obelisten, Pyramiden und kegelfoͤrmigen Thuͤrmen geſchmuͤckt 
"Bon diefen le&tern (metae) befanden ſich drei an jedem Ende. Sie warm 
aufgerichtet, um welche die Umläufe geſchahen. Bei der eriten Meta, 
förmigen Seite des Circus gegenüber , befanten ſich fieben andre Säulen, 
mtweder eine ovalrunde Geftalt oder ovalrunde Kugeln (ova) aufihrer Spige 
Für jeden Umlauf wurbe eine diefer Kugeln heruntergenommen. Bon 
war der Circns-mic Saͤulenreihen, Galerien, Kramlaͤden und öffentlichen 
umgeben. Das größte dieſer Gebäude in Rom, der Circus maximus, lag 
eiften Bezirke der Stadt, von ihm ebenfalls Cirous maximus genannt, 


GB | Cirtaſſiien 


und zwar auf dem Plage, wo Romulus die Spiele gab, waͤhrend wel 
binerinnen geraubt wurden. Targuinius Priscus entwarf ben Pia: 
Baue, und einige beghterte Senatoren führten ihn aus. In ihm 
ludi magni elit. Dionyfius von Halikarnaß gibt feine Länge auf 
und die Breite auf 2187 Fuß an. Nach Plinius hatten auf den Sitze 
nach Aur. Victor 385,000 Menſchen Piag. Julius Caͤſar hatte ihn e 
ausgeſchmuͤckt, unter Nero brannte er ab und unter Antoninus Pins fi 
Trajan baute ihn wieber und Conſtantin legte die letzte Hand daran. ( 
find nur wenig Spuren von ihm übrig. Am vollſtaͤndigſten hat ſich 
des Caracalla, im erfien Bezirk der Stadt, erhalten. (Vgl. Ci 
Spiele und Hippodrom.) 

Sirkaffien, eine Landſchaft Aſiens, auf der nördlichen Ge 
kaſus vom ſchwarzen bis zum kaspifchen Meer. Die Einwohner nenr 
Adige, von den Türken und Tataren werden fie Tſcherkas (db. i. Str 
von den Arabern Memalik, von ben Offeten,, einem gleichfalls kaukaſi 
Kaſach genannt. Sie betuohnen die Diftricte: 1) Groß⸗Kabgrda 
Kabarda; 3) Beslen, an der größern Laba, welche ſich in Ku 
4) Temirgal am Schagwaſcha; 5) Abafech, vornehmlich am Ziui 
.6) Bſeduch, an den untern Gegenden des Khuaſch, 7) Hadukai; 
Diefe kräftige und kriegeriſche Nation koͤnnte fehr furchtbar werben, w 
vielen Beinen Fuͤrſten unterworfen zu fein, unter Einem Oberhau 
wire. Der wichtigfte von den cirkafſiſchen Stämmen des Ruban find b 
ſie bewohnen mehr als vierzig befefligte Dörfer und können 2000 2 
Die Schagadi, unterhalb der ruffifchen Feſtung Anapa, haben eiı 
ber ehemals Schiffe auf dem ſchwarzen Meere hielt. Die Kabardı 
eine balbeultiviete Nation, bewohnen ein fruchtbares Band, das noͤrdl 
begrenzt, und unterfcheiden fich von allen übrigen kaukaſiſchen Voͤlke 
Schoͤnheit. Die Männer find von hohem Wuchs, regelmäßiger Bi 
führen den Saͤbel unübertreffiih. Die Weiber find von zärten Fon 
Haus, dunklem Haar, regeimäßigem Geſicht, ſchlankem Wuchs, vo 
Sie gelten in den tuͤrkiſchen Harems als die vorzüglichften Schoͤnheite 
Eaffifche Fürft oder Edelmann, d. h. Jeder, der nicht dient und ein 
if ſtets mit Dolch, und Piftolen bewaffnet, und geht felten aus dem 
Saͤbel und Köcher. Ein Helm und eln Panzer bebrdlen feinen Ko; 
Brufl. Die ganze Kabarda ſtellt 1500 Epelleute oder Usden und 10, 
faͤhige Bauern oder Knechte. Aber die Kabardinerfuͤrſten reiben ſich uı 
durch flete Zeindfeligkeiten auf. Der Boben ber Kabarba iſt zum A 
trefflich; doch iſt der Winter rauh und bie Wärme nicht von langer d 
Einrgohner vernachlaͤſſigen die Gefchenke der Natur, namentlich bien 
werke, aus denen fie koͤſtlichere Metalle ats Eifen und Kupfer, we 
Maffen verfertigen, ziehen koͤnnten. Ein großer hell ihres Reichthur 
Biegen, Schafen, Rindern und Pferden. Sie verkaufen Wolle und V 
Dferbe find ausgezeichnet durch Schönheit, Kraft und Behendigkeit. 
von guter Race brennen fie ein Zeichen ein. Merkwuͤrdig iſt Ihe 3 
Der Unterthan iſt des Fuͤrſten Eigenthum, wiewol er ihn nicht ver 
dieſem zu jedem perſoͤnlichen Dienſte verpflichtet: aber ex zahlt keine At 
Edelmann erhält die Ordnung unter dem Volke und leiſtet dem Fin 
bienfte. Letzterer haͤlt offene Tafel, und Sieber von Denen, die He 
trägt dazu bei. Die Ehen werden nach Reichehum und Geaburt gefchlel 
nach ber Gehurt. eines fürfllichen Kindes wird daſſelbe aus dem älter! 
entfernt und einem Edelmanne zur Erziehung übergeben, Der Knabı 
richtet im Jagen, Rauben und Kriegen, das Maͤbchen Im Gtiden, 


Cirkel Gisalpintfche Republik 689 


1 — Es befteht unter den Eirkaffiern ein Gaſtrecht, dab fie Kunadi 
den Fremden, dem e8 zugefagt worden, haftet fein Wirth mit dem 
einem Mörder nehmen die Verwandten des Ermorbeten Die Blutrache; 
nn fie verföhnen. Sonft waren diefe Voͤlker Chriſten; jegt find fie 
ner, beobachten jeboch die Vorfchriftei des Fslam mit wenig Eifer. 
m Verfalle des chazarifchen Reiche fcheinen die Cirkaffier den Arabern, 
, vieleicht auch den Georgiern unterthan gewefen zu fein; gegen Ende 
ten Jahrh. wurden fie Vafallen der Ruſſen. Czar Iwan Waſiliewitſch 
>) eine kleine Armee unter dem General Daſchkow bem Temruk, einem 
Fürften, zu Huͤlfe; nach dem Tode Iwan's aber vernachläffigte ber 
dieſe entfernten Unterthanen, und fie wurden ben Khanen der Krim 
fie, der Mißhandlung der Beamten müde, zu ben Waffen griffen 
mee von 30,000 M. überwanben. Gegenwärtig iſt Tſcherkafſien 
.., 950,000 Einw.) eine ruffifhe Schutzprovinz. 
:[, in der Mathematiß, f. Kreis. — Cirkel heißt ferner das zu Aus⸗ 
ienlicdhe Werkzeug. An dem Haarcirkel kann der eine Schenkel durch 
ed, mit einer kleinen Schraube verfehenes Gelenk auf Haaresbreite 
ruͤckgeruͤckkt werden, ohne daß man nöthig hätte, das Kopfgewinde bes 
alb in Bewegung zu festen. — In der Logik kommt die Benennung 
Definitionen und Beweifen vor. In einer Definition ı wenh man einen 
ch ſolche Begriffe deutlich machen will, welche ſchon bie Etkenntniß 
ausſetzen, d. h. wenn das Definitum wieder als Merkmal in der Des 
emmt. Es kann dies geſchehen unmittelbar, durch ausdruͤckliche Worte, 
ir, wenn der zu erklaͤrende Begriff ſich unvermerkt in ein Merkmal der 
inſchleicht und Bei ber Zergliederung der Merkmale, welche als ber Pro⸗ 
Definitien anzuſehen iſt, wieder angetroffen wird. Im Beweiſe iſt 
venn Das, was erwieſen werden ſoll, ganz oder zum Thell, ſelbſt zum 
d angenommen wird. 
Muſik), die zweite Stufe unſerer diatoniſch⸗chromatiſchen Tonleiter. 
diejenige Ton art (ſ. d;), bei welcher ber durch ein Kreuz erhöhte Non 
ıdton der harten Tonart angenommen wird. Sie hat 7 Kreuze vorges 
s-moll, die weiche Tonart, bei welcher der durch ein Kreuz erhöhte 
Srundton det weichen Tonart angenommen wird. Traulichkeit und 
mbefriedigten Liebe liegen in ihrem Umkreis. Sie hat 4 Kreuze vorges 
side Tonarten fommen als Grundtonarten eines Mufitftüds felten vor. 
lpinifhe Republik. Nach der Schlacht bei Lodi (10. Mat 
lamirte Bonaparte am 20. Mat bie Freiheit der Lombardei, und bite 
fer bie trandpabanifche, ſowle aus Bologna und Ferrara die cispada⸗ 
iblik. Wald wurden zur ciöpadanifchen Republik auch Modena und 
hlagen; ımb am 19. Gebr. 1797 trat Indem Frieden zu Tolentino 
Ser Bologna, Ferrara, noch Romagna, nebft der Landfchaft Mefola 
ch ab, die ebenfalls mit der cispabanlfchen Republik vereinigt wurden. 
Htik erhielt am 17. März 1797 ihre Sonflitution und, mit der trans⸗ 
zu einem Ganzen verbunden, den Samen cisalpinifche Republik. Un 
tamen warb fie von dem Kälfer im Frieden zu Campo⸗Formio (17. Det.) 
abhängige Macht anerkannt. Sie begriff: die oͤſtr. Lombardei, nebft 
zanifchen, bie verletianifchen Provinzen Bergamo, Brescia, Crema, 
b Rovigo, dad Herzogthum Modena, das Kürftenthum Maſſa und 
5 die drei päpftlichen Legationen Bologna, Ferrara mit Meſola und 
Am 22. Oct. d. 3. wurden auch die nah Graubünden gehörenden 
ltiin, Worms und Claͤven dazu gefchlagen, ſodaß die neue in 10 
igetheilte Repubiit 771 IM: mit 34 Mill. Menſchen enthielt. Der 
. Giebente Aufl: Bo. I, 44 


690 Elſelirkunſt Ciſtercienſer 


Sitz der geſebgedenden Verſammlung (Rath der Alten von BO, und | 
von 160 Mitgl.) und der Regierung (Directorium) war Mailand. D 
macht (franz. Truppen im Solde der Republik) beftand aus 20,000 
Frankreich wurde fie, im März 1798, durch ein Trug: und Schugbünbnii 
Handelsvertrag noch fefter geknuͤpft. Als im März 1799 der Krieg von ı 
ſchen Öftreich und Frankreich ausbrach, wurde fie zwar durch die Siege dei 
und Ruſſen aufgelöft, allein bald durdy Bonaparte’s Sieg bei Marengo 
1800) wiebechergeftellt. Die Republik erhielt nun eine Staateverwal: 
fulta) von 50 und einen Vollziehungsrath (Governo) von 9 Mitgl.; ı 
fie am 6. Sept. durch die Landfchaften Novarefe und Tortonefe vergröf 
dem Frieden zu Luneville (9. Febr. 1801) von Öftreich aufs neue anerk 
25. Jan. 1802 nahm fie den Namen It alie niſche Republik an, u 
Bonaparte zu ihrem Präffdenten und Franz Melzi d’Erile zum Vicep 
Sie wurde darauf in 13 Depart. eingetheitt; allein ſchon 1803 (17.2 
trug eine Deputation der itaftenifchen Republik dem franzöf. Kaiſer die U 
Königsvon Italien. (Bol. Italien.) 

Gifelirtunf, f. Sitberarbeiter. 

Cisplatana mit Montevideo, f. Paraguay und Plataı 

Cisſsrhenaniſche Republif. Da bereits eine cisalpinifd 
Mgueifche Republik entfianden waren, und man überhaupt in jenem 
(1797) die republikaniſche Regierungsform für die volltommenfte hielt 
bie Schwärmerel politifcher Clubbiſten auch einzelne Städte in Republi 
(haffen. Mehre am Rhein gelegene Städte, namentlid Köln, Aadıı 
erklaͤrten fich daher unter franz. Schuge flr unabhängig, und proclamit 
Sept. 1797 als eine ciörhenanifche Republik. Da jedoch in dem Frieden 
Kormio (17. Oct. 1797) die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreid 
mer Artikel beſtimmt wurde, mithin bie cisrhenaniſche Republik ohnehin 
reich fiel, ifo ift diefe cischenanifche Conföderation kaum dem Namen na 
geworden. ” 

Giftercienfer, ein geiftlicher Orden, der von feinem Stammtiof 
unweit Dijon, wo er 1099 entftand, diefen Namen führt. Durch die 
des heil. Bernhard von Clairvaux (f. d.) war er hundert Sahre ı 
Entitehung ſchon zu 800 reichen Abteien in verfchlebenen Ländern Eure 
wachen. Die Giftercienfer widmeten ſich nur dem befchaulichen Reben; 
fchrieb eine fehr anftrengende Kloſterandacht und Kafteiung vor. Sie ı 
Befreiung von der bifchöflichen Aufficht zu verfchaffen und bildeten einen 
tiſch⸗ republikaniſchen Moͤnchsſtaat. Ein hoher Rath, der aus dem Abte p 
als General:öbern, den Abten zu Claitvaur, La Ferte, Pontigni u 
mond (ſaͤmmtlich in Frankreich) und 20 andern Definitoren beftand, ım 
fange jährlich, ſpaͤter in jedem dritten Jahre gehaltenen, Generalcapitel 
und Prioren aller Ciftercienferftöfter verantroortlich mar, regierte fie um 
telbarer Dberaufficht des Papftes. In Frankreich nannten fle fi, aus Acht 
ben heil. Bernhard, Bernhardiner. Unter den von ihnen ausgegangı 
derfchaften waren die Barfüßeroder Feuillans (ſ. d.) und die Mon 
Portroyal(f.d.) in Frankreich, die Recollectinnen (verbefferte Ciſtercie 
in Spanien und bie Möndye von La Zrappe (f. Trappiſt en) die mern 
Reihthum und Unthätigkeit brachten diefen mächtigen Orden in Verfa 
Kıiöfter gingen [yon vor der Reformation, noch mehre nad berfelben, 1 
felbft ein, theils in andre Hände über. Das allgemeine Schickſal der 
Orden in der Revolutionsepoche befchräntte die Giftercienfer auf wenige. 
Spanien, Polen, den öfte. Staaten und in ber fächf. Oberlaufig, wo 
reichbeguͤterte Nonnenkloͤſter diefes Ordens, Marienftern und Macientha 


Gitadelle Ciudad⸗ Rodrigo 691 


Moͤnchskloſter Neuenzelle in ber Niederlaufig wurde Im Febr. 1817 von dee 

„Regierung, wie früher die berühmten Kiöfter dieſes Ordens in Schlefien, 

ih aufgehoben. Die Ciftercienfer tragen weiße Kleidung mit ſchwarzem Sca⸗ 
E 


Titadelle, eine neben, auch wol in einer Stadt oder groͤßern Feſtung 
ner herrſchenden Höhe angelegte kleinere Feſtung oder Fort von 4— 7 Boll⸗ 


a. 
Citiren, aufrufen, anführen, heißt, beim ſchriftlichen und muͤndlichen 
richte, einen Schriftfteller oder einen Ausfpruch deffelben, befonders Stellen 
Buches anführen (daher Citate, angeführte Stellen). In dem gerichtlichen 
hren heißt citiren, Jemand von Obrigkeits wegen zur Stellung vor Gerichte 
den, vorladen; daher Citation (Ladung, Vorladung) diefe Handlung ber 
zkeit, oder ber richterliche Befehl, vor Gericht zu erfcheinen. Die Ladung ger 
t auf einen gewiffen Zeitpunkt. In der Regel muß jeder Vorgeladene im bür 
ben Proceß bei der erften Vorladung in Perfon ecfheinen, kann aber bei ben 
den Verhandlungen feinen Bevollmächtigten hidden. In Polizeiſachen wird 
nliche Gegenwart erfodert. Das Nichterfcheinen wird als Ungehorfam gegen 

Beit beftraft ; daher bei unvermeiblichen Dinderniffen eine zeitige Entfchuls 
bei dem Richter nicht zu verabfäumen ift. Die Ladungen find Verbalcitas 
‚ d. 5. wörtliche Auffoderungen (und zwar mündlid) durch einen Diener bes 
, oder durch fhriftlichen Befehl des Richters bei Perſonen vornehmern 
), oder Realcitationen, welche in der Abholung der zu flellenden Perfonen 
Bericht beftehen und mit Gewalt verbunden fein koͤnnen. Letztere tritt ges 
dann ein, wenn eine verbächtige Perfon fich nicht gutwillig geftellt hat, 
iminals und Polizeifachen, in denen fchnelle Entfcheidung nothwendig iſt 
Verdacht auf den Geladenen fällt. Da aber der Zweck der Citation das 
Erſcheinen vor Gericht als Bedingung einer angeftellten Unterfuchung iſt, 
auch die dabei anzumendende Gewalt ſich nicht weiter erſtrecken, al& zu dies 
wecke nothiwendig if. Dan unterfcheidet unter den Werbalcitationen noch 
meine ober Privatladııng und die Öffentliche oder Edictalcitation. (S. 
&) Eine peremtorifche Citation (citatio peremtoria) ift eine endliche und 
ende Vorladung, welche im Vernachläffigungsfalle Rechtsverluſt nach ſich 
P T 










itronen. Der Citronenbaum wurde aus feinem Vaterlande Medien in 
füdliche Länder verpflanzt. Unter diefen verfendet Sicilien allein jährlich 
I00 Kiften, deren jede 440 Stud enthält. Um die Faͤulniß zu vermeiden, 
zan fie vor der völligen Reife ab, weßhalb auch die Citronen, welche zu uns 
‚ nicht ihre volllommene Süßigkeit haben. Man gebraucht davon die 
welche man trod'net, und ben Saft, ber fich auch kryſtalliſiren läßt. Er 
ie eigne vegetabilifche Säure aus, bie als Heilmittel beſonders durch Ihre 
ndernbde, antifforbutifche, harntreibende, fleinauflöfende Kraft, und auch 
tienden Krankheiten von großem Nupen if. So fand Spiker (‚Reife durch 
‚1816) in dem Seehofpitale zu Gospert mehre Keller mit Vorräthen von 
foft angefüllt. Abarten der Gitronen find die Gitronaten, die Limonen u. 
des Eofibare Citronenoͤl wird aus den frifchen Schafen gewonnen, und iſt 
uf der Oberfläche der Frucht befindlichen Biäschen enthalten. Das wohls 
Bergamottoͤl erhält man auf gleiche Weife von einer Art Pomeranzen, die 
weſtind. Inſel Barbados wachſen und Bergamotten genannt werben. 
adab>Rodrigo, fpanifche Grenzfeſtung gegen Portugal, in der Pros 
Bmanca ‚niit 11,000 Einw., welche ſich am 10. Juli 1810 nad) tapferer 












g 3 an die Sranzofen ergab. Maſſena mufte bei feinem Nüdzuge aus 
Ldiefe Feſtung ihrem Schickſal uͤberlaſſen. Die Einſchließung erfolgte durch 
Ad * 


OD Givilbaukunft 


die Briten unter Wellington am 8. Jan. 1812, und die Belagerun 
ten einen fo rafchen Fortgang, daß die Stadt ſchon in der Nacht vor 
20.09. M. durch Sturm überging, obgleich die tapfre Befagung fi 
Sefangennehmung von Haus zu Haus vertheibigte. Die Gortes erl 
ton zum Derzog von Ciudad»Rodrigo und Grande von Spanien erft 
Civilbaukunſt (bürgerlihe Baukunſt) begreift Alles in 
Anlage wohnlicher und aufbewahrenber Räume für die Bebürfniffe 
bürgerlichen Geſammtlebens gehört, fomor in Rüdfiht auf Fan 
Geſelligkeit als auf die verfchiedenen Gewerbe, Verhältniffe un! 
ber Einzelnen. Sie zerfält: 1) In die ſchoͤne Baukunſt, in 
fihtigt, Alles, was irgend ein Bedarf erfodert, fo anzulegen und ar 
«6 fcheinen muß, als habe nur das Geſetz der Anmuth und Schön 
2) In die ftädtifhe Baukunſt, infofern fie auf zwedigemäß: 
innere wie aͤußere Anordnung von ftädtifchen Gebäuden aller Art g 
In die Landbaufunft, infofern fie in gleicher Art die Anlage 
landwirthfchaftlicher Gebaͤude im Auge hat. Das Erfte, was in B 
werden muß, ift das Baulocal (Bauſtelle). Der Bauherr laſſ 
dem Papier und im kleinern Maße fowol Figur als Verhaͤltniß fi 
ter vor Augen ſteht, eine genaue Zeichnung von bem gefammten Loca 
tem Maßftabe anfertigen (Planzeichnung), damit er ſowol die Nad 
theile des ihm vergönnten Raums in Rüdficht auf feinen Bedarf 
und darnadı die ihm wünfchenswerthefte Stellung und Eintfeilung 
ten Gebäudes machen könne. Die, Lage nad) den verfchiedenen Hu 
muß bei Bauanlagen jeder Art forgfältig erwogen werden, damit ni 
Hauſe die günftigfte Lage gegen die Wetterfeite gegeben, fondern a 
nen Gemaͤchern die jebem einzelnen vortheilhaftefte Sonnenzeit g 
koͤnne. Wer hätte nicht ſchon ben Vorzug der Morgenfeite für Sc 
Bibliotheken, der Mittagsfeite für Wohnzimmer, der Abendfeite | 
mer, und der Mitternachtfeite für Gefellfhaftszimmer und Kunſtga 
den! Der Küchen, Vorrathskammern ıc. nicht zu gedenken. Der 
vergönnten Raums möglichft für den Hauptzweck zu benugen und 
beffelben möglichft zu befeitigen, tft bei jeder Bauanlage unftreitig 
Kunft. Ruhiges, von Zeit zu Zeit wiederholtes Überlegen nad) al 
kann hier Manches entdedden, was beim erften Blicke unmöglich zu 
zu erreichen fhien. IL Bauzeihnung (Grund> und Auftifl 
ſchnitte). Jedem Bauherrn ift es unerlaͤßlich, das Alphabet der X 
kunſt ſich zu eigen zu machen, damit er im Stande fei, jeden Bau 
leſen. Es erfodert dies kein langmwieriged Studium. Jeder Maur 
mermeiſter ift im Stande, darüber Auskunft zu geben. Diefe Ser 
das Verftändniß nicht nur für architeftonifche Kunftwerke, fonder 
Einzeinheiten vieler technifchen Arbeiten, deren nähere Kenntnig in 
ben nüglich und erfreulich ifl. Nachdem der Raum, welchen das G 
men foll, beflimmt und auf.dem Pläne eingetragen worben ift, ba 
feinen Bedarf an Kellerräumen (souterrains) zu Überlegen, und zu 
ordnung des Erdgeſchoſſes, ſowie der Übrigen Geftode, im Allgem 
gen, weil darnady die Bogenftellungen und Grundmauern der Keller 
den müflen, um dem ganzen Gebäude bie nöthige Feſtigkeit zu geben 
fam, bier mit größter Genauigkeit zu verfahren, da von dem zweckn 
bau die größere oder geringere Koftfpieligkeit des ganzen Baues abhän 
bier gleich im voraus leicht zu viel oder zu wenig gefchehen, was bet 
derungen in den obern Gefchoffen zu großem Nachtheil gereicht, den 
weder läflig beengenb oder bebingend. Sparfamleit beim Kellergeſch 


Civilbaukunſt 695 


er Vorſicht zu beruͤckſichtigen. Die Anordnung dieſer beabfichtigten verſchlede⸗ 
daͤume für Gewerbe und Geſchaͤft im Erdgeſchoß, ſowie der Wohnungen in 
beigen Geſchoſſen, muß vielfeitig und zum öftern bedacht werden; denn 
ie dem Öftern Beſchauen komme erſt jene Danniofaltigkeit der Ideen, aus 
r eine Wahl des Beten möglich iſt. Die möglichft zweckmaͤßige Eintheilung 
aͤchenraums, je nach den verfchiedenen Bebürfniffen und befondern Ziveden, 
t bte Sorgfalt des Bauherrn zunaͤchſt in Anſpruch; dann wird eine entfpres 
Höhe für jedes einzelne Geſchoß beftimmt ; fie kann beim Erdgeſchoß nach 
Bedarf und nad) oͤkonomiſchen Rüdfichten feftgefegt werden, waͤhrend bie 
een Geſtocke nad) angenehmen und gefälligen Verhättniffen angeordnet wird; 
hoffe brauchen keineswegs gleiche Höhe zu haben, vielmehr trägt es zur 
ı Schönheit eines Gebäudes nicht wenig bei, wenn jedes Geſchoß, der Innern 
mung gemäß, auch von außen charakteriftifch angeordnet wird. Selbſt die 
hniſche Conflitution veramlapt eine ſolche Abftufung des Charaktere ber ver 
nen Sefcyoffe. Wenn z. B. das Erdgeſchoß einem fhiwierigen, vielen Kraft 
ad ober große Feſtigkeit erfobernden Sefchäfte gewidmet iſt, fo muß es von 
als ein feiter maffiver Unterbau des Ganzen erfcheinen. Das erfte Geſchoß 
tage) wird ſich über jenem in leichtern, ſchlankern Verhaͤltniſſen erheben 
w zweite über letzterm als noch leichter Laftend von Außen erfcheinen. So ers 
der Bau auch technifch zweckgemaͤß und wird um fo mehr Sinn und Auge 
Igen, je richtiger jedes Gefchoß dem gemäß verziert wird. Nachdem das Erd⸗ 
in allen feinen Abtheilungen angeorbnet worden, find die Wohnungen des 
Beſtocks zu entwerfen, wobei nicht mehr bloß der Bedarf, tüchtige Baucon⸗ 
m umd Bequemlichkeit allein zu berädfichtigen find, fondern es gift, die 
mgen auch heiter, anmuthig und gefällig für die verfchledenen Glieder ber 
und Hausgenoffen zu machen unb fie nad) dem gemeinfchaftlichen oder 
sten Leben derfelben anzuordnen. Vereinigung und Abfonderung ber ver 
en Gemaͤcher, je nach ihrer Beflimmung , erfobert reifliche Übertegung. 
möfrau verlangt zu ihrem Wirken ganz andre Zimmerverbindungen ale der 
er. Die Verbindungen müffen bequem und leicht gemacht, und hinwiede⸗ 
36, was von einander zu trennen iſt, dergeflalt angeordnet werben, daß fich 
ſchiedenen Xhätigkeiten und Lebensweifen der verfchiedenen Hausgenoſſen 
milienglieder einander nicht flörend durchkreuzen. Die Franzoſen find aners 
Meiſter in bequemer und zierlicher Anordnung der innern Theile ihrer Wohn⸗ 
es iſt deßhalb das Stubium ihrer Grundriſſe fehr zu empfehlen. — Was 
Zohnhaͤuſern nicht nur zur Zierde gereicht, fondern auch zur Gefundheit beis 
iſt die Höhe der Zimmer und ihr entfprechendes Verhältniß zur Länge und 
Es ift nicht Leiche, ein ſolches aufzufinden, ba bei Beflimmung der Höhe 
einzelnen Geſtocke ihr Geſammtbetrag mit der Breite bes ganzen Gebäudes 
u gefälligen und guten Verhaͤltniſſe ftehen muß. Nie jedoch follte man bei 
aen die Höhe, wenigſtens des erſten Geſtocks, unter 12 Fuß machen. Abwech⸗ 
und Manmigfaltigkeit der Größe und Form der Zimmer tragen zur Schoͤn⸗ 
a Wohnung nicht wenig bei. Runde, halbrunde und ovale Zimmer neben 
m in ihren vielfachen Verhaͤltniſſen uͤberraſchen auf das erfreulichfte und 
ſſen eine große Mannigfaktigkeit ber Decorationen. Wenn der Bau ſelbſt 
geflastet, dergleichen Zimmer ſchon durch Umfaſſungsmauern oder Schei⸗ 
zu bitben, fo kann man dies durch Leicht anzubringende und gut zu benugenbe 
Ige mit wenigen Koften bewerkſtelligen. — Die Art bes erſten Eindruds im 
eines Gebäudes hängt vorzüglich von der Anordnung des Haupteingang 
Mur umd des Treppenraums ab. Die fhönfte Wohnung, wenn fie burch 
freundlichen, vernadhläffigten Haupteingang entflellt wird, verliert ihren 
‚Reiz, ſowie umgekehrt ein gewoͤhnliches Haus durch eine lichte, heiter aufneh: 


004 Clvillbaukunſt 


mende Hautfhır jeden Eintretenden fuͤr fic, einnimmt. — Thuͤren und 
gen zue Schönheit und Charakteriſtik eines Gebäudes ſowol im Innern a 
fern wefentlich bei, fobaß ihre Vertheilung und ihre Verhältniffe ein wiı 
genftand der Aufmerkſamkeit des Bauherrn fein müffen. Je höher und 
tigem Verhaͤltniß breiter Thuͤren und Senfter find, deſto mehr entfpred 
her Verzierung und dem Charakter heiterer Gefelligkeit. — Nach an 
Bauriffen ift ILL der Bauanſchlag ein Gegenftand ber Prüfung. 
eine fpecielle Nachweiſung und Berechnung fämmtlicher Koften, fowol 
materialien als des Arbeitslohns. Es bleibt dem Bauherrn hierbei nidhı 
uͤbrig, als nach bewährten Handbuͤchern fich mit den allgemeinen Grunt 
Das, was zu gewiffen Bautheilen an Materialien gefobert werden barf 
von den verfchiedenen Werkteuten bei pflichtmaͤßiger Arbeit täglich gelei 
muß, bekanntzumachen. Dabel hat er fid) nach den Preifen der verfchiet 
ſtoffe in feiner Gegend zu erfundigen, um darnach die Anfäge des Bo 
prüfen zu koͤnnen. Der Bauberr muß ſich beſonders darnach umthun, baf 
ftoffe im Ganzen und aus erſter Hand erhält. Er muß fo viel als möglich 
Lieferant fein und auf dieſem Wege kann er gar viel erfparen ; dagegen abı 
auf Erſparniß an der Güte der Bauftoffe bedacht fein. Lieber bezahle er die 
terialien zu theuer, al& die fchlechteften zu wohlfeil, damit er nicht erfuhre, 
fichtige Wohlfeilheit im Bauen ſpaͤterhin unendlic) theuer zu ftehen komm 
pfehlen Trieft’s „Grundſaͤtze zur Anfertigung richtiger Anfchläge”, Z3 Bd 
(Bert. 1815). — IV. Der Bau felbft nimmt endlich den Bauherrn, r 
ſelbſt Baukuͤnſtler ift, nur infofern in Anſpruch, dag er nad) genauer 
der Bauriffe ſieht, und Sorge trägt für ununterbrochene Aufficht auf ! 
keit und auf den Fleiß der Werkleute, damit von den Bauftoffen unl 
nichts entwendet , vergeudet- und verborben werde; auch daß die verſchi 
beiter ſich einander nicht im Wege ſtehen, vielmehr einander fo viel als 
die Hand arbeiten; daß der Bauſchutt zur-rechten Zeit und an die rechte 
gefchafft wird, wenn er nicht zum Vortheil des Bauherrn benugt mwı 
zum Ausfüllen von Senkungen, Gruben ıc. — V. Sacaden, An 
Gebäude ſoll mittelſt ſchoͤner Verhältniffe der einzeinen Theile zum ( 
Charakter feiner Beftimmung auf eine heitere, edle, großartige ober e 
Eünftierifch ausfprehen.: Dan follte nie vergeffen, daß jedes auf nähe 
tung Anfprudy machende Gebäude einen eigenthürglichen Gedanken aust 
eine Erfindung an fich fein fol. Maſſive Gebäude, von lauter Werkſtuͤ 
erhalten ihren Hauptſchmuck ſchon durdy den Bau felbft, durch roirklid 
zuruͤcktretende Abtheilungen nach der Breite fowol al6 der Höhe, | 
oder weniger reiche Gefimfe von der Hand ber Steinmegen ober aud 
bauer bei Prachtbauen. Bedeutſamkeit, Zierlichleit, Großartigke 
Anmuth, Schicklichkeit 1c. müffen überall, je nach verfchiebener Abficht 
jedes Ornamentes fein. ‚Leere Verzierung, welche, ohne ardhitektoni 
nur angebracht wird, bloß um zu verzieren, ohne alle Nüdficht auf 
Beziehung auf das Ganze, ift überall tadelnswetth. Gebäude von fl 
Badfeinen und mit Fachwerk bedürfen eines überzugs, Bewurfs, ob 
welcher um fo [höner und zwedimäßiger erfcheinen wird, je mehr er eine 
Werkſtuͤcken oder edleen Bauftoffen aͤhnlich gemacht wird. Alle Farben 
den ſchoͤnern Steinarten eigenthuͤmlich find, oder ihnen wenigftens na 
werden zum Anpug ber Gebäude die zweckmaͤßigſten fein; alle reine, u 
Farben, felbft das Weiß nicht ganz ausgenommen, müffen durchau 
werben. Alle Bauornamente, wozu auch die Fenſter⸗ und Thuͤre 
gehören, muß man durch etwaß lichtern Farbenton auspeihnen, um 
und klarer ins Auge fallen zu lafien. — VI. Bimmervdergierung 


; Giollbaufunft 095 


erh dem ardhitektonifchen Charakter und Styl ihres Geſchoſſes etſprechen. Jede 
efonmtheit zu einander gehörender Zimmer muß durch Verzierungen und Zarben 
wen Totaleindruck bezwecken, welchem zu Gunſten die einzelnen Gemaͤcher anzu⸗ 
en find. Der vornehmſte, edelſte, kunſtreichſte, aber auch koſtbarſte Verzie⸗ 
eſthl im Innern dee Gemaͤcher iſt derjenige, welcher auf architektoniſchen Mo⸗ 
mten beruht; er findet jedoch nur in reich angelegten Wohnungen entſprechenden 
ww; in Kleinen Zimmern wird er ſchwer und drüdend. Außerdem erfodert, ex 
ihn analoges, prachtvolles Mobiliar, nach eigends angefertigten Zeichnungen 
gleichen Styl. Bekleidung der Decken und Wände durch kunſtreiche Holztaͤfelel 
sisezie) ift ebenfalls koſtbar und faft nicht weniger ſchwierig; fie entfpricht nur 
va ernſtern Charakter, ift aber, wo fie reich, zierlicy und in einem edeln Style 
Weeführt wird, von vortrefflicher Wirkung. Bekleidung ber Wände mit Spies 
darf nur da germählt werden, wo eine reizende Umgebung von Außen, oder eine 
Riheatralifche Anordnung im Innern, durch ſcheinbare Vervielfältigung eine 
afchung ober einen großartigen Eindrud hervorzubringen vermag; 

wird fie kleinlich, fpielig, leer, eitel und armfelig. Auch hier muß man 

‚ daB alles Muͤßige, Bedeutungsloſe, bloß und allein Koftbare den Zweck 

und die Wirkung zerftört; jebes Einzelne muß überall ald dem Ganzen zus 
erſcheinen. Weniger koftbar, aber von größerer Manntgfaltigkeit und Leiche 

ber Anwendung, ift die Verzierung der Wände, der Decken durch Tapeten 
Decorationsmalerei, welche überaus reich an Mitteln ift, den Woh⸗ 

Heiz, Schönheit und Anmuth mitzutheilen. Pracht indeß kann auf die 
nur durch Meifters Hand erreicht werden. Daß auf die Wahl der Grunde 

die Wände und Deden viel antomme, braucht um fo weniger erwähnt 

‚da Jeder fchon den widrigen Eindrud eines gruͤn angeftrichenen Gartens 

eines violett verzierten Gefellfchaftezimmers empfunden hat. Dian beachte 

(ße bei der Zimmerverzierung immer die äußeren Umgebungen. Ein Zimmer, 
bdeffen Fenſter man einer erfreulichen Ausficht in die Gerne, auf Felder, Wätz 
Auen, Gärten oder Wiefen genießen könnte und möchte, wird durch einen 
w, biendenden, das Auge beunruhigenden, das Licht zerſtreuenden Farben⸗ 
3 Aberaus widrig, während ein gleichguͤltiger, anfpruchlofer,, tiefer Karben» 
a Blick in die Landfchaft um fo reizender macht. S. die „Encyklopaͤdie ber 
lichen Baukunſt, ein Handbuch für Stantswirthe, Baumeifter und Lands 
‚von Stieglig, 5 Bde. (Leipzig 1792 — 98), mit vielen Kupfern und 
hen Nachweiſungen. — Um Sinn und Geiſt für architektoniſche Schoͤn⸗ 
Wzubilben, iſt ein, wenn auch nicht erfchöpfendes Studium der Bauwerke 
kechen und Römer unerläßlich, weil es das nähere Verſtaͤndniß eröffnet für 
6 dem Alterthume bekannten Bauftple, aus welchen unfere meiften jegigen 
zungsmittel entnommen find. Ein Werk, welches nicht allein mit den Vers 
rm und der claffifchen Anordnung der antiten Bauſtyle, fondern auch mit 
Bedeutung ber vorzüglichften antiten Bauornamente auf eine geiftreiche 
Bhefannt macht, iſt: „Die Baukunſt nad) den Grundfägen der Alten‘, von 
Di (Berlin 1809, or. Fol., mit 50 Kpf.). Kür den altdeutfchen Bauſtyl, 
in feiner Groͤße, Pracht und Trefflichkeit kennen zu lernen, empfehlen wir: 
waͤler der deutfchen Baukunft, dargeftellt von G. Moller“ (Darmſtadt 
1, ge. Sol.) ; Stieglitz's, Geſchichte der altdeutfchen Baukunſt“ (Leipzig 1821, 
Theoretiſch⸗ praktifche bürgerliche Baukunſt, durch Geſchichte und Beſchreib. 
würdigſten antiken Baudenkmale u. ihrer genauen Abbildungen bereichert“, 
Miebeting, 1. Bd., mit 46 Kpf. (Muͤnchen 1821, 4.). Letzteres Werk jedoch 
in Kuͤckſicht der Entwuͤrfe des Verf., nur mit Vorſicht gebraucht werben. 
u den Riſſen von Gebaͤuden der Alten und Altvordern find die Sammlungen, 
Ken neuere ausgezeichnete Baumeifter ihre Ideen und Entwürfe mitgetheilt 














696 Got, 


haben, ſehr lehrreich. Mi nennen nur die ‚Hefte von $. Gilly und Ein! 
gleichen muß man jedoch mehr als Anregung zu eignen Ideen als zur 

ahmung benupen, — Für die Landbaukunſt insbefondere dürfte da: 
gruͤndlichſte Werk, befonbers in Rädficht auf Bauconftruction und far 
Einsichtungen, ſein: Gilly's „Handbuch ber Landbaukunſt, vorzüglich 
ſicht auf die Conſtruction der Wohn⸗ und Wirthſchaftsgebaͤude; fuͤr 
Baumeiſter und Hkonomen“ (2 Bde., 8. Aufl., mit Kpfın., Bra 


1805, 4.). 

Jivilliſte. Diefer Ausdrud war fonft nur In England gebräud 
bezeichnet die Einkünfte, die jedem Könige bei dem Antritte feiner Regi 
Unterhaltung feines Haufes und Hofſtaats, mehrer Beamten und Col 
Sefandten und überhaupt der bürgerlichen Regierung vom Parlament: 
werden. Es war in England, wie in andern germanifchen Staaten, | 
daß der Monarch dis gefammten Ausgaben ber Regierung, felbft mit Eix 
Kriegsſweſens, aus dem Krongute (Zürftengute, Domainen) beflreiten m 
daß die Untertbanen dazu nichts, al6 was von ihnen durch befonbere B 
gen übernommen war, beizutragen ſchuldig ſeien. Aus diefem grund 
Sage, welcher durch bie Entflehungsgefchichte der Kronguͤter beftätigt wi 
fih ſchon, daß man die Domalnen nicht im Allgemeinen für Privargut 
renden Familie erklaͤren kann. Der Regel nach find fie vielmehr wahres € 
Inden fie aus Rechten entfprungen find, welche dem Fürflen zum Zwei 
gierung überlaffen worden find, in ben deutſchen Landen zum Theil aus 
ten, welche mit dem Reichſsamte als Befolbung verfnüpft waren. Die. 
der fächfifchen Könige waren ſehr anfehnlicy; fie wurden nach ber norn 
Eroberung durch Eonfiscationen fehr vergrößert, aber auch bald durch Wei 
wieder vermindert. Unter Heinrich VIII. in England bekamen fie einen au 
lichen Zuwachs durch die Einziehung der Kiöfter und reichen Prälaturen | 
damals in England 27 infulirte Äbte und zwei Prioreien, ohne die übrige 
aber fie gingen auch unter einem fo verſchwenderiſchen Fürften größtenth 
verloren. Wilhelm ILL. fand es nöthig,, feine Regierung durch teichliche 2 
feiner wichtigſten Anhänger zu befefligen, wozu er die Krondomainen ı 
en verwandte, daß umter der nachfolgenden Regierung (1702) 

erlichkeit derfelben durch ein Geſetz ausgeſprochen wurde. Es find ba 
Kronguͤter noch übrig, weiche nunmehr, wie die meiften nugbaren Reg 
in der Staatsfinanzverwaltung begriffen find. MWorher wurben dem A 
gewiſſe jährliche Zufchäffe zur Beſtreitung der Hofhaltung und aller Regie 
gaben verwilligt, welche unter Karl IL zuerft auf .befttimmte Summe 
(1,200,000 Pf.) und unter Jakob IL. bis auf 1,900,000 vermehrt wurd 
ſchottiſchen Einkünfte waren darunter nicht begriffen.) Da man nach der 
von 1688 Wilhelms ILL. Kriegsluſt fuͤrchtete, fo wurden die Koſten für I 
macht in bie Finanzverwaltung des Reichs gezogen und dem Könige für 
ber Hofhaltung und bie unmittelbare koͤnigl. Civilſtaatsdienerſchaft, 
Dramen ber Givillifte, gewiffe Einkünfte angeriefen, welche man zu 701 
anſchlug und fpäter auf 800,000 Pf. erhöhte. Unter der Königin Ann 
biefe Einkünfte nur 691,000 Pf., unter Georg I. wurden fie auf 750, 
ſchlagen, aber auf 850,000 vermehrt. Georg IL. hatte 800,000 Pf. 
überließ der Staatsfinanzuerwaltung alle erbliche Krongefälle und für di 
angetiefene Einkünfte gegen eine jährliche Summe von 800,000 Pf., wı 
auf 900,000 und zulegt 1812 auf 1,028,000 Pf. vermehrt wurde. 
find aber zu verfchiedenen Zeiten die Schulden der Eivillifte von dem $ 
übernommmen worden, welches 1760 — 84 beinahe 22 Min. Pf. St 
hat. Fuͤr den jetzigen König wusben in ber erſten Parlamentsfikung 85 


Civilliſte . 607 


anlen und 207,000 Pf. von Irland verwilligt. Mit diefer Summe 
: der Hofbaltung (wofuͤr 260,000 Pf. St. beftimmt find) und ben 
ügeldern (60,000 Pf.), die Befoldungen der Minifter, Gefanbten, 
f. w. beftritten; bie koͤnigl. Prinzen aber befommen eine befondere 
en Staatseinkünften. Kür die Hofhaltung und den König bliebe 
ine verhältnißmäfig geringe Summe, wenn nicht der Monarch noch 
tene Einkünfte hätte, weiche ſich (wahrſcheinlich ohne die Einkünfte 
yen Landen, die man fonft auf 100,000 Pf. anſchlug) auf 300,000 
en folen. — In Frankreich wurden zuerft In der Revolution für den 
nigt. Familie beflimmte Summen und Einkünfte ausgeſetzt, welde 
gt. Civilliſte dadurch unterfcheiben, daß alle eigentliche Staatsaukga⸗ 
ennt find. Kür den König und die Hofhattung find nach bem Geſch 
1814 jährlich 25 Mid. Liores (1,041,000 Pf. St.) ausgefegt, und 
und Prinzeflinnen des koͤnigl. Haufes 8 Millionen. Außerdem find 
n koͤnigl. Schlöffern in Paris (dem Louvre und den Zuilerien), auch 
ffer und Domainen zu Verfailles, Marly, St.sCloud, Meudon, 
Gompiegne, St.⸗Germain⸗en⸗Laye, Fontainebleau u. a., nebſt allen 
yen Koftbarkeiten und Kunftfachen, ingleichen die Manufacturen von 
line, La Gavonnerie und Beauvais für unveräußerliche Kronguͤter 
a couronne) erklärt worden. Der Genuß dieſes Krongutes kommt 
ligen Könige frei von allen Schulden und Laften zu, die Verwaltung 
‚ee dem Miniſter des koͤnigl. Haufes. Won dem Krongute iſt das 
maine de l’etat) und das Privatgut des Königs (domains privs 
ſchieden, welches legtere ber König während feiner Regierung nad) 
pirbt und befigt und davon alle Steuern und öffentliche Laſten ent⸗ 
Über baffelbe ann er zwar durch Verträge und Teſtament frei verfihe 
mn dies nicht gefchehen iſt, fo fäuc mit feinem Ableben das ganze 
m dem Staatögute zu. Auch alle Privatgüter, welche der König 
mbefteigung befaß, gehen in dem Augenblide berfelben von echtes 
Staatsgut über. — In Preußen ift, befage des allgem, Etat6 ber 
tb Ausgaben für den gewöhnlichen Staatöbedarf, welcher 1821 am 
macht wurde, die Civilliſte außer Anfag gelaſſen. Sie wird ganz aus 
beftritten, indem ein Theil berfelben, zu einem Ertrage von 2,500,000 
‚Darftell. des ſtaatswirthſch. Zuftandes in den deutfchen Bundesſtaa⸗ 
5.505), zum Kronfideicommiß gefchlagen worden iſt. Allein der bei 
Theil der Domainen, ein jährl. Ertrag von 5,600,000 Thfe., tft zu 
Igaben beftimmt. — In Baieen find die Domainen größtentheile 
anz zue Staatskaſſe gezogen, aus welcher dagegen für das koͤnigl. 
ı Hof jährlich 2,745,000 Zi. verwendet werden. Nach denfelben 
wfährt man in Wirtemberg und Baden. In beiden Staaten bes 
ifte, in der in Frankreich angenommenen engern Bebeutung, nahe 
) ZL., wozu in Würtemberg noch der Ertrag des Dofdomainen» 
DOD Ft. kommt. Vergleicht man diefe Summen mit dem gefommten 
er Länder, fo werden in England ungefähr „I,, in Frankreich -!,, in 
n Baiern „I; , in Würternberg und Baden 4 der gefammten Landes⸗ 
en Hof und das regierende Haus erfodert, und dies Verhältniß fleigt 
Staaten noch viel höher. Man ift in einigen fo meit gegangen , dem 
ufe und dem Hofe den gefammten Extrag der Domainen zu überlaffen 
arauf haftenden Schulden auf das Land zu übernehmen, obgleich dia 
dſaͤte des Rechts dies nicht unbedingt gebieten fonnten. Dagegen 
die Klugheit anrathen, in ſolchen Staaten, deren Eriftenz nicht auf 
0 Macht gegründet ift, das Fuͤrſtengut fchärfer von dem Staatöyute 


- 


eos awnrecht 
m ſendern, sub jenes Immer mehr anf bie Eigenſchaſt eines Prlvatſten 
es zuruͤcknufuͤbren. 


reglerenden Hauſ⸗ 

ECivilrecht. 1) Die Römer bezeichneten damit ungefähr Das 
pofisines SRecht nensten, basjenige, was ein jeder Staat durch eigenthüu 
—— — Sie ſetzten es theils dem natuͤrlichen Rechte (ju⸗ 

unter welchem eine gewiſſe von allen lebenden Weſen, ſelbſt den X 
Ordnung verſtanden wurde, theils dem allgemeinen w 


Mechte, tie es ſich in der übereinſtimmung aller Wölker und Staaten, 


ſpruch der menſchlichen Vernunft (jus gentium) vorfand, entgegen. 
Sinne umfaßte es — bie ganze Geſetzgebung und Rechtsverfaſſeng Ro: 
bes bürgerliche Recht (jus privatum), deffen Gegenftand bie Werhätinii 
galnen Mitglieder bes Staats unter einander find, als das öffentliche ( 
van). ‚ oder die Beflimmungen Aber die Geſtaltung, Grenzen und Wir 
Ver öffentlichen Gewalt. 2) Da aber das pofitive Recht eines Staats u 
lich auch Roms nur zum Theil auf ausbrüdtichen Gefegen beruht, zum 
ſich durch die Sitten, durch bie veligiäfen und philoſophiſchen Meinu 
Waltes und durch die Übereinflimmung in in den Urtheilen ber —— 
fo gab.died m Rom Veranlaſſung zu einer fernern Unterſcheldung. 
verwaltung ging in ihrer oberſten Leitung von ben Prätoren auf 8* 
bei der Sparſamkeit, welche in dee ausdrädtichen Gefeggebung herrf 
ſehr frühe die Befugniß, die Luͤcken der Geſetze zu ergänzen, indem fie ı 
Inge Anwenbungen davon machten, theils in Fällen, wo fie ein ſtrenges 
Bleche, vorzuͤglich ein eigemtliches roͤmiſches Eigenthum (ex jure Quirit 
zainiuen quiritarium) wicht zufprechen konnten, doch einen gewifien Sı 
Klagen und Eineeben nach den befonbern Umſtaͤnden bes Falles oder eine 
gen Beſitz (bonosnm possessio), ertheilten, weicher leztere durch unar 
Dauer in einem gewiſſen Zeitraume zum wirklichen Eigenthum werben ke 
atidrten ſich dasäber jährlich beim Antritt Ihres Amtes. in Sffentlicen 2 
prastoris, auf Tafeln, ‚album, öffentlich ausgehängt), deren 


. (adietum 
migkelt, von einem Prätor zum andern, durch den allgemeinen Rechts ſin 


kes aufcecht gehalten wurde. .: Inter Kaiſer Hadrian erfolgte eine neue 
ded von da an. unveränderlichen Cdiets der Prätoren (edietum perpetu 
deren eigentlichen Umfang man nicht einig iſt. Alles, was auf diefer & 
des Rechts discch. bie Prätoren.berubte, welche im dieſer ‚Binficht große: 


mit ben Courts ef:equity der Engländer haben, alls dadurch eingefüh 


und andre Rechtsemittel d— ꝓraͤtoriſch (ihr Inbegriff das jun honora 
wurden dem ſtrengen foͤrmlichen Recht (dem jus civile) eutgegengeſett 
Entwickelung dieſes Five, imire es Rebe). 3) Das roͤmiſche 
es f. legte bedeutende Imgeftaltung im 6. Jahrh. n. Chr. durch K. Juſti 
von hatte, war nur in einem Heinen Theile Italiens formell gültig: gewo 
ſowol hier als in ben andern ditern Beſtandtheilen des römifchen Nelche 
auch noch dann fort, als die einwandernden germanlichen Stämme eine ı 
ſchaft gegründet hatten. Im füdt. Frankreich blieb die Sammlung Latfeı 
sungen und Entfcheibungen, welche K. Theodoſius IL, (438) veranfl 
auch unter der gothifchen Derrfchaft gültig. Savigny's „Gefch, des rim. 
Brittelaiter” (Beivelb. 1822 fo., 4 Thle) enthält die grändlichfken Unte 
Aber diefes Fortleben und Wiederaufbluͤhen des römifchen Rechts. Mom I 
an warb das obere Italien, vorzuͤglich die Schule zu Bologna ber Punkt, 
wieder Die verfchtebenen Quellen des roͤmiſchen Rechts nach ber Bearbeit 


- &. Juſtinian nach und nach gefammelt und aus dem Gefichtspunkte ein 


bg ausgebitbeten, für alle Voͤlker anwendbaren Rechtoſyſtans bearl 
reitete ſich von hler aus mit mehr ober weniger 


Gietron 099 


m Ländern Europas, well es übera einem Aef gefühlten Bebuͤrfulß eines 
ten Rechtsſyſtems abhalf. Nach |. Mufter wurden vornehmlich die 
and päpftlichen Verordnungen, ſodann aber auch die einheimifchen Rechte 
? der neuen germanifchen Staaten gefammelt und bearbeitet; ihnen als 
irde es unter der Benennung des Civilrechts entgegengefegt. In biefem 
t alſo Civilrecht fo viel als (alts) roͤmiſches Recht; das civiliſtiſche ſteht 
iſchen, lehnrechtlichen (wiewol die Iongobardifchen Lehnrechtsbuͤcher im 
s juris eivilis aufgenommen find) entgegen. Über die heutige Geſtalt 
m Rechtsſammlungen, f. Corpus juris. 4) Da das römifche Recht 
Suropa feine Herrfchaft hauptfächlich über das Privatrecht verbreitet hat, 
ısdrud Civilrecht auch in diefer Bedeutung Üublidy geworden. In diefem 
faßt er alfo Alles, was das Mein und Dein (die Privatrechte) der Bürs 
. und ift mit dem bürgerlichen Nechte gleichbedeutend. Es gehört alfo 
a6 römifche,, fondern aud) das neue bürgerliche Recht, in Deutfchland 
e beutfche Privatrecht, in Frankreich der „Code civil des I’rancais’', ches 
e Napoleon” dahin. Am meiften wird es im diefem Sinnedem Griminals 
zengeſetzt, befonderd wenn von der Rechtspflege die Rede iſt, weldye 
ıcchgreifend in Civiljuftiz und Griminaljuftiz eintheilen kann, die beide 
rhin nach einerlei Grundform des Proceſſes eingerichtet wurden, aber 
az verſchiedene Grundlagen und Zwecke haben. M 
iron (Claire Zofephe Legris de la Tude), beruͤhmt unter dem Schmel⸗ 
ihrer Jugend, war 1723 in der Nähe von Conde von armen Ältern geb. 
en Lebensjahre waren daher keineswegs heiter. ine Darftellung bes 
fer” u.der „Folies amoureuses”, die fie nad) langen Bitten fehen durfte, 
n ſolchen Eindrud auf fie, daß fie Schlaf und Eßluſt verlor; ihrem Ges 
eben aber die Worte, die fie nur einmal gehört hatte, fo gegenwaͤrtig, 
mmer fie vollftändig auswendig wußte. Clairon erkiärte, daß fie Schaus 
aden wollte; ihre Mutter ſtritt mit Dbrfeigen und Machtgeboten dages 
: aber endlich nachgeben. Zwoͤlf Jahr alt, trat Clairon, nicht mit aus 
n Erfolg, auf dem italieniſchen Theater auf. Da fie wegen Ihrer zu 
ſtalt und wegen andrer Theatereiferfüchteleien nicht auflommen £onnte, 
in die Provinz, trat in Rouen aud) als Tänzerin und Sängerin auf, 
jet, Havre und Duͤnkirchen und erhielt von dorther Die Auffoderung, zur 
r zuruͤckzukehren, 1743. Doc) bald wußte fie bei dem Thheätre frangais 
en, wo fie anfangs bloß zu Soubrettenrollen benußt wurde, bis fie mit der 
uͤmlichen Hartnaͤckigkeit die ernfien Rollen bed Trauerfpiels verlangte. 
ım erſten Date 1743 in dee Rolle der Phaͤdra auf, und ihr Triumph war 
tänbiger, je unerwarteter er war. Alle Zeitgenoffen kamen in der Ber 
und in ber Anerkennung ihres feinauffaffenden und Eräftig wiedergeben» 
J überein. Zwar fand die Schaufpielerin Dumesnil, in deren Rollenfach 
md eintrat, noch fortwährend Auszeichnung; doch trug wol Voltaire's 
Lem bazu bei, daß Clairon's Name bald jeden ihrer Vorgängerinnen 
Doc ihre ſtolze Haltung wurde im täglichen Leben zu fehr bemerklich 
kig , wiewol die Welt ſich erzählte, daß fie zuweilen gegen niebere Leute 
affung und Vertraulichkeit beweife. 22 3. lang war fie der geſchmei⸗ 
ing des franzöf. Parterre, als fie auf einmal, in einer gerechten Anwand⸗ 
Amwillens über einen Taugenichts unter den Schaufpielern des franz. 
ugleich mit Lekain und andern aufzutreten verweigerte. Aber biefer hatte 
Goͤnner und fo kam es, daß dem Gefchrei der Zufchauer, die fich ſchon im 
fammelt hatten: „Fretillon & I’höpitall Clairon au fort !’Ev&que!” 
enuͤge geſchah. Clairon ward am folgenden Tage (April 1765) ins Ge⸗ 
ebracht, und erfchien mie wieder vor einem Publicum, das ihr biefe 


Sqauech gugebacht Yattn. Garen. Ihrem deufe hatt⸗ Graf Sarlus dureh el 
(bei ( („Histoire de Mile. Eronel dite — 1743) feht gefihel 
hatte ein großes Vermögen erworben, das aber burcih des Abbe Terra 
sationen bebeutend abnahm. Mit dem Markgrafın von Anfpach c 
lebend, folgte fie Diefem num an feinen Hof nad) Anfpach, wo fie 17 < 
Danm kehrte fie nach Paris zuruͤck und farb dort am 18. San. 1803 
the ſelbſt berausgeg. „Memoires’ d’Hippolyte.Clairon et reflexions 
«iamatien theatrale” (Parts 1799), deren legter Theil der Schauſp 
court zugefchrieben wird, enthalten gename Nachrichten über die Eigenth 
Ihres Talente und das Verfahren, das fie beobachtete, um zu folcher A 
vu —— flo find daher für angehende Schauſpieler ſehr belehren. 
Ausgabe: „Mémeires de. Milo. Clairon, aetriee du Theatı 
. 5* elle-möme, nour. ed, mis dans un meilleur ordre” (P 
wit „‚Netiee sur Mile. Clairon’, von Anbrienr. 

Eier, in Schottland be Gusther ber Bergſchotten; dann DI 
suhtienfkaat im Großen aͤhnelnde Soclkalverbindung zwiſchen diefem Gu 
feinen Hoͤrigen in —— und auf ben Snfelgruppen Shetland ı 
Der Ehrenname dieſes iſt Baied. Dies erbliche Clanweſen 
In der Periode des Mömerbefiges In Britannien ſtatt. Es erklaͤrt Offi 
den Hauptſtoff der Momane des bellebten Walter Scott, die Anhaͤu 
Lalrbo an den Prätendenten, die Entſtehung der fchottifchen Regimen 
Krhegen der Eontinentatmächte, beſonders feit ber Neformation, bie D 
engl. Regierung, daß einzelne Gutsherren viele Tauſende Ihrer Hörige 
Imern gewaltſam an bie Küften verfegen und in Fiſcher mit Spaten 
Belnewneu eingeriefenen Guͤter umwandeln durften. Die fchostifchen 
ten Anm König, der jedoch die Werhätmiffe der Lairds zu Ihren Hoͤrlge 
fihainien durfte. Letztere führten ben Namen Ihres Lalrds und hatten I 
der Vackee man Ping oder mehre in jeder Gemeinde), einen nledern A 
Fden In der Gemeinde Unterrichter und in der Fehde Fuͤhrer der au 
Krleger, Dabei Heber ber geringen Naturalgefaͤlle an ben Laird an Dach 
bern, geböreten Fiſchen und Schafen war. Der Aal⸗ und Lachefang in 
zwiſchen den Sen, die Jagd in ben Parks der Lairbs umd der Tackesmen 

Yefer Bevorrechteten unter den WBergichotten, übrigens * 

— — Grmeingut für Jedermann. Der hörige‘ 
—— 16 Benrtcigench One ſeine Steinhütte, einen Garten mit et 
ind Ackerfeld. Davon leiſtete eu feine Schutabgaben und einige we 
und Spannbienfte dem Laird oder bem Tackesman. Gr konnte feinen ( 
fen umb ſein bewegliches Gut mitnehmen. Andres Getreide (außer He 
wegen feiner erwaͤrmenden Eigenfchaft beim SBrotgebraud, jebem andı 
baute der Bergſchotte nicht; Vieh hielt er beliebig, aber auf Belfenz, | 
Meorboben, der wild in Gemeinheit im. nebligen, gebirgigen Norden | 
Bei der ſchwierlgen Ernährung einer ſtarken Viehzahl im Winter, ber 
nie tlich werben. Gin gefchriebenes Recht oder einen Contract 
Laird, oder Tackesman, kannten die hoͤrigen Bergfchotten über ihren Bet 


Voch 
den engliſchen Donatarien her, weiche auf die faſt allgemeine Guͤterconfi 
jakobitiſch gefinnten Lairds auf dem Feſtlande (nach ber Schlacht von 
u folgten. Den meiften Nutzen sogen vormals bie fchottifdgen | 
—— durch bie freiwillige Anwerbung derſelben zum Kriegtdi 
Ein Regiment oder eine Fahne Bergſchotten war he gewoͤhall 
eborenen der Lairds. Dieſe gaben ihre durch Requifitior 


Glare 701 


ıiffneten Hörigen, und was fich an Frelwilligen aus andern Glans hatte 
n laſſen, in fremden -Sold; dee Übergemwinn war beträchtlich, indem bey 
weniger Sold erhielt, als der Staat, der ihn brauchte, dem Laird zahlte. 
ch forgte dagegen in der Regel biefer fuüͤr feine Hörigen fomwol im Vaterlande 
Beide und befonders bei der in einem fo armen Lande nicht feltenen Hungers⸗ 
Gleich Souverainen madıten die Lairds unter ſich alle Fehden mit gewaffe 
and aus. Beider Reformation blieben die meiften Lairds katholifch, weil 
oͤhnlich ihre Tractate über Zruppenftellung mit katholiſchen Mächten abe 
. Die Hörigen konnten ungehindert ihre Religion wählen, aber e6 war 
em Ausbrud unehrenhaft, an einen andern Gott als an den ihres Lairds zu 
. Den Königen von Schottland war nichts angenehmer, als wenn ihre 
ven Bafallen mit großen Heerhaufen in auslaͤndiſche Dienfte gingen; benn 
ı war Ruhe im Lande und die Eugen Könige ſchuͤtzten die abweſenden Lairbs 
n Eigenthum möglichft vor intändifcher Schde. Alle Edle, die mit der Mer 
nicht zufrieden waren, pflegten auszuwandern; daher trifft man unter dem 
f dem Feſtlande von Europa manche ſchottiſche Namen. Nach der Schlacht 
Koden bob die englifche Regierung das ſchottiſche Clansweſen auf, die Abgas 
die alten und neuen Rairdsfamilien blieben in Kraft, alle Dienfte und Dienfbs 
onen mit Gerichtsbarkeit ber Lairds wurden unterbrüdt. Die Regierung 
er, nachdem die meiften Lairds durch koͤnigl. Schenkung ihre großen Guͤter 
confiscirten Gütern der vertriebenen Anhänger des Prätendenten neu ew 
hatten, nicht für gut, ſich über das gutsherrliche Verhaͤltniß der anſaͤſſigen, 
I hörigen Bergfchotten zu erklären, denen fie ebenfo wenig als ben vertrie 
aids traute, worauf die neuen Lairds jene ald engl. Pächter auf leeses (auf 
nmte Gontracte) behandelten, fie vorläufig im Beſitz ließen, jedoch, foris 
icht und Waldbau ſich in Schottland mehr verbreiteten, allmälig an bie Kuͤ⸗ 
fegten und ihnen ben Werth ihrer elenden Steinhütten beim Abzug gemeb⸗ 
nit ruͤckſtaͤndigen Pachtabgaben bezahlten. 
lare (Sohn), genannt der Bauer von Northamptonfhire, ein Naturdich⸗ 
‚den 13. Juli 1793 zu Helpftone bei Peterborough in Northamptonſhire, 
uch Handarbeit feinen Vater, einen Tagelöhner, der contract war, und beffen 
Familie unterftügen. Diefe Leiden ber tiefften Armuth hat er mit herp 
der Wahrheit in feinem Gedichte: „Address to plenty in winter”, aus- 
m. Die Armenunterftügung, welche der Vater von feinem Kirchſprengel 
erleichterte die Erhaltung der Familie und fo gelang es Sohn, fi durch 
ndearbeiten das Schulgeld zu eifparen, um lefen zu leınen. Nun lad es 
bt den „Robinfon Erufoe” u. a. Bücher, die man ihm lieh. Thomſon's 
‚eiten“' weckten zuerft das poetifche Talent bes 13jähr. Clare. Sein Thomfon 
te ihn zu feinem erften Liede: „The morning walk”, zu dem er bald ein 
ſick: „The evening walk", dichtete. John Turnill in Helpflone, dem 
sfuche zu Augen gekommen waren, nahm fich jetzt bes Knaben an und 
tete ihn im Schreiben und Rechnen. Glare machte fchnelle Kortfcheitte, 
bon er den ganzen Tag der Handarbeit widmen mußte, gelang es ihm boch, 
ve Lehrer, nur mit Zurathziehung einiger Dorfmufilanten, eine erträgliche 
t auf der Violine zu erwerben, die ihm als Erwerbsmittel dienen mußtre. 
ufmumterung, nur zu eigner Freude, dichtete Glare 13 Jahre lang, beſang 
b feine fchöne Natur und arbeitete dabei mit Dade und Spaten. — Im 
18 Lam ein Sonett Clare's auf die untergebende Sonne in die Hände des 
Drum, Buchhaͤndlers zu Hamford. Won diefem veranlaßt, veranftaltete 
se Sammlung feiner Gedichte, die bald allgemeine Theilnahme erregten. 
Poems descriptive of rural life and sceenery, by John Clare, a 
sptonshire peasant” (London, 3. Auf. 1820) befiehen aus Gonstten, 


1702 Glarence Glarendon 


Liedern, Balladen und vernilfchten Gedichten, weiche das laͤndliche Leben 
fie find einfach, anfprechend durch Wahrheit und Innigkeit, und voll originell 
Einige neue Wörter und Provinzialismen flören den Genuß derfelben ı 
koͤnnen aber, ohne ihre Eigenthämlichkeit anzutaften, nicht getilgt werde 
neue Sammlung von Clare's Gedichten erſchien 1821 unter dem Titel: , 
lage minstrel and other poems” etc., 2 Bde., mit dem Portrait des Di 
Seitdem hat fi) Glare einen Keinen fhriftftellerifchen Erwerb gefichert ; 
feinem Dorfe und feinem Stande treu gebtieben. 

Elarence (Wilhelm Heinrich, Prinz von England, Herzog von‘ 
Bruder Königs Georg IV., geb. am 21. Aug. 1765, wurde für den Se 
bildet und diente von unten hinauf burch alle Grade, ohne jedoch einen $ 
zu führen. In der Pairskammer ſprach er ſtets im Geiſte der Oppofition 
Eriegathmenden Gefinnungen der Minifter. Ihm verdankt man vor 
Abfchaffung des Negerhandels. Gein Beitritt zur Oppofition führte! 
der Minifter. Pitt und Addington herbei. Dennoch lebte er ſtets im beftei 
men mit der koͤnigl. Familie, und wie ein Privatmann im häuslichen Kre 
ganzes Herz hing an der berütimten Schaufpfelerin Miß Jordan, mit 
viele Jahre in innigfter Verbindung lebte. Sie ftarb 1816 zu Bord 
ihm tief betrauert. Als Großabmiral von England führte er 1814 t 
Ludwig XVIH. an die Küften Frankreichs und geleitete ihn mit einem fi 
Er vermähtte fich den 11. Fuli 1818 mit der Prinzeffin Adelaide von Sad 
ningen und mollte feine Reſidenz Eünftig in Osnabrüd nehmen. Ex leb 
ner Gemahlin in Zondon. ©. Eink. betragen 1,200,000 Fl. 

Elarendon (Edward Hyde, Graf von), Großkanzler von Eng! 
zu Dinton in Wittfhire 1608, ftudirte zu Orforb und hierauf bie Rechte 
nem Oheim, Nikolas Hyde, Pröfidenten der Kingsbend. In dem lang 
mente unter Karl I. hatte er ſich durch feine Talente das Vertrauen aller! 
erroorben. Die Neinheit feiner Öefinnungen und feine Anhäaglichkeit an 
feines Vaterlandes brachten ihn darum. Als der Bürgerkrieg erklärt war 
der Partei des Königs, wurde Kanzler der Schagfammer und Mitgiied 
men Raths, begleitete in der Folge den Prinzen Karl (nahmals Karl II. 
Inſel Serfey, blieb dafeibft, als jener nad) Frankreich reifte, zwei Jahre 
warf damals feine Gefchichte der Nebellion. Auch verfaßte er zu Serfe 
fchtedenen Schriften, die im Namen des König zur Beantwortung der 
des Parlaments erfchienen. Nach Karls I. Hinrichtung berief ihn der n 
nad) Frankreich, und fandte ihn nach Madrid, um zu verfuchen, ob er r 
ſchen Hofe Unterflügung auswirken fönne. Won da begab er fidy nad) 9 
die Königin Mutter mit bem Herzog von York zu verföhnen, und dann 
Haag, wo Karl IL. ihn 1657 zum Großkanzler von England erhob. 
jeder Andre trug Edward Hnde nad) Cromwell's Tode zu dem gluͤckli— 
gange der Unterhandlungen bei, welche Karl U. auf den Thron festen. 
befaß er das ganze Vertrauen des Fürften, der ihn mit Gunft überhä 
wurbe 1660 Kanzler der Univerjität Oxford, 1661 Pair und Baren Hi 
count von Cornbury und Graf von Elarendon. Ein unerwartetes Er 
weckte ihm viele Neider. Der Herzog von Vork, des Königs Bruder, I 
bei feiner Schweſter, der Prinzeffin von Oranien, zu Breda, lernte hier Aı 
Clarendon's Ältere Kochter, Ehrendame der Prinzeffin, Eennen, und verr 
mit ihr im Nov. 1659, ohne des Königs und des Großkanzlers Miffen. 
Karls II. Wiebereinfegung verrieth Annas Schwangerfhaft diefe Ve: 
der König erkannte, fobald er fih von der Guͤttigkeit diefee Ehe überze 
Anna Hyde ale Herzogin von York an, und foderte feinen Bruder auf, fi 
lieben, indem er zugleich erklärte, daß dies Ereigniß feine Gefinnungen ge 


Glarinette 703 


ızter nicht verändern Zwei Töchter, Anna und Marle, die belde den englifchen 
on beftiegen, waren bie Krucht diefer Ehe. Unter feinen Neidern trat zuerſt 
b Briftol gegen ihn auf; allein das Parlament wies bie abgeſchmackte Klage 
eiben ab, Nun fuchte man ihm in der Öffentlichen Meinung zu ſchaden. Won 
andern Seite ſank fein Einfluß beim Könige, der jest tweniger einen gefchidkten 
miſter brauchte als Männer, die feiner Verſchwendung dienten. Karl II. wurde 
a ſtrengen Clarendon abgeneigt, den Budingham unaufhörlich befpöttelte, umb 
In den Augen bes Volks als erfter Minifter für alle Sehler in der Verwaltung 
ntwortlich war. Das wenige Gluͤck, womit der Krieg gegen Holland geführt 
ide, der Verkauf Duͤnkirchens und andre Errigniffe erweckten die öffentliche Uns 
Bomber; das Mißfallen des Königs aber verwandelte fid) in Haß, als er den 
‚ fih von feiner Gemahlin zu trennen und mit der fchönen Lady Stuart zu 
en, von Clarendon vereitelt fah, der die Bermählung diefer Dame mit dem 
e von Richmond veranftaltete. Der Monarch beraubte ihn feiner Amter. 
Klage auf Hochverrath wurde gegen ihn erhoben. Clarendon flüchtete und 
von Calais eine Rechtfertigung an das Oberhaus ein. Weide Häufer vers 
n, daß diefe Schrift von Denkershaud verbrannt werde, und Glarendon 
auf immer verbannt. Der Haß des Volks verfolgte ihn noch auf dem 
mw Lande. Zu Eoreur ward er von englifhen Matrofen überfallen, gefähr« 
undet und nur mit Mühe entrif man ihn ihren Händen. Er lebte 6 Sahre 
echfelnd zu Montpellier, Moulins und Rouen, wo er im Dec. 1674 ftarb. 
m Reihhnam wurde fpäterhin nach England gebracht und in der Wiftminfterabe 
wigefegt. Lord Clarendon war, fo lange er Miniſter war, der Freund und die 
Bee feines Könige gegen bie Parteigänger und der Vertheidiger der Freiheiten 
Baterlandes gegen den Mißbrauch der königlichen Gewalt. Undank und 
u ſtuͤrzten ihn um fo leichter, als fein erniter und ſtolzer Charakter ihm 
"Siebe hatte erwerben können. Unter mehren Schriften, die er hinterlaffen, 
mit großer Genauigkeit und Unparteilichkeit gefchriebene „Geſchichte der 
ion von 1641 bis auf Karls Il. Wiedereinfegung”‘ die wichtigfte. Man hat 
fortgefest. 

Slarinette, ein 1690 von Johann Chriftian Denner In Nürnberg er 
ed Blasinftrument. Es hat die meifte Ahntlichkeit mit der Hoboe, aber ein 
Corpus als diefe und ein breitereg, fchnabelförmiges Mundftüd (die Birn 
), an deflen binterer Seite ein Biättchen von Rohr eingelegt iſt. Außer 
bftüde befteht es aus drei Mittelftüden, an welchen die Tonloͤcher und 
angebracht find, und einer Stürze. Ihr Ton iſt voller und dunkler al® 
Hoboe und kommt den höhern Menfchenfiimmen am naͤchſten. hr Ums 

groß und überfleigt 3 Octaven, naͤmlich von dem Heinen c bis zum 
chenen g. Die gewoͤhnlichen Clarinetten haben noch große Unvollkommen⸗ 
5 DB. daß nicht alle Töne, befonders die tiefern, ganz rein find, und daß 
möglich iſt, auf denfelben aus allen Zonarten ganz rein D bequem zu blafen. 
daher verfchiedene Arten von Glarinetten. Die im Orchefter gebräuchliche 
C-, B- und A-Glarinetten. Die Haupttonart jeder diejer Clarinetten (C, 
A) wird immer als C-dur vorgeftellt und auch fo gefchrieben, weßhalb die 
katur diefelbe bleibt. Es gibt auch noch D-, En- und F- Glarinetten, welche 
gewöhnlich nur bei fogenannter Harmoniemufik braucht. Auf der C-Glarinette 
man am bequemften aus C-dur, G-dur, F-dur, A- moll, E-moll und 
Wi; auf der B-Clarinette aus B-dur, Es-dur, F-dur, As-dur und den vers 
ten Molltonarten, auf ber A-Clarinette aus A-dur, D-dur, E-dur, H-dur 
en verwandten Molltonarten blafen. Im Zone find diefe verfchiedenen Gias 
ebenfalls von einander verfchieden; nämlich je höher die Clarinetten find, 
hueidenber und durchdringender, und je tiefer (folglich je größer die Clarinette 









N TATTOO 
.5 f . m. 
00 Clarke (Gamuel) . Glare ( Edugrd Dankıl 
J ——5 — HE Ihe Ton. Außerdem find bei jedet Elarinetee bie tiefı 
. "MRitteltbnre in dee Klangart etwas verſchleden, woburch aber and 
an Mannigfaltigkelt gewinnt. Ihre Mitteltöne find bie [hönften.: 
niſten legen daher die Glarinsttenpartie bei Orcheftercompofitionen, wo 
nicht etwa concerticend iſt, zwiſchen Hoboen und Fagotte; häufig. 
tinetten aber auch im Einklange mit ben erſtern fort. In der lettern 
manche Veraͤnderungen in Hinſicht der Einlegung des Blaͤttchens 
Klappen vorgenommen. Der berühmte Glarhnettift Iwan Muͤller 
eingerichtet, daß auf einer Glärinette ein durchaus reines und gleiches 
Tonarten, ‚bei einer binlänglichen Übung, verfteht ſich, möglich fei 
feiner Einrichtung werden fchon Clarinetten in Mainz und in Leipzig ı 
Unterricht In der Behandlung ber Clarinette mach derfelben dient die vo 
tuofen guerft franzöfifch abgefaßte, dann vermehrt und verbeffert (au: 
Ubungsſtuͤcken verfehene), in deutſcher Sprache erſchienene „Clar 
(Reipz. bei Hofmeiſter, 1826). Dle groͤßten deutſchen Virtuoſen auf 
find außer dem genannten Iwan Muͤller, Hermftebt (Capellmeiſter 
en) und Baͤrmann ( Kammermuſtkus in Muͤ .. 

Clarke (Samuel), nach Locke und Mewton der beruͤhmteſt 
ſoph und zugleich geſchaͤzter Theolog, geb. zu Norwich 1675, bilde 
Untoerfität zu Cambridge. Obgleich Newton feine Entdeckungen 
gemacht hatte, fo war doch Descartes's Syſtem noch das herrſchenl 
baffelbe wenig genügte, machte die Philofophie unter Newton's Aı 
fen Optik er auch ind Lateiniſche überfehte, zu feinem Studium und 
and nach die Irrthuͤmer ber alten Lehre. Mit nicht geringerm Eif 

Theologie. Der Biſchof von Norwich ernannte Ihn zu feinem Rap 
tebte in dem Haufe dieſes Prätäten 12 Jahre. 1706 bekam er eine 
Landen, warb bald Darauf zum Kaplan der Königin Anna, und 1709 

- von St.» Jamed ernannt. 1712 gab er ein Werk Äber die Lehre von? 
keit heran, von der er leugnet, daß fie der erften Kirche angehöre. 
gium der Biſchoͤfe aber, das weislich alle Streitigkeiten zu vermeiden 
gnägte ſich mit der, wierol unzulänglichen Erklärung, welche Cu 
worin er verfprach, nie wieder über biefen Gegenſtand gu fchreiben, nod 
Er ſchrieb gegen Leibnig „Philosopbieal iayuiry seneerniag hun 
(Rondon 1715—17, 2:Bbe.) und mehre deutfche Streitſchriften. 
es ſehr rüftig gegen die Freidenker feiner Zeit. Er ſtarb 1729 mit bei 
der gelehrteſten Maͤnner und gruͤndlichſten —— ſeiner Zeit. 
Sehriften iſt die beruͤhmteſte eine zufammenhängende Reihe von cı 
über das Dafein und die Eigenſchaften Gottes, welche ex zufolge ix 
Boyle gemachten Stiftung für die Wertheibigung ber Orunbfäge bi 
und geoffenbarten Religion gehalten hat. Hier fuchte er oe 
gu vereinigen. Sehr gefchägt ift feine Ausgabe des Julius 
Juas“ hatte er die 12 erfien Bücher mit Anmerkungen und einer I 
gung herausgegeben; ben 2. Bd., ſowle die „Dbnffee”, fuͤgte fein € 

Glarke Eduard Daniel), berühmt durch feine Meifen, war 
Mineralogie in Cambridge. Sein Werfahe miütterli war 
Wotton; fein Großvater fchrieb eine be Abba 9 r 
ſachſiſche und englifhe Mimzen” ; feines „Briefe über die | 
tion" find zwei Mal ins Deutfche uberfegt Lemgo und Laͤbeck 17€ 
Bruder (James Starke), Kaplan ımb Wibliöthefar des Königs, iſt 
ꝓrachtvollen Biegraphie Neifon’s. (1810) und des „Life of James il 
aus den Handfchrift dieſes Könige (Kondon 1815, 2 Bde., 4.. Er 
Wilfingden in Eſſer, den 5. Suni 1769, erhielt Din erſten Unterricht i 





Claſſe 705 


te feit 1785 in Gambridge, mit Mangel kämpfend, anhaltend fleißig, wobei 
er feinen eignen Weg ging. Er befaß ein feltenes Gedaͤchtniß, ſchnelle Faſſung, 
feine uͤberlegene Urtheilskraft. 1790 bereite er Wales, Irland und das 
liche England. Zwei Jahre darauf begleitete er den jungen Lord Berwick durch 
reich, Deutichland, die Schweiz, Stalien und Holland. . 1797 durcheeifte 
Bipottland, die Dochlande und die Hebriden bis St. Kilda. 1799 fchiffte er 
wit feinem Reifegefellfchafter Cripps nad) Dänemark ein, von wo er Norwe⸗ 
1 Schweden, Lappland, Finnland, Rußland, die Provinz der donifchen Koſacken, 
Ikand am Kuban, die Zatarei, die Krimm und endlich Conftantinopel befuchte. 
Iiie Briten ihre Erpedition nad, Agypten unternahmen, trat er feine Reifen 
hdem Orient an, und fammelte intereffante Nachrichten in Kleinafien, Syrien, 
wen und Griechenland. Nachdem er Thracien und Macebonien bereift hatte, 
wmiafte ihn 1812 fein Hauptftubium, die Mineralogie, ſich über die Bulgarei 
Walachei In die ungarifchen Bergwerke zu begeben, von wo er uͤber Deutſch⸗ 
und Frankreich nach England zuruͤckkehrte. Die Univerfität Cambridge 
unte ihn zum Tutor des Jesus College. Seit 1807 hielt er Vorlefungen 
Mineralogie, mit Hinfiht auf die mechanifhen Künfte und die Bebürfniffe 
Lebens, wie auch auf Gefchichte. Den Vorſtehern der Univerfitdt fchienen 
Vorleſungen von fo großem Nutzen, daß fie die Profeffur der Mineralogie 
gen, welche dem D. Starke übertragen wurde. Sn diefer Stelle führten ihn 
mmifcyen Verſuche auf die Erfindung des Glasloͤthrohres. 1817 ernannte man 
wm liniverfitätsbibliothetar. Er hat der Bibliothel in Cambridge viele auf 
MReifen gefammelte Marmors, befonders bie koloffale Statue der eleufinifchen 
geſchenkt, über welche er 1803 eine Abhandlung ſchrieb. (S. das Verz. f. 
in dem „Biogr. dict. of the living authors of Gr. Br. and Ir.”) 
kt England den Befig des beruͤhmten Sarkophags mit der Inſchrift in 
Vytachen. Er fchrieb darüber: „The tomıb of Alexander, a dissertation on 
wercophagus brought from Alexandria and now in the British museum’ 
805). Dagegen hat 9. v. Hammer (in feinen „Topographiſchen Anfichten, 
auf einer Reife In die Levante”, Wien 1811), behauptet, daß er, und 
Starke, die Ruinen von Gais entdedt und dag Clarke ihm die Statue 
„ weldye jest in Sambridge ift, weggenommen habe, obgleich in gedachter 
die Sache anders vorgefteltt ſei. Cl.'s Neifebefchreibung (6 Bde., 4., 
ſg.) ward in England mit einem Beifall aufgenommen, deffen ſich vielleiht 
Reiſewerk unferer Zeit zu erfreuen gehabt hat; denn Cadell und Davies 
von diefem Loftbaren Reifewerke 3 ſtarke Aufl. Eine 4. in 8 Bon. er⸗ 
1816. Ein Ergdnzungsband „Travels through Denmark, Sweden, 
Norw., Finl. and Russ.” erſchien nad) Cl.'s Tode (London 1823, 4.) 
‚in 11 Bdn. in 4. und in 8. erfchienen E. D. Clarke's „Travels in va- 
esuntries of Europa, Asia and Africa’ (Lond. 1819— 24). Die Univer- 
bat feine griechifchen und orientalifhen Manufcripte gekauft. Unter 
ift der berühmte Coder des Plato, welchen er auf der Inſel Patmos 
. 61. farb den 9. Apr. 1822. Begeifterung und Wohlwollen waren die 
Bezbge feines Charakters. Sein Freund W. Dtter gab das Leben und die 
Waffenen Papiere dieſes Gelehrten (meiftens Briefe, durch Form und Inhalt 
beub) heraus, mit Cl's Bildniffe, das man auch in der prachtvollen „British 
* (bei Cadell) findet. 62. 
laffe, eine Abtheilung oder ein größerer Theil eines Ganzen, welches 
je mit gewiffen gemeinfchaftlichen Eigenfchaften umfaßt, und diefe ähnlichen 
je zuſammengenommen felbfl. So werden die Naturreiche in Claffen, dieſe 
len wieder in Ordnungen, und diefe in Geſchlechter, Gattungen und Arten ab: 
mw. "er. Siebente Aufl. Bb. IL. 45 


















‚m YIEURER eINgeTugtTe WIAjjenKeueT. OLE DELITUT DIE wDTeue ve 
Schlachtſteuer, weiche nur in den größern Städten der Monarchie: 
wird, und iſt nach 5 Claſſen angelsge: 1) der Wagelöhner ; 2) des ger 
und Bauernftandes; 3) und 4) ber wohlhabendern Bürger und X 
Claſſen; 5) der reichen Einwohner. Die jährlichen Steuerfäge die 
tragen für eine Haushaltung 12 Gr. — 4 Thle. — 12 Thlr. — 
48 Thlr. Fuͤr einzelne Menfchen in ben * legten Claſſen die Hälfte. 
des Sanzen ift auf 6 Mil. Thlr. (alfo beinahe 4 des Staatseinko: 
nommen. Auch die Sewerbfteuer ift zum Theil auf ein ähnliches P 
Die Steuerfäge find nach Gewerbsclaſſen eingerichtet und bei bem 
Gaſtwirthſchaft und den Handwerken wieder nad) der Größe dr S 
theilungen abgeſtuft. Sie treffen überhaupt nur den Handel im 
Kleinen, die Saftwirchfchaft, das Gewerbe der Bäder, Fleiſcher un 
Handwerker, welche mehr als einen Gefellen halten, und die Schiffer 
Lohnfuhrleute. Der niedrigfte Steuerfag iſt 2 Thlr. jährlich, eim 9 
mit der Zahl ber Steuerpflichtigen (diefer Art) im Steuerdiftrict mu 
der Ausfall, welcher aus der Zuruͤckſetzung Einzelner auf den niedrig 
fteht, auf die Wohlhabenden vepartirt. Es entfteht hierdurch wicde 
Glaffenfteuer, welche ſich aber ber Eintommenfteuer nähert ; fie lief 
1,600,000 Thlr. ober z!5 de6 gefammten Staatseinkommens. — 
(chen und ital. Staaten der öftreih. Monarchie beſteht neben eine: 
welche nach dem reinen Ertrage ber Grundſtuͤcke repartirt wird, und ei 
zu 30 Kr. von jebem über 15 J. alten Unterthan (mit alleiniger 2 
bienfichuenden Militairs, der Sremden und Armen), eine zweifache 
wovon die eine alle Gewerbe mit Ausnahme der Landwirthſchaft tri 
unter dem Namen der Claſſenſteuer, ift eine Steuer von dem Einkon 
aus zinsbaren Capitalien und Gewerben von mehr als 100 Fli. id 
mit Einfchluß der Pachtungen und Privatbefotdungen, aber nidyt 
foldungen und Penfionen, welche frei find, bezogen wird. Bei diefe 
fen versinsliche Daflivcanitalien. nicht aber die Koſten des eianen I 


Claſſiſch, Glaffie 707 


ſterhafte Schriftſteller, wiewol viele Abftufungen flattfinden, und ihr innerer 
ath, tx08 diefer Benennung, fehr verfchieden bleibt. Im diefem Sinne fpeiche 
u von einer claffifchen Literatur, Kunft und Poefie, im Gegenfage der neuen 
z zomantifchen. Bei ben verfchiedenen Grunbfägen der alten und ber neuen 
et (die Michtung der legten ward meiftens durch das Chriſtenthum beftimnet) 
haupten die geifligen Exzeugniffe des claffifchen Alterthums oder die antike Lites 
bar einen eigenthämlichen Charakter. Freigeborene und freiergogene Männer, um 
hel bedentende Staatsbuͤrger, bie an der Erzeugung großer Gedanken unbian 
durch bürgerliche Beſchraͤnkung wenig oder gar nicht gehindert 
‚ traten bier als Schriftſteller auf, andrer Vortheile nicht zu erwähnen, bie 

wücifcher,, religiöfer und klimatiſcher Dinficht auf die alte Kunſt und Literatur 

ig eimwickten. Wenn man alfo bei einem gründlihen Studium des Alter 
ben Claſſikern unter den Claſſikern einfache Würbe und Schönheit, gros 
mfaflenden Sinn, plaflifche Gediegenheit und formelle Vollendung nicht ab« 
Men kann, fo bleiben fie noch immer Lehrer der Nachwelt. Aber auch die 

Poße Eiteratuxe hat ihre claſſiſchen Schriftfteller, und in demſelben Sinne fores 
| ge auch bei ihnen von claffifhen Stellen, von claſſiſchem Werthe u. f. w. 
B Giaffifche bezeichnet alfo jedes in feiner Art innerlich und äußerlich vollendete 
Aerk. Es mäflen freilich viele äußere und innere Umftände in der Gefchichte 
« eratur eines Volks und in der Geiftesbildung eines Einzelnen zufammentrefs 
ſelbſt der dazu berufene Menſch ein claffifcher Meifter werden kann. Wir 

in alfo das Claſſiſche in der Regel bei Nationen zu fuchen haben, die bereits eine 
Br befigen, und bie ebenfo wenig ungebilbet als verbilbet oder uͤberbildet find. 
H bier macht e6 die Reinheit der. Sprache oder die chetorifche Zierlichkeit 
ale aus. Dan fodert von einem claſſiſchen Schriftfteller nicht allein Klang 
Beinheit der — Eigenthuͤmlichkeit und Beſtimmtheit des Ausdrudie, 
ac) vollendete Schönheit und Einheit, oder ein harmoniſches Ebenmaß 
x . Bor allen Dingen müffen wir bei dieſem glorreichen Titel darauf 
baf Stoff und Form ſich einander volltommen entfprechen, baß jeder Ge⸗ 
* lebendigſten Ausdruck habe, und daß man dieſe Harmonie des Einzelnen 
Ganzen wiederfinde. Der wahre Genius macht hier allerdings eine Aus⸗ 

e eilt oft feinem Zeitalter vor, und die Zeitgenoffen mit almächtiger Kraft 
er auch der Nachwelt Geſetze. So kroͤnt ſich der umfaffende Geiſt 
ſſiker; dagegen iſt es manchem ausgezeichneten Kopfe, z. B. einem 
* Heinſe, bei einſeitiger Bildung ober bei feindlichen Beſchraͤnkungen 
weit, nicht gelungen, ſich zum Gipfel des Claſſiſchen zu erheben. In 
g auf die claſſiſche Literatur der Griechen und Römer verweiſen wir auf 
e von Eſchenburg, Monike, Fuhrmann und Schoͤll. Die griechiſche 
allein behandelt am vollftändigften „Fabrieii Biblioth. graeca ed. Har- 
‚außerbem Groddeck, Schoͤll etc., die roͤmiſche, außer der „Latein. Bibliothek" 
ins, herausg. von Erneſti, Harles, Schoͤll ıc. — Die griech. Schriftfleller 
afinge der Ratur und des kräftig thätigen Lebens. Die Natur zeigte ſich 

h in der lieblichſten Schönheit und Fülle. Sie wuchſen mehr in ihe 
im — halb verſtandenen und dem Gedaͤchtniß mit Mühe aufe 
Sormm. So entwickelten ſich beiihnen Sinne und Geiſt zu frifcher 
Ihre Bildung wurde in der Bewegung des Kebens vollendet. Unter ° 
fen um Freiheit und um das Ideal der Sreiheit, der perfönlichen und dee 
‚ und um den Preis der hoͤchſten Ausbildung, der Eörperlichen und 
‚ brachten fie nad) jener Jugendvorbereitung die männlichen Jahre zu. 
umb Freiheit find alfo die Genien, die beider Hervorbringung der Werke 
* wirkten. Den Rang als claſſiſche Werke behaupten biefe, 
jene innen und aͤußern Urſachen der t Vollommenheit ungeftört walten konn⸗ 

45 * 



















708 Elaſſiſch, Claſſiker 
ten. Der Sieg über das knechtiſche Aſien und der Umſturz ber heimiſch 
bat in Griechenland die erſten Dichter erzeugt. Sie haben in unım 
Reihe fortgedauert, fie haben mit der Redekunſt und der Gefchichte 
als bei irgend einem Volke vereint und alle bitbende Künfte im Gef 
bis Verbitdung, Selbftfucht und Unterjochung über Natur und Freihe 
Die macebonifche, dann die römifche Herrſchaft iſt die Grenze der grie 
fifchen Literatur. Won da an gewährt fie nur gelehrte Forſchunger 
Quellen der Wiffenfchaft, Leine durch Geift und Korm bezeichnete $ 
mehr. Die Römer find ale Naturkinder roh und wild geblieben, dann 
maͤßiges Gluͤck bei gewaltigen Kräften ſchnell zu Verbildung, Enecht 
ahmung oder Verzerrung übergegangen. Muſter find fie nur geworde 
zu einer hohen Größe der Freiheit gebracht hatten, in den Werken, | 
bürgerlichen Leben hervorgehen, denen der Geſchichte, der Beredtſan 
den Künften des Kriegs und ber Architektur. Ihre fchönfte Bluͤthe ve 
in die Zeit bes Despotismus; daher der fchnelle Verfall, eine Zeit, i 
allgemeine Ungluͤck und die fittliche Verwilderung entweder mit dem J 
Erbitterung oder mit dem Wohlgefallen der Berborbenheit ſchildern. 
feanz. Literatur ſ. La Harpe's „Cours de litterat. franç“ und den 
Paris 1807, 4 Thle.) ; ferner Bouterwek's „Geſchichte der Poefie u 
amkeit“, und Ideler's und Nolte's „Handbuch der franz. Literatur” (t 

ber die englifchen Claſſiker findet man, außer Bouterwek und den eng 
chern von Ideler und Rote, Auskunft in den trefflichen Werken von J— 
Marton. Die italieniſchen Claſſiker lernt man am beflen Eennen aust 
von Tiraboschi (im Ausz. von Jagemann Überfegt, aber unvollenbet), 
Sismondi (deutfch von Hain), wie auch aus Bouterwek's u. Ideler's Hi 
Die Hauptſchriftſteller Spaniens nennen Velasquez (deutſch von 3 
$. Rodriguez da Caſtro's „Spaniſche Bibliothek“ (Madrid 17 
2Bde., Fol.), ferner Bouterwel’s, Sismondi's und Buchholz's Hant 
Fuͤr die portugiefifche Literatur find Bonterwel und Sismondi, vorn 
D. Barbofa Madyado’s „Bibliotheca Lusitana” (Liffabon 1731, 43 
empfehlen. Auch haben wir eine „‚Chreftomathie” von Ahlwardt. Unter 
Sprachen hat befonders bie daͤniſche vorzügliche Schriftſteller, wie Bag 
lenſchlaͤger (welche auch in der deutfhen Sprache Meifterwerke gedid 
Heiberg, Holberg, Malling, Prahm, Rahberg, Sander, Suhm, Tha 
und A. Noch nennen wir einige Hauptfchriftfteller der Deutfchen, die 
dem oben aufgeftellten Begriffe, bald mehr bald weniger claffifh für 
Erſch's „Handbuch der beutfchen Literatur”, neue Aufl., 1822 fg., 43h 
faiter, 1) in der Rede: Mosheim, J. A. Cramer, Jeruſalem, Spaldin 
Meinhard, Löffter, Marezoll, Niemeyer, Ammon, Schleiermadyer, € 
u.%. 2) Im ftcengern oder leichtern Rehrvortrage und in der darftelfend 
überhaupt: Kant, Reinhold, Fichte, Schelling, Friedr. Heinrid, Sarob 
Schleiermacher, Bader, Steffens, Fries, Koͤppen, Bouterwek, Plat 
Engel, Claudius, Mendels ſohn, Eberhard, Heidenreich, Herder, Leſſin 
mann, Wieland, Sulzer, Moͤſer, Sturz, Abbt, Lichtenberg, Georg Fı 
riz, Zimmermann, Efchenburg, Wolf, Böttiger, A. W. u. F. Schleg 
Goͤthe. Den belehrenden Zon für Kinder und fuͤr das Volk haben aı 
teoffen: Weiße, v. Rochow, Campe, Mufdus, Salzmann, Hebel (Ver 
- mannifchen Gedichte”), Demme, Beder, Peſtalozzi xc. 3) Im Brieffty 
Rabener, Gleim und 3. Georg Jacobi, Heinfe, Johannes Müller, U 
u. %. 4) Im Dialoge: Leffing, Mendelsfohn, Wieland, Meißner, | 
der, Schleiermacher, Schelling, Solger ıc. 5) In der biftorifhen T 
Schrödh, Möfer, Schläger, M. I. Schmidt, 3. Müller, v. Spittle 


Glaube Lorrain Claudius (Ziberiud) 709 


em, v. Archenholz, Poſſelt, Schiller, Woltmann, v. Dohm, Pland, Pölig, 
w, Pfiſter, v. Raumer, v. Funk u. A. I. Dichter. 1) Epifche Gattung, 
veibengedicht: Kiopflod, Wieland, Fr. Müller, &..H. v. Nicolay, Goͤthe; 
vählung: Hagedorn, Bellert, Wieland, v. Thuͤmmel, Meißner, Anton Wal 
ne), Muſaͤus, Langbein, Huber, Tieck, Heinrich von Kleiſt, Fouqus, Kind, 
ſt Schulze (Verf. der „Bezauberten Roſe“ und der „Cäcilie”)u. A. e) Zabel: 
wdorn, Gellert, Lichtwehr, Lefling, Pfeffel, Ktummacher; d) Idylle: Geßner, 
ner, Voß, Hebel; e) Roman und Novelle: Wieland, Göthe, Hermes, 
vel, Meißner, Müller (von Itzehoe), Hippel, v. Thuͤmmel, $. Schulz, Klinger, 
u Paul (Friede. Michter), Feßler, Tieck, Novalis (v. Hardenberg), Ernft Wag⸗ 
ı Lafontaine, Schilling, Karoline Pichler, Hoffmann, Engel (wegen „Lorenz 
ut), Woltmann (wegen ben „Memoiren des Frhn. v. S.“), Fouqué, Frau von ' 
Rue, Johanna Schopenhauer u. A.; f) Romanze: Bürger, Chriſtian und 
CGrafen zu Stolberg, Herder, Schiller, Goͤthe, A. W. u. F. Schlegel, Apel, 
Bud. 2) Dramatiſche Poeſie: a) Trauerſpiel: Leſſing, v. Gerſtenberg, 
Vewig, Klinger, Babo, Goͤthe, Schiller, v. Collin, Öhlenſchlaͤger, Werner, Muͤl⸗ 
jH.v. Kleiſt, Grillparzer, Raupach u. A.; b) Luſtſpiel: Leſſing, Engel, We⸗ 
‚ Böthe, Schröder, Iffland, v. Kotzebue u. A. 3) Lyriſche Poeſie 
be: Ode, Lied, Elegie, Sonette ıc.): Haller, Kiopftod, Uz, Emald v. Kteift, 
Bin, 3. A. Cramer, die beiden Grafen v. Etolberg, Denis, Kofegarten, Hage⸗ 
Veiße, J. Nik. Goͤtz, Steim, Jacobi, Bürger, Hölty, Voß, Matth. Claudlus, 
k, Söthe, Schiller, v. Matthiffon, v. Salis, Tiedge, Tieck, Novalis, bie 
Schlegel, Ubland, Kind, Apel u. A. 4) Eine didaktifche Richtung haben 
: Haller, Uz, Wieland, Neubed, Ziedge, Krummacher, a) in der Epiftel 
nennen: L. H. v. Ricolay, Us, Gotter, v. Goͤckingk; b) in der beſchreiben⸗ 
Bere: Daller, Ewald v. Kieift, F. Leopoid Graf zu Stolberg, v. Matthiffen . 
L;& im Epigramme: Käftner, Herder, Brinkmann, Stiller, Göthen. A.; 
Ister Satyre: Rabener, Lichtenberg, v. Thuͤmmel, Hippel, Tieck, Salt u. Andre. 









Glaude Lorrain, f. Gelee (Claude). 

Claudianus (Claudius), ein Dichter in lat. Sprache aus Alerandrien, 
Bunter dem Kaiſer Theodofius und defien Söhnen und war zugleich ein erfahres 
Brieger. Seine Gedichte erwarben ihm ſolchen Ruhm, daB auf Anfuchen des 
IS die Kaifer Arcadius und Donorius ihm auf dem Forum Zrajan’s eine Bilde 
berrichten ließen, deren Inſchrift befagte, daß er das Genie Virgil's und die - 
k-Domuer’s in ſich vereinige. Außer mehren Lobgedichten auf Honorius, Sti⸗ 
mb A., befigen wir von ihm zwei epifche Gedichte, den „Raub ber Proferpina” 
ine (unvollendet gelaflene) „Bigantomadjie”, Idyllen, Epigramme, Gelegen⸗ 
dichte. Er zeigt eine glänzende Phantafie, reiche Färbung, Mannigfaltige 
nd Beſtimmtheit in f. Gemälden, dagegen fehlt e6 ihm oft an Gefhmad und 
\ger Anmuth. Die Seften Ausg. find von Geßner, Leipz. 1759, und Burs 

1760 


‚ Amfterd. ‚2. 

Slaubius (Tiberius) Drufus Caͤſar, römifcher Kaifer, der jungfte Sohn 
tern Claudius Drufus Nero und der juͤngern Antonia, der Schmeftertochter 
Rs, geb. zu Lyon, wuchs ohne Erziehung größtentheild unter Sklaven 
Beibern auf und war am ‚Hofe ein Gegenitand des Spottes und ber Verach⸗ 
Sdo lebte er als ein unbedeutender Privatmann und befchäftigte fich mit den 
midyaften. Unter Anderm fchrieb ex eine roͤmiſche Geſchichte von Caͤſar's Tode 
ıf feine Zeiten, in 23 B., und fein eignes Leben. Nach der Ermordung Cas 
"6 durchfuchte die Leibwache den Palaſt und fand ihn in einem verborgenen 
Bet, zog ihn hervor und rief ihn zum Kaifer aus (41 n. Ch.) Der Senat, 
Ne Wiederherſtellung der Republik befchloffen hatte, mußte dieſem Schritte 
gehen. Claudius, ber auf ber Eingezogenheit und dem Drude plöglid zur 


710 Claudius (Matthias) Elauſeln 


ungemeſſenſten Freiheit gelangt, vertichtete zwar zu Anfang feiner Regierr 
zühmliche Handlungen: er rief bie Vertviefenen zuruͤck und gab ihnen il 
wieder, verfchönerte Rom und unternahm verfchlebene große Baue zum all 
Beften. Mauritanien machte er zur römifchen Provinz, feine Heere foch 
lidy gegen die Deutſchen umd behaupteten fefte Pläge in Britannien ; a 
verfiel er in Üppigkeit und Schwelgerei, und feine Grmahlinnen, namı 
berlichtigte Meffalina, und die Sreigelaffenen brmächtigten fih ganz der R 
verkauften Amier und Eprenftellen, und übten die größten Schandthat 
fraft. Er ſtarb vergiftet durch feine zweite Gemahlin Agrippina (DM 
Nero), 633. alt, 54n.Ch. Seine Vergötterung veranlafte Seneca 
Schmähfchrift, welche den Titel Apokolokynthoſis fährt. 

Elaudius (Matthias), genannt Asus, oder der Wandebrd 
einer unferer beften Volksdichter, deffen proſaiſche und poetifche Werke « 
thlimtiches Gepräge von Laume, Unbefangenheit und Herzlichkeit habe 
1741 zu Reinfeld, im Holfteinifchen, in der Nähe von Luͤbeck, geboren. 
Tebte er als Privatmann in Wandebeck, bei Hamburg, ward 1776 Ober 
miffaie zu Darmftadt, gab aber die Stelle auf, und ging 1777 nah E 
zuruck. 1778 wurde er Revifor bei der ſchleswig· holfteinifchen Bank u 
welche Stelle ihm erlaubte, mach wie vor in feinem gellebten Wandöbed zu 
Er fammelte 1775 feine postifhen und profaifhen Auffäge, die im „Wa 
Boten“ und andern Beitblättern geftanden hatten, und fügte noch ungebrud 
u. d. %.: „Asmus omnia sua secum portans, oder: Saͤmmtliche & 
Wandsbecker Boten” (volftänd. bis 1812 in 8 Bon.). Man findet hü 
Romanzen, Elegieen, Fabeln, Sinngedichte, proſaiſche Auffäge mit ein 
wechfeln. Ale tragen das Grpräge einer populairen Lebensweisheit, ın 
im einer natürlichen, gemeinverftändlichen, oft launigen und drolligen 
(gleidyfam aus dem Munde eines fpafhaften Landboten) die Gefinnungen! 
ſchaffenheit, Wohlthaͤtigkeit, Vaterlandsliebe, religiöfe Ergebung zc. zum 
und durch Spott und Verachtung gegen Thorheit und Laſter zu züchtigen. 
halben herrſcht innige Empfindung, gefunder Verſtand, edle Denkart, nc 
und gemüthliche Laune. Als Kunftwert betrachtet, mödte indeß Da 
Profa und Verfen, eine ftrenge Kritik nicht aushalten. Seine Origin 
ſteckte ſich zuweilen in Seltfamkeiten und eigenfinnige Abfonderlichkeiten. 
fionen und Abkürzungen Meiner Wörter und Spiben, die ſich Cl. zum X 
Volksſprache erlaubte, hätte man nicht an ihm tadeln ſollen; aber zu 
waͤre, daß er feiner Sprache mehr Feinheit und Gewandtheit gegeben habe 
In einer gewiffen Hinneigung zur Myftit mag auch wol der entfernte Gru 
f&einung fiegen, daß Claudius, der fonft fo warn für Duldung, Preffe 
Aufklärung ſprach, nachher einen entgegengefegten Ton anftimmte. Di 
Lieder find von unfern beften Tonkuͤnſilern in Muſik gefegt und allgemei 
tet, namentlich das Rheinweinlied: ein Beweis, daß er den Volkston gl 
troffen haben muß. Unabhängig in feinen Verhaͤltniſſen, einfad, und ı 
zu Haufe, llebenswuͤrdig in Gefelfchaft, verlebte er ein heiteres umd geacht 
und ftarb den 21. Ian. 1815 zu Hamburg an Entkraͤftung. 

Glaufeln (jur.), Nebenbeftimmungen, Nebenabreden eines Bert 
andrer rechtlichen Verhandlungen, felbft eines Gefeges, wodurch die Guͤlt 
Wirkung bald gefihert und verftärkt, bald befchränkt und bedingt we 
Manche find von allgemeiner Anwendbarkeit, manche nur für gewiſſe 
brauchbar. Ein Mandat cum clausula ift ein bedingter Befehl, irgend | 
thun ober zu unterlaffen, wenn man nicht binnen einer gefegten Friſt g 
Urſachen des Gegentheils nachweiſt; ein Mandat sine elausula iſt ein um 
Befehl, Clauaula caasatoria, hie Heſtimmung, daß in irgend einem 


Glauſewitz Clavier 711 


rhandlung als nicht geſchehen angeſehen werben fol. Clausula eodieil- 
Teſtamenten, die —— daß ein letzter Wille, wenn er als foͤrm⸗ 
— fehlerhaft wäre, als Codicill gültig fein ſoll. Die Clauſel: ſammt 
vers, gibt mehren Bevollmächtigten oder Commiffarien das Recht, auch 
— 
auſewitz (Karl von), €. preuß. Generalmajor, Director der allgemeinen 
mie in Berlin, geb. am 1. Juni 1780 in Burg, trat 1792 in Dienfl, 
ie Feldzüge von 1793 u. 1794 mit, benugte die folgenden Jahre, um 
y Selbſtbildung zur berliner Kriegsfchule vorzubereiten, die er 1801—3 
Dier lehrte Scharnhorft, der dieſer Anftalt einen neuen Geiſt einzuhau> 
tand, und ihm verdankt El., den er beſonders auszeichnete, die Grundlage 
Iitairifchen Bildung. Indem unglüdlichen Feldzug 1806 begleitete GL. 
zen Auguft ale Adjutant und wurde in Folge der Gapitulation von Prenzlom 
ngener nad) Frankreich abgeführt. Dann diente Ci. bis 1812 als Major im 
Rabe und arbeitete in dem Bureau des Gen. v. Scharnhorft, das mit den 
mgen und Vorbereitungen zu dem nachmaligen Befreiungskriege befchäfs 
Außerdem gab er dem Kronprinzen von Preußen und dem Prinzen Trieb» 
Niederlande Unterricht in den Kriegewiffenfchaften. Beim Ausbruch des 
eg6 nahm CI. feinen Abfchied, trat in ruff. Dienfte, machte den Feldzug 
auartiermeifter bis Kaluga mit und wurde von bier zur Wittgenitein’fchen 
erfegt, die fi an der Dina behauptet hatte. Als diefe Armee im Der. 
wbonald’fchen Corps in den Rüden fiel, was die Convention des Gene⸗ 


# berbeiführte, wurde Cl. auf den Wunſch VYork’s dabei zum Unterhändler | 


t. Die Campagne von 1813 machte CI. noch als ruff. Generalſtabsoffi⸗ 
luͤcher ſchen Hauptquartier mit, und ſchrieb waͤhrend des Waffenſtillſtan⸗ 

Gneiſenau's Veranlaffung bie „überſicht des Feldzugs vom J. 1813” 

md im Druck wiederholt Leipzig b. Brockhaus, 1814), welche mit großem 

mfgenommen und lange Sneifenau zugefchrieben wurde. Nach Bildung 

beutfchen Legion, die zum Wallmoden’(hen Corps in Medienburg ftieß, 

I. zum Chef des Generalſtabs diefes Corps ernannt. Er zeichnete ſich bei 

fen am der Goͤrde vortheilhaft aus. 1815 trat er in den preuß. Dienft, 

des Generalſtabs des 3. Corps unter Thielemann, zurüd. Nach dem Fries 
St. erſt beim Generalcommando am Rhein, und wurde dann zum Director 

reinen Rriegsfchule ernannt. Außer jener Überficht des Feldzugs von 1813 

chre Auffäge in militairifchen Zeitfchriften von EI. her, in denen die fals 

orien der Modeſyſteme, welche die Kriegführung im Großen bald auf geos 

Figuren, bald auf geologifche Analogien gründen wollten, mit vielem 

nn befämpft werben. 

avicembalo wurde fonft der Kielflügel, dann auch das Clavier ges 


avicylinder, f. Chlabni. 

avier, Clavichord, ein Glaviaturinftrument, mit Drabtfaiten bezo⸗ 
be durch das unmittelbare Anſchlagen kleiner laͤnglicher Stuͤckchen Blech 
ge gebracht werden, welche in dem hintern Theile der Taſten befeſtigt find. 
vis.) Es iſt in neuern Zeiten dadurch verbeſſert worden, daß man es 
zemacht, ſeinen Umfang auf fuͤnf Octaven erweitert und richtigere Men⸗ 
ei feſtgeſetzt hat, ſodaß ein gutes Clavier, bei deſſen Anſchlag man eine 
eobachtete Schwungkraft der Saiten fühlen, den Ton In der Angabe genau, 
n Baltung einigermaßen beſticimen kann, auch vor dem Kortepiano Vor⸗ 
und fidy unter der Hand eines guten und die Eigenfchaft feines Ins 
6 benugenden Spielers durch bie feinften Modificationen des Zone aus⸗ 
Gemseinigtid, Hält man den Guido von Arezzo zu Anfange des 11. Jahrh. 


712 Glavier = oder Discantfchläffee * Memence»S 


fie ben Erfinder bes Claviers. Die berühmteflen Clavierbauer waren 
Horn u. A. Indeſſen hat das Fortepiano durch feinen vollern und ma 
Ton das Clavier im der neueften Zeit faſt ganz verdrängt und zwar ' 
heut zu Tage Fortepiano und Ciavier beinahe gleichbedeutend braucht 
ältern Anmweifungen, das Glavier zu fpielen, zeichnen ſich die Werke 
Sebaftian Bad) und feinem Sohn, Karl Philipp Emanuel, aus; vo: 
möchten Tüxt’s ‚Glavierfepute" und X. €. Müler’s „Clavier» und Fort 
die empfehlungswertheften fen. — Clavierauszug neunt man bie 
eines groͤßern mufitalifchen Werks, welches urfprünglicy für mehre € 
für das ganze Orcheſter beſtimmt iſt, auf das Clavier oder Pianofo 
diefe Übertragung auf Noten gebracht iſt. Der Ciavierauszug wi 
der Partitur gearbeitet. Er dient zur Privatübung, zum Genuffe un! 
zung eines größern Werts fuͤr fich felbſi oder in Heinen Kreifen, auch n 
ſtudiren einer Singftimme. Ex wird gewoͤhnlich bei Opern, Oratorie 
nien oder einzelnen Städen aus benfelben angewendet und muß ı 
niſten felbft gearbeitet werden. Die Verfertigung fobert ſowol Kenn 
titur und des Werks als Glavierkenntniß. 

Clavier⸗ oder Discantſchluͤſſel, ſ. Soluͤſſel. 
ECEIlavijo y Flaxardo (Don Joſeph), ein Spanier, welcht 
der erſten Unternehmung ward, durch weiche Beaumarchals ſich in 
kannt machte. Er lebte zu Madrid mit dem Rufe eines aufgeklaͤrte 

- and hatte ein Journal, „El pensador", und andre nägliche Schriften 
ben, al6 fein Verhättmiß mit einer Schweſter von Beaumardhais, | 
‚hatte und nicht mehr liebte, Ihm eine Chrenſache mit dem mehr durch 
als feinen Muth furchtbaren Bruder zuzog. Sie hätte ihm beinahe I 

koſtet, koſtete ihm aber wirklich feine Amter und fein Anfehen. Ex üb 
Unfall, aber in einer Art von Verachtung, worein fein gefährlicher Gi 
fegt hatte. Länger als zwanzig Fahre hat er die Herausgabe des „Mer 
rieo y politico de Madrid”, womit er feit 1773 beauftragt worben, be 
hat er Buffon’s „Naturgefepichte” ins Spaniſche überfegt (Madrid 
12 Bde.) Er war Vicedicector des naturhiſtoriſchen Gabinets und 9 
Theaters de los Sitios, als er 1806 flach. Weit entfernt, dem geh 
zu gleichen, das Beaumarchais von Ihm entworfen, hatte Glavijo fi 
ein redliches Herz, und einen hellen Verftand. Göthe hat Beaumard 
lung f. Trauevſpiel „Elavigo” zum Grunde gelegt. 

Clavis (Mufit), 1) der Schtäffel, d. i. bie den Noten vor 
Gattung in Rüdficht der Höhe oder Tiefe beftimmende Vorgeihnung ı 
fei); 2) (beim Giavier, ober Ähnlichen Inſtrumenten) jede einzelne 
dasjenige bewegliche Holzftäd, gemeiniglich mit Knochen oder Eifent 
durch deſſen Niederdruͤcken und Anfchlagen die Saite berührt und ber 
gebracht wird. — Ctavtiatur bezeichnet den Inbegriff diefer ſaͤmmti 
oder auch ben ganzen Körper, worauf diefelben ruhen. 

El&mence:Ifaute, Tochter des Lubovic Haute, geb. 14 
väterlichen Landſchloß in der Nähe von Toulouſe, verlor in ihrem 5. 
tapfern Vater durch ben Krieg, und ihre fromme Mutter weihete die : 
ter der heil. Jungfrau. Glemence wuchs an Geift und Schönheit; ! 
ſchiedene Vorliebe für Mufit, Dichtkunſt und Blumen. Im der Ei 
welcher fie erzogen wurde, war es ihre Lieblingsfreude, die Blumen i 
hen Mauern umgebenen Gartens zu pflegen. Als fie eines Tages ihı 
in ber Fontaine füllte, hörte fie Harfenklänge und Gefang. Sie naͤh 
mit Epheu umrankten Stelle der Mauer und hört bie Namen: Raoul 
fie sehpMillligpgnwonten weg. die Mauer hat eine Spalte, ein fremt 


GGlemens (Titus Flavius) 713 
et dem ihren, und fie eilt erfchrodden nad) Haufe. Iſaure nimmt fich wol von, _ 
‚wieder zur Fontaine zu gehen, aber — ihre Blumen wollen begoſſen fein; fo 
e den andern Tag faft unbewußt an derfelben Stelle. Nichte regt ſich, die 
Mte ſcheint ihr erweitert, und jetzt ſieht fie deutlich einen jungen Knappen yon 
kiper Geſtalt; feine Harfe lehnt an der Raſenbank, worauf er fi ſidt feine Blicke 
dauf die Mauer gerichtet. Sobald Iſaure die Epheuranken berührt, ergreift 

Troubadour feine Harfe und ſtimmt mit dem zaͤrtlichſten Ausdrucke das 
an, deſſen Gegenſtand zu fein Iſaure nicht mehr bezweifeln kann. Er 
54 bittend. ihn nicht zu fliehen, und fieht, wie das ſchuͤch terne Mädchen 
nach ihm hinblickt. Leife ruft er: Iſaure! Noch Leifer entſchwebt 
Rome Raoul! ihren Lippen; er wiederholt jetzt ohne Harfenaccorde den 
feiner Romanze: 
„Vous avez inspire mes vers, 
Qu’une fleur soit ma recompense.’’ 
giebt Saure ein Veilchen aus ihrem Strauß, ftedt «8 raſch In bie 
und eilt davon. Abends feagt fie ihre Amme nach den Bewohnern 
benachbarten Schloſſes. „Das ift ein altes Stammfchloß der Grafen von 
‚ wo nur noch Beifter haufen”, antwortet Joſrande, „zum Gluͤck bat 
— die Fontaine am Ende des Gartens eingefegizet, da wagt 
Mehyenſt bin‘. Iſaure fragt laͤchelnd, wie ſolche Geiſter wol ausfehen m 
die fuchtbae Schiiberung Joſrande's beruhigt fie voͤllig. Taͤglich Lehrte 
per Fontaine zuruͤck, täglich fang der junge Troubadour Lieder der garteften 
| Er deutete darin den Sinn der Blumen, und fo tourden das Bells 
Lille, das Tauſendſchoͤnchen, die wilde Rofe und die Ririgelblume, welche 
ahwechſelnd zeichte, bie Dolmetſcher ihrer Gefühle; denn Iſaure erlaubte 
nicht, zu ſprechen. Ihr farblofes wollenes Gewand, ihre Kappe von Her⸗ 
und der Mofenkranz, ben fie beſtaͤndig trug, erklaͤrten genug; dies Schweigen. 
Bilange währte Ihr ſtilles Gluͤck. Raoul, der natürliche ESohn des Grafen 
ab von Toulouſe, folgte feinem Water zum Deere gegen den Kaifer Maxi⸗ 
Rn. In der Schlacht bei Guinegaſte verloren Beide glorreich ihr Leben. Nur 
Hügie —— Iſaurens Schmerz zu lindern; fie fprad) gern am Altare 
zgelabde aus. Doch gedachte fie der reinen Sängerlielre und wollte Ihr 
| Riten. Zange ſchon feierte man In Toulouſe nicht rnehr das Dichters 
Adhes zu Anfang des Jahrh. durch die fröhliche Gefelifchaft ber fieben Tron⸗ 
5 dort gefliftet worden war. Cloͤmence⸗Iſaure erneuertr es unter dem 
der Jeux floraux (Blumenfpiele) (ſ. da; hier beſtimunte fie die fünf 
sen Blumen, die ihre Minneſprache gebilbet hatten, in Gold und Silber 
Det, zu Dichterpreifen. Sie widmete ihr ganzes großes Vermögen biefer 
3. Iſaure war felbft Meifterin in der fröhlichen Kunſt (gaye science) 
tete, als fie die Preisvertheilung zum 1. Mai beſtimmte, eine Fruͤhlinge⸗ 
Ve Ihr den Beinamen der touloufiihen Sappho erwarb. Ä 
Glemens (Titus Flavius), wahrſcheinlich aus Athen gebürtig, aber we: 
ſeines Aufenthaltsorts gewöhnlich der Alerandriner genannt, einer ber ve 
weten Lehrer der hriftlichen Kirche im 2. und zu Anfang des 3. Jahrh., 
ifher Philoſoph, trat zum Chriftenthum über und wurde nach langen —* 
, Stalien und den Orient Presbyter der Kirche zu Alexandria 
Ir (Katechetet) der Schule dafelbft, in welchem Amte er feinem Lehrer 
folgte und feinen Schüler Drigenes zum Nachfolger hatte. Diefe drei 
vermehrten den Ruhm der alerandrinifhen Schule im 2. und 3. Jahrh. 
war ein fehr fruchtbarer Schriftfteller. Die vorzuglichften unter den auf 
Werten find: TTooroentixocç, ITaıdaywyos und Irpouareg 


legeucren uͤberſchrieben. Das erfle ift eine Anmahnung an bie Heiden 



























us uno eyeıpeemeysnn es u wegvaveese wir warguaıpiys muy waygerye w 
beit. Schriften. Die Phitofophie und Gelehrfamteit, die ihm bie 2 
f- Zeitgenoffen erwarb, aber allerdings auch zu fonderbaren Zufamm 
verführre, hat ihm fpäter den Ruf der Kegerei zugezogen und bei den 
gen den ſchon verlichenen Namen des Heiligen geraubt. Die erften At 
find zu Florenz 1550, und gu deieiberg (Gommelin,) 1592 duch Friı 
beide in Fot., erſchlenen. Die vollftändigfte iſt die von Joh. Port: 
theatro Sheldon 1715, nachgedruckt zu Venedig 1757. 
Glemens. Päpfte d. N. J. Clemens von Rom, nach deı 
Uchſten Berechnung von 9I—100 Biſchof dafelbft, wird Mater bie 
Väter gerechnet, well Paulus in f. von Rom an bie Philipper gefchrie 
(Cap. 4, B.3) einen Clemens als Mitarbeiter erwähnt, und Petr 
die geiftliche Weihe ertheitt haben foll. Er ſchrieb zwei Briefe an d 
von denen der enfte faſt ganz, doch mit einigen Zufägen und Verfätfd 
handen, der andre bis auf ein Bruchftüd verloren iſt. Ihr nuͤtzlicher, 
iers ber Apoftel rouͤrdiger Inhalt beftätigt, ſoweit er für echt gehalten ı 
kelneswegs die von dem verft. Prof. Keſtner in Jena (f. deffen „Ag 
‚geh. Weltbund der Chriften, Jen. 1819) aufgebrachte, aber bis jet 
‚Kenner der Kirchengefchichte gebilligte Meinang, daß dieſer Clemens 
‚men Bund der Chriften unter dem Namen „Agape” (Riebe) geftiftet hi 
Chriſtenthum aufrecht zu erhalten und durch planmäßige Verdrängung 
thums zur allgemeinen Weltreligion zu machen. Keſtner gründete 
bare Meinung mit auf einen durchaus nicht giaubmuͤrdigen Roman vı 
tömifchen Clemens und ſ. Reifen mit dem Apoftel Petrus, der erweist 
Ende des 2. oder im Anfange des 3. Jahrh. von einem wahrſcheinlic 
ſchen Judenchriften, vielleicht Ebioniten, erdichtet und dem Giemeni 
biograpbie untergefchoben worden iſt. Man: hat ihn in 3 Ausg.: 
volftändigfte in Nufin’s Iaten. Überfeg. u. d.%.: „Recognitionen”, ' 
nungen“, weil Clemens darin bie lange von ihm getrennt getvefenen ( 
Familie unter wunderbaren Abenteuern wiederfindet ; die ziweite, grie 
Homilien abgetbeitt, u. d. T.: „Elementina” oder,, Clementinen“; die d 
von den Thaten, Reifen und Predigten bes Apoftels Petrus handı 





Glemens (Paͤpſte) IV, V. 718 

um Gregor VII. zu verdrängen, und 1084 gewaltfam in Rom eins 
tete fich als Begenpapft andy nad) Gregors Tode gegen die von der 
a Partei gewaͤhlten Victor III. und Urban II. mit abwechfelndem 
9 in Rom. Bon den Römern vertrieben und zur Verzichtleiftung 
ͤrde eiblich verpflichtet, kam er 1091 mit Heinrich ‚Deere wieber 
ıBte e8 1094 abermals verlaffen und an Heinrichs Hoflager Schutz 
arf fi) 1099 Urbans Nachfolger, Paſchalis II., und ſtarb 1100 zu 
pflrecht konnte er nur über die diefem Kalfer gehorfamen Provinzen 
md Italiens ausüben, und wird in ber Reihe der rechtmaͤßigen Päpfte 
t. Daher nannte ſich auch der 1187 zum Papſt erhobene Cardinal⸗ 
& von Palaͤſtrina, ein Römer, Clemens III. eine Regierung 
Bergleich mit den Römern merkwuͤrdig, der bie vieljährigen Strei⸗ 
ven mit den Päpften beilegte und feine Herrfchaft über Rom befes 
rieb ferner die Kreuzzuͤge und brachte die Krone Siciliens an Tans 
m Sohn Herzog Rogers von Apulien, ftarb aber ſchon 1191. — 
„Guido, aus St.» Guilles in Languedoc, vorher Rechtsgelehrter 
Königs von Frankreich, auch Vater von 2 Töchtern, ale Witwer 
Narbonne, Eardinaibifhof von Sabina und Legat in England, 
Partei Karls von Anjou gewählt, gab diefem Fuͤrſten das Königs 
cilien, das damals Manfred befaß. Clemens half f. Schügling, 
um Kreuzzug gegen Manfred, zur Eroberung dieſes Reichs, kam 
er 2 Jahre in Frankreich geblieben war, erft 1267 nach Witerbo 
h der Enthauptung des legten Hohenſtaufen Eonradin zu Neapel, 
n Rom. Wie er den Untergang des Hauſes Hohenftaufen in Ita⸗ 
atte, wollte er nun auch zwiſchen König Richard von England und 
anien Über die deutfche Krone entfcheiden, farb aber, ehe ihm dies 
tbo den 29. Nov. 1269. Er zeichnete ſich ale Regent ber Kirche 
„Seftigteit, fonft auch als guter Prediger, firenger Afcet und Feind 
8 aus. — Clemens V., Bertrand H’Agouft aus Gascogne, 
of von Bordeaur unb Anhänger Bonifaz VIEL, des unverfähn- 
K. Philippe von Frankreich, aber nad) dem Tobe Bonifaz VIII. 
tige durch Zuficherung der päpftlichen Würde fchnell umgeftimmt 
jeheimen Vertrage verpflichtet, ſich ganz nach feinen Wünfchen zu 
ante der Überliftung der ital. Cardinaͤle durch Philipps Unterhänds 
Juni 1305 zu Perugia erfolgte Wahl. Wegen der Bürgerkriege 
er in Frankreich, ließ ſich zu Lyon kroͤnen, zog dann auf Koſten des 
franz. Geiſtlichkeit im Lande umher, bie er endlich, 1309 Avignon 
Reſidenz des päpftlichen Hofes machte. Mit ihm begann daher 
Päpfte. Jenem Vertrage gemäß ſprach er den König und feine 
anne 108, den Bonifaz Über fie verhängt hatte, erflärte die Straf: 
ipſtes gegen Frankreich für ungültig, machte Guͤnſtlinge bes Königs 
und gab dem König den geiftlichen Zehnten in Frankreich auf 5 3. 
te er den Plan Philipps, feinem Bruder Karl v. Valois die deutſche 
m, und fprach wider feinen Antrag nach langem Proceß den todten 
Kirchenverſammlung zu Bienne von dem Vorwurfe ber Ketzerei 106. 
md 1312 fieben Donate lang von Ihm gehaltene Concilium war 
Regierungsbandlung. Auf demfelben feste ex aus Ergebenheit 
Philipp die Aufhebung des Tempelordens duch, und verorbnete 
ngefeße zur Reform des Klerus und der Klofterzucht, die ihm zu 
ntinen (f.d.) genannt worden find. Durch die engſte Verbin» 
Könige Robert von Neapel, feinem Vaſallen, fuchte er feine Herr⸗ 
a zw befefligen. Mit feiner Huͤlfe demuͤthigte er Venedig, das er 





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Gerbindien in Rom eriwang. Da biefer dem Könige Robert ! 
machte, bie Reichsacht wider ihn ausfprach und bie päpftliche Friebe 
abiehnte, nahm Clemens feinen Vaſallen durch drohende Bullen 
ercommumicitte die Bunbesgenoffen des Kaifers. Deffen Tod be 
König Robert 131% zum römifhen Senator und Meich6verwefer 
ernennen ; doc) mitten in feinen Planen zur Unterjochung Italie 
20. April 1314 zu Roquemaure in Languedoc. Er hinterließ eir 
Andenken. Beſtaͤndige Geldnoth, Verſchwendung und Nepotism 
habſuͤchtig und verleiteten ihn zur gröbften Simonie. Er brachte d 
Verleihung anfehnlicyer geiftlicher Pfruͤnden an Weltleute großen 
das zu Kreuzzuͤgen eingetriebene Geld meift von feinen Neffen ve 
Avignon unter feiner Regierung zum Sige aller Lafter werden, t 
unreinen Sitten ihm Nachſicht geboten. Daß er auf dem Concili 
die Errichtung von Lehrflellen der orientaliſchen Sprachen auf de 
verordnete, die Studien der Mönche beförberte und die ſchreienden U: 
dee Inquiſition etwas einfchränkte, kann feine übrigens ſchlechte X 
Papftchums nicht rechtfertigen. — Clemens VI. gli in diefe 
fünften. Ex hieß Peter Roger, war aus adeligem Geſchlecht 12 
bei Limoges geb., anfangs Benedictiner und Abt zu Fecamp, baı 

Arcas und Rath des Könige Philipp, auch Erzbifhof von Gent 
1338 Gardinal und 1342 Papft zu Avignon. Durch Worbel 
Ben Anzahl von Abteien und Prälaturen für feine Guͤnſtlinge, 
gung der Kichenämter für Gelb und Herabfegung des Subeljal 
verrieth er bald feine Gewinnſucht; gegen ben Kaifer Ludwig ben 8 
im Geiſte ſ. Vorfahren mit unverföhnlicher Härte, ja feine Bannbı 
fie Koch an Ruchlofigkeit der Fluͤche und Läfterungen. Den &o 
von Böhmen, Karl von Luremburg, der einft in Paris fein Zöglir 
ihm ganz ergeben war, wählte auf feinen Betrieb ein Theil ber dei 
ftände 1346 zum König, doch konnte ihm Clemens nicht allgemein: 
verſchaffen und mußte nad) Ludwigs Tode 1347 deſſen Anhänger 
foloiren, ja, um die Stände zu gewinnen, nad) der Entſagung des 


u Bm 


Elemens (Paͤpſte) VIL, VE. — 217 


Men Prinzen fliftete er 1344 das Königreich ber canarifchen Infeln. Seiut 
1 en mit ben Griechen und Armeniern warm ohne Erfolg. Er 
11352, ohne vermißt zu werden. Er war zwar milb und freigebig, doch nur 
gegen feine Verwandten, babeiden Weibern ergeben und nicht eimmal zum 
andaͤchtig. Petrarca lobt fein gutes Gedaͤchtniß; feine Schriften find um» 

. — Während des großen Schiema führten zwei Gegenpäpfte ben 

m Glemens, bie die Kirche nicht unter die rechtmäßigen Päpfte zähle. — 
‚, Graf von Genf, Bifhof von Cambrai und Cardinal, wurde als ein 
Damm 1478 zu Fondi von den franz. Cardinaͤlen, die ben Papſt Urban VI. 
Batten, zum Papft gewählt und nahm den Name Clemens VII. an. 
begann das große Schisma, ba Frankreich, fpäter auch Schottland, Loth⸗ 
Savoyen und Spanien auf feine Seite traten. Er refidirte in Avignon, 
eur Pfrundenhandel und von Annaten und hielt die Friedensvermittler mit 
bin, eine Kirchenverſammlung, zu der er Beine Anftalt machte, Aber ' 
entſcheiden zu laſſen. In Itallen galt er nichts und Eonnte das 

AAnjon in Neapel nicht [hägen. Ruhmlos ftarb er den 16. Sept. 1394. — 
wentger vermochte der Nachfolger bes ſchismatiſchen Benebict XIII., Xgte 
z aus Barcelona, den drei Cardinaͤle 1424 zu Penitcola zum Papft 
wub Clemens VIII. nannten. Bon dem Könige Alfons von Aragonien 
„ vefidirte er zu Peniscola bis 1429, wo er fich mit bem Bisthum ber 
Inſeln abfinden lieg. — Clemens VII, Sulins von Mebid, uns 
Sohn Julus von Medich, vorher Fohanniterprior unter Papft Julius II. 
Dhelm Leo X. Iegitimirt, zum Erzbiſchof von Florenz, Carbinal und 
‚ gelangte den 19. Nov. 1523 zur Papſtwuͤrde. Seine Verbin⸗ 

m; L von Frankreich verwidelte ihn in einen Kampfmit Ralfer Kart V., 
uf Leine Weiſe gewachfen war. Das kaiferl. Heer eroberteund pluͤnderte 
„ biete ihn 7 Monate In der Engelöburg gefangen und preßte ihm bie 
alter fefien Plaͤte nebſt 40,000 Ducati Löfegelb ab. Ungeachtet feiner 
ung. Marſchall Lautrec geleiteten Flucht nach Orvieto mußte er diefe Bebin⸗ 
haften und daher Cardinaͤle und Prätaten für Geld ernennen, um endlich 
dena Kaiſer Frieden fchließen zu können. Er Erönte ihn zu Bologna 
erlangte von Ihm die Einfegung ber Familie Medici in das Herzogthum 
Den Fortgang der Reformation in Deutfchland konnte er nicht hindern 
beförderte er ihn fogar durch eine Bulle gegen Heinrich6 VIII. Ehe⸗ 
welche diefen König zum völligen Bruch mit bem Papfte bewog. Franke 
von ihm ein verberbliches Geſchenk in ber Perfon feiner Nichte, Katha⸗ 
Medick, Die er 1533 zu Marfeille mit dem Herzog von Orleans, zweiten 
des Königs Franz I, vermaͤhlte. Mit neuen Entwürfen gegen Karl V. 
„ farb er ben 25. Sept. 1534 in feinem 56. Jahre. Seine Sitten 
getobt, aber ald Regent war er feig, wortbruͤchig, umentfchloffen, unklug 
feisten en ungluͤcklich. Der Kirche hat feine nur auf Erhe⸗ 
Haufes Medici hinarbeitende Negierung keinen Vortheil gebracht — 

6 VIIL, Hippotyt Albobeandini, kam durch den ſpaniſchen Einfluß den 
1591 auf den päpfti. Thron. Kür feine Weigerung, den franz. König 
EV. anguerkennen, den er erft 1595 abfolvirte, mußte er durch Beſchraͤn⸗ 
‚Gewalt In Frankreich bäßen und vermochte auch Venedig nicht in bie 
Abhangigket von feinem Stuhle zu bringen. Dagegen gewann er polls 
genug, um ohne Widerſpruch das dem Haufe Efte durch Eroberung 
mmene Derzogthum Ferrara behalten, den Frieden zu Vervins zwi⸗ 
und Spanien 1598 vermitteln und, da er ſowol das Edict von Mans 
Suiſchweigen übergangen, als auch die Scheidung Heinrich IV. von Mare 
derriigt hatte, einen neuem Krieg diefer Mächte 1600 verhuͤten zu können. 




























fücpte die Binanzen Roms zu verbeffen, fäcularificte einige geift 
Thorherren von Gt.» Gregor in Alga zu Wenedig, die Jeſuiten 
der des heiligen Dieronymus von Fiefole) und Kloͤſter, um de 
Geld zur Ausruͤſtung gegen die Türken zu fchaffen und unterf 
mit Truppen und Galeeren. Ex hatte Antheil an ber Vermittiz 
Friedens, legte 1668 die Janſeniſtiſchen Streitigkeiten durch 
bei, der ihm zu Ehren der Clementiniſche Friede genannt wurde 
auch den vieljährigen Zwiſt Portugals mit dem päpftt. Stuhle, 
: vom Könige Pebro ernannten Biſchoͤfe beftätigte. Die Inden ver 
wenige aus Rom unb verbot den Miſſionnairs den Waarenhandel. 
Der. 1669 aus Kummer über den Verluſt von Kandia an die Wär 
war glänzend, fein Charakter edel, fanft und reich an fürftl. Tugende 
allgemeine Liebe entgegenlam. — Clemens X., Emil Altieri 
. einem römifchen Patriciergefchlecht, kam als ein 8Ojähr. Greis den ; 
in das Cardinalscollegium und den 29. April 1670 auf den paͤpſtl. SL 
&bung feiner Macht begann er mit Erhebung feiner Vettern, deren eir 
Paluzgi Altieri, ihn ganz beherrſchte. Er fuchte die Auflagen zu n 
tete dem Adel den Broßhandel, mußte aber eine Verordnung, die b 
fandten in Rom die Zollfreiheit nahm, widerrufen. Gein ausw 
war gering und feine Regierung für die Kirche durch die Entſtehu— 
mit Frankreich über das Regaltecht merkwuͤrdig. Als Send der ? 
bot er mehre nuͤtzliche Schriften. Die Seftlichkeiten des Subeljahre 
feierte, wurden durch die Anwefenheit der Königin Chriſtina von Sa 
erhöht. Ein Buͤndniß Rußlands mit andern chriſtlichen Regenten 
Een wollte er nicht begünftigen. Sein Tod, den 22. Juli 1676, be 
Nepoten. — Clemens XI., Johann Franz Albani, ben 23. 
Urbino geb., 1690 Cardinal, empfahl fi durch Geſchaͤftskenntniß 
mungsgeiſt bei den durch die ſtreitige Erbfolge in Spanien ſchwie 
Zeitverhaͤltniſſen zum päpftl. Stuhle, auf den eine Partei ihn deßhal 


Glemens (Päpfte) XIL . - 1180 


Mfenticen). Gegen den Einmarfch Eaiferl. Truppen in ben Sirhenflant un) 

Iefegumg von Somacchio halfen weder Banndrohungen noch Kriegsruͤſtungen. 
uns mußte 1709 Comacchio dem Kaifer überlaffen, feine Zruppen um 5000 
ndern, den Kalferlihen freien Durchmarſch nad Neapel geftatten umb 

IL von Spanien anerkennen. Dadurch zerfiel er aber ganz mit Philipp V. 
Bpamien, der auf einige Jahre alle Verbindung mit Rom abbrah. Go wer 
me Pootfation m gegen den altranflädter Frieden und gegen die Wahl des Koͤ⸗ 
ewirkt hatte, konnte er zu dem utrechter Frieden mitfprechen. 

lleß feinen 7 nicht zu. Wie von den Bourbons, erntete er Undank 

derdruß auch von den Jeſuiten. Während fie in China feinem Verbote ber 
iſchung heibnifcher Bebräucye in das Chriftenthun Trotz boten, feine Ge⸗ 
m mißbandelten und ihn am Ende zum Nachgeben zwangen, verleiteten fie 
ne Blachfacht gegen die Janſeniſten in Frankreich zu Schritten, die der Kirche 
uns päpftt. Anſehn ſchadeten. (©. Unigenitus.) liber die Gerechtfame ber 
& Sicllien in Kirchenſachen (ficilianifche Monarchie) gerieth Clemens 1713 ir 
Sereit, den feine Aufhebung jener Gerechtfame und fein Bann gegen Sicik⸗ 
Bde obigen tonnte, aber die Menge geflüchteter Priefter und Mönche aus 
die vom Papfte als Märtorer feiner Ehre ernährt fein moliten, fo betäflls 
he ihn machte, daß er doch endlich nadıgab.. Nur der Prätendent, dem er 
17 in Kom unterhielt und der König von Portugal, bem gr ein Patriarchat 
erzichtete, waren ihm aufrichtig ergeben. In der Megierung bes Kir⸗ 
% bewies er fid) wohlmeinend, bie vaticanifche ibliothek bereicherte er mit 
Manuſcripten und durch feine Privatbibllothet, in Bologna fliftete 
der bildenden Künfte und begünftigte überhaupt die Wiffenfchafs 
ſelbſt theologiſche Kenntniſſe und predigte zuweilen in ber Peterß⸗ 
ung busch zu häufigen Genuß von Zuckerwerk ſtarb er den 19. . 
— Be diefee —* unter den ſtaͤrkſten Zeichen des Sinkens ber paͤpftl 
im Traume des 12. Jahrh. lebte, fo auch Clemens XII., Laurentius 
aus Siorenz, geb. den 7. April 1652 und Papft den 12. guũ 1730. 
Bechättuifle mie den Batholifchen Mächten waren nicht weniger beunruhl⸗ 
Einen Sjährigen Infanten von Spanien mußte er den Cardinalshut umd 
Toledo geben, im Kirchenſtaate gewaltfame fpanifche Werb:ngen 
eines dadurch veranlaßten Aufruhrs, ſpaniſche Beſatzung dulden und das 
Parma erſt an einen Infanten und dann an ben Kalfer übergehen 
here durch diefe Demäthigungen mehr zu erfaufen als einige vortheilbafte 
bate ins Goncordat mit Spanien 1737. Ebenſo firitt er mit Venedig uͤber 
um enblich nachzugeben, und konnte ſeinen Widerſpruch gegen 
des koͤnigl. Patronatrechts über die geiſtlichen Pfruͤnden in Savohen 
des Königs mit dem Banne nicht wirkſamer machen. Ja, nicht 
Wie Erwerbung ber kleinen Republik San⸗Marino wollte gelingen. Ha 
den Katholiken nichts zu gewinnen war, dachte Clemens ernſtlich auf Be⸗ 
der Ketzer und ſetzte deßhalb bie jaͤhrl. Abkuͤndigung der Bulle „In coema 
aus. Aber eine Bulle, worin er, der Verhaͤltniſſe ganz unkundig, 
dyen in Sachſen bie beider Reformation ſaͤculariſirten Kirchenguͤter zu 
ach, wenn ſie katholiſch wuͤrden, wie ihr Kurfürft, erregte nur das Auf⸗ 
Merkwuͤrdigkeit, feine Bußprediger in Schlefien fanden bei 
fchen nicht Eingang, die Unterwerfung des Patriarchen in Conſtanti⸗ 
von den Briechen vereitelt und die Erfüllung der ſanguiniſchen Hoffe 
des Papftes beſchraͤnkte ſich auf den Übertritt eines maroccanifchen Prinzen, 
vun zu ernähren hatte, und eines ſchwediſchen Grafen Bielke, den er zum roͤ⸗ 
Genator machte; für künftige Bekehrungen ſorgte er durch Stiftung bes 
benannten Gorfinifchen geiſtl. Seminars für junge Griechen in Calabrien. 

























120 Siemens (Päpfte) XIII., XIV. 


Jdie Polizei in Rom verbefferte ex durch Aufhebung ber Freiftätten und dur 
x usverbote, unterflügte das Leihhaus, errichtete ein Findelhaus und andre Gr 
zur Berfchönerung Roms, fammelte Statuen im Capitol und orientalifche 9 
I,cripte im Vatican, von dem damals auch fyrifche Drude ausgingen, und f} 
‚überhaupt bie Selehrfamkeit. Ungeachtet eine Staatslotterie, deren beſt 
winnſte ihm zufielen und drei waͤhrend feiner Regierung gehaltene Jubilde 
Geld zur Beftreitung diefes Aufwandes einbrachten, Eoftete doch fein Nepoti 
feine Prachtliebe und Appige Lebensart fo viel, daß er den 6. Gebr. 1740 mit © 
den flarb. — Clemens XIII., Karl Rezzonico, geb. 1693 in Venedig, u 
den 6. Juli 1758 durch Hülfe der Kaiſerin Maria Thereſia und der Jeſuiten A 
Jener dankte er durch Verleihung des Titels apoftolifche Majeſtaͤt für bie I 
reichte Krone, diefen durch Aufopferung feiner Ehre und Ruhe für bie Erhal 
ihres Ordens. Sie wurden während feiner Regierung aus Portugal, Ep 
Frankreich, Neapel, Sicitien und Parma verjagt und ihm zugeſchickt. Wir 
ihm diefe Flüchtlinge auch zur Laft fielen, fo belohnte er den Drden doch ii 
befondern Bulle 1765, ohne dadurch feinen Sturz aufhalten zu — 
Verfolgung ſeiner Lieblinge traf nody dazu in eine Zeit, mo er, in Händel übe 

Kirchenfreiheit in Parma vertwidelt, fich durch feinen Übermuth gegen X 
boniſchen Höfe den Verluſt von Avignon, Venaiſſin und Benevent zug, 
Borbehalte geiftlicher Pfründen in Spanien abgewieſen, den Tribut von 
virmeigert und Deutfchland durch Juſtus Kebronius über die Grenzen ef 
macht aufgeklärt fah, Rom aber zwei Mat, 1764 und 1766, Hungetaf 
Sarız von feinem Staatsſecretair Zorreggiano und dem Sefuitengeneral TUE 
herrſcht, wagte er fogar 1768, durch Einfchärfung der Bulle „In coens I 
in einem drohenden Breve an Parma, alle katholiſche Höfe gegen ſich auffe 
und flarb unter diefen Händeln den 2. Febr. 1769. Er mar ein fin 
weimerlicher Alter, deſſen unzeitiger Eifer nur durch die gewaltfamm 
gen feiner beiden Rathgeber einige® Anfehen von Kraft erhielt. — 
mens XIV., Giovanni Vincenzo Antonio Ganganelli, Sohn rind 
tet:, geb. zu S.⸗Arcangelo bei Rimini 1705, trat mit feinem 18. ahre U 
Minoritenorden, fludirte Philofophie und Xheologie, ward bald ſelbſt Leh 
ge wann die Achtung und Liebe feiner Schüler ; er flößte ihnen erhabene G 
gen und Gefühle ein und fuchte fie von Kleinlichkeiten und allem moͤnchiſe 
ſeia frei zu machen. Der fcharfblidiende Benedict XIV., erzählt man, IM 
die Hand auf das Haupt Ganganelli's und fagte zudem General ſeines D 
„SRehmt diefen Bruder wohl in Acht, ich empfehle ihn Euch angelegentfic 
deic Regierung diefes Papftes erhielt Ganganelli den wichtigen Poften eine 
gelver6 des heiligen Stuhls. Benedict, dec das deutfche Phlegma mit ber 
fhın Lebhaftigkeit in ihm vereinigt fah, fragte ihn oft nach feiner Meinung. 
ver bindet”, fagte er, „feſte Urtheilskraft mit großer Gelehrſamkeit, dabei fl 
fen.d Mat befcheidener als ein Unwiſſender, und fo heiter, als ob er nie in der 
ge;;ogenheit gelebt hätte‘. Clemens XI. ertheilte Ganganelli den Carbi 
abı'r wie ſchoͤne Zugenden und Talente er auch zeigte, fo durfte man both = 
fen, ihn aufdem Stuhle St.: Peters einft zu fehen. Die Freimuͤthigkeit, a 
her: er ſich über die Nothwendigkeit äußerte, dem Willen der Fuͤrſten weitlich 
geben zu müffen, ſchien nicht geeignet, ihm die übrigen Cardinaͤle gend 
machen. In den Congregationen, welche unter den Augen des Papfled 
treff der Herzogthuͤmer Parma und Piacenza und der Angelegenheiten der IM 
gehe:lten wurden, hatte er der Meinung des Papftes und bes Staatsſec 
ganz zuwider geurtheilt, daß man Ihn nicht mehr um Rath fragte. „Wil 
römischen Hof nicht von feiner Höhe herabftürzen ſehen“, fagte er unabiäf 
muß man fid) mit den Kürften ausföhnen, denn ihre Arme reichen über ihre 























Element 721 


naus, und ihre Macht Überfliegt die Alpen und Pyrenden”. Dieſe Gefins 
m mißfielen zu Rom, aber fie erwarben ihm auf ben Gall der Erledigung 
Aigen Stuhle mächtige Befhüger. Clemens XII. farb; das Conclave war 
tarmifch und uneine, bis die uͤberzeugende Beredtſamkeit des Cardinals Ber: 
itſchied, und Ganganelli, 19. Mai 1769, zum Dberhaupte der Kirche pro: 
et ward, wiewol er nicht Bifchof war. Kein Papft war unter ſchwierigern 
änden gewählt worden. Portugal, entzweit mit dem heiligen Stuhl, wollte 
inen Patriarchen geben; die Art, wie dee Herzog von Parma behandelt wor: 
hatte die Könige von Frankreih, Spanien und Neapel abgeneigt gemadht; 
dig wollte die geiftlihen Orden ohne Zuziehung des Papſtes reformiren; Po = 
uchte das päpftliche Anfehen zu mindern; die Römer felbft murrten. Clemens 
hte ſich zunaͤchſt, die Sürften auszuſoͤhnen, ſchickte einen Nuntius nady Liffa- 
unterdrückte die Bulle In coena domini, welche die Regenten empörte, und 
handelte mit Spanien und Frankreich. Aufgefodert, das Schidfal der 
iten zu entfcheiden, ſchrieb er: „Ich bin der Vater der Gläubigen, vor: 
dich der Geiſtlichen; ich darf einen berühmten Drden nicht auflöfen, ohne 
ade zu haben, die mich vor Gott und der Nachwelt rechtfertigen. Endlich, 
ı mehrjährigen Unterhandiungen, gab er am 21. Jul. 1773 das berühmte 
% „Dominus ac redentor noster“, das die Geſellſchaft Jeſu aufhob. Aber 
dleſem Augenblicke führte er ein forgenvolles, von Sucht und Reue geängftig- 
Ihm; feine Kräfte ſcwwanden. „Ich gehe in die Ewigkeit", fagte er, „und 
we warum”. Er ſtarb den 22. Sept. 1774. Dies Ereigniß gab zu der 
Buthung Anlaß, daß er vergiftet worden, welche dadurch an Glaubwürdigkeit 
E daß fie der Papft ſelbſt hegte und Gegengift nahm. Allein ber Ausſpruch 







e bat fie roiderlegt. Der Kammerpächter Carlo Giorgi ehrte das Andenken 
Wohichäters Clemens XIV. durch ein Marmordenkmal in der Kirche der 
kl au Rom, welches Ganova nach Volpato's Angabe ausführte. Geit 
MV. hatte kein Papft auf dem römifchen Stuhle gefeffen, der mit mehr Kraft, 
beit und Selbfländigksit regiert hätte. Clemens zeichnete ſich durch Auftlaͤ⸗ 
Staatsklugheit, gründliche Gelehrſamkeit, Vortrefflichkeit des Charakters, 
haftigkeit und Ihätigkeit vor feinen Vorgängern ruͤhmlich aus; er beförberte 
rund Wiffenfhaften, unter Anderm aud) durch die Stiftung des Clementini⸗ 
Rufeums, der ſchoͤnſten Zierde des Vaticans. *) 
SBlement (Jacques), Mörder Heinrichs IH. von Frankreich, geb. im 
Sorbon im Sprenget bes Erzbisthums Rheims, war noch nicht lange im 
der Dominicaner und 25 J. alt, al& ber Parteigeift der Ligue (f. d.) den 
Eöpfigen Schwärmer zur Ermordung des Königs (f. Heinrich IIL.) auf: 
Befonders ermunterte ihn fein Prior Bourgoing, dem er feinen Entſchluß 
raute und ermahnte ihn zu betin und zu faften, um den Willen Gottes zu 
m. Dan fol ihn fogar eine nichtliche Stimme haben hören laffen, die ihn 
Rocde des Tyrannen aufrief. Die Herzogin von Montpenfier, die Schwes 
: Quifen (f. Buife, Heinrich), der Haͤupter der Ligue, wird befchulbigt, 
Entſchluß befeftigt und ihn durch die Verficherung gereizt zu haben, daß er, 
er Rettung fände, vom Papfte zum Cardinal erhoben, wenn er aber umkaͤ⸗ 
mter bie Zahl der Heiligen verfegt werben follte. Der Schwärmer begab ſich 
u 1589 von Paris nad) St. Cloud, wo der König fich aufhielt. Der Ge: 
escurator, zu welchem man ihn führte, faßte Argwohn und ließ ihn in der 
belauſchen, wo man ihn in tiefem Schlafe und in bem offen vor ihm liegen- 
yeeniex bie Stelle fand, wo von der Ermordung des Holofernes durch Judith 


Die Angabe, daß Ganganelli Johann Gottfried Lunge geheißen habe, den 22. Det. 
‚ga Lauban geboren, Buchdrucker geworden und von Breslau fortgegangen ſei, ohne 
a ſich wieder hören zu laffen, ift durd) nichts erwieſen. 

meter. Siebente Aufl. Bd. II. 46 


122 Clementi 


die Rede iſt. Am folgenden Morgen vor den König geführt, g 
Überbeinger wichtiger Nachrichten von Paris zu fein; aber während 
Brief lad, den der Verräther ihm gegeben hatte, durchbohrte ihn di 
ließ das Meffer in der Wunde. Die Höflinge Lognac und Guest 
Könige Gefchrei hereintraten, erſtachen fogleich den Mörder. Clem 
ward auf einer Schleife zum Richtplag gefchleppt, von vier Pferder 
dann verbrannt. Die wilde Parteiwuth, deren Werkzeug er geworben 
tete ihn ald Märtyrer. Als feine Mutter einige Zeit nachher in‘ 
ermahnten die Moͤnche das Voll, der heiligen Mutter bes ‚Heiligen « 
ben. Sein Bild ward auf den Altaͤren aufgeftellt, und man want 
Cloud, um die mit feinem Blute getränkte Erde aufzufammeln. 
Sirtus V. hielt dem Mörder eine Kobrede in der Verſammlung ber | 
verglich ihn mit Judith und Eleazar. 

