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6000109941
yo
Zur Nadhridt.
Von der fiebenten Driginalauflage dieſes Werks find drei verfchiebene
veranftaltet worden, die zu folgenden Preifen ſowol durch den Verleger
alle andre Buchhandlungen des Ins und Auslandes bezogen werden koͤr
Mr. 1, auf weißem Drudpapier, Pränumerationspreis für das ga
15 Thlr., oder 27 ZI. Rhein.
Mr. 2, auf gutem Schreibpapier, 20 XThlr., oder 36 Fl. Rhein.
Mr. 3, auf ertrafeinem Velinpapier, 36 Thle., ober 64 Fl. 48 Kr
Sammler, die ſich in portofreien Briefen an ben Verleger wenden unt
trag ihrer Beftellung gleich beifligen, erhalten auf ſech s Eremplare di
frei oder koͤnnen, wenn fie verſchiedene Ausgaben wählen, bei einem 3:
wenigftene 105 Thalern Ein Siebentel davon ale Rabatt in Abzug briı
Allgemeine deutſche
al- Encplopäbie
für
die gebildeten Stände
Konverfations-Lerifon,)
In zwölf Bänden,
Neunter Band.
A His Schu.
Eiebente Originalauflage.
Wie fie der Verfaſſer ſchrieb, |
Mühe ſtets zu Grunde.
Calderon.
—
3 A. Brodbaus,
1827.
Lg.
Allgemeine deutſche
al— Enchklopadit
für
die gebildeten Stände
onverſations-Lexrikon.)
— — — — ——
In zwoͤlf Baͤnden.
Neunter Band
AR His Schu,
jebente Driginalauflage
Wie fie der Berfaffer fchrieb,
Richt wie e der Diebſtahl druchte,
Deffen iſt, daß er richte
Aubrer Mühe ftets su Grunde,
Galberon.
—
8 % Brodhbaudß
LH.
2 Rabbaniten Rabbiniſche Sprache und Literatur
genheit, mo feine heldenmuͤthige Gattin feine Gefahren theilte, durch Verrätt
ergriffen, vom Revolutionstribunale zum Tode verurtheilt und hingerichtet im &
1793. Seine Gattin flürzte fi in der Verzweiflung in einen Brunnen, wı
den Zod fand. Alle, die ihm Schuß gegeben hatten, kamen auf das Blutger
Unter R.'s Schriften ſchaͤtzt man „Le rieux Cevenol‘ (London 1779, n.?
von Boiſſy d'Anglas 1821), und „Précis de I’hist. de la revolut. france.” (
ſchichte der conftit. Berfammtl. ; n. A., mit dem Leben bed Vf. vom Gr. B
d'Anglas, Paris 1822).
Rabbaniten, oder Rabbiniten, auch Talmudiften, f. Su
und Talmud.
Rab bi (hebraͤiſch Lehrer, Meifter,, auch Rabbiner, ein Lehrer des
ichen Geſetzes, insbeſondere ber Vorſteher einer Synagoge.
Rabbiniſche Sprache und Literatur. As die Rabbiner
den Arabern aus Babrlon, dem damaligen Sitze der jübifchen Gelehrſamkeit,
trieben, fich in Europa, vornehmlich in Spanien niederliegen und Schulen g
deten, fühlten fie fich bald dasch) die gelehrten amd gründlichen Forſchungen
‚Araber uͤber die arabifche Sprache aufgefobert, auch ihre Sprache, die aus
Althebraͤiſchen in eine verborbene haldäifche Mundart ausgeartet war, kritiſe
bearbeiten umd in ihrer Reinheit herzuftellen. Sie fuchten daher den bibliichen
braiömus wieder zur Schriftiprache zu machen, waren aber nicht im Stande,
der, aus ber Grammatik alle haldäifche Formen auszufcheiden, ba fie den Mag
dafuͤr bereits verloren hatten, noch fich auf die eigentlichen Bedeutungen der X
ser zu befchränfen , da fie zur Bezeichnung fo vieler neuen Begriffe nicht mehr
reichten. So entftand eine neuere hebr. Schriftfprache, welche von den Rabb
in Epanien, Portugal, Italien und Deutfchland gefchrieben und deßhalb
sabbintfche genannt wurde. Für ihre Erlernung find eigne Sprachlehren und I
terbücher und andre Hülfsmittel (von Gellarius, Reland, v. d. Dardt, Toch
Burtorf u. X.) ausgearbeitet worden, und allerdings belohnt der Reichthum
rabbinifchen Riteratur, den man u. A. aus den liberfichten eines Burtorf, Be
loecius und Wolf Eermen lernt, ein ſolches Studium. — Wir nennen nur ei
Schriftſteller aus der blühendften Periode des Mittelalters. Als Sprachle
machten ſich Aben Efra, David Kimchi (gefl. um 1232), vomehmlidy aber €
Levita, durch ein (mehrmals gedrucktes) talmudiſches Woͤrterbuch Nathan
Jechiel (1100), und durch ein hebraͤiſches, welches lange in claffifchem Anfehee
ftanden, David Kimdi berühmt. Der erfle, der nad) den Forſchungen «
Aben Eſra, Maimonibes (geb. 1139, ſ. Maimon), Salomo Jarchi und D
Kimchi eine groͤßere kritiſche Reviſion des Pentateuchs, wobei die Maſora
Richtſchnur war, vornahm, war zu Anfange des 13. Jahrh. Mener Hallevi
ramah) aus Toledo; ihm folgte der Rabbine Menachem de Lonzano (deſſen
Torah” mit dem „Schete Jadoth”, Venedig 1618, gedrudt worden), und bi
Salomo Norzi, deffen Arbeit an Umfang und Gruͤndlichkeit alle frühere uͤber
Unter den Auslegern des A. X. find die bemertenswertheften der fprachgel
aber dunkle Aben Eſra, der dunkle und an Sprachtenummiffen arme Salomo .
chi (um 1180), of. Kimi (um 1160), einer der gelehrteften Juden, und
Sohn, der oft genannte David Kimchi; Levi Ben Gerfon (vor 1370) und I
Arbarbanel (vor 1508). Maimonides fuchte dem Inhalt feiner heil. Natie
ſchriften durch philofophiichetheologifche Erörterungen zu Hülfe zu kommen; u
den vielen Commentatoren waren Rafchi und er die vorzuͤglichſten. Zur Wer
digung ihres Glaubens fchrieben der genannte Levi Ben Gerfon und Lipman
Muͤhlhauſen (1399). --- Um die Erdkunde der mittiern Zeit haben ſich durch R
befchreibungen verdient gemacht Mofes Perachia aus Megensburg (vor 11
Benjamin von Tudela (feit 1160) und Perigot aus Avignon (um 1950). 3
Rabelais Rabener 9
nut, Añronomie, Philoſophie und Medicin wurden von den Juden, vor⸗
auf den Schulen der Araber in Spanien, mit großem Eifer ſtudirt und
*: da aber von ihren wiffenfchaftlidhen Werken wenig gedtuckt iſt, fo
sit und beunügen, den oft genannten Maimonides anzufuͤhren, der als
# Arifiotelifche und Platoniſche Philojopbie mit der Kabbulah und dem
dermiſcht, in jeinen mediciniſchen Werten aber '„Aphorismi‘’ und „De
e sanitacis”‘) fich al& ein Anhänger Galen's zeigt. M.
abelais Francçois), bumaociftifch : farnriicher Schriftſteller, Verf. des
mus und Pantagruel“, geb. su Chinon in Zouraine um 1483, wo Teint
ı Sultwirth,, nach X. ein Apotheker war. u Fontenaule:Gonite trat er
sniscanererden. Der Mangel an wahrer Gelehrſamteit verleidete ihm
a Aufantbalt; uch reiste er durch Spotterei und jugeudiichen übermuth
Verfolgung gegen fih auf. Mir Clemene VII. Erlaubniß tar er in den
werorden (um 1.23), ging jedoch bald als Weltprieſter nach Montpellier,
wmiichen Studien fortzufegen , erhielt daſelbſt den Doctothut und lehrte
die Medicin. Reue oder Furcht tief ihn bei Paut IN. um Abiolution wes
Aug des Kloſters anhalten, die der Papſt ibm auch gewährte. Eine
kebte er nun als Kanonikus in der Abtei zu Saint⸗Maures des Foſſes,
= irin Beichüser,, der Gardinal Jean du Bellan, gebracht, und wo er
extenden Theil ſeines, Pantagruel“ geichrieben haben jo. Endlich ward
here nach Meudon verfeßt. Er ſtarb 1353 zu Paris. Voltaire u. A.
4 „Sargantua und Pantagruel”, worin der Geſchmack der damaligen
keneuerlichen Wunderfcenen und die Unmiffenbeit der Mönche mit ſchar⸗
Igewaichen werden; allein diefe Übertreibungen des Niedrigkomiſchen muß
dem Geiſte der Zeit, in welcher R. lebte, als feinen Geſchmacke zurech⸗
m er freilich weit binter Gervuntes geblieben ift. M. gehört zu den Erſten,
ke noch rauhen und übeltönenden Mutterſprache Geſchmeidigkeit und
Mezaben. Boileau nannte ihn ia raison en masque, und Rouffeau le
sale franceis. lÜÜbrigend war er ein gewiffenbafter Volkslehbrer und
be äteude daran, feinen Pfarrkindern den Kirchengefang zu lebren. Sein
x in VBerfummiungsort der Gelehrten, fein Beutel war ſtets deu Huͤlfs⸗
un geöffnet und jene Kenntniffe in der Heilkunde wurden feiner Gemeinde
Kh. Unter den Altern Ausgaben jeiner jebt ſchwer zu verſtehenden und
wöhnlich mit Wort: und Sacherklaͤrungen gedruckten Werke ift die von Le
mit Kupfern von Picart die befte (Amit. 1541, 3 Bde., die neuefle Pa-
8, 3 Bde., mit 78 Kupfern und in verfchiedenen Kormaten,. Johann
82 ’Y. d.) lieferte 1552 eine freie deutſche Bearbeitung dee „Gurgantun
Kayruel‘‘, weldye mehrmals aufgelegt worden, 1785 - 85 aber ungläd:
sarteitet von Editein (Dr. Sander in Kopenhagen) erſchienen iſt.
abener (Gottlieb Wilhelm), der Satnrifer, geb. 1714 zu Wachau bei Leip⸗
im Bater war Beſitzer diefed Dorfs und Anwalt beim Oberhofgericht In
1738 bezog R. die Kandfchule zu Melßen und 6 Jahre fpäter die Univers
ripzig, wo er mit Gärmer und Gellert ein enges Areundichaftsbändnig
b Theil an der Gründung der „Bremifchen Beiträge” nabın. 1741 war)
nexter des Leipziger Kreiſes, 1553 Oberfteuerfecretnir in Dresden. Beim
es firbenjährigen Krieges ward er zum Steuerrath ernannt, welches Amt er
bekleidete, in welchem Jahre ein Schtagfluß fein Leben endigte. R. war
sirdig als Menſch und ale Gelehrter. In feinen Satyren erlaubte ei
keiönlidyeeiten, da feinen Brumdfäsen nach der Sutvriter zwar die Thor:
beigen, nie aber bämifche Seitendlicke thun, noch weniger frinen Witz an
der burdy alte Sitte ehrwuͤrdig gewordenen Dingen auslaffen darf. In
hepabe hersusgegn. Monntefchrift: „ Beluffigungen bes Veritandes und
1 *
4 Rabulift Rabutin
Witzes“, trat R. 1741 zuerst als Satyoriker auf. Seine in Zeitichriften ent!
tenen Aufſaͤtze füllen die erften 2 Bände feiner Schriften. Der 3. erfchien 17
betitelt „Satyriſche Briefe”; 1795 dert. Nach feinem Zode erichienen die
ihm geſammelten „Sreundichaftlichen Briefe, nebft einer kurzen Biographie
Berf. von Chriftian Felix Weiße” (1772). Neue Ausgabe feiner (auch ins Fre
und Hollind. uͤberſetzt) Schriften Leipzig 1771, 6 Bde. R.'s reicher und ed
Wis, fein feiner Beobachtungsgeiſt, feine beitere Laune, der aber ein moralif
Ernſt zum Grunde liegt, f. leichte und anziehende Darftellungsgabe und die zierl
Reinheit feiner Schreibart erheben ihn Über die meiften feiner Zeitgenoffen; ı
wenn er weniger gelefen wird, fo liegt wol der Grund darin, dag Manches
nothwendig veraltet erfcheinen muß, was damals treffend und anzichend war, a
überhaupt mehr feinem Erfahrungskreife und den Sitten Sachſens angehörte.
Rabuliſt. Die Anwendung der Rechtswiſſenſchaft zeigt Häufig, eine '
Eehrte Richtung , einmal indem fie von einer bloß buchſtaͤblichen Geſetzkunde a
geht und fid) um den höhern Sinn und Zweck einer gefeglichen Beftimmung u
bekuͤmmert, daher auch durch eine wörtlicdhe Anwendung auf Fälle, an welche x
bei Abfaſſung des Geſetzes nicht dachte, oft der eigentlichen Abficht des Geſet
bers gerade entgegenhandelt. In biefen Sehler find fchon ganz yelehrte und fch
finnige Männer verfalien, wenn fie bei der Auffaffung eines Rechtsſyſtems
weder die Aufklaͤrungen der Geſchichte (die Kenntniß der Verfaffung, Religion:
Philoſophie, der Sitten, der Außern und innern VBerhältniffe eines Volks) verfchm
ten, oder ihr hiſtoriſches Studium der Gefege nur auf Einzelheiten, nicht auf
allgemeinern Grundlagen ber Gefesgebung gerichtet war. Einen Mann, roeld
nur eine foldye wörtliche Kunde der Geſetze beimohnt, nannte man Legule
Zweitens aber wird die Anwendung der Rechtswiſſenſchaft nicht bloß fehlerh
fondern ſchaͤndlich und firafbar, wenn die Beilimmungen der Gefege durch |
nutzung der im wörtlidien Ausdruck unvermeiblichen Unvollfommenheiten und dı
liſtigen Gebrauch der Formen dazu gemißbraucht werben, dem Unrecht den €
au verfchaffen, die Proceffe zum Schaden beider Parteien in die Länge zu zie
und wol gar die betrligerifchen Abfichten eines Glienten zu befördern. Für ei
ſolchen Raͤnkeſchmied braucht ſchon Feftus das Wort rabula. 37
Rabutin (Roger), Graf v. Buſſy, geb. 1618 zu Epiry in Nivern
ein Enkel des Grafen Francois v. Buſſp⸗Rabutin, der fid) durch feinen „Comm
taire sur les faits des guerres en la Gaule belgique entre Henri Il et U’E
pereur Charles \” bekanntmachte, diente im Regimente feines Vaters
Muhm und erhielt anfehnliche militairifche Stellen. 1665 ward er Mitglied
franz. Akademie; bald darauf erfchien feine „Histoire amoureuse des Gauls
ein Werk, welches die Galanterien zweier am Hofe fehr angefehenen Damen
Melt bekanntmachte. Diefe Schrift fand fowol durch ihren zierlihen Styl
durch) ihren Wig großen Beifall; allein Ludwig XIV., der dem Verf. ohnedies
geneigt war, ließ ihn in die Baftille fegen, dann auf feine Güter verweifen. $
hier aus ſchrieb er eine Menge Briefe an den König, welche aber ohne Wirk
blieben. Aus Verdruß und um nicht in der Melt vergeflen zu werden, macht
auf Boileau’s Epiftel über den Rheinuͤbergang Ludwigs XIV. fütrrifhe Ber
tungen, bat aber Boileau durd) einige Freunde um Verzeihung, als dieſer ihn
für züchtigen wollte. Nach Lrjähriger Verweifung erhielt R. die Erlaubniß,
die Hauptftadt zurüdkehren zu dürfen; da ihn aber Ludwig fortwährend ger
ſchaͤtzig behandelte, fo ging er wieder in feine Cinfamteit nad) Chuzen. Zu
Einfaͤllen, die ihn hier beſchaͤftigten, gebört die Einrichtung einer Gemaͤldegal
beftehend aus Bildniffen von Zeitgenoffinnen, die er mit fatorifchen Infchriften
ſah. (S. Miuin’s „Reife in die mittäglichen Depaut. von Frankreich“.) R. f
1693 zu Autun in einem Alter von 70 Jahren. — Seinen Schriften ift G
Racen der Menfchen Racine (Ian) 5
ost eirganter Strl nicht abzuſprechen, aber als Menſch war R., mweniafleng
ars Kühern jahren, nicht achtungswerth.
Bacon der Menfchen, f. Menſch.
Racine (Jean). Diefer große franz. Zragifer, geb. den 21. Dec. 1639
mein, einige Meilen von Paris, verlor feine Altern in fruͤheſter Jugend
rhielt ſeine Erziehung in der Abtei Port-:Ronal des Champs. Schon hier
ro die Richtung , die fein Geiſt fpittechin nahm , in feiner Liebe für die alte
wide Dichtkunſt. Curipides war fein Liebling. Aus Port:Ronal kam R.
s Gelegium Harcourt, wo er feine Studien vollendete. Seine fchriftftellerifche
betr begann er mit einer auf die Vermählung Ludwigs XIV. gedichteten Ode,
ihm durch Colbert's Vermittlung ein Jahrgeld, melches ipäterhin bis auf
Excrs erböht wurd, und ein Geſchenk von 100 Louisd'or erwarb. Bon nun
ı Boris lebend und Boileau's treuer Freund, widmete er ſich ganz der Dicht⸗
ı Jöh4 erfchten fein erftes Trauerfpiel: „La Thebaide, ou les freres enne-
und erhielt, obgleich weit entfernt von der Vollkommenheit feiner fpätern
b. zielen Beifall. Er hatte in demfelben Gorneille zum Vorbild genommen ;
nieigenden ging cr mehr feinen eignen Weg. Sein „Alexander“ (1666), den
wie nicht günftig heuctheilte, fand faft allgemeinen Beifall in Paris, noch
tAadtemache (1668). Bei allen Schwächen und Folgewidrigkeiten dieſes
Birk ſich Daran ſchon erkennen, was des Dichters Kraft vermögen werde.
Iran wurde R. von feinen Landsleuten faſt durchgängig dem früher fir un-
Ber sehaltenen Corneille vorgezogen, wozu hauptfächlich feine leichtere und
Bauern Berfiftcation und die in feinen mehr als in Gorneille's Stuͤcken her»
herzv Schilderung airtlicher Liebe beitrug, die aber freilich den Stempel
Bir und Umgebung trägt. Des Marſchalls Crequi und des Grafen von
wu itaeſchmackte Kritik feiner „Andromache” fertigte MR. mit einem Epigramm
Bar ſchwerern Kampf hatte er mit St⸗Evremont zu beitehen, der damals,
Bez ſagen, das Amt eines Obergeſchmacksrichters in Frankreich eben nicht
Neeäıbme verwaltete. 1668 erfchien R.'s Beine Luftfpiel „Les plaideurs“,
Be kifiephanes’8 „Wespen’ zum Grunde liegen. Es erregt den Wunſch.
en Erf. noch mehr für das komiſche Theater gefchrieben haben möchte. Am
be chi iſt die hiſtoriſche Schliderung in f. „Britanniens” (16701. „Bere:
571 und „Bajaieth” (1672) find am wenigſten gelungen und hifter. tich-
Ken. ,Mithridat“ (167,3) hat auch nur einzelne vollendete Scenen und
kr „Phaͤdra“ (1677), die und Deutichen durch Schiller's Bearbeitung
Beriegung näher gerischt ift, will gleichwol unfern Erwartungen von einem fol:
Exefft noch nicht recht entſprechen. Diee gilt noch mehr von der ? Jahr früher
nm „Spbigenin”, in welcher die griech. Heldenzeit noch yepußter und mo⸗
Peter erſcheint (mete. verdeutſcht in Peucer’s „Claſſ. Theater der Franzoſen“,
u, Leipzig 1823). An der „Athalie“ (IH, die früher in Frankreich den
Ben Beifall fand, bat R. den ganzen Umfang jeiner Dichtertunit dargelegt.
Imard R. in die Acadeniie frangaise aufgenommen, und einige J. fpäter
Beiuan von Ludwig XIV. aufgefodert, die Geſchichte feiner Regierung zu
ken and zum Diftoriographen des Koͤnigs ernannt; doch kam er darin nicht
ai in der Folge mißverfinndene Frömmigkeit den eifrigen Dramatiker von
abzog, auf bie ihn nur das Merlangen der Frau von Maintenon zu:
* verirrte ſich R. ſo weit, eine „Eſther“ zu ſchreiben. Gleichwol fand
Crid bei feinem Erſcheinen an dem damals in Froͤmmelei verfunfenen Hofe
we I6RN von ben Zöalingen in dem von der Maintenon yeftifteten abeligen
enoshaufe zu St.⸗Eyr aufgeführt) außerordentlichen Beifall. - So heil im
k ter Hofgunft R.s Leben bisher dabin gefloffen war, je ſehr trübte es
gen das Ende, und der gleichfam nur in Dir Gnade eines Konigs \chende
6 Racine (Rouis) . Radegaſt
Dichter ſtarb, man kann jagen, am gebrochenen Herzen, da fein Element ihm en
. gen murde. Diefes Schidfal zog ihm ein Auftrag der Maintenon zu, bieihn angel
ten, die Laften des unter der Eitelkeit u. Verſchwendung Ludwigs feufzenden Volt
einer Abhandlung zu ſchildern, die natürlidy den Unwillen eines Könige reiste,
nur an Weihrauch gemöhnt war. MR. ftarb den 22. April 1699. - - Seine W
hat jeher genau Boisgermain (Paris 1767, 7 Bde.) herausgegeben. Um gı
rig zu mürdigen, was er leiftete, muß man mol unterfcheiden, welche von
Mängeln feiner Sthde dem Wefen der franz. Bühne (vgl. Franz. Liter
Schauſpielkunſt) überhaupt, und melde ihm zur Laſt fallen. Eine gen
Steifheit und Kälte, ein aus der römifchen, griechiſchen und andrer uralten |
hergeholter , mit franzöfifcher Galanterie und Abgefchliffenheit behandelter St
eine fireng geregelte Form, die aller freiern Lyrik, ja felbft des Anſtrichs der f
mantik entbehrte und die Daraus entfpringenden Abgefchmadtheiten, Luͤcken
Fehler: dies Alles kann Racine's Verdienſt nicht berabfegen, fondern muß e6
Gegentheil erhöhen. Er benugte mit großer Kunſt den engen Spielraum, ber I
franz. Tragiter freigelaffen war, zur Steigerung des Gefühle und der Handke
feine zarten Schilderungen der Liebe verdienen meifterhaft genannt zu merden, und
der vor noch nach ihm iſt die Sehnſucht eines durch widerfprechende Leidenſcha
krankhaft bewegten Gemuͤths treffender gefchildert morden, als von ihm. Überbieß ı
er unuͤbertrefflich in wohlklingender VBerfification u. Anmuth bes Ausdruds. G
Racine (Louis), des Vorigen jüngerer Sohn, geb. zu Parisden 2. Nov. 10
Boilenu widerrieth ihm die Befchdftigung mit der Dichtkunſt. Democh ſchrieb
Gedichte: „De la religion‘ und „De la Gräce”, die, wenn auch nicht durch ho
Dichterſchwung, doch durdy einen leichten amd zierlichen Versbau ſich auszeicht
Den anfangs erwählten geiftlihen Stand verließ er, fowie fein Water, fpäter!
und erhielt auf Verwendung feines Gönners, des Cardinal Fleury, eine Si
hei der Finanzverwaltung. Noch fchrieb er mehre Oben und didaktiſche Poef
die ſich durch Empfindung auszeichnen, eine Xebensbefchreibung feines Watı
ziemlich weitfchtweifige Bemerkungen über deffen Dramen, und eine Überfep:
von Milton’6 „Verlornem Paradiefe”. Er ftarb den 29. San. 1763 nady me
jaͤhriger Trauer um den Verluſt eines hoffnungsvollen Sohnes. Ein Iobenswert
Zug in R.'s Charakter war Befcheidenheit und hohe Verehrung für feinen Ba
Einſt ließ er fi) malen, mit dem Finger auf die Stelle in der Phädra zeigend ”,,N
fils inconnu d’un si glorieux pere”. Seine „Deuvres” erfchienen 1750 zu ?
fterdam in 6 Ybn.
Radnik Goſeph Friedrich, Freih. zu), trat in feinem 17. 3. in kurfü
ſaͤchſ. Mititairdienfte und wohnte den Feldzuͤgen 1761 und 1762 bei. . Den 9
fen inniger vertraut geworden, verließ er 1769 die Kriegsdienfte, ward 17748
merherr, 1790 Hausmarſchall, fpäter Hofmarfchall, wobei ihm das Director
der muſikaliſchen Gapelle und der Theater Übertragen war, ſodann Oberkuͤchenr
fier, und 1800 erfter Hofmarfchall. Er flarb den 10. Apr. 1518 zu Dresden.
Seine vorzüglichften Schriften find folgende: 1) „Briefe tiber Karlsbad und
Naturproducte der Gegend” (Dresden 1780); 2) „Briefe über die Kunſt
eine Kreundin” (mit Kupfern, 1792 fa., 4.); 3) „Darftellung und Geſchichte
Geſchmacks der vorzuglichften Völker, in Besichung auf die innere Auszierung
Zimmer und auf die Baukunſt“ (Leipzig 1796, 4., mit vielen trefflichen Kpf. ;
Merk, das von Velefenheit, Beurtheilung und Gefchmad zeugt) ; +) „Skizze e
Geſchichte der Kuͤnſte, befonders der Malerei in Sachfen” (Dresden, 1812). \
Radegaft, Redegaſt, Riedegaft, eine alte norbifche Gottheit,
befonders bei den Obotriten (heutigen Medimburgern) verehrt und gewoͤhn
mit einem Vogel auf dem Haupte, einem Ochſenkopf auf der Bruft, Shi :
Speer in der Dand, abgebildet wurde.
—— — —— — —
vie Reichen feit dem Ftieden abgenommenen) Eintommentare, unter
80 Zamitien nur 656,000, bie jener Taxe unterworfen waren, weil fie 50
Art. Einnahme und darüber hatten. Der ganze Grund und Boden aber
Hiaden von etwa 33,000 Familien! Je weniger nım, bei der fortdauern .
der Rationalſchuld und bei dem plöglichen Stillſtand fo vieler Gewerbe,
king in bie Döhe gebracht hatte, eine Verminderung der allgemeinen Taxen
mögich war, defto mehr flieg die Unzufriedenheit des großen Haufens.
nbe kioß den Reichen die Eintommentare abgenommen ; die Armen übers
ıdem Elend!“ Der durch foldye Klagen immer mehr gereizte Daß der Ar:
pa bie Reihen wurde bald fuͤr die politifchen Meformationsplane einiger
ka en willlommener Stüppuntt. Mehre Whigs traten auf die Seite
kaiseformers. Diefe verlangten jest, von Sir Rob. Wilfon (j.d.y,
kb Sir Francis Burdett(f.d.) im Unterhaufe unterjtügt, und von Cob⸗
1819 aus Nordamerika nad) England zuruckgekehrt war, durch Schrifs
pamzitert, eine freie und gleiche jährliche allgemeine Parlamentswahl; dann,
tie, werbe Verminderung der Taren u. f. w. von felbft folgen. Für dies
Msarden Ausfchüffe errichtet, Beſchluͤſſe gefaßt, Bittſchriften übergeben
ı Ba alle Schritte fruchtlos waren, fo flieg mit ber Exbitterung die Kühn»
Bupine Vereine verfagten ſich den Genuß des Thees, Gaffees u. a. Aiti—
bie Verminderung der Zollgefaͤlle die Regierung in Berlegenheit ſetzte.
a den Frauen bildeten ſich Reformerciubbs. Zulegt fprady man von
ung; das Voll, von einigen Parteimännern, Hunt, Watfon, Thiſtle⸗
Ierfton u. A., geleitet, übte ſich in militairiſchen Bewegungen mit Piten
um; endlich hielt Bunt in Mancheſter d. 16. Aug. 1819 eine Berfamm:
bemahe 100,000 Menſchen. Da befchloß die Regierung Ernſt zu zeigen,
Derigkeit lie, um Hunt mit feinen Gehuͤlfen zu verhaften, nad) Verlefung
iracte, die Yecmanry (berittene Miliz), von Hufaren und Infanterie
RK einbauen, wodurch mehre aus dem Wolke getötet und verwundet wur⸗
rt Berhafıung Hunt's und 14 Anderer erfolgte ohne Widerftand. Diefes
Wehen erregte in London und in der Provinz ein wildes Gefchrei: Zu den
Marke fr don Mark in Manchofter! Darauf hislton Winner in Ranhan
8 Radicalreformers
nannten Triumpheinzug in London, bei welchem die Reformers mehre Fahnen
gen, darunter cine rothe mit der Freiheitsmuͤtze und der Inſchrift: Freiheit c
Tod. Doch enthielt fich das Volk jeder gejegwidrigen Handlung, und das Ge
endete mit einer Mahlzeit. Waͤhrend die Regierung die Unterfischung der 5
niſſe zu Mancheſter verſchob, zerfielen die Häupter der Neformers, Hunt, U
fen und Thiſtlewood, unter ſich: die Buͤſte des Erftern wurde, weil er ſich der
tigkeit einer Genoſſen widerſetzte, von den Radicalreformers zerſchlagen; er ſe
zeg ſich aus der ffentlichkeit zuruck, um eine Zabrit von Surrogat-(Radie
Caffee und Thee amulegen, und hielt, ſowie Cobbet, Vorträge über Mäft
und Volksmoral, bis er nach dem Ausgange feines Proceſſes, im März 1 18
ins Gefänanik wandern mußte. - Dennod) erklärten fich einige Große und Wi
ven anerkannt edelm Charakter für die Sache des Volke, 3. B. der Herzog v.9
fett, der Graf Fitzwilliam, die Lords Egremont, Dundas, Milton und €
Albemarle. Sie nahmen an mehren Volksverſammlungen Theil und ftimmn
den Beſchluͤſſen bei, welche in Anfehung der blutigen Vorfälle zu Manchefter
faßt wurden. Nun zeigte das Minifterium mehr Entfchloffenheit und Kraft. ;
Graf Fitzwilliam, Englands eriter Pair, wurde wegen feiner Theilnahme an
Bolksverfammiung zu Vork am 14. Oct. feiner Stelle als Lordlieutenant entf
Die Megierung vermehrte die Truppen mit 10,000 M. und ließ überall die b
tene Meomanrr aufbieten. Auch fchienen in diefer Sache die ausgezeichnet
Männer der Dppofition, wie die Lords Grenville und Grey, und Mr. Tier
auf die Seite der Minifter zu treten. Dennoch fuhren die Reformers fort, fai
allen Städten Englands und Schottlands zahlreiche Verfammlungen zu hal
Seibft in Irland regte fi) aufs nene die wilde Eidgenoffenfhaft der Bandmd
(f. Whitebors,, deren Grundſaͤtze ein Gemifch von engl. Radicalismus
religiöiem Sanntismus find. Sie wollten weder Zehnten entrichten Wi
ſtanten um fich dulden, und ihrer Wuth, die 1821 am heftigften ausbrach, Bas
erft nach arofer Strenge Einhalt gethan werden. In England und Schott
mo das Volk feltener Die öffentliche Ruhe ftörte, vereinigten fich viele angefel
Burger und Gorporatienen zur nachdruͤcklichen Aufrechtbaltung def Ordni
Defte kuͤhner near die Sprache der Flugſchriften. Hobhouſe, Sohn eines Pi
mentsgliedes, warb deßhalb in Newgat eingeſperrt. Nun brachten die Min
Fünf Bills ins Parlament, wegen Stempelung der Flugblaͤtter, gegen polit
und religiofe chandfchriften, wegen Beſchraͤnkung der Volksverſammlungen,
gen Verbote ber militahrifchen Übungen und die MWegnahme der Waffen in
Häniern vetreffent. Dieſe Bills gingen fammtlich durch und erhielten den
Dec. die koͤnigl. Zuſtimmumg. Zugleich bewilligte das ‘Parlament, um arme 2
wanderer zu verioraen, zur Anlegung einer Colonie auf dem Gap große Summ
Georg IV, damals noch Prinz:Megent, beſtimmte feinem Wald von Dartm
sum Anbau fir Die Armen der Hanptftadt, und 1822 wurden (GGeldſammlu
reranitaltet, um der drudenden Hungersnoth, vorzüglich in Irland, zu ſter
Auch erließen mehr reiche Yandbefiger ihren Pächtern einen Theil des Pachtgei
Alten che dies gefchah und che die umfaffenderen Vorfchläge von Owen
Brougham (j. des Legtern beruͤhmten Bericht über das englifche Armenwefen) e
Erfolg haben konnten, wandte fich der Haß der Nadicalreformers, nach der.
loͤſung des bisherigen Unterhaufes, mit verboppelter Wuth gegen die Minifter.
tiefer Zeit bildete fich das ſchreckliche Complott, ale Minifter, 14 an der 5
am 23. ‚sehr. 1820, wo fie beim Lord Harrombr fpeifen feliten, dafelbft in
bringen. Zum Glüd wurde Lord Harrombr am Morgen diefes Tages durch «
Brief, den ihm ein Unbekannter bradyte, mit der Gefahr befanntgemadht.
zeigte dies fogleich den Miniftern an, die ihre Maßregeln fo nahmen, daß
denſelden Tag, Abende gegen 8 Uhr, Magiftratperfonen, von Polizeiben:
Radiren Raeburn 9
raten unterſtuͤtzt, die Verſchworenen in ihrem Verſammlungshauſe,
Ara unweit der Wohnung des Lords Harrowby, uͤberfielen, als fie
lung von Granaten, Patronen und andern Zubereitungen befchäftigt
Nie Verſchworenen, 25 an der Zahl, vertheidigten ſich mit Piftolen und
ei ein Polizeibeamter getödtet und mehre Gonftables, auch einige .
derwundet wurden. An ihrer Spise befand ſich der berächtigte Arthur
d. Nach einem kurzen Kampfe wurden 9 derfelben ergriffen, die
Kprangen, unter ihnen auch Thiſtlewood. Doch wurde diefer [yon am
Morgen verhaftet, fo auch die übrigen Verfchworenen, meiftens arme
Ziamerleute, Schuhmader u. ſ. w. Die bei den Verhafteten gefun:
Were enthielten zwar Entwürfe im Geiſte des wildeften Radicalismus;
Biele in dem Ganzen Eeinen eigentlichen Revolutionsplan, fondern nur
Br Mord. Die Verhafteten waren ſaͤmmtlich ebenfo roh ald arm. Man
sn feinen Schilling baar. Sie ftanden mit feinem Manne von Beben:
Imhättmiften. Bloß politifcher Haß und perfönlihe Noth fchienen fie
mtichen Mordverfuche beftimmt zu haben. Ihr Proceß vor der Grand:
den 16. April in Oldbailey feinen Anfang ; unter mehr ald 150 Zeugen
m zwei Minifter und einige begnadigte Mitfchuldige abgehört. Am
a Thiſtlewood, Ings und Brunt (ein Schuhmacher), fodann Tidd und
as Hochverräther zum Tode verurtbeilt und den 1. Mai 1820 gehan-
in, Brabburne, Strange, Cooper, und Harrifon, nebft Gilchriſt, die
Be für ſchuldig erklärt hatten, wurden ebenfall zum Tode verurtheilt;
Rinig verwandelte die Todesftrafe der fünf Erften in Iebenslängliche De.
web Botammbai, und Gilchriſt blieb im Gefängniffe zu Newgate auf un:
3er. — Die allmälige Verminderung der drüdienden Noth und andre
Me, wie der Proce der Königin, die Krönung des Könige 1821, Eon:
Weibitmord , lenkten die unruhige Stimmung des drmern Haufens von
Isder Radicalreformers ab, ſodaß Hunt, als er im Oct. 1822 feiner.
Meſter entlaffen wurde, nur wenig Theilnahme unter feinen vorigen
kareate.
Biren, f. Kupferfichertunft.
Bias (Halbmeffer), f. Diameter.
dzivill, ein altes polnifches Gefchlecht, welches feinen Urfprung vom
» Großherzog von Lithauen, herleitet und 1515 vom Kaifer Marimi-
wm Reichsfuͤrſtenſtand erhoben wurde. Es hefist in Polen, befonders
Ign Lithauen, bedeutende Herzog: und Fuͤrſtenthuͤmer, als Slutyk,
‚ Birze, Dulimky, Klezk, Olpka, Kopnl u. f. w und theilt fich in 4
denen die der Ordinaten zu Klezk und der zu Birze die bekannteften
Michael VE. aus der Klezkiſchen Linie, der mehre Würden im ehema⸗
men bekleidete, iſt Befiper des Majorats von Klezk, zu Nieborom. Ihm
bier Schn, Ludwig Nikolaus, geb. den 14. Aug.1773. Er refidirt
Bente in Lithauen. Sein zweiter Sohn, Anton Heinrich (geb.d. 15.
4, vermäblte fidy den 17. Mär; 1796 mit der Prinzeffin Louife, ein:
des Prinzen Kerdinand von Preußen, und wurde 1819 von dem Koͤ⸗
kstthalter des Großherzogthums Pofen und fpäter zum Mitglicde des
5 Staats raths ernannt. Cr befist die Majorate Niswicz, Mir und
Bert zu Poſen, hat vier Söhne und zmei Töchter, und ift ein großer
Kımik, befonders der Muſik.
burn (Sir Henry), Portraitmaler, Prafident der Akademie zu Edin- -
ed der londner Akademie ſowie mehrer gelehtten Geſellſchaften, geb.
kodtribge hei Edinburg. Seiner Altern früh beraubt, wurde er von
m Bruder, der die Manufartur feines Vaters fortfeste, forgfültia exzo⸗
10 Rafael Sanzio
gen und in feinem 15.3. der Lehrling eines Goldſchmieds in Edinburg.
fing er an, fi) im Miniaturmalen zu üben und zwar ohne alle Anleitung u
felbft Mufter gefehen zu haben. Diefe Verſuche erweckten Aufmerkfamteit.
Meifter gab ihm Gelegenheit, die Bildniffe des Portraitmalere David
zu fehen, welche, obgleich diefer nur ein mittelmäßiger Künftler war, eine
Eindrud auf den Jüngling machten. Er fegte feine Beſchaͤftigung mit M
malerei fort, fing aber bald auch die Ölmalerei an und Martin lieh ihn
zum Copiren, ohne ihn durch Unterricht Ju unterflüsen. Aus der Lehre
fen, widmete er fid) gänzlich der Portraitmalerei, und als er, 22 J. a
Frau mit einigem Vermögen genommen hatte, ging er, um zu höherer
dung zu gelangen, nach London. Joſua Reynolds erkannte die großen‘
des jungen Kuͤnſtlers, und ermunterterte ihn, Italien zu befuchen, wohin
die beften Empfehlungen mitgab. Gr benuste einen zweijährigen Aufen
Italien fehr fleißig, und kam mit gereifter Kunftfertigkeit 1787 zurüd,
bald feinen Nebenbuhler Martin verdunfelte. Die Kraft und Würde feiner
mag er wol feiner ausfchließenden Bekanntſchaft mit den Werken ber großen
Meifter zu verdanken haben; im übrigen ift er eigenthuͤmiich. Seine
zeichnen ſich durch die fprechendfte Ahnlichkeit aus, aber höhern Aunftwer
ihnen die geiſtreiche Daritellung des Charakterausdrude. Er mußte die P
weiche er malte, während der Sisung auf eine lebendige Erörterung ihrer Li
gegenftände zu leiten, und faßte fo den Eräftigften Ausdrud auf, deffen ih
fähig waren. Seine Zeichnung ift correct, fein Colorit reich und fein Pin
und frei. Die Beiwerke, fowol in Draperien ald Landfchaften, find q
behandelt, nie aber zu fehr ausgeführt. Thiere und befonders Pferde f
mit großer Wahrheit dar, und feine Meiterbilder gehören zu feinen vorzuͤ
Merten. Cr arbeitete ungemein fchnell, nie aber aus dem Gedächtniffe, w
Beiwerke bildete er der Natur nah. Er hat beinahe alle berühmte Maͤr
malt, die Schottland in ben legten vierzig I. befaß. Seine Mußeſtunden
er der Mechanik, den Naturwiffenfchaften und der Bildhauerkunft. Im gi
Umgange erwarb er ſich ebenfo viel Achtung ale in feinem Kuͤnſtlerberu
verleugnete auch hier nicht die Eigenfchaften, die aus feinen Werten fr
Leichtigkeit, Einfachheit und einen Eräftigen männlichen Geift. Der König ı
bei feiner Anweſenheit in Schottland diefem berühmten Kuͤnſtler die Ritt:
und ernamnte ihn zum Hofmaler. Er ftarb plöglich am 8. Yuli 1823.
Rafael Sanzio oder de’ Santi, der größte Maler der neuern
wie Manche wollen, der fette der alten Kunftperiobe, geb. zu Urbino, an
freitage, d. 8. März 1483, ftarb zu Rom am Charfreitage d. 7. Apr. 1520
Water, Giovanni Sanzio, ein unbedeutender Maler, wurde durch eine von
die Hofwand des väterlichen Haufes, ohne fremde Beihlilfe , gemalte Made:
dem Jeſuskinde (dies Gemälde wurde fpäter in ein Zimmer diefes Hauſes [am
Stud Wand, worauf es gemalt war, verfegt und ift noch zu fehen) von de
laͤnglichkeit feiner Kräfte zuc weitern Ausbildung feines Sohnes Überzeugt, u
denfelben in die Schule eines geößern Meifters zu bringen. Auf fein Bitte
Pietro (Vanucchi) Perugino den jungen R. unter die Zahl feiner Schüler auf
übertraf R. feine zahlreichen Mitſchuͤler, und erreichte in kurzem die Behand:
feines Lehrers fo weit, daß man Beider Werke aus diefer Periode kaum unter
ann. Hiervon zeugen R.'s erfte öffentliche Arbeiten: die Krönung des H. Ni
Zolentino, ein gekreuzigter Heiland zwifchen zwei Engeln, eine heil. Famil
Verlobung der Maria, vor allen aber eine Krönung der Marla für das Klo!
Francesco in Perugia, ſaͤmmtlich Arbeiten aus fenem 15. bis 18.9. —
rend der Zeit war einem von R.'s ehemaligen Mitfchlilern, Pinturicchio , d
malung bes Bücherfaals im Dom zu Siena Übertragen worden. Diefer
Rafael Sanzio 41
eier Arbeit zu helfen. Schon hatte R. einen großen Theil der Car:
Arbeit vollendet, als er erfuhr, daß in Florenz die Gartons des
und Leonardo da Vinci, welche von biefen beiden größten Künftlern
‚auf Veranlaffung einer Preisaufgabe des hohen Rathes zu Zlorenz,
m, öffentlich ausgeftellt waren. Er brannte vor Begierde, fie zu
te nach Florenz. Aber nicht allein diefe Gartons, fondern auch Flo:
mals der Sig alles Schönen und. Trefflichen, machten einen tiefen
das jugendliche Gemüth ; ebenfo wohlthätigen Einfluß hatte die Be⸗
nancher jungen Künftler von Bedeutung , des Ghirlandajo, A. S.⸗
an auch R.'s Biographen nicht ausdruͤcklich Davon reden, baß der:
z die Werke der frühern großen Meifter, eines Gimabue, Maſaccio,
cchio, Ghiberti, fleifig fludirt habe, ſowie ed Michel Angelo und
Imci gethan, fo iſt es doch nicht zu bezweifeln ; auch leuchtet die®
{bft verfertigten Bildern hervor, unter denen vornehmlich eine Ma⸗
ı Ainde (jest in der Tribune zu Florenz) ſchon von Vaſari überaus ge:
— Der Zod feiner Altern rief R. ſchnell nad) Haufe, und während
Schfchaftsangelegenheiten in Ordnung brachte, vollendete er in den
Muße mehre Gemälde, 3.8. zwei Madonnen, einen heil. Georg,
nlich auch das Gegenftüd dazu, den heil. Michael (nod) in Paris),
besenden Chriſtus im Garten (in Paris) und 1504 die Trauung
walizio, jept in Mailand). R.'s Liebe zu ferner zweiten Vaterſtadt
g ihn, bald dahin zuruͤckzueilen. Hier bewährte er feinen Ruf durch
de: eine Madonna fir die Kirche der Frati de’ Servi, eine mater
m meldyer R. in einem zweiten Bilde Gott den Vater vorftellte (jept
mmna au Rom), und außer andern Staffeleigemälden einen Chriftus
Vater, von mehren Heiligen umgeben, für das Heine Camaldu⸗
ein erſtes Frescogemaͤlde. Alle diefe Arbeiten grenzen nod) an den
hrmeiſters, und zeigen noch nicht die Größe, ben Adel und das Ge:
paͤtern Arbeiten, zeichnen ſich aber durch Empfindung und Gemäth,
haften, die der frühern Schule eigenthümlidy find, aus. — Sein
weiterer Ausbildung 309 ihn zum zweiten Male nach Slorenz. Hier
Studien nad) den obgedachten Altern Meiftern eifrig fort; die Be⸗
tFra Bartolomeo, den man R. faft an die Seite fegen kann, leitete
Grundfägen im Colorit. Überhaupt ſcheint er die ganze Zeit feines
ithalts auf feine Bildung verwendet zu haben, wenigftens weiß man,
ænz nur einige Portraits und den Carton zu feiner Grablegung aus⸗
Das Bild ſelbſt malte er in Peruyia, von mo es fpäter in den Palaſt
Rom gekommen ift. Diefes Gemälde ift ein Wunderwerf der Com⸗
Zeichnung und des Ausdruds, deffen Vortrefflichkeit von wenigen
Arbeiten übertroffen wird. Nach Beendigung deffelben ging R.
ale nach Florenz, wo Studien wieder feine Hauptbefchäftigung waren ;
aus biefer Zeit nur die herrliche Madonna, genannt la bella Giar-
in Paris), und eine andre Mabonna mit den Kirchenvaͤtern (in
ed Bilder, die nicht völlig von N. vollendet wurden, mit Beftimmt:
fen. — R.'s wiederholter Aufenthalt zu Florenz ift für ihn felbft,
ganze neuere Epoche der Kunft, von dem größten Einfluß geworben.
daters und Perugino's Leitung hatte er das Mechanifche der Kunſt
Nefen unentbehrlihen Vorkenntniſſen betrat er das Athen talieng,
„daß Cimabue, Giotto, Fiefole und die Damals noch lebenden flo:
Önftier mit feinem Lehrmeifter in allen Theilen der Kunft nicht nur
nten, fondern einige derfeiben, Maſaccio, Fra Filippo Lippi, Ma:
welli, Ghirlandajo umnd Fra Bartolomeo durch wohlgeordnete
12 Rafael Sanzio
Eompofitionen,, richtige Zeichnung und lebhafte Färbung ihn übertrafen. J
Merken Ghirlandajo's, und vor allen des Mafaccio, fand er, wonach er am m
firebte, einen größern Styl in Formen, Gewaͤndern, Umtiffen. Hatte nı
Schon die Vorzüge der größten Meifter feiner Zeit in der ganzen Romagna fi
worben, fo eignete er fich jest auch alle Vorzüge ber florentinifchen Schul,
daher feine große Achtung für diefelbe. Ein auffallendes Beifpiel dieſer Verel
gab er u. a., indem cr zwei Figuren von Maſaccio, welche man in der Carm
kirche zu Florenz noch jest fehen kann, in feinen Logen ohne die mindefte Ab
rung copirte, naͤmlich Adam und Eva, wie fie der Engel aus dem Parabiefe ı
— Unterdeffen hatte Papft Julius H. durch Bramante die erfte dee zum ı
Bau der Peterskirche und zur Verfchönerung des vaticanifchen Palaftes ausf
laffen. Auf Bramante's Veranlaffung ward R. 1508 nad) Rom berufen.
Papſt empfing ihn mit ausgezeichneter Güte, die Kuͤnſtler Rome aber mit der
ten Achtung. Er ftellte hier im zweiten Zimmer neben dem großen Saale bes
Itantin, die Stanza della Segnatura genannt, auf einer Steinwand die DU
oder den Streit der Kicchenväter vor. Man findet ziwifchen diefem Gemäß
‚feiner Grablegung eine Ähnlichkeit, was bei feinen fpätern Arbeiten nidyt nmel
Fall if. In der Gruppirung hat er fich hier noch an den Stni feiner früheren:
gaͤnger gehalten. Mur ift die Disputa meit vollendeter; Alles Leben, Bewe
Handlung, die Abwechſelung in den Charakteren bewimdernswuͤrdig, jeber €
voll Bedeutung, Seele und Geift. Nehmen wir für R.’s Arbeiten mehre]
den an, wovon bie erfte feine frühern, noch in Perugino’s Manier verf
ten, die zweite aber diejenigen umfaßt, melde er in Urbino, Florenz u. ſ. w.
endete, fo bemerkt man in der Disputa den Übergang zur dritten Manier, v
in der Schule von Athen, dem zweiten Hauptgemälbe in diefem Zimmer,
noch beflimmter ausfpricht. Diefes Gemälde (dem mwahrfcheinlich der Pa
als das dritte Hauptgemälde des Zimmers, vorhergegangen ift) zeigt weit ı
Kreiheit in der Behandlung, mehr Männliches und Kräftige. Auch geuen
erft dadurch die Gunſt des Papites fo fehr, daß diefer die Frescomalereien a
Künftler im Vatican faft fännmtlich vernichten lief, um die Zimmer burd
ſchmuͤcken zu laffen. R. malte an deren Stelle in der obgedachten Stanze DU
gorifchen Figuren der Theologie, Philofophie, Gerechtigkeit und Dichtkunft, |
in den Eden des Plafonds den Fall Adams , die Sterntunde, Apollo und Ma
und Salomo’s Urtheil, ſaͤmmtlich in Bezug auf die vier Hauptbilder des Zinm
zulegt aber auf der vierten Hauptwand über den Senftern die Klugheit, Maͤß
und Stärke, darunter den. K. Juſtinian, der das römifche Recht dem Tribe
ingleihen Gregor X., der die Decretalen einem Gonfiftorialadvocaten uͤbe
und unter denfelben Mofes, und eine bewaffnete allegorifche Figur. —
waren die ſaͤmmtlichen Arbeiten in der erften Stanze vollendet. Nun fol eu
Vaſari's Angabe mehre, weniger bedeutende, aber treffliche Srescogemälbe
heitet haben, den Jeſaias in St.=Nuguftin, die Propheten und Sibnlien ht «
Marin delta Pace, und feine befannte Madonna di Koligno (im Vatican). —
R. in dem ihm eigenthuͤmlichen Styl mit Riefenkraft immer flieg, davon F
folgendes Gemaͤlde in den Stangen, bie Vertreibung des Heliodor aus dem
pet, Beweis. Hier ift der Stol weit ernfter, größer, kuͤhner und gewaltiger
Behandlung weit geiftreicher und meifterhufter. Diefem folgte 151%, une
Regierung des neuen Papftes, Leo X., fein Attila, der von Nom durch La
Großen entfernt wird; Petri Befreiung aus dem Gefaͤngniß; und der PE
diefer Stange, Moſes im brennenden Bufc) , den Bau der Arche, Iſaaks
und Jakobs Traum voritellend. Ungefähr gleichzeitig damit find die Staffe
mälde: die bertihmte Madonna del Pesce (im Escorial), welche in Park
Holz auf Leinwand übertragen wurde, feine ebenfo fchöne Cecilia, welche von
Rafael Sanzio . 18
ümbet worden fein foll, eine heil. Samilie, la Perla genannt (im Es⸗
chiels Traum, unter mehren Madonnen bie dell’ Impannato, die
ia, befannt u. d. N., lo Spasimo di Sieilia (jest in Madrid), Chri⸗
Siorie von Heiligen umgeben, le cinque Santi, fodann fein eignes
tin Mündyen), das Portrait Laos X. (in Paris) u. A. Albr. Dürer,
Rubm bewogen, fol damals ihm fchriftlich ein Freundſchaftsbuͤndniß
und ihm mehre feiner eigenhändig geaͤtzten Kupferblätter und fein Bild:
und dagegen eine Anzahl Zeihnungen von R.'s Hand zum Geſchenk
en. Mit dem Incendio del Borgo, das Leo durch fein Gebet Löfcht,
dritte Stange im Vatican an; dieſes Gemälde ift durch Stärke und
es Ausdrucks, Schönheit der Formen, Wahl der Gruppirung und
igkeit ein Meifterftüict geworden. Ihm folgte die Krönung Karls d.
Inhtfertigung Leos IH. bei Karl, und Leos IV. Sieg Über die Sata:
fi, an weldyen jedoch R.'s Schüler nach feinen Zeichnungen viel ge:
en. — Hierauf vollendete er die von Bramante unvollendet gelaffenen
aticaniſchen Palaſtes, d. h. die Galerien, welche die Zimmer des Pa⸗
igen, und verfertigte die Zeichnungen zu den Malereien und Stucco:
mit fie verziert werden follten. Durch Giulio Romano und andre
IR. die Gemälde (deren nur vier von feiner Hand find), durch Johann
ber die Stuccaturen ausführen. Und fo wurde ein Cyklus von Kunft:
det, die für ewige Zeiten ein Vorbild für alle Künftler fein werden
etcanifchen Palaft zu einem Kunftheiligthume erhoben haben. Der
zädt von der Vortrefflichkeit diefer Arbeiten, trug R. die Auszierung
wdern Saales im Batican mit Bildniffen der Heiligen und Apoſtel auf,
a am Oberauffeher über alle Verfhönerungen biefes Palaftes und
a mit Ehrenbezeigungen. — Während der Zeit lieferte R. noch viele
eichnete Arbeiten; er verfertigte zu mehren Paliften, welche in Rom
dten Italiens erbaut wurden, die Zeichnungen, und vollendete die
Wr die Kirche St.:Sirt zu Piacenza (in Dresden), unitreitig eins der
Kfeines Pinſels. Die Hoheit, Würde und Erhabenheit, gepaart mit
Bde und Schönheit, welche in diefem Bilde herrfchen, möchten wol
meiht bleiben. Arbeiten aus diefer Periode find ferner: der heil.
We Portraits der Beatrice von Ferrara, feiner geliebten Kornarina , des
(ey in England), ded Grafen Caſtiglione, der wunderfchönen Johanna
um (beide in Paris). — Bon legterm find zwei alte treffliche Gopien,
Hür Arbeiten bes Künftiers ſelbſt Hält, eine beim Grafen Fries in Wien,
ae Mater Wocher in Bafel. Hierher gehören aud) die Srescogemälde in
22, das Leben der Pſyche in zwölf Bildern und die Galathea vorftellend,
dem legtgedachten, von feinen Schülern ausgeführt; ſodann die von
tbreichenden Zeichnungen aus der Fabel der Pſyche, 38 an der Zahl;
kMadonna della Seggiola (in Paris). — Wahrſcheinlich fpäter fertigte
wertin Ghigi die Zeichnungen zum Bau und zur Auszierung einer
Era: Maria dei Popolo, und für Leo X. die weltberühmten Car⸗
) zu den Tapeten für eins der Zimmer ded Vaticand. Diefe Tapeten
er alljaͤhrlich am Fronleihnamsfeite im Vatican ausgeſtellt, find aber
dm Zeiten zerftreut worden. Dies ift um fo mehr zu betrauern, da
m Rafael'ſchen Stanzen in Hinſicht auf Compofition, Hoheit des
Mannigfaltigkeit des Ausdruds, der Gruppirungen, Stellungen
per oft vorgezogen worden find. — Zur Ausmalung der vierten Stange,
Ifantine, in DI, hat R. nur einige Zeichnungen, befonders zur Schlacht
win und Maxentius, binterlaffen, die von Giulio Romano und andern
denm man in der Folge die Arbeit uͤbertrug, ‚benupt worden find. Bon
14 Rafael Sanzio
feiner eignen Hand find jedoch wahrfcheinlic die Bilder ber Gerechtigkeit‘
Freundlichkeit in diefem Saale. Mehre Staffeleigemälde jcheinen auch um °
Periode von R. verfertigt worden zu fein, u. a. Johannes in der Wuͤſte (von ’
mehre faſt gleich gute und einander faft gunz ähnliche Bilder vorhanden find, r
li) in Slorenz, in London, aus der Galerie des Herzogs v. Orleans, in *
und in Darmfladt; daher man nicht weiß, welches von diefen das Original
ferner feine Madonna mit dem Chrifttinde , das von einem Engel mit Blume’
flreut wird, und die heil. Margaretha. -- : M.’& letztes, nicht völlig vollen!
Gemälde, die Verklaͤrung Chrifti, befindet fich wieder im Vaticın. Wenn‘
die Kritiker dieſem Bilde vorgeworfen haben, „es enthalte zwei Dauptgegenfli
und beftehe aus zwei Bildern; fo müffen doch Alle zugeben, daß es das ve
detſte Meifterftück ift, welches die neuere chrifkliche Kunft hervorgebracht hat. -
Compojition ift fo edel, die Zeichnung fo vollendet, der Ausdrud fo erhaben
ernſt, es herrfcht in den Charakteren fo große Mannigfaltigkeit, das Colorit,
weit ed von R. herruͤhrt, ift fo wahr und kräftig, wie man in feinem andern F
R.s diefe Vorzüge wahrnimmt. Der Kopf des verklärten Chriftus, in web
diefe Vereinigung am meiften bewundert wird, fol feine legte Arbeit geweſen
Von einem heftigen Fieber ergriffen und durch eine falfche Behandlung geſchw
ſtarb der treffliche Kuͤnſtler in der Blüthe feines Lebens, 37 3. alt. — „Um
, bar war der Schmerz, in den ganz Nom bei diefer Nachricht verſank, grenze
die Trauer feiner Schüler. Diefe verloren in ihm ihren Vater und Freund, b
wohlwollendes Herz fie ale zu Einem Streben begeifterte. Sein Leichnam w
in feinem Studienfanle im Angefichte feiner Verklärung auf einem prächtigen:
tafalk aufgeftellt und dann mit einer feierlichen Zeichenbegleitung in die K
Sta: Maris Rotonda (fonft Pantheon) zur ewigen Ruhe gebracht. Dort Ü
feine Gebeine noch jest, bis auf feinen Schädel, der fpäterhin im die Akad
S.⸗Luca verfegt wurde. Sem von Carlo Maratti dort mufgeftelltes, von Na
gefertigtes Bruftbild, nebft einer Infchrift des Cardinals Bembo:
Ile hic est Raphael, timuit quo sospite vinci
Magna rerum parens et nıoriente mori.
bezeichnen jeine Srabftätte”. — Alle gleichzeitige Schriftfteller ſchildern R.
einen höchft gutmüthigen, zuvorkommenden, dienftfertigen, befcheidenen unt
benswürbigen Mann, der bei Hohen und Niedern gleich geachtet und beliebt ı
Die Schönheit feiner Geftalt, die edle, Zutrauen erwedende Bildimg ſeined
fichte nahmen ſchon beim erften Anblick für ihn ein. Er flarb unverheirathet,
war er den Frauen keineswegs abhold. R.'s Nachlaß fiel, feinem legten WB
gemäß, an feine Lieblingsfchüler, Giulio Romano und Francesco Pemni.
Wenn man die ungemeine Anzahl von R.'s Gemälden (fo ſtreng man auch in
ficht ihrer Echtheit fein muß) detrachtet, fo glaubt man kaum, daß ein volles I
fchenteben zur Vollendung derfelben hinreichend fei. R. hat dadurch die Fruchtba
feined Genies, ſowie die Leichtigkeit, mit der er arbeitete, aufs deutlichſte head
Bedenkt man Überdies, daf R. zu siner Menge von Arbeiten, die feine Sch
ausführten, die Entwürfe und zu feinen größern Gemaͤlden vielfache Stu
machte (mie die vielen Skizzen zu Madonnen, zur Schule von Athen, zum
chenfteeit ıc. beweifen), und oft erſt alle Figuren nadt zeichnete, um den Wur
Gewänder und Kulten den jedesmaligen Stelungen defto mehr anzupaffen ;
denkt man ferner, daß ihm die Auflicht ber den Bau der Peterskirche, der (
wurf von Planen su Erbauung andrer Kirchen und Palaͤſte, und mehre dergi.
benarbeiten übertragen wurden: fo muß die Bewunderung feines Genies
Hoͤchſte fteigen. --- Anfangs war feine Zeichnung, dem Geichmad damaliger
und dem erhaltenen Unterrichte gemäß, etwas ſteif und troden; fpäter, als e
Natur und Antike fleißig ſtudirt hatte, erfchuf er fid) ein Ideal, das wegen fi
Rafael Sanzio 16
z gar Natur, zum Menfchlichen, das Gemüth des Menſchen in Ans
ww, wenn das griech. Ideal mehr durch Hoheit überwältigt. In feinem
x gewann feine Zeichnung immer mehr um Freiheit, und Alles wurbe
Bewegung in jeinen Geftalten. Seine Gemänder find immer einfach,
m vorzüglich in fpätern Arbeiten große Maffen, und find vortrefflich
ſodaß das Nackte durdy fie nicht verdeckt wird. In den Verkuͤrzungen
sach und minder volllommen in der Perfpective. Im Golorit war er
ffalls trocken, bis er, durdy Fra Bartolomeo belehrt, einzig die Natur
03. Wenn er eö aber auch in diefem Theile der Kunſt nicht zu Tizian's
zgio's Höhe gebracht hat, indem feine Faͤrbung immer zu ſchwer umd
äg ericheint, fo bemerkt man doch, 3.3. in feinem heil. Johannes in
s der Fornarina, und in feiner Verklärung, wie weit er ed auch darin
x: und bloß ang diefer Tann man eigentlich urtheilen; denn feine uͤbri⸗
aus der beften Zeit find meift von feinen Schülern ausgeführt, hoͤch⸗
hm retouchirt. Die Vertheilung von Licht und Schatten verfland R.
aber in Dinjicht des Helldunkels hült er den Vergleich, mit den obgedach
a Coloriften nicht aus. Die Compofition und der Ausdrud dagegen
bie man gleichfam ald R.'s ausfchließendes Eigenthum betrachten muß
un er feinen würdigen Nebenbuhler gefunden hat. Er wählte in feinen
sen immer den Augenblidt der Handlung, welcher die Gemuͤthsſtim⸗
hendeinden Perfonen am deutlichſten ausdrüdte. Dabei vermied er allen
kaftauftvand,, alle Überladung, und fuchte, allein mit dem durzuftellen-
ſtend befcdyäftigt, den handelnden Perfonen nur fo viel Bewegung zu
Inöchig war. Daher findet man bei ihm oft ganz gerade, faft einfältige
8, die doch fo ſchoͤn an ihrem Drte find und der Darftellung bes In⸗
bs Spielraum laflen. Im Gegenfag anderer Maler überdachte er immer
ka der darzuftellenden Gefchichte und den allgemeinen Charakter des
I, ging dann zu den Figuren und zulegt auf die einzelnen Theile derſel⸗
& So wurden feine Bilder ganz Gemuͤth und Seele, fo erhielten fie
mie, nach welcher viele andre Künftier vergeblid) geftrebt haben. Goͤthe
Win von ihm: „Er machte Das, was alle Andre wünfchten gemacht zu
- 3u feinen ausgezeichnetfien Schülern gehören: Giulio Pipi Romano,
wi it Fattore, Polivoro Caldara di Caravaggio, Benvenuto Garofalo,
Bine, Bartolomeo Ramenghi il Bagnacavallo. Diefe, fowie ihre
m ſpaͤtern Nachahmer, bilden die von R. geftiftete römifche Schule, die
de Berzlige, welche ihrem Begründer vorzliglic eigen waren, immer
Ben ausgezeichnet hat, wenn fie auch bier und da nur ale fhwacher
won R.'s Vortrefflichkelt erfcheinen. — Die neueften Biographien R.'s
kam (Wiesbaden 1815); von Züßli (Zürich 1815); und von Qua:
'Dainen (Paris 1825). -— In Münden, Mainz und Berlin feierten
we Kuͤnſtler, forie die Runftatademie zu Berlin, feinen 300jährigen
Bot. Toͤlken'sRede bei der Gedächtnißfeier Rafael's, welche zu Ber:
Kprit 1820 von der Akademie der Künfte und des Geſanges und dem
wi begangen wurde” (Berlin 1820, 4.. - - Marc. Antonio (Ant.
Bach R.'s Zeichnungen in Kupfer, und R. jelbit fol auf einige Piatten
geſtochen Haben. -- Ein „Catalogue des estampes gravees d’apreu
u Tauriscus Euboeua“ (Graf Lepelt), erfchien Frankf. a. M. 1819,
indes calquees et deasinées d’apres 5 tableaux de Raph. acconıp.
are au trait et de notices hist, et crit.” von Emer. David zu Paris
här.); dieſe > Gemälde find das Agnus Dei, la Perle, la Visitation
R. von De6noyert) , In Vierge au poisson und lo Spasimo , die 1813
ich kamen, daſelbſt reſtaurict wurden und A819 nad) Spanien zurtid:
16 Raffiniren Raitzen
kehrten. Auch ſ. m. „Rafael Sanzio, von Fror. Rehberg‘ (Muͤnchen 1824
Fol., nebſt lithogr. Bl. nach R. und feinen Vorgaͤngern). Ein Text voll Geif
Gemuͤth iſt „Rafael's Kunft, und Kuͤnſtlerleben“, in Gedichten von Karl F
(mit Kpf. nach Gem. v. R. Leipz. 1827).
‚ Raffiniren, in der Chemie das Feinmachen, Reinigen, Läutern g
fer Subflanzen. Doch wird diefer Ausdruck hauptfächlidy nur bei Laͤuterun
Zuckers (ſ. d.) (daher Raffinade), des Kamphers nnd des Tinkals oder r
Borar gebraucht, fowie in ber Hüttenkunde bei der Stahlbereitung.
Rafflesia Patma. Diefer Koloß in der Blumenwelt, den |;
1824 Dr. Blume in Batavia befchrieben hat, übertrifft an Größe bei weiten
bis jest bekannte Blumen. Zu Ehren des britifhen Gouverneurs Star
Raffles, des Geſchichtſchreibers von Java (geft. zu Lond. am 5. Juli 1826),
diefe Blume, deren javanifcher Name Patma ift, Rafflefin genannt. Sien
in der Nachbarfchaft des Meeres der Sundainfeln. Ihre Blumenknosper
fphärifh, von rothhrauner Farbe und von der Größe eined Kohlhauptes.
Blume hat drei Fuß im Ducchmeffer. Sie fist als Schmarozer auf den Mia
einer Liane und hat einen Blumenſtiel. Ihr Geruch ift wie verborbenes |
fleifh. Jede Blume hat nur Ein Geſchlecht. Dr. Blume rechnet fie zu der t
der Dilleniaceen.
Ragufa, ehemaliger Eleiner Freiftaat ſlawiſchen Urfprungs in dem
Jllyrien, am adriatifhen Meere, der 656 n. Ch.‘gegründet, 25 TIM. groß
mit 60,000 Einw., und von 1427 — 40 blühte. Bon 1358 — 1536
diefe Republik unter dem Schutze der Krone Ungarn. Sie begab ſich aber
unter den Schuß der Osmanen und zahlte einen jährlichen Tribut. Endlich
auch fie Durch die von Frankreich ausgehenden gewaltigen Erfchütterungen vn
tet. Die Religion der Bewohner des Eleinen, größtentheile gebirgigen Gebiet
bie römifch-Eatholifche ; ihre Sprache ein Gemiſch von Slavoniſch und Stalia
Die Regierungsverfaffung , an deren Spige ein Rector ftand, der monatliche
felte, war ariftofratifc und nach dem Mufter ber venetianifchen eingerichtet.
naparte erpreßte von ihr auf feinem Zuge nad) Aanpten 70,000 Dulaten. {
befegte der franz. General Lauriſton Ragufa, ungeachtet diefe Republik bie fire
Neutralität beobachtet hatte, worauf die Ruſſen und die Montenegriner €
und Gebiet feindlich behandelten. 1811 vereinigte Napoleon Ragufa mit fa
41809 gebildeten Generalgonvernement Syrien; 20. Jun. 1814 war!
Stadt mit Capitulation von öfter. Truppen beſetzt. Sie bildet jest einen Arei
Königreichs Dalmatien. — Das alte Epidaurus, 589 v. Ch. von einen
chifchen Colonie gegründet, jest Ragufa vechin, wurde 164 v. Ch. eine
Golonie. 656 nad) Eh. unterfochte ein ſlawiſcher Volksſtamm die Eolonifte:
zerftörte Epidaurus, worauf die Slüchtlinge das heutige Ragufa gründeten.
(1548, 1562) und Erdbeben (1667) zeritörten den Flor diefer vormaligen H
ftadt der Republik und erſten Pflegerin der ſlawiſchen Literatur. Sieift bef
und liegt am Fuße eines hohen, Eahlen, fteilen Berges, auf einer Halbinſe
abriatifchen Meeres. Cie hat breite, regelmäfiige Straßen , einen prächtigen
laſt, vormals die Mefidenz des Rectors, 1200 H. und 7000, font 40,00
welche, außer einigen Fabriken in Seide und Tuch, Schiffbau und Danbe
300 eignen Schiffen treiben. Der Hafen bei der Stadt ift Elein, aber deſ
täumiger der nördlid) gelegene Hafen von Gravoſa. Die Stadt erhält ihr U
durdy eine Wafferleitung. Sie hat einen Erzbiſchof, ein Gomnaſium und
höhere Lehranſtalt der Piariften (Liceo Convitto).
Raimar (Freimund), ſ. Rüdert.
Raitzen; eigentlich Rafcier, ei Volk fimvifchen Stammes, das in‘
vien und Jliprien feine Wohnplaͤtze hatte, gegenwaͤrtig aber quch in Slaro
enders ım Innern, wo die Waffen fremder Eroberer noch nicht haben
Bauen, finden ſich viele völlig unabhängige Rajahe. : - Die Pforte
Wift. Unterthanen Rajahs, d.i. Skaven. '
te, in der Feuerwerkskunſt, eine von Papier gedrehte Röhre, weiche
Dorn mit Pulver vollgeſchlagen, an einem langen Stab befeftigt, per
aufgehängt und entzündet wird, dann ſenkrecht oft mehre tauſend Fuß
duft fteigt. Die Congreve’fchen Raketen (ſ. Congreve) beftehen aus
mm, auf dleſelbe Art wie bie gewöhnlichen mit Pulver vollgeſchla⸗
8, die ebenfalls an einem Stode befeftigt iſt, jedoch nicht fenfrecht fteigt,
tyontal auf ein Geſtell in eine Rinne gelegt und entzündet, ſich in der=
tung mit gewaltigem Raufchen fortbewegt Bis hierher gleiche fie der
mRafete. Born befindet fid aber eine eiferne mit mehren Löchern und
e verfehene Rugel, weiche mit einer Maffe, die dem gewöhnlichen
Ihelidy zu fein ſcheint, gefällt ift. Diefe ſpruͤht, ſobald fie entzuͤndet
u ſich, das ſich Überall anhängt , nicht zu Löfchen iſt und tief einbrennt.
Iffe erſchoͤpft, fo fpringt die Kugel wie eine Granate. Die Engländer
IR Raketen gegen Zruppen (bei Leipzig und an ber Görde) und befons
Magerungen (Kopenhagen, Wittenberg). Man hielt biefe Erfindung
kihr wichtig; doch hat die Erfahrung gezeigt, daß biefe Raketen, duch
Imre Zufälligfeiten gar fehr irre gemacht, ganz von ihrer Richtung
n ſelbſt oft umkehren. Sie thun Im Felde weit weniger Schaden als
SGeſchutz, und belagerten Städten ſchaden fie nicht mehr ald Brands
mit Brandfag gefüfite Bomben. Auch ihre Bufammenfegung ift kein
üngfiches Geheinmiß als man gewöhnlich meint ; denn bei der Öftreichie
ſchen und andern Artillerien find fie ſchon nachgeahmt, ja befonberd bei
tvernollfommnet worden.
1,9 (umrichtig Ragogv), eine berühmte, in männlichen Cr aus»
re Samilte im Siebenbürgen, bie einige Zeit hindurch diefes Fürften:
Kite , ſich um die religiöfen "md politifchen Rechte der Siebenblirger
18 Raleigh
resmacht entgegenſtellen konnte, eroberte er den groͤßten Theil Ungarns und
tens, nahm viele Feſtungen und nahte ſich mit raſchen Schritten den A
Wiens. Vergebens fuchte jegt Leopold den Frieden herzuftellen; der unerſch
liche R. foderte, daß Ungarn in ein Wahlreich verwandelt, alle geduldete R
nen in ihren Freiheiten hergeftellt,, ihm die Fuͤrſtenwuͤrde über Siebenbuͤrger
£annt, und ihm und feinen Anhängern alle eingezogene Güter ihrer Väter z
. gegeben werden follten. Marlborough's und Eugen’s Sieg über daB vı
franzöfifch-bairifche Heer bei Hochftädt fegte den Kaifer in den Stand, dem
fien R., der noch immer Siebenbürgen nicht ganz erobern Eonnte, eine g
Heeresmacht entgegenzuftellen. Aber ſchon während der Rüftung ftarb 2
(1705) und fein Sohn und Nachfolger, Sofeph I., bot unter Englands un!
lands Vermittelung den Mißvergnügten vergebens den Frieden an. Öftreid
daher den Kampf mit verfläckter Macht fort. Umfonft ſuchte R., von f. 4
gluͤck verlaffen, die Pforte für fich zu gereinnen. Berlorene Schlachten u
Meft rieben fein Heer auf. Neuhäufel und a. Seflungen, die er innehatte
gen über, worauf er fich in gütliche Unterhandlungen mit Öftreic) einließ.
Reiſe nach Polen, wo Peter d. Gr. war, den er für ſich gewinnen wollte,
ohne Erfolge. Man fegte‘ während feiner Abweſenheit die Friedensunterha
gen in Ungarn fort, die d.29. Apr. 1711 zu Szathmar geendigt wurben.
verfammelten ungarifchen Stände unterzeichneten (1. Mai 1711) zu Kavol
Vergleich mit ſtreich, durch welchen allen Verſchwornen gänzliche Amneſi
Zuruͤckgabe der eingezogenen Güter, den geduldeten Meligionsparteien freie |
des Sottesdienftes und der ganzen ungarifhen Nation die Derftellung de
lorenen Freiheiten und echte zugefichert wurde. R. ging nad) Frankrei
endlich nach Rumelien, wo er auf ſeinem Landgute (1735) ſtarb. Er hat
moires sur les revolutions de Hongrie“ (Haag 1738, 2 Bde. in 4
6 Bde. in 12.) hinterlaffen , die von vielem Geifte zeugen. Das Testamen
litique et moral du prince Ragotzki” ſoll nicht von ihm ſein.
Raleigh (Sir Walter), aus einer alten Familie, auf einem &
Bodley in Devonfhire 1552 geb., ftudirte zu Orford und London die Rechte
1569 mit Hülfstruppen, welche die Königin Elifabeth den Hugenotten f
nad) Frankreich, und focht nachher mit den Niederlaͤndern gegen die S
Nach feiner Zuruͤckkunft nad) London unternahm er 1579 mit feinem Halb
Humphrey Gilbert eine Entdedungsreife nach Nordamerika ohne Erfolg.
1580 in Irland eine Empörung gegen die Engländer ausbrach, welche ve
Spaniern mit einer Landung unterſtuͤtzt ward, bekam er eine Hauptmam
unter den Truppen des Grafen v. Ormond, und zeichnete ſich in dieſem Kr
aus, daß er ſpaͤterhin zum Statthalter von Cork ernannt wurde, auch zur |
nung feiner Dienfte große Güter in Irland erhielt. R. befaß viele Gewan
ein ſchoͤnes Äußere und jenen Anſtrich von Ritterlichkeit, der in Elifabeth#1
fo hohen Werth hatte. Als die Königin einmal auf einem Spaziergange dur
moraftige Stelle aufgehalten wurde, fol R. feinen Eoftbaren Mantel abgens
und ihn vor ihr zur Fußdede ausgebreitet haben. Als er den Herzog v..d
der fich um der Königin Hand beworben hatte, aber mit einer abfchlägli
wort und großen Ehrenbezeigungen entlaffen worden war, nach den Mi
zuruͤckbegleiten mußte, war er zugleich der Überbringer geheimer Botſchaf
den Prinzen von Oranien. 1583 ruͤſtete er auf eigne Koſten ein Schiff auf
feinen Halbbruder Gilbert auf deſſen Reife nach Neufundland zu begleiten;
durch eine unter feinem Schiffsvolk ausgebrochene Seuche ward er genöthk
ruͤckzukehren. 1584 erhielt er ein ausgebehntes Patent zu Entdediung und
ter Länder und Anlegung von Colonien in den von chriſtlichen Mächten noch
befegten Ländern Nordamerikas. R. war der Erfte in England, der den u)
Raleigh 19
den Colonien in Amerika machte; vorzuͤglich richtete er ſeine Aufmerk⸗
f Nordamerika. Er brachte bald am Hofe und unter den Kaufleuten
ihaft zufammen, welche zwei Schiffe ausrüftete, die 1585 unter den
ee Capt. Barlow und Amidas nach Morbamerika fegelten, in ber Bai
que im heutigen Garolina landeten und mit Waaren, die fie von den
Ziden eingetaufcht hatten, nad) England zuruͤckkamen. Man fchidte
hr 7 Schiffe dahin und legte eine Colonie an, die bald aber durch eigne
Eeloniften zu Grunde ging. — WR. wurde 1584 zum Abgeordneten
fhire im Parlament erwaͤhlt und nicht lange nachher von der Königin
smannt. Moch einträglicher war ihm ein Patent, das ihm allein im
igreiche Die Befugniß ertheilte, den Kleinhindlern mit Wein Erlaubniß-
ieſem Dandel su geben. Außerdem wurden ihm mehre große Güter in
benkt. 1586 ward er zum Senefchall der Derzogth. Cornwallis und
um Lordwarden (Dberauffeher) der Zinnbergwerfe ernannt; ja, er
ein Gunft bei Eliſabeth, daß ihr erfter Liebling, der Graf v. Leicefter,
mrubigt, dem Grafen v. Effer emporhalf, um R. einen Nebenbubler
1587 ward R. Hauptmann der koͤnigl. Garde und Generallientenant
u — Als die fpanifche Armada an Englands Küften erfchien, kam
a eignen Schiffen der koͤnigl. Flotte zu Hilfe und trug viel zur Beſie⸗
zindes bei. Die Königin ernannte ihn nachgehende zum Mitgliede ib»
meithes und wies ihm beträchtliche Finfünfte an. Dies Legtere war
zen feine geringe Gunft; denn obgleich er ruhmfüchtig, prachtliebend
iz war, fo verfänmte er doch eine Gelegenheit, welche ihm zur Wahr⸗
kmes Vortheils durch feine Hofverbindungen dargeboten wurde, ſodaß
u, durch feine Bitten beldftigt, ihn einmal fragte: „Wann doch, Sir
wär Ihr aufhoͤren ein Bettler zu fein?” -- „Wann Ihro Majeſtaͤt“,
I, „aufhören werden eine Wohlthäterin zu fen”. Auch machte er
wien, Beftechungen anzunehmen. Selbſt Kirchengliter wußte er an fich
band deffenungeachtet blieb er bei dem Wolke ebenfo beliebt wie bei
E — 1592 rüftete er in Sefellfchaft mehrer Andern eine Klotte aus,
Be anzugreifen und eine fpanifche Flotte aufzufangen. Diefe Unter:
uite jedoch Feine andern Folgen, als die Eroberung eines reichen ſpani⸗
ki. — Die übertriebenen Befchreibungen, die man damals von der
Bniana in Suͤdamerika machte, indem man fie ale eine wahre Gold:
rado) fchilderte, reiste auch den für alle große Entwürfe empfänglichen
3ug dahin zu unternehmen. Cr feqelte 1595 ab, nahm die Inſel Tri:
fig und ging den Dronofo hinauf. Als er uber die erwarteten Meich-
tfand, kehrte er bald zuruͤck, heftärkte jedoch durch feine Nachrichten
ned Land verbreiteten Wahn. Bei der Unternehmung gegen Gadiz
eit er ein Commando unter dem Grafen Effer , zeichnete ſich durch Ta:
'Rtugheit aus, und ward im folg. I. unter Eſſex's Oberbefehl Contre⸗
we Klotte, welche zur Wegnahme ber fpanifchen MWeftindienflotte ber
, Ein Angriff, den R. anf die feindtichen Schiffe machte, 309 ihm
Bien zu, und er wuͤrde ohne die Verwendung feiner mächtigen Fremde
en fein , obgleich fein Angriff mit Sieg gekrönt war. Späterhin mard
Mhalter von Jerſey ernannt. Gr trat als Zeuge gegen feinen großen
r, den Grafen Eſſer, auf, deffen Hinridytung er auf eine ungeziemende
Mleunigen fuchte und aus einem Fenſter des Zeughaufes mit anfah. ---
Igte viel Widerroilien gegen R., als einen Mann, der die kön. Gewalt
Imolle. R. ward deßwegen auf eine kraͤnkende Art zuruͤckgeſetzt. Beſchul⸗
an einer Verſchwoͤrung gegen den König genommen zu haben, ward er
wäther vor Gericht geftellt. Aber er vertbeidigte fich mit eineı fo uͤberreu⸗
2%
20 Rallentando Ramaͤjana
genden Beredtſamkeit, daß man ihn nicht des Todes ſchuldig finden konnte.
warb in dem Tower gefangen geſetzt. Hier ſchrieb er feine Weltgefchichte (‚
story of the world”), die nach einem vielumfaffenden Plane angelegt iſt,
ſchon in der Mitte der römifchen Gefchichte aufhört. Die Kortfegung derf
verbrannte er in einer Anwandlung von Unmuth über die Ungewißheit der bil
ſchen Beweife. Erſt nach einer 12jährigen Gefangenfchaft erhielt er feine Frei
Um feinen zerrütteten Bermögensumftänden aufzubelfen, befchloß er eine
Fahrt nad) Guiana, mo er Goldgruben zu entdedden hoffte. Er fand viele X
nehmer, und erhielt einen koͤnigl. Erlaubnißbrief dazu, ohne dag Jakob das
ihn gefprochene Urtheil wegen des angeblichen Hochverraths zuruͤknahm. 1
fegelte R., der fein ganzes Vermögen auf diefe Ausrüftung verwandt hatte,
12 Schiffen ab. Die Spanier, von feiner Unternehmung benachrichtigt, &
fid) an eben der Landfeite, welche ihm angewiefen war, niedergelaffen und K
werke eröffnet. R. kam krank an der Mündung des Oronoko an und feine g
Unternehmung fcheiterte. Als er 1618 nady England zuruͤckkam, ward er zu
mouth auf Befehl des Königs verhaftet. Vergebens fuchte er nach Franfrei
enttommen. Seine Berufung auf die ihm anfcheinend bewilligte Begnabi
ward verworfen, und man erlaubte ihm nicht einmal die Vertheidigung feines
tragens hei der legten unglüdlichen Unternehmung. Das Tobesurtheil war!
fpeochen und d. 29. Det. 1618 vollzogen. Männlich und ſtark hielt er eine
an das Volk, ließ ſich Dann das Beil zeigen , unterfuchte die Schärfe deffelben
fagte: „Es ift eine fcharfe Arznei, aber ein fiheres Mittel gegen ale Übel”.
er gefragt wurde, auf welcher Seite des Blocks er feinen Kopf hinlegen wolle,
wortete er: „Wenn das Herz nur rechtfchaffen ift, fo iſt es einerlei, wo ber.
liegt”. So fiel R. im 66. Jahre feines Alters durch einen ungerechten Urtt
ſpruch, den nur Jakobs I. Charakterfchräche erklärt. R. war ein Dann
großem, unternehmenbem Geifte, der aber freilich auch viel verſchuldet hatte.
feiner außerordentlichen politifchen Thaͤtigkeit befchäftigte ex fich viel mit den |
fenfchaften. Seine Schriften find poetifchen , geographiſchen, politifchen, |
tairiſchen, philofopbifchen und gefchichtlichen Inhalte. Seine Poefien, met
Lieder, waren zu jener Zeit nicht ohne Werth, doch hat er ale Dichter nich
glänzt. Seine Weltgefcyichte, freilich nicht vollendet und für unfere Zeiten
mehr brauchbar, trägt das Gepräge feines großen Geiſtes. Er war der Erf
ter den Neuern, ber eine pragmatifche Geſchichte ſchrieb. Die neuefte Ausg.
felben ift 1736 in Fol. erfchienen. Von feinen verm. Schriften („Misoellan
works") fam zu London 1748 eine Ausg. in 2 Bdn. 4. heraus,
Rallentando, auch ritardando ober lentando, zeigt in der Tom
an, daß bei der damit bemerften Stelle eines Tonſtuͤcks das Zeitmaß wege
Ausdrucks etwas verzögert oder langfamer werden fol. Der Eintritt des Fri
Tempos erfolgt entwweber nad) einigen Takten von felbft, oder wird durch a u
ausdrücklich angezeigt.
Ramajana, eine berühmte Epopde in Sanskrit. Dieſes Heldenge
von einem alten indifchen Dichter, Namens Valmiki, — oder vielleicht da
meinfame Werk eıner alten inbifchen Dichterſchule —, in welchem die Thaten
Abenteuer des Rama (f. Indiſche Mythologie, befungen find, wird:
Wilh. v. Schlegel zu Borm Fritifch berichtigt und mit latein. Überf. verfehen
Bdn. in 8. herausgeben, da die Ausg. zu Serampore (1806— 10, 3Bde., 4.)
vollendet wurde. Es fchließt fich an das philofophifche, in ganz Indien beruͤ
Gedicht „BhagavadsGita’’ an, welche eine Unterredung des Krifchna und Arı
über göttliche Dinge enthält (ebenfalls von Schlegel herausg., Bonn 1823).
Ramäjana behauptet nebft dem Mahn: Bharata den erften Rang unter ben
thelogifchen Gedichten, welche die Indier Puranas, d. i. alte Überlieferm
der Sonne. Diefes Ramafanfeft, fewie das Beiramfeft ([.d.),
ueber hinter dem Ramafan kommt, find die beiden größten Feſie der
qemedaniſcher Religion.
aber %, (Johann Heinrich), einer unferer talentvollſten Hiftorien = und
In und Üger, geb. zu Danover 1763. Sein Vater (handverfcher Hof:
wurcch Unterricht in der Perfpective und Ölmalerei, den er dem Sohne
poßen Anlagen deffelben zu entwickeln. Während einer Reife auf dem
Ikete dieſer in wenig Tagen mehr als ein Dugend Zeichnungen aus, wel⸗
intifchen Anficyten dieſes Gebirges gewaͤhren. Sie wurben von dem
vm König vorgelegt; dieſet ließ dem jungen R. das Reifegeld nad) Eon:
en, gab ihm eine Stelle in der Malerakademie und forgte für feinen
R. Hlieb 9 I. in London und vervollkommnete fid) umter Reynolbe’s
a feineg Kunft. Die gefchictteften Kupferft. Englands, Murphy und
Lerbeiteten nadı Xs Zeichnungen. Er verfertigte religiöfe Stüde für
‚Bapelle zu St⸗James, Scildereien für die Bopdell’fche Shakfpeare:
Iien Poetenfaal, wie auch den Übergang Aleranders über den Grani⸗
wüenhoufe. "Georg IH. feibft nahm oft mit Vergnügen feine Schnellig:
kam wahr und fdidte ihn 1788 nach den Niederlanden und Jtalien,
Menon eine innige Freundſchaft anfnüpfte. Hierauf kehrte er nach Ha:
## und ward zum Hofmaler ernannt. --- Wenig Zeichner und Maler
id gearbeitet ald er. Aber die Schnelligkeit feiner Arbeiten verhinderte
1 Uasbildung feines Talents. Mehr als 50 Kupferft. Englands und
6 haben der Fruchtbarkeit feines Pinſels nicht nachkommen können.
rxiqhnet ſich R. im humoriftifchen Zerchilde aus. Die Zeichnungen zu
Kihen Kpfn. ber Prachtausgabe von Wieland's Werken find von ihm. .. 1
Ne für 2 Bde. derf. die Titelkupfer, das eine mit der Überfchrift: Idris.
Beichnungen lieferte er zu Almanachs⸗ u. a. Kupfern. Dan wirft feinen
ine gewiffe Famiſienaͤhnlichkeit vor, und feinen Compofitionen im Au:
eine förende Überladung an Nebendingen, 3.3. Staffirungen von
mb Kopen. R. ift Mitglied der philotechnifchen Geſeliſchaft in Pas
ı feine Werke, befonbers uͤber feinen Zug Aleranders Über den Grani⸗
22 Ramler
machte die Oper „Hippolyte und Aricie“ von Pellegrin, welche R. in einem
mals völlig neuen Styol geſetzt hatte, trotz der Verunglimpfungen feiner Ne
ausnehmendes Gluͤck. Won nun an ward Alles, was R. componirte, mit enı
fiaftifhem Beifall aufgenommen, und fogar feine Oper „Zoroafter” in Drei
ins tal. über]. und aufgeführt: eine Auszeichnung, die bis dahin noch Bei
franz. Mufitftüd widerfahren war. R. fchrieb 22 Opern, aber feine Anfoden
gen an die mufifalifche Sefangscompofition kann man wol aus feiner Äußerung
nehmen: „Au’on me donne la gazette d’Hollande et je la mettrai en ı
sique”. -- Zum Capellmeifter des Königs ernannt und in den Adelftand erho
follte er eben den Orden des heil. Michael empfangen, als ihn der Tod 1764 &
eilte. Sein Leichnam ward mit vielem Pomp in der Kirche St.:Euftadye in P
neben Lully beigeſetzt. So groß R.'s Verdienfte als Tonfeger waren, fo wur
fie doch von den Verdienſten, die er fich durch feine Werke tiber Harmonie und -
neralbaß erwarb, Übertroffen; denn er war es, der zuerft die Grundregeln
Harmonie gründlicher entwidelte. S. über ihn Gerber’ „Tonkuͤnſtlerlexikon“
Ramler (Karl Wilhelm), Inrifcher Dichter, Überfeger und Kritiker,
1725 zu Kolberg geb., ftudirte zu Halle und wurde 1748 Prof. der ſchoͤnen Wif
haften bei dem Gadettencorps in Berlin. 1790 legte er diefes Lehramt nieder :
ward Mitdirector des Nationaltheaters in Berlin. Seit 1796 zog er fi) von a
Geſchaͤften zuruͤck und ft. 1798. R. trat in einer duͤrren, an ausgezeichneten D
terwerken nicht ergiebigen Zeit ald Lyriker auf und Enüpfte, indem er feinen Ki
verherrlichte, feinen Ruhm an den Ruhm bes größten Helden feines Sahrh.
raz, der den Auguſtus preift,, war das Mufter, dem er nachftrebte, und inn
ren feiner Oden ift die Nachahmung nicht zu verfennen. Inſofern fann man
den beutfchen Horaz nennen, da diefer als Lyriker in vielen Faͤllen ebenfalls N
ahmer griech. Vorbilder war. An Inrifcher Kraft und lebendiger Phantafie
bleibt er ebenfo weit hinter Horaz zuruͤck als vielleicht diefer hinter feinen Muſt
Überhaupt fehlte R. der aus eigner Kraft fchaffende Dichtergenius; dagegen
faß er einen feinen Gefhmad und Sinn für Correctheit. Als Mufter des fi
fältig geglätteten und correcten Ausbruds hat er ſich um unfere Sprache bleib
Berdienfte erworben. Den Herameter aber und die Horazifhen Versmaße br
noch fehr unvolllommen nachgebildet,, forvie ihm uͤberhaupt der Bau und daß |
fen des antiten Verfes durchaus verborgen blieben ; denn er ging von bem Gri
fat aus, daß jedes einfylbige Wort nad) Willkuͤr kurz und lang gebraucht we
tönne, fo ſehr auch Ausfprache und Gehör dawider ftreiten. Dies wird hir
hen, den Werth feiner Überf. aus dem Horaz, Martial, Catull, der Sapphif
Oden u. f. w. zu beftimmen. Ebenſo wenig hat er fich den Dank der Freunde €
ner's dadurch erworben, daß er die Idyllen deffelben nad) feiner Art in Heran
übertrug. Mit den Gedichten Anderer, die er in feine „‚Lnrifche Blumenleſe“
feine „‚Kabellefe' aufnahm , erlaubte er ſich manche nicht zu billigende Verände
gen. Daß er dem „Fruͤhling“ feines Freundes Kleift und den Gedichten G
feine Seile angedeihen ließ, ift von Voß in Schuß genommen worden. Bon
nen eignen Gedichten verdienen nächft feinen Oben die Cantaten erwähnt zu |
den, von denen „Der Tod Jeſu“ durch Graun's Mufit berühmt geworben ift.
prof. Werke find eine „Kurzgefaßte Mythologie” und eine Schrift über alle
gorifche Perfonen, zum Gebrauch für Kuͤnſtler. Außerdem lieferte er eine B
beitung von Batteux's „Einleitung in bie ſchoͤnen Wiffenfchaften”. Um bie 9
dererwedung Logau's machte er fich gemeinfchaftlid) mit Leffing verdient. U
haupt fland er mit den trefflihften Männern feiner Zeit, deren Achtun
mit Recht befaß, in freundfchaftlichen Werhältniffen und wirkte mit ihnen
meinfchaftlich, fern von Streitfucht und Parteigeift, sum Nugen unferer Liter«
Nach feinem Tode erfchienen feine Gedichte in einer vollftändigen Sammlung.
KRammelöberg Ramsden 28
Z. Ramler's poetiſche Werke“ (2 Thle., Bert. 1800, 4. u. 8.; Tafhen-
nd. 1825, 2 Bbe., 12.).
ımmelöberg, ein 1820 Fuß hoher Berg des Harzgebirges, ich
Kat Goslar, welche an feinem Fuße liegt, gehört, was feine Oberfläche
adem bersoglich braunfchmweigifchen Kreisgerichte Harzburg, in Rüdficht
aiihen Erzeugniffe aber zum fogenannten Gommunion= Hatze, alfo Ha:
Braunſchweig gemeinfchaftlid, und zwar fo, daß erfteres-t, letzteres
mmt. Diefer Berg ift wegen feiner ergiebigen Bergwerke merfwür:
a derechnet die jahr. Ausbeute auf 10 Markt Gold, 3600 Mark Sit:
0 Etr. Gloͤtte, 5600 Etr. Blei, 2500 Etr. Kupfer, 5200 Etr. Zink,
wien, 20 Gtr. blauen und 1600 Gtr. grünen Vitriol und 2200 Gtr.
. Der reine Überfchuß beträgt jährl. fiber 30,000 Thlr. Die Maffe des
beſteht vorzuͤglich aus derbem blumigblättrigen Bleiglanz, gelben
km, bunten kupfrigen Schwefel= und Arfeniktiefen, ſchwatzer und raus
wımd Gifenerzen. Diefe Metalle und Salze finden fid nicht einzeln,
alle in einem und demfelben Erzgemenge, welches, da es zur gewöhn=
xengarbeit zu feft if, durch Keuerfegen gewonnen wird. Vor den Stel
Gruben naͤmlich, wo das Erz gewonnen werben foll, errichten die wegen
we faft nackend arbeitenden Bergknappen Holsftöße, die jeden Sonna:
b angeslindet werben und das Erz mürbe brennen. Vom Sonnabend bis
bleiben nur die Keuerwärter in dem Berge; vom Montage bis Sonna:
des mürbe Erz losgebrochen und zu Zage gefördert. Das Keuerfegen
Reitungen gewährt einen impofanten Anblid, wie benn Überhaupt die
& des Rammelsberges vor allen andern befucht zu werben verdienen.
th ron dem Feuer zicht durch die obern, alten Baue, bildet hier Vitriol
Hunch alte Schächte zu Tage aus, und der Berg hat dann das Anfehen
Med. Der Holsverbrauch beträgt jährlich) an 6000 Malte. Bon
Aden gehören der Stadt Goslar vier, doch muß diefe die Erze für einen
Mfreis dem Sommunionbergamte abliefern. Der Berg gewährt eine
Wehe Ausſicht auf die Ebene Niederſachſens. — Die Entdedung der
Bis Rammeldberges fällt in das Jahr 963, in die Regierungszeit Otto
ke Lange waren fie zwifchen Goslar und den Herzogen von Braun:
bitte. Die Lestern, denen Kaifer Kriedrich IL. 1235 den rammelöbergi:
sten ald Reichslehn erb⸗ und eigenthuͤmlich ertheilte, hatten ihn 1373
Rart Silber an Goslar wieder käuflich überlaffen. Diefes weigerte fich
wegen ber großen, auf das Bergwerk verwendeten Koften, den Zehnten
Ken, bis nad) langem Streit und Kriegen Herzog Heinrid) der Jüngere
11552 zu dem Vergleiche zwang, wonach bie jegige Communionherr⸗
RK nur den Beſitz von den ehemals gemwerkichaftlichen Gruben, fondern
kerichtsbarkeit über die vier Gruben der Stadt, das Vorkaufsrecht aller
ben Zehnten und den Stollenneimten echielt.
möden (Sohamm), Verfertiger mathematifcher Inftrumente, geb. den
30 zu Halifar in Horkfhire. Sein Vater, ein Tuchfabrikant, hatte ihn
en Geſchaͤft beftimmt; aber der berühmte Optiker Dollond, deſſen Toch⸗
ubete, Lehrte ihm die Kunft, mathematifche Inftrumente zu verfertigen.
Kichen Arbeiten machten ihn fchon feit 1763 berühmt. Mehre optifche
ſtronomiſche Inſtrumente find durch ihn gluͤcklich verbeffert, mehre durch
'erfunden roorden, unter denen feine Theilungsmafchine obenan fteht.
t fie befonders befchrieben (Paris 1790, Fol., m. Kpf.). 1786 warb
) der koͤnigl. Gefeltfchaft zu London. Auch als Schriftfteller hat er fich
ige Abhandlungen, die man in den „Philosophical transactions‘' fin:
egemacht. Er ftarb den 9. Nov. 1800. Pinzzi be'chrieb fein Leben.
24 Rance Rang
Rance (Dominique Armand Jean le Bouthillier de), zu Paris der
San. 1626 geboren, zeigte in feiner Jugend Anlagen für die ſchoͤnen Wiffenfchaf
In der Folge ward er Chorherr an der Kirche NotresDame und wibmete ſich
Theologie. Nach Vollendung feiner Studien überließ er fich weltlichen ;
freuungen und Genüffen, beſonders einem Hange zum weiblichen Geſchle
Ploͤtzlich verließ er jedoch die Hauptſtadt und den Hof, zog fih-auf,fein Gut bei Te
zurüd, und fing bier das einfame beſchauliche Leben eines Mönche an, verka
fogar fein Gut und ſchenkte das daflır gelöfte Geld, 300,000 Livres, an das £
Dieu in Paris. Cr felbft that Profeß in der Abtei von Parceigne 166%,
im Klofter la Trappe, wo er, nad) erhaltener Erlaubnif von Rom, die alte Str
wiederherſtellte. Sein Klofter warb fortan der Sig der ſtrengſten Entfagung.
Trappiften.; Zu diefem Behufe ſchrieb Rance feine Abhandlung üben
Heiligkeit und die Pflichten des Moͤnchsſtandes. Muͤde des Regierens in ber
meihten Mauern, legte R. feine Stelle nieder, und flarb den 26. Oct. 1700, ı
im Tode die Regel feines Ordens beobachtend, auf einem Afchenlager. E
Schriften über Möncysthum, Über Obliegenheiten der Chriften u. ſ. w. geben
weiß von der afcetifchen Strenge feines Gemuͤths. Als Beranlaffung feiner p
lichen Sinnesänderung wird eine VBegebenheit bei dem Tode feiner Geliebten
zahlt, was jedoch ducdy des Abt von Marfellier Leben Rancéè's (neue er
Paris 1758) widerlegt wird.
Rang, die Ordnung, wodurch fi, im äußern ein Vorzug des Einem
bem Andern ausiprechen fol; Rangordnung, eine Vorfchrift über das 5
haͤltniß, in welchem die Claffen der Unterthanen, die Staatsbeamten, die am 4
erfcheinenden Fremden, und befonders auch die Gefandten fremder Staaten zu
ander in diefer Hinficht ftehen follen. — Der Rang hat ſchon oft zwiſchen
Staaten, ihren Oberhaͤuptern und deren Gefandten ernfthafte und ſehr laͤcher
Streitigkeiten veranlaßt, denen man zumeilen durch finnreiche Mittel abzuhe
gefucht hat. (S. Geremoniel der europdifhen Maͤchte.) Ein Da
ſchauplatz Lächerlicher Rangftreitigkeiten waren in frühern Zeiten alle Orte, wo
ſchiedene Stände des deutfchen Reiche und ihre Gefandten oder Bevolimächti
sufammentrafen, weil eine jede Claſſe nicht nur eine fharfe Auszeichnung vor
geringern, fondern aud) volltommene Gleichftellung mit der höhern verlan
Jetzt find die Rungftreitigkeiten zwiſchen den Staaten durch die Humanitaͤt
Monarchen faft ganz verbannt worden. Sie kommen ale Gleiche ohne alle
fette zufammen; bei Unterzeihnungen wählt man, wie bei den großen diplon
(hen Verhandlungen feit 1813, die alphabetifchye Ordnung. (S. Ceremot
der europ. Mächte.) Die Rangorbnung unter den Glaffen der Beamter
Einwohner ift nirgends fo genau beftimmt als in England, wo fie (nad) den J
zen des Eönigl. Haufes) von dem Erzbifchof von Canterbury und dem Lord: Hau
anfängt und in 62 Abftufungen bie zu den bloßen Handwerkern und Xagiöh:
(labourers) herabfteigt. Die Alteften Söhne eines Barons gehen body auch
koͤnigl. Geheimenräthen nody vor, und die Söhne eines Baronets oder Kit
‘haben den Rang vor den Oberiten, nad) welchen fodanı die Doctoren des e
Rechts (Serjeants of law), die Doctoren der Facultaͤten, die Esquires, Gentle—
u. f.w. Eommen. Dagegen weiß man dort von den Rangitreitigkeiten der um
Staatsbeamten nichts. In andern Staaten war das 16., 17. u. 18. Jahrh
Blüthenzeit der Rangitreitigkeiten und Rangordnungen (f. Hellbach's „Handl
des Rangredhts”, Ansbad) 1804), und dabei wurde dem niedern Adel ohne i
weitere Verdienft oder Amt ein immer größerer Vorzug vor den erften Beam
des Staats, wenn fie unadeliger Geburt waren, eingeräumt. Diefe Ungere
heit, welche den Altern Gefegen, felbft den Reichsgeſetzen entgegen war, fängt is
neuern Zeit an fich wieder zu verlieren. In Rußland ift der Rang nad den
Fiasm urforängli ftein
ubans Ranzau, und ift der Stammvater aller noch blühenden gräfl.
ı Einien des Ranzau’fchen Haufes. — Noch find berähmt: 1) der dis
im, Job. v. R. (geb. 1492, geft. 1565). Er machte große Reifen
ta Serufalem zum Ritter gefhlagen. Als er den D. Luther in Worms
Amuthvoll und kräftig vertheidigen hörte, warb er ganz für ihn einges
ab war nachher ein Hauptbeförberer der Reformation in Dänemark.
1 8iogheit verhalf er dem König Friedrich I. auf den daͤniſchen Thron,
ügefegten König Chriftian Il, der in Norwegen eingefallen war, mehre
ı lese bie Ruhe in diefem Reiche her. Kaifer Karl V. und Franz I.
ih wünfchten Beide R. in ihre Dienfte zu bekommen, aber er blieb ſei⸗
ide treu. — 2) Heinrich, Graf von R. (geb 1526, geſt. 1599),
even Holſtein, einer der eifrigften Befoͤrderet der Wiſſenſchaften; er
k@eichrten mit außerordentlicher Freigebigkeit, ſammelte eine vortreff-
ihet, die er möglichft gemeinnügig zu machen fuchte, und ſchrieb mehre
aifronomie und Aftrologie, Arzneitunde, Kriegskunſt u. f. w. -—
Br. v. R. (geb. 1529), ſtudirte in Wittenberg, machte Reifen, diente
a V., dann in bem dänifchen, und fchlug als Oberbefehlshaber mehre
Wiweden, 1563 und 1567. Er blieb 1569 bei der Belagerung von
apalland. — 4) Joſias, Graf v. R. Marſchall v. Frankreich und
ren Duͤnkirchen, vorher General in ſchwed. Dienften, kam 1635 mit
nach Paris, warb von Ludwig XIII. angeſtellt, und erwarb ſich durch
mtalent und feinen perfönlicen Muth die höchfte Berounderung. Er
ker Mann, befaß viel Geift und Berebtfamkeit, verfiand alle Haupt⸗
pas und farb 1650. — Die Grafſchaft Ranzau in Holftein befteht
He ReusRanzau, den Marktfleden Barmftebt und Elmshorn nebft 26
Dre Herzog Friedrich von Holſtein⸗Gottorp verkaufte fie 1649 an
ER. für 200,000 Thlr. Kaifer Ferdinand erhob den v. Ranzau in
and, und das Amt Barmftedt zu einer Reichögraffchaft, welche auch
hm Mitſtande des niederſaͤchſ. Kreiſes aufgenommen wurde. Als
ef Ghriftian Detlev auf Anftiften feines itınaern Bruders erfchoffen
26 Rapp
tique de l’etablissement des colonies greoques“ (1815, 4 Bde.) e
Inſtitut den ausgefenten Preis. Biel Gelehrfamkeit und eine gluͤckti
nationdgabe,zeigte er in f. „Antiquites grecques du Bospore eimmér
ris 1822, mit Kupf.), wozu ihm zwei gelehrte ruffifche Freunde die A
alter Denkmaͤler mitgetheilt hatten. Denn er ſelbſt hat jene alte €
Pontus nie gefehen. Hr. RR. machte vor einigen Jahren eine 9
Schweiz, wo er die ausgezeichneten Männer aller Parteien kennen lernt
fchrieb er feine „„Lettres sur la Suisse” (2 Bde., neue Aufl., Paris
1824 u. 1825; ein 3. Thl. Paris 1826), fowie feine „Histoire de la
helvetique de 1798 a 1803" (Paris 1823). In erftern tritt diefi
oft als Sachwalter der Finfterniß auf; legtere Schrift ift reich an Chaı
und gilt auch in der franz. Literatur ald ein Mufter des hiftorifchen €
iſt des Verfaſſers Urtheil oft einfeitig und hart abfprechend; baher hat
ger im Waadtlande, Charles Monnard, in f. „Observations sur l’his
revolut. helvet. de M. Raoul-Rochette‘' (Paris 1824), die fchiefer
und hiftorifchen Unrichtigkeiten diefes Werks geruͤgt. Auch f. „Hist. d
(Paris 1825) ift nicht von Einfeitigkeit frei. 1821 gab RR. feine
als Mitglied der damals beftehenden Genfurcommiffion.
Rapp (Iohann, Grafvon), franz. General während des R
Trieges, geb. 1772 im Elſaß. Er trat 1788 in Kriegsdienfte. Als A
Generals Defair machte er die Feldzüge in Deutfchland und Ägypten
Defair bei Marengo gefallen war, wurde R. bei Bonaparte, dem er die
ſchaft meldete, Adjutant. 1802 vollzog er den Auftrag des erften Gc
den Schweizern die Einftellung der Feindfeligkeiten zu fodern und Frank
mittelung des Parteienfampfes, der den Frieden bes Landes feit der Bei
felben durch franz. Heere geftört hatte, anzutragen. Die Schweizer u
fi) Bonaparte's Entfcheidung. Im folg. Jahre wurde R. an die Ufe
mündungen gefchidt, um Schanzen zur Schutzwehr gegen eine Landun
länder aufwerfen zu laffen. Beim Ausbruch des Kriegs 1805 gege
begleitete er Napoleon, und nach der Schlacht bei Aufterliß, wo er di
Barden durdy einen fühnen Reiterangriff in Unordnung brachte und d
Repnin gefangen nahm, wurde er zum Divifionsgeneral erhoben. Au
ßiſch⸗ruſſiſchen Kriege focht er mit Ruhm und erhielt im Sommer 180
Generals Lefebvre den Oberbefehl in Danzig. So druͤckend diefer P
den damaligen Umftänden auch fein mußte, fo hat dennoch General R
fo benommen,. daß ſelbſt ftreng urtheilende Augenzeugen*) feiner Hand
im Allgemeinen Gerechtigkeit widerfahren laffen. Er blieb (eine &ı
brechung 1812 abgerechnet, wo er in Rußland fich auszeichnete) 7 Zah
haber von Danzig, das er nad) dem Ruͤckzuge des franz. Heeres aus H
1814 während einer harten Belagerung vertheidigte, wobei er alle J
des Genies und der glänzendften Tapferkeit aufbot, und erft nach €
aller Vertheidigungsmittel und von Hungersnoth gebrängt, die Sta
dingungen übergab. Er wurde ald Kriegsgefangener nad) Kiew gefüh
nad) Frankreich zuruͤckkehrend, ward er vom König mit Auszeichnung
men und erhielt im März 1815 den Befehl über das erfte Armeecorpt
poleong Fortſchritte aufhalten follte. Als der Abfall des ganzen Heerei
derftand unmöglich machte, ging auch R. zu Napoleon über, ber ihn zuı
haber der Rheinarmee ernannte, welche die Linien an der Lauter und vı
burg befegt hielt und ſich längs dem Rhein bis Hüningen ausdehnte.
gen Gefechten gegen einen Überlegenen Feind zog ſich R. unter die Ka
Strasburg zuruͤck. Als Lubwig XVII zum zweiten Mal nad) Pa
*) ©. Bleh’s „Geſchichte der fiebenjähr. Leiden Danzigs” (Danz. 1815, B
Swan nn mm Don mn a nn 0 nn am .
eontemporaina”, 1. ief.). Diefe find echt; einer frähern Ausg.
e Witwe des Generals.
ei, f. Wahnſinn.
"Rasmus Chriftian ), Profeffor der Literargefchichte und Unterbis
ser Univerfität zu Kopenhagen, ein um bie ffandinavifche, insbeſon⸗
indiiche Literatur und um die Linguiſtik überhaupt verdienter Sprachs
1784 von armen Landleuten zu Brendekilde bei Obdenfee auf der Ins
irte in Kopenhagen, lebte dann einige Jahre in Island und madıte
te Reifen nach Schweden, Finnland und Rußland. Bei feinem fels
genie ward es ihm leicht, ais er 1808 bei der Univerfitätsbibliothek
wangejtellt wurde, ſich mit den älteften Quellen der norbifchen Ges
mt za machen. Seine „Anleitung zur Kenntniß der islaͤndiſchen,
Kim Sprache” (Ropenh. 1811), |. „Angelfächfiiche Sprachlehre“
5% f. „Unterfuchungen über den Urfprung ber alten nordiſchen, ober
Bgradye‘, eine von der daͤniſchen Geſellſchaft der Wiffenfhaften ges
kift (Kopenh. 1818) und ſchaͤtzbare Beiträge zu andern Schriften
wifche Literatur, ſowie die Herausgabe von Biden Haldorfen’s „I6=
sche” (Kopenh. 1814), bewieſen bas ausgezeichnete Talent dieſes
t vergleichende Sprachforſchung. 1819 unternahm R. für biefen
kije dutch Rußland nach Perfien, wo er in Tauris, Teheran, Pers
ira vertweilte; dann ging er, von Abuſchekr am perfiichen Meerbu⸗
4 Bombay um hielt ſich bis 1822 in Indien und Ceylon auf, von
tRopenhagen wieber eintraf. R. hatte in Oftindien 113 zum Theil
eltene orientaliſche Handſchriften für die Univerficät zu Kopenhagen
ter 33, welche die alte perfifche Kiteratur, vorzüglic den Zend: Avefta
vevon einige ben Forſchungen des gelehrten Anquetil bu Perron ent»
5 19 derfelben find in der Zendſprache, die übrigen im Pehlwi abges
wichriften gehören einem bisher faft unbekannten Theile der altindis
ran. — Deutſchland kannte diefen gelehrten Sprachforſchet ſchon
m Bemerkungen Über bie Sprachen und die Literatur bed Nordens
t Wiener Nabrbücher”; Enaland lernte ihn aus feinen Abhandluns
28 Kite Rationalismus
4713 wurden oͤſtr. Seite durc) den Prinzen Eugen von Savoyen und von
Frankreichs durch den Marfchall Villars die Unterhandlungen angefangen,
ben fpanifchen Exbfolgeftreit durdy den Raſtadter Krieden vom 6.
41714 endigten. Da das Reich nicht mit darin begriffen war, fo fand ein
Gongreß zu Baden in der Schweiz flatt, mo Eugen und Villars den Friede
zwiſchen dem beutfchen Reich und Frankreich (Baden, d. 7. Sept. 1714)
zeichneten, durch welchen Landau an Frankreich abgetreten, die Kurfärft
Köln und Baiern wiederhergeſtellt, der Utrechter Friede, ausgenommen in
was Spanien betraf, anerkannt, Mantua jedoch, Mirandola und Commac
Hſtreich Überlaffen wurden. Spanien allein blieb noch im Kriegsſtan
Dftteih. — Der 2. Congreß zu Raftadt vom 9. Dec. 1797, unter Preufe
Sſtreichs Mitwirkung, zu Abfchließung eines Friedens zwiſchen Frankrei
dem deutfchen Reiche eröffnet, ward vom Kaifer (7. Apr. 1799) aufgeloͤß
Congreffe) Die franz. Gefandten, Noberjot, Bonnier und Jean d
zeiften, nachdem bie zur Abfchließung des Friedens beauftragte Reichsdep
fi) (23. April 1799) für ſuspendirt erfiärt hatte, mit Päflen bes kurman
rectorialgefandten, Freih. v. Albini, verfehen, den 28. April Abende ab, ı
aber ungefähr 200 Schritte weit von ber Vorftabt, auf dem Wege na P
dorf, von einem Trupp Szekler Hufaren überfallen. Roberjot und Bonukı
ben ermordet, die Papiere genommen und ihre Leichname gepländert; J
Bry, obgleich verwundet, und ber Secretair Rofenftiel entkamen zurhd na
fladt. Der Reichstag zu Regensburg ordnete eine Unterfuchung an, w
den Paiferl. Hofe überließ. Ungeachtet der Strenge, mit welcher ber Er
Karl die Einleitung betrieb, ift fie nachher doch liegen geblieben. Merkrok
der Bericht, welchen von Dohm im Namen aller Gefandten wegen dieſes:
erftattete, und melcher da6 Märchen, daß bie bamal. franz. Regierung felb
ſelben veranftaltet habe, oder daB franz. Emigranten ſolchen veräbt hätten,
ſchlaͤgt. Gohier in f. „Mem. du Direot.” (1,59) nennt die Urheberin, im
fi) auf den Pubtliciften Koch beruft. Andre nennen den Gr.v.&. — We
Eoger’s „Briefe über die Auflöf. des Raſt. Congr.“ (Braunſch. 1809, 28
Raͤthſel, die umfchreibende Darftellung eines Gegenftanbes, wel:
Zweck hat, das Nachdenken zum Auffinden (Errathen) defjelben zu reizen.
gehört aber, daß er nicht nur nicht felbft genannt, fondern auch die gemwä
Beziehung vermieden wird. Diefes Spiel des Wiges und des Scharffin
um fo volltommener fein, je fhärfer und zugleich treffender und ungewähnit
Gegenftard bezeichnet und je mehr zugleich dem Nachdenken überlaffes
Poetiſch it das Näthfel, je mehr die einzelnen Merkmale zu einem anſche
Ganzen verbunden werden. Das Räthfel darf nur auf den einzigen Gege
der gemeint ift, paffen, und muß infofern zwar beflimmt, aber doch dunk
Dazu gehört, daß von den Eigenfchaften des Gegenftandes fo viele angegek
den, als zu feiner ausfchließlichen Bezeichnung erfoderlich find, aber auch
wenig genug, um Etwas zuerrathen übrig zu laffen. — Abarten des Rächk
die Charade (f. d.) oder Snibenräthfel und der Logogriph (Wort: oder
ftabenräthfel), bei welchem man durch die angebeutete Wegnahme ober Ver
einzelner Buchftaben verfchiedene Dinge in einem Worte, und daraus emdl
Mort felbft errathen läßt u. ſ. w. Das Räthfel war ſchon in dem Altern Oxh
miſch; es hing mit der fombolifhen Betrachtungsweife zufammen umb vw:
didaktifchen Zweden häufig benugt, wie ſchon aus den Salomonifchen '
chen erhellt. Einen größern Nachbrud erhalten fie durch bie poetifche Form
Rational, f. Rationell. A
Ratienalismus (Vernunftglaube). Die Nothwendigkeit der R
durch Vernunftgruͤnde darzuthun, war dad Streben der weifeften Minn
Me gift? Wozu eine kuͤnftige Belohnung, da die Bel der Tun
Bu Ich muß das Gute thun um des Guten wollten, man
Yon Hörfäten : der Menſch ift frei, erhaben und ſich ſelbſi Geſetgebet.
ie Gottheit außer der Natur und unfter Vernunft fuchen, da wir fle
13 Was durch ſich feihf eftehen, Ducch fich ſidſt gut und gerecht fein
at noͤthig, anßer ſich einen Grund biefer Güte und Gerechtigkeit zu
ılange wir baber feine ſonnenklaren Beweiſe von ihrem Daſein außer
Ratur haben, und uns bloß mit Glauben, Ahnen und Muthmaßen
fen, wird ihre Anmahme immer unzureichend bleiben. — Die Ber
ıgegen bie praktiſche Wirkſamkeit der Vernunftreligion find folgende :
u meralifches Gefeg anerkenne, fo muß ich aud von der Möglichkeit
my überzeugt fein. Da mir nım die Vernunftreligion nie Gewißheit,
Ruttmaßungen geben kann, fo fehlen ihr hierdurch bie nothwendigen
mr Gittlichkeit. Bei den Lockungen der Woltuft, der Hab» und
wand unter dem Sturme der Leidenfchaften, welche auch die meifeften
—ãe— führen, iſt der bloß phiiofophiſche Glaube nicht ſtark ges
Wenn Philoſophen fo oft in dieſem Kampfe erliegen, wie
eisen auf ein ganzes Volk wirken? Sokrates hat gewiß das er⸗
(uberfeiben auffgeſtellt und es durch Leben und Tod bekräftigt ; dennoch
kühre biefe Wirkung nicht hervor. Sein Schuͤler Ariftipp und deffen
herr haben mehr prattifche Befolger ihrer Lehten gefunden als diefer
t Bernumftreligion. — Gin noch viel ſprechenderes Beifpiel von der
Inpverläffigkeit dee Vernunftreliglon haben wir In unfern Zeiten er ⸗
vergebliche Mühe gaben fid nicht Ronffenu, Kant, Fichte, Jacobi
1 &chmle ber fogenannten Theo-Philanthropen, dem reinen Wernunfts
iſhen Eingang im bie Gemuͤther der Menfcyen zu verſchaffen! — Es
Ferthum welcher beſonders unfer Zeitalter außgeichnet, wenn man
Me Berfaffungen und Anflalten bloß aus den Vorfchriften der reinen
x sielmehr des Verftandes hervorgehen müffen; denn diefer Meinung
E ganze Weitgefcyichte, ja die befonnene Vernunft ſelbſt, indem fie
inreift, daß die Zeiten der grübelnden Vernunft gerade auch bie Zeiten
20 Rallentando Ramaͤjana
genden Beredtſamkeit, daß man ihn nicht des Todes ſchuldig finden konnte.
ward in dem Tower gefangen geſetzt. Hier ſchrieb er feine Weltgeſchichte (,
story of the world‘), die nad) einem vielumfaſſenden Plane angelegt iſt,
ſchon in der Mitte der römifchen Gefchichte aufhört. Die Fortfegung derſe
verbrannte er in einer Antwandlung von Unmuth über die Ungeroigheit der hiß
{chen Beweife. Erſt nach einer 12jährigen Gefangenſchaft erhielt er feine Frei:
Um feinen zerrütteten VBermögensumftänden aufzubelfen, befchloß er eine :
Fahrt nad) Guiana, wo er Goldaruben zu entdeden hoffte. Er fand viele T
nehmer, und erhielt einen koͤnigl. Erlaubnißbrief dazu, ohne daß Jakob das
ihn gefprochene Urtheil wegen des angeblichen Hochverraths zuruͤkktnahm. 1.
fegelte R., der fein ganze® Vermögen auf diefe Ausrüftung verwandt hatte,
12 Schiffen ab. Die Spanier, von feiner Unternehmung benachrichtigt, ha
fid) an eben der Landfeite, welche ihm angewiefen mar, niebergelaffen und B
werfe eröffnet. R. kam krank an der Mündung des Oronoko an und feine g
Unternehmung fcheiterte. Als er 1618 nad) England zuruͤckkam, ward er zu $
mouth auf Befehl des Königs verhaftet. Vergebens fuchte er nad) Frankreit
enttommen. Seine Berufung auf die ihm anfcheinend bewilligte Begnabig
ward verworfen, und man erlaubte ihm nicht einmal die Vertheibigung feines
tragens bei der legten unglüdlichen Unternehmung. Das Todesurtheil wart
fprochen und d. 29. Oct. 1618 vollzogen. Maͤnnlich und ſtark hielt er eine #
an das Volk, ließ fic dann dad Beil zeigen, unterfuchte die Schärfe deffeiben
fagte: „Es ift eine fcharfe Arznei, aber ein fiheres Mittel gegen alte Übel”.
er gefragt wurde, auf welcher Seite des Blocks er feinen Kopf hinlegen wolle,
wortete er: „Wenn das Herz nur rechtfchaffen ift, fo ift es einerlei, wo ber 4
liegt”. So fiel R. im 66. Jahre feines Alters durch einen ungerechten Urth
ſpruch, den nur Jakobs I. Charakterſchwaͤche erklärt. R. war ein Dann
großem, unternehmendem Geifte, ber aber freilich auch viel verfchuldet hatte.
feiner außerordentlichen politifchen Thätigkeit befchäftigte er fich viel mit ben 1
fenfchaften. Seine Schriften find poetiſchen, geographifchen, politifchen, ı
tairiſchen, philofophifchen und gefchichtlichen Inhalte. Seine Poefien, meif
Lieder, waren zu jener Zeit nicht ohne Werth, doch hat er ale Dichter nich
glänzt. Seine Weltgeſchichte, freilich nicht vollendet und für unfere Zeiten !
mehr brauchbar, trägt das Gepräge feines großen Geiſtes. Er war der Erſte
ter den Neuern, der eine pragmatifche Gefchichte ſchrieb. Die neuefte Ausg.
felben ift 1736 in Sol. erfchienen. Bon feinen verm. Schriften („Miseellane
works”) kam zu London 1748 eing Ausg. in 2 Bon. 4. heraus.
Rallentando, aud) ritardando oder lentando, zeigt in der Tont
an, daß bei der damit bemerften Stelle eines Tonſtuͤcks das Zeitmaß wegen
Ausdruds etwas verzögert oder langfamer werden fol. Der Eintritt des fell
Tempos erfolgt entweder nach einigen Takten von felbft, oder wird durch a wei
ausdrüdlich angezeigt.
Ramäjana, eine berühmte Epopde in Sanskrit. Dieſes Helbenge
von einem alten indifchen Dichter, Namens Valmiki, — oder vielleicht bad
meinfame Werk einer alten indifchen Dichterfchule — , in welchem die Thaten
Abenteuer des Rama (f. Indifhe Mythologie) befungen find, wird
With. v. Schlegel zu Bonn Eritifch berichtigt und mit Iatein. Überf. verfehen
Bdn. in 8. herausgeben, da die Ausg. zu Serampore (1806— 10, 3Bbe., 4.)
vollendet wurde. Es fchlieft fich an das philofophifche, in ganz Indien beruͤl
Gedicht „Bhagavad:Bita’’ an, welche eine Unterrebung des Krifchna umd Arg
über göttliche Dinge enthält (ebenfalls von Schlegel herausg. , Bonn 1823).
Ramajana behauptet nebft dem Daha : Bharata den erften Rang ımter ben
thologiſchen Gedichten, melde die Indier Puranas, d. i. alte Überiiefersm
KRamafan Ramehu 21
un beſteht aus 24,000 Diftihen. Einheit der Hanblung, lebendige
ung eines heroifchen und patriarchalifchen Zeitalters, Reihthum und Man:
kit wenderbarer Dichtung, malerifche Scenen ber indifchen Natur, ergrei:
küberung der Charaktere und Leidenfchaften, geben nad) Schlegel's Urtheil
heticht, Bas in einer uns ganz fremden fittlihen Welt die inmigfte Theil
k serhängnißoolle menfchliche Lagen erregt, einen eigenthümlichen Reiz.
ısmafan, Mamadan, der neunte Monat beiden Türken. Er tritt, da
6: Rehammedaner, nach Mondenjahren rechnen, jedes Jahr um elf Tage
u, fedaß er innerhalb 33 3. alle Jahreszeiten durchläuft. In biefem
sahen ie Mohammedaner ihre große Kaften alle Tage vom Aufgang bis
ug der Sonme. Dieſes Ramafanfeft, fowie dad Beiramfeſt (f.d.),
itfbar hinter dem Ramafan kommt, find die beiden größten Feſte ber
wiasımebanifcdyher Religion.
ımberg (Johann Heinrich), einer unferer talentvolften Hiftorien = und
ker und Aser, geb. zu Danover 1763. Sein Vater (handverfcher Hof:
e durch Unterricht in der Perfpective und Ölmalerei, ben er dem Sohne
großen Anlagen deffelben zu entwideln. Während einer Reife auf dem
sitete Diefer in wenig Tagen mehr ald ein Dutzend Zeichnungen aus, mel»
montiichen Anfichten dieſes Gebirges gewähren. Gie wurden von dem
dem König vorgelegt ; biefet ließ dem jungen R. das Reifegeld nach Eon:
ken, gab ihm eine Stelle in der Malerakademie und forgte für feinen
L R. blieb 9 J. in London und vervolltommnete ſich unter Reynolds's
is feneg Kunſt. Die gefchicteften Kupferft. Englands, Murphy und
A erbeiteten nach R.'s Zeichnungen. Er verfertigte religioͤſe Stüde für
L&apelle zu St.⸗James, Schilbereien für die Boydell'ſche Shakfpeare:
bien Poetenfaal, wie aud) den Übersang Aleranderd über den Grani⸗
Isttenhoufe. Georg III. ſelbſt nahm oft mit Vergnügen feine Schnellig:
Minen wahr und fchidte ihn 1788 nad) den Niederlanden und Italien,
Menon eine innige Sreundfchaft anknuͤpfte. Hierauf kehrte er nach Ha⸗
de und ward zum Hofmaler ernannt. --- Wenig Zeichner und Maler
il gearbeitet als er. Aber die Schnelligkeit feiner Arbeiten verhinderte
ı Ausbildung feined Talents. Mehr als 50 Kupferft. Englands und
8 haben der Fruchtbarkeit feines Pinfels nicht nachkommen koͤnnen.
zeichnet fid) R. im humoriftifchen Zerrbilde aus. Die Zeichnungen zu.
Klicken Kpfn. der Prachtausgabe von Wieland's Werken find von ihm.
Igte fuͤr 2 Bde. derf. die Titelkupfer, das eine mit der Überfchrift: Idris.
Zeichnungen lieferte er zu Almanach = u.a. Kupfern. Man wirft feinen
ine gewiffe Kamilienähnlichkeit vor, und feinen Compofitionen in AU:
eine ftörende Überladung an Nebenbingen, z. B. Staffirungen von
uud Katzen. R. ift Mitglied der philotechnifchen Gefellfchaft in Pa:
u feine Werke, befonders über feinen Zug Aleranders Über den Grani⸗
man eine Schrift von 3. C. Neumand: „Über Ramberg's Kunft und
ke’ (1792). LR.
meau (Jean Philippe), Muſiker und Tonſetzer, geb. 1683 zu Dijon,
SR die Anfangsgründe der Tonkunſt und übte fie bei einem herumsiehen:
stheater ohne fonderlicyes Gluͤck aus. Später ging er nach Stalien und
hanf dern Glavier fo, daß er hierin bald dem berühmten Marchand an die
qt ward. Mach feiner Zuruͤckkunft erhielt er die Stelle eines Organi⸗
e Domsticche zu Clermont, folgte jedoch Marchand bald nad) Paris und
a efriger Schuͤler. Hier gründete er durch feinen „Traitc de Pharmonie“
ge der Harmonie) (Paris 1722) feinen Ruhm als Theoretiter in der Mu:
mar. Weniger erwartete man von ihm als Gomponiften. Demos
20 Rallentando Ramäjana
‚genden Beredtſamkeit, bag man ihn nicht ded Todes fchuldig finden konni
ward in dem Tower gefangen gefept. Hier ſchrieb er feine Weltgefchicht
story of the world”), bie nad) einem vielumfaffenden Plane angelegt il
ſchon in der Mitte der römifchen Gefchichte aufhört, Die Fortfegung d
verbrannte er in einer Anwandlung von Unmuth über die Ungewißheit der
ſchen Beweife. Erſt nach einer 12jährigen Gefangenfcyaft erhielt er feine d
Um feinen zerrütteten Bermögensumftänben aufjuhelfen, befchloß er en
Fahrt nad) Guiana, wo er Golbgruben zu entdecken hoffte. Er fand viel
nehmer, und erhielt einen koͤnigl Erlaubnißbrief dazu, ohne dag Jakob d
ihn gefprochene Urtheil wegen bes angeblichen Hochverraths zuruͤknahm.
fegelte R. , der fein ganzes Vermögen auf diefe Ausruͤſtung verwandt hat
12 Schiffen ab. Die Spanier, von feiner Unternehmung benachrichtigt,
fi) an eben der Landfeite, welche ihm angetiefen war, niedergelaffen uni
werke eröffnet. R. kam krank an der Mündung des Oronoko an und feir
Unternehmung ſcheiterte. Als er 1618 nad) England zuruͤckkam, ward er
mouth auf Befehl des Königs verhaftet. Vergedens fuchte er nad) Frant
enttommen. Seine Berufung auf die ihm anfcheinend bemilligte Begn
ward verworfen, und man erlaubte ihm nicht einmal die Vertheidigung feiı
tragen bei der legten unglüdllicyen Unternehmung. Das Todesurtheil n
ſprochen und d. 29. Det. 1618 vollzogen. Männlich und ftark hielt er elı
an das Volk, ließ ſich dann das Beil zeigen, unterfuchte bie Schärfe deſſell
fagte: „Es ift eine ſcharfe Arznei, aber ein ſicheres Mittel gegen ale Übel“
er gefragt wurde, auf welcher Seite des Blocks er feinen Kopf hinlegen wol
moortete er: „Wenn das Herz nur rechtfchaffen ift, fo iſt es einerlei, wo d
liege”. So fiel R. im 66. Jahre feines Älters durch einen ungerechten U
ſpruch, den nur Jakobs I. Charakterſchwaͤche erklärt. R. war ein Ma
großem, unternehmendem Geifte, ber aber freilich auch viel verſchuldet bat
feiner außerorbentlichen politifchen Thätigkeit. befdyäftigte er fich viel mit Du
ſenſchaften. Seine Schriſten find poetiſchen —S politifcher
talcifpem, philoſophiſchen und gefchichtlichen Inhalts. Seine Poefien, z
Lieder, waren zu jener Beie nice ohne DBertp, doch hat er als Dicyter 1
glänzt. Seine freitich nicht
mehr a ie —*
0, zeigt in der]
das Zeitmaß w
. Der Eintritt des
felbft , ober wird durch a
tt Sandkeit. Diefes Helde
6 Valmiki, — ober vielleicht
—; in welchem die Ti
‚ögie) befungen find, w
(at amd mit Intein. Überf. verſel
ce (1806— 10, 3Bde.,
Ramaſan Rameau 21
wm beſteht aus 24,000 Diſtichen. Einheit der Handlung, lebendige
ug eines heroifchen und patriarchalifchen Beitalters, Reihthum und Dan-
ft wunderbarer Dichtung, malerifche Scenen der indifchen Natur, ergrei:
lidernng der Charaktere und Leidenfchaften, geben nach Schlegel’8 Urtheil
keiht, das in einer uns ganz fremden fittlichen Welt die innigfte Theil
k verhängnißvolle menfchliche Lagen erregt, einen eigenthlimlichen Reiz.
imaſan, Ramadan, der neunte Monat beiden Türken. Er tritt, ba
k Rehımmedaner, nach Mondenjahren rechnen, jedes Jahr um elf Tage
r, ſedaß er innerhalb 33 3. alle Fahreszeiten durchläuft. In diefem
Ken die Mohammedaner ihre große Zaften alle Tage vom Aufgang bis
mder Sonne. Dieſes Ramafanfeft, fowie das Beiramfeft (f.d.),
zibar hinter bem Mamafan kommt, find die beiden größten Feſte bet
Waumebanifcher Religion.
uberg (Iohann Heinrich), einer unferer talentvollfien Hiſtorien⸗ und
nund Äger, geb. zu Hanover 1763. Sein Vater (handverfcher Hof:
educhh Unterricht in der Perfpective und Ölmalerei, den er dem Sohne
ofen Anlagen deffelben zu entwickeln. Während einer Reife auf dem
iste biefer in wenig Tagen mehr als ein Dugend Zeichnungen aus, wel⸗
mtifhen Anfichten diefes Gebirges gewähren. Sie wurden von dem
m König vorgelegt; diefet ließ dem jungen R. das Reifegelt nach Een:
km, gab ihm eine Stelle in der Malerakademie und forgte fr feinen
R Bieb 9 I. in onden und vervolltommnete ſich unter Rernelbs's
ſeinex Kunſt. Die geſchickteſten Kupferft. Englands, Rerrtr und
mbeiteten nad, Rs Zeichnungen. Er verfertigte religiete Srüde für
Bnpelle zu St.⸗James, Schildereien für die Berteiftde Snefiseare:
m Poetenfaal, wie auch den Übergang Aleranbert Eher ten Sermi:
fe. Georg III. ſelbſt nahm oft mit Berszuarr jene Sfaeiliz:
nen wahr und ſchickt ihn 1788 nadı den Rietezianber zer Serien,
mon eine innige Freundſchaft anfnärft. Biest kehmı m ach D=:
' und ward zum Dofmaler emanı. Senu Zähne > Mir
gearbeitet als er. Aber die Schunilinter ieme Arberer serien:
i g ſeines Talents. Mer us HK Life Eri:are oe
I, haben der Fruchtbarkeit feines Pinieis mie nachkemmen 8ım-r-
inet fich R. im humoriftifchen Zerrbide amt. Die Zesrur:c im
hen Kpfn. der Prachtausgabe von Wieland's Bert =-2 -.- =
für 2 Bde. derf. die Titellupfer, das eine me de Kirn ana
kIhaungen lieferte er zu Amanachs-u. a. Auer W-- 2 'o-
'sewiffe Bamiftenähmlichkeit vor, und feinen Erm:=-.-- — 2;
w flörende liberladung an Nebendingn, WR S--=—.- .. --
ı Kopen. I. ft Mitglied der philotehmiler Er: -—- — =-
Une Werke, befonders über feinen Zug Ama !:- - - =. —
u eine Schrift von I.C.Neumand: „Ave Kam-_ - =» — =.
(1792). U
tau (Sean Philippe), Mufiter ni Ze 1 ı:. - >—
die Anfangsgrände der Tonkunft wub Ike fe 1 » - .— ——
Mer ohne fonderliches Süd aus. Enke gm -— - .. --— -- ——
dem Giawier fo , daß er hierin ba Dem Inn — .. = __ — - -.
Radh feiner Zuchktunft ick & —
u 2
z \
Rallentando Ramäjang
den Beredtfamteit, dag man ihn nicht des Todes ſchuldig finden
zb in dem Tower gefangen gefegt. Hier ſchrieb er feine Weltgı
ory of the world”), die nad) einem vielumfaflenden Plane ang
yon in der Mitte der römifchen Geſchichte aufnöet Die Fortfet
erbrannte er In einer Antwanblung von Unmuth über die Ungewißh⸗
den Beweiſe. Erſt nad; einer 12jährigen Gefangenfcyaft erhielt er
Am feinen zerrütteten Vermoͤgensumſtaͤnden aufjuhelfen, befchloß
Fahrt nad) Guiana, wo er Goldgruben zu entdedten hoffte. Ex far
nehmer, und erhielt einen koͤnigl Erlaubnißbrief dazu, ohne daß J
ihn gefprochene Urtheil wegen des angeblichen Hochverraths zurüch
fegelte R. , der fein ganzes Vermögen auf diefe Ausruͤſtung verwar
12 Schiffen ab. Die Spanier, von feiner Unternehmung benacht
ſich an eben der Lanbfeite, welche ihm angewieſen war, niedergelafl
werke eröffnet. R. kam krank an der Mündung des Dronoto an u
Unternehraung ſcheiterte. Als er 1618 nach England zuruͤckkam, w
mouth auf Befehi des Koͤnigs verhaftet. Vergebens fuchte er nach
enttommen. Seine Berufung auf bie ihm anſcheinend bewilligte
ward verworfen, und man erlaubte ihm nicht einmal die Vertheidige
ttagens bei der legten ungluͤcklichen Unternehmung. Das Todesun
ſprochen und d. 29. Det. 1618 vollzogen. Maͤnnlich und ftark hie
an das Volk, ließ ſich dann das Beil zeigen, unterfuchte die Schärfe
fagte: „Cs ift eine fcharfe Arznei, aber ein ſicheres Mittel gegen allı
er gefragt wurde, auf welcher Seite des Blocks er feinen Kopf hinleg
mortete er: „Wenn da6 Herz nur rechtfchaffen ift, fo iſt es einerlel,
liege”. &o fiel R. im 66. Jahre feines AÄlters durch einen ungere
ſpruch, den nur Jakobs I. Charakterſchwaͤche erllaͤrt. R. war €
großem, unternehmenbem Geifte, ber aber freilich auch viel verfchr
feiner außerordentlichen politiſchen Thaͤtigkeit beſchaͤftigte er ſich vic
fenfdyaften. Seine Schriften find poetifchen , geographifhen, p
tairifchen, phitofophifchen und geſchichtüchen Inhalts, Seine P
Lieder, waren zu jener Zeit nicht ohne Werth, doch hat er als
glänzt. Seine Weltgefhichte, freilich nicht vellendet und für u
mehr brauchbar, trägt das Geptaͤge feines großen Geiſtes. Erı
ter den Neuern, der eine pragmatifche Geſchichte fehrieh. Die
felben ift 1736 in Fol. erſchienen
works“) dam zu London 1748
Rallentando, ı
22 Ramler
machte die Oper „Hippolyte und Aricie“ von Pellegrin, welche R. in einem
mals völlig neuen Stol geſetzt hatte, trotz der Verunglimpfungen feiner Rı
ausnehmendes Gluͤck. Won nun an ward Alles, was R. componirte, mit er
fiaftifhem Beifall aufgenommen, und fogar feine Oper „Zoroafter” in Des
ins tal. über]. und aufgeführt: eine Auszeichnung, die bis dahin noch ke
franz. Mufitftüc widerfahren war. R. ſchrieb 22 Opern, aber feine Anfodı
gen an die muſikaliſche Sefangscompofition fann man wol aus feiner Außerun
nehmen: „Au’on me donne la gazette d’Hollande et je la mettrai en
sique”. - Zum Gapellmeifter des Königs ernannt und in den Adelftand erhı
ſollte er eben den Drben des heil. Michael empfangen, al ihn der Tod 1764 ı
eilte. Sein Leihnam ward mit vielem Pomp in der Kirche St.Euſtache in 9
neben Lully beigefest. So groß R.'s Verdienfte als Tonſetzer waren, fo wi
fie doch von den Verdienſten, die er ſich durd) feine Werke über Harmonie und
neralbaß erwarb, übertroffen; denn er war es, der zuerft die Grundregels
Harmonie gründlicher entwidelte. S. über ihn Gerber’s „Tonkuͤnſtlerlexikon
Ramler (Karl Wilhelm), Igrifcher Dichter, Überfeger und Kritiker,
1725 zu Kolberg geb., ftudirte zu Halle und wurde 1748 Prof. der ſchoͤnen WI
ſchaften bei dem Gadettencorps in Berlin. 1790 legte er dieſes Lehramt nieber
ward Mitdirector des Nationaltheaters in Berlin. Seit 1796 309 er ſich von
Geſchaͤften zuruͤck und ft. 1798. R. trat in einer duͤrren, an ausgezeichneten ]
termwerfen nicht ergiebigen Zeit als Lyriker auf und knuͤpfte, indem er feinen 4
verherrlichte, feinen Ruhm an den Ruhm des größten Helden feines Jahrh.
raz, der den Auguftus preift,, war das Mufter, dem er nachfirebte, und in
ven feiner Oden ift die Nachahmung nicht zu verfennen. Infofern fann mai
den deutſchen Horaz nennen, da diefer als Lyriker in vielen Sällen ebenfalls 9
ahmer griech. Vorbilder war. An Inrifcher Kraft und lebendiger Phantafie
bleibt er ebenfo weit hinter Horaz zuruͤck als vielleicht diefer hinter feinen Muf
Überhaupt fehlte R. der aus eigner Kraft fhaffende Dichtergenius; dagegen
faß er einen feinen Gefhmad und Sinn für Correctheit. Als Mufter des
fältig geglätteten und correcten Ausdruds hat er fid) um unfere Sprache bleil
Berdienfte erworben. Den Herameter aber und die Horazifchen Versmaße h
noch fehr unvollfommen nachgebildet, fowie ihm überhaupt der Bau und das
fen des antiten Berfes durchaus verborgen blieben ; denn er ging von dem Gi
ſatz aus, baß jedes einſylbige Wort nad) Willkuͤr kurz und lang gebraucht w
koͤnne, fo ſehr auch Ausſprache und Gehör damiber ftreiten. Dies wird h
chen, den Werth feiner Überf. aus dem Horaz, Martial, Catull, der Sapph
Oden u. f. w. zu beftimmen. Ebenſo wenig bat er fi den Danf ber Freunde
ner's dadurch erworben, daß er die Idyllen deſſelben nad) feiner Art in Hera
übertrug. Mit den Gedichten Anderer, die er in feine „Lnrifche Blumentefe*
feine „Fabelleſe“ aufnahm , erlaubte er ſich manche nicht zu billigende Veraͤnd
gen. Daß er dem „srühling‘ feines Freundes Kleift und den Gebidhten €
feine Seile angedeihen lieg, ift von Voß in Schug genommen worden. Vol
nen eignen Gedichten verdienen naͤchſt feinen Oden die Gantaten erwähnt zu
den, von denen „Der Tod Jeſu“ durch Graun's Muſik beruhmt geworden ift
prof. Werke find eine „Kurzgefaßte Mythologie“ und eine Schrift Uber alle
gorifche Perfonen, zum Gebrauch, für Kuͤnſtler. Außerdem lieferte er eine
beitung von Batteux's „Einleitung in die ſchoͤnen Wiffenfchaften”. Um die
dererweckung Logau's machte er ſich gemeinfchaftlid) mit Keffing verdient. |
haupt ftand er. mit den trefflichſten Männern feiner Zeit, deren Achtw
mit Recht befaß, in freundfchaftlichen Werhältniffen und wirkte mit ihne
meinfchaftlich, fern von Streitfucht und Parteigeift, zum Nutzen unferer Liter
Nach feinem Tode erfchienen feine Gedichte in einer vollftändigen Sammlung
Rammelöberg Ramsden 23
8. w Samtr s poetifche Werke” (I Thte., Bert. 1800, 4. u. 8.; Tafhen-
den. 1825, 2 Bde., 12.).
ammelsberg, ein 1830 Fuß hoher Berg des Harzgebirges, Kite,
Stat Goslar, welche an feinem Fuße liegt, gehört, was feine Oberfläche
adem herzoglich braunfchreeigifchen Kreisgerichte Harzburg, in Rüdficht
ulrihen Erzeugniſſe aber zum fogenannten Sommumion = Harze, alfo Has
# Braunfchweig gemeinſchaftlich, und zwar fo, daß erftered t, legteres
dumm. Diefer Berg ift wegen feiner ergiebigen Bergwerke merfwür:
Iın berechnet die jährl. Ausbeute auf 10 Mark Gold, 3600 Mark Sit:
M Er. Gloͤtte, 5600 Ctr. Blei, 2500 Gtr. Kupfer, 5200 CEtr. Zink,
‚weifen, 20 Gr. blauen und 1600 Gtr. gruͤnen Vitriol und 2200 Gtr.
L Der reine Überfchuß beträgt jährl. fiber 30,000 Thle. Die Maffe des
3 befteht vorzuͤglich aus derbem blumigblätteigen Bleiglanz, gelben
ren, bunten kupfrigen Schwefel: und Arfenikiefen, ſchwarzer und brau⸗
Heund Eiſenerzen. Diefe Metalle und Salze finden fidy nicht einzeln,
Fe ade in einem und demfelben Erzgemenge, welches, da es zur gewoͤhn⸗
gemgarbeit zu feft ift, durch Feuerfegen gemormen wird. Vor den Stel
m Gruben nämlich, wo das Erz gewonnen werben foll, errichten die wegen
im faft nackend arbeitenden Bergknappen Holsftöße, die jeden Sonna⸗
ih angeslindet werden und das Erz mürbe brennen. Vom Sonnabend bis
ıKriben nut die Keuerwärter in dem Berge; vom Montage bis Sonna:
Wh mürbe Erz losgebrochen und zu Tage gefördert. Das Feuerfegen
Batıngen gewährt einen impofanten Anblid, wie denn überhaupt die
u des Rammelsberges vor allen andern befucht zu werden verdienen.
hen dem Feuer zieht durch die obern, alten Baue, bildet hier Vitriol
Lierch alte Schächte zu Tage aus, und der Berg hat dann das Anfehen
Ben. Der Holzverbrauch beträgt jährlich an 6000 Malter. Bon
F gehoͤren der Stadt Goslar vier, doch muß dieſe die Erze fuͤr einen
Preis dem Communionbergamte abliefern. Der Berg gewaͤhrt eine
Mche Ausficht auf die Ebene Niederfachfene. — Die Entdedung der
his Rammelsberges fällt in das Jahr 963, in die Regierungszeit Otto
fa. Lange maren fie zwifchen Goslar und den Herzogen von Braun:
katig. Die Lestern, denen Kaiſer Friedrich II. 1235 den rammelöbergi:
ten als Reichslehn erb= und eigenthuͤmlich ertheilte, hatten ihn 1373
Bart Silber an Goslar wieder käuflich uͤberlaſſen. Diefes meigerte ſich
wegen der großen, auf das Bergwerk verwendeten Koften, den Zehnten
ben, bis nach langem Streit und Kriegen Herzog Heinrid) der Süngere
1552 zu dem Vergleiche zwang, wonach die jegige Communionherr:
e nur den Beſitz von den ehemals gewerkfchaftlihen Gruben, fondern
kerichtöbarkeit Über die vier Gruben der Stadt, das Vorkaufsrecht aller
den Zehnten und den Stollennemten erhielt.
möden (Iohann), Verfertiger mathematifcher Snftrumente, geb. den
30 su Halifar in Yorkfhire. Sein Vater, ein Tuchfabrikant, hatte ihn
en Geſchaͤft beftimmt; aber der berühmte Optiker Dollond, deffen Toch⸗
‚ lehrte ihm die Kunſt, mathematifche Inftrumente zu verfertigen.
Arbeiten machten ihn fchon feit 1763 berühmt. Mehre optifche
ſtronomiſche Inftrumente find durch ihn gluͤcklich verbeffert, mehre durch
erfunden worden, unter denen feine Zheilungsmafchine obenan fteht.
fie befonder® befchrieben (Paris 1700, Kol., m. Kpf.).. 1786 mard
d der koͤnigl. Geſellſchaft zu London. Auch als Schrifefteller hat er ſich
ige Abhandlungen, die man in den „Philosophical transactions“ fin:
ntgemacht. Er ftarb den 9. Nov. 1800. Pinzsi beichrieb fein Leben.
24 Rance Rang
Rance (Dominique Armand Jean le Bouthilier de), zu Par
Tan. 1626 geboren, zeigte in feiner Jugend Anlagen für die ſchoͤnen Wiffe
In der Folge ward er Chorherr an der Kirche RotresDame und widmet
Theologie. Nach Vollendung feiner Studien überließ er fich weltli
fireuungen und Genüflen, beſonders einem Dange zum meiblidhen (
Ploͤtzlich verlieh er jedoch bie Hauptſtadt und den Hof, z0g ſich auf. ſein Gut
zuruͤck, und fing bier das einfame befchaulicdye Leben eines Mönche an,
fogar fein Gut und ſchenkte das dafür gelöfte Geld, 300,000 Livres, an
Din in Paris. Er felbft that Profeß in der Abtei von Parceigne 1
im Kloſter la Trappe, wo er, nach erhaltener Erlaubniß von Rom, die alt
sieberherflellte. Sein Klofter ward fortan der Sig der ſtrengſten Entfa:
Trappiſten. Zu diefem Behufe ſchrieb Rancé feine Abhandlung
Heiligkeit und die Pflichten des Moͤnchsſtandes. Muͤde des Regierens
meihten Mauern, legte R. feine Stelle nieder, und ſtarb den 26. Oct. 1’
im Tode die Regel feines Ordens beobachtend, auf einem Afchenlage:
Schriften über Moͤnchsthum, Uber Obliegenheiten der Chriften u. f. w. .
weis von der afcetifchen Strenge feines Gemuͤths. Als Beranlaffung ſe
lichen Sinnesänderung wird eine Begebenheit bei dem Tode feiner Gel
zählt, was jeboch durch des Abt von Marfellier Leben. Rance’s (neue
Paris 1758) widerlegt wird. | 5 |
Rang, die Ordnung, wodurd fi im Außern ein Vorzug des
dem Anbern ausiprechen fol; Rangordnung, eine Vorfchrift über
haͤltniß, in welchem die Glaffen ber Unterthanen, die Staatsbeamten, die
erfcheinenden Fremden, und befonders auch die Gefandten fremder Staa
ander in biefer Dinficht ftehen follen. -— Der Rang hat fchon oft zw
Staaten, ihren Oberhäuptern und deren Gefandten ernfthafte und fehr
Streitigkeiten veranlaßt, denen man zumeilen burdy finnreihe Mittel ı
gefucht hat. (S. Seremoniel der europäifhen Mächte.) Ei
ſchauplatz lächerlicher Rangftreitigkeiten waren in frühen Zeiten alle Drt«
fchiebene Stände des deutichen Reichs und ihre Gefandten oder Bevolr
sufammentrafen, weil eine jede Claſſe nicht nur eine ſcharfe Auszeichnun
geringern, fondern auch vollkommene Gleichftellung mit der höhern
Jetzt find die NRangftreitigkeiten zwifchen den Staaten durch die Hunt
Monarchen faft ganz verbannt worden. Sie kommen als Gleiche ohn
fette zufammen; bei Unterzeihnungen wählt man, wie bei den großen |
(hen Verhandlungen feit 1813, die alphabetifche Ordnung. (S. Cer
der europ. Mächte.) Die Rangordnung unter den Claſſen der Bei
Einwohner ift nirgends fo genau beftimmt als in England, wo fie (nach
sen des koͤnigl. Haufes) von dem Erzbifchof von Canterbury und dem Koı
anfängt und in 62 Abftufungen bie zu den bloßen Handwerkern und X
(labourers) herabfteigt. Die Äiteften Söhne eines Barons gehen doc)
koͤnigl. Geheimenräthen noch vor, und die Söhne eines Baronets od.
haben den Rang vor den Oberſten, nach welchen fodann die Doctoren
Rechts (Serjeants of law), die Doctoren der Facultaͤten, die Esquires, (
u. f.w. fommen. Dagegen weiß man dort von den Rangflreitigkeiten |
Staatsbeamten nichts. In andern Staaten war das 16., 17. u. 18..
Blüthenzeit der Rangftreitigkeiten und Rangordnungen (f. Hellbady's „,
des Rangrechts“, Ansbach 1804), und dabei wurde dem niedern Adel
weitere Verdienft oder Amt ein immer größerer Vorzug vor den erften
des Staats, wenn fie unadeliger Geburt waren, eingeräumt. Dicfe I
heit, welche den Altern Gefegen, felbft den Reichsgeſetzen entgegen war, fi
neuern Zeit an ſich wieder zu verlieren. In Rufland ift der Rang na
Ranzau Raoul⸗Rochette 25
we Militairdienftes beſtimmt, und die bloße Geburt gibt gar Beinen
37
sau, eine alte Samilie im Dänifchen, Holſteiniſchen und Mecklenbur⸗
Se leitet ihre Abflammung von Cuno, einem reihen Gutsbefiger im
ben, ber. Wolf, ein Urenkel beffelben, erwarb in der alten Mark große
u, welche das balfamer Land genannt wurden. in Enkel des Letztern,
IL, vertaufchte das balfamer Land mit der Grafihaft Groitzſch im
m; Kaiſer Heinrich IV. machte diefen kriegerifchen Grafen Wiprecht von
1083 zum Burggrafen von Leifnig und belehnte ihn mit der Markgraf:
in Die von feinem ditern Sohne abſtammenden Burggrafen von Leif:
11538 aus. Der jlingere Sohn jenes Wiprechts aber, Otto I., wel⸗
mem urfpränglichen Waterlande Holftein niedergelaffen hatte, baute
mrhaus Ranzau, und ift der Stammpvater aller noch blühenden gräfl.
ra Einien des Ranzau'fchen Haufes. — Noch find berühmt: 1) der daͤ⸗
ker, Joh. v. MR. (geb. 1492, geft. 1565). Er machte große Reifen
sin Jerufalem zum Ritter gefchlagen. Als er den D. Luther in Worms
re muthvoll und kraͤftig vertheidigen hörte, warb er ganz für ihn einges
zu mar nachher ein Dauptbeförderer der Reformation in Dänemark.
u Riugheit verhalf er dem König Friedrich I. auf den dänifchen Thron,
Ieigeiegten König Chrifttan IE., der in Norwegen eingefallen war, mehre
B Heise die Ruhe in diefem Meiche her. Kaifer Karl V. und Franz I.
bei wünichten Beide R. in ihre Dienfte zu befommen, aber er blieb feis
wände treu. — 2) Heinrich, Graf von R. (geb 1526, geft. 1599),
beten Holſtein, einer der eifrigften Befoͤrderer der Wiffenfchaften; er
le Gelehrten mit außerorbentlicher Freigebigkeit, ſammelte eine vortreff:
Insbet, Die er möglichft gemeinnügig zu machen fuchte, und ſchrieb mehre
be Iſtronomie und Aftrologie, Arzneikunde, Kriegsktunft u. f. w. -—
MM Gr. v. R. (geb. 1529), ſtudirte in Wittenberg, machte Reifen, diente
ut V., dann in dem dänifchen, und fchlug als Oberbefehlöhaber mehre
Wieden, 1563 und 1567. Er blieb 1569 beider Belagerung von
#dsland. — 4) Zofias, Graf v. R., Marſchall v. Frankreich und
Bson Dünkicchen, vorher General in ſchwed. Dienften, kam 1635 mit
much Paris, ward von Ludwig XII. angeftelit, und erwarb fich durch
rıtalent und feinen perfönlichen Muth die Höchfte Bewunderung. Er
War Mann, befaß viel Geift und Beredtfamteit, verftand alle Haupts
keepas und ftarb 1650. — Die Grafſchaft Ranzau in Holſtein befteht
fe Reu:Ransau, den Marktfleden Barmftedt und Elmshorn nebft 26
Der Herzog Friedrich von Holftein-Sottorp verkaufte fie 1649 an
we R. für 200,000 Thlr. Kaijer Ferdinand erhob den v. Ranzau in
Kmd, und das Amt Barmftedt zu einer Reichsgrafſchaft, welche auch
Kam Mitſtande des niederfächl. Kreifes aufgenommen wurde. Als
Braf Chriftian Detlev auf Anftiften feines jüngern Bruders erfchoffen
ga ewiger Gefangenfchaft verurtheilt wurde, nahm Dänemark 1726
cafſchaft Beſitz, und hielt fich deßhalb zum wetterauifchen Grafencol-
P. N.
mlsRochertte (Defire), ſeit 1818 Conſervator des Antiken- und
uts ber koͤnigl. Bibliothek zu Paris (Millin's Nachfolger), Mitglied der
demie, Paläograph und Numismatiker, in Frankreich gefchägt ale geift:
kiftfieller, und dabei von zuvorfommender Gefälligkeit gegen deutfche
keren Sprache und Literatur er genau kennt, ift geboren zu St.:Amand
be war früher Profeffor am kaiſerl. Lyceum, dann neben Guizot Prof.
iGeſchichte bei der Faoulte des lettres de Paris. Seine „Hist, an-
26 Rapp
tique de l’etablissement des oolonies greoques” (1815, 4 Bde.) er
Inſtitut den ausgefepten Preis. Biel Gelehrfamkeit und eine glüdlid
nationegabe, zeigte er in f. „Antiquites grecques du Bospore cimmeri
ris 1822, mit Kupf.), wozu ihm zwei gelehrte ruffifche Freunde die At
alter Denkmäler mitgetheilt hatten. Denn er feibft hat jene alte Si
Pontus nie gefehen. Hr. R.:R. machte vor einigen Jahren eine R
Schweiz, wo er die ausgezeichneten Männer aller Parteien kennen lernte
fchrieb er feine „Lettres sur la Suisse” (2 Bde., neue Aufl., Paris :
1824 u. 1825; ein 3. Xhl. Paris 1826), ſowie feine „Histoire de lar
heivetique de 1798 a 1803” (Parie 1823). In erſtern tritt diefer
oft als Sachwalter der Finfterniß auf; letztere Schrift ift reich an Char
und gilt auch in der franz. Literatur als ein Mufter des Hiftorifhen S
ift des Verfaſſers Urtheil oft einfeitig und Hart abfprechend; daher hat «
ger im Waadtlande, Charles Monnarb, in f. „Observations sur l’hist
revolut. helvet. de M. Raoul-Rochette‘' (Paris 1824), die ſchiefen
und hiſtoriſchen Unrichtigkeiten dieſes Werks gerügt. Auch f. „Hiat. dl
(Paris 1825) ift nicht von Einfeitigkeit frei. 1821 gab RR. feine C
als Mitglied der damals beftehenden Genfurcommiffion.
Rapp (Johann, Grafvon), franz. General während des Re
krieges, geb. 1772 im Elſaß. Er trat 1788 in Kriegsdienfte. Als Adj
Senerald Defair machte er die Feldzuͤge in Deutfchland und Agnpten ı
Defair bei Marengo gefallen war, wurde R. bei Bonaparte, dem er die‘
ſchaft meldete, Adjutant. 1802 vollzog er den Auftrag des erften Goı
ben Schmweizern die Einftellung der Feindfeligkeiten zu fodern und Franke
mittelung des Parteienfampfes, der den Frieden des Landes feit der Beſe
felben durch franz. Heere geftört hatte, anzutragen. Die Schweizer un
fi) Bonaparte's Entfheidung. Im folg. Jahre wurde R. an die Ufer
mündungen gefchidt, um Schanzen zur Schugmwehr gegen eine Landung
länder aufwerfen zu laffen. Beim Ausbrud) des Kriege 1805 gegen
begleitete er Napoleon, und nad) der Schlacht bei Aufterlig, wo er die
Garden durch einen kühnen Reiterangriff in Unordnung brachte und dei
Repnin gefangen nahm, wurde er zum Divifiondgeneral erhoben. Aud
ßiſch⸗ruſſiſchen Kriege focht er mit Ruhm und erhielt im Sommer 1807
Generals Lefebvre den Oberbefehl in Danzig. So druͤckend diefer Po
den damaligen Umfländen auch fein mußte, fo hat dennody General R.
fo benommen, daß feibft ftreng urtheilende Augenzeugen*) feiner Handl
im Allgemeinen Gerechtigkeit widerfahren laffen. Er blieb (eine Eu
brechung 1812 abgerechnet, wo er in Rußland ſich auszeichnete) 7 Jahrı
haber von Danzig, das er nach dem Ruͤckzuge des franz. Heeres aus Ri
1814 während einer harten Belagerung vertheidigte, wobei er alle H
des Genied und der glänzendften Tapferkeit aufbot, und erft nach Eı
aller Vertheidigungsmittel und von Hungersnoth gedrängt, die Stab
dingungen übergab. Er wurde als Kriegsgefangener nach Kiew geführ
nach Frankreich zuruͤckkehrend, ward er vom König mit Auszeichnung «
men und erhielt im März 1815 den Befehl über das erfte Armercorps,
poleons Fortichritte aufhalten follte. Als der Abfall des ganzen Heeres
derftand unmoͤglich machte, ging auch R. zu Napoleon über, der ihn zun
haber der Rheinarmee ernannte, welche die Linien an der Lauter und von
burg befegt hielt und ſich längs dem Rhein bis Hüningen ausbehnte. S
gen Gefechten gegen einen Überlegenen Feind zog fi R. unter die Kar
Strasburg zurüd. Als Ludwig XVIIL zum zweiten Mal nad) Par
7 © Bled's „Belchichte der fiebenjähr. Leiden Danzigs” (Danz. 1815, Bd.
Raſerei Raſtadt J 27
R. den ihm von Napoleon übertragenen Oberbefehl Über die 5. Dis
: Sept. deſſ. Jahres, wo die Armee entlaffen wurde. Er zog fi
: zurüd, kam aber bald wieder nad) Paris. Als die Nachricht von
de ankam, hatte R. eben den Dienft bei dem König, und die Bot:
n fo beftig, daß er laut fein Gefühl ausſprach. „Ich bin kein Un-
ach er und entfernte ſich fogleih. Der König, von R.'s edelm Be:
ichtet, ließ ihn zu ſich kommen und richtete die Worte an ihn:
8, daß Sie fehr gerührt über die erhaltene Nachricht find, dies
herzen Ehre, und id) liebe und achte Sie darum defto mehr”. N.
rrallieutenant der Cavalerie 1822. Nach feinem Tode erfchienen
; „Viemoires du gen. Rapp, ecrits par lui-m&me‘ (Paris 1823,
sontemporaina”, 1. Lief.). Diefe find echt; einer frühern Ausg.
r Witwe des Generale.
1, f. Wahnſinn.
Rasmus Chriftian ), Profeffor der Literargefchichte und Unterbi⸗
er Univerfität zu Kopenhagen, ein um die flandinavifche, in&befons
indifche Literatur und um die Linguiftit überhaupt verdienter Sprach»
1784 von armen Randleuten zu Brendekilde bei Odenfee auf der Ins
stein Kopenhagen, lebte dann einige Jahre in Island und machte
z Reifen nady Schweden, Finnland und Rußland. Bei feinem fels
yenie warb es ihm leicht, als er 1808 bei der Univerfitätsbibliothek
gangeitelt wurde, fich mit den Alteften Quellen der nordifchen Ges
at zu machen. Seine „Anleitung zur Kenntniß der isländifchen,
dm Sprache“ (Kopenh. 1811), f. „Ungelfächfifche Sprachlehre‘
f. „Unterfuchungen über den Urfprung der alten nordifchen, oder
Iprache”’, eine von der dänifchen Geſellſchaft der Wiffenfchaften ges
heift (Kopenh. 1818) und fchägbare Beiträge zu andern Schriften
diſche Literatur, fomwie die Herausgabe von Bjoͤrn Haldorfen’s „Is⸗
eche“ (Kopenh. 1814), bewiefen das ausgezeichnete Talent diefes
vergleichende Sprachforfhung. 1819 unternahm R. für diefen
kife durch Rußland nach Perfien, wo er in Tauris, Teheran, Per:
hiraz verteilte; dann ging er, von Abuſchekr am perfifchen Meerbus
h Bombay und hielt fid) bis 1822 in Indien und Geylon auf, von
I Ropenhagen wieder eintraf. R. hatte in Oftindien 113 zum Theil
kitene orientalifche Handfchriften für die Univerfität zu Kopenhagen
ker 33, roelche die alte perfifche Literatur, vorzuͤglich den Zend: Avefta
Bevon einige den Forſchungen bes gelehrten Anquetil du Perron ent:
3 19 derfelben find in der Zendfprache, die übrigen im Pehlwi abge:
wihriften gehören einem bisher faft unbekannten Theile der altindi»
ran. — Deutichland kannte diefen gelchrten Sprachforfcher ſchon
m Bemerkungen über die Sprachen und die Literatur des Nordens
eWiener Jahrbuͤcher“; England lernte ihn aus feinen Abhandlun⸗
in in den Denkſchriften der Gefeifchaften zu Bombay und zu Co:
dien kennen und ſchaͤtzen. Nach feiner Ruͤckkehr gab R. eine „Spa-
tif” (Kopenh. 1824), und eine „Frieſiſche Sprachlehre” (Kopenh.
‚ Seine Abb. „Über das Alter und die Echtheit der Zendfprache
Aveſta“ hat 5.9. v. d. Hagen überfest (Berlin 1826). Seine
u die thrakiſche Sprachelaffe” hat Water überf. in ſ., Vergleichungs⸗
u. Stammſprachen und der ſuͤdweſtaſiat.“ (Halte 1822). 20.
bt, Stadt mit 4200 Einw. im Großherzogth. Baden, am Fluſſe
kim von Karlsruhe. Das fchöne Schloß Favorite war bis 1771 Re:
migrafen von Baden-Baden. -— Huf dem Gongreffe zu Raftadt
80 Rationalismus
etwas Inneres, durch das Äußere nur zu Ermwedendes und zu Bildendes,
Dervorzubringendes; der Supernaturalift ald etwas Außeres, Gegebenee. _
Sefchichte diefes Kampfes finden wir beide Theile oft im firengen Gegenfa
beftreitend; von Zeit zu Zeit aber traten Vermittler auf und fuchten beide P
zu vereinigen. — Obgleich der Bernunftglaube theile ale reiner Gegenfag des
barungsglaubens, theild nur zum Theil mit ihm befreundet, von jeher das
thum einzelner Mitglieder der chriftlichen Kirche war, fo kann man doch nı
Hauptepochen deffelben anführen, in welchen er ein vorlibergehendes Über—
über den Supernaturaligmus erlangt, einen großen Theil der Bekenner bei
ftenthums für fid) gewonnen und dadurch zur vorherrfchenden Denkart in ber
lichen Kirche fi) erhoben hat. Sm 16. Jahrh. waren es die beiden Socine,
ihm die Bahn zur Herrfchaft brachen, und im 18. Sahrh. Kant. —-- Der &
nismus, als die früher herrfchende Form des Rationalismus, Eonnte nicht
mein herrſchend werden, weil der Zeitgeift dazu noch nicht fo vorbereitet wi
zu den Zeiten Kant's. Che Kant auftrat, hatten fchon die Engländer mit
Theismus und Skepticismus, die Sranzofen aber durd) ihren groben Epikur«
und ihren bloßen Vernimftglauben einen fo mächtigen und das fittliche Zell
Deutfchen fo entnervenden Einfluß erlangt, daß es für den fomol durch Ge
Genußluſt als audy durch eingebildeten Beiftesreihthum zur Selbftfucht
gerten und geftimmten Zeitgeift nur noch eines Vermittlers bedurfte, us
willkommene ausländifhe Waare in Deutfchland allgemein zu verbreiten.
franzsfifch gebildeten Vornehmen und Gelehrten unter Friedrichs I. Reg
übernahmen diefen leichtfertigen Handel, nicht wähnend, daß fie einft ſchwer
büßen dürften, die erften Verräther an dem deutfchen Glauben und dadurch
deutfchen Treue geworben zu fein. In diefer Zeit bedurfte es fuͤr den grim
Deutfchen nur noch eines ernften und tiefen Denkers, der dem herrfchend
denen Zeitgeifte feine Beftätigung gab, und dies war Kant ohne feinen &
Kant wollte die Örenzen der Vernunft erforfchen, um das Eitle der dogme
und das Unhaltbare der fEeptifchen Syſteme defto gründlicher nachzumeifen. -
Ergebniffe follten eigentlidy in Beziehung auf Offenbarung zur Demuth fi
allein der felbftifche Zeitgeift ergriff diefe Waffe, welche im Anfange nur ges
dogmatifchen und fEeptifchen Formen der Zeitphilofophie mit Glüd geführt
um alles Beftehende vor den Eritiichen Nichterfluhl der Vernunft zu ziehe:
vor Allem das der fleptifhen und epikuräifchen Sinnesart fo laͤſtige Chriften
— Als man anfing, in diefem Kampfe gegen den Offenbarungsglauben zu
gehen, und die Offenbarungsgläubigen diefe Philofophie ale Giftmifcherin de
lichen Sefeufhaft anklagten, traten Mehre ald Vermittler auf und zeig
Übereinftimmung derfelden mit dem Chriſtenthume, z. B. Schmid, Tie
Ammon, Stäublin u. A. Diefe Bemühungen aber waren nur ängftlihe
handlungen zwifchen einer Philofophie, die nicht nachgeben wollte, weil fi
Sägen eine allgemein geltende Gewißheit zutraute, und zwifchen einer Mi
die nicht nachgeben fonnte, weil fie auf göttlichen Anfehen beruht. Daher
der Kampf fortgeführt und in der neueften Zeit, namentlidy durch Reiz
Äußerung (daß man bei der Entwerfung eines ſtreng wiffenfchaftlichen Lehrt
vom Chriftenthume entmweber ſtrenger Supernaturalift oder Rationalift fein
ein Mittelweg aber gar nicht flattfinden Eönne), fehr lebhaft erneuert. Ar
traten mehte Vermittler auf. Bor Reinhard's Äußerung hatte ſchon Nitzſch
ſchlagen: bie Offenbarung als ein von Gott veranftaltetes Bekannt» und G
machen der Religion durch Xhatfachen, das zunaͤchſt auf Herz und Leben, ni
Wiffenfchaft berechnet war, zu betrachten, und den Nationalismus auf den £
den Supernaturalismus auf die Art und Weife der Offenbarung zu bezichen.
der Behauptung Reinhard's erfchienen folgende Vorfchläge: Schott beha
Rationalismus | 81
er philofophirenden Vernunft bei der Behandlung der Bibel einen
uß geftatten; Tzſchirner fchlug vor: den Zweck der Offenbarung in
einer Kirche zu feßen, den Inhalt der Offenbarung aber auf die bloß
ft erkennbaren Religionswahrheiten zurüdyuführen; Andere riethen
ng Gottes gläubig anzunehmen, doch fo, daß der reine Inhalt der:
nihlichen Zufägen erft vermittelit der Vernunft zu fondern fei; noch
beide nicht als unter=, fondern ald beigeorbnet unter dem Begriffe
inigen. — Außer diefen Bermittlern gibt es Mehre, die ih Diem
he außer und nicht indem Menfchen ift, leugnen, dahin gehören
', Weiß und Löffler. Letzterer behauptete, die Offenbarung fei ent⸗
das Chriftenthum als Religionslehre koͤnne erfegt werden durch die
e, wenn ihr das Beſte gelänge, vielleicht die Angaben der Offenba-
mftanichauungen verwandeln, aber den Vernunftanſchauungen ohne
ictoritaͤt und insbefondere ohne Hülfe des Glaubens an die höhere
nie allgemeinen Eingang in die Gemüther der Nationen, ober we⸗
Meibende Herberge in denfelben wuͤrde verfchaffen können. — Die
b Sefchaffene), fagt dagegen der Supernaturalifl, darf nie ein Vor:
Dffendarung des Schöpfers behaupten und an ihrem Inhalte regeln
Sie ift zwar die Mutter der Religion, aber e8 muß ihr von Außen
itive göttliche Offenbarung beitommen, um das heilige, fchöne, all-
nde Gotteskind zur Welt zu bringen, und wir müffen der göttlichen
rauen, daß fie dieſes Bedürfniß einer pofitiven Offenbarung für bie
echergefehen und zeitlich dafür geforgt habe. Da uns die Vernunft
e Dinge nicht fiherftellen und nur Ahnungen und Glauben geben
5 Sott, wenn er ift, feine Religion auf außerorbentlidhen Wegen
. Eine echte, wirkſame Religion muß eine pofitive, eine geoffenbarte
uch) bewirkte Glaube wird alsdann durch feine goͤttliche Kraft eine poſi⸗
mg. Daher finden wir auch bei allen pofitiv Glaͤubigen, fomolinihren
as in ihrem Leben und in ihrem Tode eine Zuverficht, eine Feſtig⸗
Wimmtheit, welche noch eine Vernunftreligion hervorbringen Eonnte,
Beweife für die Göttlichkeit einer Offenbarung. Gegen das Leben
kierertob eines vernunftgläubigen Sokrates gibt und die Heiligen:
eſchichte taufend Beifpiele des herrlichften Glaubenstriumphes; und
tes in Plato's Gefprächen durch Eünftliche Gründe feinen Schuͤlern
Bette® und die Unfterblichkeit der menfchlichen Seele erſt mühfam dar:
hricht Moſes ale ein von Gott Gefandternut mit wenigen Worten : Sch
dein Gott, bu follft Feine fremde Götter neben mir haben; und fogleich
wies Volk feine Goͤtzen und fällt anbetend auf die Knie. So wirkfam
ı und Dandlung ifl eine geoffenbarte Religion, und Gott follte als
de uns das Eräftigfte Mittel unferer Erziehung nicht gegeben haben?
abeſteht nicht, wie ein philofophifches Suiten, aus Begriffen, Ur-
Schtüffen, fondern eben dadurch beurfundet -fie ihre Söttlichkeit, daß
rin, Glaubensartitein und Symbolen zufammengefegt ift; denn
& und feine Religion den Menfchen offenbaren wollte, mie fie an ſich
ie er fie alle in Götter verwandeln. Ob nun fchon die Ideen von
Isgen über die Grenzen unferer Vernunft gehen, fo darf doch eine
mölchre nichts enthalten, was dieſer oder der reinen Moral offenbar
Wenn alfo, wie 5.3. in den chriftlichen Glaubensfombolen, von
Bateit in der göttlichen Natur, von einem Sündenfalle, von Wieder:
Kidfung des Menfchengefchlechte, von einem Gerichte Gottes, von
Hoͤlle gefprochen wird, fo überfteigen diefe Glaubensfäge freilich die
Bernunft; allein da wir durch die Unterfuchungen und Nachforſchun⸗
e
4
82 RKationalismus
gen mehrer Philoſophen, z. B. Sokrates, Plato, Leibnitz und Sant, ſ
unferer Vernunft ſchon Ahnungen davon finden, fo koͤnnen fie doch nicht, alı
die Vernunft ftreitend, verworfen werden, ohne deßhalb bloß Vernunftreli
fein. Nichte Außeres können wir begreifen ohne das Innere, zumal geift
fheinungen vermögen wir nur aus unferm «ignen geiftigen Leben zu vei
Keine Sprache verftehen wir ohne die allgemeine Grammatik, die nur in un
liegt, feinen Denker ohne die allgemeine Logik; die Kunft befteht hier alfı
das Befondere aus dem Allgemeinen zu deuten, ohne es doch in dieſes auf
Aber die Möglichkeit einer Offenbarung im gemöhnlidyen Sinn zugeftan
muß doch im Menfchen ein Vermögen liegen, diefelbe aufzufaffen. Ja,
auch die Kraft haben, Religion in ſich zu erzeugen; denn nad) che die q
Dffenbarung in die Welt getreten war, haben die Völker ihre Religion, wer
untein, gehabt, und noch jest, fern vom Lichte des Chriſtenthums, mit
Dunkel der Wildheit, finden wir Die ſchwaͤchern oder ſtaͤrkern Schimmer t
gioͤſen Glaubens. Wie man diefe Anlage zur Religiofität aud) nennen md
tuͤrliche Religion oder Vernunftglaube, es geziemt dem nachdenkenden, gel
Proteftanten, darüber ins Klare zu kommen, und bie in aller Menfchen ®:
liegende Wahrheit mit der göttlichen Lehre Chrifti zu vergleichen, ob zwiſche
Widerſtreit fei oder übereinſtimmung. Es gilt hier das Verhältniß des Al
nen zum Befondern; im Chriftenthume erfcheint das Allgemeine und Ew
Meligion, zwar in der größten Reinheit und Vollkommenheit, aber in einer
dern Seftaltung. "Die Kunft der echten Schriftauslegung, fotwie der ganze
eifchen Theologie, wird fein, das Allgemeine im Befondern zu finden, un
aus jenem zu verftehen; mo hier und da noch Dunkelheit bleibt, zu war
Herren und feines Lichtes. Nur wer mit den ewigen Ideen der Vernunft t
ift, wird in den Geift des Chriftenthums eindringen können. Der Einwe
fo das Göttliche und Ewige dem menſchlichen Urtheile unterworfen und ım
Herrichaft des Verftandes geſtellt werde, beruht Auf einem Mißverſtaͤndniß
Berftand ſoll ja nicht die ewigen Wahrheiten der Religion erfinden und f
fondern nur als nothwendig in uns liegend anerkennen. Der Glaube iſt vo
er ift das geiftige Band, das uns mit der unfidhtbaren Welt verbindet ws
un ſelbſt emporzieht. Der Menſch kann nicht® davon und nichts dazn thus
er vermag nicht nur deffen geheimen Regungen im lebendigen Gefühle zu
fondern auch ſich deffelben in klarer Selbftanfchauung bewußt zu werden.
Menfchen ift ein inneres Auge gegeben, durch welches er, wenn er die verfch
Ihätigkeiten und Lebensäußerungen des Gemuͤths verfolgt, in der Tiefe det
Lebens den Quell entdecken wird, ans welchem jene himmlifche Flamme, bi
erwaͤrmt und erleuchtet, hervorbricht. Entdeden wird er fie, aber nicht erg
— Auch der Einwurf ift nicht zu fürchten, daß wir durch jene Forſchungs
Anſicht das Chriſtenthum zu einer bloß menſchlichen Erfcheinung herabrekt
indem wir inihm nur die ewigen Wahrheiten des Vernunftglaubens, wm
dazu in einer zeitlichen Geftalt wiederfänden. Allein nennen wir nicht De
lich, was hoch tiber allem Wandel in emwiger Klarheit und Hoheit ſtrahlen
über unfer wandelbares zeitliche8 Dafein, Über die vergänglichen Erfcheinung
Beſtrebungen bes Menfcyenlebens emponhebt zur Erinnerung an unfer
Sein, an unfere höhere Abkunft und an ben heiligen Urquell aller Dinge, w
und cben dadurch IAutert, ftärft, beruhigt und heilige? Wo anders ahn
Gottes Wert und Spur, als wo wir, von Gedanken des Überſchwenglich
Unergrimblidyen ergriffen, uns über die Schranken des endlichen Seins u
endlichen VBetrachtungsart der Dinge aufichwingen zu einer höhern Anfd
im Glauben und in der Ahmmg? -- Und fo erfennen wir im Chriſter
eine göttliche Erſcheinung, well mir in ihm die erhabenen ewigen Ideen be6
Rationell Rauch 83
Haren Gebanten, in begeifterten heiligen Gefühlen, mit der Allgewalt
tzeugung bervortretenfehen; weil wir in ihm die Erhebung des Gemuͤ⸗
irbare Ruhe der Seele, die Kraft der Begeifterung und Andacht finden;
nen in deſſen Gründung das Werk der göttlichen Gnade, weil es in einer
rütteten Welt in geiftiger Urfchönheit und ungetrübter Klarheit, aus
ver Ewigkeit felbft hervorgegangen, mit freier, uͤbermaͤchtiger Geiſtes⸗
anken feiner Zeit-dbucchbricht, Die Zügel der Weltherrfchaft ergreift, und
der Geiſt des Chriſtenthums über allen Wechfel der Zeit und ihrer Bil-
‚mannigfaltigen Umwandlungen der Kirche und ihrer Formen, triumphi⸗
:Soheit dafleht. (S.DOffenbarung u. Supernaturalismus.)
Staͤudlin's, Geſchichte des Rationalismus und Supernaturalismus‘'
326). Üb. D.Hahn’e „Diss. de rationalismi, qui dicitur, vera indole
1827), vgl. m. Krug’s „„Philofoph. Gutachten” (Leipʒ. 1827). W.L.
‚nell, rational, wird inber Wiffenfhaft(f. d.) dem Empiri-
ngefegt und bezeichnet die Erkenntniß, welche aus Vernunft durch
jeichöpft wird. Inder Medicin (f. d.) nenmt man rationell das
ich fpftematifchen Grundfägen und miffenfhaftlichen Heiltegeln, em:
zen das Darreichen eines Heilmittel aus dem Grunde, weil es in
vn Falle geholfen hat. Es liegt am Tage, daß das empirifche Ver-
ſei als das rationelle, denn es mußten erft Erfahrungen vorhanden
a wiffenfchaftliche Heilregeln aufftellen konnte. Das Elarfte und rich:
über das Verhältniß der rationellen und empirifchen Heilkunft trägt
ıder Vorrede zu feinen „Acht Büchern von der Medicin“. 16.
(rapina, robbaria), Wegnahme einer fremden bemeglichen Sache
ı der Perfon ihre® Inhabers verübte Gewalt, fei diefe nun wirklich
niifchhe Gewalt (vis ablativa), oder bloß Drohung, pſychiſcher Zwang
Baren phufifchen Übeln (vis compulsiva). Geht die angewandte
Bebentberaubung, fo wird der Raub zum Raubmord; ſowie es
‚ fonbern bloßer Diebftaht ift, wenn der Dieb die bereite i in feis
——ã— geſtohlene Sache oder ſich ſelbſt mit koͤrperlicher Gewalt
kshung vertheidigt. Vollendet iſt der Raub erſt, wenn die Sache
a Beſitz des Raͤubers gekommen iſt. Die Römer ſahen auch dieſes Ver:
a nicht Öffentliche Gewalt und Störung der oͤffentlichen Sicherheit
m war, ale bloßes Privatverbrechen an, welches mit Gelbftrafen ge-
In den germanifchen Staaten hat man die Idee verfolgt, daß jeder
nen Landfriedensbruch enthalte, und daher ift die Strafe des Schwer:
üch bei dem Ötraßenraube (begangen auf einem Öffentlichen Wege),
auch in die peinl. Serichtsorbn. des deutfchen Reiche von 1532, Art.
nm. Die neuern Gefeggebungen (Preuß. allg. Landr., U, XX, 1187;
‚üb. Verbrechen, $. 169; Kranz. Strafgefegb., A. 382; ; Bair. Straf⸗
36) beſtrafen ben Raub nur dann mit dem Tode, wenn er mit lebens⸗
Behandlung eines Menfchen verbunden gewefen ift (das franz. Geſetz⸗
& denn, wenn mehre andre erfchwerende Umftinde dazu kommen).
raub, um Jemand feiner Freiheit zu berauben oder zur Wolluſt zu
gebört nicht unter den Begriff des Raubes. 37.
Inögel, ſ. Voͤgel.
h, der ſichtbare Dampf, br von einem ſtark erhitzten oder brennen⸗
a bie Luft auffleigt. Er ift ein Erzeugniß der Verbrennung, d. i. eine
Bennen gebildete Zufammenfegung bes Sauerftoffs in der Luft mit den
ades brennlichen Körpers, die aber noch nicht voliftändig mit Sauer:
kind, weshalb fie nicht nur sichtbar auffteigen, fondern auch noch
meh find. (S. Verbrennen ımb Thermolampe.) Da iu
Eiehente Aufl. 86. IX, 3
34 Rauch (Chriſtian)
ben meiſten Faͤllen die Luft nicht ſtark genug in die innern Theile bi
Körpers eindringt, um alle dafelbft auffteigende Dämpfe in Klamır
dein, fo bemerken wir bei den mehrften Flammen einen Rauch uͤber
der, je weiter er fich von der Flamme entfernt, ſich deſto mehr abfi
breitet. Die oͤlichten und harzichten Theile verdicken fich bald in der
sen ſich an den naͤchſten kalten Körper ale fchroärzender Ruß an. :
Iheile bes Rauchs beftehen in Kohle, die meift mechaniſch mit fort
auch mol in den gebildeten Luftarten aufgelöft fein kann; in gebildet
in brandigem DI (Theer), dem zugleich mehr ober weniger brandigı
mengt fein kann. Übrigens muß der Rauch, da er aus gewiffen |
des Brennmaterials gebildet wird, nach Befchaffenheit des brenne
verfchteben fein, movon uns nicht nur feine verfchiedene Farbe, fon
Geruch, fowie die Schätfe, mit welcher er auf die Augen und die I
Athmens wirkt, und endlich) aud) die hemifche Unterfuchung der au
abgefegten Erzeugniffe deutlich überzeugt. Letztere zeigt u. a., daß d
thieriſchen Stoffen fluͤchtiges Laugenfalz enthält, roährend das Holz
und harzichten Theilen Wafferfloffgas und gebildete Effigfäure lie
beim Kohlenbrennen im Großen ald Sauerwaſſer auffängt und beni
fo mehr von dem Brennmaterial ungenugt verloren geht, je mehr dat
geftalt aufiteigt, fo hat man in ben neuern Zeiten allerlei Verbeſſeru
ben, um vornehmlich durdy Vermehrung des Luftzugs die vollftändig
des Brennmaterial6 zu befördern. — Daß Übrigens da, mo die Luft fı
daß fie leichter ift als der Rauch, diefer nicht auffteigt, fondern fich ı
wie wir dies auf hohen Bergen wahrnehmen, folgt aus den Geſetzen
Rauch (CHriftian), Prof. der Bildhauerkunft bei der Akad.
Berlin und Ritter des tothen Adlerordens, ift am 2. San. 1777 3
Waldeckſchen geb. Die Kunftgegenftände im fürftl. Schloffe zu 2
die Liebe zur Skulptur geweckt haben, die R. von frühefter Jugend a
wurde zum Hofbildhauer Valentin zu Arolfen in bie Lehre gegebi
doch nur mit Verzierungen in Holz und Stein zu Bilderrahmen unt
befchäftigt ward. Später ging er nad) Kaffel zu dem Bildhauer Pr
er mit ähnlichen Arbeiten feinen Unterhalt erwarb, um die übrige 3
dium des Mobellicens zu widmen. Eine Erbfchaftsangelegenheit fit
nad) Berlin, und durch ein Zufammentreffen der Umftände fchien
fremdartigen Lebensbahn zugemwiefen zu werben. Allein gerade Di
Ausbildung als Bildhauer hätte aufhalten koͤnnen, fchärfte nur mı
gung, ſodaß er mit unermüdetem Eifer jede Stunde nuͤtzte, welche i
gefchäfte frei ließen. Da er ald Dilettant betrachtet wurde, fo geno|
Unterricht des Director Schabow nur wenig; aber er hatte mit tale
gen Kuͤnſtlern Sreundfchaft gefchloffen, das Vertrauen der höchften
getvonnen und Gönner unter den einflußreichften Männern gefund
jeßtregierende König feine Neigung zur Kunft befördert... Obgleich
chen Hinderniffen hatte R. doch während diefer Zeit große Fortſch
wovon mehre Bildniffe nach der Natur und Beinere Arbeiten, vor A
ßes Relief nad) einem Entwurfe von Schadow, welches jest den Si
hen Inftituts zu Berlin ſchmuͤckt, das genügendfte Zeugniß geben.
R. Berlin, um in Geſellſchaft und durch Unterſtuͤtzung des fchlefifd
drecky durch das füdliche Frankreich über Genua nach Rom zu gehen,
eintraf. Außer der Geneigtheit des damaligen preuß. Minifters zu
heim v. Humboldt's, gewann er fid) bald durch Fleiß und Kunſtlie
feine Perfönlichkeit die Freundſchaft der bedeutendften Kimftler, nam
waldſen's, defjen Kunftteiftungen nächft der Antike den meiften Ei
Rauch (Ehriftian) 85
ech war R. niemals fein Schüler. Mit Canova, ſowie mit allen
eichneten Kuͤnſtlern, vorzüglich mit Lund, gegenwärtig Prof. bei
mie zu Kopenhagen, fand er in freundfchaftlichen Verhaͤltniſſen.
ten des fleifigen Künftlere während feines Aufenthalts in Rom bie
eir nur die Reliefs Hippolnt und Phädra für den kaiſ. ruff. Kammer:
Mars und Venus von Diomedes vermundet , für den Staatsmi⸗
olbt; ſowie die Statue eines elfjährigen Mädchens, die [päter in
Führt ward; feine Buͤſten des Könige von Preußen (koloffal, ge:
peißen Saale des Schloffes zu Berlin); die lebendgroßen der verft.
jefig des Gr. Magnis in Schlefien; die des Gr. Wengersky, des
id die Buͤſte des Rafael Menge flr die Sammlung des Könige von
illen bewunderte man fchon damals eine Naturmahrheit und eine
khrung,, fowie eine geiſtreiche Auffaffung , die jeden Singer, man
de Klaue von feiner Hand bemerklicy macht. Kunftreifen nad) Nea⸗
3 gaben feinem Eifer neuen Trieb. 1811 berief ihn der König (der
on ein kleines Jahrgehalt zugefichert hatte) nach Berlin, um mit
Kuͤnſtlern Vorfchläge zu einem Denkmale der allbetrauerten Koͤni⸗
. Da fein Entwurf vor den andern Beifall fand, fo wurde ihm
z hbertragen. Kaum war bie Arbeit begonnen, fo befiel den Künft:
ieber, deffen Kolgen, wie die Ärzte verficherten, nur durch Italiens
erden Eonnten. Diefer Umftand verfchaffte R. die Erlaubniß, feine
m ausführen zu dürfen. Er that dies 1812 in Carrara felbft, wo
Marmor kaufte. Hier gab ihm auch ein lebender Adler Gelegen>
eften Stubium dieſes koͤnigl. Thierd, das an mehren Werken R.’s
einer der Natur abgelaufchten Lebendigkeit und Treue vorkommt.
nm Abler an dem Piebeftal des Denkmals zu Charlottenburg waren
we jener Naturſtudien. In Rom vollendete er 1813 die in Berlin
Statue der Königin, die zu jenem Denkmal gehört. Dann brachte
u in Garrara zu Stande, wo auch fein Freund Prof. Fr. Tied den
das Denkmal der Königin ausführte. Im Winter 1814 Eonnte
t zurückkehren, um das Denkmal an der geweihten Stelle aufzurich⸗
Rom bie Statue der Königin unter den Künftlern allgemeinen Bei:
atte, ebenfo großen Enthufinsmus erregte fie zu Berlin, und ber
ER.’ Verdienſt auch durch eine Profeffur und die Mitgliedſchaft im
femate. 1815 gab ihm der König den Auftrag, die Statuen der
iinhorft und Bülow v. Dennewig, melche in ber Eindenftraße zu
tet werben follten, zu verfertigen. Aufs neue eilte ber Künftler da:
ke, um Marmor zu faufen, fah ſich aber gezwungen, auch die erfte
utuen dort zu vollenden, meil keine Schiffe von hinreichender Größe
zdie Bloͤcke in ihrer rohen Form mweiterzubringen. Bei feinem dies⸗
Khalte wurbe außerdem eine Statue bes Kaiſers Alerander (den er in
m Leben mobellirt hatte) für den Grafen Oftermann Tolſtoy in Ars
u, unb jene Candelaber, durch welche das Officiercorps der preuß.
ubgebliebenen des Anführer im Vendeekriege, des Marq. La Roche
Agte; doch iſt nur der eine derfelben von R., der andre war feinem
Übertragen. Bei einem kürzern Aufenthalte in Rom war er für das
der Antiken thätig. Aber die Vollendung der angefangenen Ar:
vorbehalten, wohin er 1818 zurückkehrte, um die Marmor:
—* deren Aufdeckung im Fruͤhling 1822 erfolgte. Waͤhrend
R. noch die Buͤſten des Koͤnigs, der Koͤnigin, der Prinzeſſin
Is Fieſten Hardenberg, des Kaiſers Alexander, bie der Fr.v. Mahl:
Bin von Gothe und FF. Wolf. Überhaupt arbeitete der Künftler
3 *
s6 | Rauch (Guftav v.)
von 1799 — 1824 69 Büften mit eigner Hand aus dem Marmor, morunt
20 toloffal große find. Noch in Carrara, da6 R. am 21. April [818 verlie
hielt er von der Provinz Schlefien den Auftrag, ein Koloffalbild zum ‚Anl
des Fürften Blücher und feines Heeres in Bronze auszuarbeiten, das auf de
fentlichen Plage zu Breslau aufgeftelit werden follte. Die eigenthümlichen S
rigkeiten einer Portraitſtatue im modernen Coſtum hatten einen eignen Reis f
Kuͤnſtlers ſchaffendes Talent. Er wählte zur Darftellung den Moment, wo
cher, mit bloßem Schwert in der Rechten, die Linke zum Dimmel erhoben,
vorroärtsfchreitend dem Volke „Mit Gott für König und Vaterland” zur M
Schlefiens zuzurufen ſcheint. Sie ift im Guffe glüdlidy vollendet. Diefe
tue (10 F. 23. Höhe) ift am 9. Zuli 1827 zu Breslau auf ein Piedeftal von
nit aufgeftellt worden. Eine andre Bluͤcherſtatue ward ihm nad) des Fer
ſchalls Tode vom Könige aufgetragen. Wie jene von Bronze und von g
Größe (die Statue mißt mit Sodel und Plinte 11 Fuß preuß.) Fam fie glele
auf ein ganz bronzenes 16 Fuß hohes Piedeſtal zu fliehen. Nach gluͤcklicher
endung der Statue, die ben Feldherrn nad) erfämpftem Frieden in umfichb
ber Stellung zeigt, arbeitete R. an ben reichen mit Scenen aus dem bem
digen Kriege belebten Reliefs, welche das Piedeftal ſchmuͤcken (Aprit 1
Sie ift das erfle Denkmal, das vom Boden auf Metal ift, und wurbe
aufgeftellt. Bronzeguß und Granitfchleiferei werden unter R.s Leitung fo
gefördert, daß die in Berlin gelieferten Arbeiten jede Vergleihung mit aus
ſchen aushalten, viele hochgepriefene ſchon übertreffen. Noch muß der A
erwähnt werden, den R. an den 12 Statuen hat, jebe von 7 Fuß Höhe, ı
das in Eifen gegoßene 60 Fuß hohe Nationaldentmal auf dem Kreuzberge bei
lin fhmüden. Die Statuen, weldye die Schlachten von Paris und Belle A
bezeichnen, find nad) Mobellen von R.'s eigner Hand in Eifen gegoffer
Schlachten von Laon und von Grofbeeren find vom Prof. Tieck, die übrig
nad Entwürfen der beiden genannten Künftler, vom Prof. Ludwig Wi
unter R.'s Leitung ausgeführt. Vgl. „Abbildungen der vorzüglichften
Chr. Rauch’s, mit erläut. Terte vom Dr. G. F. Waagen” (Berlin 1827, Fol.)
Rauch (Suftav v.), preuß. Generallieutenant, Chef des Ingenieur
Pionniercorps und Generalinfpecteur ſaͤmmtl. preuß. Feſtungen, geb. den 1.
1774. Bon feinem Vater (zulegt Generalmajor im Ingenieurcorpe und Di
ber 1806 aufgelöften Ingenieuralademie zu Potsdam) auf das forgfältigfte :
richtet, trat der junge R. 1788 fo gründlich vorbereitet ald Eleve in die Inge
akademie ein, daß er fhon 23. fpäter als Secondelieutenant im Ingenieu
dem Feldzuge in Polen 1794 und ber Belagerung von Warſchau beimohnte,
ter aber mit Seneralftabsarbeiten in Polen und in Schlefien beſchaͤftigt wurde
- ihn 1796 der Generalquartiermeifter und Chef des Ingenieurcorps, Genera
v. Geufau, zu feinem Abjutanten wählte. Bel der neuen Bildung des Ge
ftabes 1802 trat er als Quartiermeifterlieutenant in denfelben und wurde
Major und Quartiermeifter. Auf Veranlaffung des verft. Feldmarſchalls (I
ligen vortragenden Generaladjut. Oberften) v. Kleiſt demfelben als Gehuͤlf
gegeben, wohnte er den unglüdlichen Seldzügen von 180% im Gefolge des 4
bei und begleitete als Chef des Generalftabes den uff. General Grafen Kam
bei der zum Entfag von Danzig beftimmten Unternehmung, wo er ſich den |
Berdienftorden, den ruſſ. St.:Wiadimirorden Ater und den St.=Annenorden 2
erwarb. Mach dem tilfiter Frieden warb er zu der damals fehr wichtigen
eines Directors der 2. Divifion des 1809 errichteten allgemeinen Kriegsdepa
rufen. Hier erhielt er Gelegenheit, zu der Umgeftaltung des Heeres und
Verfaſſung und zu den ſtillen Vorbereitungsmaßregeln weſentlich mitzuwirken
che 1813 die plögliche Entwidlelung einer nicht geahneten Maffe von Streitt
Rauchen 87
muhten. Insbeſondere legte er hier nach Scharnhorft’8 Anfichten ben
a der fpäter vollendeten Seftaltung bed Ingenieurcorps durch zweckmaͤßige
eLung deffelben mit dem bie dahin getrennt beftandenen Corps der Mis
d Piommiers. 1810 wurde dee Major v. R. außer der Reihe zum Oberſt⸗
sund 1812 zum Oberſten und Generalguartiermeifterlieutenant ernannt
arten feinen bisherigen Leiftungen im Generalftabe und im Kriegsdepart.
wundo des Ingenieurcorps übertragen. Beim Ausbruch des Kriegs 1813
ekreich ging G. v. R. zum activen Heere ab umd wurde als Chef des Ges
edes 1. Armeecorps unter dem Befehle des Gen. v. York angeitellt. Au:
Nenftreibe zum Generalmajor befördert, folgte er mit Beibehaltung feines
iſſes im Generalftabe dem verft. Scharnhorft als Chef des Ingenieur:
Mech während des Waffenfliliftandes wurde er zur Vertretung des damals
m mit dem Militairgouvernement von Schlefien und der Bildung der
sm befchäftigten Generale v. Gneifenau zum Generalftab der großen fchle-
me unter dem Feldmarfchall Bluͤcher berufen. Bei dieſem verblieb er
Eriuge 1813 und nahm an den denkwürbigften Schlachten und Gefechten
sin ber König 1813 im Dec. zum einftroeiligen Chef beim Kriegsbepart.
ad wieder in feine Nähe zog. In diefer Eigenfchaft wohnte er dem Feld:
11814 im großen Hauptquartiere ber verbündeten Monarchen bei, wurde
xwoöhnlichen Dienftleiftungen gebraucht und u. a. audy mit den im Febr.
tufignn bei Troyes gepflogenen, jeboch erfolglofen Waffenſtillſtandsver⸗
sn beauftragt. Die Verleihung bes eifernen Kreuzes 2ter und Iſter Claſſe,
lenſtordens mit Eichenlaub, des kaif. ruſſ. St.-Georgenordens Lter, St.s
kardens Ster und St. Anmenorbens Ifter Claſſe, wie auch des k. bairifchen
Dens, belohnten feine Leiftungen während dieſes Feldzugs. Nach dem
begleitete er ben König nach England. Bei der neuen Bildung des
aiums zum Generalinfpecteur fämmtl. preuß. Seftungen ernannt,
Ihätigkeit ein wichtiges Feld angewiefen, welches feiner urfprünglis
g ganz entfpradh. ine wefentlid veränderte Abgrenzung des
Bine ſtarke Vermehrung des Ingenieurcorps, die Herftellung und Er:
Buchrer älterer Feftungen, die Ausführung neuer Befeftigungsanlagen,
wmerlaͤßlich bedingt. Hiernaͤchſt fiel ihm bei dem Wiederausbruch des
15 die Sicherftellung der weftlichen Grenzpläge anheim, wie die dahin
yabm Vertheidigungsanftalten. Da fie feine volle Thätigkeit in Anſpruch
‚Bar es ihm nicht verftattet, dem Burzen, aber entfcheidenden Feldzuge
Sperföntich beizumohnen. Was dagegen in dem Zeitraume von 10 J.
me Feſtungen, befonders bei den ausgedehnten und wichtigen Feſtungs⸗
n Rederrheine, unter feiner obern Leitung gefchehen ift, hat ihm naͤchſt
mg der Zeitgenoffen, das Vertrauen und den Dank feines Monarchen
t, der ihn 1817 zum Generallieutenant erhob, ihm nach und nad) die 3
es rothen Adlerordens und 1820 deffen Großkreuz verlieh. 9.
suchen (Tabackrauchen) in didtetifcher Hinfiht. Wenn es wahr ift,
um6 bis jegt bekannte Völker gewiffe Reiz: und Betäubungsmittel kann⸗
haen außer Speife und Trank mehr oder weniger zum Bedürfniß gewor⸗
If marı bem unter ung fo häufigen Gebrauche des Rauchtabacks nicht fo
das VBerdammungsurtheil fprechen, als es namentlih im 17. Jahrh.
ıtbeelogifcher Seite her gefhah. Weniger gefhah dies dem Gebrauche
woftabads, und noch jest iſt, wenigſtens bei uns, die Tabacksdoſe in
ke, wie im Hörfaal und im Audienzzimmer erlaubt, die Tabackspfeife un>
Democh liegen diefe beiden Gebrauchsarten des Tabacks fo wenig weit
rt entfernt, und find einer dritten, dem Kauen des Betels, fo nahe
t, daß manche Seeleute das köftliche Kraut fparend, es erft kauen, dann
ö8 Rauchen
trocknen und rauchen, und endlich mit ber Afche deffelben den Schnupftabad
fen. Alle drei Arten bed Tabacksgenuſſes, Kauen, Schnupfen und Raı
fheinen wegen des kuͤnſtlichen Reizes gefucht zu werben, den fie hervorbı
und beffen der Menſch unter dem Einfluffe mandyerlei ſchwaͤchender und al
pfender Verhaͤltniſſe bisweilen zu bebürfen fcheint. Das mehr bei Seeleute
Küftenbewohnern übliche Kauen fcheint bei und durch den feit einigen Jahren
führten Gebrauch der Cigarren ein Analogon gefunden zu haben. Das Schr
wirkt augenfcheinlich als ein Reiz auf das Gehirn, und defhalb find wei
Bloͤdſinnige fo unmäßig nad) Schnupftabad begierig, da bei diefem krank
‚Zuftande ein ſolches Beduͤrfniß fortwährend vorhanden fein muß. Das Re
übt ebenfalls eine reizende Wirkung auf die Theile bes Mundes aus, fchein
von einer mehr betäubenden Einwirkung auf das Gehirn und auf das Mer
ſtem überhaupt begleitet zu fein. Seine naͤchſte Einwirkung zeigt e6 auf bi
ſchmackswerkzeuge durch Abftumpfimg des feinern Geſchmacksſinnes, dah
chen und Weinhaͤndlern das Rauchen unterſagt iſt; ferner wirkt es bei Neu
und Schwaͤchlichen brechenerregend, bei Geuͤbtern abfuͤhrend, ſcheint auch
mittelbar nach der Mahlzeit genoſſen, die Verdauung einigermaßen zu |
Auf die Speicheldrüfen des Mundes wirft es als ein bie Abfonderung des
chels vermehrender Reiz und kann von diefer Seite Abzehrung hervorbringe
dem es eine zu große Menge Speichel aus dem Körper führt; vielleicht gef
etwas Ahnliches an der Bauchfpeichelbrüfe und verurfacht das Abführen.
das Neryenſyſtem wirkt es betäubend und ſchwaͤchend, kann Schwindel, 3
wol felbft Lähmung hervorbringen. Übrigens kann es den Augen fchädlich w
beſonders da6 Rauchen von Cigarren. ine andre nadıtheilige Wirkung bu
backsrauchens ift die, daß es die einzuathbmende Luft verdirbt, und aus |
Grunde ift das Rauchen im Freien wenigftens dann nicht zu empfehlen, wen
ben Aufenthalt im Freien der reinen Luft wegen gewählt haben. Mediciniſt
pfohlen hat man das Tabacksrauchen bei eheumatifchen Zahnfchmerzen und I
riöfen Zähnen, wo es theils als betäubendes, theild als antifeptifches Mitt
Een kann; ferner bei Stodungen und verminderter Abfonderung des Spei
bei hartnädiger Stuhlverhaltung und chroniſchen Unterleibsbefchwerden, wo ed
dings oft heilfam wirken kann; enblid, empfiehlt man es auch bei veralteten
migen Bruſtkrankheiten. Die vermeintliche Schutzkraft des Rauchens gegı
ftedende Krankheiten, befonders folcher, deren Anftedungsftoff ſich durch di
verbreitet, ift fehr unficher und kaum je wirklich erwwiefen.. Wol aber kann
ben unvorfichtigen Gebrauch, fremder Zabadöpfeifen Fortpflanzung mancher J
heiten erfolgen. Im Ganzen alfo ift das Tabadsrauchen mehr ſchaͤdlich ald
lich und nur ale ein durch die Verhältniffe der kuͤnſtlichern Lebensart herbeig
tes libel zu betrachten. Wol kann aber der an diefen Genuß Gewoͤhnte ſich
Maͤßigkeit, ſchickliche Wahl der Zeit u. dgl., vor den Nachtheilen deffelben
tentheild bewahren. Weber unmittelbar nach dem Aufftehen am Morgen,
zunaͤchſt vor und fogleich nach der Mahlzeit iſt das Rauchen zuträglich; eben
nig bei fehr heißer Jahreszeit oder beim fchnellen Gehen und anftrengenden :
ten. Erhitzende Getränke, wie Wein, Punſch, Chocolade, eignen ſich zum
genuß des Tabacksrauchens nicht, aber auch kaltes Waſſer ift unpaflend
Bier und Caffee fcheinen ſich am meiften mit dem Rauchen zu vertragen.
kommt auf die Sorte des Tabacks und auf die Zubereitung deffelben an. X
fterer Hinficht unterfcheidet man leichtere und ſchwerere Tabade, wobei freili
Gewohnheit fehr in Betracht kommt; die morgenländifchen und ungarifche:
ben Zabade werben für die Meiften von uns ſchwer fein, d. h. fie machen X
fligung, Herzklopfen, Übelfein, Zittern sc. Hinſichtlich der Zubereitung :
fcheiden fich auf den Fabriken die verfchiebenen Beizen, die namentlic) den vo:
Räuchern 89
rm Sorten gegeben zu werben pflegen, und ein wachfames Auge der Me:
äcrfodern. (Vgl. J. Chr. 5. Harleß, „Die Taback⸗ u. Effigfabrication,
ge Gegenftände der Medicinalpolizei“, Nümb. 1812, 4.) Schaͤdlich
as zu oft und zu reichlich erfolgende Ausfpuden beim Rauchen, noch
ber das Herabſchlucken des mit Tabacksrauch gefchwängerten Speichels.
dehr, welches zum Rauchen benust wird, iſt nicht gleichgültig; milder
z teird der Tabad durch lange Röhren als durdy kurze; Thonpfeifen
reinlichfte Rauchen, doch nicht ohne Nachtheil für die Zähne, wenn
a ron Federkiel u. dgl. ihnen angefegt werden. Am mildeften wird ber
&, wenn man Ihn nach perfifcher Sitte Durch Waffer freichen läßt. -- -
ur Tabacksraucher find „Nicotiana, oder Taſchenbuch für Tabackslieb⸗
efin 1800, mit Kupf.); K. J. Kilian, „Diaͤtetik für Tabadsraucher‘
; 3.C.Mever, „Anweifung, ohne Nachtheil für die Gefundheit Ta:
im” (Pirna 1804). 16.
Gern beißt 1) Rauch entwideln, um die Luft zu verbeffern und
teffe aus ihre zu entfernen. Gewöhnlich fucht man diefen Zweck durch
ı foicher Dinge zu erreichen, die in der Wärme einen angenehmen Ge:
‚ Räucyerpulver, Raͤucherkerzen. Der angenehme Gerudy allein iſt
slänglidy, einen übeln Geruch zu befchwichtigen, aber nicht zu entfer:
t üble zugleich ſchaͤdlich für die Gefundheit, fo wird dies durch den
bleineswegs aufgehoben. Friſche Luft bleibt das befte Luftverbeffe:
l, ſobald die Üble Luftbeſchaffenheit nur zufällig ift und von einer vor:
m Urſache herrührt. Gegen wirklich ſchaͤdliche, anſteckende, in bie
wnmene Stoffe dienen vorzüglich faure und gewuͤrzhafte Mittel, wie
man ducch gelinde Wärme verdunften läßt, oder Kampher, Knoblauch),
Kraͤuter, aus denen der Effig die kräftigen Beſtandtheile ausgezogen
R, Vinaigre à quatre voleurs), und womit man ſich zu ſchuͤtzen Ge:
Inde waͤſcht und die Zimmer befprengt. Beſſer noch find mineralfaure
pa, welche man mit drei verfchiedenen Säuren, mit der des Schwe⸗
AUpeters und des Kochſalzes, anftellen kann und deren jede ihre Vor:
3u den Räudherungen mit Schroefelfäure nimmt man eine Vermi⸗
poei Theilen Schwefel, denen man des befjeen Brennens wegen einen
eter, und des Geruchs halber ebenfo viel Wachholderbeeren, etwas
ver Weihrauch, auch wol Kiefer: oder Tannenfproffen zufest, und laͤßt
wöhnliches Räucherpulver auf Kohlen verbrennen. Diefes Raͤucher⸗
ienten fich die Ruſſen bei der volhyniſchen Peft (1771) mit großem
halb es auch den Namen des Peftpulverd von ihnen erhalten hat.
Schwefel oder Schwefelfäden auf Kohlen verbrannt haben dieſelbe Wir:
hefe Art von mineralfauern Dämpfen fcheint viele Vorzüge vor den bei-
genden zu befigen, nicht nur wegen ber leichten Derbeifhaffung des
fendern auch weil feine Dämpfe in der geringen Menge, als fie ſchon
d wirken, von den Lungen unſchaͤdlich ertragen werden und nie die
Folgen der orpdirt falzfauern Luft hervorbringen. Es iſt naͤmlich fehr
Ih, daS die dabei entwickelte fchmweflige Säure fich mit den Anftedungs-
Daft zu einem neuttalen und unfchädlichen Producte verbinde, gleichwie
Bäure mit den Karbeftoffen macht, denen fie die Farbe fo lange raubt,
e derbunden ift, aber nicht wie die opydirte Salzfäure zerſtoͤrt. Raͤu⸗
wit Salpeterfäure werden nach dem Engländer Smith, der ihren gro:
ı durch viele Erfahrungen beftätigte, folgendermaßen angeftellt: In
moefäß ſchuͤtte man einen Theil geftoßenen Salpeters, ſetze den zehnten
sr hinzu, ruͤhre Alles wohl um, ygieße nun vorfichtig einen Theil Vi:
æ deſtaͤndigem Rühren hinzu, und fuche die erfolgte Erhisung neh
40 | Raucourt
durch Dfen = und Kohlenwaͤrme zu unterhalten, bie die Miſchung keine D
mehr gibt. Die von Guyton Morveau empfohlenen und fehr gerühmten R
zungen mit oxydirter Salzfäure (Chlorine), um die mit verborbener Luft any
ten Räume mit neuer Lebensluft (Sauerftoff) zu verfehen, werden aus
Theile ſchwarzen gepulverten Braunfteins (Magnefium), der mit Waffer
feuchtet wird, daß dieſes nicht abläuft, und mit drei Theilen Kochfalz vermer
durch Übergießen mit zwei Theilen Vitrioloͤl entwidelt, wobei man das Ger
gut umrührt. Das Waffer ift dabei nöthig, wie neuere Verfuche von B
gelehrt haben. Der auffteigende Dampf, welcher orpdirte Salzſaͤure iſt
nad) allen Erfahrungen die Eigenfhaft, Anfteddungsftoffe zu zerſtoͤren, fe
Farben gänzlich zerſtoͤrt; um aber diefen Zweck zu erreichen, ift eine fo ſtark
wickelung deffelben nöthig, daß der ganze angeftedite Luftraum damit bie zı
durchſichtigkeit angefüllt und lange Zeit, mit Vermeidung alles Luftzuges,
erhalten wird. Da aber.in einem folchen mit orydirter Salzfäure angefuͤllten I
Niemand wegen Erftidungsgefahr athmen kann, und eine minder ftarfe Anwe
nicht6 oder body fehr wenig fruchtet, fo ſchicken fich jene zwei erfigenannten
Athmen minder [hädlihen Raͤucherungen viel beffer für Krankenſaͤle und I
zimmer, diefe falzfaure Räucherung hingegen vorzüuglicher für menfchenleere
me, wo zugleich angeftedte Kleidungsftüde, Geräthe und Waaren aufgel
und aufgeftellt werden koͤnnen, um den ihnen anhängenden Anftedungsftoff
ftören. Übrigens flimmen auch die öffentlichen Nachrichten darin uͤberei
die falzfauern Räucherungen gegen heftige anſteckende Seuchen, 3. B. geg
gelbe Sieber in Malaga , in der Höhe derfelben wenig gefruchtet haben, de
gen fie gegen ſolche Krankheiten, die von Sumpfluft (getohltem Wafferftı
oder eingefperrter Luft (mie die in den verfperrten Sälen, worin Seidenn
gezogen werden und welche die Wärter frank macht) herfommen, ſchon im
ger Menge dienlich gewefen ift, wie auf Waicheren und auf der Schelb
2) Räudern, d. i. durch Rauch dörren, wird vorzüglich beim gefalzenen 3
bei Sifchen u. f. w. angewendet, um diefe Körper gegen Faͤulniß zu ſchuͤzen
als Nahrungsmittel aufbewahren zu innen. Sie werden zu dem Ende bem
che des Holzes ausgeſetzt, deffen Wärme nicht allein austrocknend auf fie
fondern deffen uͤbrige Beſtandtheile (die dunftförmige Effigfäure, Kohlen
vbrandiges aͤtheriſches DL, verflüchtigte® Harz u. f. w.) das Fleiſch auch chemiſch
dern und bie Ahlage zur Faͤulniß unterdrüden. Vorzuͤglich werden zu dieſem
Holzarten empfohlen, die, wie Wachholder, viel Harz und riechendes Ol verflüd
Raucourt (Sophie), tragifhe Schaufpielerin des Theätre fri
geb. 1760. Sie betrat die Bühne unter unglinfligen Umftänden, ba ihr
fhüserin, Madame Veſtris, die Abficht hatte, fie ald Mebenbuhlerin einer |
jtigten Schaufpielerin auftreten zu laffen. Sie wurde daher vom Publicu
übel empfangen, befonders in der Rolle der Phädra, morin fie ſich fpäter |
Ruhm erwarb. Auch made fie fid) in den Rollen der Roxane, Den
Agrippina, Semiramis und Kleopatra berühmt. In jeder hatte fie Geleg
ihr dramatifches Zalent und beſonders ihre Kraft im Ausdrude der Leidenfd
geigen. Sie war vorzüglich zur Darftellung tragifcher Heldinnen gefchickt
bei ein ſtolzer Wuchs und eine volle Stimme fie begünftigten. Zur 3
Schredensregierung wurde fie, wie faft Alles, was zum Theater gehörte, a
daͤchtig verhaftet. Als fie nach Robespierre's Sturze ihre Freiheit erhielt,
fie 1796 aus den Überreften des franz. Theaters eine neue Geſellſchaft, die b
Sept. 1797 fpielte, wo das Directorium die Schließung diefer Bühne vero
die man für einen Sammelplatz der Eönigl. Partei hielt. Mile. R. kam d
in große Verlegenheit, betrat jedoch im folg. Jahre die Bühne wieder. W
Murat's Regierung ging fie nad) Neapel, wo ihre bie Leitung des Xheaterd
Raugraf Raumer (Friedr. Ludw. Georg v.) 41
ed, and ſtarb 1815 in Paris. 1782 ſchrieb fie ein Schaufpiel Hen⸗
wi nicht ohne Beifall gegeben ward. Ihr Leben war reich an galanten
wı Auch bildete fie die Dem. Duchesnois für die tragifche Darftellung.
leugraf, im Mittelalter eine (jet erlofchene) Bezeichnung gewiſſer gräfl.
de. Manche wollen in dem Beiwort Rau das alte oder verftümmelte
iben, und glauben, daß diefe Grafen von den Kaifern eingefegt worden waͤ⸗
Bin den Zeiten des Fauſtrechts Ruhe und Ordnung aufrecht zu halten.
kim e3 von den Landſtrichen her, die von diefen Grafen befellen wurden,
Gebirge und Waldungen wegen damals zu den rauheften Deutfchlands
n 68 gab Raugrafen zu Daffel (am Solingerwalde) und Raugrafen am
ja ver Gegend von Zrier, Kreumad) und Alfey. Nachdem diefe Befiguns
Ham Srlöichen des raugräfl. Stammes an bie Pfalz gekommen maren, ers
vier Rurfürft von der Pfalz, Karl Ludwig, 1667 diefen Titel, dody ohne
Int u verbinden, zu Sunften feiner ihm an bie linke Hand getrauten Ges
klszife v. Degenfeld, die fortan Raugräfin hieß.
Rem. Unter Raum wollten die fharffinnigften Denker bald die unſicht⸗
Wösteit, den Ather, bald die Luft, die den Abſtand der Körper, 3.3. ber
Branimmt, verstanden wiffen, ja man erhob den Raum in Verwechfelung
Besreifung der Allgegenwart Gottes zur Gottheit felbft, und Newton
das Senfortum der Gottheit. Leibnig dagegen nimmt Raum als den .
Verhaͤltniſſe und der Ordnung an, in welcher Börperliche Dinge zu eins
Doch auch diefe Erklärung ift nicht hinreichend, meil bei allgemeis
‚al Größe, Härte, Schwere und dal., nothivendig ein Gegenftand
muß, wenn jene Worte und ihre Bedeutung nicht Unfinn enthals
weiches aber nicht nothwendig Ift bei dem Gedanken an Raum, der ohne
and fehr gut gedadyt werben kann. Nach Kant ift der Raum bie
Form des Anſchauens oder eine reine Anfchauung, bie Bedingung,
dem äußern Sinn das Objective ſich darftellt. Hieraus ergibt ſich
& Unmöglichkeit, den Raum hinwegzudenken, da derfelbe bleibt, wenn
Inftand die ganze Schöpfung in Gedanken aufhebt (durch Abftraction
. Gtleihwol kann man den Raum auch nicht leer (von allen Ges
denken, und wenn er body fletig und unendlidy genannt wird, wie kann
ia angefchaut werden? Wir find daher ebenfo genöthigt den Raum als
Anſchauung, denn als reale Form der erfcheinenden Dinge anzuneh⸗
Bis die Unbefchränktheit des Raums betrifft, fo kann fie von uns Endli⸗
aus Erfahrung bargethan werden, da die Erfahrung bloß befchränkte
Bade, bie eben durch ihre Beſchraͤnkung Object für unfere Sinne werben,
wiom. — Räume gibt es übrigens nicht, da Das, was mir darunter
I nur Theil des Einen Raumes ift. In der Mathematit wird der Raum
Im vorausgefest. Die Säge der Geometrie: Der Raum hat nur drei
(Höhe, Länge, Breite) und zwei Dinge können nicht einen und den»
einnehmen, find zwar Grundlagen diefer Wiffenfchaft, können aber
fra werden.
keumer (Friedrich Ludwig Georg von), ber Altefte Sohn des um die ans
eLandwirthſchaft im Deffauifchen fehr verdienten, 1822 verft. Kammerdi⸗
Geerg Friedrich v. R. geb. in Woͤrlitz bei Deffau den 14. Mai 1781,
Finem 12. Jahre auf das joachimsthaliſche Gymnaſium nad) Berlin, mo
Bathatt in dem Hauſe des Kammerpräfidenten von Gerlach auf feine Bil-
weithätig einwirkte. Im 17. Fahre bezog von R. die Univerfitdt, um die
ws Kameralwiſſenſchaft zu fudiren. Nach dreijährigem Aufenthalt in
m Böttingen verweilte er geraume Zeit in Deffau, um von feinem Vater
ken Sachverſtaͤndigen praktiſche Kenntniß der Landwirthſchaft zu erwer⸗
*
' ⁊
48 . Raumer (Friedr. Ludw. Georg v.)
ben. 1801 ward er ale Referendarius bei der Furmärk. Kammer a
begleitete im nächften Jahre den jegigen Oberpräfidenten von Baſſew
Preußen zugefallenen Eichefelde, wo er fi in mannigfaltigen Gefd
Zeitung feines trefflichen Sreundes zu üben Gelegenheit fand und zum
nannt ward. Dabei verlor er die Gefchichte feit feiner Univerfitätszeit
Augen und begann fhon 1803 in Berlin die Vorarbeiten zu dem
die Hohenftaufen und ihre Zeit. Während des erften franz. Krieges
Stand er einem Departement der Domainenkammer zu Wufterhaufen be
fand aber zugleich Muße, in feinen gefchichtlidyen Arbeiten bedeutend
und hielt zum erften Male hiftorifche Vorlefungen. 1809 erhielt er
organifirten Regierung in Potsdam eine Natheftelle, und ward 1811
lin berufen, um im Sinanzminifterium bei der Abtheilung für bie St
zu arbeiten. Der Staatökanzler v. Hardenberg befchäftigte ihn jegt n
die lehrreichſte Weife, im wichtigen Angelegenheiten, fondern nahm
feine Wohnung auf und würdigte ihn feines täglichen Umgangs. So
Verhaͤltniß erfchien, fo günftige Ausfichten es für weltliches Fortkomm
täglich fah v. R. deutlicher ein, daß Geſchaͤftsfuͤhrung in fo hohen R
ganzen Menſchen in Anſpruch nimmt, und er diefe, oder feine gefchid
bahn völlig aufgeben muͤſſe. Schon drei Sabre früher war er faſt
fih, auf Joh. Muͤller's Kürfprache, bei einer fübdeutfchen Univerfitdt
laſſen; jetzt trat diefer Gedanke von neuem hervor, und er entwarf fi
binetsordre, wodurch ihn der König 1811 zum Profeffor in Bresla
Hier lebte er der Wiffenfchaft und feinen Sreunden, bis 1815 eine Ne
nedig dazu beitrug, ihn immer mehr von der Nothwendigkeit zu über
größere wiffenfchaftliche Reife zu unternehmen. Auf die Empfehlu
. nifteriums, und insbefondere des Kürften Hardenberg, bewilligte ihr
hierzu Urlaub und Unterftügung. Er war vom Sommer 1816 bis.
1817 abwefend, und fand in Deutfchland, der Schweiz und Italien
liche Ausbeute für f. „Gefchichte der Hohenftaufen”. 1819 ward er q
der Staatswiffenfchaft nad) Berlin berufen, hat aber, außer den Vorle
Staatsrecht und Statiftit, nady Ruͤhs's Tode, vorzugsweife gefchichtlis
gehalten. Unter feinen Schriften nennen wir: „Sechs Dialogen übe
Handel” (1806; anonym, durch Joh. von Müller zum Druck beförd
beitifche Beſteuerungsſyſtem u. ſ. w.“ (Berlin 1810); „Die Reden t
und Demofthenes über die Krone” (Berlin 1811); „CClemendation
las genealogicas Arabum et Turcarum” (Heidelberg 1811);
merkwuͤrdiger Stellen aus den lat. Geſchichtſchreibern des Mittelaltere
1813); die (an geiftvollen Blicken auf Leben, Staat und Literatı
„Herbſtreiſe nach Venedig” (Berlin 1816, 2 Bde); „Borlefungen i
Geſchichte“ (Reipzig 1821, 2 Bde.), in welchen das wahrhaft Wiffen:
der Gefchichte des Orients und Griechenlands (bi6 281 v. Chr.) aus
in fachreicher Beziehung auf fortwährende Intereffen, wohlgeordnet ı
einfach dargeftellt iſt. Endlich die aus der Vergangenheit felbft be:
„Geſchichte der Hohenftaufen und ihrer Zeit“ (Leipzig 1823 -— 25,
Kpf.). Außerdem fchrieb er mehre gehaltvolle Necenfionen in den „F
und „Wiener Jahrbüchern‘‘ und im „Dermes’ u. a. Bl. Insbefonder
von genauer Kunde des Innern der Staatsverwaltung zeugende Ge
Beurtheilung der Verwaltungsbehörben in Preußen von 1808—13, ı
ber Manfo’fchen „Geſchichte des'preuß. Staats feit 1763”, den eindrir
Fchäftsblic® dDiefes Gelehrten. Bor Allem aber erkennt man in f. „G
Hohenſtaufen“ den tiefen Blick des Denkers, die gereifte und Elare
Santefundigen Mannes, die Heiterkeit und Ruhe eines freien Gei
Kaupach Raute | 48
t unbefangener Forſchung. Schule und Welt haben ſich in dieſem
ich vereinigt, um uns ben vollen, frifhen Kern feiner Wiffenfchaft
ı Form einer gebiegenen Darftellung und einer reinen Sprache zu zeis
waͤrtig befchäftigt ſich Hr. v. R. mit der Gefchichte der drei legten
e. Seine legte Schrift ift „Über die gefhichtliche Entwickelung ber
ı Rechte, Staat und Politik“ (Leipzig 1826). — Sein Bruber,
aumer, geb. zu Wörlig den 9. Apr. 1783, Profeffor der Dinera«
lau, feit 1819 in Halle, gab 1821 diefe Stelle auf, und ſchloß fich
eihen Erziehungsinftitute in Nürnberg an. 1827 wurde er zum
aturgeſchichte zu Erlangen ernannt. Er hat ſich durch geognoftifche
lanntgemadht.
‚ah (Emft Benjamin Sulomo), dramatifcher Dichter, geb. den
34 su Straupig, einem Dorfe unweit Liegnig in Schlefien, verlor f.
afeibft Prediger war, an f. 10. Geburtstage und kam hierauf nad
er das Gymnaſium befuchte, das unter der Leitung des geiftreichen
mann ftand. Zu Oftern 1801 bezog er die Univerfität Halle, um
ſtudiren. Mach beendigter Studienzeit ging er 1804 nad) Peters:
h fein Älterer Bruder, Johann Friedrich, fchon feit 7 Jahren befand.
ta Jahre feines Aufenthalts in Rußland verlebte er als Etzieher in
a und befam dadurch Gelegenheit, ſich die Kenntniß der Landesfpras
wn. Nachdem er fpäter anderthalb Jahre zu Petersburg privatifirt
rer 1816 beider dafigen Univerfität ald Ordinarius der philofophi-
kt angeftellt und verband im folg. 3. mit dem Lehrftuhl der deutfchen
sungleich wichtigern dev Geſchichte. 1821 begann die bekannte Un-
keüber ihn und einige feiner Collegen verhängt wurde. Da das Ende
Kabzufehen war, fo verließ er 1822 Rußland; fpäter foderte und er:
Entiaffung von der Univerfität. Seit der Zeit lebte er bald hier bald
Wand, machte auch eine Reiſe nad) Italien. Seit einigen Sahren
in Berlin an einer ausgezeichneten Bühne Gelegenheit gefunden
Erſchienen find von ihm folgende bramatifche Arbeiten: „Timoleon“,
ECãcilia“; „Die Fuͤrſten Chawansty‘ (1818 und 1821); „Die Er:
820); „„Die Gefeffelten”‘ (1821); „Die Königinnen‘ (1822); „Der
eis’ (1824); „Die Sreunde” (1825); „Das Märchen ein Traum”,
be es ſo!“ (in Rochlitz's „Mitcheilungen” fir 1822u.1823); „Sfi:
x’ (Rp. 1826). Ferner „Erzählende Dichtungen” (1820); „Hirfe⸗
fe aus Italien“ (1823) und mehre Beiträge zu Zafchenbüchern.
beiten find, mit Ausnahme der „Briefe aus Stalien” und einiger Blei:
für Zafchenbücher, 1810— 20 entftanden, doch nicht in der Folge,
hienen find. R.'s erfte dramatifche Dichtungen erhielten vielen Bei⸗
mb darın neue und intereflante Situationen, oft auch ben Eräftigen
fer Leidenfchaft und vorzüglich eine gedankenreiche, ebenfo glänzende
heerſprache und einen wwohlgefälligen, an Abwechfelung reichen Vers:
h muß diefe poetifche Außenfeite oft den Mangel innern dramatifchen
m. Ginige, z. B. „Die Fürften Chawansky“, und vorzüglic „fi:
r, verfehlen felbft in der Bühnendärftellung ihre Wirkung nicht. In
kamatifchen Erzeugniffen hat der Dichter Begriffe durch Handlung
wfircht, wie zum Theil [chen die Titel einiger Stüde zeigen. In
kso Briefen‘ hat er ung eine Art von Luſtſpiel aus dem Stegreif gege:
R Benedig Über das damald vom Congreß belebte Verona nad) Rom
), überall feinen Stoff aus den nächften Umgebungen fchöpft. In
haben feine Luſtſpiele getheilten Beifall gefunden.
e, f. Rhombus.
44 Rautenglad Ravaillac
Rautenglas, Polyeder, ein auf einer Seite eben, auf ber ander
edig gefchliffenes Glas, durch welches ſich dem Auge der dahinter fiehende (
ſtand in gehöriger Entfernung fo vielfach) darſtellt, als Flaͤchen auf der einer
sefchliffen find. Bei optifhen Darftellungen bedient man ſich der Polyel
Vervielfachung der Gegenftänbe.
Rautentrone. Der k. fähfiihe Hausorden der Rautenkrone (
de la couronne royale de Saxe) ifl, nad) Annahme der Koͤnigswuͤrde ur
dem Vorgange andrer deutfcher Höfe, im Juli 1807 geftiftet und zuerſt
geben worden. Das Großmeifterthbum beffelben ift mit der Krone verb
Die koͤnigl. Prinzen, mit Inbegriff der Neffen, find geborene Ritter des
ordend. Das Ordenszeichen befteht in einem goldenen, achtſpitzigen, h
emaillirten, mit fchmalem, weißen Rande und goldenen Faden an ben Eck
fehenen Kreuze, welches im weißen Mittelſchilde auf beiden Seiten einen
fechözehnblätterigen Rautenkranz zur Einfaffung hat.*) In dem Schiit
auf der einen Seite die goldene Chiffer F. A. mit einer Koͤnigskrone, auf |
dern Seite die auf die verhängnigvolle Epoche der Stiftung hindeutende £
devife mit goldenen Buchſtaben: PROVIDENTIAE MEMOR. In b
Mitteleden zeigen fi) goldene einfache Rautenkronen. Diefe® Kreuz x
: einem breiten, gradgrünen, gewaͤſſerten Bande auf der rechten Schulter ge
und der auf der linken Bruft zu befefligende, achtedige, filberne Stern zeigt
Mitte die Ordensdeviſe, mit filbernen römifhen Buchftaben auf eine ;
Sonne geftidt. Der Drden hatnur Eine Claffe, und bie Mitglieder n
führen den Titel Ritter (Chevalier).
Ravaillac (Srangois), der Mörder Heinrich IV. von Franten
zu Angouleme 1578, wurde grober Ausſchweifungen wegen aus dem
Feuillans verſtoßen, in dem er ſich anfangs durch Fleiß und gute Auffkchei
liebt gemacht hatte; bald darauf eines Mordes angeklagt, jedoch mia
trieb er, um fich zu erhalten, unter der Hand juriftifche Prarie, womit et
nicht gluͤcken wollte, ſodaß er ſich endlich vom Unterricht der Bürg
Seburtsorts naͤhrte. Der Verdruß über die Beſchraͤnkung f. aͤußern Laf
bunden mit einem von Natur finſtern Gemuͤth, ſtimmte ihn zu melancht
Trübfinn, der bald in eine wilde Schwärmerei ausartete, als er anfing, :
den Religionshändeln zu befchäftigen, die fein unglüdliches Vaterland dame-
immer zerriffen. Seine Seele, von wilden Haß gegen die neue Lehre
wöhnte fi, den guten und menſchlichen Heinrich als Hauptfeind der K-
betrachten, den zu vernichten ein verdienſtliches Werk ſei. Dieſe Stimmum
bald den Gegnern des Koͤnigs am ſpaniſchen Hofe bekannt, die nicht und⸗
den noch ſchlummernden Vorſatz in ihm zu ſtaͤrken. Zwei Mal war ee E
Paris gewefen, in der Abficht, das Blut feines Königs zu vergießen, wu
daran behindert; endlich gegen Oftern 1610 erfchien er abermals, wahtf.
von Heinrichs Feinden aufs neue in feinem Vorſatze beftärkt, und am 1-
führte er ihn wirklich aus. (S. Heinrich IV.) Er ward ergriffen, zu
verurtheilt, und am 27. Mai das Urtheil an ihm voliftredt. Er ftarb 3
*) Bekanntlich führt das ſaͤchſiſche Wappen im zweiten Felde über acht S
und ſchwarz balkenweiſe gezogenen Streifen einen Rautenkranz wegen des Hert̃
Sachſen, deſſen neuermähtter Herzog Bernhard 1. diefes Wappen 1181 vo
Friedrich 1. befam. Grundlos ıft die Cage, ber Kaifer habe, ats Bernharky,
maliger Sitte fein Schild tragend, worauf bie Ballenftädtifchen ſchwarz mb
Ballen befindlich waren, vor ıhm erfihien, wegen der Eonnenhige einen Reg
auf dem Haupte gehabt, diefen abgenommen, über den Schild des Herzogs zu
und ihm zugleid) als Wappen verehrt. Böhme (De origine vera ruta®
cae“, 1756) glaubt, daß diefer Routenkranz dreiblätterige goldene Kronſpite
Überhaupt war bie Raute ein heraldiſches Zeichen.
Hang EWIE VER WERE SUMUIE DEUHERD 66 ver Weuumıyın. Ypiee
fömifcdyen Sal ihren Sig; nad) Untergang des abenbländifchen
ie gotbifchen Könige, dann bie Erarchen. Diefe wurden im 3. 752
ıbarben vertrieben, weldyen jedoch der fränkifche König Pipin: ſchon
t nebft dem ganzen Erardhat (f. d.) wieder abnahm und Beides
:Stuhl fhenkte. Bon 14401508 war die Stadt in den Händen
t, denen fie in Folge der Ligue von Cambrai entriffen wurde. Seit
ie wieder dem Papfte. R. liege umgeben von Sümpfen, die aber
tem durch Ableitung in die Fluͤſſe Montone und Ronco ſowol als
Bebauung der Umgegenb vermindert worben find. Der ehebem an
iadliche Hafen am adriatifchen Meere iſt durch neue Landanfegungen
figung bed Meeres nad) den illyriſchen Küften zu jegt ungemein ver⸗
DR., das fonft hart am Strande lag, ift nun faft eine Stunde
Hfernt. Im der Nähe, nach Forli zu, iſt das Schlachtfeld, auf dem
ſtanz. Feldhert, Gaſton de Foir, 1512 über die [panifchen und päpftl.
zund fiel. Neben ben Gebeinen der Kaifer Honorius, Konftantinus
I. und denen der Tochter des großen Theodofius, Galle Placidia,
1 ebeine Dante Alighieri’& in Ravenna.
I Mitglied der franz. Deputirtentammer, und feit 1818 — 27
13 vom König zum Präfidenten derfelben ernannt, zeichnet ſich Durch
!@egentwart des Geiſtes aus, mit welcher er die oft ſtuͤtmiſchen Bes
tet, den wefentlichen Inhalt berfelben zufammenfaßt und die Ertoͤrte-
"den Hauptgegenftand im Sinne ber Regierung hinlenkt. Ex ſpricht
und gut. Bein Anftand ift ernft und twürbevoll; feft in feinen Ans
tnger Ropalift, hält er ſich genau auf des Linie der Mäßigung und
8. Geb. im Loirebepart. 1770, und zum Rechtsanwalt gebildet,
ſeit 1791 in yon, durch die muthige Vertheibigung ber eibfcheuen
amt. In Folge der Ereigniſſe vom 31. Mai 1793 kämpfte er in den
yonefer gegen die Conventstruppen. Nach der Einnahme von Lyon
Doocat zu Bordeaur, wo er einen Verein fliftete, deffen Zweck war,
tung ber neuen Ideen zu toiderfegen. Indeß erklärte er 1806 öffent»
uhmheit araen bie Paifer! Familie Mach har Misherhorftelting d⸗ea
46 Kay Raynal
Gelegenheiten mit großer Klugheit, um die Anträge ber rechten Seite ge.
flügen, was ihm die line, u. A. Aler. Lameth, oft zum Vorwurf #'
Am fchwierigften mar feine Stellung bei Manuel's Ausſtoßung. 8
warb ihm die Reitung der Verhandlungen in den Sigungen von 18%
1825, wo die Oppofition gegen das Mentengefeg , das Budget, die Septr
tät und die Entfehädigung der Emigranten nur wenige Stimmen zählte.
Det. 1824 ernannte ihn Karl X. zum erſten Präfidenten des k. Gerichtsh
Bordeaur. |
Ray CJohn), oder Wray, Naturhiftoriter, der Sohn eines Huffä
zu Black-Notley in Effer, geb. 1628, ftudirte zu Cambridge Theologie w
bis 1662 Prediger. 1660 erfchien fein „Catalogus plantarum circa Can’
giam nascentium” , ein Verzeichniß von 626 Pflanzen, die um Cambribg
wachfen und die er in oͤkonomiſcher, medicinifcher und andrer Rüdficht sd:
- Eine Reife durch Frankreich, Holland, Deutfchland, die Schmelz und „-
gewährte ihm eine reiche Ausbeute naturhiftorifcher, beſonders botanifcher
rungen, fobaß er 1670 ein Berzeichniß der Pflanzen Englands und der angt
den Inſeln („Catalogus plantarum Angliae et insularum adjacentium”
ausgab, worin er gegen 1050 Pflanzen wie in dem obigen Werte bei
Seine Reifebemerkungen: „Observations topographical, moral and phy
gieal, made on a journey through a part of the Low Countries, Ger]
Italy and France”, find überaus reich an naturhiftorifchen und andern Erf
gen. Jetzt ward Botanik fein Hauptflubium, und 1682 gab er den vortä
Entwurf zu einer allgemeinen Pflanzengefchichte („‚Methodus plantarum %
heraus, dem 1688 die „Historia plantarum generalis”, in 2 Bon. Fof.
worin an 6900 Pflanzen befchrieben werden; noch immer eins der vorzäg!
botanifchen Werke der Engländer,‘ und überhaupt unfchägbar. Durch bief
fuche einer foftematifchen Aufzählung und Befchreibung ber Pflanzen regte
wiffenfchaftlihe Stubium der Botanik fchon vor Zournefort wirkſam am. .
gab er eine foftematifche Naturgefchichte der vierfüßigen Thiere und des S
gefchlechte (‚Synopsis methodica animalinm quadrupedum et serpentin#
rin" , 1693) heraus, weiches feit Ariſtoteles's Zeit das erfte Werk in diefer An
und dem bald nachher eine Naturgefchichte der Fifche und Vögel und eine &
fetten folgten. — Durch feine theologiſchen Schriften ſtellte er ſich als einen 1
fen, aber vorurtheiföfreien Ghriften dar. Er ftarb im 77. 3. feines Afı
Motiey, wo ihm ein ſchoͤnes Denkmal errichtet wurde.
Raynal (Bulllaume Thomas Francois), ein berühmter Schrifi
Mitglied der Akademien von London und Berlin, geb. 1713 zu St.-Ge'
Guieme, trat frühzeitig in den Orden der Sefuiten. Als Priefter erwarb
durch feine Kanzelberebtfamkeit Ruhm; aber fein Hang zur Unabhängigke
trug ſich nicht mit dem Ordensleben, und ſchon 1748 verließ er ben Order
fi) in Paris niederzulaffen. Liternrifche Arbeiten gewöhnlicher Art waren aı
fein einziges Hülfsmittel. Werke von größerm Umfange, die er darauf
nahm, die Gefchichte des engl. Parlaments, und der Statthalterfchaft der I
lande, machten auch wenig Auffehen, aber bie Gefchichte der Scheidung b
nigin Katharina von Heinrich VIII. lenkte ſchon die Aufmerkſamkeit auf ihn.
„Histoire philosophique des etablissemens et du commerce des Eure
dans les deux Indes” (deutſch vom Abt Reſewitz, von Mauvillon umb
Ungen.) gründete zwar feinen Ruf, doch erfannte er felber die Mängel
Werks, dem man viele falfche Anfichten und thatfächliche Irrthümer vo
und unternahm Reiſen durch Frankreich, Holland und England, um feine.
niffe zu erweitern. Nach feiner Ruͤckkehr gab er 1781 eine neue Ausg. jenet
kes zu Genf heraus, die viele Unrichtigkeiten ber erſten verbefferte, aber
Raynouarb Reaction | 47
ſhaft, Pfaffenthum und Fanatismus nod) Eräftiger ſprach als die
3 ibn 1781 vom Parlament Landesverweiſung zu, und die Sorbonne
Werk als den „Erguß der Verirrungen einer nichtswuͤrdigen Seele”.
mehre deutfche Höfe, erhielt aber bald die Erlaubniß, nad) Frank:
wehren, und kam 1788 audy nad) Paris. In den erften Zeiten der
lebte er im ziemlich bebrängter Lage, bis er nach dem Sturz der Jaco⸗
2er, trotz ber in feinen Werken gepredigten Fürftenherabfegung, nicht
ne Verhältniffe fich einigermaßen befferten, unb er ernſtlich anfing,
fritellerifche Arbeit fortzufegen. Aber ſchon 1796 machte der Tod feir
it ein Ende. Die ermähnte „Histoire philosophique eto.“ ift unter
ifren die ausgezeichnetfte und erwarb, beſonders in England, ihrem
uhm, weil er darin eine Menge neuer Ideen uͤber Menfchenwerth und
ke, freilich auch mit manchen Austwüchfen und verwerflichen Übers
waart, darlegte. Daß er 1783 den Stiftern der ſchweizeriſchen Frei⸗
x Inſel im Vierwaldftätterfee ein Denkmal mit Beifeguug feines Nas
ten ließ, tft wol nur ein Beweis von Eitelkeit. Nach v. Dohm iſt
tefflicher, freimüthiger, beredter, philofophifchee Polititer und Sta-
# aber Sefchichtfchreiber; ein Urtheil, welches auch durch feine frü-
‚ die „Histoire da Parlement d’Angleterre‘’ und die „Histoire du
u", beftätigt wird. Seine „Gefchichte der Revolution in Nord:
ude von Thomas Panne widerlegt. — Zu den Widerfprüchen in R.’8
ebörte, daß er felbft Actien in dem Sklavenhandel befaß, den er doch
mbder Berebtfamteit, und nicht ohne Ahnung zum Theil fchon in Er⸗
ugener Ereigniſſe, beftritten hatte.
zouard (François Juſte Marie), einer der vorzuͤglichern neuern
ie (nicht zu verwechfeln mit feinem Landsmann, dem Buchhändler und
Menouarb), geb. zu Brignoles in ber Provence, d. 18. Sept. 1761,
vocat, nachmals Mitglied ded gefeßgebenden Corps. Durch fein
gefröntes, und von J. Immerzeel, Hang 1804, ind Holländ.
: „Soerate dans le temple d’Aglaure‘, machte er ſich zuerſt be-
vorzüglichftes Wer? find jedoch die „Templiers” (Tempelherren),
kin 5. Aufı. Sie erfchien zu einer Zeit (1805), wo man in Frank⸗
damit befchäftigt war, die Unfchuld diefed Ordens zu erweifen.
eiten indeffen erfegen nicht, roa& ihr an Klarheit der Handlung abs
engweilt die allzu häufige Wiederholung ber Worte „unfchulbig‘‘ und
nel den Lefer ald den Zufchauer. Deßhalb fand das Stuͤck in Deutfchland
ymeinen Beifall, der ihm in Frankreich zu Theil ward. Gluͤcklich vers
ned 1819. Geſchichtlich wichtig find die hiftorifchen Nachrichten über
een und ihren Proceß, welche R. diefem Trauerſpiel vorangefchickt
Ih wegen ber darin mitgetheilten Actenftüde. Karl Friedrich Cramer
edle fuͤr die deutſche Bühne bearbeitet (Xeipz. 1806), und dabei bie
handlung ebenfalls ind Deutfche Überfegt. 1807 wurde R. Mitgl. des
ud 1813 Mitgl. des gefeßgeb. Körpers, welchen Napoleon auflöfte.
in der franz. Akademie als beftänbiger Secretair an Suard's Stelle.
mie R. eine Auswahl von Driginalpoefien der Zroubadoure in 3 Bdn.
diefen find beigefügt die Elemente ber romanifchen Sprache und eine
er Troubabourfprache. In einer langen Abhandlung wird Über das Alter
ben Sprache, über Romantik, über die verfchiedenen Dichtungsarten
ws umd die Lebensweiſe derfelben viel Anziehendes mitgetheilt.
tion, in ber Mebicin die von einer äußern Einwirkung hervorgerufene
Sorganifchen Körpers ; man bezeichnet die Fähigkeit dazu mit dem Aus⸗
tionsvermögen. Wenn durch genoffene Speife die Verdauungs⸗
48 Reaction, politifche
kraͤfte in Thaͤtigkeit gefegt werden, fo ift dies ebenfowol eine Reaction, als
in Folge eines genoffenen Giftes Erbrechen erfolgt; der Muskel rengirt au
Einfluß des Willens, d. 5. er vollzieht die Bewegung, die wir wollen; er vı
aber auch auf widernatuͤrliche Reize und zeigt dann Krampf und Zudung. mi
das Reactionsvermögen bie Selbftändigkeit des Organismus zu erhalten ſucht
es ald Naturheilkraft (Vis naturae medicatrix) in Krankheiten unter den ma
faltigften Erſcheinungen auf. Sogleich nach einer Verwundung zeigt fid) das!
tionsvermögen des Körpers als wieberherftellende Bildungsthätigkeit in ber
zuͤndung und Eiterung ; nad) den meiften heftigen Einwirkungen zeigt es fik
Sieber, welches Eritifche Ausleerungen und mit ihnen Hebung der Krankhe
Folge hat; fremde Körper oder abgeftorbene Theile des Organismus entfer
Natucheilkraft durch Eiterung und Abftoßung, wie fie [hädliche Stoffe, d
genießen, durch Erbrechen fortfchafft c. Dem Wirkungsvermögen gege
ſteht die Empfänglichkeit oder Meceptivität ded Organismus, bie Fähigkeit, |
Eindrüde in fi) aufzimehmen. Auf manche äußere Einwirkungen reagirt bs
ganismus nur durch Sinneswahrnehmung oder Empfindung. —
Reaction, politiſche (Gegenwirkungſ. Wenn im Kampfe zwele
gegengeſetzter Kräfte die eine zuruͤckgedraͤngt wird und die andre nun mit um‘
gehinderter Freiheit ausläuft und wirkt, fo wird fie in dem Grade ſchwaͤchen
fie fi) ausbreiten und ihrem Ziele nähern kann. Sie ſchwingt ſich auch wei.
dieſes Ziel hinaus und verliert dadurch den Punkt, auf welchen fie fich ftügem
Die entgegengefeste Kraft hebt fi) empor, indem der fie übermältigende Dez
tinger wird, und da fie unter Umftänden alles Das gewinnen muß, was je
liert, fo ift fie nun ihrerſeits die ftärkere, oder fcheint ed wenigftens zu fehl
auch fie in ihrem neuen Schwung ihren Mittelpunkt wieder überfchreitet umd,
mal8, vieleicht ftärker ald zuvor, unterdrückt wird, ober bis fich beibe ent
wirkende Kräfte in eine Art von Gleichgewicht gefegt haben, und ein Wechſ
beginnen, welches nur förbernd und belebend, aber nicht zerftörend wirkt. - @-
verhalten ſich die geiftigen Kräfte der Menfchheit gegeneinander, deren Epk'
Stoff der Gefchichte liefert. Das Gefeg der Reaction ift ein Theil von Dem
die Alten unter dem Namen der Nemefis als eine gewaltige, alles libermaß !
fende Naturkraft, als das alles übermüthige Vertrauen der Menſchen auf ih
nen Kräfte bemüthigende Schidfal verehrten, indem fie wahrnahmen, d
Reaction da, wo die Kraft der Befiegten für immer gebrochen zu fein fehle
irgend einem plöglichen Ereigniß, dem zufälligen Tode des Siegers mitten ke
feiner Siege, oder einem Aufruhr der Elemente gegen die ficherften Berechn
hervorgerufen wurde. Die Gefchichte der Menfchheit ift eine Gefchichte ber
tionen, ſowol auf dem Eleinen Schauplage einzelner Völker und Staaten, 1
Großen. Der wilde Despotismus der roͤmiſchen Imperatoren war eine Ri
gegen das Streben der alten Welt nach einer mißverflandenen Freiheit; bie”
fchritte der rohern Völker erzeugten die Reaction der freien und gereinigter
meinbeverfaffung gegen die willfürliche Alleinherrſchaft. Selbſt das Chriftes
würde man in feinem Beinen Anfange eine Reaction gegen das in Wort unb
Form erſtorbene mofaifche Geſetz, ſowie gegen die Leerheit und Sittenvern
des Heidenthums nennen können, wenn e8 nicht hier richtiger wäre, bloß w
immer fortwirkenden höhern Kraft, anftatt von einer Ruͤckwirkung zu fpa
Der Islamismus aber kann wiederum nur als eine Reaction einer finnlichen
ligion gegen bie Verirrungen bes ChriftenthHums in der Hand der Menfchen *
tet werden, fowie die Reformation eine Reaction gegen Nom mar und Ihe
wieder in ſich felbft eine Menge Reactionen erfahren hat. Sie hatte in ihrem
Jahrh. bei weitem mehr Raum gemonnen, als fie jegt befigt, und hat ſeitdens
den Katholiciemus immer nur verloren ; es iſt aber mit großer Sicherheit w
Keagentien Real (Pierre Francois, Graf) 49
‚Ih auch ihre Zeit wieder erfcheinen wird. So ift es aud) in den politischen
mTasegangen. Karl V. fland auf dem Gipfel feiner Macht, ale er burd)
re zesen Philipp von Heffen und gegen die Proteftunten überhaupt die
at. Kurfurſten Morig und Heinrichs I. von Frankreich hervorricf, welche
Kim Erbaute wieder jerflörte. Co ging es im 16. Sahrh: Ludwig XIV.,
Seden in Deutſchland und Karl XI. Befonders reich an Wechieln diefer
ir franz. Revolution. Die Exceſſe der alten Berfaffung Frankreichs führ:
Arrtumg der untern Stände, die Erceffe der Volksherrſchaft den militai:
Deedotiemus herbei, welcher ſich auf gleiche Weife filbjt feinen Sturz be:
Ya der Revolution wurde der Ausdrud ber Reaction hauptfachlich in dem
sm Sinne Ublidy, daß man Darımter das wechfelfeitige Erheben der Ju:
zit Ne.aciften verſtand, welches die gemöhnliche Kolge jeder Nirderlage
wenevon beiden erlitt. Die gleiche Erſcheinung zeigt fich in allen Verhätt:
eo Menfchheit. Unglauben führt zu Aberglauben und Srömmelei, und diefe
zimem; Misbraucd der Gewalt und Mißbrauch der Freiheit wecken die
gtz13 der entzegengefesten Kräfte, und ewig wahr wird dir Sag bleiben:
edem aufer der Mitte liegenden Ziele, je näher dem alle. — In ei:
Ben Ziune iſt der Ausdrud Reaction neuerlich gebraucht worden, du
Kim beionnenen, vermunfts und naturgemäßen Vorwaͤrtsſchreiten der
Det, der Reform entgegengefegt, und das Beftreben damit bezeichnet hat,
BB der Zeit ruͤckwaͤrts zu drehen und die unvermeidlich. Entwickelung des
ben Geiſtes mit Gewalt zuruͤckzuhalten. Es ift möglich, daß ein folches
von Cinigen für ausführbar und heilſam gehalten wird, aber nichtsdeſto⸗
Rywis, daß es nie gelingen kann und ebenſo unmweife als ungerecht iſt.
chirner, „Dis Neactionsſyſtem“ (Leipzig 1824). 37.
sgentien, gegenwirkende, ruͤckwirkende Mittel, werben in der Chemie
t, welche entweder durch die Veränderungen, bie fie felbft erleiden,
Br Wirfungen, die fie hervorbringen, die Gegenwart und Befcaffen-
Stoffe anzeigen, oder diejenige Subſtanz, mit welcher man eine um:
hung prüft. Mehre Planzenfäfte find Nengentien, denn du fie durd)
et und Alkalien in ihrer Farbe verändert werden, fo zeigen fie das Da-
Exl;e oder Alkalien in andern Dingen an. So bedient man ſich zur
der Saͤuren in der Chemie häufig des Veilchenſaftes, der Ladmus-
Rb:L, beren blaue Farbe durch Saͤuren in Noth verwandelt wird. Zu
ien gchören außer vielen andern alle die Materien, deren der Chemiker
gsmittel bedient, 3. B. das feuerbefländige Alkali, das aus der Sul:
tie aufgelöfte Kalkerde niederfchlägt.
Real, eine ſpaniſche Münze; ber real de plata (Silberreal) beträgt etwas
&., ter real de vellon (Kupferreal) beträgt ungefähr 1 Gr. 8 Pf.
leal (Pierre Frangois, Graf), aus einer niederländ. Familie entfproffen,
1789 su Paris das Amt eines Procureur au chätelet. Ausgeſtattet
ba Talenten, für die Sache der Freiheit begeiftert, war er der ausgezeich-
Döner der Gefellfchaft der Amis de la constitution, welche fpäter u. d. N.
bliner beruͤchtigt wurde. Seine Verbindung mit Danton hätte ihn bald
Ar des Terrorismus gemacht. Als nach dem 10. Auguft 1792 Danton
Bifer wurde, ernannte er Real zum Öffentlichen Ankliger des Revolu—
as. Seine wilden Eifers ungeachtet machte ſich N. feiner Grauſam⸗
Bis, die Girondiſten fließ er aus dem Nationalconvent, ſchonte aber ihr
Nech Danton's Tode wurde er ald Feind des Regierungsausſchuſſes, als
Ber einer zuͤgelloſen Preffreiheit angeklagt und verhaftet, erlangte aber bald
it und trat ald Anwalt der Zribunäle auf, wo er die Angrklagten aller
ie rrelmüıthig vertheidigte. 1793 gaber das „Journal de l’opposition”
Re. Eiebente Aufl. 3b. IX. 4
50 Keal Realinſtitute
heraus; em Jahr ſpaͤter wurde er Hiftoriograph der Republit. 1799 (
nementscommiffair des Depart. ber Seine, leiftete er dem Generat Bo
„durch Vorbereitung ber Nevolution des 18. Brumaire wichtige Dienfte,
der erfte Conful durch die Ernennung zum Staatsrath belohnt. Zum
des Polizeiminifteriums ernannt, übernahm er 1804 das Verhör eines ı
Querelle, der die Anfchläge George Cadoudal's, Pichegru's und andrer Ve
renen wider das Leben Napoleons entdedte. Seitdem durchkreusten fi
geheimen polizeilichen Thätigkeit Fouche, Dubois und Real; es gab an
vier verfchiedene geheime Polizeien und um fo viel mehr Angeber und €
Noch nicht aufgeklaͤrt ift R.’8 Theilnahme an des Herzogs v. Enghien Kata
(S. Savary.) Um diefe Zeit erhielt er das Commandeurkreuz der Ehri
und 100,000 Franken. Mit der Ruͤckkehr der Bourbons hörte R.'s W
£eit auf; während der hundert Tage war er Pollzeipräfect von Paris u
dann auf die Lifte der 38 aus Frankreich Vermiefenen. Er ging nach den
landen, bald darauf nach Nordamerika. Hier befigt er bedeutende Läı
und eine große Liqueurfabrit. Die 1818 ertheilte Erlaubniß zur Ruͤckke
Frankreich benugte er bis jegt nicht. .
Real, dem Idealen erttgegengefegt, heißt 1) fo viel ald wahr, d.
lich, oder mahrhaft feiend, 2) auch unabhängig von unferm Vorftellen
Das Reale: Das, mas unabhängig von unfern Vorftellungen ift — ni
das koͤrperliche Sein — und im höchften Sinne Das, was an fi ur
ſich iſt.
Realgeld, Sachgeld, ſteht dem Ideal- ober Grebitgelbe e
und bedeutet ein Geld, das aus einer Materie beſteht, welche den Wer
man ihr beilegt, in ſich ſelbſt hat, alſo wir kliches Geld. (Vgl. Idea
Das jetzt in der ganzen civiliſirten Welt übliche Realgeld iſt das Metallgell
piergeld, Banknoten, find unfer gewoͤhnliches Credit⸗ oder Idealgeld. (S.
An frühern Zeiten, wo der Verkehr noch fehr unvolllommen war, und um
tern, wo bis jegt noch die Givilifation auf einer niedrigen Stufe feht, |
und bedarf man auch eines allgemeinen Taufchmitteld. Aber die Materien
man dazu wählte, waren fehr unvolllommen im Vergleich mit ben edeln D
in deren Wahl zum Gelde bie civilifirten Voͤlker fich vereinigt haben, uml
alle rohe Nationen gleichfalls annehmen, fobald fie einen höhern Grad de
fation ‚srreihen. So dienten den Griechen und Römern Ochfen, Sch
andres Vieh zum Realgelde, und da® Geld fcheint baher von den Römern |
genannt worden zu fein. In Merico gebrauchte man in frühern Zeiten Ci
nen, Federkiele, mit Goldftaub gefüllt, dünne Stüde von Zinn, ale 9
Noch wird z. B. in Äthiopien und Abpffinien Steinfalz, in Vieginien dei
wie Geld im Kleinhandel angewandt; im Reiche Siam, Bengalen u. f. w
die Kauris (f.d.) zur Scheibemünze.
KRealinjurie, eine Beleidigung durch thätliche Behandlung, S
Stoßen, Werfen u. dgl. Solche Thätlichkeiten verlegen ſtets auch das Ei
Deffen, dem fie widerfahren, und Können nicht leicht von dem Vorfag el
aͤchtlichen Behandlung getrennt fein. Das römifche Recht, welches bie
überhaupt zu den Privatverbrechen zählt, infofern nicht die Perfon des Be
es zum öffentlichen macht, wie bei dem Majeftätsverbrechen, geftattet eis
auf eine Geldfumme. Die Gefege gegen die Duelle aus dem 18. Jahrh.
nen häufig fehr ſchwere Strafen, Ehrlofigkeit, Vermögensconfiscation, br
fängnißftrafen gegen bie Urheber der Mealinjurien. Die neuern Geſetzg
find wieder etwas milder, Indem fie Geld und Gefängnißftrafen feftfegen.
Realinſtitute (oder polytechnifche Inſtitute). Schon in dem v
der entworfenen Plane für die Einrichtung der hoͤhern Schule zu Riga (neı
Realinftitute 51
iron’ abgebrudkt) findet ſich die Idee jener neuen Art von gelehrten
ie mit den Gymnaſien übrigens parallel und mit ihnen verbunden, nur
iefen verfchieben fein follten, daß fie, ftatt des ausfchließenden Unter:
alten Spradyen, Mathematik, Naturwiffenfhaften, Geſchichte u. f. f.
le der höhern Geiftesbildung und übung hervorhöben. Als eine geift:
ıf einem felbftändigen Wege gelungene Annäherung an die Herber’fche
ch die fpäter in Berlin errichtete Realfhule betrachten, während auf
Seite das in Paris errichtete, in der neueften Zeit aufgehobene Real:
miſche Inftitut bei aller f. Einfeitigkeit jene Sdee wieder auf andre Weiſe
ng bringen mußte. — Der legtern Anftalt, die ihre Entftehung aus der
it der franz. Mevolution herleitet, fah man es freilich an, daß fie ein
Zeit mar, die auf ber einen Seite alles lange Beflandene, Gute wie
umftürzen und zerftören wollte, auf der andern aber ftatt aller bisheri⸗
mbildimg nur jene Tauglichkeit und Fertigkeit der Zöglinge bezweckte,
Yürfnig jener für Frankreich gefahrvollen Eriegerifchen Tage am ange:
und damals, mo dem jungen Stangofen faft für nichts Andres ale für
at und Sinn geblieben fchien, in der fürzeft möglichen Zeit zu erwer⸗
Dennoch verdient fie fo fehr als irgend eine andre Bilbungsanftalt
zeit Beruͤckſichtigung. Es ift erwiefen, daß die meiften jener Talente,
n Jahrzehend in Frankreich ſowol in den Künften des Kriegs als des
hauszeichneten, in dem polptechnifchen Inſtitute geweckt waren und in
enthuͤmliche Richtung erhalten hatten. Jene Anftalt genoß aber auch
te Zeit einer vorzüglichen Vorforge der Megierung. Eigens dazu er=
miffarien mufiten jährlich alle etwas bedeutendere Städte Krankreiche
‚aus den Provinzialfchulen die ausgezeichnetften Köpfe, beſonders aber
ih für mathematifche Studien zu eignen ſchienen, auswählen. Auf
de Vorkenntniffe warb auch fhon bei der Aufnahmeprüfung vorzüglich
ither Diefen warb von Seiten der neu Aufzunehmenden bloß einige Fer⸗
Stel8 in der Mutterfprache, etwas Zeichnen und fo viel Latein erfodert,
Mehen eines fehr leichten lat. Schriftfteller® hinreichte. So hatte die
Mangel an Zöglingen, die ſich gerade für die Unterrichtögegenftände,
muptfache waren, meiften® in einem vorzütglichen Grade eigneten. Die
km unter 300 an der Zahl) waren in 3 Claffen vertheilt; in allen be-
‚ber Unterricht auf Mathematik, Technologie, Chemie, Phyſik, Natur:
d Geſchichte. Die gemiffe Ausſicht auf eine baldige Anftellung, zum
ie Strenge, toomit der Übertritt aus einer niedern in eine höhere Glaffe
d befchränft wurde, vor Allem aber der günftige Umftand, daß die Zoͤg⸗
ach aͤußern Zufall, fondern durch die eigenthuͤmlichen Richtungen der
und Anlagen in die Anftalt geführt wurden, ließen faft burchgängig
utendes Leiften. — Auch im Königreiche Baiern wurden zwei Real:
Augeburg und zu Nürnberg errichtet, die gleich den Gymnaſien als
söihulen für die Univerfität oder für die verfchiedenen Zweige der
md Kunft dienen follten; fie find jedoch 1816 wieder eingegangen.
linftitute ftehen, als höhere Bildungsanftalten, mit Realfcyulen in
‚ worin fich meiftens die Zöglinge für das Realinſtitut bilden, die aber
m höhern Bürgerfchulen einiger andern Provinzen Deutfchlands ent:
Die Realfchulen, worin die Schüler meift nur bis zum 14. oder 15.
n, find in 2 Glaffen getheilt. Sn der untern wird vorzuͤglich in Re:
echnen, Slementargeometrie, Kosmographie und Geographie, deutfcher
tallen Dazu gehörigen Übungen, im Stanzöfifchen und im Zeichnen un⸗
m der höhern tritt an die Stelle der Kodmographie und Geographie
Rund Gefchichte; der übrige Unterricht wird fortgefegt, ſodaß die Zoͤg⸗
4 *
52 Realismus Realſchulen
linge, wenn ſie ins Inſtitut uͤbertreten, eine ziemliche Fertigkeit im Styl der
terſprache haben, Arithmetik bis zur Lehre von den Potenzen, Geometrie u
verſtehen. — Seit einiger Zeit iſt auch zu Wien eine vortreffliche Anſtalt jen
u. d. N. eines Polytechniſchen Inſtituts errichtet, die mit der in Baiern beſ
nen einen ziemlich aͤhnlichen Lehrplan hat. Sie iſt zunaͤchſt zur hoͤhern Bild
anftalt für Alle, bie ſich im Fabrikweſen, in der Technologie u. a. auszeichnen
len, beftimmt, und der Kaifer hat jener beglinftigten Anftalt bereits das ihm
hörige vortreffliche phyſikaliſche Cabinet und ein prächtiges Gebäude nebft
andern Material geſchenkt. Unter ber Leitung der Lehrer diefer Anftalt un
Prechtl beforgt, erfcheinen feit 1819 „Iahrbücher des k. k. polytechnifchen
tuts". (S. Polytechnik.)
Realismus, im Gegenſatze des Idealismus, dasjenige philoſo;
Syſtem, welches annimmt, daß die Dinge unabhängig von unfern Vorſtell
und außer ihnen wirklich vorhanden find. Die Erklärung der Außenwelt
was hier darunter verftanden wird, des wirklichen Daſeins der Dinge auf,
ferm Gemüth, zerfällt im Realismus felbft wieder in verfchiedene Spfteme, ı
der Spinozismus eins der wichtigften if. Es nimmt nämlih Spinoza
eine einzige Realität, Urrealität, an und lehrt, alle andre Dinge (Suhftanzen
nur Mobdificationen dieſes einzigen realen Wefens, das er ald Gattheit ann
Der Realismus ift ferner Materialismus (f.d.), wenn er die Materi
- Eörperliche Subftanz als einzige Grundurſache der Dinge betrachtet und bie
fetbft als eine materielle Subftanz anfieht. Er findet fidy au) im Dualißı
(S. d. und Fdeal) Zu dem Realismus gehört auch Leibnitz's Monadı
der zufolge eine Theilung der Subftanzen bis ins Unenbdliche undenkbar, ur
sulegt ein Untheilbares (Monade, f. d.) vorhanden fein müffe, das aber
darum, weil es untheilbar, den Begriff der Körperlichkeit aufhebt, Beine Au
nung hat, keiner Auflöfung fähig ift und alfo auch durch Trennung der |
nicht untergehen kann u. f. m. , und endlich Kant's Lehre von den Dingen &
welche ald negativer Realismus betrachtet werden fann. Denn wenn diefe
loſoph lehrt, wir würden zum Bewußtſein des Dafeins in der Zeit nicht ge
Eönnen, wenn den Erfcheinungen außer dem vorftellenden Gemüthe nicht
Wirkliches zum Grunde läge, fo bezeichnet diefes Etwas, obgleich nur n
von ihm angedeutet, doch das Dafein eines Realen, und die Unmöglichk:
Daſeins der Dinge an ſich, ober eines von unfern Vorftellungen unabhängig:
verfchiebenen Grundes der Erſcheinung, ift, nad Kant (f. d.) felbft, unerw
auch von keinem weder Altern noch neuern Idealiſten erwiefen worden. De
lismus ift feiner Quelle nad) empirifcher ober rationeller Realismus, je nach
auf finnlihe Wahrnehmung oder VBernunftbegriffe gegründet ift.