Glementi (Muzio), einer der größten jegt lebenden Claı 
Componift für das Pianoforte, zugleich der einzige Virtuos von 2 
diefem Inſtrumente, welchen die Staliener aufzumeifen und einem 2 
zufegen haben. Die Sranzofen haben ihn ſcherzend den Papa der jı 
fpieler genannt, theils feines Alters wegen, theils weil er der Lehrer 
ften jegigen Clavierfpieler, namentlich eines Cramer, Field, und Stif 
Schule im Glavierfpiel if. Er war zu Rom 1752 geboren, wo 
gefchickter Sitberarbeiter war. Diefer, welcher felbft die Muſik Liel 
dem Sohne, der eine ftarfe Neigung dafür zeigte, nad) Vermögen 
terricht. Der ihm verwandte Buroni war fein erfter Lehrer ; im 7 
ein Organiſt, Corbicelli, ben Generalbaß, und er beftand ſchon im 9. 
als Drganift. Dann erhielt er bei dem berühmten Gefangiehrer € 
bei dem Gontrapunttiften Earpini Unterricht. Zu diefer Zeit, näm 
ſchrieb er eine vierflimmige Meſſe, die mit großem Beifall aufge 
Auf dem Flügel hatte er fo große Fortfchritte gemacht, daß ihn ein En 
ford, mit nad) England zu nehmen entfchloffen war. Der Vater ı 
ein. Er fludirte nun aufdem Landfige jenes Engländers in Dorfet 
ſich in deffen Samitie in volllommenen Befig der Sprahe. Im 1 
er alle feine Zeitgenoffen an Gewandtheit und Ausdrud im Eiavieı 
fen und gab fein Opus 2 heraus, welches in biefer Gattung der Go 
neue Epoche begründete. Es war die Grundlage, auf welche die g 
modernen Sonaten für Pianoforte gebaut worden ift, und erregte d 
fachheit und Neuheit die Bewunderung ber Kermer und Lichhaber. 
er fort. Nachdem er Dorfetfhire verlaffen, warb er am Fluͤgel zur 
Orcheſters in der Oper zu London angeftellt. Sein Ruf flieg mi: 
unb verfchaffte ihm reichliche Belohnung. Im J. 1780 ging er n 
er mit Enthufiagmus aufgenommen wurde. on da ging er im € 
nad) Wien, wo er Mozart und Haydn Eennen lernte und mit Erſte 
Joſeph IT. ſpielte, auch Mehres herausgab. Nah f. Rüdkunft 
war er bei den Concerten des Adels angeſtellt. 1784 reiſte er auf! 
der nad) Paris, blieb aber dann bis 1802 in England. Alles dräng 
richt bei ihm zu nehmen, obgleidy er das Honorar einer Stunde bis a 
- erhöht hatte. Der Verluft, den er 1800 durch das Falliment einer 
lung erlitt, bewog ihn, dieſelbe auf einige Zeit zu übernehmen. Er 
Unterricht auf, befchäftigte ſich aber in feinen $reiftunden mit Ci 
Verbefferung des Pianofortes. Vorher hatte er f. berühmte „Ei 
Kunft, das Clavier zu fpielen”, herausgegeben. Im J. 1802 reift: 
berühmten Schüler Field zum dritten Mafe nach Paris, von da nac 
terer begleitete ihn auch nad) Petersburg, wo er blieb. Überall g 


..&lementinen: : ..... Ela 723 


Berounberung.. Von Petersburg folgte ihm ber Clavierſpieler Zeuner 
ind Dresden. . Von Dresden aus folgte ihm Ichrbeglerig ber jetzt als 
eihſt angeftchte Kiengel, mit bem er die Schweiz burchreifte und nach 
kehrte. Dier beirathete Clementi feine zweite Gattin, mit welcher er 
reifte. Auf feiner Rückkehr nach Berlin verlor er dieſe. Von bier 
geſchaͤtzten Pianofortefpieler und Lehrer Berger mit nach Petersburg, 
iſte ernah Wien. ‚Im folgenden Sommer ging er Familienangele⸗ 
jen nad Rom, von.da nad) Mailand. Im Sommer 1810 ergriff 
te Gelegenheit. der Überfahrt bei der fortbauernden -Continentalfperce 
uͤcklich wieder in England an, wo er feine dritte Frau heirathete. Un: 
nonirte er immer fort und fchrieb für das Concert. ber philacmonifchen 
inige große Symphonien. Eins feiner verbienftlichiten Werke ift f. 
Parnassum‘, an dem er lange..gearbeitet hat. Ex ließ ferner nach 
ng Inftrumente bauen, und feine Firma warb ihm fehr einträglich ; 
: einige Zeit einen Muſikalienhandel. 1820 machte er eine neue Reife 
inent und hielt ſich im Winter bie zu Oftern 1821 in Leipzig auf, wo 
eugearbeitete Spmphonien von ihm aufgeführt wurden. Noch im 
zeſiht diefer Mann. eine ungemeine Friſche und Lebendigkeit. Seine 
u find ebenfo gefällig und voll einfgmeichelnder Gedanken als gruͤnd⸗ 
und im reinften Styl gearbeitet. Die glänzendfte Ausführumg zeich⸗ 
klaus. Durch feine feltene Gabe zu improvifiren übertraf er alle feine 
offen. 
entinen, päpfllihe Verordnungen, hauptſaͤchlich auf dem Con⸗ 
enne, A311 von Clemens V. gegeben, welche einen Beftandtheil des 
eanonici ausmachen. (S. Kanoniſches Recht.) 
a yt (Franz Sebaſtian Karl Joſeph be Croix, Graf von), oͤſtreichiſcher 
1733 im Schloſſe Vruille, bei Binch im Henegau, machte ſich durch 
im fiebenj. Kriege, vorzuͤglich bei Prag, Liſſa, Hochkirchen und Lieg⸗ 
nt, daß er, Einer der Erften, 1757 den Maria⸗Thereſienorden erhielt. 
ſtande in den Niederlanden, 1787, verwarf er alle Vorſchlaͤge zur Un⸗ 
Foſeph Il. 1788 und 1789 focht er ald Generalfeldmarſchalllieute⸗ 
je Türken, und erhielt 1790 den Grad eines Artilleriegenerals und 
nd des Thereſienordens. 1792 befehligte ex ein Corps von 10,000 
Miederlanden, fette ſich nach ber Niederlage bei Jemappes hinter der 
ı folgenden Fruͤhjahre die Belagerung von Maftricht auf, focht dann 
nu. f. w. und nahm Le Quesnoi ein. 1795 erhielt er den Feldmar⸗ 
d dem Oberbefehl der kaiſerl. Deere am Rhein, warb dann durch den 
zul abgelöft, trat im ben Hofkriegsrath und ſtarb 1798 in Wien. 
richtete ihm ein prächtiges Grabmal. Ci. vereinigte mit ben Talen⸗ 
herrn alle Eigenfchaften eines guten Bürgers und eines vortrefflichen 
Seine Butsunterthanen hatten den milbeften Herrn an ihm. Seine 
tets jedem Verdienten und Bedürftigen feiner Untergebenen offen ge⸗ 
den Tag vor feinem Tode verbrannte er alle dergleichen Schuldfcheine. 
hnlich einfach in feiner Kleidung, aber wenn es gegen ben Feind ging, 
nie anders als in Staatsuniform und mit feinen Orden geſchmuͤckt. 
= Schlacht”, fügte er, „iſt bed Kriegerd Ehrentag”. .. 
' (John), Esquire of Eidin, Erfinder der neuen britiſchen Sertaktik, 
Seeweſen unbekannter Landedelmann, machte feine neme Theorie bes 
s die Linie der feindlichen Flotte zu durchbrechen, zuerſt 1779 feinen 
kannt. Sein Manoeuvre ward zuerſt von Korb Rodney in der Bee: 
12. April 1782, wo er über die franzoͤſ. Flotte unter de Graſſe, zwi: 
fein Dominique und les Suintes, einen volltommenen Sieq erfocht, 
46 * 


724 Glienten Slinton (Heney — George) 


mit dem Überzeugendften Gefolge angewandt. Seitdem find Clerk's Gran 
allen britifchen Admiralen in Ausübung gebracht worden, und bie Lor 
St.:Bincent, Duncan und Nelfon haben dadurch bie glaͤnzendſten Siege 
namentlich den bei Abukir erfochten. &. John Playfalr's Denkfchri 
„Verhandl. der koͤnigl. Geſellſch. zu Edinburg”, Bd. 9, ©. 1. 

Clienten, in Rom gemeine Bürger, weiche aus bem hoͤhern Ei 
einen Patron wählten, deſſen Pflicht es war, ihnen in Rechts ſachen bei 
für fie vaͤterlich zu forgen und Ihnen Sicherheit zu verfchaffen. Sie mı 
gegen die Töchter ihres Patrone ausftatten, wenn «6 biefem an Vermoͤg 
ibn, wenn er von Feinden gefangen genommen worden, loskaufen, und 
Stimme geben, wenn er um ein Öffentliches Amt anhielt. Gegenfeitig ha 
tron und Client die Pflicht, einander nicht zu verklagen, noch gegen emı 
zeugen, fich überhaupt auf Feine Weife etwas zu Leide zuthun. Roma 
dieſes Verhaͤltniß einfuͤhrte, um Patricier und Plebejer deſto genauer mit 
zu verbinden, erlaubte in einem Gefege, daß Derjenige, der feine Pflicht.ald 
oder Client verlegte, von Jedermann todtgefchlagen werden koͤnne. Auch fi 
in einem Zeittaume von 600 3. keine Spur von Mißhelligkeiten zwiſchen 
tronen und Clienten; erſt unter den Kaifern hörten die alten Verpflichtum, 
— 2) Bei ung bezeichnen die Namen Patron und Client emen Sch 
Denjenigen, beffen Sache er füher. 

Clifford (George), Graf von Eumberland, Ritter bes Hofenban 
ein durch feine Thaten zur See außgezeichneter Edelmann unter Eltfabeth \ 
fand, geb. 1558 in Brougham⸗Caſtle in Weflmooreland, zeigte fi in? 
ſtets als Ritter der Königin, und erhielt einen Handfchub von ihrer Hand ı 
den er bei feierlichen Gelegenheiten an feinem Halfe trug. Er rüftete of 
aus, erhielt auch Eönigliche, mit denen er größtentheils gluͤckliche Streifjk: 
die Spanier machte, und war Befehlshaber der Flotte, welche gegen die füi 
Armada gefandt wurde. Auch war er einer ber Pairs, welche Maria St: 
teten. (Endlich hatte er einen bedeutenden Antheil an ber Gefangennehn 
Grafen Effer. Obgleich durch feine Sapereien gegen bie Spanier un 
reich, hatte er doch durdy Ausrüftungen von Schiffen und befonders bu 
wand bei Ritterfeften, Pferderennen ıc. ziemlich Alles verſchwendet, als 
ftard. — Clifford (George), ein in natuchiftorifcher Hinſicht merk 
und vorzüglich durch Einne bekannter Rechtsgelehrter zu Amſterdam, hatt 
nem Gute Hartecamp, zwiſchen Amfterdam und Harlem, den prächtigften 
Pflanzen aus allen Welttheilen am reichften verfehenen Garten feiner Il 
Europa, eine zahlreiche Dienagerie von vierfüßlgen Thieren und Vögeln 
ein vollftändiges naturhiftorifchese Mufeum, worin befonderd aus vielen 
eingeholte Herbarien und eine dazu paffende Buͤcherſammlung. Linne 
Zeitlang Hausarzt bei Clifford und Aufſeher Über deffen Garten; er gab 
ichreibung der darin enthaitenen feltenen Pflanzen, unter dem Titel: | 
Cliffortianus‘ heraus, welche Clifford mit großer Pracht drucken ließ.“ 
nannte inne bie dort befindliche Art Pifang Musa Cliffortiana , und eiı 
jengattung Cliffortia. 

Clinton (Sir Henry), Feldherr im amertlausifchen Freiheitokri 
focht ald Generalmajor unter Howe 1775 in Amerika, und übernahm, : 
1778 nach England zuruͤckkehrte, in Philadelphia den Oberbefehl. Waſ 
Annäherung zwang ihn, Philadelphia zu verlaffen. Er machte einen g 
Ruͤckzug nach Neuyork. Im Yan. 1779 nahm er Charlestown. 178 
er die Sranzofen bei Rhodeiſland angreifen, ward aber durch Wafhingtt 
verhindert. Seht verſuchte er durch Beftechung su fliegen. Er gewann ben 
Arnold, ihm den Poften von Weltpoint zu überluefen. Der Pan 


Clive 7253 


h bie Berhaftung bed Majors Andre, welcher bie Correſponden; uͤber⸗ 
‚782 ward E. durch Carleton erfegt.. In London gab er 1784 „WBemer: 
re die Befchichte des amerikaniſchen Krieges” heraus. Er flarb als Gou⸗ 
a Gibraltar 1795.— Clinton (George), Vicepräfibent ber Ver. Stans 
ordamerita, geb. 1739 in Neuengland , diente unter f. Vater, ben 
L, als Lieutenant in bem Kriege gegen Canada, warb nach dem Frieden 
1773 Repräfentant f. Provinz bei der Colsnialverfammlung, wo er ſich 
thätigen englifchen Maßregeln twiderfegte und dafür 1775 zum Mitglicde 
ſſes erwaͤhlt wurde, den er aber felten befuchte, weil ex als General: 
m dem Freiheitskriege Theil nahm. 1777 warb ex Gouverneur von 
und bat während f. mehr als ZOjaͤhrigen Verwaltung den Wohl: 
e Provinz auffagend gehoben. 1804 warb er zum Wicepräfidenten der 
tasten und zum Präfidenten des Senats erwählt. Hier erwarb er fich 
Berbienft, inden er 1811 die Aufhebung der Generalbank der Verein. 
urchſetzte und dadurch den immer mehr uͤberhand nehmenten Einfluß 
um Kaufleute, weiche faft alle Actien an ſich getauft hatten, vernichtete. 
‚Wafhington 1812. 
Je (Robert) rettete in einem Zeitraume von zehn Jahren die englifch- 
Bompagnie vom Untergange, und eroberte ihr Durch Klugheit und Muth 
4 Land als England feibft iſt. Er war der Sohn eines Rechtsgelehr⸗ 
. 1725 in Shreopfhire auf dem Eleinen Gute Styche. Schon als Anabe 
eherzt umd verwegen, ging er 1743 in die Erpeditionskanzlei der oftind. 
nach Madras. 1746 nahm er Kriegädienfte. Der rechtmaͤßige Fuͤrſt 
e mar von einem Verwandten verjagt worden und fuchte bei den Eng⸗ 
ilfe. Unter den zu f. Unterftügung abgefchidten Truppen hatte der Faͤhn⸗ 
an der Eroberung der Zeitung Devicotta den entfchiedenften Antheit. 
bielt ex die einträgliche Kriegszahlmeiſterſtelle. 1750 bradyen im Kar- 
Fehden aus; ©. vertaufchte wieder die Feder mit dem Degen. Mit 100 
und 300 Seapoys eroberte er Arcot, wo er fieben Wochen lang eine 
yerung ausfland, bis die Franzoſen amd ihre Verbündeten fich zum Abs 
igt fahen. Darauf ſchlug er mehrmals den weit überlegenen Feind, ent 
‚inapoli und fehte dem Nabob von Arcot 1753 wieder in f. Land ein. 
Nervenſfieber befallen, das in eine Art von Schwermuth ausartete, an 
rachher noch oft litt, ging er nach England. 1755 kehrte er als Obrift: 
und Bouverneur des Korte David nach Indien zuruͤck und half, noch 
oſten antrat, ben furchtbaren Geeräuber Angria in f. für unuͤberwind⸗ 
nen Raubnefte Eheria bezwingen. Darauf ward er, um bie graufame 
und Piunderung ber englifchen Sactorei in Calcutta durch den Rabob 
len u raͤchen, mit einigen Kriegefchiffen und 1900 M. nad) der 
des Ganges gefchickt, wo er Calcutta auf der Lands und Eerfeite angriff 
e. Indeß näherte ſich der Nabob mit 50,000 M. und einer bedeutenden 
Gtive’8 Unterhandlungen hatten feine Wirkung. Sept blieb ihm kein 
wig, als durch einen nächtlichen Überfall fich des feindlichen Geſchuͤtzes 
Igen. Die Wachſamkeit der Feinde und ein Dichter Hebel vereitelten 
atecnehmung, indeß bewog fie doch den Nabob zum Frieden, worin er 
atſchaft Balcutta uͤberließ. Auf die Nachricht von dem zwiſchen Eng: 
frankreich in Europa ausgebrochenen Kriege wuͤnſchte Clive die Fran⸗ 
en Ufern des Ganges zu vertreiben, und eroberte Chanbernagor. Dies 
newen Krieg zwifchen dem Nabob und den Engländern zur Folge. G. 
eich nur Z100 M. ftark, bis Plafiey ver, wo der Nabob mit 50,000 
md ſetzte denſelben durch einen nächtlichen Angriff dergeftatt in Schrecken, 
teßung verlieh. Ein feindlicher Heerführer, Mir Jaffır, trat zu ben 


7126 Elodius 


Englänbern über. Das Lager ward:srobert und die Hauptſtade befegt. 
kam auf der Flucht um. Diefe. beruͤhmte Schlacht (26. Juni 1758 
Grund zu der Oberherrfchaft der Engländer in. Bengalen. Im bie fe 
fallen die großen Eroberungen, welche ©. in Dfliindien machte; Mir S 
zum Mabob ernannt, wofht E. von ihm ein Geſchenk von 300,900 
fam. Die aus England nach Indien geſchickten Käthe ertheilten ihm un 
Gewalt, und C. erwarb ſich ein Vermoͤgen von faſt einer Mitt. DPF. ( 
Indien Alles beruhigt war, ging er nach England zutuͤck und erhielt 
Könige ben Zitel Baron von Plaſſey. Drei. J. darauf wanfte bie 
Engländer in Dftindien von. neuem, und E. ward: 1765 ale Therg 
Gouverneur nach Calcutta zurüdgefandt. Bei f. Ankunft war der Hai 
Engländer, der Nabob von Auhd, bereit gefchlagen, und der Moge 
als Prätendent bei ihm aufgehalten, hatte fi unter ben Schug der 
begeben. Diefen Umſtand benusend, ließ Clive ſich von ihm bie Belk 
die Provinzen Bengalen, Bahar und Orixa geben. Dadurch ertsard ı 
pagnie die Oberherrfchaft über rin Land von funfzehn Mill. Menfchen 
fuchte er die Mißbraͤuche zu mildern, welche ihren Grund in der R 
Europäer hatten, womit es ihm jedoch nicht gluͤckte. 1767 kam er na 
zur&d und wurbe 1769 zum Ritter des Ordens vom Hofenbande ernanz 
während f. Abwefenheit aus Indien die Angelegenheiten wieder eine 
Wendung nahmen, und durch uble Verwaltung und meue Kriege die 
einem Bankerotte nahe war, ward eine Unterfuchung verhängt, um 
im Parlammte 1773 darauf an, daß C. wegen Gewaltenmißbrauchs 
f. dadurch unrechtmaͤßig erworbenen Vermoͤgens angektagt werden folk 
theibigte fich aber und ward vom Unterhaufe mit der Erklaͤrung freigefpe 
er dem Vaterlande große Dienft geleiftet habe. Beim Ausbruche des 
ſchen Krieges wurde ihm der Oberbefehl angetragen ; allein er lehnte Ihe 
heit wegen ab. Er erfchoß fich-in einem Anfalle von Schwermuth 1774 
ElodiustChriftian Auguft), ats Schriftfteller nicht ohne Einf 
Zeitalter, geb. 1738 zu Annaberg in Sachfen, ſtudirte mit Wortiebı 
beſonders Virgil und Homer. Eine Krankheit nöchigte ihn von Leipzig 
der Theologie widmete, 1758 ins väterliche Haus zuruͤckzukehren. 
er Bekanntfchaft mit dem Dichter Kieift, dem Sänger des „ Frühlings”, 
preuß. Major daſelbſt im Winterquartiere ſtand. Diefer bemerkte unt 
fein Zatent zur Dichtkunſt. C. ging nad) Leipzig zuruͤck, genoß Gellert 
legte fich vorzüglich auf die ſchoͤnen Wiffenfchaften und hielt Vorleſr 
einem Alter von 22 3. wurde er auferord. Profeffor und 1764 ordent 
Philoſophie. Darauf gab er f. „Werfuche über Literasuz und Mor 
„Medon oder, die Rache des Weiſen“, „Der Patriot”, ein Vorfpiel, 
flogen für das Koch'ſche Theater in Leipzig, waren zu jener Zeit f. ve 
fchriftfteterifehen Arbeiten. Er verheirathete fidy mit der geiſtreichen A 
die 1805 ſtarb, und errichtete eine vortreffliche Penſionsanſtalt für ! 
1782 erhielt er die Profeffur der Dichtkunft, und fing 1784, als & 
vermifchten Schriften, eine Monatsſchrift: „Odeum“ an, bie aber ı 
in demſ. 3. aufhoͤrte. Als nuͤhlicher und angenehmer Schriftftelier t 
feinem f. Zeitgenoffen zuruͤcktreten. Man findet in f. Werten Geſchma 
eine lebhafte Einbildungskraft und viel von dem Geifte der Alten. Wir 
f. Schriften noch die Gedichte und profaifchen Aufjäge unter deu Titeln 
Scipio, Dinokrates, Orosman, gefammelt in den „Neuen vermiſch 
ten” (Leipzig 1780 — 87, 6 Bde). — Sein Sohn, Chriſtia 
Heinrich, geb. 1772, Prof. der prakt. Philoſophie zu Leipzig, ha 
einen „Srundriß der allgemeinen Religionslehre” und durch ein Wert: | 


Clodwig 727 


Natur, in der Menſchengeſchichte und im Bewußtſein“, ſowie als Dichter 

zritiker vortheifhaft bekannt gemacht. 
Clodwig, Chlodowig, König ber Franken, geb. 465, folgte 481 
ter Ehilderich als Oberhaupt des kriegerifchen Stammes der fränkifchen Salier, 
eein unfruchtbares Rand zwiſchen dem Meere und der Schelbe bewohnten. 
w früher hatte diefer Volksſtamm Einfälle in die Nachbargebiete gemacht, war 
‚ia f. Wälder und Moräfte zuruͤckgedraͤngt worden. Clodwig verband fich das 
nit dam König vor Cambrai, Ragnacar, und erlärte dem Syagrius (Sohn 
fätins), dem roͤmiſchen Statthalter zu Soiſſons, den Krieg. Die Römer wur: 
186 umwelt Soiffons gänzlich gefchlagen. Syagrius floh nad) Toulouſe an 
Def des gothiſchen Könige Alarich, deffen feighersige Raͤthe den Ungluͤcklichen 
ledwig außlieferten, ber ihn umbringen ließ. Soiſſons mar nun die Hauptfl. 
nenen Meiches der fränkifchen Salier. Der rohe Clodwig beherrſchte f. neuen 
onen mit Klugheit und Schonung, vornehmlich fuchte er bie Freundfchaft 
Beiflichen. Alte Städte in Belgia fecunda unterwarfen fidy ihm, und ſelbſt 
493, das er 507 zur Hauptſtadt f. Reiche wählte. Um den mächtigen 
Briten in Gallien Teichter roiberftehen zu koͤnnen, vermaͤhlte ſich GI. mit 
Me, einer Nichte des burrgumdifchen Königs Gondebaud. Diefe Fürftin, die 
Sathotifchen Religion erzogen worden, fuchte auch ihren Gemahl dafür zu 
Als diefer in der Schlacht bei Zulpich (496) gegen die Allemannen ſich 
| t fah, rief er den Gott Clotildens und der Chriften an. Der Sieg 
ch zu Ihm und das Land der Allemannen am Oberrhein unterwarf ſich dem 
9. Jett warb dem beredten St.:Remigius, Erzbiſchof von Rheims, 
des Sieger leicht. Clodwig ließ ſich am 23 Dec. 496 mit mehren 
Franken, Männern und: Weibern, zu Rheims feierlich taufen ; der heil, 
vollzog hierauf an Clodwig auch die Salbung. Nun unterwarfen fich 
Scepter 497 dir Städte von Armorica (Bretagne). Jetzt waren nur nod) 
Her In Gallien, die Burgunder und die Weftgothen, unabhängig. Die 
Ruber flanden unter zwei Königen, Gobegifel und Gondebaud. Clodwig 
en Eetztern an, befien Länder ſich von den Wogefen bis an die Alpen umd bie 
vehfte von Marfeille erſtreckten. Gondebaud, der ſich von Godegiſel treulos 
im ſah, wurbe bei Diion gefchlagen, mußte dem fiegreichen Clodwig Enon 
denne überlaffen und floh nach Avignon. Hier ſchloß er Frieden. Elodwig 
wit reicher Beute heim. Als fpätechin Gondebaud die eingegangen Ver: 
megen Brady, ſchloß CI. mit ihm, aus Furcht vor den Sothen, emm neuen 
Bald brachen die Seindfeligkeiten mit dem Gothenkoͤnig Alaridy aus, und 
Bote: tu der Schlacht, ſuͤdlich von Poitiers zwifchen den Fluͤſſen Vonne und 
ve, wait eigner Hand feinen Gegner, gewann einen vollſtaͤndigen Sieg, er: 
‚Naultanien, nahm f. Winterquartiere zu Bordeaur und ſchickte bie zu 
ufe befindlihen Schäge nad) Paris. Indeß rüftete fid der Oſtgothenkoͤnig 
weh, um den Untergang ber Weftgothen abzuwenden, zum Angriff. Da 
in gleicher Zeit die Franken vor Arles und Carcaſſone Unfälle erlitten, fo gab 
Ig ders Sriebensvorfchlägen Gehör , und begnuͤgte fich mit Aquitanien. Nach 
Eroberung empfing Clodwig die Ehre des Conſulats rom Kaifer Anaftafius. 
Uuig der Franken, fein Haupt mit einem Diadem ſchmückend, erſchien in 
De St.» Martin zu Tours, gekleidet in eine Zunica und einen Purpurs 
WW und ward von dem Volke nis Sonful und Auguſtus begruͤßet. Ct. befeftigte 
‚ befledkte aber f. Ruhm durch Morbthaten und Grauſamkeiten. Er farb 
Seo. 511, nachdem er 30 J. regiert hatte. S. vier Söhne theilten die 
water fih. 25 J. fpäter erlag das Reich der Burgunder der Macht der 
de Dftgothen mußten ihnen Arles und Marfeille abtreten, und Juflis 
ihnen die Souverainerät über Gallien zu. Noch im lebten 3. f. Res 











726 „une ce Valon Chalys 


Englänbern üb: zu nt cetufen, von dem fich die di 
tam aufdr ä — . . „zueec vor ben andern katholischen { 
Grund zu ber - u 6 acomen. (Vgl. Salier.) 

fallen die grof — mie Schwaͤrmer, nannte fih 2 
zum Nabob « . .ıtttasce Someliub Paum, geb. 1755 
fam. Die au - „siegen. Er überließ ſich ganz der a 
Sewalt, unt — uics amd feiner glühenden Einbildi 
Indien Ale — — , —_ Zzufung, und wollte ben Völkern G 
Könige den - Aveiu:ron durchreifte er Deutfchland, 
Engländer i j „. ..a Surepg unter dem Namen Anacdarf 


Gounwerneu —- 5 nen Arehnlichen Vermögens und ſucht 
Engländer. u °_ u. Zach die Mevolution ward fein Geh 
als Präten uu. aenate ſich Sprecher des Menſcheng 
begeben. — ——. Titel, den er, mit Wegwerfung feine 
die Proori — „ur mo ioderte an der Spitze einer Mums 
pagnie DO m enueicꝛechts nannte, den Mutionalconvent 
ſuchteer — usa ineralle Völker zu verhreiren. Als Mi 
u re 2 denſelben mit Adreſſen, Reden, Verſchl 
zuruuk — ze Luron unter dem Namen: Vaudaliſche! 
a . usa nannte er ben nordiſchen Sardana 
Wendu m nn: umemung auf deſſen und des Herzogs v. Bra 
einem 500 .ube. Er gab 12,000 Livres als Beitrag 
im Pa ee m. mearſtroͤm, den Mörder des Könige von € 
ſ. dad mr grey XVI. Tod ſtimmte er „im Namen des] 
theidi — a. „Ich verdamme den infamen Friedrich W 
er Or ich erklaͤrte er ſich auch für einen Atheiften ı 
(cher ar a au aꝛredigte den Materialismus und eine Univerfe 
heit u Aerte verdächtig. Das Mevolutionstribungl v 
F et atmen en Partei 1794 zum Tode. 
ce xxvigte er Hebert fehr eifrig den Materialismr 
bef — * nannte fein Urtheil ein ungerechtes, appel 
ard derlangte zuletzt hingerichtet zu werden, um, 
er ww münien Teien, „noch gewiſſe Grundfäge feſtzuſtellen“ 
pt — weni Rei —, mit dem ganzen Vornamen Pierre 


Ä 


i 


fe ” "75 Seiichtigt durch feinen [dhlüpftigen Roman , 
le u ze. zu Amiens 1741, war Öfficier, dann Sec 
N . nee wa Dricans, zu deffen Planen er auch zur Zeit 
a “ı zuc er inden Jakobinerclubb und redigirte bat 
. —N mau‘, Er ſtatb waͤhrend der conſulariſchen Regien 
li . Br „ Zuuteweunfguitor bei dir neapolitanifchen Armee. 

f „N Vallen Chalys (Marguerite Eiconore). 9 
di „ won Rauen, einem Schloſſe an der Ardeche in Langı 


1 mr Berichte erit 1803 an's Richt getreten. Im 11 
ve — ar Derrarca in Verſen. Gluͤckliche Umſtaͤnde, vor. 
Der Areicen Dichterinnen ihrer Zeit, entwickelten iht 
t tu et wermäblte fie ſich mit Berenger de Surville, eim 
‘ nah sis Daupbin Karl (VL) nad) Puy⸗-en-Velay folı 
Im Don AL ſie die hertliche Heroide, welche an der € 
u an Xaud einer 7jaͤhrigen Ehe verlor fie ihren Gemah 
ew⸗ Due tige ſich nun mit der Bildung junger Dichterin 
— Hedi de Kronna und Juliette de Vivarez genannt. ( 


) en uniniäht ven Schottland, Gemahlin des Dauphins ku 


ws 


Clöture (la) - 729 


t. Für ein Gedicht, welches fie zum Lobe Herzogs Philipp des Guten fang, 
andte ihr Margarethe eine Krone, von kuͤnſtlichem Lorber mit filbernen Blaͤt⸗ 
uud umflochten von zwoͤlf goldenen Blumen ; aber den dringenden Einlabıms 
am Dofe zu erfcheinen,, folgte die Dichterin nicht. Sie befang noch 1495 
kinmphe Karte VIII. Das Jahr ihres Todes ift unbekannt. Ihre Gedichte, 
Ryarter Anmuth Alles übertreffen, was je aus einer weiblichen Feder gefloffen 
hienen untergegangen zu fein, als einer ihrer Urenkel, of. Etienne de Sur⸗ 
Ameicher 1798 als beimlich zuruͤckgekehrter Emigrant erfchoffen wurde), ein 
um, ber felbft bichterifche® Talent befaß, bei Durchſuchung der Archive feiner 
Be die Dandfchrift der Clotilde 1782 entdeckte. Mühfam entzifferte er die 
Bigüge, fludirte die Sprache und fand feine Mühe bald auf das reichlichfie 
but. Als ce 1791 auswanderte, ließ er die Ürfchrift Clotildens zuruͤck, weldye 
Kaisten Familienuskunden ein Raub des Feuers ward. Die bereits genommen: 
Wſqriften mehrer Stüde kamen durch feine Witwe in die Hände des gegen⸗ 
Nam Derautgebers, Herrn Vanderbourg's. Die Echtheit diefer Gedichte ift 
Bi iegweifeln, obgleich es an äußern Beweiſen dafür fehlt und ſelbſt an mans 
deutliche Spuren vorhanden find, daß Herr v. Surville ſich Ande⸗ 
damit erlaubt hat. 
öture (la), der Schluß (z. B. einer Verhandlung), wird in ber 
Deputictentammer gebraucht, twenn eine der Parteien darauf dringt, daß 
ionen aufhören, für diefe der Abſchluß eintreten und darüber nad) ber 
der Mehrheit ein Befchluß gefaßt werdenfoll. Man kann in der franz. Des 
mer cine zunehmende Geſchicklichkeit in der redneriſchen Behandlung 
haftlicher Gegenſtaͤnde nicht verfennen, defto weniger aber wird man 
fenatorifhen Sefinnung darin antreffen, welche auch in der aͤußern 
der Verhandlungen den Beweis ablegt, daß die verfchiedenen Richtungen 
Meien fich doc, immer des Zuſammentreffens in einem hoͤhern Streben bes 
Beiben. Ohne eine ſolche gegenfeitige Anerkennung findet Eeine echte, beide 
kamd das Publicum beiehrende Erörterung flatt, wie man fie in den beſſern Zei⸗ 
Bıemglifcyen Parlaments erlebt hat. Freilich wuͤrde der normalmäßige Zuftand 
nenbarifcyer Diecuffionen erſt alddann vorhanden fein, wenn ein jeder feine 
me janmer nur nad) eigner Überzeugung gäbe; allein einen folchen Zuftand 
Aleommenheit laffen uns die Untugenden der Dienfchen einmal nicht erreichen. 
Winifter baten von jeher und überall den Anfang damit gemacht, fich einen 
au verſchaffen, welcher immer mit ihnen flimmt, der Einzelne mag über 
„wie er will, ober auch gar nicht denken. Dies ruft denn aud) die Oppo⸗ 
or , welche, der Natur der Verhaͤltniſſe nach, ſich zwar immer nur in der 
befinden muß, aber audy ihren Beruf darin erfchöpft fieht, eine entgegen⸗ 
We Kraft zu bilden, welche der Staatöverwaltung eine mittlere Richtung gibt 
whesrch einfeitige Übertreibungen wo nicht verhütet, doch mildert. Aber aud) 
Dppofition iſt in der franz. Deputirtenlammer gar nicht vorhanden. Die 
ſtehen einander bergeftalt gegenüber, daß gar nichts Gemeinfchaftliches 
base ihnen ift. Was beide am Ende wollen, ift ſchwer zu fagen. (M. f. Cote 
B, Cötegauche, Centre, Conftitutionen, Liberale, Roya⸗ 
Gervile, Ultraroyaliften) Diefe Stellung fchließt nit nur 
Discuffion aus, welche nur in den Mitteln, nicht im Zwecke verſchie⸗ 
befolgt, ſondern fie macht vielmehr ale Discuffion unmöglich. Der 
be iſt in einer foichen Lage nichtö mehr übrig, als bie Verhandlungen nur 
beugen, sum den Gegnern Bitterkeiten zu fagen, und die Erwiderung ift 
Mlnsige, womit ſich diefe rächen. Sie fuchen vielmehr die Verhandlungen, 
me noch den Schein einer Sefammtüberzeugung des Volkes gerwähren 
‚ möglichft abzukuͤrzen; fie rufen zur Abftimmung, zum Schluß der Vers 










— 













TWDUYLBBTEs 5 308 UTRNSFEBE UTE JUYEENZ SO00E USERS wWULWBstsHtn 809 S0o8y wiEge Wes0Ue vos 


Iungen pflegen. (Man findet alle drei in „Lanjuinais's „Constitutt 
tion ffancaisc" , Paris 1819, I, S. 35 — 63.) 

Cloud, St., Flecken und Schloß, zwei Stumden von Parlı 
der Gefchichte der bürgerlichen Unruhen Frankreichs und durch Cler 
dung Heinrichs III. (a. 2. Aug. 1589); in neuerer Zeit durch die R 
18. Brumaire, die das Directorium flürzte und bie Gonfularregier 
Napoleon waͤhlte das Schloß von St.:Cioud zu feince Reftdenz ; d 
druck ˖ Gabinet von St.⸗Cloud. (Früher fagte man: Cabinet von X 
jest Cabinet der Tuilerien.) 181% wurde St.⸗Cloud am 31. März 
trab der großen Armee der Alliirten unter Langeron beſezt. Am 7. 
große Hauptquastier dahin und blieb daſelbſt bis zum 3. Juni. Fü 
berg gab damals in St.:Cloud eine Reihe glänzender Fefte. 1815 
in St.-Gloud fein Hauptquartier. Er wählte Napoleons Schlafgem 
nigen und übte, wie die Franzoſen behaupten, mancherlei Vexati— 
menſchlich wol entfchuldigt werben koͤnnen, wenn man weiß, was f 
fen 1806 fg. in Preußen erlaubten, jedoch der deutfchen u. preuß. N: 
würdig geweſen wären. Hier wurde auch am 3. Juli 1815 die Mitt 
abgefchloffen, welche Paris zum zweiten Mal in die Hände ber A 
Bignon, Suilleminot und Graf Bonbi unterhanbelten folche für Fr 
ron Müffling fire Preußen; Colonel Hervey für England. Die Zweil 
ver Beftimmungen in diefer Convention gab nachmals zu gegenfeitic 
Veranlaffung. — St.⸗Cloud hat eine reizende Lage. Das Schloß 
ſind von Napoleon außerordentlich verfchönert worden. Die Kirmeß ı 
(d. 7. Sept. u. fg. Tage) befucht vieleicht ein Sechötel der ganzen Bi 
Paris. Sie gewährt dann ein anſchauliches Bild von dem fröhlich 
Sinne des franz. Landvolks. 

Clubb, eine gefchloffene Gefellfchaft, welche zu einer beftin 
einem beffimmten Ort zuſammenkommt, entweder um fidh zu unterh 
vergnügen, oder auch zur Erreichung andrer Zwede, 5.8. zur B 


un 


e2n. Bfiniacenfee:  -. Goalition 273316 


Sliuniacenfer, f. Benedictiner. | 
Coat, f;&teinfeble- -:-- a | J 
Ewaliftion, ſich coaliſiren, in der Chemie, die innige Vereinigung ober 
abang vorher getrennter Theile. Im Anfange ber Revolution bezeichneten 
GSchriftſteller gleichſam aus Verachtung, vielleicht weit Ihnen das Wort Ats 
dazu zu edel fchien, mit diefem Ausdrucke Die Verbindung mehrer Mächte ge⸗ 
kambteich; derſelbe fit ſeitdem auch in das Wörterbuch der deutfchen Diploma 
mgracamen worden, und man kann den Unterfchied , welcher dem jehigen 
xhgebrauch zufolge zwiſchen Allianz und Goalition befteht, fo angeben, baf 
e. mehr ein Buͤndniß, eine Verbindung für allgemeine, nicht Immer genau 
ag beflimmende Faͤlle und gegen künftige Feinde andeutet, letztere aber jes 
al far einen beſondern Fall und nur gegen beflimmte, ſchon bekannte Feinde 
Kätoffen wieb. Dabei ift jeboch zu bemerken, daß Allianz noch immer als der 
kche Kumflansdrud fire alle Verbindungen diefer Art betrachtet werben muß; 
ne Ausdruck Goalition auch jetzt noch einen etwas gehäffigen Nebenbegriff mit 
führen ſcheint; daß z. B. zwei oder mehr Mächte, die ſich gegen eine andre 
ſt vetbunden, dieſes Bündniß nicht einen Coalitlons⸗, fondern einen Allianz⸗ 
nennen, und bag im Gegentheil der Feind ihre Verbindung gegen ihn mit 
Coalition bezeichnen wird. Die erfte Eoalition gegen Frankreich ward 
Vſtreich und Preußen zur Erhaltung der deutfchen Reichsverfaſſung und 
| der franz. Revolution (d. 7. Febr. 1792) gefchloffen. Preußens Ges 
zu Bafel (5. Aprit 1705) und die Demarcationslinie für das noͤrdliche 
d waren die Vorboten vonder Auflöfung des deutfchen Reiche. 2) Die 
mpcH 1793. Deutſchland erklärte den Reichskrieg (22. März), und bies 
fpäsechin Portugal, Neapel, Toscana und der Papft bei. Hierzu kam 
Ktlamztractar zu London zwiſchen Großbritannien und Rußland. 3) Die 
Ilarıy zu: St. Petersburg zwiſchen Rußland, ſtreich und Großbritanien 
Bepe. 1795), zu einer Zeit, wo mehre Reichefürften ihre Truppen zuruͤckzo⸗ 
Diefe Eoalition ward aufgelöft durch den Frieden zu Campo⸗Formio zwifchen 
u und Frankteich, in welchem zugleich ein allgemeiner Reichs friedenscongreß 
Babe feftgefeht wurde (9. Dec. 1797 bie Apr. 1799). Die Verhandlungen 
kusurben:von Oftreich annullirt; denn während derfelben hatte ſich 4) eine 
Joatition gebildet zwifchen Rußland, der Pforte (23. Dec. 1798) und Eng: 
und Neapel wurden bineingezogen. Einzelne Friedensſchluͤſſe loͤſten 
; der Friede zu Luneville mit ſtreich und Deutfchland (9. Febr. 1801), zu 
g mit Neapel (28. März 1801), zu Paris mit Rußland (8. Det. 1801), 
Heibfk mit der Pforte (9. Dit.) und zu Amiens mit Großbritannien (25. März 
. 5) Bon allen jenen Staaten erklärte zuerfi Großbritannien ben Krieg ges 
mnceich (18. Apr. 1803), und im April 1805 fpannen fich vier neue Unter 
mgen srolfchen England , Rußland, Oſtreich und Preußen zu einer Coalition 
Sranfeei An. Zu Petersburg wurde zwifchen den beiden erſten Mächten fefts 
„ einen allgemeinen Bund der europäifd:en Staaten gegen Frankreich zufams 
bringen zus Herftellung des Friedens und Gleichgewichts, und zur Stiftung 
Viberatlvſyſtems zur Sicherung des Voͤlkerrechts. Alle Mächte folten ein: 
m werten, dem Bunde beizutreten. Schon in demfelben 3. wurde ee zum 
\amfgetäft durch den Frieden zu Prefiburg mit Öftreich (26. Dec. 1805) und 
uch) den Feleden zu Paris mit Rußland (20. Juli 1806). Preußen, das 
Brüche Antheil genommen hatte, glaubte ſich um diefe Zeit ſtark genug, allein 
gegen Frankreich fiegreich zu beftehen und man kann 6) durch den Ans 
und Rußlands (feliher Sachfens und wahrſcheinlich andrer temporis 
Seaaten) auch hier eine Eonlition annehmen. Der Friede zu Tilſit (7. u. 
1807) machte ihr ein Ende, forie 7) der Friede zu Wien (14. Oct. 1809) 




















m 


732 Cobbett Cobenzi (kudw., Graf v. r— Zeh. Philipp, 


der öfte. Coalition mit England. Endlich erwähnen mir 8) ber letzten 
bindung gegen Frankreich, welche dem Begriffe nach eine Coalition wa 
Band anfangs aus Rußland und. England, nach und nad) aber traten ih 
nim- und Portugale Schweden, Preußen, ſtreich, die beutfchen | 
wenigen Ausnahmen ‚Meapel und zuletzt Daͤnemark. Sie endigte mit 
Frieden (31. Mai 1814); doch rief Napoltons Ruͤckkehr 1815 fie ı 
ind Leben, Aus ihr entwidelte fid) der europdifche Friedensbund der 
maͤchte: Rußland, Oftreich, Großbritannien uud Preußen, welche 1. 
chen auch Frankreich als fuͤnfte Bundesmacht aufnahmen. 

Cobbett (William), ein politiſcher Journallſt, geb. 1766, d 
nes Pachters in der Grafſchaft Surrey, ließ ſich 1783 als Soldat anı 
ging nach Neuſchottland. 1791 erhielt er feinen Abſchied in Englan 
nun über Frankreich nach Amerika, wo er in Philadelphia einen Vuchl 
nete und unter dem berüchtigten und zugleich berühmten Namen Peter 
GStachelſchwein) politifcher Schriftfleller und Joumalift wurde. Das 
tereffe gewann in diefem Zeitpunkte in Amerika bas Übergewicht und Cobl 
ben ging dahin, diefem entgegenzumirten. Nach faft 10jaͤhrigem Auf 
Philadelphia kehrte er nach London zurüd und fing hier ein Journal, „I 
an, das aber keinen großen Beifall fand. Um fo geößern Erfolg hatte feir 
register‘ (wöchentliches Regiſter), das noch fortgefegt wird und für 
ſchichte: großen Werth, ſowie durch geiffzeiche und feharfe Polemik lebe 
terefle hat. 1810 warb er vom Advocaten bee Ktone wegen eines Art. im 
register in Anſpruch gengmmen u. von der Jury zu 2jährigem Gef 
Nemgate und zu einer Steafe-von 1000 Pf. Sterling verurtheilt. Di 
niß, das man nicht ſo ganz im deutfchen Sinne ſich denken muß; binden 
an der. Fortſetzung feines Journals, noch ſtoͤrte «6 ihn in feinem Freimm 
wuͤrdig iſt feine engtifche Sprachlehre wegen ber beißenden Satyre in den 
zue Erlaͤuterung der Regeln: Sm Sommer 1817 begab er ſich nad 
kehrte aber ſchon 1820 nad) England zuruͤck, wo er ſich an die Rabiu 
anfchlog. Er beſchaͤftigt fich jet. mehr mit lanbwirthfchaftlicher al 
Schriftſtellerei. 

Cobenzl(kudwig, Grafv.), Ritter des goldenen Vließes, Großkte 
Johanniter⸗ und des’ koͤnigl. ungar. St.⸗Stephanordens, geb. 1753 ; 
Sohn des als oͤſtr. bevollmaͤchtigten Miniſters in den Niederlanden eb 
&annten Grafen Joh. v. Cobenzl, that die erfien Dienfle in dem nem 
Galizien und Kobomerien, war dann Geſandter In Kopenhagen bald na 
volution von 1771 und von 1775 — 78 in Berlin bei dem großen Fru 
war 1779 als Sricdensgefandter nad) Zeichen beflimmt , wurde aber b 
Überfall der Polen daran verhindert und begab ſich darauf als Geſandter 
teröburg,, wo cr von 1779 — 97 blieb und fih die Gunſt der Kaiſer 
rina ſowol durch feine Geſchicklichkeit in Gefchäften nis durch den Ei 
mit dem er diefer Monachin durch Verfertigung neuer Städte für ihr T 
ducch perfönliche Thelnahme an den Vorſtellungen den Hof machte. 
1795 ſchloß se im Namen bes Kalfers einen Buͤndnißvertrag mie Em 
Rusland. 1797 war er einer der bevollmädhtigten Geſandten zu Ubine 
Bonaparte zu unterhandeln und unterzeichnete am 17. Det. den Friede 
feinem Kaifer und der franz. Republik. Darauf begab er fid) auf den € 
Raſtadt und hatte zu Selz mehre Unterredungen mit dem Minifter $ı 
Neufchateau über die Vorfälle, ivsiche den Gefandten Bernadotte genöthl 
Wien zu vrrlaffen. Er kehrte alsdann nad) Petersburg zuruͤck, ſchloß 
Frieden zu Luneville, und wurde hierauf zum Staatskanzler und 
fter der auswaͤrtig. Angeleg. ernannt. Im Nov. 1805 begleitete ex ber 


Gerania ::-- Coccefi (Familie) 138 


tarb 1809 in Wien. (Bgl. b. 8. Hft.d. „Beitgenoffen”.) — Cobenzl (Jo⸗ 
pp, Graf v.), Vetter des Vor. geb. 1741, DHofs ui. Staatsvicelunzler unter 
umb Leopold HE. bie zu dem Tode des Kanzlers, Zrften Kauntg. Bel den 
terhandlungen zu Zefchen 1779 mar er öfter. Seite bevollmaͤcht. Mini- 
wend der Unruhen in Brabant begab er fich dahin, um Unterhandlungen 
; allein die Stände nöthigten ihn, fich nach Luxemburg zuruͤckzuziehen, 
Erklaͤrung erfcheinen ließ, nach weicher der Kalfer alle Edicte widerrlef, 
Anruhen veranfaßt hatten und Alles wieder auf-den alten Fuß zu ſetzen 
Hierauf begab er ſich auf feine Guͤter und ſchien allen Einfluß aufgege⸗ 
em, bis zum Frieden von Lunevilfe, mo er als außerordentl. Botfchafter 
ging. Nach den Ausbruche der Keindfeligkeiten 1805 verließ er Paris 
arauf in Wien, wo er 1810 im 70.3. farb. Mit ihm erloſch die Fa⸗ 
izl. 
agna, eine von der Regierung zu Neapel einmal jährlich veranſtaltete 
‚ bei weicher dem Volke Eßwaaren auf einem Geruͤſte und Wein in Fon⸗ 
18 Faͤſſern ꝛe., preisgegeben twerden. Daher fagt man von einem Rande, 
$ ımd gemächliches Wohlleben herrſcht, es fei das Land von Cocagna; 
unfer Schlaraffenland (Utopien). Etwas Ähnliches waren die Congias 
ten Römer. — Mats de cocagne, mit Seife beſtrichene Maften, welche zur 
4 des Volks von Denen, die zu dem Unternehmen Luft haben, erklettert 
Ber bie Spitze erreicht, gewinnt einen darauf befeſtigten Preisgegen⸗ 
sad Ähnliches find bei ung die Kietterftangen. | 
arde, von coquarde, ein Buͤſchel von Hahnenfedern, womit bie 
e Muͤtzen zierten; Frankteich nahm als Abzeichen eine Nofette von fars 
ern an, die bald Nationalzeichen und das Erkennungszeichen politifcher 
urde. 
de j i (Heinrich), Mechtögelehrter, geb. 1644 zu Bremen, ſtudirte 1667 
ind 1670 in England, ward 1672 zu Heidelberg und 1688 zu Utrecht 
ww Rechte, 1690 Ordinarius der Juriſtenfacultaͤt zu Frankfurt a. d. O., 
sit Beibehaltung feiner Stelle 1702 wegen der oranifchen Erbfolgeſache 
yaag ‚ erhielt für feine Dienfte 1713 den Abel al Reichsbaron und flarb 
Mechtögelehrter wer er dad Drafel vieler Höfe, und fein Lehrgebäude des 
Staatörechts („Juris publici prudentia”) mar beinahe das allgemeine 
Lehrbuch für diefe Wiffenfchaft. Cocceji verbanfte feine tiefe Rechtsge⸗ 
nicht ſowol geſchickten kehrern — denn er hatte nur Über die Inſtitutionen 
n gehört — als einem feltenen Fleiße, der ſoweit ging, daß er dem Schlafe 
Stunden gab, mit ber aͤußerſten Maͤßigkeit lebte und ſich fogar mehre 
ragseſſens enthielt. Er war fanft, gefällig und von mufterhafter Recht: 
und Uneigermüsigkeit. Seine Dieputationen: „Exercitationes eu- 
„Diswert. varii argumenti‘ bilden 4 Quartbänbe, und feine Consilia 
tionen 2 Kolianten; fein „Grotius illustratus” 3 Foliobde. — Sein 
in, Samuel, Schr. v. Coccejl, geb. 1679 zu Heidelberg, ward 1702 
ee a. db. O. ordentl. Profeffor, kam 170% als Regierungsrath nach Hal: 
bwarb 1710 Director der dafigen Regierung. Im folg. J. wurde er 
m zur Reihsfammergerichtsvifitation geſchickt und zum Geh. Juſtiz⸗ und 
atlonsrath in Berlin emannt. 1723 ward er Kammergerichtöpräfibent, 
ats = und Kriegsminifter, 1730 Chef aller geiftlihen Sachen und Cu⸗ 
Eörtipt. Univerfitäten, 1731 Oberappellationsgerichtöpräfident, 1738 
der Juſtiz in alleri koͤnigl. preuf. Banden und 1746 Großkanzler, bi8 er 
. Dieſer gründfiche Gelehrte und treffliche Geſchaͤftsmann machte fid) 
Verbefferung der Rechtspflege in den preuß. Stanten unfterblic, verbient. 
arbeitete Gerichtserbnumg: „Codex Fridericianus” , von 1748, zeich⸗ 





und verwüflete. ©. Neffe, der Gapttain John Dundas Coch 
Fußreiſen durch Frankreich, Spanien und Portugal, dan burc 
Kamtſchatta (f. „Narrative of a pedestrian journey through Ru: 
— 23 Lond. 1824) und ftarb 1825 in Colombia, als er Suͤda 
gu durchwandern begonnen hatte. Lord C. war Parlamentsglied, 
1814, um Ötaatspapiere mit Vortheil zu verkaufen, die falſche 
Napoleons Tode verbreitet haben follte. Zum Pranger, einjäbrig 
und 1000 Pf. St. Selbftrafe verurtheilt, warb er aus dem Parlc 
dem Bathorden ausgefchloffen. Den Pranger erließ ihm der Kön 
buße fleuerten f. Freunde zufammen. Seit 1818 befehligte Lord C 
Seemacht von Chile, hierauf die von Brafllien. Der Kaifer J 
1823 zum Marquis von Maranham. Nach dem Frieden zwiſchen 
Brafitien nahm er m Brafilien f. Entlaffung, kehrte nach Engla 
wollte 1826 als Admiral in griechifche Dienfte treten; bie für ! 
England gebauten Dampffchiffe waren jedoch unbrauchbar. Er h 
wartung andrer Schiffe zu Marfeille und Genua auf. 

Cocles, f. Horatius. 

Eocon, das Gewebe, mit welchem ſich bie Phalaͤnen oder 
linge, ehe fie fih in Puppen vertvandeln, umgeben. Es befleht a 
hen, die fie aus einem dazu eigenen Safte verfertigen, der an der 
Das nüslichfte erhalten wir von der Seidenraupe. 

Eocosbaum. (Bol. Palmen.) Die guineifche Cocosp 
Südamerika wild. Ste hat einen dünnen, flachlichten Stamm, be 
im Durchſchnitt hat, aber eine faftige Frucht trägt. Welt nuͤtzlich 
cocospalme. Ihre Nüffe werden auch von uns gebraucht. Der 
Baums hat etwa 14 Fuß im Durchfchnitt und wird 70 bis 80 Fu 
findet Ihn in Afien und Afrika, hin und veieder auch in Amerika. 
Indianern und andern Meifenden Nahrung und Bequemlichkeit. 
weich und ſchwammig, bie Rinde knotig und der Stamm fchießt ger: 


Codes (les cing) 737 


fie noch weich und unaufgebrochen ift. Jede Nuß hat 3 bie 4 Pfund füßen 
mit welchem man ben Durft loͤſcht, auch fol derfelbe die Wafferfucht zu hei⸗ 
madgen. Iſt diefer abgezapft, fo findet man einen andern genießbaren weißen 
den Saft, der dem Milchrahm aͤhnlich if. Er heißt Cocana und liegt In 
litte der Schale. Das Mark der grünen Nüffe ift eine angenehme Speife. 
‘man ſolches ins Waſſer, fo wird es milchartig weiß und dient zu Sleifch = ober 
rüben. Der Saft ſchmeckt in der reifen Nuß wibderlich, verdickt fi) und ver- 
et endlich ganz. Hat die Nuß eine Größe von 5 bis 6 Zoll im Durchfchnite 
en, fo ift fie reif. Die äußere Schale berfelben ift braun, hanfartig, bat 
Kafern, aus welchen Seile gemacht erden. Die zroeite Schale ift auch braun, 
sie ein Stein und befonders glatt. Man verfertigt daraus Stockknoͤpfe, Zun⸗ 
chſen, Trinkgefaͤße u. ſ. w. Die dritte Schale ift weiß und weich. In biefer 
ver Ken von der Größe eines Apfel und ber Feftigkeit einer Mandel; biefer 
bat viel DI, das zum Brennen und anderm Gebrauch dientich iſt. 
Codes (les eing), bie franz. neuen Geſetzbuͤcher. Das bürgerliche Geſetz⸗ 
der das allgemeine Landrecht, das Handelsrecht, das Strafgeſetzbuch, die 
küdhe und Griminalproceßorbnung Frankreichs machen ein Ganzes aus, wels 
ine man auch von dem abfoluten Werche diefer Gefegblicher urtheilen möge, 
din unvertilgbares Denkmal der Eaiferlichen Regierung bleiben wird. Sie 
dem Geifte der Zeit und des Volks hervorgegangen; fie find der Schluß: 
Revolution, indem fie befeftigen, mas in den Beſtrebungen berfelben 
emaͤßes war, aber auch zugleich ausſtoßen, mas die Schranken bes 
äßen überfchritt. Ste entgehen fo wenig als irgend ein andres Men⸗ 
me dem Vorwurfe der Unvolltommenheit, und ed mag fein, daß ein gruͤnd⸗ 
B Estudium der Phitofophie und der hiſtoriſchen Rechtsentwickelung beſonders 
e@elehrte zus fcharfem Tadel berechtigt (f. Savigny, „Won dem Beruf unfes 
tzur Sefeggebung”, 1816), aber in Vergleich mit dem frühern Zuſtande 
feggebung in Frankreich werden fie noch von künftigen Gefchlechtern ebenſo⸗ 
»Geſetzgebung Friedrich II. in Preußen für eine große Wohlthat erfannt 
.Mehberg's Schrift: „Über den Code Napoleon und beffen Einführung in 
band”, 1814, wenigſtens wird mit ihren feichten und leidenfchaftlichen 
sationen dies Verdienft nicht ſchmaͤlern, wenn auch die Frage, ob Deutſch⸗ 
ndy ihre Einführung gewonnen haben würde, wenn diefe den Bemühungen 
ze Staatömänner, 3.8. Aimendingen’s, gelungen wäre, nunmehr unnuͤtz 
er auch, nach fo unerwarteten Veränderungen, jebt ander zu beantworten 
ss 1810. Frankreichs Rechtsverfaſſung war vor ber Revolution fo ver: 
als die unferige noch jest ift. Das römifche Recht galt zwar allgemein als 
ke und war befonders in der Lehre von Verträgen anwendbar. Allein in 
ung auf die Vermoͤgensrechte ber Eheleute, auf die Modificationen des 
nigenthums, auf lehnsherrliche Rechte u. dgl. war in dem ganzen Reiche 
Ie große Berfchiedenheit des Rechts anzutreffen. Die Einwanderungen ber 
| Staͤmme mußten mit dem vömifchen Rechte auch die noch übrigen 
atter gallifcher Volksrechte verwifchen,, und bieß mußte mehr ober weniger 
Mig geſchehen, je nachdem bie römifche Verfaffung unter den alten Einwoh⸗ 
Wurjeln gefaßt hatte und dieſe felbft unter den neuen Herren eine po= 
Bedeutung behaupteten. Daher ift im nördlichen Theile Frankreichs und 
Herrſchaft der Franken die römifche Verfaffung mehr durch das Germa⸗ 
t worben als in dem füdlichern, Stalien näheren, ſtaͤrker bevoͤlker⸗ 
des Landes und unter der Herrfchaft der Weſtgothen und Burgun⸗ 
hatte ſich alfo immer Etwas von römifcher Städte: und Gerichtever: 
; das römifche Recht, befonders wie es in den von Theodoſius II. 
Verordnungen enthalten war, erhielt ſich in großem Anfehen, haupt: 
Siebente Aufl. Bb. II. 47 




















756 Godrane Cocosbaum 


dem Ghriftenthume bekehrt worden. Die Regierungsform iſt der chineſi 
lich, despotiſch und militairiſch. Der Bambus wird als ein Strafmittel ı 
Mandarin bis zum niebrigften Unterthan gebraucht. Der Katfer hat vier 
gemeiniglicy die naͤchſten kaiſerl. Verwandten. Den Provinzen find € 
vorgefest. Die Armee, gegen 150,000 Wann ſtark, ift auf chineſiſche 
niſirt, aber mit vieler Artillerie und guten Waffen verfehen, welche bie 
eingeführt haben. Die Seemacht befteht aus 200 Galeeren und 25 Fre 
26,800 Matroſen bemannt , die zugleich als Seeſoldaten dienen. 

Cochrane (Alexander Thomas, Lord), geb. d. 2. Dec. 1775, 
Kühnheit und Gluͤck ausgezeichneter Seemann, aͤlteſter ©. bes als Ch 
Eannten Lord Archibald Cochrane, Grafen von Dunbonald, erzogen von 
dem Admiral Sie Aler. Foreſter Cochrane, der 1815 Washing 
und verwuͤſtete. S. Neffe, der Capitain John Dundas Cochran 
Sußreifen durch Frankreich, Spanien und Portugal, dann durch Rı 
Kamtſchatka (f. „Narrative of a pedestrian journey through Russia 
— 23" ,Lond. 1824) und ftarb 1825 in Colombia, als er Sübameril 
zu durchwandern begonnen hatte. Korb E. war Parlamentsglied, als er 
1814, um Staatspapiere mit Vortheil zu verlaufen, die falfche Naı 
Napoleons Tode verbreitet haben follte. Zum Pranger, einjährigem | 
und 1000 Pf. St. Selbftrafe veruccheilt, ward er aus dem Parlamen 
dem Bathorden auegefchloffen. Den Pranger erließ ihm der König. . 
buße fleuerten f. Sreunde zufammen. Seit 1818 befehligte Lord C. mil 
Seemacht von Chile, hierauf die von Braſilien. Der Kaifer Pedro 
1823 zum Marquis von Maranham. Nach dem Frieden zwiſchen Por 
Braſilien nahm er in Brafilien f. Entlaffung, kehrte nad) England zu 
wollte 1826 als Admiral In griehifdye Dienfte treten; bie für dieſen 
England gebauten Dampffchiffe waren jedoch unbrauchbar. Ex hielt fi 
wartung andrer Schiffe zu Marfeille und Genua auf. 

Cocles, f. Horatius.. 

Eocon, das Gewebe, mit welchem ſich die Phalänen oder Nach 
linge, ehe fie fi) in Puppen verwandeln, umgeben. Es befleht aus fi 
hen, die fie aus einem dazu eigenen Safte verfertigen, der an der Zul 
Das nüglichfte erhalten wir von der Seidenraupe. 

Cocosbaum. (Bol. Palmen.) Die guineifche Cocospaime 
Südamerika wild. Sie hat einen bünnen, flachlichten Stamm, der Eau 
im Durchſchnitt hat, aber eine faftige Frucht trägt. Weit nuͤtzlicher if 
cocospalme. Ihre Nüffe werden auch von uns gebraucht. Der Sta 
Baums hat etwa 14 Fuß im Durchſchnitt und wird 70 bis 80 Fuß bo 
findet ihn in Aſien und Afrika, hin und wieder auch in Amerika. Gr 
Indianern und andern Meifenden Nahrung und Bequemlichkeit. Da: 
weich und ſchwammig, die Rinde Enotig und der Stamm ſchießt gerade &ı 
ohne fich in Nebenäfte zu zertheilen. Aus bem Gipfel fchleßen die Blaͤt 
weiche gefiedert, an 10 Fuß lang und 14 Fuß breit, fehr hart find umb 
waͤrts gebogene, fhwertförmige Geſtalt haben. Die Indianer decken mi 
ihre Hätten und Wohnungen, verfertigen daraus eine Art Sonnenfchies 
tel und andre Geräthfchaften. Sie fhreiben auf die Spitzen der Blätter 
zarten Faſern verfertigen fie ſchoͤne Matten, die großen Rippen brauchen 
fen. Ganz oben in der Mitte ber Krone des Baums entſteht eine groß 
aus welcher ber Blumenbuſch hervorgeht, der dem Blumenkohl nicht um. 
woraus gemeiniglich 10 bi6 15 Nüffe hervorkommen. Rings um bie d 
Inospe wachſen viele Heinere. Diefen zapft man den Saft ab, der nad ! 
den ſauer wird, und deftilfirt aus folhem Arrack. Manche effen diefe Hı 


Codes (les cing) 137 


‚ fie noch weich und unaufgebrochen iſt. Jede Nuß hat 3 bis 4 Pfund füßen 
‚ mit welchem man den Durft Iöfcht, auch foll derfelbe bie Wafferfucht zu hei⸗ 
nmögen. Iſt diefer abgezapft, fo findet man einen andern genießbaren weißen 
Wen Saft, der dem Milchrahm ähnlich ift. Er beißt Cocana und liegt in 
Ritte der Schale. Das Mark der grünen Nüffe ift eine angenehme Speife. 
kman ſolches ins Waffer, fo wird es milchartig weiß und bient zu Fleiſch⸗ oder 
üben. Der Saft ſchmeckt in der reifen Nuß widerlich, verdickt fi) und ver: 
wt endlich ganz. Dat die Nuß eine Größe von 5 bis 6 Zoll im Durchfchnitt 
tm, fo ift fie reif. Die äußere Schale derfelben ift braun, hanfartig, hat 
Befern, aus welchen Seile gemacht werden. Die zweite Schale ift auch braum, 
wie ein Stein und befonders glatt. Man verfertigt daraus Stockknoͤpfe, Zun⸗ 
köfen, Trinkgefaͤße u. ſ. w. Die dritte Schale ift weiß und weich. In diefer 
der Kern von der Größe eines Apfels und der Seftigkeit einer Mandel; biefer 
Yhat viel DI, das zum Brennen und anderm Gebrauch dienlich ifl. 
‚Codes (les eing), die franz. neuen Gefegbücher. Das bürgerliche Geſetz⸗ 
der das allgemeine Landrecht, das Handelsrecht, das Strafgeſetzbuch, bie 
und Griminalprocefordnung Frankreichs machen ein Ganzes aus, wel⸗ 
We man aud) von dem abfoluten Werche diefer Gefegblicher urtheilen möge, 
ein unvertilgbares Denkmal der Eaiferlichen Regierung bleiben wird. Sie 
B dem Geiſte der Zeit und bes Volks hervorgegangen; fie find der Schluß⸗ 
Revolution, indem fie befeftigen, mas in ben Beſtrebungen derfelben 
mftgemäßes war, aber auch zugleich ausftoßen, was die Schranken bes 
Bemäßen überfchritt. Sie entgehen fo wenig al& irgend ein andres Men: 
me dem Vorwurfe der Unvolllommenheit, und es mag fein, daß ein gruͤnd⸗ 
B Studium der Philofophie und der hiftorifchen Rechtsentwickelung beſonders 
e Gelehrte zu fcharfem Zabel berechtigt (f. Savigny, „Von dem Beruf unſe⸗ 
eg zur Sefeggebung”, 1816), aber in Vergleich mit bem fruͤhern Zuſtande 
feßgebung in Frankreich werben fie noch von künftigen Gefchlechtern ebenfos 
eGeſetzgebung Friedrichs II. in Preußen für eine große Wohlthat erfannt 
L Mehberg’s Schrift: „Über den Code Napoleon und beffen Einführung in 
biand”, 1814, toenigftens wird mit ihren feichten und leidenfchaftlichen 
mationen dies Verdienſt nicht ſchmaͤlern, wenn auch bie Frage, ob Deutſch⸗ 
urdy ihre Einführung getvonnen haben würde, wenn dieſe ben Bemühungen 
m Staatsésmaͤnner, 3. B. Almendingen’6, gelungen wäre, nunmehr unnüg 
ke auch, nach fo unerwarteten Veränderungen ‚, jebt anders zu beantworten 
58 1810. Frankreichs Rechtsverfaſſung war vor der Revolution fo ver: 
als die unferige noch jest ift. Das römifche Recht galt zwar allgemein als 
und war befonders in der Lehre von Verträgen anwendbar. Allein in 
Img auf die Bermögensrechte der Eheleute, auf die Mobificationen bes 
aenthums, auf lehnsherrliche Rechte u. dgl. war in bem ganzen Reiche 
be große Verſchiedenheit des Rechts anzutreffen. Die Einwanderungen ber 
hen Stämme mußten mit dem römifchen Rechte auch die noch Übrigen 
alter galiifcher Volksrechte verwiſchen, und dies mußte mehr ober weniger 
5 gefchehen, je nachdem die römifche Verfaffung unter den alten Einwoh⸗ 
ee Wurzeln gefaßt hatte und biefe felbft unter den neuen Herren eine po» 
Bebentung behaupteten. Daher ift im nörblichern Theile Frankreich und 
x Berrfchaft der Franken die römifche Verfaffung mehr durch das Germa⸗ 
Draͤngt worden als in dem füdlichern, Itallen nähern, ftärker bevoͤlker⸗ 
fe des Landes und unter der Herrfchaft der MWeltgothen und Burgun⸗ 
e hatte ſich alfo immer Etwas von römifcher Städte: und Gerichtsver⸗ 
hauptet; das roͤmiſche Recht, beſonders wie es in den von Theodoſius II. 
Atea Verordnungen enthalten war, erhielt fich in großem Anfehen, haupt: 
Wer. Siebente Aufl, Bb. II. 47 












er 


756 Godrane Gocosbaum 


dem Chriſtenthume bekehrt worden. Die Regierungsform iſt ber chin 
lich, despotiſch und militairiſch. Der Bambus wird als ein Strafmittı 
Mandarin bis-zum niebrigften Unterthan gebraucht. Der Katfer hat v 
gemeiniglich bie nächften kaiſerl. Verwandten. Den Provinzen find 
vorgefegt. Die Armee, gegen 150,000 Mann ſtark, ift auf hinefif 
niſirt, aber mit vieler Artillerie und guten Waffen verfehen, welche d 
eingeführt haben. Die Seemacht beſteht aus 200 Galeeren und 25 Fi 
26,800 Matroſen bemannt,, die zugleich als Geefolbaten dienen. 

Cochrane (Alerander Thomas, Korb), geb. d. 2. Dec. 1775 
Kühnheit und Gluͤck ausgezeichneter Seemann, aͤlteſter ©. des als € 
Eannten Lord Archibald Cochrane, Grafen von Dunbonald, erzogen vo 
dem Atmiral Sie Aler. Forefter Cohrane, der 1815 Washlı 
und verwüftete. S. Neffe, der Capitain Sohn Dundas Codıra 
Fußreiſen durch Frankreich, Spanien und Portugal, dann durch 
Kamtfcyarla (f. „Narrative of a pedestrian journey through Russia 
— 23" Lond. 1824) und ftarb 1825 in Colombia, als er Suͤdame 
gu durchwandern begonnen hatte. Lord C. war Parlamentsglied, ale 
1814, um Staatöpapiere mit Vortheil zu verlaufen, die falfche N 
Napoleons Tode verbreitet haben follte. Zum Pranger, einjährigem 
und 1000 Pf. St. Geldftrafe veructheilt, ward er aus dem Parlame 
dem Bathorden ausgefchloffen. Den Pranger erließ ihm der König. 
buße fleuerten f. Freunde zufammen. Seit 1818 befehligte Lord C. n 
Seemacht von Chile, hierauf die von Brafllien. Der Kaifer Pedi 
1823 zum Marquis von Maranham. Nach dem Frieden zwifchen Pi 
Braſilien nahm er im Braſilien f. Entlaffung, kehrte nach England | 
wollte 1826 als Admiral in griechiſche Dienfte treten; bie fuͤr diefi 
England gebauten Dampffchiffe waren jedoch unbrauchbar. Er hielt 
wartung andrer Schiffe zu Marfeille und Genua auf. 

@ocles, f. Horatius.. 

Eocon, das Gewebe, mit welchem ſich die Phalänen oder Na 
linge, ehe fie fi in Puppen verwandeln, umgeben. Es befteht aus 
hen, bie fie aus einem dazu eigenen Safte verfertigen, der an der & 
Das nüglichfte erhalten wir von der Seidenraupe. 

Socosbaum. (Bol. Palmen.) Die guineiſche Cocospain 
Suͤdamerika wild. Gie hat einen dünnen, ſtachlichten Stamm, der ka 
im Durchſchnitt hat, aber eine faftige Frucht trägt. Welt nuͤtzlicher 
cocospalme. Ihre Nüffe werden auch von uns gebraudt. Der S 
Baums hat etwa 14 Fuß im Durdyfchnitt und wird 70 bis 80 Zuf | 
findet ihn in Aften und Afrika, hin und wieder auch in Amerika. € 
Indianern und andern Meifenden Nahrung und Bequemlichkeit. D 
weich und ſchwammig, die Rinde knotig und der Stamm fchießt gerade 
ohne fich in Nebenäfte zu zertheilen. Aus dem Gipfel ſchießen die Bi: 
welche gefiedert, an 10 Fuß lang und 14 Fuß breit, ſehr hart find un 
waͤrts gebogene, ſchwertfoͤrmige Geſtalt haben. Die Indianer decken n 
ihre Hütten und Wohnungen , verfertigen daraus eine Art Sonnenfchi 
tel und andre Beräthfchaften. Sie fchreiben auf die Spigen ber Blaͤtt 
sarten Faſern verfertigen fie ſchoͤne Matten, die großen Rippen brauche 
fen. Ganz oben in ber Mitte ber Krone des Baums entfteht eine gri 
aus welcher der Blumenbuſch hervorgeht, der bem Blumenkohl nicht u 
woraus gemeiniglich 10 bis 15 Nüffe hervorkommen. Ringe um bie 
knospe wachſen viele Heinere. Diefen zapft man den Saft ab, der nad 
den faner wird, und deſtillirt aus folchem Arad. Manche effen biefe . 


Codes (les cing) 737 


fie noch weich und unaufgebrochen ift. Jede Nuß hat 3 bis 4 Pfund füßen 
mit welchen man ben Durft loͤſcht, auch foll derfelbe die Waſſerſucht zu hei⸗ 
mögen. Iſt diefer abgezapft, fo findet man einen andern genießbaren weißen 
den Saft, der dem Milchrahm ähnlich ift. Er heißt Cocana und liegt in 
litte der Schale. Das Mark der grünen Nüffe ift eine angenehme Speife. 
‘man ſolches ins Waffer, fo wird es milchartig weiß und bient zu Fleiſch⸗ oder 
rühen. Der Saft ſchmeckt in der reifen Nuß widerlich, verdickt fi) und ver- 
et endlich ganz. Dat die Nuß eine Größe von 5 bis 6 Zoll im Durchfchnitt 
m, fo ift fie reif. Die dußere Schale derfelben ift braun, hanfartig, hat 
Bafern, aus welchen Seile gemacht werden. Die zweite Schale ift auch braun, 
vie ein Stein und befonders olatt. Man verfertigt baraus StodEndpfe, Zun⸗ 
hen, Trinkgefaͤße u. ſ. w. Die dritte Schale ift weiß und weich. In diefer 
ur Kern von der Größe eines Apfeld und der Keftigkeit einer Mandel; diefer 
hat viel DI, das zum Brennen und anderm Gebrauch dientich ift. 
Codes (les cing), die franz. neuen Gefegbücher. Das bürgerliche Geſetz⸗ 
der das allgemeine Landrecht, das Handelsrecht, das Strafgeſetzbuch, bie 
küihe und Griminalprocefordnung Frankreichs machen ein Ganzes aus, wel⸗ 
wie man auch von dem abfoluten Werche diefer Geſetzbuͤcher urtheilen möge, 
ein umvertilgbares Denkmal der kaiferlichen Regierung bleiben wird. Sie 
dem Geifte der Zeit und des Volks hervorgegangen; fie find der Schluß: 
Revolution, indem fie befefligen, mas in den Beſtrebungen derfelben 
emaͤßes war, aber auch zugleich ausftoßen, was die Schranken bes 
aͤßen überfchritt. Ste entgehen fo wenig als irgend ein andres Men⸗ 
ME dem Vorwurfe der Unvolllommenheit, und es mag fein, daß ein gruͤnd⸗ 
dStudium der Philofophie und der hiftorifchen Rechtsentwickelung beſonders 
e@elehrte zu ſcharfem Zabel berechtigt (f. Savigny, „Won dem Beruf unfes 
P zur Gefeggebung”, 1816), aber in Vergleich mit dem frühern Zuftande 
feßgebung in Frankreich werben fie noch von künftigen Gefchlechtern ebenfos 
Geſetzgebung Friedrichs II. in Preußen für eine große Wohlthat erfannt 
RMehberg's Schrift: „Über den Code Napoleon und beffen Einführung in 
Hand”, 1814, menigftens wird mit ihren feichten und leidenfchaftlichen 
tionen dies Verdienft nicht ſchmaͤlern, wenn audy die Frage, ob Deutſch⸗ 
wch ihre Einführung geiwonnen haben wuͤrde, wenn diefe den Bemühungen 
e Staatsmänner, 3.3. Aimendingen’s, gelungen wäre, nunmehr unnuͤtz 
mw aud),, nach fo unerwarteten Veränderungen, jegt andere zu beantworten 
1810. Frankreichs Rechtsverfaſſung mar vor der Revolution fo ver: 
als die unferige noch jest ift. Das römifche Recht galt zwar allgemein als 
ke und war befonder® in ber Lehre von Verträgen anwendbar. Allein in 
mg auf die Vermoͤgensrechte der Eheleute, auf die Modificationen bes 
Hgenthums, auf lehnsherrliche Rechte u. dgl. war in dem ganzen Reiche 
be große Verfchiedenheit des Rechts anzutreffen. Die Einwanderungen der 
Staͤmme mußten mit bem römifchen Rechte auch die noch übrigen 
alter galliſcher Volksrechte verwiſchen, und bie mußte mehr oder weniger 
ig gefchehen, je nachdem die römische Verfaffung unter ben alten Einwoh⸗ 
Wurzeln gefaßt hatte und biefe felbft unter den neuen Herren eine pos 
g behaupteten. Daher tft im nörblichern Theile Frankreich und 
Herrſchaft der Franken die römifche Verfaffung mehr durch das Germa⸗ 
t worden als indem füdlichern, Stalien nähern, ftärker bevoͤlker⸗ 
des Landes und unter der Herifchaft der Weftgothen und Burgun: 
hatte fidy alfo immer Etwas von römifcher Städte: und Gerichtsver⸗ 
; das römifche Recht, befonders wie es in den von Theodoſius Il. 
Verotdnungen enthalten war, erhielt ſich in großem Anfehen, haupt: 
„ Giebente Aufl. Bb. II. 47 























gr was.n wow WI — v on... ‚su. ..y wu» ..r -.-- fs] ww... ‚2 v v...0 


von Reben, defien Cigenthümtichkeiten aber nicht ſowol auß einer ii 
B. dckniſſen und dem Geiſte des Volkes gegründeten Nothroendic 
“ zufälligen Umftänden und Freigniffen heroorgingen. Doch muß bem 
der Provinzen oder ehemaligen Neichsfürftenthiimer, welche zum X 
ausdrüdticher Gefeggebung des Fürften mit f. Ständen beruhten, 
Werth beigelegt werden, und unter diefen fliehen die Gelege der N 
an, weit fie, wenigſtens in Hinficht des Lehnrechts und überhaupt be 
des Grundeigenthums, die Grundlage des ganzen englifchen Rechts ı 
(Houard’8 „Traite sur les coutumes anglo-normandes”, Die 
Bde., 4) Denn Wilhelm I. madıte fein normannifches Lehnrecht 
land geltend; auf diefe lehnrechtlichen Verhältniffe war f. ganze Staat: 
verfaffung gebaut, und felbft die Sprache in den Kanzleien und Ge 
England Jahrhunderte lang franzöfifh. Noch jegt find davon eini 
Formeln des Parlaments übrig. Naͤchſt diefem Rechte der Norma 
Gewohnheiten und Statuten der Stadt und Graffchaft Paris vo 
Wichtigkeit, weil fie vielen andern zum Muſter gedient hatten und 
für den Sprengel des parifer Parlaments als fubfidiaire Mechteg: 
wurden. Einige diefer Particularrechte hatten ſchon früher eine fchrif 
tung gefunden, wohin bie Etablissemens de St.-Louis, das in den 
nien geltende, von Ludwig IX. verbefferte Recht und die Confei 
Desfontaines aus dem 13. Jahrh. zu rechnen find; den Städten 
zugleich mit dem Stadtrechte eigne Stadtgefeßte verliehen worden. (0 
in der großen Summlung der Eönigl. Verordnungen, von Laurie 
1723) Indeſſen lebten die meiften diefer befondern Rechte nur in d 
der Einwohner und der Richter und waren daher von fehr unfichere 
Daher wurde, nachdem Karl VII. die Engländer vom franzoͤſiſchen 
ben hatte, auf dem Reichſtage (1453) angeordnet, daß alle Gen 
durch ſchriftliche Aufzeihnung zur Gewißheit gebracht werden follt. 
nahm zuerft bie Einwohner üter das geltende Recht (je zehn und z 


Codes (les cing) 739 


felbft die Heinern Barone ihrer eignen Fuͤrſtenthuͤmer (die im Gegenfag bes 
es das Land, terra, des Königs hießen) beberrfchten ihre Unterthanen mit 
nicht viel geringern Selbftändigkeit. Die geſetzgebende Macht der Könige 
e daher anfangs fi) nur in Verleihung der Stadtrechte thätig zeigen, wodurch 
der Barone nicht bloß zum Vortheil der Bürger, fondern auch zum 
heil der Krone befchränkt wurde. Von Philipp II. Auguft an (1180—1223) 
e aber der Grundſatz herrſchend, daß der König erledigte Reichelehen mit f. 
ande, als dem eigentlichen Kronlande, vereinigen koͤnne, und eine ber erſten 
nbungen war das Herzogthum Normandie. indem dies dem Könige eine 
exe Äußere Macht gab, wurde dicfelbe durch die Klugheit und das große perfön- 
Anſehen Ludwigs IX. (1226 — 70) in ſich felbft fo verftärkt, daß der König 
ke theils mit ſ. Buronen, theils auch ohne diefelben, allgemeine Anordnungen 
Btande bringen fonnte, die nun, fir mochten mit Zusiehung ber Stände bes 
Wen ober vom Könige allein aus eigner Macht gegeben fein, Ordonnances 
umt wurden. Auch fie galten aber doch nur in den Erblanden bes Könige; 
een Reichsfürften übten eine gleiche gefeggebende Gewalt in den ihrigen. 
nachdem fie alle biß auf wenige Beine Souverainetäten, als die Fuͤrſten⸗ 
we Dombes, Otange, Bouillon, Grafſchaft Avignon und Venaiffin, mit 
krone vereinigt worden waren, wozu der legte Schritt die Vermählung des 
u® Karl VIII. mit der Erbtochter bes Herzogs von Bretagne war, dehnte ſich 
ſetzliche Kraft der Ordonnanzen über das ganze Reich aus. Zugleich aber 
te fich die koͤnigl. Gewalt derjenigen Unbefchränttheit, welche unter Richelien 
Bänzliche Unterdruͤckung ber Großen vorbereitet, unter Ludwig XIV. vollens 
uede und durch ihre Mißbraͤuche unter Ludwig XV. die Revolution herbeis 
„ Unter ben Ordonnanzen aus biefer Zeit zeichnen ſich mehre über die Ges 
wefaffung und die Proccfordnung aus, worin Frankreich damals dem Übrigen 
a vorausging, die Ältern betreffen viel locale Gegenftände und das Verhält: 
Kirche zum Staat. Zu jenen gehören die Ord. v. 1446 u. 1453, die Did. 
Vers Gotterets 1539, welche faft gleichzeitig mit der Criminalordnung 
V. in Deutfchland den fhriftlichen SSnquifitionsproceß an die Stelle des bis⸗ 
s unförmlichen und tumultuarifchen, dazu in jeder Herrſchaft verfchiebenen, 
rens fegte. Ihr Verf. war der Kanzler Guillaume Ponet, von welchem fie 
Builelmine genannt wurde. Ferner die Drd. v. Orleans 1560, welche 
Igemeine Landesorbnung enthält, die Ord. v. Blois 1579 u. a. Keine 
Berordnungen, nod) eine Sammlung derfelben , führte den Namen Code; 
khern unvollfiändigen Sammlungen derfelben (eine ſyſt. georbnete ift von 
non zuerft, dann 1611, 4 Bde., Zol.; eine hronologifche von Neron und 
1620, 4 Bde, Fol.) wurden durch diejenige unnuͤtz gemacht, welche ber Kanz: 
mtchartrain veranftaltete und wovon der 1. Bd., beforgt von de Rauriere, 
erſchien; fortgefegt durch Secouffe, Villevault, Brequigny, Camus und 
tet (18. Bd., 1816, Fol.). Sie fol mit der Regierung Franz I. gefdyloffen 
n. Heinrich III. überteug die fuftematifche Anordnumg der Verordnungen f. 
Inger dem berühmten Briſſon, welcher fie u. d. MN. des Code Henry oder 
Iques bekannt machte, ohne dag fie jedoch gefetliche Autorität erhalten hätte. 
£ubwig XIII. 1629 wurde eine ausführliche Verordnung Über das gericht: 
ren und a. Befchwerden der Stände in 461 Art. durdy den Kanzler 
de Marillac entworfen, welche aber von den Gerichtshoͤfen, weil fie nicht 
it worden war, nicht als Geſetz betrachtet wurde. Sie wurde Cobe 
oder Code Midyaut genannt, und fpäter hat man den Namen Code 
Privatfammlungen der Verordnungen aus einem beflimmten Zeitraume 
Code Louis XV. von Chauffepierre, die Verordn. v. 1722 — 40 ent- 
W,12Bbe., 12.), oder über einzelne Segenftände (Code noir ; Code des curen, 
47 * 











obne großen Machtheil waren. Sie verhindern nicht nur die En 
Rechtswiſſenſchaft in fich ſelbſt, indem fie diefelbe nöthigen, anfl 
‚ leitende Grundſaͤte des allgemeinen Rechts zuruͤckzugehen, woburd 
jene hohe Vollendung erhalten hat, ſich nur mit zufälligen Einzelhei 
tigen, fondern fie find auch eine höchft fchädlihe Hemmung des 
Duelle von Unficherheit und Verluſt für diejenigen, welche mit de 
andrer Orte und Provinzen in rechtliche Verhättniffe treten. Dabe 
einfachung jener 400 Particularrechte in ein einziges bürgerliche® C 
ber allgemeinften Wünfche der Nation, und Napoleon glaubte für 
nicht beffer forgen zu Eönnen, als wenn er dem Srieden und der. 
kirchlichen Verhättniffe (1801) auch die Ausführung jenes Plans hin; 
man währenb der Revolution vergeblich verfucht hatte. Die Aufhebı 
Rechtsinſtitute, der lehnsherrlichen Gerechtſame, der Samilienfidei 
Untheitbarkeit ber Lehngüter, machte die Abfaffung eines allgemein 
Gefegbuches möglich, aber auch nothwendig, was ſchon in der erſte 
von 1791 anerkannt. wurde. Doch fanden die drei Entwürfe des dar 
tirten, nachherigen zweiten Conſuls und Reicherzkanzlers Cambacer 
1795 Leinen Eingang. Bei der Abfaffung des Civilgeſetzbuches n 
fältig verfahren, und die Mängel beffelben müfjen daher als Folgen 
Zuftanbes der franz. Rechtewiffenfchaft überhaupt betrachtet werden. 
Reftauration nichts Weſentliches an ihm geändert. Es iſt zwar ein 
Ausgabe veranftaltet worden (im „Bulletin des lois”, VII, ser. II, 

find darin nur alle Ausdruͤcke umgeändert, welche fi auf Napoleon. 
Derfaffung bezogen, ſowie Napoleon felbft früher eine ähnliche Ur 
f. Annahme ber Kaiſerwuͤrde hatte vornehmen laſſen. Das Einji 
jegt die Civilgeſetzgebung eine wirkliche Veränderung erfahren hat, 

fung ber Ehefcheibung, welche gegen die Brundfäge der Fatholifch« 
Revolution voͤllig frei gegeben, aber fchon von Napoleon fehr erſchwe 
Wenn man, abgefehen von den kirchlichen Sagungen (die nicht für 
verbindlich find). nur von bem fittlichen Stanhnınfte an@ncht. fi 


Codes (les cinq) 741 


bee, welche nicht bloß auf die Unabhängigkeit ber richterlichen Gewalt, ſon⸗ 
auf potitifchen Einfluß gerichtet war, der Stolz auf richterliche Unfehlbarkeit 
ver Zunftgeiſt, welcher hohe und niedere Gerichte zu dem Streben vereinigte, 
fallene Fehler zu verdecken und zu verfechten, verbunden mit ber Lehre, daß 
zerurtheilung kein Geſtaͤndniß nöthig, fondern auch bloße Anzeigen hinreichend 
(deren Verbannen das vorzüglichfte Verdienſt der deutfchen Criminalordnung 
1532 mar), hatten eine Menge von Mißbraͤuchen und empörende Faͤlle uns 
big Dingerichteter (Lebrun, Langlade, Calas, Girwen, Montbailli, Las 
t, Lay u. A.) zur Folge gehabt. Von der einen Seite haben Beccarla und 
talze, von ber andern bas Beifpiel der englifchen Griminalverfaffung und bie 
den Montesquieu's und f. Schüler gewirkt. Abfchaffung der Zortur, gänzs 
Reform der Sriminalgerichte und des Proceſſes war baher eine ber exften Ten⸗ 
zen der Revolution. Sie wurden nad) englifcher Art eingerichtet, Geſchworne 
Mühe, und eine Criminalproceßordnung (v. 29. Sept. 1791), welcher am 6. 
k en Strafgeſetzbuch und am 21. Oct. eine ausführliche Inſtruction über die 
Madlung der Sriminalfachen folgte, gehörte zu den Arbeiten, mcmit die erſte 
Wenalverfammlung (Ass. nat. constituante) ihre Arbeiten ſchloß. So Manches 
hin den fpätern Geſetzen über den Criminalproceß, in dem Code des delits et 
'peines vom 25. Oct. 1795 und einzelnen Berorbnungen (f. Dupin’s „Leis 
Ninelles extraites de la collection du Louvre et du bulletin des lois‘', Paris 
Y4) bieran geändert worden ift, fo iſt doch die Grundlage, muͤndliches Vers 
en nach einer vorläufigen fchriftlichen Unterfuchung und Schöffenurtheile, unvers 
ee geblieben und in der Napoleoniſchen Criminalordnung, dem „Code d’ins- 
Ken eriminelle” vom 27. Nov. 1808, aufrecht gehalten worden. Dan ift 
Kar Frankreich mit diefem Theile der Gefeggebung immer noch fehr wenig zufrie⸗ 
befonders glaubt man, daß den Megierungsbeamten ein zu großer Einfluß auf 
Babl der Gefchwornen eingeräumt fei. Unter vielen Schriften gegen die franz. 
inalorbnung find einige fehr ausgezeichnete (3. B. Berenger, „De la justice 
inelle en France”, Paris 1818; Dupin’s „Observations sur plusieurs 
ts importans de notre legislation criminelle", Paris 1821), Dan 
Gr größere Annäherung an das englifche Recht, welches body auch in ben 
m Zeiten fehr bedeutende Gegner findet. — Das eigentliche Strafgefegbuch, 
le penal”, vom 22. Febr. 1810, ift eine Umarbeitung des frühern vom 8. Okt. 
k, und bes „Code des delits et des peines‘' vom 25. Oct. 1795. or ber 
üstion hatte man kein Strafgeſetzbuch, fondern nur einzelne Verordnungen 
ine hauptſaͤchlich auf das römifche Necht gebaute Theorie, die denn, nur in 
m Stuͤcken gemildert, auch noch den neuern Gefegbüchern zum Grunde legt. 
ı gegen diefe Strafgefeggebung haben ſich viele tabelnde Stimmen erhoben 
youz in {. „Lecons preliminaires sur le Code penal”, Par. 1821). 

Die Civilproceßordnung („Code de procedure civile”, vom 24. April 1806) 
we eine neue Medaction der Proceßordnung von 1667, ganz auf diefelben 
adlagen gebaut. Die Klage, Antwort, Replik und bie ganze Seftftellung der 

Streitpunkte wird zwiſchen ben Sachwaltern ohne Zuthuung und Leitung 

t8 verhandelt, Urkundenbemweis ift die Regel; aber die aus jener Vers 
Wungsreife entipringende Unvollfommenheit wird ausgeglichen durch die in 
Rage des Proceſſes ftattfindende Erlaubniß, dem Gegner eine beitimmte Er: 
an Eidesflatt Aber factifche Umftände (interrogation sur faits et ar- 
abzufobern, der legte Vortrag der Parteien erfolgt muͤndlich vor verfammels 
t und der Regel nady wird darauf fofort das Urthell gegeben. Es find 
Wefelben Grundlagen, auf welche unfer deutfcher Proceß in Altern Zeiten, 
vor 1654, auch gebaut war, bis wir den Gerichten zur Pflicht machten, 
Ringe und die Beantwortung berfelben zu prüfen, und das legte münbliche Ver: 







742 Coder Coehorn 


fahren fi in ein ſchriftliches verwandelte. Ob nun das Letzte ein | 
Fehlgriff geweſen iſt, daß auch die Vortheile des Exftern dafuͤr wiede 
werben müffen, dafür ift die Meinung der Unkundigen geſchwinder au 
kommen, als das Urtheil der Sachverftändigen. 

Der „Code de commerce‘, vom 20. und 21. Sept. 1807, iſt e 
tung der obenerwähnten Orbonnanzen von 1673 und 1681 über den 
die Schifffahrt. — Diefe fünf Gefegbücher haben eine Menge Comme 
Herausgeber gefunden. Sie ruhen alle auf hiftorifhem Grunde, 
Streben nach Allgemeinheit und Entfernung des bloß Zufälligen, w 
dem Code civil, fichtbar ift. Zu ihrer wifjenfchaftlichen Erklärung 
ältere Recht Frankreichs ebenfo unentbehrlich als die Materialien 
Entftehungsgefchichte, die Entwürfe, die Bemerkungen der Gerid 
Tribunats, die Verhandlungen im Staatsrath und die Vorträge im g 
Corp. Die meiften diefer Materialien find gedruckt. Außer den off 
gaben, bat man mehre Ausgaben fowol der einzelnen, als ber 5 Code 
wovon zwei auegegeichnet zu werden verdirnen, da fte zugleich braud) 
tungen und Zufäge enthalten: „Les cing Codes annotes par Sire: 
Bde., 4.) und ale Handausgabe: „Manueldu droit francais contens 
constitutionnelle et les cing Codes eto., par Pailliet” (Paris, 5.‘ 
4. und 12.). Die Geſchichte des franz. Rechts iſt bearbeitet von Fi 
berrab (bei f. Ausg. v. Heineccius’s „Hist. jur.“) und von Bernardi (,, 
et des progres de la legislation frangaise”, Par. 1816). 

Goder, bei den Alten das unter der Rinde befindliche Holz eir 
Bor Erfindung des Papiers fchrieb man auf hölzerne mit Wache übers 
und biefe, wenn fie mit dem Griffel bearbeitet worden waren, murbei 
ned Buchs zufammengelegt und Coder genannt: ein Wort, das man 
wo man auf Papier ſchrieb, beibehielt, um damit jedes große Buch 3 
So hießen bedeutende Werke, oder alte Handfchriften überhaupt von 1 
ſtorikern, Philoſophen ıc., die nachher aufgehoben wurden, Codices 
(Bol. Manufcripte) Ebenfo nannte man eine Sammlung von 
ken Eoder, und fügte den Namen des Regenten hinzu, unter welch 
feggebung befannt gemacht worden. " 

Codicill, eine legte Willensverordnung, worin keine unmitte 
fegung befinblich iſt, ſondern nur gewiffe Anordnungen beſtimmt, aı 
richtet werden. Es bezieht ſich entweder auf einen fcyon vorhandenen | 
und dann iſt es bloß für den Zeftamentserben verbindlich ; ober es ifl 
Beſtimmuug für Diejenigen, welche ohne Teſtament erben (Inteſtater 
hält daher auch für diefe Wirkung. 

Coefficienten, in der Buchſtabenrechnung Zahlen, die t 
flaben gefegt werben und anzeigen follen, wieviel Dial der Buchftabe 
addirt worden ifl. So würde 4 a fo viel fein, al8gatarara. So 
cient unbeflimmt fein, fo druͤckt man ihn ebenfalls durch einen Buchſt 

Coehorn (Menno, Baron v.), Ingenieur , geb. 1641 in dei 
Leuwarden, in Friesland. Sein Vater, ein ausgezeichneter Officie 
früh Neigung zu den militairiſchen Wiffenfchaften ein, die er grim! 
Im 16. 3. trat er als Capitain in Dienft. Bei der Belagerung v 
1673 und in den Schlachten von Senef, Kaffel, St.» Denis und Fl 
ſich hervor, und flieg bis zum Obriften. Da er aber (1675) das verfp: 
ment nicht erhielt, unterhandelte er mit Louvois, um in franz. Dien 
Der Prinz von Dranien aber ließ feine Frau und 8 Kinder ale Gef 
nöthigte ihn dadurch zur Rückkehr und feffelte ihn durch Anerkennun 
bienfte, In dem Kriege von 1689 gegen Frankreich zeichnete er ſich von 


Gognaten Golbert 743 


Mant war 1692 feine Vertheidigung bes Forts Wilhelm, das er felbft anges 
te, gegen Vauban. Beide entwidelten ihe aanzed Talent. Endlich ward 
m verwundet und hatte nur noch 150 M. zur Vertheidiqung, als er das Fort 
3. $uni 1692 übergab. 1702 vernichtete er die franz. Linien bei St.:Donat. 
wmfelben 3. gab er zu Leuwarden feine Theorie einer neuen Befeftigungstunft 
6. 1703 leitete er noch mehre Belagerungen. 17043 Iud Marlborougb ihn 
nad) dem Haag zu fommen , um über fernere Unternehmungen au berathfchlas 
er ſtarb aber daſelbſt am 17. März 1704. — Coehorn warein Mannvon bies 
Sefinnungen und Sitten. Ex hat faft alle holländifche Piäge befeftigt. Bergen» 
vom hielt er für fein Meiſterſtuͤkẽ Sein und Vauban's Syſtem find ganz ver: 
den. Bauban wirkte durch Manodeuvres und berechnete Anwendung des Geſchuͤ⸗ 
md der Menſchen, ſchonte beide und ermüdete und zerftüdelte die Kräfte des 
hi. Coehorn zerfchmetterte durch die Maſſe des Geſchuͤtzes und der Menfchen 
#pferte beide der fehnelln und gewaltigen Wirkung. Vauban's Wirkungen 
nauf Berechnung gegründet, deren man immer Herr ift; Coehorn gründete 
inen auf Macht, die dern Krieger nicht flets zu Gebote ſteht. Dennoch bleibt 
Saftem ein reiches Muſtir für die Befeftigungskunft und den Feſtungskrieg. 
Sognaten, die Verwandten von mütterlichee Selte, bei unfern Alten: 
Umagen, im Gegenfas der Agnaten. 

Tohaͤſion, Coh&renz (Zufammenhang), die allgemeine Erfcheinung der 
ung (Atteaction) in dem befondern Felle, wenn die einander berührenden 
eines und deſſelben Koͤrpers fo verbunden find, daß eine Äußere Kraft 
tft, fie zu trennen. Nich dem ſtaͤrkern oder geringern Zufammenhange der 
unterſcheidet man harte und weiche Körper. Die Urfachen diefer Cohaͤſion 
vch nicht ergründet. Indeſſen fcheint aus allen Verſuchen und Erfahrungen 
et Orundfag zu ergeben: daß der Zufammenbang defto ftärker fei, je größer 
mge der Berührungspunke ift. Diesift wenigiteng der Fall bei zwei verfchies 
Körpern, die einander mt glatten Slächen berühren. So hängen 5. B. zwei 
e bieierne Sylinder von etna zwei Linien Durcchmeffer, wenn man ihre Örunds 
Hatt fchleift und beide mit Iniger Wendung zufammendrüdt, fo feft an einans 
aß zwanzig und mehre Pfunde Gewicht erfobert werden, um fie zu trennen. 
mehr wird der Zufammentang ber Theile beftärkt, wenn man eine Fluͤſſig⸗ 
iſchen ihre Srundflächen biingt, welche die noch rauhen Theile ausfülle und 
ruͤhrungspunkte vermehrt. Viele in den Künften bekannte Verbindungsmit⸗ 
26 Leimen, Kitten, Löther, Zuſammenſchweißen und dgl., erklären ſich 
efem Geſetze ber Cohaͤſion. Bol. Ad haͤſion.) Inftructive Erfahrungen über 
ion findet man In den „Arfangsgrlinden der theoret. und praft. Chemie von 
wenn‘, deu:ich durch Wehel (%p5.1779,1.%8d., ©. 49 fo.). 
Tohorte, f.Legion. 

Koimbra, offene und fhiecht gebaute Hauptftabt der portugief. Provinz 
), an der Nordſeite des Diordego, theild auf einem fteilen Selfen, theils In 
kfe am rechten Ufer des Mindego, umgeben von Weinz, Öl» und Citro⸗ 
kt, mit 15,200 Einw. Sie ift der Sig der einzigen Univerſitaͤt in Portu: 
weiche 1291 zu Liſſabon gefiftet und 1308 hierher verlegt twurde. Die Zahl 
kubirenden beträgt gewöhnlich über 1500. Zur Univerfitdt gehören eine 
warte, eine NRaturaliens und phyſikaliſche Inſtrumentenſammlung, eine 
Bibliothek und ein trefflich 'ingerichteter botanifher Garten. Die Stadt iſt 
g eines Biſchofs, eines Iherfchulcollegiums und eines Eönig!. Collegiums 
kufte. Sehenswerth ift di MWafferleitung von 20 Bogen. Aufer Gewins 
des Weinſteinrahms, ferne Leinweberei und Töpferei, verfertigen die Einw. 
mte Dornarbeiten. 

Golbert (Sean Baptifte, franz. Finanzminifter, geb. 1619 in Rheims, 





die Zwiſtigkeiten ber Fronde und bie Verwirrung in ben Finanzen ı 
verurfacht hatten. Allenthalben fand er Betrug, Unordnung und Ui 
Domainen maren veräußert, bie Pachtungen mit wucheriſchen Schu 
die Laften, Privilegien und Eremtionen ohne Maß vervielfadht, | 
Generalpächtern preiögegeben und doc) nur durch ihre Hülfe noch 

ten; das Volk zählte 90 Mill. an Auflagen, wovon ber König kaun 
und auf zwei J. waren bie Einkünfte ſchon voraus wrbraucht und t 
Colbert mußte von demfelben Punkte ausgehen, wi: Sully; aber d 
und ungeſtuͤme Louvois, die Kriege, ber Lurus und die Werfchmer 
XIV. vermehrten für ihn die Schwierigkeiten und ei mar gezwungen 
Haͤlfte feiner Laufbahn die Schritte zuruͤckzuthun, die er in ber erfle 
macht. Cr fing damit an, einen Finanzrath und «ine Juſtizkamm 
jenen, um fich felbft eine Überficht zu verfchaffen, diefe, um den! 
Generalpaͤchter nachzuſpuͤren und Staatsſchulden zu liquidiren. Um 
Staats zu erleichtern, ſchritt man zu einer Herabkgung der Renten 
Sehäffige biefer Maßregel zu mildern, bewilligte Golbert eine bedeu 
derung der Steuern und den Erlaß alles bis 1666 Rüdftändigen 
eine Menge unnliger Beamten ab, widerrief die Kfligen Privilegien 
die Gehalte, verbannte den ſchaͤndlichen Ämterhardel und die nicht ı 
liche Sitte, die Hofleute bei dem Ertrage der Öffeıtlihen Pachtung 
ren, enthüllte die Mifbrauche und Kunftariffe un) befchränkte dem u 
winn der Einnehmer, errichtete eine Leihcaſſe, vrminderte die Ge 
den König in feine Domainen wieder ein und wies fuͤr jede Ausgabe e 
Eine beffexe Vertheilung und Echebung der Steumn erlaubte ibm, | 
Hälfte berabzufegen. Der gluͤcklichſte Erfolg Erörte ſchnell feine weif 
ausgeführten Unternehmungen. Ungeachtet der Ausgaben eines f 
Krieges, ungeachtet der Verſchwendungen einet prachtliebenden K 
es Colbert, in 22 3. die Einnahmen um mehr al 28 Mill. zu erhoͤl 
ften um ebenfo viel zu vermindern, fodaß bei feinm Tode 1683 die ı 


arm AAR TOT R AFFA rc Plans . 


Golbert 745 


eGeſetze, erhob ihn zu einer ehrenvollen Befcäftigung und lub ben Adel ein, 
M daran zu nehmen. 1664 wurden für Oſt⸗ und Weflindien zwei Handels» 
haften errichtet; der König fchoß bedeutende Summen vor. Die Colonien in 
da, Martinique und befonders in St. = Domingo erhielten ein neues Leben 
‚De Vereinigung mit ber Krone; fie wurden angebaut und fingen ar. zu bluͤ⸗ 
Dan errichtete neue Colonien in Sayenne und Madagaskar. Zur Aufrechts 
ng diefer entfernten Befisungen mar eine bedeutende Seemacht erfoberlicy. 
ert warb auch hier Schöpfer. Als er ins Seeminifterium trat, beftand bie 
kaus wenigen alten Schiffen, die Mazarin in den Häfen hatte verfaulen laſ⸗ 
Colbert kaufte anfangs Schiffe im Auslande; bald ließ er fie in Frankreich 
m. Der Hafen von Rochefort erhob ſich; vier andre große Seearfendie wur⸗ 
wigeführt zu Breft, Zoulon, Duͤnkirchen und Havre. Dan errichtete See: 
mund brachte Ordnung in alle Zweige de6 Seeweſens. 1662 hatte Frank⸗ 
50 Linienſchiffe und 40 Fregatten; 1681 befaß ed, zur See und zu Lande 
ch, 193 Krlegsfahrzeuge und 166,000 M. für den Dienſt derfelben. Auf 
n’6 Rath ließ Ludwig XIV. die bürgerliche und peinliche Gefeggebung verbefs 
Künfte und Wiffenfchaften wurden befördert, deren Bluͤthe Frankreich vers 
be. Unter feinem Schug und in feinem Haufe ward 1663 die Akademie 
iſchriften gegründet. Drei J. darauf fliftete er die Akad. der Wiffenfchaften 
674 die Bauakademie. Die Maleralademie erhielt eine neue Einrichtung. 
ſchule von Rom ward errichtet. Er vergrößerte die koͤnigl. Bibliothek und den 
ſchen Garten, erbaute eine Sternwarte, bei welcher er Huygens und Caſſini 
te, ließ die Bermeffungen in Frankreich anfangen und ſchickte Naturforfcher 
Ispenne. (Vgl. Erde.) Paris verdankte ihm unzählige Verſchoͤnerungen, 
le ausgezeichnete Gelehrte Frankreichs und Europas fanden in ihm einen Bes 
f. Aber bei alle dem hat man dem großen Minifter auch mancherlei Vor⸗ 
gemacht. Der wichtigſte ift, daß er die Gewerbe auf Koften des Aderbaues 
wachte und den Landmann ohne Unterftügung im Elende [machten ließ. 
och mehrem Nechte wirft man ihm ein Überma$ von kleinlichen und tyranni⸗ 
Jerordnungen vor, bie er für alle Zweige der Derwaltung gab. Wenn man 
daß er Ordnung in Einnahme und Ausgabe brachte, fo leugnete man, daß 
Ordnung in der Verwaltung flattgefunden. Allein Golbert muß mit Bes 
F Die Umftände beurtheilt werden, unter denen er handelte. Er that Alles, 
: konnte, aber nie Alles, was er wollte. Er hatte nicht den Einfiuß auf bie 
wbmungen, auf die Befchlüffe und den Geift feines Fuͤrſten, deffen Sully 
Diefer gab feinem Herrn das Geſetz, C. empfing es von feinem Kern; ber 
ewar faft Dlinifter des Volks, diefer nur des Könige. Heinrich IV. und Lud⸗ 
MV. wollten Beide Großes, aber jener für Frankreich, diefer für fich , und dies 
nerfchied erzeugte die verfchiedenen Ergebniffe in der Verwaltung. Sully, 
mabhängig und des Beifalls gewiß, bereicherte den Staat durd) weife Spar; 
k, die Heintich, der fein Wolf als feine Familie betrachtete, beförderte. Col⸗ 
‚Its abhängig und in feinen Planen gekreuzt, erhieltden Staat, tre einem 
umderifchen Könige, und brachte ihn felbft in Flor, ungeachtet der Laſten, 
Iahlreiche Deere und koſtſpielige Kriege ihm auflegten. Er war gezwungen, 
Igeln zu ergreifen, bie er für immer abgefchafft ſehen wollte ; aber er fügte dem 
enten, ber auf eine Anleihe drang, voraus: „Sie öffnen eine Wunde, die 
Enkel nicht geheilt fehen werden”. Sobald ihm der Friede freise zu achmen 
te, kehrte er zu feinen Srundfägen zuruͤck und madıte das wider Willen ge: 
Lfo ſchnell wieder gut, daß das Ende friner Verwaltung noch die glän: 

ı Epoche der Regierung Ludwigs XIV. war. Golbert war chrgeizig, aber 
haften, und genoß, in fletem Kampfe mit Raͤnken und Eiferfucht, keines ruhi- 
Me. Cr flarb 1683 in einem Alter von 64 3., erfchöpft durch feine raſt⸗ 


746 Golchefter Goleridge 


tofe Thaͤt'gkeit, gebeugt durch Kummer unb Unruhe, mit Mühe ben gegem 
Berlegenheiten abhelfend und mit Sorge In die Zukunft blidend. Das 1 
Paris, das durch neue Auflagen auf die Lebensmittel erbittert worben wa 
den Leichenzug und wollte den Leichnam zerreißen ; aber das bald nachher 
Staat einbrechende Unglück öffnete feinen Feinden die Augen und zwang 
nigftene das Andenken des von ihnen ungerecht Verfolgten, zu ehren. 

Golchefter, f. Abbot. 

Coleridge (S. T.), Dichter, geb. 1773 zu Dttery St.: Marı 
Markefl. in Devonfhire, wo fein Vater, welcher eine zahlreihe Fami 
Prediger war. Durch die Verwendung einiger Freunde fam er, der jüngf 
auf die fogenannte Blaurockſchule in London, Chriſts⸗Hoſpital, eine I 
mitde Anftalt. Hier erhielt er vortrefflichen Unterricht, hauptfächtich von 
und zeichnete ſich fchon damals durch ungemeine Naturgaben und eine gem 
derbarkeit aus. Bon hier begab er fi im 19. Fahr nach Jeſus-⸗College 
bridge. Dichtlunft und Metaphyſik befchäftigten ihn vorzüglich. Ein Ba 
erften poetifchen Verſuche erfhien 1794 und erwedte große Hoffnungen 
die er bis jegt, von ciner unüberwindlichen Indolenz und Unftetigkeit b 
nur zum Theil erfüllt hat. In demfelben J. erhielt man von ihm „The fa) 
bespierre” , ein hiftorifches Drama, das gut aufgenommen wurde. Da 
herrfchende Freiheit: und Gleichheitsſchwindel ergriff ihn ebenfalls. Gleit 
Geifter fand er auf einem Beſuche nady Oxford, mo ber in der Folge fo ber 
wordene und in jeder Rüdficht verehrungsmwärdige Dichter Southey und R 
vell ganz mit ihm harmonirten. Die drei jungen Schwärmer verliefen 
bemifchen Kreuzgaͤnge, um bie politifche Welt umzugeſtalten. Es wurd 
in Briftol anzufangen. Goleridge hielt dort Vorlefungen über das bevorftch 
der Menſchheit durch den Republikanismus mit dem ungemeffenften Beife 
jungen Higtöpfe beiderlei Geſchlechts. Er bearbeitete ferner das briftoler 9 
durch „Conciones ad populum or addresses to the people” und burd) „/ 
against certain bills then pending for suppressing seditious meeting 
: fo gut ging e8 inandern Städten, wo man von feiner Sreiheit6zeitung „Th 
man’ nur wenig Kunde nehme: wollte. Doch entſchaͤdigte ihn ein 2. Baͤn 
dichte, welches mehrmals aufgelegt wurde. An der Befferung der alten 9 
zweifelnd, faßten die jungen Sreiheitsprediger den Entſchluß, durch die 
dung eines eignen Staates, unter dem Namen Pantifocracy, ihre erhabı 
tie im der neuen Welt zu verwirklichen. Leider wurde der Anfchlag verei 
die Bekanntſchaft mit drei fhönen Schweftern, Namens Fricker, melde! 
Southey und Lovell heiratheten. Coleridge ließ fi in Nether⸗Stowey 
Bridgewater, nieder, wo er mit dem Dichter Wordsworth einen Sceundfd 
fliftete. Ohne beftimmten Broterwerb, gerieth er in Verlegenheit. Zr 
fand er an den berühmten Herren Wedgwood Gönner, welche ihn in Dı 
feine Studien vollenden ließen. Er lernte Deutfd in Ratzeburg. Seine ; 
phia literaria” (London 1817, 2 Bde.) gibt von diefem Aufenthalte in 
land Nachricht; unter Anderm findet man Bemerkungen über Ebeling 
Unterhaltung mit Klopflod, 2. Thl., S. 237 — 253, wo diefer fe 
nung über Leifing, Göthe, Wieland, Kogebue u. A. fagt. Coleridge ging d 
Hanover nad) Göttingen, wo er Blumenbach und Eichhorn hörte. Nach 
kehr fchrieb er die Hauptartikel für das Minifterialbfatt „Morning post”, 
einige Schaufpiele von Schiller und begleitete den Sir Alerander Ball al 
tair nah Malta. Aber auch von dort fam er zuruͤck, ohne einen feften € 
gefunden zu haben. Er privatifirt jegt und fcheint alle bie Nachthelle eines 
ftellerlebeng zu empfinden, wovor er in feiner Biographie warnt. Er fi 
leſungen, die huge Ichiecht lohnen, obgleich feine Geſchicklichkrit dur 


Göleftiner Coͤlibat 747 


wird. Die londner Buchhändler, denen feine Arbeiten hoͤchſt willkom⸗ 
pärden, Hagen, daß er fich zu keinem nach feftem Plane georbneten Werke 
wolle. Sein Gedicht „Chriftabel’’ hat vortreffliche Stellen und wurde 
Byron fehr gepriefen. Die vermifchten Auffäge, welche er unter dem 
The friend‘ herausgab, find unter feinen Schriften die beliebteſte. Er 
Il an der „Eneyclopaedia metropolitana”. Ein Verz. feiner Schriften 
ı in dem „Biogr. diet. of the living authors of Gr. -Br. et Irel.”, und 
ig (mit biogr. Notiz) vor dem „New monthly magazine”, Apr. 1819. 
dge gilt unter feinen Landsleuten für ein wildes, feltfames und uns 
wetifches Genie. Für die deutfche Literatur hegt er große Vorliebe, und 
) verehrt er Schiller und Goͤthe. Auch deutfche Kritik ift ihm nicht fremd 
int der Schule der Gebrüder Schlegel in feinen Afthetifchen Grundfägen 
m. Gegen die franz. Literatur hat er eine zur Leidenfchaft gemorbene 


efliner (nach ihrem Stifter dem Papfte Coͤleſtinus V.), die Einfiedler 
nianus, ein geiftl. Orden, der um die Mittedes 13. Jahrh. in Italien ents 
Regel Benedicts folgte, weiße Kleidung mit ſchwarzen Kapugen und Ska⸗ 
ng und nur dem befchaulichen Keben gewidmet war. Im Anfange des 18. 
e er auf 96 Kiöfter in Stalten und 21 in Frankreich gefunten. In der 
it fcheint dieſe Gefellfhaft trüber Religiofen noch Heiner geroorben zu fein. 
ibat, im kanoniſchen Sinn, der ehelofe Stand der Geiſtlichen, welche 
jefege ihrer Kirche zu demfelben verpflichtet find. Schon in den erften hrifts 
tb. berrfchte bei vielen Chriften die ſchwaͤrmeriſche Meinung, daß bie 
g von der Befriebigung des Befchlechtstriches das Merkmal einer höhern 
d eine verdienſtliche Entfagung fei. Daher kam es, daß viele Lehrer, 
die Bifchöfe, der Ehe fid) enthielten, oder, wenn fie ſchon verheimthet 
n ehelichen Umgang mit ihren Weibern aufhoben. Doc, fanden in ben 
iten gar keine gefeglichen Beftimmungen hierüber flatt, auch war die 
t der Beiftiichen keineswegs allgemein, und es gab noch viele verheirathete 
Erſt im 2. Jahrh. ward es ziemlich allgemein Sitte, daß die Biſchoͤfe 
n, und mehre in dieſem Jahrh. gehaltene Synoden befchränkten die Ehes 
: Geiftlihen. Da das im 4. Jahrh. entftandene Moͤnchsweſen cıft im 
ıde, dann audy im Abendlande Eingang und Bewunderung fand, fo ward 
von einer befondern Heiligkeit des ehelofen Standes immer weiter vers 
eiſtliche ſelbſt glaubten, fie dürften nicht hinter den Mönchen zuruͤckblei⸗ 
tote geroöhnte fi) immer mehr, Frömmigkeit und geiftlihe Würde als 
lich verbunden mit kloͤſterlicher Enthaltfamkeit zu denken, und fo bifbete 
ntliye Meinung, welche nicht nur die Bifchöfe, fondern nad) und nach 
eiftlichen der nieden Ordnung zur Ehelofigkeit nöthigte. Indeß gab es 
ch immer Beine kirchlichen Gefege. Auch lebten noch immer viele Geiſtliche 
Ordnung in der Ehe. Erſt Papft Gregor VII., in der zweiten Hälfte 
abeh., machte allen Geiſtlichen den Gölibat zur unerläßlichen Pflicht. 
ng es ihm nicht gleich, feinen Plan vollftändig durchzuſetzen; an vie⸗ 
‚ befonders in Deutfchland, verurfadhten feine Eheverbote Unruhen, und 
noch ein halbes Zahrh., ehe der Cölibat in den abendlaͤndiſchen Kirchen 
g erzwungen ward. Seitdem iſt in der katholifchen Kirche mit unver> 
Strenge darüber gehalten worden, obgleich in neuern Zeiten befonders viele 
ieſer Kicche mir Recht über einen Zwang geklagt haben, welchen weder die 
der Zweck ihres Amtes fodert. Die Reformation mißbilligte den Coͤlibat 
sathrlichen Rechte verlegende Einrichtung, und den proteftantifchen Geift: 
die Ehe vergönnt. In der griechifchen Kirche find nur die Erzbiſchoͤfe und 
weiche meift aus den Ktoftergeiftlichen genommen werben, zum Coͤlibate 


748 Gölibat (kath) 


verpflichtet; ben Popen aber, auch den Protopopen iſt bie Che verſtatt 
zweite Deicard. Auf Beranlaffung eines in der w . Ständever 
machten Antrags auf Aufhebung bes Cölibats, erſchien (Ulm 1824) ei 
Beantwort. der Frage: Ob die Aufiöfung des Coͤlibats zweckmaͤßi 
Gölibat. Eine der erhabenen Ideen der katholifchen Kirche i 
rung der jungfräulichen Keufchheit. Durch diefe Idee der Keuſchheit 
ſtenthum in den ſchneidendſten Gegenfag mit den finnlichen Religion 
thums. Wenn die Heiden ihre Götter zu ben Menſchen herabzogen, 
gegen das Chriftenthum die Menſchen nady oben, ibealifirte die D 
Paulus (1. Cor., 7) empfiehlt bie jungfräuliche Keufchheit, ohne ba 
fand zu verachten. Es iſt nody jet die Lehre der katholiſchen Kicche 
liche Keufchheit lobenswerth, daß aber die jungfräuliche Keufchheit h 
if gleichfam ein Opfer der Freuden des Lebende, was aus reiner © 
Urreinen gebracht wird; fie ift ein freiwilliger Sieg der moralifchen 9 
phyſiſche. — Bei der hohen Idee, die man von ber jungfräulihen Kı 
kann es nicht Wunder nehmen, daß man dieſe vorzüglich im den Prii 
hohe Geheimnis der Euchariſtia pflegen, verwirklicht zu fehen wünfd 
Der Apoftel an wurde es zur kicchlichen Gewohnheit, daß die Bifchäfi 
Diakonen von ihrer Weihung an den Freuden ber Geſchlechsliebe 
ganz der Sorge ihres Anıtes widmend. Nur darüber war man nicht 
ob bloß bie Deirath der Geiſtlichen zu unterfagen, oder auch den vor di 
Berheicatheten der Genuß der Weiber zu verfagen fei. Auf dem allge 
lium von Nicda trugen mehre Bifchöfe daraufan, daß die Biſchoͤfe 
Diafonen, welche die heiligen Weihen erhalten, fich ihrer bieheric 
enthalten, durch ein ausdrückliche Kirchengeſetz angerwiefen würden. 
nutius, Bifchof von Oberthebais, machte darauf aufmerkfam, daf 
mit der gefeglichen Ehefrau auch Keufchheit fei. Genug fei es, fagt 
der uralten Kirchenuͤberlſeferung Die, welche geiftlich geworden, vo: 
heirathen koͤnnen, keineswegs dürfe aber Der, fo vor der Weihe ge 
feiner gefeglichen Frau getrennt werben. Da nun einmal angenomr 
ein Geiſtlicher nicht heirathen dürfe, fo kam man bald faft allenthatb 
Bein Berheiratheter geweiht wurde. Auf diefe Weile ward die Gleid 
führt. Für die Biſchoͤfe war es bald ganz außer Streit. Als ſich vol 
ftitut der Mönche auebildete und diefe, ob ihres Geluͤbdes der ewig 
für ehrwürdig gehalten wurden, zwang bie Öffentliche Meinung die G 
minder ehrwuͤrdig zu werben, durch unbedingte Beobachtung des ( 
heilige Epiphanius verfichert, daß durch die Kirchengefege den Geiftti 
bat geboten fei, und daß, mo dagegen gehandelt werbe, dieſes ein 
Kirche fei. Das Particularconcilium Elibertinum befahl allen Biſch 
tern, Diafonın und Subdiakonen, fich ihrer Weiber zu enthalten, 
Ausfofung aus dem geiftlihen Stande. Am fefteften hielt man a 
bes Coͤribats in der abendländifhen Kirche. Papft Siricius verbot 
4. Zahrh. allen Geiftlihen Ehe und Ehegenuß. Zugleid) wurde der 
Weihe ertheilt; darin lag auch eine indirecte Nöthigung für die W 
den Cölibat zu halten. Mehre Päpfte und Particularconcilien wie 
Vorſchrift. Kaifer Juſtinian erklärte ale Kinder der Geiſtlichen für 
und jeder Erbfolge und Erbfchaft unfähig. Das Concilium zu Toi 
966 wider verheirashete Möndye und Nonnen, daß man fie oͤffentlich 
werfen und ihre Ehe foͤrmlich tiennen folle; Weltprieſtern, Diakon 
diakonen, welche man bei ihren Weibern betraf, wurden die geiftiiche 
gen auf ein Jahr unterfagt. In Spanien trug man den Biſchoͤfen a 
tergebenen Diteng, Prieftern und Diafonen Über den Coͤlibat jaͤhrlic 





Colibat (ath.) 7149 


Nachbruck zu prebigen ; es toeigerten ſich nämlich dort manche ehebem Ariani⸗ 
num bekehrte Priefter, den Sapungen der Eatholifchen Kirche gemäß fich ihrer 
2 zu enfhalten. Wie in andern Gegenftänden , fo ſchieden ſich auch bier bie 
ſche und die lateinifche Kirche. Die trullanifche Synode v. 3. 692 in Con⸗ 
opel fagte im 13. Kanon: „Nachdem wir vernommen haben, daß die las 
Ierömifche Kicche befohlen, daß die Priefter und Diakonen ihre rechtmäßigen 
rs verlaſſen follten, fo befchließen wir, in biefem Goncil Verfammelte, daß 
ir und Diakonen, gemäß der alten Gewohnheit der Kirche und Anorbnung 
hoſtel, mit ihren MWeibern ebenfowie Laien leben mögen. Wir verbieten 
Roänztich, daß man in der Weihe der Priefter und Diakonen Einen unter 
Berwande, daß er verehlicht fel und daß er feinem Weihe auch nach der Weihe 
Wetich beimohnen roolle, davon ausſchließe. Wir wollen keineswegs wider 
unbilig fein, noch Dasjenige trennen, was Gott vereinigt hat”. Diefe 
em gelten noch in der griechifchen Kirche; es iſt dort den Mönchen und 

der Coͤlibat unbedingt, den Prieftern und Diakonen abet nur unter der 
tung geboten, daß ihre vor der Weihe gefchloffenen Ehen beibehalten wer: 

. Ban kann daher nicht fagen, daß die Tateinifcye Kirche den Coͤlibat 
babe, fie Hat ihn nur als eine alte apoftolifche Tradition beibehalten, und 
zugeſetzt, daß fie Feine Verheiratheten weiht, es feidenn, daß die Frau in 
tritt. Da Niemand ein Recht hat, geweiht zu werben, fo hat die las 

k Ktrdye duch Das, was fie ber apoftolifhen Tradition hinzugefegt bat, 
Mbe6 Mecht verlegt. Es kamen für die abenbländifche Kirche neue Gründe 
, auf dem Coͤlibat zu beharren. Es bildete ſich naͤmlich das Beneficialſyſtem 
den erfien Zeiten lebten die Kirchendiener von den freirilligen Gaben der 
Als ſpaͤter die Kicche Vermögen, Grundeigenthum, Zehnten erwarb, 

u anfänglicd alle Einkünfte und Güter der fämmtlihen Kirchen, welche in 
hees eines Biſchofs gehörten, als eine Maffe betrachtet, deren Verwaltung, 
weung und Vertheilung vom Bifchof abhing. Allein gegen das 7., 8. und 
eb. wurde aus der bisher gemeinfamen Maffe für jedes Kirchenamt eine eigne 
kon herausgenommen und diefe dem Kirchendiener, felbft den Biſchof nicht 
sommen, zur Benugung überlaffen. Hier war nun völlig in der Kirche die 
Hang, wie im Staate die Einrichtung mit den Lehnsleuten und fpätechin 
I Bkinifterialen, welche fir Benugung von Gütern Krieger und andre Dienfte 
in. Auch ber Name war derfelbe, das But des Lehnsmanns hieß Beneficium, 
B Sur des Klerikers. Wären aber die geiftlichen Beneficien und das Kirchen: 
Kid geroorden, wie dies bei den weltlichen Beneficien der Fall war, fo hätten 
fo eine gefchloffene erbliche Priefterkafte bekommen, als das Mittelalter 
Adel als Krieger» und Beamtenkaſte überliefert hat. Wir erhielten dann 
Paſtoren, erbliche Biſchoͤfe und einen erblichen Papft. Welche moraliſch⸗ 
bliche Folgen für die Menfchheit eine folche Entwidelung des kirchli⸗ 
cialſyſtems gehabt haben wuͤrde, iſt leicht zu erfennen. Alle Ahnungen 
en göttlichen Religion hätten in einem ſolchen rohen Priefterreiche unters 
en. Der vollendetfte weltliche Despotismus wuͤrde die Völker in Feffeln 
und jebes Auffiteben des dritten Standes von vorn herein unmöglich ges 
. — Anders war e8 im Mathe ber Vorfehung befchloffen. Die Kirche 
dem Götibatgebote beſtehen. Als bei den Kanonikern zu Wallis in Eng» 
eerhin nicht darauf gehalten warb, ergab es ſich bald, daß fie durch wech⸗ 
ige Heirathen zroifchen Ranonikertöchtern und Söhnen ihre Pfründen erblich 
hatten. Was hier im Kleinen gefhah, wuͤrde ſich im Grofen 

X ganzen abendländifchen Chriftenheit begeben haben. Indem aber die Kirche 
WB Gebot des Coͤlibats hielt, hatte fie mit den größten libertretungen einer 
Bbenen Geiftlichkeit zu fimpfen. Die Synode zu Narbonne (791) verbot den 












150 Ä Coͤlibat (kath.) 


Geiſtlichen, irgend eine Perſon weiblichen Geſchlechts bei fich zu haben, 
che, die fräher die Kanonen erlaubt hatten. Daffelbe verordnete das Co 
Mainz 888. Im Concilium zu Augsburg verbot man jedem Geiſtüd 
Abfegungsfirafe, fich zu verehelichen, oder der früher gehabten Frau bei 
oder die nebeneingeführten fogenannten Schweftern (subindroductas) 3 
und dem Bifchof warb die Macht ertheilt, verdaͤchtige Weiber aus geiſtl 
fern peitfchen und ihre Haare abſcheren zu laſſen. Im Concilium zu 
hielt Koͤnig Edgar felbft eine geiftvolle Rede über die Ärgerniſſe der 
deren Häufer, wie er fagte, man billig für Hurenwohnungen anfel 
Bald darauf entfegte man eine Menge Domherren und Pfarrer, ber 
Moͤnche erhielten. Im Concilium zu Erham (1009) ward den Geiftli 
dings befohlen, ihre Weiber zu entlaffen. Den Enthaltfamen ward nor 
verfprochen, daß man fie bei jeder Gelegenheit wie geborene Edelleute a 
Dapft Leo IX. verordnete, dag Weibeperſonen, die fi zu Rom mit ein 
verfehlten, auf Lebenslang ale Sklavinnen dem Palafte im Lateran zuf 
Erzbifchof Adalbert von Hamburg belegte die Beifhläferinnen der Prief 
Banne und ließ fie ſchmachvoll aus der Stadt jagen. Papft Victor 
ſelbſt mehre Bifchöfe, wollüftiger Ausfchroeifungen wegen. Aller folc 
ungeachtet, fehlen es indeſſen doch unmöglich, das Cölibatgefeg aufre 
ten. 1061 erwählten bie lombardifchen Bifchöfe, deren bie meiften B 
nen hatten, Nodolaus, den Biſchof zu Parma, u.d.R. Honorius IL. 
zum Afterpapft, weil er felbft den Gölibat nicht hielt und dayer Hol 
daß er auf dem Cölibatgebote nicht beflchen werde. Denkt man ſich h 
biefe, den Kanonen zuwider, mit Buhlerinnen lebenden Beiftlichen zu 
durch Simonie zu ihren Stellen ernannt waren, fo hat man ein richtig 
damaligen Kirche. | 

Es war hochnothwendig, daß ein Reformator der Kirche auftrat; 
in Gregor VII. (ſ. d.), der, wie alle große Geifter, ein Recht hat, nach de 
punkte f. Zeit beurtheilt zu werden. Um bie gefallene Kirchendisciplin | 
mußte er der Simonie und dem zügellofen Leben der Geiſtlichen entg 
Jene beſchraͤnkte er, indem er dad Inveſtiturrecht des Kaiſers beftritt. 
batgefege machte er durch ein neues Mittel wirkſam. Auf der römifd 
von 107% verordnete er, daß alle verheirathete Geiftliche und alle La 
bei ihnen beichten, Meſſe hören oder andern gottesdienftlichen Ve 
beimohnen würden, ercommunicitt fein follten. Als der Biſchof von 
Dectet in der mainzer Synode vorlefen wollte, flürmten bie Kleriker ı 
und Fäuften auf ihn ein, fodaß er kaum hoffen durfte, mit dem Lebe 
kommen; fie erklärten, nicht Engel fein, lieber das Priefterthbum als t 
geben zu wollen. Nichtsdeſtoweniger drang Gregor buch, da er bie aͤ 
bezweifelten Kirchengefege auf f. Seite hatte. Die Kirche ging, nad) E 
dem betretenen Wege fort; die Verbote wurden ebenfowie die vorg 
Vorſichtsmaßregeln ruͤckſichtlich des häuslichen Lebens wiederholt. Ind 
befondere gegen das 15. und 16. Jahrh. hin die Übertretungen dieſes he 
tes ſehr häufig. Es kam die Neformation. Sie kannte keine opfern! 
mehr, die jungfräuliche Keufchheit wurde nicht mehr höher als die ehelid 
fetbft die Gelübde der Keufchheit wurden nicht mehr bindend betrachtet, 
evangelifchen Geiftlichen entweder dem Staate ober den Gemeinden 5 
waren, mar aud) nicht mehr zu fuͤrchen, daß fie die Beneficien eigenmäi 
machen würden. Luther ftimmte zu Anfang nicht ganz ein; er hielt zwe 
bot der Ehe für ungerecht, glaubte aber doch, daß die Mönche, welche kri 
luͤbdes zum Coͤlibat verbunden waren, diefen halten müflen; er fchrieb a 
(6. Aug. 1521): „Unfere Wittenberger wollen auch den Moͤnchen We 


Coͤlibat (kath.) 751 


werbe ich aber keins aufbringen laſſen“. Wirklich heirathete zuerſt 1521 ein 
wc, der Propft von Kemberg, Bartholomäus Bernhardi; ihm folgten bie 
Ira evangelifchen Geiſtlichen. Als der Cardinals Legat Campegi auf ftrenge 
zafung der verheiratheten Priefter antrug, vermehrte dies nur den Riß, 
bie alte und bie neue Kirche fchied; Luther erfiärte 152% (don, daß er nicht 
Jund nicht Stein fei, und 1525 heirathete er die gottgeweihte Jungfrau 
be von Bora. Der Chlibat erwies fich als die ſchwache Seite der katholiſchen 
he, es waren wo nicht mehre, body ebenfo viele Geiſtliche, bie um der Hei⸗ 
willen, als ſolche, die aus Überzeugung, nach vorhergegangener Torfchung, 
mangelifchen Kirche übergingen. Es war gewoͤhnlich, daß die uͤbergegangenen 
oder Bifchöfe den Geiſtlichen nur die Alternative feßten, entweder die 

ferinnen zu heirathen, oder fie abzufchaffen; zu Legtern gehörte eine Wil: 
‚ wie man fie von einem Goncubinarius nicht erwarten fonnte, und mit 
war der Übergang von ſelbſt gegeben. Solche Vererbnung ift 3. B. ent⸗ 
ia ber brandenburgifhen Kirchenordnung von 1542; eine gle'he Erklärung 
der Kurfürft Gebhard, Truchſeß von Köln, am 24. Zuni 1553, ale er das 
Weſtfalen zur evangeliihen Kirche bekehren wollte. Ein Theil der 
wünfchte, daß diefe ſchwache Seite ihrer Kirche wegfalle. Auf der 
zu Salzburg 1562 unterredeten fich die Bifchöfe,, was eigentlich zu Trient 
Concilium vorzutragen wäre, und befchloffen,, für die Priejterehe zu ſtim⸗ 
Der Herzog von Baiern drang gleichfalls auf die Priefterehe. Der Kaifer, 
en und viele andre Kürften ertheilten ihren Gefandten denfelben Aufs 
= der König von Frankreich wuͤnſchte die Prieſterehe, oder doch wenigſtens 












es Alter für den Empfang der Weihe. Allein die Mehrheit der Stimmen 
zu Trient (Sess. 24, Can. 9) für den Cölibat mit der Bemerkung, da 
Denen, weldye ihn um die Gabe der Keufchheit recht bitten, dies nicht vere 
„noch uns Über die Kräfte verfuchen laffen werde. 
Die Disciplin des Coͤlibats erſchoͤpft ſich in folgenden Sägen. Für die 
en Griechen ift den Prieſtern die Fortſetzung der vor der Weihe gefchloffenen 
ter der Beſchraͤnkung erlaubt, daß der Priefter je drei Tage vor der Feier des 
pferd des Weibes ſich enthalten habe. Für bie lateinifchen Kleriker ift der Coͤ⸗ 
unbedingt feftgefegt; die mit den vier niedern Weihen Verſehenen koͤnnen aber, 
den Verluſt des Benefic'ums, aus dem Klerikeritande austreten und heira- 
Bom Subdiakon an aufwärts ift der Cölibat aber unbedingt geboten, jedoch 
der Papſt, obgleich die Weihe einen unausloͤſchlichen Charakter gibt, den Aus⸗ 
dem geifttichen Stande und in Folge dieſes Austritts die Heicath erlauben. 
fern des Übertretenen Coͤlibatgeſetzes find mehrfach. Zuvoͤrderſt müffen die 
entlaffen, auch Buße um des begangenen Vergeheng willen gethan werden. 
wird den Coͤlibatveraͤchtern verboten, die dem Grade ihrer Weihen entfpre: 
kirchlichen Handlungen vorzunehmen und zu hoͤhern Weihen aufzufteigen, 
Bit, fie werden irregulair. Nach überftandener Buße wird jedoch dieſe Srregus 
durch Diepenfation vom Biſchof aufgehoben. Der Gölibatverächter ift end» 
von felbft durch die That ercommunicirt und er muß ſich alfo auch hierin 
beifen, fidy wieder in die Gemeinde aufnehmen laffen. In Deutfchs 
„kraft bes weſtfaͤliſchen Friedens (Art. 5, $. 15), der Verluft des Benefi⸗ 
zud der Würte — mit Vorbehalt der Ehre — hinzu, wenn die Heirath bloß 
fer des Übertritts zur evangelifchen Kirche ift (geifklicher Vorbehalt). Was 
die ſchon verheiratheten zur Weihe ſich Meldenden betrifft, fo kann ihnen 
nur unter der Vorausſetzung ertheilt werden, daß fie ein Gelübde ber 
ablegen und das Weib hierein einwilligt und ſelbſt in einen geiftlichen 
n trite, oder doch wenigſtens, wenn, ihres Alters halber, kein Verdacht der 
Rheitfambeit vorliegt, das Geluͤbde der Keufchheit ableyt. — Das Coͤlibatge⸗ 









154 | Golifeum Gollectiv 


drei Tage ber Wuth des Volks preiägegeben und emblich bei den Fuß 
Galgen von Montfaucon gehängt. Montmorency, ein Wetter Galigny' 
abnehmen, um ihn heimlich in der Capelle bes Schloffes von Chantüly zu 
Ein Staliener hatte den vom Rumpfe getrennten Kopf zu Katharina 
welche ihn einbalfamiren lich und nach Rom ſchickte. S. „Die parifer Blu 
dargeft. v. Wachler (Leipz. 1826). 

Golifeum, eine Riefenruine in Rom. Diefes Gebäude, das 
im Umfange hatte und 80 Arcaden enthielt, wat das größte Amphithe 
ches die com. Pracht errichtete. Es wurde von Veſpaſian erbaut und fo. 
Jahre von 12,000 gefangenen Juden und Chriften aufgefühst worden 
Schriftfteller ſetzen es über bie Pyramiden von Agypten und die andern 9 
alten Welt; es foll gegen 110,000 Zufchauer gefaßt haben, von t 
90,000 figen fonnten. Bis ins 13. Jahrh. ſtand diefes Denkmal ber 
ziemlich unverlegt; nachher nahm Papft Paul II. alle Steine davon, bi 
bauung des St.⸗Marcuspalaſtes nöthig hatte, und ſpaͤter wurden noch 
täfte von den Bruchftüden deffeiben aufgeführt. Jetzt hütet man fid 
Ruinen des Colifeums anzugreifen; indeffen fällt es nach und nad) vor 
und in wenig Jahrh. dürfte von dem obern Theile beffelben nichts me 
fein ; der untere Theil hingegen ift für die Eiigkeit. Noch flehen die: 
feft, in welchen die wilden Thiere verwahrt wurden, Die zur roben Luft 
ligen Volks ihre Erbauer zerriffen. Benedict XIV. ließ in der Mitte de 
Kreuz errichten. Sonntags Nachmitt. wird hier ein kathol. Gottesdien 
Auch wohnt ein Eremit in diefen ungeheuern Truͤmmern. Seinen Nar 
Coliſeum von dem Koloß des Nero, der dahin gebracht wurde. 

Collateralverwandte (Collaterales), Seitenverwand! 
Bruder oder Schwefter, oder den Geſchwiſtern ber Voraͤltern herruͤhren. 
laterallinie, die Seitenlinie. Sie werden ben Verwandten in ber g 
ober abfteigenden Linie entgegengefebt. 

Coltator, Derjenige, welcher das Recht hat, eine geiftliche € 
fegen. Diefes Recht wird die Collatur, auc) da® jus patronatus gı 
gibt oft Gelegenheit zu Streit — Collaturftreit. 

Eolle (Charles) ‚Theaterbichter, geb. 1709 zu Paris, S. eines‘ 
bei dem Gerichtähofe bes Chätelet. Seine frühe Verbindung mit Daguer 
und Pannard, den Verf. Anakreontifcher Lieder und fröhlicyer Wolfägefl 
ihm biefelbe Neigung zum Vergnügen, diefelbe bequeme Philofophie ein 
matiſche Gattung hatteer von Jugend auf geliebt. Sein erftes Stud: 
l’impuissant“, mar eine Parodie von La Chauffee. Darauf verfertigti 
Theater des Herzogs v. Orleans, der fein Befchüger war, Heine Stuͤcke, 
fanden. Seine „Partie de chasse de Henri IV", wozu ihm Dobsley 
(„Der König und der Müller von Mansfielb”) die Idee gab, zieht ar 
Wahrheit der Charaktere, befonders durch daß treue ‚Gemälde des gut 
Wenige Stüde find öfter gegeben worden ; noch jetzt feßt baffelbe die Fi 
Begeifterung. Auch „Dupuis et Desronais” fteht noch auf dem Rep 
Theätre frangais. In andern Studen malt er mit cbenfo viel Wig als 
die Sitten feiner Zeit, aber oft iſt fein Pinfel fo frei, wie feine Sitten 
Er ftarb 1783. 1807 erſchlen von ihm fein nachgelaffene®, anzichend ge 

Tagebuch („Journal historique”) über die literarifchen Ereigniſſe von 
72, in 3Bbn. | 

Collectiv, was fammelt, ober was mehre Dinge von einer 3 
menfaßt; daher ift in der Sprachlehre ein nomen eolleetivum (Ganıme 
folcheß, welches alle zu einer und berfelben Gattung gehörende Dinge | 
d. B. Heerde. — Gollectivglas, f. Brennglas, 


Collegialſyſtem Collegiaturen 755 


Kollegialfyflem, diejenige Theorie des Kirchenrechts, nad) welcher 
v und Staat als zwei verfchiedene Geſellſchaften in gewiſſer Hinficht unabs 
ig von einander beflehen. (S. Hierarchie) Auch ein Gegenfag bes 
wiratifchen Syſtems, Indem in jenem jedes Mitglied eines Collegiums eine 
ntidheibende Stimme zu haben pflegt. . Daher wird die Collegialgewalt, 
sgialifhe Verfaffung, der Bureaukratie entgegengefeßt. (S. Stantss 
naltung und Bureaufratie.) 

Collegianten, f. Rheinsburger. 

Collegiatflifter und Kirchen, f. Stift. 
Collegiatſtiftkirche (Gonventuallicche), eine Kirche, bei welcher ber 
xx wenigftens drei Geiſtliche anfegte, die ein Collegium ausmadhten, eine 
erſchaft unter fid) hielten, ein Haus hatten, in welchem fie zufammen wohn» 
mb ein eignes gemeinfchaftliches Siegel führten. Die Domkirche dagegen 
Bferdem Collegium ober Capitel, den Bifchof an ihrer Spiße, der die Regierung 
Die Domherren find ebenfo bes Biſchofs, als die Cardinäle des Papftes 


Sollegiaturen beider leipgiger Univerfitdt. Diefe Einrichtung fchreibt 
pn Paris her, wo eine große Anzahl junger Leute, aus Mangel an Raum, 
oftergebäude ſchon früh verlaffen und in Bürgerhäufer fich einmiethen mußte. 
sch ſtieg der Preis der Wohnungen und die Habfuht mancher Mirthe veran⸗ 
Örende Auftritte. Dies zu verhindern, wiefen Fuͤrſten und andre reiche 

er Gebäude an, in welchen, unter Aufficht eines oder mehrer Männer (Bur- 
ı magistri genannt und gewöhnlich Clerici), eine gewiffe Anzahl Studirens 
ihnen und mit Geld unterflügt werden ſollte. Mehre dergi. Anftaiten finden 
der Sefchichte des 12., 13. und 14. Jahth. Anfänglich waren ihre Auf: 
bloß Paedorribae und Repetenten, nachher aber felbft Lehrer. Unter der 
zung Ludwigs XI. blüheten fie am meiften und ihr Einfluß, ſelbſt auf wefents 
Büdung ber Univerfität,; ift unverfennbar. — Bei Begründung der leipziger 
sfizdt folgte man dem Abbild der prager Univerfität, und Friedrich der Streits 
efinmate zwei Hiufer, das große und das Eleine Fürftencollegium 
num), zu diefem Zweck, machte fie fteuerfrei und entzog fie der Gerichtsbar⸗ 
ws Stadtmagiftrate. Zwoͤlf Magiſtri empfingen als Mitglieder des großen 
jährlid) 390 Guͤlden, welche fie unter fich vertheilten. Im Beinen 
llegium beftellte man deren nur acht, und zwar fo, daß man der ſaͤchſiſchen 
als Stifterin, nad) dem Wunfche des Fürften, vier Stellen, der fraͤnkiſchen 
polnifcyen eine und der meißnifchen eine, überließ, an weldye jährlich bie 
von 96 Gülden ausgezahlt wurde. Diefe Collegiaten hatten auch das 
ſo viel Bier fleuerfrei einzulegen, als zu ihrem und ihrer Schüler Beduͤrfniß 
ar; und noch jet darf das große Furftencollegium 46 Faß Bier und jede 
ke 50 Eimer Wein frei einlegen. Geit 1438 muften zwei Stellen des gros 
Regime, alfo 60 Guͤlden, an zivei Profefforen der Arzneikunde abgegeben 
»  Diefelben erhielten auch von zwei Collegiaturen des Beinern 12 Gülden. 
Beſtimmte Herzog Georg 1504 die Einkünfte zweier Collegiaturen des gro⸗ 
uftencoffegiums für zwei Rechtsgelehrte. Überdies fuchte man durch das 
Rasionglificen, d. h. durch Einverleibung in eine fremde Nation (befannts 
das Corpus academicum feit der Stiftung ber Univerfittt in + Nationen 
Kachfifche, meißnifche, bairiſche und polniſche — eingetheilt), welche nähere 
wer auf Collegiaturen hatte als die eigenthuͤmliche, Männer, welche man 
Büges Verdienſte vorzüglich beguͤnſtigte, früher zu belohnen. Die Collegia⸗ 
E wenn ein Mitglied flicht, deffen Nachfolger, der, wenn die höchfte Ges 








g erfolgt, durch den Prapofitus feierlich, aufgenommen wird. Die Präs 
pfle) genießen alle Vorrechte, welche man Vorſtehern ſolcher Inflitzee 
48 * 


Magiſtri waren, die Einkunſte Defagter Derrichaft, den Miethzimne 
vertheilten. Auf fein Anfuchen bei bem Bifhof von Breslau ver 
bald der Kleine Fonds nicht nur durch geiftliche Gefaͤlle, die jegt « 
gezahlt wurden, fonbern auch durch Erhebung zweier Gollegiaten zu 
Frauenkirche zu Breslau. Diefe Verfaffung des Collegiums biieb I 
be, in welchem 3. man, weil der Fiecus (nad) Verkauf der Herrfche 
6000 The.) verfchiedene Unfälle erlitten hatte, eine Stelle eingel 
erft fpät durch die Stiftung ’elnes hirfchberger Kaufmanns, Michae! 
der befeut werden konnte. Der Fiscus kam jedoch in neue Verlege: 
ſelbe Stelle mußte 1757, nad) dem Ableben eines Collegiaten, zur: 
der übrigen abermals eingezogen und die Zahl der Schlefter auf vier 
fchränkt werden. Gegenwärtig hat der Senior der polniſchen Nati 
fiht und Berathung; die Einziehung’ der Gelder, Beforgung de 
Bauten ıc. geſchehen durch den verpflichteten Actuar des Collegium 
Collegien, Colleges in England, Kirchen: und Schul 
mit Einkünften verfebene Gefellfhaften, deren Mitglieder (Fello 
ftubenten) mit Ihren Lehrern (Tutors) und Auffehern unter einem V 
in befondern Gebäuden kloͤſterlich beiſammen wohnen. Diefe Geb 
Vierecke, zu denen Gärten und liegende Gründe gehören. Die ätte 
ehemals Kiöfter, rühren aus dem 13. und 14. Jahrh. her; einige aus 
Zeit find zum Theil vom Cardinal Wolſey gegründet. Sie zeichnen. 
altdeutfche Bauart, theils durch wiffenfchaftliche und Kumflfammiur 
bewundert man in ihnen die treffliche Glasmalerei: eine Kunft, die 
bis jegt erhalten hat. Der Vorfteher eines ſolchen Colkgiums (Ma 
Rector, Dechant) bildet mit den Mitvorſtehern (Beamte, Deans 
den Lehrern und Studirenden, eine ſowol von den übrigen Gollegien ( 
verfität unabhängige Körperfchaft. Ale, die vollen Antheil an den $ 
ſolchen Stiftung haben, heißen Fellows (d. i. Socii). Als nech 2 
genuffe gelaffen wurden, entſtanden verfchiebene Claſſen von Mit 
halbe Fellows, Pustmasters und Scholars, Exhibitioners oder 
und Scervitors (junge Leute, welche den Übrigen bei Tifche aufwe 
4 Jahre Koft und Unterricht frei haben). Außerdem haben mehre 


.. . ollin (heintich Joſeph, Edler von) 169. 


T. Eint. und darüber fleigt. Aus ihnen werden die Pfarreien befegt, in wel⸗ 
n Selle .fie Ihr Fellowſhip gewöhnlich verlieren. Oxford hat 19 Collegien und 
vallen, ober bloße Koſtſchulen, die keine Stiftung, folglicy keine Fellows haben, 
Yener Student fhr fein Geld lebt. (Auch die Speifefäle der Collegien heißen 
38.) In Eambridge jind 12 Gollegien und 4 Hallen, die ſaͤmmtlich Stiftungen 
zu. Die meiften Colleges in Orford und Cambridge haben, außer den abhäns 
, d. i. die zur Stiftung gehören, noch unabhängige Mitglieder, die für Ihe 
BR leben, jedoch. ben meiften Schulgefegen ebenfalls unterworfen find. Sie 
—— dem Unterſchiede ihres Ranges und Koſtgeldes: Noblemen, Fellow- 
ers und Commoners. S. Kuͤttner in ſ. „Beitraͤgen“ ıc., St. 11, 12, 
in ſ. „Reife durch England ꝛc.“ (18 16). Auch die Schule zu Eton hat ein 
für einen Propſt, 7 Fellows und 70 Knaben, die Collegers, d.h. Alumnen, 
Die Fellows von Eton haben das Mecht, fidy zu verheirathen und neben 
Fellowſhip eine Pfarrei zu befigen; auch werben fie als Dignitaries der 
(4. B. wie Domberren) betrachtet. Sie und der Propft find die Directoren 
‚ verwalten die Güter des Collegium, beſetzen bie Pfarreien und Fellow⸗ 
elben und wählen die Lehrer. Don den Collegers In Eton rückt der oberfte 
in bie erſte erledigte Stelle des Kings College zu Cambridge, ald Scholar, 
dann in 3 Jahren Fellow, mithin lebenslänglich verforgt. (Vgl. Adler: 
„Hist. of the Colleges of Winchester, Eton, Westminster” ıc., &ond. 
> und Deſſ. „Geſch. dee Weftminfterabtei und ber Univerfitit Oxford und 
e“, mit Kpf.). Die claffifhe Literarur ift der Hauptgegenſtand des Uns. 
; daher die allgemeine Kenntniß, welche in England felbft die Vornehmen 
ichen von Griechenland und Rom befigen. Über die Wiffenfchaften werden, 
ge Vorleſungen gehalten, die kaum bie nöthigen Winke zum eignen Stu⸗ 
; auch fleht, mit Ausnahme der mathematifchen, in der gruͤndlichen 
derfelben der Brite im Banzen dem Deutſchen nach. Allein bei der felbs 
Art ber Entwidelung, die durch den äußern Zwang nur an Gediegenheit 
muß, bilden fidy mehr Gelehrte in jedem Sache, wenngleid außer diefem 
ipre Kenntniffe mager find. Die Colleges find weniger Erziehungsanftalten, 
ete Republiken mit einer geordneten Claſſenabſtufung, wo eint auf die 
wirft und die mit dem Beifte der Nation in Berbindung fliehen. Die Eins 
der englifchen Univerfitäten trägt felbft zur Aufrechthaltung der Staates 
g bei. Sie gibt der anglikaniſchen Kirche eine bieracchifche Würde und 
durch die Mifchung dee Stände eine gewiſſe bürgerliche Gleichheit. Das 
ewinnt felbft die aͤußere Bildung; bei dem Anfehen, bas ber Stand der Ge: 
im England genießt, weil ihm Unabhängigkeit, Rang und Wohlftand ges 
fab, verfinkt er zwar nicht in Sorgenbrud auf den Hochſchulen und in den 
geiftlichen Stellen, deſto mehr aber in den Heinen verdungenen Pfarrftellen, 
trifft auch unter den britifchen Gelehrten viel Pedantiemus und Eins 
























ollin (Geinrich Joſeph, Edler von), Sohn eines Arztes, geb. zu Wien 
(3 Sam 1781 in das Loͤwenburgiſche Stift, wo er die Grundlage f. Bildung 
R die, durch Selbſtudium vervolllommnet, ihn zur Führung wichtiger (Ber 
wfähig machte und, verbunden mit jeinem Genie und feinem raftlofen Fleiße 
ſchen Studien, ihm auch als Schziftfteller einen ehrenvollen Plag erwarb. 
nwang fich bei der Kinanzhofftelle von Stufe zu Stufe, bie er 1809 Hofrath 
w geh. Credit». Hofcommiffion wurde und den Leopoldsorden erhielt. Ohne 
Eye auf feine wankende Sefundheit arbeitete er mit unermübetem Eifer ; felbP 
Biebtingsmrigung, bie Dichtkunft, brachte er der Amtspflicht zum Opfer. Richt 
ANberraſchte ihn der Morgen am Arbeitstifche. So mußten bie ſinkenden Kräfte 
mu. 1811 mbdigte ein Nervenfieber fein thaͤtiges Leben. Collin’s frühere poes 


158 Collin (Matthaͤus, Edler v.) Coollin d’Harleville 


tiſche Arbeiten wurden durch Ihn ſelbſt groͤßtentheils vernichtet. Einer Wett 
feinen Freunden, binnen 6 Wochen ein Trauerſpiel zu ſchreiben, verdanken wi 
erſtes Drama, den „Regulus”. Schon vorher hatte er die Idee des Ru 
gefaßt, daran georbnet und geändert; jene Wette war der Sporn, fein We 
vollenden. Diefer fhigbaren Dichtung folgten: „Coriolan”, „Polygena“, , 
boa”, „Bianca della Porta”, „Mäon” und „Die Horatier und Curiatler“ 
Shmanengefüng. Seine Oper „Brabamante”, die Reichard 1809 te 
in Muſik gefegt hatte, iſt weder gedruckt noch aufgeführt worden. (ine 
wahl f. kleinern Gedichte erfchien nach ſ. Tode in Wien. Bruchſtuͤcke eine 
dengedichts, „Rudolf von Habsburg”, zeigen, was wir in biefer Gattım 
Dichtkunſt von Collin zu erwarten gehabt hätten, wenn es ihm vergönnt ga 
wäre, fich bloß den Mufen zu weihen. Ein durch dad Studium der Alten ga 
ter Geiſt und Einfachheit harakterifiren alle feine Werke. Seine Eräftige w 
diegene Sprache verfchmäht jeden eiteln Schmud. Daher mag feine Po 
weiten kalt und ftarr erfcheinen, wie denn fchon die Wahl feiner Stoffe zeig, 
er dem maͤnnlich Echebenden mehr nachhing ale dem gemuͤthlich Ruͤhrenda 
Erſchuͤtternden. Die legte Felle konnte er f. Werken nicht geben; jedod Ma 
fhon Manches zu einer neuen Ausgabe derfelben mit der ihm eignen Sorgkl 
bereitet. Eine volftändige Ausg. f. ſaͤmmtl. Werke, begleitet von eine Mi 
phie des Verft., hat fein Bruder beforge (Wien 1814, 6 Bde). Ihm wei 
einfaches Denkmal in der Karlskiche zu Wien errichtet, zu welchem aus alla 
len der Monarchie Beiträge einliefen. Die Zinfen des Überfchuffes diefer Cl 
a Gulden, wurden zur Beſtreitung eined Stipendiums für Recdrif 
beitimmt. 

Collin (Matthaͤus, Edler v.), Bruder Heinrichs v. Colfin, geb. zu 
den 3. Mir; 1779, dichtete bereits in f. 20.%., als fein Bruder das Tram 
„Regulus“ vollendete, die Oper „Calthon und Colmal““, wozu Winter ein 
liche Muſik componirte. Indem er, feiner Neigung folgend, das Srubia 
Ppiloſophie und Geſchichte mit jenem ber Literatur verband, betrieb er, dem W 
f. Verwandten gemäß, zugleid Die Rechtswiſſenſchaft und erhielt 1804 die D 
wuͤtde an der Univerirde zu Wien. Nach der Auflöfung des deutfchen Reid 
lieh er die juriftiihe Laufbahn und erhielt 1808 die Profeffur der Afttetl 
der Geſchichte der Philoſophie an der Univerfität zu Kralau. Nach der Bel 
Krakaus durch Lie Ruſſen ward er in Wien Prof. der Gefchichte der Philofey 
der Univerfitäe und zugleich k. k. Hofconcipift in Finanzdepartement. 18; 
nannte ihm der Kaiſer von Öſtreich zum Erzieher des Herzogs von Reit 
As ſolcher ftarb er den 23. Nov. 1824. M. v. C. fteht ale dramatiſcher 1 
unter ſ. Bruder. Seine Werke verrathen mehr Geſchmack und Srudia 
lebendigen Beruf zur Poefie. 1808 erfchien f. hiſtoriſches ESchaufpiel: „! 
Krieg mit dem Vater’, bei Cotta. Er hat dies Schaufpiel in der Folge m 
beite. ©. f. „Samml. dramat. Dichtungen” in + Bdn. (Peſth 1815u.1 
Nach dem Tode f. Bruders gab er deffen Schriften heraus und entwarf bil 
den Charakter der Zeit, in welche das Leben f. Bruders fill. 1813 übems 
die Redaction der ehemal. „Wiener Literaturzeitung ”, ſowie 1818 die Ha 
der „Wiener Jahrb. der Literatur”. Zu beiden Zeitſchriften hat er mehre ü 
Arbeiten geliefert. 

Collin d'Harleville (Yean Francois), geb. 1750 su Moh 
unmeit Chartreß, verlieh die juriftifche Laufbahn und bereicherte die franz 1 
mit Charafterflüden, welche fi auf dem Repertoice erhalten haben. Die m 
lichflen find: „L’inconstant”; „T’optimiste”; „Les chäteaux en Fapa 
„Alonsieur de Crac dans son petit castel”; „Les artistes”. In dem 
(1786) fieht man nos das Studiun des Vfs.; in ber Folge ging er feinme 


% 


nun Gollesedo (Bam) 169 


| en f. beften Stüde, dem „Vieux oelibataire”, zu ben Grund» 
X zuruͤckgekehrt; man findet darin ein moraliſches Intereſſe, das fich 
t und Wahrheit aus der Intrigue entwickelt, und zugleich gut entworfene 
ghaltene © e. Im Allgemeinen tabelt man an f. Komödien, daß fie 
Hg Tomsifch find und daß es f. komiſchen Charakteren an Phyſiognomie fehlt. 
8 alfegorifchen Gedicht In 2 Geſ.: „Melpomene et Thalie” und in meh⸗ 
Paffficitten Stüden, die er im Inflitute als Mitglied deffeiben vorgelefen 
Dt Beitfcheiften eingeruͤckt hat, findet man Natur und Leichtigkeit und einen 
Pi von einer milden und fentimentalen Philofophie, die jedoch zumellen ins 
e ausartet, faft immer aber einen elegifchen Charakter annimmt. Die Werſe 
fe ſchwach und ohne poetifchen Schwung. Collin ſtarb zu Parts 1806. Seine 
Linb in 4 Bon. erichienen. 
Bollifion, in der Moral und dem Naturrechte ein Widerſtreit bee Hanb⸗ 
fodaß die eine durch die andre ganz oder zum Theil verhindert wid. Da 
te die Beflimmungsgrüunde ber Handlungen find, fo wird eine Collifion 
fee ein ſolcher Widerſtreit fein, wo mehre nicht gugleih Beſtimmungs⸗ 
bes Willens werden können. Diefelbe trifft nicht die Korm der Geſetze als 
verbindliche Regeln, fondern die Anwendung derfelben auf beflimmte 
die Handlung, weldye unter gewiffen vorwaltenden Umftänden unter das 
fabfumist wird. Wo nicht beide Gefege zugleich beachtet werden koͤnnen, 
Regel: Das höhere Geſetz muß dem niedrigen, das urfprüngliche dem abe 
‚ das weſentliche dem zufälligen vorgehen. Bei Eollifion der Pflichten 
zufällige und bupothetifch nothivendige der unbedingt notyivendigen, 3.8. 
t gegen den Naͤchſten der Pflicht gegen fich felbft, die objective der ſub⸗ 
Die Pleinere der geößern weichen. (S. Verbindlichkeit.) Was die 
betrifft, fo geht das pofitive Hecht des Einen dem negativen des Andern, 
bem neuern vor; find Beider Rechte gleich, fo muß ein Jeder gleich viel 
So Elar die Regel ift, nach welcher in einer Collifion gehandelt werben 
ſchwer ift fie doch in manchen Fällen zu befolgen, wo die Merkmale, nad 
Die Pflichten an ihren Ort geftellt fein müffen, zu febr in einander fließen und 
e Scyarfblid und die voufte Aufrichtigkeit dazu gehören, fie richtig zu 
den. 
slim (Friedrich von), Affeffor der Oberrechnungskammer in Berlin und 
Schriftſteller während des Kriege von 1806 und 1807, geb. 1766 im 
Durch feine Weigerung 1806, den von den Franzoſen gefoderten 
id zu leiften, brotlos geworden, trieb er eine Schriftftellerei, die, fo ſehr fie 
dem Daufen bes Publicums Beifall fand, body um fo tadelnswerther war, 
bie Schwaͤchen der preuß. Verwaltung und die ſaͤmmtlichen Staates und 
itniſſe Preußens auf die ruͤckſichtsloſeſte Weiſe aufdeckte. Wegen ſ. 
sen Briefe uͤber die innern Verhaͤltniſſe Preußens“ (6 Bde.) und wegen 
: „Feuerbraͤnde“, kam er in Unterfucyung und auf die Feſtung Glatz 
herftellung feiner Geſundheit wurde ihm der Beſuch der Baͤder zu Landeck 
Iet, ben er benugte, um nach Öftreich zu entfliehen. Der König ſchlug fpäters 
ke Unterfuchung nieder. Dierauf arbeitete v. C. in einem literarifchen Bureau, 
Ira Staatekanzler über Preußen betreffende Schriften und Auffäge Bericht 
dete Er farb am 13. Jan. 1820. 
Golloredo, eine der berühmteften Familien der oͤſtreich. Monarchie, die 
us Bergſchloſſe Colloredo in Sriaul den Namen führt. Ein Zweig ber 3. Linie 
des Exberuchſeſſenamt in Bohmen und ward 1763 in den Reichsfuͤrſtenſtand 
_ Zweig führt zugleich den Titel von Mansfeld. Merkwuͤrdig find 
U 1 Zabricius, geb. 1576, trat als Page am Hofe Ferdinands vom 
Diet in Dienſte. Cosmus U. fandte ihn als Geſandten an Kaiſer Rudolf IE 






















760 Gollot d Herbois Colombia 


Daniel Eremita, ein edler Flamaͤnder, fein Begleiter, hat im latein. 
dieſe Reiſe beſchtieben. Er befehligte dann ein Corps, das dem Herjeg v 
gegen ben Herzog von Savoyen beiſtand, und wurde bei Coomus IN 
Friedrich II., erſter Miniſter. Ex ſtarb zu Florenz 1645. — IL Ruds 
v. Waldſee, Feldmarſchall der kaiſerl. Armeen unter Ferdinand IL. u. Ferdu 
geb. 1585 u. geft. 1657, zeichnete ſich im dreißigiaͤhrigen Kriege aus, imi 
bei Lügen und 1648 durch die Vertheibigung Prags. — IL Franz, 9 
geft. 1806, Oberfthofmeifter des jegt vegier. Kaiſers Kranz, dann geh. 
und Gonferensminifter und Chef der Hof⸗ und Staatskanzlei, zog ſich 
Schlacht von Aufterlig von Öffentlichen Gefchäften zuruͤck. — IV. Fran 
dacar (Reichsfuͤrſt) v. Colloredo⸗Mansfeld, geb. 1731, gel 
Don 1767-71 war er Sefandter in Madrid; feit 1772 Principalcom 
beim Reichſkammergericht und feit 1789 Reichsvicekanzler bie zu der, 
1806, erfolgten Niederlegung der Eaiferl. deutfchen Reicherenierung. — 
ronymus, geb. 1775, €. k. Feldzeugmeiſter, befehligte 1813 die erfte: 
theilung, trug zu dem Siege bei Kulm (f. d.) bei und warb nach di 
Generalcommandant in Böhmen. Erflarb 1822. 

Collot d'Herbois (Jean Marie), talentiofer Komddiant, Mit 
ruͤchtigten parifer Municipatität zur Zeit de8 10. Aug. und am 2. Sept. 17 
bes Rationalconvents, warb nad) dem Sturz Robespierre's aus dem Cı 
floßen und nady Cayenne verbannt, wo er im San. 1796 ſtarb. Diefe 
war es, ber bei ber erften Sigung bes Nationalconvents darauf antrug, d 
thum abzufchaffen und die Republik zu erklaͤren. In &non, wo eran 
ber Commiffion ftand, welche diefe Stadt, in der die legten Flammen 
und Ordnung aufgezudt hatten, züchtigen folite, führte er jene Miederfi 
in Maffe ein, da die Suillotinen, obgleich nach dem technifchen Ausd 
Zeit en permanence, nicht fertig zu werden vermochten. 

.  &olman (George), Theaterdichter, geb. 1733 in Florenz, wo 
engliſcher Mefidene war, ſtudirte bie Rechte in Orford, folgte aber feine 
zue Dichtkunſt. 1760 erfchien fein erſtes Luftfpiel: „Polly Honeycom 
Erbſchaft fegte ihn in den Stand, fich ganz der Literatur zu widmen. 
1768 einen Antheil am Goventgardentheater und übernahm deſſen 
verkaufte denſelben aber wisder, um 1777 das Haymarkettheater allein 
weldyes er auch dirigirte und zu einer vorzüglihen Höhe brachte. ( 
Ende feines Lebens ward er wahnfinnig amd flarb 179% im Srrenhau 
bat von ihm 26 Theaterſtuͤcke, worunter feine „Clandestine marriage" 
Gemeinſchaft mit Garrik verfertigte; eine Überfegung der „Ara poetica 
raz mit einem Commentar, in welchem er Wieland’s Idee folgt, daß 
gentlich eine an einen Enkel Piſo's gerichtete Epiftel fei, um ihn von 
kunſt, durch Darftellung ihrer Schwierigkeiten, abzuhalten; ferner v 

Auffäge: „Prose on severalocoasions” (3 Thle.). — Sein Sohn Gı 
“ jüngere, geb. 1767, Eigenthümer vom Haymarkettheater, wird ale | 
bramatifcher Dichter, auch als Liberfeger des Terenz gefhäst. Gein 
gehören im Fache des Luftfpield und der komiſchen Oper zu den belie 
neuern englifhen Bühne. 

Colombia, fo nennt ſich ſeit dem 17. Dec. 1819 ber mächtigfb 
in dem ehemals [panifhen Suͤdamerika, der zu beiden Seiten des Äqu 
5° 50° S. bis 12° 30’ N. B.) über eine Fläche von 63,559 geogr. [IM 
breitet, und von den Küften bes flillen Meeres an bis über die höchfh 
ber Anden hinweg, den hoben Chimboraffo und das Thal von Quite, 
des Orinoco bis an das atlantifche Meer und die ganze Kuͤſte des caralbik 
ces umfaßt, im Süden Peru und Brafilien, im Norden aber den B 


N 


— Colombia 761- 

n Archipels und mittelft der Landzunge von Darien Mericd -die Hand 
eb Land, weiches Colombo zuerft als das fefte Land der neuen Wett 
beſteht ans dem oflwärts liegmden Caracas oder Venezuela 
aus Neugranada, das nach Werften bin das hoͤchſte, durch drei Ges 
abgetheilte, Andenland begreift. Neugranada hatte ſich 1811, unter 
eralcongreß, fiir unabhängig von Spanien, das diefe Provinz durch 
koͤnig regieren ließ, erklärt (vgl. Suͤdamerikaniſche Revolu«- 
den alten Namen des Landes Sundinamara (die tlaskalaniſche Liebes⸗ 
been Tempel die Volksverſammlungen gehalten twurben) angenommen. 
m Sjährigen Kampfe drang Bolivar (f.d.), „ber Befreler“, Präffs 
mgrefles und Oberfeldherr der Republikaner, im Sun, 1819, mit feinem 
bie faft unwegfamen Gordilleren nach Neugranada vor und erkaͤmpfte 
Sieg bei Bochica (im Jul.d. 3.) die Freiheit diefes Staats, ber ihn zu 
fibenten emannte, worauf er am 9. Sept. ben Wunfch ber Völker von 
ca, mit Venezuela zu einer Republik vereinigt zu werden, Öffentlich 
Der Congreß des Freiſtaats Venezuela zu Angoftura beftätigte hierauf 
nfch den 17. Dec. 1819. Endlich entſchied Bolivar's Sieg bei Cala⸗ 
24. Juni 1821, über La Torre das politifche Dafein ber Republik Co⸗ 
Dierauf machte der ſouveraine Nationalcongreß von Venezuela und 
‚a, in der Stabt Roſario de Cucuta, auf die Grundlage der von dem 
on Venezuela in Angoftura am 17. Dec. 1819 angenommenen Berfaß- 
Grundgefeg der Republik Colombia, am 12. Juli 182i, dem 11.9. 
ängigteit, bekannt, das von allen Deputicten, 57 ander Zahl, umb 
wäfidenten, Joſe Marquez, und dem Vicepräfidenten, X. M. Briano, 
et war. Die Grundlagen der Berfaffung von Colombia find: Volks⸗ 
tr; Mationalrepräfentation, mit allgemeinem Wahlrecht; Verant⸗ 
der Diener der oberſten Nationalgewalt, welche in die gefeßgebende, 
: und richterliche getheilt wird; perfönliche Sicherheit und Freiheit der 
a und der Prefie. Auch wurde die Errichtung einer Denkſaͤule auf der 
Galabozo, welche die Namen der Gebliebenen enthalten foll, und bie 
einer Hauptftabt, mit dem Namen Libertabor Bolivar, befchloffen. 
der Unabhängigkeit, der Vereinigung und ber Siege der Völker Colom⸗ 
imte der Gongreß ben 25., 26. und 27. Dec. als Nationalfefltage. — 
Zeit wurden die noch von den Spaniern befegten Provinzen des neuen 
duch Bolivar's Waffen erobert, im Sun. Maracaibo (am See gt. N. 
ndelöft. Neuzamora); am 5. Oct. Cartagena; hierauf Puerto:Gabello ; 
t. Cumana. Auch hatte die Junta von Guayaquil (Stadt in der Pros 
‚ und Stapelplag des Handels mit Peru am flillen Deere) durch den 
‚m 15. Mai 1821 ſich unter dm Schup der Republik Colombia geftellt ; 
oß fi Panama (Provinz und Hauptſtadt der Landenge Darien am 
te, die mit Peru, Chile und mit Weftmerico Handel treibt), an Cos 


e Republlik hat etwa 34 Mill, Einw., darunter 1 Min. Mulatten, 
eger und 1 Mill. Indianer. Der Congreß theilte (12. Sun. 1824) die 
3 12 Departements, jedes in Provinzen und biefe in Cantons; er ſprach 
ng alles Religionen aus. in englifchscolombifcher Verein für Adler 
be Coloniſten in das fiuchtbare Tropenland diefes jungen Freiſtaats, der 
Großbritannien anertannt worden ift und ein Schutz⸗ und Handels⸗ 
it dieſem Reiche gefchtoffen hat. Noch find Aderbau, Induſtrie, Hans 
len⸗ und Bergbau, Schulanſtalten u. f. w. im Werden begriffen. Auch 
igen Centralſyſiem der Regierung, von der Hauptſt. Bogota (in Reus 
mit 40,000 Einm.) aus, fieht, feit General Paez 1825 ſich am bie 


% 


762 Golombo 


Spitze der Foͤberativpartel ſtellte, eine Umbilbung in bie Union eines F 
ſtaats bevor, wenn der 1826 auf6 neue erwaͤhlte Präflbent Bolivar v 
wo ihn bie Republik Peru zu ihrem Präfibenten auf Lebenszeit Im Aagı 
ernannt hat, nad) Colombia zurückkehrt und fich, die verſchledenen Veduͤr 
einzelnen Provinzen diefer Republik beruͤckſichtigend, dafuͤr erklͤct. 9 
2826 betrugen die Staatseinkünfte 234 Mill., die Staatsausg. beinahe: 
und die Staatsfhulb 674 Mil. Gulden. Die Zinszahlung im Englan 
Das Heer it 32,000 M. ſtark (ein Theil ſteht in Peru), die Miliz 60,0 
die Flotte 30 Fahrzeuge, darunter 6 Corvetten. Über die Beſchaffenheit 
des, der Llanos, der Einwohner, den Zuftand der Sitten, die Art zu re 
Bauart der Staͤdte und den Charakter der bedeutendften Maͤnner, enth 
„Briefe aus Solumbien, von einem hanoͤverſchen Officier“ (Leipz. 182 
Nachtichten. Das Hauptwerk, Mollien’® „Voyage dans la rep. de C 
en 1823 (Paris1823, 2 Bde. ; auch engl. und deutfch 1825), beſche 
ztiglich dem weſtlichen Theil. Das Bild fälle nicht fehr guͤnſtig aus. 

Colombo (Ehriftoforo), fpanifch Colon und mit der lat. Endung 
bus, der Entdecker der neum Welt, geb. zu Cagureto im Genueſiſche 

(nach X. zu Cuccaro im Montferrat). Sein Vater, ein Seemann, gab! 
forgfättige Erziehung und nahm ihn fchon in feinem 14. Fahre auf fein 
im mittelländifchen Deere mit. 1464 war er in Island, und fpäter &ı 
wieder im mittellänbifchen Meere auf Schiffen, die einer feiner Verwandt 
die Mohammebaner und Venetianer ausgeräftet hatte. Hier gerieth k 
Gefechte fein Schiff in Brand, der Juͤngling flürzte fi Ind Meer und 
durch Schwimmen nach großer Anftrengung das Rand. Portugal z0g 
durch feine Unternehmungen zur See die Aufmerkſamkeit Europas auf f 
Colombo ging nad) Liffabon, wo er Verwandte und Landsleute fand; erh 
bier bie Tochter des Bartol. Pereftrello, eines Seefahrers, der an der En 
von Mabelra Theil genommen hatte und bei ausgebreiteten Kenntniffen ! 
Charten und Inſtrumente befaß. Diefe benugte Colombo und immer fefter 
ibm det Gedanke, daß, wie f. kuͤhner Geiſt fchon früher geahnet hatte, auch ! 
Seite unfers Erdbodens Land enthalten müffe, welches zu Dinterafien gel 
mit dem noch wenig befannten Indien zufammenhänge; während die Poı 
einen Weg dahin um Afrika fuchten, glaubte er durch eine Fahrt nach W 
und kürzer dahin gelangen zu innen. Vergebens fprach er fein Baterlant 
um Unterflügung an; ebenfo fruchtloß waren feine Bemüßungen bei I 
von Portugal. Hierauf wandte er fi an den fpanifhen Hof, waͤhr 
Bruder Bartolomeo nad) England und Frankreich ſich begeben ſollte. Di 
hatte das Unglüd, von’ Seeräubern gefingen zu werden. Colombo legt 
Plan dem Könige Ferdinand und der Königin Iſabelle vor, und erhielt nac 
Kampfe gegen die Hinderniffe, welche Unwiffenheit, und böfer Wille ibn 
Weg legten, von der Königin 3 Heine Schiffe mit 120 M. Befagune. 9 
ihm die Würde eines Großadmirals und Vicckönige in den zu entdeckenden 
nad Ländern, welche leßtere Würde in feiner Familie erbfich fein ſollte, nebi 
Antheile an dem Gewinne in einem feierlichen Vertrage zugefagt worden, 
Colombo das größte feiner 3 Schiffe, welches er Marie nannte, und feg 
3. Aug. 1492 aus dem Hafen von Palos ab. Sobald er ſich aufden can 
Juſeln mit friſchem Waffer verfeben, fleuerte er nad) Suͤdweſten hinau 
nte zuvor befahrenen atlantifhen Dcem. Als man aber 21 Tage lang 
nad einer Richtung gefahren war, ohne etwas anders als Hinmelund W 
feben, da erhob ſich Muthlofigkeit und Unzufriedenheit umter der Max 
Man gehe, fanten fie, dem fichern Untergange in diefen Waſſerwuͤſten en 
and muͤſſe den Befehlthaber zur fchleunigen Ruͤckkehr zwingen, ja bie We 


Golombo 768 


AR ABER Bord zu werfen. Während Colombo alter Geiſte agegen ⸗ 

bie Muthiofen zu erheben und die Aufchhrer in Schranken zu halten, 
Erfheinmngen, die aud) ihn In Erſtaunen fegten. Die Magnetnadei 
HanyenOrad vom Nordpol ab und fehlen unſicher zu (danken, dann 

das/ Meer wie mit Gras bewachſen, umd ließ Untiefez und vers 
befhecitent, Dagegen erſchienen aber andy, als Worbotenr des nicht 
Landes, Schäten von Vögeln, deren Fluge Colombo nun entgegen» 
Mat fegte mit neuem Muth die Reife noch mehre Tage fort, bis end» 












FEagen kein Land erſchlenen ſei. Feſt überzeugt, daß er dem Rande 
Anüffe, verfptach er Demjenigen eine Belohnung, der es zuerſt erblicken 
Alies blieb die Nacht Aber munter, und nachdem bereits arrı Abend des 


date, erſchon um Mitternacht von dem Maſtkorbe bes voranfegeinden 
ber beftätigende Zuruf: Land! Guanahani war die Inſel, welchevor ihnen 
Bald darauf von’ Golombo, in der einen Hand die Fahne, im der andern 
jte Schwert;  zuerft betreten wurde, währen Be erſtaunten (Einwohner 
wgn veefammelten, umd feine Soldaten, beſchaͤmt über ihren «Peinmurth, 
5* warfen, Gott für ihre Rettung dontent, ihren Anfaheer aber alt 

und Vicekönig begrüßend. Colombo pflanzte fofort bie Fahne auf, nahm 

Paen dem Bande im Namen feines Könige und mannte es zum Andenken am 

em Gefahten, San-Salvador. Auf die Nachricht der Cinwohnet, daß 

‚ein reiches Goldland liege, richtete Colombo feinen Lauf dahin, entdedite 

Hispaniola, beſchloß aber, ba eins feiner Schiffe gefcheitert und das 

von Ihm getrennt war, die Nachricht von dem Erfolge feiner Unternehmens 
Spanien zu bringen. Nachdem er bie Trlimmer des geſcheiterten Schiffe 

19 eines hölgeenen Forts angewandt und eine Befagung von 3O Frei⸗ 

darin zurädigelafien hatte, trat er im Jan. 1493 die Rückeife an, auf 
Be ſchon am folgenden Tage das verloren geglaubte Schiff wieder mit Ihm 

. Ein ſchreckücher Sturm überfiel beide Schiffe auf der Fahrt und 

fe dem Untergange nahe. Colombo, weniger mit feiner Rettung als mit 

19 feiner Entdeckung befchäftigt, verzeichnete dieſelbe auf einer Pergas 

, die er in einem Faffe wohlverwahtt dem Meere übergab, in der Hoffe 

),_ daß die Flut fie irgendwo ans Land treiben werde. Kaum mar er mit 


Iufeiebenbeit‘fo allgemein ausbrady, daß Colombo die Ruͤckkehr gelobte, 


AIcheit fertig, als der Sturm ſich legte. Am 15. März tief er unter dem 


bes Dolls, dem Donner der Kanonen und dem Geläute aller Glocken in 

Beim. Er eitte ſogleich nach Barcelona, wo Ferdinand und Iſabelle Ihren 
1, 309 feierlich daſelbſt ein, Inden er bie Erzeugniſſe der neu entdeckten 

kim Triumph vor fid) aufführte. Ihm war ein Seſſel neben dem Throne 
X, auf welchem figend er feinen Bericht erſtattete, der Vewunderung erregte. 
hema er zum Granden erhoben und mit allen Zeichen ber koͤnigl. Huld Liber» 
worden, lief ee am 25. Sept. 1493 mit 17 Schiffen und 1500 Mann von 
zum ztelten Male aus und kam am 2. Nov. wieder auf Hiſpaniola an, 
& die zuruͤckgelaſſene Cofonie vernichtet fand, ließ er eine befefligte Stadt er» 
db die er ber Königin zu Ehren Iſabella benannte, und zu deren Gouverneur 
Den Bruder Diego einfegte. Er lief fogleich auf neue Entdeckungen aus, ber 
: auf einer Smonatlihen Reiſe Jamaica, und fand fid), als er krank von 
"Unternehmung zurldehrte, auf das freudigſte überrafcht durch die Gegen ⸗ 
feines Bruders Bartolomeo, welcher ber Gefangenfchaft entronnen war und 
Vconie Lebensmittel und andre Beblirfniffe zugeführt hatte. Unterdei war aber 
rEelombos Begleitern eine allgemeine Unzufriedenheit ausgebrochen. Diefe 
En der ehösichten Meinung ihm gefolgt, in der neuen Welt Beicyehlimer ohae 


764 &olombo - 


Mühe ſammeln zu Einnen, und fanden flatt beffen Arbeit und Beſchwer 
rächten ſich durch Werleumbungen, meldeten, baß der Hof in feinen Eı 
getäufcht worden, und machten bie gehäffigften Schilderungen. von dem 
dem Befehlshaber. Colombo glaubte feinen Feinden am beften zu begei 
ec feinen Gebietern bedeutende Schäge vorlegte, und ließ zu dem | 
ohne gewaltfane Maßregeln, beiden Eingeborenen alles Gold einfammel 
ein perfönlicher Feind Colombo's, erfchien als Commiffair zur Unterfi 
Befchwerben. Der Vicelönig, dem es unter feiner Würde fchien, 
Lande, mo er feine Macht ausübte, vor Gericht ziehen zu laſſen, erna 
feinen Bruder Bartolomeo zu feinem Stellvertreter, ging am 20, 9] 
mit 225 Spaniern und 30 Eingeborenen nach Europa unter Segel, 
durch feine Gegenwart und noch mehr durch die mitgebrachten Schaͤte al 
Vorſpiegelungen feiner Feinde zu Boden. Dennod wußten diefe bie 
der Beduͤrfniſſe für die Colonie ein ganzes Jahr und die neuen Rüftung 
Jahr zu verzögern, ſodaß Colombo erft am 4. Jul. 1498 feine dritte f 
Schiffen antreten konnte. Man hatte, um diefe Fahrzeuge zum Theil 
nen, die Gbefängniffe geleert: eine Maßregel, zu dee Colombo unbı 
Weiſe gerathen und bie von feinen Feinden mit Begierbe vollzogen x 
Drei feinee Schiffe fandte er auf dem kürzeften Wege nach Difpaniola, 
übrigen aber ging er in weftlicher Richtung auf neue Entdeckungen aus, 
mehre Inſeln, u. A. Trinidad, und erreichte das fefte Land von Amerif 
terfuchte die Küften von Paris und Cumana, und fehrte, nachdem 
zeugt hatte, daß fie feftes Land feien, nach Hispaniola zurüd. Hier war 
von Iſabella, feiner zuruͤckgelaſſenen Verfügung gemäß, auf die G— 
eine neuerbaute Stadt verlegt worden, welcher er den Namen St.: Do 
Aber er fand dieſe Colonie in einem Zuftande der Gährung, daß er zu ihı 
Maßregeln ergreifen zu müffen glaubte, bie fein Gerz nicht billigen kom 
dem er durch weiſe Mäßigung die Ruhe äußerlich hergeſtellt hatte, fdy 
dem Mangel an Arbeitern abzubelfen, zu einer Vertheilung der Län 
Einwohner, und legte, indem er fie der Willkuͤr Ihrer Herten prei 
Grund zu jener Sklaverei, die bis auf unfere Zeiten fortgebauert hat. 
Feinde beſtuͤrmten unterdeffen die Fürften mit ihren Vorftellungen voı 
bräuchen feiner Gewalt, und daf er nur damit umgehe, ſich unabhängig 
bis endlich auch Iſabella dem fon gewonnenen Gemahle nadygab und 
Bovabilla mit großer Vollmacht nach Hispaniola ſchickte, um den Vi 
Rechenſchaft zu ziehen. Diefer war nicht fobald erfchienen, als er Co 
laden, und als diefer ſich unbedenklich einfand, verhaften und in Ke 
ließ. Gleiches Schickſal hatten feine Brüder. Alle Drei wurden, nebftı 
tokolle uber die Ausfagen ber erbittertften feiner Feinde, nach Spani 
Dieſe tiefe Schmach ertrug ©. mit wuͤrdiger Faſſung, unb ſchrieb, fo 
23. Nov, 1500 im Sabir eingelaufen war, einen Brief an ben König ı 
nigin, worin er ihnen die erfahrenen Kränfungen meldete. Cine gnddii 
tief ihn an den Dof, wo ihn die befyämten Monarchen mit der gemol 
seichnung empfingen. Cr rechtfertigte ſich in einer einfachen Rede, war 
Anklagen lo8gefprochen und in feine Würden wieder eingeſetzt. Ferdinc 
fogar in die Abfegung Bovadilla's ein, welches ber erſte Schritt zu dei 
mirale verfprochenen Genugthuung fein follte. Die Zeit indeß aͤndert 
finnungm. Man fprach von großen Rüftungen, und fchicte, da fie 3 
ten, inzwifchen den Nicolao de Dvando y Lares als Statihalter nad L 
Colombo foderte Dringend, daß ihm bie feierlichfl gegebenen Verſprec 
würden, bis er ſich nach Zaͤhrigem Darren überzeugte, daß man befehl 
feine gerechten Foderungen nicht zu erfüllen. Auch Darüber wußte fid 


Colombo 765 


uch zu beruhigen; Ihm lag bie Vollendung feines Werks am Herzen, und 
xeMeinung, daß das von ihm gefehene felte Land Afien fei, zweifelte er nicht, 
IE Meerenge von Darien einen Wey nad) Oſtindien zu finden, von mo «ben 
fe reich beladene Flotte der Porsugiefen auf dem Wege um Aftika zuruͤckge⸗ 
we. Auf 4 armfeligen Schiffen, die der Hof fuͤr dieje Unternehmung aus⸗ 
hatte, ging Colombo endlih am 2. März 1502 mit feinem Bruder 
klomeo und feinem Sohne Fernando zu Sabir unter Segel, und kam wider 
‚mefprhingliche Abficht am 25. Sun. auf der Höhe von St. Dontingo am, 
vergebens um die Erlaubniß bat, in den Dafen einlaufen zu dürfen, um theils 
Schiffe ausbeſſern zu laſſen, theils einen bevorftehenden Sturm abzumarten. 
ML de:moch Gelegenheit, fein Meines Geſchwader in ber folgenden Nacht 
mb des Orkans zu bergen, indeß eine gegen feine Warnung unter Segel 
dene Flotte der Spanier von 18 Schiffen fafl ganz zu Grunde ging. Er 
feine Reife hierauf nach Darien fort, obne die vermuthete Durchfahrt zu fine 
zwei feiner Schiffe zerftörte der Sturm auf diefer Fahrt, die beiden andern 
sten im Angefichte von Jamaica, mohin er ſich faum mit feinen Gefährten 
Be Hier warteten des Ungluͤcklichen die haͤrteſten Prüfungen feiner Stande 
Weit. Getrennt von der Übrigen Welt, fchien er dem geroiffen Verderben 
werben. Es gelang ihm jedoch, fid von den Eingeborenen ein Paar 
ns zu verfchaffen, und er bewog zwei feiner kühnften und erfahrenften Sen 
‚ auf diefen, aus einem hohlen Baumflamme gesimmerten Fahrzeugen bie 
Bach Dispaniola zu wagen, um dem Statthalter die Kage bes Admirals zu 
Monate vergingen, ohne daß fid) Rettung zeigte. Verzweiflung ergriff 
Theil feiner Begleiter. Sie überhäuften ihn mit Schmähungen, bedrohten 
a6 ein Mat fein Leben und trennten fi) endlich von ihm, indem fie nad) 
g andern Theile der Inſel zogen. Hier erbitterten fie durch ihr graufames 
ngen die Einwohner fo ſehr gegen alle Spenier, daß fie aufhörten, ihnen Les 
mittel zu liefen. Der Untergang Aller fchien gewiß. Aber Colombo, defs 
Beuth mit der Gefahr wuchs, wußte auch hier ein Rettungsmittel zu finden. 
r totale Mondfinfterniß, die cr berechnet hatte, benugte er, um die leichtgläus 
a Infulaner mit dem Zome der Götter zu bedrohen, wenn fie in ihren Feind⸗ 
en fortfahren würden. Wunbererfcheinungen am Monde fuliten die 
feinee Worte betätigen. Alles war in Schreden; man brachte, was er 

Ingte und bat ihn Eniend, den Zom der Götter zu befänftigen. Dagegen kam 
Mt zroifchen ihm und ben Aufrührern zu Seindfeligkeiten, in denen mehre der 
Re getödtet, ihr Anführer aber gefangen ward. Nachdem diefer traurige 
ab Über ein Jahr gewährt hatte, erfchien den Unglädlichen die Stunde der 
ung. Jene beiden kuͤhnen Schiffer hatten glücklich Hispaniola erreicht, aber 
ur ungeneigten Statthalter nichts ausgerichtet, es gelang ihnen endlich, feibft 
Schiff zu kaufen, und auf diefem verließ Colombo mit den Seinen am 28. 
1504 Jamaica. Er begab ſich nady St.» Domingo, aber nur um fein Schiff 
fern zu laffen, und eittenady Spanien zurüd. Krank erreichte er Spanien, 
& den Tod der Königin Sfabella, drang bei Ferdinand vergeblich auf die Er⸗ 
ug feines Vertrags, verlebte einige Jahre in zunehmender Kraͤnklichke it und 
zu Ballabolid den 20. Mai 1506 im 59. Jahre feines Lebens. Sein Reichs 
ward, feinem Willen gemäß, nach St.: Domingo geführt und ſoll [päterhin 
Cuba gebracht worden fein. Die Feſſeln, die er getragen hatte, wurden mit 
is Grab gelegt. In der Curthäuferkicche zu Sevilla aber ward ihm ein praͤch 
Denkmal gefett. S. das „Reben des Colombo”, ital. von 2. Boffi (franz. 
is 1824); GSpotomo: „Colombo und feine Entdedungen”, deutſch von 
Maeqguer (Leipz. 1825); ferner „Memorials of Columbus” (SDriginaftande 
Nen des Colombo, aus ben Span. und Ital. ins Engl. überf., London 1824); 






168 Colonien (holländifche) 


nern, vorzliglich de, wo fid) Bergwerke fanden; fo Vera⸗VSruz, Cuman 
bello, Cartagena, Valencia, Saracas, und an der Küfte des ſtillen De 
pulco, Panama, dann Lima, Sonception und Buenos⸗Ayres. Die gefan 
liche Einrichtung des Mutterlandes ging gleichfalls auf die Colonien uͤber 
dem Unterschiede, daß hier die Kirche in ungleich größerer Unabhängigkei 
Könige blieb. Die Gewinnung edler Metalle blich die Hauptfache bei 
kung der Colonien, und daraus folgte von felhft, daß man den Handel ı 
ben fo viel als möglich unter firenger Aufficht zu halten fuchte. Der Ba 
in Spanien auf den einzigen Hafen von Sevilla beſchraͤnkt, von wo ar 
zwei Geſchwader, die Gallionen, etwa 12 Segel ſtark, nach Portepelto, 
von 15 großen Schiffen nad) Vera⸗Cruz ausliefen. Ward alio gleich d 
nicht gefeßlich den Händen einer ausſchlieſilichen Geſellſchaft übergeben, | 
dennoch nur das Eigenthum einiger Wenigen. Seitdem Spanien 156 
Philippinen Befis genommen, ward zwiſchen Acapulco und Manilla 
durch einige Guͤdſeegallionen ein regelmäßiger Verkehr unterhalten; alle 
Gen Beſchraͤnkungen des Handels blieben Schuld daran, daß diefe Siniel 
rer vortheilhaften Lage, dennoch der Krone Koften verurfachten, ftatt it 
zu bringen; nur eeligiöfe Ruͤckſichten verhinderten es, daß ſie nicht gänı 
geben wurden. in ungleich thätigered Leben erhielt dagegen das eure) 
lonialweſen und eine ungleich höhere politifche Wichtigkeit, als zwei im vı 
Sinne des Worts Handel treibende Nationen Antheil an bemfelben n; 
Holländer und Engländer. Die Holländer waren es zuerſt, die waͤhrend 
pfes um ihre Unabhängigkeit als fucchtbare Nebenbuhler ber damals t 
ſchen Joche unterworfenen Portugiefen auftraten. 

Der Eintritt der Holländer verlieh zugleid, dem gefammten C 
fen ein erhöhtes Intereſſe, indem der Colonialhandel dadurch einen neuen 
und eine ungleich größere Ausdehnung erhielt. Schon feit beträchtliche 
ten die Holländer den Zwifchenhanbel mit oftindifhen Waaren von & 
durch das übrige Europa beforgt und während des Kampfes um ihre Uı 
keit die Schwäche der fpanifchen Seemacht Eennen gelernt. Philipps 
ſche Maßregeln zwangen fie jegt zu dem Entfchluffe, den fie wol nid 
freier Wahl gefaßt hätten, ihre Feinde in Oftindien-zu befämpfen. 1 
das fchon zehn Jahre früher von Philipp erlaffene Verbot gegen den 9 
Holländer mit Liſſabon mit größter Strenge erneuert, und eine Mer 
Hafen diefer Stadt liegende holländifche Schiffe wurden meggenemmen 
allem Handel mit den Erzeugniffen Oftindiens ausgefchloffen, blieb den 
bern nur die Wahl, entweder dieſem Handelszweige gänzlich zu entjagen 
unmittelbar aus Oftindien die Waaren zu holen, die man ihnen in @ 
weigerte. Aufgemuntert durch Cornelius Houtmann, einen mohlur 
Mann, und durch mehre mißglüdte Berfuche, eine nördliche Durchfaht 
Indien aufzufinden, von fernen Unternehmungen der Art abgefchredtt, 
aus amfterbamer und einigen antwerpner nad) Amfterdbam eingewandı 
leuten gebildete Compagnie ber fernen Länder vier Schiffe aus, die d 
1595 unter Houtmann's und Molenaer's Befehl nach Dftindien unter 
gen. War gleicd) der Gewinn der erften Anftedelung nicht fo anfehniid 
erwartet hatte, fo hatte man dagegen die Schwäche der in Oftindien jeb 
verhaßten Portugiefen kennen gelernt, und ſchnell bildeten fich ähnliche | 
ten und fandten Geſchwader nad) jenen reihen Gegenden aus. Die de 
felten übermäßig vermehrte Concurrenz in Indien und die fortwähren 
feligleiten gegen die vereinigte fpanifche und portugiefifche Macht bewi 
ſchon nach einigen Jahren die Generalftaaten, die bisher getxennt beſtar 
ſellſchaften in eine einzige oſtindiſche Compagnie zu vereinigen, weidye I 


Colonien (englifche) 769 


2. Dir; 1602 ihr ertheilten und nachher zu verfchiedenen Malen erneuerten 
rief möcht nur den ausichließlihen Betrieb des oftindifchen Handels, fonbern 
Die rechte Über ihre in Indien zu machenden Eroberungen und anzu- 
ben laffungen erhielt. Die Oberhoheit, welche die Generalſtaaten ſich 
war wenig mehr als ein leerer Name. Schnell entividelte ſich nun 
heänbifche Colonialfpflem in Oftindien, und gleidy anfangs bekam es jenen 
unten Charalter, den es nachmals fortwährend beibehielt. Die Golonien ber 
iader in Oſtindien wurden Handelscolonien; die Molukken und die großen 
minfeln, leichter zu vertheidigen als das Feſtland von Indien, welches damals 
Igm Herrſchern gehordhte, wurden ber Hauptfig der holländifchen Macht. 
war unffreitig eine Haupturfache ihres langen Flors, indem fie nur der Herr- 
des Meeres bedurfte, um ſich darin zu behaupten. 1618 ward durch den 
talgouverneur Koen das neuerbaute Batavia zum Sige ber holländifchen Re⸗ 
ig beſtimmt. Zwar nicht ohne Kampf, aber doch mit leichter Mühe, ent- 
die Holländer ten Portugiefen nach einander ihre fämmtlichen oftindifchen 
mugen, wozu auch feit 1611 der Handel nady Japan kam, den die Holländer 
ad ausſchließlich zu verfchaffen mußten. So blieben den Portugiefen auf 
zur einige unbedeutende Beſitzungen, als traurige Refte ihrer ehemaligen 
& Um die Mitte des 17. Jahrh. hatte die holländifche Herrfchaft den hoͤch⸗ 
Bipfel ihres Flors erreicht, vornehmlich, nachdem fie 1653 durch die Anlage 
Miederlaffung auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung eine treffliche Vor: 
ihrer oftindifchen Befigungen erhalten und 1658 auch Ceylon von den Por: 
Bm erobert hatte. Das gefammte hollaͤndiſche Colonialwefen in Oftindien - 
unter dem Generalgouverneur von Batavia, dem mehre Bouvernements, 
Berien, Commanderien und Refidenzen — bie Zitel und die Zahl wechfelten 
m Wichtigkeit der einzelnen Niederlaffungen in verfchiedenen Zeiten — unter: 
wet waren. In Europa wurde die Verwaltung durch einen Rath von 10 
mbhebber®, die aus dem größern Rathe der 60 Directoren gewählt waren, be- 
. 1621 errichteten die Holländer audy eine weſtindiſche Compagnie, die zwar 
ws (1630-40) große Eroberungen in Braſillen machte, diefelben jebod) 
1642 wieder verlor. Bleibender waren ihre Anfiedbelungen auf einigen Hei: 
leſtindiſchen Inſeln, wie St.:Euftace, Curaffao, Saba und St: Martin 
2 — 49), vorzuͤglich jedody nur wegen des Schleichhandels wichtig; auf 
bfitande blieben 1667 nur Surinam, Paramaribo, Effequebo und Berbice 
Kige ber Holländer. 
dagleich mit den Holländern waren auch die Engländer als Colonialvolk 
teten; anfangs mit ungleid, geringerm Erfolge. Unter der Regierung 
dnigin Elifabeth befuhren die Engländer zuerft die fernen Meere. 
mehren vergeblichen Verfuchen, eine nordoͤſtliche oder nordweftliche Duxch- 
ach Dflindien zu finden, waren zuerſt 1591 Engländer um das Vorge- 
er guten Hoffnung herum nah Oſtindien gebrungen, und ſchon am 31. 
1600 ertheilte Eliſabeth einer Gefellfchaft einen ausfchließlichen Kreibrief 
Dandel jenfeit des Caps und der magellanifchen Meerenge. Allein deſſen⸗ 
ztet blieb der oflindifche Handel anfangs ſchwach. Die Engländer erwarben 
n feften Lande von Indien nur einzelne Sactoreien. Die Infel St.:Delena, 
M von den Engländern in Befig genommen war, bildete beinahe ihren «in- 
Punkt in jenen Gegenden. Unter der Regierung Karls I. wurde die 
»eflindifchhe Compagnie von den Gewürzinfein 1623 durch die Holländer 
agt, und außer dem 1620 angelegten Sort St.⸗ George zu Madras behielt 
seinige Factoreien auf den Küften Malabar und Coromandel. Bon 1653 
b fies fie vollkommen aufgelöft, bis Crommell ihr neucd Reben gab und 
peu die Dolländer unterflügte. Allein unter der Regierung Karls II, gerieth 
ws@er. Giebente Aufl. Bd. II. 49 


770 Colonien (englifche) 


fie von neuem, größtentheild jedoch durch ihre eigne Schub, In Werft 
neue, 1698 von der Krone privilegirte, oftindifche Compagnie bilbete fid 
die 1708 erfolgte Vereinigung beider vettete, wie e6 damals fdhlen, den ı 
Handel vom gänzlichen Untergange. Die Befigungen der Engländer in 
beſchraͤnkten fi) beinahe nur nody auf Madras, Calcutta und Bencooin 
feit der Mitte des 18. Jahrh. entſtand das ungeheure britifche Reich i 
Der Verfall des mongoliſchen Reiche, durch innere Unruhen feit dem X 
Zeb’8 (1707) begonnen, durch Nadir Schach's Räuberzug (1739) volk 
dazu die Veranlaffung , indem Engländer ſowol als Franzofen ſich in 
Gtreitigkeiten ber Fürften und Statthalter mifhten; und wenngleid d 
fen unter Labourdonnaie und Dupleir anfangs die Oberhand zu behau 
nen, fo gelang es dennoch) ben Engländern, nachdem Beide aus Indien m 
den, bald im Carnatik das Üibergetwicht zu erlangen u. während der Dauer 
jaͤhr. Kriegs unter Lawtence's und Clive's Führung ſich immer weiter am 
Durch die Schleifung bes eroberten Pondichery hatten fie ihre überma 
Küfte Coromandel gegründet und Elive’s (f. d.) Sieg bei Plaffey, 26.3 
gründete die englifche Alleinherrſchaft in Indien. Endlich ward durch di 
von Allahabad, 12. Aug. 1765, die Dewany von Bengalen von 
tularqroßmogul, ale feinfollendem Oberherrn, an die Engländer abgı 
den Nabobs des Landes blieb nur der Schatten der Herrſchaft. Dod 
dem Falle des Reiche von Mofore (Hyder Ati und Zippo Saib) konnt: 
ſchaft der Engländer in Indien ats allgemein befeftigt angefehen ron 
Maratten, mit denen die Engländer zueiſt 1774 gekriegt hatten, bliebe 
gen furdhtbaren Feinde der Compagnie. Das britiſche Gebiet in In 
nun elne außerordentliche Ausdehnung. Die ganze Oftküfte, der gröft 
Meftküfte und am Ganges und Jumna hinaus bis nady Delhi gehorcht 
Briten. Über die neueften Veränderungen in dem brit. und nıederländ. £ 
f. die bef. Art. Beinahe gleichzeitig mit den erſten Verſuchen der I 
dem oflindifchen Handel Antheil zu nehmen, wurden die London: und die 
Compagnie, die erfte fuͤr die ſuͤdliche, die zweite für die nördliche Hätfi 
amerikaniichen Küfte, von Jakob I. 1606 privilegirt, und noch In demfi 
warb Jamestown, In Chefapeakbai, angelegt. Die Colonien in eu 
weiches weder Bold noch fonftige für den Handel vorzüglich tauglicye S 
Kunſtprodukte beſaß, mufiten nothivendig Aderbaucolonien werben und 
Während der innern Unruhen in England, die viele Auswanderungen ı 
gewannen bie, nordamerikaniſchen Golonien gar fehr, einzelne Provin; 
fi) und erhielten, nachdem die londner Compagnie 1625 aufgehobe 
mouther 1637 verfallen, Verfaffungen, die ſchon mit vielen rapublikar 
men gemifcht waren. Später erfolgten die enqliſchen Niederlaffung 
weftindifchen Inſeln, auf Barbados und halb St.⸗ Chriſtoph zuerft 11 
bald andre Meine Inſeln folgten; doch wurden die weſtindiſchen Vefitı 
nachdem auf Barbados 1641 und auf dem den Spanien 1655 atı 
maica 1660 der Zuderbau eingeführt worden war, als Pflanzungecelon 
Die Befigungen in Nordamerika hoben ſich ungleich fan: ler als die we 
felbft nachdem in den letztern 1732 der Caffeebau einheimiſch geroorden 
in demfelben Jahre bildete fid) Georgien, die jüngfte der 13 Provinz 
Neufundland (Zerre:neuve) ward wegen des Stockfiſchfanges wichtig 
nada 1762 durch den Frieden von Paris an England abgetreten. 2 
1764 entſtanden Streitigkeiten zroifchen England und feinen nordam 
Colonien über die Frage: ob erfteres das Recht habe, die Colonien zu befte 
nicht im britifchen Parlamente vertreten würden? und am 19. Apr. 17: 
ein Krieg, der durch Frankreichs Unterflügung mit der Anerkennung dı 


Colonien (franzöfifche) 7711 


26 So entſtand durch den pariſer Frieden 1783 der erſte unabhaͤn⸗ 
Binat jenſeit des Oceans. Englands Macht ward jedoch dadurch nicht gebro⸗ 
dlelmehr nahm ber Danbel mit dem neuen Freiſtaate mit fchnellen Schritten 
lanada und Akadien wurden nun fir England von deflo größerer Wichtigkeit ; 
ie britifch-weftindifchen Inſeln hoben fi), je mehr fid) der Handelszwang 
te; das freie Nordamerika aber that Miefenfchritte ; die Zahl feiner Provin: 
g von 13 auf 25 und feine Flagge wehete auf allen Meeren. Für die weſtindi⸗ 
telonien bagegen traten bedenkliche Verhaͤltniſſe ein, je mehr ſich der Anbau 
sen bis dahin ausſchließlich eigenthuͤmlichen Erzeugniſſe ausbreitete; auch 
lavenhandel ward 1806 abgeſchafft. 
Später als Hollaͤnder und Briten traten die Franzoſen in bie Reihe 
ropäifchen Colonialvoͤlker ein. Colbert war es, der Frankreich Colonien 
pas man damals für unzertrennlich mit denfelben hielt, Dundeldcompagnien 
Doch nur die Pflanzungscolonien hatten einen glüdlichen Sortgang, nicht 
gleichfalls verjuchten Aderbaus und Handelscolonien. Colbert kaufte die 
been weftindifchen Inſeln, wie Martinique, Guadeloupe, St.: Lucie, Gre⸗ 
nd andern beftehenden, Privatperfonen zugehörenden Niederlaffungen 1664, 
ze auch noch in demfelben J. Coloniften nad) Cayenne fandte ; vor allen aber 
die aus dem Näuberflaate der Fiibuflier heroorgehenden Niederlaffungen 
mm Theile von St.: Domingo wichtig. Die gleichfalls 166% errichtete weft: 
Compagnie ging jedoch ſchon zehn J. fpäter zu Grunde. Anfangs Zuder 
eummolle, feit 1728 zuerft auf Martinique Gaffee, blieben die Haupter: 
der weftindifchen Befigungen, welche durch die 1717 ihnen eingeräums 
Handelsfreiheiten und durch den Schleichhandel mit dem fpanifchen 
la den englifchen bald weit überlegen wurden. Verlor gleich Frankreich 
a parifer Srieden von 1763 einige feiner kleinern Inſeln, fo gab dagegen 
Yamingo uͤberſchwenglichen Frfag, indem es in den legten Zeiten vor der Re⸗ 
n jährlich einen rohen Ertrag von 170 Mill. Livres, beinahe fo viel, als das 
Veſtindien zufammengenommen, lieferte. Seit 1791 ward St. Domingo 
ich verwuͤſtet; doch hat es ſich feitdem unter einer ganz neuen Geſtalt (f. 
) wieder gehoben. Auf bem feften Lande von Amerika befaß Frankreich 
61 Canada und Akadien nebft Zerresneuve, allein die Nieberlaffungen 
tangfame Fortſchritte; die beiden erftern gingen ſchon im utrechter Frieden 
13, letzteres nebft Cap Breton 1762 verloren ; auch das im Innern Eränkelnde 
ıa ward 1764 an Spanien abgetreten, und Cayenne gab nur einen ſchwa⸗ 
ap. Die nachmalige Wieberabtretung Louiſianas ven Spanien an Frank⸗ 
te ebenfo wenig Erfolg, da ſchon 1803 Frankreich daſſelbe an Nordamerika 
e. Mit nicht viel befferm Gluͤcke verfuchten die Kranzofen fich in Oftindien 
en. 1664 gründete Goibert eine oftindifche Compagnie. Nach vergebii: 
fuchen, fid auf Madagaskar niederzulaffen, warb 1670 Pondicherp auf 
adel angelegt und bald der Hauptſitz der franzöf. Herrſchaft. Doch bie 
nie gerieth in Verfall ; zwar ward fie 1719 mit der Miffifippi: Compagnie 
;, allein nichtsdeſtoweniger blieb fie kraͤnkelnd. Dagegen befegten die 
mı 1720 die beiden von den Holländern verlaffenen Infeln, Isle de Srance 
uebon, bald unter Labourdonnaie's Verwaltung feit 1736 durch Caffecbau 
„ während Dupleir ald Genrralgouverneur von Pondichery an der Spige 
elegenheiten in Oftindien fand. Hier machten feit 1751 die franz. Waf⸗ 
hehtliche Kortfchritte, allein der Friede von 1763 entriß ihnen ihre Erobe: 
wieder und bie oftindiiche Sompagnie ward 1769 aufgelöft. Den Frans 
leb nur das geichleifte Pondichery und Garical. Bloß Isle de France und 
om erhielten ihnen einen ſchwankenden Einfluß auf den oſtindiſchen Handel. 
Dänen u. Schweden haben ebenfalls Colonien, ja es gab eine Zeit, wo ſelbſt 
49 


772 Colonialpolitik 


Hſtreich an dem Colonialhandel Antheil zu nehmen ſtrebte. Schon 
ſtian IV., 1618, ward in Dänemark eine oſtindiſche Compagnie 
zwar Trankebar von dem Rajah von Zanjore erwarb, dennoch aber 
zu Grunde ging. Kein günftigeres Schidfal hatte die zweite, 1670 qı 
pagnie, die bi6 1729 befand. 1671 hatten die Dänen auch die In! 
mas in Weftindien befegt, wozu in der erften Hälfte des 18. Fahrh. n 
und St. Croir famen, die fie von Frankreich erfauften. 1734 ward 
ſche Compagnie errichtet, nach deren Aufhebung aber (1764) der 
Weſtindien freigegeben, worauf ſich die dortigen Inſeln ſchnell hobeı 
oftindifche Handel, für welchen 1732 eine Compagnie errichtet wort 
gewinnreich, wiewol die Compagnie nur hauptfädhlid mit China 
ihre Niederlaffungen in Oftindien aber 1777 an die Krone abtri 
Schweden, obgleich e8 keine Befigungen in Indien hatte, erricht 
oftindifche Sefellfchaft, um unmittelbaren Antheil an dem Theehan 
zu nehmen, den es mit vielem Güde führte; 1784 aber gelang es il 
Erwerbung ber Beinen Infel St.» Barthelemi von Frankreich, in X 
ſten Fuß zu faffen. — Unglüdliher war Oſtreich, das unter t 
Karls VI. durch Errichtung der Compagnie von Öftende 1722 einen ı 
Verkehr mit Oftindien anzufnlipfen verfuchte, aber durch das heftige 
Englands und Hollands ſich genötbigt ſah, 1731 dic Compagnie 
heben. ine, im legten Viertel des 18. Jahrh. verſuchte Niederlaf 
nicobarifchen Inſeln im indifchen Meere, weiche früher von den 1 
der ungefunden Luft wegen aber wieder verlaffen worden waren, hat 
Fortgang gehabt. — Erſt in neuern Zeiten fah man in Rußland 17 
Compagnie zur Betreibung der Jagd und des Pelshandels auf den K 
ten und den Küften von Nordweſtamerika enftehen. Ein Ukas, der 
diefer Handelsgefellfchaft andern Nationen das Bifahren der Küften ; 
und Nordamerika, fo weit Rufland an einer Seite Küften beſitzt, un 
rei verbot, hat von Seiten der Nordamerikaner Widerfprud, gefunder 
ſchluß veranlaßt, militairifhe Piäge in dem Theil der Nordweſtkuͤſte 
anzulegen, den Spanien und England an die Vereinigten Staaten 
ben. (S. Nordamerika.) — So lange ber Sklavenhandel in feine 
dehnung beftand, war aud Afrika für das europäifche Colonialw⸗ 
wichtig. Groͤßtentheils find es nur einzelne befeftigte Factoreien, w 
nialvdiker an den Küften von Afrika befigen.. Ihr Hauptzweck war 
handel, der größtentheils durch privilegirte Compagnien betrichen war 
ward 1786 durd) die Engländer eine freie Negercotonie zu Sierraske 
und die von Dänemark und England (1802 und 1806) ausgegangen 
des Stlavenhandels (T. d.) muß nothwendig bedeutend auf 
ſchen Niederlaffungen zuruͤckkwirken. — Die Entdedung von Auftr 
1788 die Niederiaffung zu Sydney: Cove in Neu: Shd: Wales ın 
diemensland (f.d.) herbei, die bald eine blühende Aderbaucoloni 
Der Welthandel (T.d.) erhielt durch das Colonialweſen 
Schwung, und bald erkannten die Völker, daß derfelbe eine der Haup 
Wohiſtandes fei. Es läßt fich jedoch nicht leugnen, daß man, gerät 
Borfpiegelungen bed Mercantitfpftems und noch mehr Durch den große 
den einzelne Colonialvoͤlker erlangten und den man ausfchließlich ib 
handel zuichrich, diefem ohne alle weitere Nüdficht auf daB beſond 
den befondern Charakter der Nation und auf ihre geographifche und ı 
einen übertrieben hohen Werth beilegte. Dadurch verleitet, fuchte ma 
von diefem Handel zu entfernen, um ausfchließtidh die Vorthrile deffe 
pen, und e& bildete fich, in Bezug auf die Colonien, ein Wölkerrecht, 


Solonialhandel - 773 


roßmuͤthigen Grunbfäge ſich fehe zu feinem Nachtheile von dem in Europa 
unterfchled. So fuchten ſchon die Portugiefen und Spanier alle antre 
je Nationen von der Schifffahrt der Meere, an denen ihre Colonien gele: 
a, auszuſchließen und durch die gewaltfamften Mittel diefe Anmaßung zu 
ı. Allein weder Spanien noch Portugal vermodhten auf die Dauer 
retriebene Anſpruͤche burchzufegen, gegen welche ſich vorzüglich England 
and fchon früh erklaͤrten. Jedoch kaum waren beide in den Beſitz des 
ſandels gekommen, als auch jie zwar nicht diefelben, aber nicht viel eblere 
be aufſtellten. Ward gleich im Allgemeinen der Grundfag anerkannt, 
diſchen Meere nicht Einer Macht ausſchließlich angehörten, fo fuchten das 
neuen Befiger nicht nur durch Verträge ſich die ausfchließliche Herrſchaft 
eine beträchtliche helle derfelben von andern Staaten zuſichern zu laſſen, 
uch durch Sewaltthätigkeiten und Bedrüdungen aller Art, felbft mitten im 
ihre Nebenbuhler von jenen Meeren zu verfcheuchen. Allgemein aber 
Grundfag angenommen, daß jede fremde europäifche Nation von dem 
sit den Golonien der andren aufgefchloifen blieb; ja, nicht felten war feltft 
nden und Beſuchen der Hifen den Fremden durchaus verboten. Erſt 
t Großbritannien die Kreiheit des Colontalhandels ausgefprochen und bie 
ide ſcheinen diefem Beifpiel folgen zu wollen. Der Colonialhandel zerfällt 
drei Hauptabtheilungen: den Zwiſchenhandel mit den verichicdenen Laͤn⸗ 
£ fernen Gegenden, den Zwiſchenhandel zwifchen Europa und den Colo⸗ 
den Dandel mit Colonialwaaren in Europa ſelbſt. Den Zwiſchenhandel 
fernen Gegenden, wo die Colonien gelegen find, der vor der Ankunft der 
fen in Oflindien ſich beinahe ausfchlieflich in den Händen der Araber oder 
befand, fuchten die Europäer ſchon früh an ſich zu reißen ; jedoch gluͤckte 
8 nicht fo volllommen, daß nicht noch einige andre Nationen, in [pätern 
czuͤglich die Chinefen und die Hindus felbft, daran einen beträchtlichen An⸗ 
Iten hätten. Ebenfo wenig vermochte der Handel mit Colonialwaaren in 
usichtießlich das Eigenthum Einer Nation zu verbleiben, wiewol natürlich 
weiche die Waaren aus der eıften Hand geholt, darin mandye Vortheile 
n voraus hatte, die dieſelben von ihr zu kaufen gezroungen waren. Mit 
ıe der Spanier und Portugielen, deren Handel in Europa bis auf die neues 
a groͤßtentheils nur ein Paffivhandel blieb, fuchten alle übrige Nationen 
el mit den Exrzeugniffen ihrer Colonien aud) in Europa fo viel ale möglich 
einem Activhandel zu machen. Vorzüglich war und blieb es jedoch der 
andel zwifchen Europa und den Gclonien, den jede Nation ausſchließlich 
ex Entfernung aller Sremben fich vorbehicht._ Es war dies die allgemeine 
friedenszeiten, und auch in Kriegszeiten warb fie beibehalten, fo lange es 
rn uͤbermaͤchtigen Seeftaat in Europa gab, d.h. bis zu Anfang des fiebens 
krieges. Damals aber erhielt die engliſche Seemadht ein fo großes über⸗ 
‚aß in dem zwiſchen England und Frankreich geführten Kriege die franz. 
nicht wagte, den Dandel mit ihren Colonien weiter zu betreiben. Jetzt 
Sranzofen an, ein von ihnen und den übrigen minder mächtigen Colonial⸗ 

‚ den folgenden Kriegen mit England gewoͤhnlich wiederholtes Verfahren 
nämlid den Handel mit ihren Colonien zu einem freien Handel für alle 
te und neutrale Staaten zu erklären. Auf diefe Weife ficherten fie nicht 
Solonien, die zum Theil der Zufuhr nicht entbehren Eonnten, fondern fie 
d wenigften® einen Theil des Gewinnes des Golonialhandels, indem die 
n größtentheils nur ale Commiffionnaire den Handel zwifhen dem Muts 
ınd den Golonien fortführten, und erſteres nur die Fracht für die hin- und 
ken Waaren verlor. Da aber England, welches bekanntlich in neuern 
h in der Megel Immer geweigert hat, den Grundſatz: „Frei Schiff, frei 


774 Golonialhandel 


Gut!” anzuerkennen, biefen Handel flörte, fo fingen bie Neutralen an 
ren der Colonien, mit denen ihnen der Handel freigegeben worben war 
und als ihr Eigenthum zu verführen. Die Engländer dagegen beha 
fei dies in der Regel nur ein Scheinkauf, die Neutralen machten nach 

die Frachtfuhrleute für die andre Eriegführende Partei; und allerding 
wol in vielen Fällen Recht gehabt haben, wenn 3. B. große Antäufe fü 
Gegenden gemacht wurden, wo zum Abfage einer folchen Menge vo 
waaren gar feine Gelegenheit war, ober wenn plöglich vorher gänzlich 
Dandelshäufer ungeheure Unternehmungen in Solonialmaaren machten 
möglich mit ihrem eignen Vermögen beftreiten konnten. Da Engia 
bauptete, es feien alle gegen dieſen betrüglichen Handel erariffene V 
regeln durch die Lift ber Neutralen unwirkſam, fo ſtellte es einen St 
ber feltbem unter dem Namen ber „Kriegsregel von 1756” einen der. 
punkte zroifchen England und den Neutralen abgegeben hat. Die E 
haupten demzufolge: es müffe biefer Handel, ba er in Friebenszeiten alle 
verfagt ſei, angefehen werben als ein feindliche Befigthum, welches, 

andern feindlichen Eigenthbume, ein Gegenftand des Kampfes fei und 
zugehöre; die Neutralen aber hätten keineswegs das Recht, von der 
nur durch die Noth abgebrungenen Erlaubniß, diefen Hanbel zu führen, 
ziehen, fo wenig wie fie eine vielleicht gefährlich gelegene Befigung fi 
des Kriegs unter ihren Schuß zu nehmen befugt wären. Auch Ein 
Neutralen deſto weniger ber eine Beeinträchtigung beſchweren, ba ja 
mit den Colonien bes Feindes ihnen von bemfelben in Sriedenszeiten g 
neswegs geftattet fei. Unter ben Neutralen iſt e8 vorzüglich Amer 
über die Kriegöregel von 1756 bittere Klage geführt hat, ſowie wieder 
fidy nicht minder heftig über bie Beeinträchtigungen ducch die Nordar 
ſchwerte. Doch nicht genug, bie Eolonien von allem Verkehre mit ! 
abzufchneiden, gab die Handelseiferſucht und das Mercantilfpftem noch 

für das Aufbluͤhen der Colonim hoͤchſt nachtheiligen Beſchraͤnkunge 
ſtehung, wodurch ihr Verkehr mit dem Mutterlande ſelbſt ſo viel als m 
ward. Man ging dabei von dem Geſichtspunkte aus, die Colonien ir 
merkantiliſchen ſowol als auch politiſchen Abhängigkeit zu erhalten. D 
ſte dieſer Maßregeln war die Errichtung von Compagnien, denen der 

ſchen dem Mutterlande und den Colonien ausſchließlich uͤbertragen w 
ſehen von den Nachtheilen, welche bie Regierung ſolcher Compagnien 
nien mit fi) führt, ward fchon das ausſchließliche Handelsrecht derf 
Golonien in der Regel hoͤchſt drüdend. Die nothwendige Folge dief: 
ung der freien Theilnahme war die, daß der Flor ber Colonien ungleid 
zunahm, als ohne fie der Fall gewefen fein würde. Die Colonien er! 
Erzeugniffe des Mutterlandes gewoͤhnlich in geringerer Güte und zu! 
fen, und die natuͤrliche Folge war, baß fie deflo weniger producirten 
Mirkung mußte diefer Zwang der Compagnien auf das Mutterland bi 
willkuͤrlich die Preife fegten; auch bie Compagnien felbft gewannen | 
Regel nicht, ſondern nur ihre Bedienten, indem die unvermeidlichen 
aller Art früher oder fpäter die Angelegenheiten der Compagnien zerruͤtte 
gleich die engliſch⸗oſtindiſche Compagnie hiervon eine Ausnahme zu mar 
man doch, daß nur außerordentliche Umftände und Unterftügungen fi: 
ale einmal von dem drohenden Verderben errettetn. Man bat Com 
als nothwendig gepriefen, um ben Handel in fernen Gegenden, vornehn 
Indien, mit Vortheil zu betreiben, indem man theilß die Unbelanntfd 
bortigen Sitten und Gebräuchen, die Gefahr, durch zu große, zufällige 
ſich einander den Markt au verderben, endlich auch die Unficyerbeit, mit: 


Solonialverwaltung 775 


en unb Völkern zu verkehren, als Gründe anführte, weßtwegen bort der Handel 

en keineswegs betrieben werben könne. Allein man bedachte nicht, 
de Unbekanntſchaft mit den Sitten und Gebräuchen, und die Gefahr, fich den 
Be zu verderben, ebenfo gut bei andern Zweigen des Hanbelß flattfindet oder 
den Tann, bei denen man dennoch nie daran bachte, fie durch Compagnien 
ben zu Lauffen, und daß die Gefahr, welche von den Feindſeligkeiten ber dortis 
rſten und Völker drohe, erft vornehmlich durch die Compagnien felbft erregt 
2, Indem ber Diener einer mächtigen Körperfchaft fich in der Regel ungleich 
Sfamer und ftolzer beträgt als der einzelne wehrloſe Kaufmann, der auf ben 
8 keiner bewaffneten Macht rechnen kann. Daß Sompagnien zu dem Colo⸗ 
unbe nicht durchaus nothiwendig find, beweiſt ſchon das Veifpiel der Spanier 
Bestugiefen, die dergleichen in ihrer blühenden Periode nicht kannten; flatt 
sspagnien als den Grund des Bluͤhens des oflindifchen Handels anzuflaunen, 
man fich vielmehr daruͤber wundern, daß trog der Compagnien diefer Handel 
Khend ward. Das [Hnelle Gluͤck, welches zumal die holländifchsoftindifche 
hagnie machte, reiste allnthalben zur Nachahmung, doch ohne gleichen Forts 
Zugleich mit den Compagnien, auch mol ohne diefelben, fanden noch andre 
keänfungen des Colonialhandels flatt. So ward es 5. B. in ber Regel jedem 
whon verboten, in Dienflen einer fremden Macht, oder wenn der Handel 
Meßlich einer Sompagnie gehörte, ohne Einwilligung derſelben nach ben Co⸗ 
win fahren; es ward ferner der Handel gewöhnlich nur auf einige Häfen, auf 
— auf beftimmte Zeiten beſchraͤnkt. Auf jede Art ſuchte man 











andel fo viel als möglich abhängig von dem Mutterlande zu erhalten. 
neuern Zeiten bat man angefangen, auch hier fidy freien Grundlaͤtzen zu 
im. Es wurden die ausfchtießlichen Freiheiten beſchraͤnkt, und auch Nichttheils 
Bm an benfelben, wie z. B. in England, die Möglichkeit verhafft, an dem 
Wieihandel Antheil zu nehmen, überhaupt aber diefem größere Freiheit geftattet. 
Was die Regierung ber Colonien betrifft, fo fand auch hier vom Anfang 
RBrundfas flatt, fie in einer gleich ſtrengen politifchen als mercqntiliſchen 
Igigkeit zu halten. Handel und Regierung ftanden bei ihnen immer in ber 
Item Werbindung, twenngleich bieß nicht bei allen in gleihem Maße der Fall 
Die Cotonien laſſen fi überhaupt nad) ihrem Zwecke und ihrer Einrichtung 
e große Claſſen theilen, nämlich in Aderbau:, Berabaus, Pflans 
I6> und Handelscolonien. In den erſtern — von der Art find haupts 
b die Colonien im nördlichen Amerika — iſt Landbau die Hauptfache ; bie 
Wer, die fich dort niederlaffen, werden Landeigenthuͤmer und Eehren felten in 
estand zuruͤck. In der zweiten und dritten Generation, je mebr allmälig 
ande der Verwandtſchaft und fonftige Werhältniffe, die fie an das Mutterland 
te, abflesben und die Erinnerungen erlöfchen, erwachſen die Coloniſten im» 
he zu einer eignen Nation und werden leicht ihrem Vaterlande entfrembet. 
gift auch, wie die Erfahrung gezeigt hat, der Bıfig diefer Colonien, ſowie die 
en fi in demfelben vermehren und in nähere Berührung mit einander ges 
 unficher. Beinahe in denfelben Verhältniffen flehen die Bergwerkscolonien, 
nen Gewinnung der edein Metalle und Edeifteine die Hauptfache ift; — fo 
glich die Niederlaffungen der Spanier und Portugiefen im füdlichen Amerika. 

geben ihrer Natur nad) leicht in Aderbaucolonien über, und auch in ihnen 
‚ch dann, wenngleich langfamer, eine eigne felbftändige Nation, tie dies jetzt 
a fpanifchen und im den portugiefifhen Befigungen von Südamerika der Fall 
S. Südameritanifhe Revolution.) Ganz anders verhält es ſich 
un drittens in den Pflanzungscolonien, deren Zweck die Erzeugung gewiffer, 
Regel aur unter einem heißen H'mmelsſtriche gebeibender, Pflanzen für Eus 
IE, wie 5. B. die Niederlaffungen auf den meftindifchen Inſeln. Eine Nas 


776 Golonialwaaren Golonna 


tion bildet fich bier nicht leicht. Zwar find Europäer dort Beſitzer von Mienmg 
gen, allein nur in geringer Zahl und außerdem nur felten dort einheimiſch, iulıy 
fie wegen des ungefunden Klimas und ber Unbequemiichkeiten des Lebens eutudg 
ihre Pflanzungen durch Auffeher verwalten laſſen und ihren Ertrag in Europas 
zehren, ober doch, nachdem fie fich ein Vermögen gefammelt, in ihr Vateriunhgl 
ruͤckkehren. Die geringe Anzahl der Pflanzer (denn der ungleich größere TUN 
Bevölkerung befteht in Negerſtlaven, die ausfchlieklich zur Bearbeitung der Ye 
zungen gebraucht werden) verurfacht, dab Nieberlaffungen diefer Art am weich 
des Schutzes und der Unterflügung des Mutterlandes entbehren konnen. In del 
ähnlichen Verhaͤltniſſe ſtehen endlich die Handelscolonien, die den Vertrieb def 
tur= oder Kunfterzeugniffe des Landes zum Zwecke haben. Sie find ermadfed 
einzelnen Sactoreien und Gtapelplägen des Handels, die allmdlig durch Si 
Gewalt Mittelpunfte beträchtlicher Gebiete wurden; jeboc mar der Be 
Grund und Boden nur Mittel zum Zwecke, der Handel blieb die Hauptſache { 
Europäer find in Golonien diefer Art Herrfcher, aber felten Landeigenthime, | 
dern in der Regel nur Soldaten, Beamte und Kaufleute. Eben deßhalb M 
ſich auch hier nicht leicht eine Nation, indem die hier befindlichen Europäer il 
theils nur Bereicherung ſuchen und gewöhnlich in ihr Vaterland zuruͤckkehren 
der Unabhängigkeit des Militairs in den drei Hauptſtatthalterſchaften bes 
Indiens von einander und bem Einfluß der Clivilreſidenten auf ſolches M 

in den Bundesſtaaten der oftindifchen Compagnie ftationirt ift, beider 

des Fönigl. und Compagnicmilitaire , bei der kuͤnftig bedeutend werdenden 
Truppenzahl auf Ceylon und dem öftern Wechfel der Sarnifonen, ift nicht 
engl. Indien eine militairifche Revolution zu fürchten. Das bärtefte 
welches die Bewohner von Handelscolonien treffen kann, ift, wenn fie Co 

in die Hände fallen, die zugleich fouveraine politifhe Körperfchaften bien. 
laͤßt fich aber vorausfcehen, daß, fo lange der Einfluß der engl. Ariflokratie 
Parlamentöhäufer fortbauern wird, die Compagnieregierung im engl. 
nicht aufhören wird. Die Mißbraͤuche und die Fehler der Verwaltung der 
pagnien nöthigten auch in neuern Zeiten die Regierungen der Mutterländer, Wf 
mehr oder weniger unter ihre unmittelbare Aufficht zu nehmen und die Compag 
vornehmlich nur auf den Handel zu befchränten. Andere ift dagegen die Reg 
gewöhrtlich in Ackerbau⸗ Bergbau: und Pflanzungscolonien geftaltet; «| 
bier nicht bloß unterjochte Völker, über die man herrfcht, fondern gröftentheil 1 
Europäer, die ſich hier nicberlaffen, vormalige Bewohner des Dutterlandes, W 
man daher mit ungleich mehr Schonung behandeln mußte. Gewoͤhnlich üben 
die Regierung des Mutterlandes felbft die Werwaltung diefer Art von Ela 
wurden fie aber von Sompagnien beforgt, fo ward dennoch den Geloniftmd 
Antheil an derfelben vergönnt ; in mehren berrfcht felbft eine beinahe repubfitsı 
Verfaſſung. Nach Aufhebung bed Negerhandels bildete ſich eine fünfte H 
claffe von Colonien auf der afrikaniſchen Küfte; die bedeutendfte zu Gie 
Leone (f.d.) unter britifcher Hoheit. Sie wird ein wichtiger militairiſchet 
bei6pla& werben, fobalb die Verbindung mit bem Innern Afrikas ſich von hie 
noch mehr ausbildet. I’ 

Colontalwaaren, f. Welthandel. 

Colonna (Bittoria), die beruhmtefte Dichterin Italiens, T. des Fa 
Colonna, Oroßconnetables von Neapel, geb. 1490 zu Marino, einem 
Kamilie gehörigen Lehne. Als Sjähriges Mädchen wurde fie dem em. $ 
d'Avalos, Marchefe von Pefcara, einem Knaben von gleichen Alter, zur Grm 
beftimmt. Die feltenen Vorzüge des Körpers und Geiſtes, mit welchen bie A 
und die forgfältigfie Erziehung fie gefehmüdt hatten, machten jie zum 
allgemeiner Bewunderung, fodaß ſelbſt Fürften um fie warben. Gets b 


Colonne 777 


Geluͤbde, gab fie dem Geſpielen ihrer Jugend, der ſich zu einem der voll⸗ 
enſten Männer feines Zeitalters ausgebildet hatte, ihre Hand. Sie lebten 
gluͤcküchſten Ehe. Als ihr Gemahl 1525 in der Schlacht von Pavia geblies 
er, füchte Vittoria Troſt in der Einſamkeit und in der Poefie. Alte ihre 
te waren dem Andenken ihres Gemahls gewidmet, fie verlebte 7 Jahre 
ſſelnd zu Neapel und auf Iſchia und z0g ſich dann in ein Kloſter, erfl zu 
9, machher zu Viterbo, zuruͤck. Später entfagte fie dem Klofterleben unb 
h zu Rom nieder, wo fie 1547 ftarb. Ihre Rime ftehen den Gedichten der 
ı Metrarchiften ihrer Zeit nicht nach. Den vorzüglichften Werth haben ihre 
ıspirituali” (Venedig 1548, 4.), roelche tiefes Gefühl und eine gelätiterte 
nigkeit verrathen. Ihre ſaͤmmtl. Gedichte erfchienen 1760 zu Bergamo. | 
Bolonne, in der Taktik, die Auffiellungsart von Truppen, two diefe durch 
ntereinanderfchieben mehrer Abtheilungen eine® Ganzen (der Sections, Züge, 
sonien, der Esſcadrons, auch wol mehrer Bataillons) eine tiefe Maſſe bil- 
Je nachdem diefe Abtheilungen mit Zreifchenriumen oder dicht hinter einan= 
fgeftellt werden, wird die Colonne eine offene, oder eine gefchioffene; je nach⸗ 
e endlich zum Marſch oder Angriff beſtimmt ift, cine Marſch- oder Angriffe: 
e. Der Zweck der Colonne ift in beiden letzten Worten ausgefprodyen, fie 
naͤmlich den Marſch da möglich, wo man mit ungebrochener inte nicht durch⸗ 
um vermag, und fol beim Angriff und der Vertheidigung die Truppen mit 
ft größter Kraft wirken laffen. Seit Sahrhunderten hat man geftritten, ob 
Hecht die Linien oder die Maffenaufftellung die zweckmaͤßigere fei, und erſt 
Rman zu der Überzeugung gelangt, daß die Anwendbarkeit beider von Um⸗ 
abebingt werde. Die Linienaufftellung des Fußvolks nämlich ift zweckmaͤßig, 
man gewiß ift, kein Hinderniß des Bodens, welches das Vorbringen in die: 
m verwehrt, zu finden, wenn man durch Gewehrfeuer gegen den Feind mir: 
KR und mehr Kanonenkugeln und Sranaten, ale Kartätfchen = und Gewehr: 
zu fürchten hat; die Aufſtellung in der Maffe dagegen paffend, mern man 
hſchnittenen ober gebirgigen Zerrain manoeuvrirt, einen Angriff mit blanken 
„wo phyſiſche durch die Tiefe der Solonne gegebene Kraft nöthig iſt, aus: 
und ſich nicht auf das Feuer, das wegen ber geringen Breite der Colonne 
Birkfamkeit haben würde, einlaffen will; ferner, wenn man felbft einen 
befonder® von Gavalerie, erwartet.” Zwar machen auch bei allen dieſen 
die Gegner der Colonne den Einwurf, das oft eine Kugel, die quer durch 
ffe geht, oder eine in die Mitte faliende Granate, die fürchterlichften Ver⸗ 
gen anridhtet; dieſer Einwurf erledigt fich aber dadurch, daß wegen ber ge⸗ 
dem Feind dargebotenen Front auch defto weniger Kanonen >, beſonders aber 
: Kartätfchen » und Pleine Gewehrkugeln diefeiben treffen. Ein andrer Eins 
die Unbehuͤlflichkeit einer großen Colonne und die Schwierigkeit, fie in eine 
w verwandeln, iſt in neuerer Zeit dadurch beieitigt worden, daß man tie 
e meift nicht flärker als ein Bataillon macht, und daß man diefe einzelnen 
onscolonnen fid lieber neben einander durch Feuer und Angriffe in des Fein: 
meen fecundiren, als unnüß hinter einander ftehen laͤßt; durch die im Ge: 
ewoͤhnliche Bildung der Solonne nad) der Mitte aber haben dieſe eine folche 
lichkeit und Entwidlungsfähigkeit erhalten, daß die Linie binnen 2—3 Mi: 
herzuſtellen iſt. Saft alle Schlachten werden baher jest in folchen Kleinen 
nen gefochten, die fich, wenn die Linienaufſtellung paffend iſt, in dieſe ver: 
in, bei Gavalerieangriffen durch Frontmachen nach allen Seiten die wider: 
Hihtaften Vierecke bilden und daher alle mögliche Vortheile in ſich vereinen. 
uch bei der Meiterei ift der Dlaffen » und Linienangriff anwendbar. Der Ehoc 
lofſenen Colonnen, welcher befonders bei den Kranzofen gewoͤhnlich ift, 
‚ wenn er gelingt, außerordentlich viel, ift aber dagegen auch der Gefahr 


778 Coloratur Colquhoun 


ausgeſetzt, daß, wenn er fehlſchlaͤgt, die ganze angreifende Maſſe vernicht 
geſprengt wird, indem an ein Stügen, Entwickeln, Umkehren gar nicht m! 
iſt. Eine andre Angrifföweife in Colonnen mit Diftanzen bat dagegen In 
theil, dalı wenn die erſte Abteilung nichts erzweckt, dies doch oft der flgne 
Iingt vnd daß noch Beweglichkeit zu allen Manoeuvres in einer fo georbaden 
ift. Vefonders ift diefer Angriff auf Vierecke von Infanterie mit Waheſch 
keit de 8 Erfolge anmwenbbar. Dennoch bleibt aber bei der Meiterei die fin 
ſtellung und Kechtart die gewoͤhnlichſte, indeffen muͤſſen auch bier bie Ue 
entfcheiden. — Colonnenwege find Wege, aufbenen man mit ofen] 
gattungen marfchiren kann; fie werben, mo bie eigentliche Straße verde 
fiber die Selber weg new angelegt und burch ausgeſteckte Strohwiſche (Jalı 


chnet. 

Coloratur, in dee Muſik, alle geſchwinde Tonverbindungen, 
die Molodie einer Stimme figurirt wird (melismatiſche Figuren), und g 
ſonders, im Bingen bei Bravouratien, die laufenden, rollenben Paſſagen 
der Sänger mit einer gewiſſen Fertigkeit hervorbringen muß. Zuweilen wm 
vom Componiften vorgefchrieben, zumeilm dem Geſchmacke des Gänge 
laſſen, zuwellen auch am unrechten Orte ober im Übermaße angebracht, | 
wenbung berfelben ift auch auf bie auszufprechenben Vocale su fehen. 

Golorit, f. Farbengebung. 

Colquhoun, fprih: Coh uhn (Pati), geb. 1747 zu Dub 
Schottland, diplomatiſcher Agent der Hanfeftädte am britifchen «Hofe, | 
duch) ſ. Schriften über Statiftil, Polizei und Armenpflege. 16 3. alt 
nad Virginien in Amerika, wo er fidh bem Handel widmete und wege 
Geſchicklichkeit zu mancherlei Geſchaͤften gebraucht wurbe. Aber das Klima: 
ihn nach einem Sjährigen Aufenthalte, nad f. Waterlande zuruͤckzulch 
ex fidy zu Glasgow nieberlieh. Diefer Stade und ihrem Bewerbe wurde 6. 
nuͤtzlich; er wußte als Lordpropſt der Stabt die Regierung zu bebeutenden 
fligungen terfelben zu bewegen. Die Parlamentsacte, welche 1788 die 
facturiſten vom Auctionszolle befreite, war Kolge einer Darftellung des b 
Baummollbandels, weldye C dem Minifter Pitt überreichte, nachdem mi 
chefter die Angaben dazu gefammelt hatte. Auch legte er auf einer Relfe 
Mieberlanden den Grund zu bem großen Vertriebe, weichen bie Baumwolle 
aus Schottland und Manchefter auf dem feften Rande erhielten. 1789 u 
f. Samitie nad) London. Die Sachkenntniß, Uneigennüsigkeit, Geſch 
und Liebe, mit welcher er daſelbſt feit 1792 ein Poligeiamt verwaltete, 
vom Throne und vom ganzen Rande anerkannt. Sein Werl: „Onthej 
the metropolis” (deutſch, Leipzig) erlebte 6 Aufl. C. machte einen Gar 
Abhülfe des ſchamloſen Diebftahls, welchem die Schiffe auf der Themſe untı 
waren, und führte ihn aus ohne Gehalt, ohne Vortheil, mit der unetgı 
ſten Aufopferung. So fahen fremde und einheimiſche Seefahrer und Di 
tondner Danbelsinnungen ihr Eigenthum durch ben trefflihen Manz | 
Nicht minder verdienſtlich erfheinen C.'s unermüdlihe Bemühungen, d 
ber Armen zu mildern. In Gemeinihaft mit den Quaͤkern, begruͤndet 
große Suppenhäufer für Dürftige, und als er 1798 nad Weſtminſter 
war, legte er dort eine ähnliche Anſtalt an, fowie fpäterhin eine Armenſchi 
Poltzeis und Verpflegungsfadyen geſchah nichts ohne feinen Rath, und ſche 
hatte ihn die Univerfitdt Glasgow als virum egregium, tamdiu legum is 
tem et acerrimum vindicem, zum D. der Rechte ernannt. Als der Kr 
feine Berufspflichten außerordentlih vermehrte und feine Gefundheit li 
er doch nicht von der gewohnten Thaͤtigkeit nad. Hamburg wählte ihn! 
feinem Agenten in London und bezelgte ihm feine Dankbarkeit zu verſch 


Golumbamıs Golumbia . - 179 


Ehrengeſchenke. Bald erbaten fich ihn auch Bremen und Luͤbeck, 
: gleichen Eigenfchaft zu vertzeten. 1806 gab ©. heraus: „A new 
lacation for the labouring people‘ und bald darauf „A treatise 
„5; In beiden Schriften findet man einen Schatz von Erfahrungen 
ebauter Vorfchriften. Sein legte großes Wert: „On the wealth, 
resources of the british Empire’ (1814, deutſch von Fi, 
314), tft das zuverläffigfte &ber diefen Gegenſtand. ©. Rus im 


ıbanus, Miffionnale und Neformator des Moͤnchslebend, * um 
d, Mind im dem iriſchen Klofter Bangor, ging, um das Cheiften- 
eiten, mit zwoͤlf andern Mönchen 589 über England nad) Frankrelch 
'im Burgund die Kloͤſter Annegray, Lurenil und Fontaine an. Seine 
brte, fpäter von mehren gallifchen Kiöftern angenommene Regel 
m Gehorfam, Stillſchweigen, Saflen, Beten und Arbeiten viel 
Zenedicts Regel, und feine Disciplin beftraft die Meinten Vergehun⸗ 
He mit Geifefhieben, beren Menge die Roheit feiner Zeit und feines 
veift. Auch behielt er bie alten Kirchengebraͤuche der Irlaͤnder, 3. B. 
Imifchen Zeit verfchiebene Ofterfeier, bei. Die Königin Brunehild 
egen feiner Unbiegſamkeit 6009, worauf er unter die heidniſchen Alles 
and in der Gegend von Bregenz; am Bodenſee das Chriftenthum pres 
Gefährte Sal (db. h. Gallus, Stifter bes Kloſters St.⸗Gallen) er 
, feinen Ungeſtuͤm im Zerftören heidnifcher Heiligthuͤmer diefe Bemuͤ⸗ 
rin Krieg 612 ganz hemmte. Columban ging nun in das longobar⸗ 
nd legte das Kiofter Bobbio an, in dem er den 22. Oct. 615 flarb. 
chrodenen, gewaltſamen und heroiſchen Sinn bewies er auch in feis 
n die Päpfte Gregor I. und Bonifaz IV. Er weigerte fi) darin, mit 
Kirche Oftern zu halten, warnte bie Päpfte vor Ketzereien und hielt 
rderben der Kirche in ſtarken Zhgen vor. Sein Verdienſt um die 
md die Menge der ihm zugefchriebenen MWunberthaten erhoben Ihn zu 
heiligen. Seine wenigen Schriften find afcetifchen Inhalte. Seine 
ı Längften im dem großen, reichen Klofter Luxeuil, und wurde erft im 
n der Benebdictinerregel verdrängt. Die Kieibung feiner meine war 
enedictiner.) 
nbia. So heißt der dem Congreß ber Verein. Staaten in Nrorbamer 
yland und Virginien 1790 überlaffene, keinem Staate zugehörige 
ım Potowmak, in welchem die Bundesftabt Waſhington (f. b.) 
t ein Biered von 100 engl. oder 4,5 geogr. IM. und enthält gegen 
. Noch heißen drei Sraffhaften Columbia: eine im Kreiftaate 
der Hauptſt. Hudfon (38 TIM., 33,000 Einw ), die andre im Frei⸗ 
n (12,000 Einw.), und die dritte im Freiſtaate Ohio (11,000 Einm.) 
6 drei Städte dieſes Namens, eine in Sübcarolina, wo der 
ferung und eine Univerfität ift, die andre in Virginien, bie drit: 
tender Handelöplag, im Freiſtaate Ohio. Noch wichtiger ift der 
trom, welcher auf dem Kelfengebirge entfpringt (54° 23” N. 
den Multuomah, melcher aus Neumerico kommt, und nördlid) 
fnimmt, ımd fih, 48° von Waſhington entfernt, in das flille 
ON. B.), in die vonden Spanien 1775 entdeckte Hecetas Eins 
Das Flußgeblet des Columbia gehoͤrt zu dem Freiſtaat Louiſiana. 
ven Handel der Vereinigten Staaten die wichtigfte Wafferftraße, denn 
bindung mit den Binnenftrömen, mit dem Miffifippi und dem Lau⸗ 
e atlantifcheuropäifche Handel mit dem wefllichen nach China, Ins 
erknuͤpft werden. Amerikaner entdediten diefen Ecdſtrich. Im Som⸗ 


780 Columbus Combination 


mer 1791 lief nämlich das amerikaniſche Schiff Columbia (Cap. € 
Entrada de Heceta ein, und frgelte ſtromaufwaͤrts; daher der jegi« 
Fluſſes. Hierauf unterfuchten feinen Lauf abwärts, auf ihren Lan 
duch Nordamerika, 1793 Madenzie, dann 1805 die amerikanifche 
wis und Clarke, bis zu feiner 18,000 Klaftern breiten Ausmündung. 
foefchte Commodore Porter 1816 fg., im Auftrag der Regierung, bie 
nordweftlichen Theile des Unionsgebiets, und machte auf die Vortheil 
Tation der Ufer des Columbia aufmerlfam. Diefer Strom hat einen 
Lachſen u. a. Sifchen, und ift, bis auf drei Trageplaͤtze, fhiffbar. Di 
in ihm bie 183 engl. Meilen aufwärts. Das Columbiathat ift fruc 
naͤmlich die Temperatur der Nordweſtkuͤſte am flilen Meere (eine nat 
der Abdahung von Morgen gegen Abend) um 15 Grade milber ift 
Norbküfte am atlantifhen Ocean, fo ift auch die Vegetation dafelbfl n 
Der Anbau und die Bevölkerung diefes fruchtreichen Kuͤſtenreichs ki 
ſchnell zunehmen. Unter den indianifhen Stämmen, die am Columbi 
Kifcherei und Zaufchhandel mit Pelzwaaren leben, und die im Ganıe 
haͤßlich gebildet find, zeichnen fich mehre durch Geſchicklichkeit im Canoı 
der Verfertigung ihrer Geräthfchaften fehr aus, vorzüglich die Clatſop 
Meifebefähreib. der Capit. Lewis und Clarke.) An der Mündung haben 
Staaten 1791 einen Mititairpoften Columbia angelegt. Die frührı 
1785 fg. gegründeten Niederlaſſungen am Columbia, das 1805 anı 
Clotſhop, die 1810 gegründete Stadt Aftoria, und die 1812 enıftan 
derlaffungen an den Nebenflüfien des Columbia fielen im legten Ktie 
länbern in die Hände, wurden aber im genter Frieden an die Verein. | 
ruͤckgegeben. Hierauf ftügte der Congreß fein Recht auf die 1822 
Golonijation jene® Theile der Norbweftküfte von Nordamerika. Er 
Enbe die nöthigen Ländereien von den Eingeborenen durdy Kauf anf 
Man betrachtet dies zugleich als eine Mafregel gegen das Umfichgreifen 
amerikaniſchen Handelsgeſellſchaft in jenen Gegenden. übrigens ift 
Weg fuͤr die Amerikaner, um die chineſiſchen und indiſchen Waaren 
oder gegen Pelzwaaren einzutauſchen, der Weg über Columbia; denn vı 
gebirgem beträgt der Landweg bie zu ber erften ſchiffbaren Stelle des D 
engl (73 deutſche) Meilen, wovon 200 bereite völlig fahrbar find, fı 
noch der Anlegung einer Kunftftcaße von 150 engl. (30 deutfchen) Mi 
Dann tritt Nordamerika mit China, Japan, Indien, Peru und Chi 
und unmittelbaren Verkehr. 

Columbus, f. Colombo. 

Columella (Lucius Zunius Moderatuß), der gelchttefte prak 
baufchriftfteller dis Alterthums, aus Gadir in Spanien gebüttig, I 
Mitte des erften Jahch., und ſchrieb zwölf nody vorhandene Bücher: „I 
ca”, deren eines über den Gartenbau in Werfen iſt. Er behandelt in di 
alle Zweige der Ökonomie. Hierzu kommt nod) ein befonderes Bud) von 
zucht. Die befte Ausgabe ift von Gesner in der Sammlung „Seripto 
sticae” (Leipzig 1735, 2 Bde., #.). 

Comtination, jede Verbindung gleicher oder verfchiedener ( 
(Elemente‘, ohne Rüdiichyt auf die Ordnung diefer Elemente. — Combi 
Lehre, der Inbegriff der Reſultate, zu weldyen dergleichen Verbindu 
können, und der darüber fprechenden Regeln. Die Frage z. B.: wie 
find aus den fünf gezogenen Eotterienummern überhaupt möglich, d.h. u 
ih 5 Zahten, je 2 und 2 ohne Wiederholung verbinden ? — gehört in 
der Combinatiangiehre.— Combinatorifhe Analyſis, die oft feh 
nf ‚ durch eine eigne Charakteriftil ausgezeichnete Anwendung bes Gombir 


Comenius Comines 781 


Analyſis. Diefer fruchtbare Theil der Analyſis ift durch Hindenburg zu 
feit 1778 zu einer felbftänd'gen Wiffenfchaft ausgebildet. (S. Weingärt: 
Lehrbuch der combinatorifchen Analyſis“, 2 Thle, Leipz. 1801.) Man un: 
yet Verbindungen mit und ohne Wiederholung. Die beiden Lotterienum- 
und 5 z3. B. lafien ſich in der doppelten Geftalt 4,5 oder 5,4 verbinden; 
Serbindungen geben nur Eine Ambe. Man kann die gegebenen Elemente 
ntweder permutirend oder combinitend oder variicend verbinden. Die Stage 
vie oft innen drei neben einander flehende Perfonen ihre Stellung verän- 
besteht fi) auf Permutation; die Eingangs aufgeworfene auf Combination 
mente. Variationen endlidy find Combinationen mit allen möglichen Ber: 
m der vorkommenden Elemente. 
Jomeniud (Johann Amos), ein Wohithäter der Menichbeit durch Ver⸗ 
ng des Schulweſens, geb. d. 28. März 1592 in dem Dorfe Konına bei 
au in Mähren; daher nannte er ſich Somenius; fein wahrer Name ift unbe: 
Seine Altern, die zu der Gemeinde der mährifchen Brüder gehörten, ließen 
Herborn ftudiren. 161% ward er Rector in Prerau und 1616 in Fulneck. 
Stadt ward 1618 durch die Spanier geplündert und verbrannt; C. verlor 
zuͤcher, feine Handfchriften, feine ganze Habe. Um der wider ihn und alle 
liſche Prediger gerichteten Verfolgung zu entgehen, flob er nad) Kiffa in Po» 
ner an der Schule arbeitete und 1632 zum Bifchof der böhmifchen und 
hen Brüder gewählt wurde. Hier gab er 1631 feine „Janua linguarum re- 
heraus, die in Zeit von 26 J. Überfegungen in 12 europaͤiſche Sprachen, 
m ins Arabiſche, Perfifhe und Mongoliſche eriebte. C. zeigte darin eine 
ve Zeit neue Methode, die Sprachen zu lehren, die anfchauliche finnliche 
‘, wodurch die Sprachen, ale Schtüffrl zu nüglichen Sachkenntniſſen, der 
> auf eine ihr angenehme Weife beigebracht werden, und das langweilige 
m teodener Wortverzeichniffe erfpart wird. Ebenfo allgemein bekannt ift fein 
pietus, oder die fihtbare Melt”, welche zu Hanau 1659, Nürnberg 
c. erſchien, das erfte Bilderbuch fuͤr Kinder und durdy Umfang und Auswahl 
G. rourde 1641 nach England berufen, um den Schulen eine andre 
tung zu geben; aber da der Bürgerkrieg die Ausführung dieſes Plans hin⸗ 
ging er nady Schweden, wo der Kanzler Orenflierna frin großer Gönner 
Won da ging er nad Eibingen, Schiefien, Siebenbürgen und kehrte 
nach Liffa (1656) zuruͤck, wo er abermals feine Bücher und einen Theil feiner 
briften verlor, ald nad) Karls X. Guſtav Ruͤckzug das Faiferl.polnifche Beer 
tadt verbrannte. Er ging daraufnady Schlefien, Brandenburg, Hamburg 
6 ſich zuletzt in Amſterdam nieder, wo er noch einige Werke herausyab und 
. Det. 1671 flarb. In feiner lebten Lebenszeit gab er fich der religiöfen 
wmerei etwas hin, entdedte in der Offenbarung Johannis den damaligen 
d von Europa und erwartete das taufendjährige Meich im 5. 1672. Die 
ignon (f. d.) verehrte er als eine Gottbegeifterte. Adelung gibt die Anzahl 
Werke auf 92 an, wir brfigen aber nur noch 54 ; doch hat er mehr gefchrie- 
ıber wenig, was jetzt noch gelefen zu werden verdiente. Auf feine philans 
en Ideen bat neuerdings Sr. Kraufe wieder aufmerkſam aemadıt. 
Tomines (Philippe de), Herrv. Argenton, geb. 1445 auf dem Schloß 
jes bei Menin, in Flandern, verlebte feine Sugend an dem Hofe der Herzoge 
mgund, Philipps des Guten und Karls ded Kühnen. Er genoß das Ver- 
des Letztern und trug wefentlid) dazu bei, ihn und Ludwig XI. mit einander 
fühnen. Auch bei andern Verhandlungen benahm er ſich mit Eeſchicklichkeit. 
trat er in die Dienfte Ludwigs XI., wahrccheinlich durch den heftigen unbe: 
on Charakter Karls und die Verfprehungen Ludwigs zu diefen Schritte bewe: 
Ludwig überhäufte ihn mit Zeichen feines Wohlwollens. — Als nad) dem 


782 Somitate Gomitien 


Fall Karls des Kuͤhnen Ludwig das Herzogthum Burgunb in Beiik | 
fandte er Comines dahin, ernannte ihn aber bald zu feinem Gefandten 
wo während feines einjährigen Aufenthalts die Verſchwoͤrung ber Paz 
und miflang. Comines zeigte bei diefer Gelegenheit die größte Thaͤtig 
Sache der Medici. Darauf warb er von. Ludwig nach Savoyen geſchit 
des jungen Herzogs Philibert zu bemächtigen und ihn ganz unter die Vor 
des Königs, feines Oheims, zu ſtellen. 1483 farb Ludwig XI. — ð 
genden Regierung fand Comines nicht in gleicher Sunfl. Zum M 
Staatsraths unter der Regentſchaft ernannt, war er auf die Seite der 
geh die weile und wohlthätige Regierung der Anna de Beaujeu getretn 
in alle Raͤuke des Herzogs v. Orleans verwidelt und ſchloß fich beſonder 
ten Sonnetable, Johann v. Bourbon, an. Als Theilnehmer an eine 
rung , die entdeckt wurde, mußte er acht Monate zu Loches in einem eifı 
zubringen. Das Parlament machte ihm den Proceß und erkannte ihn 
Einverftändniffes mit mehren Rebellen und andrer Verbrechen ſchuldig. 
Urtheil, das nicht zur Vollziehung gelommen zu fein fcheint, follte er 
eines feiner Güter verbannt werden und den vierten Theil feines Vermoͤ 
vn. — Karl VIEL, gebrauchte ihn zu verfchiedenen Verhandlungen in I 
lein die Megierung war zu ſchwankend und unbefonnen in ihrem Verfa 
börte zu wenig auf Comines's beffern Rath. Für feine Bemühungen wı 
Tadel und Unzufriedenheit zu Theil. Unter Ludwig XII. fcheint er an d 
ten feinen Antheil mehr genommen zu haben. Ex ftarb 1509 zu Argen 
Memoiren (voliftändigfte Ausg. London 1747, 4 Bbe., 4.) find | 
ſchichte jener Zeit von unfhägbarem Werth. Er erzähle darin bie Ba 
die er felbft eriebt und an denen er meiftene Theil genommen, mit gr 
heitsliebe, in einer lebendigen, natürlichen Sprache und zeigt allenthall 
tiges Urtheil, feine Brobadytungsgabe und tiefe Sach » und Menfchent 

Comitate, ſ. Geſpanfſchaften. 

Comitien, bei den Roͤmern die Volksverſammlungen, in w 
Stimmenmehrheit die Angelegenheiten des Staats entſchieden wurden. 
ter den Königen fanden fle flatt; zur Zeit der Republik wurden fie vo 
fuln veranſtaltet. War kein Conful da, fo konnten fie auc vom Snı 
Dictator, von den Volksrribunen, Ädilen und Detemvim, oder at 
nur In außerorbentlichen Källen,, vom Pontifer Marimus berufen werdı 
gegenflände, Über welche in den Comitien entfchieden wurde, waren bi 
der hoͤchſten obrigkeitlichen Ämter, die Annahme und Verwerfung nı 
oder die Aufhebung ſchon beftehender, Krieg und Frieden und die Beſt 
Staatsverbrechen. Zur Wahl obrigkeitlicher Perfonen waren die Comit 
lich auf dem Marsfelde verfammelt; wurden fie aus ben andern angefi 
fachen gehalten, fo geſchah «6 bald auf dem Forum, bald auf dem & 
zuͤglich aber in dem fogenannten Comitium. Unter den Kaifern wurbe 
tien dem Scheine nady beibehalten, aber nach Willkuͤr vor ihnen gelenkt 
dverfchiedenen Abtheilungen des rom. Volks in Genturien, Gurien und 
terichied man: Comitia centuriata, curiata und tributa; nach den 
chen Perfonen aber, welche darin gerwählt werden follten: Comitia « 
praetoria, aedilitia, censoria, pontifica, proconsularia , propra 
tribunitia. Die wichtigften waren die Comitia centuriata , in weiche 
nad) den 193 Senturien flimmte. Nur an gewiſſen Tagen burften € 
halten werden. Siebzehn Tage zuvor (pertrinundinum) wurde das Ve 
Edict zufammenberufen. Am Tage der Comitien felbft bezog der dabel 
Mogiftrat, nebft einem Augur, ein Zelt vor ber Stadt, um die Auſpici 
achten. Wenn der Augur diefe für unverwerflich erfiärte, wurden di 


Commandement Commerſon 788 


m, außerdem mußten fie auf einen andern Tag verlegt werben. Vor Auf⸗ 
md nach Untergang bee Sonne ward nichts in denfelben vorgenommn. Der 
ne Kagiſtrat, auf feinem curulifchen Stuhle, eröffnete die Verſa mmılung 
ein Bebet, das ihm der Augur vorfagte. Darm murde der Gegen’ tanb der 
hichlagung bem Wolke bekannt gemacht, welches ſich fofort in feine Tribus 
eturlen abfonderte. In dltern Zeiten wurden zuerft die Equites, dann die 
tim der erſten Claſſe u. f. f. zum Abflimmen aufgerufen ; fpäter Tiofeten fie 
2; der Reinung ber zuerft flimmenden Genturie folgten gewöhnlich alle übrige. 
glich gab jede Genturie ihre Stimme (Botum) mündlich, fpäter hurch Taͤ⸗ 
. Was die Mehrheit jeder Genturie befchloß, das wurde vom Herold als 
otum dieſer Centurie ausgerufen. Unterbrodyen wurden bie Comitien, wenn 
d m der Verſammlung von ber Epitepfie (die daher auch morbus comitialis 
feuen wurde, wenn ein Volkstribun ſein Veto ausſprach, und durch andre 


Sommanbement (Zortif.), der ſenkrechte Abſtand der Krone der Bruſt⸗ 
iner Schanze oder eines Feſtungswerks von einem Punkte außerhalb deffelben. 
#5. B. der Hauptwall 13” Commandement über das Glacis, wenn die 
wehrkrone deffelben 18” Höher als die des Glacis liegt. Man muß das Goms 
ment von Dominiten unterfcyeiden , wo die Linie, die man von dem domis 
mnach bemdominirten Punkt zieht, die Hauptfache ift und der Punkt der 
vendere iſt, wo diefe Linie mit dem auf dem dominirten Gegenſtand gefällten 
dikel die fpigioften Winkel bildet. Ein vom bominitten Punkt weiter abges 
Dr tkann daher mehr Commandement haben und dennoch weniger dominis 
8 der näher gelegene, wenn die von demfelben nad) dem dominirten Punkt 
e Linie nur unter dem näher gelegenen niedern Punkte weggeht. 32. 
ommanderie, Sommende, Commenthurei hieß bei verſchie⸗ 
Bitterorden ein gewiffes Gebiet, woruͤber einer von ben Ordensrittern beftellt 
er die Eintünfte theils berechnete, theils genoß. Ein foicher Befehlshaber 
Mtidye Ritterordensghter hieß Commandeur, Commenthur oder 
base. War feine Commende weitiäufig,, fo war ihm ein Hauscommen: 
eigeordnet. Der Auficher über die Commenden einer ganzen Provinz hieß 
idcommenthur. Auch die Dotation eines Vicarius oder Altariften 
meicchen beißt Gommanderie. 

ommelin (Jerome), aus Douay, ein gelehrter Buchdruder, welcher ale 
ieter nach Senf auswanderte und ſich nachher in Heidelberg nieberließ, wo 
ſtarb, bat ſich durch feine vorzüglichen Ausg. griech. und latein. Claſſiker 
t gemacht. Sein Zeichen ift eine Figur der Wahrheit. Auch findet man 
ren friner Ausg. auf dem Zitelkupfer die Worte: „Ex Officina Sanct An- 
— Commetin (Johann und Kaspar), Oheim und Neffe, beide gleich 
e Botaniker. Erfterer, geb. 1629 in Amfterdam und 1692 daſelbſt geft., 
of. der Botanik, richtete den dortigen botanifdyen Gurten ein und erwarb 
dp die vorzügliche Behandlung und Berriherung deffeiben und feine gelehrten 
rin nicht unbebeutendes Verdienſt um feine Wiffen'chaft. Sein Neffe, 1667 
bft geb. und 1:51 aeft., Dr. der Medicin, folgte ihm in der Profefforftelle. 
Berdienfte um die Botanik, ſowol im Prattifchen, als durch feine zahls 
und ſchaͤtbaren Schriften, ſtehen denen feines Dheims nach. — Iſaak 
Amfterdam 1598 geb. und 1676 geft., war ein Hiftorifer, von dem man 
Werke hat. Die beften find die, weiche Holland betreffen. Seine Geſchichte 
—— von Amſterdam, die fein Sohn Kaspar herausgegeben hat, wird 

geſchaͤtzt. 

en merfon (Philibert), ein durch feine Thätigkeit, feine Erfahrungen 
hin Sammlungen bekannter Botaniker, geb. 1727 in Chatillon⸗ les⸗ 


784 Commiffionshandel Commobus Antoninzs 


Dombes, ftudirte in Montpellier und ward daſelbſt Dr. der Medicin. Hi 
er fein Herbarium an, das größte, das je ein Privatmann zufanmengka 
Auf Lirane’s Verlangen gab er für die Königin von Schweden eine Beſchreibi 
ſeltenſt n Fifche im mittelländifchen Meere heraus; damals die volftändigf 
thyologie. 1755 machte er eine botanifche Reife in den Savoyer: und Sqh 
gebirgen:, legte im feinem Geburtsorte Chätillon einen reichen botaniſchen 
an, befrzchte die Gebirge von Auvergne und Dauphine in botanifcher Rüdfi 
begab fich 176% auf feines Freundes Lalande's Auffoderung nad, Paris. 
einer von den Naturforfchern, welche der König von Frankreich wählte, d 
um die Welt (1767) mit Baugainville (f.d.) zu machen Mad einen 
Franzoͤſin, Hortenfe Barre, welche ihn in männlicher Kleidung begleitete, 
er die uns jest befannte Blume Hortenfia. Commerfon ftarb auf dieſer R 
Isle de France 1773. Seine Pflanzen, Zeichnungen und Papiere vorm 
dem parifer Zönigl. Cabinet, wo fie aufbewahrt find. Man hat von ihm,: 
nigen Beinen Werfen, feinen „Botan. Martyrolog“, eine Biographie Dera 
ein Opfer ihrer botanifchyen Bemühungen geworden find. 

Commiffionspandel. Nachdem zu Ende des 15. Jabıh. 
friede eine allgem. Sicherheit der Land, Poft: und Waſſerſtraßen hergeſte 
betrieb der Kaufmann die Öefchäfte feines eignen Handels auf eine ganı w 
Art, indem er bei jeder Handelsunternehmung für feine eigne Rechnung 
den Orten einem dafelbft wohnenden Freunde Auftrag oder Commilflien | 
eignen Unternehmung gab, alle® Dasjenige bei derfelben zu thun, was er’ 
ſelbſt verrichtete oder durch feine Diener verrichten ließ. Diefe Dandeib 
Gommiffionshandel und Denjenigen, welcher ihn für die Rechnung eind 
betreibt, nennt man den Commiffionnair; der Lohn aber, welchen de 
für feine Bemühung beim Geſchaͤfte erhält, heißt Provifion. Die Com 
folder Art find theils Einkaufs = theils Verkaufscommiffionen. 

Committee, engl. (franz. Comit«), der Ausfhuß; die zu eine 
ten Unterfuchung oder Berathichlagung gewählte Anzahl von Perfonen, ind 
bei dem engl. Parlamente. Es werden einer ſolchen Committee alle zur Exfi 
res Auftrags erfoderlichen Aufllärungen und Actenſtuͤcke mitgetheilt; | 
dann einen Bericht and Parlament, worauf diefes in letzter Inſtanz a 
In der franz. Revolution wurde diefe engl. Einrichtung nachgeahmt und 
vent übertrug einzelnen Comites fogar die Verwaltung bes Reiche in ihre 
denen Zweigen. Die höchfte Direction hatten die Comites du salur pu 
surete generale, de guerre. Es gab eine Zeit, wo die ganze Verwalt 
24 ſolcher Gomites vertheilt war. 

Commodore, beiden Engländern, ein Schiffscapitain oder andı 
ficier, der, ohne Admiral zu fein, ein Geſchwader befehligt und nicht v 
Oberbefehl eines andern Dfficiers ſteht. Er behält diefen Titel, der an 
(häft, nicht an der Perfon haftet, nur folange, als daffeibe dauert, waͤh 
cher Zeit er den Rang eines Generalbrigadiers hat. Aus Höflichkeit wirl 
ältefte Gapitain von drei odermehr bloß kreuzenden Schiffen Commobore ga 
Commodorefhiffheißt bei einer Kauffahrteiflotte das Begleitungs: us 
fchiff (Convoy - Ship). Es führt die andern Schiffe und Hält fie zufamn 
hat deßhalb Nachts ein Licht auf dein Hauptmafte. 

Commodus Antoninus (2. Atius Aurelius), geb. 161 n 
Sohn Marc Aurel’ und der Anna Zauftina, Tochter des Antoninus P 
früh Beweiſe feines graufamen und wolluͤſtigen Charakters. Als ein Ki 
12 3. befahl er, da das Waſſer, worin er badete, zu heiß war, ben da 

ten Aufſeher ine Feuer zu werfen. Sein Vater, der ihn durch Sanfın 
tel zu beffen hoffte, ließ ihn früh an der Regierung Theil nehmen. 





Commoners Communion 785 


tribuniciſche Gewalt und in ſeinem 16. Jahre die Conſulwuͤrde, 
ich die Titel Auguſtus und Vater des Vaterlandes. Sodann ver⸗ 
mit der Criſpina, T. des Bruttius Praͤſens. Als aber, nach Marc 
180, Conmodus den Thron beſtieg, zeigte er fich als ein Ungeheuer, 
zula, Domitian und Nero übertraf. Zur Luft hieb er Menfchen, 
begegneten, von einander , ſtach ihnen die Augen aus, verſtuͤm⸗ 
afen, Ohren u. ſ. w. Er mar mit einer außerordentlichen Stärke 
chien oft, um den Hercules nachzuahmen, mit einer Loͤwenhaut 
iner Keule bewaffnet. Seine ſchaͤndlichen Wolüfte zu befriedigen, 
nicht 300 Beifchläferinnen und ebenfo viel Knaben, noch die nie 
n Roms. Er hatte ſogar einen biutfchänderifhen Umgang mit 
tern und ermorbdete eine derfelben, Lucilla, die ihm nicht willfah⸗ 
eine Verſchwoͤrung angefponnen hatte. Um bie durch Verſchwen⸗ 
e Schatzkammer zu füllen , belegte er das Volk mit ungewoͤhnli⸗ 
verkaufte Statthalterfhaften und Ämter an die Meiftbietenden 
brechern für Ge!d die Strafe. Um Proben feiner Stärke und Ge: 
Fechten zu geben, trat er auf den Amphitheatern Öffentlich auf. Er 
Beife 735 Mal gekaͤmpft und ebenfo oft gefiegt haben Gleich nach 
ſteigung ſchloß E. mit den Quaden einen unruͤhmlichen und mit an: 
Boͤlkern einen ſchimpflichen Frieden. In Britannien erfocht fein tapfes 
Upius Marcellus, bedeutende Vortheile über bie Caledonier, wofuͤr 
n Beinamen Imperator und Britannicus annahm. Die Regies 
hatte er anfangs feinem Sreigelaffenen Anterus Überlafien. Diefer 
an ihm die Verführung des Kaifers Schuld gab, von den Befehis⸗ 
wache ermordet; worauf Commodus, der den Tod feines Lieblinge 
inen ehemaligen Sklaven, Kleander, der feine ganze Gunſt beſaß, an 
er ſetzte. Als aber eine Feuertbrunft einen Theil der Stadt verzehrte 
ersnoth dad Volk in Verzweiflung ſetzte, brady eine Empdrung aus, 
fah ſich genöthigt, feinen Minifter, den man wegen diefer Drang: 
binrichten zu laffen. Am 1. Jan. des 3. der Stadt 946 hatte er 
leid) als Conſul und ale Fechter aufzutreten, und wollte zu dem Ende 
iſuln ermorden laffen. Über den Widerſpruch feiner Freunde, die 
ethen, gerieth er dermaßen in Muth, daß er befchloß , viele derſelben 
ıffen. Das Blatt, worauf er ihre Namen verzeichnet hatte, ward 
en und einer feiner Beifchläferinnen, Namens Marcla, gebracht, die 
ſich fetbft Darunter fand. Sie verſchwor ſich mit den Übrigen geg-n 
ſtaiſers. Man beachte ihm Gift bei und ließ ihn, da daffelbe nicht 
orrkte, von feinem Lieblinge Narciß, einem echter, erdroſſeln (31. 
br). Auf die Nachricht von feinem Tode, den man für die Folge 
uffr® ausgab, erklaͤrte ihn der Senat für einen Feind des Staats, 
äulen zerfchlagen und feinen Namen aus allen öffentlichen Inſchriften 
batte 31.3.9 Mon. gelebt und 125 3. regiert. Nom verdankt ihm 
Bilder, die Thermae Antoninianae. Auch legte er zur Verforgung 
Fer der aͤgyptiſchen, noch eine afritanifche Getreideflotte an. 
oners, f. Collegien. 
union, bie Gemeinſchaft; eine Benennung der Abendmahlsfeier, 
Regel von mehren Chriften gemeinſchaftlich gefchieht. (S. Abend: 
r ſtellt die Communion, mit Ruͤckſicht auf das Paſcha der Iſcaeliten, 
he Symboliſirung des Tedes Jeſu und der durch denſelben bezweckten 
Reinhard und Stephani erklaͤren ſie, mit Ruͤckſicht auf die Bun⸗ 
Frarliten, für das feierlichſte Bundesmahl, das gefeiert werden 
e Weihe und Erneuerung des Bundes, für Wahrheit, Recht und 
Siebente Aufl. Bd. II. 50 


- 786 Como Comparſen 


Liebe zu leben, zu kaͤmpfen und zu ſterben. Horſt, Gaß u. a. ſich zur M 
neigende ſtellen fie als eine myſterioͤſe Feier der innigſten Vereinigung 
dar, die dem Verſtande unerklaͤrlich ſei, aber auf das Innere Leben wund 
zuwirken, Herz und Seele zu reinigen und uͤber das Irdiſche zu erheben 
liche Macht babe. — Brauchbare Communionbuͤcher haden Roſenmuͤlle 
Veillodter, Klooſe, Hacker, Hundeicker, Spieker u. A. geſchrieben. M 
den communiciren beißt in der Kirchenſprache: mit ihm zugleich das 
mahl feiern; in der Sefchäftsfprache: mit ihm über einen Gegenftand I 
nehmen. 

Como, Hauptfladt einer Delegation im oͤſtr Gouvernement Mı 
der Suͤdweſtſpitze des Comerſees, in einem reizenden, ringe von hoh 
eingefchloffenen Thale, mit 14,700 Einw. Sie ift mit Mauern und 
umgeben und vor Zeiten durch ein feſtes Schloß vertheidigt worden, deff 
noch jest den Gipfel einer kegelfoͤrmigen Anhöhe einnehmen. Die öffen 
bäude find prächtig. Die bifhäfliche Domkirche ift von weißem Marm 
auch die 12 übrigen Kirchen find zum Theil nicht minder merfwürcdig. Z 
Galli und Odescalchi u. a. verfchönern die Vorftadt Vico. In den Gärt 
laſtes Odescalchi ſtand die berühmte Ulme, deren der jüngere Plinius in 
gedenkt. Die zahlreichen Seidenmanufacturen liefern Sammet, Taffi 
ſchuhe und Strümpfe. Die nahen Marmorbrüche werden von Bildhaw 
Der Handel mit Graubuͤnden, der Schweiz und Oberitalien befchäftigt n 
delshäufer. Die Nähe der Alpen macht das Klima nicht felten etwas fi 
hindern die oft, ſcharfen Winde die Fruchtbarkeit bes Bodens nicht, und 
ſtock, wie der Ölbaum wuchern noch wie zu ber Mömer Zeit in aller üj 
füdlichen Vegetation. Como ift der nördlichfte Punkt, wo der Olbau 
indem der See in der Nähe der Ölberge die Folgen der Nachtfröfte milde 
nahgelegene Gomerfee (Lago di Como), ben die Abda bildet, iſt berü 
feiner romantifch = malerifchen Ufer, an welchen ein Kranz von hoben! 
zierlichften Landhäufer (darunter die prächtige Villa de Este des Herzog 
fonia) in der Mitte von Weinbergen und lgaͤrten umgibt. Der ndıl 
des Sees wirb zuweilen der See von Chiavenna genannt. Seine größt 
15 Stunden Weges, die größte Breite noch Beine deutfche Meile. Se 
fpieget ift 700 Fuß über der Meeresfläche erhaben. 

Compagnie, eine Zruppenabtheilung, von einem Hauptmann 
dem etliche Officiere und eine verhaͤltnißmaͤßige Anzahl Unterofficiere, 
aber ein Feldwebel (bei der Reiterei Wachtmeifter) und ein Kourier 
Die taktifchen Kormen erfodern die gleichſſt arke Unterabtheilung der R 
die Eintheilung in Compagnien findet aber nicht ſowol in taktiſcher als 
ſchaftlicher und disciplinarifcher Hinficht ftatt. Daher bleibt der feftgefeg 
der Compagnien felten gleich ſtark, aber das Perfonal derfelben bleibt 
möglich unverändert beifammen. 4 bis 6 Compagnien bilden ein Bat 
jede pflegt 100 bis 200 Mann ftark zu fein. Die Compagnien ber R 
viel ſchwaͤcher. 

Comparativ, f. Nomen adjectivum. 

Comparfen (la comparse), bei dem Garouffel, der Auf 
Quadrillen (Abtheilungen der Ritter) in den Schranken (von dem nid 
bräucylichen compartir, d. h. mehre Figuren ſymmetriſch aufftellen). 2 
in der Runftfprache der Bühne: Comparſerie, die Anordnung de 
der Statiften, d. 5. der flummen Perfonen, ober auch Thiere, welch 
Schau auf das Theater kommen. Auch diefe Aufzüge felbft werden fı 
deßgleichen die Darftellungen von Volksmaſſen, Auflaͤufen, Schlachten u 
die Sorge dafür macht einen Theil der fogenannten Regie aus. Die 


2 Compaß en 787 


‚auf diefe Art zur Schau auf die Bühne gebracht werden, beißen Comparfen. 
Kant dafuͤr zu ſorgen, daß fie durch ihre Erſcheinung die Wirkung nicht ſtoͤren 
a Lachen oder Unwillen reizen, wo die entgegengefeßten Empfindungen beab- 


BrBen. 
Bompaß, Bouſſole. Mit Hülfe diefee Werkzeuge kann man ben meiten 
deſchiffen, während die Alten, ohne andre Wegweiſer als die Sonne und 
ine, weiche der Wechfel der Witterung fo oft ihren Augen entzog, ſich 
son den Küften entfernen durften. Erfinder und Zeit der. Erfindung des 
% laſſen ſich nicht genau beftimmen. Einige nennen als foldyen Flavio 
„Andre Biri aus Amalfi, im Koͤnigreiche Neapel, zu Anfange des 14. 
3 aber man bat Beweiſe, daß die Eigenfchaft der Magnetnadel, nah Nor: 
fen, bereits früher in Europa bekannt war, und daß eine compaßaͤhn⸗ 
htung in Srankreich bereits im 12. Jahrh. den Namen Marinette führte. 
länbern verdankt man die ſchwebende Lage des Seecompaſſes, und den 
m die bequemen Namen der Weltgegenden auf der Windrofe. Die erften 
zieB trafen die Diaynetnabel fchon bei ihrer Ankunft in China an. Das 
he Stuͤck eines jeden Compaſſes ift die auf einem Stifte freifchwebende 
Diefe befist die Eigenfhaft des Magnete, mit welchem fie beftris 
ſich nad) der Mittagelinie, jedoch mit einiger Abweichung, zu richten. 
me SBouffole iſt holländifchen Urfprunge und bedeutet ein Buͤchschen. Man 
ber insbefondere das in der praktifchen Geometrie gebräuchliche, mit einer 
| ‚und einem Diopterlineal verfehene, allgemein befannte Meßinſtru⸗ 
FR der Compaß für den Gebrauch der Seefahrer eingerichtet, fo heißt er 
paß und hat gewöhnlich folgende Einrichtung. Die Magnetnadel ift ein 
Hteck von belisbiger Länge und gewöhnlich „r Zoll Breite und „', Zoll 
Ihre Eden werden fo abgeflumpft, daß beide Enden in einen ſtumpfen 
laufen. In der Mitte durchbohrt man die Rubel und fegt an dem Umkreiſe 
Jang einen hohlen über die Äußere Fläche der Nadel hervorragenden Cylin⸗ 
h ber oben mit einem ausgehöhlten,, wohlpolirten Achat (dem Hütchen) ver⸗ 
Mift, und mittelft deffen fie auf ihrem Stifte ſchwebt. Die Nadel wird hier 
Fen zwei fich mit ihr zugleich drehende Ereisrunde Scheiben von leichter 
ober Kartenpapier eingeklebt, welche die fogenannte Wind» oder Schiff: 
en. Es wird darauf ein Stern von 32 Strahlen gezeichnet, deren 
die Weltgegenden anzeigen. Der Nordpol der Nadel muß babei mit dem 
Norden genau übereinflimmen. DerRand der Rofe wird in die 360 Grade 
B, lm bie durch das Schwanken des Schiffes verurfachte Schwingung der 
‚gu verhindern, feßt man an ihre untere Fläche Feine Flügel von Pappe an, 
bascch den Widerftand, den fie von der Luft erleiden, bewirken, daß bie Na⸗ 
w in Ruhe kommt. Die Nadel mitihrem Stifte und Übrigen Apparate wird 
rundes kupfernes Gehaͤuſe eingeſetzt, welches ſich mittelft zweier daran befe: 
ı Bapfen in einem das Gefäß umgebenden Ringe frei bewegt. Der Ring hat 
sw Entfernung von 60 Graben von ben Stellen, wo das Gefäß eingezapft ift, 
ms zwei Zapfen,. mit welchen er ſich in einem großen, unterwärt6 liegenben 
keife gleichfalls ganz frei bewegt. Diefer ruht unten auf einem Zuße, um 
em fich das ganze Inſtrument frei herumbrehen laͤßt. Durch Umdrehung des 
mies wird die Windrofe nicht mit umgedreht, meil fie an der Nadel befeftigt 
d dieſe fie, vermöge ihrer Polarität (befländiger Richtung nach dem Norbpot), 
weglich erhält. Die Aufhängung in einem ſchwebenden Ringe bewirkt, daß fie 
allem Schwanken des Schiffs immer in horizontaler Lage erhält. Der Fuß 
an den Boden befeftige und das Gefaͤß oben mit einer Glasſcheibe verfehen. 
denkung und Richtung des Schiffes nad) dem Compaß erfobert viele Kenntniffe, 
em geſchickten Steuermanne unentbehrlich find. Kürzlich iſt in England eine 

50 * 












788 Gompetenz Sompofition 


Vorrichtung erbacht und auch bereits bei der ruffifchen Marine eingefüht 
um die Nadel der Rofe vor dem Einfluffe des Eiſenwerks auf dem Schiffe 
Es ſteht aber darlıber'der nähere Bericht ebenfo zu erwarten als über d 
testen Nordpolerpeditionen (f. db.) dee Engländer beobachteten at 
Anomalien in dem Verhalten der Magnetnabel des Seecompaffes bei groͤß 
herung zum Pole. (Vol. Magnetnadel.) Das. Weitere hierüber inı 
pendix, den Barlow 1824 zu f. ein Jahr früher herausgegeb. „Essay o 
tic attractions” hät erfcheinen laffen. Die Beſchreibung der Windrofe‘ 
Abbildungen, findet män- in Bode's „Sterntunde” (Berlin 1808, 2. 
Br.,$ 799 und fg.). 

Competenz eines Berichts oder Richters ift die Befugniß deffe 
Perſon oder Sache vor feinen Richterftuhl zu ziehen; überhaupt ber vi 
mäßige Wirkungskreis einer Behörde. Die Überfchreitung deffeiben zieh 
tigkeit nach fih. — Auch verfteht man zumellen unter Competenz die 

en (f.d.). | | 

’ Competenz (beneficium competentiae), das Recht, meld 
ſchiedenen Verhauͤltniſſen flattfindet , daß eine Foderung nicht mit dei 
Strenge beigetrieben werden darf, fondern nur in fo weit, daß der Sch 
feinen nothwendigen Unterhalt behält. Dies Necht haben z. B. Ehege 
einander, Altern gegen ihre Kinder, Gefchwifter, Soldaten (nad) rom 
faffung), Schentgeber gegen den Beſchenkten u. a. Kraft deffelben wit 
Concurso ben dazu berechtigten Schuldnern der nöthige Unterhalt arlaffen 
gefteht es hier manchen Claſſen zu, 3. B. Adeligen, öffentlichen Beamten 
fen darf nur die Hälfte deſſen, was die Befoldung über 400 Thlr. betrd 
ſchlag genomnien werden), Lehnsbeſitzetn u. f. w. 

Componiften,-f. Tonfeper. 

Componium, eine 1824 in Amfterdamerfundene Maſchine in 
eines Schreibfecretaire, welche ein gegebenes muſikaliſches Thema mit 
lichen harmonifchen Combinationen variirt. Der Erfinder, der 7 I 
gearbeitet haben fol, ift ein Deutfcher, Namens Winkel, aus Pippi 
Herrn Gatel und Biot unterfuchten dieſes in Paris allgemeine Bewund 
gende Automat, weldyes gleichfam die Wunder der augenblidlichen Erfind 
bringt, genauer und fagten. in ihrem Bericht Folgendes aus: Wenn dies. 
ein Thema zu variiren befömmt, das der Erfinder mittelft eines ihm all 
ten Procefied dem Mechanismus des Snftrumentes applicitt, fo beginnt ı 
die Variationen und arbeitet alle mögliche Theile auf das Feinfte und £ 
aus , bringt die Modulationen in wunderbarer Verfchiedenheit hervor, 
die aßercapricieufefte Phantafie erfinnen Eonnte, und bildet von felbfl 
fortgefegten Melodien und Darmonien in fo unermwarteter Art, da 
Derfonen,, welche mit dem Mechaniemus ganz genau befannt find, di 
fammenftellung nicht hätten errathen koͤnnen. Jede der Arien, welche fiev: 
ungefähr eine Minute. Kurz nachdem diefe Entdrefurg gemacht worden 
ein Herr von Siuliani die Erklärung eines ähnlichen mufikaliſchen Kat 
der „Wiener muſikal. Zeitung", 1824, Nr. 7, nieder. 

GCompofition, in der Muſik die Kunft, neue Tonftüde hi 
gen. Hierzu gehört das Talent der mufitalifchen Erfindung, Kennmif 
des vermifchten Satzes und der ausübenden Tonkunſt. Es heißen dahen 
nigen, welche Tonwerke vol Geiſt u. Gefühl erfinden, Componifte: 
feger. Denn es kann Jeder mit anhaltenden Fleiße ſich gründtiche Einf 
Harmonie erwerben , über Wirkungen in der Mufik und deren Urfachen 
ften Urtheite fällen, in jeber Partitur die kleinſten Abweichumgen von d 
im Sage entbedien und zur Noch muſikaliſche Sthde zufammenfegen let 


Sompreffibilität - Compreflionsmafchine 789 


kiten es Rhythmus und ber Regeln bes reinen Satzes auch bie ſtrengſte Kri⸗ 
ht6 anbaben kann; allein alle diefe Fähigkeiten gewaͤhren nur Anfprüche auf 
zel eines einfichtsvollen Harmoniften. — Um das Gebiet ber Compofition 
dem Fuß betreten zu fönnen, bedarf man der Kenntniß von Melodie, Har⸗ 
‚ Rhythmus, Generalbaß der Fuge, ded Kanone und doppelten Contral⸗ 
. Hieruͤber belehrt Gottfr. Weber's „Verſuch einer geordneten Theorie ber 
eunfl” (2. Aufl., 4 Bde, Mainz 1824). Mit diefen zur Compofition 
endigen theoretifchen Kächern, welche die Kunft, fich harmoniſch richtig und 
tannigfaltigfeit aus zudruͤken, Ichten, aber über die eigentlichen Mittel zur 
zung bes Zweckes der Sompofition ſehr wenig enthalten, iſt zwar fehr viel, 
rk weitem noch nicht Alles gethan. Die hier noch einfchlagenden , wiſſenſchaft⸗ 
heile müffen aus fehr entlegenen Gebieten zufammengetragen werden. So 
3. far die Gompofition des Gefanges nothwendig: volllommene Kenntniß der 
Ge überhaupt, Richtigkeit der Begriffe von Accent, Declamation u. f. w.; 
giehung auf Inſtrumentalmuſik: Kenntniß der Natur und Wirkung jedes 
agents, von dem man Gebrauch machen will, deffen Zemperatur, Umfang 
Bun, Verhättniffe feiner Tonarten gegen die übrigen u.f.w. Go kräftig 
Kefe Kenntniffe und Hülfsmittel In Vereinigung mit jenen wirken können, 
kalen fie doch einem Tonſtuͤcke immer noch nicht Seele und Charakter. Diefe 
Baur durch natürliche Talente erreicht, und diefe beftehen hauptſaͤchlich in eis 
einen und richtigen Gefühle, einer feurigen Einbildungsfraft und in Ges 
Bigkeit des Charakters, fich in den und jenen Affect mit Leichtigkeit verſetzen 
wen. Um diefes Leptern aber in Beziehung auf glüctiche livertragung ders 
fählg zu fein, muͤſſen dieſe Affecte [hom in der Seele des Componiften gele⸗ 
ben und nur ducch den gegenwärtigen Kall angefacht worden fein; und will 
Hefes wiederum annehmen, fo fegt es eine ſchon im frühern Alter gehabte 
ng, zweckmaͤßigen Umgang und Vertrautheit mit mannigfaltigen Situatios 
18 der ſittlichen Welt voraus. Häufig wird auch Compofition ein Ton⸗ 
eibſt genannt. 
Sompreffibilität, diejenige Eigenſchaft der Körper, vermöge welcher 
durch Hinlängliche Kraft bei unverringerter Maſſe in einen engern Raum 
alaffen. Dies kann nur geſchehen, wenn die Beftandtheile eines Körpers 
öhnlichen Zuftande einander nicht fo nahe find, als fie fein koͤnnen. Da 
le Körper Zwiſchenraͤume haben, in welche fremde Materien eindringen koͤn⸗ 
oiſt wahrſcheinlich, daß alle Körper compreffibel find , obgleich einige, naments 
tropfbatfluͤſſigen, der Compreffion einen faft unuͤberwindlichen Widerfland 
m fegen. Die Körper, die in ihren vorigen Raum zuruͤckkehren, menn der 
aufhört, heißen elaſtiſch, diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ift, weich. 
Bompreffionsmafchine, eine Vorrichtung, durch welche elaftifche, 
eMaterien zufammengedrüdt oder verdichtet werden innen. Dergleichen ift 
eine mit Hähnen verfehene Luftpumpe, durch weldhe man die Luft unter 
rſchloſſenen Gefäßen verdichten kann. Es gibt aber audy einige Mafchinen zur 
seffion tropfbarer Fluͤſſigkeiten, z. B. des Waſſers, von denen Abidy kuͤrzlich 
tfunden hat. Diefe befteht aus einem metallenen Cylinder, der 21 Zoll 542 
ı hoch iſt und 3 Zoll 74 Linien im Durchmeffer hält. Die Dicke feiner Wände 
#1 30U 24 Einien. Diefer Cylinder wird mit Waffer gefüllt und ein eiferner, 
der umlegter und genau paffender Stempel bineingetrieben. Zu diefem Hin⸗ 
iben bediente man fich zuerſt einer Schraube, aber hernach wurde, zur befs 
Beftimmumg der Kraft, ein Debel vorgefchiagen , der den Stempel niederdrüdt. 
n dem Stempel befindliches Merkmal zeigt durch feinen Abftand von einer am 
ber befeftigten Querleifte, wie weit der Stempel hinein⸗ und bei nachlaſſen⸗ 
vaft wieder herausgetzieben wird. MM. f. Zimmermann, „Über die Elaſti⸗ 


788 | Gompetenz Sompofition 


Vorrichtung erdacht und auch bereit bei der ruſſiſchen Marine eingeführt 
um die Nadel der Roſe vor dem Einfluffe des Eiſenwerks auf dem Schiffe 
Es ſteht aber darlıber'der nähere Bericht ebenfo zu erwarten als über di 
testen Nordpolerpeditionen (f.d.) der Engländer beobachteten au 
Anomalien in dem Verhalten der Magnetnadel des Seecompaffes bei größe 
herung sum Pole. (Vgl. Magnetnadel.) Das Weitere hierüber ine 
pendix, den Barlow 1824 zu f. ein Fahr früher herausgegeb. „Essay or 
tic attractions‘ hät erſcheinen laffen. Die Beſchreibung der Windroft f 
Abbildungen, findet män-in Bode's „Sterntunde” (Berlin 1808, 2. 
Bd., F 79 umdfg) 

Competenz eines Berichtd oder Richters ift die Befugniß deſſel 
Perſon oder Sache vor feinen Richterſtuhl zu ziehen; überhaupt ber vn 
mäßige Wirkungskreis einer Behörde. Die Überfchreitung deffeiben zieht 
tigkeit nach ſich — Auch verfteht man zumellen unter Sompetenz die A 

en (f. d.). 

’ Competenz (beneficium competentiae), das Recht, meld 
ſchiedenen Verhaͤltniſſen ſtattfindet, daß eine Foderung nicht mit der 
Strenge beigerrieben werben darf, ſondern nur in fo weit, daß der Schul 
feinen nothivendigen Unterhalt behält. Dies Recht haben z. B. Chrga 
einander, Altern gegen ihre Kinder, Gefchwifter, Soldaten (nad) roͤmi 
faffung), Schenkgeber gegen den Beſchenkten u. a. Kraft deffelben wird 
Concuro den dazu berechtigten Schuldnern der nöthige Unterhalt gelaſſen, 
gefteht es hier marichen Claſſen zu, 3. B. Adeligen, Öffentlichen Beamten 
fen darf nur die Hälfte deſſen, was die Befoldung über 400 Thlr. betrdg 
ſchlag genomnien werden), Lehnsbeſitzetn u. f. w. 

GComponiften,-f. Tonfeper. 

Componium, eine 1824 in Amfterdam erfundene Mafchine in 
eines Schreibſecretairs, welche ein gegebenes mufttaliiches Thema mit ı 
lichen harmoniſchen Combinationen variirt. Der Erfinder, der 7 X 
gearbeitet haben ſoll, ift ein Deutfcher, Namens Winkel, aus Lippfl 
Herrn Satel und Biot unterfuchten dieſes in Paris allgemeine Bewund⸗ 
gende Automat, weldyes gleichfam die Wunder der augenblidlichen Erfindr 
bringt, genauer und fagten in ihrem Bericht Folgendes aus: Wenn dies S 
ein Thema zu varliren bekoͤmmt, das der Erfinder mittelft eines ihm allı 
ten Proceffed dem Mechanismus des Inſtrumentes applicitt, fo beginnt eı 
die Variationen und arbeitet alle mögliche Theile auf das Feinfte und O 
aus , bringt die Modulationen in wunderbarer Verfchiebenheit hervor, 
die allercapricieufefte Phantafie erfinnen konnte, und bildet von ſelbſt 
fortgefegten Melodien und Harmonien in fo unerwarteter Art, daß | 
Perſonen, welche mit dem Mechaniemus ganz genau bekannt find, die 
fammenftellung nicht Hätten errathen können. Jede der Arien, welche fievaı 
ungefähr eine Minute. Kurz nachdem diefe Entdeckurg gemadıt worden 
ein Herr von Giuliani die Erklärung eines ähnlichen muſikaliſchen Kale 
ber „Wiener mufitat. Zeitung”, 1824, Nr. 7, nieder. 

Compofition, in der Muſik die Kunft, neue Tonitüde he 
gen. Hierzu gehört das Talent der muſikaliſchen Erfindung, Kennmif 
des vermifchten Satzes und ber ausuͤbenden Tonkunſt. Es heißen daher 
nigen, weldye Tonwerke voll Geift u. Gefuͤhl erfinden, CGomponiften 
feger. Denn es kann Jeder mit anhaltenden Fleiße ſich gründtiche Einf 
Harmonie erwerben , Über Wirkungen in der Mufit und deren Urfachen 
flen Urtheile fällen, in jeber Partitur die kleinſten Abweichungen von de 
im Sage entbedien und zur Noch muſikaliſche Stuͤcke zufammenfegen frrı 


Compreſſibilitaͤt Compreſſionsmaſchine 789 


Liten des Rhythmus und ber Regeln bes reinen Satzes auch bie ſtrengſte Kri⸗ 
his anhaben kann; allein alle dieſe Faͤhigkeiten gewähren nur Anſpruͤche auf 
il eines einfichtsvollen Harmoniften. — Um das Gebiet der Compofition 
Ma Fuß betgeten zu Binnen, bedarf man ber Kenntniß von Melodie, Har⸗ 
ı, Rhythmus, Generalbaß der Zuge, des Kanons und doppelten Contral⸗ 
8. Hieruͤber belehrt Gottfr. Weber's „Verſuch einer geordneten Theorie der 
m” (2. Aufl., 4 Bde, Mainz 1824), Mit diefen zur Compofition 
wenbigen theoretifchen Käcern, welche die Kunft, ſich harmoniſch richtig und 
Rannigfaltigkeit auszubrüden, lehren, aber über die eigentlichen Mittel zur 
Yung be6 Zweckes der Sompofition ſehr wenig enthalten, ift zwar fehr viel, 
vi weiten noch nicht Alles gethan. Die hier noch einfchlagenden , wiſſenſchaft⸗ 
Theile müffen aus fehr entlegenen Gebieten zufammengetragen werden. So 
B. für die Sompofition des Geſanges nothwendig: volllommene Kenntniß der 
de überhaupt, Richtigkeit der Begriffe von Accent, Declamation u. f. w.; 
giehung auf Inſtrumentalmuſik: Kenntnig der Natur und Wirkung jedes 
uuents, von dem man Gebrauch machen will, deffen Temperatur, Umfang 
Bam, Verhaͤltniſſe feiner Tonarten gegen bie übrigen u. ſ. w. So kräftig 
Nefe Kenntniffe und Hülfämittel in Vereinigung mit jenen wirken können, 
len fie boch einem Tonſtuͤcke immer noch nicht Seele und Charakter. Diefe 
Baur durch natürliche Talente erreicht, und diefe beftehen hauptſaͤchlich in ei⸗ 
kinen und richtigen Gefühle, einer feurigen Cinbildungstraft und in Ges 
bigkeit des Charakters, ſich in den und jenen Affect mit Lrichtigkeit verfegen 
nen. Um dieſes Legtern aber in Beziehung auf glückliche Übertragung der» 
fähig zu fein, müffen biefe Affecte fchon in der Seele des Gomponiften gele- 
ben und nur durch den gegenwärtigen Kall angefacht worden fein; und will 
Nefes wiederum annehmen, fo fegt es eine ſchon im früheren Alter gehabte 
ng, zweckmaͤßigen Umgang und Wertrautheit mit mannigfaltigen Situatios 
5 ber fittlichen Welt voraus. Häufig wird auch Compofition ein Ton⸗ 
ibfl genannt. 
Bompreffibilität, diejenige Eigenfchaft der Körper, vermöge welcher 
Busch hinlängliche Kraft bei unverringerter Maffe in einen engern Raum 
ılaffen. Dies kann nur geſchehen, wenn die Beftandtheile eines Körpers 
söhnlichen Zuftande einander nicht fo nahe find, als fie fein können. Da 
le Körper Zwiſchenraͤume haben, in welche fremde Materien eindringen koͤn⸗ 
oiſt wahrſcheinlich, daß alle Körper compreffibel find , obgleich einige, nament: 
tropfbarfluͤſſigen, der Compreffion einen faſt unüberwindlichen Widerfland 
mi ſetzen. Die Körper, die in ihren vorigen Raum zuruͤckkehren, wenn der 
aufhoͤrt, heißen elaſtiſch, diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ift, weich. 
Bompreffionsmafchine, eine Vorrichtung, durch welche elaftifche, 
» Materien zufammengedrüdt oder verdichtet werden koͤnnen. Dergleicyen ift 
eine mit Haͤhnen verfehene Luftpumpe, durch welche man die Luft unter 
eſchloſſenen Gefäßen verdichten kann. Es gibt aber audy einige Mafchinen zur 
reffion tsopfbarer Ziüffigkeiten, z. B. des Waſſers, von denen Abich kuͤrzlich 
funden hat. Diefe befteht aus einem metallenen Cylinder, der 21 Zoll 54% 
hoch iſt und 3 Zoll 74 Linien im Durchmeffer hält. Die Dide feiner Wände 
#1 30U 24 Linien. Diefer Cylinder wird mit Waffer gefülit und ein eiferner, 
der umlegter und genau paffender Stempel bineingetrieben. Zu diefem Hin⸗ 
Iben bediente man fich zuerſt einer Schraube, aber hernady wurde, zur befs 
Beftimmung der Kraft, ein Debel vorgefchtagen , der ben Stempel niederbrüdt. 
u dem Stempel befindliches Merkmal zeigt durch feinen Abftand von einer am 
ver befefligten Querleifte, wie weit der Stempel hinein« und bei nachlaffens 
eaft wieder herausgetrieben wird. MM. f. Zimmermann, „Über die Elaſti⸗ 


790 Compromiß Conceſſion 


cität des Waſſers (Leipz. 1779); Parkes und Pfaff haben nach dieſen Ei 
gen eine ſolche Maſchine angegeben. Die neueſten Verſuche über die Zu 
druͤckbarkeit des Waſſers verdanken wir Derfted. S. deſſen Abhandl. fa 
Befchreibung feines Apparates in den „Annales de chimie et de physiq 
Br, ©. 192. , 

Compromiß heißt die Übereinkunft fireitender Perfonen, übe 
wie fie ihren Streit ausmachen wollen (5.9. Abkürzung der Friſten, Abſ 
der Rechtsmittel), vorzüglich auch der Unterwerfung unter den Ausſpruch 
Schiedsrichter. Bei Verträgen über Handlungsverbindungen wird es h 
Bedingung gemacht, daß eintretende Streitigkeiten nicht gerichtlich, foml 
ein Compromiß entfchieden werden folln. (Vgl. Geufen.) 

Concav, f. Eonver. 

Concert. 1) Diejenige Art von Orchefterftüchen , welche abfichtlid 
richtet find, dag ein Inſtrument durch Ausführung der Hauptftimme bat 
fticht und die übrigen Sinfteimente beherrfcht. Sowle die Inſtrumental 
ſpruͤnglich Nachahmung des Geſanges iſt, fo ift insbeſondere das Go 
Nachahmung des Sologefanges mit vollftimmiger Begleitung, oder, ı 
Morten, eine Nachahmung der Arte. Daher follte aud), genau genon 
erfte Zweck eines jeden Concerts fein, diefe oder jene Empfindung einer 
Derfon vorherrſchend in dem Charakter eines beftimmten Inſtruments 
den. Iſt die Hauptſtimme einem einzelnen Inſtrumente zugetheilt 
das Soncert vorzugsweiſe fo, oder Concerto di Camera; ift fie unta 
gleich concertirende Inſtrumente getheilt, fo heißt e8 Doppelconcert; 
endlich zwiſchen den Sägen des vollen Orcheſters mehre Inſtrumente, 
ſelsweis, bafd vereint hören, fo heißt ein folche® Concert eine concertiren 
pbonie (fonft Concerto grosso). 2) Eine Unterhaltung durch mehre vo 
Zonftüde, wozu auch vornehmlich das befchriebene Inftrumentalconcert ge 
fotche Unterhaltung läßt entweder ein Fuͤrſt fuͤr fi) und fernen Hof von f 
capelle veranftalten , oder fie wirb öffentlich veranftaltet und von einer Xı 
oder Liebhabergefelifchaft aufgeführt. Die Anordnung derfelben erfodert ! 
und Abwechfelung in der Auswahl. — Concert spirituel wareh 
eingerichtete® Concert, das zur Abficht hatte, an den Tagen, too die 
fdyloffen waren, den Freunden der Tonkunſt, durch Aufführung andrer a 
mufifen, Unterhaltung zu verſchaffen, obwol fie nicht immer geiftiger | 
Die erfte Erlaubniß dazu erhielt 1725 Anne Danican, genannt Philidor 
der des berühmten Tonſetzers; es beftand unter verfchiedenen Unternehm 
Revolution, wurde nach der Schreckenszeit wieder errichtet, bald abe 
Concerten des Conſervatoires verdrängt. — Concertirend (metteife 
man eine oder mehre SInftrumentalftimmen , welche bie Melodien mit di 
denen Hauptſtimme mechfelöweife vortragen , oder fich zwifchen den | 
Hauptftimme mit ausgeführten Solofägen hören laffen. 

Concertmeifter, in größern Orcheſtern, Anführer der Geiger 
ter). Da bie Beige das wichtigfte Inftrument im Orchefter ift, weil es 
gel die Hauptſtimme fortführt, fo wird ber Vorſpieler zugleich als Fuͤhr 
ſtrumentalorcheſters angefehen. Er hat das Orcheſter durch energifches 
Takte zufammenzuhalten und daher den Takt, welchen der Mufikdirecte 
pellmeifter angibt, fchnell und genau aufzufaffen und ihn gleichfam di 
Spielern des Orcheſters mitzutheilen. 

Conceffion, das Zugeftehen einer Sache, bie Erlaubniß; in 
die vom Staate zugeftandene Befugnif, irgend ein Gewerbe, eine Hant 
brik, Gaſtwirthſchaft, ein Handwerk u. f. vo. zu betreiben. Man unterf 
Sonceffioniften zuweilen von Dam, welche eine folche Befugniß zunftı 


Concetti Concilium 791 


je als Realrecht beſtehende Gerechtigkeit erlangt Haben und dann iſt jenes eine 
erſoͤnliche Beguͤnſtigung. Im einigen Staaten find zwar die Gewerbe im 
a frei, allein es müffen dazu bloß der Abgaben wegen Erlaubnißfcheine (Pa⸗ 
jährfich gelöft werden. | 
Soncetti, glänzende aber fchielende Säge, kuͤnſtlich zugefpiste, weit hers 
e Wort/piele und Tiraden, die befonders durch dem itatienifchen Dichter Mas 
ı böfen Ruf gelommen find. Der Geſchmack daran war eine Entwickelungs⸗ 
et aller Literaturen. Spanier und Engländer haben lange an ihr gelitten. 
no, der fie in Italien einheimifch machte, hatte fie in Frankreich ſich zugezos 
wo ein Dichter einft den Wind des Holus Landreiter, die Sonne bie Kürftin 
men ıc, genannt hatte ; Deutfchland hat ohenftein gehabt und hat noch Mans 
der vor Aller Augen an ihr leidet. 
Gonchylien find die Gehaͤuſe oder Schalen einer ganzen Ordnung von 
wen, bie man daber Schalthiere (f.d.) nennt. 
Toncilium, Verſammlung; vorzugsweiſe Kirchenverſammlung, welche 
wh Synoden (griech.) zu nennen pflegt. Schon ſeit dem 2. Jahrh. wur⸗ 
wetknlaire, d. b. ſolche Kirchenverfammlungen gehalten, an denen nur bie 
hen der einen ober der andern Provinz Theil nahmen. Man berathfchlagte 
WLrhre, die Gebräuche und die kirchliche Zucht, und bie verfammelten Bis 
m, Ütteften machten ſich gegen einander verbindlich, die Befchlüffe der Synode 
n@emeinden einzuführen. Gewoͤhnlich wurden diefe Verſammlungen in ber 
Made der Provinz (Metropolis) gehalten und die Bifchöfe diefer Stadt, welche 
33. Jahrh. den Fitel: Metropoliten, führten, pflegten die Verhandlungen dies 
sathfchlagungen zu leiten. Diefe Goncilien hatten keine andre gefeggebende Ger 6 
als die , welche auf der mechfelfeitigen Übereinkunft der Theitnehmer beruhte. 
mm das Shriftenthum feit dem Anfange des 4. Jahrh. herrfchende Religion im 
von Reiche geworden war, riefen die Kaifer Kirchenverfammiungen zufammen, 
weil alle Bifchöfe des ganzen Reichs dazu eingeladen wurden, $tumenifche, 
wmeine Kirchenverſammlungen hießen. Unter diefen find die merkwuͤrdigſten: 1; 
atcilium zu Nicäa(f.d.) (325), wo ınan die Lehre vom Sohne Gottes feflfehte ; 
zu Ronftantinopel (381), wo man bie Lehre von dem heil. Geift beftimmte; 
pı Ephefus (431) und 4) das von Chalcedon (451), auf weichen beiden das 
s von der Vereinigung der göttlichen und menfchlichen Natur In Ehrifto feine 
Beftimmungen erhielt. Seit dem 4. Jahrh. kam die Meinung auf, daß 
henverſammlungen unter einer befondern Leitung des göttlichen Geiftes fiän- 
aber das große Anſehen, welches ihre Befchtüffe erlangten. Sowie die roͤ⸗ 
ı Kaifer , fo übten auch anfangs die deutfchen Könige das Mecht aus, Syno⸗ 
verfammeln, namentlich Karl der Große, unter beffen Regierung die von 
fammenberufene Geiftlichkeit des fränkifchen Reiche (749) eine Kirchenver⸗ 
ang zu Frankfurt a. M. hielt, welche ſich gegen den unter den Griechen 
hrten Bilderdienft erflärte. Im Mittelalter behaupteten die Päpfte das Recht, 
en zufammen zu berufen, die jedoch, weil die abendländifche Kirche fich bald 
t griech. trennte, nicht als allgemeine Kirchenverfammlungen betrachtet ter: 
men, und unter benen theild die unter Urban II. zu Clermont (1096) ge: 
I, wo der erfle Kreuszug befchloffen warb, theils einige fpätere Synoden, 
m mit den Griechen über die Wiedervereinigung unterhandelte, die merkwuͤr⸗ 
find. Als su Ende des 14. Jahrh. das fogenannte große Schisma (Spal⸗ 
entflanden war, indem erft zwei, dann drei Päpfte auf den heil. Stuhl An« 
machten , fam 1409 das Concilium zu Pifa zu Stande, welches den Grund⸗ 
ſanptete, daß ber Papſt unter dem allgemeinen Concilium ſtehe, und die ſchis⸗ 
un Päpfte richtete. Und ale das pifanifche Concilium auf eine feiner un: 
e Veife erlofchen war, ohne daß es das Schiema hatte beendigen Finnen. 