Realiften, die Anhänger des Realismus in der Philofophie, nam
eine Partei der Scholaftiler, welche als Gegner der Nominaliften (I
Art.) lange Zeit hindurch kämpften, bis endli die Scholaftiß untergin
mehre neu aufgeftellte Philofopheme, u. a. das des Descartes, die Aufme
keit der Denker zu befchäftigen anfingen.
Realität nennt man In der Philofophie das Mirktichfein oder Begı
fein eines Dinges durch gemiffe Thatfachen, und mit dem Beifage obje
Realität das Sein der Gegenftände außer unferm Vorftellen und unab
von demfelben. (S. auch Objectivität.) Auf dem empirifchen Stant
legt man diefe Realität nur den finnlid) gegebenen Segenftänden bei; da Hl
für die wahrhaft philofophirende Vernunft nur das Überfinnliche, fiber die €
nung Erhabene unbedingte Realität Haben kann.
Realmünze, f. Realgeld und Geld.
w SRealjhunlen, f.Realinftitute.
[4
Roͤaumur Recapitulation 58
aumur (Rene Antoine Ferchault de), 1683 zu Rochelle geb., war
srößten Naturforfcher feiner Zeit und feines Volkes. 1708 varb er
der Akademie zu Paris, und 1709 erſchien in den „Memoiren der
me Schrift „De la formation et de l'accroissement des ooquilles des
' worin er den Sag aufftellte: die Schalen der Schalthiere entfläns
em Erhärten eines Saftes, der aus den Poren diefer Thiere bringe. —
‘er eine Abhandl. heraus uͤber die goldfuͤhrenden Fluͤſſe Frankreichs,
ugleih zeigte, wie dieſes Metall am leichteften aus ihnen zu gewinnen
eine vielfachen Berfuche Über die Verwandlung des Eifens in Stahl hat:
vn fehr nüßlichen Erfolg, und leiteten ihn zugleich auf die Methode,
sicher das Gußeiſen in Schmiedeeifen umgefchaffen werden könne, wor:
722 eine eigne Schrift herausgab. Die Verfertigung des Porzellang,
Berſchiedenheit deffelben, befchäftigten ihn fehr. Er bemühte ſich, das
Porzellan nachzuahmen, und kam dabei auf den Gedanken, aus ges
: Blasmaffe Porzellan zu bereiten. Zwar war das gewonnene Erzeug⸗
virklichen Porzellan nicht glei an fchöner meißer Farbe, zu technifchen
der ift es ebenfo brauchbar als jenes. — Vorzüglichen Ruhm erwarb ſich
h durch Anfertigung feines Weingeiftthermometers und eine babei auf:
ene Eintheilung der Scala, die man beibehielt, als man [päterhin den
Imit dem Queckſilber vertauſchte. (S. Thermometer.) 1756 über:
ber Akademie eine Schrift über die Kunft und Verfchiedenheit, mit der
igfachen Arten der Vögel ihr Neft bauen, audy ftelfte er Beobachtungen
berdauung dieſer Thiere an. Eins feiner groͤßten Werke: „Memoires
ir a l’histoire naturelle des insectes” (Paris 1734, 6 Bde.), gibt
e Auffchlüffe über Sortpflanzung, Verwandlung und Febensart mehrer
fee Gattung. — R. ftarb auf feinem Landgute Bermondiere in der Land»
ie, 1757.
dma nn (Andreas Georg Friedrich v.), Präfident des k. bairiſchen Ap⸗
dichts des Rheinkreiſes (zu Zweibruͤcken), Ritter des Verdienſtordens
en Krone und der Ehrenlegion, iſt geb. 1768 zu Suͤzzenheim in Fran⸗
kin Vater, ein Beamter des Ritterorts Steigenwald, lebte. Der
ımmb gut vorbereitete Anabe bezog mit dem 15. J. die Univerfitit Erlan⸗
wüenbete feine Stubien in Jena. Bon 1794—96 lebte R. als Schtifts
hfurt, mo er viele Berfolgungen erdulden mußte. Beſondere Verhält:
eben lebhaften Süngling in die Wirbel der franz. Nevolution. Daher
adolles Schidfal! Anfangs Zribunalrichter zu Mainz, fpäter zu Trier,
ter Rapoleon, Präfident der Zuchtpolizeifammer des kaiſerl. Gerichte-
Rainz, wo er fich durch feine Unterfuchung der Räuberbande des Schin>
befanntmachte, ward er endlich 1814 im bairifchen Rheinkreiſe Appel:
ihtspraͤſident. Ihm verdankt der Mheinkreis großentheils die Beibehal-
kähern franz. Einrichtungen. Sein Charakter ald Menſch, feine Be⸗
fein Eifer für das Rechte und Wahre erwarben dem geiftvollen,, höchft
wid thätigen Mame die allgemeine Achtung. In frühern Jahren hatte
ch Romane, Satyren und politifche Schriften befanntgemadyt, unter
ir „Deinzich von Neideck, ein romant. Gemälde a. d. Mittelalter”
1793) , die „Neltenblätter” (4 Thte., 1792—95), „Hans Kiedindies
He" (1794 fg.) nennen. Ein ſchwaͤchlicher Körperbau und 20jähr.
kit erſchoͤpften Rs geoße Lebenskraft. Er ftarb am 16. Sept. 1824 zu
R
tapttulation, Anakephaldäofis, in der Rhetorik, ift die Wiebderho-
fin Hauptgebanten am Schluß der Rede, um mit Nachdruck auf die
"wirken.
54 RKecenſionsweſen
Recenſionsweſen, daz, betrifft die literariſchen Gerichtshoͤfe der n
Zeit, bei welchen jeder Beiſitzer einzeln ſein Urtheil uͤber ein im Druck erſchie
Buch oͤffentlich ausfpricht, ohne dadurch dem entſcheidenden Urtheile der oͤff
chen Meinung, noch der Zeit vorgreifen zu koͤnnen. Außer der klugen Ur
und Aufſicht des Vorſitzers eines ſolchen Gerichtshofs, der die literariſchen Sch
ernennt, oder der Redaction, und außer dem eignen literariſchen Gewiſſe
Urtheller ſelbſt, gibt es für die Recenſiranſtalten keine Vorſchrift noch 9
Ihr Zweck iſt doppelt: Buͤcher anzumelden und ſie zu beurtheilen. Literat
tungen und kritiſche Blätter bleiben für die Verbreitung bes wiſſenſchaftliche
meingutd und für die Erweckung des öffentlichen Sinns in der Gebantenmw«
teöffliche® Hülfsmittel, und wenn das geiftige Leben in Europa jegt reger err
vielfeitiger ausgebildet und tiefer begründet ift als je, fo ift dies groͤßtentheil
eine Folge des öffentlichen Urtheils in ber gelehrten Republik. Mit diefen W
ift der Charakter, die Bedeutung und der Werth bes Recenſionsweſens a
fprochen. Hierzu kommt, baß zu jeder Zeit die größten Köpfe gern ihr Urtk
ſolchen Blättern niedergelegt, und manches goldene Wort, da fonft in feinem
Piag gefunden, oder mit dem Buche felbft im Staube ſich vergraben hätte,
zu Tage gefördert haben. So der unfterbliche Haller, fo Joh. v. Muͤller
A.; fo ſelbſt Schiller und Goͤthe, einft die erfiärteften Feinde des Recenfior
fens. — Immerhin fei die Recenfionsanftalt der Kampfplag einer Schule,
nur tüchtige Kämpfer ihr Syſtem verfechten! Der Leſer will ja nicht das un
liche Urtheil der Recenflonsanftalt ablaufen, ſondern er will ein gedachtes Ur
das ihn zum Selbſtdenken reizt, Elar und bündig, gleichviel ob fcharf oder be
den ausgedrückt, über ein Buch lefen, das überhaupt eine6 folchen Urtheils ı
ift; von dem Inhalte aber will er nur fo viel erfahren, als er felbft zur allgem
Würdigung des Buchs und der Beurtheilung braucht. Es verfteht ſich, baß
daction und Recenfent überhaupt ihrem Gefhäfte gewachſen fein, und frei
perfönlicher Rüdficht, den Zweck der Wiffenfchaft rein ins Auge faffen mh
Iſt dies dee Fall, fo merden allemal bie kritiſchen Zeitfchriften einer Nation,
die reifften Bluͤthen ihres literarifchen Geiſtes, nicht nur die Achtung der I
noffen, fondern auch die Aufmerkſamkeit bes Auslandes und der Nachwelt vı
nen. Möge auch der Recenfent fich irren, wenn er nur feinen Irrthum Hug
ar, geiftvoll und emft, mit. ſtrengem Wahrheitsfinn und feft wie ein Mey
taner ausfpriht. Denn fhon ber große Bacon hat gefagt: Raſcher trit!
Wahre aus dem Irrthum hervor als aus der Verworrenheit. — Wie fehr Erl
Blätter die Wiffenfchaft befördern, bemeift die Kiterargefchichte aller Völker
ſich der Gedankenfreiheit und mit ihr eines geiftigen Lebens erfreuen bürfen.
Franzoſen, denen überhaupt das Verdienft gebührt, bie Gelehrſamkeit in die $
fei es auch nur in den Salon, eingeführt zu haben, find die Erſten geweſen, n
über Drudfchriften öffentlich und ruͤckſichtslos urtheilten. Louis Jacob (fl. 1
ſoll durch feine „Bibliographie parisienne” , die jährlich alle zu Paris erfd
nen Bücher beurtheilte, ben erften Gedanken zu dem noch blühenden ‚„Jourma
savans‘ , deffen Stifter Denis de Salto (fl. 1669) war, gegeben haben. !
darauf begannen bie literarifchen Journale der Deutfchen: Thomaſius's „Fri
thige Gedanken über allerhand Bücher” (Halle u. Lpz. 1688); Tentzel's „M
liche Unterredungen” (Xeipzig 1689), und Otto Menken's „Acta eruditor
feit 1682. (©. Literaturzeitungen.) In Deutfchland entftanden j
erft um die Mitte d. 18. Jahrh. diejenigen beurtheilenden Zeitfchriften, d
deutfchen Kritik (f. d.) eine ausgebreitetere Achtung verfchafften und aı
Nationalliteratur einen vielfach förbernden Einfluß hatten. Dahin gehörten
zuͤglich die durch Leſſing's, Mendelsſohn's und Nicolai's Geift und Thätigke
deutend geworbenen ‚Riteraturbriefe” , die „Allgemeine deutſche Bibliothek!‘
Recepiffe Keceptirkunft 55
a geiehrten Anzeigen”, bie „Allgemeine Literaturzeitung”, die „Leipz.
eitang” und der „Hermes“. Das neuefte gelehrte kritiſche Inſtitut iſt
rtuh für wiſſenſchaftliche Kritik“, welches feit 1827 in Berlin mit
eiffenfhaftlichem Geifte redigirt wird. Im Allgemeinen zeichnen ſich die
Blätter der Briten durch ein beftimmtes, tief eindringendes Urtheil aus,
san dabei, um es richtig zu würdigen, ben Einfluß des auch hier oft nur
m volitifchen Parteigeiftes auszufcheiden fuchen muß; die Eritifchen Zeit:
der Scanzofen empfehlen ſich durch treffende und Elare Würdigung des
Ron; und die der Italiener bucch fcharffinnige Zergliederung ; doc) Elebt
gewiſſe Einfeitigkeit an, von der faft nur der Deutfche bei feiner Univer:
d Sründlichkeit frei ift, wenn ihn nicht etwa ein herrſchendes Syſtem ein=
Man hat Häufig die Frage aufgeworfen: Soll der Recenfent ſich nennen ?
en: Mein; denn nur die Sache foll ihm gelten, wie dem Leſer. Das
m fich ſelbſt rechtfertigen. Nennt er fi, fo if fein Urtheil, auch wenn
tmil, noch glaubt, befangen; bem Leſer aber ift manchmal mit dem ges
mauth des ungenannten Recenfenten mehr gedient als mit dem höflichen
eines ſich nennenden Lobpreiſers. Nur muͤſſen dann die Redactionen kriti⸗
male ſich vorſehen, daß nicht ihr Recenſent in mehren Journalen daſſelbe
dect beurtheilt, wodurch feine liter. Stimme bei dem großen Publicum
wes Übergeroicht auf ungerechtem Wege erhalten kann. Als eine Ausars
Recenfionswefen® ift die Bermifhung deffelben mit den Unterhaltungs:
m betrachten, obgleich einige derfelben oft fehr geiftreiche Recenſionen
Nepiſſſe, Empfangſchein, eine kurze ſchriftliche Beſcheinigung, Deich
Hager dem Überbringer wegen richtiger Abgabe einer Sache von Wichtig:
pbelen pflegt. — Insbeſondere werben auch die Scheine, welche die
ar Bank für eingelegte Gelber oder Effecten ausftellt, Recepiſſen ge:
Bir führen den Namen der Geldforten, auf welche fie lauten, Eönnen an
„jedoch nur nach gewiffen Formen veräußert werben, und da fie baar
len und ber rechtmäßige Befiger diefes ſtets dafuͤr bei der Bank (gegen
Beoc. Abzug für die Aufbewahrung) erhalten Eann, fo ift ihr Preis auch
Haberungen der Geldforten unterworfen, auf welche fi fie lauten. Werden
uaite nach ihrer Ausftellung nicht erneuert, fo werden die eingezahlten
enicht mehr ia natura zuruͤckgegeben, fondern es wird der Werth nad)
berechnet und baar bezahlt.
keptirtunft. Die Kunſt, Necepte (von Be. Rec., Recipe, nimm,
at. Mecepten vorausgefegt wirb) zu ſchreiben, iſt ein Theil der praftifchen
Es wird in berfelben jeboch weder die Wirkumgsart der Mittel, noch
Bheit, in der fie nuͤtzlich find, fondern bloß die Art und Weiſe, diefelben
riben, gelehrt, und alle jene Kenntniſſe werden als bekannt vorausge⸗
Ya Sitern Zeiten umfaßte fie die Pharmacie mit, weil ein jeder Arzt felbft
8; daher denn auch die Bereitung der zufammengzfegten Arzneimittel,
ibden Apotheken fchon vorräthig find, hier vorgetragen wurde. — Die Re:
Inneiformeln (daher die Receptirtunft aud) wol Formulare genannt wird)
ridorſchriften, werden bei uns gewöhnlich in lat. Sprache abgefaßt, weil
race allgemeiner verbreitet ift als irgend eine andre, und Inteinifch ge⸗
ı Recepte daher in Rußland ſowol als in Stalien und Portugal bereitet
benen; weil die Terminologie derfeiben viel beftimmter iſt als in irgend
am Sprache (in der deutfchen 3. B. wird mandjes Kraut in jeder Provinz
eannt); ferner weil fie viel kürzer ald andre und endlich es in vielen Faͤllen
Keum für den Arzt, in manchen Fällen auch ſogar ſchaͤdlich für den
in, wenn Bepterer das Necopt verſteht. Es herrſchen VBorurtheile gegen
56 Receptirkunft
manche Mittel, die ſchwer zu bekämpfen find, der Hypochondriſt grübelt in
Recepte fhon, wenn er nur ein Paar Worte Latein verficht; und oft gibt e6
Kranken Beruhigung, wenn er nur Arznei nimmt, fie mag aud) nod) fon
wirkend fein. — Arzneiformeln merden eingetheilt in einfache und zufamm
feste, in officinelfe (die immer vorräthig find) und ertemporirte oder Magi
formeln (die dann erft bereitet werden, wenn fie der Arzt verfchreibt) und endli
innere und äufere. In einem jeden, vorzüglich in einem zufammengefegten
cepte unterfcheidet. man mehre Theile, die Baſis oder das Mittel, von den
Heilung erwartet wird, das constituens oder Vehikel, das der Bafis die G
gibt, die es haben foll, 3. B. Zucker ift Vehikel im Ölzucker, das Atherifche &
Baſis. In vielen Ländern ift es mit Recht dem Arzte befohlen, feinen Namen
den Tag der Verordnung, beizufügen. Die Beflimmung der Dofis der Mit:
ein wichtiger Gegenftand in jedem Recepte. Sie wird entweder nad) dem A
thefergemicht (f. d.) oder nad) Maßen angegeben. Die Maße der feften
per find Faſcikel, fo viel man im Arme, Manipel, fo viel man mit der Hand (=
wenn es ein Kraut ift, oder 5iij , wenn es Blüthen find), Pugill, jo viel
mit den Fingern (—5j) faffen kann. Manche Stoffe, z B. Mandeln, mı
auch nad) der Zahl beftimmt. Da biefe Beſtimmung nach Mag immer etwal
ficher ift, fo bedient man fich lieber des Gewichts. Bei Flüffigkeiten ift das !
oder die Kanne —Tbiv.; ein Becherhen oder Theeſchale —Ziiy; ein gi
Löffel —Zſy; ein kleiner Löffel —3j; und ein Tropfen bei fehr Teichten DI
— Gr.ß, bei f[hweren Gr. j. — Es werden die Arznelmittel bald in fefter,
in flüffiger Form angewendet, und es richtet fich die Wahl der Form theit
der Natur des Arzneiförpers, theild nach den Zweden, die man erreichen
theil8 aud) nach dem Gefchmade und den Wünfchen des Kranken. Die einft
unter den feſten Formen ift die, das Arzneimittel in Subflanz zu geben, d.
dem Zuftande, in welchen e8 erhirtten wurde, oder nur wenig zerfchnitten. $
den die Eubflanzen aber mehr zerftoßen, zerrieben, gemahlen, fo int
Pulverform, in welcher man viele Arzneimittel gibt, die mit allen ihren
theilen wirken follen, oder von denen man eine große Menge im Eeinften Raus
den Körper bringen will. Mac) dem Grabe der Feinheit unterfcheidet man
gröbere (grossus), oder. feinere Pulver (pulv. subtilissimus) ; jenes rich get
lich aͤußerlich, in Kraͤuterkißchen u. f. w., angewendet. — In Pillen (pilulae)
Heinen Kügelchen von ein bis zwei Granen werden folche Arzneien verfchrieben
ſehr häftich ſchmecken oder riechen. — Den Pillen ähnlich ift der Bolus, B
eigentlicdy eine größere Pille, die frifch bereitet und noch nicht erhärtet, welt
auf einmal genommen wird. — Im Munde zergehen dagegen die Leckkuͤg—
(trochisci) , und find immer wohlfchmedend ; ihr Vehikel beſteht daher aus z
oder ähnlichen ſuͤßen Dingen. — Werden klein zerfchnittene ober pulverige &
“mit heißem zergangenen Zuder gemiſcht, und dann in Eleine, laͤngliche Taufe
goffen, fo entftehen die Morfellen; wird eine ähnliche Maffe in Elcine plate
. gelchen getheilt, fo werden die Zeltchen (rotulac) gebildet. Hierher gehört e
noch das Pflafter und Stuhlzäpfchen. Jenes muß leicht in der Wirme zu s
chen und Elchend fein, und wird, wie bekannt, nur auf die Haut gelegt.
Vehikel, das ihm diefe Eigenfchaften gibt, befteht aus Wachs, Fett und har
Körpern. Stuhlzäpfhen (suppositorium) iſt eine fugelförmige, fefte, ı
nachgiebige Maffe, beren Durchmeffer ungefähr * Zoll betraͤgt, die aus €
Honig, Gummi, Di mit feftern Dingen, häufiger jedoch zu Haufe als 1
Apotheke bereitet, und von denen Gebrauch gemacht wird, um zu Außleer
zu reizen. — Eine ebenfo große Menge von Kormeln gibt es, die Arznei
flüffig zu geben; fie find enttweder ſchon urſpruͤnglich fluͤſſig, und die einzelnen
mein erfodern dann ein bloßes Zuſammengießen einzelner Fluͤſſigkeiten, ol
Rech Rechberg (Grafen von) 57
m feiten Körper durch Auspreffen, Auflöfen, Abreiben, Aufgießen,
sormisteift des Waſſers oder einer andern Fluͤſſigkeit, irgend eine fluͤſſige
ersebradht. — So erhält man durch Auspreffen frifcher Kräuter den
nZuft (suceus expressus), der ſo haͤufig zu Fruͤhlingskraͤutercuren ges
; die Mufiöfung (solutio) durch Vermiſchung irgend eines aufloͤsbaren
Amit einer Fluͤſſigkeit. — Eine eigenthuͤmliche Form entſteht, wenn DI
m iii mit einander verbinden und durch Waffer verdünnt werben.
Miſchung ſieht der Milch fehr ähnlich und wird daher Pflanzenmilc)
nannte. Wielen Pflanzenfamen kommt die Verbindung [hen von Na⸗
tele dürfen nur zerquetſcht und mit Waffer verbiinnt gerieben wer:
ine Emulſion zu geben, Samenmilch; auch durch Eunftlidye Mifchung
Zzoleims und Waſſers kann eine ähnliche Form bereitet werden, die un:
ẽ ion cder Slmilch (emulsio spuria). — Fluͤchtige feſte Körper werden
ſend durch darüber gegoſſenes Waſſer in einiger Zeit die wirkfamen Be⸗
zusgezegen; fo wird ein Aufguß (infusum) bereitet; davon unterfchei-
Idrud, die Abkochung (decoctum), nur dadurch, daß das Waſſer
am Zeil einfohen muß, um die wirkfamen Beftandtheile aufzuneh:
Ich von der Dofis erhalten manche Arzneivorfchriften in flüffiger Form
u Namen. Wird die Arznei tropfenweiſe genommen, fo heißt ſie Tropfen
Irintdien (haustus) wird fie genannt, wenn fie auf einmal, Trank
von te uf mehrmal genommen wird, Mirtur (mixtura) ift eine fluͤſſige
4 meiiten Beſtandtheilen zufammengefegt und mehre Unzen au:
Bir ei.0ffelwweife genommen wird. — Ptiſane (Ptisana) ift eine fo ſchwache
gi, daß fie sum gemöhnlichen Getränk kenugt werden Eanıı. — Andre
kaNumen vom Gelhmad, wie z. B. da3 Julep (julepus ober jula-
xrerlich angenehm fhmedende Miptur bezeichnet, oder der Leckſaft
‚wiegma), deſſen Vehikel irgend ein Syrup, Honig oder auch Schleim
m) Ser angenehm ſuͤß fhmeden muß. — Noch andre endlid) werden
zuchsart benannt, wie z. B. das Gurgelwaffer (gargarisma), die
‚injectio), das Klyſtier (clysma) und die Baͤhung (fomentum).
den feiten und flüffigen Arzneiformen flcht die weiche in ber Mitte. Da-
Ei: Latwerge (eleetuarium), die Salbe (unguentum), der Breium:
Balasnın), Senfumſchlag (sinapismus) u. ſ. w. B.P.
geE, ein Vertrag, welchen man muͤndlich vor einer Behoͤrde macht
N, oder ſchriftlich übergibt, beſonders auch ein ſchriftlicher Vergleich,
n zi oder mehren Perſonen uͤber eine ſtreitige Sache abgeſchloſſen wird.
az bezeichnet dieſes Wort die von den einzelnen Theilnehmern ald Bei:
end nach vorgefchoffenen Koften zu den Grubenbauten n.dgl. Wenn
ider Felge durch Gewinnung des Minerals die Auslagekoften gebedt
—* die Theilnehmer den überſchus, u. d. N Ausbeute(ſ. d.)
Meiß ihrer Einlage heraus. Noch wird Receß- oder Quatembergeld
Remannt, die die Theilnehmer an einem Grubenbau dem Landesherren
ln In manchen Gegenden heißt Receß auch Das, was man fonft
Beides Proprereft nennt.
berg und Rothenlöwen (Strafen von), ein ſchwaͤbiſches Dr⸗
est, das Schon im 11. Jahrh. bluͤhte und fpäter einen bebeutenden
a Echwaben beſaß. Der Stammiater des gräfl. Haufee, Ulrich, war
Michal des Herzogthums Schwaben; feine Enkel befasen ſchon 1227
uf, und b fpäter führten diefe Dpnaßen das herzogl. hehenftaufifche Map:
r Im Anfang des 17. Jahrh. nahmen fie ald Reichsgrafen, wegen
Wisfichafe Aichheim und Hohentechberg, Sig und Stimme auf der
An Bzafenbant. Gegenwärtig beſteht diefes Haus nur noch in der Weit:
68 Rechnenkunſt
ſenſteinſchen Linie, bie das alte Fideicommiß des Geſchlechts, eine 1806 m
firte und feit 1810 ganz unter Würtembergs Hoheit ftehende gräfliche St
herrſchaft Rechberg, mit dem Bergfchloffe und Hauptorte Hohenrechberg,
der Stadt Weiſſenſtein, im Sartkreife, Donzdorf (Refidenz) und Ramsftel
fammen. 24 IM., mit 8200 Einw. und 80,000 $1. Ein., befißst. (x
Standesherr ft Aloys Stanz RXaver, Grafvon R. und Rothenlöwen, |
bair. Staatsminiſter des Hauſes und der auswärt. Angeleg., bar. Reid
geb. den 18. Sept. 1778. Er war 1799 Eurbairifcher Subbdelegirter (Geſa
bei dem Congreß in Raftabt, nahm in berfelben Eigenfchaft Theil an den G
ten der Reichsdeputation von 1802, unterzeichnete als koͤnigl. bairifcher Cor
gefandter die Erklärung, Regensburg, den 1. Aug. 1806, durch welche fi
Meichefürften und ein Reichsgraf, ale Mitgl. des Rheinbundes, vom Reiche
tem. 1815 war er, als. bairifcher Miniſter am wiener Hofe, bei dem Co
daſelbſt bevollmaͤchtigt. Dann leitete er mit in München die ſchwierige Ver
(ung wegen der Zerritorialausgleichung mit Öftreich, weßhalb er auch dama
Kronprinzen von Baiern nid) Mailand zu dem Kaifer Stanz begleitete, we
Vertrag zu München vom 14. April 1816 zur Folge hatte. In demſ. J.
er von feinem Hofe nach Wien gefandt, um den Ehevertrag des Kaiſers ın
Prinzeffin Karoline von Baiern zu unterzeichnen. 1819 fg. wirkte er zu de
ſchluͤſſen des karlsbader Gongreffes, zur Errichtung der mainzer Commifftg
zu dem fcharfen Verfahren gegen die Verdächtigen in Baiern mit. Nach der
teitt der Regierung des Könige Ludwig I. 1825 wurde er mit Penfion in |
ftand verfegt. — Des Staatsminifters Bruder, Graf Joſeph, geb. den 3.
1769, ift feit 1823 €. bairiſcher General der Infanterie, war bie 1826 auf
Gefandter und bevollmächt. Deinifter am Hofe zu Berlin. Er befehligte I
Feldzuͤgen 1813, 1814 und 1815 ein bairifches Armeecorps gegen Ftankreit
Ein dritter Bruder, Graf Kart, geb. 1775, feit 1825 €. bairiſcher Oberkan
here und Oberceremonienmeifter, ift befannt durch feine „Voyage pittoreng!
Russie” (4 Bde., Fol., mit Kupf.) und „Les peuples de la Russie‘ (Paris ]
mit 96 color. Kpfn., $ol.). |
Rechnenkunſt. Rechnen heißt gegebene Zahlen nad) geroiffen Regel
einander verbinden oder von einander trennen, um dadurch eine gefuchte Zahl
Refultat zu finden. Die Gründe für das Verfahren beim Rechnen ergebe
aus den Lehren der Mathematik, insbefondere der Arithmetik; zu den Vorl
um fchnell und richtig zu rechnen, gibt aber die Rechnenkunſt Anleitung. Dei
ſchaͤftsmann ift für Nechnungen im bürgerlichen Leben eine gewiſſe Fertigke
entbehrlich, ohne daß er dazu einer tiefern mathematifchen Einficht bedarf.
vier Specied oder Rechnungsarten mit unbenannten und benannten, ganze
gebrochenen Zahlen, durch das fogenannte Einmaleins weſentlich erleichtern:
verfchiebenen aus der Lehre von den Proportionen und Progreffionen hergel
Kegeln (Regeldetri, die Rees’fche= und Kettenregel, die Geſellſchafts⸗, Wochſe
oder Arbitrage:, bie Vermiſchungs- oder Alligations-, die Wahrfcheinlichl
Leibrenten=, Zins⸗, Münzrechnungen und viele andre politifche, juriflif
Eaufmännifche Berechnungen), die Außziehung der Quadrat» und Kub
machen die Hauptgegenftände der Rechnenkunſt aus. Große Erleichterung
gewaͤhren die Decimalvechnung,, die Logarithmen und die fogen. Kopfrechn
wo man nad) gewiffen Regeln einfache Veränderungen der Zahlen ſchnell unt
andre Hülfsmittel im Beifte vomimmt. (S. Koͤhler's, Anweiſ. zum Kopfrech
4. Aufl. , Leipz. 1816.) — Nie darf ſich der Rechner unbedingt auf die Richt
feines Reſultats verlaffen,, bevor er ſich nicht durch bie Rehnungsprobel
überzeugt hat. Bei diefer nimmt man das Refultat und einige der gegebenen
len als Site an und entwidelt gewöhnlich auf dem umgekehrten Wege die a
Rechnenmafchine Recht 59
Zcblen, als ob man fie nicht kennte. Ergeben fie fih, fo ift die
nchtig. Auch für das Verfahren bei der Probe hat man eine Menge
en Bet wichtigen Rechnungen ift es vathfam mehrerlei Proben anzu⸗
eit Adam Riſe's lange in Ehren gehaltenem Rechnenbuche hat man eine
Aaleitungen und Huͤlfsmittel zum Rechnen Überhaupt, wie zu bes
mungen. Unter ben neuern werden empfohlen: 3. Ph. Schellenberg’&
nifche Atithmetit (7. Aufl. Rudolſtadt); Fr. Gottl. Buſſe's „Gemein⸗
edmenbuch fire Schulen” (2 Thle., 3. Aufl., Leipz. 1800); „Voll⸗
lehnenbuch von allen kaufmännifchen Rechnungsarten“ (2 Thle. Bert.
‚MR. Leuche' 6 „Zolftänd. wiſſenſchaftl. bearbeit. Rechnenbuch für die
ker, befonders für den Handelsſtand⸗ (2 Thle., Nürnberg 1821);
her’ „‚Behrbuch zum erften Unterricht in der Zahlen: und Buchſtaben⸗
x Geſchaͤftsmaͤnner“ u.f.w. (2 Thle., 1815).
hrenmaſchine, eine Erfindung der neuern Zeiten, die in ehem
te beſteht, welches die zum Rechnen erfoderlihe Aufmerkfamteit erhal:
ven Fehler im Rechnen fhügen fol. Viele Mathematiker, ſelbſt Leibnig,
kefhaftigt,, dies Inftrument theils zu erfinden, theils zu vervolllomm-
x den verfchiedenen Rechnenmafchinen empfiehlt fidy Die Gruͤſon'ſche ſo⸗
Einfachheit als Leichtigkeit im Gebrauch. Sie befteht aus einer 94 Zoll
neffer haltenden Scheibe, um deren Mittelpunkt fih ein Weifer dreht;
R Kreisbogen umziehen in einiger Entfernung den Mittelpunkt und
Halbmeffer in neun Stüde von Kreisringen getheilt. In den von den
mb Halbmeffern gebildeten Fächern ftehen nad) einem gemiffen zum
genden Syſtem georbnete Zahlen. Auf dem Meifer befinden ſich die
‚2,3, u. ſ. w. bi80. Don den 9 größern Studen der Kreisringe ift
** Subtraction Eins, fuͤr Multiplication und Diviſion ſind die
. An jedem für die Multiplication und Divifion beftimmten Stuͤcke
eben rechts an der Spige ded Winkels ihre Nummer. Will man nun
Ldividiren, fo wird damit alfo verfahren: angenommen, der Divifor
kDividendus 31976, fo dreht man den Weiſer auf die Tafel, die mit -
tät, und bringt ihn bis auf die Zahl 31, ale den erflen einzelnen Divi-
Imre dieſer 31 wird man nun auf dem Weifer den Quotienten 4, am
Rand der Tafel aber rechts nad) ber nämlichen Richtung zu den Reſt 3
kefre Reſt, der im Hauptbividend folgenden Zahl 9 vorgefegt, gibt 39
einzelnen Dividend, und wenn man hier nun abermals fo verfährt, tie
t worden, fo erhält man den Quotienten 5, und den Reſt 4, woraus
et, daß bei Fortfegung biefer Art zu verfahren man endlich den ganzen
ı der als Dividendus gegebenen Zahl mit 4568 finden muß, wodurch
N geloͤſt ift. Durch zwei fpäter dieſer Mafchine zugefügte Nechnenftäbe
seite Scheibe kann der Gebrauch derfelben auch auf zufammengefegte,
emannte Zahlen ausgedehnt werden. S. „Befchreibung und Gebrauch
fendenen Rechnenmaſchine von Gruͤſon“ (Halle 1795), ferner: Guͤtle's
mg einiger Univerfals und Particularrehnungsmafchinen” (Nürmberg
Hügel „Mathemat. Wörterbuch”.
ht, jenes große Wort, welches die Welt in fo vielfacher Hinſicht be:
me Idee ausdruͤckt, welche zu dem Heiligſten der Geſellſchaft gehört
der Herrſchaft blinder Naturnothwendigkeit in das eich ber Freiheit
Altes verſetzt. Das Recht (jus, justum) fteht dem Unrecht (injustum,
genhber, es ift die Aufrechthaltung der perfönlichen Selbftändigkeit ei⸗
Befens in der Wechſelwirkung mit andern freien Wefen; die Verein:
fer individuellen Steiheit mit ber Freiheit Andrer, die Harmonie und
hes Dafeine neben einander. Dies Recht finden die Menfchen feinen
68 Rechnenkunft
fenfteinfchen Linie, bie das alte Fidelcommiß des Gefchlechts, eine 180f
firte und feit 1810 ganz unter Würtembergs Hoheit ſtehende gräfliche
herrſchaft Mechberg, mit dem Bergfchloffe und Hauptorte Hohenrechb
der Stadt Meiffenflein, im Sartkceife, Donzdorf (Refidenz) und Ramt
fammen 24 [IM., mit 8200 Einmw. und 80,000 Fl. Eint., befigt.
Standesherr ift Aloys Franz Xaver, Grafvon R. und Rothenloͤw
bair. Staatsminifter des Hauſes und der auswaͤrt. Angeleg., bair. 9
geb. den 18. Sept. 1778. Er war 1799 kurbairiſcher Subbelegirter (C
bei dem Congreß in Raſtadt, nahm in derfelben Eigenfchaft Theil an der
ten der Reichsdeptitation von 1802, unterzeichnete als Eönigl. bairifcher
gefandter die Erklärung, Regensburg, den 1. Aug. 1806, durch meld
Reichsfuͤrſten und ein Reichſsgraf, als Mitgl. des Rheinbundes, vom Re
ten. 1815 war er, als k. bairifcher Miniſter am wiener Hofe, bei dem
daſelbſt bevollmädhtigt. Dann leitete er mit in München die ſchwierige
fung wegen der Territorinlausgleihung mit Öftreich, weßhalb er auch di
Kronprinzen von Balern nad) Mailand zu dem Kaifer Franz begleitete,
Vertrag zu München vom 14. April 1816 zur Folge hatte. In demf
er von feinem Hofe nady Wien gefandt, um den Ehevertrag des Kaiſer
Prinzeffin Karoline von Baiern zu unterzeichnen. 1819 fg. wirkte er z
fchlüffen des karlsbader Congreffes, zur Errichtung ber mainzer Comm!
zu dem fcharfen Verfahren gegen die Verdächtigen in Baiern mit. Nad
teitt der Regierung des Königs Ludwig I. 1825 wurde er mit Penfion
ftand verfegt. — Des Staatsminiftere Bruder, Graf Joſeph, geb. dei
1769, ift feie 1823 €. bairiſcher General der Infanterie, war bis 1826
Sefandter und bevollmaͤcht. Minifter am Hofe zu Berlin. Er befehlic
Seldzügen 1813, 1814 und 1815 ein bairifches Armeecorps gegen Stan
Ein dritter Bruder, Graf Kart, geb. 1775, feit 1825 E. bairifcher Obe
herr und Oberceremonienmeifter, ift befannt durch feine „Voyage pittox
Russie” (4 Bde., $ol., mit Kupf.) und „Les peuples de la Russie‘' (Pa
mit 96 color. Kpfn., Fol.).
Rechnenkunſt. Rechnen heißt gegebene Zahlen nach gewiſſen *
einander verbinden oder von einander trennen, um dadurd) eine gefuchte
Refultat zu finden. Die Gründe für das Verfahren beim Rechnen ec
aus ben Lehren der Mathematik, insbefondere der Arithmetit; zu den A
um ſchnell und richtig zu rechnen, gibt aber die Rechnenkunſt Anleitung.
ſchaͤftsmann iſt für Rechnungen im bürgerlichen Leben eine geriffe em
entbehrlich, ohne daß er dazu einer tieferen mathematifchen Einficht be=
vier Species oder Nechnungsarten mit unbenannten und benannten, =s
gebrochenen Zahlen, durch das fogenannte Einmaleins mefentlich erle 7
verfchiedenen aus der Lehre von den Proportionen und Progreffionen E
Regeln (Regel de tri, die Rees’fche= und Kettenregel, die Befellfchafts:, I
oder Arbitrages, bie Vermiſchungs- oder Alligationd=, die Wahrſche
Leibrenten⸗, Zins⸗, Münzrechnungen und viele andre politifche, jwe
taufmännifche Berechnungen), die Ausziehung der Quadrat⸗ und SC
machen die Dauptgegenftände der Rechnenkunft aus. Große Erleich &
gewähren die Decimalrechnung, die Logarithmen und bie fogen. Ko p F
wo man nad) gewiffen Regeln einfache Veränderungen der Zahlen ſchx
andre Hülfsmittel im Geifte vornimmt. (S. Koͤhler's, Anweiſ. zum SE
4. Aufl., Leipz. 1816.) — Nie darf ſich der Rechner unbedingt auf D &
feines Reſultats verlaffen, bevor er ſich nicht duch die Rehnungs >
überzeugt hat. Bei diefer nimmt man das Refultat und einige derge =
Ion ale Sie an und entwidelt gewoͤhnlich auf dem umgelehrten UE =
60 Rechtfertigung Rechtſchreibung
Grundlagen nach in ſich ſelbſt, in der Geſetzgebung der Vernunft, als unal
lich und unvergaͤnglich (Maturrecht); nur über die Mittel der Ausuͤbu
Aufrechthaltung, nur über die Anwendung auf befondere zufällige Verhaͤ
nur über die nothwendigen quantitativen Beſtimmungen bildet fich jebes
theils durch ſtillſchweigende Übereinkunft und Anerkennung, theild durch au
liche Gefege ein befonderes Recht, welches dem Vernunftrecht nicht übera
bleibt, deſſen Gültigkeit im Staate auch nicht mit allgemeinen Grundfäg
ftritten werden kann, welches aber doch immer nur durch die Übereinftimmu
dem Vernunftrechte feinen Werth und feine Dauer erhält (Mofitives R
Das Recht (jus) nennt man dann audy den Inbegriff, die Gefammtheit
rechtlichen Beſtimmungen für ein Voll: das römifche, deutſche, franj
Recht, ober auch das abgefchloffene Ganze der Beflimmungen über einzeln
bältniffe: Staats, Privatz, Kirchen-, Criminals, Zehn, Proceß:, Da
Bergs, Polizeis, Kriege, Voͤlkerrecht u.f.w. Das Recht oder bas |
(jus, justum) ift Das, was mit den Vorfchriften des Nechts uͤbereinſtimm
zwar entreber mit dem oberften Grundfage alled Rechts überhaupt oder n
den befondern Vorfchriften eines pofitiven Rechts; wol auch nur, was um
fondern Umftänden für Recht gelten muß (bloß formelled Recht), wenn &
an fih dem Rechte nicht gemaͤß wäre. (S. Rechtskraft.) Hier kann
dem Buchftaben des Rechts gemäß fein, welches der Idee der Gerechtigkel
ganz widerfpricht (summum jus, summa injuria), und diefer Erfolg zei:
eben am hiufigften dann, wenn man die Worte ber Gefege zu fehr anf bie,
ftelt. Ein Recht (jus, obligafio) ift das Verhältnig zwifchen mehren
fähigen Wefen, vermöge deſſen der Eine ſchuldig ift, ſich gegen den Andern
fer Handlungen zu enthalten, oder beflimmte Handlungen zu feinem Vort
verrichten; jenes find allgemeine Nechte (perfönliche, Standes: und Za-
techte und dingliche Eigenthbums » und Nugungsrechte) , diefes find fpecielle :
gationen, Foderungsrechte). — Ein Recht heißt endlich auch das bee
welchem irgend ein Rechtöhandel entfchieden werden foll, wie Fuͤrſtenrecht,
recht, Kriegsrecht, Mannenrecht u. dgl. »
Nechtfertigung, imkischlihen Sinne, f. VBerföhnung .
Nehtfertigung, Verantwortung; rechtlihe Begründung ein
trags, befonders eines gegen ein Urtheil oder andre richterliche Verfügung.
fenen Rechtsmittel. In diefem legtern Sinne gehört die Rechtfertigung.
der vorgefchriebenen Zeit häufig zu ben Formalien der Rechtsmittel, bie.
techter Zeit eingelegt (interponirt), dann bei dem höhern Nichter eingeführt
ducirt) und dann gerechtfertigt (juftificiet) werden müffen.
Rechtglaͤubigkeit, f. Orthodorie. -
Rechtſchreibung (Drthographie, griedy.), die Art und Weife, in
einer befondern Sprache Worte oder Zöne, ald hörbare Ausdrüde von GL
und Empfindungen, durch die gehörigen Schriftzeichen regelmäßig zu vera
lichen oder ſichtbar darzuſtellen. Der allgemeinfte Grundfag der Rechtſch
ſollte wol für jede Sprache fein, die Schreibung möglid) einfad) der Rechtipr
(Orthophonie oder Drthoepie, f. d.) nachzubilden. Allein bamit.f
Schwierigkeiten für die Ausuͤbung bei weiten noch nicht gehoben, da die Re
chung nod) viel häufiger vernachläffige wird als die Rechtſchreibung, wie f&
Menge unreiner Reime bei den meiften unferer Dichter beweift. Ja, es iſt!
bei der Nechtfprehung ſich nach der Rechtſchreibung zu richten, indem n
Ausſprache der Rechtfchreibung fo nahe als moͤglich zu bringen fucht, als
Eehrt, obgleich beide einander bedingen und unterftügen. Überdies mach
jenem Grundgeſetz einige Sprachen faft zahllofe und willfürlihe Ausa
Be/fonderd zeichnen ſich die engl. und franz. durch eine Launenhaftigkeit der £
Rechtfhreibungg 61
Knrache aus. Kine beftimmte Nüdficht, die bei der Rechtfchreibung
ig geben kamn, ift die Wortableitung, oder die erweislich wahre, '
kannte Abflammung. (Vgl. Etymologie) Man menbe alfo in
abgeleiteten und zuſammengeſetzten Wörtern, fo weit es die allgemein
Nusfprache und der einmal üblihe Schreibgebrauch verftatten, nur
ran, welche das unmittelbarfte Stammmort nebft Ableitungs- und
erfodert. Doc muß man vorfichtig fein, dag man nicht von ſei⸗
: Worten eins für des andern Stammmort annehme.. Mit den
6, überall auf Wortableitung haltend, Amfig, eräugnen, Ebenteuer
Auge, eventura) fchreiben, wollen wir nicht rechten. — Der Unter:
Bedeutung rechtfertigt nicht die Veränderung der gewöhnlichen
rihlautender Wörter, well es unmoͤglich ift, eine folche Untetfchei-
uͤhren, und mweiloft für vermeintlich ganz verfchiedene Wörter eine
zrundbedeutung auszuforfchen ift, die fich in Nebenbedeutungen ver-
B.ahnen: 1) ergeiften, eine Vorempfindung fpüren; 2) Einem etwas
en, um es ihm zu vergelten, daher rächen, trafen, gemöhnlich ahn-
(önen, die Geiſter der Verftorbenen, daher Vorfahren: beides vom
J. — Auch auf Gleichform oder Wortähnlichkeit ift bei der Recht:
dicht zunehmen. So fcheint es richtiger, da6 Maß als das Maaß
meil das mperfectum von meflen allgemein gefchrieben wird, ich
mus mm das Allzugefuchte und Eigne vermeiden, wie die Vertaus
b mit 5, 3.3. in Filoſofie, wolen ftatt wollen; denn der Schreib-
dam Sprachkünftier, der das gangbare Wortgepräge verwiſchen will,
kenze, welche er nicht überfchreiten darf. über Wörter, deren Schrei⸗
h den bisher angegebenen Rüdfichten nicht beftimmen laͤßt, folglich
mm- und Wurzelwoͤrter und über alle ungewiffe ober folche Ableitun-
fe Stammmötter veraltet find, entfcheidet der allgenfline Schreib:
mal bei ähnlich oder gar gleich lautenden Wörtern, die befondere
haben. Aligemeine Regeln uͤber den Schreibgebrauch laffen fich
B; denn es unterfcheiden fich die befondern (bei verfchiedenen Völkern
mchen in der Mechtfchreibung noch in vielen Stüden, und die Gram⸗
den Sprache hat barüber das Nähere anzugeben.
ſeutſche und alle der deutfchen Sprache eingebürgerte Wörter, alfo
Bornamen und Wörter, wenn fie durch den Gebrauch fchon zu deut-
igeſtempelt worden find, fchreibe man gleihmäßig mit den eingeführ-
hen, und bezeichne jeden deutlich gehörten Laut mit Beftimmtheit,
ben üblichen Ausfprache gemäß; z. B. Euife, Marfhall, Mafchine,
khaluppe, fcharmant, Schikane, Schimäre. Werden dagegen Ei-
dſolche Wörter aus bekannten Sprachen eingeftreut, die noch immer
chig betrachtet werden oder gar noch ihre fremde Seftaltan fich haben,
bee Fremdartigkeit durch ihre urſpruͤngliche Schreibart, als das Ge⸗
mmben Urſprungs, zu erkennen gegeben werben; z. B. Agio, giriren,
ihel Angelo, Shakſpeare, Spleen, Don Quirote, Rouſſeau, Che⸗
eurnal, Genie (weil man ſonſt die Abſtammung nicht erkennen wuͤrde
kero, Girculation; aber Zirkel und Bezirk, weil fie ſchon der deut⸗
angeeignet und unter diefer, obgleich ausgearteten, Ausſprache all:
wfind. Ebendaher werden auch die griech. Wörter, deren Ausfprache
wit entartet ift, flatt mit K, nach römifcher Weife gemöhnlich mit C
„B. Gentaur flatt Kentaur; dagegen wird von Vielen, der nächften
ſeines Wortes gemäß, das griech. K oder das latein. E beibehalten,
Fyrache geblieben ift; z. B. Katheder, Katholik, Ceremonie, Com:
Mt des € verbopprit man Irber e zu Ende, 3.8. Canapee. — Wer:
54 | Recenfionswefen
Recenfionswefen, das, betrifft die literarifchen Gerichtshöfedern
Zeit, bei welchen jeder Beifiger einzeln fein Urtheil über ein im Druck erfchler
Bud, Öffentlich ausfpricht, ohne dadurch dem entfcheidenden Urtheile der ff
hen Meinung, noch der Zeit vorgreifen zu Eönnen. Außer der Eingen Un
und Aufficht des Vorſitzers eines ſolchen Gerichtshofs, der bie Literarifchen Sch
ernennt, oder der Redaction, und aufer dem eignen literarifchen Gemiffe
Urtheiter felbft, gibt es für die Mecenficanftalten keine Vorfchrift noch I
Ihr Zweck ift doppelt: Bücher anzumelden und fie zu beurtheilen. Literatı
tungen und kritiſche Blaͤtter bleiben für die Verbreitung des wiffenfchaftlichen
meinguts und für die Erweckung des öffentlichen Sinn in der Gedankenwe
teeffliches Hülfsmittel, und werm das geiftige Leben in Europa jegt reger erw
vielfeitiger ausgebilbet und tiefer begründet iſt als je, fo iſt dies größtentheik
eine Folge bes öffentlichen Urtheile in der gelehrten Republik. Mit diefen W
ift der Charakter, die Bedeutung und der Werth des Mecenfionswefens aı
fprochen. Hierzu kommt, daß zu jeder Zeit die größten Köpfe gern ihr Urth
ſolchen Blättern niedergelegt, und manches goldene Wort, da fonft in einem!
Pas gefunden, oder mit dem Buche felbft im Staube ſich vergraben hätte, 1
zu Tage gefördert haben. So der unfterbliche Haller, fo Joh. v. Möller
A.; fo felbft Schiller und Göthe, einft die erflärteften Feinde des Necenfion
fens. — Immerhin fei die Recenfionsanftalt der Kampfplag einer Schule, ı
nur tüchtige Kämpfer ihr Syſtem verfechten! Der Leſer will ja nicht das um
liche Urtheit der Mecenfionsanftalt ablaufen, fondern er will ein gedachtes Urı
das ihn zum Selbftdenken reizt, Elar und bündig, gleichviel ob fcharf ober bei
den ausgedrückt, über ein Buch leſen, das Überhaupt eines folchen Urtheils n
ift; von dem Inhalte aber will er nur fo viel erfahren, al& er felbft zur allgemi
Mürdigung des Buchs und der Beurtheilung braucht. Es verfteht ſich, baß
daction und Recenfent überhaupt ihrem Geſchaͤfte getwachfen fein, uiid fref
perfönlicher Rüdficht, den Zweck der Wiffenfchaft rein ins Auge faffen nr
Iſt dies der Kal, fo werden allemal die kritifchen Zeitſchriften einer Nation,
bie reifften Bluͤthen ihres literarifchen Geiſtes, nicht nur die Achtung ber 3ı
noffen, fondern auch die Aufmerkfamtleit des Auslandes und der Nachwelt ve
nen. Möge aud) der Recenſent ſich irren, wenn er nur feinen Irrthum Hug
Far, geiſtvoll und emft, mit ſtrengem MWahrheitsfinn und feft wie ein Rep
kaner ausfpricht. Dem fchon der große Bacon hat gefagt: Raſcher tritt
Wahre aus dem Irrthum hervor als aus der Verworrenheit. — Wie fehr kri
Blätter die Wiffenfchaft befördern, beweift die Literargeſchichte aller Völker
fi) der Gedankenfreiheit und mit ihr eines geiftigen Lebens erfreuen dürfen.
Franzofen , denen überhaupt das Verdienſt gebührt, bie Gelehrſamkeit in die 9
fei e8 aud) nur in den Salon, eingeführt zu haben, find die Erften gewefen, n
über Drudfchriften öffentlich und ruͤckſichtslos urtheilten. Louis Jacob (fl. 1
ſoll durch feine „Bibliographie parisienne” , die jährlicy alle zu Paris erſch
nen Bücher beurtheilte, den erften Gedanken zu dem noch blühenden „Journa
savana”, deffen Stifter Denis de Salto (ft. 1669) war, gegeben haben. |
darauf begannen die literarifhen Sournale der Deutfchen: Thomaſius's „Fre
thige Gedanken über allerhand Bücher” (Halle u. Lpz. 1688); Tentzel's „Mi
liche Unterrebungen‘‘ (Reipzig 1689), und Otto Menten’s „Acta eruditorı
feit 1682. (9. Literaturzeitungen.) In Deutfchland entflanden jı
erft um die Mitte d. 18. Jahrh. diejenigen beurtheilenden Zeitfchriften, di
deutfhen Kritik (f.d.) eine ausgebreitetere Achtung verfchafften und aı
Nationalliteratur einen vielfach fördernden Einfluß hatten. Dahin gehörten
zuͤglich die durch Leſſing's, Mendelsfohn's und Nicolai’s Geift und Thaͤtigke
deutend gewordenen „Literaturbriefe”, die „Allgemeine deutfche Bibliothek“
Recepiffe Receptirkunft 55
ger gelehrten Anzeigen”, die „Allgemeine Literaturzeitung“, die „Leipz.
geitang” und der „Dermed”. Das neuefte gelehrte Eritifche Inſtitut ift
Schuch für wiſſenſchaftliche Kritik“, welches feit 1827 in Berlin mit
twiffenfchaftlichem Geifte redigirt wird. Sm Allgemeinen zeichnen fid) die
Blaͤtrter der Briten durch ein beſtimmtes, tief eindringendes Urtheil aus,
nan dabei, um es richtig zu würdigen, den Einfluß des auch hier oft nur
en pelitifhen Parteigeiftes auszufcheiden fuchen muß; bie kritiſchen Zeit⸗
der Franzoſen empfehlen ſich durch treffende und klare Wuͤrdigung des
gen; und die der Italiener durch ſcharfſinnige Zergliederung; doch klebt
gewiſſe Einſeitigkeit an, von der faſt nur der Deutſche bei feiner Univer⸗
& Sründlichkeit frei ift, wenn ihn nicht etwa ein herrfchendes Syſtem ein:
Din hat häufig die Frage aufgeworfen: Soll der Recenfent fid) nennen?
sten: Nein; denn nur die Sache foll ihm gelten, wie dem Leſer. Das
uf fich ſelbſt rechtfertigen. Nennt er ſich, fo ift fein Urtheil, auch) wenn
ewil, noch glaubt, befangen; bem Lefer aber ift manchmal mit dem ges
amuth des ungenannten Recenfenten mehr gedient als mit dem höflicyen
eines fich nennenden Lobpreifere. Nur müffen dann die Redactionen Eritiz
male fich vorfehen,, bag nicht ihr Recenſent in mehren Journalen daffelbe
wuct beurtheilt, wodurch feine liter. Stimme bei dem großen Publicum
tejes Übergewicht auf ungerechtem Wege erhalten Bann. Als eine Ausar⸗
Kecenſionsweſens ift die Vermiſchung deſſelben mit den Unterhaltungs⸗
pa betrachten, obgleich einige derſelben oft ſehr geiſtreiche Recenſi ionen
kepiffe, Empfangſchein, eine kurze ſchriftliche Beſcheinigung, Beide
Rager dem überbringer wegen richtiger Abgabe einer Sache von Wichtig⸗
weten pflegt. — Insbefondere werden aud) bie Scheine, melde die
ker Bank für eingelegte Gelder oder Effecten ausftellt, Mecepiffen ge:
Bie führen den Namen der Geldforten, auf welche fie lauten, können an
im, jedoch nur nad) gewiffen Formen veräußert werden, und ba fie baar
Küm und der rechtmäßige Befiger diefes ſtets dafür bei der Bank (gegen
Proc. Abzug fir die Aufbewahrung) erhalten kann, fo ift ihr Preis auch
Kaderungen der Geldforten umterworfen, auf welche fie lauten. Werden
wate nach ihrer Austellung nicht erneuert, fo werben die eingezahlten
⁊ nicht mehr in natura zuruͤckgegeben, fonbern es wird der Werth nad)
dberechnet und baar bezahlt.
tteptirkunſt. Die Kunfl, Necepte (von Br. Rec., Recipe, nimm,
lat Recepten vorausgefegt wird) zu fchreiben, ift ein Theil der praßtifchen
. Es wird in derfelben jedoch weder die Wirkungsart der Mittel, noch
cheit, in der fie nuͤtzlich find, fondern bloß die Art und Weife, diefelben
reiben, gelehrt, und alle jene Kenntniſſe werden ald bekannt vorausge⸗
Sa äitern Zeiten umfaßte fie die Pharmacie mit, weil ein jeder Arzt felbft
te; daher denn auch die Bereitung der zufammengzfegten Arzneimittel,
a den Apotheken ſchon vorräthig find, hier vorgetragen murbe. — Die Re:
Irzmeiformeln (daher die Receptirkunft auch wol Formulare genannt wird)
meisorfchriften,, werden bei uns gewoͤhnlich in lat. Sprache abgefaßt, weil
ade allgemeiner verbreitet iſt als irgenb eine andre, und lateinifch ge=
u Recepte daher in Rußland ſowol als in Stalien und Portugal bereitet
; weil die Zerminologie derfelben viel beflimmter iſt ale in irgend
dem Sprache (in der deutfchen 3. B. wird manches Kraut in jeder Provinz
benannt); ferner weil fie viel kuͤrzer ald andre und endlich e8 in vielen Fällen
zlenuem für den Arzt, in manchen Fällen auch ſogar ſchaͤdlich für den
zit, wenn Letzterer das Mecept verfteht. Es herrfchen Vorurtheile gegen
56 Receptirkunft
manche Mittel, die ſchwer zu bekämpfen find, ber Hypochondriſt grübelt im
Recepte ſchon, wenn er nur ein Paar Worte Latein verftcht; und oft gibt es
Kranken Beruhigung, wenn er nur Argneinimmt, fie mag aud) noch fo w
wirkend fein. — Arzneiformeln werden eingetheilt in einfache und zufamme
figte, in officinelle (die immer vorräthig find) und ertemporirte oder Magif
formeln (die dann erft bereitet werden, wenn fie der Arzt verfchreibt) und endlie
innere und Äußere. In einem jeden, vorzüglich in einem zufammengefegten
cepte unterfcheidet man mehre Zheile, die Baſis oder das Mittel, von dem
Heilung erwartet wird, dad constituens oder Vehikel, das der Bafis die Ge
gibt, die es haben fol, 3. B. Zucker ift Vehikel im Ölzucker, das Ätherifche
Bafis. In vielen Ländern ift es mit Recht dem Arzte befohlen, feinen Namen
den Tag der Verordnung, beizufügen. Die Beſtimmung der Dofis der Mitt
ein mwichtiger Gegenſtand in jedem Recepte. Cie wird entweder nad) dem A
thefergemwicht(f.d.) oder nad Magen angegeben. Die Maße der feften:
per find Faſcikel, fo viel man im Arme, Manipel, fo viel man mit ber Hand (—
wenn es ein Kraut ift, oder Ziij, wenn es Blüthen find), Pugill, fo viel:
mit den Fingern (—5j) faffen kann. Manche Stoffe, z B. Mandeln, we
auch nach der Zahl beffimmt. Da diefe Beftimmung nah Maß immer etwat
fiher ift, fo bedient man fich lieber des Gewichts. Bei Fluͤſſigkeiten ift das $
oder die Kanne —tbiv.; ein Becherchen oder Theeſchale —5Ziiy; ein gg
Loͤffel —5f; ein Eleiner Löffel —3j; und ein Zropfen bei fehr leichten DU
— Gr.fs, bei ſchweren Gr. j. — Es werden die Arznelmittel bald in fefter, :
in flüffiger Form angewendet, und es richtet fi die Wahl der Form heil
der Natur des Arzneiförpers, theild nach den Zweden, die man erreichen
theil® auch nad) dem Gefchmade und den Wünfchen des Kranten. Die einfa
unter den feften Formen ift die, das Arzneimittel in Subflanz zu geben, b. |
dem Zuftande, in welchen es erhalten wurde, oder nur wenig zerſchnitten. F
ben die Subſtanzen aber mehr zerfloßen, zerrieben, gemahlen, fo ent
Pulverform, in welcher man viele Arzneimittel gibt, die mit allen ihren Befb
theilen wirken follen, oder von denen man eine große Menge im Eleinften Raum
den Körper bringen will. Nach dem Grabe der Keinheit unterfcheidet man
gröbere (grossus), oder. feinere Pulver (pulv. subtilissimus); jenes wirb gew
fich äußerlich, in Kräuterfißchen u. f. w., angewendet. — Sin Pillen (pilulae)
Heinen Kügelchen von ein big zwei Granen werden ſolche Arzneien verfchrieben
fehr haͤßlich ſchmecken oder riechen. — Den Pillen aͤhnlich ift der Bolus, SH
eigentlich eine größere Pille, die frifch bereitet und noch nicht erhärtet, mie
auf einmal genommen wird. — Im Munde zergehen dagegen die Leckkuͤge
(trochisci) , und find immer wohlfcehmedend ; ihr Vehikel beftcht daher aus 3
- oder Ähnlichen flßen Dingen. — Werden Elein zerfchnittene oder pulverige X
“ mit heißem zergangenen Zuder gemifcht, und dann in kleine, laͤngliche Tafel
goffen, fo entftehen die Morfellen; wird eine ähnliche Maffe in kleine platte
gelchen getheilt, fo werben die Zeltchen (rotulae) gebildet. Hierher gehört en
noch das Pflafter und Stuhlzaͤpfchen. Jenes muß leicht in der Wirme zu ei
hen und Elchend fein, und wird, mie befannt, nur aufdie Haut gelegt. :
Vehikel, das ihm diefe Figenfchaften gibt, befteht aus Wachs, Fett und har]
Körpern. Stuhlzaͤpfchen (suppositoriun) ift eine fugelförmige, fefte, ef
nachgiebige Maffe, deren Durchmeffer ungefähr * ol beträgt, die aus ©
Honig, Gummi, DI mit feftern Dingen, häufiger jedoch zu Haufe als in
Apothefe bereitet, und von Denen Gebrauch gemacht wird, um zu Ausleeru
zu reizen. — Cine ebenfo große Menge von Formeln gibt es, die Arzneifl
fluͤſſig zu geben; fie find entweder ſchon urſpruͤnglich fluͤſſig, und die einzefnen
mein erfodern dann ein blofes Zuſammengießen einzelner Fluͤſſigkeiten, ode
Receß Rechberg (Grafen von) 57
em feſten Körper durch Auspreſſen, Auflöfen, Abreiben, Aufgießen,
sermistetit des Waſſers oder einer andern Flüffigkeit, irgend eine fluͤſſige
ergebeacht. — So erhilt man durch Auspreffen frischer Kräuter den
ASaf: (suceus expressus), der ſo haͤufig zu Fruͤhlingskraͤutercuren ges
3; die Nufiöfung (solutio) durch Vermiſchung irgend eines auflösbaren
rg mit einer Fluͤſfſigkeit. — Cine eigenthuͤmliche Form entſteht, wenn DL
im ſich mit einander verbinden und duch Waffer verdünnt merden.
Miſchung fieht der Milch fehr Ahnlich und wird daher Pflanzenmilch
zenannt. Vielen Pflanzenfamen kommt die Verbindung fchon von Na—⸗
> Biele dürfen nur zerquetfcht und mit Waffer verdünnt gerieben wer:
ne Cmulfion zu geben, Samenmildy; auch durch kuͤnſtliche Miſchung
ZtieimS und Waffers kann eine ähnliche Form bereitet werden, die un:
"en oder Ölmilch (emulsio spuria). — Flüchtige feſte Körper werden
rend Durch darüber gegoſſenes Waſſer in einiger Zeit die wirkfamen Be⸗
uegesogin; fo wird ein Aufguß (infusum) bereitet; davon unterfcheis
Sud, die Abkochung (decoctum), nur dadurch, daß das Waſſer
um Theil eineochen muß, um die wirkſamen Beftandtheile aufzunch:
Ich von der Doſis erhalten manche Arzneivorfchriften in flüffiger Form
Namen. Wird die Arzneitropfenweiſe genommen, fo heißt fie Tropfen
Irinfdıen (haustus) wird fie genannt, wenn fie auf einmal, Trank
er fe auf mehrmal genommen wird, Mixtur (mixtura) iſt eine flüffige
8 mehren Beflandtheilen zufammengefegt und mehre Unzen aus:
br ec ffehveife genommen wird. — Ptifune (Ptisana) iff eine fo ſchwache
Ba::, das fie zum gemöhnlichen Getraͤnk kenußt werden kann. — Andre
km Namen von Gefhmad, wie z. B. das Julep (julepus oder jula-
u Nuerlich angenehm fchmedende Mixtur bezeichnet, oder der Ledfaft
‚eiegma), deſſen Vehikel irgend ein Syrup, Honig oder auch Schleim
med der angenehm ſuͤß fhmeden muß. — Noch andre endlich werden
auchsart benannt, wie z.B. das Gurgelwaſſer (gargarisma), die
(injeetio), tus Klyftier (elysma) und die Baͤhung (fomentum).
bee feiten und flüffigen Arzneiformen ſteht die weiche in der Mitte. Da:
tlie Latwerge (cleetuarium), die Salbe (unguentum), ber Breium:
lasııa), Senfumſchlag (sinapismus) u. f. w. B.P.
teß, ein Vertrag, welchen man mündlich vor einer Behörde madıt
), oder ſchriftlich übergibt, befonders auch ein fchriftlicher Vergleich,
m zwei oder mehren Perſonen über cine flreitige Sache abgefchloffen wird.
aha bezeichnet dieſes Wort die von den einzelnen Theilnchmern als Bei⸗
md nach vorgefchoffenen Koften zu den Grubenbauten n.dgl. Wenn
der Folge durch Gewinnung des Minerals die Auslagekoſten gededt
herhalten die Theilnehmer den Überfhus, u. d. N Ausbeute (f.d.)
Slerig ihrer Einlage heraus. Noch wird Receß- oder Quatembergeld
zenannt, die die Theilnehmer an einem Grubenbau dem Landesherren
müſſen In manchen Gegenden heißt Neceß aud) Das, was man fonft
Kcder Proprereft nennt.
hbberg und Rothenloͤwen (Grafen von), ein ſchwaͤbiſches Dr:
ehe, das fhen im 11. Jahrh. bluͤhte und fpiter einen bedeutenden
a Schwaben beſaß. Der Stammpyater des graͤfl. Haufes, Ulrich, war
Michal des Herzogthums Schwaben; feine Enkel befafen fchen 1227
fen, und fpäter führten diefe Dynaſten das herzogl. hehenftanfifche Wap-
mm. Sm Anfang des 17. Jahrh. nahmen fie als Neichsyrafen, wegen
kerfihaft Aichheim und Hohenrechberg, Sie und Stimme auf der
m Grafenbank. Gegenwärtig befteht dieſes Haus nur noch in der Weil:
68 Rechnenkunſt
ſenſteinſchen Linie, bie das alte Fideicommiß des Geſchlechts, eine 18061
ſirte und feit 1810 ganz unter Wuͤrtembergs Hoheit ſtehende graͤfliche S
herrſchaft Rechberg, mit dem Bergfchloffe und Hauptorte Hohenrechberg
der Stadt Meiffenflein, im Sartkreife, Donzdorf (Refidenz) und Ramsflı
fammen 24 [IIM., mit 8200 Einw. und 80,000 1. Eint., befist. G
Stanbesherr fi Aloys Stanz Xaver, Grafvon R. und Rothenloͤwen,
bair. Staatsminiſter des Hauſes und der ausmärt. Angeleg., bair. Mel
geb. den 18. Sept. 1778. Er mar 1799 Eurbaitifcher Subdelegirter (Gef
bei dem Congreß in Raftadt, nahm in derfelben Eigenfchaft Theil an den €
ten der Reichsdeptitation von 1802, umterzeichnete als Eöntgl. bairiſcher Er
gefandter die Erklärung, Megensburg, den 1. Aug. 1806, durch weiche
Meichöfürften und ein Reichſsgraf, als Mitgl. des Rheinbundes, vom Reidy
tm. 1815 war er, als k. bairiſcher Miniſter am wiener Hofe, bei dem Gi
daſelbſt bevolimächtigt. Dann leitete er mit in München die ſchwierige Wi
fung wegen der Territorialausgleichung mit Öftteich, weßhalb er auch bamı
Kronprinzen von Balern nad Mailand zu dem Kaifer Franz begleitete, w
Vertrag zu Münden vom 14. April 1816 zur Folge hatte. In demſ. J
er von feinem Hofe nady Wien gefandt, um ben Ehevertrag des Kaifers ı
Prinzeffin Karoline von Baiern zu unterzeichnen. 1819 fg. wirkte er zu d
ſchluͤſſen des karlsbader Songreffes, zur Errichtung ber mainzer Commiſſu—
zu dem fcharfen Verfahren gegen die Verdächtigen in Baiern mit. Nach di
teitt der Regierung des Königs Ludwig I. 1825 wurde er mit Penfion in
ftand verfegt. — Des Staatsminiftere Bruder, Graf Joſeph, geb. den 3
1769, ift feit 1823 k. batrifcher General der Infanterie, war bie 1826 au
Sefandter und bevollmaͤcht. Miniſter am Hofe zu Berlin. Er befehligte
Feldzügen 1813, 1814 und 1815 ein bairifche® Armeecorps gegen Frankte
Ein dritter Bruder, Graf Karl, geb. 1775, feit 1825 €. bairifcher Oberka
herr und Oberceremonienmeifter, ift bekannt durch feine „Voyage pittoremg
Russie’' (4 Bde., Fol. mit Kupf.) und „Les peuples de la Russie’ (Paris
mit 96 color. Kpfn., Fol.). |
Rechnenkunſt. Rechnen heißt gegebene Zahlen nach geroiffen Regı
einander verbinden oder von einander trennen, um dadurch eine gefuchte Zal
Reſultat zu finden. Die Gründe für das Verfahren beim Rechnen ergeb
aus den Lehren der Mathematik, insbefondere der Arithmetik; zu den Vorı
um ſchnell und richtig zu rechnen, gibt aber bie Rechnenkunſt Anleitung. Di
ſchaͤftsmann ift für Rechnungen im bürgerlichen Leben eine gewiſſe Sertigt
entbehrlich, ohne daß er dazu einer tiefern mathematifchen Einficht bebar|
vier Species oder Rechnungsarten mit unbenannten und benannten, ganz
gebrochenen Zahlen, durch das fogenannte Einmaleins weſentlich erleichte
verfchiedenen aus der Lehre von den Proportionen und Progreffionen herge
Regeln (Regel de tri, die Rees'ſche- und Kettenregel, bie Geſellſchafts⸗, Wech|
ober Arbitrage >, die VBermifhungs = oder Alligations⸗, die Wahrfcheinlid
Leibrenten=, Zins⸗, Münzrechnungen und viele andre politifche, juriftifi
taufmännifche Berechnungen), die Ausziehung der Quadrat: und Kubfku
machen die Hauptgegenftände ber Rechnenkunſt aus. Große Erleichterung
gewähren die Decimalrechnung, die Kogarithmen und bie fogen. Kopfred:
wo man nach geroiffen Regeln einfache Veränderungen der Zahlen ſchnell un
andre Hülfsmittel im Geiſte vornimmt. (SG. Koͤhler's „Anweif. zum Kopfrer
4. Aufl., Leipz. 1816.) — Nie darf ſich der Rechner unbedingt auf die Rid
feines Reſultats verlaſſen, bevor er fich nicht durch Vie Rechnungsprobe
überzeugt hat. Bei diefer nimmt man das Refultat und einige der gegebenen
lon als Ste an und entwidelt gewöhnlich, auf dem umgekehrten Wege die:
Rechnenmaſchine Recht 59
Zebien, als ob man fie nicht kennte. Ergeben fie ſich, fo iſt die
richtig. Auch für das Verfahren bei der Probe hat man eine Menge
m. Bei wichtigen Rechnungen ift es rathſam mehrerlei Proben anzus
eit Adam Riſe's lange in Ehren gehaltenem Rechnenbuche hat man eine
N Anleitungen und ‚Hülfsmittel zum Rechnen überhaupt, wie zu bes
demgen. Unter den neuern werden empfohlen: 3. Ph. Schellenberg’s
üfche Arithmetik” (7. Aufl. Rudolftadt); Sr. Sottl. Buffe’s „Gemein⸗
edmenbusch fire Schulen” (2 Thle., 3. Aufl., Leipz. 1800); „Voll⸗
lechnenbuch von allen faufmännifchen Rechnungsarten“ (2 Thle., Berl.
MR. Leuchs's, Vollſtaͤnd. wiſſenſchaftl. bearbeit. Rechnenbuch für die
Iade, befonders für den Handelsftand” (2 Thle., Nürnberg 1821);
bet „Lehrbuch zum erften Unterricht in der Zahlen : und Buchftaben:
u Sefhäftsmänner” u. ſ. w. (2 Thle., 1815). 5.
Inenmafchine, eine Erfindung der neuern Zeiten, bie in einem
te beſteht, welches die zum Nechnen erfoberliche Aufmerkſamkeit erhal:
m Fehler im Rechnen ſchuͤtzen foll. Viele Mathematiker, felbft Leibnis,
beſchaͤftigt, dies Inſtrument theile zu erfinden, theil® zu vervollkomm⸗
r ben verfchiebenen Rechnenmafchinen empfiehlt ſich die Grüfon’fche fo=
Einfachheit als Leichtigkeit im Gebrauch. Sie befteht aus einer 94 Zoll
Beffer haltenden Scheibe, um deren Mittelpunkt ſich ein Weifer dreht;
hr Kreisbogen umziehen in einiger Entfernung den Mittelpuntt und
‚Häbmeffer in neum Stlide von Kreisringen getheilt. In den von den
sand Halbmeffern gebildeten Fächern ftehen nach einem gemwiffen zum
genden Syſtem geordnete Zahlen. Auf dem Weifer befinden fich die
‚2,3, u.f. mw. bi80. Bon den 9 größern Stüden ber Kreisringe ift
ke und Subtraction Eins, für Dultiplication und Diviſion find die
. An jedem für bie Multiplication und Divifion beftimmten Stüde
sten rechts an der Spise ded Winkels ihre Nummer. Will man nun
dividiren, fo wird damit alfo verfahren: angenommen, ber Divifor
&Dividendus 31976, fo dreht man den Weifer auf die Tafel, die mit
KA, und bringt ihn bis auf die Zahl 31, als den erften einzelnen Divi-
Bater diefer 31 wird man nun auf dem Weifer den Quotienten 4, am
Rand der Tafel aber rechts nach ber nämlichen Richtung zu den Reſt 3
Kelr Reſt, der im Hauptbividend folgenden Zahl 9 vorgefest, gibt 39
einzelnen Dividend, und wenn man hier nun abermals fo verfährt, mie
K werden, fo erhält man den Quotienten 5, und den Reft 4, woraus
leht, daß bei Fortfegung diefer Art zu verfahren man endlich den ganzen
ı der als Dividendus gegebenen Zahl mit 4568 finden muß, wodurch
ed geloͤſt ift. Durch zwei fpäter dieſer Maſchine zugefügte Rechnenftäbe
weite Scheibe kann der Gebrauch derfelben auch auf zufammengefegte,
benannte Zahlen ausgedehnt werden. S. „Befchreibung und Gebraud)
Yendenen Rechnenmafchine von Gruͤſon“ (Halle 1795), ferner: Guͤtle's
ung einiger Univerfals und Particularrechnungsmafchinen” (Nürnberg
Kugel's, Mathemat. Wörterbudy”.
bt, jenes große Wort, welches die Welt in fo vielfacher Hinſicht be⸗
ine Sdee ausdrückt, welche zu dem Heiligften der Geſellſchaft gehört
Ider Herrſchaft blinder Naturnothwendigkeit in das Meich der Freiheit
Wed verfest. Das Recht (jus, justum) fteht dem Unrecht (injustum,
menüber, es ift die Aufrechthaltung der perfönlichen Seltftändigkeit eis
Befens In der Wechſelwirkung mit andern freien Wefen; die Verein:
Kfes individuellen Steiheit mit der Freiheit Andrer, die Harmonie und
hers Dafeind neben einander. Dies Recht finden die Menfchen feinen
60 Rechtfertigung | Rechtſchreibung
Grundlagen nach in ſich ſelbſt, in der Geſetzgebung der Vernunft, als una
lich und unvergaͤnglich (Maturrecht); nur uͤber die Mittel der Ausuͤbu
Aufrechthaltung, nur über die Anwendung auf beſondere zufällige Verhe
nur über die nothwendigen quantitativen Beſtimmungen bildet ſich jebed
theils durch ſtillſchweigende Übereinkunft und Anerkennung, theild durch au
liche Geſetze ein befonderes Necht, welches dem Vernunfteecht nicht übera
bleibt, deſſen Gültigkeit im Staate auch nicht mit allgemeinen Grundfäg
fritten werden kann, welches aber doch immer nur durch die Übereinftinnmu
dem Vernunftrechte feinen Werth und feine Dauer erhält (Pofitives R
Das Recht (jun) nennt man dann audy den Inbegriff, die Gefammtheit
rechtlichen Beflimmungen für ein Vol: das römifche, deutſche, fran
Hecht, oder auch das abgefchloffene Ganze der Beflimmungen über einzeln
bältniffe: Staats-, Privatz, Kirchen, Griminals, Lehn⸗, Proceß:, Da
Bergs, Polizei, Kriegs, Voͤlkerrecht u.f.w. Das Recht oder dab
(jus, justum) ift Das, was mit den Vorfchriften bes Rechts uͤbereinſtimm
zwar entweder mit dem oberften Grundſatze alled Rechts Überhaupt ober n
. den befondern Vorfchriften eines pofitiven Rechts; wol auch nur, was un
fondern Umftänden für Recht gelten muß (bloß. formelled Net), wenn e
an fid) dem Rechte nicht gemig wäre. (S. Rechtskraft.) Hier kann
dem Buchſtaben des Rechts gemäß fein, welches der Idee der Gerechtigkel
ganz mwiderfpricht (summum jus, summa injuria), und diefer Erfolg sel
eben am hiufigften dann, wenn man die Worte der Gefege zu fehr auf die,
ſtellt. Ein Recht (jus, obligafio) ift das Verhältnig zwifchen mehr
fähigen Wefen, vermöge deffen der Eine fchuldig ift, fich gegen den Andern
fer Handlungen zu enthalten, oder beflimmte Handlungen zu feinem Vortl
verrichten; jenes find allgemeine Rechte (perfönliche, Standes unb da
rechte und dingliche Eigenthums » und Nutzungsrechte), diefes find [pecielg ,
gationen, Foderungsrechte). — Ein Recht heißt endlich auch das
welchem irgend ein Rechtshandel entfchieben werden foll, wie Fuͤrſtenrecht,
recht, Kriegsrecht, Mannenrecht u. dal.
Rechtfertigung, im kirchlichen Sinne, f. VBerföhnung.
Nechtfertigung, Verantwortung; rechtliche Begründung ein
trags, befonders eines gegen ein Urtheil oder andre richterlihe Verfügung.
fenen Rechtsmittels. In diefem legtern Sinne gehört die Rechtfertigung
der vorgefchriebenen Zeit haͤufig zu ben Formalien der Rechtsmittel, die-
vechter Zeit eingelegt (interponict), dann bei dem höhern Nichter eingeführt
ducirt) und dann gerechtfertigt (juftificiet) werden müffen.
Rechtglaͤubigkeit, f. Orthodorie. .
Rechtſchreibung (Drthographie, grieh.), die Art und Weife, in
einer befondern Sprache Worte oder Töne, ald hoͤrbare Ausdrüde von Ga
und Empfindungen, durch die gehörigen Schriftzeichen regelmäßig zu ver
lichen oder ſichtbar durzuftelen. Der allgemeinfte Grundfag der Rechtſch⸗
folte wol für jede Sprache fein, die Schreibung möglid) einfad) der Rechtſpr
(Orthophonie oder Drthoepie, f. d.) nachzubilden. Allein damit |
Schwierigkeiten für die Ausuͤbung bei weiten noch nicht gehoben, da dieNe
hung nod) viel häufiger vernachlaͤſſigt wird als die Wechtfchreibung, wie fc
Menge unreiner Reime bei den meiſten unferer Dichter beweift. Ja, es iſt
bei der Nechtfprehung ſich nach der Nechtfchreibung zu richten, indem ra
Ausfpradye der Rechtſchreibung fo nahe ald möglich zu bringen ſucht, als
kehrt, obgleich beide einander bedingen und unterftügen. Überdies mack
jenem Grundgefeg einige Sprachen faft zahllofe und willfürliche Ausn
Beſonders zeichnen ſich die engl. und franz. durch eine Launenhaftigkeit ber
Rechtſchreibung | 61
eziſzrache aus. Eine beftimmte Nüdficht, die bei der Rechtſchreibung
zeig geben kann, tft die Wortableitung, oder die ermeislich wahre, '
kefannte Abflammung. (Bol. Etymologie) Man mende alfo in
„abgeleiteten und zufammengefegten Wörtern, fo weit es die allgemein
: Ausfprache und der einmal übliche Schreibgebrauch verftatten, nur
en an, weiche das unmittelbarfte Stammmort nebft Ableitungs⸗ und
ıerfodert. Doc muß man vorfidhtig fein, daß man nicht von ſei⸗
m Worten eins für des andern Stammmort annehme. Mit den
die, überall auf Wortableitung haltend, aͤmſig, eräugnen, Ebenteuer
, Auge, eventura) fchreiben, wollen wir nicht rechten. — Der Unter:
? Bedeutung rechtfertigt nicht die Veränderung der gewöhnlichen
gtrihlautender Wörter, weil e8 unmöglich ift, eine folche Unterfchei=
afuͤhren, und weiloft für vermeintlich ganz verfchiedene Wörter eine
Grundbedeutung außzuforfchen ift, die fich in Nebenbedeutungen ver-
.B. ahnen: 1) ergeiften, eine Vorempfindung fpüren; 2) Einem etwas
nlen, um es ihm zu vergelten, daher rächen, ftrafen, gewöhnlich ahn-
Ahnen, bie Beifter der Verftorbenen, daher Vorfahren: beides vom
m). — Auch auf Sleidhform oder Wortähntichkeit ift bei der Recht:
Radficht zunehmen. So fcheint e& richtiger, dad Maß als das Maaß
', meil das Imperfectum von meffen allgemein gefchrieben wird, ic)
muß man das Allzugefuchte und Eigne vermeiden, wie die Vertau⸗
SH mit F, z. B. in Filofofte, wolen flatt wollen; denn der Schreib:
ſt dem Sprachkuͤnſtler, der das gangbare Wortgepräge verwifchen will,
GBeenze, welche er nicht Überfchreiten darf. über Wörter, deren Schreis
ah ben bisher angegebenen Rüdfichten nicht beftimmen Iäßt, folglich
km» und Wurzelwoͤrter und über alle ungewiffe oder folche Ableitun⸗
nichſte Stammmörter veraltet find, entfcheidet der allgemtine Schreib-
I bei ähnlich oder gar gleich Iautenden Wörtern, die befondere
haben. Allgemeine Regeln tiber den Schreibgebrauch Laffen ſich
; denn es unterfcheiden fich die befondern (bei verfchiedenen Völkern
heachen in der Mechtfchreibung noch in vielen Stüden, und die Gram⸗
Iten Sprache hat darüber da6 Nähere anzugeben.
Deutfche und alle ber deutfchen Sprache eingebürgerte Wörter, alfo
Vornamen und Wörter, wenn fie durch den Gebrauch ſchon zu deut⸗
mu geſtempelt worden find, fchreibe man gleichmäßig mit den eingeführ:
yihen, und bezeichne jeden deutlich gehörten Laut mit Beftimmtheit,
tſchen üblichen Ausfprache gemäß; z. B. Luiſe, Marſchall, Mafchine,
Schaluppe, ſcharmant, Schikane, Schimaͤre. Werden dagegen Ei:
ud ſolche Wörter aus bekannten Sprachen eingeſtreut, die noch immer
tuchig betrachtet werben oder gar noch ihre fremde Geftaltan fid) haben,
ihre Fremdartigkeit durch ihre urſpruͤngliche Schreibart, als das Ge⸗
femben Urſprungs, zu erkennen gegeben werden; z. B. Agio, giriren,
Michel Angelo, Shakſpeare, Spleen, Don Quixote, Rouſſeau, Che⸗
Jeurnal, Genie (weil man ſonſt die Abſtammung nicht erkennen wuͤrde
Vcero, Circulation; aber Zirkel und Bezirk, weil fie ſchon der deut⸗
he angeeignet und unter dieſer, obgleich ausgearteten, Ausſprache all⸗
aat find. Ebendaher werden auch die griech. Wörter, deren Ausſprache
Kaxt entartet ift, flatt mit K, nad) römifcher Weife gewöhnlich mit C
LB. Gentaur flatt Kentaur; dagegen wird von Vielen, ber nächften
Meines Wortes gemäß, das griech. K oder das latein. E beibehalten,
e geblieben ift; z. B. Katheder, Katholit, Geremonie, Som:
Btatt des & verboppelt man lieber e zu Ende, 3. B. Canapee. — Wer:
62 . Rechtfchreibung
den fremde Wörter ober Namen als folche angeführt, z. B. ein ave Mari
Eigennamen, fo wäre es eine Ungereimtheit, diefe umkleiden zu wollen. -
deutfche Rechtfchreibung hat im Laufe der Zeit verfchiebene Wechfel und Rı
gen erfahren. Veraltet iſt z.B. die Schreibart: Cron (Krone), Hertzog,
graf, gnebig, unterthenig, menniglich, Eyd, Böhelmb (Böhmen), Am
Amt, aus Ambacht zc. Außerdem find aud viele einzelne Faͤlle ſo ſchwanke
willfürlich, daß fie ſich nur mit einiger Wahrfcheinlichkeit entfcheiden laſſen.
bier alfo hat man Das zu befolgen, worin die bewährteften Schriftfteller übers
men; abgefchmadt aber würde es fein, ohne anderweite Gründe das W
anzunehmen. — Einen großen Anfangsbucjftaben erhalten im Deutfchen nl
alle Anfangsroörter einer Rede und eines Perioden und gewoͤhnlich auch jeb
in einem Gedicht, fondern auch: 1) Alle Eigennamen, z. B. Deutfchland ;
ſchreiben auch noch fo die davon abgeleiteten Beiwoͤrter: das Deutſche Wolf
Deutſch, fowie die ſich auf Landeshoheit beziehenden Wörter: Kaiferlich, .
ich. 2) Nennwoͤrter, die als Hauptwoͤrter ftehen, d. h., vor benen man ein
mendes oder unbeflimmendes Gefchlechtöwort (einen Artikel) denken fan
Bann, die Bahn, das Meinund Dein, ein Wenn und ein Aber. Doch haben
in mit lat. Schrift gedruckten Gedichten auch die Hauptwörter mit Beinen
ftaben eingeführt. 3) Die ſich auf angeredete Perſonen beziehenden Kür
Sie ıc. Ihr ꝛc. in Briefen u. dgl., auch Du ıc. Dein ꝛc. 4) Gewöhnlich as
als Bahlwort. — Die Spibenabtheilung richtetfich zuerfi nach der Zufanınsen
ber Wörter, z. B. besobsachten, Erb⸗laſſer, er⸗blaſſen, Erb⸗recht, ihr er
em⸗ pfinden, wo p das f verſtaͤrkt. Eine willkuͤrliche Ausnahme macht |
fremden Wörtern, die man gewoͤhnlich nach der Ausſprache trennt, z. B. &
Sy⸗ nonym, Mikros⸗kop, Teleskop, asboptirt, Po⸗ſtille, Pros fein
ftinction, Di⸗ſtriet. Zwei durch ein ausgefloßene® e vereinigte Hauptlaut
ben entweder zur folgenden Sylbe gezogen, z. B. Verfin⸗ſt'rung ober, we
zweite ein Lift, getrennt. Zwei Grenzlaute (Ditlauter) zwifchen zwei &
lautern (Selbftlautern) eines abgeleiteten Wortes werben getrennt, da dem,
eine Sylbe auf ſ ausgeht, das Schluß s eintritt: räus-pen. Man hat:
Steiheit genommen, dies auch auf fremde Wörter anzumenden: :De&spot, |
ſias⸗ mus, Mi⸗ krokos⸗ mus. Doc, bleiben zufammengefeste Zeichen ein
fachen Lautes beifammen (db, pb, fh, ß, tb auch ff umd Er), und
ber Gleichform gemäß am füglichften zur folgenden Sylbe gezogen; ck und
werden wegen nur lofer Zufammenziehung gemeiniglich ber Ausſprache n
trennt, wo dann ck in feiner eigentlichen Geftalt erfcheint als ER, 3.8. gli
er⸗ goͤt⸗ zen. Von drei oder mehr Grenzlautern wird, außer in zufammeng
Wörtern, bloß der legte zur folgenden Sylbe gezogen: Erb⸗ſe; doch iſt!
bisweilen wiederum ein zufammengefegter Buchftabe, wie in Herbfle. —
folben werden nicht der Ableitung, fondern der Ausſprache nad) vom Stamm
getrennt, ſodaß fie deffen legten Hauptlauter anfichziehen, 3. B. heilisge
ten. 1) In längern Zufammenfegungen, naͤmlich in dreis und mehrtheilige
knuͤpft man gern bie vorderen zufammengefegten Worte mittelft eines Bin
ſtriches: Real⸗Schul⸗Buchhandlung; 2) ferner follteman durd) den Bindun
verbinden ein deutfches mit einem fremdfprachigen zufammengefegtes Wort:
ments-Arzt; 3) einen mit einem Gattungdnamen zufammengefesten Eigem
Neu: Preußen; doc) weichen Beiwoͤrter wie Oberfächfifch und Niederfächfi|
4) frembartige Worte, die in ihrer Mutterfprache keine folhe Zufammen
eingehen: Regiments : Chirurgus, Jaſp⸗Achat; 5) folhe Wörter, in der
und derfelbe Grenzlaut drei Mal hinter einander zu fiehen kommt: Schiff»
Knall⸗Luft, Stil: Lager, Still-Leben, Stamm: Mutter, Gewinn: Ra
Ars Mede, Bett⸗Tuch (man follte Daher auch ftatt Mittag und Schifffahrt
Rechtſchreibung 63
3 und Schiff⸗Fahrt; doch iſt es auf ähnliche Weiſe eingeführt,
eiben, ſtatt Hohheit wie Rohheit); 6) durch Zuſammenſetzung be:
m, wenn das beſtimmte, weil es wiederholt werben müßte, nad) der
nung meggelaffen wird: Ab: und Ausfonderungen, hoch: und Elein:
sei ohne und verbundene befondere Beflimmungen: Kaiferin- Köni:
mm werden zufammengefegte Wörter als ein einziges Wort gefchries
e in ben vorigen Fällen neuerdings thun. Was übrigens ale Wort:
25 angenommen werben muß, und was nicht zufammengezogen
darüber ausführliche Anweiſung zu geben, ift nicht dieſes Ortes.
el, dag man in zweifelhaften Fällen der Deutlichkeit wegen bie Worte
als zufammengefest fchreibt. — Zu Zahlzeichen bedient man ſich
der arabifchen Ziffern 1, 2 ıc., die als Zähler ſchlechthin gefegt wer⸗
Worte des gezählten Begenftandes voranftehen: 3 Tage, als Orb»
ıber das gewöhnliche Zeichen der Abkürzung (.) erhalten, und dann
; ihrem Hauptworte nadhftehen können: am 3. Tage, d. i. am drit⸗
3.,d. i. auf ber dritten Seite, und in ähnlichen Fällen. In der Orb:
fhaftsfolge Hat man die römifchen Ziffern beibehalten, welche nach⸗
; Karl XII., d. i. Karl der Zwoͤlfte. Außerdem bedient man fich ver⸗
Krzungszeichen; doch darf diefe Nachläffigkeit nicht uͤberall ſtattfin⸗
serden gewiffe häufig wieberfehrende Ausdrüde felten ausgefchrieben:
„(zum Beifpiel, das iſt, et eetera), d. b. u. f. w. (das heißt, unb
Über die Anwendung der zur leichtern Verftändlichkeit gebräuchlichen
ichen ſ. Interpunction. Die Rautdehnung oder Verlängerung
Awird dem deutfchen Schreibgebrauch zufolge gewöhnlich angebeus
L durch h Hinter dem Selbftlauter und zwar vor ben flüffigen Buch:
n, r: Zahl, zahm, Zahn, Ohr. Doc wird i durch h gebehnt
kwörtern ihm, ihn, ihr und den davon abgeleiteten. Ober IL. durch
des Selbftlauters, insbefondere 1) dad a vor &, I, x, 8, t, in wes
Kfoibigen, Urworten, 3. B. Kraak (Schiff mit 3 Maften ohne Köche),
Baare, Aas, Saat und den davon abgeleiteten; außerdem noch in
wevorl,n, r, ff und t in wenigen Urworten und ben bavon abges
‚Seele, Beere, Geeſt, Beet und in dem frembfpradyigen Rundeel;
den auf einen gedehnten Stimmlaut ausgehenden Urworten ober
m Benennungen, Klee, Idee, und wo es die Stelle des im Franzoͤ⸗
ketenten e vertritt: Gaffee; 3) das o vor k, r, 8, Bund tin weni-
1: Mook (Honigkuckuck), Moor (Sumpf), Moos, Schooß (gre-
kımb in den davon abgeleiteten Wörtern. — Tritt ein Umlaut ein,
der urſpruͤngliche Stimmboppellaut in biefen zufammen und e8 bleibt
43.3. die Äfer. Oder II. durch Hinzufügung eines e bei gebehnter
Bi, 3.3. nie. — Die Grenzdoppellauter bb, dd, ff, gg, ck (flatt
„nn, pp, er, IT (am Emde einer Sylbe und vor t aber ß), tt, —
noch einem gefhärften Stimmlaut: Krabbe, Kabdig (Wacholder),
Men), Flagge, und am Ende nur dann, wenn bei möglicher Endver⸗
Grenzdoppellaut vor folgendem Selbftlauter in der Ausfprache hers
,‚ Bud, fig, Lamm, Mann, Seripp, Wirrwarr, Kuß, faßlich von
0 darf wenn, ſchlaff und ſchaff Milch nicht nach Wolke's „An:
Krben werden, daß es klingt wie wen, Schlaf und Schafmilch. Um
Ktimiter, wie b und p, ch und g, d undt, g und E, s und am
Borte® oder einer Sylbe nicht zu vermechfeln, braucht man nur eine
ung anzufügen, fobaß fie vor einem Selbftlauter zu ftehen kommen,
ke Ausſprache ber Unterfchied bemerklich wird, z. B. Korb, Korbes;
kei; Sieg, Sieger; ficch, fischer; Tod, Todes; Brot, Brote;
64 \ Rechtögelehrfamkeit
Klang, Klanges; ſchlank, ſchlankes; Reis, Reiſes; Reiß, Reißes. -
allgemeinen Bemerkungen moͤgen noch einige beſondere, die ohne weſen
nahmen ſind, uͤber die einzelnen Buchſtaben folgen. Ch ſteht in der
lich und icht, als Endung eines Nebenwortes: kuͤnſt⸗lich, aͤhn⸗lich (d
lich: den Ahnen etwas gleich), kuͤnſt⸗lich, thoͤricht, und den davon a
Woͤrtern. Dti ſteht nur, wo es aus det zuſammengezogen iſt: gewandt
in Stadt. G ſteht in der Nachſylbe ig, als Endung eines Nebenwort
der Nachſylbe ßig, zig (von zug) in Zahlwoͤrtern, und in von jenen at
fel=ig, drei=Big, einzig, Selzigkeit. J fteht nur von einem Selbſt!
K 1) zu Anfang: kein; 2) nad) einem Mitlauter: Dank; 3) nad) ein
nen ober gebehnten Stimmlauter, ſpuken als Gefpenft, bloͤken wie e
4) auch oft flatt des Iatein. e, mo daſſelbe feine Ausſprache wie k beibel
Akt, Punkt. Ck, welches eine Verboppelung des E ift, fteht nur nad) eineı
ten oder geprellten, herausgeftoßenen Seldftinuter " fpuden, Speidhe
anden Block fchliefen. Ph fteht nur in Eigennamen und folden U
aus dem Griechiſchen ſtammen, mo es bf gefprochen wurde, welcher Lı
Pfui! erhalten hat. Es wird daher nicht vollftändig erſetzt durch f,
Dhantaft und Symphonie. Eu fteht immer flatt fm: Qual. & fle
Anfang, s nur am Ende einer Sylbe, aber am Ende eines Wortes nur d
bei möglicher Endvermehrung nur ein einfaches fanftes ſ hervortönen wuͤ
Iatein. Schrift fs) fteht am Ende eines Wortes nur vor £ 1) als Grenzl
z. B. ift von effen, nicht ift von fein; oder wenn es ein gefchärftes fr
gebehnten Selbftlauter vertritt, wo ed dann bei Endvermehrung beibehe
das Maß, die Maße, nicht die Maffe, d. i. der Stoff. 2) In Zeitwoͤr
ſich die dritte Perfon des beftimmten Präfens auf Er, es mag im Infin
ſſ ſtehen: genießt, praßt, von genießen, praffen. V fteht nur vor eine
lauter, ausgenommen vor u, und felten am Ende: fo fchreibt man fü
Flaus, wie Fell, von vellus. N iſt griech. Worten eigenthuͤmlich; 5. |
100 e6 i lautet, urfprünglich aber wahrfcheinlich uͤ: daher e6 als Mißbo
fehen ift, ſtatt i im urdeutſchen Wörtern y zu ſetzen. 3 fteht nur 1) zu
2) nad) einem Mitlauter: Erz, wo Hr. Wolke es mit 8 vertaufcht,
sand ſtatt ganz fehreibt; 3) nach einem gebehnten Stimmlaute: (
4) ftatt des franzöfifchen c oder des lateinifchen ti, bem ein andrer €
folgt: Strapaze, Juſtiz, Horazifh. 13 fteht nur nad) einem geprellt
lauter: Blig. — Ausführlichere Belehrung Über deutfche Nechtfchreibi
J. C. Adelung’s „Vollſtaͤndige Anmweifung zur deutfchen Orthographie, r
Heinen Wörterbuche für die Ausfprache, Orthographie, Biegung und:
(Leipzig 1788, 2 Thle.); „Die Kunft zu lefen und recht fchreiben 3
v. F. Dlivier (Deffau 1801); C. Krufe, „Anweifing zur Orthog
deutfchen Sprache, mit Inbegriff der aus fremden Sprachen entlehnte
(3. Aufl., Oldenburg 1807); „Unterricht in der deutſchen Rechtfcht:
Kehrer und Lehrlinge niederer und mittler Schulen, nebft einem Anl
gleich = und ähnlich =lautenden Wörtern”, von G. Zimmer (Fulda 18
M. Roth, „Anmweifung zur Orthographie” (1802), ſodann bebeut:
tert in deſſen „Anfangsgrlinden der deutſchen Sprachlehre und Ort!
(2., vollftändigere und verbefferte Aufl., Gießen 1814). Aud gib
Mn feinen Merken über deutfche Sprachlehre gründliche Anweifung ;
fchreibung. |
—Rechtsgelehrſamkeit (veraltet Nechtögelahrtheit), die Ne
fenfhaft (f.d.); Rechtsgelehrter, Derjenige, welcher fich im fl
Wiffenfhaft befindet, fei er dazu nun auf fchulgerechtem Wege (dure
„, Etaate angelegten Bildungsanſtalten, das quinquennium ober trien
Rechtskraft 65
eder durch eignes Studium gelangt. Der wiſſenſchaftliche Juriſt un⸗
ih vom bloßen Rechtskundigen, indem dieſer nur eine oberflaͤch⸗
ũ der rechtlichen Regeln oder Formen befigt, die er auch wol nur empi-
orus putus practicus, oder ald fogenannter deutfcher Advocat) erlangt
Rechtsgelehrte, welcher ſowol die hiftorifhen als rationalen Grund:
tem ganzen Umfange und bis in ihre legten Grunde zu erforfchen
eoretiker), wird dann auch Anwendung im Leben und Gericht (als praf:
ſt, Rechtsüͤbender, jurisconsultus, ICtus) mit Leichtigkeit handhaben,
ebirjtein der Speculation, ald Nahrungsftoff für die Theorie nicht ge⸗
„zumal da der Nechtögelehrte im höhern Sinne nicht allein die beſte⸗
the kennen, fondern auch über ihre Unvolltommenheiten und deren Ver⸗
sth au geben im Stande fein foll. 37.
tstraft (res judicata, chose jugee). Es liegt in der Natur ber
Gewalt, daß ihre Ausfprücdhe einmal auf einen Punkt gebradyt wer: "
suf weichem fie nicht mehr angefochten werden koͤnnen, fonbern zur
ig gebracht werden, und das Nechtöverhältniß, welches fie betreffen,
ich entfcheiden, oder, wie man zu fagen pflegt, ein förmliches Recht
des beſteht, wenn ſich auch nachweiſen ließe, daß das wirkliche Recht
uͤbereinſtimme, ja nicht einmal uͤbereinſtimmen koͤnne. Es iſt jedoch
in Fehler der Gerichtsverfaſſung zu betrachten, wenn die Faͤlle, mo das
&t von dem wahren abweicht, und diefes unter bloßen Formen verloren
grorfommen, und die Rechtskraft auf biefe Weife der Ungerechtigkeit
mmt. Da die Nechtskraft fehr häufig auf ſtillſchweigenden Verzicht:
kr Parteien beruht (auf ſtillſchweigenden Eingeftändniffen und Ver:
I, fo kann fie ſchon aus diefem Grunde in Eriminalfällen nicht mit voll:
kung eintreten. Einem Berurtheilten kann man zu keiner Zeit, felbft
e Strafe, vermehren, feine Unfhuld noch auszuführen, und fogar'
morauf die Verurtheilung ſich gründete, Eönnen ihm nicht im Wege
geftattet felbfl den Verwandten eines unfchuldig Hingerichteten, fein
Id, eine förmliche neue Unterſuchung zu rechtfertigen (rehabilitation),
eich, der Familie Calas und andern Echluchtopfern eines uͤbereilten
Km Verfahrens der Gerichte zu Theil wurde. Gegen den Verurtheil:
beher in der That keine Rechtskraft, fondern nur inſoweit laͤßt fich da⸗
u daß die Straferkenntniffe, wenn die regelmäßigen Mittel der Ber:
begegen erfchöpft find, voliftredt werden. ine ftreitigere Frage if,
heechendes Urtheil zu Gunften des Angefchuldigten einer frengern
fähig fei, und ob nicht auch der Staat wegen neuer Beweife der Schuld
Kefuchung anordnen koͤnne. Die Geſetzgebung der Staaten ift hierin
md. In Frankreich geftattet man dem Staatsanwalt, in Griminal-
R zu gelinde Beftrafungen Mechtömittel einzulegen (Appel a minima),
Sreifprechungen (denn hier tritt die Unmöglichkeit ein, den Aus:
— einer zweiten Prüfung zu unterwerfen), und eine nochma⸗
Kung wegen neu aufgefundener Beweiſe findet nie ftatt („Code d’instr.
1360). In den geringern Straffälten, wo Eeine Gefchwornen zuge:
, kann der Staatsanwalt auch gegen die Freiſprechung appelliren.
d farm auch wegen einer Anklage Niemand mehr ald Em Mat vor Ge:
Imerden (non bis in idem). In bürgerlichen Rechtsſachen find nur
tterliche Entſcheidungen ftreitiger Nechtsverhältmiffe, nach erfolgtem
behoͤt beider Theile, der Mechtskraft fähig, nicht aber bloße Decrete,
Anbringen erlaffen. Eine fchon einyetretene Rechtskraft kann in
durch Nichtigkeitsklagen und Reftitutionen (befonders auch vergen
käme Beweißmittel, wegen Beſtechung der Zeugen, wegen Falſchheit
t Eihente Kufl. 8b. IX. 5
66 Rechtsmittel _ Rechtspflichten
der Urkunden, worauf die Entſcheidung beruhte) wieder aufgehoben werden,
es iſt natuͤrlich, daß eine Entſcheidung, welche als formelles Recht guͤltig ſein
ſelbſt den Formen des Rechts gemaͤß ſei. Daß die Rechtskraft eines gefaͤllten
kenntniſſes auch in fremden Staaten von Wirkung fein und vorzüglich ſowo
Execution nachſichziehen als auch eine nochmalige gerichtliche Verhandlung
felben Sache hindern müffe, fagen zwar manche Lehrbücher des Proceffed,
es verträgt fich Died weder mit dem Begriffe eines unabhängigen Staats, noı
es zwiſchen den Staaten herkoͤmmliches Recht. (S. Gerichte) Denn
Staat hat die Pflicht, darauf zu ſehen, daß in ſeinem Gebiete nur feinen Gel
nachgegangen werde, und zugleich feine Unterthanen gegen Eingriffe frember
richte zu ſchuͤtzen, und aus dieſem Prineip ergeben ſich ſehr bedeutende Beſch
kungen des Satzes, daß ein rechtskraͤftiges Erkenntniß auch in andern Staatei
formelles Recht gelten müffe. Daher laffen auch die Staaten die Requiſiti
auswaͤrtiger Gerichte nicht unbedingt voliftreden, fondern nur in Kraft einel
fondern Volljiehungsbefehls (Exequatur, Parcatia), welcher nicht ertheilt zu. ,
den pflegt, wenn das auswärtige Gericht 3. B. diejenigen Grenzen feiner Cl
teil; Überfchritten bat, welche das Voͤlkerrecht anerkennt, obgleid) es vielleicht b
Landesgeſetze für competent erflärt war, oder wenn in dem auswärtigen er
niß Die gebietenden Geſetze bes Staats verlegt worden find.
Rechtsmittel (remedia juris), im Allgemeinen jedes Mittel, fein®
geltend zu machen, daher auch die Klage, die Einteden gegen die Klage (Exch
uch), die Gegenreden (Repliken) gegen die Einteden, und die Widerreden
pliken) gegen die Repliken u. ſ. w. Rechtsmittel genannt werden. In eine
gern Sinne ſind es die Mittel, wodurch wir eine uns unrecht und nachtheilig
nende richterliche Entſcheidung einer nochmaligen Pruͤfung entweder eines
Richters (devolutive Rechtsmittel, f. Appellation) ober deſſelben Gerichtd,
mit andern Urtheilsfindern, Referenten, Actenverſendung (ſuspenſive Rech
unterwerfen. (S. Proceß) *
Rechtspflege, ſ. Gerichte und Proceßordnung.
Rechtspflichten, Rechtsverbindlichkeiten, find bie
Pflichten gegen andre Menfchelt, welche uns das Rechtsgeſetz auflegt. Due
ijt ein Gefeg der Vernunft fiir das Verhaͤltniß freier Weſen zu einander in H
ihrer äußern Handlungen. Es verbietet jedem vernünftig finnlichen Wefen, =
unbeſchraͤnkten, die Freiheit Andrer ftörenden Gebraudy von feiner Frelhe
machen, und legt ebendadurch Jedem eine Pflicht auf, welcher Pflicht au
Seite de8 Andern, auf welchen unfere Handlungen Einfluß haben, die Foba
gegenüberftcht, als ein freies, felpftändiges MWefen anerkannt zu werben, uf
Befugniß, feine Kräfte zur Verfolgung feiner felbftgemählten Zwede zu ge
den, fo weit badurdy die Freiheit Andrer nicht aufgehoben wird (ein Re
weitern Sinne), fodaß dieſes Gefeb Jeder gleichfam den Andern gibt. *
Foderung allgemein iſt wie die Freiheit, welche die zur Erreichung der fi
Beſtimmung des Menfchen nothwendige Bedingung ift, und da fie aufeln,
res Rechtsverhaͤltniß geht, welches durch gemeinfchaftliche Thätigkeit unter.“
ſchen, felbft gegen den rechtswidrigen Willen der Einzelnen, errichtet werder
fo kann die Erfüllung der Nechtepflicht auch durch Aufern Zwang gefodert m-
und nur durch einen geſetzlich beftimmten und durd, Vereinigung der Kraͤf
wirkten Zwang wird eine Aufere Rechtsgeſellſchaft möglih. Daher werd⸗
Rechtspflichten auch Zwangspflidhten, und inſofern dieſelben nicht bloß
eine innere Geſetzgebung oder das Gewiſſen, ſondern auch durch die Foderur
vernuͤnftigen Menſchengemeinſchaft ober durch eine aͤußere Geſetzgebung as!
werden, auch äußere Pflichten genannt; dahingegen die Tugendpflichten, va
ploß von der innern Gefinnung abhängen und dem Gewiffen eines Jeden $-'
Rechtsphiloſophie Rechtsſtand 67
nitbin auch aͤußern Zwang ausſchließen, innere oder Gewiſſenspflichten
»erden. Man hat erſtere auch häufig vollkommene genannt, weil ihre
unter jedem Verhältniffe und ohne Einſchraͤnkung von jedem freien We:
zang gefobert werden kann, wiewol die Verpflichtung, welche die Ver:
est, immer eine volllommene, und jede Nechtöpflicht übrigens auch Zus
it. — Alle Rechtöverbindlichkeiten find urfprünglic) negativ, d. h. fie
che beftimmte Handlungen, fondern die Beſchraͤnkung unferer Kraft
sein in Ruͤckſicht auf andre, ebenfalls freie und ihre menſchlichen Zwecke
bein verfolgende Werfen; mit andern. Worten, fie verbieten, Die vernünf:
thäsigkeit Andrer willkürlich zu ſtoͤren, ſo z. B. die Pflicht, fich an bes
und Leben nicht zu vergreifen. Pofitive Rechtspflichten entfpringen
6 durch wechfelfeitige Übereinkunft oder durch Beftimmung des bürger-
8 im Staate Rechte, die vorher nicht vorhanden waren, feitgefegt
Da Rechte und Pflichten ſich immer gegenfeitig beflimmen, fo gehört die
den Rechtspflichten vorzüglich), aber nicht einzig, in die philofophifche
r; inſofern nämlich rechtliche Handlungen auch innerlich geboten find
Banction des Gewiſſens erhalten, gehören die Mechtöpflichten auch in
. (S.Naturredt.) T.
hiöpnilofopbie, f. Naturrecht.
besſtand, derjenige Zuftand, weldyer auf das Mecht gegruͤndet ift
teen Beſitzſtande, der bloß tharfächlichen Ausübung gewiſſer Rechte,
ſett wird. Zwiſchen den beiden Endpunkten des in jeder Hinficht voll:
KRechts, welches in Beziehung auf äußere Gegenflände nur im Staate
‚ und des von allem Recht entblößten, durch Gemalt, heimlidy ober bitt⸗
sten Beſitzes, Liegen noch mancherlei Abftufungen, bes juͤngſten ruhi⸗
uf einen Mechtstitel gegründeten, des umreblichen, welcher fid) der Un:
ſeines Rechtstitels bewußt iſt, des redlichen, des durch eine Reihe von
igeſetzten Beſitzes. Der bloße Beſitzſtand muß mit der Zeit in ben
Wübergehen; unter welchen Bedingungen und in welcher Zeit dies aber
MM, fanrı nur durch die pofitive Gefeggebung beftimmt werden. Je höher
derfaſſung eines Volkes ausgebildet wird, defto länger werben die Zeit:
ımeichen die Verjährung, oder jenet Übergang des Befigftandes in den
R, vollendet werden kann. Sie rüden im roͤmiſchen Rechte von 1 und
er 12 Tafeln fort bie zu LO (und gegen Abweſende 20) 3., bis zu 30
& den Umftänden 40, gegen die römifche Kirche 100 J. Gar keine
anzunehmen, wie im engl. Rechte, ift aber auch eine Unvolllommen:
ehtöverfaffung. Dort gilt nur die fogen. unvordenkliche Verjährung,
Ind, von welchem fich Fein Anfang, aber auch nicht einmal das ehema-
weines entgegengefesten Zuſtandes nachweiſen läßt. Am widhtigften ift
ſch zwifchen Rechteftand und bloßem Thatbeftand.in den Verhältniffen
zung zu dem Volke geworben, indem hier fehr oft eine auf bloßer Gewalt
stion beruhende Regierung (das Gouvernement de fait), welcher aber
Seite und den Staatsbehoͤrden gehorcht wurde, von der eigentlichen recht⸗
Ieierung (dem Gourernement de droit), welche aber keine Macht be:
Pichten gegen den Staat zu erfüllen, oder was eins ift, ihre Rechte in
wöjuhben, getrennt und mit demfelben in Widerfpruch mar. Zu fügen,
Aſtand hier ſogleich oder nie in den Rechtsſtand übergehe, und daß die
ierung (von den Altern tyrannis absque titulo genannt) Feine gul:
derbindlichen Staatehandlungen vornehmen koͤnne, führt Beides in die
Mm Echroierigkeiten. Denn es gibt wenig Staaten in Eucopa, deren
Recht in feinem Anfange von Ufurpation frei gemefen wire, und body
Rd ſchwerlich einem verffänbigen Danne einfallen fönnen, die braun
5 *
68 Rechtswiſſenſchaft
ſchweigiſche Dynaſtie in England, ſo lange noch ein Zweig des Hauſes Stuart leb
für weniger legitim halten zu wollen a I&die capetingiſche in Srankreih. Di
muß alfo, wie Kant ganz richtig bemerkte, dem Anfange einer Herrfchaft niı
nachforſchen, fondern das Volk, welches zu Eeiner Zeit einer Regierung entbehr
kann, ift berechtigt, ſich von derjenigen leiten zu laffen, welche die Gewalt, d. h. 1
Mittel in den Händen hat, die Pflichten einer Regierung zu erfüllen, ohne b
man darum fagen Eönnte, daß auch Alle verpflichtet feien, eine folche neue Reg!
rung anzuerfennen. Daraus folgt aber auch, daß die Handlungen der ufurpirt
Megierung wahre Staatshandlungen find und nicht unbedingt für ungültig geht
ten werben Eönnen. In England exiſtirt ein Gefeg vom $. 1495 (11. Henr.VI
ce. 1), welches alle Diejenigen von Verantwortung freifpricht, welche einer befl
henben, ‚obgleith unrechtmaͤßig en Regierung gehorcht haben, und ſchon früher ha
man unter Eduard IV. aus dem Haufe Vork noch Diejenigen beftraft, weldye |
unter Heinrich IV. von Lancafter eines Hochverraths fehuldig gemacht hatten, '
gleich die drei Könige des Hauſes Lancaſter durch eine Parlamentsacte für Wi
patoren erklärt worden wocıren. Es ift befannt, welche Schwierigkeiten in
neuern Zeit in verfchiedenen Beziehungen über diefe Punkte entftanden find, -ı
wie abweichend die Anfichten waren, welche von den Regierungen über die Guͤl
£eit der Negierungshandlungen des Königs von Meflfalen, ded Großherzog
Frankfurt, des Kaiferd Napoleon, aufgeftelit vourden. In Frankreich werben,
gleich Ludwig XVIII. feine Regierungsjahre nicht von der Reftauration, fonk
vom Todestage feines Neffen an zählte (wie Karl II. in England bie feinigen x
Zode Karls I. an), dennoch alle Regierungshandlungen, Geſetze und Beſchl
der Convention, ded Dirertoriums, der Confuln und des Kaiſerthums für recht
ftändig anerkannt, inſoweit fie nicht durch neuere Gefege und Verorbnungen
ruͤckgenommen worden find. u 3
Rechtswiſſenſchaft (jurisprudentia, justi injustigue scienti:
die aus ihren legten Gründen entwidelte Kenntniß des Rechts, und zwar m
bloß nach den pofitiven Gefegen eines Staats, fondern an und für ſich, und uͤl
haupt. Denn nicht bloß über Das, was in einem gegebenen Staate jest ale
gilt, fondern auch darlıber, wie e8 Recht geworden iſt, und Uber was Recht
foltte, muß die Rechtöroiffenfchaft Auskunft geben. Sie ift demnach eine en
rifcherationale Wiſſenſchaft, indem eiherfeits die Kenntniß der menfchlihen 2
hältmiffe, welche nur durch Erfahrung möglich ift, vorausgehen muß, wenn re
liche Regeln für diefelben aufgeftellt werben follen, andrerfeits aber die Erfahr
niemals binreicht, eine moralifche Nothwendigkeit, welche dem Begriffe des Ne
zum Grunde liegt, darzuthun. Daher ift auch die geſchichtliche Behandlung
Rechtswiſſenſchaft ebenfo unentbehrlich als die rationale, und jede für ſich al
unzureichend. Es iſt anmöglich, die gegenwärtige Rechtöverfaffung eines Vo
richtig zu verftehen, wenn man nicht die Hiftorifche Entſtehung derfelben und
Urfachen Eennt, welche iht ihre jegige Geftalt gegeben haben. Allein durch die
gefchichtliche Behandlung können niemals die allgemeinen Grundfäge entt
werben, welche zur Fortbildung des Nechts, zur Abänderung der gefeglichen '
ftimmungen, welche mit veränderten factifchen Verhältniffen ihre Braudbaı
verlieren, und zu Ausfüllung der Luͤcken und Berichligung der Fehler ganz un
behrlich find. So wahr es auch iſt, was Schloffer, Hugo, v. Savigny und.
Schuͤler (die ſich jegt den Namen der biftorifchen Schule fcheinen gefallen zu
fen) behaupten, daß die Rechte eines Volkes nicht das ausfchließliche Product e
beliebigen und willkuͤrlichen Aufftellung von Gefegen find, fondern daß vieln
der größere Theil das Reſultat der in dem Volke ohne Zuthun eines Gefeggel
bertfchend gewordenen Yegriffe von Religion, Moral und Recht ift: fo iftes I
auch nicht minder wahr, daß eben biefe hoͤhern Quellen ber Gefepgebung nid)
Rechtswiſſenſchaft 69
enden Begriffen der Menge, wo ſie ſtets mit Vorurtheil und Irrthum
ſind, ſondern nur in der wiſſenſchaftlichen Ausbildung des denkenden
ten Theils der Nation zu finden ſind. Hier treffen ſie aber ganz mit
mmen, was man gewoͤhnlich Naturrecht, Vernunftrecht, philoſophiſche
ꝛe nennt, denn auch dieſe kann, wenn man nur das als gültig Anerkannte
xerſteht, nichts Andres fein als das Ergebniß der‘geiftigen Cultur des
a Durchſchnitt; nicht, wie Einzelne, vielleicht ihrem Zeitalter vorausei⸗
daſſelbe gedacht haben, aber auch nicht, wie die gedanfenlofe Menge c8
a Vorftellungen aufgefaßt hat, fondern, wie e8 Eigenthum der Verftin:
d Bebilbetern geworden ift. Hierin, db. h. in der philofophifchen Nedhts-
‚ich num fehr Vieles, ja das Werfentliche faft ohne Ausnahme als gemein:
? Überzeugung aller Zeiten und Völker nachweiſen, und die Verfchieden-
he in den Anfichten darüber angetroffen wird, gilt weniger den Refulta=
r Art ihrer Begrimdung. Die Sache felbft entroidelt fich aus den Tie-
unfhlichen Natur, beren Geſetze ſtets diefelben bleiben und nur in der
mg und in Nebendingen fich verfchieden zeigen koͤnnen. Daher läßt fid)
rauf dem bloß empirifchen Wege der vergleichenden Rechtsgeſchichte ein
ges Ganze folcher rechtlichen Wahrheiten auffinden, welche unter allen
and zu allen Zeiten ald unabänderliche Grundlagen jeder möglichen
faffung gegolten haben; die Philofophie aber, indem fie ben innern Zu:
ang und die oberften Gründe derfelben nachweiſt, erhebt jene empirifche
zur wiffenfchaftlichen Einficht und erweitert fie zu einem für alle Men⸗
igen Gefegbuche der Vernunft. Dies war und ift die Baſis aller pofi-
be, und Beine Befeßgebung kann ſich von demfelben entfernen; fie ift um
mener, je mehr fie mit demfelben übereinftimmt, und das pofitive
mift nur ein Bemühen, jencd ideale Recht in immer größerer Reinheit
ſeit auf Die vorfommenden Verhältniffe anzumenden. Dies macht fi) in
m zu keiner Zeit fo von felbft, al man wol zuweilen gefagt hat, wenn
Unternehmen der Gefegreformen (der Abfaſſung neuer Gefegbücher) als
ig hat tadeln wollen; es ift vielmehr bei einer nothwendig gewordenen
mg der Sefege, weil die beftehenben mit den Anfichten und Beduͤrfniſ⸗
ft nicht mehr in Einflang ftehen, dunkel, unvoliftändig, in einer frem-
che abgefaßt find, neben dem, daß man die herrfchenden Anfichten über
Hflicht in wiffenfchaftlicher Form auffaßt, auch eine rationale Thätig:
heſetzgebers unentbehrlich. Die forafältigfte gefchichtliche Entwidelung
doch nur den Standpunkt, auf welchem er jest fteht, nicht aber die Eleinfte
g Über den Schritt, welchen er zunächft zu thun hat. Diefe rationale
ag auf die Kortbildung des Rechts, welche ſich durch klares Bewußtſein
de und Zwecke von dem ſtillen Einfluſſe der Sitten und Meinungen eines
ae deutliche Vorſtellung eines Zieles unterſcheidet, hat auch von jeher
tgeſchichte den meiften Stoff geliefert, und er muß mit der Gultur des
kmer zunehmen, daher auch in den fpätern Zeiten die ausdrädliche Ge-
) immer zunimmt (feibft bis zum Überfchreiten des rechten Maßes) und
teigende Gefeggebung des Gewohnheitsrechts in immer engere Grenzen
ſſen wird. Hiernach laffen ſich in der Rechtswiffenfchaft zwei Richtun⸗
ſcheiden, die hiſtoriſche und rationale, welche beide gleich nothiwendig und
nbeten Juriſten unentbehrlich find, aber ſich auch gegenfeitig bergeftalt be:
md ergänzen, daß jede ohne die andre einfeitig und ſelbſt ungeſchichtlich
mal sugleidy werden muß. Die einfeitig gefchichtliche Behandlung ent:
belebenden Geiſtes und des Zufammenhangs, weil diefe nur durd) das
geben werben können, und fie verfällt unvermeidlich in ein Chaos Elcinli-
Hheiten und zufälfiger willkuͤrlicher Syſteme, in ein Gewirre ohne Jack
70 Rechtswiſſenſchaft
und Folge, wie ein uͤppig wuchernder Haufen von Schlingpflanzen, denen
fefterer Stamm Richtung und Haltung gibt. Dergleichen Einſeitigkeit iſt
Schon in folchen rein hiftorifchen Werken, bei allem Werthe, welchen. fie durch
nauigkeit und Gruͤndlichkeit fonft haben, nicht unbemerkt geblieben. So ift ff
des großen Meifters von Savigny „Geſchichte des römifchen Rechts im Mitt
ter” in ihren legten Bänden eine fehr unterrichtende Materialienfammlung
die Literargefchichte des römifchen Rechts, aber weit entfernt Rechtsgeſchicht
fein. Die bloß rationale Behandlung hingegen verliert, wenn fie ſich von
hiftorifchen Standpunkte entfernt, den Boden, auf welchem fie doch den Weg ı
fen foll, und veriret fih in das Phantaftifche, wovon fo viele philofophl
Staats» und Rechtsſyſteme den Beweis geben. Die Trennung beider Rich
gen der Rechtswiſſenſchaft darf alfo nur eine formale fein, und es ergeben
daraus folgende Zweige berfelben: I. Rationale oder philofophifche Rechtsle
Sie entwickelt das oberfte Gefeg des Rechts aus der menfchlihen Vernunft (ev
Rechtslehre) und wendet folches auf die unter den Menfchen möglichen Verhaͤlt
an (angewandte Rechtslehre). (S. Näturredt.) Ein befonderer Zweig di
Wiſſenſchaft if die Philofophie des pofitiven Rechts, welche Einige, vor A
Hugo, mit dem Namen Naturrecht bezeichnet haben und gewiffermaßen an
Stelle beffelben fegen wollten. Sie hat wieder eine dreifache Richtung: a) (
bloß formale, werm fie nur den vorhandenen pofitiven Stoff in wiſſenſchaft
Korm und Ordnung zu bringen ſucht. b) Eine univerfale, wenn fie unterfi
was überhaupt unter den Menſchen in den verfchiedenen Zeiten und Ländern f
ald Recht gegolten bat und gelten kann. Philoſophiſch iſt diefe Unterfud
nur, wenn fie, von dem reinen Rechtsbegriff ausgehend, darauf gerichtet ift
verfchiedenen Refultate nahzumeifen, zu welchen ein und derfelbe oberfte Gr
faß führt, je nachdem er. auf verfchiedene Äußere Verhältniffe in den Stufer
Gultur, in der Religion, dem Klima, den Belhäftigungen eines Volles c
wenbet wird, indem z. B. das Eigenthbum unter einem Jaͤger- oder Hirte
eine ganz andre Geitalt annehmen muß als in einem aderbauenden. Mo
quieu's „Geiſt der Gefete” folfte diefen Zufammenhang zwiſchen den natürl
Berhältniffen und den Gefegen darftellen, allein er faßte die Aufgabe etwas 3a;
aus dem Standpunkte natlirlicher Nothwendigkeit. Das neuefte hierher geb
Merk ift von Comte: „Traite de legislation‘ (Paris 1826 u. 1827, 43 de.
Dieſe Philofophie des pofitiven Rechts hat den großen Nutzen, eine fehr gewoͤhn
Taͤuſchung zu verhüten, durch welche man Das, was man in feinem germöhn!
Geſichtskreiſe, welcher bei den Juriſten allenfalls noch das roͤmiſche Rech
umfaßt, wahrgenommen, für allgemein und ſchlechthin nothwendig hält, ;
Grundeigenthbum oder Privateigenthbum Überhaupt, eine Taͤuſchung, welcher
Hugo in feinem „Naturrechte“ entgegenarbeitet. Aber man muß aud) den entg
gefegten Fehler vermeiden, alle Einrichtungen, welche unter den Menfchen ı
lich vorgefommen find, darum allein ſchon für rechtmäßig zu halten, wie SE
rei und andre durch Eigennuß und Eitelkeit eingeführte und lange unterha
Ungerechtigkeiten. ec) Phitofophifche Kritik des pofitiven Rechts. Diefe ni
irgend eine beftimmte pofitive Gefeggebung zum Gegenftande, und unter
theils ihre innere Rechtmäßigkeit, d. h. ihre libereinflimmung mit den Anfode
gen der Vernunft und mit den unwandelbaren Principien der Gerechtigkeit, 1
ihre Zweckmaͤßigkeit, ihre Brauchbarkeit für die Verhältniffe und Bedürfnif
nes gegebenen Volkes, theild endlich ihre Übereinftimmung mit ſich felbft unt
formale Vollendung. IL. Hiftorifhe Rechtswiſſenſchaften. Eine Gefchicht:
in einem Volle geltenden Rechts ift eine der größten und würdigften Aufgabe
den menſchlichen Geift. Zwar 1) Dasjenige, was man bie äußere Mechtögefd
nennt, nämlich die bloße chronotogifche Aufzählung der Rechtsquellen, der G
wien eines Xsolces deſtimmt werden, UND DIeje wieder mit der ganzen
atut des Volkes zufammenhängen, ſodaß ſelbſt die Einſichten in die
nſchaft einen fehr großen Einfluß auf die Vorſtellungen von Recht aus⸗
gt, daß jede rechtsgeſchichtůche Darſtellung im höchften Grade einfeis
muß, wenn fie nicht immer ſich auf das Ganze aller diefer Momente
fine wahre Rechtögefchichte ift daher nur möglich, wenn fie zugleich
fhichte des Volks und des Staats, der Verfaffung, der Sitten, Res
Philoſophie, des Landanbaus und der Gultur überhaupt gegründet ift,
‚wie ſich verfteht, nur die Reſultate derfelben, nicht die Materialien
d im der Darftellung mittheilen kann. Selbſt die Geſchlchte einzelner
2, der Staatsverfaſſung, des Privatrechts, des Kiccyentechts u. f. w.,
den diefem hoͤhern Standpunkte aus aufgefaßt werben. Die Rechts:
Raud) a) eine univerfale, welche ſich Uber alie Völker und alle Zeiten in
!imfange der Rechtsverfaſſung verbreiten müßte. Diefe Aufgabe ift fo
Keines Mannes Kräfte bei weiten nicht für diefelbe hinteichen, und
er gelehrte Vereine, dergleichen chedem die Benedictiner in Frankreich
Amer foldyen Arbeit gewachſen wären; ober erft dann, wenn bie einzel:
beſonders bearbeitet find, die Zufammenfügung zu einem Ganzen mög:
Die Werke von Goguet („De l’origine des lois, des arts et des
Paris 1758, 3 Bde., 4.) und von Pafloret („Histoire de lögisla-
4 1817—24, 7 Bbde., 4.) find unvolfftändig und von einer eigent:
wsgefchichte in ber höhern Bedeutung noch weit entfernt. Zu einer
Geſchichte einzelner Materien find neuerdings Verſuche gemacht wor:
id von Gans („Das Erbrecht in weltgeſchichtlichet Entwidelung”,
4,2 Bde.) und von Meyer („Esprit, origine et progres des insti-
iciaires des prineipaux peuples de l’urope”, Haag 1819 fa.,
Dagegen ift b) für die Speciaitechtsgeſchichte einzelner Völker mehr
Dos griechiſche Recht ift in den 3 legten Bbn. von Paftor.t abgehan⸗
in Deutſchiand an Schömann, Meyer, Platner, Heffter eifrige
gefunden. Am meiften ift der Fleiß der Juriſten immer auf das roͤ⸗
K gerichtet gemefen, wo wir Bach, ‚Hugo, von Savign u. %. faum
u mi
72 Rechtswohlthaten
Paris 1816) iſt doch noch nicht tief genug gefchöpft. Die Engländer habe.
ältere, noch immer gefchägte Gefchichte ihres Rechts aus den Zeiten Cronm
von dem damnligen Oberrichter Matth. Dale („History of the common is‘
England‘, zulegt 1794, 4 Bde.), neuerdings aber ein gruͤndliches Werk
J Reeves („History of the english law”, 1814, 4 Bde.). Jetzt ift bie
merkſamkeit auf die angelfächfifchen Gefege fehr angeregt worden (Pb
„Geſchichte des angelfächfifchen Rechts”, Göttingen 1825) und befonders bie
bifchen Rechte, welche durch ihre altgermanifche eigenthuͤmliche Ausbildung.
großer Wichtigkeit find, haben früher an K. P. Ancher („Daͤniſche Recht
ſchichte in feinen „Gefammelten Schriften”, Kopenh. 1807), und Kolderup⸗N
ringe („Grundriß der dänifchen Rechtögefchichte”, überfegt von Homeyer, B
1825) vortreffliche Bearbeiter erhalten. Zu erwähnen ift hier auch Ewers's8
ältefte Recht ber Ruſſen in feiner gefchichtlichen Entwidelung dargeſtellt“ (De
1826). — Die philofophifche und hiſtoriſche Behandlung der Rechtswiſſenß
bahnt den Weg III. zu einer richtigen dogmatiſchen Darftellung irgend s
Rechtsſyſtems, in welcher die allgemeinen leitenden Grundſaͤtze und die befon
gefeglichen Beftimmungen in der Anwendung auf die vorfommenden Verhält
entwickelt werben müffen. Diefe dogmatifche Darftellung ift a) encyEiopäk
wenn fie das ganze Rechtsſyſtem in feinen Grundlagen umfaßt, wobei fie ſich
nicht begnügen follte, nur die Dbjecte des Rechts in verfchiebene Abtheilunge
bringen und von den hieraus entftehenden befondern Disciplinen des Staats⸗
Privatrechts kurze Umriſſe zu geben, fondern wobei beſonders die oberften Gr
fäge, auf welchen ein jeder diefer befondern Theile der Rechtswiſſenſchaft bei
und wodurch er ſowol von den übrigen weſentlich unterſchieden, als in ſich
zur wiffenfchaflicher Einheit erhoben wird, dargelegt werden follten. Diefer }
ſuch ift, einzelne Bemerkungen abgerechnet, noch nicht ein Dal gemacht wor
b). Die dogmatifche Behandlung einzelner Rechtstheile ift bald eine compenbiarl
deren Hauptverdienft in ſcharfer Beftimmung der Begriffe und confequenter |
widelung derfelben beftehen follte. Allein feit einigen Jahrzehenden find leider h
Jurisprudenz mehr als in irgend einer andern Wiffenfchaft fogenannte Grunl
Mode geworben, weiche ohne alle reale Erklärung nur ein Fachwerk aufflı
welches gewoͤhnlich nur mit Büchertiteln ausgefüllt if. Einige davon find
in der That durch Reichhaltigkeit und Genauigkeit auögezeichnet. c) Ausfühı
Merke bald in ber ehedem beliebten Form von Gommentaren zu einem gangl
Compendium, bald als felbftändige Syſteme haben wir über die meiften Zr
der Rechtswiſſenſchaft erhalten. d) Große Nepertorien, wie das franzoͤ
große „Repertoire universel” von Merlin (4. Ausg., 18 Bde., 4.), oder das
größere engl. „General abridgment” von Viner (1741, 24 BVe., Fol.)
welche ſich wenn fie gut find noch mehr, als wenn fie ſchlecht find gegen fie |
laͤßt, haben wir in Deutfchland feit Müller’d „Promtuarum juris‘ (1785
Bde, und 1791, 7 Bde., 4.) nicht erhalten. 3
Rechtswohlthaten (benefieia juris), gewiffe Rechtsbehelfe, mol
Jemand, werm er davon Gebrauch machen will, den Schaden von ſich abwe
kann, welcher ihn durch Erfüllung einer Verbindlichkeit nach der Strenge
Rechts treffen würde. Dahin gehören das heneficium oder jus deliber
(die Rechtswohlthat der Bedenkzeit), vermöge deren ein Erbe eine Zeitlanc
Beſtand der Erbſchaft unterfuchen und überlegen kann, ob er fie antreten will
nicht; dieſe Zeit beträgt, wenn eine Erklärung deßfalls verlangt wird, ein.
wenn aber Eeine verlangt wird, 30 Jahre; — das beneficium inventarii,
die Rechtswohlthat des Nachlaßverzeichniffes, welche den Erben berechtigt,
die ihm zugefallene Verlaſſenſchaft ein gerichtliche8 Verzeichniß verfertigen z
fen, und, wenn er die Erbſchaft nach demfelben angetreten hat, nidyt mehr €
Recidiv Recitativ 73
m zu dürfen, als fo weit bie Erbmaffe hinreiht; — das benefieium
idiae, dad Recht cined Zeflaments = oder Inteſtaterben, in gewiſſen
unter gewiffen Bedingungen, von jebem Vermaͤchtniß, Singularfidei-
ad von der Schenkung einzelner Sachen oder des ganzen Vermögens
desfall fo viel abzuziehen, daß ihm der vierte Theil der Verlaffenfchaft
alcidia) übrigbleibt; — das bencficium restitutionis in integrum
utioete); — das beneficium cedendarum actionum, das Recht
2, von dem Gläubiger zu fodern, daß er ihm erſt feine fämmtlichen
mten Schulbner abtrete, bevor er denfelben bezahlt; — das benchi-
ionis, das Recht eines folibarifhen Bürgen, der für die ganze ver:
mid in Anſpruch genommen wird, zu verlangen, daß feine Ditbürgen
ua berbeigezogen werben; — das beneficium ejurationis, die einem
dem feine Gläubiger die Abtretung feiner Habe nicht verftatten wol
mde Rechtswohlthat, eiblich zu verfichern, daß er nichts von feinem
bei Seite gefchnfft habe, oder daß er überhaupt nichts befige; — das
‚excussionis, dad dem Bürgen verliehene Recht, ben gegen ihn kla⸗
ubiger zundrderft an den Hauptfchuldner zu verweifen, um von diefem
ang beizutreiben; — das benchiciun S, C. Trebelliani, dag Recht
gerben, bei der Reftitution der Erbſchaft den vierten Theil zuruͤckzube⸗
m ihm diefer nicht ſchon ungefürzt von dem Erblaffer hinterlaffen wor:
- 238 benelicium S. C. Vellejani, das Recht eines Frauenzimmers,
tgfhaft geleiftet hat, nicht nur eine beftändige Einrede, wenn fie des
t wird, entgegenzufegen, fondern auch das ſchon Bezahlte mit der con-
ii zuruickzufodern; — das benelicium separationis , bie Rechtswohl⸗
w die Geſetze folhen Concursgläubigern, die bereits Gläubiger des
des gegenwärtigen Gemeinſchuldners waren, und durch deffen Ermwer-
ieſchaft auch feine Gläubiger geworben find, verliehen haben, vermöge
GSlaͤubiger die Abfonderung ber Erbſchaft, ſammt dem nad) dem Tode
j noch dazu Gekommenen, von dem Dermögen des Erben und Ge-
xs fodern können, um daraus, mit Ausfchliefung der Gläubiger des
Befriedigung zu erhalten; — das beneficium competentiae (f. Com:
— das beneficium cessionis bonorum (f. Cessio bonorum);
meficium particularis solutionis, das Recht eines unglüdlichen
z, terminweife, nöthigenfalls nach des Richters Beflimmung, zu be:
-da8 beneficium dationis in solutum , dad Recht eines zur Erecution
Echuldners, die beften feiner Sachen zur Befriedigung des Gläubigers-
gzu bringen; u. f. w.
div, f. Ruͤckfall.
ipienten, Vorlagen, find Werkzeuge, deren man fich Jin der Erpe-
Me und Chemie bedient, um flüffige Materien einzufammeln oder ein:
‚3.3. die gläfernen cylindriſchen Gefäße, die bei Unterfuchungen ber
ber die Löcher des Traggeſimſes der pneumatifchschemifchen Wanne an:
mb, nachdem fie die Gasflüffigkeit aufgenommen, mit Waffer ober
tgefchloffen werben. Auch die Glasglocke an einer Luftpumpe ift ein
Ferner benennt man alfo dad Gefäß, das beim Deſtilliren mit dem
Dalfe der Retorte verbunden wird, und beflimmt ift, den Stoff aufzu-
er durch die Deftillation aus dem alfo behandelten Körper gewonnen
e Form des Retipienten richtet ſich nach dee Verfchiedenheit der Arbeit,
ex gebraucht wird. Die Chemiker bedienen fich, der Ducchfichtigkeit
Enur glaͤſerner Recipienten.
itativ iſt ber zmifchen der Mede und dem vollkommen entwidelten
gende muſikaliſche Vortrag, und ein Recitativ iſt ein Mufitfag, in
74 Recitativ
welchem dieſer Vortrag herrſchend iſt. Zunaͤchſt gehört alſo das Recitativ
ſangmuſik an; das Inſtrument kann jenen Vortrag nur ſchwach nad
nämlich in feinen gewoͤhnlichen Gängen und Wendungen, nicht in feiner
chen Bedeutung als Deciamation beftimmter, Begriffe bezeichnender Wor
Recitativ nach der obigen Beftimmung nähert fi der Rebe oder dem Sp
trage durch Freiheit der Bewegung und Tonverbindung, welche durch der
des Vorzutragenden beftimmt iſt. Es hat daher das Recitativ an fich Fein
gen Takt und Rhythmus (mar der Überficht wegen und um das Zeitverhaͤl
Toͤne zu einander auf ungefähre Weife zu beſtimmen, wird es in Takt u
ſtens in Viervierteltakt gefchrieben); die Dauer der Noten, In welchen bi
tatio verzeichnet wird, iſt daher nicht pünktlich zu beobachten, und auch
fchnitte des Vortrags werben durch den Sinn des Textes beftimmt. Die
rechnung iſt überhaupt abmwechfelnder und unbeftimmter. In feiner Ann
an ben Rebevortrag ift das Recitativ daher auch vorherrfchend folfabifcher |
d. h. jede Sylbe erhält in der Regel nur einen Ton, und die Töne felbfl
kuͤrzer angegeben als im ſtrengen Geſange. Es gibt daher ferner in der
tativ feine fo beſtimmte, ausgebildete Melodie und regelmäßige Mobulati
Tonfolge naͤmlich oder das Heben und Sinken der Stimme richtet fich e
mehr nad) der durd) den Sinn und die grammatifche und profobifche Befche
der Worte beftimmten Geltung, und der Vortrag kann nad Beſchaffen
Textes durch verfchiedene Tonarten freier hindurchgehen. Won der gefpt
Mede aber entfernt, und dem Gefange im eigentlichen Sinne nähert fidy d
citatio dadurch, daß es vorherrfchend mufikalifche Töne, Toͤne von bef
Höhe und Tiefe find, in welchen es vorgetragen wird — (id) fage vorher
weil es eine Art von fogenanntem parlanten Recitativ, in der Opera bufl
gibt, wo bie Gefangtöne ganz in Sprachtöne Übergehen) —, daß es bahn
die Accente, welche der Tert fodert, beftimmter und Eräftiger als der Rede
bezeichnet, und vermöge des Intervallenverhäftniffes eine mufikalifche Bey
und einen Wechfel der Harmonie, wenigftene im Ganzen, zuläßt. Da, we
noch mehr dem ausgebildeten Gefungftüde in Hinfiht auf ſtrengen T
Melodie nähert, entfteht dad Ario ſo. Kurz, das Recitativ verbindet die
des Nedevortrags mit der Kraft, durch welche der Gefangsvortrag die ?
accentuiren vermag, es iſt eine Declamation in muſikaliſchen Toͤnen. €:
tet ein, baß fich zu diefem Vortrag nun auch am meiften ein freier Text eig
ztifchen der profaifchen Rede und dem Iprifchen Gedichte liegt. Sein Ir
daher zundchft die Erzählung und poetifche Neflerion. Sein freieres Fort!
eignet das Mecitativ aber auch zu ſchnell wechfelndem inhalt. Es kann d
wol den ruhigen einfachen Bericht, wie die bewegte Schilderung und das
vorübergehende Gefühl ausfprechen, den gleichmäßigen und ausgebildet:
druck einer verweilenden Gefuͤhlslage einleiten, die auf einander folgende
rungen verfchiedener Perfonen gegen einander ausfprechen, wodurch der elı
Dialog fid bildet, und damit auch die fortfchreitende Hanblung in einem
lifhen Drama vermitteln. Es tritt aus diefem Grunde aud) in ben GC:
Dratorien und Opern zwifchen die Geſangsſtuͤcke im engem Sinne (%ı
mehrftimmige Stüde), und iſt gleihfam die Profa der Muſik, womit e
ſchon von ber gemeinen Profa abgefondert ift. Zugleich dient es dadurch
wechſelung, indem es als freierer Vortrag die regelmäßigen und ausg
Mufitftüde unterbriht. Wie ferner die rhythmiſchen und melobifchen
des Recitativs, fo find auch die poetifchen Kormen ſeines Textes minder fire
gebildet; der Rhythmus darf freier und abwechſelnder fein, und bedar
kuͤnſtlichen Metrums. Man unterfcheidet als Arten des Recitativs das ı
von Einigen auch das parlante genannt, und das accompagnirte oder richti:
Recitiren Recke 75
ı einfachen Recitativ findet. nämlich, auch Begleitung ſtatt, allein fie
d einfachen Accorden, welche anhaltend oder abgebrochen und zwar
noforte oder Flügel, oder dem Streichquartett angegeben werben.
tm Recitativ hat die Inftrumentalbegleitung eine größere Bedeu:
hier zwiſchen den Vortrag, verfiärkt die Empfindung, malt fie aus,
ie Urfachen und Gegenftänbe derfelben, mechfelt oft geſpraͤchsmaͤßig,
m fireitend, mit der mufifalifchen Recitation ab, und bedient ſich zu
{aller dazu geeigneter Orcheflerinftrumente. Das obligate Recita-
n Mitteln, die ed umfaßt, nur für eine ſtaͤrker und lebhafter wech⸗
bang anwendbar; das einfacdye mehr für reflectirende, ober rein
'tellen und Übergänge. Da das Recitativ ein freier mufifalifcher Vor:
ddiefer von dem Componiſten mehr angedeutet ale beſtimmt verzeich⸗
ber dem Sänger in diefem Vortrag bie größte Freiheit in Beziehung
bewegung und Melodie gelafien. Im Allgemeinen muß diefer da=
; fein Vortrag im Recitativ im Charakter dag Textes, gleichfam ale
ide oder ein dem Sprechen äbnlicdyer Vortrag erfcheine und ſich der
ungebundenen, nur durch muſikaliſche Töne verftärkten Declama⸗
3 weßhalb aud) Verzierungen im Recitativ von fehr befchränkter
ad. Es kann dagegen in ſchneller und langfamer Bewegung hier freier
beſchleunigen, bald anhalten, bald Elrzer, bald länger auf Noten ver=
Maßgabe der Worte bald einen laͤngern Ruhepuntt, der aber durch
wich Geltung der Sylbe und Bedeutung des Begriffs ſich rechtfer⸗
menden. (S. Cadenz.) Damit der Vortrag in Übereinftimmung
ıvorgefchriebenen Accompagnement, fo bedarf der Sänger zum Reci⸗
harmoniſchen Kenntniß. In Dinfiht auf die Begleitung muß er,
hei dem obligaten Recitativ, das Orcheſter ſtets im Auge haben, da⸗
ig einfallen und gewiſſe Uccente des Vortrags verſtaͤrken kann,
uch ergibt, daß beim obligaten Recitativ der Sänger weniger unge:
Bheim einfachen. Endlich, erfodert das Mecitativ fhon dem oben ent:
wiffe nad) ein deutliches Ausfprechen ber Worte, und feine vorzuͤgliche
Drama, die Handlung fortzuleiten, erhöht diefe Foderung. Leich⸗
Boch den füblichen Völkern, insbefondere den Stalienern, durch ihre
Foderung zu erfüllen, als den nörblidyen; gleichwol da die Deat⸗
ber infirumentirte Recitativ häufiger anwenden als die SStaliener, fo
he Sänger um fo mehr nady verftändlicher Ausſprache ftreben, weil
Edes Vortrags verloren geht. Der recitativifche Vortrag ſcheint weit
ausgebildete Sefangsvortrag zu fein. In der neuern Zeit rühmt
Pefi, Euccini und GI. Monteverde als diejenigen Componiften an,
we Recitativ vorbereitet haben; ferner Ceſti und Giacomo Gariffimi,
wellmeifter in der erften Hälfte des 17. Sahrh., als Verbeſſerer def:
ud. 4. Oper.) Das obligate Recitativ follen Leon. da Vinci und
ı zuerft angewendet haben. Im großen ausdrudsvollen Recitativ
Iund Gluck Meifter. In der neuern Oper glänzt Mozart auch
ht. Dean denke an fein Recitativ zroifchen Zamino und dem Prie:
ı Act; und an das große Recitativ im Don Juan: „D Dimmel,
x., twelches der Donna Anna Erzählung von Don Juan's naͤchtlichem
He; letzteres ift obligat. T.
iren, f. Declamitren.
(Elifa von der; Elifabeth Charlotte Gonftantia, Frau v. d. Ned),
beichsgrafen Friedrich von Medem, geb. den 20. Mai 1756, in Kurs
gechmütterlihen Gute Schönburg, ward, als fie, kaum zwei. Jahre
uiter, eine geb. von Korff, verlosen hatte, von ihrer Großmutter,
76 Rede
Mitwe des Staroften von Korff, erzogen. Diefe hielt, als Gebieterin Ki
dehnte Befisungen, fehr auf Zucht und Ordnung und zwar mit einer
welche bei leicht erregbarer Leidenfchaftlichleit bisweilen in Härte aus—
die Hausgenoffen durch Lift und Verftellung auszumeichen fuchten. De
lige Einfluß ſolcher Verhaͤltniſſe ward jedoch von dem zarten Gemüthe di
durch eine Wärterin gluͤcklich abgewehrt, deren. fromme Erzählungen ib
zen zuerft die religiöfe Richtung gaben. Nur in der geiftigen Ausbift
Elifa zuruͤck, weil.man fie meift ungefchiditen oder nachläffigen Lehren
und ohne Prüfung ihr allein die Schuld" beimaß. In einer fo ungünfll
weldye eine Erankhafte Stimmung in ihrem weichen Herzen zuruͤckließ
das elfte Fahr erreicht, als die dritte Gemahlin ihres Vaters fie in dad
Haus zurüdfoderte und ihre Unterweifung größtentheils felbft uͤbernah
entfaltete fi) ungehindert und ſchnell ihr Gemuͤth gleihmäßig mit ihren
Kräften. Sie war noch nicht 15 Jahr alt, als bie Anmuth und ber Lie
ſchlanken hohen Geſtalt häufig junge Männer herbeizog, die um fie warb
Fumilienrudfihten vermodhten die fonft fo vortrefflihe Stiefmutter,
Etifa (1771) mit einem Freih. v. d. Rede zu vermählm, deffen Art zu
der ihrigen im greliften Widerfpruche fland. Im zweiten Jahre ihrer €
fie Mutter einer Tochter; allein die ehelichen Verhaͤltniſſe blieben za
Einfam in einem oͤden Schloffe fand fie nur Unterhaltung In ideenreichen
und in den Troͤſtungen der Religion. Dies gab ihren ſchon früh entw
men Gefühlen eine gemwiffeliberfpannung, die ihre Stellung zu einem.
jeber geiftigen Erhebung feindlich gegenüberftand, noch peinlicyer macht
Giährigem Dulden erfolgte enblich eine Trennung, welche Frau dv. b.
doch, fo lange fie konnte, in Beine foͤrmliche Scheidung verwandeln ließ,
foderungen zu einer anderweiten Verbindung auszumeichen. Sie lebte jei
tau ganz zuruͤckgezogen, ihrer Tochter umd ihrer eignen Ausbifbimg.
kanntſchaft mit den alten claffifchen Schriftftellern verbantte fie Ihrem
Joh. Friedrich v. Medem, den fie jedoch durch den Tod verlor. Kurz we
ihre Zochter (1777). Diefe beiden harten Schläge des Schickſals gaben
tung ihres Geiſtes zu der Geifterwelt einen noch Höhen Schwung, den €
der damals nad) Mitau gekommen war, ſchlau benugte, um fie durch das B
anſichzuziehen, daß er fie des Umgangs mit den Genoſſen der Verkiitume
tig machen Eönne. Obwol mit Vorſicht, traute fie anfangs den Kü
Gauklers; der Betrhger wurde bald entdeckt, aber von bem Wahnglau
Möglichkeit eines nähern Umgangs mit abgefchiedenen geliebten Men|
Frau v. d. Rede nicht fogleich geheilt. Ihre Gefundheit litt, und der Aı
fie nach Karlsbad. Auf der Reife wurde fie mit Spalding, Teller, Zoͤlln
lat, den Miniftern Struenfee und Heinig, mit Biefter, Bürger, d
Stolberg u. A. bekannt, deren Umgang ein erhellende® Licht in den A
mpftifchen Sdeen warf. Beſonders gab iht Bode in Weimar Über bie
verberblichen Zwecke der Menfchen, denen Gaglioftro diente, die vollſt
rung. Sie fchrieb ihr Buch über Gaglioftro, das mit allgemeiner ®
gelefen und auf Befehl der Kaiferin Katharina ins Ruffifche uͤberſetzt wu
dieſer Monarchin eingeladen, ging die Verfafferin nach Petersburg, wi
reich aufgenommen und beim Abfchiede mit dem Niefbraucdhe des Gut
grafen in Kurland auf ihre Lebenszeit befchenkt wurde. Dies befreit
druͤckenden Sorgen, mit denen fie bei ihrem’ geringen mütterlichen Wer
kaͤmpfen gehabt. Die edle Frau zog felbft dahin, um die fittliche umd
Lage der ihr anvertrauten Unterthanen zu verbeffern. Well es an einer |
lichen Behaufumg fehlte, fo bezog fie eine Gefindewohnung, eine Hütte
Dütten ihrer Bauern, um den Bedürfniffen berfelben recht nahe zu fein.
Reckum 77
der Erziehung junger Maͤdchen. Nie foderte ober empfing fie für
ob. So hat fie eine bedeutende Anzahl Pflegetöchter gebilbet,
Sattinnen und Mütter geworden find. Ihre Kränklichkeit machte
reifen nothwendig, wodurch in die Plane mit ihren Gutsunter⸗
Störung kam, obgleich fie ihre Stellvertretung bei denfelben der
ge anvertraute. Da Karlsbad Feine gründliche Heilung ihres lei:
$ bewirkte, fo ward ihr eine Meife in ein milberes Klima empfoh⸗
der Aufenthalt in Italien, fo wohlthaͤtig er auf die Hauptquelle
en, auf die Nerven einwirkte, gab ihr nicht vollftänbige Heilung.
fiel in die Zeit des Kriegs 1806, umd die Auftritte des Schredeng,
a Theil Augenzeuge war, riffen in ihrer Gefundheit wieber nieder,
lüfte unter dem italiſchen Himmel enıporgepflegt hatten: Frau v.
ta. diefe Reife befchrieben (Berlin 1815 fg., ins Kranz: überf. von
sier). Der Hauptgebante ihre® Buche iſt eine durch das ganze
tinende Feier des evangel. Proteflantismus in feiner ernflen, er-
ebenden Würde. In Verbindung mit der Schrift über Caglioſtro,
8 über ben Oberhofprediger Start in Darmſtadt“ gefchrieben,
Katholik geftorben if. Das Leben Neander’s, der fehr.viel zur
erichtigung ihrer religisfen Überzeugungen beigetragen, fchrieb fie
Zode 1803. Gleichzeitig mit dem 1. Bde. ihrer Reife erfchien
a Gedichte, herausgegeben und mit einem Votworte von Ziege.
Gebete und ascetifche Betrachtungen von ihr flehen in dem von
em Halle beforgten „Sahrbuche für haͤusl. Andacht”. Seit 1818
ezegen in Dresden, wo fie in einem Kreife würdiger Freunde ihre
u Tage verlebt. Um den Unterftügungsfonds für junge in Leipzig
ben zu vermehren, erfchien ihr fchon vor 32 J. auf der Inſel Al⸗
der fuͤrſtl. Familie Holft.: Auguftenburg verfaßtes Schaufpiel
y oder Entwidelungen auf bem Maskenballe“ (Epz. 1826). Mehr
iefer allgemein hodhverehrten Frau, die, was den Blauben ftir:
n zur Andacht erheben kann, in ihrer Gchrift .„Gebete und relis
gen‘ (Berlin 1826) ausgefpsochen hat, fagt ein trefflicher Auf:
itgenofſen“, Heft XI, und das „Leben der letzten Herzogin
Rartand‘‘ (der Halbſchweſter der Frau v. d. Rede), von Tiedge
(Andreas von), koͤnigl. bairifcher Geheimerath und Commandeur
Borbens, geb. zu Grünftadt in-Mheinbaiern 1765, warb von ſei⸗
Gutsbefiger war, forgfältig erzogen, dann unter der Leitung dee
keimann und des nachmaligen badifchen Schuldirectors Alth in
aftlih ausgebildet, flubirte auf der hohen Schule zu Mainz, .
Veihe — Subdiakonat — im 21. Jahre, wurbe Gtiftscapitular
bie. Damals erichienen von ihm einige Abhandlungen über ver:
Mänbe aus ber beutfchen Reichsgeſchichte und dem beutfchen
Rady erhaltener Dispenfatien vom Subdiakonat, die ihm der Erz⸗
in, in Solge bes emfer Congreffes, ohne päpftliches Zuthun, er:
er dem Erzbiſchof fein Kanonikat, und trat als Oberbeamter zu
Dofgerichterath zu Manheim in Eurpfalgbairifche Dienfte. R.
jetze; aber ein Jahr nady ber erzbifchäfl. Dispens erfchien eine
siche diefe für ungültig und folglich die Heirath des R. für nichtig
m der Dof in Münden dem römifchen Stuhle ganz ergeben war,
keit R. feine Dispens in Rom und damit feine Wiedereinſetzung
Aut. Auch beſtand ber römifche Hof auf einer zweiten ehelichen
ed darauf erhielt R. die Oberbenmtenflelle in Simmern auf dem
78 Reclama Recognition
Hundsruͤck, wo er den eben ausgebrochenen Aufftand ſtillte und um bie
cultur durch die Urbatmachung mehrer taufend Morgen oͤden Landes, Ele:
bes Kleebauß ıc., ſich verdient machte. Bei dem Einruͤcken der Franzoſe
verließ er auf Befehl feiner Regierung, wie alle auf dem linken Rheinufe
flellte kurpfaͤlziſche Beamte, fein Amt, vollzog dann einen Auftrag bes E
Minifteriums bei. ben franz. Gefandten Barthelemy in Baſel, und war
bei den Gapitulationsverhandlungen wegen Manheim gebraudyt. Die
Intereffen verlegenbe Capitulation felbft ward ohne feine Theilnahme aby
fen. 1797 zum Präfidenten der in Kreumady errichteten einflweifigen Ba
gierung emannt, teug IR. mit dazu bei, daß die von den franz. Megierue
miffarien als Ausgewanderte behandelten Abeligen bes linken Rheinufers
Güter wieder eingeſetzt wurden. Seit 1798 Centralverwalter in Koblem;
Bezickepräfeet.in Simmern, wo.er fchon damals die Vereinigumg beider pri
tifhen Culten — obgleich ohne Dauer — bewirkte, wurde er 180% um!
zum Mitglied bes Geſetzgebungskoͤrpers in Paris erwählt, vom Kaifer' ab
Baron und Ritter der Chrenlegion erhoben. Herr v. R. blieb Mitglied &
feggebung bis 1814, und war einer von den 770, welche Napoleons M
fegung unterzeichneten. Während feiner Dienftverwaltung, in der er de
Iandwirtbfchaftliche Verbefferungen bewirkte, und nachher gab v. R. 14 w
dene Schriften über die ftatiftifchen und volkswirthſchaftlichen Verhaͤlnt
linten Rheinufer heraus, in welchen er al& erfahrener Gefchäftemam und
wirth Manches vorfchlug, was in der Ausführung ſich bewährte. 1810
nahm er daB Schuldenliquidationsgefchäft für da6 Königreich Wälern in
deffen Vollendung durch den Vergleich vom 25. April 1818, feine Erna
zum koͤnigl. bairifchen Geheimenrathe und Gommandeut bed Civitverbienf®
zur Folge hatte. Hr. v. R. lebt gegenwärtig theils in Manhelm, theil® auf -
durch Natur und Kunft geſchmuͤckten Landgute in Kreuznach. '
Reclamn, der Anſpruch, wodurch Dinge, die genommen toorben, |
gefodert werden, und auf die der Eigenthuͤmer feine Mechte gültig macht:
Häufer « und Gütervertäufen, deßgl. bei der Schifffahrt, wo es ſich oͤfters
dag Schiffe von Capern genommen werden, wenn fie auch mit güftigen !
verfehen waren, tritt dad Reclama ober bie gerichtliche Zuruͤckfoderung haͤuf
Recognition, Anerkennung (jw.), das Anerkenntniß einer Perfi
ner Sache, einer Schrift vor Gericht, für Dasjenige, wofür fie ausgegeben
Man recognofelrt einen Menfchen, mit welchem man in Berührung gefomm
eine Leiche fuͤr den Körper eines beftimmten Menſchen, eine Sache als fein |
thum. Nach den Umftänden enthält alfo eine ſolche Recognition bald eine B
tung, welche ertviefe werben muß, bald: ein Geſtaͤndniß. Im erſten Fall
fie daher der Regel nad) mit einem Eide bekräftigt werben, um als glaub
928 Zeugniß zu gelten, 3. B. wenn Jemand einen Andern ald Denjenigen, |
beraubt bat, eine Sache ale bie ihm geftohlene vecoghoßcitt; im legten
bringt die Anerkennung felbft ſchon, indem ic) eine von mir außgeftellte €
recognoscire, bie Wirkung eines Beweismittels hervor. Wenn diefe Reco;
verweigert wieb, fo genügt in der Regel nicht die bloße Angabe, fondern «
ein Eid hinzukommen, daß man die vorgelegte Urkunde nicht gefchrieber
amterfchrieben habe, noch habe fchreiben oder unterfchreiben laſſen, der Diffe
eid. Die Gerichtsorbnungen find über die Wirkungen biefes Diffitirent
gleich; nach einigen geht nur die Urkunde verloren, nad) den meiften die
durch diefelbe begründete Foderung. In Sachſen muß eine jede, aud von
Dritten gefehriebene Urkunde recognoscirt ober biffitirt werben; außer Sad
ein Jeder nur ſchuldig, ſich auf folche Weife Über feine eignen Schriften zu
ven. Der Resognition find öffentliche Urkunden nicht bebürftig; fie gelten
Kecognofciren Redacteur 79
Caien und fehlerhafte Urkunden ſind derſelben der Regel nach nicht
tt ber Recognition kann Derjenige, welcher ſich auf eine Urkunde beru⸗
Heinen foͤrmlichen Beweis führen, daß ſie von dem angeblichen Aus⸗
virklich geſchrieben worden. 37.
gzuoſciren, in militaitiſcher Hinſicht, heißt, ſich von der Stel⸗
Br oder der Natur irgend eines Gegend durch eigne Anfhauung
Es if eins ber wichtigften Gefchäfte der Kriegführung und muß
Ier mmbebeutenbften Unternehmung voraudgehen, Geſunder Blid,
ige und fcharfe Beurtbeilungsfähigkeit, genaue Kenntniß der
PR bes Kriege überhaupt, werden unumgaͤnglich dazu erfobert. Die
men werben, in der Nähe der feindlichen Stellung, nicht felten felbft
he Unternehmung, zu welcher ſtarke Truppenabtheilungen ausruͤcken,
Ksynofcirenden zu deden, ald aud) den Feind aufzuſcheuchen, Bes
when u. f. w.
llectinnen, f. Sranciscaner und Ciflercienfer.
avention, Widerklage, iſt die Klage, welche der Beklagte gegen
in demſelben Gerichte anſtellt, in roelchem die Klage gegen ihn ſelbſt
id, weil man glaubt, daß ein Jeber, mo er gegen einen Andern Recht
a a zu Recht ſtehen muͤſſe. In einigen Laͤndern iſt das Recht der
mf connere Sachen beſchraͤnkt.
ificiren, eine durch Deſtillation erhaltene Fluͤſſigkeit durch nochma⸗
km von den ihr noch beigemifchten fremdartigen Theilen reinigen. Da
Istionen oft gefchieht, dag mit der zu erhaltenden Fluͤſſigkeit fich noch
BR hinein gehörende Dinge zugleich in dem Recipienten einfinden, fo
sen dem eigentlidyen Stoff nur durch nochmalige® Deſtilliren entfernt
Be.alfo zum zweiten Mal behandelte Fluͤſſigkeit heißt ‚eine rectificirte,
BBeanntwein rectificiet genannt wird, wenn ihm durch wiederholte De⸗
erigen heile genommen worben find, die bei des erften Deſtillation
Recipienten) mit übergegangen waren. — In der Mathe:
man unter Rectification die Verwandlung eines. Bogens
m Linie in eine ebenfo lange gerabe, ober, was Daffelbe fagen will,
Ausdrudes bes Bogens in Zunction der: ihn begrenzenben Coor-
g bazu ertheilt bie Höhere Analyſis (f. d.)
88 (jur.), zuweilen fo viel als Regreß(ſ d.)s.aber auch eine Ber
uche bei bern hoͤhern Richter ober. einer andern Staatsbehoͤrde gegen
meiner andern erhaben mird. &o hatten fonft die Reichsftände, wenn
‚ baf bie Meichögerichte die Grenzen ihrer Befugniffe uͤberſchritten,
an den Reichstag, damit diefer das Reichskammergericht oder den
h zur geſetzlichen Ordnung weiſe. Sin einigen Laͤndern ſind Recurſe
ehesmittel (f.d.), z. B. in Preußen in geringfügigen Sadın, wo
ten, ſondern bloßer Recurd zulaͤſſig iſt.
steur. Bei literariſchen Unternehmungen, ju deren Yusfükuing
keller und Gelehrte erfobert werden, find ein oder nach Verhältnig
6 und der Ausbreitung des unternommenen Werks auch mehre Ne⸗
ig, die an der Spitze des ganzen Unternehmens fteben, baffelbe nach
mten Plane fortführen, die verfchiedenen Beiträge der Mitarbeiter
wechhfehen und fie der in der Anlage des Werks angenommenen Ord⸗
enruden. Kenntniffe, Geſchmack, Belefenheit, befonderd aber -
M in Betreff der Unfichten einzelner Schulen und Spfteme find
iffe eines guten Mebacteug6, ber bei feinem Gefchäft mit möglichfter
den muß, da aufihn bie Berantwortlichkeit zuruͤckfaͤllt, wenn in dem
egten Werke Aufiäge vorkommen, bie gegen Sitte, Religion, Geſetze
——
80 Rede
_ u. f. w. verflogen. — Nedaction iſt ſowol das Geſchaͤft als der Gef
name der Vorſteher eines folchen literarifchen Unternehmens. -
Mede, der (mündliche oder fchriftliche) Ausdruck der Gedanken durch SI
im engern Sinne ein auf einen befondern Gegenftand ſich beziehendes Wi
Beredtſamkeit. Bei der Rede in der erften Bedeutung wird überhaupt De
keit Deffen, was man fagen will, und grammatikaliſche Nichtigkeit der T
lung gefodert. - Bei der Rede in ber zweiten Bedeutung (oratio) twiz
vollendete Form verlange. Schon im Äußern muß fie fi) von ber Ku
gewöhnlichen-2eben (dem Eonverfationston) durch mehr gerundeten Period
forgfältigere Wahl des Ausdrudes und der Bilder, Neinheit, Numern
Wohilklang auszeichnen; in Hinficht der Innern Form aber Alles vern
was -nicht wefentlich zum Zweck -der befprodyenen Sache gehört. Die
engfler Bedeutung naͤmlich gehört zu der hoͤhern Gattung der proſaiſchen
ſtellung und iſt der kunſtmaͤßige Vortrag eines Einzelnen, welcher in be
dankeneintheilung den praktifchen Zweck hat, den Willen Andrer zu beftli
Um diefen Zweck zu erreichen, muß der Redner ebenſowol Verſtand als Geflk
Einbildungstraft in Anfpruch nehmen, befonders aber muß er Iebhaftes Ye
fuͤr den Gegenftand erwecken. Stärke und Wärme des Gefühle find dahi
Redner fo unerläßlich als noͤthiges Durchdringen feine® Gegenflandes, ımd
ſchenkenntniß foll ihn in den Stand fegen, feinen Vortrag fo einzurichten, '
damit feinem Zweck gemäß den Hörer überzeugt und ergreift. Was bie dufedl
ftellung anbelangt, fo find folgende Regeln hauptfächlich zu beachten: Zu
Anhaͤufung der Bilder, ſowle die Wahl zu gefuchter, wird ſtets ein guter E
vermieiben; denn obglelch ſolche Sprach: und Gedankenwendungen, mit Gefi
und Einſicht angebracht, eirie Rede verſchoͤnern, fo ift ihr zu häufiger Gel
doch nicht allein ermuͤdend, -fondern öfter auch völlig zweckwidrig. Ein Gi
findet ftatt, wenn die Bilder ſchwuͤlſtig und unverſtaͤndlich find oder gar im
meine fallen. Ein zu fanger, durch zu häufig eingefchobene Säge unverftänf
Periodenbau wird von guten Rednern ebenfo vermieden, ale ein zu fichtliche®‘
ben nach Kürze, die den Gegenftand mehr andeutet ald entwidelt. (Es iſt b
lich, daß der Redner noch mehr gehalten ift auf leichtfaßliche Deutlichkett zu
als der Schriftfteller ; des Erſtern Worte verhallen, die des Letztern aber ſteh
und Eönnen wieder überlefen werben). Daß außerdem ein Redner audy die ©
in welcher er fpricht, mit allen ihren Feinheiten und Wendungen völlig in
Gewalt haben muͤſſe, bedarf wol kaum der Erwähnung ; daß aber der Außer
zug eines guten Organe nicht wenig zur Wirkimg einer Dede dazu beiträgt,
Jeder wiffen, der Gelegenheit hatte, trefflid, ausgearbeitete Reden durch el
günftiges Organ vortragen zu hören. — Die Griechen und Römer ſtelle
faft ımerreichte Mufter öffentlicher Beredtfamkeit auf. Heutzutage, mo,
ders in Deutfchland, die Öffentliche Beredtſamkeit faft bloß auf Kanzelvoe
eingefchräntt ift, und ein Staatsmann felten Vorträge an große VolkEver|
lungen zu machen bat, ift die Kunſt, durch das lebendige Wort die Menge zu
einem Entſchluß zu ſtimmen und zu begeiftern, nicht mehr fo weſentlich erfo
für Den, der an der Spige eines Staates oder einer Verwaltung ſteht, als
bei den alten republitanifchen Verfaffungen mar; doch find auch in den mı
Zeiten, befonbers in England und Frankreich, Männer aufgetreten, deren ei
gende Beredtſamkeit ſich nicht unwuͤrdig den großen Muftern der griechifche
roͤmiſchen Vorzeit anſchließt. — Als Kanzelredner haben ſich berühmt ger
Bourbaloue, Maffillon, Tiltotfon, Blair, Mosheim, Sad, Cramer, Jeru
Zollikofer, Reinhard, Marezoll, Draͤſeke, Schleiermadher u. A.m. — Uni
Staatsrednern des Alterthums-glänzen Demofthenes, Iſokrates, Lyſias,
und der jüngere Plinius. (Bol. auch Rhetoren.) M.
Redekunſt 81
tebefunft, im weitern Umfange, iſt die Kunſt, dem ungebundenen (pro⸗
Bertrage der Gedanken für den Zweck der überzeugung (oder Belehrung),
ung, Rührung, oder der Lenkung des Willens die angemeffene Form oder
mn zugeben. Der Stoff und die Form der Rede im weiteſten Sinne ftchen
iher Beziehung zum Erkenntniß⸗, Gefuͤhls⸗ und Begehrungsvermögen.
bichre ift mehr oder meniger auf Wahres, Schönes und Gutes gerichtet.
Kit daher entmeder didaktiſch (belehrend), ober aͤſthetiſch (unterhaltend),
kit, und pathetiſch (auf Angelegenheiten des Willens gerichtet), inwiefern
eslichhem Grade auf den Berftand, den Geſchmack oder den Willen berech-
Ale diefe Zwecke können ſich fehr oft in derfelben Rede vereinigen, jede
itaten vorherrfchenden Beziehungen aber wird ihr meiftens einen eignen
u geben. In der engern Bedeutung ift Redekunſt die Kunft des Red⸗
edie Kunft, Öffentliche Vorträge abzufaffen und zu halten, welche geeignet
Beſimungen ober den Willen Andrer zu beflimmen. Die Werke der
Kin diefem Sinne find beftimmt, vor Zuhoͤrern mit Declamation und an:
m Geberdenſprache vorgetragen zu werden. Sie erfodern daher auch eine
Brttage angemeffene innere Einrichtung (f. d. vor. Art.), da hingegen viele
Is Redekunſt in jenem mweitern Sinne nur zum ftillen, eignen Leſen oder
ham Borlefen oder Recitiren beftimmt find. — Man unterfchieb bei den
Bieri Gattungen: 1) die bemonftrative (welche ſich mit Lob und Zabel be⸗
wd das Urtheil beftlimmte) ; 2) die defiberative (welche auf den Willen
gungen durch Zurathen und Abrathen wirkte) und 3) die gerichtliche
end oder vertheibigend zu Werke ging). Nach der bei den Griechen
Unterfcheidung des Stoff der rednerifhen Erfindung in Lehren,
Semüthszuftänden (Aoyovs, 747 und zasr) wuͤrden die Reden vor:
Belehrung, Wohlgefallen oder Rührung ausgehen, und es ließe fid)
9 mit der obigen in Verbindung bringen. In demfelben Sinne
Römer das genus dicendi tenue, mediocre und sublinie. Cine
ilung der Werke der Nedekunft ift von ihrem Gebiet und Zweck her:
Man unterfcheidet naͤmlich auch 1) atabemifche, 2) religiöfe (Kanzel:
3) politifche Reden. Die beiden legtern allein geben zur Ausbilbung
eit im Großen Veranlaffung. — Die Theorie der Redekunſt heißt
Die Theorie der Redekunſt in jenem weitern Sinne trägt alfo die
zeoſaiſchen Style nad) den verfchiedenen Zwecken der Gedankenmittheis
x Gie betreffen die Abfaffung der eigentlihen Meden, der hiftorifchen
Mr Abhandlungen und Lehrblicher, der Gefpräche und Briefe. Die Rhe⸗
Befem Sinne handelt alfo von ben Bedingungen jedes zweckmaͤßigen profai=
Its, folglich von der Sprachrichtigkeit, vom Periodenbau, von den
mmu.f.f., kurz von Allem, mas zur Klarheit, Deutlichkeit, Schönheit
Ans Ausdrucks gehört. Sie unterfchelbet zwiſchen Beredtfamkeit und
Iubeit. Senne bezieht ſich auf den Reichthum, das Anziehende und die
haft der Materien. Diefe geht auf die fchöne, richtige, angemeffene Form
Rast. Die Rhetorik im engern Sinne handelt von den Grundſaͤtzen,
Bengern Sinne zu verfaffen und vorzutragen. Die Haupttheile der Rhe⸗
fen bie Erfindung und die Ausführung. Letztere erfodert a) die Anorb:
Kpefition). Diele begreift: 1) den Eingang (exorılium), 2) die Erzaͤh⸗
zfe noͤthig ift), 3) die Propofition (Aufftellung des Hauptfages) und Ein-
‚ 4) den Beweis oder die Widerlegung, und 5) die Schlußrede (epilogus).
g (elocutie) Hetrifft ben Styl und erfodert Eleganz, d. h. Rein:
mehichkeit und Anmuth. Die legte Wirkung aber hängt bei den eigentli=
km von dem münblichen Vortrage (Ausfprache und Declamation) und zum
m der Gefticulation oder Gehrrdrnfunft ab. Ariftoteles, Cicero und
Ar. Biebente Kufl, 3b. IX. 6
82 Redemptoriften Redende Kuͤnſte
Quinctilian haben die Regeln der Rhetorik nach dem Beduͤrfniß ih
Scharfſinn entwickelt, und mehre Neuere, z. B. Maaß, Schott u. A.
Theorie noch mehr ausgebildet und beſonders auf die geiſtliche Bered
gewandt. (S. auch Homiletik.) — Es iſt noch zu bemerken, inwiefe
kunſt zu den ſchoͤnen Kuͤnſten gehoͤrt. Um feinen Gedanken Klachı
und Nachdruck? zu geben, und feine Zwecke der Belehrung, Unterhaltur
rung durch fie zu erreichen, bedient fich der Redner treffender Bilder,
Schilderungen, und ſucht durch die Wahl der Worte, durch Bildung |
und Ähnliche Mittel den Eindrud zu verftärken. Die Schönheit d
beruht alfo auf Dem, was fie mit der Dichtkunſt gemeinſchaftlich hat;
Beine reine Afthetifche Kunſt, wie diefe, fondern ſteht in dem Verhaͤltni
Eunft zu den bildenden Künften. Die Schönheit ift hier der Zivedimäf
georbnet. Am meiften nähert fich die Redekunſt im engern Sinne der 9
fest die Dichtkunſt, welche eine bloße Unterhaltung durch ein Spie
der Einbildungskraft verfpriht und doch unvermerft fo viel zur $
Gemuͤths beiträgt, weit über die Redekunſt, wilche mit höhern Anfı
tritt als fie oft befriedigen kann, und vorzüglich als Überredungs
fie aber nicht nothwendig und wefentlich ift) doch moralifd) zu verwerfe
nennt er auch Rednerkunſt, welche durch den ſchoͤnen Schein hinter:
die Schwächen der Menfchen berechnet find. Sie mag in der Politik
Religion angewandt werden, fie bleibt gleich verwerflih. (©. Bered
Die zweckmaͤßige Ausübung der Redekunſt fegt voraus: 1) klare Ei
Materien, reiches Gedaͤchtniß und Scharfſinn; 2) fruchtbare Einbi
den Gedankenausdrud auch durch Beifpiele zu beleben; 3) Gewand
Sprache, Kenntniß ihres Reichthums, der Regeln ihrer Verſtaͤndli
Mohllauts, wie aud) des Anftändigen und Schidlichen im Ausdrud.
Was die wahre, edle Beredtfamkeit für eine bewundernswürdige Kun!
fie jegt mit ſanfter Klarheit Licht verbreitet, jegt die Ihräne des Mitlei
lodt, jegt die Bruſt zur Freude hebt und jedem Affect den treffend
gibt, Das zu ſchildern, erfobert felbit einen Grab diefer Kunft, un
Meifter derfelben, Cicero, liefert vieleicht am volftändigften die Zu
Schilderung. — Unter den Deutfchen wirb J. J. Engel, ale ein Eing
fer Kunft, nie aufhören, Geiſt und Herz jedes Gebildeten oder Bild
den anfihzuziehen. Siehe J. G. €. Maag, „Grundriß der allgem.
dern reinen Rhetorik” (F. Ausg., bearbeitet von Gruber, Halle 1827
Kedemptoriften oder Ligorianer, eine in ber oͤſtreic
nardhie durch das Decret vom 19. April 1820 hergeftellte Ordenscong
Alfons Liguori (f. d.) geftiftet hat. Sie macht ſich, gleich ande
geiftlichen, die eifrige Nachfolge Jeſu zur Ordenspflicht, fowie die X:
drer zum echten roͤmiſch⸗katholiſchen Glauben mittelft der Seelforge
Erziehung und Unterricht der Jugend. Als erſtes Drdenshaus war ih:
Paffauerhof in Wien eingeräumt, nebft der Kiche zu Maria am Ge
fol ihnen in Öftreich die Beforgung bes Unterrichts in den oͤffentlichen
ten anvertraut werden.
Redende Künfte nennt man gewöhnlich diejenigen, we
Rede, d. h. zum Gedankenausdruck georbneter und verbundener Wo:
Schönes und Erhabenes darzuftellen. Sie wenden ſich mittelft der Spr
an den Verſtand, theilen Gedanken und in den Gedanken zugleidy Anſch
Empfindungen mit, unterſcheiden ſich aber zunaͤchſt durch ihre Darftellu
willkuͤrlichen Zeichen, die Worte, von den andern Kuͤnſten. Die beiden K
man mit dem Namen der redenden bezeichnet, ſind die Dichtkunſt und
ſamkeit (oder redende Kunſt im engern Sinne). Die letztere iſt imm
Rebetheile Reding (Aloys v. — Theoborv.) 88
wa änzern Zwecken befchräntt, und alles Schöne kann ihr nur als Zierbe,
der Rebenzived dienen. (S. Redekunſt.) Auch laͤßt fie fich eher nach
ad Beifpielen und durch Übung erlernen al die wahre Poefie, welche im-
ian gerwifien Grad des fchöpferifchen Geiſtes vorausfegt. Denn biefe zeigt
hun am größten, wenn fie den feuchtbarften und erhabenften Gedanken»
en bloßes Spiel der ergögenden Unterhaltung zu behandeln fcheint und
mbar geringften mittelft der Einbildungskraft eine tiefere Bedeutung zu
ws. (©. Poefie und Kunft.) Ms.
Tedetheile (partes orationis). Die Beftandtheile der Sprache find
Da nun die Sprache ein Syſtem von articulirten Lauten ift, durch welche
Bid, als denkendes Wefen feine Vorftellungen bezeichnet, fo find die Denk:
ash Bedingung der Sprachformen, und e& kann nicht mehr Sprachfor-
= als nothwendig find, um die Denfformen in der Sprache erſchoͤpfend
Diefe nothiwendigen Spradyformen nermt man Rebdetheile, und fie
x Battungen von Wörtern, weiche ben Sattungen und Grundverhaͤltniſ⸗
en Borftellungen entfprehen. Nun brüdt fich die Denkform am einfach⸗
Danblung des Urtheilend aus, deffen Hauptbeitandtheile Subjectbegriff,
katbegriff und die Copula ift. Zur Bezeichnung des Subjectbegriffö ge:
Eubflantivum, wodurch das als felbitändig Gedachte bezeichnet wird,
ittelbar feine Stelle vertretende Pronomen, das Zahlwort, durd) welches
eder ber Umfang des Subjects, und die Präpofition, d. i. diejenige Form,
ke das Verhaͤltniß des fubftantio Gedachten angezeigt wird. Das Präs
bejeichnet unmittelbar durch das Abjectiv, Eigenfchaftswort, die Copula
Sebindung der Begriffe durch das einfache Zeitwort (verbum substanti-
ij, oder beide jind in dem Zeitworte (verbum adjectivum) enthalten. ‚
hört zur Bezeichnung bed Prädicats das von dem Zeitworte ſtammen⸗
gem, durch welches eine Eigenfchaft (Prädicat) mit der Beſtimmung
oder Leidens, mithin ber Zeit, gefegt wird; ferner das Adverbium
itswort, Umſtandswort), Durch welches bie in dem Adjectiv oder Ver:
uͤckte Eigenſchaft nod) näher beftimmt wird. Dan kann aud) Sub:
Biectiv (beide unter der Benennung Nomen zufammengefaßt) und Ver⸗
&undbeftanttheile der Rede, urfprüngliche Redetheile, die übrigen aber
itete oder ſecundaire betrachten, und fie zufammengenommen Beſtim⸗
ter nennen, infofern durch fie die urfprünglichen Redetheile und Säge
tung nad) begrenzt werden. Zur Verbindung der Urtheile in größere
a die Gonjunctionen (Werbindungsmworte). — Dieſes find nun die an:
um nothwendigen Medetheile ber Sprache. Sonſt rechnete man zu
bie Interjection und den Artikel (f. d.); da jedoch legterer nicht in
schen vorkommt, mithin eine allgemein nothwendige Form ber Sprache
Iaterjection aber, als unmittelbarer Laut der Empfindung, auf die Denk:
und den Ausdruck der Vorftellungen durch die Rede eine Beziehung hat,
beide aus der Zahl der Rebetheile außgeftrichen. — Übrigens ift man
Me Ableitung der Rebetheile aus den Denkformen nicht durchaus einffimmiger
was. Die Theorie derſelben macht einen Theil der allgemeinen Sprachlehre
wb iR in neuerer Zeit vorzüglich von Bernhardt, Vater, Reinbeck, Roth u. A.
Iden bearkeitet tvorden. — Die Anwendung der Redetheile endlich ift in deh
Bienen Sprachen verfchieden, obwol fie niemals den Denkformen durchaus
erchen kann. Diefe verfchiedene Anwendung und Vezeichnung der Rede:
er hagt von der verfchiedenartigen Bildung der Nationen und von der
Müchen Freiheit ab, bie fid) in Anwendung aller Formen Eundthut. Sie ift
kauı and den empiriſchen und fpeciellen Sprachlehren zu erlernen. T.
Reding (Aloys von), geb.1755, Banbamman ber Schweiz und tapferer
. 6 *
84 Redondilien
Verfechter der Unakhaͤngigkeit feines Vaterlandes. Schon f. Vorfahren
im 14. Jahrh. für die junge Freiheit ruhmvoll gegen die alten Zwingherr
ftritten. Er trat in fpanifche Kriegsdienfte, kam aber ſchon 1788, noch ſeh
nad) der Schweiz zurüd. Der Verluft einer geliebten Frau hatte ihn i
Trauer verfegt, woraus ihn der Einfall der Sranzofen in die Schweiz, 1798
lich erweckte. Als Landeshauptmann des Cantons Schwyz gab er den mu
Bewohnern der Berg: und Waldcantone die Lofung zum Beiflande gegen
das von den Franzoſen unter Brune bedrängt wurde. An der Spige
Schwyzer, die, von f. Rede begeiftert, zu flerben und nicht zu fliehen ſchi
ſchlug R. auf der Ehene von Morgarten, wo ſchon ein Dat für des Landei
beit herrlich war gefochten worden, am 2. Mai 1798 die Sranzofen. Aber
Sieg hatte keine der tapfern Anftrengung wuͤrdige Srüchte, und R. felbft
fi) mit ſ. Landsleuten endlich unterwerfen. Die Begebenheiten diefes rühn
Kampfes, der unter furcdhtbarer entfcheidenden Ereigniffen von den Zeitgı
bald vergeffen ward, hat H. Zſchokke in der „Geſchichte vom Kampf und
gange der Berg : und Waldcantone“ (Bern 1801) treu und lebendig erzähle.
der Gründung der helvetifchen Republik warb das Land durch) Parteiungen |
tet. (Bol. Schweizerifhe Eidgenoffenfhaft.) An der Spige D
gen, welche die Rückkehr zur alten Verfaffung, wiewol nicht ohne Einfchräi
einer Gefammtregierung und Einherrfchaft vorzog, ftand R.; er unterla
anfangs, und erft durch die Umſtaͤnde begünftigt, gelang es ihm fpäter, ein
Regierung zu bilden, an deren Spige er als Landamman kam. Er reifl
nachher nad) Paris, um durch perfönliche Unterhanblungen die Umwandlu
Verfaſſung zu fichern, erreichte jedoch feinen Zweck nicht wie er wünfchte.
Monate nachher gewann bie republifanifche Partei von neuem die Oberhant
NM. ward abermals verdrängt. Cr leitete indeffen die Angelegenheiten der
Cantons und ward Landamman von Schwyz. Der Bürgerkrieg brach al
überall waren die Eidgenoffen ſiegreich, und R. fhlug die franz. Vermitteln
- und befchloß eine imabhängige Verfaffung zu erfämpfen. Erſt als franz. I
voͤlker einrückten, toich er dee Gewalt, wurde auf Ney's Befehl auf die U
Arburg gebracht, aber bald nachher in Freiheit gefegt. Er trat in die Sti
Privatlebens zuruͤck, bis er 1803 vom Canton Schwyz wieder zum Landa
gewählt wurbe; auch 1809 bekleidete er diefe Würde. 1813 unterhandelte
den Alliirten über die Neutralität der Schweiz. Er flarb im Febr. 1818, m
Rufe eines redlichen Vaterlandsfreundes, der nur zumeilen heftig und war
in feinen Entfchliegungen war. — Theodor von R., aus dem (
Schwyz, trat wie f. Verwandter in fpanifche Dienfte und hatte fid) zum Maı
de camp aufge'hmwungen, als die Sranzofen 1808 Spanien befegten. Die
bie er bei diefer Gelegenheit entwickelte, und die Feftigkeit, womit er Nap
Anträge verwarf, erwarben ihm das Vertrauen der Junta, die ihn zum G
lieutenant ernannte. Er führte einen Heerhaufen unter Caſtaños an, unt
ſich durch eine ebenfo kuͤhne als geſchickte Bewegung zwifchen die Deerabtheil
ber franz. Feldherren Dupont und Vedel ftellte, trug er wefentlich zu dem
von Baylen bei. Später befehligte er eine Abtheilung in Gatalonien und
fügte den General Vives in dem blutigen Kampfe bei Cardedon. Im Der.
vertheidigte er die Stellung von Llinas gegen Gouvion⸗St.⸗Cyr, der ihn n
nem heftigen Kampfe zum Ruͤckzuge zwang, der die Aufhebung der Bela
von Barcelona nachſichzog. Im Febr. des folg. Jahres, als er Valencia
wollte, lieferte er bemfelben Feldherrn das Treffen bei Balls (24. Febr. 1
worin er eine Wunde erhielt, an deren Folgen er (20. April d. J.) ſtarb.
Redondilien (Redondillas) bezeichneten früher eine füdliche Wer
welche aus einer Verbindung von vier⸗, ſechs⸗ ober achtſylbigen Werfen b
Redoute Reduction 85
m gewoͤhnlich ber erſte und vierte, ſowie ber zweite und dritte, auch wol
sit dem vierten und der zweite mit bem dritten reimte. Nachher nannte
haupt die fech6 = und achtſylbigen Verſe in der fpanifchen und portugiefi:
Be fo, fie mochten volffommene Reime oder nur Affonanzen haben, und
& wucde auch in der bramatifchen Poefie der Spanier einheimifch.
boute, in ber Befeftigungstunft, eine gefchloffene Schanze, ſobald fie
tingende Winkel und feine Seitenvertheidigung hat. Meiſt baut man
1; doch gibt es auch fünf: bis achtedige Der Fehler der Redouten ift,
on Seitenvertheidigung mangelt, vor jedem ausfpringenden Winkel ein
ngbleibt, wo die Kugeln der Befagung, die man im Allgemeinen gerade
mit links und rechtö angefchlagen) feuernd annehmen muß, nicht hin-
t unbeftrichene Winkel), und dag der ganze Graben ebenfalls dem Feuer
eſetzt iſt (todter Winkel); der Vortheil dagegen, daß fie eine felbftändige
ung nach allen Seiten gewähren. Man braucht die Redouten, um fich
Punkte auf Schlachtfeldern, in einer ſchwach befesten Gegend, vor einer
nf die man einen Angriff befürchtet, zu verfichern, einem fehr ausge:
Im einen Zufluchtsort zu geben, bei verfchanzten Lagern u. dgl. — Re:
in Maskenball, gewöhnlid mit Spiel und andern Vergnügungen ver:
In der Regel werden Redouten nur in der Faſtnachtszeit, befonbers an
‚, wo das Garneval gefeiert wird, gehalten. In Venedig heißt Re:
idotto) auch der Öffentliche Ort, an welchem während des Garnevals
le, befonders Karo, gefpielt werden. Sonſt durfte hier nur ein vene:
Rebile Bank machen, dem ald Banquier mehre fonft ungewöhnliche Frei⸗
B. einen Spieler abweifen) geftattet waren. An jeder Seite neben ihm
maslirte Dame, um ihn auf f. Nachtheil aufmerkfam zu machen. Auch
Epieler, ausgenommen bie Nobili, nur maskirt zu dieſem Spiele ein:
baute (Pierre Joſeph), Pflanzenzeichner, geb. 1759 zu St.:Hubert
kanen. Die erfte Anleitung zur Kunft gab ihm f. Vater, der felbft ein
Wünftler war. 133. alt, ging er mit feiner einzigen Habe, Pinfel und
uch Flandern und Holland, wo er Zinmmerverzierungen und Altarbilder
Midy nach Paris, wo er aber, wenig begünftigt, anfänglich nur Decora⸗
Das ital. Theater arbeitete. Er kam daburch auf die Blumenmalerei,
fache wurden dem berühmten Botaniker &’heritier bekannt, ber ihn be⸗
möfchließend diefem Kunftfache zu widmen. SR. zeichnete einige Abbil-
Eheritier's Werke, die großes Auffehen machten, weil fie zu der Um:
führten, die ſeitdem in botanifchen Abbildungen ftattgefunden hat. Er
Beritier nach England und zeichnete einen Theil der Abbildungen zum
wglieum‘‘. Eine große Anzahl von Zeichnungen blieb in L'heritier's Hän-
als dieſer f. botaniſchen Befchäftigungen einftellte. Unter allen Pflan-
gen, die R. lieferte, find die Zeichnungen der Familie der Lilien (Lilia-
ef.) das fchönfte Werk in diefer Art, das vielleicht nur von des Künft-
werke über die Rofen, wenn es einft vollendet fein wird, übertroffen
mie. Man verdankt ihm auch die Erfindung eines Verfahrens, einen
in verſchiedenen Farben mit einer Platte abzudruden. Er ward
Zeichner der Akademie der Wiffenfch., im folg. 3. zum Blumenmaler
us für Maturgefchichte und 1805 zum Blumenzeichner der Kaiferin
smannt. Ventenat hat das Andenken des trefflichen Künftlers in dem
daten verewigt, den er einer von den Antillen ſtammenden Pflanze aus
: der Malven beilegte.
uction (Zurüdführung), in der Chemie derjenige Proceß, mo
sannten Körper der Beſtandtheil wieder entzogen und in feine frühere
86 Rees'ſche Regel Reformation
Einfachheit zuruͤckgefuͤhrt wird, mit welchem er fich während bes Verbren
(f.d.) zu einem Erzeugniffe befonderer Eigenfchaft vereinigt hatte. Reducti
alfo der entgegengefegte Proceß der Verbrennung. Metallkalke (4.8.3
oder Mennige) find Vereinigung von Metall und Sauerftoff durch Verbrem
follen fie reducirt erben, fo muß man dem Kalte ben Sauerftoff entziehen
dies gefchieht am leichteften durch Zufa& von Kohlenpulver und heftiges Gluͤh
Miſchung, wobei die Kohle mit dem Sauerftoffe zufammentritt, das Blei ı
Licht bindet und in feine vorige regulmifche Einfachheit zuruͤckkehrt. Diefes
fahren wird im Großen, als Hüttenarbeit, Anfrifchen ober Verfriſchen gen
— Bei Münzen heißt Keduction bie Beflimmung des Werths einer I
durch) eine andre, Angabe einer Mimzfumme in einer andern Münsforte;
auch die Herabfegung des Werths einer Münze. 1
Rees'ſche Regel, ſ. Kettenrechnung.
Refactie, ſ. Fuſtage.
Reflector, f. Fernrohr.
Reflexion (Überlegung). Von der phyſiſchek Bedeutung dieſes
drucks iſt man zu ber pſychologiſchen und philoſophiſchen fortgegangen. $
naͤmlich jene die Veränderung einer Bewegung und insbeſondere das Zurich
des Lichtſtrahls bezeichnet, fo drückt diefe die Handlung ber Seele aus, burd) ı
fie ihre Thaͤtigkeit auf ſich ſelbſt gleichſam zuruͤckwendet und die Vorſtelln
welche fie durch äußere Eindruͤcke veranlaßt oder ſelbſtthaͤtig gebildet hat, prüf
beurtheilt. Hingegeben bem Einbrude der Dinge, geht die Seele außer fid
verſchmilzt gleihfam mit ihnen; durch Neflerion aber fammelt fie ſich in ſich
reißt fi vom Gegebenen los und kehrt in fich ſelbſt zurüd, denn fie richte
Aufmerkfamteit auf fi, aufihre Thätigkeit, und dies ift ein großer Vorzu
Menfchen vor dem Thiere. Die Neflerion ift infofern auch von der fogen. ın
kuͤrlichen Vergefellfchaftung der Vorftellungen (Ideenaffeciation) unterfchieben
dem fie eine freie Richtung der Seele if. Die Reflerion im engern Sinne v
ſcheidet ſich aber von der Abſtraction, mit welcher fie im Denken verbunden i
durch, daß diefe Unterfcheidung und Abfonderung des Allgemeinen von den
fondern, Reflerion aber in diefem Sinne die Vergleihung der Vorſtellunge
einander im Bewußtſein iſt. Kant nennt die Vergleichung der Begriffe untı
ander, um die Einerleiheit oder Verfchiedenheit, den Widerfpruch oder die ÜÜb
flimmung zweier Vorftellungen zu beflimmen, und zu erfahren, ob ein &
analytiſch oder fonthetifch fei, die logiſche Neflerion; die transcendentale at
Bergleihung der Vorftellungen in Rüdfiht auf das Erkenntnißvermoͤger
welches fie gehören, und die Unterfuchung der Art und ber Bedingungen,
denen unfere Begriffe und Urtheile entftehen. Diefe Reflerionsbegriffe find
nerleiheit, Verſchiedenhelt; Einftimmung, Widerftreit; Inneres und Auf
Theil, Ganzes; Form, Gehalt. — Für die Philofophie bleibt aber die Refl
d. 1. die Betrachtung des In der Erfahrung Gegebenen, folglid) des Ent
und im Gegenfag Befangenen, ein niederer Standpunkt. Won der Refle
anfiht und Reflexionsphiloſophie unterſcheidet die neuere Philoſophie dah
Specufation und fpeeulative Philofophie, welche die Zrennung und den Ge
aufhebt, in der abfoluten bee, wovon der Gegenfak nur die Erfcheinung iſt.
KReflerion, f. Zurädftrahlung.
Reformation der Kirche an Haupt und Bliebern war fehon in
Jahrh. die Lofung Aller, die es mit Religion und Sittlichkeit redlich me
Das Chriftenthum, von feinem Stifter beftimmt, die Menſchheit zu verebel
zu beglüdeen, hatte, je weiter es feine Herrſchaft uͤber die Völker verbreitet
ihr Leben in allen Richtungen durchdrang, ſich unter den Händen feiner P
befto mehr von feiner urfpränglichen Beſtimmung entfernt. Mochte das
Reformation 87
hen Erfolgen gekrönte Beftreben der roͤmiſchen Bifchöfe, in allen Rei⸗
heiftenheit allein über bie Seelen zu herrſchen, in auch die Händel der
»d die Bilbung des bürgerlichen Wefens leiten zu mwollen, in den Vers
der Jahrhunderte nach der Voͤlkerwanderung das befte Mittel gemefen
ifde Jugend des neuen Geſchlechts, das die alte Welt mit den Reſten
ung niederfrat, zu zaͤhmen; mochten chriftliche Glaubensboten und
die Wälder Deutfchlands und zu den Barbaren des Nordens fanftere
kracht und die Entmilderung der befehrten Nationen gefördert; mochte
ı vielen Punkten für gemiffe Zeiten mwohlthätige Einfluß jener Einheit
ms und Gottesdienftes, jener Abhängigkeit aller abendländifchen Kir:
Rem, jener gefeggebenden Dbergewalt über die Völker, die das folge:
ichren der Päpfte im Mittelalter erzwang (f. Papft), die römifche
htigt haben, das größte Verdienſt um die allmälige Geſtaltung des eu:
Geſammtlebens, um die Herefchaft des Geiſtigen in den Verfaffungen
ſich zugufchreiben: diefe Kirche genoß die Früchte ihres Sieges mit fo
igung, ihre Diener verleugneten in Lehre und Leben fo fehr den Geift
ben Meifters, daß jener MWiderftand gegen die Willkuͤrlichkeiten des
iments, der, im Orient früh entflanden, durch mancherlei hier unter:
et wieder auflebende Secten (f. d.) ihren antipapiftifhen Sinn bie auf
hen Verbruͤderungen der Unzufriedenen im Mittelalter vererbt hatte,
3. Jahrh. die Theilnahme der wahrhaft Chriftlichgefinnten um fo ſtaͤr⸗
‚ je grauſamer die päpftl. Macht mit Feuer und Schwert zu ihrer Ver:
dhiftig mar. Die Frage, was an den Lehren, Gebräuchen, Anftalten
Nangen der römifchen Kicche wirklich chriftlih und ber menfchlichen
tauteäglich fet, mußte redlichen Geiftlichen, wie verftändigen Laien, oft
m fommen. Der Priefterhochmuth erbitterte bie ritterlichen Fürften,
Men der Bettelorden beeinträchtigte die Weltgeiftlichen und taufend uns
Dafer der Inquiſition fchrieen um Mache. Gleichwol beherrfchte das
Ds Papftes die Meinung noch im 14. Jahrh. mit einem Nachdrucke,
Inmen der Unzufriedenheit kaum lautwerden ließ. — Des Engländers
f.d.) freimäthige Schriften kamen bald auf das fefte Land; — Huß
feinen Böhmen wurde dadurch geweckt: daß aber da8 15. Jahrh. zur
m noch nicht reif und die päpftt. Partei mächtig genug war, jede wirf-
Merung zu hintertreiben, bewies forool das Benehmen ber Fürften und
Ker bei dem Ausbruche der huffitifchen Unruhen, als aud) der Erfolg
wierfammlungen zu Konflanz und Bafel. — Erſt nachdem durch bie
er Einwanderung gelehrter Griechen geweckten Stubien der claffifchen
Bi der Gelehrten erweitert, durch die Buchdruderkunft der Vorrath
ngemitteln vervielfältigt, durch allgemein anziehende Schriften auch in
zfprachen reicher Stoff zum Denken unter die Laien gebracht und durch
Univerfitäten, deren zwifchen 1451 und 1502 allein in Deutfchland
m, die Zahl der Gebildeten bedeutend vermehrt worden war, regte
Bige Leben, das der Reformation Bahn machen follte, allgemeiner und
Ms ſchon die fogenannten Myſtiker, 3. B. Zauler und Geiler von
z im Strasburg, gewuͤnſcht, was freifirmige Theologen, wie Gerfon,
angis, Joh. Weffel, ernftlich, doch mit geringem Erfolge gerathen
stete nun auf den Mann, der es zur Ehre ber Wahrheit geltendmachen
wonarola (f.d.) warf fih in Florenz dazu auf, aber ein Scheiter:
ab ihn und fein Werk. Etwas wagten auch einige Könige. Karl VEIT.
rich veranlaßte die Sorbonne 1497 gutachtlich zu erklären, von 10 zu
Gencilien zur Verbefferung der Kirche zu halten, widrigenfalls die Bi-
An: ihn verfammeln möchten. Marimilian I. brachte die ſtarken Be⸗
88 Reformation
fhwerden der deutfhen Fürften aus den Reichsabfchieben von 1500 und 1
zur Kenntniß des römifchen Hofes. Auf franz. Betrieb kam 1511 gar dem P
Julius II. zum Trotz ein freies Concilium zu Pifa zu Stande; aber wie kuͤhn
feine wenigen Sprecher auch geberdeten, es flarb doch bald an feiner ei
Schwäche und den Beſchluͤſſen der Kirchenverfammlung im Lateran, die ihm 1
entgegengefegt, in ber Hand des Papftes nur diente, feine Anmaßungen
neuem zu befchönigen. Überhaupt waren bei den bisherigen Anträgen auf Al
- fung des Verderbens der Kirche einerfeits zu oft politifche Nebenzwede im €
gewefen, andrerfeits in der Hitze des Eifer gegen einzelne Unbilden und $
bräuche die Grundfehler der Kirchenlehre und Verfaſſung, aus denen ‚alle «
Übel hervorgingen, zu fehr überfehen werben, als daß mehr denn fruchtlofe
putationen und harte Verfolgungen der kuͤhnen Eiferer oder fchale politifche
gleichshandlungen, in denen ber Papft am Ende Recht, behielt, auf diefem 9
hätten bewerfftelligt werden innen. Tiefer wirkte Reuchlin's großes Verl
um den Anbau der griech. Sprache und fein für die Sache der Auftidrung
wichtiger Sieg über die Sinfterlinge in Köln; umfaffender der gebildete Geſch
und gefunde Verfland, der aus den Schriften des geiftreihen Erasmus zu
bedeutendften Männern in Staat und Kirche redete und naͤchſt gründlichen:
Iehrten Studien auch freiere Anfichten von der Religion und ihrer thärigem
wendung förderte; gewaltiger endlich, befonders auf die Maffe des Volks
Heer von Satyren, Spottliebern, beißenden Allegorien und derben Spaͤße
denen der Wig feit Reinedde dem Fuchs bis auf die feinen Anfpielungen dieſe
den zur Unternehmung entfcheidender Schritte nur nicht hinlaͤnglich unerſch
nen und feurigen Gelehrten fi) auf Koften des römifchen Unweſens und ber $
cherei ausgelaffen hatte. — So öffneten ſich durch das Zufammentreffen guͤn
Umftände, durch das Vorbringen eines neuen nad) Licht und Zreiheit rings
Zeitgeiftes allmälig die Wege, auf denen die Wahrheit Anerkennung finden fi
Die Mitte von Europa, fammt dem längft gegen Nom unmilligen Norden,
‚geftimmt, das Kühnfte zu Hören und verwegene Schritte zu unterflügen, fi
es gälte, das Joch der priefterlichen Vormundſchaft abzufchütteln, der die Be
und Nachdentenden ſich nun entwachfen fühlten. Rod) ahnte aber Niemand,
her der erfte Anſtoß kommen würde. Kurfürft Friedrich III. von Sachſen
weifer Regent, doch fonft eifriger Katholit und befonderer Liebhaber von !
quien, folgte nur dem rühmlichen Beifpiele andrer deutfchen Fürften, da er 9
zu Wittenberg eine Univerfität fliftete, wohin er unter andern Gelehrten
Martin Luther, einen Augufltinermönd von Erfurt, ald Lehrer der Thet
berief. Diefer bei großem Genie mehr nody durch tiefe Religiofität und. |
Mahrheitsliebe ald durch überlegene Gelehrſamkeit ausgezeichnete Mann k—
die heilige Schrift, und feit einer Reife nad) Rom, die er 1510 in Ordensge
ten machte, auch die Gebrechen des paͤpſtl. Hofes. Dort regierte feit 1513 $
LeoX. (f.d.), wenig befümmert um das Verlangen der Welt nach Verbeſſi
einer Kirche, der er nur vorzuftehen ſchien, um ihre Einkünfte zur Befriedi
feiner fürftlichen Neigungen zu brauchen. Bon ihm ließ ſich 1516 ein ihn
ähnlicher geiftlicher Fürft, Albrecht, Kurfürft von Mainz und Erzbifchof von |
deburg, mit der Bedingung, die Beute zu theilen, den Ablaßhandel für
Sprengel auftragen, und beftellte dazu u. A. den im Ablaßkram ſchon ge
leipziger Dominicaner, Joh. Zezel, der, von Ort zu Ort ziehend, fein Ge
mit der unverfchämteften Marktfchreierei betrieb, und die befreusten Zettel
die Vollmacht der pApftl. Bulle, die dody noch von Reue fprach, weit hinau
ımbedingte Urkunden der Sündenvergebung in Zeit und Ewigkeit anpries.
Zulauf war nicht gering und der Gewinn reichlich; denn das einfültige Voll
ben alten Aberglauben noch hoch, und die bequeme Art, für wenige Groſche
Reformation 89
mömfchulben, deren jede ihre Taxe hatte, ledig zu werben und los⸗
n seitlicher Buße und ewiger Verbammniß, gefiel der cohen Dienge
blaß.) Da Tezel feinen Kram im Herbft 1517 zu Juͤterbogk auf:
a ihm auch aus dem nahen Wittenberg viele Käufer zu und ver:
n mit Vorzeigung ihrer Zettel bei ihren Beichtigern jede Verpflich⸗
Burfe. Segen diefen gottestäfterlichen Unfug erhob ſich Luther, erft
ı, da er neben feiner Profeſſur ein Pfarramt bekleidete, und dann,
a Brauch die Saheim Wege einer akademiſchen Disputation bei-
95 Theſes oder Streitfäge, die er den 31. Oct. 1517 an die Thür
he anſchlug. Darin erklärte er fich ſehr ernftlicd) gegen den Miß⸗
laßhandels, bezeigte, neben lebhaften Eifer für die heilige Schrift,
woße Ehrfurcht vor dem Anfehen der Kirche und des Papftes, und
um gründliche Belehrung. Diefe Säge wurben lateinifch, feine Pre:
ij aber deutfch herausgegeben und in wenigen Wochen durch ganz
erſtere bald aud) unter andern Völkern der Chriftenheit verbreitet.
Luther felbft in beweglichen und bei aller Freimuͤthigkeit fehr be⸗
iefen an feine geiftlichen Obern und den Papſt auf Abitellung des
Fuge und des Verderbens der Kirche überhaupt an. — Außer dem
ı Bifhof von Brandenburg Scultetus gab ihm Feiner gehörige Ant:
traten von Tezel, in deffen Namen Konrad Wimpina, Profeffor
‚u Ftankfurt a. d. O. die Feder ergriff, von einem paͤpſtl. Höfling
a Auguftiner Syivefter Prierias, und von dem aus dem Streite mit
h übelberüchtigten Kegermeifter Jakob Hochftraaten zu Köln abge:
“mähfchriften voll der ausfchweifendften Behauptungen von ber
Ipites und feines Ablaffes ans Licht, die aber zu armfelig, um dem
Bebildeten zu entgehen, ebenfowie Dr. Eck's zu Ingolſtadt giftige
wen Luther, anftatt feine Säge mit Gruͤnden zu widerlegen , das
6 Unternehmens nur vermehrten. Die feharfen Antworten, in de⸗
Kam diefer Kämpfer für den Ablaß aufdeckte, und die Resolutiones,
Mirung feiner Säge nachfolgen ließ, brachten der Wahrheit immer
. Eine Dieputation, die er bei einem Auyuflinerconvent zu Heidelberg
bad Verdienſt der fogenannten guten Werke und den Gebrauch der
u Philofophie hielt, gervann ihm unter den gegenwärtigen jungen
uhre Freunde, 3. B. Bucer, Brenz, Schnepf, Billican, die nachher
Beförderer der Reformation berühmt wurden. Die Gefprädhe Luther’s
H Legaten Gajetan und Miltiz, erfteres 1518 zu Augsburg, legteres
kenburg, worin diefe Herren, ftatt in wie fie befehligt waren, zum
bringen, nur ihre Unfähigkeit, die römifchen Sagungen mit Bewei⸗
ya Schrift zu flügen, kundthaten, endlich das noch 1519 zu Leipzig
lang gehaltene Schulgefeht Eck's mit Karlftadt und Luther, in dem
Biten, Papſtgewalt, Ablaß und Fegefeuer higig geftritten, aber nichts
urde, erweckten, tie Luther's faft in jedem Monate ausgehende neue
und gedruckte Predigten, feinem Werke neben neuen Widerfachern
mer allgemeinere Theilnahme. — Bon den Pprenden bis zur Weich⸗
istifchen Meere bie zum Belt wurde beyierig Alles gelefen, was von
kber ihn erfchien. Die feltene Fuͤlle, Beftändigkeit und Kraft feines
udrucks, fein ſchlagender Wis, feine durch ununterbrodjene hiſto⸗
zgetiihe Studien täglich zunehmende Einfiht und Gelchrfamkeit,
mde Stärke feiner Gruͤnde und, mas am meiften wirkte, die Überein⸗
nee Lehren mit den wichtigften Bebürfniffen und? Wünfchen ber
Küigen Urtheile eines Erasmus, Pirkheimer und andrer trefflichen
affene Beitritt von Männern mie Melanchthon und Hutten, die
90 Reformation
gleichzeitige faft noch kuͤhnere Erhebung der Schweizer Zwingli und Üfe
dius gegen Ablaf und PapftthHum (vgl. Reformirte Kirche) machte
1517 noch wenig bekannten Mann nun zum Vorfechter aller helldenkend
über den Verfall der Kirche Chrifti befümmerten Menfchen in Europa. -
folcher redete und handelte er nun mit bemunderungsmürbigem Heldenmut
unverfennbarem göttlichen Beiftande. Die in feinen erften Schriften ned
bare Scheu vor dem römifchen Hofe warf er weg, dba der Ungrund allee
Anmaßungen ihm Mar geworden. Cine reine Erfenntniß göttlicher Ding
glühende Begeifterung, wie man fie feit den Zeiten der Apoftel nicht mehr %
men hatte, fprach aus feinen herrlichen Schriften an den chriftlichen Ad⸗
fher Nation, von der Meffe, von der babyplonifchen Gefangenſchaft und u
Freiheit eines Chriftenmenfchen,, in denen er die Grundlehren bes Papf
feibft mit Waffen des göttlichen Wortes angriff und die vergeffene lauter
des Evangeliums ind Leben hervorrief. Er that es 18020, zur felbigen Zeit,
des Papfted Bannbulle gegen ihn in Deutfchland verfündigte, appellirte
holt an eine allgemeine Kirchenverſammlung, und warf, meil man feine '
ten zu Mainz, Koͤln und Löwen verbrannt hatte, dieſe Bannbulle fans!
paͤpſtl. Kanonen und Decretalen am 10. Dec. d. J., unter großen Jubel ir
direnden zu Wittenberg, Öffentlich felbft ind Feuer. — Diefes und das f
Jahr 1521 tft daher der wahre Seitpunkt des Anbruchs der deutfchen Ne
tion, weil darin Lırther fich förmlich von der römifchen Kirche losriß, und
ber mächtigften vom deutfchen Abel, einen Huttn, Sidingen, Schaums
A. und der angefehenften unter ben Gelehrten, mit der Univerfität TBe4
der nun die Söhne Deutfchlande und andrer Länder ſcharenweis zuſtroͤmt
öffentlich für fein Unternehmen erklaͤrten. Der ehrfurchtgebietende Eindrud
perfönlichen Auftritts und feiner tapfern Weigerung jedes Widerrufs aı
Meichötage zu Worms am 17. April 1521, dem Tage feines größten Zei
(f. Luther), gab ihm die Macht und Wuͤrde eines anerkannten Refoim
das wormſer Edict und die vom Kaifer wider Ihn verhängte Reichsacht Au
feine Sache zur Staatsangelegenheit. — Dabei ift nicht zu überfehen, welck
hältniffe und Begebenheiten biefe Sache begünftigten. — Der Papft war
ſaͤchlich durch Deutſchlands Ergebenheit groß geworben ; in feinen Hände
dem Kaifer hatten e8 die beutfchen Fürften meift mit ihm gehalten, weit fl«
auf diefem Wege von jenem unabhängiger wurden. Rom mußte fie alfo fü
und der Kaifer fi im Stillen freuen, wenn es mit ihnen zerfiel. Nach M
lians I. Tode 1519 bekleidete Kurfuͤrſt Friedrich IH. , ohmehin der mE
deutſche Fürft, in allen Landen fähfifhen Rechts das Reichsvicariat, und
wegen feines perfönlichen Anſehens hatte er die entfcheibendfle Stimme 1
Wahl des neuen Kaifere. Daher mußte ber Papft fomol als der durch fein
tige Fürfprache 1520 gemählte Karl V. ihm gefällig fein; jener, indem er I
fängliche Foderung Luther’ nad) Rom in eine Unterhandlung mit feinen 2
verwandelte, biefer, indem er die Reformation fo lange, als es fi nur vo
Papfte und ben katholiſchen Ständen verantworten ließ, ohne gewaltfame €
anftalten ihren Gang gehen ließ. Vor den erften Folgen der Reidısacht
Luther durch feinen zehnmonatlichen Aufenthalt auf der Wartburg ficherg
und das wormfer Edict Eonnte in Sachſen um fo weniger Wirkung erhalt
der Katfer, feit 1521 im Kriege mit Frankreich begriffen, oder in Spant
ſchaͤftigt, die deutfchen Religionshaͤndel faft ganz aus dem Geſicht verlor
Übrigens jeder Kürft in feinen Landen that was er für Recht hielt. Daß Fr
der Weife aber, obwol er Fein Anhänger der Neformation heißen wollte, di
ren Helden ſchuͤtzte, macht feine große Theilnahme an dem Flor der witten
Univerfität, feine Redlichkeit, feine allmaͤlig wachſende Überzeugung von bi
Reformation 9
Unternehmungen Luther's,-und deſſen Freund Spalatin, der an
fe Alled vermittelte, fehr erklaͤrlich. — Leos Nachfolger, der ernfte,
: Reformation bedachte Adrian VE, erhielt auf feinen Antrag, bie
bre auszurotten, von dem Reichötage zu Nürnberg 1522 hundert
wr deutſchen Stände, auch der Eatholifchen, gegen feinen Stuhl zue
benfo wenig als die Zuͤricher, deren ſchnelles Fortfchreiten zur Andes
tendlehren und Gebräuche bei den Regierungen der nördlichen Kan⸗
fe Hülfe fand, waren alfe die Wittenberger gehindert, Reformen
aftes (mit der Meſſe fingen fie an) vorzunehmen, ja Luther felbft
"Wartburg berbeieilen, um bie durch Karlſtadt's (f. d.) ſtuͤrmi⸗
egten Unruhen ins Gleichgewicht zu bringen. Während er feine Übers
um Xeft., die Frucht feines Exils, der die Bücher des Alten Teſt.
m, und Melanchthon feine „Locos communes”, die erfte und lange
eſte Dogmatik der evangel. Lehre (1521 zum erften Male) heraus⸗
in Zmeibrüden, Pommern, Schtefien, in den fächfifchen (einig
tenberg bie erfte) und ſchwaͤbiſchen Städten ernftliche Anftalten zur
: papiftifchen Mißbraͤuche gemacht. Luther's Schrift von ber Ord⸗
tesdienftes kam, 1523 kaum erfchienen, zu Magdeburg und Elbin⸗
Inwendung. — Aud Märtyrer fehlten der neuen Kirche nicht; bie
ıden Niederlanden verfchaffte ine ſchon 1522 durch Hinrichtung eis
h gefinnten Auguftiner diefe Ehre. Franzoͤſiſche und hollaͤndiſche
der Bibel traten ans Licht; im Herzen Frankreichs, bei Meaur,
w evangel. Gemeinde. Umfonft verdammt die Sorbonne Luther’s
mir 1524 auf dem Reichötage zu Nürnberg und dem Convent
ns die Vollziehung des gegen jede Religionsneuerung gerichteten
I befchloffen; umfonft bemühten ſich die Herzoge Georg von Sach⸗
Her Linie) und Heinrich von Braunſchweig, Öftreih, Frankreich
I, fowie die geiftlichen Kürften, durch Verfolgungen ber Evangelis
Wenden die Reformation zu unterdrüden: Luther legt in demfelben
Ischskutte ab, Moͤnchs⸗ und Nonnenkiöfte: werden leer, Geiſtliche
Bachfen und der Schweis, um 1525 nennen ſich Johann der Beſtaͤn⸗
he Nachfolger in Kurfachfen, Philipp, Randgraf von Heffen, Al:
mmdbenburg, ald Derzog feines aufgehobenen Hochmeiſterthums Preu⸗
evangeliſche Fürften; ihre geſammten Lande, Liefland, ein bedeu⸗
wn Ungarn und Oſtreich (Böhmen war ſchon durch die Huffiten ges
meburg, Gelle, Nürnberg, Strasburg, Frankfurt a. M., Nord⸗
unfchroeig, Vremen nehmen die neue Lehre an, und eine Menge ber
hesologen und Geiftlichen Deutfchlands treten auf Luther’s Seite,
t einer ehemaligen Nonne, Katharina von Bora, in die Ehe tritt.
ucde 1527 unter Guſtav Wafa durch die Meformatoren Dlaf und
wangelifch, bald folgte auch der größte Theil von Niederfachfen und
m Beftfalen nach, Hamburg und Luͤbeck beſonders durch Koh. Bu⸗
- Die wegen des Kaiſers Abweſenheit geficherte Ruhe diefer Fahre,
Verbreitung der Reformation fo glüdtich und faft ohne allen äußern
attenging, flörten weniger die Streitigkeiten Ruther’s mit Zwingli
86 (f.d. und Sacrament) als die 1528 durch des dredner Kanz⸗
u Pal Nachricht von einem geheimen Buͤndniß der Eathol. Stände
angelifchen erregten Beforgniffe eines Krieges, deffen Ausbruch von
er Luther’s Ermahnung zum Frieden nur mit Mühe hinderte. Ins
igte diefe Spannımg die Evangelifchen zum Zufammenhalten, und
1529 auf dem Reichstage zu Speier gegen einen ihnen nacdhtheiligen
weinfchaftlic, eingelegten Proteftation erhielten fie fpäterhin (1541)
[1
92 Reformation |
den Namen Proteftanten (f. d.). So wurben fie eine auch politifch abg
handelnde Partei (Corpus cvangelicorum, f.d.), welche fich, i
Kaifer nun wieder drohend in’ Deutfchland auftrat, zu entfcheibenden Bir
anſchicken mußte. Während nad) den zur Organifation des Kirchenweſen
nommenen Bifitationen mit Hülfe der Anmeifungen Melanchthon's und I:
erfchienenen Katechiömen Luther's die beffere Belehrumg bes Volks in Kt:
Schulen durch freue Prediger allmälig gedieh, mußte Melanchthon, nad:
tung der von Luther 1529 abgefaßten torgauer Artikel, eine ausführlider
ftellung bes evangel. Glaubensbelenntniffes auffegen, welche von den up:
durd) das torgauer Bündniß 1526 und den ſchwabacher Convent
Schwabacher Artikel) vereinigten Fürften, Johann, Kurfürft ven
fen, Georg, Markgraf von Brandenburg, Ernſt, Herzog von Lüneburg, 1
Landgraf von Heffen, Wolfgang, Fürft von Anhalt, Albrecht, Graf ven
feld, und den Srädten Nürnberg, Reutlingen, Kempten, Deilbronz,. -
beim und Weißenburg unterfchrieben, auf dem Reichſstage zu Ausgabe:
dem Kaifer übergeben, am 25. Juni in voller Reichsverſammlung feizefid
lefen und baher Augsburgifche Confeffion (f. d.) genannt wurk.
Kaifer ließ dagegen eine kathol. Seite verfertigte Confutation oder Wi.
vorlefen, wobei e8 fein Bewenben haben follte, nahm die wider diefe Com.
von Melanchthon aufgefegte Apologie (Rechtfertigung) der augsburgiſchen
fion nicht an und drang auf Abftellung der Religiondneuerungen. Glei
fcheid erhielten Strasburg, Konftanz, Memmingen und Lindau, welche &
fer eine ähnliche Schrift, Bekenntniſſe der vier Städte oder Confessio tel.
tana genannt, überreicht hatten. — Diefer mifliche Ausgang des
war ben Evangelifchen ein nener Beweggrund, nur deſto treuer unb ſe
ihren Glauben unter einander zu halten. — Wie nun ber ſchmalkaldiſche B
evangel. Stände fich bildete, indem fie bei allem Schwaͤnken ihrer Ma
theil& wegen ber wechfelnden Politik des Kaifers, theild den ——
Theologen vom Kriege folgend, bis 1546, wo ihr Friedensengel Luther
nen wenig geftörten Genuß ihrer neuen Religionsübung behaupteten; meld
änderungen die Schlacht bei Mühlberg, des Kaifers Interim (f.d.) wa
fuͤrſt Morigens unerwarteter fiegreicher Feldzug gegen biefen mit ſich brach
endlich 1555 der augsburger Religionsfriede die Kreiheil des evangel.
dienftes in ihren Landen, und zum Theil auch für die Proteftanten in kath
dern ficherte, f. Shmalktaldifher Bund und Religionsfrid
Bereinigungspuntte für diefe deutfchen Proteftanten blieben ſowol ihre zuft
treffenden politifdyen Intereſſen, als auch der in ber augsburgifchen Co
und ihrer "Apologie feinen Grundzuͤgen nach feſtgeſtellte Lehrbegriff, ber ba
fpäter hinzugeflommenen ſchmalkaldiſchen Artikel und beide Katechismen m
läutert und durch bie bergifche Concordienformel 1580 endlich abgeſchloſſen
(Bol. Symbolifhe Bücher) — Zu diefem evangelifch = Iutherifchen
ariff bekannten fich, unter d. Namen augsburgifcher Confeffionsvermandte
fher Nation, 3 Kurfürften: Pfalz, Sachſen und Brandenburg, 20 Herz
Fürften, worunter die fächfifchen Häufer, Braunſchweig⸗Luͤneburg, Medi
Holftein-Lübel, Baireuth, Würtemberg und Baden die vornehmften
24 Stofen, 4 Freiherren und 35 Reichsftädte, im Ganzen 86 Reichsſtaͤr
Das mit großer Mühe zu Stande gebrachte Eintrachtswerk derfelben fand
heftigen Widerfpruch, nicht bloß bei den Katholifchen, fondern auch unter bi
teftanten. Schweden, Dänemark (feit 1536 proteftantifh), Schleswig,
mern, Schlefien und mehre bedeutende Meichsftäbte weigerten ſich aus pol
Gruͤnden, Heffen und die Stadt Bremen aus Neigung zum Caͤlvinism
Goncorbienformel anzunehmen; die Pfalz fprang twieder ab und auch de
yenem Blauben zu widerfprechen ſchien. Zwingli, weniger durch
mgen befangen und dem eignen Urtheile mehr einraͤumend, war das
ihten feftzuhalten, die ipm im erſten Augenblide vernünftig
kam baber leichter in Gefahr, Irrthum als Wahrheit anzunehmen,
her Ueber Wahrheit als Irrthum verwerfen denn feinem, Glauben
mmochte. Mit ihm hielt e6 der Dften und Norden, mit der freiern
Miät ber ceformirten Kirche der Welten und Süben bes weiten Ge:
wopa, auf dem der Proteflantismus ſich behauptete. — Durch über⸗
der Lehre umb des Gotteödienftes ſchloſſen ſich ber reformirten-Kicche
t beffern Hälfte der Schweiz und Genf feit 1535, ein großer Theil
ung, beſonders des üblichen Frankreichs (f. Hugenotten), Eng:
Iehaltung der hierarchiſchen Würden zuerft 1547, und nad; dem pas
Hmact unter ber Königin Marie 1555—58 für immer (f. Angli=
lirche), Schottland, mo Knor 1560 die preöbyterianifche Kirchen⸗
uch Geufs Mufter einfhhrte, und die Republik ber Vereinigten Nies
wit ihrer Freiheit zugleich ben Proteftantismus erfämpfte. (S. H 01:
Ya Siebenbürgen behielt bie Iutherifche Gonfeffion das übergewicht,
ing neben ihr auch ber Calvinismus ein, und in Polen, wo feit 1556
Kon zahlreichye Anhänger erhalten hatte, ſchloſſen Die beiben proteſtan⸗
Am nebft den maͤhriſchen Brüdern 1570 ben Friedensvergleich (con-
Eenbomic, ber fie zu dem unter b. Namen ber Diffidenten (f.d.)
auſchen Körper vereinigte. — Der Verſuch des Kurfürften Gebhard
582 fein Exzftife zu ceformiren, mußte bei der Unvorfichtigkeit feines
Hinz) mißlingen. — Wie fehr nun auch Lutheraner und Refor-
R Yeriode einander anfeindeten: die Hauptpunkte ber Lehre und des
v6, ven Beift und Namen twahrer Proteftanten hatten und haben fie
na a und jeder Fortſchritt in der Verbreitung der Reforma⸗
Gewinn für beide Parteien betrachtet werden. Gewiß ift es
2* nad dem Keligionsfrieden fortdauernde gegenfetige Spannung
mund Proteflanten die Verhaͤttniſſe herbeigeführt hat, in denen der
ige Krieg, rd), ſich „entzändete und d Deutſchland verwüſtete.
94 Reformation (Zolgen: der)
war. Die Gegenanftalten ihrer Feinde gaben ihr erſt Zuſammenhang
deutung. Die Angriffe leidenfchaftlicher und unverfländiger Gegner, d
und Gewaltfchritte des cömifchen Hofes, die lauten Stimmen bes Beifa
Nation trieben Luther's muthvolle Thaͤtigkeit weiter, als er je zu gehen
Umftände, deren Zufammentreffen menſchliche Weisheit weder veranfla
hindern Eonnte, begünftigten fein Unternehmen über alle Erwartung, e6 1
Kampfemit Widerfachern, deren Sieg kaum zweifelhaft fehien, mit inn
rungen, bie es in der Geburt zu erſticken drohten (Bauernkrieg, Wied
zu einer Macht und Höhe heran, die ihn felbft in Erſtaunen fegte. Nach
Fahren bes Fortgang der Meformation hing es nicht mehr von ihren St
welche Richtung fie nehmen follte; fie machte ſich feibft ihren Weg und fü
ihr Gelingen. Wer es weiß, mie in dem Gedränge von Ereigniflen, biı
formation begleiteten, die große Idee einer Wiedergeburt des echten Chriſt
eines heiligen Kampfes um ewige Güter vorgewaltet hat, ber wird nicht
fie für ein Werk aus Gott zu erklären, deffen Urfprung reine Wahrheitsl
fen Wachsthum die unverkennbarfte Probe eines himmlifhen Schuges
Einige Schriftfteller der neueften Zeit haben nad) ihrem lbertritte zur Bar
Kirche der neuen Mutter dadurch zu dienen geſucht, daß fie die Reform
Urheberin aller der lbel anklagten, die in den 3 legten Jahrh. über die Wi
ropas gelommen find. An den bürgerlichen Kriegen, die Frankreich,
Deutfchland und England in diefer Periode zerrütteten; an dem Blute di
ftanten, das kathol. Regenten und Inquifitoren mitten im Frieden verge
den Hinderniffen, die Parteigeift und Glaubenseifer feit der Mitte des 16
bis zum 18. den Kortfchritten der woiffenfchaftlichen Bildung in den We,
an dem Unglauben ber Kinder diefes legten Jahrh.; an der Schwäche
Lande, dem Unglüd Polens, den Graͤueln der franz. Revolution und den |
Tag ſpukenden Ideen des Jakobinismus foll das Wert Schuld fein, das
lem, was deutfcher Geift jemals hervorbrachte, das Größte und Ruͤhm
Allerdings hat die Reformation bei den politifchen und miffenfchaftlidyen 1
heiten der Zeit, in die ihre Folgen binabfloffen, mächtig mitgewirkt: ber
moralifche und bürgerliche Zuftand der europdifchen Völker in diefer Perio
hauptfächli von ihr und den Gegenwirkungen ihrer Gegner bebingt. |
nicht Mißhandlumg ber Gefchichte, die Nachwehen alter Übel, die die Refi
vorfand, den Drang dußerer Umftände, die Wirkung fremder Beweggri
man ihr beigefellte, bie Unbilden und Grauſamkeiten ihrer Widerfacher |
beizumefien ? — Das Menfchengefchledyt kann in keiner Richtung feines €
zum Vollkommenern Schritte vorwärts thun, ohne eine Zeitlang mit ſich
kaͤmpfen und jede Verbefferung theuer Ju erfaufen. Der ben Reformat
fchwebende Hauptgebanke, die urfprüngliche Freiheit des Glaubens und
dienftes von Menſchenſatzungen zuruͤckzufodern, Eonnte in der Einkleidun
ihm gaben, nur zum Beffern führen. Wo aber perfönliche Leidenfchaft u
nügige Politik, was urſpruͤnglich Zweck gewefen, zum Mittel ihrer Anſch
abmwürbigten, da mußte die Entweihung des Heiligen ſich unvermeiblid, |
nem Verfall und Äußeres Elend rächen. Doch foldye Ausartungen war
allgemein noch bleibend; nur mehr Auffehen erregten fie als der viel we
ende, nachhaltige Segen, ben das gereinigte Chriftenthum im Stillen fi
Daß hauptfächlich der Einfluß der Grundfäge des Proteftantismurs die d
fenden Verbefferungen bewirkte, die in der neuen Zeit faft auf allen Gebi
Lebens der eucopdifchen Menfchheit zu Stande gelommen find, erweifl
ſchichte durch Thatfacdyen. — Als Kirchenlehre galt vor der Reformation
haͤufung gelegentlich aufgefommener Beflimmungen, worin die Summe
gen Lehren und Saͤtze, welche dem göttlichen Anfehen der Priefterherrft
hund und Aberglauben: bald bängliche Scheu vor ber —*
den irdiſcher Neth und ewiger Verbammniß geruͤſteten geiſtüchen
Augenluſt an dem Schmucke der Kirchen und ihrer Prieſter, Bes
mer drachtvollen meiſt umverſtaͤndlichen kirchlichen Schaufpiele, bald
der Phantaſie mit allerlei Legenden und Wundergeſchichten, und ein
me der Gewohnheit, wie an ben Kugeln des Roſenkranzes, ablaufen:
Achten, Büßen, Zaften, Waufahrten und Dingeben reichlicher Spen⸗
mb Geldeörwerth, deffen Zrübfeligkeit und Mühe hier ein Schwan,
me Bertröftung erleichtern mußte. Und biefer mit unzähligen, dem
xerſtande biofgeftellten Geremonien uͤberladene Gottesbienft, ber, bei
anmöthiger Belehrung der Laien, ber einzige Anhalt ihrer Religiofis
‚wurde noch dazu an ben meiflen Orten von der Geiftlichkeit ſo kalt
Nendfig verrichtet, dag, wenn einzelne Fromme etwas von Theilnahme
kabel emıpfanben, die Kirche ſich das Verdienſt, ſolche Regungen er⸗
m, wur ſelten zuſchreiben durfte. Die Unwiſſenheit des gemeinen
Kim zwar bie Mängel feines Religionszuftandes, beffer Untercichtete
R, daß die durchgängige Bezlehung der Lehre auf den Vortheil des
uub des Tuitus auf die finnlichen Zeichen des ‚Heiligen, faft bie ganze
Bllubigen auf Dinge lenkte, bie zur chriſtlichen Gotteserfenutniß gar
hand eine waͤrdige Gottesverehrung keineswegs befsrbern. Kein
Nas Chriſtenthum in feiner bamaligen Mißgeftalt bei vielen ber vor⸗
m und Geiftlichen, deren Geſchmack ſich durch bie erneuerten claſſi⸗
Lusinet hatte, ein Gegenſtand entſchledener Beachtung geworben
brauchten ed nur als Mittel ihrer eigennügigen
*8. fid) dem Unternehmen einer Kirchenverbeſſerung, das fie für
d gefährlich hielten, mit einer Hartnädigkeit entgegen, bie alle Vor⸗
haied amad jeden Frieben&verfuch vereitelte. Wie ſchwer es auch Lu⸗
Heinging, bie chrifttiche Kirche von ber roͤmiſchen zu unterſcheiden:
Miche Bruch mit dem Papfte gab ben Reformatoren das Recht, bie
Imber, frembartiger Bekleibungen ber Religion in Lehre und Gottes:
uufen und ein Ghriftenthum herzuftellen, das keine Regel und Nah⸗
008 Reformation (Folgen der)
Volks. Tauſende von Zoͤglingen der hohen Schulen, von Freunden ber!
phie und des claffifchen Alterthums, von verftändigen Bürgern und Geld
ten, von Unzufricdenen in ber niedern Geiftlichkeit waren ſchon bereit, zue |
tung diefer Grundbfäge mitzumirken, Fürften und Adel, ja felbft einige
fühlten die Gewalt der Wahrheit, und die Luft zu Neuerungen erwacht
niedern Ständen fo ftark, daß man an mehren Orten auf nichts Geringe
ging al&gglie Bande zu fprengen. Diefe mächtige Wirkung ihrer erften M
munter die Meformatoren auf, den zweiten Schritt zur Herftellung ber!
Meligion dadurch zu thun, daß fie ihre Hinderniffe auch in den kirchlichen
wegräumten. Dazu gehörte der Wahn einer facramentalifchen Prieflerwe
das geiftliche Amt Über die Menfchheit erhob, einen bevorrechteten Sta
Geſetzgeber des Glaubens machte und jeden Mißbrauch der Kirchengewalt‘f
der Heiligen=, Reliquien - und Bilderdienft, der, wie er getrieben warb, bie
rung des unfichtbaren Gottes felbit beeinträchtigte; die Transfubftantiatie
Meffe, nad) der man den Sohn Gottes täglich durch Menſchenhaͤnde
und opfern ließ und die Anbetung der Hoftie rechtfertigte; dic legte Ölung
Seelenmeffen, die von der Zodesangft der Sterbenden und von ber Kraut
liebte Todte wucherliche Zinfen zogen, und eine Menge andrer Gebräude,i
Andacht zerſtuͤckelten und die Übung der Religion berabwürbigten. — D
wuͤrfe der Abgeſchmacktheit und Willkür, die der Gebildete fonft der Eizchikd
ligion madyen konnte, verloren auf dem Gebiete des Proteftantienus .b
Abſtellung diefer Mißbraͤuche ihren Sinn, und auch ſchwaͤchere Augen mugl
daran gemöhnen, ben Tempel der Wahrheit felbft zu fchauen, da das ſchu
Geruͤſte, mit dem die vergangenen Sahrhunderte ihn verbaut hatten, num
genommen war. Won abergläubifchen Märchen und ſchlauen Erfindun
Herrfchfucht richtete fich der religiöfe Glaube nun auf einen Gegenflanb, br
halten Eonnte, ohne den Gebrandy ber Vernunft aufzugeben, da bie ewige
heit des Evangeliums durch Luther's treffliche Verdeutſchung und treue Üben
gen in andre Sprachen, durch die auf feinen Grund gebauten Prebigten
turgien in den Landesfprachen, durch Katechismen und faßliche Lehrbuͤche
fälfcht zur allgemeinen Kenntniß kam. Zu feiner urfprimglichen Veftimm
rüdgeführt, widmete das chriſtliche Lehramt bei den Proteftanten ſich ausſi
der Sorge, das Wort Gottes zu erläutern und auf die Erbauung der G
anzuwenden, Schulen für die vermahrlofte Jugend zu errichten umd bie vı
nen zu verbeffen. Den hierarchiſchen Vorrechten entfagend, wodurch
Volke gefchieden geweſen waren, theilten die Lehrer der Religion alle ihr
dungsmittel und Segnungen mit den Laien. Jeder Proteftant erhielt bes
bes Kelchs im Abendmahle, jeder Eonnte die einfache Feier des Gottesbien
ftehen und in die heiligen Lieder mit einftimmen. &o gewann die Gott
rung, wo der Proteftantiemus Eingang fand, jene Einfalt, Wärme und J
£eit wieder, die fie unter ben erften Chriften gehabt hatte. Sie wurbe ein
fhaftliches Wert und ein um fo innigeres Band der Vereinigung mit G
unter einander, je Exäftiger das Gefühl, dieſen neu erworbenen Zuftand
ligion gegen Gefahren und Angriffe von Außen verteidigen zu müffen, bi
men ber Religiofität anfachte und zur Liebe gegen die Glaubensgenoſſen erm
Ganz unftreitig ging daher aus der Reformation keine Solge unmittelbare
als diefe von ihr verbreitete hellere Gotteserkenntniß und reinere Froͤmmigkei
die fonit der Phantafie und den Sinnen dienende Religion zu einem Geg
gruͤndlicher Einficht, freier Überzeugung und tiefer Empfindumg des Ber
macht hat. Nicht als ob diefer wohlthaͤtige Einfluß gleich allgemein und ı
dig zu Tage gekommen oder in feiner Periode der weitern Entwickelung bei
ſtantismus geſtoͤrt worden wäre: bie beften Ideen, die weifeften Anftalteı
ss0et yenupjuuan YrEumprJUVENy van vr Verde Mau Mau suırprenuyr
entſchuldigt, aber ber innen Ausbildung bes Proteftantiemus
ulidy war. Daher die Übereitungen ſtuͤrmiſcher Verbeſſerer, welche
toren nicht unſchaͤdlich machen konnten, ohne von ben Formen des vers
ltus um der Schwachen willen mehr beijubehalten, als eine folgerichs
ung ihrer Grundzüge zugelaffen hätte. Daher jene Meinungskrlege
m, bie nicht nur das Zufammenwirken ber ſchweizeriſchen Reformator
ſach ſiſchen hinderten, fondern aud) gewiffen minder wefentlicyen Lehr:
sorübergehenbe Wichtigkeit gaben, welche in ben fpäter beftimmten
befonders ber Rutheraner, merkliche Mißverhaͤltniſſe und Muttermäler
m Entflehung gebracht hat. Gerecht waren bie ftarten Erklärungen,
e echten Proteflanten ſich von allem Zufammenhange ihres Werkes mit
nifungen ber Wiebertäufer, den Schwärmereien ber Schwenk s
und den Willkuͤruchkeiten der Socinianer (f. d.) losgefagt haben.
ud) die Reformation vecanlaften, aber von ihrem fhriftmägigen Wege
m Secten näperten ſich erft nach vielen Verirrungen dem Geifte des
weflantismus in einigen Punkten, ohne ihren Grundirrthuͤmern zu ents
mm daß im Gebränge jener Streitigkeiten der Glaube manches evangel.
ia Halsftarrigkeit und Vorurtheil ausartete; daß bie unfelige Sectis
Berketerungeſucht fid bei einigen einſchlich; daß hauptſaͤchlich diefe
ia den adlaphoriflifchen und interimiftifchen Händeln von lutheriſchen
#g angefeindeten fogenannten Adiaphora — Altäre, Lichter, Bilder,
ie, Chorhemden, Oblaten, Privatbeichte, Erorcismus, und felbft die
Worte „Water Unfer” jtatt „Unfer Vater“ — in Folge ber krypto⸗
Unruhen zu Parteizeichen ber Lutheraner machte: dies kann hier um
weefchmiegen bleiben, je unverhältnigmäßigern Werth man biefen Din-
‚poei Jahrhunderte hindurch beigelegt hat. War jedoch das Streiten
her Religion Überhaupt ein aus der alten Kirche geerbtes Übel, dem bie
wm nur neue Öegenftände gab, fo konnte es am wenigſten ba unterbleis
ine neue Form des Glaubens zur Gewißheit und Gültigkeit kommen
Ieviel es zur Erreichung dieſes Endzwedlö beigetragen, wie heilfam es
mere Beitimmuma einzelner Seile der Rohre aemirft. melche Iehhafte
98 Reformation (Folgen dei) \
mahl noch Geheimniffe ehrten, während die Reformirten Alles dem Verſtam
terwarfen, brachte weſentliche Verfchiedenheiten in die Natur ihres religibſen
ned. Doch fand der Reichtfinn und Unglaube, den die kalte Gleichguͤltigkeit
Eatholifchen Großen in Stalien und Frankreich nährte, bei beiden Parteien nur:
Eingang. Sie meinten e8 viel zu ehrlich mit ihrem Glauben, fie waren zu gelb
von feinen Wahrheiten unterrichtet und uͤberzeugt, als daß ihnen das Deiligh
gleichgültig werden Bönnen; ja fie zeigten fi) bereit, wo e8 galt, Gut und
daranzufegen. Und genäht wurde diefer fromme Sinn durch die rührendei
lichkeit der Andachteübungen, die nicht nur die Gläubigen in der Kirche, fe
auch in ber Stille des Haufes die Familien um ihre Väter verfammelte. .
treue Gedaͤchtniß bewahrte reiche Schäge von biblifchen Sprüchen, von kern
geiftlichen Liedern, deren nie eine Kirche mehr und falbungsvollere befaß a
proteftantifcye in Deutfchland und Frankreich. Sie gingen beiebend vom 3
zu Mund, fie begleiteten die Bekenner des Evangeliums zu Ihren Geſchaͤfta
Unternehmungen, bei allen Abwechſelungen ihres Schickſals ale unzertrel
Gefährten, ernſte Erinnerer und Eräftige Troͤſter; fie thaten, nadı dem eigns
ftändniffe der Kathofifchen, dem Papfte mehr Abbruch als die gelehrteften C
ten der Neformatoren. Das fleifige Lefen der Bibel und der viel wirkenb
bauungöbücher von Arnd und andern Afceten erfeste in Zeiten, mo die Gtrel
ſich der Kanzeln bemächtigt hatte, Unzähligen den Mangel geiftreicher und
cher Predigten, und Spener fand unter den Laien nod) mehr als unter dent,
logen empfängliche Gemüther für feine frommen Wünfche und heilfamen |
fhläge. Durch diefen einflußreihen Mann gewann der religidfe Charakt.
evangel. Kirche neues Leben; eine erbaulichere Methode im Predigen und A
ferer Volksunterricht rief den im Dienfte des Buchftabens der ſymbollſchen E,
foft erftarrten Geift des Proteftantiemus wieder hervor. Wo der mit Sp
Bemühungen genau zufammenhangende Pietismus nicht in Trübfinn und‘
chelei außartete, hegte er Keime und Anftalten der Froͤmmigkeit, denen die
thuͤmliche Gottesfurcht, in der die Wäter des jest lebenden Geſchlechts aufes
wurden, vorzuͤglich zuzufchreiben ift. Ja feibft unferer Zeit, der nicht ohne E
vorgeworfen wird, daß fie die Bibel lieber meiftern als brauchen wolle, fe
unter Denen, bie weniger kluͤgeln und fchreiben als glauben und gehorchen,
an zahlreichen Beweifen, wie wohlthätig die Folgen der Reformation für bie
gioſitaͤt ihrer Sreunde fortwirken.
Nicht geringeres Verdienſt hat fie um die Sitten. Da zu der nodh |
wegs ganz uͤberwundenen Rohheit und Völlerei früherer Jahrhunderte im 3
vorzüglich unter den Geiftlichen jede Ausſchweifung der Wolluſt und Üppigke
ſellt hatte, griffen die Neformatoren diefen faulen Fleck am ftärfftn an. S
fie das Gefeg des blinden Gehorſams gegen den Papft und andere Kirchen
aufhoben, die Meinung von der Verdienftlichkeit der fogenannten guten 1
(willtärlihe Büßungen, Zaften, Schenkungen) und den Wahn, daß aͤuß
Beobachtung der Firchlichen Vorfchriften Tugend und ein Überbienft derſelben
mit — wie 1342 zu glauben verordnet worden mar — die Deiligen ben Sch
Kirche bereichert hätten, auch nur möglich fei, widerlegten, fegten fie das eı
fiteliche Urtheil der Einzelnen wieder in freie Bewegung und begründeten d
nem Begriffe, die die Proteftanten, flatt jener mit allen Laſtern verträglidy
galieät, Heiligkeit der Gefinnung und Unfhuld des Wandels als die Aufgabe
Lebens betrachten lehren. Mit jenen Grundirrthuͤmern der Kirchenmoral
Gebräuche zufammen, deren anfangs vielleicht wohlgemeinte Stiftumg ein
Sitten hoͤchſt verderbliche Praris zur Folge hatte: die Ohrenbeichte, die a
Mittel der Herrſchaft über die Gewiſſen und über die Familiengeheimniffe der
gebraudıt wurde; die Pönitenzen oder Kirchenftrafen, die man den Suͤnderr
Reformation (Folgen der) 99
ber Ablaß ober die Indulgenzen, wodurch man fie ihnen für gute Be:
eder abnahm; die Wallfahrten, zu denen Scharen troftbebürftiger Laien
den, um diefen Erlaß bei Gnadenbildern zu fuchen und fich gemein:
Ausihroeifungen zu ergeben. Indem die Reformatoren biefe Mif-
e die Sündenvergebung in den Augen des Volks für Geld feil machten,
ſtellten, entriffen fie der Unfittlichkeit den Schuß gefeslicher Dulbung,
ı die Bußfertigen an, das Heil ihrer Verſoͤhnung mit Gott allein durch
nd neuen Gehorfam zu fuchen. Und da fienun auch jene finftere Aſce⸗
anmenſchliche Seibftpeinigungen,, abftumpfende Einſamkeit, Armuth,
hmuz, Hunger und Elend, ja felbft privilegirte Bettelei und. Müßig:
wegefällige Dienfte und Stufen zur hoͤchſten Vollkommenheit ausgab ---
hädlichkeit darftellten; da fie die Kiöfter öffneten, Moͤnche und Nonnen
‚de entließen und den Lehrern der Religion die Che erlaubten: wurden
Schlage die Werkftätten des Aberglaubene, die Hauptfige ſtummer
ad verborgener Greuel, zerftört, eine Menge verfiimmerter Geſchoͤpfe
der Menfchheit wiedergegeben, und die umheiligen Flammen einer Brunft,
reichbegabte Naturen ſchmaͤhlich verzehrt, oder ſich durch Verführung
d gefättigt hatte, in die Schranken rechtmäßiger Neigung zuruͤckgefuͤhrt
förderungsmittel des Familienglücs verwandelt. So haben die Refor:
ndy Aufhebung des Coͤlibats und der Kiöfter die Natur wieder in die
efegt, die fie zu einer Pflegerin der Sittlichkeit machen. Daß fie ber
) die ihr aufgebrungene facramentalifche Unauflößlichfeit nahmen und
Faͤlle Scheidung geftatteten, war nur eine Maßregel zur Sicherftellung
Rechte, die der Würde des Eheftandes nie nachtheilig werden Bonnte,
ber Leichtfinn des gegenwärtigen Geſchlechts jene urfprünglich fehr ein-
Erlaubnig gemißbraudyt. — Was aber, nächft der Befeitigung folcher in
Icche gehegten Hinderniffe der Moralität, das Verdienft der Reforma⸗
Bitten in das hellſte Licht geftellt, ift die Thatſache, daß fie den genauen
hang der Religion mit dem täglichen Leben zur Anerkennung gebradıt,
Beggründe des Handelns gegeben, und das fittliche Gefühl, deſſen Wert
er, bei den proteftantifchen Völkern — ohnehin den ernfthaftern und
— zu einer Begeifterung angefadht hat, die In allen Zweigen dee öffent:
Kuslichen Lebens herrliche Früchte trug. Nicht nur gingen die Refor:
Bft mit den edelften Beifpielen moralifcher Würde und Pflichttreue voran,
ihren Anhängern erzeugte Die Kraft des Evangeliums und die Kenntniß,
kand von feinen Pflichten erhielt, jene Nechtlichkeit, Zucht und Selbft:
, die überall, wo der Proteftantismus obfiegte, dem gefellfchaftlichen
beffere Seftalt gab. Auf Gott und den Richter im eignen Innern zu:
a, erhoben ſich die vom Zwange menſchlichen Anſehens befreiten Gemuͤ⸗
Gewiſſenhaftigkeit, welche der Grundcharakter des mahren Proteftan-
Die Redlicykeit und der Edelfinn der evangelifchen Fuͤrſten befchämte
der römifchen Politit. Ein Heldenmuth, der für die Sache ber Wahr:
Irdiſche aufzuopfern wußte, eine Standhaftigkeit im Bekenntniſſe des
eine Freudigkeit ımter den härteften Drangfalen, eine Zuverficht und
Tode, deren Beiſpiele die Welt mit Bewunderung fah, zeigte fic un:
und Niedern. Im erften Schwunge diefes Heldenſinns wurden Tha⸗
und Tugenden ausgeübt, die an den Geift der Apoftel und erften chriſtli⸗
wer erinnerten. Die fpanifchen Inquiſitionsgerichte, die in den Nieder:
en die Evangelifchen wüıtheten, fahen ſich bewogen, von Öffentlichen zu ge:
michtungen Überzugehen, um dem Volke den Anblick der Seelengröfe
ectopfer zu entzichen. — Auf diefer Höhe Eonnte nun freilich die fittliche
4 der Proteflanten nicht lange bleiben, fchon manche der erften hatten
7*
100 - Reformation (Folgen der)
die Lofung der evangelifchen Freiheit zum Dedimantel eines wüften Lebens ge.
braucht, und je mehr bie Zahl der Proteftanten anwuchsl!, defto häufiger ga
unwuͤrdige Glieder in den Gemeinden. Über dem Dringen auf Rechtgläubk.
wurde, befonders unter Lutherifchen — denen e8 überhaupt an einer mohlgess-
ten Kirchenzucht fehlte — die fittliche Bildung bisweilen vernadhläffigt, unb.
und da nahm der Mißverftand von Luther's Kehre, daß ber Glaube allein felig m
gar Gelegenheit zur Beſchoͤnigung des Lafterhaften Wandeld. Aber ungen.
dieſer Mängel erhielt von den heilfamen Wirkungen der Meformation für die €,
lichkeit ihrer Anhänger immer noch mehr, als der neuerding6 über die Zeit ver
Mitte des 16. bis zum Ende des 17. Jahrh. twiederholt verhängte Tadel zuge.
mag, Beſtand und Dauer. Den fchneliften Eingang hatte fie in dem durch
Verfaſſung der Städte zu felbftändiger Würde gelangten Bürgerftande gefun,
weichem die proteftantifche Geiftlichkeit fidy num durch Gemeinſchaft der keh
weife, der Intereffen und $amilienbande innig anfchloß. Der von ihr mel
gerufene fittliche Geift wurzelte tief und bleibend bei diefer zahlreichen, vor «u.
blühenden Glaffe des Volks. In den Städten wurden Anftalten zum Unteg
der Jugend und zur Verforgung der Armen gegründet, Sittengefege gegeben.
Einrichtungen zu Bewahrung geziemender Ehrbarkeit getroffen, - unter deren
fluffe die Tugenden der Ordnungsliebe, Mäßigkeit und Sparfamleit geh”
der durch Abfchaffung überflüffiger Fefttage geförderte Gemerbfleiß fich frei
fröhlich, regte, und eine Öffentliche Meinung ſich ausbildete, die folhe Stu
Lauterkeit und Gewalt über die Seclen fonft nirgends erhalten hat, als und,
Proteftanten. Dffenbar gewannen hierin die Reformirten den Vorzug vor
Zutherifchen. Die reformirte Schweiz, insbefondere Genf, wo Calvin die.
chenzudyt angeordnet und ein Eittengeriht aus Geiftlihen und Laien eins
hatte, gab ein in feiner Art einziges Beifpiel von Reinheit der Sitten, best
franz., bolländ. und die presbyterianifchen Gemeinden in Schottland und Erz
nachfolgten. Wie heilfam und nachhaltig jedoch die Wirkung der Reformatior
den Zuftand der Sitten ihrer Anhänger überhaupt war und noch ift, hat BER
die neuern Zeiten der Abſtich kathol. Linder von den proteftantifchen jedem Ru
ten gezeigt. Wenn er in jenen meiftentheils vorherrfchende Sinnlichkeit, Ro!
Schmuz, Trägheit, Bettelei und Unordnung im öffentlichen und häuslicher
fen fieht, empfangen ihn in dieſen faft überall wohleingerichtete Verfaffungen,
liche Anftalten des Gemeingeiſtes, edlere Formen des Lebensgenuffes, gefl
nüchterne, teinliche, arbeitfame Menfchen, deren wohlgeordnetes Verhalten, |
Mirthfchaftlichkeit und haͤusliches Gluͤck achtunggebietende Zeugen ihres er
Sinnes und ihrer moralifchen Bildung find. -—- Daß diefe Züge eines ver
ten Zuftandes der Sitten ſich in den Eleinen Gemeinden der Herrnhuter, Meti
ften und ähnlicher proteftantifchen Secten, welche mehr oder minder die mufter!
Kirchenzucht der mährifchen Brüder angenommen haben, weit volltommener ı
nigen als in den weitumfaflenden Sprengeln der beiden evangelifhen Haup
teien, wird nicht befremben. - - Ob e8 aber nun beffer fei, der unbefchräntten :
beit, welche die evangel. Kirche ihren Gliedern im ſittlichen Handeln läßt; 1
Maßregeln einer firengern Zucht Grenzen zu feßen, ober, wie bisher, von der J
des göttlichen Wortes allein die Srüchte wahrer Befferung zu erwarten, wagen
nicht zu entfcheiden. Genf behauptet nicht mehr den alten Ruhm feiner fire
Sitten; die reformirte Kirche ſieht jegt der Iutherifchen in Hinficht der Sitter
durchaus ähnlih. Den Zwang pietiftifcher Bußanftalten hat die heitere €
hungsweiſe der Neuern abgeworfen ; felbft die fromme Brüdergemeinde fäng
über das Streben ihrer jingern Glieder nad) Ungebundenheit zu Magen. Ein
drer, freier, ja hier und da zuͤgelloſer Zeitgeift gebjetet Über die Kebensorb:
und Handlungsweife der Proteftanten, und von den Folgen der Meformation fü
Reformation (Folgen der) 101
ft der ihr ergebenen Völker blieb dem heutigen Geſchlechte kaum etwas
was, wie jene häuslichen und bürgerlichen Tugenden, in ihre Nationali⸗
hfen oder in den Grundfägen ihres Lehrbegriffe aufbehalten if. Doch
bauptfäcdhlich von der Reformation bedingten BolkseigenthümlichEeiten,
durch fie geltend gewordenen und jetzt'in der Wiffenfchaft herrlich ent:
trinen Grundfäge der Moral bezeugen, daß ihre Geiſt noch lebt und
twirkt, wenn audy ihre Kormen einer neuen Ordnung der Dinge weichen.
gfamer, aber viel freier als auf andern Gebieten des Lebens der Prote:
ſchehen Eonnte, haben die Kolgen der Reformation ſich auf dem Felde der
[haft entwidelt. Die Befhäftigung mit den claffifchen Alten war im
v8 16. Jahrh. nur ein geiftiger Lurus weniger Vornehmen und Gelehr⸗
fie mußte e& bleiben, two ber Papismus galt, der wol diefe Lecture, aber
ı die pbilofophifchen Kolgerungen und praftifchen Anwendungen davon
n unterworfene Gegenwart dulden Eonnte, ohne fid) felbft zu zeritören.
thot daher ſchon 1515 den Drud von Überfegungen der Alten in die Lan:
na, während er die Humaniſten ſelbſt ſchuͤtzte und koͤniglich belohnte.
ı mochte zu Bologna die Brundlofigkeit der wichtigften Religionslehren
Befihtspunfte der philofophifchen Erkenntniß lehren: man überließ e6
m Mönchen, ſich mit ihm zu meffen. Peter Aretin mochte feinen Wit
ı Spottfchriften und unzuͤchtigen Gedichten auslaſſen: Leo X. und feine
r überhäuften ihn dafuͤr mit Ehre und Reichthum, und Rom nannte die:
mer an Zafter und Bosheit den Göttlihen. Die Wiffenfhaften moch:
mpt Pflegerinnen des Unglaubens und Sittenverderbend werden, wenn
Zweifel am Primat des Papftes in Umlauf und kein Strahl vernünfti:
kt unter das Volk kam. Mit der gelehrten Schwelgerei, zu der Stalien bie
edten Alten gebrauchte, ging eine planmäßige Verfinfterungsfucht Hand
Es fehlte wenig, daß nicht die heilige Schrift, von der faum Einer im
größten Sprengel das Original kannte, felbft in ben Inder ber verbotes
er geroorfen wurde, in den fchon alle Überfegungen, außer ber lateln.
Mon, gehörten. Die Seiftlichen, die gegen Reudjlin das Wort führen
wıßten von keinem Neuen Teftamente in griech. Sprache und hielten das
gar für eine argliftig erfonnene Hexenſprache. Die Philofophie der
er folgte dem Ariſtoteles; doch nicht dem Lehrer des Alerander felbft,
kem Gewebe unfruchtbarer Subtilitäten und abenteuerlicher Erörterun:
von feinen Pflegern Ariftotelifche Weisheit, von Luther aber mit Recht
‚ Palter, todter Hund genannt wurde. — Hatte alfo auch das Studium
Bpradhen, der allgemeine Gebraudy der lateinifchen ald Mittel des ge:
rkehrs, und die Erfindung der Buchdruderkunft den Anbau der Wiffen:
whereitet: das Element, in dem fie allein gedeihen können, und die Rich:
Bemeinnuͤtzigkeit erhielten fie erft Durch die Reformation. Diefe zerbrach
s der Vormundſchaft, die eine verfinfternde Pricfterherrfchaft über Die
wäbte, nahm der Geiftlichkeit das fchlecht benutzte Monopol der Gelehr:
gründete und fchügte die Sreiheit der Gedanken und ber Preffe, weckte
echungsgeift und die Wißbegierde, und öffnete der Kritik in allen Zwei:
zeenntniß eine ſchrankenloſe Bahn, auf welcher die von ihr gefchaffene
ige Republik der Gelehrten ihre Geſetze fand und ihre Eroberungen
Mochten unter den erſten Vordermännern berfelben ruhige Weile fein,
Erasmus, der alten Kirche ergeben blieben: gedient haben jie ihr nicht,
ihre Srundfäge, durch ihr Streben, durch den Geift ihrer Werke gehoͤr⸗
Rreitig den Evangelifchen an. Das Princip der Freiheit von jedem menſch⸗
fehen hatte diefen einmal die Grundlage aller wiffenfchaftlichen Bildung
ade gegeben; die Schulen und Univerfititen — die fie verbefferten, N:
102 Reformation (Kolgen der)
teten, enge mit einander verbanden und durch neue Zufluͤſſe aus ben erledi
Stiftern bereicherten — wurden Kreiftitten des Lichts, aus benen der Gelehr
ftand ſich eine viel größere und gründlicher gebildete Zahl neuer Glieder heray
als ihm fonft aus den Unterrichtsanftalten der alten Kicche zugemachfen war. :
durch Aufitellung der Bibel, als alleiniger Glaubensregel, begründete Pflicht 4
Theologen, ihren griech. und hebr. Text zu verftehen, führte die Proteftantem:
ſelbſt zur allgemeinen Befchäftigung mit der Sprache Homer’s und Plato’s, m
Reuchlin eben erft den Deutfchen empfohlen hatte, und zum Anbau ber orien
(chen Literatur, von der damals nur Araber und Zuden etwas wußten. 4
Menge alter Dandfchriften grieh. und lat. Werke, die man bisher entweber:
nicht oder doch nur einfeitig gekannt hatte, Fam aus den beftäubten Biblioth
der aufgelöften Kiöfter zum Worfchein und durch den Eritifchen Fleiß meift pı
ftantifcher Gelehrten in den Öffentlichen Gebrauh. Mit jugendlicher Kraft-
Friſche entfaltete fich ein neues Leben der Wiffenfchaft in der Zeit, wo Mela
thon — der durch feine Studien nur felbft weifer und beffer werben wollte —
der thätige, kuͤhne Calvin die Lehrer Deutfchlands und Frankreichs waren.
fallend hat diefer Segen der Reformation ſich durch die Thatſache bewährt,
ihrem Beginn das füdliche Deutfchland dem nördlichen an literarifcher BR
überlegen gemwefen, und ein halbes Jahrh. fpäter — mo der Proteftantismug
Norden obfiegte — das umgekehrte Verhaͤltniß eingetreten; und dag uͤberh
feit jener Zeit das proteftantifche Gebiet von Europa dem Eatholifchen in mg
Geiftesbildung weit vorausgeeilt ift. — Indeß gab es auch einen Stillſtan
Aufklaͤrung, den die unverftändige Lutherthumelei, das Kleben am Buchſtabeh
Goncorbienformel und die oft Bleinliche Zankluft der Theologen in der evangefif
Kirche verurſachte. Das Fortfchreiten der wiffenfchaftlichen Bildung hat der €
jener fteifen, ftreitluftigen Orthodoxie ohne Zweifel gehemmt. Zwar erhielt et
frei von den Schwärmereien ber Wiedertäufer, die alle Gelehrſamkeit verwar
aber er gab doch der akademiſchen Studienweife und literarifchen Thaͤtigkeit
lange Zeit eine verkehrte Richtung, er umfchloß die gelehrte Welt mit zunftae!