192 Concilium (kath.) 


ward 1414 bie konſtanzer (ſ. d.) Synode, die feierlichſte und größte al 
chenverſammlungen, gehalten, welche ben Grundſatz, daß ein allgemeine 
lium Über dem Papft fei, erneuerte, das Schiema beilegte und bie Verde 
des Joh. Huß (1415) und feines Freundes, Hieronymus von Prag (141 
ſprach. Auch die zu Baſel (f.d.)(1431) gehaltene Spnode erneuerte jenen Gr 
fie bezweckte eine Reformation, zwar nicht in der Lehre, aber doch in ter 
- fung und in der Zucht. Zu der Zeit der Kirchenverbefferung verlangten du 
ftanten mehr als ein Mat ein ſolches Goncilium; auch ber Kaifer und bie | 
Lehre getreu gebliebenen Stände bielten es für das befte Mittel, den Fried 
Kirche wiederherzuſtellen. Die Päpfte aber, eingeben? ber zu Pife, 3 
und Bafel gepflogenen ihnen fo nachtheiligen Verhandlungen, fuchten imm 
zumeichen. Endlich konnte der Papft dem Andringen des Kaifere und ber 
nicht länger widerftehen ; er ſchrieb daher ein Goncillum nad) Trident (. 
welches 1545 feinen Anfang nahm und es ſich zum vorzüglichften Geſchaͤf 
das Eigenthuͤmliche des katholiſchen Lehrbegriffs gegen die Proteftanten n 
gen. Seit dem treidentinifchen Concilium ift Feine Kirchenverfammmlung, a 
alle der Batholifchen Kirche zugethane Völker bed Abendlandes Theil genom 
ten, gehalten worden ; mehre Nationafconcilien aber haben, befonters & 
reich, ftatt gefunden. Die Lutheraner haben ihre Angelegenheiten niemals ı 
citien verhandelt; allein in ben reformirten Kirchen find mebre, zwar nik 
meine, aber doch Particularfpnoden gehalten worden, unter benen bie du 
ter (1618) zu bemerken ift, weiche die eigenthünlichen Meinungen Calv 
die Gnadenwahl im Gegenfage gegen die Arminianer beftätigte. 
Soncilium, eine Berfammlung kirchlicher Vorftände, um über 
religisfe Gegenftände zu berathen, zu verhandeln, zu entfcheiden. (Die 
larconcilien verzweigen fi) in Natienal-, Provinzial: und Didcefancond 
Synoden.) Hier ift von den dlumenifchen die Rede. Zum Goncilium w 
rufen die Bifchöfe, welche der heilige Geiſt fegte, die Kirche des Herrn zu 
Seitdem aber in ber Kirche befondere Ordenscorporationen ſich bildeten, | 
allmaͤlig mehre, zum Theil mit faft bifhäfl. Rechten verfehene Prätaten | 
worden. Die Obfervanz entfcheidet hierüber. Die Priefter, da fie nur el 
nation aus den Biſchoͤfen find, gehören nicht zum oͤkumeniſchen Concil, 
fie mitunter, der Berathung wegen — ohne entfcheidende Stimme — 
Bevollmächtigte von Bifchöfen zugezogen worden. Es genügt die Berufi 
neswegs iſt aber erfoderlich noch ausführbar, daß Alle erfcheinen. Die zu 
gekommene Verſammlung vertritt nichtsdeſtoweniger die gefammte Kir 
genießt des Beiftandes bes heiligen Geiſtes, den der Herr der Kirche ı 
Das Recht der Zufammenberufung kann nur dem Papfte, als erſtem Vor 
Kirche, zukommen. Indeſſen ift das auf andre Art zufammengefomma 
darum gerade noch nicht ungefeglih. Die Käifer zu Konfltantinopel habı 
bei kirchlichen Zwiſten Concillen berufen, ohne fid) übrigens in die Entfd 
einzumijchen. Konftantin d. Gr. fagte in dem Concil zu Nicaͤa zu den ve 
ten Kicchenvätern: „Euch kat Gott zu Prieftern gefegt und ihr feid ung gl 
tern gegeben; mir, der ich Menſch bin, ziemt es nicht, mir die Entſche 
vorliegenden Sachen anzumaßen, da die Anklaͤger und die Angeklagten 
find‘‘. Als die Kaifer Theodofius und Valentinian einen Geſandten auf di 
au Ephefus fendeten, fchrieben fie den Vätern, daß fie den Gandidiamus zu 
zu gehen befehligt haben, jedoch mit dem gemeffenften Befehl, daß er 
Streitigkeiten über Glaubensſachen, welche hier vorkommen werden, fid 
befaffen habe, maßen es unrecht fei, daß Der, welcher der Zahl der Bild 
angehöre, fich in kirchliche Sefchäfte und Berathungen einmifhe. As d 
(he Reid) in mehre Staaten zerfiel, Eonnte ohnedem von Feiner Berufs 


Goneilium (fath.) 793 


nifchen Concils durch Fuͤrſten mehr die Rede fein, es blieb nur bee Papfl u 
der mit Erfolg ein oͤkumeniſches Concil berufen konnte. Die Einwilligung 
fen zur Zuſammenkunft des Concils zu erholen, bleibt aber immer räthtich 
wedienlich, damit die Begehung des Concils und bie Ausführung feiner Bes 
e, keine — wenngleich ungebührlihe — Hinderniffe finde. Die Entfcheis 
ſteht den Vaͤtern des Conciliums nad; Stimmenmehrheit zu, der Papft aber, 
eine Stellvertreter, haben den Borfig und die Direction des Concils. Der 
betätigt die Befchlüffe des Concils, durch dieſe Beftdtigung wird es urkund⸗ 
daß wirklich der fragliche Beſchluß auf gefeglihe Weife buch Stimmenmehrs 
rfaßt worden; der Befchluß ſelbſt exiſtirt aber als gültig ſchon vor der Beftätis 
. Dos Concilium nimmt in Glaubensfadhen die Entfcheidungsgründe aus ber 
und Überlieferung, und wird hierbei vom heiligen Geiſte geleitet. Im an⸗ 
Weplinar-) Segenfländen wird den Grundfägen des Zweckmaͤßigen gefolgt. 
fe Benennung ber verfchiebenen Befchlüffe eines Concils vgl. Kanon. Das 
Miu iſt in Sachen des Glaubens und der Sitten unfehlbar, dies folgt noths 
aus den erſten Grundfägen der offenbarten Eatholifchen Religion und iſt vom 
Alterthum der Kirche an angenommen worden. Es ift daher auch das 
aller Concilien glei, vom erften Concil der Apoftel an bie zu dem von 
Es kann keinen Widerſpruch zroifchen ihnen geben. In Disciplinarſachen 
# aber, bei vorkommenden Verſchiedenheiten, das neuefte Concit. Daß 
Papſt dem Concil unterworfen fei, laͤßt fi annehmen, obgleich es lange 
Kaenftand heißen Kampfes mar, wobei es fidy übrigens von ſelbſt verfteht, 
19 mit dem heiligen Geiſte erfüllte Goncil die mefentlichen Inſtitutionen der 
„ worunter auch das Papftthum gehört, nicht angreifen, fondern nur allens 
oe Mißbraͤuchen reinigen wollen fann. Der oͤkumeniſchen Concilien find 
a: 1) das von den Apoftein zu Serufalem gehaltene, über das Verhaͤltniß 
riſtenthums zu den mofaifchen Sagungen ; 2) das erfte nicaͤiſche Concil von 
in weichem 318 Biſchoͤfe über die Lehre des Arius u. f. w. entfchieden; 3) 
je Concil zu Konflantinopel(f. d.) von 381 unter Kaifer Theodofius d. 
anf ihm befanden fi) 150 Kirchenväter; 4) das erfte ephefinifche von 433 
Theodoſius dem ungern, welches aus 200 Bifchöfen beftand; 5) das zu 
don von 458, unter Kaifer Darcian, ed waren 630 Kirchenväter verſam⸗ 
6) das zweite zu Konftantinopel von 553 unter Kaifer Juſtinian, es faßen 
165 Kirchenväter ; 7) das dritte zu Konftantinopel von 681 unter Kaifer 
mtin V. Pogonatus; 8) das zweite Concil zu Nicka von 787, unter ber , 
im Irene und ihrem Sohne KRonftantin, es beftand aus 530 Vätern; 9) 
mte Concil von Konflantinopel von 869 unter Kaifer Baſilius und Papft 
5 I1.; 10) das erſte lateranenſiſche Concil zu Rom von 1122 unter Kaifee 
ich V., und berufen durch den Papft Galirtus II., auf ihm waren über 400 
moäter verfammelt (ed wurde veranlaßt durch den Inveſtiturſtreit; ihm 
Daß besfalifige Calixtiniſche Concordat); 11) das zweite lateranenfildhe von 
unter Kaiſer Konrad ILL. und Papft Snnocenz II, auf ihm waren über 1000 
moäter verfammelt; 12) das dritte lateranenfifhe von 1179 unter Kaiſer 
ch L, berufen vom Papft Alerander III. mit 300 Kirchenvätern ; 13) das 
lateranenfifche von 1215 unter Kaifer Friedrich II. und Papft Innocenz; IIL; 
le erfte lyoner (Ökumenifche) Synode von 1245, unter Kaifer Friedrich IL. und 
EIinnocenz IV.; 15) die zweite Inoner (dtumenifche) Synode von 1275, uns 
sifer Rudolf I. und Papft Gregor X. ; 16) die Synode zu Vienne von 1311 
Aeiſer Heinrich VII. und Papſt Gtemens V.; 17) das Concil zu Konftanz 
K14 — 18; 18) die Synode zu Bafel (deren Autorität von dem Zeitpuntte 
be fie durch den Papft aufgelöft ward, nicht anerkannt wird) von 1431— 40, 
hen Kaiſern Sigiemund, Albrecht IL., Friedrich AH. und den Päpften Eus 








m 


CLAYE) DHAE SWIIMFRWAND ooet KOTHANG DFWOHNEN, WEIWEn, DI 
Immere, auf allen Selten verfchloffen fein follte, damit 9 
Tardinaͤlen heimlich reden koͤnne, und fie ſelbſt follten auch Riemaı 
als wer mit Einwilligung aller ihrer Mitbrüber wegen des Wahl 
würde. Auch follte es Niemanden erlaubt fein, ihnen einen Bote 
zu fhreiben. Doch follte in dem gedachten Gemache ein Zenfl 
durch welches ihnen die nöthigen Speifen gebradyt würben. Haͤ 
nach dem Eingange noch keinen Papft gewählt, fo follten fie an de 
Lagen Mittags und Abends nur ein Gericht befommen, und wen 
abgelaufen wäre, ohne daß fie einen Papft gewählt hätten, fo| 
Volziehung der Wahl nichts weiter als Brot, Wein und Waſſer 
Verordnung Gregors X. iſt zwar nicht immer in allen Städen, a 
fentlichen bis auf die neueften Zeiten beobachtet worden. Da bien 
Rom flachen, fo ward das Gonclave gewoͤhnllch in dem vaticanifd 
ten, wo man bie Einrichtung traf, daß an den Galerien des $ 
kleine Bellen, als Cardinaͤle zugegen waren, In einer kinie erbaut 
nur ein ſchmaler Raum von einander ſchied. Dabin begaben | 
zu zwei und zwei am Tage nad) dem Begräbniffe des Papfteb, ode 
Tage nach feinem Tode, nachdem fie eine Meffe, die man Missan 
nannte, gehört hatten, und blieben hier, dis die Wahl volzogen n 
clave, welches den Papft Pius VII. wählte, ward, weil Pius V 
‚geflorben war, von den zu Venedig verfammelten Garbindten geha 
Eonclavift, derienige geifktiche oder weltliche Befeufcha! 
Cardinal mit fid) ins Conclave während der Papftwahl nehm 
krank wird, zu ſich rufen laffen darf. Dann trifft aber auch 
gleiches Loos; fie dürfen, außer bei ſchwerer Krankheit, das Co 
laſſen. Gie theiten die Tafel mit den Garbindien, erhalten auch 
Zelle. Die Stellen der Conclaviſten find ehrenvoll und werden d 
Die getoefenen Gonclaviften de6 gewählten Papftes pflegen auch 
zu machen, und da man gewöhnlich nur Eenntnißvolle Maͤnner 
Tcmmen diefe in bie allgemeine Giientel des Cardinalcoliegiums. 
Cardinal in bie tdalich wechſelnde Meaierunascommiffion von drei 


Concordat | 795 


geten nuͤtzlich, weil die Vergleichung der Paraelftellen ein wichtiges Huͤlfe⸗ 
x Erklaͤrung ift, theild dem Prediger, welcher durch fie in ben Stand ges 
), die von einem Gegenftande handelnden Stellen der Schrift leicht zu 
ı und die Ausfprüche der heil. Schriftſteller, deren er ſich nur dunkel 
ohne Mühe zu finden. Das erfte Werk diefer Art hat im 13. Jahrh. Hugo 
to Caro verfaßt, weld: er dabei die allgemein geltende lat. Überfegung dee 
Bulgata genannt, zum Grunde legte. 
Incordat, ein zmwifchen dem römifchen Biſchofe, als Oberhaupt der 
md einer Regierung zu ber Feftftellung Eirchlicher Verhaͤltniſſe gefchloffener 
. Verträge, welche der Papſt ale weltlicher Herr über politifche Angeles 
a mit andern Kürften fchlieft, werden nicht Concordate genannt. Eines 
hinteſten Concorbate aus der friiheren Zeit iſt das wormſer oder calirtinifche, 
1122 zwifhen Papft Calixt IL. und Kaifer Heinrich V. zu der Beilegung 
zwierigen Inweſtiturſtreites gefchloffen und feitdem ale ein Grundgeſetz 
ſchen kirchlichen Staatsrechts betrachtet worben iſt. Die meiften Concor⸗ 
b den Paͤpſten durch die Voͤlker ober die Regierungen abgedrungen worden. 
ſhah ſchon im 15. Jahrh. Denn da das konſtanzer Concilium auf eine 
won des paͤpſtl. Hofes drang, ſah der Papſt Martin V. ſich genoͤthigt, 
it der deutſchen und bald Darauf auch mit andern Nationen Concordate ab⸗ 
m. Doch ift e8 auch ben Päpften noch im 15. u. 16. Jahrh. gelungen, 
te, welche zu ihrem Vortheile gereichten, zu Stande zu heingen. Das: 
Fall mit den afchaffenhurger Concordaten (richtiger werben fie die wiener 
„ welche, nachdem fie Nicolaus V. bloß mit dem Kaifer Friedrich III., 
noiffen der Reichsſtaͤnde, 1448 abgefchloffen hatte, doch bald darnach von 
beftänden angenommen wurden. Auch bei dem Goncordate, welches 
nit dem Könige von Frankreich, Franz I., 1516 ſchloß, war der Vortheil 
Seite des römifchen Stuhls. In den letztern Zeiten aber, befonders in ber 
Hälfte des 18. Jahrh., two der heil. Stuhl im fleten Kampfe mit dem Zeit 
Heint, wurden den Päpften von den meiften Regierungen Concorbate abges 
in denen jene richtige Rechte aufopferten. Sie konnten den Kampf mit 
tsgewalten nicht mehr beftchen,, und mußten zufrieden fein, wenn fie nur 
kand verloren. Bonaparte, als erſter Conſul der damaligen franz. 
', ſchloß am 15. Juli 1801 mit dem Papfte Pius VII. das Concordat 
reich ab, welches im April 1802 feierlich vollſtreckt ward, die durch die 
on entftandene kirchliche Verwirrung in Frankreich endigte und bie Grund⸗ 
jegt beftehenden kirchlichen Berfaflung dieſes Landes ward. Freilich we⸗ 
m Vortheile der Religion ale des Megenten, der ſich die Ernennung ber 
m und andre mefentliche Mechte des Kicchenregiments vorbehielt, ber 
iſſen, die, nachdem fie waͤhrend der Revolution das gefammte Kirchengut 
onaldomaine an ſich geriffen hatten, durch die Herabfegung der im alten 
h fonft viel größern Anzahl der Metropolitan und Bifchofsfize in dem 
heine erweiterten neuen Reiche auf 60 zu bedeutenden Exfparniffen bes 
durden, ja auch des Papftes felbft, der, obfchon auf bie Wiederherftels 
» geiftlichen Orden und feinen unmittelbaren Einfluß durdy die Legaten 
leiftend , ſich doch das Mecht der Eanonifchen Einfegung der Biſchoͤfe und 
t verbundenen Einkünfte ficyerte. Die Religion litt babei wenigftene in 
(6 die meiften Sprengel nun zu groß waren, um gehörig verwaltet werben 
n, und das Schickſal der ohnehin uͤbelbedachten niebern Geiſtlichkeit, 
je Seele der Kirche ift, ganz dee Willkür des Regenten überlaffen blieb. 
zerwirrung entftand, ba der Papft politiſche Abfichten gegen Napoleon 
erroeigerung der Eanonifhen Beſtaͤtigung einiger Biſchoͤfe zu erreichen 
Das erfolglofe Nationalconciium (1811 zu Paris) konnte dem Übel 


—— 


keit des paͤpſtlichen „Hofes freies Spiel geöffnet wird. Gefallen 
meuerung alter Mißbraͤuche, diefe Sorgfalt für den Luxus zahl 
Generaiſtaͤbe auf Koften des Volks nur dem ultraroyaliflifhen 
Mittel zur Verforgung feiner Söhne mit Pfründen fah; bie I 
Goncordat mit einer faſt allgemeinen Mißbliligung auf; bie gewii 
men erhoben ſich dagegen (Gregoite, „Essai historique sur les 
glise Gallicane”, Paris 1818; Lanjuinal, „Appreciation « 
rel. aux trois concordats”, 5. Aufl, Puris 1818; De Prab 
concordats", Paris 1818, 3 Bde.) und die Minifter ſahen fü 
Gefegvorfchlag, der es in die Kammern bringen follte, zuruͤckzun 
licher war ber Papft bei dem am 16. Febr. 1818 zu Terracina ı 
ſchloſſenen Concordate, moin er bie ausſchließliche Herrſchaft di 
in biefem Reiche, die Unabbäng'gkeit der geiſtlichen Lehranftalt 
hen Regierung, die ferie Verfügung über 12,000 Ducati Pfi 
zu Gunften roͤmiſcher Unterthanen, die Rüdkehr der Einkünfte v 
Stetten an bie Kirche, die unbeſchraͤnkte Freiheit der Appellaı 
Stuhl, die Befeitigung der fonft nöthigen koͤnigl. Genehmigung zu 
‚Hirtenbriefen, die Genfur und Herrſchaft über die Literatur dur 
und die Zulaffung von Novizen in den beftebenden oder neu zu ı 
fen, nebft der Veftätigung andrer wichtiger Rechte auf die erftı 
Capiteln und auf die Vergebung der Hölfte aller Kanonikate und ı 
den, der Conſiſtorialabtelen und der in curia erledigten Pfarreien 
die Ernennung zu allen Bisıhlimern, die Befteuerung der Geift 
minderung ber Bisthuͤmer und der vor Murat beftandenen Kıöfl 
bieiben der veräußerten Kirchenguͤter in den Händen ihrer gegen 
gewann. Das Concordat wurde ſogleich in Vollzug gefegt, je 
der alten Kirchenfreiheit (Monarchia) Eiciliens, wo der König g 
latere if. Im Goncordat mit Balern vom 5. Juni 1817 
2,400,000 Katholiten in Balern zwei Erzbistbuͤmer: Münde 
thuͤmern Augsburg, Paffau und Regensburg) und Bamberg (mit 
Würzburg, Eichftädt und Speier) und Seminarien errichtet uı 


Soncorbat 1797 


rieden geftefit Hat. Über das zwiſchen Preußen und dem Papft abgefchlofs 
neordat f. Deutſche Kirche und Preußen. Die übrigen deutfchen 
haben, nach Vereitlung ihrer frübern Unteehandlungen mit Rom, ben 
u einem gemelnfchaftlihen Goncorbate gefaßt, umd die Vorarbeiten 
evollmaͤchtigten In diefer Sache zu Srankfurt wurden fchon 1818 beendigt. 
leg. Müller, „Preußen und Balern im Concordate mit Rom, im Lichte 
Art. der deutfchen Bundesacte und nach dem Grundſatz der heil. Allianz“ 
a. d. O. 1824). 
brigens iſt der Streit, welcher ſich vor mehr als 8OO Jahren zwiſchen der 
m Macht und der (katholiſchen) Kirche erhoben bat, noch dis auf dieſe 
feiner Bellegung kaum um einen Schritt näher gelommen, als im Augen⸗ 
mes Beginnens. Denn trotz aller Concordate fiehen beide in Anfehung der 
ne, im Beziehung auf die Quellen und den Umfang ihrer Gewalt noch 
weit auseinander als Gregor VII. und Heinrich IV. von Deutfchland. Die 
date find hoͤchſtens Vergleiche über einen interimiftifchen Zuftand, an welche 
delle der Natur der Sache nach nicht Länger gebunden find, als fie ein Meh⸗ 
K erreichen Pönnen, tell beide daB, was fie fich zugeflehen, als ein noth⸗ 
Wund unveraͤußerliches Recht anfehen müfien, welchem fie nicht entfagen 
Hip weiches: fie immer, fobald fich nur die Gelegenheit dazu zeigt, wieber 
Maren müflen. Der Staat muß fi als den Verein betrachten, in weis 
dmenſchlichen Zwecke die Mittel ihres Erreichen, eine durch aͤußere Rechts⸗ 
R geebnete Bahn, eine jeden Widerftand uͤberwindende Macht, eine dem 
ı Biele des menſchlichen Daſeins zuführende Leitung antreffen follen. 
xhe wirke zu demſelben Zwecke, zwar nur von Sinnen heraus, durch Lehre 
jiehung; allein auch fie kann, um ihre Mitglieder zu diefem Wirken ges 
ı zus halten, ber dußern Gemalt nicht entbehren. Der Staat muß bebaups 
B die Kirche diefe äußere Gewalt, die Befugniß zu befehlen und zu firafen 
e Beamte mit diefen Befuyniffen zu beklelden, nur von ihm empfangen 
weit «6 überhaupt nur Eine oͤffentliche Gewalt in einem beflimmten Kreiſe 
mn, umb fein Weſen feltft im derfelben befteht. Die Kirche, zumal bie 
be, leitet fie aus einer göttlichen Einſetzung ab, welche Alter iſt, ats irgend 
fharer Staat, und weiche daher jede weitiihe Regierung als «in innerhalb 
Ker der Kirche beilehendes Mittel betrachten muß, deflen Zweck Zwe⸗ 
g Kirche, deffen Geſetze den Geboten der Kirche untergeortnet fein 
So ift ein Widerſpruch vorhanden, weldyer feiner Natur nad) unaufs 
ſt. Daß aber kein Goncordat denfelben definitiv aufhebt, haben die Päpfte 
ı den früheften Zeiten zu erkennen gegeben (z. B Innocenz I. in einem 
von 1416: Ergo quod pro remedio necessitas reperit, cessante ne- 
be debet utique cessare, quia alius est ordo leyitimus alia usurpatio 
nd praesens tantum fieri tempus impellit); theils zeigt es die Geſchichte 
nich der neueſten Concordate. Die weitlidhen Regierungen heifen ſich zwar 
n Vorbehalt ihrer Maieftitörechte und mit Verordnungen, welche fie den 
baten hinzufügen. So hat die franz. Regierung 1801 dem damaligen 
date die brfunnten organifchen Artikel angehängt, die bairiiche Reaierung 
} Goncordat vom 5. Jun. 1817 durch das Edict vom 26. Mai 1818 über 
un Rechtsoerhältniffe der bairi'chen Unterthanen in Besichung auf Religion 
chliche Geſellſchaften fehr gemildert und befchränkt, das preuf. Goncordat 
5. März 1821 iſt nicht befanntgemadht werden, aber die daffelbe beftäti- 
apftliche Bulle vom 16. Juli 1821 (De salute animarum) ift in Preußen 
e Bönigl. Majetaͤtsrechte nur in An’chung der darin enthaltenen fächlichen 
mgen und mit Vorbehalt der hoheitlihen Rechte der Staats und unbeſcha⸗ 
evangelifchen Kirche des Staats als bindendes Statut der Batholifchen 


n 


798 Concordia Goncordienformel 


Kirche publicitt worden. Allein damit ift die Sache nicht definitiv im 
Denn wenn der römifche Hof eine Möglicykeit des Gelingens vor fid 
fliehen ihm Mittel genug zu Gebote (hauptſaͤchlich die Verſagung der ka 
Einfegung der Biſchoͤfe, geheime Proteftationen, Inftructionen und % 
die Geiftlichkeit), neue Schwierigkeiten zu erregen. Die Mechte, welched 
in feinem Verhältniffe zur Kicche in Anſpruch nehmen muß, laſſen fi auf 
Punkte zurhdführen: 1) Der Regent des Staats ift als folcher zugleich 
Dberhaupt der Kirchen; alle äußere Gewalt der Kirche gründet frch auf 
gung von feiner Seite und bleibt feiner Aufficht unterworfen. Es h 
Kirchenverordnung irgend einer Art ohne Zuſtimmung des Regenten erlal 
cet regium), Niemand mit irgend einer Gewalt bekteidet werben, als 
Megenten, daher, wo ihm nicht die Ernennung der Biſchoͤfe und Erzbifd 
laſſen iſt, wie den Königen von Frankreich und Baiern, ihm wenigſten 
ficht bei der Wahl, das Recht der Ausfchliegung ſolcher Männer, pelche 
gierung ein ſo wichtiges Amt nicht vertrauet, und der Beſtaͤtigung zuß 
Preußen war ſeit 1810 die Ernennung der Biſchoͤfe allgemein dem faı 
vorbehalten, in dem neuen Concordate ift ebenfo allgemein die Wahl de 
beigelegt.” In Irland iſt die Emancipation ber Katholiken bisher wı 
durch die Weigerung der Kirche, der Regierung ein Recht der Ausſchle 
zuraͤumen, verzögert worden. 2) Die Austattung ber Kirche mit zeith 
tern bleibt der Anordnung des Staats unterworfen. Er kann eine Hi 
Ausftattung und den Erwerb neuer Güter befchränten. 3) Die weil 
sung kann gottesbienfllihe Handlungen, welche den Zwecken bes Sta 
genlaufen, die Öffentliche Ruhe flören oder andre Kirchengeſellſchaften b 
tigen, verbieten (Jus circa sacra). Der Staat hat 4) das Red, 
welche ſich neu bilden, aufsunehmen, und die Veränderungen, welche fü 
alten Kirche zutragen, anzuerlennen und zu befchügen (Jus refo 
5) Die bürgerlichen Rechte der Staatsangehörigen (auch in Anfehum 
ihrer rechtlichen Gültigkeit und Wirkungen) ſtehen ausſchließlich unter be 
des Staats. Die Handhabung der Belege, befonders des Strafred 
durch kirchliche Einrichtungen nicht gehemmt werden. 6) Das Recht di 
erſtreckt fich auch auf kirchliche Handlungen, body mit Ausnahme des Be 
weiches einem proteflantifchen Pfarrer ebenfo unverleglicy fein muf ı 
Batholifchen. 

Concordia, bie Goͤttin der Eintracht. Sie hatte in Rom meh 
worunter der bedeutendfte der auf dem Capitol, den Camillus errichtete. 
wurde ihr ein Feſt am 16. Fan. gefeiert. Dan bildete fie mit Biument 
ſchmuͤckt, in der einen Hand zwei Fuͤllhoͤrner, in der andern ein Bündel n 
oder einen Granatapfel; ſymboliſch bezeichnete man die Eintracht durch yı 
ander gefchlungene Hänbe, oft auch mit dem Caduceus. (S. Mytholog 

Goncordienformel (Formula concordiae), eines ber ı 
fombolifchen Bücher der proteftantifchen Kirche, welches auf Veranſt 
Kurfürften Auguft von Sachſen von mehren der angefehenften Theolog 
fen wurde. Längft hatte Kurfürft Auguſt Verdacht wegen heimlicher 
der Lehren des Calvin, und als er hierin bei der veranftalteten Kirche: 
noch mehr beftärkt wurde, bielt er ein Goncordiens, d. h. ein Ein. 
(welches die Einigkeit der Lehre unumſtoͤßlich befeftigen ſollte) fürs beſt 
Religionsgährungen ein Ende zu machen. Zwölf Theologen wurden na 
burg berufen, die bei ber hierauf zu Torgau veranftalteten Verſamm 
Mäbere unterfuchten und ausmachten, zulegt aber in Klofler = Bergen 
lendeten, worauf die feierliche Unterfchrift von mehren Kurfürften, Zürf 
fen, Reichsſtaͤnden ıc. erfolgte und diefelbe 1080 gedruckt wurde. Dei 


Concret Condamine 799 
Ye biefe Angelegenheit 80,000 Thlr. gekoftet haben. (Vgl Symboliſche 
e 


z.) 
Goncret, ein logiſches Kunftwort. Stellt man ſich gereiffe Eigenſchaf⸗ 
8 an einem Gegenſtande befindlich vor, fo betrachtet man fie, nady ber Sprache 
Philoſophie, in concreto ; denkt man fie aber von dem Gegenftande abgeſou⸗ 
fo betrachtet man fie in abstracto; z. B. ein gerechter Menſch iſt eine con⸗ 
Barftellung, die Gerechtigkeit aber ift ein abflracter Begriff. Es find alſo 
# die Anſchauungen individueller Begenftände, oder doch ſolcher allgemeinew 
Me, die zunaͤchſt an das Individuelle grenzen. (S. Denken.) 
Koncubinat, das Zufammenieben eines Mannes mit einer Beiſchlaͤferin 
wubine). Daß eine folcha Verbindung nad) dem bloßen Begriffe des Rechts: 
t fei, iſt ebenfo einleuchtend, als daß es dem Staate, ber bie Ehe und das; 
heilig achten muß, frei ſtehe, fie bucch befondere Gefege zu verbieten.. 
riechen war das Eoncubinat felbft verheiratheten Männern erlaubt; audı 
We Zahl ihrer Velfchläferinnen nicht befchränkt. Bei den Römern war dass 
Plinat weder unerlaubt, noch ſchimpflich. Ex wurde vielmehr durch die Lex: 
durch die Lex Papia Poppaea unverheiratheten Männern förmlich erlaubt, 
wit der Beftimmung, daß es ſich aufeine einzelne Beifchläferin beſchraͤnke, 
Beh aur MWeibsperfonen von niedriger Herkunft, als Sreigelaffene, Schau⸗ 
und dergl., dazu gemählt wurden. Die im Eoncubinat erzeugten Kin» 
Bsen nicht für rechtmäßig, fondern hießen natuͤrliche und das Erbrecht der Con⸗ 
r und ihrer Kinder war fehr eingefchräntt. Mit Einführung des Chriften- 
Brte das Concubinat auf, und fchon Eonftantin der Große gab Geſetze da⸗ 
. Der „Code Napoleon’ verbot nicht ausdruͤcklich das Concubinat, body hat bie 
ua eine Klage auf Separation (nicht mehr auf gänzliche Scheidung), wenn ihr: 
x eine Beifchläferin in ihrem gemeinfchaftlihen Wohnhaufe unterhält. 
Boncurs, ein Zuſammenlauf, uneigentlicy das Zufammentreten der Glaͤu⸗ 
ums fich in das Vermögen eines Schuldners nad) den Verhältniffe ihrer Fo⸗ 
jen zu theilen (concursus creditorum). Diefer Fall kann nur eintreten, 
ber Schuldner mehr ſchuldig ift als er befigt. Es wird der Concurs eröffnet, 
nan ladet die Glaͤubiger ein, ſich mit ihren Schulbfoberungen zu melben. — 
‚uesmaffe ift das vorhandene geſammte Vermögen des Schulbners, worein 
Glaͤubiger theilen folen. — Concursproceß ift das in ſolchen Fällen 
a rechtliche Verfahren. (Vgl. Salliment.) 
Soncuffion, Gelderpreffung, Piaderei, crimen concussionis, das 
schen, wenn eine obrigkeitliche Perfon einen Geringern durch falfche Wer 
Igung eines Verbrechens, durch angedrohte Beftrafung oder andre Gewalt⸗ 
Betten in Furcht fegt, oder die Juſtiz verzögert, um Gelb zu erpreffen. 
Gondamine (Charles Marie de la), Naturforfcher, geb. zu Paris 1701, 
bafeibft 1774. Mit einem feurigen Geifte und einem Braftvollen Körper er- 
ih der junge La Cond. dem Vergnügen ; bald aber entfagte er der militairi⸗ 
fbahn, und widmete ſich den Wiflenfchaften. Er trat in die Akademie ale 
Chimiste. Seine Wißbegierde bewog ihn, fi) mit mehren Wiſſenſchaf⸗ 
u befchäftigen,, ohne daß er in eine befonders tief eingedrungen wäre. Nach⸗ 
w auf dem mittelländifchen Deere die Küften von Aſien und Afrika befucht 
wurde er 1736 mit Godin und Bouguer gewählt, um durch eine in Peru 
wehmende Vermeſſung die Geftalt der Erde zu beftimmen. (©. Erde.) Zus 
Imachte ex hier die Entdeckung, daß die Berge ſchwere Körper anziehen und ih⸗ 
keandre Richtung geben, als fie nach dem einfachen Gefege der Schwere nehmen 
n: eine Wahrheit, die nachher von Maskelyne und Cavendiſh beftätigt wor⸗ 
Nachdem Condamine in Amerika feine Arbeiten, unter Befiegung von taus 
Befahren, vollendet hatte, kehrte er nach einer Bjährigen Abweſenheit in 










ihn jog. So lange fein Water lebte, führte er den Titel Herzog v. 
ewigte dieſen Namen durch bie Schlacht bei Bocroi, in weicher 
die Spanter flug (1643). Nachdem er den Abend zuvor All 
angeordnet hatte, ſchlief er fo feft ein, daß man ihn, als die Zeit 
anthete, aufwecken mußte. Wo er hinfam, zeigte et fich als 
gluͤcklich, eine Niederlage des Marſchalls Turenne wieder gutzu m 
(1646) im Angeſichte der ſpaniſchen Armee Dünkichen und bı 
zuerſt an Frankreich. Nicht weniger gluͤcklich, als gegen Ftanl 
Beinde, war er bei Stikung des birgerlihen Krieges, den I 
hatte, weldyer nachher gendthigt war, ſich felbft an Eonde zu wı 
tig auf den Ruhm des Prinzen und feinen Stolz fürdhtend, ti 
Befreler 1650 als Gefangnen nady Vincennes bringen, und 
einem Jahre feine Feelhelt wieder. Der befeidigte Gonde trat j 
lungen mit Spanien und focht mit ſolchem Gluͤcke wider fein I 
nad) Paris gehen konnte. Cr bemädhtigte ſich der bnadybarten 
Xurenne der Hauptftadt näherte, um diefe zu deden. Beide | 
fi (2. Juli 1652) bei der Vorftadt St »Antoine fo tapfer, da 
jeden dadurch vergrößert wurde. MWurje Zeit darauf wurde 
welchem jedoch Gonde nicht beitrat, fondern ſich in bie Nieder 
ppeendühe Friede 1659 gab endlich Frankteich den großen Son 
Zurenne’6 Tode, 1675, befehligte er noch eine Zeitlang das franz 
land. Das Podagra nöthigte ihn endlich, ſich auf fein ſchoͤnes 
tilly bei Parts zurädzugiehen, two er ſich den Wiffenfchaften m 
ſuchten ihn Cornellle, Boffuet, Racine, Boileau, Bourdalou 
der geiſtreichen Unterhaltung des Prinzen ebenſo ſehr als ſich 
Et ftaıb 1687 zu Fontainebleau. In der Kirche des heil. Ludwi 
ihm ein Denkmal errichtet. 

Eonds (Louis Joſeph de Bourbon, Prinz v.), geb. 3 
einziger Sohn des Herzogs v. Bourbon und ber Pringeffin v.. 
Durch den Tod beider Ältern kam er im 5. J. unter die Vormum 
Lharolais, ſ. Dheimb. Da Prinz warb mit vieler Strenge erz 


Condé (Louis Henri Joſeph) 801 


Lee verwundet wurde. In der Revolution wanderte er 1789 aus nad) Bruͤſſel, 
von da nach Zurin; hierauf bildete er 1792 zu Worms aus den ausgewan⸗ 
a Edelleuten ein kleines Heer, 6806 Köpfe ſtark, das zur öfte. Armee unter 
fer ſtieß. Nachdem er 1791 mit Guſtav III. von Schweten zu Aachen me: 
inftiger Unternehmungen ſich befprochen hatte, wurde er zu Worms von einem 
orhneten der Nationalverſammlung und vom König felbft aufgefodert, bei Ver⸗ 
feiner Güter binnen 14 Tagen nach Frankreich zurückzukehren. In Koblenz 
Üle er mit den Übrigen Prinzen die verweigernde Antwort. Beim Ausbrud) 
Rrieg6 zeichnete fich fein Corps aus; allein Öſtreichs Operationeplan flimmte 
mit den Anfichten der Emigranten zufammen, daher aud) die Verbindung des 
wen Sonde mit Picdyegru ohne Kolgen blieb. 1795 trat er mit feinem Corps 
A Sold. 1796 kämpfte er ritterlich in Schwaben. 1797 trat er in ruffifche 
Fe, und marfchirte mit feinem Corps nach Rußland, mo er in Pauls I. Re: 
Kauf das großmüthigfte empfangen wurde, um 1799 unter Sumaroff wieber 
a ERhein zuruͤckzukehren. 1800, nad) der Trennung Rußlande von der Coa- 
trat er in engl. Dienfte. Der Feldzug von 1800 endigte des Prinzen krie⸗ 
" Laufbahn; er bewohnte in England die Abtei Amesbury bis 1813, in 
um Jahre f. zweite Gemahlin, die Prinzeffin v. Monaco, flarb. Am 14. 
A814 zog er wieder in Paris ein, erhielt das 10. Linienregiment und die Würde 
Ismeraloberfien der Infanterie, fowie die des Grand maitre de Francc und 
Batectorat des Ludwigordens. Er wohnte der berühmten koͤnigl. Sitzung am 
kaͤrz 1815 bei, floh mit dem König nad) Gent und Echrte mit ihm 1815 nad) 
zurück, wo er, zum Präfidenten eines Bureau der Pairskammer ernannt, 
Zeit fich aufhielt, fpäterhin aber nad) Chantilly ſich zuruͤckzog. Hier katte 
Eden anziehenden: „Essai sur la vie du grand Conde , par L. J. de Bour- 
son 4me descendant‘ gefchrieben, welcher feit 1806 in 2 Aufl. erſchienen 
fe ſtarb zu Paris 1818. Sein Enkel war der Herzog v. Engbien (f.d.). 
Bonbde (Louis Henri Joſeph, Herzog v. Bourbon), Sohn des Vorigen, 
13. April 1756, wurde für die Waffen erzogen. Kaum der Kindheit ent: 
n, faßte er die heftigfte Liebe zu Kouife Marie Therefe d'Orleans. Man be- 
Daß er noch 2 Fahre reifen follte, che er fich mit feiner Braut vermaͤhlte. 
er entführte bie Geliebte aus ihrem Klofter und fie gebar ihm 177? den 
a v. Enghien. Conde’s glühende Lehhaftigkeit vrranlaßte zwiſchen ihm 
) und dem Grafen Artois ein Duell, welches feine Verweiſung nach Chan: 
x Folge hatte. Er entzweite ſich gleichfalls mit feiner Gemahlin, und trennte 
'8O von ihr (fie farb 1822). 1782 reifte er mit dem Grafen Artois ins 
von St.⸗Roch zur Belagerung von Gibraltar, zeichnete ſich dort aus und 
wm Marſchall ernannt. Der Stolz feines Namens, die Wärme feines 
Bund das Vertrauen auf Königsgeralt ließen ihn im Beginn der Revolution 
hr zu auffallend veradhtend ein guhrendes Volk behandeln. Er riech flste zum 
uch der Gewalt. 1789 wanderte er mit feinem Vater nad) Zurin aus, ſchloß 
hda® Corps ber franz. Emigranten an und zeigte 1792, 1793 und 179% 
Ne Much der Gondes. 1795 fhiffte er fich in Bremen nach Quiberon ein, 
I der Vendee eine Diverfion zu machen, mußte aber ohne Frfeig nad) Eng: 
pichdtehren. 1797 ging er mit dem Corps nad) Rußland, und kehrte von 
an den Rhein zuruͤck. Nach Aufloͤſung der Eönigl. franz. Armee begab er 
nad) England, wo er bis zum Mai 1814 Ichte. Am 15. Mai 1814 
e zu Paris zum Seneraloberften der leichten Infanterie emannt, und er: 
Bonaparte’s neuem Einfall 1815 den Oberbefehl in den weltlichen Depart. 
ee mußte ſich conventionsmäßig zu Nantes einfhiffen. Er frgelte nadı 
ka, von wo er im Aug. über Bordeaux und Nantes nad) Paris zuruͤckkehite. 
gefchiebene Gemahlin lebte feit dem 5. Juni 1816 wisder zu Parie. 
I2er. Siebente Aufl. Bd. II. 51 


802 Gondenfation Bondillac 


Gondenfation, Verdichtung. Außer mechaniſchen Kräften (f 
preffionsmafdhine) gibt e8 auch chemifche Mittel zur Verdichtung I 
ger Ftüffigkeiten zu teopfbaren, 3. B. der Waſſerdaͤmpfe zu Waffe, | 
Kälte. Condenſation der Elekteicität nennt Volta ein von ihm erfunden 
zeug zur Sammlımg und Meffung ber Elektricitaͤt in ſolchen Faͤllen, d 
nur in ſchwaͤchern Graden veroffenbart, und Condenſator ber Wärme, 
ſammler, heißt eine Vorrichtung zur Sammlung des fühlbaren Wärme 

Condillac (Etienne Bonnot de), unter ben Franzoſen der Begr 
Senfualtsmus, geb. 1715 zu Grenoble, lebte wie fein Bruder, der Ab 
von Jugend auf zurücdigezogen den MWiffenfchaften. Sein „Essai sur 
des eonnaissances humaines” (1746, 2%be.) machte die Melt zuerf 
Denker aufmerkſam, der mit vielem Scharffinne alle Erfcheinungen, ı 
menfchliche Geiſt darbietet, durch das Geſetz der Ideenverbindung zu el 
fuchte. Obwol Locke's Entbediungen im Gebiete der Erfahrungsfeelenich 
Merk Einfluß gehabt haben mochten, kann man doch Cond. den Ruhm: 
tig machen, genauer erörtert und tiefer geforfcht zu haben. Doch glauf 
zu bemerken, daß er die erften Regungen ber menſchlichen Geiftesthät 
genug aufgeklärt habe; daher ſchrieb er den „Traite des systemes" 
Bde.), worin er auf genauere Beobachtungen vielfach hinwies. Dan m 
mißverflehen, wenn man glaubte, er babe alle Syſteme gemißbiligt; 
jener Srundfäge und Erklärungen, die Cartefius, Spinoza, Math 
Dfeller ihrer Gebäude hingeftellt hatten, foderte er Wahrnehmungen ! 
fin Art. Sein „Traite des sensations” (1754, 2 Bde.) moͤcht 
Forſchern jegt am wenigften genuͤgen, obgleich bie geiffreiche Art, wie 
gabe: das Bewußtwerden finnlicher Eindrüde zu erklaͤren, geloͤſt hat, 
ziehend bleibe. Gekraͤnkt durch die Vermuthung, als ob er dem Pe 
Diderot's und Buffon’s Werken gefolgt fei, ſchrieb er f., „Traite des 
(1775), in welchem er Buffon’s Meinungen durch Grundſaͤtze widerle 
er in feinem „Traite des sensations’‘ aufgeftelft hatte. Der Scharff 
Klarheit, die alle Schriften C.'s unterfcheiden, verfchaffte ihm die Au 
zum Lehrer bes Infanten, Herzogs v. Parma, eines Neffen Ludwigs X 
zu werden. Die enge Steundfchaft, die zwifchen ihm und dem andern! 
H.v. Keralio, beftand, machte dies Verhältniß angenehmer. Mant 
fem Antaffe jenen geiftreihen „Cours d’etudes” (1755, 13 Bde.), 
er, mit demfelben entwickelnden Talente, die äußern Zeichen inner 
unterfucht. So wurde nothwendig feine Sprachlehre eine allgemeine, 
zu fchreiben eine Anmweifung, der vorherrfchenden Gedanfenfolge den ı 
ften Ausdrud zu geben. In demfelben Sinne waren die Kunſt zu urthe 
Kunft zu denken gearbeitet, welche Theile jenes Werkes ausmachen. 
ſchichte ift in dieſem Sinne gearbeitet, und fie möchte, abgefehen von be 
beit ihres Vortrags, zunächft der Vorwurf treffen, daß fie nach voran 
ten Anfichten die Begebenheiten darſtellt. — ©. kehrte nach Vollendun 
hung des jungen Fürften in feine frühere Zuruͤckgezogenheit nach Paris 
et 1768 in die franz. Afademie aufgmommen wurbe,, die er jedoch fe 
feines Eintritts nie wieder beſuchte. S. Schrift: „Le commerce et 
nement consideres relativement l’un ä l’autre‘' (1776), welche e 
bung feiner analytifchen Methode auf mehre Annahmen in der Etaati 
ift, fand aber weniger Beifall. Seine „Logik“, das legte ſ. Werke 
aufgefodert, 1780 als Lehrbuch für die polnifhen Schulen. Die Zu 
der Gedanken auf ihre einfachften Anfänge, als das ficherfle Mittel, di 
zu finden, it aud hier von Im d&Xogrod ummfehlen. Gonbillac ſtarb 
Gute Flur bei Bougenoi am 3. Aug. KIN, ©, Langer Ara enleul 


Conbdorcet 803 


us. Die Sammlung f. Werke, deren neue Bearbeitung er felbft ange: 
te, erſchien zu Paris 1798 in 23 Bdn., und ind. J. nochmals ebend. 
. Eine neuere Ausg. von 1803 befteht aus 31 Bon. 12. (S. Fran: 
Philofophie.) | 
dorcet (Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis v.), geb. am 
1743 zu Ribemont bei St.-Quentin, aus einer der Alteften Familien 
ine. Durch Unterflügung feines Oheims, Jacques Marie v. Condorcet, 
n Lifieur, ward er im Collegium von Navarra zu Paris erzogen. Bei 
lichen Prüfung, ber d’Alembert, Claisaut und Fontaine zuhörten, er: 
ie Art, wie er einen mathematifchen Sag durchfuͤhrte, den Beifall bie: 
r, und biefed Lob entflammte den 16jähr. Juͤngling fo fehr, daß er von 
ı bloß ben eracten Wiffenfchaften zu widmen beſchloß. Der Herzog v. 
wit wurde fein Wohtthäter und führte ihn als 1Yjähr. jungen Dann in 
n; aber der Reiz, den fie bot, konnte ihn nicht den ernfteften Studien 
hen. Ex überreichte der Akademie der Wiffenfchaften in einem Alter von _ 
n „Essai sur le calcul integral‘, der Kontaine zu der Außerung brachte, 
schtig auf diefes Talent. Mit feinem fpäter erfchienenen „Memoire sur 
ıe des trois points” erfchien es nochmals etwas erweitert in feinen „Es- 
lyse". Ein Werk diefes Gehalts verſchaffte ihm 1769 die verdiente Aus: 
ines Seffels in der Akademie ber Wiffenfhaften. Dit überrafchender 
und Gewandheit behandelte Conborcet die ſchwerſten Aufgaben der Groͤ⸗ 
yoch fchien fein immer weiter firebender Geift fidy mehr in Andeutungen 
führungen zu gefallen. C. verfuchte ſich auch in akademiſchen Kobreden, 
ntenelle’8 Talent hierin vermißte. Obgleich nun feine „Eloges des aca- 
morts avant 1699 (Paris 1773) Vieles zu wünfchen übrig ließen, 
n fie doch fo ausgezeichnet, daß die Stelle bes Secretairs ber Akademie 
felbft von feinen Gegnern nidyt verweigert ward. Dies verpflichtete Ihn, 
iche Gebiet der Wiffenfhaften, Über deren ausgezeichnetfte Förderer er 
ft geben mußte, zu erforfchen, um die neueften Entdeckungen barfellen zu 
ließ fich aber dadurch von feinen mathematifchen Studien nicht abziehen. 
e Xheorie der Kometen gewann er 1777 ben von ber Akademie zu Berlin 
3 Preisz und fortwährend bereicherte er die Acten der gel. Gefellfchaften 
burg, Berlin, Bologna, Turin und Paris durch die tieffinnigften Bei⸗ 
em Gebiete der hoͤhern Mathematit. Des Miniſters Maurepas Abnei- 
ı ©. verzögerte feinen Eintritt in die franz. Akademie bis 1782. Durch 
über den Gewinn, ber der bürgerlichen Gefellfchaft aus der Vereinigung 
ven und moralifhen Wiffenfchaften zumächft, nahm er Befig von diefem 
zugefprochenen Ehrenplage. Mit Zurgot im vertrauteften Verhältniß, 
einer genauern Prüfung des Syſtems der Okonomiſten veranlaßt, und 
ambert zu lebhafter Theilnahme an der „Encyklopaͤdie“. Aus allen feinen 
ergibt fich ein Glaube an Menſchenwuͤrde und eine höhere Anficht des 
ebens ; in feinen Umgebungen eine erfreuliche Erfcheinung! So zeigte er 
„Eloges et pensees de Pascal” (Zond. 1776). Diefelbe Gefinnung 
ihn der Sache der Amerikaner das Wort zu reben und felbft der Neger: 
d ihrer Heranbildung zur Freiheit eingedenf zu fein („Reflexions sur 
e des negrea“). 1737 gab C. „Voltaire's Leben”, gleihfam ale Nach: 
volftänd. Ausg. von Voltaire's Werken, die er mit Noten und Einlei- 
jefert hatte, und ſprach darin die Bewunderung aus, die ihm des großen 
Benin durch feine vielfeitige Wirkſamkeit und feinen Eifer für Die Sache 
‚heit abgezwungen hatte. Indeß entfremdete ihn feine Überzeugung von 
n des Bürgers und Menfchen dem Herz. v. Rochefoucault, feinem 
obithäter; man barf jedoch bei feinen ber Bolköpartei en SE: 
1 


804 Condorcet 


ten („Surles aasemblées provineiales“, fpäter in der „Bibliotheque de l'hau 
public’ und der „Feuille villageoise”) feinen andern Beweggrund voraufl 
als jenen Enthufiasmus für das Große und Gute, ber ihn wol mandmal 
die Grenzen des zunaͤchſt Erreichbaren täufchte. Seine Feinde haben verſichen 
die Verweigerung der Stelle als Lehrer bes Dauphin, um die er angehalten 
ihn in die Volkspartei geflürzt hätte. Je gemäßigter fein ÄAußeres war, defisı 
war der Sturm feiner aufgeregten Leidenfchaftlichkeit zu fürchten. D’Alm 
der ihn zu einem feiner Teſtamentsvollſtrecker ernannt hatte, verglich ihn « 
fhneebebedten Vulkane. Einfluß verfchaffte ihm feine „Feuille villageoise", 1 
er die erften Grundzüge des Staatshaushalts und der Stuatenverhältnifie ei 
vortrug. Auf die Nachricht von der Flucht des Könige flellte ex (im einer da 
bemwunderten Rebe) die Koͤnigswuͤrde als eine antifociale Einrichtung dar. 1 
koͤnigl. Schag, bei dem er feit 1791 als Commiſſair angeftellt war, gab mas 
feinen Antrag den Namen: Nationalfhag. Endlich ward er von Paris um 
geordneten in der gefeggebenden Verſammlung gewählt und bald, fo wenig: 
feine Körperkräfte ihn dazu zu eignen fhienen, zum Secretair ber Verfamm 
ernannt. Im Febr. 1792 ward er zum Präfidenten ernannt, verfaßte die A 
machung an die Franzoſen und an Europa, mwoducd die Abftellung der Ah 
würde erklärt ward, flimmte in der Nationalconvention, wo er als Deputick 
Aiönedepartements feinen Platz hatte, zwar meift mit den Girondiften, bmw 
Proceß über Ludwig für die haͤrteſte Strafe, bie aber nicht die Todesftrafe al 
und trug zugleich darauf an, die Zodesftrafe in Zukunft ganz abzufdeim, 
nur bei Verbrecher gegen ben Staat ftattfinden ſollte. Diefe Theilnahme an! 
ceffe des Könige war der Grund, weßhalb fein Name aus der Mitgtiebfäd| 
peteröburger und berliner Akademieen geſtrichen ward. Die Revolution va 
Mai 1793 verhinderte, daß eine von Condorcet ausgearbeitete Gonftitutiee 
. in Kraft trat. Die durch jenen Zag herbeigeführte, die er ohne Schonam 
Ruͤckhalt mißbilligte, warb der Anlaß feiner Anklage vor den Schranken ı 
Juli. As Briſſot's Mitfchuldiger ward er am 3. Det. in den Anklagezußlan 
ſetzt. Gezwungen, ſich zu verbergen, ward er außer dem Schug bes Geſch 
klaͤrt. Eine edle Frau, Madame Verney, verbarg ihn 8 Monate lang und 
für fein Leben und feine Erheiterung, felbft durch Feine Gedichte. In diefe 
borgenheit entwarf C., ohne alle äußere Hülfsmittel und von den Schrede 
geben, die feine Lage berbeiführte, jene vortreffliche „Esquisse d’un table 
torique des progres de l’esprit humain“, noch vol Enthufiasmus fs 
Freiheit, deren Entartung er foeben hart büßte. Als Erwiderung der 
Morte, mit der feine Befchüserin ihn zumeilen erheiterte, fchrieb er bie „I 
d’un Polonois exile en Siberie a sa femme”, vol der Sefinnungen, I 
edlere Orundzug feines Lebens waren. Endlich erfuhr er durch bie öffen 
Biätter, daß Todesftrafe Denen drohe, welche Geächtete aufgenommen | 
Trotz aller Bitten der großmüthigen Stau verließ er fie nun, ging verieb 
Paris, irrte eine Zeit lang umher, bis er, von Hunger getrieben, in einem fd 
Wirthöhaufe zu Clamar von einem Mitgliebe des Revolutionstribunats ve 
mar als verdächtig angehalten und bie auf weitere Unterfuchung in einen Ker 
ſperrt wurde. Am andern Morgen (den 28. Maͤrz 1794) fand man ihn to 
dem Boden des Zimmers, wahrſcheinlich durch ein Gift getoͤdtet, das er 
laͤngſt dei fich trug und von deſſen früher Gebrauche ihn nur die Liebe p 
Hartin und einer Tochter abhielten. Rivarol urtheilte über C.’8 Schreibart: 
ſchrieb mit Opium auf bleierne Tafeln”. Bon f. zahlreichen Schriften if 
au Paris eine vollftänd. Sammlung erſchienen, in der aber f. mathemat 
Werke nicht mit aufgenommen find. („Oeuvres completes, publies par ( 
et Cabanie", 24 Be). Das vollſtaͤndigſte Verz. derfelben gibt eine „N 


Gondottieri Gongeftion 805 


ı vie et les ouvrages de Condorcet, par Ant. Dianyere” (1796). Die 
roires de Cond. sur la revolut. fr.” (Paris 1824) find ein Machwerk. 
Gondottieri (Rottenführer), am Ende des Mittelalters in Italien Anfüh: 
: Kriegebanden,, welche nicht für ihr Vaterland, fondern des Soldes und Ge: 
& willen den Krieg führten und fuchten und daher ihren Degen jeder Partei, 
zu bezahlen vermochte, und jeder von diefer verfochtenen Sache wibmeten. Die 
en Kriege und Fehden der italienifchen Staaten und Stände unter einander 
er Zeit riefen fie ind Leben und nad) und nad) fam alle militairiſche Macht an 
Ihre Banden beftanden größtentheild aus Leuten, die zu unfähig oder zu 
warm, ein ehrliches Gewerbe zu treiben, ober ſich der Strafe eined begange⸗ 
Ierbrechen® entziehen wollten. Die Ehrfüchtigern unter den Condottieri ſtreb⸗ 
ich nach hoͤhern Dingen. Ein foldher war Francesco Sforza, der von den 
Inden zum Anführer ihres Heeres erwaͤhlt, fi 1451 zu ihrem Herrn und 
ge machte, und deffen Geſchlecht auch nad) ihm Mailand beherrfchte. 
Sonfeffion, Glaubensbekenntniß, z. B. die augsburgiſche Confeſ⸗ 
(S. d. und Reformation.) Auch eine Glaubenspartei, z. B. die drei 
Confeſſionen, die roͤmiſch-katholiſche, evangeliſche und reformirte. Conti- 
‚sh bekenne, heißt die Beichte, welche der katholiſche Geiſtliche zu Anfange 
ntesdienftes oder dee Meſſe vor dem Altare ablegt. 
Konfirmation, ein Gebrauch der Proteftanten, den die Eatholifche Kirche 
mg oder Fir melung (f. d.) nennt. Die Reformatoren hatten die Firmung, 
e die Wirkung der Zaufe zu verkleinern fchien, abgefhafft. Da aber eine re: 
Feier der Erneuerung bed Taufbundes der Katechumenen dem erften Genuſſe 
1. Abendmahls vorcusgehen mußte, wurde fie fpäter mit Hinmeglaffung ber 
mg (f. Ehrifam) wieder eingeführt. Dies gefhah zu Ende des 16. Jahrh. 
ffen und Brandenburg, und im 17. Jahrh., befonders durch Spener’s 
auch in andern proteftantifchen Rändern. Als eine Öffentliche kirchliche Hand⸗ 
‚die alljährlich mit den Katechumenen eines Kirchſpiels zugleich gehalten wird, 
? aber erſt feit der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. allgemein in Gebraud). 
ıtlich ift Dabei, außer einer vorhergehenden Prüfung der Religionskenntniffe 
ttechumenen, die Ablegung ihres Glaubensbekenntniſſes, um ihren Tauf⸗ 
u erneuern, unb bie barauf mit Gebet und Hänbeauflegen durch die Prediger 
ichtende Einfegnung. In den legten Jahrzehenden hat man viel gefünftelt, 
recht feierlich zu machen ; ber Zweck der Sonftrmation aber, den jungen Chris 
te Weihe ihrer nun mit felbftändiger Thätigkeit zu erſtrebenden religisfen und 
(hen Muͤndigkeit zu geben, und der Charakter des Proteſtantismus erfodert 
ndringlichkeit und einfache Würde der Reden, Gebete und Gefänge , um eine 
ng in ihren Herzen hervorzubringen, die um fo nachhaltiger wirken wird, je 
e ſich auf ihre eigne Einficht, Übergeugung und Frömmigkeit gründet, und 
Ingt wiederum hauptfächlich von der Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit ihrer 
r und Lehrer ab. 
sonformiften in England, f. Uniformitätsacte. 
onfuciuß, f. Kon: fu:tfe. 
‚ongeflion. Die einzelnen Theile des thierifchen Körpers erhalten nicht 
biefelbe Menge Blutes, fonbern bald mehr, bald weniger. So ſtroͤmt 5.8. 
d der Verdauung mehr Blut zum Magen und zur Leber, durch lebhaftes 
baltendes Sprechen, Eingen, Laufen bäuft fich mehr Blut in den Lun⸗ 
y in dem Herzen, durch anftrengendes Denken in dem Hirne an. Überhaupt, 
after die Function eines Theiles ift, defto mehr Blut erhält derſelbe; dies 
ber im gefunden Zuſtande ebenfo fchnell fortgeleitet, als e6 zuſtroͤmte. Bis⸗ 
aber gefchieht es, daß ſich das Blut in einzelnen Organen zu fehr anhäuft 
denfelben zu lange verweilt, alsdann wirkt es nachtheilig auf den Bau und _ 





beroegung nad) einem Organe umterbrüdt wird, fo haͤuft «6 fich 
zu fehr an. Darum veranlaffen Erkaͤltungen ber Füße, Unterdi 
‚gen und anbrer Abfonderungen fo oft Eongeftionen. Endlich drit 
auch die fortieitenden Blutgefäße, die Venen, bisweilen in ein 
welchem fie ihrer Beſtimmung nicht gehörig genligen Binnen, 3.8 
vorher zu fehr angefüllt find, wenn ihre Kraft, das Blut aufzune 
betoegen, verloren ober vermindert ift, und wenn fie durch Äußern 
Geſchwuͤlſte u. ſ. w. in ihrer Thaͤtigkeit beſchraͤnkt werben. Di 
dem gemäß active und paſſive, arterielle und venoͤſe Congeſtionen. 
das Blut in größerer Menge anhäuft, ba werden bie Drgane cı 
der Puls klopft heftiger, die Denen dehnen ſich mehr aus; bad 
ſolchen Thelles wird größer, krankhafte Gefühle, Schmerz, Dr 
‚gen hier ihren Sig auf. Die Functionen ſolcher Organe werben vı 
Figem Grabe der Gongeftion werben fie mehr aufgeregt, bei hoͤl 
längerer Dauer unterdruͤckt, geſchwaͤcht, ja gänzlich aufgehober 
jedes einzelne Organ feine eigenthümliche Function hat, fo folgt 
ptome der Gongeftion, welche auf diefem Grunde beruhen, na 
Organe, in weichen fie ftattfinden, fehr verfchleden und mannigfı 
Im Gegentheile aber beobadjtet man in andern Organen Zeichen ı 
nämlich Blaͤſſe, Kälte, Einfinten des Volumens und Schwäche. 
dauert getoßhnlich nur Kurze Zeit; meiſtens aber iſt fie, wenn fi 
befeitige und ihre Wiederkehr, zu welcher fie große Neigung hat, 
nur der Anfang einer Reihenfolge von anderweitigen krankhaften 
geht fie in Blutungen Über und endigt fid mit denſelben, bald fi 
Entzündung, bafd endlich wird fie ein chroniſcher Krankheits zu 
Blut haͤuft ſich eine lange Zeit hindurch an, dehnt die Venen a 
ausdauernde Erweiterung derſelben, und bie Erſcheinungen ber 8 
der Gongeftion verbunden find, verlieren ſich, und ein torpib: 
Zuſtand tritt an bie Stelle derfelben. Diefe Umänderung der Cı 
man unter bem Namen von Stockung des Blutes (stagnatio 
7 


Congreß 807 


‚ Gapitel halten und ihre Obern wählen; die Provinz eines geiftlichen 
sd ebenfalls Gongregation genannt. 
‚greß. Das einfachfte Mittel, um auf dem diplomatifchen Wege bie 
artigen Anfprüche Eriegführender Diächte oder audy foldyer Staaten, bie 
ten Verhaͤltniſſen fich befinden, gegen einander auszugleichen und da⸗ 
friedensgefchäft vorzubereiten und abzufchließen, oder einem Bruche vor: 
ind überhaupt‘ fireitige Gegenflände des Staatenintereffe zu vermitteln, 
zreß.“) Es verſammeln ſich die Bevollmächtigten der Betheiligten ober 
le der vermittelnden Mächte an einem beflimmten, gewöhnlich neutralen 
theils durch Notenwechfel,. theils durch mündliche Befprechung die Ver: 
ı zu einem friedlichen Ziele zu führen. Man unterfcheidet den Prä- 
:ongreß, auf welchem das Vorläufige, Zulaffung oder Vertretung der 
en Mächte, Ort und Zeit ber Zufammentunft, Umfang der Neutralität, 
der Sefandten und Staatsboten, Geremoniel und Geſchaͤfteform der 
ng, beflimmt wird, -— von dem Dauptcongreß, der den Gegen» 
zum endlichen Abfchluffe bringen fol. Gewöhnlich werben jme Vor: 
ch vermittelnde Mächte auf dem gefandtfchaftlihen Wege entfchieden ; 
fogteich der Hauptcongreß zufammen. Auch beflimmen die zu einem 
verfammelten Gefandten, nach gefchehener gegenfeitigen Bewillkomm⸗ 
einer Präliminarconferenz den. Zag der Eröffnung, die Reihenfolge der 
de, die Form der Verhandlung, den Rang der einzelnen Mächte unter 
815 ift die alphabetiſche Ordnung beliebt worden, f. Ceremoniel) 
it der Sigungen. Die Eröffnung des Congreffes beginnt mit dem Ver: 
luswechſeln der Vollmachten in vidimirten Abfchriften, welche, im all 
yelnden Theile über die Annahme eine® Vermittlers (Mediateurs) über: 
ıem find, diefem übergeben werben. Darauf verhandeln die Gefanbten 
gten Mächte entweder unmittelbar unter fi), oder mit dem Vermitller, 
n einem gemeinfchaftlichen Verfammlungszimmer, ober abwechfelnb in 
ungen; im Fall ein Vermittler da ift, in deſſen Wohnung. Diefe Ber: 
a werben fchriftlich oder mündlich fortgefegt, bie man zu der Unterzeich» 
Tractats fchreiten kann, oder biß die eine oder die andre Macht durch 
Fang ihrer Geſandten den Congreß auflöft. — Die Congreffe find ein 
des praßtifchen europaͤiſchen Voͤlkerrechts, und je mehr fi) das neuere 
ſtem ausgebildet hat, defto umfaffender und wichtiger find die Congreffe 
bis fie, feit dem zu Wien 1814 und 1815 gehaltenen Gongreffe, die 
eines eucopäifchen Friedensrathes erlangt haben. Die Geſchichte der: 
aber zugleich die Geſchichte des europäifchen Staatenſyſtems. Es fcheint, 
ich IV. und Sully, als fie die Idee hatten, aus Europa einen Staaten: 
itden, deſſen Glieder, ſich ähnlich an Macht, ihre Streitigkeiten durch 
at entſcheiden laffen ſollten, dieſe Sorm zu verhandeln zuerft für raͤthlich 
aben. Indeß wurden vor dem breißigiährigen Kriege keine förmlichen 
en Gongreffe gehalten. Denn die Gongreffe, welche in Roskild 1568, 
1570, und vom Czar Joan IV. dazu aufgefodert, durch den Papſt in 
: Horka 1581 fg., dann in Stofbowa 1617, bei Wiasma 1634, zu 
f 1635 und in Brömfebro 1645, die darnach benannten Friedensſchluͤſſe 
hatten, betrafen einzig die nordiſchen Staatenverhältniffe. Die Ge: 
e europaͤiſchen Sriedensverfammlungen beginnt alfo mit dem Songreffe 
er und Osnabrüd. Nach der Wichtigkeit ihres Einfluffes auf die Ge: 
on Euroya gibt es drei Hauptabfchnitte in der Gefchichte der Congreffe: 
Begründung des neuen europäifchen Staatenſyſtems durch ben Doppel: 
die Berfammlungen der Repräfentanten ber Unionen der amerifanifchen Zrei- 
er einem Präfidenten werden Congrefle genannt. 


808 Congreſſe vor 1713 


congreß, welcher den weſtfaͤliſchen Frieden zur Folge hatte, bis zu dem 
Frieden (von 1648— 1713) ; 2) von der Befefligung des Einfluffes der 
Golonial : und Seemacht auf die Continentalpolitik von Europa durch den 
Frieden bis auf den wiener Congreß (von 1713— 1815); 3) vonder Q 
flellung des politifchen Gleichgewichtsſyſtems in Europa und der Aufſte 
Legitimitäts- und Stabilitätsprincipe durch den Congreß zu Wien und ! 
Alltanz bis jest. In jedem diefer Congreſſe feit 1648 traten einige Har 
an die Spige der übrigen und beſtimmten gewiffermaßen ben Bang der! 
fung durch die Feftftellung allgemeiner Grundlagen. Die Völker ferbftt 
bei jedoch erſt feit dem wiener Congreffe in Betrachtung ; in welche, und 
chen Refultaten? Darüber fteht nur der Gefchichte das unparteiifche U 
Aus feinem Standpunfte hat Bignon die Intereffen der Völker und der 
gegen einander abgewogen in f. Schrift: „Les cabinets et les peupk 
1815 jusqu’a la fin de 1822”. Nach der von uns aufgeftellten Ort 
drei Perioden wollen wir die wichtigften Congreffe aufführen. I. 8 
--1713. 4) Eongreß zu Münfter und Osnabruͤck. Es ift merfwh 
während des dreißigjähr. Kriegs derjenige Souverain, welcher, aufer 
unter allen europdifchen Fuͤrſten der einzige war, der den weſtfaͤliſcha 
nicht anerkannte, daß ber Papft durch feinen Nuncius Ginetti in Köln 
erften Friebenseröffnungen machen ließ 5’ auch ſandten ber Kaifer und 
wirklich Gefandte nah Köln, die unter der Vermittlung des Papftes ı 
reich und Schweden zu unterhandeln bereit waren; allein eben jener Be 
wegen beſchickte Frankreich diefen Congreß nicht, dagegen vereinigte ı 
Schweden zu Hamburg zu gemeinfchaftlihen Sriedensverhandlungen; « 
ſchloß ſich aud) der Kaifer in dem Präliminartractate zu Hamburg, 164: 
den Mächten zu Münfter und zu Osnabruͤck zu unterhbanden. Des F 
gem den Frankreich und Schweden ſich ftreitig machten, und um das} 
treffen ber proteftantifchen Gefandten mit dem Nuncius zu vermeiden, u 
jene beiden von Srankreich dazu vorgeſchlagenen Städte, die nur 6 St 
einander entfernt waren, und feßte felt, daß beide Verfammiungen | 
Gongreß bilden follten. Doch erfolgte die Eröffnung dieſes erften groß 
ſchen Friedensrathes erft im Dec. 1644. In Münfter wurde Alles dur 
mittler, ben paͤpſtl. Nuncius und den Geſandten der Republik Venedig, ı 
in Osnabrüd unmittelbar, und zwar Iateinifch. (S. Weftfätifche 
— 2) Congreß in den Pyrenden. Frankreich und Spanien feßten 
welchen in Deutfchland der roeftfälifche Friede geendigt hatte, noch bis 
Dann ward, nachdem der Präliminarfriede zu Paris am 7. Mai geſch 
den war, die Safaneninfel im Bibaffoafluffe, an ber Grenze beider Et: 
Gongreßorte gewählt, und Cardinal Mazarin hielt mit bem fpanifdye 
Don Luis de Haro, vom 13. Aug. bis zum 25. Nov. 1659 überhaup 
ferenzen unter einem Zelte, wobei jener ſtets italienifch, diefer fpanifch fp 
ſchon am 7. Nov. unterzeichnete pyrendifche Friede ficherte Frankreich 
ſches Übergewicht; Spanien erkannte den münfterfchen Frieden an 
Rouſſillon, Conflans und einige Pläge in den Niederlanden an Franttei 
den geächteten Prinzen von Conde wieder in feine Würden und Güte 
auch wurde Kothringen feinem Herzoge zuruͤckgegeben. — 3) Der € 
Breda endigte, unter ſchwediſcher Vermittlung, ben Krieg zwifchen E 
nien auf der einen, und den Niederlanden, Frankreich und Dänemark co 
dern Seite, durch den Frieden zu Breda, den 31. Juli 1667, der vor 
gegenfeitigen Colonien in Weftindien „nd den Sunbzoll betraf. — 4) 
greß zu Aachen endigte den fogenannten Devolutionsktieg zwifchen Fran 
Spanien, unter Vermittlung des Papftes, durch den aachner Frieden, d 


Congreſſe vor 1713 809 


durch den Frankreich die in den fpanifchen Niederlanden eroberten Plaͤtze bes 
e Stande Comte aber an Spanien zurüdgab. — 5) Indem Kriege Lud⸗ 
AV. mit den Niederlanden, von 1672 — 78, wurde anfangs ein Congreß 
21673 eröffnet, aber ſchon im folg. J., weil ber kaiſerl. Gefandte den kur: 
en gewaltfam aus Köln entführt und nach Wien geſchickt hatte, nufgelöft. 
f leiteten die britifchen Gefandten (unterfihnen ber berühmte Ritter Temple) 
paͤpſti. Geſandte, als Vermittler, die Friedens verhandlungen zwiſchen Frank: 
Bpanien, den Niederlanden, dem deutſchen Kaiſer, Schweden, Dänemark, 
enburg und einigen kleinern Staaten auf dem Congreſſe zu Nimwegen, ſeit 
bis zu dem Abſchluſſe des Friedens von Nimwegen 1678, der aus mehren 
atfriedensſchluͤſſen beftand: zwiſchen Frankreich und den Niederlanden; zwi⸗ 
rankreich und Spanien; zwiſchen Frankreich, Schweden und dem deutſchen 
‚1679, von welchem ber Friede mit Brandenburg zu St.⸗Germain⸗en⸗Laye 
e mit Dänemark zu Fontainebleau und Lund, ſowie der zu Nimmwegen zwis 
Schnoeben und Holland, die unmittelbaren Folgen waren. So trug die franz. 
natik, welche die Alliirten trennte, auf biefem Congreffe den Sieg bavon, 
awigs XIV. politifches Übergewicht twar auf längere Zeit befeftigt. — 6) 
Kweranlaßte die Wegnahme Strasburgs, welche mitten im Frieden 1681 
), und Ludwigs Reunionsfpftem das große haager Schugbünbniß gegen 
uchs ilbermuth und Ränderfucht, deffen Seele Wilhelm IL. war. Es ver 
a fi nämlich Schweden und Holland, dann der Kaiſer, Spanien unb ein» 
entſche Reichskreiſe mit einander zur Aufrechterhaltung bes weftfälifchen 
Bnimmeger Friedens, und ftatt der Waffen, welche der Kaifer bereit6 gegen 
sten führen mußte, wählte man ben Weg ber Unterhandlung. Dies war 
eck des merkwuͤrdigen Congreſſes zu Srankfurt 1681, der zwar franz. Seite 
„1682 abgebrochen, in der Kolge jedoch zu Regensburg fortgefegt wurde 
sen 2Ojährigen Waffenſtillſtand mit Frankreich 1684 bewirkte. Aber vers 
fuchten die europäifchen Mächte durch Buͤndniſſe unter ſich, insbeſondere 
ie größe augsburger Verbindung (Affociation) von 1686, welche der Statt: 
Wilhelm III. von Holland zu Stande brachte, ber Herrfchlucht Ludwigs. 
yanımı zu fegen, denn fchon im Sept. 1688 überzogen bie franz. Deere die 
Inder. Dies und die Vertreibung des Haufes Stuart durch Wilhelm IH, 
land (im Nov. 1688) hatte einen neunjähr. Krieg zur Folge. — 7) Die 
bt auf die fpanifche Erbfolge bewog jeboch den fiegreichen Ludwig, durch bes 
Verträge die Alliirten zu trennen, und als dies nicht ganz gelang, Schwes 
ermittelung nachzufuchen, wodurch der Congreß zu Ryßwick, einem Schloſſe 
mag, im Mai 1697 zu Stande kam. Man unterhandelte zwar, nachdem 
der Tiſch im Conferenzfaale allem Rangſtreite ein Ende gemacht hatte, auf 
mdlage bes wetfälifchen und nimweger Friedens; allein es gelang dennoch 
u. Staatskunſt abermals, durch einzelne Verträge mit den Verbündeten 
meine Friedenswerk zu leiten und das deutfche Reich zur Annahme der von 
ich mit Spanien, Großbritannien und den Niederlanden feftgefegten Be: 
jen zu nöthigen. Der Friede zu Ryßwick wurde von den Seemaͤchten am 
pe. und vom Kaifer am 30. Oct. 1697 unterzeichnet. — Sn diefe Periode 
och einige Songreffe, auf denen die europdifche Diplomatik die Staaten: 
äffe der nordifhen Mächte in Hinfiht auf Polen und die Pforte ordnete. 

berühmtefte ift der zu Dliva, einem Kiofter bei Danzig, im Mai 1660, 
sfreich den Frieden zwifchen Schweden und Polen vermittelte, und den zu: 
re beutfche Kaifer, der Kurfürft von Brandenburg, der Herzog von Kurs 
d andre Meine Fürften beſchickten. Die Bevollmächtigten der Republik der 
be, von Dänemark und von Spanien wurden nicht zugelaffen. Der 
s Dliva, vom 3. Mai 1660, befefligte das politifche Übergewicht Schwe: 





FOUVR FEIULER Yalır, VER HWENEE SDAUp erhieitz VIE WI 
und Polen blieben fo, wie fie jener Friede beftimmt hatte, bis 1’ 
Gongreß zu Altona, 1687, wo ber beutfcye Kaifer und die Kurfl 
amd Brandenburg die Streitigkeiten Dänemarks mit dem Hauſ 
vermittelten, bewirkte, nachdem auch Großbritannien und die ( 
Vermittler hinzugetreten waren, den Frieden zu Altona 1689, 
— von Hoiſtein fein Land mit voller Souverainetät wiederer 
gehören noch in dieſe Periode: 11) bie Sriedensconferenzen zu ( 
1698, wo zuerft ein türkiicher Sultan in die Formen ber europı 
ſich fügen lernte, indem er die Vermittlung Großbritanniens 
nahm, worauf fein erfier Dragoman, Maurokordatos, das bil 
der griech. Nation rühmlich bewaͤhrte, indem er durch einen 
Rangftreitigkeiten befeitigte und mit dem beutfchen Kaifer, Pı 
Rußiand bie einzelnen Friedensfchläffe oder Waffenfliuftandever 
1699 zu Stande brachte, in welchen zuerft der Macht der Pfor 
wurde; doch mußte Venedig auf Kandia und die Infeln des A 
es behielt nur Morca, die ionifchen Infeln und einige Pläge in ‘ 
II. Von 1713— 1814. — 1) Den fpanifhen Erbfol 
Congreß zu Utrecht, wohin Frankreich, England, die Generalf 
der Kaifer, Portugal, Preußen, der Papft, Venedig, Genua 
koͤln, Kurtrier, Kurpfalz, Kurſachſen, Kurbaiern, Hanover : 
San. 1712 ihre Bevollmächtigten ſchickten, nachdem bereits Fre 
beitannica in ben Friebenspräliminarien zwiſchen fih, d. 8. Det. 
linien des Friedensgeſchaͤfts gezogen und dadurch getoiffermaßen 
mung ber neuen Staatöverhältniffe entfchieben hatten. Auch zı 
der franz. Diplomatie, die Verbindung der intereffirten Mächte 
den Beſchluß, daß jeder ber Allüirten feine Foberungen einzelr 
Der Zwiſt unter ihnen nahm noch zu, al fie fahen, baß die Uni 
England meift insgeheim und unmittelbar mit dem Cabinette 
führt wurden. Die Refultate waren acht Separatftieden, 
Spanien, England, Holland, Savoyen und Portugat 1713 
fehloffen. indem fie Öftreich und das Meich fich felber überliehen 


Gongrefie von 1718 — 1814 811 


em Kaifer, Spanien, Savonen und Parma, in Hinficht der Vollziehung 
echter Friedens und der Bedingungen ber Quabruplealliang, wobei England 
rankreich bie Vermittlung übernahmen ; allein Philipp V. von Spanien, bes 
durch die Zuruͤckſchickung feiner mit Ludwig XV. verlobten Tochter (im 
1725) rief feine Minifter von Cambrai ab und ſchloß hierauf feinen Frie⸗ 
it Öftreich zu Wien, den 20. April 1725, worin er die Garantie ber prag⸗ 
ben Sanction übernahm. Das bald darauf gefchloffene Schutzbuͤndniß 
en ſtreich und Spanien hatte eine Gegenallianz zwifchen England, Frank⸗ 
den Verein. Niederlanden, Daͤnemark, Schweben, Heffen: Kaffel und 
mbüttel zu Herenhaufen zur Folge; wogegen Rußland, Preußen und einige 
Stände ſich an bie wiener Allianz anfchloffen. So ſchien ein allgem. Krieg 
fein, als Oſtreich durch einftweilige Aufhebung dev Sompagnie zu Oftenbe, und 
durch d. Zractat zu Pardo mit England, zur Ausgleihung die Hand bot. — 
Irongreß zu Soiffons, im Jun. 1728, follte diefe Außgleichung auch zwifchen 
Frankreich, England und Spanien bewirken ; allein e6 gelang dem franz. 
Nentinifter, Cardinal Fleury, Spanien von Öftreich zu trennen, worauf Frank⸗ 
ien u. England das Friedens: und Schutzbuͤndniß zu Sevilla 1729, dem 
Ind beitrat, errichteten, um ihren Willen Oſtreich als Geſetz vorzufchreiben. 
der Congreß zu Soiffons aufgelöft und das beleidigte Oſtreich griff zu 
en. Aber die Garantie der pragmatifchen Sanction, welche England und 
I übernahmen, berwog ben Kaifer Kart VI. 1731 die Beftimmungen bes 
88 von Sevilla anzuerkennen. — 6) Der Congreß zu Aachen, im April 
. am welchem Frankreich, Oſtreich, England, Spanien, Sardinien, Hol: 
Mobena und Genua Theil nahmen, endigte den öftreich. Erbfolgekrieg durch 
haer Frieden, den 18. Oct. 1748. — 7) Der fiebenjähr. Krieg zwifchen Eng: 
wb Frankreich wurde, ohne daß ein Gongreß fich verfammelt hatte, geenbdigt ; 
u, Sachſen und Preußen aber fchloffen ihren Frieden auf dem Congreſſe zu 
aburg, ber fid) im Dec. 1762 verfammelt hatte, am 15. Sebr. 1763. — 
e Gongreß zu Tefchen, im März 1779’, entfchied ben bairiſchen Erbfolge: 
wifchen Öftteih und Preußen, unter franzöf. und ruffifcher Vermittlung ; 
bieten auch Kurpfalz, Kurfachfen und Zweibrücken Bevollmädhtigte, mur 
se, um beffen Erbfolge es ſich hanbelte, der Kurfürft von Baiern. (S. Teſch⸗ 
iede.) — 9) Hierauf boten Rußland und Oſtreich ihre Vermittlung in 
Beritanifchen Freiheitskriege zwiſchen England und Frankreich an. Wien follte 
ügzeßftabt fein; allein Frankreich lehnte die Vermittlung ab, und ale nach⸗ 
weich. und ruffifche Deinifter an bem in Paris im Dct. 1782 eröffneten Frie⸗ 
ugrefle der Minifter Frankreichs, Spaniens, Englands, Hollands und der 
u Staaten als Vermittler Theil nehmen wollten, kamen bie Friedendpraͤ⸗ 
kien, am 30. Nov. 1782 und am 20. San. 1783, ohne ihr Wiffen, zu 
be, ſowie der Definitiufriede zu Verfailles und zu Paris den 3. Sept. 1783, 
fe Holland den 20. Mai 1784. — 10) Die Streitigkeiten Joſephs II. mit 
ublik Holland über die Eröffnung der Scheibe und andre Gegenftände, 
| veranlaften Srankreich, feine Vermittlung anzutragen, und es wurde zu 
Mes ein Congreß am 8. Dec. d. J. von dem franz. Minifter, Grafen Vers 
0, mit dem kaiſerl. und den holländ. Bevollmächtigten eröffnet. Er hatte 
kectat zu Fontainebleau vom 8. Nov. 1785 zum Enderfolg, durch welchen der 
ketractat von 1715 und der wiener Zractat von 1731 aufgehoben, die 
ns von Flandern, wie fie 166% waren, wieberhergeftellt, und an den Kaͤi⸗ 
ge Lanbflriche abgetreten, auch eine Summe von 10 Mill. Gulden (mozu 
rich, damit dee Congreß nicht abgebrochen würbe, die Großmuth hatte, 44 
heizutragen) an den Kaiſer als Entfhädigung bezahlt wurden. Dagegen 
e Schelde gefchloffen und der Kaifer entfagte feinen übrigen Anfprüchen. — 









zojen erovert. — 12) In ver WEITE DFB SAFDDLIIONDERTE 
Gongreß zu Raſtadt denkwuͤrdig. Ex wurde von ber Reichsde 
Vorfige des kurmainz. DirectorialsGubbelegirten, Freih. v. Al 
des kaiſerl. Bevollmaͤchtigten, des Grafen Metternich, am 9. 
net und am 7. April 1799 durch ben kaiſerl Bevollmaͤchtigten 1 
Commiſſionsdecrets aufgeloͤſt. Die alte Würde des deutfche 
während deffelben bloß in einer leeren und ſchwerfaͤligen Foͤrml⸗ 
der grobe und beleibigende Übermuth der franzoͤſ. Bevolimächtig 
ſten Gontraft bildete. Die Deputation uͤbergab ihre Noten in | 
Geſandtſchaft in franzöf. Sprache. In Hinſicht auf den Gege 
Deputation einem an Händen und Füßen gelähmten Menfche 
Augen, ba ihr die geheimen Artikel des Friedens von Sampo:f 
dingungen ber geheimen raftabter Convention vom 1. Dec. 179 
ben waren. Daraus entftanden Miftrauen und Uneinigkeit,, 
ſtreich und Preußen ; indem nun bie Deputation gewiffermaße 
ftieß fie überalt auf Hinderniffe und gab Blöfen, fodaß der Sı 
den, als Beweggrund feiner Abftimmung für die Abtretung 
Rheinufers, unter Anderm den Zorn anführte, in melden b 
reichs gerathen wären, als fie gehört hätten, bag man ihnen n 
Uferländer anbieten wolle! Die franzöf. Diplomatie verleugn 
Form des Anftandes; die deutſche benahm ſich oft Hleinlich und | 
handlung felbft war nur ein blinder Kampf mit dem Spiele ve 
und mit dem Trotze des tepublikaniſchen Stolzes; das Ganze 
blutigen $revel (am 28. Aprit 1799), den wahrſcheinlich die ge 
eines Mannes von heftigem Charakter, der ſich perfönlich räd 
blinde Wuth eines damit beauftragten Subalternofficiers verſchi 
ſtadt.) Die Grundlagen der Abtretung des linken Rheinufere 
‚gung der dadurch vericgten Erbfürften durch Säcularifation bei 
welche die Reichsdeputation zu Raftadt bereits angenommen hi 
Zußlehung des Reihe, vom Kaifer nahmals in dem Iunevill 
Friedensart. erhoben. —- 13) Der Congreß zu Amiens, wo Zofı 
der Marauis von Gornwallis fiber ben Definitinfrieben zmifd 


Congreſſe von 1713 — 1814 813 


‚ feine Vermittlung an; ebenfo wenig hatte früher Haugwig in Wien 1805 
Kns Dazwifchenkunft geltend machen koͤnnen. Als aber Napoleon, um Spas 
a unterwerfen, feinen Rüden in Deutfchland und Polen fichern und deßhalb 
bußland fich enger verbinden, zugleich aber einen Verfuch, mit England einen 
neinen Frieden einzuleiten, machen wollte, ba verfammelte er den erflen euro⸗ 
en Monarchencongreß zu Erfurt im Oct. 1808. Napoleon kam den 27. 
‚in Erfurt an und wenige Stunden nad) ihm der Kaifer Alerander. Noch 
daſelbſt verfammelt die Könige von Sachſen, Baiern und Würtemberg, des 
Uge König Hieronymus von Weſtfalen, der Großfürft Konftantin, Prinz 
em von Preußen, die Herzoge von Sacjfen: Weimar, ©.: Gotha und Hol⸗ 
Ddenburg und mehre andre Fuͤrſten, fowie die Staatsminifter der genanntere 
außerdem nod) ber preuß., der daͤniſche, der würgburgifche, der fürft:prima= 
der badenfche Staatsminifter u. a. m. ; im Namen des Kaiferd von ſtreich 
der Baron v. Vincent, mit einem Schreiben, worin ber Kaifer feine frieb- 
B&rfinnungen gegen Frankreich bezeugte. Die Verhandlungen betrafen eine 
ng der dem preuß. Staate von Frankreich aufgebürdeten Leiſtungen und 

e bes Herzogs von Oldenburg in den Rheinbund, hauptlaͤchlich aber 
mit England, die Verhältniffe zwiſchen Frankreich und ſtreich und 
enheiten ber Türkei. Auf den Sriedensantrag der Kaifer von Frankreich 
d, mittelft eines gemeinfchaftlichen Schreibens vom 12. Dct., erklärte 
Megierung ihre Bereitrilligfeit, wenn auch Schweden und die ſpani⸗ 
g auf dem Eongreffe durch Bevollmädhtigte erfchienen; da Napoleon 
re fpanifchen Nation diefes Recht nicht zugeftehen wollte, fo wurden die Vers 
sagen im Dec. abgebrochen. Unterdefjen war auch die Verſammlung in Er- 
Breit am 14. Dct. auseinander gegangen, nachdem Napoleon den Frieden 
Freich gefichert zu haben glaubte, unb mit dem Kaifer Alerander gewiſſe 
redungen getroffen hatte, deren inhalt nicht genau bekannt ift. (S. Schoͤll's 
tes de paix“, Bb.9, S. 19 4.) — In dieſe Periode gehören noch: 15) Die 
fruschtlofen Gongreffe zu Braunſchweig im Laufe des nordifchen Kriege; der 
Me ſich auf im Febr. 1713, und ber zweite im März 1714. — 16) Der 
eB, welchen ber holftein. Miniſter, Baron v. Schlitz, genannt Görg, im Namen 
XI. mit den Bevollmächtigten des Czaren 1718 auf den Alandeinfeln hielt; 
ben dafelbft auf ziemlich, billige Bedingungen für Schweden verhandelten Frie⸗ 
zeitelten der Tod Karls XII. und der Parteigeift des ſchwed. Adels, deflen Opfer 
werde. Die ſchwediſche Regierung brach die Unterhandlungen mit Rußland 
m Alanbsinfeln ab, und fchloß unter Frankreichs Vermittlung, auf dem 
eſſe zu Stodholm, befondere Sriedensfchlüffe mit Hanover den 20. Nov. 
‚„ darauf 1720 mit Preußen, Dänemark und vorläufig mit Polen. Endlich 
Schweden, unter Frankreichs Vermittlung, den Frieden auch von Rußland 
men, ber nach den vom Czar dictirten Bedingungen, die Rußlands über⸗ 
be im Norden feftftellten, aufdem zu Nyſtadt im Mai 1721 verfammelten 
iuffe, am 10. Sept. 1721, unterzeichnet wurde. Darauf folgte auch ber 
des Definivfriedens mit Sachſen und Polen, mittelft bloßer Declaratios 
und 1732. — 17) Der 1741 zwifchen Schweden und Rufland aus: 
Krieg wurde auf dem zu Abo von ruffifhen und ſchwediſchen Bevoll⸗ 
= gehaltnen Congreffe, nahdem Schweden, flatt des Kronpringen von 







ee, den Bifchof von Luͤbeck, Adolf Friedrich Herzog von Holftein:Gottorp, 
Rironfolger erwaͤhlt hatte, durch den Definitivfrieden zu Abo den 17. Auguſt 
Igeendigt, worauf das petersburger Buͤndniß zwiſchen Rußland und Schwes 
785 zu Stande kam. Wührend Rußland in feinen Fricdensſchluͤſſen mit 
bern, Polen und der Pforte die Vermittlung fremder Mächte, vorzüglid) 
Katharinas Il. Regierung, nicht mehr zuließ, fand biefe in den Kriegen 


TBang. wejunuure, yyrasas u. TOWENERUE, ver vepyam |uIDVs vu 
als andy von der Kaiferin Anna geheime Inſtructionen erhielt, vo 
Minifter, Graf v. Singendorf und Graf Oftermann, welche i 
befondern Frieden mit der Pforte unterhandelten, nichts wußten 
knuͤpft und theils in Konftantinopel, theils im Lager des Gre 
Endlich ſchloß der öftreich. General, Graf v. Neipperg, auf ein 
den 1. Sept. 1739 einen Präliminarvertrag ab, deſſen Gara 
Vermittler übernahm, und nad) welchem Belgrad, obgleich es 
digungszuftande war, den Türken übergeben wurde. Hierauf 
auch den für die Pforte aͤußerſt vortheilhaften Definitivtractat 

mit ſtreich als mit Rußland den 18. Sept. 1739 zu Stande 
den Iegtern als Bevollmaͤchtigter der ruſſiſchen Kaiferin, ohn 
zum Abfchluffe des Friedens mit der Pforte bevollmächtigte Feld 
darum wußte. — 20) In dem Kriege Rußlands mit der Pfort 
wurde zu Fockſchany in der Moldau im Aug. 1772 ein Congreß 
thrtifhen Bevollmächtigten gehalten, bei welchem auch ein öfr 
Minifter erfchienen; allein Katharina erfannte fie nicht als Wer 
erfuhren bloß ingeheim von dem türkifchen Gefandten ben Gan 
gen. Diefer Congreß ging aber bald auseinander; auch ein zt 
ſich im Oct. 1772 zu Buchareſt verſammelte, wo jene beiden 2] 
Taffen wurden, Löfte ſich ohne Erfolg, wahrſcheinlich durch Fran 
den Divan, ſchon im Mär; 1773 auf. Enblich ſah ſich der vo 
ſchnittene Großvezier genöthigt, ohne weitere Unterhandlung, au 
Feldherrn, Grafen von Rumanzoff, gemachten Bebingungen, 

terzeichnen in dem Zelte des rufſiſchen Feldherrn zu Kutſchuk⸗ 
Juli 1774. — 21) In dem ruſſiſch⸗oͤſtreich Kriege mit der Pfi 
tehnte Katharina ebenfalls jede Vermittlung ab; alein ſtreic 
men, und es verfammelte ſich im Juni 1790 ein Congreß 51 
Graf Herzberg im Namen Preußens mit Sſtreich unterhandelt 
aud Polen, Großbritannien und bie Generalſtaaten Theil nc 
Krieg mit Preußen zu vermeiden, entſchloß ſich Öftreich, das UL 
Cabinets anıumehmen; fo kam die reihenbacher Convention 


Congreſſe feit 1814 . 815 


‚von Erfurt, von ruffifchen und türkifchen Miniſtern ein Congreß zu Safly im 
‚1809 gehalten, wo die Soderungen Rußlands aber die Pforte bervogen, bie 
chendiungen bald abzubrechen. Endlich mußte bie Pforte fich entfchliegen um 
wa zu bitten, und es verfammelte ſich ein Congreß zu Buchareft im Dec. 1811, 
buch Großbritanniens und Schwedens Vermittlung, ungeachtet ber franz. 
win feinen Bimbniffen mit Eſtreich und Preußen, im März 1812, die Inter 
tder Befigungen ber Pforte ftipulirt hatte, der Friede am 28. Mai 1812 In 
Den Augenbtide zu Stande kam, ale Napoleons Heere im Begriff waren, in 
anb einzubringen. 
U. Bon 1814 bis jest. Nachdem während des großen Kampfes des ver: 
ten Europa mit Napoleon der Congreß zu Prag 1813, und der Congreß zu 
äüllon (f.d.) im Februar und März 1814 erfolglos auseinander gegangen 
and der parifer Friede vom 30. Mai 1814 eine neue Ordnung ber europdis 
Seaatenverhaͤltniſſe herbeigefuͤhrt hatte, ſo wurde in dieſem Friedenstractate 
mt, daß ein allgemeiner Congreß zu Mien die Verfügungen deffelben vers 
digen follte. 1) Wiener Congref (f.d.). — 2) Congreß zu Paris. 
Beundfäge und Befchlüffe des wiener Congreſſes erhielten ihre weitere Befe⸗ 
a me ne zuerft in den Gonferenzen der Minifter Öſtreichs, Groß⸗ 
wies, Preußens und Rußlands mit dem franz. Minifter, Herzog v. Riche⸗ 
Paris , welche den Abfchluß des parifer Tractats vom 20. Nov. 1815 
Hee hatten, nachdem die Territorialverhältniffe mehrer deutfcher Fürften bes 
wech das parifer Protokoll der Bevollmächtigten der vier verbündeten Mächte 
L. Mov., in Bezug auf Frankreichs Abtretungen und auf das Vertheidigungs: 
des baatſchen Bundes, neue Beſtimmungen erhalten hatten, und die Art der 
kation dee wiener Congreßacte und des Beitritts ber einzelnen Mächte zu der⸗ 
ſeſtgeſezgt worden war. Außer diefem Huupttractate wurden auf dem Con⸗ 
zu Paris noch mehre andre Befchlüffe von den vier alllirtten Mächten gefaßt, 
bie Convention vom 2. Aug. 1815, die Bewachung Napoleons betreffend, 
sfinitiotractat vom 5. Nov. 1815, welcher die ioniſchen Infeln als Verein. 
ter umter den außfchließenden Schug Großbritanniens ftellte; die Neutralis 
te br Schweiz vom 20. Nov. 1815, welche auch Frankreich mit unterzeichs 
Ver Allianztractat der vier Hauptmächte von bemfelben Tage, durch welchen 
b zur gemeinfchaftlichen Aufrechthaltung der neuen politifchen Ordnung ver: 
u und deßhalb Frankreich mit einer Armee einige Jahre lang befest hielten. 
dem Schluſſe des Congreſſes zu Paris wurden noch zwoͤlf befondere Verträge 
en verfchiedenen größern und Meinern Staaten unter fih 1816, 1817 und 
ı gefchloffen, welche theils die neue Ausgleichung der Zerritorialverhältniffe, 
Wie von Frankreich übernommenen Zahlungen, den Nüdfall Parmas an die 
Ye Infantin, Herzogin v. Lucca, und die Abfchaffung des Sklavenhandels 
a. — 3) Zu der Vollenyung des Werks der Monarchen fehlte noch die völlige 
kaung mit Frankreich durch die Zuruͤckziehung der engliſch⸗preußiſch⸗oͤſtrei⸗ 
ruſſiſch⸗ deutſchen Beſatzungsarmee von 150,000 Mann. Sie ward, nach 
hung ber von Frankreich uͤbernommenen Geldverpflichtungen, hauptſaͤchlich 
Wellington's Vermittelung, von den vier verbuͤndeten Maͤchten auf dem 
iſe zu Aachen beſchloſſen (im Det. und Nov. 1818), wovon der Eintritt 
reichs In den Bund der Hauptmächte die Folge war. Die fünf Mächte er: 
Hierauf zu Aachen die berühmte Declaration vom 15. Nov. 1820, welche, 
iſte des heiligen Bundes, die Srundfäge und Formen der Politik für die Zu: 
ausſprach, deren Zweck ein dauerhafter Sriebensftand fein fol. Doch gab 
Stourbdza’& (f.d.) befanntes „Mlemoire sur l’etat actuel de l’Alle- 
„ in Aachen die Veranlaſſung, daß hier und dort Miftrauen gegen die deut: 
hochſchulen und den dentſchen Volksgeiſt überhaupt entftand. Ungluͤcklicher⸗ 


816 Gongreffe feit 1814 


meiie wurde dieſes Mißtrauen durch einzelne Mißbräuche der Preßfreiheit 

Lie Ausiherrifungen einer ſchwaͤrmeriſch politifirenden Jugend, von w 

a:i$e Ianzlinge gu Frevelthaten ſich hinreißen ließen, bis zu eine 

Arsch gefieigert, was allgemeine ſtaatspolizeiliche Maßregein in € 
ze 5:::: harte. — 4) Diefe wurden befchloffen auf dem Congreſſe zu K 

we #4 im Auguft 1819 die Minifter von Oſtreich, Preußen (Graffl 
Bern, Hanover, Sachſen, Würtemberg, Baden, Sacyfen:Weimar, 
bir; md Nafſau verfammelten, um ſich unter dem Vorſitze bes Fürft 
am, æcdei Ht. von Gens das Protokoll führte, theils über die Ergänge 
unse Drzanifation Deutſchlands betreffenden Beſchluͤſſe des mwiene ( 
zheüid uber den gefährlichen moralifch-politifchen Zuſtand Deutſchlands 5 
Wes ñe beſchloſſen hatten, wurde am 20. Sept. deff. 3. auf dem Bun 
Kanu geſetzlich befannt gemacht, und es wurden hierauf.die deutſche 
emseann, nad) dem Sinne des monarchiſchen Principe eine angemeſ 
con: de 13. Art. der Bundesacte, die Einführung landſtaͤndiſcher 8 
wert, abzugeben. (S. Karlsbader Befhlüffe.) — 5) B 
aismmelte ſich, um die Organifation des deutfchen Bundes zu veroo 
25. Nov. 1819 ein Miniftercongreg zu Wien, der, unter bem | 
Srfen Metternich), aus den Abgeordneten von ſaͤmmtlichen deutſche 
Easten beftand, welche die Schlußacte der über Ausbildung und Befe 
tretihen Bunbes gehaltenen Conferenzen am 15. Mai 1820 zu Wie 
zen. (Abgedr. im „Polit. Journ.“, Juni und Zuli 1820, und vgl 
and.) Hatten diefe beiden Miniftercongreffe, inwiefern fie dem 
demokratiſcher Ideen entgegenarbeiteten, nur mittelbar das allgemein 
iritem von Europa berührt, fo betrafen dagegen bie ſeitdem gehaltenen S 
sengreffe zu Troppau, Laibach und Verona allgemein wichtige europäil 
senbeiten. — 6) Den Congreß zu Troppau (f.d.), welcher daſelbſt vi 
zum Dec. 1820 verfammelt war und hierauf, Meapels wegen, nad)! 
tegt wurde, ‚hatten zunaͤchſt die durch die flehenden Heere in Spanien 
und Neapel bewirkten Staatsveränderungen veranlaßt. — 7) Das au 
areß zu Zroppau beflimmte Recht der Einmifhung in die innern Ang 
benachbarter Staaten wurde auf dem 8. Congreffe zu Laibach (ſ.d 
das pofitive Völkerrecht der Continentalmächte diplomatifch aufgenom 
Beſchluͤſſe von Laibach, von wo aus die alliirten Mächte cine Declar 
Meapel erließen, hatten, als gütliche Mittel fruchtios blieben, die B 
Neapel, Sicilien und Piemont durch oͤſtr. Armeen zur Kolge, woburd 
den Königen aufgedrungene fpanifche Gonftitution abgefchafft, die alte 
besgeftellt und das monardjifche Princip befeſtigt wurde. (S. Neapol 
Revolution, Sicilien und Piemont.) Im Fall dies zu bewir 
nicht gelungen waͤre, wuͤrde eine ruſſiſche Armee von 80,000 Mann, I 
Marſch nad) Ungarn angetreten hatte, in Italien eingerüdt fein. 9 
Ruhe in Neapel und Piemont hergeftellt war, befchloffen die beiden 
Congreß zu Zaibach durch eine von den Miniftern Oftreich® , Preußens 
lands unterzeichnete Declaration vom 12. Mai 1821, in welcher fie erl 
Serechtigkeit und Uneigennügigkeit, toelche die Berathungen der Monı 
tet, jederzeit die Vorfchrift ihrer Politik fein wuͤrden. — 8) Allein fd 
Aufftand der Hellenen ausgebrochen ; bie dadurd) entflandene Spannu 
der Pforte und Rußland Eonnte durd) die Vermittlung des oͤſtr. und dei 
niſters in Konftantinopel nicht beigelegt twerden ; zugleich erregte der Zu 
niens und Portugals Beforgniffe für die Sicherheit der monarchiſchen 
und insbefondere für die Ruhe Frankreichs; endlich ſchienen die Ang. 
Stallgerming neue Organiſation der politifchen Verhaͤltniſſe der dortig 





N 


Gongreve (William) 817 


ren. Died Alles bewog tie beiden Kaijer, welche fdyon in Laibach einen Gons 
m Sept. 1822 zu Florenz zu halten beichloffen hatten, einen Congreß zu 
‚na (f.d.) zu verfammeln, welcher vom Dct. bis in den Dec. 1822 dauerte. 
: Hatte den Krieg Srankreich8 gegen Spanien (f.d.) 1823 zur Folge. Die 
dndigfte Erſcheinung auf dem Gongreffe zn Verona war, daß daß britifche 
Bhtum feit Sanning’s Eintritt in daffelbe einen von der Continentalpolitik 
enden Bang gewählt und durch den Herzog v. Wellington jedes gemaltfame 
eeiten in Spanien, wenn der König ungefährbet bliebe und Spanien feine 
tation nicht weiter zu verbreiten fuche, widerrathen hatte. Aber auch in 
ng der türkifchruffifchen und der türkifch:griechifchen Stage ging Englands 
E dahin, jede Ergreifung ber Waffen zu vermeiden. Werfen wir einen Ges 
Mit auf alle 40 Gongreffe, die feit dem wefifülifchen Frieden in Europa ge⸗ 
werden find, fo wird man nicht allein durch die fortgefchrittene Bildung der 
netifchen Kunſt überrafcht, indem wir kürzlich erlebten, daß ein oͤſtr. Inter⸗ 
26 in der Aubdienz bei dem Großweſir türkifch fprad) und ein Großweſir feinen 
ugeuß deutſch ausdruͤckte, während 1738 das oͤſtr. Cabinet nicht einmal den 
us des regierenden Sultans mußte, weil e8 ben 1730 abgefrgten Sultan 
Kanod) auf dem Throne zu fehen glaubte; fondern es bietet fid) auch die er⸗ 
fung dar, zu fehen, wie nach und nad) der Charakter ber europaͤl⸗ 
ie fich veredelt; wie die kleinlichen Intereſſen einfeitger Staatskunſt vor 
des allgemeinen Staatenſyſtems und des Friedens von Europa zuruͤck⸗ 
wa; wie die Monarchen felbft durch gegenfeitige Beſprechung den Gang der 
uablungen abkürzen und vereinfachen, und wie die erfien Staatsmaͤnner im⸗ 
Grundfas, daß die Siherheit ber Throne ebenfo ſehr durch das Hell 
Witer, als die Bölkerwohlfahrt durch die Deitigkeit des Kronenrechts und der 
berpflichten bedingt fei, als den wahren Angelpuntt aller Staatstunft vor 
a haben! *) K. 
Gongreve (William), einer der beffern bramatiichen Dichter ber Engläns 
Bammte aus einer alten Samilie in Staffordfhire. Nach f. Grabmale in der 
minflerabtei ward ev 1672 geb. Er felbft nannte fid) einen Engländer, ob 
eich Andre zu einem Irlaͤnder gemacht haben. Er wurde anfıngs auf der 
le zu Kilkenny, hierauf zu Dublinerzogen und, 16 J. alt, nad) London ges 
I um bie Rechte zu fiudiren, die er aber bald gegen die Dichtkunſt vertaufchte. 
eſtes dramatiſches Werk, die mit großem Beifall aufgenommene Komöbie: 
Leid Bachelor”, wurde 1693 aufgeführt. Sie verfchaffte ihm die Gunft 
nd Halifax, der ihn zu einem der Commissioners for licensing coaches xc, 
Be. „Ihe double dealer”, ein Luftfp., 1694, fand keine ausgezeichnete 
me. 1695 murde „Tove for love” gefpielt, ein Stüd, welches bie 
kungen der Menſchen treffender earſtellte, als die vorigen. Sein Zrauerfp.: 
mourning bride” (1697) gehört zu den beften Stüden der engl. Bühne 
ird noch jeßt gefpielt. Sein legtes Schaufp.: „Ihe way of the world”, 
richt, und dies veranlafte ihn zu dem Entfchluffe, in der Zuruͤckgezogenheit zu 
1710 gab er f. „Miscellaneous poems” heraus. Als die Whigs, denem . 
ben wur, 1713 emporfamen, ward er Secretary for Jamaica, ein Poften, 
a jährlich 1200 Pfund einteug. Wie fehr er gefhägt wurde, ſieht man u. &. 
I, daß Pope ihm f. „Iliade“ zueignete. C. ſtarb zu London 1729. Als 
fpieldichter war er originell. Seine Charaktere find gluͤcklich gewählt, aber 
kmamer der Natur getreu nachgebildet. Er war für das Drama geboren; 
ine Kräfte verließen ihn, wenn er in eine andre Sphäre trat. Seine Werke 


luch in Amerika fcheint ſich gegenwärtig, feit den Conareffe zu Panama (f.d.), 
der Kern eines voͤlkerrechtlichen Staatenſyſtems zu bilden, 


w.stes. Siebente Aufl. Bb. IL. 52 






Rand nierrfäht. (©. Raketen.) Aug ſiehe C. an der Epig 
beleuchtungögefelfcyaft, welche ſich 1824 bildete, um in mehren en 
ftädten die Gasbeleuchtung einzuführen. 

Gonjugation und Eonjunction, f. Verbum 
Lehre. — Conijunction in der Afttonomie, f. Afpecte 

Gonnetable, Comes stabuli, Befehlshaber der Reiter 
unter ben roͤmiſchen Kaiſern übliche Würde ging auch in die frän 
über, und nachdem der Major domus König getvorden war, wurdı 
buli der erfle Rrons und Reichöbeamte, der oberfte Befehishaber 
der oberfte Richter in Mitttairangelegenheiten. Unter den legten ! 
Haufe Valois gab dieſe Würde ihrem Inhaber ein fo großes pol 
dag Ludwig XII. fie nad) dem Tode des Connetable be Lesdigui 
befegte und 1627 durch ein Edict gänzlidy aufhob. Napoleon fle 
als eins der Erzämter des Reichs; fie verſchwand mit ihm. 

Gönobit, f. Inahoret und Kiöfter. 

Conrad (Friedrich Wiihelm), geb. zu Delft 1769, ſta 
neraladminiſtratot des nieberländ. Wafferſtaats (Deichweſens). 
dieſem Wirkungskreiſe, der in einem dem Meere abgemonnener 
von dem losgebundenen Elemente ſtets feinen theilweifen Untergar 
von außerorbentlicher Wichtigkeit iſt, bleibende Werbienfte erw: 
und Freund des berühmten Brünings (f.d.), folgte er ihm ı 
(1805) in bem Amte eines Generalinfpector6 des Deichweſens i 
land; im folg. I. wurde er zugleich Generalinfpector des ganzı 
Die dem Rheinftrome durch den tatwycker Canal mit feinen große 
bergegebene Mündung in die Nordſee ift fein Wert und wird feir 
ersigen. Außer mehren Abhandlungen ſchrieb er eine Biographie 
fahren Bruͤnings, welche indeß noch nicht gerudt iſt. ©. fand, 
derländifche Deichbeamte, den frühen Tod in f. Berufe, welcher b 
und Wafferbauten große und unvermeidliche Anſtrengungen mit fi 

Conradin von Schwaben, ber legte Sprößligg de 
hauſes der Hohenftaufen (f.d.), Sohn Konrads IV., Enkel Kati 


Conring Conſalvi 819 


Freunbe gefangen. Der gefuͤhlloſe Karl gab nun, mit Bewilligung b+6 
#, 1268, den 25. Det. auf dem Marktplage zu Neapel das empörenbe 
fiel, den A6jdhr. Juͤngling, nebft feinem Freunde Friedrich, enthaupten 
. Gontadin flarb mit bewundernswuͤrdiger Standhaftigkeit, nachbem er 
BVerwandten, Peter v. Aragonien, zum Erben des ihm geraubten Reichs 
nt hatte, der auch wirklich 1282 Sicitien erhielt, als die ficilianiſche Veſper 
u. Gewalt ein Ende gemacht hatte. Wir befigen, muthmaßlich von Gon- 
noch ein deutfches Minnelied (die Liebe zur Poefie und deutfchen Sprache 
von ſ. Großvater, Friedrich II. geerbt —), das unter dem Namen König 
8 des jungen das zweite in der Maneffiihen Sammlung von Minnefäns 
und ſich ſchließt: „Mich laͤßt die Liebe ſehr entgelten, daß ich der Sabre bin 
de. (©. die tweffliche „Sefchichte der Hohenftaufen und ihrer Zeit”, von 
v. Raumer, 6 Bde., Lpz. 1825.) 
zonring (Hermann), einer der größten Gelehrten feiner Zeit, geb. zu 
in Oftfriesiand 1606, fludirte, nachdem er in früher Jugend die Peft 
nden hatte, zu Helmſtaͤdt und Leiden vornehmlid, Theologke und Medicin, 
1632 zu Heimftädt Prof. der Phitofophie, 1636 D. und Prof. der Mebicin, 
eb hier mit mandyerlei Ehrenbezeigungen und Ziteln bis an f. Tod 1681. 
wste faſt in allen Wiſſenſchaften einen ſolchen Ruhm, daß er nicht nur 1649 
Pürftin zu Oſtfriesland und 1650 von ber Königin Chrifline von Schwes 
HRelbarzt berufen wurde, fondern aud) 1664 eine Penfion von Ludwig XIV, 
Idee Selge den Titel eines Rathes von dem Könige von Dinemarf und 
ben und dem Kurf. von der Pfalz erhielt. Sein Landesherr vermehrte hler⸗ 
nen Gehalt und ernannte ihn zum Prof. ber Nechte ; auch ber deutſche Kal⸗ 
‚ed nicht an Aufmunterungen für ihn fehlen. Weit und breit fuchte man 
lath in den wichtigften Reichs⸗ und Staatsfahen. Das größte Verdienft 
ver ſich um die Geſchichte des deutfchen Reichs und um das beutfche Staates 
ia welchem lebtern er eine neue Bahn brach. Er fchrieb zwar ſelbſt weder 
Men noch Eompentium, aber defto mehr Abhandlımgen über einzelne Ges 
de, die Andern zum Muſter dienen konnten, und groß war die Zahl der gen 
Schüler, die er zog. — ine vollftänd. Ausg. ſ. Werke, zugleich mit f. 
beſchreibung, wurde 1730 zu Braunſchweig in 6 Bdn., Fol, von Göbel 
k- Sie enthalten politifche, hiſtoriſche, phyfikalifche, medicinifche, philoſo⸗ 
juriſtiſche ıc. Schriften, Briefe und Gedichte. 
Bonfalvi (Ercole), Gardinal und berühmter Staatsmann, geb. 1757 
kanelia, ftudirte Theologie und Politi€ und verband damit Muſik und Lite⸗ 
Seine oͤffentlich ausgefprochenen Grundſaͤtze über bie franz. Revolution 
ww ihm die Gunſt der Zanten Ludwigs XVI. und durch diefe die Stelle ale 
Eder Rota. In dieſer Eigenfchaft war er beauftragt, auf die Anhänger ber 
fen in Rom ein wachfames Auge zu haben, was er mit großer Strenge that. 
og ihm 1798 beim Einfall ber Scanzofen Gefangenfhaft und Verbannung 
8 Secretair des Sarbinals Chiaramonti wurde er bei deffen Erhebung zum 
(Pius VIL.) einer ber eriten Cardinaͤle und bald hernach Staatsfectetair. 
es, der mit Napoleon das berühmte Concordat abfchloß und zu Paris unter« 
e, wo er durch feine Schönheit, feinen Anftand und feine Kenntniffe gleiches 
m erregte. 1806 trat der Cardinal Caſoni de Sarzana an feine Stelle ats 
ſecretair; und er lebte, wie fein Gebieter, eine Art von Privatleben bie 1814, 
48 päpfit. Geſandter beim Congreß zu Wien die Zuruͤckgabe des Marken und 
nen erwirkte. 1815 wohnte er in derfelben Eigenfchaft allen Unterhand» 
mit Frankreich bei, während er zu gleicher Zeit mit großer Thaͤtigkeit an der 
Verfaſſung der paͤpſtl. Staaten arbeitete und das berühmte Edict: „Motu 
o', 1816, bierüber entwarf und mitunterzeichnete. Er fand dann bie. 
52 * 


volk (6666 M. eine Legion) , zwei für jeden Conſul, und zu jede 
Neiterei ausgehoben, Der Conful, der zu den Zeiten der Repı 
* Anffıheer des Heeres war, Bündigte in jedem Jahre, nachdem 
Eegionstribunen) gewählt waren, durch ein Ausfchreiben oder 
Auswahl oder Aushebung der Truppen an (milites cogere, co 
eonseribere), und dies iſt die eigentliche Conſcription. Alle d 
fäpige Bürger mußten fid bei Verluſt ihres Vermögens und de 
Marsfelde oder Capitol verfammeln und wurden hier nach il 
(Tribus und Genturien) in einer Orbnung, bie das Loos entf 
woranf die Oberſten aus jeber Abtheifung fo viele außtwählten, 
Dies dauerte, bis zur Zeit der roͤmiſchen Kaiſer ſtehende Heer 
diefe größtentheil6 in den Provinzen angeworben wurden. F 
dem ftehenben Heere in neuefter Zeit jene Einrichtung nachgeahm 
tion für Staatsgrumdgefe erklärt. Jeder franz. Bürger war 
und verpflichtet, als ſolcher vom 16. bis zum 40. Jahre dem 
Bis zum 60. J. gehörte er noch zur Nationafgarde. In jeden 
junge Mannſchaft, welche das beffimmte Alter erreicht hatte, ein 
bie Militairdiviſionen vertheilt. Eme Generalinfpection der 
Militairconſeription, weldyer ein Staatsminiſter als Genere 
war damit beauftragt. In mehren Staaten des Rheinbundes 
tichtung getroffen. Sie iſt aber feit Napoleons Sturz als ehı 
brauch, ben biefer bavon machte, verhaßt geworbene Einric, 
abgeſchafft oder anders geſtaltet worden, ohme daß jedoch Die Mei 
an fidh richtigen Grundfage der Allgemeinheit der Mititatepfli 
das Wefen der Gonfeription beruht und durch den allein dem 
entgegengewirkt und ber moraltfche Zuſtand ber Heere verbeffert 
gegangen wären. Nur in Dänemark blieb man bei dem altert 
fat, ale Staͤdte fuͤr militatefrel und, mit Ausnahme des Adels, dı 
ihrer Zamillen, alle auf dem Lande geborene Jugend für mil 
Regel zu erklären. Der Grund biefer eigenthüntichen Einrichtur 
von bee größern Mannökraft der Landjugend; fie veranlaft abeı 


Gonfequenz 821 


er Agnaten gültig. Im verfchiebenen Staaten muß zu jeber Verpfaͤndung 
Grundſtuͤks, wenigftens zur gerichtlichen, Conſens ber Obrigkeit ertheitt 
a, und dieſer muß ſogar für die Bezahlung der confentirten Foderungen 
Be Daher wird Conſens, Conſens buch für gleichbedeutend mit öffent» 
Sppothek und Oppothefenregifter gehalten. In andern Staaten (in Preus 
Brankreich) werden zwar die Hypothekenbuͤcher unter öffentlicher Autorität 
et; allein die Nothwendigkeit des Conſentirens findet nur ba flatt, wo das 
fe eines Lehnsherrn ober Agnaten eintritt. 37. 
onfequenz (a. d. Latein. von sequi, folgen), welches ſowol in ber taͤg⸗ 
Unterhaltung und in der philofophifhen Schulfprache, als auch in der jurls 
a Gefchäftsfprache vorkommt und deſſen Bedeutung, wenigftens bei dem 
aphiſchen Gebrauch, durch das deutfche Wort: Kolge, Folgerung ober Folge⸗ 
Heit, nicht beſtimmt und erfchöpfend ausgebrüdt werden kann. In ber 
‚ofophie bezeichnet Confequenz nicht nur diejenige Regelmaͤßigkeit im 
en, welche in ber völligen Einflimmung aller Grundfäge und der darauf bes 
wen Erkenntniſſe unter und mit einander befteht, fonbern auch diejenige Res 
Kigkeit im Handeln, bei welcher das gefammte Thun, jede einzelne Hand⸗ 
e und Danblung mit den. ald richtig angenommenen Örundfägen ober 
bes Handelns in Übereinflimmung ſteht. Es gibt alfo eine Conſequenz 
‚ Wiffen, Glauben und Handeln. Jene koͤnnte man die theoretifche, 
praktifche nennen. Wenn völlige Confequenz in dem Wiffen und Glaus 
hub Menſchen ſtattfindet, fo findet ſich in der Reihe der Säge, welche ihm 
Bir gelten, kein einziger, welcher mit einem andern von ihm angenommenen, 
wit dem oberften Grundſatz, aus welchem fie als Kolgerungen heroorgingen, 
Meripeuche flände. Gonfequenz in einem Spſteme oder wiffenfchaftlichen 
Weäude herrſcht dann, wenn alle einzelne Lehrfüge dieſes Syſtems aus einem 
ka Grundſatze natuͤrlich gefolgert, fich ergeben. Das Syftem und Derjenige, 
we.e6 aufftellte, tft in diefem Falle conſequent; im Gegentheil inconfequent. 
wfezueng zeigt ſich baher in ber Aufftellung und Annahme folder Saͤtze, von 
um einer dem andern widerfpricht, ober doch nicht einer aus dem andern, nach 
we Schlußart, folgt. Dft tritt der Hall ein, daß ein Syſtem In allem feinen 
ken Sägen fehr confequent (folgerecht, wie Campe überfegt) fein kann; aber 
Mol auf einer falfchen Vorausfegung, auf einem unrichtigen Grunbfage, 
chem es gebaut ift, beruhe. Es ftürzt in diefem Falle, bei aller feiner Con⸗ 
Y, ſobald feine Grundlage erſchuͤttert, d. h. als ein unrichtiger Grundfag er» ' 
und erwielen wird, zufammen. — Sei der Confequenz im Denken, ober 
ws confeguienten Denken folgt jeder nachfolgende Sag unmittelbar aus dem 
gehenden. Alle einzelne Säge einer Gedankenreihe hängen wie die Glieder 
Rette an einander. Es findet keine Lücke, kein Sprung, ſonach auch ein 
ſpruch des nachfolgenden mit dem vorhergehenden flatt. Sulzer fah einft 
Knaben, neben welchem ein Auferft dürrer Hund ſchlich. Sulzer fragte: 
ommt es denn, daß der Hund fo dürre if. Knabe: Er frißt nichts. SG. 
ze frißt er denn nicht? K. Er kriegt nihtet S. Warum bekommt er 
üchts? K. Wir geben ihm nichts. S. Warum gebt ihr ihm denn nichts? 
zir haben nichts. Dieſe Anekdote gibt ein ganz einfaches Beiſpiel von Con⸗ 
15 in Frage und Antwort, oder in einer kutzen Gedankenreihe. Hler iſt kein 
begriff Überfprungen. Go glaubt der Verf. diefes Art. bei Bearbeitung 
un confequent zu verfahren, wenn er bei der Vorausfegung, Fein Philofoph 
Deofefjion werde das Wort Sonfequenz im Conv.⸗Lex. nachſchlagen, um ſich 
beffen Bedeutung zu beichren, den Sinn diefes Wortes in einer populalren 
che, Dusch allgemein verftändliche Beifpiele erläutert. — Conſequenzen 
en, beißt, aus Jemandes Behauptungen Saͤtze herleiten, die ſich daraus 










Vächerlich machen, von dem fagt man, er liebe bie Gonfequengmad 
bedient ſich aber auch ber wihige Kopf der Sonfequemgmadene, um 
urtheil / weiches durch Vernunftgruͤnde nicht zu einer beſſern 
wurden kann, zum Schwelgen zu bringen. — Confequenz i 
4-B. Derjenige, welcher, wenn er an keine Geſpenſter glaubt, ſich 
nen Gefpenftern fürchtet und alfo, wenn fein Beruf es fobert, 
nacht über einen Todtenader ohne Furcht geht. Inconſequen 
verrathen, der die Möglicjkeit dee Gefpenfter mit Wernunftgriu 
ohne Zucht und Grauen des Nachts Uber keinen Todtenacker gel 
diefe Inconfequenz hat vielleicht in unaustilgbaren fruͤhern 
Grund und ift daher nicht wie andre praktiſche Inconfeguenzer 
— Eonfequenz kommt in der juriftifhen Sprache gemeinig 
vor: jedoch ohne Conſequenz, bei gewilfen Verwilligungen, to 
gegemmoärtigen Fall gelten, ohne daß daraus bie Folge ihrer & 
ünftige Fälle gezogen werden bürfe. Wenn alfo 3.8. Jemar 
nachbar erlaubt, im einer Heuernte bei naffer Witterung feiı 
Wiefe nach „Haufe zu fahren, jedoch ohne Gonfequenz: fo barf 
eine Gerechtigkeit daraus machen, fein Heu auch in dem künfi 
folgenden Fahre über des Andern Wiefe zu fahren. 
Eonfervatorien, in Italien Muſikſchulen, welche d 
und in ihrer Reinheit erhalten folen. Sie find zum Theil | 
Stiftungen, auch ‚Hofpitäter, von reichen Prwatieuten unter 
linge erhalten freie Wohnung, Koft, Kleidung und Unterrid 
auch Penſionnairs auf, bie hier muſitaliſche Bildung erhalten ı 
Italien ben Unterricht in den Conſervatorien allem Privatuntert 
Neapel gab es fonft brei Gonfervatorten fuͤr Rnaben, in Venedig 
Das berühmtefte unter jenen war die Santa Marla Loreto, 15: 
Durante, Scarlatei und Porpora waren hier Lehrer geweſen, 
Zoglingen zählte «6 die berühmten Namen von Traetta, Piccin 
glielmi, Anfoffi, Pazfiello u.4. Gewoͤhnlich waren bis über 
8—10 Jahren im ‚Sonfervatorium Loreto; in ben andern etwa 


un. mn 


Gonfigniren Gonfiftorium 825° 


It. Aus biefen Confervatorien ift bie große Anzahl von Gomponiften, Sins 
und Sängerinnen hervorgegangen, welche ſich in ganz Europa verbreitet 
In Neapel find die Sonfervatorien auf eines reducirt, welches 1818 in 
ermalige Nonnenkloſter S. = Sebaftiano verfegt wurde und den Namen Real 
gio di musica erhielt. In Mailand wurde 1808 vom Vicekoͤnig ein neues 
wwatorium errichtet, deſſen Direction Aftoli erhielt. Es hat 14 Profefloren 
w Zoͤglinge. In Frankreich trieb man bis zu bem Zeitpunkte, wo die italle⸗ 
und deutfche Mufit durch Piccini, Sachini, Gluck und andre große Mel⸗ 
stonnt wurde, bie Muſik wenig. Segt fühlte man, dag man erſt Sänger 
muͤſſe. Die Oper legte alfo eine Mufitfchule an und 1784 ward fie zur 
» royale de chant et de declamation erhoben. Indeſſen entwidelte ſich 
Anſtalt erſt in der Revolution zu größerer Bedeutung. Man fühlte das Be⸗ 
ijj 13 Armeen mit Inftrumentatmufilern zu verforgen, und im Rev. 1793 
frte der Gonvent die Errichtung eine® Institut ngtionalde musique. Spaͤter⸗ 
1795, erhielt es eine fchließliche Einrichtung und den Namen Conserratoire. 
te für beide Gefchlechter dienen; 600 Zögtinge follten aus allen Departe⸗ 
bbazu geroählt werben und 115 Lehrer wurden dabei angeftellt. Die Aus⸗ 
den auf 230,000 Fr. feftgefest, 1802 aber auf 100,000 Fr., folglich 
Me Zahl der Lehrer und Zöglinge befchränkt. Der Unterricht theilte ſich in 
Mufit und den für Deciamation zur Bildung für das Theater. Es find 
wieiben immer die ausgegeichnetiten Lehrer angeflellt gewefen, unter denen 
ker nur Goſſec, Mehul, Garat, Choron und Chrrubini nennen wollen. 
finez Errichtung hat ed bereits über 2000 Muſiker, Sänger und Saͤn⸗ 
wem gebildet. Zugleich iſt das Conservatoire in Paris der Vereinigungs⸗ 
: für alle Muſikliebhaber. Die öffentlichen Übungen der Zöglinge find die 
möhen Goncerte in Paris. Insbeſondere iſt die Ausführung der Sympho⸗ 
mübertrefflich. Auch bat es faft für alle Faͤcher Elementarbücher oder foges 
e Methoden herausgegeben, die in ganz Europa befannt und eingeführt find. 
re bedeutende Anftalten diefed Namens haben Wien und Prag. 
Gonfigniren, verffegeln, dann aufzeichnen, verzeichnen. In der 
ung insbefondere: Waaren an Jemand in Commiſſion zum Verkauf ſchicken, 
m der Abfender gemeiniglich zwei Drittel ober doch die Hälfte des Gelb⸗ 
in Wechfel, in zroei bie drei Monate Zeit zahlbar, auf Denjenigen entnimmt, 
die Waaren confignirt worden find, der dagegen auch die Affecuranz der 
en gewoͤhnlich und in der Regel zu beforgen pflegt, damit das Geſchaͤft für 
ı fo ficherer und einträglicher ift. So confignirt der Köntgeberger Getreide, 
seritaner Taback, Neis, Hiute, der Sachſe Wolle auf die Märkte nach 
bam, Hamburg und Eonden, als die vorzuͤglichſten Stapelpläte bes Con⸗ 
handels und englifchen Verkehrs, 
'onsilium abeundi (der Rath, ſich zu entfernen), ift auf ben 
täten eine mildere Art der Melegation, welche den auf diefe Weiſe Ders 
n nicht hindert, auf einer andern Univerfität feine Studien fortzufegen und 
ıpt feine bürgerliche Ehre nicht verlegt, da fie nicht twegen wirklidyer Vers 
, fondern nur jugendlicher Unbefonnenhelten und Ungebührlichkeiten wegen 
t zu werben pflegt. 
‚onfiftorium, eine von dem Landeöheren ober einer kirchlichen Ges 
angeordnete Behörde, welche bie der Kirche zuftändigen Rechte, in Anfes 
iner oder mebrer Kirchen eines Landbezirks oder Ortes, ausübt. Der 
ſchreibt ſich aus den Zeiten ber römifchen Kaifer, befonders Kaifer Hadrians 
3 n. Chr.) ber; diefe hatten ſtets ein Collegium von Raͤthen (Consistoriani) 
‚ weiche beiſammen fein (consistere) mußten, um über diejenigen Sachen 
zu fprechen, welche unmittelbar vor den Kaifer famen. Das Codegium 


824 Consolato del mare | Conſonanʒ 


hieß: Consistorium sacrum, ober Consistorium principum, AH m 
nach die Hierarchie (f. d.) durch bie ben Biſchoͤfen ertheilte Gericht 
in geiftlichen Sachen eingeleitet wurde, richteten diefe ihre geiftlicde Regler 
der Korm der weltlichen und unter gleicher Benennung ein, unb ebenfoi 
auch in proteftantifchen Ländern nach ber Reformation Gonfifiorien ey 
Sie find jebody nur da gemöhnlich,, wo dem Landeöheren, oder auch einer eu 
Stadt oder Herrfchaft die Regierung über die Kirche gehört; hingegen mn 
wo der Magiſtrat allein dieſe Negierung ausübt, bie kirchlichen Angelege 
ebenfo, wie andre weltliche Rechtsſachen, in den Verſammlungen des Ma 
entfchieden. Die Gonfiftorien find entweder: 1) Landesconſiſtorien, we 
wiſſe beftimmte Rechte der kirchlichen Gewalt Über die Kirchen eines befi 
Landesbezirks ausühen, und von dem Landeöheren, oder wenn ber Landet 
zu einer andern Religion befennt, nad) der Landesverfaffung von feinm ä 
in feinem Namen angeordnet werden; oder „2) mittelbare Confiflorim, 
von einzelnen Unterthanen, denen die Negierung Über eine Kirche, vermig 
bexen Rechtes, gehört, angeorbnet werden. So gibt es in Deutfcland, | 
der fächfifchen Oberlaufig, Confiftorien, die von einer einzeinen Standeihe 
einer lanbesfäffigen Stadt, ja auch von einem bloßen Rittergutöbefige 
find. Diefe ſchreiben fid) noch aus den Zeiten der Reformation ber, wois 
Böhmen verbundenen Laufig die proteftantifchen oͤrtlichen Autoritäten, 
Baiferl. Majeftdtöbriefen einzelne Städte,. Standesherrfchaften und Rs 
befiger fich in den Befig des Rechts, dieſe Angelegenheiten und Rechte zumg 
fegten. In Anjehung der Perfonen, welche dem Conſiſtorium untermed 
kommt es auf die Landesverfaſſung, ober den Umfang ber den Conſiſteru 
henden Rechte an; bisweilen ftehen unter ihnen alle ein geiftliche® Amt bei 
Derfonen, deren Witwen und Kinder; ferner Diejenigen, welche Gi 
Grundſtuͤcke der Kirche befigen ; endlich alle weltliche Perfonen hoͤhern oder 
Standes, wenn ihre Angelegenheit eine eigentliche Confiftokialfache ift. } 
Conſiſtorialſachen gehören befonders : Ehefachen, Befegung der kirchliche 
Streitigkeiten über diefe, forte über Gottesäder und Begräbniffe, ferner’ 
ſicht über die geiftlichen Amtsverrichtungen, Öffentlichen Gottesdienft, Liu 
Kichengebräuhe, Stadt: und Landſchulen; endlich die Aufficht Uber a 
Kicchen und geiſtlichen Caſſen zuftändige Vermögen und ihre Grundflüd 
befondern Verſtande heißt Gonfiftorium das höchfte Staatscollegium am pi 
Dofe, in welchem die Cardinaͤle Sig und Stimme haben. Das oxbendi 
fiftorium verfammelt ſich wöchentlich ein Mal im päpftt. Palafte ; die auf 
lidyen und fogenannten geheimen Coniiftorien beruft der Papft nach des 
der Umflünde, die eine neue kirchliche Einrichtung bedürfen. Alle wichtige 
angelegenheiten, die Ernennung der Cardinaͤle, der Erz: und Biſchoͤfe 
in dieſem Gonfiftorium verhandelt. 

Consolato del mare, f. Handelsrecht und Seere 

Confole, in der Baukunſt, die an einer Wand angebrachte Heron 
worauf Etwas geftellt wird, z. B. Vorfprünge, worauf man Vüften u. 
Dan hat im Deutichen das Wort Kragſtein dafür. 

Gonfolidirte Fonds, f. Fonds. 

Confonanten, in der Sprachlehre, Mitlauter, d. h. ſolche Bu 
deren eigentlicher Laut oder Ton nur in Verbindung mit Vocalen oder € 
tern deutlich gehört werben kann. Dergleichen ſind: B, C, D, F, G u 

Conſonanz, in der Muſik ein Zuſammenklang von Tönen, der ı 
bar dem Ohre angenehm ift. Die vollommenften Conſonanzen find dir 
die Quinte und bie Quatte. (S. Accord und Intervall) Da 
gew en die muſikaliſchen Verhaͤltuiſſe an Suiten beobachtet hat, fo 





Conſtable 825 


se Gulzer, den Grund des Conſonirens aus dem Mitklange höherer Töne 
Grundtone derſelben hergeleitet. Es laͤßt ſich aber, nach Chladni, aus 
Eigenfchaften einer Saite, die nicht allen klingenden Körpern gemeinſchaft⸗ 
1, ſchlechterdings nichts für eine allgemeine Theorie der Töne erweiien. 
bee Grund des Gonfoniteng und Diffonirens liegt nach Chladni bloß in ber 
oder mindern Einfachheit der Tonverhiltniffe, welche das Gehör ebenfo, 
. Auge die Farbe, ohne Berechnung empfindet. Die Erfahrung aber lehrt, 
: in der Zahl 1 — 6 und deren Verkoppelungen unmittelbar ‘enthaltene 
Hiltniffe conſoniren, d. h. dem Gehör für fich angenchm find, eben weit fie 
achſten find. Ale übrige diffonicen, d. h. manche beleidigen das Gehör, 
ber, bie brauchbar find, befriedigen es nur durch Ubergang zu einem eins 
Tonverhaͤltniſſe. Wie überhaupt Einheit in dere Mannigfaltigkeit ums 
due, fage Chladni, fo findet auch das Gehör Wohlgefallen, theils an eins 
(oder confonirenden) Verhaͤltniſſen, theil weil diefe allein und für ſich zu 
Mannigfaltigkeit geben würden, auch an ſolchen, die weniger einfach (diffos 
And, wenn fie auf etwas Einfacheres Beziehung haben. ' 
lonftable, urfprünglidy verwandt mit dem franz. Connetable (f. b.). 
kan Sinne war der Lord High Constable, einer der oberften Krons und ° 
Bamten Englands, dem Connetable von Frankreich ganz glei. Allein ale 
ke normänniichen Eroberung alle Verhätmiffe Iehnrechtliche Kormen und 
Fbefamen, ging auch der alte Vorftcher der Gemeinde, der Boröholder, 
Iaber Borrows-Ealder, in einen Kriegsführer, Conſtable, über. Die Würbe 
Atenſtable von England war Ichnbar, zulegt in der Kamilie der Stafford, 
tvon Budingham, erloſch aber, als Eduard Stufford, Herz. v. B., unter 
VIII. des Hochverraths ſchuldig erklärt wurde. Der Gemeindeconftable 
Constable) hingegen bat ſich bis jegt erhalten; unter Eduard I. kamen 
erconftabtes (Iligh-Constables) hinzu, deren Geſchaͤft hauptſaͤchtich war, 
webewaffnung in Aufficht zu halten. Die Gefchäfte der Conſtables hat 
nDarftellung der innern Verwaltung Großbritanniens‘, S. 71—89) gut 
ndergefegt. Sie bilden einen wichtigen Ring in ber großen Kette der exe⸗ 
Gewalt und find keineswegs Gerichtödiener, fondern ale ehemalige Ges 
orſteher die unterften Vollziehungsbeamten des Staats. Sie haben eine 
ad feibftändige Amtsgewalt, vorzüglic in ſchleunigen Fällen Ruhe zu ſtif⸗ 
sbrecher auf feifcher That zu verhaften, wozu fie fidy durch ihr doppeltes 
hen, den langen Stab (einen Stad von Holz, 3—+ Fuß lang, 1! Zoll 
m mit dem koͤnigl. Wappen) und den kurzen Stab (vun Meffing, + Zoll 
best mit einer Heinen Krone) legitimiren. Außerdem find fie die Vollzieher 
ehle des Friedensrichters, ihres näcften Vorgeſetzten. Ihre Stellen find 
endlaͤnglich, fondern fie werden jährlich der Diegel nad) von den Gemeinden, 
ch vielfältig von dem gutsherrlihen Beamten, den Kirchenditeften, den 
Srichtern, nach dem Herkommen eines jeden Ortes gewählt, und es ift, da 
Beſoldung genießen, ein mitunter ſehr beſchwerlicher Reihendienſt. Wohle 
: (affen fi, wenn fie dazu gewählt werden, durch einen Deputy Conjtable 
n, für beffen Handlungen fie aber felbft verantwortlich bleiben, wenn ders 
icht förmlich als Conftable angenemmen und vereidet wird. Befreit find 
fem Dienfte mancherlei Beamte und Stände, 3. B. die Sachwalter, Ärzte, 
irzte, Prediger u. ſ. w., aber aud) Diejenigen, welche zur Belohnung für die 
hrung eines Straßentaͤubers, Falſchmuͤnzers u. dgl. (f. Blutgeld) einen 
sin von Kirchfpielsämtern (Tyburn-tickot, Balgenbillet) erhalten haben. 
m bie Conſtables felbft für die Ergreifung ſolcher Verbrecher bedeutende 
nen, 10-50 Pf., erhalten, fo find, zumal In ben größern Städten, Falle 
ymmen, daß fie erft die Verbrechen veranlaßt und dann die Thaͤter ergriffen 


au wur vie zwingen vejsyugery Yvı 200a zu Auujuie. AUERı 
guſtin Gonflant de Rebecque, verließ Frankreich 1605 und ging ı 
G.’s Vater ging 1791 nady Scankreich zurüc und flaxb 1812 al 
ſirter Franzoſe. Auf dem Garolinum zu Braunſchweig und ſpaͤ 
wiſſenfchaft ausgebitbet, trat er dort ſpaͤter in Hofdienſte, bie ih: 
denn er Iebte bald In Paris, bald im Waadtlande, biß er ſich ganz 
ſchloß. Zu Anfang der Revolution begab er ſich nach Paris, füh 
Rathe der Fuͤnfhundert bie Sache feiner durch die Widerrufun 
Nantes vertriebenen Landsleute und zeichnete ſich bald durch met 
Staats verfaſſung und Revolutionsgegenflände aus, während er | 
he und Eiteratur ftubirte. Stets wiberfegte er fic mit benifelbe 
folgerechtee Strenge der Anarchie wie dem Despotiemus. A 
3707 als Mitglied des Cerche constitutionnel durch dad Fer 
ex bereitete fich dadurch die Ernennung zum Tribun vor, in meld 
für Gleichheit der Bürger, für das Repräfentativfpftem und bie | 
Alles in Berorgung fegte, ſowie für bie Erhaltung der ordentlich 
bewirkte er vorzüglich, daß das Directorium 1797 ben Hin. vor 
Minifter der auswaͤrt. Angelegenheiten ernannte. Seine Redı 
hatten ihn bem erften Conſul gehäffig machen müffen; daher wu 
Tribunenwuͤrde entledigt. Gleiche Gefinnungen ſchloſſen ihn 

Stael an; mit ihr bereiſte er mehre Staaten, bis ihm Bonap⸗ 
Burze Zeit einige Mal nad) Paris zuruͤckzukehren. Endlich ging ı 
und befchäftigte ſich bort vorzuͤglich mit beutfcyer Literatur und « 
die Geſchichte der verſchledenen Arten bes Gotteödienfteh. Im( 
prinzen von Schweden erfchien er 1814 wieder zu Paris und je 
als einen muthigen Eiferer für bie Sache der Bourbons, befonbrrt 
durch heftige Artikel im „Journal des debats”. Dennoch) ließ · 
parte im April zum Staatsrath ernennen und arbeitete mit an der 
Maifeldes, melde er audy in mehren Schriften lebhaft vertheil 
Nückkehr des Könige ging er nach Bräffel. Im Nov. 1816 waı 
keht nach Paris geftatter; 1849 wählte man ihn zum Mitglied 
kammer. Als Redner iſt er der klarſte und beredtefte Sachwalte 


Gonftantia ° 827 


ı f. berühmten Flugſchrift: „Des motifs qui ont dietc le nouveau 
d sur les elcetions” (Par. 1820), betrachtete er das neue Gefep als 
der altadeligen Partei nicht nur uͤber die Liberalen, ſondern audy über 
e der Nation, über das Minifterium, über den König ſelbſt. Auch 
darin den Herzog Decazes und den Herzog von Richelieu mit ziemlich 
ven. In diefem Geifte, ber reich an Überblicken ift, bat er flets bie 
jeführt; allein fein Widerftand iſt, feit die Befege von 1822 über bie 
tzogenen Preßvergehen und uͤber die Polizei ber Journale Durchgegans 
r rauher und bitterer geworden. Gr und feine Freunde haben in ber 
mg öfter gar nicht mitgeflimmt, und bei jeder Gelegenheit ift Beni. 
n dem Gegenſtande der Verhandlung auf allgemeine Anklagen des gans 
3 der Verwaltung übergegangen. Unter ben Reben, in welchen ex bie 
gt bat, wenn der Ariſtokratismus mittelſt der neuen Geſetze den Sieg 
kapartei erringen follte, verdient die über bas SSostrnalpolizeigefeg (f. 
Bl.“, 1822, Nr. 69) bemerkt zu werben, fo auch feine Rede am 13. 
: bei Gelegenheit der Erörterung bes Budgeis (im Weſentlichen abge⸗ 
Bell. 51 zur „Allgem. Zeit.“, 1822), worin er das ganze Syſtem der 
angriff und fich gegen das beftchende Wahlgeſetz, die Diffionarien und 
rium überhaupt ftark erklärte. Klare Lebendigkeit im Styl, Phantafle 
enfchaftiiche Tiefe In fdyarfer Beobachtung, zeichnen f. Schriften vor 
ruͤhmlich aus, obgleich er fidy) oft dem Hange nady Declamation, Wis 
ugſchluͤſſen nicht entziehen kann. Schon 1796 erregte er durch feine 
Je la force du gouvernement actucl de la France ete.“ Aufmerk⸗ 
Yann folgten 1797: „Des reactions politiques”, und „Des effetz 
ır". 1800 ſchrieb er: „Suites de la contrc-rcevolution de 1660 
rre“. Geſchaͤtzt find folgende: „De l’esprit de conquete et de P’u- 
ans leurs rapports avce la civilisation europcenne” (1814); „Re- 
r les constitutions, la distribution des pouvoirs, et les garanties 
ıonarchie eonstitutionnelle” (1814); „De la liberte des brochu- 
nıphlets et des journaux, sous le rapport de I’interet du gourer- 
814); „Observations sur le discours prononee par S. E. le mi- 
interieur en faveur du projet de loi sur la liberte de la presse” 
de la responsabilito des ministres“ (1815); „Principes de poli- 
cables i tous les gouvernemens representatifs et particuliere- 
onstitution actuelle de la France” (15815); „Principen du droit 
15), und fein neueftes: „De la religion considerce dans sa source, 
et ses developpemens” (Paris 1824, 2 Bde). Außerdem hat er 
Wallenſtein“ für die franz. Bühne bearbeitet. Bei Ernennung ber 
24 warb er wieder zum Deputirten gewählt, und nach langem Wider: 
Eigenſchaft als franz. Bürger anerfunnt. — Ein Bruder Benjamins, 
tor Baron von Conftant de Rebecque, geb. zu Genf den 22, 
, Generallieutenanit in Eönigl. niederländ. Dienften, hatte bie 1792 
Armee gedient, dann feit 1793 unter dem Erbprinzen von Dranien, 
ig der Niederiande, bei den Heeren der Alliirten mitgefochten; hierauf 
> in britifche und 1798 in preuß. Dienfte getreten. Der König von 
annte ihn 1805 zum Gouverneur des Prinzen von Oranien, ben er 
md des Feldzugs in Spanien begleitete. 1814 fa. focht er in den 
7, mo er fich bei der Belagerung von Bergen⸗op⸗Zoom, bei Quatre⸗ 
Waterloo ausgezeichnet hat. 20. 
tantia, ein Landgut auf dem Gap (f. d.), wo der berühmte 
wächft, in einer falten, därcen Gegend. Mur an gewiffen Stels 
der Boden bie koͤſilichen Trauben; daher gibt es verſchiedene Ar⸗ 


828. Conſtantin Conſtitution (apoſtol.) 


Weins. Den beſten gewinnt ein Holländer, dem ber kleinſte 
gehört. 

GConftantin, f. Konftantin. 

Conftantinopel, f. Konftantinopel. 

Conftellation, ber jedesmalige Stand und das Verhältniß der 
gegen einander, auch mehre zu einem Sternbilde vereinigte Sterne. Die Ra 
fteller wollen aus der Sonftellation, unter welcher Jemand geboren iſt, feine ® 
und Lebenebauer u. f. w. vorausbeflimmen. (&. Sternbild und Aſtro 

Sonftitution, In der Medicin, die Vereinigung von mehren | 
heiten zu einem Ganzen, wodurch die Anlage zu gewiflen Krankheiten ed 
andre in ihrem Verlaufe und Ausgange mobificitt werden. Diefe Eiau 
befinden ſich theile innerhalb, theild außerhalb des individuellen Organidm 
man unterfcheidet bem gemäß bie individuelle und bie epibemifche, endensik 
ſtitution. Die Eigenthümlichkeit ber individuellen Conſtitution hat ibem 
in ber Exblichkeit, in Emflüffen, weiche während der Schiwangerfchaft ) 
Mutter auf den Foͤtus wirken, in dem verfchiebenen Lebensalter, Gel 
Temperamente und in folhen äußern Einflüffen, welche mit geringer Ja 
aber eine lange Zeit hindurch auf den Organismus einwirken. Gie gibt fi 
den Bau des ganzen Körpers, durch das Verhaͤltniß der einzelnen © 
einander in Hinficht auf Ihren Bau und ihre Verrichtung, burdy bie Fa 
andre Modificationen der Haut, durch den mehr oder weniger Iebhaßk 
und andre Veränderungen des Auges, durch die Neigung zu eigech 
Gemuͤthoſtimmungen, Leidenfchaften und Affecten und durch die größe 
eingere Lebhaftigkeit unb Kraft, mit weicher die verfchiebenen Sunctione 
gehen, auch in dem Auftande der Gefundheit ſchon kund, und muß ven! 
herrſchaft irgend eines Syſtems, des Inmpbatifchen, vendfen, arteri 
des Nervenſyſtems abgeleitet werden. Dem gemäß kann man die pm 
(ſtrofuloͤſe), vendfe (atrabilaire), arterielle (floride und robuſte), nervoͤſe 
diſche, pſychiſche) Gonftitution als Grund» und Elementarconſtitution 
ſcheiden, unter denen die robuſte bekanntlich als diejenige angeſehen wind 
dem Ideal der Geſundhelt am naͤchſten ſteht. — Die endemiſche Cm 
findet ihre urſaͤchlichen Verhaͤltniſſe in den oͤrtlichen Verhaͤltniſſen der Erb 
groͤßern oder geringern Feuchtigkeit oder Trockenheit, Waͤrme oder Kaͤlt 
zelnen Zonen, in der groͤßern ober geringern Höhe über der Meeresflaͤch 
den mannigfaltigen aber ausdauernden Effluvien, mweldhe dem Boden, 
an dem wir leben, entſtroͤmen. — Die epidemifche Conſtitution endlich 
ihren Uefprung den eigenthuͤmlichen Verhaͤltniſſen, welche auf die Erbe 
Menfchenkörper einwirden, den verfchiebenen Jahreszeiten, Winden, den 
wechfel, der täglichen Rotation der Erbe, ber Stufe von Körpers und G 
dung eine größern Vereines von Menfchen, den Schickſalen, welchen 
unterliegt, und überhaupt den Zeitereigniffen, welche auf einen ganzen Ui 
Menichen einwirken. — Die einzelne Krankheit iſt fehr haufig das Refu 
dieſer verfchiedenen Conftitutionen und noch obenein vieler zufällig und} 
den Einzelnen einwirkenden Umſtaͤnde, welche unter bem Namen ber Gela 
urfachen bekannt find. 