Schranken, verfchuldete das Eindringen eines todten Schlendrians in bie vor
Reformatoren aufgerichteten Volksſchulen, und brachte in die kirchlichen Xı
ftatt helldenkender gemeinnügiger Lehrer der Neligion, häufig nur ungelente
ter, von denen felten ein faßlicher praktifcher Vortrag zu hören war. — Viel |
erfüllten die reformirten Gelehrten im 17. Jahrh. ihre Beftimmung. Bon £
fo enge begrenzten Lehrform gedrüdt, ungeachtet aller Ehrfurcht, die den M
eines Zwingli, Galvin, Beza, DEolampadius u. f. w. gebührte, doc) an ihre R
nicht firenge gebunden, führten fie da von diefen großen Männern begonnene $
feiner Vollendung näher, zeigten fie fich in ihren Nachforfchungen freier, in &
Eifer gemäßigter als die Lutherifchen. Nur die Epode der dorbrechter St
beweift, daß es auch unter den Reformirten Andächtelei und unverftändigen €
benseifer gab. Doc, füllen die berühmten Namen reformirter Philologen,
geten, Kritiker, Philofophen, Rechtslehrer und Hiſtoriker den bei weiten ſchoͤ
und reichften Theil der Bildungsgefchichte dieſes Jahrh. aus. Gründliche Gel
hatte damals zwar auch bie lutherifche Kirche, aber an Geift und Geſchmack
den die meiften tief unter den Helden der Literatur, die die reformirte zum Th
Frankreich, mehr noch in Holland und England zählte. Erſt im 18. Jahrh.
mochte jene fich im Wetteifer mit dieſer zu meffen, ja feit der Mitte deffelbe
durch ihre Verdienfte um die theologifchen, biftorifchen, philofophifchen und z
logifhen MWiffenfchaften noch zu überflügeln, fobag man mit Recht fügen E
„Die Ströme des Lichts, das dem Proteftantiömus eigenthuͤmlich ift, machter
feiner Wiege aus den Weg durch die Ränder der Kreiheit, um, nach beinahe
Jahrhunderten, mit neuem Vorrathe bereichert, zu ihr zuruͤckzukehren untl
Reformation (Folgen der) 105
Boden neue herrlichere Schöpfungen hervorzubringen”. Denn ganz un:
d es feine Grunbfäge, bie in diefem Gange ihrer Entwidelung mehre
ſenſchaften, wie die Kritik des Tertes der heil. Schrift, die Hermeneuti,
1, das Studium der chriſtlichen und orientalifchen Alterthuͤmer, die chriſt⸗
H, das Staats, Naturs und Völkerrecht exit gefchaffen — andere, wie
sphie (die der Proteflantismus von den fcholaftifchen Feſſeln befreite), die
(dev er neuen Stoff, gefundere Logik und mphlthätigen Einfluß auf die
wadyen gab), die Jurisprudenz (die er aus der Dienftbarkeit päpfti. Sa⸗
fe und auf die Natur und Geſchichte bes Menſchen bauen lehrte), die
b Kirchengefchichte (die er reicher, unbefangener und muthiger machte),
sie und Naturwiſſenſchaft (die er aus den Schranken geheiligter Irr⸗
morzog und gegen den Aberglauben ins Feld ftellte), weſentlich verbeffert
nem Leben befeelt haben. — Wie fehr auch bie Jeſuiten fich anſtreng⸗
fen su machen, in weichem Widerſpruche das Papftthum mit bem Zeit:
, und den wiffenfchaftlichen Ruhm der Proteftanten zu überbieten: zu
an es ihrer Willkür in der Behandlung der Alten, ihren Verdrehungen
yeit in der Philofophie und Gefchichte, ihrer fchlaffen Moral und feichten
an, daß es ihnen nicht um die Ehre Gottes, noch um die Würde der Wif:
indern lediglich um irdifche Nebenzwecke zu thun war. Und in ihrer eig:
mußte der ohne bie Reformation wol ſchwerlich ins Leben gefommene,
m und Moral ungemein wichtige Sanfenismus aufltehen, um ihre Btöße
a und dieſe gefährlichften Gegner der Proteflanten mit ihren eignen
s f(hiagen. Ja, ihrem ganzen Orden bereitete die Aufklärung, ber fie
mebeitet hatten, dem Untergang; und während ihre Kirche an der Luͤcke,
e Aufbebung im öffentlichen Unterrichtöwefen machte, mit Reue wahr:
ehabe ihnen zu viel vertraut‘‘, fiel aus den Höhen der proteftantifchen
weit ein Blick der Liebe auf die lange vergeffene, der frommen Bemühun:
Retismus wenig froh gewordene Jugend der Niedern im Volke. Die
bar Sußerte nun erſt ihren umfaffendften Einfluß auf die Geiftesbilbung
Ben durch die zweckmaͤßige Verbefferung der Stadt: und Lanbfchulen,
land und Deutſchland das Meiſte thaten, durch die Verbreitung gemein:
kantniffe, heller Einfichten und belebender Ideen in ber Maffe des Vol:
klarholifches Land kann feinen Pöbel in diefer Hinficht mit den unterften
ber proteftantifchen Linder vergleichen; und während dort felbft der Mit
ıder Regel nur die nothbärftigften Fertigkeiten für den Betrieb der Ges
inet, iſt er hier Pfleger der Literatur und durch die geſchaͤftigen Haͤnde
ungöfchreiber, Journaliſten und populairen Schriftftellee Regent der
a Meinung. Alſo mol fpät, aber defto vollſtaͤndiger und durchgreifender
fermation ihre beilfamen Folgen für die Ausbildung der Wiffenfchaften,
rtgang ber Aufklaͤrung geäußert.
die Künfte, die im Gefolge der Wiffenfchaften erwähnt zu werben pfle⸗
te die Reformation minder vortheilhaft. Sie räumte die Bilder aus den
ud nahm der Meffe ihren dramatiſch-muſikaliſchen Reis; fie ſchwaͤchte
Uermaͤchtige Phantafie und fegte die Vernunft in ihre Rechte cin; fie
Borzug bes Guten vor dem Schönen erkennen, und eine Ehre darin fin:
nalichen Mittel der Ruͤhrung zu verfchmähen und des dufern Schmudes
pm. Ungeſtraft Eonnte diefe Härte gegen die Künfte nicht bieiben, die
ker Verbindung mit der Religion riß und des Antheild an der öffentli:
hung beraubte, den der Katholicismus ihnen vergönnt hatte. Noch mehr
theriſchen, die mandye Schildereien in den Kirchen ließen und ihre Sefte
eNMuſit begehen, blieben daher die Neformirten hinter den Katholiſchen
ung der ſchoͤnen Kuͤnſte zurück; denn dieſe fliehen felbft da8 Land, wo man,
104 - Reformation (Folgen der)
was eitel an ihnen ift, nicht ſchonen mag. Doch fchränkte ja auch die Her
Proteftantismus ſich faft ganz auf einen rauhern Himmelsſtrich ein, de
denden Künften nie fo hold gewefen ift ald der Suͤden; und die Denk
Alterthums, die der Nordländer anfchaut, find nicht Mufter des Schi
die Göttergeftalten, die dem ital. Boden entfliegen. Da aber Gelehrte «
ftantifchen Ländern den Römern dieſe Geftalten erft erklären und ihre t
auseinanderfegen mußten, zeigte fi) weniaftens, daß ber Umgang mit
fchen Alten auch dort den Sinn für das Schöne wedt und, wenn den
des Südens das Naturgefühl des Schönen gegeben ift, der Denker bes
das Verftändniß deffelben hat. — Guͤnſtig war dagegen ber Proteftanti
Dichtkunſt und Beredtfamkeit, da er zu heil. Poefien begeifterte, die Pr
Haupttheile, ja zur Seele des Sottesdienfted machte, und durch bie Ei
der Landesfprachen in die Kiturgie diefen eine Würde gab, die zur Ausbi
Nationalliteratur der ihm ergebenen Völker bedeutend mitgewirkt hat. «
Niemand den Sottesdienft der Proteflanten traurig und troden nennen,
Geſaͤnge hörte, den Reiz der eignen Theilnahme kennt, und Gelegenheit
bemerken, „daß die Gottesverehrung der Brüdergemeinde, bie einfad
allen, auch die rührendfte und gemüthlichfte iſt“. — Nicht weniger haben
lihen Künfte, in denen der Gewerbfleiß ſich verfucht und das Keben de
neue Quellen bed Genuffe® und der Bequemlichkeit findet, durch die Ne
gewonnen. Sie weckte den Sinn bes Ernſtes, der Genauigkeit und A
fie beförderte den freien Handel, den vielfeitigen Verkehr und den Wohift:
den der Kunftfleiß nicht gebeihen kann; und England, das nördliche De
die Schweiz, felbft jene franz. Reformirten, die mit ihren Talenten unter d
deuticher Fürften flüchteten, haben bewiefen, daß in diefer Hinficht fe
Volk ſich mit ihnen meffen fann.
Am ſichtbarſten, und in der Gefchichte fchon längft am lauteſten «
wurde unter den Kolgen ber Reformation ihr Einfluß auf den Staat. 1
gimftigung ihrer Maßregeln und Grundfäge hat er die Kirche nicht bi
aufgenommen, fondern auch, wie jegt oft fchmerzlicy empfunden wird, ı
fhlungen. Auf einen folhen Erfolg war es von den Reformatoren fre
abgefehen ; ohne allen politifchen Zweck erhielt ihr Werk erſt durch daı
feines Dauptfeindes nach mweltlicher Herrſchaft politifhe Bedeutung ı
tung. Ein großer Theil jener Mißbräuche der alten Religioneverfa
worin alle Stände, felbft wohldenkende Seiftliche, Grund fanden, auf ei
mation der Kirche zu dringen — rührte von dem politifchen Anmafungen
füchtigen Foderungen ber Päpfte ber. Bon ihnen follten nicht nur die C
fondern auch die Völker und Kürften abhängig fein; ihnen mußten
mancherlei von Jahrh. zu Jahrh. durch neue Erfindungen der Geldgier
ten Ziteln, Abgaben gewähren, die die fürftt. Einkünfte überwogen; un
Einfluſſe ftand felbft, durch den immer weiter ausgedehnten Umfang di
Gerichtsbarkeit und der kirchlichen Gabinetsjuftiz, welche die paͤpſtl. Leo
Nachtheil der Bifchöfe ausuͤbten, ein großer Theil der öffentlichen Ret
Die Fuͤrſten waren baher fehr befdyränkt und in der Ausübung der R
die Natur des Staats ihnen zutheilt, unaufhörlich durch die Kirche gehi
ſich ihnen als Staat im Staate entgegenftellte. Nur Frankreichs Könic
gen ſich in diefer Hinficht zu einer geſetzlich befeftigten, ehrenvollen Stel
por. Die Mafle des Volkes war unterdrüdt, in den Verwaltungen
überall mehr Willkür und perſoͤnliches Anfehen als gefegliche Ordnung,
ein wilder, gewaltthätiger Geift, der die übrigen Stände befehdete unt
erzwungen zur Anerfennung fremder Mechte verftand. Kein Wunder,
tiefen Umftänden das Zauberwort der evangelifchen Freiheit mit ber buͤ
Reformation (Folgen der) 105
zab dem geplagten Landvolke eine Lofung zum Aufruhr wurde. Dens
eSchuld, den Bauernkrieg verurfacht zu haben, ebenfo wenig als das
wiehnen der Wiedertäufer gegen alle bürgerliche Ordnung, auf bie
a fallen, bie diefe Ausſchweifungen vielmehr nachdruͤcklich mißbillig⸗
h Wort und That beitrugen, ihnen zu feuern. — Diefe weifen Maͤn⸗
so ihre Borfchritte in das bürgerliche Leben und die Verhältniffe bis:
Rechte eingriffen, mit einer Mäfigung zu Werke, die ihnen das Ver:
fürſten und Obrigleiten erwarb; dreiſter allerding6 die Schweizer
nberger, doc) begünftigt von republitanifchen Formen, unter Zu⸗
t Regierenden, und immer mit Achtung gegen erweisliches Recht.
von unten auf ging man im proteftantifhen Deutfchland und in der
Kirchenverbefferung über; die Gemeinden, befonder& bie flädtifchen,
it ihren Obrigleiten erſt für ſich nach eignem Gewiſſen und gutem
fermatoren; die Fuͤrſten genehmigten, und kamen mit der Einrich⸗
ber Anftalten nach, um ben Eirchlichen Zuftand ihrer Unterthanen in
sung zu bringen. So gedieh die neue Ordnung der Dinge ohne
ein Werk des Volksgeiſtes, der allgemein empfundenen Bebürfniffe
e. In Preußen, Schweden, Dänemark, England und andern fpäter
dentſchen Staaten änderten die Fuͤrſten elgenmächtiger, und ihre Voͤl⸗
bmur allmälig in die aufgenöthigte neue Forn. Wo das Regiment
eb, ergriffen die Freunde der Wahrheit ihre Ideen als ein verftohlenes
wilen des gereinigten Gottesbienftes im Stillen als einer unfihern
whfeinden Gluͤcks. Die Sürften entband bie Reformation aller ber
dBeſchwerden, welche bie Abhängigkeit von einer aufwärtigen geift:
tihnen aufgelegt hatte. Sie wurden alleinige Herren in ihren Ländern ;
uſchen, da die Verſuche der Kalfer, das Reich in eine Monarchie zu
‚me ihrem Vortheile ausfchlugen. Sie eriwarben nun felbft die bis
d die ihnen fonft befchränkend gegenüber geftanden, und bie Mittel
züe fonft der Kirche gedient hatten, kamen, foreit der Proteftantie-
Btrauch zulaͤßt, in ihre Hände. Sie vermehrten durch die Ruͤckkehr
It in die bürgerliche Geſellſchaft die Zahl ihrer Unterthanen und —
wr Aufſicht und bei den aufgehobenen Kiöftern und Stiftern auch ih⸗
kfügung anheimgefallene Kichengut; durch die Summen, die fonft
Rome, die Betriebſamkeit der Legaten, das Recht auswaͤrtiger Erz:
| Terminiren der Bettelmöndye und die Verbindung der Orden mit
an aus dem Lande gezogen hatten und nım barin blieben; durch die
des neu belebten Fleißes im Handel, Gewerbe und Aderbau; ja, auch
lawachs der Bevölkerung, den die Einwanderung vertviebener Glau⸗
ihnen verfchaffte — über alle Berechnung den Umfang ihrer Staats⸗
wa Wohlſtand ihrer Völker. Nun Eonnten fie ihr Finanzweſen ord-
sstäwirthfchaft verbeffern, ihre bewaffnete Macht vergrößern und für
Naumgökriege, bie ihnen bevorftanden, hinlänglidye Mittel in Bereit⸗
L Und da die Sache der Religion, die bis zum weſtfaͤliſchen Frieden das
fe der Staatsbündniffe und Kriege und daher auch der Hauptgegen:
Rüftungen blieb oder hieß, auch die erfte Derzensangelegenheit jedes
ver, wagte bie Begeifterung des Volkes Gut und Blut an den Fort:
laternehmungen. So wurden bie proteftantifhen Fürften groß, und
m geringem Umfange erhielten ein hohes politifches Gericht, das fie
' der Reformation zu danken hatten. Die Kirche gewann ducch die
g — vole unter den vorhergehenden Gefi ichtspunkten des
hen und mwiffenfchaftlichen Lebens gezeigt worden ift — im Geifti-
Dre geitlichen Güter verlor fie an die Fürften, erhielt aber einen großen
106. Reformation (Kolgen der)
Theit derfelben zu zwwedtmäßigerer Anwendung wieber, da aus dem Erbe dr
Kicche die Fonds Öffentlicher Bildungsanſtalten vermehrt, neuere und bel
fiftet, Waifenhäufer und Hofpitäler angelegt, Belohnungen für verbier
lehrte und Zuſchuͤſſe zum Einkommen der ſchlechtbedachten niedern Gef:
ausgemittelt wurden. Der Höhere büßte freilich die ergiebigften Pfekmb-
aber zum Theil hörte er auch auf zu fein, und die neu eingefegten Ephes:
Pröpfte hatten die Reize geiftlicher Sinecuren nie gekannt. Auf jeden 4
biefe Veränderung von Überwiegendem Nutzen, infofern dadurch das 3.
gut aus todten Händen in lebendige kam. Nur wird Niemand die adelige
tularen in den evangel. Stiftern darunter rechnen, da doch nicht® als das
Verdienſt ihrer eilfertigen Belehrung und der unverantwortliche Einfluß %-
burt ihnen den müßigen Genuß von Pfründen ficherte, denen eine folgen:
wendung der Grunbfäge des Evangeliums viel edlere Beflimmungen gege-
ben würde. Mit dem Kirchengute kamen auch die Perfonen der Geiftlidk:
fürftt. Botmaͤßigkeit — ein Schickſal, das ihnen auf der einen Seite 8.
der Lehofreiheit und felbfländigern Bewegung in ihren Amtern zumenb.
ber andern aber auch ihr Außerliches Anfehen verminderte, fie von Beh:
denen weltliche Räthe das Übergewicht haben, abhängig machte und bei fe
tender Ausdehnung des Landeshoheitsſyſtems manchen Emiedrigungen —
Demm diefes in der Anwendung proteflantifcher Brundfäge auf die bürgerfl
ſellſchaft allerdings gegründete Syſtem der Unterordnung der Kirche m
Staat macht biefen zum Auffeher über die Gleichfoͤrmigkeit des Lehrbegel
die Amtöführung der Geiftlihen, zum Gefeggeber in den Formen bed '
bienfte® und der Kirchenverfüffung, zum Berwalter des Kirchengutes ze
Berleiper der Amter. Indeß ift der Zuftand der proteftantifchen Kirchen
fer Hinficht immer noch einem Proviforium ähnlich, bei dem Vieles nc
Drange der Umftänbe, oder nach Örtlichem Herfommen, und daher ſehr
kommen geordnet, aber auch keineswegs alle Hoffnung eines redhtlichern *
gelmäßigern Zuftandes aufzugeben ift. Die proteftantifchen Fuͤrſten hau
der ihnen vermöge des feit Thomafius wiſſenſchaftlich gerechtfertigten Tes
foftems zuftehenden Rechte im Ganzen mit Mäßigung und felten in volf'
fange bedient. — Von ganz nur auf die Iutherifche Kicche anmenbbarez!
weicht das bürgerliche Verhältniß der reformirten merklich ab. Gie |
auch auf dem ihr eigenthämlichen Gebiete nicht alleinige Erbin der altez
gerefen, und wo ihre Gemeinden fich als fremde Ankoͤmmlinge einheimife
ten, ganz ohne Antheil an diefer Verlaffenfchaft geblieben; aber da fie in
Eanifchen Staaten entftand, kam ihre Regierung mehr in die Hinde der &
den als ber Obrigfeiten, und ihre Geiftlichen wurden abhängiger von je
von diefen. In monarchiſchen Staaten, 3. B. im Preußifchen und felbf
nigen ariftofratifchen Kantonen der Schweiz, hat fie jedoch, biß auf den nre
weniger befchränften Antheil der Gemeinden am Kitchenregimente und
England beibehaltene Episkopalhierarchie, eine der Lutherifchen ähnliche
fung. Überdies ift, ungeachtet der Übereinftimmung in den Hauptbe;iehur
proteftantifchen Kirche zum Staate, dieſes Verhaͤltniß fo munnigfaltig g
und fo fehr von den politifchen Grenzen abhängig, daß eigentlich fo wenig
therifche als die reformirte ein dußerlich verbundenes kirchliches Ganze aud
fondern jede in mehre Nationalkirchen zerfällt, die fich in gemifchten Staat
den kirchlichen Anſtalten andrer Confeffionen brüderlicy vertragen müffen ur
tereinander nur durch geiftige Bande zufammenhängen. Im Staate find für
weiter als moraliſch⸗religioͤſe Anftalten obne bürgerliche Selbftändigkeit,
Diener vergeffen müffen, daß ber veränderte Zeitgeift Ihnen das Anfehen u
Einfluß auf die Fürften, deſſen fich die proteftantifchen Theologen bes 1
Reformation (Folgen ber) 107
ı Zbeil bes 17. Jahrh. erfreuten, genommen hat. Das Volk endlich
des Einfluffed der Reformation auf den Staat, williger geborchen
irgerlihem Gemeingeift erheben gelernt. Denn wie fehr auch die
R Zürften und Obrigkeiten ihre Rechte erweiterten und in einem viel
‚Eirme Herren ihrer Lande wurden als fie es vor der Reformation
raid fie auch die Laſt der Öffentlichen Abgaben verboppelten; wie tief
waͤrtige Verbindungen und politifche Händel verwickelt wurden, die
u gefahrvolien Kriegen nöthigten: in der Regel theilten fie doch auch
Gefinnungen und allgemeinen Intereſſen ihrer Völker; fie lernten
ageſium, deflen wiedererrungenes Licht ihren Kronen neuen Glanz
chten beffer Eennen, die Menſchenwuͤrde der Einzelnen höher fchägen
men der öffentlihen Meinung achten, deren Tadel oder Beifall ber
ihrer Unternehmungen und Liber ihren Plag in der Gefchichte ent:
m als ein Gegengewicht ber Fürftengewalt entwidelte der freie Geift
ien jene unabhängige Macht der Wernunft, die von dem Wider:
menfchliches Anfehen in Sachen des Glaubens zur Unterfuchung
der Staatsgewalt fortfchritt; jene ruͤckſichtsloſe Philofophie Uber
n Berhältniffe, die die Rechte aller Stände ermog und dem Staats:
tur: und Völkerrecht entgegenftellte; jene jegt von ben Verehrern
bhte und des Papftthums alles Unheils befchuldigten liberalen SSbeen
sechten, die aus den Schriften der Weltweifen in die Kreife der ge:
Re eindrangen und fich ihren Weg endlich bis in die Hütten bahn-
das Evangelium lauter und rein gelehrt wurde, mußte nun Scham
wir vor Ungerechtigkeit in der öffentlichen Verwaltung ſchuͤtzen als
Berfaflungen: und auc) die Bürger rein moralifcher Staaten Eon»
Kuechrtfchaft herabſinken, fo lange die allgemeine Anerkennung des
ſhes der Liebe die Sicherheit des Privateigenthums, die perfönliche
Ke Beförderung der Öffentlichen Wohlfahrt von Seiten der Regen:
; Bielmehr ift, wie die Erfahrung lehrt, das Volk nirgends menſch⸗
R und in befferer Ordnung regiert, der Verwahrung feiner natlır=
gewiſſer, freier in feiner Thaͤtigkeit, reicher an Gelegenheiten zu
wg und rechtlihem Erwerbe, patriotifcher und mohlhabender als
Ken Staaten, ihre Verfaffungen mögen übrigens fein wie fie wols
Wer gibt es keinen Stand, der nicht das Wohl und Wehe des Vaters
mem Derzen theilt; hier regiert ein Geiſt der Vernunftmäßigkeit,
wahren Humanität, deffen Erwachen, deſſen Ausbildung und ims
töringende Wirkſamkeit die bürgerlichen Wohlthaten der Reformas
Glaffen des Volks ausgedehnt und das Unterpfand feines fort⸗
[Bed veredeinden Einfluffes in der Natur des Menfchen felbft hat.
neue Erfcheimungen in der inneren Bildung und den aͤußern Verhälts
wpäifchen Staaten brachte diefe Wirkung der Reformation hervor.
vorher nur in der Hand des Papftes und feiner Geifklichkeit ein
derſalherrſchaft, wurde nun ein Princip des politifchen Lebens. Die
Glauben ſtellte Staaten, die fonft an einer Laſt getragen und ſich
r das Intereſſe ihrer Regentenhaͤuſer veruneinigt hatten, von ber
Jahrh. bis zum meftfälifhen Frieden aus höhern Gründen einan-
. &o erhielt in Deutfchland, wo die Reformation den Beftrebun:
wnach Alleinherrfchaft alle Hoffnung des Gelingens abfchnitt und
der ftändifchen Landeshoheit zur Vollendung brachte, die Nothwen⸗
eügiöfe und politifche Seibftändigkeit zugleich zu ſchuͤtzen, die Fürften
Monen in wechfelfeitiger Aufmerkſamkeit, die, nachdem fie ſich im
krieg gemeffen hatten, ſowol der Grfchlaffung als der Auflöfung des
108 - Reformation (Folgen der)
Reichs Eräftig vorbeugte. Denn waͤhrend fie eiferfüchtig ihre Rechte | '
ander bewahrten, waren doch beide Theile für die Erhaltung des Rei.
innig vereint, bis unter neuen ber Religion ganz fremden Verhäftniffen U
flem der Eurzfichtigften und verdecblichften Selbftfucht in Anwendung Eu,
diefem Syſtem hatten aber die Folgen der Reformation nur infoferw And“
fie einerfeits Preußen an das Haus Brandenburg und biefes daburdy A
nem Reichöftande nicht angemeffenen Größe brachten, welche e& fo treffiß.
haupten und zu fleigern mußte; andrerfeitö lange vorher, ehe Preußen d"
europäifchen Mächte trat, einzelne Reichsftände in die Lage festen €
mifhung fremder Könige in die einheimifchen Händel als Mittel-ber Se“
tung gebrauchen zu müffen. Dabei murde Deutfchland — der unſchuldig
Staaten, der ſich nur vertheidigen, aber nicht angreifen kann — was ne
Kriegen Karls V. mit Franz I. Stalien gemwefen war, der Mittelpunkt der
{hen Politit und der Schauplag, auf dem die wortführenden Mächte "-
‚ Kriegen an einander fließen und ihre Streitigkeiten fchlichteten: ein €
deffen Haupturfache in dem Beharren ber Kaifer bei der alten Kirche uff
Überhaupt machte bie Reformation den Verkehr und Zufammenhang der‘
ſchen Staaten lebendiger und enger. — England, in deffen Werfaffung t-
teftantismus ein Hauptelement und die Stüge des Gleichgewichts zroifchei
und Volt wurde; Schweden, wo er dem Könige ſchon 1527 das
über Adel und Geiftlichkeit gab; Dänemark, deffen Könige durch fehl
1660 die Souverninetät erwarben, und vor allen dad von ihm allen gd-
und erhaltene Holland, traten erft in Folge der duch die Reformation
ten neuen politifchen Reibungen in den europäifchen Fürftenrath, mb’:
fer ſich über die Grundfäge des Gleichgewichts verftändigte, an denen M
Verſuch zur Unlverſalmonarchie bis auf Napoleons Zeitalter fcheitem me‘
ihr Verdienft. Ja, noch im 18. Jahrh. hat die Richtung des Proteflsar:
zur veligiöfen und bürgerlichen Freiheit, aus den ihr im Staatenverein 4
ropa gefegten Schranken fliehend, mächtig zu der neuen polltiſchen @&:
mitgewirkt, die jegt die Eiferfucht der Europäer erregt, zu der Mepubtiil &
einigten Staaten von Nordamerika. Doch nicht bloß die Voͤlker, die bie:
mation annahmen, haben ben Einfluß derfelben auf ihre Schickſale gefüß:
die Staaten, die fie mit aller Gewalt von ſich abzumehren fuchten, find durt
wuͤrdige, oft fchmerzliche Erfahrungen überzeugt worden, daß man wider
emporgefommene Ideen nicht kaͤmpfen kann, ohne zu leiden ober weſentlich
dert zu werden. Hätte Karl V. Liebe genug zu den Deutfchen und zu dem $
nicht ganz fremd gebliebenen Lichte der evangel. Wahrheit gehabt, um N
fpanifche Krone aufzuopfern, er wuͤrde das zu feiner Zeit der neuen Lehre fi
ergebene Deutfchland vor den blutigen Giubenskriegen bewahrt und zu eimi
oͤſttr. Scepter unüberwindlihen Monarchie erhoben haben. Da er fi and
fchied, mußte das Bathol. Öftreich empfinden, was der Zorn gekraͤnkter Eu
mag, und fid) an feinen Erbſchaften und Mitgiften genügen lafien. Doc
ten ihm feine Bemühungen zur Unterdrüdung des Proteftantismus den V
daß es an innerer Feftigkeit gemann und Böhmen und Ungarn in Erbreit
wandeln fonnte. — Spanien hatte von feinem Kampfe gegen die neue Zeh
Schmad vor Eurc als Ehre in Rom, im Innern Verfall und MU
Portugal blich faft gu.z unberührt. Frankreich, deffen Könige nach ihrer D
die Neformation auswärts ald Mittel der Trennung ihrer Nachbarn zu ı
chen und im Innern ihres Reichs zu unterdrücken, zugleich Sreunde der €
Fürften und graufame Verfolger ihrer reformirten Unterthanen wurden, bi
Schuld feiner Zweideutigkeit in den Verwuͤſtungen bürgerlicher Kriege un
enteräftende Auswanderungen, die zwar die koͤnigl. Gewalt zunaͤchſt er
Reformirte Kirche 109
0
Volke einen Gährungsftoff zuruͤckließen, welchen das Mißverhaͤltniß
lgion mit ber zunehmenden Verſtandesbildung immer weiter ent⸗
ex in der Revolution zerftörend zum Ausbruche am. Noch verderb:
es Widerſtand gegen den Proteftantismus für Polen, zu deſſen Uns
cuſſiſche Politit Daffelbe, was die franzöfifche in Deutfchland mit
lichem Erfolge verfucht hatte, durch Unterftügung der Diffidenten
fere Einmiſchung in die inneren Kämpfe endlich volllommen durch⸗
. Die Staaten Italiens, das nichts Evangelifche® zulieh, ſanken
u pofitifcher Nichtigkeit herab, wozu freilich die Entbeddung des See:
Rindim und der Verkehr mit Amerika mehr beitrug al& die Refor⸗
ı Däpften wurde fie aber der furchtbarfte Feind, gegen ben fie ſich
id nicht überall fruchklos wehrten. Sie erzwangen durch ihre Gegen:
m Staaten, die ihnen ergeben blieben, zunaͤchſt Rüdfchritte zur Fin⸗
ı Kegerverfolgungen, die ihr Anſehen aufs neue zu befeftigen ſchie⸗
den glüdlichen Fortgang ihrer Miffionen in Afien und Amerika er:
geiftliche Derrfchaft über Ländergebiete, welche bie durch bie Mefor:
me Hälfte von Europa an Umfang übertrafen. Doch war diefe neue
Macht nur vorübergehend und für ihren Schag von geringem
me Miffion Eonnte ihnen erſetzen, was fie fonft aus Deutfchland,
Skandinavien gezogen hatten. infchränkungen der vorigen lippig-
m daher die Noth, Verbefferungen der. Sitten der .Geifklichkeit die
ch die kathol. Zürften wurden allmälig kluͤger und fchmälerten bie
a6 Einkommen des römischen Hofes in ihren Staaten, nachdem feit
hen Frieden das religidfe Intereſſe in der Politik fein durch die Je:
m enporgebrachte® Anfehen in der öffentlihhen Meinung aufs neue
er (&. Papſt.) Die Katholifen wollen ihm nicht mehr wie fonft
Henders in Deutichland (Öftreich und Baiern), in Frankreich, felbft
jed fie unvermerkt auf Meinungen und Grundfäge gekommen, Die
ha und die neuere Aufklaͤrung ihnen mittheilte. Sie fangen an, bie
Ihre Kirche von der römifchen, und die in der Bibel nicht gegruͤndeten
ern als bloß disciplinarifche Gegenftände von den göttlihen Wahr:
infcheiden. Wie fehr auch der Myſticismus unferer Tage Eathol.
Wefligen fcheint, er ift doch nur eine Laune oder ein poetiſches Zwi⸗
won der im Grunde durchaus proteftantifche Zeitgeift bald zuruͤckkom⸗
Kurmal hat die Reformation ſchlummernde Kräfte geweckt, deren mun⸗
R ſich gewaltfam nicht hemmen läßt. Stark durch 300jährige Übung
ma für Wahrheit und die Liebe zur Freiheit eine Schugmwehr gegen
Mrrliher Anmafung. Katholicismus und Proteftantismus ftehen
t anders gegenüber als im Zeitalter der Reformation. Jener hat
e Proteſtanten kennen gelernt, diefer weiß ben Glauben reblicher und
Ratholiten zu achten und zu f[honen. Soll aber einer von Beiden im
ten fallen, fo wird es gewiß nicht der Lestere fein. Vgl. Pland’s
jes proteftant. Lehrbegriffs“ (6 Thle., 2. Aufl., 2pz. 1791); Spie:
ichte Luther's und der Kirchenverbeflerung in Deutfchland” (Thl. 1,
h; 2. Villers's gekrönte Preisfchr. über den Geift und den Einfluß
sion Luther's, mit einer Vorrede von Henke (Hamburg 1805);
wtwidelung der polit. Kolgen d. Reformation‘‘ (Hiftor. Werke, Thl. 1);
a ber Deutfchen von der Meformation an ıc.” (Th. 1,
E
smirte Kirche. Daffelbe Beduͤrfniß einer Reformation der
aber erfien Hälfte des 16. Jahrh. in Deutfchland Luther erweckte,
e Kirchenverbefferung zu fördern, trieb auch in der Schweiz, in den
110 | Keformirte Kirche
Mieberlanden, In England und Frankreich mehre ausgezeichnete Geich
Geifttiche, im Wefentlichen auf daffelbe Ziel, aber mit nationalen Eigent
£eiten, hinzuarbeiten. Unter den Schweizern ragten befonder6 Ulrich B-
und Soh. Ökolampadius (f.d.) hervor. Jener hatte fchon, da er w-
diger zu Glarus und Einfiedeln war, durch fleißiges Lefen der heil. Sch
höhere Erleuchtung gewonnen, an legterm Ort auch ſchon gegen mehre DIE
in der Kirche geeifert, und fegte dies, als er nach Züricy berufen morben, Wi“
mehre Seiftliche das Volk für eine mehr biblifche Lehre empfänglich gemw
ten, fleißig fort. Er hatte Freude an Luthers Wirken, empfahl aut
Werke, las fie aber felbft nicht, um felbftändiger zu bleiben und nicht du
Menſchen Anfehen feine Überzeugung beflimmen zu laffen. Als nun 1"
Geiſtesverwandter Tegel’, der Franciscanermoͤnch Bernh. Samfon, lt
Unverfhämtheit den Ablaß in der Schweiz predigte und gen Zürich Fam:
Zwingli eben gezogen war, eiferte diefer heftig gegen den Unfug, und %
von Zuͤrich billigte feinen Eifer dergeftalt, daß Samfon gar nicht in die &
laffen ward. Selbſt fein geiftlicher Oberer, der Bifchof von Konftanz wR.
Bicar, genchmigten feine Predigt gegen den Ablaßkram, traten ihm abt-
entgegen, als er bald weiter.ging in den nothivendigen Reformen. Vergeh
muͤhte fid) ein paͤpſtl. Nuncius diefe zu unterdrüden, und vergebens fp
nend und drohend auch die Eidgenoffen dagegen. Furchtlos, feſt entfchlef:
feine gute Sad;e geftligt und fortdauernd durch den züricher Rath bef-
ging Zwingli feinen Gang fort, predigte evangel. Lehre und ſtellte vid-
bräuche im Gottesdienft ab, rafcher als Luther. Schon hatte er eigen
Vieles geändert, als er 1523 einen entfcheidenden Schritt that, da er 67;
Zehrfäge, in benen er feine Lehre ausfprach, dem Rath von Zürich übergab
von Lesterm mit einer Einladung zu einer Disputation, die ben 29. Ian. £
werben und in der Zmingli feine Säge vertheidigen follte, befanntgemad.
den. Nur wenige Eidgenoffen fendeten Abgeordnete zu biefem Religiondg
doch war die Verfammlung zahlreih. Zwingli's Angriffs » und WVertheikl
£ampf gewann den Sieg. Der Rath und viele der zahlreich anweſenden
wurden für feine Lehre gewonnen und einer burchgreifendern Reformath
geneigter. Mit ungeftümer Haft ward nun das Alte, Gutes und Boͤſes z
vernichtet ; ed warb ganz eigentlich hier Alle neu; Vieles, was an ſich unſ
vielleicht nur durch Mißbrauch entftellt war, felbft vieles Erbauliche umter
Neuerungsluſt. Als die Altäre, die Zauffteine, die Bilder (letztere faft uͤbe
wahrer Zerftörungswuth) aus den Kirchen verdrängt, felbft die Muſik und |
gelklang aus denfelben verrotefen waren, da erft glaubte man die Kirchen u
Gottesdienft recht erbaulich gemacht zu haben. Wider fo gemwaltfame RM
gen erklärten ſich nım flärker die Eidgenoffen auf dem Bundestag zu Luz
26. Jan. 1524, droheten Züri, feibft von dem Bundesrath auszufchlief
Iteßen durch Abgeordnete die Ruͤckkehr zur alten Ordnung dringend em
Doch vertheidigte Zürich ftandhaft und fühn die Neuerungen in der Lehre
den Gebraͤuchen, und bald erflärte fi) auch vor allen übrigen Eidgenoffe
thig umd feft entfchloffen, das kleine Mühlhaufen für die evangel. Lehre :
Abſtellung der alten Mißbraͤuche. — Gleichzeitig hatte Wolfgang Kabric
pito (Köflin) in Bafel bie Reformation eingeleitet, und nachdem er von be
Mainz berufen worden, feit 1523 Ökolampadius, mit Luther's Lehre v
fein Werk fortgefegt, eine Zeitlang von dem aus Frankreich geflüchteten $:
terftügt, der 1524, vom Rath zu Baſel veranlagt, aud) eine Öffentliche D
tion zur Vertheidigung ber evangel. Lehre hielt. In demfelben Jahre war
in Schafhaufen die erften Reformationsverſuche gemacht worden; feit 152
auch Bern benfelben geneigter, und felbft die eifrigen kathol. Cantone fir
Reformirte Kirche | 111
niß tiefer zu empfinden. Man vereinigte fich endlich zu einem Reli:
b, das nad) langen Verhandlungen 1526 zu Stande kam. Hier
mpad gegen die größere Zahl der ſtrengen Papiften, unter denen oh.
ste, mit Thomas Murner. Zwingli war nicht erfchienen, und die
kedrzahl faßte gegen ihn ein Berbammungsurtheil, das aber fein Wir:
nmen konnte. So geringen Erfolg dieſes Religionsgeſpraͤch hatte,
ih doch Bern zu endlicher Ausgleichung der Firchlichen Streitigkeiten
I die andern Cantone und felbft ber Kaifer davon abriethen, ein dhn-
nflaten. Mehre Eidgenoffen ließen fi zur Theilnahme bewegen.
t ahermal die Verfammlung; zu Zmwingli, Ökolampad, Konr. Pels
ſchner), Berchthold Haller (dev Reformator von Bern), Ambrofius
Kenftanz), Burgauer (von St.: Gallen) — der aber felbft, obwol:
üfh, Zwingli wegen deffen Abendmahlslehre angriff — hatten fich
Seformatoren gefeltt. Auf der andern Seite ftanden mehre nicht
w Gegner. Aber, wie faft immer bei folhen Disputationen, warb
#8 ausgeglichen, und nur gewonnen, daß man in Bern fidy Eräftiger
mation entfchied. Dieſe verbreitete ſich jet immer welter in ben Can⸗
rauh Schroyz, Uri, Unterwalden, Zug und Luzern ale beharrliche
erſtrebten. Schon war ein großer Theil der Eidgenoffen ber evangel.
u, als diefe kathol. Santone, die zur DVertheidigung ber alten Lehre ein
dem Könige Kerdinand (des Kaiſers Karl V. Bruder) eingegangen, ſich
Kampf rüfteten. Vergebens bewirkten andre Eidgenoffen einen Ver:
zitenden. Er befriebigte keine Partel und unabwendbar war der innere
Igenoffenfchaft. Der Stoff der Zwietracht mehrte fich ; die Katholifchen
meinfchaft mit den Evangelifchen auf, und im Oct. 1531 mußte Zürich,
um Evangelifchen verlaffen, allein auf dem Kampfplage erfcheinen.
ben dazu, und am 11. Dct. wurden die tapfern Züricher bei Cappel
Beeingli feibft, der bewaffnet die Fahne feiner treuen Anhänger ge=
BRampf. — Aber die blutige Niederlage Eonnte fein Werk nicht ver-
Bevangel. Schweizerkirche war gegründet; fein Geiſt lebte in ihr
Bihr aber auch fchon jene Richtung gegeben, die fie auf Jahrhunderte
Ken evangel. Gemeinden trennte. Er, ein Dann von freiem und
mund nicht ohne Semüth, mit dem redlichſten Wahrheitseifer erfülit,
md ftanbhaft, von echter Bildung und frommen Glauben, hatte in
sRampfe, den er beftehen mußte, in feinem Eräftigen Streben, das
ben Autoritäten entband, ein Übergroßed Vertrauen auf feine eigne
uft gewonnen, durch welches bie Tiefe und Innigkeit feines Glaubens
di. Fruͤh ſchon hatte er unlibermindliche Zweifel gegen die papiftifche
hier, die eine Verwandlung ber äußern Zeichen be Brotes und Wei⸗
kb und das Blut Chrifti behauptete, in ſich genährt, und mar endlich
wen, zugleich mit ber Verwandlungslehre die leibliche Gegenwart
N. Abendmahle, obwol fie in den Elaren und einfachen Worten Chrifti
gänzlich zu verwerfen. Ihm, der audy für die Slaubenswahrheiten
uiffe immer mehr die Möglichkeit des Erklaͤrens für den rechten Prüf:
Wien die leichtefte und fcheinbar einfachfte Erklärungsmeife die befte,
u die Wahrheit felbft beftimmte. So mußte fich ihm bie Meinung,
Wein nur Zeichen des Leibes und Blutes Chrifti feien, am meiften
weil fuͤr den kluͤgelnden Verftand dadurch die meiften Schwierigkeiten,
kung der Einſetzungsworte fich aufbringen, gehoben ſchienen, obwol
ı Eirifto felbft geſprochenen Einfegungsworte bei feiner Erklaͤrungs⸗
icht zu befeitigenbe Bedenklichkeiten an den Tag legten. — In dem
K, in den er daruͤber mit Luther und mit andern Reformatoren ver-
11% Reformirte Kirche
wickelt ward, verhärtete er fich in feiner Meinung immer mehr, und überfe.
er zugleich eine Erflärungsart geltenbmachte, die, auf andre Stellen ber |
Schrift folgeredht angewendet, auch andre Glaubenslehren, felbft weh.
Grundlehren des Evangeliums, in ein falfches Licht fellen oder gänzlich %.
ten mußte, daß er ein Allegorificen einführte, welches der einfachen Sch
ganz entgegen war und ben Glauben in feinen Grimdfeften erfchätterte. ..
Abendmahlsiehre, die fi) Vielen empfahl und ſcharfſinnig vertheidigt uw.
bob noch weit mehr als e8 im Rutherifchen Kehrbegriffe der Fall war das
über den Slauben, und machte in der reformirten Kirche diefe Richtung, .
Fortgange der Zeit das demüthige Leben im Glauben immer mehr bey.
trübte, recht eigentlich vorherrfchend. — Auf gleiche Weife, wie Zwingll...
daß, weil er ben Nugen ber leiblichen Gegenwart nicht begreife, biefe Lehr.
haupt unftatthaft fei; fo mard nun überhaupt aus biefem Gtanbpunft |;
Glaubenswahrheiten entfchieden und die Überzeugung von demfelben vom.
an das Erkennen gebunden. Wie nun felbft das Wefen des Sacramım
einen Geſichtspunkt geftellt war, der daſſelbe faft auflöfte, fo mußten A6
auch alle heilige Gebräuche an ihrer Bedeutung verlieren. Der ganze
dienft, am meiften nur auf die religiöfe Erkenntniß, ‘viel weniger auf bie Ar
des religiöfen Gefühls, auf die Erhebung Über die Schranken der Erkennt”
eigentlihe Erbauung gerichtet, ward daher auf eine Weiſe vereinfacht,
ſtillen Betrachtung am meiften Raum zu geben fchien, ohne die tiefen
des Gemuͤths zu berüdfidhtigen. Eben durd die Verwandlung bes: ,'
mein Leib!” in ein: „das bebeutet” ward bie tiefite, innerfte Bedeutſag
Sacraments und der religiöfen Gebräuche überhaupt enteräftet und jede
tür der Deutung unbeichräntter Raum gegeben. So ſtellte bem Ge”
fprünglichen Proteftantiemus, dem Geift gefeglicher Freiheit, In der Sc
lehre ſich fhon früh der Geiſt der Willkuͤr zur Seite, vorbebeutend Me Mi"
gen des fpätern Proteftantismus. — Zwingli ſprach feine Abendmahläieße"'
bem ex fie bereits in einem wider feinen Willen bekanntgewordenen Briefet“
Nov. 1524 mitgetheilt hatte) öffentlich zuerft in feinem Wert von ber‘
und falfchen Religion (,‚Commentarius de vera et falsa religione”) 18
worin er auch ſchon feine Überzeugung von andern Lehren aus ähnlidgen '
fägen entwidelte, und darauf in mehren Streitfchtiften, die er mit Luther
wechfelte. Oft fah er ſich veranlaft, feine Lehre weiter zu begründen auf
feftigen, und mit feinem nie raftenden Weiterforfchen, mit dem ihm eignen“
finn und einer eindringenden Beredtſamkeit gelang es ihm, feine Anficht p
dogmatifchen Anfehen in feiner Gemeinde zu erheben. Daffelbe Dogma fa
auch außerhalb der Schweiz fo vielen Beifall, daß in mehren Ländern, die v
Papftthum ſich abwendeten, bie Schweizerlehre die herrfchende ward. D
ed zunächft nur die Übereinftimmung in der Abenbmahlsiehre, und uͤberhe
der den evangel. Schmweizergemeinben eigenthümlichen Richtung auf eine X
desreligion, maß bie fogenannten reformirten Gemeinden andrer Länder us
ander und mit den Schweizern zu einer Gemeinfchaft verband, die man db
mirte Kirche genannt hat. Denn eine wahrhafte Übereinfiimmung in di
und in den kirchlichen Verhältniffen, eine innigere Verbindung in einem G
Glaubens, auch durch gemeinfame, von Allen anerkannte Bekenntnigfcheif
mittelt, warb in diefen Gemeinden nie fo bewirkt wie in der römifchen a
evangelifchelutherifchen Kirche, weßhalb auch der Ausdruck „reformirte Kird
fehr uneigentlich Gültigkeit haben und eigentlich nur von reformirten Gen
bie Rede fein kann. Denn früh fchon fpalteten ſich die evangel. Gemeint
fid) zu Zwingli's Lehre neigten, auf mannigfache Weife, und eine vollkt
Einigung ift nie bewirkt worden, Zwingli felbft lebte zu kurze Zeit, als
*
Reformirte Kirche 113
gene Drganifation der evangel. Schweizerkirche haͤtte bewirken koͤn⸗
apadius, der nach ihm die Stuͤtze der neuen Gemeinde fein follte,
em Tode ihm nach. ber ſelbſt bei ſeinem Leben hatte Zwingli unter
tie das entſcheidende und vollguͤltige Anſehen gehabt, das Luther bei
Evangeliſchen beſaß, durch das er eine groͤßere Einigkeit unter dieſen
brigen Schweizerreformatoren ſtanden zu Zwingli nicht in demſelben
vie die deutſchen Reformatoren zu Luther, ſondern foͤrderten ſelbſtaͤn⸗
‚ch eigenmaͤchtiger, daher gleich anfangs nicht in vollkommener
mg, das Werk der Reformation. — Bald aber trat in der Schwei⸗
Mann auf, der zwar ein fehr folgenreiches Anfehen gewann, und
Meinungen, in denen er von Zwingli abwich, viele ſchweizeriſche und
eliſche gewann, aber theild weil er erft, nachdem fich ſchon Vieles neu
‚ als Reformator auftrat, theild weil er durch feine Abweichung von
teinungen felbft neuen Zwiefpalt begründete, bie reformirten Ge:
t zurt volltommenen Einheit führen konnte. Diefer Mann war
n (f. d.), der, aus Frankreich geflüchtet, in Genf einen Zufluchte-
ed den größten Einfluß gewann und von dort aus auch andre Zwing⸗
nden umbildste. Selbft die Abendmahlslehre beftimnite er etwas
kwingli, wiewol im Weſentlichen aͤhnlich; aber ftärker hob er eine
ſeraus, die von der Gnadenwahl und Vorherbeftimmung (Praͤdeſti⸗
er zu einer Hauptunterfheidungslehre feiner Gemeinden machte, und
elbſt den freudigen Glauben an Chriſtus Erinkende Weife außgebil-
dig Widerfpruch erregen mußte, neue Zwietracht in ben reformir:
en erweckte und die Spaltungen mehrte. So wurden zwar, ehe er
hlichen Verhaͤltniſſe der Schweiz fefter geftaltet, auch Glarus, Ap:
Graubuͤndten und Neuburg der reformirten Gemeinden zugethan,
wöwege zu einer eigentlichen kirchlichen Gemeinfchaft verbunden. —
merfchiedene Weiſe, wie außerhalb der Schweiz, insbeſondere in den
» Frankreich und England, fich die Reformation entwidelte und die
veformicten Gemeinden fidy bildeten, ließ eine eigentliche Kirche der
wicht zu Stande kommen. In allen diefen Rändern gaben fich die
meigne, von den andern abweichende Belenntnipfchriften ; nitht Eine
ken Anerkennung und Annahme gewinnen, und auch die inn:rn mie
Ishlichen Berhältniffe wurden überall anders geordnet. Selbſt die
Staats verhaͤltniſſe der einzelnen Länder wirkten auf die Bildung der
ehr ungleich ein. Zwingli hatte fein und der Seinigen Glaubensbe:
0 auf dem Reichötage zu Augsburg, wo die deutfchen Evangelifchen
Im feiertichft befanntmachten,, übergeben laffen; doch ward diefelbe
nallgemeinen Belenntniß der Reformirten und ficherte ihnen auch
nerkennung als kirchliche Partei von Seiten der weltlichen Gewalt.
ver aber fuchten, um durch ein. Buͤndniß mit den Evangelifchen in
gegen Gewaltthaͤtigkeiten der Katholifchen geficherter zu werden, eine
I der Streitigkeiten mit den lutheriſch Gefinnten. Mehre ober:
Hogen, insbeſondere die firadburger, die der Zwingli'ſchen Lehre fich
u Bündnig mit den Lutherifchen aber am Ichhafteften wünfchen muf:
Bes auf, binfichtlich der ſtreitigen Abendmahlslehre sine Erflärung au
tbeide Parteien einander nähern konnte. Sie gaben licher dad We—
ur Lehre preis, oder verfteckten ihre wahre Meinimg hinter Worten,
m andern Sinn unterlegten, um Luther und dejfen Freunde zu bewe—
tehmten Bünbniß nicht länger entgegenzumirten.. Doch Eonnten fie
Es weizer nicht bewegen, ſich eine andre Deutung der Worte gefal:
als ihr offenbarer Sinn wur, und fo blieb die fogenannte wittenber:
bicbente Aufl. 86. IX. 8
114 Reformirte Kirche
ger Concordie (f. Sacrament) ohne den gewünfchten Erfolg, zumal baib
her die Züricher ihre Überzeugung noch härter ausfprachen, um jeden Verde
ner heuchlerifchen und unjcheinbaren Übereinftimmung mit der lutheriſchen
von fich abzulehnen. Nachmals ward in dem Consensus Tiguriens. (1590
der Streit zwifchen den Zuͤrichern und Calviniſchen Genfern beigelegt;
auch hier feine Vereinigung in Einer Überzeugung bewirkt. So blieb ig
und äußerlich die Lage der Schweizerkirche ſchwankend. Zwar wurden geh
weftfälifchen Frieden (1648) die Schweizer als augsburger Confeſſionkvern
zugleich ale kirchliche Partei anerkannt, und gewanrten dadurch aͤußere Sich
da fie aber die augsburger Confeſſion nicht unbedingt annahmen oder als 9
boliſches Bud; anerkannten, der bei weitem größte Theil der veformirten a
den durchaus nur in Außerlicher Beziehung ſich als augsburger Conſeſſu
wandten betrachtete, jo ward dadurch in keiner Hinſicht ein feſter und einig,
ftand der reformirten Kirche bewirkt. — Endlich, nad) langen Kämpfen,
die Schweizer den Alles verwirrenden Streitigkeiten durch ein neues fake
Buch begegnen zu müıffen, und 1671 verfaßte der süricher Theolog, Joh. ;.
Heidegger, die „Formula consensus helvetiei‘ in 26 Artikeln mit bei
Ruͤckſicht auf die damaligen theologifchen Streitigkeiten unter den weft
. Theologen. Diefe neue Eintrachteformel ward feit 1675 zwar allmällg “
reformirten Schmeizercantonen angenomnıen, aber von vielen nicht mit
Überzeugung, und fonnte daher ſelbſt in der Schweiz nicht vollkommene
herftellen. Und noch weniger nahmen die nichtfdymeizerifchen Reformicten
an, widerfpradhen ihr vielmehr fehr beflimmt, und fo ward durch fie w
Zwietracht erweckt und genährt. --- Unter ſchweren Kämpfen hatte ſich Vier
mation in ben Niederlanden verbreitet, wo bie Mehrheit der Evangelifcher
Zeit tutherifch gefinnt blieb. Aber das niederlämdifche Staubensbekenntaif (:
neigte fich gänzlich zur Schweizerlehre, und ward nachmals vielfältig abga
Prinz Morig von Oranien, den die Miederländer den Metter ihrer blngg'
Freiheit nannten, mar ber eeformitten Lehre zugethan und fuchte diefe A"
machen. Bald jedoch ward auch hier unter den Reformirten mannigfacher
entzuͤndet, zumal ale Jak. Arminius die Calviniſche Vorherbeſtimmungt
mildern ſuchte, und fein Amtsgenoſſe in Leyden, Franz Gomarus (beſond
1604) ihm heftig widerſprach. Treffliche Maͤnner wie Hugo Grotius
ſtimmten zwar dem Arminius bei, und nach deſſen Tode vertheidigte Simen
copius (Biſchep) feine Meinung ; aber um fo heftiger ward der Kampf, a
auch die politifchen Verhaͤltniſſe verderblich einwirkten. Die Armintaner, r
1610 den Ständen von Hollant uͤbergebenen Belenntnißfchrift, „Remonstre
nun Nemonftranten (f. d.) genannt, wurden von den Gomariſten obe
traremenftranten heftig verfolgt, und die Meligionsgefpräche zu Haag und
konnten keine VBerfohnung bewirken. Da fam endlich 1618 die beruͤhmt⸗
rechter Synode zu Stande, die nach langen Verhandlungen, im Mai 1
Lehren der Remonfiranten verwarf und bir ftrengere, nur etwas gemilberb
berbeftimmingslehre ven neuem beftätigte. Doch waren damit die The
andrer Länder keineswegs einverflanden ; die Schläffe der Synode konnten
balb der Niederlande nicht zur unbedingten Anerlennung gebracht werbei
Remonſtranten (f.d.) erhielten ſich als befondere Partei und flellten.
ein durch Episcopins verfaßtes, befonderes Glaubensbekenntniß auf. —
Stanfreich hatten die reformirten Gemeinden (f. Hugenotten) die fchm
Kämpfe nach Außen zu beftehen ; erſt durch das Edict von Nantes (1598) ei
tie Duldung im Staat. Aber obwol fie Calvin's Lehren huldigten, erhielten |
auch in ihrem innern Verhaͤltniß Eeinen feften Beſtand, und die Theolo
Saumur bemühten fich vergebin® durch Aufhellung der Calnin’fchen Kehre
4
(
Refraction Refractor 115 °
einſtimmung zu bewirken. — Die engl. Kirche aber, die man zu der
rechnet, bildete fid) auf eine fo eigenthümliche Weife, ward fo früh
innere Streitigkeiten verwirrt und in Parteien zerfpalten, daß auch
ch nur von Gemeinden, nicht von einer Kirche die Rede fein Eann.
easbekenntniß von 1551, das von den urfpränglichen 42 Artikeln
t Sonode zu London auf 39 Artikel beſchraͤnkt ward und keineswegs
inglifch und Galvinifd) war, konnte die ftreitenden Parteien nicht vers
eben ben fogenannten Episcopalen, welche die bifchäfl. Verfaffung
ſdeten fidy (aus Nonconformiften) die Presbnterianer, welche die von
jenf bergeftellte Presbpterialverfaffung etwas gemildert eifrig vertheis
daritaner, die auf einen möglichft vereinfachten Gottesbienft drangen,
temere Parteien, denen die Uniformitätsacte von 1689 volltommene
iheit gewaͤhrte. — So ift in allen Rändern die evangel. Kirche, die man
e nennt,! ſehr verfchiedenartig geftaltet, und es gibt weder ein aͤußeres
allgemeines Band, daß fie zu Einer kirchlichen Gemeinſchaft verbänbe.
land find nach den Zeiten der Reformation die Pfalz und das branden:
gentenhaus, audy einige Heinere Staaten von der lutherifchen zu der re>
kemeinde übergetreten, ohne fich enger mit derfelben verbinden zu Fön:
Die Pfalz ward der „Heidelberger Katechismus” eine Lehrformel mit
ı Anfehen. Die Reformirten in Brandenburg, deren Zahl jedoch nicht
w iſt, betrachten ſich als augsburger Eonfefjionsverwandte, ohne darum
ſchen Abendmahlslehre zu entſagen. Oft haben ſich die Verſuche erneut,
tm und evangeliſch⸗lutheriſchen Gemeinden zu verbinden; aber immer
In ben neueften Zeiten ift nicht bloß ein Außerer Friede zwiſchen beiden
wrbaft geweſen, fonbern auch die Doffnung einer endlichen Vereinigung
ki fefter begründet worben. In den preufifchen und einigen andern
Naaten bat feit 1817 die längft vorbereitete Zufammenfchmelzung ber
und evangel.s utherifhen Gemeinden zu einer evangel. chriftlichen
gfirchlichen Form bedeutende Erfolge gehabt. (S. uni on.)
action, f. Strablenbrehung.
actor, ein afttonomifches Kernrohr, mit Vorrichtungen, um mikro⸗
Beffungen größere Genauigkeit zu geben. Dergleichen Inſtrumente
mBenedictbeuern (f. d.) in befonderer Vollkommenheit gefertigt.
dichte der deutfchen Kunſt Überhaupt, wie für Optik und Aftronomie
ziſt der mir Recht fogen. Riefenreftactor wichtig, welcher in genann⸗
m Fraunhofer 1824 für die Eaiferl. Sternwarte in Dorpat verfertigt
Man hofft, damit den Ort ber bisher wahrgenommenen Doppelfterne
beſtimmen. Diefes in feiner Art einzige Inftrument hat 13} par. Fuß
E 4 Zoll Brennweite und 9 Zoll Öffnung des Objective. (Der Sucher
ein zum vorläufigen Auffuchen des zu betrachtenden Himmelskoͤrpers
6 Beineres Fernrohr, hat 30 30U Brennweite und 29 Linien Öffnung.)
berungen gehen bis auf das 600fache. Es übertrifft an Wirkung,
t der Bilder und Bequemlichkeit zum Gebrauch die Spiegel:
e (vgl. d.); daher wurde fchon bisher ein Fraunhofer'ſcher Nefractor
52 Linten Öffnung dem 13fügigen Spiegeltelestope Schroͤter's vorge:
as Stativ des Fraunhofer'ſchen Rieſenrefractors trägt zwei Axen, Die
"Richtung der Weltare, mit einem dem Äquator parallelen, die andre
Dediinationskeeife._ Durch ein am Geftell angebrachtes Uhrwerk wird
ware in 24 Stunden herumgetrieben, fodaß das Inſtrument von felbft
mag der Geſtirne folgt; der Stern bleibt daher immer im Sehfelde und
xweglich, da er ohne diefe befondere Vorrichtung fonft, wie in andern
1, der täglichen Bewegung wegen fehr Ichnell und um fo ſchneller, ze
8 *
116 | Refugics
fiärker die Vergrößerung iſt, vorüberfliegen wide. Das Ganze hatein (
von 25 Etnrn., da außer 900 Pf. Meffing nody gegen 64 Ctnr. Eifen, St
Blei darin verarbeitet find, was aber die leichte Bewegung des Rohrs nie
dert, da dicfes fid) um die Stundenape mit einem Finger drehen läßt. S.
„Afteenom. Jahrb. für 1827" und Struve's (Direct. der Sternw. zu f
„Beſchreib. des auf der Stern. der Univ. zu Dorpat befindlichen großen |
tors von Fraunhofer‘ (Dorpat 1825, Fol., m. Kpf.).
Refugies (Flüchtlinge), Franzofen, die aus ihrem Vaterlande
weil fie nach der Aufhebung (1685) des Religionsedictd von Mantes (von
der reformirten Lehre treu, zu dem Katholicismus nicht Kbertreten wollten,
Hugenotten, Maintenon, Ludwig XIV.) Lift und Gewalt ı
angewendet, die Verirrten wie man die der neuen Lehre Zugethanen nau
in den Schoß der Mutterkicche zuruͤckzufuͤhren, und alle Gräuel, die früher
ſitoriſcher Eifer über viele Laͤnder gebracht, erneuten ſich in Frankreich. Du
die in die Gegenden abgeſandt wurden, wo Reformirte wohnten, ſollten due
guartierungslaften und Bedruͤckungen aller Art die Reformirten nöthigen, fü
tem Willen ihrer Drünger zu fügen, und wer dennoch diefe® Elend dem A
an der Überzeugung vorzog, fand entweder feinen Tod unter den Säbeig
Diener der Zyrannei oder mußte im Kerker oder in Verbannung jenfeite bei
tes fein Leben hinbringen. Bei diefem Elend fuchten Viele, Vaterland,
Weib und Kind verlaffend, in fremden Ländern Schug, die liberzeug
Glaubens allen Erdenguͤtern vorziehend. Aber auch dieſes Rettungemi
der Despotismus ihnen abzufchneiden. Frankreichs Grenzen waren mit
befegt, und wer in ihre Hände fiel, wide, ohne Unterfchieb des Alters,
und Geſchlechts, gemißhandelt, des Vermögens beraubt, in Gefängniffe gei
neben den gröbften Verbrechen auf den Galeeren angeſchmiedet; bie Kinded
den den Ältern weggenommen und in Kloͤſtern zum Entholifchen Glauben
Dennod) gelang e8 wenigftens 800,000 Proteftanten, durch Lift,
zuweilen audy durch offene Gewalt, aus ihrem Vaterlande zu entkommen.
Land, Dänemart, Holland, die Schweit, Deutſchland, in diefem befonbeeß'
fen, Brandenburg, Heffen, nahmen die Slüchtlinge mit Gaftfreiheit auf. '
leute, Zabritunternehmer wandten ſich nach England und Holland, wohin ‘
Vermögen leichter bringen und es fogleidy nugbar anlegen konnten. Nail
Brandenburgifchen gingen Adelige, Kriegsmänner, Gelehrte, Künftter, Das
ker und Fabrikarbeiter. In mehren dieſer Tander ertheikten die Regierung!
Untömmlingen gleiche bürgerliche Rechte mit ihren alten Unterthanen, u
Kräfte, die ein befangener und fanatijter König feinem eignen Lande entjog,
ten num, den Flor feiner Nachbarftaaten zu erhöhen, denn diefe Refugies ver
ten ihres Vaterlandes Kunftfleiß auf den fremden Boden und wurden —
ders in den brandenburgiſchen Staaten, wo ſie die ausgedehnteſten bürge
Vorrechte erhielten - größtentheils die Schöpfer der Fabriken, die noch jet
bedeutenden Theil des Reichthums der preuf. Monarchie ausmachen. B
jedes Gewerbe enıpfand den wohltbatigen Einfluß der neuen Anfiedler. .
mehr aber als durd) mitgetheilte Kunftfertigkeiten wirkten die franz. Protefl
die zum großen Theil vorzugliche Menfchen waren, auf die geiftige Bildun
Sittlichkeit in den Ländern, wo fie Zuflucht fanden, und mit Unrecht hat mı
Aufnahme diefer Flüchtlinge Verweichlichung der deutfchen Sitten und die u
geführte Bekanntſchaft mit verfeinertem Luxus vorgeworfen. Es waren 3
fen ganz andrer Art, die in fpäterer Zeit die Lafler einer großen Hauptflat
eines verderbten Hofes unter ung zeigten. über die Aufnahme der verjagte
teftantifchen Sranzofen in den furbrandenburgifchen Landen f. m. den 5. Bi
475 fg) der „Dentwirdigkeiten” von Chr. W. v. Dohm. Die Gefhid
Regalien Regel | 117
edelung jchrieb der wuͤrdige Beiftliche, David Ancillon: „Histoire de
ment des Francais refugics dans les etats Je Brandenbourg” (Ber:
Mas vom großen Kurfürften und König Friedrich I. für die Einbuͤr⸗
Flüchtlinge geſchah, und den Erfolg erzählen Erman und Reclam in den
ı pour servir à l’histoire der refugies frangais ete.“ (Berlin 1782
Bde.).
alien (jura regalia), im Allgemeinen die mit der Staatshoheit ver⸗
dechte, welche aber ſehr verſchieden ſind, je nachdem fie aus dem Begriffe
des Regierens von ſelbſt fließen oder nur zufällig duch beſceidere will:
aatseinrichtungen damit verknüpft find. Jenes find” die höhern oder
Regalien, Hoheitörechte, Majeftätsrechte (f. Regierung), und du
ne Regierung ihren Beruf erfüllen Farm, fo koͤnnen fie derfelben auf
entzegen noch von ihr felbft veräußert werben. Solche Rechte einer
‚ welche ihren Entſtehungsgrund nicht in dem Weſen des Staats an
‚, fondern in andern zufälligen Urfadyen haben, bezeichnet man mit ben
niedern, zufälligen Regalien, aud) wol, da in der neuern Zeit der Er-
ımeilten die Hauptfache geworden ift, mit dem Namen der nugbaren
rregalien. Ihre Gründe find ſehr mannigfaltig gewefen, und daher
Umfang in den verfchiedenen Staaten fehr ungleih. Man hielt in ei-
miſchen Stämmen dafür, daß der Befis des Goldes und der Edelſteine
Inige zutäme; man geftand dem Fürften das Vorrecht zu, daß nur er
t groͤßern oder feltenern Thiere, doch niit Ausnahme der bloßen Raub⸗
ben könne. Man legte das Eigenthum herrenlofer Dinge dem Fürften
jhierher auch die Gewaͤſſer mit den Ufern der arößern Flüffe und des
Daraus entftanden das Berg: und Jagdregal, das Forftregal, die Ne:
Gewaͤſſer und das droit d’epave oder das ausfchliehliche Recht auf her:
we. Alle diefe Regalien haben fich in den verfchiedenen Kindern fehr
midgebildet, und es kann keine allgemeine Vermuthung für irgend einen
ben aufgefleltt werden. Bald mifchten fi wirkliche Staatszwecke in
von den Rechten, welche der Fürft eines Kandes haben muß, und alles
wobei entweder eine öffentliche Beglaubigung ober eine Aufficht der Ne:
ımöthig gehalten wurde, zog man mit in den Kreis der Negalien, fowie
biftungen und d Dienfte der Unterthanen für allgemeine Zwecke mit unter
Bf brachte." In der Conſtitution K. Friedrichs I. von 1158 (I. F. 56)
Hidy zu bemerken. Auf jenen polizeilichen Gründen beruht zum Theil
des Münzens, der Poften u. a. Gewerbe, wiewol dann fpäter bei meh:
has bloß finanzielle Intereſſe wieder vorherrfchend geworden ift. Aber
m Zeit kehren aufgeklärte Regierungen doch wieder zu dem Geſichts⸗
ick, nur die Regalien, weldye einen höhern Staatszweck haben, an:
m und die übrigen nad) und nad) freizugeben. Überhaupt Eönnen die
yalien auch vom Stante teieder veräußert und, obgleich die Megalität
wg nach befteht (3. B. dns Poftregal), doch im Einzelnen (5.3. im
Reranıte) von Privatperfonen mit Eigenthumsrecht befeffen werben.
um's „Geſchichte des Urfprungs der Regalien in Deutjchland‘‘, 1806.)
etta, eine Öffentliche Luftbarkeit in Venedig, mo Boote vom Markus⸗
e Wertfahrt auf den die Stadt durchkreuzenden Candien halten. In
gift nur eine Perfon, und die, welche zuerft das gefebte Ziel erreichen,
ine Geldprämien. Die Menge der Zufchauer und Fremden, die in
hmüdten Gondeln zufehen, find bei diefem Volksfeſte das Anziehendſte.
el, ein Sag, unter dem eine Erkenntniß oder Handlungsweife fteht.
och theoretifche und praftifche Regeln. Dann bezeichnet die Regel auch
eme und Gewoͤhnliche.
[2
18 Regen
Regen, das Herabfallen des Waſſers aus den Wolken in Tropfgel
Das Waſſer befindet fic entweder fchon tropfbar = flüffig als Dunftbläschen-k
Luft oder elaftifdh = flüffig in feine Beftandtheile aufgelöft. Im erften Falle!
es die Erfcheinung der Wolken oder des bedeckten Himmels, im zweiten Gall
der Himmel heiter. Zerplagen’diefe Dunftbiäschen, fo bildet das Waffen
teopfbarsflüffige Materie, Tropfen, welche vermöge der Schwere aus der Aufl
abfallen. Befindet fi) das Waffer in feine Beftandtheile (Mafferftoffgas
Sauerftoffgas) aufgelöft in der Luft, fo erfolgt durch ein drittes Hinzulomm
des, 3. B. durch die Elektricität, die Vereinigung Beider. Es entftehen dahe
bei heiterm Himmel Wollen. Gewöhnlich fällt der Regen aus Wolken ii
und die dunkelſten geben das meifte Waffer nur felten Ift es, daß im Gom
bei heiterm Himmel, ſtiller Luft und großer Hitze Regentropfen fallen. Jet
die Wolken find, deflo fparfamer und feiner find die Regentropfen. Iſt derg
Himmel gleihförmig bebedt, fo erfolgt ein Randregens werben nur ei!
Ihroarze Wolken vom Winde nad) einer Richtung bingetrieben, Stridhrs:
Verdichten oder vereinigen ſich die Dünfte, die eine Molke bilden, gleichſt
und langfam von unten nad) oben, fo fallen langfam Beine Tropfen (Ste
regen, Naßniedergehen); fängt die Verdichtung von oben an, fo werdet
Tropfen durch die im Kalten ſich mit ihnen im untern Theile vereinigenden D
größer. Verdichtet fi, wie bei großem Winde oder bei einem Gerwitter
Wolke piöglich, fo fallen große Tropfen, oder das Maffer flürzt in Maffe }
(Plagregen, Wolkenbruch). Man Eennt noch kein Beifpiel, daß in m
Gegenden der Durchmeſſer der Regentropfen' bis auf einen halben Zoll bett
hätte, in der Nähe bes Äquators aber fol er biswellen über einen Zoll betst
Vermoͤge des Widerſtandes und der Bewegung der Luft fallen die Tropfen
langfam und in fchiefer Richtung, wodurch ihre Bewegung mehr gieichförnck
befchleunigt wird. Ohne den Widerftand der Luft würden ſchon fehr Meiner
pfen von 6000 Fuß Fallhoͤhe mit ber Geſchwindigkeit einer Kanonenfuge
Oberfläche der Erde erreichen, und ein einziger Regen wuͤrde eine große Verbeb
anrichten. Die Menge des Regens hängt von bem Klima, der Lage und ar
Belchaffenheiten eines Landes ab. Seit bem Anfange bes 18. Jahrh. hat.
forgfältiger die Menge des jährlich am verfchied. Orten fallenden Regens (Se
Hagel, Thau, Reif u. dgl. mit eingerechnet) beobachtet. Kraft rechnet im D
fhnitt in Petersburg jährl. nur 40, Muffchenbroet in Leyden 107, Lambe
Chur 115 und Bergmann in Abo (in Finntand) 146 Regentage. Briſſon
aus der „Connaissance des tema‘ eine Überficht der von 1702 —57 jährik
Daris gefallenen Regen: und Schneemenge und eine Tafel der jährl. Menge
Regens von 27 verfchieb. Orten und Gegenden. Nach Bergmann, der 30
fuͤr die mittlere Zahl des täglicy auf dem ganzen Erdboden fallenden Regens u.
annimmt, beträgt die Menge bes jährt. Niederfchlage® auf der ganzen Exrbf
1016 geograph. Cubikmeilen. Im Ganzen genommen muß der Niederfi
aus der Atmofphäre der Summe aller ihr zugeführten Ausbünftungen gleich
Nach zuverläffigen Beobachtungen iſt die Regenmenge auf den Gipfeln der X
geringer als am Fuße derfelben. — Da fich in der Atmofphäre mancherlei fr
artige Materien befinden, auch leichte Körper von der Luft emporgehoben und
Zeitlang darin erhalten werden Eönnen, fo ift es nicht beftemdend, daf der Üi
bisweilen ſolche Dinge mit fich bringt ober in feiner Farbe etwas Befonderes |
Daraus find die Erzählungen des Alterthums und der mittlern Zeit von Wu
regen entftanden, wobei man Manches für mit dem Regen herabgefallen |
was gar nicht aus der Atmofphäre gefommen war. Das meifte Verdienft wm
Theorie des Regens haben fi) Sauffure („Essai sur Phygrometrie”, Neuft
1783) und de Luc („Ldees sur la meteorologie”, Lond. 1786, 2 Bde.; den
Regenbogen 119
a. Etettin 1787, 2 Bde.) erworben, wiewol ihre Anfichten ſehr von ein«
dbereichen. Das Spften des Exftern, welches ſich auf Erhebung des Wurf:
Ne Luft in Geſtalt von Dunfibläschen (vesieula) befchränkt, führt den
(de Veficularſyſtems; wogegen fid) de Luc zu der von uns damit in Ver:
zgeſedten, auf der antipblogiftifchen Darſtellung begründeten, chemifchen
ns des verbünftenden Waſſers in feine Beftandtheile (Auflöfungsfpftem).
L, indem er annimmt, daß das Waſſer vor feiner Wiederausfcheidung als
an der Atmiofphäre, einen gasartigen Beftandtheil derfelben ausgemacht
bene. (S. die „‚Unterf. über die Wolken und a. Erfcheinungen in ber
dire”, von Th. Zorfter, aus d. Engl., Leipz. 1819.) (Bol. Blutregen
‚Blutader.) U... v.
egenbogen, die fhöne Kufterfcheinung, ‚welche ſich zeigt, wenn die
em Zufchauer im Rüden ſteht und in den ihn gegenüber herabfallenden
iheint. Gewoͤhnlich fieht man zwei Negenbogen zugleich, welche concens
. Der imnere, der Dauptregenbogen, hat lebhaftere Karben als der du:
Bitwwriten erblict man innerhalb des Dauptregenbogene noch Stüde anbrer
von fehr matten Farben. Bon Innen nad) Außen folgen die Karben des
wgenbogens in eben der Orbnung, wie im prismatiſchen Sonnenbilde (f.
B): Violet, Purpur, Blau, Grün, Gelb, Orange, Roth; im dußern iſt
leafolge umgekehrt. Außer diefen in die Augen fallenden Huuptfarben des
nzens ſieht man noch eine Menge von Farben, die unvermerkt in einander
m Der Halbmeſſer des Hauptregenbogens begreift 40—42 Grab, der .
ma s1--54 Grad, Da der Mittelpunkt beider Bogen der Sonne gerabe
wifegt iſt, fo erfcheint ein völliger Halbkreis uber dem Horizonte, wenn bie
dem aufs oder untergeht. Regnet die Wolke nicht an allen Stellen, ober
einzelne unterbrochene Regenwolken am Himmel, fo fieht man nur eins
Bide des Bogens, die man Regengallen oder Waffergallen nennt. —
g des Megentogens laͤßt ſich durch Hülfe der Mathematik aus den
Geſetzen der Brechung der Sonnenftrahlen und der verfchiedenen Brech⸗
Zerftreuung der gefärbten Lichtftrahlen vollkommen erklären. Will
ine finnliche Vorftelung von der Bildung des Regenbogens machen, fo
manf eine gläferne mit Waffer angefüllte Kugel Sonnenftrahlen unter eis
wien Winkel fallen, und man erblidt auf einer weißen Wand, welche die
n ichtſtrahlen auffängt, verſchiedene gefärbte Bogen, im Kleinen wahre
gen, weil bie Sonnenftrahlen bier auf eine ähnliche Art, wie in den Regen⸗
‚gebrochen werden. Stellt man das Auge fo, daß die Geſichtslinie mit
menfitahlen einen Winkel von 42 Grab bildet, fo ficht man an der untern,
me abgewandten Seite der Kugel ein fehr lebhaftes Moth; wird diefer
neh und nach um 2 Brad verkieinert, fo erfcheint nad) und nad) Gelb,
we Blau; wird der Winkel bie auf 51 Grad vergrößert, fo erfcheint Roth
sdern, der Sonne zugefehrten Seite der Kugel, und die übrigen Farben
wenn man den Winkel nad) und nach um 4 Grad vergrößert. Aus dem
memen ergibt fich auch, warum bei uns in den Längften Tagen um Mittag
möhnlichen Stellung des Auges kein Negenbogen zu fehen if. — Bei
ham Deere, wo die Welten ſich häufig in Tropfen zertheilen, bilden die
Mrahlem in denfelben umgekehrte Regenbogen, deren man oft 20 bi6 30
ieh Sie haben gewöhnlich nur zwei Karben, Gelb gegen die Sonne
auf der andern Seite. Die Erfcheinung zweier fich einander durchs
uben Regenbogen, welche man bisweilen an den Seekuͤſten fieht, wenn die
voßle Aber dem Waſſer ftcht, hat vielleicht ihren Grund in der Wirkung des
Iafferipiegel zuruckgeworfenen Sonnenbildes. — Des Morgens fieht man
Rdie Regenbogenfarben in den Thautropfen auf den Wiefen, wo der Regen«
'120 Regenmeffer Regensburg
bogen hyperboliſch oder elliptifch ifl. Zumeilen beobachtet man auch Regenl
des Nachts, die durch die Brechung und Zerftreuung der farbigen Strable
Mondlichts in den Negentropfen entftehen; fie find jedoch fehr blaß und bilde
meiniglid) nur weiße und gelbe Bogen. Die erfte richtige Erklärung des Hi
tegenbogens gab der Bifchof von Spalatro, Anton de Dominis, in einem Anf
des 17. Jahrh. zu Venedig erfchienenen Tractate; die vollftändige mathems
Behandlung diefer fchönen Himmelserfcheinung verdanken wir aber Ne
(„Optica”, Lond. 1706, #.). Eine gelungene mathemat”Darftellung gibt &
in f. 6. Aufl. von Gren's „Naturlehre” (Halle 1820). (Bol. Iris.) [7
Regenmeffer, Ombrometer, ein Inftrument, das die Menge b
einer geroiffen Zeit’ gefallenen Regens beftimmt. Es beſteht aus einem oben
nen, gläfernen oder metallenen Gefäß, an deffen unterm, enge zulaufenden
eine an ihrem andern Ende verfcyloffene Glasroͤhre angebracht fl. Der is
Gefäß fich ergießende Regen fteigt nun natürlich durd) die Öffnung in die €
röhre und zeigt fomit durch feinen Höhern oder niederen Stand die Menge da
fallenen Waſſers nad) Linien an, die auf der mit der Weite und Offnung bei
faͤßes in genauem Verhaͤltniß ftehenden Roͤhre angebracht find.
Regensburg, eine der aͤlteſten Städte Deutſchlands, von den RE
erbaut und Reginun oder Castra Regina genannt, war, wie aus einer von
Gemeiner beigebrachten Zempelinfchrift hervorgeht, fehon im 2. Jahrh. nach
ein Handelsplag. Unter den Agilolfingern war fie die Hauptft. Baierns,
Entfegung diefer Dynaftie aber, unter dem unmittelbaren Schuge der Ye
. Könige, der Bermwaltung eines Grafen untergeordnet und erhielt fo, gleich ag
n
Städten, in welchen ſich anfehnliche Handelsgefeltfchaften befanden, die B—
nung einer önigl. Stadt. Kaifer Friedrich I. befreite fie fpäterhin aufs neue
ber Botmäßigkeit, welcher die Herzoge von Baiern fie unterworfen hatten,
nahm fie unmittelbar ans Reich. — Bon 1663 an war fie, bis zur Auflöfun
deutfchen Reichsverbandes, der immerwaͤhrende Sitz des Reichstags. 1
wurden die Stadt und das Bisthum gl. N., deffen Biſchof in derfelben
durch den Reichsdeputationsreceß dem Kurfürften von Mainz zugetheilt, bes
Kurfürft-Erzkanzler hieß. Die Stabt wurde mit dem Bisthum vereinigt w
einem Fuͤrſtenthum erhoben, erhielt die Neutralität in den Reichskriegen, um
vormals erzbifhäfl. Stuhl zu Mainz wurde auf die Domkirche zu Regent
übertragen. Als aber 1810 der Kurfuͤrſt⸗Erzkanzler und (1806, nach Abſcha
der deutſchen Reicheverfaffung) Fürft Primas von Napoleon zum Großh
von Frankfurt erhoben wurde, kam Fuͤrſtenthum und Stadt an Baiern. .
iſt Regensburg (1539 H., 26,100 Einw., meiftens Lutheraner) die Haup
des Regenkreifes bes Könige. Baiern und der Sig des Generalcommilffariate,
mit Maucrn und Graben umgebene Stadt liegt in einer fruchtbaren Gegen
einem weiten Thale an der Donau, wo diefe den Regenfluß aufnimmt.
Donau führt nach der am linken Ufer liegenden Stadt am Hof eine beit
fteinerne, von 1135 —46 erbaute Brüde, welche 15 große Bogen hat, 1091
lang und 23 breit if. Der Strom macht hier zwei Heine, mit angenehmen
ziergängen verfehene Inſeln, Ober: und Niederwörth, welche durch diefe X
verbunden werden. Die Straßen find frumm, enge und dunkel, doch reinlic
Häufer hoch, von Stein und nad) alter Bauart. Merkwuͤrdig find: das alte
Rathhaus (mit f. Bibliothek), in welchem ſich der Reichstag verfammelt:
Domtirche (f. Wiebeling’s Schilderung in dem Taſchenbuche „Armin, Mü
1821), die St.Peters- und die Dreifaltigkeitslicche, das Schloß des F
von Thurn und Taxis, der Ditmarifche Palaft, das neue Theatergebäude w
vormal. Reichsabteien St.:Emmeran, Nieder: und Obermünfter. Die ı
Abtei befteht aus einem weitläufigen Bezirke von Gebäuden, die gleichſan
N
Regent Regie 121
ih ausmachen, und hat eine Bibliothek, eine Gemälbefammlung und
ı Mufeum von mathematifch-phuftkalifchen Inftrumenten. Überhaupt
lebnliche Bibliotheken und Kunftfammlungen, eine botanifche Gefells
onmafium, ein Lyceum für alle chrifttiche Bekenntniſſe und eine Blin-
Die Gewerke beftehen hauptfächlich in einer Sayencefabrif, Wache:
tfhgarnfärberei, einer Lichter: und Seifefabrik, erheblichen Bier:
ad Branntweinbrennereien.. Die Einm. treiben Speditiong =, Salz =,
Betreidehandel und ſtarken Schiffbau. Bei der Stadt ift das 1817
ft. Erzbiſchof und Kürft Primas, Karl v. Dalberg, errichtete Denkmal
nen Kepler, der hier d. 5. Nov. 1630 ſtarb. Dalberg liegt im Dom
e ihm fein Neffe, der Herzog, 1824 ein Denkmal errichtet hat. Über
eSchlacht vom 19.—24. April 1809 bei und:in Regensburg f. Eck⸗
223. April verlor die Stadt,durch Brand 134 Häufer, und der Ver:
imderung ward auf 1,500,000 Gulden gefhäst. Wal. die „Chro⸗
rt und des Hochſtifts Regensburg“, von Theod. Gemeiner (von 1430
egensb. 1819, 4. ; ift mit dem 7. H. des 4. Bds. gefchloffen).
nt, im Allgemeinen und vorzugsweife der Regent eines Staates,
ge, welcher die Rechte des Stunts verfaffungsmäßig unabhängig aus⸗
em Sinne aber diejenige Perfon, welcher wegen Abweſenheit oder Un:
18 wirklichen Staatoberhauptes die Ausübung der höchften Gewalt
ſ; Regentfhaft im lestern Sinne ift daher die Ausübung bee
Steats durch einen ſolchen Stellvertreter. Das Recht zur Regentfchaft
Gefes, Vertrag oder legten Willen gründen. Durd) eine legtmwillige
‚kann ein Staatsoberhaupt nur alsdann eine Regentſchaft gültig anord-
Kefer Anordnung feine auf Gefege gegründete Befugniß eines Dritten
haft entgegenfteht; daffelbe gilt auc) in Nüdficht der vertragsmaͤßigen
m. — Unter den Regentichaften der neuern Zeit war in ihren Folgen
& und Europa traurig die Regentfchaft Philipps, Herzogs von Or:
), roährend der Minderjährigkeit Ludwigs XV. von Frankreich (von
— Einflußreich war die Megentfhaft Georg Friedrich Augufts,
Wales. (S. Georg IV.) — Ein vorübergehendes Intereffe hatten die
stichaften der vormaligen Kaiferin von Frankreich, Marie Louife, und
won Etrurien, gi. N. — Defto wohlthätiger aber war, nicht bloß für
aauch für andere Nationen, ruͤckſichtlich des freien Geiftes = und Han:
und mancher vortrefflihen Einrichtungen, die Mitregentfchaft des
Friedrich von Dänemarf, von 1784 an bie 1808, wo er unter dem
jedrich VI. (f.d.) den dänifhen Thron beftieg. — Merkwuͤrdig ift
en legten vier Jahrzehenden in Europa drei koͤnigl. Negentfchaften von
Inzen wegen Geifteszerrüttung und Wahnfinns der Stantshäupter .
und geführt worden find, naͤmlich in Großbritannien, in Portugal
mark N. P.
e. Regir beißt in der franz. Necdytswiffenfchaft verwalten, admi-
bregie eine mit Derantwortlichkeit und Rechnungsablegung verbun:
kung. Das Wort wird aud) von der Verwaltung gewiffer Staatsein:
ucht; in diefem Sinne Fam ed nad) Deutfchland, ale Friedrich IL.
xcife in den preuß. Staaten auf franz. Fuß einrichtete. -— Bei dem
t es die Verwaltung der Angelegenheiten der Bühne, infofern fie die
‚der Stüde betreffen. Gewöhnlich wird diefe Verwaltung vom Di:
ı feiner Schaufpieler aufgetragen. Diefer heißt dann Regiſſeur.
x Regel dafür zu forgen, daß die zur Aufführung beſtimmten Stüde fo
Wi beſezt, eingeuͤbt und aufgeführt werden. Wo der Director nicht
ender Künftier ift, hängt das Heil der Kunftpraris hauptſaͤchlich von der
122 Regierung
glüdlichen Wahl bes Megiffeurs ab, welcher die einzelnen Kunſtkraͤfte und |
mittel der Gefellfchaft zu einem Ganzen zufammenbringen fol. Sein 3
wegen der Rollenvertheilung, bie häufig Neid und Kabalen unter den Mitg
der Geſellſchaft erregt, und wegen der Anordnungen, die er für die Probe
Darftellungen zu treffen hat, unangenehm und befhwerlih. Bel größe:
tern gibt es deren gewoͤhnlich mehre ; diefe verwalten entweder das Amt de
Ienvertheilung collegialifch, wobei die Anordnung und Zeitung der Proben u
ftellungen woͤchentlich wechfelt (Wächner) ; oder jeder hat flr eine einzelne Gi
von theatralifchen Darftelungen zu forgen (Regiffeur der Tragoͤdie, bes Luft
der Oper), wie in Berlin.
Regierung, als gleichbedeutend mit dem Altern Obrigkeit, bezeich
Gefammtheit der Staatsbehoͤrden, weiche mit irgend einer öffentlichen Bet;
leidet find, in ihrer Verbindung und Unterordnung gegen den Souverain
diefem Sinne fteht der Regierung die Gefammthelt der Gehorchenden, dal
die Unterthanen gegenüber, und Regierungsgewalt, Regierungst
find dann mit Souverainetät und Souverainetätörechten gleichbedeutend,
brauchte diefen Ausdruck der Fürft Metternich in der Congreßconferenz vom
1814 und flimmte dafür, ihn fiatt Souverainetätsrechte anzunehmen, w-
mit diefem legtern in den neuern Zeiten oft despotiſche Rechte, dergleichen nık-
begehren könne, confundirt habe. (Klüber’s „„Acten bes wien. Congr.“, 2 I
109). Man verfteht dann unter der Regierung gewoͤhnlich mur die höherml.
den, von welchen bie Leitung der Staatsanyelegenheiten ausgeht, das Minl
(gourernement), und begreift die fämmtlichen ihr untergeorbneten Stellen
dem Gefammtnamen der Regierungsbeamten. In diefer Beziehung koͤm
‚auch die Volksbeamten in der meiteften Bebeutung, befonder& die Mitgliel
repräfentativen Behörden, entgegengefegt werden. In einem andern Sin
fleht man umter der Regierung den Staat felbft, repräfentirt durch fein Dba,
‚gegen andre Staaten, ſowie man auch häufig den Regenten felbft von der
rung unterfcheidet und umter diefer nur die oberflen verantwortlichen Beaul
Staats begreift. Bon dem Amtsnamen der Regierung, welcher in vielen,
fhen Ländern denjenigen höhern Landesbehörden gegeben wurde, weil
Reichshofrathe nachgehildet und anfangs den Obergerichten gegenuͤbergeſtel
terhin aber felbft mit richterlichen Sunctionen bekleidet wurden, ſowie von d
nennung Regierung, welche in Preußen ſeit 1808 die hoͤhern Adminiſtrack
ben erhalten haben, iſt hier weiter nichts zu ſagen. Aber eine andre wichth
deutung des Worts Regierung ift die, in welcher damit bie eine jener drei d;
functionen bezeichnet wird, welche in der Staatsgewalt Überhaupt unter‘
werden müffen. So vielerlei Anfichten auch Über diefe verfchiedenen Zweig
Zunctionen ber Staatsgewalt aufgeftellt worden find, je nachdem fie die 08
ſehende Gewalt als eine abgefonderte und die richterlidhe als einen Theil De“
ziehenden betrachten oder nicht: fo wird ſich doch die ſchon von Arifloteleg'
deutete, von Montesquieu beflimmter entwickelte Unterfcheidung der regier‘
gefeßgebenden und richterlichen Gewalt, welche auch Kant's Autorität für fi
als die allein richtige bewähren. Man muß nur das Mißverftändnig vern
welches durch die Benennung vollziehende Gewalt (pouvoir executif) flat
gierungsgewalt auf eine doppelte Weiſe veranlaßt worden ift, indem dieſe #
nung theils für den Gegenftand zu eingefchränkt mar und das Anordnende, W
auch im Regieren enthalten ift, nicht mit ausdruͤckte, theils aber auch auf elf
terordnung unter die Gefeggebung und felbft unter die Gerichte hindeutet, f
durchaus nicht angenommen werben darf. Jene Eintheilung der Gewalt
tegierende, geſetzgebende und richtende, beruht auf einem doppelten Grunde,
theoretifchen und einem praktifchen. Jener bezieht fich auf die verſchiedent
Regierung, Regierungsrechte 428
ı Bermögen, welche dabei in Thätigkeit geſezt werben, den Willen,
haupt dem Handeln zum Grunde liegt, ber erfennenden Vernunft,
Wgemeined Geſetz aufjufinden vermag, und der Urtheilskraft, welche
a Sal unter das Allgemeine fubfumirt. In diefer Stellung ift Eeine
!ten unter der andern enthalten, und eine vierte neben ihnen nicht denk⸗
Nuffiche, welche nur in der Beobachtung der in dem Staate vorgehens
rungen und in dem Befehle an die Bürger befteht, der Obrigkeit Aus»
üefelben zu ertheilen, ift bloß eine untergeordnete, jenen brei Gewalten
richtung. Der praftifche Eintheilungsgrund hingegen liegt theils in
keit, für jeme drei verſchiedenen Functionen der Staatögemalt eine ges
de von Beamten aufzsuftellen, da zum Gefesgeben und zum Recht⸗
z andre Vorbereitungen gehören als zum Gefchäft des Regierens, theils
ein der ganz verfchiedenen Befchaffenheit der Acte, welche eine jede ber
wa ausgehen läßt, in der Verſchiedenheit der Zwecke, auf welche die
gierung, Befesgebung (f.d. und Gerichte) und Rechtſprechung
d, und der daraus entfpringenden Nothwendigkeit, diefe Gewalten in
ung von einander zu fondern. Bon der Regierung geht alle Thätigkeit
ben Lebens aus; fie ift der Wille des Staats, welcher von dem zufäls
u Einzelne gerichteten Willen des Volks fehr verfchieden ift und ihm
tgegengefent fein muß, indem der Wille des Staats Das ausdrüdt,
We wollen follte (Rouffeau’s volonte generale), ber Volkswille hins
was es in indlvidualer Befchränftheit wirklich will (volonte de tous).
wtswille druͤckt ſich durch Befehl aus, wie die mittlere Einficht und
Volks durch das Geſetz, die Unterorbnung des einzelnen Verhältnifs
BOefes durch das richterliche Urtheil. Diefe Sunctionen find einander
u ergänzen einander gegenfeltig, indem immer eine jede von ihnen zwei
mäberficht._ Sie müffen daher auch unabhängig fein; die Regierung
Befepgebung und Richteramt zur Thätigkeit anregen, aber keiner von
Den fett vorfchreiben dürfen. Die Unabhängigkeit der Gefeggebung
Beiten des Volks im Ganzen, die Unabhängigkeit des Richteramts bie
Jadividuen aufrecht. Aber eben aus dem Begriffe der Regierung, wie
Melt ift, erhellt fchon, daß die Sonderung der drei Gewalten nicht eine
kunung zur Kolge haben darf, bei welcher eine jede ihren eignen Gang
Mt auf die andern nehmen könnte. Eine ſolche Trennung muß unauss
B Streit ımb zur Zerrüttung führen. Es muß vielmehr in der Regie
bhrit des Handelns hergeftellt bleiben, ſodaß fie dem Gewicht, der Feder
Die beiden andern dem tegulicenden Gegengewicht verglichen werden
Beht bloß in der Hand des monarchifchen Regenten, wie die Schlufacte
Niniſterialconferenzen von 1820, Art. 56, fehr richtig fagt, fondern
d einer jeden Regierung müffen alle Zweige der Gewalt vereinigt bleis
Aarchaupt das Leben des Staats ein gefundes, regelrechte® und dauern
m Hauptbebeutungen bed Ausdrucks Regierung müffen dann aud)
tgierungsrechte bezogen werden. Sonad) find es folche, welche
a &berhaupt zukommen (Majeftätsrechte, Hoheitsrechte, Souveraines
In diefem Sinne müffen aber wiederum die nothwendigen Nechte der
‚ ohne welche ſich eine Erfüllung der Zwecke bes Staats gar nicht den⸗
I eigentlichen Majeſtaͤts⸗ oder Hoheitsrechte), von denjenigen unter⸗
Wen, welche nur als verftändig gewaͤhlte und baher nicht fchlechterding®
2 Bittel zu jenen oberften Zwecken alles Regierens betrachtet werden
ksalien im der engen Bedeutung. Jene find von dem Dafein des
petrennlich; wenn ihm etwas davon entzogen wird, fo fehlt etwas am
⸗
untergeordnete Bevollmaͤchtigte, worin zugleich das Recht zu Beſetzung der
124 Regierung, Regierungsͤrechte
ſeiner Machtvollkommenheit, an der Staatsſouverainetaͤt; ſie koͤnnen dal
zur Ausübung Übertragen, aber nie veraͤußert werden. Dieſe werden d
fondere Rechtsgründe, durch Staatögefebe und Verträge hervorgebracht,
nen aud) veräußert und an Privatperfonen verliehen werden. Wie alle me
echte durch die Pflidyt begründet werden, fo gehen auch die Hoheiter
Staats aus den Pflichten deffelben oder aus den Zwecken hervor, welche d
(hen im Staate und durdy ihn erreichen follen. Jene Zwede werden ı
durch die Herrfchaft des Geiftigen über die Materie, ſowol im einzelnen 2
als in der Wechſelwirkung mit Andern und im Verhaͤltniß zur Natur,
werden durch die Verbindung der Menfchen zur Kirche, zur rechtlichen £
and zur Naturbeherrfchung (vermittelft der Polizei) erfirebt. Nehmen wi
hieraus entfpringenden Hoheiten des Staats noch die völkerrechtliche, de
genftand das Daſein des Staats felbft in feiner Integrität, Machtvollkom
und Unabhängigkeit ift, und die finanzielle, welche die Kräfte zu allen Be
gen des Staats herbeifchafft, fo wird in diefen fünf Hoheiten: 1) des Arl
Friedens, der Gefandtfchaften und Bünbdniffe, 2) der Kirchenhoheit, 3)
hoheit, 4) Polizei » und 5) Finanzhoheit, der Kreis der Majeftätsrechte gef
(Bol. Majeftätsrehte und Polizei) II. Bon diefen Staatshoh
ten find die Rechte der Regierung als einer der drei Functionen der Stan
unterfchieden. Sie ift, wie oben bemerkt wurde, der Wille des Staats
Volks), oder das Princip der Ihätigkeit in ihm. Ihr eigentlicyer
der Befehl, wie das Weſen der Geſetzgebung in dem Ausfprechen eines
nen, das Werfen der richterlihen Gewalt in der Auffindung und Beurth
Defondern befteht. In der Regierung ift daher der Vereinigungspuntt ¶
walt, unbefchadet der Unabhängigkeit, welche in dem Handeln der &
und des Richteramts herrfchen muß. Aus diefes Stellung ergeben ſicht
mente ber Regierungsgewalt: 1) die Vertretung des Staats nad
Außen; 2) das Recht der Aufficht, welches zugleich die Pflicht der
bedingt, der Regierung alle Nachrichten zu ertheilen, welche fie zu ihrem
bedarf; 3) das Recht des oberften Befehls und der Übertragung des
ämter enthalten ift, und movon das Recht des Zwangs (Anwendung ber
des Staats, um den Befehlen Gehorfam ju verfchaffen) nur eine befonde
tung ift. Diefe Rechte der Regierung beziehen ſich auf Alles, was im Sg
geht, daher insbefondere auch auf die Gefeggebung und das Richteramt. .
empfangen den Antrieb zum Handeln nur durch die Regierung; die Gefel
kann nicht in Wirkfamteit treten ohne Auffoderung der erften (Zufamme
Stände, Recht des Vorfchlags, Initiative der Gefege), ſowie die Beſchl
Sefeßgebung nothiwendig der Zuftimmung der Regierung (Sanction des
Veto) und ihres Befehls zur Vollziehung (Promulgation) bedürfen. Di
teramt kann nur kraft eines unmittelbaren oder mittelbaren Auftrags deu
rung (Anftellung der Iandesherrlichen, Beftitigung der grundherrlichen, fi
u. a. Juſtizbeamten) ausgeübt werden (alle Gerichtsbarkeit geht vom A
aus); die Regierung hat dafuͤr zu-forgen, daß die Gerichte ihr Amt erfuͤll—
kann ihnen zwar nicht vorfchreiben, wie fie urtheilen follen, wol aber fie dam
weis und Strafe nöthigen, Überhaupt zu urtheilen (Recht der Oberaufſicht
Bifitation der Gerichte, der Juſtizmandate); daher hat man, und in eines
ſchraͤnkten Sinne mit Recht, den Monarchen ben oberften Gefeggeber und!
die Quelle der Gerichtögewalt genannt, forie er vermöge des Mepräfeg
rechte auch die Quelle aller Ehren und Würden ift, und Niemand ſich eim
ges oder Ehrenrechts, 3. B. des Adels, anmaßen und rühmen darf, w
vom Fürften ausginge. Auch gegen die Kirche ift die Regierung Vertrel
Repiomontanus 125
yaber der Regent nicht nur oberfter Schus : und Schirmherr aller
indlihen Kirchen, auch der neu entftehenden (worauf das Recht der
gegründet und zu beſchraͤnken ift), fondern ihr liegt auch die Auf:
e Kirchenbeamten, Sorge für deren ordnungsmäfige Wahl, Beſtaͤ⸗
nımg der untauglihen und unmwürdigen, und die Befchränkung der
Kreis ihres eigenthiumlichen Wirken (vornehmlich auch ihres Be⸗
hren wahren Bedarf), ſowie die Befchügung der Individuen geger
d Gewiſſenszwang und andre Mißbraͤuche der kirchlichen Gemalt.
auch nur die Negierung jene Ausgleihungen übernehmen, toelche
Buchſtaben des Geſetzes und den befondern Umftinden einzelner
thiq fein koͤnnen, und den eigentlichen Grund des Rechts ber Gnade
m und Dispenfationen) abgeben. Alle tiefe Rechte find der Re⸗
tnothwendig, obgleich die befondere Verfaffung einzelner Staaten
lei Bedingungen, Formen und Beſchraͤnkungen umgeben Eann.
thwendigſte Eigenfchaft der Regierung, wie die Gefeggebung nad)
die richterliche Gewalt nady Nichtigkeit ihrer Ausſpruͤche ſtreben
Kraft wird aber gerade dadurch am meiften verftärkt, daß fie durch
le Einrichtungen, worunter die Sonderung der gefeßgebenden und
ewalt und die Verantivortlichkeit der Megierungsbeamten die wich⸗
m dem Abfchweifen ins Willtürliche und Geſetzloſe abgehalten wird,
die conftitutionnelle Beſchraͤnkung der Regierungsgemwalt mit einer
{fen durch gaͤnzliche Emancipation ber andern Gewalten (Aufhebung
md des Veto bei der Geſetzgebung, oder des Rechts der Aufſicht
htshoͤfe u. dgl) nicht zu verwechſeln. Die vollfte Souverainetät
lkommenheit ift noch lange Beine abfolute Herrfchergemalt, ja die
md unwuͤrdigſte Abhängigkeit des Staats ift am häufigften mit einer
menen Unbefchränftheit der Macht vereinigt geweſen. Aber eine
es Staats durdyaus umverträgliche Schmälerung der Regierungs-
benn irgend ein Stand, eine Corporation, ein Verein im Staate ſich
kit von der Regierung entziehen will, wenn fie Rechte behauptet,
t aus der Staatsgewalt ableitet, und der Gefeggebung ſowie der
ı Staats fidy nicht unterwerfen will. Die Kirche, ober vielmehr
t und der Adel find nicht felten in diefe falfche Stellung eingetreten
Regierung ihr Geſchaͤft bis zur Unmöglichkeit erſchwert. Viele der
ı tenntnißreichften Minifter find an dem vergeblihen Bemühen ges
Rechte der Regierung in diefem Gonflict zu behaupten, und felbft
und Braftvolle Regenten ‚haben nicht immer urchdringen koͤnnen.
hes conſtitutionnelles und ein unechtes royaliſtiſches Beſtreben, wenn
u ſolchen zu Liguen und Fronden führenden Wege die Gewalt der
beſchraͤnken ſucht, und, mie ſchon oben bemerkt wurde, erft nachdem
init der nöthigen Kraft ausgeruͤſtet ift, Läßt fich davon fprechen, durch
k Schranken ihr eine fefte gefeglihe Bahn zu beftimmen. 37.
montanus, eisentlih Sohann Müller, geb. 1436, nannte
Kanus von f. Geburtsorte Königsberg in Franken. Diefer verdienft:
atiter, der mit der Kenntmiß feiner Wiffenfchaft eine gründliche phi:
ung verband, hatte ſich feit 1451 unter dem berühmten Mathema⸗
Peurbach gebildet und dann mehre Fahre hindurch die Mathematif
kifall su Wien gelehrt. Seine Begierde, die griechifche Sprache zu
ihn, 1461 mit dem Gardinal Beffarion nadı Stalien zu gehen. Er
1 Zweck völlig und erwarb ſich durch f. ausgezeichnete Gelehrſamkeit
. Er lieferte viele Üiberfegungen mathemat. und aſtronom. Schrif:
Briechifdyen umd vollendete den von f. Lehrer Peurbach angefangenen
126 Regifter Reglement bet franz. Kammern
Auszug des „Almageſt“ des Prolemäus (Venedig 1496, Fol.), fehrieb au
„Tractat. de doctrina triangulorum‘, das erfte über diefen Gegenſta
drudte Buch. Hierauf lebte er am Hofe des ungarifchen Könige Matthie
vinus, dann ließ er fi) 1471 zu Nürnberg nieder, wo er in genauer Verb
mit Bernhard Walther fland und eine Buchdruckerei anlegte, die wegen 1
zuͤglichen Correctheit der darin gedruckten Bücher berlihmt wurde. 14741
vom Papft Sirtus IV. wegen ber Galenderreform nad) Rom berufen und ı
biſchoͤfl. Stuhl von Regensburg erhoben. Er Harh 1476, nah Einigen
Def, nady A. ermordeten ihn die Söhne des Georg von Trapezunt, da
Schimpf ihres Waters, in deffen Überfegungen Müller grobe Fehler auf
hatte, rächen wollten.. — M. war in Deutfchland der Erſte, der fich mi
aufdas Studium und die Verbefferung der völlig vernadjläffigten Algebra
der Trigonometrie gab er höhere wiffenfchaftliche Vollkommenheit und fuͤh
Gebrauch der Zangenten ein, nachdem er dem Halbmeffer 10 Mitt. Theil
ben batte; auch die Mechanik verdankt ihm unendlich viel. _ Seine Wider
des Sardinals Nik. Cufanus (Chrypffs), der die Quadratur des Cirkels ga
zu haben glaubte, f. vielen Schriften über Wafferleitung, Brennfpiegel, &
u. a. ähnliche Gegenftände zeugen von vielumfaffender Gelehrſamkeit unb f
Scharfſinn. Seine aftronomifchen Beobachtungen, „Epbemerides‘, be
von 1475— 1506, die zuerft zu Nürnberg 1474, dann zu Venedig 14765
und endlich zu Koͤln 1488 in 4. heraustamen, find fehr genau und erwarll
großen Ruhm. (Sie wurden von dem obengen. Bernb. Walther, der
Tode deſſen Papiere Eaufte, fortgefeut und herausgegeb. von Schoneruß,
Auch nuͤhte M. der Aftronomie durch fein Beifpiel; mehre Männer vourdes
ihn zum Stubium derfelben angefeuert, und Nürnberg der Sit bedeutende
nomen. — Bon f. vielen Schriften find die wichtigern: „Calendarium” (fl
1473, 4.); „De reformatione Calendarii” (Wened.1489,4.); „Tahulns
primi mobilig” (Nürnberg, ohne Jahr, #.); „De cometae magnitudäng
tudinegue” (Nürnb. 1531,4); „De triangulis omnimodis libr. V.“
1533, Fol.); „Tabulae directionum profectionumque in nativitatiing
tun utiles” (Vened. 1585, 4). Wahrfcheinlicdy nicht von ihm find bie ,,
mantie” unb die „Phyſiognomie“, die unter f. Namen in lat. Sprache ı
. mb 1549 zu &yon ins Franzöfifche überfegt wurde. — Das Leben det:
montan hat Gaffendi befchrieben (f. Gaſſendi's „Opp.“, T.V). Vergl.
Doppelmayer’d „Hiſtoriſche Nachrichten von den nürnbergifhen Mathe
und Künftlern” (Nuͤrnb. 1730 fg.). x. M
Regiſter werden 1) bei einer Orgel bie an den Seiten der Taflatın
beachten Schieber genannt, die dazu dienen, die Windloͤcher der Orgelftinu
öffnen ober zu fließen; 2) die Orgelftimmen felbft, ober zufanımeng
Dfeifen gleicher Gattung, durch welche eine beſtimmte Klangart hervorg
wird. Im dem Regiſtriren, d. i. in der Wahl und zweckmaͤßigen Verbindu
Drgelftimmen beim Orgelfpiel, zeigt fiy ein großer Vorzug des Drganiften
Orgel.)
Regiſterſchiffe werden die Kauffahrteiſchiffe genannt, die von d
niſchen Handlungshaͤuſern (beſonders denen von Cadiz und Sevilla) naı
ſpaniſchen Amerika geſendet werden, jene Laͤnder mit europaͤiſchen Waaren
ſehen. Hierzu wird eine Erlaubniß des in Madrid ſeinen Sitz habenden
von Indien erfodert, wofür eine Abgabe entrichtet werden muß, bie eine
der Kroneinkünfte der Könige von Spanien ausmadıt. Sin ſolches Fe
wird in die NRegifter des Handlungshofes zu Cadiz eingetragen (regiſtrirt),
fein Rame.
Meglement ber reichöftändiihen Kammern in Frankreich. Die
Reglement der franzoͤſiſchen Kammern = 127
welcher eine große repräfentative Verſammlung ihre Verhandjungen vor:
ven ber größten Wichtigkeit. Won ihr hängt es zum großen Theil ab,
Berathungen felbft die nöthige Kreiheit, Ordnung und Gruͤndlichkeit zu
als auch Durch ihre Würde das Vertrauen der Nation zu ihren Vertre⸗
Birken. In England haben fich durch Herkommen und Obfervanz eine
n Regeln ausgebildet, woruͤber zum Theil fehr ausführliche Werke er
». Das neuefte ift des vieljährigen Parlamentsfecretaire Hatfell ‚‚Pre-
proceedings ia the house of Commons’ (4. Ausg., 1818, 4 Bbe.,4.).
ed mit großem Ernſt gehalten und dadurch wenigftend in den Verhand⸗
R, fo heftig auch oft ihr Inhalt ift, doc) der Außere Anftand behauptet.
canz. Deputirtenkammer kann man dies zur Zeit nicht ruͤhmen (vergl.
), obgleich fie am 23. Sun. 1814 ein ausführliches Kegiement von
serbalten hat. Nach demfelben fol Niemand den Sprechenden unters
in Depntirter von feinem Plage reden, keiner ein Zeichen des Beifalls
Riöbikigumg geben (Art. 20, 21, 23,26); es vergeht aber kaum eine _
in welcher nicht der Gang der Berathungen burch wildes Gefchrei und
Mehrheit geſtoͤrt wuͤrde. Die Dauptzlige des erwähnten Reglemente
te: Die Kammer wählt, fobalb fie zuſammengetreten ift, unter Vorfig
n fünf Gandidaten, woraus der König den Präfidenten ernennt, ferner
söfidenten und vier Secretairs. Dem Präfidenten liegt die Sorge für die
Igleit der Verhandlungen ob, und er iſt das Organ der Kammer In ben
kstionen mit den Miniftern, mit der Pairdfammer, forie an ihn alle
uanee gerichteten Eingaben des Publicums abgeliefert werben. An den
zen ſelbſt kann er als Präfident nicht Theil nehmen; er muß, wenn er
He will, feinen Praͤſidentenſtuhl verlaffen. Bon ihm foll ein Jeder
Wegehren ; er foll bie Sprechenden, wenn fie ſich von der Sache entfernen,
fie den Anftand und die Regeln verlegen, fie zur Ordnung rufen.
gen der Kammer koͤnnen veranlaft werden durch Privateingaben,
der Mitglieder, Eönigliche Propofitionen. Zu vorläufiger Prüfung
ile fich Die ganze Kammer durchs 2006 in 9 Bureaur, welche bei jeder
ihre Meferenten eine Sommiffion von 9 Mitgliedern bilden, die den
benten in der Kammer beflellt. Privateingaben twerden entweder gang
sen (la chambre passe & l’ordre du jour) oder den Miniftern zur Be:
nung abgegeben; es koͤnnte auch geſchehen, daß fie der Kammer Veran:
vernflern Schritten gäben. Anträge der Mitglieder müffen bei dem Se:
Igezeigt, vorgelefen und dann ein Tag beflimmt merden, wenn bie Kam⸗
nitere Entwickelung des Vorſchlags anhören will. Ein folder Antrag
dann andern Mitgliebe unterftügt werden, fonft darf fid) die Kammer
bewit befchäftigen. Aber auch einen unterftügten Antrag kann die Ram:
Discuffion verwerfen, und die Abftimmung über diefe Frage (die ques-
inbie, ein Abel gewaͤhlter Ausdruck, da cr auch die Tortur bedeutete, wel⸗
wurtheilten Verbrecher vor der Hinrichtung untertworfen wurden) kann
kit verlangt werden. Wenn die weitere Eroͤrterung befchloffen ift, fo
h Alle, weiche dafuͤr oder dagegen fprechen wollen, bei dem Secretariat
a), und nun werden die Rebner nad) Vortrag ber Commiffion abwech⸗
Ist, bis die Kammer hinlaͤnglich unterrichtet zu fein glaubt und die Daupt:
mg beſchließt. Zuſaͤbe zu dem Vorſchlage (amendemens) und Jufäge
(seus-amendemens) müffen vor dem Hauptvorfchlage zur Ab:
Burkeacht werden. Kein Deputirter darf über einen Segenftand zwei
um; aber dahin hat man es in Frankreich. noch nicht bringen können, daß
u frei aus der Bruſt gehalten werden müßten. Das Meifte wird noch ge:
& Wenige find im Stande, mit Ordnung, Klarheit, Kraft und Mürde
128 Reglement (Dienft-) Regnard
unvorbereitet zu ſprechen. Die Anträge auf die Ordnung bes Tages, die!
folge (priorite), die Verweiſung auf das Reglement, auf die richtige Stell
Fragen, gehen immer der Hauptverhandlung vor, Gewoͤhnlich flimmt die
mer durch Aufſtehen und Sigenbleiben, und das Eecretariat entfcheidet, a
cher Seite die Mehrheit ſei. Über Gefese aber erfolgt die Hauptabſtimmm
mer durch Kugeln (scrutin secret), wobei alle Mitglieder namentlich aufı
werden (appel nominal), jedes eine ſchwarze und eine weiße Kugel empfaͤn
nun duch Einmerfen ber einen in die auf der Rednerbuͤhne ftehende Une abf
(Die Pairskammer hingegen ſtimmt ſchriftlich mit Ja und Nein.) Die
werben der Regel nach durch koͤnigl. Propofitionen in Vorſchlag gebracht
Recht der Initiative), aber auch die Kammern dürfen dergleichen zueyſt in‘
bringen. Über diefelben miüffen beide Kammern einig fein, ehe fie dem.
vorgelegt werben, welcher dabei ein unbedingtes Verwerfungsrecht (durch d
mel: Le roi s’avisera) ausuͤbt. Koͤnigl. Propoſitionen werben den Ka
durch Minifter (welche Eraft ihres Amts in beiden Kammern Sig und E
haben) oder befondere Commiffarien überbracht, darüber ein Empfangsbeli
(aete) gegeben, fodann der gutachtlicdye Vortrag einer Commiſſion vernomm
dadurd) die Berathung eröffnet. Die Kammern mäffen ihre Befhiäffe U
(Refolutionen) ohne Hinzufügung von Gruͤnden (La chambre adopte — mfi
pas) ausfprechen. Zufäge müffen von beiden Kammern und dem Könige
migt werben.
Neglement (Dienft:), die ſyſtematiſch geordnete Feſtſetzung aller!
pflihten und Obliegenheiten des Kriegemanns jedes Grades in einem Dee,
im Kriege wie im Frieden. 8 gründet fich auf die urfprünglichen und nd
digen Einrichtungen eines Heeres im Allgemeinen, auf die überall gültigen 3
gefege gefitteter Völker und endlid, auf befondere volksthuͤmliche Anfichte
Beltimmungen ber höchften Staatsbehoͤrden. Es gilt daher als die vor
Richtſchnur bei den Entfcheidungen in allen Vorfällen des Dienftes g
ale Geſetzbuch, theilt aber auch als folches das Loos aller Gefegbücher, ©:
und Bedürfnig machen fortwährend Erläuterungen und Zufäge nöthig und
Abänderungen herbei, welche eine periodifhe Durchficht der Dienſtreglemeit
wuͤnſchenswerth machen. In den mehrften Staaten beftehen neben dem 3
reglement befondere Kriegsartikel oder Grundgefege für den Kriegema
Anfehung der Mannszucht, welche zu beachten er fich beim Fahneneid verpf
und bei deren libertretung weder Entfhuldigung noch Erlaß der Strafe zu er
ift; ferner ein befondere® Erercirreglement für die eigentliche Gefecht
d. h. für die taktifchen und Waffenuͤbungen der verſchiedenen Truppengatt
auch wol befondere Reglements fuͤr dieſen und jenen Wirkungskreis oder
zweig, z. B. Wirthſchafts⸗ Verpflegungs-, Werbereglements u. dgl. —
Hoyer's Seſchichte der Kriegskunſt“ gab ſchon Kaiſer Friedrich I. den Heat
er nad) Stalien führte, befondere Kriegsgeſetze, um Zucht und Ordnung
handhaben zu können; die Heerführer, wie aud) Bifchöfe und Äbte, mußte
Handfhlag die Aufrechthaltung diefer Gefege angeloben. Später fegten
nand der Kathol., Franz I. und Heinrid) I. von Frankreich und Karl V. da
dentliche Kriegögefege die europäifche Kriegszucht auf einen beffern Fuß.
waren im 15. und 16. Jahrh. in den mehrften Heeren Dienftreglements
führt; auch fingen ſchon einzelne Schriftfteller an, die Obliegenheiten der X
und Soldaten wiffenfchaftlic abzuhandeln (tie Sronsberg in f. „Kriegsb
Der Prinz von Dranien gab für die Niederländer das erfte Erercirregiemı
Zeit des Unabhängigkeitskriege.
Regnard (Jean Franeois). Diefer dem beliebten Moliere öftı
Seite oder doch unmittelbar nachgefegte Yuftfpieldichter wurde 1647 zu Pa
rn (Mathurin) Regnier (Branc. Seraph. Desm.) 129
en Ältern geboren. Fruͤh erwachte in ihm ber Trieb, die Welt zu fehen.
m Aufenthalt in Italien fchiffte er ſich auf einem engl. Schiffe nach
a, wurde unterwegs von Seeraͤubern gefangen und nach Algier in die
ebracht. Als großer Schmeder in ber Kochkunſt wohl erfahren, ge:
durch Die Liebe feines neuen Herrn, die ſich aber bald in Haß verwan-
er eiferfüchtige Türke bemerkte, dag R. mit den Srauen des Daufes
traut ward. Angellagt bei den Gerichten, follte R. zwifchen dem
fen oder dem Turban wählen, als zu feinem Güde das aus der Hei:
riebene Löfegelb ankam, und er durch Vermittelung des franz. Conſuls
erhielt. Mit einer reigenden Provencalin, die er in Bologna Eennen
ie mit ihm die Sklaverei getheilt hatte, deren Gatte aber in Algier
Have bleiben mußte, ging er nun nad) Paris, wo er bald darauf bie
on des Letztern Tode erfuhr. Test, glaubte ex, ftehe der Erreihung
[he nichts mehr im Wege, und die kurze, von der Geliebten bedungene
war faft verftrichen, als plößlicdy der Todtgeglaubte erfchien, den ein
be losgekauft hatten. Aus Verdruß über diefe getäufchte Hoffnung
Pari® und ging über Holland nach Dänemark und Schweden, mo ihn
bt wohl aufnahm und zu einer Entdedtungsreife nad) Lappland ermun⸗
nternahm fie in Geſellſchaft zweier Landsleute, befchiffte den bothni-
fen und ging über Torneaͤ bis an die Küfte des Eismeers, kehrte dann
yolm zuruͤck, reiſte über Danzig nach Polen, Ungarn und Deutfchland
& einer Zjährigen Abmefenheit wieder in Paris an, geheilt von f. Liebe
je zum Reifen und zum Spiel. In der Gegend von Dourdan, wo er
Ritterfig und die Stelle eine Lieutenant des eaux et forets et des
ia force de Dourdan £aufte, lebte er fortan den Wiffenfchaften und
B eine® muntern und geiftreichen Umgangs mit ausgezeichneten Men
u verfaßte er bie Befchreibung f. Reifen und den größten Theil f. Luft:
denen Voltaire fagt: „Wem Megnarb nicht gefällt, der ift nicht werth,
bewundern”. Die beften diefer Stüde find: „Der Spieler”, „Der
ve’, „Der Zerftreute” und „Die unverhoffte Ruͤckkehr“. Seine Luft:
sunige Intriguenſtuͤcke und erhalten ſich auf der franz. Bühne. Der
B Ausg. f. Werke gibt es mehre. R. ftarb 1709 (nad) X. 1710) an
des unvorfidhtigen Gebrauchs einer Arznei, die er gegen eine lnner-
innahm. F. G.
nier (Mathurin), geb. zu Chartres 1573, geſt. zu Rouen 1613,
t unter d. Namen des guten Regnier, zeigte ſchon in der Jugend einen
Küchen Hang zur Satyre. Sein Dichtertalent erwarb ihm maͤchtige
Der Cardinal François de Joyeuſe nahm ihn mit ſich nach Rom; ein
H begleitete er den franz. Gefandten, Philippe de Bethune, bahin. Ein:
künden geftatteten ihm ein ganz den Lüften gemeihtee Xeben, welches
a frühen Tod herbeiführte. — Seine Werke (London 1733, 4., und
), 2Bde., 12.) enthalten Satyren, Epifteln, Elegien, Stanzen, Oben ꝛc.,
doch rigenti nur die erſtern, 16 an der Zahl, ſ. Dichterruhm begruͤn⸗
Perfins und Juvenal find feine Vorbilder, und er übertrifft fie we-
ech die Zügellofigkeit f. Bilder. Sein Colorit ift Eräftig, aber f. Styl
ache find incorrect, |. Scherze niedrig und oft ſchmutzig; doch fehlt es
n echt dichterifchen Wendungen, an feinem Wis und anziehender Ge:
$
nier (François Seraphin Desmarais, richtiger Desmarets), Schrift:
1632 zu Paris, geft. 1713, ftudirte zu Nanterre, dann in dem Gol:
Montaigu die Philofophie, deren fcholaftifche Spisfindigkeiten ihm
verhaßt waren, als ihn die Schönen Wiffenfchaften anzogen. Shen
Siebente Aufl, 8b, IX, 9
130 Regreß Regulus (Marcus Attiline)
in dieſer Zeit uͤberſetzte er die dem Homer gemöhntich Sugefchriebene „Batrad
machie“ ins Franzoͤſi ſche. Von ſeinem Vater wenig unterſtuͤtzt, ſuchte er die
einflußreiche Männer, in deren Gefolge er angenehme und lehrreiche Reifen ı
So nahm ihn der Herzog von Crequi mit nad) Rom, wo er der ital. Spa
fo bemächtigte, daß die Akademie della Crusca eine feiner Oden für ein
Petrarca hielt und ihn zum Mitglied aufnahm. Gleich groß war feine;
niß der fpanifchen Sprache. Im 36. Jahre feines Alters trat er zum gel
Stande über, da Ludwig XIV. feine Verdienfte um den Staat durch eine:
ftelle belohnte. Zwei Sahre darauf ermählte ihn die franz. Akademie zum
gliede. Ihm vorzüglich wurbe die Herausgabe des „Diotionnaire de 1%
mie” übertragen, woran die Akademie damals arbeitete, und ald man bei
Arbeit feinen Scharffinn und feine auf Kunde der alten Sprachen gegy
genaue Kenntniß der franz. Sprache bemerkte, wählte ihn bie Akademie naf
zerai’8 Tode 1684 zu ihrem Secretair. Hier leiftete er der Akademie in
Streite mit Suretiere die wichtigften Dienfte. Alle Memoiren, die bei bief
legenheit im Namen der Akademie erfchienen, waren R.'s Werk, der «6:
durch weife Leitung der Sache dahin brachte, daß die Regierung für die 2
entfchied und Furetiere aus derfelben verbannt wurde. Nicht nur da6
buch der Akademie hat durch ihn ſchaͤtzbare Beiträge erhalten, fondern er Ü
ber Verf. einer im Namen der Akademie erfchienenen „Grammaire
(1676, 2 Bde., 12.), die zwar nicht von philoſophiſchem Geifte zeigt, al
wichtige Unterfuhungen und gründliche Bemerkungen enthält. tt
R.'s Verdienfte um die Geſchichte. Seine „Histoire des demelcs de ls
avec la Cour de Rome, au sujet de l’affaire des Corses” (1767, 4.) 4
genau, und hat den Vorzug der Glaubwürdigkeit, theild weil R. diefen,
felbft erlebte, theild weil er aus Driginalactenftüden fhöpfte; ihr ‚mangd
der echte hiſtoriſche Geiſt. Zu feinen beffern Arbeiten rechnen wir feine
fegungen von Cicero’6 Büchern „De divinatione’” und „De finibus
et malorum‘ (1710, 12.), auch feine ital. Überfegung der Anakreontiſe
(1692). Noch in feinem 80. Jahre fammelte er feine Gedichte, und gab
db. Titel „Poesies frangaises, latines, italiennes et espagnoles” (1
ber 1716 und 1750 wieder gedrudt) heraus. Die ital. und ſpaniſchen
wurden jedoch in Rom und Spanien hoͤher geſchaͤtt als die franz. in Frag
wenigſtens haben franz. Kunftrichter ihn nie für einen großen Dichter erkläre
len. Am mehrften gelefen und gefchägt ift feine Überfegung einer Sea
Guarini's „Pastor fido‘', welche die bekannten Verfe über den Widerſprt
Moral und der Natur enthält, da jene die Liebe verbiete, diefe hingegen.
biete. Obgleich ihm diefe Arbeit große Ehre erwarb, fo gereichte fie ihm dei
zum Nachtheil, indem der König dem Überfeger diefer wollüftigen Scene |
fchofftelle verfagte, die er ihm zugebacht hatte.
Regreß, auch Recours, Ruͤckgang, bedeutet fo viel als Auffo
zur Vertretung oder Schadloehaitung Wenn daher bei einer von einem?
verbürgten Schuld, 3. B. der Gläubiger fih, im Fall des Nichtzahle
Schuldners, an den Bürgen hält, fo nimmt er an diefen feinen Regreß.
ches ift der Fall bei Wechfeln. Wenn Der, auf den der Wechfel gezogen
. zahlen will, fo nimmt Der, der die Summe empfangen foll, an-bes Bez
| Bormänner oder an den Ausfteller des Wechſels (Zraffanten) feinen Regref
Regulus, f. König, daher regulinifd.
Regulus (Marcus Attilius). Diefer durch feine Vaterlandslie
Aufopferung berühmte Römer bekleidete um 256 v. Chr. das Conſulat
wurde mit feinem Mitconful, Manlius Vulſo, von der Republit abgı
Noms Nebenbuhlerin, Carthago, zu bekaͤmpfen. Trotz der wenigen Erfa
Rehabilitation Reid (Philipp Grasmus) 181
die Römer damals in Seektiegen hatten, gelang es dem Muth der Con-
Ne überlegene carthagifche Flotte zu ſchlagen und in Afrika zu landen.
afeiste R. feinen Sieg fo gluͤcklich, daß er bald mit feinen Legionen vor den
ader Hauptſtadt ſtand. Das erfchrodene Carthago, für jest der Hülfe
netten beraubt, zu Lande damals nicht fonderlich ftreitbar, bat um einen
en Frieden. R., mehr Krieger als Staatsmann, mit Römerflolz auf
Bilm und feinem Haß gegen die Punier beharrend, verlangte Enechtifche
wfenz. Da mollten bie Carthager eher fterben, als folhe Schmach dul⸗
Ir diefer Bebrängniß fandte Lacedämon ihnen Hülfe, den Kanthippus und
ws Deere. Der grichh. Feldherr war Blein und ungeftaltet, aber ein Held.
nte tem Conſul unter den Mauern Carthagos eine Schladht, in welcher
Roͤmer fielen und R. gefangen wurde. Carthago Eonnte jest hoffen, auf
Beiingungen Friede zu fhließen. Es ſchickte daher eine Sefandtfi haft nad)
ud ließ diefelbe von R. begleiten, welcher fich durch Eidſchwuͤre hatte ver:
isüflen, nach Garthago zuruͤckzukehren, wenn Rom die Friedensbedingun⸗
märfe, die es durd) feinen Mund dem Senate antragen wollte. Allein in
zekemmen, bielt R. e8 für feine Pflicht, dem Wunfche der Punier entge⸗
und Volk zur. ftandhaften Fortfegung des Kriegs zu ermuntern, und
krin weder von den Bitten und Thränen feiner Gattin und Kinder, noch
deſchwoͤrungen des Senats und Volks, die mit jeder Aufopferung Frei:
beten eines ihnen fo werthen Mitbürgers erkaufen wollten, irremachen.
ng des Kriegs ward alfo befchloffen; erjtaunt und erzuͤrnt Eehrten
chen Gefandten in ihe Vaterland zurüd; mit ihnen R., gebunden
Eidſchwur, von deſſen gewiffenhafter Beobachtung in jener Zeit dieſe
hönes Beifpiel gibt. Die graufame Art, womit Carthago ſich an R.
fol, tft von mehren neuern Gefchichtsforfchern bezweifelt worden,
ilſchweigen des Polybius über diefen Punkt ift allerdings auffallend;
wie ihm wolle, das Benehmen bed R., welcher vorzog, fein Loos in
nicht großmüthiger Sieger zu geben, als fein Leben durch Aufopferung
bi8 zu erfaufen, ift der hohen Achtung aller Zeit werth. Das Ende
mbelannt, fo viel aber gewiß, daß er durch feine Aufopferung für das
Baterlandes den Fehler herrlich abgebüßt hat, den er beging, als
Härte ihn von ber Mäßigung entfernte, die nie der Sieger vergeffen
thabilitation, diejenige Handlung, vermöge deren einer Perfon, bie
eh oder richterlichen Ausſpruch des Beſitzes von Gütern, Ämtern,
ab andern Gerechtfamen für unfähig erklärt ift, diefe Fähigkeit wieder
wid. Dies kann fowol im Wege der Gnade ald durch richterliche® Ur⸗
Wachen. Auch das Andenken eines Verftorbenen, eines ungerechter Weife
n kann rehabilitirt werden, wenn 3. B. die Samilie eine Revifion des
answirkt Dann werden auch andre Folgen, 5. B. Confiscationen zu:
Reich hieß im Allgemeinen das deutfche Reich (f.d.). Im engern
verkand man unter Reich den obercheinifchen, baitifchen, ſchwaͤbiſchen und
Kreis.
eich (Philipp Erasmus), welcher von 1756 bis an feinen Tod (3. Dec.
meter Leipzigs berühmten Buchhändlern einen der ehrenvolliten Plaͤtze be:
u max am 1. Dec. 1717 zu Laubady in der Wetterau, wo fein Vater,
has, scäfl. ſolmsſcher Leibarzt war, geboren. Nachdem er aus Neigung
handel in Frankfurt a. M. erlernt, feine Kenntniffe durch eine Gefchäfts-
ih Lendon bereichert und einer Buchhandlung in Stodholm vorgeflanden
We ſich durch unermüblichen Fleiß und durch Benusung achtungswer⸗
9%*
182 | Reichard
ther Bekanntſchaften, die vielſeitigſten Kenntniſſe ſeines Fachs erworben
kam er bald, als Factor angeſtellt, in die Buchhandlung des koͤnigl. poln
kurf. ſaͤchſ. Hofrathss, Mor. Georg Weidmann, nad) Leipzig. Der gem
gluͤcklich ſpeculirende und thaͤtige Geiſt Reich's aͤußerte bald feinen wohlthl
Einfluß auf dieſe damals ihrem Verfalle nahe Handlung. Die richtige.
muthung, daß in dem damals begonnenen fiebenjähr. Kriege, bei dem wahr]
lihen Einruͤcken franz. Hülfstruppen in Deutfchland, der Wunſch, bie
Sprache zu erlernen, bei Vielen rege werben dürfte, bemog ihn, Peplier’ ,;
Grammatik" für die Weidmann'ſche Handlung zu Laufen und ein Privik
auszumirken. Diefes Unternehmen gelang ungemein. Da Reich durch A
zeitgemäße Unternehmungen die feiner Verwaltung anvertraute Handlung &
einigen Fahren in einen blühenden Zuftand gebracht hatte, fa wurde er 1768
Gehalt affociirt. Vermoͤge eines Vertrags mit der einzigen Tochter bes il
verft. Inhabers der Handlımg, follte derjenige von beiden Xheilen, welcher br
dern überleben würde, igenthämer ber unter der Firma; M. ©. U
mann’s Erben und Reich, zum hödften Flor gebrachten Handlung
ben. R. ftarb, und die Weidmann’fche Tochter Eaufte feiner Witwe das
recht und den Vorrath der Schriften Gellert’S, melche biefer feinem Freu
in deffen eigenthümlichen Verlag gegeben hatte, für 10,000 Thir. ab. Zur!
lichen Betreibung feines Gefchäfts unterhielt R. mit den namhafteften
ten eine forttwährende Verbindung. Cr vereinigte daher zu einer Abel
fchaft wöchentlich ein Malin feiner Wohnung bie erften Gelehrten und
Leipzig, einen Ernefti, Weiße, Zolliofer, Blankenburg, Platner,
Geh. Krieger. Müller, Kapp, Dörrien, Rofenmüller, Defer u. A. Dat
Kath und die Verwendung diefer Männer bekam er viele ausgezeichnete TE
Verlag. Den um die Weidmann’fche Handlung verdienten Männern
tungswuͤrdigen Gelehrten gab er oft thätige Beweiſe feiner Dankbarkeit.
Bd. von Lavater’s „Phyſiogn. Sragmenten‘ findet ſich fein Bild, feine
ſtochene Handfrift und eine Beurtheilung feines Charaktere.
Reichard (Heinrich Auguft Dttokar), herzogl. fachfen = gothaf
tector des Kriegscollegiums, Geh. Kriegsrath, Ritter des koͤnigl. fäcf. Wem
ordens und Mitglied vieler gelehrten Gefelifchaften, geb zu Gotha den 3-
1751, verlor in der Kindheit feinen Vater, ein Verluſt, welcher ihm det
zweite Verheirathung der trefflichen Mutter mit dem Geh. Regierungsratig
loff erfegt wurde. Durch Privatunterricht vorbereitet, bezog R. die Unive@!
Goͤttingen, Leipzig und Jena, um ſich der juriftifchen Laufbahn zu widmen.
in daß väterliche Haus zurückgekehrt, wurde er von der damals in Gotha A
tenden Liebe zur Kiteratur ergriffen, und neigte ſich mehr zu den Studien «il
ſchriftſtelleriſchen Befchäftigungen als zu dem Gefchäftsieben hin. Gotte
Ktüpfel wurden feine Führer. Er trat mit Gluͤck als Dichter in den
nahen und als Mitarbeiter an den beliebteften Zeitfchriften auf. Die Vei
der Seyler’fchen Schaufpielergefeufchaft nad Gotha und die nähere Belatm
mit Eckhof, Brandes, Bd, Kody und mit der Seyler’fchen Familie gab
ner Thaͤtigkeit die Richtung für das Theaterweſen, welches feine Berufl
wurde, als, nad) feinem Plane, der Herzog Ernſt ein Hoftheater errichtt
R. zum erſten Director deffelben ernannte. Mit diefem Amte war, nad
Wunſche, zugleid) eine Anftellung bei der Öffentlichen Bibliothek und die
über die Privatbibliothef des Herzogs verbunden. Nicht allein mehre 4
die fich längere Zeit auf der Bühne hielten, gingen größtentheild nad) and
ital. Vorbildern aus feiner Feder hervor, auch den erflen beutfchen The
den Gothaer, und das „Theaterjournal“ (noch immer wichtig für die G
des deutſchen Theaters) verdankt ihm die Literatur. Auch gehört R. mit zu be
üfte er Deutſchland, die Schweiz, Italien und. Frankrelch; biefen
wolen wir R.’$ allgemein verbreitete Reifebächer: feinen „Guide des
%, £ Paflagier auf Reifen“, in zahlteichen Aufl, f. „Rleinen Rei:
m, u.a.m. Als Schriftſteller im Felde der Politik lieh fich R. beim
ver franz. Mevolution nicht durch die glänzenden Seiten derfelben ver-
Er zog fich befonbers durch ſ. „Revolutionsalmanadye” manchen bos ⸗
iff zu; allein er blieb feinem Syſteme treu, vertheibigte die Seftehende ö
2 Dinge, ihre Entwickelumg ohne gewaltfame Sprünge und die Fuͤr⸗
Auch von Herzog Ernſis beiden Söhnen und Regierungsfolgern,
ı Seiedrich, wurde R. gefchägt und in mancherlei Verhältniffen des
a gebraucht. Der neue Regent Gothas bewies ebenfalls feine Ach⸗
krbigen Veteran unferer Literatur, deffen reichhaltiges Schriftenver⸗
Reufel’6 Gelehrtem Deutfchland”' nachzufehen ift.
harbt (Johann Friedrich), Componift und mufitalifcher Theoreti⸗
Sönigsberg 1751. Ex ließ ſich ſchon in feinem 10.3. im noͤrdlichen
rauf der Geige und dem Pianoforte hören. Geine Lehrer auf biefen
m waren aus ber Benda ſchen und Bach'ſchen Schule. Allein R.
bloß Muſiker im eigentlichen Sinne des Worts fein, fondern feine
en durch eine umfaffendere Geiftesbilbung übertreffen. Er ſtudirte
z Univerfität zu Königsberg unter der Leitung Kant's, 1769 u. 1770,
—— — 72, ducchreifte Deutfchland 1773 und 1774 (über
shaft in Hamburg, wo er mit Klopſtock, Claudius, Bach u. A. um-
ke Ve fee viel Intereſſantes in ber „Reipz. mufifal. Zeitung”, 1814,
fehrte dann nach Preußen zuruͤck, wo er zuerft als Secretait der Ede
Fr angeſtellt wurde. «Hierauf betrat er feine größere muſika⸗
Friedrich d. Gr. naͤmlich lieg ihn zu Ende 1775 an Graun’s
Pe die ifat. Oper nach Berlin berufen. Cr arbeitete für
w Gattung Braun’6 und..Haffe’s, und errichtete in Berlin ein Con⸗
bemsfeiben bie hier noch nicht befannten Bauptwerke der Staliener aufs
184 Ä Reichardt
deffelben und zog die größten Künftler nad) Berlin, wodurch das borti
cheſter bald zu einem ber erften in Deutfchland wurde. Die ital. Oper
Hauptvergnügen des Hofes. R. componirte für diefelbe die Opern „Mi
meda”, den erften Act von „Protesilao”, ferner die großen Opern „
„Olimpiade” in einem Style, in welchem er bie theatralifche Wirkung Wh
Mahrheit in der Declamation eines Gluck mit der Schönheit und dem R
des ital. Geſanges und mit der gründlichen Arbeit der Deutfchen zu
firebte. Auch für das Nationaltheater fchrieb er mehre komiſche Opern
lodramen. 1790 machte er feine zweite Reife nach Stalien, um die heilige
in Rom zuzubringen und Sänger und Sängerinnen aufzufuchen.
ſchwerlichkeiten diefer Reife verurfachten ihm eine Krankheit, welche ihn %
derte, feine Oper „Olimpiade‘, die für den Anfang bes Carnevals beftinil
zu vollenden. Mißverftändniffe und übelwollen erzeugten ihm bei diefer &
heit fo vielen Verdruß, daß er um feinen Abfchied anhielt. Der König 1
gerte ihm denfelben, erlaubte ihm jedoch, mit Beibehaltung feines Gehattll
Fahre auf einem Landfige bei Halle (Giebichenftein) zuzubringen. Defi
achtet ließ er ihn noch in demfelben Jahre zuruͤckkommen, um bei den F
ten der Bermählung feiner beiden Prinzeffinnen mit dem Herzog von
dem Prinzen von Dranien die Oper „ Olympia” aufzuführen. Nach B
diefer Seierlichkeiten zog fih R. wieder auf feinen Landfig zuruͤck und fi
Gompofition einer andern ital. Oper für das nächfte Carneval aus. 1792
er feine dritte Reife nad) Paris, und gab nach feiner Zuruͤckkunft die all
leſenen „DVertrauten Briefe, gefchrieben auf einer Reife nach Frankreich
(in 2 Bon.) heraus. Diefe Schrift brachte-ihn in den Verdacht, ein Freum
franz. Revolution zu fein, weßhalb er von dem König feine Entlaffung
Er zog fid) 1794 nad) Hamburg zurüd, mo ec fein Journal „Frankreich“
gab, und Eaufte fi in Holftein ein Landgut. Allein nody zu Ende deſſ.
er zuruͤckkberufen und durch bie Stelle eines koͤnigl. Salinendirectors in GR
ſchaͤdigt, in deffen Nähe er feinen freundlichen Landſitz wieder einnahm.
1797 Friedrich Wilhelm IT. ftarb, blieb er nicht nur in dieſer Stelle, fondei
auch durch Friedrich Wilhelm III. von neuem für die ital. Oper und das I
naltheater befchäftigt. Am Krönungstage deffelben führte er feine Comp
von Gotter's „Geiſterinſel““ auf, eins feiner beften Werte. 1798 comp
er feine ital. Oper „Rosmunda“, für welche ihm der König ein Gefchenm
1500 Thlrn. und eine Erhöhung feiner Einkünfte von 800 Thlen. beufl
1799 warb feine Oper „„Brenno‘ wiederholt. 1800 componirte er die
Friedrichs d. Gr. zur Feier feines Geburtstags, fowie zum Jubildum der 3
mie der Wiffenfch., und führte „Zamerlan” deutich auf; 1801 Kotzebue's
„Der bezauberte Wald” fir die Eröffnung des neugebauten Nationalthe
und mehre Stüde zu den „Kreuzfahrern“ deffelben Dichters; für daffelbe T
die Inftrumental= und Gefangsftüde zu Goͤthe's „Egmont“, und deffelben
* Schweizeroper „Jery und Bäthely”. Auch machte er den erften Verſuch
Vaudeville auf daB deutfche Theater zu vernflanzen. Da aber die Deutſch
fatyrifche und epigrammifche Gefänge auf dem Theater nicht gewöhnt fin
wählte er zu feinem DVerfuche einen fentimentalen Stoff aus der franz. R
tion, um zugleich feine beliebteften Melodien Göthe’fcher und andrer Liebe
einzuflechten, und nannte das Ganze ein Fiederfpiel, den er den Titel „Liek
Treue” gab. Es wurde mit vielem Beifall aufgenommen, um fo mehr, d
R. auch das Werdienft des Dichters hatte. Um auch Volks⸗ und Trink
welche die Deutfchen beſitzen und lieben, benugen zu koͤnnen, ſchrieb er daß |
fpiel „Juchhei“; ein drittes, der Gattung nad) dem erften ähnlich, nam
„Runft und Liebe". Beide gefielen weniger. 1803 machte er feine vierte
5)
Keichardt 195
teich, wo er uͤberall wohl aufgenommen und zum correfp. Mitgliede des
mannt wurde. Mach feiner Ruͤckkehr gab er wieder „Vertraute Briefe,
geihrirben 1802 und 1803” (in 3 Bdn.; 2. Aufl, Hamburg 1805)
sch iſt R. Verf. der Schrift „Napoleon Bonaparte und das franz. Volt
n Conſulate“, deffen Grundzüge er mit feinem Freunde Schlabrendorf
hatte, ſowie einiger andern. Als 1806 die Franzoſen nad) Halle vors
tließ R. feinen Wohnplag und hielt fi) ein ganzes Fahr in Danzig,
md Memel auf. Nach dem Frieden von Tilfit rief der neue König
len alle feine in den eroberten Provinzen anfäffigen Unterthanen bei
Finziehung ihrer Güter zuruͤck; dadurch fah ſich auch R. genöthigt,
wrüdzutehren. Da er aber feine Stelle ald Salinendirector eingezo:
undete er ſich nach Kaffel und wurde von-dem König von Weftfalen
pr des franz. und deutfchen Theaters in Kaffel, mit 9000 Sr. Gehalt,
Yier fchrieb er mehre Divertiffements bei Gelegenheit der Hoffeierlich-
eeine Eleine franz. Oper: „L’heureux naufrage”. Gegen Ende 1808
h Wien, um einige Sänger für die Opera buffa zu fuchen, welche
tdeutfchen Dper vereinigen wollte. . Bei diefer Gelegenheit ließ er fich
dungen in Betreff eines ehrenvollen Platzes ein, welchen die Theater⸗
m antrug; fie zerfchlugen ſich jedod, und R. zog fid) abermals auf
fit nach Giebichenftein zuruͤck. Hier ſchrieb er die anziehenden und viel⸗
Briefe über Wien’ und flach den 27. Suni 1814. — R.'s Muſik ift
tzeugniß des mufilalifchen Genies, fondern der Bildung und des Stu-
raus ging audy fein Streben nach Charaktermuſik und einfacher Größe
kei ihm Gluck als ftetes Mufter vorfchwebte; ein Streben, welches
m Itiumph (3.3. in der meifterhaften Herenmufit zu „Macbeth”,
tgenug bekannt geworden ift [f. „Berl. muſik. Zeitung”, 1824, Nr.
der „Geiſterinſel“) und eine große Metfterfchaft in der mufikalifchen
n erwarb; ihn aber auch ebenfo oft zu Trockenheit, Steifheit und
‚ wie im „Brennus“, den er für eine feiner beften Compofitionen hielt.
gelang ihm jeboch das Schwerfte am beiten; dies zeigen feine Compo⸗
Goͤthe's Liedern, an deren andeutungsvoller Naivetät weit genialere
wald R. fcheiterten, die er aber größtentheils mit eigenthuͤmlicher Leich-
te und im einfach fchönen Melodien ausdrüdte. Viele derfelben ge:
‚wie Goͤthe's Lieder felbft, erft nad mehrmaligem Wiederholen recht
æ Begleitung ift er aber nicht immer mannigfaltig und unterhaltend ge:
Kiopftod’8 und Herder's Liedern zeigt er ſich öfters nur als trockenen
5 auch gelangen ihm Schiller's Gedichte wenig. Die meiften feiner
Mitionen und Snfteumentalftüde hat er bis 1792, befonders aber in
? Fahren herausgegeben. Seinem praftifchen Zalent in der Mufit
eoretiſches ziemlich gleich, nur daß er hier weniger einfeitig war. Auch
bloß Theoretiker in dem Mechanifchen der Tonkunſt, fondern geiftvol-
Ber und Kritiker in dem hauptfächlic, von Muſikern fo felten betretenen
Überifchen ihrer Kunft. Dies zeigen feine vielen mufikalifchen Abhand⸗
rakteriſtiken und Kritiken, unter a. in feiner zu Berlin herausgege⸗
Hal. Zeitung” (3 Thle, 1805 fg.); beſonders ſpricht er trefflich über
Behandlung der Texte. Überhaupt war R. ein fehr geiftvoller Mann
Beobachter, gewandt und migig im Umgange, aber ebenfo eitel und
Dies zog ihm mandye Unannehmlichkeiten zu. Seine erfte Frau, Ju⸗
edt, geb. 1752 zu Berlin, Tochter des berühmten Franz Benda, war
ten Sängerinnen der damaligen Zeit und auch Componiftin. Sie
wer Verbindung mit R. (1779) ihr Talent immer vollflommener aus,
‚der Mitte ihrer herrlichen Laufbahn 1783. Unter Rs Toͤchtern iſt
136 Reiche der Natur Reichenbach (Eongr. u. Vertr.
Louiſe R. als Liedercomponiſtin ebenfalls ausgezeichnet. Sie lebte ſeit
in Hamburg vom Geſangunterricht und ſtarb 1826.
Reiche der Natur. Die Gegenſtaͤnde der Sinnenwelt find u
Naturforſchern in zwei große Hauptclaffen getheilt worden, nämlich in folı
durch ihre Gattung erzeugt werben (organifche), und in folche, bie durch bloß
Anfegung entftehen und ſich vergrößern (unorganifche). Da aber unter den
die bedeutende Verfchiedenheit eintritt, daB es zum Theil lebendige, zum
nicht lebendige Geſchoͤpfe ſind, ſo hat man die Claſſe der organiſchen Weſen
in zwei Haupttheile getheilt, und ſo ſind drei große Abtheilungen entſtand
man Reiche der Natur nennt. 1) Das Thierreich, unter dem die Geſchoͤ
dem Menfchen bis zum geringften Wurm begriffen werden; 2) das Pflanyı
das die ganze Pflanzenwelt enthält ; 3) das Steins oder Mineralreich, :
alle unorganifche, und enthält, wie bekannt, alle die irdifchen Körper, die 1
neres £eben haben. (Vgl. Naturgefhichte) Wegen ber gegen biefe (
lung erhobenen mannigfachen Einwendungen f. Blumenbach's ‚„Danbb. d
turgefch.”, Einleitung.
Reihenbad (Gongreß umd Verträge zu). Über ben Gongte
. 1790 in diefer Eönigl. preuß. Kreisftabt (im Bezirke Breslau mit 4000 |
gehalten, und über die berühmte reichenbacher Convention vom 27. Jul,
die dafelbft zwifchen Öftreich und Preußen abgefchloffen wurbe, f. Cong
Sn der neueften Zeit ift diefe Stadt dırcch bie wichtigen Verhandlungen nu
33. geworden, welche hier im Hauptquartiere des Kaiſers von Rußland u
nigs von Preußen, während des Waffenſtillſtandes im Juni 1813, zı
den Staatsminiftern dieſer Monarchen und ben britifchen Gefanbten, Sort
cart und Charles Stuart, flattgefunden haben. In Folge berfelben ward |
am 14. und 15. Juni 1813 ein zweifacher Subfidienvertrag abgefchloffe
mittelbar die Abbrechung ber Sriedensunterhandlungen in Prag berbd
Durch dem erſten, welchen Sir Charles ini Namen Großbritanniens J
maligen preuß. Staatskanzler, v. Hardenberg, unterzeichnete, machte
Macht verbindlich, dem Koͤnige von Preußen fuͤr die Unterhaltung eines
von 80,000 M., auf bie legten 6 Monate 1813, eine Subfibie von 6£
Pf. St. auszuzablen. In einem befondern geheimen Artikel übernahm noch
britannien die Verpflichtung, zu Vergrößerung Preußens mitzumicken,
die Erfolge der verbündeten Waffen dies erlaubten, und zwar nad) ſolchen
phifchen und flatiftifchen Verhältniffen, die wenigftene denen vor dem Kri—
1806 gleich kaͤmen. Dagegen verfprach der König von Preußen an das
ſtenthum Hanover einen Theil der preuß. Provinzen in Niederſachſen und
falen mit einer Volksmenge von 300,000 Menſchen, und namentlich da
thum Dilbesheim abzutreten, welches legtere von Hanover auch ſchon am 6
1813 in Beſitz genommen wurde. In dem zweiten Vertrage zu Reichenbac
15. Juni 1813, den Lord Cathcart mit dem kaiſ. ruſſ. Staatsminiſter Gra
Neſſelrode und dem Baron von Anſtett unterzeichnete, ward feſtgeſetzt,!
Kaiſer von Rußland, außer ben Befagungen in den Seftungen, 160,000
Felde ftets vollzählig aufftellen follte; dafür wolle Großbritannien an R
bis zum 1. San. 1814 die Summe von’ 1,333,334 Pf. St. bezahlen un!
dies die uff. Flotte, welche damals in den Häfen von Großbritannien la
terhalten, eine Ausgabe, die man auf 500,000 Pf. St. ſchaͤtzte. Auch £
die vermittelnde Macht, fchloß um diefe Zeit eine eventuelle Allianz mit 9
un t Preußen; doch weiß man nicht, wo, noch wenn, noch unter welch
dingungen. Man weiß nur, daß biefer Vertrag am 27. Juli 1813 vo:
fer von Öftreich ratificirt worden if. (Vgl. Schoͤll's „Hist, des trai
paix”, 10. Thl., S. 257.)
RKeichenbach (Georg v.) | Reichenberg 187
eichenbach (Georg v.), Ritter, Director des Central: Straßen = und
m: Bıreaus, Oberft: Berg - und Salinenrath, einer der erften mecha-
Barftier unferer Zeit, geb. den 2%. Aug. 1772 zu Manheim, ftarb zu
ıden 21. Mai 1826. Er wurde 1793 als Officer, 1811 als Salinen⸗
Zeiern angeftellt und mit dem bairiſchen Givilverdienftorden beehrt. Aus⸗
mit einem Erfindungsgeifte, der die Hülfsmittel zur Auffaffung großer
men fchnell zu ſchaffen und mit einem Umblid, der das Mangelbafte
handener Kunſtwerkzeuge für Beobachtungen und, Verſuche leicht zu
gen vermochte, bildete er feine feltenen Anlagen durch eine Reife nad)
nech mehr aus. Sn den mechanifcysoptifchen Anftalten, welche e in Ver:
mit dem Geh.⸗Rath von Usfchneider und Fraunhofer zu München und
<tbeurn (f. d.) feit 1805 errichtete, werden alle zu den größten aſtro⸗
umd geodätifchen Operationen nöthige Inſtrumente in einer Voll:
nit ausgeführt, gegen die, nach dem Urtheile der Kenner, alled ans
fee Art zeither Geleiftete weit zurüdbleibt. Die großen Ifüßigen Meri⸗
bie 1230Uigen Repetitionskreiſe, die Theodoliten u. f. w., die aus Dies
Brmswürdigen Werkftätten hervorgehen, find in Einfachheit und Zweck⸗
der innern Einrichtung, in Schärfe und Feinheit der Theilung, fowie
kin der ganzen Anordnung unübertreffbar. Die großen afttonomifchen
amd Refractoren aus dem Fraunhofer'ſchen optifchen Snftitut zu Benes
ı keingen durch die DVortrefflichkeit des Flintglafes und der ganzen Zu⸗
Kung bervumbernswindige Wirkungen hervor. (Vgl. Refractor.)
ba Aguatoriale R.'s und die Heliometer Fraunhofer's befriedigen durch ih⸗
when Bau und ihre Vortrefflichkeit die Höchftert Erwartungen der Aſtrono⸗
Begnthümliches Inſtrument hat R. 1812 für den Freih. von Zach verfer⸗
ies eine tragbare Sternwarte genannt werden könnte, da es die beiden
te einer Sternwarte, ein volllommenes Mittagsfernrohr nebft ei-
ionskreiſe, noch miteinem repetirenden Zheodoliten zur Meffung der
u fich vereinigt. — Noch hat ſich R. durch vortrefflihe medyanifche Ein⸗
in den baitifhen Salinen (f. Berhtesgaden und Reichen»
ie durch feine Erfindung eiferner Bruͤcken nach einer neuen Baus:
ie tig er eim befonberes Werk gefchrieben) ausgezeichnet. Der König
ken bat als Kronprinz feine Büfte, von Kirchmayr ſchoͤn gearbeitet, in
Bacheon großer Deutfchen aufgeftellt. — Die Preife Reichenbady’fcher
mahofer’fcher Inſtrumente find billiger und niedriger als die ber engl.
sihenberg, die größte Provinzialftabt des Königreichs Böhmen und
ktyunft einer der gemwerbfleifigften und volkreichften Gegenden der öftr.
We, liegt im bunzlauer Kreife, in einem romantifchen Thale, am Fuße des
berges. Sie wird von der Meiffe durchſtroͤmt, befteht aus ber Altftabt,
tund Chriſtianſtadt, zählt 1400 H. und über 12,800 Einw., und ift der
eder Herrſchaft gl. N. Ihr Befiger und Schußherr, der unter Böhmens
ueclaͤndiſch werkthätigen Männern mit hoher Achtung genannte Graf
ıven Slam Gallas (k. k. Geh. Rath, Ritter des oͤſtr. St.-Leopold8 =, des
Bt. : Stephan: und Großkreuz des Eönigl. ſaͤchſ. Civilverdienftordene),
herdem noch die Herrſchaften Friedland (Wallenſtein's Sig, ſ. Fried⸗
Stafenftein, Lemberg u.a.m. Die Stadt Reichenberg hat 3 Kirchen,
8, ſchoͤn gebautes Normalſchulgebaͤude und 2 Schlöffer, das alte und
&, in welchen fid) das Oberjuflizamt, das MWirthfchafts:, Kent = und
tkefinden, und an welche ein ſchoͤner Gartenpark anftößt. Auf dem gut ges
md mohl eingerichteten Theater werden zumeilen von einem an Kunflmits
dm Dilettantenvereine Borftelungen für wohlthätige Zwecke, befonderg
188 — Reichenhall
für ein zu errichtenbes allgemeine® Krankenhaus, gegeben. Auch ift zu eiı
diefe gewerbreiche Gegend ſehr nothwendigen Nealfchule der Plan entworf
von Hubertus Thiel ein Lehrerbefoldungsfonds von 24,000 Ft. geftiftet ı
— Der gebirgige, meift Eiefige Boden der Umgegend von Meichenberg,
kannter $undort von edeln und halbedeln Steinen, bringt nicht die nöthi
bensmittel für feine Bewohner hervor. Diefen Mangel erfegen Kunft = u
werbfleiß. Am Ende des 16. Sahrh. fiedelten fich vier fremde Tuchmacher
chenberg an, und fchon 1632 beftand hier eine zahlreihe Tuchmacherzun
Albrecht von Watdftein, Herzog von Friedland (Mallenftein), viele Begür
gen zugeftand. Doc, erft feit dem Anfange des 18. Jahrh. verbreiteten |
Hanbelöverbindungen uͤber Böhmens Grenzen immer weiter, ſodaß gege
‚ teichenbacher Tuch nicht nur in alle Provinzen der oͤſtr. Monardjie, fonde
in die übrigen deutſchen Länder, nad Rußland, Sstalien, in die Schw
Türkei und die Levante gefandt wird. Ungefähr 900 Tuchmadhermeifter ı
gen jährlich über 100,000 Stüd (dad Stud zu 36 Ellen oder 18 parife
in allen Sorten und Farben. Dadurch werden in Neichenberg 12 große |
färbereien, 8 große Tuchwalken und 26 große Spinnereien, ohne die viel
neen zu zählen, befchäftigt. Nächft der Fuchfabrikation ift die Leinen - und !
wollenweberet, ſowie die Strumpfwirkerzunft wichtig. Reichenberg zaͤhl
faͤhr 400 Leinweber⸗ und 300 Strumpfwirkermeiſter; auch befinden ſich
4 große Baumwollſpinnmanufacturen. In der umliegenden Gegend leber
tauſend Weber, für welche Reichenberg der Haupteinkaufsort iſt. Dadurch e
38 volkreiche Dörfer im nächften Umkreis Arbeit und Wohlftand. Nicht mis
werbfleißig ift die weitere Umgebung. So liegteine Meilevon der Stadt der)
Gablenz, wo eine Granatenfchleiferei fidy befindet, und wo, fowie in den 1
Gebirgsortfchaften, ſchoͤnes Glas von den verfdyiedenften Formen und Karl
fertigt wird, das feiner kunſtvollen Schleiferei wegen nach allen Theilen der N
führt wird. In der an Reichenberg angrenzenden Herrfchaft Friedland ift in:
Tuch⸗, Linnen⸗ und Baummollenmanufactur einheimifch. Der Verkehr
feinen Umgebungen ift daher durd) taufend Faͤden mit dem Weltverkehr verſch
Das der Meifende hier, mie m andern böhmifchen Gemwerborten, Bildung, 9
fahrung und die alte deutfche feine Häusliche Zucht antrifft, darf nicht erft e
werden, fo wenig, al& daß ihn hier ein ſehr kunſtfertiges Muſikchor überraft
Reichenhall, Landgericht und Stadt (2400 Einw.) im Sfarkre
Könige. Baiern, in einer wilbromantifchen Gegend, am linken Ufer der
welche ſich nordweſtlich von Salzburg in die Salze ergießt, ift geroiffe
der Concentrationspunft für die 4 großen, durch die riefenhaften Sooler
gen mit einander verbundenen bairifchen Salinen. Es werden naͤmlich nid
Zeaunftein und Rofenheim von hier aus mit Soole verforgt, ſowie Bercht
feinen Überfluß hierher gbſetzt, um in Verbindung mit ber reihenhaller Qu
hier und zu Zraunftein und Rofenheim verfotten zu werben, fondern es fin
zu Reichenhall alle die (größtentheils von dem verft. Ritter von Reichenbad
legten) Mafchinenwerkftätten vorhanden, welche die fämmtlichen Salinen
nem großen Theil der erfoderlihen Betriebsbebürfniffe verfehen. Die Ältef
kunden von der Saline zu Reichenhall reichen bis ins 8. Jahrh. Da aber ı
nem fo lange fortgefegten Holzverbrauche unmöglich alle Salzſoole an O
Stelle verfotten werben Eonnte, ohne Dolsmangel in der Gegend zu verui
fo wurde ſchon 1618 fg. eine hoͤchſt Eunftreiche Soolenleitung von Reichenhe
Traunftein, mittelft Drudwerke, über eine 828 Fuß in fenfrechter Linie
gende Höhe und in eine Entfernung von 8 geometr. Stunden, durch den bi
ten Hofbaumeifter Reifenftuhl ausgeführt. ine Ähnliche Soolen
nnd, dem holzreihen Nofenheim am Inn wurde 1809 in eine Entfernu
Reichsabſchied Reichsarmee 189
h. Stunden von dem Ritter v. Reichenbach binnen 20 Monaten,
zablloſer Hinderniſſe aller Art, ausgefuͤhrt, ſodaß jetzt alle ſalzhaltige
seiche man früher wegen Holzmangels unbenutzt ablaufen ließ, verſotten
am. Ebenſo kunſtreich ward durch Reichenbach 1817 die Verbindung
m zu R., Traunſtein und Roſenheim mit den Salzbergwerken von
jgaden(ſ. d.) bewirkt. Obgleich der Ferdinandsberg zu Berchtesgaden
oͤber liegt als R. fo mußte die Soole doch wegen der Gebirgszuͤge zwi⸗
ı Orten ducch eine Waffertunft und durch zwei Wafferfäulenmafchinen
Fuß echoben werden, um wieder 1740 Fuß bis R. fallen zu Eönnen.
mm Strede ift eine theild bededite, theils offene Roͤhrenleitung von
0 Fuß Länge, theild aus Eifen, theils aus Holz, erfoderlich geweſen.
ser Wafferfäulenmafchinen, nad) einem neuen Princip vom Hrn. dv.
yconftruirt, loͤſt eine bisher noch nicht verfuchte Aufgabe der Hydraus
fie die gefättigte Soole vermittelft eines Druckwerks auf eine ſenk⸗
den1218 Zus emporhebt. Durch eine ſinnreiche Kolbenverbindung
Naſchine einer Über ihr ftehenden Mühle das zur Verlängerung der
entzogene Auffchlagewaffer wieder zurüd.
hsabſchied, f. Deutfhes Reid.
hsacht, f. Acht. M
qsaͤmter, f. Er;.
hsarmee und deutfhes Bundesheer. Das den germas
em eigne Lehnsfyftem führte eine dem Alterthum fremde Art von
Mung im Mittelalter ein, der zufolge der Lehnsmann mit feinen Leu⸗
beiheren Kriegsdienfte leiften mußte. Heerbann, Heribann ward es ges
mbder Kaifer die Auffoderung dazu erließ. (Vgl. Lehnsweſen.) Die:
mded Mittelalters hieß in der neuen Zeit Reiichſarmee. (S. Contin⸗
Weed Heer, welches zum Theil immer erſt aufgeboten wurde, wenn das
es gerieth, war bald nicht mehr hinreichend, und wenngleich das
in einigen Kriegen des vergangenen Jahrh. das doppelte Quantum
ee ftellte, ja fogar drei Mal das Dreifache zufammenzog, fo mar
mer eine dem $einde nicht ſonderliche Achtung einflößende Heermaffe,
Baus zu vielen einzelnen Theilen beftand, theils aus faft ganz ungeuͤb⸗
id bewaffneter Mannſchaft zufammengerafft war, und diefer Mängel
!darın einiges Gewicht erhielt, wenn fie, angefchloffen an irgend eines
fen ſtehendes und wohlgeuͤbtes Heer, mit und unter diefem gebraucht
u franz. Revolutionsfriege wurde das Reichsheer bis auf das Fünffache
M., vermehrt, die Wirkſamkeit beffelben aber durch die angegebenen
RM gaͤnzlich vernichtet, wozu noch kam, daß durch die Separatfriedens-
ker deutſchen Kürften mit Frankreich — als Preußen, Deffen, Baden
ee Maſſe des Meichheeres große geübte Contingente entzogen wurden.
‚das manche Neichsftände, ftatt Truppen zu fhiden, ihre Leiftungen
machten; auch kamen die, welche nody ihr Contingent ftellten, mand):
zu fpät, oder erfchienen wol gar nur mit einem Theile deffelben. Das
befehligten 2 Generalfeldmarſchaͤlle, 2 Generalfeldzeugmeiiter, 2 Ge⸗
Bevalerie und 2 Generalfelomarfchallieutenants; von diefen Befehls⸗
he ftetö der eine Eatholifcher, der andre proteftantifcher Gonfeffion fein.
eſtreitung der allgemeinen Koften für die Reichsarmee erfoderliche Geld
der Meichsoperationscaffe gezahlt, die aus den nach Nömermonaten
ches Reich) beftinnmten Beiträgen der einzelnen Fürften und Stände
d unterhalten ward. Die beiden Neichsfeftungen, Philippsburg und
Yen ansfchliefend von Zruppen des Reichheeres befegt. — Das
Bundesheer fol nach dem Entwurfe von 1818, 300,000 M. \tart
140 Reihsdeputatiin Keichsfuß
fein und in 10 Armeecorps getheilt werben. Das 1.,2. und 3. Cor
M., ftelit Oſtreich; das 4., 5. und 6., 79,234 M., Preußen; das
M., Balern. Zu dem 8. ftellen das Königreich Wuͤrtemberg 13,95:
den 10,000 M., Großherzogthum Heffen 6195 M., Hohenzollern
145 M., Hohenzollern : Sigmaringen 356 M., Lichtenftein 55 DV
Domburg 200 M. und Frankfurt 479 M. Zu dem 9. Corps ftellen
reih Sachſen 12,000 M., Kurhefien 5400 M., Naffau 3028 9
burg 2141 M., Reuß Ältere Linie 223M., Neuß jüngere Linie 52:
Weimar 2010 M., S.Gotha 1857 M., S.:Koburg OOM., t
gen 544 M., S.-Hildburghaufen 297 M., Schwarzburg-Rubolftad
SchwarzburgsSondershaufen 451 M., Anhalt:Deffaun 529 M., Aı
burg 370 M., Anhalt:Köthen 325 M. Zum 10. Corps ftellen Danı
M., Braunfhweig 2096 M., Holftein und Lauenburg 3600 M.,
2178 M., Walde 5IIM., Hamburg 1298 M., Lübed 497 M
485 M., Lippe-Detmold 691 M., Schaumburgsfippe 240 M., V
Schwerin 3580 M. und Mecklenburg⸗Strelitz 718 M. Bei diefem 2
ift als Mapftab jedes Contingents 1 vom 100 der Volksmenge ar
Übrigens halten die Bundesftaaten eine Landwehr oder Reſerve, nad)
ftabe zu + vom 100 ber Bevölkerung. (S. Bundesfeftungen.)
Reichsdeputation mar eine Auswahl von Reicheftänden,
Kaifer und Reich gewiſſe Gefchäfte übertragen wurden. Zu den ordent
ten alle Kurfürften, 15 Reichefürften, 1 Prälat, 2 Reichsgrafen ımt
orbneten von 6 Reichsftäbten zufammenkommen. Die erfte ordentliche |
die legte 1655 — 62 ftatt. — Die auferordentlihhen Reichsdeputatio
nad) den Umftänden bes Falles doch immer zur Hälfte aus ben Fathı
Hälfte aus den evangelifchen Ständen, aus ben 3 Reichscollegien ger
arbeiteten ohne Abtheilung in Collegien unter Vorfig von Kurmainz
ihre Schlüffe (Deputationsabfchieb) nach Mehrheit der Stimmen ab,
Religionsfpaltung (itio in partes) eintrat. Eins der wichtigften Dep
ſchaͤfte war bie Vifitation des Reichskammergerichts; aber bie legte d
Deputation ging 1775 unverrichteter Sache auseinander. Die legte a
liche Reichsdeputation war bie in Folge des luneviller Friedens vom 9. |
unterm 24. Aug. 1802 zu Regensburg niebergefegte, welche die Vert
fecularifirten geiftlihen Länder und der Reichsſtaͤdte, oder die Entfd
und andre damit verwandte Sachen zu beforgen hatte. Der von ihr
Mechtöbeputationshauptfchluß vom 25. Febr. 1803 iſt in der deutfchen |
in verfchiedenen Punkten beftätigt worden.
Reichsfürſten, Mitglieder des Fuͤrſtenſtandes im beutfd
Diefe Würde konnte früher nur durch den wirklichen Befig eines Reicht
tes, eines Herzogtums oder höhern Grafenamtes, des Pfalzgrafen, |
Markgrafen, auch einiger Burggrafen erworben worden. Erft nad
Zeiten verliehen die Kaifer diefe Würde, felbft als bloßen Titel ohne
und als die Ernennungen im breißigjähr. Kriege noch häufiger und auch
(die Portia, Piccolomini u. 4.) dazu erhoben wurden, entfland der |
1) zwifhen Zitularreihsfürften, deren Zahl nach und nach ji:
wurbe, da aud) in Polen, Rußland, Stalien, der Schweiz, den dftr.
viele weltliche Häufer und Prälaten diefe Würde erhielten, und w
Reihsfürften mit Sig und Stimme im Reichfürftenrathe, und
lihen Häufern, welche vor 1580 die fürftt. Würde befaßen, und neı
welche folche erft nad) diefem Jahre erhalten hatten.
Reichsfuß, der 1690 angenommene leipziger Muͤnzfuß, na
die feine Mark Silber zu 12 Thlr. oder 18 FI. ausgemünzt werben
Reichsgeſetze Reichsſtadt 141
algemeiner deutſcher Reichsfuß anerkannt, um darnach ben Werth der
then Landen geprägten Münzen zu fjägen. (S. Muͤnzf uß.)
—5 feße, geſetzliche Beſtimmungen von den auf einem Reichstage
eichsſtaͤnden, mit Einſtimmung aller drei Reichscollegien (in ei⸗
nach Mehrheit der Stimmen) entworfen und vom Kaiſer ratificirt.
I murden die Echlüffe jedes Reichſtags in ein Ganzes, den Reichsab⸗
bſchie d) zufammengefaßt; feit 1663, wo der Reichstag beftändig vers
leb, konnte fein Abfchied mehr gemacht werden, und auch eine oft ange⸗
He Sammlung ber Reichsſchluͤſſe kam nicht zu Stande. Die Reiche:
m für die Landesherrn verbindlich, ließen ihnen aber gewöhnlich bie
noeichende Landesgeſetze zu machen. Doch hatten, mo nicht Landesgeſetze
den, die Meichögefege überall in Deutfchland gefegliches Anfehen.
geſetze betrachtete man vorzüglich die goldene Bulle Karls IV. von 1356,
zitulation, obgleich folche von den Kurfürften allein ausging, und den
aftieden vom 24. Oct. 1648. 37.
hshofrath, eins der beiden hoͤchſten Reichsgerichte, welches in einer
Form in® Leben trat, als die Stände dem Kaifer 1495 das Reichs⸗
icht abgenoͤthigt hatten. Der Kaifer hatte nach wie vor einige Männer
Hofe, weldye zu Bearbeitung aller dahin gelangenden Sachen, fowol
Heil. Erblanden als aus dem Reiche, gebraucht wurden. Auf die Er:
nfelben geftattete der Kaiſer den Reichsſtaͤnden natürlich nicht ben Ein⸗
un fie bei dem Rammergerichte hatten. Da auch Juſtizſachen bei bem
senmen wurben, fo führten die Stände feit 1502 dagegen zwar häufige
en, erlangten aber nur, daß dies Collegium eine beſtimmtere Verfaſ⸗
m, vorzuͤglich durch die Reichshofrathsordnungen von 1559 und von
biim weftfätifchen Frieden wurbe es als zweites, dem Kammergericht
des oberfted Reichsgericht anerkannt. Es beſtand aus einem Praͤ⸗
räfidenten und 18 Näthen, davon ein Theil wenigftens aus dem
en werben follte, und mworunter 6 evangelifche fein mußten, uͤbri⸗
Kaiſer emannt und befoldet; die Stimmen diefer evangel. Reiches
en, wenn fie fämmtlich auf eine Meinung trafen, von den übrigen
kmmt werden, fodaß alfo auch hier eine fingirte Religionsparität ein-
Kaͤthe theilten fich in eine Grafen: und Herrenbant und eine gelehrte
gen mit gleichen Rechten, nur daß die Gelehrten (die gewöhnlich in
me erhoben wurden) mehr Befoldung hatten. Auch der von Kurmainz
Reicyspicefanzier hatte im Reichshofrath Sig und Stimme nady dem
2. Der Reichshofrath war nicht nur oberſtes Reichsgericht, ſodaß es
hl ber Parteien abhing, wohin fie ihre Nechtöfachen bringen mollten,
ch einziges oberſtes Megierungscollegium des Reichs, daher Lehnsſa⸗
inalfachen über Unmittelbare und Reichsregierungsſachen allein an ben
. gehörten. Die Appellationsprivilegien der Stände galten in Anfehung
ben auch bei dem Reich&hofrathe. Mit dem Tode eines Kaifers hörte
befrat auf und wurde vom neuen Kaifer ganz neu beftellt. In der
k mußten die Reihsvicarien (f.d.) Vicariatshofgerichte beitellen,
bem Anfang der kaiſerl. Regierung wieder aufhörten. Das Archiv des
sche, welches erft 1740 von ben oͤſtr. Hausfachen getrennt wurbe, ift
37.
hstammergericht, f. Kammer.
Höritterfhaft, f. Deutthre Reid.
chsſtadit war im deutſchen Reiche eine Stadt, die unmittelbar unter
eftand, die Lanbeshoheit in ihrem Gebiete und Sig und Stimme auf
Grage hatte, Einige deutfche Städte erlangten naͤmlich die Reicdyaun-
142 Reichſtadt Reif
mittelbarkeit durch Loskaufung von ihren Oberherren, durch kaiſe
oder durch Gewalt, heſonders zu den Zeiten des Interregnums,
der Landeshoheit der Fuͤrſten losmachten und zur Reichsunmittelb
viele verloren aber auch ihre Unmittelbarkeit wieder. Sm weſtfaͤ
vourde ihnen diefe Freiheit und fo auch Sig und Stimme auf de
Kreistagen zugefichert und beftätigte. Die innere Verfaffung dief
hoͤchſt verfchieden und näherte ſich mehr oder weniger der demokra
ariftoßratifchen Form, je nachdem fie ihre Magiftrate allein aus de
oder aus diefer und den Abeligen (Pautriciern), oder bloß aus den &
Doc durften die Magifträte ſich nicht als Landesherren betruchter
faffung ftand unter Aufficht und Garantie des Kaifers. Ihre Zahl
18. Jahrh. auf der rheinifhen Bank 14 und auf der ſchwaͤbiſche
den Reichsdeputationshauptſchluß vom 25. Sehr. 1803 wurden d
bis auf Hamburg; Augsburg, Nürnberg, Lübel, Bremen un!
M., unter die Landeshoheit mehrer Reicheftände vertheilt und mit
vereinigt. In Gemäßheit des preöburger Friedens verloren am
Augsburg, und durch die Errichtung des Nheinbundes (12. Ju
Stankfurt und Nürnberg ihre Unmittelbarkeit. Späterhin (13. De
den audy Hamburg, Luͤbeck und Bremen, welche noch unter d. Nan
ftädte fortbeftanden, ihrer politifchen Selbftändigkeit durd) Nuy
Diefe I nebft Frankfurt a. M. find 1813 wiederhergeftelt und a
in den deutſchen Bund aufgenommen worden. (S. Deutfdhlan
ſches Reid.)
Reichſtadt, Majorat und Herrfchaft in Böhmen, deren
Marktfl. gi. N., mit einem ſchoͤnen Schloffe, 240 H. und 1900 E
len von Prag gegen die Grenze der Oberlaufig zu liegt. Kaiſer F
von diefer Herrfchaft, welche aus den 14 toscanifchen Gütern beftel
Gld. abwerfen, durch Patent vom 22. Sul. 1818, feinem Ente
Stanz Joſeph Karl, geb. den 20. Mär; 1811, Sohn der Erzhe
Louiſe (ſ. d.), Herzogin von Parma, den Titel eined Herzogs von
der Benennung Durchlaucht und dem Range unmittelbar nach te
öfter. Haufes, verlieh ihm auch deßwegen ein befonderes Wappe
ſchaft felbft foll an ben Herzog von Reichſtadt fallen, wenn Luccı
des Großh. von Toscana übergehen wird.
Reichsvicarien. Wenn der Eaiferl. Thron erledigt w
ſich auf längere Zeit aus dem Reiche entfernte, oder durch Minde
Krankheit zur Regierung unfähig geworden war, fo mußte ein
(Vicarü, Provisores Imperii) bejtellt werden. Anfangs war die E
dem Kaifer überlaffen; allein [yon in der goldenen Bulle (1356) n
Herlommen anerkannt, daß ber Herzog von Sachſen in den
fhen Rechtes, und der Pfalggraf bei Rhein in den ſchwaͤb
ſchen und fraͤnkiſchen Landen das Reichsverweſeramt von Rechtsw
habe. Diefe Vicariatsregierung trat ein mit dem Tode des Kaifers,
nicht ſchon ein roͤmiſcher König ald Nachfolger erwaͤhlt war, der fo
rung übernahm, und endigte mit dem Augenblid, da der neue Ko
capitulation beſchworen hatte. Die gemeinfchaftlichen Angelegenheit:
die Reichstagsgefchäfte und die Mechtspflege am Kammergericht
nen gemeinfchaftlich beforgt, im übrigen handelte jeder in fe
fprengel, über deffen Grenzen 1750 zwifchen ihnen ein Vergleid) ı
den war.
Reif, ‚der von der Kälte erſtarrte Thau, der fich in den frül
ftunden beſonders an den Zweigen ber Bäume, den Pflanzen und
Reifenftein Keil 148
pflegt. Diefed Anfegen des Reifes gefchieht nach denſelben Geſetzen,
sOalzserpftalle. (S. Meteore.)
fenftein oder Reifftein (Sohann Friedrich), Kunſtkenner, geb.
lnigeberg im Preußen, ftudirte dafelbft die Rechte, zugleidy aber auch
Wiſſenſchaften, und übte fi) nebenbei im Zeichnen und Malen. Als
Reines jungen Ebelmanns hielt er fi ein Jahr in Berlin auf und
auf Gottſched's Empfehlung als Pagenhofmeifter nad Kaffel. Hier
wartungen getäufcht, begleitete er von 1760 — 62 einen Grafen Ly⸗
tanfreich, der Schweiz und Stalien. In Rom, wo er eine vertiaute
ft mit Winckelmann ſchloß und wo e8 ihm beſonders gefiel, widmete er fich
um des Alterthums und der fchönen Künfte faft ausſchließlich. Beine
stage in Rom wurde nicht nur durch eine Penfion von der petersburgifchen
mie, fondern auch, feit Joſephs LI. Anmefenheit, durdy häufige Auf:
ehmer Perfonen zum Ankauf von Kunftfachen günfliger. Beſonders
der Herzog von Gotha, der ihm eine Penfion nebft dem Hofrathstitel
Die Kaiferin von Rußland ernannte ihn, auf des Barons Grimm Für:
m Hofrath und trug ihm auf, ihr unter feiner Aufjiht von den vor:
kinſtlern in Rom genaue Copien von den bekannten Logen (loggie) Ras
Bitican von gleicher Größe verfertigen zu laffen, wofür fie ihm einen
t bis an feinen Tod gab. Unter R.'s unmittelbare Förderungen der
kt, außer feiner Wiederauffindung der Art und Weife, wie man Glas⸗
Cameen mit vielfarbigen Lagen verfertigt, auch feine Bemühung, die
net: enkauſtiſche Malerei (f. Enkauſtik) zu vervolllommnen. (S.
Briefe“.) Er veranlaßte auch mehre Kuͤnſtler ſich damit zu befchäftigen
azanzes Gabinet für die Kaiferin von Rußland in biefer Manier arbeis
wen Mann von feltener Gtuͤe und Würde des Charakters. — Er ftarb
Ihe Archenholz „Memoiren der Königin Chriftine”, welche er noch in
franz. Original überfegte, hat er Eleine Auffäge und Abhandlungen
i und Farbenmiſchung gefchrieben, von denen mehre im „Journal
1757, abgebrudt find.
er oder Reiher, ein florchähnlicher Vogel, ber ſich feiner Nah⸗
u, welche in Fifchen, Sröfchen und Mufchelthieren befteht, an Seen,
u fumpfigere Drten aufhält. Man zählt gegen 80 Gattungen diefes
won jedoch faft nur der gemeine, afchgraue, in Deutfchland einhei-
Das Meihermänndyen iſt auf dem Kopf mit einem ſchwaͤrzlichen
pziert, deffen faubere, 1— 3 Fuß lange Federn fehr gefhägt werben.
mt aber nicht bloß dieſe, ſondern auch noch die Federn, welche man
Reiher nennt und an dieſem Vogel hin und wieder zu finden find, zu
n oder bem Herzen ber Sederbüfche. Durch vorzügliche Länge und eine
rbe wird ber Werth der Reiherfedern beftimmt. Es gibt ganz ſchwarze,
mlichte, ganz weiße und weiße mit ſchwarzen Spigen. Die ſchwarzen
nopa die Eoftbarflen; man findet fie nur auf der Inſel Kandia; die
melt man am meiften in dem waſſerreichen Preußen; ganz meiße kom⸗
ber Levante über Gaito und aus Oftindien. Nachgeftellt wird dem
ib wegen des Schadens, den er in den Fifchteichen anrichtet. Bei der
aize, wo man die Reiher mit abgerichteten Kalten jagt (in frühern Zeiten
Jeuptvergnügungen vornehmer Sagdliebhaber), wird oft der Falke von
x, nach einer plöglichen Wendung in der Luft, mit dem langen, fpigigen
sufgefpießt. Die Eier und Jungen der Reiher fpeift man ale Lederbiffen.
Ihe, arithmetifche und geometrifche, ſ. Progreffion.
il (Johann Chriftion), Dr. der Arzneimiffenfhaft, k. preuß. Geh.⸗
th, Director eines Elinifchen Inſtituts, ordentl. Prof. der Arzneitunde
144 Reim
an der Univerfität zu Berlin und Ritter des rothen Adlerordens Zter Ciaf
am 20. Febr. 1758 zu Rauden in Oftfriesiand geboren. Sein Vater, «
diger, hatte ihn zum Geiftlichen beſtimmt; aber ſchon früh ſprach fich fet
gung für die Heillunde aus, und er ging, 20 Jahr alt, von der Schule 5
den nad) Öttingen, um diefe MWiffenfchaft zu ftudiren. Zu Halle, wo
Studien fortfeßte und fi) die Achtung Meckel's und Goldhagen's Fre
erwarb, ward er 1783 Dr. der Medicn und Chirurgie. Darauf praktict
Oſtfriesland bis 1787, wo man ihn als außerordentlichen Profeffor nad
berief. 1788 ward er orbentl. Prof. der Therapie, 1789 Stadtphyſikus 1
und Director der Minifchen Anftalt, in welcher Eigenfchaft und überhaupt e
demifcher Lehrer R. ſich durch feine über 20 3. mit allgemeinem Beifall 1
Thaͤtigkeit, durch feinen großen, Alles umfaflenden Geift und feine ausgeb
Kennrniſſe unfterbliche Verdienfte erwarb. Als Staatsbürger und Menfd
er gleich hochherzig und ebel. Nach der Schlacht von Auerftädt, da Alles
franz. Zwangherrſchaft erzitterte, ſchickte R. keine Kolgen ſcheuend, feinen
Sohn nad) Königsberg, um für feinen König zu flreiten. Das Unglüd der
fität, zu deren Ölanze er fo viel beigetragen hatte, umd bie Unterjochung bs
fhen Baterlandes machten ihn ernft und ſtill, aber nicht muthlos. Er fi
fi) nicht, die Unterbräder feinen Stolz; und feine Verachtung fühlen y
un!) gleiche Gefinnungen in Andern zu erregen. Um der Stadt Halle, meld
deri Krieg, durch bie Vernichtung und nachmalige ſchlechte Wiederherftellu
Univerfität und den franz. Drud zu verarmen anfing, eine neue Erwer
zu Öffnen, fliftete R. feine Badeanftalt, auf die er einen bedeutenden The
Vermögens verwandte. 1810 ging er nad) Berlin als Prof. der Arzu
Der König, von dem er früher den Charakter eines Oberbergraths erhalte
beehrte ihn mit dem rothen Adlerorden und dem Xitel eines Geh.⸗Oberbe
Biele Akademien nahmen ihn zu ihrem Mitgliede auf. 1813 übertrug I
König die oberfte Leitung ber Lazarethe auf dem linken Eibufer. Aber ehe
lin verließ, befuchte er den als Arzt fo gefchästen Prof. Grapengießer, f
Typhus ergriffen war, wurde von demfelben angeftedt und flach den 24
1814 in Halle, als Director der dort und zu Leipzig befindlichen Lazarethe.
Leichnam ward unter zahlreichen Gefolge nad) feinem Landhauſe unmwell
chenftein abgeführt und auf dem anliegenden Berge, den er vor mehren
durch fhöne Anpflomzungen geziert hatte, beerdigt. R. hinterließ eine
2 Söhne und 3 Richter. Als theoretifcher, beſonders pfuchifcher Arzt hat
durch feine Unterfuchungen über den Bau des Gehirns und feine ganz net
fiofogifchen Anfichten einen bleibenden Ruhm erworben. Sein berühmte
über die Erkenntniß und Cur der Fieber und mehre andre Schriften beu
feinen großen Beobachtungsgeift, mit philofophifhem Scharffinn und einer
Gabe methobifher Anordnung verbunden. Das Ideal eines rationellen
hat er, ſowie es ihm vorfchwebte, in feiner Beinen merkwürdigen Schrift
Depinieren dargeftellt. Auch als praktifcher Arzt hatte R. einen außerorbı
Ruhm. Mit feltener Gefchidtichkeit fuchte er die Individudlität eines jede
ten und die pſychiſchen Urfachen der phyſiſch⸗-krankhaften Erfcheinungen 5
fhen. Sorgfam, theilnehmend und liebevoll am Krankenbette, hielt er
größten Feftigkeit auf die Befolgung feiner Vorfchriften. Beſonders gluͤck
er als pfochifcher und als Augenarzt, und viele an fcheinbarem Wahnflı
an Erblindung Leidende verbankten ihm ihre Herftellung. Über ihn f. St
„Denffchrift” (Halle 1815).
Reim, die gleihklingende Endigung zweier oder mehrer Wörter.
men zu und bu, treu und neu, und hier beruht der Reim auf dem bloßen
oder Doppellauter. Folgen denfelben noch Mitlauter, fo müffen bdiefe n
Keim 145
gleich, fondern es muß auch jener von einerlei Befchaffenheit fein. Cs
der ſtumm und krumm auf einander, nicht aber ftumm und Ruhm,
iſt das u kurz und hier lang. Dagegen können Tob und Bot und alle
Börter unbedenklich auf einander gereimt werden, weil auch die forgfäls
fprache dem Ohre Eeine bedeutende Verfchiebenheit des d und £, wenn
Muffe eines Wortes ftehen, bemerkbar macht. Ein folcher einfnlbiger
ein männlicher Reim genannt; erſtreckt er ſich durch 2 Syiben, fo heißt
; erfiredt er ſich durch 3 Sylben, fo heißt er ein gleitender (verso
). So find flüchtig und tüchtig, ſchreiten und breiten weibliche, reis
befcheinigen, gießende und fließende, gleitende Reime. Bei mehrfpl:
men ift die größte Sorgfalt auf die völlige Übereinftimmung der Mit:
unden, und Reime wie beide und Seite, neigen und reichen find durch⸗
zerfen. Doch haben unfere beften Dichter ei mit eu und du, i mitü,
B. eignen und leugnen, Beute und Weite, Hände und Ende zuſam⸗
t, wiewol eine richtige Ausſprache einen deutlichen Unterſchied hören
"ige Megel, welche wir über den Reim anzuführen haben, if die, daß
d daffelbe Wort auf einander gereimt werden darf, es müßte denn ein
Nachdruck damit beabfichtigt werden. Reime, die fid auf mehr als 3
ſtiecken, findet man faft nur bei den Arabern und Perfern in ihren Bur-
Gaſeln), wo der durch das ganze Gedicht hindurchgeführte Reim zu:
mb mehr Spiben einnimmt. — Einige Sprachen, wie die englifche, ha⸗
Keibre® Baues mehr Neigung zum männlichen, andre, wie die italie:
haniſche, zum weiblichen Reim; bie deutfche und franz. Sprache be:
amngefähr gleichen Vorrath an männlichen und weiblichen Reimen, das
thier gewöhnlich in einer regelmäßigen Abmwechfelung finden; doch gibt
R Sprachen audy Gedichte genug, die bloß männliche ober bloß weibliche
ba — Die Alten fannten den Reim in der Anwendung, wie wir, nicht.
wir namentlid) bei Ovid einzelne gereimte Verſe, und es ift nicht zu
daß dieſe Heime abfichtlich find; aber es foll duch fie nicht der Vers,
Einn hervorgehoben werben. Die lat. Poefien der lat. Kirchenväter
. find dagegen häufiger gereimt. In die nordifchen Sprachen wurde
karch die Gothen gebracht, welche ihn aus dem Morgenlande hatten. Die
imtmäter ber ftandinavifchen Poefie hingegen haben den Reim nicht,
källiteration (f.d.), dain ihnen die Mitlauter vorherrfchen. Dies
be Meinung veranlaft, dag der Reim fich von den Arabern herfchreibe,
ben im 8. Jahrh. mit den füdl. Europäern berührten. Schlegel in f.
kions sur la literature provencale” feugnet dies. of. v. Hammer
weinen Einfluß ber Araber auf die Provencalen in Hinfiht auf bie
geeeimter Diftichen und Reimformen der füdlichen Poefie entfchieben
weh unleugbar ift, ohne dag man den Reim felbft von den Arabern her:
sucht. Entſtanden aber ift der Reim urfprünglic aus dem dunkeln
bad allenthalben nach Ebenmaß, Übereinftimmung, alfo auch im Klange
len wendet nämlich den Reim an, um beftimmte Spibenreihen damit
u und durch den Gleichklang zu verbinden, das Bedürfnis dazu aber
befkteitig, nachdem bie beflimmtere Meffung der Sprachen nach Länge
verloren gegangen war. Daher ift auch die Diflihenform oder die
meines und deffelben Reims gewiß feine Altefte Form. Erſt die Trou⸗
efuchten alferlei kuͤnſtliche Verfchränktungsarten des Neims in dem Co:
Emone u. f. m., und die Spanier und Staliener brachten diefe Form
emmenheit, indem ihr richtiges Gefühl ihnen anzeigte, wie weit das Ohr
tefei, den Meim feftzuhalten, und wo er fich verliere, wobei nicht außer
edlen ift, daß nicht alles Das für unfere Sprache gelten kann, was in ih:
ke. Siebente Aufl, 32. IX. 10
04
146 Reimarus (Hermann Samuel)
rer an volltönenden Selbftlautern reichen Sprache anwendbar und zuläffig
Eine Theorie des Reims hat St. Schuͤtze gefchrieben. . S. auch M
Abhandi.: „Vers und Reim auf der Bühne”. Kine Anleitung zur Km
der füblichen Reimkunſt von O. Gr. v. Loͤben findet man in Rapmann's „|
menlefe füdlicher Spiele”. — Die fogenannten Leberreime foll ein gm
Schävius um d. 3.1749 eingeführt haben. Über die Reimmörterbücher f. a
lexikon.
Reimarus (Hermanı Samuel), geb. zu Hamburg 1694. Sem f
war NitolausR., Lehrer am Zohanneum dafelbft. Außer dieſem hatten vor
CHriftoph Wolf und Fabricius als Lehrer den größten Einfluß aufibn.
1714 an ftudirte er in Sena; dann promovirte er in Wittenberg und ward
auf Adjunctus der philofoph. Kacultät. Nachdem er 1720 eine Reife durch
gien und einen großen Theil Englands gemacht hatte, hielt er in Wittenberg‘
loſophiſche und philologifche Vorkefungen. 1723 warb er als Rector nad?
mar berufen, two cr die Schule in große Aufnahme brachte. 4727 warb ig‘
Profeffur der hebr. Sprache an dem Gymnaſium zu Hamburg angetragen, F
er, in der Folge nody mit der Profeffur der Mathematik vereinigt, zum ji
Vortheil diefer Anftalt bie an fein Ende bekleidete. Er mar ein gründlichen, J
matiſch gebildeter Philolog, was er vorzüglich in ber von Fabricius begen
und von ihm völlig ausgemebeiteten und vollendeten Ausgabe der römifed
ſchichte des Dio Caffius beurfundete. Geßner erklärte ihn wegen diefer Arche‘
einen der erften Krititer Deutfchlands. N. befaß zugleich einen großen If
von wiſſenſchaftlichen Kenntniffen, namentlich in der Philofophie und Ne’
ſchichte, und arbeitete in jeder mit vieler Selbftändigkeit. Der Hauptgru
den er als Lehrer befolgte, war: das bloße Dociren fo viel als möglich zu wf'
den, unverzüglich den Selbflunterricht feiner Schuͤler einzuleiten, zu R
zu befördern. Seine pbilofophifchen und naturhiftorifchen Kenntniffe wu‘
dazu an, in den Zeiten des Leichtfinns, welcher durch einige franz. R
Deutfchland damals Raum gewann, feinen Mitbärgern Achtung und WW“
gegen das höchfte Wefen einzuflößen, und den Glauben an Vorfehung uns"
höhere Zukunft zu befeftigen, wiewol er dies auf dem Wege des bloßen Nach
zu erreichen meinte. Sein wichtigſtes Werk: „Die vornehmften Wahrhel
natürlichen Religion in 10 Abhandlungen auf eine begreifliche Art erklärt w
rettet (Hamburg 1754), beurfundete fein religiöfes Streben auf eine ausge:
nete Weife. Diefes Werk entſprach fo dem Zeitbedürfnif, daß es 6 Aufl
einander erhielt. Um den phyſiko-theologiſchen Beweis, den man als einem de:
tigften in der wichtigften Angelegenheit der Menfchen damals bearbeitete,‘
N. große Verdienfte, und feine Arbeit wurde, als die grünblichfte und fies
ordnete, allen ähnlichen von Rinne, Bonnet, Haller u. X. vorgezogen.
ſelbe fchließen fidy auch f. „Betrachtungen Über die Kunfttriebe ber Thiere“ (|
1762, 4. Aufl. 1798). Ferner gab er heraus „Die Vernunftiehre, als ein
weifung zum richtigen Gebrauch der Vernunft in der Erkenntniß der Wal
aus zwei ganz untrüglichen Regeln der Einftimmung und des Widerfpruch# |
leitet” (Hamb. 1756). Eine Anwendung von den in diefem Werke aufgefl
Megeln machte er gegen das Pofitive des Chriſtenthums; obgleidy er ſein
ſchungen ald Bruchſtuͤcke nur feinen vertrauteften Freunden mittheilte, umb 1
Abſicht hatte, diefelben oͤffentlich bekanntzumachen, fo konnte er ed bo
verhindern, daß Lefjing davon eine Abfchrift erhielt, und diefe anticht
Schrift (welche Döderlein in feinen „Antifragmenten‘‘ 1788 am Eräftigften t
legte) unter d. Titel „MWolfenbüttelfche Fragmente eines Ungenannten”, u
ter dem Vorgeben, er habe fie in der wolfenbüttelfchen Bibliothek gefunden
ausgab. (S. Leffing.) Daf diefe Schrift ihn zum Verf. habe, hat fi
o_
Keimarus (Joh. Albert Heinrich) Reimleriton 147
⁊ bei Gelegenheit einer deßhalb von Sturm erhobenen Anfrage in ba uteips,
it.” 1827 unmibderleglich bargethan. MR. ftarb 1768.
Reimarus (Johann Albert Heinrich), Sohn des Vorigen, AN 1729
gaburg, erhielt den erften Unterricht in ben untern Claffen der Sohannie-
‚ dan auf dem Gymnaſium und bei feinem Vater. In Göttingen ſtudirte
17 91 die mediciniſchen Wiffenfhaften. In Leyden und Edinburg bearbei-
11753 und 1754 vorzüglich die praßtifhe Arzneilehre, und gab an legterm
Beranlaffung zu der nachher geftifteten medicinifdyen Gefelffhaft. 1755 be:
te anter Dr. Hunter's Leitung die Spitäler zu London. Auf der Ruͤckreiſe
dellaad verlor er alle feine Schriften, Abhandlungen und Bücher. Er pro:
in Leyden, und ſchrieb „De tumore ligamentorum circa articulos,
artenlorum dicto”, 1757. Er war kein großer gelehrter, aber ein praf:
Arzt und verbreitete mit Stud die Impfung der natürlichen Blat-
Hamburg und in den umliegenden Gegenden. Kür die Chirurgie machte
ghdlihe Sndedung. Zufällig wurde durch unverfehens eingefprigten Saft
die Erweiterung der Pupille herbeigeführt; dies brachte ihn auf
‚ daß es nuͤtzlich fein würde, vor der Operation des grauen Staars
Lanzumenben, weil dadurch der ganze Umfang der Linfe entbedt wird
Bertjeuge darauf viel ficherer angebracht werden können; viele Augen:
bis auf die neuern Zeiten diefen Rath, mit Gluͤck befolgt. Er war ein
Zwangsordnung; to irgend nur bie Freiheit, die innere oder äußere,
warte, banahm er fich ihrer an. Daher fchrieb er gegen Getreidefperre,
Mmtlihe Kornmagazine, gegen Fleiſchtaxen, gegen Zunft: und Hand:
gegen den Zwang bed Verlagsrechts (er billigte unter gewiffen Be:
ben Nachbrud), gegen mebicinifche Zwangsordnung, gegen Hanbele-
zegen das Pofitive in den Borfchriften, nach welchen der Jugendunter⸗
Serats wegen geleitet werden follte. Obwol ein wohlbegründeter Gottes⸗
Bf er ſich auch Beinen dogmatiſchen Zwang in der Religion gefallen; die
wit ihrer Einflimmung und ihrem Widerfpruc war ihm Richterin in
Die Einflimmung der Weltorbnung mar feine Religionslehre. Er
en feines Vaters Aber die natürliche Religion und Über die Kunft:
Diere mit Abbandi. und Anmerf. heraus. — 1796 ward er Profeſſor
Gichte und Naturlehre zu Hamburg, fuchte früher fchon die Bligab:
wrbreiten, und erörterte die Forſchungen Über ben Blitz, deffen Bahn und
anf die verfchiedenen Körper. Sein Entwurf über bie zweckmaͤßige Ein-
ag in allen Reichen der Natur, Zeleologie genannt, ift feiner „Selbſtbiogra⸗
Inbang beigefügt. In dem unglüdlichen J. 1813 mußte er Samburg
md farb 1814 zu Ranzan. V.L.
Reimlexikon, eine Zufammenftellung aller in dem Sänge einer
enthaltenen Reimendungen. Der Leritograph Nichelet lieferte im 17.
ein folches Wer für die franz. Sprache, und der fleißige Hühner ein aͤhn⸗
die deutſche, in feinem „Poetifchen Handbuche“, das von 1696 — 1743
Aufl. erſchien. Seitdem wurde für unfere Sprache nur nod) ein andrer
Verſuch, der als Reimlexikon dienen kann, in Schaͤfer's „Hochdeut⸗
uche, nach den Endſylben geordnet“ (Weißenfels 1800) geliefert.
ſtanz. Reimlexikon erſchien vor kurzem in Paris. Ein Wert biefer Art,
— und ausgeführt, dient keineswegs bloß als Nothhelfer für den
Reimer, fondern Bann zu einem Hülfsmittel werden, das felbft ber Dich⸗
verfhunäht, und das dem Sprachforſcher vielfach nüglid, fein wird, in:
We Endbuchflaben ſowol in den Wurzelmörtern, als in den Ableitungen
Bemerkungen leiten koͤnnen. In Huͤbner's Reimregiſter find die
sah den 5 Selbſtlauten zufammengereiht, Michelet hingegen teilte fic nach
10 *
148 Rein Reinecke (Sohann Friedrich)
der Ordnung des Alphabets, mit Einfchluß der Mitlaute zufammen, und
möchte die Anordnung des Deutfchen die beffere fein, da der Vocal die Seel
Reims, wie der Affonanz (f.d.) ift. Ein „Deutſches Reimlexikon“, nach!
* Plane, jedod) zweckmaͤßiger als Huͤbner's Merk bearbeitet, ift bei dem Va
bes „Converſationslexikons“ (1826, 2 Bde.) erfchienen.
Nein; unvermifcht, bezeichnet in der Philofophie insbefondere das os
empirifhen Wahrnehmung oder Erfahrung Unabhängige, z. B. reine Vern
in der Mufit das volllommene Intervall, 3. B. reine Quinte.
Reinecke oder Reinide der Fuchs. Diefes berühmte epifd
tyriſche Sabelgedicht erfchien 1498. zu Luͤbeck in plattdeutfcher Sprache, und
in frififcher Mundart, unter d. Titel „Rynke de Vos“. Es enthält. eine w
fatyrifche Beſchreibung von Ränken und anderm menſchlichen Treiben an e
durch Regierungsſchwaͤche verborbenen Hofe. Alte darin vorfommende Chan
find in die Maske von Thieren eingekleidet, und der treffende Wig und bie j
Drolligkeit der gefchilderten Scenen machen dies Werk zu einer Eoftbaren Ud
“ altdeutfcher Laune. Über den wahren Namen des Verf. diefes Gedichte, d
der Vorrede ſich Hinrek von Allmer, Scholemefter unde Tuchteler des Ha
von Lothringen nennt, und vorgibt, er habe ed aus dem Franz. überfegt, iſt i
Gewiſſes bekannt. (Den franz. „Roman du renard” aus dem 13. Jahrh
Meon aus Handfchriften 1823 zu Paris in 4 Bon. herausgegeben.) Nach
lenhagen's Angabe in feiner Vorrede zum „Froſchmaͤusler“ fol Nik. Band
(geb. zu Emden 1450) Verf. des „Reinecke Fuchs” gewefen fein. Diefer |
mann ftand früher als Rath in Dienften des Derzogs von Juͤlich, trat fpäter
er in Ungnabe fiel, in die des Herzogs Magnus von Medlenburg, wo er 154
Roſtock ald Dr. juris und Secretair ſtarb. Das Unrecht, das er am julich
Hofe erlitten hatte, fol ihn zur Verfertigung diefes fatyrifchen Gedichte bey
haben; der Name Hintidy von Alkmar aber von ihm angenommen worden
um allen DBerantivortungen zu entgehen. Aud) wird in der Ausg. zu r
1539 (13 3. nad) Baumann's Tode) jener Name gar nicht erwähnt.
Rollenhagen dies aud) verfichert, und fo fehr Gottſched inf. Ausg. des „MM
Fuchs“ (1752) diefe Meinung unterftügt: fo find dagegen durch andre Ang
wieder Zweifel entflanden. Indeß haben ſich Neuere wiederum für Rollenha
Meinung erklärt, namentlich der Landdroft, Ritter von Vangerow zu Aurld
Spangenberg’$ „Beitr. zur Kenntnig des Koͤnigreichs Hanover”, Bd. 5). |
hat verſucht zum Theil die Perfonen namhaft zu machen, die unter den verſch
nen Thiergeftalten gemeint fein follen, und behauptet, daß Iſegrimm ber |
einen Herzog von Oftreich, der Fuchs Reinecke aber ben Herzog Reinharb
Lothringen vorftelle. (Vgl. auch hierüber tübinger „Fit.:B1.”, 1827, 4. ©t.)
holländifche profaifhe Hiſtorie von Reynaͤert de Voß kam ſchon 1479 zu &
und 1483 zu Deift heraus; fie wurde 1783 vom Bibliothekar Suhl in &
neu aufgelegt, und wird von Einigen für das eigentliche, aus mehren altfrang.
bein entlehnte Original gehalten. Die neueften und beften Ausg. des „Re
Fuchs“ in plattdeutfcher Mundart find die 1797 zu Eutin mit einem Gloſſa
von Bredow und die von Scheller (Halberft. 1825). Hochdeutſche Bearbeitu
Gaben wir von Gottfched, Göthe (in Herametern) und von Eoltau (im Ver
des Driginals, kurzen, gereimten Samben ober Knittelverfen) erhalten, letter
ſchien 1803 und umgearbeitet 1823 (Braunſchweig). — Weniger bekannt,
nicht ohne Werth, ift eine von Nenner unter db. Namen Sparre gelieferte :
fegung des „Reinede Fuchs“, betitelt „Hennynk de Han’.
Reinecke (Johann Friedrich), der große deutſche Echaufpieler, u
um 1745 zu Helmftädt geb., wo fein Vater Advocat war. LUnverträglichkeii
einem Ältern Bruder, gegen deffen übelwollen er auch bei den: Water keinen €
°
Reinhard (Franz Boltmar) " 149
j ihn, heimlich der Ältern Haus zu verlaffen. Ohne Plan, ohne Geld
ie mindefte Ausficht richtete der 14jähr. Knabe feinen Weg zufällig
urg, mo er, nad) manchem Eleinen Abenteuer, bei welchem fich fein
rth beurfunbete, in bem Haufe eines Bäders Aufnahme fand. Der
Theaters entfchied hier R.’S zukünftige Laufbahn. Noch nie hatte er
yeale Welt der Breter gefehen; der Eindrud, den fie auf ihn machte,
los. Ihn floh der Schlaf; und feines Lebens höchfter Wunfch, auch
aberwelt aufzutreten, ftand feft vor feiner Seele. Er bat den nüchften
on, und oft vergebens, den Director um Aufnahme, und wurde end:
fburfche angenommen. Mehre Jahre bleibt R. in diefer erniedrigenden
rn Selbftgefühl ihm fagt, er fei zu etwas Beſſerm beflimmt. Er
Bei Beinen herumziehenden Truppen und bildet durdy Studium und
fein großes mimifches Talent. Bei der Seyler'ſchen Geſellſchaft lernt
bherige Suttin Fennen; er kommt zum zweiten Mal nach Hamburg,
ingt fein Ruhm an ſich zu heben. Endlich, bei der Bondini’fchen Ge:
Dresden und Leipzig angeftellt, wird er als großer Schaufpieler be⸗
: Sreundfchaft des Declamators Schocher, den er in Leipzig fennen °
von dem bedeutendften Erfolg fuͤr R's Spiel. Bon nun an, befreit
fein eines falſchen Pathos, der fi damals in fogenannten Helden
aetionen, in Gang und Ton — oft lächerlich genug, zum Hohn ber .
af ben Bühnen zu zeigen pflegte, wird R. Vorbild feiner Kunftgenofs
chen Heldenrollen, und der gefeierte Liebling des Publicums, das in
m erſten Mat einen ohne Übertreibung dargeſtellten Helden erblickt.
ber in ben Rollen launiger und zärtlicher Alten bewundert. Cine auds
männliche Bildung und eine wohltönende Stimme begünftigten feine
m des Strafen Effer, Dtto von Wittelsbach, König Lear, des deut:
daters, des Oberfoͤrſters Warberger u. X. ungemein. R. ftarb als
8 Bondini'fchen Theaters in Dresden 1787.
ıbard (Stanz Volkmar), der berühmte Theolog und proteftantifche
eb. den 12. März 1753 zu Vohenftrauß, einem Marktflecken im
Sulzbach, wo fein Vater Prediger war. Die erfle Erziehung und
nterricht erhielt er von feinem Vater, welcher durch das ausfchließliche
ibel in feinem Sohne einen tiefen religiöfen Sinn, durch den gründ:
sachunterricht eine genaue Bekanntfchaft mit der Philologie und durch
Gewoͤhnen an logifches Denken die bemundernswürdigfte Gewandt⸗
cherheit im Denken und Handeln begründete. — Auf der Schule zu
; äußerte der Conrector Töpfer durch Huͤlfe feiner echt päbagogifchen
firung den bildendften Einfluß aufihn. — 1773 bezog R. die Univer:
berg, wurde 1777 dafelbft Magister legens und 1778 Adjunct
b. Facultaͤt. Nachdem er von 1780 an als außerordentl. Prof. der
vorzüglich durch philologifche und philofophifche Vorleſungen feinen
und feine Gelehrſamkeit beurkundet hatte, wurde ihm die ordentliche
x Theologie anvertraut. Seine glüdlihen Verfuche im Predigen, ver:
der ihm eigenthümlichen, gründlichen und allfeitigen Kenntniß der
beranlaßten die Regierung, ihn 1792 als Oberhofprediger, Kirchen-
erconſiſt orialaſſeſſor nad) Dresden zu berufen, in melden Amtern er
tod (6. Sept. 1812 zu Dresden) mit der größten Anftrengung des
ı Körpers, mit feltener Uneigennügigkeit und Vaterlandsliebe feine
ten fo ftreng und vollfommen als moͤglich zu erfüllen ftrebte. — Die
Entwidelung und Ausbildung der drei geiftigen Grundvermögen,
zage:, Gefühl: und Befttebungsvermögeng, zu einer gleichmäßigen
Thätigkeit war bie Hauptaufgabe feines raftlofen Strebens. Dos
150 Reinhard (Franz Volkmar)
Vorſtellungsvermoͤgen in den verfchiebenen Formen der Anſchauung, bed Ver
des und der Urtheilskraft war bei ihm vorherrfchend; fein Gedaͤchtniß war ſche
mehr Sach = als Wortgedaͤchtniß, denn es mangelte ihm bie Leichtigkeit
morirens. Das Gefühlövermögen war ihm ein bloß vermittelndes zwif
beiden andern; daher fand es nebft den Übrigen Kräften der Seele ſtets unn
Herrfchaft des Borftellungsvermögene. — Sowie jeder denkende Kopf ig
Fahren feiner Mündigkeit durch philofophifches Forſchen nad) Selbflänhl.
ringt, fo auch R. Er trat auf als fcharffinniger Denker, als ſkeptiſchet Feij
und ſchied als glaͤubig frommer Theolog und Chriſt. Es iſt hoͤchſt en a
Belenntniffe über fein früheres philofophifches Streben und’ deffen
ihm felbft zu vernehmen. Obgleich er die Philofophie nicht bloß als M
Theologie, fondern felbftändiger betrachtete, fo geftand er doch: „das
aller Syſteme der philofophirenden Vernunft läßt ein entfchiebenes De
geyen bie Speculationen derfelben übrig, weil man an allen noch Schwächen.
— Ic) habe nie in der Philofophie etwas für wahr gehalten, was der Sitt
nachtheilig war. Säge dieſer Art, wie feheinbar fie auch vorgetragen fein ni
empörten mich; durch bie Erziehung, welche ich erhalten, und durch
welchen ich auf meine Befferung gewendet hatte, war das moralifche
mir zu wirkfam geworben, als daß ed unmoralifde Behauptungen nicht N:
mit Unmillen verworfen hätte. (Man verkenne hier nicht den Schug, ben
frühe rein evangel. Erziehung gegeben.) Bei der Philofophie fand ich nihte-
nichts Bleibendes, weder im Wiſſen, Glauben, noch Hoffen; wenn j
nichts Sicheres hat, worauf man fußen Eann, fo kommt der Wunfch, Gott E_
ſelbſt geredet haben, vorzüglich um der Schwachen willen, und fo wird med
Das durchforſchen, was ſich als Offenbarung ankuͤndigt“. — Die Sudan.
Korfchung war ein fefter, beruhigender Glaube an das reine Evangelium
es nad) den Regeln einer richtig grammatifchen Auslegung In der Schrift.
ten ift. „Es wurde mir unmiderfprechlich gewiß (fagt er in der Vorrede ak
al’, ©. XXXV), daß das Chriftenthum die nothwendigſten und gemeinni
Wahrheiten auch gerade in der Form enthalte, in welcher fie am faßlichfiag:
wendbarſten und wirkſamſten ſind; ich wurde gewahr, daß ohne die
Gottes bei dem großen, einer hoͤhern Ausbildung bedürftigen Haufen nicht bar
kommen ift, und daß es Augenblide geben kann, wo fie auch dem fcharffinml
Denker willtommen und nuͤblich fein muß; es wurden mir felbft an den Ge:
niffen des Chriftenthums, die meiner Vernunft allerdings eine Zeitlang
gewefen waren, Seiten fichtbar, mo fie fid) an die Beduͤrfniſſe der menſch
Natur, wie fie toirklich ift, anfchloffen und dadurch eine große praktiſche
keit für Befferung und Beruhigung erhielten”. — In diefer Periode eineb.
phitofophifch =theologifchen Forſchens entftanden auch die Hauptwerke RT
„Pſychologiſcher Verſuch über dad Wunderbare und die VBerwunderung”,
nur der 1. Thl. erfchienen tft; den 2. Thl., der das Wunderbare im Chrifte
nachmeifen follte, folglich auch feine Anfichten über die Wunder bes A.
ZT. enthalten mußte, folgen zu laffen, mochte wol feine Gewiſſenhaftigkeit ve
dern, zufolge welcher er ſelbſt geſteht: es war mir Gewiſſensſache, mich ind
Streit mit einem Buche zu verwickeln, dad einem fo großen Xheile unfer®
ſchlechts ein von Gott felbft herruͤhrender Unterricht iſt, deſſen göttliche Kl
fo oft an meinem eignen Herzen empfunden hatte und für das ſich mein gi
Gefühl immer entfcheidender erklärte. 2) „Verſuch über den Plan, ae
Stifter der hriftlichen Religion zum Beften der Menfchheit entwarf”
Namen, Wittenb. und Zerbft 1781, 4. Aufl. 1798). Er entwarf auch Int
Zeit die beiden erften Thle. f. „Softems der chriftlichen Moral”, welche er j
fg. herausgab ; dieſes Werk, die Hauptaufgabe feiner literar. Thätigkeit, erw⸗
Reinhard (Franz Volkmar) 151
te erin 5 Thln., wovon bie erften Thle. die 4. Aufl. erlebten. In der
billigte R. nichts, mas mit den Maren Behauptungen der Bibel ftritt;
ei (das find feine eignen Worte) ein VBorurtheil der Jugend mitwirkte, will
win Abrede fein. Da ich die Bibel ſchon als Kind gelefen, fie als Wort
bie Menſchen gelefen, und fie fo zu gebrauchen nie aufgehört hatte; fo
:fo heilig, ihr Anfehen war mir fo entfcheidend getoorden, daß ein Sas,
ecſprach, mein Religionsgefuͤhl fo fehr empoͤrte, als eine unſittliche Be⸗—
neinen moraliſchen Sinn”. Auffallend iſt in Hinſicht feiner theologi⸗
ıng bie Steigerung ded Inhalts feiner Predigten ; feine frühern Pre:
mehr pfochologifch, die folgenden huldigen der Moral, die fpätern ver:
ral und Dogmatik, und in den legten SSahren fpricht er feine dogmati⸗
eugungen, infofern fie rein evangelifch und der Schrift nicht widerſtrei⸗
am ftärkiten aus. -- In f. „Seftänbniffen, feine Predigten und feine
am Prediger betreffend” (1810, 5. Aufl. 1811) ſprach er im 9. Briefe
«ugung von Rationalismus und Supernaturalismusd ganz unummwun-
z äußerte felbft in einem vertraulichen Briefe: diefe Äußerungen wer:
Theologen gewiß nicht verzeihen. Er behuuptete darin: der Rationalift
schrift gar nicht zulaffen, wenn von der Begründung des Lehrbegriffs
L Es kommt bei dem Lehrbegriffe richt darauf an, worein man den
Dffenbarung fest, fondern auf die Principien, von denen man ausgeht.
entweder Vernunft oder Offenbarung ; ein Drittes gibt es nidyt. Con⸗
kur Der, der fid) ganz unbedingt zu einem von beiden bekennt; wer auf
Art Beides vereinigt, wird ein inconfequenter Synkretiſt. Einige ſuch⸗
mittler zu machen, erfuhren aber dad Schickſal aller Vermittler, fic
rs mit beiden Parteien. — Man denke an den Streit über Conſequenz
ſequenz, welchen einige fächfifche Prediger 1810 — 12 hier und da zum
es Volks führten, ohne R. vorzüglich in der Behauptung, e8 komme
meipien an, von welchen man beider Begründung bes Lehrbegriffs aus:
blich zu widerlegen. (©. Nationalismus.) — Er war in der äl-
wn Schule gebildet, ein Feind der Naturphilofophie, und freute fich
Verſuch, durch weichen man ihre Herrfchaft zu verdrängen ſuchte; ſ.
der von ihm herausgeg. Schrift (des Hofraths Crell in Göttingen) :
nd Philalethes“ (1811). — Ebenſo offen legte er in der Vorrede zur
kin Glaubensbekenntniß über die Fritifche Philofophie nieder. Dbfchon
denken ihrer ſtreng logifchen und dialektiſchen Form huldigend, fchenkte
nbaite Leinen Glauben, fondern beftritt denfelben als ein gewaffneter
s feinen den Öffenbarungsglauben vermindernden Einfluß fo viel ale
verdrängen. -- Am meiften Auffehen erregte der Inhalt der 1800 ge:
Reformationepredigt”. Er ſprach darin von der freien Gnade Gottes mit
en Überzeugung, dag Viele irre an ihm murden und ihn der Hyperor⸗
md einer cdharakterlofen Dinneigung zu einer herinhutifchen Hofpartei
m. Diefen ungerechten Vorwurf hat ihm das Decret, nad) welchen
tim ganzen ſaͤchſiſchen Rande und namentlich unter den Predigern ver:
ede, zugezogen. Der Bermeggrund zur Öffentlichen Bekanntmachung
adter, als daß man dadurch der Meligionspartri, welcher mehre Mit:
Minifteriums damals huldigten, einen großen Dienft zu erweifen ge:
mm man einen der gelehrteften Theologen und ausgezeichnetſten pre:
a Prediger ald Bertheidiger einer ihrer ſehr oft angefochtenen Haupt:
miich nennen konnte. Hätte man vorher feine Moral eingeſeben, ſo
8 Decret wol unterblieben ſein; denn R. dachte ſich das Verhaͤltniß
heit zur Gnade Gottes nicht bloß leidentlih. In jenem bedeutungs—
ir 1812, wo Zaufende ihren Glauben aufgaben, fehrieb er folgendes
152 Reinhard (Franz Vellmar)
merkwürdige Belenntniß nieder: „Der Glaube', dag eine höhere Macht die
gebenheiten der Welt lenkt und zulegt einen erwuͤnſchten Ausgang herbeifl
ift das Einzige, woran man fi unter diefen Umftänden halten kann. Gli—
‚baß id) ihn habe, diefen Glauben, fonft weiß ich nicht, wie es mir gehen tk
Dies fei hinreichend, ihn als einen echt evangel. Theologen kennen zu le
Man hat ihn befchuldigt, daß er von dem Allen, was er Öffentlich fpradh, r
überzeugt geweſen fei, fondern fich vielmehr nach den Umftänden und ben gebh.
den Umgebungen gerichtet habe; allein diefe Befchuldigungen find grundioß, -
ganzes Leben, ſowie vorzüglich feine Wirkfamkeit und fein bilbender Einf
Kanzelredner ift der fprechendfte Beweis dagegen. Ehrwuͤrdig fteht das Bibi
als Theologen vor un, betrachtet man fein Leben im Verhältniß zu feinen}:
genoffen ; während der größte Theil feiner Collegen in entgegengefegter Rich
ihr Leben verloren und das Leben ihrer Gemeinden in Gefahr brachten, fl-
er feinen Glauben folgerech tdurch das Leben hindurdy, und hinterließ ihn alß
gegründeten den Seinigen zum belebenden Andenken. — Betrachten wir jet:
Handeln und Denken in der befondern Amtsführung. Meifterhaft bezeichnu
in f. „Seftändniffen (&. 54) die Aufgabe des Zwecks feiner Predigten. „B-
teft du“, fagt er, „auf der Kanzel fo fprechen, daß beine Rede allezeit ein ftrem
ordnetes, in allen feinen Theilen feft verfntipftes und in der natuͤrlichſten Ordt
fortſchreitendes Ganze wäre; Eönnteft du allezeit einen intereffanten, in d
"nahen Zufammenhange mit den wichtigften Angelegenheiten deiner Zuhörer ſu
den und für das Leben fruchtbaren Stoff behandeln; koͤnnteſt du dies fo 8.
daß du jeden Gedanken immer in die Worte Bleideteft, die ihn im ganzen &.
der Sprache am richtigften und treffendften bezeichnen; Eönnteft du folglich L
Lehren immer den faglichften, beim Befchreiben den anfchaulichften, beim Er
nen ben Eräftigften, beim Warnen den erfchütterndften, beim Tröften ben be.
gendften Ausdrud finden; Fönnteft du dich der Sprache fo bedienen,
Schattirung der Begriffe, jeder MWechfel der Gefühle, jede Steigerung des
te& durch fie fichtbar würde, und immer die Saite des Herzens träfe, bie
werben foll; Eönnteft bu endlich deiner Rede eine Fülle ohne Wortfhmwall, 4
Wohlklang ohne erkünftelten Rhythmus, und einen leichten, ungehinderten, .
und Herz gleichfam überftrömenden Fluß verfchaffen: fo würde das Beredtfah
fein, die fich für die Kanzel ſchickte; dein Vortrag würde deutlich für den Verſt
behättlich fuͤr das Gedaͤchtniß, weckend für das Gefühl, ergreifend fuͤr das
fein; du würdeft von der Religion mit der hohen Einfalt, mit der edein W
und mit der mohlthätigen Wärme fprechen, mit der man von ihr fprechen
Diefer aus den Alten überhaupt und vornehmlich aus dem Demoſthenes
Cicero aufgefaßte Begriff von wahrer Beredtſamkeit ift mir fo eigen gewo
dag mir an Andern nur Das gefallen kann, was mit bemfelben übereinftimmt;
daß er in der Folge auch das Ideal wurde, welches mich beim Ausarbeiten m
eignen Predigten leitet”. — Ob die Form der Beredtfamkeit, abftrahirt aus
griechifchen und roͤmiſchen Leben, in welchem fie als nathrliches nothmendigel
zeugniß erfchien, für die Mittheilung und Belebung des evangelifchen Leber
ganz und einzig und allein geeignet war, oder ob nicht jedes Leben feine eigentl
liche Form der Mittheilung verlangt; diefe Erörterung würde zu einem gegri
ten Urtheile über die Zweckmaͤßigkeit der Form der Predigten R.'s fehr vorl
tend fein. — In feinen frühern Predigten war R. weniger populair al& in
fpätern; auch feine Dispofitionen werden in den fpätern Sahrgängen feiner
digten freier als in den frühern, namentlid) in den Predigten über die epiftoli
Zerte. Er billigte die Gebete im Anfange nicht, und wollte die Schlußgebeti
felten angewendet wiffen. Die Predigten zur Schärfung des ſittlichen Gef
und die, wo er den Streit der Weltbegehenheiten mit der Vorfehung am [hä
Reinhard (Karl Friedrich, Graf) 153
me wol die trefflichften und gelungenften; zu den leßtern gehören na⸗
ne Reformationspredigten. Man hat R. vorgeworfen, daß er durch
eft zu ängitlich beibehaltene ſtreng logifche Form feinen Predigten et:
itiges gegeben und dadurch eine allfeitige, das Herz mehr ergreifende
einer Vorträge verhindert habe; allein man mußte R. hören, um zu
he Kraft der echt chriftlichen Glaube, er mag fich in biefer oder jener
Iprechen, auf die Menfchen Außert. — Als Affeffor des Kirchenraths
r die Erhaltung und Fortführung des wiffenfchaftlichen Geiftes auf den
em und den drei füchfifchen Fuͤrſtenſchulen; für die Begründung und
richtung der Schullehrerfeminarien nahm er die dazu erfoderliche Ein-
rakriſche Fertigkeit einiger Prediger in Anfpruch, um dadurch nach und
den niedern Volksfchulen eine beffere Geftalt zu geben. Als Kirchen
er fidy auch befonder8 um den Cultus verdient, indem er Eräftig dazu
Feine neue Agende, neue Gefangbücher eingeführt und Der allgemei-
emebr Eingang verflattet wurde. Um das Studium der Bibel viel-
heben, befchloß er mit Zuftimmung ber oberften Behörden, einen vier:
ierſies von Texten für die Sonntagspredigten einzuleiten und anzu:
fm eriten Jahre follten die evangelifchen, im zweiten die epiftolifchen
gewaͤhlt werben; für ben dritten Jahrgang ordnete er eine Reihe von
weichen die Geſchichte der Entftehung und Bildung des Chriftenthums,
feter Beziehung auf die einfallenden Eicchlichen Sefte, in einer Elaren
em Zuhörer vergegenwaͤrtigt würde; dies gefhah 1809. Kür den 4.
1810) mühlte er größtentheils einzelne Furze Verfe aus, in welchen
Hin Staubens = und Sittenlehren enthalten waren, und zwar nach ei:
nothmendigen Aufeinanderfolge. Da er jeden Jahrgang voraus bear-
erhielt er 1811 den Auftrag über Texte des A. T. zu prebigen, damit
1812 an die Einrichtung des vierjährigen Cpelus im ganzen Lande
re Gemeinde beginnen könnte. Dieſe von ihm in diefem Umfange zuerft
lintichtung hat unendlich viel Gutes bewirkt. — Eine Eurze liberficht
Men fchrieb Hofe. Böttiger (Dresden 1813); ein vollſtaͤndiges treues
R. entwarf Pölis (Reipz. 1813 u. 1815, 2 Abtht.).
abard (Karl Friedrich, Graf), gegenwärtig Eönigl. franz. Sefandter
nteöserfammlung und der freien Stadt Frankfurt, geb. 1761, ift der
8 Superintendenten zu Bälingen in MWürtemberg. Er ftudirte in Tuͤ⸗
ig dann, um fich in der franz. Sprache zu vervolllommnen, 1786 nach
11787 als Erzieher nad) Bordeaux. Bereits 1783 erfchien von ihm zu
e mwehlgelungene Überf. des Tibull und Tyrtaͤus, dann 1785 eine
g geiſtreicher Epifteln von ihm und feinem akademifchen Freunde Conz.
ihr die Liebe zu den Mufen in allen Verhäitniffen feines vielfach thaͤ⸗
raten Lebens, wobei er als ein ftets redlich handelnder Ehrenmann un:
t fand. Er widmete ſich der Bildung feines Zoͤglings, der fpäterhin
meiestetair wurde, bis 1791, wo er fih nadı Paris begab. 1702 (un:
uries’ 6 Minifterium) ward er zum erſten Gefandtichaftsfecretair nad)
zone. Mach Ausbruch des Kriegs mit Ingland, 1793, ging er in
yrichaft nach Neapel, und von da, nach erfolgter Kriegserflärung, wies
Yeris zurück, entichloffen, feinem Scidfale zu folgen, obwol damals
e geſtuͤrzt ward. Durch Empfehlung eines Freundes erhielt er die eben
Reie als Diviſionschef im Miniſterium der ausmwärt. Angelegenheiten.
Bpierre 8 Sturz im Diplomat. Gomite des Convents angejtellt, ward er,
bloſſenem Krieden mit Preußen, 1795 zum Sefandten bei den Hanfe:
kant und verheirathete ſich 1706 mit der Zochter Reimarus's in
‚ 1793 ging er ald Sefandter nach Florenz, und als 1709 Toscana
154 | Reinholb
von den Scanzofen befegt wurde, bewirkte er, als Regierungscommiſſair, %
Lande die Bildergalerie zu Florenz erhalten murbe.” Nach der Schlacht
Trebia 1799, zur See ſich flüchtend, fand er im Hafen zu Villefranche fa
nennung zum Gefandten in der Schweiz, und 3 Wochen fpäter in Tonk
Ruf zum Minifterium ber auswaͤrt. Angelegenheiten. Nach dem 18. Be
in dleſer Stelle beftätigt, gab er 10 Tage fpäter feine Entlaffung und trat a
beider heivetifchen Republik die Sefandtfchaftsftelle an, welche er ſich ug
ten hatte. Hier mit dem Grundfage der Einheit und Untheilbarkeit (nalen
mit beffen Vertheidigern) im Kampfe, warb er nach 18 Monaten, noch w
Ausbruche der innern Unruhen, zuruͤckberufen und erhielt 1802 Al 4
dung nach Hamburg als Gefandter beim niederfächf. Kreife.
der (gegen feinen Rath erfolgten) Verhaftung bes engl. —— BR Ru
gerufen, entfchloß er fich zum Eril nach Jaſſy mit d. Titel eines G
und Refidenten. Won bier warb er 1806, nad) dem Einmarſche ber
Xruppen, durch ein Mißverftändniß, mit feiner Familie bis Kremendſch
Dniepr geführt, jedoch fogleich freigelaffen, al8 der Kaifer Alerander day
terrichtet worden war. Nach feiner Ruͤckkehr nach Frankreich zog er fih 4
Landgut (Falkenluſt am Rhein) zurüd, als ihn Napoleon 1808 zum
beim damaligen Könige von Weſtfalen ernannte. Dort blieb er, bis ihn
Kriegsbegebenheiten nach Paris fuͤhrten. Nach Wiederherſtellung des K
ward er auf des Prinzen Talleyrand's Vorſchlag zum Director der K
© ausmwärt. Angeleg. und zum Staatsrath ernannt. Nach Br
von Elba verließ er, durch Dienftgefchäfte zuruͤckgehalten, erſt einige
nad) Ludwigs XVIII. Abreife, die Hauptftadt, um, mit Genehmigung %
nige, auf feinen Gütern am Rhein die Ereigniffe abzuwarten. Durch ein
verftändniß in Aachen zur Auslieferung feiner Papiere gezwungen und
Perſon nad) Frankfurt gewiefen, befam er, von feinem Könige z
und nach voller Ehrenklärung von Wien aus, nebft Zuruͤckſendung fe
fiegelt gebliebenen Papiere, bald feine Freiheit wieder, worauf er fich ſi
Gent begab. Im Dec. 1815 ging er als Geſandter nad) Frankfurt.
Keinhold (Karl Leonhard), geb. zu Wien am 26. Oct. 1100
der Philofophie zuerfl in Jena (feit 1787), dann in Kiel (feit 1794), mi
diefer Eigenfhaft und ale k. daͤn. Etatsrath und Ritter vom Danebrog &
Aprit 1823 geftorben ift, war einer der edelften Wahrheitsforſcher feit der |
weiche Kant in der Gefchichte der Philofophie hervorgebracht, und wirkte ty
atademifcher Lehrer, theils als Schriftfteller in einem Zeitraume von beb
Detennien mit unermüdetem Fleiße, beifptellofer Selbftverleugnung und m
nüsiger Wahrheitsliebe. Seine Altern, welche kathol. Religion waren,
ihn dem geiftl. Stande gewidmet, zu dem eigne Neigung den Knaben hinza
trat 1772 als Novitius in das Probehaus der Sefuiten zu Wien und, nad
tee Aufhebung der Gefellfchaft Jeſu, 1774 in das zu Wien befindliche Gel
der regulirten Priefter des Apofteld Paulus (indgemein Barnabiten genam
weldyem er, 22 Jahr alt, Novitienmeifter und Lehrer der Philoſophie wun
er nun mit großem Eifer oblag. Die ſchwaͤrmeriſche Verehrung der in f. A
ihm eingeprägten Dogmen mar gewichen, aber ein defto größeres Intereffe
fittliche Retigiofität geblieben, welches ihn anfpornte, zu einer allgergein g
Erkenntniß der legten Gründe unferer Pflichten und Rechte in diefem — u
ferer Erivartungen von dem zukünftigen — Leben durch Vernunftforfchung
dringen. Sein philofophifches Zatent ſprach fich von der Zeit an, dan
ſephs MH. Regierung eine neue und fchöne Periode für die oͤſtreich. Literatur
(mit dem Anfange 1781), zuerft in den literarifchen Leiſtungen aus, die er |
bindung mit den beften Köpfen Wiens hervorbrachte. Hierher gehören I
Reinwardt 155
ebenen Necenfionen, welche 1781 — 83 in der „Wiener Realzei⸗
e der Rubrik „Theologie und Kirchenweſen“ ſich finden; ferner mehre
in in des Freib. v. Semmingen „Magazin für Wiffenfchaften und Li-
bindem „Freimaurerjournal“, welches von der Loge zur wahren Ein-
ien, deren Redner R. mehre Jahre war, herausgegeben wurde. Im⸗
rarde der Glaube an den Katholicismus und die Heiligkeit feiner Or:
im ihm wankend. Sein freier Geift konnte nunmehr das ihm fo Un-
und Drüdende feiner äußern Lage nicht länger ertragen. Cr entjog
m Seffeln feines Standes durch, die Klucht im Herbfte 1783. ine
ung der Umftände führte ihn von Leipzig, wo er das Winterfemefter
itner's und A. Borlefungen gehört hatte, in Mai 1784 nad, Weimar,
'8 väterliche Zuneigung f. Verhältniffe bald auf das Wuͤnſchenswer⸗
ee. Schon im Sommer des folg. J. ward er weimarifcher Rath,
Echwiegerfohn und Gehülfe bei der Medaction des „Deutfchen Mer:
Beimar verfate er, außer mehren Abhandlungen religioͤs⸗moraliſchen
Ihe feine proteftantifchen Grundſaͤtze beurkundeten, die mit fo vielem
jenommene „Chrentettung der Reformation gegen zwei Gapitel in
Befchid;te der Deutſchen“ und die noch berühmtern „Briefe Über die
hilofophie”, die im „D. Mercur” 1786 und 1787 erfchienen, fpäter
xermehrt, in 2 Bdn. (Leipz. 1790— 92). Als Prof. in Jena behaup:
feltenen Einfluß auf die Gemüther feiner Zuhörer. Ihm vornehmlich
Univerfität während 1789—94 ihre Frequenz. Der Zauber feiner
it nicht allein, fondern befonder® der fittlic) veredelnde Geift f. Unter:
ie perfönliche Anmuth und Würde, die ihm in hohem Grabe eigen
annen ihm ben ungemeffenen Beifall, die Kiebe und Verehrung feiner
1 iſt Hier nicht der Drt, f. zahlreichen bis 1820 herausgeg. philofoph.
yuführen, nur muß bemerkt werben, daß er in f. philofoph. Forſchun⸗
men Kant's, Fichte's, Bardili's und Jecobi's folgte, fowie er über:
Receptivitaͤt als Selbſtthaͤtigkeit beſaß. Koͤppen hat ihn in diefer Hin:
ie Cinmürfe f. Gegner vertheidigt. Eine Darftellung f. Lebens und
Wirkens, nebft einer Auswahl von Briefen (philofoph. Inhalts, von
e, Jacobi u. a. beruͤhmten philofophirenden Zeitgenoffen) an ihn, und
ffenen Bitbniffe, hat f. Sohn, Ernſt Reinhold, Prof. der Philofophie
ſelbſt 1825 herausgegeben.
ıwardt (Kaspar Georg Karl), D. der Phitof. und Heilkunde, Ritter
ad. Lömenordens, Prof. der Chemie, Botanik und Naturgefchichte zu
tgl. des k. nieberländ. Inſtituts und mehrer gelehrten Gefellfch. zu Am:
at, Brüffel, Batavia, Sena, Paris u. f. w., geb. den 3. Juni 1773
mufen im Herzogthum Berg (jegigem preuß. Regierungsbesirte Düf:
#in Holland feit 1787, two er in Amfterdam alte und neue Sprachen,
fchaften, Pharmacie und Medicin ftudirte und 1800 zum Prof. der
tanik und Naturgefch., 1808 zum Director des E. Mufeums für Na⸗
, 1810 zum Prof. in Umfterdam und fpäter in Leyden ernannt wurde.
ibm der König den Auftrag, als Director bed Landbaus, der Künfte
fhaften, die niederlind. Befigungen in Indien zu bereifen, wo er fid)
-23 aufbielt, und worüber er, 3.3. über die Goldminen und a. Ge:
fen Molukken, Nachrichten befanntgemadht hat. Seine zahlreichen
eſtehen meiftens in Abhandl., Beite. zu Zeitfchriften, und akadem. Re⸗
choſikaliſche Gegenſtaͤnde. Mehre davon find in den Werken der ge:
litute zu Amfterdam und Haarlem abgedrudt, deren Mitglied er ift.
ste R. öfters Auftraͤge der Landesbehoͤrde Aber Gegenftände, die
Arzneiwiſſenſchaft, das Apothekerweſen u. |. w. betreffend. In tem
156 Reis ° Reifen
9. Bd. der „Denkſchriften der Gefellfchaft der Wiffenfchaften und Kb
Batavin”, deren Präfident er ift, und die fi unter ihm 1823 erneuch
er eine gehaltvolle Beſchreibung der Gebirgsketten von Java in phufifck
geographifcher Beziehung mitgetheil. Nach ihm iſt eine Zaubenart s
worden.
Reis (Reif, Oryza sativa Linn.). Von diefem Getreide gibt «8 „
Gattung, welche hauptfächlich in Oſtindien, in China, Japan und ander
Ländern, im noͤrdl. Afrika, ferner auf dem feſten Lande und den Inſeln vi
tifa, in Europa aber vorzüglich in Spanien, Stalien und I: mehren Prov
Türkei gebaut wird. Auch in Mähren befchäftigt man fi) mit dem Au
Reifes. Die Verfuche, die man damit in Sachſen und im Luͤneburgiſchen
hat, find fehlgefchlagen. Es gibt zwei Hauptarten, den Berg = und den
teiß, und von diefen wieder eine Menge Abarten. Der Sumpfreis fobe
naffen, moraftigen Boten, der Bergreis hingegen ein hochliegendes, trodend
Diefer ift Freilich meit wohlſchmecender und weißer als der Sumpfreis, I
nicht fo ergiebig, und kommt daher menig oder gar nicht in Handel.
Monate fängt der Reis an zu reifen; feine Halme, welche ungefähr die DW
Federſpule haben, werden mit fcharfen Meſſern abgefchnitten, und darauf
ren völlig getrocknet. Nachher breitet man fie Über der Erde auf Matten J
fie durch Ochfen oder Sklaven austreten zu laffen. Da Kestere dies G
bloßen Füßen verrichten müffen, fo ft e8 auch außerordentlich befchwer
fie verwunden ihte Sußfohlen dabei bis zum Bluten. Bon den Hülfen,
der ausgetretene Reis befindet, wird er auf Mühlen befreit. Um über da
geführt zu werden und Aber Sahresfrift dauern zu Binnen, muß er in der €
hige oder an gelindem Feuer gebörrt werden: daher feine Härte. Unfe:
ziehen wir vorzuͤglich aus Nordamerika, wo Suͤdcarolina allein jähr!. an H-
Zonnen (die Tonne zu 400 Pfund) verfendet, und aus Stalien. — Diet:
diefes Getreides treibt einen 3—4 Fuß hohen, ftarken, feften, durd, RE:
mehre Gelenke abgetheilten Stengel, mit langen, dicken Blättern, die
gemeinem Rohr gleihen. Die Blüthen bilden anfangs eine Ähre,
wenn der Same zu reifen beginnt, in einen lodern Büfchel ausbreitet.
diefe Pflanze in der 2. Ordnung der 6. Claffe (Hexandria Digynia) f. €
angeführt. Aus Reis wird Arak gebrannt.
Reis: Effendi, f. Effenbi.
Reifen tar von jeher ein Mittel, fich für die Welt zu bilden oder:
ſchaftliche Erkenntniß zu befördern. Die Alten bildeten ſich auf Reifen zu
gebern und Weifen: fo Lykurg, Solon, Pythagoras. Herodot reifte, um!
fhichte zu ftudiren. Andre Zwecke hat der Staats: und Weltmann, am
Gelehrte, Naturforfcher, Geograph, Arzt, Literntor, noch andre der Kuͤnſt
Kaufmann, der Landwirth, der Soldat. ſ. w. Mit diefen Bildungs: =
ſenſchaftlichen Reifen find bie Gefchäftsreifen nicht zu verwechfeln. Hi
von jenen die Nede. Nach dem Zwecke, den Jeder fich vorfegt, muß er ſich
Meife genau vorbereiten. Im Allgemeinen unternehme nur der reifere, n
Geifte der alten und neuen Glaffiter vertraute, in der Mathematif und 4
kunde, in der Staatswiſſenſchaft, in Geſchichte, Statiſtik und Geograpfl
unterrichtete und einer oder mehrer Sprachen ganz Eundige Juͤngling eine |
Reife; fi te fei ihm der Übergang aus der Studirftube zum praßtifchen Lech
ihn zu einer freiern, lebendigern Anſicht der Welt führt. Übrigeng muß. der i
zweck der Meife zuerft feit beflimmt, und ihm müffen alle übrige unterg
werben. Dann aber gehe man nicht daraufaus, nur Vieles, fondern &
fentliche genau zu bemerken, und, wo es angeht, mit befonderer Vorbereitun
einer Örtlichen oder ſͤchtichen Ordnung. über praktiſche Mittel ſ. die Ein
*
Reifen (Sefchichte der) 157
Guide des voyageurs”, ded Grafen von Berchtold „Anweiſung für
Bd D. Zober, „Der deutfhe Wanderer” (2. Aufl., Berlin 1826).
ſenſchaftlichen Reifen ftehen die Entdedlungdreifen oben an. Zu ei=
en Entdeckungsreiſe gehören viele Vorbereitungen. Der wahre Ent:
ner ausdauernden Gefundheit und Körperkraft genießen, abgehärtet
mlidykeiten und Entbehrungen, die Geſchicklichkeit befigen, fid) überall
unterhale felbft zu verfchaffen, Muth und Befonnenheit in Gefahren,
Sache, Kenntniß der Hinderniffe und ihrer Wegräumung, ein vor=
Auge und die Fertigkeit haben, richtige Erfahrungen genau machen
beilen zu Eönnen. Dean lefe ©. Korfter im 1. Bd. f. „Ki. Schriften“
ı Entdeder. Auch erirmere man ſich an den behartlichen Fleiß, mit
hornemann und Röntgen in Göttingen und London auf ihre Reifen
wrbereiteten! Cine Geſchichte der Entdedungen befigen wir nod)
Natth. Sprengel, Adelung, Reinh. Korfter und de Broffe haben zwar
ARdnung und Kritik gefchrieben, aber nicht mit Voltftändigkeit. In
der Reifen kann man folgende 5 Perioden annehmen: I. Das fruͤ⸗
: der Phönicier bis auf Herodot, 500 vor Chr. Die Phönicier un:
e erſten Entdedungskeifen aus Handelszwecken, ober um Golonien
dre Colonien thaten Daffelbe. Keider find die Nachrichten davon ent⸗
möel (wie von der phönicifhen Umfchiffung Afrikas), oder in Bilder
die erfte Beſchiffung der Meerenge von Gibraltar), ober endlich ver-
m. Wir mwiffen von ihren Entdedtungen außerhalb bes mittelländ.
wenig. Sie fanden die Inſel Kerne (Arguin) an der Weſtkuͤſte Afri⸗
e Meer, Madera und die Zinninfeln (England); fie holten den Bern:
winlich nur durch Zwiſchenhandel mit den Sitten). Ihre Karavanen⸗
‚und Afrika gaben ihnen eine Kenntniß von Ländern, wie wir diefelbe
ſiden. Die tyrifche Solonie, das mächtige Carthago, unternahm noch
Wungsteifen; aber fie find vergeffen, und ihre Erfolge find mit dem
'ımtergegangen. II. Die Reifen der Griechen und die Heerfahrten
on 500 vor bis 400 nad) Chr. Die Griechen unternahmen Reifen,
a der Wiſſenſchaft zu erweitern. Außer den früheren Reifen Hero:
e im f. Darftellung tem Wege ber Erfahrung treu folgte, und außer
gitigen bes Hanno und Himilko aus Carthago, Eennen wir nod) ben
ns Skylax aus Karyanda, tweldyer ungefähr in der Zeit des pelopon=
96 lebte. Um 300 v. Chr. ftellte Pythend aus Marfeille zuerft aftro:
sbachtungen an, um die Lage der Orter genauer zu beflimmen;
Reifen nad) Norden hin unternommen, aber leider befigen wir nur
kevon. Er drang am weiteften im Norben vor, bis Thule (Thual
kifchen Norden), wahrfcheinlich Seland, wo ihm befonders die See:
#) auffiel, und norböftlich bi6 an die Düna, von der er glaubt, fie
8, der wie ein Canal das Nordmeer mit dem ſchwarzen Meer ver:
w durch die Nachrichten von Alexanders Heereszuͤgen und durch die
begenftände, welche diefer große König feinem Lehrer fchickte, als durch
belehrt, erweiterte Ariftoteles das Gebiet der Laͤnderkunde. Darauf
kit Derodot gefammelten Materialien, bald nad) Aleranders Tode,
‚ weichen wir freilich nur aus Strabo kennen, der 300 Sahre fpäter
x) gleihfam eine neue Aufl. der Schriften des Eratoſthenes in 17
este. Afien bis an den Indus und Ganges war feit Aleranders Krie-
geworben und wurde e8 immer mehr burd) die dafelbft entflandenen
xedoniſchen Reiche. — Noms Heere erfeßten, was in diefem Zeitalter :
Encdeckungsreiſen fehlte, und die Schriftfteller benusten die Kriege:
Bmeiterimg der fruͤhern Laͤnderkunde. Aſien wurde ihnen unmittet-
158 Reifen feit 1418
bar bekannt; aus Indien erhielten fie Hanbelsnachrichten über Äghpteng
eröffnete fich ihnen von Agnpten aus an der Nordküfte hin bis zum Niger,
Europa lernten fie die pyrendifche Halbinſel, Gallien, Shdbritamnien,
bis an die Elbe, Dacien und Pannonien Eennen. 111. Die Züge der Gel
und Normänner, bi8 900 n. Chr. Die Völkerzüge des 5. und 6. Jahrh.
ien uns die Spuren unbefannter oder fabelhufter Ländergrenzen. Oft-Rom
ftantinopel) Fam mit vielen neuen Völkerftämmen in Berührung, von w
f. Schriftfteller manche gute Nachrichten hinterlaffen haben. Den Bra
fchloffen ſich die Araber an, welche theils durch ihre Heereszuͤge, theils due
Handel, theils auf dem Wege der Wiffenfchaft fehr viel für die nähere F
der Erde gethan haben. Einen Theil des norböftt. Aſiens, Mittel: und F
afien, Nordafrika und Spanien öffnete ipnen das Schwert, und ihre
fen zur See und zu Lande gingen nach den indifchen Infeln, nad China
das Innere von Afrika; doch haben fie weniger geleitet fuͤr die wiffenſch
Bearbeitung der Erdkunde als für die eigentliche Laͤnder⸗ und Voͤlkerkn
Was die Araber im Often der befannten Erde durch ihre Eroberungen baf:
. ten, das veranlaßten im Welten die germanifchen Völker, als fie mit darf:
ten Völkern des weſtroͤmiſchen Reichs in nähere Berührung kamen. — J
Norden thaten mehr noch als die Germanen die Normänner, denn
ihnen neue, wenngleich nur zufällige Entdedtungen zu danken. Sie
ihren Seezügen die Harder, Island (fhon 861), Grönland (982), deſſen
fogar durch normännifche Niederlaffungen angebaut wurde, und 20%. fi
der Normann Biden, durch Sturm fübweftlich verfchlagen, Winland (WE:
von den wilden Weintrauben fo genannt), twahrfcheinlich die oͤſtl. Kuͤſten %
nada, worauf die ganze Schilderung paßt. Damals veranftaltete auch Wa
‚König der Angelfachfen, Alfred (ft. 901), zwei Entdedungsreifen durch d
männer Other, der von Norwegen aus um das Nordcap ins meiße
Biarmen (Permien), und Wulftan, der von Schleswig aus bis an den
Meerbufen kam. IV. Neben den Handels» und Kriegsfahrten der A
Mongolen werden die Reifen der chriftlidhen Glaubensboten und eins
päer wichtig, bis 1400. Nicht genug, dap Pilgrime Wallfahrten un
daB die Kreuzfahrer das flamwifche Deutfchland und Aſien genauer Eennen &
die Päpfte ſchickten felbft Gefandte an die afiatifhen Sultane und ſpaͤter
Khane der Tataren, um das weitere Vordringen diefer Horden dadurch ab;
ren. Und wie viel haben nicht durch ihre Miffionsreifen Bonifacius für A
hellung Deutfchlands (775), der heit. Otto für den flamwifchen Norden &
Ansgarius (ft. 865) für Dänemark und Schweden gethan! Außer j
fanutfchaften gab es noch einzelne Reifende, wie Joh. Mandeville aus
1327, Joh. Schilbberger, ein deutfcher Kriegsfnecht, der 1396 bei Ni
türkifche und hernach in mongolifche Gefangenfchaft gerieth und dadurch
heit erhielt, jene Völker näher kennen zu lernen. Hundert Jahre Fra
1270, reiſte der Venetianer Marco Polo durch ganz Afien bie nach Karel
und-gleichzeitig mit Schildberger unternahmen die Brüder Zeno, zwei |
Nobili, eine Reife nad) dem Norden. Nun beginnt V. mit Heinrich da
fahrer und mit Colombo die Zeit der abfichtlichen oder ber wahren Entbed
reifen feit 1418 fg. Nach der Kenntniß des Compaffes (zwiſchen 1%
1320) erweiterte ſich die Schifffahrt und mit ihr die Gelegenheit zu große
reifen. Die Staliener, vorzüglich Venedig und Genua, gaben das erfte V
aber ihre Handelseiferfucht hat uns viel davon entzogen. Ihr Dandeil
regte andre Völker zu gleichen Entdedungsreifen an. Die Portugiefen |
durch ihre Kriege fchon früher mit Afrika in Verbindung; vorzüglich beteh
teltete der Infant Heinrich der Seefahrer (f. d.), ungeachtet er nur‘
Keifen feit 1418 159
te, den fie fanden, den Eifer zu mweitern Reifen. Porto Santo,
Kjoren wurden von 1418—50 entbedt; in demf. 3. fand man den
d darauf Arguin (das Kerne der Aiten); 1462 Fam man nach Gui⸗
% umfegelte Barthol. Diaz die Sudfpige von Afrika, die er das Vor:
zürme, fein König Johann LI. aber ber guten Hoffnung nannte. —
Portugiefen den Weg um Afrika nach Indien durch ihren Vasco
Ld.) 1498 fanden, beharrte Genua auf feinem alten, fo befchwer:
fpieligen Handelswege; Spanien aber hatte mit den Mauren von
iel zu thun, daß der geniale Golombo nirgends Gehör fand, um ſei⸗
un neuen Weg nad) Indien weftlich zu fuchen, auszuführen. End:
e ihn die fpanifche Königin Sfabella; er fuhr aus, erblidte am 12.
md und hatte die Lukay'ſche Infel Suanahani (San- Salvador) und
ika entdeckt. Auf f. dritten Fahrt, 1498, betrat er das feite Land.
zeit kam Johann Cabot aus Venedig, der in England lebte, nad)
und Wirginien. 1500 entdedite Gabral, durch Sturm verfchlagen,
aſtidas Terra⸗firma, Gortereal Labrador und die nachmalige Hub-
xe be Leon entdedite 1512 Florida, und Balbao drang über Darien
bite das Suͤdmeer. Nun erft wußte man, daß man Amerika und
funden babe, daß beide ein ungeheures Weltmeer fcheide, in welchem
te neue Welt ahnete. Damals machte der gelehrte Klorentiner Ames
i(ſt. zu Liffabon 1506) durch feine Befchreibung Europa mit der Bes
x entdeckten Länder bekannt. Hierauf umfchiffte 1519 fg. Fernando
burdy die nad) ihm benannte Meerenge die Sübdfpige von Amerika
wefllichen Weg nad) Indien. Nach und nach trat aud) das Innere
ans feinem Dunkel hervor; Cortez und Pizarro, Almagro, Cartier
aadıken auf ihren Reifen im Innern von Amerika von 1525— 41
ngen. Vom noͤrdl. und oͤſtl. Amerika gaben uns Franz
a Heemskerk, Hudfon und Baffin von 1559— 1616 genauere
Aſien mit Amerika zufammenhänge, wußte man vorher nicht; aber
der Koſak Semen Deſchnew vom Fluſſe Kolyma aus um das Vor⸗
ſhuktſchen durch eine Straße (Beringsſtraße) bis zur Mündung des
es durch dieſe Reife ziemlich Elar geworben war, erhob Gapitain Be⸗
derch zur Gewißheit, daß er vom Fluffe der Kamtfchabalen durd) die
wante Straße bis zum Serdze Kamen auf der tſchuktſchiſchen Halb⸗
. Mehre nachfolgende Reifende, und auch Cook auf f. dritten Reife,
Ws. Gie und Vancouver unterfuchten noch genauer die Weftküfte
Der norbamerikanifche Freiheitskrieg enthällte Nordamerika noch
ie Miffionarien, 5.8. der Jeſuit Dobrishofer in Paraguay, im ſuͤdl.
ine beſſere Kenntniß des Landes thätig getvefen waren; am vollſtaͤn⸗
wändlichften thaten dies Alerander v. Humboldt (ſ. d.), der
msied (f. Wied) und mehre Briten und Deutfhe in Brafilien
baben bie in das Innere von Afrika unternommenen Ent:
ihrer Abficht entfprochen. Die Portugiefen erforfchten nur die Laͤn⸗
rRüfle nahe lagen, denn fie beſchraͤnkten fic) auf den Seehandel nach
u Basto da Gama wurde die Weſtkuͤſte, und nach ihm die Oſtkuͤſte
1497); erſt im 16. Jahrh. befuhren fie das rothe Meer, doch
u Abyſſinien. (S. Damian da Goes, „De rebus Aethiopieis ete.”,
Ksppten wurbe von Pilgrimen befucht; aber dennoch blieb bie
Eas nur Stuͤckwerk. Die Südfpise von Afrika wurde zwar von
ia näher unterfucht; aber weiter nördlich drangen erſt die Schweden
nb Thunberg, darauf Levaillant, und endlich, Lichtenftein. Nach
w Rubien reifte 1768-73 James Bruce, deffen Kunde von den
160 Keifen feit 1418
Quellen des Nils Salt 1809 beftätigte. Einen umfaffendern Plan zur
dung des innern Afrika entwarf und befolgt bis jegt die 1788 in England ı
dene Afrikanifhe Geſellſchaft (f. d.). Wichtiger für die Laͤnb
waren Burkhard’s, Bowdich's, Mollien’s, Campbell's u. A. afrikaniſche
ſowie des Lords Valentin und Salt's Reifen nad) Abpffinien, die nach |
und Nubien von Belzoni, Sau, Menu v. Minutoli, und die von J. X
1824 nad) Eyrene. — Aſien wurde zuerft von den Portugiefen, fpäter
von Engländern und Ruffen befuht. Schon Vasco da Gama fand 14
malabarifche Küfte, und bis 1542 war faft die ganze ſuͤdliche Küfte mit ihe
felgruppen, ja auch Japan von ben Portugiefen entdedt. Aber nur bie
bekannt, bis in der Mitte des 16. Jahrh. die Engländer den Grund zu
[haft in Indien legten, wodurdy auch das Innere Afiens dem gebild
enthüllt wurde. Im höhern Afien unternahmen die Ruffen bedeutende!
1577 ward Sibirien ducch den Kofadenhauptmann Jermak Timoſejeff
uff. Kaufmann Stroganoff entdedt; 1639 drang Kopiloff bis an bie
Küfte Afiens vor, und bald darauf fand man auch Kamtfchatla. Seit1
men die Kurilen, die Aleuten und die Fuchsinſeln bis an die Küfte von }
zum Vorfchein, und im nördlichen Afien machten auf Veranſtaltung der di
Regierung Müller, Gmelin, Lepechin, Güldenftädt, Falk, aber vor Allen
die wichtigften Entdedungsreifen. Somie Laperoufe den Norboften
fimmte, fo erforfchten die Ruffen durch Gärber, Reineggs, Klaproth,
gelhardt den Kaukaſus und das Easpifche Meer; Golowkin befchrieb fi
enthalt in Japan. Auch die übrigen Gegenden Afiens wurden befannter:
durch Garften Niebuhr, der es im Auftrage der dänifchen Regierung 176
Beförderung einer beffern Bibelerklaͤrung befuchte; Perfien befonders
Chardin von 1664— 77, und in der neueften Zeit durch die Engländer
Dufeley; Kabul durch Elphinſtone; Eyrien und Paldftina duch Pi
Alterthumsforſcher. Aber Nordindien, Tibet und das Innere der q
difhen Inſeln ift noch immer zu wenig befannt. — In dem Suͤdm
fchon die Portugiefen eine neue Welt, und der franz. Rechtögelehrte B
in f. „Anleitung zur Geſchichte“ 1610 ſchon 5 Welttheile — Europa,
fa, Amerika und Auffealien — an. 1511 kamen die Portugiefen nah F
nea, und Magelhaens befuchte bei feiner Erdumfchiffung gleichfalls das
Doch blieben diefe Entdertungen, wie bie eines Mendoza, Mindana und!
1568— 1605, meift unbenugt, bis die Holländer feit 1615 durch Lemaire,
ten, Hertoge und Tasman Entdedungsreifen machen liegen und Neuhollas
feeland und die Freundfchaftsinfeln fanden. Dampierre berichtigte zwar F
Entdedungen im Sübmeer, aber. am genaueften erforfchte Cook feit 1
neue Welt, ſodaß einem Vancouver, Laperoufe, Krufenftern und Kogebue
nig übrigblieb. Die von britifchen Seefahrern 1819 gemachte Entde
Küfte am Südpole, die man Neufüdfhetland genannt hat, verfpricht neut
cherungen der Erdkunde. (S. Shetland.) Über die neueften wiſſenſch
Reiſen britifcher Seefahrer nad) dem Nordpol, f.d. — Bid jest fehlt
an einer Eritifchen Darftellung der verfchiedenen Entdedungsreifen, von dM
bier nur einige der bedeutendften anführen Eonnten. Vielleicht möchte dies!
Methode des geographifchen Studiums fein, wenn die durch Reifen fet
und Homer allmälig bewirkte Erweiterung der Erdkunde in einer oro⸗ um
graphifchen Zeichnung dem jugendlichen Verftande vorgeführt würde.
Zwed enthalten manches Gute Zeune's „Anfihten der Erdkunde”
und deffen „Gaͤa“, fowie Sprengel’ „Gefchichte der geograph. Entdeck
v. Zimmermann's Schriften und Maltebrun's „Gefchichte der Erdkunde“
Engländer Murray lieferte über die Geſchichte der geograph. Entdedungen A
Reifen, Literatur 161
„Historical aceount of the discoveries and travels in Africa”
17, 2 Bde.) und „Historical account of the discoveries and travels
Feind. 1820, 3 Bde.), wovon das erfte brauchbarer als das zweite ift.
t uns noch eine hronologifhe Darftellung der Reifebefchreibungen mit
und biographiſchen Nadyrichten; denn was Stud (in feinem „Vers
bis 1735), Boucher de la Richarderie und Bedimann geliefert haben, iſt
dig. Selbſt die großen Sammlungen von Reifebefchreibungen, welche
Eprengel, Bertuch u. A. zu Weimar („Bibl. der wichtigften Reiſe⸗
jet 94 Bde.), Pinkerton (London 1815 fg.), Robert Kerr (London
und 3. veranftaltet haben, ſowie Spiker’s „Journal der Lands und
find nicht nad) einem ftreng wiffenfchaftlicyen Plane angelegt. Dies
nehr der Fall zu fein bei der vom ruff. Etaterath von Umaroff in ruffis
he unternommenen Herausgabe einer vollftändigen Sammlung aller
teifen durch das ruffifche Reich, an welchen Akademiker Theil gehabt
Anmerkungen und Zufägen des Herausgebers, wovon 2 Theile bereits
nd, und beider „Hist. generale des voynges” etc. von Walckenaer
6, bis jest 3 Wde.). — Die erften Keime der Erdkunde aus Meifebe:
halten die Moſaiſchen Urkunden; ihnen fchließt ſich Joſua (1400 v.
Homer , Hefiod (1000 v. Chr.), Herobot und Ariftoteles (444 und
.) unter den Griechen; Hanno umter ben Karthagern (440 v. Chr.).
fie die neuern kritiſchen Geographen: Kennel, Goffelin, Mannert,
) Polnbius, Hipparch, Artemidor fügten 300 J. fpäter neue Reife:
gen hinzu; Juba, König von Mauritanien, befchrieb Libyen im Zeit:
aguftus, und Strabo (11n. Chr.) fammelte alles bisher Erforfchte in
ffenden Werke. Ahnliches thaten Pomponius Mela (50 J. n. Chr.)
foäter der fleißige Plinius. Arrian unter dem Kaifer Hadrian ſchil⸗
2, und Marinus aus Zyrus in Phönizien (150 n. Chr.), feinem Zeit:
Xxolemaͤus ſich anfchließend, beftimmte weit genauer die Lage der Or:
kenn nach Diefen die wiffenfchaftliche Bearbeitung der Geographie über
mbte, fo gemann deſto mehr die Länderfunde durch trefflidhe Reiſebe⸗
u, unter welchen wir nur nennen: Paufaniae (170 n. Chr.), Agathes
a Chr.), Marcian aus Heraklea (200 n. Chr.), Aguthodämon ; in
ke wahrſcheinlich auch die Peutinger’fche „Erdtafel”. Was germanifche
ı und Kreuzfahrten lehrten, das fammelten bie Kirchenväter, aus deren
mbaften Erzählungen ein dgnptifcher Mind, Kosmas, gewoͤhnlich
6, Indusfahrer, genannt, obgleich er felbft nur bis Athiopien kam,
liche Oxtöbefchreibung (450 n. Chr) verfaßte. Ungefähr zwei Jahth.
der Erdbefchreiber von Ravenna (Sprengel nennt ihn Guido, jedoch iſt
ne Verwechſelung mit feinem Volksnamen, denn er war ein Gothe), def:
whie wir nur aus dem nachläffigen Auszuge des Saladro kennen. Von
a fommen jegt ſchon mehre Eremplare vor; Karls des Gr. Landcharte
Iherne Tafel. — Dieſen chriſtlichen Erbbefchreibern fchließen ſich die
Keifebeichteiber an. Wahad und Abuzeid durdywanderten die oͤſtl.
ind und haben die Schilderungen diefer Reife uns hinterlaffen (851
Ske.); Abu⸗Iſchak gab (920 n. Chr.) feine Reife von Khorafan bie
ws. Maffudi Kothbeddin aus Gairo befchrieb (947 n. Chr.) die bekann⸗
igreiche der brei Erdtheile unter d. Titel: „Die vergolbete Wiefe und bie
r Gdelfteine”. Im 3.980 befchreibt Ibn Haufal vorzüglich die mo-
üfchen Länder. Um 1140 erfchien die Reife der Almagrurim (Irren⸗
1153 trat der berühmte nubiſche Erbbefchreiber, der Sherif Edrifi,
Roch gedenken wir der Reifebefchreibungen des Juden Bejamin aus Zu:
Geriers Ibn al Wardi und des Perfers Hamdullah, von 1160— 1240.
u. Eiebente Aufl, Bb. IX. 11
162 Reste
Rulsbroeck (Rubriquis), ein Minorit aus Brabant, durchwanderte, als
ter Ludwigs d. Heiligen an den großen Mogul, den groͤßten Theil von
aſien und hat ums ſchriftlich die hoͤchſt anziehenden Ergebniſſe feiner Rei
laffen. Marco Polo aus Venedig reifte faft 20 J. nad) Ruisbroeck (127
ganz Aſien bis nach Khatal (China). 50 J. fpäter fihrieb Abulfeda, 3
Hamah In Syrien, fein geographiſches Werk: „Beſchreibung des Bew
1390 machten die Brüder Zeno aus Venedig eine Reife nad) dem Morde
einer ihrer Nachkommen befchrieben hat. In diefer Zeit erfchienen auch
Landcharten vom Perfer Naffir Eddin, von Picigno, Mart. Sanudo,
Bianco, Benincaſa, Rofelli, Brazl, Behaim und Ulug⸗Beg, einem €
merlan's m Samarkand. Die erfte Landcharte, auf welcher Amerika fid
verfertigten die Brüder Appiani, und bald darauf Ribero. Um biefe Zeh
lebte Leo aus Granada, welcher eine Befchreibung Afrikas lieferte. 50 ©
- gab ber berühmte Gerhard Mercator, ein Deutſcher, feine Charten her
jest gefchahen auch die Gradmeffungen von Ferrel, Snell, Norwood,
und Picard von 1550— 1669, die erften in Europa, 700 3. fpäter, als
bifche Khalif Als Mamun in Afien die erfte Grabmeffung veranftaltete.
Anfange des 17. Jahrh. machte ſich ber oͤſtr Gefandte von Herberftei
um die Geographie von Rufland durch feine „Commentarien’’ verdient; 4
deffelben Jahrh. reifte Engelbrecht Kämpfer nad) Japan und hinterließ =
noch jeßt fehr wichtige Neifebefchreibung. Am Anfange des 18. Jahrh.
Gradmeffungen von Conbamine und Maupertuls und bie Landcharten u
fon und Homann auszuzeichnen. Jene Bemühungen der franz., ſchu
fpanifchen Mathematiker, die Grade unter verſchiedenen Breiten zu meſſi
den im 19. Jahrh. fortgefegt, und 1818 verknüpften die britifchen Aflı
die ihrigen mit den frangöfifchen. Dies und die geographifdye Ortsheflü
fowie die Triangularvermeffungen verfchiedener Länder, feit die Caffini is
reich ein Mufter aufftellten, Haben unfer Landchartenweſen febr verbeffert:
hierüber die „Monatl. Sorrefpondenz” von Zach, die „Allg. gear.
die „Afteon. Jahrb.“ von Bohnenberger und von Lindenau. (Bol.
phie, wie auh Brunnen» und Babdereifen, Italienifhe A
Schweizerreiſen.)
Reiske (Johann Jakob), ein fuͤr die griechiſche und beſonders
arabiſche Literatur raſtlos thaͤtiger Philolog, geb. zu Zoͤrbig in Sachſen
war der Sohn eines Lohgerbers, der für feine Erziehung wenig thun
Gleichwol legte R. theil auf der Stadtfchule zu Zörbig, theil® durch Priv
richt und von 1728 — 32 im Waifenhaufe zu Hale einen trefflidhen Grun
Schulwiſſenſchaften, und ging, mit tüchtigen Kenntniffen ausgerüftet, 17
Leipzig auf die Univerfität. Durch die Eiöfterliche Erziehung in Halle fin
träbfinnig geftimmt und von allem Umgang zurlicigezogen, befuchte er =
Collegia, fondern fludirte ohne Ordnung für ſich, hauptſaͤchlich Sprache
Leipzig bemächtigte ſich feiner eine heftige Begierde, die arabifche Sprache
diren, und er benußte, was fich ihm hier an Hülfgmitteln darbot. Als H
nicht mehr genügten, trat er 1738 ohne alle Hülfsmittel feine Reife nach
dem damaligen Gige der arabifhen Literatur, an. In Hamburg fand
edle Gönner, den Paftor Wolf und den Prof. Reimarus, die ihm die En
des lang erfehnten Ziels möglich machten. In Leyden ftand ihm durch S
die Bibliothek offen, die er fleißig benugte. D’Droille und Burmann, I
Überfegumgen ımb Eorrecturen brauchten, twurben feine Gönner. RR, tl
philologiſchen Studien mit dem größten Eifer und nebenbei das theoretift
dium ber Medicin fo, daß er von der medicinifchen Facultät Eoftenfrei zum
promovirt wurde. DR. hatte ſowol wegen feines Fleißes als wegen feiner!