Conftitution, apoftolifche, eine Sammlung von Kirchengeſe 
faͤlſchlich dem roͤmiſchen Biſchof Clemens I, zugefchrieben worden fin 
ihren Inhalt den ſpaͤtern Urſprung verraͤty, vor dem &. Jahrh. ver 
Kirchenvater und zuerſt von Epiphanius als eine echte Arbeit der Apoflel a 
wird, obwol auch diefer Kirchenvater den Zweifel Vieler an ihrer Echtheit 
ſchweigt. Die trullaniſche Kirchenverſammlung 692 hielt fie nur theil 
OBEN era! fie wegen darin vorkommender Verfaͤlſchungen und Ö 


Gonftitutionen 829 


fheintich entſtand fie im 3. Jahrh. aus einer Miſchung öffentlich geltender 
won dem Sammler ſelbſt erfundener Regeln, ber ein Gegner ber Gnoſtiker 

Doc iſt immer noch ungemwiß, ja fogar zweifelhaft, ob die jegt vorhandene 
wiung, bie obigen Namen führt, biefelbe iſt, auf die fich die Sircjennhten 


m. 
Sonftitutionen. I. Als Tendenz der Zeit. Es gibt wol kein Wort, wel⸗ 
it allen Bemegungen dee neuern Zeit fo innig verwandt waͤre, ja beinahe für 
Erin ihren Charakter fo vollfommen umfaßte, als das Wort Conftitutlom, 
wol gibt e8 auch keins, über deſſen Sinn man fo wenig einverflanden märe, 
ine Theil barunter nichts als etwas ſchon Vorhandenes verftcht, der anbre 
In Schaffendes damit bezeichnet; der eine nur ba eine Conſtitution findet, 
we Reihe von Artikeln willkuͤrliche Beflimmungen über die verfchiebenen 
wider Öffentlichen Gewalt, ihre Bildung und ihre Grenzen aufftellt und mit 
umlichen Kormen der Notionalrepräfentation umgibt, während ein anbree 
gtet, die wahre Eonftitution fei über alle menfhlihe Willkür erhaben, fie 
rzall von felbft in der Art vorhanden, in welcher ein Volk der hat nadı bee 
It werbe, bemm biefe fei eben das Ergebnif der Geſchichte und Entwicklung 
‚ an welcher fich nicht ändern Laffe, ohne alle öffentliche Orbnung zw 
In diefer Berfcyiedenheit der Begriffe frricht ſich der Zwieſpalt aus, 
wor von jeher unter den Nationen geherefcht hat, aber jegt darum fchärfer 
bite, weil die Anhänger beider entgegenftchenden Anfichten ſich ſowol ber 
r und vornehmlich der geiftigen Kraft nad) gleicher geworden, find, 








zu gleicher Zeit feit den legten 30 Jahren der Zuftand der Voͤlker in bee 
der einen Seite druͤckender geworben ift, während fie felbft auf der andern 
rgegen allen Druck empfindlicher gervorden find. Sie empfinden daher einen 

en Drang, aus dem gegenwärtigen Zuftande heraussutreten und bie 
jven welcher fie die Abhuͤlfe ihrer Befchwerden erwarten, ftellt ſich ihnen jetzt 
Yun Namen der Conftitution dar. Dan hat in den neuern Zeiten, wo dieſes 
ben an Ausbzeitung ebenfo fehr als an innerer Stärke gewonnen hat, ben 
ich gemacht, daſſelbe fuͤr eine befondere Krankheit des Zeitalters, erzeugt theils 
ae allgemeine Verberben der Menichheit, theils durch kuͤnſtliche Mittel ein« 
Demagogen unb Kactionen , auszugeben, für emen Rauſch, weichen Irrleh⸗ 
ud geroinnfüchtige Boͤſewichter den Völkern und befonders der Jugend bei 
de haben. Dan bezeichnet Epochen, in welchen die Menſchen angefangen 
» füch zuerſt vom Gehorfam des Glaubens, und dann vom bürgerlichen Ges 
nloßzureißen, welchem fie fid) vormals willig hingegeben und von weichem 
kr mit einer gluͤcklichen Zufriedenheit belohnt worden fein. Man macht dies 
Beeißen von Eicchlicher und bürgerlicher Autorität zum Hauptmerkmal des Be⸗ 
ber Revolution (f. d.), und indem man bem Streben nad der Gonflitution 
h den Zweck unterfchiebt, bie beſtehende bürgerliche Autorität zu vernichten, 
admarkt man es von vom herein mit dem Fluche des Revolutionairen. Es iſt 
kejemigen, welche bie Wahrheit ertennen und lieben , nicht ſchwer, die Trug⸗ 
e zus finden, auf welchen eine ſolche Anficht beruht; aber das Traurige beider 
iſt, daß jene verkehrte Vorſtellung zugleich Maßregeln nach ſich zießt, welche, 
t das Übel zu mildern und abzumenden, e8 vielmehr noch vergrößern und feine 
gen befchleunigen. Es ift zuvoͤrderſt nicht wahr, daß das Streben nach 
derung und nach einem volllommenern Zuflande eine befondere Krankheit 
it ſei. So lange es Menſchen auf der Erbe gegeben bat, find fie auch von 
Befühl bewegt worden, daß die Unvollfommenheiten, mit welchen fie impfen, 
snbeilbar feien, und fie haben niemals die Erfenntniß jener Unvollkommen⸗ 
am verloren, noch die Verfuche aufgegeben, das Beſſere zu erringen. Die 
fe der geiftlichen Macht gegen die weltliche, der Städte gegen den Adel, des 


% 


= Ser;zitutioneng 
= :=, des Landvolks gegen bie Ritterſchaft, der Sa 


— ren - we: 2 Schweizer und Niederländer gegen die willlicũ 
u — nz Fame famnıtlid aus Einer Quelle, fo verfäise| 
a, „ren Ts liegt ein unvertilgbarer Trieb nadı Geſchil 
= = ‚zeier fih gegen alle menfdlid) = willkuͤrliche Oay 
"2. ze ii betaͤuben, befonders durch die Opiate einer fig 
. zn m Leben kaum einen andern Werth laͤßt als Ci 
2 Drsterste in einem kuͤnftigen ewigen Taumil von &ufm 
u st ich befriedigen, wenn das Streben nach Gerechtigin 
en zamen Macht fichtber iſt; er läßt fih aber, wenn m em 
oo. useim erwacht ift, durch bloße Gewalt nicht wieder auket 
— us er einem jeden Volke, wenn es in feiner Entwidtug | 
cm m Recht und Wahıheit für höhere Güter erkennt als Ye | 
— een Luſt. Das Verlangen nach Conftituticnen it fell 
2 m endern ein Beweis von geiſtiger Gejundbeit der Völker. EI 
one.» :ztmubr, daß das Streben nad) Conftitutionen mit dem Lau 
nt Alle Völker, weiche dergleichen Wuͤnſche an den Zug ge 
new de zufrieden fein, wenn man ihnen diejenigen nationellen Zee 
Aumili Rtionellen Snflitutionen zuruͤckgaͤbe, welche fie in frühen, g 
near entfernten Zeiten unleugbar bejeffen haben, oder aus fäch 
ur „Suterherfkcllung deralten freien Gemeindeverfaſſung, weldeieiung 
it rrmuniicher Volksverfaffung ausmachte, nur diejenigen Grumitebe 
u Side ſich aus der Natur des Staats von felbft ergeben. DAM 
wie are nem Trajan kaum eine Sicherheit gegen einen Commodus wriug 
uni a Jncege hätte, denn gerade die beſte Regierung gibt, indem fir denag 
run VStderſtand entwaffnet, einer darauf folgenden bie Mittel recht Fü 
ru Das conflitutionelle Streben ift aber nur dann ein naturgemäfed, we 
a Surf deſchraͤnkt, die in dem Volke bereits herrſchenden Begriffe von Kell 
mundi:er gegenfeitiger Anerkennung zu befeftigen, die vorhandenen Fafitı 
ca a Haruntien für die allgemeine rechtliche Eicherheit zu benutzen und diejen 
wernsen Sreibeiten zu gewinnen, welche theild überhaupt dem vernumfl 
Kenann unentbehrlich find, theild gerade nach der befondern Lage des Werkrd M 
‚na aum wünfchensiwertheften erſcheinen. Daher find auch immer diejenigen bi 
nunenen die folgenceichflen gewefen, welche nur wenigen befondern Becach 
udach abhalfen, einzelne beftimmte Freiheiten und Garantien gewähten, 
mi datauf ausgingen, den ganzen Öffentlichen Zuftand eines Volkes ganzmm 
ileiten. Außerdem, daß bie Ichten es kaum vermeiden können, eine May! 
NRuhmmungen aufsunehmen, melde dem Sinne des Volks fremd find uud Mi 
unge Wirkung fidy gar nicht berechnen läßt, koͤnnen fie niemals die entgezea 
exru sehler der Unvollſtaͤndigkeit und der Überfüllung vermeiden, wovon bei 
nn dan weitem ber gefährlichfte iſt. So haben die römifchen zwölf Zafein, ı 
Quaulation, deren Hauptzweck war, den Beinen Gutsbeſitzern gegen bie ge 
wywwenden Landesherren rechtliche Sicherheit zu verfchaffen, Sabrhumbdertz fed 
wat; fo haben die Sreiheitsbriefe K. Johanns und Heinrichs III. von Cugl 
dardh die einzige Beſtimmung gleichen Zweckes: Nullus liber honıo capiatar 
Weprisonetur aut disseisiatur de aliquo libero tenemento suo vel libertati 
vei liberis consuetudinibus suis aut utlagetur aut exulet aut ullo aliyse! 
wado Jdestruatur, nec super eum ibimus, nec super eum mittenus ni 


Igelgdedigium parium suorun: vel per legem terrae*), den Grund zu: 
* 


Mann ſoll ergriffen, oder ins Gefaͤngniß geworfen, eder feine 
iheiten cher Berechtigungen entſekt, davon vertrisben, oder font b 


—. 4 
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Gonflitutionen 831 


talfreipeiten Englands gelegt und aus beiben hat fich ein fo umfaffenbes Sy⸗ 
Rechts, aus ben 12 Tafeln fuͤr das Privatrecht, aus ben engliſchen Frei 
kefen für das öffentliche Recht entwickelt, daß fie, meit über die nationalen 
m binausceichend, auch für andre Völker und Zeiten brauchbar geworden 
Dagegen haben bis jest nur noch wenige von den Conftitutionen, welche ein 
Ddiges Syſtem bes Öffentlichen Rechts aufzuftellen fuchten, ein wahres Le⸗ 
» Weftehen erreicht, zumal da ein großer Theil von ihnen mehr in zufälligen 
Verhaͤltniſſen (mie die republikaniſchen Conftitutionen in Italien von 1796 
als in den Innern Bebürfniffen der Voͤlker gegründet war. Von folchen 
Rıngefoftemen kann man mit Recht fagen, baf fie nur einen Werth auf dem 
"haben, für das Leben der Völker aber an fich wenig bedeuten, und nur infos 
u Gehalt find, ale Das, was fie ausfprechen, ſchon in dem Geiſte des Vol⸗ 
wünbet ift. Defto unzeitiger aber ift die Verachtung, welche man zuweilen 
Mie urkundliche Befefligungen des öffentlichen Rechts mehr zur Schau gelegt 
Wii empfunden hat. Denn obgleich auch bei ihnen das Meifte auf den redli⸗ 
Bitten Derer ankommt, welche die Conftitution beobachten follen (zumal im 
‚ ehe die Inftitutionen ducch die Übung eine geroiffe ſelbſtaͤndige Kraft ges 
en), fo ift es doch fchon ein Großes, wenn man nur in einem ſolchen 
ögefege ein klares ausdruͤckliches Urtheil über Recht und Unrecht gewon⸗ 
ie größten Mißbriuche ber Öffentlichen Macht haben ihren Grund in der 
des Rechts, indem es ganz etwas Andres ift, eine offenbare Geſetzwi⸗ 
als eine im diefer Hinficht bloß zweidentige Handlung aufſichzunehmen. 
Nauch in diefer Beziehung das conftitutionelle Beftreben keineswegs ein 
WB Spiel mit theoretischen Seifenblafen, fondern der Zweck iſt etwas fehe 
und Praktiſches. Es kommt dabei nur drittens darauf an, ob es in ſich ein 
h Nothwendiges fei, und ſich in den rechtmäßigen Schranken halte. Die 
lbendigkeit iſt wiederum ſehr verſchieden zu beurtheilen, je nachdem die ſchon 
hdenen und geltenden Geſetze des öffentlichen Rechts bloß anerkannt werben 
ber zugleich In der Verfaſſung des Staats weſentliche Veränderungen beab⸗ 
werden. Das Erfte ift zu jeder Zeit nüglich,, befonder® wenn entiveber der 
abe der alten Verfaſſungsgeſetze durch den Gebraud) ſchon abgeändert ift und 
web Recht fchon gilt, als was gefchrieben fteht, oder Mißbräudye in der 
derwaltung den eigentlichen Sinn der Grundgefege ungewiß gemacht haben; 
ubig aber wird ed vornehmlich dann, wenn bie Mißbräuche ber Verwaltung 
ı hohen Grad erreichen, daß fie den Zweck felbft, die fittlihe Entwidlung 
Ber unter Geſetzen des Rechts zu vernichten drohen. Hierdurch werden nur 
henden Berfaffungsgefege von neuem anerkannt, hergeſtellt, beftätigt, aber 
formen derfelben find von Zeit zu Zeit unvermeidlich. Vollkommen ift feine 
ang, und kann keine fein, allein eine jede iſt einer ununterbrochenen Anna» 
pur Vollkommenheit ebenfo bebürftig als fühig. In keinem Zeitraume iſt 
mtliche Zuftand eines Volkes ganz von Ungerechtigleiten frei, und es ift ebenfo 
Pflicht der Staaten als ber Völker, die durch ihren natürlichen Rechtefinn 
n werden, jedes erkannte Unrecht abzuthun. Je aufrichtiger die Regierung 
Ucht erfüllt, jebod) mehr den im Volke herrfchenden Rechtöbegriffen nachge⸗ 
6 über diefeiben gebietend, deſto mehr wird fie ihre Macht im ihrer vernunft« 
n Bedeutung befeftigen ; hingegen durch ein raſches Eingreifen in das noch 
me des Volkes geltende Hecht, wenn ſolches auch vor dem Richterſtuhle dee 
Kritik nicht beſtehen koͤnnte, wird fie feibft Denen tyrannifch erfcheinen, zus 
dortheile fie zu wirken fucht. So ging es Joſeph I. mit feinen wohlgeme:n« 
ormen in den Niederlanden, wo Geiftiichkeit und Adel auch das Volk in ihr 
erden. Wir wollen nicht über ihn herfullen und an ihm keine Gavalt üben, als 
5 Richterfpruche feiner Standesgenoſſen oter ber Landesgeſetze. 22 









882 / Eonftitutionen | 


Intereſſe zus ziehen wußte, obgleich dieſes durch Die Verbeſſernng ber 
wen und andre Maßregeln nur gewinnen konnte. Außerbemaberfind nur! 
Grundſaͤtze des oͤffentl. Rechts unwandelbar und ewig wie die Gottheit, von 
den Menſchen ins Herz geſchrieben wurden. Alle organiſche Einrichtung: 
gerlichen Gefellfchaft, die Unterfchiede unb Rechte ber verſchiedenen © 
Gorporationen find nur unter der VBorausfegung gewiſſer Verhältniffe t 
lich möglich, theils fogar nothwendig. (Bol. Ariflofratismus.) I 
barften aber ift in dem Öffentlichen Recht der allgemeine Sat, daß ein 
fugniß nur aus einer Pflicht entfpringen kann, und wo feine Pflicht den 
Eein Recht möglich ift. Hallen daher jene Vorausſetzungen und Pflicht 
fo wird auch das auf fie gegründete, ihnen entfpredyende Recht aufbd 
nicht eine Ungerechtigkeit daraus entfliehen fol. Denm wenn man einma 
meine Dluttererde und ihre Gaben unwiderruflich unter Wenige hat ver 
fen, fo hat man dadurch zwifchen diefen und allen Denen, welche bei de 
leer außgingen und nun theils von ber Gnade ber Begünfligten lebten, 
bafüc ſich mit mehr oder weniger ſtrengen Verpflichtungen (Sklaverei, 
(haft, Zins⸗ und Frohnpflichtigkeit, Pachtarbeit, Zagelohn) zur Dienft 
geben follen, eine unverföhnlicye Feindſchaft geftifte. Die Beſitzenden 
Inhaber der Öffentlichen Macht, fie fchließen die Dienfibaren von den 
Angelegenheiten aus, während diefe ſich body zur Mehrzahl, allgemach 
lichen Volle erweitern. Es entfleht ein Krieg der Rechtloſen gegen Die, 
Gefeggebung an fidy geriffen haben und nur zur Erweiterung ihrer Ya 
Privilegien brauchen, oder mißbrauchen ; ein Krieg der Heimatlofen gege 
herren. Diefer Krleg bat fich unter allen Völkern entiponnen und, wir 
diſches Heuer. fortbrennenb, von Zeit zu Zeit heftige Ausbrüche erregt. 
denken an die biftorifche urfprüngliche Freiheit wird durch das tief im M 
gende Gefühl eines unzerſtoͤrlichen Rechts auf fittliche und aͤußere Se 
theils beftändig erneuert, theils erſetzt. Agrargefege, Sklayenempörm 
desgenoffenkriege, Bauernaufftände (Jaquerie und Bundfhub), Kam 
faffinen gegen die großen Landherren, bie Revolution in Frankceich, bi 
baren Gährungen in Irland, die Reformers in England und viele an 
nungen gleicher Bedeutung find nur verfhiebene Formen für die Wirb 
und derfelben Urkraft, des Streben, das verlorene Gleichgewicht win 
ten. Die Natur felbft bringt die Ungleichheiten hervor, aber fie flürzt b 
geftiegenen aud) durch das eigne Gewicht derielben wieder nieder. Es if 
in jenen Verhältniffen des herefchenden Befigthums zur dienjibaren Arn 
ner für beide Theile vortheilhaften Wechfelfeitigkeit des Schutzes für Die 
chen. Den Herren iſt es in der Geſammtheit nie eingefallen, ibre Mi 
Amt zu betrachten, welches ihnen mehr Pflichten aufgelegt ale Befugn 
hatte, und die Untergebenen haben immer fehr wohl gewußt, daß der Schu 
ihre eignen Kräfte geleiftet roird, daß eine freiere Gemeindeverfaffung 
gefhüst und zugleid, bewahrt haben würde, ihre Habe und ihr Leben ni 
fioften in Kämpfen aufzuopfern, in weldyen von allen möglidyen, nut ı 
rem eignen Vortheil bie Rede war. In die Hand der Regierung hat Go 
gelegt; ihr liegt es ob, das Gleichgewicht zu erhalten und vorzüglich b 
ben, daß ihr nicht fogar die Möglichkeit enteiffen werde, es wieder 
wenn es geflört wird. Sie gibt fidy diefer Gefahr am meiften bin, w 
einfeitig mit einem bevortechteten Theile des Volkes gegen bie Waffe verb 
doch die ftärkfte Kraft ift, fobald fie nur will; wenn fie in ber Nationa 
tion nur das grofie Grundeigenthum vertreten läßt und dadurch die gan 
bung dem Eigennug deffelben dienftbar madıt. Die Gefahr wird abrr m 
als Er in dem großen Kampf zwiſchen Befig und Entbehren, die ei 


Sonftitutionen 888 

Grundkraͤſten bes Sürgerlichen Eebens , und zwar gerade die pofitiue, leben: 
thätige mit ben Amgreifenden verbindet, oder doch ihren Abfichten zu Hälfe 
Eine henmende Kraft der Traͤgheit, eine vorwärtätrelbende der Bewe⸗ 
machen in wechleinder Wirkung das Leben der Staaten aus, wie im ber 
And. auseinander treibende und das in fich zuruͤckkehrende Princip mit einan» 
gen und aus ihrem Spiel alles Leben beſteht. In edeln Gemüthern find beibe 
mm Guten gewendet; die eine firebt nach bem Beſſern, die andre wehrt fich 
bad Schlechtere; irren koͤnnen beide. Aber in ſelbſtſuͤchtigen Menfchen wird 
æ Xheit fich im Genuß zu erhatten fuchen, wenn er auch unrechtmaͤßig If, 
bee ſelbſt den gerechten Befig nicht heilig halten. Die Natur felbft Bat bie 
begwiſchen Alter und Jugend verthellt; zu der geiftigen Erbſchaft, mit wel: 
Bingenb von der Vergangenheit ausgeftattet wird, bringt fie das warme Ge⸗ 
IE dae Beffere, den Muth der Unerfahrenheit und die Rothtvendigkeit mit, 
wiben, was bie Ältern fchon haben. Die Verſchwoͤrungen, von weichen man 
awnd ba erzählt, find, verglichen mit dem allgemeinen Strome, nichts mehr 
Meum , roelchen die hinabrolienden Wellen aufiwerfen ; Zeichen, nicht Urſa⸗ 
ung; nach den Umftänden nicht zu dulbenbe , aber wenig gefährliche 
Aber Alles, was die Menfchen vorwärts treibt, der Sinn für Wahrheit 
Erkenntniß der Dinge, ſowie der Sinn für Recht und die Erweiterung 
ft vereinigt ſich allerdings mit den in dem Wolke aufwachfenden Wuͤn⸗ 
neller Veränderungen, wie fich auf der andern Seite eigennügige und 
Dee Neuerungsſucht derfeiben bemächtigt. Diefer Wirkung wegen die Wiſ⸗ 
anzufeinden, zumal gerade die voichtigften fuͤr die Menſchen, die Unter: 
pen Aber die legten Gruͤnde von Pflicht und Recht, Hi ebenfo unzweckmaͤßig, 
w man einem Lande das Sonnenlicht durch große Tücher entziehen follte, 
& Etrahlen irgend auch einen Heinen Schaden geftiftet haben. Ebenfo irrig 
Furcht vor der Wiſſenſchaft iſt auch die Meinung, daß die conflitutionelle 
yy ſelbſt wenn fie mit dem Streben nad) Weränberungen verbunden if, ein 
bes Product des böfen Willens ſei. Sie iſt, wo fie wirklich vorhanden und 
„Bein weſenloſes Geſpenſt ift,, mit defien Erfcheinungen man Hohe zu fchre: 
zu senken fucht, ein natürliches Ergebniß ber Umftände, bei deffen Beur⸗ 
y- auch die moralifche Zurechnung faft ganz hinwegfaͤllt und nur die Frage 
ne, wie bie gerechten Anfoberungen der Zeit am ſchnellſten und gruͤndlichſten 
je werben könnten; dieumgerechten erledigen fich alsdann von felbft. Ge: 
heistionen ſchuͤtzen nur zeitige umd zeitgemäße Reformen. Aber fogar bei 
Hanen (die gewaltſamen und daher an und für ſich ſchon rechtswidrigen Xu: 
ns der conftitutionellen Zendenz) läßt fich, Infofern man ein ganzes Volk 
ſmiehe beffen große Mehrheit ats handelnd denkt, der Maßſtab einer rechtli⸗ 
b wmoralifchen Beurtheilung gar nicht anwenden. Diefer paßt nur auf bie 
hat des Einzelnen, und dieſe faͤllt mit Recht unter das beftehende Geſetz, 
e Ach aber barüber durch den gelungenen Erfolg erhebt , unter das höhere 
ber Befcyichte, welche über Waſhington bie jegt Bein Schuldig ausgeſpro⸗ 
6,:obwel er fein Unternehmen, wenn es vergeblich geblieben wäre, dem Ge: 
bäße haben würde. Aber die Summe ber Handlungen, weiche zu einer 
sion gehören, ann abermals nur als ein Ereigniß angefehen werden, welches 
„ inter den Befehen der natürlichen Nothwendigkeit flieht. Wenn der natur: 
 Entwidelung ber Völker bloß ein Damm entgegengefeßt wird, welcher bie 
ung hemmt, anflatt ihr einen geregelten Ablauf zw geftatten, fo muß bie 
et angehäuften Maſſe endlich größer werden, als die Kraft des Widerſtan⸗ 
Flann. Ein Zuſtand, welcher die herrfchenden Begriffe des Volkes verlegt, 
Ihe durch bloße Gewalt aufrecht gehalten werben. Daß aber bie conſtitutio⸗ 
edenz in einer folchen Lage wirkiich revolutionair wird, ift nicht ihre Schuld, r, 
tere Sichente Aufl. Wo. II. 58 















be Rrgel unterworfen. fein ia mölfe, deem m Degen im bee mittlen 
Volkes, In feinem religiöfen und rechtlichen Begriffen zu finden 
führt gu einer ferien ꝛeverſaſſung als Grundlage alles 
fodaß die Monarchie dadurch zwar keineswegs ausgeſchioſſen iR, 
maͤßigſte für größere Staaten bleibt, aber jene Regel, da 
Mecht, Über ſich erferinen muß. Denn es iſt nicht der Geſama 
Bußerungen eines auf zufällige Dinge geelcpteten Begehren 
fammstüberzeugung deſſelben von Dem, was rechtlich und fittlich: 
die Regierung, wie fie fein foll, gure Dicht nur iherb Handelns 
eifern einige neuere Pubticiften, z. B. Adam Mäler, Beiedr. ( 
gegen, daß Das, ‚ass ie bie bocanluhige Priatvermunft za 
jeiner Männer und Schulen, an die Steile jener mittiern @ 
werde, welche die Megel der Öffentlichen Gewalt abgeben ſol 
in der Anwendung zuweilen, daß auch der Minifter feibft nicht 
ner Mann, und daß feine individuelle Meinung als Privatvern 
nig Aber die allgemeine erheben darf, als die deb einzelnen Demi 
welcher für die feinige doc gemöhntich noch beſſere Brände bat. 
Einſicht, wodurch die Weifern des Voikes über die mittlere Wi 
vorragen, bringt nach vnd nach In das Beben ein Lab ih fi 
Einfict, von welcher das Handeln für die Gefammihelt, das 
werden muß. Jene —— Grundidee IR in allın Be 
ihee alte Rationalfreipett zu behaupten oder wieder zu erlangen, d 
Sie fuͤhrt zuwhrderſt zu einer Trennung ber gefeggebenden von | 
walt (davon bie ledte febr verfannt wird, wenn man fie ad bi 
walt zu einem Werkjeuge macht, da ihr Inhaber ſelbſi bie 
und dann weiter zur Abfondrrung ber richtertihen Gewalt vı 
welche als Beſchuͤderin der indivibuellen nen und —X r 
die Regierung und das Wolf tritt. Es find abet dies nicht drei in 
einandre volltommen unabhängige hoͤch ſte Sewalten, fandern v 
nem einer oberſten Staatsgewait, welche einander wedhfelfeiti, 
ſchraͤnken, und deren Thaͤtiakeit von einem Punkte, dem Denen! 


Gonftitutionelle Inſtitutionen 835 


T&ledenen Sunctionen derfelben, be verfchieden if. Auf ihm beruht die 
bung mehrer zu einem jeben Act der Öffentlichen Gewalt, woburch die indi⸗ 
en Triebfedern, weihe demſelben eine falſche Richtung geben koͤnnen, neu- 
t werden follen. Des Regent, gent, welche ſelbſt über alle perfönliche Verant⸗ 
in erhaben iſt, übt feine Gewalt durch verantwortliche Regierungtbeamte; 
MEmäble ſich Organe ber mittlern Geiſtesbildung, in den Gerichten wird 
Fi — Pruͤfung ein unabaͤnderliches formelles Recht hergeſtellt. Auf 
der Theilung beruht die collegiale Verfaſſung fuͤr alle Handlungen 
Gewalt, weiche nicht im bloßen Vollziehen beſtehen. Das britte 
Wehnciy des conflisutionellen Staats iſt das des verfaffungemäßigen Gehor- 
mit welchem bie eigne MWerantwortlicyleit der Staatsbeamten zuſammen⸗ 
Befehle, welche entweder der Korm oder ihrem Inhalte nach geſetzwidrig 
befolgt ein jeber nur auf feine eigne Verantwortung und Gefahr. Es iſt un: 
die Derantwortlichleit auf die oberften Regierungebeamten zu beſchraͤnken; 
, wenn fie ihre Wirkung thun ſoll, wie in England, von den anterfien Be: 
ufangen unb bis zu ben hoͤchſten fortſchreiten. 
L Gonfitutionelle Inftitutionen. Als Mittel, die uficnti 
Neen im Leben einzuführen, haben die Völker die mannigfaltig: 
men verfucht. Der Kirche iſt es zu Zeiten gelungen, dem Geifligen die 
* Tr die ebnifee Saft m uff , und wie verwerflich auch mitun« 
Die Zwecke als ber Theokratie gewefen fein mögen , fo iſt body 
hei ber Anfang em Ordnung von ihr ausgegangen. Allein fie iſt 
Dauer ber weltlichen Macht nicht gewuchfen, und verliert, wenn fie ihren 
durch äußere Vorzüge, durch Mei und weltliche veerſchaft zu ver⸗ 
ſacht, den beſten Teil ihres eigenthämlichen hoͤhern Standpunkts Aus 
chen Gleichheit der ſaͤmmtlichen Freien hebt ſich ein Herrenſtand em⸗ 
elcher zwar des willkuͤrlichen Oberherrſchaft entgegenwirkt, aber der recht⸗ 
Sicherheit des Volkes gefährlicher wird als ſelbſt jene. Die ſtaͤdtiſche Frei⸗ 
Bein Schritt weiter, zu jener allgemeinen freien Gemeindeverfaſſung zuruͤck⸗ 
—— alen eonfituionlien Joerm Dit und eins der we: 
germanifchen Volkscharakter ausmacht, nicht entftelit, wie 
er Zeit, duch einen zahlreichen Sklavenſtand. Sie wirkte 
mw partiell, und der Birgenfland hat nur in einigen Ländern eine ber Ritter: 
ſelchſtehende politifdye Beben fammäei At elangt (wie in England) ; wo er fich 
6 einem Stande freier Landeigenthuͤmer zu einem Ganzen verbinden Eonnte, 
nglelkt; bie höhere geiſtige Cultur in ſich aufnahm, iſt er die Pflanzſchule ech- 
Heutioneller Inftitutionen geworben. Die Natlonalfreiheit hatte ſich zuerſt 
wol gegen bie willkuͤrliche Oberherrſchaft als gegen bie Unterdruͤckung von 
Banbherzen zu vertheibigen, und nur in England wurde fchon frühe ber 
aelegt, ——* den verſchiedenen Claſſen des Volkes alle Spaltungen aus⸗ 
en. (Erſt in der neueſten Zeit hat ſich dort eine neue Spaltung zwiſchen der 
bes Geundeigenthums unb der davon ausgefchloffenen Volksmaſſe her⸗ 
am, weidhe mit iedem Jahre bebentlichr ya werben ſcheint.) In den neuem 
aahmen bie Stäbte einen wiewol meiſtens nur unbebeutenden Plab in den 
ı ud Lanbfländen ein, welche ein unvollkommener Anfang einer echten Na⸗ 
geäfentation geworben find. Er war unvolllommmen, weil er nur einen Theil 
miairen ober ber materiellen Intereſſen des Wolke, nicht aber beffen allge: 
umb höheres (wahrhaft reales) Intereſſe, die moralifchen Bebürfniffe deſſel⸗ 
trat, unb die größere Maſſe nicht nur ausfchloß, fonberm ihren Vortheil dem 
üg ber großen Grundeigenthuͤmerlund des ſtaͤdtiſchen Gewerbes gerabezu auf: 
Daher waren:bie ſtaͤndiſchen Corporationen faft aller Länder, nur Eng» 
mägenommen , ſchon lange vor ber Revolution in Gengigitung verfallen, 4 


gi 










J 


Beranlaffangen ein Angriff der alten Stände, ber Privilegisten 
verbundenen Parlamente auf die unumſchraͤnkte Monarchie, wel 
in einen Angriff der Volksmaſſe auf fie felbft verwandelte. Der£ 
welches die koͤnigliche Regierung mit den bevorredhteten Ständen 
in einen Abgrund mit hinabriß, welcher eigentlich nicht für fie ge, 
auch die Repräfentation ber revolutionaicen Epochen entſprach ni⸗ 
griffe einer folchen, well fie nun auf der andern Seite bloß nach 
hältniffen aus der Volkemaſſe genommen waren, und der Anth 
biieb, welchen Geiſtlichkeit und Vornehme immer noch auf die « 
meinungen ausfıbten, die Schläffe der Nationalconvention aud; 
das Werk einer Faction waren, welche den parifer Poͤbel und du 

ven beherrſchte. Der militatrifche Despotismus, welcher von 1 

ußerung einer wahren Nationaleinficht aufhob und feine Wi 
Frankreich beſchraͤnkte, brachte vermöge einer fehr natürlichen & 
ten ſtaͤndiſchen Einrichtungen wieder zu Ehren. Indeffen haben 
doch nicht lange behauptet. Cine wahre Volksvertretung, weld 
flitutionellen Inftitutionen den erften Rang einnimmt, gewaͤhr 
eine ſolche muß, wie fi aus dem Vorigen ergibt, das Organ 
mittlern Geiſtesbildung bes Volkes fein, nicht aber eine Reihe v 
ten fuͤt eingelne materlale Intereffen. Aus einer folhen Zuſa 
nie ein reines Wirken für die Höhern Zwecke der Menfchheit, | 
Intereſſen des Volkes, hervorgehen. Die meiften neuern Gonflit 
fehr viel zu wuͤnſchen übrig. Sie befchränten das Stimmenrech 
viel zu fehr; Frankreich hat von 30 Mit. Menſchen kaum 30,00 
andre Staaten haben dieſes wichtige ſtaatsbuͤrgerliche Recht fafl 
befig zugeftanden und die Sache damit noch mehr verborben, d 
Stande nur aus feiner eignen Mitte zu wählen erlaubt haben. E 
davon, daß man von dem falfchen Geſichtspunkte ausgegangen 
verfammlung ſolle ben indlviduellen zufälligen Willen der woh 
claffen gleichfam in einen Totalwillen zufammenfdmelzen, da 
eigentlich waͤre, ein Gefammturtheil der Nation über ihre Pfii 


Sonftitutionen 887 


lamenten unb andern Cours souveraines, und doch iſt nirgends ber 
le Zweck, Sicherheit des individuellen Rechts, fo unvolllommen er: 
Die Parlamente waren zwar faft immer mit dem Minifterium im 
2, allein dem Parteigeifte, der Derrichaft, dem Zunftgeifte bes Rich⸗ 
em Übereitungen und Leidenfchaften einzelner Richter find dort mehr 
m als anderwärts dem Einfluffe der Regierung. Strenge Aufficht 
g auf die Richter, aber in gefeglich geregelten Kormen, iſt diefem Zwecke 
träglicher al& die Unabhängigkeit, welche in Frankreich aus ber ganzen 
Gerichte, vornehmlich aus der Kaͤuflichkeit und Erblichkeit ber Stellen 
te), entfprang. Eine eigne conftitutionelle Einrichtung haben die 
: ihrem Volksgerichte, dem Schöffenrechte (Jury, Gefchmornen » Urs 
n, welches auf beiden Seiten fowol die Anklage gegen Mächtige er 
in biefer Beziehung mit dem Spfleme der Verantwortlichkeit ber 
ten genau zufammenhängt, als auch den Einzelnen gegen Verfolguns 
Der hiſtoriſche große Werth diefer Inſtitution und dag fie wirklich das 
er bürgerlichen Kreiheit in England genannt zu werben verdient, iſt 
eifeln; mehr laͤßt fid) daruͤber ſtreiten, ob fie in crimineller Ruͤckſicht 
werden könne; ob fie nicht ihre politifchen Vorzuͤge durch Leichtfinnige 
g Unfchuldiger wieber verloren gebe, und ob fie andern Staaten, zus 
rflümmelten Geſtalt, welche fie in Frankreich erhalten hat, mit ſolchem 
gefchieht, empfohlen zu werben verdiene. (Bol. Jury, Fonk.) 
land würde fie fchmwerlich diefe Wirkung hervorgebracht haben, wenn 
zwei andre conftitwtionelle Einrichtungen zur Seite ſtuͤnden (das Ha⸗ 
Recht iſt als ein Beftandtheil der gerichtlichen Organiſation zu betrady: 
ben Kreis derſelben fchließen, nämlich das Recht der Petition (f. d.), 
as Recht gleichbedeutend iſt, fich zu einem an fich erlaubten Zwecke zu 
d die Preßfreiheit (f. d.). Denn erft durch dieſe beiden Mechte 
Mißbrauch der Amtsgewalt, eine jede Abweichung von ber gefeplichen 
hern Autoritäten auf eine ſolche Weife vorgelegt, daß fie dem Rechte 
emmten Lauf geftatten müffen, wenn fle ſich nicht vor ben Augen aller 
cechte theilhaftig machen wollen. 
lien jetzt die verfchiebenen conftitutionellen Staaten, welchen entweder 
diſche Verfaffung, oder das neuere Repraͤſentativſyſtem zu Grunde 
nen. I. Die Eonftitutionen der Feudalſtaͤnde des Mittelalters und 
rationsfpftems haben ſich meiſtens herkoͤmmlich erhalten: 1) In ber 
Monarchie. Es baftehen nämlich a) in dem Erzherzogthume Nieder: 
Steiermark und Kärnthen, in Böhmen, Mähren, und nad dem E. E. 
m 13. Aprit 1817, und nad) der Bekamtmachung: Lemberg den 
7, aud in Salizien und Lodomerien, mit Einfchluß der Bukowina, 
ve aus 4 Claſſen: Prälaten, Herren, Ritterftand und Bürgerftand; 
ertreten die Magiſtrate der koͤnigl. oder landesfuͤrſtl. Städte durch Ab» 
— In Tirol beftcht wieberum, nach der Stänbeverfaffung vom 24. 
‚ die 4. Claffe aus dem Bauern=, die 3. aus dem Bürgers, die 2. 
en: und Ritters und die 1. aus dem Prälatenitande. Allein fie has 
Mecht der Steuerbewilligung nicht wieder erhalten ; doch geflattet man 
en und Worftellungen im Namen des Landes dem Landesfürften zu 
— In dem k. k. Antheile von Schlefien machen bloß die Herzoge 
bann die freien Standesherren und die dem Landesfürften ummits 
worfene Ritterfchaft die Stände aus. b) In dem lombarbifchsvenes 
Önigreiche beruhen, nach der Conftitution vom 24. April 1815, die 
dem Gorporationsfpftem. Es beftehen nämlidy die beiden Gentrals 
en zu Mailand und Venedig und die verſchiedenen Provincialco 


gefet von 1820 das demokraiiſche Princip derfeiben In Anfehung 
sion des Volks außerordentlich gefchwächt worden. (S. Franteı 
B. Ähnliche Veränderungen erfuhren die Niederlande 
verfaffung. Hier mußte der Widerftand der Anhänger des Föder 
der Unität (die Demokraten) durch einen Gewaltſtreich beſeitigt w 
dritten franzoͤſichen nachgebildete 1. Gonftitution der Satavifh 
23. April 1798 von der bereits zum zweiten Male berufenen 
Tung angenommen wurde. Cine 2. Conflitution vom 16. Da 
der frangöfifchen vierten von 1799 nachgebildet, allein es fehlte aı 
in den Maßregeln ber Regierung; baber erhielt bie batavifche Rei 
poleons Einfluffe, eine 3. mehr monarchifche Conſtitution am 18 
welcher ein Staatöpenfionaic an bie Spige der Regierung kam; für 
verändert werden, als der Staatsvertrag mit Frankreich vom 2: 
neue Königreidy Holland auf das feftefte an das Intereffe der fran 
Dies geſchah 4) durch das conflitutionelle Geſet des Könige. Holk 
1806, welches bis 1810 galt, wo am 9. Juli Holland dem frt 
leibt wutde. — Im Dec. 1813 aber wurde ber Sohn des leht 
der jegige König Wilhelm J., ald Souverain der Niederlande 
berief die Notabeln im März 1814, welche den von ihm vorgeleg 
entwurf annahmen. So erhleit das auf dem Gongreffe zu Wie 
reich der Niederlande feine gegenwärtig 5. Gonflitution vom 24. 


ungeachtet des Widerſpruchs der katholiſchen Notabeln von Bel, 





beigifchen Provinzen, folglich für ale 17 Provinzen des gefam 
1815 in Wirkſamkeit gefegt wurde. Diefe —— beruht 
tatiofgftem: Die Generalftaaten, welche das iſche 
und mit dem Könige gemeinſchaftlich die geſetgebende Gewalt 
Budget beftimmen, beftchen aus 2 Kammern. Die Mitglieder 
der König auf Lebenszeit, die der zweiten werben von ben Stän 
auf 3 Jahre gewählt. Die Staaten (Stände) der einzelnen P 
aus 3 Ständen: Ritterſchaft, Städten und Landieuten, zufamm 
c. Polen, welches bis 1791 eine ariſtokratiſch· monarchi 


utionen in Schweden u. Norwegen, Spanienu. Portugal 841 


mg aller Bürger vor dem Geſetze ausfprach. Nach der Vereinigung des 
z Polen mit Rußland durch den wiener Congreß nahm Kaifer Alerander 
ril 1815 dem Titel eined Könige von Polen an und gab biefem Stante 
tion vom 27. Nov. 1815, welche der polnifchen Nation eine National: 
ion ertheilte, die in einem Landtage befteht, der aus dem Könige und 
n zufammengefest if. Die erſte Kammer bildet der Senat, beffen 
ber König ernennt; die zweite wird von 77 Landboten und 51 Abgeorb: 
Bemeinen gebildet. — Auch der auf dem wiener Congreſſe neugebilbete 
rakau erhielt am 3. Mat 1815 eine neue, von bem Fuͤrſten Metternich, 
m Hardenberg und dem Grafen v. Raſumoffsky N Conſti⸗ 
lche der demokratiſchen Staatsform ſich naͤhert. Die Rehraͤſentanten⸗ 
ng beſteht 1) aus den Abgeordneten dee Gemeinden, deren jede einen 
ı aus drei vom Senate (dev Regierungsbehörbe) Äabgeordneten Mitglies 
aus brei vom Domcapitel abgeorbneten Prälaten; 4) aus drei von ber 
abgeorbueten Facultaͤtsdoctoren; 5) aus ſechs im Amte flehenden Frie⸗ 
n. 
Schweden und Norwegen haben, obwol unter Einem Koͤnige 
zwei verſchiedene Conſtitutionen. Die ſchwediſche iſt oben bereits er⸗ 
ſtorwegen gab ſich, als es nach dem kieler Frieden (14. Jan. 1814) feine 
gkeit behaupten wollte, bie demokratiſch⸗ monarchiſche eidswolder Conſti⸗ 
17. Mai 1814, welche auch der Koͤnig von Schweden, als Koͤnig von 
annahm. Sie erhielt nur, in Folge der Vereinigung der Reiche Nor⸗ 
Schweden, durd Norwegens außerordentlichen Storthing zu Chriſtia⸗ 
Nov. 1814, einige nähere Beftimmungen, und heißt baher jegt die Con⸗ 
om 4.Nov. 1814. (S.Normegen.) 
Spaniens alte Monarchie wurde zuerfl, unter Napoleons Einfluß, 
on ihm nach Bayonne berufene Junta erneuert, indem fie die Conſtitu⸗ 
h Napoleons vom 6. Juli 1808 entwarf und annahm. Allein bie 
‚ft, welche in Ferdinands VII. Namen Spanien regierte, gab dem Reiche 
aͤrz 1812 eine neue Verfaſſung, die Conftitution der Cortes, welche jes 
and VII. bei feiner Ruͤckkehr auf den Thron durch die Erklärung zu Va⸗ 
4. Mai 1814 aufhob, in der Kolge aber, durch den Aufftand des Heers 
tädte dazu genöthigt, am 7. März 1820 annahm und beſchwor. Diefes 
zogeſetz hob nicht nur die alten Feudal⸗ und hierarchifchen Formen in 
uf, fondern es befchränkte auch die koͤnigl. Gewalt durch das demokrati⸗ 
p fo ſehr, daß in Spanien eine zahlreiche Gegenpartei entfland, worauf 
ten Continentalmächte auf dem Gongreffe zu Verona im Dec. 1822 fidy 
[bänderung beffelben im monarchiſchen Sinne nachdruͤcklich erklärten; 
e jedoch, nach dem 375. Art. der Conſtitution, erft, wenn diefe 8 Jahre 
irkſamkeit gewefen, von den Corte befchloffen werden. Es kam dar⸗ 
Rriege mit Frankreich und die Conſtitution warb 1823 vernichtet. 
ı Portugal hatte eine der fpanifchen ähnliche, jedoch die koͤnigl. Ge: 
mehr einfchräntende Conſtitution durch die am 24. Aug. 1820 ausge: 
tevolution erhalten, die von ben Cortes in Liffabon entworfen und von 
e am 1. Det. 1822 befchworen, durch die Militairrevolution vom 27. 
z aber vernichtet wurde. Dagegen erhielt Portugal am 23. April 1826 
Verfaffungsgefeg vom König Pedro in Brafilin. — In Neapel 
afalls die im Heere und unter dem Volke verbreiteten Anhänger der [pas 
nftitution die Einführung berfelben gewaltfam erzwungen, worauf das 
am 1. Dct. 1820 verfammelte Parlament des Koͤnigreichs beider Sici⸗ 
ie Grundlage der vom Könige bereitd am 13. Juli beſchworenen fpanis 
titution eine neue für Neapel und Siclien im Jan. 1821 entwarf, die 


in ber Convention zus Montebello vom 6. Juni 1797 
‚ Me vom 2. Dec. 17971802 galt, —8*— 
then Co lon macıgebildete, von Bonaparte und Taleyı 
onftitutton vom 26. Juni 1802 erfegt, jedoch bald durch ein n 
geſetz vom 1. Dec. 1802 großentheils wieder erneuert wurde. : 
ward jedoch bie liguriſche Republik Frankerich einverleibt, umd € 
am 19. Apr. 1814, durch Lord Bentince, im Namen Großb: 
alten Namen und bie vor 1797 gültig geweſene ariftokratifch srı 
faffung wieder. Allein ber wiener Eongreß hob diefe auf umbt 
Senn, als Herzogthum, dem Könige vom Sardinien zu, teomit 
sepräfentative —— — erlofch ; ndeß erhielt das neue Herzog 
ein eignee DI und Provinchafräthe, ohne bern Bufklım 
Steuern eingeführt werden Binnen. — — 
hielt ihre erſte der franzoͤſiſchen von 1797 nadygebitdete Berfa 
das demotratiſche Princtp vocherefchenb war, vom General S 
Sunt 1797; allein ſchon 1798 magıte der frangöfifge Gele 
fentiche Ben Änberumgen in derſelben, und bald ward fe mit der fl 
die Waffen Öftreich6 und Rußlands 1799 vernichtet. Hierai 
von Marengo 1800 hergeftellt und proviforifch — erhiel 
Lyon derufenen Staatoconuita, ais itelieniſche Mepublit, eine 
vom 28. Jan. 1802 und zum Praͤſidenten den erften Gonfal. 
behanptete in Ihren drei Wahlcollegien: der Grundeigenthlmer, 
ber Kaufleute, einen twefentlichen Vorzug vor ber franz. Gonfti 
Ais aber die ital. Mepubiil in das Königreich Italien verwandelt 
16. März 1805 König von Jtallen geworben war, gab er diefen 
flitıttionelle Statute, vom 16. Märg, 27. März und vom 5 Iu 
die monarchiſche Form bes Staats ausgebildet wurde. Nach 
gruͤndete hier Kalfer Franz das lombarbifdvnetianifche Koͤnigi 
das auf dem Gorporationdfpftem beruhende Werfaffungägefeg vor 
(f. oben). — c) Der ariftofratife 5 Lueca erhlelt 1799 
General eine der ſtanzoͤſiſchen vom 1795 nachgeblibete, demokra 


Eonftitutfonen in Deutfchland 848 


ne von Daunon entworfene, der franzöf. von 1795 aͤhnliche Eonflitution 
Ri 17798 erhielt, die aber mit der Auflöfung der Rep. 1799 verfchwand. 
raer Wiedereinſetzung, 1814, erließ der Papft am 6. Juli 1816 zwar kelne 
wfitution, aber doch ein zweckmaͤßiget, organifche® Decret. —e) Der Beine 
8 ⸗ —— behauptet noch jetzt feine alte —— tepräfentative 
mit einigen ariſtokratiſchen Elementen. f) Neapel erhielt von feinem 
mu Ri, Joſeph, zu Bapomne om 20. Juni 1808 eine von Napoleon 
‚ bie aber deſſen Machfolger, Joachim, nicht in Sirkſamkelt 

* ſeiner Niederieg⸗ 1815 ließ er durch feinen Miniſter Agart 

fiitution ürtwerfen, die aber bloß angefchlagen, nicht eingeführt 
Ber hatte Lord Bentinck bem Königreiche Sicillen, das damals, unter Gil» 
Schutze, von dem Könige Ferdinand IV. und bald nachher von deffen Sohne 
egiert wurde, 1812 eine ber britiſchen nachgebifdete Conſtitution gegeben, 
ke geſetzgebende Gewalt ausſchließlich dem Parlamımte (das aus zwei Kam⸗ 
Mand, den Pairs und den Gemeinen), die vollziehende dem König, mb 
erlige eignen, umabhängigen Behörden übertrug, und die Beubalverfaffung 
ifhob. Diele Verfaſſung gate bis zum 23. Jul. 1814, an welchem Tage 
mb IV., der die Regierung von neuem übernommen , dle von England vor 
Bene Gonfitution zugleich mit dern biöherigen ſicillſchen Parlamente anfhob. 
Bber, nad) Murat’s Befiegung, durch bie wiener Congreßacte auch Neapel 
—**— ‚ fo rief er die beiden Kammern bes fichtifchen Parlaments wie⸗ 
ummen und ließ ihnen den neuen Conftitutionsentwurf für Sicitien vom 16, 
B15 mittheilen, welcher viel Ahmiches mit der von Ludwig XVII. 1814 
jen Charte hat; allein auch biefe Conflitution trat nicht ins Beben. Nach⸗ 
sdinand IV. aber am B. Der. 1816 Reapei und Gicilien u einem vereinlg⸗ 
Ihe erhoben und den Itamen: Ferdinand I., K eich® beider Sid. 
agmommen hatte: fo erließ er für bie gefammte —8— das organiſche 
vom 12. Dec. 1816, weiches bie Abfihaffung bes Feudaliennus betätigte, 
tionafrepräfentation jebed nicht wieder einführte. (S. oben E. Spanien.) 
. In Deutſchland, deſſen ehemal. Reichsverfaſſung F auf dem ſeudal⸗ 
atiſchen und Gorporationsprinchp der verſchiedenen Stände beruhte, hatte 
ı Eonföberationsacte des Rheinbundes vom 12. Juli 1806, die Einfuͤhrung 
honſtitutionen in einzelnen Staaten veranlaßt ; allein bie, im berfelben ans 
ste Bunbesverfammlung teat nie in Wirklichkeit; ebenfo wenig war darin 
we Repraͤſentation ber einzelnen Wölker des Bundes bie Rede. Dagegen 
beutfche Bundesacte vom 8. Juni 1815 nicht nur die Eröffnung einer 
werſammlung zu Frankfurt a. M., welche die Someraine und bie freien 
durch Gefandte bilden, zur Folge gehabt, fondern auch in dem 13. Art. 
wochen: „In allen Bundesſtaaten wird eine landesſtaͤndiſche Verfaffung 
ven”. Die Auslegung biefes Art. veranlafte viele Streitigkeiten und bes 
daß man enblich die biftorifche oder bie fländifche, und bie monarchiſche Ba⸗ 
das Weſen jeber neuem landſtaͤndiſchen —— F— anſah. In Folge der 
unds⸗ und der deutſchen Bundesacte entſtanden, ſeit 1806 und ſeit ists, 
deutſchen Staaten verfchtebene Conftitutionen, welche theils mehr beim 
vepräfentativen, theild mehr dem Altern flänbifchen und Corporationsfyitem 
erten. Diejenigen Staaten, welche die alten Feudalſtaͤnde und Corpora⸗ 
Haffung ganz beibehalten oder aufs neue hergeſtellt haben, find fchon unter 
nt worden. 1) Das Königreich Weſtfalen, welches von 1807-14 bes 
erhielt zuerſt auf deutſchem Boden eine dem feanzff. Reptaͤſentativſyſteme 
ibete und darum dem deutſchen Nationalcharakter —— ſehr angemeffne 
ution, welche wiederum andern Staaten des Rheinbundes zum Dlufter 
Sie ward von Napoleon gegeben am 15. Nov. 1807 und durch das 


344 Sonftitutionen in Deutfhlandd " 


Statut vom 23. Dec. 1808 ergänzt. — Wie die meftfätifche, fo ift auch 
2)da6 ähnliche Verfaffungsgefeg bes Großherzogthums Frankfurt von 
1810-13. 3) Das Königreih Baiern begründete eine völlig m 
naltepräfentation durch die Conititution vom 1. Mai 1808 und ſecht 
&dicte; doch wurden durch das Decret vom 22. Dec. 1811 die Maie 
und adeligen Lehnsbefiger für geborene Repräfentanten der bairifchen Nat 
Endlich gab der König, nachdem die Gemeindeverfaffung vom 17. Dei 
Schienen war, die vom Ötaatsrathe von Zentner bearbeitete Verfaflun 
und 10 Edicte v. 26. Mai 1818. Dadurch erhielt Baiern nach dem &ı 
britifchen Parlaments und der franzöf. Kammern, eine öffentliche Staͤnd 
fung in zwei Kammern, wo bie Nation ihre Staatsmaͤnner und Stellver 
ihrem öffentlichen Charakter Eennen lernte. Diefe Verfaflung ift keiner 
tive, fondern eine ftändifche; denn fie geht bei der Wahl der Wolvertrete 
der Sefammtbevölferung des Reiche, fondern von der Eintheilung der € 
ger in verfchiedene Stände (Adel, Geiftlichkeit und Gelehrte, Bürger, 
aus. Zugleich wurden duch koͤnigl. Edicte die Vorrechte der Mediat| 
des übrigen hohen Adels, in Hinficht der Patrimonialgerichtöbarkeit, der 
gung bei den Abgaben, der Fideicommiffe und Majorate u. f. m. befkti 
gens enthält fie alle Grundlagen ber bürgerlichen und politifchen reihe 
(hen Volks, als bie Freiheit des Gewiffens, die Preßfreiheit, die Gel 
dem Geſetze, die gleiche Berechtigung zu allen Graden bes Staatue 
Gleichheit in der Befteuerung, der beſtimmte Antheil der Stände an ber Ge 
ihr Recht der Steuerbewilligung nad) dem vorgelegten Budget, ſowie ih 
Befchwerbeführung und die Verantwortlichkeit aller Staatsdiener. % 
nad) dem koͤnigl. Befehle vom 1. San. 1822 in fämmtl. 8 Kreifen ein 
der von einem Wahlcollegium gewählt wird. (Vgl. Bairifche Lan) 
4) In dem Königreihe Würtemberg hatte der erſte König Friedrich | 
die auf alten Verträgen beruhende Sandftändifche Werfaffung aufgehob 
regierte ſtreng monarchiſch nad) dem von ihm gegebenen Drganifationdl 
18. März 1806. Als aber der wiener Congreß die Einführung eine 
Verfaſſung in allen Bundesftaaten ausſprach, fo wollte er durch das M 
11. San. 1815 die Einführung einer ftändifchen Verfaffung in feinen ( 
ſchleunigen; allein die von ihm im März 1815 berufene ftändifche Ve 
verwarf bie ihr vorgelegte neue Verfaſſung, indem fie die Wiederher 
alten verlangte. (S. Würtemberg.) Endlich ward auf dem Wege di 
bie Verfaffung v. 25. Sept. 1819, nad dem Zweikammernſyſtem erricht 
Großherzogthum Baden ward [yon am 5. Jul. 1808 eine neue Da 
gefihert; indeß hielt e& durch das Edict vom 26. Nov. 1809 eine ne 
tungsorganifation. — Das Zufammentreten der Landftände aber wın 
Tolge des wiener Congreſſes, von dem Großherzoge Karl im März 18 
fen. Endlich gab er die neue Berfaffungsurkunde vom 22. Aug. 18 
ſich Durch ihre zeit: und vollgemäße Örunbfäge vorteilhaft auszeichnet. (€ 
ſche Landſtaͤnde.) 6) Das Großherzogth. Heffen erhielt von fein 
rain eine landftänd. Verfüffung von 2 Kammern ben 18. Mär; 1820. ( 
(he Landſtaͤnde.) 7) Das Fürftenth. Wald eck mit Pprmont erh 
nem $ürften am 28. San. 1814 ein Verfaſſungs⸗ und Organifations 
aber zu mehren Widerfprüchen Anlaß gab; daher berief der Fuͤrſt im ! 
die Stände nach Arolfen, wo der Kandesvertrag vom 19. April 181 
fehr liberale Verfaſſung des Landes feftfegte, nach welcher die Bewob 
allgemeinen Verſammlung und duch eine Deputation als vollziehen 
repraͤſentirt werden durch die Brfiger bisheriger Rittergüter, durch die ! 
fter ber Städte und durch die von den Gemeinden felbft gewählten Rep 


Gonftitutionen in Deutfchland 845 


indes. 8) Das Herzogtum Naffau erhielt ſchon durch das Pas 
Sept. 1814 eine Tandftänbifche Verfaffung von 2 Kammern, wozu 
teder der zweiten gerbählt werden, In der erften aber, oder auf der 
derrenbant,, lebenslängliche und erbliche Mitglieder fin. Damit 
1. Juli 1816 befannt gemachte, neue Randverwaltungsorganifatton 
wbindung. Späterhin ward auch beſtimmt, daß die Sigungen ber 
ner der Abgeordneten öffentlich fein ſollen. Zwei Patente vom 3. 
beten die Wahl der Lanbdftände und ertheilten den geſammten adell⸗ 
ern ſechs Virilſtimmen auf der Herrenbank, welche fie durch ſechs 
te erwaͤhlte Deputirte vertreten laffen. 9) Sahfen: Weimar 
ı 20. Sept. 1809, als es zum Rheinbunde gehörte, eine Conſtitu⸗ 
Nachdem es aber durch den wiener Congreß zum Großherzogthume 
n war, erfolgte am 1. Dec. 1815 die Organifation des Staatsmini⸗ 
rauf erfchlen am 30. Jan. 1816 eine großherzogl. Verordnung, die 
Zufammenberufung einer ſtaͤndiſchen Berathungsverfammlmg zur 
er Landesverfaffungsurkunde betreffend. Auf diefem Landtage wurde 
n dem deutfchen Bunde garantirte) Grundgeſetz über bie landſtaͤndiſche 
ym 5. Mai 1816 eine gemeinfchaftliche Mepräfentation, ohne eine 
erfelben in zwei Kammern, angenommen, zu der jeder Stand (Rits 
, Bürger und Bauern) zehn aus ihrer Mitte und bie Untverfität 
eputirten erwählt. Der Stand der Gelehrten, Kuͤnſtler, Kaufleute 
ten echielten alſo Eeine eigne Mepräfentation; übrigens war in ber 
lung das Zweckmaͤßigſte mit hoher Liberalitaͤt beruͤckſichtigt. Die 
urchaus frei, und die Freiheit ber Preffe war darin unbedingt ausge⸗ 
och wurde auf den, am 17. Dec. 1820 eröffneten Landtage die Of⸗ 
r Landtagsfigungen verneint, und die Verabſchiedung eines Staats⸗ 
den beftehenden Gefegen, ohne Urtheil und Mecht, bejaht. Nur 
ben Verhandlungen follten durch den Druck bekannt gemacht werden. 
og von Sachſen⸗Koburg gab feinem Lande die Verfaffungsurs 
„Aug. 1817, nad) welcher die von jedem Stande gewählten Abge- 
titterfchaft, Städte u. Dorfgemeinden in Einer Verfammlung die In⸗ 
nzen Landes vertreten ; auch befteht, wenn der Landtag nicht verfammelt 
huß, der über die Verfaffung» und Geſetzvollziehung wacht. Die 
faffung, Wahl und Landtagsorbnung wurde durch die Manifefte vom 
O beftimmt und der erfte Landtag 1821 gehalten. 11) Der Herzog 
n:Hildburghaufen ließ den Entwurf einer neuen landſchaftli⸗ 
ig von den Ständen prüfen; er warb den 7. San. 1818 angenoms 
18 Landesgrundgefeg bekannt gemacht und unter die Sarantie des 
ides geftelt. Die aus den von den Rittergutsbefigern, den Städten, 
nd dem geiſtlichen Stande gewählten Abgeordneten beftehenbe Lands 
twährend durch einen Ausſchuß repräfentirt. 12) Das Fürftenthum 
ır9:Rubolftade erhielt am 8. San. 1816 eine neue Organifation 
n Berfaffung, nach welcher die Rittergutsbefiger, Städte und 
nes die Repräfentanten des Landes wählen; die landfchaftliche Wer: 
den 21. April 1821 gefeglich angenommen und zugleich ein ſtaͤndi⸗ 
F angeordnet. 13) Dem Fuͤrſtenthum Lippe: Schaumburg gab 
ig vom 15. San. 1815 eine neue, zeitgemäße, ſtaͤndiſche Verfaſſung, 
er Landtag aus den Befigern adeliger Güter und aus den von ben 
ven Amtsunterthanen gewählten Deputicten befteht. 14) A a6 
tippes Detmold erhielt eine von der Fuͤrſtin-Vormuͤnderin Mu⸗ 
orfene, auf die Wahlform gegründete, neue, in jeder Hinſicht üus= 
ndftändifche Verfaffung den 8. Juni 1819, gegen welche aber bie 





846  Sonftitutionen in d. Schweiz u. in Amerika 


alten Landſtaͤnde von Ritterfhaft und Staͤdten, ſowie ber Fuͤrſt von humuieg 
als Agnat, proteſtirt haben. 15) In dem Herzogthum a Deounfänipie 
fenbüttel ward eine neue, am 19. Jan. 1820 von den — —* 
Landſchaftsordnung je re nad) weiten die Ötänbeverfommeiungeni 2 
nen befteht. In der erfien erſ eche Prälsten und die Befiter da ii 
tergüter ; in ber zroeiten die —* ſechs Praͤlatn, 19 vug 
Städten und 19 von den dienſt⸗ und meierfreien Lanbgutäbefigen gauläie 
ꝓutirte. Unter den Depustirten ber Staͤdte befindet fich jedoch der ce Bir 
meiſter, kraft feines Anıts. Beide Sectionen bliben ein Banzes und el 
zen das geſammte Land. In Hinficht der Steuerbewilllgung if be ds Bi 
fung beibehalten. 16) Der freien Stadt Frankfurt, welche voniieme 
Ugen ‚ dem Zürften Primas, eine freifinnig abgefaßte De 
am 10. Dct. 1806 erhalten hatte, ward fchon von dem 

von Stein ein Conflitutionsentwiurf am 19. Juli 4814 empfehle; dual 
Senat erließ 1816 eine Ergaͤnzungsacte zu ber alten frankf. Geabtocheſ. 
von den Buͤrger am 18, Juli 1816 mit Stimmenmehrheit angmemmm 
Mach Ihe find die vormaligen Rechte ber patricifchen —æ— after F 
ganze Buͤrgerſchaft wird durch den geſetzgebenden Koͤrper vepeäfentizt 
Die drei Hanfeftädte Hamburg, £ Luͤbeck und Bremen —5** | 
Werfoffung, welche Gh. v. Villers im feinen „Censtitutiens des mu 
lihres - anseatiques”' (Leipzig 1814) abgedendht bat, 1814 wis 

20) Der Her 783 von Sach ſen⸗Meiningen errichtete bie landſe 
Prise bare —— aeg aͤnde aus den 3 Staͤnden der N 


ſier, der B 

H. Die —— — der Schweiz, weiche das * * 
1799 in eine beioetifche Republik mit einer dernokratifchen Regecatea 
mandelt unb ber hierauf Napoleon burch bie Mediatlonsacte vn ny” 
eine, aus alten und neuen Elementen gebiibete, nette 
ben hatte, wa uf ae yfaımen Van ben ja ii am 8. Er 18 
* Bundesvertrag. In den Mund ber 19 Kantent wurhen — 

en 















ch ate insbefonbere hat eine ch⸗beme kratiſch⸗ monarchiſche 
einer landſtaͤndiſchen Reyraͤſentation von feinem founeraingn Fcften, den 
von Preußen, 18. Juni 1814 und 26. Der. 1814 erhalten, 

I. Erdlich find — zepzäfentatine Werfaflungen in kunt 
demokratiſchen Freiſtaaten: Union ber Plataprobinzen, Ghlie, Gelemble, | 

von Merico, Guatemala, Bolivia, Peru, fomie in dam Kalfenth. Brafl 
(f.d.) entflanden. Die norbamerilanifche Gonflitution hat ihmen großemäe 
Mufter gedient. Paraguay wird cn Befating not, In Haiti 
Königreich 1811 eine Verfafſungsurkun Berfaffung U 
publit Haiti vom 27. San. Se ——— unb, nachdem dae 
reich 1820 und das ehemalige ſpaniſche Se⸗Domingo 1822. mit ber Biegull 
einigt worden waren, auf ber ganzen Inſel eingefuͤhrt. Nach derſelben IR ya 








Rad bes 


Sonftitutioniften : Conful 847 


neueſte Erſcheinung einer tepräfentativen Merfaffung iſt bie propifo- 
om, welche der Nationalcongref ber Heilenen am 1. (13.) Ti 
auros, im 'erften Jahre der Unabhängigkeit, bekannt gemacht hat 
ſoll kuͤnftig aus zwei Körpern beſtehen, dem durch gewählte — 2*— 
ten, geſetgebenden Senat und dem Vollziehungsrathe. 
ſer Überficht derjenigen Staaten, welche theils repraͤſentative, theils 
A im zeitgemäßen Sinne, b. i. wobei eine wahre Stellder⸗ 
ve freie Theilnahme an ber Beförderung des allgemeinen Landes: und 
Rattfindet, erhalten haben, müffen noch diejenigen Staaten genannt 
e IV. ohne befondere Verfaſſungsgeſetze, weder mit ſtaͤndiſchen, noch 
tiven Formen vegiert werden. Diefe find: 1) Piemont, Savoyen 
Toscana, Parma und Mobena ; 3) beide Gicilien; 4) ber Kirchen⸗ 
fen, mit Ausnahme von Neuſchatel; doch hat das koͤnigl. Decret 
1815 der geſammten Monarchie eine repraͤſentative Verfaſſung zu⸗ 
es ſind bereits Provincialſtaͤnde eingefuͤhrt, die eine berathende 
ı und bei Vertheilung ber Steuern mitwirken. 6) In dem Kurfuͤr⸗ 
wurde zwar die alte, ſtaͤndiſche Werfaffung von 1606 im 3. 1813 
It, allein des Kurfuͤrſt berief auf den im März 1815 eröffneten 
bloß die Abgeordneten der drei Gtänbe, des Adels, ber GBeiftlichkeit 
e, fondern auch bie des Bauernflandes ; darüber entflanden GStrei⸗ 
als die Verſammlung gegen den neuen Conſtitutionsentwurf Wider⸗ 
‚ ward fie völlig aufgeiäß. Geltden regiert dee Kurfärft ohne Staͤn⸗ 
m 29. Jun. 1821 dad Gtaatsminiferium und die Werwaltung neu 
Die Landgrafichaft Seflen: Bamburg. 8) Das Herzogthum Ans 
hielt das Herzogth. Anhalt» Köchen von f. Souverain am 28. Dec. 
aſtitution, die, ſowie die darauf gegründete Organifation ber Der- 
den Einrichtungen des damaligen franz. Reichs nachgebiibet war. 
uchen von dem Vormunde bes Nachfolgers am 24. Dct. 1812 fuse 
ve befteht auch in Koͤthen, wie in ben beiben andern Herzogthuͤmern 
te, gemeinfchaftliche landſtaͤndiſche Verfaffung und das davon abs 
haftliche Credit⸗ und Schuldenweſen, anter der Oberdirection bes 
Seniors des herzogl. Hauſes, aber ein eigentlicher Landtag If felt 
halten worden. Doch werden, fo oft es wörhig iſt, von dem Genior 
und Landrechnungstage ausgefihrieben. 9) Die Fuͤrſtenthuͤmer 
Hechingen unb Sigmaringen. 10) Das Te Schwarzburg⸗ 
n. 11) Das Herzogthum Oldenburg. 12) Das Herzogthum 
I, nach öffentlichen Nachrichten, in 8* eine landſtaͤndiſche Ver⸗ 
ihrt werden. 13) Das Koͤnigreich Daͤnemark, wo die alte ſtaͤndiſche 
'60 aufgehoben wurde. 14) Das Kaiſerthum Rußland. 
muunigf en Formen der einzelnen Verfaffungen und flänbifchen 
, f. Ständeverfammiungen und das Werk vom Hofr. 
— 2* ber europäifchen Staaten”, mit hiſt. —** 
— 25, 4 Thle.), nebſt dem 4. Thl. von Ditig’s Staatswiffen⸗ 
yelchen bie Erſcheinung der conſtitutionellen Formen geſchichtlich dar⸗ 
ı politifcher Hinſicht hat fie Anclllon gewuͤrdigt: „über den Geiſt der 
mgen und beffen Einfluß auf die Befebgebung” (Berlin 1825), K. 
tutionifien, f. Unigenitus. 
l. 1) in ber raͤmiſchen, und 2) in ber ehemaligen frang. Republik der 
ten Gtantöbeamten;- 3) der Titel von gewiflen Beamten in den neu⸗ 
staaten. — Nachdem man in Rem die Könige vertrieben hatte, Rellte 
ige des die Republik verwaltenden Senats zwei, jaͤhriich neu gu 
uleh, d. i. Rathgeber, Verather. Um mahlfähig gu fein, mußten 


848 Gonful 


fie in Rom gegenwärtig fein und das 43. Jahr zurüdgelegt haben. Ru 
wich man von diefer legten Vorfchrift ab. Nach dem Willen des Volks a 
ihre Gewalt auf folgende Punkte. Sie veranftalteten Senats : und Ball 
(ungen, worin fie den Vorfig führten, und vollzogen deren Beſchluͤſe 
Voik hatte fich die gefeßgebende Gewalt errungen und nur bie ausüben 
Senat geblieben. Im Kriege führten fie das Heer an, forgten für deſſ 
niffe und ernannten bie Unterbefehlshaber. War der Staat in Gefahr, 
Macht der Eonfuln unumfchränkt; dann konnten fie, ohne das Voll; 
einzelnen Dagiftraten uneingefchränkte Gewalt ertheiten. Sie gabın d 
tigen Gefandten Audienz, nahmen bie Staatöbriefe in Empfang, va 
die Kriegserklaͤrungen, hatten die Aufficht über die Staatscaſſe, die 
und, vor Einfegung ber Prätoren, über das ganze Gerichtsweſen. 9 
glerung und dem Vorfige wechfelten die beiden Confuin monatlich, zumei 
Nach ihnen wurden die Geſetze und das Fahr benannt (weßhalb bie Sta 
conſulariſche Jahrbücher, Fasti conaulares, hießen); bei ihren Amti 
gen faßen fie auf einem Prachtfeffel (Sella curulis), hatten in ber Ha 
koͤnigl. Scepterd einen elfenbeinernen Befehlsftab (Scipio eburneus), 
leidet mit einer purpurverbrämten Toga (Toga, praetexta), die unter! 
in eine geflidite Toga verwandelt warb, und gingen in Begleitung von; 
ven, welche die Fasces (ſ. d.) vor ihnen hertrugen. In diefen Bis 
ehedem auch Belle, das Zeichen der Bewalt über Reben und Tod, din 
Zeit des Valerius Publicola daraus genommen, wenn fie innerhalb ie 
ſchienen, und nur außerhalb Roms hinzugefügt wurden. &o hattmi 
Gewalt und önigliches Anfehen, nur ohne Könige Namen. Beim A 
Amtes flatteten der Senat und die Vornehmen Roms ihnen in ihrem. 
liche Gluͤckwuͤnſche ab, und in Begleitung des Senats verrichteten | 
feierliche Opfer auf dem Capitole. Am Ende des Jahres legten fie | 
bem Eide nieder, daffelbe den Geſetzen gemäß verwaltet zu haben. 

Zelt hieß der gervefene Conſul Gonfularis, und hatte als ſolcher einen # 
übrigen Senatoren, die noch nicht Conſul gewefen waren. Zu ihre 
gehörte, daß fie in cömifche Provinzen als Statthalter verfendet wın 
den Titel Proconfules führten. Nachdem Rom nad Caͤſar Auguſtu 
monarchiſche Regierungsform erhalten hatte, ließ man zwar bie alt 
um anfänglid) das Volt mit dem Scheine der Republik zu täufchen; & 
fehen und ihre Macht ſanken mehr und mehr, fobaß endlich ein frecher 
Spott fo weit trieb, fein Pferd zum Conful zu ernennen. Die e 
Rome 244, waren Junius Brutus und Tarquinius Collatinus, bie 
unter dem Kaifer Juſtinian, 541 nad) Chr. — In Frankreich ward! 
volution vom 18. Brumaire bes J. VIILder Republik (9. Nov. 1799) di: 
tegierung (3. Conftitution) aufgehoben, eine von bem gefeggebenbei 
nannte Confularcommiffion (Bonaparte, GSieyes und Roger Du 
die vierte Konflitution, die ſchon am 15. Dec. proclamirt und durd 
Frankreich zu einer Republik unter confularifcher Regierung erklärt ı 
Wahlconſuln (Bonaparte, Cambaceres, Lebrun, jeder mit 500,0 
Gehalts) erhielten auf zehn Fahr die vollziehende und faft unumfchrä 
das Zribunat und die gefeßgebende Verſammlung erhielten die gefeg: 
ward ein fogenannter Erhaltungsfenat errichtet. Aber [yon am 2. Aug. 
Bonaparte zum erften Conſul auf Lebenszeit ernannt, und. hiermit die V 
franz. Staats, Ihrem Wefen nad), wieder volltommen monardhifch. 
Recht, feinen Nachfolger zu ernennen, die beiden andern Conſuln v 
die Senatoren, Stantsräthe und die Präfidenten der Wollsverfansmi 
nennen, diefe au berufen, die Dauer ihrer Sigungen zu beflimmen, 


Gonfulta Gonfultation 849 


rps nach Willkuͤr zu berufen und zu entlaffen. Affe peintiche und Civil⸗ 
‚fe wurden feiner Willkür unterworfen, das Begnadigungsrecht ward ihm 
em, die Zahl der Mitglieder des Zribunats auf bie Hälfte herabgeſetzt. 
: die Staatseinkünfte und Ausgaben, forgte für innere Sicherheit und 
ertheidigung,, hatte den Oberbefehl über die Kriegsmacht, unterhielt alle 
ı Verbindungen mit dem Auslande, keftätigte alle Verträge, und hatte 
der Gefahr für den Staat fogar bie Macht, die Sonftitution aufzuheben. 
nigte der erfte Conſul koͤnigl. Macht und koͤnigl. Unfehen, und damit er 
fo mehr behaupten Fönne, wurde die Givitlifte auf 6 Miu. Fr. erhoͤht, 
5. Aug. 1802, ald dem Geburtstage des erſten Confuls, ein foͤrmlicher 
her Hof zu St. Cloud eingerichtet und an biefen ber vormalige Hofs 
leder eingeführt. Die erſten Confuln diefer Republik warm aber auch die 
er eine wurde Kaifer, die andern Prinzen. 

it den Zeiten der Kreuzzuͤge finden wir in verfchledenen Staaten Gonfuln 
zeiten zur Entfcheibung, VBelchügung oder Verification in See⸗ und 
achen. Befonbers waren e8 bie italieniſchen Staaten, welche bie Kreuz⸗ 
ı benugten, um von aflatifchen Fürften das Recht zu erlangen, in deren 
folche Beſchuͤzer der dortigen Handelsleute ihrer Nation zu ernennen, 
eifpiel von andern europdifchen Staaten für ihre Saindersptäge in der Les 
dAfrika, und feit dem 15. und 16. Jahrh. auch ziwifchen europäifchen 
unter ſich nachgeahmt wurde, fobaß die Anzahl der Hanbelsconfuln in 
chalb Europa jegt fehr beträchtlich Il. Das Recht, Confuln abzuſchicken, 
ein Hoheitsrecht betrachtet; fie koͤnnen aber nur dahin gefendit werden, 
äge oder Herfommen dazu berechtigen. Die Beſtimmung aller ift, Schug 
tand der Handelsleute und Schiffer ihrer Ration zu fein, auf Beobach⸗ 
Dandelöverträge zu fehen und über ben Zuftand und das Befte des Hans 
Anterthbanen ihre® Souverains an dem Orte ihres Confulats Nachricht 
Hof zu geben. In Anfehung der Vorrechte aber find die Confuln in der 
nd in Afrika von den europäifchen verſchieden. Jene, welche aufden Fuß 
dten behandelt werden, haben völlige Civilgerichtsbarkeit über die Unter 
ser Souveraine, felbft oft in Klagen der Auständer gegen fies dieje haben 
ſehr beſchraͤnkte Aufſicht über die Unterthanen ihres Souverains in deren 
ngelegenheiten unter einander, wobei fie noch meift bloß Schiedsrichter 
y ungeachtet man fie ale Minifter anzufehen hat (wofür fie jedoch Manche 
en gelten laſſen), fo fehen fie doch den Gefandten der unterften Claſſe 
h, denn fie haben keine Grebitive, fonderi nur Beflallungsfchreiben, die 
Staate, worin fie ſich aufhalten, erft beftätigt werden muͤſſen. Daher 
fie keine Vorzüge der Sefandten, Befreiung von der Gerichtebarkeit und 
ben, gefandtfchaftlichen Gottesdienſt, Geremorielu. ſ. w. Inder Regel 
z Givilgerichtsbarkeit des Orts unterworfen, wo fie ſich als Gonfuln auf⸗ 
eneralconfuln nennt man ſolche, die für mehre Piäge ober über mehre 
nannte find. Zumellen wird dem Gonful ein Viceconſul beigegeben. 
nfulta, Staatsconfulta, d. i. Staatsrath, war ein eigner Zweig der 
rwaltung der italieniichen Republik und bes nachherigen Koͤnigreichs Ita⸗ 
e Conſulta beftand aus acht Perfonen und hatte hauptſaͤchlich die aus⸗ 
Angelegenheiten und diplomatifchen Verträge zu beforgen. 
nfultation, bei ung gewöhnlich die Vereinigung mehrer Ärzte am 
rtte; die einzelnen Zufammenkünfte werden Conferenzen ober Consilia 
der neu hinzugerufene Arzt wird Gonfiliarius genannt. Der Nutzen der 
lonen für den Kranken ift in den meiften Fällen problematifch ; denn wenn 
nliche Arzt zu den beffern gehört, fo ift der neu hinzugerufene überflüffig, 
alt der Anficht des gewoͤhnlichen Arztes uͤbereinſtimmt; wenn aber beide 
es. Siebente Aufl. Bd. IL 54 





u Confumtionsfteuern, Abgaben, melde auf 
Verbtauch gelegt find. Diefe Abgaben find in ben verfchiede: 
fehr verfchieden und ihre Wirkung if, je nachdem die Gegenfi 
zu den umentbehrlichen oder entbehrlichen Bedürfniffen gehör« 
tig. Es gidt zwei Hauptclaſſen von Gonfumtionsfteuern, 
Directe Confumtiongfteuern find ſolche, welche unmittelbar 

erhuben werben; zur Befteuerung biefer Art find vorzüglich 
ſchickt, welche eine längere Zeit fortbauern, ehe fie verbraucht 
fer, Taſchenuhren, Edelfteine, Gold» und Silbergeraͤth, 

‚Die indirecten Gonfumtionsfleueen werben mittelbar von den 
der Staat hält fich in der Regel nicht an den Käufer oder 
den Verkäufer des befteuerten Genußmittel, und überläßt 
gehabte Auslage von feinen Kunden ſich wieder erfegen zu laſſ 
Abgaben dieſer Art find die Accife, der Licent umd der 

directen Gonfumtionsfleuern find ebenfo oft gepriefen als ı 
Xobpreifer derfelben führen zu ihrer Empfehlung an: 1) fie fi 
nahe unmerklich, weil er fie zugleich mit bem SPreife ber fe 
bezahle; 2) e6 hange gleichſam von eines Jeden eigner Will 
wenig oder gar nichts zu biefer Steuer beitrage; 3) die Ste 
‚gerade zu det Zeit entrichtet, wo er am beften im Stande fel 
fie Fönne wol von dem Einkommen der Bürger viel megnehn 
pital angreifen; 5) es finden bei der Einnahme nie Rüdfkdı 
wird von ber andern Seite behauptet: 1) die Erhebung ber ( 
tion die koſtſpieligſte von allen, befonder& wegen der davon bı 
Beſtechung der Beamten; 2) die Sittlichkeit leide dadurch 

Beitugs fei fo reizend, daß alle Lift für ihn aufgeboten wech 
dann leicht in wirklichen Diebſtahl über; 3) die Form der E 
bequem, daß felbft tedliche Staatsbürger ſich dadurch zur € 
taffen; 4) wenn diefelbe auf bie unenibehrlichſten Lebensbe 
koͤnne fie für die aͤrmere Glaffe der Bürger Höchft drüdend we 
laͤßt ſich dieſe Axt der Beſteuerung ebenfo wenig unbebingt ı 


Eontagium Gontarini (Geſchlecht) | 851 


umd ihre Umgehung hat nicyt Reiz genug, um die Gefahr ber Bes 
agen; ift diefelbe aber hoch, fo iſt fie nicht mehr verſteckt, der Conſu⸗ 
ich, durch den: hohen Preis abgefchredt, des Einkaufs, der Kauf: 
in Intereſſe, die Auflage zu umgeben; bie Verminderung bes Vers 
ndert zugleich das Einkommen des Staats; bie Nothwendigkeit, den 
hindern, vermehrt die Erhebungskoſten; was der Staat ſich dadurch 
ht weder im Verhaͤltniß mit dee Summe, welche die Steuerpflichtis 
och mit ben Entbehrungen, welche diefelben ſich aufzulegen gensthigt 
Megel aber follten es nur entbehrlicdhe Genußmittel fein, welche mit 
snöftener belegt: werden, unentbehrliche höchftens nur dann, wenn 
d vorausfegen läßt, baß der gemeinfte Arbeiter im Lande mehr vers 
Anfchaffung ber nothwendigſten Lebensmittel feiner Familie erfobers 
fi am Nothwendigen nicht abzugiehen brauche, fonbern durch Wer: 
iner Überflüffigen -Bebürfniffe die Abgabe aufzubringen vermäge. 
m folchen Fall eine Auflage auf unentbehrliche Gegenſtaͤnde, 5. B. auf 
fo braucht diefelbe deßhalb nicht von dem Brotverbraud) abgezogen zu 
Arbeiter wirb vielmehr immer diefelbe Maffe Brot forteffen, aber er 
weniger Branntwein trinken oder weniger Taback rauchen; es kann 
zruͤnde für die Finanzverwaltung geben, bie Steuer lieber vom Brote 
ick zu ziehen. Wenn daher der außunentbehrliche Beduͤrfniſſe gelegten 
teuer hin und wieder ber Vorwurf gemacht wird, daß fie den Arbeits⸗ 
alfo im Grunde von Denen bezahlt werben müffe, welche die Arbeiter 
dies nur infofern richtig, als der Lohn ber Arbeiter kaum die noth⸗ 
Jürfniffe derfelben zu befriedigen hinreicht; in vielen Ländern aber, two 
inſte Arbeiter viele überflüffige Bebürfniffe von feinem Lohne ſtillen 
ch die arbeitende Claffe deßhalb nicht vermindern, weil fie eine Beine 
en unentbehrlichften Bebürfniffen zu tragen gendthigt wird. Bemer⸗ 
es jedoch, daß in Broßbritannien, two ber größte Theil des ungehenern 
ndes mittelft indirecter Conſumtionsſteuern gedeckt wird, die drin⸗ 
arfniffe des Lebens, namentlich Getreide und Fleifh, von aller Bes 
"ont bleiben, woraus der Schluß zu ziehen fein dürfte, daß ſelbſt in 
höchft bedeutende Summen burch die Befteuerung aufgebracht wer» 
die Heranziehung ſolcher Öegenftände zur Steuer bedenklich ſei. 
ıgium, f. Anftsdende Krankheiten. 
arini, ein edles venetianifches Geſchlecht. Domenico Con⸗ 
Doge von Venedig von 1043 — 71. Er baute die vom Patriars 
ileja verbrannte Stadt Grado wieder auf, und unterwarf bie empoͤrte 
— Jacopo E., Doge von 1275 — 80, Unter feiner Regierung 
Venetianer die Stadt Ancona, ihre Herrſchaft über das adriatifche 
tennen. — Andrea C., Doge von 1367 — 82. Die Genuefe 
‘er Pietro Doria 1379 Chiozza, und bedrohten. felbft Venedig; €. 
1380 diefe Stadt wieder ab und befrelete die Republik von ben eins 
ıncesco E., Doge von 1623 — 25. Sſtreich hatte Mailaud und 
nd erobert, und wollte ſich Graubuͤndens bemächtigen, um durch das 
ine Verbindung zwifchen den italienifchen Staaten des Königs von 
» den deutfchen Ländern des Kaifers zu gründen. Venedig, mit Lud⸗ 
n Frankreich, dem Herzoge von Savoyen und ben proteftaatifhen 
ıtons, kam den Graubuͤndnern zu Hüife. Das Waadtland warb 1624 
amen. — Carlo C., Doge von 1655 — 56. Lazaro Mocenigo, 
Republik, gewann anfangs Juni 1655 unter den Dardanelien ein 
Scetreffen gegen bie Türken. — Domenico C. Doge von 1659 — 
Jahren führte Venedig um den Beſitz der So Kanbia Krieg mit 
4 a 





——— — — 
and nach feiner Rüdtehe Genator in Venedig. Yanl IIL, 
Cardinaishut 1541 wohnte er als päpftiicher Legat den 
gensburger Reichstags bei, two er ſich fehr gemäßigt ben: 
der von den Proteftanten aufgeftellten 22 Artikel; welche 
Heß er diefe zu fich kommen, und ermahnte fie, den Völkern 
und Ehrgelz kein Ürgernip mehr zu geben, fonbern lieber 
befuchen, die Armen zu unterftügen, Schulen anzulegen 
nach Verdienft, nicht nad) Rüdfidftn u vertheilm. Mad 
er als Legat nad) Bologna gefandt imd ſtarb daſelbſt 154: 
‚geb. in Venedig 1549 und geft. 1605, einer der berühmte 
arbeitete in Tizian’8 Styl, und war vorzüglich flark in dı 
malen, wie man dies an feiner Auferftchung in &.-Serncei 
fehen kann. — Vincenzo E., geb. zu Venedig 1577 un 
iehtter, ber in fo großem Rufe fland, daß der Magifkrat i 
der bafigen Univerfitäet zu behalten, Linen außerordentlich 
und latein. Beredtfamkeit für den 26jährigen C. errichtete. 
dafelbft. — Sim one C., geb. in Venedig 1563 und gel 
Procurator von &., Marco, war venetian. GBefandter beim 
bei Philipp Il⸗ von Spanien, bei Mohammed ILL. in Konſt 
Paul V., beim Kaifer Ferdinand IL, und ward bann Pro: 
As folder machte er noch eine Relſe in Angelegenheiten des 
timopel. Als 1630 die Peft in Venedig müthete, "wollte er 
fen, um bie bei einem Übel dieſer Art fo nöthige Ordnung 3 
. Eontat (Bouife, Frau von Parnp, auf dem Then 
Ramen Demolfelle) , eine berühmte franz. Schaufpielerin. 
Schaufpielfunft und Pariſer Theater.) 

Eonts (Nicolaus Jacques), Künftter, Mechanik 
St.Emery, unweit Serz, 1755, geft. 1805, widmete 
Malerei. Schon im 18. Jahre malte er mit vielen Gluͤcke 
dlum der phyſikaliſchen und mechantfchen Wiffenfchaften zu 
Mode einer von Ihm erfandenen hybrauliſchen Mafchine 


Gontemplation Gonteffa der Süngere 858 


mals erfand er eine treffliche Art von Blei⸗ und Zeichenfliften und gründete 
:e große Manufactur, bie noch jegt ganz Frankreich damit verſieht. Späs 
er, nebft andern Gelehrten, zu der Expedition nach Ägypten berufen. Hier 
auf dem Pharus zu Alerandrien binnen zwei Tagen Öfen zu glühenden 
yer, wodurch die englifchen Schiffe, welche durch liberrumpelung die Stadt - 
ehmen können, In geböriger Entfernung gehalten wurden. Dann errichtete 
vodie nöthigen Werkftätte für die Bebürfniffe des Heeres an Waffen u. dgl., 
ch Windmuͤhlen, Maſchinen für die Münzen von Kairo, für die orien 
Druderei, für die Pulverfabrication und verfchiedene Gießereien. Stahl 
bel, gefirnißte Leinwand, Pappe ıc. wurden in feinen Werkſtaͤtten gefere 
x vervolllommmete bie Brotbäderei, verfchaffte die Exfoderniffe für die 
er, mathematifche Inſtrumente für die Ingenieurs, Glaͤſer für die Aſtro⸗ 
Vergrößerumgegiäfer (Loupen) für die Naturforfcher, Stifte für die Zeich⸗ 
3 Alles, was zu einer folchen Unternehmung in einem folchen Lande nds 
d. In kurzer Zeit verdankte man ihm audy einen Telegraphen, obgleich 
richtung in diefer heißen Atmofphäre unendliche Schwierigkeiten hatte. 
Intemplation Geſchauung), die innere, geiftige Anfchauung ober 
ung, vermöge deren ber Geiſt, allen dußern Eindruͤcken entzogen, mit 
nnern erfheinenden Bildern und Begriffen befchäftigt ift. Vorzugsweiſe 
ſo der Zufland genannt, wenn er anhaltend iſt, wenn man alfo bei ben Er⸗ 
ven bes Innern lange verweilt und fich gleichfam in fich felbft verſenkt; 
an es Segenftände dee überfinnlihen Welt find, oder das Verhaͤlt⸗ 
nnlihen zur überfinnlichen und ihr Untergang in jener es iſt, was der 
ſolche Weife vorftellt und anfchaut. Dieſes Betrachten wird auch v.elfady 
igentlich Religiöfe gehalten, und wurde ed befonders bei den orientalifchen 
In ihrem Klima und ihrer Philofophie liegt der Keim zum befchaulichen 
ad von ihnen wurde e8 auch im 3. Jahrh., mit den gnoflifchen und neus 
yon Ideen der Erhebung uͤber die Sinnenwelt bereichert, in bie chriftliche 
uͤbergetragen, bis er ſich endlich ducch das Mönchswefen verkörperte. In 
ltlich gefinnten Zeitalter voilf man dagegen von einer Sammlung des Ges 
ſich ſelbſt, weldye nmer die Contemplation vorausfegt, gar nichts wiſſen. 
nteffa der Älgere (Chriſtian Jakob Salice⸗), geb. zu Hirfchberg ben 
‚1767, Commercienrath dafelbfl, gab mit feinem Bruder „Dramatifdye 
Erzählungen” heraus, ſchrieb Beittäge zu dem, Schleſiſchen Tafchenbuch” 
Sein Roman: „Der Kreiherr und fein Neffe” (Breslau 1824) if ein 
Bild unſers durch politifche Anfichten in ſich entzweiten gefelligen Lebens. 
u Liebenthal in Schlefien d. 11. Sept. 1825. 
nteffa der Jüngere (Karl Wilhelms Salices), Novelliſt und Luſt⸗ 
€, geb. d. 19. Aug. 1777 zu Hirſchberg in Schlefien, erzogen auf bem 
um in Halle, ftudirte von 1797 — 1801 in Halle und Erlangen, 
ı in Weimar und Berlin, bis er nach dem Tode feiner Gattin zu feinem 
Houwald nad) Sellendorf in die Niederlaufig 309, und demſelben fpäter 
haus bei Lübben folgte, um feinen Sohn mit den Kindern feines Freuns 
iehen. Ex fchrieb Heine mit Beifall aufgeführte Luftfpiele: „Das Räthfel”, 
erbrochene Schwäger”, 1809, „Der Fuͤndling“, „Der Zalisman”, 1810, u. 
gen. Mit ſ. Bruder C. d. Kitern gaber 1811 fg. „Dramatifche Spiele u. Er⸗ 
(2Bde.), u. 1818 zwei Erzählungen: „Das Bild der Mutter’ (vom ihm 
„Das blonde Kind‘ heraus; mit Fouque u. Hoffmann „Kinbermärdyen”‘ 
16 fg., 2 Bde.);dann erfchienen von ihm 2 Bdchen Erzählungen”, Dresden 
Jeltraͤge zu Müllner’s „Dramat. Almanach“ u.f.w. Er flarb zu Berlin 
11825. Hoffmann hat dieſen Dichter, der auch als Lanbfchaftsmaler 
zute Bild entworfen bat, und fein anſpruchslos gutmuͤthiges Wefen in 


„ iextt Gontinentalfyften | 


- um re dem Namen Spivefter, meiſterhaft guy, | 
= — 2 m Burke 1826 heraus. . 
mer Fine, Abbate), ein venetianifcher Patricier, geb.ufer - 
-— 070% we 2 nematifhen Korfchungen Newton's Aufmetfumitef ' 
“= x ne ortiichen Stand aufgegeben, weil er nicht Beichte fitenme, ° 
Ts ıe 1715 nad) London, wo er auf Newton's Antrag ww r 
"el. 7. Sesliguft aufgenommen ward, und in den Streit zwiſchen ta F 
- = Ten vemFelt, durch da Beſtteben keinem zu mißfallen, king 
2:2 ru rin den Beſitz einer Handfchrift gekommen, die Nest. 
>= ze :: Anmareng enthielt. Durch Conti's Mittheilung Eam fie in Frraff‘. 
=> 17 dem: BSatfen Noten befannt machte. Newton nannte dies rn if" 
-mm:ı Burtichkeitzmung C. 1726 den mildern Himmel ſeine Material * 
-wucee E irtie meiftens zu Venedig, ganz feinen Literarifchen und ind } 
+ u.2.Fummaem hingegeben. Bon den 6 Bänden feiner Werke, die aha} 
zus mut. find nur die beiden erfien erfchienen (Venedig 1739, &); 
-. mn. langes Gedicht: „Il Globo di Venere”, das platonifhe Fam 
-> Zr werfinnlichen follte. Nach Conti’ Tode (1749 zu Patua) eilt 
> a 8 rens vier ſ. Zrauerfpiele („Junius Brutus”, „Caͤſar“,  Mamii® 
= 2, Deufus”), die nicht dazu beitrugen, feinen dichterifchen Werth afrail 
set u een. In C.'s Werken erfannte man überall mehr den abſttera DB 
fr =» Sen geſtaltenden Dichter; und feiner Sprache macht man da Be ' 
ze 28 Se bei aller Kraͤftigkeit doch keineswegs frei von fremdarhyn 3 
gr. sum. dl. 
Ssarinent, Das, was ununterbrochen zufammenhängt. 
Se inıcen Maſſen Landes auf dem Erdkoͤrper, zum Unterfchiede von den JM 
s E Ir Continent, das Feſtland von Amerika, d. h. der ganze Welttheil mit 
ngure Ir Infeln. 
Sentinentalfyftem, der Plan Napoleons, England von ale 
Amtum: mit dem Feſtlande von Europa auszuſchließen. Aller Handel mit 
wer Vaaren und Producten warb wie jeder andre Verkehr mit den 
Kar verboten, um England auf diefe Weife zum Frieden und zur An 
Ns m werechter Frieden aufgeftellten Seerechts zu zwingen. Seit längere 
wir mumlich zwiſchen den feefahrenden Nationen tiber die Rechte ber 
Runue cin heftiger Streit geführt worden, der folgende Streitpuntte ital: 
Node frei Schiff frei Gut oder nicht? 2) Macht unfrei Schiff unfrei Ga M 
ne! 3) Wie weit erſtreckt ſich das Necht der Eriegführenden Mächte, werd 
AaF: zu viſitiren, wenn fie ohne oder wenn fie unter Convoy fegein? 9 8 
ſRM Eexvcontrebande zur See, und wozu berehtigt fie? 5) Wie weit erfredt | 
za Terinif, Örter in Blokadeſtand zu erflären? und endlich 6) Iſt ein Hank 
we va Neutralen in Friedenszeiten verboten mar, ihnen im Kriegszeiten erlan 
ar dorfen die Neutcafen den Handel mit den Golonien der kriegfuͤhrenden RM 
Airedun oder nicht? In ber Beantwortung jeder diefer Fragen, die für den © 
nei der Neutralen insbefondere von der höchften Wichtigkeit find, wihen 
awsen Zeiten die Engländer nicht nur von den Neutralen, fondern auch gewoͤh 
un den minder mächtigen Seeftaaten, mit denen fie In Kriege verwickelt wa 
weut ab. Doch nicht England allein feßte fich in eine ſolche Oppofition 4 
ur Scendſaͤde der Neutralen, fondern auch Frankreich; andre Seemäcte the 
ut. fodatd fie ſich ſtark genug fühlten, ihre Prätenfionen durchführen gu! 
a SEo ward allmälig von der überwiegenden Seemacht der Grundſas brikit 
ai OR made frei Gut, und das neutrale Gut warb immer feltener im fein 
an Saiffen reſpectirt; man hatte fich das echt angemaßt, nicht nur einn 
PL. :- u SE ſondern auch ſelbſt folche, die in Flotten unter Comm 


13 fi 














ur 





Continentalfpflem 855 


fegelnd angetroffen wurden, zu viſitiren, ohne fich mit dee Einficht ber 
iere oder der bloß münblidyen Verficherung des die Eonvoy commandirenden 
3, daß diefeibe keine Contrebandewaaren am Bord habe, begnügen zu wol⸗ 
e Begriff der Kriegscontrebande warb nicht bloß auf Waffen und Kriege 
nn oder auf fogenannte directe Gontrebande, fondern auch auf bie indirecte, 
Falle Segenftände, aus denen Waffen und Kriegemunition leicht verfertigt - 
Eönnen, ja felbft auf die zufällige Eontrebande ausgedehnt, unter welchem 
Ausdrude man alle unter beiden angeführten Kategorien nicht begriffene 
x verfteht, die vielleicht unter befondern Umſtaͤnden der andern kriegfuͤhren⸗ 
ıcht vorzüglich unentbehrlich fein möchten. Immer allgemeiner aber war 
ınbdfag geworben: man fel berechtigt, jede Art von -Eontrebande, oft fammt 
Hiffe, welches fie führte, zu confisciren. über den Begriff und bie Aus⸗ 
g der Blokaden waren gleichfalls neue Ideen in Umlauf gelommen. Waͤh⸗ 
Neutralen und nachmals auch bie minder mächtigen Eriegführenden See⸗ 
behaupteten, eine Blokade inne nun gegen einen beflimmten Plag oder 
gerflügt werben und berechtige nur dann zum Confiscation dee Schiffe, welche 
che Blokade zu brechen verſuchen möchten, wenn eine hinreichende Anzahl 
tier Kriegsſchiffe das Einlaufen in den Hafen abmehren könne, dehnten die 
ber, vorzüglich im der neuern Zeit, nicht nur den Begriff einer Blokade auf 
ingen von Fluͤſſen, ja felbft auf ganze Küjten und eänder aus, fondern bes 
en auch, nicht nur das bloße Vorhandenfein von Kreuzen, fonbern felbft 
aſtniche Erklaͤrung reiche zur Conſtituirung eines foldhen Blokadezuſtandes 
Endlich kam felt 1756 auch die Frage in Anregung: ob die Neutralen ben 
a Frledenszeiten verboten gervefenen Handel mit den Colonien des Feindes 
Welten führen dürfen, wenn der Befiter der Colonien ihnen dies geftatte? 
b dies verneinten die Engländer aus dem Grunde, weil ein folder Handel 
'eindliches Beſitzthum und als die Beute des Siegers anzufehen fei, den bie 
len baher fo wenig wie irgend ein andres feindliches Eigenthum zu ſichern 
viren. Diele Behauptungen, welche England in neuern Zeiten beinahe 
ıffteNte, da alle andre Seemaͤchte zu ſchwach waren, ſich ihm mis Gewalt 
rſetzen, waren größtentheil® Folgen feiner zur See erlangten Übermacht. 
van aber, wie ed zuging, daß England dieſe Herrſchaft zur See erlangte, To 
ntroort feine andre, ale daß Frankreich felbft es war, das ihm dazu verhalf, 
z durch immer erneuerte Ufurpationen auf dem feften Lande England zu eis 
mahe ununterbrochenen, Wjaͤhrigen glüdlihen Kampfe zwang, ſodaß 
Beſiegung aller feiner Feinde beinahe als die einzige Seemacht in Europa 
Ob aber ein folcher Principat zur See wirklich fo gefährlich fei, daß das 
je getwaltfamften und zerftörendften Maßregeln ergriffen werben mußten, 
eht man leicht bei genauerer Beleuchtung den volllommenen Ungrunb ein. 
a Handel drückte dieſer Principat, und auch dies nur im Kriege; er vers 
einige Artikel des Luxus; tie aber Eonnte er bie politifche Unabhängigkeit 
ionen gefährben, wie, gleich der Präpotenz einer Gontinentalmadıt, Stans 
ichten und Europa in Feſſeln ſchlagen? Obendrein trafen diefe Übel die 
n des Continents nur in Kriegszeiten, denn in Sriedenszeiten erlaubte fidy 
ı nie Bedruͤckungen gegen den neutralen Handel; boch felbft im Kriege 
nan ihm größtentheild nur dann biefen Vorwurf, wenn man den Seekrieg 
: Stüden nad) den völkerrechtlichen Regeln des Landkrleges beurtheilte. 
ber find weſentlich von einander verſchieden; die in dem einen geltenden 
koͤnnen keineswegs unbedingt auf den andern angewandt werden. Go iſt 
Agemeine, wenigſtens anerkannte, wenngleich nicht immer befolgte Regel 
kriegen, daß das Privateigenthum des Feindes geſchont werben möüffe. 
nan aber biefe Regel unbedingt auf den Seekrieg uͤbertragen, role Frank⸗ 


[4 


856 Continentalſyſtem 


reich ed verlangte, fo wuͤrde dieſer in den meiſten Faͤllen vollkonmen lufe 
den. Wie fol z. B. England In einem Seekrtiege gegen Frankreich, na 
beffen wenige Golonien erobert, deſſen Kriegefletten vernichtet hatte, \ 
überhaupt noch Schaden zufügen, fobalb das Privateigentbum allgemein 
werben muß? Wollte man in diefem Kalle bie einzig mögliche Art, Zeit 
ten zu üben, naͤmlich das Privateigenthum gleidy dem Staatseigenthun 
nehmen, ausfchlichen, fo würde der Krieg von felbft aufhören. Aus 
Grunde kann auch die neutrale Slagge in Seekriegen nicht gleich unbedir 
Friedenszeiten vefpectict werden. Wäre dies der Fall, fo würde bie ẽ 
minber mächtigen Eriegführenden Staats von allen Meeren verichwinden, 
bie Neutralen den Handel deffelben unter ihrer Flagge ungeftöct forttei 
wie follte man hier je Betruͤgereien verhindern? Die Neutralen felbft cd 
daß fie nicht befugt find, in Kriegszeiten mit Contrebanbewaaren Hand 
ben; nur über den Begriff derfelben wird gefttitten, dagegen abır un 
Freiheit von Vifttationen und Anerkennung des Principe: Frei Schiff 
Gut. Allein das Leptere kann England aus ben angeführten Gründe 
geben, fo lange es fo mächtig ift, daß es bei einem jeben entflandenen 
bie Flagge feines Feindes von allen Meeren verfcheuscht, und ebenfo wem 
flere; denn wuͤrde nicht unter dem Schuge der Freiheit von Wifitatione 
von Gontrebandehandel ungeftört von ben Neutralen fortgetrieben werd 
Die Neutralen, vor allen aber Frankreich, beklagten fid) über das we 
auf ganze Küflen und Länder ungebuͤhrlich ausgebehnte Blokadeſyſt 
bier fragt ſich dennoch wieder, ob England nicht mächtig genug war, 

Küften und Länder im Blokadezuſtande zu halten, und war dies der J 
dies durchaus nicht von der Blokade eines einzelnen Hafens verſchiede 
Bonaparte Repreffalien gegen England ergriff, wie er es nannte; fo 
nicht auf England, fondern auf die Neutraien, deren Handel zerftört ı 
rend der von England vernichtet werden follte. Frankreich verlangte, 

folle feine Häfen den Engländern verſchließen, weil England die Freihei 
und die Rechte des neutralen Hanbels nicht anerlenne, und jeder Stan 
habe, die Unabhängigkeit zu ſchuͤzen. Allerdings ift diefe leptere Beha 
richtig, allein Bein drister Staat ift befugt, Aber die Art und Weiſe ihre 
Rechenfchaft zu fodern; nur gegen ſich felbft hat jeder Staat die V 
nicht gegen einen beitten, und es war eine Anmaßung fonder Gleiche 
Frankreich hier zum Vormunde aller andern Staaten aufwarf, — Fra 
bis auf diefe Zeit die Rechte der Neutralen, fo oft es irgend Eonnte, 
ebenfo groͤblich verlegt hatte ald England. Durch bie gänzliche Verſch 
Häfen des Continents für den Verkehr mit England, durch die geſche 
tegeln gegen allen Handel mit engliſchen Producten und Waaren wolli 
land zum Nachgeben zwingen ; daher mußten alle Nationen des Conti 
irgend eine Ruͤckſicht auf ihre befondern Verhättniffe, ein gleiches Bet 
England beobachten, d. h. die Vernichtung ihres eignen Handels und 

Wohlſtandes ward die unerläßliche Bedingung der Fortdauer eineg fı 
Friedens mit Frankreich. So unterbrüdte Napoleon das unbeftrei 
eines jeben neutralen Staats, mit andern in Friede und Freundſch 
und frei mit ihnen zu vertchren. Indeß verſprach man ſich in mand 
die uͤberwiegendſten Vortheile von diefer Handelsfperre mit Englanl 
Handels im Innern; — als ob dba viel zu handeln wäre, wo Beine Na 

dem Überfluffe iſt, der nur erft durch die Ausfuhr zur See feinen & 
Dan verfprady ſich Aufvlühen der eignen Manufacturen und Fabriken, 
die rohen Stoffe entzogen wurden, und die am Ende in den mehrſten 
gleich, theurcz arbeiteten als bie englifchen; endlich Verhuͤtung des W 





Gontinentalipftem . | 857 


“4 und baburd; unausbleiblicher Verarmung. Allein viele Fahre hatten . 
aten bereitö mit England Handel getrieben und noch waren fie nicht ver 
s fi ſchon daraus ergab, dag fie überhaupt noch mit Englänbern handeln 
denn daß mit einem völlig verarmten Lande Bein Handel moͤglich iſt, 
vol nicht erft bewiefen zu werben. Und bennod) mußte Napoleon bald 
ven, daß er feinen Zweck, bie Vernichtung Englands, durch dieſe Handels: 
geblich zu erreichen hoffte; defto fchmerzlicher für die übrigen Staaten Eus 
ie eine falfche Berechnung der franz. Staatstunft mit Entbehrungen aller 
einem toefentlichen Theile ihres Wohlftanbes besahlten. So berubte das 
talfpftem auf der grundfalfchen Vorausfegung, ber europäifche Händel ſei 
je Quelle von Englands Reichthum und damit zugleich von Englands 
Allerdings war er bis dahin eine Hauptquelle, wenngleich nicht die eins 
fm. Als aber Europa durch den fortdanernden Drud und die Verwuͤſtung 
jes verarmt war, fo verlor e8 auch die mercantilifhe Wichtigkeit, die es 
England gehabt hatte; Englands Capital und Induſtrie wandten ſich 
ern Weltgegenden, wo man nichts von einer Freiheit der Meere wußte, bie 
del die ſchwerſten Feſſeln anlegte, und nichts von Rechten der Reutralen, 
von allen Dleeren verfcheuchten. In den erſten Augenbliden konnten 
I die von Bonaparte ergriffenen Maßregeln eine fcheinbare Stockung des 
und der Gewerbe in England hervorbringen ; allein bald fanden dieſelben 
naͤle, und England bewies unwiderſprechlich, daß troß der Jahre lang fort» 
Verſchließung beinahe aller Häfen Europas dennoch fein Handel und feine 
ch ungefchwächt erhielten. Bonaparte felbit erkannte dies zuerſt oͤffentlich 
m er durch die Exrtheilung von Licenzen feine eignen Maßregeln unwirkſam 
ju gleicher Zeit aber von allen andern Staaten ſtrenges Beharren in diefen 
n Maßregeln verlangte. 
? Sefchichte bes Continentalſyſtems beginnt mit bem Decrete von Berlin 
Nov. 1806, durch welches die britifchen Inſeln zu Waſſer und zu Laube 
bezuftand gefeßt, aller Handel, Verkehr und Correſpondenz mit ihnen vers 
der Engländer, ohne Ausnahme, der ſich in einem von franz. Truppen oder 
zbündesen befegten Lande betreffen laſſe, für Eriegsgefangen, jede Ma⸗ 
le Waaren und Eigenthum von jeder Art, die einem Engländer zugehoͤr⸗ 
gute Prife erklärt, aller Handel milt englifhen Waaren aber durchaus vers 
tde. Kein direct von England oder von den engl. Colonien herkommendes 
der welches dort feit der Publication des Decrets gewefen, ſollte in irgend 
afen zugelafien, alle Schiffe aber, bie durch falſche Declarationen biefe 
mung zu umgehen fuchen würden, follten fammt ihrer Ladung gleich dem 
yenthume confischet werden. Als Gründe wurben angeführt England 
as von polichtten Nationen befolgte Völkerrecht nicht an; es behandle 
um feindlichen Staate zugehörende Individuum feindlich, felbft die Manns 
er Danbelsfchiffe mache es zu Kriegsgefangenen; es behne das Recht der 
ıg auf Handelsſchiffe und Privateigenthum, und das Recht der Blokade 
t befeftigte Häfen und Plaͤtze, auf Mündungen der Fluͤſſe, ja fogar auf 
ften und Reiche aus. Indeß waren biefe Verfügungen Englands größe 
von jeher in den Seektiegen allgemein gebräuchlich geiwefene Maßregeln, 
Ereich felbft, fo lange ed nur Eonnte, in ihrer ganzen Strenge befolgte. 
fäumte nicht, gegen das Decret von Berlin Repreſſalien anzuorbnen, und 
tdurch eine Geheimerathöverordnung vom 7. San. 1807, durch welche 
stealen Schiffen verboten ward, von einem Hafen nach einem andern zu 
venn diefe Häfen Frankreich oder deſſen Verbuͤndeten zugehoͤrten ober fo 
e deſſen Eontrofe ftänden, dag die engl. Schiffe nicht frei dorthin handeln 
Jedes neutrale Schiff, welches diefe Vorſchriften verlegen wuͤrde, folfte 


858 Continentalſyſtem 


ſammt feiner Ladung confischt werben. Noch ungleich druͤckender fürt 
Ir Handel ward eine zweite engl. Verordnung vom 11. Nov. 1807, 

wurden nämlich alle Häfen und Plaͤtze von Frankreich und deſſen Allijr 
ropa und den Colonien, ſowie überhaupt ein jedes Land, mit dem € 
Kriege begriffen und von dem die engl. Flagge ausgeſchloſſen fei, denf 
ſchraͤnkungen unterworfen, als wenn fie aufs ſtrengſte blokirt wären; 

dei mit Waaren und Producten folder Länder ward fire verboten und di 
brauchten Schiffe ber Confiscation für unterworfen erklaͤrt, ſowie aud) ı 
gem Schiffe, die mit feindlichen Urfprumgscertificaten verfehen fein moͤch 
andra Gehelmerathäverorbrumg erklärte zugleich den Verkauf von & 
Seiten der Kriegführenden an Neutrale für geſetzwidrig und bie beabſich 
teagung des Eigenthums für ungültig. Allein kaum waren diefe Befehl 
als auch von franz, Selte neue Mepreffalien erfolgten. Durch ein 2 
Maitand vom 17. Dec. 1807, das durch ein zweites aus dern Tuilerie 
San. 1808 noch gefchärft wurbe, ward durchaus jedes Schiff, von weid 
es auch fein möge, welches von einem engl. Schiffe vifitiet worden, od 
Fahrt nach England unterworfen, oder irgend eine Abgabe am die engl.! 
bezahlt habe, fir demationalifirt und eben dadurch für engl. Eigenthu 
dergleichen denationaliſirte Schiffe aber follten in jedem Falle, ſowie au 
gen, welche bie gegen die britifchen Infeln verfügte Blokade gebrodyen, 
Hafen Englands oder feiner Colonien oder eines von den Englaͤndern bei 
bes ausgelaufeis oder nach einem ſolchen beftimmt wären, für gut: R 
fehen werben. Um ben engl. Handel deſto ficherer zu vernichten, erſh 
Aug. 1810 der Tarif von Trianon fir die Colonialmaaren, der buche 
Decret vom 12. Sept. deſſ. J. nody mehr ertweitert wurde, reoraufne 
Det. deſſ. 3. das Decret von Fontainebleau über die Verbrennung aller e 
zen folgtes — Decrete, bie auch in allen andern mit Sranfrei in X 
ſtehenden Staaten, mit mehr oder weniger Mobiftcationen, vollzogen w 
tn. Dies. war das berüchtigte Continentalſyſtem, welches alle Staat 
tinents in die gefpanntefte Lage und den Handelsſtand zum Theil ing 
genheit brachte. Indeß erhoben fich viele Fabrikzweige bes feften Landes 
theil der englifchen. Dagegen fliegen die Preiſe ber Colontalmwaaren zu ı 
ordentlichen Höhe, wobei einzelne Kaufleute viel gewannen, die gewoh 
welfe der gebilbeten Claſſen bet ſehr empfindlich geftstt wurde. D. 
roilligften ertrug der Continent die gänzliche Trennung von einem hot 
Volke, das durch alle Bande der Cultur an Europa fo feft geknüpft m 
Bereifung des Weltverkehrs der hoͤhern Gefelligkeit war ein unnatuͤrlich 
der auf die Laͤnge nicht dauern Eonnte. Als daher die Riefenplane des 
zulegt in Rußland und in dem Herzen von Deutſchland Ihr Grab fich | 
ben hatten, da fiel auch das Continentalſyſtem in fich zufanımm. 
bat dieſes Wort keinen andern Sinn, als inwiefern bamit die abmeid 
tung des politifchen Soſtems der europäifchen Continentalmächte von d 
ber erfien Sees und Handelömacht bezeichnet werben kann. Bisher h 
weichung fi nur hier und da in dem verfchiebenen Hanbelsinterefle d 
des feften Landes gezeigt, und namentlich bat Rußland dem engl. Yabri 
nen Markt ſehr befchränkt; allein in Anfehung des duch den wien 
aachner Congreß vorgezeichneten Charakters ber allgemeinen euroräifdy 
kunſt beat, fo lange Lord Londonderry die auswärtigen Angelegenheit: 
leitete, Beine Verſchiedenheit zwiſchen dem politifchen Syſtem ber Contin 
and bem von Großbritannien fich bemerkbar gemacht; erſt in Anfehum 
ſchen Frage iſt auf dem Congreffe zu Verona Canning's Politik von | 


Eontineniagghite, Oſtreich, Preußen und Rusland, ganz abgewich 





Contingent Contorniaten 869 


digen Gang, dem britiſchen Intereſſe gemäß, gewählt. Seit 1825 
als ob auch Frankreich ſich England mehr näherte; iſt dies ber Fall, 
on einem Continentalſyſtem kaum noch die Rede ſein. 

ngent heißt derjenige Theil des deutſchen Reichsheers, ben ehemals 
‚öftände zu Reichsktiegen ſtellen mußten. Es gründete fich auf eine 
n 1521 (Wormfer Matrikel), wo die Reichsſtaͤnde zufammen 28,000 
3 und 12,000 M. zu Pferde bewilligten. Da fpäter mancher Ausfall 
de bei Reichskriegen das Doppelte, Dreifache, zulegt das Fünffache 
1. Kleine Reichsftände gaben oft Geld, ſtatt der Mannfchaft. Die 
s rheinifchen Bundes ſtellte für die den Bund bildenden Reichsfuͤr⸗ 
ichtung auf, nad) welcher auf 150 Einwohner 1 Dann geftellt wur⸗ 
im deutſchen Bunde erhöhet worden. Das Contingent, oder bie 
ellenden Mannfchaft, beträgt nämlich beim Simplum auf 100 See⸗ 
ann. Melt nun dee ganze Bund, nad) den Angaben der eingeinen 
30,095,054 Menfchen zaͤhlt, fo ift das Simplum des Bundesheeres 
Truppen alfee Art, in 10 Armercotps, von: denen Preußen und 
3, Balern 1, und die übrigen Staaten gufammaf 3 ſtellen. Die 
‚ebene Volkszahl der Bundesſtaaten gegruͤndete Matrikel ward, als 
Mannſchaftsſtellungen und für die Geldleiſtungen, provlſoriſch wur’ 
:e angenommen ; es tft indeffen biß jetzt babel geblieben. 4 
Yrniaten (Contorniati), alte Münzen, bie lange ben Fleiß ber 
n befchäftigt Haben und zu den Seltenheiten der Cabinette gerschnet 
beftehen aus einer biinnen Metallplatte (nicht aus zweierlei Metallen, 
ehmen) mit flahem Gepräge, haben aber das Eigmthlmtiche, daß 
‚iten an ber Stelle, wo bei alten Münzen oft ein Perlenkranz rund 
r eine Furche mit dem Grabflichel einyegraben iſt. Diefe ausgehoͤhlte 
Contorno) mag ihren Namen veranlaßt haben. Ein andres charak⸗ 
ichen echter Contorniaten find die in eins gezogenen Buchſtaben EP 
denen noch Beine genügende Erklärung fi) auffinden ließ, neben mans 
uͤckten Zeichen, am häufigften Palmzwelgen, deren Vertlefungen ſehr 
r ausgefüllt find. Auch fie find von einer zweiten Hand beigefügt und 
ſich dadurch wefentlich von den fogenannten Monogrammien dr Münzs 
hneln den signis incusis (Contremarques) auf roͤmiſchen Medaillen. 
aten find von Bronze, und kommen in ber Größe den Großbronzen 
ini nad} der italien. Sammlerfpracdhe) gleih. Der Typus darauf iſt 
altig, die Arbeit roh und.die beigefügten Infchriften verſtoßen häufig 
f Münzen des Alterthums gebräuchlichen Curialſtyl. Ein Beweis 
nicht der Zeit der roͤmiſchen Kaifer angehören, deren Bild fie tragen, 
fpätern. Eckhel bequemt ſich in feiner mufterhaften Abhand!ung über 
ıten den Meinungen Morelli's und Mahrdel's, bie ſie in bie Zeit 
ind. Gr. bis Valentinian fegen. Ausgemacht ift, daS fie ohne öffente 
t gefdhlagen wurden, und da bie Alten keine Nachricht über ihre Ber 
ıterlaffen haben, fo innen nur Vermuthungen flattfindın. Die haͤu 
kommenden Zeichen von Rennbahnen, Palmen, bie Zurufe an Was 
bſt die Bilder der Kaifer Nero und Zrajan u. f. w. laſſen mol keinen 
fie für die Befucher der Eircusfpiele zu Rom und zu Konftantinopel 
ren, für deren Beluſtigung biefe beiden Kaiſer fo angelegentlid) ges 
Mahrfcheinlich wurden fie als Einlaßzeichen flr die Zufchauer von 
und Anordnern der Banden ausgetheilt. Die Bilbniffe der berühmten 
ı man auf ihnen findet, haben für die Itonographie darum wenig 
— genau nach den Originalen von unfertigen SrmpelfäneDern 


BU) 


860 Contour Contraft 


Contour, f. Umriß. 

Contrabaß, f. Bag und Beige. 

Contra-Proteſt. Wenn ein Wechfel nicht bezahlt wird, fo U ke 
Inhaber deffelben darlıber eine Notariatsurkunde aufnehmen, als Brig, Wir 
nichts bei ber Präfentation verfäumt hat. Diefes nennt man Proteft. Um 
ben Bezogenen, infofern er den Wechſel acceptirt hatte, nad) den Wehfegriag 
verfahren zu können, iſt in einigen Ländern ber Gebraudy, 3.8. in Helca, uf 
der Wechfel erft vom Inhaber dem Ausfteller zur Erftattung wieder peäfentirt fl 
muß. Weigert er diefe, fo wird darüber eine neue Urkunde aufgenommm, 
man Contra⸗Proteſt nennt, und nur auf den Protefl und ben Contra-Pretrk 
aldbann eine Wechſelklage gegründet toerden. Überhaupt alfo iſt ber ContePraf 
ber beim Ausfteller auf verweigerten Exfag aufgenommene Protefl. f 

Contrapunkt. Urſpruͤnglich wurbe darunter die harmoniſche 
von mehren Stimmen, vwoelche man zu einer Melodie fegte, verftanden. Ja 
Zeiten wurben nämlich die Noten bloß buch eine Reihe Punkte, auf 
Linien gefegt, angedeutet, und wenn. eine ober mehre Stimmen zur 
dazu gelegt werben follten, mußte gegen- eine ſolche Reihe noch eine ae, 
alfo gegen jeden Punkt nody einer gefeht (contrapunktirt) werden. In dee 
deutung heißt alfo der Gontrapuntt eigentlich nichts Andres, als bie 
Zuſammenſetzung, ober bie Kunſt des Sages felbft, mehre Stimmen 
zu vereinigen. In engerm Verſtande aber iſt er die befondere Art, chi gyfall 
ober erfundene Melodie mit andern Stimmen zu begleiten. Einfade 
meiner Contrapunkt Ift in diefem Sinne der muſikaliſche Sag, In dem de 
der höhern oder tiefern Stimme nicht mit einander vertaufcht wird. Riem 
Stimmen gegen einander verwechfelt und ohne Veränderung ihres Gange 
ohne Verlegung ber Harmonie höher oder tiefer gefegt werden, ſodaß z. B. de 
im Baffe, welcher vorher bie Discantflimme bloß begleitet, nunmehr biefe 
ſelbſt als Melodie bekommt, ober hingegen die vorige Melodie der Die 
mit dem Gange bes Baſſes, welcher vorher zur Begleitung diente, 
wird 2c., fo wird dies der doppelte oder vielfache Contrapunkt genannt. Bad! 
dem doppelten Contrapunkt benmach hauptfächlich auf die Verſetzung dereinen 4 
me in ein andres Intervall ankommt, fo gibt e8 ebenfo viele verfchiedene 
des Contrapunktes, als verfchiedene Intervallen zu einer ſolchen Verf 
Stimmen vorhanden find. Man hat baher den doppelten Gontrap:mit ia 
ambde oder None, in ber Terze oder Decime, in der Quinte oder Duodedi, 
der Dctave oder Decima quintau. ſ. w. Vollſtaͤndigen Unterricht daruͤbe ſi 
man in Kirnberger’s „Kunſt des reinen Satzes und bei Aibrechröberger. — 
Contrapunkt ift wahrfcheinlich zuerſt den Wallifern, Schotten und Srtäsben 
kannt gewefen. 

Contraremonftranten, f. Remonftranten und Gomaeti| 
im Art. Reformirte Kirche. 

Contraft. Daß entgegengefegte Dinge, neben einanber geflelt, 
wechfelfeitig in ein flärkeres Licht ſehen, iſt eine längft gemachte Erfahrung. | 
und glänzende Farben fcheinen neben dunkeln und ſchwachen noch höher und 
sender, ſowie die dunkeln neben ben heilen dunkler, bie ſchwachen neben sid 
den noch ſchwaͤcher. Das Fortissimo [halt ftärker nad) dem Pianissimo, I 
tönt leifer nach jenem, und eine plögliche &eneralpaufe nad) dem Fortis 
macht durch den Gontraft einen auffallenden Eintrud. Alte diefe Wirkunge 
Gontraftes find Längft befannt; dennoch hat es nicht gelingen wollen, bas # 
des Gontraftes genau zu beflimmen, wobei ein Haupthinderniß bie Berwechß 
beffeiten mit ber Antithefe war. Antithefe hat zwar mie dem Gontrafte ga 
das in beiden eine Zufammenftellung verfchiebenartiger Gegenflände flattfi 
En. ’ 










Contraſt 81 


w find ſie als entgegengeſetzte, in dieſem als aͤhnliche vereinigt, dort, 
he von einander unterſchieden, bier, ums verglichen zu werben. Die 
daher wirklicher Gegenfag, ber Contraft bloß Abflih. Der Gegenfas, 
efprechend fcheinende Dinge vereinigt, gewährt das Wergnügen des 
wird daher von dem Verftande, der Eontraft hingegen wird unmittels 
Sefühle beurtheilt, ſowie er fich auch bloß auf das Gefühl bezieht. 
aſt iſt nichts Andres, als Zufammenftellung zweier, auf das Gefühl 
egenftände (Geſtalten, Bewegungen, Töne, Charakter, Geſinnun⸗ 
thsbewegungen, Handlungen) zur Erhöhung oder Schwaͤchung des 
rucks in Vergleichung mit dem erflen. Ein folcher Contraſt ift ſchteiend, 
ergang aus einem Gefühle in das entgegengefeßte nicht allmälig und 
ftufen, fondern plöglich und unerwartet gefchieht; er wirkt dann abe 
widerlich und im Leben oft gefährlich. Wer würde einer zarten Freun⸗ 
richt vom Tode des Geliebten plöglich und unvorbereitet bringen wol⸗ 
nn gar in einem Augenbiide, wo ihe Herz der Freude bingegeben ift? 
er im Leben der zartere Stun fich firdubt, das wirb une häufig in ber 
!euten, bie vornehmlich aufs Überrafchen ausgehen, geboten. Ver⸗ 
twas von dem wahren Afthetifchen Contrafte, fo wuͤrden fie weder fo 
g mit unſern Gefühlen umfpringen, noch alle Arten der Äfthetifchen 
d bunt unter einander würfeln. Sie wollen durch Sontraft wirken, 
fi) bLoß in den Außerften Contraſten, ober wiffen bie mittlern, fanfs 
ı treffen. Um einen Tugendhelden zu verherrlichen, flellen fie ihm ein 
Ungeheuer an die Seite, dem Delden den Feigen, dem Schönen das 
Warum aber”, fragt Eberhard, „verfhmähen die großen Meifter dies 
Mittel? Sie wiffen zuvoͤrderſt, daß der aͤußerſten Contraſte nur wenige 
ı fie ſich alfo nur auf diefe einfchränken wollten, fo wuͤrden fle in ihre 
Einförmigkeit bringen, die ben Dichter ebenfo fehr einer ſchimpflichen 
teit des Geiſtes verdächtig machen als der ſchoͤnen Manntgfaltigkeit 
$ ſchaden würde. Hiernaͤchſt fühlen fie, daß ein poetifches Werk fo 
Gemälde durch die Außerften Contraſte hart wird. Sie kennen zu gut, 
je Maler, das Beduͤrfniß, durch ſchwaͤchere Unterfchiede und fanfte 
ı bie einzeinen Farben ihres Gemaͤldes einander zunähern, um in das 
choͤne Harmonie zu bringen, die wohlthuenber ift, als alles bunte Ge 
greliften Colorits. Sie ftellen alfo nicht Tugend und Laſter, Tapfer⸗ 
jheit, Liebe und Haß neben einander, fonbern fie fegen die eine Art der 
r Tapferkeit, der Liebe, einer andern an die Seite; der männlichen 
weibliche, der rauhen bie fanfte; die rohe Zapferkeit eines Ajax dem 
Mutbe eines Achilles und dem bebächtigen eines Ulyſſes; die väterliche 
»s bee mütterlichen dee Andeomache. Der Contraſt if die Quelle der 
b. h. des Zuſtandes, wodurch ein aus Unluſt ımd Luft gemifchtes Ges 
sied. Auf einer befondern Art des Contraſtes beruht aber auch die Lachen 
:aft der Vorftellungen (komiſche Kraft). Überhaupt aber dient ber Eon 
infoͤrmigkeit zu entfernen und die Mannigfaltigkeit.zu befördern. Aus 
htopuntte ift er vornehmlich im ber Theorie der bildenden Kunft genoms 
nan ihn dem bloß Symmetriſchen, das nur Steifheit hervorbringen 
zegengefeßt. Daher Contraſt bee Schatten und Lichter, Contraft im 
in der Charakteriſtik, in den bargeftellten Perfonen nad) Alter, Ges 
w., Inden Gruppen, in den Stellungen der Siguren, ja einer und 
gur, an welcher z. B. nicht beide Schultern und Hüften einerlei Höhe 
„das Haupt fi) gegen die erhobene Schulter neigen, der Arm berjenis 
an welcher der Fuß fich nach hinten bewegt, ſich vorwärts bewegen, das 
reinen, das Slache ber andern Hand fichtbar fein fol. Nur wenn des 


WURLFRUUSSUSIUHDLEMEE, [- BITCUMDAIAT 
Gontraviolen, f. Geige. 
Con tre⸗ Alt oder EontrasAlt, in der Tonkunſt, die I 
Tenor und Discant; auch Alt überhaupt genannt. 
Contrebande nennen wir ale Waaren, die gefi 
eins, ober aus einem Lande außgefahren werden. Es gibt 1 
deiscontrebande. Was Kriegscontrebande fei, beftimmen 1 
ten vorhandenen Werteäge, bie aber keineswegs uͤbereinſti 
vor dem Consolato del mare (f. Handelsrecht) der italieni 
war von mehren Mächten ihren Unterthanen verboten, dem 
führen. Durch Verträge und Verordnungen ber Eriegführ 
warb es nachher auch neutralen Staaten unterfagt, Kriegevori 
zu führen, und daher wurde der Name Gontrebande — cor 
wöhnlic. In der Folge behnte man den Begriff auch auf fold 
aus Kriegsgeräth gemacht werben konnte. Alle Übrigen Bat 
gegen, auch wenn fie dem Feinde ſehr nuͤtlich fein knnten, al 
Lebensmittel, Geld u. f. w., galten, außer wenigen, durch 
beftinmten Ausnahmen (5.8. im Vertrage zwiſchen Spar 
1604, zwiſchen England und ‚Holland 1654 u. a.), für freie 
ſter Zeit dem Begriffe der Kriegscontrebande eine unerhörte 2 
wurde. Mehre kriegfuͤhrende Mächte erlaubten ſich bei dem 
gen Jahrh. ausgebrochenen Kriege einſeitige Erklaͤtungen daı 
England und Rußland, melde verlangten, daß Frankteich au 
neutralen Mächten zugeführt werde, und England verfuhr ı 
bietatorifcher Wilke, Indem es 3. B. gefalgenes Fleiſch fir C 
unter dem Vorwande, daß es nur für Garnifonen und Schi 
ſtimmt fein tönne. Über Hanbelecontrebande beſtimmt jeber ei 
meift nach dem Grindfage, Nichts einführen zu laſſen, ma 
Menge erzeugt, und Nichts auszuführen, was nicht ben eigne 
Eontregarde (Compreface), in der Befeftigungskun 
das in Form einer Fiedhe vor ben Facen einer Baflion, zumei 
Mavelin ober anderm Werke lieat, und den Zweck bat, bie Ku 


Controie Convent 868 


eroberter Laͤnder von dem Felnde aufgelegt wird; 2) bie In Kriegszeiten 
Regierung den eignen Unterthanen aufgelegte Steuer, um bie vergrößers 
atsbebürfniffe damit zu beſtreiten; 3) in manchen Ländern die fländige 
euer, welche urfprünglich eine Kriegsſteuer (wie Nr. 2) war. 
ontrole. 1) Doppeltes Regifter aller Ausfertigungen in obrigkeitlichen 
imtern ober in Kanzleien, um biefelben ficher zu erhalten und Retrug zu 
n. 2) Doppelte Rechnung, von einem zweiten Rechnungsfuͤhrer geführt, 
chnung, daher: Gontroleur, Gegenfhreiber, ein Auffeher, ber bei öffent- 
nnahmen und Ausgaben Dasjenige, was der Eaffenvorfleher einnimmt und 
‚ zugleich in fein Buch oder Gegentegifer einträgt, ſodaß Beider Bücher 
‚gifter mit einander Abereinftimmen muͤſſen. 3) Überhaupt ein Megifter 
gebud). * 
ontroverfe, Streitſache, Streitigkelt, beſonders in ber Religion. 
overspredigten, Predigten, in welchen die Glaubenslehren antırer Reli⸗ 
tteien beftritten werben. Status controversiae, ins Proceß bie Aushebung u. 
lung ber eigentlichen Streitpunkte. Dies ift im preuß. Proceß der wichtigfte 
es Inſtruction, durch welchen die eigentliche Meinung ber Parteien genau 
it, ihre beſtimmte Erklärung Über bie von jeder Seite vorgetragenen Thats 
rfobert, das Unerhebliche ausgefondert und eine Menge unnöthiger Weit: 
ten abgefchnitten werden. 
'ontumacia (jur.), Ungehorfam gegen eine richterliche Auflage, Unter: 
einer befohlenen Handlung, Ausbleiben in einem angefegten Termine. 
tgang des Proceffed beruht auf dem Syſteme, baß ein ſolches Unterlaffen 
Verzichten gehalten und auf Anrufen bed Gegentheild (accusatio contu- 
;) dee Saͤumige des Rechts zu der unterlaffenen Handlung verluftig erklärt 
Bei gefeglich vorgefchriebenen, nicht vom Richter gegebenen Friſten (Fata⸗ 
ht das Recht von felbft und ohne Ungehorfamebefhuldigung verloren. Dies 
3 der Verzichte iſt nur auf bürgerliche Rechtsfachen anwendbar, im Grimis 
8 kann es nicht gebraucht werden, weil kein Unfchulbiger, auch wenn er 
eſtraft werden darf. Man hat daher zwar hier und da Proceffe und Verur⸗ 
gen gegen Abwefende (Verfahren in contumaeiam, Achtsproceß) aber wenn 
itumax fich ftellt, wird ein neues Verfahren gegen Ihn nothwendig. 37. 
konty, f. Bourbon (Haus), | 
bonud, f. Kegel. 
konvenienz, Übereinfimft, Insbefondere eine für gewiſſe Fälle des Ver 
16 ftattfindende Übereinkunft, welche auf einem ſtillſchweigenden Vertrage 
. Altes, was ſich in gefelligen Berhättniffen auf Sitten, Gebraͤuche und 
mheiten bezieht und vielleicht feit längerer Zeit zuerft von Einem gethan, bald 
nzelnen und zulegt von ben Mehreſten nachgeahmt, nun gleichſam vermöge 
einer Übereinkunft in einem Rande ober Orte ale ſchicklich gilt, das ift con» 
el, der Convenienz gemäß. Oft gelingt es dem beſſern Zeitgeſchmacke, eine 
in durch die Convenienz uͤblich gewordene Gewohnheit, Sitte oder einen Ge 
durch andre zu verdrängen. Wenn Bequemlichkeitsliebe, weiche ſich feinen 
| anthun mag, oder die fogenannte Deutfchheit, die fi) in einer mit dem 
ı Namen teutfcher Biederkeit geftempelten Verſchmaͤhung aller Feinheit und 
iz gefällt, den Ton angeben duͤrfte, fo fände zu befürchten, daß an ber 
mancher guten Sitte wirdliche Unfitte Gonventenz werben möchte. 11. 
Lonvent, Zuſammenkunft; baher Nationalconvent bie Verſammlung 
azoͤſ. Nation durch ihre Abgeorhneten. — Bei Kiöftern heißt Convent bie 
amlung ber Mönche in Angelegenheiten bes Kiofters, fowie auch der Ort, 
fi) verſammeln, oft auch das Stift oder Kloſter ſelbſt Conventualen 
nicht nur die Glieder des Kloſtercapitels, ſondern auch, zum Unterſchlede 


864 Conventionalftrafe Gonverfation 


von den Obſervanten, bie Zweige eines Ordens genannt, die eine wien Kid ſ 
beobachten, z. B. die Eonventualen von ben Franciscanern, Garmelltun u {a | 
— Conventikel, Winkelverfammlungen, geheime Zufammenkinfte vie 
Secten, 3. B. von religisfen Schwaͤrmern, Boͤhmiſten, Stillen im Lande. (U.6% 
paratiften) 
Conventionalftrafe, die Verſtaͤrkung einer Verpflichtung bes 
baß fich der Werpflichtete für den Fall, daß er das Verſprochene nicht zur beflumiz 
Zeit, nicht in gehöriger Art, oder gar nicht leifte, der Entrichtung einer Gehſe 
ober dem Verluſte eines Vortheils unterwirft. Zu eigentlicher Steafe (Of 
und dergl.) kann ſich Niemand verpflichten. Der Regel nach macht die Crmuuii 
nalſtrafe von Erfüllung ber Hauptverbindlichkeit nicht frei, ſondern nur wen 
bedungen mworben iſt. 
Sonventionsgeld, f. Münzfuß. 
Convergenz, die Zufammenneigung ober das Imeinanberfale 
Linien oder Strahlen, welche von verſchiednen Punkten ausgehen, abe! 
näher zufammenlaufen. Das Gegentheil ift Divergen;z. 
Converfation ift Umgang, alfo genauere Verbindung zroifcen Pak 
nem, bie ſich gegenfeitig auffuchen, um das Vergnügen ihrer Gefelfcheft 
fen. Im gewöhnlichen Leben nimmt man Converſation für gefellige \ 
jeber Art Damit hat ſich noch die Nebenibee an gebifbetere, feinere ref ug, 
(haftet, ſodaß man bei Converfation nur an gefellige Unterhaltung feinem WR 
denkt. In ſolchen Cirkeln gibt es eine eigne Kunft der gefelligen eilig 
und mer diefe befitt, der hat den Gomverfationston, guten gefellfchaftiken? 
Worin diefer beftehe, wird man leicht finden, wenn man Das, was bie Cl 
tion ausmacht, genauer erwägt. Sie ift zuvörberft Unterhaltung; man de 
alſo von jedem Mitgliede der Geſellſchaft einen perfönlichen Beitrag zu dem 
gnügen durch Talente, befonder® in der Unterredimg. Diefe Unterhaltung 
fol gefellig fein; man ertwartet demnach, baß kein Mitglied, fich und feiner Op 
eine Übergroße Wichtigkeit beimeffend, durch fein breites Ich ermuͤde, Art 
ſelbſtiſch die Theilnahme der Abrigen beſchraͤnke, ober zu rechthaberiſch felne 
nungen mit Ungeflüm geltend mache, woburd) Verdruß erregt werden wette. & 
fen zu vermeiden, iſt eine Hauptſorge der feinen Cirkel, welche vielmehr 
fireben, Jedem eine gute Meinung von ihm beizubringen und als ber Cie} 
nee angenehmen Selbftgefälligkeit ihm felbft angenehm zu werden. Deegabii 
vermeidet daher Alles, road gegen bie Achtung verftoßen könnte, bie ein; 
Menſch dem andern ſchuldig tft, verlegt beßhalb nie den Anftand, verftcht WE 
Aufmerkſamkeiten, unterdrückt feine Leidenfchaften und zeigt in feinem ganzen 
nehmen ein gewiſſes Wohlwollen, das er aus Achtung gegen die Gefenfceft 
Denen nicht entzieht, mit welchen er fonft vieleicht In gefpannten Verhäimifenl 
Der Meiſter des guten Tons vermeidet aber eine zu fichtbare Aufmerkſamkeit 
ſtudirte Höflichkeit, die zu Erwiderungen noͤthigt, den Gefeillſchafter beiäfligt‘ 
mehr als die Unaufmerkfamkeit und Gleichgültigkeit peinigt. Der fein I 
(Urbanität genannt, im Gegenfage gegen ben plumpen, bäuerifchen Ton, del 
ſticitaͤt, die uͤbrigens viel Gutmuͤthigkeit haben kann) gibt dem Wohlthuenden in 
ſerm gefälligen Betragen die Korm der Schönheit, welche den Werth Def, 
man mittheilt, durch die Art, wie es mitgetheift wird, noch erhöht. Dieſer 
läßt ſich nicht erlernen; die Erziehung der hoͤhern Stände abre, wo dieſe oh 
auch zugleich die gebifbetern, feinern Cirkel bilden, forget wenigſtens für Etwat, 
ihm aͤhnlich ſieht. Durch ſtillſchweigende Übereintunft find gewiſſe Regeln 
fanden, beren Kenntniß dem Kinde früh beigebracht und an deren Beobechtw 
gewöhnt wird. Mit der Fertigkeit in Ausübung einer bloß comventionelleh: 
ucheeit bügdse (ich aber nur dann Jemand ſchmeicheln, ſchon dem echten Come 





















Converſation | 865 


ı zu haben, wenn jme feinern Cirkel, worin er herrfcht, nicht zugleich auch 
Idetern Cirkel wären. Die Keinheit bezieht ſich auf das fittliche Gefuͤhl, 
ung besiebt ſich auf ben Geiſt. Wie dürfte es Einer wagen, ſich ben Bes 
zuzuzaͤhlen, deſſen Geiſt nie auf höhere als bloß finnliche Beduͤrfniſſe ges 
eweſen wäre, der über Welt und Dienfchen nie ernfler nachgedacht, von 
ur und Beflimmung des Menfchen, der Einrichtung göttlicher und menſch⸗ 
erfaffungen, den Ereigniffen der Zeit und den Urfachen berfelben in ber 
genbeit ſich Beine Kenntniffe verfchaffe hätte; wenn auch nicht gelehrte, 
nigftend redyt geordnete und beutliche. Demnach find Philofophie des Les 
Natur⸗ und Menfchentunde, die Kenntniß der Erde, die Gefchichte ber 
ınd Menfchbeit Kenntniffe, die für ihn fo unerlaͤßlich find, als Ausbildung 
hmads duch Aneignung der Schönheiten der Kunfl. Wer ohne folche 
ſſe und Bildung zum gefelligen Umgang kommt, der wird bei aller eingeuüͤb⸗ 
ſchen Sirte doch nur ein Figurant bleiben, ober, wenn er Dünfel genug hat, 
feeitidy mit Unwiffenheit gemöhnlidy paart, ein leerer Schwäger fein, ben 
wahrhaft feinen und gebildeten Girkeln nur duldet, wenn man etwa aus 
ren muß. Die wahre gute Lebensart befteht alfo nicht darin, daß man 
te Worte fagt ; die menfchliche Geſellſchaft hat einen erhabenern Zweck, und 
mühungen beruhen auf einem beffim Grunde. Der Menfdy ſetzt fich unter 
Rberab, wenn er redet, um nichts zu fagen. Rouſſeau fagt daher mit 
„Der yute geſellſchaftliche Ton iſt weder fchwerfällig noch flatterhaft, ex 
md und natürl.d, verftändig ohne pedantiſch, fröhlich ohne Lärmend, zier⸗ 
r gefänflelt, artig ohne abgefhmadt, ſcherzhaft ohne zweideutig zu fein. 
acht weder Abhandlungen noch-Epigramme; man ſpricht vernünftig, ohne 
ichte Schiüffe zu machen; man ſcherzt ohne Wortfpiele und verbindet auf 
hickte Art Wis und Vernunft, Lehren und gute Einfälle, finnreiche Sa⸗ 
zur angebrachte Schmeicheleien und ſtrenge Moral; man fpricht ba vom 
damit Jeder etwas fagen könne, vert eft ſich aber nicht in Unterſuchungen, 
t Langeweile zu erregen; wirft nur im Vorbeigehen Fragen auf und hans 
chnell ab; ſpricht deutiich und al’o auch zierlich ; Jeder fagt feine Meinung 
rftüst fie mit wenigen Worten; Keiner beftreitet die eines Andern mit 
Reiner vertheidigt die finige mit Harmaͤckigkeit; man unterfucht, um fidh 
ren, und hört auf, ehe man in Streit geräth; Jeder unterrichtet, Feder 
t fi, Alle geben vergnägt aızseinander, und felbft der Weife kann wuͤrdi⸗ 
ff zu ſtilen Betrachtungen mic fi) n hmen“. Haupt'ache bei der Con» 
miſt: das Gemerne zu vermeiden oder doch gut einzulleiden; allein es ers 
men reichen Fonds von Ausbildung und Geiſt, immer etwas Gutes und 
u fagen, und noch feltener ift ein immer teufamer Takt, um das Wort zu 
it zu fagen ober zu unterdrüden. Das poeti che Genie fehlt oft darin, daß es 
nd pafiend feine unten fprüht; Das humoriftiiche, daß es zu vielund unges 
änzt. Die Grazien des Widerſpruchs, wenn jir nidyt maskirte Furien find, 
naive Veftalinnen, wenn fie nicht über der Obhut des heiligen Feuers fich 
fen haben, find befonders angenehme Gefelifcyafterinnen. Der fröhliche 
tt färbt gern alle Abftufungen der Converfation mit hellern Karben ; doch 
nicht die Hefe feines Pokals zur Farbengebung mifhen. Der Vorwurf, 
ı fo oft der Bildung zur guten und feinen Lebensart gemacht hat, daß fie 
heit begünftige und Ehrlichkeit beeinträchtige, dürfte fo gar gewichtig nicht 
Ruß denn die Ehrlichkeit eben plump und grob fein? Schon Leſſing fagte: 
R dody auch verzweifelt wenig, wenn man nichte ift als ein ehrlicher Kerl“. 
utfchen legen auf die bloße Ehrlichkeit, die ſich doch wol von felbft vers 
fite, ein viel zu große Gewicht, und unfere Schau’pieldichter laſſen oft 
ar in Schaufpielen, deren Benennung: Converfationsflüde, man ale 

Ges. Sichente Aufl. Bd. iI. 55 


866 Conver Coof 


Spott betrachten koͤnnte, recht gefliffentlicy die Feinheit bes Betragms 
gange von ben ehrlichen Kerlen mit Füßen treten, gleich als ob beibe gan; us 
liche Segenfäge wären. Athen, der Sig der Kuͤnſte und Wiffenfchaften, 
feiner glaͤnzendſten Zeit zugleich der Ort der alten Welt, wo bie Orajim 
gangs und ber Gefelligkeit fi, vereinigt hatten, um bem Leben jemm} 
verleihen, der ihm den Reiz der Jugend unvergänglich erhält; in neue 
Daris die Schule ber feinen Tons, von mo aus er fich weiter verbreitel 
Mitte des vorigen Jahrhunderts, wo ſich um einige mit Geiſt und Anz 
geſchmuͤckte Frauen, um eine 2’Efpinaffe, Du Deffand, 6 
(f.d.), welcher Legtern wir ſelbſt eine geiſtreiche Abhandlung über bie Gen 
danken, bie feinften und gebilbetften Cirkel verfommelten, gilt mit Red 
fpäter nie wieber zuruͤckgekehrte Bluͤthezeit des Geſellſchaftstons in Frank 
gewiß es if, daß die Kunft des Umgangs nur durch die Gunft dei. 
empfangen, aus Theorien aber nur einfeitig und unvollkommen erlernt 
wichtig bleibt es doch immer, die Vorfchriften eines Meiſters darüber zu be 
ſolcher iſt Delille in feinem Gedicht: „La conversation”. Won Franı 
noz erfchien: „‚Conseils a une femme, sur les moyens de plaire dam 
versation”; von Chazet: „L’art de causer”. Gern wird man bie fen 
Vorbildern in der gefellfhaftlichen Unterhaltung oder der Converfatien 
da es wol nicht unwahr iſt, was ein alter Ausfpruch fagt: „que les. 
seulement savent converser ct que les autres nations ne savent q— 
ter et discuter”. 

Convex ober erhoben, und concav ober hohl, gefrummt, 
einander bedingende Begriffe. Die innere, dem Zifferblatte zugekch 
eines Uhrglaſes iſt concav, die Äußere ſodann conver gebilbet. Der Mai 
nennt eine Linie dahin conver gekruͤmmt, wohin der Durchſchnittipunl 
Zangenten an ihren Endpunkten fällt, und die Kruͤmmung nach de a 
fegten Gegend dieſes Durchſchnittspunkts nennt er concav. Weber die X 
auf optifche Glaͤſer f. Linfengläfer. 

Convictorium, auf Univerfitäten derjenige Ort, wo Stu 
meinſchaftlich fpeifen und dafür menig oder gar nichts bezahlen Dürfen. ; 
victorium in Leipzig 3.8. befleht aus 184 Tiſchen, jeber zu zwoͤlf 
wovon die eine Hälfte von wohlthätigen Privatleuten geftiftete Frei 
und bie andern zu den Unterhaltskoften, bie groͤßtentheils durch EönigL ( 
beftsitten werden, nur etwas Weniges beitragen. Diejenigen, welch 
gemeinſchaftlichen Speifeanftait beköftigt werben, heißen Convictori 

Eonvoy, im Seemefen ein oder mehre Kriegsfchiffe, welche 
fabrteiflotte begleiten (convopiren) und ihr zur Bedeckung dienen, u 
Angriffe der Feinde oder Seeräuber zu fügen. | 

Convulſionairs, f. Sanfeniften. 

Convulfionen, f. Krampf. 

Conz (Kart Philipp), Überfeger und Dichter, geb. zu Lorch im 
den 28. Det. 1762, ſtudirte in den niedern Kiöftern, dann in dem th 
Stifte zu Tübingen, ward Mepetent daſelbſt und iſt jest Profeſſor der 
Literatur an der dortigen Univerfitdt. Seine Nachbildung von Afcy 
gödien nähert fi) der Korm und dem Geifte des Originals. Anmuthi 
feinen Beinen Anakreontifhen Gedichten. Gelne Gedichte erfchin 
mals gefammelt, zulegt Ulm 1824. Mehre Auffäge Uber Literatur, 
Pal zeugen von der Lebendigkeit feines Geiftes und dem Umfe 

enntniffe. 

Coo? (James), Weltumfegler, geb. 1728 in der engl. Provinz 
Sein Vater, ein unbemittelter Landmann, beachte ihn im 13. Jahıe 


Goot | 867 


hiffer, welcher von Netocaftie nach London fuhr, auf 7 Fahre in bie Lehre, 
e machte er mehre Reifen von Newcaſtle nady London, und verfah fogar 
bie Stelle eines Schiffskochs. Endlich warb er Gehülfe eines Steuer⸗ 
k Hier wandte er jedes Erfparnig fuͤr Privatunterricht in ber Mathematif 
Hiffokunſt an, in denen ge fchnelle Kortfchritte machte. Bald unternahm 
we Fahrten nad) der Oftfee, nach Petersburg, Wiburg und Norwegen; 
te als Meifterögehhife der Eroberung von Louisburg und Cap Breton bei. 
KReuntniffe und fein puͤnktliches, treues, untabelhaftes Betragen verfchaffe 
ı 1759, als England eine Rüftung gegen Quebed machte, die Stelle 
Schiffomeifters auf ber Flotte bes Admirals Saunders. Hier bewies er 
ie Much als Vorſicht und Geſchicklichkeit. Daher gab man ihm den 
I, Neufundland aufzunehmen ; von 1764 — 67 nahm er die ganze 
und dem größten Theil der nördlichen Küfte auf und lieferte davon treffe 
peciallartn. Ein Unfall beraubte ihn hier feined Daumens und einiger 
Singer der rechten Hand. Der an Entbehrungen gewöhnte und gegen 
ſt harte Seemann ließ ſich feitdem eine jährliche Vergütung von 4 Pf. 
zahlen, die jedem im’ Seedienſte Verwundeten aus einer Gaffe gewährt 
‚ wozu ber gemeinfte Matroſe monatlidy fünf Pence von feinem Solde 
a muß. 1769 emannte ihn Lord Hawke zum Lieutenant und Befehls⸗ 
8 Schiffes, das zur Beobachtung des Duchgangs der VBenms(f. d.) 
Inſeln in der Südfee ausgerüftet worden war. Joſeph Banks, Doctor 
rw und andre Gelehrte nahmen Theil an diefer Reife nach Otaheiti, deren 
bung von Hawkesworth aus Cook's und Banks's Handfchriften heraus⸗ 
wurde. Durch fein Betragen gemann er bald das Zutrauen der Dtas 
yeten bie Mißhandlungen von den Branzofen noch im Andenken waren. 
sbachtungen des Durchgangs ber Venus und der geographifchen Rage vom 
wurden aufs zweckmaͤßigſte veranftaltet, außerbem wurde bie ganze 
zfegelt und nebfi den benachbarten Inſeln aufgenommen. Cook ent⸗ 
nm bier aus, dag Neufeeland aus zroei Inſeln beftehe; und man nannte: 
chen liegende Meerenge Cook's Meerenge. Nachdem er auch die Meer⸗ 
deckt hatte, roeldhe Neuholland von Neuguinea trennt, kehrte er nad 
zuruͤck, wo ihn der König zum commandirenden Schiffsmeifter (zwiſchen 
mt und GSapitain) ernannte. Darauf rüftete die Regierung zur genauern 
Bung bes großen Suͤdmeers im Jul. 1772 zwei Schiffe aus, The reso- 
mb The aventure; jenes führte, als Haupt der ganzen Unternehmung, 
eſes Tobias Furneux als Sciffsmeifter. Die beiden Forſter waren C.s 
Ahrten. Durch die Maßregeln, welche Cook und Forfter gemeinfchaftlich 
‚ gelang et, dem Scharbod vorzubeugen und die Schiffemannfchaft bei 
Sefundheit zu erhalten, daß auf diefer dreijährigen Reife, bie wir aus 
I Befchreibung kennen, nur Sin Mann an einer Krankheit flarb. Goof 
das Weltmeer zwifchen 60° &. Br. und dem Polarkreife, unter fleter 
an den Gisgebirgen zu fcheitern. Auch wäre bie Unternehmung beinahe 
worden, indem Coof töbtlidy erkrankte. Endlich zeigte fi, Beſſerung; 
me zur völligen Genefung zu gelangen, war frifches Fleiſch unumgaͤnglich 
Dig, außer einem otaheitifchen Bunde aber, ber Forſter gehörte, kein 
uf den Schiffen. Forſter ließ ihn augenblidtich ſchlachten; fo gelang eb, 
Wwerherzuftellen. Sie erreichten darauf das Cap, nachdem fie 28 Monate 
geweſen waren. Goof wurde jebt Capitain der Flotte und bekam eine 
deim Dofpitale zu Greenwich. Während feiner Abmefenheit hatte man 
von Verſuch zur Erforſchung der nördlichen polariſchen Gewaͤſſer ange 
wbei Gupitain Philipps (nachmals Lord Mulgrave) nicht fehr gluͤcküch 
was. Eine Parlamımtsacte ficherte daher dem Aufn eine nördlichen 4 


868 Cooper 


Durchfahrt aus der Südfee in das atlantifche Meer eine Belohnung ven 20 
Pf. St. zu, und noch 5000 mehr, wenn er im Stande fei, ſich dem Pele inf 
einen Grad zu nähern. Cook ward auch hierzu vorgefchlagen und ging nf 
1776 mit zwei Schiffen, der Resolution unter feiner eignen und der Discmıy 
unter Sapitain Glarke’8 Führung, in See. Am 9. Novbr. verließen fir tote, 
Zunaͤchſt unterfuchte Cook die von Manian und Kerguelen entdedten Jch 
dann befuchte er Neuholland, Neuſeeland und die Societätsinfeln. Drade| 
heitern brachte er verfchiedene Thiere, auch pflanzte er bier einige von R 
land mitgenommene Muslatnußbäume. Gegen Ende des Jahre ſegelte n 
wärts, erreichte im März des folgenden Jahrs die Küfte von Amurika, | 
längs derfeiben hinauf, verbefferte manche Fehler der bisherigen Charten, fee) 
Meerenge zwifchen Afien und Amerika, die ſich nordoͤſtlich zog, und glauke 
das Ziel feiner Wünfche erreicht zu haben, als er ſich plöglicy vom Eile 
ſah. Da er gegen den Pol zu ein Land vermuthete, wendete er fic auf ie 
tiſche Seite, um länge ber fibirifchen Küfte weiter vorzubringen. Aber and 
mußte er zuruͤck nach der Straße, die er verlaffen hatte. Auf einem Abſtece 
bier feitwärts traf er unter 200° D. L. und 22° N. Br. auf die Ga 
widinfeln (f. d.). Coot ankerte bier auf Owalhi, warb mohl 
men und mit allem Erfoderlichen verfehen. Er fegelte ab, aber cin 
durch den er den Vordermaft feines Schiffes verlor, nöthigte ihn zur SE 
Jetzt zeigten ſich die Einwohner diebiſch und hinterliſtig. Sie raudta u @ 
Boot. Es zuruͤckzufodern, wollte fich Cook zum Oberhaupte der Jd 
Ein Eingeborener begegnet ihm mit frecher Beleidigung, und Cook, von 
überwältigt, gibt Feuer aufipn. Auch erzähle man, Cook habe, um Ha 
Brennen zu gewinnen, eine ander Küfte liegende Hütte nicderreißen laflen, 
zu wiffen, daß es ein verfallenes Heiligehum fei. Dies babe die Infulaner 
aufgebracht. Sie fielen über ihn her und erſchlugen ihn nebft vier feine 
Dies geſchah am 14. Febr. 1779. Sein Leihnam wurde zerrifien, und 
zelne Theile konnten die Engländer retten. So endigte biefer große 
der in beide Polarkreife, und in den füdlichen, den Niemand vor ibm 
hatte, drei Mal eingedrungen war, und dem wir zuerſt zuverläffige R 
über die Südfee, Südindien, ſowie unzählige Entdeckungen in der Aid 
Botanit, Menfchen: und Voͤlkerkunde verdanken. Mit einem gluͤckichch 
türlichen Verſtande verband er raſtloſe Xhätigkeit, ausharrenden Much mM 
hafte Theilnahme an der Noth feiner Gefährten. Indeß verieitete Ya | 
vernadhläffigte Erziehung zur Verachtung aller Gelehrſamkeit und mahke: 
habſuͤchtig, muͤrriſch und ungeſellig. Was er war, war er ganz allein bed 
felbft. Die neuern Entdeder Portiad, Dickſon, Wilfon u. A. find feine CU 
feine Reifen, die in England mehrmals befchrieben worden fird, hat für die 
(hen befonders Forfter, fein Begleiter, bearbeitet; die befte Biographie 
Wiedmann nad) Kippis geliefert. 