Reißsli 163
zben den beiten Huf. Anftellungen, die ihm angeboten wurden,
aus, ba er noch höhere Hoffnungen hatte, die jeboch unerfüllt blies
ste in Holland gluͤcklich fein können, wenn er fidy nicht durch Eigen
be zur Unabhängigkeit Beinde gemacht hätte. Aller Ausfichten das
,„ ward ihm Holland verhaßt; er kehrte daher 1746 nach Leipzig zu⸗
uch hier konnte er nichts erlangen als 1748 durch die Gnade des Kuss
Fitel eined Prof. der arabifhen Sprache. Beinen Unterhalt mufte
Privatımterricht, Bücherfchreiben, Gorrigiren, Überfegen und Aufe
en kritiſchen Sournaien mühfam erwerben. Indeß druͤckten ihn ſtets
gen, da er faſt feinen ganzen Verdienſt zum Ankauf der trefflichften
uͤglich in der griech. und arab. Literatur, verwendete und von feinen
nen Vortheil zu ziehen wußte. 1756 erwarb er fich durch Erklaͤrung
en Inſchrift die Gunft des Grafen von Waderbarth, der ihm 1758
Einfluß die erledigte Rectorſtelle an der Nicolaifchule zu Leipzig ver⸗
Sabre hindurch verwaltete R. dies Amt mit Treue und Gewiſſenhaf⸗
ichtet ſeiner zahlreichen literarifchen Arbeiten. 1763 verheirathete er
ft. Chriſt. Müller, einer Frau von feltenen Eigenſchaften und einer
zanz ungewöhnlichen Gelehrſamkeit. Sie erheiterte ihm fein mühes
unterftügte ihn bei feinen Arbeiten und mar ihm treue Pflegerin bie
d, 1774. Die griech. Literatur verdankt R. vorzüglich treffliche Aus»
deokrit ( Wien und Leipzig 1765, 2 Bde, 4.), der griech. Redner
D—75, 12 Bde.), des Piutardy (Leipzig 1774— 79, 12 Bde), des
m Halikarnaß (Leip. 1774— 77, 6 Bde.), des Marimus aus Ty⸗
1774, 2 Bre.). Seine ungemeine Belefenheit und feinen Eritiichen
bat er in den „Animadversiones in graecos auetores“ bewiefen
9—66, 6 Bbe.), in denen eine grofie Anzahl von Stellen aus den
fern verbeffert worden find. Seiner Überfegung der Reden des Des
nd Aſchines (Lemgo 1764 fg., 5 Bde.) fehlt e8 dagegen völlig an
nd Eleganz, obgleich fie treu und richtig if. Die zahlreiche Samm⸗
fäichen, vorzüglich arabifchen Handfchriften, die er mit dem größten
m Mühe und Koften theils felbft abgefchrieben, theild an fich gekauft
dnach R.'s Tode der große Beſchuͤtzer der Wiffenfchaften, Suhm (in
L MM. bat fein Leben felbit mit einer Unparteilichkeit und Dffens
ı Belermen feiner Schwächen und Fehler befchrieben, daß man ſich
‚ zur Achtung feines Charakters und feiner Wahrheitsliebe aufge
‚ eine Frau bat diefe Lebensbefchreibung, die fie bis zum Sterbes
Barnes fortfegte, 1783 zu Leipzig herausgegeben. Damit verdient
„Vita L LR.“ von S. F. N. Morus (Leipzig 1777) verglichen zu
blei, Graphit, ein Mineral, welches felten in fechsfeitigen Saͤu⸗
et, häufiger derb und eingefprengt, vortommt. Seine Farbe iſt das
wid Eiſenſchwarze; ſtark metallifch glänzend und ſchimmernd; Bruch
Ex ift weich, gibt ein graulichfchwarzes, matte® Pulver und hinter
Papier bleigraue Streifen. Er erfcheint den Altern Gebirgsgeſtei⸗
mgt, auch Iagenweis in denfelben, befonders im Baireutbfchen, hei
Beim, auf Groͤnland u. ſ. w. Der Graphit, mit welchem die Bes
Polargegenden ſich und ihre Geräthfchaften bemalen und
a England nur zum Zeichnen der Schafe gebraucht wurde, dient zu
u Bleiſtiften; für diefen Behuf gebührt dem Gumberländifchen der
Berner werden, mit einem Zufes von Thon, Schmelstiegei (Paffauers,
elleißbleitiegei) daraus bereitet, welche in chemifchen Laboratorien, in
bi Geld: und Silberarbeitern u. [. w. zum Schmelzen von Gold, Si
11 *
164 Reiten
ber, Kupfer, Meffing u. f. w. weſentliche Dienſte leiften. Auch gebraw
den geringern Graphit zum Poliren, zum Gchwärzen eiferner Öfen x.,
um Gppsbildern und Thonoͤfen das Anfehen von Eifen zu geben; in eim
menge mit Bett gebraucht man ihn ale Mafchinenfchmiere, ober al& Heilml
der die Flechten. — Bei Erzeugung des grauen oder garen Roheiſens entf
kuͤnſtlicher Graphit, ber wie der natürliche angewendet werben fan.
Reiten. Keine Bewegung wirkt ihrer Natur nach fo fehr auf bi
thierifche Ökonomie als das Reiten, und ber Einfluß, welchen es nach der
der dadurch hetvorgebradhten Erſchuͤtterung auf den Organismus hat, 4
die Vortheile und Nachtheile und weiſt auf bie dabei zu beobachtende Vorſi
Es erzeugt eine Reihe von Veränderungen, die im Allgemeinen ſtaͤrkend
umb eben Das hervorbringen, was durch tonifche Arzneimittel bewirkt werd
- Kräftigung der Organe und Erhoͤhung ihrer Lebensthätigkeit. Der Einfl
felben äußert ſich vornehmlich auf die Verdauungsorgane, indem das Bei
dem Effen zum Genuffe reizt und nach bemfelben die Verdauung befchleunig
den Blutumlauf, ba es die Bewegung der Arterien ftärkt, ohne den Puls
fhleunigen; auf die Xhätigkeit ber Lunge, die es gleichfalls befördert, foh
Bewegung des Pferdes nicht zu heftig ift, und auf da6 Nervenſyſtem.
funden Zuftande behalten die Organe der Lebensthätigkeit dabei ihre na
Wirkfamteit, und das Reiten erhält fie bloß in einer gluͤcklichen Harmonie;
aber in ben zur Abfonderung oder Ausdünftung beftimmten Organen &
eingetreten ift, wird die Thätigkeit derſelben durch jene Bewegung vermd
bäufiger, und eben baher der natürliche Zuftand hergeftellt. Auch die M
ber einfaugenden Gefäße wird durch das Meiten regelmäßig und der orgA
Stimmung jedes Einzelnen angemeffen erhalten. Schon Ältere Ärzte un
den Neuern vorzüglich Sydenham, empfahlen das Reiten al ein Hei
bald für ſich, bald in Verbindung mit andern Mitteln, die Eräftigfte
zeige. Es iſt im Allgemeinen nüglich in allen Krankheiten, wo Erſch
Gefäße und Traͤgheit in den organifchen Bewegungen eingetreten ift.
tem kann daher nicht in hitzigen Krankheiten bienen, wo die Thaͤtigkeit ben
keln gewöhnlich gehemmt ift, dagegen ift es befto nüglicher nach der Genefl
Fiebern, fowie in den fieberfreien Zwifchenräumen bei hartnaͤckigen Wechfell
bei Entzuͤndungen iſt es bedenklich, da die dadurch hervorgebrachte Erich
auf den entzündeten Theil ſchaͤdlich wirkt und durch die in der ganzen thl
onomie hervorgebrachte erhöhte Thätigkeit das Fieber neue
fetbft bei chronifchen Entzündungen ift Vorſicht nöthig. Lungenentzän
werben nicht felten dadurch gefährlicher, und man muß daher diefe Entzäg
wohl von atarchalifchen Leiden unterfcheiden, bei weichen das Reiten vom;
Nutzen iſt. Sydenham empfahl es freilich zu fehr bei Lungenfuchten,
unſtreitig ein Mittel, das die Krankheit verhüten und bie Entwidelung d
aufhalten kann. Bei Durchfaͤllen, die in Schwäche des Darmcanals ihren
haben, iſt es fehr wirkfam, und bei vielen Nervenlibeln ein Eräftiges Nebe
Aus bemfelben Grunde empfiehlt e8 fich bei hypochondriſchen Zeiden. Mau
es gleichfalls bei ffrophuldfen und fEorbutifchen Übeln, und Ramazzini alt
tes Mittel bei anfangender Bauchwaſſerſucht. Soll es bei langwierigen M
ten wirken, fo muß es täglich wenigftens ein Mat ftattfinden. Wird eb dl
mittel gebraucht, fo hat man Überhaupt darauf zu fehen, dag man ein fanflı
ſames, nicht an ermübende Bewegungen gewöhntes Pferd wähle; daß m
Beinen Spaziecritten beginne, bie man nad) und nach verlängert, und Wi
gen= und Abendkühle fowie die Mittagshige im Sommer vermeide; daßl
Schnelligkeit der Bewegung nach der Wirkung, die man hervorbringen u
meſſe, und endlich, daß man ben Einfluß beobadıte, den das Reiten auf U
Keiterei 165
‚ um darnach zu beftimmen, ob man vor Tiſche ober eine Stunde nach⸗
W.
erei, Savalerie, eine der drei Zruppen= oder Waffengattungen
saltige, durch nichts zu erfegende Kraft in der Hand eines Kriegfühs
ve Wefen richtig erkennt und der fie gehörig zu verwenden verfteht.
ilich ein kuͤhnerer Geiſt erfoderlich, der feine Mittel über den gewoͤhnli⸗
erksmaͤßigen Gebrauch zu erheben weiß; denn eben die gewöhnliche
ng der Reiterei, zu welcher fie ſich durch raſchere Beweglichkeit mehr
mdre Truppen, iſt ein untergeordneter Zweck und ließe fi am Ende
en mehrften Faͤllen durch andre Truppen erfegen, wenn auch nicht mit
keit. Der höhere Zwed der Meiterei beruht einmal auf dem moras
ud, durch weichen fie ihrer Natur nach fchon einen bedeutenden Ein>
ı Gegner erlangt: ein Eindrud, der ſich nie ableugnen läßt und wels
daͤrker wird, je mehr fie in Maſſen wirkt, die burch befchleunigtere Ges
tan Kraft wachen. Dann beruht ihr Zwed ferner auf jener eigen>
Beweglichkeit, Durch welche es möglidy wird, den Moment entfcheidenb
wo ber Gegner Bösen gibt, Lüden und Verwirrung in feinen Reihen
ine Niederlage vollendet, wo er bucch einen großen, kuͤhnen Zug außer
wacht, oder endlich, wo feine Maffen mit einem Stoß über den Haus
u werben müffen. — Die Verwendung ber Reiterei wird allerdings
weischkeit oft befchränkt. In Gebirgsgegenden, im fehr durchichnittes
npfigen Boden vermag fie in größern Maffen fo wenig zu leiften tie
Man hat fie in neuern Zeiten felbft gegen Verſchanzungen geführt,
abei aufgeopfert. Man bat fie in einzelnen Säulen auch wol abfigen
Woolt wirken laflen, was ausnahmsweiſe zwedimäßig fein kann, im
xx gegen ihre Beflimmung und Einrichtung ift, auch wie alles Halbe.
resfprießlidh fein möchte, wenn es ihrer Beſtimmung beigefügt werben
mfo wenig wird man ganze Reiterheere im Laufe eines Feldzugs bei»
kten können und große Cavaleriemaſſen überhaupt nur zu befondern
d Schlachten häufen, fie würden außerdem unbequem und nicht überall
rpflegen fein. — Der ungleiche Bau des Pferdes, die fehr verfchie:
k und Mage deſſelben hat von jeher Abtheilungen in leichte, ſchwerere
Reiterei nöthig gemacht, worauf bei ihrer Verwendung ebenfalls Ruͤck⸗
waen werden muß. Der fchwerberoaffnete, geharniſchte Reitertrupp
ı) wird mehr in Mafle, wo es auf Nachdruck ankommt, ber leichtere,
mehr vereinzelt zu Dienſtleiſtungen gebraucht werden koͤnnen, wozu
in und Unermüdlichkeit erfodert wird. Inzwiſchen muͤſſen Cuiraſſiere
ner, Uhlanen wie Huſaren, Jaͤger zu Pferde wie Chevaurlegers in der
ı zu gleicher Dienftteiftung eingeuͤbt werden und fo gut in der Linie wie
ten können. — Die Reiterei ift wahrſcheinlich fo alt wie der Krieg felbft,
ma Ländern, wo die Pferdezucht befonders gedeiht und der Mann gleich>
m Pferde lebt, focht ex auch am liebften zu Pferde. Die Ügppter fol
or Moſes Cavalerie gehabthaben. Die Jfraeliten im Kampfe mit ih:
mevöllern befamen es oft mit Neiterei zu thun, ſcheuten ſich aber das
eigen, bis zu Salomo's Zeiten. Die Griechen feinen erft feit dem
eſſeniſchen Krieg Reiterei eingeführt und verhattnigmäßig ſtets nur wes
wu haben; doch war fie die geehrrere Zruppe bei ihnen, in welche nur
sten Bürger eintraten. Um fo zahlreicher war die perfifche und fpäter
karebonifche Gavalerie. Die Roͤmer lernten fie durch Pyrrhus und durch
eninenfer gebrauchen ; fpäter fland ihre gallifche Meiterei in befonderm
Im Mittelalter Bannte der Ritter nur den Reiterkampf und verachtete
Bm Fuß; es gab aber überhaupt keine geregelte Kriegstunft , die erſt
166 Reitkunſt
nach und nach wleder hervorgeſucht wurde. Daher man nach Einführung
Geſchuͤtzweſens zwar Reiterei hatte, fie aber nur aͤußerſt ungeſchickt und mg
mäßig gebrauchte; Guſtav Adolfs genialer Blick wußte fie zuerſt beſſer zu me
gen. Ihm gebrach es an der faſt noch uͤberall ſeit den Ritterzeiten üblichen fü
ren Reiterei, aber er fand auch, daß der Vortheil keineswegs in der Schwerel
fondern in der Beweglichkeit. Dem gemäß organifirte und formirte ex feinet
terregimenter umb erwies ihren wahren Nuten, den jedoch erſt Seydlitz im g
zendſten Lichte zeigte. Napoleon ſchien den hohen Werth der Meiterei im Ger
gar wohl zu kennen, fie aber oft auch fihonung6lo6 zu verſchwenden. Dies unt
wiſſe fehlerhafte Einrichtungen, die fich hier und ba in einigen Armeen eingefdilk
hatten, viele hieraus nothwendig folgende Erfahrungen, wo bie Reiterei nidk
ſten tonnte, was man oft fogar unbillig von ihr erwartete und was zufällig k
idee Truppen ebenfo oder beffer geleiftet wurde, brachten in unfern Zeiten ſch
Eende Anfichten über den Nusen der Reiterei zum Vorfchein, von denen mam;
zucuͤckkommt. Doch ift ihr wieber einmal ein Seydlig zu wuͤnſchen. Wichtig
die Schriften des Generals Bismark (f.d.) über das Wefen der Reiterels«.
„Rachrichten und Betrachtungen über die Thaten und Schickſale der Reiten
den Feldzuͤgen Friedrich IE. und in denen neuerer Zeit‘. t
Reitkunſt. Die Fabel hat uns die erften Anfänge einer Kunſt ech.
die bei den jebe Koͤrpergeſchicklichkeit pflegenden Völkern ber alten Welt bis g.
ner Ausbildung gebracht ward, bie in ber neuern Zeit kaum wieder erreicht md;
ift. Die Sefchichte ber Reitkunſt fängt für uns bei den Griechen anı,
dieſen mit dem Pferde ſelbſt, das im gebirgigen Hellas und in dieſer
(Herod., l, 78) ein Fremdiing iſt, von ben Nordkuͤſten Afrikas mag zuge
worden fein. Ob das Pferd aus dem Dfcyiggelat, dem Heimathlande der &
tin, feiner beften Nahrung, aus Libyen oder Ägypten nach dem Pelopn,
und nach Xheffalien kam, wo e8 auf fetter Weide wieder verwilderte,
nicht beſtimmen. Wuhrfcheinlich kam das Pferd zu Schiffe durch p
Maͤkler nad) dem Peloponnes und durch fie die Kunſt, es an Quadrigen fe |
nen und zum Kampffpiel zu brauchen. Daher war das Pferd ein Geſchenl
Pofeidon, der felbft aus dem roffenährenden Libyen herſtammt, und fein dA
Cultus an den Küftenplägen Griechenlands, 5.8. in Ondeflus, in den ga
chen Ebenen bes Eopaifchen Sees mit Roßfpielen verbunden, die an Entwilbel
bes Pferdes erinnern foliten. (M.f. Sigen, „Zum Homer. Hymnus auf den p
(hen Apollo, V. 56 fg.“; Paun., IX, 26.) — Undeutlicher find die Winte übe
Weg, den das Pferd nahm, um nad) Theffalten zu gelangen. Aber dort
Lande der Centauren, bemerkt man bie erften Anfänge des Reitens. In bebi
falifchen Pelion fruchtbarem Bergthale Pelethronium erfanden die Lapithen,
Pferd mit dem Zaume in Kreismendung zu tummeln, und fie lehrten es im M
zu brauchen. Spätere Sagem wichen von biefen Angaben ab; fo laͤßt Pi
ben Bellerophon Erfinder der Reitkunſt fein, aber man darf nicht vergeflen,
die Eitelkeit der einzelnen griech. Stämme gern bem benachbarten den Ruhm ı
Erfindung entıog, die bei den Feſtſpielen zu den hoͤchſten Preifen verhalf. '
dieſem wahrfcheinfich Eunftiofen Anfang entwidelte die griech. Sinnigkeit Ga
fäge der Reitkunſt und der Abrichtung des Pferdes, bie uns in mehren Sche
noch vereinzelt erhalten find. Timon, ein Athenienfer, war ber ättefte Schrift
über die Schulung des Pferdes, der uns dem Namen nad) brfannt geworbe
und damit die Momente der Abrichtung noch lebendiger vor die Augen gebt
würden, weihte er in dem Tempel zu Eleufis ein Pferd von Bronze, an d
Baſis bie verfchiedenen Stellungen der Schule in Relief dargeftelle waren. 1
zuͤglich gelehrige Pferderaçen erleichterten den Fortſchritt von der Meitkunft
im Kriege ihre Bedeutendheit durthat, zur Kunftreiterei, wovon wir die Anbau
Reitkunft | 167
xiftflellern und auf Dentmälern finden. Alles, was bem Pferde an⸗
ax, ohne feiner Ratur Gemalt anzuthun, alles Das wurde ihm, wie
w Beugniffe fagen, beigebracht, Niederknieen, ſich niederfegen, takt⸗
mben, Stellungen machen, wie die Athleten auf bem Theater fich zeig
[tes gehörte zu den Kunſtſtuͤcken, durch welche bie alte Welt das ebeifte
der menſchlichen Geſellſchaft wuͤrdiger zu machen ſuchte. Gpbariten
diefe Weiſe ihre Pferde ſelbſt tanzen, d. h. taktmaͤßig die Vorderfuͤße
d iz geordnetem Zeitmaße fie auf den Boden ſetzen, was eine Muſik
te, die nach den Begriffen der alten Welt befonder® wohl Hang. Vor⸗
ſickt waren die Bewohner Theſſaliens in der Überliſtung der noch unges
aller Kräfte frohen Pferbe, und bie Einfangung ſolcher Wildlinge, wos
kraft unb Gewandtheit den (chönften Triumph über die unbefonnene
aft feierten, mag, wie die Münzen uns darthun (m. f. Mionnet's
= med. antiques”, Supplementband, IH, pl. Xi, Nr. 2, die Münze
), eine erheiternde Zugabe zu jenen berihmten Taurokathapſien gewe⸗
e noch in ihren Nachklaͤngen, in den Ferrades der Camargue, zu den
gehören, wo ber Menfch fi als Herr der Schöpfung fühlen Tann.
nm ſcheinbar Unmöglidyen zwang der Menſch, durch genauere Nature
5, bie Pferde, um ihnen feine Oberherrfchaft fühlbar zu machen; z. 3.
wie ein Marmor in Verona uns lehrt, Die Pferde auf zwei Küßen einer
ben. Seit der Menſch im Krieg und Frieden fo vereinigt mit ihm
Beine Schwäche, die fein Scharffinn nicht erlaufcht hätte; und fchien
king einen Scherz zu verfprechen, fo feste der Grieche einen Ruhm
durch ihn als Menſchen neben bem Thiere zu erweiſen. Wo aber das
ichen Künfteleien ausgebildet war, durfte der Menfch in ber Darlegung
borenen Gemanbtheit nicht zuruͤckbleiben. Exit durch die vereinigten
we noch hoͤhern Geſchicklichkeit wurde ber Sieg über die thierifche Kraft
khen Spiele, und die Mühe der Anlernung wurde vergeflen, mo das
of die Kunftfertigkeit feines Meiſters nur gefäliger hervorzuheben:
di der alten Art Krieg zu führen, war ber Perfönlichleit des Einzelnen
‚Spielraum gelaffen; daher mar es möglich, daß Kunſtreiterſtuͤckchen
fbaften Kampfe geübt werden Eonnten, die nur zur Ergoͤtzung der Zus
nfunden fcheinen. Stehend ritt man auf zwei nebeneinander ſpren⸗
dem, ſchwang ſich vom Rüden bes einen auf den Rüden bes andern
kazıı mit dem Bogen. (Vgl. bie Stelle Iliad., XV, 679, mit Mas
stronemicon”, V, 85, und Diobor, 19, 29, nady der Erklärung von.
) Rad einer Stelle des Properz zu fchließen, vereinigte man im Girs
m mit Veſen amphippifchen Künften die Leitung des Wagens, indem
Bagen auf die Pferde, von ben Pferden zuruͤck ſprang. Aus dem alt⸗
rlegſtanze, der Pyrrhiche, bildete bie römifche Sugend den ludus Tra-
Pferde getanzte Quadrillen, die feit Auguſt's Zeiten bis zum Falle des
Zeichs die Leidenſchaft der römifchen Stutzer (trossuli) ausmachten,
züch in Byzanz durch die Benugung des altperfifchen Spiels Tſchugun
it gewannen. on den numibifchen Reitern lernte man bie
mies zeiten und durch bloße Huͤlfe der Gerte, oft bLoß durch ihten Schat⸗
m und lenken. Zwanzig Pferde in einer Linie bei Kreiswendungen
m aus zu erhalten, war ein Kunſtſtuͤck, das uns durch gefchnittene
weiter iſt. Won akademiſchen Stellungen auf Pferden und Luftfprüns
ſchon im Homer durd) das bekannte zıßıazıyda zanıleıv eine Andens
wm. In Aſiens großen Städten fanden alle Spiele einer müfigen Un⸗
Vie wiltigfte Aufnahme und Pflege. Sie hatten bann in Byzanz ihren
wm von dort aus kamen fie in des Mitte des 16. Jahrh. nady Euroya
168 Reiz Reizbarkeit
zuchd. Die fruͤhſten Worgänger der Hyam, Aſthley und Franconi, Wirt
Künfteleien auf einen fo hoben Punkt gebracht haben, rühmten fich ſtets⸗
Künfte in Konftantinopel erlernt zu haben, bis die Schaufufligkeit der Groß
unb bie wiederkehrenden Meffen auch europäifcher Gewandtheit fuͤr ſolch⸗
bredyereien und Künfte, bie herumziehende Geſellſchaften uns unter bem AU
ner höhern Reitkunft anpreifen, einen fihern Gewinn verfpradyen. (Belt
Auffat in der „Abendzeitung”, 1824, Nr. 28082.) Gegenwärtig wie:
Paris die fogenannte höhere Reitkunſt akademiſch behandelt. Des Drn. Gef
der fich Professeur d’equitation nennt, neue Reitfchule findet Beifall, uuß-
Pellier hat dafelbft 1824 einem „Essai elömentaire zur l’equitation” bee:
geben. Wir Deutfche haben treffliche Werke, die Reitkunſt betreffend, W:
Tenneder, Bouminghaufen v. Wallmerode, von Sind, Gchreiner, vom 9.
Walther (2. Aufl., Dresden 1877) u. X. ; De la Gueriniöre's „Rei
gruͤndl. Anweif. zur Kenntniß der Pferde ıc.” (Überf. von Knöll, 3. verb. 8
Marburg 1817). u:
Reiz (Friedrich) Wolfgang), Begründer einer trefflichen grammatiſch
lologifhen Schule, geb. 1733 zu Windsheim in Franken. Er bildete fidy mm
zig in Chriſt's und Erneſti's Schule, warb 1767 außerordentl. Profeffor bei;
loſophie, erhielt fpäter den Lehrſtuhl der griech. und lat. Sprache, und 178.
der Poefie, den er bis zu feinem Tode (1790) befaß. Ein feltener Umfang,
Kenntniffen im Gebiete der Ältern und neuern Literatur und eine vertraut
kanntſchaft mit allen Seinheiten der griech. und lat. Sprache machten ihn u.
gründlichen Lehrer, der mehre ausgezeichnete Schüler, unter weichen Peil.
obenan fteht, gebildet hat. In feiner früheren beengten Lage gemöthigt, ſih
Eleinlihen Nebenarbeiten zu befchäftigen, und bei dem hoben Ziele, das er i
nen fchriftftellerifchen Leiſtungen fich vorſteckte, wirkte er mehr im Lehreh.
als durch Schriften, wiewol Alles, was er fchrieb, vorzüglich war. Beine 4
lendet gebliebene Ausg. des Herobot, die ber Rhetorik und Poetik des Arig-
der Satyren bes Perfius, find ausgezeichnet. Fuͤr feine tiefen gr
Einficgten fprecyen befonder® feine von Wolf herausgeg. Abhandlungen „Da
sodiae gr. accentus inclinatione”, und feine kritifche Ausg. des Luſtſpiels
dens“ von Plautus. Auch als lat. Dichter war R. ausgezeichnet, wie ſein
bit „Seculum ab inventis elarum“ bezeugt. Sein Leben erzählt ber 2
von Schlichtegroll's Nekrolog“. 1
Reizbarkeit, die Kraft oder Eigenfchaft bes thierifchen Koͤrperk⸗
Wegungen zu vollbringen, bie nicht auf mechaniſche Weife, durch Drod, €
Dehnung ıc., erklärt werben Binnen, ſondern durch Reize, d. h. dynamiſch al
Eende Urfachen, erregt werben. — Man hatte fruͤher bie Bervegungen bed If
auf mechantfche Weiſe durch Elafttcität, und auf dynamifche Art durch ul
basen Einfluß der Lebensgeifter (oder Nerventhätigkeit) erklaͤrt. Albr. v. $
unterfchied von biefen beiden die eingepflangte Kraft der Muskeln, die Dleigke
oder Irritabilitaͤt; er ſtellte eine Menge von Verfuchen an lebendig. geil
tem oder frifch getödteten Thieren an, um zu beftimmen, welchen Theilen beb:
pers die Reizbarkeit und welchen die Nervenkraft zukomme; er fuchte bie wei
denen Grabe der Neizbarkeit an einzelnen Thellen zu erforfchen, und il di
Schöpfer diefer Lehre anzufehen, Vorzuͤglich befchäftigte feine Anhänger dad⸗
haͤltniß ber Reizbarkeit und Nerventhätigkeit (Irritabilltaͤt und Genfibll
Wegzuleugnen waren bie Hailer’fchen Erfahrungen gar nidyt, fondern nus is
zelnen Theilen zu berichtigen, zu ergänzen und weiter zu verfolgen. Einige
aber fahen auch die Reizbarfeit, fowie alle andre Erfcheinungen des Organil
als abhängig von der Nerventhaͤtigkeit an, und fo entftand bie fogenannte Ne
theorie; andre faßten Nerventhaͤtigkeit und Meizbarkeit unter ben allgemeinen
Keizbarkeit 169
enttraft zuſammen. Da nun aber nach und nach das Spiel mit ben
den Organen nur beiivohnen, keineswegs mit ihnen eins und baffelbe
verdächtig werben mußte, fo faßte Brown beide Begriffe ber Genfibis
ritabifität unter den ber Erregbarkeit zufammen und ſtellte diefen
die Grundlage feines fo berühmt gerwordenen Syſtems auf. Doch
nf diefer Höhe der fo einfeitige Begriff der Meizbarkeit, der in der Er⸗
ne weiter ausgedehnt erfcheint, nicht erhalten, und indem in ben neues
He Idee des Lebens Über alle diefe Begriffe geftellt wurde, mußte audy
et ats eine Äußerungsart derfelben Idee erfcheinen und wurde fo auf
thuͤmlichen Erfcheinungen befchränft, ohne weder die anderartigen Les
ıgen ihr unterordnen, noch wegleugnen zu wollen. Sie führt auch in-
täntung noch ben Namen der Irritabilitaͤt, und wird als die Grund»
e dee des Lebens beftimmt, durch welche organifche, lebendige, b. h.
ungen möglich werden. — Besteht bie Reproduction ſich vorzugsweiſe
md Miſchung, fo Außert ſich die Srritabilität mehr in Zeit und Bes
Da6 irritable Drgan ift daher nad) einem andern Typus gebildet ale
tiven Organe; bie längliche Faſernbildung iſt ber Seritabilität eigen«
ziſt biefelbe in den Organen ganz vorzuͤglich ſichtbar, wo bie Srritabis
tigſten fich äußert, in den Muskeln naͤmlich und im Herzen. Auch in
‚ vorzüglich in den größern Stämmen derfelben und in den Muskel⸗
fingemweide, ift dieſelbe Bildung fichtbar, und auch ba zu vermuthen,
m den Venen und Lomphgefäßen (in denen auch die Bewegung nicht
vielleicht wegen Kleinheit und der weifien Farbe nicht in die Augen
In einem Drgane, das deffenungeadhtet fehr Ichhafte Bewegungen
m Uterus nämlich, hatte man fie nicht entbedt; hier treffen aber ganz
e zuſammen, die die Bildung dieſes Organs abändern und fo eine
nöthig. machen. — Die Längenausdehnung einer jeden Safer bringt -
zwei Enden derfelben hervor, die ſich auch bei den kreisrunden nicht
Diefe beiden Enden ſtehen in Polarität gegen einander, fowie Übers
Befeg der Polarität und bie Antithefen ſich in der Seritabilitit ganz
wfinden. Wird nun durch irgend etwas Außeres eine Faſer gereist,
tigkeit gefegt, fo tritt eben jene Polarität hervor umd Äußere ſich durch
QZuſammenziehung und Ausbehnung der Faſern oder der Faſernbuͤndel,
reist wurden. Man ift gewohnt, die Zufammenziehung allein als
m Thätigleit anzufehen; unfere Darftellung lehrt, daß diefelbe ſich
‘Ausdehnung Äußere. In den mehrften Muskeln erſcheint die Zus
ung freilich als Zweck, in einigen, den Schließmusfeln, aber audy die
Ei ähnlicher Gegenſatz findet ſich auch in der Unordnung der
ke ſich einander entgegenwirken, und von denen die einen ausgedehnt
m die andern fich zufammenziehben. Durch diefe abwechſelnde Außs
& Zufammenziehung werben berin alle Bewegungen hervorgebracht,
anden find. Sie gehen ohne Unterlaß von ftatten da, wo die Irrita⸗
Reproduction eingreift, die felbft nie zuhen barf; fo in den Unterleibo⸗
‚ den Gefäßen und in der Nefpiration. In den fogenannten willkuͤr⸗
gungen dagegen, die ſich näher an die Senfibilität anfchließen, bedarf
Mat ober Senfibilität oder beide zugleich der Ruhe und des Schlafs. —
ebft, weiche bie Äußerungen der Reizbarkeit oder Stritabilität hervor:
fehe mannigfaltig. Dahin gehört in den Gefäßen das Blut und andre
R, die ſich in ihnen befinden; die Stüffigkeiten des Darmcanals find
je Muskelhaut deffelben, die Luft und der Naturtrieb für die Muskeln
Bien; der letztere oder der Wille für die gewöhnlich fogenannten willkuͤr⸗
Heibersegungen. Auch manche Eranfhafte Reize, die bald das Organ
170 | >» BReizend Relief
ſelbſt ummittelbar berühren, batb durch Sympathie auf baffelbe einwirken, bi
krankhafte Bewegungen, bie Krämpfe, hervor. In allen diefen Bewegun
der Einfluß des Nervenfuftems ebenfo unbedingt nothwendig als bie in
nährung ber bervegenden und bewegten Organe.
Reizend in aͤſthetiſcher Hinſicht. Windelmann und Sulzer 8*
fm Ausdruck als eine Eigenſchaft des Schönen, gleichbedeutend mit dem
Grazie, und bezogen es vorzüglich auf die weibliche Schönheit. Es ift ihnen
was Kiebe, Zuneigung und überhaupt Mohlgefallen erweckt, eine Wirkung, 1
die regelmaͤßigſten Formen, die man oft ſchoͤn nennt, nicht immer haben, w
man oft feibft bei unregelmäßigen findet. Leſſing behauptete einfeitig, di
ruhe auf der Bewegung oder Veränderung der Formen, und nannte den Bis
Schönheit in Bewegung. Bel ihm ftand alfo doch der Begriff de Meigel
in Verbindung mit der Schönheit. Nachdem aber Kant gelehrt hatte, ba
seine Geſchmacksurtheil von Reiz und Rührung ganz unabhängig fei, wurd
der Reiz als von der Schönheit getrennt, ja ihr fogar verderblich geadhtet,.d
gen Herder mit Nachdruck firitt. Anbre ließen ſich billig finden und be
daß das Schöne Amar an ſich des Reizes nicht beduͤrfe, aber noch ſtaͤrker
ben Reiz, doch duͤrfe dieſer ſelbſt nicht zu ſtark ſein. Hiernach wäre bey
dem Schoͤnen zufaͤlig. Man barf aber nicht vergeflen, daß Kant mei
finnliyen Reize ſprach und ihn von der Form trennte. (S. d. Art. Sch 60,4
ben, Grazie.)
Relation, Verhaͤltniß ber Begriffe, f. Kategorien.
Relativ ift dem Abfoluten (f. d.) entgegeng-fegt und bez
nur bezlehungsweiſe, verbältnißmeife Beflimmte und Gültige. Jede Größe,
befonbere Merkmal icdifcher Dinge ift für uns relativ. Die Größe ber
gegen viele andre Dinge bedeutend, unbedeutend aber gegen die S
von deren einem fie einen kleinen Punkt bildet. Relative Begrif
foiche, Die aus der Vergleichung eines Gegenftandes mit einem andern en
Relegation, Verbannung, eine bei den Römern, befondere
Kaiſern, eingeführte öffentliche Strafe, manchmal auf bie ganze
manchmal nur auf gewiffe Fahre. Ein erhöhter Grad diefer Beſtrafungken
das Eril (f. d.), das mit der Verbannung noch bürgerliche Verachtung ef
— Auf unfern Akademien wird ber Studirende bei gröbern Vergehen mit 50
tion beftraft; eine mildere Form ift das consilium abeundi und nody weil
neuerdings aufgelommene polizeiliche Wegweifung. Doc) ift diefe Relegatlen
am fich, wie die bei den Roͤmern, mit dem Verluſt finatsbürgerlicher Recht
bunden. Die gefchärfte Strafe der Relegation mit Ehrlofi igkeit (cum F
wird ſelten verhängt.
Relief, erhabene Arbeit, die mit der Flaͤche zuſ ammenbingt oder jr
berausgearbeitet ift. Sie hat verfchtebene Abftufungen (basso-, mezzo-jl
silievo). Urfprünglidy bei den Griechen fehr flach, wie 3. B. die Löwen am
zu Mycend, vielleicht das aͤlteſte uns erhaltene Melief, gewann das Metisfi
Phidias fein richtiges Maß und feine Vollendung ; denn noch find die Fridh
Metopen aus dem Parthenon und dem Tempel des Apollo zu Bafſaͤ bei 9
in Arkadien, die dem Eunftliebenden Europa ein günftiger Zufalf gerettet ba
unübertroffenen Mufter im Reliefſtyl. Unter den fpätern Römern, wo die €
tur, fabrikmaͤßig betrieben, an technifcher Ausführung gewinnen ſollte, wad
Geift verloren hatte, wurde das Hochrelief (altissimo rilievo) aufgenommen
man hinter beinah ganz freiftehenden Figuren den Hintergrund wieder mit e
nen Geſtalten bearbeitete. Wahrſcheinlich gaben Arbeiten in Edelfteines
mehren Schichten, Gameen in pietre dure, zu diefen Verſuchen den Anlaf
denen bie dresdner Antilenfammlung merkwuͤrdige Proben vorzeigen kann.
ww. Religion 171
ten Algarbi und feine Nachfolger die Kuͤnſtlichkeit ins Melief treiben
em ſich ſogar in perfpectivifchen Darftellungen, in denen felbft bie
srgeftellt war. Zu dieſen Verirrungen, bie fi in der Muͤnzglyptik
alten haben, gab bas Mißverſtaͤndniß des Kunftkreifes der Skulptur
im Verhaͤltniß zur Malerei Anlaß. Thorwaldſen hat das Melief zu
m Weſen zurüdgeführt, während Canova's Meliefs viel zu fehr auf
be hinwirken. Eine andre Weiſe hat man neuerdings beliebt, bie
ich ebenfo wenig Beſtand haben wird. Man ftellt, namentlich auf
ı Geftalten mit hoher Wand vor, als ob fie aus einem zweiſchichtigen
itten waͤren, den man auf diefe Welfe von ber Unterlage lostrennen
Fuͤr alle diefe Arbeiten hatten die Griechen den allgemeinen Nam .
oder auch yoanıu uvaykAuga darum, weil fie fo häufig angemalt
Ohne Beifpiel find noch bei den Griechen die in Ägnpten gebräuchlis
en ereux, flscherhabene Arbeiten in einer Einſenkung, die häufig mit
efuͤllt waren. Beiden harten Steinarten Binnen diefe nur durch dem
ahl ausgearbeitet worden fein. 19.
sion. Obwol diefer vielfach) gebeutete Name erft von den Römern
ung ableitet, fo ift die Sache body fo alt als der Menſch und fein
u Gott, den fie vorausfegt. Wir können von ihre keine wahre Kennt»
en erhalten, fondern fie muß in und leben und herifchen, wenn wir von
sit überzeugt fein follen. Ste gründet fi auf eine dem Menſchen
be Anlage, welche wir bie religisfe nennen. Indem nämlidy ber
b die ihm verliehene Natur nicht bloß in ein Verhaͤltniß zur Gottheit
midern auch baffelbe zu ahnen und zu erkennen vermag, ift ihm bie
%h feine Anlage möglich gemacht. Es ift ein Göttliche in uns, eine
w, bie ihren Urfprung ahnet und auf den volltommenen Schöpfer
e höhere Natur, die zu der hoͤchſten fich erhebt und mit ihr fich zu vers
e. Und es ift ein Goͤttliches über uns, was ſich in der Welt, als
ze feiner Derrlichkeit, und in der Vernunft dem Menſchen offenbart.
e Menfch, im Gefühl feiner in der Sinnenwelt befchränkten Ratur,
hen Macht, die über ihm waltet, bemäthigt, im Gefühl ber Frei⸗
Bewußtſeins aber und durch den ihm verliehenen Gedanken ſeines
ich zu demfeiben frei erhebt und in der Ordnung der Dinge feinen
s Willen anerkennt: da ift die wahrhafte Religion. Religion ift das
kung des Gemuͤths auf die Gottheit und beruht einestheils auf der
Menfdyen, der ſich über das blog Irdiſche erhebt und die Strahlen
wit Bemwußtfein aufnimmt, anderntheils auf der durch bie verliehene
Dernumft fich offenbarenden Gottheit; denn bie Idee Gottes — bie
er Vernunftkenntniß — kann nur als Offenbarung der Gottheit an⸗
en und iſt aus keiner andern abzuleiten. (Vgl. Religionsunter»
Die religidfe Anlage entwidelt fich verfchieden, daher ift auch die Res
der geiftigen Werfchiedenheit ber Menfchen verfchieden. Diefe Vers
rigt ſich in der Mittheilung und Darftellung, zu welcher das lebendige
böchften den Menſchen antreibt, nämlich in den Religionslehren und
md in dem Religionscultus (d. i. in denjenigen äußern Handlungen,
ı die Gotteöverehrung ſich ausfpricht). Diefe Außerungdmittel der
b zugleich das Wand, welches die Menſchen in größern ober Eleinern
gemeinfchaftlicher Befriedigung des religiöfen Bedürfniffes und zur
vr innern Religion verbindet, ſowie dad Zeichen, an welchem bic Bes
Religton fich erkennen. Hierauf beruht auch der Begriff einer poſi⸗
m: fie ift eine durch die verfchiedene Entwidelung ber religiöfen Ans
fe, durch eigenthünzliche Anfichten Über das Verhättniß der Menihen
172 Reeligionsgeſchichtz,
zu Gott und Ihre Beſtimmung, ſowie durch eigenthuͤmliche Gebräuche und
bole der Gotteßverehrung modificiete, unter einee Menſchenmaſſe berrfcher
ligion. Sie wird herrſchend durch religiäfe Überlieferung (wie viele heidnifi
ligionen), oder durch die überwiegende Geiſteskraft und religiöfe Anſchauu
fer Männer, welche Familien, Stämme, Voͤlker, ja die Menfchheit fi
gleicher Sefinnung und Verehrung mit unfichtbarer Macht fortreißen und
ben. Sie wird ed ferner, wenn ihre Ausübung vom Staate befchügt ©
beiligt voird. — Aus dem Vorigen geht zugleidy hervor, daß der Begriff bei
ven Religion dem der Vernunftreligion nicht wiberfpricht, da jede wahre R
auf Vernunft oder rellgioͤſe Anlage gegründet ift, und die Religion Überhe
ihrer Außerung ſtets pofitiv wird, indem die Anfichten und Handlungswel
Menſchen verfchiedenen Einfluß auf fie haben. Ja, es gibt fogar unter
Volke eine natürliche, oder Vernunftreligion, wenn dies eine Neligion 6
ſoll, die ohne alle Mittheilungs⸗ und Darftellungsformen ſich entwidelt
aber gibt e8 (was man oft damit verwechfelt) eine natürliche Theologie ode
eine Religlonsphiloſophie, welche das Grundweſen aller Religion ı
innern und dußern Bedingungen ihrer mannigfaltigen Entwidelung zum |
flande hat. Setzt man aber die natuͤrliche Religion der geoffenbarten em
fo vergift man entmweber, daß das Höchfte überhaupt dem Menfchen nun
Dffenbarung zugänglich ifl, oder man verfteht unter der geoffenbarten A
eine foihe, deren Urfprung und Verbreitung ein befonberes Eingreifen bi
heit in den Lauf der religiöfen Entwidelung (eine befondere oder außerord
Offenbarung) vorausfegt, und unter natürlicher Religion nur eine folche (a
fitive) Reltgion, deren Urſprung in der bloßen Selbſtthaͤtigkeit des Geiſtes!
Die erftere Anficht begründet den theologifhen Supernaturalismw'
zweite den Naturalismus ober Nationalismus (f. d. und O
barung).
Die hiſtoriſche Darftellung, ober die Erzählung von ber Entwickelung
ligioͤſen Anlage unter den Völkern ift die Religtonsgefhichte. Si
gemeine Religionsgefchichte, wenn fie die religiöfe Entwidelung der Mei
überhaupt, und mithin die Entftehung und Verbreitung der mwichtigften u
kannten Religionen zum Gegenftande ihrer Darftellung hat. Sie zeigt,
von Gott ins Dafein gerufene und erzogene Menfchheit ſich mit friſchem u
verborbenem Gefühl des Kindes zu ihrem Schöpfer gewendet (Urreligion) ;
aber nach entftandener Herrſchaft der Sinnlichkeit (Sündenfal) der Blick
die Mannigfaltigkeit der gefchaffenen Dinge verloren und von Gott abgı
habe (Periode des in ber alten Welt herrfchenden Polptheismus, Natural
Deidentyum), und wie dann ferner aus den Denkmälern jener Urreligion, '
in dem befchränkten Monotheismus der Juden erhalten hatten, ſich eine nı
fenbarung erhob, welche die Kinder zum Vater zurüdführte und den Q
an ben einzigen, heiligen Gott in alle Welt verbreitete (Periode des in de
Zeit herrfchenden Monotheismus der chriftlichen Meligion). Sie zeigt iq
dere, wie die hier angeführten Hauptformen der Religion durch Verſtand,
tafie und andre hervorftechende Kräfte, ſowie überhaupt durch bie Lage u
Charakter der Nationen und Völker eigenthuͤmlich geftaltet worden. — 1
ben für die allgemeine Religionggefchichte bis jet nur Überfichten ober um
phifche Ausführungen und Materialienfammlungen erhalten, z. B. v. D
Die befondere Religiondgefchichte bildet die hiftorifche Darftellung einzeln
giöfer Erfcheinungen und Thatfachen genauer aus. Zu ihr gehört z. B. Di
liche Kirchengeſchichte. Unduldſamkeit und Gleichguͤltigkeit find die Klig:
welchen die Neligionsgefchichte gewöhnlich fcheitert, um fo mehr, da keir
seugung fo tief in das innere Leben des Menfchen eingreift und in demſelb
Religionsfreiheit 178
ereligiöfe. Dit der Unpartellichkeit, welche die Geſchichte Überhaupt
ertraͤgt es fidy aber volllommen, die chriftliche Religion als den Mittels
Retigionsgefchichte hervorzuheben, da biefelbe der aller Religionsge⸗
m Grunde liegenden Idee der Religion durch den reinften Monotheis⸗
jer ihre Grundlage ift, am naͤchſten kommt, dahingegen ber Mofaiss
as Judenthum ben Einzigen mehr als Stammgott mit Opfer und Ges
enft verehrt. S. „Reden Über die Religion” (Sulzbady 1813). Über
eligionen f. die befondern Art.
igionsfreiheit. Das Recht der Staatsbürger, ihre Religion un:
md ohne bürgerliche Zuruͤckſetzung üben zu dürfen, iſt eine jest in den
ihfirten Staaten unter Bedingungen zugeftandene Zeitfoberung, welche
dem Zahl⸗, Befig: und Ortöverhältniffe der Glieder verfchiebener Mes
Aſchaften in einem Staate, theild von dem Maße ihrer Anfprüche und
je abhängen, und entweder gewiſſe Parteien ganz oder nur gewiſſe
öreiheit ihrer Religionsuͤbung ausfchließen. Sreiheit im kirchli⸗
me findet allenthalben flatt, wo der Staat die öffentliche Übung vers
Religionen neben einander erlaubt. In Staaten, die den öffentlichen
MR und die Ausübung Lirchlicher Gebräuche nur in der Form einer bes
Religion ober Religionspartei genehm halten und Beine andre neben ihr
zum von diefer Freiheit nicht die Rebe fein. Sie nicht zu geftatten, war
Ne Maxime der Fürften und Geſetzgeber, welche bie bindende Kraft eis
unten Religionsglaubens für politifche Zwecke in Anſpruch nahnıen.
ndeiten barin ganz folgerecht. Sei nun entweder die Staatsverfaffung
b, wie die mofaifche war, oder vereinige fich die höchfte geiftliche Ges
ber hoͤchſten bürgerlichen in einer Perfon, wie in Tibet, oder habe bie.
sihren Thron auf ben herrfdyenden Glauben der Nation an die Heilig⸗
jewiſſen Religion gebaut und ihre Regierungsweife mit den Grundan⸗
) Formen diefes Glaubens verflochten, wie in Spanien und Portugal,
cholicismus durchaus national geworden ift: immer wird, fo lange es
m Berfaffung und, damit jede Unzufriedenheit verhütet werde, auch bei
lüchen Bildungsſtufe des Volks bleiben fol, zur Auftechthaltung derſel⸗
eit der Volksreligion erfoderlic und jede davon abweichende Lehrmei-
: Meligionsübung zu unterdrüden fein. Die Weltgeſchichte gibt auf:
& oft ſchreckliche Beweiſe der Strenge, womit diefer Grundſatz in An⸗
bracht worden iſt. Des Fanatismus der Drientalen nicht zu geden-
a wir bier nur an bie Judenverfolgung im Mittelalter, an die Dragos
neige XIV., an die Inquiſition und ihre Autos da Fe erinnern. Die:
taatsgrundſatz der Nichtbuldung mußte aber immer mehr von feiner
)ı Bedeutung verlieren, jemehr einerfeits die Völker durch Handel und
sften mit einander in Berührung kamen und heller denken lernten, ans
Ne Fuͤrſten und ihre Rathgeber einfahen, das Wohl der Unterthanen,
Endzweck des Staats, werde nicht durch den Ruhm einer einfeitigen
Sigkeit, nicht durch einen vernunftwidrigen und alle freie Thätigkeit des
em Geiſtes lähmenden Gewiſſenszwang, fondern vielmehr duch An⸗
& freifinnige Unterilügung diefer Thaͤtigkeit gefördert. Aufmunternde
avon gaben England, Holland und diejenigen beutfchen Länder, welche
sion freie Übung verftatteten und dabei ſowol an Bevölkerung als auch
land und Bildung zunahmen, während Spanien, Frankreich und einige
Staaten, wie Salzburg und die Pfalz, ihre fleiigften Unterthanen ums
ber auswandern ließen. Man überzeugte fich, daß jede Religion, was
nu lehre, wenn fie nur Achtung gegen bie bürgerlichen Gefeße und Ges
egen die Obrigkeit gebietet, mit dem Endzwecke des Staats ‘verträglich
174 Religionsfreiheit
tft, und Fonnte beidem veränderten Zeitgeifte das Auflommen anbrer Rei
neben der berrfchenden ebenfo wenig ganz verhindern als ferner noch ge
finden. Wie fehr wir num auch Urfache haben, diefe auf dem ganzen €
fi) immer allgemeiner verbreitende Duldung in Religionsangelegenheiten:
erfreuliches Kennzeichen ber fortfchreitenden Bildung des Mienfchengefchled
sufehen, fo können wir doch dabei eine Erfcheinimg nicht unbemerkt laffen,
die alte Erfahrung beftätigt, daß die Menſchen ein Gut nur fo lange zw
wiffen, als ihnen der Befig deſſelben ſtreitig gemacht wird. Nirgends zef
mehr Ernſt und Eifer für die Religion, mehr wahre Froͤmmigkeit und &
haftigkeit in der Beobachtung des Gottesdienſtes, ald in den Kirchen, Mi
dem Drude der Intoleranz flanden. Man dringte ſich zum Därtyre
als die hriftliche Religion nody unter den Verfolgungen heidnifcher Kaifer fi
tete; bie Proteftanten in Frankreich liegen lieber But und Biut als ihren
ben; felbft die Juden verflanden ſich eher zu den größten Opfern, zur Erd
der härteften Miphandlungen, als zur Abſchwoͤrung ihrer Religion.
den Gedruͤckten faſt überall die lang erfehnte Freiheit verftattet ift, fcheint m
Meize einer leidenfchaftlichen Vertheidigung der Neligion aud) das Interefk
ſich allmälig zu verlieren. — Unterfcheiden müffen wir von der Freiheit 4
hen im Staate bie freiheit, weiche die einzelnen Glieder einer Kirche in
Schoße, entweber vermöge des Princips derfelben, oder zufolge ihrer ei
maßung, genießen. Der Proteſtantismus ift der Freiheit im Denken
guͤnſtiger als der Katholicismus; die Confeflion und Kicchenverfaffung %
formirten wieder mehr als die der Lutheraner, und mehr als beide ber So
mus. Wo aber das Licht der philofophifhen Bildung am hellſten
man es auch am meiften gemißbraucht. Die Denffreiheit in Deutfcyland,l
reich und England ift nicht felten in Frechheit und Zügellofigkeit ausgearh
es hat nie mehr Menfchen gegeben, die fih im Herzen zu gar keiner pofi
Iigion bekennen und allen Cultus vernachläffigen, als feit ben legten D
18. Jahrhunderte.
Eine vollkommene MReligionsfreiheit aber wird gewährt, wenn
Meligionsgefeufchaften in einem Staate 1) ihren Gottesdienſt oͤffentllch
2) ihre Sugend und ihre Beiftlichen in eignen Schulen bilden, 3) ihre vd
und kirchlichen Angelegenheiten in Echre, Liturgie, Seelforge, Kicchenvef
und Sittenzucht nach ihren eignen Grundfägen ordnen und leiten, 4) fid
Verbindlichkeit gegen die Geiſtlichkeit einer andern Kirche unterwerfen, 5)
Gleichſtellung ihrer Glieder in bürgerlichen Rechten mit den Übrigen Sta
gern fodern und 6) wo der Staat felbft über Die urſpruͤnglich kirchlichen Som
fügt oder die Koften des Kirchenweſens überhaupt aus dem Ertrage der X
aller Einwohner beftreitet, die auf Unterftügung ihrer Anftalten nad, Wer
ihrer Zah zur gefammten Bevölkerung rechnen dürfen. In allen dieſen
ten unbefchräntt find Chriften aller Parteien und Secten nur in den Verf
Staaten von Nordamerika, wo die Staatsbehörde bloß über ihren Fried
einander wacht, fonft keine Aufficht nöthig findet und, da kirchliche Fonds
fentliche wurden, jedes Kirchenweſen als Privatfache betrachtet, deffen Un
tung daher den Parteien felbft Überlaffen bleibt. In alten übrigen dhrli
Staaten war biefe Sreiheit biß gegen Ende bes 18. Jahrh. Vorrecht eim
fyenden oder Staatereligion, neben der andern Pafteien nur eine mehr ol
niger befchräntte Duldung bewilligt wurde. Noch jest find die portugie
fpanifchen, neapolitaniſchen, päpftlichen, ſardiniſchen und die Eleinern ital
ten fo ganz katholiſch, daß dort, wo die Juden wenigftens ihre Religion in
len üben und Handel treiben dürfen, Eeine andre chriftliche Religionsgefeifft
irgend einem jener Punkte gefegliche Freiheit erhalten Eonnte. Mur die po
Keligionsfreihelt 175
ndefchaften an den Höfen außer Mabrib und die engl. Kaufleute in
orto und Livorno genieken die Vergünftigung, ihren Gottesbienft
Prediger beforgen zu laſſen, und ben Waldenfern im noͤrdl. Piemont
a drei erften Punkten, auch Beſoldung ihrer Paftoren und vom
rechte fo viel zugeftanden worden, als zum rechtlichen Beſtehen ihrer
ınd sur Betreibung nieberer Gewerbe ſchlechterdings nothwendig war.
dh. Staaten blieb zwar der Katholicismus herrſchend, aber die den
Reformirten und Griechen gemährte Religionefreiheit im Ganzen
ı (f. Ungariſche evangel. Kirche) ungekraͤnkt, aud in Hin
atöbürgerrechte, infofern diefe felbft bei vormwaltender Begänftigung
n nicht verbümmert werden koͤnnen. Was der Religionsübung der
noch abgeht (Thuͤrme, Glocken und Portaleingänge an ihren Kine
ma öffentlidy zu fein, ift außerwefentlih. Seit 1820 dürfen ihre
icht mebr im Auslande, fondern nur auf der vom Kaifer zu Wien ew
eſtantiſch⸗ theologifchen Rehranftalt ftudiren, welche, auf Abwehrung
hen Univerfitäten vorgerorfenen freien Grunbfäge berechnet, mäßig
ıte inlänbifchen Lehrern befegt und durch Bücherverbote von dem wiſ⸗
a Fortfchritte ihrer ausländifchen Glaubensverwandten gefchieben ifl.
Ber folchen mehr der Politik als der Intoleranz zuzufchreibenden Maß⸗
leſchritte gegen ihre Gewiſſensfreiheit nicht im Sinne ber oͤſtr. Res
n, bemeift der ſowol in einzelnen Fällen, als dud) 1824 mehren Eins
Salineuticdhen bei Linz geftattete.libertritt von der Bathol. zur evangel.
sgleichen Übertritte dürfen nur nach ſechswoͤchentlichem Unterrichte
athol. Geiftlichen geſchehen; katholiſch wird man ohne Schwierigkeit.
mifchtern Ehen der Vater, fo muͤſſen alle Kinder, ift es die Mutter,
ker Batholifch werden. Die Proteftanten müffen den Eathol. Pfars
chſpiels, in dem fie leben, audy wenn ihre Gemeinde die ftärkere iſt,
ı Stolgebühren entrichten und die Scheine aus den Kirhenbühern
nen, uͤberdies aber ihre eignen Prediger, Kirchen und Schulen ſelbſt
Doch wird ihnen hierzu in einzelnen Fällen auch Eaiferl. Unter
ahrt. Ihre Schulen ftehen unter den Kreisämtern, die Sprengel
itendenten unter den proteftantifchen Gonfiflorien zu Wien, welche
un Miniſterium abhängige Behörden find. In Ungarn laffen ihnen
ſetze viel größere, die kathol. Stände aber kaum biefe Freiheit. Im
befteht nur eine Feine evangel. Gemeinde zu Benedig. Im Sieben⸗
ben Katholiken, Lutheraner, Meformirte und Unitarier völlig gleiche
sfland, das in feinen ſuͤbl., Öftl. und noͤrdl. Grenzländern Moham⸗
) Heiden und allenthalben Juden ihre Religion ungehindert üben
u. Kirche zwar als Staatskirche begünftigt, doch zu keiner Herr⸗
Dre berechtigt und in Polen den Katholilen und den Proteflanten beis
men garız gleiche Rechte zugefteht, gewährt auch in feinem alten
ı rifllihen Parteien und den Armeniern Religionsfreiheit in allen
m, mit weifer Ruͤckſicht auf ihre verſchiedenen Gulturftufen, bes
ber wieder infofern, als bie durch befondere Regierungscollegien ges
Stantsaufficht, namentlidy über die Proteftanten, ſich auch mit dem
Leiten ihrer innere Angelegenheiten, felbft ihres Glaubens, befaßt.
gung ihrer Anftalten aus Staatscaffen ift zwar gewöhnlich, aber
Wämismäßig vertheilt. Die ganz Lutherifchen Staaten Schweden
mE haben den barin nicht zahlreichen Katholiken bie vier erften Punkte
Rem mie Ausſchluß der Fähigkeit zu Staatsämtern bewilligt. Die
Blende, das in Oſtindien Mohammedaner und Heiden bei ihrem Culs
num bürgerlichen Rechten [chügt, ift nur darum fo fehr gepriefen, weil
176 Religiondfreiheit' |
«6 fruͤher und mehren Secten als alle andre europälfche Staaten
uͤbung ließ; fie beſchraͤnkt ſich aber fuͤr Alle, die in England und.
bifchöfl. Kirche gehören, auf Unabhängigkeit in den drei erften Pı
find Thuͤrme und Glocken an ihren Gapellen, wie die Gotteshäu
ters heißen, nicht geftattet. Dem biſchoͤfl. Pfarrer ihre Wo;
auch wo er wegen Mangel einer bifhöfl. Gemeinde ganz überflüf
ten von allen Land⸗ und Sartenfrüchten und Stolgebühren entri:
tung feiner Kicche fleuern, Zeugniffe aus ben Kirchenbüchern v
ihre Trauungen von ihm verrichten laffen, wovon nur die Quaͤke
find, unb die Katholiken uͤberdies Grundzins und Landtaxe boppe
Irland wird der Zehnten, auch vom Schlachtoieh, von den meijt
ten unbarmberzig eingetrieben, daher In diefem Reiche 1823 auf
wegen ruͤckſtaͤndigen Zehntens zu Gericht famen. Die in Schot
presbpterianifche Kirche gibt ihren Seiftlichen Leine foldhen Red;
fenterö; doch in allen drei Reichen müffen fie ihre feiner geiſtli
genießenden Gapellen, Prediger und Schulen felbft unterhalten
Presbpterianer in England und die Biſchoͤflichen in Schottland.
unterhält die Regierung Schulen für Katholiken, bie fie ungern 6:
kathol. Priefterfeminar zu Maynvoth. Die bürgerlichen Recht
find durch den bei Übernahme öffentlicher Ämter zu ſchwoͤrenden
ſchraͤnkt, deffen Formel Verwerfung Eathol. Lehren und Anerfenı
GSupremats in Kicchenfahen enthält, und baher, weil fie von K
pendenten, Puritanern, Baptiften und Quaͤkern nicht gebilligt w
von allen Staatsämtern und Parlamentöftellen ausfchlieft. Nu
fen fele 1793 beguͤterte Katholiken ohne Teft bei den Wahlen der
der mitflimmen, Advocaten, Geſchworene und Magiftrate wer!
und Gtaatsämter , außer 30 der hoͤchſten, erlangen. In Engle
land, wo fie erſt feit 1778 Grundeigenthum zu erwerben befug
Zugang zu Öffentlichen Ämtern und Parlamentswahlen ihnen no
oft beantragte, von der Mehrheit bes Unterhaufes beguͤnſtigte, abe
baufe verworfene Emancipation der Katholiken geht nur auf 2%
ihren Glauben tränkenden Stellen im Teſt aus und würde dem
tholiten in Irland nicht abhelfen. Diefes befteht in ihrer Vera:
Gonfiscationen unter Elifabeth, Crommell und Wilhelm ME. und
fireng gegen fie gehandhabte Verbot, Grundeigenthum zu erwerb:
wendung des gefammten Kirchengute® und Eirchlichen Einkommen
Thl.) an die meift müßige bifchöfl. Geiftlichkeit für „'; der Bevoͤ
während die $ bderfelben ausmachenden Katholiten für ihre Kir
empfangen und noch dazu jene erhalten müffen; in der Gewol
und weltlicher Grundeigenthuͤmer, ihre Einkünfte außer Irland ;
in der bis jegt wenig gemilderten Härte ihrer Beamten gegen d
volk. Trotz dieſes Druckes haben ſich die Katholiken in Irland ſ
vermehrt, und find in England und Schottland, mo fie von di
Beeinträchtigungen nichts empfinden, feit 30 3. von 70,000, hai
die Profelytenmacherei ber SJefuiten und den Einfluß ber franz. (
nahe an eine halbe Mill. Seelen angewachſen. (Bol. Will. Blaiı
of Popery in a serics of letters to W. Wilberforce”, London !
innern Angelegenheiten der Diffenters mifcht ſich weder bie Rei
herrſchende bifchöfl. Kirche, und die der ganzen Nation zuftehende
der Preſſe und des Gedankenverkehrs gibt ihnen eine Freiheit, |
unb in ber Vervollkommnung ihres religiöfen Lebens fortzufcht
den Monarchien des europäifchen Feſtlandes kaum eine herrſch
Religionöfreiheit 177
gedulbete Kicche genießt. Die auf Englands Beifpiel hingewieſe⸗
kaniſchen Freiſtaaten und Brafilien erklärten den Katholicismus für
ligion, neigen fich aber trog ihrer reichen und mächtigen GeiftlichEeit
m allgemeiner Zoleranz. In Frankreich macht ſich zwar die kathol.
ur immer mehr als herrſchende geltend, den 1815 — 16 graufam
rotsitanten in Nieder-Languedoc ward die gebührende obrigkeitliche
mugthuung vorenthalten, die ihnen oft befchwerlidyen Neckereien von
ı blieben meift ungeahndet, und nur ihre Standhaftigkeit fhügte fie
eſchaͤftigkeit kathol. Proſelytenmacherei; aber bie durch die Charte
Ill. den Proteſtanten augsburgifcher und reformirter Cenfeffion in
sihneten Punkten zugeficherte Religionsfreiheit, welche fie den Ka⸗
wgerlichen Rechten gleichftellt und die Unterftügung ihrer Anftalten
ıffen gefeglicy macht, ward ihnen nicht entzogen, ja durch mündliche
Karls X. aufs neue gewiß. Im Königreich der Niederlande ift,
orden die Reformirten, im Süden die Katholiken die Mehrzahl aus:
keine Kirche die herrfchende, und neben beiden auch Sanfeniften, Eu:
temonflranten, Presbyterianern, Bifhöflihen, Taufgefinnten und
kommene Religionsfteiheit, ohne Beſchraͤnkung ihrer bürgerlichen
Staatseinmiſchung in das Innere ihres Kirchenweſens, gewährt.
deiz genießen fie die Katholiken und Mennoniten in proteftantifdyen,
ten in puritätifchen vollfommen, in reinkathol. Cantonen aber nid;t
mdesmarime der Gegenſeitigkeit. In Deutfchland und Preußen
eutfchen Bundesacte völlige Nechtögleichheit der Proteftanten beider
mit einander und mit den Katholiken gefeplih und in keinem Punfte
Beſchraͤnkung der Religionsfreiheit mehr zulaͤſſig. Die in fchlefi:
a noch gültige Verbindlichkeit evangel. Gemeindeglieder, wenn fie
men Prediger haben, dem kathol. Ortspfarrer Zehnten und Gebuͤh⸗
ten, ift in Hanover bei Einrichtung des Eathol. Kirchenweſens 1824
dzechten der Pfarrer beider Parteien ausdrüdlich entzogen worden.
Bemeinbden der Mennoniten in Preußen, Oftfriediand und am Rhein
el Freiheit, als fie bedürfen, und die evangel. Brüdergemeinden
:Golonien) allenthalben einer Unabhängigkeit und Begünftigung, die
age Zahl und kluge Selbſtbeſchraͤnkung rechtfertigen kann. — Die
Rlichen Kirchen ſchlagen ihren Gewinn und Verluft bei Bewilligung
Bfreibeit verfchieden an, wie fie audy nicht in gleihem Grade das
tdc8 Staates anerkennen. Am Leichteften ift in dieſer Hinficht bie
utherifche Kirche zu befriedigen. In monardifden Staaten ent:
m Abhängigkeit vom Landesherrn gewöhnt, geftcht fie ihm das jun
in dem Umfange zu, daß fie feibft die Einrichtung ihrer Liturgie und
iſſe ihrer Geiftlichkeit, ihre Lehranftalten und die Vermaltung ihres
lgens feiner Genehmigung und Aufficht unterwirft, fi ch von Con⸗
er einſetzt, regieren laͤßt und die Verfuͤgungen derſelben uͤber kirchliche
mbeshrrrlihe annimmt. Weniger Einmiſchung in ihre Angelegen⸗
die reformirte Kirche. Zuerſt und am volltommenften in Sreiftan:
2, ift fie gewohnt, ſich durch ihre Presbyterien ſelbſt zu regieren.
‚fie felbft in der Schweiz, Holland und Schottland, wo fie ſich nad)
dee am freieften behauptet, nichts gegen eine gemißigte Oberaufſicht
ter Staatsregierung ein, laͤßt fih in Deutſchland wie die lutheriſche
md hält, wo fie von Aufen bedrüdt wird, tefto mehr auf Unabhaͤn⸗
em Innern. Die engl. Episkopalkirche betrachtet den König als ihr
Die Heinern, zur Zeit der Reformation entflandenen, oder aus deu
un Kitchen bervorgegangenen Secten verlangen nur Schuß, Tod)
Birbente Aufl. Bd, IX, 12
178 Keligionsfreiheit (kath.)
keine Unterflügumg, weifen aber auch alles Gebieten bed Staats über ihre
Angelegenheiten defto entfchloffener ab. An folche® Gebieten warb die
Kirche durch griech. und ruff. Kaifer gemöhnt und unterroirft ſich landeshe
Anordnungen wie die evangelifhe. Der Patriard) in Konftantinopel ifl
Griechen in der Türkei aud) Kicchenregent und Anwalt, für die nichtunirte
chen in Ungarn und Jllyrien aber nur geiftlicher Water, und nie ift für d
meinden ein Concordat zwiſchen ihm und ber öfte. Regierung nöthig befund
den. Don alten diefen Parteien unterfcheidet ſich die römifch = kathol.
durch ihre Abhängigkeit vom Papfte und durd) den auf ihre Principien gegr
Anſpruch, allentbalben allein zu gelten und zu herefchen. Jene madıt jel
übung der Staatsauffiht und ded Regentenrechts über ihre Angelegenh
einer Befchränkung ihrer Religionsfreiheit, welche durch Zrrgeftändniffe wm
günftigungen von Seiten des Papftes (Concordate) zwar nicht ohne Ned
doch aud) nie ohne ben ſtillſchweigenden Vorbehalt, unter günftigern Um
Altes zuruͤckzunehmen, zugelaffen reird. Durch ihren Anfpruch auf AM,
gültigkeit und Alteinherrfchaft kommt fie in die Lage, ald Kränkung ihrer
und Verlegung der Gewiffen ihrer Glieder anfehen zu müffen, was neben «
auf ihrem Gebiete für die Genoffen einer andern chriftlihen Religionsgef
gefchieht. Diefe Anſicht fpricyt ein Breve Pius VI. vom 12. Febr. U
den König von Baiern offen aus, und Beweiſe derfeiben find die paͤpſti. J
tionen gegen ben weftfälifchen Frieden, die wiener Congreß⸗ und deutfche i
acte, die Zufakartifel Napoleons zum Concordat von 1801 und die Bel
gen der bairifchen Gonftitution in Hinficht der Proteftanten, weil fie verſqh
Gonfeffionen freie Religionsuͤbung bemwilligen und die Proteftanten dın Kd
in allen bürgerlichen Rechten gleichftellen. Daher die Klagen des Lathel,
über den traurigen Zuftand feiner Kirche aud) in foldyen Rändern, deren ya
tifche Regenten ihm Ehren: und Gehaltsvorzüge vor der proteftantifchen
feit einräumten, weil fie ihm zugleid) zumutheten, feine und die paͤpſtl
nungen der landesherrlichen Genehmigung (Placitum regiun), feinem
"mit dem Papfte, die Verwaltung der Kirchenguͤter und feine Lehr
landesherrlichen Aufficht, feine Glieder in Hinficht ihrer bürgerlichen Verf
weltlichen Gerichtebehörben und die Befegung der wichtigften Kirchendun
Urtheile des Regenten zu unterwerfen, in Hinfiht der gemijchten Ehen 4
deögefege gelten und das Buͤcherweſen unter weltlicher Leitung zu laffen,
andrer Kirchen anzuerkennen und zu vergeffen, daß er einft Alles befaf.
Zunuthungen find zwar im Sinne eines urchriftlichen Katholicismus, wie
mohlmeinenden oder fchlauen Schriftftelleen jetzt dargeftellt und von m
wahrhaft chriſtlichen Seelſorger geübt wird, nicht unerträglich, aber gan
die Idee des gefeglich und factiſch noch jegt in der romifch = Eathol. Kirche
Papalfnftems. Sie findet daher felbft unter kathol. Regenten Anlaß, übel
Beſchraͤnkungen und Beeintraͤchtigungen zu Elagen und die Religionsfreihß
ihren Koderungen ganz entfpridyt, nur im Kirchenſtaate. :
NReligionsfreiheit (kath.). Man kann annehmen, daß bie
leranz ein Exbtheil aller Bekenntniffe iſt. Jedes Bekenntnig hätt fi
allein wahre und erkennt daher die übrigen nicht an. Wenn aber diefe in
tue der Sache liegende Intoleranz in Außere Handlung der Gewalt gegen
denkende ausbricht, fo ift Das immer die Schuld der Staatsregierungeng:
das Gebiet der Außern Freiheit von dem des Glaubens nicht abmarken, ref
vorzugsweiſe Begünftigung einer Kirche zur Staatsfache erhoben haben.
3. B. die Inquifition in Spanien offenbar eine Staatsanftalt, aus
Zuftizbespotismus eine Form der Wirkfamkeit zu leihen. — Keine der
_Gonfeffionen hat Urfache, fid, einen größeren Duldungsgeift als die ü
Religionsfriede 179
Wo im Namen einer Confeſſion geherrſcht ward, waren die Herrſchen⸗
iduid ſam, man braucht nur auf Luther's Leidenſchaft gegen die Sa⸗
auf Calvin's Behandlung Servet's — den er verbrennen ließ — auf
I Krell zu Dresden Enthauptung wegen Kroyptocalvinismus, auf die
dollands und Englands zu verweifen. Noch bis 1806 galt in dem
Lande ottonifher Linie ein Gefeg, Eraft deffen jedes uneheliche Kind
Religion feiner Mutter, fondern in ber des reformirten Randesherrn
oa mußte! — Über die Eirchlicye Sreiheit in ben einzelnen Bekennt⸗
ih auch nichts feſtſetzen. Da der Katholik die Religion nicht durd)
ng, fondern durch göttlidye Kehre von oben empfängt, fo ift leicht be⸗
ser, fo lange er der Kirche angehört, eben dadurch auf eine folche freie
erzichtet. V. e. K.
gionsfriede. Aus Karls V. Lage gegen ſeinen Nebenbuhler
rFrankreich, und aus der Schonung, mit welcher er den Kurf. von
riedrich den Meifen, den einflußreichften Fürften des Reichs, behans
erklaͤren fich die erften Schritte, die Karl in Luther's Angelegenheit
arum er fih zwar gegen die vor kurzem begonnene Reformation oͤf⸗
ste, aber doch zu ihrer Unterdruͤckung keine durchdringendern Maße:
Als aber dag framı. Heer bei Pavia (25. Febr. 1525) völlig gefchla-
n3 gefangen worden war, da Eonnte ber Kaifer aud) an die Verfolgung
m Hinſicht auf Deutfchland denken. Die Religionsirrungen der das
boten ihm zur Erreichung feiner Abfichten die Mittel von felbft bar.
rnEerieg (fd. und Münzer) batte die Eathol. Kürften des Reichs
Hormation fehr eingenommen. Allein dns torgauer Bündnig 1526,
ftigkeit Der evangel. Reichsſtaͤnde zu Speier (f.Meformaticn) und
des (hmalfaldifhen Bundes (f. d.), im März 1631, fo-
fall der Türken in Ungarn, ein Krieg mit Frankreich und Karls V.
ken mit dem Papſte bewogen den Kaifer, nichts Erticheidendes zu
ft tie Vollziehung des Meichstagsabfchiedes von Speier (1529, f.
it) aufzufchieben. Gr ließ daher mit den Proteftanten Unterbandiun:
m, und fo ward 1532 der nürnberger Religionsfriede am
a den Proteſtanten ımterzeihnet und den 2. Aug. von bem Kaifer in
betätigt. — Durch diefen Frieden erhielten die Proteftanten Nichts
chon befaßen, und Dies nicht gewiffer als fie es fchon hatten, der Kai⸗
8 was er wünfchte. Denn man verpflichtete fich gegenfeitig nur zur
aller Keindfeligkeiten wegen Religionsfachen bis zu einem Goncilium,
dies nicht zu Stande kommin follte, einem aufs neue anzuftellenden
Dies war für den Kaifer ungemein wichtig, ber fo die Gewißheit er-
san ihn jegt nicht angreifen würde. Uber die Foderungen der Pro:
re, mamentlidy über die freie Ausübung der Religion, nidyt pur im
rte, fondern auch mit geriffen Einſchraͤnkungen außer demfelben, Über
Bter und die bifchöfl.. Gerichtsbarkeit, wobei Alles in dem bieherigen
riben folite, über die Ausfegung der Proceffe in Glaubensſachen bei
richten und über die Zulaffung der augsburgiſchen Confeſſionsver⸗
w Kammergericht hatten fid) die Kriedensvermittler ded Kaiſers ziem⸗
wat geäußert. Zwar konnten die Proteftanten aus den Erklärungen
re die Kirchenguͤter und die Gerichtsbarkeit der Bifchöfe eine Geneh⸗
keiten, und regen Ausſetzung der Proceffe in Religionsangelegenheis
NReichsgerichten einige Hoffnung füffen, in Anfebung der übrigen
ſoute Alles auf die Entfcheidung des Kaiſers antommen, dod) fo, daß
Venen Frieden kein Abbruch geſchehe. — Bon Seiten der Proteftanten
efen Srisben ein, weil man fidy nicht durdy Weigerung noch verhaßter
12 *
180 Religionöfriede
machen wollte als man ſchon war, und weil man durch ihn einige Ze
Sicherheit erlangte; angreifen wollte man nun einmal den Kaifer nid
war von den Theologen als eine Gewiſſensſache vorgeftellt roorden.
hatte der Kaifer feinen Plan keineswegs aufgegeben; nur mußte er
rung deffelben, durch mannigfaltige Umftände gedrängt, immer weite:
ben; daher ward der nuͤrnberger Friede 1534, 1539, 1541, 154;
1545 wiederholt. Endlich enthuͤllten der ſchnelle Friede, den ber
zu Grefpy ſchloß, ſowie das bald darauf erfolgte Ausfchreiben des (
Trident auf den März des folg. S., wodurch der Papft dem Kaif
Beranlaffung zum Kriedensbruche mit den Proteftanten gab, und t
zu Worms (1545) die Abfichten des Kaifers immer mehr, wiewol
bruch des Krieges noch etwas zu verzögern fuchte. Allein die beharı
rung der Proteftanten, das Goncilium anzuerkennen, und nod) mehı
den ihm zu Worms der paͤpſtl. Geſandte in Hinficht auf thätige Unt:
gen fie machte, brachte ihn zu dem Entfchluffe, mit ihrer Demüthig
fang zu machen. Als fie nun von den Kriegsruflungen und den !
folgungen in den Niederlanden Nachricht befamen, und der Kuifer
Reichstage eine ganz neue Sprache und eine gewaltfamere Entfcheidu
zelne Etinde erlaubte, wie 3. B. über den feit kurzem in feinem Land
den Kurfürften von Köln: da mußte jeder Zweifel über des Kaiſe
fhwinden. Und doch zauderten fie, verfchmähten Frankreichs und G
erbieten zu ihrem Beiſtande und eine engere Verbindung mit den
blieben nody nach der Befiegung des Herzogs von Braunſchweig dur
grafen von Heffen unthätig, gaben dem Kaifer ihre Furdyt immer m
nen und erneuerten nur ihr Buͤndniß. Diefe Zaghaftigkeit und dieſe
auf ihre Kräfte ſchwanden zwar, als nad) der deutlichen Erkiärung des
fein Vorhaben die Gefahr felbft nahe kam; allein die Unentſchloſſen
genfeitige Eiferfucht der Bundeshäupter (ded Kurfürften von Sach
Friedrich und des Landarafen von ‚Deffen), verſchiedene Anfichten,
und Unzufriedenheit unter den Bundesgliedern, endlich mancher!
Schwierigkeiten, die man fidy machte, ließen fie gleid) zu Anfange
die günftigften Umſtaͤnde verfiumen, und führten die Vereinigung dei
niederländ. Truppen mit dem kaiſerl. Hrere herbei, da8 nun dem pr
überlegen ward. Die Folge davon mar, daß die Proteflanten 1546
baten und bei der harten Antwort des Kaifers muthlos zagten. 3
fich der Kurfürft und der Landgraf, nachdem man ausgemacht, daß e
Mann in Oberdeutfchland im Winterlager beifammen bleiben ſollten
Truppen in ihre Ränder zuruͤck und überließen die oberländifchen €
Schickſale. — Doc hatte auf ihre legten Schritte eine andre unern
benheit den größten Einfluß. Der Herzog Morig von Sachſen, felb|
war plöplich, nachdem er mit dem Kaifer insgeheim ein Bündniß q
des Kurfürften Länder eingefallen. Der Kurfürft eilte daher feine
Hülfe, eroberte es aud) wieder und faſt des Herzogs ganzes Land dazı
Kaifer, dem es jept nicht fchtwer geworden war, Dberdeutfchland fi
werfen, erfchien in Sachſen und endigte den Krieg 1547 durch d
Muͤhlberg, 2%. April, durch die Capitulation von Wittenberg, 19. 9
Gefangenſchaft' des Landgrafen (in Halle d. 19. Suni). — Nun fah
fer am Ziel feiner Entwürfe; die Macht der Proteftanten war gefal
tige, unternebmende Moris durch das ihm (24. Febr. 1548) verliet
ftenthum mit unauflöslihen Banden, wie es fhien, an ihn gefnüp
hatte über die übrigen Reichsſtaͤnde ein entfcheidendes Übergewicht.
jeet Michts mebr am Derzen als die Errichtung eines neuen ſchwaͤbiſc
Religionsfricde i 1831
ils Oberhaupt in den Stand geſetzt ward, die einzelnen Stände mehr
Willen zu lenken. Die erflen Unterhandlungen hierüber in Ulm wa:
, ebenfo auf dem Neichötage zu Augsburg 1548, um fo mehr, da er
Reichstags die Stadt mit fremden Truppen befegen ließ und ſich ge:
nde eine höchft anmaßende Sprache erlaubte. Auf demfelben Reiche:
rte es ſich aber, daß es keineswegs feine Abficht fei, die Proteftanten
unterdruͤcken, fondern daß er durch fie zuerft noch feine Abfichten ge:
ft erreichen wolle; denn er fuchte mit ihnen felbft die Unterhandlun⸗
en, unter welchen Bedingungen fie das 1546 ſchon zu Trident eröff-
+7, angeblidy wegen einer dafelbft ausgebrochenen anftedenden Kran:
apſt nad) Bologna verlegte Concilium befchiefen Fönnten. Da aber der
LITT.) e8 nicht nach dem Verlangen des Kaiferd wieder in Zrident fort-
reolite, fo legte diefer rinen förmlichen Widerſpruch gegen baffelbe ein
über die Mittel berathfchlagen, wie man auch ohne Goncilium die
ungen beilegen könnte. Es wurde daher von einigen von ihm dazu
ı Männern rin Auffag entworfen, wie es in Hinfic)t dee Hauptpunfte
en Glaubens, des Gottesdienftes und der Kirchenverbefferung bi3 zu
gen Concilium einftweilen (interim) gehalten werden folfte (15. Mai
ieſer Aufſatz heißt deßwegen das augeburgifhe Interim (f. d.). —
weit war die Religionsfreiheit der Proteſtanten febr gekraͤnkt, die
sogen wie die alten Kirchengebraͤuche waren faft durchgängig wieder
* Der Kaiſer genehmigte den Aufſatz; denn man verſicherte
a Proteftanten nicht zu viel geſchehen ſei, und dies mußte er um fo
1, je mehr der Papft dagegen eiferte. Der Kaifer hatte offenbar eine
segel ergriffen ; denn durd) Bas Interim erbitterte er die Proteftanten
br und gab dadurch die nichfte Weranlaffung, daß die Ausführung
n Plans auf Deutfchland fcheiterte. Nur wenige Stände nahmen
gerung an; felbft Morig, von dem man am mentgften Widerftand er:
uͤberſchickte es erft feinen Theologen, mit dem Bedeuten, e6 zu un⸗
z Wahrheit aber nichts zu vergeben und nur In einigen unbedeutenden
0 man allenfalld® nachgeben Fönne, nicht zu viel Bebenklichkeiten zu
#8 warb jedoch alle Widerſpruchs ungeachtet publicirt und die An⸗
ben an mehren Orten mit Gewalt durchgefegt. Selbft Moritz fchien,
mer angegebenen Gegenſchrift, dem Belfpiele der nndern Reichsſtaͤnde
ofen, da er (nachdem man nach mehren Verhandlungen im leipziger
2. Dec. 1548] darin Übereingefommen war, inwieweit man dem
Raifers Folge leiften könne) Anftalt machte, den aͤußern Gottesdienit
wformen. Allein nicht nur in Sadıfen, obgleich man hier nur in ben
Mitteldingen oder Adiaphoris dem angsburger Interim folgte, fon:
mpt in ganz Deutfchland entftanden die größten Unruhen, die pro:
a ebiger verließen größtentheil ihre Amter, das Volk wurde an meh:
is zur Schwaͤrmere und Wuth entflammt, und mehre proteftantifche
ich kathol. Fürften vermochten die Einführung des Interims nicht zu
bie fegtern waren Überhaupt unzufrieden, daf den Proteftanten noch
RE die Kirchenguͤter, gelaffen morden wiren. Unter folhen Unruhen
J. 1548 und ein Theil des folgenden. Da ftarb der Papft und der
Julius III. tie fich bereitwillig finden, die Stirchenverfammlung zu
zifegen. So konnte doch das Äryeriiche Interim allmilig in Vergeſ⸗
acht werden, und der Unwille der Eathol. Fürften mußte fi legen, da
rnun wieder mit dem Papfte im Einverftändniffe faben. Die herrſch⸗
lene des Kaiſers aber wurden von Dem Eugen Moritz bald durchſhaut,
in/m jerrer auch damit umging, feinen Schne Phitipp die Nacdyfolge
⸗
182 Keligionöfriede
in der Regierung bes Reichs zu verfyaffen und das Kaiſerthum erblich zu
Meris nahm fich daher vor, feiner Anmakung Grenzen zu fegen und 3
lands Freiheit zu fichern, follte er auch das Dpfer dafür werden; ohne no«
wähnen, daß er ſich vielfach gefränkt fühlen mußte, weil der Kaifer auf a
Mitten wegen der Befreiung feines Schwirgervaters, des Landgrafen, g
achtete. Die Proteftanten mußten zu diefer Zeit fchen wegen der Kir
ſammlung in großer Unruhe fein, da der Dapft in feiner Bulle auf fie g
Ruͤckſicht nahm, ſich nach wie vor den Statthalter Chrifti nannte und nur |
- lichen Stände zur Kirchenverſammlung berief; und der Kuifer vermochte f
burdy fein Verfprechen, daß er fein ganzes Anfehen verwenden wolle,
Handlungen auf demfelben in einen hriftlichen, billigen und ordentlichen (
bringen, noch durch die Verſicherung eines freien Geleites und freien Zu
beruhigen, denn fie ahneten als zu gewiß, daß er von der Kirchenverfaı
nur einen neuen Vorwand fuche, fie und ihre Lehre völlig zu unterdruͤcker
Unmille und die Gährung der Gemüther waren bei ihnen aufs höchfte ge
doch wollten fie das Äußerſte noch abwarten. — Indeß war Morig allein
Da ihm die Vollziehung der Reichsacht über das noch widerfpenftige Ma
übertragen worden war, fo ward es ihm leicht, ein ſtarkes Heer aufzubrin
ſonders dar die benachbarten Kreisftände zu feiner Unterflügung aufgeboten
und der größte Theil ber Unkoſten aus der Reichscaſſe beftritten werde
Auch Eonnte er, da Magdeburg fehr feft war, ohne den Verdacht einer as
tigen Abficht zu erregen, große Zurüftungen machen; doch ſuchte er die l
rung feines Plans immer noch hinzuhalten, bis fid) der Kuijer von Au
wo er noch viele Truppen beifammen hatte, in die Naͤhe des Concilium
würde. Da fich aber die Wiedereröffnung deffelben noch eine Zeitlang da
fuchte Morig die wegen der Übergabe der Stadt eingegangenen Verglei
handlungen noch länger hinzuhalten, und ſchloß ganz in der Stille zu
Det. 1551 nebſt dem jungen Landgrafen, Wilhelm von Heffen, dem
brecht von Medienburg und dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg
Könige von Frankteich, Heinrich II., gegen den Kaiſer ein Vuͤndniß.
er endlid) den 6. Nov. mit Magdeburg wegen der Übergabe einen Verg
gangen, fo wußte er den Kaifer nicht nur wegen der Nichtentiaffung feinel
fondern auch wegen der mandjerlei von ihm und feinem Vorhaben verl
Gerichte völlig zu täufchen. — Den 20. März; 1552 brach er mit feinen
aus Thüringen, wo fie Winterquartiere gehalten, auf, den 25. erfolgte I
einigung fänımtlicher Bundesfoldaten bei Schweinfurt, dann ying e6 ia
dem Zuge vorwärts, und in der Macht des 31. ſtanden fie ſchon vor Au
Zhoren. In dem Manifefte, das fie auf diefem fchnellen Zuge ausbreitt
ben fie der Welt folgende drei Grlinde zu diefem Kriege an: Tyrannei dei
durd) Unterdrüdung der evangel. Lehre, Treuloſigkeit deffelben gegen da
grafen und gewaltfames Verfahren gegen die Neichsverfaffung. Der
nicht gerüftet und außerdem von mehren Seiten Krieg befuͤrchtend, 1
ducch feinen Bruder Ferdinand mit Morip zu unterhandeln, und man ka
Mai barin überein, daß den 26. Mai zu Paffau ein Frirdenscongreß er
von diefem Tage an ein allgemeiner Waffenftilftand angehen follte. Bie
fer Zeit hoffte aber Morig nod) mehr zu erreichen; fehnell ging er Daher
Truppen los, mit denen der Kaifer am Zuge ber Alpen die Paͤſſe befept hie
fiel fie den 18. bei Neuten und fchlug fie vellig; den Tag darauf erobeg
ehrenberger Klaufe mit Sturm, und ftand den 22. nur nod 2 Meilen:
fprud, von wo der Kaifer, der dort am Podagra Frank lag, nebſt feinem
Ferdinand Nachts in größter Eile entfliehen mußte, um nicht ‚gefangen;
den. Nach dieſen glüdlicken Fortſchritten Moritzens Eannte man wol a
Religionöfriebe 188
: Untechandlung erwarten. Morig verlangte nichts iveiter als unein-
Religionefreibeit für die Proteftanten, Loslaſſung des Landgrafen aus
iſchaft und Abſtellung aller Beſchwerden in der zeitherigen Regierung
Dem Kaiſer, der im Augenblicke ſeiner Flucht dem gefangenen Kur⸗
freiheit geſchenkt hatte, damit fi Morig feiner Befreiung nicht ruͤh⸗
ward es fchwer, nad) einer fo (dimpflichen Flucht ſeiner ſo lange Zeit
offnung auf die unumſchraͤnkte Herrſchaft uͤber Deutſchland zu entſa⸗
ze mußte endlich, wiewol nad) langen Widerſtreben, der Nothwen⸗
eben, und fo ward den 31. Sul. der paffauer Vertrag geſchloſ⸗
nicht nur der Landgraf feine Freiheit befam und die im ſchmalkaldi⸗
Geaͤchteten roieder zu Gnaden angenommen wurden, fondern auch die
e Partei völlige Reli gionsfreiheit erhielt. Denn obyleid man über
auptpunkte des Friedens, uͤber die Abftellung der Beſchwerden wegen
nen Eingriffe in die beſtehende Reichsverfaſſung und über die Reli:
mbeiten, ncd) auf dem in 6 Monaten anzuftellenden Reichstage un:
sollte, fo follte doch ſchon von diefem Augenblide an zroifchen den
tathol. Ständen ein völliger Friede herrfchen, und Feiner von beiden
t fein Gewiffen und Willen auf einige Art beſchwert, fondern ruhig
bei feinem Glauben gelaffen werden. In einem befondern Neben:
doch feftgefegt, daß der jegige Friede auch dann noch bleiben folle,
auf dem nächften Reichſtage zu keinem nähern Vergleid, Eime, daß
ammergericht nidye nur allen Meligionsparteien gleiches Recht fpre:
aauch zu demfelben augsburgifche Gonfeffionsverwandte laſſen follte.
ard vom Kaifer, vom römifchen Koͤnig und auch von allen zu diefen
ngen gezogenen Staͤnden gebilligt. - Bon biefen Zeitpunfte an
e Bildungsgefchichte der lutheriſchen Partei als gefchloffen anfchen ;
ie Reichstag folte nur noch Einiges näher beftätigen. Allein diefer
I wegen ber vom Markgrafen Albrecht im Reiche noch verurfarhten
eils auch wegen des franz. Kriegs nicht fo bald gehalten werden. Der
um fich während der Zeit höchft zweideutig und die Proteflanten,
durch den Tod des muthigen Vertheidigers ihrer Freiheit, ded Kur:
tz, nach der gegen den geachteten Markgrafen von Brandenburg ges
xhlacht bei Sirverähaufen (1953), beunruhigt worden waren, ſchweb⸗
schen Furcht und Hoffnung. Endlich kam auf dem Reichstage zu
z augsburger Religionsfriede, 26. Sept. 1555, zu Stunde.
ver im Namen feines Bruders die Verhandlungen eröffnete, erklärte,
von einem allgemeinen oder Nationalconcilium, nody von einem Res
ch viel erwarte, man folle lieber auf Mittel denken, wie Friede und
üche bei aller Berfchiedenheit der Glaubensmeinungen erhalten werden
ſo wurche denn zur Abfaffung eines ſolchen Friedens gefchritten. in
dem fürftt. ſowol als aus dem kurfuͤrſtl. Collegium arbeitete, jeder
inem Entwurf dazu, über den man fid) aud) bald verſtaͤndigte. Es
a von beiden Seiten Bein Reichsſtand wegen feiner Steligion und Kir
e angefochten, fondern bei feinem Glauben, Ceremonien, Hab und
sb und Leuten, Obrigkeit und Gerechtigkeit ruhig und friedlid) ge:
8; Religionsitreitigkeiten follten nur durch chriftlicye, freundliche und
etel und Wege ausgeglidyen werden; die geiftliche Gerichtsbarkeit
m Glauben der Proteftanten und ihren Gcttesdienft Feine Kraft hu:
biug aus einem Lande ins andre der Meiigion wegen geftattet fein,
foßte dieſer Friedftand ftet, feft und unverbrüchlic gehalten werden,
arch kein Mittel ein Religionsyergleid zu Stande kommen follte. —
Punfte waren 73, welche ned einen hartnddigen Streit von 6 Üte:
184 KReligionsphilofophie
naten erzeugten. Die Proteftanten verlangten nämlich, daß es auch den 9
chen Ständen frei ftehen folle, zur augsburgifchen Confeſſion zu treten; bi
tholiten hingegen erklärten, daß dieſe infoweit ausgenommen würben, dafı
Geiftliche, der zur proteftantifchen Lehre Überträte, feines Amts und SU
jpso jure et faeto für entfegt erklärt würde. Diefen Punkt, weil ihn Wu
tholiten fid) als Vorrecht vorbehielten, nannte man den geiftlichen Vorbehalt
servatum ecclesiasticum. In dem Reichsabſchiede wurde bemerkt, ba
hieriber die Stände nicht hätten vereinigen. koͤnnen, daher erklärte der- vie
König im Namen des Kaifers, wie es in ſolchen Fällen gehalten en
Feder Erzbifhof nämlich, Bifhof, Prälat oder Geiftliche, der in Zu
der alten Religion abtreten würde, ſolle auch fogleich fein Amt abtreten id
alle Einkünfte beffelben, jedod) ohne Nachtheil feiner Ehre und Würde,
thun. — Der zweite Punkt betraf die Frage: ob die von Adel, Städte, Cei
nen und Unterthanen, fo der augsburgifchen Gonfeffion vermandt und unk
thol. Fürften und Ständen gefeffen, die Religionsfreiheit geniefen follten.
dinand entſchied, daß fie von ihrem Glauben und Gottesdienft nicht gebrii
fondern bis zur chriftlichen Vergleichung der jtreitigen Religion in Ruhe 44
werden follten. Mit diefen Beflimmungen des römifchen Könige über di
den ftreitigen Punkte warb den 26. Sept. der völlig gefchloffene Friede mil
Reichsabſchiede publicirt. — Man fieht daraus von felbft ein, daß die eigag
Grundlage zu einem feften dauerhaften Frieden Übergangen wurde, ndmid
lige Gewiffensfreiheit; davon hätte man ausgehen und darnach die übrigen
bättniffe der Reichsverfaſſung, der Fuͤrſten und ihrer Unterthanen beftimme
len. Man fchloß aber noch von diefem Frieden die reformirte Partei aus, 1
erft im meftfälifchen Frieden mit der lutheriſchen gleiche Rechte erhielt. 15
KReligionsphilofophie. Darunter verfteht man überhaupt &
loſophiſche Nachweiſung ber ewigen und allgemeinen Ideen, welche jeder
Religion zum Grunde liegen müffen, und die Erörterung der religiofen Anl
menſchlichen Gemuͤths. Als folche macht fie zugleich einen wichtigen
Philoſophie aus. Sie unterſcheidet ſich von Keligionsgefchichte dadurch, dd
tere ed mit der gefchichtlichen Entwickelung jener allgemeinen Ideen und bes
bildung ber teligiöfen Anlage zu thun hat. — Um in den Stand gefegt zit
jede Religionsphilofophie richtig zu würdigen, möge uns die Erfahrung ein
größten Denker (Baco) leiten: Die Philofophie, nur obenhin gekoftet, füi
von Gott, ganz erfchöpft, führt fie zurüct zu Gott. Die Religion we
allem Philofophiren über fie, praktifch wirkend vorhanden. Die Phil
hat die Religion ale Erſcheinung bald erfiären, bald begründen wollen; oft er
terte fie Diefelbe, doch nicht minder oft wurde fie durch den Glauben befiege,
der Religionsphilofophie herrfcht oft mehr der grübelnde Verftand als die!
nene Vernunft; foiche Philofophie oder Meflerion mar es von jeher, meld
Sectenhaß und die Verfolgung in der Religion erzeugte, wihrend die Mel
felbft dem Begriffe nah, auf Duldung hinwied. Auch hat nie die Religior
ſolche, Verfolgung herbeigeführt, mol aber die Meinung über fie, welche ſich
Religionephilofophie ausgegeben hat. Waͤhrend der religiöfe Glaube bes
Gott für die Erlöfung dankte, ließen die Philoſophen den Erlöfer kreuzigen,
feine Auferftehung den Volksglauben befräftige und ihre Verſuche zur Xu
rung der Ehre Gottes Leite. Diefer Verſuch ift ſchon öfter feit der Grit
des Chriſtenthums wiederholt worden, jedoch ſtets mit gleichem Erfolge.
auf das Chriftenthum angemendete Religionsphilofepkie nennt man Phile
des Chriſtenthums. Der Zweck der Neligionsphilofophie ift: in Sache
Glaubens und zwar des innigften Glaubens, den e6 geben kann, die Med
menfhlichen Natur und ihre Grenzen zu beftimmen. Sie foll das vom Ko
Keligionsſchwaͤrmerei Religionsunterricht 185
Her in Einſtimmung mit einander ſetzen und dahin wirken, daß die Re:
ie aufhoͤre, Sache bes Herzens zu fein und ſich nicht zum bloßen N nffen
teligi onsfhwärmerei ift eine Überfpannung des Gefühle ı und. ein
wifen der Einbiltungstraft in Bezug auf das religiöfe Denken und Han-
u Menſchen. In dieſem Zuftande kann fich der Menfch entweder mit der
Heit und der Erfahrung befchäftigen oder eingebildeten Ideen hingeben ;
IR metaphyſiſch⸗ religiöfe Schwärmerei. — In der Geſchichte der Reli:
beörmerei findet man, daß die praftifchsreligiäfe der theoretiſch⸗anſchaulichen,
Ausſchweifen im Thun und Dichten (f. Sanatismus) dem Ausſchwei⸗
Diſſen und Grübeln voranging. — Unmiffenheit und Verachtung gegen
Bert Forſchen und gegen Gelehrfamleit, verbunden mit Entnervung des
, waren ſtets der Schwärmeret eigen; daher in den Zeiten der Barbaret,
Iheit, üppiger Verſchwendung und Entnervung die meiften Schtwärmer
— De Rellgionsſchwaͤrmer erhielten oft in den finſterſten Jahrhunderten
ie des freien und eignen Denkens; in Zeiten der Aufklaͤrung waren fie
ben Feinde des Fortgangs deffelben. W.L.
Migionsunterricht kann ohne Abweichung von der Methode, nach der
iffe von irdifchen Dingen mitzuthrilen pfleat, nicht zweckmaͤßig ertheift
(Val. Religion.) Hier fragt es fih: Wie kommt der Menfch zum
I Der Menſch ift beftimmt, im Glauben an Gott zu leben und zu han⸗
Rund mit diefem Glauben tritt'er auch in den Bund mit Gott. Aber der
des Glaubens, der nur fein Glaube ift, bedarf der Pflege, der Nah:
Bildung und Erziehung. — Durch wen oder mas Andres als felbft
we duch den Glauben Andrer kann dies gefhehen? Was immer fonft
Benfchen dargebuten werden mag zur Stärkung f. Glaubens; cr felbft,
Geift des Glaubens, löfcht gemaltfam Alles aus, was nicht rein wie:
if; nur an dem Göttlichen kann ſich das Göttliche erwecken und ent:
Darum wird auch nun und nimmermehr etivas ausgerichtet im diefer
durch eine ſtarke und nuͤberwindliche Frömmigkeit der Ältern und
Start und mächtig wird der Menſch durch Gott, und unausſprechlich
er dann auch, felbft Die, welche ſchwaͤchern Glaubens find, ſich nach⸗
und zu gleicher Höhe emporzuheben. Dieſem Geifte, diefem Glauben
Bir nicht widerftehen, wo er fo vertrauensvoll ſich ausfpricht; wo ein fol:
lebt im Leben und in der Predigt, da wird fich das Volk verfamnteln.
bängen mir an den Lippen der Ältern und Lehrer, wenn fie von Gott
km wunderbaren Weſen, von den Schickſalen und Thaten großer unb from⸗
chen, überhaupt von der heiligen Geſchichte erzählen; ; wir glauben und
kBig erflaunt über den wundervollen Gott und feine frühern Offenbarungen
VNenſchheit. So mit der Muttermilch und der Liebe felbft geht Gottes
a unfer Pindliches Gemüth ein, ja fhon um unfre Wiege Elingen hei:
Michten, und das kaum gefhaffene Ohr wird fhon gewöhnt, von Gott
R Epäterhin nun erzählen Altern und Erzieher von eignen Wahrnehmun:
ut, von feinen wunderbaren Wegen, und mit Fingern zeigen fiodem Kinde
weichimgsvollen Rath, und wo Andre nur das Spiel des Zufalls und das
der Naturgeſetze erblicken, fehen fie Gott. So wird bad Kind fchen früh
8, anfangs nur gewöhnt zu hören und zu glauben vom Allgegenwaͤrtigen,
Brad, den es doch nicht fieht, von dem Allmaͤchtigen und Altweifen, den
erblickt. Jedes Gut des Lebens wird als eine Gnadengabe aus feiner
pormmen, aus der Hand, tie es nidt haut. Inden Kirdyen ſieht es die
ken derſammelt, alle find reinlich und feſtlich gekleidet; die gewoͤhnichen
Wı tes Lebens und ber Werteltage ruhen, alle find vereinigt, Einem zu die:
186 Religionsunterricht
nen, den ihre Augen nicht ſchauen, zu Einem beten, ben fie nicht finniid
nehmen. Ja Alles, was grof und herrlid) fonft dem Kinde erfcheinen mag,
Obrigkeit, Altern, Lehrer, Ale beugen ſich hier vor einem noch hoͤhern
der doch immer verborgen vor ihren Augen bleibt, und ihm danken fie
alles Gute, audy für das Boͤſe, obgleich fie Alles feibft in Mühe und Schr
arbeitet und fo ſich Alles felbft verdient zu haben fcheinen. So lernt ber.
liche Geift ſchon früh fein Sehen, Denken, Dichten und Meinen verleugug
glauben ein Ewiges und Unendliches, der immer nur Eins, nur ein Zeitlie
Endliches ſchauen fann. Der Geiſt, der Alles nur als entflanden und ve
begreift, wie er es fieht, lernt glauben an Etwas, das da nicht entflanden
ein Wefen und Dafein ohne vorhergehende Urſache. Gibt es nun irge
Wahrheit und Lehre, fo if jie dem Menfchen erft darum wahr, meil fies
Glauben übereinftimmt, oder aus ihm hervorgeht, ſodaß der Gläubige w
würde ohne feinen Glauben gar nichtE Andres begreifen koͤnnen. So hat di
einen Ruhepunft, wo er einkehrt, felig zu fein in der Wahrheit, eine H
wo er die Noth und Mühe des Begreifens ablegen und einen ungetrübse
zum Himmel erheben, eine felige Anſchauung des Unergrlindlichen, einen;
zum Vater haben kann. Und fo ift auch dem Menſchen das ganze irdiſch
gedeutet und das Raͤthſel feiner Beſtimmung gelöft. Er weiß, von we
was er hier ijt und fein foll, und weis, wohin er fommen wird. Don
ift er ausgegangen, was er hier if, iſt er durd) den Sohn, und ber Geiſt,
in alle Wahrheit leitet, führt ihn einft dem Vater wieder zu, wo er Alles i
if. — Das iſt aber nicht das Einzige und Wichtigſte der Erziehung, d
ung geiftig fo im Denken und Erkennen verleugnen lernen; denn Gottes M
ja in uns nicht als eine Lehre oder ein Wort, fondern ale Kraft fein und
Darum gewöhnt man auch das Kind ſchon früh, alles fein felbiliges Be
Verlangen und Wollen aus keinem andern Grunde aufzugeben, al® weil
Gottes Gebot und Willen if. Alles Unrecht und Böfe wird daher Mi
Glauben felbft bekämpft, und man Ichrt [hen das Kind um Vergebung bei
den bitten, wie man überhaupt daffelbe beten lehrt. Wie unausfpseh
dem Gemuͤthe des Kindes die Wahrheiten der Religion find, fann nıan m
lernen, wenn man es die Religion als ein Gottes: Wort lehrt. Hier kann!
ben, was es heißt: Im Munde der Unmündigen hat er ſich ein Lob zubereitei
nun den Unterricht in der Religion im Allgemeinen betrifft, fo finden wi
Erfahrung befiätigt, daß die Ahuung der Religion am reinften und unver
ſten da ſich zeigt, wo noch Eeine methodifhe Begriffsentwidelung flatthabe
te, und das oft das ungebildete einfache Semüth ihr Siegel wahrhafter
verfälfchter in fich trage als der zum Gipfel des Wiſſens erhobene, vielf
terrichtete Geiſt des methodiſch Gebildeten. Diefe Erfcheinung zeigt uns bi
der menfchlichen Natur und die Schranke des wiſſenſchaftlichen Streben®. -
Unterricht in der Religion erfolge weder zu früh noch zu fpät. Nicht z
d. h. nicht eher förmlich, bevor nicht die Wahrzeichen des Verſtandes eis
das frühe Lernen der Begriffe und der Dogmen verderbt im Kinde die N
fie wird zum Scheine, flatt Herzensfache zu werden. Nicht zu ſpaͤt, di
erft dann, wenn ſich in dem Gemuͤthe Zerſtreutheit und Leichtfinn, Selbſtſu
Zweifelgeift feftgefegt haben; der Neligionsunterriht darf nicht zu ſpaͤt a
gen werben, weil die veligiöfe Idee unter den Sorgen der Erde und bie ı
Hoffnung unter den Widerfprüchen der Ereigniffe verioren geht, wenn fie i
guten und tiefen Boden geſenkt ift. — Die erſte religiöfe, d. h. fromm
ziehe ſich das Kind felbft ab — aber aus dem Leben frommer Menſchen, nas
der Knabe von dem Vater, die Tochter von der Mutter. Ältern müffen vı
Kindern in einem unaffectirt frominen Leben wandeln und ihren Kindern a
Religionsunterricht 187
ber Gottes die Weihe zum Reiche Gottes geben. Die erſte Religions⸗
en Kindern in der Anfchauung gegeben: eine Religion in lebendigen,
rtigen Beifpielen fei alfo der erfte Unterricht in der Religion. Hierauf
ı Kindern die Erzählungen aus der alten, fernen orientalifchen heili-
Bibel in Auszügen, füge an jede verftandene Trzählung einen bibli-
in welchem die Refultate ähnlicher Erfahrungen, welche die vorher
jelefene Geſchichte vergenenmwärtigte, kurz und deutlich ausgefprochen
in ber Zukunft bei der Erinnerung an jene Sprüche zugleich die ange>
ſachen zu Erklärung derfelben dienen koͤnnen. (Die „Bibl. Geſchich⸗
midt dürften daflıc am zweckmaͤßigſten befunden werden, zunaͤchſt dies
L Gefchichten‘‘ von Hübner mit Sprüchen und Liedern, in Schwelm
nen.) Ebr alfo ein Spruch gelernt wird, müffen Altern und Lehrer
afte Geſchichten zum Verſtaͤndniß des Spruches vorausgeſchickt has
er audy außer der biblifchen Geſchichte das religiöfe Leben andrer Fa⸗
ı Unterricht in Anſpruch nehmen zu können, fo wähle man foldye Buͤ⸗
vitkliche Thatſachen aus dem religiöfen Leben der Vergangenheit und
ıdiefem Behufe enthalten. (Die Sammlung von Ewald in 3 Bon.
„Beifpiele des Guten”, ift dazu fehr brauchbar.) — Aus diefem Ges
ich im Kinde eine Reihe religiöfer Vorftellungen von einec nicht blof
ondern auch wohlmwollenden und ftrafenden Aufficht über das Thun
; behaltbar find fie ihm durd) die Sprüche geworden, und diefe find
ducch die Geſchichte verdeutlicht worden, nicht als etwas dem Kinde
aes, fondern als mit Hülfe des Lehrers felbft erworbene Weisheit zu
- Nädıft diefen Erzählungen, welche aus dem religidfen Leben ein»
yen entlehnt waren, gehe man den Kindern kräftige, kurze hiftorifche
ven Veranftaltungen Gottes, die Erde bem Himmel zu nähern; zeige
Vederkehrende Liebe des Vaters im Contrafte zu dem Ungehorfam und
des gröäten Theiles ganzer Familien wider Gott und fuche auch biefe
uch bihlifhe Sprüche behaltbar zu machen. Auf diefe Belehrungen
erkatechiömus, als zweckmaͤßige Erweiterung des früher eingeleite⸗
tehismus, folgen können. Durch diefe Übungen ift nun die Jugend
mug, in der vorzuführenden Religionsgeſchichte jeden immer gewag⸗
iner Nation, Gott beſtimmt zu denfen und zu ehren, dennoch theil-
fo ohne Spott, ernft und andachtsvoll zu beurtheilen. Man zeige in
te recht deutlich, daß der Menfd) weder die wahre Erfenntnif, nod)
derehrung Gottes aus’ eigner Kraft erlangen und begründen konnte,
h die Liebe des Vaters darin unterflugt werden mußte. Diefe Ges
zum vorzuͤglich dazu geeignet, den Egoismus zu bekämpfen und den
dankbarer Demuth zu beſtimmen. Mit tem Allen, was wir bisher
He Bildung als zweckmaͤßig angedeutet haben, glauben wir, ift der
ag der religiöfen Erziehung feſtgeſetzt: Bewirke, daß dein Zoͤgling Gott
ad im Herzen habe, daß er fchaue den Unſichtbaren, wie er ſich auch
unbezeugt gelaſſen, nicht ferne von ihm iſt, und daß er fich büte, in
zu willigen, noch zu thun wider Gottes Gebot. — Bon bier ift nun
I zu einer volfländigen Lebensgefchichte Sejn Chrifti geebnet; tiefe
hronologiſch aus allen + Evangeliſten, laſſe fie die Kinder aus der
fen und füge dazu die praktiſch-zweckmaͤßigſten Erläuterungen. Es
einnern , die Geſchichte Jeſu aus den heiligen Urkunden felbft leſen
de andre Duelle ift getrubt. Mit der Lebensgeſchichte Jeſu beginnt
je pofitive Religionsunterricht, deſſen Dauptgrundfag nut fein kann:
neige Leben, daß ihr Den, der allein wahrer Bott ift, und Den, den
6, Jeſum Opriflum, erfennet. Fragen wir, welche Methode bei tie:
188 Religionsunterricht
fern Unterricht zu wählen fei, fo kann nur diejenige als die zweckmaͤßigſte
tet werden, welche Jeſus feinen Schülern felbft vorgefchrieben hat. 2
Schäfer fahen ihn leben, dulden und wirken, und hörten ihn reden. &d
ten waren die Belege zu Dem was er lehrte, und was er lehrte, das erläu
nen den Grund feiner Handlungsmweife, ihren Werth und ihren Zweck,
Tonnten fie nicht anders, fie mußten nad) umd nach erfennen, daß er fet €
der Sohn des Icbendigen Gottes, der Meifter von Gott gefandt, der I
Wahrheit, die da felig macht. Auf dieſelbe Weife, die ſich an ihnen feibft
hatte, wirkten nun auch die Juͤnger Jeſu auf ihre Schüler. Er war dei
ftand ihrer Lehren, ihre Aufgabe war das Gemälde f. Lebens und f. Ch
Sie Hatten ihn geſchaut von Angeficht zu Angeficht, ihre Schüler konnten
mit dem inneren Auge fhauen ; war aber nur ihr Gemaͤlde treu, fo durfte
fihert fein, daft, wer es gefchaut, ergriffen werde von feiner Erhabenhelt
ihn lieben und in Liebe thiitig fein werde. — Nicht die Bruchſtuͤcke von 7
chen und Reden Jeſu, nicht einzelne Scenen aus f. Leben machen den &
Hörer bekannt und befreundet mit ihm, fondern nur die vollftändigfte un
Darftellung deffelben. Wie die erften Religionslehrer nicht einzelne Sprit
citirten, um ihre religiöfen Anfichten vorzutragen, und damit zu unterftät
nicht die einzelnen Evangelien cine nach dem andern leſen ließen, font
ganze Genzilde f. Lebens vor die Augen ihrer Schliler zu bringen wußte;
chem jede Rede, jedes Wort erläutert wurde durch die That, welche es
fo fol auch jetzt noch jeder chriftliche Religiontichrer die große Aufyabe 3
hen, feine Schüler bekannt und befreundet mit Jeſu felbft zu mahm. #
jten Kindern, welche von Sefu nur zu plappern toiffen, was fie im Spr
lein, Katechismus oder einer dürftigen Erzählung auswendig gelernt habe
die Erkenntniß ven ihm, welche die einzige Quelle des Lebens ift. — |
praftifchen Refen der Lebensgefcichte Jeſu muß der Lehrer darauf fehen:
der Schüler dns Leben des Goͤttlichen, als vollendetes Gemälde, als ein
an⸗ und überfchaue; b) dann foll ihm die Kehre deffelben, als ein vom &e
ſchiedenes Ganzes Elar werden; e) endlich foll er fich ſelbſt Nechenfchaft gi
den Gründen der Wahrheit Deffen, was er glaubt; kürzer, er foll zuerfi
bensgefhichte Sefu ; dann die Glaubens⸗- und Sittenlehre Jeſu erhalten ı
lich fein eignes Glaubensbekenntniß ablegen; letzteres ift das Merk des €
oder die Frucht des Gegebenen, von ihm felbft aber Verarbeiteten. Diefe
bensbefenntniß feren die Schuͤler auf, oder fie waͤhlen den Eleinen Kate
von Luther zum Dolmetfcher deffelben, um fo eher, teil Luther nicht® au
men hat (felbft den Worten nach), al6 was die Bibel enthält. Hätten
Luther’s Katechismus herausgegebenen Katechismen, Leitfäden, Anleitur
Lehrbücher ebenſo ehrlich nur die Schrift fprechen laſſen, fo mürben wi
Führern im Religionsunterricht vorfchlagen; allein da dies nicht der Fal
fheint es durchaus unzweckmaͤßig, durch fie die heiligen Urkunden zu ven
umd fie fir den Unterricht zu wählen, ohne deßhalb fie verdammen ober |
fondern Werth mindern zu wollen. — Um den gefhichtlich = pofitiven U
in Verbindung mit dem Eirdklich = pofitiven zu ſetzen, befolge man bie durch
ſchichte angedeutete natlırlihe Ordnung: nach Vollendung des einleite
ſchichtlichen Neligionsunterrichts laſſe man den erften Artikel memoriten ;
im Neuen Zeft. Jeſus das Geſetz Gottes, durch Moſes befanntgemadji
tigt, veranlaffe man die Kinder, das erfte Hauptſtuͤck nach vorhergegang
klaͤrung zu erlernen; da, wo Jeſus die Anleitung aum Gebet gibt, werde d
Hauptftüd erklärt und memorirt; der zweite Artikel nach Vollendung ber
geſchichte Jeſu; der drittenach der Ausgießeeng des heiligen Geiſtes; dat
mahl und bie Zaufe da, wo die Geſchichte Jeſv fie als integrirende Theile ı
Religionsunterricht 189
tfiude müffen aber mit der Erklärung Luther's erlernt werben, meil
noch nicht im Stande find, eine einfadyere Erklärung zu geben, als er
flen bat; feine Erklärung bedarf nur einer Verdeutlichung. Die chrift:
neh befonders vorzutragen, iſt in dem eigentlihen Schulunterricht
ba die Lebensgeſchichte Jeſu die lebendigſte und individualifictefte Mo⸗
— Beim Gonfirmandenunterricht kann nach diefem vorausgefchickten
a Unterrichte den vorzunehmenden Vorbereitungen eine mehr ſyſtema⸗
ſowol in Hinſicht der Religions = ald auch Sittenlehre gegeben, und
icke koͤnnen dann in der Ordnung durchgegangen werben, in welcher
ſ. Keinen Katechismus gegeben hat. (Zu diefem Zwecke verdient Em:
ug's „Svangelifches Lehrbuch der chriſtlichen Religion“, Zittau 1817,
fematifche Form des Religionsunterrihts auf das Glaubensbekennt⸗
tim Dauptftüde des Katechismus gebaut und die Sittenlehre mit der
we auf eine Weife verbunden ift, welche die gegenfeitige Durchdrin⸗
Bechfelbesiehung beider Disciplinen beffer als nody in irgend einem
wtuche für die Jugend gefchehen anfchaulicd macht.) — Fragt man,
richt in der Religion mit der Moral oder der Religion beginnen müffe,
Antwort: während die Jugend hiftorifch mit Gott dem Vater bekannt:
d, gemöhne man fie zu einer firengen religiöfen Legalität (mo Gott und
a feinem Auftrage den Kindern alle Handlungen und Pflichten ohne
mg befeblen), damit fie dann, wenn ihr Herz und Sinn auf mannig-
und zulegt durd) Jeſus Chriftus mit Luft und Liebe zum Vater und -
rt erfüllt worden ift und ſich gleichſam aus innerer Liebe gedrungen
Bater zu dienen und ihn zu ehren, defto leichter das freie liebevolle (oder
he) Handeln von ihr ergriffen und zu ihrem Eigenthume gemacht
ne; nur eine religiöfe Regalität, parallel gehend mit dem Unterrichte,
Sugend zur Moralitit oder zur freiwilligen Ausübung des göttlichen
Ban hat die Eatechetifche Unterrichtöform in der Religion getabelt. Der
aber nicht diefe Unterrichtsform als folche an und für fich betrachtet
Knidyt nur beim Katechumenen⸗ und Confirmandenunterricht vorherrs
fendern auch ſchon bei dem vorhergehenden Unterrichte hier und da zur
angewendet werden), fondern nur die Alleinherrfchaft derfelben vom
I zum Ende bes Religionsunterrichts. Zu unferer Zeit, wo man zu
oder gar nicht in der Bibel lieft, mo man aud) in Schulen es verfäumt,
Ne Geſchichte Jeſu und f. Apoftel im Zufammenhange zu einer evan⸗
as und überſicht zu erheben, ift diefe Alleinherefchaft der Katechetit
ch als nuͤtzlich. —- Für unfere gelehrten Schulen ift es hoͤchſt nöthig,
uf den echt evangelifchen pofitiven Unterricht zu verwenden al& es ge:
ſchieht. Man widme dem Lefen des I. T. zum menigften eine gleid)
lufmerkſamkeit ala den Heidnifchen Schriftftellern. In unfern Tagen
weftantiicher Schüler das Gymnaſium verlaffen, er mag nun Theolog,
Mediciner werden, der nicht das ganze N. T. in der Urſprache mit ſei⸗
m gläubigen Lehrer fo gelefen hat, daß ihn eine echt evangelifche Ein-
be ins fernere Leben als bleibendes Eigenthum begleite, welche allein
tsteflanten gegen jede antievangelifche Lehre und Handlungsmeife ehe:
Den Theologie Etudirenden ift fie in unfern Tagen um fo nöthiger,
Uftaͤndiger und proteftantifcher geftimmt und gefinnt in die Hörfäle
yon treten, und um fo richtiger beurtheilen Eönnen, wer aus Gott if
Bohn zum Führer, zum Vater ermählt hat. Faſt Alte, welche die Aka⸗
ken, um über das Evangelium die verfchiedenften und oft widerfprechend:
m zu hören, ermangeln einer biftorifchen Ein= und Überficht der Ur-
RT. — GSomwir man zır ben dlteften bijterifcyen Urkunden ded Rechte
190 Religionsvereinigung Rembrandt van Rhyn
surüdgeht, um das gegenwärtige gefellfchaftliche Leben der Staaten $
dauerhafter zu geftalten ‚ fo wird e8 auch nöthig fein, zu den erften Urk
Chriftenthums zuruͤckzukehren, wenn das religiöfe und firchliche Leben ur
eine dem Geiſte des Evangeliums ent[prechende Geftalt gewinnen folt.
Religionsvereinigung, f. Union.
Religioſen werden der Etymologie nad) fromme Denfchen, i
chen Sinne aber Diejenigen genannt, die fid) durch feierliche Gelübde €
men, befonbers die Blieder der geiftlichen Orden ˖von beiden Gejchlechter
Neligiofität bezeichnet den ducchgreifenden religiöfen Charaktı
allen feinen Berhältniffen die Liebe gegen Gott nicht aus den Augen fe
Religioſitaͤt verhält fi) zur Religion, wie bie Moralitdt zur Vernumft, wol
finnung der Gewiffenhaftigkeit zum Gewiſſen, wie die Frucht zur Bluͤthe
ſes Gefuͤhl ift das moraliſche Gefuͤhl auf das Ewige und Goͤttliche bezoge
Reliquien (Überbleibfel). Dan verſteht darunter Altes und J
von theuern und wichtigen Perfonen ber Vorzeit den Nachkommen uͤbri—
iſt; dahin rechnet man z. B. Theile des Körpers (Knochen, Haare, Näg
Gewänder, oder nur einzelne Stüde davon, Haußgeräthe (Becher, Zifche
Buͤcher u. f. w.). Zu jeder Zeit erhielten ſolche Überbleibfel, als Erinnern
Vorzeit, bei den Nachkommen einen Werth. Auch gab es deren fche
Griechen. Vorzuͤglich aber verfteht man unter diefem Namen alle jan
Überreſte, welche die Chriften von geheiligten Perſonen, 5. B. den Diät
Glaubens , aufberwahrten oder aufzuberwahren glaubten. Am meiften vı
ſich dieſe Reliquien feit den Kreuzzügen. Man glaubte 3. B. die Schw
worin, der Leichnam Chtiſti gelegen haben fol, Stüde vom Kreuze Ch
den Umgebungen des Grabes und noch andre Überrefte von Maria, Je
ben heiligen Männern der frühen chriſtlichen Kirche zu befigen. In I
Zeit erhielten diefe Gegenftänbe nur einen ausgezeichneten Werth; in
verſprach fid) der Aberglaube heilfame Wirkungen von dergt. liberreften,
durch ward der Grund zu einem entehrenden Betrug und Gelderwerb vi
der Bath. Geiftlichkeit gelegt, und fuͤr dieſe Gegenftände zum Vortheil de
und Kiöfter eine beinahe göttlihe Verehrung eingeleitet, fodaß man ein
ter vom Kreuze mehr Kraft zutraute als dem Worte des Erloͤſers felbft.
mifche Kiche hat diefen Aberglauben nicht nur lange genährt, fondern
auf die Überrefte ihrer Fanonifirten Heiligen ausgedehnt. (Vgl. Heilige.
Kembrandt van Rhyn (Paul), einer der berühmteften I
Rupferäger der niederländifchen Schule, geb. 1606 in einer Mühle unwe
die f. Vater gehörte. : Sein leidenfchaftlidher Hang zur Kunſt vereitelte
f. Vaters, der ihn zum Gelehrten bilden wollte. Paul erhielt Unterrich
von Zwanenburg, einem unbedeutenden Dialer; dann in Amfterdam
Laftmann, Job. Pinas und Georg Schooten. Allein bald kehrte er mc
zuruͤck und arbeitete dort, die Natur als f. alleinige Lehrerin zu Rath:
Sie war aber gemein und aud) f. Umgebungen waren keineswegs geeiı
zum wahren Schönen, Hohen und Idealen hinzuleiten; da er auch di
f. frühern Erziehung zu verbeffern ſich nicht angelegen fein ließ, fo war
ih, daß er fih nur an Darftellungen ber gemeinen Natur hielt und ı
Geſchmack fand. Sein ganzes Leben hindurch behielt er auch diefe A
Kunft und f. Lebensart bei; cr ging immer nur mit gemeinen, ungebildet
um und mochte ſich nie an beffere Gefellfchaft gewöhnen. Um 1630 30
Amfterdam und heirathete eine hübfche Bäuerin aus Rarep, die ma
ihm abgebildet findet. Seine Gemälde wurden bald außerordentlich gei
Geldbegier bewog ihn daher, feine bisherige fleifige und ausgeführte $
verlaffen und eine flichtige Behandlungsart anzunehmen. Er zog nun
1er warven toenio JEDE yEImagt aiv |. Wermmur, Und jein Weiz ſuchte
nmer höher zu treiben. (x bediente ſich dabei mehrer, auch in der
von berühmten Kupferſtechern angervendeten Kunftgriffe. Ex verkaufte
lendete Blätter, vollendete dann bie Platte, brachte fpäterhin, wenn
t war, einige Heine Veränderungen darin an, und verkaufte fo dies
a zum britten und vierten Mal, Paufte in Verfteigerungen oder fonft
» f. Blätter felbft auf, ließ fie von f. Sohne heimlich, als wenn er
wendet, wieder ausbietin, u. dgl. m. Auf foldhe Weife, und durch
Lebensart, hatte ſich R. ein bedeutendes Vermögen erworben, wel—
Isteben, 1674, fein Sohn Titus erbte, der zwar von f. Vater für die
ımworbem war, allein darin nicht weit vorgefchritten und ganz unbe⸗
mifl. — R. war im engften Sinne des Worts nur Maler, d.h. er
t, was die Behandlung der Farben, das Colorit, Helldunkel, Fer⸗
inſels betrifft, im höchften Grade, wogegen er die übrigen Erfoder=
abren Künftiers, Gompofition, Gruppirung, edein Ausdruck, Zeich⸗
‚tive, Draperie, überhaupt Geſchmack fid nie aneignen Eonnte. Zwar
Ihft nad) dem Nadten und nady Modellen, hielt auch f. Schliler dazu
a6 für Modelle dies geweſen fein mögen, kann man aus f. Werken
en. Im f. Compofition und Gruppirung folgte er allein ber gemei⸗
id feiner jedesmaligen Laune, ohne alle Auswahl, in der Zeichnung
1. Das Nadte fuchte er in ber Regel fo viel ald möglich zu verbers
ıände und Füße ließ er felten fehen, weil er fie nicht zu behandeln vers
iſt unfoͤrmlich groß oder zu Mein bildete. Da, wo er das Nadte
n konnte, z. B. in f. Kreugabnahmen, Grablegungen, einigen Dar»
Bathfeba im Bad, ift es immer ohne alle Proportion, meift widrig,
mein. Seine Drapirung ift phantaftifch, ganz ohne Wahl, ja meift
und laͤcherlich. — MR. kaufte alle feltfame ausländifche Kleider, Waf⸗
äge Geraͤthſchaften zufammen, um f. Modelle und nach diefen f.
it auszuzieren. Ungeachtet der großen Fertigkeit f. Pinfels foll ihm
mnna fanar hei Martrait mh his Tiranirıma ımenhliche Mithe nee
192 Remebium Remonftranten wu 4
vorhebt, die Nebenſachen im Helldunkel läßt. Er wählte dazu immer bie
tung von oben, und hatte befhalb in f. fonft ziemlich dunteln Zimmer
Öffnung angebracht, durch welche allein fein Modell erleuchtet wurde.
förmigen Methode ift es denn freilich auch zuzufchreiben, dag R.'s
überall fehr gleicht und etwas einförmig geworden ift. — Seine zahleel
maͤlde find faft in allen öffentlichen und Privatfammlungen zerftreut. °
ausgezeichnetften gehören fein Tobias und deffen Familie, vor dem Engel
die beiden Philofophen, Chriftus zu Emaus, die Werkftatt eines Tife
Samatriter, die Darftellung im Tempel, fein eignes und f. Frau Po
drohende Gefangene, und zwei Landfchaften, dann Simon und Delila,
abnahme, und ein minder befanntes, aber fonft noch vortrefflicheres G
ſtus unter den Kindlein (in der gräfl. Schönborn’fhen Sammlung zu
ner fein Apoftel Paulus, das Portrait f. Mutter und f. eignes. (in ber ii
kaiſerl. Galerie), eine heilige Familie, Hagar, Chriftus im Tempel, eine
legung, Kreuzabnahme, und f. Portrait (in der muͤnchner Galerie),
Manoahs, das Keft des Ahasverus, Ganymed, fein eigne® und das P
Mutter und Tochter (das Mädchen mit der Nelke), ingleichen eine Land
Dresden), Saulund David, Tobias, eine Belhneidung, eine Grab
und f. Familie, und eine Landfchaft (in Braunfhweig). — R.'s geaͤtzte
find von einer bewundernswuͤrdigen Freiheit, Leichtigkeit, Kühnheit und ıg
malerifh. Seine wilde unfleißige Art paßt, wie Leſſing fehr richtig be
gut zu den niedrigen Gegenfländen, die er meiftens wählte. Sie werden
bezahlt, daß eins derf., die Heilung der Kranken, den Namen bes „H
denblatts“ befommen hat, aber oft noch weit’ höher bezahlt wird als
befagt. Faſt ebenfo fehr ſchaͤtzt man f. Bürgermeifter Sir, den Bit
den Eoppenel, den Zolling und f. große Kreuzabnahme. — R“r's befte
die man an der Art ihrer Behandlung der Farben leicht erkennt, waren
Gerard Doum, Gerbrand van Edhout, Mich. Poorter, Phil. Koning, @
Flink.
Remedium (im Muͤnzweſen). Der Muͤnzfuß iſt zwar die Regel
von der Regierung Über die Art und Weife feftgefegt worden, wie die Metaf
ausgeprägt werden foll; aber es vermögen felbft die geſchickteſten Kuͤnſtie
den einzelnen Münzftüden im Schrote und Korn eine volllommene G
geben, daher hat men für beide ein Höchftes und ein Geringftes feftgefekt,
welches fie verfchieden fein Binnen, die® nennt man dad Remedium. —
Rechtswiſſenſchaft bedeutet Nemedium einen Rechtöbehelf, Rechts
(S. d. und Proceß.) ;
Remeſſe, Rimeffe, wird bei den Kaufleuten die baare obef
MWechfel gemachte Bezahlung empfangener Waaren u. dgl. genannt; auch
die von dem Xcceptanten eines Wechſels ausgezahlte Summe deffelben ;
Remeffenbud ein Buch, worin Kaufleute die Wedyfelbriefe, fowie fie
tirt werden, eintragen, um ben Werth zu gehöriger Zeit beizutreiben.
Remonftranten (Arminianer). Der Stifter diefer Religion
in ber reformirten Kirche war Jak. Arminius, geb. 1560 zu Oudewater,
Provinz Holland. Er hieß anfänglid) Hermann. Sein Vater, ein Mefferhl
ftarb frühzeitig; als er einige Zeit zu Utrecht ftubirt hatte, nahm ihn 1575
Snellius mit ſich nad) Marburg. inige Zeit darauf ging er nad) Rot
von da nad) Leyden, wo er 6 Jahre lang den Unterricht des Lambertus D
genoß. In Genf hörte er Beza und zu Bafel erwarb er ſich die beſonde
tung des Grynaͤus. Auf f. Reife nad) Italien fand er zu Rom bie Verba
der päpftl. Regierung fo arg, daß er felbft fagt, fie habe alle f. VBorftelungen
troffen. 1588 ward er als Prediger nach Amfterdam berufen; 1603 w
Remonftranten 1985
rologi: zu Leyden, und ftarb 1609. — Der Hauptgegenftand, wor:
nung Der Remonftranten von der allgemeinen reformirten Kirche ent:
ie Lehre von der Drüdeftination (Gnadenwahl). Den Irethum
ıen In diefer Lehre fuchten fie in einer 1610 von ihnen den General:
Holland Überreihten und Remonstrantiam überf&riebenen Schrift
ı, von ber fie fpäterhin den Namen Remonftranten erhielten. Cie
1) Daß Gott zwar von Ewigkeit einen Befchluß wegen der Menſchen
Verdammniß gefait, aber die Bedingung hinzugefügt habe, er wolle
m felig machen, welche an Chriſtum glaubten, die Ungläubigen hinge:
nr. 2) Daß Chriftus für alle Menſchen geftorben und allen durch f.
fehnung und Vergebung der Sünden erworben habe; es koͤnne aber
jand erlangen, es fei denn, daß er an fie glaube. 3) Daß kein Menſch
enden Glauben aus eignen Kräften haben Eönne, fondern von Bott
ch den heiligen Geift wiedergeboren werden müffe, wenn er dazu ge:
4) Daß man ohne die Gnade Gottes nichts Gutes zu denken, zu
stbun im Stande fei, denn alle unfere guten Werke hätten ihren Ur:
tielben; bdeffenungeachtet, wenn man auf die Beichaffenheit ihrer
e, fonne man nicht behaupten, daß man fich ihr fietd widerſetzen und
Govechindern koͤnne. 5) Daß die Gläubigen wider Sutan, Suͤnde,
ır eignes Fleiſch flreiten und den Sieg erlangen Eönnten durch den Bei⸗
ligen Beiftes. — Diefes ift der echte Inhalt der Kehre des Arminius
eufcheaft der Remonftranten. —- Bon dirfen fruͤhern Remonſtranten
e fpätern unterfcheiden, welche bei diefen 5 Artikeln nicht ftehen Blic-
s in ihrem Kampfe gegen die allgemeine reformirte Kirche noch weiter
Da noch vor den Arminianifchen Streitigkeiten mehre Schriften des
Holland heimlich verbreitet worden waren, und namentlich bei dem
le der vorzüglichften Gelehrten, welche faft alle Mitglieder der Nemon-
m, Eingang gefunden hatten, fo war es natürlich, daß die fpätern
en in vielen Stüden mit den Socinianern oder den frühern Ratio⸗
einftimmten und daher des Socinianiemus bejchuldigt wurden. —
ı von Holland gaben 1614 eine Verordnung, nach weicher die Re⸗
und Gegenremonftranten (nach einem ihrer Wortführer, dem Prof.
e, Kranz Gomarus zu Leyden, auch Gomariften genannt) ſich
in Liebe und Frieden vertragen follten. Da beide Parteien aber die
id Unguͤltigkeit eines ſolchen Decret3 von Seiten der Obrigkeit in Kir:
ıheiten in Zweifel zogen, fo wurde, um die dadurch entflandenen Un:
:gen, 1618 vom 13. Nov. bis 1619 d. 9. Mai die berühmte dor d⸗
node gehalten. Hoͤchſt bemerkenswerth ift der Ausſptuch diefer
Sie wies erſtlich der Vernunft in der Furcht Gottes den Platz an, der
Nagd ſchickt; fie nahm die Vernunft unter den Gehorſam des Glau⸗
mn, und erflärte mit frommer Demuth und theologifcher Zolgerichtig:
Iteftinationslehre ift hart, ſehr hart, aber wir innen nicht helfen; feft
oſpruch der heil. Schrift, untergehe die Meinung der niderftrebenden
Ne Mefocmirten oder Segenremonftranten gewannen durch diefe Syn⸗
band, weil fie hier Kläger und Richter zugleich waren. Die Nemon-
en das willfürliche, graufame und ungegründete Verfahren diefer
Richt geftelit,, und bis jegt haben die Neformirten dieſe Befchuldigun:
verlegt. Obgleich die Arminianer fich dem firengen Urtheile der Snnobde
chauptungen Irrthuͤmer twären ) unterwerfen mufiten, fo unterliegen
, ihre Lehren in Schriften zu rechtfertigen. - - Nach dieſer Einnode
inficht des Beſtandes diefer Partei bedenklich aus, beſonders als fid)
enffranten ber Zheilnahme an der Merfchwdrung gegen den Prinzen
Eirsente Aufl. ®B IX. 13
194 Remſcheid Remus
Moritz ſchuldig bekemen mußten. Einige Prediger aus der Gemei
aber bei dem Prinzen eine wohlgegruͤndete und nachdruͤckliche Vorſtel
welcher ſie zeigten, daß die Schuld einiger Mitglieder nicht der ganze
zugerechnet werden koͤnne. Dieſe Vorſtellung hatte ihre gute Wirkun
Prinz uͤberwand nicht nur ſelbſt ſeinen Zorn, ſondern vermochte auch
bungen, den Remonſtranten eine mildere Behandlung angedeihen zu Iı
f. Tode, 1625, erhielten fie von f. Bruder Heinrich durch ein befonder:
Erlaubniß, fid) in allen Orten und Städten Hollande aufzuhalten
und Schulen anzulegen ; letzteres gefchah namentlid) in Rotterdam ı
dam. In Amfterdam flifteten fie ein Gymnaſium, um fich ihre Le
bilden; dieſe Anftalt machte fich fehr berühmt. Die Gemeinden zı
und Amfterdam waren die ftärkften. — Sie bemühten fidy nicht, ihr
genoffenfhaft zu verftärken; wer zu ihnen überging, mar nicht verz
Glaubensbekenntniß anzunehmen, wenn er nur erklärte, er fei dem
chriſtlichen Glauben nach dem apoftolifhen Symbolum zugethan unt
Chrifti Gebot fein Leben führen. SShr Öffentlicher Bottesdienft war !
formirten faft durchgehende gleich, nur daß fie in der Taufe, bei welch
mirten von den Altern bes Kindes ein Bekenntniß fobern, daß ihre Lel
und fich verfprechen laffen, das Kind darin zu erziehen, die Altern blof
ihr Kind in der hriftlichen Religion unterrichten zu laffen, ohne ei:
Gemeinde zu nennen. Auffallend ift es, daß, fo lange fie gedruͤckt
wurden, ihre Geſellſchaft fehe zahlreich war; fobald fie aber Freihei
erlangt hatten, die Zahl der Mitglieder mehr ab» als zunahm.
Remſcheid, Dorf und Kichfpiel im Derzogthum Berg, jet
borfer Regierungsbezirk der preuß. Provinz Juͤlich⸗ Kleve- Berg. D
ungeführ 100 Häufer, das Kirchfpiel aber, von 2— 3 Stunden ü
mit 6000 Einw. hat zwifchen 50 und 60 fogen. Höfe und in benfi
Handlungshäufer. Ein Theil diefer Kaufleute hat große Fabriken
(jährl. 400,000 St.), Eägen, Seiten u. f. w., die nad) den Antillen ı
in Menge ausgeführt werben; ein andrer Theil befigt Breit-, Red:
raffineriehämmer, mit deren Erzeugniffen in = und außländifche Eifen =
fabrifen verforge werden. 45 Eifenhämmer ftehen in einer Gegend v
den, um biefen Drt herum, die alle Arten von Eifenwaaren zum S
fertigen und auferdem 800 Artikel von Schneids und andern Werkzei
Bor dem Revolutionskriege wurden jährlihd O— 10 Mitt. Pfund Eii
tauft. Auf den 18 in und um Remſcheid fließenden Bächen kann ſch
ren Fahren feine neue Anlage gemacht werden. Viele Haͤuſer zu Nemf
auch einen bedeutenden Handel mit andern deutfchen und fremden Fo
Die Gegend ſelbſt ift an Naturerzeugniffen arm. ifen, Stahl, Ho
andre für die Fabriken erfoderliche Gegenftände müffen von andern £
liefert werben. In den Pflanzungen der holländ. Golonien gibt man t
der Merkzeugen vor allen andern den Vorzug.
Remter, das, in Urkunden Remptir, auch Reventer, was
auf ben fat. Urfprung refeetorium hinleitet, hieß in Kiöftern der Ver
ſaal zu Gelagen, Spiel und Unterhaltung. Weit die Korm der Klöfter
lichen Einrichtung auch das Vorbild der Burgen wurde, fo gingen die
dorthin Über ımd ber Remter wurbe ein wefentliches Stuͤck diefer Gel
Mufter ihrer Anlage kann das Nemter zu Marienburg (f. d.) gelı
‚ der erften Begründung des Schloffes bis auf unfere Tage ſich erhalteı
weilen ift e8, wie in Schulpforte, nod) von dem eigentlidyen Speifefa
eulum , getrennt.
Remus, f. Romulus.
Remufat Reni 195
nufat (Bean Pierre Abel), einer der erſten europdifchen Einguiften,
Atad. und Prof. der chinefifchen und tatarifchen Sprache am College
‚ft ben 5. Sept. 1788 zu Paris geb. Er fludirte Medicin, in welcher
: Doctormürde erhielt, folgte aber zugleic) feiner Neigung, bie orienta-
achen, namentlich die ckinefifche, tatarifche, tibetanifche u. f. w. gruͤnd⸗
zu lernen. Schon 1811 erfchien fein „Essai sur la langue et la lit-
hinoises”, wodurch er die Aufmerkfamkeit der Kenner aufſichzog und
ien zu Grenoble und Befancon beroog, ihn zu ihrem Mitgliede aufju-
Einige andre Schriften über das Chinefifche folgten. 1814 ernannte
XVII. zum Profeffor und 1816 trat er in die Akad. der Infchriften.
mti's Tode 1818 erfegte er diefen in der Herausg. des „Journal des
Biele treffliche Auffäge von ihm find im „Moniteur”, im „Journal des
ıden „Sundgruben”, in ber „Biographie universelle” u. f. w. erſchie⸗
m Theil befonders gebrucdt. Seine Hauptwerke find, außer dem ge:
‚ssai‘', fein „Plan d’un dietionnaire chinois‘ (1814), „Le livre
yenses et des peines”, üüerf. aus d. Chinef. (1817) u.f.w. Auch
ı dem 1814 erfchienenen 16. Bande ber ‚„„Memoires concernant len
ntheil, und lehrte uns 1820 in dem chinefifchen Weltweifen Lahotfe
m Platon fennen. Seine „Melanges asiatiques” (Paris 1825 fg.,
thalten Auffäge von ihm über die Nelig., Sitten, Sprachen, Geſch.
der Völker des Drientd. 1827 machte er die Parifer durch feine „„Con-
" (3 Thle.) mit ben Sitten der Chinefen bekannt. Über Remufat’s
e des Chinefifchen und die weſentliche Verfchiebenheit des chinef. Sprach:
wm Sanskrit, ber griech., german. und latein. Sprache, vol. man A.
ws „‚Sendfchreiben an Remufat” (Paris 1827).
egaren, fo viel als Religionsverleugner , beſonders die von ber chrift-
sAbtrännigen, welche zum Koran Übertreten. Häufig ift bei den Res
ſennutz die Triebfeder ihrer Handlung, feltener Zwang und Überredung
er des Islam bei gefangenien ober unter ihnen wohnenden Cheiften.
i (Guido), der anmuthigfte und gefälligfte Dialer, welchen Stalien je
ht hat, wurde zu Bologna 1575 geb. Sein Bater, Samuel Rent,
her Muſiker, wollte ihn anfangs der Muſik widmen, wozu er Talent
im er bemerkte bald ein noch größeres in dem Knaben fchlummerndes
Malerei und übergab ihn daher dem Unterricht des in Bologna da-
em Anfehen ſtehenden niederländifdyen Malers, Dionyſius Calvaert.
in deſſen berühmter Schule vorzüglich nach Albr. Duͤrer's Werken ftu:
dies wird wahrfcheinlich, wenn man manche von feinen frühern Arbei⸗
rt und darin, beſonders in den Gewaͤndern, dann und wann eine Ähn⸗
den Dürer’fhen Geroändern findet. Unterdeſſen fing die Schule ber
Bologna an, durch Neuheit und beſſern Geſchmack in der Kunft jene
a. Auch Guido ging, 20 3. alt, zu den Caracci über. Diefen gab
sgenheit, fein Zalent zu bewundern; er foll fogar Annibal Caraceci's
nregt haben. Die Begierde Guidos, die Kunſtſchaͤtze Roms mit eig>
m fchauen, vermochte ihn jedoch mit ziveien feiner Mitfchüler, dem
so und Albani, nah Rom zu eilen. Nachdem Guido einige Ge⸗
Besen feiner Erüftigen, effectvollen (jedoch unedeln und gemeinen) Dia:
w über die Maßen bervunderten Caravaggio gefehen und deſſen Be:
ut nachgeahmt hatte, verbreitete fidy binnen kurzem fein Ruf und bewog
MBorghefe, für die Kirche delle tre Kontane eine Kreuzigung des heit.
a ihm malen zu laffen. Die Eräftige Manier, in welcher diefed Bild
t andre aus derfelben Zeit gearbeitet find, welche Guido jedoch nicht
Weit, erhöhte feinen Ruf immer mehr; und als der Cardinal die (burdy
13 *
196 Reni
Morghen's trefflichen Stich bekannte) Aurora durch ihn hatte v
wurde die Bewunderung allgemein. Paul V. ertheilte ihm um die|
trag, eine Capelle auf Monte:Cavallo mit Scenen aus dem Leben |
sufhmüden, und da er auch biefen Auftrag zur Zufriedenheit d
ausgeführt batte und ihm überdies von demfelben die Auszierun
Gapelle in S.:Maria-Maggiore anvertraut wurde, befam er bin:
fo große Menge Beftellungen, daß er fie alle zu beforgen nicht ir
Aus diefer Periode find unter andern wol auch feine Fortuna, die
tus V. und des Cardinals Spada. — Man nimmt gewöhnlich
Manieren für Guidos Malereien an. Die erfte ift die effectvollſte
Gemaͤlde, welche der Behandlungsweife der Caracci und befonder
vaggio ähnlich find. Starke Schatten, enggefchloffene Lichter, ein
£iger Pinfel, kurz das Hinarbeiten nad) großer Wirkung zeichnen
Periode gefertigten Ucbeiten aus. Die zmeite Manier bildet den ı
faß der erfion und wurde von Guido aud) ald Gegenfag der Art
vaggio, mit dem er in ſteten Zwiſtigkeiten lebte, aufgeftellt. Sie ze
heile, fchattenlofe Färbung, durch einſchmeichelnde, gefällige, dod
oberflächliche Behandlung aus und ift dem Guido ganz cigenthi
obgedachte Aurora bildet ſchon den Übergang oder vielmehr Übertrit!
in die zweite Manier. ine dritte Periode fängt von der Zeit an,
fing, eitfertig und ſchnell zu arbeiten, und mehr auf Geldverdienft al
bedacht war. Sie zeichnet ſich durch grünliche, graue und überhau
Färbung , durch nadjläffige und flache Behandlung aus. Diefe Ic
merkt man vorzüglich in der großen Fahne mit dem Schugheiligeı
mehr oder minder in einer Menge anderer Gemälde diefer Periode
Regierung des Papftes Urban VIII. entzweite fid) Guido mit defl
dem Cardinal Spinola, wegen Bezahlung eines feiner Gemälde
Bologna zurüd. Dafelbft hatte er bereitd unter andern Gemüldeı
Zumpieri feinen heil. Petrus und Paulus, für die Dominicanerficch
‚bermiord gemalt, und rear jegt im Wegriff die Gapelle des Heil.
auszuzieren, als er nach Rom zurüdberufen, dort mit Ehrenbezeigu
ımd vom Papſte felbft aufs liebreichfte empfangen wurde. Ball
neue Unannehmlichkeiten, und da er auch in Neapel, wohin man i
gen der Verfolgungen der dortigen Maler gegen alle bedeutende
nicht ficdyer glaubte, fo Echrte er nach feiner Vaterſtadt zuriick und
wieder. In Bologna vollendete er die gedachte Capelle, malte {
fir die Kirche de’ Medicanti, fiir Genua eine Himmelfahrt der M
Menge andrer für fein Vaterland und das Ausland, befonders für
ter verdienen ausgezrichnet zu werben: fein heil. Michael für die E
Geſchichte des heil. Benedict für das Klofter S. Michele in Bosc
Paris für den König von Spanien, Scenen aus dem Leben des
Verkuͤndigung, der heil. Sebaftian, ein Ecce Homo und einige J
das Mufeum zu Paris befigt), ein Chriftusfnabe, zuf dem Kreu;
Magdalene, ein Johannes der Zäufer, das legte Genuilde aus fei
nier (in der kaiſerl. Galerie zu Wien), eine Anbetung der Hirten,
und Magdalene fin der Lichtenſtein'ſchen Sammlung), eine Him
‚feiner ſchoͤnſten Bilder (in der koͤnigl. Galerie zu München, geft
Freiburg 1826), ein Ecce Homo, ein Johannes der Evangelift, |
und eine Fortuna (in Münden), ein Ecce Homo, Chrijtus, mel
erfcheint, eine Madenna, von Heiligen umgeben, Ninus und €
kleiner Bachus und eine Venus (in der dresdnner Galerie). --- |
Iatte Guido eine Schule errichtet, in Bologna vergrößerte er dieſel
> wunteman ammuneny. mrugeguen yus [arte maeitpuimig Sasse ayıan suyen-
mie und Lieblichkeit, die mehr in der Behandlung des Ganzen ale
Theile befteht, ja man mun auch dies eigentlich nur auf feine Köpfe
Seine Gedanken find gewöhnlich, wol gar gemein, die Anordnung
iten gut, daher auch feine groͤßern Compofitionen weit weniger Wir⸗
amd weniger gefchägt werben als feine Werke von kleinerm Umfange,
eHalbfiguten, deren man eine große Anzahl findet. Der Wurf fei:
hat visi Schönes und ift meift wahr und leicht; nur fehlt es Ihnen
nie mit dem Ganzen unb an dem Charakter des Stoffes, morans
Cinen hohen, wuͤrdevollen, manniyfaltigen, befiimmten Ausdrud
inen Werken nicht fuchen. Dadurch erklärt fi), warum ihm Maͤn⸗
vorin Kraft und Feftigkeit dargeſtellt werden follen, felten und mehr
m Periode gelangen. Ganz an feinem rechten Plage aber war Gui-
jugendliche, beſonders weibliche Geftalten bildete. In ihnen zeigt
Gefuͤhl für‘ Altes, was nur anmuthig, hold und zart genannt wer⸗
: Allem aber fpricht fich dieſes Gefühl in den gen Himmel gerichteten
MRagdalenen und Mabonnen aus. Sein Colorit ift felten wahr, fäut
he, Gruͤnliche und Silbergraue, ift aber doc) meift angenehm und
großen Leichtigkeit und Meifterhaftigkeit feines Pinfels, von einer
ı nd marligen Behandlung, welche aber freilich in Manier ausar
do hatte nicht allein in Relief, fondern auch einige Statuen gearbei⸗
lemiiche Anzahl Blätter eigenhändig radirt, weldhe mit einer leichten,
el behandelt find und fehr gefhägt werben. Faſt liefe ſich behaups
Zeichnung In diefen Blättern richtiger und edler fei als felbft in ſei⸗
1. Unter ber Menge feiner Schüler, welche mehr oder minder ſei⸗
eu blieben, zeichnen ſich aus: Guido Gongingt, Simone Cantarini
messco Richt, Andr. Strent, Giovanni Semmti, ©. ey Bo:
B.C.
HE (James), ein engliſcher Geogtadh⸗ geb. 1742 zu Chudieigh in
we feine Kamilie in autem Anſeben ſtand. beſuchte eine benachbarte
198 Rennes Rennie
unternahm er mehre Arbeiten zur Verbeſſerung ber Geographie dieſes Welt
Das große Merk des Dr. Vincent fiber die Reife des Nearchus und über d
riplus verdanken ihm manchen wichtigen Auffchluß. Won feinen eignen 9
verdienen noch angeführt zu werden: „The geographical system of Her«
explained” und „Observations on the topography of the plain of Troy
Rennes, vormals Hauptflatt von Bretagne, jet bie des Depa
Jue und Bilaine, liegt an dem Zufammenfluß diefer beiden Fluͤſſe; au
erftern koͤnnen Barken bis an die Stadt fchiffen. Über die Vilaine find 3
den gebaut, von denen die ſchoͤnſte (Pont-neuf) die obere mit ber untern
verbindet. Die obere Stadt, an einer Anhöhe auf dem rechten Ufer der X
iſt der vorzüglichfte Theil, mit ſchoͤnen, gut gepflafterten, breiten und g
Straßen, großen Plägen und vielen trefflihen Gebäuden. Die untere (
auf dem linken Ufer der Vilaine, ift oͤftern Überſchwemmungen ausgeſetzt
der Ille liegen die 2 Vorftädte St. Martin und ’Eveque. Sie hat 4000 $
1 Domkirche, 8 andre Kirchen, worunter die ſchoͤne Peterskirche mit ber f
voerthen Sacabe, und anfehnliche Gebäude, als das ſchoͤne vormalige Parla
haus auf einem großen vieredigen Plage, bad Rathhaus, das Arfenal.
30,000 Einw. betreiben theild beträchtlichen Speditions⸗ und eignen H
theils unterhalten fie nicht unwichtige Fabriken, als in Segeltuch, Cattun, 8
wolle, Leder ıc. und Wachsbleihen. Die Stabt ift der Sig eines Biſche
des Generals der 13. Militairdivifion.. Sie hat eine Akademie mit 2
ten, bes Rechts und der fchönen Wiffenfchaften, ein koͤnigl. Collegium, eim
fenfchaft der Wiffenfchaften und Künfte, eine öffentliche Bibliothek, ein Mi
ein Naturaliencabinet und einen botanifchen Garten. Die Gegend umberi
fruchtbar.
Rennie (Sohn), Vorſteher fimmtliher Hafen: und Marinebau
Großbritannien, geb. 1757 in Schottland. England hat feit Smeate
nen Baumeifter aufzumeifen, deffen Ruf allgemeiner anerkannt geweſen
R. verbankte Alles feinem Verdienfte, der Bebarrlichkeit, womit er fid |
Fache widmete, und der hohen Rechtlichkeit, die ihn auszeichnete. In fein
gend arbeitete er als Handwerker, dann ald Mühlenbaumeifter, und ſchon
ner Zeit erweckten die Verbefferungen, die er beidem Mühlenbau einführl
Aufmerkſamkeit. Als die Regierung ihm fpäterhin die Aufjicht über alle f
und Marinebauten uͤbergeben hatte, fand er Gelegenheit, die größten Eu
auszuführen. Urſpruͤnglich für das Praktifche gebildet, verfäumte er in bei
nicht, fich mit der Theorie feiner Kunft vertraut zu machen. Seinen Söhs
ee forgfältig geordnete Baugeſchichten aller feiner Merle, mit ben gen
Zeichnungen hinterlaffen. In Nebenftunden befchäftigte er fich mit der '
£unde, befonder& auf feinem Landfige in Lincolnfhire, wo er ein kleines O
torium eingerichtet hatte. Er war feit früher Jugend ein Freund bes beri
Matt (f.d.) und foll wefentlihen Antheil an den wichtigen Verbefferum
Dampfmafcinen gehabt haben. Unter den Candien, die er ausführte,
Kennets und Avoncanal merfwürbig, der auf eine Strecke von beinahe ein
Meile unter der Erde durch eine Anhöhe gegraben wurde. In den Haͤft
Portsmouth, Chatam, Plymouth führte er große Arbeiten aus, und b
Bau einer neuen Hafenmauer in Sherneß, deren Grund bis auf 50 Zul
die Oberfläche des Meeres gelegt werben mußte, wendete er die Tauchergle
gluͤcklichem Erfolg an und erleichterte ben Gebrauch derſelben durch einige
gentachte Verbefferungen fo fehr, daß fie jegt eins der vorzuͤglichſten Hülf
bei folchen fchwierigen Unternehmungen iſt. Sein wichtigites Werk im
ba ift der Meerdamm auf der Rhede von Plymouth, zum Schutze des f
nee Werk, das felbft die großen Anlagen bei Cherbourg (f. d.) weit üb
Rens Renten | 199
hſten Denkmäler feines Kunftverftandes bleiben jedoch die großen, von
ten Brüden in Eondon, die Waterloo s und Southwarkbruͤcke, jene
t, diefe von Gußeifen. R. hatte in London eine große Anflalt zur Ver:
on Mafchinen aller Art angelegt. Mehre Mafchinen verdanken ihm
Verbefferungen, befonbers zeichnet fid) die von ihm gebaute Mafchine
gl. Münze in London aus. Ebenſo merkwürdig iſt die von ihm einges
erſchmiede zu Portsmouth, wo die großen Anker für die Kriegsſchiffe
werden und durch zmedmäßige DVerbefferungen ein großer Theil der
igen Dantarbeit erfpart wird. Auch die große Dampfmafchine von
Kraft zu Vorkbildings in London iſt fein Werk. Diefer verdienftvolle
im Detober 1821 zu London.
8 oder Renſe, aud Reed, einimehemal. Erzſtift Köln gelegenes
ım Rhein, berühmt durch den nahe dabei befindlichen fogenannten Koͤ⸗
L(f. d.).
ten, im Allgemeinen, diejenigen reinen Einkünfte, welche Jemand
te fie durch feine Arbeit, Fleiß oder Snduftrie zu verdienen. Sie bei:
drenten, inwiefern fie dem Grundeigenthümer für die Verleihung
mg feines Bodens, Sapitalrenten, inwiefern fie dem Capita>
e Verleihung der Benusung feines Capitals zutommen u. ſ. w. Würde
eine Penfion, wegen ganz befonderer Eigenfchaften und Vorzuͤge, ale:
großes Genie, oder weil er eine außerordentliche Naturmerkwuͤrdigkeit
I, fo würde auch ein ſolches Einkommen eine Rente genannt werben
ters heißt aud) Mente jedes reine Einfommen, d. h. wovon nicht® abs
werden braucht, um die Quelle deffelben zu erhalten, oder um das
mögen, welche es erzeugt, wieder gehörig herzuftellen. In diefem
x⁊ man auch von einer Induſtrierente oder demjenigen Theil des Ein:
we Induſtrie, welcher übrigbleibt, nachdem man Alle® davon genons
pur Erhaltung diefer Art der Induſtrie in ihrem bisherigen Zuftanbe
‚it. Wenn von Renten im Allgemeinen geredet wird, fo verfteht
riglich die Staatsrenten darunter, weldye® Einkünfte find, welche der
en fichest, welche ihm beftimmte Gapitale dafür bezahlt haben und bie
aatsglaͤubiger heißen. Jedoch ertheilt der Staat dergl. Renten aud)
m Perfonen, die ihm zwar fein Capital geliehen haben, bie er aber um
mfte willen belohnen will, ober weift dergleichen Inſtituten an, denen
ändige Dauer und ein ſtets gleiches Einfommen zu ihrer Erhaltung
So ift die Pairie in Frankreich, die Univerfität, die Geiftlichkeit u.
aatörenten angewiefen und gegründet. — Zinfen oder Intereffen ge:
den Begriff von Capitalrenten; aber fie machen nur eine Art derfel:
sämlid) folche Gapitalrenten, welche gemeiniglidh gegen Ruͤckzahlung
6 beſtimmt find und länger nicht gezahlt werden, als bis dahin, wo das
kdgezahit wird. Dagegen gibt e8 auch Capitalrenten, die immer fort:
wo das Capital, womit fie gefauft find, nie an den Gapitaliften, der
bat, um bie Renten zu erlangen, zurüdgesahlt zu werden braucht.
die eigentlichen Renten. — Sobald ed Perfonen und Anftalten gibt,
nene Sicherheit gewähren, daß die Renten ununterbrochen bezahlt
wie ed in dem darüber abgefchloffenen Gontracte beſtimmt iſt: fo wer:
Benten ein fehr gewöhnlicher Gegenſtand 6 und des Verkaufs,
en ihnen verfchiedene Bedingungen U mebre Gattungen
ıentfiehen. Cin Hauptunterfchied entſpringt dadurch,
Renten auf immer, andre aber nur eine: it lang fortdauern.
vperpetuirliche, dieſe Zeitrenten. (Vgl. ın.) Zu der le:
8 gehören die Reibrenten, Zon (©. die defond.
190 Religionövereinigung - Rembrandt van Rhyn
zuruͤckgeht, um das gegenwärtige gefellfchaftliche Leben der Staaten
dauerhafter zu geftalten, fo wird es auch nöthig fein, zu den erften Ur
Chriſtenthums zuruͤckzukehren, wenn das religiöfe und kirchliche Xeben v
eine dem Geiſte des Evangeliums entſprechende Geftalt gewinnen fol.
Religionsvereinigung, f. Union.
Religiofen werden der Etnmelogie nach fromme Menſchen,
chen Sinne aber Diejenigen genannt, die ſich durch feierliche Gelübde
men, befonder& die Glieder der geiftlichen Orden ˖von beiden Gefchlechti
NReligiofität bezeichnet den dDucchgreifenden religisfen Charak
alten feinen VBerhältniffen die Liebe gegen Gott nicht aus den Augen |
Religiofität verhält fich zur Religion, wie die Moralität zur Vernunft, r
finnung der Geniffenhaftigkeit zum Gewiſſen, wie die Frucht zur Bluͤth
ſes Gefühl ift das moralifche Gefühl auf das Ewige und Göttliche bezog
Reliquien (Überbleibfel). Dan verfteht darunter Altes und |
von theuern und wichtigen Perfonen der Vorzeit den Nachkommen uͤbe
iſt; dahin rechnet man 5. B. Theile des Körpers (Knochen, Haare, NE
Gewaͤnder, oder nur einzelne Stüde davon, Hausgeräthe (Becher, Tifd
Bücher u. ſ. w.). Zu jeder Zeit erhielten folche Überbleibſel, als Erinne
Vorzeit, bei den Nachkommen einen Werth. Auch gab es deren fd}
Griechen. Vorzuͤglich aber verfteht man unter diefem Namen alle jr
Überrefte, welche die Chriſten von geheiligten Perfonen, 5. B. den Ma
Glaubens, aufbewahrten oder aufzubewahren glaubten. Am meiften:
ſich diefe Reliquien feit den Kreuzzügen. Man glaubte 3.8. die Schi
worin ber Leichnam Chrifti gelegen haben fol, Stüde vom Kreuze C
den Umgebungen des Grabes und noch andre Überrefte von Maria, ©
den heiligen Männern der frühern chriftlichen Kirche zu befigen. In
zeit erhielten diefe Gegenftände nur einen ausgezeichneten Werth; ir
verſprach fid) der Aberglaube heilfame Wirkungen von dergi. liberrefter
durch ward der Grund zu einem entehrenden Betrug und Gelderwerb ı
der Bath. Geiftlichkeit gelegt, und fir diefe Gegenftände zum Vortheit I
umd Kiöfter eine beinahe göttliche Verehrung eingeleitet, ſodaß man eiı
ter vom Kreuze mehr Kraft zutraute als dem Worte des Erlöfers felbit
mifche Kicche hat diefen Aberglauben nicht mur lange gendhrt, fonden
auf die Üiberrefte ihrer kanoniſirten Heiligen ausgedehnt. (Vgl. Heilig
Rembrandt van Rhyn (Paul), einer der berühmteften
Rupferäger der niederländifhen Schule, geb. 1606 in einer Muͤhle un
die f. Vater gehörte. : Sein leidenfchaftlidher Hang zur Kunft vereitelt
f. Vaters , der ihn zum Gelehrten bilden wollte. Paul erhielt Unterri«
von Zmanenburg, einem unbedeutenden Maler; dann in Amſterda
Laſtmann, oh. Pinas und Georg Schooten. Allein bald kehrte er ı
zuruͤck und arbeitete dort, die Natur als f. alleinige Lehrerin zu Nat
Sie war aber gemein und aud) f. Umgebungen waren keineswegs geı
zum wahren Schönen, Hohen und Idealen hinzuleiten; da er auch!
f. früheren Erziehung zu verbeffern ſich nicht angelegen fein ließ, fo wo
ih, daß er fi nur an Darftellungen der gemeinen Natur hielt und
Geſchmack fand. Sein ganzes Leben hindurch behielt er auch dieſe
Kunft und f. Lebensart bei; er ging immer nur mit gemeinen, ungebild
um und mochte ſich nie an beffere Geſellſchaft gewöhnen. Um 1630 ;
Amfterdam und heirathete eine hübfche Bäuerin aus Rarep, die m
ihm abgebildet findet. Seine Gemälde wurden bald außerordentlich g
Geldbegier bewog ihn daher, feine bisherige fleißige und ausgeführte
verlaffen und eine flüchtige Behandlungsart anzunehmen. Er zog nu
Kembrandt van Rhyn 191
chuͤlee, deren Unterridyt er ſich theuer bezahlen ließ, ihre Werke aber,
mchgebeffert, für f. eignen verkaufte. — Seine, Erwerbfucht hat zu
Frrthum über fein Leben Anlaß gegeben; denn fo hatte er 3. B. mehre
wiche er geägt, aus Venedig datirt, um jie verfäuflicher zu machen, und
ine Biegraphen veranlaßt zu glauben, WR. fei 1635 und 1636 wirklid)
gemein. Allein er hat Amfterdam nie wieder verlaffen, ungeachtet er
ste, aus Holland wegzugehen, um bie Kunftlicbhaber begierig zu ma⸗
etwas ven ihm zu befigen. Schon um 1628 legte er ſich eifrig auf
E und brachte es bald darin zu der größten Vollkommenheit. Seine
Lister wurden ebenfo fehr gefchägt ale ſ. Gemälde, und fein Geiz fuchte
immer höher zu treiben. Er bediente fich dabei mehrer, auch in der
# von berühmten Rupferftechern angemwendeten Kunftgriffe. Er verkaufte
vellendete Blätter, vollendete dann die Platte, brachte fpäterhin, wenn
mt mar, einige kleine Veränderungen darin an, und verkaufte fo dies
ten zum dritten und vierten Mal, Eaufte in Verfteigerungen oder fonft
band f. Blätter felbft auf, ließ fie von f. Sohne heimlich, als wenn er
rentwendet, wieder ausbietin, u. bal.m. Auf ſolche Weife, und durch
be tebensart, hatte ſich R. ein bedeutendes Vermögen erworben, wel⸗
LAbieben, 1674, fein Sohn Titus erbte, der zwar von f. Vater für die
wen worden war, allein darin nicht weit vorgefchritten und ganz unbes
ben if. — N. war im engſten Sinne des Worts nur Maler, d. h. er
(Bet, was die Behandlung der Karben, das Golorit, Hellduntel, Ser:
Pinſels beteifft, im hoͤchſten Grade, wogegen er die übrigen Erfoder⸗
Imahren Künftlers, Compofition, Gruppirung, edein Ausdrud, Zeich⸗
tfpective, Draperie, überhaupt Geſchmack ſich nie aneignen Eonnte. Zwar
efeikft nach dem Nadten und nad) Modellen, hielt auch f. Schüler dazu
was für Modelle dies geweſen ſein mögen, kann man aus f. Werken
imen. In f. Gompofition und Gruppirung folgte er allein der gemei⸗
Bund feiner jedesmaligen Laune, ohne alle Auswahl, in der Zeichnung
We. Das Nadte fuchte er in der Regel fo viel als moͤglich zu verber:
e.Hände und Fuͤße ließ er felten fehen, meil er fie nicht zu behandeln ver:
meift unförmlidy groß oder zu Bein bildete. Da, wo er dad Nadte
gen konnte, 3.3. inf. Kreuzabnahmen, Grablegungen, einigen Dar:
ber Bathfeba im Bad, ift es immer ohne alle Proportion, meift widrig,
‚gemein. Seine Drapirung ift phantaſtiſch, ganz ohne Wahl, ja meift
dt und laͤchetlich. — R. kaufte alle feltfame ausländifche Kleider, Waf⸗
mflige Geraͤthſchaften zuſammen, um f. Modelle und nach diefen f.
mit außzuzieren. Ungeachtet der groien Fertigkeit f. Pinfels ſoll ihm
ichnung, fogar bei Portraitd, und die Drapirung unendlihe Mühe ges
a. Ausdruck und Charakter find zwar f. Arbeiten nicht abzufprechen,
muß nur keinen edeln Ausdrud darin finden wollen. Seine Köpfe find
aber meift Zerrbilder, f. Marien find gemeine Maͤgde, f. Chriftus ein
26 der niedrigften Wolksclaffe u. ſ. w. Dagegen ift R.'s Pinfel meifters
nzig, von einer Kraft und Wirkung, die kein andrer Maler erreicht
hierin bat ſich fein eigenthümliches Talent bewährt. Seine Zürbung ift
‚Magie; er unterſchied am beften die zufammenftimmenden und die uns
en Farben. Jeden Ton feste er fofort an feine Stelle mit fo viel Rich»
‚ Harmonie, daß er die Farben nicht erft mit Cinbuße ihrer frifchen Bluͤ⸗
en brauchte. Daher ift Alles in f. Bildern voller Würme und fein
I von unvergleichlicher Wahrheit. Die Lichter trug er meift fo fett auf,
ube weit bervorragt und auch fo die Wirkung hebt. Lberhaupt brachte
gerlle Erleuchtung in f. Bildern an, meldye nur die Hauptpartien her:
J
182 Keligionöfriede
in der Regierung des Reich zu verfähaffen und das Kaiferthum erblich zu u
Morig nahm ſich daher vor, feiner Anmaßung Grenzen zu fegen und X
lande Freiheit zu fichern, follte er auch das Opfer Dafür werden; ohne nod
wähnen, daß er ſich vielfach gekraͤnkt fühlen mußte, weil ber Kaifer auf al
Bitten wegen der Befreiung feined Schwirgervaters, des Landgrafen, ga
achtete. Die Proteftanten mußten zu dieſer Zeit [hen megen ber Kirk
fammlung in großer Unruhe fein, da der Papft in feiner Bulle auf fie ga
Ruͤckſicht nahnı, fich nach wie vor den Statthalter Chriſti nannte und nur d
- lien Staͤnde zur Kicchenverfammlung berief; und der Kuifer vermochte fü
durdy fein Verfprehen, daß er fein ganzes Anfehen verwenden wolle, 1
Handlungen auf demſelben in einen dhrijtlichen, billigen und ordentlichen @
bringen, noch durch die Verſicherung eines freien Geleites und freiem Zutı
beruhigen, denn fie ahneten als zu gewiß, daß er von der Kicchenverfan
nur einen neuen Vorwand ſuche, fie und ihre Lehre völlig zu unterdrüden.
Unmwille und die Gährung der Gemüther waren bei ihnen aufs höchfte gef
doch wollten fie das Äußerite noch abwarten. — Indeß war Moris allein
Daihm die Volljiehung der Reicheacht über das noch widerfpenftige Das
Übertragen worden war, fo ward es ihm Leicht, ein ftarkes Heer aufzubring
fonder& da die benachbarten Kreisftände zu feiner Unterflügung aufgeboten ı
und der größte Theil der Unkoſten aus der Reichscaſſe beftritten werden
Auch konnte er, da Magdeburg fehr feit war, ohne den Verdacht einer am
tigen Abficht zu erregen, große Zuruͤſtungen machen; doch ſuchte er die I
rung feines Plans immer nody hinzuhulten, bis fich der Kaiſer von Au
wo er noch viele Truppen beifammen hatte, in die Nähe des Conciliumt
würde. Da ſich aber die Wiedereröffnung deffelben noch eine Zeitlang ver
fuchte Morig die wegen der Übergabe der Stadt eingegangenen Vergleich
handlungen noch länger hinzuhalten, und ſchloß ganz in der Stille zu Tod
Oct. 1551 nebft dem jungen Landgrafen, Wilhelm von Heffen, dem Heij
brecht von Medienburg und dem Markgrafen Albredyt von Brandenburg s
Könige von Frankreich, Heinrich U., gegen ben Kaifer ein Buͤndniß. N
er endlich den 6. Nov. mit Magdeburg wegen der Übergabe einen Vergleid
gangen, fo wußte er den Kaifer nidyt nur wegen der Nichtentiaffung feines
fondern auch wegen der mancherlei von ihm und feinem Vorhaben verb
Gerüchte völlig zu thufchen. — Den 20. März 1552 brad) er mit feinen A
aus Thüringen, wo fie Winterquartiere gehalten, auf, den 25. erfolgte d
einigung fänımtlicher Bundesfoldaten bei Schweinfurt, dann ging es in
dem Zuge dorwaͤrts und in der Nacht des 31. ſtanden ſie ſchon vor Aui
Zhoren. In dem Manifefte, das fie auf dieſem fchnellen Zuge ausbzeitel
ben fie ber Welt folgende drei Gruͤnde zu dieſem Kriege an: Tyrannei deb.
durch Unterdruͤckung der evangel. Lehre, Treuloſigkeit deſſelben gegen ben
grafen und gewaltſames Verfahren gegen die Reichsverfaſſung. Der
nicht geruͤſtet und außerdem von mehren Seiten Krieg befuͤrchtend, v
durch feinen Bruder Ferdinand mit Mori zu unterhandeln, und man kam
Mai darin überein, daß den 26. Mai zu Paffau ein Friedenscongreß eröffi
von diefem Tage an ein allgemeiner Waffenftillftand angehen follte. Bis
fer Zeit hofſte aber Morig nod) mehr zu erreichen; fchnell ging er Daher
Truppen log, mit denen der Kaifer am Fuße der Alpen die Paͤſſe beſetzt hiel
fiel fie den 18. bei Reuten und ſchlug fie voͤllig; den Tag darauf erobert
ehrenberger Alaufe mit Sturm, und ftand den 22. nur noch 2 Meilen t
fprud, von wo der Kaifer, der dort am Podagra krank lag, nebft feinem
Ferdinand Nachts in gröäter Eile entfliehen mußte, um nidyt gefangen }
den. Mach diefen gluͤcklichen Fortſchritten Moritzens Fonnte man wol zu
Religionsfriede 185
ww Unterhandlung erwarten. Morig verlangte nichts weiter als unein-
Religionsfreiheit für die Proteftanten, Loslaſſung des Landgrafen aus
rafhaft und Abftellung aller Beſchwerden in der zeitherigen Regierung
Dem Kaifer, der im Augenblide feiner Flucht dem gefangenen Kur:
Freiheit gefchenkt hatte, damit ſich Morig feiner Befrciung nicht ruͤh⸗
mard ed ſchwer, nad) einer fo ſchimpflichen Flucht feiner fo lange Zeit
ffnung auf die unumſchraͤnkte Herefchaft über Drutfchland zu entfa-
er mußte endlich, wiewol nad) langem MWiderftreben, der Nothwen:
‚eben, und fo ward den 31. Sul. der paffauer Vertrag gefdlof:
b nicht nur ber Landgraf feine Freiheit befam und die im ſchmalkaldi⸗
Geschteten wieder zu Gnaden angenommen wurden, fondern aud) die
be Partei völlige Neligiongfreiheit erhielt. Denn obgleih man über
Jauptpunfte des Friedens, uͤber die Abftellung der Beſchwerden wegen
men Eingriffe in die befichende Reichsverfaſſung und über die Reli—
zenheiten, noch aufdem in 6 Monaten anzuftellenden Reichstage un-
wollte, fo follte doc) Schon von diefem Augenblide an zwifchen ben
) tathol. Ständen ein völliger Friede herrſchen, und Eeiner von beiden
es fein Gewiſſen und Willen auf einige Art befchroett, fondern ruhig
a bei feinem Glauben gelaffen werden. In einem befondern Neben:
id noch feftgefegt, daß der jegige Friede auch dann noch bleiben folle,
h auf dem nächften Reichötage zu keinem nähern Vergleich kaͤme, daß
kammergericht nidyt nur aller Neligionsparteien gleiches Recht fpre-
a auch zu deinfelben augsburgifhe Confeſſionsverwandte laffen follte.
pard vom Kaifer, vom roͤmiſchen Konig und aud von allen zu diefen
mgen gezogenen Ständen gebilligt. - - Von diefem Zeitpunfte an
ie Bildungsyefchichte der lutheriſchen Partei als gefchloffen anfchen ;
bite Reichstag follte nur nod) Einiges näher beftätigen. Allein dieſer
B wegen ber vom Markgrafen Albrecht im Reiche noch verurfarhten
eils auch wegen des franz. Kriegs nicht fo bald gehalten werden. Der
ba ſich waͤhrend der Zeit höchft zweideutig und die Proteftanten,
durch den Zod des muthigen DVertheidigers ihrer Freiheit, ded Kur⸗
is, nach der gegen dem geüchteten Markgrafen von Brandenburg ges
Schlacht bei Sieverhaufen (1553), beunruhigt worden waren, ſchweb⸗
iſchen Furcht und Hoffnung. Endlich kam auf dem Reichstage zu
er augsburger Religionsfriede, 26. Sept. 1555, zu Stunde.
ber im Namen feines Bruders die Verhandlungen eröffnete, erktärte,
:von einem allgemeinen oder Nationalconcilium, nod) von einem Res
Ich viel erwarte, man folle lieber auf Mittel denken, wie Friede und
riche bei aller Berfchiedenheit der Slaubensmeinungen erhalten werden
fo wurde denn zur Abfaflung eines foldhen Friedens geſchritten. Ein
18 dem fürftt. ſowol als aus dem kurfuͤrſtl. Collegium arbeitete, jeder
einem Entwurf dazu, Über den man fich aud) buld ‚verfiändigte. Es
b von beiden Seiten fein Reichsftand wegen feiner Steligion und Kir⸗
ze angefochten, fondern bei. feinem Glauben, Ceremonien, Hab und
nd und Leuten, Obrigkeit und Gerechtigkeit ruhig und friedlid) ge:
n; Religionsitreitigkeiten follten nur durch chriſtliche, freundliche und
Bittel und Wege ausgeglicdyen werden ; die geiftliche Gerichtsbarkeit
en Glauben der Proteftanten und ihren Scttesdienft feine Kraft ha⸗
lbzug aus einem Lande ins andre der Meiigion wegen geflattet fein,
ſollte dieſer Friedſtand ftet, feſt und unverbruͤchlich gehalten werden,
vurch kein Mittel ein Religionsvergleich zu Stande kommen ſollte. —
Puntte waren es, welche noch einen hartnuͤckigen Streit von 6 Mo⸗
184 Religionsphilofophie
naten erzeugten. Die Proteftanten verlangten nämlich, daß es audy ben ı
chen Ständen frei fliehen folle, zur augsburgifchen Confeffion zu treten; d
tholiten hingegen erklärten, daß diefe infoweit ausgenommen würden, daß
Geiſtliche, der zur proteffantifchen Lehre. überträte, feine® Amts und St
jpso jure et faeto für entſetzt erklärt würde. Diefen Punkt, weil ihn WM
tholiten fid) als Vorrecht vorbehielten, nannte man den geiftlichen Vorbehal
servatum ecclesiasticum. In dem Reichsabſchiede wurde bemerkt, ba
hierüber die Stände nicht hätten vereinigen koͤnnen, daher erklärte der- ch
König im Namen des Kaifers, wie es in folhen Fällen gehalten werben
Jeder Erzbifhof nämlich, Biſchof, Prälat oder Beiftliche, der in Zukut
der alten Religion abtreten wuͤrde, folle auch fogleich fein Amt abtreten u
alle Einkünfte deffelben, jedoch ohne Nachtheil feiner Ehre und Würde, M
thun. — Der zweite Punkt betraf die Frage: ob die von Adel, Staͤdte, Ce
nen und Unterthanen, fo der augsburgifcyen Gonfeffion verwandt und unf
thol. Fuͤrſten und Ständen gefeffen, die Neligionsfreiheit genleßen follten.
dinand entſchied, daß fie von ihrem Glauben und Gottesdienft nicht gebm
fondern bis zur chriftlichen Vergleichung der jtreitigen Religion in Ruhe €
werden follten. Mit diefen Beflimmungen des römifchen Königs über die
den flreitigen Punkte ward den 26. Sept. der völlig geſchloſſene Friede wi
Reichsabſchiede publicirtt. — Man fieht daraus von felbft ein, daß die eige
Grundlage zu einem feften dauerhaften Frieden Iibergangen wurde, naͤmle
lige Gewiffensfreiheit; davon hätte man ausgehen und darnach die Übrigen
bätniffe dev Reichsverfaſſung, der Kürften und ihrer Unterthanen beftinmi
In. Man fehloß aber noch von diefem Frieden die reformirte Partei aus,
erſt im weftfälifchen Frieden mit der Iutherifchen gleiche Rechte erhielt. E*
Religionsphilofophie. Darunter verfteht man überhaup
Iofsphifche Nachweiſung der ewigen und allgemeinen Ideen, weldye jeder .
Religion zum Grunde liegen müffen, und die Erörterung der teligiofen A
menfchlihen Gemuͤths. Als ſolche macht fie zugleich einen wichtigen TE
Philoſophie aus. Sie unterfcheidet fich von Neligionsgefchichte dadurch, d
tere es mit der geſchichtlichen Entwickelung jener allgemeinen Ideen und bei
bildung der religiofen Anlage zu thun hat. — Um in den Stand gefeht 3
jede Religionsphilofophie richtig zu würdigen, möge uns die Erfahrung eir
größten Denker (Baco) leiten: Die Philofophie, nur obenhin gekoftet, fü
von Gott, ganz erfhöpft, führt ſie zurͤck zu Gott. Die Religion wi
allem Philofophiren über fie, praktifh wirkend vorhanden. Die Phile
hat die Religion als Exfcheinung bald erklären, bald begründen wollen; oft dd
terte fie diefelbe, doch nicht minder oft wurde fie durdy den Glauben beft egil
der Religionsphilofophie herrſcht oft mehr der grübelnde Verftand als diel
nene Vernunft; ſolche Philofophie oder Reflexion war es von jeher, meld
Sectenhaß und die Verfolgung in der Religion erzeugte, wihrend die Ne
felbft dem Begriffe nah, auf Duldung hinwies. Auch hat nie die Religion
folche, Verfolgung herbeigeführt, wol aber die Meinung über fie, welche fich «
MReligionsphilofophie ausgegeben hat. Während der religiöfe Glaube des
Gott für die Erlöfung dankte, liefen die Philofophen den Erlöfer Ereusigen,
feine Auferftehung den Volksglauben befräftige und ihre Verfuche zur Bt
rung der Ehre Gottes leite. Diefer Verfud) ift fhon öfter feit der Gruͤt
des Chriftentyums wiederholt worden, jedoch flets mit gleichem Erfolge.
auf das Chriſtenthum angemendete Religionspbilefopbie nennt man Pbile
des Chriſtenthums. Der Zweck ber Religionsphilofophie ift: in Sach
Glaubens und zwar des innigften Glaubens, den es geben ann, bie Red
menſchlichen Natur und ihre Grenzen au beftimmen. Sie foll das vom Ko
Religionsfhrwärmerei Religionsunterricht 185
ı Her in Einflimmung mit einander fegen und dahin wirken, daß die Re:
us enfähee, Sache des Herzens zu fein und ſich nicht zum bloßen a ffen
eligionsf ch waͤrm erei ift eine Überfpannung bes Gefühlen und "ein
pin der Einbildungskraft in Bezug auf das religiöfe Denken und Han-
ke Menfhhen. In diefem Zuftande kann fich der Menſch entiweder mit der
fett und der Erfahrung befchäftigen oder eingebildeten Ideen hingeben ;
# metaphofi ifch = religiöfe Schmärmerei. — In der Geſchichte der Reli:
erei findet man, daf die praktifchsreligiäfe der theoretifchzanfchaulichen,
Iusfhweifen im Thun und Dichten (f. Sanatismus) dem Ausfchmweis
iſſin und Grübeln voranging. — Unmiffenheit und Verad;tung gegen
Forſchen und gegen Selehrfamkeit, verbunden mit Entnervung des
‚warm ſtets der Schmwärmerei eigen; baher in den Zeiten ber Barbaret,
‚ üppiger Verſchwendung und Entnervung die meiften Schwärmer
— Die Rellgionsſchwaͤrmer erhielten oft in den finfterften Jahrhunderten
fe tes freien und eignen Denkens; in Zeiten der Aufklärung waren fie
deinde des Fortgangs deſſelben. W. L.
igionsunterricht kann ohne Abweichung von der Methode, nach der
iffe von irdiſchen Dingen mitzutheilen pfleat, nicht zweckmaͤßig ertheitt
(Bol. Religion.) Hier fragt esfih: Wie fommt der Menfch zum
? Der Menſch ift beftimmt, im Glauben an Gott zu leben und zu han»
und mit diefem Glauben tritt'er auch in den Bund mit Gott. Aber der
ded Glaubens, der nur fein Glaube ift, bedarf der Pflege, der Nah:
Bildung und Erziehung. — Durch wen oder mas Andres ats felbft
wı durch den Glauben Andrer kann dies gefhehen? Was immer fonft
Nenſchen dargebuten werden mag zur Stärkung f. Glaubens; er felbft,
Geift des Glaubens, loͤſcht gewaltſam Alles aus, was nicht rein wie:
fl; nur an dem Göttlichen kann fich das Göttliche erwecken und ent:
Darum wird auch nun und nimmermehr etwas ausgerichtet in diefer
durch eine ſtarke und smübermwindliche Frömmigkeit ber Altern und
Scart und mächtig wird der Menfch durch Gott, und unausſprechlich
ee dann auch, ſelbſt Die, welche ſchwaͤchern Glaubens find, fich nach⸗
and zu gleicher Höhe emporzuheben. Diefem Geifte, diefem Glauben
ie nicht widerftehen, wo er fo vertrauensvoll ſich ausfpricht; wo ein fol-
e lebt im Leben und in der Predigt, da wird fich das Volk verfamnieln.
bängen wir an den Lippen der Ältern und Lehrer, wenn fie von Gott
wunderbaren Wefen, von den Schidfalen und Thaten großer und from:
laſchen, Überhaupt von der heiligen Gefchichte erzählen ; wir glauben und
sdig erflaunt über den wundervollen Gott und feine früheren Offenbarungen
Berfchheit So mit der Muttermilh und der Liebe felbft geht Gottes
s unfer kindliches Gemüth ein, ja ſchon um unſre Wiege klingen bei:
Bichten, und das kaum gefchaffene Ohr wird ſchon gewöhnt, von Gott
1. Späterhin nın erzählen Ältern und Erzieher von eignen Wahrnehmun:
tet, von feinen wunderbaren Wegen, und mit Fingern zeigen ſiodem Kinde
weirhungsvollen Math, und wo Andre nur das Spiel des Zufalls und das
der Naturgeſetze erbliden, fehen fie Gott. So wird dad Kind ſchen früh
R, anfangs nur gewöhnt zu hören und zu glauben vom Allgegenwaͤrtigen,
Senden, den es doch nicht ficht, von dem Allmaͤchtigen und Aliweifen, den
ads erblickt. Jedes Gut des Lebens wird als eine Gnadengabe aus feiner
gracmmen, aus ber Hard, tie ed nicht haut. In den Kirchen fieht es die
en yerfammelt, alle find reinlich und feftlich gekleidet; die gewoͤhnlichen
Hi tes Lebens und ber Werkeltage ruben, alle find vereinigt, Ginem zu bie:
186 KReligionsunterricht
nen, den ihre Augen nicht fchauen, zu Einem beten, den fie nicht finmlid
nehmen. Sa Alles, was groß und herrlid) fonft den Kinde erfcheinen mag,
Obrigkeit, Altern, Lehrer, Alte beugen ſich hier vor einem noch höhern.
der doc) immer verborgen vor ihren Augen bleibt, und ihm danken fie:
alles Gute, audy für das Boͤſe, obgleich fie Alles feibft in Muͤhe und Gchs
arbeitet und fo ſich Alles felbft verdient zu haben feinen. So lernt ber:
liche Geift ſchon früh fein Sehen, Denken, Dichten und Meinen verleugne
glauben ein Ewiges und Unendlihes, der immer nur Eine, nur ein Zeitiid
Endliches ſchauen kann. Der Geift, der Alles nur ale entflanden und va
begreift, wie er e8 fieht, lernt glauben an Etwas, das da nicht entftandeg
ein Wefen und Dafein ohne vorhergehende Urſache. Gibt ed nun ige
Wahrheit und Lehre, fo iff jie dem Menſchen erft darum wahr, weil ſien
Glauben übereinftimmt, oder aus ihm hervorgeht, fodaß der Gläubige w
würde ohne feinen Glauben gar nicht® Andres begreifen können. So hat ly
einen Ruhepunkt, wo er einkehrt, felig zu fein in der Wahrheit, eine H
wo er dieMoth und Mühe des Begreifens ablegen und einen ungetrübke
zum Dimmel erheben, eine felige Anſchauung des Unergründlichen, einenj
zum Vater haben kann. Und fo ift auch dem Menfchen das ganze irdiſqh
gedeutet und das Näthfel feiner Beflimmung gelöfl. Er weiß, von we
was er bier ift und fein fol, und weiß, wohin er fommen wird. V
ift er ausgegangen, was er hier iſt, iſt er Durd) den Sohn, und der Geifl,.
in alle Wahrheit Litet, führt ihn einft dem Vater wieder zu, wo er Alles ia
if. — Das ift aber nicht das Einzige und Wichtigſte der Erziehung, 1
ung geiftig fo im Denten und Erkennen verleugnen lernen; denn Gottes |
ja in und nicht als eine Lehre oder ein Wort, fondern als Kraft fein und
Darum gewöhnt man auch das Kind ſchon früh, alles fein felbftiges
Verlangen und Wollen aus feinem andern Grunde aufzugeben, als weil
Gottes Gebot und Willen if. Alles Unrecht und Boͤſe wird daher |
Glauben felbft befämpft, und man Ichrt ſchon das Kind um Vergebung
den bitten, wie man überhaupt daffelbe beten lehrt. Wie unausfpr
dem Gemuͤthe des Kindes bie Wahrheiten der Religion find, kann man m
lernen, wenn man es die Religion als ein Gottes: Wort lehrt. Dier kann
hen, waß es heißt: Im Munde der Unmündigen hat er fich ein Lob zubereitd
nun ben Unterricht in der Religion im Allgemeinen betrifft, fo finden ze
Erfahrung beftätigt, daß die Ahnung der Religion am reinften und unveg
ſten da ſich zeigt, wo nod) keine methodifhe Begriffgentwidelung ſtatthabg
te, und das oft das ungebildete einfache Semüth ihr Siegel wahrhafter
verfälfchter in fich trage als der zum Gipfel des Wiſſens erhobene, viel
terrichtete Geiſt des methobifd) Gebildeten. Diefe Erſcheinung zeigt und
der menfchlichen Natur und die Schranke des wiſſenſchaftlichen Strebene. +
Unterricht in der Religion erfolge weder zu früh noch zu ſpaͤt. Nicht |
d. h. nicht eher förmlich, bevor nicht die Wahrzeichen des Verftandes cq
das frühe Lernen der Begriffe und der Dogmen verderbt im Kinde die Wi
fie wird zum Scheine, flatt Herzensfache zu werden. Nicht zu fpät, d
erft dann, wenn ſich in dem Gemuͤthe Zerjtreutheit und Leichtfinn, Selb
Zweifelgeift feftgefege haben; der Religionsunterricht darf nicht zu ſpaͤt
gen werben, weil die religiöfe Jdre unter den Sorgen der Erde und die
Hoffnung unter den Widerfprüdyen der Ereigniffe verloren geht, wenn fiel
guten und tiefen Boden gefenft ift. — Die crfte religiöfe, d. h. fro
ziehe ſich das Kind felbft ab — aber aus dem Keben frommer Menfcen,
der Knabe von dem Vater, die Zechter von der Mutter. Ältern müffen
Kindern in einem unaffectirt frommen Leben wandeln und ihren Kindern M
Religionsunterricht 187
es Gottes die Weihe zum Reiche Gottes geben. Die erfte Religionss
m Kindern in ber Anfchauung gegeben: eine Religion in lebendigen,
tigen Beifpielen fei alfo der erfte Unterricht in der Religion. Hierauf
Kindern die Erzählungen aus der alten, fernen orientalifchen heili-
Bibel in Auszuͤgen, füge an jede verftandene Erzählung einen bibli⸗
in welchem bie Refultate ähnlicher Erfahrungen, welche die vorher
elefene Gefchichte vergenenwärtigte, Eurz und deutlich ausgeſprochen
3 der Zukunft bei der Erinnerung an jene Sprüche zugleid) die ange>
ſachen zu Erklärung derfelben dienen koͤnnen. (Die „Bibl. Geſchich⸗
nidt dürften Dafür am zwedtmäßigften befunden werben, zunaͤchſt dies
Geſchichten“ von Hübner mit Sprüchen und Liedern, in Schwelm
un.) br alfo ein Spruch gelernt wird, muͤſſen Altern und Lehrer
fte Geſchichten zum Berftändniß des Spruches vorausgeſchickt has
rauch außer der biblifchen Geſchichte das religiöfe Keben andrer Fa⸗
Unterricht in Anfprudy nehmen zu können, fo wähle man foldye Buͤ⸗
irkliche Thatſachen aus dem religiöfen Leben der Vergangenheit und
diefem Behufe enthalten. (Die Sammlung von Ewald in 3 Bdn.
„Beifpiele des Guten“, ift dazu fehr brauchbar.) — Aus diefem Ges
ich im Kinde eine Reihe religisfer Vorftellungen von einer nicht bloß
ndern auch mwohlwollenden und ftrafenden Aufficht über das Thun
; behaltbar find fie ihm durch die Sprüche geworden, und diefe find
ech die Sefchichte verdeutlicht worden, nicht als etwas dem Kinde
es, fonbern als mit Hülfe des Lehrers felbft erworbene Weisheit zu
Naͤchſt diefen Erzählungen, welche aus dem religiöfen Leben ein»
en entlehnt waren, gebe man den Kindern Eräftige, kurze hiftorifche
m Beranftaltungen Gottes, die Erde dem Himmel zu nähern; zeige
ederkehrende Liebe des Vaters im Gontrafte zu dem Ungehorfam und
des grösten Theile ganzer Familien wider Gott und fuche auch diefe
ach biblifhe Sprüche behaltbar zu machen. Auf diefe Belehrungen
derkatechismus, ale zweckmaͤßige Ermeiterung des früher eingeleite
shismus, folgen Binnen. Durch diefe Übungen ift nun die Jugend
aug, in der vorzuführenden Neligionsgefdjichte jeden immer gewag⸗
ner Nation, Bott beftimmt zu denken und zu ehren, dennoch theil-
db ohne Spott, ernſt und andachtsvoll zu beurtheilen. Man zeige in
se recht deutlich, daß der Menſch weber die wahre Erkenntniß, noch
erehrung Gottes aus’ eigner Kraft erlangen und begründen konnte,
die Liebe des Vaters darin unterflügt werden mußte. Diefe Ges
an vorzuͤglich dazu geeignet, den Egoismus zu befämpfen und den
yankbarer Demuth zu beſtimmen. Mit dem Allen, was wir bisher
fe Bildung als zweckmaͤßig angebeutet haben, glauben wir, ift der
ih der religiöfen Erziehung feftgefekt: Bewirke, dag dein Zoͤgling Gott
d um Herzen habe, daß er fchaue der Unfichtbaren , wie er ſich auch
anbezeugt gelaſſen, nicht ferne von ihm iſt, und daß er ſich hüte, in
m willigen, noch zu thun wider Gottes Gebot. — Don bier ift nım
zu einer volftändigen Lebensgefhichte Sein Chrifti geebnet; dieſe
zonologifh aus allen + Evangeliften, laſſe fie die Kinder aus der
fen und füge dazu die praktiſch-zweckmaͤßigſten Erlaͤuterungen. Es
sinnern, die Gefchichte Jeſu aus den heiligen Urkunden felbft lefen
e andre Quelle ift getruͤbt. Mit der Lebensgeſchichte Jeſu beginnt
ı pofitive Religionsunterricht, deifen Hauptgrundfag nur fein kann:
wige Leben, daß ihr Den, der allein wahrer Gott ift, und Den, den
Jeſum Chriſtum, erfinnet. Fragen wir, welche Methode bei tier
188 Religionsnnterricht
ſem Unterricht zu wählen fei, fo kann nur biejenige ale die zweckmaͤßigſte
tet werden, welche Jeſus feinen Schülern felbft vorgefchrieben hat.
Schuͤler fahen ihn leben, dulden und wirken, und hörten ihn reden. Sa
ten waren die Belege zu Dem was er lehrte, und maß er lehrte, das erläi
nen den Grund feiner Handlungsmweife, ihren Werth und ihren Zweck,
konnten fie nicht anders, fie mußten nad) und nach erfennen, daß er fell
der Sohn des lebendigen Gottes, der Meifter von Gott gefandt, ber $
Wahrheit, die da felig macht. Auf dieſelbe Weife, die ſich an ihnen ſelbſt
hatte, wirkten nun auch die Singer Sefu auf ihre Schuler. Er war dei
ftand ihrer Lehren, ihre Aufgabe war das Gemälde f. Lebens und f. Ch
Sie Hatten ihn gefchaut von Angeficht zu Angeſicht, ihre Schuͤler konnten
mit dem inneren Auge ſchauen; war aber nur ihr Gemälde treu, fo durfte
ſichert fein, dafi, wer es gefchaut, ergriffen werde von feiner Erhabenheh
ihn lieben und in Liebe thiitig fein werde. — Nicht die Bruchſtuͤcke von?
hen und Reden Jeſu, nicht einzelne Scenen aus f. Leben machen den E
Hörer bekannt und befreundet mit ihm, fondern nur die voliftändigfte un
Darftellung deffelben. Wie die erften Religionslehrer nicht einzelne Sprü
citirten, um ihre teligiöfen Anfichten vorzutragen, und damit zu unterftigg
nicht die einzelnen Evangelien cins nach dem andern Iefen ließen, fon
ganze Gewmuͤlde f. Lebens vor die Augen ihrer Schuͤler zu bringen wußteg |
chem jede Nebe, jedes Wort erläutert wurde durch die That, melde es f
fo ſoll auch jetzt noch jeber chriſtliche Religionslehrer die große Aufgabe zu
hen, feine Schuͤler bekannt und befreundet mit Jeſu felbft zu machen.
jten Kindern, melche von Sefu nur zu plappeen mwiffen, was fie im
fein, Katechismus ober einer dürftigen Erzählung auswendig gelernt had
die Erfenntniß von ihm, welche die einzige Quelle de& Lebens iſt. —
praftifdyen Leſen der Lebensgefchichte Sefu muß der Kehrer darauf fehen?
der Schüler das Lehen des Goͤttlichen, als vollendete Gemälde, ald chf
an- und uͤberſchaue; b) dann foll ihm die Lehre deffelben, als rin vom ©
fhiedenes Ganzes Elar werden; ce) endlich ſoll er ſich felbft Rechenſchaft g
den Gründen der Wahrheit Deſſen, was er glaubt; kuͤrzer, er ſoll zuef
bensgefrhichte Jeſu, dann die Glaubens = und Sittenlehre Jeſu erhalten T
lich fein eignes Glaubensbekenntniß ablegen; letzteres iſt das Werk des €
oder die Frucht des Gegebenen, von ihm felbft aber Verarbeiteten. Di
bensbefenntniß feken die Schüler auf, oder fie waͤhlen den Eleinen K
von Luther sum Dolmetfcher deffelben, um fo eher, weil Luther nichts ai
men bat (felbft den Worten nach), als was Lie Bibel enthält. Hätt
Luther's Katechismus herausgegebenen Katechismen, Leitfäden, Antei
Lehrbücher ebenfo ehrlich nur die Schrift fprechen laſſen, fo wuͤrden
Führen im Religionsunterricht vorfchlagen; allein da dies nicht der Yal
ſcheint e8 durchaus unzweckmaͤßig, durdy fie die heiligen Urkunden zu vet
und fie für den Unterricht zu wählen, ohne deßhalb fie verdammen oder I
fondern Werth mindern zu wollen. -- Um den gefchichtlich = pofitiven 1
in Verbindung mit dem firchlich = pofitiven zu feßen, befolge man die durch
ſchichte angedeutete natlrliche Ordnung: nad, Vollendung des einleitet
ſchichtlichen Religionsunterrichts laſſe man den erften Artikel memoriren;
im Neuen Zeft. Jeſus das Gefep Gottes, durch Mofes bekanntgemacht
tigt, veranlaffe man die Kinder, das erſte Hauptſtuͤck nad) vorhergegang
klaͤrung au erlernen ; da, wo Jeſus die Anleitung zum Gebet gibt, werde di
Hauptſtuͤck erklärt und memorirt; der zmeite Artikel nach Vollendung dee
geſchichte Jeſu; der dritte nach der Ausgiefing des heiligen Geiftes; das
mahl und bie Taufe da, wo die Geſchichte Jeſu fie a8 integrirende Tpelle v
Religionsunterricht 189
tſtuͤcke muͤſſen aber mit der Erklärung Luther's erlernt werben, meil
neh nicht im Stande find, eine einfachere Erfitrung zu geben, als er
ſſen bat; feine Erklärung bedarf nur einer Verdbeutlihung. Die chrift-
ned befonder® vorzutragen, ift in dem eigentlihen Schulunterricht
ba die Lebensgeſchichte Jeſu die lebendigfte und individualifictefte Mo⸗
— Beim Gonftrmandenunterriht kann nach dieſem vorausgefchidten
a Unterrichte den vorzunehmenden Vorbereitungen eine mehr ſyſtema⸗
ſowol in Hinſicht der Religions- als auch Sittenlehre gegeben, und
cke koͤnnen dann in der Ordnung durchgegangen werden, in welcher
ſ. klleinen Katechismus gegeben hat. (Zu dieſem Zwecke verdient Cm:
1376 „Evangelifches Lehrbuch der hriftlichen Religion“, Zittau 1817,
ſtematiſche Form des Religionsunterrichts auf das Glaubensbefennt:
{m Pauprftüde des Katechismus gebaut und die Sittenlehre mit der
ee auf eine Weife verbunden ift, reelche die gegenfeitige Durchdrin⸗
dechſelbeziehung beider Disciplinen beifer ald noch in irgend einem
cduche für die Jugend geſchehen anfchaulih macht.) — Fragt man,
ticht in der Religion mit der Moral oder der Religion beginnen mäüffe,
Intwort: während die Jugend hiftorifch mit Gott dem Vater bekannt:
), gewöhne man fie zu einer ſtrengen religiöfen Regalität (mo Gott und
ı feinem Auftrage den Kindern alte Handlungen und Pflichten ohne
mg befeblen), damit fie dann, wenn ihr Herz und Sinn auf mannig>
und zuletzt durch Jeſus Chriſtus mit Luft und Liebe zum Vater und -
terfüut reorden ift und ſich gleihfam aus innerer Liebe gedrungen
Ister zu dienen und ihn zu ehren, deſto leichter das freie liebevolle (oder
be) Handeln von ihr ergriffen und zu ihrem Eigenthume gemacht
2; nur eine religiöfe Legalität, parallel gehend mit dem Unterrichte,
kegend zur Moralität oder zur freiwilligen Ausübung des göttlichen
lan hat die Eatechetifche Unterrichtöform in der Religion getadelt. Der
aber nicht diefe Unterridytsform als folhe an und für fich betrachtet
j nicht nur beim Katechumenen : und Confirmandenunterricht vorherr⸗
fondern auch ſchon bei dem vorhergehenden Unterrichte hier und da zur
mgerwendet werden), ſondern nur die Alleinherrfchaft derfelben vom
zum Ende bes Religionsunterrichts. Zu unſerer Zeit, mo man zu
oder gar nicht in der Bibel lieft, wo man auch in Schulen es verjäumt,
ie Gefchichte Sefu und f. Apoftel im Zufammenhange zu einer evan⸗
Is und Überficht zu erheben, iſt diefe Alleinherefchaft der Katechetik
balsnüglid, —- Zür unfere gelehrten Schulen ift es hoͤchſt nöthig,
f den echt evangelifchen pofitiven Unterricht zu verwenden als es ge⸗
hieht. Man widme dem Lefen des N. X. zum wenigſten eine gleid)
ufmerkfamteit ald den heidniſchen Schriftftellern. In unfern Tagen
teftantiicher Schüler das Gymnaſium verlaffen, er mag nun Theolog,
Rediciner werden, der nicht das ganze R. T. in der Urſprache mit fei:
n gläubigen Lehrer fo gelefen hat, daß ihn eine echt evangelifche Ein:
t ins fernere Leben als bleibende Eigenthum begleite, welche allein
eftanten gegen jede anticvangelifche Lehre und Handlungsweiſe erhe⸗
Den Theologie Etudirenten ift fie in unfern Tagen um fo nöthiger,
bſtaͤndiger und proteftantifcher geſtimmt und gefinnt in die Hörfäle
mtceten, und um fo richtiger beurtheilen Eönnen, wer aus Gott ift
Sohn zum Führer, zum Vater ermählt hat. Faſt Alte, welche die Aka:
m, um über bad Evangelium die verfchiedenften und oft widerſprechend⸗
a zu hören, ermangelu einer hiftorifchen Ein = und Überficht der Ur-
R.I. — Gomir man zu ben aͤlteſten hifterifdyen Urkunden des Rechte
190 Religionövereinigung - Rembrandt van Rhyn
zuruͤckgeht, um das gegenwärtige geſellſchaftliche Keben der Staaten bi
dauerhafter zu geftalten, fo wird e8 auch nöthig fein, zu den erften Urku
Chriftenthums zuruͤckzukehren, wenn das religiöfe und kirchliche Xeben un
eine dem Geifte des Evangeliums entſprechende Geſtalt gewinnen foll.
Religionsvereinigung, f. Union.
Religioſen werden der Etnmologie nad) fromme Menfchen, ir
hen Sinne aber Diejenigen genannt, die ſich durch feierliche Gelüibde
men, befonders die Slieder der geiftlichen Orden von beiden Gefchlechters
Religioſitaͤt bezeichnet ben durchgreifenden religiöfen Charakta
allen feinen Berhältniffen die Liebe gegen Gott nicht aus den Augen feg
Religiofität verhält fich zur Religion, wie die Moralität zuc Vernunft, wo
finnung der Geroiffenhaftigkeit zum Gewiſſen, wie die Frucht zur Bluͤthe;
fes Gefühl ift das moraliſche Gefühl auf das Emige und Göttliche bezogel
Reliquien (Überbleibfel). Man verfteht darunter Altes und Ye
von theuern und wichtigen Perfonen der Vorzeit den Nachkommen übeig
if; dahin rechnet man 3. B. Theile des Körpers (Knochen, Haare, Näg
Gewaͤnder, oder nur einzelne Stüde davon, Hausgeräthe (Becher, Tiſche,
Bücher u. f. w.). Zu jeder Zeit erhielten folche Überbfeibfel, als Erinnert
Vorzeit, bei den Nachkommen einen Werth. Auch gab es deren fched
Griechen. Worzüglich aber verfteht man unter diefem Namen alle je
liberrefte, welche die Chriften von geheiligten Perſonen, 5. B. den Maͤrk
Glaubens , aufbewahrten oder aufzubewahren glaubten. Am meiften ve
ſich dieſe Reliquien feit den Kreuzzügen. Man glaubte z. B. die Schwi
worin der Leichnam Chrifti gelegen haben fol, Stüde vom Kreuze Chi
den Umgebungen des Grabes und nody andre Überrefte von Maria,
den heiligen Männern der frühern chriftlichen Kirche zu befigen. In
Zeit erhielten diefe Gegenftände nur einen ausgezeichneten Werth; in
verſprach fid) der Aberglaube heilfame Wirkungen von dergi. liberreften
durch ward der Grund zu einem entehrenden Betrug und Gelderwerb u
der kath. Geiftlichkeit gelegt, und für diefe Gegenftände zum Vortheil
und Kiöfter eine beinahe göttliche Verehrung eingeleitet, fodaß man eind
tee vom Kreuze mehr Kraft zutraute als dem Worte des Erloͤſers felbft. '
miſche Kicche hat diefen Aberglauben nicht nur fange genährt, fondern &
auf die Überrefte ihrer Fanonifirten Heiligen ausgedehnt. (Vgl. Heilige:
Rembrandt van Rhyn (Paul), einer der berühmteften
Kupferäger der nieberländifchen Schule, geb. 1606 in einer Mühle unweh
die f. Vater gehörte. Sein leidenfchaftliher Hang zur Kunſt vereiteltek
ſ. Vaters, der ihn zum Gelehrten bilden wollte. Paul erhielt Unterricht
von Zwanenburg, einem unbedeutenden Maler; dann in Amfterdam
Laftmann, oh. Pina und Georg Schooten. Allein bald Eehrte ern
zuruͤck und arbeitete dort, die Natur als f. alleinige Lehrerin zu Rathe
Sie war aber gemein und auch f. Umgebungen waren keineswegs geeig
zum wahren Schönen, Hohen und Idealen hinzuleiten; da er auch die
f. frühern Erziehung zu verbeffern ſich nicht angelegen fein lief, fo war
li, daß er fi nur an Darftellungen der gemeinen Natur hielt und
Geſchmack fand. Sein ganzes Leben hindurch behielt er auch diefe Ag
Kunft und f. Lebensart bei; er ging immer nur mit gemeinen, ungebifbeil
um und mochte ſich nie an beffere Geſellſchaft gemöhnen. Um 1630
Amfterdam und heirathete eine hübfche Bäuerin aus Rarep, die m
ihm abgebildet findet. Seine Gemälde wurden bald außerordentlich
Gelbbegier bewog ihn daher, feine bisherige fleißige und ausgeführte
perlaffen und eine flüchtige Behandiungsart anzunehmen. Er zog nurl
*
Rembrandt van Rhyn 191
wier, deren Unterricht er ſich theuer bezahlen ließ, ihre Werke aber,
ıhgebeffert, für f. eignen verkaufte. — Seine: Erwerbſucht hat zu
Ierthum über fein Reben Anlaß gegeben; benn fo hatte er 3. B. mehre
iche er geägt, aus Venedig datirt, um fie verfäuflicher zu machen, und
ne Biographen veranlaßt zu glauben, R. fei 1635 und 1636 wirklich
gervefen. Allein er hat Amſterdam nie wieder verlaffen, ungeachtet er
te, aus Holland wegzugehen, um bie Kunftliebhaber begierig zu ma⸗
etwas ven ihm zu befisen. Schon um 1628 legte er ſich eifrig auf
und brachte es bald darin zu der größten Volllommenheit. Seine
itter wurden ebenfo fehr gefhägt ald f. Gemälde, und fein Geiz fuchte
immer höher zu treiben. Cr bediente ſich dabei mehrer, auch in der
tvon berühmten Kupferſtechern angewendeten Runftgriffe. Er verkaufte
olendete Biätter, vollendete dann die Platte, brachte [päterhin, wenn
ist war, einige Beine Veränderungen darin an, und verkaufte fo die:
ten zum dritten und vierten Mal, Paufte in Verfleigerungen oder fonft
amd f. Blaͤtter ſelbſt auf, ließ fie von f. Sohne heimlich, als wenn er
entwendet, wieder ausbietin, u. dgl. m. Auf ſolche Weife, und durch
eLebensart, hatte fih R. ein bedeutendes Vermögen erworben, wel⸗
Abieben, 1674, fein Sohn Titus erbte, der zwar von f. Vater für die
m worden war, allein darin nicht weit vorgefchritten und ganz unbes
ben iſt. — R. war im engften Sinne des Worts nur Maler, d.h. er
les, was die Behandlung der Farben, das Colorit, Helldunkel, Fer⸗
Pinſels betrifft, im höchften Grade, wogegen er die übrigen Erfoder⸗
kahren Kuͤnſtlers, Compofition, Gruppirung, edeln Ausdrud, Zeich⸗
jective, Draperie, überhaupt Geſchmack ſich nie aneignen Eonnte. Zwar
ſeibſt nad) dem Nadten und nad) Modellen, hielt auch f. Schüler dazu
was für Modelle dies geweſen fein mögen, kann man aus f. Werken
men. In f. Gompafition und Gruppirung folgte er allein der gemei⸗
und feiner jedesmaligen Laune, ohne alle Auswahl, in der Zeichnung
Kl. Das Nadte fuchte er in ber Regel fo viel als möglich zu verber:
Hände und Füße ließ er felten fehen, meil er fie nicht zu behandeln ver:
neift umförmlich groß oder zu Mein bildete. Da, mo er das Nackte
pen konnte, 3.98. inf. Kreuzgabnahmen, Grablegungen, einigen Dar⸗
w Bathfeba im Bad, ift es immer ohne alle Proportion, meift wibrig,
ymein. eine Drapirung ift phantaftifch, ganz ohne Wahl, ja meift
Bund lächerlich. — MR. Eaufte alle feltfame ausländifche Kleider, Waf⸗
ige Serächfchaften zufammen, um f. Modelle und nach diefen f.
wit außzuzieren. Ungeachtet der großen Fertigkeit f. Pinfels foll ihm
hnung, fogar bei Portraite, und die Drapirung unendliche Mühe ges
. Ausdrud und Charakter find zwar f. Arbeiten nicht abzufprechen,
wuß nur einen edeln Ausdruck darin finden wollen. Seine Köpfe find
uber meiſt Zerrbilder, f. Marien find gemeine Maͤgde, f. Chriftus ein
b der niedrigften Wolksclaffe u. f. m. Dagegen ift R.'s Pinfel meifters
mzig, von einer Kraft und Wirkung, die kein anderer Maler erreicht
kein hat ſich fein eigenthümliches Talent bewährt. Seine Färbung ift
Basie; er unterſchied am beiten die zufammenftimmenden und die uns
Rn Farben, Jeden Ton fette er fofort an feine Stelle mit fo viel Rich⸗
Barmonie, daß er die Farben nicht erft mit Cinbuße ihrer friſchen Bluͤ⸗
ben brauchte. Daher ift Alles in f. Bildern voller Wärme und fein
wen unvergleihlicher Wahrheit. Die Lichter trug er meift fo fett auf,
Be weit hervorragt und auch fo die Wirkung hebt. Überhaupt brachte
Welle Erleuchtung in /. Bildern an, welche nur die Hauptpartien herz
192 Remebium Kemonftranten
vorhebt, bie Nebenfachen im Helldunkel läßt. Er wählte dazu immei
tung von oben, und hatte deßhalb in f. fonft ziemlich dunkeln Zimr
Öffnung angebracht, durch welche allein fein Modell erleuchtet wurde
förmigen Methode iſt es denn freilich auch zuzufchreiben, dag R.”
überall fehr gleicht und etwas einförmig geworben ift. — Seine za
maͤlde find faft in allen Öffentlihen und Privatſammlungen zerftre
außgezeichnetften gehören fein Tobias und deffen Familie, vor dem €
die beiden Philofophen, Chriftus zu Emaus, die Werkftatt eines £
Samariter, die Darftellung im Tempel, fein eigne® und f. Frau '
drohende Gefangene, und zwei Landfchaften, dann Simon und Delil«
abnahme, und ein minder bekanntes, aber fonft noch vortrefflichere® G
ſtus unter den Kindlein (in der gräfl. Schönborn’fcyen Sammlung zı
ner fein Apoftel Paulus, das Portrait f. Mutter und f. eignes. (in
£aiferl. Galerie), eine heilige Familie, Hagar, Chriftus im Tempel
legung, Kreuzabnahme, und f. Portrait (in der muͤnchner Galerie
Manodahs, das Feſt des Ahasverus, Ganpmed, fein eignes und di
Mutter und Tochter (da8 Mädchen mit der Nelke), ingleichen eine !
Dresden), Saul und David, Tobias, eine Befchneidung, eine Gr
und f. Kamilie, und eine Landſchaft (in Braunſchweig). — R's 9
find von einer bewundernsmwürbigen Freiheit, Leichtigkeit, Kühnheit ı
malerifh. Seine wilde unfleißige Art paßt, wie Leffing fehr richtig !
gut zu den niedrigen Gegenfländen, die er meiften® wählte. Sie wer
bezahlt, daß eins berf., bie Heilung der Kranken, den Namen bes ,
denblatts“ befommen hat, aber oft noch weit höher bezahlt wird «
befagt. Faſt ebenfo fehr fhägt man f. Bürgermeifter Sir, den 2
den Soppenel, den Zolling und f. große Kreuzabnahme. — R.'st
die man an der Art ihrer Behandlung der Farben leicht erkennt, war.
Gerard Doum, Gerbrand van Eckhout, Mid. Poorter, Phil. Kon
Flink.
Remedium (im Muͤnzweſen). Der Muͤnzfuß iſt zwar die!
von der Regierung uͤber die Art und Weiſe feſtgeſetzt worden, wie die
ausgeprägt werben foll; aber es vermögen felbft die gefchidkteften $
den einzelnen Münzftüden im Schrote und Korn eine vollfommene
geben, daher hat men für beide ein Hoͤchſtes und ein Geringftes feftg
welches fie verfchieden fein können, dies nennt man dad Remedium
Rechtswiſſenſchaft bedeutet Remedium einen Rechtöbehelf, Rec
(9. d. und Proceß.)
Remeſſe, Rimeffe, wird bei den Kaufleuten die baa
MWechfel gemachte Bezahlung empfangener Waaren u. dgl. genannt;
die von dem Acceptanten eines Wechſels ausgezahlte Summe deffelbe
Remeffenbud ein Bud, worin Kaufleute die Wechfelbriefe, fo
tirt werden, eintragen, um ben Werth zu gehöriger Zeit beizutreiben
Remonftranten (Arminianer). Der Stifter diefer R
in der reformirten Kirche war Jak. Arminius, geb. 1560 zu Ouder
Provinz Holland. Er hieß anfänglid) Hermann. Sein Vater, ein I
ftarb frühzeitig; als er einige Zeit zu Utrecht ftudirt hatte, nahm ihı
Snellius mit fi) nad Marburg. inige Zeit darauf ging er nad
von da nad) Leyden, wo er 6 Jahre lang den Unterricht des Lambe
genoß. In Genf hörte er Beza und zu Bafel erwarb er ſich die b
tung des Grynaͤus. Auf f. Reife nad) Stalin fand er zu Rom die
der päpftl. Megierung fo arg, daß er felbft fügt, fie habe alle ſ. Vorſte
troffen. 1588 ward er als Prediger nad) Amfterdam berufen; 1:
Remonftranten 198
Mologie zu Leyden, und flarb 1609. — Der Hauptgegenftand, wor:
anung der Remonſtranten von der allgemeinen reformirten Kirche ent:
jie Lehre von der Prüdeftination (Gnadenwahl). Den Irrthum
rten in diefer Lehre ſuchten fie in einer 1610 von ihnen ben General⸗
Holland Überreichten und Remonstrantiam überfchriebenen Schrift
n, von der fie fpiterhin den Namen Remonſtranten erhielten. Sie
1) Daß Gott zwar von Ewigkeit einen Beſchluß wegen der Menfchen
Verdammmniß gefaft, aber die Bedingung hinzugefügt habe, er wolle
en felig machen, weiche an Chriftum glaubten, die Ungläubigen hinge⸗
un. 2) Daß Chriftus für alle Menfchen geftorben und allen durch f.
fohnung und Vergebung der Enden erworben habe; es koͤnne abır
and erlangen, es fei denn, daß er an fie glaube. 3) Daß kein Menfd)
enden Glauben aus eignen Kräften haben könne, fondern von Gott
ch den heiligen Geift wiedergeboren werben müffe, wenn er dazu ge:
4) Da6 man ohne die Gnade Gottes nichts Gutes zu denken, zu
ıthun im Stande fei, benn alle unfere guten Werke hätten ihren Ur:
tfelben; Ddeffenungeacdhtet, wenn man auf die Beichaffenheit ihrer
e, tönne man nicht behaupten, daß man ſich ihr ſtets widerfegen und
6 verhindern Eönne. 5) Daß die Gläubigen wider Satan, Suͤnde,
z eignes Fleiſch flreiten und den Sieg erlangen Eönnten durch den Bei⸗
ligen Beiftes. — Dieſes ift der echte Inhalt der Kehre des Arminius
ellſchaft der Nemonfteanten. — Bon dirfen frühern Remonſtranten
e ſpaͤtern unterfcheiden, weldye bei diefen 5 Artikeln nicht ſtehen blie⸗
3 in ihrem Kampfe gegen die allgemeine reformirte Kirche noch weiter
Da noch vor den Arminianifhen Streitigkeiten mehre Schriften bes
Dolland heimlich verbreitet worden waren, und namentlich bei dem
le der vorzuglichften Gelehrten, weiche faft alle Mitglieder der Nemon:
en, Eingang gefunden hatten, fo war e6 natürlich, daß die fpätern
ten in vielen Stüuden mit den Socinianeen oder den frühern Ratio⸗
einflimmten und daher des Socinianismus beihuldigt wurden. —
ı von Holland gaben 1614 eine Verordnung, nach welcher die Re:
und Gegenremonftranten (nach einem ihrer Wortführer, dem Prof.
e, Kranz Gomarus zu Leyden, auch Somariften genannt) fich
: In Liebe und Frieden vertragen follten. Du beide Parteien aber die
nd Unguͤltigkeit eines foldyen Decrets von Seiten der Obrigkeit in Kir:
heiten in Zweifel zogen, fo wurbe, um die dadurch entflandenen Un:
egen, 1618 vom 13. Nov. bis 1619 d. 9. Mai die berühmte dord:
mode gehalten. Hoͤchſt bemerkenswerth ift der Ausſpruch diefer
Sie wies eritlich der Vernunft in der Furcht Gottes den Platz an, ber
Magd ſchickt; fie nahm die Vernunft unter den Gehorfam des Glau⸗
m, und erklärte mit frommer Demuth und theologifcher Folgerichtig:
ibeftinationslehre ift hart, fehr hart, aber wir Eönnen nicht helfen; feft
oſpruch ber heil. Schrift, untergehe die Meinung der wiberftrebenden
Ne Meformirten oder Segenreimonftranten gewannen durch diefe Sim:
band, weil fie hier Kläger und Richter zugleidy waren. Die Nemon:
en das willfürliche, graufame und ungegrlndete Verfahren diefer
Licht geſtellt, und bis jegt haben die Neformirten diefe Befchyuldigun:
verlegt. Obgleich die Urminianer ſich dem firengen Urtbeile dee Synode
Ibauptungen Irrthuͤmer waͤren) unterwerfen mufiten, fo unterliegen
w, ihre Lehren in Schriften zu rechtfertigen. - - Nach diefee Synode
inſicht des Beſtandes diefer Partei bedenklich aus, befonders als ſich
onfiranten ber Theilnahme an der Veiſchwoͤrung gegen den Prinzen
Eiebent: Xufl. 88. IX. 13
194 Remſcheid Remus |
Morig ſchuldig bekemen mußten. Kinige Prediger aus der Gemeinde ı
aber bei dem Prinzen eine wohlgegruͤndete und nachdruͤckliche Vorſtellung
welcher ſie zeigten, daß die Schuld einiger Mitglieder nicht der ganzen Ge
zugerechnet werden koͤnne. Dieſe Vorſtellung hatte ihre gute Wirkung, d
Prinz überwand nit nur felbft feinen Zorn, fondern vermochte auch feine
bungen, den Remonſtranten eine mildere Behandlung angebeihen zu laffen.
f. Tode, 1625, erhielten fie von f. Bruder Heinrich durch ein befonderes Di
Erlaubnif, fid) in allen Orten und Städten Hollands aufzuhalten und |
und Schulen anzulegen; letzteres gefchah namentlich in Rotterdam und 2
dam. In Amſterdam ſtifteten fie ein Gymnaſium, um fidy ihre Lehrer fi
bilden; biefe Anftalt machte ſich fehr berühmt. Die Gemeinden zu Rot
und Amfterdam waren die ftärkften. — Sie bemühten ſich nicht, ihre Gla
genoffenfchaft zu verftärken; wer zu ihnen überging, war nicht verpfliche
Glaubensbekenntniß anzunehmen, wenn er nur erklaͤrte, er fei dem allge
chriſtlichen Glauben nad) dem apoftolifchen Symbolum ;zugethan und weil
Chriſti Gebot fein Leben führen. Ihr öffentlicher Sottesdienft mar dene Rh
formirten faft durchgehende gleich, nur baß fie in der Taufe, bei welcher Biel
mirten von den Altern des Kindes ein Bekenntniß fodern, daß ihre Lehre mug
und fich verſprechen laſſen, das Kind darin zu erziehen, die AÄitern bloß ermd
ihe Kind in der hriftlihen Religion unterrichten zu laſſen, ohne eine
Gemeinde zu nennen. Auffallend iſt es, daß, fo lange fie gedrüdt und
wurden, ihre Geſellſchaft fehr zahlreich mar; fobald fie aber Freiheit uk
erlangt hatten, die Zahl der Mitglieder mehr ab: ale zunahm.
Remſcheid, Dorf und Kichfpiel im Herzogthum Berg, jetzt
dorfer Regierungsbezirk der preuß. Provinz Juͤlich⸗ Kleve- Berg. Das
ungefähr 100 Häufer, das Kicchfpiel aber, von 2— 3 Stunden im
mit 6000 Einw. hat zwiſchen 50 und 60 fogen. Höfe und in denſelben
Handlungshaͤuſer. Ein Theil diefer Kaufleute hat große Fabriken von
( jähel. 400,000 St.), Eigen, $eilen u. f. w., bie nad) den Antillen und
in Menge ausgeführt werden; ein andrer Theil befigt Breit-, Ned: us
raffineriehaͤmmer, mit deren Erzeugniſſen in⸗ und auslaͤndiſche Eiſen⸗ md
fabrifen verſorgt werden. 45 Eiſenhaͤmmer ſtehen in einer Gegend vn R
den, um dieſen Ort herum, bie alle Arten von Eifenwaaren zum Schifbi
fertigen und auferdem 800 Artikel von Schneid- und andern Werkzeugen 6
Bor dem Nevolutionskriege wurden jährlih I—10 Mill. Pfund Eifen Hi
kauft. Auf den 18 in und um Remſcheid fließenden Bächen kann ſchon fell
ren Sahren Eeine neue Anlage gemacht werben. Viele Hiufer zu Nemfcheib4
auch einen bedeutenden Handel mit andern deutſchen und fremden Fabriku
Die Gegend felbft ift an Naturerzeugniffen arm. Eifen, Stahl, Holzkohl
andre für die Fabriken erfoderliche Gegenftände müffen von andern Orten!
liefert werden. In den Pflanzımgen der holländ. Gofonien gibt man den ri
der Werkzeugen vor allen andern den Vorzug.
Remter, das, in Urkunden Nemptir, auch Meventer, was am m
auf den lat. Urfprung refeetorium hinleitet, hieß in Kiöftern der Verfanm
faal zu Gelagen, Spiel und Unterhaltung. Weil die Form der Kiöfter in Ihe
lichen Einrichtung aud) das Vorbild der Burgen wurde, fo gingen die Memi
dorthin über ımd der Remter wurde ein wefentliches Stuͤck diefer Gebäude
Mufter ihrer Anlage kann das Nemter zu Marienburg (f. d.) gelten, d
‚ der erften Begründung des Schloffes bie auf unfere Tage fich erhalten hat.
weilen ift es, wie in Schulpforte, nod) ven dem eigentlichen Speifefaale, ı
eulum , getrennt.
Nemus, f. Romulus,
KRemufat Reni 195
mufat (Jean Pierre Abel), einer der erſten europaͤiſchen Linguiſten,
rad. und Prof. der chinefifchen und tatarifchen Sprache am College
rn it den 5. Sept. 1788 zu Paris geb. Er ftudirte Mebdicin, in welcher
# Doctorwürbe erhielt, folgte aber zugleich feiner Neigung, bie orienta-
rachen, namentlich die chineſiſche, tatarifche, tibetanifche u. f. w. grün:
zn lernen. Schon 1811 erfchien fein „Essai sur la langue et la lit-
Ibinoises”, wodurch er die Aufmerkfamkeit der Kenner aufſichzog und
um zu Grenoble und Befancon bewog, ihn zu ihrem Mitgliede aufzu-
Einige andre Schriften über das Chinefifche folgten. 1814 ernannte
XVIII. zum Profeffor und 1816 trat er in die Akad. der Infchriften.
mti’d Tode 1818 erfegte er diefen in der Herausg. des „Journal des
Biele treffliche Auffäge von ihm find im „Moniteur”, im „Journal des
aden „Zundgruben”, in der „Biographie universelle” u. f. w. erſchie⸗
m heil befonders gedrudt. Seine Hauptwerke find, außer dem ge:
Zssai”, fein „Plan d’un dietionnaire chinois’' (1814), „Le livre
penses et des peines“, uberſ. aus d. Chineſ. (1817) u.f.w. Auch
n dem 1814 erfchienenen 16. Bande der „„Memoires coneernant les
Intheil, und lehrte uns 1820 in dem chinefifchen Weltweifen Lahotfe
m Platon kennen. Seine „Melanges asiatiques” (Paris 1825 fg.,
halten Auffäge von ihm über die Relig., Sitten, Sprahen, Geſch.
‚der Völker des Drients. 1827 machte er die Parifer durch feine „Con-
» (3 Thle.) mit den Sitten der Chinefen befannt. Über Remufat’s
e des Chineſiſchen und diewefentliche Verfchiedenheit bes chinef. Sprach:
dem Sanskrit, der griech., german. und latein. Sprache, vgl. man A.
dt's „Sendichreiben an Remufat” (Paris 1827).
egaten, fo viel aldReligionsverleugner, beſonders die von ber chrift:
s Abtrünnigen, welche zum Koran Üübertreten. Häufig ift bei ben Re⸗
zenmutz die Triebfeder ihrer Handlung, feltener Zwang und Überredung
we bes Islam bei gefangerien oder unter ihnen wohnenden Chriften.
i (Guido), der anmuthigfte und gefälligfte Maler, welchen Stalien je
icht hat, wurde zu Bologna 1575 geb. Sein Bater, Samuel Rent,
cher Mufiter, wollte ihn anfangs ber Mufit widmen, wozu er Talent
fin ec bemerkte bald ein noch größeres in dem Knaben ſchlummerndes
Malerei und übergab ihn daher dem Unterricht des in Bologna ba:
gem Anfehen ftehenden nieberländifhhen Malers, Dionyfius Calvaert.
In deffen berühmter Schule vorzüglidy nach Albr. Duͤrer's Werken ſtu⸗
bie wird wahrfcheinlich, wenn man manche von feinen frühern Arbei⸗
et und darin, befonder# in den Gewaͤndern, dam und warn eine Ähn⸗
den Dürer’fchen Gewaͤndern findet. Unterbeffen fing die Schule ber
Bologna an, durch Neuheit und beffern Gefchmad in der Kunſt jene
in Auch Guido ging, 208. alt, zu den Caracci über. Diefen gab
egenheit, fein Zalent zu bewundern; er fol fogar Annibal Caracci's
regt haben. Die Begierde Guidos, die Kunftfhöge Rome mit eigs
‚gu fchauen, vermochte ihn jedoch mit ziveien feiner Mitſchuͤler, dem
Bo und Albani, nad Rom zu eilen. Nachdem Guido einige Ge⸗
begen feiner Erüftigen, effectvollen ( jedbod) unedeln und gemeinen) Ma:
8 über die Maßen bewunderten Caravaggio gefehen und deſſen Be:
at nachgeahmt hatte, verbreitete fich binnen Eurzem fein Ruf und bewog
u Borghefe, für die Kirche delle tre Kontane eine Kreuzigung des heit.
rihm malen zu laffen. Die Eräftige Manier, in welcher diefes Bild
andre aus derfelben Zeit gearbeitet find, welche Guido jedoch nicht
Nele, erhöhte feinen Ruf immer mehr; und ale der Cardinal die (duch
15 *
196 Reni
Morghen’s trefflihen Stich bekannte) Aurora duch ihn hatte v
wurde bie Bewunberung allgemein. Paul V. erthetlte ihm um bie!
trag, eine Gapelle auf Monte⸗Cavallo mit Scenen aus dem Leben
sufhmüden, und da er auch diefen Auftrag zur Zufriedenheit d
ausgeführt hatte und ihm überdies von demfelben die Auszierun
Gapelle in ©.:Maria-Magglore anvertraut wurde, befam cr bin
fo große Menge Beftellungen, daß er fie alle zu beforgen nicht üı
Aus diefer Periode find unter andern twol auch feine Fortuna, die
tus V. und des Cardinals Spada. — Man nimmt gewöhnlid
Manieren für Guidos Malereien an. Die erjte iſt die effectvolifte
Gemaͤlde, welche der Behanblungsweife der Caracci und befonder
vaggio ähnlich find. Starke Schatten, enggefchloffene Kichter, ein
£iger Pinfel, Eurz das Dinarbeiten nad) großer Wirkung zeichnen
Periode gefertigten Arbeiten aus. Die zmeite Manier bildet den '
faß der erflon und wurde von Guido auch als Gegenfaß der Art
vaggio, mit dem er in fleten Zwiſtigkeiten lebte, aufgeſtellt. Sie ze
heile, fchattenlofe Färbung, durch einfchmeichelnde, gefällige, dod
oberflächliche Behandlung aus und ift dem Guido ganz eigenthi
obgedachte Aurora bildet ſchon den Übergang oder vielmehr Übertrit
in die zweite Manier. ine dritte Periode fängt von der Zeit an,
fing, eilfertig und fchnell zu arbeiten, und mehr auf Geldverbienft al
bedacht war. Sie zeichnet fich durch grünlihe, graue und uͤberhar
Färbung , durch nacyläffige und flache Behandlung aus. Diefe le
‚merkt man vorzuͤglich in der großen Fahne mit dem Schugheilige:
mehr oder minder in einer Menge anderer Gemälde diefer Period:
Megierung des Papftes Urban VIII. entzweite ſich Guido mit def
dem Eurdinal Spinola, wegen Bezahlung eines feiner Gemülde
Bologna zurüd. Dafelbft hatte er bereits unter andern Gemälde!
Zampieri feinen heil. Petrus und Paulus, für die Dominicanerkirch
:bermord gemalt, und war jeht im Begriff die Capelle des Heil.
auszuzieren, als er nach Rom zurüdberufen, dort mit Ehrenbezeigu
und vom Papfte ſelbſt aufs liebreichfte empfangen wurde. Ball
neue Unannehmtlichkeiten, und ba er aud) in Neapel, wohin man
gen der Verfolgungen der dortigen Maler gegen alle bedeutende
nicht fidyer glaubte, fo Echrte er nach feiner Vaterſtadt zuruͤck und
wieder. In Bologna vollendete er die gedachte Gupelle, malte :
für die Kirche de’ Medicanti, fiir Genua eine Himmelfahrt der Vi
Menge andrer für fein Vaterland und das Ausland, befonders für
ter verdienen ausgezeichnet zu werden: fein heil. Michael für die C
Geſchichte des heil. Benedict für das Klofter S. Midyele in Bosc
Paris für den König von Spanien, Scenen aus dem Leben des
Verkuͤndigung, ber heil. Sebaftian, ein Ecce Homo und einige X
das Mufeum zu Paris befigt), ein Chriftusfnabe, auf dem Kreuz
Magdalene, ein Johannes der Täufer, das legte Gemälde aus fe:
nier (in der kaiſerl. Galerie zu Wien), cine Anbetung der Hirten
und Magdalene (in der Kichtentein'fchen Sammlung), eine Him
‚ feiner ſchoͤnſten Bilder (in der koͤnigl. Galerie zu München, geft
Freiburg 1826), ein Ecce Homo, ein Sohannes der Evangeliſt,
und eine Fortuna (in Münden), ein Ecce Homo, Chrijtus, wel
erfcheint, eine Madenna, von Heiligen umgeben, Ninus und €
tleiner Bacchus und eine Venus (in der dresdner Galerie). --- '
karte Guido eine Schule errichtet, in Bologna vergrößerte er Diefel
Rennell 197
lſeiner Schüler auf Moſchaͤtzt. Ex arbeitete jetzt meiſt eilfertig, ges
an eine ganz praktiſche, unausgefuͤhrte und manieritte Behandlung,
iſſig, ließ Manches durch feine Schliler ausführen und, von ihm nach⸗
z feine Arbeit verkaufen. Und alles Dieſes bloß, um feinem leiden-
yange zum Spiel zu fröhnen. Dies nöthigte ihn zu unwürdigem Ver⸗
ner Gemälde und ſtuͤrzte ihn in immer drüdendere Geldverlegenheiten,
zulsst die Urfache feines Todes, 1642. — Betrachten wir In feinen
inzelnen Ecfoderniffe der Kunft, fo finden wir zuerft feine Zeichnung
richtig, felten Eräftig und grandios, feine Stellungen ohne grofie Wahl,
ht einmal natürlih. Dagegen hat feine Zeichnung eine ihm eigen:
razle und Lieblichkeit, die mehr in der Behandlung des Ganzen ale
Theile befteht, ja mun muß auch dies eigentlidy nur auf feine Köpfe
Seine Gedanken find gewöhnlich, wol gar gemein, bie Anordnung
elten gut, daher auch feine größern Compofitionen weit weniger Wir:
und weniger gefchägt werben als feine Werke von kleinerm Umfunge,
ve Halbfiguren, deren man eine große Anzahl findet. Der Wurf ſei⸗
re bat viel Schönes und ift meift wahr und leicht; nur fehlt es Ihnen
onie mit dem Ganzen und an bem Charakter bes Stoffes, moraus
Einen hohen, wuͤrdevollen, manniufaltigen, beflimmten Ausbrud
feinen Werken nicht fuchen. Dadurch erklaͤrt fi, warum ihm Män-
worin Kraft und Zeftigkeit dargefteilt werden follen, felten und mehr
ern Periode gelangen. Ganz an feinem rechten Plage aber war Gui⸗
e jugendliche , befonders weiblidye Geftalten bildete. In ihnen zeigt
5 Gefühl für Alles, was nur anmuthig, hold und zart genannt wer:
ve Allem aber fpricht fich dieſes Gefühl in den gen Himmel gerichteten
Magdalenen und Madonnen aus. Eein Colorit ift felten wahr, fällt
liche, Gruͤnliche und Silbergraue, ift aber doch meift angenehm und
3 großen Leichtigkeit und Meiſterhaftigkeit feines Pinfeld, von einer
m und marligen Behandlung, welche aber freilich in Manier ausar-
Bübo hatte nicht allein in Relief, fonbern auch einige Statuen gearbel-
ziemliche Anzahl Blätter eigenhändig radirt, welche mit einer leichten,
del behandelt find und fehr gefhägt werden. Faſt ließe fich behaup⸗
e Zeichnung in diefen Blättern richtiger und edler fei als felbft in ſei⸗
w. Unter der Menge feiner Schüler, welche mehr oder minber fei-
zen blieben, zeichnen fi) aus: Guido Congiagi, Simone Cantarini
pancedco Richt, Andre. Streni, Giovanni Sementi, G. Bat. Bo⸗
- BC.
ſell (James), ein englifcher Beograph, geb. 1742 zu Chubleigh in
we feine Samilie in gutem Anfeben ftand, befuchte eine benachbarte
trat ald Midfhipman in den Seetimfl. Wuaͤhrend des fiebenjähr.
note er fich durch Unternchmiungsgeift, befonder® bei der Belagerung
een, aus und trat 1766 als Ingenieurofficker in den Militairdienſt
ne. Die erfte Arbeit, womit er vor dem Publicum erfchien, mar
he Bank anıl Current of Cape Lagullas, wofuͤr er zum General:
ıWBengalen ernannt wurde. Bald darauf gab er feinen Atlas von
bass, dem eine Nachricht vom Ganges ımd Burramputer (in den
ml Eramsactions”) folgte. Diefe Schrift erwarb ihm folhen Ruhm,
menig zum Mitgllede der koͤnigl. Gefellichaft erivählt wurde. Um
re nach Europa zuruͤck und gab fein berühmtes „Menioir of a nıap
w* heraus. Als die Afiatifche Geſellſchaft geftiftet murde, gab R.
wre Beiträge, wiewol anonnm, zu ihren Schriften. 1798 half er
B 6A der Herausgabe feiner Reife; für die afrikaniſche Geſelſchaft
198 Rennes Rennie
unternahm er mehre Arbeiten zur Verbeſſerung der Geographie dieſes Welt
Das große Werk des Dr. Vincent fiber Die Reiſe des Nearchus und über br
riplus verdanken ihm manchen wichtigen Auffchluß. Won feinen eignen 8
verdienen noch angeführt zu werben: „The geographical system of Here
explained’’ und „Observations on the topography of the plain of Trey
Rennes, vormald Hauptfladt von Bretagne, jest die des Deps
Ille und Vilaine, liegt an dem Zufammenfluß diefer beiden Fluͤſſe; au
erftern koͤnnen Barken bis an die Stadt fchiffen. Über die Vilaine find 3
den gebaut, von denen die fchönfte (Pont-neuf) die obere mit ber untern
verbindet. Die obere Stadt, an einer Anhöhe auf dem rechten Ufer der V
iſt der vorzüglichfte Theil, mit ſchoͤnen, gut gepflafterten, breiten und g
Straßen, großen Plägen und vielen trefflichen Gebäuden. Die untere |
auf dem linken Ufer der Vilaine, ift öftern Überfehwemmungen ausgeſetzt
der Ille liegen die 2 Vorſtaͤdte St. Martin und ’Eveque. Sie hat 4000 5
1 Domkirche, 8 andre Kirchen, worunter die fchöne Peterdkirche mit bee f
werthen Sacade, und anfehnliche Gebäude, als das ſchoͤne vormalige Parlas
baus auf einem großen vieredigen Plate, das Rathhaus, das Arfenal.
30,000 Einm. betreiben theild beträchtlichen Speditions⸗ und eignen H
theil unterhalten fie nicht unwichtige Fabriken, als in Segeltuch, Cattun, E
wolle, Leber ıc. und Wachsbleihen. Die Stadt ift der Sig eines Biſche
des Generals der 13. Militairdivifion. Sie hat eine Akademie mit ZU
ten, bes Rechts und der ſchoͤnen Wiffenfchaften, ein Eönigl. Collegium, ein
ſellſchaft der Wiffenfchaften und Künfte, eine öffentliche Bibliothek, ein Mu
ein Naturaliencabinet und einen botanifchen Garten. Die Gegend umberl|
fruchtbar.
Rennie (Sohn), Vorſteher ſaͤmmtlicher Hafen: und Marinebau
Großbritannien, geb. 1757 in Schottland. England hat feit Smeatel
nen Baumeifter aufzumeifen, deffen Ruf allgemeiner anerkannt geweſen
R. verdankte Alles feinem Verdienfte, der Beharrlichkeit, womit er fich |
Sache widmete, und der hohen RechtlichEeit, die ihn audzeichnete. In fein
gend arbeitete er als Handwerker, dann als Mühlenbaumeifter, und ſchon
ner Zeit erwedkten die WVerbefferungen, die er beidem Mühlenbau einführt
Aufmerkfamteit. Als die Regierung ihm fpäterhin die Aufſicht über ale |
und Marinebauten übergeben hatte, fand er Gelegenheit, die größten Em
auszuführen. Urſpruͤnglich für das Praktifche gebildet, verfäumte er in bet
nicht, ſich mit der Theorie feiner Kunſt vertraut zu machen. Seinen Söhm
er forgfältig geordnete Baugefchichten aller feiner Werke, mit den gene
Zeichnungen binterlaffen. In Nebenftunden befchäftigte er fich mit ber (
kunde, befonders auf feinem Landfige in Lincolnfhire, wo er ein Kleines DI
torium eingerichtet hatte. Er war feit früher Jugend ein Freund des beri
Matt (f.d.) und foll wefentlichen Antheil an ben wichtigen Verbeſſerung
Dampfmafchinen gehabt haben. Unter den Gandien, bie er ausführte,
Kennets und Avoncanal merfwürdig, der auf eine Strecke von beinahe eint
Melle unter der Erde durch eine Anhöhe gegraben wurde. In den Häfi
Portsmouth, Chatam, Pipmouth führte er große Arbeiten aus, umd bi
Bau einer neuen Hafenmauer in Sherneß, beren Grund bis auf 50 Zuf
die Oberfläche des Meeres gelegt werben mußte, wendete er die Taucherglo
gluͤcklichem Erfolg an und erleichterte den Gebrauch derfelben durch einige
gemachte Verbefferungen fo fehr, daß fie jegt eine der vorzüglichften Hülf
bei folchen ſchwierigen Unternehmungen iſt. Sein wichtigſtes Werk im «
bau ift der Meerdamm auf der Rhede von Pinmouth, zum Schuge des H
ein Werk, das felbft die großen Anlagen bei Cherbourg (f. d.) weit üb
'
Rens Renten | 199
Yin Denkmäler feines Kunftverftandes bleiben jedoch die großen, von
a Behdien in London, die Waterloo» und Southwarkbrüde, jene
‚ biefe von Gußeiſen. R. hatte in London eine große Anftalt zur Ver:
mMRafchinen aller Art angelegt. Mehre Mafchinen verbanten ihm
Berbefferungen, befonder6 zeichnet ſich die von ihm gebaute Maſchine
sl. Münze in London aus. Ebenſo merkwuͤrdig iſt die von ihm einge⸗
erſchmiede zu Portsmouth, wo bie großen Anker für die Kriegsſchiffe
erden und durch zweckmaͤßige Verbeſſerungen ein großer heil der
gen Dandarbeit erfpart wird. Auch die große Dampfmafchine von
Kraft zu Vorkbildings in London ift fein Werk, Diefer verdienftuolle
im Dctober 1821 zu London.
8 oder Renſe, auch Rees, einimehemal. Erzſtift Koͤln gelegenes
ım Rhein, berühmt durch den nahe babei befindlichen fogenannten Koͤ⸗
If. d.).
ten, im Allgemeinen, diejenigen reinen Einkünfte, welche Jemand
w fie durch feine Arbeit, Fleiß oder Induſtrie zu verdienen. Sie hei:
drenten, inwiefern fie dem Grundeigenthuͤmer für die Verleihung
mg feines Bodend, Sapitalrenten, inwiefern fie dem Capita⸗
Verleihung der Benusung feines Capitals zukommen u. f. w. Würde
eine Penfion, wegen ganz befonberer Eigenfchaften und Vorzüge, ale:
großes Genie, oder weil er eine außerordentliche Naturmerkwuͤrdigkeit
‚ fo würde auch ein ſolches Einkommen eine Rente genannt werden
ters heißt aud) Rente jedes reine Einkommen, d. h. wovon nichts ab⸗
werden braucht, um die Quelle beffelben zu erhalten, oder um das
mögen, welche es erzeugt, wieder gehörig herzuftellen. In diefem
t man aud von einer Induſtrierente oder demjenigen Theil des Ein:
re Induſtrie, welcher übrigbleibt, nachdem man Alles davon genoms
se Erhaltung diefer Art ber Induftrie in ihrem bisherigen Zuſtande
ft. Wenn von Renten im Allgemeinen geredet wird, fo verfteht
üglidy die Staatsrenten darunter, welches Einkünfte find, welche der
m fichert, welche ihm beftimmte Gapitale dafür bezahlt haben und die
ratsglaͤubiger heißen. Jedoch ertheilt der Staat dergi. Renten aud)
n Perfonen, die ihm zwar kein Capital geliehen haben, die er aber um
afte willen belohnen will, ober weift dergleichen Inſtituten an, denen
indige Dauer und ein ſtets gleiches Einkommen zu ihrer Erhaltung
So ift die Pairie in Frankreich, die Univerfität, die Geiſtlichkeit u.
taatörenten angewiefen und gegründet. — Zinfen oder Sntereffen ge-
den Begriff von Capitalrenten; aber fie madyen nur eine Art derſel⸗
Mmlidy foldye Capitalrenten, toelche gemeiniglicdy gegen Ruͤckzahlung
beſtimmt find und länger nicht gezahlt werden, als bis dahin, wo das
ickgezahlt wird. Dagegen gibt e8 auch Capitalrenten, die immer fort:
wo das Capital, womit fie gekauft find, nie an den Gapitaliften, der
bat, um die Renten zu erlangen, zuruͤckgezahlt zu werden braucht.
Die eigentlichen Renten. — Sobald e8 Perfonen und Anftalten gibt,
mene Sicherheit gewähren, daß die Menten ununterbrochen bezahlt
sie e& in dem darüber abgefchloffenen Gontracte beftimmtift: fo wer:
iemten ein fehr gewöhnlicher Gegenſtand des Kaufe und des Verkaufs,
gen ihnen verfchiedene Bedingungen an, wodurch mehre Gattungen
entfiehben. Ein Hauptunterfchied unter denfelben entfpringt dadurch,
tenten auf immer, andre aber nur eine beflimmte Zeit lang fortdauern.
perpetwirliche, diefe Zeitrenten. (Wal. Annuitäten.) Zu ber letz⸗
8 gehören die Leibrenten, Zontinen u. f. w. (S. vie beiond.
%
200 Rentenablöfung
Art). Es ift natürlich, daß man Dem, welcher nur auf eine beflimnite Ze
Rente verlangt, für ein gleiches Capital, das dem Rentengeber verbleib
größere Mente zugeftehen wird, ald Dem, ber eine folhe für immer verlang
daß, wer nur cin Bleines Capital hat und ſich damit ein größeres Einke
fhaffen will, dieſes eher durch Ankauf einer Leibrente ald einer perpetml
Mente erreichen kann.
Kentenablöfung. Die Erwerbung des Rechts auf eine Rente
auf einem Gontracte, worin der Käufer ein Capital oder fonft Etwas gibt, m
Verkaͤufer ſich verbindlich macht, dem Käufer ein beftimmtes Eintommen, ‘
genannt, dafür alljährlich zu bezahlen. Iſt in dem Rentencontracte nid
ftimmt, unter welchen Bedingungen die Rentenzahlung aufhören fol, fo m
Berbindlicjkeit der Bezahlung derfelben als fortbauernd angenommen m
und bloß ein neuer Contract zwifchen Rentenzahler und Rentenempfaͤnget
der Verbindlichkeit des Mentenzahlers ein Ende machen. Wo aber in den
temcontracte die Bedingungen beftimmt find, unter welchen die Renten dl
werden Eönnen, da verfteht es ſich von felbft, dag es mit Erfüllung
dingungen gefchehen kann. Go haben bie melften Staaten ihre Renten
der Bedingung verkauft, daß fie fich die Kreiheit vorbehalten haben, fie ſie
nad) ihrem Belieben wieder abzulöfen. Der Inhalt ihres Contracte u
Staat ſichert 3 oder & u. f. w. jährlich, die er mit 100, fobald es ihm gef
ber ablöfen kann? was. gebt Ihr dafür? — Nach dem herrfchenden Zin
dem Grade des Staatscredits im Lande bieten bie Gapitaliften für 4 im
bald 50, bald 60, 70, 80, 90 u. f. w., wofür fie dann die bedungenen
mit dem Rechte erhielten, ſich deren Ablöfung nicht anders gefallen zu
wenn der Staat volle 100 im Capital ihnen für jede Mente von 4 Proc.
In Frankreich hatte man bei dem Verfaufe der legten Renten gar keines
erwähnt, welches der Staat auf den Fall der Ablöfung für 5 Kranken
bezahlen hatte, fondern der Antrag an die Gapitaliften lautete abfolut:
Ihr für 5 Franken jährliche perpetuirliche Renten? Man erhielt für bie e
ten im 3. 1817, 55, 'bei den lebten im 3. 1823, 89. — Nachdem fie
über hundert geftiegen, machte die Regierung 1824 den Antrag, fie für N
ruͤckkaufen zu wollen. Das Recht, die Rentenirer zu nöthigen, ihre Rentd
5 für 100 herzugeben, wurde bei dieſer Gelegenheit fehr beftritten, ba ber |
ſich nicht ausdruͤcklich das Recht vorbehalten hatte, 5 mit 100 beliebig su
fen zu können. Da indeffen jedes pofitive Gefe amd jeder Vertrag unten W
gemeinen Rechts: und MWohlfahrtsprincipien des Staats fteht, fo muß jede
trag und jedes pofitive Sefek nur in dem Sinne genommen werden, daß et:
allgemeinen Prindipien nicht reiderfpricht, und fobald ein ſolcher Widerſpe
einem pofitiven Gefege oder Vertrage bemerkt wird, müffen beide Parteien U
eingefhränkt werden. Es find aber fchon in dunkeln und barbarifchen Zrit
Renten entflanden, deren allgemeine Schaͤdlichkeit in jenen Zeiten nicht ei
award, oder auch vielleicht noch gar nicht vorhanden war, die aber bei beffere
ficht und unter veränderten Umftänden eingefehen worben find. Dergleich
insbefondere folche, die in Naturalien oder perfönlichen Dienften geleiftet !
mußten, der Zehend u. ſ. w. Denn alle diefe Leiftungen find den Reut
nigftens analog. Wenn fi, nun zeigte, daß diefe Keiftungen dem Geb
koſten, als fie dem Empfänger einbringen, oder daß fie die Vervollkommm
Gultur verhindern und das Product der Arbeie ſchwaͤchen, fo verträgt es ||
der Gerechtigfeit und iſt der Staatsklugheit gemäfi, daß dergleichen Mentı
Leiftungen, welche an ben Gütern haften, abgetöft werden, und daß ſich De
pfänger derfelben gefallen Inffen muß, gegen ein billiges Aquivalent auf!
nern Smpfang derfelben in gleicher Qualität Verzicht zu leiften. Darin
Rentenirer 208
z foldher Leiſtungen ober Renten. Die pofttiven Befege haben nicht
umen, daß bie Abloͤſung gefchehen kann, fondern auch die Art vorzus
ie dee Werth einer ſolchen Rente oder Reiftung in Gelde ausgemittelt
und wie vielfach der jährliche Werth derfelben bezahlt werden muß,
Beide gänzlich abzulöfen. Wenn aber der Staat durch einen foͤrmli⸗
3 Renten verkauft hat, ohne ausdruͤcklich zu beſtimmen, daß fie abges
Manen unb wie groß das Capital für die Ablöfung fein fol, fo fcheint
es rechtliches Mittel der Ablöfung der Renten zu geben, als gegenfels
kınft barkber. Diefer Segenftand iſt 1824 in Frankreic zur Sprache
mo die Regierung ihre Renten von 5 gegen ein Capital von 100 ab⸗
nen das Mecht zu haben behauptete, die Rentenirer aber dieſes Recht
wi fie Menten abfolut gekauft hätten, indem der Staat fidy nicht das
vorbehalten hätte, jede Rente von 5 gegen ein Capital von 100 abzu⸗
nach dem Inhalte des großen Buches, feinen Creditoren keine Gapi:
ı nur Renten ſchuldig geworden fei. Der 1911. Artikel des franz.
I, welcher die Abloͤsbarkeit der perpetuirlihen Renten audfpricht,
ie Etaatörenten nicht zu paflen und beftimmt uͤberdem das Gapital
weiches fie abloͤslich fein follen. Daher ift der daraus hergenommene
die Abloͤsſlichkeit der franz. Renten zu 100 für 5 fehr ſchwach. Daß
taatsrenten, welche der Staat gegen beliebige Ruͤckzahlung eined bes
pitals von feiner Seite übernommen hat, gegen biefe® Gapital abloͤs⸗
:Har 91.
tenirer, diejenigen Perfonen, welche bloß von ihren Renten und
evdon Staatörenten leben. Wer nämlich ein Capital befigt und es we⸗
‘einem Gewerbe anlegen, noch auch fi mit dem Verleihen deffelben
&, ann fich daflıc eine Rente Laufen, d. b. er kann Jemandem, den er
wug hält, fein Capital geben, unter ber Bedingung, daß er das Capi⸗
ha zuruͤckfodern ober zuruͤcknehmen will, dev Empfänger des Capitals
a Einfommen, es fei auf eine beflimmte Zeit oder auf immer, dafür
Ne Staffe der Rentenirer kann nur da fehr ausgebreitet fein, wo ein aus⸗
Btaatecredit vorhanden ift, wo der Staat vieler Capitale bedarf und
viele Reichthuͤmer in Privathänden exiſtiren. Vor der Revolution
fe der Rentenirer in Frankreich fehr groß. Insbeſondere war die Zahl
eichen der Staat Leib = und Rebenerenten verfichert hatte, ſehr zahlreich.
le Revolution dad ganze Staatscreditſyſtem zufammenftürste, fo verlo⸗
utenicer mit einem Male ihr ganzes Einkommen und verſanken ins
d. In England find von jeher die perpetuirlihen Renten beliebter ge:
» die Rentenirer beziehen dafelbft an 25 Mit. Pf. St. jährlich vom
Da in diefem Lande der Staatscredit feft gegründet ift, fo herrfcht da⸗
ſtaͤrkſte Vertrauen auf das Einkommen aus Renten. Die Quelle,
Staactsrenten bezahlt werden, find die Abgaben, welche das Volk zu
xe zufammenbringt. Hieraus folgt allo, day die Rentenirer von den
der Nation leben, ohne dafi fie derſelben andre Probucte daflır zuche:
6 fie dem Volke läjtig werden, oder nicht, wird davon abhängen, ob
amen des Volks bie zur Besahlung der Renten nöthigen Abgaben leicht
un, ohne daß die Bermehrung des Nationalreichthums dadurch in
zeraͤth, oder nicht. ind die Eapitale, welche der Staat von den Ren:
halten hat, dazu angewendet worden, das Reich zu befefligen und zu
den VBerkehr und die GGewerbe zu erweitern, die Nerbindung mit ans
mern ausgedehnter und ficherer zu machen, und reicht das dadurch ver:
ionaleintommcecn hin, Das, was die Bezahlung ter für die Capitale
uw Renten Eofter, mit Leichtigkeit zu bezablen: fo kann man die Rente:
208 Rentenreduction
nirer nicht für eine uͤberfluͤſſige oder ſchaͤdliche Claſſe von Staatsbuͤrgern e
Vielmehr iſt es ſehr zu wuͤnſchen, daß in der buͤrgerlichen Geſellſchaft eine
von Menſchen eriftict welche, frei von aller Gewerbsͤthaͤtigkeit, ihre ganze |
die Cultur ihres Geiftes, Erweiterung der Wiffenfchaften, Ausbildung de
nem Kümfte u. f. vo. verwenden können, und hierzu hat Niemand mehr er
beffere Gelegenheit al& ein reicher Rentenirer.
Rentenreduction, bie Perabfetung der bei Contrahirung ber
ſchulden beflimmten Zinfententen. Wenn nämlidy der Staat Capitale |
fo kann er die müffigen oder nicht fehr vortheilhaft befchäftigten Capitale
ders ohne Zwangsmittel anſichziehen, als wenn er den Gapitaliften fo
oder vielmehr etwas höhere Zinfen verfpricht ale ‚Diejenigen find,
Zeit, wo bie Capitale gefucht werben, gewoͤhnlich für Gapitale bei gleicher
beit bezahlt werden. Steht daher der gewöhnliche Zinsfuß im Lande 5
fo wird auch der Stant eine Sapitale zu niedrigerm Zinsfuß finden, und ſſ
Gapitale, welche er fucht, von großem Umfange find, fo wird er noch etwa
als der gewöhnliche Zinsfuß ift bieten müffen, damit er auch folche Cap.
fichziehe, die ſchon zu demfelben untergebracht find. Fällt aber der Zini
ber Zeit in dem Lande, ſodaß z. B. Capitale genug zu 4 Procent ausgeben
den, wenn der Staat die feinigen zu 5 Procent aufgenommen hat: fo #
dem Staate möglich werben, die Capitale, fir welche er 5 Procent zahlt, J.
digen. Denn es find fodann genug Gapitaliften vorhanden, welche ihm
pitale zu 4 Proc. anbieten. Der Staat würde aber ein ſolches Anerb
Gapitale, die bei ihm 3 B. zu 5 Proc. ſtehen, zurüdzuzahlen, nicht net
er nicht vorausfesen koͤnnte, daß die meiften der Gapitaliften, die bisher 4
erhielten, ihre Gapitale nicht zur&dfodern ‚würben, wenn er fie ihnen k
fondern fie ihm lieber zu 4 Proc. laffen würden. Die Hoffnung, daß bu
fhehen werde, gründet ſich darauf, daß zu der Zeit, wo ber Staat ih 4-
Jedem, der ihm fein Capital nicht zu 4 Proc. laffen will, daffelbe zurüd
Niemand Gelegenheit findet, fein Capital mit gleicher Sicherheit über.
unterzubringen, und deßhalb entſchließen ſich die meiften Gläubiger dem
ihre Gapitale zu den neuen Bedingungen, die er ihnen madıt, zu uͤberlaſſen
Staat kann alfo die Reduction der Zinfen unbedenklich wagen, fobalb er ga
daß es feine Gelegenheiten gibt, die Gapitale irgendwo mit gleicher Sicherhe.
denfelben Zinsfuß anzubringen, als er zu geben fich erbietet. — Gegen diel.
tigkeit eines folchen Verfahrens ift nichts einzuwenden. Der Staat fan;
fiyerer auf das Gelingen feines Unternehmens rechnen, je fefter fein Ech
je größer der Umfang der Gapitale ift, welche er kuͤndigt. Denn mern amd
der Zinsfuß etwas höher ftände, ale er zu geben ſich erbietet, fo ift es doch ®
lich, die große Menge der Gapitale zu einem ſolchen Zinsfuß unterzubringg
der Staat den Capitaliften zu bezahlen ſich erbietet. Ein ſolches Angebe
Daher nothwendig auf das Sinken des Zinsfußes noch mehr wirken, inda
fo große Menge von Capitalen in den Gewerben nicht fo gewinnvoll, beſonh
kurzer Zeit angelegt werden Eann, als der Staat zuruͤckzugeben ſich erbietets
Gläubiger werben daher bange, daß fie noch weniger für ihre Gapitale «|
möchten, als ihnen ter Staat bietet, wenn fie ſolche zuruͤcknehmen, und Ü
fen fie daher gern dem Staate zu niedrigern Zinfen oder Nenten. — Aut
Anfiht folgt aber auch, daß dem Staate die Rentenreduction am beiten 94
werde, je mehr er Capitale ploͤtzlich und auf ein Mal zuruͤckzuzahlen anbietet 4
je kürzerer Zeit er fein Project auszuführen verfpricht. Denn die Stäubigg
nen fodann kaum zur Bejinnung Eonımen, und die Überzeugung, daß eine ſo
Menge von Capitalien, plöglich auf den Markt geworfen, den Zinsfuß noch
herunterbringen muß, als er eben fteht, wird fo allgemein, daß fehr menigel
Rentenrebuction 2083
tale zuruͤcknehmen. Indeſſen kann der Staat eine folche Rebuction
ch nicht anders wagen, al& wenn er fich der Mittel verfichert hat, alle
He ihm möchten abgefodert werben, auch fogleich zuruͤckbezahlen zu
: Gewißheit, daß er diefes werde thun fönnen, vermag er nur ba zu
s viele geldreiche Leute gibt, welche große Capitale in Vorrath has
‚Rothfalle zu der angebotenen Bezahlung anwenden koͤnnen. Das
ſchuldenſyſtem erleichtert die Möglichkeit davon auf mehr als eine
A nämlidy bei der unendlichen Menge der Staatsfchulden, die größ-
denten beftehen, weiche durch fteten Umtaufch ihrer Eigenthämer
ehr großes Capital ſtets befchäftigt, diefen Umſatz zu betreiben, oder
yand in die andre zu fchaffen. Dieſes Capital, welches fidy in den
entenhändier ſtets bereit findet, um da Renten zu kaufen wo fie am
m zu verkaufen find, fteht denjenigen Staaten immer zu Gebote,
mit vollem Credit zum Verkauf anbieten, und da es viele hundert
trägt, fo koͤnnen die Bebürfniffe ber Staaten daſſelbe nicht leicht er:
obald nun in einem Staate, der 3. B. 5 Proc. Renten bisher gegeben
bnliche Zinsfuß auf * oder gar noch tiefer fällt, fo ſteigt ber Capital⸗
ten, wo volle Sicherheit tft, auf 125 und audy wol höher. jene
aden fobann Feine Mittel mehr, ihr Capital zu 5 Proc. in ben vor:
ten anzulegen, und find gern bereit, e8 zur Ausführung der Pros
egierungen herzugeben, welche bei fteigendem Grebit ihre Renten re⸗
n, da Geld genug in ihren Händen ift oder ihnen zu Gebote fteht,
taatsgläubiger baar zu bezahlen, toelche fich die vom Staate ange:
ngungen nicht wollen gefallen laffen. Gewöhnlich verknüpft die
ch befondere Reize mit ihrem Projecte, um bie Gapitaliften geneigt
ffeibe zu unterflügen. Bald bewilligt fie ihnen noch befondere Praͤ⸗
ald taufcht fie das baare Gelb gegen Effecten ein, die einen fleigen-
fen laffen u. ſ. w. Dergleichen Methoden werden ſowol bei neuen
yei der Reduction der Renten befolgt. Das neuefte Beifpiel davon
Frankreich gehabt, wo bie Regierung 1824 ein Project in Borfchlag
enten von 5 auf 4 Proc. zu rebuciren. Die Möglichkeit der Aus:
8 Projectd gründete ſich auf den Umftand, daß die Öprocentigen
ı über Pari geftiegen waren, und da auf diefe Art Capitale nicht
oc. untergebracht werden fonnten, fo glaubte man derer genug zu
ten zu koͤnnen, um Allen, welche nicht mit 4 Proc. in Zukunft zufrie⸗
m, ihre Capitale baar zuruͤckzuzahlen. Das Project follte fo ausge:
‚ daß eine Compagnie reicher Gapitaliften die ganze Nationalfchuld
mahm, dergeftalt, daß ihr die Regierung für jedes 100 Sprocentiger
be fie übernahm, 1331 Iprocentiger übergab, oder, welches baffelbe
pcent. Effecten für 75 5procent. bezahlte. Die Compagnie über:
sie alle vorhandene Sprocent. Effecten entweder auf die erwähnte Art
erigen Renteneigenthuͤmern abzulöfen, oder diejenigen, welche dieſe
nicht annehmen wollten, mit baarer Zahlung von 100 Franken für
ate zu befriedigen. Durch diefe Operation, wenn fie durchgegungen
. die Zinfen der ganzen Nationalſchuld von 5 auf + Proc. herakge:
in, weil 1334 3procent. Sonde, welche 100 5procent. gleich find,
Dadurch wären nun zwar die Zinfen um !; vermindert, die Capi⸗
yen um } vermehrt worden, ein Umftand, mweldyer auch dem Projecte
legt worden ift, den aber die Vertheibiger des Projects dadurd) im
em Lichte zu zeigen fürchten, das fie behaupteten, der Staat habe gar
lichkeit, das Capital je zu bezahlen, und ihm koͤnne es daher in dieſer
gültig fein, wie hoch e8 Inute, wenn nur die Zinfen oder die Mente,
- m. En AST
4m
'
206 Sentenrebuctiön
weiche ber Staat baflıe gebe, Meiner fe. Vielmehr koͤnne die Ver
Capitals ale ein Nationalvorthell angefehen werben. Denn e6 ftel
credit vor, und da berfelbe in cbenfo vielen Thellen (Capitalen) reali
Abtheilungen deffelben in den Staatsbuͤchern ober Staatspapieren «
wenn nur dad Vertrauen zu ihnen erhalten wird, als ebenfo viele 3a
wendet werben Binnen: fo gewinnt das Volk um fo mehr dabei,
Papiere, ohne daß fie dem Volke mehr koften, gefchaffen werden. ;
papiere wirken wie wahre Gapitale, indem fie als Zaufchmittel odeı
gebraucht werden und dadurch zur Beförberung der Induſtrie unt
dienen koͤnnen. Sie fallen dem Wolke nur durch) die Koften (Re:
welche die Unterhaltung ihres Credits fodert. Koftet nun die Unte
größern Summe berfelben weniger an Renten, fo ift diefes ein wahr:
Volk und Regierung zugleich; ber Gredit ift erweitert und die Kofter
tung derfelben find geringer geworden. Warum deffenungeachtet in
ſes 1824 vorgefhlagene Project ber Rentenrebuction von der Pairska
fen worden ift, leuchtet nicht ein; es fcheint, daß mehr das Privatintı
teninhaber als richtige Einfichten in bie Natur jenes Projects zur V
getragen haben. Am grünbdtichften hat Lafitte in f. „„Reflexions auı
des rentes” für daffelte gefprochen. Auch ward das Project, wien
Mobdificationen, in der Sigung der franz. Kammern 1825 erneuet. :
machte nämlidy den Inhabern der Sprocent. Papiere folgende drei 2
Sie Eönne diefelben in 3procent. verwandeln, Inden fie für 75 Frank
Dapieren, 100 in 3procent. erhalten, woburd fie alfo ein Capital
3prorent. für ein Capital von 100 in Sprocent. befommen. Aber jen
nur eine Rente von 4, da die 100 in Sprocent. Sonde 5 tragen. De
Mentenbefiger, dieſe Propofition anzunehmen, beficht einerfeits dari:
fteigenden Gredit Frankreichs zu vermuthen ift, die Iprocent. Fond
viel höher als 75 fleigen, und die Beſitzer derſelben für ihre 1334 ein
Capital e:halten Eönnen. Andrerfeits kann fie die Furcht, beim Beha
Papiere zu verlieren, antreiben, fich davon loszumachen; denn da
das Recht hat, fie al pari zuruͤckzukaufen, fo wird fie diefes thun,
pnri fteigen. Sodann würden die Inhaber der 5proc. Papiere gen
für 100 wegzugeben, wofür ihnen jegt 1334 geboten werden. 2) D
ſchlag ift, daß es jedem Rentenbeſitzer freifteht, feine Sprocent. Par
cent. umfchreiben zu laffen, wobei er die Verficherung erhält, daß bie
bis 1835 undermindert bezahlt werden foll. Diefer Vorſchlag wird
mer fein als der erfte, welchen daran gelegen ift, fid) ein beflimmtes E
eine längere Zeit zu fihern. Da fie naͤmlich aus dem täglich mehr fallı
erfehen, daß fie 5 Proc. doch nicht für ihr zuruͤckgezahltes Capital er
und der Staat damit umgeht, die Procente feiner Schulden heral
Niemand wiffen kann, ob nicht bald ein noch tiefere® Fallen bes Zin:
fo ſichern fie fidy durdy Annahme des Vorſchlags der Megierung ik
wenigſtens auf 10 Jahre. Endlich ift ihnen 3) auch freigeftellt, die
piere biß auf weitere Befchlüffe der Regierung zu behalten. Was.
den legten Fall wählen, widerfahren wird, wenn der Grebit fortd
ift leicht einzufehen. Der Staat wird z. B. von den Hprocent.