Cooper (James), feit 1826 Conful der Ver. Staaten in Le, 
eine Zeitlang in England, iſt der erfle jest lebende amerikaniſche Schriftkel 
Sache der Romane. Er fcheint fih Walter Scott zum Muſter genommm 
baben, inwiefern eine gefchichtliche Epoche der Hauptpunkt des Ganzen iR, 
die Phantafie die von ihr gefchaffenen Geſtalten beigibt, und die Ereigniffe, 
aus den Individualitaͤten diefer Charaktere hervorgehen, unterordnet. Cu 
eignthümlicher Vorzug befteht in Einfachheit und natürlicher Berknäpfuu 
Wirklichkeit mit der Dichtung. Überall fpricht er, bei aller Ruhe und Un 
lichkeit im Erzählen, den warmen Antheil aus, den er an der Freibeit und! 


haͤng eines Vaterlandes nimmt. In f. „Lootſen“ bat er die Geſchh 
u Paul Jones verfchleiert. Außer dieſem Roms 



















Goordinirt Copirmaſchinen 869 


is jetzt von ihm: „Lionel Lincoln, ober die Belagerung von Boſton“ 
); „Der Spion” (3 Bde); und „Der legte Mohican“ (3 Bde.); ſaͤmmt⸗ 
ige Male ins Deutfche überfeht. 
oordinirt, beigeordnet, find Begriffe, die den Umfang eines britten 
hen z. B. Fiſch, Vogel ıc. in Beziehung auf Thier. — Coorbination 
Verhaͤltniß der Beiorbnung. 
Bopie, die Vervielfältigung (von copia, Menge) einer fchriftlichen Aus⸗ 
ng ober eines Werks der bildenden Kunfl. Im erften Kal ift Copie Abs 
Wir verlangen von dem Abfchreiber, Copiften, in ber Regel nur, daß er 
Urſchrift Wort für Wort wiedergebe, feine Handſchrift fei, welche fie wolle ; 
nur feltene Faͤlle, wo wir auch die Züge der Handfchrift des Originals nach» 
© haben wollen. An die Copie eines Werks der bildenden Kunft machen 
ngegen die Anfoderung, jeder Zug, jede Linie, jeder Umriß, jeder Farben» 
f. vo. folle dem Urbilde fo treu nachgebildet fein, daß die Abbildung an die 
des Abgebilbeten treten koͤnne und das Urbild doppelt erfcheine. Durch 
spien von Meiſterwerken wird der Genuß berfelben natürlich mehr vers 
Gleichwol verbindet man mit dem Ausdruck Copiften in der fhönen 
Wufig einen unguͤnſtigen Begriff. Diefer bezieht fich jedoch nicht auf bie 
Dner von Meifterwerken, die man ebenfo wenig tadeln kann als die ger 
m Nachbildungen felbft, fondern auf eine gewiffe Art der Nachahmung. 
ende Kunft muß natürlich zuerft von Nachahmung ausgehen, weil fie 
'orbilber in der Natur hat; es fragt fich aber, wie der Künftler dabei vers 
Es gibt eine freie Nachahmung und eine Enechtifche; bei jener übertrifft 
aſtier durch Geſchmack die Wirklichkeit, bei diefer verdoppelt er fie nur, ohne 
binzuzuthun oder wegzulaffen, und dies Verdoppeln kann nur mit einer 
ven Ängſtlichkeit bewerkſtelligt werben, die fid) mit vollendeter Kunſtdar⸗ 
durchaus nicht verträgt. Wie mit Nachahmung der Natur, fo der Kunfls 
Der Copift derfelben bleibt fediglid, beim Modell des Meifters ſtehen, 
se mit beffen Augen fehen. Kein Wunder, daß man nun der Copie den 
anfieht, daß fie fleif wird. Wenn aber gleichwol Einer es nicht wagt, 
ht vermag, fich ſelbſt bei eignen Darftellungen von Vorbildern, fei es der 
ober Kunft, zu entfernen, fo ift er nur Gopift, und Niemand wird fich 
nn, daß von ſolchem nicht ebenfo günftig gefprochen wird. Deßhalb darf 
yer nicht alles Copiren unbedingt verwerfen; denn das Copiren nach ber 
dient, die Naturwahrheit ſicherer zu erreichen, und das Copiren nady Wer⸗ 
ter Meifter ift eine treffliche Übung für Hand und Blid. Nur darf der 
e nicht dabei ſtehen bleiben, fondern muß audy den Verſtand üben, nicht an- 
inzigen Vorbilde haften, er muß das Verfehlte wie das Gute feines Met: 
Bennen und durch Vergleihung mehrer zur wahren Kunft ſich erheben. So 
; er mit Copiren, erhebt fich zur freien Nachahmung und endet als Kuͤnſtler. 
ı aracel wurde einft gefragt: welchen Mater er am meiften f[yäpe? „Den”, 
tete er, „ber von den Beften das Beſte fich zuzueignen verfteht”. (,„‚Malvasia 
a Pittrice”, 111, 481.) (S. Modell und Nachahmung.) dd. 
Sopirmafchinen, Erfindungen, um ſowol Schriften als Zeichnungen 
iiſch vervielfältigen zu Eönnen. Unter den Gopirmafchinen fir Gefchriebes 
bie Penna duplex, oder die doppelte Schreibfeder, die einfachfte und Altefle, 
E welcher man zwei Briefe auf einmal fchreiben kann. Einen allgemeinen 
ach hat, befonders in England, eine neuere Erfindung von Watt gefunden. 
8 zu copirende, frifch gefchriebene Blatt wird ein ebenfo großes andres, 
heinendes ungeleimtes Stud Papier gelegt, welches vorher angefeuchtet 
;, und mit glattem Papier oben und unten bedeckt. Dies Alles wird alds _ 
wiſchen ein eigen dazu verfertigtes, mit Tuch uͤberzogenes Futteral-pur 4 


870 Gopuliren Corday b’Armand | 


Zufommenhaltung und Preffung gelegt, melches nun ein oder mehre Biete dank 
eine Walzenpreffe gezogen wird. Auf bem ungeleimten Papiere erſcheint dah 
ein Abdruck der Urfchrift, welches durchfcheinend gelefen werden muf, Jay 
land bedient man ſich diefer Art zu copiren faft ausſchließlich, und eh an 
verkennen, baß fie, wenn man in dem gehörigen Grade bes Anferchtent —2 
keit und Sicherheit erhalten hat, ſehr bequem iſt. | 

Copuliren, verbinden ; in kirchlicher Bedeutung: traum, vermihie, 
In der Gaͤrtnerſprache, einen wilden Zweig und ein veredeltes Reif von 
Dide durch einen gleichmäßigen, ſchraͤgen Schnitt genau an einander flges 
durch ein mit Baumwachs belegte® Band befefligen, wodurch bewickt wit, “ 
die fo vereinigten Theile zufammenwachfen, fobaß das veredeite Reif Katy W 
Krone des Stammes bildet. — Copulation, die Verbindung, de —* 
lung, ſowol im kirchlichen Sinne als in der Gaͤrtnerei. 

Coquetterie, Gefallſucht oder die Sucht einer weiblichen Prien, " 
Männern zu gefallen, welche ſich fihtbar verräth und ben weiblichen 
verlegt. Dies Betragen erhielt in Krankreicy feinen Namen. Bir wife 
Scudery's „Histoire de la coquetterie‘, bie fi) in ihren „‚Nonvelles cup 
sations” (Bd. 2) befindet, baß dieſes Wort zuerft in den Zeiten ber Suhl 
von Mebici in bie ‚franz. Sprache gekommen ift. 

Corday d'armans (Marie Aline Charlotte), Mara Bike 
geb. 1768 zu St.⸗Saturnin bei Seez in der Normandie. Mit der Think 
Geſchlechts vereinigte fie einen feltenen Muth. Ihr Geliebter, en Dfiirwie 
Barnifon zu Caen, ward von Marat als Verſchworener gegen die Republt 
klagt und durch bezahlte Boͤſewichter ermordet. Dies reiste Charlotte C. ya 
Sie hatte beim Lefen der Geſchichte der Vorzeit einen tiefen Haß ya ch 
druͤcker eingefogen und befchlof, ihr Waterland von Marat zu befreim, den 
das Daupt der Ungeheuer betrachtete, die man Blutſaͤufer (Buveur de 
nannte. Noch ein Berweggrund erhob ihren Muth. Mehre von Marat 
und am 31. Mai 1793 geächtete Deputirte (Barbarour, Louvet, Gaude 1 
beren politifchen Meinungen fie anbing, riefen den Beiftand der unter dm &4 
den der Zeit vernichteten Freiheit der Sranzofen an. Charlotte verlieh Ihe 
matb, kam den 12. Jul. 1793 in Paris an und begab fich zwei Mal in 
Wohnung, warb aber nicht vorgelaffen. Noch denfelben Abend ſchrieb fr 
„Bürger! foeben komme idy von Caen. Ihre Liebe zum Vateriande Ui u 
vorausfegen, daß Sie über die ungluͤcklichen Begebenheiten jener Provin, Wh 
tersichten werben. Haben Sie die Güte, mir auf einen Augenbiid * 
Ihnen zu geſtatten. Ich habe Ihnen wichtige Gehelmniſſe zu entdeckn“. 
folgende Tag kam, und mit einem Dolche im Buſen trat ſie in ——— 
ber, im Begriffe, aus dem Bade zu ſteigen, ſogleich befahl, fie eintreten u I 
Die Verſammlungen zu Calvados waren der erfte Gegenftand der Unterhalt 
Marat hörte mit Begierde die Namen Derjenigen, welche biefe Zufi 
belebten. „Alle Diefe”, rief er, „ſollen bald auf dem Schaffotte büßen!” u 
blicklich ſtieß ihm Charlotte ihre Meſſer ins Herz. Mit einem Schrei: „Me 
bauchte er feine Serle aus. Ruhig wie eine Opferpriefterin ſtand r 
mitten in dem Zumulte. Sie ward ine Gefaͤngniß der Abtei gebracht. * 
ling bat, ihn ſtatt ihrer zu opfern; auch er mußte ſterben. — Ihre erſte © 
war, ihres Vaters Verzeihung zu erflehen, weil fie ohne feine Zuziehung übe 
Beben entfchieden habe. Dann fchrieb fie an Barbarour: „Morgen um 5 
fängt mein Proceß an, und ich hoffe, noch benfelben Tag mit Brutus und 
Alten in Elyfium zufammenzulommen”. — Bor dem Revolut 
ſchien fie mit wuͤrdevollem Anftante; ihre Antworten waren beftimmt uni 
Sle fprady von ihrer Thot wie von einer gegen das Vaterland erfühtı 



























Gorbelier6 Cordilleras be los Aned 871 


ertheidiger (Chaveau⸗Lagarde), voll Erſtaunens Über ſolchen Muth, rief aus: 
hoͤrt bie Angeklagte ſelbſt! Sie gefteht ihr Verbrechen, fie befennt, daß fie 
kalten Blute überlegt gehabt, fie verhehlt keinen Umſtand, fie felbft will 
Techtfertigung! Dieſe ımerfchüitterliche Ruhe, diefe gänzliche Verleugnung 
Idſt, diefe Zeugen der innerften Gewiſſensruhe, fie find nicht in der Ratur ! 
Erſcheinungen find nur aus der politifchen Schwaͤrmerei zu entziffern, weiche 
2 Dolch in die Hand gab! An Euch, Bürger Geſchworene! iſt es nun, zu 
en, von welchem Gewichte diefe moralifche Anficht in der Wagſchale der Ge⸗ 
Beit ſei!“ Was er ſprach, konnte unmoͤglich auf blutduͤrſtige Richter Ein⸗ 
nachen, und hier war ein Angriff auf die oͤffentliche Sicherheit und O 
Bf gegen den Boͤſewicht nicht ſtattfinden darf, zu beſtrafen! Als Eh. E. 
heilt worden war, dankte fie ihrem Vertheidiger mit den Worten: „Gern 
eich Ahnen ein Zeichen der Achtung geben, die Sie mir eingeflößt haben. 
Herren unterrichten mid, jedoch foeben, daß mein Vermögen verfallen iſt; 
% bleiben mir im Befängniffe noch Heine Schulden zu bezahlen, und biefe 
t uͤbertrage ich hiermit Ihnen!“ — In einen rothen Mantel gehuͤllt, ward 
das Blutgeruͤſt geführt; mit laͤchelnder Miene ging fie durch das Volk, von 
sverwwünfcht wurde. Diefe rubige Faſſung behielt fie bis zum Ießten Augen» 
Aus der Menge rief eine Stimme: „Seht, fie ift größer als Brutus 1" 
x Adam Eur, ein Abgeordneter der Stadt Mainz; begeiftert ſchrieb er an 
tjbunal und verlangte zu fterben wie Charlotte Corday. Gie flarb unter ber 
xine am 17. Jul. 1793. 
Tordeliers, 1) ein Mönchsorden, welcher zu den Sranciscanern 
(f.d.); 2) von 1792—94 eine fo von ihrem Verfammlungsorte genannte 
ſchaft Jakobiner, welche in ihren Reden und Handlungen alle Maͤßigung 
nitten. In diefem Clubb der Eorbeliers erhoben Marat und Anbre fehr bald 
ichlofen Stimmen; Danton’s Talente verfchhafften dem Clubb Anfehen, und 
le⸗Desmoulins gab unter dem Namen des alten Cordeliers ein Volksblatt 
), worin er zulebt gegen die Ultrarevolutioniften zu Selbe zog und ben berädh- 
Hebert und deffen Genoſſen zu entlarven ſuchte. Da er aber nachher, 
mit Danton, felbft eingekerkert und hingerichtet wurbe, fo gerieth die Ger 
ft in Abnahme und noch vor der Schließung des Jakobinerclubbs In Vers 


yeit. 
Tordilleras de los Andes, eine Kette von Gebirgen, welche von 
eifchen Erdenge bis zur magellaniſchen Straße über 650 Meilen weit ſich 
Re, und deren höchfte Sipfel, che man die Pics des Himalaya (f.b.) näher 
, für die erhabenften Punkte auf der Erdkugel gehalten wurden. Die Spa⸗ 
ennen diefe Alpen Cordilleras, weil fie kettenfoͤrmig ſich ausdehnen und faft 
ten Winkeln drei Hauptaͤſte ausſchicken. Der erſte Aſt zieht ſich unwelt ber 
en Erdenge laͤngs der Kuͤſte von Venezuela bis an den Magdalenenſtrom 
e Inſel Trinidad. In dieſer Kette findet man die Schneeberge Sierra Ne⸗ 
md Santa⸗Marta von 14,000, und Merida von 15,000 Fuß. Zwiſchen 
boͤchſten Gipfeln dehnen ſich Bergebenen, die man Paramos nennt, 4—5>, 
000 Fuß über die Meeresfläche aus. Den zweiten Seitenaft nennt v. Hum⸗ 
te Cordilleras der Wafferfälle des Orinoko. Er unterfuchte fie 100 Meilen 
is an den großen Para. Der übrige Theil diefer Kette iſt faſt unzugänglidh 
om wilden Völkerflämmen bewohnt. Sie verläßt den großen Stamm ber 
. zwifchen dem 3° und 6° S. B., erhebt ſich, indem fie oſtwaͤrts fortgeht, 
wutenden Höhen, woraus mit ungeheuern Katarakten große Ströme ent 
en, und enthält die noch von keinem Europder gefehenen Quellen des Ori⸗ 
Jenſeits diefer Eindden iſt diefe Alpenkette durch einen Spanier, Don An» 
Santoe, bekannter geworben, der nadt, wie ein Wilder, die Reife unternahm, _ 


zuemgeny: muy mir vorn geupnen wermnguguge ren Snwnee 
angepeuse Slächen getheit, weiche weihwdrt6 Durch den ‚Dan 
geſchloſſen, gegen Often zu bis an den atlantifchen Ocean offe 
Tichfte Fläche Ift das niedrige Thal des Orinoko worin Neuand 
Hegen; bie zweite Flaͤche ift das waldreiche Thal des Maran 
nördliche Brafilien gehört; bie fübliche Ebene bildet die viehreic 
fi bis nach Rio-Janelro und Buenos⸗Ayres erſtrecken. T 
Andes erhebt ſich in der Gegend von Quito über 20,000 Fu| 
boraffo iſt der hoͤchſte unter allen. Er erhebt ſich bis auf A 
boldt erflieg ihn den 23. Juni 1802 bis zu 18,192 5. Ihm 
Antifana (17,958 &.), der Rotopart (f.d.) und der Pichtn« 
Diefe Gebirge ftehen faft alle wenig ſuͤdl. vom Äquator, zwiſch 
von der Güdfee kaum 25— 30 Meilen entfernt. Ihre gefror 
ben faft durchgehends aus Porphpr, der eine Höhe von 10—14 
dagegen findet man Granit nur bis etwa über 11,000 F. üb 
Sie find die Behälter eines unermeßlichen Brennfloffs, der i 
beben ausbricht, wobei nicht bloß Lava und verfchladter Bafalt 
Stroͤme Waffer, viel Thon, und felbft eine Menge todter Fird 
den. Dft braufen aus diefen Vulkanen Sturmwinde hervor, 
werfen, was ihnen entgegenfteht. Diefe Gebirge find dufer| 
aller Art, Blei allein ausgenommen. Außer ber Piatina ift il 
Erz eigen, welches aus Thon, Eiſenkalk, ſaizſaurem und gedieg: 
Ungeachtet der außerorbentlichen Höhe jener Gebirge, ungeac 
bei 15,000 $. anfängt, folglid die Spige des Chimboraffo uͤb⸗ 
ewigem Schnee bedeckt iſt, gibt «6 doch im dem Andesgebir, 
weil unter dem Äquator die Temperatur ſich faft immer gleich 
das ganze Jahr hindurch faſt mit immer gleicher Stärke ſcha 
auch in den Andesthälern nie bie fürchterlichen Lawinen vor. 
den ſich die Andes von den europäifchen Alpen durch bie ungeh 
die bisweilen eine Tiefe von mehr al6 4000 $. haben unb babe 
Eine folche Felſenſpalte, Ikononzo genannt, durch welche der 
ift wegen einer natuͤrlich gewölbten Bruͤcke merkwuͤrdig, welch 


Gordon Gorilla 875 


Mitten in einer reizenden Lanbfchaft ſtuͤrzt das Waſſer, 40 Zuß breit, in 
lägen 600 Fuß hoch in ein tiefes Becken hinab. 
ordon (Schnur), im militaitifchen Sinne diejenige Stellung der Trup⸗ 
durch fie eine ununterbrochene Kinie, gleichſam eine Zruppenfchnur, bilden, 
yeder ein Land vor feindlichen Einfällen, oder auch bei anftedenden Krank⸗ 
oe Ausbreitung derfelben zu verwahren. Im erſtern Falle, wie es vors 
ı der öfter. Gen. Lascy anwendete, entfpricht es nad) den neuern Anfichten 
s8kunſt feinem Imede ſchon darum ſchlecht, weil eine zu fehr ausgedehnte 
m Feinde leicht durchbrochen werden kann und an fid) meniger kraͤftigen 
nd zu leiften im Stande if. Wer zu viel oder Alles decken will, dedit 

5 


rdova, am Guadalquivir, eine alte berühmte Stadt im fpanifchen 
ıdalufien, Dauptort einer nad) ihr benannten Provinz, fonft eines kleinen 
en Königreichs, mit ungefähr 35,000 Einw., 37° 52’ 13"N.B. Amts 
aliſch am fanften Abhange des Gebirges erbaut, bildet C. ein laͤngliches 
and ift mit Mauern und mächtigen Thürmen umgeben. Ein Theil der 
: eömifchen, ein andrer mauriſchen Urfprungs ; viele Gebäude find verfal⸗ 
» eine Menge von Gärten nimmt einen großen Theil des bewohnbaren 
weg. Die Straßen find enge, krumm und ſchmutzig; doch ift die Placa 
der Hauptmarktplatz, durch feine Größe, feine Regelmäsigkeit und bie 
it der ihm umgebenden Säulengänge ausgezeichnet. Die Überbleibfel des 
16 der maurifchen Könige machen jegt einen Theil des erzbifchöfl. Palaſtes 
Jie Domkirche ift eine zu Ende des 7. Jahrh. vom König Abderhaman 
xachtvolle Moſchee, deren wunderbar verbundene, theils achtedige, thells 
appeln von 850 Jaſpis⸗ und Marmorfäulen getragen werden, welche 19 
jänge bilden. Die Brüde über den Strom ruht auf 16 Bogen und iſt 
Mauren erbaut. — Cordova hat zu allen Zeiten flarfen Handel getrieben, 
a zur Zeit der Mauren ward das bier ausfchließlich bereitete Glanzleder 
n) weit und breit verfandt. In welchen Jahren die Römer den Grund 
dt (Colonia Patricia, fpäter Corduba) gelegt, ift nicht befannt. 572 
von den Sothen erobert und 692 von dem maurifchen Feldherrn Abder⸗ 
n Befig genommen, welcher hernach fich feiner Lehnspflicht gegen den Kha⸗ 
Damaskus entzog und Corbova zu feiner Eönigl. Mefidenz erhob. Die 
Gordova (195 IM., 259,000 €.) umfaßt, außer dem fruchtbaren und 
Thale des Guadalquivir, die zum Theil mit ewigem Schnee bedediten Ges 
Sierra Morena. 
orelli (Arcangelo), geb. zu Sufrgnano im Gebiete von Bologna, 1653, 
ieler, ward von Matteo Simonelli, Sänger der Pererscapelle zu Rom, 
Kirchenmufit und von Baſſano zu Bologna für die weltliche Muſik ges 
1706 unternahm er eine Reife nach Deutfchland, wur in Dienften des 
en von Baiern und kehrte nach etwa 5 Jahren in fein Vaterland 
Ec wußte die Geige mit tiefer Einfiht und einer unglaublichen Fer⸗ 
ı behandeln. Die Sprünge und tändelnden Verzierungen andrer Bios 
waren ihm fremd. Sein Vortrag hatte einen eigenthiimlihen Cha⸗ 
oll Anmuth und Ausdruck; ſein Ton war feft und gleih. Sein Gönner 
war dir Gardinal Ottoboni. Gorelli bildete und leitete, nach Crescentini's 
jene berühmte muſikaliſche Akademie, die alle Montage in dem ottobonts 
laſte gehalten wurde. Durch feine Violinfonaten und Goncerte ward er 
ı Schöpfer einer neuen Harmonie, zumal für fein Inſtrument. Er ftarb 
ıd hinterließ, außer einem beträchtlihen Vermögen, sine koftbare Gemaͤlde⸗ 
19, welche der Card. Ottoboni erbte. Ex wurde in dem Pantheon begraben, 
orilla, f. Improvifatoren. 


"874 | Goriolan Sort 


Eoriolan, ober Cajus Marcius, erhielt den Beinamen Sort 
Hauptftabt der Volsker, Corioli, faſt durch ihn allein erobert worden mar, Os 
Tapferkeit in dem Siege gegen die Antiater belohnte ber Conful Gomiaks uk 
eimer goldenen Kette. Indeß verfcherzte C. die Liebe des Weiks, al6rbiceeh ' 
Nom ausgebrochenen Hungerönoth (491 vor Chr.) ſich an die Spitze der Patside 
ſtellte, um dem Volke die früher errungenen Vorvechte wieder zu entteifen, uh 
ſogar den Vorfchlag machte, das aus Sicilien angelommene Getreide zu mie 
der Bedingung dem Volke mitzutheilen, daß das Tribunat wieder abgeſchaft wäe, 
Erbittert foderten ihn die Tribunen vor ihren Richterſtuhl, fuchten, da er niit 
erfchien, fich feiner Perfon zu bemächtigen, und verurtheilten ihn, ba ah Nie 
Verſuch miflang, vom tarpejifchen Felfen geftürzt zu werben. Die Patrice de 
retteten ihn, und man befchloß, feine Sache vor dem Tribunale des Velt uni 
machen. Coriolan erichlen und antwortete auf die Anklage der Tribumm, Delle 
der Tyrannei und bes Strebens nach der koͤnigl. Gewalt befchuldigten, bar de 
einfache Aufzählung feiner Thaten und dem Vaterlande erwiefenen Dinfe. & 
zeigte feine mit Narben bedeckte Bruft und rührte die Menge bie zu Meinen Da 
ee Indeß die Befchuldigungen nicht entkräften konnte, vorsgtich die, af men 
roͤmiſchen Gefege zuwider die Beute unter bie Soldaten vertheilt habe, Rarfkien | 
Quaͤſtor zu überliefern, gelang es doch den Tribunen, feine Verbannum ale 
Een. Nun befchloß E. an dem undankbaren Vaterlande Rache zu nimm, Hy 
zu Roms erbittertften Feinden, den Volſkern, und bewog fie, Rom mh wäh 
lauf des Waffenſtillſtandes zu befriegen. Er ſelbſt wurde nebſt Attius pm fl 
ver des Heeres ernannt, welches ſchnell die Städte Latiums fich untermarf. Eden 
war das volfcifche Lager im Angefichte Roms aufgefchlagen, ohne baf ein heege 
Rettung der Stadt aufgeftellt werden konnte. Die von dem Senat 
Gefandtfchaft Lehrte mit der Antwort zuruͤck, daß Rom nur durch die Ahttupll 
den Volſkern abgenommenen Gebiets den Frieden erkaufen Eönne. Eier ai 
Geſandtſchaft richtete ebenfo wenig aus, umd als enblich auch die an Ihn ayl® 
deten Priefter und Augum unverrichteter Sache zuruͤckkehrten, ſtieg bie beych 
lung aufs dußerfte. Da ermahnte Valeria, die Schwefter des Waleriıi 
die andern Frauen, zu verfuchen, ob fie nicht durch Thränen den CE. u era 
vermöcten. ie begaben ſich zu dem Haufe der Beturia, der Mutter EM 
wo fie aud) die Volumnia, feine Gemahlin, fanden, und bewogen beide, RIM 
hindus zuziehen, um cinen lebten Verſuch auf das Herz des Siegers au soil. 
Der Senat bewilligte den Entfchluf, und die Frauen Roms, die Veruris w 
lumnia, nebft ihren Kindern, an der Spige, begaben fidy zu Coriolan. 
diefer feine Mutter, fein Weib und feine Kinder erkannt hatte, brief rt 
nen Lictoren, die Fasces vor ihnen zu neigen, und empfing fie unter 
Umarmungen. Anfangs foderte er fie auf, das falfche Rom zu verlaſſa m P 
ihm zu fommen. Allein feine Mutter ließ nicht ab, ihn mit Bitten mu 
feinem Vaterlande einen ehrenvollen Frieden zu gewaͤhren, und fagte ihm IB ® 
nur über ihren Leichnam in die Thore Roms einziehen inne. Da konnte "ER 
länger widerſtehen, hob gerührt feine Mutter auf und geftand, daß er durch fr 0b 
waffnet ſei. Er führte fein Heer zuruͤck, und ward, als er ſich in der 
lung der Volfker deßhalb rechtfertigen wollte, in einem von Atthus ermotel 
laufe ermordet. Rome Senat aber lie einen Tempel dem Glüͤcke der grau 
eben der Stelle erbauen, two Veturia zum Delle Roms ihren Sohn weit 
und ernannte biefe zur erften Priefterin des Heiligthums. 

Cork (51° 53 54" N. B.), Sig eines Biſchofs, an der Münden) 
Lee, mit 9000 Häufern und 100,533 Einw., die zweite Stabt in Stand. 29 
Klima iſt ungeachtet der füblichen Lage feucht und nebliche. Cork warb I 
Sahrb.._mabrieintih von den Dinen, auf einer Bleinen Inſel des Ber gugeiatt 






























Gornaro Gorneille (Peter) 875 


zurch 2 Bruͤcken mit dem feften Lande in Verbindung. Seitdem aber 
tadt zu beiden Seiten bes Stromes beträchtlich ausgebreitet und 
ı find zu jenen erſten beiden hinzugelommen. — Cork ift reinlich 
st, aber ohne Pracht. Der bedeutende Ausfuhrhandel befteht in 
ads und Schweinefleifh, Butter, Xalglichtern, Geife und gegerb⸗ 
rohen Rindehduten, in Branntwein, Segeltuch, leinen und wollen 
und Glaswaaren. Der Hafen von Sort (Eork:Eove), 3 Stunden 
Stadt, iſt wegen feiner Sicherheit und Bequemlichkeit berühmt; 
über 3000 Schiffe ein. Die Einfahrt, ſchmal und tief, wird durch 
ts von beiden Seiten vertheidigt ; auch find zwei Beine Inſeln befes 
yeren Gefchä die Einfahrt beftreicht. 
ro (Lodovico), aus einer venetianifchen Familie, die ihrem Vaters 
Jogen und der Inſel Cypern im 15. Jahrh. eine Königin gegeben 
16 Königreich den Venetianern hinterließ, ftarb zu Padua 1566, 
hne Zodestampf fanft entſchlummernd. Gele feinem 25.5. Iitt er 
In, an ber Gicht und einem langfamen Fieber und kraͤnkelte bis gu 
Er entfagte endlich dem Gebrauche der Arzneimittel und befchränfte 
‚fte Mäfigkeit. Er erzählt die auten Wirkungen davon in feinem 
ı den Vortheilen eines nüchternen Lebens”. Zwar find die Vorſchrif⸗ 
nicht auf alle Naturen anwendbar, aber feine allgemeinen Grund» 
h ſtets bewähren. Seine Krankheiten verſchwanden und machten , 
efundheit Pia, verbunden mit einem Gefühle des Wohlbefinden, 
in nicht gekannt hatte. C. fchrieb noch drei andre Abhandlungen 
ı Gegenftand. In feiner Schrift über die Geburt und den Tod des 
: er in feinem 95. J. verfaßte, fagt er von ſich ſelbſt: Ich bin gefund 
wie man es mit 25 Jahren Ift, ich ſchreibe täglich fieben oder acht 
? übrige Zeit gebe ich fpazieren, unterrede mich oder wohne einem 
Ich bin heiter, Alles, was ic) effe, fchmedt mir. Meine Phanta⸗ 
mein Gedaͤchtniß ſtark, mein Urtheil gut, und was in meinem Alter 
g erregt, meine Stimme ſtark und wohlklingend“. 
eille (Peter), Schöpfer des franzoͤſ. Trauerſpiels, der Ältefle in ber 
r den Schriftftellern aus dem Zeitalter Ludwig XIV., geb. am 6. Juni 
en, wo fein Vater Generaladvocat war, zeigte noch in feinen fpätern 
ern Werken, wie fehr die Zeit der Hofintriguen und Unruhen waͤh⸗ 
n Regterungsiahre Ludwigs XIII. auf feine Fugendbilbung einges 
Ein etwas zweideutiges Gluͤck bei der Geliebten feines Freumbes, zu: 
on diefem feltft gebracht worden war, aab den erften Anlaß, daß er 
ieldichter verſuchte. Er brachte dies Abenteuer in Verfe, und unter 
„Melite“ erſchien es 1629 auf der Bühne. Der Erfolg erhob feinen 
folaten „‚litandre”, „Die Witwe”, „La galerie du palais”, „Die 
er Königeptag” (1635). Diefe Stüde fanden fo vielen Beifall, daß 
gne Schaufpielergefelifchaft ſich bildete, und mandıe haben ſelbſt fpäs 
»em Einzelnen veriingt, Anerkennung erbalten. Die Vernachlaͤſſi⸗ 
tue theilt C. mit feinem Zeitalter. Dem Seneca nachgebildet und 
aatoriſch wie deffen Werke mar feine „Medea“ (1635). Damals 
tige Cardinal Richelien mehre Dichter im Solde, die Luftfpiele nach 
m ausführen mußten. Auch C. ſollte in gleiches Verhaͤltniß treten. 
derung, die er fidh in einem übergebenen Plane erlaubte, verdarb Alles 
ke nach Rouen zuruͤck. Hier flug ihm Herr von Chalon, ein ehemas 
ir Mariens von Medici, vor, fih zum Trauerſpiele zu wenden, und 
die Spanier al Mufter. C. lernte von ihm Spaniſch, und der „Gib“ 
tigte Die Worausfagung des einfichtigen Freundes. Die Getwunderung 


876 Ä Gorneille (Peter) 


I: 
der Hauptftabt ſchien nur Einer nicht zu theilen, der Cardinal Richelier, deriung .- 
des Dichters freimüithige Werfhmähung zugefagter Gunft gefränkt, bie new 'r 
tete Akademie veranlaßte, ihre Meinung über den „Cid' auszufprechen, Chapdee, I; 
der Wortführer diefer Geſellſchaft, fuchte durch gelehrte Beweife ihrem Güttr :: 
genügen, ohne allzu fehr gegen die Stimme des Publicums anzulegen De |: 
„Sentimens de l’academie frangaise sur la tragicomedie du Cid", fd m k: 
Actenſtuͤck, das der Rechtlichkeit der franzöf. Gelehrten größere Ehre bringt alien F: 
Einſicht. Andre hofften durch Herabwürbigung des verhaften Dichtes ia te }:- 
Gunſt des Minifters zu fleigen. C. widerlegte fie durch Werke. 1639 aihin fr: 
fein „Horatier“ („Horace”, wie die frühern Ausgaben fagen; bie fpätem haben r- 
„Horaces‘'), durch den er den Vorwurf mangelnder Schoͤpferkraft mideregte, ion Ir 
man noch bei feinem „Heraclius“ (1647) nad) Calderon, und bem „gu 1 
1642 nad) Pedro de Roras wiederholte. Vielleicht entfernte diefer Vorwurf ie dr 
Dichter von Stoffen der neueuropäifchen Geſchichte. Denn faft auiſhichh k- 
warf er ſich in die cömifche Gefchichte; ftrenger Patriotismus der Alten un ie |: 
ehrgeizige Politik der fpätern Römer mußten ihm, wie ein geifireicher Aunfudee 
fagt, die ritterliche Ehre und Treue erfegen, deren Darftellung im „Ci" due 1 
wandtfchaft mit dem Geiſte fpanifcher Dramatiker vorausfegen läßt. Diefuff, |; 
Kunftrichter find geneigt, „Cinna“ (1639) für fein Meifterftück zu halten; uns ı. 
man „Polyeukt's“ nicht gedentt, wird dDiefe Behauptung im Auslande mahrgfunden £ 
werden. Die glüdlihe Mifchung des Nührenden mit dem feierlih ix 
dem Corneille ſich fo fehr neigt, macht dieſes Stud anziehender als fmihign |; 
Dafuͤr ift im „Tode des Pompejus” (1641), trog der edeln Weife, menü I 
zömifcher Optimaten im Kampfe gegen feine Unterdruͤcker dargefteit if, deh de 
Dang zum Schwuͤlſtigen nit zu verfennen. Verdienſtlich war feine 
des „Lügner. Sie gab im Luftfpiele, ſtatt des herkoͤmmlich Erfundenen Rau J 
und Wahrheit. Die Vergleihung mit dem fpanifchen Original („Lo soyechm 
verdad‘) ift für die Sreunde der dramatifchen Kunft belehrend. Endlich füimdi 
fruchtbaren Dichters Kraft fich euichöpft zu haben. „Rhodogune”, Cs keine ki 
ftüd, 1646, laͤßt einen fchmerzlichen Eindrud, den die mit aller Kunf Men 
trifch gehäuften Schredien keineswegs zu vergäten im Stande find. G’s fake }ı 
Werke („Heraclius“, 1647; „Don Sandyo von Aragonien”; „Andromae‘ c 
Stuͤck mit Mufit, Feſtzuͤgen, Tanz) find weniger gefannt und veime# 
felbft nad der Meinung der Franzofen weniger, mit Ausnahme bed „Rituht' 
1652, der, durdy Zalma gehoben, ſich fortmährend auf der Bühne erhielt. De 
trogige Spott gegen das Schidfal gibt dem Helden eine Eigenthlmliczkeit, WW 
der größten Wirkung iſt. Nur bemerkt man darin jene in Gegenfägen fich gib 
lende Rhetorik, weſche bei vielen feiner Stüde ſich ſtoͤrend breit macht 
rite (1653) mißfiel voͤllig. Zweifelhaft an feinem Talente, wollte Cornch ib 
ber dramatiſchen Kunſt entziehen und verwandte 6 Jahre, um das Bob „* 
imitatione J. Chr.“, deſſen erſtes Buch er ſchon in Verſe gebracht hatte, voll 
zu überfegen. Endlich bewog ihn Fouquet, fi) der Bühne wieder zu mb 
„Odipus“, 1659, „Sertorius“, 1662, ſchienen ihm bie ehemalige Gh” 
ſchauer wieder zu verfchaffen, die er durch glänzende Decorationen nebenbri @ 
ſtechen fuchte; aber alle folgende: „Otho“, „Ageſilaus“, „Attila u ſ. m. ?® 
tiethen einen Dichter, der ohne Nebenbuhler fid) entwickelt hatte und ned ws 
Palmen mit ſchon verfchwindenden Kräften nacheilte. Won den 33 I 
€. binterlaffen hat, kommen nur etwa 8 auf daß Theater. Seht hat fein Ankh 
durch die Zeit gewonnen, ſchon längft nannten die Franzoſen ihn den Gi 
wenn auch Voltaire, der Herausgeber feiner Werke, und Laharpe, dieſen 
ten Vorgänger benugend, nicht durchaus beifälige Urtheile über Somelle 
bienft ausſprachen. Was A. W. Schlegel über ihn gefagt bat, iſt allen Lim 








Sorneille (Thomas) 877 


n erinnerlich. Die Schwächen in der Anlage mehrer feiner Stüde hat 
elfing mit glänzendem Wige gezeigt. Lebhaft muß man bedauern, daß feine 
Anlagen durch die Hinmendung zu dem flarren Römerwefen in der Ent⸗ 
g geftört wurben, welche fie im „Cid“ fo glänzend verſprachen. Durdy 
gebenheiten feiner Zeit angeregt, nahm er politifhe Händel für tragifche 
ſelbſt Voltaire bemerkte ihren Einfluß auf die Anordnung des „Ginna” und 
Erfolg, den fie hervorbrachten, und uͤberſah nicht, daß die eben aufglimmens 
ſeniſtiſchen Streitigkeiten das Intereſſe an mehren Stellen des „Pelyeukt“ 
mußten, welche durch fie erft veranlaßt fein mochten. — Im Leben hatte 
e wenig Einnehmendes. Seine Unterhaltung war ſchleppend und nicht 
Wie Zurenne, hielt man ihn cher für beſchraͤnkt. Im Außern glich 
3 Heinen Kaufmann aus Rouen, und fehr begreiflich ifte daher, daß 
was rauhen Sitten und nicht unbedeutendem Gefühl feines Werthes 
ſich nicht an feinem Plage fühlen konnte. Sein Ruf und feine Zalente 
ihn nicht reich. Er lebte fo mäßig, daß es zuweilen nah Dürftigkelt 
Seit 1647 war er an Maynard's Strlle in die franz. Akademie aufe 
sen, und ftarb am 1. Octbr. 1684, als der Ältefte dieſes Kreiſes. Don dem 
feiner beiden Söhne lebte ein Ablömmiing nody 1813, ebenfo wenig vom 
il begünftigt mie die Urenkelin des grofen Gorneille, der Volta're, durch 
wusaabe der Werke ihres Großonkels, die Gemeinſchuld feines Vaterlandes 
Die neueften Anfichten der Franzoſen über diefen um die Bildung ihre® 
8 fo hochverdienten Dann findet man in einem „Eloge de Corneille par 
orin-Fabre”, das 1807 den Preis ber franzöf. Akademie davon trug und 
neu aufgelegt morben if. Die genauefte und voliftändigfte Ausgabe feiner 
bereichert dusch die Hauptwerke feines Bruders, Voltaire's Commrntare 
ie — von Paliſſot's Noten, iſt die von Renouard beſorgte (Paris 
12 Bde.). 
orneille (Thomas), Bruder des Vorhergehenden, geb. am 20. Aug. 
uRouen, lebte mit feinem Bruder Peter bie zu deffen Tode in der herz» 
Einigkeit. Ein Luftfpiel in lateinifchen Werfen, das er als Schüler in 
llegium der Jeſuiten gemacht, und das die Ehre der Aufführung erhalten 
omie der Beifall, den feines Bruders Werke fanden, veranlaßte ihn fidy ber 
fhen Dichtkunſt zu widmen. Sein erftes, nach Calderon brarbeitetes Luft: 
Das zufällige Vertöbniß", das 1647 gegeben wurde, fand Beifall. Dies 
gten bald mehre ähnliche, den Spaniern entiehnte Stüde. Die Zahl feie 
matifchen Arbeiten ſteigt auf 42; doch find die mehrften derfelben fo vers 
dag ſelbſt ihr Verzeichniß in der Geſchichte der franz. Akademie nicht rich⸗ 
nden wird. Zu ihrer Zeit wurden aber die Luflfpiele des jüngern Bru⸗ 
mabe mit mehr Intereſſe gefehen als die des großen Corneille; diefen fich 
tufter nehmend, verfuchte ſich Thomas auch im Zrauerfpiele, und fein 
rat” (1656) fand fo ausdauernten Beifall, daß die Schaufpieler, endlich 
von der Bühne herab baten: man möchte ihnen erlauben etwas Andres 
n, fie vergäßen fonft alle andern Stuͤcke. Seitdem kam er nie wieder auf 
ter. Gleichen Rauſch bradyte „Camma und Pyrrhus“ hervor (16618), bei 
arftellungen die Zufchauer ſich fo zudrängten, daß aufdem Theater kaum 
Spielenden Raum blieb. Won feinen dramatifdyen Werken verdienen 
t Aufmerkfamteit: „Ariadne“, die mit Racine's „Bajazet” die Zufammens 
beftand; das heroifche Luftfpiel: „Der Unbelannte” (1675), das 172% 
m Feſte in den Zuilerien wieder vorgenommen wurde, wo Ludwig XV. 
n jungen Leuten vom Hofe im Ballette tanzte; und vor allen „Graf Efier" 
‚der mie „Stilico” und, Ariadne“ noch jegt zuweilen dem parifer Publicum 
het wird. Schwächer als fein Bruder, mar Thomas doch, nach Voltaire's 


Bei den Werken [eines Bruders findet man gewoͤhnlich eine Au 
mm beigefügt. Geine übrigen Werke, jegt meiſt durch beffe 
zufammengedrudt worden. 

Cornelia, die Mutter der Gracchen, Tochter Sci 
ten, Gemahlin des Conſuls Grachus, eine hochgefinnte 
120 v. Ch. Sie war auch Schriftftelerin. Ihren Soͤhnen 
gab fie eine vortreffllche Erziehung. Man weiß, daß fie eu 
Schmucke prangenden Römerin, welche den Schmud der Cor 
laugte, ihre Rinder als ihr ebeifte® Kieinod vorftellte. Das 
eine Ehrenfäule. 

Eornelis (Comellus), Maler, geb. 1562 zu Harle 
jungen Der Helene und arbeitete in Anttverpen unter Paper 

us Eolgnet. ging er wieder nach Harlem, wo fein gr 
Geſellſchaft der Büchfenfhügen, feinen Ruf gründete. D 
„vom Genius der Geſchichte entworfene Bildniſſe“. 1595 
von Mander in Harlem eine Maleratademie an. eine vi 
felten, weil die Flamaͤnder fie aͤußerſt hodhfchägen. CE. malte 
Keinen, Geſchichte, Portraits, Blumen und vorzüglich my 
Er ift einzig ais Zeichner, ein treuer Nachbildner der Ratur ur 
gefäliges Colorit. Die wiener und dresdner Galerien enthalt 
J. Maͤller, H. Golzius, Saeneedam, 2. Kilian, Matham, 
haben nad) ihm gearbeitet. Er ſtarb 1638. 

Sornelius Nepos, vömifcher Geſchichtſchreiber, 
Veronefifchen, lebte im goldenen Zeitalter der toͤmiſchen Spra 
ſchaft mit Catull, Cicero, Pomponius Atticus, und ftarb 3O 
feinen zahlreichen Schriften haben ſich nur die „Lebensbeſchreibu 
ter Seldherren”' erhalten. Ex ſtellt hier in claſſiſchem Styi, get 
mit großer Deutlichkeit 24 Biographien der merkwuͤrdigſten 
‚Helden des Alterthums auf, jedoch find auch einige barbarife 
ber Römer Cato d. Air. darunter; zum Schiuß das Leben be 
Charaktere find gewoͤhnlich treffend gezeichnet; nur fehle Ihm | 


Sornelius (Peter) Corps 879 


Sornelius (Peter), geb. 178.. zu Düffelborf, war Director der Kunft⸗ 
ie daſelbſt und ift feit 1824 Director der Kunftalad. zu Münden. Er 
- fich unter Langer, ſpaͤter in Rom nad) ben Meiſtern ber alten italienifcdyen 
eutfhen Schule. Das Lebendige feiner Auffaffung und das Charakteriftis 
iner Darftellungen ift auch von Denen anerfannt worden, welche firenge 
gkeit der Zeichnung im Einzelnen und in ben ausgeführten Gemälden tech⸗ 
Fertigkeit und Farbe vermißten. Kunftliebhaber befigen von ihm geiflxeiche, 
Ktig ausgeführte Seberzeichnungen. Seine Scenen aus Goͤthe's Fauſt, ges 
u von Ruſcheweih, 3 Liefer. zu BL, Querfol., ſowie feine Blätter zum 
agenliede beweifen jene plaflifche Auffaffung der dichterifchen Gedanken, 
: wenige ber jetzt lebenden Kuͤnſtler ihm gleichſtehen möchten. Er war mit 
ken zu Darftellungen aus Dante für die Billa Maffimi zu Rom befchäftigt, 
m der Kronprinz von Baiern die malerifhe Ausſchmuͤckung der Prachtſt 
Glyptothek zu Münden auftrug. Daher verließ C. 1819 Rom unb 
abwechfelnd in Düffelborf und München, wo er die zum Theil ſchon in Rom 
sefenen Cartons ausführte. Der Gegenſtand diefer Fresken ift aus dem 
benkreife des Homer, Heſiodus und ber alten Heroenmwelt genommen. 1825 
eichte ihm der König Ludwig felbft in der Glyptothek das Kreuz bes Clvilver⸗ 
issden®. 
Gorniche, der Karnieß, f. Saͤule. 
Cornwallis (Charles, Marquis und Graf von), geb. den 31. Dec. 
I, zeichnete fich als Anführer der brit. Truppen im amerikan. Freiheitskriege 
Er nahm Philadelphia, trug viel zur Unterwerfung des mittäglichen Caro⸗ 
bei und ſchlug mit einer geringen Macht den General Gates. Aber 1781 
⁊ er am 19. Oct. bei Yorktown capituliren. Glorreich und weife war feine 
baltung ald Seneralgouverneur in Oftindien feit 1786. Auf feine Eroberung 
Bangalore (21. März 1791) folgte die gänzliche Niederlage Tippo Gaih’s. 
dem er durch diefen Krieg die Befigungen der Engländer in Oſtindien ans 
dy erweitert hatte, kehtte er 1793 nad) England zurüd, ward zum Marguis 
um Lord der Admiralität, zum Lordlieutenant von Irland ernannt, wo er bie 
rung unterdrüdte und im Eept. 1798 fämmtlicye auf der Inſel ausges 
e Franzoſen fich zu ergeben nöthigte. Hierauf trug er zur Vereinigung Ir⸗ 
wit England viel bei. 1801 unterhandelte er den Frieden mit Frankreich 
Anterzeichnete den Zractat von Amiens 1802. Im Sommer 1805 ging 
Generalgouverneur nadı Indien, ftarb aber dafelbft den 5. Det. d. I. Im 
aulskirche ward ihm ein Denkmal errichtet. " 
Eoroner (Coronator), ein Beamter in England, melcher von ben Trees 
6 einer Grafſchaft ermählt wird, um die Rechte ber Krone wahrzunehmen. 
Hauptgeſchaͤft ift die Urſache plöglicher Todesfälle mit Zuziehung von Bes 
rmen zu unterfuhen und das gerichtliche Verfahren wegen vorfäglichen 
6 (murder) oder Todtſchlags (manslaughter) einzuleiten. Bei Selbſt⸗ 
m wird unterfucht, ob ſolche Folge einer vorübergehenden Geiftesverwirrung 
tal derangement, insanity) waren, oder als Verbrechen anzufehen find 
ıia de se ipso), worauf Gonfiscation des Vermögens und unehrliche® Be⸗ 
iß ſteht. Sit die Gemeinde durch nadhläffige Polizei am Tode eines Mens 
ſchuld, fo legt ihe der Goroner eine Geldſtrafe auf; diejenigen Sachen, durch 
e der Tod verurfacht worden (deodant, 3. B. Pferd und Wagen, womit 
md verunglüdt), fpricht er dem Könige zu. Er hat auch fonft noch ges 
che Befchäfte. (Vgl. Todtengeridht.) 37. 
Gorporationen, Bemeinpeiten, f. Körperfhaften. 
Corps (von Corpus, Körper), im Allgemeinen die Geſammtheit mehrer 
diefelben Geſetze, Regeln, Gebräuche vereinigten Perfonen. So fagt man: 


880 Gorpulenz 


Ingenieurcorps. — Corps iſt befonders eine Anzahl Sofbaten, melde fi 
fhieden fein kann. Doch liegt in der richtigen Bedeutung dieſes Worts 
griff einer geroiffen Stärke forte eine Verſchiedenheit der Truppen, ente 
Maffen oder der Regimenter, Bataillons ıc., die unter Einen Befehl gef 
und kein Heer ausmachen. Don einem NRegimente kann man fein ©: 
trennen, fondern nur ein Detachement. Dagegen kann ein Öfficier aus 
Flüchtlingen, wenngleidh nur wenigen, die er fammelt und an derm € 
tritt, ein Corps bilden. — Corps d’Armee, Armeecorps, beißen ga 
die Hauptabtheilungen des ganzen Heeres. — Corps de Vataille 
Hauptcorpe, welches zwiſchen ben beiden Flügeln in der Linie flebt. - 
fervecorps, ein Corps, das erft nach miflungenem Beſtreben der A 
durch welche die Schlacht geliefert werden foll, zur Thaͤtigkeit und dad X 
„zu erfegen beflimmt if. — Corps volant, fliegendes Corps, dat 
fondern Zwecken, vorzuͤglich kleinern Unternchmungen, Üderrumpelungen 
beftinume iſt. — Corps de Garde find die auf die Wacht gefleilt 
daten, und der Ort, worin fie fi aufhalten, die Wachtſtube, berondaı 
Gemeinen. — Corps de Logis, das Hauptgebäude im Gegenfag I 
ftoßenden Fluͤgel. Seitengebäude ıc. 

Corpulenz, die Beſchaffenheit des menſchlichen Körpers, da fi 
tee Umfang Über das gewöhnliche Verhaͤltniß zunimmt, oder die fihtl 
mehrung der Fleiſch- und Fettmaſſe. Die Fleiſchmaſſe bilder das Mail 
und das Maß fomwie der Umfang deffelben bat feine Beflimmung ia % 
der einzeinen Muskelpartien, Bann drfhalb nicht Über ein gero fjr6 Ma 
und nicht unter ein beitimmtes fallın. Weit wen ger beſchrankt ift die] 
deren Erzeugung und Anfag an feine fo deſtimmte Form gebunven ifl. 
jeugung der Muskelfafern oder die Verwandlung des Blutes in Flei chr 
in dem Daargefäßfuftem, welches die feinften Endungen der Arterien 
Muskeln hin bilden, vor fih. (Über die Fetterzeuzung ſ Fett.) Iſt 
reichlic mir nährenden Stoffen verfehen, fo gen ſich auch um fo meh 
faſern und $etttheile an. Die Abionderung ded Fett gehört bie zu 
Graden zum Stande der Sefundheit. Die Umſtaͤnde, welche fie begunf 
weibliches Geſchlecht, Kindheit, reichiihe Nahrung bei gutem Zuflande 
dauung, körperliche Unthätigkeit, Gemuͤrhstuhe und Serglofigkeit u. | 
gibt jedoch eine gewiffe krankhafte Neigung, welche, unabhängig von a 
Emwirkungen, die Erzeugung und den Ab'ag von Fett vermehren kan 
trifft Süngi:nge und Männer, feibft geiftreiche, ſtets thätige Geſchaͤſtom 
ſehr corputent find. Man hat Beiſpiele von ungeheurer Corpulen 
Menfchen, die in gar keinem Verhaͤltniſſe mit der Nahrung derfeiben | 
offenbar Krankheit ift, wie manche andre Abdfonderungen im Körper, 5.9 
teitung und Abfonderung der Galle, des Speichels u. X. m. krankhaft 
werben kann. Gandifort bemerkte fchon bei einem ungeborenen Kindı 
gebeure Anhäufung des Fettes. Tulpius fah einen Sjährigen An 
150 Pfunden. Bartholini erzählt von einem 11jaͤhrigen Mädchen, 
200 Pfund gewogen habe. In den „Philosoph. transact.” wird dal 
eines Englaͤnders, Namens Bright, zu 609 Pfund angegeben. Oft iR 
pulenz aud) nur eine Anfüllung der Zellchen des Zelgewebes von u 
908: und dunftartigen Stoffen, wie bei der fogenannten ſchwammigen 
ſchaffenheit der Kal iſt, welche nody mehr von krankhafter Ne'gung ber 
oft der Anfang wirklicher Wafferfucht iſt. Eine mäßige Corpulenz (Cm 
befteht mit der Gefundheit und widerfpricht den Anfprüchen auf Schön 
indem fie alle edigeund unebene Formen ausgleicht und bie Rundung der! 
bet. Daher behalten Frauenzimmer und Männer von mäßiger Corpulenz I 


Gorpus Corpus catholicorum | 881 


jugendliche Anfehen als hagere Menſchen. überſchreitet aber bie 
as Maß, fo wird fie laͤſtig und endlich gefährlih. Dann muß man 
t Wein trinken, vorzügli Milch, Bier und Branntwein vermeiden, 
eriihe Bewegung vornehmen und dem Geifte Beſchaͤftigung geben. 
d Bekuͤmmerniß ſchmelzen bald das überflüffige Fett hinweg. Ob 
I dagegen anzuwenden find, und welche, bleibt dem Urtheile des Arz⸗ 


m. 
Iu8, in der Sprache der Buchdruder, eine Art von Schrift ober 
beſtimmter Größe. Diefe Bezeichnung wird davon hergeleitet, daß 
ırpus juris mit folcher Schrift gedruckt worden fein fol. - 
us catholicorum und Corpus evangelicorum. In Hinſicht 
ı theilten ſich die deutſchen Reichsſtaͤnde ehemals in die Eatholifchen 
tholicorum) und in die evangelifchen(Corpus evangelicorum), 
t jeder ein gefchloffene® Ganze bildete. Zur Verbindung dere evan⸗ 
Keihsftände machten den Anfang Sachen und Deffen durch 
zu Torgau zur Vertheidigung der evangelifchen Religion abgefchloffene 
velchem bald darauf die Herzoge von Lüneburg und Mecklenburg, ber 
Inhalt, die Grafen von Mansfeld und die Stadt Magdeburg beitraten. 
flirten 1529 gegen den auf dem Reichstage zu Speier wider die 
en gefaßten NReihsfhluß. Die übrigen evangelifhen Meicheftände 
on im nürnberger Religionsfrieben von 1532, als ein Cerpus, mit 
ifchen, als zweitem Reichſscorpus, den Vergleih ab; indeffen wurde 
ıdung bloß in Angelegenheiten der Religion benugt. Als aber wäh: 
eißigiährigen Kriegs die Kalfer Ferdinand II. und III. den Plan vers 
evangelifche Religion ganz zu unterdrüden, wurde biefe Verbindung, 
it 1631, allenthalben fichtbar und durch den weflfällfchen Frieden 
ıerfannt ; indem darin (Pac. Oan., art. V, 52) beflimmt wurde, 
igionsfachen und überhaupt, wenn bie beiben Meligionstheile fich ale 
inander ſchieden (jus eundi in parter), feine Stinnmenmehrheit gelten 
ı enaften wurbe die Verbindung feit 1720. Zum evangelifchen Ver⸗ 
n alle Regentm evangelifcher, ſowol Intherifcher als reformirter Länder, 
fie perfönlich die katholiſche Religion bekannten. Das Divectorium 
hen Reichstheils führte der Kurfürft von Mainz, der Kurfürft von 
ver bei dem evangellfchen Gorpus. Hierzu hatte Friedrich III., der 
efürft von Sachfen, den Grund gelegt, da er 1522 auf dem Reichötage 
:g die Angelegenheiten der Proteftanten bucch feinen Gefandten vers 
ef. Sein Nachfolger, Johann der Beſtaͤndige, ftellte ſich an bie 
Proteftanten, berief fie zur Berathſchlagung Über die augeburgifche 
vor Übergabe derfelben zufammen, und wurde, beſonders feitbem er 
vangelifhen Reiheftände nach Schmalkalden einlud, auch die dortis 
ſchlagungen leitete, von beiden Religionsparteien flillfchweigend als 
erfannt. Seit 1575 fing Kurfürft Friedrich III. von dee Pfalz, welcher 
ifchen Religion übergetreten war, an, die Direction der Religionsans 
n zu übernehmen, welche feine Nachfolger ganz an ſich ziehen zu wol⸗ 
‚ und dies um fo leichter, da die damaligen Kurfürften von Sachſen 
für eine Beſchwerde als für ein befonderes Recht anfahen. Während 
ährigen Kriege übernahm Guſtav Adeif, dann fein Kanzler Oren: 
8 Divectorkum ; jedoch wurde es dem Kurfürften von Sachſen, Johann 
oelchem, bei feiner Anhänglichkeit an ben Kalfer, ſelbſt mehre der evan⸗ 
fände es zu Übertragen Bedenken gefunden hatten, 1653 foͤrmlich 
Seit diefer Zeit blieb Sachfen im Beſitz deffelben bis zur Auflöfung 
en Reihe. Zwar veranlaften die Religionsveränderungen Friedrich 
. Giebente Aufl. Bd. I. 





angingen, VOR WDEHEUMER Eonctuuium in AOTCHDEN IHTE „SIERT 
Corpus delicti, ſ. Thatbeſtand. 
Corpus juris nannte man bie Juſtinianiſch 
Sammlungen im 12. Jahrh., wo man anfing, die einzel 
ſchloſſenes Ganze zu betrachten. Zum Corpus des toͤmiſchen 
die Pandekten in 3 Bbn., der 4. Bd. enthielt bie 9 erften! 
5. Bd. (das Volumen genannt) begriff die Inſtitutionen, 
Authenticum in 9 Unterabtheilungen ober Gollationen, bay 
lungen und neuern KRaifergefege als zehnte Gollation und bie 
her des Coder. Einzelne Gelehrte haben noch fpätere Geſet 
Kaifer ale 11. Gollation hinzuzufuͤgen verfucht, es iſt jedoe 
das Corpus juris eivilis ift feit Accurfius als gefhloffen bett 
nigen Theile auch der Juſtinianiſchen Gefeggebung, welch 
nicht in den Kreiß ihrer Lehrvorträge gezogen wurden, haber 
ſchen Gerichten Erin gefegliches Anfehen erlangt, obwol fie 
fhtoffene Sammtung des toͤmiſchen Rechts aufgenommen ı 
Sammlungen des kanoniſchen oder paͤpſilichen Redyts iſt ei 
beobachtet worden. Aus den aͤltern Concillenſchluͤſſen und y 
und falfchen, zog In ber Mitte des 12. Jahrh. Gratian fein 
cordantium canonum” zuſammen, fpäter das Dectet gena 
Jahrh. die Sammlung fpäterer paͤpſii. Entſcheidungen obrı 
chein (auf Befehl Gregors IX. durch Raimund von Penna 
welche ſchon für etwas Äußeres, Hinzugekommenes angefet 
Namen Eptra bezeichnet und cititt werden; Bonifaz \ 
6. Buch hinzufügen ; von Siemens V. kamen die Schläffe d 
zu Vienne (1311) unter dem Namen der Ciementinen, ol 
talen dazu und bamit wurde diefe Corpus juris canoniei g 
1340 ber Papft Johann XXU. und um 1488 ein Privatg 
eretalen ber Päpfte gefammelt haben, bie beide unter dem 9 
ten demfelben noch angehängt worden find. — Den Namen 
ferner mehren Privatfammlungen von Gefegen und Rech 


bat man ein „.Corous iuris germanici antiaui. von Geor⸗ 


Correa de Serra Correct 888 


agen der Zeit nd den Fortſchritten der Wiſſenſchaft entſpraͤche, iſt ein laͤngſt 
oltes Beduͤrfniß; ja, es fehlt ſogar an einer guten Handausgabe bes gewoͤhnli⸗ 
Textes. Indeß wird gegenwaͤrtig nicht nur eine der letztern Art (bei Cnobloch 
tpzig) beforgt von 3. 2. W. Bed, wovon fchon zwei Bände erfchienen find, 
ren auch eine vollftänbige kritiſche v. Prof. Schrader in Tübingen bearbeitet. 37. 
Correa de Serra (Sofeph Franz), portugiefifcher Diplomat und Ges 
er, geb. um 1750 zu Serpa, in der Provinz Alentejo, erzogen in Rom, dann 
'eapel von dem berühmten Abbate Genovefi, widmete fidy in Rom dem Stu⸗ 
ı der alten Sprachen und ber Botanik. 27 J. alt, wurde er von feinem Freunde, 
Herzoge von Foens, dem Vaterlande zuruͤckgegeben. C. nahm jetzt Antpeit an an 
Bründung der koͤnigl. Akademie der Wiffenfchaften in Liffabon, weiche in 
os v. Kom ihren Stifter und in dem berühmten Pombal ihren —2 
Jener wurde Praͤſident der Akademie und Correa ihr beſtaͤndiger Secre⸗ 
N Beibe wirkten gemeinfdaftlid und legten ein Naturaliencabinet, Raboratos 
1. an, in&befondere eine bedeutende Druderei, die von allem Preßzwange zu 
äem ihnen gelang. Correa veranftaltete auch durch Mitglieder der Akademie 
lung von Monumentos ineditos für bie vaterländifche Geſchichte. Im 
m botaniſchen Unterfuchungen behandelte cr mit außgezeichnetem Verdienſt die 
ogie der Pflanzen. Allein in Gefahr, das Opfer ber Intoleranz zu werben, 
ber aufgektärte C. Portugal fchleunig verlaffen. Er begab fi 1786 nad 
EB. Hier trat er mit dem Naturforfcher Bronffonet in das innigfe Verhaͤltniß. 
mach Peters LII. von Portugal Tod feine Feinde ihren Einfluß verloren, Eehrte 
ich Portugal zuruͤck. In der Folge kam auch Brouffonet (f. d.), der vor 
Terrorismus floh, nach Liffabon, wo ihm feine Verbindung mit C. einen 
wichelhaften Empfang bei dem Derzog v. Foens bewirkte. Allein die franz. Eimis 
Men, die Brouffonet’6 Theilnahme an den erſten revolutionairen Bewegungen 
rankreich nicht vergeffen konnten, gaben ihn bei dem Inquiſitionsgerichte als 
sbiner und Freimaurer an und verwidelten felbft feinen Sreund E. hinein. @. 
Imichts übrig, als bie Flucht zu fuchen, wie Brouffonet ſchon gethan, nach⸗ 
ihn der Herzog v. Foens mehre Tage in der koͤnigl. Bibliothek verſteckt gehal⸗ 
.G. ging nach London, wo ihn der Ritter Banks, Präjibent der koͤnigl. Akade⸗ 
‚aufnahm unb ber Sefelifchafe vorftellte, welche ihn zu ihrem Mitgliebe er 
Er bereicheste bie Memoiren berfelben mit Abhandlungen Über naturgefchichte 
Begenftände. Durch Vermittelung des Grafen v. Linhares, Miniſters ber 
* rarine, wurde er zum Legationsrath bei der Geſandtſchaft in London ers 
w. Nach dem Frieden von Amiens gab C. diefen Poften auf, und lebte elf 
NParie, wo ihn die Akademie als correfpondirendes Mitglied annahm. 1813 
W ihn fein wiffenfchaftlicher Eifer nad) den nordamerikaniſchen Freiſtaaten. 
B.ernannte ihn die Regierung von Portugal 1816 zu ihrem bevollmächtigen 
Hftee beim Congreß. 
Correct. Ale Formen, welche der Menſch den Stoffen aufbrüdt, find, 
eſſen eigne Erfcheinungsform und bie Geſtalten, weiche er nachbildet, gewiſ⸗ 
das der Natur diefer Formen oder in den Mitteln und Zwecken feiner Darſtel⸗ 
Begenben Geſetzen unterworfen. Es find dieſes Geſetze, deren Befolgung zu⸗ 
Bedingung iſt, daß uns eine Form als Zeichen, in Beziehung auf einen 
uch bezeichneten Gegenſtand, nicht unverftändlich oder gar mißfällig und nie: 
ri. Sie mäffen daher von Jedem, der ſich durch äußere Formen mittheilen 
(gt werden, wenn er ben Zweck feiner Mittheilung erreichen will. Diefe 
Mr, bed Darftellenden oder der Erfcheinung nun, vermöge welcher die er 
nothwenbigen Exfoderniffe der aͤußern Form beobachtet worden find, nennt 
Gorrectheit (Regelrichtigkeit, Beobachtung Deffen, was ſich vorfchreiben und 
der Vorſchrift einrichten Läßt); das Gegentheil Sncorreetbeit (Sehlerhaftigs 
56 


884 Correct 


keit in dem Außen oder Mechaniſchen einer Form). Corr eet fl alſo ein 
nung, welche ber Vorfchrift oder der natürlichen Erſcheinungsweiſe gem 
richtet iſt, um ein verfländliche® Zeichen zu fein, 3. B. eine correcte H 
ein correctee Styl, welchen ber Schriftfteller zwar befigen muß, der ihn 
nicht zum Schiftfteller macht. In Beziehung auf die nachbildende Darfiell 
man auch Naturerzeugniſſe correct, welche das Urbild ihrer Gattung ticht 
Im, 3. B. ein correcter Baum. Die Cortectheit und Incorrectheit abe 
Grade, je nachdem die Befolgung oder Wernachläffigung jener Gefege H 
Mebengegenftänbe, das Ganze oder Theile, Haupt: oder Mebentheile u 
teifft; ſodaß durch Incorrectheit bald ein Gegenftand oder Zeichen nicht 
Das erkannt wird, was er fein und vorflellen ſoll, oder ſogar höchft mifl 
den kann, bald nur eine geringe Störung eintritt, und ein Eleiner Fehle 
Umfang des Gegebnen groß und bedeutend iſt, Leicht Üüberfehen umd m 
wird. Die Corzertheit, als vollfommme Kehlerlofigkeit in Beziehung aı 
fheinung einer Form ‚ift baher bei umfaffenden Gegenfländen ſelbſt ein 9 
man verzeiht unbedeutende Sehler, wo ber Gegenſtand bedeutend ift und 
here Vorzüge glänzt. Übertreibung iſt e8 dagegen , fie mit Ängſtlichkeit ar 
und über einen Gegenſtand wegen berfeiben das Verdammungsurtheil 
chen, oder fie mit Ängftlichkeit zu vermeiden und dadurch auf den Mary 
Vorzüge aufmerkfam zu machen. Ja, es gibt eine Gorrectheit, roh 
und darum an einem Werke mißfallen’und getabelt werden kann; dieſchi 
ba, wo etwas Größeres unb Herrlicheres erwartet wird, Etwas, was fih 
fchreiben, fondern nur durch Talent und Geiſt hervorbringen läßt, Erwa 
eben unter jener äußern Bedingung der Exrfcheinung darſtellen ſol. S— 
3. B. das correcte ragen und Betragen einer Perfon ſelbſt laͤcherlich, we 
und ungezwungenes Betragen erwartet wird und je mehr man diefes im | 
ſchaft von ie. verlangen fan ; ferner je mehr das bloß Regelrechte von dei 
men und liebenswuͤrdigen Freiheit abfticht, und je ängfllicher,, ja mit Zw 
ſucht wurde; endlich je mehr die Vorfchrift cowentlonell ift, oder auf dar 
liche angewenbet wurde. Auch gibt es Gegenſtaͤnde, bei denen man ı 
Incorrectheit leicht verzeiht,, fofeen bei ihnen auf die Form überhaupt 

kommt und je mehr das Sehlerhafte durch Eile und andre Zeitumfkände e 
wird, 5.8. in dem Style der (politifchen) Zeitungen oder gewiffer B 
dungen aus dem niebern Keife des bürgerlichen Lebens. Dagegen wir 
tectheit zu andern Zwecken dringend erfodert, wo e8 3. B. auf Prüfung ı 
Fähigkeiten angefehen iſt. Auch in den Werken der ſchoͤnen Kunſt if fi 
diges, aber untergeordnneted Erfoderniß der Schönheit, allein keinenwe— 
ſelbſt zu verwechſeln; ja, bier iſt vorzäglich der Fall, wo fie laͤſtig we: 
wenn fie ängftlich erſtrebt worden iſt und höhere Eigenfchaften vermiffee 
doch das (ſchoͤne) Kunſtwerk als Werk des freien Genius erfcheinen fol. 

ift fie dann ein Verdienſt des Kuͤnſtlers, wenn bei aller Fülle des Geiſt 
ſcheinung bls in ihre Außerften Formen (3. B. bei ber Poefie im reinen gr 
richtigen Styl, Versmaß, Reim; bei der Malerei in gehöriger Anwe 
Schattens und Lichts, richtiger, naturgemäßer Zeichnung ; bei der 9 
den Foderungen der Geſetze der Harmonie und des Rhythmus) vollendet 
ſchwer fcheint es bier, bei aller Fuͤlle der Begeifterung felbft das Kleinſte 
zu haben. Jedoch ift der wahre Künftler, eben weil er fein Werk nicht 
fondern nad) einem geiftteichen Entwurfe, der mittelft der Einbildung 
ſchaulich vor der Seele ſteht, organiſch und wie aus einem Guffe erzengi 
das Werfen der Darftellung einfließenden Sehlern weniger ausgeſetzt, fel 
überhaupt die Gefege der Darftellungsmittel feiner Kunſt durchdrungen & 
Gebrauch der legtern geübt if. Auch hängt die Eorrectheit feines Werk 


Eorreggio 885 


er Ausarbeitung feines Entwurfs ab, bei welcher ber Überlegung, in 
uf die Äußere Form, Anordnung und Fuͤgung ber Theile, unbeſchadet 
rk erzeugenden Begeifterung , ein größerer Antheil, als in dem Augen: 
atwurfs verftattet ift. Man unterfcheibet Daher bei dem Werke ber ſchoͤ⸗ 
Das, was von der Kraft des höhern Talents abhängt und jenes Weſen 
sit ausmacht, was die richtigen Formen gleichfam beleben foll, von 
‚eit, als dem Niedern, obwol Erſten und Exlernbaren in der Kunft, bie 
such die mechanifche oder technifche Vollkommenheit der Sormen nennt. 
als Correctheit ift die Eleganz eine gefällige Gorrectheit ober Correct⸗ 
lichkeit und Schmud verbunden, obgleich auch biefe noch nicht An» 
veniger Schönheit ſelbſt ift. Daß aber Correctheit überhaupt eine noth⸗ 
venfchaft des Kunftwerks fei, leuchtet aus dem Begriffe des Kunſtwerks 
Denn wenn diefes ein Werk ift, in weldyem bie hoͤchſte Harmonie des 
der Erfcheinung herrſchen, oder das, mit andem Worten, in feiner 
‚ vollendet fein fol, fo wird damit auch verlangt, daß nichts bie An- 
ffeiben ſtoͤre, was fi) bei der Darftellung nach beſtimmter Regel ver- 
Daher gehört die Correctheit auch zur Clafficktät, d. i. reinen Mu⸗ 
t, und die größten Künfkier waren immer auch die correcteften ; Diejeni⸗ 
yelche die Stafjicität in die Correctheit fehen, verflehen das Weſen gei⸗ 
ellung nicht und achten ben Buchflaben mehr als den Geiſt, Das, was 
enten, Fleiß und libung erworben werden kann, höher als bie Kein 
le des unfterblihen Genius. Gegen fie hält Jean Paul in feiner „„Wor- 
ſthetik“, unter dem Namen ber Styliftiter (man kann fie auch Proſaiker 
je kraͤftige Strafpredigt. Treffend bezeichnet Schiller's Epigramm „Cors 
en Werth. Das Stubium der Correctheit iſt vorzüglich denjenigen 
s empfehlen, bei welchen , unter ben zur Darftellung erfoberlichen Kräfs 
efuͤhl, von welchem fie blind fortgeriffen werden, über die Anfchauung 
die Klarheit unterdruͤckt, woraus Leicht der Myſticismus in der Kunfl 
erfreuliche Schwaͤrmerei entfpringt, die nurmatte, unkraͤftige Geſtal⸗ 
und ſich im Nebelhaften gefällt. Wer wahrhafte Begeiſterung und 
ww feine Kunft hegt, der wird auch feinen Werken bie firenge, jedoch 
ve Sorgfalt widmen, mit welcher die größten Bildner und Maler ihre 
ebeiteten, und nicht jede Nachläffigkeit mit dem Ehrentitel ber angeneh⸗ 
wollen (grata negligentia) ; aber freilich gehört felbf der Takt des 
n Genius dazu, das rechte Maß in Auffuchung und Verbeſſerung der 
ten, und e8 läßt fich nicht vorfchreiben, wann und mo die Zeile aufhoͤ⸗ 
dern nur im Allgemeinen fagen, daß die prüfenbe Überlegung nicht bie 
Zeiſteswerks und feinen lebendigen Organismus verlegen darf; wie benn 
tectheit des Künftlers oder des Kunſtwerks keineswegs erſt aus dem 
Nachbeſſern) entfpringt; denn nur in weniger bebeutenden Punkten 
‚erbefferung des in feinen Daupttheilen ſchon ausgearbeiteten Werkes 


eggio (Antonio Allegri, oder nach feiner Geburtöfladt: Antonio da 
geb. 1494 zu Correggio, im Gebiete von Modena, folite ſtudiren; 
tur hatte ihn der Kunft beftimmt. Wieviel er feinem Lehrer (wahr: 
na Obeim, Lorenzo Alfegri) verbankte, bleibt unentfchieden. Ihm wies 
den Weg zur Unſterblichkeit. Man erzählt, er habe einft ein Gemälde 
dafael erblidt und ausgerufen: „Anch’io sono pittoro!“ (Auch id) bin 
; allein es ift nicht erwiefen, daß G. je in Rom gemwefen; in Parma 
a aber, wo er, nach b’Argensville, Werke Rafael's gefehen haben 
ed damals feine; ſomit fehlt jener Sage alle Beglaubigung. Daß 
Antiten und bie Meiſterſtuͤcke der nor ihm Lebenden gefehen zu haben, 


hen durch einen milden faft weiblichen Reiz zu getoinnen. . 
durch bie Harmonie der Farben, deren Schöpfer man ihn neı 
teeffiich i er Im Helldunkel. d. i. in der aͤſthetiſchen Verthe 
der Gefchicktichkeit, feinen Figuren Rundung zu geben und f 
ten zu laffen, worin ſich überhaupt die lombardiſche Schule, 
nannt wird, auszeichnet. In feinem Faltenwurfe berechnet 
der genauen Wahrheit, Alles auf die Wirkung des Helldunkel 
Geſchicklichkeit aus einer ſchoͤnen Farbe durch Haldtinte in bi 
Sein Bemühen war immer darauf gerichtet, den Hauptgeger 
da das Auge, wenn es von bem Lichte angezogen worden, ge 
+ fen wieder ausruht. Einen genialen Gebrauch hat er von t 
Nacht (la notte di Coreggio) gemadjt, die fid auf der dred 
(weiche Überhaupt 7 Gemälde diefes Meifters befigt, an di 
ſchritte erkennen kann). Daß diefer Kuͤnſtler auch vom poe 
war, zeigen außerdem noch bie Anfpielungen, die er bisweile 
angebracht hat, 3. B. ber weiße Haſe bei ber fogenannten ; 
In Dresden und Neapel (eine Mutter Gottes, der man wege 
Sewandes und Kopfpuges jenen Namen gegeben hat) und 
Vermaͤhlung ber heil. Katharina (in Neapel). Durch die Nahe 
die hier ihre Flucht vergeffen, wird ber Begriff der Unfhuld a 
deinden Perfonen erhöht und die Ruhe und Stille der Scene | 
vorzuͤglichſten Gemaͤlden gehören, außer ber Nacht, fein he 
mehre berühmte Maler bis zur Ungerechtigkeit gegen Rafae 
büßende Magdalena, die Altarblätter des Heil. Franciscus, | 
Sebaftians, der Ehriftus im Ölgarten, in Spanien, ber A 
Srescogemälde in Parma und vor allen die Deckengemaͤlde 
Parma. Er farb 1534. Die Sage über feine große Duͤrf 
ſache zu feinem Tode ift Längft widerlegt. 
Eorregidor iſt in Spanien und Portugal eine I 
Polizeirichter der zweiten Inſtanz 
mu $ orrefpondent (der Damburgiſche unparteliſche 


Gorfaren Gorfica 887 


7 Abfap des „Unpart. Correfpondenten” , welcher 5 Mat gefegt wurde , auf 
> Eremplare an. Als die Hanfeftädte mit Frankreich vereinigt wurden , ward 
ss „Unparteiifchen Eorrefpond‘'. eine franz. Zeitung , u. d. T.: „Journal du 
ement des Bouches de I’Elbe’’; der deutfche Inhalt Eonnte nur als Übers 
des franz. Xertes gelten. Die Erfcheinung in den beiden Sprachen, welche 
uw 1. Dec. 1811 anfing, wurde 1813 nur auf eine kurze Zeit durch die Ers 
ng des Gorrefpondenten in feiner alten Seftalt unterbrochen, bie das J. 1814 
deutſcher Sprache herftellte. Die Auflage fol 1818 wieder 10,000 Erempt. 
sı haben. 

Borfaren (von dem ital. corso, Lauf, Streiferei), Seeräuber, die Han: 
Hfe auffuchen und wegnehmen. Gewoͤhnlich werden nur die von Algier, Tu: 
Eripolie und den marokkaniſchen Häfen auslaufenden Raubſchiffe Corfaren, 
biffe Hingegen, durch welche Europder in Kriegszeiten, mit Bewilligung 
Staats, feindliche Schiffe wegnehmen, Caper genannt. 

Borfica, der Größe nach die dritte Inſel Italiens, von der nördlichen 
Bardiniene durch die + Stunden breite Meerenge Sans Bonifacio getrennt, 
H Stunden von Toscanas, 40 St. von Frankreichs und 60 St. von 
ms Kuͤſte entfernt, enthält 178 1M., 18 Städte (darunter 4 Ser» 
„weit 3 Rheden für große Flotten), 5 Martıfl., 560 D. mit Einfchluf von 
ives oder angebauten Thalgrlinden, und 180,400 Einw. ©.  $lorenzo 
kiner Lage nach (die fchönfte Rhede, die nächfte von Toulon) die Hauptſt. 
cfeſtigt fein. Ein Gebirge mit vielen Seitendften zieht ſich durch die ganze 
und erhebt ſich gegen die Mitte derfeiben zu einer ſolchen Höhe, daß ber 
e ben grönten Theil des Jahres hindurch auf den Höhen legen bleibt. Der 
I estondo und der Monted’oro (8 — 9000 Fuß hoch) haben ewigen Schnee. 
Cheit ift das Gebirge fleiler Fels, zum Theil mit Waldungen bedeckt. Viele 
Btäffe, worunter nur der Cholo ſchiffbar iſt, fließen öftlich ober weſtlich in 
ker. Die meiften trodinen oft im Sommer aus. Die oͤſtliche Küfte ift flacher 
weftliche, auf welcher die meiften Meereinſchnitte fi, befinden. Das Klima 
enchm, indem die Sonnenhige durch bie hohen Gebirge und Seewinde ges 
wird. Einige Gegenden haben wegen der ftehenden Gewaͤſſer eine unge: 
Buft und find verödet. Der Boden ift, befonders in den Thälern und an 
Me, ſehr fruchtbar; daher die Einwohner, obgleich fie den Aderbau aͤußerſt 
Ms betreiben, doch für ihren Bedarf hinreichende® Getreide (mit Ausnahme 
ffers, der nicht gezogen wird) ernten. Die gemeinen Sorfen leben gewoͤhnlich 
fanien und haben nur felten Welzenbrot. Meine, die dem Malaga und 
ugöfifchen gleichen, werden, ungeachtet der forglofen Behandlung, in Menge 
wu; auch hat man vielen Flache, treffliche, edle Suͤdfruͤchte, felbft zur 
, ganze Wälder von Kaſtanien, viele Dliven und Waldungen von Eichen, 
ns und Lerhenbäumen, die eine Höhe von 120 — 130 F. erreichen. Die 
ht wird ſtark betrieben ; doch find die Pferde, Efel und Mauleſel von einem 
Schlage, das Rindvieh zwar groß, aber mager, die Schafe grobwollig. 
ſcherei von Thunfifchen, Sardellen und Auftern macht eine Hauptbefchäfs 
bee Einw. aus. Die Gebirge mthalten vielerlei Mineralien, doch ift der 
nz faſt gänzlich unbekannt; vorzüglich zeichnet ſich das Eifen durch feine 
6. Die Corfen find noch ein wahres Naturvolt, der Mehrzahl nach Ita⸗ 
md Bekennner der Farholifchen Religion. Induſtrie ift ihnen unbelannt, 
ke nöchigen Handwerker fehlen; jeder macht ſich faft alle feine Beduͤrfniſſe 
Wohnungen, Hausgeräthe und Kleidung find aͤrmlich; höhere Lehranſtal⸗ 
gein-sanz. Tapferkeit, Sreiheitsliebe, Traͤgheit charakterificen die Corſen. 
u erften punifchen Kriege beſaßen die Sarthaginenfer diefe Infel. Won dies 
ı fie an die Roͤmer. Nachdem fie fpäterhin bie Vandalen eine Zeitlang be: 


888 Gorfo 


feffen hatten, ſtand fie abwechſelnd unter ber Herrfchaft ber griechiſchen 
der Gothen. 850 eroberten fie die Sarazenen und behielten fie biß zum ı 
tel des 14. Jahrh., zu welcher Zeit fie von den Pifanern eingenom 
1284 kam diefe Jnſel unter die Herrfchaft der Genuefer, welche fie fd 
obert hatten, aber nicht lange im Beſitze geblieben waren. Durch de 
Drud des oligarchiſchen Syſtems der genueſiſchen Regierung zur Em 
reizt, ergriffen die Corfen 1729 gegen Genua die Waffen und legter 
nicht nieder. Genua rief 1730 Paiferl. und 1738 franz. Zruppen 
1736 hatte Baron Theodor von Neuhof (f.d.) aus Weſtfalen die 
gewonnen, daß fie ihn zu ihrem Könige ernannte. Er verlich fie ma 
der Sranzofen, um auswaͤrtige Hülfe zu fuchen. Die Franzoſen verlie 
fel beim Ausbruche des deutfchen Kriege 1741. Nun brady die Empdı 
aus. 1755 ernannte der corſiſche Senat den Pascal Pa oli(T.d.) zw 
der die Angelegenheiten fo gut führte, daß die Genueſer mit Huͤlfe franz. 
truppen (feit 1764) nur einige Seeftädte mit der Hauptſtadt Baftte i 
und die Hoffnung aufgaben , jemals die Inſel überwältigen zu können. 

ließen daher 1768 diefelbe an Frankreich durch einen Tractat, dem ber. 
Choiſenl und Spinola zu Paris abſchloſſen, nad) welchem der König! 
die Corſen unterwerfen und fo lange regieren follte, bis bie Republik ihn 
koſten erftattete. Diefe Bedingung war aber nur fcheinkar, um Em 
fchen und den Senat nicht dem Vorwurf eines Verkaufs blofzufleie 
reich glaubte, die Unterwerfung Corſicas mit einer geringen Kricgemai 
zu koͤnnen; aber Paoli that, in der Hoffnung auf britiſche Unterfläge 
haften Widerftand, daB die Koſten diefer Unternehmung ſchon auf 30! 
angelaufen waren, ohne daß die franz. Völker bedeutend vorgeben 
Allein nunmehr verflärkte der Dof diefeiben bie auf 30,000 M. unterb 
be Vaur. England blieb unthätig, und in den verfchiedenen Gefechte 
Corfen fo wenig ihre Pflicht, daß Paoli allen Widerftand aufgab u 
deff. 3. nad) England floh, wo er von einem koͤnigl. Gnadengehaltel 
noch dauerte der Beine Krieg in ben Gebirgen bie 1774. Bei der franz, 
trat die Inſel ale ein beſonderes Departement in die Verbindung dei 
Frankreichs ein und fandte ihre Deputicten zum Convente. Paoli 
fein Vaterland zuruͤck. Allein die Schredensmänner in Paris verlang 
Paris, wo ber Tod ihm gewiß gewefen wäre. Er rief daher das Ve 
Banner des Todtenkopfs (das alte corfifche Wappen) und eroberte m 
Briten, welche ben 18. Zebr. 1794 landeten, den 22. Mai Baftia 

Auguft Calvi. Die Nation unterwarf ſich jept dem britiichen Scepter 
gemeinen Verſammlung ber Deputirten der Corſen zu Corte, den 18.. 
Corſica ward als ein viertes Königreich conflituirt, und erhielt die Ba 
Geſetze Englands, ein beſonderes Parlament, wie Irland hatte, unt 
koͤnig (Elliot). Aber ein großer Theil der Corfen war den Engländ 
Ketzern abgemeigt, und die franz. Partei breitete fich unter dem General 
Dct. 1796) wieder auf ber Infel aus. Krankheiten verſchlimmerten 
Engländer, und da die Macht derfelben durch die Befifnahme von 2 
bie Srangofen 1796 in diefen Gegenden geſchwaͤcht wurde, fo räumte 
Seit 1811 bildet Corſica ein einziges Departement, deffen Hauptf 
Die Einkünfte Frankreichs in Corfica betrugen 1821 nur 500,000 | 
koſtete der Krone die Verwaltung jährl, 3 Mit. Fr. S. Napoleons 
4. Thl. (kond. 1824) (vom Grafen Nontholon), und „Sketches of! 
3:1823 (nehfl Proben der Volkepoeſie), von Rob. Benfon (Yond. 1 

) ©. auch Boswell's „„Biftorifdy:geographifcye Beſchreibung v 
‚Mord, eine Hauytſtraße Roms, welche dieſen Namen, wie 


Gortes Cortez 889 


nehrer Städte in Italien (z. B. Florenz), von dem Wettrennen der Pferde 
, womit zu Rom ſich jeder Carnevalsabend ſchließt. Der roͤmiſche Corſo iſt 

3500 Schritt lang, von hohen, meiſt praͤchtigen Gebaͤuden eingefaßt, 
Breite aber nicht verhaͤltnißmaͤßig, ſodaß an den meiſten Orten hoͤchſtend drei 
werke fich neben einander beivegen können. Die vornehme Welt fährt hier in 
ſehr zahlreichen Reihe ſpazieren. Diefe Abendfpazierfahrt, bie in allen großen 
aifhen Städten glänzend iſt und in jeder Heinen Stadt, waͤre es auch nur 
inigen Kutſchen, nachgeahmt wird, lodt viele Fußgänger in den Corſo. Das 
eval iſt der Gipfel jener ſonn⸗ und feſttaͤgigen Freuden und die Zeit, in welcher 
orſo in ſeinem hoͤchſten Glanze erſcheint. ©. Böthe's Beſchreibung bes ro⸗ 
en Carnevals und des Corſo. 

Cortes, die ehemal. Ständeverfammlungen in Sponien und Dortagat 
te, d. i. Hof ‚ Sig, Reſidenz, ifl gleichbedeutend mit Gutsbeſitz und Land» 
(daft). In Spanien behaupteten die Cortes von Gaftilien, die aus bem 
2 Adel, der hohen Beiftlichkeit, den Ritterorden von St.- Jacob, Calatrava 
Kicantara und aus gewillen Stübten beftanden, zur Zeit der vereinigten fpanis 
‚Monarchie den erftien Rang. In frühen Zeiten war ber König von ihnen 
abhängig ; ja, fie hatten fich in den Beſitz bed Waffenrechts gefegt und übten 
it felten wider den Thron aus. In Aragonien, wo die ftändifche Berfaffung 
chuͤmliche, höchft merkwürdige Formen hatte, präftdirte ein oberfler Nichter 
Ihrer Mitte, el Justicia genannt, der die Streitigkeiten zwiſchen dem Könige 
den Unterthanen entſchied und die koͤnigl. Gewalt in den verfaffungsmäßigen 
tanken hielt. Dem Könige Serdinand von Aragonien und feiner Gemahlin, Iſa⸗ 
won Caſtilien, aber gelang es, ſich unabhängiger von den Ständen (las Cor: 
pe machen, und als die Gaflilianer e8 wagten, auf bem von Karl V. zu 
691538 gehaltenen Reichstage eine außerordentliche Steuer zu verweigern, bob 
Rönig die Verſammlung auf. Seitdem wurden weder die Beiftlichkeit, noch 
(bei, fondern bloß die Abgeordneten von 18 Städten zufammenberufen, und 
ben Fällen, wo neue Auflagen bewilligt werden follten. Philipp IL. ſchraͤnk⸗ 
>91 die Vorrechte der Aragonier ein. Nach dem fpanifchen Erbfolgekriege 
ı Philipp V. den Provinzen, die es mit der öfte. Partei gehalten hatten, ihre 
kbrigen Freiheiten. Seit jener Zeit wurden die Cortes nur zur Duldigung 
Nnigs oder bes Prinzen von Afturien, ober wenn fonft etwas wegen der Thron: 

beftimmt werden follte, zufammengerufen. Als aber Napoleon fi) Spa» 
bemaͤchtigen wollte (vgl. Ferdinand VII. und Spanien feit 1808), be: 
x (15. Juni 1808) eine Junta der Gortes nad) Bayonne. An der letzten 
ing (7. Juni 1812) ward von ihr bie neue Gonflitutionsacte angenommen, deren 
rt. von den Cortes oder der Nutionalverfammilung handelt, welche aus 25 
ifchöfen, 25 Abdeligen und 122 aus dem Volke beftehen ſollte. Später ver: 
e Napoleon durch das Anerbieten, die Cortes in ihrer vormaligen Würde wis 
erzuftellen,, den fpanifchen Adel und durch ihn die Nation zu gewinnen; aber 
e Rumfigriff wirkte nicht. — Über die neuern Cortes in Spanien und 
tugalf.d. 

Cortez (Fernando), Meritos Eroberer, geb. zu Medelin i in Eftremadura 
5, ging 1504 nach Weflindien, wo Velasquez, Statthalter von Cuba, ihn 
ie Spige einer Flotte ftellte, die er auf Entdedung neuer Linder ausſandte. 
erließ San⸗Jago am 18. Nov. 1518 mit 10 Schiffen, 600 Spanien, 18 
den und einigen Feldflüden. Ex landete im meritanifhen Meerbufen. Der 
lick der Pferde, von welchen herab die Spanier fochten, die beweglichen Feſtun⸗ 

weiche fie über das Meer gebracht, das Krachen des Geſchuͤtzes, das Eifen, 
ie fie bedeckt waren, alle diefe Gegenſtaͤnde erfuͤllte die zum Theil unkriegeri⸗ 
Voͤlker mit Furcht. Gortez zog den 18. Nov. 1519 in die Stadt Mexiko ein. 


892 Cosmo I. Cofle 


aber endlich ihren Fall bewirkten. Als Auguft 1716 in Warfchan ſich befand 
die Cofel aus eiferfüchtigen Abfichten ihn dort überrafchen wolte, ward fie u 
wegs an der fchlefifchen Grenze durch ein Gardecommando zur Rüdkehr nah? 
den genöthigt, und dann, noch ehe der König felbft eintraf, von dott serai 
Erſt ging fie nad) Pilfnig, dann nad) Berlin, und, als fie auch hier nick biel 
Aufnahme fand, nady Halle, wo fie aber auf Auguſts Veranlaſſung vech 
und endlich auf die alte Feſtung Stolpen gebracht ward. Sie flarb nad Hi 
ger Haft, als SOjährige Matrone, 1761. Ihre Leiche trug, dem Angaben ii 
Augenzeugen zufolge, noch die deutlichften Spuren von Heroismus un) &4 
heit. Die Urfachen ihrer Verhaftung waren, tie es fcheint, radfüchtige di 
rungen in Bezug auf den König, welche diefer, von ber Cofel Feinden ihm kin 
bracht, vielleicht ernfllicher nahm, ale fie gemeint waren. Zahlloſe Briefe, m 
er in den erften Jahren ihrer Gefangenfchaft von ihr erhielt, ließ ex erſt min 
wortet, dann unerbrochen und endlich warf er fie, ſowie fie eingingen, ind$e 
As man ihm einft rieth, der Cofel die Correſpondenz ganz zu uunterfagen, du 
er: „Die Graͤfin hat Langeweile, warum fol ich ihr den unſchuldigen Zeiten 
nehmen‘. Als er 1727 nad) Stoipen kam, die Wirkung der Karthaunenkugeigi 
Baſaltkoͤpfe zu beobachten, redete ihn die Cofel zum Kenfter herab fruydipı 
worauf aber ber König nur ſtumm und leicht den Hut hob und fortfprengte I 
feinem Zode ward der Coſel mehr Freiheit, auch eine beffere Wohnung yeah 
allein fie war fo an ihe Gefaͤngniß gewöhnt, daß fie es nie verlaffen mein. 
ihr ausgeſetzte bedeutende Penſion ließ ihr Friedrich IL., fo Lange er im firbeniligig 
Kriege Sachen in feiner Gewalt hatte, zwar regelmäßig bezahlen, jehm 
Ephraimiten, jenen befannten, durch den Juden Ephraim zu Leipzig, mine 
Genehmigung ausgeprägten Münzen, weldye wenig galten. Theils pam 
teeib, mehr aber, um ihren Ärger über diefe Münze, wobei fie nicht menigwd 
auszudruͤcken, benagelte die Coſel bamit die Wände ihrer Zimmer und zigell 
Tapeten Jedem, der Zutritt bei ihre hatte. Mit Tuben verkehrte fie fo Kung, | 
man glaubte, fie habe nod, als Matrone die Mofaifche Religion angraum 
Doch iſt dies unwahrſcheinlich, es müßte denn entroeder dem katholiſchen eff 
Trotz, oder in einer Art von Wahnfinn gefcheben fein, welcher, aus 
tem Stolze entftanden, fie nicht felten überfiel. So redete fie z. B. Jar, I 
fie befuchte, Du an, und fürfllihen Perfonen, welche in Stolpen ciufall 
ließ fie ihren gnädigen Gruß vermeiden. Nach ibrem Tode fand man ih E 
aufer im Polfter ihres Leibſtuhls LO Coſel'ſche Species und Gulden, mil 
fo viel nur aufzutreiden waren, einmwechfeln ließ. Der König hatte diefe Kim 
welche das koͤnigl. und gräft. Gofel’fche Wappen vereinigt darſtellten, mr afl 
beingendfte Bitten der Cofel und zwar in jehr geringer Zahl prägen laffın, u 
bald fie aͤußerſt felten find. Die Coſel war unftreitig eine ber [hönfe 
geiftseichfien Frauen ihrer Zeit. Das Feuer ihres Auges fol gleichlam fh 
(end, ihr Umgang bezaubernd, in ter franz. Literatur fol fie ſehr ba 
dert geweſen fein. Auch in ihrer Sefangenfchaft liebte fie nebſt einem Bi 
Garten, den fie felbft baute, befonders ihre Bibliothek, und in viele Bü 
ſchrieb fie Bemerkungen, die meift auf die Hinfälligkeit aller irdiſchen Ding 
bezogen. Ihr Haß gegen den König war anfänglich unbegrenzt, doch wen 
er fich wieder in eine Art von ſchwaͤrmeriſcher Liebe, und als fie die Nachticht 
Augufts Zode erhielt, zerfloß fie faft in Thränen. Sie hinterließ einen Geha 
zwei Töchter. Ä 

Cosmo TI. von Medici, f. Mediceer. 

Soffe (Charles de), bekannter u,d.N. Marſchall von Briffac, € 
bes Rene de Eoffe, ‚Deren von Briffac in Anjon, Oberfalkenmeiſters von ft 
reich, diente mit Gluͤck in den neapolitaniſchen und piemontefiſchen Ariram 





Gofter 893 


als Dberfter in det Schlacht bei Perplgnan (1541) aus. In [. Schule, 
haber der leichten franz. Cavalerie, bildeten ſich die erſten Edelleute bes 
ſelbſt die Prinzen für den Krieg. Als Kaiſer Karl V. 1543 Landrecy 
‚te, warf Briffae ihn 3 Mat zurüd und vereinigte fich, trog ber 
it des Feindes, mit Franz I., dee mit feinem Deere bei Vitry ſtand. Der 
Hof ihn in feine Arme, ließ ihn ausfenem Pokale trinken und machte ihn 
fened Ordens. Nach andern großen Thaten, wurde er Großmeiſter der 
m Frankreich, und Heinrich IL. ſandte ihn als Botfchafter an den Kal: 
n Frieden zu unterhandeln. Hier bewies et ſich auch als guter Diplo⸗ 
erwarb ſich dadurch das Gouvernement von Piemont und den. Mar: 
on Frankreich (1550). Dann ging er ald Gouverneur ber Picarbie 
reich zuruͤck und lelſtete diefer ‘Provinz die. wichtigen Dienfte. Briſſac 
ver Außerft fein gebaut; die Damen nannten ihn nur „ben Schönen Briſ⸗ 
ı fagt, daß die Herzogin von Valentinois ihm ihre befondere Gunſt ges 
d daß Heinrich IE. ihn bloß aus Eiferſucht zum Lieutenant » General in 
annt habe. Bewundert als Held, verehrt als edler Menſch, flarb 
31. Dee. 1563 zu Paris. = 
er (Laurens), genannt Fansfoen, d. h. Johanns Sohn, ein wohlhaben⸗ 
zu Harlem, geb. dafelbft 1370 oder 1371, verwaltete felt 1418 als 
8 großen Mathe abwechſelnd die Stellen eines Schöppen und eines 
ers, fett 1421, nach Anden fchon feit 1399 mar er Kuͤſter der geoßen 
ialkirche zu Harlem, von welchem damals fehr ehrenvollen Amte er 
Beinamen erhielt. Er flarb wahrſcheinlich bei der Seuche, welche in ber 
fte des J. 1439 in Harlem müthete, indem 1440 bereits feiner Witwe 
geſchieht. Dies ift Alles, was die gleichzeitigen Stadtregiſter von 
. Über hundert Jahre fpäter, um die Mitte des 16. Jahrh. zeigen fich 
er Volksſage, welche der Stadt Harlem die Erfindung der Buchdruder: 
te. Dann lieferte Habrian Junius in feinem zwiſchen 1562 — 71 ge: 
aber erft 1688 nad) feinem Tode erfchienenen „Batavia”, nad) münbli- 
ten bejahrter Leute, welche ihre Nachrichten wieder von andern hatten, 
idige Erfindungsgefchichte ber Buchdruckerei, in welcher Gofter bie erſte 
. Auf feinen Spaziergängen im benachbarten Stadtholze habe ex (fo 
vius) anfangs zum Zeitvertreibe Buchftaben in Buchentinde gefchnigt, 
Verſuche bis auf ganze Zeilen ausgedehnt und endlich gewagt, volle 
Holstafeln zw fchneiden. Auf diefe Art habe er ben Druck des „Spegel 
»udenisse” zu Stande gebracht. Hierauf feier zu dem Gufle blelerner 
ter Typen vorgefchritten. Aber ein gewiſſer Johann, den ex ald Gehuͤl⸗ 
umen, babe ihm feinen ganzen Drudappazat in einer Weihnachtsnacht 
und fei damit erft nach Amſterdam und von da nach Köln und Mainz 
m welchem lehttern Drte biefer Diebflahl Beranlaffung zu größerer Ver⸗ 
e von Coſter erfundenen Kunft geworden fei. Eine unbefangene und 
der Vorliebe für Deutfchland freie Kritik hält diefes ganze Sagenge⸗ 
ne Weiſe aus; aber in Holland iſt man noch heute fo feſt davon überzeugt, 
icht nur 4622 Coſter eine Statue errichtete und fein Daus, welches 
(fter einſtuͤrzte, mit wahrer Verehrung zeigte, fonbern auch 1740 das 
feiner Erfindung feierte. Diefe Feier ift 1823 wiederholt worben, ba 
erechtigfeit der hollaͤndiſchen Anſpruͤche durch Meermann's „Origines 
icae” (1765) und Koning’s „Verhandeling over het oorsprong der 
tunst’' (1816) bündig bewiefen glaube. Mit weichem Rechte, lehrt 
ilung der lebtern Schrift im „„Dermes”, von Ebert (Heft XX), deren 
E: daß Jansſoen fich zu einer Zeit, welche mit der deutfchen Erfindung 
übereintrifft, mit Verſuchen befchäftigt, twelche die Erfindung der 


894 Coſtume 


Buchbruckerkunſt zu Abſicht und Folge hatten. Vgl. auch Ebert in de 
pädie von Erich und Gruber”, Art. Buchbruderkunft. 
Coflume, das bei einzelnen Perfonen ober ganzen Gemeinheit 
nen und Beitaltern in Sitten, Gebräuhen, Lebensart Übliche. 2 
Künftter fol bei Darflellung von Perfonen aus verfchiebenen Voͤlker 
Eigenthämtiche derfelben in der Eörperlichen Beſchaffenheit, der N 
fiognomie, Gefichtöfarbe u.f. w. richtig beobachten; damit aber jener | 
dem Kunbigen nicht geftört werde, follen auch die Nebenbezeichnumgen d 
des Schmudes, der Wohnungen, Geraͤthſchaften, Waffen u. f. w. 
und Zeit gemäßfein. Ebenfo wenig ald man in einer Scene, diein Ruf 
Dalmen und Tiger in die Umgebung bringen darf, foll man dem ? 
Turbans, den Römern, die Carthago belagern, Kanonen geben, w 
genländer am Zifche fitend mit Meffer und Babel fpeifen laflen. Di 
und felbftdie beruͤhmteſten Mater der neueuropdifchen Schulen fich öfte 
gen bed Coſtumes haben zu Echufden kommen laffen, ift nicht zu leı 
gends aber find diefe Werlegungen größer gervefen als auf der Bühne. 
tuͤrkiſche und peruanifche Prinzeffinnen traten auf im langen goldgefi 
metmantel, Mleroge und Kleopatra mußten fich in einen Reifcod Red 
und Phaͤdra franzdifch coeffiren laſſen, ſelbſt Bäuerinnen ſteckten & 
rippen, und ein Held kam eben aus der Schlacht in einem Gteifred 
kein Zältchen in Unordnung gelommen war. Bon Lekain und Made 
fagt man, daß fie zuerft, vom Grafen de Lauragais unterftügt, das! 
der Bühne eingeführt hätten; allein fie fchafften bloß das Allergroͤbſ 
für Skythen und Sarmaten das Tigerfell, für Aſiaten til 
ein, im lübrigen blieb es beim Alten. Wie um die Fracht, fo fan 
übrige Decoration ber Bühne; noch ift es nicht lange ber, daß Sa 
einem Palaſte mit korinthiſchen Säulen hervortrat in einen Garten, 
eine ganze amerikanifcye Flora bluͤhte; ober fie ſaß auf einem ihre 
Baldachin & la polonaise uͤberwoͤlbte, bie fie umgebenden Perfonen t 
ſche Kleidungen und ein Stallmeifter aus den Ritterzeiten reichte Ih 
In Deutidyland ging es um nichte beffer. Vor noch nicht gar zu langeı 
man auch hier die Begleiter des Theſeus mit Allongeperuͤcken und rom 
ten in der „Clemenza di Tito‘‘ mit fteifen Stiefeln und noch fteifern 38} 
ſchiren fehen. Indeß haben doch die Deutfchen zuerft diefen Übelk 
und einen wohlthätigen Einfluß auf das berliner Nationaltheater hat a 
Hinſicht Madame Hendel: Schü gehabt. Sie war es, die zuerfle 
Darftellung der, Ariadne“ den franz. Flitterpus mit der antiten Beklei 
tauſchen, und fomit das Zeichen zu einer durchgängig genauern Veob 
Coſtume gab. In Frankreich hat Talma das Coſtume der parifer Buͤh 
Was er in diefer Hinficht für die Bühne ; das hat David (der hierin ar 
Vorgänger hatte) fire die Malerei gethan, und man muß feiner Schule 
Beobachtung des Coſtume nachruͤhmen. Die Frage: Wie weit man hi 
heit des Schoͤnheit aufopfern bürfe? beantwortet ein Aufſatz, in Bi 
Theater, in Muͤllner's „Almanady für Privatbuͤhnen“, Bd. 2 (1! 
wird die poetifche Correctheit von ber hiſtoriſchen unterfchieden, und 
bingebeutet, wo biefe jener nachſtehen muß, theild wegen nöthiger 
mung der äußern Erſcheinung mit dem Geifte des Gedichts, theils we 
ftänblichkeit und der Vermeidung von Anftößen fir bie minder unter 
ſchauer. Daß es der Kunft überhaupt freifichen muß, das Coflum 
Sprache, zu idealiſiren, ſcheint unleugbar. Über das Coitume hal 
fein ganz gutes Werk erhalten. Dandre Bardon (deſſen, Coſtumet 
Voͤlker“ G. W. Becker überf. und mit Anm, 1776 heransg.) bat 


Cöte droit. 895 


chten Quellen gehalten; der „Traite des costumes” von Lenz (mit Zufägen; 
Franz. überfegt v. Martini, Dresden 1784) if ein allzu ſchwacher Werfuch, 
Martini’s Anmerkungen haben ihn nur um Weniges beffer gemacht. Spalart's 
efich über das Coſtume der vorzüglichften Voͤlker des Alterthums, des mittlern 
8 und ber neueren Zeiten” (herausg. von Ign. Albrecht, Wien 1796 — 
3 Bde.) ift beſſer, aber auch nicht fehlerfrei; nuͤtzlicher find bie „Recueils 
estumes antiques’von Rocheggiani und Willemin, aber nicht da6 Ganze um: 
ab. Ein neuer Verſuch ift das 1819 in Italien erfchienene Werk über „Alte 
mene Softumes” von Gironi, und „Darftellung des Agnptifchen, griech. und 
Coſtumes“, a. d. Engl. von Michaelis (Leipz. 1815). Es bleibt dem 
er oft nichts übrig, als fich an die Quellen zu wenden. In Hinſicht auf das 
uume der Alten ſind es bis archäologifchen Kupferwerke, in Dinficht bes.neuern 
zume Betrachtung der Gemälde aus verſchiedenen Zeiten, Grabſteine, Trach⸗ 
Bdyer ; in Hinficht des Auslaͤndiſchen aber Reifebefchreibungen,, bie ihm zur 
Achung feines Zwecks helfen werben. Geſchichte, Alterthimmer und Erdbe⸗ 
Mbung find unentbehrliche Hülfskenntniffe. Für die neuere Zeit und das Aus⸗ 
iiſche hat man die „Costunes civils actuels d& tous les peuples eonnus” von 
Manveur, ferner bie große „Sammlung von Eoftumen verſchiedener Voͤlker“ 
Men 1800 fg.) ,, und feit unfere Dichter mehr als einen dramatiſchen Meridian 
ir Erde gezogen haben ,:einige Theatercoſtumes, nämlich) die „Costumes et: 
Mies des granis.thöätres de Paris” die „Goftumes des k. k. Hoftheaters in 
ww m. illum. K. (Wien 1812 u. 13), die „Theatercoftumes des berliner Ratio: 
heaters“ ſeit 1816— 23 (die alten erfchienen feit 1789-1813). u 
Cote droit, Cöte gauche. (Rechte und linke Seite in der franz. 
atirtenkammer.) Es wäre vielleicht für eine jede fländifche Verſammlung rath⸗ 
ı wem die Sige der Mitglieder durch irgend eine Ordnung (nad) Departes 
8, durch das Loos u. f. w.) fo feft beftimmt wären, daß eine Wahl der Piäge 
Ihren politifchen Unfichten ihnen unmöglich gemacht würde, wie es in den 
lem deutfchen Staaten wirklich gefchehen if. Wenigftens wuͤrde dadurch das 
&duben der Rednecr durch gemeinfchaftliches Befchrei, welches in Frankreich 
E vorkommt, einigermaßen erſchwert werben und die Ordnung leichter erhalten 
un Bönnen. Indeſſen ift man weder in England noch in Frankreich darauf vers 
w. Im engl. Parlament gehören zwar die erften Sige auf ber rechten Geite 
Sprechers eigentlich den Deputirten von London, allein fie nehmen foldye nur 
er Eröffnung ein, und hberlaffen folche fodann den Miniftern, um melche ſich 
k Ihre Anhänger verfammeln. Die Oppofition nimmt die gegenüberftiehenden 
Be ein. In Frankreich ‚bat fich die Oppofition immer auf der linken Geite ge: 
en, die heftigften Diitglieber der Nationalconvention fegten ſich auf die. legten 
u fichenden Bänke dieſer Seite, und bekamen bavon den Namen der Berg. 
yernäßigtern, und die Anhänger der Regierung nahm ihre Piäge in den vor⸗ 
;„ niebrigern hellen bes Saals, welche die Ebene, der Bauch, ber Moraſt 
wre wurden. Noch jest pflegen fid) die verfchiedenen Parteien in ber franz. 
utirtenkammer auf diefe Weife zu fcheiden. Die Minifterialpartei hatte ihre 
be in der Mitte (f. Centre), und je weiter fi) die Deputirten in ben verfchle: 
u Bichtungen bes Royalismus oder Liberallsmus von ihnen entfernten, deſto 
ns wichen fie aud) im Sigen von ihnen ab. Die aͤußerſte Rechte, die aͤußerſte 
s bilden bie beiden entgegengefesten Pole ber öffentlichen Meinung. Die rechte 
ve iſt innerhalb der Kammer feit 1815 immer die itärkfle gewefen, von 1815 
26 iſt wenigſtens Bein Beſchluß entfchieden gegen fie gefaßt worden, und feit 
O bat fie fo fehr die Mehrheit ausgemacht, daß die Gegner an einen Einfluß 
Ne Beſchluͤſſe nicht denken dürfen. Sie hat fich dieſe Mehrheit durch das nette 
Ageſetz, nach welchem bie größern Grundbefiger einen Theil der Deputirten 


896 Cotin Cotta | 


allein wählen und den Übrigen wählen helfen, alfo in ben Departementd:un | 
Arrondiffementswahlen ein doppeltes Wahlrecht ausüben, gefichert; fie hat duch 
Meductton der Grundſteuern, ſowie durch den (ungefeblichen) Einfluf af 
Wahlen die Wirkung jenes Wahlgefebes noch verftärkt; aber dennoch ſcheint fr 
fühlen, daß ihre Macht nur in der Kammer, im Wolke aber bie entgegengefren 
Anfichten herrſchend find. Die Liberalen werfen ber rechten Seite vor, daffirw | 
ftärkte Kirchengewalt, - Abetöherrfchaft, Belaſtung des Grumbeigenthumd ui ie 
veräußerlichkeit, Untheilbarkeit und Iehnrechtlichen Leiftungen, Ausicliefung ie 
Gemeinen von den höheren Ehrenftellen herzuſtellen ſtrebe; und alles Diefed mike 
allerdings im dem Geiſte des Volkes einen cbenfo ſtarken als erfiärlichen Bäm 
ſpruch finden. Dagegen wirb wiederum der linken Seite von Ihren Grgnemiugp 
worfen,. fie firebe dahin, Die gegenwärtige Verfaffung Frankreichs immer Imahe 
tiſcher zu machen, die koͤnigl. Gewalt über Maß und Bebähr einzufcränten, ai F 
Ende vielleicht mit einer abermaligen Entthronung bes Bourbons zudem 

Cotin (Charles), Rath und Almofenier des Könige, Mitglied dar fug 
Alademie, geb. zu Paris 1604, verdankt bie beruͤchtigte Selebrität feine Namnel 
größtentheild den Satyren Boileau's. Er befaß Kenntaiffe in der Theruge ml 
Philoſophie, veritand Hebräifch. und Syriſch und hatte die griech. Scheifriileh 
fleißig ſtudirt, dag erden Homer und Plato zum Theil auswendig konnte. Inh 
hält die Sammlung feiner Gedichte manche recht anmuthige. Dan harıfyudk |' 
daß ber Reim jenen Satyriker bewogen habe, den Namen Cotin in (uw Gu 
zu fegen; allein Boileau hatte gerechten Grund, fich fiber Cotin zu bean, 18 
ihn im Hötel Rambouiliet als einen gefährlichen Menſchen geſchildert hate. De 
Spöttereien Boileau's erbitterten Cotin noch mehr, und er bot Alles auf, B. pm I} 
Schweigen zu bringen. Sein Anfehert bei Hofe, fein Zitel und fein Bruni 

dienen ihm die Mittel dazu an die Hand zu geben, aber ungläcdichemik nt 

ihm feine Klaͤtſchereien einen neuen Feind in Molierezu, der ihn in feinen Feums 
‚savantes‘ unter dom Namen Zriffotin auf die Bühne brachte und dem Eypatte mib 
gab. Man weiß, daß das Sonett an die Prinzeffin Urania wirklich von 
und daß er über dieſes Gedicht im Beiſein einer ausgewaͤhlten Geſellſchaft ui‘ 
nage einen Streit gehabt hat, wobei fich Beide umgefähr dieſelben Artigkeiteufägek 
die Moliere dem Triſſotin und Vadius in den Mund tegt. Cotin fat 
©eine „Deuvres melces” erfhienen 1659 zu Paris, und 1665 and 26 | 
„Oeuv. galanten”. ! 

Eotta (Heinrich), k. ſaͤchſ. Oberforftrath,, Forſtakademie⸗ uud (ei 
richtungs Director, geb. d. 30. Det. 176% auf der Beinen Zillbach im 
ſchen Antheile von Henneberg, two fein Väter damals ale Unterförfie mil: 
Nachdem er bei diefem zum Jäger und Forſtmanne gebitber, 1784 u 17% 
Jena Sameralia und Mathematik ſtudirt und auf verſchiedenen Reifen Erfah 
gen eingefammelt hatte, wurde er als Unterförfter zu Zillbach angefelt, ek 
er burch ale Dienftftufen bi6 zum Zorfimeifter in weimariſchen Dienſten 
Bon 1795 an wurde feine ſchon feit der Mitte des vorherigen Jahrzeheno ua 
und nad) von ihm in Stillen herangebitdete Forftiehranftatt der kraͤftigſten 
ftägung des Landesherrn, in Einraͤumung bes herzogi. Jagdſchloſſes zu 
unb des bortigen Reviers, theilhaftig. 1811 folgte E. als k. Forſtrath ein 
nach Sachſen, wo ihm die Direction der Vermeſſung, Abfchäpung und — 
dee Walbungen anvertrauet ward. Seit dieſer Zeit wohnt er in Tharand, weils 
auc feine Forſtlehranſtalt mitgebracht hatte. Diefe warb 1816 zu einer k. Gore 
demie, G. felbft aber zu deren Director und zum k. Oberforfirathe ernannt, U 
auch bald darauf der Orden für Verbienft und Treue ertheilt. €. if suchen 4 
Sefelifchaften Mitglied. Seine Schriften ſeit 1804 gehören zu ben vor 
in der Forſtwiſſenſchaft. 





































Gottin Goucy 897 


(Sophie Riftaud), mehr gekannt unter dem Namen Dabame Got 
Terin mehrer auch ins Deutſche überf. Romane und Unterhaltungs» 
1773 zu Zonneins im Dep. Lot und Saronne, und im 17. 3. an 
x aus Bordeaur verheirathet, am bald darauf nach Paris, wo 
ı nach wenigen 9. verlor. Sie lebte ihrem Kummer und geifligen 
n, die ihrer Neigung von jeher zufagten. Um ſich zu zerſtreuen, 
‚ was ihren Geift lebhaft befchäftigee, nieder, ohne daran zu den⸗ 
nem andern Publicum wichtig fein koͤnnte, als dem Kreife ihrer 
e. In der Leichtigkeit, wie fie ihre Gedanken mittheilte, entwickelte 
, bie in frühen Jahren felbft von ihren nächften Umgebungen war 
m. Ihre erften Verfuche waren Beine Gedichte und eine Bes 
0 Seiten. Ehen brauchte einer ihrer Freunde 50 Louisb’or, um 
8 dem er verbannt war, zu verlaffen. Mad. Gottin verkaufte bie 
ter, um dem Unglüdtichen zu helfen, und fo erhielt das Publicum 
ba”. Sie bekannte ſich ebenfo wenig zu dem Buche als zu bem 
das fie dadurch ftiftete. Das Beduͤrfniß, fi) mitzuthellen, bes 
ner als Gchriftftellerin aufzutreten. Nun erſchienen,Malvina“, 
Ransfield‘‘, „Eliſabeth, oder die Verwieſenen in Sibirien”. Die In⸗ 
npfindung und Beredtſamkelt, mit der fie die geheimften Neigungen 
eftelle, haben ihr beſonders bei Grauen viel Beifall erworben. Ihre 
ihr, den Gewinn ihrer Schriftftellerei zu wohlihätigen Zwecken zu 
ine ſchmerzenvolle Krankheit binderte fie an der Vollendung eines 
ın Inhalte und an einem andern über die Erziehung. Nur für dies 
ie eine günflige, dankbare Aufnahme, denn fonderbar genug miß⸗ 
iftſtelleriſche Thaͤtigkeit an rauen. Nach dreimonntlichen Leiden 
5. Aug. 1807. Ihre einzelnen Schriften enthält die Sammlung: 
apletes de Madame Cottin” (Paris 1806). 

(Renaud, Caftellan v.), war ber Held einer tragiſchen Begeben⸗ 
den alten Romanen und Liedern häufig befungen worden iſt. Man 
ı Neffen oder doch für einen Anverroandten ded Raoul, Herm von 
ı König Philipp Auguft nady Paldflina begleitete, und mit welchem 
yfelt worden iſt. Eine Handfchrift in franz. Werfen auf der koͤnigl. 
Paris, betitelt „Roman bes Eaftellan von Couch und der Dame von 
ieben um 1228, und eine Chronik über den naͤmlichen Stoff von 
trieben um 1380, überliefern uns folgende Geſchichte der zaͤrtüchſten 
empörendften Grauſamkeit. Renaud, Caftellan v. Coucy, warb 
1 Reizen ber Gemahlin Auberts de Zaiel, Gabriele de Vergy. Das 
ag nicht weit von Eoucy, in der Nähe der Stadt Saint-Quentin. 
ich mit dem Geftändniffe feiner Leidenfchaft zu Gabrielens Füßen, 
uruͤck, aber — nicht flr immer. Die Liebenden fahen ſich mehre 
m. So entflanden unter der Verficherung der feurigſten Liebe und 
lichen Beforgniffen wegen der Eiferfucht des Gemahls Renauds 
ven uns eine Sammlung aufbehalten iſt, Ausdruͤcke der gluͤhendſten 
Die Verpflichtung, fi) zum Kreuzzug zu flellen, unterbrach das 
‚Liebenden. Renaud fchiffte ſich zu Marfeille mit Richard, König 
ein. Mit diefem kaͤmpfte er an dem glänzenden Tage bei Caͤſarea 
ihm bei Askalon. Aber bei der Vertheidigung eines Schloſſes, wo 
n Quartier genommen hatte, traf ihn eim vergifteter Pfeil. Alte 
e [cheiterte, die Wunde war unheilbar. Da bat Reuaud um die Ruͤck⸗ 
ıterland. Sie ward gewährt. Doch ſchon nach einigen Tagen fühlte 
& Todes; da gab er feinem treuen Rnappen eine filberne Kapfel mit 
ı feiner Herrin. „Nimm, fprach er, „und verwahr' es wohl; nad) 
Siebente Aufl. Bd. IL, 57 


808 Couliſſen | 


meinem letzten Seufser fchließe mein Herz hinein und bringe bied Ales ber Die | 
von Faiel’. Noch fügte er einen Brief hinzu, den er nur zeit der Iuferfien ie 
firengung zu unterzeichnen vermochte. Ex flarb und der treue Diener eilte nad Iem 
Schloſſe von Faiel. Sein Unftern führte ihn in die Hände des Herrn det Chief | 
Argwwöhnifch lief Diefer ihn ducchfuchen und fand die legte Gabe, die katm di 
dehdte einer unausloͤſchlichen Zärtlichkeit. Entbrannt von Wuth, fan auf |. 
Bade. „Nimm dieſes Herz”, ſprach er zu feinem Koch, „bereite e zu uub fged 
auf die Tafel meiner Frau!" Es geſchah, und Gabriele — af davon. „Öuba 
Sie es gut gefunden, diefes Fleiſch?“ fragt der Gemahl. „D vortreffih!" die 
die Aeme. „Das glaube ich gern”, erwibert er, „es muß auch ein Locke Geik 
Sie fein, dem es war das Herz des Caflellans von Coucy!“ Zur ihrdiie 
iberzeugung ſchleudert er ihr den Brief hin, den ihr Renaud ſterbend gefheichen 
hatte. Nach diefer entfenlichen Mahlzeit wollte die Unglückliche nicht mer ⸗ 
nießen und flarb eines freiwilligen Hungertodes. Die Lieber ber Eiche ed Guhb 
fans von Coucy find in ben „Memoires historiques sur Raoul de (mp, 
Paris 1781 (in der alten Sprache mit beigefuͤgter überſetzung und alt Ruf 
Dazu), gefantmeit erfchienen. Auch Uhland hat diefen Stoff in einer (din 
manze behanbelt. 

Eouliffen, 1) die Fugen in einem Fenſterrahmen, in bene man id 
Fenſter oder einen Laden aufs und nieberziehen kann; bismeilen 2) cin Iledße 
flex ober ſolcher Laden ſelbſt; 3) die Fluͤgel auf der Schaubühne, worh km 1 
ſchledenen Veränderungen an den beiden Seiten derfelben bervorgebrait mein. 
Diefe gehören auf unfern Bühnen zur Scenerie und dem Mafchineude. Ui 
den en der Alten hatte man fie nicht; es fcheint,, daß beide Oritnihew 
verändert blieben ud eine ganz einfache Verzierung , vielleicht nur einem cufohet 
Anſtrich von einer wicht fehr in die Augen fallenden Farbe hatten, De mis 
Vorſteliung und jeder Veränderung der Scene paßte. Als man im 16. Ihb 
-  G:chaufpielhäufer im neuern Europa errichtete, waren biefe Seitemvaͤnde dual 
nicht mit beweglichen Maſchinen verfehen. Früher, als noch die Myferia up 
ſtelit wurden, faßen an den Selten in einer eignen Art von Sitzen Die Shah 
lex. So wie daher das Stuͤck anfing, fahen dic Zufchauer gleich alle fplekahe Pr 
fonen ; fo oft ein Schauſpieler an die Reihe kam, ftand er von frinem Eile 
und fegte fi wieber dahin, wenn fein Auftritt zu Ende war. In fa Mi 
hatte man eine Act abgefonderten Raums zur Geite der Buͤhne, worauf kRDP 
ſchauer gelaffen wurden, befonbers die Kunſtrichter und wigigen Köpfe ber ut 
ligen Zeit. Diefe hatten Burfche zur Aufıwartung, bie ihnen Pfeifen mh TAn 
reichten; dem ſowol bier ald auf den übrigen Plägen würde geraucht Wolke 
Ubeifand nicht bersfhte, war doch die Vorrichtung —— an 
die Aufführung eine® Trauerfpieis durch ſchwarze U e der f 
Veränderungen der rter bloß durch die überſchrift mo Ramen an. Rune 
Huͤlfomittel waren da, die Taͤuſchung der Zuſchauer burch Verzierungen dee ODis 
zu befördern: ihre Phantaſie mußte ſich meiſtens Ort und Umſtaͤnde banal 
und, wie Shakſpeare ſelbſt fie einmal dazu auffedert, das Fehlende mit in Ös 
danken ausfüllen. Dem ital. Architekten Serlio (geft. 1540) verdanken wis Mi 
Huͤlfemittel diefer Art. Er fleßte an den Geiten der Bühne zuerſt Goudfin P 
auf, daß ein Raum dazwiſchen blieb und man hinter jeder binmeggepen bei 
Dierbucch, wurde eine beffere Beleuchtung möglich, die bie daklı fehr umeill® 
men gervefen war, durch zwei geoße Kronleuchter, die über der Buͤbne berablitg® 
Jetzt war man in den Stand geſett, eine foldye anzubringen, die, ſelbſt nit MP 
bar, nur an ihren Wirkungen wahrgenommen wurde ımb weiche man nah I 
Umftänden verſtaͤrken oder ſchwaͤchen konnte. In England wide Diefe erſt —X 
Garridk nad) feine Ruͤckehr aus Frankreich eingeführt. Noch ein wicheigrer Zul 





































































Goulomb Coup 809 


cc) fie dadurch erreicht, daß man Decorationen auf Ihnen anbringen 
e dienten, Ort und Umftänbe der dargeſtellten Handlungen auch vor 
ringen und mit diefen Verfinnlichungen, da die Couliſſen bewegliche 
nd, fo oft zu tmechfeln, als es die Umſtaͤnde erfobern; ſodaß wir 
uruͤckziehen der einen und Vorfchieben der andern uns aus der Straße 
der Wohnungen, von da in Wald, Gebirg, Tempel, Gefaͤngniß 
t finden. Damit die Taͤuſchung für die Zufchaner aber noch mehr be: 
möffen die Couliſſen perſpektiviſch geſtellt fein und einander decken. 
ren breite Couliſſen einen beträchtlichen Wortheil, weil alsdann auf 
Couliſſe ein großer Theil der Vorſtellungen perfpektivifch gemalt 
wodurch ſich das Ganze beffer verbindet. Bisweilen hat man die 
mit fie fich beffer decken möchten, nad) einer fchrägen Linie geftellt ; 
wird die Bewegung berfelben erfchwert. dd. 
mb (Charles Auguftin de), geb. 1736 zu Angouleme, trat in das 
vuide nach Martinique geſchickt und baute dort das Fort Bourbon. 
eine Theorie der einfachen Mafchinen den verboppelten, von der Aka⸗ 
ausgefegten Preis, und einmüthig nahm ihn die Akademie 1781 
zuf. Überall gebraucht, wo es ſchwlerige Gegenſtaͤnde der Mecha⸗ 
len gab, war er zugleich durchaus vechtlih. Man hatte den Staͤn⸗ 
gne einen Plan zu Anlegung fchiffbarer Canaͤle in ihrer Provinz vor: 
als Beauftragter der Regierung begutachten follte. C. überzeugte 
utzen keineswegs für bie ungeheuern Summen Ihrer Anlage entſchaͤ⸗ 
und entſchied gegen fie. Da dies dem ntereffe einiger Minifter zus 
hte, mußte er für dies freimuͤthige Urtheil in der Abtei bien. €. fos 
iſchied; man verweigerte ihn und ſchickte Ihn aufs neue nach Bre⸗ 
zweiter Ausfpruch fiel wie der erfle aus, und die Stände von Bre⸗ 
in Urtheit durch eine Sekundenuhr mit dem Wappen der Provinz. 
h der Revolution war C. Ritter bes Ludwigsordens und Oberſtliente⸗ 
ecorps. Er entfagte allen feinen Stellen, um der Erziehung feiner 
n. Diefe Muße kam den Wiffenfchaften zu gute. Namentlich führs 
ungen Über die Kraft, mit der gebogene Metalifäden zuruͤckſpringen, 
em Geheimmiffe des Magnetismus unb die Lehren der Elektricitaͤt, 
klarer wurden, weil, wie bei alien feinen Unterfuchungen, ein Bes 
hften Genauigkeit ihn beftimmt hatte, Rechnung mit Beobadytung 
Bei der Herftellung des Inſtituts wurde C. als Mitglied aufgenom: 
Generalaufſeher des Öffentlichen Unterrichts ernannt. Thaͤtig für 
8 er durch Schriften fortwährend erweiterte, gluͤcklich im Kreife der 
CEoulomb am 23. Aug. 1806. 
ein franz. Wort, das in mehren Zufammenflellungen in der deut: 
yaftsfprache vorkommt, heißt im Allgemeinen: Streich, Schlag, 
Ausgang einer Sache. So kann ein Zeldherr, fo kann ein Spies 
iner Art, einen glüdtichen, einen unglüdlichen Coup machen. — 
ain, in der Kriegsſprache eigentlich ein rafcher, gelungener Angriff, 
kuͤhne, leicht geführte und ſchnell gelungene Unternehmung ; eine 
9. Der Ausdrud wird auch auf andre, diefen Ähnliche Fälle des Les 
nt. — Coup d’oeit iſt der fchnelle Blick, mit welchem ein Menſch 
‚vorliegenden Segenftande Gehoͤrige auf der Stelle überfieht ; ferner 
te Fähigkeit, die Größe und Menge gewiſſer Gegenftände nach dem 
ziemlich richtig anzugeben; endlich auch fo viel al Ausficht oder An: 
up de Theatre, Theatercoup, Dheaterſtreich, eigentlich auf der 
u einem beftimmten Zwecke hervorgebrachte piöglihe Veränderung, 
oher Grad ber Überraſchung bereitet wird. Beſonders ‚bedient man 
57* 


900 Couplet Courbiere 


ſich dieſes Ausdrucks tadelnd, wo eine ſolche Veränderung nicht hinlaͤnglich verke : 
reitet iſt und aus der Natur der Charaktere oder der Handlung derſelben hewetzeht 
Theatercoup wird auch häufig für jede auffallende Handlung gebraucht, werds 
nicht, ober boch weniger um die Sache ald um den Schein, ober auch darm, mi 
der Sache auch den Schein zu retten, zu thun ifl. — Coup d’etat, Haupt, 
eine Ecäftige, zumellen gewaltfame Maßregel, die ein Fuͤrſt, ein Staat inufe | 
ordentlichen Faͤllen, wo die gewöhnlichen Mittel nicht zuzureichen ſcheinen, ergreift. | 
Auch eine Handlung, eine Begebenheit, welche einen wichtigen, entfüehuie | 
Einfluß auf den Staat hat, wie eine Hauptfchlacdht, die Einnahme der Haupak 
eines Reiche ıc. Überhaupt Alles, was in einer Sache groß, außerordentich z 
entſcheidend iſt. 

Couplet, in der franz. Poeſie und Muſik, ein Abſatz ober Abſchutt, de | 
bei einem Ganzen von gleichmäßigen Theilen ſtattfindet; in der Poeſie eine Br 
phe und in der Muſik ein Sag, eine Claufel, wie man auch fagt, 3. B. in cum 
Mondo. Befonderd nennt man Strophen fo, in weldyen ein gewiſſer Reftzin um 
Schluſſe vortommt. 

Coupon, Zinsteifte, ein abgefchnittened Städchen, ein Abſchnitt. Ih 
befondere find Coupons bie den Staatsſchuldbriefen (Staatsobligationen) beieflp 
ten Binfens ober Hebungsfcheine,, deren mehre auf einem Bogen zuf 
werden und wovon bei jeber Auszahlung einer abgefchnitten und ber anazaflabn 
Caſſe zum Belege gegeben wird. Gewiſſe Staatsobligationen werden und du 
Buche ohne gebrudtten Rand außgefchnitten und fo dem Inhaber übergre de 
Zweck derfelben ift, Betruͤgereien und Unterfchleif zu verhüten, weil, won 
nicht ganz genau an ben bei der Gaffe zuruͤckbehaltenen Abfchnitt des Bogead, f 
welchen fie gedruckt find, paflen, ihre Unechtheit fogleich offenbar wird. 

Courbiere (Wilhelm Renee, Freih. de l’homme v. Courbiere), fu. 
preuß. Feldmarſchall und Vertheibiger der Feſte Graubenz, geb. den 25. fee. IT 
zu Groͤningen in Holland. Sein Vater war Major in hollaͤnd. Dielen, Mk 
Großvater aber durch das Edict von Nantes aus Frankreich, wo er bei Gmail 
bebeutenbe Güter befaß, vertrieben worden. €. begann im 14. Jahre feine mib 
tairiſche Laufbahn. Er nahm 1747 an der tapfern Vertheidigung der Schuyg Be 
gen op Zoom Theil, ging 1757 als Ingenieurcapitain in preuß. Dienfle, yihm® 
ſich 1758 bei der erfien Belagerung von Echweibnig aus, und erhielt 179 d 

Major ein Freibatalllon. Mit demfelben führte er ben kleinen Krieg aufolu fu ' 
tem des Kriegsſchauplatzes meifterhaft, that fich beſonders 1760 bei der Belagmh 
von Dresden durch die Eroberung des großen Gartens hervor, erhielt flr beit : 
fenthat den Orden pour le merite, und zeichnete ſich auf gleiche Art mit KR | 
zum Regiment vermehrten Batailton bei dem Entfag von Kolberg, bei Ergah mb | 
Torgau und bei andern Gelegenheiten fehr aus. Unter allen Freibataliend WR 
fein Regiment das einzige, welches Friedrich I. nad) dem hubertsburget Grobe 
beftehen ließ. Bis 1786 ftand er mit demfelben, das jeboch auf ein Betas 
reducirt war, in Oſtfriesland in Sarnifon. 1780 warb C. Generalmajer,! 
Generallieutenant und als ſolcher zur Bildung von zwei in Magbeburg u 
firenden Fuͤſelierbrigaden berufen. Im Rheinkriege führte er die Garten, ua W 
ven Spige er ſich befonders bei Pirmafenz auszeichnete und dafuͤr den tothen d* 
lerorden erhielt. 1797 ward er General der Infanterie, 1798 Gounernes 
Graudenz und erhielt 1802 den ſchwarzen Adlerorden. Seinen Vorftetungen sh 
dem Regierungsanttitt des jegigen Könige hat die preuß. Armee einen echhes 
Sold der Dfficiere und Soldaten und die fo zweckmaͤßige Brotverpflegung In MP 
banken. 1807 behauptete ex die wichtige Feſtung Graudenz gegen alle 
der Franzoſen, wodurch Weftpreußen dem Könige beim Frieden von Tiſit erhalt 
und 1812 und 1813 die Wehranftalten Oft: und Weſtpreußens bedeutend 
























Cour d’amour Couſtou (Familie) 901 


mb es ben Franzoſen unmöglich gemacht wurde, ſich an ber Weichfel zu hal⸗ 
Nach dem Frieden warb C. zum Feldmarſchall und Gouverneur von Weſt⸗ 
jen ernannt. Er ſtarb im Juli 1811, 78%. alt. Die Wälle der von ihm 
eibigten Feſte decken feine Afche, und ein Monument vom König und Vaters 
ihm geweiht, erinnert an feine Thaten. C. war bieder, freimuͤthig und fehr 
Ich, jedoch von großer, oft an Grauſamkeit grenzender Strenge, die ihm fein 
Almiß als Conmmandeut eines Freibataillons, das im fiebenjähr. Kriege aus 
Abſchaum der Armee und aller Zuchthäufer beftand, zur Gewohnheit gemacht 
. Ihn erkor man daher oft audy zum Zuchtmeifter der toliften, durch Bein 
el zus beffernden Wildfänge, die er gewöhnlich mit der Drohung des Stocks, 
Epiefruthen und des Galgens empfing, wodurch er nicht felten Beſſerung 
32. 


mg. 
Cour d’amour, f. Gerichtshoͤfe der Liebe. 
Cours, f. Eure. M 
Court de Gebelin (Antoine), geb. zu Nismes 1724 und gefl. zu 
» 1784. Sein Vater war Proteftant und hatte nad) der Zuruͤcknahme des 
6 von Nantes Frankreich verlaffen und ſich in die Schweiz begeben. Der 
Gebelin 106 leidenfchaftlid die Schriften der Altın. Beredtſamkeit, Ge: 
te, Poefie, kurz alle Schäge bes Alterthums zogen ihn an. Im 12.8. riß 
sch dem Umfang feiner Kenntniffe zur Bewunderung hin. Naturgefchichte, 
yematif, todte und lebende Sprachen, Mythologie, Alterthümer, Archaͤolo⸗ 
wbirte er mit brennendem Eifer. Nach ſeines Waters Tode machte G. eine 
nach Languedoc, überließ dort einer Schwefter das kleine Erbtheil, das ihm 
ben mar, und begab fich nach Paris, nur mit dem Reichthume feines Genies 
pfattet. Bald war er mit den vorzuglichften Deenfchen in Berührung. Doch 
wach 10 J. erfchien von ihm 1773— 84 „Le monde primitif” (die Urwelt). 
es Werk fegte durch bie unermeßliche Gelehrſamkeit, die e8 umfaßt, in Er: 
sen und gereicht, hauptfächlich in Wetracht des Genies, welches die Theile, 
denen es befteht, zu vereinigen gewußt hat, zur Ehre der franzöfifchen Nation: 
Uefprache ift darin erwiefen, entwickelt und niedergelegt; die offenbaren Uns 
zutheiten ber Mythologie find darin berichtigt. Er gibt darin ein Gemälde der 
Ihtungen der erflen Menfchenvereine, ihrer Geſetze und Gebräuche, ihrer 
Biftgeichen und ihres Geiſtes. Die franz. Akademie wußte G.'s Verbienfte zu 
digen. Um ihn in feinem ebenfo nüslichen als Eoftfpieligen Unternehmen zu 
sflügen, gefland fie ihm zwei Mal hinter einander den für denjenigen Schrift: 
 befimmten Preis zu, der im Laufe eines Jahres das ſchaͤtzbarſte Werk druden 
n wuͤrde Ein andres Werk ift das ,‚Mufeum’. Übrigens zeichnete fi G. durch 
muͤthigkeit, Sanftheit und Natuͤrlichkeit feiner Sitten aus. „Die Repubtit 
Beiehrten”, ſagte er, „ift fein Kampfplatz, und unfere Federn find keine Faͤuſte. 
wollen und gegenfeitig achten, lieben, aufklaͤren und, flatt un einander zu 
Brücken, laßt ung in Gemeinfchaft ein Gebaͤude aufführen, der Wahrheit ge: 
t, uns anvertraut zur allgemeinen Gluͤckſeligkeit!“ Von einer Krankheit be: 
t, nahm ©. feine Zuflucht zu Mesmer, der. durdy die Anwendung des thleris 
Magnetismus die Duelle feiner Leiden hob. Dies bewog G., als Vertheidi⸗ 
— 8 aufzutreten in feiner „Lettre sur le magnetisme animal” (Paris 
.4.). 
Couſtou, Nicolas, geb. zu Lyon am 9. Jan. 1658, geſt. zu Paris 
d, und Gnillaume, geb. 1687, geſt. 1748 zu Paris, zwei Bruͤder, be: 
t als Bildhauer, durch deren Bemuͤhung in Frankreich unter Ludwig XV. 
ildhauerkunſt eine edle Richtung erhielt. Dem ältern fpricht man erhabene 
n und feinen Geſchmack zu ; er zeichnete richtig, gab feinen Biguren edle Stel: 
m, zierliche und edie Gewaͤnder. Vorzuͤglich geſchaͤtzt wird feine Aknehmung 


1 


902 Govenant Cowley 


vom Kreuze auf dem Hauptaltar der pariſer Hauptkirche. Der jünger Bade | 
war zugleich, ein würbiger Schüler des aͤltern, weßhalb er auch feinem Veseria 
der Stelle eines Directors der Akademie für bildende Kimfte folgte. Nas ie 
fh&6t man das Grabmal für den Cardinal du Bois In der Kirche Et: Semi 
Jedoch übertraf ihn fein Attefter Sohn, der ebenfalls Guillaume hief (ah. 
zu Paris 1716, geft. daf. 1777), und welchem Joſeph EI. bei feiner Anweſenhei 
zu Paris eigenhändig den St.-Michaelorden anlegte. Die Statum der Bram 
und des Mars, die er 1769 für den König von Preußen in mehr ald natkrfihe 
Größe gearbeitet hatte, erwarben ihm allgemeine Bewunderung; fein in ie 
Hauptlicche der Stadt Gens errichtetes Grabmal des Dauphins und dr Dur 
phine, der Ättern Ludwigs XVI., trägt den angemeffenen Charakter majeläifge 
Einfalt. 

Govenant. Algs nicht lange nach der Einführung ber Reformatie ia 
Schottland die Spanier mit einem Angriff drohten, fchloffen die ſchettiſcha Pre 
teftanten (1586) eine Verbindung zur Beihüsung ber neuen Lehre, Die fe, nf 
den Bündniffen zroifchen Israel und Gott, den Bund ober Covenan numim 
Nach der Vereinigung der Kronen von Schottland und England (1603) kegkafip 
ten die Stuarts die biſchoͤfliche Kirche, deren hierarchifche Form Ihrem Ce 
nach Gewaltherrſchaft förderlich zu fein ſchien, die Gefahren aber, die ker mil 
terianifchen Verfaſſung drohten, brachten die Anhänger des Called | 
Schottland zw einer innigern Verbindung, und als 1637 die neue, da fill | 
nachgebildete Liturgie eingeführt werden follte, entflanden WBo!kebrmegige 
deren Zolge die Befchwörung eines neuen Bundes im nächften Sahre un De 
Mation trennte ſich in zwei Parteien, Govenanter und Nicjtcovenanter. 
rend ber Streitigkeiten Karls I mit dem Parlament entftand eine freie Be 
bindung (solemn league and covenant) zmwifchen den herrſchenden 
des Proteftantismus in Schottland und dem engl. Parlament, mebrch de I 
abhängigkeit und Freiheit der presbpterianifchen Kirche befeſtigt ward. Auce 
nach der Wiederherſtellung der Stuarte eine unfelige Verblendung die 
zu Gegenwirkungen wider alle verfaffungsmäßigen Befchränkungen der 
hen Gewalt verleitete, wurde auch der Gonenant (1663) foͤrmlich aufgeht 
wodurch jedoch die Anhänger des firengen Presbpterianismus in ihren 
nungen nur deſto mehr befeftige und bis zur Einführung völliger Gl 
(1689) noch oft zum Widerſtande aufgerelst wurden. Es gibt noch jegt emp 
‚reiche Secte dieſer firenggläubigen Anhänger bes Covenants in Schottland. 

Cowley (Abraham), einer der erften Inrifcyen Dichter der Englände, W 
ſonders ausgezeichnet in der Ode. Er war 1618 zu London geb., umd funk für 
ale Kind fo viel Vergnügen an Spencer’s „Fairy Queen”, day er ſich 
unwiderruflich zum Dichter beflimmt fühlte. Auf der Weſtminſterſchule grgen 
er ſich durch Fleiß, Wißbegierde und Talente vor allen feinen Mitfchklem an 
Schon in feinem 13. 3. lieh er ein Bändchen Gedichte druden, und ſchuche 
Luſtſpiel vieleicht noch früher. Raum hatte er 1643 in Cambridge den ki 
eines Magifters ber freien Künfte angenommen, als er durch Sromtorfl vrrtrich 
ward. Er nahm feine Zuflucht nach Orford und machte daſelbſt feine art 
„Ihe Puritan and the Papiat”, befannt. Sein Eifer für die Sache des ı 
gluͤcklichen Kart I., feine Kenntniffe und fein Wis erregten bald die Aufmerkiet 
keit mehrer Häupter ber koͤnigl. Partei, befonders des Lords Falkland, der im ! 
Königin als einen zu Geſchaͤften brauchbaren Juͤngling fo dringend empfahl, d 
fie ihn mit fi) nad) Paris nahm und zu ihrem geheimen Briefwechſel gebrumde 
In diefer Verbindung blieb er 12 J., ſchrieb auch während. diefer Zeit mehr 8 
dichte, die er unter dem Titel „The mistress” herausgab. Er wurde de 
nad England zutuͤckgeſchikt. um unter dem Scheine des Privatlebens ſich " 












Sowper Gore 908 


Zuftande feines Waterlandes zu unterrichten. Dieſes gelang ihm nicht, 
sehr 309 er ſich von bem politifchen Angelegenheiten zuruͤck, legte ſich auf bie 
sewiffenfchaften und wurde D. der Mebicin. Sich feiner treu geleifleten 
ıfte bewußt, machte ex fich bei der Wiederherſtellung der Regierung Doffaung 
er anfehniichen Beförderung, ſah ſich aber getäufcht. Gekraͤnkt daruͤber, 
b er ſich nach Cherftey in Surrey, erhielt zwar nachher einige Unterfiägung, 
B fie jedoch nicht lange, denn er flarb bereite 1667. In der Weſtwinſter⸗ 
. neben Chaucer und Spencer begraben, erhielt ex auf feinem Denkmale bie 
men: Anglorum Pindarus, Flaccus et Maro. In feinen Gedichten 
ht eine große Abwechfelung des Styls und der Empfindung ; fie erheben ſich 
tändelnder Leichtigkeit bis zu Schauer erweckender Groͤße. eine „Ode on 
iſt vortrefflich, und feine Ballade „The Chronicle” nennt Johnſon „a 
roaition unrivalled and alone”. Seine Were mit Anmerk. von Allin, 
3 1802, in 3 Bbn., und mehrmals. 

Gowper (William), Lehrdichter, geb. 1732 zu Verkhamſtead in ber 
haft Dertfort, entfagte aus menfchenfcheser Kraͤnkuchkeit der Stelle eines 
tairs des Dverhaufes, die in feiner Famille beinahe erblich war, fowie allen 
Küchen Stellm 1762, und gab fich einer Zurlidigezogenheit bin, die, verbun⸗ 
wg religioͤſen Beängfligungen, ihm eine Gemuͤthekrankheit zuzog. Won ih⸗ 
eftigften Anfaͤllen geheilt, zog er ſich aufs Land zurkd und wandte fich ber 
Bunft zu. Die erſten Proben frine® Talents erſchienen 1782, in demfelben 
wo einer von Cowper's Freunden, Newton, feine der Schwaͤrmerin Guyon 
ebildeten geifllichen Lieder: „Hymns of Olney”, herausgab. Ein Scherz 
e der Anlaß werden, feinen Landsleuten zu zeigen, welches Talent in ihm 
umere. Eine geiſtreiche Verehrerin Milton's, Miſtriß Auften, gab Cow⸗ 
uf, über einen beliebigen Gegenfſtand, z. B. ein Sopha, das gerade da ſtand, 
Bebicht zu fchreiben, das neben jenem Muſter noch genannt werben koͤnnte. 
wieb hierauf in reimloſen Verſen ein Gedicht in ſechs Befängen unter dem 
„Ihe task (die Aufgabe). Die ergreifenden Naturſchilderungen, wos 
E. an Xhomfon erinnerte, der Emft und bie Würde feiner Gedanken ents 
Daten bei den Engländern, bie ſich durch den ſchwaͤrmeriſchen Truͤbſinn bes 
en in ihrer Eigenthuͤmlichkeit ergriffen fühlten, felbft die lockere Axt, wie dieſe 
achtungen verbunden und herbeigeführt warn. C.s Schwermuth kehrte 
er aufs neue zurüd, obgleich er die (von Bürger nachgebilbete) komiſche 
ide des John Gitpin feiner Freundin, Miſtriß Auften, nacherzaͤhlte. Bu 
Zerſtreuung fing er eine Überfegung der, Iliade und „Odyſſee“ In reimloſen 
m an, der das Verdienſt der Treue in Verglelch der Pope'ſchen zuerkaunt wird. 
um Theil koſtbaren Ausg. (leute und bekannte, Lond. 1816, 4 Bde.) der 
n, dag C.s Verdienſt nicht unerkannt ift, obgleidy die von ihm gewählte 
art, blank verse, wol dazu heittägt, daß feine Werke nicht ganz unges 
m Beifall finden. Zortwährend kraͤnklich und von ferupuldfen methobifis 
Dredigern aͤngſtlich gemad:t, ja bis zur fittlichen Werzweiflung getrieben, 
an der Ungleichheit feiner Hervorbringungen fehr bemerklich ift, ſtarb Cowper 
. Man finder feine legten Gedichte in: „Cowper“s life and posthumous 
s by W. Haylay“ (8. 1809 ober 1812, 4 Bde). Die „Private cor- 
indence of Will. Cowper” gab, aus den Originalpapieren, John Johnſon 
4, 2Bde.) heraus. 

Core (William), Reiſender und Gefchichtfchreiber, geb. in Londen 1747, 
ein Eton erzogen und ſtudirte in Cambridge, dann begleitete er nad) und nach 
übrer mehre junge Männer aus den erflen engl. Kamllien auf ihren Reifen 
Europa, namentlich einen Erafen Pembroke, den nadpmaligen großem Par⸗ 
ateredner Whitbrrad und den Marquis v. Cornwallis. Diefen Melfen has 


904 Coxis Coypel (Familie) 


ben wir bie als claffifch betrachteten Reiſebeſchtelbungen durch bie She (1779) ; 
unb durch Polen, Rußland, Schweden und Dänemark (178492) pw 
danken, weiche faft in alle europäifche Sprachen uͤberſetzt worden find. Ali Ge 
ſchichtſchreiber machte er fich duch feine „Memoiren über Sir Robert Walk‘ 
(1798) bemerkbar ; ihnen folgten bie über Horatio Lord Walpole (1802). Dem 
gab er f. claffifche „Belchichte des Haufes ſtreich“ (1807), deutſch von Die 
pold und Wagner in 4 Bon. (1817) heraus, hierauf feine „Denkwichigkeiken 
der Könige von Spanien aus dem Haufe Bourbon von 170088" (1813, 
3 Bde., 4.). „Marlborough's Leben aus Originalpapieren” (1818 fg, 3B%e,t: 
deutſch, Wien 1823) iſt ein Hauptwerk für die Geſchichte dieſes durch Care win 
dig bargeftellten Helden. C. ftarb 1821. 