Summe ausloofen, und die Inhaber werden für die heraustommen
für 5 in Renten 100 erhalten. Für diefe Summe werden fie fc
kaum eine Rente von 3 wieder kaufen können, da ihnen jest 4 angı
Je ausgedehnter daher das Vertrauen auf den fteigenden Gredit In
defto geringer wird die Zahl Derer fein, welche nicht einen der beit.
wählen. Du für die Sprocent. Pariere geſetzlich kein Tilgungsfond
Repertoire | 205
seherfehen,, baß fie, wenn der Grebit der Iprocent. Papiere fteigt,
re Pari fleigen werben, weil die Beſitzer derfelben fürchten muͤſſen,
me das Loos der Ruͤckzahlung des Capitals trifft, wofür fie fich fo-
br 4 Proc. verfchaffen können. Denn man nehme an, die Zprocent.
r duch den Tilgungsfonds, der aufihren Ruͤckkauf vermendet mer:
3: fo wird Der, deffen Sprocent. Papier herauskommt, für die 100,
smat, in ben Iprocent. Papieren fid) kaum eine Rente von 34 kau⸗
Und er witd feine vortheilhaftere Anlage im Lande finden, wenn bie
e fo hoch geftiegen find. Hieraus ift alfo klar, daB Jeder fich be:
ne Sprocent. Papiere jest lodzumerden, da er doch wenigſtens 4
halten fann. — Dieſes Project wurde von beiden Kammern age:
it ihm fleht die Entfchädigung bet Emigrirten in Verbindung, da
e Rebuction zugleich mehre Mill. an Renten erfpart, welche nım an⸗
en, um bie 3O MU. Renten jährlich zu bezahlen, weldye zur Be:
Emigranten beflimmt find. Wie viel durch die Reduction nach dem
zfpart werben wird, laͤßt ſich nicht fo genau beftimmen, als bei der
hdem Vorfchlage vom 5. 1824. Denn da nad) lepterm bie ganze
"auf 4 Proc. herabgefegt werden folite, fo ließ fih genau beredinen,
# 28 Mil. Zinfen weniger zu bezahlen haben würde. Da aber
m Project auch Fonds zu 5 Proc. bieiben, und andre in 44 procent.
nden Eörmen, und da fich nicht miffen.läßt, wie viel von den jegigen
iben oder den uͤbrigen Claſſen zufließen werben: fo läßt fich auch
m, wie groß die Erſparniß der Zinfenzahlung fein wird, ehe das Pro⸗
\ anögefährt iſt. 91.
toire, Repertorium, bei den Theatern, das Verjeichniß
uf einer Bühne gangbaren Stuͤcke, ſowol Opern als recitirender
Melodramen); dad Repertoire eines einzelnen Theaters iſt daher
m Barometer anzufehen, nach welthem man den jedesmaligen Zu⸗
fee Buͤhne in Afthetifcher Dinficht und ben Geſchmack des fie befu-
ums beurtheilen kann. Das feftftehendfte und gewaͤhlteſte Reper⸗
Fheätre francais in Paris, indem auf diefer für Frankreich echten
e durchaus nur Stüde zur Auffuͤhrung kommen, die ſich in ihrer
r von bes Nation anetlannte Trefflichkeit vor dem Schwarme von
auszeichnen, mit welchen die Eleiner Bühnen des Landes jährlich,
wöchentlich, gerade wie bei und, überflutet werden. Daher fommt
daß das Mepertoire dieſes Theaters ein völlig feſtſtehendes ift und
sach heutzutage unverrüdt in ihrer Würde die Meifterwerke glaͤn⸗
we Zeit Ludwigs XIV., wo ſich in Ftankreich die Kunft zu ihrer
num erften Male ans Licht traten. — Die Tragöbien eines Corneille,
Boltaire und die Luftfpiele (haute comcdie) eines Moliere finden
auf allen wöchentlichen Austheilungen dieſes Theaters, und die
ſerer Zeit fehen dieſe Stüde, obgleich fchon oft von ihnen gefehen,
Neber mit derfelben Bewunderung, mit welcher ihre, in vielfacher
nz von ihnen verfchiedenen Vorfahren fie vor 50, 100 und 1505.
zoch Sinn und Geſchmack für Neueres verloren zu baden. Aber
sch aufdem Théatre francais nur dann ein neues Stud gegeben,
ik, in die Meihe der dltern, von der Nation als claſſiſch anerkann⸗
Forasmmen zu werben. Aus diefer Strenge entfpringt die gute
I allem bunten Treiben ber Heinern Bühnen, der Hauptftabt ſowol
gen, eine durch ihr Mepertoire und ihre Leiftungen clafjifch begrün-
uhne bleibt, die, wie der Compaß, unverruͤckt den Punkt feithält,
im der Kunſt gefleuert werben muß, falls nicht das ganze Treiben
206 Repertoire
und Thun ein lofe® und zerfplittertes werben fol. — "Eine Normalbäl
Frankreich, kann Deutfchland ſchon darum nicht haben, weil es Feine ei
Dauptftadt hat, in welcher fich, wie in Frankreich, ziemlid, Alles, was au
net in Kunft und Wiffen ift, vereinigt; dahingegen bie verfchiebenen |
Deutſchlands in einer Art von Zerfplitterung und Vereinzelung baftchn
Deutfches Theater.) Ein Hauptübel, welches außerdem noch diel
cität der Repertoires faft aller deutfchen Bühnen bewirkt, if theils die a
Stellung der mehrften Theater an fich, theils der unter dem deutſchen A
vorherrfchende Hang nad) immer Neuem. „Die Kunft geht nad) Brot”,
fen wenigen Worten liegt bie ganze Enthüllung des Geheimniſſes, warum
in Deutfchland faft überall, teog mancher finnvollen, ernften Überfchriftd
Portalen der Theater, und trog den häufigen Mahnungen der Kritik, Die
toice® fo gemifcht und das Worübergehende und Behaltlofe darin fo vocht
iſt. Was bei einigen Bühnen eine durch die Noth gebotene Rüdficht auft
bewirkt, bewirkt bei andern, die in Hinficht ihrer oͤbonomiſchen Rage ed
Dedung haben, ebenfo oft das Verkennen bes eigentlich höhern Zud
Bühne. Durch beides ift nun das beutfche Theater dahin gekommen, d
Allgemeinen kaum mehr einen höhern Anſpruch machen kann als den, di
vertreibungsanftalt zu fein, gut genug, um einen gefhäftsleeren Abend a
im. Daß diefer Zuſtand aber nicht erſt feit heute und geftern, ober feit
ruͤckziehen unferer größten deamatifchen Dichter von dem Trelben der
Göthe 3. B. vom weimarifhen) eingetreten ift, bemeift ſich fchon d
Göthe bereits 1802, in einem Auffage im weimarifchen „Modejou
dem Wunſch gebrungen fühlte: „es möchten endlich einmal bei ung,
Franzofen, Engländern, Spaniern und Stalienern, fich die Werke unf
Dichter auf den Bühnen feftftellen, damit auch unfere Theaterrepert
den Anblid gewährten, den die jener Nationen gewähren, und damit
ftärker anflutenden Schlechten und Lofen ein Damm des guten Gef
gegengeftellt würde”. Leider ift diefer Wunſch ein fogenannter fro
ben, und es bedarf nur eines Blickes auf das feit mehren Jahren v
(Theodor Hell) in Dresden herausgeg. „Tagebuch der deutſchen Bühnen‘
‚ Verzeichniß der auf den bedeutendflen Theatern Deutfchlande monatlid) au
ten Stüde), um ſich zu überzeugen, daß in biefer Dinficht faft überall D
von bem Schlechten, das Gediegene von dem Lofen ımb bloß auf den |
Berechneten bei weiten uͤberwogen wirb, und daß das Streben der meiſte
tionen weit mehr auf die durch den Drang der Umftände gebotene Fuͤl
Seckels (jegt wegen bes unverhältnigmäßig geftiegenen Gagenetats ber
fpieler um fo nöthiger) und auf Antodung der Maffe als auf Erreichn
wahren Kunſtzweckes gerichtet iſt. überhaupt machten hiervon nur ſehr
Bühnen periodiſch eine ehrenwerthe Ausnahme, z. B. die weimariſche,
Goͤthe ihr vorſtand und Schiller darauf wirkte, und die Hamburger und
in einzelnen Zeitpunkten. Dennoch ift gerade unfere bramatifche Literatur
trefflichen dramat. Werten. Sie befigt nicht nur felbft eine Anzahl bram
Dichterwerke aus ben verfchiedenften Gattungen, die ſich kuͤhn mit dem
zufammenftellen koͤnnen, was andre Länder und Zeiten hervorbrachten,
hat auch faft Alles gefammelt und übertragen, toas das Ausland Schönel
brachte. — Daß übrigens das Treiben der mehrften deutfchen Bühnen, !
Aufführung zu bringen, was nur die Neugier lockt und die Schauluſt be
fie den Augenblick befriedigt, und darüber da8 Gute und die Kunft Körden
anzufegen, nicht noch mehr umfichgreife und hierdurch am Ende zaͤn
Standpunkt verrudt werde, den das Theater als Kunftanftalt einnehe
welche beftimmt ift, Dasjenige zur lebendigen Anſchauung zu bringen, !
Repetitionskreis Reproduction 207
asgezeichnetſten in einſamen Stunden Wuͤrdiges und Schoͤnes her⸗
dies muß dermalen Gegenſtand und Zweck der Kritik fein, die aber,
ewirten, fich freilich auc, ganz anders geflalten muß, als wie fie jest
em Tagebiättern finden, wo fie entweder als bienftbare, der Hiftrio-
deihrauch fireuende Magd, oder als eine Urt animal mordax auf:
nur am Wege lauert, um alle6 Vorüberziehende mit giftigem Zahne
titionskreis, f. Wieberholungskreis.
kfentanten u.f.w., f. Volksvertreter und Stände.
:ffalien, zuruͤckwirkende, gewaltfame und drüdende Maßregeln,
er Drud. Wenn ein Staat ſich gegen die Unterthanen eine® andern
feiten erlaubt, fo braucht der in feinem liebe beleidigte Staat Re⸗
em er an den in feiner Gewalt ſich befindenden Unterthanen bes: bes
raate ein Gleiches übt. In Kriegszeiten wird diefe traurige Maß⸗
ich mandymal nothwendig fein mag, immer aber auf der Wagfchale
d Menſchlichkeit verworfen werben wird, erfoderlichen Falls an ben
em Eigenthum der gegenfeitigen Unterthanen, feltener in unfern Zei⸗
erſonen berfelben ausgehbt. Im mweitern Sinn ift Retorfion mit
zleichbedeutend; im engen Sinne aber ift Retorfion überhaupt Er:
er nadhtheiligen Dandlungsweife gegen Denjenigen, der fle zuerfl ans
Ibefonbere bezieht fie fid) auf Privatfachen, welche das Wohl des gans
bt betreffen, mit einem Worte, fie ift civitiftifch, und es braudıt bei
ı einer eigentlichen Rechtöverlegung die Rede zu fein, wie z. B. bei
®. Dagegen beftehen bie Repreffalien im engern Sinn In der Aus:
vangsrechts durch Zuruͤckhaltung ber einem andern Volke angehoͤri⸗
ber Derfon, und fegen als eine Art Seibftpfändung zum Behufe des
ed oder der Genugthuung Verlegung vollkommener Verbindlichkei⸗
Sie find folglich mehr publiciftifh. Jene fcheint ferner nur durch
berfelben Handlungsweife, diefe auch durch eine ftellvertretende voll
un. . . a
oduction, Wiedererzeugung, wurde zuerft gebraucht von der Ers
‚thierifchen Körper, wobei die zerftörten oder verlegten Theile wieder
m, und dann wol auh Regeneration genannt. Diefe Art- der
ı findet ſich vorzuͤglich in ben niedern Thierclaffen fehr Eräftig: dem
wachſen bie Scheren. und Süße wieder, wenn er fie verloren hat; in
bierclaffen ift die Regeneration fo Eräftig nicht, denn ganze Glieder,
sehen, erzeugen fich nie wieder, ja die nur einigermaßen zufammenges
ıe, wie Arterien, Denen, Muskeln, Knochen, Nerven, beſitzen diefe
mr in geringem Grade. Iſt eins von ihnen ganz verloren gegangen,
an gar keine Wiedererzeugung beffelben; find aber Theile deffelben
n oder durch Brand, Citerung u. f. w. zerftört worden, fo erzeugt fich
henraume eine neue Maffe, die der zerflörten zwar ähnlich ift, auf
fe wirkt, aber nie gänzlich identifch wird. Daher kommt es, daß eine
erletzung für immer zurüdbleibt, die, wenn fie auf der Aufern Haut
Larbe genannt wird. Auf eine ähnliche Art entſteht der Gallus an
knochen. Vollkommen reprobucirt fic) nur das Zellgewebe und das
t (eutieula, epidermis), wo man feine Spur einer dagewefenen Vers
ten Bann, wenn die Wunde geheilt ift. — In neuern Zeiten hat der
Reproduction mehr Ausdehnung und eine ganz andre Bedeutung er-
u bemerfte nämlich), daß auf verfchiedene Weife fortwährend eine große
Btoffen aus dem organifchen Körper ausgefondert wird und für ihn
‚ und daß es dagegen viele Bunctionen gibt, die diefe verloren gegam:
208 Reproduction
genen Theile wieder erfegen und fo einer fchnellen Aufreibung und Verzehe
Körpers vorbeugen. Die Functionen nun, vermittelft deren Beides geſchich
man unter dem allgemeinen Begriffe von Reproduction zufammen, &
Syſtem von Organen, die auf die angegebene Weife wirken, wird Reyg
tionsfuflem genannt. Der Begriff der Reproduction faßt daher ale
Galen funotiones naturales genannten Verrichtungen, ja au zum I
fanetiones vitales in ſich und wurde von ben neueften Phnfiologen zu d
Brundfunctionen erhoben, deren man nur drei am thieriichen Körper
naͤmlich die Reproduction, die Seritabilität (Beweglichkeit, f. Reizb
Empfindlichkeit (f. Senfibilität). Wenn die beiden legten ſich
die Zeit beziehen, fo geht die erſte vorzugsweiſe auf den Raum, ben fie
in feiner Mifchung erhält; wenn baher Reigbarkeit und Empfindlichkeit
zu fein fcheinen, fo ift die Neprobuction mehr hemifch, denn durch Diifi
kann etwas DRaterielles fich bilden und in der Mifchung nur beftehen. -.
haben bie beiden andern Srundfunctionen, bie Irritabilitaͤt und Senfib
die einzelnen Sunctionen, in denen fie ſich dufern, einen ſehr bedeu
auf die Reproduction, und e& wird derfelbe theils durdy die Bewegung
oder eigenthuͤmlichen Muskelfibern in den teproductiven Organen, von
Seritabitität, theils durch die Merven, die in jedem Organe ſich befubg
Seiten der Senfibilität vermittelt, und er ift fo bedeutend, daß ohne
terding® Feine reproductive Function vorfichgehen kann. Daher ko
nicht nad) den gewöhnlichen chemifchen Affinitätsgefegen die Mifch
organifhen Körptr vorzugehen fcheinen, fondern es muß für biefen ei
VBermandtfchaftsgefege geben. Aus demfelben Grunde iſt es erklaͤrli
nicht im Stande find, auch nur einen einzigen organifchen Theil bu
Verbindung hervorzubringen, wenn auch die nähern und entferntern
unſern Chemikern noch fo befannt zu fein fcheinen. Und endlich muß eg
felhen Einfluffe abgeleitet werden, daß bie Beftandtheile der einzelnen
und organifchen Theile fo wenig von einander abweichen und doch eine-
ordentliche Verfchiedenheit in Hinſicht auf ihre Geftalt, ihre anne.
Verrichtungen nicht zu verfennen if. _ Soll aber irgend Etwas wieder 94
den, fo kann dies nicht geſchehen, ohne neuen Stoff dazu zu erhalten; "4
zum Theil verbraucht, verändert, vermindert worden, und aus Nichte. Mg.
das Leben nichts machen. Daher befteht die Reproduction in einer A
Umwandlung von Außen aufgenommener Stoffe, die unter dem
Speife und Getraͤnk in den Körper gebracht unb durch eine Menge re
Zunctionen in eine gleichmäßig gemifchte Maſſe vereinigt werden, aus
dann durch eine neue Umwandlung fehr verfchiedene Theile bilden. —
rat von Organen, durch den dies gefchieht, ift bei verfchiebenen Thierc
verfchieben, bei den niedern ſehr einfach, zufammengefegter bei den h
dem Menfchen am künftlichfien. (Val. Verdauung.) Schon auf
dauung aͤußert die Srritabilität und Senfibilität bedeutenden Einfluß; -
die ganze Bewegung durch bie erſte vor, und wird bod) auch diefe Pa,
erfte vermittelt. Ja, auch der Hunger, das Gefühl des Beduͤrfniſſes deu
ift ein Act der Senfibilität, und die Aufnahme ift bei dem freien Menfdg
der Willkuͤr anheimgeftellt, ebenfowie die Auswahl unter ben einzelnen,
und Getränken. Je mehr aber bei dieſem Acte die Senjibilität und Jerh
Empfindung und Bewegung, fid) vorherrfchend dußern, befto mehr tritt If
liche veprobuctive und chemifhe Wirkungsart in den Hintergrund. ZU
auch im Munde fchon eine Wermifchung der Speifen mit Speichel vor,
wird mehr eine Vermengung als eigentliche Miſchung ober chemifche AM
gumg, wie dies der Augenfchrin klar genug zeigt. Diefe Wirkungemel]
Reproduction | 209
ie Oberhand im Magen und Darmcanale,. wie fhon Spallanzani’s
erſuche beweifen, der Stuͤcke Fleiſch, Früchte u. ſ. w. in metallene oder
fein mit durchloͤcherten Seitenwaͤnden legte, fie von Thieren mit haͤu⸗
n verſchlucken ließ und bei der Wiederherausnahme die Speifen fehr
m Theil verdaut fand. - Die Ktüffigkeit, die eine ſolche Aufloͤſung
fl der Chymus (Mlagenfaft), der in großer Menge von den Magen:
den Gefäßen abgeſchieden wird und die zermalmten Speifen durd)-
ufloͤſt. Aus dem Magen gelangt diefe Auflöfung durch den Pylorus
ffingerdarm, um vorzüglic durch Mifchung noch bedeutendere Ver:
zu erleiden. (S. Salle und Verdauung.) Hier tragen ber
ı und der pankreatifche Saft, die auf ähnliche Weife wie der Speichel
aft wirken und zur weitern Verähnlichung das Ihrige beitragen, und
czuͤglich viel zur Zerfegung bei, wodurch der Chylus (Milchſaft) ab:
ird. Diefe Fluͤſſigkeit wird nun von den zahllofen Anfängen der fo:
Rilchgefäße, die hier in ber Höhle des Darmcanals hervorragen, auf:
b das lihrigbleibende bewegt fich in bem Darmcanale immer weiter,
dien Darm gelangt. Aller aufgefogene Chylus geht in den Milch:
en Gekrösdrüfen, fammelt ſich endlich in einem allgemeinen Behälter
ayli), der in der Gegend des dritten Lendenmwirbelheines dicht hinter
u liegen pflegt, und ergieft fich. in das Blutaderſyſtem. Mit dem
vermischt, geht er aus dem Herzen nach den Lungen, wird dafelbft
wirkung der atmofphärifchen Luft zu dem Charakter des arteriellen
ben und kehrt als folche® zum Derzen zurüd, von welchem das Blut
terien in den ganzen Körper verbreitet roird. Hier gehen neue chemiſch⸗
leränderimgen mit bemfelben vor, bie ſich in zwei Claſſen vereinigen
lich in die Ernährung und Abfonderung. Durch die erfte werden fefte,
ve fluͤſſige Theile aus dem Blute gebildet; bie erfte erhält die ſaͤmmt⸗
w in ihrem Gefüge, Bau, in ihrer Mifchung und Korm, und vermit:
je zu verfennenden Einfluß der Reproduction auf Senfibilität und Ir⸗
zie andre erzeugt Siäffigkeiten, die bald auf eine beftimmte Weife in
e organifchen, vorzüglich reproductiven Verrichtungen eingreifen, bald
; vorwaltenden Beftandtheil, der in zu großer Menge fchädlich fein
eeren (Ercretion). (S. Ernährung.) In beiden wird nicht alles
acht; das übrige fammelt ſich in den Venen an, bie endlich in dem
umenfließen ; und es bleiben auch endlich weder in den Organen bie
Theile angehäuft, noch auch die abgefonderten Fluͤſſigkeiten unver:
ern amf beide wirken die Enden des Inmphatifhen Gefaͤßſyſtems auf
Weiſe wie auf den Chylus, fie faugen ein, bilden daraus die Xnmphe
ie in das Venenblut über. — Das ift der große Kreis der reproductis
wen, der den Körper in feiner Mifchung und alfo gefund erhält und
chwendige Bedingung des Lebens ausmacht, denn es gibt nicht eine
tion, die den Einfluß der Neproduction nicht erführe. Auch die Sen«
Irritabilitaͤt müffen es geftatten, daß ihre eigenthümlichen Organe
nährung erhalten, durch Einfangung wieder geftärft werden; fie be-
felten aud) einzelner Abfonderungen, um fich dufern au Bönnen, fo
Einnen. Endlich ftehen alle einzelnen reproductiven Sunctionen in
Beziehung zur Senfibilität vorzitglich, und durch diefe auch zur Irri⸗
ber leiden diefe beiden Sunctionen in Krankheiten der erftern. Wenn
lied in der gefchloffenen Kette der reproductiven Function leidet, muͤſ⸗
en und das aunze Spyſtem mit leiden; da ferner die reproductiven
auch ihrerfeits einen fehr bedeutenden Einfluß auf die übrigen Func—
dich auf die der Bewegung und Empfindung, Srritabilität und Sen:
Eiebente Aufl. Bb. IX. 14
210 Reproduction
fibitität, haben, fo folgt natürlich, daß auch diefe durch die Krankheiten bera
angegriffen werben; ja eine Menge von irritabeln und fenfibeln Krankheiten!
ihren offenbaren Urfprung in der Reproduction, z. B. die Verzuckungen, Ep
von Würmern, viele Fieber von Unterleibsftörungen. Ebenſo wirken «ba
die urſpruͤnglich fenfibeln und irritabeln Krankheiten nachtheilig auf die Ray
tion und bringen wieder mandherlei Störungen hervor, die al® Zeichen jener |
beiten erfcheinen, wie fich in der Abmagerung, Unluft zum Effen, fchlechtug
dauung, die beinahe in jedem Sieber und jeder fieberhaften Krankheit bey
find, zeigt. Wenn daher von Krankheiten der Reproduction gefprochen
heißt dies nicht weiter, al& es leide in ihnen die Reproduction ober eine i
tionen ganz vorzüglich, diefe fei als die Urfache ber Zufälle anzufehen.
Urſachen der Leiden der Reproduction ift der Mangel an Speife und
Erſte, was und aufſtoͤßt. Iſt er plöglich eintretend und mangelt es irgenbi
Individuum gänzlich daran, fo entfteht der flicchterliche Hungertob nad m
Tagen unter nervoͤſen Zufällen, nicht felten audy von Entzündung und Auf
des Magens begleitet. Fehlt es dagegen uns nad) und nad) an Speifen, f
ftehen hektifche Sieber und auszehrende, auch wol organifche Fehler der Untn
organe. Viel häufiger erfcheint aber der Genuß zu vieler, oder nicht guigg
für den individuellen Zuftand nicht paffender Speifen als Urfache von Sg
in den Reproductiondorganen. Gegen die erfte Sünde diefer Art verwa
die Natur von felhft, indem das Unpaffende für die Verdauung durch frei
Erbrechen wieder ausgeworfen wird. Dat aber der Körper Kräfte genug,
man bdiefe fuftematifch, indem man zu viel effen lernt, und kommt noch
Bewegung dazu, fo entfleht der Anſatz zu vielen Fettes (Polpfarcia
Sind dagegen die Kräfte nicht ausreichend, fo entftehen langwierige TR
Unterleibsorgane, vorzüglich Störung in den Abfonderungen berfelben,
kann durch diefe Mittelglieder fogar ein abgezehrter Zuftand durch zu viel]
hervorgebracht werden. Insbeſondere find es die vegetabilifchen Nah
bie gern Säure in den erften Wegen hervorbringen und die Schleimabferg
hindern; thierifche Nahrungsmittel begünftigen dagegen mehr bie F
fie die Gallenabfonderung vorzüglic, ftören; fette Speifen erzeugen bie
Settfäure, die fich durch Sodbrennen, Efel u. f. w. zu erkennen gibt.
fen Urfachen koͤnnen auch alle andre Krankheitsurfachen, die allgemein @
‚Körper wirken, ja eine Menge andrer Krankheiten felbft, Weranlaffung zud
beiten der Meprobuction werden. Die Krankheiten der Reproductionsorgeg
theils folche, die auch andre Organe befallen können, theild eigenthuͤmlich
den erften gehören vorzüglicy die Entzündung und deren Ausgänge, Were
Verhärtung, Verwachſung, Ausfhwigung, Brand. Allein auch biefe Auf
deßwegen eigenthuͤmlich, weil fie die Sunctionen des Reproductionsſyſta
ändern. In eben diefen abgeänderten Sunctionen beruht auch das Weſen
genthuͤmlichen Reproductionskrankheiten, die wir jest betrachten wollen. -
Munde wird das Kauen burch Fehler der Zähne, durch Entzuͤndung und R
rung, Verwundung und Krebs der Zunge, durch Geſchwuͤre oder Anſchwel
vorzüglich auch durch Speichelfluß, endlich) durch Krampf (triemue) ober &
der Kaumusfeln gehindert, das Schluden aber durch Entzündung In ber 8
böhle, Verwachſung oder Erampfhafte Verengerung der Speiferöhre erfchmwen
es müffen daher die angegebenen Folgen der zu geringen Menge von Nah
mitteln entflehen; wenn dagegen, wie im Speichelfluf und in der Mundfkı
Abfenderung in diefen Theilen krank ift, fo muß die Worverdauung und bei
auch die eigentliche Werdauung in Hinſicht auf Mifchung leiden, daher in
nannten Krankheiten Unterleibsbefchmwerden fo gemöhnlich find. Auch I
Magen und Darmennale Einnen eine Menge Störungen ftatthaben, und |
Reproduction 211
y auf die reprobuctiven Functionen ganz vorzuglid ein, fie mögen nun
liege, die Srritabilität oder die Reproduction in bemfelben afficiren.
mung und Unterleib.) Sowol durch die krankhaften Affectionen
itäe im Darmcanale ald aud) urfprünglicy durch das Leiden der abfon=
‚ane müflen die Abfonderungen abgeändert werden, und es gehen dies
m zu großer oder zu geringer Menge, balb in regelwidriger Mifchung
Der Magenfaft ſcheint bald zu fauer, bald zu allalifch zu werben;
her iſt es Die Galle und der Darmſchleim, die häufig Prankhafte Erſchei⸗
atbümlicher Art hervorbringen und die bisweilen in hohem Grade ents
nen. Die Schler derfelben wirken nun nicht nur auf die Bewegung
dung des Darmcanald ein, fonbern fie müffen auch ganz vorzüglich die
er Stoffe in demfelben abändern. Und darin kommen am Ende alle
ankheiten des Darmcanals mit einander überein, daß fie die Miſchung
‘angehen ; diefer muß dann aber auf vielfache Weife krankhafte Zus
wingen, und er theilt diefelben dem ganzen Körper auf verfchiebenen
Wie die Stoffe verfchieben find, die fidy in dem Darmcanale ans
[md auch die dadurch erregten Zufälle anders. Die Würmer haben
imlichen Zeichen ; andre gewährt die Anhäufung von Schleim, Galle,
u.f.w. Iſt denn nun aber ber Chymus aus irgend einer Urfache
R entweder die Miſchung deffelben fehlerhaft, und wird er zu langfam
ell fortbemegt, findet er ſich in zu großer oder zu geringer Menge in
anal vor, fo muß dies Alles nachtheilig auf die Bereitung des Chylus
nd es kann unmöglich In einem diefer File ein guter Chylus abgefons
‚ So Bann bie fernere Bearbeitung beffelben in den Lymphgefaͤßen
durch Krankheiten diefer Theile, ferner die Blutbereitung durdy Krank⸗
mgen fehlerhaft werden, wodurch wieder mancdherlei Fehler der Ernaͤh⸗
bfondberungen entſtehen. Doch find die leßtern nicht von bem Blute
iten, fondern auch bier wirken mehre andre Umftände mit, naͤmlich die
die das Nervenſyſtem auch auf diefe Function unmittelbar ausübt, der
‘ Einfluß andrer Organe, bie eigenthuͤmlich⸗ reproductive Thaͤtigkeit
zane, das ernaͤhrt werden oder in dem die Abſonderung geſchehen ſoll,
uch Die entgegengeſetzte Thaͤtigkeit des lymphatiſchen und venoͤſen Ges
Iſt einer von dieſen Umſtaͤnden krankhaft, ſo muß auch die Ernaͤh⸗
toffenen Theils oder die Abſonderung nicht nur Überhaupt krank wer⸗
mes mülffen daraus gerade die verſchiedenartigſten Krankheiten ent⸗
B. die Fettſucht, die Schwindfuchten, der Scharbod, bie
Waſſerſucht, Strophen (f.d.), Rhachitis u.a.m. Wird
ng an einzelnen Organen durch oͤrtlich einwirkende Urſachen auf irgend
veftört, fo entflehen daher die örtlichen Fehler, die als Auflöfungen,
aticnen befannt und fo haufig, und theild nach den verfchiedenen lei:
men, theild nad) den einzelnen Urfachen fo höchft mannigfaltig und
tig find, daß fich eine befondere Wiffenfchaft, die patholegifche Ana⸗
Kuffinden derfelben zum eigenthiimlichen Zwecke gemacht hat. Auch
Abfonderungen find häufig frank, und fie kommen darin mit einander
; fie entweder in zu großer oder in zu geringer Menge, oder endlich in
Miſchung venitattengehen. In dem Ausführungsapparate einiger
ol auch fleinige Anfäge, die zu eigenthiimlichen Krankheiten werden,
Urinmegen, den Gallenwegen und den Ausführungegingen der Spei-
Aber auch diefe örtlichen Fehler wirken in dem gefchloffenen Kreife ber
and Organe nad allen Seiten in jeder Richtung nachtheilig ein und
zuͤglich wenn jie edlere Organe betreffen, oft genug Urfachen großer
ı und endlich des Todes.
14*
212 Republik
Republik wird gewoͤhnlich durch Freiſtaat überfegt, obgleich es Ra
fen gegeben hat, die Nichts weniger als Freiſtaaten waren, indem fie feine die‘
heit des Volks ficherftellende Verfaffungs: und Verwaltungsform hatten, nd
ehemaligen Republiten Polen, Venedig und einige Ariftofratien der beiued
Eidgenoſſenſchaft. Uberhaupt wird die Republit der Monarchie (f.d.)4
gengefegt, inwiefern in jener Mehre die höchfte Gewalt befisen und darſtelle
diefer nur Einer. Sind jene Mehren die Volksgemeinde, die Volksverſamm
tele in den alten griech. Freiſtaaten und in einigen Schmeizercantonen, oN
Bolkövertreter, wie in Frankreich zur Zeit der Gonventsregierung und in
duch, ein Wahlgeſetz geordneten Mepräfentativ:Freiftaaten, fo heißt die
eine Demokratie (f.d.); find aber nur gewiſſe Gefchlechter (die O
in dem erblichen Beſitze der höchften Gewalt, fo heißt fie eine Ariftotratie
Jene kann ausarten in eine Ocylofratie (f.d.), beide in eine Dlige
(f. d.). Repraͤſentativ- und Köderativftaaten (f. d.) fielen or
tepublitanifche und monarchifche Formen vereinigt bar. Weine Republlken
fallen nur zu oft in anardhifche Zerrüittung, als daß ihe Dafein wünfhenf
wire. Nehmen mir daher lieber das Wort Republik im Sinne der Altn, 4
res publica, als das Gemeinmefen des Buͤrgerthums. Hiernach beden
einen Staat, deſſen Verfaſſungs- und Verwaltungsformen jeden Einzein
Staate zu der überzeugung fuͤhren koͤnnen, daß er ein Vaterland habe, d.
unter dem Schutze des Rechts ſtehende Heimath, in welcher und fuͤr we
Menſch und Bürger zu leben und zu ſterben wuͤnſchen muß. In dieſem
kann und ſoll auch ſelbſt die uneingeſchraͤnkte Monarchie wenigſtens eine
niſche Verwaltung haben, d. i. eine ſolche, die in jedem Unterthan den
freien Bürger anerkennt und das Ganze unter das Gefes ftellt, jeden
aber gleich gefegmäßig behanbelt. — Bon jeher haben die Völker das
einer folhen Regierung gefühlt und durch Verfaſſungsgeſetze eine repubiill
Verwaltungsform zu erlangen gefucht; auch haben wahrhaft große Her
einer volksthuͤmlichen Stantsverwaltung den Grund ihrer Macht und nn 4
erkannt. Dagegen aber hat in feiner Monarchie die Verwaltung jenen
freien, gefeßmäßigen Charakter annehmen Eönnen, wo zwiſchen dem Th
dem Volke eine Ariftofratie, d. h. eine mit ber obern Verwaltung ausfchließd
vorrechtete Familienkaſte beftand, die, ebenfo eiferfüchtig gegen das Volk ale
den Thron, nur in der Fortdauer Ihrer Vorrechte das Heil des Ganzen ſah
die Häupter ber Sronde unter Ludwig XIV. und mie die Ultra ber neueſte
Diefe durch die Gefchichte ſowol der römifchen Republik als auch ber ital. RU
fen des Mittelalters und der germanifchen Seubalftaaten beftätigte Wahrheit
fertigt dad Verlangen der Völker nach freifinnigen Verfaffungsgefegen, weil
lein der Verwaltung des Staats den Charakter eines Gemeinweſens — ein
publit — geben und die ariftofratifcye Gewalt da, wo fie (mie in der Adels
Pairskammer) vorhanden ift, durch ein demokratiſches Gegengewicht (du
gewählte Abgeordnete aus dem Volke) mäfigen Einnen. Denn in den m
ſchraͤnkten Monarchien und in den Feudalſtaaten gibt e8 Bein andres Mittel,
Gemeinwefen im Staate herzuftellen, als die Perfönlichkeit des Monarch
die Dadurch zum Theil mit bedingte Perfönlidskeit ber höhern Staatsbeamten
nun dieſe Perfönlichkeit groͤßtentheils das Ergebniß ihrer Erziehung und Fi
bildung ift, fo folgt, daß diefe in feinem Falle ultraronaliftifh, nicht einmal
hftifch, noch weniger ariftofratifch fein darf, fondern daß fie republikanifi
rauß. Go gab die Eluge Katharina ihrem Enkel Alexander den Republilan
harpe zum Erzieher, obne zu fuͤrchten, daß der Eünftige Selbftherrfcher aller
fen dadurch falſche Anfichten von der Regierungskunſt erhalten möchte. M
innere fi) dagegen an die Folgen der reinronaliftifchen Erziehung Karls
Repulſebai Reservatio mentalis 218
md der Könige von Spanien ſeit Philipps II. Zeit, ſowie im Gegenſatze
aihung eines Chatam, Bernftorff u. U. — Möchten daher doch alle
m und Miniiter wahrhafte Republikaner fein, dann würde man weber
[he Ausfchmweifungen noch ariftofratifche Mißbraͤuche zu fürchten baben,
mrubige DBerlangen der Völker nad) republikanifcher Freiheit würde von
um. — Was wir hier republifanifche Erziehung der Prinzen und des
is welchem gewöhnlich die höhern Stellen im Staate befegt werben, ges
en, iſt in einem freigeorbneten Staate, wie in England, Frankreich, den
Im und Schweden, fogar unerlaͤßliche Bedingung, wenn man den Thron
zerfaſſung, d. i. den Staat, nicht muthwillig in revolutionnaire Gefahr
W. Sn Deutſchland haben bisher noch die Univerſitaͤten durch eine mit
freiheit allen Eünftigen Staatsbeamten gleichmäßig ertheilte Unterweis
biloiophie, Geſchichte, Politik, Nechtsfunde und Nationalökonomie jenen
iſchen d. h. auf das Gemeinweſen des Buͤrgerthums gerichteten Sinn
Fuͤrſtenſoͤhnen und Edelleuten zu erwecken gewußt.
pulſebai, ſ. Nordpolerpeditionen.
quetenmeiſter, Maitre des requêtes, Staatsbeamte, welche
m Parlament eingereichten Bittſchriften (requetes) durchzugehen und
de zu bringen verpflichtet waren. Seit dem kaiſerl. Decret vom 11.
6 jmd Requetenmeiſter in unbeſtimmter Anzahl dem franz. Staatsrathe
ordentlichen ald außerordentlichen Dienfte beigeorbnet; diefelben neh⸗
Staatsrathe nach den Staatsrüthen Sit und haben die Berichterftattung
en fireitigen Angelegenheiten, worhber der Staatsrath fpricht, ausge⸗
Kejenigen, welche die Liquidation der Öffentlichen Schuld und die Natios
wn betreffen. Die Requetenmeifter Eönnen an der Berathung aller vor
Keith gebrachten Sachen Antheil nehmen, und in flreitigen Angelegens
bdie Stimme des Berichterſtatters mitgezählt; übrigens find die Func⸗
kißen mit allen andern, die ihnen vom Staatsoberhaupte Übertragen
iträglich. K.M.
miem, in der römifchstathol. Kirche, eine feierliche muftkalifche See:
De zu Ehren eines Verftorbenen gehalten wird und mit den Worten:
aeternam dona eis etc. anfängt. (S. Erequien) Mozart’s, os
dinter's, Cherubini's, Neukomm's Compofitionen diefer Art find bes
ſriſitiion mar urfprünglich jede bittende Auffoderung von Seiten
Behoͤrden, Civil: oder Milltairbeamten zu Darbringung von Mits
sen bas Gemeinwohl betreffenden Zweck. Gerichtliche Requifitionen,
Kuffuchung und Auslieferung von Verbrechern, Abhörung von Zeugen
I täglich flatt, und gefchehen entweder durdy Bekanntmachungen und
sgen in Öffentlichen Blättern, ober durch fchriftliche oder mündliche, an
mte Derfon oder Behörde gerichtete Gefuche und Auffoderungen, wobei
irende fidy gewöhnlich zur Gegenteiftung ähnlicher Hülfe (ad reciproca
Ra juris) verpflichtet. — Militairifhe Requifitionen, melde
g und Lieferung von Mitteln zur Erhaltung unb Kortbringung eines
es sum Zweck haben, kennen wir in Deutſchland zur Genuͤge. (S. Mi:
nomie.)
mifitorialen, requisitoriales (sc. literae), beißen Requifitions:
wodurch eine Obrigkeit eine andre um Vornehmung gerichtlidyer Hand:
sht. (S.Requifition.)
servatio mentalis, Gedankenvorbehalt, befteht darin, daß
Berten, womit man etwas verfichert oder verfpricht, in feinen Gedan-
re Bedeutung oder Yurdlegung gibt, als ihnen Derjenige, gegen den die
214 Referve Refonanz
Verfiherung, das Verfprechen oder die Verpflichtung abgelegt wird, ihrem
lichen Sinn nach geben kann, in der Abficht, diefen zu taͤuſchen. Diefer (
Eenvorbehalt, der mithin jebes Mal eine abfichtlicye Verlegung der Wahr]
ſtreitet wider alle Moral. Dennocd war er und ift wahrſcheinlich noch 4
den Sefuiten im weiteflen Umfange erlaubt. In den Werken des P. €
findet fich darüber folgende Erklärung: „Es iſt erlaubt, zweideutige Ausdel
gebrauchen und fie anders verfichen zu laſſen als man fie felbft verfteht.
ann ſchwoͤren, etwas nicht gethan zu haben, was man doch wirklich getha
wenn man nur babei denkt, daß man es nicht an diefem oder jenem .
vor feiner Geburt gethban habe. Das if bei vielen Gelegenheiten Aberauß $
und allemal gerecht, wenn es zur Erhaltung der Gefundheit, der Ehre Mi
Bermögens nöthig iſt“. J |
Reſerve, Rüdbalt. Die Ökonomie ber Streitkräfte iſt ein
wichtigſten Gegenftände der Kriegsführung. Im Allgemeinen zerfallen fü
Theile. Der erfte ift beftimmt den Kampf vorzubereiten oder einzuleiten (}
corps); der zweite ift der, welcher ihn zu beftehen hat (corps de batailli
dritte endlich hat den Zweck die Kräfte zu erfegen, wo fie geſchwunden
fhütterte Punkte zu unterftügen, bedroheten Punkten mehr Feſtigkeit zu!
das verlorene Gleichgewicht wieberherzuftellen, im rechten Moment na
die Entfcheibung herbeizuführen oder im Mißgeſchick den Untergang des
abzuwenden. Diefe wichtige Beftimmung hat die Referve, und daher
Heer bei feinen Operationen nicht allein einen tüchtigen Rüdhalt, ſondern
fen auch bei jedem Gefecht bedeutender Maffen zuverläffige Truppen a
- von bereit ftehen, um im vorfommenden Kalle verwendet werben zu koͤ
Art und der Augenblick diefer Verwendung kann hoͤchſtens allgemeinen
tertoorfen werben, aber nirgends bethätigt ſich das Genie des Feldhern mi
bier. Napoleon In ben glänzendften Epochen feiner Friegerifchen Laufbahl
von den Referven faft immer einen großartigen und erfolgreichen Gebrauch
chen und wird hier noch lange lehrreic) bleiben. — Sm Ganzen moͤchte
gelten: zur Reſerve die geprüfteften, tapferften Truppen zu wählen und fü
den Befehl eines Führers zu ftellen, im deſſen Sndividualität die un
lichſte Ruhe, ein freier, unbefangener Blick, gerrifte Erfahrung, aber and
Entfchloffenheit im eintretmden Moment begründet find. Der befte Fuͤl
nes Avantcorpe eignet fich oft am menigften zum Befehl über die Reſerve.
muß die Reſerve ſtets fo zur Hanb gehalten werden, daß fie nicht der Wirkt
Feindes außgefegt fei, aber nach allen Punkten ungehindert und in möglich
fter Zeit und Richtung gelangen Eönne; endlich darf fie nicht zerfplittert, |
muß für den Augenblick gefchont werden, wo fie unfehlbar nüßen, d. h. a
der Macht des Feindes einen unuͤberwindlichen Strebepfeiler entgegenfteß
mit nieberfchmetternder Gewalt feine Wirkſamkeit zerftören und feine Mi
um jeden Preis erringen tann. Was Napoleon in diefer Hinficht mit fein
lichen Garden leiftete, wie er fie immer erſt ins Gefecht brachte, wenn ber
fein Spiel fhon gewonnen glaubte oder wo ein Gewaltftreid) entfcheiden
zeigt die Gefchichte feiner Feldzuͤge. Sie zeigt aber auch bie Übeln
welche jedes Mal entflanden, wenn die Reſerven unzweckmaͤßig und un
verwendet wurden.
Reſident, f. Sefandte.
Reſonanz iſt der Forthall eines Klanges, hervorgebracht entwed
das Anhalten der Schwingung oder durch ven Ruͤckprall, den der Ton an d
tenwänden eines Inſtruments erhält. Der Refonanzboden an Saite
menten, als Clavier, Geige u. dgl., ift daher von großen Einfluß aufde
derſelben, und von feiner Güte und richtigen Bauart hängt die Güte bie
Keſponſum Reſtauration 215
befonberö ab, ba er es ift, der den auf den Saiten angefchlagenen Ton
wiedertoͤnt (tefonirt). Er wird gewoͤhnlich von Tannenholz, das völ-
vcknet und glatt fein muß, gemacht, und ber Bleinfte Riß oder Schaben
wrändert oder verdirbt den Ton des Inſtruments. Man bat in hen
ten in England ben Verſuch gemacht, den Nefonanzboben bei Forte⸗
Ikgein u. dgl. ſtatt mie bisher von Holz — ba biefeß in gemünfchter
chalten oft ſchwer ift, und durch die nöthige Dünne leicht ſchadhaft
on ſtarkem Pergament zu machen, doch hat man nicht die gewünfchte
amit erreicht. Endlich hängt die Refonanz des Inſtruments oder einer
ad von der Beſchaffenheit des Raumes ab, welchen fie erfüllen fol.
iano bat um fo mehr Refonanz, je freier es fteht.
yonfum, im Allgemeinen, jede ſchriftliche Antwort, welche eine Sf:
ehoͤrde auf Anfragen von Privatperfonen als ſolchen ertheilt. Im ens
i juriflifchen Sinne heißen diejenigen Decrete bes Richters Reſponſa,
ıf den Antrag einer flreitenden Partei geanttvortet wird. In der Regel
der Gegenpartei von Amts wegen in Abfchrift mitgetheilt werden. Ein
ı, wodurch dem antragenben Theil zugleich etwas auferlegt wirb, heißt
n per Refponfum. Durch Refponfa kann der Richter nur über ſolche
be abfprechen, die nicht auf das Wefen der Rechtsſache felbft und deren
ng Einfluß haben, z. B. er kann durch ein Refponfum der Partei aufs
y zum Proceß oder auch zur Sache zu legitimiren, er kam fie an den
na Richter verweifen, nicht aber kann er durch Refponfa eine Beweisfühs
degen, oder gar in der Sache felbft entfcheiden. Letzteres muß durch
bes Urtheil gefchehen. — Refponfa ober Gutachten nennt man auch
Belehrungen oder Entfheibungen, welche von einem dazu beftellten
gium, einer Facultät oder einem Schöppenfluhl, auf gefchehene Anfra⸗
tigen Fällen ertheilt werden.
kauration (von restaurare, herftellen) ift die Derftellung einer
en Zuſtand, den fie urſpruͤnglich hatte, ober ihrer Beflimmung nach has
So reftaurirt täglich der Menſch durch Speife und Trank feine verlores
ez daher ſetzte jener Speifewirth in Paris 1765 über feine Thür die
Venite ad me omnes qui stomacho laboratis et ego restaurabo
reftaurirt man ein Gemälde oder eine Bildfäule, Indem man das Ver⸗
Ffrifcht oder das Fehlende ergänzt. Kuͤnſtler, welche fich mit foldyer
zuͤglich abgeben, heifen baher Reſtauratoren; dgl. find jest Pal
meira u. 4. — Es wird aber jenes Wort auch in politifcher Bedeutung
iedereinfegung einer Perfon, befonders eines entthronten Regenten oder
tebenen regierenden Familie, in ihre vorigen Rechte gebraucht. So
m die Ruͤckkehr der Stuarte auf ben großbritannifchen Thron (1660)
well's Tode und fo nennt man die Ruͤckkehr der Bourbens (1814 u.
den franz. Thron bie Reftauration derfeiben. Da aber viele Anhän=
Jourbons meinten, diefe politifche Reftauration fei nicht vollftänbig,
auch die alte franz. Monarchie mit allenihren Einrichtungen, beſonders
ermaligen Privilegien des Adels, hergeftellt werde: fo ift daraus eine
Partei entflanden, welche man politifhe Reſtaurateurs genannt hat.
tei nennt man in Frankreich Ultraroyaliften, oder ſchlechtweg Ultras.
iſt überhaupt Ruͤckkehr zum Alten. Nur find fie nicht darüber einig,
von zuruͤckkehren folle, indem Einige fogar biß in die Zeiten des Mittel:
ehren und den damals herrfchenden Feudalismus und Katholiciemus
teen möchten. Wie unmöglich dies fei, muß jedem Unbefangenen
einleuhten. Eben daher ift e8 aber gelommen, daß man das Wort
en auch auf die Staatswiſſenſchaft felbfl bezogen und diefe dadurch zu
216 Restitutio in integrum Retentionsrecht
reſtauriren geſucht hat, daß man die neuere politiſche Theorie, von urſpruͤngl
und unveräußerlihen Rechten der Menfchheit, von ber Freiheit und Gleig
von der Souverainetät des Volks und vom bürgerlichen Grundvertrage
verwarf, und dagegen die Ältere Theorie, vom göttlichen Rechte ber re]
Erden und von der Gewalt ald einem fchon an ſich gültigen Principe ber
(haft wieder hervorſuchte. ©. v. Haller's „Reftauration der Staatswiſſ
(Winterthur 1816 fo.).
Restitutio in integrum, MWiebereinfegung in den vorigen @&
Wenn durch ein nad) firengem Recht gültiges Gefchäft, oder nad) den g
chen Formen des gerichtlichen Verfahrens Jemand einen unverfchulbeten
erleiden würde, fo geftattete der römifche Prätor unter gewiſſen Um
Miederauflöfung eines folhen an ſich gültigen Gefchäfts, zunichft den SIE:
jährigen, welche nad) beenbigter eigentlicher Zutel, aber vor dem 25. Jahre E:
ein nachtheiliges Gefchäft eingelaffen hatten, den Abwefenden, Denen, ie}:
Betrug oder Drohungen dazu betvogen worden waren, und bann Überhaupt, &
ſich fonft eine gerechte Urfache dazu fände, si qua alia causajusta mihi
tur (dies ift die clausula praetoris generalis, welche man neuerer IE:
bloße Fälle der Abweſenheit befchränfen wollte). Die Bedingungen der M
tion find immer 1) eim nicht ganz unbebeutender Schade (Läfion), weidheg:
2) ohne eigne grobe Schulb erleiden würde, und fie muß 3) binnen 2%. 4
werben. Diefe Reftitutionen kommen befonders in Proceſſen häufig vor
Friſten und Formen verabfäumt worden find, und behauptet wird, dies
die Nachläffigkeit der Sachwalter gefchehen. in befonderer Fall derfi
wenn man fein-Necht wegen Mangeld an Beweismitteln verloren bat
Zeugen ober Urkunden findet, von welchen man nichts wußte. Dies
meiften Proceßordnungen zu, wenn die Angabe, daß man diefe Beweis
jest aufgefunden babe, eiblich beftärft wird. In andern ProceBorbn
chen die Reftitutionen eine Gattung der ordentlichen Nechtömittel aus. ;
flitutionen überhaupt find ein unentbehrliches Mittel, die Härten des bloß
len Rechts zu mildern, allein fie müffen in der Gefeggebung befonders
ceffen nicht zu fehr erleichtert werden. Im franz. Rechte find wegen
Zwangs u. f. w. Nullitaͤts- und Refciffionsklagen 10 3. lang zuläffig.
ſtitutionsgeſuche gegen Entfcheidungen im Proceß heißen in Frankreich rei
girile.
Keftitutionsedict, f. Dreifigjähriger Krieg und $
nand IL.
Retardat, verfpätete Geldabgaben, Zinfen, Gefälle, Unkoſten
verzögerten Proceffes u. dgl. In Bergwerksangelegenheiten heißt Me
her dasjenige bergrechtlicdhe Verfahren, wodurch ein Eigner oder Theiln
einem Kuxe, ber feine Geldzufchüffe zu Betreibung bed Baues nicht zur gel
Zeit einfenbdet, feines Antheils am Betriche des Ganzen verluftig geht. — Ri
dbation, die Abnahme der Gefchwindigfeit eines bewegten Körpers, welche:
befteht, daß diefer Körper in jedem folgenden gleichen Zeittheile einen kuͤrzern
zurüdlegt, als in jebem vorhergehenden und endlich ganz aufhört, fich zu be
Demnad) ift die Retarbation der Gegenfag der Befchleunigung und kann mi
gleihförmig oder ungleichförmig -fein, je nachdem die retardirende ober be
wegung entgegenwirkende Kraft, wozu Schwere, Reibung, Widerftand de
u. f. m. gehört, gleihmäßig wirft oder nicht. In der Muſik bezeichnet daht
ritartando da® Anhalten der Bewegung oder das langfamer Nehmen ein
Stellen in einem Tonſtuͤcke, welches nicht willkürlich fein darf, fondern in.be
(haffenheit diefer Stellen gegründet fein muß. (Vgl. auch Vorhalt.) |
Retentionsrecht, das Befugniß des Beſitzers, eine fremde. €
Ketif de la Bretonne Retorſionsſyſtem 217
herauszugeben, bis er wegen Anfoderungen, bie ſich auf dieſe Sache
un, befriedigt ift.
if dela Bretonne (Nicolas Edme), ein origineller, geiftreicher
rd Novellenfchreiber, geb. 1734, war in feinem erften Unterricht fehr ver:
werden, verliebte dann als Buchdruderlehrling in Aurerre und in Paris
Jugend; endlich ermannte er fich, gelangte zu dem Beſitz einer Beinen
and ſchriftſtellerte ſelbſt fabritmäßig. Ein derber Naturwis, Talent
kung , eine nur zu lebhafte Farbenmiſchung bei feinen Gemälden er:
ihnen an feinerer Ausbildung und an Eunftgemäßer Form abging. Uns
Schriften, die an 150 Bändchen betragen, find beſonders „Les con-
»'' merkwürdig und anziehend. Der Verſuch, in ihnen die Sitten der
er Zeit zu ferildern, mußte natürlich, da er nur den am wenigſten acht⸗
5 derfelben kannte, einſeitig ausfallen. Indeſſen hatte er in dieſem
uͤbel beobachtet und das Erlebte iſt oft gut, aber auch meiſt ſehr an⸗
ec erzähle. Am meiſten bemerkbar machte ſich ſ. „Payaan perverti‘
bte Landmann), eine höchft abenteuerliche, aber oft bewundernswuͤr⸗
ımenftellung und ein Gegenftüd von Marivaur's „Paysan parvenu”.
derfeiben die Gefchichte eines jungen Menfchen vom Lande erzählt, der‘
und in aller Unerfahrenheit mit allen Graden der ftädtifchen Verderbt⸗
den verworfenften Dienfchenclaffen bekannt wird. Das Lafler, das
ignen Erfahrungen fo genau hatte Eennen lernen, ift hier oft mit der
m Treue und mit den ſchmutzigſten Farben gefchildert, allein mitten un⸗
Unhäufung von Graͤueln fieht man Züge de6 Genies und das Ganze
‚ohne Belehrung. Sein Styi ift von der Höchften Incorrectheit. Er
fogar diejenigen Schriftfteller, die auf die Ausbildung der Schreibart
Borgfalt verwendeten, und nannte fie Gluͤhwuͤrmchen (tes vers luisans) _
w. Auch wollte er ein Syſtem der Orthographie einführen, nad) wel
kanz. Sprache fo gefchrieben werden folle, als fie ausgeſprochen wird.
bung, die er hineinlegte, war Schuld, daß man auch das Gute Über:
# in feinem Vorſchlag enthalten fein mochte.
srfionsfyftem. Wenn ein Staat etwas verfügt, wodurch zwar
mertannted Zwangsrecht verlegt wird, was aber gegen die Gefege der
s Billigkeit, die Sreiheit und die Völkerfi tte verftößt, 3.3. wenn er bie
rbietet oder befchräntt, Mauthen an den Grenzen anlegt u. ſ. w., fo
erbei betheiligte Staat zur Retorſion, d. h. zu gleichen oder ähnlichen
mb Einrichtungen, berechtigt. So wenig dieſes Mecht bezweifelt wer:
fo zweifelhaft wird dagegen oft die Beantwortung der Frage: ob es
zift, daſſelbe auszuüben. Hier kann nur das wahre Intereffe eines je:
$ die richtige Entf&eidung geben. — Das Retorfionsfyftem der Neuern
lundb der Schiffahrt :ft eine Folge des Prohibitivfnftems; denn wo
imer Seite Prohibitionen eintreten, bedarf man aud) von der andern
efionen. Iſt ſchon jede Hemmung der Handelsfreiheit in ſich ſelbſt ein
ird fie es noch mehr, wenn der Handel, flatt eine Quelle gegenfeitiger
fe zwiſchen Nationen zu fein, die Gefühle der Erbitterung und den
Achtiger Vergeltung erweckt. Als Kaiſer Alerander fid) 1807 von der
J abwandte und dem Gontinentalfyftem anfchloß, hörten alle Handels⸗ .
Mußlands mit England auf. Der Erfolg war, daß Rußland feinen
groͤßtentheils verlor; denn England, das bis dahin feine Marinebe:
en Rußland bezogen, fand andre Quellen. Statt des ruſſiſchen Baus
Ben ungeheure Ladungen aus Canada, Neufhottland und Neubrauns
ngeführt. Statt des ruffifchen Hanfs erhielt England aus Bengalen
OO Etr.; auch wurde der Anbau deffelben in Irland befördert. Stan
die 1806 über 108,343,000 Dollars betragen hatte, ſank 1807, wo e®
r
218 Ketorſionsſyſtem
bes ruſſ. Talgs und ber Lichter kam die Gasbeleuchtung auf. Englands
nahm immer mehr zu, Rußlands Handel ebenfo ab, und diefe® große Mei
fi) nur erholen, als ed von der Strenge des angenommenen Syſtems abiy
endlich durch den Frieden von Orebroe 1812 das alte Verhältnig toiebech
— In eine noch drüdendere Lage kam Dänemark, als es ſich nad) dem
von Kopenhagen an Frankreich und das Gontinentalfpftem anfchloß.
faß e8 die ftärkfte Handelsfchifffahrt nad) der engl. und amerikaniſchen;
es feinen Credit finfen, feine Einkünfte ab: und die Schulden zum
Banknoten ſanken ımaufhaltfam, und die Folge war, daß bie Leben
Lande ſelbſt, wegen der Wohlfeilheit der Circulationsmittel, namentlich
piergeldes, außerordentlich im Preife fliegen. In welche Handelsv
Amerika, durch gereiste Rachfucht und die Anhänglichkeit Jefferſon's am U
Spftem, gelommen, ift befannt. Seine Ausfuhr fremder und eigner
Verordnungen gegen den Handel Frankreichs und Englands zu rächen
22,533,000 Dollar& herunter. — Auch die jüngfte Zeit hat ein merk
Beiſpiel eines felbft als Finanzfpeculation verunglüdten Retorfiongfi
Deutfchland aufzuweiſen. Die befchränkte Einfuhr beutfcher, befonders
Ochſen in Frankreich 1822, war dem badifhen Sinanzminifterium
Der Vorſchlag eines Handelsretorfionsfpftems gegen Frankreich wurde
gen, ihr elgnes Intereffe nicht vergeffenden Kaufleuten in ber zweiten
ber damaligen landftändifchen Verſammlung in Antrag gebradht und mit
griffen. Kein franz. Wein, kein elfaffer Taback follte mehr in Baden
ja in kurzer Zeit jedes franz. Product und Zabricat, mittelft einer El
Zollgarbiften, aus einem, bei firenger Handhabung eines vollftändigen
foftem6 fehr große Mittel erfodernden Grenzlande verbrängt werben.
Kammer wollte fogar alle franz. feidene Kleider und Pupartikel nach
beffimmten Termins den Frauen unterfagen. Nur die Befonnen
Mitglieder der erften Kammer verhinderte die Ausführung diefer u
[hen Projecte. Kurze Zeit war nöthig, um das Finanzminifterium
nur im Anfange eingetretenen Geroinn, nach und nad) aber immer groͤ
den Verluſte für die Zollcaffe, ſowie von der verftärkten Einſchwaͤrzung,
reihung des Hauptzwecks, zu belehren. Das kleine Baden hatte narll
dem Verfuche eines Retorfionsfuftems weit mehr als das große Frantreil
ten, und es fuchte nun durch fein Zollconcordat mit Deffen den alten Bed
der auszugleichen. — Solche Thatfachen, follte man glauben, würben dal
Verlangen einer gemwiffen deutſchen Partei, nad) einem firengen Retorfied
gegen England, bereits gemäßigt haben. Dies ift aber keineswegs I
Der Deputirte des deutfchen Handels» und Gemerb= oder eigentlich Fabe
vereins, ein Übrigens fehr geſchickter Gefchäftsmann im mercantilifchen
klagte im Öegentheil noch im Anfange 1825, in einer neuen Darftellung t
hältniffe von Deutfchlands aus: und inländifchem Verkehr, über die nah
ftehende Verarmung Deutfchlands, wenn nicht ſchnell gegen das nur ſche
liberaleren Grundfägen übergehende England ein ſtrenges Retorfionäfef
griffen werde. *) — Betrachtet man die Anwendbarkeit eines vollſtaͤndi
‚ torfionsfoftems für ganz Deutfchland, fo fällt fogleich in die Augen, baf
jenigen Xheilen beffelben, welche, wie 5. B. die freien Städte, bloß vom
feben, zum Verderben gereichen müßte. Ju Anfehung derjenigen Regie
*) Der Minifter Huskiſſon hatte nämlich mit allgemeinem Beifall am 4
1825 dem engl. Unterbaufe den Vorſchlag gemacht, allen Völkern, welche geg
Rechte zugeſtehen wollen, ten freien Handel mit feinen Kolonien zu geflattel
IR bie wahre Retorfion, im wechſelſeitig bealüchenden Einne des Wort!
Retorſionsſyſtem 219
He auf dem erloſchenen Handelscongreſſe zu Darmſtadt repraͤſentirten
kadter Handelscongreß), ein zuſammenhaͤngendes Gebiet bil⸗
lich Ähnliche Verhaͤltniſſe und Intereſſen haben, iſt zwar die Ausfuͤhr⸗
gemäßigten, den Reiz zum Schleichhandel nicht zu ſehr aufregenden,
ichen Mauthſyſtems nicht zu leugnen. Allein ihre mannigfaltigen
m und finanziellen Sintereffen Laffen bie wirkliche Ausführung, wie
hhrung zeigte, von Außen nicht fo leicht hoffen — weit eher aber bie
ereichung des großen Zweckes, fi im Innern der Wereinftaaten,
feßtigen freien Verkehr, einen großen Markt für ihre eignen Producte
e su eröffnen. Dabei kann das Streben, durch Verſchmelzung ih:
n einen gefchloffenen Handelsftaat zu bilden, immer einigen Einfluß
ibitivſyſteme auswärtiger Staaten dufern, weil jede, auch noch fo
sierung, ben Gemeingeift zu Ergreifung von Retorſionsmaßregeln
nimmt. — Übrigens hat man über dem deutfchen Fabricantengefchrei '
onöfpftemen den Unterfchied zwiſchen den Zollverfügungen, bie .ein
Bebeihen der Schifffahrt macht, und denen vergeffen, welche die Zus
fremder Waaren zum Imede haben. Grommell hatte bei Exlaffung
ensacte nicht Retorfion, fonbern nur die Beugung bed politifchen und
gewichts der Holländer im Sinne; denn diefe machten nicht mehr
echte gegen England geltend, als diefe® gegen jene. Die Verehrer
ben Retorfionsfufteme aber bedenken nicht, daß keiner ber ſuͤddeutſchen
en einen ausfchlieglichen Markt für die Exrzeugniffe feiner Einwohner
ben Märkte ausgenommen) in feiner Gewalt hat, baf daher keiner
miffe noch rohe Producte, aleich den Staaten, welche Golonten über
aben, durch Zwang abzufegen vermag. Sie hängen noch immer im
aben an dem Licenzſyſtem, welches Napoleon ale Beifpiel der Retor⸗
ngland ausübte. Das Ganze mar aber Nichts als eine blendende Fi⸗
'. Licenzen.) Die franz. Manufacturmaaren fanden nämlidy in
ven Abfag, weil fie entweder ganz verboten oder zu hoch impoftirt wa⸗
urden daher häufig Ins Meer geworfen oder verfchenkt; nicht felten
yerlegener alter Kram dazu gebraucht. Die Colonialwaarenkaͤufer muß:
anzen Koften tragen, und der Kaifer gewann unter anderm Schein
dert Mill. von feinen Unterthanen. — Dan bebente ferner, daß
zu Eeiner Zeit feine Induſtrie durch Retorſionsmaßregeln gefleigert
lien nur den Gonfumenten zur Laft. Dagegen verdient in Erwägung
serden, daß durch das Retorſionsſyſtem ein Theil des deutfchen Zwi⸗
| fammt feiner Fabrication, der mittelft der leipziger und andrer Mef:
ortheilhaften Canal nad) Polen und Rußland hat, verloren gehen
tehre nennen bie verlangte deutfche Retorfion ein politifches Vergel⸗
das unfere beutfchen Fabriken in Stand fegen müffe, mit den englis
Heifern; allein viel Fabriken Deutfchlande, die längft beftehen, haben
michtung des Continentalſyſtems lebhafter als je gearbeitet und durch
ng des Handels nad) Amerika einen neuen Markt daſelbſt gewonnen.
alſo der deutfche Kabricantenftand gegen das erfle Princip einer billi
tegferintg zum Nachtheil andrer Stände begünftige werden? Warum
Ander die einheimifchen Fabricate tbeuer bezahlen, die ausländifhen
wohlfeilern aber entbehren? — Man laffe fih ja nicht durch die von
oniften vorgelegten Bilanzberechnungen täufhen. Keine berfelben
de alle die kleinen Gewinne und Verluſte in Anfchlag zu bringen.
ellcolien kann man die Bilanz nie zuverläffig beurtheilen; denn bie
a find nirgends, nicht einmal in England, ganz echt. Die Vorfteher
an Gewerbvereins haben ſchon vor 8 3. behauptet, dab jährlih, 140
220 Retouchiren Retract
Mill. Thlr. für Deutſchland durch fremde Manufacturwaaren verloren
Wuaͤre aber nicht unſer edles Metall, wenn dieſe Behauptung wahr waͤre,
feit dev Zeit erfchöpft, wo die Engländer die Ausfchliegung frember Waar
ordnet haben ? Ubrigens verfennen wir durch diefe Außerungen Feine
Verdienfte des deutichen Hanbels = und Gewerbvereins, infofern fie a
Dandelöverkehr im Innern der deutfchen und auf ein gemäßigtes Retorſiom
gegen ausländifhe Staaten gerichtet find, melche fich nicht zu einem U
Handelsſyſteme geneigt zeigen wollen. Bei Aufftellung eines folchen
darf aber nie überfehen werden, daß es in finanzieller Hinficht nur dann
werden Fann, wenn es geringe Erhebungsfoften nothwendig madıt. *
lendes Beiſpiel, wie oft eine große Finanzverwaltung kurzſichtig iſt, liefert
reich. Seine Bruttoeinnahme der Tabacksregie iſt etwas Uber 145 MU
angeſchlagen. Als reiner Ertrag fließen davon in die Stantscaffe 42,08
Ft. Der reine Ertrag verhält ſich alfo zu den Unkoften der Erhebung being
1 zu 34, oder die Nation hat ++ zu bezahlen, damit 1 die Negierung bei
Bringt man nun nod) hierzu in Rechnung, was die Nation der Regievern
entgegenzufegen hat an Arbeit und Zeit, an erlaubten und unerlaubten &
. ten, Procefkoften, Strafen u. ſ. w., fo läht fi) annehmen, daß, wenn &
gierung 34 auszugeben hat, die Nation 20 Mal 34 70 ausgibt und |
liert. Daraus folgt, dar jeber Frank, der in die Tabacksregie gebracht
Nation (44-70) 744 Sr. Eoftet. Freiheit des Handels der deutſ
ten unter fi) ift Daher der erfie und allgemeine Wunfh. Es kann aber
nügen, ihn durch halbe Maßregeln zu befriedigen, wie z. B. Baden unb
. die nur ihre Zolffäge befchränfe haben und ihren Verkehr nad) wie vor d
Gitterwerk der Zolllinien mit Zöormlichkeiten betreiben. (©. Darm
Handelscongreß, Handelsvereine und Prohibitivfpftem)
Retouchiren, entweder das Aufpugen alter verblichener Gemä
Reſtauration), ober das Ausbeſſern und überarbeiten eines neuern,
oder fremden Gemaͤldes. Die Sranzofen bezeichnen durch retoucher
Anfftechen einer durch wiederholten Abdruck abgenugten Kupferplatte. — $
Musik bedeutet dieſes Wort, ein Zonftück verzieren, durch Coloraturen
den, welche gewöhnlich durd) Eleine Noten bezeichnet werben.
Metract Maͤherrecht, Einftand, Abtrieb, Lofung, Vorlauf). |
noch unter einer Menge andrer Namen vorfommende Recht ift eine Folge I
gern Verbindung, welche im germanifchen Rechte in der Familie und Ga
herrſcht, ſowie der mannigfaltigen Theilungen des Eigenthums. Kraft d
tern iſt die Dispoſition des Inhabers ohnehin eingeſchraͤnkt, kraft der erſten
die unbeweglichen Güter nicht aus der Familie kommen und nicht an Krems
äußert werden. Wird etwas veräußert, worüber der Befiger gar keine D
tion diefer Art hatte, fo findet, wie bei Lehn⸗ und Fidelcommißgütern, eine:
geltliche Zuruͤckfoderung (Windication) ftatt: bei bloßen Erb» und Stamm
find in manchen Ländern Formen vorgefchrieben, nad) welchen dergl. Gi
der Kamilie und Gemeinde zuvor ausgeboten werben müflen; in andern ba
Gemeinde: und Samilienmitglieder meiftens ein Jahr lang das Recht, in 1
fid) gültigen Kauf eines Fremden einzutreten und, indem fie alle Bedingung
gen den Verkäufer erfüllen, auch dem Käufer allen gehabten Aufwand e
Das verfaufte Gut anfichzuziehen. Dergleichen Retracterechte fanden fonft
vielen Berhältniffen ſtatt, z. B. zu Gunften der Meicheritterfchaft wegen der
fchaftlihen Güter, zu Gunſten der Chriften gegen Juden; es find aber
neueen Zeiten viele davon aufgehoben worden. Die wicdhtigften und hau
Netractsarten find: 1) das Gefpildredht (jus congrui), vermöge deffen Der,
welcher Schon einen Theil eines Grundfiuͤcks befigt, bei den andern Theilen
Rettungsanflalten, bei Feuersgefahr 221
Bertaufs= und Einftanderecht hat; 2) das Nachbarrecht (jus vieinatus),
echt Schon dem bloßen unmittelbaren Anlieger zufteht; 3) das Erblo:
t{retraetus gentilitius), weiches den Verwandten und 4) das Marklo⸗
! (jan ineolatus), welches den Mitgliedern einer Gemeinde zukommt.
kondsrecht fällt weg, wenn die Bedingungen der Veräußerung fo find,
he don einem Jeden erfüllt werden Eönnen, bei Abtretungen durch Schen⸗
kauſch, Vergleich u. f. w. Es kann gegen einen jeden Erwerber de6
I aufgeht werden und ift infofern realer oder dinglicher Natur; aber
u Vertrag bedungenes Vorkaufsrecht (jus protimiscos) gibt nur eine
zegen Den, welcher fein Verfprechen bricht, auf Entfhädigung, nicht
echt gegen ben dritten Erwerber ober auf die Sache felbft. Durch den
tt der Retrahent nun in den vorigen Kauf ein, es ift keine neue Ver:
daher kann auch in der Regel Peine Abgabe gefodert werden, welche
hageld (Lehnwaare, Handlehn) fonft in Veräuferungsfällen zu entrich
37
tungsanflalten. In Hinfiht der Rettung von Menfchen aus
br hat die neuere Zeit große Kortfchritte gemadyt. — Zur Rettung aus
efahr in dem Falle, mo Menfchen in obern Stockwerken einen an-
ng als die Fenfter haben, find mehre Mafchinen erfunden worden, und
a Fallſchirm von ſtarkem Segeltuche, mit einem eignen ſtarken Hand⸗
Riemen sum Hindurchfteden der Arme. Es gehört aber zum Gebrauch
Beifteßgegenmwart, Kraft und Entfchloffenheit: Eigenfchaften, die in fol-
ben Augenbliden nicht allen Menfchen eigen find. Beſſer ift 2) ein
befonder® der von Klingert zu Breslau vorgefchlagene, an tüchtigen
iſtigt, durch welche er hinauf an das brennende Haus und nad) dem
; wieder heruntergelaffen wird. Dem Gebrauch diefes Rettungsmit:
ber entgegen, daß es fich nicht anwenden läßt, wenn daß brennende Ge⸗
zandern Häufer zur Seite hat, oder wenn die Fenfter der benachbarten
edriger liegen als biejenigen, aus welchen eine Perfon gerettet werden
Die Neubert'ſchen Rettungsleitern, von Hanf verfertigt und mit
migen Hängematte von Zwillig verſehen. Man reicht fie den in bren⸗
en Stockwerken eines Gebäudes befindlichen Menfchen durch lange
a zu, befeftigt fie vermöge eines daran befindlichen flarfen Knebels an
ke und läßt fie unten von ein paar Menfchen fchwebend halten. Non
K benetzt man fie mit Waffer. Für ſchwaͤchliche oder ſchwindlige Per:
ı für Kinder find diefe Leitern nicht anwendbar. 4) Die Röfer’fche
siter iſt befonder& bei hohen Gebduden oder Thuͤrmen zu gebrauchen.
a Gelenke zu Gelenke mit Schnellfedern verfehen, durch welche fie ſich
fe eines einzigen Menſchen von Stodwerk zu Stockwerk auffchlagen
liche Leitern wurden noch mehre, beſonders auch eine von Gräffer in
Üd eine Strickleiter von Klingert allda erfunden. Theils find fie aber
kaͤndlich oder nur von gehörig geuͤbten Leuten auzuwenden, theils kann
Ihnen nicht unter jeden Umftänden einen fihern Gebrauc machen, da
Kerfteigen felbft mit Gefahr verknuͤpft ift. Die beften unter allen find
mbdenen italienifchen und die Dafenleitern. Beider Gattungen bedient
uerlöfchcorp® der Pompiers zu Paris. Cine Befchreibung fammt der
derfeiben findet man in dem von dem Gorpscommandanten herausgeg.
du sapeur-pompier” (Paris 182+). 5) Galilei's Rettungsma⸗
dh welche fich der in Gefahr befindliche Menſch ſitzend auf einem Quer:
rm Seife herunterläßt, das er mit beiden Händen faft. A) Nettunge:
$ Gollie in Philadelphia. In einem ſenkrecht ftehenden, ftarken, hoh⸗
sich) hohen cylindriſchen Körper laͤßt ſich ein Balken betraͤchtlich weit
222 Rettungsanftalten , bei Feuersgefahr
auf⸗ und niederſchieben. Der hohle Koͤrper ruht auf einer langen und
ſtarken Bohlen gemachten Baſis, die auf 4 niedrigen Blockraͤdern laͤuft.
ben und Bänder geben ihm auf diefer Bafis einen feften Stand. Der
Balken ift mit einem Paar Seile verbunden, die um 2 Wollen und
ten um die Rundbaͤume zweier Hafpel gehen. Diefe Haſpel ruhen ebeufif
ten auf der breiten Bafis, einer dem andern gegenüber. Mittelſt der Kach
den Hafpeln koͤnnen nun die Seile um die Rundbäume aufs und abgewidh
eben dadurch kann der bemegliche Balken in die Höhe gezogen und n
werben. Daß oberfle Ende .diefes Balkens enthält eine flarke Klammer,
ber ein großer und flarfer Hebel um feinen Ruhepunkt ſich drehen läßt.
längern Arme dieſes Hebels hängt der Rettungskorb und an dem Pürjern
das bis an die Bafis der Mafchine herabgeht und da fo feſt gemacht
wenn der bewegliche Balken unten den Boden berührt, das Seit ftraff
Hebel horizontal ſteht. Wird aber der bewegliche Balken in die Höhe gem:
fo kann da8 eben genannte Seil nicht mit in die Höhe gehen ; es zieht ba
kuͤrzern Debelarm niederwaͤrts, folglich geht der längere Arm fammt deu:
in bie Höhe. Windet man den Balken wieber herunter, fo fteigt der 4
wieder und der längere mit dem Korbe, worin bie geretteten Menfchen be
fintt. Die gefammte Vorrichtung muß übrigens fo mit der Bafıs
fein, daß an kein Umfallen der Mafchine zu denken ift. Beim Gebrauch, by,
kann man bie Bewegung der Eleinen Räder durch Hafen hemmen.
tungskorb aber muß für 4 Menfchen weit genug und fo tief fein, daß ent
ben bis über die Bruft reicht; auch muß er nahe genug an das Fenſter
werden Binnen. Mit 3 eifernen Säulen ift er an das Ende bes
feftigt, von dem er frei herabhängt. 7) Die Treppen, von Defaudray,
Bichley, Audibert, Zrechart u. A. Sie find doppelt, werben ausein
und mit Schnelligkeit emporgerichtet. Alte haben aber, fo fehr fie
Scharffinn ausgedacht find, mehr oder minder Mängel, die fie zur ſch
wendung nicht recht brauchbar machen. 8) Das Rettungsgerüft von
Leipzig. Die niebrigfte Höhe deffelben beträgt 15 leipz. Fuß; es kann
4 Mann nad) Gefallen von Fuß zu Fuß und in einer Minute 60 Fuß
porgehoben werden. Es befteht aus lauter 6 — 10 Zoll breiten und 2
ſtarken Streben, Bändern, Riegeln und Säulen, die aus Kiefernholz vol
und mit eifernen Bolzen und Schrauben verbunden find, die fich erheben,
zufammenlegen und mittelft gezahnter Säulen in jeder erfoberlihen Höhe
len laffen. Zur Erhebung und Herablaffung befinden fich unten drei wi
tädern verfehene Wellen. Mit der erften Welle, die 9 3ou im Ducchmefl
und auf beiden Seiten mit Speichen zum Drehen verfehen ift, wird das
durch ziveimalige Umdrehung auf 60 Fuß erhöht. Durch die zweite
eine Kurbel hat, werden viele Stricke angezogen. An der britten, ebenfal
einer Kurdel verfehenen Welle find die Federn gehängt, welche beim Exhöh
Geruͤſtes die gezahnten Säulen einlegen und fie beim Herablaſſen zuruͤch
Dben auf dem Gerüfte befindet ſich die Galerie, zugleich aber auch eine S—
ter, auf welcher die Nothleidenden herabfteigen koͤnnen, wenn man e6 nk
noͤthig hält das Geruͤſt erft wieder herunter zu laffen. Zwei Arm mit
dern tragen das Geruͤſt. Die Vorderaxe kann durch Stellfchrauben zum
flehen gebracht werden. Um das Geruͤſt aber auch auf fhiefem Boden Ie
emporheben zu können, fo find über den Aren noch * befondere Stellſch
angebradht. Keile dienen zur Hemmung des Umlauf6 der Räder. DI
ſchine ift ficher und bequem; aber ihr fehlt die nöthige Einfachheit und Wu
heit. 9) Rettungsfchlaudy von Breis in Hamburg. Er ift aus grober Sa
wand gemacht und oben offen. Er wird aus einem Senfter oder einer ander
Rettungsanſtalten, bei Feuersgefahr 228
gehaͤngt und der Nothleidende fährt durch denſelben ſicher auf die
. Für furchtſame und ſchwindlige Perfonen wird oben am Schlauch
us hohe, leinene, mit Fiſchbein fleif gemachte Kappe angebradht. Zu
deſſen ſich feit langer Zeit die Seuerpolizei zu Genf bedient, ift uͤbri⸗
bringeflange erfoderlih. 10) Mettungskleider. Palmer in Braun⸗
z ein die Hitze abhaltendes Kleid mit nod andern Rettungsvorkehrun⸗
af Bichtem und mit Wachs geriebenem Leinen breitet man eine dicke
tage Wolle aus, die mit Kohlenpulver beftreut if. Dan legt dann
Aenes Zeuch darauf und näht das Ganze an den Seiten und in klei⸗
a in ber Mitte an. Auf das mwollene Zeuch, welches die aͤußere
ockes zu bilden beflimmt ift, bringt man mit Leim ein oder zwei Lagen
Iulver, welches aus 1 Theil reinem Schwefel, 1 Theil rothem Oker
n Eifenvitriol beſteht. Hieraus verfertigt man einen paffenden Rod
rue und einer Maske. Zum Athmen kann man ein Reſpirations⸗
ee Mund und Nafe binden. Ein Menfch, welder fo ausgerüftet
a mit einer Hade, wie die Sapeurs fie haben, und mit einer Portion
ulver verfehen ift, foll unbefchädigt die Treppen in einem brennenden
en und in den Zimmern berumgehen tönnen. Durch das Fortwer⸗
ers fol die Klamme zur Seite und unter den Füßen ſogleich geloͤſcht
tark in Hamburg flug als NRettungsmittel bei Feuersbruͤnſten eis
e verfertigten Anzug vor, der aus langen, beträchtlich weiten Dofen
ı befteht, welche auf der innern Seite mit Wachstuch bezogen find.
aden Schloͤßchen (oder Schnappfchlößchen) wird die Sade, bavon
h den ganzen Kopf wie eine Art Haube bebedit, ſchnell um den Leib
ür Ohren und Mund find Öffnungen mit Schirmen, für die Augen
nit Möhren da. Sin den Röhren find Gtäfer waſſerdicht befeftigt.
fern ift altes reines Brunnenwaffer eingefperrt, damit jene von der
Apringen. Aus einer Windbuͤchſe, die in einem ledernen Sad ftedt,
kenſch. Hoſe und Fade werden überall mit Badeſchwamm bebedt,
einer großen Menge Waffer füllt. Um den ganzen Anzug aber wird
Uſtaͤndiger Harniſch von verzinntem Eifenbledy gelegt. Unter den
finden fidy ftarke, eiferne, verzinnte Doppelplatten, wovon bie obere
mit in dieſelbe Waffer eindringen kann. Ahnliche Vorkehrungen
ber Kopfbededung angebracht, und der ganze Harniſch ift durch Ringe
fo eingerichtet, daß die Acm= und Beinkleidung ſich verlängern und
it. 11) Die Feuerſturmhaube. Sie wird in England gebraucht,
Beber und oben mit einem eifernen Dedel befchlagen. In der Haube
on für Augen, Mund und Nafe. In den Augenöffnungen befinden
umb vor die Mundöffnung wird vermöge eines Hafens ein naffer
legt, um ungehindert athmen zu können. 12) Die Hochfletter'fche
Sie befteht aus 2 Leitern, wovon die eine auf der andern läuft.
auch einen Rettungskaſten und cin Paar eiſerne Etügen, damit fie
ſchwanke. — So groß die Zahl der oft fehr finnreich erbachten Feuer⸗
hinen ift, fo fehr gebricht es doch an einer Auswahl foldyer, die bei der
allen billigen Foderungen entfprechen. Sie müffen einfady, nicht
d leicht fortzubringen fein. Man muß nicht beforgen dürfen, daß
Gebrauchs irgend etwas an ihnen verlegt werde, oder durch irgend
d ein Aufenthalt entſtehe. Sie muͤſſen, wo möglich, an das bren=
de fo angebracht werden Eönnen, daß die Mothleidenden in fchräger
der Wand abwärts niederſteigen; daß die Perſonen, welche die Ma:
a, nicht zu nahe an dem brennenden Gebaͤude ſtehen und day die
nicht leicht antiennen. Darin ſowol als auch hier und da in der
224 Rettungsanftalten, bei Waſſersgefahr
Indolenz mancher Polizeibehoͤrden mag der Grund liegen, daß noch in vielen
ten Deutfchlands die Feuerrettungsanftalten für Menfchen gaͤnzlich Toon
Paris, wo die Feuerloͤſch⸗ ſowie die Rettungsanftalten die beften find, ron
italieniſchen und die Hakenleitern aus dem Grunde vorzugsmeife vor allenı
gebraucht, weil fie am fehneilften bei der Hand fein Eönnen, da das Feuer gi
lich die Hausftiegen zuerft angreift, die Rettungsmittel alfo ebenfo ſchnell
Sprigen vorhanden fein muͤſſen. Die ital. Reitern find an deren Untergefi
feftigt, und die Hakenleitern fo leicht, dag ein Mann eine derfelben im
der Achfel tragen kann. Sind Treppenleitern nicht anwendbar, ‚fo wer
leitern genommen, in beren leichtem und fiherm Gebrauche die Pompi
find. Wenn ſchwaͤchliche, fchwindlige Perfonen oder Kinder gerettet
len, bedient ſich das Loͤſchcorps des mit den Sprigen zu gleicher Zeit an
Rettungsſackes. Springen bie in Gefahr befindlichen Perſonen aus
ſtern, ſo fangen ſie die Pompiers in einer kreuzweis gelegten Plache auf.
Die erſten Rettungsanſtalten für Menſchen, welche durch Waffen.
fahr gerathen ſind, entſtanden in Holland. Am meiſten geſchah aber
Vervollkommnung zu Hamburg durch die Geſellſchaft zu Beförderung U
Künfte und Gewerbe. Tauſende im Waffer Verunglüdter haben ihr bie
zu verdanken. Die verfchledenen Rettungsinftrumente find: 4) Der
welchem man in dem Waffer fo lange hin und her rührt, bi6 man ben
funden hat. Mit ihm hält man ihn feft, durch die Fangzange wird er a
gezogen. 2) Der Nechen, der noch leichter als der Sucher zu gebrau
bei welchem man Eeiner $angzange bedarf. 3) Die Sangfeile oder Stricken
zernen Kugeln. 4) Die Eisleiter mit der Verlängerungsftange und dem
haken. Sie dient zur Rettung Derjenigen, welche unter das Eis gef
und wird mit einem Retter, der auf der Leiter liegt oder ſitzt, auf das b
gelegt und nad) der Stelle hingefchoben, wo ſich ber Verungluͤckte befinde
ift von möglichft leichtem Holze gemacht, und an ihrer oberften Sproffe
Scharnier mit einer Verlängerungsftange. 5) Das Eisrettungsboot.
tung im Eife tft viel ſchwerer als im offenen Waſſer, daher bie Erfindung
bootes durch Thomas Rigler eine der wohlthaͤtigſten genannt werben k
1781 wird diefes Boot mit dem größten Nugen auf der Elbe und Alfter ’
burg gebraucht, kann auf dem Eife ald Schlitten und zugleich auf dem a
Machen dienen, und fo kann es dem Verungluͤckten auf die eine oder auf l
Art völlig mahe gebracht werden. Es ift von Korbarbeit geflochten und
Eindringen des Waffers auswendig mit Reber überzogen, weil es fo leicht
daß es von einem einzigen Menfchen ohne alle Beſchwerde im Waffer
Eiſe regiert werden kann. Die auswendige Länge beträgt unten 74 unb
Fuß, die Breite unten 3 und oben 4 Fuß. Die untere Seite ded Bo
ein Schlitten mit 2 Schienen von glattem Eifen belegt, um es baburdyj
zweier an Tangen Stangen befindlichen Haken leicht auf dem Eife fort
Finnen. In dem Boden ferbft ift eine 3 Fuß lange und 14 Fuß weite
angebracht, deren Umfang durch einen auf gleiche Weife wie an den aͤußeriß
eines jeden Fahrzeugs angebrachten Bord gegen das Eindringen des
(hust ift. Der Retter kann mithin da, wo das Eis zum Fortfchieben d
zu höderig ift, durch diefe Öffnung auf das Eis treten, er kann das Bootd
der am Bord diefer Öffnung angebrachten Handhaben Über die hoͤckerigen!
hinwegtragen; fobald aber das Ei6 unter ihm einfinkt, kann er fich fogld
alle Gefahr über den innern Bord hinweg in das Boot ſchwingen Die
eingefaßte Offnung hat auch noch beim Einſinken des Bootes in das
beſondern Nutzen, daß die hineingetretene Waſſerſaͤule das Umſchlagen be |
ten Fahrzeugs verhindert. So geſchwind wie moͤglich ſucht der Retter mit
Rettungsanftalten, bei Wafferögefahr 225
? das brüchige Eis hin an den Verunglücdten zu kommen. Würde dies
ich das im Wege liegende Eis verhindert, fo müfte der Retter feine mit:
e Eisleiter Über das Eis legen und fo fih dem Verungluͤckten zu nähern
r zieht diefen dann in das Boot, legt ihn der Ränge nach in daffelbe und
on das Ufer zuruͤck. Indem Boote befindet ſich für den Kopf eine Ers
6 Das Greathead'ſche oder Bosquet'fche Rettungsboot. Rettungs⸗
e weder umgemorfen noch von den Wellen verfchlungen werben Eönnen,
ıter die wichtigften Erfindungen der neuern Zeit. Um fie haben ſich
die Engländer verdient gemacht. Man Eann fie nicht bloß anwenden,
auf der See ober auf Flüffen zu retten, die Schiffbruch gelitten haben,
dh bei Überfchmemmungen und andern Wafferögefahren auf dem Lande.
6 Erfindung gründete fih auf folgende Sdee. Wenn man ein Sphäs
sel tbeilt, fo ift jedes Viertel elliptifch und gleicht beinahe der Hälfte
men Napfes. Es hat nimlicd, eine Krümmung mit hervorragenden
Krft man ein folches Viertel ind Meer oder in irgend ein offenes Waf:
m e® nicht umfchlagen. Kin auf ähnliche Art geftaltetes® Boot belegte
inmendig ringsum am Doliborde (oder an der Randplanke) 2 Fuß breit
dr 7 Gentnern Kork. Auch die Spice bededte er damit. Greathead’s
ſote führen 10 Ruder oder, wie fie in der Seeſprache heißen, Riemen.
0 Fuß lang und 10 Fuß breit. Mit Eupfernen Nägeln und allen erfo⸗
‚heilen verfehen, Eoften fie 165 Pf. Eterl. Don den 10 Leuten, die das
nm, fisen 5 an jeder Seite. Hinten und vorn fist ein Steuermann, der '
seinem Eteuer, fondern ebenfalld mit einem Rieme regiert, welcher fo
tift, daß er nicht in den Sand einfinft. Das Boot hat nur fehr wenig
ht, und 30 Perfonen, oder doch 20, wenn e8 voll Waffer ift, figen ganz
in. Es ſchwimmt beftimdig und behält ftet# fein Gleichgewicht. Mens
in folches Rettungsboot einmal aufgenommen hat, werden unbefchädigt
eit gebracht. Man hat auch vorgefchlagen, das Boot mit Rädern zu
m es In vorfommenden Fällen deſto leichter laͤngs den Küften fortzus
Diefer Vorfchlag verdient gewiß Beifall. — Das Rettungsboot des
#quet kann fo viele Perfonen vom Ertrinken erretten ald es zu faflen
ko befigt aber noch verfchiedene andre Vortheile. Man kann e6 mit ges
ſtenaufwande bauen, es erfodert weder Nägel noch andres Eiſenwerk,
macher kann es zubereiten, es läßt fid) von einem Karren oder von einem
Irtfchaffen oder von etlichen Leuten tragen, und endlich wird es weder
noch von der Brandung, nod) auch von den Wogen umgemworfen. Die
age Menfchen, welche fich hineindrängt, kann darin weder unterfinken
fachen, daß das Maffer darin über 19— 14 Zoll hoch fleigt. Wenn e6
uch eine Welse mit Waſſer angefuͤllt wird, fo läuft diefed augenblidlich
ins, und das Boot gewinnt fchnell, ohne ausgeſchoͤpft zu werden, feine
Whung. Kein Stoß zerfchmettert es, felbft wenn es heftig an Felfen
fe gefchleudert wird. Diss trefflihe Rettungeboot ift auf folgende Art
Zwei ovale oder runde Behaͤltniſſe von verfchiedenen Durchmelfern
B Weidenruthen geflochten, und davon wird das eine in das andre gefebt.
kenraum rings herum, ungefähr von 18 Zollen, wird mit Korkfpinen
und entweder auch mit Weidenrutken tiberflöchten oder mit einer wei⸗
plante überlegt. Auf dem Boden befinden fich zwei Rofte, entweder
ſtarken Geflechte von Weidenruthen oder von Hol, wodurd das Waſ⸗
Kblauf erhält. Der untere Roſt muf mit der Kante der aͤußern gefloch⸗
u in einerlei Ebene liegen; dir obere Bann fich etwa 9 Zoll darüber er>
muß fo Dauerhaft gemacht werben, daſi cr den Druck erträgt, welchen
il. Der arößte Durchmeſſer Braucht nidyt über 6 Fuß und die Hoͤye
3, Eſchente Aufl, RAIN, 15
226 Reg
nicht über 3—4 Fuß zu betragen. Inwendig werden ringsum Sie
weiche man ebenfowie obigen Zwifchenraum mit Korffpänen aus
Randplanke hat Blöcke, worauf ſich die Riemen (Ruder) bewegen,
Leuten ſtehend in Thaͤtigkeit gefegt werben. — Unter andern Rettunc
dient das von dem Mechaniker Lionel Lukin zu London Auszeichnung.
tungsboot hat Segel, aber keine Ruder, und kann weder umfchlager
finten. Die berühmteften Schiffbaumeifter und Seefahrer fanden
vortheilhaft, daher der Exfinder ein Patent erhielt. Sichere Reiſeſch
finten Eönnen, aber bloß Paffagiere an Borb nehmen, werben feit m
in Kingholm aus Tannenholz erbaut. — Zur Rettung bes Lebens ı
gefahr dient auch 7) das ſchwimmende Licht, für Perfonen, welche be
Bord in die See gefallen find. Es ift ein Eupfernes Boot mit einer X
Erfindung verdankt man bem William Shipley von Maidſtone in A
man einen im Waſſer verunglädten Scheintodten auf das Land gebı
fen unverzüglich die Wiederbelebungsverfuche angeftellt werben. Hie
an mehren Punkten der Ufer aufgeftellten Rettungs » oder Nothkafte:
die zu Wiederbelebungsverſuchen nöthigen Snftrumente, 3.3. die
Eipftiermafchine, lederne Röhren, Gorey's doppelten Blafebalg, El:
nen, Goodwyn's und van Marum's Pumpen u. f. w., fowie einen
Vorrath der erfoderlichen innern und Außern Arzneimittel enthalte
Unter die Rettungsanftalten für Menfchen, welche durch Mangel
Gefahr gerathen find, zähle man alle Mittel, die zur Wieberbelebi
Dünfte, Dämpfe oder tödtende Luftarten erfliditen Scheintodten d
folche find vorzüglich zu rechnen alle mögliche Reizmittel, Einblafer
durch lederne Röhren und Blafebalg, Bürften, warme Tücher, Ta!
fliere, der Galvanismus, die Elektricität, das Erdbad für die durch
teoffenen, Meunier's luftniederdruͤckende und Iuftausziehende Sprit
in die Lungen einzubringende Sauerftoffgas.
Retz (Sean Francois Paul de Gondy, Garbinalv.), geb. ;
1614, wurde von feinem Vater (General der Galeeren) gegen feine!
geiftiihen Stande beftimmt; fein Lehrer war der berühmte Vinc
1643 erhielt er den Doctorhut der Sorbonne und die Stelle als (
Erzbiſchofs von Paris. Obgleich mit ganzer Seele die militairifche &
ſchend, mar Gondy doc) klug und ehrgeizig genug, feine Geiſteskraft
lent in ber ihm aufgedrungenen Laufbahn geltendzumadyen, und n
leichtfinniges Temperament auch zu mancher den geiftlichen Stand ı
Handlung hinriß — wie denn die Zahl feiner verliebten Abenteuer ı
und manche fogen. Ehrenſache von dem jungen Abbe mit dem Degen
wurde —, fo mußte er doch bald die Herzen ber Parifer durch feine fı
berebtfamkeit zu gewinnen und dadurch auch die oft gegen ihn zuͤrne
Zeit zu verföhnen. Diefe Gewandtheit, verbunden mit einem fichtb
nach politifcher Bebeutfamkeit, das nur zu oft in Umtriebe gegen die
ben herrſchenden Minifter ausartete, mußte dem Goabjutor nothwe
merffamteit, aber aud) den Haß bes allmädjtigen Nichelieu, und na
Mazarin's, zuziehen. Die Fronde (f. d.), als bie dem Hof
entgegenftehende Partei, bermächtigte fid) bald des Coadjutors, ale e
der durch feinen überwiegenden fcharfen Geift, fowie durch bie Lie
ihr eine bedeutende Verftärkung fein mußte; und in der That ergrifl
Sache diefer Menſchen mit um fo größerm Eifer, je mehr ihn feine R
litiſchen Händeln hinzog. Die Raͤnke, die den Hof bewegten, die
Aufftände des Volks und der Frondeurs, die Thätlichleiten, die mi
legt, nie von Bebeutung waren, Died Alles eröffnete ihm eine weite X
Rep 227
einer Entwuͤrfe, und als ſich endlich der. Hof durch einen Parlamentsfchiug
a ſah, den von Mazarin feftgefegten Prinzen Conde loszugeben, und
in (vgl. d. und Eonde) felbft aus Frankreich entweichen mußte, da
als ftände Meg am Ziele, und es hinge nur von ihm ab, hinfort die Zuͤ⸗
egierumg zu führen. Doch Mazarin Lehrte bald aus feiner Verbannung
nädytiger als je; die Fronde, deren Verbindung nie fehr feft und deren
ner, außer Condé und Reg, ſchwach und ſchwankend waren, Löfte ſich
balb nachdem Legterer durch Verwendung des Hofes, nicht ohne Reitung
gners Mazarin, den Cardinalshut empfangen hatte, brach über ihn ber
erein, der kurz zuvor Mazarin bedrohte. Er wurde plöslich auf Befehl
b, oder vielmehr Mazarin’s, in das Schloß Vincennes gefegt, von ba
Nantes gebracht. Hier fand er Mittel zu entlommen, und irrte nun,
gt von Dienern Mazarin’s, faft 8 Fahre in Spanien, Stalien, Deutfch>
Mand und England unter wahrhaft romanhaften Schidfalen umher. An
mocen; fand er eine mächtige Stüge; feinen Tod empfand Reg um fo
ber, da der Nachfolger deffelben, Alerander VII., der ihm feine Erhebung
akte, dem Verfolgten nicht half. Hierzu kam, daß nad) früherer Vers
ng und Sreigebigkeit feine ungeheure Schuldenlaſt täglidy zunahm, durch
ne6 fürftlichen Gefolges, mit welchem Reg ſich theils aus Liebe zur Pracht
tbeil ums dadurch fich beffer vor den Verfolgungen feines Gegners zu
Diefe Schuld war bis zu 5 Mill. Livres geftiegen, als Reg fich Über
und nach Holland begab. Hier entließ er den Troß feiner Begleiter, ſtuͤrzte
us Verdruß über das ihn verfolgende Mißgefchid in ein ausfchmeifendes
Die Anerbietungen des fpanifchen Hofes, ihm Steiftatt und Unterftügung
een, hatte er ausgefchlagen, die von Karl II. von England nahm er an
b fi) dahin. Da aber ber Monardy nicht fonderlicd, geneigt ſchien, die
ige su befolgen, die ihm fein Schügling ertheilte, fo begab ſich Net bald
uf das fefte Land, wo unterbeß der zwifchen Spanien und Frankreich ges
prrendifche Stiebe auch ihm entfernte Hoffnungen zeigte. Doch war defs
htet feine Lage fo bedrängt, daß er auf dem Punkt ftand, eine Schilderung
Mände und Darftellung des Haffes feiner Seinde druden zu laffen, um
höhere Geiſtlichkeit aller Länder zu vertheilen: ein Vorhaben, von dem
de Nachricht abhielt, daß fein Feind Manzarin hart darniederliege. Den⸗
te er, nach des Minifters Tode 1661, erſt dann zurückkehren, als er feier:
chen hatte, nie wieder in politifche Verbindungen fich einzulafien. Won
hien Sondy ein ganz Andrer geworden zu fein. Mit einer Schmeichelei
vor dem Throne. Als nämlich Ludwig XIV. zu ihm fagte: „Cardinal,
u weiße Haare befommen”, erwiberte er: „Sire, man ergraut geſchwind,
u bie Ungnade Em. Majeſtaͤt trägt”. Er legte hierauf fein Erzbisthum
erwaltete die Abtei St.:Denis, lebte eingezogen, befchränkte feine Beduͤrf⸗
jahlte feine ungeheuern Schulden und ertheilte auch noch feinen Freunden
u Mit allen Parteien verföhnt, lebte der Mann, deſſen umfaffender,
ins Romantijche ſtreifender Geift fich früher nur in den mannigfachen
gungen politifcher Parteien gefallen hatte, jegt ruhig und zurädgezogen
Beifer. „Der Cardinal Rep”, fagt Rochefaucault, „hat einen großen
ber mehr Stolz als wahre Seelengröge. in außerordentliches Gedaͤcht⸗
sandtheit und Zierlichfeit des Ausdruds, und ein liebenswürbiges aͤuße⸗
men find ihm eigen. x fcheint ehrgeizig, ohne e6 zu fein, und feine
gen gegen Mazarin waren weniger unternommen, diefen zu verdrängen,
u furchtbar und bedeutend zu machen. In der Zeit ſeiner Gefangenfhaft
mit Keftigkeit und Anftand benommen, und feine Freiheit verdankte er
mbeit. So lange Majzarin lebte, hatte er, durch alle Studöweclel uns
15 *
228 Retzſch
erſchuͤttert, feinen erzbiſchoͤfl. Stuhl behauptet; als fein Feind nicht mehr
ſtieg er freiwillig davon herab. Als Cardinal hat er ſich durch fein Benehm
den verſchiedenen Conclaven die Achtung feiner Mitbürger erworben. Obgiekl
ziemlich vorherrfchender Hang zu Vergnuͤgungen und Müßiggang bei ihm fd
war, fo war feine Thaͤtigkeit doch auch wieder erftaunlich, fobald fie durch Un
angeregt wurde. Die Geiftedgegenmwart, mit der er die unvorhergefehenften
fände zu erfaffen und zu wenden verftand, tft bewundernswerth, und ferne H
[ungen mußten um fo mehr das Sepräge einer gewiffen Glaͤtte und Abwaͤgun
ſichtragen, da er eigentlic, nie weder haßte noch recht liebte, obgleich er U
fich mitunter zu zeigen bemuͤhte“ — Seine nachgelaffenen „Mcmoires”
1718, 3 Thle; deutfh, Sena 1793, 3 Bde.) geben eine ſehr anziehenbe
derung feiner Individualität. Eine Gefchichte der Verſchwoͤrung bes Sun t
in Genua, die er als 17jähriger Juͤngling mit fihtbarer Vorliebe für feine
den fchrieb, zeigte fchon damals die Neigung feines Gemuͤths: eine Bermesl
bie dem Cardinal Richelieu auch nicht entging, als diefe Sugendarbeit Gondyl
zu Geſichte tam. In den legten Zeiten feines Lebens kam cr felten nad)
Er ſtarb daſelbſt 1679. Einige Fahre vor feinem Tode ſchickte er Clemens
Gardinalshut zuruͤck, Willens, wie er vorgab, ſich ganz von der Melt zuruͤch
hen; er erhielt ihn aber zurück mit dem Befehl des heil. Vaters, ihn zu bei
bis an fein Ende. Bol. St.⸗Aulaire's „Hist. de la Fronde” (Paris 1827, 31
deutſch, Leipzig 1827). |
Retzſch (Morig), Profeffor an der Ein. ſaͤchſ. Akademie der Malt
Dresden, geb. bafelbft d. 9. Dec. 1779. Seine Vorfahren flammen aus
von wo fie, als Proteftanten verfolgt, nutgewandert waren. Schon als
zeigte N. tiefe® Gefühl und eine feltne Feſtigkeit. Er und fein ältefter
Auguſt befchäftigten ſich mit nicht lieber als mit Zeichnen und Illuminiren.
gaben ſich einander darzuflellende Gegenftände auf und hielten 20 Jahre
Tagebuch, worin fie von allen bebeutendern Ereigniffen illuminirte Zei
entwarfen. - Auch fchnigte Morig Köpfe aus Holz, die fo ausdrucksvoll
daß ſelbſt Renner fie gern betrachteten. Begabt mit einer glühenden
fehr empfindlich gegen Unrecht aller Art, ftreng rechtlich, ehrgeizig,
mg, komiſch und ausgelaffen, dann wieder ernft und ſchwermuͤthig: fo
R. auf zum Juͤngling und zum Mann, ftets im Herzen tiefe Sehnſuch
gend nad) dem Höhern und Ewigen. Beide Brüder wurden 20 Jahr alt,
nut zu ahnen, daß fie der Kunft fih wibmen koͤnnten. Morig wollte Jäger
den, weil er fi) nach Waldeinſamkeit und Muße zum Zeichnen fehnte. E
ein Lehrer, der bie Sünglinge In der ſchoͤnen Riteratur unterrichtete, den Autl
hat: „Moritz habe wol Kopf zum Studiren, allein er glaube, daß fid) weit
ein Matergeift in ihm rege”, zerriß der Nebel, der den Brüdern ihre Zufunf
huͤllte: Auguſt wählte die Landfchafts:, Morig die Geſchichtsmalerei. 17A
M. auf die Akademie; fo unangenehm ihm bad Nachzeichnen war, da ec ti
fetbft erfunden hatte, fo machte er doch [ehr rafche Kortfchritte. Später ſu
er ımter der Leitung des Prof. Graſſi. Altes wurde ihm leicht, feine Erfindi
fanden Beifall, denn in feinen Werken ſprach fidy tiefes Gemüth, Dichten
tafie und ungemeine Grazie aus. Die traurigen Kriegsjahre 1806 — 14 &
ten unfern Kimftler in feiner Laufbahn. Er war in jedem Sinn Verforger!
ganzen Famllie; beiden fehr ſchweren Einquartirungslaſten, bie fie trafen, €
er allein fie aufrecht halten. Tief fühlte der fir Kunft glühende Ihmgün]
ſchwere Opfer, jeder Reiſe nach Stalien zu entfagen; ihn trieb ein edler U
auf den Pfad der Selbftverleugnung. Sein geringes, theils ererbtes, theils fd
erworbenes Vermögen zerrann in den Stürmen der Zeitz nur fein Talent bil
umb bie Seinen aufrecht. Allem Nachahmen feind, wählte er nie die Gegenſ
Reuchlin 229
ſchon fo oft von allen Kuͤnſtlern mwieberho:t wurden; bagegen bot ihm
be Feld der romantiſchen Dichtung die reichte Fülle friſcher Gegenſtaͤnde.
fte er auch aus der Tiefe feines Gemuͤths Ideen der finnigften Dichtung,
b je durch Malerei geftaltete. Meifterhaft führte er mehre Scenen aus
m ciafjifcher Dichter aus. Wie ein echt poetifher Sinn feine Werke
it, fo zeichnet fie der Zauber meifterhafter Haltung und Lichtvertheilung
ht minder geiftvoll find feine Umriffe zu beruhmten Gedichten. Er zeich⸗
wdirte 1812 26 Blätter zu Goͤthe's „Fauſt“, die allgemeinen Beifall fan:
onden nachgeſtochen wurben und ben Ruf des Künftlers in England und
gründeten. 1816 malte er zwei Altarbilder mittlerer Größe. 1822
von Cotta den Auftrag, faͤmmtl. Werke Schiller's mit Umriſſen zu be⸗
Seitdem vollendete er eine Folge radirter Blätter zu dem Gang nach dem
mer und zu dem Kampf mit dem Drachen. Bon 1827 erfcheint f. Galerie
ware’s dramat. Werken (mit deutfchen, engl. und fcanz. Textſtellen, Lpz.
Bleifcher, in$.). Als Portraitmaler iſt R. fehr gluͤcklich im Auffaffen
hleit und in geſchmackvoller Anordnung. Seine Miniaturportraite in
gefallen allgemein. Er malte öfter die Prinzen und Prinzefjinnen des
ſauſes. Doch wendet fich fein Talent mehr demjenigen Buche zu, worin
finden Freiheit hat. — 1816 wurde Morig Retzſch Mitglied der dresd⸗
akademie und 1824 Profeffor. 13.
uchlin (Sohann), gräcifirt auch Gapnio genarmt, war zu Pforzheim
ı angefehenen Altern geb. Auf der Schule zu Schletejtädt zeichnete er
Fleiß und gute Sitten aus. Seines fchönen Gefanges wegen wurbe er
weile feines Landesherrn, des Markgrafen Karl von Baden aufgenommen.
uf emannte ihn diefer Kürft zum Geſellſchafter und Reifegefährten feis
ed, des nachmaligen Bifchofs Friedrich von Utrecht. So kam R. 1473
Prinzen nad) Paris, um dort, auf der berühmteften Schule Damaliger
Rubiren, und erwarb jene gründlichen Kenntniffe, die nachher im Vaters
Höne Früchte trugen. Zwar mußte er ſchon 1475 Paris mit feinem Prin-
x verlaffen, doch ließ er fich dadurch in feinen Studien nicht flören.
erregte er das Erflaunen feiner deutſchen Landsleute durch feine für das
it unerhörten Sprachkenntniffe, durch fein latein. Wörterbuch (unt. d, J.
peus‘) und feine griech. Sprachlehre, beide die erften in Deutſchland.
ER. abermals nach Frankreich, ſtudirte zu Orleans die Rechte, während
ber Zeit die alten Sprachen lehrte, und erhielt zu Poitiers die juriftifche
ude. 1481 Echrte er nad) Deutfchland zuruͤck und lehrte zu Tübingen
Agemeinſten Beifall ſowol die Rechte al die ſchoͤnen Wiffenfchaften. Als
f Eberhard der Bärtige von Wuͤrtemberg fi) 1487 zu einem Zuge nad
ete, da nahm er R., al& den beften Rateiner in ganz Deutfchland, in fein
— Die wiffenfhaftlichen Schäge, die Lorenzo der Mediceer in Florenz
k, ſewie die von Rom, eröffneten fich jest R.’& mißbegierigem Geifte,
w erflen und berühmteften Gelehrten Staliend in Berührung fam. Bei
be nad) Deutſchland liek Eberhard den tulentvolien Mann nicht mehr
Kaifer Friedrich III. erhob ihn in den Reichsadelſtand 1402, gab ihm
Pfalzgraf und Eaiferl. Ruth, und ſchenkte ihm eine Eoftbare hebr. Hants
alten Teſt. Nach Eberhards Tode begab fih R. an den Hof des Kurs
Klipp von der Pfalz, mo er mehre Sahre in Befellfchaft dieſes Wiſſen⸗
mden Kürften, feines Kanzler Dalberg und andrer großen Gelehrten
8 lebte. Hier berricherte er die heidelberger Bibliothek durch Hands
ed Werke der in jener Zeit erfundenen Buchdruckerkunſt. Da der edle
sizdy elende Verleumdung am römifcen Hofe angeſchwaͤrzt, ja fogar in
an murbe, fo brynb ſich I. noch einmal nad) Rom und vortkeitigte hier
230 Reuchlin
mit ebenfo viel Klugheit als Berebtfamkeit das Recht feines Sürften, !
Losfprechung von Alerander VI. erhielt. R. benuste feinen faft ein Jahr
Aufenthalt in Rom zur Erweiterung feiner griech. und hebr. Sprachken:
beſte. Gern hätte ihn der dankbare Rucförf von der Pfalz auf imme
Hofe behalten, aber in Würtemberg war der rechtmäßige Erbe zur Ne
langt, und R. glaubte, deffen Ruf nicht ablehnen zu dürfen. Er mu
zum Vorſitzer des Bundesgerichts ernannt, das von den ſchwaͤbiſchen
gen bie Anmaßungen des Haufes Baiern errichtet worden war. Außer
ausgedehnten Wirkungskreife arbeitete R. noch eine überſ. der Bußpſa
hebr. Sprachlehre und ein hebr. Wörterbud, aus; auch berichtigte er
überfegung. Weil er feinen Verwandten Melanchthon auf die Bahn
wo biefer in ber Folge im Verein mit Luther fo wohlthätig wirkte, ta
als einen Vorarbeiter ber Reformation betrachten. Es Eonnte jedoch ı
dag in einem Zeitalter, in welchem Finſterniß und Pfaffenthum noch |
Herrſchaft übten, R. nicht Anfeindungen hätte ertragen müffen. E
Jude, Joh. Pfefferkorn, umd ein gewiſſer Jak. Hoogftraten, waren d
biefer blinden Eiferer und griffen die hebr. Sprachkunde an. Sie
fonft fo umſichtigen Kaiſer Marimiltan zu bereden, daß alle hebr. Sch
Alte Teft. ausgenommen, eitel ſchlecht und verwerflich Gut wären.
der Kalfer (1519) den Befehl, diefe Schriften in allen feinen Landen
nen; doch fügte er hinzu, es möge dabei allemal ein weltlicher Gele
Math gezogen werden. Dies rettete die orientalifche Literatur. R. ſet
Katfer in einer Schrift auseinander, daß diefe Werke, ftatt dem Chri
ſchaden, im Gegentheil zu feiner Ehre und Verherrlichung dienten, d
dium gelehrte und tapfere Kämpfer erwecke, die für die Ehre der Chriftı
ten, und man den Feinden derfelben durch Vertilgung diefer Bücher ı
in die Hände geben würde. Diefe Darftellung R.'s erbitterte die C
mehr. Zehn Jahre dauerte der Federkrieg. Auf der einen Seite ftande:
ten umb die Univerfitäten Paris, Löwen, Erfurt und Mainz, auf der an
Iin und die gelehrteften und aufgeklärteften Männer aller Länder. 1
von den Schmähreden und felbft den Bannftrahlen feiner Gegner, braı
Sache endlich vor den Richterftuhl des Papftes. Jetzt eilten feine (
Rom, um die Richter mit Gold zu gewinnen. Für R. fprady nur di
Da trat endlich, als für ihn die Sache am ſchlimmſten ftand, Mar
bereuend, bag er zu fo widrigem Streit Veranlaffung gegeben, und e
MR. ein maderer, gelehrter und Gott wohlgefälliger Mann fei, und dı
wohlthun werbe, feinen beifigen Gegnern Schweigen zu gebieten.
Kaifers Wort ertönte auch das der edeln Ritter Franz v. Sidingen ı
Hutten, bie fich zugleich bereit erflärten, im Fall die Zunge nicht ausr
in diefem Streit, ihre Schwerter zu gebrauchen. Um die damalige 30
die „„Epistolae obscurorum virorum‘, wodurch R.'s Gegner dem |
gegeben wurden. Dies gab der Sache eine andre Wendung; der vo
nannte Schiedsrichter, der Erzbifchof von Speier, entfchied für R. €
mußten fchmeigen und die Koften des Streits bezahlen. Bald dara
Streitigkeiten in Sachfen zwiſchen Luther und Tezel die Aufmer
Machthaber und Gelehrten von jenem Vorkampfe der Vernunft auf di
Reformation hin. Neue Unruhe follte jedoch R.’8 Tage trüben. H
fonft gut und brav, hatte in übereilter Hige die Stadt Reutlingen
war Mitglied des fchmäbifchen Bundes, und diefer rüftete fi), die U
ſtrafen. Um nicht gegen feinen Landesherrn fprechen zu müffen, hatte !
als Bundesrichter niedergelegt; dennoch ward er von den Verblindet
Betog Wilhelm von Baiern, Anführer des Bundesheeres, dachte
Reuß 281
frei zu laſſen, und ſtellte ihn als Lehrer auf der hohen Schule zu Ingol⸗
Den Verluſt feiner Habe und Bücher ſuchte ihm fein reicher und edel⸗
Freund, Willibald Pirkheimer, Rathsherr zu Nürnberg, zu erfegen.
aach Wittenberg ſchlug R. aus und empfahl dafür Melanchthon. Als
Peſt in Ingolſtadt wuͤthete, begab er ſich nach Tübingen, wo er, entfernt
ügefchäften, aufs neue den Wiffenfchaften lebte. Als er aber von einer
a Gelbfucht ergriffen ward, ließ er ſich nach Stuttgart bringen und en⸗
3%. Suni 1522 fein ſchoͤnes, dem Vaterlande und der Welt nüsliches
Keine für damalige Zeit vortrefflihe Bibliothek fchenkte er feiner Water:
beim. Mol. Meiners's Lebensbeſchr. RE.
ıbauf, f. Reuvertrag.
ıniondfammern, f. Ludwigs XIV. Regierung.
18 (Zürften und Grafen). Der Urfprung diefes fürfti. und gräfl. Haus:
wiß. Bereits um 1084 lebte Heinrich I., Graf von Gleitsberg oder
ein Nachkomme ber Grafen von Luxemburg oder Lügelburg, von benen
Raifee Heinrich VII., Karl IV., Wenzel und Sigmund abftammten.
L von Glitzberg Sohn war Heinrich II., der Stammvater des Geſammt⸗
WB. Er war Beherefcher bes ganzen Voigtlande® und wurde, nad) der
bauten Stadt, edler Voigt von Weida genannt. Sein Sohn, Heinrich
der Dicke oder Reiche), theilte fein Gebiet ımter feine 4 Soͤhne, von
ine Vogt und Herr zu Weiba, ber zweite zu Plauen, ber dritte zu Greitz
te zu Gera wurde. Die greibifche Linie erloſch 1236, die weidaifche
die geraifche 1550, ſodaß nur die plauenfche, welche fid) in den Enkeln
ters wieder in bie Ältere und die jüngere Linie theilte, uͤbrigblieb. Die
m 1526 die Burggraffchaft Meiken und die mit derfelben verbundene
irde, nebft Sig und Stimme auf den Reichstagen , ftarb aber mit
U., DBurggrafen von Meißen, 1572 aus. S$ene jüngere, noch unter
uß⸗Plauen fortblühende Linie fliftete Heinrich der Füngere, wel⸗
euffe ( Rufen Ruszo), ſowie fein älterer ohne Erben verftorbene Bruder
e genannt wurde. Won ihm behielt das Geſchlecht der jegigen Fuͤrſten
m Reuß ben legtern Namen bei. Heinrich Neuß, Herr zu Plauen,
Kranichfeld, hinterließ 1535 drei Söhne, welche die Ältere, mittlere
e Linie flifteten. Die mittlere erloſch 1616, die andern beiden beftehen
r ältere hatte fich wieder in die Linien Ober = Greig und Unter = Greig ges
ters Öceig flarb 1768 aus, und Ober: Greig fuccedirte In die unters
Lande, wurde am 15. Mai 1778, mit Beziehung auf die ehemalige
meißmifche Fuͤrſtenwuͤrde, in den Reichsfürftenftand erhoben und erhielt
Reich&beputationsabfchied von 1803 im Fürftenrath eine eigne Stimme.
re Hauptlinie theilte ſich in die geraifche, die fchleigifche, won welcher die
ein Nebenzweig ift, und bie 1790 in den Sürftenftand erhobene loben⸗
on welcher bie beiden Afte zu Seibig und zu Ebersborf Nebenlinien wa⸗
die geraifche Linie 1802 ausſtarb, theilten ſich Kobenftein, Eberstorf
ie in die Erbſchaft, ſodaß Kobenftein und Ebersdorf die eine, Schleig
ne andre Hälfte erhielt. Bis jegt ift aber Befig und Verwaltung noch
felich. 1805 ſtarb der Kürft von Lobenftein ohne männliche Nachkom⸗
ihre folgte die Nebenlinie zu Selbis in dem Befit feiner Lande als Graf
kein; auch diefe Linie erlofch d. 7. Mai 1824, ſodaß von der jungern
rjegedie [chleigifche und die ebersdorfifheslobenfteinifde
wiche 1806 in den Färftenftand erhoben wurden. Erſt in der legten
17. Jahrh. fingen die Grafen von Reuß, nachdem fie ſich lange Zeit
en Herren von Plauen genannt hatten, wieder an, den ſchon in ben fruͤ⸗
ehunderten geführten gräfl. Titel zu gebrauchen. Nicht aber nahmen
252 " Reuß
fie nach dem Abgange der Burggrafen von Meißen die fürftl. Wuͤ
fie durch das vom Kaiſer Sigmund 1426 dem Burggrafen erthei
berechtigt geivefen wären. — Alle männliche Perfonen des Hau
fett d. 11. Jahrh. bloß den Namen Heinrih. Fruͤher unterfdie
Bezeichnung ihres Alters oder irgend einer phyſiſchen oder moralif
3. B. der Ältere, der Dicke, der Sriedfertige u. f. w., 1668 aber
dag man fich durch Zahlen unterfcheiden, und zwar jebe Hauptlin
wollte. Keine Nebenlinie zähle für ſich, fondern alle männlich
Dauptlinie werben fo gezählt, wie fie nad) einander geboren werd
man feft, daß man bis hundert zählen wollte. — Am 18. April
4 regierenden Fürften zum Nheinbunde; 1815 wurden fie Mit
fhen Bundes, bei welchem fie mit Hohenzollern, Kiechtenftein, ‘
Detmold und Schaumburg » Lippe in der engern Verfammlung
haben. In der mweitern Verfammlung haben die beiden Haupt
und jüngere, jede eine befondere Stimme. — Das Gefammthau
fi mit feinen Unterthanen zur luthirifhen Religion bekennt,
Heinrich der . . aͤlterer (oder jüngerer) Linie Reuß, Zürft, C
Plauen, Herr zu Steig, Kranichfeld, Gera, Schleitz und Lobe
tefte vegierende Herr des ganzen Haufes Neuß führt außerden no«
ganzen Stammes Altefter, und der Ältefle regierende Herr der an
Adjunct. S. Majer’s „Chronik des fürfti. Haufes der Reuß
(Reipzig 1811).
Die reußifchen Lande machen einen Theil des von den Vorfe
und Grafen Reuß beherrfchten Voigtlandes aus und liegen zreifcher
walbe und dem Erzgebirge. Durch den neuftädter Kreis des C
Sachfen werden fie in 2 Theile getrennt, ſodaß die Herrſchafter
Schleitz und Lobenftein mit dem Amte Saalburg ein Ganzes bi
N. und D. von dem Königreich und dem Großherzogthum Sa
von den baitifchen Fuͤrſtenthuͤmern Baireuth- und Bamberg, un
Meiningen » Saalfeld und Schwarzburg » Rudolftadt begrenzt we
fhaft Gera aber wird im ©. von dem Königreich Suchen, im
dem Kürftenthum Altenburg und im N. von dem Herzogthum £
Von dem ganzen Staate (23 TM., 77,800 Einmw.) gehören 1)
Neuß : Steig 7 OM. mit 23,000 Einw., 2 Staͤdten, 1 Masttfi
140,000 Fl. Eint.; 2) dem Fürften von Reuß⸗-Schleitz 6
Einw., 2 Städten, 1 Marktfl., 41 Dörf.; 130,000 Zt. Einf. ;
benſtein⸗ Ebersdorf 74 TM., 15,200 Einw., 2St., 181, 60T
Eine. In der den beiden jüngern Linien gemeinſchaftlich gebi
Gera mit dem Amte Saalburg (7+TIM.) find 3 Städte, 89 T
Einw. Bon den Einf. (an 150,000 $1.) erhält jede Linie die J
Länder find bergig, befonders der füdl. Theil, durch welchen fid)
(eine Kortf. des Thlringerwaldes) mit dem an 2300 Fuß hoben
Kulm zieht, haben aber gut angebaute Thaͤler, worunter die
welche die Saale und Eifter (die Hauptflüffe diefer Linder) bucdhf
barften find, vortreffliche Laub⸗ und Nadelmaldungen und Wieſe
an Wildpret und ſtarke Viehzucht. Der Getreideban ift für den
reichend; Sartenfrüchte, Obft und Hopfen werden gleichfalls nı
baut. An Mineralien hat das Land Silber, Kupfer, Blei, Ei
triolu. few. Die Einm. find aͤußerſt fleifig und betriebſam; fi
vorzüglich mit Wollen: und Baummollenmanufactur, Stumpf
wollenfpinneret für in» und ausländ. Munufacturen, Hut», Pe
badöfabrication, mit Ledergerberei, Alaun = und Vitriolficderei ı
Reuvertrag Reval 238
Die Wollenmanufacturen haben ihren vornehmſten Sitz zu Gera, wo
nften Faͤrbereien unterhalten werben, Greitz, Lobenſtein, Markt⸗Ho⸗
nd Schleitz; die meiſten Baumwollenmanufacturen befinden ſich zu
Ebersdorf ‚ Zeulenroda und Markt⸗ ⸗Hohenleuben. Mit dieſen Er⸗
ird ein nicht unbedeutender Handel getrieben, vorzuͤglich auf den leipzi⸗
Übrigens kann das Land bloß Vich und Holz ausführen. — Für
ven Unterricht ift gut geforgt. Zu Greig und Schleig find lat. Schus
Sera ein wohleingerichteted Gymnaſium. Auch find zu Greis Schul⸗
y Predigerfeminarien. — Die Landftände beftehen aus der Ritterfchaft,
ı und Pflegen ( Gemeinden). Die Linie zu Greig hat dafelbft ein Re:
nd Juſtizcolleglum, ein Kammers, Finanz⸗ =, Forſt⸗ und Ökonomie:
- Die jüngere Linie hat feit 1604 eine gemeinfchaftliche Regierung,
I Suftigcollegium und Gonfiftorium, eine Kammercommiffion, ein ges
hes Amt und ein Landgericht. Diefe Behörden haben nad) dem An-
a auch bie verfchiebenen Geſchaͤftszweige der Verwaltung dieſer Herr:
forgen. Außerdem hat jedes regierende Hauß der jüngern Linie noch
abinets⸗?, Regierung = und Kammerbeamte, ſowie auch jeder Kürft
imismäßigen Kriegsſtaat hält. Zum Bundesheere ſtellt die ditere Li⸗
‚ die jüngere 538 Mann, zuf. 1 Bat. zur 1. Divif. des 9. Heerhau⸗
deuß⸗Koͤſtritz (Mebenaft von Schleig) ift mit der Pflege Reichenfels
‚ andern Gütern, wie Köftris, paragirt. Diefe, fowie die fhleiger
sfer Linie, befigen noch anfehnlicye mittelbare Güter, z. B. Ebersdorf
he Erbherrſchaft. K.K.
vertrag (paetum displicentiae), ein Nebenvertrag, vermöge def:
ge ber Contrahenten ausbedingt, von dem Dauptvertrage wieder abge:
u. Beidem Kaufe wird er Reufauf genannt. Dadurch behalten
Käufer, bald der Verkäufer, bald aber auch Beide das Recht vor, nach
m dem gefchloffenen Kaufe abzugehen. Gewoͤhnlich wird dabei eine
mme feftgefest, welche der Abtretende bem andern bezahlen muß. Zum
Reuvertrags gehört dies jedoch nicht. Obſchon die Gefege ſich daruͤber
ſprechen, daß die Neue bier das Geſchaͤft als Nefolutivbedingung auf:
es doch bei diefer Bedingung noch an ſich ftreitig, ob die Früchte ruͤck⸗
Ser Zeit ber erfolgten Übergabe, zu erfegen find. Rathſam ift c# da-
m etwas feftzufeben, wiees, wenn etiwa die Aufhebung des Vertrags
ee Übergabe der Sache und zum Theil oder ganz geleifteter Zahlung er:
ichtlich der gegenfeitigen Berechnung gehalten werden foll; auch forge
daß, wenn man eine beftimmte Friſt zur Neue nicht feftfegen will, dem
e die Bedingung auf ewige Zeit eingeruͤckt werde, weil bei einer ganz
t gelaflenen Zeit nach der Behauptung Mancher das Recht der Meue
Tagen ausgeübt werben muß. * En.
al, Hauptſt. des ruſſ. Gouvernements Eſthland am finniſchen Meer:
einem 1824 zum Waffenplatze für die Oſtſeemarine und zum Anker⸗
ie kronſtaͤdtiſche Kriegsflotte eingerichteten Hafın. Sie iſt ſtark befe⸗
xt aus ber eigentlichen Stadt mit engen, unregelmäßigen Gaſſen, dem
und 2 Morftädten, hat 1600 Häufer, daven über 1000 in den Vor:
therifche Kirchen, darunter die Domkirche, mit einem fehr hohen und
zerne, 6 wuflifche und 1 Eathol. Kirche, eine Ritterakademie und 15,000
se einigen Scehandel treiben, indem jührlich über 100 Schiffe in den
mfen ; doch beträgt die jährl. Ausfuhr nur 500,000 Rubel. Reval
iegel⸗, e. Leder: und e. Strumpffabrik, e. Stud = und Glockengießerei,
kupferhammer, cine Börfe, ein Theater, ein Land» und Sechofpitul,
. 6. IM.
234 NReventlau (Kamilie) Revolution
Reventlau, eine alte angefehene gräfliche Familie in Dänemark,
wig und Holftein, die ihrem Vaterlande mehre verdiente Staat6männer ı
nifter gegeben hat. Johann Ludwig, Graf Reventlau (geb. 1751, get
fuchte auf feiner Baronie Brahe⸗Trolleburg die Bauern und Einm. du
hebung der Srohnbienfte, durch andre zweckmaͤßige Mittel und durch f. eigı
fpiel zu guten Menſchen und tüchtigen, wohlhabenden Landwirthen zu bifbı
von ihm angelegten Schul: und Armenanftalten koͤnnen auch für andre U
Muftern dienen und werden das Andenken dieſes edeln Mannes erhalten.
Samilie theilt fih in 2 Linten, deren Stammpvater, Konrad, in Dithmarf
tert war. Die ältere Linie befist auch die bedeutende Grafſchaft Chri
auf Laland. |
- Reverbere, ein policter Hohlfpiegel, ber dazu dient, bie hinelnf
Lichtſtrahlen verſtaͤrkt zuruͤckzuwerfen. An den in neuern Zeiten in mehre
Städten eingeführten Laternen zur Straßenbeleuchtung befinden fich old
fpiegel von glänzendem Metall; daher die Benennung Neverberirlat
— Zur Reverberation in der Chemie (db. 5. zum Verkalken im A
feuer) bedient man fidy eines Reverberirofens, der fo eingerichtet‘
bie Hige des Feuers nicht nur verftärkt aus ihm ftrömt, fondern auch bem
der zum Verkalken gebracht werden foll, von allen Seiten rund umgibt.
Revers, eine fohriftliche Segenverpflihtung, ein Angelöbnig, Di
Jenes zu leiften oder zu unterlaffen, auch ein Verwahrungsfchein, eine ff
DBerfiherung, daß eine gewiffe Handlung Andern nicht nadıtheilig fei, ode
kommenden Fällen gegen ihn wiederholt oder fonft gemißbraucht werben
versbriefe, Reverſe, Reverfalien werden die Verficdherungen:
in denen ein Fuͤrſt beim Antritt feiner Regierung, bei Huldigung ber
fonft vorfallenden Gelegenheiten fidy anheiſchig macht, die Mechte, Fr
vilegien u. ſ. w. feiner Unterthanen nicht anzutaften; ferner die Verfich
ne, welche Obrigkeiten fich in Betreff ihrer Rechte und Gerichtsbark
geben. Revers nennt man auch in den Oftfeeftädten (Reval, Di
fheine, die in bedeutender Zahl von angefehenen Handelshäufern auf g
Landesgeld (Silberrubel, Bankaffignationen) ausgeftelt, wie baares
Umlauf gefegt und gegen ſolches von ben Ausftellern jederzeit auf Werlag
gelöft werden. (Vgl. Papiergeld.) Ihe Umlaufkreis erſtreckt ſich niche
Mohnort des Ausftellers; dennoch hatte das Haus Zuderbeder und KU
fich bei feinem Falliffement ergab, allein einige Millionen folcher Never
ſtellt. (S. auch Muͤnzkunde.)
Revolution, eine Um: oder Zuruͤckwaͤlzung (von revolvere, &
zuruͤckwaͤlzen). Der Phyſiolog nennt Revolutionen alle Veränderumgen, |
die Verfchiedenheit des Alter, des Gefchlechts, des Temperaments, burd
heiten, Zeidenfchaften, Lebensweiſe in der thierifchen Okonomie heroorgebur
den. Die Aftronomen verftehen darunter die Bewegung eines kleinern!
pers um einen größern, der ihn durch das übergewicht feiner Anziehung
berrfcht, 3. B. des Mondes um die Erde, der Erde um die Sonne.
Revolution geht Alles feinen gefegmäßigen Gang. Die Geologen —
ter ſolche Kataſtrophen auf der Erde, wodurch der natürliche Lauf oder da
liche Verhaͤltniß der irdifchen Dinge eine bedeutende Veränderung
wenn durch große Wafferfluten, Erdbeben u. dgl. die Oberfläche der
geftaltet wird. (S. Geognoſie.) Solche Revolutionen haben zwar
Grund in den allgemeinen Naturgefegen , erfcheinen aber doch in ihren
als etwas von der gemöhnlihen Ordnung der Dinge Abweichendes, w
ches bisher Beftandene aufgehoben oder zerftört wird. Diefe Bedeutung
te8 bat man auf die moralifche Welt übertragen. So fagt man von
Revolution 255
Denfart und Sefinnung ſich plöglich ganz verändert hat, es ſei zum
m Böfen, daß eine Revolution in ihm vorgegangen fei. — Ders
tionen koͤnnen ſich nun auch in der politifchen Welt ereignen. Denn
taaten find als moralifche Perfonen zu betrachten, die in Anfehung
wol als äußern Befchaffenheit fich ebenfo fehr verändern koͤnnen als
Eine Veränderung diefer Art heißt eine politifche Revolution
tsummälung. Solche Revolutionen find unvermeidlich, wenn ein
Rißverhättnig zwiſchen den Kräften, von deren harmonifchem Zu⸗
das politifche Leben eines Volkes abhängt, eingetreten ift. Sie
en Stürmen zu vergleichen, welche aus dem aufgehobenen Gleich⸗
mofphärifchen Luft in Anfehung der Elafticität ihrer Theile entfprin-
an alfo den Revolutionen vorbeugen, fo kann dies nur durch allmaͤ⸗
mäse Änderungen geſchehen, bucch welche die Verfaffung und Ver:
Staates der jedesmaligen Bildungsftufe und den daraus hervorge⸗
niffen des Volkes entfprechenber gemacht wird. Wenn bagegen die
8 Staates hartnädig auf dem einmal Beftehenden beharrt, wenn
unkte dem Zeitgeifte nachgeben will, wenn fie bie ohnehin fchon laͤ⸗
n noch vermehrt und Überhaupt mit herrifcher Willkür die Zügel
anzieht, während das zur Mündigkeit herangereifte Volk fich nach
olitiſchen Leben fehnt; wenn fie wol gar in das innerfte und heiligfte
Menſchen, in das Gebiet des Gewiffens und der Überzeugung, ges
griffe wagt, fo müffen NRevolutionen erfolgen. Seit der chriſtl.
yaben 135 Regenten den Thron verloren. Nur 2 Mat fällt diefe
revolutionen; 47 Mal auf Deere; 40 Mal auf Rivale der Macht;
Dipfte und Geiftlichkeit. (S. Kolb, „Ki. Schr. polit. u. geſchichtl.
1826.) Volkstevolutionen aus den oben angegebenen Urſachen wa⸗
Revol. von England 1688. Sie wurde veranlaßt durch Ja⸗
en, die bereits in frühern Zeiten durch die Magna charta und die
Be Acte befchränkte koͤnigl. Macht wieder unumfchränkt zu machen und
(. Religion, deren Bekenner feit 1673 durch die Zeftacte von allen
mtern audgefchloffen waren, und der er heimlich anhing, wieder zur
serbeben. Dan rief daher den Statthalter der Verein. Niederlande,
von Dranien, Jakobs Schwiegerfohn, zu Huͤlfe, welcher im Nov.
mb landete, den König nöthigte, mit feiner Familie nad) Frankreich
d unter dem N. Wilhelm III. zum König ernannt wurde. Von die:
feftigte fid) die freie Verfaffung, wodurch England einen fo hohen
angte. Denn Wilhelm beftätigte durch die Bill of rights nidyt nur
schte des Volkes, fondern fügte denſelben nod) neue hinzu. Auch
die Preßfreiheit, ohne welche Beine freie Verfaffung gedeihen kann,
Nemwol weniger durch beftimmte Geſetze als durd) [hügende Staate-
mb durch die Macht der öffentlichen Meinung begründet. Diefe
olgte ohne alles Blutvergießen, obwol früher auch in England bein
reiheit mit dem Despotismus Blut genug gefloffen war. (M. f.
ise. de la revolut. de 1688, en Anglet.”, Paris 1827, 3 Bde.)
ramerilanifhe Revolution. Sie verwandelte die britifch =
chen Golonien in einen Freiftant. Die Urfache derſelben war die
Behandlung der Golonien von Seiten des Hauptſtaates durch Be⸗
® Handels und Auflegung willkuͤrliche Abgaben. Deßwegen ver:
ich einigen Thaͤtlichkeiten wegen einer den Goloniften verhaften Auf:
bee, 177% zuerft 12 Colonien auf einem Generalcongreſſe zu Phi⸗
veren Abgefandte alle Einfuhr engi. Erzeugniffe, ſowie alle Ausfuhr
srboten. 1775 trat Brorgien dem Gongreffe bei und Walhingten
256 Revolutionstribunal
als Obergeneral an die Spige der 13 Verein. Provinzen, die aber erſt d.
1776, nad) einigen gluͤcklichen Gefechten, ihre Unabhängigkeit erfläctem,
1783 von England felbft anerkannt werben mußte. Diefe Revolutiug
viel Blut und hatte fpäter die Freiwerdung des fpaniihen Amerika
3) Die franzöfifhe Revolution, unftreitig bie —— a
die biutigfte und graufamfte von allen. Laͤngſt hatten die Gedanken, bi
und die Wünfche der gebildeten Claſſen in Frankreich einen freien Schu
nommen, als die Negierung noch immer ihren alten despotifchen
willkuͤrliche Verhaftungen vornahm, die Bauern von dem Drude bes
der Seiftlichkeit nicht befreite und dabei immerfort mebr aufwanbte,
nahm. Die hieraus entftandene Finanznoth beflimmte die Regierung,
Stände bes Reiche zufammenzurufen. Weil aber, wie gewöhnlich,
Geiſtlichkeit dem dritten Stande die Hauptlaften aufwälzen wollten,
die 600 Abgeordneten deffelben für eine Nationalverfaramiung, welcher
verfchiedene Abgeordnete der beiden andern Stände und zulest alle bei
Berfammlung hob das Lehnsſyſtera auf, proclamirte die Rechte des
des Bürger und entwarf eine neue Verfaffung, die nad) dem Muſter
(hen zwar monardifch, aber gleich diefer gefeglich beſchraͤnkt fein folkted
trat an die Stelle diefer erftern Gonftitution eine zweite, dritte und viertel
gefammt republifanifch waren, bis Napoleon nad) und nad) die Mon
herſtellte. — Frankreich ift während biefer Revolution durch allerlei po
men bindurdygegangen und zuiegt felbft zu den Bourbons zuruͤckgekehrt
dennod an innerer Kraft, ſowie durch die von Ludwig KVIIL-gege
eine im Ganzen liberale VBerfaffung gewonnen. ©. die Literat. im
leon, Schriften über feine Zeit, fowie die Art. Sudame
polit.=, Piemontef. Revolut. und Öriehenaufftand. —
volutionen find demnach große Übel, aber vielleicht nothiwendig, um im
borbenen politifhen Sphäre bie Luft zu reinigen und neues Leben
Deutſchland hat feine Revolution gemacht. Das deutfche Reich iſt au
geiftliche und viele weltliche Stände find verfchwunden, die noch beft
fhen Staaten find fouverain geworden, haben ihren Länderbefig zum .
verändert und fidy in einem Staatenbunde vereinigt, dergleichen die Zeil
gefehen. Dennoch ift Deutfchland im Ganzen nicht eigentlich vevoluttemlk
Hauptfinaten, Öftreih, Preußen, Baiern, Sachen, Danover, Wird
Baden, Heffen ıc., beftehen noch mit ihren alten $ürftenhäufern; auf
nehmften reichsftädtifhen Republiken haben fich als republitanifche Bud
erhalten, und felbft der neue deutſche Bund ift in vielem Stüden dent ad
ſchen Reiche ähnlich, das ja zulegt dem Wefen nad) mehr ein Staatemfl
ein Reid) war. Gleichwol ift nicht zu verkennen, daß man in Deutflg
überall nach ftellvertretenden VBerfaffungen, Milderung der Auflagen, 1
derung der ftehenden Truppen, gleicher Vertheilung der Staatslaſten u. f.A
Da indeffen der Deutſche überhaupt ruhiger und beformener ift, und bad
(hen Fürften das Wohl ihrer Völker durch weife Reformen befördern, |
Deutfchland ſich erneuen, ohne eine eigentliche Revolution erlebt zu haben
Revolutionstribunal. Diefes Gericht der blutigſten
ftand, u. d. N. eines außerorbentt. Grininalgerichts, 11. Mär; 1793
am 8. Brum. (im Dct. 1793) den Namen trib. revolutionnaire,
tionalconvente die Partei des Berges über bie der Gironde die Ok
Seiner Beflimmung gemäß follte das Revolutionstribunal alle Diej
fen, die gegen den Gang der Revolution waren und ſich als Anhänger
hauſes verdächtig machten. Es laͤßt fich denken, welcher ungeheure
Der Bosheit, dem Haß und dem Verfolgungsgeijte Durch einen ſolchen
Reynolds 287
', bex fich an Feine Formalitäten band, immer nur das Tobesurtheil
e wahren Punkte der Anklage, zulest faum mehr die Ramen der
unterfuchte, die eine Rotte von Angebern (an deren Spige das Uns
ier » Zinville fland) ihm täglich juführte. Trotz dem, daß von feinem
n an das Revolutionstribunal faft unaufhörlic) feine Hände in Blut
ı doch bald ten immer grimmiger wuͤthenden Satobinern das Ver:
umftändlid) und langſam, und als 1794 die Girondiſten völlig ge:
ein Mobespierre ımd ähnliche Ungeheuer herrfchten, da trug der
sfchuß darauf an, daß das Tribunal mit der Verurtheilung ſich mehr
ein Vorſchlag, der auch vom Gonvente gebilligt wurde. Won jet
Hefem entfeglichen Gerichtshof jede einzelne Anklage auf. Fouquier⸗
feine Rotten reichten täglich lange Liften Unglüdlicher ein, die des
an der Republik befyuldigt wurden. Ohne zu unterfuchen, ob, in:
uf weiche Art die Armen diefe Anklage verdienten, wurden fie vor
bi gefchleppt, einer ganzen Schar immer auf einmal das angeſchul⸗
m und zugleich das Zobesurtheil vorgelefen, ihre Vertheidigung nicht
bft nicht einmal darauf Rüdficht genommen, ob diefe Unglüdlichen
saren, bie bie Anklagelifte benannte, oder ob (welches häufig der Fall
nenverwechſelung ftattfinde, und dann zur Guillotine geführt. Wie
ber täglich Gemordeten war, erhellt daraus, daß man im Juni 1794
ſah, die Guillotine auf einen andern Platz zu fchaffen, da der Bo⸗
fie bis dahin ftand, von dem Blute fo fchlüpfrig geroorden war, daß
nen fichern Tritt mehr thun konnten. Bekanntlich find feit Errich:
Hutionstrib. am 11. März 1793 bis zum 27. Juli 1794, nad) dem
ffeiben 277% Derfonen, darunter ein Greis von 97 3. u. ein 14jähr.
nirt roorden. (Dol. „Revelations de Scenart”, eines Beamten des
ib.) — Außer diefem zu Paris beftehenden Revolutionstribimale
in den größern Städten der Provinzen ähnliche errichtet, und Mans
was, Strasburg und viele andre Staͤdte fahen in ihren Mauern das
fptel wieberholen, welches Paris tiglicd gab. Da aber biefe Art,
n Feinde der Republik zu morden, den Ungeheuern, die damals
berrfchten, noch immer zu langſam erfchien, fo nahmen fie ihre Zu⸗
Befchießungen in Maffe (Fuſilladen, Mitrailladen) und fogen. repu:
jechzeiten, two Hunderte, Paar und Paar aneinandergebimden, in
mtamen. — Als endlich Mobespierre und mit ihm die Bergpartei
', da befahl der Convent dem Mevolutionstribunale mehr Maͤßigung
5, umb im Anfang 1795 erntete, von demfelben Mordgerichte ver=
er fo viele Schlachtopfer angeführt hatte, Fouquier⸗Tinville
Imm Haufen feiner Helfershelfer feinen Kohn. Noch in demf. Jahr
bolmtionstribunal ganz aufgehoben und an deſſen Stelle eine Mili⸗
ı gefegt, deren Wirkſamkeit aber bald auf militairifche Verbrechen
Fruͤher ale das zu Paris hörten die in den andern Städten Frank⸗
m Revolutionstribunale auf.
Id s (Jofhua), der berühmtefte Maler der englifhen Schule und
hnteſten neuern Portraitmaler, war zu Plnmpton in Devonfhire
ihn fein Vater, ein Geiftlicher und Schullehrer, bis zu feinen Juͤng⸗
terrichtete. Obgleich der junge R. beflimmt war, die Arzneikunde
» erlaubte ihn: fein Water doch, friner Neigung zur Malerei zu fol
arch Lecture diefe Kunſt betreffender Werke, befonders durch Ri⸗
anblung geweckt und durch übung unterhalten worden war. Ce
Enbe zu einem Bildnißmaler Hudfon gebracht, ber zwar bloß Ge:
er body ein guter Beurtheiler ber Arbeiten feiner Schuler war. N.
238 Rhabarber Rhabdomantie
übertraf ihn bald; nun trennte Eiferfucht Beide von einander. In
Haus zurücdgekehrt, nahm ſich R. die Arbeiten des Portraitmalerı
Ereter zum Muſter; auch copirte er Gemälde von Guercino und von
fi) R's Liebe für ein ſtarkes Helldunkel her. 1746 ließ fih R. als 9
in Plymouth nieder. Doch fand er Gelegenheit, nach Stalien zu
ging von Livorno nad Rom, ftudirte 3 Jahre lang im Vatican di
fael's und Michel Angelo's, kehrte ſodann Über Paris zurüd und I
in London nieder. Seit Cornelius und Vandyk fah London keinen !
von R.'s Verdienften. Seine Werke zeichnen fich freilich nicht durch
Beftimmtheit der Umriffe, durch Nichtigkeit des Colorits, durch get
lung ber Natur aus; aber fein Pinfel veredelte Die, welche er malte.
erwarb ihm einen Ruf in der großen Welt, und er fteigerte daher 1
Preis für ein bloßes Bruſtbild in Lebensgröße von 12 auf 20 Buineı
nen Vorſchlag nahmen in den der Gefelifchaft zur Beförderung der K
gen Zimmern bie Kunflausfiellungen ihren Anfang. Für die 1765 o
leralademie wurde R. einfiimmig zum Präfidenten erwaͤhlt und bei
genheit von dem Könige zum Ritter gefchlagen. Um 1763 ftiftete
Nugent, Percy, Goldfmith und andern berühmten Männern eineı
Verein und fein Haus wurde der Sammelplas allee Männer, di
Hauptftadt durch Geift und Zalente auszeichneten. 1778 gab er
(„‚Discourses”), welche er jährlid) als Präfident gehalten hatte, hei
durch Eleganz des Style und Reichhaltigkeit philofophifcher und aͤſt
widelungen auszeichnen. Burke fol diefe Neben vor ihrer Herausg
baben (überf., Dresden 1781). RE fchriftftellerifche Werke find
„Ihe works of Sir Joshua Reynolds etc. to which is prefixed
of the life of the author”, by Edm. Malone (Xondon 1797, 22
fhienen. 1785 verfertigte er fein lieblicyes Gemälde bes Liebesgotte
Schönheit den Gürtel loͤſt. Geringen Werth hat fein Hercules als
die Schlangen würgt und den er für die Kaiferin Katharina von Ri
Der Tod des Cardinals Beaufort ift unftreitig das fchönfte Stud v
Hiftorifchen fehlte es ihm an Leichtigkeit ber Compofition und Wahr
ftellung. — 1790 ward fein Geſicht ſchwach und im folg. 3. verlo
Er ftarb d. 23. Febr. 1792. Viele feiner Gemätde find in Kupfer gef
„Memoirs of the life of Sir Joshua Reynolds , with some obse«
his talents and character”, by J. Farington (2ondon 1809).
Rhabarber. Diefe heilbringende Wurzel waͤchſt urfprün:
(China, Tibet, der Bucharei) und treibt einen 5 — 6 Zuß hohen
ftarlen ausgezadten Blättern und röthlihen, traubenförmigen BI
Wurzel, die oft mehre Pfund wiegt, ift braungelb, Inwendig rotl
bat einen ſcharfen, ekelhaften Sefhmad. Der befte Rhabarber w
Gebirgen der cyinefifchen Tatarei und kommt über Rußland durd) .
und. Minder gut ift der übers Meer aus Dftindien fommenbe; |
Sorte ift diejenige, die durch Verpflanzung in andre Erdtheile (Euro)
gewonnen wird. Außer feinem mebicinifchen Nugen zur Abführung ı
tung der Eingemweide kann er auch beim Färben angewendet werben.
kommt von ber alten Unterfcheidung der Pflanze Rha in R. ponticum
barum.
Rhabdomantie, das theild bloß natürliche, theild zu ein
gebildete Vermögen mancher Menfchen, unter der Erde verborgene Ä
ders Metalle oder Erze und Waffermaffen, durd) ein Ferngefühl ni
auch wol die Entdeckung derfelben durch die Anwendung gewiſſer We
der Wünfchelruthe, zu unterflügen. Daß die Nhabdomantie bei dei
Rhabtomantie 239
ich derfelben ruͤhmen, Baum etwas Andres ald Selbfttäufchung oder
ufchung Andrer fei, ift bis jetzt wenigſtens die Meinung wahrhaft
yofiter und Phnfiologen. Nach Andern find die Rhabdomans
und Waflerfühler) Menfchen, welche dieſe Empfänglicykeit von
ı wachenden Zuftande befigen. Nach Ritter'$ und Amoretti's Bes
Phyſik. und hift. Unterf. über die Rhabbomantie ıc.”, von Carlo
hd. Ital. von Salie, mit ergänzenden Abhandl. v. Ritter, Berl.
(morettis „Elementi di elettrometria animale“, Mail. 1816)
lchen Perfonen, wenn fie in die Nähe unterirdifcher Gewaͤſſer, Erz⸗
memen, eine Beränderung des Pulfes, entweder ald Befchleunigung
rwerden beffelben, Gefühl von Kälte oder Wärme, welches in eins
bes Körpers entfteht und oft fogar auf das Thermometer Einfluß
eigen ſich Sefhmadsempfindungen, krampfige Zufammenziehung
e, Zudungen, oft ganz den elektrifhen Schlägen gleich, Schwin⸗
ruhe, Ängftlichkeit u. ſ. w. — Der Sache nach und hinſichtlich ber
rfcheinungen war die Rhabdomantie fchon den Alten bekannt. „Aus
iten“, fagt in dieſer Beziehung Kiefer in feinem „Syſtem des Tellu⸗
bi), „finden fidy Andeutungen und Nachrichten von einer Kunft, uns
sborgene Metall⸗ und Wafferabern zu entdeden, naͤmlich von einem
Bermögen, das Dafein derfelben unter der Erde zu fühlen; welche
: die neuere Rhabdomantie iſt“. — Dierher gehört bei den Griechen
dem Metallfühler Linkeus. Snorro Sturlefon ( „Heimakringla,
Bturleson’s nordlänske konunga Sagor'', Stodholm 1697, Fol.
I) berichtet, daß Odin, der erſte der Afen, mußte, wo Gold, Sit:
ıder Erde verborgen lag. Dei Rio (Martin del Rio, „Disquisitio-
um libri sex”, Köln 1633, 4, ©. 22) erzählt, „daß es in
afchen gäbe, Zahuris genannt, welche unter der Erde verborgene
fer s und Erzadern, ſowie Leichname fähen” u. f.w. — Auch
rakeln der Altern Zeit durdy den Mund begeifterter Perfonen in den
swweihten Tempeln, Hainen, Grotten u. ſ. w. die Begeifterung ein
Suftand gewefen fein, weicher kuͤnſtlich durch magnetiſche Einwir⸗
mer Subſtanzen, beſonders des Waſſers, erzeugt wurde. — Eine
e Rhabbomantie genännt, inſofern man ſich rhabdomantifcher Werks
Bent, deren Wirkungsweiſe aber bisher noch nicht befriedigend erklärt
. Dieſe Werkzeuge find befannt unter den Benennungen 1) des
dei, 2) des bipolaren Cylinders, 3) der Wünfchelruthe. Der ſide⸗
beiteht in einem Kügelhen von faft beliebiger Subftanz (3. B. aus
wefel, Holz, Siegellack, Glas ıc.), welches an einem ungedrehten
ſchenhaar, ungefponnene Seide ıc.) befeftigt if. Beim Gebrauche
Faden des Pendels zwifchen zwei Fingern und hält diefen ſchwebend,
wegen, uͤber eine ſideriſche Subſtanz (z. B. eine Metallplatte, eine
ee Salz gefuͤllte Schale. (&. Siderismus.) Wenn nun ber ben
ve Menſch, in welchem Grabe es fei, fiderifche Empfaͤnglichkeit (chabs
igenſchaft) hat, fo geräth ber Pendel in eine Ereisförmig ſchwingende
mern Verſchiedenheit von den verfchiedenen Verhältniffen, welche hier
en, abzuhängen fcheint, 3. B. von der verfchiedenen Subſtanz, fo:
48 als der unter ihm befindlichen Sache, von dem Abftande des Pens
ter ihm liegenden Körper, von der Individualität des den Pendel
g anbrer biefen Menſchen berührenden Menfchen vn. f. w. Die
denheit der Pendelſchwingung befteht in ihrer Nichtung, welche zwie⸗
folgt in dem einen Salle von der Linken zur Rechten, alfo mit der
laͤufig; in dem andern Falle von der Rechten zur Linken, alſo gegen
240 Khachitis Rhadamanthus
die Sonne, ruͤcklaͤufig. Daß bier nicht (in vielen Faͤllen wenigſtens) bie meche
Bewegung des Fingers die Schwingung bed Pendels erzeugt, fcheint and ge
Beobachtung vieler Verfuche diefer Art hervorzugehen, und wenigſtens iſt ba
ſtand merkwuͤrdig, daß die Pendelſchwingung nie erfolgt, wenn nicht die Dank
lebenden Menſchen den Saden des Pendels unmittelbar berührt. — Der
Eplinder befteht aus einem zweipoligen , leicht beweglichen Körper, dgl.
gnetnabel oder ein zweimetalliger cylindriſcher Stab ift ; überhaupt verricht
leichte, Iangrunde Körper, z. B. eine Schreibfeder mit der Sahne, bie
bipolaren Cylinders, welchen der Rhabdomant zwifhen Daumen und
in fentrechter Richtung hält, während er mit der andern Hand einen: fibei
kenden Körper, z. B. ein Metall, berührt. Unter diefen Umftänden
langfame, drehende Bewegung des Cylinders zwiſchen den Fingern, bie
wie beim Pendel, nach Beſchaffenheit der Verhaͤltniſſe, bald recht
ruͤcklaͤufig iſt. — Zur Wuͤnſchelruthe (vgl. b.) endlich bedient man
biegfamen Ruthe von beliebiger Subftanz ( Hafelruthe, Fiſchbein,
3 — 4 Fuß Länge, oder auch einer gabelförmigen Nuthe. Die beiden
felben werden in beide Hände genommen, fobaß bie Ruthe aufwärts g
ſcheint. Auch hier entfteht, wenn der die Ruthe haltende Menfch rhab
ft und Metall ober andre fiderifche Subftanzen berührt oder in den
fommt, eine nad) unten ſich drehende langfame Bewegung der Ruthe, |
nad) Umſtaͤnden in verfchiebener Richtung, nad) Sinnen oder Außen, w
laͤufigen und ruͤcklaͤufigen Bewegung ber vorhergehenden Werkzeuge en
wie bei biefen, fo erfolgt auch bei der Wünfchelruthe keine Bewegung
bare oder unmittelbare Beruͤhrung berfelben durch einen lebenden Menf
füdlichen Frankreich und in der Schweiz übt man bie Kunft Häufig un.
Metalloſkopie (Kunft des Metallfühlens) und der Hydroſtopi
des Waſſerfuͤhlens). Bei der Ausuͤbung fhlieft man aus der Richtung, Dei
und den übrigen VBerhättniffen der Bewegung der chabbomantifchen Wer
die Qualität, Quantität, Entfernung und Lage der unterirdiſchen fideri
ftanzen, oder man achtet zu dieſem Behuf auf bie bei verſchiedenen R
verſchiedenen Empfindungen, welche fie an ihrem Körper bemerken.
der Kunſt aber befteht in der Entdeckung unterirdifcher Quellen ( zum M
graben), ber Salzquellen und Salzlager, der Erzgänge, Schwefelkieslagecy
Eohlenlager u. ſ.w. Bol. Gilbert, „Über die Verfuche mit Scmefelfietpenl
(Dale 1808).
Rhachitis, f. Engliſche Krankheit.
Rhada manthus war ber Bruder bes Altern Minos auf 3
erſten Geſetzgebers der griech. Welt. Nach einer andern Gage legte IE,
Grund zu der Eretenfifchen Gefeggebung, auf welchem der Bruder Minosn
dend fortbaute; wahrfcheinlic) ftammte er aus der Familie des Dorus,
fommen Deufalion’s, von deſſen Sohne Tektamus oder Teutamus ab
mit feinem Sohne Afterius (dem wahrſcheinlichen Vater des Rhad
Minos), in jener Zeit allgemeiner Voͤlkerbewegung und Strömung in
“ land, nad) Kreta einwanderte. Das ift das Wichtigfte, was wir in ber rk
den mythifch=hiftorifchen Betrachtung feiner Gefchichte zu unterfcheiben
Nhadamanthus wird Übrigens noch neben Minos und Äakus, den
Achilles, als einer jener 3 Michter der Tobten aufgeführt, die am Ei
Schatteure ichs neben dem Throne des Pluto Geſetz und Recht den
und mit ernſtem Scepter was ſie im Leben trieben auch im Tode noch
Denn es war allgemeine Anſicht der Griechen, daß auch der hingeſchi
ten in dem duͤſtern Reiche des Tartarus noch ſich muͤht und ſtrebt, die
des Kebens fortzuſetzen. Doch darf man wol nicht vergeſſen, daß
... Rhapfodie . Rhen 241
hus vom Tartarus In biefem Ginnd mehr Philofophem als eigentliche
war.
pſodie (a. d. Griech.), urſpruͤnglich eine Reihe einzelner, unter fich
er in Zufammenhang ftehender Gefänge, 3.8. biedes Homer (f.d.).
‚en hießen bei den alten Griechen bie herummandernden Sänger, die
omerifchen Dichtungen (diefe hießen auch Homeriden), theild eigne dem
ıgen. Ihren Namen führten fie nach Einigen von dem Stabe, welchen
der Hand hatten; nady Pindar aber von dem Zufammenweben meh⸗
. Sept verficht man unter R hHapfodien auch eine Sammlung von Er⸗
Dichtungen, Darftellungen u. dgl., die zwar durch Einen Geiſt belebt,
othwendig unter ſich in Verbindung flehen. Rhapſodiſches Wiffen
es, das aus unzufammenhängenden Bruchſtuͤcken befteht.
‚tien. Diefen Namen führten bei den Alten zwei Länder, Rhaͤtien
kkien. Später wurden beide getrennt und das erfte und zweite Rhaͤtien
Daß erfte oder eigentliche Rhätien (Rhaetia proprie) ging vom Rhein
norifchen Alpen, und von Stalien biß an bie Grenzen von Vindelicien,
bi. Es enthält die Flüffe Rhein (Rhenus), Inn (Alnus), Etfch
and mehre Kleinere, ' und umfaßt alfo das heutige Vorarlberg und Tirol,
Theil von Graubünbten. In frühern Zeiten wohnten hier die Etrusker,
r ihrem Anführer Rhaͤtus diefe Gebirgsgegenden beſetzten, fpäter aber,
sachfende Macht der Gallier vertrieben, nach Sitallen zogen und dort
erſte Bildung Stalins fo wichtige Rolle fpielten. Juſtinus, Plinius
van der Byzantiner nennen daher die Rhaͤtler ein etrusciſches Volk.
fpätern galliſchen Völkern, welche diefe Gegenden befesten, find mehr
Namen als durch ihre Wichtigkeit die Brenni ausgezeichnet. Auch hier,
s andern Provinzen, legten die Römer Colonten an, unter denen Tri-
isident), Belunum (Bellımo), Bauzanum (Bogen), Bilitio (Bellin«
venna (GEleven), Curia (Chur) die vorzüglichiten waren ; jedoch haben
Staͤdte nur ihre Erweiterung und Verſchoͤnerung den Römern zu vers
e Khaͤtier verbanden ſich oft mit ihren galliſchen Freunden und verwuͤſte⸗
Nfche Gebiet, daher ſchickte Auguftus feinen Stieffohn Drufus mit eis
gegen fie. Diefer [chlug fie 16 3. v. Ehr., unweit Trident in bie Flucht.
Sieg indeß nicht viel nügte, fo unternahm Drufus, in Begleitung ſei⸗
6 Ziberius, einen zweiten Seldzug, in welchem Tiberius die Vindeli⸗
Sodenfee angriff, während Drufus zu Lande gegen bie Rhaͤtier ruͤckte.
feried fich dee Sieg für die Römer und beide Länder wurden roͤmiſche
Rhaetia transdanubiana , die Länder auf dem linken Donauufer,
vanten grenzten, waren ben Römern wol bekannt, aber niemals ihnen
1. Vielleicht hat fi) davon noch der Name das Rieß erhalten, welchen
Ländern wol beizulegen pflegt. Nach der römifchen Herrſchaft befegten
und Sueven jene römifchen Provinzen.
a. Wie die ditern Bottheiten der oriechifchen Mythologie felbft noch
biſſen Nebelſchleier des Daſeins eingehuͤllt ſind und ihre Dichtung ge⸗
Schwankenden und Ungewiſſen der Umriſſe ihren eigentlichen Charakter
fließen auch hier mehre nach Zeit und Volk verſchiedene Dichtungen in
men und bilden den Doppelmythus: Rhea und Cybele (ſ. d.).
ſpruͤnguch und beſonders als Titanide eigentlich griechiſche Dichtung;
„ſelbſt der. Geſchichte nach, phrygiſchen Urſprungs. Beide floſſen,
auf Kreta, in Eins zuſammen, offenbar ihrer innern Verwandt⸗
u. Aber gleichwol find fie noch immer zwei verſchiedene Dichtungen,
Die Eigenthuͤmlichkeit jeder erhalten ift, obfchon wir die Dichtung von
ur an ber von der Rhea Eennen lernen, diefe aber felbft wieder fiber jener
Bicbente Aufl. Bb. IX,
242 Rhea Sylvia Rhede
zulegt ganz verſchwindet. Rhea, eine ber merkwuͤrdigſten Titaniben (f. Tit
iſt Schwefter und Gattin Saturn’s, und mit ihm — denn bie Dichtung der C
hen von den alten Göttern ift doch nichts als Phitofophie über erſte Entfleh
und Bildung der Welt — Symbol des erften Formens und Bildens aus der R
des Chaos heraus. Rhea, die Fliegende (vom griech. gesıv, fließen), das
dungsreihe und Bildungsempfängliche, ift Symbol dieſes Ringens. Aber:
berrfcht zugleich die Macht des Chaos, des Formloſen. Der Rhea zur Seite
Saturnus, mit der büftern Herzlofigkeit des Abgrundes eiferfüchtig auf bie a
Bildungen und fie im Augenblid! des Entftehene fogleich wieder vernichten
darum Bild der Alles verfchlingenden, fich felbft in jedem Augenblick zerftden
Zeit. Doch es foll das Univerfum endlich Geftalt geminnm, das Schwan
feft werden. Die Zeit der Entfcheidung iſt gekommen. Auf Gaͤa's, ihrer 1
ter, Rath, gibt Rhea ihrem Gatten, der aus Furcht ber alten Weiffagem
Saturn) feine Kinder fogleich nach dee Geburt mwieber verfchlingt,, ſtatt det
gebornen Sötterkindes einen Stein in den Windeln. Auf diefe Welfe ı
Rhea vor den Verfolgungen bed Vaters 3 Söhne und 3 Töchter, Zu
Veſta, Ceres, Juno, Neptun und Piuto, den Chor der neuen, in fefter,.
lifcher Bildung flrablenden Olymposbewohner. Nur hat fie damit auch ihre,
Herrſchaft untergraben. Sie tritt fortan In die Reihe der alten Gottheiten 5
und ift nur noch durdy Rath und Weiffagung wirkſam, z. B. mit Themis um
dern bei der Geburt des Apollo auf Delos, bis fie in [pätern Zeiten durch
ſchmelzung mit'Cpbele ein eignes, aber höchft ſchwankendes Dafeln in ben
wieder erhält. — Loͤſt ſich nad) diefem Allen die ganze Dichtung von der
Ende in ein fosmogonifches Philofophem auf, fo erfcheint die Göttin im
ftaiten zur Erhaltung des künftigen Beherrſchers der Bätter und Menſchen
ta, im Getöfe, das ihre Priefter, die Korpbanten (Kureten), um bas
des Goͤtterkindes zu verbergen, machen müffen, als Symbol ber unendliche
zeugungsfraft, ber allbefruchtenden Natur, als das erhaltende,, Leben ul
ftaltung gebende Princip der Welt. Dahin deuten audy ihre Abbildungen, all
digerin der Löwen, die ihren Wagen ziehen, als mit einer Mauerkrone gefäg
als Begleiterin bes Bacchus; dahin ihre Verehrung. Diefe, einerlei mit bey
ehrung ber Cybele, ift roher Naturdienft, die tiefſte Entartung der religiäfg
Inge im Menfchen, in ſich eigenthuͤmlich fchauderhaft und graufend, weil
die traurigfte Unreligion, Woluft, zur Religion, ja zum Moft
wird. Die wildeſte, frechſte Wolluft, jener Lingambdienft der Indier, iſt im
ſte der Rhea⸗Cybele heiliger Gebrauch. Jene Selbſtentmannung ihrer
nicht Selbſtverleugnung, ſondern im Gefolge der Alles befruchtenden
das hoͤchſte Maß der ſich ſelbſt uͤbertreffenden Frechheit. Alles im
unendlichen Zeugungskraft iſt, felbft ohne Maß und Ziel, nad Genuß
und darin untergehend.
Rhea Sylpia lebte ungefähre 800 3. vor Chr. und war eine x
Numitor's, Königs von Alba in Stalin. Obgleich Veſtalin, gedm
aus Mars's Umarmung das Zwillingepaar Romulus und Remus, die Ei
Roms. |
Rhede, aud) Reede, ift die Gegend des Meeres, im geringer ©
nung von der Küfte, die den Schiffen einen guten Ankergrund gewährt, |
diefe vor dem Winde fo lange daſelbſt ficher liegen, bie fie bei eintretenber 9
den Hafen einlaufen können. Eine gefchloffene Rhede heißt in der Ochiffih
eine folche, die von Batterien am Strande vertheidigt wird; eine offene, M
Schiffe ohne Unterfchied ankern koͤnnen. — Rheder, Reeder, wid
nannt, der ein Schiff ausrüftet, uͤberhaupt die Befrachtung der Kauffahetel
zu feinem Geſchaͤft macht. Da felten Einer ein ganzes Schiff auf feine Koß
Rheims Rhein 248
zeten Mehre zufammen, die dann Schiffsfreunde, Mitchederge:
den. Eines jeden Einzelnen Antheil am Schiff heiße Schiffsparte.
eims, eine der Alteften Städte und anſehnlichſten Manufacturpläge
*, am Fiuffe Vesle in Champagne, im jegigen Marnebdepart., in
Anhoͤhen umgebenen Gegend, enthält mit ben Vorſtaͤdten 4200 Häufer
V Einw. Die Stadt hat breite Straßen, eine ſchoͤne gothifhe Domlir- _
n die franz. Könige gekrönt und gefalbt werben, ein Rathhaus mit einer
m Facade, den ſchoͤnen Koͤnigsplatz und einige römifche Alterthuͤmer,
rin Triumphbogen. Sie tft der Sig eines Erzbiſchofs, welcher Primas
iſt und das Recht hat, bie Könige in feiner Hauptlicche vor dem Hochs
alben und zu kroͤnen. (Vgl. Karl X.) Rh. hat ein Lyceum, welches an⸗
uch die Revolution untergegangenen Univerfitdt errichtet ift, und eine
Biffenfd. Mit Weinen und bier verfertigten Seiden⸗, Wollens und
lenwaaren, Leder, Richtern, Hüten ıc. wird bedeutender Handel getries
Gircaffiennes von Rheims werden bie nach Indien verführt, wo fie mit
nö wetteifern. Auch ift der Pfeffertuchen von Rheims berühmt. Der in
different von Rheins wachſende Champagnerwein iſt ber vorzuglichfte.
sar auch in den Operationen bes Feldzugs von 1814 begriffen, f. Pas
Shatillon.)
sin, einer von den Hauptflüffen Deutſchlands, der ein ſchoͤnes, wein =
treiches Land durchſtroͤmt. Er entſpringt in dem heivetifchen Canton
ten aus 3 Dauptquellen, welche der vordere, mittlere und hintere
jen. Der vordere quilit aus dem Gebirge Crifpalt, nordöftlidy vom Gott⸗
) vereinigt fich bet Diffentis mit dem mittlern Rheine, welcher vom Lul:
se herabkommt. Diefe vereinigten Stüffe vermifchen fich bei Reichenau
Dinterrhein, der im Gebirge Adula auf dem Vogelberge aus einem
ſich fammelt und bis Reichenau 20 Stunden weit fließt. Daſelbſt ‚er
fe: 3, vereinigten Rheinquellen den gemeinfchaftlichen Namen Rhein
| eine Breite von 230 Zug. In der Gegend von Chur, der Hauptſtadt
tens, wird er ſchiffbar. Zwiſchen Rorſchach und Fußach ſtuͤrzt er mit
mäufche in den Bodenſee, den er zwiſchen Stiegen und Eſchenz wieder
b feinen Lauf nad Schafhaufen und Baſel fortfegt, nachdem er vorher
ſſerfaͤlle (ſ. Rheinfälle) gebildet hat. Vom Bodenſee bie Bafel, wo
ve Breite von 750 Fuß erhält, hat er ein felſenreiches Bett. Won Ba⸗
sd fein Bett von vielen Inſeln durchfchnitten, die jedoch zum größten
aus Sands und Kiesbänken beftehen, welche häufig von einer Seite
s und an der andern wieder angefegt werden. Von Breifac, herab trifft
mehre beftaubdete und felbft angebaute Infeln. Zwiſchen Strasburg und
eim iſt das Bett immer noch fehr infelveich, aber der größte Theil diefer
mit Gebuͤſch bewachſen. Zwifchen Strasburg und Speier ift der Rhein
1200 Zuß, bei Mainz; 15 — 1700 F. und bei Schenkenſchanz, wo er
beriande eintritt, 21505. breit. Die Tiefe bes Rheins beträgt 5 —
Däffeldorf fogar 50 F. Bei Schenkenfchanz theilt er fih in 2 Arme,
füdliche die Waal heißt, + feines Gewaͤſſers nimmt, ſich hernach zwei
er Maas vereinigt und unter dem Namen Merwe in das beutfche Meer
e noͤrdliche Arm des Rheins hatte vormals in feinem Laufe nach Arm:
sehre Windungen ; feit 1720 aber hat man von ber Waal aus bei dem
werden einen Ganal gegraben,, wodurch das alte Bett des Stroms nun
Us vertrocknet if. Durch diefen pannerdenfchen Canal fließen jegt die
des Rheins fort, nachdem fie fich unterhalb Millingen von der Waal ges
en. Ehe diefer Arm des Rheins nach Arnheim kommt, theilt derfetbe
oberhalb Weftervoort und bildet Die fogen. neue fiel. Diele Abteilung
16 *
244 Rhein
des Stroms ift eigentlich der Ganal, den Drufus graben ließ, inden bie Bew
fih bei Doesburg mit der alten Yffel vereinigen und zulegt fidh in die Zuyderſ
gießen. Von da, imo fich der ebengenannte Drufifche Canal von dem Rheine tuı
wendet diefer letztere ſich nach Arnheim und behält feinen Namen, bis er beit
geningen und Rhenen vorbei ift, wo er Lech heißt und auf Wyk bei Durſtede |
Bon hier floß fonft ber Rhein mit vollem Strome nady Utrecht, jept iſt abe
noch ein fehr ſchwacher Arm übrig, der krumme Rhein genannt. Weiterhin,
gen Vianen über, iſt ſchon vor mehren Jahren aus bem Lech ein Canal
worden, welcher nad) Utrecht geht und gewoͤhnlich die Vaart genannt
derſelbe mit Schleufen verfehen ift, fo kommen auf demſelben fehr **
Schiffe nach Utrecht und von da weiter nach Amſterdam. Unterhalb Vianen
ſich ein kleiner Arm vom Lech ab, den man bie VYſſel nennt und ber ſich eine
oberhalb Rotterdam In die Merwe ergiefit. Der Lech fließt von Wianen nach
bofen und geht oberhalb Grimpen op de Lekin die Maas. Von den
Rheins, die nad) Utrecht fließen, gebt abermals ein Arm ab, welcher die
nannt wird und fi) nad) einem adıtftündigen Laufe bei Wunden In die
derfee ergießt. Der übrige Rhein fließt von Utrecht nach Leyden, wo er beinal
nem Graben ähnlich fieht. Bei Rheinsberg vorbei kommt endlich deffen kleinch
wäfler, 3 Stunden von Leyden, nad) Katwyk op Rhin, wo berfelbe eine
GStunde davon fi noch zu Anfange dieſes Jahrhunderts in den Sand verler.
hatte der Rhein da einen Ausflug in die See bei Katwyk op Zee. Nach
geblichen Verfuchen, bie alte Mündung wieder zu öffnen, welche durch die
denen Dünen verfchwunden war, hat man erft ſeit wenigen Jahren bie
kelten völlig uͤberwunden, indem man in einem Ganale die in den Sand
renden Gewaͤſſer des Rheins gefammelt hat. Am aͤußerſten Ende deffelben
fi eine Hauptfchleufe, und fo ift durch Huͤlfe der Kunft ber Ausfluß des
wieberhergeftellt worden. So durch Thellungen gefchwächt, befchließt dieſer
“nach einem Laufe von 277 Stunden feine Reife. Er durchfließt zuerft Gran
macht die Grenze zwifchen dem vorarlbergifchen Kreiſe und bem helvetiſchen
ne ©t.» Ballen, ſcheidet dann, nachdem er ben Bobenfee verlaffen hat,
berzogthum Baden und Helvetien, von Baſel an, wo er ſich nörblich wen
ſelbe Sroßherzogthum und bie franz. Departements des Ober: und |
ſowie den Rheinkreis des Königreichs Baiern; durchſtroͤmt nun das Brafgt
thum Heſſen, das Herzogthum Naſſau, die preuß. Provinzen Miebercheill
Jülich» Kleve⸗ Berg und zuletzt bie Niederlande, Die vornehmſten Im
ſich ergiegenden Flüffe find: die Aar, die Fu, die Kinzig, Murg, der
bee Main, die Nahe, Lahn, Mofel, Exft, Ruhr und Lippe. Viele er
Städte liegen an feinen Ufern. Wir nennen davon auf feinem Laufe d
tien und Deutfchland: Konſtanz, Schafhauſen, Baſel, Alte Brelfach,
Manheim, Worms, Mainz, Bingen, Koblenz, Neuwied, Bonn, I
Düffeldorf, Wefel und Emmerich. An Fifchen Ift der Rhein fehr reich. Man
darin Salmen, welche im Fruͤhlinge im Hinauffteigen aus der See Lachſe
nad) aber, wenn fie ſich gegen den Herbft wieder nad) dem Meere zu wenden, N
men genannt werden, Mheinftöre, Neunaugen, Hechte, Karpfen, oft zu 20
ſchwer ıc. An Federwildpret Hält fih auf den unzähligen Rheininſein und
Ufern eine Menge verfchiedener oft feltener Gattungen auf. Audy führt
etwas Bold unter feinem Sande, welches theild aus dem Gebirge He
aus dem des Schwarzwaldes kommt. — Eine vorzügliche Wichtigkeit,
für das weſtliche Deutfchland, hat der Rhein durch die Schifffahrt. —
Rhein wird von Chur in Graublindten an befahren; unter Schafhaufen
beyuemere Schiffbarkeit des Stromes an; allein die größere Rhein
ſchwer beiadenen Schiffen beginnt erft bei Speier. Von Strasburg bie DRM
MEREELD UV HIEH MN DEI WOLLTE EINE zwat TEIE, (DET enge Vahn.
„ Beß diefe Öeffinumg erweitern, aber fie blieb noch ſo enge, daß nur ganz
wage bie Sahrt machen konnten. Erſt unter bem Kurfuͤrſien Sigismund
munde der Weg für größere Schiffe brauchbar und minder gefährlich ger
of waͤhrend der erſten franz Revolutionskriege haben franz. Ingenieure
beitet. Ungeachtet aller biefer Arbeiten ficht man doch noch das gemalt»
jan der Welten an den Selfen und kann ben Wafferfalt recht gut bemers
Hngige Durch fahrt, weiche man das Bingerlody nennt, ift nur 50 Fuß
i mittierm Waſſerſtande ift keine Gefahr, aber bei niedrigem Waffer
Durch fahtt die größte Vorſicht und Locaikenntniß. Hier ſteht mitten im
feinem Feifen Hatto’6 Thurn oder der Mäufethurm. 2) Das wilde
i Boqcharach ift nur für die den Strom hinabfahrenden Schiffe gefährs
ver Strom im Thalweg mit fuͤrchterlichem Gefälle des Waffers zwiſchen
Bänken eine Art von Trichter bildet. 3) Die fogen. Bank vom St.⸗
des Fluſſes Welten an eine Gruppe theils fichtbarer, theils verborgener
und einen Strudel bilden, der zuweilen ben Schiffen, befons
Mögen, verderblih wird. 4) Der Eleine und große Unkelftein bei dem
Unkel, eine Gruppe von Bafaltfäulen, die theils unter dem Waſſer vers
d, theils hervorragen. Die größere Gruppe, ber große Unkelftein ges
unter der franz. Herrſchaft Hinmeggeräumt worden. Die Meinen Grup⸗
ıbei hohem Waſſer von leeren Schiffen überfahren werden, für geladene
er bleibt nur das Ausweichen übrig. Kein Strom Deutſchlands wird
ven, feiner fÄyönen Umgebungen wegen, und feit der Einführung ber
, häufiger bereift als der Rhein. Won Bafel bie Mainz durch ⸗
—2 Thal, auf der linken Seite von den Vogeſen und auf der rechten
Dana Schwarzwalde und den Bergen längs ber Bergſtraße begrenzt. Von
shdten Die Gebirge nahe an den Strom, anfangs nur auf dem rechten
Be dem Üiheingau bilden; von Bingen an aber verengen die Berge, auch
hen Seite her, den Strom fo, daß er nur eine Breite von 1100 Fuß hat.
⸗. bik Riniohminter bieten hie ifer manniafaftiae Kolfen « mh Roran
246 - Rheinbund
ſcher's „Neueſter Wegwelſer von Mainz bis Köln" (Frankf. a. M. 1827).
bifdlihen Schilderungen gehört hierher: „Der Rheinlauf von deſſen Quellen
feinen Ausflüffen”, nad) der Natur gezeichnet von Primavefi (1818); „Pan
des Rheins von Mainz bis Köln nach der Natur aufgenonimen”‘, gez. von £
kamp und geft. von Richter in Dresden (80 Bl., Frankf. a. M. 1825 fo.)
„Hiſt. ftatift. Panorama des Rheinſtroms von Bingen bis Koblenz”, v. Dahl
be 10) Über die 1815 befchloffene Verbindung des Rheins mit der Lip]
ms ([.b.).
Rheinbund. Im dem für ſtreich fo ungluͤcklichen Kriege von 180
ten mehre Fürften bes füdlichen Deutſchlands durch die Gewalt der Umftän
nöthigt worden, ſich an Frankreich anzuſchließen. Darauf gab ber Friet
Preßburg (26. Dec. 1805) den nächften Anlaß zur völligen Auflöfung des bes
Reichs, indem er den Kurfürften von Baiern und Würtemberg die Könige
und beiden, fowie Baben, die Souverainetät ertheilte, wie fie ſchon puve
den andern großen Staaten Deutfchlande ausgeübt worben war. Bald n
(28. Mai 1806) zeigte der erfte deutfche Kurfürft, der Reichserzkanzler
Meichstage an, daß er — was gegen die Verfaflung war — den Carbinal
einen Oheim Napoleons, zu feinem Coadjutor und Nachfolger ernannt habe.
lid) erklärten 16 deutfche Kürften förmlich ihre Trennung von Kaifer und !
durch die am 12. Juli 1806 von den Königen von Baiern und Würtemberg
Kurfuͤrſten⸗Reichserzkanzler, dem Rurfürften von Baden, dem neuen Here
Kleve und Berg (Joachim Murat), dem Landgrafen von DeffensDarmftab
Fuͤrſten von NaffausUfingen und Naffau- Weilburg, von Hohenzollern⸗Hed
und Hohenzollern⸗Sigmaringen, von Salm:Salm und Salm>Kyrburg, den
zoge von Ahremberg, den Fuͤrſten von Iſenburg⸗Birſtein und von Liechtenftel
dem Grafen von der Leyen zu Paris unterzeichnete und am 1. Aug. 1801
Reichstage mitgetheilte Bundesacte. Sie begründeten diefe Losfagung a
Mängel der beutfchen Reichsverfaffung und Iuden auch die übrigen Reicht
ein, Ihrem Bunde beizutreten. Der franz. Geſandte Bacher fügte an ben
Tage noch die Erflärung hinzu, daß fein Kaiſer Eein deutſches eich weiter
kennen werde. (&. Deutfchland.) Der Kaifer Sranz II. legte am 6. 3
feine Würde ald Oberhaupt des beutfchen Reichs nieder, wozu nach feiner
rung ihn bie Foderungen aus mehren Artikeln des preßburger Friedens und bi
Vereinigung der rheiniſchen Stände, wodurch er fein Amt als Reichsoben
für erlofchen betrachte, veranlaßten. Nach jener Acte, welche auch im Nam
Zürften von Liechtenftein, ohne daß er darum mußte, mit unterjeichnet u
war, befam der Kurf. Erzkanzler den Titel eines Fuͤrſt-Primas, der Kurfkı
Baden, der Landgraf von HeffensDarmflabt und ber Herzog von Berg er!
den großherzogl. Titel mit koͤnigl. Rechten und Vorzuͤgen, Naffausllfingen
die herzogl. und von der Leyen bie fürftl. Würde. Der franz. Kaifer aber ı
fi den Protector des Rheinbundes. — Durch die Errichtung dieſes Bunde
loren ihre politifche Selbftändigkeit die Reichsſtadt Nürnberg, welche an 9
fiel, Frankfurt, welches dem Fürften Primas, das dem Sohanniterorden ge
Flͤrſtenthum Heitersheim, welches Baden, und die Burggraffchaft Fels
die Heffen:Darmflabt unterworfen wurden. Herner wurden durch Meblatl
die Färften von Naffaus und Oranien⸗Fulda, von Hohenlohe, von Schwarge
von Lömwenftein, von Leiningen, von Thurn und Tarie, von Salm⸗Reifer
Krautheim, von Wied⸗Meuwied und Wied⸗Runkel, von Öttingen, ven
von Metternich, von Truchſeß, von Zürftenberg, von Solms, der Landge
Heffen-Homburg , die Herzoge von Corswarem⸗Looz und von Eroy, viele
graͤfliche und alle noch übrige reicheritterliche Familien den xheinifchen Bund
ſten untergeorbnet. Jenen mebiatifirten Reicheftänden und Reichegliebern 1
R Rheinbund 247
atrimonlalguͤter und ihr Privateigenthum, die Berichtöbarkeit In erſter
Inſtanz, die lehnthertlichen und Bergwerksrechte u. ſ. w., aber die
we Landeshoheit gehoͤrigen Befugniſſe der Geſetzgebung, der oberſten
ege, die Rechte des Kriegs, des Friedens und der Buͤndniſſe, der Po⸗
eBeſtenerung u. f. w. fielen den Bundesfuͤrſten, denen die Vermittel⸗
sworfen wurden, zu. — Der Zweck diefes Buͤndniſſes follte Sicherung
und innern Friedens fein, Frankreich und die Mitglieder des Rheinbun⸗
Einer für Alle und Alle für Einen ftehen, und wenn Einer von ihnen
ebroht ober angegriffen wäre, fo follten auf die Einladung bes Protec-
beige Mitverbündete ohne weitere Berathung zu den Waffen greifen
edrohten oder Angegriffenen zu Huͤlfe eilen. Obgleich nad) der Bun⸗
joleon Beſchuͤtzer der Mheinconföberation fein follte, fo follte e8 doch .
Beberhaupt geben, dem die Megenten der einzelnen Staaten als folche
waͤren. Kür bie Berathfchlagungen über bie gemeinfchaftlichen Anges
ber Berbündeten follte zu Stankfurt a. M. eine Bunbesverfammlung
im, dem Eöniglichen, in dem auch die Großherzoge ihren Sig haben
dem fuͤrſtlichen, flatthaben. Allgemeiner Präfident der Bundesvers
und befonberer des koͤnigl. Collegiums follte der Fuͤrſt⸗Primas fein.
il. Collegium aber follte ber Herzog von Naſſau den Vorfig führen.
weömaligen Tode des Fuͤrſten Primas follte deffen Nachfolger von dem
us RKheinbundes ernannt werden. Kein Mitglied des letztern follte ans
a den Staaten ber Bundesgenoffen oder der mit denfelben Verbündeten
men, und fo follte auch ein Mitglied des Mheinbundes feine Souverals
als zu Gunften eines Bundesgenoſſen veräußern dürfen. Die Strei⸗
:Bheinbundesfhrften follten auf den Bundeötagen entfchieben, und zur
8 der Klagen gegen die Mitglieder des Rheinbundes follten 2 Ge:
wichtet werden. Aber fo wenig dies, wie eine Bunbesverfammlung
Rattgefunden. Enblich follten Katholiken und Proteftanten in allen
tem gleiche bürgerliche Mechte genießen. — So trat an die Stelle bes
heigen Reichs deutfcher Nation ein Bund, der, fo vorübergehend auch
mung in Hinſicht mancher Verhältniffe war, doch in den ſtaatsrecht⸗
Iitniffen der ehemaligen deutfchen Reichsftände und ihrer Unterthanen
w, dauernde Ummälzung bewirkte, und welchen man unrichtig beurs
sman ihn bloß ale das Erzeugniß fremder Herrſchſucht und nicht als
wibliche Entwicklung der innern Aufiöfung der veralteten Reichsver⸗
achtet. Schon am 25. Sept. 1806 trat audy der Kurfürft von Wuͤrz⸗
uBherzog bem Rheinbunde bei; dagegen hatte Preußen fich vorbehalten,
& fernern Anwachs dieſer Confoͤderation fich vergrößernden Macht
Schranken zu ſetzen, einen aͤhnlichen Bund unter feinem Protectorat
Nifchenn deutſchen Sürften zu bilden. Diefer Entwurf wurde aber durch
wa 1806 — 7 vernichtet, und nody während dieſes Kriegs trat der
ı Sachfen, nachdem er ſich von Preußen getrennt und in feinem Frieden
& zu Poſen (11. Dec. 1806) den Rönigstitel angenommen hatte, dem
bei. Ihm folgten am 15. Dec. 1806 die 5 fächfifchen Herzoge,
kam 13. April 1807 zu Warfchau unterzeichneten Verträge wurden
in von Schwarzburg, die 3 herzogl. Linien von Anhalt, die
Eppe⸗ Detmold und Lippe⸗Schaumburg und die Fuͤrſten des Geſammt⸗
ga Mitglledern des Rheinbundes aufgenommen. Das aus den erober⸗
& andern Staaten fuͤr Hieronymus Bonaparte errichtete Königreich
ard durch bie von dem Kaiſer der Kranzofen am 15. Nov. 1807 beftd-
ung gleichfalls zum Rheinbundesſtaat beftimmt; endlich wurden noch
oa MediemburgsStrelis (18. Febr. 1808), von Mecklenburg⸗Schwe⸗
d h,
248 Rheinfaͤlle *
tin (22. Mär; 1808) und der Herzog von Oldenburg, Fuͤrſt von Luͤbeck(
18308) ald Mitglieder aufgenommen, fodaß der Bund nunmehr auf 591
14,608,877 Einw. zählte und das Bundesheer durch dieſen Zuwachs von
fangs feitgefegten 63,000 M. atıf 119,180 gebracht wurde. Allein ber ]
des Rheinbundes, welcher denfelben zur Sicherung des innern und äußern ı
und der Unabhängigkeit der Bundesgenoflen geftiftet hatte, dieſer Protert
war es, der ſich zuerſt an der Sicherheit und Unabhängigkeit feiner cheinifdy
desgenoffen vergriff und durch ein Decret vom 10. Dec. 1810, wodur
Schelde⸗, Maas:, Rheins, Ems⸗, Wefer: und Elbmuͤndungen mit Frankr
einigte-, folgende Rheinbundesfürften ihres politifchen Daſeins und ber ihn
die Bundesacte zugeficherten Selbftändigkeit beraubte: 1) den Herzog vor
burg, welchem er fein Herzogthum nahm und bloß das Fuͤrſtenthum Luͤl
2) den Herzog von Abremberg , von deſſen Landen ein Theil mit Frankre
übrige aber mit dem Großberzogthume Berg vereinigt wurde; 3) die Laͤ
Zürften von Salm⸗Salm u. Salm⸗Kyrburg wurden gleichfalls mit Franki
bunden. Auch vom Großherzogthum Berg und vom Königreiche Weſtfalen
bebeutende Theile zu Srankreich gezogen. Das Ganze dieſer gewaltfamen
nungen betrug 532 LIM., mit 1,133,057 Einw., daß alfo dem Bunde no
UM. und 13,475,820 Einw. verblieben. Ebenfo wenig gebachte Napole
bei Errichtung diefer Conföderation ertheilten Verſicherung, dag er fich
Oberlehnsherrlichkeit über die von ihm als Souveraine anerkannten Fuͤn
Rheinbundes anmaßen, noch ſich eine Einmifhung in ihre innern Ver
erlauben wolle. Als Köberativflaat unter dem Schuge eined übermütbi
fchüger®, deſſen großer Gewalt, unbegrenzter Herrſchſucht und eifernen
der ganze Rheinbund nichts ihn Sicherndes entgegenfegen konnte, erfchi
Bund vom Anfang an als ein Unding. Da er. überalf nur ald Werk und I
Napoleons angefehen wurde und ihm alle innere Garantie fehlte, fo konnt
gegen Außen keinen Beftand haben. Das Jahr 1813 machte demſelben e
Die jegigen Großherzoge von Medienburg: Schwerin. und von Mecklenbu
lig, welche bie. legten gemefen waren, die, durch ihre Lage gezwungen,
Rheinbunde angefchloffen hatten, waren, gleich al& Preußen ſich mit Ruf
gen Napoleon vereinigte, die erſten, welche vom Rheinbunde fich losſagt
nen folgten, außer verfchtebenen minder mächtigen, balb die Könige von
und Würtemberg. Andre zögerten länger, indem theils die Lage ihrer
theils andre Verhaͤltniſſe eine freie Erklaͤrung binderten ober doch erſchwert
hin gehörte der König von Sachſen; ferner der Großherzog von Frank
Mitſtifter und Präfident des Bundes. Jener verlor die Hälfte feines Lau
diefer Altes. Gleiches Schidfal hatten der König von Weſtfalen und der (
zog von Berg (Bohn des Erkönigs von Holland). Aus demfelben Grund
durch die Befchläffe des wiener Congreſſes die Länder des Kürften von |
und des Zürften von der Leyen, die ald Rheinbundesfürften Gouverain
mebiatifirt. Die übrigen Mitglieder des Rheinbundes, mit Ausſchluße
3096 von Ahremberg und ber Fürften von Salm, find als Souveraine dem |
Bunde wieber beigetreten. liber die Veranlaſſungen und politifchen J
welche die Bildung des Rheinbundes herbeiführten, lefe man. von Gagern
Antheil an der Politik“ (Stuttgart 1823) ; des Marchefe Luchefini: „Dil
widelung der Urfachen und Wirkungen bes Rheinbundes” (aus dem Sta
von v. Halem, Leipzig 1821 fg., 3 Thle.), und Pahl's, Politiſche Lection
n’' .
Rheinfälle. Der 1. iſt eine Stunde. unter Schafpaufen bei de
Laufen, wovon das eine (Dorf und Schloß) dicht am Rhein, auf dem
helvetiſchen Cantons Zürich, und das andre, ein altes Schloͤßchen, gegen
ze
Rheingau Rheingrafen 249
hegt. Nachdem der Strom ungefähr 500 Schritte oberhalb fein Ges
hen ungeheuern $elfen, die zum Theil mitten aus feinem Bett hervor-
eng zufammenziehen mußte, fängt er nun allmälig an zu ſchaͤumen
ein, fchieft Dann bei immer zumehmendem Abhange in unzähligen Buchs
rauf Fels bin, und ſtuͤrzt fich enblich mit feiner ungeheuern Maffe von
be mit einem in der Nähe betäubenden und bei ſtiller Nacht auf 2 Meilen
em Getöfe in 3 Fällen fteil herab, twovon der auf der Sübfeite, wels
s 2 Seifenpfeilern ftatt hat, der gemaltfamfte ift. Die volle Breite der
e beträgt 300 Fuß. Nicht weit vom Gturze findet fich faft in der Mitte
rin Dans, zu dem eine Zugbrüde führt. Hier überfieht man den Sturz
en Breite. Das unaufhörliche Toſen und Braufen der herabſtuͤrzenden
ſermaſſe und das beftändige Zittern bes Felſens, auf dem man fteht,
a Bild darzuſtellen. Kein Schiff kann diefen Waſſerfall paffiren, fons
muß die Ladung zur Are durch Schafhauſen und unterhalb der Stabt
chiffe bringen. 2) Der Rheinfall unter Zurz ach, bei der Mündung
‚wird verurfacht durch einen quer durch den Rhein gehenden Felfendamm,
itte fich eine Luͤcke befindet, welche bei niedrigem Waſſerſtande das Wafs
L, auch Raum genug für 2 nebeneinander fahrende Heine Schiffe darbie⸗
ber im Sommer oft der Rhein hoch anſchwillt und fich Über Die zu beis
ber Lücke ſtehenden Felfen ergießt, fo entfteht ein Sturz, der alle Schiff»
glich macht. 3) Der Rheinfall bei Laufenburg befteht nur in einer
fe, anf welcher die Schiffe leer und an Seilen durch Menfchen, jedoch
wfabs heruntergelaffen werden. 4) Der Rheinfall bei Rheinfelden,
sahalen, auch dad Gewild genannt. Die Selfen im Mheine fangen
Btunbe oberhalb Rheinfelden an und ſtreichen bie unter bie Bruͤcke diefer
Kalt fort, daß nur eine ſchmale Öffnung bleibt, wodurch die Schiffe
ken Behutſamkeit geführt werden müffen. Unterhalb der Bruͤcke hört
und der Strom wird ruhiger.
ingau, ein 4 Stunden langer und 2 Stunden breiter Landſtrich mit
wohnern, längs des rechten Rheinufers, ehemals zum Erzſtift Mainz
w ein Theil des Herzogthums Naffau, ift eine ber herrlichiten Ges
Kichlands, beruͤhmt durch die ſchoͤnen abwechfelnden Partien und reizen»
Ken und durch die herrlichen Rheinweine, die bier gedeihen. Er wird
Weingaugebirge (deſſen hoͤchſte Spige der Mabenkopf ift), welches nur
mes Thal von dem Taunusgebirge gefchieben ift, gebildet und von dem
\ gegen WB. fließenden Rheinſtrome beſpuͤlt. Ex fängt bei dem Dorfe
Bf unterhalb Mainz an und endigt fich bei dem Dorfe Lorrich. Das ſchoͤne
Exfetb ift der Hauptort des Rheingaus. Ferner liegen Erbach, Hatten:
sh, Mittelheim, Winkel, Schannisberg, Geißenheim, der ſchoͤne große
beaheim, Asmarmehaufen, Dreiedshaufen, Nieberheimbach und Lors
mb am Ufer eine Reihe von Landhäufern. Die Ange des Rheingaus,
4 fein Gebirge gegen die Nord» und Oſtwinde gefchligt und dagegen dem
hl der Sonne außgefegt ift, trägt zur Güte des Weine vorzüglich bei.
K des Weinbaues wird der Rheingau in bie obere und untere Gemarkung
b. 5. in die Dörfer der Höhe und in die Dörfer länge des Ufers. Die
eine gebeihen auf den höchften Höhen, die gefünbeften auf den mittlern.
Biefe wadhfenden werden fpät trinkbar. Die berühmteften Weine des
ind der ſtarke und feurige Rüdesheimer und Markebrunner, der gewuͤrz⸗
misberger und Geißenheimer und ber liebliche Asmannshäufer. (©.
ine.) Außer dem Weinbau hat man auch vielen Obftbau und auf dem
fer weit entfernten Gebirgsruͤcken anfehnliche Waldung.
ingrafen, f. Raugrafen und Wildgrafen.
ui
250 Rheiniſcher Fuß Rheinfhifffahrt und » Handel
Rheinifcher oder rheinländifher Fuß, f. Fuß.
Rheinsberg (Rhinsberg), Stadt am Flüßchen Rhin und einem
im ruppinifchen Kreife des zur preuß. Provinz Brandenburg gehörigen poti
Megierungsbezirts, 12 Meilen von Berlin. Es ift regelmäßig angelegt umk
große Öffentliche Piäge, 200 H. und 1490 Einm., welche von A Ä
. brauerei und Branntweindrennerei leben. Auch beſchaͤftigt eine —*
ſchoͤne Waaren liefert, gegen 70 Arbeiter. Unweit der Stadt liegt eine Gla
Das Schloß des Prinzen Auguſt von Preußen hat einen ſchoͤnen Park mh
Spisfäule zum Andenken des Prinzen Auguft Wilhelm, Bruder Friedrichs
mit den Dentmälern mehrer preuß. Generale, die fich im fiebenjährigen Kriqy
zeichneten. Anfangs nur ein Schloß, gehörte Rheinsberg zu den 3 Stammh
der Herten von Brebow, von ihnen fam es an das Daus Beville. Dee.
Friedrich Wilhelm I. kaufte es 1736 und erhob e& zu einer Stadt, mo bed
lige Kronprinz, nachheriger König Friedrich II., refibiren follte. Ver
Werke der Kunft und durch bie edle Vorbereisung auf ein ruhmvolles Leben,
Friedrich der Einzige fich hier widmete, gehört diefes Städtchen in bie 1
der preuß. Gefchichte. Aber auch als Mefidenz des großen Bruders Friebril
des Prinzen Friedrich Heinrich von Preußen, follte Rheinsberg auf6 neue U
licht werden. Das Städtchen brannte 1740 ab, der König ließ es wieder au
und ſchenkte e8 1744 feinem als Menſchen, Weifen und Feldherrn gleich ur
neten Bruder.
Rheinsburger ober Collegianten nennt ſich eine Secte in Si
welche zu Anfang bes 17. Yahrh. aus Remonſtranten (f. d.) entftanb,
nach der dordrechter Synode zu Mheinsburg bei Leyden verborgen hielten
nachdem den Remonftranten Religionsfreiheit zugeflanden worden un
biefen nicht vereinigten, weil fie in der Freiheit ihrer Meinungen von den
Gebraͤuchen der Neformirten noch weiter abwichen. Sie wollten keine
und keiner angehören, fonbern nannten ihre Gefellfchaft Collegium und
meinden Gollegien (daher ihr zweiter Name). Da fie die Bibel als einz
ſchnur des Glaubens und Lebens aufitellten und dabei bie größte Ung
ja Verſchiedenheit in der Auslegung berfelben geftatteten, gefellten ſich
ratiſten aller Art zu ihnen; um Leyben und Rotterdam erhielten fie den meh]
wachs aus Mennoniten. Socinlanern und andern liberläufern der proteftait
Hauptparteien. In ihren Gemeinden ftellten fie keine beftimmte Geiftlihe, |
nur Älteſte, Diener und Krankenpfleger mit Vorbehalt der ——
ſich dazu faͤhig fuͤhlte, durfte in ihren Andachtsverſammlungen Vo
Taufe und Abendmahl begingen fie, ohne die Feier der Sacramente für noth
zu achten. Die Uneinigkeit einiger Schriftfteller aus ihrer Mitte, die ders
zismus zum Socinianismus geleitet hatte, verurfachte eine Spaltung
die die holländifchen Collegien von den gröningifchen trennt; jene bufden d
nianismus, diefe nicht. Um 1740 hatten fie noch 18 Gollegien ober Geh;
die vorzüglichften zu Amſterdam, Leuwarden und Gröningen. Jetzt ſchel
Secte zu erlöfchen. Y.
Rheinfhifffahrts-Dcetroy, f. denfolg Art. 7
NRheinfhifffahrt und » Handel. Schon die Römer ſuchtng
dem fie fich an dem linken Rheinufer feftgefest hatten, bie Schifffahrt *
unter der Aufſicht eigner Schifffahrtspraͤfecte nicht nur zu regeln,
durch billige Schifffahrtsabgaben die Mittel zur Handhabung der
Ordnung auf demfelben zu gewinnen. Etwas gleichfoͤrmiger wurben
fahrtsverhaͤltniſſe, als beide Rheinufer unter römifcher Herrfchaft Ra
blieb man aber damals, forte fpäter, mo der Rhein deutfcher Herrfchaft
fen murbe, von dem eigentlichen Ziele entfernt. Was Karl d. Gr. im
Rheinſchifffahrt und - Handel 2381
iſchifffahrt und ⸗Handel audſprach, waren nur augenblickliche Lichts
velche nicht unbedeutende Ruͤckſchritte in den naͤchſten Jahrhunderten
er größere Beſchraͤnkung der Schifffahrtsfreiheit, ſowie größere Zoll⸗
en das Ziel der zum Beſitz der Landeshoheit gelangten Großen der
mechie zu fein. Der cheinifche Stäptebund trat zwar diefen verberbs
kan feft entgegen; auch die Kurfürften, in deren gefteigerter Macht die
undes unterging, fuchten durch ihre in den Bollcapiteln entworfenen
chifffahrtszwang zu mindern; beffenungeachtet war im Mittelalter
die Entſtehung der Stapelmonopole und einer Art Rheinſchifffahrt⸗
igei Das Stapelfpftem — urfprünglidy eine wohlthaͤtige
td im 16. Kabrh. ein immer laͤſtigeres Zwangsrecht, durch welches
ſche Fuͤrſt auf Koften des Anbern Vortheile zu erwerben fuchte. Köln
eiten unter den Stapelftädten die erften Rollen, und letzteres dehnte
6 17. Jahrh. fein Monopol fogar auf bie Sciffe andrer Ströme
n& wirkten dagegen die papierenen Reichögefene, die Friedensſchluͤſſe,
# Mepreffalien, Abfchlüffe einzelner Verträge und Klagen bei ben
ı. Je mehr bie deutfchen Lande zerftüdelt wurden, befto mehr zer⸗
ich die deutſche Rheinfchifffahrtöfteiheit. In der zweiten Hälfte bes
bite man immer ftärker die nachtheiligen Folgen der vielen auf einan⸗
Rheinzollaͤmter, der Willkür ihrer Beamten, der Verſchiedenheit
ngen und des Mangels einer allgemeinen Steompolizei. — Dem 19.
die Ausführung Deffen vorbehalten, was die Öffentliche Meinung
Fahrt und ⸗Handel laut in Anfprucdh genommen hatte. Schon auf
Briedenscongreffe foderten die franz. Gefandten gaͤnzliche Zollfreiheit
zunb bemwilligten die deutfche Gegenfoderung freier Schifffahrt bis in
wie Aufhebung aller Stapelrechte und alles Schifferzunftziwange®.
Raifer der Franzofen ging nicht fo weit, faßte aber Dagegen den ſchwie⸗
inem getheilten Fluſſe ein feſtes, vollftändiges und gleichförmiges
Rem zu geben. Durch die am 15. Aug. 1804 zwifchen ihm und dem
als Bevollmächtigten des deutſchen Reiche, abgefchloffene, jegt noch
ation warb fein Plan ausgeführt. Er ruht auf den 3 Grundlagen,
ia von Strasburg bis an bie holländ. Grenze als ein gemeinfchaft:
mgefehen, ımb 2) auf demfelben flatt der 32 Rheinzoͤlle ein nicht
CEt. abs und 2 Fr. aufwärts betragmdes Rheinfhifffahrts-
u, auch 3) zwar der Stapel zu Manz und Köln aufgehoben, dagegen
e Umfchlag in beiden Häfen beibehalten werden folle. Napoleon ges
Schifffahrtsfreiheit und die gleichen Rechte nur inſoweit zu, ale er
b des linken Rheinufers, nicht in feinem Bemühen, Frankreichs
& Handel auf Koften andrer Staaten zu heben, geftört glaubte. Dies
rar und iſt der Rheinfchifffahrtsoctroivertrag, vein angewendet, noch
ker für alle Schifffahrtsadminiftrationen großer Fluͤſſe. Nothwen⸗
ner zwei erften Grundlagen waren, daß die ganze Schifffahrtspolizei
kon in allen Theilen und die Gerichtöbarkeit uber Schifffahrteftreitig-
n und gleichförmig, auch felbftändig und unabhängig von jedem
Inate bleiben, fofort einer nur der Gemeinfchaft verpflichteten, ober>
Mainertraut werden mußte. So ward ein Handelsſchifffahrtsſyſtem
he es ſelbſt jetzt noch kein beutfcher Strom aufzumeifen hat, und da⸗
sehe Epoche der Rheinſchifffahrt und des Rheinhandels begründet.
ie diefer Saat nicht in größerm Maße geerntet wurden, war eine Folge
Woften®, ſowie der franzöfifchen Eingriffe in den Octroivertrag, bes
w 3eit an, wo der ehemalige Kurerzkanzler, mit Abtretung feiner
Detroteintünften, Die oberfte Aufſicht Über die Rheinſchifffahrisver⸗
2 - Kheinfhifffahrt und -Bandel (1816-18)
waltung ber franz. Regierung faft allein uͤberließ. — Nach Napoleons €
von den alliirten Maͤchten in dem parifer Frieden ber lang erſehnte Gru
Schifffahrtöfreiheit auf dem Rhein bis in das Meer ausgefprochen. 2
widelung bfieb dem mwiener Gengreffe vorbehalten. Diefer befchäftigte fi
ter Theilnahme der Sefandten der allirten Mächte, forvie der Rheinuferb
land, Preußen, Frankreich, Baiern, Baden, Heffendarmftadt und N
Lich mit Ausfchluß ber Schweiz), fo thätig mit Löfung diefer Aufgabe, d
24. Mix; 1815 die wiener Congreßſchifffahrtsacte unterzeid
Auf die Unterhandlungen derſelben war es von großem Einfluffe, daß
einfeitig geftimmten Deputationen für und gegen die Stapelgerechtigk
erfahrene, mit den verwidelten Mheinfchifffahrtöverhäftniffen gena
und zugleich ganz parteilofe höhere Rheinſchifffahrtsbeamte zu Wien
welche zur Aufklärung und Berathung , ohne alle andre Rüdficht als a
der Sache mitzuwirken, Kraft und Willen hatten. Zwar wurde be
Mheinoctrois@eneraldirector Eichhof, auf den Worfchlag bes niederläu
fanbten, über einzelne Artikel der vorgelegten Conventionsentwuͤrfe ge
aber des Erftern kurz vor dem Congreſſe herausgegebene „Darftellung d
genau and mit voller Sachkenntniß erwogen hatte, der konnte vorher
weiche Partei der Verfaffer als die kuͤnftig in der Rheinhandelsſchifffal
fchende anfah und an welche er ſich Daher anzufchmiegen gedenfe. Für!
rung der wiener Rheinfchifffahrtsacte war ed naͤchſtdem von noch na
Einfluffe, daß fie fich nicht auf allgemeine zur Ausführung des 5. Art
Frieden hinreichende Srundfäge befchränkte, fondern, nach dem diplo
Holland wohlberechneten Vorfchlage des nieberländifchen Gefandten, in
Anwendung berfelben einging. Begünftigt ward damit deffen Streben
nautifchsmercantilifchen Übergewichte auf dem Rheinftrome, und weı
und wichtigfte Artikel jener Acte: Schifffahrtsfteiheit, nad) dem todten
gegen die Abſicht der Convention, nur bie an das Meer gelten follte, fo
That mit dem Königreiche der Niederlande zu Wien ein nacıtheiliger Wa
fchloffen worden. Der künftigen Gentralcommiffion für die Rheinſchifff
zur Pflicht gemacht, Alles, was die Convention von 1804 Gutes und
enthalten, beizubehalten. Auch warb dem damaligen Generalcommifl
Nheinfchifffahrt, Grafen von Solms⸗Laubach, aufgetragen, eine Gomn
ftehend aus dem ehemaligen. Seneraldirector Eichhof und 2 Rheinſchifff
ten, anzuordnen, welche den Entwurf eines definitiven Reglemente für
ſchifffahrt vorbereiten ſolle. Herr Eichhof konnte aber mit den beiben Ge
gliedern zu keinem Mefultate gelangen. Er erflärte vielmehr, feinen E
Rheinſchifffahrts⸗Centralcommiſſion nad) ihrem Zufammentritt unmit!
geben zu wollen.
Die Beftimmung diefer Gentralcommiffion war dreifach.
gebende Behörde follte fie gleich nad) ihrem Zufammentritt 1) im N
Uferftaaten eine interimiftifche Infteuction erlaffen, welche bis zur Exfd
definitiven Verordnung die Befolgung der Sonvention von 1804 vorfd
doch (mie es in der wiener Acte wörtlich beißt) „Diejenigen Artikel bezei
che bereits durch erftere aufgehoben find, oder durch andre Vorſchrifter
erfegt werden muͤſſen““. Sobann folle fie ein definitives Reglement für
ſchifffahrt abfaffen, und fobald diefes von ben Uferftaaten die Sancti
haben werde, folle die neue Ordnung der Dinge ihren Anfang nehme
tralcommiffion aber in ihre gemöhnliche Function, d. h. einer oberſten
und Controfbehörbe über die permanente Adminiftration, eintreten. WB
fie 2) die bei ihrem Zuſammentritt aufhörende, von den alliicten Maͤcht
. nete Gentralverwaltung vertreten, d. h. als oberfte abminiftrative St
Rheinſchifffahrt und «Handel (1816—18) 255
hende unseittelbare Verwaltung der Rheinfchifffahrt leiten; 3) enblich,
:abmeinifkvatio s gerichtliches Collegium, mehre iht ausdruͤcklich zugewie⸗
unterfuchen md enticheiben. Gieichfalls, aber vorübergehend und an
Men Zeitpuntt gebunden, erhielt fie die Beſtimmung, das Penfions:
Ider alten Mheinzoll », als der feit 1804 angeftellten Rheinfchifffahrtes
ı figuidiren und den Etat definitiv abzufchließen, auch Allee, was bie
winfehifffahrtöoctroi angeroiefene Renten betrifft, in Drbnung zu brins
Conmiſſion hielt ihre erſte Sigung zu Mainz am 15. Aug. 1816.
be Verhandlungen in franz. Sprache. Unter ben nad) und nach auftres
oImaͤchtigten machte fid) bald der batrifche Staatscommiſſair v. Nau
Die natürliche politiſche Stellung ber einzelnen Commiſſionsglie⸗
uf einen Verband zwifchen ben Commiffairen von Preußen, Heſſen und
möge ihres gleichförmigen Staatsintereſſe. In Frankreichs und Hols
ümächtigten lagen, obwol fie die Zukunft als Seehandels » Nebenbuhler
manche Affimilieungsftoffe. Den beiden andern Commiſſairen bezeich-
uttfch = miercantilifche Polltik eine neutrale Stellung ale ihre regelmäßige
ins anders geftalteten ſich dagegen 2 Parteien, theils durch ben gehels
tenfiuß des ehemaligen Generaldirectors Eichhof, theil® durch per-
thäimiffe der einzelnen Commiffaire. Der bairlſche Commiſſair hielt fich
Scharffinn ganz richtig in der Mitte. Preußen fand ſich faft iſolirt;
ge ſich nach und nad) Heflen, nach einem richtigen diplomatifchen Tak⸗
m kraͤftigen und preiswuͤrdigen Verfechter der deutfchen Schifffahrtsfreis
ben niederlänbifchen Schifffahrts⸗ und Handelsmonopolienbrud. Der
heinſchifffahrtsdirector trug, ſtatt feiner eigentlichen Beflimmung und
en Amte gemäß, der Gemeinſchaft zu dienen, das niederlaͤndiſch⸗ fran=
Bier. Der Centralconmiffion blieb daher an dem geraden, beſonders
xabilitaͤt der Rheinfchifffahrtsadminiftration fehr gefchickten u. erfahre⸗
ale Dermann ihr einziger, allem Parteigeifte fremder, ihr un-
For leiftender Beamter. — Im erften, anderthalb Jahre dauern⸗
Rheinſchifffahrtsverhandlungen erblickt man, obne vorhergegangene
joe Die anzunehmenden Grundlagen, fiebenfahe Entwürfe einer in⸗
Inſtructlon. Nur darin hatten alle, welde von den Gliedern der
den Partei ausfloffen, oder auf welche der Generafdirector Eichhof ei:
ausübte, eine gemeinfchaftliche Tendenz, daß gaͤnzliche Aufhebung
zu Mainz und Koͤln noch vor der definitiven Übereinkunft eintreten
b hätte aber, muß bier jeder Unpartetifche fragen, die nieberländifche
nech auf dem Rheinſtrome zu fuchen gehabt, wenn ihr ber Diplomatifche
durch Stapelnufhebung auf einmal Alles in Allem ſchon während des
a Zuftandes zu gewinnen, wirklich gegluͤckt wäre? Diedeutfchen Rhein:
hätten das ganz gleichgültige Recht, ihre Schiffe etwas weiter auf dem
,. auf ber holländifchen Strecke fahren zu laſſen, mit dem Werlufte des
dles ihrer bisherigen Dandelsfchifffahrt erfaufen, fich von den hollaͤn⸗
Wenhändlern alle tiber die See bezogene Süter direct bis an bie Außerfte
Sheins zuführen laffen, alle vormals befeffene und in dem parifer Frie⸗
hate miercantilifche Voͤlkerverbindungen und Benugung der urſpruͤngli⸗
aufheben, dennoch ſchwete Abgaben in Holland besahlen und in bem
ben e8 an den Rheimmündungen zufchnüct, für immer ftedien bleiben
br ein gluͤcklicher Zufall und Preußens guter Genius bewahrte Deutſch⸗
un fo verberblichen proviſoriſchen Zuftande, der vielleicht ein halbes
mert haben wirde. Gluͤcklicherweiſe hatte nämlich der niederländifche
Yen Muth nicht, den fiebenten, fchon von der Majorität der Central⸗
ſwaheſcheinlich um nur zu irgend einem Refultate zu gelangen) gecey⸗
254 Rheinfchifffahrt und » Handel (1818—21)
tirten Entwurf einer interimiftifchen Inftruction unbebingt anzunehmen
benugte feine Weigerung unb ließ ſogleich durch feinen Commiſſalt in I
vom 27. Zebr. 1818 erklaͤren: „daß es die Interimiftifche Inftruction ı
mige, vielmehr ihn angewiefen babe, ſtracks auf das Ziel losugeher
Zeitverluft die Abfaffung des befinitiven Meglements in Antrag zu bring
land aber, das ſchon manche Vortheile in dem proviforifchen Zuftandı
fie durch Aufhebung der Stapel zum höchften Punkte zur fleigern ſucht
alte indirecte Springfebern zu Erwirkung eines nur ihm nuͤtzlichen intı
Zuftandes, und fo warb ſowol diefer preuß. Antrag als die weiter gefl
native, die interimiftifche Inftruction auf eine Norm für bie Zollbeami
gulictung der innern Angelegenheiten zu befchränten, mehr oder minder
theiligten Regierungen abgelehnt. Das Refultat zweijaͤhriger Unterha
daher fein andres als eine Proclamation vom 10. Oct. 1817, mittelft
die Centralcommiſſion als conftituirt erklärte, eine proviforifche Verwa
miffion für die Rheinfchifffahrt ernannte, die Exhebungsämter von d
rains, in deren Gebiet fie fidh befinden, in Beſitz die Beamten fowol|
als auch für Befolgung der Centralcommiſſionsbefehle in Pflichten nı
was eigentlich Hauptzweck war, die jährlich in ben Exhebungsämtern ı
Gelder an die einzelnen Regierungen auf dereinſtige wechfelfeitige Abre
weifen ließ.
Der zweite Act der Sentralcommiffionsverhandlungen umfaßt
jährigen Zeitraum (vom Aug. 1818 — 21), Das Commiffionsper
in bemfelben das naͤmliche. Baden allein ſandte flatt bes bisherigen A
(v. Mügig) feinen vietjährigen Rhein⸗ und Nedarfchifffahrtsreferenten
gierungsrath Hartieben). Der neu eingetretene badifche Commiſſair [dj
jedem, befonders dem holländifch = franzöfifchen Parteigeift abzurvenden
ſich vielmehr mit den bairiſchen und naſſauiſchen Commiſſairen in der!
mit ihnen jedesmal auf diejenige Seite überzutreten, melde nach Em
wahren Zweckes ſtrebte. Beſonders zeigten fich in der Verbefferung b
ftration, welche ducch viele franz. Eingriffe außgeartet war, ber baltiß
bifche Commiffaie anhaltend thätig. Viele gründliche Ausarbeitungen
des Turnus der Rheinfhifffahrtöbeamten, ihrer Befoldungsverhältniffe,
fergildewefens, der Schiffsaiche, ber Wafjerdiligencen, ber herzuitellen
foͤrmigkeit bei Erhebung ber Recognitionsgebühren, der Frachtenreguik
feneinrichtungen, Stapelmißbraͤuche, Schiffermanifefte, des Leichtend
fe, der Leinpfade u. ſ. w. kamen zur Berathung. Weit mehre Refultat
folgen koͤnnen, waͤre nicht oft von dem niederländifchen Commiſſair, der
Ben (yon am 13. März 1818 wol bemerkte) noch zur Zeit gar kein Red
nahme an der Abminiftration des conventionellen Rheines hatte, Wit
gen mehre Änderungen der Eichhof’Ichen Adminiftration erhoben worden
den ferner, befonder& durch die Bemühungen der preußifchen und ı
Commiffaire, die Penſions⸗ und Rentenanſpruͤche liquibirt und feflge
über die Xheilung der Rheinfchifffahrtseinkünfte Unterhandlungen gep!
quidirt und regulirt find zwar jegt nach ben Artikeln 29 und 30 der ı
alle Penfionsfoderungen der Rheinſchifffahrts⸗, ſowie der fruͤhern
beamten und ber Witwen, auch ift beflimmt, mer die anerkannten
bezahlen fol: allein die deutfchen Uferfiaaten verweifen die zum Theil fe
ten Gläubiger an Preußen, weil e6 bisher mehr an Zolleinkünften eh
babe als ihm gebühre. Dieſes verweigert dagegen die Leiftung von 3
bezahlt aber jährlich die ihm für feinen Antheil zugefallenen Penfionifte
her Art verhält es ſich rüdfichtlidy der Rentenfoderungen, Über bera
Fein Zweifel mehr obmwaltet. Was die Theilung der Rheinſchifffahrtse
heinfhifffahrt und Handel (1821—22) 255
eben fich nady langer Zeit Baden, Baiern, Heſſen und Naffau (mit
Frankreichs, das einen eignen Plan vorlegte) über einen Theilungs⸗
sic einander vereinigt. Gemäß beffelben würde Preußen an bie in-
5 Uferflaaten, nad) Abzug der bereitd non ihnen eingenommenen
Stanten, vom 1. $uni 1815 bis 1. Juni 1824 noch eine Bruttoein-
4,012,321 Franken zu vergüten haben. Preußifcher Seite hat man fich
Yefen Theilungsmaßſtab, den ohnehin Frankreich verwirft, noch nicht
er ſcheint Manchen zu hoch gefpannt zu fein; denn bie betheiligten Ufer⸗
mn an der ganzen Einnahme, flatt 20 Procent, deren 35. So entbeh:
immer noch anfehnliche Summen, ftatt ſich über den preußifchen Ver⸗
ſchlag zu vereinigen. Unter den übrigen Verhandlungsgegenftänden
25. Aug. 1820 zwifchen den Commiffaiten von Frankreich und Baden
ne Vertragsproject über Einführung des Octroi und eine Schifffahrtes
f ber oberſten Rheinftromftrede von Baſel bis Strasburg zu bemer-
| &brigens den Abfchluß eines definitiven Reglement für die ge⸗
einſchifffahrt betraf, fo Eonnte nady ber Lage der Sache nidyt mehr ges
I die Bönigl. preuß. Regierung zu einem weitern Schritte deßhalb zu ver-
Yet herzogl. naffauifche Commiſſair ergriff hierzu jeden möglichen Anlaß.
s alle Gommiffaire, mit Ausnahme des nieberländifchen, ſowie deren
a überzeugt, baß jegt nur ein Definitivreglement zum Ziele führen koͤn⸗
m verfprad) endlich, einen Entwurf hierzu vorzulegen.
beitte Act ber Gentralcommiffionsverhandlungen begimmt mit 1821
In der Mitte von 1822. Die Commiſſaire waren bie nämlichen, weil
ungen von ber liberzeugung ausgingen, daß fie durch ihre in einer fo frem⸗
ı sefammelten Erfahrungen den Zweck am leichteften erreichen koͤnnten.
u wechfelte zum dritten Dal. Das erfte merfwürdige Ereigniß war die
Pranfreiche, daß es feinerfeitd vom 1. Juli 1821 an die mit Baden pro>
wieinführung und Schifffahrtsorbnung in dem neuen Bureau zu Stras-
Imehr ausführen werde, als bereits die Majorität der Gentralcommif:
erklärt habe, daß Baben und Frankreich hierzu ein volllommenes Recht
gegem die projectirten Artikel Nichts zu erinnern fei. Der nieberläns
Biffate aber trat allein al& heftiger Gegner gegen dieſes Vertragsproject
uch fogar von lÜibereilung des franz. Dofes und fügte fich unter Anderm
ß Baden das Project noch nicht ratificirt habe. Der badifche Commiſ⸗
? auch wirklich am 16. Juni 1821: „daß fein Hof, verfchiebener Um:
m, moch zur Zeit Bedenken getragen habe, dem fraglichen (von Baden)
Vnahme der Sentralcommiffion gebrachten Vertragsentiwurf die Geneh⸗
eilen“. Ein zweites fehr wichtiges Ereigniß mar die von Preußen
1 geſchehene Vorlegung bes Entwurfes eines definitiven Reglemente,
demerken, daß ber deutfche Tert deffelben als Driginal anzufehen fei
Discuffionen über den Entwurf ein preuß. Specialbevollmächtigter wer⸗
werben. Am 22. Febr. 1822 waren auch bereits alle Commiffaire, au:
diſchen, über das Project inftruirt. Noch 4 Monate, alfo im Gan⸗
el Fahre verfloffen, bis diefer am 26. Juni deffelben Jahres erklaͤren
mmebhr mit Inſtructionen verfehen zu fein. Inzwiſchen hatte der nieder:
senmiffair diefen langen Zeitraum benugt, um mehrmals feinen alten
"Abfaffung einer interimiftifchen Inflruction, welche die beiden Stapel
w wiederholen. Da er aber bei ber in einer Reihe von 6 Jahren erprob:
Bichkeit, dieſes Ziel feiner Wuͤnſche zu erreichen, von keiner, ja nicht
babiſcher Seite Unterftügung fand, fo entfchloß er fic doch endlich, auf
nungen über ein befinitives Reglement einzugehen. — Ein dritte® merk:
keigniß war, neben ber Tendenz verfchiedener Staaten aufUntervrlukung,
258 Kheinſchifffahrt und Handel (182225)
des gemeinfchaftlichen Verbandes’ durch Geltendmachung ber Eouven
Preußens Streben, fein Donanenſyſtem auch auf dem Rheinfirome
hen und zu befefligen. Die Centralcommiſſion flelite dagegen bie }
der neue preuß. Douanetarif, welcher bie in dem Entwurf eines bef
ments vorgeſchlagene Douanenbeflimmungen jegt ſchon einfeitig zı
bringe, mobificitt und die tractatenmäßige Rheinfchifffahrtöfreiheit
ten werde. Naffau machte auch bei der Centralcommiſſion bie Anzeiı
Mauthbeamte gegen ben 88. Artikel der Gonvention von 1804 ihr
tungen auf ben Steom felbft ausdehnten. Durch eine über beid
gegebene Erklärung fand ſich zwar die Gentralcommiffion groß
higt, erneuerte aber ihre Beſchwerde über die an dem Hauptzollaı
eingeführte materielle Revtfion der auf Rheinſchiffen geladenen Gi
Einfoderung von Begleitumgefcheinen, und verbot allen Schiffen ſich
zu unterwerfen. Preußen erwiberte, daß bie Gentralconmiffion, da
Iative Gewalt habe, incompetent fei, einen folchen Beſchluß zu fafl
wies zwar ihre Sompetenz; es blieb aber bei der mit der tractatenn
ſchifffahrtsfreiheit wol nicht ganz übereinflimmenden materiellen G
Koblenz ımb dem ihr entgegengefesten Verbote an die Schiffer, fi:
unterwerfen. |
Der vierte und wichtigfte Act der Centralcommiſſionsverh
gann in der Mitte 1822. Unter den handelnden Perfonen ging einı
änderung vor, durch die Ernennung des Regierungschefpräfident
£önigl. preuß. Specialcommiffair. Dieſer ausgezeichnete Staatsman
Fifche und zugleich bie gute Sache Deutſchlands fo Eräftig und mit |
matifchen Gewandtheit vertheidigt,, daß Nichts als bie Fortdauer des
in dee Majorität der betheiligten deutfchen Höfe zu wuͤnſchen uͤbr
vorherrfchende Charakter des von Preußen entworfenen definitiven |
im Beifte des parifer Friedens und der wiener Schifffahrtsacte, d
ßige Befefligung voller Schifffahrtöfreiheit von Bafel bis in bie offen:
gekehrt von berfelben bis Baſel, jedoch inſofern, als fie Bezie
Handel hat. Ohne diefe Freiheit bleibt Suͤbdeutſchland in ein
ten zinsbaren Verhältnig gegen einen Staat, der feine Wiederherfti
insbefondere Preußen in dem Befreiungskriege zu verdanken hat. £
die Voͤlkerverbindung unmöglich, welche die alliirten Mächte durch li
tungen herftellen wollten; dern Holland fperrt Die See entweder bur
gaͤnzliches Verbot ober durch enorme Abgabenbelaftung der Güter,
Rheingrenze gebracht werden ſollen. Es unterwirft alle Schiffe de
einem gezwungenen Umfchlag bei der Ausmuͤndung des Rheins in bi
deit fie alfo ungleich und ganz anders als die Schiffe aller andern S
ohne ihre Ladungen an das Land zu führen, auf urze Zeit in einem
fen verweilen. Der jegige traurige Zuftand Deutfchlande rührt au
von diefer Behandlung her; denn feine Getreideausfuhr iſt ganz ur
die Durchgangsgebuͤhren des Getreides in Holland doppelt fo viel
Merth des Getreide beträgt. Diefer Fall tritt in ähnlicher Art b
anderer Waaren ein. Von denjenigen, deren Ducchfuhr auf den
Mpeine in die See nicht ganz verboten ift (ſowie dies Häufig vorko
Holland nicht, wie die Rheinuferftaaten, ein bloßes Octroi, fondı
auf vielfache Art, um Sübdeutfchland nicht nur feine eignen Probu
cate ausfchließlic, aufzubringen, fondern auch von denjenigen, wel
See aus andern Staaten holt, als monopolirter Zwiſchenhaͤndler bı
winn ganz allein zu ziehen. Holland läßt fich von den Gütern, bie «
im bie See gebracht werden, alfo nur tranfitiren follen, nicht mar ei
Eheinſchifffahrt und Handel (1822 — 26) 257
238500, der oft 20—30 Mal mehr als die Befahrung des Rheines auf ei⸗
un strecke beträgt, fondern auch noch andre Mebenabgaben von Bedeu:
um. Es nimmt außer dem Lagergeld, den Sommiffionsgebühren u. f.
os fogenannte Syndikat, d. h. einen Zuſatzzoll von 15 Proc. auf den Be:
Tranfiegebühren. Es nimmt ferner unter der Benennung: Plombage ber
nden Waoren, nicht etwa eine Verguͤtung für die verwendeten Bleie,
ine weit bebeutendere, bis auf 14 Proc. fteigende Steuer vom Kranfit,
emigen Güter, bie ihrer Natur nad) gar nicht plombirt werden können,
von Blei, Kupfer, Zinn in Bloͤcken u. f. w. Bel einer folchen, ben Frie⸗
Am, Vertraͤgen und liberalen Abfichten der verbündeten Mächte wider:
: Behandlung der Süddeutfchen, wuͤrde alfo Preußen, wenn nicht
rtefreiheit in die See Grundlage feines vorgefchlagenen definitiven Regle⸗
worden waͤre, nicht nur feine Rheinprovinzen der erlangten Vortheile bes
dern auch einen Theil der deutfchen Nationalintereffen fremder Will⸗
wgeben haben. — Charakteriſtiſch, doch mehr für das befondere preuß.
eine beustfche Intereſſe berechnet, ift das in dem definitiven Reglemente:
khtbare Streben nach Beſchraͤnkung des beftehenden gemeinſchaftlichen
sam Vortheile der Souverainetät der einzelnen Rheinuferſtaaten, ımb
nstehnung des preuß. Mauthſyſtems auf den Rheinſtrom felbft, indem
te die Convention von 180% die Donanenaufficht nur auf die Rheinufer
Ss iſt ferner aus diefer Acte auch nicht alled Nuͤtzliche, was fie enthält,
chrift der wiener Convention entiehnt, fondern es find vielmehr bie be:
bildeten und geregelten Rheinfchifffahrtsverhätmiffe mit den noch immer
w Ausbildung erwartenden Verhältniffen des Eibes und Weſerſtroms
B. Indeſſen wird e8 wol den betheiligten Uferflanten nicht ſchwierig wer⸗
Ber ihre dießfaltfigen Wünfche mit Preußen auszugleichen, da fich bie:
bfiper beider Rheinufer leicht, befonders auch durch Anlegung einiger
Bhäfen, In Stand feken Tann, feinen Zweck ohne nachtheiltgen Einfluß
auf das Schifffahrtsfnften der Gemeinfchaft zu erreichen. — In dem
blungen ward von Seite des nieberländifchen Gommiffairs vor
imf gebrungen, daß der Status quo der Gonvention von 1804 während
keblungen beibehalten werde. Auf die Gegenbemerkungen bes preuß. und
kemmiffatr® geftand man endlich felbft niederlaͤndiſcher Seite gu, daß der
» von 1804 mit den feither von der Gentralcommiffion befchloffenen Aus:
ten ſolle. Hierauf gaben im Febr. 1823 Batern, Naffau und Heffen ihre
eren Anträge Über alle Artikel des definitiven Reglementsprojects
Yad. Baden und Frankreich erklärten aber, nur artitelmeife abftimmen
In Erwartung der nieberlänbifcyen Inſtruction wurden die Verbands
fe Monate vertagt; mblich erklärte deffen Commiſſair, daß er verſuchs⸗
weiſe ſich in Discuffionen Aber den Entwurf des definitiven Reglemente
wie. Die Majorität gab der Minorität nah, umd fo gelangte man end»
3. Aug. 1823 zur Discuffion des 1. Artikels des Reglementsentwurfé!
‚ gleich dem 9. Artikel der wiener Acte, die Sreiheit der Rheinſchifffahrt
Mene Ser aus. Baden und Frankreich hatten vorerft dabei nicht® zu erin⸗
aber Die Niederlande dagegen proteftirten und diefe Freiheit nur bi® zu den
Emftlerdam, Rotterdam und Dortrecht zugeftehen wollten, traten beide
Echte. Zur deutſchen Oppofittonspartei gehörten Preußen, Baiern,
u Heſſen, leßtere® etwas ſchwankend, meil ed der Meinung war, daß
wnd wichtigſte aller Streitfeagen nur von den Garants der wiener Con⸗
tſchieden werden könnte. Daß der badiſche Commiſſair (Bühler) mit
Wifchen gemeinſchaftlich die Rolle des Vermittlers uͤbernehmen wollte,
befeemden, wolnber, daß er, biefem Zwecke entgegen , felbft ale Ber-
& Eiesente Aufl. BE. IX 17
258 Rheinfhifffahrt und Handel (1822—25)
theidiger der niederländifchen Behauptung auftrat. Der Sefammtinhalt b
einfeitiges Rocalintereffe gebauten Hauptgründe ber nieberländifchen Partei.
in Kolgendem: Der 1. Artikel des wiener Vertrags fpreche die Schifffahrtef
‚jusqu’ä la mer” und nicht jusques dans la mer” aus, auch beftätige t
19. Artikel, wo es heiße: „jusqu’ä son embouchure dans ia mer’. Bid
die Abficht der Gontrahenten auf dem wiener Congreſſe zu Rath, fo koͤn
Flußacte fich auch nicht weiter al6 auf den Fluß ausdehnen. Man habe Niet
Nichts von den Seerechten auf fein Seegebiet, über das in Wien fein Wort
chen worben fei, vergeben wollen noch vergeben können, ba es dieſe nach
finanziellen oder politifchen Ermeffen, ebenforvie die Flußſtaaten ihre Zerritorke
auf den Landftragen, auszuüben befugt ſei. Vermuthen könne man ebenfa
ſolche ſtillſchweigende nachtheilige Verzichtleiftungen, als fie an und für fl
in der Freiheit der Rheinfchifffahrt mit einbegriffen, ſonach als aufgehoben 4
ben fein. Vorausgeſetzt, daß wirklich alle Waaren außer den Schifffahrte
ven frei fein follten, fo bebürfe es dazu keiner gänzlichen Aufhebung aller nie
difchen Seezoͤlle, fondern nur die Beſtimmung der Schifffahrtögebühr. €
aber keineswegs in der Abficht der Contrahenten gelegen, alle Waarenabge
zuzulaffen, fonft würde man das Naͤmliche auch bei ben Nebenftrömen bes
verfügt haben, und frei bleibe diefer, fo lange auf demfelben Eeine Hindern
Beldftigungen einträten. Die Freiheit auf dem Seegebiete muͤſſe aber fh
wiefen werden. Wäre übrigens der 1. Artikel des wiener Vertrags wirkll
felhaft, fo. dürfe, er nicht gegen, fondern nur nach deffen Worten erklaͤrt
Niederland lege gegen die Vortheile, welche ihm bie Kreiheit auf dem gang
gewähren werde, bie ungebinderte Schifffahrt auf feinem Flußgebiete bi8
Märkten, die Aufhebung der Schifferrechte, die freie Concurrenz mit fe
fern und die Entfernung aller Douanen von dem Rheinſtrome als Aula
bie Wagſchale. Daß es aber feine Seerechte unbedingt bingeben folle,
zu Wien nicht verlangt und verlangen Binnen. Baden und Frankreich fol
ber aus diefer Behauptung, daß Niederland Feine weitere ——
die Seezoͤlle nicht zu feinem privativen Vortheil zu benutzen, folglich jebes J
verbot aufzuheben und den Seezoll unabaͤnderlich zu fixiren. Der badiſt
miffair verficherte fogar, Niederland werde feine Seerechte nie unbedingt af
wogegen aber der bairifche Commiffair bemerkte, daß jegt ſchon ber nieber
Seezoll den franzöfifchen Handel beföcdere, und daß wenn einmal Strasiuf
den Rhonecanal mit dem Mittelmecre in Verbindung ſtehe (auch, fegen s
Paris nach dem gegenwärtigen Plane ein Seehafen ift) und der Rhein !
Ems und Lippe neue Hanbelözuflüffe erhalte, den Niederlanden ſelbſt mi
bauptung des babifchen Commiſſairs, fie Eönnten fich dieſes Rechtes nie !
Umfange begeben, vielleicht Bein Dienſt geleiftet werde. Siegreich trat}
die Majorität ber Gentralcommiffion, an deren Spige Preußen ſtand, be
fer Sache nie fein SSntereffe von dem der übrigen Uferflanten trenmte, in fh
„Dauptgegenfägen auf: Bei bem 1. Artikel des wiener Vertrages, buchß
nommen, wird felbft ein Collegium franz. Sprachlehrer zugeftehen, daß d
druck jusqu’ä la mer im gewoͤhnlichen Sprachgebrauche fo viel als bis in
welches bei feiner Ebbe und Flut ohnehin keine Scheibelinie zwiſchen Fi
Seewaſſer ziehen läßt, zu bedeuten habe. Jeder, der fagt: La grande rogf
libre de Chatillon jusqu’a Paris, nimmt an, daß man auf diefem
Paris gelangen kann, da der Ausdrud jusqucs dans Paris edenfo Ab
ungebräuhlic if. Daß in dem 19. Artikel der wiener Acte ber Ausb
£ommt: „jusqu’a son embouchure dans la mer” ift fehr natürlich,
nur von aufzuhebenden Stapel: und Umfchlagrechten die Rede ift, folg
fen 3wed und an diefer Stelle die gewählten Ausdrüde hinreichen.
Rheinichifffahrt und = Handel (1822-25) 259
ber richtigen Bemerkung des bairifchen Commiſſairs) hier vielmehr die
Wort als das Wort der Sache den Sinn abgewinnen muß, auf bie
un Geiſt, die gegenfeitigen Verhaͤltniſſe der Contrahenten und den Zu:
ng bed wiener Vertrages über, fo ift nichts gewiffer, ale daß die Schiff:
eit bis in bie See beftehen fol. Der Deutung der badifch niederlaͤndi⸗
ei ſteht ſchon das bekannte franz. Decret vom 21. Oct. 1811 und nod)
zariſer Friede entgegen; denn deffen Artikel 5 ift ganz in dem Geſichte⸗
er durch liberale Inſtitutionen herzufteltenden Völkerverbindung verfaßt,
eflimmt von der Gleichheit der Abgaben, der Begünftigung des Welts
id der durch denfelben zu erwirkenden Annäherung der Völker fpricht.
: Eontrahenten wollten geroiß nicht dem Gutfinden eines durch ihre Ans
vieder erſtandenen Staates ihre commerzielle Verbinbung anheimftellen
ven Grundſatz ber Rechtsgleichheit vernichtende Verbindung eingehen.
Abſicht anders geweſen, fo hätte etwas über das Seerecht beftimmt
b der nieberländifche Gefandte feine entgegengefebte Meinung erklaͤren
mn wenn Holland, bas ohnehin fo große indirecte Hanbelsvortheile hat,
‘ Bedingniffe an den Mündungen des Stromes vorfchreiben kann, fo
eine folide Handels⸗ und Fabrikfpeculation von ben Unterthanen der
kaaten voraus berechnen. Angenommen, daß wirklich ber 1. Artikel
ges einen Doppelfinn hätte, fo müßte er zu Gunſten ber Handelsfrei⸗
er Voͤlkerverbindung interpretirt werden. Daß man aber hierüber gar
zeifel geweſen, ergebe fi) aus den gleichfalls auf bie wiener Acte gebau⸗
s abgefchloffenen Elbe⸗ und WBefer: Schifffahrtsverträgen, in welchen
Banbelsfchifffahrtsfteiheit bis in Die offene See als 1. Artikel voranftehe.
nd fei vorhanden, warum’ das fübliche und weftliche Deutfchland einen
ehr mit allen Seeftaaten, zum Abfag feiner Erzeugniffe, entbehren folte,
Beſitz ſich das nördliche und oͤſtliche Deutfchland bereits befinde, daher
neuerlich auf dem Congreffe zu Verona von der britifchen Geſandtſchaft
mg ber niederländifchen See in einer Note reclamirt worden, bie feinen
rig lafle, daß in Wien oder Paris von Begebung des nieberländifchen
‚die Rede gewefen fein müfle. Was Holland gegen die für fein Interefs
ige freie Schifffahrt auf dem ganzen Rheinftrome als Aquivalent in bie
legen wolle, fei für die Rheinuferſtaaten, die eine Menge finanzieller
geopfert hätten, insbeſondere für Preußen, das bloß allein durch Umle⸗
karifs, worauf Holland dringe, mehr ale 700,000 Sr. aufgebe, nicht
Sollten die fämmtlichen Rheinuferftaaten ihren Hoheitsrechten auf
biete entfagen, fo muͤſſe dies auch von Holland ruͤckſichtlich der Verbin-
Rheines mit dem Meere gefchehen ; denn was in den Niederlanden an ben
m Seerecht heiße, fei jeder Rheingrenze eines Uferftantes das Strom:
ı der Freiheit des Tranfitd und der Theilnahme am Welthandel beſtehe
einzige Gommpenfationsmittel und die einzige Gteichflellung der Souve⸗
chte und Handelöverhältniffe. Der Abſatz Hollands, den Rhein auf:
trage jest fchon (tie der bairifche Commiſſair ſehr wahr bemerkte) we⸗
D Mi. Gulden jährlich, während der Abfag der Mheinländer auf dem
en Markte kaum tel diefer Summe ausmache. Stehe aber jegt ſchon
Kehllanı zum Vortheile Hollands auf *tel, fo werde, nach Aufhebung
I zu Koͤln and Mainz, Handel und Schifffahrt ſich mehr wie jemals in
m der Dolländer befinden. Es fei eine ganz eigne Erfindung des niebers
Gommiffaite, daß er eine nieberländifche Zerritorialfee den Landgebieten
naten zur Seite ſtellen wolle. Man beftreite ihm fein Seerecht nicht,
We ſes nur mit dem Stromrechte in ‘Parallele. -- Den Werth foldyer
um Bründe, welche bie beutfche Partei für fi hat, mußte der nieder:
| 17*
260 Rheinſchifffahrt und - Handel (1822 — 25)
laͤndiſche Sommiffair mol fühlen, weil er fi auf den mehrmaligen preu
den Art. 1 den Garants der wiener Acte zur authentifcyen Sinterpretati
gen, ebenfo wenig als auf den Geiſt des Vertrags, oder andre bi:
Actenſtuͤcke einlaffen, vielmehr fein ganzes Heil einzig und allein in ber
‘hen Auslegung einer von geiftvollen Staatsmaͤnnern verfaßten Acte fu
Ein befonderes Stantdintereffe des badifchen Commiſſairs laͤßt fich nich!
da Baden weder Seehäfen hat, noch feinen manheimer Nedarftapel mi
fperre in Verbindung fegen kann, auch die kühnften Ideen von zu eı
Danbelsvortheilen. durch Frankreich oder Holland, von Anlegung ein
dungscanals zwiſchen dem Rhein und Nedar u. ſ. w., im Verhälmiß z
ringenden Thellnahme am Welthandel, kein ausgeſchiedenes Intereſſe
koͤnnen. Dieſe Anficht beſtaͤtigt auch einer der Eingeweiheten in das badi
fahrts⸗ und Handelsintereſſe, der auf allen neuern Handelscongreſſen
als Bevollmaͤchtigter erſcheinende Geh. Rath Nebenius, in feinen „Be
über den Zuſtand Großbritaniens“ (S. 121), wo er, als entſchiedener
von Holland aufgeſtellten buchſtaͤblichen Auslegung des wiener Vertrage
1818 mit hoͤchſtem Eifer fuͤr die gerechte preußiſch⸗deutſche Fodecu
Merkwuͤrdig find folgende Aeußerungen des k. preuß. Specialcommiif:
wohlwollender Vermittler muͤſſe ſich in die Mitte ſtellen und nicht mit d
riſchen Anerkenntniß des Rechtes der einen und des Unrechtes der audern
als Vermittler ankünden” (295. Specialprotokoll); ferner „mann
Har und vollſtaͤndig feine Meinung fagen und nicht die Reiheorbnung
end umkehren wollen. Wenn A fage, ich flimme für jetzt noch nicht, ©
erſt hören, vote B fich äußert, fo dürfen B, C, D u. f. m. vor= und
das naͤmliche Recht in Anſpruch nehmen, wodurch wir (die Commiſſa
cherweife in den Fall einer Gefellfhaft gerathen koͤnnten, die complime
der Thuͤre ftehen bliebe, weil Niemand zuerft eintreten wollte”. Nach di
pfe im Plenum der Gentralcommiffion gingen Preußens und Hollande X
tigte, um einen Verſuch zu wechfelfeitiger Annäherung zu machen, zu
traulichen Notenmechfel über, ber vom 23. Sept. 1823 bis zum 31.‘
fortgefegt wurde. Die Refultate diefer Unterhandl. waren einzelne Zu«
untergeordneter Art, die als Mißbraͤuche und übertriebene Beſteueru
ohnehin nicht mehr wuͤrden beftehen Finnen. Niederland erbot fich näı
Vorausſetzung, dag auf die freie Schifffahrt in die See verzichtet n
Zranfit der Güter zu geftatten, jebod mit Ausnahme des Salzes,
der Heringe, des Papierd und der von feiner. Nationalfifcherei herkommen
Es erbot ſich auch, die Zranfits und DOctroigebühr fo feftzufegen,
fammengenommen die Rheinoctroigeblihr von Lobith bis in die See entr
oder nur um Weniges überfteige, und zugleich ein Maximum für die
gaben nebft einem Claſſentarif aufzuftellen. Der preuß. Commiſſair fon
türlih auf folche unzureichende Nachgiebigkeiten nicht einlaſſen, ſond
mit vollem Recht vor Allem auf der freien Fahrt bis in die offene See
trat der bairifche Commiffair mit neuern, auf Deutfchlande wahres Be
techneten Vermittlungsvorfchlägen auf. Als Grundlage nahm er an, t
Schifffahrt bis in die See, jedoch nur zu Bunften der Rheinuferftaaten
finitiven Reglement ausgefprochen werde. Der nieberländifche Comm
aber auch die® ganz und die übrigen Vorfchläge mehr oder minber.ab,
übrigens die Einbolung von Inftructionen vor, ob und inwieferne chd
Tranfittarifes und der Nebenkoſten nachgegeben werden koͤnne — 9
abermaligen fruchtlofen Berfuchen blieb nichts Andres als die Erklärung
preuß. Commiſſairs uͤbrig, daß, wenn der niederläntifche Bevollmaͤe
Binnen einer von ber Gentralcommiflien zu beſtimmenden Friſt ben !
heinſchifffahrt und Handel (1822 — 25) 261
m entfprechendere Anträge machen koͤnne, Preußen den Zeitpunft, wo
ung einer freundfchaftlichen Vereinigung im Wege ber jegigen Unterhanbs
ht weiter genaͤhrt werben koͤme, als eingetreten und fich einftmweilen aller
chkeiten gegen das niederländifche Gouvernement enthoben anfehen mäffe.
he Commiſſair hatte das Naͤmliche in Hinficht der Rheinuferfiaaten [yon
ur mit dem Schlußzufage erklärt, daß feine Regierung jede Einrichtung
werde, die nicht dem Nheinfchifffahrtstractate (d. h. der auch von
shtlich angefprocdhenen Schifffahrtöfreiheit in die See) entgegenftehe.
naffauifche Bevollmaͤchtigte Hatte für feine Perfon geäußert, wie er aus
ver Verhandlungen erfehe, daß die Gentralcommiffion ihr Enbe erreicht
ifo bie Inſtruction feines Hofes einholen wolle, was er bei ber bevorſte⸗
fiöfung der jegigen Verſammlung derfelben zu erklären habe. — Als
ederlaͤndiſcher Seite Leine entfprechende Erklärung erfolgte, vereinigten
h Die Glieder der Commiſſion zu dem Befchluß gegen Preußen, daß kein
fi) kuͤnftig von der Unterhandlung losfagen dürfe, und daß man inmit⸗
|. Artikel des Entwurfs bei Seite legen und mit ben übrigen fortführen
lein der preuß. Bevolimächtigte beharrte bei feiner Erklärung und be:
sw, außer Etand zu fein, an ber Fortfegung einer Unterhandlung Ans
henen, von welcher, nad) der Erklärung bes niederlänbifchen Commiſſairs,
feiebigender Erfolg für die Rheinuferftaaten erwarten laffe. Es wurden
m Mitte des J. 1824 die Sentralcommiffionsverhandlungen über das be:
tglement proviforifch vertagt. Mad) etwa dreiviertel Jahr trat der nie⸗
e Gommiffair, der zu Einholung neuer Inſtructionen im Haag ge:
r, in der Gentralcommiffiondfigung vom 9. März 1825 mit der Erklaͤ⸗
daß er auf die Grundlage der Vermittlungsvorfchläge bes koͤnigl. bairi⸗
miſſairs mit entfprechender Inſtruction zu weitern Nachgiebigkeiten ver
Als man aber vernahm, daß fie in nichtE Anderm als ber Aufhebung
enpidrigen Spndikatsabgabe und der Plombageſteuer, ſowle ber Hoff»
e Dlinderung der Zranfitgebühren in Hinficht vieler zu ſchwer belafteten
Bet beſtehen foliten, fo entwickelte der preuß. Bevolimächtigte in feiner
13. und 16. April, daß feine Regierung den Eentralcommiffionsvor>
aſtweilen mit den Discuffionen auf die andern Artikel des definitiven Mes
kherzugehen, gerne berkdfichtigt Haben würde, wenn ſich eine Vereinba-
vorherige Erledigung des 1. Art. denken liege. Er fei aber nicht bloß der
mbern auch dem Werthe nad) der erſte, aus welchem die übrigen Artikel
mur al& Ableitungen und Folgerungen zu betrachten feien. Fruchtlos fei
weitere Unterhandlung, nachdem das niederlänbifche Gouvernement das
m Rheinſchifffahrtsfreiheit bis in die See bucchaus nicht anerkennen wolle,
e Grundlage der Bereinigung fehle. Preußen habe neuerlich im Verein
a Maͤchten, als Garants der Rheinſchifffahrtsfreiheit, Schritte bei der
Wien Regierumg gethan, folglich Eönne eine Berathung Über bie Maßre⸗
pe Nachgiebigkeit zu bewegen, Beine Aufgabe der Centralcommiſſion fein.
faßte zwar die Sentralcommiffion den Beſchluß, daß fie einftwellen die
Wichere Anträge acceptire und den verfprochenen Ergänzungen berfelben
Ge, inmitteift aber die Verhandlungen über die Artikel des Entwurfs
Win des erfien fortfegen wolle; allein Heſſen trat vor der Hand diefem
68 zur Einholung neuer Infteuctionen nicht bei, und Preußen wieber:
Bes ſich vor Erledigung der Hauptfrage in Beine weitern Verhandlungen
Iefinitive Reglement einlaffen könne. So fanden im Mai 1825 die faft
yon Gentralcommiffionsverhandluimgen. Die bisherige Majorität der
uuuiftion, d. h. Preußen, Baiern, Heflen und Naſſau, fteht eigentlich
w Holland, Frankreich und Baben gegenüber. Am 77. Juti 18%) wur:
262 Rheinfchifffahrt und Handel (1822—25)
den zwar Baiern, Heffen und Naffau von dem nieberländ. Commif
eingeladen, fich mit Niederland zu vereinigen; allein Preußen, Bai
fen. beftanden auf dem Nechte der Scifffahrtöfreiheit in die See; 9
(am 27. Aug. 1825) nur bann — alfo bloß dem Namen nach — aı
fahrtsfreiheit in da6 Meer verzichten, wenn Mieberland bie deutfchen V
porte gegen jede Hemmung ober Erfchwerung auf dem nieberl. Gebiete
Hierauf ruhte die ganze Gentralcommiffionsverhandlung feit dem 5. €
Gen begann eine unmittelbare Unterhandlung zu Brüffel, nahm aber ı
‚ zer Verhandlungen weiter keinen Theil. Seitdem hat die Gentralcon
mit Verwaltungsgegmftänden, z. B. die neue Dampfſchifffahrt bei
beſchaͤftigt. Niederland aber befteht noch immer darauf, das es eber
nem Rechte, das Auslaufen der Schiffe aus dem Rhein in die See 3:
ausbrüdlich entfagt habe, als ihm baffelbe durch die Gongreßbefchlüiffe
entzogen worden fei. Sein Seeſtapelrecht fei nicht gleich den Flußſtape
‚gehoben worden. Doch hat ſich Nieberland bereit erkiärt, fich über |
fit, den es ben Uferflaaten nicht verbieten koͤnne, mit denfelben gütli
chen. So ift alfo nad) elfiähriger Verhandlung noch nicht einmal der 1
definitiven Reglements feflgefegt; der Zunftzwang, der Drud der 2
ſchaft dauert fort; im füblihen Deutfchland, da, wo bie Schifffahrt
Eoftfpieligften ift, find fogae mehre Zölle, 3.8. in Kaub, Manhei
Near, in Altbreifah, auch in Straßburg, noch erhöht worden !
wies in dieſem diplomatifchen Kampfe eine Feſtigkeit, die ihm den
Dank der beutfchen Mit⸗ und Nachwelt fihert. Der Einwurf, daß
fein preuß. Nationalintereffe vor Augen habe, ift falfch, weil es il
Leichtes fein würde, durch einen befonbern Handelövertrag mit den S
getrennt von ber deutſchen Sache, große finanzielle Vortheile zu err
Dreußen wird die unparteiifche Geſchichte Baierns hohes Verdienſt
active Vertretung bes deutſchen Intereſſe, dankbar würdigen. Sn
Niederlande bemerkt der anonyme Verf. der „Neuen Organifation der
und Handelsverhältniffe auf dem Rheinftrome” (Bafel 1822, ©. 1
tig: „Beharrt Holland auf der ungerechten Foderung ungleicher Rei
binblichkeiten, bedenkt es nicht, dag ihm für den wichtigften Theil fe
die Rheinſtraße ganz unentbehrlich iſt, daß wir unfere Colonialbeduͤr
auf andern Wegen, in gleihen Preifen und Frachten, werben besi
daß es an Frankreich und den Hanſeſtaͤdten wichtige Rivale hat u. f.
beffer,, fich von der Gemeinfchaft mit demfelben zu trennen und bie
vention nur bis an feine Grenzen auszuführen, als ihm alle Vorthei
fahrtöfreiheit auf dem Rheinſtrome zu geftatten unb dagegen nichts
fiere Strecke der Rheinfahrt zu gereinnen. Wir behaupten fogar, daß
Zuftand mit den Stapeln des Rheinſtromes weniger ſchaͤdlich ift, al
an die See befchränkte Theilung der Rheinfchifffahrtöfreiheit mit Hol
derland muß daher früher oder fpäter nachgeben, wenn es nicht eineı
25 Mil. bettagenden Hanbelsübergewichts gegen Deutfchland av
Preußen führe nur fo lange eine Tranfitabgabe auf feinem Stroinge
Holland fein Seerecht nicht bloß dazu benust, fondern ſich fogar gän;
erlaubt, ober man laffe die Holländifchen Schiffer zu Emmerich ausl
fage ihnen die Concurrenz mit den beutfchen Schiffern. Die zweckm
folcher Maßregeln unterliegen keinem Zweifel, beſonders wenn in der
öffnung des Rhonecanals nody hinzu kommt ımd eine Niederlage zu S
ziehbung der Güter auf ben neuen Hanbelsftragen von Havre be Grac
Strasburg, Mainz u. f. w. mit geringerer Sracht, wie jegt ſchon dei
ſchleunigt. Der badifche Geheimerath Nebenius gab a. a. O. fdhı
Rheinfchifffahrt und Handel (1826 fg.) 263
gegen Holland neben bem Octroi einen Tranſitzoll anzulegen und den gegen
Hand gerichteten Beſchraͤnkungen gleiche Retorſionsmaßregeln entgegen zu
ba es ohnehin gleichgültig fei, ob man die Colonialmaaren von holländie
framzöftfcden oder von Sechäfen des ndriatifchen Meeres beziehe. Es ift
wie die Folge bei eintretendem beffern Willen ber holländ. Regierung zei⸗
9, die freie Durchfuhr ohne abfoluten Schaden für Holland leicht möglich,
est [yon mehre der gangbarften Gotonialartikel, wie 3. B. Caffee, Zuder ıc.,
antenz fo preiögegeben und herabgefegt find, daß fie mit einem Schifffahrtes
ns: Zranfit ebenfo viel eintragen wie mit einer Zranfitabgabe, folglich Hol⸗
keinem Fall ein Opfer bringt.
egenwärtiger Zuſtandder Rheinſchifffahrt u. des Rhein—
186. Auf dem oberſten Theile des Rheins von Baſel bis Strasburg find
: Zeit die Schifffahrtseinrihtungen den beiben Uferftaaten Frankreich) ımd
auf deffen unterflem Theile von Schentenfchanz bis in die Sechäfen aber
als alleinigem Befiger beider Ufer überlaffen, daher man auch von dieſen
Steamftreden keine zuverläffige Nachricht hat. Die Schifffahrt des conven⸗
Rheins, d. h. von Strasburg bis an die holländifche Grenze, zerfällt in
Hungen: die ober=, mittel: umd unterrheinifche. Sie wird auch einge:
Vie große und Eleine Schifffahrt. Erſtere heißt gefeglich fo, weil fie von eis
ale des Rheinſtroms zum andern ftattfindet und die großen Handelstranb⸗
ſergt; lebtere weil ſie bloß den wechſelſeitigen Verkehr der beiden Rhein⸗
ſchen den zwei Hauptſtationen Mainz und Köln zum Zwed hat. Bor Ein»
der Dampffchifffahrt auf dem Rhein befanden ſich in den Häfen des Obers
133 Scyiffer und Nächler mit 196 großen und Eleinen Fahrzeugen, in ben
ws Mittelrheins 574 mit 696 Fahrzeugen umd in den unterrheiniſchen Däs
mit 208 Fahrzeugen, folglidy auf dem ganzen conventionmellen Rheinftrom
Kiffer und Nächler mit 1100 großen und Beinen Fahrzeugen. Weit flärker
fhe Rhein mit Schiffern und Fahrzeugen befegt; von leßtern wers
in den holländ. Häfen angetroffen, und 76 kommen mit ihren gros
‚ die zufammen 4,006,000 Gtnr. laden Finnen, nach Koͤln. Aufden
en des Rheins zähle man im Sanıen 963 Stiffe mit 1884 Fahrzeu-
auf dem Nedar 231 Schiffer mit 255, auf dem Main 285 mit
über Lahn 93 mit 140, der Saar 21 mit 56, der Mofel 218 mit 524,
e 87 mit 225 und der Lippe 28 Schiffer mit ebenf o viel Fahrzeugen. —
uſchiffer auf dem Rhein bilden 2 Schiffergilben , deren eine ihren Sig
y, die andre zu Köln hat. Erſtere beforgt den Waarentransport von und
kasberg,, fowie nad) Frankfurt ausſchließlich, von und nad) Köln und
ber in Concurrenz mit dem koͤlner Schifferverein. Lestere theilt fi) in 2
m, deren eine mit dem mainzer Verein auf der Fahrt von Köln nach Mainz
we, die andre aber auf alle Transporte von Köln nad Amſterdam, Rotters
dDortrecht Anſpruch hat. Nur die Mitglieder der Gilden find berechtigt,
Mationshäfen nad) der Rangordnnung zu laden. Die Dauer ihrer Reifen iſt
i aämlidy aus Holland nach Köln 14 und zuruͤck 10 Tage, von Köln nach
zund zurhdt 4 — 5 Tage und von Mainz nach Strasburg 14 — 20 und
— 8 Tage. Wer als Sciffsmeifter in einer ber beiden Gilden aufgenom:
Yen will, muß zuerft 4 Jahr Lehrling, 4 Jahr Gefell und eine Zeitlang
ee Schiffmeiſter geweſen fein, feine Landesfprache lefen und fchreiben koͤn⸗
pgenthämier bes Fahrzeugs und ber Geräthfchaften fein, auch das Zutrauen
heisfkandes befigen. Die Kieinfchiffer im oben angegebenen gefeglichen
Üben keinen Verein und bedürfen nur eines Erlaubnißſcheines ihrer reſp.
istherefchaften. Außer den Groß⸗ und Kleinfchiffern beftehen aud) noch
Eransport ber Reifenden umd ihter Effecten Jacht⸗ oder Ditigencen\äifier
264 Rheinſchifffahrt und Handel (1826 fg.)
von Mainz nad) Köla und umgekehrt, fowie eine 1826 georbuete,
Gentralcommiffion fehr begunftigte Dampfſchifffahrt, welche eine Waflı
bilden. Die Fahrzeuge auf dem Rheinſtrome haben nad) beffen verſch
theilungen auch eine verfchiedene Bauart und Ausruͤſtung. Die größt
nen find die rotterbamer von durchgängig 180 — 250 Laft, oder 7200
Etnr. Ladungsfähigkeit. Ihre Bauart ift beinahe den Seefchiffen gleid
einzigen Unterfchiebe, daß fie, wie alle auf dem Rheinſtrom fahrende €
platte Böden ohne Kiel haben. Sie find rund, d. h. bauchig gebau
Maften, alle Segel und feitwärts 2 Schwerter, deren fie fidy bei t
bedienen. In gleicher Art find die amſterdamer Schiffe, Samoiweß
aber ohne Bauch gebaut. Die übrigen Gattungen holländer Fahrzeuge
und haben mancherlei Benennungen, theild nad) ihrem Zweck, thei
Orten, 100 fie gebaut werden, 3. B. Boender, Lichter, Akens, Dor
Die mittelcheinifher Schiffe Haben eine Labungsfähigkeit von 1800
Ctur., platte Böden, find vorne und hinten fpig beigebogen, eini
Maften, alle aber aufführige Segel. Die nieders und mittelrheinifd
bienen den Schiffern und Ihren Samilien auch zur Wohnung. Die obı
Schiffe von wenig unterfchiedener Bauart und nur mit einigen verfchi
Sahrgerätbfchaften ausgerüftet, können 1500 — 3000 Ctnr. laden
Schweiz kommen auch fogen. Lautertannen mit Landesproducten, z. B
(Schiefer), Latten, Schweizerkaͤſe ıc., den Rhein herab. Sie koͤnn
1200 Etnr. laden und find ganz leicht gebaut, weil fie nur zu Thalg
gewöhnlid, an den Beſtimmungsorten zerfchlagen werden. An Nache
—500 Etnr. Sadungsfähigkeit fehlt es auf dem ganzen Rheinftrome ni
Waſſerpoſtſchiffe von Mainz bis Köln find zierlich und bequem eingeric
haben eine Labungsfähigkeit von 100 — 300 Etne. (Über die Rheinfl
fe.) — Alte Schiffer muͤſſen an den auf dem conventionnellen Rheir
12 Exrhebungsämtern ihre Rheinfchifffahrtsgebuhren voraus entrichten
ſtehen in einem umter diefelben vertheilten Tarif von mindeſtens 4 bi
19 Gent. zu Thal und 4 bie 29 Gent. zu Berg vom Ctur., fodann ein
tions» ober Befichtigungsgebühr, welche als eine Art Gewerbfteuer a
von allen beladenen fowol als leeren Kahrzeugen nad) ihrer Ladungefähig
— 2500 Emmen. und daruͤber. Auf dem linken Rheinufer befteht diefi
10. Cent. bis 15 Franken und auf dem rechten ebenfo viel Cent. bis i
Der Tarif, der übrigens zu Beförderung des Aderbaus und Gewer!
gewiſſen Artikeln nur zum 20. ober 25. Theile, oder flatt deſſen von
Landeöprobucten nur bie doppelte Necognitionsgebühr erhoben wird,
der wiener Acte auch auf bie Rheinſtrecken zwiſchen Strasburg umd |
von Frankreich bereitö proviforifch gefchehen ift, fowie zwifchen ber
Königreichd der Niederlande und den Mündungen des Rheins durch N
der ganzen Gebühr nad gleichen Verhältniffen ausgedehnt werden. V—
gen beffelben koͤnnen flatthaben, Vermehrungen aber nur burch gemi
Übereinkunft in ben dringendſten Fällen. Die an jedem Erhebungsam
bezablenben Rheinoctroigebühren, welche nad) der Convention von 18
der franz. Regierung und bem deutfchen Kurerzlanzler getheilt wurden,
jeber Rheinuferftaat von den auf feinem Gebiete befindlichen Erhebung
gemeinfchaftliche Abrechnung in Empfang. Nach Vollziehung ber win
bie Totalitaͤt derfelben auf bie Ausdehnung der Uferbefigungen verthei
nimmt jeder Staat die Gebühr für feine Rechnung ein, und wenz ſich
ämter auf das Gebiet zweier ober mehrer Uferflaaten ausdehnen, wirb
me nach dem Verhaͤltniß ber Ausdehnung ihrer Wferbefigimgen , ber in
gen befinitiven Reglement enthaltenen Beftimmung gemäß, vertheilt
Rheinfihffffaprt und = Handel (1826 fg.) | 265
1805 an, wo bad Rheinoctroi eingeführt wurde, bi6 Ende 1815 hat
und Berg zufammen einen Ertrag geliefert von 19,472,354 Franken
» von 1816 bis zum Schluſſe 1823 zufammen 21,082,11% Fr. 99
Banzen alfo in 18 Jahren und 2 Monaten 40,554,469 Fr. 62 Cent.
‚4 lieferte eine Einnahme von 2,437,235 Sr. 43 Cent., wogegen wähs
ktinentalfperre in einem einzigen Jahre nur 1,980,041 Fr. 55 Cent.
Es ergibt ſich alfo unwiderlegbar, daß mit Anfang ber Sperre 1808
se von ben zu Berg, d. h. den Rhein herauf transporticten Guͤtern, fo
perre dauerte, bis 1814 ſtets abnahm und nur erſt von diefer Zeit an
6 fie enblich nad) hergeftelltem Frieden 1815 und in ben folgenden Jah⸗
ahme von den Thalgütern, d. h. den Rhein hinab transportieten, übers
welches auch das natürliche Verhältniß bei richtigem Handel ift. Die
sabme in ben 18 Jahren liefert das Jahr 1817 mit 3,414,844 Fr.
was Lediglich In ben damals großen Fruchttransporten zur Verſorgung
enden fübdeutfcher und ſchweizer Lande feinen Grund hatte. Bemer⸗
2 audy, daß ſich feit Einführung der Schifffahrtöfreiheit auf der Elbe
foroie bei dem fortdauernden nieberländifchen Prohibitivs und Abgas
e Rheinoctroieinnahme vermindert hat. |
eflimmung der Ladung eines Rheinſchiffs und als Maßſtab der Verzol
auf dem Rheinſtrom, ausnahmsweife von allen Flüffen Deutfchlande,
nungswertbe, längft auf den Zlüffen und Candien im Innern Frank:
übrte Anftalt, die Schiffsaiche. Sie ift zweifach, bie cubifche,
eomettiſche Bermeflung und mehr für große Schiffe geeignet, und die
mittelft Einſetzung eines Gewichtsquantum in das Schiff, mehr für
enge anmenbbar. Beide zeigen auf den an beiden Seiten befindlichen
Gradmeſſern die Einſenkung derfelden an. Alle Schiffe des Rhein:
Ihe nicht unter 300 Etnr. Ladungsfaͤhigkeit haben, und felbft auch diefe,
ter Die Wafferpoftfchiffe und Marktnachen gehören, ſowie bie meiften
Mebenftröme gleicher Art find jegt geaicht; denn ſelbſt die Gegner der
n nicht leugnen, daß fie wenigftens ein zuverläffiges Controlmittel ift.
mbender war, daß ihrer in dem preuß. Reglementsentwurf nicht gedacht
‚ dagegen zwölfmalige materielle Unterfuchung der Ladungen, welche
Willkuͤr der Zolibeamten abhangen, und fowol der Schifffahrt als dem
ch langen Aufenthalt hoͤchſt nachtheilig find, künftig wieder eingeführt
m. Indeß haben bereits Naffau und Heffen in ihren Geſammtabſtim⸗
f Beibehaltung ber Sciffsaiche angetragen, und ed ift nicht zu zwei⸗
nehre Regierungen ber Rheinuferſtaaten von dem naͤmlichen Geſichts⸗
when werden, indem bei eintretender voller Rheinfchifffahrtsfreiheit die
enothwendiger ift als jemals. — Abgabenerleichterung haben bereits
Köln (diefe aus eignem Antriebe und fehr bedeutend) und Mainz in
b Zwangsumfclags eintreten laffen. Doch beftehen, außer dem ohne:
ı Iwangdumfchlage verbundenen Zeits und Koftenaufwand, mehre fol-
sche, befonbers in bem Stapelhafen Mainz, und es ift charakteriftifch,
tſchen Landesproducte zu Köln Umfchlagsfreiheit genießen, zu Mainz
Imfchlagsjwang unterworfen find, während man in dem Hafen diefer
ſchweizer Lautertannen , alfo die fremden Landesproducte, frei paffiren
nach ausgefährter voller Rheinſchifffahrtsfreiheit ein verftärkter Mauth⸗
Kranfithandel eine größere Laft, als den bisherigen Stapelzwang, auf:
„ iſt wol nicht zu befürchten, da man ohnehin einfieht, daß durch eine
situng und Zreihäfen alle Beforgniffe von Defraudationen ohne Schiff:
Igungen abgewendetwerden können. — Über die Einrichtung der Fracht:
anifefte beſtehen genaur gleichförmige Vorfchriften. (S. Fracht.) Nadı
266 Kheinſchifffahrt und Handel
Aufhebung ber Stapel und ber Schiffergilben in dem beftnitiven 9
den die Srachtpreife und alle übrige WBebingungen des Transporte Iı
freiwilligen Übereinkunft ber Schiffer und der Verfenber beruhen. D
ftädte werben, nach Art der laͤngſt ſchon in Holland beſtehenden mufteı
fahrten, gemeinfchaftlihe Rangfahrten einführen und über dere
Verträge miteinander abfchließen koͤnnen. — Zür die Öffnung ber’
dem Rheine beftehen noch Feine beftimmten und gleichförmigen Pr
nicht alle Hafengebühren gleichförmig reguliert, und es gehört unter
fenden Mißbräuche, daß man in manchem Hafen Werft⸗, Krahnen
Magasingebühren zahlen muß, wenn man auch von diefen Anftalı
brauch gemacht hat. Manche polizeiliche Vorfchrift zur Sicherheit d
fahrt und bed Handels, beren Beſtimmung biöher auf dem gen
Strome nur von ber gemeinfchaftlichen oberften Behörde abhing, wi
der einzelnen Staaten überlaffen bleiben. Der nämliche Fall tritt jetz!
ſicht der Leinpfade und Stromhinderniſſe ein; doch befteht noch bie ı
che Aufſichtsbehoͤrde, aber ohne die vormalige regulaire Unterſuchi
fraubationen der Rheinfhifffahrtögefälfe werden gegenwärtig noch
bungsämtern umterfucht und mit Vorbehalt bes Recurſes an die Gent
abgeurtheilt, in der Folge aber von eigen bazu aufgeftellten Zolfrichte
Die Größe des Rheinhandels hat feit der Dampfſchi
beſonders leichte Fabritwaaren in Maffen ſchnell befördert, fehr
Holland liefert zum Rhein folgende Hauptartikel: Baummolle, Farbl
und Spezereien, Hiute, Deringe, Hörner, Indigo, Käfe, Caffee, C
Materialwaaren, Mimition, DI, Papier, Pech, Pfeffer, Piment,
Meis, Rofinen, Sago, Salpeter, Salz, Sarbellen, Schwefel, Seife,
Stodfifhe, Sumach, Tabad, Terpenthin u. Terpenthindl, Thee, 5
Vitriol und Vitriolöl, fremde Weine und gebrannte Waffer, Zink, 3:
MIN. Star. im Durchſchnitt für einen Capitalwerth von 30 — 40
Mhein. Hiervon gehen -, von der Grenze Hollands nad) ben Flevi
liſchen, juͤlich ſchen und bergifchen Landen bis einſchl. Köln; -I, vo
Köln nach der Eifel, dem Bergifchen, Naffauifhen (mo allenthalbı
ffationen find, welches dem Handel unmbdliche Vortheile gewährt), de
Trierfchen und dem Hundsruͤck. Weiter gehen von Köln nach F
nach Mainz, der Pfalz, dem Rheinkreife Baierns, wo aud über
ftationen find, dem Nedar, Heilbronn, Manheim, Schröd, Sreiftd
ber Schweiz. -', nad) der Oberpfalz und Strasburg. Der Rh
Mebenflüffe liefern folgende Producte. a) Der Oberchein: Baus
holz, Droguerien aus dem Süden von Frankreich; gebrannte Waflı
Effig, Hanf, Krapp, von Hagenau; Obſt und Getreide, befond
und Mandeln, aus der Umgegenb von Speier;z Reis, Schweize
Krämer: und trodene Manufacturmaaren aus Tirol, der Schweiz ur
b) Der Nedar: Baus und Zimmerholz, Brennholz, Potafche
Schwaͤrze, Droguerien, Krämer: und trodene Manufacturwaare
Getreide, Reis, Baufteine, Salz (von Wimpfen), Gyps, Kal,
Taback, DI, Effig, Wein ic. 0) Weiter abwärts bie Rheingegen!
meine, Obft und Getreide, Kaftanien, Zabad, DI, befonders die €
Worms; Nutz⸗ und Brennholz c. d) Der Main: Baus und
Maften, Potafche, Obſt und Getreide, Reis, Frankenweine, Mi
Droguerien, Krämer: und trodene Manufacturwaaren, Glaswaa
Eifen und Gußeifen, Blech, Zink, Meffing, Blei, Baufteine, Dru
ofenfteine, Abfluß⸗ und Abtrittsſteine. e) Unterhalb des Main
gegenden: Dbft und Getreide, Kein» und Kleefamen, Wein, befo
Rheinfhifffahrt und Handel 267
Effig, Dfeifenerde, Schiefer oder Leien von Kaub ; Pech vom Heffenlande
u Hundsruck; Toͤpfererde ıc. f) Die Lahn: Mineralwaſſer, einiges
mb Brennholz, Exrdengefchirr, Eifen und Gußeifen, Hofnererz, Obft und .
5 Eoheinde, Wacholderbeeren x. g) Die Mofel: Bau⸗ und Zimmers
keunbolz , Lohrinde, Afche und Potafche, Steinkohlen von der Saar,
pe, Salz, Schlefer oder Leien, Schleif: und Wetzſteine, Glaswaaren,
im, Krapp, gebrannte Wafler, Esprits, DI, Wein, Obft, Wacholder:
. 5b) Unterhalb ber Mofel die Rheingegenden: Mühlfteine, Zufffteine,
Andernach; Papier, Blei und Bleierz aus der Eifel; Eifen und eiferne
w Bendorf und Neuwied; Kupfer von Waldbriedbach; Toͤpferwaare
ngelchirr, PDfeifenerde, Lein= und Kleefamen, Obft und Getreide, Wein,
‚ Bleichert c., Glaswaaren und Porzellan aus dem Luremburgifchen ;
5 Hauſteine von Königswinter; Pflafterfleine, Afche und Potafche,
erbeeren ıc. i) Die Sieg: Schiffsbauholz und Pfeifenerde im Überfluß.
fe: Blei, Bleierz und Getreide. 1) Die Ruhr: Stahl, Kupfer, Eifen,
aller Art aus dem Bergifhen; Taback, Schiffsbauholz, Brennholz und
m, Potafche, beſonders viel Geriß und Steinkohlen, um Alle Rheingegens
8 zu verforgen, Kalt, Baufleine, Getreide, Wacholderbeeren. m) Die
d bis zur holländ. Grenze die Rheingegenden: Kuͤpp⸗, Bau⸗, Schiff:
us, Brenn: und Faſchinenholz, Kohlen, Torf, Gußeiſen, Muͤhlſteine,
meter, Obſt und Getreide, Salz, Steinkohlen, Dachſchiefer, Traß, Tuff:
bheinbe, Afche und Potafche, Kalk, Ziegel, Bad:, Brauch⸗, Hau: und
Irine, Toͤpfer⸗, Waller: und Pfeifenerde, Sand, Lehm, Kies und Rauch⸗
Bachelderbeeren ꝛc. Bon diefen mehre Millionen Gentner betragenben
m ımd Kabricaten werben wol die Hälfte in den Rheingegenben felbft ge
‚mb ein paar Mill. Centner jährlich, im Durchſchnitt, nach Holland ver:
i das Baus und Zimmerholz den Hauptartikel ausmacht. — Merk:
dag fchon jegt die Schweiz und ein Theil des füdlichen Deutſchlands
ialmaaren aus Frankreich als aus Holland beziehen, da von Havre be
Bafel der Cine. 1 Francs 74 Cent. wohlfeiler ift als den Rhein herauf
t und Amflerbam, und jene Waaren durch Frankreich in einem Zeit:
en 30 Tagen bezogen werben koͤnnen, während ed von Rotterdam oft 2
and noch länger dauert, ehe folche zu Bafel ankommen. Auch foll ber
bee Waaren durch das Innere von Frankreich, nämlich bis Chalons zu
ed von da bis Straßburg zu Lande, gegenwaͤrtig im Verhältnig zum Be⸗
Wellanb einen Unterfcied von 2 France für den Ctnr. betragen. Bon
Ben droht alfo dem holländ. Handel wegen des übertriebenen finanziellen
Bfeiner Regierung eine nicht unbedeutende Gefahr; denn ſchon 1823 ftand
Isabel zum erften Dale in den bebeutendften Waarenartikeln höher als der
mdel; fo 3. B. kamen von Colonialmwaaren auf dem Niederrhein zu Köin -
B Etur. an, dagegen aber auf der Niederelbe bei Wittenberg 675,131 Ein.
Dinficdye der Holztransporte behielt der Rhein das Übergewicht, da auf
m im nämlihen Jahre 2 Mill. Sm. Bau : und Zimmerhol; ohne
WM, dagegen auf der Eibe nur 739,438 Cine. fammt dem Brennholse
Lt Ohne Vergleich, ftärker ift auf dem Rhein die Handelsfchifffahrt zu
Bau Thal. Der Eölner Handelsverkehr ift auch im Verhaͤltniß zu bem von
weit größer; die ftärkften Artikel der Rheinfchifffahrt machen aber immer
Bahvaaren und Koffilien aus. — Zu Gunſten des Handels beftehen für
ia und Main Affecuranzgefellfchaften zu Strasburg, Mainz und Köln.
tere find shiteinander in Verbindung. Nedarfaufmannsgüter werben
mforwie Rheinguͤter von der großen Aſſecuranzgeſellſchaft zu Paris ver:
— Bol. 1) Hermann’s „Sammlung der feit dem Reichödeputationshaunt:
. 268 Rheinweine ' - Rhrtoren und Brammat
ſchluß vom 25. Febr. 1803, in Bezug auf Rhrinhandel und Sch
nen Geſetze, Werordnungen und allgemeine Sinftructionen” ı
2) Das Wichtigere der Centralcommiffionsverhanblungen liefern
träge zur Kenntniß und Beförderung des Handeld und der Sch
1818—25, 5 Bde.). 3) Eine Gedichte und Kritik der Ver;
- wie des Entwurfs eines definitiven Reglements, hauptfächlidy auc
Darftellung aller Verhättniffe, Mängel und möglichen Verbefferu
fchifffahrt und des Rheinhandels, enthält die „Neue Organifation
und Dandelsverhältniffe auf dem Rheinſtrome“ (Bafel 1822). 4)
ber Rheinfchifffahrtsverwaltung”, von Hermann, in deſſen +. Fat
eine treffliche Topographie des. Rheins findet.
Rheinweine. Das Vaterland diefer Eräftigen und ge|
Meine ift der Rheingau zwifhen Mainz und Bacharach. Indeß
hochheimer Weine, von benen ber befte auf einem Berge wäd
Domdechanei in Mainz gehörte, und der nierenfteiner, obgleich
bezeichneten Bezirk wachfen, zu den beſten Rheinweinſorten. D
der rheingauer Weine wachfen um Rüdesheim und am Johannist
der Oberpfalz folgen ihnen im Range nad). Weniger gefudht if
racher; er hat einen füßlihen Geſchmack. Doc, wird daſelbſi
Mein gebaut, der, wenn er einige Jahre gelegen hat, alles Herbe
minder berühmt ift ber um Koftheim, bei Mainz. Noch verbien
guten Weinbaues Erwähnung: Affenftein, Hambach, Pfeffershei
Laubenheim, Bodenheim, Markbrunn u. a. Vorzuͤglich gute
von 1748, 1760, 1762, 1766, 1776, 1779, 1780, 1781,
1783 und 1811; auch 1822. -— Bleicherte nennt man ſchi
meine, die theild um das Schloß Argenfeld im Zrierfchen, theils «
gen koͤlniſchen Oberftift (befondere der angenehme Aarwein, der a
Eifel wähhft) gewonnen werden. — Lorchweein ift ebenfalls
Mein, der bei Lorch im Naffauifchen erzeugt wird; begleichen d
fer, der bei dem naffauifchen Dorfe Asmannshaufen waͤchſt.
Rhetoren und Grammatiker werden mit gricdii
drüden die Medekunftverftändigen und Sprachkundigen genannt.
matifer oder Philologen hießen die Sprachgelehrten bei Griechen ı
Vorzeit. Ihr Fach war eine Tifenfhaft, deren Gebiet ſich faſt
der Gelehrſamkeit verbreitet. Ihr Segenftand iſt der ganze R
Schrift vorhandenen Geiſteswerke jeder Gattung, fowie Alles,
voliftändigem Verftändnif und alfeltiger Verdeutlichung dienen
ſaͤchlich aber befchäftigten fi) Die Srammatiker, anfangs auch Krit
Römern Literatoren genannt, mit Erklärung u. Beuttheilung dltere
ner unterfchiedb man Grammatiker von Grammatiften, welchen
liche Gelehrſamkeit zugefchrieben wurde. Grammatiſtik ndmii.
mit Anfangsgründen und Vorkenntniffen, Grammatik aber mit 9
Erklärung aller Schriften zu thun. Die erften ſprachwiſſenſchaftl
gungen treffen wir unter den Sophiften an, die feit Perikles's 3
Schulen fid) mit auf Geſchmacksbildung und auf Schärfung bes |
abzielender Erklärung der Dichter, vor Allen des Homer, abgi
Scharffinn an geößtentheils felbftgefuchten Schwierigkeiten übte
ten fie die Sprachgeſetze felbft genauer beftimmen und forgfältiger &
de erwarben ſich auch Sokrates's Schüler, beſonders Plato, Be
Erklärung der Dichter. — Als Urheber der Kritit und Grammat
les genannt, welcher eine Überarbeitung der Homerifchen Gedicht:
den Großen unternahm und fie von fremden Zufägen zu reinigen
Khetoren und Grammatiker | 269
: nicht nur ſchon Pififtratus Homer's Geſaͤnge, deren einzelne Theile
r gehörigen Verbindung ftanden, in die Ordnung gebracht haben, in
st fieben, fondern aud) Cynaͤthus aus Chios, Antimahus aus Kolo⸗
gene® aus Rhegium und einige A. ber Erläuterung des Homer ihre
zn gewidmet haben. Obgleich nun fehon bisher Einige, theils auf
theils auf Entfehlerung der alten Schriftfteller erfprießliche Bemuͤ⸗
yendet hatten, fo wurde doch die Sprachwiſſenſchaft und Kritik vors
sch die alerandrinifchen Sprachforfcher ausgebilbet. Seitdem ndm=
tien die Heimath der Wiffenfchaften geworden, befchäftigte man fich
rftellung der Gefege der griech. Sprache, ingleihen mit Beftimmung
fchriften für die Auslegung der Schriftftellee und für die Erklaͤrung
und mit Beurtheilung der Lesart und der Vorzüge einzelner Stellen
Bädyer. — Als das erſte Zeitalter daher wird angenommen das der
en Grammatiker (f. Alerandrinifhe Schule), melde nicht
Nangordnung der alten Schriftfteller, die als Gefchmadsmufter gel:
ntfchieben, ſondern auch einige Schriften derfelben durchfahen, durch
e Bearbeitung erläuterten, Die Mythologie entwidelten und deuteten,
x über einzelne ober über mehre Schriftfteller verfertigten, die Rehrfäge
hre zufammenfteliten, und endlich, was das Sefchäft der höhern Kri-
Schriften felbft und deren Fehler und Vorzuͤge wuͤrdigten. Um Be-
verichiedener Art am Rande der Bücher anzudeuten, brauchten bie
re tritifche Zeichen und Merkmale. Auch wurden zu verfchiedenen
iſchiedene Zeichen beigefegt. — Unter den Grammatifern dieſes Zeit-
st als Kritiker genannt zu werben Dibymus von Alerandrien zu Aus
‚ mit dem Zunamen: 0 zurxdvreoos, d. 1. ber mit ben ehernen Ein⸗
wu er 4000 Bücher gefchrieben haben fol. Das zweite Beitalter
Zeitraum der neuplatonifchen Phllofophen, welche diefe Gegenſtaͤnde
# für wichtig genug hielten, um bdenfelben ihren Fleiß zu widmen.
‚und Grammatiker dieſes Zeitalter& waren gemeiniglic, mehr mit den
er Schriftfteller und mit dem Inhalt ihrer Schriften, als ınit Worte
B mis den Sprachgeſetzen befchäftigt. In Allem ſchimmerte der Geiſt
keligion gegründeten urmiffenfchaftlichen Lehrbegriffs durch. Doch
Reiften die Eigenthuͤmlichkeit und das Weſen des griech. Alterthums
haut. Den Anfang kann man machen mit Plutarch von Ehdronen
r.), dene jeboch einige Eritifche und geammatifche Schriften beigelegt
+ feiner unwuͤrdig find. Das dritte Zeitalter endlich umfaßt die
Grammatiker, die faft alle Mönche waren und die befonders fleißig
Mer auspluͤnderten, indem fie entweder Wörterbücher aus verfchtedenen
ten faramelten, ober aus einigen wenigen Schriftftellern Regeln Über
des attifchen Ausdruds gaben, oder Bemerkungen an den Rand der
m festen. Aus diefem Zeitalter find fehr viele grammatifche Werke
wen Würdigung, in Anfehung ihres Gehalts und ihrer Brauchbarkeit,
Das Talent ihrer Berfaffer, fonbern vielmehr der Reinheit der Quellen,
b fAröpften, in Anſchlag kommt. — An diefe fchtoffen fi bie Griechen,
ihrem Baterlande gefllichtet, zuerft in Italien den Eifer für die grie⸗
sreilfenfdyaft weckten und nährten, zu Ende des 14. und beſonders
H. Es gibt einige im 15. und 16. Jahrh. gemachte Sammlungen
fer. Zu bemerken find „Fruchthorn und Luſtgarten“ (bei
medig, 2496, %ol.) und Alerander Heladius’s „Ahreniefe der griech.
— Bon den Römern mar früher, wie griech. Gelehrſamkeit überhaupt,
Bycadyeunde nicht gepflegt; vielmehr fchien fie den Meiften nur ein
Zeitvertreĩb, den Vaterlandöfteunden fogar fittenwerderblid), fo lange
270 Khetoren und Grammatifer
nämlich der Staat roh und Eriegerifch war, und man noch kein Bed
GSeiftesbildung empfand. Indeß erwachte es doch durch Bekannt
Griechen bald bei Mehren, und es ließen felbft die vornehmften
Staats, ein Scipio Afticanus und Caj. Laͤlius, die Beförderung
ſamkeit fich eifrigft angelegen fein. Die erften lat. Sprachmeifter,
nicus und Ennius (236—166 v. Chr.), Halbgriechen, die ſowol d
als ungebundenen Rebe fich bebienten, begnügten fich mit Dolme
Merke und mit Vorlefung eigner lat. Auffäge. Eifer zur wiffenft
(häftigung mit der Sprache und den dazu nöthigen Huͤlfskenntni
den Römern durch den Zufall hervorgebracht, daß der griech. Kritik
matiker Krates, aus Mallus, Zeitgenoffe Ariſtarch's, bald nach dem
nius (170 v. Chr.) ald Sefandter des Königs Attalus Philadelphus
nad) Rom kam, und, als fich fein Aufenthalt daſelbſt verzögerte, vı
Vorträge hielt und durch f. fleißigen Unterricht bei ben Römern aı
zur Nachahmung erwedkte. Übrigens behielten, da griech. Wiffenfe
‚des Mufter der Nacheiferung wurde, auch die nachfolgenden Nömı
nach feinem ganzen Umfange bei, weldyen die Griechen von der Spr
aufgebracht hatten; und fo bilbete fich dann auch die römifche Mun
niſchen Sprache unter bem Einfluffe der griechifchen zur Bücher: un
— Hierauf wurde die Sprachkunde immer beliebter, ſodaß felbft die
Männer als Schriftfteller darlıber auftraten, und es bald mehr, bald
len von Bedeutung zu Rom gab, die Sprachlehter aber fo gut bezah
ein fo hohes Schulgeld entrichtet wurde, daß Lutatius Daphnis von I]
für 23,333 Thlr. als Sklav gekauft und in kurzem freigelaffen wurd
jus aber, von einem reichen römifchen Ritter um einen Sahrgehal
Thlr. gebungen, vielen Unterricht gab. Auch in die Provinzen w
Eunde gebrungen,, und es lehrten namentlich in Gallien einige de
Lehrer. — Mit dem Zuwachs an Geifteswerken in latein. Sprache
Mutterfpeache, roͤmiſche Buͤchergelehrſamkeit und xömifches Altı
mehr ein Gegenftand gelehrten Forſchens. Sueton hat die Alteil:
matiker aufgeführt in einer befondern Schrift, wo man Nachrichten ü
Schriften derfelben findet. Die nody vorhandenen Schriften dı
Grammatiker fiehen in der Sammlung des Elias Putſch (Har
Veſpaſian und Hadrian beftätigten die Grammatiker in dem Vorr
fönlichen Staatöbürgerpflichten u. a. Laften frei zu fein. Auch nat
ger der Schulen an und unterflügten fie aus ihren Ditteln. —
früheften Zeiten der Unterricht in der Grammatik und in der Tonkun
von einem und bemfelben Lehrmeifter ertheilt wurbe, fo lehrten die a
titer auch als Mhetoren die Redekunſt, und viele haben fidy in beid
Schriftfteller bekanntgemacht. Selbft als ſich ſchon beide Wiffenf
ben, behielten doch die Grammatiker ſich noch den Unterricht in gewi
niffen zur Redekunſt vor. In den frühern Zeiten waren auch wol u
der Schule eines Grammatikers vortrefflid, gebildete Redner hervo
zugleich gerichtliche Händel zu führen unternahmen. — 2) Rheto
Medekunftiehrer bei den Griechen, und ebenfo, oder Profefforen, b:
ber Vorzeit. Als mit fortfchreitender Vernunftentwidelung die I
Übung der Rede mächtiger wurden, verlor fi immer mehr das €
diefer, und es Eonnte eine durch beflimmte Grundfäge bedingte Rebe!
fein gelangen, welche einerfeits dad Geſchaͤft der Sprachwerkzeug:
daͤchtniſſes erleichterte, andrerfeitd aber gemeinnuͤtzlich und ergögli
Erfindung der Redekunſt wird, weil man im Alterthbum in allen €
unb deren Äußerungen die Offenbarung von etwas Goͤttlichem
Rhetoren und Grammatiler 271
Dichtern dem Thoth, Hermes oder Mercurius beigelegt; baher ihm
e als das Mittel der Beredtſamkeit geheiligt war. — Pittheus, des
m, foll der Exfte geweſen fein, welcher diefe Kunft zu Troͤzene im Mu⸗
te, und eine Schrift darüber verfaßt haben; was aber vun einer fo
nglaublich if. Won Denen, die einen fpätern Urfprung annehmen,
ben Empedokles (444 v. Chr.), der wol den erften Grund zur Rhe⸗
‚ben mag, al& Erfinder derfelben an, Andre den Korar und Tiſias
die, als nad) einer in Sicilien entitandenen Staateummälgung ſich
eitigkeiten um vormaligen Beſitz erhoben und man das Beduͤrfniß
Figen Redevortrags vor Gericht fühlte, zuerſt die Vorſchriften dieſer
ch abfaßten. Kerner fchreiben Einige dein Gorgias, des Empedokles
Zeontini in Sicitien, die Erfindung der Redekunſt zu, weil er ſich
icherlei Lünftlichen Figuren und Rebebilder bediente, welche ben Vor:
ı mit Flitterprunk ausfchmüden und heben, und weil er zur bürger:
famteit den hohen Schwung hinzufeste. Noch Andre endlich er:
finder dev Rhetorik Ariftotele® an, der, wenn man auf ihr Weſen
zuerſt wiffenfchaftlich ausbildet. Auch werden zwei chetorifche
en) erwaͤhnt, deren Anhänger Apollodoreer und Theodoreer hießen,
rus aus Pergamus, welcher zu Apollonia Lehrer des Kaifers Augu-
d Theodorus, welchen der Raifer Ziberius zu Rhodus fleißig gehört
Das Ziel der griech. Rhetorik war, Alles und Jedes fo darzuftellen,
sch den möglichen Schein der Wahrheit für ſich gewann. Die Kunft
rags war zur Zeit des Ariſtoteles noch nicht wiffenfchaftlic, behan-
b alfo erſt eine Anmweifung nur zur Redekunſt, aber noch nicht zur
Bor Ariftoteles traten als Lehrer der Berebtfamkeit Zeno's aus
3er in der Dialektik, die Sophiften, auf, die, von Anmaßung, Gefall-
nfucht und eigennügigen Abfichten befeelt, durch die Gewandtheit,
uch unvorbereitet, jierlicy zu reden, bie Bewunderung der Dienge auf
und durch Überrebungstünfte fich Einfluß auf die Gemüther zu vers
a, zu einer Zeit, wo Reichthum, üppigkeit und Sittenverderben und
mtlicher Beredtſamkeit, die vornehmlich zu Athen, von Gemeinherr>
gt, zu ſchoͤner Blüthe emporftrebte, zu einer ſolchen Kunſtbefliſſen⸗
; feit der 84, Olympiade oder 440 v. Chr. Sowie nämlich im⸗
rall die Kunſt, die nach innerer Naturanleitung zwedimäßige Schoͤ⸗
orbringt, der Wiſſenſchaft vorangeht, fo ift auch die Beredtfamteit
ıng feühern Urſprungs als die Lehre der Redekunſt. Denn aus den
ı ber Redner, die bei den Griechen eigentlich felbft Rhetoren (grroges)
Die Lehrer der Beredtfamkeit, die fpäter fogen. Rhetoren, durch Vers
Lehrſaͤtze und Vorfchriften ab und erläuterten fie durch aus denfelben
fpiele. Allein diefe Verfahrungsart wandelte fi) um zu den Zeiten
e. Da flanden naͤmlich zu Alerandrien 2 geiftreiche und vorzligs
unftrichter auf, die alerandrinifchen Grammatiker Ariftophanes und
Reſe flellten aus der fehr großen Menge Redner nur 10 attifche
u Leben in einem angeblichen Werke des Piutarch befchrieben ift, als
Bufles der Nachahmung auf, die dann auch bie fpätern Rhetoren eins
jergliederten und aus denen fie ihre Lehrbegriffe fhöpften. Somie
uſt älter iſt als die Rednerwiffenfchaft, fo wurde dagegen jene von dies
denn Längft war jene im Leben untergegangen, als dieſe noch immer
Beiten ded Kaiferd Theodoſius d. Gr. — in ihren Anweifungen ge:
kriften aufftelte. Nur 150 5. blühte zu Athen die Beredtſamkeit
ıng, und ſank, wie alles Edle und Große, zugleich mit ihrer Pflegerin,
6 Staats, in deren Gefolge fie, auch wieder jene ſchirmend, geweien.
* un.
272 Khetoren und Grammatiter
Sodann richtete fie ihren Bang durch Kleinafien, Rhodus, wohin
vertrieben, fie brachte, und durch a. Eilande, durch welche Wand
ihre urfpränglihe Anmuth einbüßte und von den Sitten des Aus
wurde. So entftanb ber Unterfchied der attifchen, afiatifchen und ch
Dem atifhen Styl war eigen die harmonifche Geſtaltung des Ga
fame Vertheilung des Schmude® mit einfihtsvoller Mäkigung ı
zu fehr abftechender Stellen. Die afiatifche Beredtſamkeit ha
Ausführung und Überladung mit Nedeblumen in der Ausfchn
pflegte bei den aftatifchen Rednern, befonders bei denen aus Lycien
Ton gegen den Schluß der Rede faſt gefangmäßig zu werden.
Gattungen fol die rhodifche Beredtſamkeit das Mittel gehalten hal
wurde die Beredtfamkeit durch griech. Lehrer nad) Rom verpflai
neuer Lichttag aufging, und Cicero als der größte Öffentliche Redne
auch hier trat, nachdem fie ben Gipfel der VBolltommenheit erreicht,
ein, wo fie von ihrer Höhe merklich herabzufinfen begann. De
muͤthigkeit im Neben verftummen mußte, fo ward auch die öffentlid
fire Nichts mehr geachtet. Die ältern Sophiften erwarben ſich um
Bearbeitung der Beredtfamkeit unverfennbare Verdienfte durch
Rednerſchulen, und es gab eine Zeit, wo nur die Sophiften öffer
ſamkeit lehrten, und theils durch Unterricht daruͤber und Durch übur
als Medekünftler oder Prunkredner (von den Kateinern genannt
durch redneriſche Vorträge und eignes Beifpiel die Jugend zum
dem Ruhm der Beredtſamkeit aufmunterten. Zur Auszeihnun.
gehörte ein purpurfarberer Mantel, der gewiffermaßen ihre Um
Es durfte aber zu Athen ehedem Niemand, zumal fein Frember, fic
zulegen, ohne Zuerfennung der Sophifteninnung und ohne die Wei
ſchem Gebraud erhalten zu haben; und in der Folge erließen auch
einfchräntende Gefege gegen die Lehrfreiheit von unberufenen 9
gegen unbefugte Ausübung der Prunkredekunſt. Es hat jene Weihe
den neuern Doctorpromotionen. Zu diefer Feierlichkeit gehörte nu
Gebraͤuchen, daß man in ein Öffentliches Bad geführt wurde. 9
nahm der fo Getaufte ben Mantel an, kraft des Anfehens der dam.
der Beredtfamkeit zu Athen, welchen er für diefe Erlaubniß beträd,
zu entrichten hatte. Mit dem Mantel zugleich erhielt der Ein:
und Ehrennamen eines Sophiften. Die, melche auf diefe Weife
Rhetors ertvorben hatten, gaben ſich bafür aus, die Redekunſt zu I
ten zu biefem Zwecke mit ihren Schülern mannigfaltige Übungen
Vortrag an. Seiner Hauptabficht nach beftand aber der rhetorifi
Anweifung zu Führung von Rechtshändeln, weil bei diefen Altes t
Bericht ausgemacht wurbe. — Diejenigen ſowol, welche in Nedr
Übungsreden ber erdichtete Fälle hielten, als auch deren Zuhörer,
laftifer. Endlich kam bdiefer Name in Verachtung. Die rh
anmeifung der Sophiften beftand meiftene in Kniffen, wie man de
durch gewiſſe Blendwerke eines gefchminften und einnehmenden 7
durch argliftige Vernünfteleien und Spigfindigkeiten bethören und
Dafür bedungen fie ſich einen gar anfehnlichen Ehrenfold aus, de
vorausbezahlt wurde. Späterhin wurden die griech. und lat. Rh
tömifchen Kaifern (zuerft unter Befpafian) befoldet. — Die Rh
auch Reden für Andre. Antiphon war der Erfte, der zu Andere
richtliche Reden verfaßte. Mit einer Rede des Lyſias errang Ipt
über f. Gegner den Vortheil. Anytus bewirkte, durch eine für Loh
des Sophiften Polykrates zur Anklage ausgerüftet, die Verurtheitt
Rhetorik Rhigas 273
erſchmaͤht hatte, eine ihm von Lyſias angebotene Rede zu gebrauchen.
fi) durch Verfertigung beftellter Reden; denn man trieb
einträglichen Erwerb, und Manche flanden damit fo in Ruf, daß fie
kun hatten. Endlich verfiel dies Wuchergemwerbe in verdiente Verach⸗
lele große Maͤnner ſcheuten hy i Reden fchriftlich zu hinterlaſſen, weit
Schimpfnamene Sophift ſchaͤm B—
orif, f. Redekunft, Beredtfamtelt, Medende Rünfe
t.
ima, Rheumatis mus, eine ſchmerzhafte Krankheit, bie fo große
nit der Gicht hat, daß fie von mehren Ärzten für gar nicht verfchieden
alten worden if. Indeſſen läßt fich ein Unterfchieb zwiſchen beiden
1. (S. Arthritiſch.) Dan unterfcheidet einen acuten und chronis
natismus. Jener dauert eine Eurze Zeit, wird bald in diefem, balb
heile, dem Kopfe, der Dand, den Fuͤßen ıc. empfunden und von
m Manne der Fluß genannt, ober er fegt ſich in einem Theile feit und
icht in den chronifchen übergehen, wenn nicht bei Zeiten dienliche Mits
vet werden; bisweilen kommt aud) wol Fieber hinzu, oder er findet ſich
ge andrer Fieber vorzuͤglich im Anfange ein. Diefe Zufammenfegung
md Rheumatismus wird rheumatifches Fieber genannt und von eis
a als eigenthuͤmllche Fieberart aufgeftellt. Es wird daffelbe zu ben
migften® gefahrlofern Fiebern gerechnet, fo lange ed nicht in ein fchlim-
eht; bisweilen aber fcheint es auch nur den Anfang eines Nerven:
machen. — In manchem Fruͤhlinge und Herbfte, oder auch in naffen,
lichen Sommern und Wintern, wo die Gelegenheit zur Erkältung bes
# unb häufig ift, mifchen fi) folche rheumatiſche Schmerzen beinahe
Krankheiten bei, und man fagt fodann in ber drztlichen Kunſtſprache,
mit einer cheumatifchen Conſtitution zu thun. Finden ſich zu einer
n Zeit ſehr Viele, die an rheumatiſchen Übeln leiden, fo ſagt man wol
Reantheit berrfcht epidemifch. — Der dyronifche Rheumatismus, der
uten, bei Vernachläffigung deffelben, und ben alten fortwirkenden ober
umenden Urſachen zu entftehen pflegt, nähert ſich der Gicht, und man
ugeben, daß berfelbe bisweilen in fie übergeht. Anhaltender, heftiger,
kg nachlaſſender, aber bald wieder in derfelben Heftigkeit zuruͤckkehren⸗
wodurch die Verrichtung be leidenden Theils nicht nur für den Aus
8 ſondern bisweilen gaͤnzlich gehemmt wird, ohne alles Fieber oder
De, auch ohne die in der Gicht fo gewöhnlichen Verdauungsbeſchwer⸗
ft das Auszeichnende diefes Übels, das oft Jahre lang anhält, ja wol
ste Die Gicht, habituell wird und ſchwer wieder ganz gehoben werben
war ſetzt man den Rheumatismus gewöhnlich nur auf die äußern mus:
ane; indeſſen hat man bisweilen bemerkt, daß durch benfelben auch
Theile, insbefondere die feröfen Häute, die Pleura, das Peritondum,
se ergriffen wurden, und es kommen ſolche Beobachtungen beim epi⸗
Beumatismus und der cheumatifchen Conftitution nicht felten vor; es
ı Krankheiten gewoͤhnlich falfche Entzuͤndungen genannt, weit fie ſich
liche Weiſe wie die Entzündungen ber ergriffenen Tpeite äußern, und
ber That bisweilen in diefelben übergehen. — Die Heilung des acuten
nus ift bei zweckmaͤßigem Verhalten gewoͤhnlich Leicht zu bewerkſtelligen.
E die des chronifchen, welcher oft allen Mitteln widerſteht. Warme
kalich Die mineralifchen zu Teplig, Aachen ıc., bie kuͤnſtlichen Geſchwuͤre,
melle, die durch Seibelbaft oder ein Haarfeii unterhaltenen, Derstefen
sem wirkſamſten.
ſas (Konflantin), ber Tyrtaͤus der Neugriechen, det le * is
Girbente Aufl. 8b. IX.
274 . Rhigas
bellenifchen Freiheitskampfes, geb. um 1753 zu Veleflini, einer kl
Theflalien, zeichnete fich durch Kaffungskraft und Thaͤtigkeit fchon ı
len feines Vaterlandes aus. Da er nicht reich genug war, um u
Wiſſenſchaften leben zu können, fo widmete er fidh dem Handel, gir
reſt und trieb daſelbſt bi 1790 theils Handelsgefchäfte, theils fein
dien. Auch war er Secretair des Bojaren Nikolo Brankovano. De
audgezeichneten Männern von verfchiedenen Nationen und bie Ben
wählter Buͤcherſammlungen teugen zu feiner Bildung viel bei. Die
Literatur entflammte feine Einbildungskraft. Latein, Franzoͤſiſch,“
Deutfch waren ihm gleich geläufige Sprachen; er [chrieb Griechiſ
ſiſch, war zugleich Dichter und Tonkuͤnſtler. Am liebſten befchäfti
der vergleichenden Geographie. Damit verband er daß tiefite, lei
Gefuͤhl für fein ſchoͤnes und unglüdliches Vaterland, deffen Befr:
Joche der Sklaverei fein gluͤhendſter Wunſch war. Diefes Ziel fpanı
Kraft in ihm, und fo entwarf er den fühnen Plan, durch eine großı
bindung Briechenland von der Pforte loszureißen. Mit der größten
band. er eine hinreigende Beredtſamkeit, und bei der allgemeinen Ad
her er ſtand, warb es ihm leicht, den Kern der Nation und angefeh,
feinen Entwurf zu gewinnen. Unglaublich ift es und dennoch wahr
mächtige Tuͤrken, unter Anbern den berühmten Paßwan Oglu, in
dung zu ziehen wußte. Hierauf begab ſich Rhigas nadı Wien, wo t
chiſche Kaufleute und einige Gelehrte von feiner Nation lebten. Bon
te er einen geheimen Briefwechfel mit den bedeutendften Mitgliedern
Griechenland und dem übrigen Europa. Auch wird behauptet, dal
parte fiber Griechenlands Befreiung verhandelt habe. Zu gleicher:
griechiſche Zeitfchrift zur Bildung feiner Landsleute heraus; er über
dem die „Reiſe bes jüngern Anadyarfis” und ſchrieb eine Abhandiun
tik und einen Grundriß der Phyſik für das Leben. Wahren Natioı
in ganz Griechenland erwarb er fich Durch feine patriotifchen Gefänge
fprache,, die ganz geeignet waren, um bie Einbildungskraft der helle:
zu entflammten und ihr den ftärkften Haß gegen die Tyrannei der Mı
zuflößen. Noch jegt fingen die heilenifchen Helden, wenn fie zum .
feine NRochahınusıg des marfeiller Liedes (‚„‚Allons, enfans dela pı
Lied und bas fchöne Berglied von Rhigas: „Wie lange noch lebt.
Bergen”, haben den tieffien Eindrud auf die feurige, von den ZI
Griechen begeifterte, helleniſche Sugend gemacht. Lieder von ihm,
Deutſch, find abgebrudt in Schott und Mebold’s „Zafchenb. fi
Geſch des griech. Volke⸗, Heidelb. 1824. Auch entwarf Rhigas e
ganz Griechenland mit alten und neuen Ortsnamen in 12 BI., die
ner Landsleute in Wien geftochen wurde. Diefer raſtlos thätige SM:
die Kraft feines. Genies der wahre Ucheber des griechifchen Aufftande
endigte in einem Alter von 45 Jahren auf eine furchtbare Art. Ein te
der Kaufmann Eleutherios Dikonomos, und der Bifchof von Belgra
gaben den unglädlihen Rhigas und 8 feiner Freunde bei dem Drau
Eifchen Geſandtſchaft in Wien als Verſchwoͤrer an. Mh. entfernte
ward aber in Trieſt, wo er ſich nad) Griechenland einfchiffen wollte
dern, dieihn begleiteten, verhaftet. Ex wollte fich das Leben nehn
Dolchſtich war nicht töbtlich. Als er fich gefangen ſah, faßte er den
Qualen mit Muth. zu ertragen und keinen von Denen, die ſich ü
befanden, zu verrathen. Die Unterfchriften aller der im Vereine Aı
waren in einem Hefte enthalten, das er ſtets wohl verwahrt bei ſich fı
tiß er in ber Nacht und verſchluckte die Namen feiner Landsleute, ı
Rhinoceros Rhinoplaflit 275
entziehen. Dan führte die Gefangenen nach Wien ab. Als hier feine
in feiner Gegenwart zum legten Male verhört wurden, fprach er mit fes
ne in der Hoffnung, fie noch zu retten: „Was wollt Ihr von ihnen?
babe Alles gethan und bereue es nicht. Ich weiß es, daß ich den Türken
jeliefert werden und bag ich umkommen muß. Allein nur mein Leichnam
m; mein Geiſt wird Euch überleben: denn er hat ſchon alle Herzen ber
uchdrungen.” 3 von den Verhafteten wurden nebft Rhigas, gefeffelt,
798 nad) Belgrad abgeführt; 3 andere, welche mit ruſſiſchen Päffen
aren, wurden über bie ſaͤchſiſche Grenze gebracht. Der Paſcha von Bel:
e die Verſchworenen aus Furcht, Paßwan Oglu Könnte fie auf dem We⸗
valt befreien, nicht nad) Konftantinopel, fondern ließ fie enthaupten und
au werfen. Nac) andern Nachrichten (f. die „Briefe eines Augenzeugen
hen Revolution im 3.1821", Halle 1824) wurde Rhigas zwiſchen
yendig zerfägt. Unter mehren Heinen Schriften, die ber Tod des „Mär:
Religion und Freiheit”, wie Rhigas von ben Hellenen genannt wird,
if die von M. C. Nikolo-Poulo, einem jungen griedifchen, bei der
des koͤnigl. Inftituts zu Paris angefteliten Literator verfaßte „No⸗
"Derrfchaft des Gefeges), den Manen bes Rhigas geweiht”, die
ke. _ Das ausdrudvolle Bildnig des unfterblihen Dichters befindet
ätellupfer vor den oben genannten „Briefen eines Augenzeugen”.
ott's „Nachrichten über Rhigas's Leben und Schriften” (Heidelberg
20.
noceros, f. Nashorn.
inoplaftik (von ger, Nafe, nAuozıxr, die Kunft zu bilden), ein von
Ife (f. d.) neu gefchaffene® Wort, zur Bezeichnung der von ihm wieder
u und vervollkommneten Kunft, den Verluſt der Nafe organifch zu er⸗
nlich nicht durch eine mechanifche Vorrichtung , fondern durch lebendige
eines der Nafe ähnlichen fleifchigen Gebildes, wodurch denn die häßliche
ung bes Gefichts giucticdy gehoben wird. Schon feit frühen Zeiten wird
: in Indien von ben Brahminen und nod) jetzt von den Abkoͤmmlingen
t, von ben Koomas, geübt, und zwar fo, daß aus der Stirnhaut ein Zap:
chnitten und zur Bildung der neuen Nafe verwendet wird; dieſes Wer:
nt Gräfe die indifhe Methode der Rhinoplaſtik. 1442 verrichtete Bran-
Kanifcher Arzt, ebenfalle die Rhinoplaſtik, nicht aber nach der indiſchen
ms der Stimbaut, fondern der Armhaut des Individuums, und nach
die Operation bei der Familie Bajani ald Geheimniß getrieben, bis Kas⸗
enz3i (geb. 1546, geft. 1599) das Verfahren in Bologna aushbte und
lic) befanntmachte. Wielleicht war die Kunſt unmittelbar von ber Fa⸗
ni (deren fettes Glied 1571 flarb) auf ihn gekommen; wenigſtens ver⸗
Ne Rhinoplaſtik ebenfalls aus der Armhaut, und die indifche Methode war
unbekannt. Gräfe nennt diefe Methode die italienifche, und fie wurde zu>
Bolinetti zu Anfange des 17. Jahrh. ausgeübt. Am 8. Mai 1816 ver:
fe zuerſt wieder die Nafenbildung aus der Armhaut, an einem jungen Krie⸗
we Naſe durch einen Säbelhieb verloren hatte, und feine in manchen
we der italien. Methode abweichende Operationsart wird von ihm bie
lethobe der Rhinoplaſtik genannt. Auch bei diefer wird bie neue Nafe aus
nt bes Individuums gebildet, nur weicht das Verfahren in etwas von
lagllacoyzi ab. Die Rhinoplaſtik gehört nach der Graͤfe ſchen Erneuerung
Rerung zu den glänzendeen Ergebniffen der neuern Chirurgie, und es zeigt
hier wieder, wie der Deutfche alleß Fremde ſich aneigne, um ed in einer
sollenbetern Form fo hervortreten zu laſſen, baß es wahrhaft feine eigne
wird. ©. Graͤfe's „Rhinoplaſtik, oder die Kunft, den Vertuft der
15 *
276 = Hhobus Khone
Naſe organlſch zu erſetzen c.“ (Berlin 1818, 4.); lateiniſch von |
Hecker (Berlin 1818, 4.); italien. von Schönberg zu Neapel.
Rhodus, jetzt Rhodis (21 TIM.). Diefe einft der Sonne ge
infel, berühmt. Im Alterthum wegen ihres heitern Himmels und ihrer
Fruͤchte, liegt zroifchen Kandia und Cypern, 2 Meilen von der ſuͤdl. Küf
im mittelländ. Deere, ift 8 Meil. fang und 3 breit. Die Luft ift gı
ſehr fruchtbar, aber unbebaut. Sie war im Alterthume eine Repu
beträchtlichen Seemacht. Sie gruͤndete Colonien in Sicilien, Stat
nim. Die Größe und Schönheit ihrer Kunftwerke waren im ganzen
berühmt; auch warb fie deßhalb'von ben Römern viel beſucht. Die
Rhodier galten wegen ihrer Zweckmaͤßigkeit an allen Küften und in al
des mittelländ. Meetes als Grundlage’ des Voͤlkerrechts und werd:
zur Entfcheldung benugt (lex Rhodia de jaetu). Das mächtige ur
dus fpielte in den Kriegen ber Römer, oft ald Bundesgenoffe, ei
Rolle. Erſt Vespaſian madıte fie zu einer roͤm. Provinz. 1309, r
tufte von Palaͤſtina, wählten die Johanniterritter diefe Infel zu ih
und wurden deshalb Nhodiferritter genannt. 1480 wehrten fie ein.
Tuͤrken ab, 1522 aber ward ihr Großmeiſter Villiers von dem Sultaı
gezwungen, ihm bie Inſel zu übergeben, und die Ritter ließen fid
auf Malta nieder. Rhodus mit 37,000 Einw., darımter 11,000
einem Erzbifh., fleht unter dem Kapudan Pafcha oder Großadmiı
verneur ber Infeln des Archipelagus, und wird von einem Pafcha
Einkünfte des Sultans von der ganzen Inſel werden auf 90,000 Pi
Sie ift der Hauptfchiffbauplag der Tuͤrken und führt Wein, Getreil
diſches Holz, Baummolle, Suͤdfruͤchte, Wachs, Honig, Vieh ıc. aus.
Rhodus oder Rhodis, (15,000 Einw.), wird von den Türken ale
windliche Feſtung betrachtet, da fie mit einem Sfachen Wall und eir
Graben umgeben ift. Sie wird von Türken und Juden bewohnt, t
Vorſtaͤdten wohnenden Chriften werben nur bie Sonnenuntergang in
duldet. Noch fieht man die Wappen und Namen ber Rhobiferritter ı
- een vieler Häufer, ımb eine Straße heißt noch die Ritterftraße. Di
Häfen; bier ſtand wahrfcheinlich der berühmte Koloß. (S.d.) 2
Dreisfchrift „Rhodi dereriptio Macedonica aetate” (Göttingen
„Rhodos, ein hiſtoriſch⸗archaͤologiſches Fragment von Heinrid
tona 1823).
Rhombus, Raute, iſt eine vierfeitige geometr. Figur, n
als ein ſchiefes Quadrat vorflellen mag, denn ber Rhombus hat 49
weil aber diefe nicht rechtwinklig, ſondern fchief zufammenftoßen ,
gegenüberftehenden Winkel einander gleich, und zwar 2 find ſtumpfe,
Rhomboides fleht ganz in dem Verhältniß zum Rechteck oder 9
der Rhombus zum Quadrat.
bone (le Rhöne), entfpringt im Kanton Wallis aus einen
Surkaberge, nicht weit von dem St.⸗Gotthard und 2 ſtarke Str
Quellen des Rheins. Auf ihrem reißenden weftlichen Laufe durch?
durch viele Bäche und Flüßchen verftärkt, durchſtroͤmt dann ben
feitt als ein ſchiffbarer Strom in das Gebiet von Frankreich, wo fi
- wendet ımb eine Strede die Grenze zreifchen Frankreich und Savoy
terhalb Lackuſe verſchwindet der Strom faft gänzlich dem Auge, in
furchtbarem Getöfe in einen Selfentrichter ergießt, der fo eng tft, d
gegenüberftehenden Klippen nur 2 Fuß Entfernung haben. Einige t
unterhalb dieſes Trichters Läuft die Rhone faft 6O Schritt weit völlig
fen weg. Nach einem Laufe von I0 Lieues ergießt fie fi) Durch 3 5
Rhoͤngebirge Rhythmus 277
ind. Meer, wo ihre Arme die 9 IM. große Inſel Camargue bilden.
en heftigen und ungeſtuͤmen Lauf, fuͤhrt vielen Sand mit ſich und ver⸗
yr Bette, ſodaß die Schifffahrt auf derſelben, die beſonders von Lyon
bhaft ift, ziemlich gefährlich roird ; daher rourde der Canal von Beau:
set 1811) angelegt, wodurch auch die Suͤmpfe von Aigues Mortes
et worden find. Ihre vornehmften Nebenflüffe find: die Arve, der Ain,
welche fich bei Lyon mit ihr vereinigt, die Iſere, Dröme, Arbeche,
ıd der Gard oder Sardon. An der Rhone liegen: Genf, Lyon, Vienne,
pignon, Beaucaire, Zarascon u. Arles. Rhoneweine find Franzwei⸗
beiden Ufern der Rhone in Provence, Dauphine ıc. erbaut werden. Zu
Sorten gehören bie rothen und weißen Hermitageweine, welche zwiſchen
d St.sBaliere wachfen; ferner ber Galcernier von Chateau neuf, Ta
ote de St.-Andre u. a. Sie werben in 1. und 2. Sorte Hermitage,
2. Sorte Eote:rotie unterſchieden. Wir ziehen fie über Avignon, Cette
yelfier.
ngebirge, exftredit fi) von Kaltennorbheim bie über Biſchofeheim,
ge von 5 bid 6 Meilen und in einer Breite von 1 Meile an ber weſtl.
vormal. Großherzogth. Würzburg hin und gehört theils zu dem Für:
nach, theils zu dem Untermainkreife des Koͤnigreichs Baiern. Nördlich
ch dem thüringer Walde und ſuͤdlich dem Speffart. Diefes Gebirge bie:
be Bafaltfelfen dar; aber nur Abhänge deffelben enthalten einige Wal:
hoͤchſte Spige ift der 2300 Fuß hohe Kreuzberg, unweit Biſchofsheim.
yöngebirge gehört die lange Rhön, auf deren Höhe man ebenfalls viele
a und Lavabloͤcke, aber wenig Ward findet. Viel Heu wird darauf ges
Nerkwuͤrdig find das rothe, weiße und fhwarze Moor. Auf erfterem,
1000 Morgen faßt, foll ein Dorf verfunfen fein. _ Noch wafferreicher
ze, das bei 500 Morgen einnimmt. Die Kälte ift auf diefem Gebirge
groß, und der Schnee meiftens fo hod), daß defhalb die Fußwege durch
ejeichnet find. Metalle enthält dies Gebirge nicht. Oft vechnet'man
IHöngebirge die im Fuldaiſchen befindlichen Worgebirge, als den Dam:
Ye Milgeburg oder das Heufuder, welche ſich durch Ihre groteske Form
, Bafaltgebirge find und eine Höhe von 2500 bi6 2800 Fuß erreichen.
thmus (aus dem Griech., @v9uos, rhythmos), ein Wort, deſſen
duch den etwas unbeftimmten Gebraud, ſchwankend geworden ft.
ı vermuthen, in jenen alten Zeiten des erſten Gebrauchs fei der eigen:
Kinn des Wortes am ficherften zu finden, fo würde man irren. Die erfte
g einer Sache begreift gewöhnlich einige Zufälligkeiten, die man nicht
wn wollte, neben dem Wefentlichen, dem die Bezeichnung gilt. Die
„welche das Wort empfing, ift in dem üblichen Gebrauch befangen,
rt faft ein neuer Erfinder dazu, um einem üblichen Wort feine wahre Be:
meignen, die nämlich, welche der Erfinder bezeichnen wollte, aber, weil
lige nicht hinlänglicy fonderte, nur unvollkommen wirklich bezeichnete.
wei verfchiedene Verfe hört, 3.2. ”
Eilende Wolfen, Segler ber Lüfte
Mahadoͤh, der Herr der Erbe
ragt, worin, abgefehen vom Anhalt, ihre Unterfchied beftehe, fo hört
antworten: im Rhythmus. Cinige, das frembe Wort vermeibend, fa:
a Sylbenmaß, allein fehr unrichtig. Denn Sylbenmaß iſt die Verglei⸗
eitgehaltes einer Sylbe mit dem einer andern. Iſt im Vers das Maß
unrichtig, fo roiderftreitet dad Spibenmaß dem Rhythmus, von mels
ı ganz verfchieden iſt. Ebenfowenig ift Versmaß eine hinlängliche Wer:
a EEE
278 Rhythmus
deutſchung von Rhythmus, denn Mas iſt die beſtimmte Größe, m
Groͤßen geſchaͤtzt und beſtimmt werden. Man koͤnnte alſo vielmehr der
Daktylus) ein Versmaß nennen, denn nad) deſſen oͤfterer Wiederkehr we
Versarten ihrer Laͤnge nad) gemeſſen und benannt, z. B. der Heramet:
rühmte Philolog Hermann fagt: ber Rhythmus fei die durch bloße Zei
Form der durch Wechſelwirkung beftimmten Gaufalität, was ohne
deutlich fein mag, wenn man ſchon weiß, mas man bei Rhythmus zu
Andre erflären ihn anders. Vielleicht findet man den wahren Sinn |
indem man ähnliche Dinge damit vergleicht, von welchen man ſchon bi
ftelungen hat. Wer etwas Kenntniß von Muſik befigt, der weiß, ma
muſikaliſchen Gedanken nennt. Man behält eine ſolche kurze Metodie I
Eennt fie im Tonſtuͤck wieder, der Zonfeger mag fie in derfelben Harm
einer andern, in ber erſten Bewegung ober in der Gegenbewegung, :
einem eintönigen Inſtrumente, der Pauke oder Trommel, wiederholen |
in einem folchen mufitalifchen Gedanken nicht der Harmonie angehört,
gar in eintönigen Klängen noch ben Gedanken darſtellt, ſodaß der Hörer
wiedererkennt, das ift der Rhythmus. Denken wir ung 5. B. die befur
bes Waltenftein’fchen Reiterliebes, fo iſt ihr bloßer Rhythmus, abgefel
barmonifchen Verhältniß der ine:
N Nnl |! }
. AL⸗ Sell),
der ſich durch die üblichen Notenzeichen außer dem Rinienfoftem fehr bequ
lich machen läßt. Auf diefelbe Art verfinnlicht fich Leicht der abgefondert
aus jeber Melodie, und daß man einen Rhythmus vernehmen und aufze
wenn er auch nicht zuvor aus einer mufilalifhen Melodie abgefondert
die Zrommelmelodien, welche bloße Mhythmen ohne Tonverhältniß f
man dennoch vernimmt und unterfcheidet. Wer tiefer in die Sache et
ber. kann fich den Rhythmus recht ſchicklich als eine Kigur in der Zeit ot
Figur denen. Wie man naͤmlich zufammengehörige, zu einem Ganzen
Theile räumlicher Anſchauungen eine Figur nennt, fo nennt man die zu
zen verbundenen Theile, welche nicht im Raum, fondern in der Zeit (
seffion) aufgefaßt und vernommen werden, einen Rhythmus. DVerglei
Auffaffen der Figur mit dem des Rhythmus, fo wird man ſich der Ähnl
feicht bewußt werben unb zugeben, daß der bildliche Ausdruck: Zeitfigun
ger gewoͤhnlich, aber nicht weniger ſchicklich ſei, als wenn man von Tie
des Tones, von ber Farbe, von Tonfiguren oder andern verſchiedenen
verglichenen Dingen fpricht. Wer die Sache noch gründlicher erörtert
verfteht e8 ohne Zweifel, durch Vorkenntniffe vorbereitet, ohne meiter
wenn wir fagen: Rhythmus fei finnliche Anfchauung der Einheit in
von Momenten, oder mit weniger Worten: Rhythmus ift Form der (
oder im Begenfas von Harmonie: Rhythmus ift finnlidye Erfcheinun;
in der Aufeinanderfolge, Darmonie daffelbe im Gleichzeitigen. Set
fügt daffelbe, nur für einen verfchiedenen Gefihtspunft, aus. Am ar
ohne Zweifel wird die Vorftelung vom Rhythmus durch die oben erwaͤh
nung deffelben in Noten. Man denkt das Linienfyftem von den Not
der reine Rhythmus fteht Jedermann vernehmlich und unzweideutig vo
ift ein Gtüd für uns, daß wir eine fo leicht faßliche und brauchbare Vi
weife der Tonrhythmen in unferer Notirung haben. So gut hatte mi
ters nicht, und wir felbft befigen diefe Vortheile kaum feit ein Paar Si
es gehört nicht wenig dazu, Etwas, das der Sinn vernimmt, fo gänzii
aufzulöfen und auf den Verſtand uͤberzutragen, daß es diefer durch voll
hen ganz unzweideutig, toieder durch Vermittelung des Verftandes,
eines Anbern bringen kann; und gewoͤhnlich führen erft niel unvolltomn
Rhythmus 279
. Karld. Gr. ließ die gefchidteften Sänger zu dem kirchlichen Gottesbienft
gleithwol war es unmöglich, was bei uns leicht ift, ihnen die Melodien
ſchen Kirche durch Vorzeichnung deutlich zu machen. Sie mußten felbft
m, um dort zu hören. Was man allenfalls in alten Zeiten von rhythmi⸗
hättniffen beseichnete, war Das, was ſich freilich zumächft darbietet: ber
ne Unterſchled von lang und kurz. Um das Lang zu bezeichnen, bebiente
des Striches (-), für die Kürze des Haͤkchens (v); das weniger lang und
8 (3.8. Fund }.) fühlte man wol dunkel, allein man erhob dieſes Ge⸗
t gur Deutlihhkeit, und deßwegen gelangte man nicht dahin, biefen Unter:
e Bingen und Kuͤrzen zu bezeichnen, foroie wie jegt in einem ähnlichen
Unterſchiede der Farben nicht mit Beftimmtheit bezeichnen, weil
ehende fidyere Scale bafür fehlt. Wie wir diefe Sarbenunterfchiebe
b den Augenfchein auffaffen, fo mußten die Sänger damals die Unterfchiebe
r Bängen und unter ben Kürgen durch eignes Hören auffinden. In vielen
a trifft es nun allerdings, daß nur eine Art von Rängen und nur eine Art
pn barin vorfommt, imd dieſe bezeichneten fich am leichteften mit ben an⸗
men Zeichen ber Länge und Kürge, wie denn auch ihr Rhythmus im Ge:
wenigften zn verfehlen wär. De Rhothmus z. B.
venmer Stab, a hätt’ ich nimmer mit dem —E dich vertaiſcht
ıdiefer Gattung. Man fand in ſolchen Rhythmen die Dauer der einge
gen gleich, daffelbe Verhältnig ließ ſich auf den Rhythmus:
133473467357
n und, da dieſe IR. KR RR die üblichften waren, fo ſetzte
em Theoretilern die Dieinung ale ein Grumdfag feft: jede Länge fei gleich
. Wo nun in einem Rhythmus eine Länge zu bezeichnen war, ba
be man ſte mit dem üblichen Zeichen (-) und fchrieb ihr in alten Fällen den
m zwei Kuͤrzen zu: Ebenſo rechnete man von Allen Klityen ohrie Ünter:
f auf eine Länge. Die Muſtker, welche wol fühlten, daß bie Längen in ber
er R.| Noän andern Öehalt hatten, als indiefee J J DJ] X
metrifch auf Biefelde Art (- - u u | -) bezeichnet werben, behauptite
man mäffe zwiſchen Lang und Lang unterfcheiden, und zroifchen Räkyz
he intrefihled zu machen; allein weil man damals Beine Motengehaftfet:
&, fondern den Gehalt ber Töne aus den Sylben der Verſe fchließen müßte,
en fie ihren Sat fo zu erweiſen, daß fie auf dem verſchiedenen Zeitgehalt
Ka aufmerkſam machten, die wenig Mitlauter haben, 5. B. Kuh, ukb in
heren viel ſich vereinigten, 3. B. Strumpf. So verſahen fie es freilt tm
Ixer —*8 ‚ und bie Metriker (oder Grammatiker), die mit jenen
ke, nadı Marius Victorinus’s Verfiherung, ſtritten, machten ihren Sag
* geltend: jede Laͤnge ſei gleich zweien Kuͤrzen. Man darf ſich uͤber
jarrlichkelt der alten Metriker nicht wundern, denn wiewol wir jetzt ſeit
Frinem Jahrhundert in unſerer Notirung eine fehr paffende Bezeichmung
hener der Zeitmomente im Rhythmus haben, fo behatren dennoch unſre
Retziker fo uwerruͤckt auf ihren Steichen und Haͤkchen und auf dem Gag
ee Länge, als ob eine Erfindung wie unſere Muſiknoten gar nicht
und Rhythmen von andern als zweizeitigen Rängen noch nie erhoͤrte
im. Betrachtet man alte Berfe nad) dem Sag von ber bloß zwelzeitigen
Pbekomm man Rhythmen zu ſehen, gegen welche anfer Gehör ſich etwas
ee:
Nee
280 Khythmus
und Ähnliche noch unglaublichere. Die Metriker verwerfen aber das
Neuern als verwoͤhnt durch die moderne Erfindung des Taktes, welche
Muſik verderbt habe, indem er ſie eintoͤnig und langweilig mache. G
(meinen fie) ſei es mit ber alten Muſik beſtellt geweſen. Durch ihre 2
babe fie fich in fchöner Freiheit bewegt und dadurch die Wunder bewi
alte Schriftftellee mit Entzuͤcken von ihr berichten. Der gelehrte Mei!
dieſe Wunder der Taktloſigkeit wiederholen und ber neuen Welt bie W
Muſik zeigen zu koͤnnen. Sein griechiſches Goncert, das er der König
gab, that auch wirklich ungewöhnliche Wirkung, wiewol von anbrer ?
gelehrte und übrigens fehr verbiente Unternehmer gehofft hatte. Sieht e
gener einen foldyen angeblich taktloſen Ver, 3. B. den eben erwähnten
U-- U U-U
Im —* Buchhain,
fo faͤllt es ihm ſogleich auf, daß der Vers ſelbſt ganz unverkennbaren Te
| d. & an d. d
"und ba er nur durch bie munderliche Bezeichnung und durch das unv
Hören der verfchiebenartigen Längen und Kürzen das krauſe Anfehen e
lein die Metriker glauben dieſes noch nicht, denn bie Länge iſt nun einm
zweien. Rärzen gleich. Wenn einem unferer Mufiker eine Stelle vorge
| JS 83 N J 2. 881.5
fo würbe er die Stelle auf diefe Weile: : .
til LESS).
berichtigen, Jedermann würde ihm auch hierin beiftimmen. Wenn n
Sylbengehalt eine Verſes findet
--uu|-vu-u|-vo-vu|--
iſt es nicht natuͤrlich, ihn eben fo zu verftehen, wie der Muſiker, und
dem weniger unterrichteten Schreiber, befonders wenn der Verb z. B.
Schoͤn waren bie golbnen Träume, freudenlos das Erwachen
die Meinung des Muſſkers rechtfertige? Wir werden uns mithin aı
Einficht Halten müflen, welche durch die genauere Mufißbezeichnung be
ben ift, wenn wir über Rhythmus, ſowol ber neuern als der alten Zei
wollen. Die alten Verſe zeigen uns, was bie Alten hörten; ihre Zei
wir verſtehen, wie fie von ihmen gehört, role fie von den Metrikern ge
den. Daß unfere Zeitmeflung Übrigens in der Natur felbft berube,
leicht, wenn man auf die Natur des rhythmiſchen Beitmafes, was m
nenne, achtet. Metrum verwechfelt fidy allerdings leicht mit Rhypthnu
alle Theorien verwechfeln es, indem fie ſich bemuͤhen, einen Unterfchiel
den ihre Verfaſſer nicht deutlich fühlen. Der berühmte Metriker u
Hermann lehrt: Metrum iſt das Verhältniß der Zeitabtheilungen geg
ohne allen Rhythmus. So ift es allerdings vom Rhythmus gefondert
allein vom Rhythmus, fondern fogar von feinem eignen Begriff, dei
haͤltniß der Zeitabtheilungen gegen einander ift nur im Rhythmus dent
alfo außer der Bedingung feiner Möglichkeit zum Metrum werben El
unter die Geheimmiſſe ber Wiſſenſchaft und unter die vielen Räthfel der
(hen Theorie. Nimmt man bie Anficht des Rhythmus als Zeitfigur
rakterifirt fich jeder Rhythmus, wie jede Sigur überhaupt, durch den
durch das Verhaͤltniß ber Theile untereinander. Umriß iſt bei ber Rc
Grenze, welche fie vom übrigen Raum abfondert, bei dem Rhythmug
welche ihn von der Zeitreihe abfondert, alfo fein Anfang und Ende.
"der Theile in der Raumfigur wird durch ein inneres, aus der Figur fell
[1777 De
(6 BMobell) beftimme,-cbenfo-bei ber Zeitfigur, und dieſes Innere, aus
15 felbft entlehnte Maß feiner Theile iſt das Metrum, welches alfo
ime Grundbefinition der wiſſenſchaftllchen Metrik will, ohne allen
, fondern gerade umgekehrt, bloß im Mhpthmus flattfindet. Gin ein
Etang gibt noch) Eeinen Rhythmus, fo wenig ais ein Punkt eine Figur aus ·
Bmei Klänge können einen Rhythmus geben, wenn ſie fo vernommen ters
ah fie aufanımenzugehören fdjeinen, als ob ber eine ben andern Sersargebenhk
fie tert dieſes beffer und geſchwinder als eine ausführliche Ab
hervorbringenben Theil nämlich nennen bie Muſiker den guten Takte
ben jebrachten den fehfechten, Jenen nerinen die Metriker (bee
cache entgegen) Arfis und biefen Thefis. Die Atſis bezeichnet man mkt
scene (*), wo es nöthig ift. Das Zeitvechältniß der Arfıs zu der Theile
durch das Metrum beftimmt. Iſt die Theſis der Arfis an Beitgehakt
1, fo.entfieht ein gleiches Metrum (gerader Takt); Äf Hingegen bie
de Arfis ungleich umd alſo Meiner (bem ein Größeres Ednmte nicht aus dem
torgegangen ſcheinen), 4. — fo entſteht das ungleiche Metrum
Lake). Met die Anfichten tiefer aufzufafſen leht, der denke ſich bag
m der Thefis aus der Arfis ale das Segen eines Gegenſatzes Der has
ber Thofis gegen die Krfis ſt auch in Der That awithetifch, und man nennt
Antithefis und die Acfis Thefts, welches Legtere die Mufiter thım.
ift aber der Thefis gleich" und nur durtch dem Charakter der Ab⸗
von iht verfchieden. „So entfteht die Gleichheit des Metrums, Läpt
Bat Kraft waren — BR * — ohne Hy An
ſich hervorgehen, fo vi ſich in.diefem dritten Erzeugni
hie Ghnakre Gele anthei m Meichung auf Ne ehe En
(arfifch) in Beziehung auf die ihm unmittelbar, vorher;
Gnfehanlicher wird vielleicht die. Sache hierburch: man denke fich. de
mngeraden Tattes ) | Die Wieritenote iſt biet vn
Mer halben; ve biefe in Biertet auf (¶.M: fo HE hie
a AAN jeigedn u —
ten Beziehung, Diefes Servorbringen ber .dritien Rote
SE
man entfichen ſen, ſo ſe
eilin, 100 bie Biel umb bie Drzi, alfo Die beiben erften Vrrhäle
‚geraden Metrum ift Are und Theſis ſich gleich. Man
chen Beftandtheile Hanptmomente nennen. Jebes biefer .
num nochmals in Sat und Gegenfag erlegen: 2
vr . a
a
H ifchen Beftandtheile Momente zweiter Ordnung. Da
ich gleich) find, und die Momente zweiter Orbnung ebenfaßs
Momenten berfelben Ordnung kein Unterſchled ber Ih
m Dromöne beider Dtbnungen vermifgpt werden (J dd)
hied. Rhythmen, welche ſich in Momenten
RN aufoihre Arfis und Theſis nicht nach ein h
Noß durch ben Accent, ber, auf dem guten Takttheil (Arſis) fänk.
ſcuitte Mhythmmen, bahin gehören z. B. unfere Kirchen⸗
ingegen, welche fih in Dromenten verſchiedentt Drang
288 Rhythmus
bewegen, unterfcheiden ihre Momente zugleich nad Längen und $
Quantität). Diefe heißen bewegen quantitirende Rhythmen, und ı
hört der größte Theil der alten Verfe. Die beiden Hauptmomente bes «
trums koͤnnen ſich auch ungleich zerlegen:
)
Be
und fo entfteht ein gemifchte® Metrum (der Sechsachteltakt). Daß bie
adch in lauter Achtel geſchehen Eönne, begreift ſich Leicht, umb ebenſo,
Achtel durch ftärkere Marfirung leicht in ein punctirte® („ID N N) übe
ſchen fich nun beide Orbnungen der Momente, fo entftehen mancherlei
Rhythmus, welche hier zu bemerken find, wegen ihrer fonderbaren
von den Metrikern:
d 0) diebachifche Form, bei den Metrikern - - u
en...
®
. NIS dieerfte pdonifche Form . . . . -vuu
I, DNS die ionifhe Som .. . . -- vu
1 N ]. \ die Bretifche Korm . . . -u-
IND dieviertepäonifje Form... . . vuu-
Se. die horiambifche Form ..... . -vu-
Kam 5. B. der aus folchen Formen beftehende Vers vor:
8 IS Sl).
gi FO» Ei BIER N» Pen —8 IRAK,
fo bezeichnen die Metriker fie nad) ihrer zweizeitigen Länge fo:
-- uvu| -uv-- | - vo-w
SINN ISIS
und behaupten, die Alten haben fie auf diefe Art vernommen, bemm d
ter werde nicht von der Enkelin tanzen gelernt haben. Dieſer gelehrt
tungen wegen war es nothwendig zu zeigen, daß die Formen, nad)
Rhythmen meffen, nicht der neuen Muſik angehören, fondern im Weſe
mus gegründet feien, bag mithin (um bei dem beliebten Gleichniß zu bi:
mutter und Enkelin diefelbe Lehrerin hatten: die Natur. Das ungen:
hat drei Hauptmeniente: (J. N), welche, in zwei Untermomente zerle
Ioffifche Metrum geben, in der Mufit den Dreivierteltalt. In dr
zweiter Ordnung zerlegt, bildet es ein Metrum, welches wir dab tri
nen und das dem Neunachteltakt gleich ift. Zieht man die beiben erft
zufammen (| N), fo entfteht das trodyäifche Metrum oder ber D
Welches Maß irgend einem Rhythmus eigenthuͤmlich fei, kann natuͤrl
beftimmt vernommen werben, als bis in feinem Verlaufe die Hauptaı
kehrt iſt. Die Hauptarfis aber kann ſich erft nad) mehrmaliger regelm
ehr als Dauptarfis bewaͤhren, denn die Arfis, welche wieberkehrend
wird, koͤnnte auch den Momenten fpäterer Ordnung angehören. Die
kehrt nach einer gewiffen Zahl von Hauptmomenten zuruͤck, und die !
welcher fie wiederkehrt, heißt in der Muſik der Takt. Es zeigt fi a
Takt ebenfalls in dem Weſen des Metrums gegründet und Teinesiwi
gelehrten Metriter meinen, eine Erfindung neuerer Zeit ift, um meh
ohne Verwirrung zugleic) hören laffen zu koͤnnen. Vermuthlich ifl der:
Gebrauch beider Süße heim Gehen auch eine Erfindung neuer Zeit, u
wirrung mehre Soldaten neben einander marfchiren laffen zu innen.
lung von einer Hauptarfiß zu der andern nennt man In der Muſik beka
Takt, wir nennen fie im Allgemeinen eine metrifche Periode. Wie e
durch mehre Takte gehen kann, fo farm ein Rhythmus, z. B. ein '
mehre Perioden gehen, z. B.
ISIMNMINMMINMIN
a ee ne ag,
wizd alfo Die metrifche Periode zum Bersma (f.d.). Die Abtheilung von
erarfis bis zu der andern nennt man in ber Metrik einen Fuß, wenigſtend ift
er urfprüngliche reine Begriff davon. Anfchaulicher erfiärt man ſich ben mete.
hie Form, nicht ber ganzen Periode, fondern eined einzelnen Hauptmomentes
m So bat bie Periode des gemiſchten Metcume In ber trochäiſchen Gar 2
id m meiſger Sericang
der —— ee |
T
Ist deßwegen Dipobie (Doppelfuß). Die Periobe bes teipebifchen Metrums
drei Füße:
di 4 3 in metrlſchet Vecichn -,-
Re zusvoleu
Br
—— —** — Urſpruͤngüich, wie geſagt, war dieſes die wahre Ber
ortes Fuß, und in diefem Sinne gibt es aur folgende Büße: J
Pyerhichius, metriſch bezeichnet u u
Xi . .. . uuu
Dal .-. . .' - vu
a5 ber Derkche unb ib Bormuen biefeb Difet gelten Eleruap.
Wenn (2) Fa mon pe eigen u dm Füßen vorn
p folgende:
Halptmomsinten erfüllen. Alten biefe wahre eigen⸗
metrifähen Fußes, wiewol fie noch jest bie eigentlidy wies
eine Nebenabficht. bes
I en
d
Bi m hen.
Moiof.
— Ruth
| -w u.Bacchius. -
u - - Antibackhius.
-u- Kreis, oder Amphimacer.
UUu- An
\
- u - zweiter tritu
- - u bdritter Epi
-- -u vierter
as * un
u-0u weiter
uvi- u * Dim. on
vuvu - dierter
- - u u finfender |
ze 0.0. =. =, ſteigender | Ioiter j
" -= uU Kuno
EI, Ditiodlus,
u- v - Miambus.
Die größte Verwirrung entftanb nun baber, dag man diefe nach ei
— at aan zufamm menbefeeten Füße der urfpräntglichen Bede utu
So zerriß man’ die Rhythmen zue I
er 5 m — ——— Rhythmus; B.
a aufrglüchendem or a,
über deſſen Geſang kein Bu entfichen Eann; hellen ‚die gelehrten
und jede Länge iſt (hmm fbehjetig , wobur fr fe de Wentermeiobie
Kyersidl.
nig Brauchdarkeit weg
Art Ehe als profobifche Tompoſitionen, ſi —— fie ihre wahre
thämliche Bebeutimg. Der profebifche Gehaik einer Sylbe
triſchen durchaus zu unterſcheiden. Der metriſche Gehalt einer
Pe nd Ir (Bu in re Die Sylbe Schön z. B.iſt ir
LCACAIAO
Schoͤngiũ⸗ hen⸗der ¶ Morgen· ſtrahl
ech EC N dr uhr
dreigeitig: bei
Rhythmus 285
igeitig, und in
. 2. Rn.
Schön, wie * orgens — | KR, Pracht
ollkommen. Anders ift e8 mit bem profodifchen Gehalt. Diefer zeigt fein
5 Maß einer Spibe, er betrachtet die Sylbe außer dem Rhythmus und
haͤltniß. So beflimmt er bloß Länge und Kürze im Allgemeinen. Die
choͤn 3.3. iſt profodifch nur lang Überhaupt: wie lang, beſtimmt nicht
Nie, fondern das Metrum. Diefe zufammengefegten Süße kann man alfo
the Wortformen (Wortfüße) betrachten, welche durch die rhythmiſche
g ihrer Sylben zu Wortrhythmen werden. Dabei gefchieht e8 nicht felten,
ſodiſche Form eines Wortes einen andern Namen haben kann als beffen
fo ift 3. B. die proſodiſche Form des Wortes fortmanberten ioniſch
‚am Schluß bes jambifchen Verfes hingegen:
v-u-|vuv-u-|v-ov-
Aus theurer Heimath Vaterhaus fortivanderten,
riſche Form die jambifche " RA . Die geſchickte Stellung der Wort
em Were ift eine der Hauptbebingungen zu beffen Schönheit, und man
Bortfäße nicht unſchicklich den Notenfiguren vergleichen, welche der Coms
inem Bogenftrich verbunden haben will. Schon vor alten Zeiten haben
etiker rhythmiſche Verfe von metrifchen unterfcheiden wollen. Indeſſen
te Erklaͤrungen bunkel, was gewoͤhnlich ber Fall ift, wenn man von dun⸗
hlen redet, denen kein reeller Begenftand entſpricht. Es iſt unmöglich,
wimenbhängende Sylben zu ſprechen, ohne einen Rhythmus hören zu laſ⸗
mehrſylbige Wort ift ein Rhythmus, jede Profa befteht alfo aus rhyth⸗
Atzen, deren jeber fein Metrum hat. Der Unterfchied bes Verſes ift nur
v die rhythmiſchen Säge im Verſe durch ein und daffelbe Metrum vers
Bw; 3.8. im Vers:
N RN VON»
{ been BEN ! 4 2 an HEN —W IRA
Ihpthmen durch das fortgehende gemifchte Metrum verbunden; im profais
Barphörner wurden abmwechfelnd von zwei Singftimmen unterbrochen,
küs Rhythmen, aber Eein ununterbrochen gleichförmiges Metrum, wel
abindet, und barum iſt der Sag kein Vers. So kann eine Declamation
Mlautend fein, aber fo lange fie nad; Gebühr nicht aus ber declamatori⸗
Wein die harmoniſche Scale tritt, iſt fie fein Sefang. Wenn im Verſe
wm ıwechfelt, fo kann e8 wenigftens nicht eher gefchehen, ale bis der Vers
wendete DRetrum firirt hatte; im profaifchen Styl hingegen foll da6 Mes
ie lange gleichförmig fortgehen, daß es ſich firiren koͤnnte. Welcher reelle
um nun wol jenen fogenannten vhythmifchen Verfen zum Grunde liegen,
atten neuerlich, wieber zur Rettung mancher Theorien: heraufbeſchworen
Das einzige Reelle babei ift die Unbekanntſchaft der Theoretiker mit bem
e von ihnen als rhythmiſch proclamirten Verſe. So follten vor einiger
sBiamben dergleichen gefeglofe Rhythmen fein, weil aus ihrer krauſen
Bezeichnung:
- - u |u-|uv- | -vuv]|-vu]|vou-
m und kein Befang zu vernehmen war, wovon indeffen, wer ben galllam⸗
⸗
ErrPISAFI SIE FRI SIE
Gin ſtroͤ⸗men⸗der Quell von Bohllaut in bes geifternder Melo⸗ die,
Eu] Rhothmys
hört, keins von belden vermißt. Auf ähnliche Art werden ſich alle fo
ſche Verſe entweber in ein bekanntes Metrum pder in Profa aufldfe
aecentuirte Verſe unter rhythmiſchen verfiehen, fo hat die Sache Sir
accentuirte Vers hat Metrum, wie jeder, nur nicht durch Quantität,
Accent beftimmt. Hat man ſich von dem wahren Wefen des Rh
zeugt, fo fleht man leicht, daß die alten Metriker, oder, wie man |
einen falfchen Weg einſchlugen, indem fie Rhythm
durq Süße meffen wollten, welche nicht durch Zerfällung —
ſondern durch Sylbenzuſammenſetzungen entſtanden waren.
** waren vorzöglich Hr der Grieche Hephäftionz eo un
en Marius ), Diomedes, Priſcian, andrer Schriftſteller
— Ariſtides, —* nicht zu erwähnen, welche buch ar
ebenfalls bekannt find. Nach mandım Vorarbeiten, —5 !
Bentley und Damwes, erwarb ſich der lelpziger Philolog H
mehre Irrthämer jener Grammatiker aufzudeden und die Mt n
zu behandeln. eine vorzuͤglichſten Werke find: „De metris“
nHambbauch der Metrik (&pz. 1799) und „Elementa doetrina
3 110). mei wollte andre en a Per a
fen fen, biefe aber nach jenem Gefeg c
derbtheit w ale Dede Auein’ fo rühmensiwerth auch fein ZU
fo wenig gelang #8 ihm, in das wahre Wefen des Rhythmus einzubı
burd) das Worurtheil, die neue Muſik fei wefentlid) von der alten v
durch die Einführung des Taktes verberbt, von bem wahren Wege abı
E unternahin, Dinge, die vor Alem mit dem Sinn ergriffen fein
hergebrachte unverftandene Formeln auhufafen Bu diefen Forme
atglid) der Sag von ber bIoß zivelgeitigen Länge. Seit einigen Jahrı
im Wefentlichen audzugöivelfe gegebene Theorie bes Rhythmus bei
nad) weldyer der Takt, wie in der neuen Muſik, fo auch in ben alten X
alß nothwendig und unzweifelhaft vorhanden nachgemiefen wird.
Theiften doräber find: „über Argus un und Metrum”, von A.
Aug. at Belang” 1807 u. 1808), unb: „Detrit von dem
1814). Dem hier aufgeflellten Begriff des Rhythmus als einer Z
ſpricht es nicht, daß man die Worte: Rhythmus und Euchpehuie
genfäpaften der · Dinge braucht, welche im Raume fi aim. |
Hermann in [. „Metzi®”", meinen, man verfiche dann unter Ryythn
mäfiges Verhältniß Überhaupt; allein wer auf den Ausbrud fei
* wird Symmetrie mit Eurhythmie nicht verwechfels
keit zum Grunde, jedoch in derſchiedener Beziehun
Yelnen flonzengeftalt kann man Eurhythmie bewundern, ohne ebe
zu bemerken, ebenfo koͤnnen Verzierungen ſywmetriſch angebracht fa
man verſucht wird, vom Curhythmie zu ſprechen. Wer bie Natur
und auf die Bedeutung ihrer Gefgeitung zu merken gewohnt iſt,
den Charakter einer zeitlichen Erfcheinung durch eine Gattung von (
gedehdt, ſodaß in bei Belt gleichſam das Wort und Im Raum ber k
genfand dazu ſich zu finden ſcheint. Es iſt unmöglich, hier biefe
auszuführen, ais In feiner ummittelbaren Beziehung auf Rhythmus
ratter des Mhpthinus it das Entfichen der Theſis aus der Acfıs, d
das Werden, die Evolution, welche im Rhythmus als befchloffen vo
sum Gnbe finniich erfipeint. Ein finnliches Wild der Eootution ir
alſo ein räumlicher Rhythmus genannt werben, Das, was man a
nennt. In ber Mate iſt es deſonders Die Pflanze, welche dieſes r
der Evolmion zeigt, wie denn überhaupt bie Zeit in der ganzen A
Kibera Riccardo | 287
Begenbild und in der Gaufalität ihren entfprechenden Begriff findet.
en Ausbrud der Geſetzlichkeit im Raum, auf Rhythmus ober Evolu«
I, nennen wir daher Eurhythmie, fowie wir unter Symmetrie den
nöbrud der Sefeglichkeit in Beziehung auf Harmonie verfichen. Im
m Verhaͤltniſſe werden bie Gegenfäge als von einander unabhängig
m einer gemeinfchaftlichen Theſis (Einheit) abhängig gebacht, daher
ter ſich nicht in dem einfeitigen Abhaͤngigkeitsverhaͤltniſſe der Cauſalitaͤt,
em bie Abhängigkeit durch Gegenfeitigkeit derfelben compenfirenden
ber Wechſelwirkung. Im Verhaͤltniß der Eurhythmie hingegen wird
6 von feiner Theſis ale abhängig gedacht und fleht alfo unter ihm in
igkeitöverhältniffe der Caufalität ohne pofitive Zuruͤkwirkung. Was
! Darmonie und Rhythmus ift, daß zeigt fich alfo im Raum als Sym⸗
Furchpthmie. Erinnert man ſich, daß die erfle Dimenfion des Raumes
ie) ebenfalls der Zeit und der Succeffion angehört; die zweite hinge⸗
: Flaͤche) dem Raume, alfo dem Zugleichfein (bie dritte gehört nicht
fondern der Meflerion), fo begreift ſich, daß bei Längenverhältniffen
w, Säulen) von Eurhythmie, bei Breitenverhältniffen hingegen von
bie Rede if. Will man nun fagen: Eurhythmie fei der im Raume
bes, Symmetrie die zur Geſtalt gewordene Harmonie, fo fagt man
weniger Fremdartiges, ald wenn man von Aufklärung eines dunkeln
8 fpricht, wo nicht bloß die Zeit in den Raum, fondern gar ein finns
Kand, Licht, in einen intellectuellen eingreift, und wer ſich an den Aus»
Architektur fei die Muſik des Raumes (weil fie die Harmonie und die
bes Raumes ordnet), der huͤte fich wenigſtens, wenn er confequent
‚, jenen Ausdrud eine froflige Metapher zu nennen, fonft vereinigt er
sbei zwei in noch entfernteren Sphären liegende Begriffe. Al,
za (Slufeppe), f. Spagnoletto.
erdo (David), flaatswirthfchaftlicher Schriftfleller, geb. 1767, geft.
823 zu Satcomb» Park in der Grafſchaft Gloucefter, war bis in fein
mesalter als Bankier und auf der Stodbörfe thätig, wo er durch Bes
und Berftand fich ein bedeutendes Vermögen fammelte. Schon in f.
pen trieb er wiffenfchaftliche Studien, und fobalb er reich gervorden war,
wa den Befchäften zuruͤck und widmete ſich befonbers ber Staatswirth⸗
durdyf. „Principles of political economy and taxation‘' (deutſch von
idt, Weim. 1821) bereicherte. Dieſes Werk zeichnet ſich, ungeachtet f.
we Anorbnung und Darftellung, durch gewandte Erläuterung abftracter
charfſinnige Entwidelung der Grundfäge und ihrer Kolgerungen fo fehr
am es als die vorzuͤglichſte Schrift dieſes Faches anfehen darf, die in
‚Adam Smith erfhien. Im Parlament, das ihm f. literarifcher Ruhm
teen Fahren öffnete, fprach er felten anders als uͤber Gegenftänbe ber
iſchaft; aber ſ. Reblichkeit, f. fanftes Benehmen, die meifterhafte Er
Fragen, die er behandelte, und bie unbezweifelte Reinheit f. Abfichten
Hadngen Gewicht und Anfehen. An tiefes Denken gewöhnt, unab>
Bage, von aufrichtiger Wahrheitsliebe befeelt und unerfchütterlich in ſ.
„ batte ex nichts mit dem großen Haufen der Parteipolititer gemein.
nwohl war der einzige Zweck ſ. Bemühungen im Parlament. Er befaß
Ieabe die Babe, über die ſchwierigſten Gegenftände mit Klarheit und
we ſprechen, und in diefer Hinficht waren ſ. Reden vorzliglicher als f.
pm Deren Verflänbnig eine angeſtrengte Aufmerkfanskeit nöthig iſt. Er
} die Krankheit, die ihn zu früh hinraffte, in der Ausarbeitung eines
ber die befte Einrichtung einer Nationalbank” unterbrochen. Das hins
anchftit tuurde 1824 gedrudt. 26.
288 Ricci Rictoboni
Ricci (Sciplo), Bifchof von Pifkoja und Prato, ein Merwar
ten Jeſuitengenerals, geb, 1741 zu Florenz, war ein Zögling des ri
minard und wäre Jeſuit geworden, hätten ihn f. Altern nicht zurädige
erft Auditor des Nuntius in Florenz, dann Generalvicar des Erzbiſche
erhielt er endlich das Bisthum Piftoja. Die Ausfchweifung zu züg
wiffenheit zu vertilgen, Zugend und Frömmigkeit aufjumuntern, A
verbreiten und die Vorfchriften der erften hriftlichen Kirche in Anfeher
die® war das Ziel, welchem er troß aller Verfolgungen und Hinbd:
genftrebte. Damals regierte Leopold in Toscana und befolgte das
- often f. Bruders Joſeph. Ihm näherte ſich Ricci und veranlaßte
Maßregeln, welche die geiftliche Macht unter die weltliche beugten.
Biſchoͤfen ein Beifpiel, verbefferte er den Öffentlichen Unterricht, vermi
tage und Proceffionen, hob die Brüderfchaften auf und führte eine r
Kirchendisciplin ein. Dann erhob er ſich gegen die Lehre von den,
und ließ viele Schriften von Boffuet, Arnauld, Nicole u. A. ins Sta
1786 verfammelte er zu Piftoja eine Synode, welche bie berühmten
annahm, bie von der Verfammlung der franz. Geiftlichkeit 1682 fanct!
Auf die Grundlage biefer Synode follte eine vom Großherzog 1787
ſchoͤfliche Synode einen Kirchenreformationsplan für Toscana entwe
die Anhänger bes Papalſyſtems verbreiteten gegen Ricci die geöbfte
gungen: „Er habe die Ohrenbeichte abgefchafft, dad Symbol veränbeı
vernichtet und bie Autorität des Papſtes geleugnet.” Leopold war
Ideen einverftanden und ließ auf f. Koſten die Acten der Synode (
drucken. Als aber der Streit darüber nody am heftigften wüthete, ftarl
Leopold erhielt die beutfche Kaiferkrone, und Ricci verlor f. Beſchi
darauf empörten ſich die Didcefancapitel gegen ihren Biſchof und er r
ten; aber die Achtung ber Beſſern folgte ihm in die Einfamteit, wo eı
und dem Ungläd Troft und Hülfe brachte. Man gönnte ihm diefes
anf Anftiften des Erzbiſchofs von Slorenz wurde er 1799 durch die
Arezzo, unter Auführung des engl. Gefanbten Windham, aufgehoben.
tete drei. Monate im Gefängniffe unter den niedrigften Verbrechern. T
er in ein Dominicanerklofter gebracht und erhielt f. Freiheit erft nad)
Einmarfch der franz. Armee. Die Froͤmmelei des etrurifchen Hof
neuen Berfolgungen aus, und auf alle Weife quälten ihn f. Feinde,
die Bulle Auetorem fidei annahm. Jetzt genoß er einige Ruhe ı
27. San. 1810. — ©. v. Potter’ (Vfs. des „Esprit de l’eglis:
‚ pontificat episcopal de Scipion Ricci, eveque de Pistoja et d
reformateur du oatholicisme en Toscane, sous le regne de Leopo
1825, 3 Bde.; deutſch, Stuttg. 1827).
Riccoboni (Lodovico), zu Modena aus gutem Geſchlecht
hatte früh eine befondere Vorliebe für da6 Theater. Was er vorfand, w
lich und volksthuͤmlich, wenn auch roh und geſchmacklos. Es befta
wuͤrfen, wie die zu unſern echten Marionettenſpielen bis in die Haͤlft
Jahrh., aus improviſirten Poſſen, welche die Haupthandlung heber
ſam duch Widerſpruch reizen ſollten, aus mimiſch⸗rhetoriſchen G
Nur allmaͤlig, ſowie die Nation vielſeitiger wurde und eine beſtimmt
chene Richtung nahm, konnten Verſuche der kuͤnſtlichen Poeſie Pla
Der 22jährige talentvolle Riccoboni übernahm es, der Reformator det
Drama zu werben, ftellte fi) an die Spige einer Schauſpielergeſellſch
mit behartlichem Eifer an f. Aufgabe. Dabei unterflügte ihn der g
thumsforſcher Scipione Maffei mit gutem Rath, und fo wurden |
Vorbilde ber Alten ausgearbeiteten Tragoͤdien ital, Dramatiker auf d
Kichard I. Löwenherz (König von England) 289
Sa 10 Jahren hatte ex in der Lömbarbei und in Venedig das Theater
ſeltene Höhe erhoben, zumal da er bie Klugheit hatte, auch dem eigenthuͤm⸗
mwifberten oder rohern Volksgeſchmack durch Aufführung damals gang⸗
ofen nicht alle Nahrung zu entziehen, noch ihn gegen fi fi) aufjureizen.
aber jene Strebungen hauptfächlic) der Tragödie gegolten, fo verfuchte er
» mit allmaͤligen Umpilbungen der beibehaltenen vier komiſchen National-
Die Komödie hinaufzulaͤutern; er arbeitete gute franz. Stuͤcke mit Ruͤck⸗
die Foderungen bes voltsthämlichen Geſchmacks um und hatte, ſchon weil
ungier in Anfpruch nahm, ſtets volle Häufer. Diefe Befchäftigung reiste
nach und nach, mit eignen Erzeugniſſen (der „Eiferſuͤchtigen Srau‘‘) aufs
. Ja er wurde fo kuͤhn, den Arlecchino zu verbannen. Aber diefer Ver⸗
m doch uͤbereilt; die Zufchauer murrten laut. — Willtommen war ihm
Gelegenheit, eine Schaufpielergefellfchaft für den Herzog v. Orleans in
s errichten. 1716 trat er mit f. Sefellfchaft auf dem Theater im Hötel
wsgne auf. Er und f. Familie, von f. beiden Frauen befonders bie zweite,
slettt, und fpäter f. Sohn Franz, genoflen durch die Seinheit, Gewandt⸗
Sebenbigkeit ihrer Darfiellungen allgemeinen Beifall. Sein erfter Auf:
a Paris dauerte biß 1729. Er war in biefer Zeit unermübet und bear
Geſeliſchaft mit Dominique und Romagnefi, auch [. Sohne, feinen Anſich⸗
decke n gemäße Komödien, meift bloße Entwürfe, die auch deßhalb eane-
m, dem Stoffe nad) zum Theil altitalifch, und beren weitere Ausführung
uch mimiſche Behandlung und Belebung den Schaufpielern, wie in der
mmedia deli’ arte, vorbehalten geweſen zu fein fcheint. Sie find nicht
‚aber durch den „Mercure“ bekanntgemacht. Außer dem immer unter
Il Geſtalten mit mancherlei Schidfalen wiederkehrenden und durchleuch⸗
kischhino, ber ſich doc) nicht ganz bannen ließ, waren es auch meift in das
gezogene Charakterſchilderungen, wie „Die eiferfüchtige Frau”, ‚Der
Staliener”, „Der Betrüger wider Willen” ıc. Lefling hat inf. „Xhea-
llothetk“ mehre mitgetbeilt. Dazu fchrieb R. auch eine „Geſchichte
v vom Verfall der lat. Komödie an, mit einem Verzeichnig ber
56 1660 gedruckten ital. Tragoͤdien und Komoͤdien. Seine hiſtoriſch⸗
Bemerkungen über bie verfchiedenen Theater Europas enthalten viele
merfungen und theoretifche Winke über feine Kunft. Auch über bie Dars
Bunft ſchrieb er und fein Sohn „L’art du theätre” (Paris 1750). Er
Dam f. Entlaffung,, die er mit einem Jahrgehalt erhielt, und lebte bier
Berma. Aber wenn ihn vielleicht die dieſem Gefchäft eignen Verdrieß⸗
vdem Theater entfernt hatten, fo 309 ihn feine Liebe bazu doch noch flärs
E und fo ging er wieder nad) Paris, mit allgemeinem Beifall empfangen.
daſelbſt 1753. — Ermägt man bie gleichzeitigen und fpätern Strebun⸗
uf suifere Zeiten im Verhaͤltniß zu der Theilnahme bes Publicums, fo
u, daß BR. nach manchen Schwankungen, welche aus f. Eigenchuͤmichkeit
e mit der Volksthuͤmlichkeit hervorgingen, durch den Gang ber Zeit doch
vun nn welche wieder durch manches Auf und Ab bindung die
be geblisben i
ihard L., König von England, Sohn Heinrichs II. und Bleomaens
nme und Poiton, ber gefchiebenen Gemahlin Ludwigs VII. von Frank:
Degen ſ. Tapferkeit und Kuͤhnheit erhielt Richard den Beinamen Löwen:
Bach f. Thronbeſteigung (1189) vereinigte er ſich mit König Philipp von
h gu einem Kreuzzuge gegen den aͤgyptiſchen Sultan Saladin, befreite
wf. Schwefter Mathilde aus der Sefangenfchaft des Königs Tancred
Men und eroberte bie Inſel Cypern, deren König, Iſaak Komnenus, In
Beffetn gefchlagen wurde. In Paldftina —* er ſ. mm Burd
ker. Bicbente Kafl. BD. IX.
2080 MNchard IL (König Von Eugländ}
rdie Eroberung von Ptolemais (Acre) in Syrien unb manche ri .
ober, bet ur ie uf Op u ih ——
der navareifäen Prineffin Betengaria, Uneinigkeit: zwifchen ihm ‚unb
mit deſſen Schweſter er verſprochen war, ausbrach, fo trennte ſich Du
ihm 1391, worauf auch er ſich 1192 auf den Heimweg begab. Dach |
an bie Kuͤſte von Dalmatien. verfchlagen, wurde er von f. perſoͤnlichen F
Herzoge Leopold VI. (dem Zugendhaften) vom Oſtreich, gefangen gene
ſaß auf der Felſenburg Dürrenftein bei Krems, wurde an Kaifer
geliefert, ber ihn Aber ein Jahr lang in fehe beeter Gefangmfähaft
Worms und auf dem Schloffe Trifele) hielt und ben 2. Febr. 1194 fi
gelb von 100,000 Mark Silb. freigab. (Die u. d. Art. Bilondele
fſchichte ſ. Befreiung iſt unverbürgt.) Bei f. Mldkehr fand af.
auf den Throne, den er jeboch verbrängte, worauf er fich gegen F
weliches: die Normandie angegriffen hatte. Sin ber Schlacht bet €
‚ee Me Franzoſen, ward aber bald barauf bei ber Belagerung von Sa j
hard sinen Pfeilſchuß verwundet und flach (1199), 42 J. alt. Die vi
Ubenteuer dieſes Könige Haben reichen Stoff zu Erzählungen und Liebernt
Gen Mißgeſchick in — hatte ex ſich durch übermuth gegcu U
ſhemun Palaͤſtina und durch bie Unterſtuͤrung ber Unruhen in Steilen |
feo Heinrich VE. zugezogen. Geiner Verordnung nach warb fein 2
' Sentestaut, zu Fuͤßen des Sarges f. Waters, beigefegt,. um dadurch 1.
bus pflichtwibrige Betragen anzuzeigen, das er fich bei Lebzeiten gegen
hatte; jedoch wurden f. Eingeweibe, gleichfalls auf f. Befehl, zu Che
Herz zu Rouen beerbigt, weil, wie er fagte, die Bewohner bes seiten ”
see —* nichts Beſſeres von ihm verdlenten, die des letztern ai
| Ahee Anfänge fein Herz ſich auf immer erworben hatten. !
‚Richard H., König von England, Sohn des ſchwarzen %
Onkel Eduards IIE., geb. 1306, Betten (1377) in feinem 11. 8., *
—— den Ahron. Das Volk, welches das Andenken ſ. Heibung
WDaters verehrte, —— ———— Die Staatc
damals In den en Dlnhen f. rei Oheime: Johanns dv. Gaunt, Herzogo u
Strafen v. Sambridge, nadyımal. Herzogs v. York, und KB
v. —* nachherigen Herzogs v. Glouteſter. Die erſten Sabre de
jaͤhrigkeit Richards verfloffen unter Kriegen mit Frankreich und Gchottie
e ein fürchterlichee Aufruhr (unter Wat⸗Tyler) war, welcher durch
Dienfte erfoderlichen Auflagen veranlaßt wurde, wobet 6
tige -Rönig eine außerordentliche Gntfdloffenheit zeigte. Zur Ser
begangenen Bewaltthaten verlor das Volk feine Rechte, und ber £
warb ſchlimmer als vorher. Dazu kam, dag Richard, deſſen Erziche
taugte, an Verſtand ſchwach und leicht verführbar, in —22 |
tem geriet; und fidy ganz der Leitung feiner Lieblinge Aberlieh. Da T. 28
derhelrathete er ſich mit Anna, X. des Kaifers Karl IV. Briege zul 3
und Schottland, ſowle die ehrgeizigen Entwürfe des Herzogs v. ‚
ruhigten fortwährend Richards Regierung. Mährend er 1385 ne
fiel und Alles verheerte, thaten die Schotten daſſelbe in Englanb.) WE
fand in England * ein heftiger Kampf gegen ben König uw deſſu
Das Parlament beraubte den König eine Beittung kic
Endblich vertrieb Richard f. mächtigften Gegner, den Herzog v. & |
gleich erließ dr eine Anmeſtie und hob alle durch das legte Paria
Auflagen auf. Einige Tahse-fpäter bildete fich unter dem FA
‚ eine ber Gloucefter’fchen entgegengefepte Partei, mit welcher Richac
Ren Buße Iebee, De Krieg mit Frankteich ward nachläffig sorgen; |
=
Richard III. (König von England) 2
nmit einem Heere 1394 nach Irland und ließ fi) von ben Großen bas
gen. Mach dem Tode f. Gemahlin heirathete er die X. Karls VI. von
h abet, und fchloß mit diefem Reiche 1396 einen 15jährigen Waffen-
Allein durch f. Lebensweife machte ſich Richard dem Volke verächtlich.
biinge theilten Ämter und Würden aus. Er felbft mar nachlaͤſſig und
verbrachte f. Zeit bei Gaſtmaͤhlern und lebte vertraulich mit Leuten ges
tandes. Daher gelang es dem unrubigen Herzog v. Glouceſter, durch
bei, beſonders ber franzoͤſiſchen Heirath und bes langen Waffenſtillſtan⸗
jermikther des Volks immer mehr aufjuregen. Zwar ließ der König auf
feiner Guͤnſtlinge ihn und zwei von f. Vertrauten, die Grafen v. Arımbei
weich, gefangen nehmen; Arundel wurde bes Hochverrathe fchulbig ers
1397 hingerichtet, Warwick ımb fein Bruder, der Erzbiſchof v. Canter-
den zu ewiger Verbannung verurtheilt, und ber Herzog v. Glouceſter
5 ins Befängniß geſchickt, wo er eines graufamen Todes geſtorben fein
ı balb nachher führte ein Streit zwwifchen ben Herzogen von ‚Dereforb und
wegen verädhtlicher Reden, bie der Legtere von Richard geführt haben
hards gänglichen Fall herbei. Die beiden Herzoge foberten fi, mit
ng des Könige, zum Zweikampfe, aber Richard nahm f. Erlaubniß zu⸗
mbannte bie beiden Streitenden, Norfolk auf Lebenszeit, Hereforb auf
e. As nun Rihard 139, nad) bem Tode des Herzogs v. Lancaſter,
». Gaunt, deſſen Sohn und Erbe der Herzog v. Hereford war, bie gro⸗
deſſelben einzog, entſchloß ſich der Herzog v. Hereford, waͤhrend ber Koͤ⸗
in Irland unternommen hatte, von Frankreich aus in Vorkſhire
Mit Ihm verbanden ſich die Grafen von Northumberland, Weftmores
; ex foberte nun an der Spige von 60,000 M. das Herzogthum Lanca⸗
Regent des Königreich, ber Herzog v. York, ſchlug fich zu Hereford's
d ber König, welcher ſchnell nach England zuruͤckkehrte, ſah ſich faſt von
mſen. Zu einer. Zuſammenkunft mit Heinrich v. Hereford eingelahen,
dem Wege dahin von bewaffneten Leuten uͤberfallen und nach Flint⸗
Von dort fuͤhrte ihn Hereford nach London. Hier ſetzte man
gegen ihn auf, von denen viele übertrieben und falfch waren,
wirkliche Beſchuldigungen von Grauſamkeit und übeler Regiesung
Der Einzige, der für Richard fprach, war der Biſchof von Garlisie;
Mann mußte daflır im Gefängnig buͤßen und Richard warb (1399)
egt. Heinmrich erhielt die Krone und erklärte, das Leben des ungluͤck⸗
Ren, den er des Thrones beraubt hatte, zu fehonen. Hierauf warb
Eh Pamfort in Schottland zu ficherer Verwahrung geſchickt, wo er 1400
sch der gemeinen Meinung ward. er von f. Wächtern mit Hellebarden
Wahrſcheinlicher ift es jedoch, dag man ihm hatte verhungern laffen;
nen f. Leiche zuc Schau ausftellte, waren Eeine Spuren einer Ges
B is bemerkbar. Richard A. flarb ohne Nachtommen im 34. 1, Sahte
rd im 23. f. Regierung.
yarb II. (der Budige), König von England, geb. 1450, * ne
„Herzogs v. York, der im Steeite mit dem Haufe Lancafter
sunfolge ( Streit der rothen und weißen Rofe — f. Großbritannien)
lacht bei Wakefield blieb. Als Richards diterer Bender, Eduard IV.,
t behazıptete (1474), ward er zum.Derzoge von Glouceſter ernannt.
ve Umziehen in der frühern Regierung Eduards biente er ihm mit großer
dielem Muth. Man beſchuldigte ihn, heil an der Ermorbaung bes
— — VI. und ſ. eignen Bruders, des Herzogs v. Clarence,
Mad, Eduards IV. Tode, 1483, warb er zum Protector von
* Ex ließ ſogleich ſ. Neffen, den jungen Ednard Y vum Künige
19
LT Marz
298 . _ .Widarb M. (König von Englanb) "
erklaͤren und ſchwur ihm ben Eid der Treue. Die Nation theiite ſich dam
wei Fartionen, von welchen bie eine aus den Anhängern der Witwe Era
unter Leitung ihres Bruders, des Grafen Rivers, und ihrer Gähme erfter &f
Marquis v. Dorfet und. des Lords Richard Grey, befland. An der
andern befanden ic) der Bezug dv. Budingham und Lord Haflinge, -
ſchmeicheit⸗ der Herzog v. Slourceſter, fo lange er die geheimen Plane feiiit
verfolgte. Sein Borfat war, fi von Alten, weiche dutch Bande des]
mit-dem jungen re zu befreien, deßhalb lieg er
hanger der Königin unermuthet gefangen nehmen und ohne Werhör hi
ed Haſtings wurde bald nachher auf gleiche Art hingerichtet. N
ihnen umb bisttigen Anfange war der Protector bem Ziele fein
. Der ——— hierzu war die Erklaͤrung, daß Cduarde AV.
amehelid) wären. jedoch hierdurch, wenn es auch beiviefen tar,
a Ken Ban dem Herzöge v. Clarence ihrer vorzüglichern]
yum Zirane nicht beraubt werben Eonnten, fo machte er einen Angriff auf
feiner eignen Mutter, gab vor, daß fie Eduard IV. und den Herzog v. Ela:
ne habe und ihrem Gemahl bloß bei Richards Erzeitgung kei
jefe Beſchuldigungen wurden fogar auf ber Kanzel votgeträgen,
Ion ee v. Budingham eine Mede vor bem Stabtrath und dem
vom London, ihnen bie Anfprüce und Tugenden bed Protectors u
ʒ 05 fie den Herzog von Glouceſter zum Könige wählen wollten? CH
—5 Ba an man
olkeſtimme gl unb ber Lordmap
zum Protector und boten Ihm bie Krone an. fe felte er 1 rei
folge Laſt auf fi gu nehmen, von A nv bes]
Doecaeı mnd 1erd den 27, Sum 1468 als Richard III. zum Könige en!
Die abgefete 12jährige Ebmard V. und, fein Bruder, der Herzog v. Work
—ä umgebracht. Dichard fing feine Negl
#
Erg
Er
erlangt hatte, gegen diefen unternahm, enbigte durch Budingh
und Hinrichtung. Cine gleichzeltige Landung des &
wmend an der engl. Khıfte mijlang ebenfalls. ¶ Richard glauibte ich mum
ein Parlament,
Kichardſon Richelieu (Cardinal) 293
Bol Verzweiflung ftürzte ſich Richard auf ſ. Mitbewerber und erſchlug
wich deffelben, unterlag aber der Menge. Sein Leichnam warb ent
f dem Selbe gefunden und in Leicefter begraben. — So fiel dieſer ges
ft im 35. Lebensjahre, nachdem er 2 Jahre und 2 Monate dem
m er durch eine Menge Verbrechen erworben, nur mit Mühe behauptet
lin und mißgeflaltet, von abfchrediendem Äußern, befaß Richard IM.
eredeſamkeit und Eönigliche Eigenfchaften; aber Grauſamkeit, Verſtel⸗
wlofigkeit und unbegrenzte Ehrfucht machten ihn zu dem abfcheulichften
‚ der je auf dem engl. Throne fa.
harbfon (Samuel), einer der beruͤhmteſten engliſchen Romanen⸗
db. 1689, war ber Sohn eines Tiſchlers in der Grafſchaft Derbb. Da
nögensumftände ihm nicht erlaubten zu ftudiren, fo widmete er fid) ber
erkunſt, um dadurch f. Hang zum Lefen zu befriedigen. Bald machte er
f. Zalent, zu erzählen, und durch f. Sertigkeit, Briefe zu fchreiben, bes
Daber foberte ihn, als er f. Lehrherrn Tochter geheirathet und bereis f.
um hatte, ein Buchhändler auf, Muſterbriefe für das gemähnliche Leben
Mit diefer Arbeit befhäftigt, kam er auf den Gedanken, biefe Briefe
Erzählung und eingewebte moralifche Lehren zu: verbinden; ſo entſtand
Pamela“, weiche ungemeinen Beifall erhielt. R. wurde dadurch der
einer Art moralifcher Romane, die auch im Auslande großes re
Bald konnte er ſelbſt eine anfehnliche Druckerei errichten, wobei er
Derausgabe mehrer Dion Then Schriften ein beträchtliche Vermögen
Die vorzäglichften f. Werke: „Pamela, „Clariſſa“ und „Grandiſon“
mais ind Deutfche und Franzoͤſiſche Aberfegt worden. Wenn die Kritik
Romanen eine zu große Breite tadelt, fo erkennt fie boch auch die darin
Menſchenkenntniß und richtige Charakter» und Situationszeichnung an.
Neutfchen liberfegungen gehört die der „Clariſſa“ von Kofegarten, in 8
en beften. R. flach den 4. Juli 1761 und hinterließ ben Ruf eines
‚ wohlthätigen und arbeitfamen Mannes. pin Leben hat Anna
in der „Correspondence of Samuel Richardson * w. u
808, 6 Ste.)
bhelieu (Armand du Pieffis, Cardinal, Herjog v ) einer ber größs
Runner Frankreichs, ward d. 5. Sept. 1585 zu Paris geb. und er⸗
2. J das Bischum Lugon. Sein Vaterland war durch Heinrich IV.
Miriſter Sully aus langer Verwirrung endlich wieder zur Rube, Wohl⸗
* gekommen. Mach Heinrichs Ermordung, 1610, warb Bud»
Butter, Maria v. Medici, deffen Vormuͤnderin. Bei diefex wußte
ie Bunft zu ſetzen, daß fie ihn 1616 zum Großalmoſenier und Staates
eb. Allein die Unordnungen, welche Maria verfchulbete, ihr Annei⸗
WB öfte. Haus und der Einfluß Concinl's ( Marſchalls d' Ancre) erkitterten
n und das Volk fo, daß der König die Fremden dem öffentlichen Haffe
Der Marſchall d'Ancre warb ermorbet, feine :Srau, Galigai, ent⸗
mb die Köntgin nady Blois verwieſen (1617). Auch bie von *
ste Verſoͤhnung zwiſchen ihr und ihrem Sohne dauerte nicht lange, da
rim Verbindungen gegen den Sünftling des Königs, den Connetable Luy⸗
Iige Große (1620) einlieg. Richelieu, der zwifchen die ftreitenden Pars
Melt, von keiner eigentlich geliebt, von beiden aber als hoͤchſt brauchbar
warb, hatte einen ſchweren Stand, und es war bie ganze Klugheit eines
ubes feinigen erfoberlih, um in fo mißlicher Lage nicht allein ſich hal⸗
am auch Reigen zu koͤnnen. Als durch feine abermalige Vermittelung bie
ng Mutter und Sohn erfolgt war, führte Maria Richelleu, der
Berwendung 1623 Gardinal geworben war, nachdem der Sonnetahle
E23 gichellen CNemand du DIR, Goch; Pekiog
Supnis 1691 geft: umb der Seperge Wi Martuis v. Viruoll
1O2E In dm Sauter un, u — Rune Bid en dr Sp!
Seht glaubte dee Pranterminifter, die dicher getragen⸗
De Stnlatn, vie er mer als ittel zu feiner Erhaltung 6
achmen gu Können / und zw fpdt bereite Marla den Schutz ben fü
—— si —— ran m
ward fg. alle je von ich, amı
Grundſat eines fteten Gnsgegenftzebens wide
gen Herrſchertamm befolgt. ae heben!
ring. Königs dur) ——8 De Bra dr
He 9 Macht des Hauſed —
entf tar G ‚umtsinfchrändter
— 5 — ——— feine © Fi —— —— viar
ſelbſt mie —— betrachtete, den er gern i
töenn ee ohne ihm hätte € ** DIE Partei dee Mefor
Ba a Ka nn na
„um mehren v
—— Bee Bent
in
—2 a * je nachdem ſie er
mächtige den Deapambunıne der Herrſcher
daher die minder — — Artur gedutdete ducch bie größere Parı
tördehiekent ud dadurch Denen, "bie feinen Abſichten ſich widerfege
Hauptſtuͤtze raichen "Durch, bas Edict'von Nantes war ben f
faſt gleiche Sehe mit den ai Kit ano eine de
es gab gange ie en ſie faſt ausſcht u
mir, die fie er wat hinreichend den zusam
—— ide Sie hatte ihren Veitteipunde m Mödhelte; I
gg jede Mitteh" anyumoenden; "Diefe Steht Ihnen zu ei
Bel; dom Rochelle befehllate er fethft die Aamee
als Vertheldig Platzes werden als ein Mufler von Kriege
eier —— der Geſchichte bettachtet· Wen England :
der ten Seeftabt immier neue Hütfaquelten etgfnede wide
den Bemühungen des’ Carvinäts, und’ fdjom verfchwan
8 zit erobern / ais Richelſen durch einen — ———
wohnern der Stäbe die Huͤlfe von der Seeſeite abſchnitt und didl
ger —— a zu ergeben (1629). Der zwene Schritt, dei
far, bie Königin Mütter vom Hofe zu entfernen. Diefe Srftin
jert, 2 'getäng ihe/im eiher geheimen Unterredung, Den König geg
einjunehimen, da feat Nicheieu in das Cabinet; de ee
Er blieb ruhig, Bat, SR und erſuchte endlich t
um die Ertaubnif, dein Hof verlaffen zu dürfen. ¶ Schon traf er Ai
reife. Allein dem Könige Hatte der Zorn feiner Mütter edemfo fer
Abm das ehrfürchtövolle Betragen des Cardinals gefiel. , Er gun
ling St⸗Simon um Rath. Diefer überzeugte ihn von ben Mer
Unentbehrtiäjleit 0, worauf Bubreig den Carbinal fegleichzufich
=
Bi
Bidkime Armand bu Pleſſis, Garbinal, Herrog m}. 295
bien eine Vohnung im Gchioffe unmittelbat unter der feinigen anwies.
wunte Diefen Tag (1.690, 10. Stov.), der alle Hoffnungen ber Königin and
DS Ghrbkwaiö vereitelte, lajournoe des dupes.. Weil die Königin tn ih
6 unbefonmen zu dußern, fo brachte der Cardinal mit Hülfe
puziner®® Jofeph, den König dahin, baß-fie 1631 nach
— * Dieſes und die faſt gänzliche Vernichtung der Vorrechte
sub ber Geiſtlichkeit erbitterten nicht minder Hohe als Niebere ger
VBerwaltung des Cardinals, und. ver Unwille brach in mannig⸗
und Merfehisduungen aus, bie aber durch bie kraͤftigen unb
— **— Die Unternehmungen her Herzoge v. Lothringen,
Inc U 3° feihfk Die, de de König Im Gehelm sohlwillte und bit
; weaßten vor der Matht des allgersaltigen Miniſters fich bangen
aba Sehen bt ‚Uuterfongen buͤßen, fich. ihm wiberfege zu
‚auf. bitterſte
Ede Macht den Waffen zu ihrem Schutz in Deutſchland, birkum
e Haid Dfireiie bemüthigen. —— ——
e bie: Gewiſſenefreiheit in
Sebrubten Deuskhionk , teheillkt
s fe lange, als er fit miche gefäheich für Btundecich Va Aal
Siege Guſtav Abolfe
J De mmardifhe Macht Feankreichs anfıtiliı hoͤchſten Gipfel
3 ellehaizman ficht Ach genochigt, ben Yolliimytfolgen, 'enngb
| — |
angedeihen ließ, ;
—— bed Jaräte dimp — konnen Das nicht aufwie⸗
verſchulbete. — KRichelieu ſtarb am 4. Der. 1642. Sa⸗
hear einge war wenige Mowate vor ihm zu Köimin -
t geftocben. Er hatte zu feinem Nachfolger im Minifktrim
en. Raum ein halbes Jahr nady Richellew’s Tode trat auch
er von ber Mähne, ud imite feines Machfbiges langer Begierung ent
Mär eek alle Reime, die Ricyefien gefärt hatte. S. „Maximen d’ttat, eu
206 Richelien (Louis Francois Armand du Pleſſis, He
testam. polit. du Card. de Richelieu” (Paris 1764, 2 Wbe.)
„Vie du Card. Rich.” (9.%., Amfterd. 1753, 5 Bde.).
Richelieu (Louis François Armand du Pleſſis, Herzog v
von Frankreich, Mitglied der franz. Akademie und ber Akad. der W
zu Paris 1696, mußte fich durch feine ſchoͤne Geſtalt, durch die &ı
ned Geiſtes und durch feine wigigen Einfälle bei Hofe, befonders
gin v. Bourgogne (feit 1741) in Gunſt zu fesen. Indeſſen wurd
dereien, wie man feine Thorheiten und vielleicht auch bie bee Herzog
boshaften Leuten übel gebeutet, und das liebenswuͤrdige Kind, fo E
v. Michelieu bei feinem Hofnamen, warb in bie Baſtille gefegt. Naı
warb er Adjutant bes Marſchalls v. Villars. Diefem gefielen Rid
menbe Lebhaftigkeit, feine freien, kecken Manieren und eine gewiſſ
ſche Kuͤhnheit: Eigenſchaften, welche Villars ſelbſt beſaß. Nach t
wigs XIV. kam Richelien an den Hof des Herzogs⸗Regenten, wo
gnügungen deffelben Theil nahm. Wegen eines Duelle mit einem ©
worin er noch dazu verwundet warb, wurbe er nach ber Baſtille ge!
war er wieber frei, fo mußte er abermals dahin zurüd, weil er an t
fpanifchen Sefandten Gellamare gegen den Regenten Theil gnomm
Um ihn aus diefer dritten Gefangenfchaft zu befreien, vereinigten
finnen, de Charolale und de Valois, die Tochter bes Herzogs v. $
fonft Rebenbuhlerinnen. Indeſſen hinterließ diefe legte Gefangenſch
Eindrud auf Richelleu's Gemüth; er gab feine Vergnägungen u
teiebe zwar nicht auf, bemühte fich aber doch von jest an, auch i
bältniffen fich.zu zeigen. In feinem 24. Jahre ernannte ihn die fran
ihrem Mitgliede. Er hatte damals nichts weiter als Liebesbriefd
und verfland keine Sylbe von Orthographie. Fontenelle, Campiſ
touches machten ihm jeder eine Antrittsrede, woraus er ſich base 9
und fid) damit hören ließ. Dagegen zeichnete er fich bei der Belagı
Ippöburg (1734) und in der Schlacht von Fontenod (1745) du
Geiſtesgegenwart deſto mehr aus. Wegen ber Bermählung bes Da
Prinzeſſin von Sachfen warb er 1746 zum Ambaffabeur an dem
ernannt, wo er einen außerorbentlichen Aufwand machte. Nichte
der Lächerlichen Pracht feines Einzugs als Geſandter in Wien, wo «
nes Gefolges Pferde mit Silber fo befchlagen ließ, daß die Hufeifi
Zuges in ber Katferftabt abfallen mußten, um dem Volke zu t
Ebenſo prachtliebend und verſchwenderiſch betrug er ſich nachmals a
mBordeaur. Alb Bevollmächtigter ımb General zu Genua erwar
Megierung biefe& Staats eine fo hohe Achtung, ba ihm ſogar ei:
‚dem. Saal des Senats errichtet wurde. — 1756 zum Marfchall e
tigte er bie Belagerung von Mahon, welches von den Engländern b
eigte hier viel Beuth, Eriegerifche Einficht, ein feines adgefchliffene
die feindlichen Befehlshaber und große Sorgfalt für das Woh
genen. — Nach ber Eroberung von Mahon, ben 28. Juni 1756,
DOberbefehl über die Franzofen in Deutfchland. Er hatte ſich aber de
Marquiſe v. Pompadour zugezogen ; denn als diefe Ihm ihre Tocht
lin für feinen Sohn vorfchlug,, antwortete ihr der Herzog, dieſe Wi
de ihm überaus viel Ehre machen, weil aber fein Sohn mit dem kai
wandte wäre, fo glaubte er, nicht barein willigen zu bürfen. Der
anfcheinend vortheithaften, aber im Grunde nadıtheiligen Convent
reich mit den Huͤlfstruppen des Könige von Preußen, unter dem
Herzogs v. Cumberlanb (Ktofter Seven d. 8. Sept. 1757), gab
wand zu feiner Zuruͤckkberufung. Der nachmals von ihm erbaute Pi
—R
"Bichelitn (Armand du Pleſſis, Hetzog von) 297
w ee Deukmal ber Beiberpreffungen, bie ex fich in jenem Lande erlaubt
Ind ehem erlaubte er in Deutfeland Plünderungen und Untu⸗
: ber geßeen Böerbienfie D.18 mag e6 Immer fein, baß er
eine Berfolgung ber Peoteflanten, bi ber Miniſter Saint ⸗Floren⸗
wiberieth. UÜbrigens war das ganze Beben dieſes Höflinge
kunden Unfehen, aber fein hohes Alter und fein Witz fchüsten ihn vor
kauuliäfegung. Er verheisathete ſich drei Mal, 1713 mit einer Herzogin
52734 zuit einer Pringeffin v. Lo Buife, und zulett in ſeinen
incest Fran v. Roth. — Die „Mömolres du Maröchal de Richellen" .
pn feines Aufſficht von Gonlavie zufammengetagen. Bit Voltaire taub
um verisanten Briefwechfel. Er befaß die Tapferkeit, das Gluͤck und bie
inet großen Generals, den Geiſt, die. Gewandtheit unb Menſchenkennt⸗
j Seaatemannes, aber mit. dieſen und andern lichensmärbigen Eh
elien —— — Sepp v), Entel dei Narſchane R.
Luß Dergogä von Fronfac, Ctastsminifler und Pair, 1816 Titgl:$.
> pie 9. 23: Sept. 1818 Präftbent berf., geb. zu Paris 25. Sept. 1766,
22 Er hieß damals Herzog v. Chinon, ging nach
Im ruſſiſchen Krieges
| — ward re erſter Miniſter und 5 die Bels
2‘ iten. : Ihm wurde die ſchwierige Aufgabe, den Ver⸗
1. 1815 alt ben auswärtigen
208 MNichter (Jean Paul Friedrich)
Gept. 1816 (woburch die Ultraropaliften- Kammer von 1815 aufgeloft n
. mb dem Wahlgefehe, das den Triumph der Liberalen begründet hat, werk
nicht entgegen. Um ben Ruͤckzug ber verbünbeten Deere aus Frankreich zu ba
nigen, fowie die ruͤtkſtaͤndigen Zahlungen Frankreichs zu reguliten, "hei
fich auf den Kongreß zu Aachen (1818), erlängte Nachlaß und Stunbung l
fehung der letztern, und unterzeichnete dafelbft ben Zutritt Frankreichd zu Du
Ben Bunde der europäifhen Hauptmaͤchte, fowie die feierliche
aachner Quintupleallianz vom 15. Nov. 2318; daß forthin nur das ON
der leitende Grundſatz der Staatskunſt in ber Erfüllung ber Pflichten ber
gegen ihre Völker fein folle. Deſſenungeachtet gewann er daſelbſt
fidhten von der Innern Verwaltung Frankreichs und trat nach feiner
entfchieben auf die Selte der Ultras, fuͤr welche fich auch der Miniſter deo
Leine, und der Miniſter Mole erklaͤrten. Sie beabſichtigten eine
Wahigefeges durch 2 Wahlgeade, ſowie in der Zahl und dem Alter der 2
neten; mit Einem Worte: ein die Ariſtokratie beguͤnſtigendes ea
ſte der Ordomanz vom 13. Juli 1815. Allein Decazes und Gouvien
widerſetzten ſich im Miniſterrathe jenen Worfchlägen, und ber Erſtere et X
er nicht fuͤr die Öffentliche Ruhe ſtehen koͤnne, wenn mm ſich im gering
harte entferne. In Folge des barlıber.entftanbenen Streits verließen 1
Dasauier das Minifterium. Die Ultras fchienen geftegt zu haben, *
an bie Bildung eines neuen ganz ultraroyaliſtiſchen Miniſteriums.
ſtand eine allgemeine Beſtirzung. Die meiſten Staatsraͤthe und Diese
einzelnen Verwaltungs zweige gaben ihre Entlaſſung. Die Mehrzahl ber
neten mißbiili Richelleu's Plane. Das Zutrauen verſchwand unb-bie
fielen. Dies oͤffnete dom Könige bie Augen. Derazes wurde eingrladen,
oſeullle wieder zu Abernehmen. Er that: dies, und ſogleich fliegen die
Als biexauf Decazes und Richelieu ſich über die Bildung eines neuen Mi
‚nicht vereinigen Eonnten, gab R. feine Entlaffung, und nach langen €
entſchied ſich der König den 20. Dec. 1818 für die von — 1J— |
‘Bildung eines neuen Minifteriums, das im Geiſte der Conſtit |
mengeſetzt war, und wodurch der Sieg der Liberalen Über vie —**
ſchien. Der König entließ den Herzog v. Michelieu mit den Zeichen ‚ber
Achtung, und in ber Pairskammer machte der Graf de Lafig-Toirabal
flag, dem Herzoge als eine Rationalbelohnung ein Majorat vn 600009
Ein. aus den Domainen der Krone zu bewilligen. Daſſelbe geſchah null
„Kammer der Abgrordneten, und es ift dieſer Worfchlag mit einigen er
‚Btfägen bucchgegangen. M., der anfangs: nicht touͤnſchte, daß feinetr
ya den Laften ber Nation ‚hinzugefügt würde," tdar zwar genoͤthigt, bu
‚anzunehmen , beftimmmte.aber den ganzen Betrag milden Stiftungen wid
eine Handlung der Uneigennuͤtzigkeit, welche die ruͤhmlichſte Ausgei
dient. — Er mäthte hierauf eine Reife und erhielt vom König das
ſteramt mit 20,000 Ir. Gehalt. Doch fihon den 20. Febr. 1820 trat er I
die Spise des Miniſterkums, an Decazes's Stelle, uͤbernahm abet fein
"Departement. Algs fölcher hat er die Herren Villoͤle und Corbiere in6
‚berufen und die Ausnahmögefege ſowie das neue Wahlgeſet untesftägt:
:4821 nahm er feine Entlaffung und ſtarb d. 17. Mat 1822 zu Patrik. :
beſcheiden, loyal, umelgennüsig. Er hinterließ nur 13,000 Fr. Bentem
MPair und Herzog von Ricyelieu folgte ihm f. Schweſter Sohn Doet de day
dam ber König ein Majorat gab. Vgl. „Beitgen.”, H. XIX, und bes nn
Beauffet ‚ Eloge histor. de M. de Richelieu”. ET
Richter (Yean Paul Friedrich). Diefer geniale deutſche Hmmeibn
Tage des Fruͤhlingsanfange 1763 zu Wunſiedel im Baireuthifchen geb. ul
Bichter (Jean Paul Friebtih) 209
5b. 14. Mov. 1825. Er war mit Caroline Mayer: aus Berlin verhei
het aus diefer Ehe 2 Töchter hinterlaffen. Die beutfche Leſewelt lernte
mter der Namensabkürsung des Jean Paul kennen, die nur einmal,
WBorrede zu den „Zeufelöpapieren”, in J. P. F. Haſus verlängert ward,
kin Quintus Firlein“ feinen vollen Tauf- und Samlitiennamen gebrauch»
neſem voliftänd. Namen war er in Wunſiedel getauft. worden, ber Sohn
u daſelbſt, nachherigen Pfarrers zu Schwarzbady an ber Saale. Das
un zu Hof gab Ihm 1779 eine Stelle in f. oberften Claffe, und 1780 zog
en Zeugniſſen nach Leipzig, um Theologie zu flubiren. Sein Sim für
rd indeß fehr bald reif; er entfagte der Theologie und lebte eine Zeit⸗
em fhßen Hange folgend, In Schwarzbach, gleichſam brütend über den
rhdsten feiner Zukunft. Bon da wandte er ſich nach Hof umb ſandte
Andenden Blige in gang Deutfchland aus, ſodaß er ſchon von Oſtern
us ein gefrierter Name unter ben privatificenden Gelehrten Leipzig& glängs
as von da nach Welmar, Berlin, Meiningen, Koburg u. f. w. und
x in Balreuth, vom Derzog von Sachſen⸗Hildburghauſen aus eignue
z mit dem Titel eines Legationsraths und vom Fuͤrſten Primas mit eis
chen Beſoldung ausgeftattet, welche legtere in der Folge ber König von
ı sahlen übernahm. Er verließ die ermählte Heimath wenig, und ſeine
nad) Heldelberg und dem Rhein, Berlin und Dresden. waren fröhliche
Ihn und f. zahlreichen Freunde. Seine erfte humoriſtiſche Schrift waren
en Procefie‘’ (Berl. 1783), dann folgtedie „Auswahl ausden Tess
m" (1788), ferner „Die unfichtbare Loge‘ (1793), „„Hesperus‘‘ (1785),
HEiztein‘' (1796 u. 1800), „Btograph. Belufligungen unter der Gehten»
e Bliefin, Blumen, Frucht⸗ und Dornenftüde” (1796), „Der Jubelfes
des Campanerthal mit einem fatyr. Anhang” (1797), „Palingenifien“'
ne „Briefe u. bevorftehender Lebenslauf‘ (1799), „Titan 1800-5),
betjahre“‘ (1803-—5), „Katzenberger's Badereife‘ u. „Des Kelbprebigers
helfe nad) Floͤt (1809), u.f.w. 1804 trat ce mit dem erften bedeu⸗
Iite philoſoph. Inhalte, der, Vorſchule der Äſthetik (2. Auft., 1800)
ch in ſ. legten Jahren eine Nachſchule mit Anhange von Recenſionen
1825) angefchloffen hat. Zu ihm gefellte ſich (1807) die „Revana‘, ein
wh Tür Mütter, und, nachdem er ſich aufs neue an dem fchönen Stin⸗
Bibel erquickt, hat er, außer feiner „‚Briedensprebigr”‘ (1809), noch ie
ww Phobus Thronwechſel im J. 1814 und’ in den „Politiſchen Faſtru⸗
“(2817) im Felde der politiſchen Zeitgeſchichte mit dem gewohnten
Mehrer Heinen Aufſaͤtze nicht zu gedenken, die z. B. in feinem
„° (1814) und in felnen „„Herbftbluminen". (1810 — 20) gefammelt
BO erfähten „Der Komet, od. Nic. Markgraf“, eine komiſche Sefchichte.
-feinenk Tode bereitete er eme Ausg. ſ. ſaͤmmil. Werke vor, von weldyer
we Bieferungen im Reimer’fdyert Berlage erfchienen find. Wir wollen beh
Armor zuerft ſelbſt für fich ſprechen laffen, um allen Schein bee Partei⸗
verzufden. Er legt in „dem Billet an meine Freunde flatt der Borrede*
lettelkaͤſten des „Quintus Fixlein“ &. 7 das naive Geſtaͤndniſt ab: ‚Ich
n-mehe als drei Wege, gluͤcklicher (nicht giädlich) zu werben, anskunds
Der erſte, der in die Höhe geht, iſt: fo weit Liber dad Gewoͤlke des Les
mözwdringen, daß man die ganze Außere Welt mit ihren Wolftegruben,
kew sumd Gewitterableitern von weitem unter feinen Fuͤßen nur wie cin ein⸗
Mieb Kindergaͤrtchen liegen fieht. Der zweite iſt: gerade herabzufal⸗
Uetchen, und da fich fo einhetmifch in eine Furche einzuniften, daß, wenn
feinen warmen Lerchenneſt herausfieht, man ebenfalls keine Wolfsgen-
Ishäufer und Stangen, fondern nur Ähren erblickt, deren jede für ven
DR: Wühter (Jeau Paul Friedrich)
Neſtvogel ein Baum und ein Sonnen⸗ und Meganfchtens iſt. "Der brish
Uch, ‚den Ich für den fchwerften und kluͤgſten halte, if der, mit den beiden d
zu wechfeln”. Gegen wir zu ben letzten Worten noch Das, was er &; 1
2 Pi ed wol außer Zweifel, daß ber zulegt bezeichnete Weg fein Gempigst
Denn hier hat er und offenbar einmal einen Bück hinter die Gardinen fi
gen ſelbſt⸗ biographifchen Scherze thun — „kenn es (ber nn
(6 (dhön ab dem idege bes genialen Gluͤcks in ben bes häuslichen ek
er wenig verſchieden von mir ſelbſt, der ich jegt 28 mir die X
bieten follte, es merken zu Iaffen), ber ich jeht, ſag' Ich, naltten senter I
hung dieſes Billets doch im Etande war, daran zu denken, ˖daß, we
iſt, die gebackenen Roſen und Hollundertrauben auch fertig werden,
den Verf. dieſes in Butter ſiedet. — Wie haben vielfaͤltig —*8*
wahre Humor deutſcher Kımfl und Art erſt in Jean Paul vollſtaͤndig ecſ
und daß aut — nur Vorſpiel und einleitendes Wetterleuchten zu dem
ſifchen Gewitter geweſen, das wit unſerm Autor hefruchtend über dern & 2
aufgegangen ſei. Und wie? wenn denn gerade Humor. »*⸗ |
beiden Äußerften wire, das unfer Heid oben nach Ort und Stelle ie
bageichnet hat? „Unter alien Bäften "« führeibt: ber tokfe Friebrich.imn,
* „ſoll ein guter Humor der angenehmſte Saft fein‘, und — 252
wot, ber hier gemeint: weich, eine andre Species iſt, ſo gift dies bach
—— ——— — unſere Autors Der Dumor t22
ſaicgen Weltanſichtes, bie. —— ſeht gern zum 33* jener |
nehenften erheben moͤchten, deren es nach unferm
. Bean es eine formenteiche Region am Parnafi gibt, wider min
wein der hoͤchſten Berge am Dia Zeit des laͤngſſen Tags, noch abe buy (ER
dab. Abendroths verglommen: ift,, ſchon das Morgengold bes -auuenS
auffliegt: und Alles in eins seines. lntenynalgen Bichtätten fd
u8.chne mittlere Megion,. we Lichter und Schatten in geftlebenen
heu'gegenüber ſtehen und fich an einander nur rin befto greßieree O
doſe ber unterſten Megten, in den dumpfiger —
wie: sin
ums :Dinune
Dei auf ber Ä
Wurm, ber unter den gefallenen Blättern rauſcht, zu **
Bohlglaſe wird Alles zu ſolchen beldlebigen Beftalten, und ber £
der Sprofſe, die im a ‚mel näher hoc an ice anbrn au an
[
2
Erde herunter. Himmel iſt der Correetlonswinkel des
ſtreckt auch ihre Arme aus, um den Himeel zu —2
Baffer ihrer Tpränen feucht und verklaͤrt zuriickuwerfen
zum Kieinften unb erhebt wieder das Kleinfte zum Gröften,:
£r
?
ger
Hi
$
H
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a
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nationen (unter weichen ja 408 des Dimmel6 und der (Erbe fh
allerwunderlichſte iſt), bie Neigung deffeiden zum Gatyefchen wies
w.L w. — Diefer Geiſt des Humors ift es, der Form
aufizebenben Man iR ga „Warme Lerchenneſt des Firlein ober fi
zaffiniete Sinnll reinſte chſten und
nis, Jene vorghalihe Selgana und Faͤhlgkeit, Stillieben und Minia⸗
ſcher Genauigkeit in das Meinfte Detail
x, Die offenbar in dem ansgebehnten und Anſpruͤche machenden
ma werden, verlegt wurde. in humoriflifcher Ges
(gt bi8 zu feiner phllofephifcgen Levama * *
= um — weich”
Bafız auf dem Jelde der Ar tuchegelegt
bene: Br Sam m pn Optik,
802 Richter (Auguſt Gottlieb) Richteramt
Friedr. Richter's Selbſtbiographie: „Wahrheit aus Jean Paul's Lei
lein, Breslau 1826 — 28).
Richter Auguft Baites), bochverbient um Chirurgie und 7
dicin, befonders um die Lehre von den MWrüchen und von den Augı
war 46 J. lang Lehrer auf der Univerſitaͤt Göttingen, von wo aus eı
im Sache der operativen Chirurgie, Lehrer von ganz Deutſchland wu
Zoͤrbig in Sachſen am 13. April 1742, wurde er 1764 Dr. der M
‚surgie, 1766 außerordenti. Prof. der Medichn zu Goͤttingen, 1771
daſelbſt, 1779 k. großbritanniſcher Leibarzt, 1782 Hofrath, und ſta
gm am Morgen d. 23. Juli 1812. Blumenbach ſchrieb eine Mer
dienten Mannes, bie in der göttinger Societät der Wiffenfch. zugleic
daͤchtnißſchrift auf Heyne, den die Univerfität kurz vorher verloren he
fen wurde und auch gedruckt iſt. Von feinen zahlreichen Schriften fi
die wichtigern an: „Anfangsgründe der Wundarzneikunſt“ (Göttir
1804, 7 Bbe.); „Abhandl. v. der Ausziehung ded grauen Staates’ (
„Abhandı. vor den Bruͤchen“ (Bött. 1778-79; 2. Aufl., Goͤtt. 1
dichnifchschtrurgifche Bemerkungen‘ (Ber. 1793, 2. Th. 1813). —
Richter ferner durch feine lang beftandene und immer wichtig bleibende
Bisliothet” (Goͤtt 1774—97, 15 Bde.). Seinen pathologiſch⸗t!
Nachlaß, beftehend in einem ausführlichen Danbb. der fpeciellm T
fein Sohn, Georg Auguft, zu Berlin feit 1813 nicht chne manniof
that heraus: „Die fpecielle Therapie nach dem binterlaffenen Papie
Aug. Gottl. Richter, herausgeg. von G. A. Richter” (Bert. 1818 —
Richter’ Bildniß befindet fi) vor dem 52. Bd. der „Allgem. deu
the‘, auch vor dene „‚Zafchenbuche ber Wundaͤrzte auf das J. 178:
Richteramt. Die lantsrechtliche Befchaffenheit und Stel
terlichen Gewalt des Richteramts ift in den Art. Gericht, ©
Gewalt, Regierungsrecdhte u.a. entwickelt worben. Hier if
dem Berufe des Rechtſprechens an und fuͤr fich felbft bie Rde. Ct
bloß logiſche Function, indem bie Merkmale bes einzelnen Falles wu
meinen Begriff des Geſetzes zu fubfumiren find, um baraus die Co
Urtheil zu finden. Allein da die Kenntniß der Geſetze ſelbſt Feine bie
Sefestunbe, fondern eine wiffenfchaftliche fein muß (f. Rechtewif
fo wird fchon von biefer Seite der Beruf des Richters Bein ganz lei
nen, unb auch bie Fertigkeit, die weientlichen Merkmale der Recht
des zu entfcheibenden Falles, wobei ſich oft unendlich, feine Werfchiet
mannigfaltige Gombinationen finden, kann nicht ohne eine große ül
eigenthuͤmliche Ausbildung der Urtheilskraft gewonnen werben. D
oft die Bemerkung gemacht, daß fehr ausgezeichnete Advocaten zum
als Richter find, weil die Babe, Dasjenige hervorzuſuchen, waß f
theil des einen Theiles anführen läßt, von der parteilofen Abmdgun:
fo wefentlich verfchieben iſt. Daher kommt es auch Dem, weldyer
rung und Nachdenken mit den Exrfoderniffen bes Richterams vertrau
hber alle Mafen ungereimt vor, wenn Dance meinen, daß bie e
fegung der Berichte mit ungelehrten (rechts unkundigen) Schöffen eh
zug ber ältern Zeiten geweſen fei, und daß in Griminalfachen, wo
lung ber fogenannten Thatfrage (quaestio facti) faft nie ohne ein Ur
zechtlichen Begriff (quaestio juris) möglich ift, durch dergleichen €
ſchworene) ein reineres und ſichereres Urtheil zu erwarten fei. Das. 9
Di gewiſſe natürliche Qualificationen, welche durch die Staatsgeſe
auer beflinumt find: ein gewiſſes Alter, den Beſitz der Gimme bes
| 24 das Bekenntniß einer im Staate anerkannten Religion,
‘ Ried * Riedinger 808
FJe genauer * ———
Gerichts⸗
Verbindung bringt, die —* wird praktiſcher
wenn uhter ben Lehrern and) Richter und unter dem
ber Rehtsmiffenfeft find. Die abſylute Trennun — hat allen
wo fie ſtatt gefunden hat, wie z. B. in Frankreich. Das Weſen
bloß in dem Faͤllen des Urtheits, Im Scheiden des Rechts
e; Aes Andre, was nach vielen Staatsverfaſſungen bamit ten
Ih und dis Eyecution ber Urthelle, ſteht damit ur In einer zufälligen
9. Auch bie Beglaubigung richterlicher Verhandlungen iſt zwar ein
sb, aber doch vom Richteramte ganz getrenntes Befdzäft, weßhalb dafuͤr
find Drotokollficheer) eine
344
ß Aecht Haben koͤnnen, den Richter zu beſtellen. Ohne Auftzag, mit⸗
x *2 des Staats, Erım Niemand richterliche Befugniſſe
die Gerichtsbarkeit kann niemals als Ausfluß eines Cigenthums⸗
. Die Integritaͤt des Richters iſt feine —8 Eher;
Anfehen 3 ber Derfen, um und one ſich davon buch Freumb⸗
— Bern, ober um Geſcheuke uud —X willen
eine unverzoͤgerte, reine und Gott wohlgefaͤllige Be
iſt der djenafteeiflifche Inhalt des Büihtereldes. Befindet
daß nathrtiche Gefuͤhle ihm dies Amt befonders ſchwet
in Sadın naher Berwandten urtheilen zu follen, fo kann
und bie 2* Ar häufig fo diseret, ————
FH
ei
IH:
ii
5:
&
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ir
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si
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2:
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ltener groͤßer die
kann, chells iſt auch die Beurtheilung ſelbſt in der. hoͤhern
als in d ber ‚zeften. Sin den Goltegien bilbet fi) das
14
}
j
i
j. Mehrheit der Stiumen, m wich die Stimme
er beppelt gezaͤhlt; in Griminalfachen gebt häufig die mübere Mei⸗
Bu eine größere
nihe Bicheheit,
IR:
E.IOeREe. Deir dem AUTKANDE zu Aramıiie), va Der acht zum 2:
ſchaͤtzte er ben geſtuͤrzten Bnftiing, Don Danzel de Godoh, vor
Bote. Auf Murat’s Befehl warb er nebſt mehren Garben, als⸗
jenen Vorfaͤllen, verhaftet; er befreite ſich aber ſelbſt, vereinigte ſich
dem Domherrn D. Miguel, für die Sache feines Vaterlandes ge;
Unterdruͤckung und diente als Gapitain in einem aflurifchen Regime
Überfalle, wo er f. General Azevedo, um fich zu retten, fein eignes P
er gefangen und nad) Frankreich gefühet. Hier ftubirte er Kriegsku
und Gtaatswiffenichaft. Nach dem Frieden in Freiheit gefegt, ſah
und England, kehrte dann in fein Vaterland zuruͤck und flieg bis 5:
tenant. „ Demut gaben — 6, en und Lacy’6 Verſuche
ſtellung ber Conſtitutien rtes, lleſteros s, des Empecinad
ten Männer Zuruͤckſezung am Hofe Ferdinands, ſowie der zuneh
des und der Plan, bie amerikaniſchen Colonien
—— — Geiſte des Heeres, das man bei Cadiz zuſamm
aan Der Schwindelgeiſt politifcher Umkehr eraeif
Riego, ber, ah kat mit den Fortfchritten ber bürgerlichen |
2 bie Inquifition haßte, welche zugleich mit der Wink:
wieder Wurzel faßte. Schon hatten mehre Oberofficiere einen $
des Regierungsſyſtenns entworfen, und ber Oberbefehlshab
HSelnich D’Donnel, Graf v. Abisbal, fien be demſelben —8—
8. 8. Zul 1819) plöglich bie Maske abwarf, einen Theil ber Xeupz
bie Häupter ber Verbindung, Quiroga, Rotten, Arco-Aguero,
Dahn. U. verhaften lief. Miego biieb frei; allein er und viele
tenfen insgeheim alle Borbereitungen, um das Werk durchzuſetzen.
18% verfammelte Riego fein Bataillon In bem Dorfe las Cabezas
umd rief die Gonflitution der Cortes aus. Am folg. Tage nahm ı
an Abisbal s Stelle getretenen Oberbefehlähaber des Heeres, den Gi
und beffen Generalſtab gefangen. Mehre Eruppencorps folgten
Gonftitution; die gefangenen Officiere wurben befreit; Quiroga
Gampona im Gehorfam; Joſeph D’Donnel (des Grafen v. Al
matfchirte mit einigen Begimentern gegen Isla de Leon, und bald
Freiere (Freyre) —— —— bie Inſel ein. 13
—— mit 500 Mann einen kuͤhnen Zu — —
wo ex, von‘ Iofeph O Donnel hart gedraͤngt, "ber Kntep
Montille pog, imehee Angefe yerhäf6ing un 8 mir 3304
seichte. Auch bier fand bie Gonflitution viele Anhänger; bie €. a
gleichgältige Zuſchauer, die Obrigkelten wagten nichts, und
entfam in bie Sierra Mocena. Hier Wöfte fie ſich auf, und Jeber,
Riego 805
4 Jela de Leon zu gelangen. Seit diefem abenteuerlichen Zuge
in Algeſtras gedichtete) Hymne der fpanifche Freiheitögefang.
dh das conftitutionnelle Syſtem über ganz Spanten verbreitet;
m König daffelbe anerkannte, Lehrte Quiroga in fein Vaterland
im zuruͤck, wo man ihn zum Deputirten wählte, nachdem er an R. den
fehl auf der Inſel übergeben Hatte. Im Sept. 1820 hielt ber gefeierte
Gabezas feinen Einzug in Madrid. Aber bald verwandelte fich die
für R. in Argwohn und Verfolgung. Ohne Grund gab man
d, er wolle eine Republik errichten. Der Kriegsminifter, Mara. be las
, ße das Heer zu Itla de Leon auf; R. ward nach Afturien ver:
Monate fpäter jedoch zumm Seneralcapitain von Aragonien ernamt.
a ihn unruhige Vorfälle erantwortung zu. Er verlor die Stelle und
Lerida. Bald nachher wählte ihn Afturien zum Deputirten bei den
v reiſte damals durch Catalonien und uͤber Valencia; wo er uͤberall die
jur Volkdſache zu erheben ſich bemuͤhete, im Febr. 1822 nach Mabrid.
der von ben Connmetos an allen Orten hochgefeiette Mann ſehr be⸗
uf; er ſprach nur bei wichtigen Anläffen; nie verfocht er überfpannte
mach ſchmeichelte ex der wilden Volkspartei. Auch als Präfident der Ver:
) behamıptete ex denfelben Charakter der Mäßigung. Der König behan⸗
oft mit vertraulicher Huld; doch R. blieb ſtets in der ehrfurchtsvollſten
g und brauchte fein Anfehen nur, um den HAusfchweifungen des Poͤbels
w thun. Auf das Geſchenk der Cortes von 5000 Thlr. (80,000 Realen)
infte in Nationalguͤtern leiftete er Verzicht. Als aber in den erften
Be Juli 1822 die Garden das conftitutionnelle Syſtem umftürzen wollten,
als Gemeiner mit in die Reihen der Vertheidiger der Verfaſſung. Bei
des franz. Heeres (1823) ſtimmte R. für die Abreiſe des Könige
| Hier ernannte ihn Ferdinand zu dem zweiten Befehlshaber des
er Balleſteros. Als aber auch Sevilla keine Sicherheit gewährte, trat
er tlichen Befchlufle bei, in Folge deffen die Regierung nach Gabi;
ie Macht der Cortes und des Königs bis dahin aufgehoben und einſtwei⸗
egentſchaft errichtet veurde. R. wollte jekt von Cadiz aus mit 1500
| Oitreifzug nad) Andalufien unternehmen, um das Volk zu ben Waffen
* es fehlte dagn an Geld. Endlich erlaubte man ihm, in Malaga,
7. Aug. ankam, den Befehl über die dafigen Truppen, etwa 2000 M.,
a5 Hein ſchon hatte General Ballefteros mit den Franzoſen eine
abgeſchlofſen. R. verwarf die Einladung, ihr beizutreten, und ver:
den Behoͤrden in Malaga was er brauchte. Die Franzoſen nöthigten
; Malaga zu räumen. Bei Priego ſtieß er auf Balleſteros's Truppen.
einige berfelben für die Conſtitution, Eonnte aber den General felbft
—— Di Hierauf zog er ſich nad) Jaen. Yon den Sranzofen verfolgt,
öfter Stand, mußte aber der Üibermadht weichen umd endlich feine fehr
me char nad) dem Gefecht bei Jodar ganz auflöfen. Ex feldft Eonnte
Ir Käfte fluͤchten und nad, Gibraltar einfchiffen; allein er befchloß, trog
Heinlichſten Gefahr, fid, nach Gatalonien zu Mina zu begeben. Raum
er die Sierra Morena erreicht und in einem Pachthofe bei bem Dorfe
ammweit der Colonie la Carolina, einige Stunden geraftet, als er erkannt,
| am 15. ©ept. nebft ſ. Begleitern (einem fpan. Capitain, einem
Drtäiientenont ımd einem geweſenen engl. Kieutenant)*) verhaftet, dem
ph
war Riego's Abjutant und faß in ben fpanifchen Kerkern bie
5 001, wo bas engl. Minifterium feine Zreilaflung bewirkte. Bon ihm er:
1884 „A narrative of the sufferings of general Riego and his
Biebente Kufl. 85. IX. 20
800 RKiemer:5 Rienzi
franz. Teuppen, die ihn verfolgten, ausgellefert und von dieſen nı
st wurde. — Auf Befehl des Herzogs v. Angouloͤme am
fpan. Behörden ausgeliefert, kam er am 2. Oct. nach Madrid. H
unter ber Aufficht. des Grafen de Torrealta fehr hart t
einem kurzen Proceß zum Galgen verurtheilt und am 7. Nov. 1823
gerichtet. Seine Frau, Donna Maria Therefa, farb in Londor
1824 aus Sram. Das Leben dieſer Dulderin ift ein Märtyrer
Seh. 1800 in Afturien, verlor fie jung ihre Altern, dann ihre Verr
erzogen non ihrem Oheim, Don Miguel dei Riego, Domherr bei
zu Doiedo, und lebte während Napoleons liberziehung der Halbinf
der Flucht vor Feinden. Vermaͤhlt den 15. Oct. 1821 mit dem (
bem Hruder ihres Oheims, warb fie durch bie politifchen Verhaͤl
Det. 1822 von ihm auf immer getrennt. Ihr Oheim und Sch
fich mit Ihe und ihrer Schwefier ans dem füblicyen Spanien nadı
von hier nach England, wg fie im Aug. 1823 zu London ankamen
fie vergebens eine mächtige Fuͤrſprache für ihren unglüdlichen Gem:
Drei Donate nady ihrer Ankunft erfuhr fie deſſen Dinrichtung.
ihr Leben. In ihrem legten Willen dankte fie der britifchen Natiı
muͤthige Theilnahme, welche fie gefunden, und betheuerte bie Rein
mmgen ihres Gemahls, deffen Herz und deffen Handlungen nur
Voterlande geleitet habe. S. des Domherm Riego Denkwuͤrdig
Leben des Generals Don Rafael Riego: „Memeoirs of the life of
family, including a history of Spain, from the restoration of
the ‚present time’ (London 1824). u
- Riemer ($riedrih Wilhelm), geb. zu Glatz den 19. %ı
großherzogl. Bibliothekar zu Weimar. Anfaͤnglich wibmete er fid
doch überwiegende Neigung z0g ihn zum Studium des Alterthums
der Sichule des Philologen Wolf, warb er 1801. Erzieher in der Fal
v. Humbeldt und begleitete diefen 1803 nad) Italien, wo ber Anbl
Natur, Kunft und Menfchenwelt für ihn mannigfaltige Folgen
Gefelifchaft Fernow's nach Deutfchland zuruͤckgekehrt, erhielt er die
von Göthe und ward Lehrer f. Sohnes. Won Goͤthe eines befond
gewürdigt, erhielt er durch ihn mehrfache Beihäiigung und, ı
Aufenthalt bei Goͤthe, eine Profeffur am mweimarifchen Symnafiv
1820 f. Entlaffung, um fi) einem fleten und folgerechten Stubi
Sprache zu überlaffen, der er mit bebeutendem Erfolg einen großen
gewidmet hatte. Seit 1798 befchäftigte er fich mit einem Aus;
Wörterb. von Schneider (1. Th. 1802, der 2. 1804). Das We
Beifall, daß 1825 ſchon die 4. verm. und verb. Aufl. erfchien. R.
Poefie erhielt durch den Aufenthalt bei Söthe große Nahrung; ı
Romano erfhienen von ihm: „Blumen und Blätter (2 Bde., %
und 1826 eine größtentheilg aus Gelegenheitsftüden, für die R
gluͤckliches Talent zeigt, beftehende Gedichtfammlung amter ſ. Na
Eine gewiffe Gediegenheit der Form bezeichnet f. poetifchen Arbeiter
Rienzi, eigentlich Nicolaus Gabrini, ein Demagog, ber!
Mom zu feiner altrepublitanifchen Verfaffung und Sitte be
geringen Ältern geb., mußte er fi zu einem Manne des Volks
fo bedeutenden Anhang zu verfchaffen, daß nicht allein Rom feine
kannte, fondern auch mehre Fürften fih um fein Buͤndniß bewarl
aide-de-camp, Mr. G. Matthewes, in the dungeons of Spain; fı
to April 1324, and of the latter events of the spanish revoluti
Rienzi | 807
und ummfaflendem Geift ausgeftattet, erwarb fih R. Geſchicht⸗ und
maskunde, und der Druck, unter dem fein Vaterland von den Großen und
el gehalten wurde, erwedte in dem jungen Mann die dee, einen Ums
der Dinge herbeizuführen. 18 Öffentlicher Notarius angeftellt, gewann
Rechtſchaffenheit, Uneigennügigkeit und faft ſchwaͤrmeriſche Beredtfanskeit
der geringern Volksclaſſen fo fehr, dag man ihn zum Sprecher der Ges
ft erwählte, die Roms Einwohner damals an Papft Clemens VI. nad)
aſchickten, ihn zu bitten, feinen Sig wieder nad) Rom zu verlegen und ben
umgen einiger übermächtigen Großen ein Ende zu machen. Glemen®, der
ı feinem eignen Anfehen laͤſtig fallende Anmaßung bes römifchen Adele zu
Ken wuͤnſchte, hörte mit Vergnügen den lebhaften Vortrag R's. Mit
Berfpredyungen Eehrte bie Geſandtſchaft zuruͤck; da aber Clemens keine der⸗
füllte, der Drud des Adels immer läftiger wurde, fo dußerte fich die
kmme immer lauter. R. erhitzte durch muftifche Reden und Bilder die
es noch mehr, wobei er ſich jedoch In Acht nahm, unmittelbar ben ſorg⸗
gen Abel anzugreifen. — Endlich glaubte er, daß der Zeitpunkt zur Aus:
tfeines Unternehmens gekommen fei. Die Vornehmſten der adeligan Fa⸗
yaren theils in ruhige Sicherheit gemwiegt, theild mit ihrer zahlreichen Dies
tauferhalb Rom auf ihren Gütern; da verſammelte (1346) er das ganze
begeiflerte es durch eine gewaltige Anrede, ließ fi zum Volkstribun aus⸗
nd vertrieb die zuruͤckgebliebenen Adeligen, bie feine Würde nicht anerfen-
ken und auf feinen MWiderftand gefaßt waren, aus Rom. Here der neuen
B, die er unter Oberherrfchaft des Papftes zu verwalten vorgab, beſchaͤf⸗
R., Geſetze zu geben und Alles fo wohl zu orbnen, daß nicht allein
er Rome mit ihrem Tribun aufs Außerfte zufrieden waren, ſondern
VL, ja felbft mehre auswärtige Fuͤrſten den gluͤcklichen Empor:
ihres Beifall verficherten, einige fogar Bündniffe mit ihm fchloffen. —
ie und Gerechtigkeit, mit der R. dies Alles betrieb, erwarb ihm
lande ſolchen Ruf, daß wichtige Streitfahen von entfernten Orten
ſcheidung vorgelegt wurden, und es eine kurze Zeit fchien, als wolle
hügelftabt durch die Leitung eines einzigen Mannes ſich wieber zu
Glanz emporfhwingen. Aber beraufht von dem Gluͤck, das ihn
Staube niedriger Abkunft zus folcher Höhe emporgehoben, vergaß R.
g und Klugheit, mit der er fein Werk begonnen. Statt, wie bisher,
unbebeutenden Anhang des Papfted mit fchonender Ruͤckſicht zu beachten,
wa ihn zurückzuſetzen. Mancherlei Bedrüdungen, die er ſich geyen has
te, entzogen ihm deffen Liebe; am mehrften trug hierzu bei eine Tra⸗
mit der er anfing fich zu umgeben. &ein fleigender Übermuth brachte
igen Döfe gegen ihn auf, fein Stolz wiegte ihn in Sicherheit. So ges
daß nad) Eurzer Herrſchaft (7 Monat) die vertriebenen Adeligen eine Ges
kutioss bewerkitelligten, die mit R.'s Verjagung aus Rom endigte. —
d Schutz bei Kaifer Karl IV. in Deutfchland. Durch die Vorfpiegelung,
wit beizulegen, der zwiſchen bem Kaifer und dem Papft damals herrfchte,
ter fich die Gunſt des Erftern zu erwerben; Karl ließ ſich jedoch auf Nichts
bern ſchickte ihn unter Bededung an Clemens. Wahrſcheinlich dürfte ein
Befängniß hier feiner gewartet haben, hätten nicht die. erneuerten Anma⸗
Adels in Rom fein Geſchick gewendet. Clemens VI. war geftorben,
iger, Innocenz VI., glaubte am beften die Großen in Rom zu demuͤ⸗
wenn er R. gegen fie ſchickte. Don dem Papft unterflügt, von einer
mer großen Anzahl der römifchen Einwohner willig aufgenommen, vertrieb
‚eamsal (1354) die Adeligen und wurde zum römifchen Senator ernannt.
ber durch das erfahrene Mißgeſchick nicht weifer geroorden war und vu
20 *
308 Kiepenhaufen (Zriebrich und Johann) R
überteiebenen Aufwand und Druck ſich die Gemuͤther bes Volks imn
fremdete, fo dauerte dieſe neue Herrſchaft abermals nicht lange, u
dem er Rom der Oberherrſchaft des Papſtes wieder unterworfen!
auf Anſtiften des Adels eine neue Empoͤrung. Ans mehren Quartie
vertrieben, verfolgt von dem wüthenden Pöbel, der jest in ihm nu
drüder fah, floh R. in Bettlertracht, ward aber eingeholt und von
- ten Menge umgeben. Da fehlen es, als wolle Noch einmal fein E
ſchuͤtzen. Faſt eine Stunde lang ſprach er zu dem Haufen, der, fd}
fhen Haß und Berounderung, ihn umftand, nicht wifſend, ſollte er il
oder ihn vernichten; aber auf ehtmal trat ein Diener des mächtige
lonna hervor und durchſtach den Unglüdlicdyen, Beten Leichnam nı
der aufgebrachten Menge wurde, bie ihn auf das Schrecklichſte gerfli
den Galgen hing.
Riepenhauſen (Friedrich und Johann), zwei Bruͤ
ſche Kuͤnſtler in Rom. Sie haben nad) Pauſanias's Beſchreibung
Gemaͤlde des Polygnotus in der Leſche des Apollotempels zu Dei
©. die von ihnen gezeichn. und geft. „Peintures:de Polygnote dans
Deiphes eto.” (Rom 1826, gr. Q.⸗Fol.). Ihr großes Bemälbe:
baroffa im Handgemenge mit dem roͤmiſchen Volke anf dem Peters
1155, wie ihn Heinrich ber Lime ſchuͤzt, das 1826 in Rom aus
und für den Saat des Guelphenorbens in Hanover beftimmt ift,
Breite und 14 F. Höhe.
Kies (Ferdinand), Inftrumentaltonfeger und Pianofortef
Vater war Muſiker in Bonn und gab ihm wahrſcheinlich den erſt
Später wurde er Beethovens Schüler, unter deffen Leitung er 180
Pianofortefpieler in Wien auftrat. Hierauf reifte er durch einen Theil
land, Schweden und Rußland und begab ſich endlich nad) London,
Jahre zubrachte und als Virtuos, Lehrer und Tonfeger reichlichen !
1817 ward er auch Director bes dortigen philarmontfchen Concerts.
er ſich Godesberg in der Nähe von Bonn, durchreifte aber im Winte
Städte Deutfchlands, wo er einige neue Werke f. Sompofition aufl
Pianofortefpieler auftrat. Sem Spiel ift ford und ruhig, ohne
von Mofcheles u. A. zu haben. In f. Compofitionen zeigt er fidh ı
reicher und gewandter Beãrbeiter denn als begeifterter Erfinder,
durch f. gefälfige und doch Tebhafte und effectuirende Art ein großes
worden. Seine Werke, deren er eine große Anzahl gefchrieben hat,
7 Pianoforteconcerten, unter denen das Fismoll-Concert vorzügki
aus Symphonien, unter welchen einige zu ben vorzüglichften diefe
hören, Quintetten und Quartetten für Streichinſtrumente, und eine
Sonaten, Ronbos, Variationen ıc.
Rieſen beißen Dienfchen, deren Größe die gewoͤhnliche weit
iſt Naturgefeg, da jedes organifche Weſen gewiffe Schranken ber
über bie e& nicht hinausgeht. Die gewoͤhnliche Statur eines Mammı
ten Klimaten ift zwiſchen 5 und 6 Fuß. Nach unleugbaren Zeu
aber auch, befonder® In England und in der Schweiz, Menſchen
Fuß gegeben. S. Stöller in f. Buche: „Vom Wahsthum des 9
Man glaubte ehemals, daß es in ber alten Welt Menſchen von ein
lichen Länge gegeben habe. Nach der heiligen Sage ber Juden g
Saͤndflut Riefen, die die Söhne Gottes genannt werden. Und ale
um das Ihnen verheißene Land zu erobern, Runbfchafter hineinſan
ten diefe von den Söhnen Enak in Hebron, daß fie Koloffe geweft
ſich ſelbſt note Heufchreden in ihrer Gegenmaet vorgekommen feien.
. Rieſenbetten | 809
um, Dg, König von Bafan, der von Mofes befiegt wurbe, ſoll eine
on 9 Ellen Länge und 4 Ellen Breite gehabt haben. Nahe bei
zeigte man noch in fpätern Zeiten ein Grabmal mit der Infchrift:
er Rieſe Og. Im biefens Grabe wollte man um 1670 einen Zahn ges
en, ber 44 Pfund wog. Dem Riefen Goliath geben die juͤdiſchen Aus⸗
5 Länge. Die profane Geſchichte ift noch reicher an Sagen von Miefen.
Strabo von dem Geripp des fabelhaften Antäus, welches in Maurita⸗
von uud GO Ellen lang geweſen fei. "Wem find bie Giganten, die Söhne
mbefannt, die nach blutigen Kämpfen mit den feligen Goͤttern endlich _
nifche Inſeln begraben wurden ımd Feuer ausfpien! Plinius fpricht
Wiefengeripp, welches, 46 Ellen lang, bei einem Erdbeben in Kreta ger
den. Bei der Schlacht, bie Marius den Teutonen bei Aquaͤ Sertiä lies
m ber König der letzteren, Teutobocus, ald ein auferorbentlicher-Riefe.
o diefes Zeutonenfönigs will man in Hochburgund 1613 gefunden ha⸗
entbedite nämlich ein Grab, von Ziegelfteinen gemauert, 30 Fuß lang,
und 85. tief, worauf man die Inſchrift: Teutoboous rex, wollte
m. Hierin lag ein Serippe, der Sage nach, von 254 Fuß Länge,
te in den Schultern und 5$. Tiefe vom Bruftbein bie zu den Ruͤcken⸗
He Schenkelknochen follen 4 5. lang gewefen fein. Diefe Knochen wur⸗
sach England gebracht, und man weiß nicht, wo fie weiter hingekommen
na 16. Jahrh. kommen ähnliche Nachrichten vor. So will Dalechamp
eines Miefen von 18 Zus, Selig Plater bei Lucern die Gebeine eines
oa 19 8. und Licetus in Sicilien ein Riefengerippe von 30 8. gefuns
Allein es iſt jegt feinem Zweifel unterworfen, daß alle diefe Gerippe
ſchlichen Körper, fondern Thieren aus der Vorwelt angehörten. Das °
w, der Elefant und das Paldotherium der Vorwelt waren Rieſen⸗
zen Gebeine häufig, beſonders in Nordamerika und Sibirien, gefun⸗
mals, aus Unkunde in der Anatomie, für menfchliche Knochen gehalten
BO gab fogar eine Zeit, als die Zerglieberungskunft ſich erſt zu bilben
zum die Natur ben Ausfagen bes Galen, der nur Affen fecirt hatte,
mb fand, und daher auf den Ausweg kam, zu behaupten: bie Natur
wa habe ſich Ug verkleinert, und das jegige Zwerggeſchlecht koͤnn⸗
me bie phyſiſche noch die moraliſche Größe der Alten begreifen. Ein
dom, Sylvius, flelite biefen Say gegen Veſalius auf. Auch von ben
den fruͤhern Einwohnern der Canarien, hat ein leichtgläubiger Reifen:
st, daß fie, nach den Mumien zu fehließen, 15 Fuß lang gewefen feien.
nerbess die Patagonier, als man fie zuerſt kennen lernte, wie Giganten
Indeß bat ſich bei näherer Unterfuhung ergeben, daB dieſe Nation
ng6 eine ungewöhnliche Größe habe, aber Gap. Sarteret, der mehre
(1766) gemeſſen, fand, daß die meiften boch nur 6 Fuß bie 6 F. 5 Zoll
Berichte, beſonders von Clarke und Wallis, bezeugen, bag es
mehre gibt, die bis 7 Fuß lang find. Hierdurch wird num das hoͤchſte
mfchlichen Statur, weiche wir oben angegeben, beftätigt. Ein größerer
ſt immer als eine Unregelmäßigkeit zu betrachten, welche ber Geſundheit
machtheilig iſt. Die meiften ungewöhnlich großen Menſchen haben
B Pets, find ſchwaͤchlich und eben in. der Regel nicht lange.
enbetten, auch Hünengräber, werden diejenigen Grabhuͤgel ges
nam nach hin und wieder in Deutfchland, beſonders an ben Oftfeefüften
Sei Mögen, findet. Sie find gemeiniglich mit Fels⸗ und Stein»
Haßt; man findet oft in ihnen irdene Töpfe mit metallmen Span⸗
u, eisernen Opfermeſſern, Gteeitbeilen u. dgl., häufig find fie
ser, und, fo viel uns bekannt, hat man niemals eiſerae Walken
310 Riefendamm * Riefengebirge
Fr gefunden: ein Umſtand, ber auf das hohe Alter biefer Srabmäler
fen
Riefendamm, Giants-Causeway, in Irland, norböftl. von %
eine 600 Fuß weit ins Meer Hinauslaufende,120—140 F. breite nd 16 —
Über dem Warfferfpiegel hervorragende Reihe von Bafaltfäulen, die aus ve
denen kurzen Öliedern zufammengefegt find, die wie ein Knochen in fein d
auf einander paffen, ſodaß das eine Ende eine® Gliedes eine 3— 4 Zoll tief
lung bildet, in welche der convere Faden eine® andern enges ugefreen gem
gefuͤgt If. Diefe merkwürdige Bafaltformation tft der Saͤulenbildung u
‚nahen hebridifchen Inſel Staffa (f.d.) ähnlich. Lady Morgan hat ie‘
Romane „D’Donnel, oder die Reife nach dem Rieſendamme⸗ (1824), ı
ſches Sittengemaͤlde aufgeſtellt.
Rieſengebirge (boͤhm. Krkonoſſy). Von dem Sudeten gebiege
ſich von der Oberlaufig an zroifchen Schlefien und Böhmen, dann sreifhen?
fin und Mähren hinzieht, bei Jablunka mit den Karpathen zuſan
in dieſer Ausdehnung verfchtebene Namen erhält, iſt das Riefengebirge fr
Theil, welcher aber das hoͤchſte Gebirge bes noͤrdl. Deutfchlanbs bildet,
nicht, gleich den Alpen im I Deutfchland, die Schneelinie erreicht. &6
fi (in dem hirſchberger Kreife des zur preuß. Provinz Schleflen gehörigen!
bacher Regierungsbezirkes) zwifchen Böhmen und Schleſien von dem #
Stinsberg bis zur Stadt Schmiedeberg, wo es feine hoͤchſte Höhe zwiſchen
term Stadt und ber boͤhm. Stadt Hohenelbe erreicht. Hier ragt ber Se
und, als deſſen Höchfter Gipfel, die Schneetoppe (4950 Fuß über ber
fläche) hervor. Noch bat das Riefengebirge O—30 Berge, welche zu
4500 $. hinanfteigen, und worunter das große Rab 4700 F., die Stu
A540 und ber Reifträger 280 F. hoch iſt. Der hoͤchſte Theil des Miefem
liegt auf der fchlefifchen Seite, two der hohe lange Gebirgsruͤcken fich fteil
Tiefe erhebt, während das Gebirge von boͤhmiſcher Seite her erft durch
ftufungen zu feiner völligen Höhe binanfleigt. Der Körper iſt Granit,
ober weniger fruchtbarer Dammerde bedeckt. Aber je höher, befto bi
biefer Uberzug, der auf den obern Höhen des Gebirges ganz in?
geht. Am Fuße bes Gebirges beftehen die —— mei © aus *. scher
Ulmen, Erin ıc., auf dem Abhange aus Fichten und en; aber mi
Megionen findet man nichts als Rnieholz, und wo auch dieſes aufhoͤrt, dad
fi) über den hohen Rüden weite Wiefen hin, voll bruchiger Stellen;
Moräfte, Suͤmpfe und felbft ganze Wafferanfanımlungen, welche meh
als der Elbe, fer, Aupe, Bober, Queis ıc., den Urfprung geben. Di
pe, das vornehmſte Ziel der das Rieſengebirge befunden Reifenden, |
wöhntlich von Schmizbeberg aus beftiegen. Der Weg über Gteinfelf
bäbel, über die Seifenlehne und den Seifenbach nad) der Hampeisbdube
ber empfehlungswerthefte, weil von den Gebruͤdern Hampel die fleile €
ſeit einigen Jahren ducch Treppen und Sige bequem zum Befkeigen ge
den ift. Im der Hampelsbaude (Bauben nennt man bie im Rtefeng
Then einzelnen Wohnungen), melde 4140 Fuß hoch liegt, pflegen: wi
um zu Sonnenaufgange bie Koppe erreichen zu Binnen, zu uͤbernachten
fleigt man auf den Kamm des Gebirges, wo bie Grenze zwiſchen S
Schleſien hintäuft, und dann gelangt man Über den Koppenplart an bi’
Koppe, einen hoben, fteilen, meiftens in Wollen und Nebel etagthit
auf den ein ſchmaler und fteiler Fußweg führt und auf deffen abgefl
eine dem heit. Lorenz gewidmete Gapelle fteht, deren Inneres fele
zerſtoͤrt iſt. Hier findet man die Veilchenfleine, die, wenn man em
angenehmen Veilchengeruch non ſich geben, der van dem feine Kl
Riga Righini il
‚ womit fie überzogen find. Die Ausficht auf diefer Höhe iſt weit unb
mb. fieht man von hier über Schleſiens Fluren bi6 an die Grenze
vsherzogthums Pofen und weſtlich nad) Böhmen blickt man in einen ſchroff
»fenden, 15008. tiefen Thalgrund, Riefen- od. Teufeldgrund genannt. S.
ws. Dandb. für Reifende n. d. Riefengeb.’” (3. Aufl., Bert. 1827); Hefer’s -
‚spittor. liberf. des Rieſengeb.“ (2%de., Wien 1803 fg., m. Kpf).
ige „ befeftigte Hauptſt. des ruſſiſchen Gouvernements ge N., oder Liefs
der Düne, Über welche eine Schiffbruͤcke geht, liegt In einer fandigen Ge⸗
ke durch Zaſthauſer und Gaͤrten belebt wird. Die Vorſtaͤdte, welche bei
Ingerumg 1812 vom Gouverneur abgebtannt wurden und größer als bie
He Stadt waren, find groͤßtentheils wieder aufgebaut. Riga zählte 1824
WOO Einw., darunter 23,200 Lutheraner, in 2643 Häuf. Es hat 10 Kir⸗
ie Eyceum, ein Spmnafiunt, eine Stadtbibliothek mit einem Naturallen⸗
r pabtreiche miſde Stiftungen und gemeinmügige Vereine. Ausgezeichnete
be find: das prächtige Rathhaus mit feinen zierlichen Thurme, der kalſerl.
das alte Schloß, in welchem der Bouverneur wohnt, mit einer Stern⸗
des große Ritterhaus der liefl. Mitterfchaft ıc. Die Einw. find großen.
ſche oder deutfche Abkoͤmmlinge, und es herrfcht viel Reichthum, guter
feine Lebensart unter denſelben. Sie betreiben Zucker⸗ Stärke:, Puder⸗
Kartens, Strumpfs und Nabelfabriten. Riga ift nad) Peters⸗
der wichtigften Sechandelsftädte des Reiche. Aus dem Hafın bei
wird ber bei weitem größere Theil des ruſſ. Getreides ausgeführt;
3 IR die Ausfuhr des Flachſes und Hanfs. Jaͤhrlich laufen an 1000
und ein. Der Werth der Ausfuhr betrug 1825 über 46 Mill. Ru»
Anbenten der 3. 1812, 1813 und 1814 errichtete bie Kaufmannfchaft
B Pf. fchwere) Saniefäule mit dem bronzenen Bilde ber Siegesgättim.
4521 gehörte die um 1200 vom Biſchof Albrecht gebaute Stadt. ben
Abern unter der. Doheit des beutfchen Ordens; nad) dem Vertrage 1561
ten Heermeiſter von Liefland kam fie unter potnifche Herefchaft; 1621
großer König, Guſtav Adolf; 1710 kam fie nad) Karis XIL
ge uunter ben ruff. Scepter. 1814 litt die Stabt durch Eiſsgang einen bes
Bertuft, indem Aber 400 Häufer zu Grunde gingen.
gdint (Wincenze), einer ber gediegenften unter ben neuern italien. Cem
y er. zu Bologna 1760, nad) Andern 1758. Die außgezeichnete Stim⸗
a betoog feine Ältern, ihn in das Gonfervatorium feiner Vaterſtabdt,
, befonders im Geſange, vortreffliche Lehrer befaß, aufnehnten zu
Bei man ihn aber zu lange Sopran fingen ließ, fo verlor feine Stimme
t, und der Tenor, in welchen fie überfprang, erhielt etwas Heiſeres
, ſodaß er als Sänger in Wien, ungeachtet feiner vortrefflichen Schu⸗
Agen Beifall fand, Deſto größern Beifall erhielt feine Geſangeme⸗
pi bald einer der gefuchteften Singmelfter in der mufitliebenden Kal»
£. Sum Lehrer in der Compoſition ſoll er den berühmten Pater Martini
zu, wovon ſich jedoch in feinen Werken Leine befondere Spur zeigt. Ats
stte er außer einigen beliebten Geſaͤngen u. Goncertarien nur 2 Eomifche
werden laffen, als ihn der legte Kurflieft von Mainz 1788 zu feinem
we berief. In jenen Opern (‚Il convito di pietra” u. „La vedova seal-
‚gegen 1782 gefchrieben) erfannte man zwar den geiftreichen Meiſter,
5 bin trefflichen Sänger; das Ganze gefiel jeboch nicht fehr, da das
4 Sphäre war. Seine opera semiseria: „Il Demorgone”, 3
be Richtung, die fein Geiſt genommen, die wärbige Gattung,
MNatur beftimmt war und in welcher. er einem großen deutſchen ot:
2; deſſen Werke in Wien den tiefften Eindruck auf ihn waadyten). wort,
sie | Righini
eigenthuͤmlichem Talent nachſtrebte. Dieſem folgte ſeine „Armida“ (i
Compoſition zu Metaſtaſio's „Aleide al bivio‘’ (1789), welche von ihr
ſpaͤter in Koblenz, Wien, Leipzig ıc., mit verdientem Beifall aufge!
Hier zeigte er fich in der Gattung und Weiſe, welcher er von nun an tı
größerer Meifterfchaft. — „Righini’s Opern”, fagt ein Kenner, „wie ı
Zeit feiner Reife an fchrieb, mithin „‚Armida’, „Aleide‘, „Arianna“,
fein „‚Enea nel Lazio‘, ‚Tigrane‘, ‚La selvaincantata” u. ‚Gerusa
rata’', find eigentlich Beine Opern=, ſondern Concertmuſik. Die geößern ı
tern Stuͤcke derſelben gehören zu dem Derrlichften, was jemals von Gef
certe gefchrieben worden if. Vor Allem iſt das Terzett, Quarteti
kaum von einigen, die recht eigentliche Baßarie aber von keinem ein;
niften trefflicher bearbeitet worden als von ihm. Er fegte legtere fi
ſten des koͤnigl. Theaters zu Berlin, Fiſcher den Water. Kür die?
feine Charaktere zu wenig Beflimmtheit, Begrenzung und Individr
ganze Schreibart geht zu fehr in die Breite; auch haben die an fich tre
führungen bebeutender Scenen zu wenig Verſchiedenheit gegen einand«
haupt zu wenig von Dem, was fie einander unterorbnen und erſt als H
eines theatralifchen Ganzen vereinigen follte. Aber als Concertmu
und von Örchefter und Sängern gut ausgeführt, gewähren feine Oper
nen einen unbefchreiblichen Genuß, und werben als Lieblingswerke gebi
freunde und als Fundgruben fir Concertdirectoren und vorzügliche 4
lange bilden und erfreuen. Vereinigen doch ihre Hauptftüde Altes
man von biefer Gattimg nur wuͤnſchen kann: einen fließenden und doch
glänzenden und doch natuͤrlichen, ſchoͤn verflochtenen und body ſtets Ela
meifterhafte Behandlung der Infirumente — immer reich und nie üb
. mer obligat, nie zerſtreut ober die Hauptfache verdunkelnd, immer ı
nie ben Geſang überbietenb ; babei-überall Ordnung, ſchoͤnes Verhält
gegen einander und eine ſtets anitändige, edle und großartige Harm
auf das fichere Fundament bedeutender u. energifcherBäffe; überall aı
lichkeit und Genuͤge, überall Benugung der groͤßten und natürlichfi
wol jeder gebildeten Menfchenflimme als jebes gut behandelten Sy
Dem Charakter nad gebören feine Compofitionen mehr der deut]
italienifchen Muſik an; kein Statiener hat wie erben gebiegener
die Harmonlefüße der Deutfchen mit dem Fluſſe der italieniſchen
maͤhlt, Eeiner ſteht Mozart fo nahe als er, Seiner befigt biefe (
der Ausführung. Naͤchſtdem hat R. ſich das größte Verdienſt
fang” in Deutſchland erworben, nicht nur durch feinen bis zum Enbe |
ertheilten trefflichen Geſangunterricht, ſondern auch durch feine Übu
ben Gefang und feine herrlichen Liedercompofitionen. — Geine Seife:
dürfen Keinem unbekannt fein, welcher fich zur einem guten Sänger av
fie. find gruͤndlich, lehrreich und doch fehr geſchmackvoll, fie vereinig
der alten Meifter mit der Anmuth und dem guten Gefchmade unfer
Seine Lieder, Canzonetten, Duetten x. mit Begleitung des Piano
eine ſtets ausdrudänolle, anmuthige und gefangreiche Melodie, di
Harmonie getragen, aus; einfach und ungefucht, ohne trocken und
find fie fr eine von der Natur begünftigte und gebildete Stimme un
hend. Auch in ihnen erblidt man die innigfie Verſchmelzung des deutſ
Charakters, u. man kann fagen, R. habe in ihnen die ital. Anmuth ar
deutfcher Semütblichkeit, die im deutfchen Liedergefang vorzuͤglich
großem Gluͤck verpflanzt und fei in dieſer Hinſicht undhertroffen. „
ſchen Ledern“, fagt jener Kunſtkenner, „wird man es ihm, ber. bie C
fprache feines zweiten Vaterlandes Year verſtaud und allenfalls ſprach
H
NR
il Hi]
Birch
—
Huhn
er a:
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HERGHE
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i:
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eingszogenes Reben. ‚Auch feine Frau war eine nicht ums
te. er eine Reife, um fein Baterland noch
i — am 19. ug, uch Die alas
a montium), ein von aflen Seiten freifier
Hi
if
i
i
r Berg Im Ganten Schropz,; griſchen dem.zuger, Ingemer und lower⸗
ver ber hefachteften Göherfpumfte ba der Eiche. | Die Anficht deffel-
Ders von Mitternacht und jen fehe maleriſch. An ſeinem Buße
weße Dörfer, sub auf feinen Höhen üher 150 Gennhhtten,:
Invaohmer ihr Vieh zur Weide treiben. Die Auhaͤhen gegen ben age
DB, dbe und Reit, die füdlichen weniger [hroff, und man findet hier
m, foger Randel · und Beigenbäsme. « Der Weg. für Tußndugee
ih, für Beiter Über Lowerg, bie fid) auf dem Athange be6 verges
„ Wei dena ‚Hofpin, wo einige Gapuciner wohnen, findet man 4 Wirthe·
in Hofpiz ift am 22, Jul ein viel befuchtes Ge, wobei Die Gicen _
Spiele aller Artzeigen. Im den Wirthehaͤuſern wohnen während dor
Sfeis bn Rns. Di Ha
ig fteigt man zu den .
| ee Rigitulm (5676 Fuß über dem Mes). Man Über
& ganze öftliche und noͤrdliche bie weit in Schwaben hinein,
bis gegen Biel, die Hochalpen bis zur im Ben, und
pen: U.d.F.: „Der Rigi in Zeichnungen“, lieferten und OM.
dont bes Nigikulms in + BL Der Kigi iſt reich aa Alpenpflangen und
Ähfen füdlicher Gegenden, befenbers am mittägigen Abhange.
m Gipfel beſteht er aus abwechſeladen Schichten von Breecien (Riefele
hebuird) gröblihe Sandkoͤrner und ein kaikiges Biudewittel nerbumben
Bambfleim. Die nörbliche, ſteil zum zuger Eiee.ahfaliende Seite iſt her,
Imisrbig, da fie die Schichtung der Beſtandtheile bed Berges De
m Buße find 50—60 Fuß mädtig, und Höher hinauf oft äber 30,
Feiner Überrafchenden Regelmäfigkeit. “
eismus, in der Moral, iſt Diejenige Strenge in ber moraliſchen
Gucqhet ‚Handlungen, vermöge welchen sraı bie fittliche Berpflichtung fo
Int, des es gat kein Gleichgaͤtiges gibt. Migonikifhe Mouat
ber auch biejenige, welche die Freiheit durch abflunete Metwachtung des
Ba Ban des Ortes malen Eee a
e
1
heraber audy nicht: fo groß als bei biefime.: nn
Ztaffe Diarechia (2500°9., 17,400 E.). Diefer bildet an feiner 2
Dafen, welcher aber durch den Sand, und die Steine, die das Waſſer
gen mit ſich führe, unbrauchbar geworben und jegt nur von Fiſcher
iſt. Das Meer hat ſich über eine halbe Meile vom ehemaligen Leı
wülgesogen, den jegt Gärten umgeben; nur wenig Spuren des alte
noch übrig. Am Xhore S.⸗Giullano kommt man über eine herrlic
zierte Bruͤcke in die Stadt. Sie wınde unter Auguflus und Aberir
te, wo ſich die beiden Conſularſtraßen, Via Flaminia und Aemili
aus dem en reißen Marmor der Apenninen erbaut und ift
erhaltenfte Denkmal dieſer Art aus dem ganzen Alterthume. or
Thore, durch weiches man Rimini verläßt, ſteht noch ein alter, zu
guſtus errichteter Triumphbogen. Der Dom, der auf ben Ruinen
des Kaſtor und Pollux fteht, iſt, wie mehre andre Kicchen, aus be
. fafluung des alten Haſens erbaut. Die Kirche S.⸗Francesco, In der
Jahrh. erbaut, zeichnet fich durch ihre edle und prächtige Architekt
wurbe von Pandolfo Malateſta geftiftet, deſſen Familie im Mittela
Rimini geherrſcht md die Stadt mit mehren öffentlichen Gebäuden g
Auf der Piazza del Commune befindet ſich ein ſchoͤner Springbrumnen
ne Statue des Papftes Paul V., und aufdem Marktplatze ein Pieb:
chem berab Caͤſar fein Heer nad) dem lbergange den Rubicon
entflammt haben foll.. Neun Arcaden im Capucin er Hält man fi
nes vom Gonful Publ. Sempronius erbauten Amphitheaters. X
des. Grafen Gambalonga und die vom Dr. Bianchi gefliftete Samn
ſchriften md andern merkwuͤrdigen Alterthuͤmern verdienen Erwaͤhnr
Rindviehzucht, die, beginnt, wenn der rohe Naturmen
ſcherei und Jagd im den Hirtenſtand übergeht. Wäre auf den gro!
fünften Welttheils eine dergleichen Thiergattung vorhanden, ſo iſt Eeii
a ana aloichen Heſachen nlrichs Mirbiuna orfalat hie Monfoolknhor
Rindvichzucht Ä 816
weich gibt, fo tft doch dieſes von unferm gewoͤhnlichen Rindvieh fehr verfchies
wers verlangt diefe Buͤffelart durchaus ein warmes Klima, wie in Uns
Italien iſt. (Der Verſuch de verft. ſaͤchſ. Minifter Grafen v. Einfiebel,
96, Büffelvieh auf ſ. Gute Wolkenburg einheimifch zu machen, hat Beinen
hen Erfolg gehabt.) — Die zahme Rindviehzucht mußte eine mannigfaltige
der Rasen erzeugen, je nachdem Futter, Klima und Lebensart der
Natur diefer Thiere zuträglich war ober nicht. In Europa unter
wen polniſches, ungariſches, ukrainer, molbauer, fchweizer, tiroler,
‚ friefifches , vogtlaͤndiſches und a. Racen. Das in jeder Provinz von
ber einheimifche Rindvieh nennt man Landvieh. Wenn alfo von Land⸗
hen wird, fo fragt es ſich, von welcher Provinz bie Mebe if. Da na⸗
eine Race vor der andern Vorzüge hat, fo fuchen bie nach Verbeſſe⸗
ren Landwirthe Zuchtvieh von biefen vorzüglichern Raçen zu erhalten;
Wer größtentheilß die Urfachen nicht vorhanden find, die biefe Racen nach
zeugt haben, fo find diefe Verfuche im Anfange oft von keinem guͤnſti⸗
. &o 3.8. war das ſchweizer Vieh vor 46 Jahren diejenige Rage, ,
viele Landwicthe in Deutfchland ftrebten. Da dieſes Rindvich aber
m Alpenroeiben bier nicht vorfand, fo war ber Nugen deffelben anfangs
sis der vom Landvieh. Da aber mehre ven Verſuch nicht hufgaben, fo
fi) das von ber erften und den folgenden Generationen gezogene Vieh im⸗
an bie hier gewöhnliche Fütterung, und fo iſt bie davon abflammenbe
viel vorzüglicher als das ehemalige Landvieh; der Beweis davon ift, daß
unter ben wohlhabenden Landwirthen biefe beffere Rindviehraçe antrifft.
bat fich gezeigt, daß die Baſtardraçe, welche durch Begattung der Lanb-
ſchweizer Ochfen entftand, in der britten und vierten Generation bei un
e gewaden ift. Neuerlich Hat man mehren Gegenden die friefifche
dem ſchweizer Vieh vorgezogen, weil fie von noch anfehnlicherer Groͤ⸗
Ienheit ift; bie jetzt iſt man aber Damit noch nicht fo weit vorgefchritten,
nen hoͤhern Ertrag gegen Landvieh behaupten koͤnnte; wiewol nach eis
ationen und beſonders Baſtardzeugungen es derſelbe Fall wie bei dem
ſchweizer Vieh ſein wird. So findet man in den meiſten deutſchen
kaum noch einige Überbleibfel von dem alten Landviehſtamm, als etwa
de, und Altes iſt eine durchkreuzte gemifchte Race von fchweizer, freies
Landvieh; daher die fo vielfältigen Farben dieſer Viehheerden, bie aber
a einen höhern Ertrag als das ehemalige Landvieh gewähren. Die Rinb-
it in der Landwirthſchaft zugleich ein Mittel, um das Gras und Übrige
Düngung zu verwandeln, ohne welche der Ackerbau nicht beftehen koͤnn⸗
bes fonft auf keine andre Welle in ſolche Eräftige Düngung verwandelt
a, als wenn e6 durch bie Verdauung einen chemifchen Proceß erlitten
eine Kunft nachzuahmen im Stande iſt. Zwar pflügt man jegt noch
| r und andre Futterfräuter unter und rechnet dieſe verfaulenden Fut⸗
x dem Ader ale Düngung an; fie find dies aber lange nicht in dem
eis wenn fie durch den Verdauungsproceß in Düngung verwandelt
Um ben nöthigen Dünger zu gewinnen, ift bie Stalifütterung be6
entftanden: eine Erfindung ber Deutfchen, die nach und nad) von
ationen angenommen werben wird, bie nad) Verbeffenmg des Aderbaus
Nur da, wo der Aderbau mit zu vielen natbrlichen Hinderniffen zu
bat und defhalb kaum die Koften trägt, wie in hodhliegenben gebirgis
den, wo nur eine geringe Oberfläche vorhanden iſt, beffenungeac-
g noch Gras zu guter Viehweide waͤchſt, wäre e6 umvortheilhaft, ba6 |
€ auf die Weide zu treiben, da dieſes Gras, morunter vorzuͤglich
stifche Kräuter find, die nur auf Bergen wachfen, ſonſt welter nut
ins Stalle gefüttert volrd. : Die Stallfüttesung gewährt alfo nicht n
gung, weh alle Epcrrmente bed Viehes zur Dimsung schalten w
po Ha ber Weide verlaren gehen, ſondern auch noch ben Wostheit, -
Anzahl Vieh ausgefüttert werben kann. Man unterſcheit
fütterung in ganze und halbe. Wenn das Getreide eingesntet
eine Menge Gras auf dem Stoppelfelbe, das fonft nicht benus:
ebenfo wenn die Wieſen das letzte Mal gemaͤht find, bleibt noch
Grasſtoppeln, fowie junger Nachwuchs des Grafes. Dieles läßt
und das Vieh vom Aug. bis Eintritt des Winters dahin treiben ; di
die halbe Stalfütterumg. Die ganze findet flatt, wenn bas Vieh:
nicht auf die Weide getrieben wird. Die halbe Stalifütterung |
Verzug vor ber ganzem, es geht zwar einige Düngung babei verlor
benugt eine Menge Weldefutter, das font verloren ginge; man
Vieh halten, wenn man diefe Weide benust, und gewinnt dadu
gung als bei der ganyen Stallfütterung; auch kommt bie Düngui
Ader und die Wiefe fällt, diefen doch einigermaßen zu gute. Rech
den größern Nutzen von mehrem Rindvieh, das man bei der halben
halten kann, fo bfirfte es wol nur wenige Ausnahmen geben, wo t
fütterung der halben vorzuziehen wäre. Thaer, in den „Grund
nellen Landwirthfchaft‘‘ (4. Th., S. 224), fagt: „Die halbe Stallfuͤ
bei bad Vieh sinen Theil des Tages zugleich weibet”. Diefes ift
durch wäre aller Unterfchieh zwifchen Weidegang und Stallfütteru:
Ehe die Stalfütterung erfunden wurde, trieb man das Vieh eb
Weide und fütterte e6 hernach, wenn es nach Haufe kam, im t
iſt e8 noch überall, wo Leine Stallfuͤtterung eingeführt if. St
der Weide entgegengefeht; ganze und halbe Stalfütterung unterfi
in Anfehung der Zeit. ‚Bei dem Weidegange wird das Vieh vom
teitt des Winters ausgetrieben; bei der halben Stallfuͤtterung wi
balbe Zeit, vom April bis zur Ernte, wo das Stoppelgras die er|
aanı im Bitalls ashttert: hai hor aanım Stallfütteruma mirh bag !
UUindviehzucht 817
Die veredelte Kuh gibt ebenſo viel Nuzung ımb auch Duͤngung als
ber Fuͤtterung abet liegt der Unterſchied, bie veredelte Kah verlangt
nd beſenders beſſeres Futter. Stroh, womit man zur Noth Laud⸗
kann man hler nur als zum überfluß gegeben anrechnen, fonft faͤllt
an den veredelten Kuͤhen ganz weg und bleibt noch hinter dem der
ke. Dieſes beſſere Futter erlangt man aber bei der Stallfuͤtterung,
Bang der Wereblung beobachtet hat, wird gefunden haben, bag man
thrung der Stalifütterung häufig nach der Veredlung geftrebt bat.
Fütterung ift das Erſte, eine Menge Futterkraͤuter anzubauen, bie
he gebaut hat, und eben diefe Futterkraͤuter find das befiere Futter,
kung bes Viche® unumgänglich nothwendig iſt. Am vorzäglichften
der jegt überall in fo großer Menge gebaut wird, daß man füglic)
onate vollauf Kutter ei bie ganze Wirthſchaft erhält. Der Anbau
Felde verbient um deßwillen ben Vorzug vor anbern Futterkraͤutern,
m nachfolgenden Betreidefrüchten am wenigfien nachtheilig iſt, und
ıen reinen Geroinn bes Brachfeldes gibt. Iſt man nım hierdurch zu
vefferm Sutter gelangt, fo kann bie Anzahl des Viehes vermehrt und
nm. Go gibt mehr Sutter mehr Dich, mehr Vieh mehr Düngung,
g mehr Ertrag des Ackerbaus. Dieſes find die neuern Grundſaͤtze
ſchaft, von denen ber Futterbau und die Viehzucht die Grundlage
fe Grundſaͤtze find von großem Erfolg in der Ausführung geweſen.
hnet, daß nur allein in bem ehemaligen Kurſachſen, vor den Ders
) franz. Krieges, 70,000 Stud Rindvieh mehr gehalten worden
der ausgebreiteten Einführung des Kleebaus, um melden fich bes
bart v. Kleefeld fo ungemein verdient gemacht hat. Das fhönfte
ion Übrigens, two Släffe und Auen und daher vorzägliches Fut⸗
u Überfluß vorhanden ift. Daher fagt men auch von vorzäglichem
Eibvieh, Odervieh, Weichſelvieh u. ſ. w. Eine genatte Beſtim⸗
nıgung der Rindviehzucht iſt nicht moͤglich. So verſchieden das Fut⸗
den die VBichragen find, fo verſchieden iſt auch die Benchung; fa,
Anerlet Race und Groͤße, an demfelben Orte gezogen, mit gleichem
wt, geben wicht gleichen Ertrag; die eine Kuh) legt mehr auf das
ndre mehr auf die Micch, die fetteften Kühe unter ber Heerde find
ſenigen, die den größten Nutzen geben. Den größten Unterfchieb indem
kbt jedoch eine Kuh in einer volkreichen Stadt und auf dem Lande.
ungen auf dem Lande wird für eine Kuh jänlih 8, 10, 12— 15
t, nachdem ˖ die Viehrace iſt und hinlaͤngliches und gutes Futter da=
d. In großen Staͤdten hingegen gibt biefelbe Kuh im Durchſchnitt
Thie jährl. alfo 40— 50 The. Ertrag, und diefer Unterſchied
dem verfciedenen Preife und Verkaufe der Milch. In Thaer's
der rationellen Landwirthſchaft“ (4. Th.) wird ber Gelbertrag vom einer
nach dern Preife der Butter beftimmt. Es wird angenommen, bie
Wochen im Jahre melkend, gäbe im Durchſchnitt 14 Geidel Milch,
ı Seidel, 40 Seidel Mitch gäben 1 Pfund Butter, folglich waͤren
väter der jr. Ertrag. Damm werden noch 22 Gulden fr Käfe und
gerechnet, hingegen 20 51. 24 Kr. für ſaͤmmtliche Wartungskoſten
& hieraus der Satz aufgeftelit, dab 67 Fl. 16 Ar. der Pachtpreis
Kerner heißt es daſelbſt: „In Wirthſchaften jeboch, welche ſich
de und Kuhhaltung auszeichnen, kann bee Bruttoertrag einer Kuh,
zug der Wartungs» und alfer Nebenkoften, wol auf 98 81. 25 Kr.
ommenem Butterpreife (das Pfd. 214 Kr.) getrieben werden”. Als
nan Dies zum Maßftabe bei Rindviehverpachtungen , To würbe man
Lampen vor den Marilenbilbern erfeht, —
Geſchoſſe; doch gibt es auch fehr anfeßuriche. Altane
Stodtierken find jet gäniyfich abgefihjäfft. Unter &
em ie men Shen ab Köfter, — * die nene praͤcht
Auch find die koͤnigliche Enpelle und die Mänze, die beide el
Walaftes eusmadien, fehensmerth. De Wurttpläge find ante 16
brunmen gegiert. Das Waſſer erhält die Stadt aus elner Entfernu
Schule ein 23 eine Bibliothek, Stermparte, botantfcyen
GSeit 1808 hat fich die Induftrie vermehrt. In der Nähe gibt es —
Steingut⸗, Glasfabriken ıc. und in der Stade mehre ——
Gedfämiedeic. —— Aufmerkſamkeit derbient no bie
NRelomuͤhle und die he Wallfiſchthranſiederei. Rio Janeiro iſt fi
ten der Hauptmarkt. Det lebhafteſte Verkehr findet mit ven Berg
oft in Entfermeingen von 3 — 400 Stunden ftatt. *— ziehen ı
800 — 1000 Maulthiere aus und ein. Außer mit dem Intern
Lande findet ein auſehnlichet Beckeht mit ben TRdL. und noͤrdl —
fahrer ſtatt. Auch der aͤußere Handel hat an Wichtigkeit gew
iſt der beſtgelegene Häfen für Die ganze Weit; ein —— wo ir
Suropa mb —— — mb Oſtindien, ‚wie mit
und von ſeeinfein am bequem kann
an 1900 Gchiffe ein und aus. Die bedeutendſten fuer
affee, Zucker, KRum, Baummwolle, Häute, Salg, Indigo, feine
‚grobe Bermisoffemeude; Taback, Gold, Diamanten, farbige
Loftbare Juwellerarbeit. Was da6 Mkına betrifft, fo Herefäyt bei
ders in den Sommermonaten, eine fehr große Bige, bed Nachts Hin:
Daher find Fieber ib Hautkrankhelten nicht felten. Eingeborene
nur wenig davon, Fremde hingegen außerordentlich, bis fie nach em
ganzen Jahre ſich an das Klima gewöhnen. Lebensmittel aller Art ı
fluß. Kteitimg und Hausmiethen find [ehr theuer. Schenken und“
«sin Menge, suoße Wirths haͤuſer nach europälfcher Art hingegen u
mer vermißt. Die kirchtichen Feierlichkeiten begeht man mit aı
NPracht. Die Bildſaͤulen der Heiligen find dann: Im eigentiichen ©
manten bedeckt. Dübel finden Abende große? Zeuerwerke ſtatt D
Ripperba 321
Im ODecheſter, welcher nicht Solo fpielt, fonbern bloß die Stimme verftärkt.
if alrımt alfo eine untergeorbnete Stelle ein, und muß fid) ganz nach
oder Vorſpieler richten und in das Ganze ſchmiegen, ohne im Spiel
Brliche Verzierungen u. dgl. zu erlauben. Aber die Anfoberungen an den
Men vornehmlich bei der Wioline, find jegt von Seiten ber Zonfeger fo ſehr
t werden, daß es in gewiſſer Hinficht leichter iſt, Solo zu fplelen, als eine
we gut auszuführen. Kraft des Tons und Feftigkeit bes Takte ift hier
Dingen erfoberlich.
iyperda (Johann Wilhelm, Baron von), ein politifcher Abenteurer,
ber hollaͤnd. Provinz Groͤningen 1680 von adeligen Altern geboren und
£ von ben Sefulten in Köin erzogen, heirathete aber eine Proteftantin
zur proteftantifchen Kirche über. Als er 1715 von den Generalftaaten
efung eines Handelsvertrags nach Spanien gefhidt wurde, erhielt
Be eines Oberften der Infanterie. Nachdem er fi) aber bei dem König
J. in Gunſt gefegt hatte, trat er zur kathol. Religion zuruͤck und biieb in
B Er lieh aus Holland Weber kommen und legte auf koͤnigl. Koften, jedoch
fen Verluſt, eine Tuchmanufactur an. Nach dem Tode feiner erften Frau
er ſich 1721 mit einer caflilifhen Dame von hoher Geburt, mit
2 Söhne zeugte. Ex flieg fchnell im Vertrauen bed Könige und
1725 nad) Wien gefandt, um eine Ausgleihung mit dem kaiſerlichen Hofe
In eben biefem Jahre unterzeichnete er mit ben Bevollmächtigten
a den Vertrag von Larenburg und ward dafür bei feiner Ruͤckkehr zum
NRipperda und zum Grand der 3. Claffe ernannt, auch zum Staats:
der ausw. Angelegenheiten beförbert. Nachher wurden ihm nod das
zines und Sinanzmwefen anvertraut, ſodaß er alle Macht eines Premier:
, wur nicht ben Titel hatte. Doc [hon im Mai 1726 ward er feiner.
fegt und in das Schloß Segovia eingefperrt. Nah 2 SSahren fand
gu entkommen und ging Über Portugal nad) England, wo er bis 1730.
kauf kam er nad) dem Haag, nahm die proteftantifche Religion wieder
m feine übrigen Tage in Ruhe verleben zu wollen. Sein unruhiges
6 Gemuͤth aber veranlaßte ihn, mit dem maroccanifhen Gefandten in
g zu treten, zufolge deren er fich zu Ende 1731 nad) Marocco begab.
gänftig aufgenommen, gewann bald fo viel Einfluß, daß ex die Barbaren
zung der fpanifchen Seftung Ceuta bewog, nahm, nachdem er zum mos
fiyen Glauben übergetreten war, den Namen Osman an und ward
öhaber des zu bem Kriege gegen Spanien beſtimmten Heeres ernannt.
von Spanien, von felnem Unternehmen benachrichtigt, widerrief das
Deburch er ihn zum Grand und Herzog ernannt hatte. Die Ankunft eines
Heers in Afrika, welches Oran belagerte, zerflörte feine Entwürfe.
wte er bei der Belagerung von Geuta und brachte auch der Befagung,
Hbem fie verftärkt war, einen Ausfall gewagt hatte, eine bedeutende
bei; allein ein bald nachher von fpanifcher Seite erfolgter Überfall der
in den Laufgräben zwang ihn, bie Belagerung aufzuheben und die Flucht
fu. Im Hemde kam er nad) Tetuan und ward vom Hofe fo kalt empfan⸗
ee ſchon darauf bebadyt war, nad) einem andern Lande zu fliehen, als
entdeckt und er vor den Kaifer gebracht wurde. Bon der Sraufamteit
aren durfte R. Nichts als den Tod erwarten. Er vertheidigte ſich
gewandt umb Bug, daß er nach einer kurzen Gefängnißftrafe wieder in
gelegt wurde. Hierauf lebte er ruhig zu Marocco und zeigte einen großen
feine neue Religion. Um ſich wieder in Anfehen zu bringen, entwarf er
| Bereinigung ber jüdifchen und mohammedaniſchen Religion, die er
bag er auf einer Seite den Mohammed für den groͤßten Prophetin gelten
es. Olebente Kufl. 8b. IX. 21
—u.... vo. yr. — TUT DUTWYVL o”"” ve
von von Ger ĩca ca mit bedeutenden ðeldſu ummen unterſtuͤtzt hatte.
Riſalit, Riſalita, Vorſprung, wird in der Baukunſt de
Gebaͤudes genannt, der durch alle Stockwerke hindurch vor dem übrig
vortritt und gewoͤhnlich mit einem Fronton oder niedrigem ital. Dad
Man findet ſolche Riſalite nicht allein in der Mitte der Gebaͤude, ſon
den Ecken oder Enden; treten ſie daſelbſt aber ſo weit hervor, daß
Wohnungen benugt werden, fo heißen fie Fluͤgel.
Riß, die Zeichnung zu einem Gebäude nach verjüngtem Maffi
man die Sorm, Anorbnung und Einrichtung des Ganzen und aller z
fieht, und monad ein Gebäude errichtet wird. (S. Profil, :
Grundriß.)
Ritornell (Ritornello), in der Tonkunſt die muſikaliſche Pi
während die Hauptſtimme pauſirt, von den andern Inſtrumenten
öfter verſteht man darunter ben Eingang einer Arie oder fonft eines 2
von ben begleitenden Inſtrumenten gefpielt wird, ehe noch die concertir
einfälst amd der meift die ‚Dauptgebanten und Säge des nachfolge
enthält. Diefes Ritornell wird dann, nachdem die Singſtimme ihre
bet, häufig wieberholt; daher auch der Name. Es ift fonadı Bors, :
Nachſpiel. Bei Opern, befonders denen im ital. Styl, find die Rit
oft bis zur Ungebühr ausgedehnt, wodurch zwiſchen dem ber Arie v
Mecitativ und der Arie felbft ein zu großer Zwiſchenraum entfleht, |
ſtoͤrend ift; fie ganz wegzulaffen, thut dagegen auch felten gute Wirk:
3.8. bei mehren Arien in dem von Himmel gefegten Singfpiele „San
ift. Die Anwendung oder die Weglaffung des Ritornelld muß dem
Tonſetzers überlaffen bleiben, weil ein Eingang öfters an einem D
Wirkung ift, der Dagegen an einem andern fchaden würbe. Ein allzu
nell aber macht felten eine gute Wirkung. — In der italienifchen Pı
man unter Ritomellen Eleine, meift locale dreizeilige Volkslieder der i
bewoßmet, bie auch sum Improviſiren benugt werben. Map und S
ie Ritter (Joh. Wilh.) 823
xichnete dis Ackerknecht mathematifche Figuren auf feinen Pflug imb
ei Der Jeſdarbeilt hölzerne Uhren und künftliches Schnitzwerk. Geine
‚mechanifchen iffenfchaften und die Rüdficht auf feinen ſchwaͤchlichen
e enblich die Altern, ihn zu einem Uhrmacher in die Lehre zu thun.
Beite ſich fein Talent bewunderungswuͤrdig ſchnell. Bald hatte er das
mäßige feines Gewerbes begriffen und dürftete nach edlerer Nahrung.
und in den Stunden der Nacht las er mathematifche Schrifs
Mich Newton's Principim) und drang ohne Beihülfe in die höhere
md Analyſis ein. Der Sternenhimmel und ein Buch wurben feine
Aſtronomie, die für den ernften Süngling einen unmiberftehlichen Reiz
z nach eigner Erfahrung verfertigte er ein Drrery ober Planetarium,
wınberung ber Kenner erregte. Ein zweites, von ihm erbaut, wird noch
mathematiſch⸗phyſikaliſchen Gabinet ber Univerfität von Pennſylvanien
-&o ward allmälig der Werth des jungen Künftiers bekannt, und
e Dr. Smith, der Naturhiſtoriker Barton, ber Generallandmeffer von
ken, Sohn Lukens, felbft Kranklin, wurben feine Freunde und trugen zu⸗
iſchaftlichen Ausbildung nicht wenig bei. Dabel bewahrte er, durch
ber geroöhnlichen Schullaufbahn gebunden, die Eigenthuͤmlichkeit ſei⸗
und fchritt auf den felbfterprobten Wegen des Denkens und Forſchens
uf weichen er fich außer feinem Hauptfache gründliche Kenntniffe in ber
Theologie, Phyſik, in der franz., hollaͤnd. und deutſchen Sprache
& feine dichterifchen Anlagen und Zalente für Muſik blieben nicht ganz
es. Nach oft wiederholten Vorftellungen ließ er fich endlich von feinen
| und Freunden überreben, auf einem groͤßern Schauplage aufs
x 309 1760 nad) Philadelphia, wo ex fein Gewerbe als Uhrmacher und
mathematiſcher Inſtrumente fortfegte, und balb die Mitgliedſchaft
eUſchaft ber Wiſſenſchaften erhielt. 1769 warb er von ber Philofoph.
Philadelphia, deren Präfident damals Franklin war, nach Norris
keaficyaft Montgomery gefandt, um bort ben Voruͤbergang der Venus
me zus beobachten. Die Reſultate bavon und andre aflronomifche Bes -
, die er auf der felbflerbauten Sternwarte zu machen Gelegenheit fand,
le Gnuͤge, und wurden vom Dr. Smith (in den „Amerik. pbilofos
nerbactionen”, 1. Bd.) umftändlich und mit ungemeinem Beifall bes
Auch in feinen fernern Beobachtungen auf der Sternwarte bes
B zw Philadelphia zeigte er fich als einen gemanbten prakt. Aſtro⸗
hemals ward er in ben nordamerikaniſchen Provinzen zur Berich⸗
plätifchen Brenzen gebraucht. Beſonders feste er bie Grenzen von Penns
und endete Dadurch mandyen langen und heftigen Streit mit ben bes
und Landeigenthümern, wobei er. ebenfo viel Uneigennuͤtzigkeit
bewies. Das Vertrauen feiner Mitbürger übertrug ihm 1777 die
pie eines Schagmeifters von Pennfylvanien, die er 12 3. hindurch mit
siffenhaftigkeit und mathematiſcher Drbnung verwaltete. Selbſt die
mg des Muͤnzweſens in ben Verein. Staaten warb ihm 1792 übertras
one zunehmende Schwäche nöthigte ihn, dies Amt nad) 3 I. niederzu⸗
wiberfuhr ihm die Auszeichnung, an des verſt. Franklin's Stelle zum
Ser Nordamerik. Geſellſch. der Wiffenfch. gewählt zu werben. Eine
helt endete fein verdienſtvolles Leben am 20. Juni 1796.
ar, f. Ritterwefen.
er Iehann Wilhelm), einer der geiftweichften Phyſiker bes 19. Jahrh.
Wen wir zunaͤchſt die eigentliche Einficht in das Weſen bes Galvanis⸗
Wen: Phpfioiogen gezeigt, daß ben Lebensproceß ein beftändiger Gal⸗
ngleite. Zu fo.tiefer Einficht in den Geiſt der Natur kam R. nur bare
21
Par
N
U Nitterghtee Sikterpfende‘
raſtloſes Unterficchen ihres Leibes. Es hat wol niemand mehr ———
erbaut, Niemand mehr Stoffe und organlſche Theile in bie Saule g
mand mehr feine Sinnorgane bei ben Verfuchen angeftrengt ale er. Por ei
ein Syſtem der elektrifchen Körper entwerfen. Wenn fein Buch hierdber ni
gewuͤnſchte Abrundung hat, fo muß man bedenken, daß beffen Deuck eb
dauerte, während er umaufhaltfam weiter arbeitete. Seine „Beiträge wei
Kenntnis bes Salvanismus" (Jena 1801, 2 Bde.) enthalten einen GE
Verſuchen und Erfahrungen, bie in alle Zweige der Natur eingreifen. X
bert's, Annalen ber Phyſik“, in Voigt's „Magazin ber Naturkunde” bat
tiges über Elektricität, Wafferzerfesung, Magnetismus 5
uber Meteore, Meteorſtein⸗ u. ſ. w. niedergelegt. Endlich flieg er in i
Gegenden, nahm ben ‚von ihm fo genannten Siderismus, oder das W
beſonders Metalle und Waffer unter der Erde zu empfinden und auf M
tallmaſſen felbft geiftig zu wirken, wiſſenſchaftlich mit dem bekannten BE
Sampetti vor. Im Begriff, und feine Verfuche und Theorien Aber t
ſtand, der fo wefentlidh mit dem Mesmerismus verſchwiſtert (ober vi
Ihm eine). ift, mitzutheilen,, hörte fein durch phyſikaliſche und &hemifche ĩ
zerſtoͤrtes Leben auf. R. war geb. 1776 zu Samig bei Hainau in &
ſtudirte Mebicin und lebte nachher in Jena, wo er fich vorzüglich
galvanifchen Arbeiten befchäftigte, uͤbrigens in ziemlich Emmerlichen Ba kuss:
doch gab es eine Zeit, wo er vom Herzog von Gotha Unterftägung |
erhielt er einen Ruf als Mitglied ber Akademie zu München und Hätte m mu:
fangen Eönnen, ohne Sorgen zu leben. Allein ein regelloſes Leben, R
Verdruß durch eine unkluge Heirath, Übertäubung durch geiftige Getraͤuk
(is die angreifendften, Sinne und Glieder aufreibenden Verfuche und tie
, dazu noch Neid und Verfolgungsſucht, ſchwaͤchten das Nerve
genialen Mannes fo, daß kein Organ mehr für das andre arbeitete und
eimanber fielen in einem Alter, das dem Manne das Eräftigfte iſt. Er ſte
San. 1810 zu Münden. Unter den muͤnchner Akademikern war er der
unter den Phyſikern von ganz Europa der tüchtigfte, unter den Menſche
nachahmungswuͤrdigſte. Außer den ſchon erwähnten Schriften und AM
nen wir noch feinen „Beweis, daß ein beftändiger Galvaniem den 8
begleite (Weimar 1798); f. „Phufifchschemifchen Abhandlungen“ (B Bi
3 Bde); „Fragmente aus dem Nachlaß eines jungen Phyſikers (H
2 Bde; mit einer verfchleierten Autoblographie).
" Nittergüter, gefchloffene größere Befisungen, worauf Mittert
teten , wobei aber bie Lehnbarkeit nicht weſentlich if. Denn e6 gibt 23
diale Ritterguͤter, ſondern ehemals auch ſolche, welche einen auswaͤrti
herrn hatten. Zum Beſitz der Ritterguͤter waren auch keineswegs ie
fchlteßlich berechtigt, nur in neuerer Zeit hat dies in einigen Laͤndern f
Mit dem Befig eines Ritterguts ift der Regel nach gutsherrliche Ger *
Frelheit von perſoͤnlichen Dienſten und Abgaben und Gig und Stimm
Landtagen verbunden. Gewöhnlich ftehen die Ritterghter unter den d
eihten | (als ſchrift⸗ oder kanzleiſaͤſſig); hier und ba gibt es auch a
Kitterord en, ſ. Orden (Ritter) und Ritterweſen.
Ritterpferde. Als im Mittelalter die Mitterfchaft des E
freien Vaſallen vermöge der Lehnsverfaffung gehalten waren, Denn €
baupte, ober wem fie Lehnsleuͤte eines Reichvafallen waren, dieſem x
leiſten, wurde die Anzahl der von Ihnen zu ſtellenden Kriegemannfihit“
und folche unter dem Ausdruck Ritterpferde begriffen. Diefe DR
£ehnöträger gegen die Lehnsherren blieb, als in der Folge die Elf
Dr
«“
|" 0 2 4 2 Yin 7 rw yo; ne. yo... | and us zw ”
Jetzren haben, von edler Abkuuft fein und durch Kriegsthaten ſich aus
Wer suußte. “ en.
eufpiele, f. Turniere... —. |
erfprung (Voritt). ‚Unter die befondern Rechte und Freiheiten der
gehört das noch beftehende, wiewol felten geübte Recht des Vorritts,
rovinz vom Kaifer Ferdinand J. 1544 zugetheilt wurbe, und das darin
ider abelige Befiger eines Mannlehngutes, wenn er Feine männliche
eine Ditbelehnte hat, daffelde ohne weitere Anfrage beim Lehnsherrn
fen Genehmigung veräußern darf, jedoch nur dann, wenn. ber Vaſall
ande ift, in voller ritterlicher Ruͤſtung, wie fie 1544 gewöhnlich war,
e ohne Beiſtand einen guten und ſtarken Hengſt zu befteigen, und vor
w Lehnsheren abgeſchickten Sommiffarien herumzweiten. Wenn ein
Hintrat, fo wurde eine völlig neue Ruͤſtung angefertigt, biefe ſowol als
gende Pferd von den Commiflarien gehörig geprüft, und darauf den
ag unter Vorausreiten von & Trompeten das Probeſtuͤck von dem
gelegt. Diefe Seremonie muß auf dem Schloffe Ortenburg zu Baugen
ı Randhaufe der Stände des baugner Kreifes die Rüftungen —e
ht, die den Vorritt gethan haben) geſchehen. Sie geſchah zum erſten
Nach langem Zwiſchenraume machte fie 1777 Graf Hoym, wodurch
e (nachmals die Gemahlin des Fuͤrſten Reuß zu Ebersdorf) die Herr⸗
and erbte, und 1778 ein andrer adeliger Vaſall.
erwefen, oder, wuͤrdiger ausgedrückt, das Rittert h um in feiner
ben Bedeutung. Wir haben zwar auch jetzt noch eine Ritterfchaft in
Korm und Geſtalt; allein. dieſe näher zu bezeichnen, überlaffen wir dem
m unb bem Staatscehtögeled ‚ boch kommen wir vielleicht hin und
Begenfages wegen darauf zurüd. Das Ritterthum iſt bie Blüthe, bie
ver Menſchheit im Thun und Wirken des Mittelalters (f.d.) ge
amd darum die fchönfte, bezeichnendfte Eigenthuͤmlichkeit jener Zeit.
leiſt eines Zeitalters wird doch vornehmlich nach dem Zreiben und Thun
worden war, wurde nım öffentliche Bolkslehre, Bolksgiaude.
über Sinnes » und Denkart der. Menfchheit und gab ihr in ber fol,
eine ibeale Richtung, die freilich ebenfo oft in Überfpannung und &d
artete als die Sinnlichkeit des Heibenthums in Woluft und Spb
war dem Gemüthe der Sinn für den Himmel aufgegangen. Die he
ftelit in einer Reihe ber ibealften Bilder das innere Leben der Welt ı
zu fagen, finnlich dar. Die Zeit der Symbole und ber Dichtung wa
in fo manchen Tieblichen Anklaͤngen der alten Zeit Angebeutete war
nen und der Sohn Gottes felbft auf Erden gewandelt, nicht wie ir
nien der alten Zelt nur fombolifch und ſinnbildlich, fondern in wund
licher, wefentlicher Vereinigung mit einer menfchlichen Natur, me
ten als um zu lehren, mehr um zu fein als um geahnet zu werben.
einen anfänglichen feligen Zuftand des Dienfchen, aus welchem er
hoͤchſt traurige Verblendung gefallen war, ging wieber auf. Was |
der Gegenwart und in ber gemeinen Wirklichkeit gefucht, oft Eünft!
und fo fi) immer weiter von ihrem Urfprunge entfernt hatte, das fi
da, 100 es doch allein zu finden iſt, in der Zukunft und im Idealen;
Heiland das flammende Schwert des Cherubs, der dad Parabies
brochen hatte, fo war die Eroberung der heiligen Stadt und des '
Füße des Goͤttlichen geweiht hatten, die fchönfte Offenbarung de
Menfchheit gewordenen Glaubens; und bie Kirche fand da als
Vorhof des Himmels, durch). den allein ber Weg in die Heimath mı
ſchoͤnſte Kleinod der Zeit und das wahre Palladium des Lebens:
fondern wirkliche Vorhalle, durch die Thon das Kicht bed Paradiefes
Diefe neue, ideale Anficht, die al eigentliche Erfüllung ebenfo not
reale der alten Welt folgen mußte, wie das Symbol ohne den bet
ftand ein leeres, trauriges Nichte ift, konnte ſich nur langfam bı
niffe der entfliehenden Geifter ber alten Welt Hindurcharbeiten.
ihr das römifche Reich, diefe größte und kühnſte Ausgeburt be
Zeuaniß-aeben in der gewiß nicht ohne Wunder erfolaten Bekehrr
Ritterweſen, Urfprung _ 3827
Bimmel. Die Kirche war das Licht, dad Altgemeinmenfchliche In dies
D fo konnte auch ber Rittergeift in nichte Anderm ſich vorzüglicher und
re ausfprechen als in Ehrfurcht gegen die Kirche, in heiliger Scheu
wunderbaren Heiligthum, in Schug und treuem Dienfte, der Kirche
ben, Gefahren und Anliegen geleiftet. Wir fehen dies als den erften,
ten Zug des Ritterthums an, und wenn Geiftliche überall bie ganze
ten und Schwert und Roß des Ritters erft weihen mußten, fo war
kelichfte Zoll, der ber Kirche entrichtet werden konnte. Daß die Kirche,
rtete, nicht mehr das belebende Grundweſen für das Ritterthum fein
vorher; daß überhaupt dann die Elemente, bie zur fchönften harmo⸗
inigung beflimmt waren, auseinander. gingen und ſich feindlich theil-
mat; und wenn bie Kirche ihre heilige Beftimmung vergaß, fo festen
cht weniger ihre Pflichten aus den Augen. — Aber um nun dem gan-
ums gerade die eigenthuͤmliche Geftalt zu geben, die es hatte, es gerade
lt erſcheinen zu laffen, in welcher e& erfchten, dazu wirkten viele befon=
de mit, und felbft diefe Geftalt war nach den verfchlebenen Himmels⸗
Gegenden, unter welchen das Ritterthum auftrat, hoͤchſt verſchieden.
itterweſen verdankte feinen Urfprung ber eigenthämlichen Bildung
germanifcher Völker, von welchen überhaupt die dußere Form aller
Einrichtungen in der hriftlichen Zeit ausgegangen iſt. Vielleicht ift
g davon fchon in der Eigenthimlichkeit der alten germanifchen Kriege
on welcher auch das Lehnsweſen und der Erbabel ſich ableiten. Schon
Kämpfe waren mehr Ritters als eigentliche Kriegäzüge. Wen Geiſt
er Muth trieb, der zog aus, den Schwächen zu bekämpfen. Ihm
ne Schar an, die dem Ruf des Führenden folgte, und die Natur
ederkeit und Treue mochte es nicht über fich geminnen, von Dem, bem
Wort gegeben mar, ſich fo bald loszuſagen, fowie es eben aus diefer
eutſchen Geiftes folgt, daß jene Freien, bie ſolche Ritterzäge führten,
Adhiebenheit und Abftufung, ſich unter einander als ebenbürtig anfahen
enenden entgegenfegten. &o entflanden bei dem tiefen Gefühl für
t und Bundestreue, das der Germanen Charakter war, bald Aberall
chaͤltniſſe und Verbindungen mit engen und weitern Abflufungen,
:Santen des freien Geiſtes da und bort aufleuchteten, fo bildeten fie
‚einen Kreis um ſich, den fie erhellten. Das alte Homerifche Wort:
zerr!“ bewährt fich vom Anfang an in ber beutfchen Nation auf eine
ste Weife, und der Begenfas des herrſchendes Geiſtes und der dienen»
aktheit trat wol In keinem andern Volke fchärfer und durchgreifender
tigfaltigern Geftalten hervor. Durch die uralte Ehrfurcht für Stämme
n kam man bald zu dem Glauben an Exblichkeit des Geiſtes, und bie:
echtfertigte ſich wieder in dem edeln Feuer der Nacheiferung, mit wel:
In den Tugenden eines berühmten Vaters nachſtrebte, ſodaß fic früh:
tion in Herren und Knechte mit mandherlei Schattirungen, vom ‚Ders
freien Dann mit feinen Leuten herab, theilte, und ſchon Karls d. Gr.
war nichts Andres als der größte Ring, der die zahliofen Ringe der
» Grafen, der abeligen Freien u. f. m. zufammenfaßte, alles Eins in
s Mamen der Ritter. Wie biefer eigenthuͤmliche Geiſt germanifchen
ſich überall hin außbreitete, wohin dev Strom ber großen Völker:
ich ergoß, fo wieberholte fich auch in Spanien, im füblihen Frank⸗
ten das Nämliche, und mit dem Lehnsweſen und dem Vaſallen⸗
ad auch ber Sattungsbegriff davon, das Ritterweien, überall Ein»
Yag nun, was Jeder weiß, der Name Ritter vom Reiten herkommt,
1. im Deutfchland erft in den Kriegen mit den leichtberittenen Unaoın
828 _ Ritterweſen, Ritterftand
und Avaren beffer mit dem Pferbe bekannt warb, daß Die, melde ihre ie
beweglichen Feinde mit gleichen Waffen, nämlidy zu Pferde, angriffen, num.
valerie, Chevaliers, Cavaliers und zu deutfc Ritter genannt wurden, bad
bloß der Vouftändigkeit wegen noch hier flehen. Lieber bemerken wir, daß
Nitterftand, wie die Natur felbft ihn als ein Ganzes hinlaͤnglich auegeze
batte, das ſich in allen feinen Theilen, fo verfchieden an Gröfe und Bede
und Rang fie fein mochten, in dem Begriff des Herrſchens gleich war, num
ſich feibft aͤußerlich zu einem Ganzen bildete und dazu vielleicht Manches auf
niedrigern Sphäre, 5. B. den Handwerkszuͤnften und Mönchsorben, borgte
früh vorbereitet, als abgefchloffene Anſtalt erft feit dem 11. Jahrh. beſtan
bie zu feiner Vollendung fortdauerte. (Ein Ritterftand, auf welchen der Abe
ſchließlich Anſpruch machte, bildete ſich erft am Ende des 14. Jahrh.)
Jede Seite des Menfchengeifte® arbeitet fich durch bie herrlichen Zeiten:
freien Erguſſes zu beftimmten Formen hinan, und fo nothwendig und unven
lich) ihm dies ift, fo gemiß bereitet er fid) auch allemal in diefen Formen fein
und Über dem Abgefchloffenen und Fertigen woͤlbt ſich die Puppenhülle bed &
So wurden jene natürlichen Scheidungen ber Mündigkeit und Unmuͤndigkeit
Echtheit und Unechtheit, der Unbefcholtenheit und Befledung, im Ritt
und nad) auf beftimmte Formen und Gefege zurüdgebracht. Der gewä
Gang der Ritterbilbung fing mit dem Buben ober Pagen an, der am Hofe
andern Ritters die Anfangsgründe ritterlicher Tugenden erlernte. Im 14.8
jahre ward der Bube zum Knappen und wartete der Pferde und Waffen
Meiſters, ihn felbft zu Pferde begleitend, und im 21. Lebensjahre warb der K
gewoͤhnlich unter Zeierlichkeiten zum Ritter gefchlagen. — Der Zweifampf
jenige Gottesurtheil, das das ehrenvolifte und ritterlichfte fchien, entſchie
ihre Streitigkeiten; Wappen kamen auf, die Ahnenprobe ward auf fehr
beſtimmte Gefege zuruͤckgefuͤhrt u.f.w. — Hier aber müffen wir noch eis
eine ſchon gemachte Bemerkung zurüdtommen. Der Ritterfiand «
berrfchende und darum repräfentirende Stand. Ihm gebührte alfo ar
Befte, das die Länder trugen, und in feinen Sclöffern, die mit ihren $
und Befigungen der Ahnherr als feinen Antheil an der Beute ritterlich erw
hatte, mußten Pracht, Reichthum, heiterer Lebensgenuß nicht weniger «
ſchoͤnſten Bitumen der Kunft und Liebe zu finden fein. So war der Ritt
feinem Schloffe unumſchraͤnkter Herr; fo führte er, ein Kaifer im Kleinch
feinen Nachbaren biutige Fehden; fo artete, vom Bemwußtfein ber Unbefd
heit zu weit verführt, mancher Ritter zum Raubritter aus, der dem fal
Kaufmann am Wege auflauerte und manches wehrloſe Klofter aͤngſtigte,
mit großen Summen ſich Löfte, — befonders in Deutfchland, mo, der Nat
Reichsverfaſſung gemaͤß, die Sreiheit des Einzelnen nody unbefchränfter we
in andern Rändern und oft unter ſchwachen Kaifern zu wahrer Zuͤgelloſigkeit m
Aber eben, meil er der Herrfchende war, fo zog nun freilich auch der Ritter
Das in feinen Kreis, was ihn ald den Herm bezeichnen und ſchmuüͤcken ke
Nicht nur die glänzendften Waffenrüftungen bedeckten ihn, wenn er auszog.
von der Arbeit der Knechte, ergögte ihn, wenn er auf feiner Burg haufte, d
terliche Luft der Jagd; oder die genußreiche Betrachtung feiner blühenden Fl
oder ein heiteres Bankett, wo der Wein in reichen Strömen floß und der &
des Minnefängers froͤhlich hindurchklang. Dann aber zog er wieder au
feinen Reifigen, jest in den Kampf mit den Feinden feines Lehnshertn odı
eignen, jegt zum feftlichen Zurniere, mo alle Pracht der Erde vereinigt war,
auf Feſte fich drängten, und der Dank, aus den Händen ber ſchoͤnſten Dam
pfangen, die zartefte aber eben deßwegen Eoftlichfte Belohnung des Sieges wi
So fehen wir den Ritterftand im Befig der irdifchen Herrlichkeit, des giäm
Ritterweſen, Gefchichte 829
es, der feinen Lebensart feiner Zeit; und wenn Überall nur ber Sreie
enießen fol, und Genuß und Heiterkeit nicht in gemeiner Weife, ſon⸗
nm Sinn und echt menfchlicher Bedeutung, der natürliche und unent-
mud des Befiges ift, fo erfcheint und der Ritter als die Blume der
ht und Schönheit feiner Zeit. — Nehmen wir nun aber diefe Eigen-
es Ritterthums zu, jenem Einfluß, den die durchs Chriftenthum völlig
ebensanficht auf daffelbe aͤußern mußte, fo fehen wir ganz natürlich
1, bedeutungsvollen Züge des Ritterthums hervorgehen, bie ihm einen
hen Meiz ertheilen. Hieraus erktärt fich jene fogenannte Cheva-
elleicht aus Courtoiſie (curialis facetia, Höflichkeit) und edler Ga-
nd. Die irdifche Liebe durfte im Kreife eines ſolchen Lebens nicht
fie ift ja das Höchfte was die Erde bringen mag. Aber nun war
: jene gemeine, finnliche Liebe des Heidenthums, nun war fie durch
Anſicht geläutert, umd fo entftand jene zarte Minne, wo ber Ritter
rue und feiner Thaten gefeierte Größe des Wohlgefallens feiner Dame
ern firebte; wo er Bott und feiner Dame ſich empfahl, werm er ins
nd mit züchtiger Sitte und Eindlicher Scheu von jedem unreinen Be⸗
uruückhielt. Dies der eigenthuͤmliche Geift ber fo weit verbreiteten
— Nahe hiermit hing jenes zweite Hauptgeſetz alles Ritterthums zu:
Hüger des ſchwaͤchern Geſchlechts zu fein, und die Srauen, felbft un:
em Arm bed Ritters Wehr und Waffe zu jeder Zeit finden zu laffen
ie). — Eben daher erklärt ſich auch ber eigenthümliche Geift der
tee. Abenteuer fucht überall der Held, der Mächtige, ber Herrſchende.
ie Helden der Argo dem goldenen Vließe nady und die des Homer
Ilium. Aber der chriftliche Ritter, noch nicht durch Schranken bes
tebenß feftgehalten, 309 für das Kreuz ober für die zuͤchtige Liebe feis
‚ber für den lieblichen Weihrauch des Ruhms, immer mit Glauben
us in ferne Lande. Es zog fich durch feine erbittertfien Kämpfe ein
Höflichkeit und Rechtlichkeit, und er befledte fein Schwert, wenn er
scheidelinie abwich, etwa im Vortheil ber Waffen gegen feinen Feind,
diefer zu Fuß war u. ſ.w. — Endlidy fällt nicht weniger hier in die
gerade Zurniere (f. d.) mit ihrer Pracht und ihren feinen zarten
en bie eigentlichen Ritterfefte fein mußten, und wie die einzelnen Ge⸗
, die ebenfo ſinnreich als unverleglich waren, meiſtens nur aus bie:
8 Ritterthums erklärt werben können. — Alles dies wurde durch den
Geiſt des Zeitalters (f. Romantiſch) noch beflimmter ausgebil-
um dadurch unftreitig jenes bunte, reiche, farbige Gewand, das im
Ritterweſens nicht verfannt werben mag, ſowie gerade diefe bunte
gkeit der Charakter der Romantik ift. Indeß gilt dies doch zunächft
chlich von den romantifhen Ländern, und 3.3. in dem nordifchen
tört uns die erwähnte Mannigfaltigkeit weit weniger.
eſchichte des Ritterweſens im Allgemeinen. — Wie alle Keime
zu Blüthen und alle Blüthen nicht fogleich zu Früchten werden; wie
age im Süden anders gedeiht als im Norden, und im frudhtbaren Erb:
r empormwädft als unter Dornen und auf Felfen: fo fehen wir aud)
am, von einer fchönen Eraftvollen Kindheit beginnend, eine herrliche
ollendung fpäterhin erlangen, bie e8 nad) durchlaufenem Ringe, wie
e, wieder feine Endfchaft erreichte, und dabei eigenthuͤmliche Farben
ing annehmen von den verfhiedenen Ländern und Verfaffungen, un>
elchen es blühte. — NRitterromane nicht nur, fondern bie Geſchichte
uns in die Zeiten Karls d. Gr. zurüd, wo wir die erften blühenden
itterthums, fein fabelhaftes Heldenzeitalter, fehen. In allen alten
Yatte, wiedergegeben uu haben? Daffelbe gilt von den Kitterr
Graals und Könige Arthus; dafſſelbe von ben Amabiſſen, bie, ohr
oder Arthus ſich anzuſchließen, mehr die Ritter einzelner Abenten
Zeitbegebenheiten geweſen zu ſein ſcheinen. In der Daͤmmerung
roths wollen wir nicht verlangen, die Geſtalten genau unterſcheiden z
fo find wie zuftieden, In den Sagen von Karl d. Gr. die erſte jugen
des Rittergeiftes im Kampf gegen die einbrechenden Araber, ein Vo
höhern Kampfes gegen die Saracenen im heiligen Lande, in den €
thus diefelbe im Kampf gegen die einbrechende übermacht des nord
geiftes, durch welchen diefem feine Grenze angersiefen wurde; in be
des —— dieſelben im großen, ernſten Gemuͤthe des Niede
ber deutſche Ritter fih anſchließt; und in den Amadiſſen die erften €
teuerlichen Ritterlebens in einzelnen Unternehmungen zu erbliden
mochte det Übergang von der fabelhaften Zeit Bis zur fichern, beſtimm
der fhönen, ‚ausgebildeten Bluͤthenzeit des reifen Alter bauern.
manche Großthaten gefchehen, und die Ritterfänspfe in Deutfchland, |
der Kaifer, in Frankreich unter den Großen bes Reiche, die bürgerli.
Spanien mit den Mauren waren herrliche Voruͤbungen des viel Gr
kommen ſollte. Da that fi (von 1095 bie gegen 1270) ein Licht
auf, und der Ruf des Kreuzes rief den Ritter aus Suͤd und Welt
einem würdigen Schaupfag feiner Thaten. Das heilige Land zu
heilige Stadt zu gewinnen, ward für das Ritterthum ein herrliches 3
es immer ſcheinen, als fei alle diefe koſtbare Kraft an ein Hirngefpenf
worden, fo war body die Idee, welcher gehuldigt ward, die höchfte
Sehen wir ja doch auch, nach dem wunderbaren Willen des Verhd
Helden, die Troja erobern halfen, die Früchte ihrer Anſtrengungen i
genden Abenteuern wieber verlieren, und fo ſcheint überall die Menfe
beftimmt zu fein, die höchfte Sproffe wol zu erfteigen, ohne fie jed:
zu koͤnnen Idee fol und muß Idee bleiben, aber nichtebeftoron:
PH. PR Mir.2 nun Pin anna anna at.. L.. LE... MA ann un
7
Ritterweſen, Ritterpoefie 851
uzzuͤge die Ritterorden erfcheinen, gleihfam das Allerheiligſte
ame, in welchem ſich der Geiſt deſſelben recht idealiſch offenbarte. Es
eils vor den Kreuzzuͤgen, theils während berfelben, *ẽ in dem heiligen
e weichen die 3 früheften, die Sohanniters, die Tempelher⸗
Ye Deutfhen Ritter (f.d.) am berühmteften wurden, da ber
jur Pflege der Ausfägigen geftiftete Lazarusorden, der nachher aud)
rd, ſchon in frühern Jahrhunderten erlofh. Pilgernde Ritter, ſich
Rrengen, ibealifchsreinen Seesen verbindend zur Pflege kranker Glau⸗
mb zum Schuge der vom Saracnenübermuth Gebrüdten; mit ben
Kirche in Bruderbünbnig getreten, nur Schritt vor Schritt der wach:
nacht des Islams weichend, und noch im Weichen mit ungebeugtem
ider der Tapferkeit verrichtend — ber hohe Muth des kühnen, zum
Rimmten Ritters, gemildert durch das fanfte Licht bes Glaubens, ber
Yemuth, des Altes verleusnenden Gehorſams gegen bes Ordens Ge⸗
ın von Kaifern und Königen mit Liebe gepflegt, bellehen mit weiten
und Ländern; ja, als im Oſten das Feuer des heiligen Kampfes ſchier
e, in den Falten Norden wandernd, um das Kreuz mit dem Schwerte
en — gewiß, dies ift die Krone des Ritterthums. — Bor ben Kreuz
ndeß ber Geiſt des Ritterweſens in den verfchiebenen Ländern hoͤchſt
vefen. Anders ber feanzöfifche Ritter in feiner Leichtigkeit und Ge⸗
n echt romantifches Gewand ſich Fleidend, oft fo des Halte und ber
‚entbehrend. Anders der ſpaniſche Ritter mit feinem heißen Blut und
ı Beharrlichkeit, oft in ber Glut der Eiferfucht und Rache das Ziel Über:
Der deutfhe Ritter mit feiner Rohheit und Ungefchliffenheit, aber
ſchoͤnſten Rittertugenden, einer feften, unerfchütterlichen Treue, einer
rkeit und Glaubensinnigkeit, konnte leicht feinen Nachbaren mehr mit:
von ihnen annehmen. Wie lieblich ſchmolzen num nicht in den Kreuzs
einzelnen Elemente in einander, und wie theilten fich nicht im Wechſel⸗
ationen gegenfeitig mit, ſodaß Jeder, bereichert mit den Vorzuͤgen Aller,
ur das Vortreffliche und Hoͤchſte brachte. Selbſt die hohe Bildung
landes und bie finnliche Verfeinerung der Saracenen theilte ſich den
tittern mit, glättete manche rauhe Seite an ihnen ab und gefellte zum
die gefällige Form, fodaß die feine Sitte und Lebensart, das ausge:
terthum, erft von ben Kreuszügen an batirt werden muß. — Aber lei:
e bald nad) den Kreuzzuͤgen das Ritterweſen ſinken und, vielleicht durch
selzung ber Individualitäten zu einem ſchoͤnen harmonifchen Bild, in
eit den Grund gelegt zu jener allmälig wachfenden Semeinheit und
» Ritterroefen, die fhon in bem feltfamen Zreiben ber fahrenden, d. i.
ıchenten, Ritter fi) ausfprach, und bald nady den Zeiten der Reforma⸗
ohne Mitwirkung des unlängft erft erfundenen, Muth und Tapferkeit
eicht erfegenden Schießpulvers immer weiter überhanbnahm, bis jetzt
: Name des alten Ritterthums noch übrig, der Geift aber längft ent»
— Hehr und im Geiſt der alten Zeit, gleichfam ein trauernder Rieſen⸗
e bem Grabe bes eingefunfenen Ritterrefens, fteht der edle Goͤtz v. Ber:
t ber eifernen Hand im 16. Sahrh. da.
8 Ganze und ber Geift der Zeiten fo viel gethan hat, um einen Stand
und ihn mit dem Köftlichften der Erde, gleich als den Erftgeborenen,
„ da darf auch die holde Gabe der Poeſie nicht zuruͤckbleiben, und ein
andy feinen Homer finden, derihn auf den Flügeln des Gefanges auf
le trägt. Daß der Geift der Ritterpoefie größtentheild roman⸗
d nur im Norden einen eigenthuͤmlichen Geift aus der alten Welt mit
mmen hatte, glauben wir u. d. Art. Romantifd zu zelgm. Mir
. *
nae Ritterweſen, Ritterpoefie
bemerken hier nur noch, daß die Troubadouren im füblichen, die Krouven
lichen Frantteich und die Minſtrels (Ministriers, Ministeriales, Hofle
Ian feinen würdigern Gegenftand ihrer. Lieder finden konnten als bie
Ritter, auf deren Schlöffern fie die gaftlichfle Aufnahme fanden, Jı
nahmen felbft Harfe umd Zither und fangen dazu von ihrer Minne amt
ten, In der Provence entſtand eine Cour d’amour, die bei den poeti
tämpfen der Ritter. entfchieb, und Riebeslieder (ohanzons), Mechfelg:
vor) ..Sihäferieten (pastourelles) ,. postifche Geſpraͤche (sirventen
2, dgl, waren nur Vatationen der Liebe und Ritterlichkeit athmenden
flatternde Bluͤthen und Biumenſtraͤuße am herrlichen Baume der Ron
‚hen. die Dichter des. ſchwaͤbiſchen Zeitalter® in ihren Minnelledern ne
Iand verpflanzten. Ernfter und. größer war die eingeborene Ritterpoefi
, »Deutfchlands und befonders der Nordländer. Im Nibelungenlled weh
eheimnißvoll, ‚hexoifch, ethaben, grotesk, wie die Berge und Thaͤler |
„felbft mit ihrem ımenblichen Schnee und ihren gefahrvollen Witbbahne
„merkwürdige Eigenthümlichkeit erhielt die Mitterpoefie durch das Fabell
derbare, das die Kindheit des Ritterweſens auszeichniete; bie Poefie th
wie überall das Ihrige, um die Ungewißheit nody größer zu machen ı
fhichtliche noch weiter hinein in die Dämmerung bes Sabelhaften ur
baren zu. rucken. So Eamen die abenteuerlichen Dichtungen von
Bivergen, von Feen und Zaubereen und Zauberinnen in den Kreis der
und mie mögen wol zugeben, daß die Außere Wesanlaffung zu den {
von den Arabern- kam, aber wir behaupten beffenungeadhtet, daß, wer
nicht gewefen wäre, die. Ritterpoefie ſich ſelbſt diefe Dichtungen geſch
würde. Die Dichtungen vom Zauberer Merlin, von den Rieſen un
1 des Nordens ze. find gewiß unabhängig von jener Quelle aus dern
den hervorgetrieben, _ Der Geift des Chriftenthums , zu dem Munt
Beiten gefellt, fonnte wol kaum für Poefie ein andıes Refultat geben,
diefe Mothologie war die einzig mögliche In einer chriſtlichen Mitterporl
anders unter ben nordifchen, anders unter den füblihen Völkern audgeb
durch aber begrlnbet fid) zugleich ein auffallender Unterſchied zwiſcher
„Hoefie der frühern Jahrhunderte und der ber Kreugzüge, wobel jedoch n
feben ift,. daß dem finnvollen Dichtergemuͤth auch der reingeſchichtliche
fer legtern nicht genügte und darum, dem Geiſt einer fehr glaͤubigen
meſſen/ bas fchöne Fabelfpiel jener Mythologie auch In bie poetifchen
„gen ber je herübergenommen wurde. — Wir unterſcheiden a
„Hauptarme der Ritterpoefie Epos und Roman, bie jedoch in ber That 9
"find als früherhin in poetiſchem und fpäterhin in profaifhem Gew
führte Epopdien, vielfältig an die „Slia8” und die „Obyffee” und die d
‚menhängenden chlliſchen Dichter erinnernd. Die Rittercomane ſaͤmn
von den Kreuzzuͤgen ausgenommen, bie feftern Grund und Boden habı
für auch der poetifhen Bedeutung ermangeln, ſchweben auf der ſchm
gelfen Babel und Dichtung, zwiſchen Wunder und Wirklichkeit, ı
all einen cykliſchen Charakter an, fobag in ber That nur die Korn
‘ob man Epopdie ober Roman anzunehmen habe. Auch nennen bie alt!
Dichter Beides ohne Unterſchied Roman. Über die jugendliche Periobı
wefens floß Roman und Epopdie in Eins zufammen; über bie Bluͤth
: ben In ben Kreugzügen ſchied fidh zwar Epos und Roman etwas gen
„yeun jenes allein In Taſſo ð unſterblichem Werke bie Palme erfiegte, |
Roman, ein dichteriſches Bild ber felbft hoͤchſt wundervollen Geſchicht
Bu doch auch hier kaum ein felbftändiges Sein erringen, und ı
- J und Naͤrchen fehr nahe an die Sphäre wie des Epo6, fo der al
Ritterwefen, Ritterromane : 355
Wie kennen, wie gefagt, nur eine Epopdie uͤber das herrliche Nitter⸗
mmazbge, die alle andre Verſuche in die ſem Felde weit hinter ſich zuruͤck
wie meinen das ſchon gedachte, Befreiete Jeruſalem“ von Torquato
Meiſterſtuͤck, das den Namen feines Vfs. ſelbſt in dem Munde des
nftexhlich gemacht hat. Was es aber ſonſt von Ritterepopoͤien gibt;
riet iſt, das gehört, mit fammt den Oberon und Blliomberis und
Neuern, dem zwifhen Roman und Spopdie ſchwebenden Befilbe
5 von den alten, jugendlichen Zeiten des Ritterthums an, und alle
gen waren wirklich urſpruͤnglich in poetifchem Gewande gegeben, aber .
der, in Profa uͤberſetzt, die zahlloſen Scharen der Ritterromane.
die Geſchichte der Epopdie zugleich Die Befchichte des Romans, und
1, ehe wir biefelbe berühren, daß auch in dieſer Sphäre ber ital. Bes
Meifſterſtuͤck feines Ariofto, dem „Raſenden Roland”, allen-anbern
Hang abgewonnen habe. — Daß die Dichtungen über bie frühefle
Nitterweſens fämmtlich einen cykliſchen Charakter haben, wird ame
I, wenn wir den Fabelkreis der alteri Ritterromane ungefähr geſchicht⸗
men ſuchen. Nach Abzug der nordiſchen Sagem bleibt uns für ben
ein breifacher Mythenkreis Abrig: der vom König Arthus, von Karl
von den Amadiffen. Wir koͤnnen nicht mit Sicherheit beſtimmen
als den erfien anzufehen haben. Vielleicht waren ſie fo ziemlich gleich⸗
e gewiß ift, daß fie drei von einander verfchiebene Fabelkreiſe dar⸗
woL auch jeder einem andern Volke angehört, obgleich fie in der Folge
verfchlungen wurden. Wie koͤnnen mit Recht behaupten, daß wenig
m beiden Cyklen fi an etwas Diftorifches anſchließen; und im dieſer
Kört der Dichtung vom König Arthus, der Zafelrunde (ſ. b. A.)
ber Merlin (f. db.) der Vorzug des Alters. Was vielleicht das eins
Ihe in diefem Mythenkreiſe if, kommt ungefähr darauf zuruͤck, daß in
fe zwiſchen den Britannien und Angelfachfen (von 455 — 582) um
uglands Arthus der Befehlshaber der Britannier und der Letzte war,
das Land ſeindr Vaͤter, das bald nach ihm den Sachen zu Theil wurde,
Merkwuͤrdig bleiben in diefem Fabelcyklus die eigenthuͤmlichen Dich⸗
‚Banberer Merlin und vom heiligen Graal, eigentlich dem Becken, im
Wi Blut bei ber Kreuzigung aufgefangen wurde (sang royal), nach⸗
eil er In den Befig der Ritter von der Zafelrunde gelommen war, mit
jedentend, wodurch fich diefe Dichtung an die bibfifche Geſchichte un»
Me aͤlteſte Chronik von diefem Fabelkreis ift von 1150, in der ven
Place eder Euſtache, a. d. Lat. des Gottfr. v. Monmouth uͤbertragenen
Bretons” oder im „Brut d’Angleterre” des Mob. Wace (Baffe)
mb fehen wir auf den Schauplatz, auf welchen er fpielt, und nehmen
Wifchen Farben, die dem Ganzen bei weiten ben fÜblic, remantifchen
Dichtungen aus der Provence nicht geben, fo werben wir nicht ans
als das Eigenthum der Normandie und Englands und als den näch-
ch den nordifchen und deutfchen Sagen zu betrachten. Der zivelte
die Blitterromane von Karl d. Gr. und feinen Paladinen, feinen 12
wem er fid) an Karl d. Gr. Geſchichte, biefen Lichtpunkt In bes Ge⸗
Mittelalters, wirklich anſchließt, fo hat die Dichtung Nichte gefpart,
ritterlicher Deldenmuth und Abenteuer zur Verherrlichung dieſer Zeit
mie, und durchhin leuchten einzelne hiftorifche Sterne, 3. B. bie
m RNenteval, in welcher Roland blieb, durch den lieblichen Zauber
I, malt des Morgenlandes üppigen, ſchwellenden Bildern bereicherten
choben. Die aͤlteſte Quelle dieſer Dichtungen iſt Turpin's fabels
me, als deren Verf. der Zeitgenoffe Karls d. Gre, der Cerbiheot ve
>
07 Rituale Kivarol
Rheims Turpin, an angegeben wird, bie aber wahrſcheinlich noch fpäter 4
10. Jahrh., wohin fie von Vielen verlegt mworben ft, zuſammengeſtonpelt
Allein aus: biefer Duelle ſchoͤpfte man erſt feine Ritterromane, al6_bie Re
ſchon beendigt worden waren, gegen das Ende des 13. Jahrh. und nun
die ſinnreichen Romane von Bertha mit bem großen Fuß, vom *
ber Rinald von Montalban, die vier Haimonskinder, Huon von $
yon Mainz, Morgante der Riefe u.f.w. Kaum barf bemerkt werben,
weich der Schauplag dieſes Romankreiſes ift und die provengafifde Z
—ã in ihm den wirdigften Stoff fand, da Meifter Arioſto in 8
4 ihn fo glaͤnzend verherrlicht bat. Hiſtoriſch wol völig w
Hier —3 — der Amadiffe(f.d.), PR vielleicht dem Spaniem «
gehert, und wenn ja die frangöfifche Einbildung ſich bie erſte Weucbeig
AImabdis von Sallien im 13. Jahrh. nicht nehmen Iaffen mil, 8 *
folgmben Nachahmungen: der Amadis von Griechenland, der F
Birtanien, der Galaor, ber Floreſtan, der Eſplandian, rein ſpau
. Man kann kein großes Ereigniß in ber Geſchichte finden, wela
gen ſich anfchlöffen, und faft fcheint hier bie Komanenbidtung:
—— in Samittengefhichten und Privatabenteuer heral
eine erdichtete politifche —— und Verfaſſung nur als tee
affung diente. Außer dieſen Romanen hatte die Ritterpoefie der. S
Romanzen vom großen Cid, ihre Guerras civiles u. a x
Deutfchland fein den nordiſchen Sagen verwandtes Nibelungenlicb u
denbuch: S. Prof. Büfching’s „Worlefungen über Ritterzeit unb € ii
(By. 4823, 3 Bde.); das an Notizen reiche, obtwel minder gruͤ
Kitterweſen und die Templer, Johanniter und Darionız“ x.
1822 fg., 2 Thle.), und „Mem. sur l’ahcienne chevalerie, per I
Dar) Palaye’' (n. &., m. e. Einl. und hiſt. Anm. v. Nobier, Pas
2 r
— a n die römifche Kiccjenagenbe, bie die vorgefehriebenen 6
enthält, die beim Bathol. Bottesbienft beobachtet Werben,
hatten und haben noch zum Theil ihr eignes Mituale. Dann,
As Geremoniel und fehriftliche Anordnung beffelben.
s : Rivarol (Antoine), geb. 7. Apr. 1757 zu Bagnoles in 2
eines Gaſtwirths, war Solbat, dann Hofmeiſter u. d. N. —**
er jehoch wieder ablegen mußte; endlich führte ihn ber Zufall nach % |
< gab er einen verfificiten, gegen des Abts Delille Gedicht: „Die Gärtn |
teten Dialog: „Der Kohl und die Mühe”, heraus. Diefes, we “
Heimen Sachen, verhalf ihm zur Mitrebaction an dem berüßusten ,
Framee.' Als bie evolution ausbrach, ging R. 1790 nad £
nach Berlin, wo König Friedeich Wilhelm IL. und Prinz Heinrich (Mau
richs U.) ihn mit befonderer Büte aufnahmen. Doch bebauerte ex oft Die}
mung vom Waterlande. Er flarb d. 11. Apr. 1801 zu Berlin. Im BR)
ter waren Eitelkeit und Eigenliebe hervorftechende Zuͤge; ſein⸗ *
zu oft in Boshelt aus, wie u. a. bie von ihm verfaßte Parodie von ? %
bejeugt: ein Werk, im welchem er mehr haͤmiſch alt witzig bie belamisfl
henkhunteften eften Schuiftfteller und Schriftflellerinnen feiner Nation :omaui:
wichtigſten feiner Werke find: 1) eine Übesfegung von Dente’t, „Hier,
use in ſehr wenigen einzelnen Theilen den — —
ai Necker über die Wichtigkeit eeligiöfer Meinungen und Doaft .
„Almanach großer Männer‘, worin er gleichfalls meprrmals ——
fosden Bügel laͤßt. Eine Abhandlung von ibm:
‚ Jangus frangalse", welche einem franz. —ãæãS won. er *
Kivoli Rigzio 885
ur Einleitung dienen follte, wurde 1784 von ber berliner Akade⸗
‚ ein menig bedeutender Ort in der venetian. Provinz Ubine, noͤrd⸗
a, zwiſchen dem Gardaſee und dem rechter Ufer ber Etſch, nahe
„ bie von Trient nad) Verona führt. Auf der Hochebene bei Ri⸗
ve blutige Schlacht am 14. u. 15. Ian. 1797, zwiſchen den Öftreis
ofen, das Schidfal von Stalin. Wurmfer war in Mantua ein:
von dem Befig dieſer Seftung hing gewiffermaßen auch ber Beſitz
md Wenebigs ab. Man bot daher Alles auf, irgendwo bie franz.
nechbrechen und Mantua zu befreien. Alvinzy hatte beträchtliche
Tirol geſammelt und gebachte über Rivoli vorzubringen, während
orps unter Provera durch das Vicentinifche gegen Mantua bewegte
bung beider Operationen Verona angreifen ließ, was aber bei der
e6 Terrains ſchaͤrfere Berechnung der Zeit und mehr Beruͤckſichti⸗
ern und gefchicktern Gegners erfobert hätte. _ Napoleon hatte bald
chſchaut und eilte mit allen verwendbaren Truppen zuerft auf Rivo⸗
zu verelteln, wo ſich Zoubert mit 9000 M. allerdings nicht lange
men. Während Augereau auf den rechten Flügel bei Ronco, Ser⸗
neua und ein andres kleines Corps bei Verona die Öffreicher beobs
en Rapoleon mit Maffena und etwa 22,000 M. bei Rivoli, wo
6 Gorp6 des Ben. Joubert vermiuthete. Dieſes zu vernichten, hatte
nr getroffen; die Divifion Lufignan, 2000 M. ſtark, umging es
n, ein andres Corps „ 22,000 M. ſtark, in 2 Colonnen auf dem
und die übrigen Truppen nahmen eine Stellung zwiſchen Caprino
so, ben Franzoſen gegenüber. Napoleon benugte diefe Trennung
e feines Gegners, der fie in dem aͤußerſt ſchwierigen Terrain nicht
d zu verwenden wußte. Joubert und Bial eroberten Sans Marco,
ner oͤſtreich. Stellung. Dagegen verloren bie Franzoſen auf ihrem
errain, ihre Mitte wurde fogar erfchättert und wankte. Berthier
b Gleichgewicht bald wieder her und Maſſoͤna gab dem linken Fluͤgel
igkeit. Unterdeffen war bie oͤſtreich. Colonne durch das Etſchthal
itete ſich auf der Hochehene vor Rivoli aus und bedraͤngte ben franz.
Doch wurde dieſes Manoeuvre, durch die franz. Reiterei unter Le⸗
e und durch eine ruͤkwirkende Bewegung Joubert's von San⸗Mar⸗
Alein gaͤnzlich vereitelt, ſondern auch die oͤſtreich. Colonne zerſtreut
hal zuruͤckgeworfen. Nicht beſſern Erfolg hatte die Unternehmung
tſſignan. Schon bes Siegs gewiß, gerieth fie zwiſchen die Reſerve
mad das Corps des Generals Ney, welches aus der Gegend von De⸗
blichen Gardaſee anlangte, und mußte ſich ergeben. Alvinzy ſelbſt
Ne Stellung von Corona zuruͤckgedraͤngt und Napoleon hatte hinrels
mehren und ben General Provera zu überwältigen, ber über Anghia⸗
genug gegen Mantua zog und am 15. bei la Favorite vor Mantua
geſchlagen und mit 6000 M. gefangen genommen wurde, waß die
Mantua felbft zur Solge hatte. Die Franzoſen hatten am 14. und
WDR. Gefangene gemacht und 46 Stud Kanonen genommen. So
reich. Heer in Italien faft ganz aufgerieben! Napoleon erkannte.
ungen Mafjena’s bei Hivoli Durch ben ihm verliehenen Herzogstl⸗
x Schlacht inden „Memoires” (t. IV, p. 331.fg.) eigne kriegskuͤnſt⸗
Hungen gewidmet, bie genauen Aufſchluß über bie damaligen
t geben. 5.