Coxis oder Eorcin (Michael), Maler und Kupferſtecher, germp 
Mecheln 1497, Schuͤler des Bernhard von Orley, reifte nach Rom, und male | 
dort von Rafael's Werken, den er wahrfcheinlich perfönlicdy kannte, ſche any 
gen und arbeitete mehre Frescobilder dafelbft, und vieles Andre. Auch zelcmen w 
die Geſchichte Amor's und der Pſyche in Nafael's Geifte, welche nach biefen che 
nungen in 32 Kupferblättern erfchien. In der Baiferl. Galerie in Wim Isa 
fi) von ihm eine Madonna mit dem Chriftlinde. Seine Werke find auhinie 
Mieberlanden felten. Ex flarb 1592. | 

Coppel (Noel), der Water, geboren, ungewiß ob zu Pant duis | 
der Normandie, und ob 1628 oder 1629, geft. 1707 zu Paris. ke : 
dete den Ruhm feines Namens durch glückliche Anlagen, ducch ſtrenge Cuba 
und eifrige Ausbildung. Nachdem er auf koͤnigl. Auftrag den alten Loc (u 
den Cartons von Lebrun) und die Tuilerien: mit feinem Pinfel verfchönet Wa 
wurde er zum Director der franz. Akademie in Rom ernannt. Geine zu Bes 
außgeftellten vier Bilder für das Rathezimmer zu Verfailles: Solon, Zum 
Severus und Prolemäus Philadelphus, erregten die Bewunderung der Sam 
Seine vorzuͤglichſten Gemälde find: die Marter des heit. Jakobus, in da Kl. 
Notre Dame; Kain, der feinen Bruder ermordet, in der Akademie; De Driih 
nigkeit und die Empfängniß ber heil. Jungfrau, im Hötel des Invalides. & 
faß eine reiche, blühende Einbildungskraft, zeichnete correct, verſtand fh af 
Ausbruc und hatte ein liebliches Colorit. Sein Sohn Antoine, geb. m Pl 
1661, geft. dafeib 1721, war geiſtreich und erfinderifh. In einem Air 
14 J bildete ex ſich nad) den venetianifchen Goloriften ; obgleich durch die Mat 
Ruͤckkehr nad) Frankreich darin unterbrochen, erhielt dennoch, was er leitet, WR 
lauteften Beifall, der wol Urſache ward, daß er die Gründlichkeit vernahläiige: 
Sein Reichthum an Erfindungen, die Größe feiner Gompofitionen machte, Di 
man die Dängel der Zeichnung, fein angenehmes, biendendes Golorit, daf mi 
den Mangel der Harmonie überfah. Sein Ruhm legte den Grund zu Be 
nier der franz. Schule, in welcher die echte Kunſt mehr und mehr ausartete. 10 
gleich gediegener, aber auch mehr vernachläffigt von den bamaligen Kunſtfreruden 
war fein jüngerer Bruder aus zweiter Ehe, Nocl Nicolas, gewöhnlich Cop 
der Onkel genannt, geb. zu Paris 1692, geft. dafeibft 1735. Weit meet 
ducch falfyen Schimmer gelten zu wollen, ſirebte er der Wahrheit nach, hielt fd 
an die Natur und widerftand dem herefchenden Gefchmade, nur in der Farben 
bung nicht. Ohne Unterflügung, durch Beinen Beifall der Menge gehoben, el 
ſchaͤdigte den biedern, fanften Mann die Achtung eines kleinern Kreiſes von Sa 
nen. Er erhielt endiich eine Stelle in der Akademie. Fuͤr feine beſte Arhe 
hält man ein Gemälde am Gewoͤlbe der Gapelle der heit. Maria in der Kirche de 
St.:Sauveur zu Paris. Wie ſich der jüngere Bruder mehr an den Bote, | 
hielt fich der Sohn Antoines, Charles Antoine, geb. zu Paris 169, A 
daſelbſt 1752, an diefen, und, da er dem Geſchmack des Zeitalters fröhnte, "= 

















Gopfevor Grabbe 905 


nbem Erfolge, ber ihn nur um fo mehr verbarb. Er wurbe ganz Manieriſt, 
Bolorit grell, hingeworfene blendende Farbenmaffen ohne Harmonie. Bor 
u Vater find die Unterfuchungen über Malerei in Gefprächsform, ein poeti⸗ 
Schreiben an feinen Sohn, in reinem Styl und mit vieler Zierlicyleit abger 
amd ein bedeutender Antheil an der von ber Akademie der Infchriften heraus⸗ 
nen Geſchichte Ludwigs XIV., in einer Reihe von Denkmuͤnzen dargeftellt. 
Coyſevox (Antoine), Bildhauer von Lyon, geb. 1640, ging in feinem 
E. nach dem Eifaß, um den prächtigen Palaſt des Cardinals Zürftenberg zu 
n zu decoriren. Nach feiner Ruͤckkunft nad Frankreich warb er M 
sZademie der Malerei und Bildhauerkunſt, und arbeitete verſchiedene Buͤſten 
Ag6 XIV. und andre Werke für die koͤnigl. Schloͤſſer. Voll Grazie, erhaben, 
and edel behandelte fein Meißel die verfchledenen Figuren, die er barzuftellen 
- Dan nannte ihn den Vandyk in der Bildhauerei, wegen der Schönheit 
: Portraits und des Feuers, welches er in die Zhge zu legen mußte. Man 
chte 5. B. die Statue des Cardinals Mazarin im parifer Muſeum, ein Mei⸗ 
BE der Kunft! Seine vorzuͤglichſten Sompofitionen find: die Statue Lud⸗ 
XIV. zu Pferde für die Stände von Bretagne, Colbert's Grabmal, die 
nen der Dorbogne, der Garonne und der Marne, die Gruppe von Kaftor 
Belur, die figende Venus, die Nymphe auf ber Drufchel, Die Hamadryade, 
uche Kaum mit der Flöte, Pegafus und Mercur. €. flarb zu Paris 1720 
ſem 80. J.; 44 J. fang war er Mitglied der Akademie und ihr beftändiger 
er geweſen. | 
Trabeth (Dierk und Wouter, Gebruͤder), Glasmaler, nach einigen 
feftellern von Geburt Deutfche, nach andern Niederländer. Sie lebten am 
des 15. und im Anfang des 16. Jahrh. in Gouda, wo fie in der St.⸗Jo⸗ 
Blirche elf noch jetzt bewunderte Bilder auf Glas malten. Wouter war feis 
in der correcten Zeichnung, Dierk bem Wouter in der Kraft überles 
Die Kunft des Glasmalens If, nad, Einigen, mit ihnen untergegangen. 
Tagt, daß beide Brüder gegen einander eine ſolche Kuͤnſtlereiferſucht hegten, 
e fich die Geheimniſſe ihrer Manier nicht mittheilten und bei Befuchen ihre 
lendeten Arbeiten verbediten, damit der eine die Kunſtvortheile bes andern 
ur allmäligen Ausbildung ber Gemälde nicht errathen und ſich zueignen 


e. 

Crabbe (George), unter den neuern Dichtern Englands vielleicht der po⸗ 
fe, geb. den 21. Dec. 1754 zu Altborough in Suffolk, Sohn eines Zoll⸗ 
ten, ſollte Wundarzt werben. Aber batd entwickelte ſich das poetifche Talent 
Bnaben, veranlaft durch den profaifhen Sinn feines Vaters. Der alte 
ve pflegte naͤmlich aus allen Journalen, die er las, die Verfe, als unnuͤtze 
gen, herauszuſchneiden; bie tweggeworfenen Blätter dienten den Kindern 
Spielwerk. So Las der Beine George viele Verfe, lernte fie auswendig, und 
«ht felten Luͤcken in den herausgefchnittenen Blättern waren, fo verfuchte er 
uch bald, dieſelben zu ergänzen. Er arbeitete für Journale und gewann 1778 
Preis für ein Gedicht auf die Hoffnung, worauf er ſich bewogen fühlte, feiner 
mmung zum Wundarzte zu entfagen und feine Vaterftadt zu verlafien. Sehr 
kh auögeftattet, kam er in London an, wo er fi) ganz den fchönen Wiſſen⸗ 
im widmete. Edmund Burke wurde fein Patron, fab bie Verſuche des 
Hinge durch, ſchlug Werbefferungen vor, fuchte das Ausgezeichnetfle heraus, 
marf e6 dem Urtheil mehrer Kenner und war Im weiteſten Umfange des Dich» 
baͤterlicher Freund. C.'s erſte Gedichte, zu denen das größere befchreibende, 
ı village” gehört (1782), erhielten Beifall. Auch der ſcharfe Kritiker, D. 
fon, munterte ben jungen Dichter zu neuen Arbeiten auf. Burke hatte fels 
Schügting ſchon früher beſtimmt, fich der Theologie zu widmen, und €. 


was fie jeitDem eriedt Haben. 2HOA verdienen W.’5 remere / 
Bon allen feinm Schriften ib viele Auf m ei 
legten Jahren hat ber Dichter auch eine Sammlung berfe 
fend hat man E.’6 Poefie mit den Malereien eines — od 
wir finden in ihe gleiche Wahrheit, Punttüchte it, aberraſch 
aller Reiz derſe lden legt in ber meifkerlichen Behandtung ber 
und für ſich nichts weniger al anziehend find. Mit befondı 
€.’6 Dufe die Hütten der Armuth umb des Elends, amd (HIN 
wohner mit herzgerreißender Wahrheit und Nacktheit. Ca 
find anfhaulid, umft aͤndlich und treu, und, wie in feiner g 
ſchmaͤht er aud) hier jeden declamatorifcyen oder maleriſchen 
als Schmuc ift. Alles iſt bei ihm charakterififch, (darf ı 
Styl von einer bewundernswuͤrdigen Klarheit und Einfach: 
ſchiidert die Scenerie und das Leben eines engl. Dorfes recht 
ud. In dem Wirthohauſe treiben rohe Smuggler iht Weſ 
geffen über die Arbeit den Geſang, und die arme Dirne beja 
Unſchuld, indem fie fich mit ihrem Säugling durch die 
ſchleppt. Nicht ibenler ift die Schilderung einer Meinen en, 
dem Gebichte „The borongh". Einen ettwas höhern Kıris 
die „Tales of the Hall’ mit gleicher Wahrheit. Ebenſo m 
äußern Verhättniffe des Bebens darſtellt, verſteht er auch in d 
menf&lihen Herzen? einzubringen. Man hat ihn baher ı 
Gerle genannt. Der Dichter Thomas Moore fagt: €. ha 
mehr als galvanifche Kraft bes Genies vermöge, dadurch, di 
wegung, fonbern auch Leben und Seele ſolchen Gegenſtaͤnden 
deren ganz unfähig zu fein ſchienen. 

Cramer (Johann Andeens), geb. zu Joͤhſtadt bei 
Erzgebirge, im Jan. 1723, wo fein Vater ein armer Prebig 
1742 zu Leipzig Theologie, wo er durch literatiſche Arbeiten ı 
feinen Unterbalt erwarb. Gemeinſchaftlich mit Ebert, I 


Gärtner, Gellert, Kiopflod, Rabener und andern jungen | 
ihre Momhhrmaen nartheilhaft anf hie Mlihemn had houtfchem 


Sramer (Karl Zriedrich) Gramer (Karl Gottlob) 907 


se Superintenbentur nad) Lübed anzunehmen ; 17774 ward er jedoch wieber 
Net, als Prokanzler und erfter Profeſſor der Theologie, berufen und 10 Jahr 
mm Kanzler und Curator der Univerf. ernannt. Er flarb 1788 mit dem 
ı eines kenntnißreichen Gelehrten, eines vortrefflichen Dichters, fruchtbaren 
kflellerö, eines ber erſten Kanzelredner, eines Mannes von der gemein⸗ 
im Thaͤtigkeit unb dem edelften Charakter. Außer vielen gefchichtlichen und 
üfchen Schriften haben wir von ibm eine poetifche überſ. der Pfaimen 
1762 - 64, 4.) und 3 Thle. Gedichte, unter denen die Oben und geiſtl. 
die vorzuͤglichſten find (Leipz. 1782— 83). Ein Theil nachgelieferte Ges 
Hließt ſich an (Reipz. 1791). — Sein Sohn 
ramer (Karl Friedrich), geb. 1752 zu Quedlinburg, fudirte zu Goͤt⸗ 
war Mitglied jenes Bundes geiftreicher Simglinge, eines Bürger (f.d.), 
Hoͤlity u. X. und warb 1775 in Kiel als Profeffor angeftellt. Er lebte 
vielfacher ſchriftſtelleriſchet Thaͤtigkeit bie 1794, wo er wegen feiner gros 
haͤnglichkeit an die franz. Revolution entlaffen ward. Er ging nad) Paris 
B fich dafelbft 1796 als Buchhändler und Buchdrucker nieder, verlor aber 
a Geſchaͤften fein ganzes Vermögen, mußte fi feibft eine Zeitlang von 
tfernen, und ſtarb nicht lange nach feiner Zuruͤckkunft, 1807, im 56. 3. 
Bein Mann von vielen Zalenten und Kenntniffen, aber fein vortrefflicyes 
lete von einem kaͤltern Verſtande geleitet werben follen. Auch ſchadete ihm 
wg zum Sonderbaren. Sein Eifer für Klopſtock veranlaßte ihn zu mehren 
en Werken. Das Anziehendſte darunter find die „Briefe von Tellow 
fen" (Hamb. 1777). Er übsrf. viel aus dem Kranzöf. und Engl. ine 
be (3. B. mehre Werke Rouffeau’s) und während feines Aufenthalts in 
such Mehres aus dem Deutfchen ins Franzof., welchem feine Sreunde Merz 
Joinvilliers u. A. die leute Feile zu geben pflegten. Die Bekanntmachung 
Tagebuchs, welches er mit der größten Pünktlichkeit zu führen pflegte, wuͤrde 
8 über feinen parifer Aufenthalt aus der damaligen Zeit viel Auffchlüffe 
ba fein Haus der Bereinigungspunft ausgezeichneter Perfonen mar, und 
haupt in bedeutenden Berührungen fland. Im Sourmale „Frankreich“ 
ſich anziehende Bruchftüde daraus. 
Tramer (Kari Gottlob), einer der fruchtbarften und zu feiner Zeit gelefens 
matfchen Romanenfchreiber, geb. den 3. Mär; 1758 zu Pödelig bei Freiburg 
Unſtrut, ging von Schulpforte nach Leipzig, um Theologie zu ſtudiren. 
lebte er ohne Anſtellung zu Weißenfels und bis 1795 zu Naumburg an der 
‚in welchem J. er ſich mit dem Charakter eines herzogl. koburg⸗ meiningis 
forſtrathes nach Meiningen wandte, wo er privatifizte, bis ihm an der Korfl« 
Ne zu Dreißigader bei Meiningen eine Lebreritelle übertragen ward, bie er 
feinem Tode (7. Juni 1817) bekleidete. -- Cramer's Schriften find 
m ein fiehender Typus der Gemeinheit und Gefchmadiofigkeit, und fomit ein 
ab nicht bloß für die Beurtheilung des Leſegeſchmacks einer großen Menge, 
ı auch fir die Würdigung mancher verwandten gleichzeitigen und fpätern 
Ielferifchen Erfchrinung. Gewiß war der Berfaffer des „Erasmus Schlels 
icht ohne Talent, ja, wir müffen ihm cine Art von Virtuoſitaͤt zugeſtehen, bie 
en Kreis von Lefern Fahre hindurch zu erhalten vermochte: nur fönnen role 
in nichts Anderm finden, nis in der Kunft, mit feltfamer Verleugnung alles 
n, die Welt aus dem Standpunkte der roheſten Gemeinheit aufjufaffen und 
ge, wenig erresbare Maffe der Kefer durdy Abenteuerlichkeiten und Zerr⸗ 
n Bewegung zu fegen. 1782 erſchien fein erfter Roman „Karl Gaalfelb”, 
817 hatte er an neunsig zum Theil bogenreiche Bde. drucken laffen. Dex 
heil des „Erasmus Schleicher” (1789) fand Beifall, ſelbſt vor der Kritik, 
ter faſt nur verwerfende Urtheile gegen Cramer ausſprach. Bald nach feis 


an der &pige der vorzüglichften dafigen Orchefter ftand und 17: 
— Gramer wurde nicht in London 1775, wie Gerber's „Tontl 
berichtet, fondern 1771 in Manhelm geboren. Seine Budung 
Flgen Bang der Schule. In feinem 11.3. empfing er Glavierunt 
er Clementis Schuͤlet. Vom 13. I. an fhubirte er, fich fe 
Werke der beften Claviercomponiſten, vorzüglich Händel, die I 
Hatti, Haydn, zulegt auch Mozart. Unter Karl Fe. Aber’s 
1785 fg. Gmeratbaf, vorzüglich nach Corelll's und Haͤndel's 9 
die Anfangsgründe des Fugenſahes. Er hat, zwei Kunſtreiſen 
abgerechnet, auf deren einer er mit ben größten deutſchen Tonl 
mit Joſ. Haydn, genau befanmt wurde, von Kindheit an fa 
gelebt und fi Hauptfädjlidh mit Untereicht im Cavlerfpielen | 
Seorstifche Renmenip und feine praktiſche Fertigkeit haben, in $ 
nem einnehmenden Betragen und vollkommener Aneignung 
und Sprache, ihm in London das Anfehen des geehrteſten Glavi 
Als Tonfeger gehört er zu den gruͤndlichen und geſchmackvolle 
durch fließende Stimmfhhrung und kunſtreiche Ausarbeitung de 
pferkraft nicht verbergen koͤnnen und ſich ihre eigne Manier gel 
Eompofitionen (70 Nummern) find ſaͤmmtiich für das Planofo 
beftchen aus Goncerten, Sonaten, Rondos, Phantafien und ! 
alle find zweckmaͤßige Voruͤbungen im firengen gebumbenen | 
feibſt das Wert: „I studio per il pianoforte”, eine Vorſchu 
Wohltemperirtem Clavler“ und fein Hauptwerk nennt. Eine 
berühmten „Etudes” hat Tob. Haflinger in Wien geliefert. 
noch berühmter, befonders im gehaltenen Vortrag des Adagio. 
Grapelet, Vater und Sohn, zwei Buchdrucker. Z 
les, geb. zu Bourmont am 13.Nov. 1762, der 1789 feine £ 
am 19. Oct. 1809 ftarb, koͤnnte man den franz. Baskerville nı 
fuchte er mit Eleganz die moͤglichſte Einfachheit zu verbinden ın 
kunſt von den frembartigen Verzierungen zu befreien, mit denen 
Dffichnen fo fehe überladen waren und von welchen fich felbfk | 


Craffus (Luc. Licinius — M. Licinius) Craven 909 


eſchmacks, und die Großvelinpapiere dieſer Aufgaben find als wahre Pracht⸗ 
zu betrachten. Die Worte „de l’imprimerie de Crapelet” gereichen jeber 
zur Empfehlung ; der geſchmackvolle und ſchwer zu befriedigende Renouard 
men ganzen Verlag bei ihm druden, und die Officin ift fo beſchaͤftigt, daß 
22 Dreflen Im Gange waren. Cine zweimalige Reife nach England gab 
zonlaffung zu den ohne feinen Namen erfchienenen „Souvenirs de Lon- 
a 1814 et 1816” (Paris 1817), welche fid) durch unbefangene und feine 
tung und gefällige Darftellung empfehlen. Vier Jahre darauf fahe er 
sch die, wenn auch rühmliche, doch nicht ganz discrete Erwähnung feiner Pers 
b Officin in Dibbin’e „Bibliographical, antiquarian and picturesque 
jenöthigt, eine Überfegung desjenigen Briefes biefer Reife, welcher von ben 
Buchdruckern und Buchhaͤndlern handelt, mit berichtigenden Noten heraus⸗ 
ı (Paris 1824), welche fchägbare Eroͤrterungen über diefe Gegenftände 
rt, A—ı. 

traffus. Zwei Römer diefes Namens find hier zu erwähnen: 1) Luc. Zicke 
>. der im J. Roms 658 (96 v. Chr.) Conful war und für den größten Reb- 
ver Zeit galt. Ex befaß ebenfo viel Wig als Geiſtesgegenwart, und war dabei 
"Haus vechtfchaffener Mann. 2) M. Licin. Er, mit dem Beinamen Dive, 
he, den er, wie Mehre feines Gefchlechts, wegen feiner ungeheuern Reichs 
führte. Ex befaß ein Vermögen von 7 Mill. Thlr. Er gab einft dem 
ein Feſt, wobei er e8 auf feine Koften an 10,000 Tiſchen bewirthete, und 
&nody fo viel Getreide austheilte, daß jede Kamilie 3 Monat davon leben 
Im 3. Roms 683 und 698 war er mit Pompejus zugleich Conful, und 
for. Als einen der einflußreichiten Männer, der aud) hoͤchſt ehrgeisig war, 
ihn Caͤſar mit Pompeius zugleich für fich zu gewinnen, indem er eine Art 
Aumvirat mit Beiden bildete. Auf einem Seldzuge gegen die Parther, dem 
Dohfudi und Ehrgeiz unternahm, warb er nebſt vielen feiner Begleiter ges 

v 


Braven (Eliſabeth, Lady), nachher Markgräfin von Anſpach, die jüngfle 
2 des Grafen Berkeley, geb. 1750 und vermaͤhlt 1767 mit Wilhelm, letztem 
von Craven, von dem fie fieben Kinder hatte. Allein nach einer 14jährigen 
Bung erfuhr fie von ihm eine fo üble Behandlung, daß auf die Dermittelung 
beefeitigen Freunde 1781 eine Zrennung flattfand. Lady C. lebte hierauf 
Höfen von Verſailles, Madrid, Liffabon, Wien, Berlin, Konſtantinopel, 
ya, &t.s Petersburg, Rom, Florenz und Neapel, dann in Anſpach, wo 
mgraf Chriſtian Friedrich Karl Alerander, ein Neffe Friedrichs des Großen, 
du ©. in ein platonifches Verhältniß trat. Auf jener Reife war fie auf Ver⸗ 
ng des Grafen Choiſeul⸗Gouffier, franzöf. Gefandten zu Konftantinopel, 
in die Grotte von Antiparos hinabgeftiegent, die vor ihr noch kein Frauen⸗ 
beſucht hatte. Nachdem Lord Craven 1791 zu Liffabon geſtorben war, 
Ike ſich ber Markgraf mit ihr, überließ feine Länder gegen ein Jahrgeld dem 
von Preußen, und ging mit feiner Gemahlin nady England, wo er unweit 
erſmith ein Schloß (Brandenburg) kaufte und 1806 farb. Lady C. machte 
Anſpruͤche an Preußen wegen eines jährl. Witthums von 2000 Pf. Sterl. 
6 war fie Tellamentserbin des Markgrafen, und lebte feitbem bald in Eng⸗ 
ald in Neapel. Schon in ihrem 17. Jahre hatte Lady E. ein artiges Bes 
zfertigt, das damals in den Zeitfchriften erfchien. Ihre Reiſe durch die 
sach Konflantinopel, in einer Reihe von Briefen, erfchien zuerſt 1789 
b) umd ward zum Vortheil Mercier's gedruckt (neue verm. Aufl. 1814). 
em hat fie Gedichte, Theaterſtuͤcke und Romane gefchrieben. Ihre Denk⸗ 
leiten („Mem. of the Margravine of Anspach, formerly Lady Cra- 
rritten by kerself ete“, London 1825, und Paris 1826, 2Bde.; die 


Öffentl. Sammlungen zu Wien und Wünden. Man rühmt 
Natur, treffliche Zeichnung und ein der Manier Vandyk's fid 
lorit. 2eßterer war fein Freund und malte aud) fein Bid. (@.1 
Er&billon (Prosper Jolyot de), der Ältere, Traunfi 
Landsleute fogar mit Aſchylus verglichen haben, geb. zu Di 
1674, zeigte ſchon bei ben Jeſuiten feiner Vaterſtadt Talent, 
Leichtfertigkeit. Zum Amvalt beftimmt, follte er bei einem P 
Prieur, den Rechtsgang Eennen lernen; aber beide waren erftärtı 
ters, ſodaß des Juͤngüngs Studien bei diefer Liebhaberei niı 
auferbem der Procurator bemerkte, daß G. durch feine Leidenſch 
walt verdorben fei, in feinem Urtheite über dramatifche Werk 
Überlegung verrieth, fo vieth er Ihm, der fidh bi6her nut in Meinı 
zelnen Werfen verfuche hatte, fi dem Drama zu widmen. 
das erfie Stück, das er vollendet hatte, „Brutus’s Söhne wa 
fplelern verworfen. €. verbrannte bie Handſchrift und wollte ı 
mehr zu ſchaffen haben; doch auf Prieur's Zureden kam „Idon 
und 1705 auf die Bühne. Einigen Stellen zu Gunften ertru 
Mängel, umd bie Leichtigkeit, mit der C. binnen 5 Tagen den 
der erfien Aufführung mißfallen hatte, ganz umſchuf, erregte < 
das Talent des jungen Dichters, die feit dem Exfcheinen feines 
in tebhaften Beifall überging. Prieur hatte ſich krank in eine 
und fagte zu dem jungen Tragiker: Ich flerbe zufrieden: ich h 
ter gemacht, und ich hinterlaffe in Ihnen einen Mann, der der 
Was die Franzofen an G. zu befigen glauben, verdanten fie den @ 
Mannes. Aber ein wunderlicher Gefallen an unnatinlichen W 
in ber „Rhodogune der Ton angegeben war, nun weit von C. in 
tem, wurde ber Grund, daß er fich in dieſer Manier vollends ver 
„Elektra“, ebenfo declamatoriſch breit und ebenfo verwirrt geha 
hern Werke; body fagte e6 dem Geſchmacke eines Volks zu, dal 
netten Liebeshändeln kein Ärgerniß nahm. Sir C’6 Meifte 
mißte” (1711), wenigſtens nad) La Harpe. Der. firhende 8 
Ponorrier bie orften Eironen biefea Wrntzerfotoik narfaa. fall foins 


Grebillon (Glaude Prosper Jolyot de) 911 


\d von der Bühne. „Semtramis' (1717), die in den Sohn verliebte Mut» 
auch nach der Erkennung nicht von ihrer Leidenſchaft geheilt wird, vourde 
getadelt. Erſt 9 Jahre ſpaͤter erfchien fein „Porchus” (1726) und fand 
ie Erwartung des Verf., der diesmal die Gräßlichkeiten gefpart hatte, Theil⸗ 
Noth im Haufe und Dürftigkeit ſchienen von nun an die Kraft feines 
zu laͤhmen. Sein kleines Erbe war fuͤr mitüͤbernommene Schulden und 
‚often barauf gegangen ; eine Frau, die er liebte, war ihm kurz nad) dem 
Ines Vaters geftorben. In der Verlafienheit, In der er fich fühlte, wies er 
tialer Unbiegſamkeit alle Hülfe zuruͤck, die ihm von mehren Seiten angebos 
de. Erſt als Frau von Pompadour Voltaire zu demuͤthigen wünfchte, 
aan an Eroͤbillon. Der König gab ihm die Stelle eines Cenſors beim Poll: 
bt, eine jährliche Penfion von 1000 Se. und eine Stelle bei der Bibliothek. 
ı Sorgen entnommen, endete er feinen „Gatilina”, der 1749 auf koͤnigl. 
mit allem Prunke des damaligen Hoftheaters aufgeführt ward. Überprie⸗ 
ch die Partei, die Voltaire herabfegen mochte, iſt dies Städ von La Harpe 
einen Werth herabgefegt worden. Um die Manen Cicero's zu fühnen, 
h feinen „Gatilina” nad) dem allgemeinen Gefühl befeldigt worden waren, 
er, 76 Jahr alt, fein „Triumvirat“ oder den Tod des Cicero, das er in 
31. 3. auf die Bühne brachte. Die Ehrerbietung gegen den Greis erhielt 
aͤck, weiches die Achtung gegen den Dichter verminderte. Seinen „Groms 
eß er auf Höhere Welfung unvollendet. So viel Über feine dramatiſchen 
jen. Im Allgemeinen bemerkt man nirgends in C.'s Werken Erhebung 
chen Kunft, fondern nur ein Kolgen in dem von Gorneille eingefchlagenen 
in einigen Stellen mit gluͤcklicher Nahahmung. Viellelcht hätten gluͤck⸗ 
Zerhaͤltnifſe feinem Streben eine edlere Michtung gegeben ; aber vernachläfe 
e er glaubte, von den Menſchen, fuchte er im Umgange mit Hunden und 
die er auf den Straßen zufammenlas (und die kraͤnkſten waren ihm oft bie 
‚ eine Entſchaͤdigung und in einem regellofen Leben eine Art Genuß. Seit 
par er Mitglied ber Akademie. ©. ftarb am 17. Juni 176% in einem Alter 
Jahren. Ludwig XV. tief ihm ein prächtige Denkmal in der Kirche 
ervals errichten, das aber erft vollendet wurde, als man es nach dem Mufeum 
nf. Denkmäler (aux petits Augustins) verfegte. Außer der prächtigen 
je, die Ludwig XV. nach der gelungnen Aufführung bes „Catilina” von C.'s 
ı zu Gunſten des Verf. veranftalten ließ („Ocuvres de Crebillon‘‘, im- 
ie R. du Louvre, 1750, 2 Bde, +.), gibt ed noch andre, auch eine von 
em Altern, 1812, 3 Bde., denen allen aber ſechs Verſe im, Catilina“ feh⸗ 
„als deutfan für bie Marquiſe von Pompabour, bei der Darftellung weg: 
: worden waren. 
rebillon (Claude Prosper Jolyot de), der Juͤng., des Vorigen Sohn, 
Paris 1707, machte ats Schriftſteller in einer fittenlofen Zeit fein Gluͤck 
die Darſtellung des nur mit koiſchen Schleiern verhuͤllten Nadten und 
Spipftndigkeiten, mit denen er den leichtfertigften Sitten das Wort redet, 
bazu beigetragen, eine Werborbenheit allgemeiner zu verbreiten, die damals 
den höhern Elaſſen der parifer Geſellſchaft zu Haufe war, die man aber doch 
scch ganz Frankreich verbreitet annehmen darf. Späterhin hat fi, befons 
cd) die Revolution, der Sinn der Frauzoſen fo geändert, daß Darſtellungen 
kiederlichkeiten, wie man bei ibm findet, jetzt gemißbilliige werden. Man 
elbſt in feinen» oft gepriefenen Style Dunkelheit und fpricht feiner ſyſtema⸗ 
Verberbtheit ben Meiz ab, der den Cynigmus [cheinbar entſchuldigt Haͤtte 
t und Begeifterung : man würde einer zu angefpannten Einbildungskaft 
t Manches zu gute heiten, was bei einer Innern Verdorbenheit, die ſich hin⸗ 
? argliftigen Dialektik verbirgt, widerlich erſcheint. Beine Sitten ſollen 


912 Credere Creditſyſtem 


jedoch mit denen, welche er ſchilderte, im Widerſpruche geſtanden haben 
ruͤhmt feine Heiterkeit, feinen geraden Sinn und fein unbeſcholtenes Ve 
dem Kreiſe der Dominicaux (einer Sonntagegeſellſchaft) war er bricht, 
Caveau, wo Piron, Gallet, Cole Lieder dichteten und fcherzten, beſte 
tfeine Geſelligkeit in Ehren. Bon feinen Werken find die vorzäglichern: „L 
‚la marquise *** au comte de***" (1732, 2 Bde., 12.); das minder fi 
‚Sanzai et Neadarne” (1732, 2 Bde., 12.), voll jegt uwerſtaͤndliche 
'pıngen. „Les &garemens du coeur et de l’esprit” (Haag 1736, 
‚vielleicht das gelungenfte, boch unvollendet. Zu den uͤppigſten Darſtell 
hörte „Lesopha” (1745, 2 Bde.). In demfelben verborbenen Gin 
meiften feiner andern Schriften gearbeitet: „Les amours de Zeonikisul” 
„Les heureux orphelins“ (1754); „La nuit et le moment” (175); 
quel eonte“ (176%); „Le hasard du coin du feu‘ (1763); „Letin 
sduchesse de ***" (1768); „Lettres atheniennes” (1771). — R% 
man, ob die ihm oft zugefchriebenen „Briefe der Marquiſe von Pam 
wirkuch von ihm herflammen. In der Ausg. feiner Werke (1779, 7% 
find fie nicht mit begriffen. C. bekleidete eine eine Cenſorſtelle. &| 
Parts am 12. Apr. 1777. 

Eredere, del Eredere flehen, heißt in Hanbelögefchäftn fr 
gut fagen, Buͤrgſchaft leiften ; findet gemeiniglich flatt von Seiten WE 
Commiſſionairs oder Maͤklers beim Verlauf der Waaren, wenn da 
Verkäufer nicht genug bekannt ift, wol aber jener, wo alsdann nad weh 
den von 4 bis zu 5 Procent dei Credere gegeben wird. Auch bei anen 
Aungsgefchäften findet dieſes del⸗Credere⸗ ſtehen ftatt, z. B. bei Afecım 
gungen u. ſ. w. — Credit heißt im Handel der Glaube und das Jutım 
möge beffen ein Kaufmann dem andern auf Zeit Waaren gibt, d.h. y 
Berfprechen, daß ihm die Zahlung nad) einer feſtgeſetzten Zeit geleiftet ma 
Der Credit wird mit Recht die Seele des Handels genannt, ba bie bede 
durch weiche der Kaufmann gewinnt, Gapital und Zeit find, und a mil 
verlängerte Zahlungstermine fein Capital gerwiffermaßen vermehrt. E 
Debet, ſ. Buchhalterei. — Ereditbriefe find Beglaubigungl 
Handlungsſachen, vermöge welcher. der Ausfteller dem Inhaber für et 
baare Summe Credit verichafft. Reiſende pflegen, wenn fie das noͤthige! 
baar oder in Wechfeln mit ſich nehmen wollen, ſich dergleichen Creditkt 
zu laffen. Offene Ereditbriefe heißen fie, wenn fie auf keine beflimmii 
lauten, fondern einen ungemeffenen Gredit geben. 

Greditiv, das Schreiben, das einem an einen fremden ‚Hof 6 
Minifter zu feiner Beglaubigung mitgegeben wird. E6 enthält in dl 
Ausdrücken die Urfache der Abfendung, das Anfuchen, dem Gefandtn 
beizumeffen, nebft der Beſtimmung des Charakters (eines Ambaffabeur 
oder Mefidenten), den man ihm beilegt. 

Creditſyſtem, jede Einrichtung, welche von einer Gemeinhelt, 
Geſellſchaft mehrer Gemeinheiten, oder von dem Landesregenten nach f 
und öffentlich angezeigten Srundfägen gemacht wird, dem verfallenen Er 
beifen und ihn aufrecht zu erhalten. Man hat daffelbe aus den Handlm 
ten entiehnt und dem Credite der Handlung dabei eine größere Ausdeh 
ben, indem man den Perfonal- und Realcredit mit einanber vereinigte 
ruht auf der Meinung von der Gemeinbeit, die eine Verbindlichkeit Ab 
bat, daß fie diefelbe erfüllen wolle und koͤnne, und beſteht in der Überzen 
bie Gemeinheit als Schuldner mehr Vermögen befigt, als fie ſchuldig i 
jederzeit ihr Vermögen gang oder zum Theil in ſolche Guͤter verwandeln 
fie zu begabten verfprochen hat, und daß ihr mioralifcher Charakter, Ihr eig 


Creeks | 918 


Geſetze fie zur Leiſtung der übernommenen Gefammtverbindlichkeiten ans 
verden. Der höchfte Grad diefer Sicherheit beſteht darin, wenn der volle 
der Schuld in die Gewalt des Glaͤubigers, 3. B. durch Hypothekſcheine, 
riefe, Dfänder ıc., mit dem Rechte gegeben ift, ſich im Falle der Nidyibes 
davon bezahlt zu machen. Beſteht nun eine folche Gemeinheit aus dem 
dghtern in einem Staat angefeffenen Adel, fo nennt man die ganze Ein» 
jein Creditſyſtem des Adels (vgl. Landſchaft), dergleichen in Schle⸗ 
1770 unter dem Namen: Schleſiſche Landſchaftscreditbank, fowie in ans 
en. Provinzen, flattfinden, auch in Liefland, Mecklenburg u. a. D. nach⸗ 
und wodurch viele Gutsbeſitzer vom Verderben gerettet worden find. Wer 
f fein But Geld borgen will, muß daffelbe vorher durdy Abgeordnete der 
aft abfchägen laffen, und dann erft werden geſtempelte Pfandbriefe in Schle⸗ 
auf die Hälfte, in den Marken aber bis auf Jr des gefchägten Gutswerths 
tigt. Die Bläubiger oder Inhaber ber Pfanpbriefe haben mit dem Beſitzer 
ndſtuͤcke nichts zu thun, fondern ihre Schuldner iſt und bleibt die gefammte 
ift, welche von allen Gutsbeſitzern, die Geld non ihe haben, die Zinfen einhebt 
echnet, Dagegen aber, wenn fie nicht richtig abgeführt werden, die verpfändeten 
m Beſchlag nehmen läßt. Wenn daber ein verpfändetes Landgut Schulden 
lauft werden muß, fo hat die Landſchaft vermöge der darauf außgefertigten 
iefe den Vorzug vor andern Glaͤubigern und fann nicht in den Soncuröproceß 
ig werden. Ale Pfandbriefemitden dazu gehökigen Zinscoupons haben völlig 
Borzechte, erden auch nicht auf ben Namen eines befondern Glaͤubigers oder 
ters, fondern nur auf die abgefchägten Güter ausgeftellt, deren Beſitzer das 
yalten haben. Sie können daher ungehindert auß einer Hand in die andre als 
Zeld übergehen, ohne daß «8 dazu einer befondern Geffion ober fonft etwas bes 
dern die bloße Worzeigung ift binlänglicy, jeden Inhaber eines Pfandbriefs 
dazu gehörigen Zinscoupons als ben Eigenthuͤmer deffelben zu legitimiren. 
fegung der Pfandbrlefe gefchieht durch die Direction des Creditwerks jeder 
| vermittelft baarer Bezahlung nach halbjähriger Auflündigung. (Vgl. 
8papiere, preuß.) 
seee’6, ein Hauptſtamm norbameritanifcher Urbewohner im weftlichen 
a und im Miffifippigebiet. Das von ihnen bewohnte Land reichte vor Dies 
Rorden bie zum 34 N. DB. und vom Mobileſtrom bis an das atlantifche 
Durch Verträge und Käufe hat jedoch der Staat von Georgien einen gro⸗ 
il diefer Laͤndereien an ſich gebracht, fodaß die eingeborenen Stämme immer 
n das Innere bes Landes zuruͤckjedraͤngt worden find. Als daher 1825 
ee Häuptlinge, ber fogenannte General Madintofh, durch Sitten und Nei⸗ 
ehr ein Weißer ale ein Indianer, fernere Abtretuugen an den Staat von 
vorſchlug, was bei Todesſtrafe zu thun verboten war und einen Vertrag 
widerrechtlich und ohne Zuflimmung der übrigen Häuptlinge der 36 Bes 
chloß, fo ward er von diefen zum Tode verurtheilt und hingerichtet. Sie 
er befchloffen, nichts von ihren Laͤndereien abzutreten und wenn fie vertries 
den, lieber in einer Ede ihrer Felder zu flerben, als das Erbe ihrec Väter 
fien.- Die Bundesgenoffenhaft der Creek's war noch im reihe tekriege 
Köpfe ſtark, zählte 5000 ſtreitbare Männer und bewohnte 55 ftadtähns 
Een, die Dörfer ungerechnet. Das and ift Gemeingut. Jeder unbe 
Fleck gehört Dem zu, der ihn bebauen will. Nach den Stämmen unter[cheidet 
8 Land der obern Creek's, der untern Creek's und der Seminelen. Ale 
Ackerbau, foweit diefer nämlich obne landwirthfchaftiiche Vorkehrungen 
en ann. Die meiften Männer jagen din Winter hindurch und ziehen 
mmer über in den Krieg oder gehen müßig, fodaß nur die Weiber ein Stüds 
ad fie das taͤgliche Bedürfniß anbaum. Nur einige haben fid) Reg 
sez. Giebente Aufl. Wb.IL 58 






vor wenig J. #3 Wlofter. Vie Vomeirche it eine ungeheure 
Vorderſeite von ſchoͤnem weißen und cothen cremonefer Mar 
mit guten Beöcogemäfben gejtert, und In der Taufhalle befi 
beden von ausgezeichneter Bröße, aus einem einigen Biod 
Der 372 5. hohe Glockenthutm beſteht aus zwei achtecligen £ 
ſich ein Kreuz erhebt. Won ihm uͤberſieht man den ganzen 
die weiten Ebenen der Lombardei durchſtrͤmt. Die Seldenn 
traͤchtlich, und die cremonefer Wiolinen waren lange Zeit d 
Eine römifche Golonie gründete Cremona 291 9. Chr. Mehı 
es die Venetianer. Die Kaiſerlichen unter Prinz Eugen nadı 
Überfall den franz. Marſchal v. Villeroi gefangen mit da 
Beſadung zwang aber doch den Prinzen Eugen bie Feſtung zu 
Gremor tartari, Weinfteintahm. Wenn der vol 
ex aus Weinfäffern ausgeſchlagen worden, mit ſchicklichen Zu 
fondern fid die Unreinigkelten davon ab und der auf biefe 
fein fleigt in dem Keſſel in Geſtalt eines Rahme in die Hi 
ſchoͤpft, getrocknet wird und Eremor tactari heißt; er iſt von m 
Gebrauch , befonders als kuͤhlendes Mittel. 
had: en Fa von fi 
europaͤiſchen Altern In Amerika in geſetmaͤßigen erzeugt 
den fie vom Könige Kari III. fire fähig —* Bedilenungen 
und Militairſtande zu bekommen, zu denen Ühnen bie dahin d 
war, jedoch immer den aus Europa kommenden Spaniern 
andern weſtindiſchen Infeln hatten fie ſtets gleiche Rechte mit 
find von braͤunlicher Gefichtsfarbe. Die Geltenheit rother War 
der auf den Antillen herrfchenden Luft. Eine vortheithafte &d 
gibt Rapnal im 4. Ih. f. „Gefcyichte beider Indien“, 
Crescendo (wachſend, fteigend), In ber Tonkunſ 
ſtaͤrkung der Töne beim Vortrage, ober in der Kunſtſprache de 
vom piano zum forte und fortisaimo. Man begeichnet es 
die Abbteviatut cresc. Auch heißt Crescendo ein 1778 ı 


Westin arfnhanaz mufißntilänn air las 


Grefcenzi Grefeimbeni 915 


arfte er mach f. wieder berubigten Vaterſtadt zurückkehren. Als 70jaͤhr. 
machte man ihn zum Senator der Stadt. Seine Erfahrungen über dem 
zu brachte er num auf einem Guͤtchen bei Bologna in Anwendung, auf deſſen 
er den Reſt f. Lebens verwandte. M. f. darlıber f. Abbandiung über den , 
u („Raralium commodorum”, 12 Bücher), die er auf den Wunſch Kart IE. 
‘e. Berichtigt durch die Verbefferungen der Gelehrten von Bologna, denen 
eſc. feine Arbeit vorgelegt hatte, iſt fie ein merkwuͤrdiges Denkmal für die 
chte jener Zeit, uͤber die fie fich weit erhebt, und für bie Bildung des menſch⸗ 
Beiftes überhaupt. Apoftolo Zeno hat erwiefen, daß diefe 12 Bücher, in 
Anordnung er dem Columella vorzugsteife gefolgt zu fein fcheint, urfprüngs 
teinifch gefchrieben waren. Eine ital. Überfehung (‚Il libro della agrieul- 
iPe. Crescentio”, Flor. 1487 fg.), Die noch wegen der Reinheit ihrer Sprache 
ſchaͤtt wird, hat die Meinung veranlaft, daß C. feiner Mutterfprache fich 
t hätte C. kannte die Alten und hatte fie benust. Seine Grundfäge find 
, auf Erfahrung geftügt und frei von.manchen Vorurtheilen, die noch 
underte lang nachher im übrigen Europa in großem Anfehen ftanden. Kaum 
ten, ward fein Buch durch Europa verbreitet. Man Üüberfegte es in mehre 
iſche Sprachen, namentlich, für Karl V. von Frankreich in einer prächtigen 
brift (1373), die noch vorhanden ift, und kaum mar die Buchdruckerkunſt 
m, fo wurde es vervielfältigt. Die aͤlteſte befannte, aber fehr feltene Ausg. 
su Augsburg 1471 in Fol. Jene frühefte ital. Überf., für deren Verf. Lorenzo 
tt von S.⸗Geminiano gehalten wird, gehört noch zu den Sprachtertem, 
det fich hier aufs neue abgedruckt in der Sammlung der „Classici italiani“ 
nd 1805). Eine genauere, aber nicht fo gefchäßte überſ. beforgte Gans 
— Beſtimmteres über Erefcenzi und fein Werk verdankt man dem Prof. 
Ru zu Bologna. 
trefcenzi (D. Juan Baptiſta), Marquis de la Torre zu Rom, geb. 
a6 Ende des 16. Jahrh. bildete ſich unter Pomerancia für die Malerei, und 
tch einige Jugendarbeiten die Aufmerkfamkeit des Papſtes Paul V. auf fidy, 
u den Ausbau der paulinifchen Gapelle übertrug. Cardinal Zapata nahm 
317 mit nady Spanien, wo er die Gunſt Philipps III. zu erlangen wußte. 
DBlumenſtuͤcke verfchafften ihm den Auftrag, jenes Begräbnißpantheon im 
st ausführen, das durch feine Pracht und die Schönheit der einzelnen Theile 
merkwuͤrdigſten Denkmaͤlern Europas gehört. S. Santo's „Geſchichte des 
u, mit Kpyfn. Die Bronzen daran find von roͤmiſchen Kuͤnſtlern ausge⸗ 
Philipp IV. erhob den Künftler zum Granden von Gaftilien, m. d. X. 
Raranis bella Torre, und zeichnete ihn noch roeiter aus. Sein Haus ſtand 
einem Tode, 1660, den Künftiern offen, die dort reiche Schaͤtze für alle Zweige 
aſtuͤbung fanden. 
Iredcentint (Girolamo), riner der beruͤhmteſten Sopraniften, der Ges 
tigkeit mit dem meiften, empfindungsvollen Ausdrud verband, geb. in Urs 
et Urbino. Er iſt aufden größten Theatern in Itallen und im übrigen Eus 
ı der opera seria mit Ruhm aufgetreten, und bat faft an allen bedeutrns 
fen gefungen. Als er die fhöne Arie aus Zingarelli's „Romeo und Jutie”, 
ra adorataetc.” in Wien 1804 gefungen u. unter dem raufchendften Brifalle 
yolt hatte, ſchwebten durch eine kuͤnſtliche Mafchinerie zwei Tauben auf den 
t herab, welche ihm einen Lorberktanz aufiegten. Seit 1806 war cr als Hofs 
bei der Privatcapelle Napoleons angeftellt. Napoleon ernannte ihn zum Ritter 
nen Krone. Seit Napoleons Fall privatifit C. Um den Geſangsunter⸗ 
t ex ſich fehr verbient gemacht durch fein trefflichen Sotfeggien („Raccolta di 
izj per il canto ete.“, ital. und deutſch, Lpz. bei Kühnel nachgedrudt). 
Brefcimbeni (Giovanni Maria), Literator und Biden ‚ ge. zu Maces 


916 Crespi 


rata In der Dart Ancona, am 9. Dct. 1663, zeigte ſchon als Kind YQ> 
die Dichtkunſt; beſonders prägten fich Ihm Arioſto's Werfe, bucc eig, 
„Rafenden Roland” mit Kpf., ein, zu denen er die entfprechenden Se2 
te. Im Jeſuitercollegium zu Macerata ſchrieb er ſchon im 13. J. DS 
( Darius), war im 15. Mitglied einer Akademie und im 16. "=; 
Sein Vater fhicte ihn 1681 nad) Rom, um fich in den *æ— di 
vervolllommnen; aber noch lebhafter betrieb er die Dichtkunſt. — 
von Fiucaja eröffneten ihm (1687) das Verſtaͤndniß aͤber den 7 
feiner Zeitgenoſſen. Unzufrieden mit Allem, was er früher verſuch au. | 
auf einmal getrieben, nur die großen Mufter der alten Zelt nagyupeee m 
auch Andre zu diefer Einfachheit und Ratur zurüdzuführen. za die Fi 
den drei Akademien, die damals in Rom beftanden, von denen aber cine Imme 
ſchlechtere Verſe als bie andre lieferte. Aus Ihnen wählte er fid einige Blkkge 
flimmte und bildete eine neue Akademie, die mit etwas ſpielendem Big, unge 
des ländlichen Sinnes der Stifter, den Namen Arcadia annahm. (©. Irkadier) 
Erfter Cuftode diefee Akademie war Erefiimbmi, u. d. N. Alfeſibes Cace, be 
von Olympiaden zu Olympiaden in feiner Würde beftätigt wurde. C, echen in Ir 
das Selingen feines Plans, war nicht der unthätigfte unter den Dichten ER % 
erſchien feine „Istoria della volgar poesia”, ein Werk unfäglihen Ouuuie \r 
fleißes, aber ohne Ordnung und Kritik. Dann gab er feinen „Trintedak }r 
bellezza della volgar poesia” (Rom 1700, 4.), der 3 Aufl. in kuryt Itehlt 
und, wie das frühere Werk, erſt durch die „Commentarj intorno alla anail Fi 
v. poes. (Rom 1702, 5 Bde., 4.) geniefbar wurde. Gtemmt XL lud di 
feßte ihn in eine bequemere Lage. Bei der Ruhe feines Kanonikau, Mike 
durch die Streitigkeiten der Arkadier geftört, wuchs die Anzahl ſeiner Behall 
heran. Von Noftradamus’6 „Reben der provencalifhen Dichter” gab er ein 
Überfegung, vermehrte feine Commentarj dugch vier reich 'ausgeſtatten 
gab eine „Sefchichte der Arcadia'' und die „Leben der arkadiſchen Dita”. W 
um biefelbe Zeit erfchienen die beiden erften Bde. Verſe (rime) feiner Tea 
bie Beifall fanden. Durch geifttiche Auszeichnungen vergalten bie 

mens XI. und Benebiet XIII. C.'s Leiſtungen. Emblic) erhielt bie Arcadia uhda - ı 
Geſchenk König Johanns V.von Portugal ein Grundeigenthum. Das ng hialt | 1 
Theater warb aufdem Janiculus erbaut, und am 9. Sept. 1726 feirtswandt {1 
erften olpmpifchen Spiele zu Ehren des Königs von Portugal. Die Oak: 
G. dabei vorlas, fanden lebhaften Beifall. Allmaͤig erlag aber fein Klum 
Anfätten eines Bruftübels. Nachdem er, mit Erlaubniß des Ordenigmmil, 8 
die Geſellſchaft Jeſu eingetreten war, in deren Kleidung er zu ſterben beuhlk 
verfchied cr am 8. März 1728. Noch bei ſeinem Leben hatte er fich In da Sl 
Sta.⸗Maria Maggiore ein Denkmal errichten laffen,, mit der Inſchüſt: —X 
P. ARC. C. Ioannes Marius Crescimbenius pastorum Arcadum est; 
feinem Wappen die arkadiſche Hirtenpfeife. Er war von Charakter ſanſt, 
wollend, entgegenkommend und befcheiden. Unter feinen zahlreichen Bas, 
legenheitöfcktiften, lobpreifenden Lebensbeſchreibungen, duͤrften nur Die ſhe 
nannten ihm einen ruͤhmlichen Platz in der Literargefchichte ſeines 
fihern. Bor feiner „Istoria d’Arcadia” (Rom 1712, 12.) findet mM 
Leben Creſcimbeni's vom Kanonicus Mancınti aus Imola. 

Crespi (Giuſeppe Maria), genannt il Spagnuodlo, rin Mal de 
neſiſchen Schule, geb. zu Bologna 1665, ftudirte Die Meiſterwerke im Kohn 6° 
Michele in Bofco, und folgte vorzüglich den Garacci, deren Werke er auch 
Zrüher befuchte vr Canuti's, dann Cignani’s Schule, ‚hierauf Venedig und 
und trat bunn mit eignen Gompofitionen In feiner Vaterſtadt auf (Raul ni 
Herkules mit dem Antäus). Won da an murde er mit Aufträgen Abrrhäuft 6 





































Sreuß Grenz 917 


X. für den Cardinal Ottobuoni bie fieben Sacramente, twelche fich ge» 
ber dresdner Galerie befinden; Mehres für den Prinzen Eugen von 
er den Kurfuͤrſten von der Pfalz, für den Großherzog von Toscana 
Lardinal Lambertini, der fein Goͤnner ward und ihn ale Papſt Bene: 
m Ritter erhob. C. ift aber wegen der feltfamen Ideen, die er oft in 
n anbrachte, häufig getadelt worden; 3.8. läßt er dem Chiron feinem 
N wegen eines begangenen Fehlers einen Tritt geben. Ferner malte 
rima mit ſtarkem Pinfel in der Art des Saravaggio, und mit unhalt⸗ 
ı auf durchfcheinendem Grund, ſodaß feine Werke bald nachgeduntelt 
te viele Schüler, unter welchen auch zwei feiner Söhne, Antonio und 
. aetterrt zeichnete fi) mehr als Schriftfteller über Malerei aus. 
1747 


tz (Guſtav Philipp, Graf v.), ebenfo ausgezeichnet In der Literatur feis 
des als in feinen Geſchichtsbuͤchern, war in Finnland 1726 geb. Fürs 

ben gebildet, emtzog er ſich dennoch, aus Neigung zur Dichtkunſt, 

1 Welt, um in ländlicher Zuruͤckgezogenheit der Natur und feinen Lieb⸗ 

‚lern fich hinzugeben. Damals ging eine lebhaftere Xheilnahme an 

haltung zunaͤchſt von Friedrichs II. Schwefter, Louiſe Ulrike, aus, die 

ı Schreden regierte. Zu dem nähern Kreife ihres Umgangs, wo beis 
he und Dichtkunſt geibt und gepflegt tourde, gehörte Gr. Greuf. 

tan feinen „Atis og Camilla” (Stodh. 1761), ein erotiſches Gebicht 
a8 jenen Vereinigungen fein Entftehen verdankte, als eine der lieblich⸗ 
aben in ſchwediſcher Sprache. Es wird ale Muſter des zarten Aus⸗ 

»wie fein „Brief an Daphne’ bewundert. Bald darauf warb Creutz 

Idolf Friedrich zum ſchwediſchen Minifter in Madrid ernannt. Mehre 

tarmontel über feinen dortigen Aufenthalt beweifen, wie gluͤcklich er 
Einige Jahre fpäter vertaufchte er den Poften in Madrid mit bem 

Paris, wo fein Haus dem Talente gafttidy offen land. Namentlich 

an Marmontel und Greten enger an, deren Erfolge ihm, ale 
1°, Freude machten. Während feines Mjaͤhr. Aufenthalis zu Paris 
jie Freude, mit Benjamin Franklin am 3. April 1783 einen Bundes: 
vertrag zwiſchen Schweden und ber jungen Republik der Vereinigten 
tamens feines Königs, abzufchließen. Guſtav ſtellte ihn hierauf an 

s Minifteriums der auswärt. Angeleg., ernannte ihn zum Rector ber 

Ipfala, und gab ihm den Seraphinenorden. Aber fein ſchwaͤchlicher 
bald dem Klima feines Vaterlands. Er farb 1785. Die vom König 

ufte Creutz'ſche Buͤcherſammlung befindet ſich noch im Schloffe zu 

. T.: „‚Vitterhets Arbeten of Creutz og Gylienborg” , find feine 

ı Schriften mit denen feines Freundes Gyllenborg (Stockh. 1795) 
men. Bei einem Serapkinencapitel am 28. April 1786 las König 

des ehrentwertben Mannes Lobrede. 

3 Friedrich Karl Eafimir, Freiherr v.), ein bibaktifcher Dichter, ge. 
an der Höhe 1724, zeigte fo großes Talent für Sffentliche Gefchäfte, 
nicht 22 J. alt und ohne eine Univerficät beſucht zu haben, als Hof⸗ 

‚egierung von Homburg mit Sig und Stimme angeftellt ward. Zwi⸗ 

mitten von Homburg und Darmſtadt beftanden damals fehr Iebhafte 

n. Die Leitung der homburgifchen Anſpruͤche ward Creuz 1749 übers 

nad) manchen Proben feiner Anhänglichkeit für die diesfeitige Sache 

fahr lang mußte er auf einer darmſtaͤdter Veſte feinen Eifer büßen) und 

Igen Anerkennungen feiner Treue fie endlich durch eine Verheirathung 

leihen wußte. Während diefer Zeit hatte er Reifen nach Berlin und 

a müffen, wo ihm überall die verdiente Aufnahme wurbe. Des Land» 


Yıyı. gu yeweweig, Yyuwwy wuu auruyumojuuwrr, geb. gu 
März 1771, lebte und fudirte die Claſſiker von Jugend an, R 
und Jena, lebte bann in und bei Gießen, mit dem Durchfotſi 
ſchichtſchreiber beſchaͤftigt, nebenher durch Unterricht thätig. Di 
erſte fchriftftelerifche Arbeit: „Herodot und Thuchdides; Br 
Würdigung ihrer hiſtoriſchen Grundfäge” (Leips. 1798, auch 
wie „De Xenophonte historico” (1799) mit Beifall aufgenc 
Hauslehrer in Leipzig, 1798, beſuchte er au Beck's und Hr 
Nach Marburg zurücgekehrt, beflimmte er ſich dem akademiſch 
vigny band ihm durch Übertragung der Profeffor ber Eloquenz 1: 
Marburg. Fortwährend mit den griech. Gefchichtfchreibern bef 
über „Die hiſtoriſche Kunſt der Griechen” (2pz. 1803), und fı 
dium Erholung von Amtearbeiten, bie, vorzuͤglich bie Elogia, 

leideten. Er folgte daher 1804 dem Rufe als Lehrer ber Ppitol 
ſtorie zur Univerfität Heidelberg. Schon der reizende Ort bewi 
Kraft an Ereuzer und an den mit ihm dort verbundenen Belehri 
gabe der „Studien“ verband er ſich mit Daub (fpäter von dem ke 
1803 — 19, 6 Bde.). Allein gab er feine, leider noch nich 
storicor. graec. antiquissimor. fragmenta” (1805) leitete t 
Das akademiſche Studium des Alterıhums” (1807) die Errid 
ter ihm blühenden philologiſchen Seminars ein, und nahm, ob 
Zeit, Antheil an den „Heidelberger Jahrbüchern”. Außetdem m 
und Beifpiel auf einen großen Kreid ihn liebender Schüler. € 
über Mythologie und Archäologie führten ihn jept in ein Gebi 
bie herigen Richtung feiner Forſchungen ohnehin fortwährend I 
erſte Probe feiner Anficht über den Zufammenhang der Mpthen t 
fein „Divnysus s. Commentatt., academ.. de rerum Bacch 
(Heidelb. 1808) gelten. Creuzer zufolge gibt es eine Ältefte I 
(dem Griechenland muß un die ganze alte Welt auffchließen), 
dem Driente entlehnt ift. Homer, und beſonders Hefiodus, ft 
Religion oder auch nur ber Mythologie gelten zu koͤnnen, ſehen 

Mste non Mnefis. Mhilnfonhie und Fhenfnaie norank Xoner M 


Grevenna 919 


dem Erlöfchen der alten Gefchiechter wurde das Hellenifche 
inde vom Morgenlänbifchen, wurde heller, aber inhaltlecrer. 
atten fich kaſtenmaͤßig zufammengezogen , und was von alter 
efie noch Abrig war, fand fich in die Myſterien zufammenge: 
: und Heſiodus find deutliche Spuren, daß fie ältere Begriffe 
fetbft ſchon mißverftanhen , doch bei Beiden auch Beweiſe, daß 
logie nicht unwiſſend waren. In einer höhern Offenbarung 

den erften Keim der hoͤhern Lehren ſolcher Art finden, und 
zu diefem Urzufammenhange hinaufdeutenb, müffen wir bei 
m und Allegorien auf eine gleiche Uranficht ſchließen. G. ent: 
ı feiner „Symbolik und Mythologie ber alten Völker, befon- 
yeren neue Ausg. (Leipz. und Darmſt. 1819- 21, 5 Bde., 
den Widerfpruch noch lebhafter erzegte, den bie frühere, we⸗ 
ſchon erfahren.hatte. Namentlich iſt ©. Hermann in ben 
r und Hefiobus, vorzüglich über die Theogonie“ (Heidelberg 
m Briefe an Greuzer „Über das Weſen und bie Behandlung 
eipz. 1819) ihm mit einer Klarheit und Conſequenz entgegen: 
Infidht viele Freunde gewonnen hat. Offenen Krieg hatte der 
08 angelündigt in der „Jenaiſchen Lit.sItg”, Dec. 1819, 
tärz 1823, woraus fein Buch „Antifpmbolit" (Stuttgart 
3 Gegenfhhriften von Wolfg. Menzel u. X. veranlaßte. Die 
user's „Symbolik mit holländifcher Gelehrſamkeit ausgeführ 
inen von Mofer beforgten „Auszug der Symbolik und Mythos 
Jarmft. 1822, 1 Bd—.), für Wiele an Faßlichkeit gewonnen. 
Meermann's Zureden hatte &. 1809 die Profeffurd. Philologie 
en, aber noch ehe er bie ihm beflimmte Lehrkanzel befliegen hatte 
e civitate Athenarum omnis humanitatis parente‘', Leiden 
ihr Befig nehmen), fühlte er die Einwirkung eines ihm feind⸗ 
hrte noch im Oct. d. J. nad) Heidelberg zuruͤck, wo er in feine 
vieder eintrat. Seitdem erfchien von ihm eine Ausgabe bes 
-itudine, acced. Procli disp. de pulcritudine et unitate, 
elis antitheticus‘ (Heidelberg 1814) und nebft andern Auf: 
ng feines Lebens in den, Zeitgenoſſen“, N. R. Nr. VII. H. J. 
hat C.'s Symbolik theils uͤberſetzt, theills umgearbeitet in ben 
iquite considerees principalement dans leurs formes synı- 
g.“ (Paris 1824 fg.). Die parifer Akad. d. Infchr. ernannte C. 
w. Mitgliebe. 
Pietro Antonio), gewoͤhnlich Bolongaro Grevenna genannt, 
m die Mitte des 18. Jahrh. zu Mailand, verbantte feinem 
vo (beffen Namen er annahm), ein beträchtliche® Vermögen, 
18 in Holland. Liebe zu den Wiffenfchaften, befonders literär- 
ingen, füllten die von einem großen Danbelsgefchäfte freien 
m ihm Anlaß, fich eine auserlefene Buͤcherſammlung anzu: 
gelehrten Nachrichten, die er über feine Bibliothek bekannt 
‚machen ließ, haben bie Werke, die zu ihr gehörten, bei den 
nd diefe Verzeichniffe felbft bibliographifcye Autorität erlangt. 
risonne de la collection des livres deM. Crevenna’’ (Amſt. 
e.) enthält genaue Belchreibungen von Incunabeln, Collatio⸗ 
und zum erften Dale gedrudte Briefe mehrer Gelehrten des 
Um jedoch die Bebeutenheit der Grevenna’fchen Bibliothek ken: 
man ihn mit dem andern „Catalogue des livres de la bibl. 
(Amft. 1789, 6 Bbe.) vergleichen, ber durch beigedruckte 


Crichton Griflon (Lou u. ._ 


‚ burdy neue, fehe gehaltreiche Noten, obgleich bei weitem n 
n Verzeichniffes aufgenommen find, eigenthuͤmlichen von ben 
erkannten Werth hat. Crevenna wollte audy eine Gefdyichte & 
er Fortfchritte der Buchdruderkunft herausgeben, zu der [chen 
miles vorräthig lagen. Wahrſcheinlich hinderte aber bie 
yenna ließ meift die ganze erfte und legte Seite ber ausgewählten! 
Eeſcheinen des Buchs. Man muß bedauern, daß nach feinen 
br gegeben worten ift. Ungeachtet feiner Liebe zu diefen Stubien 
, 1790 vom größten Theile feiner Bibliothek durch Werfteigern 
16 ihm nachgeblieben war, erfähet man durdy ben „‚Catal. de la 
. Crevenna” (Amft. 1793). Gegen Ende feines Lebens verli 
id farb su Rom am 8. Det. 1792. 
Crichton (James), unter allen bekannt gewordenen frührei 
ol der merkwuͤrdigſte, ſtammte aus der koͤnigl. Kamilie der Stuarti 
ı der Grafſch. Perth in Schottiand, ftarb 1583. Kaum 20 J. a 
prach er zuhn verſchiedene Sprachen und zeichnete ſich in allen koͤrp 
jen aut. So kam er nad Paris. Ein Schriftfteller ſchrieb damald 
junger Menſch angefommen, etwa 20 J. alt, dem ſelbſt die erften 
Akademie das Zeugniß geben, daß er in alten MWiffenfchaften vollkon 
mand übertrifft ihn in der Vocals und Inſtrumentalmuſik, und w« 
noch Zeichnen, noch Malen, nody Reiten bat man feines Gleich« 
weiß mit beiden Händen zu fechten,, daß Keiner ihm Etwas anhab⸗ 
Geiſteegecenwart ift unerfchügterlich ; er difputirte neulich vor einem 
von 3000 Zuhörern, und febte durch die Richtigkeit, Gelehrſamkei 
heit feiner Antworten alle in Eiſtaunen. Er fpricht lateiniſch, griee 
ſyriſch, arabiſch, ſpaniſch, italieniſch, franzoͤſiſch, engliſch, land 
voniſch, alle Sprachen gut. Wahrhaftig, man ſollte nicht gie 
Menſch, auch bei einem hundertjährigen Alter, felbft wenn er w 
ſchliefe, fo viele Kenntniffe in ſich vereinigen Pönne. Sein Dafeine 
paniſchem Schrecken, denn er we f mehr, als ein Menſch wiſſen fan 
tet, er fei der Antichriſt“. C. reifte von Paris tiber Nom, Vene 
nah Martua, mo er ihrer des jungen Bincent v. Gonzaga, So 
wurde. Waͤhrend einer Garnevalsiuftbarkeit fielen Ihn einige vermi 
an ; er entwaffnete fie augenblicklich, und erkannte unter ihnen, al 
feinen eignen Zögling. Ehrerbietig gab er diefem ten Degen zu 
den Siferfucht zu die That bemogen hatte, konnte diefe befchät 
nicht ertragen und fließ ihm den Degen durch die Bruſt. M 
Derfaffer mehrer Werke. 

Grillon (Louis de Balbe), einer der größten Kriegehell 
und F eund Heinrich IV., war aus einer angefehenen piemontefi' 
zu Murs in der Provence geboren. Als jüngerm Sohne gab ' 
der Fam'lie gehörigen Befigung den Namen Grillen, ein I 
Thaten und Zugenden fo verherrlichte, daf die Häupter bed f 
dem ihrlgen machten. Der Soldat nannte Grillon den Mann c 
sans peur), Kari IX., Heinrich II. und die Königin Ma‘ 
nur „le brave”, Heinrich IV. gab ihm aber den Beinamen „Il 
Dabei glich ſein Freimuth und feine edle Geſinnung feiner T 

durch Menfchlichkeit und Tugend nicht minder berühmt ale 
ten. Seine lange Raufbahn verberrlichte fünf Regierungen 
gend Il, Karls IX., Heinrichs III. und insbeſondere die He 
eiſten Feidzuge (1557) trug er durch eine kuͤhne Waffenthe 
oberung won Calais bei. Er war der Erſte in der Sturr 


nn, 


Grillen (Louis de Balbe) 9831 


mmanbanten, er ergriff ihn und warf ihn in den Graben. Die Englaͤn⸗ 
If Monate zur Wegnahme bes Platzes gebraucht; die Franzoſen erober⸗ 
ıcht Tagen wieder. In der Kolge zeichnete ex ſich in den Schlachten von 
n $arnac und von Doncontour (1561, 1563, 1569) gegen die Huge⸗ 

As Maithefereitter chat fich der junge Deld auf den Kreuzzügen gegen 
hervor. Gelim II. hatte Cypern von den Venetianern erobert. Der 
‚or ben Waffen der Mufelmdaner erfüllte ganz Europa, eine Coalition 
det und die berühmte Seeſchlacht von Lepanto (1571) geliefert. Crillon 
"em furchtbaren Kampfe Wunder ber Tapferkeit gethan; bie Wahl, die 
nachricht dem Papſte und dem Könige von Frankreich zu überbringen, 
af ihn, obgleich er verwundet war. Der Papft Pius V. und der König 
eich (Kari IX.) überhäuften ihn mit Gnaden und Ehren. Die Bartho> 
t, deren Vorbereitungen man Crillon forgfältig verborgen hatte (1572), 
ihm laut gemißbillige. Wir finden Crillon im naͤchſten Jahre bei der 
Belagerung von La Rochelle und in der Folge faſt bei allen andern Er 
wo e8 Tapferkeit und Muth galt. Heinrich III. wagte «8, ihm die Er⸗ 
es Herzogs v. Guiſe, die von den Ständen in Blois befchloffen war, 
. „Ich kann die Ehre nicht mit einer Schanbthat befledden”, war feine 
Für Heinrich IV. focht er gegem bie Liguiften mit dem größten Helden⸗ 
ch dem Gefecht bei Arques in der Normandie, wo Geillon nicht gegen 
ſchrieb Heinrich ihm: „Pende toi, brave Crillon, nous avons com- 
ques et tu n’y etais pas. Adieu, brave Crillon, je vous aime à 
avers”. — Es gelang ihm, ſich in Quillebeuf zu werfen, das eine 
> gegen die Armee des Marſchalls Villars vertheidigte. Villars foderte 
tafs neue auf, und flellte Srillon vor, daß es ihm unmöglich ſei, einen 
Dias, ohne Munition, obne hinreichende Befagung gegen feine Armee 
Srillon’s Antwort war: „Crillon est dedans, et Villars est dehors”. 
ihl Sturm zu laufen, aber Crillon fchlug den Angriff zurüd und bie 
; warb aufgehoben. Der junge Herzog von Guiſe, der fi) mit Crillon 
e befand, vor beffen Dafen eine fpanifche Flotte kreuzte, erlaubte ſich 
Scherz, ber Crillon's Helbenfinn in feiner ganzen Größe zeigte. Guiſe 
nigen feiner jungen Freunde um Mitternacht in Crillon's Schlafge⸗ 
> wedden ihn haſtig auf und rufen, Alte fei verloren; die Spanier haͤt⸗ 
Hafens und aller wichtigen Punkte der Stadt ſelbſt bemeiſtert; es fei 
ing möglich. Nun fchlägt der junge Herzog Crillon vor, ſich mit ihm 
Crillon weift dieſen Antrag mit Unwillen ab: „Es ift beſſer“, ruft er 
den Waffen in der Hand zu flerben, als den Verluſt dieſes Plapes zu 
Er bewaffnet fich, flürzt die Treppe hinunter, bis ihn endlich bas 
jungen Herzogs belehrt, daß nur Scherz mit ihm getrieben worden. 
ht ſich ernfihaft um, faßt den Herzog bei ber Bruft und fagt: „Junger 
verfuche es nie damit zu fpielen, das Herz eines braven Mannes auf 
etzen zu wollen. Bei Gott, haͤtteſt bus mich ſchwach gefunden, ich ſtieße 
en Dolch ins Herz!" Als endlich der Friede mit Savoyen die Kriege 
velche Europa erfchüttert hatten, zog ſich Crillon nad) Avignon zurüd 
aſelbſt 1616 im 75. Jahre. Die Gefchichte zeigt uns biefen ‚Helden 
3 Gefecht, weife im Rathe, treu feinem Worte und jeder Pflicht; er 
nrich III. nicht, auch als die Krone für ihn verloren ſchien; er war 
V. treu, als noch Alles erſt zu erobern war. Indeß ging fein Kreis 
zue Mohheit. Seine Empfindlichkeit hatte keine Grenzen, ein ver 
Bort brachte Ihn außer fih. Im Fluchen und Schwoͤren fuchte er 
tee und in ben legten Tagen feines Lebens befiegelte er das Verſpre⸗ 
t mehr zu ſchwoͤren, mit feinem Lieblingsſchwur. Reben Bayard 


wege am veupumuy wuwen sung ar — junge — 
ex die Preußen aufplelt. Rad; Beendigung des Krieges bewogen 
mit dem franz. Minifterium Erillon, bie feanz. Dienfte mic ben | 
taufchen, wo er in dem Kriege mit Portugal der Übergabe von Ah 
In dem amerlkaniſchen Unabhängigkeitökriege eroberte C. (1783 
norca und ward dafür, mit dem Titel eine® Herzogs v. Mahon, | 

und zum Generalcapitain aller ſpaniſchen Armeen ei 
ber Belagrrung von Gibraltar (f.b.) erhielt C. den Oberbefehl. 
den von Verfailles wurde er Statthalter in ben Rönigreichen Balcı 
und farb in Mebrid 1796, ohne an den legten Feidzuͤgen gegm 


genommen zu haben, 

Criminalrecht, peinliches Recht, Strafrecht und bie’ 
felben. Über einen Theil der Rechtswiſſenſchaft herrſchen fo viel 
fichten unter ben Nechtögelehrten, und zugleich find fie in keinen 
Einflufle auf Tpeorie und Prazis als im Griminalcechte, der ke 
fegen, nad welchen unsechtmäßige Handlungen nicht bloß gut | 
außer dem Erſatze noch vom Gtaate durch Zufuͤgung eines Übele 
ſollen. Dan fragt zuerft, ob und tie weit der Staat befugt fei, 
Strafe zu belegen. Diefe Frage kann nicht aus pofitiven Rechti 
ben werben, well eben bier bie Rebe davon iſt, bie pofitive Geſe 
Idee natürlicher Gerechtigkeit in Einklang zu bring. Die Ste 
von jeher firafende Gewalt ausgeübt, ohne dergleichen theoretiſch 
abzuwarten ober fi von ihnen aufhalten zu laſſen, weil es offen! 
ſtrafende Gerechtigkeit Bein Staat beftehen Einnte. Allein wer 
rechtliche Exiſtenz des Strafrechts an ſich als gleichſam durch bie 5 
fehen wollte, fo bleiben body eine Menge von Fragen ü wel 
Standpunkte des natürlichen Rechts beantwortet werben j 
übung des Rechts, noch mehr aber fuͤr die Theorie der Geſetgebu 
find. Es kommt dabei nicht ſowol auf den Zweck der Strafe all 
‚grund berfelben an, denn nicht bie Vortheile, welche der Staat vı 
Strafgemwalt fuͤr ſich erwartet, ſondern fein Recht, ein ſolches Mi 
muf baraetban werden. Die verſchiedenen Softeme. von welche 


Criminalrecht 923 


en Beleibigung binauszugehen, um nicht auß ben Angegriffenen die An⸗ 
zu werben. Sie werben fid, alfo an das Buchftäbliche halten müffen: 
(uge, Zahn um Zahn, und auf dieſer Stufe finden wir in der Chat das 
ht der Völker eine geraume Zeit hindurch; Blutrache und Wiederver⸗ 
den allgemeines Mecht und Schuldigkeit (f. Michaelis's „Moſaiſches 
Auf diefer Stufe ift die Beſtrafung der Rechtöverlegungen nicht Sache 
von Wefens, ſondern Sache der Einzelnen, und die öffentliche Gewalt 
aur darin thätig, dee ſtets ſich erneuernden Rache Schranken zu fegen 
eindfeligkeiten der Stämme, welche die Nation felbft mit dem Untergans 
2, ein Beendigungsmittel zu verfchaffen. Hieraus ent[pringt das Sy⸗ 
ompofitionen. Die Beleidigungen werben zu Geld angefchlagen, unb 
Beleibiger gezwungen bie feftgefegte Summe zu mtridhten, als auch die 
ſolche zur Sühne anzunehmen. Werbunden ift mit diefem Fortſchritte 
ned Volksfriedens*, welcher fich in verfchlebenen beſtimmtern Beziehun⸗ 
migsfriede, Berichtöfriede u. f. w. ausbildet, und zugleich die Anerken⸗ 
: öffentlichen richtenden und ſchuͤtzenden Gewalt. So treffen wie das 
Sompofitionen bei unfern germanifchen Vorfahren wie bei den Voͤlkern 
en Acchipelagus und unter den amerikaniſchen Stämmen. Bon ihm 
fe Schritt die Anerkennung des Grundſatzes, daß Überhaupt die Bes 
Verbunden fei, Verbrechen zu verhüten. Die Rache gebt an den Staat 
ı wartet nicht mehr auf Auflagen ber Verletzten, fonbern der Staat felbft 
‚die Gemeinde) uͤbernimmt die Pflicht des Anklaͤgers. Das Prindp, 
x am nächften liegt, ift IL. das der Abfchredung. Durch das öffentliche 
‚Uen Andre von aͤhnlichen Thaten abgehalten werben, die Strafe wird 
tlich vollzogen, und je abfcheulicher das Verbrechen an ſich iſt, deſto mehr 
in graufamen Strafen diefen Abfcheu dem Sinne bes Volks einzupraͤ⸗ 
zen dieſes Syſtem, welches bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts 
eutſchland das herrfchende mar, Laffen fidy fomol von Seiten bes Rechts 
eckmaͤßigkeit die triftigften Einwendungen machen. Es kann nie erlaubt 
ı Denfchen darum zu quälen ober hinzurichten, damit Andre durch feine 
em Eindrud erhalten, welcher die Verſuchung zum Verbrechen bei ihnen 
t. Allein diefer Zweck wird nicht einmal erreicht, und dabei würbe durch 
ein Mapftab der Strafen nothiwendig werben, welcher mit bemjenigen, 
er gefunde Verſtand flets fobern wirb, im geraden Widerfprusche ſteht. 
Furcht vor der Strafe iſt das geringfte Gewicht im menſchlichen Herzen; 
tem größeres ift die natürliche, durch gute Volkserziehung und gute Bei⸗ 
Dbern erhöhte Scheu vor dem Unrecht an ſich ſelbſt. Wollte man bie 
ng als Verhuͤtungsmittel der Verbrechen confequent bucchführen, fo 
wie dies auch in des berühmten Feuerbady „Revifion der Srundfäge des 
hts“, Erf. 1799, anerkannt iſt) gerade für die geringften Verbrechen, 
ı aber die bäufigften und flärkften Meise vorhanden find, 3.3. im Ge⸗ 
ebe, die graufamfien Strafen feftgefegt werden, während man die grö- 
rechen, zu welchen fich die Menfchen ohnehin ſchwerer entſchließen, faſt 
ıfe laffen könnte. Vorzuͤglich in Anfehung des Rechts zu Todesſtrafen 
e vom Marcheſe Beccarin an („ber Verbrechen und Strafen”, 1764) 
m der Abfchreddung immer zweifelhafter, und ſehr viele Gelehrte wandten 
m Princip der Prävention zu, deffen ſcharfſinnigſter Vertheidiger unftreis 
sige großh. beffifhe Miniſter v. Grolman („Grundſaͤtze der Criminal; 
ſch.“, Gießen 1798) geworden if. Jedes Verbrechen enthält, wenn 
Menſchen als confequent handelndes Wefen denkt, den Ausdrud eines 
e6 feiner Handlungsweiſe, alfo außer der gegenwärtigen Rechtsverletzung 
Bedrohung mit künftigen ähnlichen. Das gemeine Weſen ift daher bes 


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924 | Criminalrecht 


rechtigt, dagegen Vertheidigungsmaßregeln zu ergreifen, welche, were hie De 
legung ein unerfegliches Gut getroffen hat, auch bis zur Lebentberarien gie 
mm. Dies Princip hat Das für fih, daß es zuerſt einen wahren Rrätua) 
far die Strafe ſelbſt aufftellt, welcher an und für fich ummwiberiegich if. Zah h 
man kann bagegen einwenden, theils daß diefe Sicherung gegen Einftige 
doch keine eigentliche Strafe iſt, und daß hiernach diefeibe Immer megfekm mie 
wenn bie Präfumtion der Bedrohung mit künftigen Verletzungen ducch de ufp 
dern Umftände des Falles oder durch unverftellte ernfte Reue widerlegt wdche, dal 
auch, daß das Princip Leinen Maßſtab der Strafe zuläßt, weil bie 

immer nur eine und biefelbe (Rod ober lebenslängliche Verwahrung) fen mipeh 
Die bamalige Richtung bes Naturrechts, welche ben Grund aller Buck in ig 
Wertragemißigen fuchte, führte IV. zu dem Syoſtem des Wertragt, ihemam 
fagte, daß durch den Eintritt in ben Staat ein Jeder ſich durch Berta der Bhp ix 
fung unterworfen habe. Da ſich aber Niemand durdy Vertrag zu Cwa uafihe 
tem kann, was an ſich, wenn es nicht ohne Vertrag ſchon recht vaͤrt frkan munflg 
Uchen Wuͤrde zumider wäre, fo kann auf diefem Wege die Redtmäfigkit 
ebenfalls nicht nachgeroiefen werben. Fichte gab baber nach feiner origiaeie DR 
biefer Anficht eine andre Wendung. Er ging davon aus, daß durch Rail I 
gungen gegen Andre der Verbrecher fich ſelbſt des Anſpruchs beraube icci⸗ 
tiges Weſen behandelt zu werden, was unleugbar richtig iſt, ba du Akt dl [1 
freien Wefens nur auf gegenfeitiger Anertenmumng beruht. Die PpiiR Ai 
den Verbrechen an und für ſich kein Unterfchleb; ein jedes zicht Aukahug ud 
ber menfchlichen Geſellſchaft nach fich. Der Vertrag, woducch bie Ctkiiiß h 
wird, iſt daher zu Gunſten Derer, weldye mit einer geringern Otzafe 
es if ein Abbuͤßungsvertrag; fie erlangen ein Mecht, durch Edehen dale 
flimmten Übels roieder in die bürgerliche Geſellſchaft aufgenommen ja wehen 
felbft Der, welcher die Todesſtrafe verwirkt, hat ein Recht, durch ieſch milk Ihr 
zu werden. In dieſer Anfiche iſt Vieles fehr richtig; nur bie fackiäe Dahl Ba 
des Abbuͤßungsvertrags ſcheint zu fehlm. V. Um diefelbe Zeit mad vn Bi 
u. A. die Theorie des Erfag:6 aufgeftellt. Der Verbrecher ſchadet auf eine ball 
Weiſe: 1) bem unmittelbar Beleidiaten burch die zugefuͤgte Mechtsnriung WR} 
für er ihm nach den Regeln des Privatrechts Erfag zu leiften hat, mi [17 
das gegebene böfe Beifpiel, durch die verminderte Achtung gegen De SR 
Staats, wofür er dem gemeinen Weſen verantwortlich if. Diele Ode 
durch die Strafe wieder aufgehoben, denn indem Her Verbrecher die Orakel, 
wird die Kraft des Geſetzes in den Gemuͤthern des Volkes twicberhergeflt 
Anficht ift neuerdings von Schulz („Entwidelung der philoſoph. Prncin 
buͤrgerl. und peinl. Rechts“, 1813) und von Martin („Lehrbuch ve Gin 
rechts, 1819— 25) mit großem Scharfjinn weiter außgeblibet worden VL 
bach's Theorie des pfychologifchen Zwanges ift im Grunde body nur auf der 
ber Abfchredung gebaut, und nur die Deduction hinzugefügt, daß Die Kur 
der Strafe im Allgemeinen rechtmäßig fei, weil Niemand dadurch Etwel 
wird, wozu er ein Recht haben kann, daß aber eben durch biefe Anbei 
wirkliche Vollziehung im einzelnen Kalle rechtlich werde, weil ber Beſteaſte Im 
aus wußte, 1008 er für die That zu erwarten hatte und fie Dennoch beging, MG 
lich das Strafübel feibft zugezogen hat. Diefe Anficht treffen die meiſten 
gegen die Abfchreddungstheorie, und ihre factifchen Voraus 'egungen vlg Fü 
wirklicher Anwendung oft als unermeislih. VII. Das Princkp ber 
Befſerung iſt von Rechtögeiehrten wenig benugt worden. Es beruht bare 
die Strafe in dem Werbrecher felbft diejenigen geſetzwidrigen Motive ! 
foR, von welchen er zu feiner That verleitet wurde. Es iſt Hierin ganı une 
fprechlich richtig, daß die Strafe die moralifche Befferung des Werbrehert wc vor 






















































Criminalrecht 925 


kung ſeines Ehrgefühls, durch die Bemeinfchaft mit andern Verhrechern 
die Vernichtung feiner Erwerbsfähigkeit beinahe unmöglich machen ſollte, 
18 nur zu oft der Ball ift. Allein fo viel iſt dagegen Mar, daß die Gefin⸗ 
Menſchen und ihre moralifche Beſſerung kein unmittelbarer Begenfland 
zgeſetzgebung fein kann, ſchon weil ihre Kortfchritte äußerlich gar nicht 
: find. Aber äußere Gewoͤhnung, 3. B. des Faulen zur Arbeit, des Trun⸗ 
sur Nüchternheit, des Ausfchtweifenden zur Enthaltſamkeit, laͤßt ſich wol 
und hierauf find die Strafanftalten in Nordamerika wirktich berechnet. 
III. die Theorie der Wiedervergeltung iſt feit Kant beinahe von allen deut⸗ 
kofopben, aber noch zur Zeit von wenig Mechtögelehrten angenommen 
von Henke, „Handbuch des Griminalrechts", Schmid, „Lehrbuch des 
hyts, u. A.). Sie beruht darauf, daß der Staat in feinem Innern kein 
ulden foll; daß eine jede rechtswidrige Dandlungsweife als ſolche vernich⸗ 
muß, und vernichtet wird, Indem fie auf den Urheber einer rechtswidri⸗ 
ſelbſt angewandt wird; daß aber biefem kein Unrecht widerfaͤhrt, wenn er 
lt wird, wie er Andre behandelt hat. Diefe Wiedervergeltung iſt Beine 
imd buchſtaͤbliche. ie fügt nicht daffelbe Übel zu, welches der Werbres 
Andern zugefügt hat, fondern fie fucht einen Battungsbegriff der Ver⸗ 
und wendet nady biefem das Princip des Dandelnden gegen ihn felbfl 
im findet ſich zugleich ein Maßſtab für die Strafe, welchen kein andres 
S Strafrecht liefert, obwol auch er einer quantitaten Beſtimmung 
»oſitive Befeg bedarf. — Mit diefer Darftelung der Syſteme des Straf⸗ 
Don Welker („Über die legten Gründe von Recht, Staat und Strafe‘, 
@ gute Eritifche Darftellung geliefert hat, iſt zugleich der Bang der Strafe 
i9 und ber wiffenfchaftlihen Behandlung im Allgemeinen bezeichnet. In 
rgige iſt bie pofitive Gefepgebung von jeber fo thätig geweſen als in bies 
ch auf den Proceß hat ſich diefer große Einfluß der Theorien erſtreckt, fos 
Lürue der Voͤlker nicht fortfchreitet, ohne ihre Wirkungen und Anfoderuns 
e zuerſt im Criminalrecht geltend zu machen. Die wiffenfchaftliche Bes 
des Criminalrechts ging von Italien aus, war aber bis in die Mitte des 
h. fehr unbedeutend. Die fürdhterlichen Mißbräuche der Criminaljuſtiz 
land und Frankreich gaben zu den beiden großen Reformen, Karis V. 
SBerichtsordnung von 1532 und Franz I. Criminalordnung von 1539, 
ung. Mit ihnen beginnen auch die erften Anfänge einer wiſſenſchaftli⸗ 
andlung. Die peint. Gerichtsorbnung Karls V. hatte große Gebrechen 
chrens abgeſtellt (Diejenigen, welche noch jegt bedauern, daß fie das muͤnd⸗ 
Fahren durch ein ſchriftliches verdrängt habe, toiffen nicht, wovon fie veden), 
innner, bem Geiſte ibrer Zeit gemäß, harte Strafen und die Zortur beis 
Bened. Carpzov (geft. 1666), welchen man fpäter als einen graufamen 
errufen hat, fuchte bereits Manches zu mildern und legte den Grund zu 
wichtöbrauche, welcher oft von dem Buchſtaben des Geſetzes abwich. Eine 
te Praxis war der Reform der Belege vorausgeeilt, und es war faft nös 
lauch die fpätern Landesgeſetze oft nur durch harte Drohungen zu wirken 
ohne daß man es mit ihrer wirklichen Anwendung ernſtlich gemeint hätte. 
ainaliften aus ber Iegten Hälfte bes 18. Jahrh., J. S. Fr. Böhmer, 
tiſtorp, Meifter, Hommel, Klein, Kieinfchrodt, gründeten daher ibre Ans 
ſt mehr auf die Praris als auf den Buchſtaben der Geſetze; die Beſſern 
en ſtuͤgten fie aber hauptſaͤchlich auf philo ophiſche Entwide:ungen. Bel 
je der Dinge Eonnte die Geſetzgebung fich gewiffermafen unthätig verhals 
te Juriſprudenz geroähren laffen. Endlich aber wurde doch die Abwei⸗ 
Praris vom Gefep allzu groß, umd zugleich die Grundſaͤtze der Berichte 
uchcolleglen gar zu unficher. Die neuen Griminaliften, befonders Feuer⸗ 


926 Griminalrecht 


bach, drangen daher mit Recht wieder mehr auf die Anwendung der Gef, m 
dadurch haben fich die Regierungen fafl aller beutfchen Staaten genöthigt wide 
bie Entwerfung neuer Gefegbücher vorzunehmen. (Eine Überficht der Geile 
der Griminalgefeggebung verweilen wir auf ben Art. Strafgefege) Guy 
Tittmann, Erhard, v. Globig u. A. folgten in dieſer Hinficht im Saum ken!" 
lichen Grunbfägen; ſtrenger als fie hält Martin am dem woͤrtlichen Sapıte eff 
Geſetze mit Einfchtuß des roͤmiſchen Rechts, weichem man früher im Erieinaufe ft 
eine viel befchränktere Anwendung als im Privatrechte zufchrieb. 
durch diefe neuen Bearbeiter des Criminalrechts eine Menge uncdtn Rita 
gründe, mit welchen man bie Härte der Geſetze zu umgehen fuchte, wide 
ſchafft worden. Die neuere hiſtoriſche Schule unferer echtögelcheten ke 
dem heutigen geltenden Criminalrecht nody am wenigſten beſchaͤftgt Pd | 
Gattungen der Strafübel f. Strafen.) on ben Punkten, medike ik 
neuern Zeit die Wiffenfchaft des Criminalrechts verfchlebene Reinmge 
bracht hat, find folgende von vorzliglicher praktiſcher Wichtigkeit. 1) Oi 
Recht, auffallend rechtswidrige Handlungen zu befttafen, wenn babe 
druͤckliches poſitives Befeg vorhanden iſt? Diejenigen, welche überhupt ini pt 
turrecht anerkennen, bejahen dies unb nehmen allgemein firafban 
(Delicta juris naturalis) an, welchen die an fich erlaubten, aber tu Ijalm \N 
Geſetze verpönten (Delicta juris positivi) entgegengefet werben. Sub 246 | 
ſtahl u. dgl. muß uͤberall geftraft werben, auch ohne pofittues Geſeh de lute 
bande ift nur da flrafbar', wo fie ausdruͤcklich mit Strafen betritt Um, P' 
vornehmlich Feuerbach, nehmen ohne androhendes Geſetz kein Schuh u fr 
2) Damit hängt fehr nahe zufammen, inwiefern dem Staate ein Red (Well 
ganz Daffelbe ift, eine Pflicht) zugefchrieben werben kann, auswärts 
brechen zu befttafen. Dies in die Willkuͤr des Staats zu ſtellen uk iR" 
und man Tann ebenfo wenig zugeben, daß er keines, als daß er jebed aeiab 
gangene Verbrechen betrafen muͤfſe. Dabei iſt noch eine große Rılıb 
fchiedenheit daruͤber vorhanden, nach welchen Gefegen die autmöctt Ip 
Handlung beursheilt werden müffe, nad} den einheimiſchen oder ad en Oct Ti 
des Orts der Handlung, und Beides hat feine Schwierigkeiten. 3) 
in der Griminalgefeggebung dem Ermeffen der Richter nach Berfähahl 
Umftände überlaffen bleiben? Die neuere Tendenz geht bahin, Au hy ji 
durch Gefepe zu beftimmen, daß der Richter das Urtheil in jedem Falle umil® 
Buchſtaben des Gefeges findet, und eine fo ſcharfe Taxordnung der 
aufzuftellen, daß ſich ein “Jeder feine Rechnung auch ohne ben Wirth machen Ma 
Es laͤßt fich bezweifeln, ob eime fo detaillirte Strafbeflinnmung übe 
mäßig fei, vorzüglicd; wenn von gewiſſen Duantitäten, z. B. der Gummi 
ſtahls oder dem Alter des Verbrechers, große Gteigerungen der Strafe hin 
macht werden, fodaß ein Pfennig mehr oder weniger über mehrjährige Zul 
oder eine Viertelftunde bes Alters fogar darüber entfcheidet, ob ein Ga @ 
polizeimäßig mit einer geringen Zächtigung, hoͤchſtens vierjähriger 
ober ob er mit bem Tode beftraft werben fol. 4) Einer der fchreieigftee 
iſt die richtige Schägung ber Vergehungen gegen bie Ehre eines Anbım, weh 
Sefeggebung Über Prepfreiheit und Preßvergehen in Verbindung ſieht. D { 
fol hier dee Wahrheit, wie viel der Öffentlichen Ordnung und Anfiandigket MM 
raͤumt werden? Die bedeutendfien Meinungsverfchiebenheiten finden ls 
beider Gefeggebung Uber den Griminalprocef. Aus ber oben gegeben Daß 
ung der Principien des Strafrechts erhelt, daß das Griminalverfahen yet WI 
auf Privatanklagen gebaut fein wird (accufatortfcher Proceß), mobel foß De v⸗ 
lichen Grundfäße tie bei Givilßiagen befolgt werden. Mach und nad dewe⸗ 
fich dies in einen öffentlichen Ankiageproceß, wobei ber Staat durch einen RP 






























I: 





















Croker | 987 


ife liefert, die Strafantraͤge macht, ber Richter unpartelifch in ber 
af dieſem Grundſatze beruht noch der Criminalproceß der Hin 
öfifche feit dee Revolution. Mit ihm verträgt ſich diejenige 
welches mit bem Namen ber Öffentlichkeit ugd Rindiicfeit in 
fo viele Anhänger gefunden hat. Der Grundcharakter deſſelben 
ver Angeklagte fich bei dem Beweisverfahren bloß leidend verhält. 
ber die Anfchulbigumg gar nicht zu erklären, fonbern erwartet, daß 
werde. Die Folge davon iſt, daß das Urtheil auf Wahrfcheinlich- 
ben muß, und da es hierbei mehr auf bloße Menſchenkenntniß und 
theil des gefunden Verſtandes ankommt ats auf technifche Regeln, 
cherer zu gehen, vorzuͤglich auch den Einfluß der obern Staats⸗ 
yefoldeten Richter abzufchneiden, wenn man das Urtheil Männern 
Beſchwornen, überträgt. Jedoch muß audy bei diefer Einrichtung 
en Proceſſes, wenigftens in den allermeiften Faͤllen, das Urtheil 
m Wege vorbereitet werden, weicher bei uns in Deutichland zur 
ur alleinigen Grundlage des Verfahrens geworden if. Der deut: 
sceß iſt nämlich vorzuͤglich, und man kann beinahe fagen ganz 
erichtet, von dem Angefchuldigten ein Geſtaͤndniß der That und 
u erhalten: inquiſitoriſcher Proceß. Hierbei kann weder ein An- 
Sffentliche Verhandlung ftattfinden, fondern der Richter muß den 
felbft befragen und durch geſchicktes Zuſammenhalten der Umflänbe 
eckung ber Innern Stimme des Geriflens dahin zu bringen ſuchen, 
yeit voliftändig angebe. Was hier das Hauptgeſchaͤft des Richters 
kreich dem Juge instryeteur und in England dem Friedensrichter 
en zu und ift auch dort in ben gemöhnlichen Faͤllen Dasjenige, was 

hren die Materialien liefert und feine Richtung beſtimmt. Wo 
e Unterfuchung keine fihern Refultate gibt, bleibt dann auch das 
hoͤchſt ſchwankend und ungewiß, und es laͤßt ſich fireng erweifen, 
ſchen und franzöfifchen Proceß ein Unfchuidiger weit größern Ge⸗ 
ift, aber auch ein Schuldiger der Strafe weit leichter entgeht, ale 
a inquiſitoriſchen Verfahren, wie es durch die Bemühungen ber 
iften Stuͤbel, Tittmann, Martin u. A. entwidelt und in den 
ungen geregelt worden if. Allerdings hat auch jenes Werfahren, 
was den franz. Proceß betrifft, am beften von Feuerbach („Be⸗ 
Öffentlichkeit und Muͤndlichkeit“, 1821—24, 2 Bde.) bargeftellt 
file, worunter die Publicität gewiß einer der wichtigften ift. Hier 
e Urtheil immer klar und nicht durch übertriebene Darſtellungen 
hes befonders bei den Anlagen politifcher Vergehungen von fehr 
ſt. Auch tft ebendeßwegen gerade in dergleichen Fällen das Ver⸗ 
ibefangenheit des richterlichen Ausfpruch® viel größer, und dies I 
Srund, aus weichem die Engländer ihrem Trial by Jury, troß 
ıenheiten derſelben, mit einer faſt leidenfchaftlichen Anhaͤngcheeit 


John Wilſon), erſter Secretair der Admiralitaͤt in Sonn (feit 
entsredner, Dichter und thätiger Xbeilnehmer am „Quarterly 
(781 zu Dublin, wo fein Vater Stadtbaumeiſter (surveyor- 
udirte dafelbft und zu Lincolns Inn in London von 1800 — 2 
icirte In feiner Geburtsflade, und wurde 1807 Repräfentant ber 
ft Domwne im Parlamente. Bon ber Zeit an hat er Immer in bie: 
einen Sitz gehabt. Er macht alte Vorträge im Parlamente, 
jede angehen und ift bei feiner Gewandtheit in Reden ein fehr nuͤt⸗ 
7 Minifter, wenn Klagen wider die Verwaltung des Admiralität 


Cromwell 


ades aus, daß der Koͤnig das Parlament aufhob; allein nach ſehe No 
»o. 1640, mußte er ein neues berufen. In dieſem ſogenannten langen 
‚te (vom Nov. 1640 bis April 1653) machte ſich C. faft nur duich frag. 
nd nachläffige Kleidung und durch den Zorneifer feiner Mebe, meihe en, 
»heit ausartete, bemerkbar. „Aber diefer Toͤlpel“, verficherte Hampdera, _ 
ſchickt fpricht, wird der größte Mann in England fein, wenn es mit bang 7* 
Bruche kommt“. An der Beſchwerdeſchrift des Parlamente gegen kr 
he man die Staatdremonftration nannte, die mit einer gerin * 
chging und den Buͤrgerkrieg herbeifuͤhrte, nahm C. thaͤtigen Antheil. 2 
w auß Überzeugung Puritaner, und ging, ohne damals ſchon zu ? Fi, 
uptern zu gehören, mit kuͤhner Entſchloſſenheit gerade auf das 35 
ad feine Schlauheit bald auch die krummen Wege. Beim Ausbruch F 
642 zum Capitain, dann zum Oberſten ernannt, warb er in feiner. Pd 
Reiterfchar von erprobten Puritanern, die Alles wagten fuͤr ihren "T 
Sache Gottes. Schon die Art, wieder 43 3. alte E. ihnen feinen ’ Pig 
mie er fie in den Waffen übte und an die ſtrengſte, zugleidh ae. _” 4 
zucht gewoͤhnte, bewies jenen Scharfblid, mit dem er in der De 
reiche beherrſchte. Seine erite Waffenthat mar bie Beſctzung von S 
er mit puritanifchem Eifer, zur Beſtreitung der Kriegskoſten, i 7 Ogq 
alles Silbergeſchirr für das Parlament in Beſchlag nahm; hie — Ham 
die Anhänger des Königs und bemächtigte ſich ihrer Vorraͤthe RU je 
texte er die fchnellere Bildung bed parlamentarifchen Heeres, — 
koͤniglichen erſchwerte. Dabei hielt er ſtreng auf die puͤnktlich 7 — 
die herrſchende Kirche behandelte er mit puritaniſcher Wiidheit. Dxrddm Em 
von Ganisborough gründete er feinen Waffenruhm. Seitden 1etniferte m 
Muth und Tapferkeit, an ſchneller Entfchloffenheit und Gegenwarz tet Galdı 
den geübteften Kriegern und mit den erfahrenſten Feldherrn. Bei Red 
Moorden 2. Juli 1644 entſchied die von ihm gebildete Reiterei, unge rät 
feiner Anführung, den Sieg. Nun flieg auch fein politifcher Ei Mi 
Puritaner und Republifaner, dachte er wie Ireton und Hampom 7, T # 
aber kuͤhner und beflimmter aus; baducch wurde er von felbft be *.7” 
Allem entſchloſſenen Partei. Bei aler wirflihen und ſcheinbatr Aufıt 
fing er fchon jest. an, bie geheime Rolle zu fpielen, für welche fin EF 
feine Menfchentenntniß bald das kluͤgſte Verfahren erfannte. Erd Zutı| 
Hobbes bemerkt, der ſtaͤrkſten Partei, fo gut er konnte, und trieb mie ihr 
fo weit fie wollte. Als er aber einft vor dem Parlamente ben Strafe? be 
fler der Keigheit befchulbigte, weil er nach der Schlacht bei Nentur? l 
Meiterei nicht erlaubt hatte, den Feind auf dem Ruͤckzuge anzugreife 37, UM 
daß jie Alle, wenn fie gefchlagen würden, als Rebellen und Verräther behan 
den koͤnnten: fo warf ihm der Graf Öffentlich vor, wie er daran denkt, & 
fogenannten ehrlichen Leute an die Spipe eines Heeres zu kommen, Men 
Könige als dem Parlamente Geſetze vorfchreiten Einnte. Zum Gtud fir 
nerallieutenant Crommell wußte der Einfluß der Independenten, wien 
Partei nannte, die Unterfudyung diefer Sache zu verhindern ; doch hielten 
dem die englifchen Presbyterianer für einen gefährlichen Menſchen, und 
feldherr Effer fuchte ihn mit Hülfe der Schotten, die ihn haften, weil er 
lich behandelte, zu flürzen. Da ergriff Cromwell, gemeinfchaftlich mit fe 
den, eine Maßregel, die das Meiſterſtuͤck feiner heuchlerifchen Politi! 
einem Fafttage ließ er alle Prediger in London über die Nothmenbigf 
daR dad Parlament ſich nur dadurch von dem Bormurfe des Eigenn 
Eönne, wenn bie Mitglieder deffelben ihre einträglichen Civil: und ' 
nieberlegten, und e& Gott überliefen, andre Werkzeuge zur Ausfuhr 





Grommell 981 


Jählen, wenn bie bisherigen dazu nicht würdig fein follten. Darauf 
arlament bie fogenannte „Self-denying ordinance” vorgelegt, nach 
Darry Bane, Cromwell u. X. m. ihre Entlaffung anboten; denn „bas 
einer ſtrengern Zucht und vor Allem chriftlicher Heerführer”. Der 
ng durch; Effer wurde verabfchiedet, und ber eifrige, aber willenlofe 
Fairfax kam an feine Stelle. So fpielte C. feit 1644 feine Rolle 
und Fairfar, indem ee Männer von den verfchiedenften Charakteren 
fuͤr einen Plan zu gewinnen wußte, den jeder für ſich allein verworfen 
Da ſich der ehrliche, aber einfältige Fairfax zum Deerführer nicht 

ce, fo erlangte er als Ausnahme von jenem Beſchluſſe, daß Cromwell, 
des Feldheren mit raſcher Thatkraft vereinigte, unter ihm wieder ange⸗ 
ind den Oberbefehl Über die Meiterei erhielt. Nun bildete Cromwell 
ser wie früher einen Theil deffelben; auch war er es, der eben dadurch 
cheidenden Sieg bei Nafebn (14. Suni 1645) erfocht, wo der König 
zußvolk nebft dem Gefchüge verlor. C. erbeutete Karls I. Briefwechſel 
gin, woraus das Parlament alle diejenigen Stellen durch den Drud 
bte, welche dem König und der Königin in der Öffentlichen Meinung 
ten. Nach jenem Siege und nach der Eroberung von Briftol fchrieb 
Darlament in jenem myſtiſch⸗froͤmmelnden Tone, der feine Gedanken 
Glaube und Gebet haben gefiegt; die tapfern Männer, melche mit 
tten das Parlament und Alle, die des Segens bes Himmels ſich er: 
man nur Gott den Herrn preifen, ihrer aber vergeffen möge”. Diefer 
jegt in dem Heere, das die Officiere und vorzuͤglich C. durch Predigten 
8 zum Fanatismus gefteigert, zugleich ward aber auch die Mannszucht 
dag Schrodren, Trunk, Plünderung und andre Ausfchweifungen faft 
fielen. Dadurch gelang es dem General C. die Ießten Anftrengungen 
m Partei, welche er mit fanatiſcher Exbitterung verfolgte, gänzlidy zu 
Karl I. fuchte endlich Schup bei dem fhottifchen Heere. Diefes ver- 
feinen König (5. Mai 1646) für ruͤckſtaͤndigen Sold an das Par: 
‚ei G. einer von den Commiffarien war. Gegen die Erwartung’ der 
de Karl von den Häuptern der Kriegspartei und ber Independenten als 
behandelt, und jene Froͤmmler trieben ihre Härte fo weit, daß fie dem 
ı Monarchen fogar den Troſt entzogen, einen feiner Kapläne bei ſich zu 
18 Parlament ſah ſich jegt im Beſitz der höchften Gewalt; es theilte 
n aus, und C. wurde mit einem Einkommen von 2500 Pf. St., aus 
des Marquis v. Worcefter, zum Baron ernannt. Als aber das Par: 
on ©. durch den religiößspolitifdyen Geiſt der Independenten fanatifirte 
ffen wollte, emannte fie aus C.'s Greaturen und aus ben wildeflen 
r einen Rath von Officieren, und eine Verſammlung von Sorporalen 
aten, genannt Agitatore, welche dem Parlament die trogige Erklärung 
daß fte nicht eher Die Waffen niederlegen wollten, al& bis bie freiheit der 
tigt fei. Einige Soldaten betrugen ſich dabei fo kuͤhn, daß das Parla- 
haften ließ, worin C. nidyt nur das Haus unterflügte, fondern auch 
im Auge über den Trotz der Truppen ſich beklagte, unter welchen man 
Anfchlag auf fein Leben gemacht habe. Einige Diitglieber jedoch er« 
ym den geheimen Urheber jener Schritte und ſchlugen daher feine Ver⸗ 
; allein an dem nämlichen Tage begab ſich G. zur Armee, um, wie 
iterhaus fchrieb, die getäufchten Soldaten wieder zur Ordnung zuruͤck⸗ 
ugleich bat er, daß Fairfax und andre Officiere ihm hierin beiftehen 
In demfelben Tage (3. Sun. 1647) hatte einer von den Agitators, - 
Soice, den König von Holmby mit Gewalt entführt und der Armee in 


iefert. Es iſt aber nicht wahrfcheinlich, daß dies auf Cromwell's An: 
59 * 


932 Cromwell 


ſtiften geſchehen ſei; denn er fol damals die Abſicht gehabt haben, den Könic Ur 
herzuſtellen. Als er aber die fanatifche Stimmung ded Heers in der Naͤhe „, 
jeugte ex fich, baf er ohne Lebensgefahr einen ſolchen Schritt nicht wagrafürg 2’ 
war erim Oberbefehl nur der Zweite, und auf den Beiftand der einflufteicheng; 
ner, die wie St. John und Bare ihm an Schlauheit, oder wie udlow, Has. 
viele Andre an Kühnheit gleichlamen, durfte er gar nicht rechnen. Deræ 
(ämmtlich eifrige Repubtitaner und feft ent/chloffen, mit dem Königes er 


thum zu vernichten. C. fol ſelbſt feinen Schwiegerſohn, den talent · “ 
feiner potitifchen Srundfäge wegen gefürchtet haben; er mußtealfo die 2 — 
nommene Rolle fortſpielen, und um ſich in der Gunſt des Heerts zu: *8 
ſinnungen, welche er nicht mehr hatte, fortwaͤhrend erheucheln. Pr — 
ex den Koͤnig als einen rechtſchaffenen und gewiſſenhaften Mann; e 
fen Flucht von Hamptoncourt beguͤnſtigt und gewuͤnſcht haben, d 
Koͤnigreiche entkommen moͤchte; auch ſprach er nie ohne Thraͤnew— n af 
Zufammentunft des Königs mit feinen Kindern. Cromwell, der — „Don 
mild und edel gefinnt war, fchloß fich enblich, der Gewalt ber N $ 
bend, ganz an bie Männer des fogenannten Gemeinwohls an, ut Ri 
ihrer Verſammlung bei ber Berathung Über die künftige Ra ;. 
ſchwach die Monarchie, welche jene Zeloten ein Übel und eine Sir ii 
fie Gott als ihren Herrn und König anfahen. C. hatte jest > j⸗ Pe 
Leute Eennen lernen, und mit jenem plumpen Leichtſinn, der eirw —* 
nem Charakter war, hob er die Sitzung auf, indem er dem kud Yen nd 
den Kopf warf und dann bie Treppe hinabeilte, wo ihm ein andte⸗ 
wurde, Am folgenden Zage fagte er zu Ludlow, daß er den Worfhiy m 
Thaffung des Koͤnigthums ebenfalls wünfchenswerth fände; nur halte niung 2 
für ausführbar. Bald darauf lernte Cromwell die Macht feiner Parteigayke Ü, 
nen. Denn als ihn Major Huntington im Haufe der Lords anflagte, KFandl Fi, 
Ireton die Armee gegen das Parlament aufreize und eine militairiſche Ring Ih 
unter dem Namen des Königs beabfichtige, uͤberwog ber Einfluß der Inboeahee: 1: 
ten ben ber Preöbpterianer ; und da man eben den Aufftand der Walliſer un Ode k 
tem zu bekämpfen hatte, fo wagte man nicht, den unentbehrlichen Genrcul MEBk; |? 
zu finden oder abzufegen. Dierauf unterwarf E. durch rafchen Überfall Sm |, 
weil Sairfar aus presbpterianifcher Bedenklichkeit den Heerbefehl gegen de 
ten ablehnte, ſo uͤbernahm er ihn um ſo lieber, da er den ſchlechten 
ſchottiſchen Heers genau kannte und die Schotten von vielen Jahrmm M 
Mit einer weit geringern Macht ſchlug er das ſchottiſche Heer bei Preflem 

ihn Edinburg als Vefreier aufnahm. Nun folgte das Trauerſpiel von der Baar I 
theilung des Königs (f. Kart J., enthauptet den 29. San. 1649), me 
Ireton's Rath ſich entfchloß, und wobei ex mit rohem Leichtfinn «int 
übernahm, da er nicht Muth noch Kraft in fich fühlte, das Verbrechen it 
Seine Befühllofigkeit ging fo weit, daß er nicht mur der Hinrichtung and rana ik Wi 
ihn befonders ausgeſchmuͤckten Fenſter zufah, fondern aud) den Lidnem Wär k 
nigs im Sarge ſich zeigen lief. Die Republik wurde errichtet, und C. finmt ER 
einen Beweis von feiner republilanifchen Tugend zu geben, für den Ze miete 
Capel, weil, wie er fagte, die Freundfchaft, welche er fuͤr diefen treuen Anh 
des Königs fühle, der Pflicht für das Gemeinwohl nachſtehen muͤſſe. #9 
(ag Grauſamkeit nicht in Cromwell's Natur! Aus Eluger Berechnung ſaut ng 
Lage vergoß er Blut. Denn er fürchtete mehr noch die Partei ſaun Da 
Freunde, der Levellerd, der Gleichmacher, als die Ropatiften. Endlich grlang o 
ihm, durch ſtrenge Maßregeln jene Kanatifer zu unterdrüden, worauf f. w 
Erſtaunen feiner Feinde, die nichts mehr als feine Abweſenheit wuͤnſcien W 
Here nh Itland führte. Der Sieg felite ihn noch höher ſtellen in der Gum M 










Cromwell 958 


tuͤrmend nahm er Drogheda (im Eept. 1649), wo er Alles niederhauen 
‚efe Strenge“, fagte er, „wird uns mit Gottes Gnade viel Blutvergieh.n 
Ohne Widerjtand öffneten die meiften Städte ihre There, und auf die 
feinem Namen vertrauend, drang C., ungeachtet fein Heer durch Seu— 
eſchwaͤcht war, mit verwegener Keckheit tief in das Land ein, wo Edjrr- 
heit und Verrath ihm überall entgegentamen. Binnen ſechs Menaten 
Anhänger des Koͤnigthums in Irland gaͤnzlich unterdrückt. Nun über- 
Oberbefehl an Ireton, und unternahm nad) dem Willen des Parlaments, 
ndes Zureden feiner Freunde, einen ähnlichen Vertilgungszug geyen 
3, wo Karl Stuart, nachmals Karl IE., als König anerkannt worden 
fange hatte Crommell verlangt, Fairfax möchte den Heerbefeht führen: 
r Keldherr nahm ihn nicht an, weit er mit Beſchaͤmung fühlte, welch eine 
worden war. Che. ins Feld ging, unterhielt er ſich mit Kublom über 
e Staatöreform Englande. „Der Herr wolle, daß fein Velk nad) den 
en der Kreiheit und Gleichheit vegiert werde; fo verfüntigte es der 110. 
Hierauf erklärte er feinem Freunde eine Stunde lang diefen Pſalm, und 
ann den Befehl über die Merterei an. -- Bei dem Eintuͤcken in Schott. 
E. einen Aufruf „An alle heilig Gefinnte und Mitgenoffen des Glaubens 
ct Erwihlten in Schottland”. So lautete der vevolutionaire militairifche 
Zeit! Doch C.'s Verachtung der Schotten wurde ihm gefaͤhrlich. Von 
zzugslinie abgeſchnitien und ohne Lebensmittel, würde er bei Dunbar 
xgeben müffen, wenn die Scyotten eine Schlacht vermieden bitten. Als 
ten ſah, rief ev aus: „Der Herr bat fie mir in die Hand gegeben!" 
& 03 bei Dunbar den 3. Spt. 1650 befreite den glüdlichen Feldherrn von 
Den, den Presbyterianern. Er zog in Ebinburg ein. Demuͤthiger als 
S., al&er bald von einer gefährlichen Krankheit genefen war, dem Korb- 
des Staatsraths von England für die ‚fo unverbiente Theilnahme” an 
indheit: „In ber That, Mylord, Euer Dienft bedarf meiner nicht; ich, 
Beſchoͤpf, war ein vertrocknetes Gebein, und bin noch immer ein unnüßer 
ned Deren. Ich erwartete den Tod; doch ber Here hat e6 andere ge: 
>er in Wahrheit, Mylord, ich wünfche nicht zu leben, außer wenn der 
"nade verleiht, mein Herz zu erproben in frömmerer Treu und Dant- 
> in größerm Nutzen und Eifer für das Land, dem ich diene”. — Unter: 
se König Karl neue Kräfte gefammelt; aber E. ſchnitt ihn durch geſchickte 
ei Sterling von feinen Unterftügungepunften ab; doch, wider fein Er: 
rang der Kürft in England cin, fodaß felbft London in Kurcht gericth. 
: Ace, um C.'s Heer zu verſtaͤrken, und diefer handelte ale Feldherr 
tig als entfchloffen, während im Lager des Könige Schwaͤche und Zwie 
Streitkraͤfte laͤhmten. Karl wurde bei Worcefter den 3. Spt. 1651 
efhlagen. Diefer Sieg, den C. die Kronc der Gnade Gottes nannte, 
Rännern des Gemeinwohls die volle Gewalt Über drei Königreihe. Dod) 
hon jest auf die oberite Keitung der oͤffentlichen Angelegenbeiten entfihei: 
nfluß. Er bewirkte ed, daß die faft gänzlich getrennten Gontinentalver: 
vieder angefnüpft und in Ganzen dem Handelsintereffe untergecrdnet 
Man gab nach feiner dee die Navigationsacte 1651, welche Englands 
gründete. Zu gleicher Zeit fafte der von der Stadt London als Befteier 
Landes gefeierte Feldherr den Gedanken, die Hertſchaft ganz an fich zu 
Denn der einzige Mann, den er fcheute, SSreton, war geiterben. Als nun 
rlamentsglieder und die vornehmſten Officiere ſich mit ihm über bie 
erungeform beriethen, empfahl er die Aufitellung einer Art won monat: 
ewalt, ſchwieg aber, ale einige Necdyregelehrte in der Verſammlung den 
erzog von Glouceſter zum König auszurufen vorſchlugen Indeß wurde 


en; DO 
der Zeiſchwʒẽ 
— ndem diun 
m. Cfäusk 


ein v 
va 





Cromwell 935 


ertes; und C. fand ſo vielen Widerſpruch, daß er nach 
Parlament aufhob. Übrigens war feine Staatsver⸗ 
mufterhaft. Er unterhielt hinreichende Verpfle> 

⸗e war ſtets einen Monat voraus gefichert ; 

ne Auflagen, freng und ſparſam ver 

“Aften und aufgektärteften Männer, 


2 J "einungen. Als man ihm vor⸗ 
er fr en Gerichtshofes ernannt hatte, 
N ‚en fei, ‚antwortete er: „Sch weiß 


„ und ich will in ihm eine Scheide, 

‚o meinen Feinden!“ Mie verfuchte der 

einzugreifen. In Religionsfachen befolgte 

ver konnte feinem Gewiſſen folgen. Auch im 

‚ richtigen Blicke gerecht und milde regiert, Wiſ⸗ 

‚et und Balfım in die Wunden der Nation geträuft ; 
„eben, fo mußte er fie auch, wider feinen beffern Willen, 
Strenge behaupten. in gleicher Furcht vor den Roya⸗ 
3, konnte er ſich nicht einmal auf die Dfficiere der Armec 
den Soldaten nicht und würde zu feiner Leibwache ein 
enſte genommen haben, wenn er nicht beforgt hätte, fich 
und feine Sucht zu verrathen. Mit Hülfe der Fanati⸗ 
n Zaun, unb diefe dienten ihm als Gegengewicht gegen 
13 im Kriegsrathe gemachten Vorfchlag, alle Royatiften 
18 Klugheit als aus Abfcheu verwarf. Doc, mußten 
trage ihres Vermögens abgeben und wurden ſtets wie 
Ite bei ihnen der gewöhnliche Rechtsgang nicht fattfins 
zutreiben und die Verdächtigen zu richten, vielleicht auch, 
aufzuloͤſen, theilte der Protector England in zwölf Can: 
die unumfchräntte Gewalt eines Major: Generals, von 
an den Protector appellicen konnte; body hob er diefes 
ei Zeiten wieder auf. Dagegen erhob er die britifche 
dmical Blake und andre britifche Seehelden machten der 
nter, Tromp u. A. den Sieg ſtreitig. In dem Frieden 
54) behlelt England die Ehre der Flagge, und dem engl. 
ifffahrtsacte einen neuen Schwung. Der mit Spanien 
jeführte Krieg, in welhem Jamaica und Duͤnkirchen 
8 neue Parlament, aus welchem ©. alle Republikaner 
zgeſchloſſen hatte, fo nachgebend, daß es ihm zuletzt den 
n Einzelne, darunter Lambert, der zwelte Befehleha: 
» C. Protector zu werben hoffte, und die Mehrzahl der 
eftimmt, daß C. aus Furcht, Caͤſar's Schickſal zu haben, 
Auch fein Schwager Desborough und fein Schwieger⸗ 

ı es ihm; felbft fein Altefter Sohn, Richard, war im 
gab ihm nun das Parlament (1657) durch eine Acte, 
tichrift und Vorſchlag“, den Titel Hoheit und das Recht, 
ten, und cr wurde ein zweites Mat mit den Zeichen ſei⸗ 
tmantel von Purpurfarbe, ald Sinnbild der Gerechtig⸗ 
(, dem Stabe und dem Schwerte, von dem Sprecher 
en Seiten erhielt C. Beweiſe der hoͤchſten Verehrung ; 
h der Bewunderung nicht feinen Berftand: er fah die 
envoll an, wie fie waren. Shakſpeare ſelbſt bat keine 
It als die, in welcher E. fidy befand; aber, darin un- 





034 Cromwell 


das lange Parlament, das feine Macht behaupten wollte, dem Volke imma ax, 
haßter, weil es die Holländer zum Kriege herausfoberte und die Gefangenen nr 
MWorcefter theils im Gefängniffe umkommen, theils in die Colonie als Ein, , 
kaufen ließ. Noch tiefern Eindrud auf das Volk machte ein furchtbares Gr 
am Tage der Hinrichtung eines londner Geiftlichen, Namens Love. Nun ben. 
fein Stillſchweigen. Ex klagte gegen feine Freunde über die Herrfchfunt, isn 
tofigkeit und Ungerechtigkeit des Parlamente. Durch ihren Beiftand — 
wagte er endlich den entſcheidenden Schritt, und jagte daſſelbe den 20. AP. 7 
‚zur Ehre Gottes" mit 300 Soldaten auseinander. Als Lord⸗General — 
einen Kriegsrath, worin zuletzt die Officiere, nach ihrer Wahl, aus ben d a 7, 
reihen ein Parlament von 128 Perfonen, welches man nad) bem re 
ter Gottlob Barebone, der darin die Hauptrolle fpielte, das PraileB- zug... 
ne's Parlament nannte, beriefen. Cromwell eröffnete baffelbe mit ein Ah, f: 
worin er fagte, durch die Gnade Gottes fei der Tag gefommen, an deu du.pe F: 
ligen anfangen werden, auf der Erde zu regieren. Nach 15 Mena fa F” 
ein andres jaͤhrliches Parlament an deffen Stelle treten; allein ſchen nah ff T- 
Monaten bewog C. jene zur Regierung ganz unfähige Verſammlung, ie Ony 
für das Gemeinwohl in fene Hände zu legen. Nunmehr trat der Rath ir Offent 
(12. Dec. 1653) wieder in den Beſitz der höchflen Gewalt, und erkiät, nfDE 
ver Cromwell, als Lorb>Protector, die Regierung allein führen, jedod em X 
ron 21 Männern zum Beiftand haben follte. Der neue Protector ink % 
mit Würde und Seftigkeit. Er und General Lambert entwarfen fogleid an be 
ftitution, oder das fogenannte Regierungsinftrument, nach welchem der Pruuetn 
mit dem Rechte des Krieges und Friedens bekleidet, vas Parlament breijäbrig a» 
mal berufen follte, es aber vor fünf Monaten nicht auflöfen burfte; Gem 
fhläge, die es ihm vorlege, follten, wenn er fie nicht binnen 20 Tagen wi 
tigte, ohne feine Zuftimmung ale Gefege gelten; doc, koͤnne er, mit Zulfimmm; 
feines geheimen Mathe, Gefege geben, die in der Zwiſchenzeit verbindliche Kult 
hätten. Unmittelbar nad) feinem Tode follte der Kath einen andern Protectet n- 
wählen; aber kein Protector nad) ihm follte das Heer befehligen. €. ſchloß feld 
einen vortheilhaften Srieden mit Portugal und wandte die Kraft des Staats ai 
die Erweiterung dev Seemacht und des Handels. Frankreich und Spanien foha 
die Freundſchaft des glüdlichen Ufurpators, der fi endli mit Mazarin vertad, 
um Englands Colonialmacht zu erheben. Un Schottland ganz zu untenwfe, 
befahl ex dem General Mont jeden Drt, der Widerſtand leiſte, zu plünden am 
die Befagung niederzuhauen, mas Monk mit folcher Strenge vollzog, daß der Schu: 
den den biindeften Gehorfam zur Folge hatte. Der Adel fuͤrchtete, der Priefter. 
ſtand haßte den Protector, aber das Volk, bem er —* und freundlich fich be: 
wies, liebte ihn, denn es wurde von ihm weniger gedruͤckt, als es bisher unter icinen 
Grundberren der Fall gewefen war. Mit noch größerer Strenge behandelte der 
Protector Irland. Seine Begnadigungsacte war in der That ein verzweifelte 
Mittel gegen ein verzweifeltes Übel. Die noch übrigen Bewohner ber von Feun, 
Schwert und Peft verwüftsten Inſel mußten bei Todesſtrafe in einen unfruchebaren 
Landſtrich der Grafſchaft Connaught ziehen, der unter fie vertheilt wurde: det 
Grundeigentum der übrigen Inſel erhielten die Eroberer. So groß mar der Du 
wegen des von den Irlaͤndern an den Proteftanten im Det. 1641 verübten Blut: 
badeg! Indeß führte C. dufelbft, wie in Schottland, eine gerechte Verwaltung ein, 
welche nach einigen Geſchlechtsfolgen den Zuftand der Infel fehr verbeffert haber 
würde. Doch in England felbft war die Lage des überall geflicchteten Protector 
nichts weniger als geſichert. Ein Mitglied des Parlaments erklärte laut: es ſa 
ihm unertraͤglich, nach dem Sturze der Tyrannei eines Einzigen bie Freiheiten m 
Nation von cinem Unten arieiett wm, (chen, deſſen Recht Bein anderes Maf hal 





Cromwell 935 


e feines Schwertes; und C. fand fo vielen Widerfpruch, daß er nach 
nf Monaten das Parlament aufhob. Übrigens war feine Staatever: 
n Umftänden gemäß, mufterhaft. Er unterhielt hinreichende Verpfle⸗ 
ine; der Sol der Armee war ftetd einen Monat voraus gefichert ; 
einkommen wurde, ohne neue Auflagen, fireng und fparfami vers 
. Richtern ernannte er die redlichften und aufgeklaͤrteſten Männer, 
ht auf ihre frühern politifhen Meinungen. Als man ihm vors 
Hale, den er zum Oberrichter des erften Gerichtshofes ernannt hatte, 
Arteften Feinde der Revolution gewefen fei, ‚antwortete er: „Ich weiß 
ft ein allgemein geachteter Mann, und ich will in ihm eine Scheibe, 
ten zwiſchen meiner Rache und meinen Feinden!” Nie verfuchte der 
den Gang der Rechtöpflege einzugreifen. In Religionsfachen befolgte 
fa der Duldung. Feder konnte feinem Gewiſſen folgen. Auch im 
? G. gern nad) feinem richtigen Blicke gerecht und milde regiert, Wif: 
md Künfte befördert und Balfam in die Wunden ber Nation geträuft ; 
ie Gewalt erworben, fo mußte er fie auch, wider feinen beffern Willen, 
ft tprannifche Strenge behaupten. In gleicher Furcht vor den Roya⸗ 
'r den Levellers, konnte er ſich nicht einmal auf die Dfficiere der Armee 
traute felbft den Soldaten nicht und würde zu feiner Leibwache ein 
hwelzer in Dienſte genommen haben, wenn er nicht beforgt hätte, ſich 
et zu machen und feine Furcht zu verrathen. Mit Hülfe der Sanati- 
e Ropaliften im Zaum, und biefe dienten ihm al& Gegengewicht gegen 
t den mehrmals im Kriegsrathe gemachten VBorfchlag, alle Royaliften 

ebenfowol aus Klugheit als aus Abſcheu verwarf. Doc, mußten 
i von dem Betrage ihres Vermögens abgeben und wurden ſtets wie 
ben; auch follte bei ihnen der gewöhnliche Rechtögang nicht ſtattfin⸗ 
fe Auflage einzutreiben und die VBerbächtigen zu richten, vielleicht auch, 
it des Heers aufzulöfen, theilte der Protector England in zwölf Can⸗ 
Ite jeden unter die unumfchränfte Gewalt eines Major:Generals, von 
uͤſſen man nur an den Protector appelliren konnte; doch hob er diefes 
charegiment bei Zeiten wieder auf. Dagegen erhob er die britifche 
der berühmte Adınical Blake und andre britifche Seehelden machten ber 
sine unter Rupter, Tromp u. A. den Gieg ftreitig. In dem Frieden 
(19. April 165%) behlelt England die Ehre der Flagge, und dem engl. 
el gab die Schifffahrtsucte einen neuen Schwung. Der mit Spanien 
98 gluͤcklich geführte Krieg, in welchem Jamaica und Duͤnkirchen 
en, machte das neue Parlament, aus weldhen ©. alle Republikaner 
forgfältig ausgefchloffen hatte, fo nachgebend, daß es ihm zuleßt den 
ntrug. Allein Einzelne, darunter Lambert, der zwelte Befehlsha⸗ 
', welcher nad) G. Protector zu werben hoffte, und die Mehrzahl der 
erſprachen fo beftimmt, daß C. aus Furcht, Caͤſar's Schickſal zu haben, 
verrveigerte. Auch fein Schwager Desborough und fein Schwieger⸗ 
od widerriethen es ihm; ſelbſt fein dltefter Sohn, Richard, war im 
iliſt. Dafuͤr gab ihm nun das Parlament (1657) durch eine Acte, 
Jemüthige Bitefchrift und Vorſchlag“, den Titel Hoheit und das Recht, 
‚ger zu ernenmen, und er wurde ein zweite Mal mit den Zeichen ſei⸗ 
dem Sammetmantel von Purpurfarbe, ale Sinnbild der Gerechtig> 
abe, der Bibel, dem Stabe und dem Schwerte, von dem Sprecher 
en. Bon allen Seiten erhielt E. Beweiſe der hoͤchſten Verehrung ; 
» der Weihrauch der Bewunderung nicht feinen Verftand: er ſah bie 

Far und forgenvoll an, wie fie waren. Shakſpeare ſelbſt hat keine 
Lage dargeftelle als die, in welcher C. fi) befand; aber, darin uns 


ter Gottlob Barebone, der darin die Hauptrolle fpielte, das J 
ne's Parlament nannte, beriefen. Crommell eröffnete daffel 
worin er fagte, durch die Gnade Gottes fei der Tag gekommen 
ligen anfangen werden, auf der Erde zu regieren. Nach 1 
ein andres jährliche Parlament an deffen Stelle treten; alle 
Monaten dewog C. jene zur Regierung ganz unfähige Verſam 
für das Gemeinwohl in feine Hände zu legen. Nunmehr trat de 
(12. Dec. 1653) wieder in den Beſit der hoͤchſten Gewalt, un! 
ver Cromwell, als Lords'Protector, die Regierung allein führen 
von 21 Männern zum Beiftand haben follte. Der neue Pr 
mit Würde und Feſtigkeit. Er und General Lambert entwarfe 
ftitution, oder das fogenannte Regierungsinftrument, nad) we 
mit dem Rechte des Krieges und Friedens befleidet, das Parlan 
mal berufen follte, es aber vor fünf Monaten nicht auflöfen 
fhläge, die es ihm vorlege, follten, wenn er fie nicht binnen 
tigte, ohne feine Zuftimmung als Gefege gelten ; doch koͤnne eı 
feines geheimen Raths, Gefege geben, die in der Zwiſchenzei 
hätten. Unmittelbar nach feinem Tode follte der Rath einen a 
wählen ; aber Eein Protector nad) ihm follte das Heer befehligen 
einen vortheilhaften Frieden mit Portugal und wandte die Kre 
die Erweiterung der Seemacht und des Handels. Frankreich uı 
die Freundſchaft des glücklichen Ufurpators, der ſich endlich mir 
um Englands Colonialmadıt zu erheben. Um Schottland ga 
befahl ex dem General Monk jeden Drt, der Widerftand Leift« 
die Befagung nieberzuhauen, was Monk mit folder Strenge vol 
den den biindeften Gehorfam zur Folge hatte. Der Adel für 
ſtand hate den Protector, aber das Vol, dem er gerecht und 
wieg, liebte ihn, denn es wurde von ihm weniger gedrüdt, als es 
Grundherren der Fall gewefen war. Mit noch größerer Str 
Protector Itland. Geine Begnadigungsacte war in der Eh: 
Mi i ifelted Übel. Die noch übrigen B 












Erommell 935 


nge feines Schwertes; und E. fand fo vielen Widerſpruch, daß er nach 
fünf Monaten das Parlament aufhob. Übrigens war feine Staatsver⸗ 
den Umftänden gemäß, mufterhaft. Er unterhielt hinreichende Verpfle: 
zasine; der Sol der Armee war ftetd einen Monat voraus gefichert ; 
itseinlommen wurde, ohne neue Auflagen, fireng und fparfam vers 
Zu Richtern ernannte er die redlichften und aufgefiärteften Maͤnner, 
kſicht auf ihre frühern politifhen Meinungen. Als man ihm vor 
8 Dale, den er zum Oberrichter des erften Gerichtshofes ernannt hatte, 
rklaͤrteſten Feinde der Revolution gewefen fei, antwortete er: „Ich weiß 
er ift ein allgemein geachteter Mann, und ich will in ihm eine Scheide 
ichten zwiſchen meiner Rache und meinen Feinden!“ Nie verfuchte der 
in den Gang ber Rechtöpflege einzugreifen. In Religionsſachen befolgte 
andfag der Duldung. Feder konnte feinem Gewiſſen folgen. Auch im 
itte E. gern nach feinem richtigen Blicke gerecht und milde regiert, Wiſ⸗ 
ı und Künfte befördert und Balſam in die Wunden ber Nation geträuft ; 
e die Gewalt erworben, fo mußte er fie auch, wider feinen beffern Willen, 

oft tyranniſche Strenge behaupten. In gleicher Furcht vor den Roya⸗ 
vor den Levellers, konnte cr ſich nicht einmal auf die Dfficiere der Armee 
er traute felbft den Soldaten nicht und würde zu feiner Leibwache ein 
Schweizer in Dienfte genommen haben, wenn ex nicht beforgt hätte, fich 
rhaßt zu machen und feine Furcht zu verrathen. Mit Hülfe der Fanati⸗ 
die Royaliften im Zaum, und diefe dienten ihm als Gegengewicht gegen 
e erden mehrmals im Kriegsrathe gemachten Vorfchlag, alle Royatiften 
en, ebenfowol aus Kiugheit als aus Abfcheu verwarf. Doc mußten 
ntei von dem Betrage ihres Vermögens abgeben und wurden ſtets wie 
iefehen; auch follte bei ihnen der gewöhnliche Rechtsgang nicht flattfin« 
diefe Auflage einzutreiben und bie Verdächtigen zu richten, vielleicht auch, 
nheit des Heers aufzulöfen, theilte der Protector England in zwoͤlf Can⸗ 
ſtellte jeden unter die unumfchräntte Gewalt eines Major: Generals, von 
hlüffen man nur an den Protector appelliren konnte; doch hob er diefes 
dafcharegiment bei Zeiten wieder auf. Dagegen erhob er die britifche 
- Der berühmte Admical Blake und andre britifche Seehelden machten ber 
Karine unter Rupter, Zromp u. X. den Sieg ftreitig. In dem Frieden 
id (15. Aprit 1654) behlelt England die Ehre der Flagge, und dem engl. 
indel yab die Schifffahrtsacte einen neuen Schwung. Der mit Spanien 
—98 gluͤcklich geführte Krieg, in welchem Jamaica und Duͤnkirchen 
den, machte das neue Parlament, aus welchem ©. alle Repubiilaner 
ihl forgfältig ausgefchloffen hatte, fo nachgebend, daß es ihm zulegt ben 
lantrug. Allein Einzelne, darunter Lambert, der zweite Befehlsha⸗ 
ers, welcher nach G. Protector zu werden hoffte, und die Mehrzahl der 
iderfprachen fo beftimmt, dag C. aus Furcht, Caͤſar's Schickſal zu haben, 
me verweigerte. Auch fein Schwager Desborough und fein Schwieger⸗ 
vood widerriethen es ihm; felbft fein aͤlteſter Sohn, Richard, war im 
ovaliſt. Dafuͤr gab ihm nun das Parlament (1657) durdy eine Acte, 
„Demüthige Bittfchrift und Vorſchlag“, den Titel Hoheit und das Recht, 
hfolger zu ernennen, und er wurde ein zweites Dal mit den Zeichen fris 
2, dem Sammetmantel von Purpurfürbe, ald Sinnbild der Gerechtig⸗ 
znade, der Bibel, dem Stabe und dem Schwerte, von dem Sprecher 
iehen. Bon allen Seiten erhielt C. Beweiſe der höchften Verehrung ; 
site der MWeihraudy der Bewunderung nicht feinen Verftand: er fah bie 
ig, ar und forgenvoll an, wie fie waren. Shakſpeare felbft hat keine 
re Lage dargeftellt als die, in welcher C. ſich befand; aber, darin uns 


034 Cromwell 


das lange Parlament, das feine Macht behaupten wollte, dem Volke immer ve. 
haßter, weil es die Holländer zum Kriege herausfoderte und die Gefangenen vor 
Morcefter theils im Gefängniffe umkommen, theils in die Colonie als Sklaven a 
kaufen ließ. Noch tiefen Eindrud auf das Volt machte ein furchtbares Gemitte 
am Tage ber Hinrichtung eines londner Geiftlichen, Namens Kove. Nun brach 
fein Stifhweigen. Er klagte gegen feine Sreunde über die Derrfchfucht, die Get: 
lofigkeit und Ungerechtigkeit des Parlaments. Durch ihren Beiftand ermunten 
wagte er endlich den entfcheidenden Schritt, und jagte baffelbe den 20. Aprit 165 
„zur Ehre Gottes” mit 300 Soldaten auseinander. Als Lord⸗General berief er je 
einen Kriegsrath, worin zulegt die Dfficiere, nad) ihrer Wahl, aus den drei Köniz 
reichen ein Parlament von 128 Perfonen, welches man nach dem Lederban 
ter Gottlob Barebone, der darin die Hauptrolle fpielte, das Praiſe⸗God Barche 
ne's Parlament nannte, beriefen. Cromwell eröffnete daffelbe mit einer Re 
worin er fagte, durch die Gnade Gottes fei der Tag gelommien, an dem die ei 
ligen anfangen werben, auf der Erde zu regieren. Nach 15 Monaten folt 
ein andres jährliche® Parlament an deffen Stelle treten; allein fchon nad fün 
Monaten bewog C. jene zur Regierung ganz unfähige Verſammlung, die Cor 
für das Gemeinwohl in feine Hände zu legm. Nunmehr trat der Math der Offrien 
(12. Dec. 1653) wieder in den Befig der hoͤchſten Gewalt, und erklärte, MÜHE 
ver Srommell, als Lord» Protector, die Regierung allein führen, jedod am Rah 
von 21 Männcın zum Beiftand haben follte. Der neue Protector kin ih 
mit Würde und Seftigkeit. Er und General Lambert entiwarfen fogleich en Sen- 
flitution, ober das fogenannte Regierungsinftrument, nach welchem der Proteter 
mit dem Rechte des Krieges und Friedens bekleidet, da8 Parlament breijährig ww 
mal berufen follte, es aber vor fünf Monaten nicht auflöfen durfte; Gef 
fhläge, die es ihm vorlege, follten, wenn er fie nicht binnen 20 Tagm bill 
tigte, ohne feine Zuftimmung ale Geſetze gelten; doch koͤnne er, mit Zuffhumus 
feines geheimen Raths, Gefege geben, die in der Zwifchenzeit verbindliche Kl 
hätten. Unmittelbar nad) feinem Tode follte der Rath einen andern Droste rt 
wählen; aber Eein Protector nad) ihm follte dag Heer befehligen. €. ſchloß fogled 
einen vortheilhaften Frieden mit Portugal und wandte die Kraft des Staats a 
die Erweiterung der Seemacht und des Handels. Frankreich und Spanien fads 
die Freundſchaft des glüdlichen Ufurpators, der ſich endlid mit Majzarin vertan, 
um Englands Colonialmadht zu erheben. Um Schottland ganz zu untermefe 
befahl er dem General Monk jeden Ort, der Widerfland. leiſte, zu pluͤndern md 
die Befagung niederzuhauen, was Monk mit folher Strenge vollzog, daß der dw 
den den blindeften Gehorfam zur Folge hatte. Der Adel fürchtete, der Priefler 
itand hafte den Protector, aber das Volk, dem er gerecht und freundlich ſich be 
wieg, liebte ihn, denn es wurde von ihm meniger gedrüdt, als es bieher unter frinen 
Grundherren der Fall gewefen war. Mit nody größerer Strenge behandelte in 
Protector Irland. Seine Begnadigungsacte war in der That ein verzweifelt 
Mittel gegen ein verzweifeltes Übel. Die nod) übrigen Bewohner der von Fern, 
Schwert und Peft verwüfteten Inſel mußten bei Todesſtrafe in einen unfruchtbacen 
Landſtrich der Grafſchaft Connaught ziehen, der unter fir vertheilt wurde; bat 
Grunbeigenthum ber übrigen Inſel erhielten die Eroberer. So groß war der Hab 
wegen des von den Seländern an den Proteftanten im Oct. 16#1 verübten Biat: 
bades! Indeß führte C. dafelbft, wie in Schottland, eine gerechte Verwaltung cin, 
welche nadı einigen Geſchlechtsfolgen ben Zuftand der Infel fehr verbeffert haben 
würde. Doc) in England felbft war die Lage des überall geflscchteten Protecton 
nichts weniger als gefihert. in Mitglied des Parlaments erklärte laut: es fi 
ihm ımerteäglich, nad) dem Sturze der Tyrannei eines Einzigen bie Freiheiten it 
Nation var einem Anden geieiiit w. Ichen, deſſen echt fein andres Maß hal 


Cromwell 935 


«8 Die Länge feines Schwertes; und C. fand fo vielen Widerſpruch, daß er nach 
kei erſten fünf Monaten das Parlament aufhob. Übrigens war feine Staatsver⸗ 
weltung, den Umftänden gemäß, mufterhaft. Er unterhielt hinreichende Verpfles 
mmgemagazine; der Sold der Armee war ſtets einen Monat voraus gefichert ; 
a Staatseintommen wurde, ohne neue Auflagen, fireng und ſparſam ver» 
get. Zu Richtern ernannte er die redlichften und aufgektärteften Männer, 
Ye Rüdficht auf ihre früheren politifhen Meinungen. Als man ihm vors 
Beßkte, daß Hale, den er zum Oberrichter des erften Gerichtshofes ernannt hatte, 
Ziege ber erflärteften Keinde der Revolution geweſen fel, ‚antwortete er: „Ich weiß 
6, aber er ift ein allgemein geachteter Mann, und ich will in ihm eine Scheide, 
warb aufrichten zwifchen meiner Rache und meinen Seinden!” Nie verfuchte der 
Wyotector in den Bang der Rechtspflege einzugreifen. In Religionsfachen befolgte 
Ven Srundfag der Duldung. Jeder konnte feinem Gewiſſen folgen. Auch im 
—— hätte E. gern nach feinem richtigen Blicke gerecht und milde regiert, Wiſ⸗ 
nſchaften und Kuͤnſte befördert und Balſam in die Wunden der Nation getraͤuft; 
Bez wie er die Gewalt erworben, fo mußte er fie auch, wider feinen beffern Willen, 
eine oft tyranniſche Strenge behaupten. In gleicher Furcht vor den Roya⸗ 
wie vor den Levellers, konnte cr ſich nicht einmal auf die Dfficiere der Armee 
en; er traute felbft den Soldaten nicht und würde zu feiner Leibwache ein 
ent Schweizer in Dienfte genommen haben, wenn er nicht beforgt hätte, ſich 
verhaßt zu machen und feine Furcht zu verrathen. Mit Hülfe der Fanati⸗ 
% hielt er die Royaliſten im Zaum, und biefe dienten ihm ald Gegengewicht gegen 
Inse, daher er den mehrmals im Kriegsrathe gemachten Vorfchlag, alle Royaliften 
a ermorden, ebenfowol aus Klugheit ald aus Abfcheu verwarf. Doch mußten 
ke ein Zehntel von dem Betrage ihres Vermögens abgeben und wurden ſtets wie 
Nohabe angelchen ; auch follte bei ihnen der gewöhnliche Rechtsgang nicht ſtattfin⸗ 
jzen. Um dieſe Auflage einzutceiben und die Verdächtigen zu richten, vielleicht auch, 
ws Die Einheit des Heers aufjulöfen, theilte der Protector England in zwoͤlf Can⸗ 
on6, und flellte jeden unter die unumfchräntte Gewalt eines Major: Generals, von 
deffen Beſchluͤſſen man nur an den Protector appelliven konnte; doc) hob er dieſes 
perbaßte Pafdharegiment bei Zeiten wieder auf. Dagegen erhob er die britifche 
Seemacht. Der berühmte Admical Blake und andre britifche Seehelden machten ber 
Hogänd. Marine unter Rupter, Tromp u. A. den Sieg flreitig. In dem Frieden 
sur Dolland (15. April 1654) behlelt England die Ehre der Flagge, und dem engl. 
Eolonialhandel gab die Schifffahrtsacte einen neuen Schwung. Der mit Spanien 
von 1655—58 gluͤcklich geführte Krieg, in welhem Jamaica und Duͤnkirchen 
erobert wurden, machte dad neue Parlament, aus welchem C. alle Kepubtilaner 
bei der Wahl forgfältig ausgefchloffen hatte, fo nachgebend, daß es ihm zuleßt den 
Kömigstitel antrug. Allein Einzelne, darunter Lambert, der zweite Befehlsha⸗ 
ber des Diers, welcher nad) C. Protector zu werden hoffte, und die Mehrzahl der 
Dffictere widerfprachen fo beſtimmt, dag C. aus Furcht, Caͤſar's Schickſal zu haben, 
Ne Annahme verweigerte. Auch fein Schwager Desborough und fein Schwieger⸗ 
kihrn Fleetwood widerriethen es ihm; ſelbſt fein aͤlteſtet Sohn, Richard, war im 
Herzen Royaliſt. Dafür gab ihm nun das Parlament (1657) durch eine Acte, 
tenannt: „Demüthige Bitefchrift und Vorſchlag“, den Titel Hoheit und das Recht, 
einen Nachfolger zu ernennen, und cr wurde ein zweites Dal mit den Zeichen ſei⸗ 
ser Würde, dem Sammetmantel von Purpurfarbe, als Sinnbild der Gerechtig⸗ 
eit und Gnade, der Bibel, dem Stabe und dem Schwerte, von dem Sprecher 
eierlich belieben. Won allen Seiten erhielt C. Beweiſe der Höchften Verehrung ; 
och benebelte der Weihrauch der Bewunderung nicht feinen Verftand: er ſah die 
Dinge ruhig, Mar umd forgenvoll an, wie fie waren. Shakſpeare ſelbſt hat keine 
dramatiſchere Lage dargeftellt als die, in welcher C. fidy befand; aber, darin un: 











936 GCromwell 


aͤhnlich dem verſtockten und verzweifelnden Macbeth, fein Geiſt erweiterte ji mu 
feinem Gluͤcke. Er gab die Grundfäge, von denen er ausgegangen war, ald us 
haltbar auf. Gern hätte er auch das verfchuldete Übel wleder gut gemacht; che 
die Männer, welche er bisher ale Werkzeuge gebraucht hatte, waren ihm entgegm, 
und das Blut des Königs ließ fich nicht verföhnen. Seine vom Gluͤcke keine 
wege aufgeblähte Gemahlin rieth ihm, den verbannten König unter gewifim Be: 
dingungen wieder auf ben Thron zu fegen; allein er gab ihr und Andern, die def: 
felbe viethen, zur Antwort: „Nie kann mir Karl Stuart den Tod feines Vaten 
vergeben, und koͤnnte er es, fo iſt er der Krone nicht werth”. Crommell, der Gem 
von drei Königreichen, der mächtigfte Kürft in Europa, der größte Mann in dam 
Zeitalter, dem es an großen Männern nicht fehlte, und wuͤrdiger als ira 
Einer, fo body zu fliehen, hätte er auf echtem Wege ſich erhoben, war in den Itm 
Jahren feines Lebens fehr unglüdlih. Nach dem Wunfche feines Herzens wir 
er verfaffungemäßig und freifiimig regiert Haben; aber bie Selbflerhaltung nörhigte 
ihn, ſtreng und argmöhnifc, zu handeln. Weil er Ufurpator war, wunder Dis 
pot. Er regierte zulegt ohne Parlament, da keins ihm gefügig fich zeigte, und di 
Froͤmmler, die ihn einft gepriefen, nannten ihn jegt einen fchänblichen Koranzen. 
Ihre Verſchwoͤrungen yegen fein Leben hielten ihn in fortwährender Zur. E 
ging nie ohne Wache aus; man wußte nicht, wohin er fahren wollte; er kehne ge: 
wöhnlic, auf einem andern Wege zurüd; er trug unter feiner Kleidung aa Pez: 
zer und ſchlief felten zwei Naͤchte nach einander in demfelben Zimmer. Auf frium 

Sterbelager hat er, nad) Ludlow's Erzählung, Beforgniffe geäußert, daß man in 
Andenken befhimpfen und feine Afche mit Füßen treten werde. Einen fanetilhen 
Prediger fragte er: ob ed wahr fei, daß bie Ausermähten nie mehr fallen finzt! 
Und als jener dies betheuerte, verfehte er: „So bin ich errettet; denn ich biaike: 
zeugt, daß ich mic) einft im Zuflande der Gnade befunden habe”. Die ſtarken ge 
fligen Mittel, weldye man ihm gab, brachten in dem durch das dreitägige Fiehe 
geſchwaͤchten Körper eine Art Wahnfinn hervor. Er verficherte feinen Are, 
was die Schwaͤrmer in feiner Umgebung ihm eingeredet hatten, daß er nicht firche 
würbe, was fie aud) von feiner Krankheit denken möchten ; denn Gott fei mädkig 
als die Natur, und Gott habe ihm feine Wiederherſtellung verſprochen. Sen 

tegten Worte ſchienen die eines Vermittiers zu fein, der fr das Volk zu Gott beit. 