Davib) (eigentlich Ricci), der Vertraute der ſchottiſchen Koͤnigin
.Vaen feinem Water, einem armen Tonkimſtler in Turn, var
zas ‚Robert 1. Ring von Sqezottland)
Rute erzogen; jeichnete DR. ſich Hab vortheithaft I diefer · -enft aut
ſich nad) Nizza, der damaligen Reſidenz bes Herzogs von Savoyen. |
genoͤthigt, zu feinem Fortlommen als Bedienter bei dem Grafen More
mals vom Hofe zu Nizza als Geſandter nady Schottkind gefenbet wurd
gwnehmen. Sein Bere empfahl ihn der mufiktiebenden Königin Dean
anfangs bei ihter Gapelle und nachher als Seeretair anftellte. Bald dei
ſchlauen Staliener, fich die Gewogenheit feiner Monarchin zu erwerber
dieſe Gunſt bis zu einer zaͤrtlichen Neigung gefliegen , iſt durchaus / une
um fo imehr zu bezweifeln, da Rizlo's ANußeres nichts weniger al Tieben:
weſen fein ſoll. Allein fo viel iſt gewlß, täglich ſtieg der Italienet in ber
Ber Monarchin, und die Reichthuͤmer, mit denen ihn fle uͤberhaͤnfte,
imnißvergnuͤgten Schotten um fo mehr gegen ben Fremdling auf, da Rizlı
muthe zulegt fogar ‚allen Anſtand gegen bie Monarchin vergaß. Mar
mals ihre Hand dem Grafen Darnley, vieleicht felbft nicht ohne R.
geſchenkt, ber burch die Wahl der Koͤnigin hoffen durfte, in feinem Eh
gefährdet zu werben. Denmoch erweckten R.'s Anmaßungen endlich
Stolz und Eiferſucht, ſodaß er, durch bie gegen R. aufgebrachten
Großen gereizt, dem Gehaßten aus der Wett zu ſchaffen beſchloß. Au
ſellſchaft einer Hofdame mit der Konigin in ihrem Zimmer ſpeiſte trat
umgeben von einigen bewaffneten Vertrauten, in das Zimmer; R. wi
achtet die Konigin ihn zu befähligen bemüht zone, herausgeniffen und
niebergeftoßen, waͤhrend Darnley die vor Schreck und Zorn ganz außer
Maria in feinen Armen fefthielt. Dies geſchah 1567. Wi. ’s Ermoı
Darnloys Tob-und er Marias Ungtäd zur Folge. : -
Ä Robert J., König von Schottland, deffen —— — er
ſtellte, ſtammte * dem alten Peruͤhmten Geſchlechte Bruce. Re
1275 geb., waheſcheinlich diente er in feiner Jugend unter dem Deere
von Erisland,. dem fein Bater, Mobert Bruce, ergeben war. - Als E
ter und Anſpruͤche feines Vaters, machte ee tühne Entwürfe für Schu
feetung, verieß den Hof Eduarbs und gi g 1305 nadı Schottland.
Zuſammenkunft mit feinen Anhängern Dumftied im Febr 1306 °
“ Grafen Cora ober Cumming von Badenoch, welcher, tie einige © €
Plage Moberts Plane dem Könige Eduard vetrathen hatte,
Hietauf belagerte er das Schloß Dumfries, verhaftete die Bei
—8 die dort verſammelt waren, und erhob feine Anſpruͤche an €
Krone. Bald fland er an der Spige einer Heeresmacht, mit der eı
vorbrang, und warb zu Scoon feierlich gekroͤnt. Allein der engl. Gen
v. Valence, Graf v. Pembroke, ſchlug Brute's Truppen bei Methre
ſhire gänzlich. Bruce mußte fein geringes Gefolge ntlaffen und fluͤch
ner unbewohnten ‚hebribifchen Inſel. Drei feiner Brüder und mehr
nehmſten Anhänger wurden als Verräther hingerichtet. Beine Gem
Tochter und 2 Schweſtern wurden in den Kerker geworfen. Ploͤtzlich
wieber an ber Spige einer kleinen entfchloffenen Mannſchaft auf feinem
rick, wo er einen engl. Großen gefangen nahm, der mit diefer Wefigen
‚worden war, 309 ſich aber bei der Annäherung engl. Truppen wieber is
land zuruͤck. Eduard rüftete fich jetzt zu einem ‚Deeredzug nach Schot
der an feinem Hofe befindliche Cardinallegat that Robert und deſſen?
den Bann. Allein im Fruͤhlinge 1307 kam Robert mit verfiärkter D
Gebirgen hervor, ſchlug den General Anmar v. Valence und
dv. Glouceſter in der Feſtung Ayr. Bald darauf flarb Eduard I., eff
Sohn, Eduard I., den Krieg gegen Schottland mit wenig
M vorr« fich Btobert die weittichen Landfchaften ——æ——
—
Robert (Ludwig) 857
it feines tapfern Freundes, James Douglas, und brang weiter im
u feine Feinde vor; aber eine lange Krankheit hinderte feine Fortſchrit⸗
wurde von ben Cummings in einer feiner Feſtungen belagert. Sein
meb erhielt indeß mehre Vortheile gegen den Feind. Als R. wies
jkeit kam, fchlug er feine Widerfacher bei Old Meldrum, bemaͤchtigte
ung Inverneß und ber nördlichen Gegenden, und als er endlich auch
erth und die Feſtung Forfar eingenommen hatte, mußte ganz Schott:
usſchluß weniger Seftungen, feine Oberherrfchaft anerfennen. Der
Ichen Eduard II. im Herbfte 1310 nach Schottland unternahm, war
Endlich nöthigten ihn Unruhen in England, mit Schottland einen
and zu ſchließen, ben Robert benuste,. um feine Macht zu befeftigen.
1314 waren nur noch die Feftungen Dunkar, Stirling und Berwid
m ber Engländer. Im uni d. J. fiel Eduard II. mit einem fo gro:
Schottland ein, wie noch keins von England aus Schottlands Gren⸗
tten hatte. R. belagerte eben Stirling. Sein Heer, viel gerins
» aber aus alten geübten Truppen beſtehend, erwartete den Feind
des Bannod auf der Straße von Stirling. Hier kam es zu der ge
: von Bannodburn, in welcher R. den entſcheidendſten Sieg über
r erfocht. Eduard ſelbſt entkam nur mit Mühe. Die Zahl der vor⸗
angenen war fo groß, daß M. feine Gemahlin, feine Tochter, feine
nebſt andern hohen Perfonen, die in Eduards I. Gefangenfchaft ge:
‚ auswechleln konnte. R. verfolgte feine Vortheile bucch einen Ein⸗
ab, wobei er die nörblichen Graffchaften ohne Widerftand verwuͤſtete.
er auch feinen Bruder Eduard mit einem Deere nach Irland den Ein:
Dülfe, um fi von Englands Herifchaft zw befreien, welche Unters
sch mißlang. Englands innere Zwiſtigkeiten verhinderten einen kraͤf⸗
\s ſich wegen bes Verluſtes bei Bannockburn zu raͤchen. Nun wollte
sen Frieden zwifchen beiden Königreichen vermitteln, weil aber. die
a Roberten nicht den koͤnigl. Titel gaben, verwarf er ihre Vermitte⸗
je mit ben Beindfeligkeiten gegen England fort. - Endlid) ward 1323
= Waffenflilftand mit diefem Reiche gefchloffen, Robert jedoch nicht
ger König anerkannt. Nach Eduards II. Tode brach er (1327) felbft
illſtand, verwüftete England und zwang Eduard IL. zum Frieden, in
x allen Anſpruͤchen und Rechten auf Schottland entfagte und die Uns
biefe® Reichs und feiner Könige anerkannte. Zugleich wurde Roberts
ib, mit Eduards Schwefler verlobt. MR. ſtarb, nach einer 24jähr.
1329, in einem Alter von 54.3. mit dem Ruhme, feinem Volke
er ſelbſtaͤndigen Nation wiebererfämpft zu haben.
et ig), geb. zu Berlin 1779, empfing ſeine erſte Bildung da⸗
a franz. Gymnaſium und beſuchte die Univerſitaͤt Halle. Im Berlin
'8 eifriger Schüler, deſſen Philoſophie fein Leben und feine Dichtung
one fich eine vorgefchriebene Laufbahn zu erwählen, folgte er, wie f.
Lage ihm geftattete, lediglich der Neigung zur Dichtlunft. Seine
ſchen Arbeiten erfchienen in dem „Drufenalmanady” von Chamiffo und
fir 1804. Nachher wurde in Berlin ein Luftfpiel von ihm aufgeführt:
beten”, eine neue Bearbeitung von DMoliere’8 „Precieuses ridieules”.
arauf, nachdem er Wien und Hamburg kennen gelernt, Holland und
Bon Paris riefen ihn die Ungluͤcksfaͤlle 1806 in die Heimath zurüd.
ı von ihm nad, unbebeutenden Verſuchen auf der Bühne: „Die
kechältniffe”, ein Trauerſpiel in Profa, welches wol als das gehalt:
| ichfte Werk des Dichters zu betrachten if. Das J. 1813
R. zu politifcher Thaͤtigkeit. Bei einer Gefandefchaft im (üblichen
Bicbente Aufl. 8b. IX. 22
[4
—
6. Robertfon _ Röbeöpierte
Deutſchland hatte er Gelegenheit für die vaterlänbifche Sache elfcig ı
Die Ereigniffe gaben zugleich feiner Muſe neuen Stoff und veramlaßtei
'pfe der Zeit“, 12 Ged. 1817. Nach wieberhergeftellter Ruhe kehr
uiſabhaͤngige Lage und zur Dichtkunſt zurüd. Auf einer durch Deu
het Gattin unternommenen Reife hielt er ſich anfang6 in Dresden a:
Berlin; von hier kehrte er nach Karlöruhe, feinem gegenwärtigen U
ruͤck. Unterdeſſen war fein „Blind und lahm“ mit Beifall gegeben wo
rend ber betzten Zeit theilte er, ohne ſich zu nennen, Eritifche Gorrefpo:
im „Morgenblatte” mit; bie Bebichte an Tied, „Spaziergänge in Ber
nen unter feinem Mamen. Auch, fallen in diefe Beit die Gedichte in den
then“ und der „Caſſtus und Phantaſus (Merlin 1824). Ein großer
dichteriſchen Arbeiten ift noch ungebrudt. Das Ungtäd, was fo Bi
in ihren kroniſchen Schöpfumgen von ihrem Volke nicht verftanden zu |
zum Theil auch N; verfolgt. Im Bangen iſt das epigrammatiſch
Ibm das vorherrſchende. Praͤciſion im Ausdruck charakterifirt feine
um. wie benn auch Hier feiner Vorliebe für ben Alepandeiner ı
Rerfhaft in Ausbildung deffelben gebacht werben muß.
Robertſon (William), der berühmte Sefcyichtfchreiber, geb
4721, widmete ſich anfangs der Theologie. Sein Hang zu den W
erregte Aufmerkfambelt, und ſchon fein Wahlſpruch: sine liter
den er in alle feine Hefte ſchrieb, bewies feinen Eifer für die Wiffenfch
fehr jung, erwarb er ſich durch feine nachher im Druck erfchienenen Pre
Beifall; doch zeichnete er ſich auf dem Felde ber Geſchichte befonbers c
Unparteilichkeit umb Unrficht, die In feinen Werken herrſcht, die fein
de Tharakteriſtik des moralifchen und pofitifchen Zuſtandes der Nati
"Yediegene, Eräftige Sprache weifen ihm einen ber ehrenvollſten Plaͤ
Sifeiten neuerer Zeit an. Seine Geſchichte Karls V.“ (im Origi
1,3 Bbe:, 4.5 beutſch mit Anmerk. von Remer 1778 u. 1792 -
"zeigt fehr ehrenvoll die Kenntniß des Verfs. und fchilbert den damal. p
von Europa mit kritiſchem Scharfſinn. Ein gleiches Lob verdient fein
von Schottland unter der Regietung der Marla Stuart und ihres So
(London 1759,2 Bde., 4., Zufäge 1787 u. mehrmals). Noch hat man
SDefchichte von Amerika” (London 1777, 2 Bde, 4., Zufäge 1788) m
ungen Über die Geſchichte von Indien”, die, forte feine andern WR
fanden. Robertſon ftarb 1793 als Dr. der Theologie und Principal
tät Edinburg, welche Tegtere Stelle ev 32 J. bekleidet hatte. S. I
* „Acoount of the life and writings of W. Robertson” (£onden 180!
Robespierre (Marimilien Joſeph), geb. zu Arras 1759, de
Heberlichen Abvocaten, der nad) langem Umherfchtweifen in Märchen fl
junge R. auch feine Mutter verloren hatte, fo nahm fich der Bifchof v
ner an und bewirkte, daß er ind Collegium Louis-le-grand zu Part
men wurde. Schon in feiner Jugend zeigte R. einen verfchloffene
ſtudirte aber gut, und einer ſeiner Lehrer, ein eifriger Bewunderer der
lobte feinen Hang zur Unabhängigkeit und Gleichheit. R. Fudirt
warb Advocat und prafticirte in f. Waterftabt, wo er u. X. eitten Pro
Schöffen der Stadt St.⸗Omer gewann, die aus altem Wahne bie Bi
ſchaͤblich hielten und nicht dulden wollten, In f. Schupfchrift für bi
fprach er von Ludwig XVI. mitgroßem Lobe. 1784 tuug er zu Amine |
die befte Beantwortung ber Frage bavon: woher es komme, daß bie
. Strafe eines Verbrecher auf feine Familie zurkcfänt. Attardlig warl
che entfchiebener, er griff verfchiebene Mißbraͤuche an, fein Charakter
tiger Republitanismus fprachen fi aus. Er ward baher zum Abg
Robcöpierre 339
aft Arras beiden Generalſtaaten ernannt (1789). Als Mitglied ber
a und felbft noch der gefeggebenden Verſammlung erregte er jeboch
es Aufichen. Zwar z0g er die Aufmerkſamkeit ducch mehre Meden
B. über das Erbrechen der Briefe, Aber die Drudfreiheit, über vor-
chwoͤrungen (ein Thema, über idelches er beflänbig ſprach), über das
: Stellen, über das Recht, Krieg anzukuͤndigen und Frieden zu ſchlie⸗
auch widerſetzte er fich dem Grundfage ber Unverleglichkeit der Pers
ardyen; doch behauptete er damals noch, die monarchiſche Regierung
e, bie einem fo großen Staate wie Frankreich zukomme. Sin einem
rte jener Zeit: „Les grands hommes du jour”, wird er gefchilbert
hemme roide et apprete, petit esprit sec et pointu, petit ca-
äsitionnaire et acariätre, folglich als ein bloß Bleinlicher Menfch,
ıde, aber auch keine Bewunderer habe, und wenn er etwas Auffals
Andern nachrede. Sogar Mirabeau, dem er ſich gern anfchloß, fol
aoch verfannt umd wenig geachtet haben. Zu bemerken ift es auch
in jener Zeit auf die Abfchaffung der Todesſtrafe drang und fich übers
mäßigt zeigte. Man wollte ihn zum Öffentlichen Anklaͤger beim Gris
ernennen. Er ſchlug diefe wichtige Stelle aus. Aber damals ſchon
mit Marat und Danton verbunden, nahm lebhaften Antheil an der
Uſchaft und gab ein Journal: „Der Vertheidiger der monarchifchen
‚ heraus. Er warb nun (Sept. 1792) Mitglied des Convents unb
fuͤrchterliches Leben eigentlich, an. Sept dußerte er ſich als der Ärgfte
‚ verfolgte den König auf die wuͤthendſte Art, drang auf feine Hins
verwarf allen Aufſchub. Nach der Hinrichtung des Königs fchlug er
ze koͤnigl. Familie und die Girondiſten vor das Revolutionsygericht zus
btere hatten ſ. Herrſchſucht ſchon geahnet und ihn im Gonvent des
© Alleinherrſchaft befchulbigt; daher zuhte R. auch nicht, bis er
gerüft gebracht hatte. Von nun an beherrfchte er wirklich den Na⸗
‚ Die parifer Gemeinde war ihm ergeben. Es wurde unter feiner
asichuß für die Öffentliche Wohlfahrt, nebft 12 Commiffionen errich⸗
dt die Schredensregierung begruͤndet. R.'s Helfershelfer errich-
He in den Provinzen, welche, wie ber Wohlfahrtsausfchuß in Pas
hörteften Grauſamkeiten und Ungerechtigkeiten verübten. Die Des
Dantoniften, die ihm anfangs fehr behülflich gewefen waren, wur:
hin verbädhtigund ebenfalls Schlachtopfer f. Bilutgier. Den National
e er nun mit Recht feine Decretömafchine nennen. Er herrfchte ganz
md fprady wie der Gebieter Frankreichs. Indeſſen merkte er, daß er
und um fi) dem Volke zu nähern, befchloß er einen Schatten von
der einzuführen, worauf das berüchtigte Decret erfchlen, worin die
höheres Weſen anerkannte. Diefer kluge Einfall that große Wirkung,
des höhern Weſens wurbe in der That mit vieler Feierlichkeit bes
ei R. eine Rebe hielt, die feine eben nicht fehr religioͤſen Abfich⸗
xutlich angab. Man rieth ihm, ſich zumeilen zu Pferde zu zeigen,
Zruppen wegen. Er verfuchte deßhalb reiten zu lernen, allein es
sicht gehen. eig war er überhaupt; daher auch feine Tyrannei.nicht
Da fich feine Grauſamkeit über alle Parteien erfiredte und er ohne
munbe und Feinde würgte, jene, weil er neidiſch auf fie war, und
fie fuͤrchtete, fo hatte er bald alle Parteien gegen fich, und fo groß
recken war, den feine Macht einflößte, fo war doch das Elend zu
Unterdruͤckung zu ſchmachvoll, ale daß die Klagen nicht hätten laut
ſelbſt im Convente. Schon war ein Mäbchen, Namens Ge
‚in R.'s Wohnung ergriffen worden, das 2 Meſſer bei ſich hatte
22 *
m
-- =--=- --—— —— — — 200.
Weryeet: „„DETUNIEE it DEM aꝛyrannen! Er ſtieß einige Brohun
wurden nicht mehr gefürchtet. Jetzt ward ein Anklageberret g
tigt, und er mußte ſich mit Couthon und St.⸗Juſt, mit feine:
und Lebas vor die Schranken begeben. Das Gerücht von fein
tionalconvent verbreitete fi in Paris, noch ehe die Sigung zr
Gemeinde der Stadt, die ihm ergeben war, begab ſich aufs £
Sturmglode läuten und verfammelte eine Menge Bewaffneter a
Hentiot, ber die Nationalgarbe befehligte, ruͤckte mit derfelben
9n; allein der Haß gegen ben Tyrannen düßerte ſich fo laut,
um benfelben zu retten. R. ward alfo im Conventöfaale verhaf
rief: „Die Sauner triumphisen; die Republik ift verloren!’ D
Insemburger Gefängniffe; allein hier weigerte ſich der Auffehe
Vorficht, ihn aufzunehmen. Die Zahl feiner Anhänger vermeh
warb überwältigt und R. von feinen Befreiern auf das Rath
die Gemeinde daſelbſt ihren Sig hatte, fo ward gefchworen, |
gen den Convent vertheidigen. Allein umterbeffen erklärte ihn
Acht, und Barras befam Befehl, ihn aufs neue zu verhaften.
mit feinen Batalllonen; das Dunkel der Nacht begünftigte ihn
Verſammlungsſaal. Hier fol fih R., wie auch Lacretelle
nen mit unficherer Hand geführten Piſtolenſchuß die Kinnlade ;
Drubhomme hingegen, in dem von ihm herausgegebenen „‚Dic
que”, behauptet, ein Gendarme, Namens Meda, habe fich
zugebrängt und, da er R. in einer Ede bemerkt habe, auf
fen. Bon da.ward der num ohnmaͤchtige Thrann zum Woh
Gonventöhaufe gebracht und hier auf einen Tifch gelegt, wo e
Lage bi zum andern Tage liegen blieb. Zu den Schmerzen
bem daraus erfolgten Fieber kamen noch die Schmähungen di
die Verhöre feiner vorigen Eollegen und Untergebenen. Am :
Nachmittags ward er mit 22 feiner Mitfchuldigen zum Blutger
Geſicht mar ganz entftellt und feine Augen faft augefchloffen.
Robinſon, Robinfonde 941
be Stimme, dern Rauhheit er aber durch Bemuͤhung bedeutend ges
Er declamirte gut, befaß aber übrigens Feine Berebtfamkeit. Was
d, after und Verſchwoͤrungen oft vorbrachte, war Geſchwaͤtz. Übers
ein mittelmäßiger Redner... Unvorbereitet Eonnte er faft gar nicht res
sonie war feine Pieblingsfigur; auch miberlegte er oft mit vieler Ges
te Gründe feiner Gegner; übrigens mar fein Ideenkreis fehr bes
muß weder ale ein Ungeheuer ohne Talent und Charakter, noch
kter Ufurpator angefehen werden. Er war keins von beiden. „Nies
in Geſchichtſchreiber, der Ihn gefannt hat, „hat beffer die Kunft vers
Befinnung des Volks zu lenken und fich eine fo außerordentliche Pos
rwerben. Mit Huͤlfe diefer Popularität lenkte er die Schritte des
&, 309 den unbeftändigen und aufrührerifchen Pöbel an fi), machte
end, um bie Tyrannel zu gründen, und verhinderte die Weifen laut
dem er ihnen die Gefinnung der Böfen zeigte. Er brauchte die Hes
#6, die Chaumette, um Alles zu desorganiſiren, um Alles zu zers
‚ Sefebe und Religion, und ihr Lohn war — Schande und Tod! Er
he Anklaͤger, ihr Nichter und faft ihr Denker, erklärte ſich für ben
es Sottesdienftes und der Moral. Er verfanmelte um fich her bie
te der von ihm zerflörten Parteien und beſtimmte die gefälligen Die:
annei zur Todesſtrafe!“ Mobespierre’s jüngerer Bruder hatte zwar
tnicht, wär. aber nicht minder zum Despotismus geneigt, half ihm
seiten vollziehen, ward mit ihm gefangen, fprang aus einem Fenſter
5 hinaus, brach ein Bein und warb verlegt, wie fein Bruder , zung
bieppt. An den beiden folgenden Tagen hatten nach 83 feiner Ans
Schidfal.
fon. Die erfte deutfche Überfegung des Robinfon Cruſoe aus dem
1724, worauf in den naͤchſten 50 3. wenigſtens 40 deutfche Rob.
frt (barımter auch ein juͤdiſcher, ein mediciniſcher, ein Buchhaͤnd⸗
Ferngfernrobinſon) gedruckt morben find. - Diefe Robinſona⸗
a Erzählungen ſeltſamer Abenteuer zu Waffer und zu Lande. Zu
folgende Begebenheit Veranlaffung: Alerander Selkirk, aus Largo
‚, geb. um 1680, diente von Jugend auf zur See, begleitete- al6
m den engl. Seefahrer Dampier nad) dee Suͤdſee, gerieth mit feinem
n in Streit und ward 1705 auf der damals unbewohnten Snfel
des, hinter Chile, zuridgelaffen, nach einem einfamen und kuͤm⸗
mthalte von 4%. u. 4 Mon. 1709 vom Gap. Woodes Roger, bet
ms die Welt, wieder an Bord genommen wid nach 2 Jahren nach
Egebracht. Selkirk beſchrieb hierauf feine Begebenheiten und über:
ve einem Schriftfleller, Daniel de Foe (ſ. d.) zur Durchſicht, um
zu befördern. Diefer entwendete aber daraus die Materialien zu eis
und gab dem betrogenen Seefahrer feine Paptere zuruͤck. Er änderte
d Namen, verlegte die Scene auf eine der Karalben beim Ausfluffe
bannte feinen Abenteurer Robinfon, ließ ihn burd, Sturm u. Schiffs
aſchlagen werden, verlängerte feinen Aufenthalt bis auf 28 Fahre,
ſchichte rückwärts in die Mitte d. 17. Jahrh., woraus denn bie Ge:
Minfon Grufoe entftand. Rouſſeau fand diefes Buch befonders em»
für feinen &mil. Auch ift es vorzüglich geſchickt, dem jugendlichen
wendigkeit einer frühen Gewoͤhnung zum Fleiß und Aufmerkſamkeit
mb bürgerliche Gefchäfte, zur Unabhängigkeit von aͤußerer Bequems
Mirdigung der wahren Güter des Lebens, zu Gebet und Vertrauen
Hung, zur Übung des Erfindungsgeiftes, zur Schäguks mancher
bohlthaten be& gefeltfchaftlichen ebene und viele. heilſame Exietyonat:
‚Saffungöfrelfe ber Kinder weniger angermefiene Umarbeitung Wege
„Robinſon (ir John Frederik), Lord Goderich, geb. 17
Mathfolger als erfter Miniſter, ift der jüngere Sohn von Thom.
Abkoͤmmling einer alten Kamilie, ber im Apr. 1761 mit dem }
tham zur Pairie erhoben wurde. Sir John wurde Mitglied des Pa
für den Flecken Bipon, und feit 1813 flet6 wieder erwählt. Unte
trat er in eine der fecunbairen Stellen bes Dinifteriums. Beim ?
reagh's war er Präfibent bes Handelsbureaus, und als Vanſittar
ley erhoben wurde, folgte, ihm R. als Kanzler der Schatzkammer.
im Apr. 1827 erſter Lord de⸗ Schatzes ward, erhielt R. den Lorde
nes Viscount Goderich. Er ging jetzt aus dem Haufe ber €
Oberhaus uͤber und erhielt das Miniſterium der Colonien. R. w
lich, der ſ. Freunde Huskiſſon in ſ. Bemuͤhungen zur Seite
alte Monopol: und Prohibitivſyſtem des engl. Handels abzuſchaff
Rochdale, Marktfl. in dem gewerbreichen Lancafhire, a
GSanal gi. R., einft Lord Byron gehörig, mit 12,000 &., iſt
Flanellweberel ein merkwuͤrbiger Punkt, in der Nähe von Danc
pool, auf Großbritaniens Culturcharte. Diefer Ort und die um
verforgen faſt ganz England mit Flanell und Boy. Nach dem „Ed
journ ”, Juli 1824, werben dafelbft wöchentlich ungefähr 20,0C
und Bon (Baise), jebes zu 46 Darbs (zu 3 Fuß) verfertigt
47,840,000 Yarbe! Davon nimmt man an, daß 17,840,001
« führt werden. Die übrigen 80 Mil. bleiben in England. Der
zen Fabricats ift ungefähr 3 Mill. Pf. St., und der Werth der‘
Hälfte des Verkaufpreiſes, ſodaß fuͤr Di, Spinnen, Weben u.
RL Pf. St. verbient werden.
Rochechouart (Krangoife Athenaie de), eine der Geliebten
aus einer fürfli. Familie, anfangs bekannt u. d. R. Madame de $
te, nach einer Beſitzung ihrer Familie. Ihre Schönheit zeichnete
“la Ihua suenmnnchana ò euch arteulice Mueksh2rus ÜÄla ma
DBie UNONLEIPAN ‚Hatte DIE ZA Xquiete vexoraugt uno ELTILHE vurch Die
und dann durch die Marquife de Maintenon daffeibe Schick⸗
le XIV. befahl ihr 1680, den Hof zu verlafien;. fie ſtarb 1707, 66
Beurhen, two fie bie Bäder gebrauchen wollte. In ben legten ehem
3 fah fie auf den Verluſt ihrer Gunſt ſtandhaft hin. Die Religion
npfimdungen der Neue und felbft der Demuth ein. Der Marquis be
an welchen fie auf Verlangen ihres Beichtuntesg, des Paters be In
eb, wollte nichts von ihr wiſſen; indeß trauerte. fie dennoch um feinen
e MWine⸗ Nach und nach widmete ſie ſich ganz den Armen, arbeitete
e Stunden des Tages und ließ ihre welbliche Dienerſchaft für fie arbei⸗
ehemals mit liberfluß verfehene Tafel ward einfacher; fie vermehrte
und Gebete. Ihre Buͤßungen waren anhaltend; doch konnte ſie das
x Königin nicht verleugnen. Sie hatte in ihrem Zimmer einen einzi⸗
N, we fie die Huldigungen der Großen, der Prinzen und Prinzeſſin⸗
‚ ohne fich ſtoͤren zu laſſen und ohne ihnen das Beleite zu geben. Reize,
waren, erhöht durch feine Höflichkeit und treffende Spiele bes Wigeh,
vas ihr Hochmuth Hartes haben konnte. Gie erhielt ihre Schdukeit
beit bis zu den Ickten Tagen; indeß glaubte fie immer, fie fei krauk.
ye unterhielt in ihr ben Geſchmack am Reiſen. ‚Das legte Mal, als .
wrbon ging, bezahlte fie auf 2 Jahre bie Penfionen ihrer Mibtäi-
I fie überzeugt war, daß fie nicht zurüdlommen würde. Sie hatte
kerwahl einen Sohn, der u. b. N. Herzog von Antin bekannt u unb befs
amenfchaft 1757 in feinem Enkel enbigte. Ma:
efoucauld. Diefe Zamilie zählt feit dem 11. Jahrh. in Rriegb-
Henften, fomwie im gelehrten und im geiftlichen Stande ——
Wir nennen nur zwei: 1) Franois VI., Herzog von La Rochefou⸗
3 von Marfillac, geb. 1603, war buch Geiſt und Tapferkeit eine
wu3..Dofs. Seine Verbindung mit der berühmten Herzogin v. kLongue⸗
hen, fich in die Streitigkeiten der Fronde zu-mitfchen, wobei er in eis
ke hetmaha Fiir immer had Moficht noriaren Hätte Minch Kisten Tine.
bau; die Manufactmeen, ben Kunſtfleiß unb die polttifchen und woht
richtungen derſelben betraf, genau befanntmachte. Mach dem 1
kehrte er über Hoͤland, Dänemark und das mördliche Deutſchland mr
zuruͤck, lehnte aber alle Anträge Napoleons, ber ihn in feine Nähe
ab, nahm von ihm’ bloß den Orden der Ehrentegion an und befchäf
fchließend-mit ber Ausfuͤhrung von Planen, wozu fein Aufenthalt in
Amerika ihm die Ideen gegeben hatte. Seine eignen Güter fand er z
nicht aber die Güter feiner Gemahlin, welche fi zum Schein von
hatte. Auf diefen legte er nun Spinnereien von Baumwo engarı
"Art, an und erwarb ſich dadurch große Verbienfte um den franz. Kunf
reich verdankt ihm vieles Gute, was er aus England und Amerika
land verpflanzte, vorzäglic die Einführung der Schußblattern; |
Präfident vieler wahlthätigen Vereine, verlor aber dieſe Stellen du
ſter Sorbiere, weil ec mit den Maßregeln der Miniſter nicht uͤbe
dachte. Seitdem lebte er zu Liancourt, wo er ſich ber Leitung mehpe
geimbeten mohlthätigen Anftalten widmete. Er war ber Erſte, der
1826 eine Normalſchule für angewandte Geometrie und Mechanik ;ı
dete. Diefer von den Ultras verfolgte Breis farb zu Paris den 26
tt einem Alter vön 81J. und ſelbſt fein Leichenzug ward durch) 3
t.
Roche⸗Jacquelin (Graf Henti ve ta), geb. d. 30. Aug.
tillon in Poitou, und feines Bruders Lokis Gemahlin, Marie %ı
R, Marquife de ta R.⸗J., geb. Donniſſan, geb. zu Verſaille
1772, haben fi in dem Wendeekriege großen Kriegsruhm erwo
—— eines der Haͤupter der royaliſtiſchen Partei in dieſem Buͤr
er d. 2. Mär; 1794 von einem republikaniſchen Soldaten in einem?
tödtet wurbe. Dee Name La Roche: Sacquelin, feinen Anhänger
‚den „Helden der Wenbee” nannten, vor allen andern werth, wi
in ihren kriegeriſchen Geſaͤngen gefeiert, imd die, welche ihn uͤberleb
nam (ich Cainan nadı bie mich anhar nl mit [mthufiaamıd __ STDA
Rochelle Rochlitz 845
nziehend. Der Baron La Motte Fougue hat ſolche auszugsweiſe übers
in zweiter Bruder ded Grafen Henri war Augufte Graf de la R.⸗J.
Er focht unter Napoleon in Rußland und warb gefangen, trat dann
ite der Bourbons und reiste 1815 die Vendee für fie zum Aufftand.
andirte er in Spanien eine Gavaleriebrigade. Die Kamille La Roche⸗
werde 1815 durch die preuß. Armee von dem Öfficiercorp& berfelben ſehr
#5 dem älteften Sohne der Marquife warb 1817 von bem preuß. Ge⸗
Paris im Namen deffelben ein prächtiger Degen, als Zeichen ihrer
ng für diefe Heidenfamilie, feierlich überreicht. Außerdem weihte das
kercorpe dem Andenken des tapfern Henri Roche⸗Jacquelin 2 Candela⸗
ariſchem Marmor.
elle, La, Handels» und Seeftabt im Depart. der untern Charente
H, am atlantifchen Deere, ift ftark befefligt und gut gebaut. Dee
iſt einer der fchönften Öffentlichen Pläge in Frankreich. R. hat 6 Kies
wiſſenſchaftliche Anſtalten, eine Schifffahrtöfchule, ein Naturalienca⸗
Häufer und 17,500 Einw., welche außer einer Zudkerraffinerie, Fayen⸗
söfabrik, lebhaften Seehandel treiben. Dee Hafen, welcher durch 2
me vertheidigt wird, ift fiher und bequem, aber nur bei der Flut gut
In den bürgerlichen und Religionskriegen Frankreichs, zu den Zeiten
us dem Haufe der Valois, forsie unter den erften Bourbons, war R
mb Waffenplag der Hugmoten bedeutend, bis es sınter ber Verwal⸗
elieu's (f. d.).nach einer 14monatlihen Belagerung, in welcher
mfchen vor Hunger und Elend geflorben waren, den 29. Det. 1628
e ber Katholiten kam, wodurch der Untergang des veformirten Partei
b entſchieden ward. Ein großer Theil der Bewohner flüchtete damals
efler (John Witmot, Graf v.), einer der witzigſten engl. Satytiker
) einer ber zügellofeften Wuͤſtlinge, welche den üppigen Hof Karls IT.
geb. 1648, geft. 1680, zeigte ſchon in der Jugend feltene Fähigkeiten.
be Frankreich und Italien, kam zuruͤck, nahm Kriegsdienfte und führs
Mr nicht ohne Auszeichnung, überließ ſich aber der entehrendſten Lebens⸗
chwaͤchte dadurch feine Geſundheit fo fehr, daß er In der Blüthe feines
a fant. Das Beſte, was er gefchrieben hat, find ſeine, jedoch +
R, ne (Zondon 1714); feine Gedichte find zu fhmusig, als
Lefens dürften gewürdigt werden. Kurz vor feinem Xode ließ er den
t Salisbury, Burnet, kommen, um als reuiger Suͤnder fterben zu
we Belehrung wurde in ber Folge durch eine Schrift von demſelben
entlich befanntgemacht...
‚Lig GFriedrich), großherzogt. fachfensweimarifcher Dofartı geb. zu ec»
der Sohn eines nicht wohlhabenden Bürgers. Der Unterricht 3.
er Thomasſchule daſelbſt genoß, brachte ihn ſchon der Kunſt näher
erhin ſich fo verbient gemacht hat. Er widmete ſich erfk dem *
Heslogie, fand aber dann in literariſcher — vornehmlich in
der Erzählung und in muſikaliſcher Theorie und Kritik feinen Beruf.
Erſtere anlangt, fo nimmt er umter den beutfchen Erzaͤhlern, welche
ologiſche Charakteriftik tiefe Menſchenkenntniß verbunden mit reicher
Reit, fi) auszeichnen, einen Ehrenplag ein. Noch mehr erhebt ihn
fe Grundlage der Weltanfidht, welche fich in feinen Darſtellungen
viele Dichter diefer Gattung. Vornehmlich aber ift er in ausge⸗
Miderungen jovialer Charaktere, welche fich umter Außerm Drude frei
Halten, und in ben Schilderungen gutmuͤthiger ee gluͤck⸗
Wgeseichnet. UÜberall erſcheint er als feiner Beobachter der Diirküitett
Ren Rocky Modntains
und burchaus füttlich in feinen Darſtellungen. Schon feine erſten Darfi
- „ehambieihmengm von Menſchen nach Geſchichte und. Erfahrung” (Rei
mb „Gharaktere intereſſanter Menſchen in moralifchen Erzählungen
1794, 4 The), dann feine „Denönale glüclicher Stunden. geigen Bf
. Unter den „Kleinen Romanen und Erzählungen‘ aber befinden fich bieg
‚seofen exzählenden Darftelungen bes Werft. Eine Auswahl des Velten:
wi fünssatlicgen Schriften hat Rochlig zuieht in 6 Banden. (Aiillichau)
Wes das Zweite anlaıgt, fo nerdanken wir ihm die Gründung
der „Leipziger muſikaliſchen Zeitung”, bie feit 1799 bis zu
Agang von ber Bedastion 1818 fehr verbienitlich für die Kunft gewirkt
andgezeichnetften Abhandlungen und Mittheilungen Über dieſe Kunſt
Seiner. zuleht exfchienenen Sammlung: „Bür Freunde der Tonkunfl”
, 2 Rh), zufanmengefelit. 8. privatifict, allgemeingefhäkt,
VDateeſtadt
vun. 300010 (Friebii Eberhard d.) auf dietahn Diefer um die Jug
weidiente Mam war #734 zu Berlin geb. und kam auf die Ritteraka
Im —* ex in die Garde und folgte feinem König
—— Te Fi Sm Beipgig lernte er 1759 Gellert und mehre bafı
rau
Hi
. Man. folgende Jahr rief R. wieder ins Feld; da aber eine
’ —— fo mußte er bie}
‚Safe 73 Er tebte nun auf feinen Süitern dem Landleben und
fenung des Schulunterrichto der bamala noch fehr vermachlät
an „ABerfuc eines Eipulbuche fe Alu — —— 1
Li —e——— een Beifall und die gun
Bankätäge auf. ı einen Obtern wurde von dem beften Erfolge gekrönt, m
"a Rekahn, wie denn auch bie fpäterhin erfolgte Landfchulenverbefferm
u. a. Stanten.geößtentheil mit als fein Werk betrachtet h
Einderſchriftſteller zeichnet er fich gleichfalls aus, wie fein „Kim
D beweiſt. ie
Fan’ rin braver Mann. Geine Beftrebungen für bie Aufnahme bes Lan
Sen Marken find hoͤchſt lobenswerth. Dit-Gellert blieb er ſtets ind
Shaftlichften Verkehr. Als warmer Anhänger feines Königshaufes umd 8
un ber ‚Helbenthaten.ber Braudenburger, leß R. bei Halenberg unweit ä
in Denkmal der 1675 auf biefen Feldern gefchlagenen Schlacht zwiſchen
den Barfürfirn und den Gchweben errichten. „ Cr tach 1805.
Rody Mountains, Belfengebirge, eine Fortfegung ‚ber
en; ‚jener Höhengug, ber langs der norbuorftlichen Rüfte in mehren von
N. auffleigenden parallel ſtreichenden Ketten, die eine Breite von 42
a, 1" —— — das amerikauiſche Binnenland vom Auſtralm
aund an ber Greuze von Neunorfolk endigt. Das Gebirge gleicht einer jr
MAelſeaaaſſe von gretesken Formen und hat daher wahrſcheinlich feinen Ma
aut über bie Linie deo ewigen Schnee hinaus der. auf bem höchften, mad)
tigonometrifhen Meffungen 11,500 Fuß uͤber bas Meer ſich —
oegen 1650 Fuß unter ber Spitze anfängt. Innerhalb der Ketten find mei
are Thaͤler und die Seiten ber Berge mit hohen Fichten. bebedit,
der Umgegend iſt rauh. Die Geſtalt der Bebirgskette deutet auf frühere
me Erſchůtterungen, und man findet wehre Spuren von Vuttanitt.
Eereichen der verſchledenen Ketten, ihre Ausbehnung, ihre Döhe und
Fifge Beſchaffenheit waren wir zeither nur dieftig unterrichtet, und felbft
dewis und Clarke („Travels te the seurces of the Missouri River‘,
4814, 4.) gegebenen Nachtichten waren unvollftänbig., Befriedigenbe Suml
aæwrtich Edwin James, der den Majet Bong auf feiner Reiſe von Pietsbul
Robe (Bernhard) Rodney 947.
webirge als Botaniker und Geolog begleitete, in ſeinem Berichte („Ao-
am expelition from Pittsburgh to the Rooky Mountains performed
ers 1819, 1820‘, London 1823) gegeben, ber bie erften wiffenfchaft«
bachtungen über dieſes Gebirge enthält. An dem Fuße deſſelben dehnt
kte8 Sandmeer aus, u. die Sandfteinformation zieht ſich in einem fchroff
bene auffeigenden Wall, der die ihr eignen feltfamen Formen zeigt, um
ze, das nad) James aus grobkörnigem röthlichen Granit beſteht, in der
wo bie Alpenpflanzen erfcheinen, in ein feinkoͤrniges Conglomerat von
jeldſpath und Hornblende übergeht.
be (Bernhard), weicher 1797 als Director der berliner Akad. der bild,
ch, war 1725 zu Berlin geb. Seine frühere Neigung zu den Wiſſen⸗
nırbe in der Folge durch die Liebe zur Malerkunſt überwogen. Anfangs
er aus Siebenbürgen, dann ber berühmte Ant. Pesne f. Lehrer. 1750
: Paris, nugte anderthalb Jahre Karl Vanlo's Unterricht, kam nach Ver⸗
und trat von da f. Reife nad) Italien an. Hier verliebte er 2 Jahre
tom, theils in Venedig, und verfertigte ein großes Gemälde, den Alerans
lend, welcher weinend dem Leichnam des Darius mit feinem Purpurmans
Nach ſ. Ruͤckkunft veranlaßte ihn der Tod f. Waters 1756 ze 2
egorifchen Gemälden, welche er, nebft einem großen Altarblatte, ber
che zu Berlin fchenkte. Ähnliche Geſchenke erhielten andre Kicchen, na»
ie Garniſonkirche. Diefe Arbeiten machten f. Namen auch im Auslande
Bein raſtloſer Fleiß umd f. Manier, welche die muͤhſame Vollendung vers
machen die Menge f. Arbeiten erklaͤrlich; die meiften berfelben find non
in Kupfer radirt worden. Won diefen Blättern gibt es ein Verzeichniß
Jeit., worin jedes Stuͤck ausführlid, befchrieben ifl. Mit befonberer
ke er die merkwuͤrdigſten Epochen aus ber brandenburgiſchen Geſchichte.
f. Steundes Geßner Idyllen hat er einige fchöne Stuͤcke gemalt und
sbeln Bellert’s Blätter radirt. Bibliſche Gegenſtaͤnde waren ihm jeboch
ı Einen befondern Werth legte er auf einen Chriftuskopf, der noch 1799
fe war und ihm zum Mufter für alle f. Chriftustöpfe gedient hatte; eben«
war er zu bewegen, eine Auferweckung ber Todten zu veräußern, ein
Werk, das R.'s Meifterfchaft als Geſchichtsmaler vollguͤltig beweifl.
auferftehenden Frommen hatte er eine Gruppe feiner eignen Verwandten
Lk Sin den Sciöffern zu Potsdam ıc. fieht man mehre von ihm aus⸗
Dediengemälbe.
de (Pierre), einer der größten jegt lebenden Violinfpieler. Ex iſt geb.
wre 1774 und Schüler Viotti's. eine großen Anlagen richteten balb
eckſamkeit aufihn; er wurde daher zuerft 1798 Vorfpieler In dem Orches
ofen Oper in Paris und dann 1801 Profeffor an dem Mufikconſerva⸗
Napoleon fiellte ihn 1302 als erſten Violiniften und Concertmeifter ſei⸗
e an; allein er blieb nicht lange in biefer Anfielung. 1803 machte er
r Reife durch Deutfchland (ſchon 1798 fpielte er in.Damburg), wo er in
m Städten und mit ungemeinem Beifall auftrat. 180% ging er nad)
mad warb vom Kaifer Alerander in Petersburg angeftellt; 1809 reifte ex
6 zuruͤck. 1812 war er wieder In Deutfchland und hielt ſich längere Zeit
firend auf. Später lebte er in der Schweiz und zuletzt roieder Int
J. Alle Freunde der Kunft beklagen e&, daß feine gänftigen Bermoͤgens⸗
ihn wenigſtens der Öffentlichen Ausuͤbung der Kunſt entzogen haben.
verein ward die Fuͤlle ſeines Tons, fein großartiger Bogen, der einfathe,
Bortrag dieſes berühmten Violiniften bewundert.
due v (George Brydges), der britiſche Seeheld, geb. 1718, widmete
ve Seedlenſte und zeichnete ſich bald ſehr aus. 1751 ward er (kam
gr ———————— — m m — — — — — — = =
ſollte Im Jan. 1780 eroberte er eine bedeutende Anzahl ſpaniſch
ſchiffe, 8 Tage hernach — er die ſpaniſche Flotte unter Langara,
fangen wurde. Das edelmuͤthige Betragen, das M. gegen die geſe
nier bewies, hatte zur Folge, daß feitdem auch bie gefangenen Englaͤt
beſſern Loofes in Spanien zu erfreuen hatten. Der Sieg über Lange
dem bebrängten Gibraltar Xebensmittel und Kriegebebürfniffe. R.
Weſtindien. Noch in demf. Jahre (im Mai) Iteferte er der franz. Flo
Befehl des Grafen v. Guiche auf der Höhe von Martinique 3 u
Gefechte, die aber ben Ruhm ber -beiderfeitigen Anführer erhöheten
ternehmen Im Dec. 1780 gegen bie Inſel St.⸗Vincent mißlang , dei
fiel der Angriff auf die Infen St⸗Euſtach, Martin und Saba aı
Gebr. 1781 eroberte, wobei 159 Kauffahrteifchiffe, eine Convoi von
und mehre Kriegefahrzenge in die Hände der Engländer fielen. Au
“folgte die Übergabe der hollaͤnd. Colonien Effequebo, Demeram und 2
ber Infel St.»Barthelemy. Sein glänzendfter Steg war jedoch am 1:
über die franz. Flotte unter dam täpfern Grafen 6. Graſſe, auf ber.
©t.s Domingo und ben heiligen Snfeln. (Bol. Duchbreihen !
Die Franzoſen verloren 5 Lintenfchiffe, darumter das Admiralſchiff X
und Grafſe felbft wurde gefangen. Für diefen Sieg, welcher Jar
ernannte ihn fein König zum Pair und Baron des Reichs m. d. °
v. Rodney : Stoffe, das Parlament aber gervährte Ihm eine lebensl
flon von 2000 Pf. St. Bon da an lebte R. in Ruhe und flarb 17°
Roger, ober Mogier von der Weyde, einer ber trefflichften ni
Maler ber Älter Schule. Ex war zu Brhffel geb., auf deffen R
auch & allegorifche Biber von ihm gemalt befanden. Ein andres bei
von ihm war eine Abnehmung vom Kreuze, welche nach Spanien Eaı
deffelben Inhalte findet fich in der Bettendorf’fchen Sammlımg in 2
zeichnete fich Roger in der Glasmalerei aus, wovon ſich ſchoͤne Beleg.
giatkirche in Bruͤfſel finden. Er ſtarb 1529 mit dem Ruhme eines |
au ac nun a &. ABLE 1 LILI. man
‘
Rohr Roͤhr 849
ſieneicd⸗ entſetzt und in bie Abtei La Chaiſe⸗Dieu in Auvergne
inf. Bisthum zu Strasburg verwiefen. 1789 ward er zum Abges
Geiſtlichkeit des Amtes Hagenau bei ben Generalftaaten ernannt.
ırtei hoffte, daß er aus Rache gegen ben Hof die Neuerungen wider
Peit beglinftigen wuͤrde; aber der Cardinal entfernte ſich von ihnen und
Berfammlung. _ Kurze Zeit nachher, da er ale Ucheber der in dem
„ entflandenen Unruhen angeklagt war, zog er ſich in die in Deutſch⸗
en Theile feiner Befigungen zuruͤck, wo er ſich frei von Bitterkeit und
gen Ungiädliche zeigte. Er flarb zu Ettenheim den 17. Febr. 1802.
ieter Beſchuͤter dee Gelehrten hatte er den Abbe. Le Batteur an fich
Seine Unterhaltung war lebhaft und aufgewedt; er ſprach über Alles
‚, und wenn feine Jugend durch einige Verirrungen bezeichnet war, fo
igluͤck und das Alter feinen Geift zur Meife gebracht und fein Herz fenft
Uend geflimmt. Wal. des Abbe Georgel „Memoires et.” -
e (fpanifches) ift aus Indien, Spanien und Italien zu un getomamen.
ven legtgenannten Ländern wird es, vornehmlich in den feuchten Wein⸗
flanzt und treibt dicke, hohle und gleiche Stengel, bie gegen 10 Ellen
und Stäbe, Pfähle, Pfeifen u. dgl. abgeben. Auch die Stuhlmacher,
Handwerker verbrauchen das Padrohr in großer Menge. Die Stods
a ſtuͤck⸗- oder bundweiſe verkauft. Die beften often in Holland 50,
he Gulden das Stüd.
: (Johann Friedrich), D., geb. am 30. Juli 1777. zu Roßbach bei
bildete ſich von 1790—96 in der Fürftenfchule Pforte, ſtudirte bier
ig bis 1802 Theologie und nahm ſchon hier, von den phllofophifchen
iſchen Anfichten Platner's und Keil’ vorzüglich angezogen, die ents
lichtung zu der fogen. rationellen Anſicht und Behandlung des Chris
Zufolge der günftigen Meinung, melde Reinhard in Dresden in
ateneramen für ihn gefaßt hatte, wurde er 1802. Hülfsiehrer in Schul⸗
pe fich neben dem lnterrichte in den alten Sprachen vornehmlich auch
er engl. Literatur befchäftigte. Won da wurde er 1804 in das Pfarr⸗
au bei Zeig verſetzt, deſſen Gefchäfte f. Neigungen mehr zufagten als
ben. Hier fand er Muße, f. theologifchen Anfichten weiter auszubils
s den durch Reinhard's „Geſtaͤndniſſe“ angeregten Streitigkeiten über
Confequenz öffentlich auszufpredhen. 1820 erhielt er ben Ruf als
eintendent nad) Weimar und von der Kacultät zu Halle das theologi⸗
tplom. Diefer umfaffende Wirkungskreis befchäftigt ihn als Predi⸗
mb in der Stadt, als Oberconfiltorial: und Kirchenrath und als Vor⸗
ahlreichen Geiſtlichkeit ziemlich vielſeitig. Won f. zu Weimar gehals
gten iſt eine Auswahl 1822 — 23 (Neuftadt a. d. DO.) erfchienen.
von ihm flehen in der mit Schleiermacher und Schuderoff von ihm
ers Sortfegung des Hanftein’fchen „Magazins chriftlicher Feſt⸗ und
gredigten”. Beim Oberconfiftorium macht er fich verbient durch f.
— — die nach Herder's und Reinhard's Vorgang wieder bei
ren gehalten werden, ferner durch die in demſelben Geiſte geleiteten
Aoquia; auch erregen ſ. „Drei Jahrgaͤnge neuer evangeliſcher Peri⸗
wear 1824) mit Recht Aufmerkſamkeit. Die fogen. General s Kirchens
fitationen, welche nach unbeſtimmter Reihenfolge binnen einem mehr:
zus nach und nad) alle Kirchen und Schulen des Landes treffen, hält
bexer Pünktlichkeit und Genauigkeit. 1824 bekam er das Ritterkreuz
.Falkenordens. Gene Anſicht iſt von ihm beſonders in den „Briefen
ſonalismus (Zeig 1813) und in der von ihm herausg. Kritiſchen
othek (fruͤherhin: „Predigerliteratur“) ſ. 1815 ausgefüigt wer
850 Roland Roland (Manor Jeanne Phlipon)
den. Auch bie Rechte ber proteſtant. Kirche haben, ben Anmaßungen di
katholiſchen gegenkber, an Ihm vinen muthigen Vertreter.
Roland (Mutlanb), ein in alten Ritterbuͤchern unb Gefängen
Melle fpielender fabelhafter Helb, Schweſterſohn Karls d. Br. und elı
Palabine dieſes Kaiſers. Er fol bei nem Ruͤckzuge Karls d. Br. au
In den Pyrenaͤen, Im Thale von Ronceval, von ben Basken erfchlagen w
Dies gruͤndet fid, auf Turpin's fabelhafte Erzählung „De vita Caroli :
landi" und die altfranz. Heldengedichte von Karl d. Gr. und feinen '
Die berühmteften Gedichte, welche die Thaten bes Roland (wiewol
fließend) befingen, find Bojarbo’6 „Orlando innamorato” und n
Arloſto's „Orlando furioso”. (Bgl. Ritterweſen.)
Roland (Jean Marie Baptiſte de In Piatiere), Gelehrter ur
mann, geb. zu Villefranche bei Lyon um 173%, begab fih im 19. 5
. Raute, um die Hamblung zu erlernen. Bei dem Manufacturwefen
angefkeilt, bereifte ex in taufnännifchen Geſchaͤften mehre Länder und ı
—— Auffeher des Handels und ber Fabriken in Lyon Bein f
Revolution warb er Mitglied ber Nationalverfammlung für Lyon. Ge
niß des Handels und Verkehrs, ſowie die Liebe, in ber er beim Volke
pfahlen ihn Ludwig XVI., ber ihn 1791 zum Miniſter des Innern ern
ſtand diefem Poſten taͤhnuiq ch vor, verſchlimmerte aber durch Bitterkeit
mung gegen de den unglädlichen König immer mehr und warb befhatb ber
1792 aus dem Miniſterium entlaſſen, in welches er jedoch, als Ludwi⸗
war, am 13. Aug. wieder eintrat. Sein Bemühen, die durch die Jak
beigefähete Anarchie zu unterdruͤcken, fowie die Bekanntmachung mehr
vorgeblich in den Tuilerien gefundenen Papiere, wodurch Viele ins Un:
machte ihn aber bald verhaßt, unb er ward mit ben Girombiften ;
Gleich nach der —— — des Königs hatte er ſ. Muiiſterſi
* Vor den Verfolgungen der p eniioh er nach Rouen, wı
ſ. Sattin, die in Paris geblieben war, das Blutgeruͤſt befliegen hab:
en! Art.) In verzweifelindem Schmerz —** er ſich den 18. Nov
einem Stockdegen anf ber Landſtraße unweit Rouen. Man fand bei
Bettel, worin er ſich als einen Mann fdyildert, der fein Leben dem «
Beſten gewidmet habe, und tugendhaft geſtorben fei, wie er gelebt.
ibm verfaßte Schriften, in das Fabrik⸗ und Handelsweſen einfchlage
von guten Kenntnifſen.
Roland (Manon Jeanne Phltpon), Gattin des Vorigen, T.t
ten Kupferftechers Phlipon zu Paris, war 1754 geb., von ſchoͤner €
erhielt eine ausgezeichnete Erziehung. Das Stubium ber griechifchen
ſchen Geſchichte * ihr eine große Neigung zum Republikaniſamus
und fie fühlte ſich mächtig ergriffen, als die Staatsveraͤnderung in ih
lande ausbrach. Sie hatte ſchon mehre Helrathsantraͤge abgelehnt, g
41779 den Bewerbungen R.'s nach, der durch die an fie gerichtete
f. „Briefe über Stalien” ihre Hochachtung gewonnen hatte, unb bear!
gemeinfchaftlic, mit Ihrem Gatten verfchiedene Gegenftänbe des gelehrte
As R. die Stelle eines Miniſters erhielt, eröffnete ſich ihr die lang
politifche Laufbahn. Dit unermüdetem Eifer fland fie ihrem Gatten
ſchaͤften f. Departements bei, fertigte Auffäge, fhreb Adreffen und u
—** um ſich einen Kreis von Gelehrten und
bie wichtigften Vorfälle der Zeit befpuochen wurben. In dieſem Kool
fie einigermaßen bie ihrem Geſchlecht gebührende Zuruͤckhaltung verge|
ben, denn ihre Anmaßung ging bald fo weit, daß mehre 8
nerale defßwegen mit ihrem Gatten yerfielen, 1. B. Dumouriez. 9
Welondöfäulen Wolke 331
fiel auch fie, ein Opfer der Begnpartei, am 10. Mov. 1793 unter
Der koͤnigl. Familie, beſonders der Königin, hatte fie ſich immer
gezeigt, und der Brief, den fie im Namen bed Convents an den
beweift, mit wie wenig Zuruͤckhaltung fie ihre Anmaßungen geltend
ens bleibt diefer geiſtreichen, aber irreligioͤſen und unmwelblichen Frau
affender wiſſenſchaftlicher Kemntniffe. Won der Anhängliczkeit ihres
ſo feft — daß, als fie das Schaffot beſtieg, fie den Umſtehen⸗
: the Gatte wuͤrde fie nicht überleben. Noch im Kerker, wenige
abe ſchrieb fie ihr Leben nieder, fowie mehre bie Revolution bes
Standhaftigkeit, mit der fie das Blutgeruͤſt beftieg, machte
achtungewerth. — Ihre hiſtoriſch wichtigen ae |
einzein, nachher 1799 gefammelt erfchlenen waren, find 1820
halten in den „Memeires de Mde. Roland; avec une notiog e *
*3 Berville et Barriers (Paris, 2 Bde.; die erſte Lieferung der
de memeires relatifs & la rövol. frang.”). Nach diefen Denkwuͤr⸗
Ihre Lebendgefchichte in den „Zeitgenoſſen“, N. R., IV, bearbeitet.
ostduten Rulandsfäulen, Rutlandsbilder find
Itentheils roh und übel geformte Bildfäulen, die man in 28 beutfchen
B. 73 remen, Dale, Magdeburg, Belgern, Bramſtedt ıc.,
Hägen, Märkten u. dgl. aufgerichtet antrifft und die gewöhnlich einen
Dann, ein Schwert in ber Band tragend, vorfiellen. Der Gage nach
lulen ihren Namen von dem beiden Roland teagen, dem zu Ehren fie
den wären; doch bie Deutfchen, befonders bie Sachſen, werben wol
formen geweſen fein, einem Feldherrn ihres Drängers, Karl des Gr.,
zu errichten, der, wenn er je lebte, feine Thaten In Frankreich und
wichtete. Wahrfcheinlicher ift, daß diefe Bitbfäuien, deren Entfichung
b aus fpäterer als des großen Karls Zeit fich herfchreibt, mit ben Weich⸗
Hei Bedeutung haben, die man an ben Grenpmarken verfchiebener
%. Ein ſolches Weihbit (von Weich, Wyk, d. h. Stadt ober Dirt)
u in Beichen der —— und bedeutet, daß die Stadt ihre eigne
Statuten habe und wie weit ſich ſolche oͤrtlich erſtrecke. Hier⸗
* Bu warum jene Säulen mitunter die Reichtinſignien an ſich tra⸗
ame Rolands⸗ oder Rutlandeſaͤulen rührt aber wol von bem im Zei⸗
verftandenen Worte: Ruge, Rüge her, welches —8 fo viel als Ge⸗
te, daher der Name mol Ruͤgelandsſaͤulen fein muß, d. h. eine Säule,
nbern abi bezeichnet. ©. K. Tuͤrk, „De statuls Relan-
e (Gohann Deinrich), geb. zu Quedlinburg 1748, Iernte unter der
run, der In der Folge Mufikdirector zu Magdeburg war, die An-
der Muſik. Schon in f. 13. Jahre componirte er, im 14. erhielt ex
es Drganiften an ber Peterslicche in Magdeburg. 1736 ging er nach
Rechte zu flubiren. In Berlin richtete fich fein Geſchmack ausfchlies
Muſik, fodaß er als Kammermufitus in koͤnigl. Dienfte teat. In ber
er die Stelle feines Vaters als Muſikdirector in Magdeburg und flach
von Ihm gefchriebenen Dratorien, beſonders f. „Tod Abel’ und f.
uf Mora" erwarben ihm einen gegründeten und ehrenvollen Ruf als
neift. Beſonders find die Chöre derfelben ausgezeichnet. Auch ſchrieb
umsige Motetten.
I nennt man in ber Schauſpielkunſt überhaupt den Antheil an der mi⸗
nifenden Handlung, welcher einem einzelnen mimifchen Künftler zur
kbertengen wird, namentlich infofern ee dem Kuͤnſtier fchriftlich aus⸗
echeilt und feinem Stublum überlaffen wird; auch dieſe ukGe
——
g'
Ba. u KRollenhagen. Kollin
Verzelchnung ber einem Schauſpieler zur Darſtellung ber Perſon eines
übertragenen Reden ober Handlungen ſelbſt. Aus dem Begriffe ber Ro
fi, daß der mimiſche Künftier, dem eine ſoiche übertragen wird, ſich nie ei
3e6, wenn auch in vielen Fällen al Hauptperfon, anfehen barf, ſondern
dem Ganzen unterorbnen und mit dbemfelben in Harmonie treten muß Di
wird erfobert, daß er nicht bLoß feine Rolle im buchſtaͤblichen Stune fiunbize,;
erft das Ganze aufzufaffen und fich die * zu beantworten ſuche,
zlehung ber ihm übertragene Antheil zum Ganzen habe? Die gewoͤ
und Theaterproben möchten bazu nicht hinreichen, fe auch ſchon zu ſpaͤt
der Schaufpieler ſolite daher zuerft das Schauſpiel Überiefen, in weichem er
und ſich feine Rolle nach allen ihren Beziehungen vorſtellen, un hliernach
zeine bilden zu koͤnnen. Mehre nicht zufammenteeffende Rollen in
demſelben bramatifchen Werke Binnen nut von einem [ehr gewandten >=
as wenn. fie ſehr unbebeutend find, vom einer Perfon
Übrigens iſt jeder mimifche Kuͤnſtler durch fein Äußeres, fein beft
. alter, erlangte Übung und Talent ıc. für eine Gattung Nut teren
befonbers geeignet: dies ift fein Rollenfach. Unzweckmaͤßig und bas
ſchraͤnkend iſt es aber, wenn theatralifche Directionen im Allgemeinen
lenfaͤcher feftfegen und für biefelben einzelne Schaufpieler annehmen.
fchteiben der Rollen, in bem oben zuletzt angegebenen Sinne, gibt
tern Worte des Vorherfprechenden (Stichworte) jur Unterflügung bes
Pi gewöhnlich mit farbiger Dinte umterfirichen, und Alles, was fidh
Fed Spk und Scene bezieht, Im Schreiben befonders ausgezeichnet
eben abgefondert an. Stumme Perfonen, bei deren Leiſtungen auf
bad —— uͤberfluͤſſig waͤre (Statiſten, Comparſen), pflegt man in
muͤndlich anzuweiſen, daher man auch nicht leicht von Rollen
ee fpricht. |
» .. Rollenhagen (Georg), geb. 1542 zu Bernau in der
denburg, widmete fich der Theologie und ſtarb als Mector der Schule
‚burg, nach koͤrperlichen Leiden mancherlei Art, 1609. Er ift berühmt
von ihm verfaßten Bomifchsbidaktifchen Kabel: „Der Froſchmaͤuſeler,
ſche und Mäufe wunderbare Hofhaltung ; ber frölichen, auch zur
Blegimenten erzogenen Jugend zur anmuthigen, aber fehr nüslichen Leer”
burg 1595), in welcher allegorificenb über den Zuſtand der Politik und
pbie, ber Theologie und Moralitaͤt jener Zeit gefpottet wird. Diefes
eine Nachbildung der „Batrahompomadie” (f.d.) und nähert
-Anlage einem andern bekannten fatyrifchen Delbengebicht altbeutfcher
„Meine de Fuchs“ (f..d.). Die neuefte Ausgabe
1730. In der erften, deren Titel oben angegeben ift, 17 der
den fonberbaren Namen: „Marx Hupfinsfeld von Mäufeloch, ie
Borfinger und Calmäufer” auf. Eine Nachbildung dieſes Werks if:
Froſchmaͤusler“, von Stengel (Köln 1796); eine auszugsweiſe Weachei
K. Lappe (Stralfund 1816).
Rollin (Charles), Geſchichtſchreiber, geb. 1661 zu Paris, *
ein Handwerksmann war, warb anfangs zu demſelben Stande erzogen,
een entdeckte in ihm Anlage zu etwas Hoͤherm und verfl
‚.fobaß er fiudiren Eonnte. Nachdem R. auf dem
du Pleſſis . Gurfus vollendet hatte, ftubirte er 3 Jahre
bonne, erhielt bie Stelle eines Lehrers der Beredtſamkeit und 16988
der Univerfität zu Paris. In dieſer Stelle, die er 2 Jahre nach
dete, bewies ſich R. für die Aufnahme der griech. Sprachkunde unb I
Kubiums ſehr thaͤtig. Dann warb er Vorſteher des Collegium zw
—
Rom, das alte 858
le er aber 1712 gezwungen war nieberzulegen, da bie Sefulten ihn bes
6 beſchuldigten. Don jest an widmete fih R. der Ausarbeitung f.
m Werke, die f. Ruf hauptſaͤchlich gegründet haben. Er flarb zu Paris
reicher Achtung er nicht allein bei f. Landeleuten, fondern auch im Aus⸗
ei den vornehmften Perfonen ftand, bemweift f. vertrauter Briefwechſel
pH. von Preußen. Die Werke, die ihn als hiftorifchen Schriftfteller
achten, find f. Geſchichte der alten Agnpter, Garthager, Affyrier und
(„Ylistoire aneienne ete.“, Paris 1730—38, 13 Thle.,, 12.) und
he Geſchichte von der Gründung der Stadt bis auf die Schlacht bei
Letzteres Werk ift duch f. Schüler Grevier und fpäter durch Te Brau
erden (Amfterd. 1742—50, 16 Thle.). Auch von R.'s „Alter Ge:
eine Fortſ. u. d. T.: „Neuere Geſchichte“ in Frankreich erfchienen,
Kegebenheiten der neuern Völkern, mit Ausſchluß des größten Theils
fhen, enthält. Außer biefen verdient noch ſ. „Anweiſung zum Stu:
hoͤnen Wiffenfchaften” (in 4 Bbn., 12.) Erwähnung. Baftien gab
yolftändige Sammlung aller Schriften von Nollin mit ihren Fortſetz.
: ımd le Beau in 60 Bbn. heraus. Wenn auch R. nicht alle Fo⸗
efriedigt, bie an einen claffifchen Gefchichtfchreiber gemadyt werden
tem er befonbers zu declamatorifch ift, fo ift er doch durch fein meiſten⸗
zes Quellenſtudium und durch die Anmuth und Correctheit f. Vortrags
n Hiftorikern f. Zeit und f. Volks zu zählen.
3, die ewige Stadt, wie fie oft genannt wird, an bie faft alles Große
sürbige, daß feit drittehalb Jahrtauſenden gefchehen, fich knuͤpft, und
dem Schwerte, bann mit den mächtigern Waffen des Glaubens Jahr:
mduscch den Erdkreis beherrfchte und vor ihrer Majeſtaͤt die Voͤlker aller
beugen fah, ift jegt nur das Schattenbild ihrer ehemaligen Gröge und
. — Das alte Rom lag ungefähr auf der Stelle des heutigen, in
uf mehren Hügeln (daher die poetifche, nicht buchftäblich zu nehmende
‚ der Siebenhügelftadt) zu beiden Seiten des Ziberfluffes unfern bes
Meeres; doch lag ber Haupttheil ber Stadt auf der Oftfeite des Fluſ⸗
befanden ſich zu oberſt der pincifche Berg, und am ©trome hin das
ber capitolinifche Berg, das Korum Romanum unb ber auentinifche
ne zweite Bergreihe, oͤſtlich bon der vorigen, bildeten von N. gegen ©.
Auirinalis, Palatinus und Coͤlius; eine dritte endlich der viminaliſche
nifche Berg. Jenſeits der Tiber lagen die Berge Vaticanus und Sant:
chon wor Roms Gründung wär biefe Gegend angebaut. Die auf dem
yen Berge von griech. Eoloniften erbaute Stadt Pallantium ftand viel⸗
als Romulus und Remus eine Golonie aus Alba longa dahin führten,
ur ermeitert und das eigentliche Rom nicht gänzlich neu angelegt wurbe.
Stadt erhielt den Namen Rom, wahrfcheinlich nicht von ihrem Erhauer,
nach ihr Romulus benannt wurde, fondern nad) dem Fluſſe, der, wie
führt, vormals Rumon hieß. Die Ableitung von dem griech. prugın
e, Maͤchtige) ift eine fpätere Spielerei. Zwei Zeitrechnungen geben
rbauungsjahr Roms an: nach der Gatonifchen fällt e8 in das 752.,
arzonifchen in das 754. J. v. Chr. Letztere iſt die allgemein angenom=
ie Gründung ber Stadt geſchah nach etruscifcher Sitte dadurch, daß
mit einem von 2 weißen Rindern gezogenen Pflug um ben palatinifd;en
tiere eine Furche 309 und nach diefer Furche einen Erdwall rings herum
ließ. Armfelige Hütten füllten den innern Raum. — Die Gefhichte
fälle in 3 Zeiträume: in dem erften ift Nom Känigthum, in dem
epublik, im dritten Kaiſerthum. I. Bon Erbauung bis zum J. 245
Rom als Königreich. Romulus ward erfter König der neuem Staht
„ Biebente Aufl. B6. IX. 93
4) 2 wm. vu. v warn. ug, J WU |
einigung mit einem Theile der Sabiner; Numa Pompitius (39-
"die roͤmiſche Stanllbeligion; Tullus Hoftilius (82 — 114) beſie
legte ben Grund zu Roms Herrſchaft über Latium; Ancus Martins
legte die Golonie und den Hafen von Oftia an; Tarquinius Priscus
führte bereitS Krieg mit den verbündeten Etruskern; Servius Tı
220), ber merkwürbigfte von allen, flellte Rem an die Spitze bes I
und theilte das Volk nad) bem Vermögen in 6 Glaffen ein, worau
Einrichtungen, der Cenſus und die Comitia centuriata, gebaut n
und legte König, Tarqumius Superbus (220— 245), firebte nad)
heit und ward wegen feiner Tyramnei vertrieben, worauf man I
(509 v. Chr.) umgeftaltete. (Vgl. Romulus, Puma und X.
Schon in diefer Periode erfennt man in ben Römern ein maͤnplich,
emporftrebendes Volt. Aderbau und Krieg waren ‚Dauprbefchäfti
falt der Sitten und der Genuͤſſe herrfchten im Privatleben. — IL R
ftaat, von 245727 ber Stabt. 1. Abfchnitt. Die koͤnigl. ©
eben der Unbeflimmtheit, wie die Könige fie ausgeuͤbt hatten, 2j
ten Conſuln übertragen. Gleich im Anfange der neuen Regierung
nen Kampf für feine Freiheit mit Etruskern und Lateinern zu befteh
ten Beb dungen bet Patricier, welche alle Gewalt anfichriffen,
Volk und hatten im 3.261 die Einführung von Volkstribunen (
zue Folge, welche feine Rechte und Freiheiten gegen den Abel f
Seitdem entfpann ſich ein langwieriger Streit zwifchen ben Volke
den Patriciern,, beffen Hauptpunkte folgende waren: a) bie Zribu
bei dem Proceffe des Coriolan das Recht an, einzelne Patricier v
des Volks zu ziehen, wodurch bie dem Adel ſo nachtheiligen Comi
ſtehen; b) fie verlangen, daß die ben Nachbarn entriffenen Laͤnder
ärmere Volk vertheilt werden, wodurch die Adergefege (lagen agre
gung kommen; e) der Tribun Publius Volero erweitert die Comit
fegt die Wahl der Tribunen in benfelben durch ; d) der Zribun C. 5
Rom, die Republit 855
g wurden. Durch bie fermonifchen Gallier gerieth Nom an ben Abgrund
nbens. Es ward erobert und eingeäfchert im 3. d. &t. 365. Camil
). Roms Retter, feßte den Wiederaufbau ber Stabt durch. Endlich.
J. 388 der erfte plebeiifche Conful gewählt, und bald nahm das Volt '
Ragiftraturen Theil, nämlidy an der Dictatur 398, an ber Cenfur 403,
raͤtur 417 und an dem Priefterthume 454 (300 v. Chr.). So fand am
8 Zeitraums eine völlige politiſche Gleichheit des Adels und des Bürger:
latt, die Innern Unruhen ließen nach und in gleihem Maße wuchfen bie
5 Staats nad) Außen, worauf die glänzende Periode feiner Eroberungn
In dieſer ganzen Zeit hatten die Sitten ber Römer noch ganz bie alte
it und Rohheit; ſchoͤne Künfte und Wiffenfchaften waren ihnen fremb,
ie ſchon bürgerliche Künfte und Gefhidlichkeiten, Handlung (im 3.409
ertrag mit Garthago gefchloffen), Schifffahrt und Handwerke
Der Adırbau war nod) die Hauptquelle des Volksreichthums. — Die
ke des 2. Abſchnitts waren noch mit Unruhen zwifchen ben Piebejern und
u bezeichnet. Auch ward Rom von det Peft heimgefucht, welches bie
ng der fcenifchen Spiele aus Etrurien veranlaßte. Über die Gallier exs
ke Römer mehre Siege, wobei T. Manlius Torquatus (f. Manlius)
that. Zwei Geſetze beftimmten die Zinfen zum Vortheil der Schuldner.
einige Jahre früher mit den Samnitern (f. d.) gefchloffenen Buͤnd⸗
mb 411 ein fuͤrchterlicher Krieg zwifchen beiden Nationen, welcher bie
nte, Rom ben Weg zur Unterjiohung Stalins bahnte und den erfien
in zu feiner künftigen Macht legte. Diefer Krieg war die Helbenperiode
r. Er lehrte fie die eigentliche Taktik, beſtimmte ihre Verhaͤltniſſe mit
bern, ben Lateinem und Etruskern, indem jene gänzlich befiegt, dieſe
ſerholt gebemüthigt wurden, und brachte bie Römer auch mit den ent
„Apnuliern und Umbrern in bald freundfhaftliche bald feinbs
Wrung. In dieſer Periode bildeten fich die Hauptideen über bie politis
haͤltniſſe, in welche fie befiegte Völker mit fich festen, meiter aus. Als
wiochung bee Samniter die Römer ihre Macht in Unteritalien befefli«
km, riefen die Tarentiner (im 3. Rome 473) aus Epirus den König
8 (ſ. d.) gegen fie zu Hülfe, welcher troß feiner macebonifchen Kriegs-
we unterlag und 279 Stalin räumen mußte. Tarent fiel 482 und .
uf ganz Unteritalien in Roms Gewalt. Sein Ruhm drang UP nach
deſſen König (481) durch eine Sefandtfhaft um Roms
: Das Hauptmittel, wodurch Rom feine Derifchaft über die beflegten
feſtigte, war die Anlegung von Colonien roͤmiſcher Büxger , die den ein⸗
wen Städten zugleich zur Befagung dienten. Jede Colonie hatte ihre
Fehlen ähnliche Verfaffung. Dies Colontalfpftem umfaßte aumälig
Im. Zur Erleichterung der Verbindung wurden große Heerſtraßen anges
ge Städte und Voͤlker Italiens hatten das volle römifche Bürgerrecht -
ie); andre hatten das Recht der Golonien (jus coloniarum); die uͤbri⸗
a entweder Verbündete (sacii). oder Unterthanen. (dedititii). Letztere
wech abgeſchickte Präferten regiert. Schon hielt Rom auf dem Meere -
Wilotte und errichtete das Amt ber Duumviri navales, melche die Aufs
des Serweſen führten. Die Gerichtsverwaltung gewann ſehr durch die
der Praͤtoren, ſowie die Polizei durch die curuliſchen Ädilen und bie
wapitales. Die Geiftesbildung begann. Fabius Pictor führte bie Ma⸗
em ein, 2. Papirius Curſor brachte (461) den erften Sonnenzeiger
b &p. Carvilius ließ eine Bildfäule Jupiters gießen. Mit dem Aſtulap⸗
B die Arzneikunde nach Rom; die Werke des Appius und ber Concors
Ides Camillus betweifen bie Fortſchritte ber Baukunſt. — den (im
2
I‘
.
m
erfchten dadurch den Griechen rettend und hülfreih. Sorcpra,
andre griech. Städte begaben ſich inter roͤm. Schuß; die Achder, Ato
wetteiferten in Bezeigung ihrer Dankbarkeit. Während Carthago
zu entfchäbigen fuchte und von Rom zu dem Verfprechen genoͤthi
Iberus (Ebro) nicht zu Überfchreiten, führte diefes einen Gidl
Krieg mit den cisalpinifchen Galliern, der die Gründung feine:
Morditalien (um 222 v. Chr.) zur Folge hatte. Hierauf nahm der
Krieg feinen Anfang. Hammibal griff an und verfegte den Schaup
nach Stalin. Er dauerte von 536—553., Nach großen Siegen
thago; Rom aber ſtand, ungeachtet feines Menfchenverkuftes un
ſtung Italiens, zu Ende bes Krieges viel mächtiger da als zu An
tige Länder waren erobert und bie Herrfchaft auf dem Meere gefiche
änderung ber Innern Verfaffimgsform hatte ber Senat eine faft
Gewalt erlangt. Der Geift der Regierung machte Rom zu einem
herrfchaft ftrebenden Stnate. Am Enbe des zweiten punifchen Kri
cilien, Sarbinien, Corſica und ein Theil von Spanien, wie aud
Gallien, römifche Provinzen; Garthago war ganz von Rom abh
gen bildeten im Oſten die macedoniſchen Reiche nebſt den griech.
Staatenſyſtem, befien Verhältniffe in ſich felbit fehr verwickelt,
erſt feit dem illyriſchen Kriege und Philipps IT. Verbindung mit Hi
den waren. Bon 3 Mächten vom erften Range, Macebonier
Agypten, waren bie beiden erften gegen bie legtere verbunden, t
Mom In gutem Vernehmen fland. Die Mächte vom zweiten Ran
Bund, die Könige von Pergamus, die Republik Rhodus und and
Athen, waren bereits feit dem Bünbniffe gegen Philipp (543) Ver
der alhäifche Bund hingegen hing dem macebonifchen Intereffe an.
mit Carthago Frieden gefchloffen, als der Krieg mit Philipp von
gann. Anfangs waren die Römer ungluͤcklich, bis T. Quinctius ?
Staatskunſt und Felbherrntalent Roms Macht im Often begrün
enticheibenben Schlacht hei Mnnnaßenhalk (A457) verlor Dhilinn
Rom, bie. Tepublit Be 867
halbe Maßregeln ergriff. Antiochus, zur See und zu Lande befi *
der Schlacht bei Magneſia (564) gu einem Frieden genoͤthigt ber
deraſien draͤngte und gänzlich von Rom abhängig machte. Zu glöicher
n die biutigen Kriege in Spanien und Oberitalien fort. 569 fingen
nit Philipp wieber an, well er einige Eleine Eroberungen gemacht hatte;
n, den man mit feinem Sohne Demetrius hatte, und Philipps Ted
ten ben Ausbruch des Krieges bis 582. Dex Krieg mit Perfeus von
ien (f.d.), Philipps Sohn, endigte durch den Bieg des Paulus
Pydna mit deni gänzlichen-Untergange des Reiche, Die Eroberung
ıcch Antiochus Epiphanes hatte Rom durch ein Machtwort feines Be:
ilius gehemmt. Nach Maceboniens Eroberung. verfolgte es offen feis
r Weltbeherrſchung und verſchmaͤhte dazu keine Mittel. Durch Wäre
daß Agypten getheilt wurde; es hemaͤchtigte ſich bes Vormundſchaſt
und "machte es wehtlos. — Jetzt false nach beiſpielloſen Mifhanks
Garthago vernichtet werben. Dies geſchah in dem dritten puniſchen
ber von 604608 banerte. Das ftolze Carthago ward 608 (146
best. Gleichzeitig murbe ein neuer Krieg in Macedonien gegen Andrid⸗
‚ ber fich an die Spige ber Mißpergnuͤgten geſtellt hatte, aber (dem
tetellus unterlag. Darauf nahm der achaͤiſche Krieg feinen Anfang,
die Aufiffung des achdiihen Bundes war. Mummius endigte ihn
drung Kotinths 608 (1.46 v. Chr.) ; Griechenland u. Macebonien wur⸗
Provinzen. — So hatte fih. Rom binnen 18:3: pur Veheerfcherin
aporgelhrwungen. Beine Kriegsfunft was jetzt fo ausgebildet, daß
ber Kraft der Regionen zu widerſtehen vermochte. Den Seekrieg aber
he Römer nur unvollfommen und die Belagenungshmft brachte exff ber
canus zu einiger Höhe. Außer Stalien befap Bom.n.b. R. Provik:
ffeitige und jenfeitige Spanien (beides aber noch beſtritten), Afrika
von Garthago), Sicillen, Sardinien, Eorfisa, Ligurien, das cib⸗
allien, Macebonien und Achaja. Nicht nur der: Drive
weichthum;
‚die Staatseinkuͤnfte ſtiegen anfehnlich. iüberhaupt bereichen in Roma
ı ber Geiſt der ſtreugſten Ordnung. Mit dem Reichthum nahmen
zung und Verfeinerung der Buͤrger zu. Man fah unter ihnen bie er⸗
auftreten und bie erſten zegekmößigen Schauſpiele Heben. zug *
nie Wiſſenſchaften nach den Kriegen in Griechenland und
Satyren, Fabius Pictor und Egto Annalen ber 2
ward ausgebildet. Man lernte Sonnen⸗ und Mondſi e be:
an führte Waſſeruhren nad vollkommenere —— dh ein. Di
waren die Römer. noch Barbaren. Die Sitten verloren nach beit
(hen Kriege immer mehr die. alte Meinheit und Enfachheit. Man
enbegängniffen grauſame Fechterſpiele, wandte ungeheure Summen
chen Spiele und ſchweifte auf mancherlei Weiſe aus. Schon muß⸗
egen den Aufwand gegeben und bie ſchaͤndlichen Bacchanalien 568
shot verhindert werden. — 4. Abſchy. : Die Kriege in Spanien, vor
en Celtiberern und Eufitanern, wurben mit Heftigkeit foxtgeſetzt. In
—— erhielt Rom einen furchtbaren Gegner. Der Geiz bes
Bicinius Lucullus (603) und des Prätors Gutpidus Galba (604)
Daß anter Viriathus's Anführung der Arieg mit ermeuerter Wuth los⸗
her Ermordung dieſes berühmten Mannes (614) ward Lufitanien
Ingegen aber nöchigten die Numantiner den Conful Mancinus zu ei?
Rasa Vergleich. (S. Numantia.) Zwar heendigte 621 Scipio dies
ber das noͤrdliche Spanien blieb noch ununterworfen. In dem naͤm⸗
igeschten bie Roͤmer vom Attalus das Koͤnigreich Pergawað in Afen,
Amitianus bie Ariſtokraten eine neue Stuͤtze erhielten, fo kam doch
ten der große Sklavenaufſtand in Sicilien (620—623) fo wohl ;
fe unterbrüct werben tonnten. Die Volkstribunen erlar
Stimme im Senat; fie wollten aud ihre Erneuerung gefegmäßig
gelang, ben Unruhen auf einige Zeit vorzubeugen, indem man tb
Molkspartei ehrenvoll entfernte. Waͤhrend deffen wurde 626 dur
Flaceus die vömifche Macht im transalpinifhen Gallien begruͤndet,
war der fübliche Theil deffeiben römifche Provinz. 631 trat Caju
Volkstribun auf, erneuerte das Adergefeg noch gefchärft und errec
Bährungen als fein Bruder, Er wollte ben Richterftand zum Ge
Senats machen und fuchte feine Partei dadurch zu vergrößern ‚\ db
den italifchen Voͤlkern das roͤmiſche Bürgerrecht zu ertheilen. D
wußte ihn um bie Gunſt bes Volks zu bringen und feinen Fall zu bi
warb auch er in einent großen Volksaufſtande ermordet und die 2
nugten ihren Sieg zu einer gänzlichen Aufhebung des Adergefeges.
gannen jest bie Unruhen mit den italifchen Bundesgenoſſen, welc
Bürgerrechte foberten, und nur zufällig wurbe nach der Ausbruch d
hindert. Auf die Sitten hatte der Pargeigeift einen fehr nachthe
dem weder bie Stränge der Genfur, noch die Aufwandögefege, noc
nöthigen Gefege gegen die Ehelofigkeit fteuern konnten. Bei den &
Habſucht, im großen Haufen Zügellofigkeit. Durch die übermäßie
des öffentlihen Schatzes entftand zunaͤchſt ein Öffentlicher Lurus,
auch Privatiurus folgte, der reichliche Mittel zu feiner Befriedig
pr der Statthalter und in den Geſchenken auswärtiger Für!
Beſtechlichkeit zeigte fich auffällend in dem Kriege mit Sugurtha (6%
eben dadurch fo verlängert wurde. ‘Das Ende diefes blutigen Kriege
Piehejer, dem C. Marius, den Weg zu den höchften Staatewuͤrde
Ariſtokratie einen empfindlichen Stoß erlitt. Ihm gelang, bie
ſtuͤrzen, ba, die Kriege mit den Cimbern, während in Sicilien ein:
au MABlanamleian methata Ihn aemanshahrlich machten Hier Odahuwa
u Rom, die Republik | | 7889
ermorbet wurde. Dept ariffen alle Völker Stalins vom Liris bis
hen Meerbuſen zu den Waffen, um fi) von Rom unabhängig zu mas
Gefahr war groß. Die Fasces wurden dem 2. Julius Caͤſar und P.
pus anvertraut,. und unter diefen Confuln traten die größten Feldher⸗
taligen Zeit auf: En. Pompejus, C. Marius, Q. Caͤpio, E. Pers.
lerius Meffala, Com. Sylla, T. Didius, P. Lentulus, P. Lici⸗
.Marcellus. Aber auch auf der Gegenfeite fanden Männer von gro⸗
, und nachdem ber Krieg von 653—656 mit abwechfelndem Gluͤcke
Erbitterung geführt worden, konnte Rom ihn body nur dadutch endis
; die Foderungen ber Bundesgenoſſen bewilligte,, wodurch es aufbörte,
b Oberhaupt des Staats zu fein. Zu biefer Nachgiebigkeit noͤthig⸗
thridates (f.d.) Rüftungen und die Zwiftigleiten zwifchen Sylla
. Diefe brachen zu Anfange des erſten pontifchen Krieges aus. (Wal.
ad Splla.) Der Senat hatte dem Splia den Oberbefehl übertragen,
band fi) (656) mit dem Tribun Sulpicius, um es ihm zu entreis
aber vertrieb ihn an der Spitze feines Heeres aus Rom, flellte das
Senats wieder her und eilte feiner Beftimmung zu, nachdem er, um
u ſchmeicheln, feinen Gegner Ginna zum Gonfulat erhoben hatte. Die
war, baß mährend biefes Kriege® (656659) eine neue Pöbelanar-
ausbrach, die nach des Marius Tode noch ärger wurde. 671 Eehrte
»Sylla nad Rom zuruͤck; ein fhredlicher Bürgerkrieg entſtand, der
cd Sylla's Erhebung zur Dictatur beendigt wurde. Sylla ſuchte die
e Partei zu erdruͤcken. Des Ämilins Lepidus Verfuch, ihm entgegen
parb vereitelt. Wichtiger war ber durch den Demokraten Sertorius -
angefachte Krieg, welcher 682 mit deſſen Ermorbung enbigte. Zus
in Stalien felbft der fucchtbare Krieg ber Gladiatoren und Sklaven, in
in neuer gefährlicher Krieg mit Mithtidates aus. Dazu kam, daß die
nit großen Flotter bie Meere beuntuhigten und Rom eine Hungersnoth
Pompeius (f. db.) rettete den Staat, indem er die Seeräuber mb ,
Rithridat beſiegte. Kleinaſien, Syrien und Kreta wurden römifche
Armenien, Kappabozien, der Bosporus und Judaͤa wurden gänzlich
haͤngig; die Macht der thrazifchen Wolter war gebrochen. Jetzt Eonnte
Feind mehr Rom gefährlicy werben, aber im Innern waren wieder
yerungen vorgegangen. Einige Berfuche, die Conſtitution des Sylla
waren zwar mißlungen, aber ſchon 679 fegte Opimius durch, daß
it nicht von höhern Ehrenftellen ausſchloß, und daß ben Mitten die
bergegeben wurden; hierauf vernichteten fie Pompejuß und Craffus
ed Gonfulats 684 faft ganz, indem fie bie tribuniziſche Gewalt vdilig
Durch diefen Sieg ber bemofratifchen Partei warb eine Art von Dlis
et; einzelne übermäc,tige Dinner traten an die Spige des Staats.
wifche Verſchwoͤrung (f. Catilina) wollte die damaligen Gewalthas
mb eine aus ber Hefe des Volks beftehende Partei erheben. Cicero
der und ſtellte die innere Ruhe Dadurch her. Dennoch ging der Staat.
u feinem Untergange entgegen. Lurus, durch die aus Aften geroges
ern Reichthuͤmer erzeugt, hatte die alte Tugend verberbt. Eigennutz
€ waren bie herrſchenden Leidenſchaften der Großen. Pompejus, ber
jen zurückkehrte, fand in dem firengen Gato einen überlegenen Geg⸗
ng fich daher zur Volkspartei, um mit ihrer Hülfe feine Plane durch⸗
Mar’s Ruͤckkehr aus Lufitanien aber (694) gab ber Sache eine andre
Diefer bildete mit Pompejus und Graffus das fogen. erfle Tri um⸗
) und gelangte dadurch 695 zum Confulat, welches ihm den Weg zur
mte. Er ließ fich die Provinz Gallien auf 5 Jahre ertheilen, um do⸗
WIEIET FIAT VRR. «HP VER AZTOJJUD gegen VIE Parther gedi
ompejus, flatt in feine Provinz abzugeben, als alleiniger Conſul
torifcher Gewalt an bie Spige der Republik trat, war der Bürgerkr
üh. (8. Caſar und Pompejus.) Statt dem Decret des Se
hen, ging Caͤſar über den Rubicon und nöthigte Pompejus zur Fli
Der Bürgerkrieg begann und wurde 706 bei Pharfalus entfchieder
Caſar Dictator mit den ausgebehnteflen Vorrechten. Sein nid)
war, bie Partei des Pompejus ‚gänzlich zus befiegen und die Ordnu
rütteten Stalien herzuſtellen. Er fand 710 feinen Tod, aber feine
ten die Republik nicht retten. Schon 711 bildete fich ein neues T
ſchen Octavius, Antonius und Lepidus, deſſen Zweck die Vertilgu
kaniſchen Partei war. Wie fie diefen Zweck dürch Ächtungen und W
aller Art verfolgten, fih dann unter einander entzweiten und aufe
blut floß, bis endlich die Schlacht von Actium den Dctavius zum £
römifchen Reichs machte, ift unter d. Art. Anfonius und Aug
worben. Rom hörte auf eine Republik zu fein. Die Hauptveränber
in diefem Zeitabfchnitt die roͤmiſche Verfaffung erfuhr, find fchon in
deffelben mit angeführt worden. Beſtechung und Privatvortheil leit-
verfammlungen; igennug und Ehrſucht riffen die Staatsaͤmter
Ritterſtand bildete fi und gemann große Macht und ungeheure
Das Kriegsweſen erweiterte Marius, aber die Kriegszucht verfiel
fochten mehr für ben Feldherrn als für ben Staat. Sie flanden Z
der fie bezahlte. Große Kortfchritte aber machten die Wiffenfchafte:
Zeitraum gehören bie Dichter M. Pacuvius, C. Lucilius, Plautu
Lucretius und Catullus; die Hiftoriker Salpurnius Pifo, Porec. C
Rufus, Claudius Quadrigarius, vornehmlid, Caͤſar, Salluſtir
Nepos, Hirtius Panfa u. A.; als Rebner und Philofoph Cicero;
titer Terentius Varro, ber auch über den Landbau ſchrieb. Mit de
Periode begann das goldene Zeitalter der römifchen Literatur und
ahmte die Griechen mit Geſchmack und lid nah. Nicht nur ging
Rom, das Saiferthum | | g6L.
bie man graufam behandelte. Das gemeine Volk lebte trotz feiner Ar⸗
üfigang und war um fo williger, fich von Denen leiten zu laffen, bie
ste und Spenden zulommen liefen. Durch Gelb war Alles zu errei⸗
L Rom als ungetheilte® Kaiferthum, obes als Monarchie, unter
‚vom. d. St. 7277—1148 (ober 395 n. Chr.). Wir theilen dies
n in 4 Abfchnitte. 1) Octavian war 725 als Sieger nad) Kom zus
and fand jegt 43 3. an der Spige des Staats. Er war Noms erfter
ohne diefen Namen zu führen. . Zufrieden mit bem Beinamen Aus
d.), welcher ihm 727 ertheilt wurde, herrſchte er mild und mit Beiber
tepublilanifchen Formen. Die Amter, welche er in ſich vereinigte,
Conſulat, die teibunizifche Gewalt, die Imperatorftelle und das Sims
onfulare in allen Provinzen, endlich das Amt eines Magiſter morum -
ntifer marimus. Den Schein ber Anmaßung zu vermeiden, lieh er
te Bemwatt von Zeit zus Zeit beftdtigen. Der Senat beftand als Staates
Die republifanifhen Magifttaturen wurden beibehalten, verloren aber
nkeit; dagegen wurden die Präfecturen der Stadt und ber Lebensmifs
ı und widtigften Stellen, weil von ihnen die Öffentliche Ruhe abhing:
sine Stammmiliz (cohortes.urbanae) und eine Leibwache (cohorten
ie) errichtet. Die Statthalter ber ‘Provinzen wurden befolbet und ia
befchräntt. Im Finanzweſen wurden Verbefferumgen gemacht. Der
wiſchen der Staates und Privatcaſſe des Kaiſers ergab ſich von feibfl;
wurden beide eine. Die Grenzen ded Reiche wurden erweitert, vor⸗
uch die Einnahme Ägyptens 724, Pannoniens 719, Möfiens 725,
Vindeliciens und Noricums 739, und durch die völlige Unterwerfung
ra Spaniens und weſtlichen Balliens 729. . Dagegen kriegten bie Roͤ⸗
Mich gegen .die Deutfchen. Auguſts Nachfolger war fein Stiefſohn
(f.d.), von 767 — 90. Unter ihm wurde durch die Majeſtaͤtsge⸗
sia majestatis, eine Art von Sabinetsjufliz) der Despotismus gegrüns
smar ebenfo fehr die Feigheit und Nieberträchtigkeit bes Senats als
che Charakter des Fuͤrſten Schuld, der ſich überbie von 77678
oͤſewicht Sejan leiten ließ. Seine Nachfolger, Caligula (bis 796)
ı8 (bi6 807), waren jener ein wahnfinniger Thrann, diefer ein Schwäche
: Zesterm fingen feit 796 die Eroberungen in Britannien an, umb zu
purben gemacht: Mauritanien 795, Lucien 796, Judaͤa 797 und
0. Sein Nachfolger Nero (von 807— 824), ein heischlerifcher, zur
| amb Grauſamkeit geneigter Tyrann, war ber legte Kaifer aus dem
ſts. Unter ihm wurde der groͤßte Theil von Britannien roͤmiſche Provinz
eg in Armenien und gegen die Juden gluͤcklich geführt. Auf Nero's
‚ fo Heftige Stürme, daß in nicht vollen 2 Jahren 3 Regenten ſich ges
3 Thrones bemächtigten, Galba, Otho und Vitellins (ſ. d.).
iſche Literatur und Kunſt war dieſer Zeitraum, beſonders die Regierung
as goldene Alter. Statt der Politik beſchaͤftigten ſich die Vornehmen
ſenſchaften, beſonders den ſchoͤnen, oder gewaͤhrten ihnen doch Schutz
rung, wie Muͤcen und Agrippa. Auguſt und Afinius Pollio legten
— an. In der Dichtkunſt glaͤnzten Virgil, Ovid, Cornel.
gel. Severus, Zibull, Properz, Gratius Faliscus, Manilius, Horaz,
deine Menge von Epigrammendichtern. In der Geſchichte lieferten Li⸗
onpyſius von Halikarnaß allgemein geſchaͤtzte Werke. Die Beredtfams . .
Infer, aber die Philofopbie und Mathematik fanden noch Verehrer
fter ; dahin gehört Vitruv wegen feiner Baukunſt und Hygin wegen
nonsilone. Als Grammatiker verdient M. Berrius Flaccus erwähnt
die Geographie hatte einen Strabo, die Rechtögelehrfamteit einen Di,
nahm das Sittenverderbniß uͤberhand durch Schwelgerei und unn
luͤſte. Auslaͤnder und Freigelaſſene wurden die Vertrauten der Ka
daten bildeten einen eignen Stand und dienten nicht dem Staate
Despoten, ben fie hinwieder abhängig von fich machten. — Nah Bi
beftieg 823 Flavius Vefpafianus den Thron. Er fellte das Reich he
Finanzen ordnete, für den Öffentlichen Unterricht forgte, die Kriegs
umd die Majeftätsgerichte aufhob. Unter feine Regierung fällt der
Bataver Civilis und die gaͤnzliche Eroberung Britanniens durch Agı
fian regierte bis 832, fein treffliher Sohn Titus bis 83%, deffe
Nachfolger Domitian, der vollendetfte Despot, bis 849. Unte:
der Krieg mit dem Könige der Dacier, Decebalus, welcher die fı
gluͤckklichen Kriege mit den Markomannen, Quaden und Jazygen ve
veranlaßte. Er wurde ermordet, und nun folgten bie rühmlicher
bes Nerva (bi 851), der die Schredensregierung aufhob, die Abı
und den Gewerbfleiß wieder wedte; Trajan's (bi6 870), der eine
Verfoffung herftellte und das Reich durch gluͤckliche Kriege mit ben
meniern und Parthern vergrößerte; Hadrian's (bi 891), der vornel
nere des Reichs verbefferte und die Kriegszucht fchärfte. Am gluͤcklid
unter der friedlichen Regierung des Antoninus Pius (bis 914); unt
oder Antoninus dem Philofophen (bis 933) beunruhigten große U
tige Kriege mit den Katten, Parthern und vornehmlid, mit den '
das Mei), aber feine Meisheit mußte die Wunden zu heilen. :
(180 n. Chr.) das blühende Zeitalter Noms. Die Staatsverfaff
Charakter einer gemäßigten, auf bürgerliche Freiheit gegründeten M
Staatswuͤrden wurden zum Theil zu leeren Ehrentiteln und dageg
von Hofftellen eingeführt, die immer mehr Macht anfichriffen. J
"4 Provinzen getheilt, denen Gonfularen vorftanden. Große Ver
wirkte im Gerichtöwefen das Edictum perpetuum; die Eaiferl. Befet
immer mehr bie Senatsconfulte. Auch im Kriegswefen fanden S
fbatt namentlich sins-anhro Kinthaifuna hor Frannon Mio Pitorai
Rom, das Kaiſerthum 868
Sextus Eäcitius Africanus, Terentius Clemens, Vinidius Verus,
mricianus, und noch beruͤhmtere juriſt. Schriftſteller, Sertus Pompo⸗
luſtus Maͤcianus, Q. Cervidius Scaͤwvola, Ulpius Marcellus. — 3) Von
amt ber immer zunehmende Verfall des roͤmiſchen Reichs. Commodus,
P8 Sohn (von 933—945), war ein Ungeheuer. Von ben Marko⸗
mfte er den Frieden; In Dacten und Britannien kriegten feine Feldher⸗
. Rad feinem Tode erfolgten große Erfchütterungen.: Pertinar res
> Monate, und M. Didius Julianus, der das Reich meiftbietend ers
2 Monate, worauf das Heer in Illyrien ben Septimius Severus, das
rien den Pescenninus Niger zum Kaifer wählte. Exfterer behauptete
rfchte bis 965. Er bekaͤmpfte bie Parther und Britannier. Caracalla
tar ein Thrann; ihm folgte bis 971 fein Mörder Maerinus; Helioga⸗
ſchamloſer Wolluͤſtling (bis 975); Alerander Severus (bis 988), ein
uͤrſt. Nach ihm herrſchte fein Moͤrdet, der Thrazier Maximinus (bis
ben militairiſchen Despotismus aufs höchfte trieb. Während er mit
keutfchland Eriegte, wählte der Senat ben -alten Gordian gurı Kaifer,
fen Tode den Marimus Pupienus und Clodius Balbinus. Die Praͤ⸗
ıordeten fie und riefen den jungen Gordian zum Kaifer aus, ber bis
M. Julius Philippus bis 1002 regierte. Dann regierten Trajanus
04 von ben Gothen erfchlagen); Trebonianus Gallus (bis 1006) ;
kianus (3 Monate); P. Licinius Valerianus (bis 1011); P. Licin.
bis 1021), unter dem ſich faft alle Statthalter zu Kaifern aufwarferi
etſchen und Derfer über die Römer fiegten; M. Aurelius Claudius (bis
bie Alemannen und Gothen ſchlug; Domitius Aurellanus (616 1028),
orene Länder wieder and Meich brachte, die Zenobia gefangen nahm
freiwillig räumte; DM. Claudius Tacitus (bie 1029); Probus (bls
Eriegerifcher und guter Fuͤrſt; M. Aurelius Carus (bis 1036); M.
umerinnus (bi6 1037), ein gebilbeter und fanfter Fuͤrſt. Ihm folgte
bis 1058), welcher den M. Valerius Diarimianus zum Mitregenten _
ußerbem nahm er noch ben C. Galerius, ſowie Marimian den Flavius
Chlorus zum Gehhlfen an. Diefe theilten daB Reich, unbeſchadet
kt und widerſtanden nicht nur den Barbaren, fonbern erweiterten e8 -
em bis an den Zigris. Beide Kaifer legten 1058 die Regierung nicher,
erius in den Morgenlaͤndern, Konftantins- in den Abendlaͤndern folgte.
sarımte 2 Gehülfen (Caͤſares), den Flavius Severus und Mariminus.
; farb 1059 und hinterließ feine Länder feinem Sohne Könftantin, der
Beihe von Zrenlofigteiten 1076 bie Alteinherrfchaft gewann. In dies
m war zwar die Staatsverfaffung biefelbe geblieben, aber uͤberall
Nitairbespotismus. Der Soldat ſetzte Kaifer ein und ab. In Rechts⸗
bieden die Kaifer durch ihre Conſtitutionen. Immer mehr fliegen das
ebniß, die Ohnmacht des Reichs, die druͤckenden Abgaben, die Ars
zoſks, die Tyrannei ber Regenten, ber Andrang ber Barbaren. Die
nd der Geſchmack kamen gänzlich in Verfall. Sprache und Schreibart
. Einzelne Männer ftudirten die Alten und nahmen fie zu Muſtern.
Achtern find zu bemerken Terentianus Maurus und Nemeſianus; uns
ichtfchreibern find von anerfanntem Werth Dio Caffius und Hero:
8 find zu bemerken die Verf. der Kaifergefchichte (Seriptores historiae
, Spartianus, Gapitolinus, Trebellius Pollio, Vopiscus, Lampris
Istcatins Gallicanus. Apuleius fchrieb Romane, Älian Anekvoten.
Werke verfaßten die Lobrebner der Kaifer, Mamertinus, Nagarius,
ufonius u. A., Latinus Drepanius, Cumenius und Pacatus. Dee
er Latinus Soltnus lieferte einen Auszug aus Plintiad’E Noturaeiärdte
u Kom, das alfe und neve
u. b. 3. „Polphiſtor“, Serenus Samonicu ein Lehrgedicht uber die Arznei
3. ein Merk über den Landbau, der Grammatiker Genforinus ein ge
Fronoiogiſches Werk „‚De die natali”. Große Rechtögelehrte waren Papiak
Mpionus, Julius Paulus und Herennius Modeſtinus. Die Kunſt
n war die chriſtl. Religion weit verbreitet. — 4) Konftantin ber *
4099) nahm aus Politik 1064 dad Chriſtenthum an, welches dadurch be
Religion ward. Der militairiſche Despotiemus hörte auf. Die Refid
vach Banflantinopel verlegt, das Reich neu eingetheilt, inte an and Mi
malt getrennt. Nach Konftantin’s Tode theilten feine 3 Söhne, Konflantig;
Bamtind und Konſtans, das Meich, bis nad) 12jähr. Kriegen 1106 Konf
Bag ganze Reich anfichbrachte. Cr regierte zuerft .mit dem Caͤſar Se
Gallus, dann mit dem Gäfar Julianus, bis 1114 unter beſtaͤndigen Sıley
den Barbaren. Sein Nachfplger war Julian, der Apoflat oder Abtckn
t (bie. 1146) , ein talentvoller, lafterfreier Fuͤrſt, der aber zum Del
Mod) ihm regierte Jovian bis 4417, Valentinian J. im De
1128, Valens im Orient bis 1131, unter. dem die Hunnen nach arme
ration und Valentinian H. tm Occident, erſterer bie 1136, letzterer bi
dann Theodoſtus bie 1147. im Orient, bis 1148 über das ganze Reich.
a ei (395 n. Ehr.), dad fortan in dem morgenländifchen ober oſtrig
- in dem abendlaͤndiſchen ober weſtroͤmiſchen Kaiferthun getzennt blieb,
hefchichte des erſteen ugter Byzjantiner, bie Geſchichte des legtrem m
cibenialiſchet Kaifſerthum. — Aus dieſem Zeitraum nennen wir f
Schhriftſteller: Claudian als Dichter; Ammignus Marcellus, Auxelit
Euteopius und Zoſimus als Geſchichtſchreibetr. Als Redner war, Sor
Us Sophiſt Thewiſtius berühmt. Vegethus ſchtieb vom Kriegßweſen ı
gohius ward ein giadticher Nachfolger des Varxo und Gellius. -Wirtor a
tus Rufus fchrichen Zopographien von Rom. Mon jest an artete bie Ä
Sprache durch Vermiſchung und Barbarei immer mehr aus, bis ſi ie
Wa den romanifchen Sprachen verſchwand, und ebehfo ſank die Geifte
Die Ältere Zeit bis zur Dictatur [. Niebuhr's „Roͤm. Gefchichte” (1. 5*
Balin 1827). Vol. Wachsmuth, „Die Ältere Geſch. des rim. Staats
4819). ‚Über die Kaifergefch. ge ve Werte von Tillemont u, Crevier, ?
von Hübler (3 Thle., Feeib.
Rom, die Stadt, iſt 10 ie et, obſchon feit Jahttauſenden durch m
lei I feinbfeige Schickſale heimgefucht, die herrlichfte aller Städte. Die R
wie die Prachtgehäube ded neuen Roms, umſchwebt ber Bub |
—8 und Würde, und glänzende Erinnerungen aus allen Zeiten fi
Denkmale geknuͤpft, die bei jedem Schritte des Wanberers ſich häufen. ZU
der Vorzelt und der Gegenwart erfcheint nirgends fo,. wie innerbalk der |
Roms; jenes claſſiſch in alfer feiner nach Außen gekehrten Kraftfuͤlle, Nefel
. nem mehr nad) Innen gerichteten, beſchaulichen Treiben vol romantifhn
Daher der tiefe, unausloͤſchliche Eindrud, den Mom auf ieden finnige, %
gehen Saft macht; daher hie Sehnfucht fo Wieler, bie dort gewefen, dahin
zukehren. — Dos alte Rom war auf mehren Hügeln gebant, bie jegt
vielen Schutts, womit die Thaͤler ausgefuͤllt find, kaum noch bewmerfher.
(f. d. Anfang d. vor. Art). Die niedrigen Dftufer ber Tiber gaben bi
böufigen Überfhwernmungen preis. Umfang und Vollömenge 8 |
denen Zeiten fehr verfchieden. Wir fprechen bier von der k
Vopiscus im Leben Aurelian’s fegt ben Umfang der Stadt nad) ihrer:
tweiterung durch diefen Kaifer auf 50,000 Schritt (84 Meile), mefke
48,000 Schritt leſen zu müffen glauben, da Plinius den Umfang in den Zell
Aurellan auf 13,000 Schritt (24 Mei) omaikt, Damit fimmn *
-
Ron; das alte N. Du
see Neifenden Aberen. Die Bevoͤlkerung mag damals gegen 8 Mill.
etragen haben; bie Zahl det Bürger. war nte uͤber 300,000. - Schon
atte Die Stadt mit einer Mauer; oder vielmehr einem Erdwall umge
den 4 Thoren, bie er Anlegte, dem carmentafifchen, panbahtfcher
ſchen, tomaniſchen und mugonifdhen, erhielt ſich nur das carmentali⸗
auerr lef vom palatiniſchen Berge am Fuße des aventiniſchen hiniweg
ibers; bann fuͤllte ein Stuͤck derſelben den Abſtand zwiſchen der Tiber
pitoliniſchen Berge aus, ſchnitt auf der andern Seite ben Palatinus
rgers Edle, Esquilinus, Viminalis und Quirinalis ab und endigte
a bei dem Capitol Die zweite, bie ſerviſche Mauer, war ungleich
und ſchloß die genannten Berge insgeſammt von der Morgen⸗ und
e ein, lief unter dem aventiniſchen Beig herum nach bie Tiber zw,
bez den Fluß auf die Abendſeite deſſelben, too fie, im Dreieck bis auf
Spitze bed Janiculus fortgeführt, dieſe von dem übrigen. Berge ab⸗
dann In einer geraden, nach dem füblihen Ende der Tiberinſel zugehen⸗
ıg , die ganze Maffe der Wohnungen jenfeit der Tiber umfaßte: Auf
te ber Stadt wurde größtentheils bie Alte Diauer des Romulus beibe⸗
zo aber an ber Spitze bes Quirinalis die alte Mauer geendigt Hatte,
ſerviſche bis ans aͤußerſte öftliche Ende des Quirinalis fort und zog ſich
te übrigen Berge degm Morgen herum. Der pincifche Hügel,’ das
ab der vaticaniſche Berg lagen alfo ganz außerhalb berfelben: Alle
umſchloß auch die dritte, die aurelianifche Mauer; indem fie aber dom
x Enbe des Quirinalis noch weiter nach Norden fortsing, begriff fie,
karsfeld von bem pindfchen Hügel in ſich, 309 fich außerhalb des Tegterm
fiber, umfaßte jenſeits derfeiben in einem großen Bogen den vaticant«
und ſchloß ſich dann an die alte, bis auf bie Spige bes Janiculus ges
we an, fobaß die Tiberinſel nun mit zur Stadt gehörte. Bej einen
Infange mußte bie Zahl der Thore beträchtlich; fein... Plinius zaͤhlt 37,
asch mehre jetzt unter verändertem Namen beftehen. — Das alte Rom
Beiden, von denen einige noch gangbar find: Die unterſte und’ Altefte
ns sublioins, welcher vom Aventinus in das Thal unterhalb des Jaui⸗
e umb jest nicht mehr vorhanden iſt. Die givrite führte vom Markte
Santculus und hieß pons senatorius, weil ber ſeierllche Aufzug des
Aber ging, wenn bie ſibylliniſchen Bücher vom Janiculus geholt wer⸗
.Slie war die erfte fleinerne Brüde Roms und Hegt jetzt u. 6. N. ber
Be in Truͤmmern (ponte rotto). Auf die Fiberinfel führten 2 Vruͤcken,
u der Oſft⸗, die andre von der Weſtſeite, jene pons Fabrivius (jet - -
Maattxs capi), dieſe pons Cestiun (jept Bartholomaͤusbruͤcke) genannt.
? Brille, pons Junionlensis. (jest ponte Sisto), führte von Mars⸗
Theater des Marcellus nad; dem Janiculus. Won ber-finften, pone
Ser triumphalis, welche vom Marsfelde nach dem Vatiean führte,
noch Bkinen bei bem Heiligengeifthofpital. Die dtifche Bruͤcke, pona
Hegige ſchoͤne Engelsbruͤcke, führte eben dahin nach ber Moles Dabriant.
ber Mater, oberhalb des pinciſchen Hügels, lag die fiebente Bruͤcke,
lbs (ER ponte molle), von M. Ämtlius Scaurus nach bes Spin
st. — Die Straßen Roms waren, feibft nach. dem Wiederaufbau der
koMeen, ſehr untegelmaͤßig; die öffentichen Plaͤtze, deren es eine große
5 Neb man Mn arese, Worpläge von Paldften und Tempein,
Die watt Daſen bewachſene Plaͤtze, die theils zu Berathſchlagungen des
Bid a Affmilichen Aufzligen, theils gu Waffenuͤbungen ber Ingend und
ed wer Leichen dienten, und in fora, welche gepflaftert waren units
Amanunntanften des Vocts sam Abthem maucherlel Wirgeriiänr
—
13) Aventinus, 14) Irans liberim. Zu den mertwürdigiten
baͤuden und Dentmälern gehören die Tempel, Theater, Amphit
Naumachien, Porticus, Bafilick, Bäder, Gärten; Triumphboge
Cloaken, Wafferleitungen, Grabmäler ic. — Bon dem Capitol,
dem Haupttempel Rome, das bem Jupiter Gapitolimus geheiligt '
dem Pantheon, f.d. Art. Naͤchſtdem waren die merkwuͤrdig
pel des Äfkulap, auf der dem Gotte geweiheten Tiberinfel, jegt t
lomaͤuskirche; ber Tempel des Antonius und ber Fauftina in der
die Kirche S.- Lorenzo in Miranda; ber koſtbare Apollotempel,
mitten im Palatium von weißem Marmor erbaute, um darin t
Bücher aufzubewahren; er enthielt außer vielen Koftbarkeiten ein
thek und diente den Dichtern zum Verfammlungsort, melche ba
vorlafen; der Tempel aller Kaifer ( Templum Caesarum), ber
Kaifer enthielt, benen allen einft ein Blitz die Köpfe abſchlug;
Dioskuren auf bem Forum romanum unter bem palatinifchen B
S.: Maria Liberatrice gegenüber, den beiden Sünglingen zu Ehre
der Schlacht am See Regillus den Römern den Sieg erfechten
‘ man für Kaſtor und Pollur hielt; der Tempel der Göttin Seia (!
dem Palatinus, den Servius Zullius erbaute, Nero aber in feinen
30g und mit burchfichtigem kappadoziſchen Marmor belegen ließ
Templum Dianae commune berühmte Bundestempel, den auf Se
Beranlaffung bie geſammten lateiniſchen Städte erbauten und
Säule die Bedingungen jenes Bundes eingegraben waren, geleger
tinifchen Berg bei der Kirche S.⸗Priscaͤ; der Tempel des Janus aı
bei der heutigen Sirtusbrüde, einer der fchönften des alten Ron
des Flaviſchen Gefchlechts, in welchem Domitian begraben liegt, c
Piazza Grimana noch vorhanden ; der Tempel des. Hercules und bei
in der neunten Region von M. Fulvius Nobilior, ber hier bie aus
gebrachten Muſen aufflellte; der Tempel ber Ehre und Tugend ir
aion. von M. Marcellus erbaut und von den Marcellern mit d
‘
Rom, das alte | 867
6 Triumphs anfuchten, und den feindlichen Gefandten Audienz gab,
Trümmern die Kicche belle Palme ſteht; der Tempel bes Mars
uſt mit großer Pracht erbaut, als er die von den Parthern erober:
e zurüderhielt; der Eoftbare Minerventempel, den Domitian auf
z Nerva erbaute; ein andrer Tempel berfelben Göttin, den Pom⸗
Marsfelde erbaute, Auguft aber mit Erz überziehen ließ; der Tem:
3, einſt der fchönfte und reichfte Zempel Ronis, von Vefpafian auf
in ber 4. Region erbaut, der bie Schäge des jerufalemifchen
choͤne Bibliothek und viele andre Koftbarkeiten enthielt, unter Com:
beammte; ber Tempel der Göttin Salus, den Roms erfler Maler,
‚ ausmalte; der Tempel des Saturn, von dem jüngern Tarquin
chher die Schaͤzkammer und das Staatsarchiv Roms ward; der
onne, den Aurelian mit größtem Aufwande anlegte und von dem
ıen ba find; mehre Venustempel, und unter diefen befonders der _
el der Venus Genitrir, den Eäfar der Stammmutter feines Ge:
der Tempel der Venus und Roma, den Hadrian nach einem felbft-
erbauen ließ; der Tempel der Veſta, einer ber wichtigften und aͤlte⸗
a an der Südfpige des Palatinus erbaut, in welchem die Staats-
ie Ancilien, das Palladium, das heilige Feuer aufbewahrt wurden,
on den Paläften führen wir bloß ben Eaiferlichen ald den vornehm⸗
ar von Auguft auf dem palati.ifchen Berge erbaut und gab ber
Stadt den Namen. Die Hauptfeite war nach ber Dia facra ges
3 davor gepflanzt. Im Bezirke bes Palaftes felbft lag der Tempel
ber des Apollo, den Auguft zum Haupttempel von Rom zu erheben
[genden Kaifer erweiterten und verfchönerten dieſen Palaft. Nero
erbaute ihn jeboch wieder und zwar fo weitläufig, daß er nicht hur
tinifchen Berg, fondern auch die Ebenen zwifchen biefem und dem
quilinifchen Berg, ja felbft einen Theil von diefem einnahm. Dabei
fteinen, Gold, Silber, Statuen, Gemälden und Koftbarkeiten aller -
geſchmuͤckt, daß er den Namen domus aurea mit Recht führte.. Die
r beraubten ihn aber nicht nur dieſer Koftbarkeiten, ſondern Veſpa⸗
ließen auch viele Nebengebäude abtragen. Den Hauptpalaft vers
f Domitian; unter Commodus brannte ein großer Theil nieber, er
ihm und feinen Nachfolger wiederhergeſtellt. Zur Zeit Theodo⸗
e neuer Reparaturen, fpäter aber flürzte ber ungeheure Bau zufam=
ftehen auf feiner Stelle der Farneſe'ſche Palaft und Garten und die
— Unter den Theatern waren bie des Pompeius, ded Cornelius
es Marcellus die vorzuͤglichſten. Pompeius erbaute fein Theater
br aus Griechenland und ſchmuͤckte e8 mit den vorzliglichften und
riechiſchen Statuen. Kine MWafferleitung brachte Waſſer in alle
s. Um e6 vor dem Niederreißen zu bewahren, baute er in feinem
rächtigen Tempel der Venus Victrix. Es faßte 40,000 Menfchen.
mabigte den Bau; ſchon früher hatte Tiberius bie Scene erneuert;
bat fpäter Claudius; der Gothenkönig Theodorich ließ es wieder
ezt ficht man noch wenige Überrefte bei dem Palajt Urfini. Das .
albus, diefes Lieblings des Auguft, lag auf dem Maröfelbe; da6 -
zarcellus endlich ließ Auguft feinem Neffen Marcellus zu Ehren er
e 22,000 Menſchen und ward von Veſpaſian erneuert. Noch find
bavon zu fehen. — Unter mehren Amphitheatern mar das des Ti⸗
rbigfte. (©. Eolifeum, und über den Circus marimus und
acalla f, Circus.) Unter den übrigen Circus verdienen genannt -
r Circus agonaliß in ber 9. Region; der Circus Aurelins in ven
ließ, der vornehme war. Er fand auf-dem Marsfelde, von
hain umgeben, und wahrſcheinlich rühren von ihm die Marmorſaͤul
noch jetzt auf der Piazza di Pietra fieht; der prächtige Porticus
dem Martfelde, mahrfcheinlih von Auguft erbaut und mit bei
Europa ausgemalt; der Phrticus Hefatonftylon in der 9. Region,
Säulen fo genannt; der Porticus der Kivla in ber 3. Region, ben ‘
Mero aber niederreißen ließ; der Porticus des Metellus, von Met
donier, zwifchen den von ihm erbauten Tempeln des Apollo und
9. Region angelegt und mit den aus Macedonten mitgebrachten €
der Porticus Milliarenfis, der taufendfäulige, von dem noch Spur
ten bed’ Herzogs Muti zu fehen find; ber Porticus der Octavia, v
der Porticns Pold, von M. Vipſanius Agrippa erbaut; der Por
pejus, von feinen Saͤulen auch der korinthiſche genannt; Pompeji:
Theater anlegen und ſchmuͤckte Ihn mit golbgeroirkten Tapeten; «
ticus dee Sonne (P. Solis), welchen Aurelian erbauen ließ. — Un
liten (f.d.) war eine der ſchoͤnſten die Amilifche, auf der Norh|
romanum, von Paulus Amilius erbaut; Außerdem nennen wir bi
oder Lucii auf dem Esquilin, die prachtvolle Baſilica Julia auf d
Forum romanum von Julius Caͤſar, und die Baſilica Portia, die d
Genforinuß erbaut. — Der Öffntlichen Bäder, die zum Theil wei
ften glichen und mit großer Pracht ausgeftattet waren, zählen ei:
und 856 kalte, außer 880 Privatbädern. Mäcen und nach ihm
bie erften öffentlichen Bäder an, die aber fpäter von denen bes Caı
wieder von den Diocletinnifchen, deren Überrefte noch vorhanden fi
wurden. — Auch an prächtigen Gärten war Rom reich. Den erftei
. bie Gärten bes Lucullus in ber 9. Region ein; nächft diefen war
Gärten des Afinius Pollto, des Julius CAfar, des Maͤcenas, de
2. a. — Bon den Triumphbogen find die berühmteften der des K
4. Region, von dem noch Ruinen vorhanden find; ber des Drufut
fchen Strafe. aus welchem das feßiae Thor S.= Sebaftian erbaut fı
nech alle Stürme der Zeit biß auf uns gekommen find. Vgl. „Rom
von Burton, von Sickler überfegt (antiquar.shilige., mit Planen, ”
zeimar 1823); Sachſe, „Geſch. und Beſchrelb. der alten Statt. -'
Grundriſſen und Planen, Danov. 1825, 1. Th.), nad) Adler, Bea,
muti’6 „Descrisione topograf. delle antichitä di Roma’ (3. A.,
ad verm. von dem Antiquar Stefan Piali; Nom 1824, 2 Bde., 4.,
.). N on
yeutige Rom, die Hauptft. des Kirchenſtaats, die Reſidenz des Pap⸗
Jahrhunderte lang die Haupeft. der Chriftenheit, noch gegenwärtig bie
r Kunſtwelt (21° 63° 45” N. Br.), hat jest einen Umfang von 2
ver 13 ital. Meilen. Sie wird von der Tiber in 2 Theile getheilt. Die
vläfte, Landhäufer, Piäge, Straßen, Springbrunnen, Wafferleitungen, .
t, Ruinen, Alles verkündigt in biefer Stadt ihre alte Herrlichkeit und
Bröße. — Unter den Kirchen nimmt ben erften Plag die bewimberne» N
ters kirche ein, vielleicht das fchönfte Gebäude der Welt. Bramante
Bau; ihm folgten Sangallo und Peruzzi; aber den größten Theil der
ı lieferte Michel Angelo, der die ungeheure Kuppel darauf fegte, bie
ge des Kreuzes 68 Toifen hoch iſt. Später arbeiteten mehre anbre
Daran; Maderni vollendete die Vorderſeite und die beiden Thürme.:
Bau mährte von 1506 — 1614 und Eoftete 45 Mil. roͤmiſche Thlr.
dieſem prächtigen Tempel gelangt, bietet fid dem Auge ber runder
lag dar, den Bernini’s trefflicher Säulengang.umgibt und ein ägnptie
k mit 2 herrlichen Springbrunnen ſchmuͤckt. Beim Eintritt in bie
st fich das Moſaikbild Giotto's, la Navicella; unter dem Porticus,
Thor gegenüber, das große Baßrelief Bernini's, Chriftus vorftellend,
16 befiehit, feine Heerde zu hüten; endlich die beiden Reiterfiatuen an
Enden des Porticus, Konftantin von Bernini und Karl d. Gr. von
: Der Berein diefer Meifterwerke macht auf das Gemäth einen um _ -
en Eindrud. Die Harmonie und die Verhältniffe, welche im Ins
und enthieit, wie man vermuthet, DIE Ace Des 2UC. Agrıppa. D
‚ Kiche Sta.⸗Maria⸗Maggiore wird von 40 ioniſchen Säulen aus gı
„getragen, bie aus einem Tempel ber Juno Lucina genommen wort
‚ ward mit dem erflen Golde aus Peru vergoldet. Man bewundert
ſchiedene Mofaiten, den aus einem antiken Porphyrſarkophag beft
altar, bie nad) Fontana's Zeichnung gebaute und feltfam verzierte Cap
die mit Marmor und Edelfteinen geſchmuͤckte Gapelle Pauls V., die (
von Michel Angelo und die Srabmäler Wilhelms della Porta und A
dem Plage vor der Hauptfeite erblickt man eine korinthifhe Marmor!
für ein Mufter in ihrer Art hält. Die größte Kirche in Nom, nı
war die Basilica di S.-Paolo fuori delle mura, auf dem Wei
(S. Paulskirchen.) Die St.»Laurenzlicche außerhalb der Stat
Denkmäler des Altertbums. Die Kirche di S.-Pietro in Vinco)
berühmte Statue Mofis von Michel Angelo. Die St. Agnest
Platze Navona, angefangen von Ratinaldi und vollendet von Borre
der gefehmüdkteften, befonderd mit neuern Bildhauerwerken. Mar
nehmlich ein wunderbares Melief von’ Algardi, welches die h. Agn
wänder beraubt und bloß von ihrem Haupthaar bededit, vorftellt.
des h. Sebaftian vor der Porta Sapena enthält die Statue des töbt
‚ten Heiligen von Giorgetti, einem Schüler Algardi's und Bernini's
dieſer Kirche befinden fich die Katakomben, die einft zu Begräbniffer
der St.s Agneskichhe vor ber Porta Pia fieht man ımter vielen fc
4 porphyrne als Stüdpfeilee des Dochaltars, welche für bie fehl
Roms angefehen werben. In einer Eleinen Capelle befindet fich e
Erlöfers von Michel Angelo, ein wahres Meifterftüd. In der Sı
Eiche bewundert man ein ſchoͤnes Bild von Rafael, den Propheter
. ftellend, und eine Himmelfahrt von Lanfranco. Das Klofter bei
Bibliothek, bekannt u.d.N. ’Angelica, und vermehrt durch bie $
Garbinals Paffionet. Außerdem verdienen ihrer ſchoͤnen Bauart um
werke wegen ausgezeichnet zu werden: bie Kirchen S.⸗Ignaz,
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n6 der ſchoͤnfien Werte des Garavagalo, die "Malereien des; großen
eifterwerk Peters von Cortona u. a. koftbare Gemälde. Unter vie-
vetken bewunderte man fonft den fchlafenden Kaun, jest in München,
iche Gruppe der Atalante und bed Meleager, eine Funo, einen kran⸗
ı Bernini, die Büfte des Cardinals Barberini von demf., und die
Rarius, Sylla und Scipio Africanus; die Bibliothek foll 60,000
und 9000 Handſchriften enthalten; dabei ift ein Gabinet von Me:
zen und edlen Steinen. Der Palaft Borghefe, von Bramante er:
äufig und von ſchoͤner Architektur; der Saͤulengang des Hofes iſt
er Palaſt enthält eine zahlreiche Sammlung von Gemaͤlden, ſeltenen
ten, Eoftbaren Tiſchen und Geräthen von ſchoͤner Arbeit, aus rothem
nigem Atabafter ıc. Der obere Saal ift unvergleichlich; die großen .
on Vernet, womit er geziert ift, find von folder Wahrheit, daß man
ſich in die freie Natur verfegt glaubt. Der Palaft Albani, deffen
angenehmften ift, befigt eine anfehnliche Bibliothek, eine große Menge
ı und eine Sammlung von Zeichnungen von Garacci, Polidoro, Lanz
aoletto, Cignani ıc. Der Palaft Altieri, einer der größten in Rom,
infacher Architektur und enthält feltene Handfchriften, Medaillen,
nd Eoftbare Möbeln. Im Palaft Colonna findet man eine reiche
n Gemälden ber erfien Meifter; alle Zimmer find damit geziert,
lich die Galerie, die zu den fchönften in Europa gehört. In dem
nan die Ruinen der Bäder des Konftantin und bes Tempels bes Sons _
er Palaſt Aldobrandini befist das fchönfte Denkmal der alten Ma⸗
ldobrandini'ſche Hochzeit, von Pius VL. 1818 gekauft, ein Fresco⸗
peldyem die Zeichnung bewundernswuͤrdig iſt. Der große Palaft
der Zeichnung des Sangallo begonnen und unter der Leitung Michel
abet, ift ebenfo fehr durch feine Schönheit al& durch feine Kunſtſchaͤtze
e Garacci und Domenichino haben in feiner Galerie ſich durch ihre
; verewigt. Den Hof zierten fonft der Sarnefe’fche Hercules, die
MV TORbUyiE0U URS SUR VEHBSEEEYT, WE Vv Ade ysıyyu.
!
Kirche Sta.-DMarla- Maggiore wird von 40 ionifchen Säulen auß o
- getragen, die aus einem Tempel der Juno Lucina genommen wor
” warb mit dem erflen Golde aus Peru vergoldet. Man bewundert
ſchiedene Mofaiten, den aus einem antiken Porphyrfarkophag befi
altar, bie nach Fontana's Zeichnung gebaute und feltfam verzierte Gaı
bie mit Marmor und Ebelfteinen geſchmuͤckte Gapelle Pauls V., die
von Michel Angelo und bie Srabmäler Wilhelms della Porta und
dem Plage vor der Hauptfeite erblickt man eine korinthifhe Marmor
für ein Mufter in ihrer Art hält. Die größte Kirche in Rom, rn
war bie Basilica di S.-Paolo fuori delle mura, auf dem We
(S. Paulskirchen.) Die St.⸗Laurenzkirche außerhalb ber Sta
Denkmäler des Alterthums. Die Kirche di S.-Pietro in Vince
berühmte Statue Mofis von Michel Angelo. Die St. Agnes
Platze Navona, angefangen von Ratnaldi und vollendet von Bor
ber gefhmüdkteften, befonders mit neuern Bilbhauerwerten. Ma
‚ nehmlich ein wunderbares Melief von’ Algardi, welches die b. Ag
wänder beraubt und bloß von ihrem Haupthaar bedeckt, vorftellt.
des h. Sebaftian vor der Porta Capena enthält die Statue des töb
| ‚ten Beiligen von Giorgetti, einem Schuͤler Algardi's und Bernini’e
"9 diefee Kirche befinden fich die Katakomben, die einft zu Begräbniffe
der St.» Agneskichhe vor der Porta Pia fieht man ımter vielen {
4 porphyrne als Stüdpfeiler des Hochaltare, welche für die ſch
Roms angefehen werben. In einer Eleinen Capelle befindet ſich
Erlöfers von Michel Angelo, ein wahres Meifterftüd. In der €
Eiche bewundert man ein ſchoͤnes Bild von Rafael, den Prophete
‚ftelend, und eine Himmelfahrt von Lanfrancc. Das Klofter bi
Bibliothek, bekannt u.d.N. l’Angelica, und vermehrt durch bie
Cardinals Paffionei. Außerdem verdienen ihrer fchönen Bauart u
werte wegen ausgezeichnet zu werden: bie Kirchen ©.- Ignaz,
Rom, das neue 871
efinden fich in bem appartemento Borgia, fo auch Rafael's Ver:
ver Sirtinifhen Capelle bervundert man das juͤngſte Gericht von
Den Palaft von Monte Cavallo oder den quirinalifchen Palaft
ı und fchönen Gärten haben wegen feiner gefunden Luft und ſchoͤ⸗
Paͤpſte zu ihrer gewöhnlichen Refidenz gewählt. Der Iateranifche
xtus V. burdy Sontana neu hatte aufbauen laffen, ift feit 1693 in
verwandelt. Überdies find auszuzeichnen: der Palaft der apo:
ꝛi, der Palaſt der Confervatoren, der St.:Marcuspalaft, das Aka⸗
. — Unter den Privatpaläften ift der Barberini’fche ber größte. Er
in einem fchönen Styl erbaut. Man fieht hier die Magdalene
& der fchönften Werke des Caravaggioı, die Malereien des großen
ifterwer Peters von Cortona u. a. koftbare Gemälde. Unter vie:
erken bewunderte man fonft ben fchlafenden Faun, jest in München,
je Gruppe der Atalante und des Melenger, eine Juno, einen kran⸗
Bernini, die Büfte des Cardinals Barberini von demf., und bie
arius, Sylla und Scipio Africanus; die Bibliothek foll 60,000
und 9000 Handfchriften enthalten; dabei ift ein Cabinet von Me-
r und edlen Steinen. Der Palaft Borghbefe, von Bramante er:
ufig und von fehöner Architektur; der Säulengang bed Hofes ift
e Palaft enthält eine zahlreiche Sammlung von Gemälden, feltenen
n, Eoftbaren Zifchen und Geraͤthen von ſchoͤner Arbeit, aus rothem
igem Atabafter ıc. Der obere Saat ift unvergleichlich; die großen
n Vernet, womit er geziert ift, find von folcher Wahrheit, bag man
ch in bie freie Natur verfegt glaubt. Der Palaſt Albani, beffen
genehmften ift, befigt eine anfehnliche Bibliothek, eine große Menge
und eine Sammlung von Zeichnungen von Caracci, Polidoro, Lan:
jetto, Gignani ıc. Der Palaft Altieri, emer ber größten in Rom,
ifacher Architektur und enthält feltene Handfchriften, Medaillen,
d koſtbare Möbeln. Im Palaft Colonna findet man eine reiche
ı Gemälden der erfien Meifter; alle Zimmer finb damit geziert,
ch die Galerie, die zu den ſchoͤnſten in Europa gehört. In dem
m die Ruinen der Bäder des Konflantin und bes Tempels des Sons "
re Palaft Aldobrandini befist das fhönfte Denkmal der alten Mas
yobrandini’fche Hochzeit, von Pius VII. 1818 gekauft, ein Fresco⸗
elchem die Zeichnung bewundernswuͤrdig if. Der große Palaft
er Zeichnung des Sangallo begonnen und unter der Leitung Michel
yet, ift ebenfo fehr durch feine Schönheit als durch feine Kunſtſchaͤtze
Garacci und Domenichino haben in feiner Galerie ſich durch ihre
verewigt. Den Hof zierten fonft der Sarnefe’fche Dercules, die
ind die Urne ber Caͤcilia Metella; im Palaſt felbft bemunderte man
uppe bes Farneſe'ſchen Stieres. Als aber die Farneſe'ſche Erbſchaft
a Neapel zufiel, wurden jene Statuen nebft andern Seitenheiten
wacht, wo fie gegenwärtig den Palaft der Studj ſchmuͤcken. Nicht
# ber Palaſt Sorfini, wo die Königin Chriftine wohnte und 1689
aͤlt eine anfehnliche Bibliothek und Galerie. Der Palaft Giufti-
h eine mit verfchiedenen fehr gefchägten Statuen und Bildhauer:
? Salerie; ihre Dauptzierden waren die berühmte Statue ber Mi⸗
fe, bie von diefer Goͤttin vorhanden iſt, und das Basrelief ber
he ben Jupiter ſaͤugt. Diefe Schäge find von Napoleon buch
f erworben worden und auch in Paris geblieben. Die Gemälde
8 in den Befig des Königs von Preußen gekommen. Im Palaft
an bie Bilbfäule des Pompejus, an. beren Sub CAfar unter den
972 Rom, dad neue |
Dolchen feiner Mörder fiel. — Noch find auszuzeichnen: der Palı
wegen feiner ſchoͤnen Frescogemaͤlde; Chigt wegen f. ſchoͤnen Archit
maͤlde und Bibliothek; Mattei wegen f. vielen Statuen, Reliefs u
fehriften ; ber weitläufige Palaſt Pamfili, von Borcomini erbaut, n
lichen Gemälde und innern Pracht; Pamfili auf dem Plage Navor
Bibliothef und Galerie; Mofpigliofi auf dem Quirinal u. ſ.w. — U
(äften Roms, weiche den Namen Villa führen, bemerken wir bie Bit
dem Monte Pinclo, wo einft die Gärten des Lucull prangten; fie
* Menge von Meiſterwerken aller Art, aber die Großherzoge Leopold u
ließen die ſchoͤnſten Stüde, u. a. die Gruppe der Niobe von Skopas,
beingen. Dennoch bleibt diefer Palaſt fehr fehenswerth. — Unter |
ber Billa Negroni find die beiden fchönen Statuen des Sylla und M
auf der Sella curulis. In dem weitläufigen Garten, der 3 Miglien
- hat, finb unter den Ruinen einiger Häufer ſehr ſchoͤne Frescogem!
worden. Die Billa Mattei auf dem Monte Gelio, jegt dem Derzo«
- gehörig, befist außer andern Sehenswuͤrdigkeiten eine herrliche Sa
Statuen. Die Vila Ludovifi auf dem Monte Pincio, unfern dei
Circus und der Gärten des Salluft, hat 14 Miglien im Umfang
Eoftbare Kunftdentmäler, u. a. die Aurora von Buercino, eine altı
Senators Papirius und feiner Mutter (oder vielmehr der Phädra ı
polyt), eine andre der Arria und des Pätus und den Raub der P
Bernini. Die Vila Borghefe bei Rom hat eine herrliche, aber un
Man überfieht von ihr den größten Theil ber Stadt und der Ges
Frascati und Tivoli. Sie hat einen Garten mit einem Park, meld:
im Umfange hält. Der Palaft war in feinem Innern mit fo viel R
Eleganz verziert und menblirt, daß man ihn als das erfte Gebäude vo
dem Capitol, beſonders wegen feiner reihen Sammlung von Staı
konnte. Die merkwuͤrdigſten unter diefen waren: ber Lämpfen!
Silen und ein Faun, Seneca in ſchwarzem Marmor, oder vielmel
bei den Bädern, Camillus, der Hermaphrobit, der Gentaur und
Kaunen, welche die Stöte fpielen, Ceres, ein Agyptier, eine Stat
Nero, die Büften des Lucius Verus, Alerander, der Fauſtina, des
ſchiedene Reliefs, unter denen eins den Curtiuß barftellt; eine Urne
wert Bacchuöfefte vorftelt; eine andre von den Grazien getragene |
hoͤrner x.; ber größte Theil davon iſt aus Paris nicht zurückgekehrt.
feiten find mit alten Reliefs bebedt. — Die Villa Pamfili vor
- &.:Pancrazio, auch Belreſpiro genannt, hat eine angenehme Lage u
im Umfange. Die Architektur iſt von Algardi, wird aber von Ker
Im Inpern fieht man einige gute Bilbhauerarbeiten. Sowol v
von der Villa Borghefe gibt e8 weitläufige Befchreibungen. Die
auf einer Anhöhe, weiche Tivoli und die Sabina beherrfcht, ift eiı
Geſchmacks und der Pracht. Der Cardinal Ater. Albani, ein tiefe
gruͤndlicher Beurtheiler der Schönheiten des Alterthums, hat ungehe
darauf verwendet und binnen 50 Sahren eine herrliche Sammlur
gebracht. Das Gewoͤlbe der Galerie ift von Mengs gemalt und ei
Sugun- Wegen ihrer Herrlichen Außfichten verdienen die Wille |
Billa Eorfini genannt zu werben; in der Wille Doria, fonft Algiat
fael bewohnte, fteht man 3 Frescogemaͤlde dieſes großen Meifters
Farneſe enthält die Überrefte des Palaftes ber römifchen Kaifer. —
tolium (f.d.) befigt fo viele und große Merkwürdigkeiten aller Ar
möglich ift, fie hier anzugeben. Wir begnügen uns anzuführen: bi
Marc Aurel's vor bem Palaft, die gefangenen Könige im Hofe, die
Jyimys , .
dei Termine iſt mit 3 Reliefs, welche Moſes, der Waſſer aut einem
darſtellen und mit einer koloſſalen Statue des Moſes mb 2 aͤgyptli⸗
aus Baſalt geziert. Die praͤchtige Fontaine von Trevi. Hefert von
»Waſſer, welches fie durch eine alte Waſſerleitung erhält. — Unter:
zeichnet man bie Strada felice und die Strada pie, welche fich Ereu
ter den Brüden die Engelsbrüde (fonft pons Aeslius) von 300 Fuß
den Thoren die porta del popolo (fonft porta Flaminia). — Won
abmälern find nody vorhanden das Pantheon, das Eolifeum, die Co: ,
3, die Colonna Antoniniana, das Amphitheater des Veſpaſian, das
des Habrian (heutiged Tags die Engelsburg, f.d.), das Mau-
sguftus, die Kriumphbogen bed Severus, Titus, Konftantin, Janus,
8, die Ruinen der Tempel des Supiter Stator, bes Jupiter Nonans,
‚ der Por, des Antonin ımd der Kauflina, ded Sol und der Luna,
‚ des Romulus und Remus, der Pallas, der Fortuna Virilis, Der
iebris, der Virtus, des Bacchus, ber Veſta, der Minerva Mebice,
d des Cupido, die Überrefte von ben Bädern des Diocletian, des Ca-
Eitus u. a.; die Ruinen von bem Theater des Pompejus bei der
ji, wo Caͤſar ermordet wurde, und von bem Theater bes Marcellus;
n Ruinen des alten Forums, jest Campo Vaccino genannt; die
Bruͤcken, des großen Circus, des Circus des Garacalla, des Haufes
er Curia Hoftilia, der Zrophäen des Marius, des Porticus des Phi⸗
3 DOctavius, des Landhaufes und Ihurmes des Maͤcenas, ber Claus -
sfferleitung ; die Grabmaͤler der Arunzifchen Kamille, der Scipionen,
(Capo di bove genannt), das Gefaͤngniß des Jugurtha (Careere
in weldhem aud) St.: Peter gefangen geſeſſen; das noch ganz un⸗
tene Grabmal bes Cajus Ceftius, in Geftalt einer Pyramside, neben
soteftanten begraben werden; bie von Tarquin erbaute Cloaca maxi-
- Außer ben Obelisken bei der Porta dei Popalo verbient der unter
dem Monte Gavallo errichtete Aufmerkfamteit. — Die vornehmften
874 | Rom, das neue
(haften und & die hebraͤiſche, griechifche, forifche und arabiſche Epı
Bon andern Gollegien, wo wiffenfchaftliher und Sprachunterricht «
ift. befonder6 merkwürdig das Collegium de propagande fide mit fi
Bibliothef und f. ſehenswerthen Buchdruderei, in welcher die Schri
alten und neuen Sprachen (von ben Franzofen geraubt, aber wieder zu
gefunden werben; ferner das Collegium Clementinum, das Coll,
und das Coll. Nazarenum, verſchiedene Anftalten für den Unterricht
genländ. Sprachen, das ungarifhe und das beutfche Collegium ıc. —
Akademien und geleheten Geſellſchaften Noms find die wichtigften I
der roͤmiſchen Geſchichte, der Geographie, der Kitchengefhichte, d
Alterthuͤmer, der Arkadier ꝛc. — Die beiden erften Theater find das
berti und Argentina, auf welchen heroifche Opern mit Balleten gege
ben zweiten Rang nehmen die Theater della Valle und di Capranicae
chen man Eomifche Opern, Luftfpiele und zuweilen Trauerſpiele gibt.
Range ftehen La Paze und La Palla corda, mo Opere buffe und Po)
das Volk gegeben werden. Aber nur kurze Zeit im Jahre find fie geöffı
fehensmwürbigften Feſte in Rom find die große Proceffion am Srohn!
und bie Seremonien der heiligen Woche, in der Sirtinifchen Capelle,
die Aufführung bed unfterblihen Miferere von Leo Allegri, dann
erleuchtung in St.» Peter, die Erleuchtung der Paulinifchen Gapelle ıc
Erleuchtung der ungehenern Kuppel von St.:Peter am Tage diefes .
große Keuergarbe oder Girandola von 2500 Raketen, welche am Sa
Papſteskroͤnung auf der Engelshurg abgebramnt wird und megen d
Fluſſes, in deffen Waffer die ungeheure Feuermaſſe fich unzählige M:
von umbefchreiblicher Wirkung ift. Über das Carneval f.d. und (
fterhafte Schitderung. — Die Luft Roms ift vom Juli bis zum Oc
fund ‚. der Fremde zumal ift gefährlichen Fiebern ausgeſetzt. Dieſe
macht, daß während der genannten Donate ganze Quartiere der |
wohnt ftehen; ja, fie fcheint fid, immer mehr zu verbreiten und voll
der ewigen Roma ‚nehmen zu mollen. (Vgl. Campagna di $
Pontiniſche Sümpfe) Der u. d. N. Sirocco bekannte Suͤt
die Spannkraft der Muskeln, ohne jedoch weiter gefährlich zu fein. D
ſucht hat in Rom einen bösartigen Charakter, indem fie fi) dem Ge
allein durch den Gebrauch der Kleidungsftücde und Meubeln, fonder
die Wohnung mittheilt. Selbſt durch die Bücher kann fie fortgepfll
Das MWaffer ift von fehr verfchiedener Güte. Die Kontaine von Ti
gefundefte Waſſer; dagegen ift das Waffer aus den Thermen des Di
‘aus der Fontaine des Bianicolo fhädlih und von allen Tifchen verb
zählt in Rom die Stunden bis 24, wie in mehren ital. Städten. D
Spaziergang ift der Corfo. Von 22 — 24 Uhr ift er mit Fußgänger
pagen bedeckt. 1824 enthielt Rom 136,300 Einw., 35,900 Häufe
Palaͤſte, 81 Hauptlichen, 30 Biſchoͤfe, 1470 Priefter, 30 Kıı
Mönche, 1318 Nonnen, 460 Seminarien, 7000 Suden, 1210:
Spitälern und 1080 in den Gefängniffen. Die Zahl der Familien 3
viel von dem heutigen Rom. — Alles fpricht dort auf eigne Weiſe
die man athmet, der Anblid der erhabenen Truͤmmer, die feierliche G
chen und Paläfte, das Andenken an die Vergangenheit, die religiäfe
die magifche, faft ſchwermuͤthige Ruhe in den prächtigen Villen, d
unendlichen Runftfchäge, — alles Dies verfegt die Seele in eine un
über das Irdiſche erhabene Stimmung. Klarer als fonft irgendiwo erl
wo die Vergänglichkeit thront, das Ewige und Unfterbliche, umd gewir
- Erkenntniß Sieben und Befeſtigung für das ganze Leben, M. f. Se
. Roman 876
Kom 1820); Neigebaur’s „Handb. f. Reifende in Stalien‘ (kEpz. 1826);
„Runft in Stalien” (2. und 3. Th.), ſowie das Prachtwerli: „Vedute di
i te ed incise da Gian. Batt. Piranesi, architetto veneziano”
„Fol., 138 Bl). Bei Cotta erfcheint „Beſchreib. der Stadt Rom,
Diatner, 2. Bunſen und Ed. Gerhard, m. e. Abe. der Geſch. der alten
Biederberft. der neuen Stadt, vom taatsrath von Niebuhr” ; nebft Pla⸗
uf., 2 Bbe., m. e. Urkundenbuche. Auch ift „Rome in the 19th oen-
. Aufl., Lond. 1826, 3 Bde., von-einer geifts und kenntnißreichen Beob⸗
zu empfehlen. S. auch W. Müller, „Rom, Römer und Römerinnen‘!
1820, 2 Bbe.). |
sman. Wir tennen kein Gebiet der Dichtung, das fo vielfältig angebaut |
wäre, fo hoͤchſt verfchied. Fruͤchte getragen hätte, als das des Roman. Wenn
Roman zu dem Gebiete der Poefie rechnen, Poefie u. Kunſt aber keineswegs
Dienerin der Laune und der bloßen Unterhaltung ober Jeitverkürzung ae
subern fie als die zweite Hälfte bes idealen Lebens betrachten, die mit ber
daft ſchweſterlich vereinigt iſt, fo halten wir Dagegen jene ekelhafte Roma⸗
se, die, ohne mit Korm und Inhalt es fonderlic, genau zu nehmers nur
such dem Meueften greift.und Feine andre Koderung macht, als baßnurbas
Bipelt umb die Phantafie mit einem MWechfel von Geſtalten —— uns
"ie wieder zu vergeffen, für eine Art geiftiger Unzucht und Wolluſt, und
nfern Abfcheu gegen Diejenigen ſowol, welche für biefen Zweck ihre Federn
pgung fegen, al6 gegen Iene, die mit Begierde nach diefer dargebotenen
Iamgen , sticht ſtark gen:g ausſprechen. So lange Romanenlecture nicht
zuumen, fo lange der echte Roman nicht mit Liebe behandelt wird, AB
en wir jene Romanenflut mit ihrer waͤſſerigen Unterhaltung für. eig
ziſchung, die das edelſte Blut der Menfchheit verberbt und unter alien
em zur Entnervung und Verweichlichung der Menfchheit mol bie gefähr
IB verderblichfte ift. — Daß der wahrhafte Roman dem Gebiete ber Poefie
| der epifchen angehörte, wird jest allgemein zugegeben. Ja, es iſt allger
rommen, Daß jene romanhaften Darftellungen wirklicher Charaktere «US
chte, wie fie Feßler u. A. geliefert. haben, mit Recht nur ale Halbromane,
| fich ſelbſt vernichtende Verſuche anzuſehen fein. Denn wo dies
6 fosche ſich noch immer der Dichtung gegenuͤberſtellt und nicht gangän
dieſer aufgeklärt und aufgelöft ift, da wird weber dieſer noch jener de
et. Der Roman gehört in bie Sphäre ber’erzähtenben Poeſie, d. h.
Dictungbart, weiche die Begebenheiten als gefchehen und vollendet du
Eder ivir diefes große Gebiet In bie zwei Hälften: Heldengedicht und KRe⸗
Bihzren kleinen Geſchwiſtern, dem Märchen, der Novelle, der Romanze,
euberr Idylle u. ſ. w., abtheiten, fo leuchtet wol si, daß ein großee Un⸗
zuifdher Helbengedicht und. Roman iſt, daß ein Roman in Verfen oder ain
dicht in Profa Undinge find, und daß e6 alfo wol einen tiefen Grund Has
, warum bie Dichterfprache dieſem und die Profa jenem unentbehrlich IR.
zuan gzwar den Unterfchieb zwifchen Epik und Dramatik völlig ind Reine '
b, alein das Helbengedicht und ben Roman bei weitem noch nicht gehörig
bert und in ihrer Verfchiedenheit dargeſtellt. Epifche Poefie aber ift nichts
als ber verklaͤrende Spiegel, in welchem ſich die Menſchheit in den verſchie⸗
iheer Geſchichte abbrüdt, ſodaß dadurch nicht eine eigentliche Ges
geliefert wird, fondern ber Dichter als Schöpfer gleichſam über
ſteht und ihr das Ideal vorhält, das fie in irgend einem Zuftande
Seht wenn der epifche Dichter (und es mag dies beim Helbengedicht
fein) einen gefchichtlichen Stoff zum Grunde legt, fo.ift die Treue
s bie von ihm gefobert wird, nicht äußere, artenmäßige , (andern \roe
*
876 Roman
viel Höhere, die dem Befondern nachweiſt, wo es im Allgemeinen ei
ober vielmehr in Kraft vorherbeftimmter Harmonie aus dem eigr
Naͤmliche ins Leben ruft, was der Geift der Geſchichte vielleicht mı
and unausgearbeiteter in feinet Sphäre völlig unabhängig hervorget
heißt ein Gedicht, ein Märchen, ein Drama fehr gemein anfehen,
bei fragt: iſts wahr? iſts wirklich gefchehen? Selbſt bei dem eigent
Stud if diefes Hiftorifche immer nur etwas Zufälliges. Dagegen
ein treues Bild des menfhlihen Thuns und Treibens in den Farben
Zeiten und Völker, welchen fie angehört, fein, und was in ihren
muß, wenn es feine Grundlage nicht in der Wirklichkeit bat, fie de
koͤnnen, in.ber herelichen , ibenlifchen Ausbildung diefer Grundlage
lichkeit zwar Überfliegen, jedoch ſo, daß jeder einzelne Zug immer
und Eigenthuͤmlichkeit des Bodens trägt, dem er entwachfen ift. T
merkwürdige und wol nicht immer gehörig beurtheilte Erfahrung
Geſchichte der Völker mit Poefie zufammenfällt, die fpätere Gefd
. überall beinahe feindlich detfeiben gegenüberftellt, fowie es ben richti
für den Einfluß der Poeſie auf bie Gefhichte an bie Hand gibt, der
nichts Geringerm befteht, als daß Poeſie jedesmal ein lebenvolles,
der Menfhheit in ihren verfchiedenen Epochen, gleichfam als dat
verſchiedenen Beſtrebungen derfelben, aufſtellt. Wir find barum <
ber fruchtbarfte Eintheilungsgrund für die verfchiedenen Gattun,
koͤnne nur von ben verfchiedenen Befteebungen der Menfchheit in de
Perioden ihres Seins hergenommen werden. Im der Geſchichte ein.
das einen beſtimmten Kreis ber Bildung durchlaufen hat, ſcheiden fi
perioden aus: die erſte von der Kindheit bis zur Blüthenhöhe, die 2
lichen Strebens, der lebendigen Thätigkeit und Kraftäuferung,,
Ereigniffe und Begebenheiten, — bie zweite, von dieſem hoͤchſten Pu
allmäligen Untergange, bie Zeit des Befiges und Genuffes des €
Zeit der Ruhe, wo die Menſchheit im Glanz erfämpften Beſitzes ı
Sicherheit ein heiteres Leben ber Kunft und der Wiffenfhaft, der 8
Vergnuͤgens lebt und allmälig in dem verweichlichendem Strom dief
gerfließt.. Sener erften Periode gehört, behaupten wir, das Helden
Ddylle, der Romanze, dem Mäcchen ze. an; diefer leptern der Rom
velle: Von der lieblichen Kindheit frommer Unſchuld und einer tän
taſie, mo der Menſch mit kindlichem Herzen in dem Paradies de
ſinnvoll umherwandelt und, ſtatt ſchon handeln zu können, wozu d
fehlen, erſt von künftigen Tagen wundervoll träumt und in der Beſa
‚licher Wönfche und Ausficten mit Blumen und Thieren fpielt — 1
erſte Hälfte einer Umlaufszeit der Menfchheit jedesmal aus, Dies &
‚genftand des Märdyens und der Jdylle. Bald nad) diefem go
regt ſich Thatendurft und öffentliche Wickfamkeit. Der Jüngling ı
in fich frei werben; das Biel, nach welchem er ringen ſoll, ift ihm de
ben. Kämpfe finden ſich von felbft und nun bereitet ſich allmätig
das Heldenzeitalter, mehr durch Handlungen als dürch eigentlichen
gezeichnet: Hier feigen bie Götter vom Olymp auf die Erde, niede
der Geifter und Wunder thut fich in feiner ganzen Größe und Hertl
der Traum der Kindheit geht in eine [chöne, große Erfüllung. Die
liche Zeit des Heldengedichts, und daraus laffen fid die Eigen
deffelben am beften erklägen. Ohne die Mafchinerie des Wunderbar
nicht gedacht werden. In Gang ber Begebenheiten muß gebrung
auch nicht fo rafch wie im Drama, doch viel reicher und mannigfalti
‚man fein, wenigftens müffen bie Charaktere nicht eigentlich pfychol
Noman 877
e in Thaten und Handlungen entwidelt werden. Nicht bie ſtufenweiſe
Menſchheit, denn diefe verfchwindet felbft in diefer Epoche über dem
nbern das Thun, das Wirken und Leiden derfelben (in biefer Epoche
mlichkeit derfelben), ift feine Sphäre. So wird das Heldengedicht der
Spiegel der Heldenperiode eines Volks; fo erfcheint in ihm bie Menſch⸗
ebensvollen Thätigkeit, in ihrem nad) dem Groͤßten ſtrebenden Ringen ;
Deldengebicht nur in ber ſchoͤnen Sprache der Jugend und Phantafle,
I. gedacht werden. Die Kämpfe find nun geendigt. Das Wetter
Yugend hat den Himmel gereinigt. Ein heiterer Tag geht auf und bie
zlebt ein Zeitalter der Ruhe. Der Befis ift gefichert; im Schoß beffels
ı fich die Keime und Knospen zu fchönen beflimmten Bluͤthen und
Hier entwickelt ſich nun erft der Charakter der Menſchheit. Die Vers
Stände ſcheiden fi) ab, ohne ſich feindlicy gegenkberzuftehen. Zur
t, kann nun dad Verwandte ſich anziehen und eine faft chemifche Schei⸗
ermente zu Stande kommen. Der Verſtand fiegt allmaͤlig Über bie
die Wunder hören auf, die Orakel ſchweigen, die Götter gehen in den -
ck, weil ihr Werk auf Erden yolibracht tft; die Wirklichkeit, der kalte
krengen Urſaͤchlichkeit, der hoͤchſtens zuweilen dem Zufall feine Rolle
acht ſich geltend; die Poefie darf ſich gar nicht an Das, was gefdhieht,
es ftandhaft dem Zauber der Phantafie widerfirebt; fie muß jidy ganz
Gebiet flüchten und ba einen eignen Garten. fic, erziehen, in welchen
zlumen der Wirklichkeit verpflanzt und zur Blüthe bringt. Dies ift
es nothwendig in Profa zu dichtenden Romans, und wenn hiernach
yurchaus Feine aus ber Wirklichkeit entlehnte Fabel haben darf, fo iſt
eſchaͤft Charakterzeichnung der Menfchheit. Jetzt gilt es nicht mehr die .
einer allgemein menfchlihen Begebenheit, fondern die dichteriſche Ver:
yer Menfchheit felbft. Beſondere Bildungsgefhichte derfelben, Leben
ıle eine® Einzelnen von feiner Geburt bis zu feiner vollendeten Bildung,
welchem aber der ganze Baum der Menfchheit nach feinen manniofaltis
gungen in der ſchoͤnen Stillftandszeit feiner Reife und Vollendung dar⸗
Lehrjahre des Jüngere, bis er zum Meifter erhoben ift, das ift ber
Jas Wunderbare ift ganz aus feinem Gebiste verbannt, und darum
ewiß nicht mit Unrecht die Ritterromane (f. Ritterwefen) in die Re⸗
ldengedichts wenigſtens auf, wenn nicht Über die Grenze verwieſen.
lung muß oft fehr nahe an das Gebiet der Neflerion ftreifen. Der Ros
des Gemwordenen, mit der Erklaͤrung der Art und Weiſe, wie es ges
indeß das Heldengebicht Bild der werdenden Menfchheit if. In ihm
t Vollſtaͤndigkeit aller Stoff zur Erklärung bee einzelnen Ereigniffe und
on gegeben fein. An der Stelle des Wunderbaren fleht in ihm hoͤch⸗
. Ihm kommt barum eine gewiſſe Breite, eine Gedehntheit mit Recht
x eben deßhalb von viel größerm Umfange ift als das Heldengedicht.
Wiederfchein der Menfchheit in der Ruhe, in dem heitern Stiuftande
oliendung und dadurch zu einem geroiffen üppigen Reichthum des Les
ten Zeitalters. Wir erflären eben hieraus die meiften übrigen Eigen»
en des Romans. Wie die Menfchheit, bie er abbildet, ſelbſt über das
ben hinmeg ift und alle Künfte der Profa mit Macht hervorbrechen, fo
man durchaus nur in der Sprache der Profa gegeben fein, und liebt
pt vor Allem eine ruhig fließende, edle, nicht ungeſchmuͤckte, aber hoͤchſt
und biegfame Sprache. Ebenfo kann es nicht ſchwer fein, von hier
nntigfaltigen Formen des Romans (Briefform, Dialog u. f. w.) zu
, da Freiheit der Form und der Geſtaltung das Eigenthuͤmliche diefer
„Im Roman (fagt Goͤthe, „Wilhelm Meifter", 3.0.) (allen vote
878 Roman
zuͤglich Gefinnungen umd Begebenheiten vorgeftellt werben, im Drama
und Thaten. Der Roman muß langfam gehen und die Gefinnungen ı
fet auf welche Weife es wolle, das Vorbringen des Ganzen zur Entwid
Halten. Das Drama foll eilen und der Charakter der. Hauptfigur mu)
dem. Ende drängen und nur aufgehalten werden. Der Romanenpelb m
wenigſtens nicht im hohen Grade mwirkend fein; von dem bramatifche
man Wirkung und That. „Srandifon”, „Clariſſa“, „Pamela“, „Der?
von Wakefield“, „Tom Jones“ felbft find, wo nicht leidende, body ı
Derfonen, und alle Begebenheiten werben gewiffermaßen nach- ihren G
gemodelt. Im Drama mobelt der Held Nichts nach fi), Alles wide
und er räumt und rüdt die Hinderniffe aus dem Wege ober unterli
Nichts ift endlich natürlicher nach unferer Anficht, als daß die mann
Neben: und Zwifchenhandlungen den Roman durchkreuzen, daß feldft
und tiefgehende Betrachtung den Gang ber Begebenheiten unterbrech
philofophifche und Kunftromane geben kann. Nehmen wir noch hinz
dem Roman auch Eigenfchaften vorkommen müffen, die andern Dichter
entbehrlich find, wie 5. B. Anlegung des Plans nicht nad) menſchlich
und Beflimmungen, fondern gleichfam den geheimen Büchern bes Sch
mwenbet; Einheit des Plans, fodaß fich alle die mannigfaltigen Element:
ſchoͤnen harmoniſchen Ganzen runden; Schönheit der Phantafie, richt
führte Individualität u. f. w., fo weifen wir in ber That dem Romaı
wichtige Stelle im Gebiet der Kunft an und glauben darum nicht wenig
haben ftolz zu fein, daß es unferm Zeitalter und Volk vorbehalten war, ei
bervorzubringen, nachdem die Griechen ihres’ Homer und die Engit
Shakſpeare fi ruͤhmen konnten. Aber freilich halten wir es für eine
ften Aufgaben, einen guten Roman zu liefern. Es ift Dazu nicht genug,
abenteuerlicher Begebenheiten, zum Schreden und zur Erſchuͤtterung
Nerven, erfunden zu haben, fo wenig als eine moralifche Erzählung in
mer Manier & la Lafontaine u. A. den Namen eines Romans verdien
ruht gewiß nicht bloß moralifcher,, fondern felbft poetifcher Fluch auf jene:
empfindfamen Gemälden, die mit einer gewiffen Lüfternheit gerade die 2
führen , um die aufgedeckte Scham des Laſters zuzudeden, auf jenen ver
ſich fetbft mißverftehenden Dichtungen, die, ftatt ein ideales Bild der
zu geben, mit all ihrem Ringen es nur zur Darftellung jene® Glanzes u
derben Sarbenfpiels bringen können, das nur dem gemeinen Xroffe bet
wahre Romandichter muß nicht nur die innerften Falten der Menfchennat
haben, fondern auch ein helles lebendiges Bild von der wahren Reinheit
gemäßen Vollendung menſchlicher Charaktere inihren verſchiedenen Xbftuf
Greiſe bis zum Kinde und von dem Vornehmen bis zu dem Gemeinen
Gemüthe wie von dem Geiftvollen in der Seele tragen. Wir mwiffen mot, !
jene bunten Sarbenbilder gemeiner Sahrmarktsmaler geben muß, bie dei
gögen, indeß er an den bebeutungsreichen, kunſtvollen Gemälden bei
Kuͤnſtlers voruͤbergeht; wir wiffen, daß der Geift des Ungeſchmacks nur
tig ift und in der Gemeinheit des größten Theile ber Menfchen ein allzu ı
findet, um mit feinen verfchrobenen, durch die Höllenkünfte der Abent
und Buntheit, forwie ber verſteckten und im Gewand der Unfdyuld de
Uchern Lüfternheit fo leicht anziehenden Bildern, die fih Romane nı
Gift einer Höchft gefährlichen geiftigen Selbſtbefleckung und Woluft aut
aber fie gehören nicht in unfere Theorie. Nichtsdeſtoweniger geben wir
Mannigfaltigkeit der Romane zu, und tie zwifchen dem Therſites u
des Homer die ſchoͤnſte Mannigfaltigkeit der Heldenindivibualitäten in
Begt; wie vom Ernft und Scherz, vom Großen zum Kleinen die zahlt
j N
Roman, Geſchichte des | 897%
n, fo gibt e& der Prädicate unendlich viele, durch welche dem ein»
eine Individualität, die er als Kunſtwerk nothwendig haben muß,
Die Verhaͤltniſſe der Menfchheit find überdies in der Periode,
Roman zur Sphäre angemiefen haben, noch viel zahlreicher und
als in jeder andem. Mir fehen da die Gewerbe in der wunderlich⸗
tigkeit in ihrer den Wis nur zu leicht reisenden Beſchraͤnktheit niit
ınd in Hand gehen. Die vornehmen Stände erheben fich mit Hülfe -
; und der Übrigen Vortheile der Zeit gar bald zu einer freien, ebein
fowie zu einem glänzenden, idealifchen und dabei oft das Ziel übers
ı8genuß empor. Die Wiflenfhaften wandeln eine freie, lebendige
och, zumal wo fie zugleich dem Amt und dem Brote dienen, jenes
13 abzulegen, daß ſich fo leicht mit ihnen verbindet. Die Liebe ſchlingt
vunderlichen und höchft verfchiedenen Karben durch alle Stände hin⸗
chſt tragifch, ebenfo oft komiſch und mit der heiterften Laune. Die
efte, dem Stande der Zeiten ganz angemeffene Luft, Alles recht rein
»fend zu genießen, weiß den MWechfel des Stadt⸗ und Landlebens
a Zwecken zu benusen. Die Lieblihkeit der Reifen In fremde Läns
ir feine reinmenfihliche Bildung Bemühten in neue Lagen, ſowie
Wanderungen der Edelften der Zeit dem Ganzen eine eigenthuͤmliche
mittheilen. Und ſo entſtehen denn natuͤrlich die mannigfaltigen
mſt: der philoſophiſche, der ſentimentale, der humoriſtiſche, der
Reiferoman ꝛc. und wieder in jedem einzelnen wechſeln die einzelnen
erſchiedentlich, forvie e8 von den kleinſten Hanbblättern dis zu den
amas an der wunderlichften Abwechfelung in MRüdficht der Größe -
ges nicht fehlen kann. Wenn Sean Paul uns mit feinem Stillleben
Firlein” und „Fibel“ in einen Eleinen, engen, aber herrlichen Men⸗
hrt, fo läßt uns dagegen ein Goͤthe die ganze Menfchheit in ihrem
se, in einem großen, lieblidy edeln und fanften Bilde, von einem
zunkte aus, uͤberſchauen. Wenn eben diefer uns in feinem: Meifter:
Geiſt und deutſches Leben zur fchönften Idealitaͤt durchgearbeitet
anen wir ſtolz fein, von einem Deutſchen (Heinſe) die ſuͤdliche Giut
ensfuͤlle der italiſchen Menſchheit im „Ardinghello“ in ihrer hoͤchſten
reicht und in den brennendſten Farben einer ſuͤdlichen Phantaſie aus⸗
n. — |
Beſchichte des Romans betrifft, fo iſt es merkwürdig, daß
nrlichen Volke der Griechen, das unftreitig in der alten Zeit im Ges
das tonangebende war, kaum eine Spur von Roman antreffen, obs
vielam Tage liegt, daß, zur Beftätigung unſerer Theorie, ganz in
Drbnung, nach welcher der Roman dem Heldengebicht folgen muß,
ıbedeutenden Anklaͤnge des Romans, die bei ihnen fich hören ließen,
b fanden, wo das Heldengedicht umter ihnen ſchon laͤngſt feine höchfte
batte. Das griech. Volk hatte in feinem Heroenalter ein fo herrlis
hes Leben geführt, daß es felbit in die zweite Haͤlfte ſeiner Periode
tiefem Feuer mit hinuͤbernahm und darum nie zu jener fchönen Profa
(ter gelangen konnte, bie das eigentliche Gebiet des Romans ift.
nophon’s verungluͤckten Gedanken einer Theorie der Prinzenerziehung
pädie” wegrechnen, fo fallen die fogen. milefifhen Märchen
vo vom griech. Volke kein Schatten mehr übrig war, und nad) dem
gehaltenen diefer Romane, dem Schäfergedicht des Longus von der
bnis und der Chloe, zu urtheilen (dem einzigen, den ber Verf. dies
Anſicht kennt), fo kann es kaum etwas Geſchmackloſeres und Er⸗
eben als diefe Dichtungen voll faber, bis zum Ekel gerariner Te
. 880 Roman, engl.
licher Liebe. &. uͤbrigens Heyne's Beurtheilung ber griech. Romane in |
des „Chariton““. Daß bei den Römern nody weniger davon zu finden ſeir
veriteht fich von felbft, da diefe, was Kunft und Poefie betrifft, den G
weit nadıftehen. Wenn dagegen bei uns das fchöne Herornalter der Ritt
feine ehrenmwerthen Epopdien und Rittergedichte und Nomanzen gefunden:
follte doch die Menfchheit in der nachfolgenden Periode erft jene reinmenſchli
allgemeine Bildung erhalten, wo in dem fchönen Elemente einer genußreicht
‚die Individualität menfchlicher Charaktere ſich umgehindert entfalten ſollte.
keiner Zeit paßt jedoch jenes Gemälde, das wir oben entworfen haben, ma
eigentlicher als von ber neueften, und erſt im 18. Jabrh. hat die Menſchh
Ruhe und jenen Frieden erhalten, wo der Menſch als Menſch, und nicht bi
That und fein aͤußeres Schickſal Hauptfache ift und die Phantafie des Dig
derjenigen Sdealität, die dad Eigenthum des Romans ift, veranlaffen kann.
fen wir nicht aus diefem Allen ſchließen, daß auch wirklich unfere Zeit erſt im
gewefen fei, die Blüthe des Romans zur völligen Entwidelung zu bringen!
ſetzen daher die Ritterromane bei Seite (f. Troubadours, item
Minnefänger), und gefteben fehr gern den Briten bie Ehre zu,
nicht unbedeutenden Verfuch im Roman gemacht zu haben. Es wäre.
wenn wir hier dad Meifterwerk des großen Spanierd, Miguel de Gerv
vedra, vergeffen wollten, f. fharfjinnigen Edeln „Don Quirote von la
der in den erften Jahren d. 17. Jahrh. erfhien. Wir Eönnen ihm durd
das Charakteriſtiſche des Romans abſprechen, fowie das herrliche Leben,
das Ganze ausgegoffen iſt, die mit der Klarheit Hand in Hand geht
einem in feiner Art wol unübertroffenen Kunftwerfe erhebt. Indeß ber
Zweck, aufden dieſes Werk gerichtet ift, ber Zweck, den Halbdichtunger
terromane ben Todesſtreich zu verfegen, ſtellt es gleihfam als Hüter an
des Heldengebichts,, damit jene Mißgeburten nicht zuruͤckkehren; und fo
freilich nicht in die eigentliche Sphäre bes Romans eintreten. Indem
hafte Ritter zum Schutz feines Phantoms redlich und unermüdet Wache
er unwillfürlich den Abfichten feines großen Schöpfers dienen, und — eben
feinen eignen Schügling aufs ſchmaͤhlichſte zu Grabe bringen; fo ſteht
ſchoͤne Brüde da, auf welcher man in das Gebiet des wahren Romans
kann, ale der Vorläufer, der den Weg reinigt, damit das Beffere Kaum
quemlichkeit finde. — Aufdiefem gereinigten Wege mandelten nun zuerfl
länder, und auch dieſe erft im der Mitte d. 18. Jahrh., von wo alfe
die Geburtszeit des Romans zu rechnen iſt. Samuel Rihardfon trat
‚Pamela‘ hervor; ihr folgte die fo allgemein gefrierte „Clariſſa““, umd zum
wollte er das Höchfte in feinem „Grandifon” erfireben, ohne jedoch nur
bergehendes Werk erreicht zu haben. Noch ſteht aber Richardfon auf dem
punkt einer befchränkten, fittlichen Lebensanficht und Uber ben decben
moralifhen Srzählung geht ihm die echte Treue und Wahrheit ab und
raktere find am Ende nichts als abftracte Tugenden und Laſter. Meben di
manen, die ber ernftern Gattung angehören, erfchienen, nicht ohne die
den gefeierten Ruhm Richardſon's zu beeinträchtigen, die komiſchen Fam
mälbe des Wuͤſtlings Heinrich Fielding: „Tom Jones“ (4 Bde.),
(2 Bde.) und „Joſeph Andrews‘, Eleine mit vieler Kenntniß des menſchü
zens ausgeführte Miniaturgemälde des häuslichen und gefeiligen Lebene. |
gefelite fich der launige, humoriſtiſche Sterne in feinem „Life and eg
Tristran Shandy’” (9 Bde.), der als Yorik in f. „Empfindfamen Deifen
weniger Beifall fand. Wuͤrdig aber erfüllte Olivier Goldfmith den Kreis ll
MRomandichter duch f. „Landpriefter zu Wakefield’, in welchen ein fd
ben ber Darftellung und Vorfälle, mit tblicher , beinahe idylliſcher Charck
Roman, franz. — deutſche Ä 36
# und deſſen Sphäre überhaupt nur zu Elein und in ber That bloß Mi⸗
m dem Höchften im Gebiet biefer Dichtung’ fich gleichzuſtellen. Seit⸗
engl. Roman in tiefen Verfall gerathen, woraus ihn erſt neuerlich der
Baverien’ durch die gebiegenfte Charakterzeichnung, bei einer ihm eis
n geiftreihen Behandlung hiftor. Hintergründe und Benugung aufs
weethämlichkeit, wieder erhoben hat, worin ihm die Nordamerikaner,
?, u. viele Deutfche nachfolgen. (Vgl. Scott, Walter, u. Wavers
len.) — Die Franzoſen mochten wol die Muͤhe ſcheuen, ſich den
fchaffen, ben bie höhere Romanenbichtung fobert, und beffer gefielen
: et une nuits”, ihre leichtfertigen Erzählungen, ihre „Märchen der
28°. Doch verdienen Leſage's „Gilblas de Santillane”, und fein.
» Gonzalez”, befonderö ber erfigenannte Roman, ausgezeichnet zu
itaire’6 „Sanbide”, „Zabig”, „Mikromegas“ u. f. w. find zu frivof,
fter zu dienen; Marmontel hat das Verdienft geiftreicher Leichtigkelt
, d Arnaud's und Florian's Erzählungen aber find für uns nicht viel
icher, aus welchen wir ein recht leichte8 und gewandtes Franzöfifch.ers .
mn. Rouſſeau in feiner. „Heloife”, ſowie in feinem „Emil“, ifl am
garız Andres ald Romandicyter, iſt Philofoph, und die Zeit, bie auf
fche Philoſophie ſchon den Staub der Vergeffetiheit geworfen hat, iſt
29, daß diefe Philofophie nicht die Höchfte ift. Wir fenmen die Romans
er Frau v. Stael; wir ehren Manches aus den Erzählungen ber Frau
nd der Mad. Cottin; aber find wir ungerecht oder einfeitig patriotifch,
baupten, jene vorzügliche Schriftflellerin, die wir zuerſt nannten, ver»
a6 Beffere ihrer Romane dem beutfchen Genius, u. ihre „Corinme‘ fei
ter und reiner als Ihre „Delphine? — Von Italien a. Spanien (dies.
wie gefagt, feine. Schuld durch feinen Cervantes auf eine Art abgetra⸗
nur eine fo poetifche Nation thun mochte) Eonnte aus dem höhern
: eigentlich poetifchen Beftimmung diefer Völker für den Roman nichts
ztet werden, obmol auch Italien in den Movellen feines Boccaccio ges
was man mut verlangen konnte. Den erſten neuern Verſuch zur Em»
) des Romans in Italien hat eben Manzoni (f.d.) gemacht — Aber
m Stolze wenden wir ung zu unferm Volke, dem e6 in feiner Befcheis
‚ bei feiner oft ängftlichen Sorgfalt für innere harmoniſche Ausbildung
mfchlidyen gelungen ift, den Roman zu vollenden. Im 17. Jahrh,
am aus ber Flut der Ritterromane erlöft worden mar, konnte man bei
a ſchwachen Reben der Poefie und der Berfchrobenheit des Geſchmackt,
henſtein und. Hofmannswaldau aufgelommen war und faft 60 Jahre
ws Roman es nicht höher bringen ale zu Volksmaͤrchen, Schaͤfer⸗
und hochtrabenden, noch in dem Nebel des Wunderbaren begraberien
men, am Ende eine bloße Namensveraͤnderung der Ritterromane,
auf der einen Seite die Volksbuͤcher von Dr. Fauft, von Till Eulenfptes
ı Schönen Melufine”, vom „Hörnernen Siegfeted”, u. auf der andern
Kfintifche Banife”, Lohenſtein's, Arminius“ ıc. Wir können diefen Zu»
Ins als chaotiſch bezeichnen, wo wenigſtens Alles in der Flut der Waffer bes
Kergegangen war, bamitfich eine neue Schöpfung baraus erheben möchte.
eb. 18. Jahrh. lernte man in Deutfchland die Richardfon’fchen Romane
oh fie warb der ſchlummernde Funken angeregt. Freilich mußten auch
ni Berfuche noch fehr unvollkommen auefallen und das Licht hatte lange
Jerniß zu kaͤmpfen. Mufäus verpflanzte den „‚Standifon” in einer nicht
K Nachahmung auf beutfchen Grund und Boden, und in „Sophiens
us Hermes, muß man bei allen Schattenpartien bes bändereichen Werke.
a eingeinen Steiten bie Ahnung bes eigentlichen Rowaand aneıtennen.
382 | | Roman
Wenigſtens bleibt ihnen das Verdienſt, der erfte beutfche Originale:
Bon da an ergoß fih nun der Quell des Romans bei unferm Volk i
vollen Strömen, und man mag über diefe Romanenflut ſich vielleicht
koͤnnen, daß man nicht vergift, mo die Natur beſchloſſen hat, dad
vorzubringen, da müffen die vorhergehenden Verfuche ins Unendlicye
werden. Es folgten die zum Theil mit Recht vergeffenen Familieng
Duſch, Gottwerth Muͤller, Starke, Lafontaine u. U. Neben di
manches Beffere zum Vorſchein. Wir rechnen dahin des hHumoriftift
„Lebensläufe in auffteigender Linie”, ſeine „Kreuz⸗ und Querzüg
A—3', ferner die Klinger’fhen Romane, die Arbeiten des Grafe
Sternau (bed Verf. des „Goldenen Kalbes‘'), die Romane von Hei
Schlegel, Tieck, Novalis (Hardenberg), Ernft Wagner, Anton Ü
Paul (Friedrich Richter) u. A. Allein zugleich gab es auch wieder „S
von ihm abflammende ähnliche, füßliche, weinerliche Liebesgeſchic
„Rinaldo” u. „Batrifche Hiefel”, Weiber und Männer, wie fie fei
ihrem langen Anhange; kurz der Geift.des Romans ſchien nach allen R
fi) verfuchen zu wollen, bis er endlich das Nechte treffen möchte. H
. des eine Zeitlang allgemein gefeierten Wieland gedacht werden. 8
feltenen Berbienfte diefes wahrhaft großen Mannes um bie deutfche '
innige, lebendige Kenntniß des menfchlichen Herzens und ber Leidenfe
durchaus nicht abzufprechen. Aber wir wollen es auch nicht verhehle:
unferer Überzeugung, ein Wieland’fcher „Agathon” unendlich mehr Si
Lüfternheit angeregt hat, als er zu befiegen und zu beherrfchen im
und wenn er der Zeit ein Ideal der Mienfchheit vorgehalten hat, fo
ber kunſtmaͤßig ausgebildeten MWoltüftigkeit eines untergehenden Zei
Wieland's Wirkfamkeit an datirt fi) unverkennbar die WeichlichEe
Moltüftigkeit der vornehmern Stände Deutfchlands, bei der wir ni:
wollen, wie großen Antheil Wieland an ihrem Entftehen und ihrer
hatte, die uns aber gewiß in Schmach und Schande begraben hätt
nicht durch den Pofaunenton des Kriegs wieder aufgemedt worden
mögen es alfo wol leicht verantworten, wenn wir Wieland hier vor
werbung ausfchließen. Aber defto Höher ftrahlt noch im Silber des Al
Dichter, der nun über ein halbes Jahrh. die Zierbe bes beutfchen- Par
gab’ zuerft in „Werther's Leiden”, in einem Miniaturgemälde (faft nur
die erfte mahre Idee von einem Roman. Hier ift fchon Charafter!
hoher Ausbildung. - Darauf folgte Das, was wir das Hoͤchſte im Gi
mans nennen, „Wilhelm Meifter’s Lehrjahre”, in welchem der Did;
finnige Leſer ahnete, noch ehe die geniale Selbfibiographie e8 beſtim
ein treues, aber im eigentlichen Sinne dichterifches Bild des Edeifte
feiner Zeit aufgeftellt hat. Dies Werk umfaßt wirklich alle Stände ı
Berhältniffe der Menfchheit auf ideale MWeife und (mas es uns allı
machen muß) es gibt deutfches Keben in der hHöchften Vollendung , die
kann. Solche Männer, ſolche Frauen, folche Kinder hat feinRom:
zuweiſen und (die wahre Apotheofe des Dichters) es find nicht abfira
und Laſter, fondern Altes ift concret, individuell, voll Leben und Selb!
Charakterſchilderung, die Seele des Romans und der höchfte Triumph
Noch gefiel es dem Dichter, feine „Wahlverwandtfchaften” hervortre
ein geglaͤttetes Meiſterſtuͤk! Und wenn wir im „Wilhelm Meifter‘
Frühlings = zund Sommerblume erhalten haben, fo find jene eine
» Die den „Wahlvermandtfchaften” fo oft vorgeruͤckte Unſittlichkeit wird,
tens, dadurch widerlegt, daß es kaum eine größere und bucchgreifer
“Digung ber Ehe geben kann als gerade dies Buch und fein ganzer Zi
-
5
Romana | . 888
er Ehe kann ja felbft die Bande der Natur uͤberwaͤltigen, und ihr
den und Heldinnen des Studs zum Opfer gebracht. Zu biefen
- Romanliteratur gehört endlich die herrliche Gelbftbiographie, die
U Wahrheit und Dichtung nannte. Gilt unfere Theorie, fo wird
Lder Mißurtheite über Goͤthe's Romane von felbft weofallen. Im
yat doch das Zeitalter die Größe der Göthe’fchen Meiſterwerke aners
Yichter hat uns neuerlich den Helden feines Romane in „Wühelm
iderjahren“ in neuen Verhältniffen wieder vorgeführt, und nur
aan das neue Werk eine Kortfegung des frühern nennen; aber über.
> Abficht deffelben kann bei dem Bruchſtuͤcke, das mir erſt befigen,
theilt werden. Ernſt Wagner hat in ſeiner gelungenſten Schrift. |
fichten des Lebens”, ihn vor Augen gehabt. In „Sternbald's Wanz
Tieck ift der Einflug des Göthe’fchen Vorbildes nicht zu verkennen;
wir ein Brudftäd „Siorentin”, von Fr. Schlegel, movon nur ber
ienen ift, der wol das Nachbild iſt, das feinem Vorbilde am naͤch⸗
chte der geiftreihe Dichter das Werk vollenden. Es wäre Schade,
3e Florentin kein Ziel feines herrlichen Strebens finden und alfo uns
ie Nachwelt kommen follte. Leider auch bie jegt unvollendet ift der
Sevennen”, von Tieck, vielleicht fein Meiſterwerk. M-i+»r.
sa (Marquis de la), Feldherr in dem Kriege ber Spanier. gegen
er franz. Kaifer hatte, feine Plane gegen die Bourbons in Spanien
307 ein fpanifches Armeecorps von 10 — 12,000 M. nad) Deutſch⸗
an defien Spige der General R. ſtand. Er war bem Oberbefehl des
madotte untergeorbnet, und erklärte diefem, in feinem und feine® gans
sen, ihre Anhänglichkeit an Joſeph Napoleon. Aber diefe Erklaͤ⸗
eine durch die Noth abgebrungene Täufchung. Boll Hab gegen bie
nes Vaterlandes trat R., feine Stellung auf der Inſel Fuͤhnen bes
efelben Zeit mit dem Befehlshaber der bort aufgefteften engl. See⸗
me Unterhandlung, erhielt engl, Zransportfchiffe und fchiffte fich
ummten Mannfchaft, mit Zurädlaffung weniger Abtheilungen, bie
mg hatten herbeigezogen werden können, vom 17. bis 20. Aug. 1808
borg und Svendborg ein, und langte, wirkungslos von Napoleons -
su Coruña an. Seitdem war R. unermüdlich befchäftigt, die Spa⸗
- Unterbrüder anzuführen. Er gab zuerft die Idee an, die Bauern
und dieu.d. N. Guerillas fo bekannten Banden zu bilden, um mit
flraßen zu beunruhigen und bie Verbindungen der Franzoſen zu ers
in Scharfblid erkannte, dag auf diefe Weiſe ein leicht zu entflam>
md neue Soldaten, die an den Krieg nicht gewöhnt, ſchlecht gezo⸗
t befehligt waren, und die gegen die krieggeuͤbteſten Truppen Euro:
ollten, mit dem beften Erfolg benugt werden konnten. Unleugbar
dadurch, als durch feine perfönlichen Dienfte, einen wichtigen Ans
ehauptung der Unabhängigkeit Spaniens gehabt. Weniger in der
ta, (die nur zu oft von Privatrüdfichten geleitet wurde) als im vol⸗
der Engländer, führte R. zwar nie ein zahlreiches Heer an, aber
ihn fein unverfähnlicher Franzoſenhaß und die unbegrenzte Anhaͤng⸗
nigen furchtbar. Er war eben im Begriff, im Anfang 1811 aus
| die Sranzofen, die neue Vortheile errungen hatten, zu ziehen, als
aufhörlichen Anftrengungen erſchoͤpft, ſtarb. Er war nicht nur ein
Htiger Feldherr, ſondern auch ein ſehr gebildeter Dann, ber mit
Ausern Feinheit des Geiſtes und ausgebreitete Kenntniſſe verband.,
zre in Leipzig ſtudirt und mar mit der Literatur, samen der al⸗
oberflächlich dekannt.
DEIEE UVUSEEUBIE 7iYLIUUIU YEIDE VIELE MH JE DU JELE SYUHSEE.,
Romaniſche Sprachen heißen diejenigen, welche fich
mifchen Reiche gehörigen Ländern Europas, wo die lat. Sprache
zur Zeit des Verfalls und Untergangs des weſtroͤmiſchen Kaifert
Munde der Kandesbemohner und einwandernden Barbaren aus den
gemifchten Latein bildeten. Sie find ein Gemiſch der lat. Sprache
denen Sprachen der eingemanderten Barbaren, jedoch erfcheint in
nifche ald Grundlage und Haupttheil, nur nad) Verfchiedenheit der
den geftaltet. Diefe Sprachen find die italienifche, portugiefifche,
zoͤſiſche und die rhätifche oder romanifche im engern Sinn. Raynı
eine romanifche Urſprache ald Typus der gemeinfamen Bildung,
Schlegel leugnet, und hat in f. „Elemens de la gramm. de la I
avant l'an 1000” (Paris 1816) über diefelbe Unterfuchungen ang.
Romano (Biulio), f. Sulius Romanus.
Romantifh. Das Wort deutet auf füdlichen Urfprur
wunderbare Zeit hin, in welcher die neuere Gefchichte der füdlichen
nes Jugendalter gelebt hat. Wie Roman den Namen erhielt von t
beſonders poetifchen Sprache (Romanzo), fo ift unftreitig auch di
felben Grunde entwachfen, wenn auch die Sache felbft ſchon vorher
Bedeutung des Romantifchen wird am beften buch Betradhtun
wundervollen Zeit gefunden werden, in welcher im Suͤden von E
neuen Sprachen, der Geift und das Wefen einer neuen Ära ſich
ztemlich ſchnell eine Bluͤthe entfaltete, bie nun auch ſchon laͤngſt wie
gen iſt. Nurdarf man das Wort romantiſch, da überhaupt ein:
ter unferer Zeit ift, nicht mit romanhaft verwechſeln, meld
größtentheilß aber im fchlimmen Sinne alles vom Gewoͤhnlichen Al
Idealiſche, das Phantaftifhe, Seltfame, Verfihrobene bezeichnet
man es von Begebenheiten und Handlungen, Charakteren und ‘
DE x eignen dies Wort der Kunft, zundächft der Poefie zu, und mei
nach der urfprünglichen Bedeutung, eine jener fchönen Formen t
‚ie bie eigen Berge und Wälder und flärmifchen Meere, und der duͤ⸗
ifonlle Rebeihimmel des Nordens, fo iſt die Poeſte deſſelben, bie erſt
it in ihrer wahren Größe zu wärbigen gelernt bat., gigantıfch, voller
mächtiger Helden, weithinausfchreitend uͤber bie Engen menfchlicher
nd ſelbſt der Form nad) mit großem, ernſtem, furchtbatem Tritte eins
‚ Und nun, tie freunblich und doch auch wieber nicht griechifch, ift
ie eomantifche Dichtung! recht eägentlich das verbindenbe Mittelglied
ven, wie bie Länder, in welchen fie bluͤhte, felbft bie Bruͤcke waren,
der Norden mit dem Lande und den Kunftfchägen der Griechen fpdter-
hrang kam. Ein ſchoͤnes, Kebliches ; wunderlich bewegtes Gemaͤlde
ren Blicken auf, wenn wie im Geiſt unter dem wilden, ſuͤdlichen Him⸗
yence wandeln und in die blinkenden Schloͤſſer der gewaltigen Herzoge
eintreten. Verſammelt ift ein glänzendes Hoflager in Gärten mb
die Natur felbft gemacht hat, das Turnier geendigt, die Preife unter
Ritter vertheilt von ben Händen ber fchönften Dame des Feſtes, das
ihl wird gehalten, füße Minne wärzt den Becher unb regt unnennbar
Beh wie mit Zaubergewalt im Derzen auf. Siehe, da erfcheint ber
‚ die lieblich Elingende Harfe in ber Hand, Ritter und Damen begrüs
ee Frende ben lieben Gaſt, er ſtimmt bie Saiten, Altes lauſcht feinen
nun ſtroͤmen von feinem Munde bie Thaten des großen Karl, des ums
land, bes Königs Arthus, ber gefeierten Tafeleunde. Wie die Fruͤh⸗
wbert fein Lied einen bunten, duftenden Blumengarten hervor. Feen
kryſtallhellen Seen, Zauberſpruͤche fchaffen im kalten, unwirthbaren
nbliche Auen und Gärten, von Drachen und Ungebeucen bewacht, aber
n ihre loddenden Labyrinthengänge eingegangen if, mit unausloͤſchli⸗
ı fefthaltend in den Bauberbanden Armidens. Auch der Schoß ber
w Gewaͤſſer thut fich auf,. in ihm leuchtet eine andre geheimnißvolle
Ib und Edelgeſteine machten da in herrlichem Glanze. Doch jetzt führt
Kr ſchuͤtzender Bauber ins bichtefte Schlachtgewuͤhl, Rieſen ftürgen
hat IHT eigentdumuch Dchones, ihren aſthetijchen eharatter, und Du
hat ſich Immer auch In Kunſt und Poefie ſolcher Länder abgedruͤckt.
eine ſchoͤnr, lieblidhe, bunte Mannigfaltigkeit iſt nicht der Charakt
chen Gegenden Frankreichs und Spaniens, denen die romantifche D
thuͤmlich iſt! Welch eine Üippigkeit und Fuͤlle, die weit Uber bie Ein
&enlands und die brennenden Flaͤchen bes untern Italiens (denn bie !
hört mit in den Länberkreis bed Romantifchen) fich erhebt, und von
Grotesken des Nordens mit feinem Schreden und büftern Nebeln
Schnee ebenfo weit entfernt ift. Wenn im Norden die Flur gleichſam
ift als eine große Wildbahn, wo ber kuͤhne Jaͤger gelodt wird, mi
dem Elen ſich zu meſſen; wenn griech. Landfchaft in ihrer eben, her
ſchimmernden Reizes entkleideten Einfachheit von felbft zur ivealifd
ſicht Hinfeitet und Veranlaſſung wird, das Leben geifliger zu nehme
fhönen, freundlichen Gegenden der Provence, Gasconiens (das a
Aquitanien), die reichen, mit allen Baben ber Flora und Pomona g
fien Spaniens , fo find felbft manche. Gegenden im füdlichen Deutſe
Bärten, in welchen das Leben von ſelbſt zum Spiel und Genuß wirb
warme Luft das ganze Fahr hindurch, in den heißen Monden von
Oceans, ober von ben plätfchernden Silberbaͤchen der nahen Gebir
unter einem faft immer heitern Himmel, die Äpfel der Hesperider
duftenden, fihattengebenben Wäldern, die Erde, ohne viele Bearbe
dern, im Überfluß gewaͤhrend nicht nur maß ber Leib bebarf, fondern
erquickt und ergögt, bunte, zerſtreuende, veizende Abwechslung übe
wie bie Blumen bee Wiefe, kann da Lebensgenuß und Lebensanftd
romantiſch, d. h. finnlich weich, veinlid und zierlih in einem fdh:
Sarbenfpiel bes Genuſſes werden ? Gefang und Saitenfpiel zu ber
weibenden Deerden, die zu hüten und zu warten ftatt Mühe felb
Unterhaltung gewährt, Übungen in ritterlichen Kämpfen zum Scherz
Minneluft und Sinn für eine Poefie, die fo bunt, lieblich umd fin
die Landfchaft ſelbſt: das find die natuͤrlichen Accorde aus ber Menſch
Romantiſch ‚887
ittercomane, ber unffreitig dem Süden von Europa entfproffen iſt
eſt ſich weiter ausgebreitet hat. Diefer romantiſche Geiſt herrſchte
Alpen, von Limoſiniens Rebenhuͤgeln, über die Pyrenaͤen hinuͤber
teereögrenzen des von den Mauren beſetzten Spaniens; Chriſt und
ritterlichen Spielen und Thaten, Herzog und Ritter in lauter Feſten;
yet, vom Thron verftoßen, wie zum Feſt, mit Rittern und Damen
hinaus ins freie Seid, in den grünen Wald, wohnt unter Zelten
mter Spiel und Gefang, unter bem herrlichen Laubdache ſchuͤtzender
— der Krone und kehrt nur mit Wehmuth auf den dornenvol⸗
bl 3 . Ä
Geſchichte biefer Romantik vgl. m. Mittelalter, Deutfche
itterwefen:. Wir deuten daher nur Folgendes an: Rad) den
ed Gr., unter feinen ſchwachen Nachfolgern, machten ſich die Gro⸗
3 immer unabhängiger. Die burgundiſchen Königreiche entflanden.
von Provence, von Zouloufe galten oft mehr ald der Koͤnig, ben fie
»deten. Die Hofhaltung in der Provence war eine Zeitlang bie ſorg⸗
erin alles ritterlichen Thuns und Wefens. Ganz Frankreich, befons
n, ein Blumenbeet voll der mannigfaltigften Herrfcherblumen. Die
ie gerabe in jenen Ländern die meifte Theilnahme fanden (felbft das
Gemaͤlde in der ganzen Gefchichte), kamen hinzu, und fo finden wie
die ſchoͤnen Dichtungen von Karl d. Gr., feinen Pairs, feinen Kaͤm⸗
Mauren, erfimden und ausgebildet. Wie lieblich ift dies ſchoͤne
ıde von Meifter Ariofto in f. „Rafenden Roland” mit allem Reichs
aber der Romantik ausgeftattet!. In Spanien verfchaffte ber Kampf
nit den Mauren, das allmälige Auflommen chriftlicher Königreiche, .
yen Poefie Stoff und Nahrung. Selbſt die ganze Geſchichte diefes
wie es das ritterliche Volk, das ihn beftand, immer bis in bie neuefte
beſen iſt, im höchften Grade romantiſch. Aber nun ging Romantlk
land, nach Deutfchland über. Dort (in England) wurde doch noch
„ weil England durch die Normandie mit Frankreich fo nahe verbuns
Mythus vom fabelhaften König Uterpendragon, von Arthus echt cos
ebildet und gab felbft der füblichern Romantik feine’ Dichtung vom
tin ab. Aber in Deutfchland konnte, und auch dies bloß im ſuͤdli⸗
waben, durch die Minnefänger, bie einem andern Klima gehörige
tomantifchen faum noch zu einer echt volksthuͤmlichen Ausbildung ger
doch Deutfchland fchon im Beſitz einer beſondern Sprache, fowie
lichen Poefie, der nordiſchen. Unfere Zeit nım gleicht in Bezug
wem großen Stapelplatz, auf dem man Griechen, Franzoſen, Engs
ibinavier, jeden in feiner eigenthümlichen Tracht und Weife, umher⸗
Wir haben kaum ein andres Verdienſt um Poefle, als daß wir
em ange ber Zeit allmälig und periodenweis ſich entwickelte, in eine
gt, bie zerfiveuten Strahlen in einen Brennpunkt gefanmmelt und
as Eigenthuͤmliches zu befigen, die Geiſter ber Vorwelt heraufbes
uw. So fehen wir denn neben der Griechheit, neben dem mit droͤh⸗
ktte aufteetenden Diefengeift nordifcher und damit gewiß verwandter
ber Poefle, auch bie heitere, frifche, üppige Romantik lieblich verſchwi⸗
umberwanbeln. Daß wir auf diefe Weife wol am beften geeignet find,
sch den Homeren zu fein, Kunſtkritiken zu machen und ben Geiſt der
ge Kaufleute beffer zu verſtehen al6 mancher Künftier ſelbſt, Hegt am
wöchte fich nicht auch fehr natürlich daraus beweifen laffen, daß unfere ⸗
liche Nachbluͤthe fei und wenigftens der Originalität entbehre, wie groß
hen nad) und das Reden von Originalität unter ms möge?
| 2
.
-
Jene meinen, daß. fich die tomanfifche Literatur. durch Wernachlä
den Alten beobachteten Regeln, durch groͤßern Umfang ber Did
bunte, verwirrende Mannigfaltigkeit und eine bis zum Ekeln wah
der Leidenfchaften und Affecte charakterifire, und Betrachten fo da
theils nur von feiner negativen Seite, theils fchon in feiner Verzerr
die jüngern poetiſchen Talente ſich immer mehr von den als claffifd
gein losmachen. Diefer Antagonismus der tomantifchen und ber cl
bat auch in Stalien fich gezeigt. Indeß befchreiben die Gegner dei
dieſe Gattung nur in ihrer Ausartung. So Viennet, diefer
Epiftel, wenn er in feinem „Epitre aux |Muses sur les romanı
1 Par:
„C'est la. mdlanchlie et la mysticite,.
C'est l’affectation de la naivete;
C'est un monde ideal qu’on voit dans les nudges:
Tout, jusqu'au ‚Bentiment, n’y parle qu’en image
C'est un je ne sais quoi dont on est trausporte;
Et moins on le cumprend, plus on est enchante‘
Romanze, die eigentliche Dichtungsart der rowantiſcher
das Romantiſche zwiſchen griechiſchem und nordiſchem Geiſte in
ſo ſcheint die Romanze; die Frucht zu fein, welche epiſche Poefie i
Europa im ſchoͤnen Zeitalter des Ritterthums alfein bringen konnte
bracht bat. Wenn nordiſche Dorfie in einzelne geoße, ungeheur:
mengeht, wenn das griech. Epos faft einzig in dem großen aber e
des trojanifchen Kriegs ſich bewegt und überall eine edle, wuͤrdige C
ber Olymposbewohner teie im Schlachtgemühl der Helden vor Tro
iſt die romantiſche Epit in unzählige Eleine Bluͤthen und Blume
"durchgängig mit Iprifchem Ausdruck, und das der Grund des une
thums an Romanzen. Das größte Epos des Südens bleibt immer t
licher Blumengarten; aber ift er etwas Andres als eine Eöftliche 5]
lieblichſten Romanzen, finnvolt und kuͤnſtlich angereiht Und felb
EroitaR Varııfalamld . in ana Maiha Chinan Mainar anstehen 3
uyysca auyrıulıy, UUU VIEL SIUIJE VEL ZULEEJETS BUY LUSYLELHYJITEEZ TISE
we Liebe. Leichtigkeit, Gedraͤngthelt, Mannigfaltigkeit, und über dies
höne, ſchwellende Licht des Südens ausgebreitet, das find bie Hauptel⸗
der Romanze. Sie iſt Erzählung einer Begebenheit und in Form und
antiſch, Durch die lieblicdyen Reim: und Affonanz» und Gonfonansge:
die Zaubergärten abenteuerliche: Gegenſtaͤnde ſich hindurchſchwingend.
ewand kleidet fich hier Alles, jede Empfindung, die angeregt, jedes Ge⸗
rusgeſprochen werden fell, vom Graͤßlichen bis zum füßen Zauberfpiel
rab. Go verfchieden jedoch das Heldengedicht, das Drama fein kann,
n kann auch die Romanze fein, komiſch, tragifch; felbft die Satyre
nie ift nicht ganz davon ausgefchloffen, aber Alles im Geift bes Romans
In in bumter Mannigfaltigkeit. Der Geiſt der Romanze ift verſchieden
ſchiedenen Völkern, die fie ausbilbeten. Spanien ift das Hauptland
ze, und in dem Kampfe mit den Mauren, ber Jahrhunderte lang
ftatt das Bild eines allgemeinen, zufammenhängenden Streits zu ges
bft hoͤchſt romantiſch in einzelne Ritterzuͤge zerfällt, mochte der reichfte
ihlreichen Romanzen gegeben werden. Man erinnere fi) an die Ro⸗
ber Spanier. Der einzige Alonfo de Fuentes, welch einen Reichthum
omanzen hat er nicht geliefert! In dem alten Frankreich fehlte es nicht
s Sefängen, wenngleich nicht u. d. N. der Romanze. In dem Ältern
Englar.d floß der Strom diefer Dichtung ebenfalls fehr reichlich. Man
nlungen von Percy und Ellis. Go bei jeber Nation aus dem Kreife
He. Aber in der neueften Zeit, wo allmälig die Schäge aller Nationen
nfchaftlich geworden find und felbft Die Orangengärten des Südens im
biuihen, wo der Geift der Poefie, ohne ein eigenthuͤmlicher zu fein, In
kung der Dichtungsarten aller Zeiten und Länder eine gewiß nicht zu
Univerfalität ſich erworben hat, in ber neneften Zeit, und zwar befons
migen Nation, die ohne Zweifel jegt allen übrigen die Dichterpalme ent:
in der beutfchen, ift Faum eine Dichtungsart ſchoͤner außgebilbet und
iner gebt worden als die Romanze. Unübertroffen flehen Schiller und
890 FO Romberg. (Familie)
wol, daß fie urfprünglich mit lebhafte Mimik vorgetragen wurde;
tet wol auch ber Name Ballade an. In der Geftalt, in welcher n
die Ballade vorzüglich auffaffen, kommt fie am früheften bei den En
Schotten vor, wo fie auch einen ernflen Stoff, und Ton hat. Wi
zoſen ballades nennen, ift ſchon von andrer Art. Die Staliener aber
dem 12. Jahrh. ballata ein rein lyriſches Gedicht von: Fleinerm Un
Gegenſtand gewoͤhnlich Liebesklagen find, was alfo mit unfern Ballı
Verbindung fleht. Die vorzüglichfien deutfchen Balladendichter
Stolberg, Goͤthe. Die „Leonore“ des Erftern hat ein claffifche® Anfehe
Romberg. Aus diefer Tonkünftierfamilie, welche von
Anton (dem ältern), Birtuofen auf dem Fagott, und Gerhard H
Müuſikdirector zu Münfter und Virtuofen auf der Clarinette, abflam
1792 zu Bonn verbunden der Tonkunſt huldigte, find vorzüglich X
Andreas R. berühmt geworden; Bernhard, Sohn Antons, ale
lebende Virtuos auf dem Violoncell (geb. 1770); Andreas, Gert
Sohn (geb. 1767), vorzüglich als Tonſetzer und Violinift berühmt.
den im. Niederſtift Münfter, und zwar Andreas zu Vechte,
Dinklage geb. und ließen ſich ſchon im 7. Jahre in einem Concerte |
machte die muſikaliſche Familie eine Kunftreife nad Amfterdam un
Paris, wo fie großen Beifall einernteten. Beide Vettern wurde
glieder der Eurkölnifchen DHofcapelle in Bonn, und gingen, als der
franz. Revolution fie nöchigte, mit ihrem Sürften zu entfliehen, im DO:
Hamburg, wo fie fi für bie mufikal. Akademien und Opern auf
bindlih machten. 1795 traten fie eine Kunftreife über Deutfchlant
an, von welcher fie 1797 nach Hamburg zurüdtamen. - Sie trenn
als Bernhard 1799 Hamburg zum zweiten Male verließ und über |
Spanien nad) Liffabon reifte. 1800 fanden fie fi in Paris wied
das Theater Feydeau die Oper „Don Mendoze’' gemeinfchaftlich fest
wurde 1801 als Prof. des Violoncells an dem Gonfervatorium zu
ſtellt. Von da kam er zwar 1803 wieder nach Hamburg zuruͤck, nat
eine Stelle in der Eönigl. Capelle zu Berlin an. Er legte diefe nieder,
nad) Berlin kam, und privatifirte in Hamburg oder machte Kunf
1827 iſt er wieber in Berlin, jedoch ohne Anftellung. Überall war!
würbigen Bernhards geniale Leichtigkeit auf dem Violoncell gepriefer
wol bie Sertigkeit feiner Hand als der geſchmack⸗ und gefühlvolle
Kuͤnſtlers bewimbert, ter Beine Schwierigkeit ſcheut, aber auch kei
uͤberall fein Inſtrument als ausgebildeter Meifter mit bewunder
Monnigfaltigkeit beherrſcht. Seine Violoncellconcerte, Violinqua
und Ouverturen find fehr beliebt, Dagegen einige Opern, z. B. „Ulvffı
„Rittertreue“ zc. weniger Beifall fanden. — Andreas dagegen, beı
Hamburg haͤuslich nieberließ, hat durch feine gründlich gearbeiteten !
ſtuͤcke, beſonders durch f. Spmphonien, Quatuors und Quintette,
fien Melodie und gründlichften Harmonie, die Mufitfreunde in Deu
fo, wie f. Vetter durch fein Vtoloncelifpiel gewonnen. Am meiften
bier dem großen Haydn. Weniger allgemeinen Beifall hat er als ©
nift (namentlich durch die Compofition Schiller'ſcher Gedichte, z. %
her Macht des Geſanges ıc., mit Begleitung bes Orcheſters, und e
z. B. der „Ruinen von Palnucc“) erhalten; hier hört man nur zu o
mentalcomponiften, und f. Declamation ift mitunter fehr fehlerhaft.
« fandte ihm die Univerfität zu Kiel das Diplom eines Doctors ber
„ Intbefondere ber Muſik. Er hatte fich auf mehren f. Reifen als wacke
Uchen Biolinfpieles bekanntgemacht, ging 1815 an Spohr's Stei
Romelien Romilly 891
Botha und ſtarb dafelbft d. 10. Nov. 1824. Andreas hinterlieg 10
welchen ber ältere Sohn ein ausgezeichneter Violinift, dagegen Bern ⸗
in guter Violoncellift zu werben verfpricht. — Noch ift ein jüngerer
ıhards, Anton (geb. 1777), als braver Fagottiſt befannt. Ex ges
4 wuͤrtemb. Gapelle an, reifte 1817 und ließ fich in Berlin und Leip⸗
u Beifall hören. Er hat eine treffliche Höhe und Gleichheit ber Toͤne,
ft, Sicherheit und große Fertigkeit.
lien, Kum⸗Jli, das ehemal. Thrazien, eine Statthalterſchaft
Meichb, der ein Beglerbeg (Fürft der Fuͤrſten) vorfteht, welcher zu
hält. Womelien ift von hoben, fehroffen Gebirgen (Hämus, Rho⸗
mitten und ſtoͤßt an das ſchwar ze Meer und den Archipelagus. Kon
gt innerhalb bes Bezirks von Romelien.
r, das Rathhaus der Stadt Frankfurt a, M. Der Name (reiit
ven ehemal. Befigern, einer Familie Römer, die 1405 da6 Gebäude
tmagiſtrat verkaufte, der es zum Rathhauſe einrichtete. Als des
m Reichs Verfaſſung beftand, wurden in dem Roͤmer die Berathe
ber die Wahl der deutſchen Kaiſer und Könige gehalten; der gekroͤnte
hier bie Huldigung an, zu welchem Endzweck verſchiedene eigens dazu
Bemäcer und Säle daſelbſt befindlich find. (Die feierliche Wahl am
dahltage fand in der fogen. Wahlcapelle in ber St⸗ Bartholomaͤus⸗
Hier warm aud) die Bruſtbilder aller roͤmiſchen Kalfer aufgeftelt.
Zopograph. Beſchteib. von Frankfurt a. MM.” findet ſich eine genaue
des Römers. Auch [, man Goͤthe s „Aus meinem Leben", Ih. 1.
monate, f. Deutfhes Reid.
rzinszahl oder Indiction, f. Periode.
vzug, ſ. Deutſches Reid.
Uly (Samuel), ein ausgezeichneter Redner und gründlicher Reit
Verfafſung, war einer der ebelften Vertheidiger der Rechte und Frei⸗
486, geb. 1757 in London, ſtammte aus einer franz. Familie ab, bie
der Aufhebung des Edicts von Nantes in England angefiebelt hatte,
ich der juriſtiſchen Laufbahn, in der er fich fo auszeichnete, daffein . ,
in ber fpätern Zeit Über 100,000 Thlr. bettug. In f. Privatleben
em trefflichen Marquis dv. Lansdown, ehemal. Lord Shelburne, enge
ente in deffen Haufe f. Gattin, Tochter des Heren Francis Garbett,
ein f. 40. Jahre heicathete, und Fam durch ihm nach Pitt’s Tode in
wille ſche Minifterium. Dann ward er In das Haus der Gemeinen
mete ſich auch hier durch f. Talente, Renntniffe und Grumbfäge aus,
ver berühmten Unterfuchung gegen Lord Melville einer. der Commiſſa ⸗
thanfes und ber Berichterfatter ber Comits. In den Verhandlungen
andel machte ſich Sir amt vor Allen bemerkbar. Rad) For's
er f. Stelle im Minifterium und trat auf bie Seite der Oppofttion,
achſter Führer er wurde. Bei der naͤchſten Parlamentswahl ward
atafter gewählt, wodurch fein Anfehen noch höher flieg. Er befaß
me Gewalt der Berebtfamkeit, bie durch bie Kraft der Phantafie und
bie Gemuͤther beherrſcht; aber alle f. Reden waren durch lichtvolle
deutliche Darlegung der Gruͤnde und durch bie Geſchicklichkeit aus |
omit ex bie ſtarke Seite ſ. Gründe und die Schwäche der Darftellung
Licht zu flellen wußte. eine Sprache war als claſſiſch berühmt.
Berbienfte erwarb ex ſich durch f. Bemühungen um bie Verbeſſerung
ı Rechts in England, und f. „Observations on the oriminal law
ws it relates to capital punishments, and on the mode in w]
bered” (Lkond. 1810) find zur Senntniß Beiingl. Bedyapluge
!
VBehorde ernähren müffen, gehen Millionen nad) Kom, von dene
apoftolifchen Kammer zufließt. — Schwieriger find die Gefchäfte t
tlonthofes ober bee Rot a. (Vgl. d.) — Einen ausgebreiteten €
glaͤubigern Zeiten das Amt des Cardinal⸗Großpoͤnitentiarius als
Penitenzieria, welcher in Anſehung aller Gewiſſensfaͤlle, Geluͤbde,
ſten und verbotenen Verwandtſchaftsgrade in Eheſachen abſolvirt
bei denen ber Papft ſich das Recht der Abſolution und Diſpenſat
bat (daher Refervationen). — Außer diefen Behörden, de
kreis ſich über die ganze Bath. Chriftenheit erſtreckt, gibt es zu Rom
naͤchſt bloß mit der Regierung des Kirchenſtaats befchäftigte Be
Sagra consulta oder das peinliche Obergericht, in welchem der C.
ſecretair präfibiet; die Signatura di giustizia, ein für Civilfache:
Suftizcollegium von 12 fiimmfähigen Prätaten, an deſſen Spit
provebitore oder Juftizminifter des Papftes fteht und mit dem bi
grazia concurrirt; bie apoflolifche Kammer, in weldher 12 Prät
Vorfige des Cardinalkaͤmmerlings arbeiten, das Vermögen der .
Domainen des Papftes verwalten und alle bie Einkünfte einnehn
Papſt ale Landesherr und oberſter Biſchof des Kirchenflaats, wie a
und Ländereien, die außer dieſem Staate unmittelbar unter ihm f
von ihm nehmen, erhalten muß; und eine Menge von Gove
fecten, Procuratoren 2c., in deren Bänben bie verfchiedenen Zw
Verwaltung find. — Die Ausfertigung ber Bullen, Beſcheide und
vom Papfte unmittelbar ober von biefen Behörden erlaflen werden
ven, welche ber Garbinalfecretait der Breven erpebirt, ausgenon
durch bie päpftl. Kanzlei, deren Gefchäfte unter dem Vicekanzler vı
viatores (ſ. d.) und mehren hundert Schreibern beforgt werber
Stellen werben von Geiftlichen verwaltet und find großentheils Pf
Papſt um einen nach Verhaͤltniß ihrer jährlichen Einkünfte beſtimm
lich verkauft. Bei dem Tode Sirtus V. gab ed 4000 verkaͤuflid
Raht ift aber fnäterbin herabaefest und ber damit aetriebene Mifb:
Römifcher Kaiſer Romiſche Kunſt 898
ungen hauptſaͤchlich auswärtige Angelegenheiten betreffen und zur Kennt⸗
nden Gefandten kommen. Die öffentlichen Gonfiftorien dagegen wer⸗
zehalten und find nur Geremonialverfammlungen,, in denen der Papft
aften empfängt und wichtige Befchlüffe, 3. B. Deiligfprechungen, Or⸗
gen ıc., feleriih bekanntmachen läßt. In der Regel nehmen alle zu
renden Cardinaͤle an den Confi ftorien Theil, doch darf keiner dabei er⸗
en ber Papft nicht jedesmal ausdruͤcklich dazu einladen läßt. Der Papft
i diefen Sigungen ſtets in eigner Perfon, und’ gegenwärtig find allemal
ıftantöfecretair, welcher päpfti. Minifter bes Innern und der auswaͤrt.
weiten iſt, und die Gardinalpräfidenten ber zur römifchen Curie gehörigen
— Gegenwärtig beftehen 22 Eongregationen der Sardindte zu Rom:
niſche und allgemeine Inquiſition oder Santo oficio; 2) Viſita apoflos
anfiftoriale; 4) Vescovi regolari; 5) dei Concilio (tribentino) ; 6) Res
Bescovi; 7) Immunita eccieftaftica; 8) Propaganda; 9) Indicl (vers
ber); 10) Sagri Riti (der h. Gebräuche); 11) Ehremoniale; 12) Diss
olare (Möndysorden); 13) Indulgenze e fagre Reliquie; 14) Efame
i; 15) Gorresione dei libri della chiefa orientale; 16) Fabrica di
(Erhaltung der Petersliche); 17) Confulta; 18) Buongoverno;
; 20) Wafferbau und pontiniſche Sümpfe; 21) Economica; 22) aus
he ade Angelegenheiten. Die wenigflen diefer Behörden find deq
nifher Katfer, f. Deutfhes Reich.
nifch= Patholifhe Kirche, diejenige hriftliche Neligionspartei,
Biſchof von Rom al ihr fihtbare® Oberhaupt anerkennt, zum Unter .
der griechifchen Kirche, die fich auch eine katholiſche, d. h. a algemeingen
nt, aber feine Befehle vom Papfte annimmt. An Anfehen und Uns
äffe die roͤmiſch⸗katholiſche Kirche, welche, Rußland und die Türkei aus⸗
bis zur Reformation die alleinherrfchende in Europa war, noch jetzt
a. Gie hat mehr Belenner als die proteflantifchen Kirchen zufammens
‚ und ihr beftändiges Bemühen, ſich auch auf Koften der griech. Kirche
ern, hat nad) und nach beinahe 2 Mitt. Anhänger des griech. Ritus in '
ater bie geiftliche Oberherrfchaft des Papftes gebracht. (Wgl. Unirte
,.) Nicht geringen Eifer verwendet fie, weil nad ihrem Lehrbegriffe
n Schoße fein Heil ift, auf die Belehrung ber Proteftanten, welche bie
zabe der Jeſuiten war. Doch hat der Geiſt unfter Zeit diefem Zwecke
hums fo kräftig entgegengemirkt, daß nicht nur die Katholifen, welche in
ſchen Ländern leben, gelernt haben, ſich des verhaßten Bekehrungseifers
amacherei) zu enthalten, ſondern auch bie freien Anſichten der Proteſtan⸗
eligion und Kirchenthum das ſtille Bekenntniß unzaͤhliger Katholiken ge⸗
d. Dies zeigt ſich beſonders in Deutſchland, wo der Einfluß Joſephs II.,
anken der biſchoͤfl. Verhaͤltniſſe, die aufgeklaͤrte Denkungsart einiger Erz⸗
zb hauptſaͤchlich der lebhaftere literariſche Verkehr unter ben Katholiken
Dppofition gegen das römifche Wefen gebildet hat, und in Frankreich,
wisſsmus durch die während der Revolution in Umlauf gefommenen pos
nd religiöfen Meinungen einen harten Stoß erhielt. Doch haben fidy
krſchemungen gezeigt, die nur zu auffallend verrathen, daß das alte:
ie, hereinzutreten“, noch immer nicht aufgehört hat, der Grundſatz dies
gu fein. Über die Lehre, Verfaſſung und Geſchichte der edmifätathor
he f. Katholicismus und Papft.
mifcher König, f. Deutfches Reid,
mifhe Kunft oder Schule, f. Bauftunft (Gefchichte ber),
verkunft (Befch.der), Malerei (Geſch. berj und Mufit (Geſch. dech.
2
HM . J Eiggptur, Pefe
x: Roömifhe Literatur. Die Geſchichte derfelben wirb gewoͤhn
Periode getheitt: 1). von den dlteften Zeiten bis auf Gicero; 2) bi zum
Juguſtus, das ſogen. geldene Zeitalter, wiewol ſchon einige frühere Schif
dazu gerechnet werden; 3) bi6 zu Trajan's Tode, das ſilberne Zeitalter; 4) &
Koms Überwältigung burch die Gothen, das eherne Zeitalter. — Die 9
sing auch bier, wie in allen Sprachen, der Profa voran. Uxfpränglid, m
Poeſie in Rom nicht einheimifch ; fie war eine Lünftliche Pflanze, die größte
griechiſchen Muftern, [päterhin auch der Rhetorik und der Schule ihr Dafk
dankte. Denn was fich in dem aͤlteſten Zeiten von edht italifcher Poeſie in
zu bilden anfıng, erflidte ſpurlos im Keime, als der griech. Einfluß ein
Epoche herbeiführte. Dahin gehören die Saturninifhen Befänge. Zu ben
Berfuchen in ber Poefie gehören die Atellanen (f. b.). ‚Auch die folgende
ſuche waren mit wenigen Ausnahmen dramatiſch. Livius Andronikus, ein;
gener Grieche aus Tarent, gab zuerft, gegen 500 nach Roms Erbauung, be
miern die „Obpffee”, und machte fie durch Iateinifche, a. d. Griech. uͤberſeht
nachgebildete Trauerſpiele und Luftfpiele mit dem dramatiſchen Meichthu
Griechen bekannt. Ihm folgten Naͤvius, der auch ein hiſtoriſches Gedich
den erſten puniſchen Krieg ſchrieb, die beiden Tragiker Pacuvius und Atti
zaͤguch aber Ennius (ſ. d.), ber erſte epiſche Dichter und Gruͤnder der rig
Poeſie, den auch Cicero und Virgil hochſchaͤtzten. Ex führte den griech. Dei
ein und ſchrieb römifche Annalen in 18 Gefängen ıc. Sein Zeitgenoffe war
tue, von welchem wir noch 21 Stüde befisen. Seine Stärke ift im Niede
fen; er hat gluͤcklichen Wis, Laune und echtlomifche Sprache. Dann
von welchem wir aus Titeln und Bruchſtuͤcken 45 Stuͤcke tennen, und Terent
ädicher Nachahmer Menander's u. A., welcher fi durch Wahrheit w
beit des Dialogs, durch eine gebildete Sprache, fowie durch planmäßige i
mmg feiner griech. Charaktergemälde, auszeichnet. Diefe 3 Komiker nahe
neuere Komödie ber Griechen zum Muſter (comoedia palliata). Dagegen!
Afranius nebft wenigen Andern römifche Sitten auf das Theater (c
togata). Bald nad) ihm zeigte Lucilius (vgl. d.) ein großes Talent zur
baten: eigentlichee Schöpfer ex umter den Römern ward. — Die Rdn
demnach keine ausgezeichnete Schaubühne, und ihre Dramen waren 1
Überfegungen oder Hachbildungen griech. Werke. Die Mimen (komiſche
beamen) des Laberius und Syrus kennen wir zu wenig, um ihnen einen &
ben Hang anzumeifen; doch werben fie geruͤhmt. Auch bie fpätern Tray
den Auguſteiſchen Zeitalter, ein Afinius Pollio, ein Varius mit feinem „IE
ein Ovidius mit f. „Medea“ werben zwar gepriefen; allein bie Urfachen ſ
Zu: exrathen, warum man glauben muß, daß die Tragödie auf römifchem
‚ nie gedeihen konnte. Wir dürfen nur an die im Triumph aufgeführten.
dierdann im Kerker verfchmachteten, an bie Gtabiatorenfpiele und Thi
denken. Bei einem Volke, das hieran Gefallen fand, konnte man nie A
ſche Reinigung der Leidenfchaften, das Ziel der attifhen Tragödie, erwarten
einzige Probeftüd der tragifchen Poefie aus einer fpätern Zeit ift uns int
Rrauerfpielen des Anndus Seneca aufbehalten, die man aber, wol nicht 4
recht, mehren Verfaffern zufchreibt. Sie find unförmliche Declamatien
ohne Innere Wahrheit, aus den Schulen der Rhetoren herſtammen und
Wortſchwall nur den gröbften Sinn beftechen Eönnen. — Lucretius, weil
den frähern Dichtern Roms eine ganz neue Bahn betrat, fchuf nach Demi
des Epikur ein philofophifces Gedicht Über die „Natur der Dinge”, In
welches er mit poetifchen Karben reichlich gefhmüdt hat. Auch er ging
Pr aus, den mehre, giffenfchaftliche Gedichte der Griechen athimen;|
erdinge ein begeiſterh
acſteller der Natur, voll Kraft und Drigt er
KRoͤmiſche Litzxatur, v 898.
icht ohne Härten und Dunkelheit. — In einer andern Gattung zeigte fich
* nämlich im leichten Liede und in der Elegie, auch in Epigrammen. Gr
l eigenthämliche Zeinheit der Empfindung, auch glüdkt ihm der gefaͤllige
. Smdeffen nimmt er es, wie die meiften erotifchen und fatprifchen Dichter
en, mit ber Sittlichkeit des Ausdrucks nicht zu genau, welches in ber herts
n Anficht vom zweiten Geſchlechte feine Erklärung findet. Welt reiner und
erſcheint Tibullus, welchem wir mit Quintilianus ben erflen Rang unter
gifern zuerkennen moͤchten. Ex behandelt bie Liebe am menigften cob, und
bechaupt wahres Gefühl, ohne gefuchte Kunft. — Mit dem Zeitalter
nguftes, welches nun beginnt, offenbart ſich in der römifchen Literatur
er Geiſt, da die Freiheit der Republik gänzlich verfhmwiumden mar. Auguflus
ab Macenas unterftügten die Dichterifchen Talente. Der erfte diefer beguͤn⸗
Dichter ift Virgilius welcher in feiner „Aneide“ ein eigentl. Nationalepoß,
bung des AÄneas und die Gruͤndung feiner Herrſchaft in Latium, aufgeſtellt
Biewol der Dichter fein eignes Werk wegen feiner Mangelhaftigkeit ſelbſt
kun wollte, fo iſt doch fein Streben zum Großen nicht zu verkennen, indem
Mssnaffen eine neue „Slias” nad, einem hohen Vorbilde erfchaffen wollte,
Ich nicht fo erziwungen werden Eonnte. Dennod) zeigt er in f. Darfielung
nhifches Gefühl, gebildeten Kunſtſinn und rein poetifche Sprache.
mer in feiner Art ift da6 Gedicht vom Landbau („Georgica”), Dier * in
um eines Lehrgedichts und in einer vollendeten Sprache f. Anſichten, Ke⸗
Gefühle vom Landieben niedergelegt, nachdem er in einem frühern Vers
Eigen” oder Hirtengedichte biefelbe Liebe zur Natur und zum Lanbleben
hatte. — Wenn wir im Virgil den vorzüglichflen epiſchen und die
Dieter ber Römer anerkennen, fo erfcheint Horatius als ein Liebling
a Muſe, als ein Priefter der Muſen rish, wiewol man über ben groͤ⸗
gecingern Grad f. poetifchen Selbſtaͤndigkeit, bei dem Verlufte f. griechl⸗
bilder, nicht ficher genug urtheilen kann. Doch bewegt ſich f. Ode oft '
um Gebiete des römifchen Lebens, dann druͤckt er die edelſten Empfinbun»
es einem Römer geziemt, Eraftvoll aus. In manchen Oben iſt er ganz
3 anbre feiner Lieber athmen die höchfte Anmuth. Ebenfo adhtungewerth
dieſer Dichter in der Satyre, einer ben Römern eigenthuͤmlichen Gat⸗
Ihe überhaupt den Charakter ihrer Literatur zu beſtimmen fcheint. Auch
ns. Epoden und Epifteln ſtellt er mit fpielender Heiterkeit und großer
* mehr das Ungereimte als das Schaͤndliche bar, wiewol auch dieſes
mögemälden nicht ausgeſchloſſen iſt. — In das Auguſteiſche Zeitalter
) amter den Elegikern, bie wir befigen, Propertius und Ovid. Als erfter
der griech. Elegie betritt Properz den heiligen Hain bes Kallimachus und
um in bellmifchen Chören italifche Orgien zu feiern; er läßt unter ber
den Bit der Sinnlichkeit doch eine gewiſſe ernfte Hoheit hervorſtrahlen,
auch i in Gedanken und Ausdrud nicht felten gezwungen ifl. Dem Ovls
\ 2) laͤßt fich das fruchtbarfte poetifche Talent und die größte Leichtigkeit
ificatiom nicht abfprechen ; nur fpielt er zu ſehr mit f. lüberflug und wird
| ſchen Klagen unmännlih. Das eigenthümlichfte ſ. Gedichte find bie
s oder bie poetifche Befchreibung der römifchen Feſte und ihres Urſprungs;
| find wol f. 21 „„Deroiden”. Ovid iſt der Schöpfer dieſer vers
Dietungsart, Diefe fogen. Briefe find zu einförmig und zu fehr mit .
Klagen angefült, um Würde und innere Wahrheit zu haben; fie find
shetsrifche Spiele zu betrachten. — Von den andern Dichtern, die biefer
. tft wenig zu fagen. Einige gefchägte Elegiker, wie Pedo Albinos
Aer Gemelius Gallus, find uns faſt gänzlich gegangen. Eine -
er den Ana, weiches dem von Quintilianus Cornelius Srorcak
als aͤſthetiſchen Werth. — Wenn wir bei den Häuptern biefer ſpaͤt
weilen, bei dem Lucanus, welcher burch die Befingung bes Bürger
Caͤſar und Pompejus zum hiftorifchen Heldengebicht zuruͤckkehrte,
ſchwuͤlſtigprunkenden Statius, welcher eine „Xhebaide” und den
„Achilleide“ dichtete, um von den Eleinern Gedichten zu ſchweigen, fof
durchgaͤngigen Mangel an fchöpferifcher Phantafie und eine Kätt
uns vergebend mit chetorifchen Feuerwerken zu erwärmen ſucht. 3
fen Dichtern bie eigentliche poetifche Welt und felbft der Sinn für
Freiheit Iängft untergegangen. Bei fo Uberfpannten Naturen, ı
waren, konnten nur Dichter, wie der pomphafte Statius, oder d
grammatiker Martialis (welchem wir uͤbrigens Wis und Reichthum
nicht abfprechen koͤnnen) ihr Stud machen. Indeß bewährt Luce
Fehlern der Anlage und bei einer oft unwärdigen Schmeidhelet, b
überrafchenben Adel der Geſinnung, Kraft des Ausdruds und gihdli
der Charaktere. Valerius Flaccus, welcher ben Argonautenzug r
bilde des Apollonius Rhodius befang, zeigt mehr ein Streben, dur
kelt zu glänzen, als Originalität und Friſchheit des Colorits, und €
ein großer Verehrer Virgil’6, welcher den zweiten punifcyen Krieg
u Stoff wählte, gilt bloß als Hiftorifcher Dichter. — Mit der vie
zeigte ſich der Verfall der römifchen Poefie immer mehr. Die
Avienus oder Avianus find in einem harten gefchraubten Style; da
fid) das Gedicht des Nemefianus über die Jagd, und bie 7 Elfogen t
wenigſtens durch ziemliche Reinheit und Leichtigkeit der Sprache aı
macht in f. Epigrammen und fogen. Idyllen, beſonders in f. Gedid
fel, gleichſam die Grenzſcheide zwiſchen der alten und neuen Welt; n
erfcheint in dieſer ehernen Zeit faft wie ein Wunder. ? Wenn er au:
[hen und epigrammatifchen Auswüchfen, von ber Sucht, dur ©
ſchimmern, nicht frei ift, fo fteht er doch über feiner Zeit und neigt fi
blühenden Kunſtſtyl. Wir fchliegen diefe Reihe mit dem Rutilius
welcher f. Secreife nah Sallien in eleaifchem Versmaße nicht aaı
\
Roͤmiſche Literatur, vo | 897
Heben vorzubereiten, da bie gerichtliche Berebtfamkeit immer ber Btennpunft
wn freien Römern blieb. Won ihren Rebnern kennen wir Viele bloß dem
u umd dem Ruhme nad, welchen ihnen andere: Schriftfteller 73
in gehören Cornelius Cethegus, Tiberius Gracchus, Cotta, Sulpicius, he⸗
us aber Licinins Craffus, Antonius, Hortenſius und Caͤſar ſelbſt. Das vor⸗
fie Verdienſt als Redner erwarb ſich Cicero, von welchem wis nicht allein
D noch vorhandenen Reden die ſchoͤnſten Mufter dev Beredtſamkeit befigen,
E= weicher auch in gebiegenen rhetorifchen Werten als Lehrer auftrat unb
an ber Gruͤndung der profaifchen Literatur der Römer ben entſchieden⸗
hatte. — Im Zeitalter des Auguftus, nad dem Tode des legten
ber römifchen Freiheit, mußte freilich die frele Beredtſamkelt verſtum⸗
doch waren auch bie Werke biefer und der fpätern Periode von jenem alten
4 mehr ober minder durchdrungen. Als den legten Hauch der roͤmiſchen
Kıfamıkeie kann man die Lobrebe auf den Trajan vom jüngern Plinius qu⸗
„ welcher ſich auch als gerichtliche Nebner zu Rom Anfehen warb, Die
he ber nım ganz darniederſinkenden Rebnerkunft kann man am beflen aus
mb manchen dem Plinius nachgeahmten lobrebnerifchen Verſuchen ſpaͤterer
(ber fogen. Panegyriker) beurtheilm. "Noch iſt Quintilianus, ein Zeit
jenes Plinius, als die legte Stüge rebnerifcher Ziduns theils durch Un⸗
theils durch eignes Beiſpiel, zu nennen. Wir haben noch u. ſ. N.
und 145 kleinere Declamationen oder übungsreden. Größer aber iſt
ſt als Rhetor und Grammatiker. In feinen 12 Büchern „De insti-
8 verbindet er mit geſchmackvoller gruͤndlicher Anweiſung zugleich
ſthrung und Charakteriſirung der beſten Muſter. Früͤher ſchon, im bluͤ⸗
a Beitalter der römifchen Literatur, hatten, naͤchſt dem Cicero, Cäfar und
Barro durch“ ihre grammatiſchen Schriften mitgeroicht, eine wiflen-
Kenntniß der Sprache zu begründen und ihr dadurch eine fefte Geftalt
Varro, der gelehrtefte Sprach» und Alterthumsforſcher feiner Zeit, "
u Werk über dia lat. Sprache, welches urfprünglich aus 24 Büch. beſtand,
em aber nus noch 6 Bollftänbig uͤbrig find. Im rhetorifcher Dinfiche find
‚bürgerlichen Mechtshändel (Controversiae) und die Empfehlungsreben
) bes Marcus Seneca zu nennen, vorzüglich aber ein fchägbarer Dias
* Urſachen der geſunkenen Beredtſamkeit, welcher von den Meiſten dem
aus zugeſchrieben wird. Spätere Grammatiker, d.h. Lehrer der Sprach⸗
Biteratur überhaupt, von den Zeiten ber Antonine an, find Aulus Gellius,
Nonius Marcelius, Pomponius Feſtus, Macrobins, Donatus, Pris⸗
die ** durch grammatiſche Belehrungen, theils durch Commentare uͤber
Schriftſteller und durch Erhaltung fchägbarer Bruchſtuͤcke aus denſelben für
en ſehr wichtig ſind. — Mit der Literatur der roͤmiſchen Sprache und
keit laͤßt ſich fuͤglich die Literatur ihrer Geſchichtſchreibung verbinden,
if * ihr und durch ſie ausgebildet hat. Die erſten hiſtoriſchen Schrif⸗
bloß txockene Verzeichniſſe wichtiger Vorfälle, weiche durch die Annalen
zpriefter (Pontifices Maximi) auf einer Tafel in ihrer Wohnung und durch
aiſſe der Conſuln nebft den merkwürbigften Vorfaͤlen im Tempel ber Mo⸗
ibri lintei) aufbewahrt wurden. Fabius Pictor, Albinus Pofthumkes,
| Cats, Coͤlius Fannius, Valerius aus Antium und. einige X. waren bie
hreiber der Römer, jedoch ohne alle hiftorifche Kunſt. Erſt in
— Kom traten einige große Meifter auf. Wer Eennt nicht-bie
die ſchoͤne Einfachheit, die zweckmaͤßige Schreibart des Jullus CA
6 merkwuͤrdig erſcheint er in den Nachrichten uͤber den von ihm
\ "galiifähen und bürgerlichen Krieg. Salluſt's Sprache findet
Hi bier und da etwas Gezwungenes; in er eine große Garafelk
[
: 898 Mars Siferatur, Profa F
"auf die Erzählungen und auf bie Shierung ber Charaktere verwendet mb
überall Gehankenreichthum und tiefe Beurtheilungstraft, ſodaß er, wicht zu ſ
VDachtheile, mit feinem-Borbilde, dem Thucydides, verglichen werben Darf. |
iR, wenn wir die verlofen gegangene Univerfalgefcjichte des Trogus P
' ansnehmen, ber Hiſtoriker vom größten Umfang unter den Römern und we
—X Erzaͤhlung und redneriſchen Form vollkommen genannt zu werden,
nige eine gewiſſe Patavinitaͤt (das Fremdartige feiner Vaterſtadt) ve
Ei Geſchichte ging von der Ankunft des Aneas in Italien bis auf das &
TEA, von welcher aber verhältnigmäßig nur wenige Bücher noch uͤbrig fit.
fen 3 Muftern der Geſchichtſchreibung zunaͤchſt fteht mit feinen Bio;
zuͤgllcher Feldherren Cornelius Nepos, wenigſtens burch die Reinheit d ⸗
dencks. Es iſt zu beklagen, daß ein geſchichtliches Hauptwerk von ibm «
sangen iſt. — Unter dem Drude des Despotismus entartete jetzt fenft |
(late, die von den Römern fo wohl angebaut war; dies zeigt die g
deelamatoriſche Sprache des Velleius, von bem wie einen kurzen Abeif der
fen Befchichte haben, in welchem er fich bie niebrigften Schmeicheleien
"bat, Noch mehr zu tabeln ift Florus. Auch er brachte die roͤmiſche Ge
“Us rinen Auszug ; doch verirrte ſich fein ſchwuͤlſtiger Styl oft zu weit
"Sretizen der Profa, der unwuͤrdigen Schmeichelei nicht zu gedenken. |
Marlımıs ift in f. Erzählungen von denfwürbigen Männern mehr Gon
Anebbotenfammier; Suetonlus befchränkte ſich bei [. übrigen grammatifd 7
riſchen Arbeiten auf bloße Biographien det Kaiſer, die uͤbrigens durch
alt anziehend find. — Über biefe verborbene Zeit erhob fich *
echtroͤmiſche Geſinnung, durch Geiſtestiefe und durch jene Kraft bes 2
welche oft nachgeahmt aber ſelten erreicht worden if. Man kamr
ſagen, daß in ihm der Dichter, der Philoſoph und der Gefhiätfärreiber u
eeſcheinen. — Nach dem Trajan verfchwinden die bedeutenden Schriftfl
die griech. Literatur wieder ihre Rechte behauptete und die römifche & ic
von mehren Griechen bearbeitet ward. Juſtinus traͤgt vielleicht bie Schu
wir durch f. Auszug bie allgemeine Geſchichte des Trogus Pompejus in 44
verloren haben. Die Unkunde ber römifchen Befchichte ſelbſt war bei den
ſo weit gekommen, daß Eutropius nad) bem Befehl des Kaifers Walens ei
zen ·Abriß ber römifchen Befchichte entwerfen mußte. Vom Aurellus X
wenig zu fagen, und fo bärfen wir ben Verluft f. Hauptwerks vom Uefz
eömifchen Wolke, weiches nur bis auf das erſte Fahr nach Roms Erbam
nicht zu fehr bedauern. Weit höher ſteht Ammianus Marcellinus, weil
lich in einer barbarifchen Schreibart, dem Zorfcher oft veigenbe Aurich |
amd durch geſundes Urtheil, ſowie durch Mannigfaltigkeit des Stoffe,
Deſto weniger Lob verdienen bie 6 fogen. Schriftfleller *
gefehlchte („Seriptores 'historiae Au tee), Spartianus, Gapitoliunf
bellius, Vopiscus, Ballicanus und Lampribius. — Wenn wir oben fi
ich die Römer auch in ber Philofophie ausgezeichnet et Hätten, fo iſt —*
einzuſchraͤnken, daß fie das von den Griechen Gegebene zum Theil in
lalren Sprache verbreiteten, und daß bie angefehenften Stanttminne
bithendſten Periode Roms Freunde und Verehrer der Philofophle waren.
den aͤltern Römern müffen auch in biefer Hinficht befonders Laͤllus der
afrikaniſche Scipio und Lucullus ruͤhmlich erwähnt werben. — Von ber €
nm Begeifterung des Lucretius, wiewol er einem feinbfeligen Syſtem haldig
‚der Lebensphiloſophie des Horarius, welcher übrigens den —— —
Weisheit nannte, iſt bereits geſprochen worden; allein
Biden fittlichen Phil
Verdienſt um die Bi
durch die infüßei
o der Griechen hat ſich Cicero auch hier ne
J5 Volks erworben. Er verlor ſich warn
Römifche Literatur, Profa | 399
ibyrinthiſchen Gängen der Speculation, aber er kehrte zu ihr im Gluͤck und
ick ſtets zuruͤck und ſtellte ſie in ſ. claſſiſchen Sprache dar. Urſpruͤnglich ein
niker, ging er doc) oft zur Sittenlehre der Stoiker Über, oder, wo ihm der
mge Ernſt berfelben mißfiel, zum Ariftoteles. Nur Epikur mit f. Spftem
han zuwibder, da er deſſen Nachtheile für den Menfchen, befonders für den
Bbürger, vollkommen einfah. Zugleich findet man in f. Werken viel Lehr:
6 über die Gefchichte der alten Philofophie, 3. B. in f. tusculaniſchen Uns
beugen. Die Philofophie, wiewol bisweilen von den Kaifern, wie früher
Kterm Gato verfolgt, fand ſtets ihre Liebhaber zu Rom, und faft jede ihrer
km zählte Anhänger dafelbft; allein fie trat mehr in der mündlichen Unters
»4, in der Schule und im Leben felbft als in Schriften hervor. Fruͤher hatte
tere Akademie und die Schule des Epikur die meiften Sreunde gehabt; ſpaͤ⸗
ı Rüchteten die unterdruͤckten Geiſter zur Stoa, bie mit ihren pomphaften
ihen ſelbſt auf einige Dichter einwirkte, 3.®. auf den Lucanus. Der Phis
ı Annäus Seneca, aus dem Zeitalter bed Nero, von welchem wir, außer a.
12 philoſophiſche Schriften befigen, gefiel ſich vor allen in künftlich zus
m Saͤtzen und in biendenden Antithefen ; doch finden ſich bei ihm auch viele
iche und fchön außgefprochene Gedanken. — Aus der vierten Periode
hen Literatur ift nur Apulejus zu nennen. Die befanntefte f. Schrifs
Erzählung vom goldenen Efel. Er war Neuplatoniter, und felbft in
h erzählten Märchen von ber Pſoche finden wir einen Widerſchein Pla⸗
Ideen. — Der Briefſtyl ſteht mit der Beredtſamkeit in Verbindung, und
it die roͤmiſche Literatur allerdings auch einige Sammlungen muſterhafter
Die Briefe des Cicero find größtentheils über wirkliche Vorfälle an bie
Männer ber bamaligen Zeit gefehrieben, mit aller Reinheit und Eleganz,
ahne Künftelei. Sie enthalten zuverläffigen Stoff zur Gefchichte feiner
find gleichſam die legten Denkmale der Republik. Die Briefe Plinius’s,
> mit derfelben Feinheit und Eleganz gefchrieben ; fie machen uns ein lies
diges Bild von dem Verf. Doc find fie faft zu zierlich und ſcheinen
einer wirklichen Veranlaffung als einer gewiffen Autoreitelkeit ihr Das
danken. Die 24 Briefe des Anndus Seneca an ben Lucilius beziehen
atheils auf die ſtoiſche Philofophie; fie find mehr ihres Stoffe als ihrer
zen merkwürdig, welche die bekannten Fehler ſ. Schreibart nicht vers
Mody find die Briefe des Symmachus aus dem Ende bes 4. Jahrh. und
kan [pätern Sidonius Apollinaris, der auch als Dichter nicht unbekannt
nen. In den erfien erkennt man einen nicht umglüdlichen Nachahmer
d. J., bie legten dagegen tragen die Schuld ihres Zeitalters, wiewol fie
Inhalt anziehen. — Mit den Dichtern berühren fidy die mythologi⸗
Heififteller der Römer. Der roͤmiſche Sötterdienft war dem griechiſchen
fen verwandt, jedoch keineswegs fo völlig einerlei damit, wie Manche
35 aber die heroifche Mythologie ber Griechen war durch bie Dichter in
ngefährt worben und knuͤpfte ſich durch nichts am die nationalen Erinne⸗
an. &o fchöpften auch bie römifhen Mythographen meiſtens aus griech.
unb haben daher wenig Eigenthümlichkeit. Den einheimifchen Götter:
3 Römer lernt man beffer und vollftändiger aus ihren antiquarifchen und
m Scheiftftellern Eennen. Hyginus, deſſen Zeitalter nicht ficher beſtimmt
kann, bat uns eine Sammlung von 277 mythologiſchen Erzählungen ae
Die nicht unwahrſcheinlich für Skizzen alter Trauerſpiele gehalten werben.
tifche Aſtronomie deſſelben Schriftftellers erläutert die dichterifchen Stern»
benfo ungewiß ift das Zeitalter des Fulgentius, von welchem wir 3 Bücher
stfcyer Kabeln haben. — Am ſchicklichſten laͤßt fid) hier nod) Petronius,
mofle des Nero, anführen, weil auch er durch ſ. Satyrikon“, in woeldyem
—.. ,”_r_ WU9U YYYYJPVE m... yovw .———m—.. | „._.„„.u.,.uu. y-.., sv =, y
micus Maternus eine „Mathefi 8, die aber eigentlich Aftcologie if if
bes Julius Obfequens über die Wunderzeichen. - — Als Geograp
ponius Mela und Vibius Sequefter zu nennen. Der Leptere li
unwichtiges Namensverzeihniß der Zlüffe, Seen, Berge, Waͤl
Tacitus, der Befchreiber des alten Germaniens, bleibt hier Tacitus.
wurden erft feit dem Cäfar und Auguftus bei den Römern geachtet.
bes Celſus von der Medicin, welche nur den Theil einer großen En
machen, find ihres Inhalte und ihrer Schreibart wegen fehr bedeut
Macer und Aulus Apulejus (von dem Vorigen verfchieden) ſchrieben
der Kräuter. Vom Scribonius Largus und Marcellus Empiricı
unbedeutende Schriften über die Arzneimittel, und vom Serenus (
einem Günftlinge des Kaiſers Severus, fogar ein mediciniſches Geb
ötonomifche Werke der Roͤmer find uns verloren gegangen. Unter !
Cato befigen wir ein Wert vom Aderbau. Wichtiger und bel,
3 Bücher des gelehrten Varro Über die Landwirthſchaft. Columella
die zum Theil ihre Werke über die Landwirthfchaft dichterifch einklei
Ruhm zu nennen. Dem berüchtigten Schweiger Apicius legt m
gefchriebenes Werk über die Kochkunſt bei. — Unter die Polyhiſto
nius d. A., der eine Naturgeſchichte fchrieb, in welcher er zugleid)
phie und Geographie, die Medicin und Kunft mit großer Gelehrfe
gejwungener Schreibart, behandelt. Er hat uns an einem B
was die Römer mit ihren unermeßlihen Hülfsmitteln fuͤr die Ermei
licher Kenntniffe hätten leiften Eönnen. Einen Auszug daraus m
Endlich ſchrieb Marcianus Gapella im 5. Jahrh. in einer barbar
eine Art von Encyklopaͤdie u. d. X. „Satyrikon“ (wegen ihres gemif
in meldyer er mehre Wiſſenſchaften mit ihren vornehmſten Lehrfäge:
Bei einer Üiberficht der römifcyen Kiteratur finden wir, daß die eig
derfelben nur kurz von Cicero an bis auf den Tod Trajan's gedauert,
eine höhere Stufe erreicht hat als die Poefie, in welcher der Erfolg,
Roͤmiſches Recht ara 401
mifhes Recht. Die Geſchichte des roͤmiſchen Rechts, ſ. innern
2, f. Abſchließens unter ben ſpaͤtern Kaiſern, hauptfächlich unter Ji⸗
ıd f: Kortwirkung im neuern Europa, ift einerber merfwärbigften Er⸗
a in ber Weitgefchichte. Die Derrfchaft, welche von dem Eleinen Baus
en Römer erzioungen wurde, ift duch) ihr Rechtsſyſtem viel weiter aus:
d viel dauerhafter begründet worden als durch die Gewalt ber Waffen
flige Gewalt ber Päpfte. Sie ift ein Verweis, daß Nichts untergeht,
ul ein wahres geiſtiges Leben erlangt hat; und wenn’ alle Staatin Eus
eigne neue Geſetzbuͤcher geben follten, fo’ wuͤrde Immer der größte Thell
ilts auf diejenigen vechtlichen Anfichten gebaut werben, welche 16 bie
Erbtheil und Gemeingut der Menfchheit fr eraige Zeiten hintetlaffen
Eime formale Abfchaffung des römifchen Rechts iſt noch weit davon mis
e fortwäheende Wirkſamkeit aufzuheben ,.:und felbfl. diejenigen Whtker,
roͤmiſchen Geſetzbuͤcher nicht als unmittelbare Rechteuellen angenom⸗
„ find denſelben doch einen ſeht: großen Theu Ihrer: Rechtömiffenfchaft
ab werden immer mehr zn ben Grundſaͤten hingezogen werden, welche
rmben in der roͤmiſchen Geſetzgebung enthalten: find. Die germaulfchen
faffungen haben nicht ·wenig: von den enrichtungen Belbe⸗
che fie in ben roͤmiſchen Provinzen vorfanden, obgleich bie Zeichen die⸗
mg® oft fehr verwiſcht ſind. Die Geſchichte der ˖ Entſtehuch vnd
dieſes yſtems tan nur dann vollſtaͤndig aufgefaßt karebart,
ht allein das Rechtoſyſtem ſelbſt in feinem ganzen Uenfange: erljceift,
as öffentliche Recht in allen feinen Beziehimgen und die Staatsgeſqhicher
age faßt, — auch auf die Geſchichte der geiſtigen Cultut des Vol⸗
Wet iſt. Der Anfang derſelben ſcheint wenig Orlginal⸗s darzubleten
ſeine Einrichtungen mit allen Nachbarſtaaten gemein; -griechifche An⸗
* allenthalben vor. Die Königswärke flel in Rom, wie fie im allen
naten: gefallen war, und die Spaltung du6:Meided' Ir ein⸗ etbache G⸗
fe von Vornehmen und eine Gemeinde gehoechenver Mhrge liege auch
em Jahrhunderte lang fortdauernden Kampfe: Die wahrr Webaitung
en Verhättniffe wird auch nach ben tiefen un (charffiimigen Forſga⸗
rs in f. „Römifchen Befchichte” noch ein eihet Feid für geichrie Un⸗
m und Gombinationei bleiben. - Wenn wir aber männlidye Feſtigkelt
bs als diejenige Tugend bezeichnen koͤnnen, welche das Ideal eines wolf
ı Mömser6 ausmachte, fo finden wir auch in dem CEharakter ber rönifchen
Ae Grundlage wieber. te faſſen den Menſchen nicht in der-Werbits
Audern auf, wie bie Germanen, wo der Einzelne vorzugẽweiſe nur als
ber Familie, der Gemeinde oder einer Senofienfchaft Etwas Bile; ſon⸗
ſcheint ſchon frkh Jeder für ſich allein, als Hausvater unabhängig won
draͤnkung —— — oder —— a als Der: der Geintgen uud
‚ der FSamilte und Gemeinde, bie —— die Erbu' und
ktex, das Befolge und bie Dienfmannfchaften, ungfeiched Erbrecht ber
ben ſich nicht; das Verhaͤltniß zwifchen Patricieen und Plebejern, zwi⸗
ronen und Clienten war von einer ganz andern Art. Die Vertreibung
e gereichte zunaͤchſt nur zum Wortheil der Vornehmen (3. Roms 245);
16 Jahre nachher (3. R. 260) mußten diefe der gemeinen Bürgerfchaft
an ber Tribunen und Gemeinbeverfammiung zugeſtehen, weiches die
zug zu ber seoßen Gapitulation der XII Tafeln, von patricifchen Des
worfen (%. R. 303, 304), mar, welche die Alten ſchon ale eine Gleich⸗
er Rechte anfahen, obgleich erft eintge Jahth nachher die Folgen, daß
und Plebejer untereinander vollfommene fyließen konnten (Nex
2 Otcbınte Kal. 8b. IX. 26
tritt feines Amts fich Öffentlich uͤber gewiſſe Srundfäge erklärte, ı
die feiner Macht überlaffenen Entfcheidungen abgeben werde (Ediet:
Diefe Edicte ber Prätoren, in welchen fich diefelben Anfichten imm
und mit feltenen Abweichungen erhielten, waren mehr als ausd
das Mittel, das Rechtsſyſtem fortzubilden. Neben dem ausbri
(jus eivile in ſtrengerm Sinne) erhob fidy dadurch ein Ganzes v
Mechtöfägen (jus honorarium), welches bie Lüdlen ber Gefege erı
derfelben milderte und oft bie ausdruͤcklichen Reformen vorbereit
ſchon die Alten, 3.8. Cicero, von der großen Anhäufung diefer
Geſetze ſprachen, fo war doch die Zahl derfelben, wenigſtens in den ;
a ben, gegen die neuern Zeiten gehalten, außerordentlich ge
in Öffentlichen Verhältniffen mag fchon zu Zeiten der Republik ein:
ende Maſſe derfelben flattgefunden haben, daß Cäfar es für etwas
halten Eonnte, fie in ein Syſtem zu bringen. Dan darf aber d
geſſen, daß der formale Zuftand der Rechtswiſſenſchaft ein ganz an
die gefeglichen Beflimmungen dem Gedaͤchtniſſe des Hechtögeleh
fein muͤſſen, und daß babei die Maffe weit eher beſchwerlich we
wenn man fich mit Geſetzſammlungen, Repertorien, Compendien ur
beifen kann. Fuͤr die ausdruͤckliche Geſetzgebung beftanden in bei
gefeugebende Gewalten nebeneinander, bie große Bürgerverfam
unter ihren Tribunen in comitiis tributis, deren Schlüffe Pleh
und ber Senat, deſſen Verotdnungen Senatus consulta genannt
fangs waren bie Kreife beider fo getrennt, daß jeder Theil nur üt
bern Verhaͤltnifſe und Angelegenheiten verfügte; allein [ehr bald (
J. R. 468) mußte man gegenfeitig die allgemeine Verbindlichk
doch If, fo Lange Rom Republik blieb, das Eingreifen des Senat
gebung das Seltnere. Als die großen innen Kämpfe ausgebroche
tm die Sieger theils ihre Herrſchaft fefter zu gründen, theils fid
Volkes zu erwerben, indem fie größere Gefegreformen vornahmer
Morlshımn anf Bernfracht Iherhaunt BAtantänsrhrorhon nsrichtli
Römifches Recht, Codices 403
h die Senatus consulta in kaiſerl Edicten, Gonftitutionen, Refcripten ganz
re. Die bisherigen jährlichen Edicte der Prätoren wurden unter Hadrian
KR. 884, 3. Chr. 131) durch den Rechtögelehrten Salvius Julianus in eine
he Form gebracht und dadurch unveränderlich, das Edietum perpetuum. Merk:
keig iſt es aber, daß gerade diefe Zeit, wo von Auguft an in allen Öffentlichen
whältniffen der abfolutefte Despotismus herrfchend geworden war, two man In6-
budere die Steafgefege nur zum Werkzeug deffelben und zur Verhöhnung aller
man von Berechtigkeit gemacht hatte, die Bluͤthenzeit der wiſſenſchaftlichen Korts
Bumg des bürgerlichen Rechte genannt werden muß. Sie beginnt mit Augufl,
Bid aber allerdings unter den vortrefflidhen Antoninen (23 v. Chr. — 180 n.
Rh) auf den höcften Standpunkt. Die großen Namen Cajus, Papinian, Uls
Paulus gehören dem legtern Zeitraume an. Waͤhrend die bürgerliche Frei⸗
ine andre Bürgfchaft hatte als die Gefinnung des Imperators, und von
x Bürgfchaft nur gar zu oft gänzlich verlaffen wurde, entfaltete ſich der Cha⸗
des Mechts immer beſtimmter zu dem Princip privatrechtlicher Unabhängigs
d Sicherheit des Einzelnen gegen den Einzelnen. Bedenkt man, wie oft
bie bürgerliche Sicherheit und Selbftändigkeit des Einzelnen gegen ben
durch Mängel der privatrechtlichen Sefeggebung und Rechtöpflege erkauft
muß, fo wird man fich nicht verhehlen koͤnnen, baß tiefer liegende Urſachen
Erſcheinung vorhanden fein müflen, deren nähere Unterfuchung wol ber
werth wäre. Mit bewundernswuͤrdiger Kunft und Confequenz werden in
Zeitraume alle Rechtöverhältniffe in ſcharfbeſtimmten Begriffen ausgeprägt
u wenigen burchgreifenden Grundſaͤtzen das Syſtem in fich felbft und aus
R zu einer Vollkommenheit entwidelt, welche fi am deutlichſten in ber
inbeit deffelben, d. h. in feiner Brauchbarkeit für die verfchiedenften Voͤl⸗
Zeitalter, bewiefen bat. Das Verfahren babei war nur infofern hiftorifch,
be) immer fireng an die alten Formen ber Rechtsverhaͤltniſſe anſchloß, aber
rational oder philofophifch, indem es ſtets dahin firebte, bie realen
der Rechte und Verbindlichkeiten aufzufuchen und das bloß formale Recht
erwuͤrfig zu machen. In diefer Entwidelung iſt das roͤmiſche Recht ein
burchaus unerreichbare® Mufter geblieben, und treue Nachahmung ihres
uns iſt das hoͤchſte Verdienſt, was neuere Völker ſich bis jegt haben ers
innen, toovon aber ſtlaviſche Anhänglichkeit an den materialen Inhalt
Rechtebefliimmungen gerade der reine Gegenfag if. Wir müffen unfere
litute (theils die einheimifchen, theils die von ben Römern angenommes
fowie fie fich jet geſtaltet haben, zum Grunde legen und fie fo weiter ent⸗
‚, wie die Römer bie ihrigen entwidelt haben. Nach dem Zeitalter ber
(feit 180 n. Chr.) trat eine politiſch verworrene Zeit ein, und auch im
ve fich der wiſſenſchaftliche Geiſt. Das Rechtsſyſtem wurde jegt bloß
fd. Conftitutionen fortgebilbet, welche in Beziehung auf das Privatrecht
ſparſam als in Beziehung auf Öffentliche Verhältniffe häufig waren. Den
der Altern Mechtögelehrten ber beffern Zeit legte man ein faft geſetzliches
a bei, und bei den zwiſchen ihnen herrfchenden Verfchiebenheiten half z.B.
ia MI. (3. Chr. 426) durch ein fonderbares Geſetz über das Zählen Ihrer
m nad. Die Zahl ber nach und nach erfchienenen Gonftitutionen deran⸗
Daammlungen berfelben zuerſt von Privatperfonen (Codex Gregorianus et
renianus, um 365), dann eine officielle von Theodoſius II. (Codex
ianus, 438) in 16 Buͤch., wovon die legtern 11 noch ganz, von den
aber nur Fragmente (neuerlich in Zurin von Peyron und in Mailand von
entbedt; f. „Dermes”, XXV,314), und in einem Ausz., welcher 1.3.5086
rauch der Weftgothen gemacht wurde (Breviarium Alaricianum) , vor:
find. Der bei weitem größte Theil dieſer Verordnungen betrifft dos den»
26 *
ec ee nn - 1717770. „y—-
ein Ganzes zu ordnen, allein man hatte die Schwierigkeiten zu groß
erft Juſtinian (527-565) hatte den Muth, fie zu überwinden.
die noch ‚gültigen kaiſerl. Genftitutionen in eine neue Sammlung bi
Justinianeus,, angeordnet 927), entfchied (ven 530 an) 50 biähen
fene Rechtöfragen durch einzelne Decifionen; zugleich wurde aus
der Nedytögelehrten ein fuftematifcher Auszug durch 17 Commiſſa
(50 Bücher Digestörum oder Pandectarum) und eine wiſſenſche
tung In die Rechtswifſenſchaft ausgearbeitet (Inſtitutionen), welch
ſchon d. 30. Dec. 533 mit Geſetzeskraft befanntgemacdht wurden; i
tam eine neue Sammlung ber kaiſerl. Verordnungen (Codex re
‘leetionis in 12, Buͤch.) und von da an noch eine Reihe einzelner
(13 Edicte und 159 novellse constitutiones), momit das römi
ein Ganzes abgefchloffen, wenn man will, feines Innern Lebens ber.
weitere eigne Bitdungsfähigkeit der Menfchheit als ein todter Sch
an Keiimen Eünftiger Lebensentwickelung überliefert worden iſt. Da
diefe® Wert Juſtinian's iſt fehr verfchleden. Betrachtet man ee
ſichtspunkte des praßtifchen Nutzens für f. Volt und f. Zeit, fon
der Ruhm nicht ſchmaͤlern Finnen, jenem eine gar nicht zu berechne
erroiefen zu haben, umd auch die Veränderungen, welche im Recht
nommen wurden, find meiſtens aus einem geſunden Urtheil über bie
bed Rechts hervorgegangen. Abfchaffung veralteter, bedeutungsl:
Formen, Vereinfachung ber Rechtsverhaͤltniſſe und des Gefhäftsgen
ftend als die Urſache der gemachten Abänderungen zu erfennen und
ficht getroffen. Sind denn auch Verordnungen von geringerm We
ſo find die Unvolllommenheiten doch nicht größer, als wir fie in aller
and neuen Geſetzſammlungen finden. Die Redaction aller rech
lichen Schriften (welche man als Autorität anerkannte) zu einem Ga
Art von Geſetzbuch, ift befonders ein Gegenſtand großer Klagen für
Iehrten geworden. Man hätte lieber die Schriften felbft als den
.
on EN
Msmiſches Recht, bei den neues Willen - 405
a bald für immer verloren gingen) muͤſſen wir bier übergehen, nur einer
piteen griech. Umacheitung gedenkend/ welche ımtes 8. Bafilius Macedo
— 886) angeordnet und unter ſ. Nachfolger Leo dern Weifen (836 — 912)
abet wurde (libri Besilicorum), von deren 60 Büch. wir auch nur einen
‚wirwol ben geößern, befißen, herausgeg. von G. Dann. Fabrott (Parts
2:7 nv, is Fol., 4 bort fehl. Bücher von Reib in Meermanns,Theuaur.
re 1).
— ) bietet das römifche Hecht von feiner erften Entftehung bis zu feiner. 77
sen ein originaled und felbfländiges Ganze dar, einen geifligen Organis⸗
Knie einem in fich ſelbſt begruͤndeten und abgefchlofienen Leben von 1300.38.
ialan und von 1850 3. bis zu ben Bafıliten. Es ſteht in diefer Art in
ſchichte ohne Beifpiel da, und nur das entfernte China bietet vieleicht,
mie dereinſt feine Geſetze und deren Sefchichte genauer kennen, etwas
‚bar. Seibſt der Zerfall des römischen Reichs bat die Herrfchaft des roͤml⸗
Meqchts nicht vernichtet, fewdern zum Theil weiter ausgebreitet. Es galt,
neuen Reiche gefliftet wurden, durch das ganze roͤmiſche Europa, vr q
pen, Franken, Longobarden, Burgunder und andre germanifche —*
he Hehmdeten, blieb nicht nur ein großer Theil des öffentlichen KRechte
Be ber neuen Verfafiungen, fondern auch das Privatrecht wurde als geb
Bet der alten Einwohner fortwährend anerfannt. Die neuen Dertfcher
defür, daß neben ben mancherlei gefeglihen Anorbnungen für ihte germa⸗
| Bäiter * Auszuͤge, und freilich zum Theil ſehr rohe und ungeſchickt⸗
en des roͤmiſchen Rechts abgefaßt wurden (Breviarum Alarieisuum
1, 500; Lex romana der Burgunder, ober Papiani Response zu
I 534; für die Longobarden eine Umarbeitung aus dem 8. ober
‚ umb fo dauerte im füblichen Frankreich und Italien die Gültigkeit pe
—N fo weit fie ſich mit den übrigen neum Verhaͤltniſſen vertrug,
hen fort. Allein diefe Guͤltigkeit verminderte fih doc; immer mehr,
1 manche andre Verhältniffe der Familien, der Gemeinde und des
achums, befonders bie Lehnsverhaͤltniſſe ausbilbeten und unter den
a der neuen Staaten uͤberhaupt die Idee des Rechts an Kraft ver⸗
*8 aber wieder, als die Staaten zu feſtem Beſtand gekommen
aan fühlte, daß es etwas Heiligeres und Feſteres gebe als bie bloße Ge⸗
ka Volksleben gewann einen reichern Gehalt durch Handel und Gewerbes
Ale alten duͤtftigen Wolkscechte reichten auf einer Seite mehr aus und auch
se werben von ber Ahnung wifjenfchaftlicher Cultur (weiche zum Theil
23 Spanien ans verbreitet wurde) aufs neue bewegt. In biefer Rage
an m ober Sale m Jahrh. Männer auf, welche Die RFechts⸗
| a'e aus ber biöherigen Dunkelheit hervorzogen und durch die Erkll⸗
% n eine neue Wiffenfchaft des Rechts in die Welt brachten. . Irnerkus
das Ende des 11. und im 12. Jahrh. wird als der Erſte genannt.’ Alle
ergeifien begierig den. ihnen bargebotenen Schatz, weicher nun aud In
4 em Form Vorbild für die Behandlung der päpftlichen Ver⸗
‚des Beharechts und fpäter der germanifchen Rechte wurde. Tauſende
aus allen Ländern fanden fi) zu Bologna u. a. Städten Stallens
| * brachten bie erlernte Weisheit in ihr Vaterland zurüd. Man zwei⸗
nirgends daran, daß bie Rechtsgrundfaͤtze nicht für Die ganze Ghrifienpeit
een; indeſſen fand man doch auch balb, daß es ganze Spiteme von Rechts⸗
‚gebe, auf welche fie nicht anwendbar felen, und die eigen
bes Gerichtsweſens ſtand lange der vollſtaͤnhigen Anerkennung bes
edit im Wege. Diefs ift daher in den. denen Ländern andı ve⸗
wer Belt noſ In banfelben Unmfange vıfolgs, Stalin und ip -
BR)
«
beiden wit [ehr bedeutenden Wiodificationen. In Deutichland Fam
daß bie deutſchen Kalfer Nachfolger ber römifchen feien, und man leg
dem römifchen Rechte ein geſetzliches Anfehen bei, welches auch in
(der Kammergerichtsordnung) und vielen Landesgeſetzen beftätigt mo
ſtehen überall nicht nur die einheimifchen Gefege voran und das
kann nur in Ermangelung berfelben zur Anwendung kommen (c
Recht), fondern ſeine Gültigkeit fällt auch weg bei allen eigenthün
in Deutfchland nicht vorhandenen Inftituten, und ebenfo umgekehr
im neuern Europa ausgebilbeten Rechtsverhaͤltniſſen (Lehen, P
Wechſelrecht ıc.), ſowie in Gegenftänden des Staatsrecht und ba,
fen Anfichten die entfcheidenden find. Da fi) demnach häufig d
läßt, ob das roͤmiſche Recht überhaupt anwendbar fei, fo ift zwiſ
und der unbebingten Kraft eines einheimifchen Geſetzes immer e
Verfchiedenheit. Da auch bie Juftinianeifchen Rechtsbüicher in |
ohne Dunkelheiten und Widerfpräche find, und fehr Vieles, ohne
hin unanwendbar zu fein, doch unzweckmaͤßig geworden ift, fo lie:
fen, verbunden mit der Unzugänglichkeit der Gefege fuͤr das Volk,
der Grund, auch ein unvolllommenes neues Geſetzbuch dennoch
Wohlthat und ein dringendes Beduͤrfniß zu halten.
Roͤmiſche Schule, f. Italieniſche Kunſt.