Cromwell farb den 3. Sept. 1658, in einem Alter von 59 J., und wurde am 

Meftminfterabtei begraben. Um ihn legten die meiften Höfe von Europa Zur 
an, ſelbſt der von Verſailles. War G. als Feldherr groß, fo war cr noch gröft 
als Regent. Inder Mitte feiner Familie und einiger Freunde lebte er ohne Prunt 
ind Stolz, einfady und zurüdgezogen, wie ein Privatmann. Dabei war ex nich 
tern, mäßig, unermübet arbeitfam und genau in feinen Gefchyäften. ein Aufsut 
floͤßte weder Liebe noch Vertrauen ein. Seine Geftalt hatte weber Adel noch An: 
muth, feine Sprache und Sitten waren ungebilbet und gemein, feine Stimme ob 
Wohllaut; in öffentlichen Reden druͤckte er fich Eräftig und mit Feuer aus, ab 
unzufammenhängend und geſchmacklos. Dagegen beſaß er außerordentliche 
Scharflichtigkeit und Menfchentenntnif ; Niemand wußte wie er die Menſchen zu 
gewinnen und für feine Abfichten zu brauden. Die kuͤhnſten Plane entwarf ıt 
ebenſo ſchnell, als er fie raſch und unerſchrocken ausführte ; kein Hindernif ſchredte 
ihn zurück, und um Hülfgmittel war er nie verlegen. Auf feinen Münzen fand 
fein Wahlſpruch: „Pax quaeritur bello”. Verſchloſſen und kalt, aber erfüllt 
von großen Planen, erhurrte er geduldig die Gunft bed Augenblicks und mußte fk 

au benugen. Den feinflen Macchiavellismus und die Klugheit des Argwohns veı- 

Fand cr mit dee Maske der Frömmigkeit und Tugend; doch war er ein ebenfo anf: 

richtiger als toleranter Calviniſt. Da feine Politik oft mit feiner Geſinnung im 

Viderſpruche war, {n zeigte er fih bald grauſam, bald geindßigt, ſelbſt gegen fer 


Cronegk 937 


ar ten Feinde. In dem Umgange mit Andern erlaubte er ſich oft muthwillige 
> gemeine Scherze, die mit der Strenge und Härte feines Charakters fo wenig 
meinftimmten, als das Salimathias und der plumpe Ton feines Gefpräche mit 
u Hohen Sinn, der in einigen feiner Reden weht, und mit der Kraft feiner Rebe, 
vch die er nicht bloß über den umwiffenden und fanatifhen Soldatenhaufen, fon: 
pa auch über die Parlamentsverfamniung herrſchte. Seine Politit war bie bes 
gennußes und der Klugheit; feine Größe war aus Ungerechtigkeit und Verbrechen 
efprungen; darum fiel die Macht feines Haufes niit feinem Tode in das vorige 
Ichts zurüd. Cr hatte feinen aͤlteſten Sohn, Richard, zu feinem Rad: 
[ger emannt; aber das Werkzeug feiner Größe, der fanatifchsreligiöfe Republi⸗ 
mieomus des Heeres und der Dfficiere, Fleetwood an der Spige, zerſtoͤrte Crom⸗ 
ME Werk. Der fanfte, mit allen Tugenden des Privatmanns begabte Richard 
wuzde von den aufrührerifch gefinnten Dfficieren genöthigt, das Parlament aufzu: 
Ken, und im Gefühl feiner Schwäche legte er ſelbſt wenige Tage nachher, dem 
— 1659, feine Protectorwuͤrde nieder. Auch fein Bruder Heinrich, ber 
, Zapferkeit und Milde vereinigte, gab feine Statthalterfchaft in Irland, mo 
e ſeit 1654 die Ruhe glüdtic, behauptet, den Handel emporgehoben und durd) 
bus gerechte Verwaltung die Liebe des Volke ſich erworben hatte, an das Deer zu- 
M und flarb als Privatmann in England. Richard lebte fehr eingefchränkt, 
ee Güter durch die Begraͤbnißkoſten des Waters verfchuldet tearen. Mach ber 
rherftellung Karls II. hielt er ſich auf dem feften Lande auf und kehrte erſt 
680 nad) England zuruͤck, wo cr unter dem Namen Clark, zu Chesnut in der Graf: 
haft Dertford, als ein Weifer, in ruhiger Verborgenheit, von Wenigen gefannt, 
28 flilfe Stüd der Häuslichkeit genoß. Ex ftarb 1712, in einem Alter von 86 3. 
es Waters Leichnam wurde auf Karls II. Befehl 1661 gehängt und unter dem 
zaigen begraben. Über Oliv. Cromwell's Leben vgl. man die Geſchichtswerke von 
Deendon und Hume, die Memoiren von Ludlow, von Whitelocke und von 
joble; ferner die Schriften über Cromwell's Leben von Banks, von Jeudy Du- 
sie (Paris 1795) und Villemain’s trefflidye „Hist. de Cromwell” (Paris 1819, 
SBbde.); außerdem die Sammlungen von Cromwell's Briefen und Staatsſchrif⸗ 
u , weiche Th. Carde 1736, und Nikols 1743 zu London herausgegeben has 
er; Die „Ilemoirs of the Protector, Oliver Cromwell, and of his sone, 
tlächard and Heury” hat ein Nachkomme der Familie, Dliver Cromwell (Lon⸗ 
an 1820, 4.), herausgegeben. Sie enthalten Driginalbriefe und andre Kamillen- 
apiere. K. 
Cronegk (Iohann Friedridy, Freih. von), geb. 1731 zu Anfpah. Sein 
Bater war Seneralfeldmarfhallicut. des fraͤnkiſchen Kreiſes. C. machte früh in 
ehren Sprachen Kortfchritte und las, noch in feinen Schuljahren, die beften roͤmi⸗ 
hen Glaſſiker und die vorzuglichften neuern Schriftfteller. 1749 ging er nad 
dalle und 1750 nad) Leipzig, wo Gellert feinen Geſchmack und fein Herz noch 
sehr ausbildete, der ebenfo fehr fein Sreund als fein Yehrer war. Auch mit Ra: 
mer, Käftner, Weiße und dem Grafen Morik von Brühl lebte er in der freund: 
en Verbindung. Gottſched Eomnte er nicht achten, vielmehr richtete er 
ehre fatyrifche Angriffe gegen ihn und jeins Anhänger. Dahin gehört eine Sa: 
ze auf Schoͤnaich's poetifche Krönung und eine Sammlung von Grabſchrif⸗ 
in Knittelverfen auf die meiften Gottfdyedianer. Die Koch'ſche, damals In 
eipzig fplelende Schaufpielergefelffchaft Ienkte frine Neigung auf die theatralifche 
zichtkunſt. Schon in Anfpady hatte er ein kleines Luftfpiel: „Der Mißver⸗ 
alzgte”’, gefchrieben; jegt folgte „Der Mißtrauifche”, ein Luſtſpiel in 5 Aufjügen. 
zeides find unvollkommene, jugendliche Verſuche. Zu mehren Stüden madhte 
g bereits den Entwurf. 1751 befuchte er Braunſchweig, wo er Gärtner, Ebert 
nd Zacharlaͤ kennen lernte. Im folgenden J. ſchrieb er ein größeres Gedicht 







Cro tch (Willem) war ein mufitalifches Wunderkind, 
am 5. Jul. 1775. Der Vater, ein Zimmermann, hatte fih n 
Heine Orgel verfertig. Als eine Freundin des Haufes eines 
Dxgel fpielte und dazu fang, ward das Kind fo unruhig, daß biı 
erſt nicht begreifen Fonnten, endlich aber mit Überrafhung wah 
em Entzüden das Kind, als die Mutter es bei der Orgel ı 
Taſten griff und, als am folgenden Morgen der Vater das $ 
Drgel fegte, mehre Zonfolgen aus Volföliedern, welche es von 
Freundin hatte fpielen hören, zufammenhängend fplelte. Mar 
den Knaben, fo oft er Neigung hatte, auf der Drgel fplelen. 
mehre Stuͤcke und mifchte bisweilen aud) Etwas von feiner C 
immer fehr wohlklingend war, denn vor Mißklängen hatte er | 
willen. Das 2jährige Wunderkind mußte oft in Öffentlichen Gi 
Im Nov. 1778 brachte es die Mutter nach Cambridge und im 
wo der ſchoͤne blaudugige Knabe durch fein Orgelfpiel allgemeine 
Er fpielte 1779 vor dem Hofe in St.:James um fo mehr mit X 
Ulches Wefen fehr einnahm. Was cr einmal gehört hatte, fpie 
Variationen. Übrigens war C. ganz Kind, bisweilen muthı 
bisroeilen eigenfinnig, und im Ganzen von ſchwaͤchlichem Koͤrp 
nun regelmäßigen Mufitunterricht zuerſt von dem Prof. Any 
dann ducd) Unterftügung eines f. Gönner in dem Collegium be 
ford. Hier ward er in f. 18. 3. zum Organiften gewaͤhit und E 
Leitung Malchair's, der ihm auch das Zeichnen und Malen lehi 
weiter aus. Bald unterrichtete ex felbft bie Gräfinnen Spen 
ſowie er denn für Zeichnenkunft ebenfo viel Talent und Gefchma 
Zunft haben fol. Nachdem er in Orford zum Doctor und Pro 
tam er nad) London, hielt Vorlefungen über Muſik in der Roy 
flitution und gab in den legten 20 Jahren, die er in London zug 
im Ciavierfpiel. Da er aber feiner der erften Spieler ift, fo untı 
in Schulen. Ex lebt gegenwärtig in Fuiham bei London ohne: 
mit f. Famille, und iſt feit einigen Jahren nicht öffentlich aufg 


Srozut 989 


une, ift eine katarrhaliſche Luftroͤhrenentzuͤndung. Sie befüllt 
bis in das 12. Jahr, am meiften bei feuchter und kalter Witte: 
ı Nordoft :, nad) vorausgegangenen Weſt⸗ und Suͤdweſtwinden, 
enden, feuchten Gegenden, an Seeküften, Fluͤſſen u. dgl. Sie 
‚ wie ein gemöhnlidyer Katarch, mit ziemlich ſtarkem Fieber an, 
ihre fuͤrchterliche Natur durch die ſich einfleilende und immer 
keit der Kranken beim Athemholen, ohne daß jedoch das Schlu⸗ 
t wäre. Die Kinder Elagen aber oft über Schmerz vorn am 
md des Kehlkopfs; das Athmen wird in Eurzer Zeit fo gehindert, 
"Alle eintreten. Der Huften Klingt beifer, röchelnd, das Eins 
id Erähend. Das Kind wird in den Anfällen von-Huften ſchlaͤf⸗ 
n mit zurüdigebogenem Kopfe Erleichterung feiner Erſtickungs 
Zuſtande bilder ſich die Krankheit gemeiniglid) ſchon in den drei 
Das Kind wied immer ſchwaͤcher, das Athmen immer beſchwer⸗ 
röchelnder ; endlich flirbt es, zuweilen exit am 5., 7., meiſtens 
der 4. Zage, bei vollem Bemwußtfein, oft, nachdem es kurz vor: 
‚ getrunken oder gefpielt hatte. Die Krankheit hat ihren Gib 
und in der Luftröhre, zuweilen bis an die Veräftelungen derſel⸗ 
und befteht in einer Entzundung der innern Schleimhaut dieſer 
ſchnell vom Überfluffeder in hohem Grade gerinnbaren lympha⸗ 
es Blutes ein Ausfchwigen von Schleim in der Luftroͤhre ein- 
: angefüllt und oft mit einer Schleimhaut überzogen wird, welche 
heilung der Zuftröhrenäfte fortfegt. Oft werden daher mit dem 
ft zuweilen röhrenförmige Schleimſtuͤcke ausgeworfen. Durch 
er Luftroͤhre mit Schleim wird der Zutritt ber atmofphärifchen 
te der Lungen und die belebende Verbindung des Blutes mit 
ext; daher die fchnell zunehmende Schwäche und der baldige Tod 
iches Exftidien des Kranken. In den erften 23— 36 Stunden 
e die richtige und Eräftige Hülfe angewendet werden, außerdem 
u hoffen. Die Krankheit iſt nicht neu, fondern nur in neuern 
tterfucht und von andern Krankheiten deutlicher unterſchieden 
1749 hat Chifi in Cremona eine Epidemie derfelben beobachtet 
Sm Unfange der ſechziger Fahre haben ſchwediſche Arzte, befons 
ele Fälle diefer Krankheit bekannt gemacht. Home in Schott- 
te Abhandlung heraus, welche über die Natur und das Wefen 
(e8 Kicht verbreitete. Michaelis fammelte in einer umfaffenden 
nnte darüber (1778). Lentin in f. „Beiträgen zur Arzneik.“ 
ıfeland’fchen „Sournal der praktifhen Heilkunde” gab zuerft mit 
htige Behandlung der Krankheit an; fpäter die Ärzte Hellwag 
unter deren Behandlung die Toͤdtlichkeit der Krankheit faft ver: 
ann (1794) erwarb ſich das Verdienſt einer genauern dingnoflis 
g der häutigen Bräune von andern Krankheiten, befonders von 
ten Millar'ſchen Engbrüftigtelt. Napoleon, veranlagt durch den 
t erfolgten Tod feines Neffen, bes Prinzen von Holland, fette 
Abhandlung über den Croup den Preis von 12,000 $r. Unter 
he eingeſchickt wurden, erkannte die zur Unterfudyung niederge⸗ 
‚on 12 Mitgliedern in Paris 1811 zwei ale die vorzüglichften, 
urine in Genf und der verftorbene Albers in Bremen waren, 
eis getheilt wurde. 
joſeph Anton, Marquis du Chätel), Kunftfreund und Kunſt⸗ 
ı feinem Vater (Sinanzier in den legten Regierungsiahren Lud⸗ 
ı beträchtlicheß Vermögen, daß er feine Stelle als Parlaments: 


940 | Cruſade Cuba 


rath zu Toulouſe (wo er 1696 geb. war) gegen bie eines koͤnigl. Vorlefers uni 
fchen konnte. Sein ganzes Leben gehörte den Kunſtſchaͤtzen, bie er vereinigt hay, 
und den Kuͤnſtlern, die fie zu benugen wünfchten. Won der Menge der Beniir 
(ein Katalog über die Gemälde erichien 1755) und Handzeichnungen, die abehi 
kann man fid) eine Vorſtellung durch das „Cabinet de Crozat” (Par. 1729, 5) j 
machen, von dem aber nur der 1. Theil (140 Kupf.) ganz vollendet it Dam Ih 
gab er 40 Kupf. ohne Zert, als zweite Hälfte des 1. Bds., obgleich weit meh: 
vollendet da lagen, die ſpaͤter durch Mariette (1792, 2 Bde., Sol.) und duch Ya’ 
ins Publicum kamen. Die Handzeichnungen machten mehr ats 19,000 Cl 
aus; er hatte auf fie über 350,000 Livres verwandt. Während ber 60 Joker, de I; 
er daran fammelte, wurde in ganz Europa kein Gabiner verkauft, dat nicht tich 
weiſe in das feine überging. C. rear für die Bereicherung beffelben 1714 ke & 
Italien geweſen, und jährlich kam Corn. Vermeulen von Antroerpen ncch Pail, 
um ihm zuzuführen, was die Niederlande hergegeben hatten. (inige Iehentade & 
Sammlungen machte man ihm zum Gefchente. Ebenfo bedeutend warf. Ce & 
lung von Antiten, Skulpturen, befonders gefchnittenen Steinen. Eie brief 6 
auf etwa 1400. Durch cine Befchreibung, die Mariette davon gab, als ſi in de 
Beſitz des Herzogs dv. Drlcans gekommen waren (1742), waid diefer Schr, br I 
ſich gegenwärtig zu Petersburg befindet, erſt recht bekannt. Nach Creed Zur |, 
(1740) kamen f. Sammlungen als ein Vermaͤchtniß an f. Bruder, mut 
du Chatel. Mariette's „Description sommaire des colleetions «1 Gm ı; 
avec des retlexions sur la manierc de dessiner des principaux mare‘! 
1741) ift das Einzige, was uns über diefes prächtige Mufeum jcht mg Rh: Pi 
richt gibt. 

Erufade, eine portugiefifhe Münze, wovon bie alten (400 Ant Nas 
gend) Goldmünzen find (nad) denen auch in Wechfelgahlungen gerechnet wäh} ub 
etwas uͤber 16 Groſchen betragen, die neuen aber, in Silber gemuͤngt (480 If) 
ungefähr 19 Gr. an Werth haben. 

Crusca (Accadenia della), f. Akedemie. - 

Erufius (Chriftian Auguſt), ein tiefdenkender und fcharffinniger, ap | 
gleich ſchwerfaͤlliger und zum Myſticlsmus geneigter Philoſoph und Throieg, ke ' 
zu feiner Zeit bedeutenden Einfluß durch f. Vorträge und Schriften. Heat f 
zu Leuna bei Merfeburg geboren, ſtudirte in Lelpzig und hielt theologifäk uhr || 
loſophiſche Vorlefungen bis 1775, wo er ald Kanonicus zu Meißen, erſin rel 
der Theologie und Senior ber theol. Facultaͤt zu Leipzig flarb. Er hatte en: 
nen Plan, die Philofophie richt nur zu einer vollendeten und für die Bereamaft ed 
fig befricdigenden Wiffenfchaft zu erheben, ſondern auch mit dem orthoborm et 
logiſchen Syſtem in Verbindung zu bringen. Da er mit dieſem Plane das Bet" 
ſche Spflem für unvertraͤglich hielt, fo fuchte er es burdy ein eignet ya ftärgn, 
deffen Schwaͤchen jedoch nicht verborgen blieben, fobaß er das Anſehen deſeda 
uͤberlebte. Außer mehren theofogifchen Schriften, bie jet vergeffen find, (drit 
beutfche Kchrblicher Über alle von ihm angenommenen Haupttheite bir Prusn!s; 
unter welchen f. „Logik, oder Weg zur Gewißheit und Zuverläffigket der mal 
lichen Erkenntniß“ zu nennen ift. In feiner Lebensweiſe zeichnete er fh 
ſtrenge Rechtſchaffenheit und feltene Frömmigkeit aus. 

Cuba, die größte Antille (2309 IM. und 725,000 &., darınta Br 
225,000 Sklaven), liegt am noͤrdl. Wendekreiſe zwiſchen dem 55. und 36B8. 
Sie iſt 150 Meilen lang und 30 30 M. breit und hat eine Menge Bin m 
Buchten, darunter gute Häfen. Bon D. nach W. Läufe eine bedeutende Bralt | 
hin, in weldyer man fonft Gold und Kupfer gewann. Die Küften find ge | 
theils flach und zur Regenzeit den überſchwemmungen ausgeſedt, da von den 
biraen 148 Fluͤfſe berabkommen, wornnter jedoch Peiner ſchiffbar iſt De” 














Gubad) Cueva 941 


ortreffliche Boden, der für einen del beſten in Amerika gehalten wird, iſt 
Spaniern nur zum Theil angebaut; das Klima ift heiß, aber nicht unges 
Die Einwohner treiben hauptſaͤchlich Plantagenbau und Handel; ihr Ges 
befchränft fi auf die unentbehrlichfien Handwerfe. Colembo, der die 
93 entdeckte, nannte fie Johanna; 1511 wurde die Eroberung vollendet. 
yandelte die Einwohner mit aller Grauſamkeit, die blinder Religiondeifer 
fartliche Habfucht den Spanien eingaben. Der größte Theil der Bevoͤl⸗ 
ard aufgerieben, theild durch das Schwert ber Überwinder, theild durch die 
he Podenfeuche, theils dadurch, daß man fie in den Goldgruben mit über- 
Anſtrengung arbeiten lief. Cuba ward eine Wüfte. Als man aber Ihre 
leit für die aus Merico nady Europa fegelnden Schiffe einfehen lernte, be- 
man fie mit fpanifchen Coloniften. Die Hpefl. it Havana (f.d.). Er: 
find: Zuder (jährl. eine Mitt. Entr.), Taback, Baumwolle, Gaffee, Mais, 
‚ Weinftöcde, Kokospalmen, Bananın, Caſſia, Sacao, Saffaparilie, treff- 
ungen mit Mahagoniholz und andern koſtbaren Holzarten, viel Honig, 
Seide, europäifche zabme Hausthiere, Geflügel, Wildpret, Schildkroͤten, 
old, Silber, Kupfer, Mineralwaſſer, Salzquellen. Man führt aus: Ta⸗ 
Per, Wache, Baummolle, Ochfenhäute. UÜberhaupt ift Cuba die Nieder: 
allen Waaren aus Merico und den übrigen Provinzen des mericanifchen 
nd, von europdifchen nad) jenen Ländern geführten Waaren und von al: 
nzten Gold und Silber aus Merico. Auch pflegen die fpanifhen und 
kfchen Schiffe bei ihrer Hin - und Herreife hier anzuhalten. Noch immer 
>in Sklavenmarkt für Weftindien. 1824 wurden 16,000 Negerſtlaven 
Hiffen hier eingeführt. Die Wichtigkeit diefer Inſel wird aus allen Ge: 
&ten betrachtet von M. Maffe in: „Cuba et la Havanc, histoire to- 
atist.“ (Paris 1826) und in B. Hubeı’s „Aperqu statist. de l’isle de 
Paris 1826). 
bach (Michael), Buchdrucker und Buchhändler, Verf. des feit 1616 
nzählig oft aufgelegten Gebetbuchs: „Einer gläubigen und andächtigen 
aͤgliches Bet:, Buß:, Lob: und Dankopfer, d. i. ein großes, volllommence 
in allerlei geiftlichen und leiblichen, gemeinen und fonderbaren Nöchen und 
zu gebraudyen” (Keipz. 1616). Nicht alle der darin enthaltenen 1200 
aben Cubach zum Berf., fondern fie find, wie der Titel fügt, aus 100 be: 
Autoren zufammengetragen. Kür alle Faͤlle und Stände und Zeiten iſt 
orgt, z. B.: Gebet eines Alten, fo fhlotternde Erumme Süße hat; wider 
els Antiufe; wenn man die Kleider auszieht; wenn man ſich im Bette 
t; eines Buͤttels, Cantoris, eined Cornete, Dachdeckers; wenn bu dich 
u.f.w. 11. 
ibus, f. Wuͤrfel. 
reva (Juan de la), Dichter, geb. in Sevilla um die Mitte bes 16. Sahıh. 
Be Leichtigkeit in der Verskunft, worin Ovid fein Muſter war, beflimmtr 
der dramatifchen Dichtkunſt zuzuwenden, wo eben Torres Naharro dem 
einiger gelehrten Theaterfreunde, dem Volke das griechiſche und roͤmiſche 
rufzudringen, ſich gluͤcklich widerſetzt hatte. Vereinigt in feinem Streben 
arro, Lope de Rueda und Chriftoph de Caſtillejo, befeſtigte er die alte Ein 
in. comedias divinas y humanas, indem er den einzelnen Stüden durch 
Nannigfaltigkeit der auftretenden Perfonen, durch vollındetere Verſe und 
Eintheilung in drei Jornadas ein echtnationales Sntereffe gab. Seine 
ten jetzt fehr feltenen Werke findet man im „Parnaso espanol’ (5b. 8, 
Das Fruͤheſie, was von ihm erfchienen war, find „Poesias lirican“ 
1582), einerlei Int: alte mit dem „Coro febeo de romauces historiales” 
88 Sein Heidengedicht: „I,a conquista de la Betica” (Sev. 1603, 


gegen, daß er allgemeine Aufmerkſamkelt erregte. Schon 15 
trage über die Inſtitutionen vor ben Kindern des Präf. Dufi 
feine Klarheit. Doch mußte er 1554 fi zu Touloufe einen 
ſchen, Forcadel, vorgezogen fehen, als ein Lehrſtuhl der Rechte 
hors, wohin er 1554 berufen wurde, und wohin ihm alle fı 
blieb er nur ein Jahr; denn Margaretha von Valois, bie du 
pital's Wahl zu Ihrem Kanzler einen Beweis ihres Scharfblic 
auch Cujass Talent nicht unbeachtet, als fie Bourges, den H 
dinges, zur erften Rechtsſchule jener Zeit zu erheben entſchloſſ 
tal’& Auffoderung ging Cujas dahin ab und lehrte dort bie 1X 
lence ſich begab und ber dortigen Schule ebenfalls Ruhm und 
mals zerrhtteten Frankreich die ungluͤcklichſten Parteien; au 
zwungen, ihnen zu weichen. Er kehrte 1575 nach Bourges 

forgniffe wegen nad) Paris, wo er Rechtsvortraͤge hielt: ein 
nur ihm zugeflanden warb, da die Rechtsſchule zu Paris erſt 

fieht. 1577 wandte er ſich wieder nad) Bourges, das er, 
ſten Vorſchlaͤge ihn nad) Bologna lockten, doch nicht verließ. 
Ruf dem Zuruͤckgehen auf die Quellen des roͤmiſchen Rechts 

fange und der claffifchen Art ihrer Benugung. Indem er 

bücher durch Zugiehung von Handfchriften, von been er felt 
unzähligen Stellen berichtigte und den ganzen Reichthum eine 
ſamkeit aufbot, um das Dunkle zu erklären, ward er der Stifi 
Jurisprudenz, bie feine geiſtreichen Vorträge, freigeſprochene, 

Deductionen der einzelnen Säge, in jenen Zeiten doppelt any! 
Außerdem vermehrte die Bewunderung feiner Schüler, bie | 
Ländern Europas herbeizog, die Theilnahme, die der große Let 
Schickſalen bewies, und eine Klugheit, die ſich ebenfo fern vor 
reien hielt (nihil hoc ad edietum praetoris, war fein Sp 
treue Anhänglichkeit an der Sache Heinrichs IV. Vertrauen e 
Schmerz über die Lage Frankreichs fo feinen Tod beſchleunig 
am 4. Oct. 1590). Gegen ſ. Willen beſtattete man ihn | 


Cullen Culloden | 948 


, 10 Bbe., $ol.), die durch Merillii varianten, Roberti obss. und ein 
ges Megifter vermehrt, zu Neapel, Venedig und Modena 1758— 83 in 
, $ol., nachgebrudt wurde. Sehr brauchbar für die Benugung dieſer gro: 
ye von Bänden ift das „Promptuarium operum Jac. Cujacii, auctore 
Ibunensi” (Neap. 1763, 2 Bde., Fol.) Seine „Animadversiones et 
ein Schag von gelehrten Winken und Ausführungen, find zu Halle 1737, 
d J. C. Uhl wieder aufgelegt worden. Die Kinder, die aus zwei Ehen ihm 
en, haben durch Sittenlofigkeit eine Art von Berühmtheit zu erlangen ges 
S. „Jakob Cujas und feine Zeitgenoffen”, von E. Spangenberg (Leipz. 


ıllen (William), Profeffor der praftifchen Medicin in Edinburg, geb. 
einem Dorfe der Grafſchaft Lanark in Schottland, lernte in Glasgow die 
rkunſt und die Chirurgie, ward Wundarzt auf einem Handelsfchiffe der 
en Compagnie, übte die Wundarzneikunde auf dem Lande unter der Lei: 
nter’s, promovirte 1740 und ward 1746 Prof. der Chemie in Glasgow, 
Edinburg, erhielt 1766 den Lehrftuhl der Medicin und ftarb dafeibft den 
1790. C. hat diefer Univerfität den hohen Ruf, welchen fie in der Arz⸗ 
bat, erworben. Er war ein [charffinniger Beobachter der Natur und 
4 um die ganze Mebicin, vornehmlid um bie Pathologie und Materia 
Hochverdient. Die Theorie des Solidi vivi wurde zuerft von ihm in ihrem 
Imfange aufgeftellt. Aus der Materia melica verbännte er unzählige 
er, und f. „Treatise of the mat. med.” (Edinburg 1782, 2 Bde., 4., 
L verdeutfche) ift claflifh. Von f. „First lines of the practie of physic”’ 
1785 die 5. Aufl. in + Boͤn. (Auch dies Werk ift mehrmals ine Franz. 
tfche Überfegt.) „Synopsis nosologiae metholicae” (Cdinburg 1772, 
haben Fifher und Frank für Deutfchland und Italien durch neue Ausg. 
bgig gemadyt. Don f. übrigen Schriften nennen wir noch eine über die 
die man bei ſcheinbar Ertrunkenen anzuwenden hat, um fie ins Leben zu« 
fen. Unter f. Schuͤlern find viele der berühmteften Ärzte Englands. 
ulloden (Schlacht bei), die legte auf britifhem Boden gefochtene 
t, zugleich das Ende der Unternehmungen des vertriebenen Geſchlechts ber 
?, den Thron von England wieder einzunehmen. (S. Eduard [Karl] und 
reitannien und Jakob I) Der Sohn Jakobs III., Karl Eduard, 
ıf feinem abenteuerlichen Zuge feit 1745 fid) mit abwechfelndem Güde 
e Engländer behauptet, ja er war einmal fchon bis 20 deutſche Meilen von 
vorgedrungen, wo Schrecken und Beſtuͤrzung ſich verbreiteten. Allein 
n Zuſammenwirken unglnftiger Umftände zur Ruͤckkehr nach Schottland 
It, ſchien ihm das Gluͤck zwar wieder lächeln zu wollen, denn er ſchlug bie 
der abermals bei Falkirk; als jedoch der Derzog von Cumberland, dem das 
ndo anvertraut worden war, gegen ihn auftrat, endete die ganze Unter 
g durch die Alles entſcheidende Schlacht bei Culloden. Bier war es, wo 
am 27. April 1746 angegriffen wurde. Seinem Deere fehlte ed an Sub⸗ 
on. Hungrig und mübde gingen feine Truppen in die Schlacht, doch fochten 
big; die ungeftüme Tapferkeit der Bergſchotten wich endlich zuruͤck vor der 
ienten Artillerie des koͤnigl. Heeres. Die Engländer machten in der Nacht 
undeten Schotten auf dem Schlachtfelde nieder. Eduard, auf feiner Flucht 
Gefahren preiögegehen, entkam gluͤcklich. Seine Anhänger traf die Rache 
ger; die angefehenften flarben auf dem Blutgerüfte, und die Gegenden, 
er Herd des Aufftandes gewefen waren, wurden vermüftet. Hierauf nahm 
fche Regierung Maßregeln, um ähnlichen Begebenheiten zuvorzukommen. 
ınd die Anhänglichkeit der Hochländer an das alte Koͤnigshaus vorzüglich 
Eigenthuͤmlichkeit ihres ganzen Leben® gegründet. Um diefe zu vernich⸗ 


944 Gulmination Gumberland (Rihat) 


ten, wurden alle Einrichtungen, woran fie geknuͤpft ſchien, aufgehoben, Geiden 
find die altfchottifchen Sitten und Gebräuche immer mehr aus dem kim m 
ſchwunden. 

Culmination, in der Aſtronomie, das Durchgehen der Stern dach ii 
Mittagslinie, weil fie in dem Augenblicke des Durchgangs den hide Bali I 
(culmen) oder Punkt ihrer Bahn erreicht haben. Ein Stern culminict, Liz |ı 
geht duch) die Mittagslinie, hat feinen hoͤchſten Standpunkt am Himmel mike 

Cultur (von colere, bebauen, bearbeiten) bedeutet 1) die anf cn Diyh. 
gerichtete Thaͤtigkeit, um bie im ihm ſchlummernden Kräfte zu entwidetn und a 
zubilden ; 2) aber audy den Zuftand, in welchem diefe Kräfte [yon bis pr immie 
deutenden Grade entwidelt und ausgebildet find. Daher fpricht mın helm 
von der Cultur eines Ackers oder Landes ale von der Cultur eines Reuſchen un 
Volle. Rouffeau in feiner Schrift: „Sur l’inegalite parmi les hammer“, ie Hi; 
trachtet den Culturſtand der Menfchen als die Hauptquelle bes phyſiſch um 
raliſchen Elends, wodurch die Menfchen gedrückt werden, weil durch Guitar ie 
Verhaͤltniſſe fo gefleigert werden, dag ihre Neigungen und Wuͤnſche keue Gray 
mehr anerkennen. Er meint daher, die cuitivirten Menſchen folten in km ii 
urfprünglichen Zufland natürlicher Rohheit zuruͤcktreten, um ſich von je Über 
zu befreien und ihre Beflimmung zu erreichen; worunter er nichts And Bike Ih 
Behaglichkeit eines aus leicht befriedigten Bebürfniffen bervorgehudu ick ' | 
verſteht. (S. Beſtimmung des Menfhen, Bildung mb Rıtır ii 
ftand ) | —8 

Cultus, ſ. Gottesdienſt. 

Cumberland (Herzog v.), zweiter Sohn Georgs II. von gen 
- 4721, geft. am 30. Oct. 1765. In der Schlacht bei Dettingen, 1783, ode fin 
an der Seite feines Waters verwundet. Bei Kontenof unterlag er dr 
des Marſchalls v. Sachfen, wogegen er durch die Dämpfung dei Aufid b I 
Schottland, welchen die Landung des Karl Eduard Stuart (1745) beit Kit 
defto mehr Ruhm erwarb, den cr jedoch weniger einem ausgezeichneten dehen 
talente, als der Planloſigkeit und Uneinigkeit, womit feine tapfern Geyur da Ik 
führten, verdankte. Als Karl Eduard, nur noch 2 Tagemaͤrſche von Laden at 
feent, von Carlisle aus (Jan. 1746) feinen Ruͤckzug nach Schottland ange a 
hatte, wurde er (Apr. 1746) bei Culloden(ſ. d.) gänzlich gefchlagen. Dredun In 
fAyändete feinen Nachruhm durch den graufamften Mißbrauch des Oingd, Im! 
wenigſtens zufieß, wodurch ſich die Engländer um fo mehr entehrtn, da de 
haͤnger des Pritendenten auf ihrem Zuge durch das fchottifche Niederland len! 
England die edelſte Schonung und Menfchlichkeit beroiefen hatten. 176 oh 
Cumberland vom Marſchall von Sachfen bei Laffeld gefchlagen. 1757 wird 
gegen d'Etrees das Zreffen bei Haſtenbeck und ſchloß den 8. Sept. die 
zu Klofter: Zeven, worauf er zuruͤckgerufen wurde, und der Herzog Furdinan m 
Braunſchweig das Heer der Allürten befehligte. 

Cumberland (Rihard), Sohn des nachmaligen Biſchofs von Sum 
geb. 1732 zu Cambritge, wurde Privatfecretait des Lord Halifar. ud 0 
Sturze dieſes Minifters benugte Cumberland feine Muße zu literarifcen Aheil 
Mit dem MWiederauftreten des Lord Halifax trat auch E. wieder ind gffentüche ten 
ein, folgte feinem Gönner nach Dublin, wo er die angetragene Würde cut Dar: 
nets ausfchlug. Nach feiner Rückkehr nad) England erhielt ex eine Stele a M 
Kaınmer des Handels und der Colonien und konnte nun ganz Lu 
nem Hange fuͤr bramatifche Dichtkunſt hingeben, der fich bei ihm ſchon alt 1 
Knabe gezeigt hatte. 1765 erfchien fein Sommermaͤrchen („Summer 
ein Stuͤck, das vielen Beifall fand, aber durch die 1769 erſchienenen 
ud ben „Weſtivdier“ (uber. v. Bode), die mit raufchendem Jubel aufgmomm 

















Cupido Curiatier 946 


zeſſenheit gebracht iſt. Die beiden letzten galten damals für die 
gt. Auftfpiele im edlen Style, fo von Kunftrichtern bezeichnet, die 
‚ce fehr unartig finden. Durch diefe Aufnahme ermuntert, ſchrieb 
: „Dee Liebhaber nad) der Diode”, und feine Zragäbien: „Die 
ıflings” und „Die Karmeliterin‘‘, die für das befte feiner Werke 
yollten feine Romane gefallen („Arundel“, 2 Bde.; „Johann von 
einrich“), befonders durch die Entfchuldigung der ehelichen Untreue, 
nehmen ſchien. 1780 erfüllte er einen Auftrag an ben fpanifchen 
aheit feiner Regierung. Die „Anekdoten von berühmten fpanifchen 
eine Feucht diefer Reife. Da nad) feiner Ruͤckkehr die Handels: 
: ward, fo 30g er ſich nach Turnbridge zuruͤck, wo er in glänzenden 
tniffen lebte. Außer den „Denkfchriften über ſich felbft" (2 Bde., 
ine fpätern Schriften wenig Beifall. Häusliche Mißverhältniffe, 
bgleich eine feiner Töchter an Lord Bentinck verheirathet war, ver⸗ 
(bend feines Lebens. Er farb den 7. Mai 1811. Sein „Obser- 
n of moral, litcrary and familiar essays” (legte Ausg. Lond. 
ift felbft den Philologen wichtig, weil Cumberland, ein Enkel 
8, manche der dort niedergelegten Nachrichten Über griech. Luſt⸗ 
Literatur diefen Papieren entnommen haben modhte. 
wird häufig mit Amor bei ben Römern und dem griech. Eros 
ıd genommen, ift es aber nicht, fondern verhält fich zu diefem, wie 
Pathes bei den Griechen, Eupido bei den Römern) zur Liebe (Eros, 
: alle Wirkungen der Liebe und alle Arten der Liebe, die reinfte und 
bie Füchtigfte, finnliche, dem Eros oder Amor zugefchrieben werden, 
uch leicht mit ihm zu verwechfeln. Auf ihn dürfte vornehmlich 
per; von dem Grunde fagt, den der Kuͤnſtler gehabt, der zue.ft den 
1 gebildet: 
pfand es, daß nimmer Verſtand den Liebenden leite, 
r ein flüchtiges Gluͤck feil ihm das Köftlichfte fer. 
ren, f. Eiſen⸗ und Schachtoͤfen. 
o, Curaſſao, eine Felfminfel (8 OM., 13,700 Einw.) in: 
ifhen Sinfeln, wenige Meiten von der fpanifchen Küfte Venezuela 
27 von den Spanien befegt, 1634 von den Holländern erobert 
ben Frieden behalten wurde. Der Eahle Zelfen ift an den meiften 
t 8 Zoll hoher Erbe bedeckt, durch den Fleiß der Dolländer aber 
t, und trägt Zuder, Taback, Baummolle, Mais, Caffave, Zei: 
Eosnuffe, Citronen, Pomeranzen und die melften europäifchen 
‚ auch hat man Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel, 
ifche, und gewinnt Salz. An Waſſer leidet die Infel Mangel. 
g iſt fie den Holländern wegen des Schleihhandels mit dem ſpani⸗ 
An der Süboftfeite liege der fichere und bequeme Hafen Sta.-Bar: 
ı Sort Amflerdam befhügter Eingang aber beſchwerlich iſt. An 
t fich die einzige Stadt der Infel, Wilhelmftadt. Sie ift gut ges 
n Niederlagen. Außer diefer Stadt enthält die ganze Infel nur 
nd Pflanzungen. In der Stadt halten ſich eine Menge fremder 
Unter dem Gouverneur ftehen die benachbarten Eleinen Inſeln: 
e und Aves. Im Anfange 1804 machten die Engländer einen 
if auf die Inſel Curacao ; aber 1807 wurde fie von ihnen erobert. 
ch dem parifer Frieden zwiſchen England und dem Koͤnigreiche der 
‚loffenen Vertrags warb Curacao diefem zuruͤckgegeben. 
„ſ. Vormundſchaft. 
er, ſ. Horatier. 
bente Aufl. Bd. Il. 60 


Iemmwspupsen muss —— 
der Landſtaͤnde (gewoͤhniich zwei) ebenfalls Gurien ı 
in dem Schreiben be damaligen Prinzen Regenten vom 5. 3 
meine Ständeverfommlung des Koͤnigreichs Hanover betu 
Jede Kammer bat dann eine Gefammuftimme, die aus der 
flimmen ihrer Mitglieder entflcht. Vgl. auch: Deutfche V 
lung und Mebiatifirte. (Über die Römifche Curi 
Liften heißen die Beamten und Anhänger derfeiben.) 
Curius Dentatus (Marcus Annius), ein von 
drei Mat Conful und genoß zwei Mal die Ehre des Trium 
Samniter, Sabiner, Eucanier und flug 272 3. v. Chr. den 
Als die Abgeordneten ber Samniter zur Abfchließung des Friebe 
fanden fie ihn auf einem Landgute, wie er fid eben in einem | 
kochte. Sie boten Ihm gofbene Gefäße dar, um ihn zu ihrem 
allein der edle Römer ſchiug fie aus. „Sch siehe", fagte er, „ı 
euern goldenen Gefäßen vor, wuͤnſche nicht reich zu fein und b 
zufrieden, Solchen befehlen zu koͤnnen, bie reich find”. 
Curran (John Phitpot), geb. den 24. Juli 1750 ; 
Grafſchaft Cork, GStaatsrebner und Master of the rolls I 
fid) mit Sheridan, Grattan, Ponfonby u. a. Patrioten für 
gluͤcklichen Vaterlandes gegen Mißbraͤuche und Willkuͤr. 9 
Talenten verband C. eine Kraft des Willens zum Guten und 
zuerſt feine Mutter, bann der Unterricht (im Trinity-Gollegı 
feit 1773 in der Rechtsſchule, dem Temple, zu London) und 
zeichneter Mitbürger, vorzuͤglich aber die glühendfte Vaterlant 
einer Volltommenheit entwickelt hatten, die ihn den Erſten fe 
As ex das erfte Mal öffentlich fprach, war er fo ſchuͤchtern 
melte. Man nannte ihn daher ben Stammler; allein fein 
natürliche Hinderniß und bald wurde feine Berebtfamkeit < 
„As Advocat nahm ex ſich mit aler Kraft der Unterbrüdten 
Katholiten. Set 1782 war er, als Mitglied des irlaͤnd. Par 
Sache Irlands thätia, ohne jedoch die gewaltfamen Mabregel 


Curs 947 


nde leitet man von den Bettelmoͤnchen her, welche umherzogen und frei⸗ 
aben zu ihrem Unterhalte einfammelten. Ihrem Beiſpiele folgten bie 
acchanten und Schuͤtzen (f. Schulen), die vor den Thüren geiftliche Lie⸗ 
jen, wofuͤr fie eine Babe erhielten. Solche Schüler foll man Corredarü 
rendarii (von corredo, correlio, conradio, Alles, was zum Lebensun- 
hört) genannt haben. Gemwöhnlicher leitet man Currende von currere, 
b, well die Currende fingend aus einer Straße in die andre zieht. Nach 
ı der Reformation wurden an mehren Orten bie Currenden in Singchöre 
fen, die auch wöchentlich einige Male vor den Käufern, body vor jedem 
send, fingen, und deren Gefangiman das Chorfingen nennt. An man⸗ 
n, wo das Chorfingen ftattfindet, giebt e8 keine Currenden mehr. 11. 
r's, der Marktpreis der einen Geldſorte gegen bie andre ober der Preis 
el oder andrer umlaufenden Srebitpapiere, Staatöpapiere, Actien u.f. w. 
es Geld oder Wechfel (Briefe). Daher Geld: und Briefcurs. 
eutet, role viel geboten, dieſer, wie viel gegeben worden. Diefe Preife 
"Den Geld, Wechfel: oder Greditpapierhandelsmärkten gewöhnlich auf 
Baur) die autorifirten Mäkter erforfcht, und nachdem bie Mehrzahl ber 
iuzfe und Verkäufe es angibt, beſtimmt und befanntgemacht. Die ge» 
er gefchriebenen Zettel, worauf diefe Preisliften publicirt werben, heißen 
‘ei. Die Möller fammeln auf der Börfe die Menge der Angebote und 
zgen, und durch Erkundigung, um wie viel die Verkäufer ihr Geld ober 
e verkaufen und die Käufer fie kauſen wollen, vereinigen fie ſich endlich 
zeit. Gemeiniglich beftimmen ihn Die, melche die größte Quantität 
ra und einzufaufen haben; die Übrigen folgen diefer Preisbeftimmung, 
3 nad) den bekannten allgemeinen Regeln bes Preifes (f. d.) richtet. 
wSzettel gehörig zu verftehen, muß man 1) die Münzen ober das Gelb 
deren Preife gegen einander angegeben werben, kennen und genau wiſ⸗ 
Sahlen und Namen bedeuten, und 2) wie viel feines Gold oder Silber 
gegebenen Muͤnzen in ſich mehält. In den publicieten Curszetteln find 
men gar nicht ausgedruckt, weil man fchon vorausfest, daß jeder Lefer 
- darunter zu verftehen fei, indem dieſes durch Herkommen und Gemwohn- 
egt ift. Auch wird gemeiniglic nur Ein Datum in denfelben angegeben, 
18, was den geftiegenen ober gefallenen Preis andeutet; das Fire, beffen 
emmt wird und deßhalb unveränberlicdy ift, wird auf den Curszetteln ale 
»rausgeſetzt. Die Curszettel der Staatöpapiere und andrer Effecten find 
ſten zu verftehen. Denn auf denfelben iſt bloß angedeutet, wie hoc) ein 
n 100 im Nominalwerth in baarem Gelbe koſtet und wie hoch es an den 
kauft und gefauft worden ift. Der angegebene Preis jedes Schulbpas 
n ber Münze zu verfichen, auf welche daſſelbe ausgefertigt if. Wenn 
den hamburger Eursliften die preuß. Staatsſchuldſcheine zu 90, die oͤſtr. 
red zu 92, die franz. drei Procents zu 70 Proc. notirt find, fo muß man 
eriten Zahl 90 preuß. Thaler, unter ber zweiten 92 Conventionsgulden, 
dritten 70 Franken für jedes 100 in ſolchen Papieren verfiehen. Bei 
angabe von Actien u. a. Papieren muß man wiffen, auf welche Summe 
it eines folchen Papiers ausgeſtellt iſt. Wenn jedoch ein Land Papier: 
und deffen Effecten lauten darauf, fo wird das Papiergeld auf dem ‚Dans 
. wo der Preis ftattfindet, öfters nad) einem dafelbft beflimmten Curſe 
und man muß biefe Beflimmung kennen, um zu verftehen, was die Ans 
utet. So ift der ruffifche Rubel und der öfte. Gulden in Amſterdam In 
iffen Zahl Stüber beflimmt und wird fo gerechnet, er mag in Peters: 
jen oder fallen. Wenn daher die Staatspapiere in Affignationsrubeln 
eteröburger Curszetteln 100 flehen, fo erſcheint berfelbe „Preis auf den 
60 


038 Surs 


smürtemer Zettein mit 834, weil daſelbſt der Mubel zu 12 Stüber ge: 
ran aber auf Petersburg der Rubel mit 10 Stüber gekauft werden | 
100 Rusıt nad) amfterdamer Rechnung a 12 Stüber nur 834 R 
Preis felcher Papiere ſteht dann entweder al pari (f. d.) oder übe 
pari — Was tie Geldeurſe betrifft, fo wird 1) Gold gegen Silbergel 
cekedrt verkauft, und es wird alfo in den Curſen angegeben, mie did 
mimjen gegen Eilbermüngen gelten. Um diefe Preife beurtheilen zu fd 
man a) wilten, wie fi) Gold und Silber, als bloße Waare betrachtet (a 
form), gesem einander verhalten, und b) wie viel reines Gold und Ei 
Müunzftüden, weiche gegen einander verwechſelt werden, enthalten ſei 
: 8. die Geld: umd Silberbarren in dem Werthverhättniffe gegen rin 
1:15, eder fann man mit 15 Pfund Silber auf dem Markte 1 Pf. Geb 
und find auf dem Markte die Goldmuͤnzen, welche 1 Pf. reines Bol i | 
balten, nicht unter einer Anzahl filberner Münzen zu haben, melde 154 Pi 
Silber in ſich enthalten, fo kann man wiffen, daß das Gold indiefe Mi 
tbeurer iſt als das Geld in Barren u. ſ. w. 2) E86 wird die ein: Ente 
gelbes oder Goldgeldes eines und deſſelben oder verfchiedener Linder sy 
Sorten verkauft. In diefem Falle müffen die Duantitäten feines @R! 
ber, welche in der Einheit diefer Geldſorten enthalten ſind, mit name! 
werden, um zu wiſſen, ob die eine diefer Gelbforten theurer ober wech 
die andre. Iſt 3.3. in ben Curszetteln angegeben, daß in Hımbw! 
Thaler für 300 Dart Banco zu haben find, fo muß ich erforfdren.® 
Summen in feinem Siiber enthalten. Erfahre ich nun, daß 3008 
ger Banco gerade fo viel fein Silber enthalten ale 150 Thle. irn FÜ 
fo weiß ich, daß beide Summen einander in feinem Silbergebalte » obk 
ſind, und daß der Curs in Hamburg auf Berlin al pari ſtehe. 
300 Mark für 149 verkaͤuflich, fo ſteht der Curs in Hamburg auz fr 
muß ich 151 Thir. Preuß. dafür besahten, fo ſteht er über pari. Im 
diefer Bergleihung wird durch Herkommen und Gebrauch in jedem? 
eine Münze als bleibend und unveränderlic, angenommen, und Dem 
Preis wird in ber andern mit ihr zu vergleichenden Geldart angrgeben 
3. B. in den hamburger Curszetteln in dem Curfe auf Londen ein Pf. Et 
die ſtets bleibende Einheit angenommen, und die Zahl, welche im Curket 
wird, gibt den veränderlichen Preis deffelben in Schilling Flaͤmiſch an; 
Gurfe auf Berlin find 300 Me. Banco die fire Einheit, und im Car 
deren Preis in preuß. Courantthalern bemerkt. In tem Gurfe auf Pt 
ein Rubel in Bancoaffignationen die Einheit, und der Curszettel zeigt def 
in Lübifhen Scyillingen an u. f.w. Will man nun beurtheilen, wieh 
niedrig der im Curszettel angegebene Preis einer Geldſorte ift, fo muf man 
naͤchſt um den innern Feingehalt des Goldes oder Silbers, 1) der Miny 
Einheit angenommen wird, 2) der Quantität des feinen Beides eder Si 
kuͤmmern, welche in ber Summe derjenigen Münze enthalten ift, melde 
Einheit geboten wird. Dieſes erfährt man, wenn man vorher das parı 
bat. Das pari befteht nämlich in der gleichen Quantität feinen Goldel 
ber6, welche in einer beſtimmten Menge verfchiebenartigen Geldes tt 
enthalten find. So ift in 14 Thalern preuß. Cour. eine Mark Koͤ 
Silber enthalten. Ebenſo viel iſt aber enthalten in 13} Thaler Con 
in 27 Mark 12 Schilling hamburger Banco u.f.w. Wenn daher nad 
für jede 14 Thlr. Preuß. oder 13} Thir. Saͤchſ. 27 ME. 12 Schiu.inH 
erhalten find, fo fteht der Curs al pari. Wird mehr dafür gerahtt, fi 
preuß. und ſaͤchſ. Geld über, wird meniger dafuͤr gezahlt, fo ſteht eb 
Um aber has nari yrozier Liner gehärig au erforfchen, muß man wifl 


Curſid Gurtius Rufus 948 


be beide Länder zahlen. So zahlt 3.3. England in Golde, und die Ein⸗ 
Geldes, naͤmlich ein Pf. Sterl., bebeutet 37 einer Guinee oder 20 Gold« 
Da nun faft im allen übrigen europdifchen Staaten das gewöhnliche 
el Silber ift, fo muß man, um das pari eines Pf. Sterl. in London mit 
Rüngforten zu berechnen, erſt wiffen, wie viel der Gehalt von ZT einer 
aſelbſt fuͤr Silber zu haben ift. So viel feines Silber, als nöthig ift, um 
ı 77 Öuinee ober fo viel feines Gold zu kaufen, als in +7 Buinee enthals 
itd das pari eines Pf. Sterl. fein. Sind z.B. 14 Thlr. in preuß. Cou⸗ 
fo viel feines Silber, als darin enthalten ift, nöthig, um in Londen 4 
nee zu kaufen, fo wird das pari eines Pf. Sterl. 7 Thlr. fein, und wenn 
Iin ebenfo viel für diefe Quantität fein Go zahlen muß ale in London, 
Pf. Stat. in London nicht theurer als in Berlin, und der Curs ſteht 
'n im pari. Ein andrer Umfland, ber bei Berechnumg des pari zu bes 
n ift, befteht darin, ob eins oder beide Länder in Papiergeld zahlen, denn 
Falle ift das Papiergeld auf das Silbergeld zu reduciren, welches im 
es Zahlmittel ift, gilt, und das pari iſt fodann nach diefem Silbergelde 
rı. Wenn 3.3. der Curs von Berlin auf Petersburg 28 Thlr. für 
U angegeben ift, fo find unter legtern Papierrubel zu verfichen. Sch 
»üſſen, wie viel ich in Petersburg für LOO Papierrubel Siberrubel kau⸗ 
inmd wie viel reines Silber in dieſen Rubeln ſteckt, um zu beurtheilen, 
Thlr. Preuß. in Peteröburg werth find. Nun enthalten 26 Silberrubel 
kei feines Silber als 28 Thlr. preuß. Courant. Der Curs würde alfo 
a jlehen, wenn 100 Rubel in Affignationen 26 Sitberrubeln in Peters» 
wären, oder wenn ber Sitberrubel in Petersburg 3 Rubel 69 Kopelen 
ſtaͤnde. Im Nov. 1825 fland aber 5. B. der Curs von Berlin auf Pe: 
L, und der Sitberrubel in Petersburg 370, folglich war der Curs an 
über pari. — Der Wechſelcurs (f. d.) beflimmt die Preife ber ges 
ı Gelder in Wechſeln. (Vol. d. und Discont.) 
efiv (Scheift), ſ. Schriften. 
xfu8 (lat.), der Lauf; dann der zufanımenhängende Vortrag der ver⸗ 
untergeordneten Theile einer Wiſſenſchaft, welcher ein für ſich beftehen« 
e bildet; in diefer Bedeutung fagt man: ein Curſus über die Mathema⸗ 
„oder biefe Wiſſenſchaft felbft, oder eine gefeglich angeordnete Prüfung 
en. Auch bezeichnet man damit die Abtheilung der Zuhörer ober Schuͤ⸗ 
e einen Curſus hören, und fagt baher: ein Schüler vom zweiten Curſus 
Mod) bedeutet es die Zeit eines beflimmten Studiums. 
rtius (Marcus), ein edler roͤmiſcher Süngling, bekannt durch die hel⸗ 
ge Art, wie er ſich, der Sage nach, freiwillig für das Wohl feines Water 
opferte. Sim 3. Rome 392 (362 v. Ch.) hatte fid) auf dens Markt 
Rom eine Kluft geöffnet, aus welcher ſchaͤdliche Dünfte aufſtiegen. Das 
ıtwortete, die Kluft werde ſich fchließen, fobald man Das hineinwuͤrfe, 
yerrlichkeit des roͤmiſchen Volks in fidy enthalte. Curtius fragte, ob Rom 
ſtlicheres habe, als Waffen und Tapferkeit ? und da die Antwort vernei⸗ 
legte er feine Ruͤſtung an, beftieg ein Eoftbar geſchmuͤcktes Roß, weihte 
en Augen des Volks feierlich dem Tode und flürzte fidh in den Schlund, 
ch alsbald fchloß. 
rtius Rufus (Quintue), der Verf. einer Geſchichte Alexanders d. 
O Büchern, wovon jeboch die beiden erſten verloren gegangen find, war 
eines Fechters, empfahl ſich aber ducch feine Kenntniſſe dem Tiberins, 
nter diefem die Prätur und unter Claudius das Gonfulat und die Erlaub⸗ 
nem Triumph, und endlid das Proconfulat von Afrika erhielt. Dier 
39 nach Chr. in hohem Alter. Wir würden ausführlichere Nachrichten 


pre uam any vune anne viren we 
Elche If groß, Ihämund fehr reich. Auer ihr hat Die Gtadt 
kirchen unb mehre, zum Theil fehr veiche Kiöfter, auch eine 
den Denkmaͤlern der alten peruanifchen Herrlichkeit zeichnet ſic 
theidigung der Stadt erbaute Citadelle aus, deren Mauern vo 
mwunderung erregen, daß die natürlichen, unbehauenen Stein 
einanber gepaßt und gefügt find, ba weder Mörtel noch fonfk ı 
um Zwiſchenraͤume auszuflilien, die nirgends zu finden find, it 
eine gediegne Maffe zu bilden ſcheint. Cusco warb, der Sa 
erften Inca, Manko⸗Capak, gegründet, und der Plag, auf der 
am Fuße mehrer Berge, welchen ber Meine Fluß Guatanay 
ſpruͤnglich rauh und uneben. Aber die Groͤße und Pracht 
Feſtung und des Gonnentempel6 ertegten das Erſtaunen be 
Stadt 1553 von Franz Pizarco erobert ward. In der M 
freler und ebener Plag, von dem 4 Hauptſtraßen ausgingen. 
zen von Stein erbaut und bie Gemaͤcher in den SPaläften der 
ſchimmerten von Gold und Silber. Die Mauern ber Stadt 
erwähnte Schloß, von rohen Steinen mühfam und dauerhaft ı 
Mauer angebrachte große Feſtungswerke hingen mit dem große 
teriebifche Gänge zufammen. 

Euftine (Adam Phitipp, Graf v.), geb. zu Meg 1740, 
Kriege als Hauptmann. Durch die Gunſt des Herzogs vor 
1762 ein Regiment Dragoner, das feinen Namen befam. 1 
ment Salntonge nady Amerika beftimmt tar, verglich Cuſth 
deſſelben, führte es den Amerikanern zu Hülfe und warb bei ſ 
Marechel de camp ernannt. 1789 erklärte er fich, als Abı 
von Des, von den erſten Sigungen an für die Volkspartei. 
ex bei dem Heere angeftellt und bemächtigte fi im Mat 179. 
rentruy (Bramtrut). Sm Juni erhielt er den Oberbefehl be 
theine und eröffnete den Feldzug mit der Befignahme von & 
Da er wenig Widerſtand antraf, nahm er Worms, d. 21. Oct 
bie fhlecht dertheidiate Feſtung Mainz, und ben 23. Frankfurt 


Euftos Euvier 951 


ertheidigte fich mit vieler Geiſtesgegenwart; allein fein Tod mar beſchloſ⸗ 
ard den 27. Aug. verurtheilt und den 28. guillotinict. 
ıfto8 (lat.), Hüter. Insbefondere werden Aufſeher von Bibliotheken, 
nd Naturaliencabineten Cuftoden genannt. In der Sprache der Buchs 
ißen die am Schluffe einer Seite unten gefegten Anfangefpiben der naͤchſt⸗ 
Seite Cuftoden, fo auch in der Motenfchrift ein Zeichen, weiches ans 
' die Noten einer Stimme auf der andern Seite in bemfelben Schiäffel 
Jetzt werben fie meiftentheils, als der Symmetrie zuwider, meggelaffen. 
che Küfter ſtammt ebenfalls von Cuſtos (Kirchenhuͤter) ab. 
wier (George Leopold Chretien Srederic Dagobert, Baron v.), geb. 
uguft 1769 zu Mämpelgard, damals zu Würtemberg gehörig. Gluͤck⸗ 
jen und ein ernfler Sinn für geiftige Unterhaltung erregten von C. ſchon 
»öhnlihe Erwartungen. Gein Vater war Officier; da der Sohn fich 
für den Soldatenſtand fühlte, fo beſchloß er Landprebiger zu werben. 
‚ang der Stipendien, mit deren Hülfe er in Tübingen flubiren wollte, 
.zıe Prüfung beftehen. in übelmollender Eraminator wies ihn ab. 
Hren war jedoch fo ungerecht, daß der Statthalter, Prinz Friedrich, es 
hielt, Cuvier durch eine Stelle in ber Karlsakademie zu Stuttgart zu 
w. Damit waren aber die Pläne für den geiftlihen Stand befeitigt. 
‚art fludirte er zunächft die Rechtswiſſenſchaften, aber ſchon zogen ihn 
ſche Studien vorzäglid an. Er verdankt diefer Periode die genauere 
>er deutfchen Sprache und Riteratur. Die befchränkte Lage feiner Äl⸗ 
ihn, eine Stelle als Hauslehrer bei dem Grafen D’Hericy in ber Nor: 
zunehmen. Er konnte hier ganz feine Muße den Naturmwiffenfchaften 
C. bemerfte bald, daß die Zoologie hinter den Fortſchritten zuruͤckgeblie⸗ 
x denen Rinne die Pflanzentunde erhoben hatte und zu denen eben durch 
smühungen beutfcher und franz. Gelehrten die Mineralogie heranreifte. 
alt es genaue Beobachtung der einzelnen thierifchen Organe, um ihren 
ıhbang und ihre Einwirkung auf das animalifche Leben fefter zu beſtim⸗ 
ı MWiderlegung ber träumerifchen Syſteme, die durch unftatthafte Erklaͤ⸗ 
ber gefiört als gefördert hatten. Unterfuchungen der Meergeſchoͤpfe, 
nabe Ocean ihm verfchaffte, dienten ihm als zweckmaͤßige Voruͤbung. 
ürliche Ordnung der zahlreichen Glaffe der vermes (Linn.) war feine 
it und die Klurbeit, mit der er darin feine neuen Beobachtungen und feine 
Anfichten vortrug, verfchafften ihm die Bekanntfchaft der Naturforfcher 
8. Geoffrey Saint » Hilaire beftimmate ihn nad) Paris zu kommen, öff- 
bie Summlungen für Naturgeſchichte, denen er vorftand, verband ſich 
ır Herausgabe mehrer Werke über die Anordnung ber Säugethiere und 
dag C. bei der Gentralfchule zu Paris angeftellt ward (Mai 1795). Noch 
3. nahm ihn das wiederhergeftellte Inſtitut als Mitglieb in feine erite 
Fuͤr den Bedarf jener Centralſchulen ſchrieb C. fein „Tableau elc- 
de l’histoire naturelle des animaux (1798), wodurch er feinen Ruf 
. Er galt von nun an für einen der erften Zoologen Europas. Bald 
[8 Profeffor der vergleichenden Anatomie audy fein barftellendes Talent. 
ßte ebenfo ſehr die Gruͤndlichkeit feiner Kenntniffe ale die Gabe bewun⸗ 
länzend und klar vor einem gemifchten Kreife vorzutragen. Bald verei⸗ 
den Hörfäten des Eyceums, wo er einige Fahre lang Vorträge über Na: 
‚te hielt, Alles, was auf Geift und Bildung Anſpruch machte, ebenfo fehr 
Gewandtheit feiner gründlichen Auseinanderfegungen als durch die gros 
Reiche der Natur umfaffenden Überbiide. Er erhielt mit Recht ( Ian. 
e Stelle, die D’Aubenton beim College de France innegehabt hatte. 
dient war Napoleons Scharfblic nicht entgangen. In dem Depattes 


Meden dieſer ſtaatsdurgeruchen Thatigreit gehört 2.’ Seit umaı 
dium bee Raturwiſſenſchaften, deren Geblet er ſelbſt durch ruͤhn 
erweitert hat. Wir nennen nur feine „Recherches sur les « 
(1821-24, 3. Ausg., 1826, 5 Bbe., 4,m. K.). Die claſſ 
diefem Werke ift befonbers erſchienen: „Discours sur les revo 
face du globe et sur les changemens qu’elles ont produ 
animal” (3. Ausg., Paris 1825). Ferner: „Le regne animal 
nlegons d’anatomie comparte recueillies par Dumeri 
(1805, 5 ®be.); „Recherches anatomiques sur les reptile: 
comme douteux” (1807, 4.): „Memoires pour servir ä l 
tomie des mollusques“ (1816, 4.). Als beftändiger Secreta 
demie In ber Glaffe der phyſikaliſchen Wiſſenſchaften hat er Lobr 
Mitgtieder des Inſtituts gehalten. Diefer „Recueil d’elc 
(Paris 1819, 2 Bde.) enthält wahre Mufterreden; daher nah 
Akademie durch einftimmig freie Wahl unter die Anzahl ihrer - 
gelehrte Vereine Europas haben ihm Ehrendiplome gefandt. 
dankt Frankteich ihm bie Errichtung eines Cabinets für vergl 
die reichſte ofteologifche Sammlung Europas. C. verkennt nic 
natutphiloſophiſchen Behandlung der vergleichenden Anatom 
neuern Zeiten durch Den, Spir, Bojanus, Weber u. A. nan 
land herrſchend geworden ift, erklärt jedoch, daß feine Unterfu 
Metaphysique idealiste et pantheistique nicht® gemein Bat 
auch auf f. befonnenen Wege nicht auf des resultats si brillan 
er doch um fo mehr auf einem terrain plus solide zu bleiben. 
Cybele war urſpruͤnglich eine Landesgoͤttin der Phry 
Ifis, das Symbol des Mondes und, was nahe damit verwar 
barkeit der Erde, weßhalb fie mit der Rhea in Eins verſchmol / 
Kreta entſtanden war, und in welcher bie perſonificirte Natur ver 
Griechen befamen die Idee der Cybele nicht mehr rein, fondern fı 
Heidet. Cybele war (nach Diodor) die Tochter des phrygiſchen 
feiner Gemahlin Dindyma. Aus Verdruß, daß ihm kein Soh 


Catıta fin Nav Matan nubham Manan Muhetua mu ma Fnman Ole 


Cykladen Eyklopen 058 


Keys, da man feinen unbeerbigt gebliebenen Leichnam nicht auffinden konnte, bes 
Battete. Zum Andenken an den Atys waren die Priefter der Cybele Verfchnittene ; 
ide Gottesdienſt aber beftand in einem tobenden Lärm mir Inſtrumenten und im 
Uunherfchtweifen durch Selber und Wälder. Wie ihre Verehrung auf Kreta fich 
mit dem dort fchon vorhandenen Dienſte der Rhea vermifchte, fo warb fie auch 
mit der alten lateinifchen Göttin Ops vereinigt. Ihre urfprüngliche Statue war 
bioß «in dunkler vierediger Stein. Nachher wurde fie als Matrone mit einer 
Mauerkrone auf dem Haupte abgebildet, womit auf die durch ben Ackerbau ent⸗ 
Rasıbene Bildung ber Dienfchen und die Städterrbauung hingebeutet ward. Ein 
gewsöähnliches Attribut iſt auch der Schleier um das Haupt, der ſich auf das Vers 
bowgene und Unbegreifliche in der Natur bezieht. In der rechten Hand hält fie oft 
einen Stab als Sinnbild ihrer Herrfchaft, und in der linken eine phrygifche Hand» 
paute. Bisweilen ftehen Kormähren neben ihr; auch findet man bie Sonne zu 
ihrer echten und den gehörnten Mond zu ihrer Linken. Oft wird fie auch auf 
Sheem von Loͤwen gezognen Wagen vorgefteit; oder fie fist auf einem Löwen und 
Bat, als die mächtige Natur, den Blig in der Rechten, oder ein Löwe liegt neben 
We (vol. Atalanta): lauter Bilder ihrer Herrſchaft und der Cultivirung ber 
vchen Menſchen durch fie. 

Cykladen, Inſelgruppe im Archipel, ſuͤdoͤſtlich von Euboa und Attila, 
wmſt von Griechen bewohnt. Faſt in der Mitte liegt die groͤßte Inſel Naros 
CBb.); die füdlichfte iſt Melos (ſ. d.). Auch Paros (f.d.) gehört zu diefen 
Muchtbaren und reizenden Inſeln. 

Cykliſche Dichter, f. Öriehifche Literatur. 

Gylloide, Radlinie. Man ftelle ſich einen Kreis vor, ber, ohne zu 
gleiten, ſenkrecht auf einer geraden Linie fortgewaͤlzt wirb, bie der Punkt, der fie 
zmerft beruͤhrte, nach einer vollen Ummälzung dieſelbe wieber berührt; bie von dies 
fems Punkt indeß befchriebene krumme Linie heißt Cykloide, weil jeder Punkt in 
Dem Umfange eines fortlaufenden Rades eine ſolche Radlinie befchreibt. Der 
Erxeis heißt der erzeugende Kreis, die Linie, auf der er fich fortwaͤlzt, die Baſis der 
Gylloide. Ihre Länge ift jedesmal der vierfachen Ränge bes Durchmefferd des ers 
geugenden Kreifes und ihr Inhalt dem dreifachen Inhalte diefes Kreiſes gleich. 
Dieſe Lmie ift in der böhern Mechanik ſehr merkwuͤrdig. Man denke ſich ein Pens 
bei fo an einem Faden angehängt, daß diefer fi beim Schwingen des Penbels 
gustfchen zwei in Form einer Cykloide gekruͤmmten Blechen abwechſelnd auf diefe 
auf» und abwidelt, alddann werben die größten Schwingungen in eben ber Zeit, 
DB. i. Hocheonifch, vollendet, wie die Heinften, und die Cykloide wird daher eine Iſo⸗ 
done oder Tautochrone genannt. Berner heißt die Eykloide auch eine Brachy⸗ 
ffochrone, weil, wenn ein Körper von einem Punkte zum andern in der allerfürzes 
Ren Zeit, jedoch in einer andern Verticallinie als jener fÄllt, die Linie, die er bes 
freibt, ein Bogen der Cykloide ift. L. 

Cyklopen kommen in der Mythologie Griechenlands von zweierlei Art 
vor: die einen als Söhne Neptun’s, die andern als Söhne des Uranus und ber 
Gaͤa (de8 Himmels und der Erde). Diefe Iegtern, brei an der Zahl, Arges, 
Brontes, Steropes (Blig und Donner), Eräftige Niefen, waren es, die in Vul⸗ 
can’6 Werkftatt dem Jupiter die Donnerkeile fchmiedeten, wofür Apollo fie erlegte. 
&anz verſchieden von diefen find die Söhne Neptun’s, deren Einige 7, Andre ges 
gen 100 zählen. Unter ihnen zeichnet ſich Polnphem aus. Mit diefem hängt 
zufammen das Wolf der Cyklopen, bie in der „Odyſſee“ (IX, 106 fg.) als noma⸗ 
Bifche Wilde geſchildert werden, ohne Aderbau und bürgerlihen Verein in Ges 
birgögrotten haufend, nur Viehzucht treibend, ungefchlachte Riefen. Nach Ho« 
mer wohnten fie an der Weſtſeite Siciliens, nahe den nächtlichen Cimmeriern. 
Wie bei erroeiterter Welttunde die cimmerifche Nacht writer zuruͤckgedraͤngt ward, 













954 Cyklus 


wurden fie in bie metallreichen Riphaͤen verfegt. Einaͤugige, bald Cyklopen, ba 
Arimaspen genannt, geuben auf den Riphaͤen Erze und ſchmiedeten, von gel 
bervachenden Greifen beunruhigt. (Voß's „Mpthologifche Briefe" Bd. 2, 3 
16—18.) Hier entfland Verwechſelung mit den andern Cyklopen. Ein Ihe 
diefer Cyklopen naͤmlich ſchmiedete Jupiter's Donnerkeile, ein andrer kam an 
teuernd nad) Griechenland, wo er Gebäude als Denkmäler cyklopiſcher Kunſt nıd 
(te. (D. Müller verfteht unter den Cyklopen ganze Völker, unter priefterlid. 
Leitung vereinigt; dieſes mauerbauende Volk wäre in ber pelasgifchen Ebene we 
Argos, welche vorzugsweife cyklopiſcher Boden heißt, unterroorfene Feldbauer, im 
Achaͤern zinsbar geweſen.) Bei noch mehr erweiterter Weltkunde wich das feht 
hafte Gebirge der Riphaͤen in die noch unentdeckte Nacht des Nordens, und in du 
Geſchichte der Eindugigen kam Verwirrung. Einige verfegten fie mit gegen Am 
den, die Meiften ließen die Cyklopen, als Schmiede Vulcan's, wieder in Siclen 
aber unter dem Atna ober auf dem liparifchen Zeuerfelfen arbeiten. Die fan 
fpeienden Berge waren ihre Effen, das Toben darin die Schläge ihrer Häzmr 
Wie fie zu Einäugigen geworden, da ihre Name fie nur als runbäugige bepichnet 
ift unbekannt; gewiß aber, daß Polyphem auf mehren Bildwerken mit zei Auzen 
dargeſtellt iſt. Bei griechifchen Idpliendichtern finden wir Eyklopen wit einen 
nato baͤuriſchen Charakter dargeſtellt. Auch eine Gattung ber KRiemmfüß wit 
von den Zoologen Cyklopen genannt. dd. 
Cyklus, wörtlid, der Kreis; baher jebe gleichfoͤrmig wiederkchtende Krößr 
berfelben Begebenheiten. Auf folchen Reihen ober Cyklen von Fahren but ie 
Zeitrechnung, insbefondere ber Galender. Unſer gemeine® Sonnenjahr, dat terh 
die jedesmalige Ruͤckkehr der Sonne zu demfelben Punkte der Efliptit befiumt 
wird, enthält bekanntlich 53 Wochen und 1 Tag, das Schaltjahr noch einmiy 
mehr. Mithin kann in verfchiedenen Jahren derfelbe Jahrſtag nicht auf den'fhn 
Wochentag fallen, fonbern ba z. B. 1814 mit einem Sonnabend begonnen hat, f 
wird 1815 mit einem Sonntag, 1816 mit einem Montag, 1817 aber, weil a 
Schaltjahr vorher ging, nicht mit einem Dienftag, fondern mit einer Mittmeh 
anfangen. Zaͤhlte man bloß nach gemeinen Jahren, fo würde offenbar von 787 
Jahren jedes Jahr wieder mit bemfelben Wochentag anfangen, wie das 7. Jah 
zuvor, oder, wie man ſich auch ausbräden fan, es würden nach 7 J. die Srar 
tagsbuchſtaben (f.d.) in derfeiben Ordnung zuruͤckkehren. Weil bereit 
J., ſtatt des gemeinen, ein Schaltjahr einfällt, fo kann jenes erft nach 4><T a 
28 53. flattfinden. Eine ſolche Periode von 28 3. Heißt Sonnencyklas nb 
dient dazu, den auf den 1. Januar eines Jahres fallenden Wochentag zw finden 
Dazu iſt bloß nöthig zu wiffen, mit welchem Wochentage ein beflinımtes Jahr a 
gefangen habe, und dann ein Taͤfelchen für den Anfangstag der 27 folg. Jahre zu 
verfertigen. Nun pflegt man den Anfang des Sonnencyklus auf das 9. J. ve 
Che. zu fesen, weiches ein Schaltjahr war und mit einem Montage anfıng. Bır 
langt man alfo zu wiffen, was für ein Wochentag ber Neujahrstag eines gewiflet 
Fahre unferer Zeitrechnung ift, fo hat man 9 zu der Jahrszahl zu addiren und ale 
dann zeigt ber bei Divifion diefer Summe durch 28 bleibende Meft an, das wie 
vielfte Jahr der Sonnenperiode das gegebene Ift, worauf das oben erwähnte Taͤfel 
chen den Wochentag gibt, mit welchen es anfängt. Diefe Nechnung gilt abrı nm 
für den Julianiſchen Calender; im Oregorianifchen wird fie dadurch unterbrochen, 
daß in400 I. 3 Mat das legte Jahr eines Jahrh. ein Schalt, fontern ein Or 
meinjahr iſt. Jene Rechnung wird daher den Wochentag nicht für den erſten Tax 
bes Jahrs angeben, fondern von 1582 (die Zeit der Einführung des Greger. 6» 
lenders) an bis 1700 für den 11., von 1700—1800 für den 12., im 19. Fakt. 
für den 13. Tag des Jahre u. f. w., worauf man dann bis zum Neujahrstage zo 
ruͤckzurechnen hat. Weit bequemer iſt es daher für den Anfang eines Jahrh. ri 


Gplinder Gpniler 955 


Käfelchen zu verfertigen, 3.8. für 1801, das mit einem Donnerflage angefangen 
bat, und die Zahl der von da an bie zum gegebenen hin verfloffenen Jahre durch 28 
pe bividicen und mit dem gebliebenen Reſte den Wochentag fuͤr ben 1. Tag des 
Jahrs im Täfelchen aufzufuchen. Übrigens ift zur Beflimmung der Zefte noch 
ein zweiter Cyklus nöthig, mit deſſen Hülfe das Ofterfeft, wonach ſich alle beweg⸗ 
liche Feſte richten, berechnet werben muß. Bekanntlich hängt Oſtern von dem 
erſten Vollmonde ab, der nad) dem Fruͤhlingsaͤquinoctium einfällt. (S. Calen⸗ 
ber.) Der Mondcyklus nun ift eine Zeit von 19 J., nad) welcher die Neumonbe 
wieder auf denfelben Monatstag fallen. Am 2. Fan. 1813 3.8. war Neumond, 
86 wird derfelbe alfo 1832 wieder auf den 2. Jan. fallen. Da die Zeit von einem 
Nenmond bis zum andern, oder der mittlere Mondsmonat, wie die Aftronomie 
lehhrt, ungefähr 29% Tag lang ift, fo kann man fich leicht eine Tafel der Neumonbde 
für die Perioden von 19 3. entwerfen; man muß nur babel beachten, baß biefer 
Mondscyklus alle Mal mit einem Jahre anfängt, deffen erfler Neumond am 1. 
San. eintritt, und daß diefes 1%. vor Chr. der Fall war. Dividirt man bie um 
2 vermehrte Jahreszahl durch 19, fo wird mithin der Reſt anzeigen, das wievlelfte 
Jahr in der Mondperiode das gegebene ift. Diefe Zahl wird die goldene Zahl 
genannt. (S. Calender und Epakten.) Außer diefen beiden Cyklen, welche 
gar Berechnung des Calenders unentbehrlich find, gibt es noch einige andre, mehr 
unter dem Namen von Perioden bekannte. (Vgl. die bei dem Art. Calender 
angeführte Literatur.) L. 

Cylinder (Matze) heißt ein geometrifcher Körper, welcher von zwei parals 
sten Kreisflaͤchen (Grunds und Oberfläche) und einer von ihnen begrenzten krum⸗ 
men Fläche (Seitenfläche) eingefchloffen if. Man unterſcheidet fenkrechte und 
ſchiefe Cylinder; im erſten Falle muß die Are, d. h. die gerade Linie, die man ſich 
polſchen dem Mittelpunkte der Grund > und obern Fläche dent, eine ſenkrechte fein, 
isn leßtern Falle muß die Are gegen die Grundfläche einen Winkel bilden. Der 
Börperliche Inhalt eines Cylinders ift gleich dem Producte aus feiner Höhe in die 
Brunbflähe. Bekanntlich fand Archimedes, daß der koͤrperliche Inhalt einer in 
einem gleichfritigen Cylinder befchriebenen Kugel, d. h. einer Kugel, deren Durch⸗ 
meſſer der Höhe oder dem Durchmeffer der Grundfläche des Cylinders gleich iſt, 
zwei Drittel von dem Inhalte des Cylinders felbft ausmache. 

Eymbel, Eymbal, bei den Alten ein Inſtrument von Erz, zwei hoh⸗ 
ten Becken ähnlich, welche, zufammengefchlagen, einen hellen Ton von fich gaben. 
Die meffingenen Becken, deren man fich heutzutage bei der fogenannten Janit⸗ 
ſcharenmuſik bedient, fcheinen daher entfprungen zu fein. Die Erfindung will man 
auf den Dienft der Cybele zuruͤckfuͤhren. Die Neuern nennen Cymbel ein Gloͤck⸗ 
den von Silber, das befonders häufig in alten Orgeln angebracht iit; auch den 
Klingelbeutel. 

Cyniker, eine philoſophiſche Secte, welche Antifthenes, ein Schüler des 
Gofrates, in dem Kynofarges zu Athen um 380 vor Chr. fliftete. Der Charak⸗ 
ter Diefer Philoſophie blieb der Sokratiſchen am meiften treu, befonders barin, daß 
fie die praktiſche Moral zum vornehmften oder vielmehr einzigen Gegenſtand machte 
und alle Speculationen verachtete. Sie fegten die Zugend in das Entbehren und 
im die Unabhängigkeit von dem Außern, wodurch man Gott ähnlidy werde. Diefe 
Binfachheit des Lebens Abertrieben die Cyniker fo, daß fie fogar in Schmug und Ber: 
nachläffigung alles Anftandes ausartete. Man wollte der Natur gemäß leben, 
und wirdigte ſich dadurch zum Wilden, ja zum Thiere herab. Es war daher fein 
Wunder, daß die Cyniker bald der Gegenftand allgemeiner Verachtung wurden. 
Die berühmteften ihrer Mitglieder waren, außer ihrem Stifter, Diogenes von 
Binope, Krates von Theben, nebſt feiner Frau Hipparchia, und Menippus, welcher 
zugleich der lehte war; denn nad ihm bildete fich aus diefer Philofophie bie 


956 Cynoſura Cyprian 


wuͤrdigere ftoifhe. Das Wort Cyniemus wird noch jetzt gebraucht, wenn ma 
die Verachtung und Vernachlaͤſſigung alles Außern bezeichnen will. 

Cynofura, Nymphe vom Berge Ida, welche ben Jupiter erzogen bat 
und nachher in das Geſtirn des kleinen Bären verfebt wurde. Nach diefem Sıem 
richteten fich die Phöntcier bei ihren Schifffahrten ; ızoch jegt iſt Cynoſur, im un 
gentlihen Sinn, gleichbedeutend mit Leitſtern, Megweifer, Richifchnur. 

Cynthius, Beiname bes Apollo, vom Berge Conthus auf ber Jaf 
Delos, an deſſen Fuße ihm ein Tempel erbaut war; aud Diana, feine Schweſin 
führt den Namen Cynthia von diefem Berge, weil fie hier geboren fein fol. 

Cypern, Infel im mittelländifchen Meere, zwifchen Kleinaſien und & 
rien, im Alterthume berühmt wegen ihrer ungemeinen Fruchtbarkeit ımd men 
ihres weichen Klima (343 IM., mit 120,000 Einw., darunter 40,000 Griechen 
Cypern ift das Vaterland des Blumenkohls. Wein, Ol, Honig, Wollk ıc. mare 
die vorzüglichfien Erzeugniſſe und find es noch; merkwürdige Orte ımd Bay 
z. B. Paphos, Amathufie, Salamis, der Olymp mit einem reichen Venustenpe 
zeichneten das Land aus. Venus wurde bier vorzüglich verehrt, denn, der Gag 
zufolge, war ed un Cyperns teigendem Ufer, wo fie aus dem Schaume des Dim 
hervorging. Die ditefte Gefchichte der Inſel verliert fich in das Dunkel der Ber 
zeit. Als Amaſis fie (550 v. Chr.) der aͤgyptiſchen Herrfchaft unterwarf, bare 
ionifche und phoͤniciſche Coloniften mehre kleine Königreiche daſelbſt; fir birb be 
Agnpten, bis 58 vor Chr. die Römer fie anfihriffen. Nach der Ting Ind 
römifchen Kaiſerthums blieb fie dem Öftlihen Reihe unterworfen und nur wa 
eignen Statihultern aus Laiferl. Geblüte regiert, von benen fidy Komnennd un 
abhängig machte, deifen Haus auf dem Throne blich, bis Michard von Enziuc 
die Familie Luſignan mit der Krone belehnte (1191), Nach dem Auskiren ke 
männlichen Linie der Lufignand kam Jakob, ein natürlicher Sproͤßling derſelbe 
zur Regierung. Cr hatte eine Venetianerin, Katharina Cornaro, zur Gero, 
und da er fie Einderlcs hinterließ, benusten die Venetianer dieſen Umftand, Eryn 
anfichzureißen (1473). Sie blieben im ungeftörten Beſitze bis 1571, wo As 
rat III., tro& der tapferfien Gegenwehr des Marco Antonio Bragadim, ir 
elf Monate Famaguſta vertheidigte, die Inſel eroberte und mit dem tuͤrkiſhe 
Neiche vereinigte. Die Haupıftade Nikofia ift der Sig des turkifchen Befchlide 
ber, eines griech. Erzbiſchofs und eines armenifhen Biſchofs. Die cypriſen 
Meine find roch, wenn fie aus der Preffe Eommen, nah 5—6 J. aber wert 
fie biäffer; nur eine Sorte, der Muscateller, hat in ben erften Fahren eine weh 
Sarbe, wird je Alter, je xöther und nad Jahren did, wie Syrup. Sein Ok 
ſchmack ift aͤußerſt ſuͤß. Sie find nicht zu jeder Jahreszeit gleich ſchmachaft; de 
Srühling und Sommer find ihnen am vortheilbafteften, große Kälte ſchadet ihue 
und nimmt ihnen Geſchmack und Geruch. Sie werben anfangs in verpict 
Schläuche gefüllt, daher fie einen ftarfen Pechgerud) haben, den fie nur nach Job 
ren verlieren. Rah dem feften Lande kommen fie in Gebinden, müffen aber nd 
einiger Zeit auf Flaſchen abgejogen werden, wenn fie ſich halten follen. Derbrf 
ft der Commanteria. 

Cypreſſe. Die Dichter haben biefem Baume den Charakter ſtiller Traun 
beigelrgt und laſſen ihm oft die Gräber befhatten. Seine immer grüne Zarhe fl 
ihnen das Bild der Ewigkeit. 

Cyprian der Heilige, geb. 200 nah Chr. zu Carthago, ſtanmmte a 
einer angejebrnen Samilie und war Lehrer der Beredtſamkeit daſelbſt. 246 befeht 
er fih zum Chriftinthum, vertheilte [ein Vermoͤgen unter bie Armen und lebte dr 
Berft enthaltſam. Die Gemeinde in Carthago wählte ihn zum Presbyter un) MI 
zum Biſchof. Er wurde das Licht dee Geiftlichkeit und der Troͤſter des Vo. 
Zwar floh er waͤhrend der Verfolgung ter Chriften unter dens Kaiſer Deciut, m 


CEypris Cyrilliſche Buchſtaben o67 


ihnte aber ſeine Kirche ſtets beim Glauben am Chriſtenthum zu beharren. 21 
ieſ er eine Kirchenverſammlung zu Carthago, um bie Buͤßungen Derer zu beſtim⸗ 
m, welche während der Verfolgung abtruͤnnig geworden, jedoch zum chriſtlichen 
lauben reuig zurüdtehren wollten. Als 257 wieder eine Chriſtenverfolgung aus⸗ 
ich, wurde er nach Curuba, 12 Stunden von Carthago, verbannt. Am 14. Sept. . 
8 warb er zu Sarthago enthauptet, weil er wider den Befehl der heibnifchen 
brigeit in Carthagos Gärten das Evangelium gepretigt katte. Ractanz nennt 
ı den erſten beredten chriftlichen Schriftſteller. Doch hat feine Schreibart etwas 
n der Härte feines Lehrers Tertullian. Wir haben von ihm eine Erklärung des 
ter Unfer und 81 Briefe, die viel Aufklärung über bie Geſchichte der Kirche zu 
ner Zeit geben. Baluzius gab f. Werke (Paris 1726, Fol.) vollftändig heraus, 

Cypris, Eypria, Beiname der Venus von der Inſel Cypern, wo ihr 
ker Zempelmwar. — Cypripor, Beiname des Amor oder Cupido. 

Cyr (Saint⸗), Dorf im Depart. der Seine und Dife, Canton Verſallles, 
malige Abtei, berühmt durch die Erziehungsanftalt, welche Ludwig XIV. auf 
wanftaltung ber Maintenon 1686 dafelbft gründete. 250 adelige Fraͤulein 
wden bier bis zu Ihrem 20. J. unentgeltlich erzogen und unterrichtet. Dies 
iſchaͤft war 40 geiftlichen Kehrerinnen anvertraut, und ebenfo viele Laien⸗ 
weiten waren zur Bedienung beflimmt. Das große Gebäude iſt ein Werk 
anfard’s. Die Maintenon fchenkte diefer Anftalt ihre ganze Aufmerkfamteit ; 
# dem Tode bes Königs lebte fie in Saint-Cyr und ift auch dort begraben. Auch 
8 Inſtitut erlag der revolutionairen Zerftörung, nachdem «8 im Convente als eine 
hule des Royalismus und der Ariftokratie dargeflellt worden war. Napoleon 
te in Saint⸗Cyr eine Militairſchule an, die feinen Sturz überdauerte und 300 
glinge flr alle Waffen, ausgenommen Artillerie und Geniewefen, bildet. 

Cyrenaiker, die Anhänger der von Ariftipp (f. d.) aus Cyrene ges 
Reten philofophifchen Secte, welche, nachdem fie ungefähr 100 Jahre ins und 
ßerhalb Griechenland geblüht hatte, durdy Epikur verdrängt wurde. Von Arte 
pp’6 Nachfolgern find, außer feiner Tochter Arete und feinem Enkel Ariftippus 
tetrobidaftuß, die berühmteften: Antipater, Anniceris, Theodorus, Hegeſius, 
sphemerus, Bion, Borpfihenites n. f. w. 

Eyrene (Cyrenaica, ucſpruͤnglich eine phoͤniciſche Golonie), ein mächtiger 
echiſcher Staat in Nordafrika, wett. von Aanpten, mit den Fünfftädten (Pens 
olis), darunter Cyrene, eine Colonie von Sparta; jegt ein großes, noch uners 
ſchtes Feld von Alterthümern. Der Ort, wo Corene Icg, heißt jept Grenne 
r Cayron in der Landſchaft Barca im Tripolitanifhen. Bis ins 5. Jahrh. 
e Eprenalca der Sig ber Gnoſtiker. Die dafigen Alterthümer befchrich der Arzt 
a Cella in feinem nicht gründlichen „Vinggio da Tripoli di Barbarie alle fron- 
ri occidentali dell’ Egitto, fatto nel 1817” (Genua 1819). J. R. Pacho, 
Afrika feit 1819 bereifte, unterfuchte auch Cyrene und erhielt dafür, bei feiner 
ckkehr 1826 in Paris, den geograph. Preis von 3000 Fr. Seine Reifebe: 
eibung follte 1827 erfcheinen. Über die berühmte phönteifche und griech. In⸗ 
ft, die man in ben Ruinen von Cyrene gefunden und nad Malta gebracht hat, 
ven Gefenius (Halle 1825, 4.) und Hamader (Profeffor zu Leiden, daſelbſt 
25, 4.) gefchrieben. 

Cyrillifhe Buchftaben, Charakters, ſlaw. Cfuraliza, eine Schrift 
der flawifchen Sprache, deren es drei giebt: 1) Lateiniſche oder deutfche Buchs 
ben, deren fich Polen, Böhmen und Laufiger bedienen. 2) Cyrilliſche, nad) dem 
finder derfelben, Cyrillus, alfo benannt. Sie find bei den Ruſſen fehr gebräuchs 
. 3) Aus diefen cyrilliſchen Buchflaben entftand, vermuthlich durch ſchoͤnſchrei⸗ 
iſche Kuͤnſtelei, ein befonderes Alphabet, das jegt nur noch in gebrudten Buͤ⸗ 
en, aber nirgends mehr im gemeinen Leben gebräuchlich ift. 


958 Cyrillus 


Cyrillus. Die Kirchengeſchichte nennt drei Heilige d. N. — 1) CEorit 
lus von Jeruſalem, geb. daſelbſt gegen 315, wurde 334 Diakonus und tet 
Jahr darauf Priefter. Mach des heil. Marimus Tode 350 ward er Patriack vor 
Serufalem. Als eifriger Katholik gerieth ex in heftigen Streit mit dem arianifden 
Biſchof von Caͤſarea, Acacius, welcher ihn anklagte, einige koͤſtliche Kirchenſtoff 
verfauft zu haben, was Cyrillus allerdings gethan Hatte, aber zu bem loͤblicher 
Zwecke, die Armen während einer Dungerönoth zu umterflügen. Ein zu Cifom 
von Acacius verfammeltes Concilium fegte Cyrillus 357 ab; aber die Kicheme 
fammlung von Seleucia, 359, ſtellte ihn wieder her und vertrieb feinen Werfolge, 
Acacius's Raͤnken gelang es, ihn im folgenden J. abermals feiner Würde zu brras 
ben, und nachdem ber Kaiſer Konftantius ihn bei feinem Meglerungsantritte zurkd 
berufen hatte, verlor er fie zum dritten Male durch ben Kaiſer Walens, nad Ifim 
Tode erft er nach Serufalem zuruͤckkehrte. Das Concilium von Konftantinpd, 
381, beftätigteihn. Er ſtarb 336. Wir haben von ihm 23 Katecheſen in einen 
einfachen und deutlichen Style, die als der aͤlteſte und beſte Abriß der chriſtüchen 
Religion angefehen werden (Paris 1720, Fol). 2) Cyrillus von Alesa 
deien wurde bei feinem Oheim Zheophilus, Patriarchen von Aleranbrien, m 
gem, verlebte 5 I. in den Klöftern von Nitria, wo der Abt Serapion ikaunte: 
richtete, trat dann in Alerandrien auf, wo er durch die Anmuth feiner Geftalt ud 
feines Vortrags fich fo viel Anhänger erwarb, daß ihm nach feines Ohrims Lohr 
412 die Patriarchenwuͤrde zu Theil ward. Voll Eifer und Herrfchiugt, begrieu 
ex fich nicht mit dem geiftlichen Anfehen, ſondern übte auch Die weltliche Demut u. 
Um die Juden, durch welche in einem Volksaufruhr Chriſtenblut gefloffe wer, A 
beftrafen, uͤberfiel ex fie an der Spige des Pöbels, zerftörte ihre Häufer und ihen 
Hausrath und trieb fie aus der Stadt. Der Praͤfect von Agnpten, melde Ihe 
eine fo geſetzloſe Gewaltthaͤtigkeit, bie am mwenigften einem Bifchofe anfland, Kay 
erhob, warb bald darauf felbft auf bee Straße von 500 wuͤthenden Moͤnchm ange 
fallen. Cyrillus ließ den Leichnam eines ber Möndye, der fidy am ſchwerſten we 
gangen und dafuͤr zu Tode gegeißelt worden war, in feierlicher Proceffion in te 
Dom bringen, gab ihm ben Namen Thaumaſius und pries ihn als einm Mn 
rer und Heiligen. Die Ermordung der Hppatia, der gelehrten Tochter des Be 
thematitere Theon, welche durch ben Beifall, den Ihr Unterricht in der Geomaır 
und Philofophie fand, des Cyrillus Eiferfucht erregt hatte, wurde durch ihn une 
fliftet._ Auf dem berüchtigten Goncilium 403 hatte er mit feinem Oheim zur Br 
urtheilung des heil. Johannes Chryſoſtomus hingewirkt, und erſt nach einem hat 
nädigen Widerftande unterwarf er ſich in Hinficht dieſes Prälaten dem Decrete It 
kathol. Kirche. Noch heftiger waren feine Streitigkeiten mit Johannes Nachfel⸗ 
ger, Neflorius, ber die menſchliche Natur Chriſti von der göttlichen Jeſu unter 
ſchied, und Maria wol als die Mutter Chrifti anerkannte, ihr aber den Rauu 
einer Mutter Gottes verfagte. Cyrillus ſprach laut und heftig gegen diefe Jrthk 
mer, und machte den Papft Coͤleſtin zum Richter, der fie verurtbeilte. Cr entwerf 
12 Anathemata, melde nach ber Meinung ber Theologen felbft nicht von ar 
Keperei frei find, umd foderte Neftorius gerichtlich auf, fie anzunehmen. Aufdes 
Concilium zu Ephefus follte diefer Streit beendigt werben. Beide Theile erfhe 
nen mit einem großen Gefolge von Anhängern und Dienern, zwiſchen denen np 
mancherlei Streitigkeiten am. Cyrillus eröffnete das Concilium noch vor Zefa FF 
des Patriarchen von Antlochien, und obgleich Neftorius fich weigerte, Ride, De F 
feine Feinde waren, anzuerkennen; obgleich 68 Biſchoͤfe auf feiner Geite mem F: 
und eine Magiftcatsperfon im Namen bes Kaiſers einen Auffchub von vie Tage 
foderte:: fo wurde dennoch Neftorius an Einem Tage verurtheilt, abgefeht und fir 
einen neuen Judas erklärt. Cyrillus wurbe befchuldigt, daß er, um feine Abſic f 
zu erreichen, die Urkunden und Unterfchriften der Bifchöfe verfätfche habe. BR |ir 












Cyrus 959 


f kam der Patriarch von Antiochien an und hielt eine Synode von 50 Biſchoͤ⸗ 
Jie mit gleicher lübereilung Cyrillus verurtheilten, ihn der Kegerei beſchuldigten 
für ein zum Verderben der Kirche geborenes Ungeheuer erklärten. Beide 
ien griffen zu den Waffen, die Strafen der Stadt und felbft der Dom wur⸗ 
n Schauplag ber Wuth und mit Blut befledt. Der Kaifer Theodoſius fandte 
pen nad) Ephefus, um dieſes Concilium der kaͤmpfenden Kirchenväter zu trens 
Über diefe Mafregel änderte nur den Schauplag des Kriege, der zroifchen 
nn von Antiochien und Cyrillus noch 3 Jahr fortwährte. Bald darauf 
» Meftorius, der nicht gemäßigter als Cyrillus war, einen Befehl vom Kais 
8, wodurch berfelbe wieder nach Epheſus zu einer Synode befchieben wurde. 
: Theile erfchienen mit bewaffnetem Gefolge; Cyrillus wurde gemißhanbelt 
ogar eingeßerkert, entlam aber feinen Wächtern und floh nad) Alerandrien. 
dort aus bewirkte er durch Beftechung einen Aufftand in Konftantinopel, der 
schtfamen Kaifer in Schreden feste. Dan unterhandelte, Cyrillus wurde 
ven, fein Anathema zu mildern und wider Willen eine zwiefache Natur in 
us anzuerkennen. Da Neftorius aber nicht von feiner Meinung abgeben 
, fo mußte er feinem Amte entfagen und ſich zunddyft in ein Klofter zuruͤck⸗ 
„ Später wurbe er nad) Thebais verwiefen; er ftarb 339 oder 340. Cyrillus 
te fein unruhiges Leben 344. Seine Meinung behielt im Morgen: unb 
Hande die Oberhand, und die Kirche verfegte ihn unter die Heiligen. Die 
Kusgabe feiner Werke, deren Styl weder Klarheit noch Genauigkeit Hat, iſt 
‚638 in Fol. 3) Der heil. Cyrillus, aus Theſſalonich gebärtig, 
eigentlich Konftantin und erwarb ſich zu Konflantinopel, wo er ftudirte, den 
imen des Philofophen. Aufdes heil. Sgnatius Empfehlung fendete ihn ber 
» Michael II. zu den Chazaren, einem hunniſchen Völkerftamme. Cr bes 
den Khan, auf deffen Vorgang die ganze Nation ſich taufen lief. Dann 
te er zugleich mit Methodicus den Bulgaren das Evangelium und taufte 
König Bojaris 860. Gleichen Erfolg hatten fie in Mähren und Böhmen; 
[päter gingen fie nad) Rom, wo fie flarben. Nach Dobrowsky (f. deſſen 
ft: „Cyrill und Methodicus, der Stamen Apoftel”, Prag 1824) farb Cyrill 
Nah Kap. Richter (f. defien Schrift: „Cyrill und Method, der Slawen 
et und Maͤhrens Schugheilige”, Olmuͤtz 1825) ftarb C. 871 oder 872. 
Apoſtel wurden für Heilige erklärt. Die Sriechen und Ruffen feiern das 
es heil. Cyrillus den 1%. Febr. Er erfand die nah ihm benannten Cyril⸗ 
en Buchftaben (f. d.) und ift wahrfcheinlich der Verfaſſer der „Apologen”, 
nen Namen tragen. 
Eyrus, Sohn des Kambyſes, eines vornehmen Perfers, und der Man» 
Zochter des mebifchen Könige Aftyages, gruͤndete die perſiſche Monarchie. 
Affprien.) Als feine Mutter mit ihm ſchwanger ging, legten die Traum» 
: des Aſtyages einen feiner Träume dahin aus, daß der zukünftige Enkel ihn 
:onen werde, worauf derfelbe Befehl gab, ihn fogleich nach der Geburt umzu⸗ 
m. Er wurde zu dem Ende einem Hirten übergeben, der ihn aber aus Mit» 
uferzog und Cyrus nannte. Sein kühner Muth verrieth ihn dem Könige. 
ıtte in einem Spiele mit andern vornehmen Knaben, in welchem er zum Ober» 
e gerwählt worben war, den Schn eines der erfien Männer des Reiche fchlas 
fen. Der Vater beklagte fid) bei Aftnage®, welcher den jungen Cyrus zur 
feste. Diefer berief ſich aber auf fein Recht und antwortete fo dreift und klug, 
er König weiter nachforfchte und endlich die Wahrheit erfuhr. Bon den Ma- 
beruhigt, ſchickte er den Cyrus freundlich) zu feinen Ältern nach Perfien. Allein 
verfammelte E. ein mächtige Heer von Perfern und uͤberwand feinen Groß⸗ 
560 vor Chr. Gleiches Schickſal hatte der reiche und mächtige König der 
, Kroͤſus, und Babylon König, Nabenid. Auch unterwarf er Phoͤnicien und 


960 Gythera Czartoryski | 
Palaͤſtina, wohin er bie Juden aus ber babplonifchen Gefangenſchaft zurädtie | 
ließ. Während num Vorder» und Mittelaflen vom Hellefpont an bit San |: 
unter feinem Scepter ftand, begann er einen ungerechten Krieg gegen bie Ref |. 
ten, ein fenthifches Volk, norböftlich von Bafpifchen Deere, jenſeits bes Im, |x 
damals von der Königin Tomyris beherrfcht. In der erſten Schlacht feste ntuch Ih 
gift, in der zweiten aber erlitt er eine vollſtaͤndige Niederlage und kam fahk (529 
v. Chr., nach einer 29jähr. Megierung) ums Leben. Ihm folgte fein Seha kam a 
byſes. Die Erzählungen Reno phon's (f. d.) in der „Eyropädie” (Rrbenäbefärb 
bung und Charakteriſtik des Cyrus), daß er am Dofe des Aftyages einz trefüihe 
Erziehung erhalten, das Reich deſſelben ererbt und als wahrer Philoſeph my |: 
habe, find romanhaft und verdienen keinen Glauben, ba Zenophon's Abit we, 
ohne Rüdficht auf Hiftorifche Wahrheit, in dem Cyrus das Muſter eine Ryan 
darzuftellen und auf diefe Weife feinen Landséleuten bie Vorzuͤge der Monarchie a 
ſchaulich zu machen, ober es liegen dabei verfchiebene Sagen, vielricht von pad 
verſchiedenen Syrus, zum Grunde. Ein andrer Cyrus mar der jkngk: Cche 
bes Darius Nothus oder Ochus, der faft 150 3. nad) jemem lebte. Er em 
ſchon in feinem 16. J. die oberfte Gewalt über alle Provinzen Kleinaſient Gem 
Herrſchſucht entwidelte fich früh, und als nad, des Vaters Tode fein äten Bew 
der, Artarerres Mnemon, ben Thron beftieg, fliftete ex eine Verfhuiuggge | 
ihn, bie jedoch entdedt wurde. Statt das Todesurtheil an ihm vollziehen za fin, 
begnadigte ihn fein Bruder und machte ihn zum Statthalter von Kiruefe {ir 
verfammelte Cyrus ein zahlreiches Heer, zu dem noch, ohne ben Zud winter 
nehmung zu kennen, 13,000 Mann griechifcher Huͤlfsvoͤlker fliegen, um Ita 
re& zu befriegem und vom Throne zu flogen. Diefer, von feinen Abfiäten up 
richtet, zog ihm mit einem überlegenen Deere entgegen. In den Chem fa 
in der Provinz Babylon, trafen beide Heere auf einander. Nach einz tan 
Gegenwehr, befonders von Seiten ber Griechen, wurde Cyrus gefchlagen un w 
Artaxerxes felbft getöbtet. | 
Eythera, jest Cerigo, mit 8000 Einw., eine der 7 konifchen Jela 
5 Stunden von der füblichften Küfte Lakoniens, vorzüglich beruͤhmt wege Wi 
Dienftes der Venus Urania, deren vornehmfter Tempel in der Hauptſtadt Eydet 
ftand und der aͤlteſte von allen Tempeln der Venus in Griechenland mar. A 
alte Cythera iſt jetzt verödet und zeige nur noch einzelne Muinen. An Ihren 
entflieg Venus dem Meere und nahm Befitz von ber Erde (d. b. bier fuͤheten 
niciſche Seefahrer zuerſt den Dienſt der Venus in Griecheniand ein). Die IM 
ift felfig und unfrudhtbar. Venus hatte von diefer den Namen Cytherea. 
Czartoryski (Adam, Fürft), geb. 1731, aus dem alten Gefclehte de 
Jagellonen, Staroft von Podolien, ehemat. General von Pobolien, nachher teil 
öftreich. Feldmarſchall. So deutlich ihn feine hohe Geburt, fein unemiälk 
Reichthum, fein ausgezeichneter Verftand und feine außgebreiteten Kenntrit R 
einem bedeutenden Einfluffe in den ftürmifchen Ereigniffen feines Vaterlandet bo 
rufen zu haben ſchienen, fo hielt ihn bod) das Geſchick, das oft mit den Gaben im 
Natur und des Gluͤcks fpielt, immer in untergeordneten Werhätmiffen. Rab 
Augufts III. Tode war er unter den Mitbewerbern um Polens Thron, zb W 
Stimme feiner Landsleute hätte ihn vielfeicht darauf. erhoben; aber Stun 
Poniatowski erhielt bie polnifche Krone von Katharina II. ; ſeitdem befand fi W 
Gzartorysli'fche Familie, nebft ihrem Anhange, im Mißverſtaͤndniſſe mit dem nes 
Könige. Obſchon der Fuͤrſt Cz. nach der erften Thellung Polens, wegen fin 
Befigungen in Galizien, in öftreich. Dienfte getreten twar, fo wendete er dod a 
dem Landtage von 1789 und 1791 Altes an, bie Unabhängigkeit einer baunhaftt 
. Regierung in Polen bewerkfteligen zu helfen. Er war während dieſes Zeipunil 
außerord. polnifcher Gefandter in Dresden, um ben Kurfürften von Sadılm P 

















Czenſtochau Czerny 961 


E der Krone Polens zu bewegen; von hier begab er ſich nach Wien und 
a die Vermittelung und den Schug des Kaiſers gegen die Abfichten Ruß: 
- Da feine Bemühungen fruchtlos geblieben und ber König Stanislaus 
"deration von Targowiza beigetreten war, zog ſich der Kürft Cz. auf feine 
wurd nach Wien zuruͤck, wo er während der Unruhen von 1794 lebte, ohne 
„baren Antheil daran zu nehmen. Bei dem unglädlichen Ausgange ders 
ar er genöthigt, feine beiden Söhne an Katharina II. zu ſchicken. Seitdem 
ber Großfürft Alerander, nachheriger Kaifer, den jungen Adam G;. (geb. 
Klteften Sohn des vorhergehenden, befonders lieb. Paul I. hielt ihn in einer 
Bannung als Gefandten am farbinifchen Hof; Aleranber, treu feiner fruͤ⸗ 
eigung, eilte, ihn nady feiner Thronbefteigung zuruͤckzuberufen, und ers 
hn bald darauf zum Minifter der ausmärtigen Angelegenheiten. Er beglei> 
Kaifer auf feinen Reifen in Deutfchland 1805. In demſelben I. hatte ber 
‚on Öftreich feinen Vater zum Felbmarſchall ernannt. Am 11. Apritd. J. 
mit England ein Buͤndniß abgefchloffen, dem fpäter auch ſtreich beitrat, 
Jen man auch Balern ziehen wollte. Um diefen Hof noch enger zu verbin- 
lte eine ruſſiſche Großfuͤrſtin mit dem Rurprinzen von Baiern vermaͤhlt wer⸗ 
Wein der Einfall ber Öftreicher zerſtoͤrte die Unterhandlungen und bie 
ten bei Ulm und Aufterlig gaben dem Kriege einen ungiädlichen Ausgang. 
B5., der fürchtete, daß man biefen Ausgang ber Dinge ihm zur Laft legen 
309 fich vom Minifterium zurid. Im Feldzuge von 1807 begleitete er 
fer, ohne an den Staatsgefchäften unmittelbar Theil zu nehmen. In den 
Seldzügen war er ebenfalls um den Kaifer und für fein Vaterland thätig. 
sar der alte Fürft Cz. der Erſte gewefen, der in der Eigenfchaft eines Mars 
es polnifchen Reichstags die Conföderationsacte unterzeichnet hatte. Als 
s Songreffe zu Wien das Schickſal Polens entſchieden werden follte, ging 
ft an der Spige einer Geſandtſchaft nach Wien und legte dem ruffifchen 
bie Grundzüge zur Conftitution vor, Der Kaifer zeichnete den würbigen 
; hier und nachher bei feiner Reife durch Polen huldvoll aus und ernannte 
a Senator Palatinıs. Seine Gemahlin ift ebenfo berühmt durch ihren 
zamus als durch ihre Schönheit und ihren poetifchen Geift, welchen fie in 
reſpondenz mit Delille glänzend entfaltete. Ihre Tochter hatte ſich mit dem 
des Koͤnigs von Wuͤrtemberg, Herzog Ludwig, vermaͤhlt, ſich wieder von 
rennt und lebt nun zu Neapel dem Anſchauen der Kuͤnſte und den Studien. 
rerſchien zu Warſchau ein trefflicher polniſche Roman: „Malvina”. | 
zenſtochau (Czenſtochowka), ein befeftigtes Klofter vom Orden d. heil. 
es Eremiten, in Polen (Woiwodſchaft Kaliſch), nahe an der Warta und 
efifchen Grenze. Die Mönche hielten in der mit Geſchuͤt wohl verfehenen 
j eine eigne Befagung und wählten den Commandanten aus ihrer Mitte. 
u Reichötage von 1765 wurde jedoch befchloffen, diefe Stelle durch einen 
hen zu beſetzen. Zu dem wunderthaͤtigen Marienbilde in der Kirche des Klo⸗ 
ſchehen haͤufige Wallfahrten. Am Fuße des Berges liegt Neu⸗Czenſtochau 
00, und eine Stunde davon Alt⸗Czenſtochau mit 1700 Einw. In dem 
Briege war Cz. von den Franzoſen befegt, welche fi) in den erſten Monaten 
a die Ruffen ergeben mußten. 
'zerny (Georg), f. Servien. 





Ser. Siebente Aufl. Sb. U. 61 


Brandes (Ernſt) 


964 Verzeichniß ber in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 


Seite 
. 158 
Brandgefhoß . . 

Brandkugel, ſ. Brand⸗ 


geſchoß u. Carcaſſe 169 


Brandſilber 
Brandt (Sebaftian) — 
Brandt (Graf), ſ. 


DBreeda . 


Geite 
Bredow Gabr. Gott 


fried) . 185 
Bree (Mathieu van 
— Philipp Jakob 


m)... 
Breguet (Abr. Louis) — 


Strumfe . . 160 Beeitgau . . . 186 
Brandung . — Breislak (Scipio) — 
Brandwache . Breislak's Syſtem ber 
Branntwein, Brannt · Geologie . 188 

weinwage . — Breite (geogtaph.) 190 
Brantöme (Pierre de Breitinger (Johann 
.  KBburbeilles, Herr Salto) -. -. . 191 

der Abtei von) . 161 Breittopf (Joh. Gott 
Beafiin . . . ob Immanud) — 
Bratfche .. 170 Bm . —8 
Brauen —  Beennbare Luft, f 
Bm . . — Sasarten . . 194 
Draunkhrveig: Wol⸗ Brenner — 

enbuͤ — Brennglas.. — 
Braunfchmeig (Stade) Brennfilber . 195 
472 Brennfpiegl . . — 

—— (M. & Brennfloff . . . 196 
Leopold, Prinzv.) 173 Brennus — 
Braunſchwaig (Eudw. Brentano (Siemens) 197 

Ernſt, Herzogv.) 174 Breſche, Breſchebat⸗ 
Braunſchweig (Fer⸗ terie..198 

dinand, Herzog v) — Brescia — 
Braunſchweig (Karl Breslau 199 

Wilh. Ferdinand, Breslau (Univerfi u — 

Herzog von) . 175 Br . 200 
Braunfchweig (Friedr. Breteuil Eouis Au⸗ 

Wilhelm, Herz.v.) 177 gufte Le Zonnelier, 
Braunſchweig. Land: Baron von) — 

finde . . . 179 Bretſchneider (Hein⸗ 
Braumer (Adrian) 180 ih Gottfried v) — 


Bravo . 
DBravourarie, 


. . 4181 
Bra⸗ 
vourvariationen 
Brawe (Joach. Wil⸗ 
beim von) . . 
Bray (Krancois Gas 
briel, Safe) . 
Breccie, f. Sandflein 183 

Brecher . 

Brechung ber Lit 
ftrahlen . — 

Brechungewinkel, ſ. 
Brechung der Licht⸗ 
frabin . . . 184 


Bregner (Chriſtoph 
Stiediih) . . 203 
Breughel (Petr — 
Peter d. J. — Sos 
hann — Ambro⸗ 
ſin ius — Abraham 


hann 
cf — Kaspar) 
Beve . . oo. 
Brevier 
Brevis . . 
Brewfler (David). 
Breyhan . . 
Breze (Marquis v. ” 


a 


184 Drlarent, f. Ce 


Bridgeiater-Gam 
Brief 
Brieftaube, Kr 
taubenpoſt 
Brienne (Cardin⸗ 
Lomenie von), 
Lomenie 
Brinne . . 
Brigade, Brigeb 
Brigabegeneral 
Brigantine 
Brigg, Brid . 
Brighella, ſ. Mas 
Brighthelmſtone 


Francois, Bert 


jerzeichniß der in biefeni Bande enthaltenen Artifel. 965 


Seite Seite 

ictor, Her⸗ Brumaite.244 

.. 220 Brun, f.Eebun . — 
“0. — Brun (Iriederike So⸗ 

Pet. van phie Chriftion) — 
nn van — Brunck (KichardgFranz 

van d. J). — Philipp) . . 246 

angEan) 221 Brundiium . . — 
— Brune Guillaume 

Inge) _ Marie Anne) 247 
Brunehild, Brunhil⸗ 

. 2922 be... 248 
aatles de) —  Brunellefe i (Bilippo) _ 
. .223 Brumet (Jacques 
—8* Charles) .249 

— Brunet, ſ. poilr·¶ 
Theater 
.. 1224 Drkninge (Sheiften) — — 
idlung, ſ. Bruͤn . » 250 
HH... Bram und Babe 
(Hay) — ein . . 

(Pierre Bruno der Große . 252 
uguſte) — Bruno der Heilige — 
‚org von) 225 Bruno aus Areizzo — 
John), Bruno (Giordano) 253 
miemus — Briflel . .» . 254 
?arimilian Bruſi, Bruftftüd 255 
Brafv.) 227 Bruftwehr. . . 256 
rowniſten, Brüten der Voͤgel. — 
mbdenten — Brutto. .- 257 
ne) . — Brutus (Rucius I 

228 nius) — 
229 wad Mira dus 
ber, ſ. au) 2.258 
haften 230 Bruyerte (Jean de la) 259 
» Schwer Bruyn (Corneille Le) 260 
ien Geiſtes — Bryant (Yame) . — 
einde . 231 Buache (Jean Nicol.) — 
tm  . 237 Bubna (Graf von) — 
icomte de Bucentaur . . . 261 
de) 2239 Buephalus . . —. 
2.240 Bucerus (Martin) — 

(Sebatd Bud 
)..— Bub (Reopoi von) 262 
int., Graf Dudanın (8 er) — 
2,241 Budard . . . 263 
ebr. Aloy⸗ Buchdruckerkunſt, Bud: 
afvon- - druckerpreſſe, Buch» 
orig, Graf druckerſchwaͤtze · — 

242 Bucher (Anton v.) 267 
Mi eiebr. Bücercenfur . 
drafvon) 243 Vücerformat . 270 


Seite 
Buͤchertataloge - 270 
Büchernahdrud . 271 
Bücherprivilegium 274 
Bücherverbot, ſ. Buͤ⸗ 


Gercenfur 
Buhbalinel, Bud 


ſchuld 
—— Bud 
Händler 275 


. Buchholz Gpaui ger 


binand Frech) 27 
Bühfle. . . _ 
Buchſiten. » 278 
Buchſtaben, ſ. Schuf — 
Buchftabenrechnung , 

ſ. Wgebra . 
Buchftabenreim, ſ. u 

literation . 
But, f-Bal. .» — 
Buchwald (Juliane 

Franziska von). — 
Büdeburg, f. Lippe — 
Budind (Arnold). — 
Budingham (Georg 

Villiers, Herzogv.) — 
Buͤcklet (Johann) 280 
Bucolifhes Gedicht 281 
Buddha 
Bude (Guillaume) 282 
Bubjet - 283 
Buenos: Ayed . — 
BuenRetin . .» — 
Buffon (George Louis 

Reclerc, Grafvon) 284 
Buffone, Buffone⸗ 

dm... 286 
Zufonitm . . » 
Bugenhagen (Ich) — 
Bugge (Thomas) . 287 
Bujulder! . - . 288 
Bularefht . . .- — 
Bularefcht ( Friede zu) — 
Bukowina, f. Galizien 

und Öflih . 280 
Bulen (Ama). . — 
Bulgarien . . . 290 
Bulime . » . 291 
Bull (John), ſ. John 

Bun. — 
Bulle, Bullarin . — 
Bulien . .. — 


966 Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 


Seite 
Bulod:Mufeum . 293 
Bulls . . . 
Bulmer (William) 
Bülow (Heinrich u.) — 
Buͤlow( Friedrich Wil⸗ 
heim, Graf) von 
Dennmis . . 295 
Bülow (Lubwig Frie⸗ 
drich Victor Hans, 
Srofvon) . . 
Bülow (Auguft Frie⸗ 
drich Wilhelmv.) 296 
Bünau (Heinrich, 
Graf von) . . 297 
Bund, f. Teſtament — 
Bund (deutfcher), ſ. 
Deutfchland und 
Deutfcher Bund 
Bunbesfeflungen . 
Bundesſtaat . 299 
Bundſchuh.. — 
Buol⸗ Schauenftein 
(Baron von) . 
Buonaparte, f. Bo⸗ 
naparte . . 
Buonarotti, f. An- 
gelo (Michael). — 
Buquop (Georg Lon⸗ 
gueval, Graf von) — 
Buraͤten300 
Burcjielo(Domenice) — 
Burckhard (Johann 


ig) 301 
Burcdardt (Johann 


Karl) 
Burdfcheit, f. Aacen 302 
Bureau. . 

Bug . "303 
* (Johann To: 


iae) . . 305 
Ban (Gottfried 
Auguft) . . 306 
Bye (Marie — 
ſtine Eliſabeth). 
Buͤrger, ſ. Sing 
fand. . . 
Birgerfione . . 
Bürgerlihe Geſell⸗ 
(haft, f. Staat 
Bürgerfchulen . 
Bürgerftand 


—— 


— 


Seite 
Burofriede .- . . 310 
Burgaraf . . 311 
Burghers, ſ. Seceders — 
Buͤrgſchaft — 
Burgunder, Burgun⸗ 
diſche Reiche, Dur 
gund. . . 
Burgunder Wein . 314 
Burkard Waldißs — 
Burke (Edmond) . 315 


Burleigh, f. Cecil. 317 
Bu . . 
Burma (Bra — 
Petr d. A 
Franz d. J. — Jos 
hann — Peter d. 
J. — Nicolaus 
Laurentius). . 318 
Burmann (Gottlob 
Wilhelm) . . 319 
Burnet (Gilbert) . 
Burney (Charles — 
Franziska d Arb⸗ 


ley) 
Burns Babe) 
Burfa 


Vvarſche .. 
Burfhenfhaft.. . 
Busbeca(Augier Ghis⸗ 
len von) 324 


. 321 
. 322 


. Bhf (FohannGeorg) — 


Buͤſching (Anton Fries 
vi) . . . 325 

Bulhmänne . . 327 

Buſenbaum (dm 
man) . . 


Bile . . . . — 
Buftrophedon . . 328 
uf . — 
Buße Sacrament) 329 
Bußtage . . . 332 
Bute (John Stunt, 
Graf von). — 
Buttler (Samuel) . 334 


Buttmann ze 
Karl) . . 

Buttura (Antonio) 336 

Burhoͤwden (Friedrich 
Wilhelm, Graf 


von)... — 
BvuxxxIxdJokob) 337 


. 320 


Byng (Beonge u 
John 


Byron (ot 
Byron (George Rei 
Gordon, eo). 

Byſſus 

Bpjantiner . .. 

Byʒantiniſche Kun 
—— 1 


chule 
—— 
eller 
Byzantintfd-tilnifd 
Malerſchule,.S 
zantiniſche Kusf 
und Boiſſeree ſch 
Gemaͤldeſamm 
lung.... 
Byzanz. ... 


C. 


E .. 0.0. 
Cabal, Cabale. . 
Sabants (Pierre Jam 
George). . - 
Cabarrus (France, 
Srafvon) . . 
Gabinet. . 
Cabinetsjuſtiz, Ca 
neteinflanz . . 
Cabinetsordre, Cab 
netsminifter, Ca 
binetsfchreiben . 
Cabochon 
Cabotage, Cabotiæ 
Cabotiren 
Cacaobaum, Cacat 
butter . . 
Cachet (Lettres de) 
Caͤcilie 
Cacus . .. 
Cada Moß⸗ ( * 
da) 
Cadenz 
Cadet Vaur au 
toine Alexi) 
Cadiz.. 
Caduceus . .ı 
Caffarelli du Felge 
(Louis Marie Je⸗ 


Verʒeichniß ber in dieſem Bone entpaltenen Artkel 00 


Seite Seite Selte 
nenn Calmariſche Union, f. Camiſarden . . 408 
. 363 Margaretha. . 392 Camoens (Luis de). — 
vn ri ie Calmet (Auguftin). — Canmwagna di Roma 410 
. 364  Galmouds — Gampan (Jeanne 
Daniel) . ._ Glenn (act ie Lonife Henriette) 412 
..— ranber be) — ¶ Tho ⸗ 
* 365 en . 394 .—_ 
— Ole . ...— GCompanin. . . 414 
| Paste) . —  CEalprenede(Bautierde Campbell (Thomas) — 
vo (&raf) . 366 _Goflesbelo) . 395 Campe (Joachim 
(Antoni) . 367 Calpurmius Zieu⸗ Heinrich)445 
.368 Jul). . —  Gampedebolg - 416. 
Bin. Galquken . — Camper (Pete) — 
e.Louisdela)— Calumet ., . . 396 Gampetti, f. Min 
22.370 Galvarienberg » _ Fr . 47 
. 371 Galvart (Dionye) _ 
fe - » . — Galin(Ioham) . — — Be. 
Mi... Calolfins (Seth) . 399 
00.8373 Gamabulenfer. . — — (Feen _ 
a, ſ. Moſaite — Gamamm . . . 400 Golbert ve) . - 
In) . . — Gambaeeres ( Jean ‚Campo Ehiaro (Sm 
va,f. Orden 374 Jacques Regie de) — zogvon). - _ 
m... — Gambai . 401 — - 418 
ne Gambridge . — Campomanes \ 
1 . 375 Cambridge (Abolpyhus Zodrizua/ Graf 
377 Frederik von Eng · en). . — 
Bet) — land, Herzog von) — Gemeint, 
Cambronne Kitter) 
n (Dem en Jacques Erienne, Samen, RE Dia 
arca Henao y Baron) . 402 
0). . .378 Cambpfes _ Sana, ſ. met 
er... 380 Game . 403 und Nordamerita — 
ifeper Canal — Comm .... — anal, Paude Calain, 
ug . . 381 Gämentatim . . — f. Calais 
T 2.....— Camera, Camers- Gande . . . 
2.38 rius, f. Kammer — Samalette (Antonio 
a( CajusGaͤſar Camera clara, Ca- Ganale — Bernans 
uſtus Germas mera lucida, Ca- do Wenotti) . . 421 
ae mera obscura . — Ganatffife Inſein, 
ier 387 Cameralwiſſenſchaf⸗ Canatia, Cana» 
Ss Päpfte) . — tem, Gameraliften 404 rienſect. — 
6 (Georg Cal⸗ Gamerarius (Joa ⸗ Canarienvoͤgel. . 423 
— Friedrich Hml) .. . . 405 Ganafter, f. Tat — 
D] . 388 Gamerarius (Joa Gandelaber . 
"Johann von) 390 him IL.— Johann Gandivat . - am 
ı (Ian Fre Rudolf — Elias Gandie. . . 
von Ber). — Ruderf — Euas Candirte Sachen, 
ee — Nudolf — Ales Eandis . . _ 
ı(Heimeih). 391 ander) . . . 406 u s , Kuna 
Jacques). — Camillus (Bes — 
nm Fa). _ PR: RG 425 





\ Seit 
Ganig ( Friedrich Rus 
dolf Lubwig, Frei⸗ 
benz von) . 426 
Camä . . — 
Canneliren, anne 
lirt, Cannelirung 427 
Cannemann (Elias) — 
Cannibalen, Canni⸗ 
baleninſeln, ſ. Ca⸗ 
raiben und An⸗ 
thropophagen. — 
Ganning (George) . 428 
Gano (Alonzo) . . 429 
Ganopen . 430 
Ganoft . . 431 
Canofa. - - — 
Canova (Antonio, 
Ritter). 
Canſtein (Karl-Hilde: 
brand von) . . 434 
—— . 435 


— f. Fliege 436 
Canto Same . . 
Cantonni⸗ 


Canton, 


m . 
Canut 1. . — 
 Canpne . . . 437 
Ganzonetta . . — 
Cap, Cap der guten 
Hoffnung . 438 
Capacitaͤt 439 
Capellen. 
Capellen (G. 2. J. 
| Baronde) . . 440 
Blanc) . — 


pe j . 442 
ape nger . — 
Capi Aga, 4 
Capigi Bafdıi . 443 
Gapillargefäße . . — 
Gapitain 
Gapitale 
Gapitalgewinn . 
Gapitaliften 
Gapitaltente 
Gapitalfteuer 
Gapitäichen . 
Gapitel, 
ten 


Gapitollum 


— 





— 


. 446 


. 447 
Gapitulas 


—— 
— 


e Seite 
Gapitulation, Capis 


tularien, Capitulis 
ren, Gapitulatios 
nen, Wahlcapitus 
ltton . . . 448 
Capo d’Aftrias (Jos 
hann, Graf von) — 
Gapomniere . . 449 
Gapri, Anacapi’. — 
Gapriccio , Caprice 450 
Gaprification, f. der 
gen... — 
Capua . . — 
— ‚f Fean⸗ 
ciscaner. 
Caput Mortuum. 
Caracalla (Antoninus 
Baſſianus). 
Caracas.. 451 
Caraccioli (Louis An- 
toine de — Mara. 
be — Francisco) 452 
Garacten, Charafırr 
mablen . . - 
Carafa (Michael) . 
Garaibifche Infeln . 
Cain . . — 
Caraman (Victor Ri⸗ 
quet, Graf von — 
François Joſeph — 
Carascoſa Michele, 
Baron) ... 
Caravaggio Mi 
Angelo Amerighi) 454 
Garavaggio, f. Cal⸗ 
dar. . 
Garavanen, Sao 
nenthbe . . . 45 
Garavanferais . 
Garbonati . 
Garbuntel . 
Carcaffe . 
Garbano(Geronimo) — 
Cardinal .. 458 
Cardinaltugenden. — 
Carga, Cargador, 
Cargo, Supercar⸗ 
go, Untercargo, 
Cargaiſon . 459 
Gariati (Prinz) . — 
Garicatur . 


(1 


1 


. 457 


— 


Verzeichniß der in Diefem Bande enthaltenen Artikel. 


S 
Carignan (Karl Ama: 
deus Albert, Prinz 
von Savonen . 4 
Garilion, f. Glocken⸗ 
ffil . . .4 
Cariffimi Giacomo) 
Caritä . . 

Garli (Siovanni Ri⸗ 
naldo, Gtaf). 
Carlin (Carlo Autos 

nio Bertinagii) . 4 
Carlos (Don) . .4 
Coarmagnolie . .4 
Garmed . - . 
Garmer(Fohannheir 

rich Kafimir, Graf 
von) ». - . MH 
N... 4 
Garmontele . - - 
Garmofiren. . - - 
Garmation . - - - 
Camera . . . - 
Garnies, f. Shut - 
Carnot (Bazarı Nice 
las Margueite) - 
Caro (Annibale) . 4 
Carolina, f. Daldır 
richtsordnung - - 
Carolina Maria (Kb 
nigin von Neapel) - 
Caroline Amalie Eli: 
fabeth (Königin v. 
England) - . di 


(Königin von DI 
nemart) . . . 4 
Garonadn - - — 
Carsten . - 
Garpgov (Benedictub 
— Bendid) - - 
Garacci (Lodovico — 
Paolo — Agoftim 
Annibale 


Francesco — A 
tonio) - - 
Carey, f. God save 


th 
Gamer (San Bap⸗ 


tifte) . 
Carro Eiovami dh ir 
Garroufl . . - 


17; 


Berzeichniß der in Diefem Bande enthaltenen Artikel. 969 


Seite 
ens (Asmus Ja⸗ 
).4479 
U... 
fiu6, f. Descar⸗ 
I 2. > 
agena 
ago 
haͤuſer. 


. 482 
NM... 0.483 
‚uche (Louis Dos» 
nique) . 484 
udhe . — 
vright (Edmund) — 
Giovanni della) 485 
rova (Kranz — 
hann). — 
va (Johann 
ob deSeingalt) — 
C(Cajus Ju⸗ 

6) .. 
3 (Bartholomeode 
I ſ. Las Caſas 491 
(Emanuel Aus 

ſt Dieubonne, 
:afvon Las), ſ. 
sc . . — 
ıbon (Iſaac be 
eric) . 

emere (Landund — 
adt)... — 
emirziegen . 493 
satten . . 494 
tie III. — 
0. .....495 
(Michael) . 496 
nber (Georg). — 
8 (Louis Frans 
Ö). . ...497 
ion . . .. — 
tionsgericht — 
i (Giovanni 
ymenico — Jac⸗ 

8 — Cefar 
ançois Gaffini 
Thury — Jac⸗ 

6 Dominique, 
af) » 4499 
dor (Magnus 
relius) . 501 
iLonginus (Ca 
). . 502 


Seite 
Gafltagnetten . . 502 
Caſtaños (Francisco 

ee)... 
Caſtelcicala (Kabricio 
Ruffo, Fürft von) 503 
Cafe (Johann Fried. 


so (Siambattifta) — 
Gaftiglione (Balda⸗ 
far) -. . . 504 
Caftitien, f. Spanim 505 
Caſtlereagh (Korb), f. 
Londonderryy. — 
Gaftrametation . — 
Gaftration, Caſtriren — 
Gaftriota, f. Stans 
babe - -» . 506 
Caſtrum Doloris . — 
Gafuar . . — 
Caſuiſtik ...507 
Ar . 2.2. — 
Caſus . . . 508 
Gatalani (Angelica) — 
Gatalonin . . . 509 
Gatel (Charles Si⸗ 
mon — Louis — 


Franz).. — 

Catilina (Lucius Ser⸗ 
gius).... — 

Catinat (Nicolas). 511 

Cato der Cenſor( Mar⸗ 
cus Porcius). 

Gato von Utica (Mar: 
cus Porcius) . 513 

Gate (Yale) . . 515 

Gattaneo (Bartane) 516 

Cattaro... — 

Catten.. — 

Gattun . . . 517 

Gatullus (Gajus Va⸗ 
lerius) 

Cauchois > Lemaire 
(Louis Auguſtin 
François) . - 518 

Gaudinifche Paͤſſe, f. 
Adi. . -» — 

Gaufaltät . . — 

Cautel, Gautelarju: 
rieprudeng . . 519 

Gauterium, Cauteri⸗ 
firn . 


.  &elte 
Gauton . . . 519 
Gavalcanti (Gnido) — 
Cavalerie, ſ. Reiterei 520 
Cavalier 
Cavalletta.. 
Cavanilles (Antonio 
SIofeph) - - - 
Cavata, Cavatina 524 
Cavendiſh (Henry) — 
Garton (William). 522 
Gapenne, ſ. Guiana — 
Caylus (Anne Claude 
Philippe de Tubie⸗ 
res, de Grimoard, 
de Peſtels, de Levi, 
Stafvon) . — 
Cazotte (Jacques). 523 
Cazwini (Zacharia 
Ben Mohanmed) 524 
Cebes von Theben . 


Cecil (William, Ba: 


ron von Burleigh) 525 
Ceſaonien, Eefalo⸗ 

526 

Ss. — 

Celebes. — 


Gellamare ( Antonio 
Giudice, Herzog 
von Giovenazza, 
Sürft von) . . 527 

Cellarius (Chriſtoph) — 

Cellini (Benvenuto) — 

Celſus (Aurelius Cor⸗ 
neliu) . . 528 

Celtn .- . . — 

Celtes (Konrad) — 

Cement, ſ. Eiſen und 
Caͤmentation . 529 

Genci (Beatrice) — 

Cm . . . .53%0 

Genotapblum, 5 Dee 
mal. . — 

Cenſoren — 

Cenſus — 

Centauren 531 

Centgerichte, Cent⸗ 
graf, Centen, Cente⸗ 
nt... — 

Centiare, Centigram⸗ 
me, Centilitre, Cen⸗ 
time, Centimetre — 


270 Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 


Seite 
531 


——— 
mus — 


Sm ewigen An- 


su 


Gerutti (Giufeppe Ans 
tonio Joachimo) — 

Cervantes Saavedta 
(Miguelde) 

Sehne Merten) 544 


Sim Bra B 15 


Sum B 
Gero (Thomas) . 
Gevallos (Pedro) . 
—— Seven: 


546 

—A— 

Gaban (Francois 
teuls Rene Mou⸗ 
ur, —— 547 

@ahanen (N) . 518 

RT 





Seite 
Chagein, ſ. Schagtin 
Chailtot 


Sale Bin W)f. 


PR En 
fammlung zu) . 
Chatsidon (Mineral) 550 
Chaldda . . . — 

Cpatäifce Cheiften, 
f.Secten, Sprifche 
Chriften und Tho⸗ 
maschtiſten . 551 

Edeltographie / ſ. Rus 
pferftecherfunft . 

Cdalotais (Louisfene 
de Caradeuc be la) — 

Chaloupe . . . 552 

Chamade .. 
Chamiton. . . — 

Shambers (Ephraim) — 
Chambem . . 


. 553 
Chambord . . 
Chanbre ardente 
Chambre introu- 
veble . 554 
Chamfort (Ense 
Roch Nicolas) . 
Chamiffo ball > 
von) . 
Chamouny 
——* Beosin) — 
Champagne (Philip: 
pe) 6557 


. 558 
. 559 


. 556 


pampaäner Weine 
amp d’Aflte 
Champignons . 
Champion . 
Champollim (3. 8. 

6.3. — 23.3 

Champollion = & 

geac) 

San . . 
Chandler isn) — _ 
Chantrey (Franz) . 

Cab . . . 50 
Chapelain (Jean) . 
Shapelte(StaudeCnin: 

nuel Lulllier) . 
Ghappe d’Auteroche 

(Sean) . . . 562 
Chayye (Elaude) . 


ei 

Chaptal (Jean Anti 
Claude, Graf von 

tg) . 562 


36 
Charaktere . . . 
Coast, Ehanah, 


Chardin (Jean) 
Charenton . . . 
Charette de la Coutric, 
ſ. Bender. . . 572 
Charfreitag. . . -— 
Charge d’affaires, 
f. Sefandtem . - 
Charltinnen, f u 
im. ... 
Salon . .. - 
Charlatan . .. — 
Charlemont u. Ger 5,3 
Charlersi . .. — 
Charlestomn . .54 
Charlotte Augufe 
(Prinzeff. —— 
Charlottenburg 
Charon. ..—- 
Chärona . . . — 
Charoſt (Armand Yıf. 
de Berhune,dejs)- 
Charpentier (Johan 
Friedt. Wilh. v.) 57h 
Chatron (Pier) . — 
Charta mag . . — 
Charte . ‚58 
Charte constitutios- 
nelle 39 
Charpbbis . . ” 
CHofiei . 
Ghafteler (Top. Be 
brief, Bann) - 
Chatam (Bid. Pit, 
Sf)... 
Chateaubriand (Fran 
cois Augufte, Bi 
comte de) . . 58 
Chateaurour (Marie 
Anme,Dergoginn.566 
jatelet . . 
Ghatetet (Gabriele 
Emilie de Bretenil, 
Marxaife du) . 587 
Chatillon (Tongref ya 


564 
“5 





Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 971 


Seite 
gleichzeit. Krieges 
eigniffe) . . 587° 
oulle . .593 
terton (Thomas) — 
acer (Geoffrey) 594 
det (Antoine Der 
WW... 0...595 
don (Louis Mai- 

u — Maieul) 596 
Afepie (Jacques 
veorgebe) . . -- 
alien (Guillaume 
mfwede) . . — 
amont (Vertrag v. 
ıffee (Pierre Claus 
Rivelle de 1a) 597 
fen. . 

weau⸗ vagarde 590 
welin ( Francois, 
Rarquis de) . — 
Pr (m de Bonds soo 


Me . 

nie (natrphil.) 604 
unig + 607 
nnig (Martin — 
Tartin d.I.— Phis 
»p Bogielav v.) — 
al. . . 609 
vier (Marie I: 

ph de) ... — 
Mer... 
bug... — 
ion . . .610 
en. .2..2.— 
fonfus . . 611 
WB... 
win... — 
user... . 612 
te... - 
zeifiedd (Philipp 
Jormer Stanhope, 
kafo). . .613 
all)... — 
aller (Jean Bap⸗ 
ke). ..— 
im Antoine eos 
adv. — Helmis 
10) .....614 
brera Gabrich — 
samoni . . 615 


Seite 


Chiari (Pietro). . 615 
Chiaroſcuro, f. Graui in 
Grau und Hell: 
dimtel . . . 616 
CHiffee, Chifftiren. — 
hie . _ 
Chitiaften, Chliias: 
ms... .67 
Chimia . . .619 
CEhimay (Prinzeffinv.) -- 
Chimboraffo, [.Eorbils 
mb. -. - . 620 
China . . . . 62 
Chinarinde. . . 628 
Chinefifhe Sprache, 
Schrift, Literatur 629 
Chio, f. Sch . . 630 
ChHiokt . .. — 


Chiraga . .. — 
Chirographifch . _ 
Chirologe . . . — 
Chiromantie _ 
Chion . .» . . 631 
Chironomie . . 632 


SHiumwge . .. — 

Chiwa, Chlwenjen, f. 
Turlmanenland 633 

Chladni ( Ernſt Flo⸗ 
tens Friedtich· — 


Chlotin . ... 63 
[U — 
Choclade . . ..635 
Choczim J 


Chodowiecki Ganiel 
Nitla) . . — 
Choifeul (Etienne 
Feangois, Herzog v. 
Choiſeul und d' Am⸗ 
boife — Glaube An: 
toine Gabriel, Herz. 
v. Choifeul:Stainz 
vide). . . 636 
Choifeul = Souffic ſiet 
(Marie Gabrielllu 
gufte, Graf von) 638 
Cholöra morbus . — 
Choliamb . . . 639 
Chor, Choragie, Kos 
riphaͤus, Chöre, 
Chorherren, Chor 
biſchof/ Chorgericht — 


Seit⸗ 
Choral . air Pi 
Choregraphie, 
grapbifche Aeidhe 
nungm . . 
Sand, nd PR 
Chorograpfie . _ 
Chan . . . — 
Chifam . . _ 
Chrift(Jofeph Anton) — 


CEhriſt (Io. Eriebe.) 642 
Shriftenthum . . — 
Chriftinl. . . 646 
Chriftian VII... . 648 
Coeitien 3 —2 
Holſtein 
Chriſtiania.. . 650 
Chriſtine inte Yes 
Schweden). . 6541 
Chriftoph der Kaͤm⸗ 
ve... 
Chriſtoph (‚Herzog v. 
Würtemberg) . 654 
Chriſtoph (Sankt) 656 
Chriftoph , ſ. Haiti 
und Heintich _ 
Chriftus, [. Jeſus — 
Chriftusköpfe . — 
Chrom. . . .657 
Chromatiſch — 
Chait. . ».. — 
Chor . . . 659 
Chronodiſtichon, Ehro- — 
nogramm — 
Chronologie _ 
Chronometet . . 660 
Chryſalide, f. Same 


8 

3 
in 
J 


Ehrpfoloras Eman ) 661 
Ehryſopras, f. Chai⸗ 
con . — 
—— — (de 
hannes, &t.). — 
Eur . . 
hund (Cpartes) fer 
Chylus, Chilificatiin — 
Cibber (Golley — 
Theophilu) . — 


972 . Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltehen Artikel. 


Seite Seite S 
Ciborum . . 664 Cioilbautunfi . . 692 Clinton (Den — 
Cicero (Marcus Zul Civilliſte 696 George . 
in) . “+. 668 Cwilrecht . » Give (Robert) . Br 
—— . 669 Clairon (Claire Jos Clodius( Chriſtian Au⸗ 
de . . . 670 ſephe Legris de la guft — Chriſtian 
—2 ELeopoid Tude)...699 Auguſt Heinrich) 
Graf) — Can .. ..700 Gtobwig. . . 
Eid (DonRobr. "Diez, Glare (John) . - Pille Clootz (Baron von) ; 
Graf v. Bivar) 672 Elarence (Wilh. Clos Pierre Ambroiſe 
Cidber.. . 674 eich, Minz v. Frangçois Choderlos 
CEigarro... land, Herzog v.) 702 de la) . 
Gignani (Carlo) — Clarendon (Edward Clotilde de Ballon 
Ciidn. . . Hyde, Srafv.). — Chalys (Margue: 
Ciium . .» » — Glarintte . . . 703 site Eleonore) . 
Cimabue (Giovanni) — Clarke (Gamuel) . 704 Clöture (la) . . 
Cimarofa (Domenico) — Clarke (Eduard Dan.) — Cloud (St) . . 7 
. Cimbem . . . 677 Gtafle . .705 Cub . ... 
Cimpon . . 678 Claſſenſteuer . 706 Clmiacnfe . .7 
Eincnnatus (Lucius Claſſiſch, Claſſike. — Coak, f. Steinlohe - 
. 679 Glaube orrain, f. Ges Coalition, Soaliin - 
Gina (Bucius Eorne⸗ (ee (Claude). . 709 Gobbett (Willem) 
lius — Cornelius) 680 Claudianus (Claudius) — Cobenzl (Ludw. — 
Cino da Piſtoia. — Claudius (Tiberius) Joh. Phil., Gra⸗ 
Cinque Ports.. Druſus Sir . — fen v)... 
Ciyriani ( Giambat⸗ Claudius( Matthias) 7 10 Cocagna, Conglarien, 
ta). -» » - — laufen Mats de socagne 7 
Cie -. » : .— Clauſewit (Raclv.) 7111 Gocarde . . 
Eilrcenſiſche Spiele 682 iavicembalo . —  Coceeji (Heinrich _ 
Giralation. . . 683 Clavicylinder, f. Sam., Freih. v. 
Circulationsbant . 685 Chiatmi. . . — — Karl Fa 
Erculationspapiere 687 Clavier, Clavichord — Freih. v.) . 5 
Circunwallationsli⸗ Clavier⸗ oder Dis⸗ Cochenille 
nie, Contravalla⸗ cantſchluͤſſel, ſ. Cochin (Shan 
tionslinie — Schluͤſſe..712 cola) . . 
Circus ..— Clavijo y Farardo Cochinchina. 
Cirkaſſien. 688 GJoſeph) .. Cochrane (Alexander 
CElrkel, —e* . 689 Clavis, Claviatur . — Thomas, Lord — 
GEis, Cis-dur, Cis- Clemence fan . — Aler. Foreſter — 
moll. . Clemens (Titus Fla⸗ Sohn Dundas) . 7 
Gisalpinifgpe Republit — — vius)... . 713 Cocles, f. —* 
Eiſelirkunſt, ſ. Silber⸗ Clemens (Päpfte) -. 714 Cocon.... 
arbeiter - . 690 Clement (Jacques) 721 Cocosbaum . 
Sisplatina . . Clementi (Muyio) . 722 Codes (les eing) - ;. 
Ciechemanifäh —* Clementinen . 723 Cobder, Codices .7 
— Clerfayt (Kranz Ges Sobicilt . . 
Siferdenfer — baſtian Karl Joſ. Coẽfficienten. 
Citadele - de Croix, Graf v.) — Coehorn Menno Va⸗ 
Citiren, Citate, Cita⸗ Clerk (John) — — .. 
tion . — Clienten, Slimt . 724 
Citronen - - Clifford (George — m Se 
Ciudad: Rodrige mn Garedeged. J.). —  Gohorte, f. Legion - 


Werzeichniß ber in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 978 


Seite 
220.743 
Sean Bapt.) — 
1 f. Abbot 746 
1.8). — 
2.0.74 
tath.).. . 748 
Gaspard de) 753 
2.0.74 
lverwandte, 
erallinie . — 
Collatur, 
urſttreit — 
Share) . — 
Collectivglas — 
ſyſtem, Golles 
malt, Golle 
he Verwalt. 755 
nten, ſ. 
Wburger . — 
iſtiftet u. Kies 
f. Stift . — 
tſtiftkitche · — 
sem ..—_- 


Bi, er 
von) . . 757 
Matthäus, 
von) . . 758 
Harleville 
GKencoie — 
. 759 
geler. von) _ 
(Familie 
icus  Mub., 
v. Waldſee — 
3 — FSranz 
dacat, Reiches 
v. Eollorebos 
#felb — Bier 
nus) 
Herboit Jean 
ie) . . . 760 
Gau — 





(Speiflo: 

+ 762 
„ Eolonial⸗ 
k, Colonial⸗ 
el, Colonials 
utung . . 766 


Colonna (Bittori) — 
Eotonne, Eolonnen» 
mie. » . .777 
Coloratur . « 778 
Colorit, f. Farben: 
gebung . . 
Golaufonn Pati) — — 
Golumbanus . . 779 
Golumbia . . . — 
Columbusjf.Colombo 780 
Columella (Lucius 
Zunius Moderat.) — 
Combination, Combi⸗ 
nations lehte, Com⸗ 
binatoriſche Analyſ. — 
Comenius (Johann 
Amos).. 7841 
Somines (Phiuppe dey 
Comitate, f. Gefpans 
ſchaften . . . 782 
GComiien . .. — 
GCommandement + 733 
Sommanderir, Com: 
mandeur, Haus⸗ 
‚commenthur,@ands 
«ommenthur — 
Commelin (Jerome 


Gommerfon(Ppitibert) — 
Sommiffionshandel, 
Commiffionnaie 784 
Committee . 
Commodore, Commo⸗ 
dorf -» . — 
Commodus Antoninus 
(2. Alius Xurelius) — 
Commoners, [. Colles 
gen.» ...785 
Communion . . — 
Soma Fa: . 786 
mpagnle. » . — 
Gomparativ, ſ. Nomen 
adjectwum . . — 
Gomparfen, Compar· 
ſerie .. 


Gompap + 787 
Competenz cuiiun 
bay). ··· 788 


‚8er. Siebente Aufl. 36. IL 


Seite 


Competenz . « 788 
Componiſien, ſ. zum 
feger . — 
Componium . . — 
Compofition . . — 
Gompreffikilitht . 789 
Eomprefjiongmafchine — 
Comptomiß 790 
Concas, f. Eonver . — 
Concert, Concert spi- 
rituel, Concertirend — 
Concertmeifler . . — 
Coneeffin . ». . — 
Conetli. . . . 791 
Condylin . . . ⸗ 
Condlium . . . — 
Concilium (kath.) . 792 
Gondae . . . 7u4 
Conclaviſt . 
Goncomiteny. bend⸗ 
mahl . 
Goncordanz . 
Concordat . . 
Concordia . . . 798 
Goncorbienforme . — 
Coneet. .....79 
Goncubinat . — 
Concurs, Concurs · 
maſſe, Concurs⸗ 
proceß... 
Concuſſien. 
Condomine (Charles 
Marie de la) . — 
Eonde (Rouisde Bours 
bon, Prinz.) . 800 
Conde (Louis Joſ. de 
Bourb., Pring u.) — 
Eonde (Louis Henri 
DIofeph, «Herzog v. 
Bourbon) . . 801 
Gondenfatin . . 802 
Condillac (Etienne 
Bonnot de). . — 
Condoreet( Matie Jean 
Antoin⸗ Nicolas Ca · 
ritat, Marquis v.) 803 
Condottieri . . 805 









Gonfeffion . .- 
Gone f-Unt 
m , ie 
her Tall _ 


974 


Seite 
Gonfucius, f. Kon- 


füstfe . . 805 
Gongeftion . — 
Conglomerat 806 


Congregationaliſten, ſ. 
Independenten. 
Gongregationen, Sons 

gregation 
Congreß. . . 807 
Congreve Silliam) 817 
Congreve (William) 818 
Conjugation, Conjunc⸗ 
tion, ſ. Verbum, 
Sprachlehre, Aſpecte — 
Connetable. . . 
Gönobit, f. Anachoret 
und Kiöfter . 
Conrad (Friedr. Wilh.) — 
Conradin v. Schwaben — 
Conting (Hermann) 819 
Conſalvi (Ercole). — 
Conſeriptlon 820 
Conſecration 
Conſens... 
Conſequenz, Conſe⸗ 
quenzen ziehen . 821 
Gonfervatorien . . 822 
Gonfigniren . 823 
Consilium abeundi 
Gonfiflorium . . — 
Consolato del mare, 
f. Danbeltreäit u. 
Seerecht. . 824 
Gonfole. . — 
Conſolidirte gende, f. 
Sonde . . 
Conſonanten 
Conſonanz . . 
Gonftable, Eonſiabler 825 
Gonftant de Rebecque 
(Benjam. — Jean 
Victor, Baron v.) 826 
Gonftantia . . 827 
Gonftantin, f. Kons 
ftantin . . _ 
GSonftantinopel , . 
Konftantinopel . — 
Gonftellation . 828 
Conſtitution (medic.) — 
Gonftitution (apoſt. — 
Conftitutionen, Con- 


BVerzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel, 


Seite N Sei 

ſtitutionelle Ideen, Contregarde 86 

Conſtitutionelle In⸗ Gontrefcarpe . . - 

ftitutionen . . 829 Gontribution . . - 

Gonftitutioniften, f. Controle 86 
Unigenitus . . 847 Controverſe, Contro: 
Conſul, Generalcon⸗ verspredigten, Sta- 


ſul, Viceconful . 
Conſulta . 849 
Gonfultation — 
Conſumtionsſteuern 850 
Contagium, ſ. Anſte⸗ 

ckende Krankheiten 851 
Contarini (Domenico 

— Jacopo — An⸗ 

drea — Francesco 

— Carlo — Domes 

nico— Frances co — 

Ambroſio — Gas⸗ 

paro— Giovanni — 

Vincenzo — Si⸗ 

mone).. .852 
Contat (Louiſe) — 
Gonte (Nicolaus 

Jacques) 
Contemplation.. 
Conteſſa d. X. (Chris 

ſtian Jak. Salice⸗) — 
Conteſſa d. 3. (Karl 

Wilh. Salice⸗). 
Conti (Antonio Sol 

nelle) . . 
Gontinent . . 
Gontinentalfyftem . 
Gontingent. . . 8 
Gontorniaten . 
Contour, f. Umel$ . S60 
Gontrabaß, f. Baß 

und Geige . 
Gontra » Proteft 
Gontrapuntt 
Gontraremonftranten, 

f. Reform. Kirche 
Gontraft. . 
Contratöne, f. Tabus 

latur. . . . 862 
Sontravallationslinie, 

ſ. Circumvallations⸗ 

linie . . — 
Contraviolon, ſ. Geige — 
Contra⸗ Alt.. — 
Contrebande 


8 


— 
© 


tus controversiae — 
Contumacia . . - 
Conty, f. Bourbon 
(Baud) . . . — 
Conus, f. Key . — 
Convenien. . . - 
Gonvent, Rational 
convent, Conven 
tualen, Sonventitil — 


‚ Conventionalftafe 564 


Conventionsgeld, f. 
Münfu . . — 
Gonvergen, Dibergen — 
Gonverfatin . . — 
Conver, GConcan . 866 
Convictorium, Con 
victocften . . — 
Convoy, Convopiten — 
Gonvulfionairs, ſ. 
Janſeniſten. — 
Gonvulfionen, f. 
ı Krampf. . 
Con; (Ra Dbitip) - 
Coot (Fame) . . — 
Sooper (Same) . 


. Coordinirt, Coordis 


nation . . 8 
Cole . . .- 
Copirmafchnen .- 
Copuliren, Copula⸗ 

tion... .80 
Coquetterie..- 
Corday d’Armans(R» 

rie Aline Charlotte) — 
Gordelierd . . . El 
Cordilleras be od 

And . .. = 
Cordon . . 873 
Cordon . ..— 
Corelli Arcangelo 
Corilla, ſ. Improviſe⸗ 

toren 
Coriolan Cajue Pr 

dus). . . - 8A 
GH. . . .. 


Verzeichniß der in dieſem Banbe enthaltenen Artikel. 975 


Seite Selte 
o (Lodovico) 875 Coto droit, Cöte Crébillon (Prosper 
lle (Peter). — uche . . . 895 Jolyot de) - - 910 
le (Thomas) 877 Cotin (Charlet) . 896 Grebilon ( Claude 
ia.. .878 Cotta (Heinrich) Prosper Jolvot de) 914 
is Corneliue) — Cottin (Sophie Ri Gredere, del Credere, 
ius Nepos — ad) . » . 897 Eredit, Creditbriefe 912 
ius (Peter) . 879 Coucy (Renaud, Ca- Greditv. . . . 
ye, f. Säule — ftellan 0.) - - -—  GCreditfoften . — 
allis (Charles, Couliffen . . Creed . . . - 913 
4. u. Graf v) — — Coulomb (Charles GSremona . . 914 
Augufin de) . 899 Gremor tartari. — 
ationen , Ge Coup, Coup de Main, Greoien . — 
nheiten, ſ. Koͤr⸗ Coup d’Dell, Coup Grescendo . . — 
haften . — de aeane , Goup Grefcentüis (Petrus be) — 
‚, Corps d’Ars vet . Crescenzi (Yuan Baps 
‚ Corps de Bas Gouplet- . 900 tie). . » .915 
e, Refervecorp®, Coupon. . — Crescentini (Girolamo) — 
ps volant, Corps Courbiere Gih Re⸗ Crescimbeni ( Giovan⸗ 
zarde, Corps de nee, Freiherr de ni Marla) . — 
s... — P’homme v. Cours Crespi) Giuſ. Maria) 916 . 
n . . 880 biere) — Creutz (Guſtav Phil., 
B. 2... . 881 Cour d'amour, ſ. Ge⸗ Graf v.)...917 
s catholicorum richtshoͤfe d. Liebe 91 Greuz (Frieder. Karl 
Corpus evan- Cours, f. Eur. . Kafimir, Freih. v.) — 
corum . — Court de Gebelin Creuzer (Georg Fried⸗ 
s delieti, f. (Anton) . . — ih). - » .98 
ıtbefland . . 882 Gouftou (Nicolas — Crevenna (Pietro Ans 
sjuris . — Guillaume — Guil⸗ tnio) - . . 919 
de Serra (Hof. laume db. J.) — Cridton (James) 920 
2 . . . 883 6Govenant. . . 902 Trillon (Louis be 
— Cowley (Abraham) — Balbe). — 
ehe (AntonioXts Cowper (Willam) 903 Grillen Mahon(Louis, 
Ida). . .885 Gore (Wiliem) . — Herzog v.) . 922 
dor . . . 886 Gorts (Midyael) . 904 Griminalecht . . 
pondent (der Coypel (Noel Antoine Kater ehnWuſen) 927 
nburgifche un⸗ — Noel Nicolas — Cromford . 928. 
tifhe) -. . — Charles Anton) — GCrommell (Oliver — 
N 2 2.887 Gopſevor (Antoine) 905 Richard — Heine) — 
ı. . — Grabe (Diet — Cronegk 8. Friedr. 
. 888 Won). . . — v). 3— 
. . 889 Grabbe (George). Crotch (Willem) — 
(Fernando). — —— (Joh. Andr.) 906 Croup 
ta (Pietro Bes Cramer (Kaririebr.) 907 —* Hof. Anton, 
ii) .. 80 Cramer (Kari®ottiob) — Marquis du Cha⸗ 
1 SEramer (Joh. Bapt) 908 ti) . .» . . 99 
Gräfin vo). — Geapei ( — Cruſade... — 
1, ſ. Medi: 4.6.) — Crusca (Accademia 
... .892 Graffus (Luc. Licinius elle) . . 
CHalsd). —  —M. Licinius) 909 Gruflus (Chriſtian 
(Zaurene) . 893 SGraven (Ellſabethh — Augufl). . . — 
% . 894 Grayer (Kaspar) D 910 —** Te 


976 Betheichaiß der in biefem Bande enthaltenen Artikel 


Seite 
Cubach (Michael) . 944 Curran (John Phil 
Subus, f. Würfel . — pot) . 0. ‘0 946 
Cueva (Yuan de er — CEurrende — 
ECujas (Jacques). Curs .-947 
Gullen (William) . 23 —* Seiten 949 
Sufloden (Schlacht bei) — 
Eulmination 944 Fake (Marcus) . — 
Sulur . . — Curtius Rufus (Quin⸗ 
Sultus, f. Sottesbimft — tus)... — 
Cumberland (Herz. v.) ⸗ Cusſsco.. . 950 
Gumberland (Ridyard) — Cuſtine (Adam Phil. F 
Eupito . . . .9 Sur) . . — 
Gupolofen, f. Eifens Guftos, Eufloden . 951 
u. Schadhtöfen . — Cuvier (George Leos 
Curacao. — pold Chrotien Stra» 
Curatel, f. Vormund⸗ déric Dagobert, 
(haft. . . Baron v.) — 
Curiatier, ſ. Horatier —  Cpbele . . 95% 
Curie, Curialien, Cus Cykladen ..953 
rialſtyl, Curien, Cu⸗ Cyküuſche Dichter, ſ. 
riatſtimmen, Cu⸗ Griech. Literatur — 
rialiſten . 946 Cykloide — 
Curlus Dentatus Cyklopnn... — 
(Marcus Annius) — Cyklus . 954 


SHne . . . 
Symbel, Combal . 
Gpniler, Cynismus 
Eynofra . . 
Cynthius, Epmtpin 
CHpen . 
Cypreſſe 
Cyprian der Heilige 
Cypris, Cypripor 
Cyr (Saint:) . 
Eyrenaiter . 
Cyeme . . 
Cyrilliſche Buchſtab⸗ 
Cyrillus (von Jeruſc 
lem — von Alexar 
drien — von The 
ſalonich). 
Cyrus 
Cythera, Cytherea 
Czartoryski (Adam, 


Czerny (Georg), f. . 
Smin. . .