Roͤmiſche Sprache. Die altlateiniſche und die roͤmiſch
verſchleden. Aus der erſten, deren Spuren man noch in den Geſe
fein findet, und die bald ſo veraltet war, daß man zu Cicero's Zeit
der Salier (Priefter des Mars) nicht mehr verſtand, bildete ſich n«
rung der Imölftafelgefege nicht ohne Einfluß der griech. Sprache die
Müdficht ihrer Mundarten theilte fie fi) in den sermo urbanus
peregrinus. Die erſte Mundart war in Rom felbft, die zweite a
die dritte in den Provinzen gewöhnlich. Wenn wir noch bie „Origi
Gato befäßen,, würden wir fiber die Älteften Bewohner Italiens, al
Ontftehuna ber lat. Mutterfurache mit Gewißheit entfcheiden koͤnne
Romml .: Romulns 407
he und Volskiſche erwaͤhnt, welches wol nur verſchiedene Mundarten
m mögen. Das Oskiſche erhielt ſich ſpaͤter noch in den ſogenannten Atel⸗
Rit ber Eroberung von Suͤditalien und Sicillen, von Macedonien und
‚Ste die griech. Sprache ben Römern immer belannter, und fo der Eins
tech. Sprache auf bie Bildung der römifchen noch bebeutenber werben.
n wir in der Ableitung vieler Wörter ſowol als in der Wortfuͤgung biefen
äufige Spuren griech. Abkunft, und gerade bie diteften zömifchen Autos
PDioutus, Terenz, kLucrez, felbft Catull, haben viele Graͤcismen. Die
a Sprachen bildeten ſich wol meift aus dem Dialekt bes Landes und ber
mmel (Chriftoph), Dr., geb. 1781 zu Kaffel, ein Sohn des Bucheff.
yerintendenten.B. Ch. Rommel, gegenwärtig kurheſſ. Hiftoriograph und
es Staatsarchivs, wibmete ſich zuerft in Göttingen ben orientalifchen,
ven, ethnographiſchen und hiftorifhen Studien. Nachdem ex in feinem
bie Preisfchrift „Abulfedae Arabia commentario perpetuo illustrata"
f den „Caucasus Strabonianus‘ herausgegeben, verfah er von 180%
ordenti. Profeffur der Beredtſamkeit umb alten Literatur zu Mar⸗
ıBer mehren pbilologifchen Programmen und einer bedeutenden Anzahl
ch⸗hiſtoriſch⸗ politisch « literarifch » Afthetifcher Auffäge in den bamaligen
a gab er in jener Zeit eine liberfeg. von Theophraft’6 Charakteren“, eine
r Kunſt überhaupt und der Declamir⸗ und Gebärbentunft insbeſondere
e8 und Roscius“, Leipzig 1809) und (feiner Hauptneigung gemäß)
€ „Beſchreibung der Wöller des Kaukaſus“ (Weimar 1808) berams.
te R., auf Heyne's und oh. Muͤller's Rath, einem Rufe der Universe
ow als ordentl. Profefior ber alten Literatur, und fanb nun in einem
der biß zum [chwarzen Meer und bis zum Kaukaſus reicht umb ber mit
‚Schulen angefült wurde, eine anfehnliche Ausbente für Länbers und
be. Als Director des pädagogifchen Inſtituts gab er im Namen ber
: Charkow für ihre Gymnaſien Cicero's meifte Schriften, Cornelius,
nd eine deutſche poetifche „Chreftomathie” heraus. Die Univerfitäe
d damals mehrer deutfcher Gelehrten und einer literariſchen Akademie,
dräfident R. eine ins Ruſſiſche unter feiner Leitung überf. Rede Über die
alten der alten und neuen Welt hielt. 1814, nad) bem Ende ber Ra
n Kataftcophe, veranlaftaikn das Nachtheilige der örtlichen Lage von
hr feine Gefundheit, und bie Sehnfucht nach dem Vaterland und beffen
ſtellung zu einer Reife über das zerfiörte Moskau (deren Univerfität er
logifche Bibliothek zum Gefchenke machte) nach Peteröburg, und 1815
halt eines ruffifchen Jahrgehaltes nad) Kaffel, wo Kurfärft Wilhelm I.
mte, die busch Wachler's Abgang erledigte Profeffur der Befchichte zu
anb die kurheſſiſche Hiſtoriographie zu übernehmen. Da diefe Arbeit eine
ige Benugung ber kurheſſ. Archive zu Kaffel erfoberte, warb ihm 1820
on biefes diplomatifchen Schages aufgetragen. (Vgl. Strieder's „Heſſ.
iſtorie“, fortgef. von Juſti, nach dem Megifter bes legten Bandes, bes
d. 17, Zufäge). |
mulud, der Gruͤnder Roms und deflen erfter König. Nach einer dun⸗
war feine Mutter, Rhea Sylvia, eine Tochter des Numitor, Könige von
ı eine von: den Prieflerinnen der Veſta, die, der Goͤttin heiliges Heuer
id, in firenger Keufchheit ihre Tage verleben mußten. Sie war von ih⸗
a Amulius, ber ihren Vater des Throns beraubt hatte, zum Dienft ber
mmt worden, damit keine Nachkommenſchaft von ihr ihn des geraubten
zluftig machen koͤnne. Aber die Bönigliche Jungfrau vergaß des Sell»
fehprit und ein Ziviliingebrüberpaar war die Frucht ihrer geheimen Bade.
\
A
> Ki: Bonaballl
Unr der furchtbaren Abmung:zu entgehen, die bag Sees über bie ihre P
geffinden Veſtalinnen ausfprach, gab Rhea Syivia vor, der Kriegsgott
' Bater. ihrer. Kinder: Dieſe Liſt. rettete die Mutter, ein guͤnſtiges Gef
Kinder. Auf Amulius's Befehl wurden bie Zreillinge i in eine wilde Gegen
Afern ber Tiber ausgeſetzt. Hier fell eine Wdlfin fie gefunden und fo lang
haben bis der Zufall einen Landmann, Fauſtulus mit Namen, hecbeifü
Dis Kleinen aufnahm und erzog. Bet. ihm verlebten Romulus unb Re
Ichendzeit unter den Beſchaͤftigungen ber Sagd und wol aud) des Raubel
der Folge der jüngete, Remus, einft von ben Dienern bes Amulius gefon
© de, fammelte fein beberzter Bruder eine Meine Schar Unternehmender €
kt welcher ex ſo gluͤcklich war (da unterdeß feine und feines Bruders vorn
ſtammung bekannt geworden), nicht allein feinen Bender zu befreien, fon
des Armlius den untechtinäßig befeffenen Thron zu entreißen und ſei
Großvater Numitor wieder. einzufeben. . Nach Vollendung biefer Tha
Aommius, in Werbinbung mit feinem Bruder ſelbſt eine Stabt zu gruͤnd
Aatz dazu ae oben bet. einem feierlichen Opfer die Götter durch den Fl
Adlern angezeigt haben. Sp. ward Rom im J. 752 (nady A. 755) v. Ch
Die Einigkeit, bie: dieher unter beiden Brüdern geherrſcht, endete bei diefi
nebrken; aus Ehrg Faͤhzorn befleckte Romulus feine Hand mit B
(Rad) einer.andern Sage entfloh Remus vor dem Zorn feines Bruders
Alpen und: gründete Mes) Um feine Stadt zu bevoͤlkern, reichte
Getreuer, die Romulus bisher gefdlgt waren, bei weiten nicht bi
ſich daher ——— fie zu ehem Bufluchtsort für jeden deimathloſen Sid
machen. Männer wurden zwar dadurch gewonnen, an Frauen fehlte es
den roͤmiſchen Bauͤrgern, und ihre Bemühungen um die Töchter der Nad
wurden von den auf ben Wachsthum der neuen Stabt eiferfüchtigen X
Verlangten zuruͤckgewieſen. Da veranflaltete R. ein religioͤſes Volksfeſt
dazu die Sabiner (ogl. d.) mit ihren Frauen und Toͤchtern ein. Si
aber mitten im Feſte wurden die Unbewaffneten uͤberfallen und ihnen Ft
Maͤdchen entriſſen, und jeder Roͤmer eilte, ſich mit einer Hausgenoſſin zu
E kam zum Krieg zwiſchen beiden Voͤlkerſchaften; das Flehen der S
die ſich zwiſchen die ſtreitenden Parteien warfen, ſtiftete endlich Frieden,
geioann durch bie Veteinigung mit dem Volke der Sabiner bedeutenden
Mehre gluͤckuche Kriege, die ſtets mit Volks⸗ und Laͤnderanwachs für di
GStaat endeten, befefligten feine Fortdauer, und in dem fieggefrönten $
erſten Römer verkütidete ſich bereitö das Gewicht, das diefe Stadt einſt
folite. R. herrſchte als König fireng und gewaltig, zu ſtreng vielleicht fuͤ
* freiwillig unterworfenen Unterthanen, und fein plögliche® Verſchwin
die Bermuthung, daß er durch die Hand eines Mißvergnuͤgten fiel. 1
nach ſoll er gen Himmel zu der Schar der Goͤtter geſtiegen fein, nachde
Wirk vollendet, die ewige Stadt gegründet hatte; und bis zur Annahme
Uchen Religion verehrte Rom in eignen Tempeln die Bottheit feines (
Möglich ift auch, daß er.vom Blitz erfchlagen wurde; denn fein Verſchu
während eines Gewitters gefchehen fein, das heraufzog, als er ſich auf
Stadt bei den Suͤmpfen von Eaprea befand, um fein Heer zu muflern.
ungefähr 37. Jahre reglert, etwas tiber 60 gelebt, und bie zwar rohen,
Zeit und Unsfände Hüffenden Verordnungen und Geſetze, die er ſeinem 9
zeigen von feiner Herrſcherfaͤhigkeit. Als R. ftasb, Toll Nom nach einer |
von ihm peonfkaltesen Zählung zwiſchen 3000 u. 4000 wehrhafte HRim
haben. (Bol. Rom.)
... Bonctedpalledy, franı. Rencevaut, Thal in Nabarra "ya
pelsitta und St.⸗ Jean Pich Ve Dust, won nadı ar Sanı Tr Ruakpk '
2
“Romans: Moos (Bakie) 4600
z von den Arabern (778) gefchlagen wurde, und ber täpfere Roland feis
nd. Dieſe Schlacht ſpielt in dem Fabelereiſ⸗ MAiis d. Gr. (vgl. Rits
und Molend) und feiner Helden eine glänzende Rolle und iſt der Ges
Durch ben gleichnamigen Hauptort des Thales geht
ı Porenden nad) Frankreich führende Rolendepforte und in der Kirche >
hens werden fabelhafte Alterthuͤmer von Roland aufbewahrt. Dis Frans
pen hier unter Moncey 1794 die Spanier, und 1813 draͤngte Weling⸗
arfchall Soult aus einer feſten Stellung in dieſem Thale.
sdeau, Rondo, f. Ringelgebicht. In der Mufik ein Tonfthd
zines Concerts, Quartetts, einer Spmphonie ober Sonate), in welchem *
hema nach mehren Abwechfelumgen der Modulation ale Refrain wieder⸗
iefer Form comiponirte man vomft bie Arie (f.d.); In ber Bocalmufit wi
auch Nundgeſang genanıtt: Ä
ıfazd, eigentlich Rouff atb. (Pierre de), geb. zu Poiffomniere, im
ieanais, 1524, war der erfte franz. Odendichter von Bedeutung, In
md warb er als Page von dem Herzog v. Drleand an den König Jakob
Hand ibergeben.. Später in Teinem Vaterlande angeſtellt, folgte ex dem
if zum Meichetage nad) Speier. Durch diefen gewann ex Geſchmack
en Wiſſenſchaften; er ſtudirte eifrig die alten Dichter und warb bafb
feinen Landsleuten ats der Fuͤrſt der Dichter anerkannt. Die Könige
L, Zranz il, Karl IX. and Heinrich HI. ehrten fein Verdienſt, und die
alouſe ſchenkte ihm, hingeriffen vol Bewunderung, eine maffive filberne
on bedeutenden Gewicht, bie.der Dichter wieder feinem König Hein⸗
chete. Auch die ſchottiſche Maria achtete Ronſard und befchentte ie
.Als ee 1585 ſtard, begleitete feinen Leichnam das ganze Parlanımat,
abinal Duperron ſprach die Beichenrede. Meuere franz. Kritiker, befons
kal herbe, haben R.'s Talent herabgeſetzt, aber mit Unrecht, denn fie
nicht die Zeit, in ber R. lebte, und die Rohheit ber bamaligen Sprache,
£ ee zu kaͤmpfen hatte. Doch hat feine Eitelkeit, bie oft ins Laͤcherliche
iebene fiel, nicht wenig dazu beigetragen, feinen Nachrubm zu ſchmaͤlern.
son ihm Oden, Hymnen und. &chäfergebichte: („Denvres“, Lyon 1592,
b mehrmals.)
;. 8, der Name einer Malerfamitie, welche im Fache ber Banbfhaft mb
sei bechhent AR 1) Johann Heinrich R., zu Dttenberg In der
A geb., der Sohn eines armen Malers, lernte in Amſterdam bei bent
raler Inilen du Jardin, nachher bei Apclan de Bie. Aus feinen Land⸗
ird es wahrſcheinlich, da er Italien gefehen, indem er mehre tömifche
‚feinen Darflellungen angebracht hat. Zwar malte er auch in der Folge
‚ aber vorzüglich warf er fich auf die mit Thieren, befonders Ziegen, '
mb Kühen flaffirte Landſchaft. Treffliche, neturmahre Zeichnung und ins
Bruppfeumng diefer Thlere, verbunden mit Eräftigem und angenehmen Gos
wichtete Bufammenflellung machen ihn zu einem der beften Xhiermaler.
x Einiges in Kupfer gefincen. Er tieß ſich in. Frankfurt nieder, wo et
umsgen gewann, verlor aber bei einem Brande 1685 fein Leben. Sein
deo dor war mehr Portraitmaler. Unter Heinrichs 4 Söhnen war tet
netſte Maler 2) Philipp R., audı Mofa bi Tivoli genannt, weil
me Frau in Ziooli lebte. Er ik geb. in Frankfurt 1655, und reifte, von
nafen son Heſſen⸗Kaſſel unterfiipt, nad, Rom, wo er die Tochter des
waciuth Brendi heirathete. : Sein Charakter ioird nicht gerühmt, er
in —— — und ſtarb hoͤchſt elend 1705 in Rom. Er hat ſehr
itatke gearbeitet. Einer Seinen Soͤhne, Jabob, ahmte (einen Bear
Inmlsret nd mb if a, db. N. Roſa von Neahe dedue..
Li
mn am andern Tage den Sipfel zuerreicgen: Auf der nad) ihm gi
' Minfpige (2325,%. 28, oder 13,952.$.), errichtete er ein eifexmet
hauyt Tb von den 9. Spitzen, weiche den eifigen Felſenkamm bes md
bigen, 5 trigonometriſch gemeffen.. Die höchfte Spitze, ein jäher :
nen Hoͤrnern, ift unerfteiglih; 270 F. höher als die Zumſteinsſr
ſich 2370 X, 2 $. (nach parifer $. 14,222) über das Meer. (Der
x. nach ber neueften Beflimmung eine Höhe von 2460 T. 1 F., od. pi
Die niebrigfle oder die Wincentppramide bat 2164 Toiſen. Die Pa:
dem Noturforfcher, ber 1817 einen Theil des M.⸗R. bereifte, fe
22758. 4 3.3 die Signalkuppe, im Mittelpunfte des Gebirge,
Dir Gebirgsſtock ſcheint, vorzüglid) im feines obern Hälfte, aus
gu beftehen,, ber bin und wieder mit Gneis abwechfelt; er enthält €
Kupfer⸗ und Eifenminen. Die letzte Erzhuͤtte liegt 10,086” hoch: a
Schnee. Granit findet man in größern Maffen nur am Fuße des
ter⸗ und Sommerroggen reift hier noch bei. einer Höhe von 5500
Weinſtock im Seſiathal bis zu einer Höhe von 3090’ (auf der Nor
Rafen findet man in einer Höhe von 9639’ ; das Pyrethrum alpii
teıma pauciflorum wachen noch 11,340 über dem Meere an e
Zwiſchen der Nord» und der Südfeite findet ſich ein Unterſchied dı
Begetationsgrenzen von beinahe 1000°, Die Schnesgeenze auf |
9500’, die Grenze des Hochwaldes 7000. Auf der Suͤd⸗ und
auf der Norbfeite wohnen Oberwalliſer deutfchen Stammie®, au
Niemand. M. ogl. die trefflihe Monogsaphie: „Der Montes R
graph. und natuchiftor. Skizze, nebft einem Anhange der von Hrı
machten Reifen zur Erſteigung feines Gipfel”, herausgeg. von £. |
(ntit einer von Bonati in Mailand 1823 in Aquatintamanier g
Charte und mehren Steinabbrüden, Win 1824). (Ch. v. Welb
gonometrifchen Meflungen angeftelle). - :
- Rofalie nennt man in dee Muſik eine gewöhnliche Phre
Heinen Sas von meniaen Takten, ber mebrmals bintereinanber, nur
*
:.. Mobeoe : --: -Roscommms. : - 418
leler des altm Roms und Beitgenoffe des. Cicerd, der ihn feiner Freund⸗
rdigte und ſtets mit Bewunderung von ihm ſpricht. Wie haben nach eine
eros, worin er dieſen Kuͤuſtler, der auch wegen feiner Sitten ausge;
‚gegen eine Anklage verthridigt. Nicht minder ale Cicero ſchaͤtzten
d Piſo, md der Senat gewährte ihm einen anfehnlichen Jahrgehalt. Daß
Rom konnte nicht aufhören, feine Kunft zu bervundern, die tm Tragifchen
niſchen gleich groß war. Sein Rame warb ſpricht drtich jedem autge⸗
Schauſpieler beigelegt. Er ſtarb ungefähr 61 J. v. Chr.
s8coe (Witllam), ein engl. Schriftſteller, von niedriger Herkunft, ber⸗
nem. unermuͤdeten Fleiße und feinen glaͤnzenden Talenten einen dauernden
Dur durch Strenge konnten feine Aitern ihn dahin bringen, etwas Schrei⸗
Nechnen zu lernen, aber deſto eifriger las er alle Dichterwerke feiner Na⸗
an in die Hände fielm. Später, ats Schreiber bei einem Advocaten ir
'; @ubdirte ex die lat., franz: und Italien. Sprache: In der Kenntni der
zb ihrer Kiteratur machte es außerordentliche Fortfchritte. Im feinem 16,
‚ee band maleriſche Gedicht: Mount pleasant’’, welches/ von hohem Dich⸗
wagt. 1773 teng er hauptfächlich dazu bei, zu Liverpool eine Geſeuſchaͤft
‚ber Malers und. Zeichenkunſt zu errichten. Überhaupt hat ee
6 Beifpiel und unermuͤdete Anſtrengungen jene Verbindung des kaufmaͤn⸗
nt ud geiftiger Beſtrebungen bewirkt, bie er In einer Rede, welche
einer in feiner Vaterſtadt gegründeten Blidimgsanftait hielt,
empfahl, and er hat praktiſch gegeigt, wie beide ſich zu Ihrem gegenfeltie
Zei tn Die ſchoͤnſte Übereinfiiamung bringen Iaffen. - Diefe „Liverpool
m’ und ander Gtiftungen ber Art, wodurch Liverpool ſich auszelchnet,
nihm das Dafeim Mit großem Eifer nahm er ſich auch der Abfchaffung
denhandels an; beſonders in einem ſchoͤnen Gedicht: „Die Grauſamkelt
,The wrongs in Afriea“, 2 Thle., 1788). Die franz. Revolution
Im einen Bewunderer, und we ſchrieb mehre Volkegeſange und poetiſche
me Verbreitung des Sreiheitöfinnes. 1797 1egte er feine Advocatur nie⸗
—** ya Liverpool‘; darauf wine kurze Zeitlang Repraͤſentant dieſer
; Parlament, wo ex wait ber Fox'ſchen Partei in Verbindung trat. Seine
hüber Parlanientereform ſprach er In einem Briefe an Brougham (1814)
ene Handelsunternehnungen führten den Sturz feines Haufes und
die Verſtebgerung ſeinet trefflichen, beſonders im Fache ber italien. Ge⸗
reichen · Vucherfammlung herbel. Außer ben angeführten und andern
BE Hof eis voruͤbergehended oder oͤrtliches Intereſſe habenden Schriften hat
uforbers durch feine Lehensbeſchreibungen: „The life of Lorenzo de Me-
lied tho Magnifieent‘' (Liverpool 1795, 2 Bde., 4.5.2. Auft., 1796;
wa 3. Sprengel, Berlin 1797); „Illustratiene, hiatorioal and eri-
she Hifo ef Lorenze de Mediei (mit e. Anh. v. Drigmalurt.) u. „The life
HAsnte of Leo X.“ (4 Bde., 1805, 4., deutfch von Henke mit reichhalti⸗
inf.) eis hiſtor Schriftfleiler vorgethan. Ein fchönes Denkmal hat ihm
Bu Wolng in dem „Sketch book“ -(Bondon 1821) gefest.
common (Wentworth Dillen, Graf V.), ein Dichter, aus einer
Jannifie ‚geb. 1633, ftudirte zu San, machte eine Reife durch Itallen,
We des Alterthums Innen zu lernen, warb Stallmeifter der
to. York und flach 1684. Er hat wenige, aber ſchaͤtzbare Gedichte hin⸗
warb iR, wie Dope von ihm rähmt, aus dem bichterifchen Zeitalter Karls II.
je, der Me —— Muſen llebte. Die Englaͤnder verdanken ihm das
„Essay on translating verses‘', worin er die Kunſt
gen in einem edein, reinen und männlichen Styl auf eine einbrudisuole
wirägt. An ber Errichtung einer engl, Sprachakademie warb er vurc ven
414 Roſe (Blume) Reoſe (Krieg d. rothen u. weißen)
Tod gehindert. Die niuefte Audg. feiner Werke: „Earl of Roscommens
tical works” (Glasgow 175.3).
u» Rofe, ein Blumengefchlecht in der 5. Ordnung ber 12. Glaffe (Te
Beiygynis) Linne befchrieb 14, Wildenow 30, Perfoon 46, Thory 56,4
ley 76 Arten. Trattinich will mehr als 200 Arten kennen; mit ben St
koͤnnte es wol an 500 Arten geben! Die Kunft hat naͤmlich eine Menge &
ten erzeugt, die fi) mehr oder weniger von der Grundgattung entfernen
Bellimmung der einzelnen Gattungen ungemein erfchweren. Alle Gattungen
man unter 2 Familien, je nachdem die Früchte beinahe kugelrund oder
Zur erſten gehört bie-pimpineliblättrige Nofe, die Zimmt⸗ oder Zuckerr
ſchwefelgelbe Rofe, die gelbe Rofe, die provenzer Rofe, bie weichhansige
‚zur zweiten die hundertblätterige oder gemeine Sartenrofe (R. centifolia, bie
von allen, ‚welche, da man wegen ihrer ſtarken Külle Leine Frucht von ie
durch die Wurzel vermehrt wird), die Zucker⸗ oder Effigrofe, die bamasc
die wohlriechende oder Weinroſe, die Moosrofe, die Bifamrofe, bie weil
‚bie gemeine wilde Roſe (Dagebutte). Ein Prachtwerk ift: „Lee Roses, pi
:Redqute”; bekannt ift auch Roͤſſig's Werk: „Die Rofen”. Die Rofe if
Roſenwaſſer für die Apotheke und auch Rofeneffig, Rofenfyrup u. f-w. 9
fen von Provins (Stadt in Brie) wird nach fremden Ländern gehaud
führt fie nad) Indien, wo fie in mandyen Gegenden mit Gold aufgewogeni
In Ägypten, befonders in der Landfchaft Fajum, mo man ganze Haine wi
ſenſtoͤcken findet, ift das Deftillicen des Roſenwaſſers (bekanntlich in ben
dee Morgenländer ein Hauptlurußartifel) ein ſehr einträgliche® Gewerbe,
ſes Erzeugniß ein nicht unbebeutender Ausfuhrartikel. Über die Roſe
richo f.d. S. Lindley's „‚Betanical history of. Roses” (mit Rpfımd
Yon 1821).
Roſe, Krieg ber rothen und weißen: bie blutigen Kämpfe, welche
fer Lancafler und York über 80 I. hindurch um den Thron von England
‚jenes hatte eine rothe, diefes eine weiße Roſe im Schilde. Nach vielen
und Kämpfen twaren unter 3 nad) einander folgenden Eduarden, befon
Eduard III., Ruhe, Ordnung und innere Macht gegründet worden. D
der Bewohner Englands, ſowie das Bluͤhen ihres Handels, ftand in fchi
haͤltniß mit der Macht ihrer Könige, die damals die fhönften Provinzen F
im Beſitz hatten; aber bald nach dem Tode Eduarde III. gingen faft ale
verloren durch den wüthenden Kampf, der zwifchen den Vorks und Lamc
erhob. Beide Häufer waren in Eduard ILL. vereint, auf den Thron war
Richard I. von Dort 1377 gefolgt. Als diefer ſchwache Fuͤrſt durch He
von Lancafter, genannt v. Bolingbrode (1399), Thron und Leben ver
das Haus Lancafter (Heinrich IV., V. u. VI. bis 1461) an die Regierm
durch entfpann fich der Kampf ber beiden Nofen. Heinrich VI. von Lancaf
von feinem herefchfüchtigen Vetter Eduard IV., einem York, vom Thron
(1461) und ermordet (1471). Nach Eduard IV. Tode (1483) beſtieg fein
Sohn, Eduard V., den Thron, aber Richard v. Gloucefter, fein Oheim (Evm
- Bruder) bemädhtigte ſich der Regierung , ließ Eduard V. und feinen jünger
der im Tower erſticken und ward als Richard IH. (dev Bucklichte) König.
wilde Kronenftreit, welcher 60 Perfonen der Eönigl. Familie und mehr als!
des engl. Adels hinwegnahm, endigte, als Heinrih von Richmond, &
Haufe LancaftersZubor, nachheriger König Heinrich VII., 1485 den ge
Richard in der Schlacht bei Bosworth erfhlug und hierauf durch feine F
lund mit Elifabeth v. York (1486) die beiden feindlid, getrennten Häufer de
Doc gab es noch immer unruhige Bewegungen, bis Heinrichs VILL Re
zeuen Stoff zu Erſchuͤtterungen andrer Art vorbereitete. In der biutigen,
fe des 15. Jahrh. und war ein Wappenmaler, beruͤhmter jeboch als
se. Die Eigenfchaften, welche feinen Beinamen veranlaften,, findet
umlich in feinen Faſtnachts ſpielen, deren’ 6.ganz ‚ anbee im
zetheilt find, in Gottſched's, Noͤthigem Vorrath zur Befchichte ber deut⸗
tiſchen Dichtkunft” (Leipzig 1757). Das Intereffe derſelben beruht in
ı Darftelung und ben kecken Spielen des Witzes; ein eigentlich drama⸗
reſſe haben fie nicht; fie beſtehen nur aus locker an einander gereiheten
e zu einem fatyrifchen Ergebniß hinführen. Wie weit die Frechheit ber
herze zu jener Zeit getrieben wurde, kann man bei feinem Dichter der⸗
kennen lernen als bei R., dem man jeboch fehr Unrecht thun mürbe,
bir bloß darnach beurtheilen wollte. Ehrbar erfcheint ex in andern Poe⸗
atlich in feinen erzaͤhlenden Gedichten, bie ih auf einer weit hoͤhern
Zildung als einen geiflxeichen Mann, einen Eräftigen Sittenmaler und
Sprache jeigen. Komiſche novellenartige Erzählungen gelangen ihin
Nur einzelne bavon find bis jet in Canzler's und Meifner’s „Quartals
n „Bragur” u. a. D. gedruckt erfchienen. °
enfeſte, Roſenmaͤdchen. Noch feiert man jährlich zu Salencyh
oyon in der ehem. Picarbie, jebt Dep. Dife) am 8. Juni ein Zeft, defs
keiten berühmt find. Aus 3 Mädchen naͤmlich, bie durch Sittſamkeit
ze Tugenden fich außgeichneten unb gegen deren Verwandte ſelbſt kein
wäubeingen war, waͤhlte früher der Befiger von Salency (jebt wahrs
e Friedensrichter) die würdigfte aus. Ihr Name wird vor dem Feſte
er Kanzel verkuͤndigt, damit die Mitbewerberinnen um bie Ehre einer
in die Wahl unterfuchen und Einwendungen, wenn es Noth thut, vors
nen. Denn nur diefe Koͤnigsprobe beftätigte früher die gutsherrliche
ı 8. Juni, am Feſttage des hd. Medardus, wurde bann bie anerkannt
fe als Roſenmaͤdchen (Rosiöre) unter Muſik und dem Geleite 12
mihlter Paare, ſelbſt im ſchoͤnſten Puge, auf das Schloß geführt, dort
Mangen, vom Herrn des Guts oder feinem Beauftragten in bie Kirche
Rofenbolz, f. Rofendi.
Rofentranz, bei den Katholiken, befteht aus einer Se
Amahl Kuͤgelchen von verſchiedener Größe, die zur Abzählung dei
Er ift von Dominicus be Gusman, dem Stifter des Dominicane
erften Hälfte des 13. Jahrh. eingeführt und nach dem Pater nofter
eingerichtet worten. Es find naͤmlich am Roſenkranz immer 10 klei
ßere Kugel 15 Mat befindlich; bei den -Heinern wirb ein Ave I
größern ein Pater nofter (f. d.) gebetet. Doch follen fchon t
Benedictinermoͤnche Ihre Gebete nach einer Reihe von Kügelche
Schnur gefaßt waren, beiihrer Arbeit verrichtet haben. Zu Ehren
1571 bei Lepanto über die Türken erfochtenen Sieges fliftete Pap
1573 das Rofentranzfeft, welches am erften Sonntage des Det. gefe
Clemens XI. dehnte diefes Heft auf alle Kirchen bes kathol. Aben
Ehren des am 5. Aug. 1716 bei Peterwardein uͤb. die Türken erfo
Herennius Haid Tchrieb eine „Abhandl. über die Detamorphof. dee
(Kandehut 1809); und Weber: „Ub. das Gebet des Roſenkran
1815). Auch die afiatifchen Völker von der lamaiſchen Religion us
medaner bedienen ſich einer ſolchen mit Kugeln verfehenen Schnur
ihrer Gebete. Die Schnur der Mohammedaner hat 99 Kügelchen,
bete nach unb nach herablaffen, während fie die im Koran vorkomm
ſchaften Gottes ausfprechen. Bei ihnen find die Kuͤgelchen gewoͤhr
Erde von Mekka oder Medina geformt.
Roſenkreuzer, Mitglieder einer geheimen Geſellſchaft
zu Anfange d. 17. Zahrh. unerwartet durch eine Menge Schriften
melche zum Theil die fonderbarften Behauptungen enthielten. Im:
Bundes war, dem Worgeben nach, eine allgemeine Verbefferung d
Gruͤndung einer dauernden Wohlfahrt der Staaten und der Ei
prächtigen Worte waren aber nur das Aushängefchilb, um bie leicht
anzuloden. Bei genauerer Unterf uchung fand ſich, daß die ſeit lang
3 a. Bin han [Wo fhama
| ‚ Rofenmüle oh. Georg) 417
"nicht erwieſen. Mach Krauſe beſchäftigte Ihn. von Fagend au
einer zum Theil geheimen Geſellſchaft zue Verbefferung ber menſchlichen
. Als einen rohen Berfuch, biefe Idee aussufprechen, gab er 1614
Higte Schrift: „Meformation der ganzen weiten Welt’, heraus und ‚Fama
is" ⁊c., welche nebft vielen ſchwaͤrmeriſchen auch viele tieffliche Gedan⸗
$. Die barin poetifch gefchilderte Brüderfehaft des Roſenkreuzes wurbe
igen Alchymiſten und chriſtl. Schtwärmern als gefchichtlicd wahr und bes
hend angenommen, und fo wurde Andreaͤ Weranlaffung zu ben nachma⸗
nörenzerifchen Schiwärmereien und Orbensverbindungen, bie ſich über
usbreiteten unb auch als höherer Grab mit der Freimaurerei in Verbin:
icht wurden. So viel ift gewiß, daß der Bund der Roſenkreuzer, nadhe - -
ch eine Menge Schriften ploͤtzlich allgemein befannt wurde, bald in Ver⸗
gerieth und nur noch bei betrügerifchen Goldmachern eine Rolle fpielte.
sten Hälfte des 18. Jahrh. fing das Werfen der geheimen Orden und bes
zerbundes aufs neue an, die Köpfe vieler Menſchen einzunehmen, wozu
die Aufhebung des Ordens der Sefuiten und beren angeblich geheime Um⸗
vie die myſtiſchen Betrügereien des Saglioftr 0 (vgl. d.), Veranlaſ⸗
15 boch verſcholl auch dies, als die Weit durch da trügliche Gewebe ſah
:öpfer’6 (fi d.) trauriges Ende in Leipzig eintrat.
fenmüller (Johann Georg), Dr;, erfter Profeſſor der Theologie und
ndent zu Reipstg ; geb. am 18. Dec. 1736 in Ummerſtaͤdt, einem Stäbts
Kbhurghaufifchen, wo fein Water (nachher auch Schulmeiſter in Kolberg)
aacherhandwerk trieb, bei welchem ihm der Sohn beiſtand, fchrieb don
Knabe Predigten nieder, die er gehört hatte. 1751 kam er auf bie ko⸗
naq Nuͤrnberg u. empfahl ſich durch die 1756 gehaltene Abſchiedsrede
bed Solger. Nachdem er die Worlefungen der Profefloren des Gymna⸗
Dt. —2 befucht hatte, ſtudirte ee 1767, durch Solger's Verwenden
Altborf, war einige Jahre Hauslehrer im Pfätzifchen und Lehrte
b . zuruͤck, um bem Prediger daſelbſt Beiſtand zu leiſten.
m ward er an ben Director bes koburg. Gynmaſtums (nachher. Abt in
zen) Fromman empfohlen, welcher ihn zum. Ausarbeitung feiner erften
5 und ihm eine Hauslehrerſtelle in Hildburghauſen verſchaffte,
eini einige Predigten fi fo emdfahl, daß er 1767 hier, 1768 in Heßberg
F Königeberg in Franken Prediger warb. Unerwartet erhielt ber in ſei⸗
ungen befcheidene IR. den Ruf als Prof. d. Theologie nad) Erlangen,
75..die «ehe Doctorwuͤrde annahm und anderweitige Anträge ablehnte.
ärztlicher Freunde, bie eine Veraͤnderung feines Aufenthalts zur
Belung feiner jerrötteten Geſundheit für —— hlelten, verließ er
mgen, dem Rufe als erfien Prof. d. Theologie und Paͤdagogiarch nach
gend. Von hier kam er als Paſtor an der Thomaskishe, Superinten⸗
kerter Prof. d. Theologie 1785 nach Leipzig, rückte nach und nach in die
. Drofeffur ein und ſtarb am 14. März 1815, als der damals aͤlteſte
Ber peutichen Umiverfitäten,, im Leben höchgenchtet und ins Tode tief bes
Zen Seigzig ward er Begruͤnder einer gereinigtern Liturgie durch Abſchaf⸗
rerciemus, de6 —— — durch befoͤrderte Einführung der oͤf⸗
Fenfirmation ıc. des beſſern Schulweſens durch die erſte
ng, Pie er zur Stiftung bes 6 * für Feriwillige, der Raths⸗
nd der Buͤrgerſchule gab. Alb Prediger war ee Muſter einer edeln Pos
Dee bei feinen Vorträgen nie die praßtifche Ruͤckſicht und das Zeitgemäße -
uige verlor. Die Herzlichkeit, mit welcher er ſprach, erhob oft feine eins
ı Des. Vortrags zu einer wahrhaft rednerifhhen. Seine fchriftftellerifche
Pie Zahl feiner Schriften beiäuft ſich gegen 100) ef ſich nicht nur
„ @iebente Aufl. 86. IX.
“ a
418 Roſenmuͤller (Ernſt Friede. al)
auf Lehrbücher zum Sugenbimterrichte („Chriftt. Lehrb. für die Jugend“, 11.%
1812; „‚Exfter Unterricht in der Religion für Kinder”, 2. A. 1807, au in
Wendifche überf. 1799; „Religionsgefchichte fuͤr Kinder, 8.4. 1804), of
dachts⸗ und Erbauungsbuͤcher (‚Morgens und Abendandachten“, 5. &. 174
„Betrachtungen üb. die vornehmften Wahrheiten d. Rei. auf alle Tage.
AMBde., 1801), und auf Predigten (u. a. Sammlungen: „Betrachtung
merkwuͤrd. Begebenheiten des 18. Jahrh. mit Rüdficht auf Relig. und &%
keit”, 1801; „Etwas zur Beherzigung für unfere Zeiten‘, Leipzig 1786,
welchen ſich die Bußtagspred. befindet, durch melde die Stiftung der Frei
veranlaßt ward; „Das Reich Jeſu“, 1802, hat Beziehung auf die Stifte
Bürgerfchule; „Warum nennen wie und Proteftanten‘? 1790; „Der?
Chriſten unter dem lehrreichen Bilde des Schlafs“, am Sonnt. nad) Mor
gehalten), fondern auch auf Lehrbücher zu akadem. Vorlefungen („Paft
mweifung”, 1788; „Anleit. für angehende Geiftliche”, 1792; „Beiträge zur
miletik, 1814). Unter feinen Schriften für künftige Theologen haben feine „S
lie in N. T.“ (5. A. 1801—7, u. der 1. Th. der 6. X. 1815) noch immer Be
barkeit, und feine „Historia ‘interpretationis libror. sacr. in eocles. e
(6 Bde., Leipzig 1795— 1814) werden ſtets eine Hauptauelle für bie Ge
der Hermeneutik bleiben. Heller Geiſtesblick, Wahrheitsliebe, Sanftmuth;
vorkommende Gefätligkeit, Beſcheidenheit, raſtloſe Thätigkeit, ſtille Heit
echte Religioſitaͤt waren unverkennbare Eigenſchaften R.'s. Sein fprechendes
niß in Bol. hat Bauſe geſt.; ein kleineres findet man im,Jahrb. ber haͤutl
dacht” von Vater (1820), in welchem ihm auch Dinter ein kleines Denk
fest und eine Bergleihung zroifchen ihm, Reinhard und Morus als Erami
angeftellt hat. Eine Biographie R.s enthält die feiner legten Schrift: „©
Weisheit nad; Seneca“ (Leipz. 1816), vorgebrudkte Vorrede von Dog. 11
- "Rofenmüller (Ernſt Friedrich Karl), Dr., einer der berühmteften
taßiften unferer Zeit, geb. am 10. Dec. 1768 zu Heßberg bei Hildburghaufen
fein Vater, Joh. Georg R. (f. d. vor. Art.), damals Prediger war. Durch
lehrer vorbereitet, beſuchte er das Pädagogium in Gießen, kam mit ſei
Leipzig 1785 berufenen Vater In diefe Stadt, wo er, außer beffen Vorief
auch die eines Morus, Dathe, Piatner, Reiz, Bed u. A. beſuchte. Nad
1787 Magifter geworden war, erwarb er fi) 1792 die Rechte eines akaden
centen durch Vertheibigumg der Disputation: „ZohairiCermen templi M
foribus appensum, nune primum ex codice Leydensi Arabice: edıta
tine conversum et notis illustratum” (4.), 1795 erhielt er eine aufe
Profeſſur der arab. Sprache; 1813 warb er orbentl. Profeffor der mıir
Literatur und 1817 bei der Reformatiohsjubelfeler uͤberſchickte ihm bie ef
enltät zu Halle das Diplom der theolog. Doctorwuͤrde. Unter feinen gef
Werten find f. „Scholia in Vet. Testam.” (Letp;. 1788-1827, 8 B
welchen bie beiden erften Bde. von 1821 — 24 in 3 Bodn. in der 3.
. der Jeſaias in 3 Bhn. 1810— 20, die Pfalmen, ebenfalls in 3 Boͤn. 182
ber Hiob 1824, Ezechiel 1826 In der 2. Ausg. erfchienen, wegen ber unsfall
Darlegung und Beurtheilung der Ältern und neuern, jünifchen und geil.
telſt Benutzung ber neueften Reifebefchreibungen gehörig gervürbigten Eriuiuue
ein ſchaͤtbares eregetifches Mepertorium über ba8 A. T. Das „Danbb. fiel
teratur der bibl. Kritik und Eregefe” (Goͤtt. 1797—1800, 4 Bde.) Te
ausführliche Beurtheilung der größern eregetifchen und kritiſchen Werke
A. und N. T., nebft theilweifen Auszügen aus jenen Werken. — Eine fi
Erläuterung des Altortentalifchen durch das von neuern Reiſenden im Di
obachtete iſt: „Das alte und neue Morgenland, oder Erläuterungen der
Echrift (Beipz. 1818— 20, 6 Bde.; indas Holländ. 1823 überf.). Das
*
m
x
Rofenmäller (Foh. Chriflopp) "— .. | 419
Alterthumskunde, von welchem 2 Bde. 1823—26 erfhinen, umfaßt
kllärung der Bibel erfoberliche Realkenntniſſe ruͤckſichtlich PaldRinas und
mſelben in Verbindung geftandenen Länder. Das Stubium der arab.
förderte diefer Drientalift nicht nur durch ein „Arab. Elementay: u. Leſe⸗
einem Wortregifter” (Leipz. 1799), deſſen profaifcher hell methodiſch
‚ bie ältefte Gefchichte und Gebräuche Arabiens betreffende Stuͤcke, dek
Theil aber Stuͤcke aus der Hamafa und Hartiri Eonfeffus enthält, ſon⸗
durch eine, fuͤr den erften Unterricht hinreichende, nach Sitveftre de Sacy,
„Institutiones ad fundamenta linguae Arabicae‘, accedunt senten-
arrationes Arabicae una cum Glossario Arabico-Latino”' (1818, 4.),
e Elementargrammatik mit Leſeſtuͤcken. Richt nur mit Erklaͤrungen der⸗
wliaften, ſondern auch mit eignen Scholien ausgeſtattet, erſchienen: „Se-
sedam Arabum Adagia et Meidanenses Proverbiorum Syntagmata,
mum Arabice edita, Latine versa et Hlustrata (1796). Ferner gab
„Analeeta arabiea” (Leip;. 1825—26, 2 Thle., 4.). Außerdem ver:
n ihm auch die Verpflanzung einiger, im biefen Beziehungen wichtigen
chriften des Auslandes durch treue Überf. auf deutfchen Boden: Zu den
Sren: „Bocharti Hierosoieon, s. de animalfbus S. Scriptürae ete.”
96, 3 Bbe., 4.), bereichert aus anbermeitigen oriental. Quellen und aus
Hebefchreibungen; „Rob. Lowth de saora Hebraeor. poesi, praele-
. not. et epimetris J. D. Michaelis eto.“ (eipz. 1815), welches eben-
ſchaͤtzbare Bemerkungen nach neuern Forſchungen liefert. Zu den legten
„Herbert Marſh's Anmerk. und Zufäge zu J. D. Michaelis's Einleit in
Schriften DEN. B.“, aus dem Engl. überf. (Goͤtt. 1795— 1803) ;
tten ber Bebtinenaraber, aus db. Franz. des Ritters d’Arvieur”, mit
und einem bibl⸗zoolog. Anhange des Über]. (1789): Seine „Anfichten
kina und dem heil. Lande, nach Ludw. Mayer's Originalzeichnungen‘
10 — 12, Querfol.), find auch für Dilettanten anziehend. Endlich
Differtation: „De versione Pentateuchi Persica” (Leip;. 1813, 4),
fehen werben. Seit 1820 iſt er mit Mitredacteur ber „Leipz. Literatur⸗
und gegenwärtig befchäftigt ihn bie Bearbeit. eines zweckmaͤßigen Aus3
:holia in V. T.“ .41.
ſenmuͤller (Johann Chriſtoph), Dr., einer unſerer beruͤhmteſten
en Anatomen, ber 2. Sohn Dr. Joh. Georg R.s (ſ. b.), geb. 1771
9 bei Hilbburghaufen, befuchte in Gießen das Paͤdagoglum, in Leipzig
zöfchule, fette feine Studien in der Philoſophie,“ Mathematik, Phyſik
eikunde auf der Univerfität zu Leipzig und fodann auf der zu Erlangen -
er ſich vorzuͤglich der Naturforſchung, insbefondere der Pflanzenkunde,
Der praßtifchen Medicin imd Chirurgie widmete: Während der Univerfl-
ımterfachte ex bie von dem Fichtelgebirge verziweigten Höhlen und Berg⸗
Bei Druggenborf, in bern eine er fich mit Lebensgefahr wagte und aus
yerautgehadt werben mußte. Eine andre, welche er entdedkte, erhielt den
= Mofennrüllershöhle. Schon dadurch erwarb fich der junge Gelehrte als
cher einen Ruhm, welcher zu großen Erwartungen berechtigte, bie er
ber fpäter als Anatom ımb Arzt volllommen rechtfertigte. 1794 als Pro:
yem anatom. Theater in Leipzig angeftellt, verwaltete ex dieſes Amt mehre
dem lebhafteſten Eifer für die Wiffenfchäft: 1795 machte er einige der
ten Entdeckungen in den „Beiträgen zur Geſthichte und nähern Kennt:
Anochen“ (1.©t., m. Kpfın.), welche er 1794 als Habilitationsbis-
at. gefchrieben hatte, bekannt. Später (Weimar 1804) entftand aus
wiften ein kleines Prachtwerk in deutfcher und feanz. Sprache: „Abbild.
weib. der foſſilen Anochen des Höhlenhäre” : — Te nannte den Ohr,
2 27
420 NMRofenoͤl
deſſen Knochen ſich unter den in jenen Höhlen zahlreich vorhandene
Thierknochen durch ihre Groͤße aus zeichneten. — Mit feinem Freun
als Erdumſegler mit Kruſenſtern beruͤhmt gewordenen Dr. Tileſius,
„Abbildungen und Beſchreib. merkwuͤrd. Hoͤhlen um Muggendorf
en Oberlande, für Freunde der Natur nnd Kunſt“ (1. Heft) und
Höhle bei Moda’, mit bunten Kpfen. (Erlangen, Fol) heraus
theidigung feiner Dieputation: „Orgasorum Iscrymalium part
externarum desecriptio’' (Leipzig 1797), erhielt ex Die mebic. Docte
eine außerorbentl. Profeffur und 1804 die ordentl. Profeffin ber‘
Chirurgie. Mehre Difertationen, welche ihm feine akadem. Ami
"zur Pflicht machten, beziehen ſich auf wichtige anatom. Forſchungen.
‚Fertigkeit im Zeichnen und Abbilden naturhiftor. Koͤrper erleichterte
ftellung und fette ihn In den Stand, nicht nur mehre feiner eignen V
auch viele Disputationm andrer Ärzte mit inftructiven Zeichnung:
So trat er in bie Reihe der verdienftuollen Anatomen, die nicht ı
decken, fondern auch bem bereit Entdeckten Zweckmaͤßiges hinzufügen,
durch neue Bearbeitung einen höhern Werth verfchaffen. Das Lepts
John Bell's „BZerglieberumg des menfchl. Körpers” (2 Thle., mit
Alex. Monro, „Über die Schleimbeutel“ (mit Anmerk. u. Kpfen., 18
In Gemeinſchaft mit Sfenflamm gab er „Beiträge zur Zergliederun:
jig 1800, 2 Bde.) und andre period. Schriften heraus. Sein Ri
beſonders auf ein, in 2 Sprachen herausgegebenes, dem praft. We
behrliches Werk: „Ehimrgiſch⸗ anatom. Abbildungen für Arzte un
(Weimar 1804-12, 3 Thle., mit den trefflichften Kupferftichen),,
König von Sachſen die goldene Verdlenſtmedaille Aberfandte. Sein,
Anatomte nach Leber's Umriß der Zerglieberungstunft‘’ (Leipzig 18
Aufl. noch vor des Verfs. Tode erfihien, beweifi dem Kemer, daß
{hung mit eigenthuͤmlicher Methode au verbinden verftand. Naͤch
für Plerer's „Mebichn. Realwoͤrterbuch“ mehre Artikel, lieferte B
ſchen Seltſchriften, begleitete verfchlebene Werke, unt. and. Benedict
die Hunbswuth”, ein phyf.späbagog. Werk: „Die Kinberftube”, u.
den, verferttgte anatomifche Präparate und leiftete, als ſcharfſicht
Art, vielen Kranken Beiftand. Seine uneigennüsgigen Leiftunge
hoſpitaͤlern während. der Kriegsjahre 1812 und 1813 belohnte der K
land durch das Ritterkreuz des Wiabimirordeng; und fuͤr die Umfid
und Gerechtigkeitsliebe ‚mit welcher er in einer kritiſchen Zeit dag Mı
verfität ein Jahr lang verwaltete, ertheifte ihm dee König von Sach
kreuz des Civilverdienſterdens, nachdem er ſchon früher, wegen A
rer Rufe, beſonders eines nach Rußland, zum k. ſaͤchſ. Hofrath e
war. Die in Leipzig 1818 geſtiftete naturforſchende Geſeliſchaft w
rem Director. Auch wurde ihm die Mitvorſteherſchaft über mehre a
wie das Taubfiummeninflitut in Leipzig, uͤbertragen. Durch An
Uneigennuͤtzigkeit, zworkommende Dienftfertigkeit, durch ein ihm ei
heiteres, die Derzen gewinnendes Benehmen am. Krankenbette, im
amflichen wie in gefelltgen Berhäitniffen, feinen Mitbuͤrgern unvı
dieſer verbienfivolle Dann, nad) langen Leiden an ber Bruftbräume, (
- von ihm vorausgefehenen Schlagfluffe, am 29. Kebr. 1820 zu Leiy
Roſenoͤl (Moferhozdt). Diefe wohlriechende Effenz ton
ben Rofen, mit denen: fle Geruchsähntichkeit hat, fordern von d
Steauches, welches u. d. N. Roſenholz aus den canarifhyen und «
fen, auch aus ber Levante, namentlich von Rhodus (Daher auch
Zgfführt wird. Dieſes Holz (fienum Rhodium, bois de Rore, bı
Roſenſtein Rofette Inſchrift von) - 401
Rhodes), deffen Heimath der engl. Botaniker Maſſon auf ben canarifdyen
781 entdedte, hat einen Roſengeruch und Tiefert, mit Waſſer deſtillitt,
eibe, nach und nach ſich röchende, von bitterm Sefhmade unb fehr an»
} Rofengeruche oleum L. Rhodii, aber in fo geringer Maffe (nur 4
daß daraus der hohe Preis biefes is leicht zu erklaͤren ift.
fenftein (Nils v.), Dr. der Rechte, Commandeur vom ſchwed. Norb⸗
ı, einer dee 18 dee ſchwed. Akademie und beftänd. Secretair derfelben,
n Europa als Schwedens größter Literator, und in feinem Baterlande
t ſowol wegen feiner gemäßigten parteitofen Denkart als auch twegen fels
ienfle® um bie höhere Ausbildung ber Nationalſprache, war geb. b. 12%
2.- Sein Vater, der durch feine von Murray uͤberſ. Schtift Uber die
en der Rinder (1796, 6. A.) bekannte Arzt, und Profeffor zu Upfala,
ın6 einer Familie, die viele ausgezeichnete Männer zählt. Der junge R.
ber Natur ein auferorbentf. Gedähmi, einen tiefen, durchdringenden
und ein gefuͤhlvolles Herz empfangen. ' Er ſtudirte zu Upſala, ging auf
d lebte längere Zeit als Seeuteie der ſchwed. Geſandtſchaft un Paris, wo
e's, d’Alembert’s u. a. berühmten Maͤnner Achtung fi erwarb. Nach
hdkunft 1784 emammte ihn Guſtav III: : sim Lehrer bes Keonpringen und
Ihm die .Abfaffeng der Statuten der von diefem Monarchen 1786 geft.
kademie, beren Mitglied und Heftändiger Secretalt ex ſeitdem geblieben
e Einfluß und Anſtellung während Guſtavs IV. Regierung, ward er erſt
n Abdankung, 1809, zum Staatöferretate der geiſtl. Angelegenheiten er-
ne Stelle, die er 1822 niederlegte. Seit Tätigerer Zeit blind, half er ſich
Gedäähtnif. Er hielt die gründlichen Vorträge über weittäuftige Acten,
ch dieſelben rin ober zwei Mal hatte vorleſen lafſen. Außer der von ihm be⸗
erausgabe der Denkſchriften der Akademie, hat er ſich durch feine Schrift
Aufktärung” (aus dem Schweb. von Gröning, 1794) und durch feine
sort (legen) auf d Alembert dem Auslande befanntgemacht. - Zu
Dichter Lenngren und Kellgren, ſowle des Rebners Lehnberg,
—— — und Erlaͤuterungen. Er ſtarb zu Stockholm d. 8. us.
‚zei Behoͤrden liefen auf ihn Denkmuͤnen ſchlagen: eine die ſchwed. |
e die finnifche Pfarrgemeinde In Skockholm und dine bie Akad. d. Aiffen:
Als Anerkennung der weiſen Verordnungen, welche während feiner Wer»
u einer beffern Einrichtung der Mebicinalanſtalten zrlaffen worden, Tieß
L Geſundheitscollegium feine Buͤſte verfertigen und in dem Sigunge
lien. R. war nie ve
fette Rated), Stadt in Ägypten, am weſtl. Ritarme (3360 8,
finm.), mit einem Hafen an'ben Pilmänbungen. Beiden Altern Hieß fie
viefleicht auch Kanopus/ obgfeich man das peutige Abukir, ein mittelmaͤ⸗
f, meiſt für jenes aite und praͤchtige Kanopus hält. -R. hat viele griech
Khre Kirchen umd bebeutende Linonmanufacturen, duch Leinoͤl⸗ Seſamoi⸗
en. Es iſt der Stapelplag zwifchen Kairo und Alexandrien; denn ale
welche den Nil aufivdrts gehen, miüffen hiether gebracht werben. Die
t, fowol durch die ſchoͤn⸗ Segend, in welcher ſie liegt, als auch durch ihre
rim und geſchmackvoll gebauten Häufer ein Yeier es Anfehen. Auf den
b wohnen meiftens Aönrfter, welche Ihre Häufer nicht nirr ſchoͤn erbaut
Eunſtwerke verziert Haben, ſondern auch In Ihren offenen Läden dem Auge
errlichen Genuß bieten. Die Libensbeduͤrfniffe find hier wohlfeil und Im
nur das Waffer ift fehe fettbirhınd In den Sommermonaten müffen fi -
mit Eiſternenwaffer begnägen. In der Gegend win es eine Ziegenart,
Nige Ohren hat, daß fie diefelben auf der Erde fchlep
ette, voem don. Wahhrend —ES in Agyyton nt -
422 Roſette (Roſenſtein) Roſinen
deckten die Franzoſen, bei der Herſtellung des Forts St.-Julien, in ber E
ſchid oder Roſette einen Stein aus ſchwarzem Halbgranit oder aͤgyptiſche
(black granite), von 2 Fuß 10 Zoll Breite und 34 F. (par. Maß) £
durch feine dreifache Inſchrift in Hieroglyphen, aͤgyptiſcher Buchftabenf:
In griechifcher, gleich anfangs die Aufmerkfamkeit der Gelehrten <
weiche dem franz. Deere gefolgt waren. Die beiden von Marcel und ©
forgten und durch den General Dugua überbrachten Copien wurden dem
inftitute übergeben, das La Porte dur Theil mit ihrer Unterfuchung beauf
nach du Theil's baldiger Abberufung Ameilhon aufgetragen ward. Aber au
bon fand mit ber Bekanntmachung feiner Arbeit an, weil er den Stei
fehen wünfchte, ber jedody durch die Gapitulation des Generald Meno
Sept. 1801 an den Lord Hutchinſon übergeben werden mußte und burd
Fregatte The Egyptienne im Febr. 1802 nad) Portömouth u. von da |
tiſche Mufeum kam, ohne je Frankreich berührt zu haben. Die Infchril
erfte Denkmal, wo man neben Hieroglyphen und ägpptifcher Schrift e
gleichen Inhalts antraf. Diefe sriec, Über in 54 Zeilen oder Abfägen
wie die andern Seiten, durch den Bruch bes Steins fehr gelitten, we
ſichere Brücke in ein unbekanntes Land, bald der allgemeine Segenftan
fhung und der Hypotheſen. An ſich felbft ward fie wichtig durch die 2
über die Prieftercolfegien , die durch die große Koͤnigsweihe, bie Anaklete
der alten Sitte der Pharaonen, Ptolemäus V. Epiphanes 195 v. Chr.
phis in ihre Mitte aufnahmen. Diefe Anakleterien und der Dank de
fchaften für die Begünftigungen,, die Ptolemäus V. Epiph. ihnen hatte ;
laſſen, find der Inhalt diefer im ägyptifchen Sinne, d. h. fchmeichelnd, ı
Inſchrift, welche den Scharfjinn von Heyne, Ameilhon, d’Anffe de
Sr. Pahlin, Äkerblad, de Sacy, Confinery Combe, Schlichtegroll
mann aufgeregt hat und wahrſcheinlich noch Manchen befhäftigen wi
gegen feine Echtheit. von .Boffi in Zurin erhobenen Zweifel nicht
Ber Echeblichkeit find. Die befte Abbildung gab in einem Zacfimile bi
of antiquaries (Lond. 1811), und über den bierogipphifchen Theil d
außer Dem, was Champollion-Kigeac und St.» Martin gegeben haben,
Spohn (f.d. und Champollion) ſich fehr genüugende Aufſchluͤſſe v
als ein zu frühes Schickfal ihn abrief. — Noch ift diefer Denkſtein der ci
man zur Seite der Dierogipphen eine entfprechende Übertragung in eü
kannte Sprache angetroffen, ba der von Bankes zu Phild gefundene Ob
zu Deptforb in England ‚ diefe Hoffnung täufchte. S. „Hiſtor. antigı
fuchungen über Ägyhpten, od. die Inſchr. von Rofette; aus dem Gri
unb erläutert von Dr. Wild. Drumann’‘ (Koͤnigsb. 1823).
Nofette, Rofenftein, ein in der fogen. Rofettenform g
Diamant (f.d.). Auch Korallen in Rofettenform gefchnitten, fowie a
ober filberne Verzierungen , weldye die Form einer Hofe tragen, werden
genannt. Ä
Roſinen, Meinbeeren, die entweber an ber Sonne get ockne
füß ſchmecken (Zibeben) oder, im Ofen gedörrt, einen etwas fäuerlichen:
haben. Es gibt davon verfchiedene Sorten. Calabreſer Rofinen find fi
von fehr gutem Geſchmack, die, an Faͤden gereiht, in Menge zum J
bracht werden. Spanien liefert ebenfalls eine große Menge Rofinen. |
ſten und meiften erhält man aus den Weinbergen bei Velez Malaga (M
roſinen), die geringern aus Valencia; ferner aus Granada (Pafferilla
Die Pafferillas de Leria find die in eine Lauge von Weinrebenafche eing
welche ſtark nad) dem N. gehen. Trefflich find die Topfroſinen, meld
Auswahl in heißer Mittagsfonne Vieft und ſogeich im verkalkten Töpfe
o -
I
Moskolniken „Roßbach it. 428
a fpanifchen Rofinen (Pidrofinen, Pidzibebrn oder lange Rofinen) fehen
chicht und biäulicht von Farbe aus und haben dabei einen angenchmen, bo:
Geſchmack; die ſchlechtere Gattung iſt lichtgrau, und zwar von Frauben
re, aber nicht fo ſchmackhaft. Won ben Rofinenforten, welche Frankreich
enmen bie beiten aus Languedoc und Provence, 5. B. die Jubis, Piccang..
ı, Duscatrofinen; noch andre Sorten fommen von Zoulon, Aubagne,
u f.w. Die Levante liefert eine Dienge Zibeben. Die befannteften find
fen, welche man auf der Stelle in ſchwarze Sorte u. rothe Karabuno up
. Geringer find die von Lipari. Die Raifins be Damas find platte lange
von der Größe eines Fingerglledes, die aus Syrien, befonbere von Dax
snmen und in ben Apotheken verbraucht werben. — Die Korinthen '
on einer Abart des Weinſtocks, deffen Trauben ein, wie Johannisbee⸗
rothſchwarzer Karbe und füßem Geſchmack fmd. Man brachte fie ehe⸗
fächlic aus Korinth, jegt aber erhalten wir fie nur aus den Inſeln bes
Rees. — Rofinenmwein (Vinun’passum ber Alten) bereitet man,
m 3.8. auf 20 Pf. reingeleſene, abgeflielte Röfinen 8 Pf. Sarinzuder
annen Wein nimmt, nad) -3 Tagen 40 Tropfen zerftoßenes Weinſtein⸗
fleich darauf 30 Tropfen Vitrioloͤl dazu mengt, die Maffe in ein Faß
dieſes wohl zufpündet. Nach ftartem Hin⸗ und Herſchuͤtteln fegt man
n einen mäßig warmen Ort, verflattet dafelbft dem Gemenge noch eis:
den gehörigen Zugang ber Luft, fept nach 4 Wochen abermals 4 Pf.
zu und läßt biefe Maffe 8 — 10 Wochen die Weingährung machen.
b der Wein abgefüllt, mit Hauſenblaſe geſchoͤnt und auf ein anbres Faß
laſchen gezogen. *
skolniken (Raskolniken), Schismatiker. Man bezeichnet in
Yamit alle Secten, bie ſich von der herrſchenden Kirche trennen. Ras⸗
eißt Einer, der eine Erklaͤrung befolgt, die dem hexrſchenden Glauben
ch. Lehre ober den Gebraͤuchen wiberfpricht. Die Raskolniken felbft nen:
ztarowerzi, d. b. Altgläubige,, ober Isbraniki, d. h. Auserwählte. Uns
b. Gr. erlitten fie mannigfache Verfolgung und Drangfale; dennoch blie⸗
rem Glauben treu. Katharina IL. gab ihnen Religionsfreiheit. Niele
kmme, fowie ein großer Theil der Bewohner Gibiriens, befennen ſich zu
28. - W
ſoglio, Roſoli, f. Branntwein.
6 (Cap.), ſ. Nordpolexpedition.
ßbach, Kirchdorf im Amte Freiburg ber preuß. Provinz Sachſen, zwi⸗
unburg und Merſeburg gelegen, iſt bekannt durch ben vollſtaͤndigen
eidenden Sieg, ben Friedrich II. am 5. Nov. 1757 über bie vereinigten
er Reichsarmee unter Hilbburghaufen und des franz. Corps unter Sou⸗
&. fiber den Stand der militaicifchs politifchen Verhältniffe vgl. man
jahriger Krieg. Die Niederlage bei Roßbach bebedite die Fran⸗
einer Schmach, , bie ſich Lange Zeit ſprichwoͤrtlich im Andenken erhielt;
würde man fehr irren, wenn man bes Sieger Verbienft babe geringer
: wollte, weil feine Begner ihm diesmal ftärkere Bloͤßen gaben. Des
ge war dußerft mißlich; mit feiner Hauptkraft mußte er die Öftreicher an
e Schlefiens beobachten, es blieben ihm nur fehr geringe Mittel, um
Kuchen Anbrang feiner Feinde von Werften ber abzuwehren, deren Abficht
ua sicht zu verkennen war. Schon ruͤckten Ricyelieu mit 30,000 M. ges
eburg und mit 60,000 M. Prinz Soubife und der Herzog v. Sachſen⸗
aufen von Thüringen herein auf Leipzig, während der König eilen mußte,
erlin felbft von Haddik's laͤſtiger Brandſchatzung zu erlöfen. Inzwilchen
= beuteflchtige Richelen vor ber Band, man glaubt ducd, den Zauber
44 RKeoßſchweif
des Goldes, gefaͤllig finden und hielt Ruhe; Soubiſe aber und fein 2
ſchienen nicht recht zu wiffen, was ſie wollten; fie handelten ohne Energie
fogar von den 3 Mal ſchwaͤchern Preußen über die Saale zuruͤcktreiben
ſich bei Michein auf, einem Örtchen, welches ungefähr die Spige des
Raumburg und Merfeburg macht. Auch bier rüdte ihnen Friedrich
gen, ließ jedoch von feinem Angriffsplane ab, Schwierigkeiten in der?
ſindend, und bezog einflmweilen ein Lager zwiſchen Roßbach und dem D
daß feine Gegner, Friedrichs geringe Macht nun beſſer über|
igften Moment gefunden zu haben glaubten, ihn völlig zu
x ie umbegreiflicher Sotglefigkeit, ja ohne alle militairifche Vorſicht e
Ihren Zweck zu erreihen. Dem Lager ber Preußen gegenüber ftelite |
©t.:Germain mit 6,000 M. auf, ſodaß er den König nad) Umftänd
Inder Front befenäftigen, oder bequem von Merfeburg abfchneiden ko
verbändete Hauptcorps marfchirte Dagegen rechts ab und bewegte fidh, '
Flanke des Könige zu umgehen, ihn von Weißenfels abzufchneiden
Ruͤcken zu nehmen. Seine Lange ſcheinbare Ruhe eäufchte fie ſchon m
nung eines ımfehlbaren Erfolgs, und fie nahmen ſich nicht bie Mühe,
ten Höhenzug zu beachten, hinter welchem, als es endlich Zeit war, der
ihnen ungeſehen, fein Heer aufbrechen ließ, orbnete und zum überrafd
griff gegen bie feindliche Marfchcolonne führen konnte. Died gefchah n
Kriegsgeiſt charakterifirenden Schnellkraft und Pünktlichkeit.
aber ward Seidlitz der Held des Tages. Er brady mit der Reiterei fo |
ſo entfchloffen hervor gegen die Spitze ber feindlichen Colonne, die glı
Meiterei befland, er fprengte fie fo tüchtig auseinander, während nu
große preuß. Batterie, vom Oberft Moller verfländig auf dem Janush
ftellt, die feindliche Infanterie fo wirkſam zu befchießen anfing, daß fi
Augenblide in größere Verwirrung gerieth. Denn raſtlos trieb Seiolit
einander, was Stand halten zu wollen fchien und Prinz Heinrich nur r
Bataill. manoeuvrirte fo gut, daß Soubiſe's Maßregeln ſaͤmmtlich ven
Meferven verjagt, fein Heer vom panifchen Schrecken ergriffen wurde
ſpiel ber Reichsarmee folgte unb in wilder Auflöfung entfloh. So bii
neral St.⸗Germain die Rolle, diefe Flucht zu decken, und es muß bem
daß einzelne franz. Trupps fich gut fchlugen. Dennoch war der Berlu'
fen höchft unbedeutend, der der Verblindeten fehr beträchtlich. Die
freite den König von Drängern, bie Ihm in den Operationen in Schl
lich, vieleicht ſehr verderblicd geworben wären. — Die Bauern von
werben, einem Dorfe bei Roßbach und wo eigentlich der Sieg erfämpf
richteten bafelbft als Siegesbentmal eine pyramidaliſche Säule; 479
Louis von Preußen nebft den Goͤcking'ſchen Hufarenofficieren ein andr
von Sandftein aufrichten. Als Napoleon nad) ber Schlacht bei. Jena da
feld bei Roßbach befuchte, umarmte er bie fpäter gefegte Säule und
Paris bringen. Das Bilom’ ſche Corps ließ nach der Schlacht bei Leip
Denkſaͤule an den Platz der alten ſtellen.
,‚Roßſchweeif iſt ein bei ben Osmanen und Tataren die Stelle
vertretendes Kriegszeichen, das zugleich zur — des hoͤhern
Grades der Heeranfuͤhrer dient; denn je erhabener der Rang des Aı
befto mehr Roßfchweife werden vor Ihm hergettagen und vor feinem ;
pflanzt. So hat der Kaifer im Selbe 7, der Großvezier 5, die Pal
auch 3 Moßfchweife als Ehrenzeichen. Dies kriegeriſche Zeichen
Völkern dadurch in Gebrauch gekommen fein, daß einft in einer
bereit6 alle Fahnen verloren hatten, ihr Feldherr einen Roßſchwelf au
ſteckte, die Geſchlagenen von neuem \armmelte untı won einen heccikf
Roßtrappe Roſſini 425
oßſchweif der Türken befteht aus einer Stange, an welcher ein ober
hweife und allerlei aus Pferbehaaren geflochtene Zierrathen herab:
ift oben mit einem vergpldeten halben Mond gefhmüdt. -
appe, eine ber ſchoͤnſten Selfenpartien im nördlichen Deutfchland,
Bodefluß aus dem Harzgebirge durch eine echt alpinifhe Kluft aus
‚ge in die Ebene windet, bei dem halberftädtifchen Dorfe Thale. Den
dieſe romantifche Gegend von einer auf der Spige eines jäh und
benden Selfens befindlichen Vertiefung, die dem Eintritt eines rie⸗
tfes gleicht und von deren Entftehung viele Sagen befannt find.
fen erheben fich 830 Fuß ſenkrecht über das Fiußbette der Bode.
'fprang, ſ. Schachſpiel.
ıt (Gioachimo), der belichteft der jegt lebenden Operncomponiften
nr 17. Jahre, fagt ein ital. Journal, begann R. feine muſikaliſchen
falten und in feinem 30. zählte er ſchon mehr ald 30 glänzende
unft. Seine Werke nahm ganz Europa freudig auf; ja, fie drans
Ocean auf die andre Halbkugel. Die muſikal Annalen erzählen
hes Beifpiel von der fchnell verbreiteten Gelebrität eines Tonſetzers.
R.’8 Ruhm der Gegenftand des Streits entgegengefester Parteien in
ven Welt geworden, und f. Gegner behaupten nicht ohne Grund,
ern Merken. des berühmten Tonſetzers bie Gruͤndlichkeit der muſikal.
md bie Ziefe der dbramatifchen Charakteriſtik fehle, durch melche
ozart uwergaͤnglich glänzen: Eigenſchaften, die aber bei andern
ern eine Schwerfälligkeit und harmonifche Kimftelei erzeugt haben,
em Zuhörer oft Zweifel entftehen konnte, ob die Mufik auch eine
auf das Ohr gebaut iſt. Was ift es nım aber, das in Roffin!’s
te ganze Welt bezaubert? Es ift vornehmlich ber umerfchöpfliche
Hiklingenden Melodien, die ſich, in das Ohr einfchmeichelnd, ſogleich
8, oft unmiberftehlich und unausloͤſchlich, einprägen und Jeden
m reisen; es ift faft ebenfo fehr die unerfchöpfliche Mannigfaltigkeit
lerungen, mit welchen er f. Melodien ausſchmuͤckt, ja oft, gegen den
zu ſchildernden Gemüthözuftandes, überladet. In f. Geſangſtuͤcken
yerkennen, daß er felbft fertiger und ausgebildeter Sänger iſt, der
nn Das in hoͤchſter Vollkommenheit fodert, was feine ttal. Kehle mit
muth und Ausdruck hervorzubringen im Stande iſt; und er fcheint
Tonſetzer für bon Geſang zu fein, als er felbft Sänger und zwar ital.
Man müßte daher zuerft den ital. Geſang überhaupt als etwas Nich⸗
ı, was keinem Einfichtsvollen einfallen rich, werm man R.'s Ruhm
aponiften in Anſpruch nehmen wollte; fo eng ift biefer mit ital. Ge⸗
n, dem er neuen Reiz und Stoff gegeben unb mannigfaltige anmu="
sefhaffen hat. Wenn man fomit R., um fo mehr, da er durch die
ſ. Genies alle Theater in Stalien beherrfcht, gar mol ben Repraͤſen⸗
zentoärtigen ital. Theatermuſik nennen tan, fo haben die Angriffe
2.8 wenig Gewicht, melche f. Werke entweber bloß aus Partituren
fie von Sängern haben ausführen hören, die für ital. Geſang nicht
und ihr Organ nicht zu beherrfchen verftehen, wie e6 bie ital. Kunft
me wer R.’8 Geſangſtuͤcke von Italienern, oder wenigſtens durch
je den ital. Geſang m Charakter und Formen ſich angeeignet haben,
m gehörigen Zeitmaßen vartragen hörte, kann über die Wirkung ur⸗
> der Tonſetzer hervorbringen wollte. Ein anbree Vorwurf aber,
R. gegrümbeter machen kann, iſt der, daß viele f. Melodien, ſtatt
zu fein, ſchon felbft Variationen, Übergänge, Verbindong von
, und baf er bie Empfindung felten in der Einfachheit autzutruden
488 Roft GJoh. Chriſtoph) J Roſtock
mein. Dim nimmt ihn an ben Gewaͤchſen wahr, wo er ſich wahrſch
“ rüdgebliebenen, an der Luft erhärteten und zu Staub geworbenen'
erzeugt. |
R oft (Johann Ehriftoph), ein Dichter und wisiger Kopf,
Läpzig, wo f. Bater Küfter an ber Thomaskirche war, fludirte die R
ſich aber nachher den fogen. ſchoͤnen Wiffenfchaften. 1742 ging €
gli
und gab dort f. „Schaͤfererzaͤhlungen“ heraus, in denen eine erg
und Schalkhaftigkeit nicht zu verkennen find. In Leipzig, wohin ı
erfchienen von ihm ‚Die gelernte Liebe“, in Schaͤferdraͤma in 1
„Das Vorfpiel”, ein ſachriſch⸗epiſches Gedicht in 5 Geſ., worin e
f. vormaligen Lehrer Gottſched angriff. Da er indeß Beine fonberfic
vor fid) fah, ging er abermals nad) Berlin, fchrieb hier die Haube:
ſche politifche Zeitung, Lehrte aber bald nach Sachſen zuruͤck un
Secretair und Bibliothekar des Grafen Brühl. Hier fchrieb er, a
mifche Oper: „Der Teufel ift 108”, Gottſched's Eunftrichtetlichen
regte, f. bekannte ‚Epiftel des Teufels“ gegen Gottſched, unſtreit
Merk, wiewol ziemlich kraftlos. 1760 wurde R. Oberfteuerfecr
den und ermarb ſich in biefem Amte allgemeine Achtung. Er flart
befigen wir von ihm Briefe und vermifchte Gedichte, unter denen
beruͤchtigte Erzählung: „Die ſchoͤne Nacht“, befindet, ein Hodz
ohne fein Vorwiſſen Ins Publicum kam.
Roſtock, eine der bedeutendern Handelsſtaͤdte an ber deutfc
und bie größte Stadt (mit 16,000 Einw., unter denen kein Jude
in Medienburg, liegt in der Derefchaft Roftod an der Warnow, n
anfehnliche Breite erhält und ſich 2 Meilen nördlicher, bei dem $
Mmünbe, in die See ergießt. Sie iſt in ihren 3 Theilen, der Alı
Mittelftadt, im Ganzen gut gebaut, und ihre vielen alterthuͤmlicher
mit burgzinnenaͤhnlicher Borberfeite, geroähren einen reinern @indrı
dazrifchen geflteute moderne Gebäude. R. hat 9 Kichen, unt
Marienkirche mit ben Gebeinen des Hugo Grotius fich unszeichn:
Plaͤtzen zeichnet ſich der ehemalige. Hopfenmarkt, jest Btächerspla
durch Regelmaͤßigkeit als durch Bücher s Standbild von Erz, ein:
tem Schadow, aus, welches von den Kürften und Ständen Mei
berühmten Landsmanne 1819 hier errichtet iſt. Es iſt von einer fd
anlage und diefe wiederum mit einem Gitterwerke von Gußeiſen u
Seehafen Roſtocks ift zu Warnemünde; aber auch hier koͤmen Schi
Bus Tiefe einlaufen, größere müffen auf einer unbeſchuͤtzten Rhede i
leichtern, und fefbft bie Erhaltung diefer geringen Hafentlefe iſt für
einem jähel. höchft bedeutenden Aufwande verbunden. Die Stadt ii
Wällen und Gräben umgeben, ohne jedoch eine haltbare Keftung zu
mit mehr als 130 eignen Schiffen einen lebhaften Handel; der
Schattmbild ihrer mercantilifhen Wichtigkeit In den mittlern Jah
bat fie mehre Fabriken, Zuderfiedereien c. und hält jährl. eine Meſſ
flawiſcher Ort, wurde Roftod 1161 von dem Dänentönige Wald
und mit f. berühmten Goͤtzenbilde In Afche gelegt. m 1170 dı
Obotritenfuͤrſten Pribislav II. wiederhergeftelt, 309 f. günflige Hi
eine ſtarke deutſche Bevoͤlkerung zuſammen, und als Fuͤrſt Dein
1218 ihm die Stadtgerechtigkeit verlieh, muß es bereits uirgemiſ
mit Municipaleinrihtungen verfehen gewwefen fein. Won 1237 —
der Herren von Roſtock, dann unter dänifcher Hoheit, fl die S
mecklenburgiſch und zwar feit 1695 ber fchwerinifchen Linie allen
weien, Mitglied der Hanſa, fait von Ihrem ertten Kufktäten am,
⸗
Erinnerungen vertilgen zu konnen. So geichah e6, DaB Woftock feit
15. Jahrh. mit f. Landesherrn in eine dauernde Kette von Streitig⸗
He ward, weiche mehr als einmal Entſcheidungen durch die Waffen,
h urkundliche Verträge, herbeiführten und erſt unter der Regierung
roßherzogs, Friedrich Frans, durch einen neuen Erbvergleidy von 1788 .
als beendigt anzufehen find. Auch nach biefem Vertrage befigt
e einer eigenthuͤmlich und ganz republilanifch geordneten innern Ver:
he die gefammte Adminiftration in die Hände der Bürgerfchaft legt
ve eher zı wenig als zu viele Rechte zugefteht, noch eine folche Reihe
n politifchen Rechte, daß fie unter den Städten Deutſchlands als
ige Anomalie dafteht, zu weicher, wenn man bie 4 freien Städte
ir Wismar in einigen Stüden einen Vergleichungspunkt barbietet.
ber und Miedergerichtsbarkeit, welche nur das Oberappellations⸗
chim uͤber ſich hat, wie früher die Reichsgerichte; eine ziemlich aus:
tzgebungs⸗ und eine unabhängige Polizeigewalt; ſowie eine ganz .
srwaltung, felbft mit der Befugniß, Auflagen für die ſtaͤdtiſchen Be⸗
‚eranftalten; das Recht der Münze und einer eignen Flagge; das
te die Ausfuhr zue See, welches nur mit Wismar, und eine Acciſe,
te mit dem Großherzoge getheilt werden; endlich das Gompatronat
t, an welcher der Rath 9 ordentliche, von ber Stabt befolbete Pros
, mögen dafuͤr al& Belege angeführt werben, Auch die landſtaͤn⸗
Roſtocks find bedeutend; es bildet einen Stand für fich ; einer feiner
: fige neit Im Directorium auf Landtagen und Lanbesconventen und
es engern, permanenten Ausſchuſſes der Stände — Die Unis
1419 von den Herzogen Johann UI. und Albrecht V. unter Mit
Stadt geftiftet und vom Papft Martin V. beftätigt; fie war 1437 —
fswald, 1760 nad) Buͤtzow verlegt. Da bie räthlichen Profeſſoren
oſtock blieben, gab es eigentlich 2 Univerfitäten im Lande, bie 1789
weinigung und Reftauration erfolgte. Sie hat 23 ordentl. Pros
» melchen sa nicht an harihmton Mamen Fehlt inter han inttimten
480 Roſtra Rota
Mitgl. des Reichsraths, 1824 auf ſ. Anſuchen entlaſſen, war 1812
in Moskau. Über wenige Thaten der neuern Zeit hängt ein ſolches
über die, um beren willen Graf R. von Einigen hart angeklagt, vor
gegen den erften Heroen aller Zeiten an bie Seite gefegt wurde.
war man in Deutfchland wie in Frankreich überrafcht, den Grafen 18
bad umd bald darauf in Paris als einen der liebenswürbigften, ge
geiftreichften Männer kennen zu lernen. — Graf R. war geb. 17
alter ruffifchen Familie, bie fi) aber in Staatsdienſten wenig beme
hat; er kam als Lieutenant in die Baiferl. Garde und machte dann Rı
land. Später ward er durch die beiden Grafen Numjanzoff begt
Paul I. anfangs fehr hervorgezogen und mit Orden überhäuft, in
in Ungnade entlaffen. Unter Alexander erhielt er das wichtige (
Moskau, und auf alle Fälle hatte R. bedeutenden Einfluß auf den
Feldzugs 1812, wenn aud) bie Angabe ber Sranzofen, daß von ihn
nung der Stadt planmäßig angeordnet worden, unwahr fein moͤch
feugnete dies beftimmt in f. „Verite sur l’incendie de Moscou” (
Indeß ließ er fein Landhaus bei Moskau (vgl. d.) abbrennen und
zur Vernichtung ber in Moskau befindlichen Magazine. Butarlin ı
Urheber des Brandes von Moskau; auch die öffentliche Stimme in
ihn dafür. — 1814 begleitete er den Kaifer Alerander zum Congr
Seitdem befand er ſich auf Reifen; mehre Jahre verweilte er in Par
der angenehmften Häufer machte und f. Tochter an einen Enkel d
Grafen v. Segur (franz. Geſandten bei Katharina II.) vermählt:
nach Rußland zurüd und flach zu Moskau im Anfang des J. 1826.
Roſtra, im alten Rom, bie Rebnerbühne, von der herab t
Vorträge an das Volk gehalten wurden. Der Name entſtand vor
Schiffſchnaͤbeln, mit denen die Römer nad) der erflen gewonnen:
gegen die Karthager (durch Duilius, 260 v. Chr.) die Rednerbuͤh
bie bis dahin Suggestus geheißen.hatte.
Roswitha (Hroswitha, Roswida), eigentlich Helena v.
einer altabeligen Familie in der Markt Brandenburg, war Nonne des
orbens zu Gandersheim um 980. Ihre Lebensumftände find m
defto mehr aber ihre Schriften, welche ihr einen Ruf der Gelehrfam!
maligen Zeiten erwarben. Kaifer Otto II. und die Abtiffin Gerber;
heim foberten fie auf, die Xhaten Dtto d. Gr. zu fchildern, und fie
Herameten. Wir haben von ihr den ,Maͤrtyrertod einiger Heilige
eine Umarbeitung ber Luftfpiele des Terenz in Kloftermanier, mi
geiftlicher Stoffe, u. a., auch hiftorifche Schriften. Konrad Cel
ihre Werke, geſammelt zu Nürnberg 1501, Fol., heraus; die neuef
beforgte Schurzfleifch zu Wittenberg 1707, 4. S. Schrödh’s
berühmt. Gel.” (Bb. 1).
Rota, oder Ruota Romana, das höchfte Appellati
Papſtes über bie gefammte kath. Chriftenheit, das nicht nur in gelf
fachen, fondern auch in Allem, was geiftliche Pfruͤnden, die über 5
tragen, betrifft, entfcheidet und in feinen Urtelöfprüchen dadurch d
wicht erhält, daß von dem Grundfag der Unfehlbarkeit des Papftei
wird. Die Rota Romana hat eine collegialifche Verfaffung umd |
Prälaten, unter denen 3 Römer, 1 Deutfcher, 1 Sranzofe und 1
möffen. Sie führen fämmtlid den Titel: Auditores de la Rota, ı
des heil. apoftolifchen Palaſtes, weil fie ihre Sitzungen woͤchentl
Palafte des Papftes halten. Der Name des Serichtd entftand v
daß der Fußboden des Serichtöfanies mit Marmorplatten in Geſte
Roͤthelfarbe | Rothſchild (das Haus) Ä 481
Sept iſt; n. A., weil anf dem Plage, wo dieſes Tribunal zuerſt errichtet
bar, im alten Rom ein rundes öffentliches Gebaͤude ſtand. Es haben ben»
ee auch andre oberfle Berichte, 5. B. zu Genua, geführt. Mit der päpflt. ,
15 hatte auch diefe® Gericht aufgehört; jetzt iſt es wieberhergeftellt wor⸗
Römifhe Eurie)
thelfarbe, ein Farbenartikel, welcher aus den Kiefen, woraus man
ist ausgelaugt hat, erhalten wird. Man unterwirft nämlich das nach -
Kaugen bes Vitriols erhaltene Überbleibfel dem Schlaͤmmen, zieht hernach,
Sand und andre grobe Theile fich gefegt Haben, die im Waffer befind» .
? Erde ab, trodnet fie dann und brennt fie im Ofen zu rother Farbe. An
sten fuͤhrt fie den Namen rothe englifche Erde. Sie dient den Ölmalern
Ineichen, den Tabadsfabricanten zum Färben der ſpaniſchen Tabadexc. —
\ ober Rothſtift, eine ſchwere dunkelrothe Erbe, eigentlich ein rother
nexde vermifchter Eiſenkalk, der beſonders in Englanb und bei uns um
B gegraben wird. Die gemeinere Art wird in der Medicin zum Blut⸗
ie auıd) von Tiſchlern, Zimmerleuten u. bgl. zum Bezeichnen ihrer Arbei⸗
macht. Die feine Gattung , welche fich fpalten laͤßt, wird wie das Reiß⸗
yalz eingefaßt, oder in länglichen Stüden fchachtelmeife zum Handel ges
an gebraudt fie zum Zeichnen ıc.
pthgießerei, Kunftgießerei in Metall und Bronze: Die geöften -
in Diefem Imeige der Bildnerkunſt erzeugte Italien und Deutfchlanb.
khmt war bort der Florentiner Lorenzo Ghiberti (f. d.), deſſen
‚ reich verzierte Thuͤren die Taufcapelle' des heil. Johannes zu Florenz
w. Unter den Deutfchen ift ber vorzuͤglichſte der treffliche Peter Witcher,
dinen 5 Göhneh das 1519 vollendete Grabmal des h. Sebaldus in Nuͤrn⸗
J, u. wm. A. Johann Jacobi, der 1700 die Statue des großen Kurfürften
bes Meer, auch ber arabiſche Meerbufen, das Schiifmeer, und
Mrken Meer von Mekka genannt, ift ein Meerbuſen bes inbifchen Oceans,
300 deutfcye Meilen weit in einer von S, nad Nordweſten gehenden
zwiſchen Arabien und der Oftküfte von Afrika hin erſtreckt, bis zu
3 umb Aften verbindenden Landenge von Suez (ſ. d.). Das zothe
mt nirgends einen Strom von Bedeutung auf und iſt überall mit fan
e, mit Klippen, oft mit Wüften umgeben. Die Schifffahrt auf
IR gefährlih. Den Eingang aus dem arabifchen Deere, einem Theile
Mie Pforte ber Gefahr). Die Infel Perim (eine Zeitlang von den Briten
t fie in die ſchmalere arabifche und in die breitere afrikaniſche Straße.
bat ein 40 — 60 Fuß tiefe® Fahrwaſſer. Auf der Straße Bab⸗el⸗
* das Cap el Mandeb, ein iſolirter Berggipfel von mäßiger Höhe.
stbfchild, das Haus. Unter den Handelshaͤuſern, die bloß durch ein
je WBentgung ber Wege, bie taufend Andern, gleich ihnen, offen flanden,
| andenen Unternehmmungögeift, geregelten gleichförmigen Bang,
der Menfchen und Dinge, bei feftbegrändetem Rufe unbefchols
petsteit, groß und bluͤhend geworden find, ragt das Haus Rothſchild
huyer Anfelm R., der Vater der jept lebenden 5 Brüder, warb zu
“am. ae „et Altern, . er ſchon in feinen n1 1 *
pexen gottes ge Leute, die, da hzeitig an dem uren
ps Fäplgteiten bemerkten, Alles ai ge ibm eine gute Erziehung
n, Zum Lehrfache beftimmt, betrieb er mit Fleiß die hierzu erfoberlichen
Mafter auf der Schule zu Fürth und kehrte von dort nach einigen Jahren
Wen oder indiſchen Oceans, bildet die 5 Meilen breite Meerenge Babsels
x
y°
. N .
438 Er 2 Rothſchild (das Haus) u
dt zuruͤck. ‚Hier erwarb er ſich eine gute Kenntniß der
Watecihbt
%; 7 Münzen Dies Studium ward für ihn in der Folge nicht nt
fich augeſehene Verbindungen zu verfchaffen, fondern felbft ein nid
‚licher Erwerbszweig. Da er fi, zugleich in ben Comptoirwiſſenſi
hatte, fo wurden ihm von mehren Seiten Dienſtantraͤge gemacht. E
RMufe nady Hanover, wo er ben Gefchäften eines reichen Wechſelh
Jahre hindurch mit großer Sorgfalt vorſtand. Bei f. Ruͤcktehr mı
verhgirathete er ſich und gründete mit einem kleinen, durch Fleiß und
erworbenen Capitale das bis heute beſtehende Wechſelhaus. In Eu
wannen ihm ſ. Kenntniſſe und die erprobte Rechtlichkeit ſ. Denkungs
trauen anſehnlicher Haͤuſer; er erhielt bedeutende Auftraͤge; fein Gt
Bermögensftand nahmen zu. Eine weſentliche Erweiterung, f. Wi
warb ihm zu Theil, als ihn der Landgraf, nachher Kurfürft von Heſſe
zuerſt beim Einkauf .alter Münzen und dann bei a. Gelegenheiten, ein
verlaͤſſigen ale brauchbaren Gefchäftemann kennen gelernt hatte, 18C
. agentgn ernannte, in welcher Eigenſchaft er fo erſprießliche Dienfte lei
rfuͤrſt bis gu f. Tode nicht aufhörte, ihm Merkmale ſ. Wohlwoll
trauens zu geben. *) Während diefer Zeit, namentlich 1802, 1803 ı
er auch in den Fall, die erften durch f. Haus contrahirten Staatsanle
$. dänischen Hofe im Betrage / von 10 Min. abzufchließen. Auch R.
in Franifuct ſchaͤtzten ſ. Verdienſte. ‚Dev damalige Großherzog, di
den Iſtaeliten den vollen Genuß der birgerlichen. und politifchen Me
. hatte, berief ihn zum Mitgliede des dortigen Wahlcoll 6: eine ?
wodurch dieſer Fuͤrſt befonders die zahlreichen Un gen, die
der Roth feinen Mitbluͤrgern angedeihen lleß, belohnen wollte. 1812
Anf. R. den Seinigen durch den Tod entriffen, nachdem er feine 1:
| fegnet und befonders feinen 5 Söhnen das Gebot unverbrüdlicher |
Herz gelegt hatte: Nie iſt ein vaͤterliches Vermaͤchtniß gewiſſenha
.nendey vollzogen worden. Eo iſt ein eigenthuͤmlicher Bug im der
dieſer Famllie, daß die ſaͤmmtl. Mitglieder derſelben bei jedem wichtig
ihres Lebens, bei der Beurtheilung jedes Geſchaͤfts gleichſam den
Vaterd zur Rathe ziehen, ſich oft woͤrtlich feiner weiſen, durch Verf
fahrung geeeiften Beheen erinnern und ſ. Namen nie ohne. Ehrfurcht
— 1818 traten jeme politifchen Verhältniffe ein, welche das Haus
ununterbrochene Weihe großer Geld⸗ und Grebitoperationen zu ber €
gegenwärtig in den europäifchen Commerz⸗ und Sinanzangelegenheit
gefuͤhrt Haben, Es find naͤmlich in einem Zeiträume von 12 Jahrer
mittelung biefes Hauſes, für Rechnung ber europaͤiſchen Souver
411— 1200 Mi. Bulden theils als Anleihen, theils als Subfit
‚ Übernengnen werben, wovon ungefähr 500 Mist. für. Englan
O ſtreich 100 für Preußen, 200 für Frankteich, 120 für Neapel,
land, 10 füt einige deutſche Höfe und Z0 für Vraſilien — ohne wet
verbuͤndeten Höfe, Im Betrage von mehren 100 Mill. ausgezahlten |
entſchaͤdigungsgelder, noch die mannigfaltigen vorübergehenden Geſt
in Auftgägen ber verfchiebenen Regierungen vollzogen und deren ©
die vorftehenden Summen wol noch weit überftieg, in Anfchlag. ze
Die Frage, wie das Haus Rothſchild in fo kurzer Zeit alles Das,
flet, unternehmm-and vollhringen konnte; hat ohne Zweifel mehr +
25 Als der Kurfuͤrſt von Heſſen 1806 bei ber Annaͤheru
ans R Kane en — — ee re u,
Rapeleons geworden. R. rettete einen betraͤchtlichen Theil deſſelben bu
Kiugheit, obgleich nicht ohne. eigne Gefahr, und verwaltete es gewiſſenh⸗
Rothſchild (das Haus) 488
a und politiſchen Kopf’ befchäftig. Wer, ohne bei Zufaͤlligkeiten zu vers
Sinn genug bat, um zu faffen, daß der Erfolg in allen großen Gefchäften
der Wahl und Benusung des günftigen Augenblicks allein, ſondern mehr
ber Befolgung einmal anerkannter Sunbamentalmarimen abhängt, Dem
> Mar werben, welche Grundfäge dies Haus nie aus den Augen verlor,
‚ neben einer Eugen Gefchäftsführung und vortheilhaften Conjuncturen,
en Theil feines Flors zu verdanken hat. Der erfte dieſer Srundfäge bes
die 5 Brüder, ihre ſaͤmmtl. Sefchäfte in ununterbrochener Gemeinfchaft
en. Das war die Regel, die der fterbende Vater ihnen hinterließ. Seit
: Deffelben ward jeder Antrag, von welcher Seite er aud) ausgehen mochte,
aſtand ihrer gemeinfamen Berathungen; jede nur einigermaßen bedeu-
ration ward nad) einem verabrebeten Plane und mit vereinten Anftren-
führt, und Alle hatten gleichen Antheil an den Refultaten. Wiewol feit
ahren ihre gewöhnlichen Wohnfige weit von einander getrennt waren, fo
ch diefer Umſtand ihr enges Einverftänbniß nie flören, vielmehr fliftete er
beit, daß fie, von der Lage der Dinge auf verfchiedenen Hauptplägen voll»
unterrichtet, Jeder auf feinem Punkte, die von dem Geſammthauſe zu
enden Geſchaͤfte um fo zweckmaͤßiger vorbereiten und einleiten Eonnten.
Lebt naͤmlich der Ältefte Bruder, Anfelm, geb. d. 12. Juni 1773, als
Stammhauſes zu Sranffurt a. M.; der zweite, Salomon, geb. d.
1774, bat ſich feit 1816 abwechfelnd in Berlin und Wien, größtentheils
lesterer Hauptftabt aufgehalten; ber dritte, Nathan, geb. d. 16. Sept.
a Mann, ber burdy feinen fcharfen Geſchaͤftsblick und durch wichtige
ich das Vertrauen der erften britifchen Staatemänner erworben hat, lebt
zu London; ber vierte, Karl, geb. d. 24. April 1788, feit 1821 zu
der jüngfte, Jakob, geb. d. 15. Mai 1792, mit einer Tochter des
Bruders, einer der liebenswuͤrdigſten Srauen ihrer Zeit, vermählt, ſeit
Doris.
e andre Srunbfag iſt der, bei Beiner Unternehmung nad) übertriebenem
pt trachten, jeder ihrer Operationen beſtimmte Schranken anzumeifen und,
mfchliche Kiugheit und Vorſicht es vermag, ſich von bem Spiel der Zufälle
ig zu machen. Sin diefer Maxime liegt eins der Hauptgeheimniffe ihrer
Es ift ein Zweifel, daß fle mit ben ihnen zu Gebote ſtehenden Mitteln
rtheil bei dieſer oder jener Operation weit höher treiben Eonnten. Wenn
ı die Sicherheit ihrer Unternehmungen dabei nicht gelitten haben folfte, fo
p Doch zulegt weniger gewonnen als durdy Vertheilung ihrer Kräfte auf
ere Anzahl immer wieberfehrender, unter mannigfaltigen Conjuncturen
tGeſchaͤfte. Daß es ihnen an dieſen nicht fehlen konnte, daflır bürgte
B ihr Reichthum und Credit, fondern auch das Vertrauen, das fie durch
keit ihrer Foderungen, durch bie Puͤnklichkeit ihrer Leiftungen, durch bie
sit und Klarheit ihrer Plane und die verftändige Ausführung derfelben,
Herungen-und allen großen Häufern eingeflößt hatten. Insbeſondere has,
niiche moraliſche Charakter der 5 Brüder auf den Erfolg ihrer Unterneh⸗
Beinen geringen Einfluß gehabt. E86 ift nicht ſchwer, fich eine zahlreiche
s verfchaffen, wenn man mächtig genug ift, Viele in fein Intereſſe zu
Mber die Stimme aller Parteien zu vereinigen, und, wie die Volksſprache
heit, bei Groß und Klein hoch angefehen fein, fegt nicht bloß materielle
fondern auch Gemuͤthseigenſchaften voraus, bie nicht immer mit Macht
thum verbunden find. Wohlthaten um fich her zu verbreiten, keinem
mden bie Hand zu verfagen, jedem Hülfefuchenden, zu welcher Claffe
choͤre, bereitwillig entgegenzulommen und die weſentlichſten Dienfte in
igften Kormen zu Bleiden: diefe Wege zur wahren Popularität haben,
Bes. Siebente Aufl, Bd. IX. 28
484 Ruhe
role Tauſende von Zeugen beftätigen werden, ſaͤmmtliche Zweige der &
nicht aus Berechnung, fondern aus angeborene Menfchenfreundlichkeit unh
muͤthigkeit, betreten. in
Die Berdienfte dev Herren v. Rothſchild find von mehren ‚Höfen
anerkannt worden. Außer verfchiedenen ihnen verliehenen Orbenszelchen
ſaͤmmtl. Brüder bereits 1818 zu k. preuß. Geh. Commerzräthen, 1815 m
ſiſchen Finanzraͤthen und von dem jegigen Kurfürften zu Geb. Finanzra
nonnt. Der Kaifer von ſtreich verlieh ihnen 1815 ben erblaͤndiſchen M
und 1822 den öftreich. Freiherrnſtand Überdies wurde 1820 der in
etablirte Bruder zum k. k. Conſul und 2 Jahre nachher zum Generalconſul i
fomwie 1822 der dem parifer Haufe vorftehende zum Generalconful ernannt.
Rothbwälfc, eine Sprache, welche bie europäifchen Zigeuner, Spt
unb Bettler unter fich reden, um nicht von Adern verflanden zu werben.
ein Gemiſch von gemeinen oberdeutfchen, jüdifchdeutfchen und felbflg
Woͤrtern, auch Verbrehungen von Wörter, um diefelben unfenntlid zu
Manche deutfche Wörter und Redensarten haben in diefer Sprache durch
brauch ber Sauner eine ganz eigne Bedeutung befommen; vorzuͤglich fink
viele Milderungswörter darin, beſonders für diejenigen Begriffe, welche bad
werk der Diebe, die geftohlenen Sachen u. dgl. bezeichnen. Einen Haupt
theil machen jedoch die Medensarten und Wörter aus, die aus dem foge
Juͤdiſch⸗Hebraͤiſchen, wie es nämlich von dem gemeinen Dann gefprocheg
entlehnt find, ein ziemlich ficherer Beweis, daß Juden die Erfinder dieſer €
‚ art waren. Doch find die meiften Wörter fo entftellt, daß es ſchwer ift, U
richtige Lesart und Ausfprache wieberherzuftellen, noch ſchwerer, fie richtig
lich aufzuzeichnen. Die Sprache heißt auch die jenifhe Sprache und iſt
eigentlichen felbftändigen Zigeunerfprache , mit der ſie nur einige Wörter
bat, fehr verfchieben. Die Kenntniß diefer Sprache ift beſonders für den prı
Juriſten von der größten Wichtigkeit, um bei Verhaftung von Diebesbenf
nähen Umflände des Diebſtahls, die Art und Weiſe, wie derfelbe geſche
überhaupt bie Ökonomie ber Banden genau kennen zu lernen. Daher bei
fich fehon früh, Gerichtsperfonen Huͤlfsbuͤcher zur Erlernung derfelben in!
zu geben. Diefe Buͤcher entilanden aus Mittheilungen eingezogener Ga
. nen man das Geheimniß ihrer Sprache entlodtte. Schon 1601 erfchien
matik der rothwaͤlſchen Sprache, eine vollftändigere zu Frankfurt a. M
1791 erfchienen die von dem ehemals berüchtigten Gauner Conftanzer DI
zu Sulz; am Nedar verhaftet wurde, gegebenen Nadyrichten im Drud.
neueften Zeiten aber iſt die Kenntniß diefer Sprache durch die Bemuͤhn
merkſamer Suriften bedeutend erweitert und allgemeiner verbreitet veorben
Ausführlichfte, was wir bis jest über diefe Sprache befigen, ift in der 1AR
Dr. Pfifter herausgegebenen „Actenmäßigen Geſchichte der MNäuberbanden
beiben Ufern des Maine, im Speffart und im Odenwalde“ enthalten, we
MBerfaffer eine Sammlung und Verbolmetfchung jenifher Wörter angeh⸗
Da aber bie in biefem Werzeichniffe vorkommenden aus dem Debrätfchen e
Wörter und Benennungen oft entſtellt und unrichtig aufgefaßt waren, inde
feine Beiträge von Gaunern erhielt, die nicht geborene Juden waren,
mit einer Bande zu thun hatte, die nur aus Chriften beftand, fo bat fü
lebeter (det ſich Br. unterzeichnet) ber Mühe unterzogen, die ans dem Belt
entlehnten, in dem genannten Berzeichniffe befindlichen Wörter zu bei
Seine Verbeſſerungen flehen im „Allg. Anz.”, 1812, Nr. 174 und 18
ige Nachträge dazu ebend. Nr. 237. Noch einen wichtigen Beitrag zur
der jenifchen Sprache hat geliefert Chriftenfen (Juſtizrath zu Kiel) in feinem
betiſchen Verzeichniß einer Anzahl von Räubern, Dieben und Wagabumi
Rothweiß · KRotron 485
, ‘ 0
Fügten Signalements ihrer Perſonen und Angabe einiger Diebesherbergen BE
en mach den Ausfagen einer zu Kiel 1811 und 2812 eingejogenen r
(Hamburg 1814). : In diefem Buche Hefert derſelbe Beiträge zum ;
m, Dia worzügtid) darum anziehend find, weil biefe Meiträge , die aut: Yu
mar im Rorbdeutfchland, vorzuglich in Holſtein und Mecklenburg, eingemg
Bonumern gefcyöpft find, bewe iſen daß jede Diebespraving ihre eisne Spres
Ru ab Der Rorddeuiſche fich von dem Sühdeutfehen twefentitd, unterfcheike.
Be Entfehung ber Sprachen anzugeben ift ſchwicrig Gewis ift, daß mai /
n fit Sasis V. Zeiten in Deutfdyand-Bennt, wat. %. guch bie Önrbenduie
$ Die abgebauften Soldaten, die · als Bettler umhotſtrichen, ſich ihm: ber ..
« Ebenfo ſchwierig iſt bie Derleitung de6 Namens euthwäifch. Gotsicl-
in Ableitungen war, leitet ihn vom kaiferL Kammergericht zu
el her, weil dies fo felerht-brutfch heſcheiebem : Wernänfüger-ift dir Digi
Inbeer,, ‚der. Name ſtamme vom ital. rotto, gebrochen, fobaß es eine ze '
wEomberweifhe Sprache bedeute. ::Die richtige Ktymolegie ift viellaicht bie
Eyrache felbft. In berfeiben bedeutet Rot einem Bettler, und Rotbog eine
xcbers⸗⸗ wältdı ift autiändifch, fremd Aberhanpts eothwaͤiſch waͤre alfa’ gang
ig eine Syt ache der Bettier.umd Vagabunden. Die Diebe uud Bamze ff
Hihse Spoache Kokumloſchen zu neunen, d. h. kiuge Sprache von bike.
mhanamı (weife, Eug) und Iaschon (die Sprache. iſt ſie auch aech
bu. d. N. Diebes · oder Gaunerſptache. .-i *. 7% 70
Rotbm.eil oder Rottweil,nnormals eine t freie: Reic
dm, Zu ann Baia welches. dom ea Tg ren
J dgrafſchaft Bar und der oͤſtr. Grafſch— NEU, 3
—— fe zum Schwargwaldkre iſe des Anigreichs Wirtenbeng GR
Heiner Anhöhe am Nedar, ift altmodiſch gebann und · mit. hohen
Thůͤrmen umgeben, Sie hat ein ſchoͤnes Kaufhaus, -ehmanfe
ein Gpamafiym, eine Zeichnungsſchule kr Khuflies und Haubweris
ie eine mit einem fehenswerthen gothifchen Thunac; 500 Hänfer and
welche Komm unb Viehhandel nad) der Schweij treiben: - Die-Enct
Märkte ‚ vom welchen der Viehmarkt am meiſten befuchtwirk.
fonft der Sig eines LuiferkxHofgerichts; weiches Konred AL, als ey feine
bien-hatte,. 1146.gegrünbet haben foll.- Bb-Heflant::anß.einene wo «
beffen Stellvertreter und 7. Aſſeſſoren, diesieits:mut dera AO, .
B Magiftentäperfonen zu Rothweii gewaͤhlt nameben..- Sein Friodriche A.
das Exbhofrichteramt. ein Erbmannlehn der · Graten von Snip Mae
Ma des Mannsjlammesderfeiben kam diefe Wie 1687 durch) Heirath·e Nie
Bon Schwarzenberg, bei denen fie bis in die geueſten Beiten biieh. Eein
E erſtreckte ſſch weit durch das mittlere Deutfeylanb his am den Rhein sr
Er haus ſtreich, die-Kurfücften, Bamberg, Mlezburg;:
indie Markgrafen von Brandenburg, bierPerjuge vom Uihrteniiens -
von biefer Gerichtöbarkeit ausgenommen. : Die Proreforbugung: zh der
Hebskamımergeridjts, nur war fie nicht mit fo,vielen Ginnlicpleitescuerften "
Bor dem wothweilfcen Hofgericht konnten alte Betpköfedpen , nier wädzt geifl-
DB Ehefachen, verhandelt werden und man ampeiivte:vin: demfelben Ou’bab
Hammergerihtamd ben Reichshofrath. 1803 warb 6 vom be Könige ven
Imberg.anfgehoben. Die Reichsftände hatten immer die Aufhebung defekt
rail auch feine Ausfprüche nicht im großem Auſehn tanden. T.w'n
Katr on. (Iean), Trauerfpieldichter, geb. 1609 9m Dorur, wo er abs ſatul⸗
Bemmter-ichte. Er war unter ben dramatiſchen Dichten unmittelbur vor
Alte der geiſtreichſte. Won feinen 36 Trauerfplelen, Tragitomsödien und Ruf
dai fich nur das von Marmontel Überarbeitete Retaenipet rnasttah G
Be 8
>
486 Rottecdk
gedruckt im „Theat. frane.“, 2. Bd.), deſſen Grundlage von dem ſpan. Di
Francisco de Roxas entlehnt ift ‚ aufder Bühne erhalten. R. fuchte dad Zr
ſpiel und die Tragikomoͤbie durch moralifche Zwecke zu veredeln und feine
mid Heldinnen chriſtliche Empfindungen vortragen zu laſſen. R. zeichnete
fehe edle Geſinnungen aus. Er weigerte ſich ſtandhaft, ale Ricyelien,
ein Jahrgeld gab, in ihn drang, unter ben Tadlern des Trauerſpiels ‚‚Cib” ei
ten, die der Cardinal zu werben fuchte. Er ward das Opfer feines Ede
als ee 1650, wo eine peftartige Seuche feine Vaterſtadt verheerte, fü id) *
Vorſtellungen bewegen ließ, feine Mitbürger, deren Wohlfahrt zu b
Amtspflicht gebot, In ihren Bebeängniffen zu verlaffen. Seine ‚Deurres'f |
Paris in 5 Bhn. 1820 erfchien
Rotted (Karl v.), roßberzogl badifcher Hofrath und ordentl F
DE Rechte an der Untverfität Freiburg, ein für Wiffenfchaft, verfaffur
Recht, Licht und Aufklärung in feinem Berufskreiſe, wie in allgemeinen ®
siffen gleich wirkfamer Dann, geb. den 1. Juni 1775 zu —— ‚wo fin
Director der mebicin. Facultät und Protomedicus ber vorderöftreich. |
fludiete auf ben Gymnaſialſchulen und auf der Univerfität feiner Vaterftaht, |
daſelbſt Affeffor beim Stadtmagiftrat, 1797 Doctor der Rechte und 1798
Drofeffor der allgemeinen Geſchichte Durch Reifen nad) Wien, Paris
Schweiz und nach Italien: verband. fich In feiner Bildung mit tiefer Gefd
ſchung die höhere Weltanſchauung; und wie er dadurch fefte- Grumbfäre 1
Ton edler Freimuͤthigkeit ſich ameignete, ſo belebte diefer Geiſt und durchbrau
Charakter auch ſ. Schriften, bie fhon durch ihten blühenden Styl viele *
In J. G. A Tafchenbuc, „Iris und Inden „Deutfchen Blättern’
Burg) ifiehen gehaltvolle Auffäge von Rotdeck, meiſt gefchichtlihen Inhalts
elter 1814 dem unvergeßlichen Großherzoge Karl Sriebrich , ſowle en Ä
Ey und Lehrer Jacobi Bie Bebächtnißrede. R.’9 Hauptwerk ift f. „Ah
hichte”, durchgeführt vor: Standpunkte des Rechts und der geſetzlich
heit; dee 9. und Jeſte Bd. erfchien Freiburg 1826. Es iſt reich an g
Blicken auf die Brit, in welcher der Verf. Tchrieb: Die 6: Aufl. dieſes We
vorbereitet. Unter feinen übrigen hiſtor Arbeiten nennen wir unter mel
Erſch's und Gruber'sEnchklop.“ die Blographle Alexanders d. Gr. ‚And
zeichnet bie Ruͤckficht auf Recht und Politik den Charakter feiner bir
diem) Balb erweiterte fich der wichtige Beruf: dieſes Gelehrten. Ä
vbn ſrinem Landeöheren ben Dofrathetitel:unb 1617 von der Tänigt. &
Aladentie der Wiffenfchaften das Diplom als Mitglied erhalten; 1818
eu den Lehrſtuhl der Sefchichte mit dem des Vernunftrechts und der Staa:
ln die er in feiner Antrittsrede eine Schülerin der Gefchichte nannte, :
Vorftellung „Über die Erhaltung der Univerfität Freiburg‘, v
* —** dieſe beruͤhmte Anſtalt den Beſchluß ihrer Fortdauer· Die U
waͤhlte ihn daher, als die vom Großherzog Katl gegebene Berfaffung Da
fen Nachfolger 1819 ins Leben gerufen. ward‘, zu Ihrem Abg
erſten Kammer. Man kannte Hrn. v. R. bereits als Publiciften ans fine
ten, „Über die heutige Kriegamanier” (Germanien 1816) und „Über fi
und Nationalmitiz‘ (ind Franz. und Engl. uͤberſetzt). Jetzt erſchlenen fine |
benden Betrachtung aller Vaterlandsfreunde würdigen „Ideen über 2
welche Benjamin Conftant ins Franz. übertrug: eine Überfegung , bie bio .
ſchenk an Freunde verfendet wurde. Dann legte Dr. v. R. das „Laubfih
Archiv‘ an, welches neben allgemeinen Auffägen eine fortwährende Über
Landtagsverhandlungen dem Publicum darbot. Noch wichtiger war fi
telbare Theilnahme an ben Verhandlumgen felbfl. Won ihm fagt em ı
Staatsmann in ber Zeitfchrift „Tribune” (bei Gotta 1819): „Motte te
ar}
x
|
|
Rotten-Borough 437
te Denfart und den Reichthum feiner Kenmtniffe nicht nur als Grundlage
Wirkens in das öffentliche Staatsleben über, fondern feste auch darin mit
Seiſte und gluͤcklichem Talent die wiffenfchaftfiche Behandlung fort, ohne
treffende Anwendung und Wirkſamkeit für ben Augenblick, die auf dieſem
e nit Hecht verlangt werben, jemals gefehlt Hätten. Er ſtand in der Staͤn⸗
mumlung al& das Muſter eines edeln Mannes da, dem Vernunft und Wahrs
reg Alles gehen. Keine Leidenſchaft und keine Ruͤckſicht flörte fein Benehmen.
knfter Gemuͤthsart, von beſcheidener umd freundlicher Haltung, fein und
u Umgange, konnte Hr von R. felbft den Gegnern kein Gegenftand perfäns
Beinbfchaft werben. Sein Vortrag ift ruhig und wärbig, bisweilen bluͤhend,
wiftennd einfach. Die Gabe der freien Rede befigt er in vorzüglichem Grabe”.
m beiben erften Landtagen gehörte ber Freiherr von Tuͤrkheim, Staatsrath,
kzertor und Gurator der freiburger Univerfität, zu R.'s vorzüglichften Geg⸗
Dit den beiden Vertretern der Schweſterhochſchule Heidelberg , Thibaut
ichariaͤ, flanb er ebenfalls meift in Widerſtreit. Dagrgen unterflügte ihn
ev. Weſſenberg 'bei vielen Anläffen ; auch that dies oft der Präfibent bee
er, Markgraf Wilhelm. Vorzuͤgliche Beachtung erhielten R.'s Vorträge
‚über die Stubienfreiheit,, über die Angelegenheiten ber kath. Landeskirche,
e päpftlichen Anmaßungen in der Weffenberg’fchen Angelegenheit, über Zehn⸗
Frohnen, über das Adeldebict uw. a. m.; aus dem J. 1520 die Vorträge
Böfumg der Leibeigenfhaftslaften,, über Bermögensconfiscation und Beſtra⸗
er Deſerteurs, über die Verantwortlichkeit dee Minifter, über Preßfrelheit
aus dem J. 1822 die über Handelsfreiheit, über Abfchaffung der Staats⸗
n, der Einquartierungss und Lieferungsbedruͤckungen, über die Gemeindeord⸗
Lf. mw, — Bei feiner Ruͤckkehr von dem erſten Landtage warb Hr. v. R. in
ug feierlich empfangen, vorzüglich von Seiten der Studirenden; die Stadt
weihte ihm als Zeichen ihrer Hochachtung einen filbernen Becher. Kür
| Lanbtage wurde er weder von ber Univerfität noch von ber Stabt wies
Abgeordneten gewählt. Hr. v. R. hat zu mehren kritifchen Zeitfchriften,
zum „Dermes‘, treffliche Recenfionen, meift über flaatsrechtliche Schrif⸗
zu Murhard's „Politifchen Annalen“ eine beuriheitende Befchichte bed
Landtags beigetragen. 67.
otten=Borougb, b. h. ein veroͤdeter Marktflecken, weicher nach um
ſehr in Verfall gerathen iſt, daß das darauf haftende Recht, Abgeord⸗
Parlament zu fenden, in die Hände weniger Eigenthuͤmer gefommen
Borough heißt in England jeder Ort, der berechtigt ift, Mepräfentanten
ins der Semeinen zu wählen, das bekanntlich feit der Mitte de 14.
k neben den Baronen, als abgefonderte Stellvertretung beftand. Seit⸗
ab viele, in alten Zeiten zur Reichsſtandſchaft berechtigte Örter zu arm⸗
Doͤrfchen berabgefunten, wo oft nur fehr wenige abhängige Eigenthämer
Stimmrecht ausüben, während anfehnliche, fpäter zu Wohlftand und An⸗
e Städte, wie Mandhefter, Leeds, Birmingham, Sheffield, bis
Wahlrecht find. Solcher Örter werden ungefähr 20—30 gerechnet, bie
men 50— 60 Abgeorbnete zum Parlament wählen. Darunter gehören auch
inımer des Fleckens Old-Sarum, einige Meilgn von Salisbury, wo in einem
Ishanfe, bem einzigen überreſte des Ortes, zur Zeit einer Parlamentswahl
deigenthuͤmer, welchen die umliegenden Ländereien gehören, verfammeln,
eordnete zu wählen. Dan hat bei Belegenheit der Vorfchläge zur Vers
ug ber Parlamentöverfaffung jedesmal auch auf Aufhebung dieſes Miß⸗
gedrungen; aber immer vergebens, da die in Verfall -gerathenen Flecken.
unter dem Einfluffe angefehener Gutöbefiger ftehen, in deren Händen daher
Baht ift, ober aber durch eine Betriebfamkeit, die man Zledenmäted (Bo-
der Wähler faͤllt. Die Vertheidiger der beftehenden Wahlgofege, w
der verſtorbene geiftreiche und patriotifche,, aber in biefem Punkte von
verblendete Winbham gehörte, fuchen zwar auch biefen Mißbrauch z
und meinen, es komme uͤberhaupt auf bie Wahlform wenig an, wen
gezeichnetften Köpfe in dem großen Volksrathe verfammelt würben,
der in jenen Flecken leicht zu erlangende Einfluß (zumal wenn redlich
freunde Ihn ausübten) ein Mittel werben Eönne. Aber felbft wenn n
ben wollte, würde man bennod) ſolche Mißbraͤuche verdammen müffe
würdige Gebrauch, die Wahlberechtigten in den Rotten Borough,
dern feilen Flecken, zu gewinnen, nothmwendig unter dem Volke die
heit und den Stolz auf Unabhängigkeit unterdrüden wird, und ba in
des Volkes allerdings mehr als in der Zufammenfegung der geſetz
ſammlung der wahre Lebensquell der Landesfreiheit zu fuchen ift.
Rotterdam, duch Handel und Wohlſtand die zweite S
noͤrdi. Provinzen der Niederlande und, die füdlichen mitgerechnet,
Volksmenge nadı Amfterdam und Brüffer, Sie enthält 6600 H.,n
Sie hat die Geſtalt eines Dreiecks, deffen Grundlinie ſich ſaͤdofuch
lehnt, und gewaͤhrt, vorzuͤglich wenn man zu Waſſer von Dordrecht
prachtvolle Anſicht. Der kleine Fluß Rotte, der hier mittelſt einer €
Mans oder Merwe faͤllt, gab ihre den Namen. Gie erhielt Stab
ward ſchon im 14. Jahrh. 3 Mal und noch 3 Mal gegen das Ende d
vergrößert. 1480 warb fie durch den Häuptling der Inſel Hoekſch
Diſtrict Dordrecht), Franz van Brederode, eingenommen und eine ;
den Erzherzog Marimilian mannhaft vertheibigt, brannte 1563 gr
warb 1572 von den Spaniern durch Verrath eingenommen und ge
erhielt 1580 buch Wilhelm I. als die erſte unter den fogenannten EI,
Sit and Stimme in den Staaten von Holland. — Seitdem hat i
beſtaͤndig zugenommen ; felbft in dem nahrungslofen Zeitraume von 1
Utt Motterbam vermöge feiner guten Handelslage verhälmigmäßig
al2 scahua Ppalnsn Eau m amalanlabsn Mana Sana aan “ho. ll nad kan Mina !.
Raotunda. Rob . 480
; Die lateln. Schulen der Stabt werben noch jetzt nach dem Namen des grow,
Iaunes benannt. Die innere Stadt (Binnenftad) wirb durch bie hohe Bi
vs (Buitenftab), an der Maas gelegen, gefchieden ; die erſtere Hat
und befteht faft ganz aus Bürgerhäufern, die Iegtere hingegen
Ue Kaufmannshaͤuſer, denen ſich die Seefchiffe (jährl. über 1500)
kumigen: Anterplägen unmittelbar nahen, wo fie mit feltener Leichtigkeit akt
Wadern Eönnen. Uster ben Landungsplägen oder Quais bes trefflichen Das
Kb die vorzuͤglichſten: der Wins, Leuven⸗ und Nienmehaven, der Blaak,
Irfchen und fpanifchen Quais, das Haringvliet und ber prachtvolle, fehön
bite Quai an der Maas, de Boompies. Seeſchiffe, die hoͤchſtens 15 Fuß
Maſſer gehen, nehmen die Fahrt über Briel (Brielle); gehen fie tiefer iin
e, von Helvoetfluis durch das Hollandſch Diep und das dortſche Kil (Bahr
x. war ſchon früh der Hauptfi ig des Holländ. Handels nadı England wid 4
Hand , und regelmäßig fegelte eine Sloop zwifchen hier und London; diefer -
ae weig iſt jet völlig hergeftellt. — Die vorzüglichften öffentlichen Gebäude
Ne große St⸗Laurenzkirche, enthaltend die Gräber der nieberländifchen, größe
BE im den Kriegen gegen England und Frankreich zwiſchen 1660 und, 1674.
enen Sechelden de Witte, Kortenar, Joh. van Brakel, Joh. de Lief, de
ne Mes ,. Kornelius Matelief und Mooi Lambrecht. Außerdem gibt ed hier
kentfche amd fchottifche Reformirte, franz. und engl. Biſchoͤftiche, preobyle⸗
be, tutherifche, katholiſche, anabaptijtifche und remonſtrantiſche Kirchen und
Käufer. Die Börfe ift groß und ſchoͤn. Bemerkenswerth ift das Abmiralb
baͤnde (Zekantoor) und der anfehnliche Schiffswerft. Die beiden Haupt
** find an der Weſtſeite das Nieuwe⸗Werk und an der Oſtſeite die Blau
apflanzung), beide an der Maas. — Unter den Fabriken jeichnen fidy bie
affinerien aus. Außerdem gibt e8 Branntweinbeennereien, Naͤh⸗ und Steck⸗
Rorko fropfen⸗ und Lackmusfabriken i unter ben wiſſenſchaftlichen Anſtalten:
rafſch Genootſchap voor proefondervindelijke Wijsbegeerte (Geſellſchaft zur
zung wiſſenſchaftlicher Forſchungen); eine gelehrte Geſellſchaft unter ber
ing: Verſchiedenheit und Übereinftimmung, und eim beträchtlicher Zweig
Imsdifchen Akademie der ſchoͤnen Künfte und Wiſſenſchaften. Man behaips
in R. das Holländifche am reinften gefprochen wird.
asıında (Rotonda), iiberhaupt jedes Gebäude, das Außen und Innen \
B-. . So if 3. B. das berühmte Pantheon zu Rom: eine Rotunda, beren Ins
Buxch eine an der Dede angebrachte Öffnumg erhellt wird. Bei Vempeln;
Ihfäten u. dgl. wird diefe Form häufig angewendet, feltener bei Gebäuden,
age auf das gewöhnliche Leben berechnet: Ift.
BRouder (Sean Antoine), geb. zu Montpellier 1745, zeichnete ſich fon
feine dichterifche Phantafie aus. Beim Ausbruch ber Revolution fühlte
a den Worten: Freiheit und Menſchenrechte, begeiftert; als aber unter
aft des Poͤbels das Syſtem ber Tyrannei ſich erhob und entwidelte,
* feinem empoͤrten Menſcheñgefuͤhl und lud bald den Daß der Machthaber
. Mehre Mai entging er den Nachſtellungen feiner Verfolger; endlich ward
* zam Tode verurtheilt und ſtarb unter der Guillotine am 25, Jull
RS Sediht „Die Monate”, in 12 Geſaͤngen, verdient, wenngleich mehee
es ziemlich hart beustheitten, doch wegen ber Zartheit feiner Sprache
Anerkennung. R. fchrieb auch eine lberficht von Speich’d
ber Art und Urfachen des Woltsreihtjumsumd Heine Dihnumgen
Wp feinen Zobe herauskamen.
MoR& nennt men einen Mann, bie dem Beben in der großen vergnuͤgungd⸗
— Geundſaͤtze und Sitten geopfert hat. Philipp, Herzog: v. Orleano/
Semkreich, waͤhrend ber Dinberkihrigleistuiursige RV. Alarm
*
440 | | Rouen Koulaben
nig von ben Menſchen hielt und uͤberzeugt zu fein glaubte, daß feldft Die
er ſeine Freundſchaft ſchenkte, Nichts taugten, hatte feinen Zifchgenoflen
Iingen den Namen ber Roueö gegeben, womit er felbft andeuten wollte
. nichts Beſſeres werth ſeien, als geräbert zu werben, nicht ald gemeine X
ſondern als Höflinge, die ſich jede Handlung ; zu der fie der Taumel bes
gens trieb, erlaubten, befonbers wenn ihr Fürft fich daran beluſtigte.
Rouen, Hauptft. der vormal. Normandie, jegt des Depart. d
Seine, liegt In einer ſchoͤnen mit Anhöhen begrenzten Ebene, am rechter
Seine, und hat 11,000 H. mit 87,000 €. Es hat 6 Vorftädte, wovon
ver am linken Ufer der Seine durch eine Schiffbruͤcke mit der Stabt vert
Diefe Schiffbruͤcke fällt und fleigtimit der Ebbe und Flut, obgleich fie
und einer fteinernen Brüde ähnlich if. Sie ift 270 Schritte lang und
. 41626. Die Stadt ift nicht huͤbſch gebaut; die Häufer find größtentheils
. Die Straßen meiftens enge und dunkel, nur die Quais längs der Seine |
Die große Domfirche, die fchöne vormalige Abtei St.» Duen, wegen il
Thurmes merkwürdig, der Suftizpalaft und das Schaufpielhaus zeichni
ter den oͤffentlichen Gebaͤuden aus. Auf dem Marktplatze aux veaux
Bildfaͤule des 1430 daſelbſt von ben Englaͤndern verbrannten Mädchen
leans. R. ift der Sitz des Präfecten, der Departementsbehörben,, bes
direnden Generals ber 15. Divifion, eines, Erzbiſchofs, e. koͤnigl. Ger
e. Handelskammer und e. Handelsgerichts. Es hat e. Akademie der W
ten unb Künfte, e. Societe d’&mulation, e. Lyceum, e. Schifffahrt
Zeichenſchule, e. imebicinifche und Hebammenſchule, eine Öffentliche S
e. Mufeum, e. natırhiftor. Cabinet und e. botanifchen Garten. Zahlr
nufacturen und Fabriken liefetn Baummollenzeuche, vorzuͤglich Nanquit
Cattun, Shawls, Hals und Tafchentlicher, Leinwand, Papiertapete
tarten, Tuch, Wachstuch, Zuder, Homs und Eifenbeinarbeiten, che.
bricate, vortveffliche Confituren, abgezogene Waſſer, Eifen: und Gelbgi
Oblaten u. ſ. w. Mit der Flut koͤnnen ſchwerbeladene Schiffe bis an |
gelangen, und von.hier werben dann bie Waaren auf ber Seine weiter
daher iſt auch der Spebitionshandel fehr anfehnlih. Die Stadt hält gr
und Twiſtmaͤrkte.
Rouget de Lisle Coſeph), geb. den 10. Mai 1760 zu Lont
nier im Suradepart., iſt der Verfaſſer und Componift der marſeille
die auch unter bem Zitel: „L’offrande à la liberte”,. mit großer Prach
. Operntheater zu Paris gegeben wurde. Den Namen marfeiller Marfch ı
erhielt dieſes Gedicht, weil es in Paris zuerft (1792) durch die marfeill:
ten bekannt wurde. Die Wirkung dieſes Gefanges, beffen Muſik meif
war bei ben franz. Heeren fo außerordentlich, daß Kiopflod zudem Verf
als er ihn in Hamburg ſprach: „Durch Ihr Gedicht find 50,000 bravı
gefallen”. R. war zu Anfang der Revolution als Ingenieurofficier in €
Man hörte damals nur Gaffenhauer auf den Krieg, und er ward aufgefi
Kriegshymne zu dichten. In einee Stunde ber Begeifterung fchloß er fic
in einer Nacht hatte er bie Hymne und die Muſik bazu vollendet. Gleich
ihn nur der 9. Thermidor vor ben Verfolgungen der Terroriſten. Bei
ward er verwunbet; ſeitdem lebte er zurüdgezogen, dichtete und compı
ſchiedene Sefänge, fchrieb ein „Ecole des meres‘' 1798, gab „Cinqu
ausgemwählte) chants frangais‘ 1825 heraus und arbeitet noch an ein
über Quiberon.
Rouladen nennt man in ber Muſik und vorzäglich in der Gef
die rollenden Läufer, mit welchen die Melodie ausgefhmüdt unb man
gemacht wid. Sie erfodern ein Stud von lebhafter Bewegung, und b
Rouffeau (Bean Baptifte) - 441
Kt mit Überlabung angebracht werden. Beim Vortrag berfelben muß man
Ichaniömus und bie Anftrengung vergeffen tönnen. Der Zabel trifft dieſel⸗
x, wem fie am uncechten Orte over übermäßig angebracht werden. Rouſſeau
Je ba, wo es zweckmaͤßig ift, die Rede aufjubhalten und die Melodie zu vers
L Wenn, fagt er zur Rechtfertigung berfelben, das Herz am Iebhafteften
Hit, fo findet die Stimme viel leichter Accente als der Berftand Worte fins
m, fo auch Paffagen und Verzierungen.
touffeau (Sean Baptifte), ein Dichter, der unter Frankreichs Lyrikern
mer bie erſte Stelle einnimmt. Er war der Sohn eines Schuhmachers,
a. 4. 1671) zu Paris geb. und ftarb zu Brüffel 1741. Eine vortreffliche
ng weckte fein Talent und der Unterricht Boileau's f. dichterifchen Geiſt.
nen poetiſchen Berfuche des Juͤnglings zeugten von Geiſt und Einbildungs⸗
1682 ward er bei dem nach Dänemark abreifenden franz. Gefandten
eaux Page, in ber Folge wählte ihn der Marſchall dv. Zallard, als er nach
breifte, zu feinem Secretair. Im London ward St.sEvremont f. genauer
Darauf fam er zum Finanzdirettor Rouille, dem er überall folgte and
» Umgang er den Wiffenfchaften und der Dichtkunft harmlos lebte, daher
e ihm angebotene Stellen ablehnte. Als aber gegen den Dichter der pas
er „„Deflone' eine wigige Satyre in Verſen und bald darauf eine Menge
x —— voll Gift und Geifer erſchienen, kam R. in Verdacht, daß er der
Ex leugnete dies ſtandhaft vor Gericht. Indeß war er ſchlecht genug, einem
zu beftechen, um den Verdacht auf einen Unfchuldigen, den Geometer Sau⸗
bringen. Die Sache kam jedoch bald an den Tag und R. ward (b. 7. ap:
auf eroig aus Frankreich verbannt. Er ging nun nad) der Schweiz; und
feibft an dem franz. Botfchafter, Grafen de Luc, einen Gönner. 1714
R er den Prinzen Eugen nad) Wien, wo er ein höchft angenehmes Leben
Mad) 3 Fahren mußte er ſchnell Wien verlaffen; wahrſcheinlich hatte er
gen Verſen bes Grafen Bonneval auf eine ber Maitrefien bes Prinzen Theil
Jetzt ging er nad) Bruͤſſel, mo er mit Voltaire, f. Schulfreunde, in neuen
verwickelt wurbe. AUnterbeflen hatte es der Gtroßprior v. Vendome, in
bung mit dem Grafen v. Breteuil, dahin gebracht, dag R. vom Regenten,
nzoge dv. Orleans, ein Zurhdberufungäfchreiben erhielt. Dies befriedigte
B Ehrgeizigen nur halb; er verlangte eine nochmalige Durchſicht feiner Pros
sumb eine öffentliche Zuruͤckberufung. Mit Recht warb dies einem Manne
wrt, der fich durch eine ehrlofe Handlung gefchändet hatte. Unmuthig
x, begab er ſich auf Reifen und 1721 nad) London, mo er 1723 die Samm⸗
Werke (2 Bbe., 4.) herausgab. Sein damit ermorbened Vermögen vers
bei der damals ſchon fintenden Hunbelscompagnie zu Oſtende und mußte
u ber Unterflügung einiger Freunde leben. Endlich warb ihm Brüffel uns
ch. Einige Freunde ließen ihn heimlich nach Paris kommen, aber nach
aten mußte er bie Hauptſtadt wieder verlaſſen, in der er abermals feiner
zum Machtheil mächtiger Perfonen freien Lauf gelaffen hatte. 1740 kam
ı Brlffel zurück und ſtarb dafelbft 1741. Noch in der Sterbeftunbe bes
e er, nicht ber Verf. der ſchaͤndlichen Verfe gewefen zu fein. — R.'s Werke
)4 Bücher „Oden“, deren erſtes Oden aus den Pfalmen enthält. In diefer
Gattung iſt R. der erfte franz. Dichter. Reinheit und Eleganz des Aus⸗
ſowie ein edler und fchöner Versbau, find darin mit trefflichen religioͤſen
ken gepaart, wenngleich ein prunkendes Wortgepränge oft ben Inrifchen
ng erfegen muß. 2) Santaten. Auch in diefer Dichtungsart, die R. ſchuf,
er vorzuͤglich; die Wahl ber Segenftände, die Gewandtheit, mit ber er dies
behanbelt, verdient ebenfo viel Lob als ber edle Ausbrud. Die Gantate von
Nece’! fcheint umter allen bie gelungenfte zu fein. 3) Briefe in Berien, am
400 BRoufieau (Jean Jacques)
wenhgften gelungen; wlewol fie zu ſ. Zeit wegen ihrer ſatyriſchen Seitenhlce
Wärtehimgen allgemeinen Beifall fanden. 4) Allegorien. Sie ſind zwar
atorreet wie bie Briefe, aber langweiliger. Die Erfindung der meiſten ift
gen und hoͤchſt unwahrfcheinlich, der Verabau einförmig.. 5) Epige:
den Gantaten und Pfalmen das Befte, wenn man die abrechnet, im denen)
Felvolitaͤt vorherefht. Im den Übrigen iſt der Wig angenehm umd leicht,
wechfelung und Wahl der Gegenftänbe gut. 6) Verfchiedene Poefien von
Werthe, unter denen jedoch manches Stüd noch beffer ift, als 7) f. &
Berſen und 8) f. 2 2uftfp. in Profa. Zwar iſt der Styl rein, aber bie
tangwellig als ber. Dialog, ber fi nur in wenigen Scenen audzeichhet.
ben diefe Stuͤcke bei der Aufführung nie Gluͤck gemacht. 9) Die Opern, bie
ſchrieben, find vöutg feiner unwuͤtdig, auch hat er fie felbft unterbrlict
in die Sammlung f. Werke aufgenommen. 10) Eine Sammlung von B
Proſa, von denen mehre f. zweideutigen Charakter verrathen. — Zu ber
geführten Ausg. ſ. Werke erfhien auf Verlangen ber Subferibenten, m
Werte RS verlangten, ein „Supplöment aux Oeurres de Mr.
Eondon 1723). Zu Amfterdam kam 1726 eine etwas vetm. Ausg. f.
3 Bm: heraus. Endlich beforgte Segun, in Dienſten des Fürften v.
Taris, 1743 eine Ausg. (3 Bde.4.und 4 Bbe.12.). Die genannten Ausg.
Nichts, als wozu ſich R. bekannte; die Gouplets, welche ihn ins Unglüd
den ſich nur in folchen Ausg, bie gegen des Dichters Willen erfchienen
ven find. Proben biefer hoͤchſt gemeinen Verſe findet man in’ La Hatpe’s
„de litteratnre‘‘, TH. 6.. (herausg von Auger). — Eine 1716 zu Paris
me Schmähfcyeift:- „Histoire satyrique de la vie et des ouyrages
Rousseau, par Mr. F. Gacon“, enthält die Actenftüde Saurims gegen
einen Theil der berüchtigten Couplett #.
> Rouffeau (Jean Jacques), geb. 1712 zu Genf, ber jüngere ©:
Wrmarhers, kam ſchwaͤchuch auf die Welt und koſtete feiner Mutter dat
weßhalb er auch feine Geburt fein erſtes Unglück nannte. MR. fagt inf.
Seasions”' (die doch immer Seibftbefenntniffe einer eiteln Seele find) von
er 018 7 jaͤhriger Knabe viel Religion gehabt, daß ſ. erſte Lecture von jener‘
Nomane getvefen wären, worauf er doch bald eine beffere erhalten und
den Plutacch liebgewonnen habe. Im 8. Jahre wußte er den Plutarch
Dig und im 12. hatte er bereits · dile meiſten Romane durchlaufen; dad)
auch den Zacitus und Grotius, welche zwifchen dem Inſtrumenten auf bee)
ſtaͤtte ſ. Vaters lagen, kennen. Zugleich ward fchon früh f. mufitnlife
. Mit dem 9. J. ward er einem Pfarrer auf dem Lande zur
hergeben; mit 14 I. kam er zu einen Graveur in die Lehre, dieſe
ſpÿrach f Neigung, wurde ihm aber durch bie despotifche Härte feines
leidet. Er entlief, ierte in Savoyen herum und änderte aus Dirfti
Religion. Man unterrichtete ihn in einem Kloſter, ans beim er aber
fpvang ; nad) manchen Abenteuern kam er endlich durch bie Empfehlung
voyiſchen Landpredigers zu Frau v. Warens in Annecy, die ihn in Wi
und In der Muſik unterrichten ließ und ihm wie ihren eignen Sohn liebte,
te. — Im 20. Jahre ging N. nach Frankreich, mit der ‚Doffitung, D
Rmntniffe in der Muſik fich Unterhalt zu verfchaffen. In Befangen fi
wit, Beifau in einigen Concerten; man verſprach ihm Befoͤrderung *
Stille erledigt fein wuͤrde. Inzwiſchen gab er; einige Jahre Fang zu Cham
in dee Mufil Unterricht und ging dann f. fränklichen Körpers wegen nah
peter. Allein bie Meeresiuft war ihm nicht) zutchglichz er Eeheteguf. B
thaͤterin zuruͤck und blieb bei ihe bis 1742, wo er die Stelle eines Serretäld
bem franz. Befandten In Venidig erhielt. Noch anderthalb Jahren treunte
| n , wo»
Rouſſeau (Jean Jacques) 448
ſelden, ging nach Paris, gewann ſ. Unterhalt durch Notenſchreiben und
in mehtigen Stunden auf Naturlehre und Chemie. Um biefe Zeit bekam
Anfatt von Steinfhmerzen,. welche Krankheit ihn nie wieder verließ. —
wann er die Preisfrage ber Akademie zu Dijon (ob die Wiederherftellung
be und Wiflenfhaften zur Werbeflerung der Sitten beigetragen habe?).
mabere Behauptung, daß bie Miffenfchaften und Künfte verberblich ges
eu‘, ward Hfrig widerlegt; in Spanien miiſchten fich fogae der Hof und
Hütten in diefe Sache. In ber Vorrebe zu f. Narciß“, einem Luftfpiele,
e er fich gegen viele Mißverftändniffe. Hierauf brachte er f. „Devin du
auf das Thrater, eine Beine Oper, wozu er bie Mufik felbft compontrt
Died Sthe fand allgemeinen Beifall und ber Vf. warb von ber franz.
uf® angebetet. — Als er aber 1753 f. berühmten „Brief über die franz. .
)erausgab, wotin er die Unvollkommenheit berfelben zeigte, ‚gerieth Alles
He. Saͤnger, Sängerinnen und Virtuofen, welche die Feber nicht fuͤh⸗
tes, Testen fich aufs Schimpfen und verbreiteten gegen ihn Pasquille,
und ehrertrührige Kupferſtiche. Man hing f. Brief im Theater auf, und
n ſogar Leute beftelft, welche den Bf. ermorben follten. R. entfioh nach
Derch f. Beligionsveränderung hatte er ſ. Bürgerrecht verloren. Jetzt
‚öffenetic, die reformirte Meligion wieder an und ward in alle Rechte eine®
irgers von Genf eingefegt. Won da reifte er nach Savoyen und ſchrleb
bern ſ. Abhandlung. uͤber den Urfprung ber Ungleichheit unter ben Men⸗
kur I’iatgalise parmi les hommen!'). Diefe Schrift erregte noch mehr
Fr al6 die Beantwortung ber Preisfenge. Er hielt den wilden und gefits -
aufcheri neben einander; das Mein-und Dein, Eigenthum und Reich
ke daraus entſtehende Obermacht und üppigkeit erklaͤrte er für Quellen’
hen Elends und voll Ekels vor dem gleißenben Weſen ber großen Welt,
IB Roturgefähl zum Spotte geworben, rief er f. Brüdern zu: „Kommt
Miber und werdet Menſchen!“ &ie Tollen fich ſelbſt überlaffen gleich den
tebens; das fei bee Stand der Unfchulb und bie anerfchaffene Einfalt.
pass und Verttaͤge“, behauptet er, „haben die Menſchen ungluͤcklich ges
Etfen und’ Korn haben bie Einzelnen zwar geblidtt, das menfchliche Ges
ber zur Grunde gerichtet”. (Bol. Voltaire.) — Unterdeß hatte fih in
le Haß gegen ihn gelegt. Auf dringende Einladung Lehrte er zuruͤck, bes
aber nadı Montmorency (f.d.). Hier.fchrieb er den „‚Sefellfchaftes
, die „Neue Heloife” (ein zuweilen ſchwaches Nachbild der „Stariffa‘)
Emil: Werke, durch bie er auf fein Zeitalter mädjtig gewirkt hat. —
Ioitifchen Schriften, vorzüglich die beiden. Abhandlımgen Aber den buͤr⸗
‚Bertrag und Über die Ungleichheit unter den Menſchen, follen Schuld fein
\ Berirrungen ber franz. Revolution. Die Schrift: „Du von-
Sal", wurde für die Metaphyſiker gewiſſermaßen ber Katechismus der
len; ' fie hieß nur „le Pharus de la legislation‘; und body war unter
wffeau’fchen Schriften biefe am feltenften vorher gelefen und noch feltener
ma worden. Auf einmal glaubte man In ihr die Grundlagen zu einem
Waren Staatsgebaͤude entdedt zu haben. R.'s Andenken warb daher
uögliche Art geehrt. 1791 veranftaltete man zu Montmorency deßwegen
We Fe. Am 11. Det. 1794 wurden f. Gebeine feierlich im Pantheon >
beigeſetzt. — Während die Weltleute und die Gelehrten für und gehen
md von f. Behauptungen Aber die franz. Muſik ſprachen,
— AIJulie (die Neue Heloiſe), vor welcher er ganz unſchuldige Maͤbchen
; wärutich: ſolche, die nie einen Roman geleſen hätten und in deren Phun⸗
u Zune von Leidenſchaft gefallen wäre, die nur Ahnungen ber Liebe teiger
n lauten, für beſcheͤntte haͤuoliche Freuden fid, aufberoahrerden Brown.
444 Rouffeay (Jean Jacques)
5 JZulie und ihr Liebhaber machten In Frankreich, wo bie Liebe leichtfinn
fd) flatterte, und. in den Laͤndern, wo die Jungfraͤulichkeit noch e
mar, einen fehe verfchiedenen, aber glei) ſtarken Eindrud. — €
„ 1762, zunaͤchſt für eine. Mutter niedergefhrieben, das berühmtefte E
we: „Emile, ou de leducation”, heraus. .. In einem Briefe an
ſchallin v. Luxemburg, vom 12. Juni 1767, gibt R. folgende Urſache da
gabe f. „Emil” an. Er hätte mit einer Haushälterin, weiche er fpdı
zur Frau nahm, 5 Kinder gezeugt, alle aber in ein Findelhaus geſchi—
‚geringer Vorficht zu einer Wiedererkennung, daß er nicht einmal bie !
Geburt ſich aufgejeichnet hatte. Seit mehren Jahren empfand- er def
Eränkendften Gewiffenebiffe, doch „fein und der Mutter Gram deßhalb
108, und der Wunſch, feinen Fehler wenigftens einigermaßen zu vergüti
» ber Haupturſachen f. über Erziehung gefchriebenen Werks", (Bol. „Le
de Neuchatean‘‘, 1800.) Ex hatte, namentlich. im „Emit‘‘, die fi
Wahrheiten der Religion ‚von denen’ abgefondert, beren. Einfluß auf u
Niemand leugnen wird. Kaum war der „Emil“ mit R.'s Glaubene
erfchienen, fo ließ das Parlament das Buch wegen der gewagten Urthei
Vofitive der Religion 1762 verbrennen und verurtheilte den Vf. zum 4
Der Erzbifchof von Paris verfolgte ihn mit einem Hirtenbriefe und ı
einen,Gottlofen, einen Verführer. R. antwortete: „Nicht er fei der
die Gottlofen fein Diejenigen, die ſich Gottes: Gerichte anmafen‘. —
nach Genf fliehen, aber f. Vaterſtadt nahm ihn nicht nur nicht auf, |
drohete ihn ebenfalls mit dem Gefängniffe, und ließ das einzige Ere
„Emil, das ſich dort vorfand, durch den Denker verbrennen. Er flü
Yverdun amd von da nad) Moitierd » Travers, einem Beinen Dorfe in
ſchaft Neufchatel. Da ex feit den Kinderjahten nie unter Proteftante
batte, fo war die Vereinigung mit dev bafigen Gemeinde ihm befto au
Ihm gefiel ihr einfacher Gottesdienft; ‚er befuchte fleifig die Kirche ded
baute fi u. A. gewann die Freundfchaft des Prebigers und bie Liebe
Gemeinde. Er bat um Zufaffung zum h. Abendmahl unb-biefe wa
währt. Als die Geiftlichen in Genf f. Namen von der Kanzel herab z
zu machen fuchten, ſchrieb er gegen biefe Verleumdungen und gegen do
mäßige Verfahten des genfer Senats in feiner Sache, auf Antathen
bie berüchtigten „Briefe dom Berge“. — Unterbeffen blieb R. mit ga
f. Gemeinde zugethan, "bekannte ſich feierlich zur proteftantifhen Kire
gehrte zum zweiten Mal das h. Abendmahl, über deffen Verflattung
Schwierigkeiten machte. Seine „Briefe vom Berge“, der „Brief a
biſchof von Paris“ und f. „Dictionnaire physique portatif” wurde
: 1765 öffentlidy verbrannt. Die genfer Geiſilichen ſuͤchten ben Predig
tiers gegen ihn einzunehmen und die Gemeinde von ihm zu entfernen
texer mußte er mehre Mißhandlungen erbulden. Er verlebte hierauf
naten auf ber Petersinfel im Bielerſee, wie ex felbft fagt, Jahrhunder
Botanifiren dafelbft verdankt man f. „Botaniste sans maitre” und den
banten, bie Jugend früh in die Botanik einzuführen. Ex warb aber
acht länger gebuldet.. Die Obern eines deutfchen Cantons geboten if
täuheften Jahreszeit, ihr Land binnen kurzer Frift zu räumen. Er bi
um eine Beine Verlängerung, umfonft um ein Gefängnif, wo es ohn
zeug, ohne irgend eine Befellfchaft, nur ungequält dem Tode entgegenha
Man trieb ihn fort und überließ ihn ber Gefahr, unterwegs umnzuko
Seine Freunde bewirkten ihm einen freien Geleitsbrief nach Paris, wo
fophen, bie es verdroß, fo viel Herz und fo vielen Glauben in ihm zu fin
feiner fpotteten als die Geiftiyen ihn nerfslat hatten, Bil
Br
Rouffillonweine Rontiniers | 445
Bume, der ihn mit nach England nahm. R. betrat mit Jubel den Boden
rät, fiel· ſ. Retter um- den Hals und begleitete ihn nach London, two mag
Bou dor Schwärmerel, deren jene Ration fähig ift, empfing. Die Enge
Angie fi, ihn zu ſehen; bie Damen trugen fein Bild an ihren Arms
war ein guter, aber Außerft kalter Mann, welcher R.’6 Begeb⸗
begriff und deſſen Wärme nicht‘ertwidern konnte. R. wurbe durch
gkeit feines einzigen Freundes mißtrauiſch, einige von leichtfertigen
ri ausgeſtreute launige Blätter gegen den vertriebenen Weltweiſen ber
deſen Mißmuth, und fo verzweifelnd an Mechtfchaffenheit und Freund:
g ee weg aus dem Lande, das er als f. legten Zufluchtsort angefehen hatte.
se’6 ‚‚Private correspondarice”, London 1820.) — Cr Eehrte unter
ſchweigenden Verguͤnſtigung 1767 nad) Paris zuruͤck, ward anfaͤnglich
ſtecigen Aberall umtingt, nachher nicht mehr bemerkt; fonberte ſich im⸗
von der Sefelifhaft ab, ernährte ſich zum Theil: mit Notenfchreiben amd
Keuter. Sein 1818 erſt bekannt gerworbener „Briefan Einne” ent⸗
khrende Bekenntniß f. Gluͤcks im ftillen Umgange mit der Pflanzenwelt
jer f. „Muſikal. Lexikon“ drucken und bald darauf erſchien ſ Pygma⸗
Meledrama, von ihm erfunden und vortrefflich ausgeführt. Fuͤr mehre
nn ib Rieder ſetzte ex einfache und ruͤhrende Melodien. — Je älter W
Ro mehr wuchſen feine Menſchenſcheu und fein grämtiches Wefen. Schw
Winſchte er in irgend einem Winkel eine Stätte zu finden, wo er ruhtg
umte. Sein Wunſch ward ihm gewaͤhrt. Der Marquis Girardin beriäun
einem Landhaufe Etmenondille unweit Paris zn wohnen, wohin R. im
B 309, aber fchon den 2: Juli 6: J., als er eben von einem Spaziergange
Rn PLögHich an einem Schlägfkuffe find; er war 66 J. alt getvorben. Das
ais Yabe er ſich entleibt, bat Graf Stanislas v. Girardin (Paris 1824)
H «Bein Körper ward einbalſamirt, in einen bleiernen Sarg verfchloffen
Be Parts von; Ermenonville auf der Pappelinfel beerdigt. Über ihm
6 Buß hohes Grabmal Wrichtet: — Schwärmmerifcher Eifer für
VFoVwelheit· Paradorienfucht, ſelbſtiſcher Stareſinn, warmer Eifer für Diens
mit diſterer Hopochondrie verbunden, waren Hauptzuͤge f. Charaktere.
WMerke erfchienen Paris 1764, 10 Bde., 12, umd nachmais öfter. Let
berd Aber den Vf. iſt das vollſtaͤndigſte uhb daehrendſt· Merk folgent
b.die'ia 'vie'et des ouvrages :d6 J. J. Rounssan” (par Musset-
MWarid 1891). — Seit 1785 war Therefe Levaſſeur f. unzertrennliche
hrtin. Sie wußte ich in ſ. Launen zu ſchicken; andre Vorzüge befaß
«ins ſie fuͤr ihre Treue zu belohnen, heiratchete er fie 1768. Als man
— das Andenken M.’6 To hoch felerte, konnte es nicht fehlen,
sand |. hiutterlaſſenen Witwe gedachte; fie erhielt auf Barrere's Aritrag
—2 der Rationalorrfanmtung vinen jährlichen Gnadengehalt von 1200
W. L,
affikis: nweine, "tm Algemeinen, die Weine aus der Provinz d. N.
we Bewächfe sum Verfahren find die von Bair, Tormilla, Salces, Rive⸗
pira, Collioure, Bagnols, Parcous, St=-Anbre. Die rothen Sorten
‚gebedt, von ſchoͤner Barbe: und vornehmlich zum Verſchneiden und Bew
nbrer Weine brauchbar. Ein befonderer Wein iſt der Grenache, der am
nißetsoth iſt und dem Alicantwein gleicht, mit dem Alter aber die Farbe
md-in-8-— 7 Jahren dem berlihmten Capweine gleich wird. Unter ben
en ift dee Maccabeo ber Eoftbarfte.
antiniers nennt man diejenigen Ärzte, welche bei der Auslibung ihrer
nf einige eingelernte Regeln in Anwendung bringen, ohne ſich um die
saehmbung berfelben weiter zu bekuͤmmern. Solche Regeln find halt au®
—
446 = Roveredo
der roheſten Empirie, bald von irgend einem mediciniſchen Syſteme entiehet,
doch in dem einen ſowie in dem andern Falle wird man finden, daß der Kauf
entweder von fehr befchränkten Geiſteskraͤften ift, ober daß feine fruͤher⸗
ſchaftliche Bildung in hohem Grade vernachläffigt morden mar, ober big
beide Umftänbe vorhanden find. In der Stufenfolge der Heilkuͤnſtler werig
ber jederzeit die Routiniers den niebrigften Rang haben koͤnnen, mit dem
ften freilich gewöhnlich nicht zufrieden find. Im Gegentheil iſt bex Uber
Routinier zum Charlatan fehr gewöhnlich, und beide Charaktere find daher
einigt. Alsdann aber bildet ſich eine niedrige und in der Chat fehr [Hab
dividualitaͤt aus; ber Routinier, der ſich bafür erkennt und weiter Miches fü
ann im Mangel wirklich ausgebildeter Ärzte, an benen nirgends liberfluß
nügliche Role als Landarzt (mie z. B. in Baiern) fpielen. Er wirb in den
wo feine Regel nicht ausreicht, einen andem Arzt zu Rathe ziehen, was be
der Charlatan im frechen Übermuthe unterläßt. Ä
Roveredo, Rovereith, 45° 55° 36" Br., 28° 40720” $., €
gebaute Kreisſtadt der gefürft. Grafſchaft Tirol, liegt im Etſchthale, da
der. Eleine Geno in bie Etſch ausmündet, an ber Heerſtraße von Trient
ſchiera. Ein fefles Schloß beherrfcht die Umgegend und den Ort, dei
fähr 1100 Häuf. 12,000 Einw. zähle, die fi größtentheils von Geibenf
Geidenfärberei und Seidenhandlung (vorzuͤglich Nähfeide) ernähren. :
mehren Kirchen, 3 Moͤnchskloͤſtern und verſchiedenen Verwaltungscolieg
finden ſich zu Roveredo ein Gymnaſium, eine E. k. Akademie ber Sk
(degli agiati, vom Gaval. Vanetti 1750 geftiftet) und ein englifches 1
ſtiſt. Der Ort ift militairiſch wichtig, wie mehre Gefechte beweiſen, die
Nähe vorfieien, namentlich das am 3. und 4. Sept, 1796 zwifchen Mafl
einem Theil bed MWurmferfhen Heeres. Wurmfer's Anſtrengungen
der Lage der Dinge in Italien eine andre Wendung zu geben und Mantun
ten , hatten keinen weitsen Erfolg, als daß die Einfchliefung vn M
kurze Zeit von Bonaparte aufgehoben wurbe, wodurch diefer Feſtung am 2.
einige Unterftügung zugeführt werben konnte: ein Vortheil, welchen bie D
zu theuer erkauften, denn fie wurden bei Leonato, wo Bonaharte auı-3.%
General Quotdanowitſch, bei Gaftiglione, wo er am 5. Aug. den General
Ser ſelbſt ſchlug, n. a. a. D: befiegt und nach Tirol zurüdgebrängt. L
urmfer ſuͤdlich von Roveredo zu beiden Selten der Etſch eine fehle
noch immer bedrohend, indem er mit einem Theile feiner Streitke
der gegen bie Brenta bis Baffano vorrudte. Napoleon verkaunte die WM
biefer Stellung keineswegs und fAumte nicht, durch mohlberedmete und
fhend kuͤhne Gegenwirkungen die Plane des Feindes zu vernichten. 3
Augenmerk auf das öftreich.Corps unter Davidowich bei Roveredo vichtuf
wegte er raſch die Divifion Maffena auf dem rechten Ufer der Etſch Aber
Serravalle, die Divifion Vaubois auf dem linken Ufer diefes Fluſſes ei
öftreich. Stellung bei Sans Marco, und ließ durch Augerean ben Angriff
Rügen. Nach hartnädigem Widerftand übermältigte Vaubols dem rechten
des Öftreich. verfchanzten Lagers bei Mori und Maffena brachte bie
GansMarco zum Weichen. Im zweitägigen Kampfe gänzlich gefchlag
fich die oͤſtreich. Truppen tapfer fechtend durch Roveredo, hielten fich eine Ai
jenſeits des Orts in dem felten Schloffe Galliano, wurden jedoch auch Ders
trieben und zogen ſich 3 Meiten hinter Trient zurüd, Man ſchaͤrt ihemm |
auf 5000 M. und 25 Kanonen. Dadurch warb den Franzoſen unter Mi
die Einnahme von Trient möglich; ber öftreich. Feldherr Wurmſer aber, 1
während des Kampfes bis Verona vorgebrungen war, wurbe von Benape
7. und 8, Sept. an ber Brenta und bei Baflıno eingeholt, am 9. von f.
Co
Rovigo Rowe (Nicolas) 447
eQuosdanowicſch abgeſchnitten und nach mehren blutigen Gefechten, vor⸗
me 41. bei Cerea und am 15. Sept. bei San-Giorgio, genoͤthigt, fi malt
unsern f. Heeres (etwa 10,000 M.) in Mantua einzufchließen, deſſen Be⸗
die Feamzoſen fofort aufs neue unternahmen.
vigo, Siadt an einem Arme der Etſch im öftreich. lombard. —
uigreide, Bauptort in der canalreichen Provinz il Polefine di Rovigo.
‚ein Bonmafium, eine wiſſenſchaftliche Gefellfchaft (de’
)e TOO Ban. ‚Handel und iſt befefligt. Der franz. General Savary
lelt Baden ben Titel: Herzog v. Rovigo. "
we ( Euſabeth), eine Dichterin, T. eines biffentirenden Geiftlichen,
Singer, zu Ftrome in Sommerfstfhire, war 1674 geb. Won Kindheit
fie viel Bang zur Lecture und Dichtkunſt, fehrieb im 12. Jahre Gedichte
ſich in Mufit und Dealerei. In ihrem 22. J. gab fie einen Band verm.
veraus. Legen ihrer Eörperlichen und geiſtigen Meise gehörte der Dichter
ter bie Zahl ihrer Verehrer. Aber fie weihete einen großen, Theil ihrer
it der Pflege ihres Vaters und verheicathete fi erſt 1710 mit Thomas
it welchem fie, obgleich ee 12— 13 3. jünger war, fehr glädlich lebte. Ihr
n talentvoller Mann, von dem auch mehre dichterifche Arbeiten in Ihren
‚works‘ witgetheilt worden find, der aber leichtfinnig Sefundheit ulib
a zu Grunde richtete, ſtarb 1715 und hinterließ fie in einer fehr druͤcken⸗
‚ Gie lebte zu Frome in ftiler Zurüdgezogenheit und flarb 1737. —
E gedachten Sammlung von Gedichten gab fie noch die „Geſchichte Jo⸗
a. verm. Gedichte heraus, die ſich durch einen melodifchen Versbau, eine
„ bilderreiche Sprache und- durch zärtliche und erhabene Empfindungen
wm. Unter ihren proſaiſchen Schriften find die befannteften „Friendahip
„ In twenty letters from the dead to the Jiring”. Sie find das Werk
* Einblldungskraft und eines tief empfindenden, mit frommen Be⸗
ppm vertrauten Herzens und ſind in vielen Aufl., auch von andern religiäs
ſetelichen Schriften der Vfin. begleitet, erfchienen. Noch gab fie =
rmeral and entertaining in verse and prose” (3 Xhle.) heraus. ie
I Leichtigkeit, aber ohne große Sorge für die Gorreetheit; deſſenungeach⸗
ka ihre Schriften eine günflige Idee für bie We. Auch Kiopfiod hat
D mehre Male in f. Gedichten, befonders u. d. M.: „ber frommen Sin⸗
ſanßt
we (Micolas), geb. 1673 in Bebfordfhire, ein vorzuͤglicher Dichter m
ww Sarsitie in Devonfhire. Nachdem er ſich In einem Privatinftitut und
kiheıie in Weſtninſter vortreffliche Kenntniſſe geſammelt hatte, ward er in f.
Bes f. Mater, einem Rechtegelehrten, zum Studium ber Rechtswiſſenſchaft
kehrte aber nach deſſen Tode au ſ. ——— der Dichtkunſt, zu⸗
nf. 25. J. Ueferte er ſ. erſtes Trauerſpiel: „Die ehrgeizige Stiefmutter
mbitious stepmotber”‘). Der Beifall, mit dem dies Stuͤck, ungeachtet ſ.
sefgerronumen wurde; verleitete.den Vf., ſich in ber Folge wenig um bie
oe dramatiſchen Kunſt zu kuͤmmern. Diefem erften Verſuche folgte ſ.
us” (aufgeführt 1702), in welchem er durch den Tyrannen Bajazeth bei
beeig KIV. al6 den größten Feind ber bürgerlichen und kirchlichen Frei⸗
Buch Zamerlan, bee von dem Dichter in den vortrefflichften Fürften us
k war, Wilhelm III. andeuten wollte. In ben. Darftellungen beiber
ziel Übertreibung, aber der Iwed bes Stuͤcks und bie vielen erhabenen
8 Befiuuungen erwarben ihm lange außerorbentlihen Beifall. 1703
„„&cöne Büßende” (The fair penitent‘'), eins ſ. vortrefflichſten Gtüide,
h die Babel von Maffinger (f. * entlehnt iſt. Dieſen Stuͤcken folg⸗
w, unten. denen ſ. Jane Ehece” eine ber ruͤhrendſten wogiiäen Di
448 Roxane Royaliſten
tungen der Engländer if. Überdies gab ee Shakſpeares — ſ.
Werke nebſt deffen Leben heraus. Unter dem Staatefeeretariat
dv. Queensbury bekleidete ex mit Ruhm die Wärbe eines Unterflaatsfe
ter Annas Regierung ward er nicht wieder angeftellt. Georg I. erth
f. Thronbefteigung mehre einträgliche Ämter. R. ftarb 1718, 45 °
in der Weftminfterabtei beerdigt und f. Witwe (er war 2 Mal verheii
tete ihm ein Eoftbares Denkmal. MR. war ein Dann von liebenswi
rofter, ausgerüftet mit allen gefelligen Tugenden. Unter Einglani
gehört er zu denen des zweiten Ranges. Die „Poetical works of Ro
London 1719, 12.) enthalten auch f. Leben. Außerdem hat er Über
von den „Boldenen Sprüchen” des Pythagoras, bes 1. Buchs von Qu
paͤdie (e. Geb. über die Erziehung) und von Lucan’6 „Pharfalia‘‘ geli
Roxane, f. Mexander.
Roxburghe (John, Herzog v.), einer der leidenſchaftlichſt
cherſammler neuerer Zeit. Seine Bibliothek, bei ſ. Ableben 9353
empfahl ſich nicht ſowol durch planmaͤßige Vollſtaͤndigkeit, als dur:
nenswuͤrdige Menge ihrer Seltenheiten. Vorzuͤglich war das Fı
Mitterromane und ber aͤltern engl: Poeſie reich beſetzt. Ste wurde 181
verſteigert. Der von den Buchhaͤndlern Georg und Will. Nicol ve
talog derſelben iſt ſchon ziemlich felten, aber nicht mit genuͤgender bib
Ausführlichkeit und Genauigkeit gearbeitet. Die Preife, welche von
dern felbft als das Höchfte bibliomanifcher Ausſchweifung betrachtet
ſeitdem wieder beträchtlich gefallen find, machen biefe Verſtelgerung
würbigften, welche je gehalten worden ift. Die erfte Ausg. des Bocca
1471, ol.) wurde vom Marquis v. Blandford (jegt Derzog v. 1
fuͤr 2260 Pf. &t. erflanden; das. erſto von dem engl. Buchdruder
Angabe des Jahrs gedruckte und zugleich das. erfte in engl. Sprad
Bud: „Recuyell of the Historyes of Troye” (1471, Fol. ) für 10
die erfte Ausg. des Shakſpeare (London 1623, Fol.) für 100 Gun
Zum Andenken an dieſes merkwuͤrdige bibliographifche Ereigniß wu
burghe⸗Clubb geftiftet, weicher auf 31 Mitgl. befchräntt iſt und jaͤl
am 17. Juni (dem Jahrestage der Verfteigerung bes Boccaccio), zufaı
.FJuaͤhrlich muß ein Mitglied ums andre auf f. Koſten einen Abdrud
alten Schrift, vorzüglich poetifchen Inhalte, veranftalten, wovon nur
plare abgezogen werden, als ber Clubb Mitglieder zaͤhlt. Ein froh
bibliographifchen Toaſts, gewürzt mit bibliographifcher Unterhaltumg,
Vefung und Vertheilung der neuen Abdrüde unter die Mitglieder, ma
aus, welches 1813 zum erften Mai gefeiert ward. Praͤſident bes Cı
| Spencer, Vicepräfident der berühmte Bibliograph Dibbin; von ben
gliebern nennen wir bloß den Herzog v. Devonfhire und Marquis ı
Auf einer Reife, welche Dibdin im Sommer 1818 durch Frankreich ı
er diefen Tag in Paris in Gefellfchaft der erften Bibliographen biefe
gab dadurch Veranlaffung zur Stiftung eines ähnlichen Clubbs in Pı
Rorolane, f. Solimanli. |
Royaliſten. Wenn in einem monachifhen Staate Bew
fliehen, deren Tendenz entweder Umſturz ber monarchifchen Werfaffu
bloße Veränderung ber Dynaftie ift, fo ift es die Pflicht eines jeden re
nes, feft und treu an alten Verhältniffen zu halten und fidy weder bu
noch Eigennug bavon abwendig machen zu laffen. Denn abgefehen |
perfönlichen Pflicht der Treue, welche jeder Staatsbeamte, ja jeder |
angelobt hat, kann das Heil der Staaten niemals durch gewaltfame
gen, fondern nur durch gewiſſenhafte Sefthaltung und Kortbilbung ber
Royaliftien . 449
Degsuben Grundſaͤtze der Gerechtigkeit gefoͤrbert werben, unb je mehe
in einer gegebenen Verfaſſung unbeſtritten und allgemein anerkannt finb,
wird es, fie als Grundlagen zur weiten Ausbildung bes
= gu benupen. Allein zwiſchen wahren und ſcheinbaren Royaliſten iſt ein
— — and —* (Ultra⸗) Royaliften find in der Regel ben letz⸗
Jene haben den wahren Vortheit ber Monarchie und des Mon⸗
ner Äugen, welcher in nichts Anderm beftehen kann als in moͤglichſt voll
aller höhern Zwecke bes Regierens, in Hinleitung ber Monav -
irenger und für Alle gleicher Gerechtigkeit, zur Wahrhaftigkeit, in 3**
sed Weile. Dieſem wahren Vortheile ber Monarchie ſteht m ent»
was auf bloße Befriedigung individueller Gefühle, des Ehrgeizes, ber Luſt
ae Herrſchergewalt, der Sinnlichkeit hinauslaͤuft, und je mehr durch
ittosmelle Einrichtungen von der Perfon des Fuͤrſten die Veranlaffungen zu
Hdhermr. Gebrauche der Macht entfernt werben, befko reiner zeigt ſich ber
— Monarchie, deſto wohlthaͤtiger ihre Wirkung, deſto ah ihr Gebaͤude.
amen Veränderungen, Entthrowimgen, Ermorbungen ehrfächtige
** domus, Bei), herefähflichtige Weiber, Se: und Olten, Ä
| , Leibwachen umb Generale, ſelbſt die durch erobernde Züge eines
Res wie Xleranber, Dſchengiskhan, Tamerlan, werben in dem Grabe fels '
fehenieciger, in weichem bie Monarchie ſelbſt mehr geregelt und bie Hexer
| — Einrichtungen gemaͤßigt wird. Det Royal
‚ wodurch dieſes letzte Ziel erreicht werben kann, nicht
Die Dant diem, fonbern ihnen auch alles Das zum Opfer bringen, was
n Umfländen dieſelbe Tendenz hatte, in Laufe der Zeiten aber ein Vor⸗
| Dun welchen ein Theil der Bürger nur auf Koften ber übrigen ges
ſcheinbare Royalift nimmt aber. die Monarchie nur. zum Vor⸗
TR erh tie im Befige folcher Vortheile zu erhalten,
| der Andern gar nicht genofien werben Biumen. Von ber
—— erwattet er Penſtonen; won ber unbeſchraͤnkten
pet it iR Wegfall der Verantwortlichkeit und Controle im Staatsdienſt
je Folge, und derch fie wird es leicht, fich In Stantsämtern zu behanps .
a man Beiner muͤhſamen Vorbereitung bebarf. Diefer falſche RNoya⸗
— in Ftankreich viel mehr zum Ausbruche der Revolution beb .-
fait rd ——— demokratiſches Beſtreben. Dieſem falſchen
find and Beſchraͤnkungen der monacchifchen echte nicht fremd,
erlangt fie nur —— bevorrechteter Staͤnde und. Corporationen,
allgemeiner Rechtoſicherheit und einer vernuͤnftigen Freiheit.
iberalismns und echter Bopalismus find in monarchiſchen Staa⸗
5 Witraliberaliöuund und Ultraroyalismus find auch in ihren Weſen Dafs
fe beide auf Egeiönms gegründet find (die Faͤlle eines redlichen Fana⸗
ind In der Welt fehr felten), und nur das Mittel, der Vorwand iſt ver»
- BBenn man inſenderheit den Stand der Parteien in Frankreich betrach⸗
* die etwa vorhandenen Ultraliberalen dergeſtalt von dem öffentlichen
verbringt, daß von ihnen als Partel gar nicht mehr bie Rede fein
o gableeidher — iſt die Contreoppoſition geworden, und wenn maß
diſchen Abſichten fruͤher noch in Ungewißheit fein Eonmte, fo bat bie
ein Diefe Sinfiht ei alle Zweifel gehoben. Die Entſchaͤdigung für bie vers
güter kann man Baum anders als gerecht finden, aber bie Art
fe der Verhandlung, bie unverhohlenen Andeutungen barauf, daß man
FI000 Miniomen mır für eine Abfchlagsjahlung annehme, für den Ans
æ viel größern Reaction bis zur Zeit Ludwigs XV., haben zur Gerchot ge
zu. Giebente Kufl. 8b. IX, 29
450 Rohyer-Collard (Pierre Paul — Antoine Athanafe)
zeigt, was fich, wenn das Erfte gelungen iſt, noch daran knuͤpfen wird.
auch der verkauften Güter, Annullirung der Abfindungen zwiſchen den alten
neuen Beſitzern, MWieberherftellung ber Majorate im Allgemeinen, der Ze
und andrer gutöherrlichen Rechte, felbft Zuruͤckgabe der Kirchengüter u. [.w.: |
find die Dinge, welche unter dem Namen bes Royalismus zur Sprache gehe
werben. |
Royer-Collard (Pierre Paul), einer der gruͤndlichſten Redner ie
ten Centrum der franz. Deputirtentammer, geb. 1763 zu Sompuis bei
François, war 1789 Parlamentsabvocat zu Paris. Als einen Freund gefe
ßiger Freiheit ernannte man ihn zum Mitgliede des Gemeinderaths von?
Mit dem 10. Aug. hörte er auf dies zu fein; er entging den Bluturtheilen
Spftems von 1793 und 1794; im Mai 1797 ward er vom Depart. der M
zum Mitglied des Raths ber Künfhundert ernannt, allein 3 Monate fpäter,
er fich gegen dem Prieſtereid erklärte, am 18. Fructidor ausgefchloffen. &
gehörte er nebft bem Marquis v. Clermont-Gallerande, dem Abbe Monteig
und Hm. Becquey zu den Näthen des Königs in Frankreich, bis Ludwig X
fich nach England flüchtete, worauf diefer Verein fich auflöfte. R.C.
den Wiffenfchaften und erhielt 1811 daB Decanat der philofophifchen Far
nebft der Profeffur der Gefchichte der neuern Philofophie. Hier entfaltete
Fahre lang die Talente eines Pascal: fo tief drang er in die Xheorie ein, fol
war feine Logik, fo ſcharf f. Bemweisführung, fo lebendig und geiſtvoll f. Vor
Denker und Redner zugleich, ergriff er Herz und Verftand; vor Allen begs
er die guten Köpfe und zog treffliche Schüler, unter welchen ſich aud) Victor
fin befand. R.:C. bekannte fi, wie man aus f. im Dec. 1813 gebrudten
trage („Discours‘‘) fieht, zu der auf Thatſachen der Erfahrung geſtuͤtzten
fophie der ſchottiſchen Schule. Das feltene Talent ber philofophifcdyen &
ſamkeit beroährte er auch als politifcher Redner in der Kammer, wo fein ruhlg
Charakter feiner freifinnigen Denkart etwas Großartiges gibt. 1814 er
ihn Ludwig XVIIL zum Genetaldirector der Druderei und des Buck
dam zum Staatsrath und Ritter der Ehrenlegion.. Als Napoleon 1815
kam, legte er fämmtliche Stellen nieber und blieb bloß Profeffor. Nach de
ten Reftauration ward er in den Staatsrath zuruͤckberufen und zum Präfl
der Unterrichtscommilfion ernannt. Hier wirkte er viel Outes, beſonders
leider jest aufgehobenen, Normalfchule; auch fchüste er wen er Eonnte ge
Reibungen des Parteihaffes. Inder Sigung der Kammern von 1815 fi
er mit der Minorität für die Charte und für die verfaffungsmägige Wal
In den folgenden Sigungen behauptete er ein von allem Parteieneinfluffe
haͤngiges Stimmrecht; auch warb er öfter zur Präfidentenftelle vorgefchlagen,
der. Sitzung von 1817 galt er für das Haupt der wenigen Deputirten, die
Doctrinnairs nannte, meil fie aus allgemeinen Grundſaͤtzen und Schiuffelgen
tale Meinungen ableiteten. Sein cenflitutionnelles Koͤnigthum gründet fd
vernunftgemäße und gefchichtliche Überzeugung. Seit 1819 fteht R.⸗C
mehr an der Spite des Öffentlichen Unterrichts; mwahrfcheinlich in Kolge feines
fihten, die mit dem Syſtem des Minifteriums nicht mehr übereinftimmten. &
er befämpfte mit der ganzen Stärke feiner politifchen Vernunft die Ausnahm
die neue Wahlform, die Bewilligung der 100 Millionen für den fpanifchen
und aͤhnliche Mafiregeln bis zur Auflöfung der Kammer 1823. Nom De
der Marne aufö neue für die Sisung von 1824 ermählt, flimmte er gest
Septennalität und 1825 gegen das Sarrilegiengefeg. In den bei beiden
genheiten gehaltenen Reden gab er neue Beweife f. Talents, die erften Grün
nes Satzes zu entwickeln und aus dem Wefen der Sache daß helifte Licht übe!
Begenftand zu verbreiten. Er findet daher ſtets aufmerkfame Zuhörer. 1
Rozier Rubens 451
ı Zaplace’8 Stelle Mitglied der franz. Akad. — Sein Bruder, An:
anafe, Leibarzt des Könige und Prof. bei der mebicinifchen Facultaͤt
f.w., geb. 1768, ftubirte feit 1797 die Heiltunde, worin er ſich fehr
Das Ausland kennt ihn als Herausgeber ber „Bibliotheque me-
1803. Bon ihm hauptfädhlich rührt bie beffere Einrichtung des Sir:
u Charenton ber. Chemals hielt er Vorlefungen über Seelenkrank⸗
er trug er gerichtliche Arzneitunde vor. Seine Abhandl. über ben
‚Dietionn. des sciences medicalea‘) ift ins Deutfche überfegt. Er
16 am Ende 1825. |
er (Pilatee de), f. Aeroflat.
ato tempo, verruͤcktes Zeitmag, in der Muſik, von dem ital. ru-
1%, bedeufet eine eigne Art bes affectvollen Vortrags, vorzliglich lang⸗
'e, bei welchen man in der Hauptflimme bee Geltung mancher Noten
ht und ſich alfo nicht ſtreng an den Takt bindet, im Ganzen aber und
a Stimmen bie Ordnung des Zeitmaßes genau beobachtet. Nad) dem
to werden mandye Gänge befchleunigt, manche verzögert, und ber Takt
Finzelnen etwas verrüdt, ohne daß im Ganzen die Einheit barımter
8 Tempo rubato ſchoͤn und richtig vorzutragen, erfobert viel Übung und
Le, und es darf nicht zu Häufig angemenbet werden.
el, eine ruffifche Sitbermünze, die 10 Griwen ober 100 Kopeken ent⸗
unſerm Gelde beträgt der Sitberrubel (zum Unterfchied von bem Pa⸗
Affignation) ungefähr 1 The. 3—4 Gr. 1654 wurben die
in Moskau gefchlagen. Nach X. aber erſt anhaltend feit 1704. Vor⸗
e man durchſchnittene hamburger Thaler mit dem ruſſiſchen Wappen.
ndetman wenig, und biefe faft nur mit dem Gepräge von Katharina II.
e find Zweirubelſtuͤcke von Gold. Goldene Halbrubel findet man auch
h.
end (Peter Paul), einer ber größten Maler, geb. 1577 zu Koͤln, wo
‚ ein adeliger Schöppe zu Antwerpen, wegen ber Unruhen in Brabant
tt niedergelaffen hatte. Mach dem Tode f. Vaters, ber ihm eine ge:
ung hatte geben laffen, ward R. in Antwerpen. Page bei einer Gräfin
Er verließ fie aber wegen ihrer ausſchweifenden Sitten, um fidy ganz
ngsfunft zu widmen. Otto Vernius liebte den ebeln, hochherzigen
venfo fehr wegen f. Tugenden als wegen f. Fleißes und Talents und
ı die Geheimniffe der Kunft ein. Bald ward N. größer als f. Meifter
auf bes Letztern Rath, mit Empfehlungen bes Erzherzogs Albrecht an
Vincenz Gonzaga verfehen, Stalien, um dort feine Stubien fortzus
e Herzog nahm ihn als Edelknaben in feine Dienfte, worin er 7 Jahre
n Mantua aus Rom, Venedig und Genua beſuchte. Beſonders zo⸗
an und Paul Veronefe'6 Werke nad) Venedig, wo er fich nach biefen
bete. Wohin er kam, vererigte er ſich durch ſ. fchöpferifche Meiſter⸗
Spanien, wohin ihn der Herzog Vincenz ald Gefanbten mit einem
Beſchenk an den König Philipp IV. gefanbt hatte, malte er diefen
und mehre feiner Großen, ftudirte bie dortigen Kunftfchäge und Lehrte,
md koͤnigl. Geſchenken überhäuft, nad Mantua zuruͤck. Benachrich⸗
Krankheit ſ. Mutter, eilte er ſchleunig nach Antwerpen. Sie war
18 er ankam. Vor Betruͤbniß darüber ſchloß er ſich in die Abtei St.-
Bonate lang ein, mo er durch roiffenfchaftliche und kuͤnſtleriſche Thaͤtig⸗
erz zu zerftreuen fuchte. Von der Ruͤckkehr nad) Mantua hielten ihn
m Verſprechungen ber Erzherzoge und die Liebe zu Iſabella Brant, die
ttin warb, zurüd. Cr baute ſich zu Antwerpen ein prächtige® Haus,
elbſt von Außen in Fresco malte. Die herrlidye Rotunda, die er ton
29 *
nigin YKarta von Wxebtet, welche dieſe Jurſtin Durch Ihn fur eine
Palaſt Luremburg malen ließ, verfertigte R. nur 2; die übrigen, ſ
heit gemäß, mit fremder Beihuͤlfe. R. war ein Maler vom erften !
ſchoͤpferiſcher Geift zeigte ſich im größten Umfange ——
gleicher Geſchicklichkeit malte er Landſchaften, Bildniſſe, Thiere, B
und Geſchichten. Innig vertraut mit den groͤßten Geſchichtſchreibern
faſt aller Nationen und Zeiten, vereinte er die ſorgfaͤltigſte Beobach
tur, der alten und neuen Kunſt mit der ſcharfſichtigſten und richtig
ung. Vielleicht hat kein Maler ihn in ber Fertigkeit, die menſchlich
ten darzuftellen, erreicht. Genau und mit ber hoͤchſten Feinheit u:
bezeichnete ex Alter, Geſchlecht und Stand f. Figuren und wußte j
es mochten Bätter ober Menfchen, Helden ober Schäfer fein, ihrer
chen Charakter zu geben. Weniger als in den Gemälden Rafael's h
feinigen das Sanfte und Lieblicye, aber die Flamme der Begeifterun
Darftellungen fich fo kuͤhn, Eraftvoll und Iebendig ausfpricht, und
Styl ſ. Beftalten fegt den Beſchauenden in Erftaunen und Bewun
ihn Einige den flanderiſchen Rafael genannt haben. Allein dies Feu
feinen Compoſitionen begeifterte, verbunden mit bes Schnelligkeit
zung feines Werke, riß ihn manchmal fo bin, daß er mehr auf Sch
Schönheit der Formen fah und zuweilen die Nichtigkeit der Zeichn
berkraft feines Colorits aufopferte. Doch wird Rubens einer ber
Maler bleiben, von Wenigen erreicht, von noch weit Wenigern, u
nur in einzelnen Theilen, uͤbertroffen. Deßhalb gab man ihm mit |
sennamen bes Fuͤrſten der nieberländifchen Schule, in welcher ex den
bem aͤltern Geſchmack in den neuen zu bilden ſcheint. — Daß ein fol
Fächern des menfchlichen Wiſſens vertrauter, mit einem ſchoͤnen Auf
teißenden Beredtſamkeit, einem Alles umfaſſenden Genie, den lieb
gefelligen Talenten und Zugenden ımb mit einem tiefbringenben
durch Natur und eigne Ausbildung reichlich ausgeftatteter Dann a
Schen Schauplake eine bedeutende Malls ſniolen ımb nuüklich ein kaͤm
Kübezahl Rüdenmart 4853
libende, um ihnen wohlzuthun. Die Übrige Zeit theilte er zwiſchen dem
ums und der Ausübung f. Kunft und den Wiſſenſchaften. Seine zweite
R, Helene Formann, mußte ihm oft zum Modell für Frauenkoͤpfe dienen;
ur dann, wenn bas Bild feine Helena felbft darſtellen follte, malte er es fo
unb reigend wie fie war. Mehre Jahre vor f. Tode konnte er wegen ber
und des Zitterns feiner Hand keine Werke von Wichtigkeit malen und be
Me ſich deßhalb auf bloße Staffeleigemälde. Er ftarb den 30. Mai’ 1640
werpen, too er mit großer Pracht begraben wurde. — Man hat vor einigen
rein Seldftportrait, von ihm gemalt in f. 46. Jahre (1623) in Forebribges
el Stafford gefunden. Unter den beutfchen Galerien befigen die zu Wien,
ven, Dresden, Kaffe! die herrlichſten Bilder von ihm.
tübe ahl, der Volksname eines Berggeiſtes, welcher ber Sage nad
fengebirge gehaufet und, je nachdem ihn bie Laune anwanbelte,
; —— Freund, bald als neckender Spuk ſich den Bewohnern jener.
> gezeigt haben ſoll. Mufkus in feinen „Bollsmäcchen der Deutfchen‘ Hat
heit die Sagen und Erzählumgen von Ruͤbezahl, fowie den Urfprung bes
aren Namens diefes Berggeiftes, mit Anmuth und heiterer Laune dem les
Yublicum vorgeführt. Neuerdings haben mehre Opern die Sage von ihm
halte.
kubicon, in den Römerzeiten der Grenzfluß zwiſchen Gallien und Ita⸗
Iabem Caͤſar (vgl. d.) ihn mit feinem Heer Überfcheitt und fo die Gren⸗
ihm angeroiefenen proconfularifchen Provinz (Gallien) verließ, kuͤndigte er
den Feind bes Senats und ber Republik an und gab Anlaß zum
Rubin. Mit diefem Namen bezeichnet man mehre CEdelſteine, die ver
ben Mineralgattungen angehören. 1) Der ortentalifche Rubin iſt ein
E von cochenill= und carmoiſinrother Farbe, ber oft fehr theuer bezahle wird;
ibin⸗Balais, ein blaßrother, u. 3) Rubinſpinell, ein hochrother
, von denen lepterer nicht felten einen ziemlich hohen Werth hat.
ucellai (Giovanni), ein ital. Diäten we welcher fich bie Nachahmung der
Ziele feste, geb. zu Florenz; 1475. Sein Vater, in deſſen berühmten
ſich die gebitberften Florentiner zu verfammeln pflegten, s ihm eine wiſ⸗
Erziehung, welche der Sohn mit Eifer benutzte. Er widmete ſich
Stande und übernahm mehre politiſche Sendungen. Die Hoffnung
bX., der f. Vetter war, und nachher von Clemens VIL, der ihn zum Gou⸗
B der Engelöburg ermannte, ben Cardinalshut zu empfarigen, blieb uner⸗
I. Rard, von einem Fieber weggerafft, 1526. Sein Gedicht über die
„Le api“, in reimlofen Werfen (versi sciolti), bie zu bem erflen
Biteratur gehören, ift alb Lehrgedicht ausgezeichnet durch Zartheit, womit
, feinen Segenfland behandelt, wie auch durch Wohlklang und Leichtigkeit
fe. Geine früheren Trauerfpiele, „Rosmunda” u. „Oreste”, beide dem
bes nachgeahmt, werben zwar von ben Italienern gefchägt, indeß beſteht ihr
derdienſt nur in der Sprache und Verfification.
kückenmark, die hirnaͤhnliche Maffe, die ſich in dem Canale der Rüden»
& 6 hängt auf der untern Fläche des Schädels mit dem Ge⸗
nad einigen — der neuern Zeit eine hoͤhere Entfaltung und
Ertwickelung bes Ruͤckenmarks felbft ift, zufammen, und erſtreckt ſich, in
te Hüllen eingefchloffen, durch das große Hinterhauptloch binbuchgehen,
Me Begenb des zweiten Lendenwirbels, wo es ſich mit einem ſtumpf abges
wm Muötchen, an welchem noch ein fpigigeres hängt, endigt. Neuere Uns
ungen haben gelehrt, daß es, wie das Gehirn, aus einer Mark: und Rio⸗
Ranz beſtehe, und daß ein Heiner Canal fich in demſelben definde. S. Wer:
7
PT Käückert
x
tebralfpftem.) — Die Verlegungen bes Ruͤckenmarks find deſto gefährliche
je näher dem Kopfe fie find. Am Halfe hat auch der geringfte Druck ben ſqne
ften Zob zur Folge, und man fagt dann, das Genick fei gebrochen worden. B.P
Rüdert (Friedrich), zuerft bekannt geworden unter dem Dichten
„Freimund Raimar”, wurbe 1789 in der ehemal. freien Reichsſtadt Schweinfg
am Main geb. Das Gymnaſium feiner Vaterſtadt gab ihm die erfke geiflige
dung, und Jena zählte ihn einige Sahre lang zu feinen aladbemifchen Bi
Hier mwibmete er fich feiner eigentlichen Facultaͤtswiſſenſchaft, ſondern ſchwe i
dem weiten Gebiete philolog. und belletrift. Studien umher, und trat 18fi
Privatdocent, aber nur auf kurze Zt auf, nachdem er eine Habilitationtdiſſe
tion über die Sprache gefchrieben.. 1815 — 17 hielt er fi zu Stuttgart q
nahm Theil an der Redaction des Morgenblatts und begab fid) von da nach Ftal
Er brachte den größten Theil 1818 in Rom und Aricia zu, unter manchen an
Studien und Riebhabereien auch dem ital. Volksgeſange nachfpürend, von be
ſchoͤne Bläthen in ſ. Tagebüchern mit nach f. Heimath gebracht hat. Imfe
ben J. ließ er fi) In Koburg nieder, wohin feine Samilie ſich ſchon früher we
hatte. Hier privatifirte er feitbem, den Muſen in dem Schoße einer gluͤck
Häuslichkeit opfernd, und „auf feiner Ottomane reinen Oſten koſtend“. €
bef&äftigt mit den Sprachen des Orients, fcheint er dem Weſten fich immer
zu entfremden, was die Steunde feiner Muſe, die diefem Einfluffe nicht entı
kann, mit Bebauern bemerken. Zulegt iſt er als Prof. der orientalifchen ©
hen, unter welchen er das Arabifche und Perfifche mit großem Erfolg betr
hat, 1826 auf die Univerfität Erlangen berufen worden. R. gehört ald Incl
Dichter zu ben ausgezeichnetflen Erſcheinungen in der deutfchen Literatur de
genwärtigen Periode. Seine fchriftftellerifche Laufbahn eröffneten: „De
Gebichte von Freimund Raimar” (u. X. die „Geharniſchten Sonette“ enchalt
welche 1814 gedruckt wurden. Als 2. Th. ſchließt ſich dieſer Sammlung an,
„Kranz ber Zeit" (unter dem Namen Friedrich R.'s; Stuttgart 1817).
Fahre Früher war ebendaf. erfhienen: „Napoleon, eine polit. Komöbie f
Stuͤcken. 1. Stud: Napoleon und der Drache” (von Fr. Raimar). eg
„Sftlichen Roſen“ (Leipzig 1822) haben wir 3 Lefen erhalten. Außerde
fern viele Taſchenbuͤcher Gedichte beffelben; namentlich bie „Urania’‘, ba;
ſchenbuch zum gefellfigen Vergnügen” (bei Gleditſch), die „Aglaja” um
Frauentaſchenbuch“, defien Redacteur er einige Fahre lang gemwefen ifl.
hat er die Makamen bes Hariri frei bearbeitet, und u.d. T.: „Die Verwa
gen des Abu Seid” (fo heißt ber Held des von R. bearbeiteten Werks, et
präfentant arabifcher Bildung, Poet, Schoͤnredner, Prediger, Lanbfed
Bettlee und Gauner), geiftreih ins Deutfche übertragen. Die lyriſche
Fr. RS iſt vielleicht bie vielfeitigfle, aber freilich auch bie unftetefle und bus
welche je zu beutfchen Verfen begeiftert hat. Überfchauen wie, was fie is
faͤhr 103. gegeben hat, mit einem Blicke, fo möchten toir meinen, eine Dix
karte von allen lyriſchen Dichtungsarten darin zu erbliden, welche feit Jahrg
derten auf dem deutſchen Parnaß geuͤbt worden find. Die politifchen Volkel
in den beiden erften Gedichtſammlungen, die zarten und üppigen Ghafelen
DOrients, die kunſtreich geketteten Terzinen, die Sonette in Harnifchen ımb in
niſcher Galla, möchten etwa bie Grenzlinien des Gebiets bilden, auf weiche
Muſe ſich bewegt. Dazwifchen ſchwaͤrmen aber nod) Eleine Ritornelle, &%
nen, Vierzeilen, Diftihen umher, und das Lied der Nibelungen laͤßt ſich inf
Gewirre mit einigen berben Nachklaͤngen auch vernehmen. Es iſt ſchwer,
dieſe verſchiedenartigen Producte zu einem Mittelpunkte zuruͤckzufuͤhren, in
ihren Urſprung nehmen und ihre Verwandtſchaft wiederfinden. Uns f
R.’6 Doefie der Geiſt über das Herz ent[chiedener zu berrfchen, als wir es in!
Rüdfall Ruͤckgrathsverkruͤmmungen 435
Poeſte fobern und erwarten. Phantaſie und Witz glänzen am vortheil⸗
in allen ſeinen Gedichten, und nur wenige derſelben ſprechen uns mit der
und Innigkeit bed Gemuͤths an. die uns z. B. in ben Goͤthe ſchen Liedern
aber beruhigend feſthaͤt. Phantaſie und Witz haben aber, ihrer Natur
keine natuͤrlichen, in der Individualitaͤt des Dichters begruͤndeten Grenzen,
jeö mit dem Herzen ber Fall iſt. Daher kann R. dichten, was und wie er
„aber es fehlt ihm in biefer oft bis zum Fabriciren überfpannten Vistuoßs
‘ver imnere Takt, welcher dem bichtenden Herzen Stoff und Form gibt,
und: ninnnt. Woher ſonſt bie mancherlei verkuͤnſtelten und verkruͤppelten
„in welche der tuͤchtige Mann den kraͤftigen Stamm feiner Poeſie zer⸗
? Wenige Dichter koͤnnen ſich in eigentlicher Schoͤpfungskraft und Reich⸗
m der Anfchanung mit R. mefien. Der Stoff ſchwille unter feinen
Ard will vergeubet fein. Aber der Dichter macht ſich a ornenigee 0f6
Baleihfam einen Spaß daraus, einen und benfelben Stoff. bis ins Ermüdenbe -
, Korm aus Form drehenb, bis Alles verdreht und verzwickt wird,
ang feiner Reier geht von ben eräftigften Tönen eines Kriegsmarſches bis
aufm Gekoſe einer Kolsharfe, und wenn man ein geharniſchtes Gonett
eine Eleine Öftliche Roſe ſtellt, fo perfonificie fich feine Doef ie ir einem ‚Ders
auf deffen Schultern Amoretten ſpielen. R.'s Virtuofität in der Sprache
Versbau ift überaus bewundernswuͤrdig; aber freilich wollten wir uns
einen etwas geringern Grad derſelben gefallen laſſen, wenn er badurch De bewo⸗
ede, fie weniger zu uͤberſpannen und zu mißbrauchen.
Rückfall —2 nennen die Ärzte die Rückkehr derſelben —*
entweder bereits gehoben war, ober wenigſtens fid in dem Stadium der
cenz befand. Zwar tragen manche Umſtaͤnde (z. B. fehlerhafte ober
lommtene Curen, unvollſtaͤndige ober geſtoͤrte Kriſen, die Fortdauer ber Ur⸗
es erſten Erkrankens, Fehler in der Diaͤt, zu reichliche und unangemeſſene
fen und Getraͤnke, zu lebhafte Bewegung, Gemuͤthobewegungen, Erkaͤltun⸗
Ra. Umſtaͤnde) viel zu Ruͤckfaͤllen bei und fie vermögen fonft in jeber Reconra⸗
„wo bie Gefundheit noch nicht gehörig befeftige iſt, — wieder in
it zu ſtuͤrzen. Die Moͤglichkeit zu Ruͤckfaͤllen iſt daher, in ben mehrſten
ten vorhanden. Einige aber find g any vorzüglich dazu geneigt. Dahin
Feen ohne Zu und endemiſche Sieber, vorzüglic, die Wechfelfieber, alle Ente _
3 ohne Ausnahme, viele Geſchwire und chroniſche Hautkrankheiten, viele
el; bie Geiftet- und Gemuͤthskrankheiten, Krämpfe, Blutungen, die Ruhr
| akrankheiten, Katarrhe etc. Oft ift der Ruͤckfall hartnaͤckiger, gefährs
(eis bie urfprüngliche Krankheit, durch welche die Gonftitution ſchon angegriffen
— Bor ben Rüdfällen kann man fi) nur dadurch fchügen, daß man. bie
derſelben vermeibet, unb baß die erſte Krankheit vollkommen geheilt wird.
Büdgratpeverfrümmungen beißen die wibernathrlichen Bieguns
hdgrathe, weiche dem Stamme bes Körpers und felbft auch den Glle⸗
ine mehr ober weniger verbilbete (verwachſene) Geſtalt geben, daher ſchlefen
hohe Fauiten, Budel, verfchobene Bruft, ungleiche Hüften, Lahmbeit,
| eb Ähnliche U bei hervorbringen. Je häufiger jegt übel biefer Art umter
Ständen, namentlidy unter dem weiblichen Befchlechte, vorkommen,
| * man die meiſten derſelben einer Nachlaͤſſigkeit der Aitern u. Erzieher,
zihnung von Seiten ber damit behafteten und oft einer verkehrten Bes
3 won Geiten ber ſich mit Heilung derſelben beſchaͤftigenden Perſonen zu⸗
muß, deſto mehr iſt es Pflicht, hier dieſelben hinſichtlich ihrer Entſtehung
mfichtlid, der Verhütung und Heilung derſelben genauer zu betrachten. Die
Bildung bed ganzen Körpers hängt vorzüglich von der naturgemäßen Bes
izuheit des knoͤchernen Ruͤckgraths (der aus 24 Wirheln beikcehenben Mirkels
456 RKuͤckgrathsverkruͤmmungen
ſaͤule) ab, welche, vom Becken aufſtelgend, auf ihrer Spitze den ** "
Beufigegend die Rippen trägt. Diefe Wirbelfäte darf feitusärt6 weher redet |
links bleibend von der graden Linie abweichen, wol aber macht fie nach we
hinten einige naturgemäße fanfte Krummungen: tm ber
nach vorn, in der Bruſtgegend etwas nach hinten, am Halſe wieder etwah
vorm gebegen. Diefe vegelmdßige Bildung bes Rackgraths toirb durch Dies 9*
Beſchaffenheit der knoͤchernen Wirbel ſelbſt, ber fie verbindenden Knorpel wall
dee. um der fie haltenden und bewegenden Ruͤckenmuskeln Dervorgebeadit.
die Wirbel ſelbſt an einer Knochenkrankheit (mie 3.8. bei der fog
Krankheit), fo ift das Ruͤckgrath nicht Im Gtande, bie Bafl des Kopfeb u
unb den Körper aufrecht zu erhalten: es biegt fich nach irgend einer Seite M
biefe widernatuͤrliche Biegung nimmt, wenn nicht geholfen wird, täglich zu,A
wächft wol endlich ganz und bann iſt die VBerkruͤmmung umbeilbar. .
. Knorpel und Bänder an widernatuͤrlicher Schlaffheit (wie 3. B. bei fehlaffem,!
iofem Koͤrperbau etc.), fo kaun fi —— nicht nach jeder gemachen
wegung wieder in feine natuͤrliche Lage zuruͤckbringen und es geſchleht le
einzelne Wirbel aus. ihrer natürlichen Verbindung treten, ſich unvollke
renken, und hiermit iſt auch die Anlage zu einer Verkrlmmung gegeben,
über dem audgetretenen Wirbel liegende Theil der Wirbelſaͤule nunmehr der
Grunblage entbehrt umb deßwegen fich nach einer Seite krankhaft verble
Die Rädmmusteln endlich, weiche zu beiben Geiten des Rüdgraths in
Form und Anzahl vorhanden, nicht nur die mannigfaltigen Bewegungen
pers.ausführen, ſondern auch durch das Gleichgewicht ihres Kraft die *
tung ber Wirbelſaͤule erhalten, Binnen ſehr häufig Urſachen ber tra
krimmungen werben, dadurch, baß fie entweber der gehörigen Reaft er
in welchem Falle das — ſeiner doppelſeitigen Anfpammung en rtbeie
fig gefammenfinten u. feitwärts ober auch nach vom oder hinten ar
‚ober daß fie einfeitige Beroegungen zu oft ober zu lange — , too. X
endlich in einer ſolchen oft gehabten Richtung verharrt und 2 |
feine gerabe Richtumg zuruͤckkehren kann. Aus biefer lberficht ergeben fi
bie mannigfaltigen Urfachen der Verkruͤmmungen und die Mittel, fie zu
unb zu beiln. Die Urfachen können wir uf Krankheiten und ouf |
nungen —— 7 Die Krankheiten der Kinder, welche zu 1
kruͤmmungen Anlaß geben koͤnnen, ſind vorzuͤglich die "Skrofelfankheit, I
mit biefer in —— ſtehende enouſch ⸗ Krankheit, und die krankhafte €
ber Rinder. Diefen Krankheiten bauen wir am beften vor durch gefunde le
at Nahrung, reine Luft, hartes, nicht zu warmes Lager, fieifige 10
ung, hohe Meinlichkeit, öfteres — Waſchen und Reiben ber Past ®
liche Erfoderniſſe einer guten Kinderzucht. Die krankhafte Schwaͤche de
muskeln hat haͤufig darin ihren Grund, daß man Kinder, beſonders fi
zu früh zum Aufcechtfigen zwingt, wobei das Ruͤckgrath nothwendig zu
ten und fid) verbiegen muß; ober barin, daß man Kindern zu wenig fe
gung und Übung ihrer Muskeln verfkattet und fie zu anhaltend zum Gtitfigee
zums Lernen zwingt (bie ficherfte Art, geiftige und ——— Rräppel zu ,
* tragen auch bie zu früh angelegten Schnuͤrleibchen oder Schul
Schwaͤchung der Ruͤckenmuskeln und in Folge deffen zur 5
—— bei. Werden nämlich fortwährend durch eine
Schultern kuͤnſtlich unterſtaͤtzt und der Leib eingezwaͤngt, fo gewoͤhnt ſich bar M
per ſehr bald baran, bie Stuͤtze des Ruͤckgraths ganz allein in dieſern Gcuhchl
chen zu finden, die Rädenmusteln, denen es naturgemäß zufäme, das Rüde
aufrecht zu erhalten, bleiben müßig und verueren deßhalb ganz ihre Krafe; eb ka
der Körper nunmehr gar nicht ohne Schnüxteischen ich aufcecht halten und fi
Ruͤckgrathsverkruͤmmungen 467
sen, ſorsle dieſes entfernt wird. Kommt nun hierzu noch fortwaͤhrend die,
‚ut Drohungen gefchärfte, Ermahnung : fich gerade zu halten, die von dem
re — — geſchwaͤchten Kinde das Unmoͤgliche verlangt, fo
Wie ſruchtloſen Anſtrengungen nichts Andres bewirken als eine Verbiegeng
die denn auch bei Maͤdchen aus dem hoͤhern Ständen ebenbeß⸗
dagegen bei Knaben aus denfelben Ständen, die weder mit Schnuͤr⸗
Loving! noch > u fo fireng zum Sigen angehalten werben, weit feltener
Nicht weniger häufig iſt aber bie zweite Urfache der Verkruͤmmum⸗
2 bie Verwoͤhnung, und es verdient dieſe ganz bie Beachtung bes auf⸗
wu Exzichers, weil hier gerade Du durch ihn fo wohithaͤtig gewirkt werben kann.
a ui gehört becker hierher, daß viele Wärterinnen bie Kinder immer auf einem und
tragen, —* das Kind ſich gewoͤhnt, immer nach Einer Seite
und in Einer Richtung zu ſchlafen, woraus nothwendig ſpaͤter
ſich entwickeln muß. Sodann gehört hierher bie
beitumg. des Körpers bei manchen Spielen und Befhäftigungen, fo beim
Diel der Maͤbchen, beim Schreiben, Lefen, Zeichnen, Nähen, Sticken,
* der Floͤte, Geige, Harfe und Guitarre; die Gewohnheit, bie Süße
tehen fiber einander zu ſchlagen, oder auf Einem Fuße zu flehen, das Hins
B anhaltende krumme Liegen im Bette u. dgl.; ja, es kann bei Maͤdchen
i Sangbauernde Zopfflechten am eignen Kopfe das Entſtehen einer Ders
ung begäufligen. Alle einfeitige oft wiederholte ober lang fortgefegte Bes
(de eine Anläge zur Verkruͤmmung des Ruͤckgraths werben, und iſt ein»
**8* dazı gegeben, fo vermehrt ſich das übel mit jedem Tage. Die
mung- find außer der Verunſtaltung des Körpers,
Dekan zu manchem Berufe völlig untauglich macht, bei Maͤdchen aber
jGiũck des ganzen Lebens verhindern kann, auch noch Engbruͤſtigkeit, Reis
Bungenentzömbung, Böeufkwaffeefacht, Lungenſchwindſucht und Schlag⸗
ie Überhaupt eine Störung des koͤrperlichen Wohlſeins und ein frühzeit>
Bei Welbern bringt eine Verkruͤmmung des Körpers, auch wenn fie
bedentend iſt, oft ſchwere Entbindung, oft völlige Unmöglichkeit der Ent:
auf watürlihen Wege und Nothwendigkeit bes Kaiferfchmitts mit ſich.
epätungsmittel der Verkrkmmungen bienen benn bie oben anges
fd: Nahrung, Luft, Lager, Bewegung und Reinlichkeit der Kin⸗
Uufficht über Waͤrierinnen und Uber die Kinder ſelbſt, um jeder üben Ans
meßglichfl vorzubeugen, und endlich bie wichtige Regel: die gerade Hal⸗
weder durch das Anlegen von Schnuͤrleibchen noch durch das
Anhalten zu einem fleifen Tragen des Körpers erzwingen zu wollen,
das Gegentheil bezwecken und Ruͤckgrathsverkruͤmmung zur
würde. Wichtig iſt ed aber, ſich von der früheften Entftehung einer
g in Kenntniß zu fegen. Demzufolge ift es Pflicht für
uud Erzieherinnen, die Körper ber Kinder oft in dieſer Hinficht zu unters
FEs muß dies fo gefchehen, daB man das Rind entkleidet, fo vor fich fe
legen) läßt, daß man den Rüden vollkommen überfehen fann; der
muß gerabe, das Geſicht vollkommen geradeaus gerichtet werben, bie Arme
—2*— herabhaͤngen —F die ganze Stellung muß dabei ſo ungezwun⸗
—22 genommen werden. Man unterſucht nun, ob das Ruͤckgrath ſeit⸗
yon der geraben Linie abweiche, indem man mit den Fingern der rechten
* den leicht fuͤhlbaren Wirbeln herabfaͤhrt, wobei man auf etwanige Er⸗
g einer Stelle oder etwanige ſchmerzhafte Empfindung des Kindes bei ber
einer. Ötelle wohl achtet. Dan vergleicht fobann die zu beiden Seiten
llegenden Ruͤckenhaͤlften, bie volltommen gleich fein müffen, bes:
t die Form * Halſes, die Höhe ber Schultern und Hüften ; heil Ungkei«
458 . Ruͤcklaͤufig Ruͤckungen (rhythmiſche)
heit der letztern muͤſſen auch die Huͤftgelenke und Fuͤße unterſucht werden.
vordern Seite des Koͤrpers beachte man, ob der Bruſtknochen genau in!
ber Bruft liege und ob er. eine gerade Linie bilde, ob die Schläffellnod,
mäßig geformt find, ob Eeine Rippen ungleich hervortreten. Bei ern
Mädchen beachte man die Gleichheit oder Ungleichheit der Bräfte; oft g
das frühefte Kennzeichen einer Ruͤckgrathsverkruͤmmung. Alle diefe Unt
gen müffen wenigftens 1 oder 2 Mal wöcentlid vorgenommen und b
zeifere Alter, befonders bei Mädchen, fortgefest werben, weil gerade
. Zahren für das weibliche Geſchlecht am häufigften die Gelegenheit zu Rt
verktuͤmmungen fidy findet, und weil nur in diefen Jahren noch, bis
20. bin, die Heilung möglich if. Man verfchiebe die Aufmerkſamkei
noch nicht unterfuchtes Ruͤckgrath ja nicht bis dahin, wo eine hohe Sch
Hüfte u. dgl. fich zeigt; dieſe find Exfcheinumgen der bereite ſchon lange '
nen Verbildbung. Hat man aber etwas von Nüdgrathöverbildung bei
huͤte man fi) vor den bier oft angerathenen Mitteln des Aufhängens a
men (ein fehr fchädliches Verfahren), des Auflegens von Pflaftern, di
nichts führen kann, u, ebenfo hüte man fich vor dem Wahne, als könne
meifter einem folchen libel begegnen, das unter f. Leitung gewiß fich verf«
wird! Schaͤdlich ift ferner das Tragen ber hierzu oft empfohlenen Zu
hen und das Abaͤndern der Kleiderfchnitte oder das Ausfüttern der Klı
das Übel zu verbergen. Die einzige Hülfe Bann ein mit diefen Verbildu
trauter Arzt gewähren, der aber nur durch die genauefle Unterfuchun
flandes des Kranken fi, in deu Stand fegen kann, zu helfen, und.der db
auch nur unter der Bedingung gewähren kann, daß man, fie nicht zu f
langt und mit Geduld feine Anordnungen ausführt. Er muß babei rel
chaniſch zu Werke gehen und zu viel auf Mafchinen halten, noch auch z
wirkfamen Mitteln vertrauen, bie das libel vermehren, indem fie die Hi
zögern; er muß, wenigftens in den hier betreffenden Theilen, Arzt un
zugleich fein. (K. Wenzel, „Über die Krankheiten am Rüdgrathe”, n
Bamberg 1824, Fol.).
Rüdläufig, in der Afttonomie, wird die fcheinbar ruͤckgaͤngi
gung (von Morgen gegen Abend) der Planeten und Kometen genannt.
obern Planeten nehmen wir fie zur Zeit ihrer Oppofition mit der Sonn:
untern zur Zeit ihrer untern Conjunction mit derfelben wahr. Der Gi
Erſcheinung liegt in der Stellung diefer Geftirne gegen die Sonne und (
der Sonne, als dem Mittelpundt ihrer Bewegung, aus gefehen, iſt bi
mer rechtläufig. Nur von einigen Kometen weiß man, daß fie ſich
fcheinbar, ſondern wirklich rüdläufig bewegen. Auch den Planeten fi
man während feines Rüdlaufs ruͤklaͤufig, und fagt in diefem Sin
Mars fei jährl. 75 Tage ruͤcklaͤufig. Dies zur Erklärung eines häufig vo
den Calenderausdruckes. |
| Ruͤckungen (rhythmiſche) oder ruͤkende Noten in der D
Das, was man aud) fonkopirte Noten nennt, wenn auf den guten Takt
Noten fallen und der natürliche Accent dadurch gleihfam verfhoben wir
Müdungen werden angewendet, um ein wiberfirebendes Gefühl aut
Duch Rüdungen (fagt K. P. €. Bach) wird die gewöhnliche Harmoni
vorausgenommen oder aufgehalten. Es gibt gefhmwinde und langfar
ganze und durch halbe Töne, z. B.
— .
Bee
—
un \
sd 7
ungen (enharmonifhe) .Rubolf I. (deutſcher Kaifer) 459
Weber unterfcheidet die Rädungen von den Synkopen und befchräntt bie
nf diejenigen Fälle, in welchen eine Note, die auf eine leichte Zeit faͤlt,
we Die Dauer diefer Zeit hinaus und zwar bis auf die folgende ebenfo leichte
sr wird, folglich auch bie Rüdungen im ungeraden Takte, 3. 8.
f |
Iadunge n (enbharmonifche) beißen diejenigen plöglihen und ımvers
Wllbergänge aus einer Tonatt in eine ganz unertwartete und fremde, welche
pm fogen. enharmoniſchen Tonwechſel geichehen, wobei Zöne in doppelter
Ing und Bedeutung vorfommen. Indem 3. B. ber Zonb (wie er als um
üben Ton erniedrigtes h heißt) nachher als nis (als um einen halben Ton
Ra) erſcheint, ruͤckt bie Modulation durch diefe veränderte Beziehung ſchnell
mabre Tonart fort, z. B. J
Ms.
ıbbed (Dlaus), ein berühmter Polyhiſtor, geb. zu Arofen in Weſter⸗
b 1630. Außer der Arzneiwiſſenſchaft ftudirte es Mufit, Mechanik, Mas
} Aiterthümer -und erlangte ſchon als Z1jähriger Juͤngling durch die Ent⸗
der lymphatiſchen Gefäße, durch welche die ganze Phyſiologie viel Aufklaͤ⸗
ann, einen großen Ruhm. Seine über jenen Gegenſtand 1653 heraus⸗
Säyeift iſt auch enthalten im 2. Th. von Manget’8 „Bibliotheca anato-
Gleich nad f. obigen Entdeckung gelangte der befannte Thomas Bars
richtigen Einſicht in das Geſchaͤft der lymphatiſchen Gefäße, und es ers
geoifchen ben beiden Anatomen ein higiger Streit über die Ehre der erſten
ng, welche jedoch R. verblieb. Nachdem er von einer gelehrten Reife
and zuruͤckgekehrt war, lehrte er zu Upfala die Botanif, legte einen bo⸗
Garten an und ward hernach Prof. der Anatomie und zulegt Curator der
#. Er ftarb 1702. Sein befannteftes Werk ift: „Atland eller Man-
lantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes ac patria‘
1675—78, 3 Bbe., Fol). (S. Atlantica) — Sein Sohn (gleich⸗
aus), geb. zu Upfala, war der Nachfolger f. Vaters und ftarb 1740.
) ein Werk über Lappland (‚„‚Lapponia illustrata”, Upf. 1701), eine
Blegie („Ichthyologia biblica”, ebend. 1705— 22) u. a. m. — Ein Dich⸗
bed (C. J. oder gleichfalls DIaus), ber 1756 zu Stodholm geboren
md 177777 daſelbſt ſtarb, machte ſich durch 2 fchön verfificirte Hiftorifche Eos
jelbengedichte: „Die Borafiade”, in + Gef. (Stodh., 2. Ausg. 1783),
at (ebenb. 17784) bekannt.
Gbesheimer, f. Rheinweine.
6. ben 1. Mai 1218, war ber aͤlteſte Sohn Albrecht IV., Grafen von
eg und Landgrafen von Elſaß. Bei dem Heere Kaifer Friedrichs II. zeich⸗
4 durch Muth und Gefhidtichkeit aus. Nach f. Water Tode (1240)
ger Sitte, durch) Eriegerifche Unternehmungen zu vergrößern, unterhielt
Jeines Heer, zufammengefegt aus Abenteurern verfchiebener Völker. Das
ar er ſich gegen feine unruhigen Nachbarn und dehnte auf ihre Koſten
taus. 1245 erlangte er durch f. Vermählung mit Gertrud, Tochter
ards, Grafen von Homburg oder Homberg (in der Schweiz), das Weilers
ud das Schloß Ortenberg im Elſaß. Bon f. Mutter erbte er die Srofikg,
die habsburgiſchen und aargauifchen Güter deffelben. Um fein Gebiet,
ıdolfI., ber Stammwater vieler deutfchen Kaifer und des Haufes öſt-
460 Rudolf J. (deutfcher Kaifer)
Kyburg und Lenzburg. Außerdem befaß er die Sraffch. Habsburg, ı
bes Zuͤrchgaues, die obete Landgrafſch. Elſaß, das Burggrafthum Kheh
zerſtreute Güter in Schwaben. Der tapfere Rudolf half dem König £
Böhmen in f. Kriege gegen die heibnifchen Preußen. Durch Klugh
Gerechtigkeitsliebe und durch den Schug ber frieblihen Bürger gegen
gier der Edeln erwarb er ſich fhon damals die Achtung der Hohen un
12373, als ex gerade den Bifchof von Baſel belagerte, erhielt ex bie v
Rachticht, daß er einflimmig In Frankfurtktm deutſchen Kalfer «
Weber erflaunt noch verwundert, nahm er die Krone an umb verorbm
daß keine Verleihung von Reichtlehen ohne Einwilligung der Kurfürfen
Darauf foderte er, diefer Verordnung gemäß, von Ottokar, König vo
der ſich f. Wahl widerfegt und fich felbft um die Kaiſerkrone beworben
Öftreich. Lande als Reichſslehen zurid. Ottokar, damals einer der
kriegeriſchen Fürften Europas, weigerte fi. Aber R. eilte ſchnell
Kriegsheere nach Niederbaiern, zwang den borfigen Herzog Heinrich, !
gewonnen hatte, f. Partei zu ändern, drang in Öſtreich bis an die Ma
vor und überrafchte f. Feind, indem er eine Schiffbruͤcke über bie Do
Ottokar hatte zu wenig Macht, ſtreichs Hauptftabt zu ſchuützen, u
Frieden. Diefer warb ihm bewilligt unter ber Ifachen Bedingung
Steiermark, Kaͤrnthen, Krain ıc. zu entfagen, Rudolf als Kaiſer anzuer
ihm wegen Böhmen und Mähren zu huldigen. Ottokar bat hierauf
4276) in dem Lager vor Wien den König fußfaͤllig und in Gegenwart
fim um Vergeihung, teiftete Verzicht und wurde mit Böhmen und 9
lehnt. Er konnte aber ben Verkauft nicht verfchmerzen und brach 1277 d
Die Reichsfuͤrſten betrachteten jegt den Streit als eine Privatfache R
terſtuͤtzten diefen weit weniger al& vorher ; Ottokar hingegen hatte ſich di
niffe mit mächtigen Fürften verftärtt. Am 26. Aug. 1278 trafen beib
Stillfried am Meidenbache auf einander, wo R. verwundet wurbe, |
aber das Leben verlor. (Val. Marchfeld und Dttofar) Nach di
Thloß der Kaſer mit dem Markgrafen Dtto von Brandenburg, dem
des jungen Koͤnigs Wenzel von Böhmen, einen Vertrag, buch welch
Steiermark, Kärnthen, Krain und die windifhe Mark ihm auf iImmeı
wurden. Mit Öftteich und Steiermark beiehnte er 1283 den 1. Su
Albrecht, welcher der Stammvater bes mächtigen oͤſtreich Haufes wur!
den Päpften, deren Einfluffe R. vorzüglich f. Wahl zum Kaifer dankte
fortwährendem Frieden; doch fuchte er das kaiſerl. Anfehen, welches
ſowie in Deutfchland, während des Interregnums fehr gefunten war,
n
heben, auch ertheilte ee den Staaten von Florenz und Lucca nur gege
großer Gelbfammen einige Vorrechte, ohne ihre Verbindung mit be
Reiche dadurch aufzuheben. Durd die Vermählung f. Töchter mit «
‚hen und auswärtigen Fürften hatte er f. Macht noch mehr befeftige.
beſchloß R., der Gefeglofigkeit in Deutfchland, wo durch bie fortwaͤhrer
dungen raubfüchtiger Edelleute und Großen Handel, Gewerbfleiß um
ſchreiten der fittlichen und geiftigen Bilbung gehemmt wurden, Einhe
aber zur geſetzlichen Abftellung der Fehden konnte ex auf dem Reichstage
nichts weiter bewirken al& die Verordnung, daß jeder Befehdung eine |
kuͤndigung vorausgehen folle. Er felbft veifte im Neiche umber, ſchlich
lich die Streitfachen Hoher und Nieberer und ftellte den Landfrieden
ſodaß man ihn auch daß lebendige Geſez nannte. Den Kurfürften fid
Rechte, unternahm nichte Wichtiges ohne ihre Zuſtimmung, die er ſich
Willebriefe, welche nachher von f. Nachfolgern beibehalten wurben, eı
unb verorbnete, daß die Einwilligung der Kurfächten auch ba erfoderlit
‚Subolf IL. (deutfcher Kai) 461
e ber andern Stände nicht nöthig fei. Gegen die Erbauung von Ges
e dem unzuhigen Adel zu Maubfchlöffern dienten, gab er ernfle Verord⸗
» gerfiäcte in einem Jahre (1290) mehr als 70 folder Schloͤſſer. 1283
er einen Krieg gegen den Grafen von Savopen, ber mehre beutfche
ı im ber eh ſich zugeeignet hatte, und zwang ihn zur Ruͤckgabe und
ng. Gleich glüdlich war er gegen ben mächtigen Grafen von Burs
ich dem beutfchen Meiche hatte entziehen wollen. Durch bie Unruhen
, u der Markgraf Dtto fi) der Herrfchaft ganz bemächtigen wollte
Wenzeslaus gefangen hielt, veranlaßt, eilte R. mit einem Krieges
—— den Koͤnig und vermaͤhlte eine ſ. Toͤchter mit ihm. Noch in
wheizathete er fich felbft mit einer 14jaͤhrigen Prinzeffin von Burgund.
h aber, f. Sohn Albrecht zu f. Nachfolger erwählt zu fehen, warb ihm
ct, und er flarb zu Germereh⸗im auf einer Reife nad) Speier, am 15.
im 76. Sabre. — Wenige Fürften haben Kalfer Rudolf an Kraft bes
und an baͤrgerlichen und kriegeriſchen Tugenden erreicht. Ex war im
abe tapfer, unermuͤdet thäti ehetigr einfach in Sitten und Lebensweife, her
ıd gefprächig, gütig, großmüthig und durchaus gerecht. Im Anfange
ſcheint ex freilich nicht allzu gewiſſenhaft in ber Wahl feiner Mittel ges
n. Aber ald Kaifer war er ein Mufter der Maͤßigung und Billigkeit.
cch die Wiederherſtellung eines frieblichern Zuftandes der Schöpfer des
n und geiftigern Lebens und Wirkens in Deutſchland, wie er benn auch
Abſicht hatte, den Gebrauch der deutfchen Sprache in Ausfertigung ber
anführen, wovon die Bandfriedenefagung von 1281 als er Peobe
R.°
olf IL, deutfcher Kalfer, Sohn Kaiſer Marimilians L., * 182,
itheils von den Jeſuiten in Spanien erzogen, erhielt durch feinen Bas
e ungarifche und 1575 bie böhmifche Krone, nebſt dem Titel eines roͤ⸗
ige. Nach Maximilians Tode (12. Oet. 1576) beflieg er den Kaiſer⸗
man hielt ihn für einen talentvollen, kenntnißreichen und gutmütbigen
— ſtatt zu vgl befchäftigte ex fich mit mechanifchen Erfindun⸗
ke und Pferden. Auch war er furchtſam und unentfchlofien, und fein
de tathol. Religion verbarb wieder, was die gemäßigten Brunbfäge feis
gut gemacht hatten. Er allein hatte die zahlreichen Länder bes oͤſtreich.
— nd ‚feine Behder waren durch Apanagen abgefunden. Als er
de proteſtant. Religion in feinen —** ſich ſehr ausbreitete, nahm
fsiten geleitet, druͤckkende Maßregeln, um der kathol. Siehe wieber das
t gas verfchaffen, und veranlaßte dadurch manche Empörung. Auch im
eiche trat er bei allen Streitigkeiten ber Proteflanten und Katholiken
te der letztern; durch feine Einwirkung warb ber Erzbifchof und Kurs
wb von Köin, der zum Proteftantismus übergetreten war und geheira⸗
1584 abgeſetzt. Darauf veranlaften die räuberifchen Einfälle der vom
Yalmatien Ustofen (Überläufer) einen Krieg mit dem Sul⸗
tb UL 1592, der in Ungarn bis zu dem 1606 mit dem Sultan Ach⸗
u en mit wechfelnden Gluͤcke geführt wurde. R., ber zus
an diefen Ereigniſſen wenig Theil und überließ ſich feinen
— Seine ungarifchen Untertanen erfuchten daher feinen
uw Örgherzog ‚ die Regierung zu übernehmen, und erwählten
7 ya ihrem Könige. Matthias nahm von diefem Meiche Beſitz, ging
heere nach Öftzeich und —— ſeinen Bruder, ihm dieſes Land und
xlich abzutreten. Bald nachher entſtanden bie Erbfolgeſtreitigkeiten
8 anerlanntes Gremplar biefes Landfriedens det fidh, von bem be.
—— — dahin — in Kr, —ã zu Wolfenbüttel.
462 Ä RKuffo (Babrizio)
wegen Juͤlich und Kleve, die den Ausbruch der Uneintgkeit zwiſchen den Pra
ten und Katholiken herbeiführten. Es wurden Bünbniffe gefchloffen mb 4
heere geruͤſtet. Vergebens berief R. Reichstage, um die Ruhe zu erhalten
die Utraquiſten und Proteftanten in Böhmen, denen er durch den Maifl
(11. Juli 1609) freie Religionsübung , ein Conſiſtorium umb die Untei
Prag, ſowie dad Recht, neue Kirchen unb Schulen anzulegen, zugeftank
twurben durch die Verlegung ihres Freſheitsbriefes beleidigt, und riefen
Erzherzog Leopold mit einem Deere nach Böhmen kam, um fie zum &%
beingen, ben König Matthias zu Hülfe, welcher den Kaifer nöthigte, M
auch Böhmen zu Überlaffen. R., dem eine jährl. Summe von 300
Gib. audgefegt und der Genuß von 4 Herefchaften geblieben war, Rah
San. 1612 im 60. J. feines Alters und im 36. feiner Regierung. Die
zeihungen des berühmten, jeboch abergläubifchen Sternkundigen Tyche W
ben er nebſt feinem Schuͤler Kepler glänzend aufnahm, machten den Kaiſth
trauiſch gegen alfe feine Umgebungen, daß er weder zum Vergnügen ,
ſchaͤfte halber feinen Palaſt verlief. Er war nie verheirathet und hatten
natuͤrliche Kinder. =
Ruffo (Fabrizio), Cardinal⸗Diakonus, geb. den 16. Sept. 1744
pel, ward als der jüngfte Sohn einer Familie, beren Kitefter ben Tltel
Baranello führt, dem geiftl. Stande beftimmt. In Rom gewann er
trauen Pius VI., der ihn zum Oberfchagmeifter nannte. Sein beftiget
tee und feine fiscalifche Strenge machten ihm Feinde; allein Unbefangel
ſ. Finanzkenntniß Gerechtigkeit wieberfahten. Er wurde 1791 Carbinel,
Neapel und nahm vom König die Stelle eines Intenbamten des Schloffe
an. ° Dies mißfiel dem röm. Stuhle; allein R. glaubte ſich Dadurch vork
Uniwälzungen Staliend ficher zu ſtellen. Vergebens wiberrieth er den
Frankreich. Dann floh er mit dem Hofe nach Sicilien. Hier wollte JF
talentvollen R. aus der Nähe des Königs entfernen; er ſchickte ihn daher
labrien, um das Volt zum Aufitande zu reizen. Man gab dem Carb
macht, 3000 Ducati und 5 Mann Soldaten. Saum mar er im Maͤ
Bagnara, einem Lehngute feiner Samilie, ans Land getreten, fo brach
zlimmende Feuer des Aufftanbes in vollen Flammen aus. Das Volk te
weife unter die Fahne des Kreuzes; ed nahm Monteleone mit Sturm
hier, wie in Catanzaro, Gofenza; Roffano, und vorzuͤglich in Atem
wtideften Ausfchweifungen. Der Cardinal mußte dem Fanatismus ber!
fen nachgeben; doc) war er großmüthig gegen die Anhänger der Nepubllli
fi ihm unterwarfen. Indeß machte er nur geringe Kortfchritte, weil ve W
mit zuchtlofen Haufen ganz regellos führte; als aber Macdonald ſich W
Heere aus Neapel zuruͤckgezogen hatte und ein Corps Ruffen gelanbet war,
er raſcher gegem die Hauptftadt vor. Zuvor empfahl er dem Hofe m
Maͤßigung und Milde; allein er warb nicht gehört. Aus Eiferfuc
Ruhm des Carbinals, verbot ihm Acton, Neapel früher zu befegen,
Mitwirkung des Admirald Nelfon und der Zinienregimenter , bie Gene
- ber Bruder des Minifters, anführte. Doch um fo fchneller eilte num Bi
Hauptſtadt, wo er aber ohne die Ankunft der Ruffen und ohne bie fe x
Anordnungen des Anführer der Patrioten, Schipani, in die größte €
ratben fein würde. Neapel öffnete die Thore, und alle Surien ber Bar
des Fanatismus feierten dieſen blutigen Einzug; es gelang jedoch denst
den in den Korte eingefchloffenen Republifanern einen capitulationsmäflg
zuzuſichern. Nur Nelfon und deffen Rathgeber wagten e8, dieſes auf Tel
Glauben gegebene Ehrenwort zu brechen. Der Carbinal felbft war ie t
auf Acton's Beſchuldigung, daß er die Jokobiner begünflige, verhaftet zu !
Ruffo Rügen 463
m ihn zu dem Conclave nad) Venedig berief. Er folgte hierauf dem neuen
nach Rom, wo er 1801 eine Verwaltungsftelle erhielt, kehrte dann nach
Izuräd umb trat wieder in den Staatsrath. Hier erklaͤrte er ſich 1805 vers
‚gegen ben Krieg mit Frankreich. Aufgefodert, das Volk wieder zu bemaff:
ab er zur Antwort: „Das feien Unbefonnenheiten, die er einmal in feinem
Yegangen und nicht wieder”. Darauf follte er Neapel mit Napoleon aus⸗
15 er kam aber nur nad) Rom, wo er bis 1809 zurückgezogen lebte. In
Ber Zerſtreuung des Cardinalcollegiums, ging er nady Paris und näherte ſich
ee. Er mar bei deſſen Bermählung und erhielt von ihm das Großkreuz
ion. Nach ber MWiederherftellung des Papftes Pius VII, begab er
demſelben, fand aber bei den Übrigen Cardinaͤlen, die ihn für einen Bong»
bielten , Eeine freundliche Aufnahme. Auch in Neapel, wohin er fpäter
Be warb er mit Kälte behandelt, bis ihn Ferdinand I. nad) feiner legten
llung, 1821, in den Staatsrath berief, wo er ſich durch Mäßigung in
Borfcrlägen bemerkbar machte. 1823 nahm Cardinal R. in Rom an ber
so AI. Theil. Er ftarb zu Neapel d. 13. Dec. 1827. 20.
sffo = Scilla (Lodovico), Cardinal und Erzbifhof von Neapel, geb.
Snofrio in Galabrien, den 15. Aug. 1750, ernannt zum Gardinal 1801
eenter Verwandter bes Vorigen), gehört zu dem Gefchlecht der Kürften v.
ad Grafen v. Sinopoli. Er war Garbinal und Erzbiſchof, ald Joſeph
u beſtieg. Am Tage des Einzugs dieſes Prinzen folgte ihm der Gardinal
of zu Fuße von der Kirche bis ins Schloß. Hier wurde er von dem Minis
Toltus aufgefodert, in die Hände des Königs den Eid abzulegen. Der
‚ weicher bis bahin der neuen Ordnung der Dinge fich willig gefuͤgt hatte,
* nur dann ſich bereit, jenen Eid zu leiſten, wenn der Koͤnig als Vaſall
tuhls verſpraͤche, alle Jahre den Tribut und den Zelter nach Nom zu
Joſeph befahl hierauf dem Prälaten, das Königreich zu verlaffen. R.
Rom, mo er alle Schidfale des rom. Stuhls theilte. Nach der Ruͤck⸗
Kinige Ferdinand, 1815, trat er in f. Würde wieder ein und verfams
gleich eine Didcefanfonode, um der Kirchengewalt die Nechte und Privile⸗
fie in den legten Fahren verloren hatte, wieber zu verfhaffen. Er
8 Dirtendrief, den die Regierung mißbilligte und fogar von den Kirchthuͤ⸗
sen ließ. Seitdem gab der Gardinal nad) und bewies bloß im Innern
g feines Sprengels viel Unduldfamkeit. Bei der legten Revolution
æ fi) zum Eritaunen Aller für die fpanifche Gonftitution, welche er in feis
reiben vom 3. Aug. 1820 an die Seiftlichkeit und das Volt mit dem Ges
ch, das Moſes nach dem Willen des Herrn zum Heile Iſraels gegeben.
Schreiben beförberte fehr die Annahme der neuen Verfaffung; um fo mehr
u erregte eine Schrift des Cardinal⸗Erzbiſchofs an das Parlament, vom
:Dec. 1820 (am Tage ber Abreife des Königs nach Laibach), worin er die
Ratholiten ertheilte Erlaubniß des Privatgottesbienftes für conſtitutions⸗
cklaͤrte. Ein zweites Schreiben an das Parlammt, vom 2. San. 1821,
er die Preßfreiheit verwarf und die geiftliche Gerichtsbarkeit vertheidigte,
richt werden; allein das Parlament genehmigte diefen Antrag nicht.
— Rückteht des Königs von Laibach wurde der Garbinal an die Spige ber
At und des Öffentlichen Unterrichts geftellt; er gab jedoch biefen wichtigen
bald auf, den darauf Mfgr. Rofini erhielt. — Noch bemerken wir, daß
Glied diefes vornehmen Haufe, der Fuͤrſt Alvaro Ruffo, feit
an der Spitze bes Staatsminifteriums des Königs von Sicilien ftand und
r. Botfchafter am wiener Hofe am Ende Juli 1825 flarb. — Ein Mars
| ier. Ruffo ift jegt Staatsfecretair des koͤnigl. Hauſes zu Neapel.
Mügen, bie größte unter den zu Deutfchland gehörigen Infeln, im ter
464 Rugendas (Familie)
Oſtſee, von dem Lande, womit fie in alten Zeiten vermuchlich
gehangen hat, etiwas übe: eine Wiertelmeile entfernt; bat auf 17 TIER
251, 67 D.; mie 28,000 Einw. Sie gehört zum bergenſchen Ka
Bezirke ber Regkrimadi zu Stralſeind (Provinz Pommern‘ De
Menge BufenzWBobdn oder Binnenwaſſer genannt , unð macht U
Inſein und Halbinſeln. Deeſe an geoteßten: und remantifchen Bags
Inſel erhebt ſich in Ihrede Iumern und an ihren nörblicheie Kaͤſten / wel
ſchroffe, ſteile Kreidewaͤnde bilden. Eine der bedentendſten Anhähen i
der Infel, bei der Hauptſtadt Bergen, iſt der Rugard, auf welcher bie |
alten Fuͤrſten Ruͤgens ſtand. Die Stubbenfammer, ein Vorgebirge a
öftlichen Spihe der Halbinfel Jasmund, wo das anſehuliche Kreibeg
der See zu ſenkrecht abgeſchnitten, eine der ſchoͤnſten Felſenpartien!
543 Fuß Hoch biso zu dem König Friedrich⸗Mihelmsſtuhl; eingehau
führen’ zu dem -Steande hinab. Auf derſelben Halbinſel iſt die Sti
‚ onfehnlicher Buchenwald mit dem Borgfee, einem ovalen, mit einem |
umfchlöffenen Plage; :wahrfcheinlich der Ort, wo nach Tacitus's E
alten Rugier die Göttin Hertha verehrten. Auf der Halbinfel Wi
Vorgehirge Atkona, die noͤrdlichſte Spige von Deutfchland, wo man nı
von dem Wale fieht, der ehemals die ſlawiſche Feſtung Arkona umg
des Hauptgoͤtzen der heibnifchen Ruͤgier (bes Aköpfigen Swantewit).
terumg iſt veränderlich, die Luft oft fehr neblicht. Den Fruͤhling macht
Oſtwind angenehm: "Der fhönfte Theil des Jahres iſt der Herbfl.
Rügen nicht, kaum einen beträchtlichen Bach. Der Boden Ift, einige
und Torfmoorẽ abgerechnet, fehr ergiebig und liefert viel Getreide, fel
fuhr. Die Fifperel- und die Viehzucht find gleichfalls wichtig. Holz
reichend’vorhänden. Die Einm. find fehr fleißig, gute Schiffer und
fehr gaftfrei. Der Abel ift zahlreich, und die Inſel mit adeligen Höfe
Ruͤgen warb 1478, nach dem Tode f. legten eingeborenen Zürften, fe
vereinigt, Fam 1648 an Schweden, 1715 an Dänemark und von ke
wieder an Schweden. Da 1815 das ſchwediſche Pommern, wovon
einen Beftandtheil ausmachte, an Preußen abgetreten wurbe, fo wurde
preußifh. Die Hauptft. Bergen hat 2200 Einw. Der BRartıfl.
einer Sefundbrummen; das ber fürftt. Familie von Putbus gehörig
Schloß Putbus hat Seebäder. Vgl. 3.3. Gruͤmbke's „Beogr.: ft
Darftellung der Inſel und des Fuͤrſtenth. Rügen” (Berl. 1819, 2 Th
Nugendas (Georg Philipp), einer der beruͤhmteſten Sci
geb. zu Augsburg 1666, ftudirte Priegerifche Darftellungen nach
Tempeſta u. A. Nach Gjaͤhrigem Studium und angefitengten Arbeit
Hand durch eine Fiſtelkrankheit völlig unbrauchbar geworben, er ba
nebenher mit der linfen diefelbe Sertigkeit erworben und reiſte nım
Rom und Venebig, wo er fich lange aufhielt. R. malte und rabi
Seine Zeichnung ift richtig, ſ. Compofition und Färbung ſchoͤn, und ?
machte, voll Geiſt und Leichtigkeit. In den Stellungen der Pferde v
ſchoͤpflich. Auch hat man von ihm Blätter in ſchwarzer Kunft mit ı
riſſen, fie find meiften® braun abgedrudt. Seine Gemälde find über
unter f. rabirten Blättern aber, die mit bewundernswuͤrdigem Fleiße ge
zeichnet fi) eine Folge von 6 großen Bl., bie Belagerung von Auge
Iend, ber er felbft mit beimohnte, vorzüglich aus. Er flarb in f. Vate
— Seine Söhne (Georg Philipp, ft. 1774, und Chrifttar
find ebenfalls al8 Kupferftecher betannt. — Joh. Lorenz R., Pro,
ſchule und Director der fonntägl. Zeichnenfchule in Augsburg, geb. 17
taillenftüde, u. A. Scenen aus Spaniens neuefter Geſchichte, auf BL. t
- Ruglevit Ruhnkenius 466
uber dargeſtellt 1820. Er ſtarb zu Augsburg den 19. Dec. 1826. — Von
Pain BR. ift eine „Materifche Reife in Brafilien” (Paris 1827) erfhlenen.
"Rugievit, Rugewit, eine von den alten Rorddeutſchen verehrte Erie:
Gottheit, die unter feltfamen und fcheußlichen Geſtalten von ihnen barges
. Die Berehrung des Rugewit fol unter den Obotriten (heutigen
ern) und auf der Infel Rügen beſonders gebräuchlich geweſen fein,
legten Begend Rugeroit dann tool mit bem auf Arkona einſt hochgefeler-
Swantewit in Eins zufanmmenfält.
uhnkenius (David), eigentlih Ruhnken, Prof. der Geſchichte und
auf der Univerfität Leyden, einer der berühnsteften Humaniſten ſei⸗
befonder® ausgezeichnet durch f. einfach ſchoͤnen claffifhen latein. Styl,
3 gu Stolpe in Hinterpommern geb. Seine wohlhabenden Altern, welde
den Anlagen des Knaben bemerkten, beſtimmten ipn den Studien sd
ihn sunddyft auf das Friedrichscollegium nach Königeberg, wo er nicht AK
æ claſſiſchen Schriftftellern des Alterthums bekannt wurde, ſondern audy
und andre fchöne Kuͤnſte übte. Inf. 18. J. bezog er die Univerfität. Nach
Men f. Ältern follte er in Göttingen Theologie ſtudiren; ihm aber Tagen bie
Mifchen Studien weit mehr am Herzen. Auff. Reife nach Göttingen kam
Wittenberg, wo der berühmte Riterator Berger und der gelehrte Heraudg.
:odex Theodorianus“, Ritter, den Süngling bergeftalt feffelten, daß er ih⸗
ht benuste und mit Eifer die Wolf'ſche Philofophie fludirte. Nach 2
zog ihn der Ruf des großen Tiberius Hemſterhuys nad) Leyden, um bort
gerricht dieſes tiefen und feinen Kenner der griech. Sprache zu benutzen.
jedoch Wittenberg verließ, fchrieb ee 1733 feine gruͤndliche Magiftertiepus
„De Galla Plaeidia”, deren mündliche Vertheidigung ihm mißlang, da ihm
at, gewandt und fließend su fprechen, flr immer abging, weßhalb er feine
tzäge meiltens aus dem Hefte ablas. Hemfterhuys, der bald Ruhnken's
und Gelehrſamkeit bewunderte, bewies ihm die wohlwollendſte Theilnahme
hard bald fein Freund. 6 Fahre wantte Ruhnken an, um unter feines großen
Leitung den gangen Kreis der humaniſtiſchen Studien noch einmal zu durch»
Die erſten Früchte eines fo weiſe und zweckmaͤtig geordneten Studiums
in zwei Epistolis eriticis (1749 u. 1751), von welchen die eine bie
Ichen Hymnen, den Heſiod und die grisch. Anthologie, bie zweite ben
hus, Apollonius und Orpheus zum Gegenſtande hatte. Sein Wunſch
est, ein philoſophiſches Lehramt auf einer hollaͤnd. Univerfität zu erhalten;
aber fehlte die Ausficht, weßhalb R. auf Hemfterhuys’s HLath das bereits in
berg ſtudirte roͤmiſche Recht woieder vornahm. Ohne ſich jed och dadurch von
Blech. Literatur abziehen zu laſſen, übernahm er eine Bearbeitung bes Plato.
m Zweck verfchaffte er fich aus der Sangermann’fchen Bibliot het zu Paris
Mdsrift des einzigen noch vorhandenen Coder von Timaͤus's Wör.terbuch über
to, und gab baffelbe nebft einem Gommentac heraus (enden „1756 und
. Nicht leicht findet man fo viele Eritifche und grammatifche Gele hrſamkeit
am fo engen Raume zufammengedrängt. Diefes Werk reichte hin, R. eine
= den erſten Philologen feiner Zeit zu verfchaffen. Da er die zwangloſe
im
e in Holland liebgewonnen hatte, fo lehnte er ehrenvolle Anträge zu Lehr:
Auslande ab, und benugte feine Muße zu einer literar. Reife, auf wm, !Iher er
berziglichften Bibliotheken Europas benugen wollte. So arbeiteteerin Pa ris ein
lang in den Schägen der koͤnigl. Bibliothek, wo er mit raſtloſem Fleiße H nd-
Men abfchrieb, auszog und verglich. Hemſterhuys hatte inzwiſchen Gele, ch⸗
tgefunden, da Alter und Kraͤnklichkeit ihn beugten, ſich R. als Kector der grie. ®-
rache beifegen zu laſſen, welcher auch, als Dubdenborp farb, zum wirkt, Pro, ‘,
Geſchichte und Beredtfamkeit ernannt wurde. Unter vielen fehr gefhägten Ar-
Iomn.ter. Siebente Aufl. Bo. IX. 50
466 Ruͤhrend Rum
beiten, wohin feine Denkſchrift auf Hemſterhuys, ‚eine Ausgabe des
u. f. w. gehören, zeichnet ſich hauptſaͤchlich fein Vellejus Paterculu
1779) aus, ein wahres Muſter von Bearbeitung lat. Claſſiker, fomt
Kritik des Textes ald bie grammat. Erklärung betrifft. 1780 gab ex eine
(dem Hymnus auf die Geres heraus, welchen Mathaͤl in Moskau aufgel
ihm abfcheiftlich mitgetheilt hatte. Zu ſeiner beabfichtigten Ausgabe des
er nur die Scholien beendigt, als ber Tod 1798 felner Thaͤtigkeit ein
" Sein Leben hat fein Schhler Daniel Wyttenbach mufterhaft eben
bemann'$ „Vitae duumvirorum, Tib. Hemsterhusii (von Ruhnken
Ruhukenüi‘ (v. Wpttenbady) nebft dem „Elogium Jo. Meermanni” |
Reipz. 1822). 2
Ruͤhrend in algemeinfter Bedeutung ift Das, was unſer Gef
gen bewegt, wozu alfo auch das Pathetifche gehören würde ; in engerer |
was das Gemüth zu ben fanftern Empfindungen bes Mitgefühls, di
Zärtlichkeit, Hoffnung anregt. In der Kunft befchräntt man das Ri
vorzugsweiſe auf Dasjenige, was unfer Gemüth in eine gemifchte Emp
fanfteren Art verfegt, oder was das Gemüth auf einige Zeit im Schn
ſchen Luft und Unluſt erhält, aber zulegt in ein angenehmes Gefühl v
der Kunft darf das Rühren nicht Zweck an ſich fein, und die Beabfid
Nehrung ſchlaͤgt leicht ind Komifche um, mol aber nimmt das Sd
die Geftalt des Mührenden an,'wo es gilt den Wechſel menfchlicher :
ſchildern. | .
Rulhieres (Claude Garloman de), Mitglied der Acadeni.
und Ritter des heil. Ludwig, bekannt durch geſchichtliche Schriften, war
des franz. Geſandten Breteuil am peteräburger Hofe Zeuge der St:
zung , die Peter III. das Leben Eoftete und Katharina auf den Thron v
bob. Diefe Begebenpeit hat R. zwar kurz, aber trefflich befchrieben,
Katharinens Charakter in diefer Schilderung nicht ganz der Wahrheit ger
net fein, indem das Gefühl beleidigter Eitelkeit bin und wieder aus dem*
Nachdem R. darauf in Geſellſchaft des Baron Breteuil mehre europäif
ſucht hatte, folgte er dem Marſchall Richelieu in fein Gouvernemient |
jegt feine literarifche Laufbahn mit feiner von Voltaire fo geruͤhmten,
- les disputes”. 1787. ernannte ihn die Akademie zu ihrem Mitgliet
ihm bei diefer Gelegenheit gehaltene Rede zeigte, daß er diefer Auszeic
dig war; noch mehr bewies er dies durch f. „„Eolaircissemens hist. a
sen de la revocation de l’edit de Nantes etc.’ (2 Bde., 1788), (3
bie Lage ber Proteflanten in Frankreich feit Ludwig XIV.), und durch
V’anarchie de Pologne et du demembrement de.cette rep.; suivie
dotes aur la revolut. de Russie en 1762” (4 Thle., Paris 1807). |
feinem Tode erfchienene Werk gibt über die Raͤnke, die Polen den Unten
ten, viel Licht. Das von ihm in 3 Gefängen verfaßte Gedicht „Les jeu:
das gleichfalls nach feinem Tode erfchien, zeigt ebenfalls von dem Geifl
aber auch, daß die Höhere Dichterweihe ihm abging. R. ftarb 1791.
vres’' erfchienen 1800. Die Charakterzeichnung, die Chamfort von it
ſtellt Beide, den Zeichner fowol, der R's Freund war, ald den Gezeid
in das befte moralifche Licht, indem fie den Todten eines ziemlichen Üb
om Eitelkeit, Verſtellungskunſt und Irrthuͤmern befchuldigt, dadurch
anzeigt, baß ihr Verf, ber doch fo lange Zeit ſich deffen vertrauten Fre
felbft nicht frei war von Bleinlichen Leidenſchaften.
Rum, eine Art Branntwein, der aus dem Saft bes Zuderroh
übriggebliebenen Unreinigkeiten des Zuckers verfertigt wird. Der befte
der Infel Jamaika. Die Engländer treiken mit dielem Artikel einen
Rumelien Rumjänzoff. 467
* da bet Rum zwat mider ſtark uils der Rack iſt, doch noch haͤufiger ge:
Kumelien, Rum⸗Itli, f. Romelien. v
Rumforb (Benjamin Thompſon, Graf v.), geb. 1752 zu Rumford im
Deogilelch ſehr ducftig, benzte be doch dem Unterricht eines Geiſt
ber ihn aufgenonmen Hatte. Im 19. Jahte heirathete er elite reiche Witwe.
—— des de zwiſchen Englinib und Ametlka tet er in britiſche
‚ warb Major und achte ſich deſonders durch ſeine Ortekenneiſſe ſehr
. Ab er ji Ende des Krikgs nach London kam, etnannte der König Ihn
3 auch mar er elite Zeltlang Unterſtaatsſecretair deB Kriegennniſterlums.
bes Krieges führte dt den Huftcag, die engl. Reikkrei in beffern Zuſtand
‚mit Eifer ans. Mal bein Frieden erhlelt Thompfon einen Ruf nach
‚ 280 er ſich durch Aufhebung der Bettelei, Anlegumg von Manufaeturen
gung der Armen, Einführuhg der Erbäpfel ind dor Sparheizungen,
aders ber oͤkonomiſchen, nach Ihm benannten Sttppen große Verbierifte er⸗
Kurfärft echob ihn zum Grafen von Rumford, maͤchte für zum Ge⸗
kant und verlieh ihm mehre Diden. Auch In England Ve — et feine
Erfindungen; ex fchenkte ald Vicehräfident ber Böntst. Gefetichaft der
haften derfelben große Summen gu Preisverthellungen fuͤt die wichtigſten
gen , legte 1800 u. d. R. koͤnigl. Inſtitut (Royal Institution) zu London
chranſtalt für Honomen, Künftier und Handwerker an, befuchte 1802 Frank
genb ward ehrenvoll von Bonaparte aufgenommen. Et hielt ſich darauf laͤngere
Parts auf, md er mit feiner zweiten Gattin, Witwe bes bekuͤhmten Lavol⸗
faen Scheldungsproceh führte, und ſtarb auf ſeinem Landhaus zu Autenll
Er hat von feinen Arbeiten and Erfindungen feloft In feiner Elchten Schrif⸗
Bela 1800 — 5, 4 Bbe.) Rechenſchaft gegeben.
Ramjänzoff (Nicolai Petrowitſch, Graf), rufſiſcher Reichskauzler, war
1 bes Feldmarſchalls Peter R. der bie Megierung Katharinenß durch feine
her die Tuͤrken verherrlichte. Ex begann ſeine Laufbahn um 1785 Alb ruſſ.
pe in Frankfurt a. M. Unter Paul I. lebte er zu Moskau. In der Folge
te er als Minifter des Handels durch gute Maßregeln bie Ideen Aleranders
terung des m⸗ umd auslaͤndiſchen Verkehrs, namentlich in Bezlehung auf
Übrigens galt er für einen Anhänger Napoleons. #807 wuibe er ini
Angel. und bald daranf auch Reichskanzler (Präfdent Im Reiche:
Bam). Er begleitete ben Katfer 1808 nad) Erfurt und ſchloß 1809 beit Fries
t Schweden. Waͤhrend ber See von 1813 — 14 blleb ex in Petersburg
Spitze bes Depart. der auswaͤtt. Angel., die jeboch Im Feldlager des Kaifers
a ſelbſt geleitet wurden. Nach der Ruͤckkehr deſſelben gab er das Porter
an ven Grafen Neffelcobe ab. Seitdem lebte Graf R., der bas Gehör bei:
hmfich verloren hatte, von den Öffentlichen Angeiegenheiten entfernt, und
te feine großen Reichthuͤmer patriotifchen und wiffenfchdftlidhen Unterneh⸗
3. Namentlich hatte er großen Theil an ber Einführung des Bell:Rancafter’»
Interrichts; auf ſeine Koflen wurbe die Reife um die Welt durch Doris von
we ausgeführt und die Beſchreibung gedruckt. Canoda berfertigte für Ihn
] sine Koloſſalſtatue des Friedens, in der einen Sand einen Olzweig haltend
£ der andern ſich auf eine Saͤule ftügend, welche die Inſchrift hut: „Frieden
1783; Frieden zu Kudfchuck⸗Kainardji 1774; Frieben zu Ftiedrichsham
und an den feltenen Umſtand erinnert, daß 3 der wichtigſten Friedensſchluͤſſe
8 von Großdater, Vater und Sohn gefchlöffen wutden. Als er die Gtele
anzlers 1814 nieberlegte, ſandte er alle Geſchenke an Bold und Dias
In , weiche er während f. Minifteriums von fremden Höfen erhalten hatte,
atrlotiſche Babe an bie Invalidenanſtalt. Ihm verbantt die Geſhchte ven
30 *
=
460 Rudolf I. (deutfcher Kaifer)
Kyburg und Lenzburg. Außerdem befaß er die Grafſch. Habsburg, ı
bes Zuͤrchgaues, die obere Landgrafſch. Eifaß, das Burggrafthum Rhein
zerftreute Güter in Schwaben. Der tapfere Rudolf half dem König £
Böhmen in f. Kriege gegen die heidniſchen Preußen. Klug
Gerechtigkeitsliebe und durch den Schuß der friedlichen Bürger gegen
gier ber Edeln erwarb er ſich ſchon damals bie Achtung der Hohen um
1273, als er gerade den Biſchof von Baſel belagerte, erhielt er bie u
Rachricht, daß er einſtimmig in Frankfurt ‘zum deutſchen Kaiſer «
Meder erflaunt noch vertounbert, nahm er die’ Krone an und verorbne
daß keine Verleihung von Reichelehen ohne Einwilligung der Kurfürfte
Darauf foberte er, diefer Verordnung gemäß, von Ottokar, König vor
der ſich f. Wahl mwiderfegt und ſich felbft um die Kaifertrone beworben
Öftreih. Lande als Reichslehen zurüd. Ottokar, damals einer der
Priegerifchen Fürften Europas, weigerte fih. Aber R. eilte ſchnell
Kriegsheere nach Niederbaiern, zwang ben dortigen Herzog Heinrich,!
gewonnen hatte, f. Partei zu ändern, drang in Öftrei bis an die Ma
vor und überrafchte f. Feind, indem er eine Schiffbrüde über die Do:
Ottokar hatte zu wenig Macht, Öftreiche Hauptfladt zu fügen, u
Frieden. Diefer warb ihm bewilligt ımter der Ifachen Bedingung
Steiermark, Kärnthen, Krain ıc. zu entfagen, Rubolf als Kaifer anzuer
ihm wegen Böhmen und Mähren zu huldigen. Ottokar bat hierauf
41276) in dem Lager vor Wien den König fußfälig und in Gegenwart
ſten um Vergeihung, leiftete Verzicht und wurde mit Böhmen und 9
lehnt. Er Eonnte aber den Verluſt nicht verfchmerzen und brady 1277 d
Die Reichsfuͤrſten betrachteten jegt den Streit als eine Privatfache R
terſtuͤtzten dieſen weit weniger als vorher ; Ottokar hingegen hatte ſich di
niſſe mit maͤchtigen Fürften verſtaͤrkt. Am 26. Aug. 1278 trafen beib
Stiufried am Weidenbache auf einander, wo R. verrmundet wurde, |
aber das Leben verlor. (Bol. Marchfeld und Ottokar.) Nach di
ſchloß der Kaifer mit dem Markgrafen Dtto von Brandenburg, dem
des jungen Königs Wenzel von Böhmen, einen Vertrag, durch welch
Steiermark, Kärnthen, Krain und die windifhe Mark ihm auf Immer
rourben. Mit Öftreih und Steiermark belehnte er 1283 den 1. Ju
Albrecht, welcher der Stammoater des mächtigen Sftreich. Haufes wur!
den Päpften, deren Einfluffe R. vorzüglich f. Wahl zum Kaifer dankte
fortwaͤhrendem Frieden; doch ſuchte er das kaiſerl. Anſehen, welches
ſowie in Deutſchland, waͤhrend des Interregnums ſehr geſunken war
heben, auch ertheilte er den Staaten von Florenz und Lucca nur gege
großer Geldſummen einige Vorrechte, ohne ihre Verbindung mit bei
Reiche dadurch aufzuheben. Durch die Wermählung f. Töchter mit ı
ſchen und auswärtigen Fürften hatte er f. Macht noch mehr befeftigt.
beſchloß R., der Gefeglofigkeit in Deutfchland, wo durch die fortwähren
dungen raubfüchtiger Edelleute und Großen Handel, Gemwerbfleiß un
ſchreiten der fittlichen und geiftigen Bildung gehemmt wurden, Einha
aber zur geſetzlichen Abflellung der Fehden fonnte er auf dem Reichstage
nichts weiter bewirken als die Verordnung, daß jeder Befehdung eine |
kuͤndigung vorausgeben folle. Ex felbft reifte im Reiche umber, ſchlich
lich die Streitfachen Hoher und Niederer und ftellte den Landfrieden
ſodaß man ihn auch) das lebendige Gefeg nannte. Den Kurfürften fich
Rechte, unternahm nichts Wichtiges ohne ihre Zuftimmung, die er fich
MWiltebriefe, welche nachher von f. Nachfolgern beibehalten wurden, er
und verordnete, daß bie Einwilligung der Kurfürften auch ba erfobertid
Rudolf II. (deutfcher Raifer) 461
zismige ber andern Stände nicht nöthig fel. Gegen die Erbauung von es
wm, bie dem unruhigen Adel zu Raubfchlöffern dienten, gab er ernfte Verord⸗
mund zerſtoͤrte in einem Jahre (1290) mehr als 70 folder Schlöffer. 1283
ex einen Krieg gegen den Grafen von Savoyen, der mehre beutfche
in der Schweiz fich zugeeignet hatte, und zwang ihn zur Ruͤckgabe und
. Gleich glüdtich war er gegen den mädjtigen Grafen von Bur⸗
fi) dem beutfchen Reiche hatte entziehen wollen. Durch die Unruhen
wo ber Markgraf Dtto ſich ber Herefchaft ganz bemädhtigen wollte
MWenzeblaus gefangen hielt, veranlaßt, eilte R. mit einem Kriege»
befreite ben König und vermählte eine f. Töchter mit ihm. Noch in
verheirathete ex ſich felbft mit einer 14jaͤhrigen Prinzeffin von Burgund,
ſch aber, f. Sohn Albrecht zu f. Nachfolger erwählt zu fehen, ward ihm
st, umd er flarb zu Germersheim, auf einer Reife nach Speier, am 15.
E291 im 76. Jahre. — Wenige Fuͤrſten haben Kaifer Rudolf an Kraft des
umb an bürgerlichen und Ertegerifchen Tugenden erreicht. Er war im
Grade tapfer, unermübet thätig, einfach in Sitten und Lebensweife, her»
P und geſpraͤchig, gütig, großmüthig und durchaus gerecht. Im Anfange
aber ſcheint er freilich nicht allzu gewiſſenhaft in der Wahl feiner Mittel ges
R fein. Aber ald Kaifer war er ein Mufter der Maͤßigung und Billigkeit.
durch bie Wiederherflellumg eines friedlichern Zuftandes der Schöpfer des
hern und geiftigern Lebens und Wirkens in Deutfchland, wie er benn auch
se Abficht hatte, den Gebrauch der deutfchen Sprache in Ausfertigung der
m einzuführen, wovon die Landfriedensfagung von 1281 als erfte Probe
® P.N
wdolf IL, deutfcher Kaiſer, Sohn Kaifer Maximilians II., geb. 1552,
Bhtentheils von den Jeſuiten in Spanien erzogen, erhielt durch feinen Bas
m die ungarifche und 1575 die böhmifche Krone, nebft dem Titel eines roͤ⸗
Könige. Nach Marinıilians Tode (12. Oct. 1576) beflieg er den Kaifers
mb man hielt ihn für einen talentvollen, Eenntnißreichen und gutmüthigen
Allein flatt zu regieren, befchäftigte er fich mit mechanifchen Erfindun⸗
nie und Pferden. Auch war er furchtfam und unentſchloſſen, und fein
die kathol. Religion verbarb wieder, mas die gemäßigten Srundfäge fels
B gut gemacht hatten. Ex allein hatte die zahlreichen Länder des öftreich.
geerbt, und feine Brüder waren durch Apanagen abgefunden. Als er
def die proteftant. Religion in feinen Erbländern ſich fehr außbreitete, nahm
Jeſuiten geleitet, druͤkende Maßregeln, um ber Bathol. Kirche wieder das
gewicht zur verfchaffen, und veranlaßte baburch manche Empörung. Auch im
m Beiche trat er bei allen Streitigkeiten der Proteftanten und Katholiken
Seite der legten; durch feine Einwirtung warb der Ersbifchof und Kurs
hard von Köln, ber zum Proteſtantismus Übergetreten war und geheiras
te, 158% abgefegt. Darauf veranlaßten die räuberifchen Einfälle der vom
in Dalmatien gebuldeten Uskoken (Überläufer) einen Krieg mit bem Suls
wrath HI. 1592, der in Ungarn bis zu dem 1606 mit dem Sultan Ach⸗
fchloftenen Frieden mit wechſelndem Gluͤcke geführt wurde. R., der zu
site, nahm an diefen Ereigniffen wenig Theil umb überließ fich feinen
na ungen. Geine ungatifchen Unterthanen erfuchten daher feinen
R, den Erzherzog Matthias, die Regierung zu übernehmen, und erwählten
1607 zu ihrem Könige. Matthias nahm von diefem Reiche Beſitz, ging
ausm Heere nach Öſtreich und zwang feinen Bruder, ihm diefes Land und
ww feierlich abzutreten. Bald nachher entflanden die Erbfolgeſtreitigkeiten
Gin als echt anerkanntes Exemplar biefes Landfriedens befindet fi, von bem be.
ken Sonring (1660) dahin gefchenkt, in der fürftl. Bibliothek zu Wolfenbüttel.
462 | Ruffo (Fabrizio)
wegen Juͤlich und Kleve, die den Ausbruch der Uneinigkeit zwiſchen ben Pre
ten und Katholiken herbeiführten. Es wurden Bünbniffe gefchloffen und
heere geruͤſtet. Vergebens berief R. Reichötage, um die Ruhe zu erhalten,
die Utraquiften und Proteftanten in Böhmen, denen er durch den Majeh
(11. Juli 1609) freie Religionsübung , ein Confiftorium und die Univ
Prag, forvie das Necht, neue Kirchen und Schulen anzulegen, zugeflanäu
wurden durch die Verlegung ihres Freiheitsbriefes beleidigt, und riefen
Erzherzog Leopold mit einem Deere nach Böhmen fam, um fie zum &%
bringen, den König Matthias zu Hülfe, welcher den Kaifer nöthigte, he
auch Böhmen zu Überlaffen. R., dem eine jährl. Summe von 300,00
Gld. ausgefegt und der Genuß von 4 Herrfchaften geblieben war, flach
Stan. 1612 im 60. J. feines Alters und im 36. feiner Regierung. Die]
geihungen des berühmten, jeboch abergläubifchen Sterntundigen Tyco "ef
den er nebft feinem Schuͤler Kepler glänzend aufnahm, machten ben Kaifee
trauifch gegen alle feine Umgebungen, baf er weber zum Vergnügen m
ſchaͤfte halber feinen Palaſt verließ. Er war nie verheirathet und hatte «
natlırliche Kinder.
Ruffo (Kabrizio), Carbinal:Diatonus, geb. den 16. Sept. 1744
pel, ward al6 der jüngfte Sohn einer Familie, deren Älteſter ben Titel HE
Baranello führt, dem geiftl. Stande beftimmt. In Rom gewann er ii
trauen Pius VI., der ihn zum Oberfchagmeifter ernannte. Sein heftiger
ter und feine fiscalifche Strenge machten ihm Feinde; allein Unbefangesg
ſ. Finanzkenntniß Gerechtigkeit wiederfahren. Er wurbe 1791 Carbinal, d
Neapel und nahm vom König die Stelle eines Intendanten des Schloſſes
an. Dies mißfiel dem röm. Stuhle; allein R. glaubte fid) dadurch vor be
Umwaͤlzungen Staliens fiher zu ſtellen. Vergebens widerrieth er den K
Frankreich. Dann floh er mit dem Hofe nad) Sicilien. Hier wollte I
talentvollen R. aus der Nähe des Königs entfernen; er fhidte ihn daher
labrien, um das Volk zum Aufftande zu reizm. Man gab dem Carbir
macht, 3000 Ducati und 5 Mann Soldaten. Kaum war er im Mäy fi
Bagnara, einem Lehngute feiner Familie, and Land getreten, fo brach
glimmende Zeuer des Aufftandes in vollen Slammen aus. Das Volk me
weife umter die Sahne des Kreuzes; es nahm Monteleone mit Sturm ui
bier, mie in Gatanzaro, Cofenza, Roffano, und vorzüglich in Altar
roildeften Ausfchmweifungen. Der Cardinal mußte dem Fanatiemus der &
fen nachgeben; doc) war er großmüthig gegen die Anhänger der Mepubiil,
ſich ihm unterwarfen. Indeß machte er nur geringe Fortfchritte, weil er den
mit zuchtlofen Haufen ganz regellos führte; als aber Macdonald fid
Heere aus Neapel zuruͤckgezogen hatte und ein Corps Ruſſen gelandet war, }
er rafcher gegen die Hauptftadt vor. Zuvor empfahl er dem Hofe zu Mi
Maͤßigung und Milde; allein er ward nicht gehört. Aus Eiferſucht a
Ruhm des Carbinale, verbot ihm Acton, Neapel früher zu befegen, &
Mitwirkung des Admirals Nelfon und der Linienregimenter, die General 3
der Bruder des Minifters, anführte. Doch um fo fchneller eilte nun R. :
Hauptftadt, wo er aber ohne die Ankunft der Ruſſen und ohne die fehler
Anordnungen des Anführere der Patrioten, Schipani, in die größte Gef
rathen fein würde. Neapel öffnete die Thore, und alle Furien ber Ba
bes Fanatismus feierten diefen blutigen Einzug; es gelang jedody dem Ga
den in den Forts eingefchloffenen Republifanern einen capitulationsmägigen ?
zuzuſichern. Nur Nelfon und deffen Rathgeber magten es, diefe® auf Treu
Glauben gegebene Ehrenwort zu brechen. Der Cardinal felbft war in G
auf Acton’s Beſchuldigung, daß er die Jakobiner begunftige, verhaftet zu w
)
Ruffo Rügen 463
zu dem Gonclave nad Venedig berief. Er folgte hierauf dem neuen
Rom, mo er 1801 eine Vermwaltungsftelle erhielt, kehrte Dann nach
Fund feat wieder in den Staatsrath. Hier erklaͤrte er fich 1805 ver:
den Krieg mit Frankreich. Aufgefodert, das Volk wieder zu bewaff⸗
zur Antwort: „Das feien Unbefonnenheiten, die er einmal in feinem
zen und nicht wieder”. Darauf follte er Neapel mit Napoleon aus⸗
am aber nur nach Rom, mo er bis 1809 zurückgezogen lebte. In
flreuung des Gardinalcollegiums, ging er nad) Paris und näherte ſich
Er war bei deffen VBermählung und erhielt von ihm das Großkreuz
on. Mach der MWiederherftellung bes Papftes Pius VII., begab er
elben, fand aber bei ben übrigen Cardinaͤlen, die ihn für einen Bona⸗
ten, keine freundliche Aufnahme. Auch in Neapel, wohin er fpäter
warb er mit Kälte behandelt, bis ihn Ferdinand I. nach feiner legten
fung, 1821, in den Staatsrath berief, wo er ſich durch Maͤßigung in
hiägen bemerkbar machte. 1823 nahm Cardinal R. in Rom an ber
II. Theil. Er ftarb zu Neapel d. 13. Dec. 1827. 20.
o = Scilla (Lodovico), Cardinal und Erzbifchof von Neapel, geb.
io in Galabrien, den 15. Aug. 1750, ernannt zum Gardinal 1801
er Verwandter des Worigen), gehört zu dem Gefchlecht ber Fürften v.
Srafen v. Sinopoli. Er war Gardinal und Erzbifchof, als Joſeph
flieg. Am Zage des Einzugs diefe® Prinzen folgte ihm der Carbinal
Fuße von der Kirche bis ind Schloß. Hier wurde er von dem Minis
us aufgefodert, in bie Hände des Königs den Eid abzulegen. Der
eicher bis dahin der neuen Ordnung ber Dinge ſich willig gefügt hatte,
nur dann ſich bereit, jenen Eid zu leiften, wenn der König als Vaſall
tuhls verfpräche, alle Fahre den Tribut und den Zelter nach Rom zu
ofeph befahl Hierauf dem Prälaten, das Königreich zu verlaffen. N.
om, mo er alle Schidfale des roͤm. Stuhls theilte. Nach der Rüds
aigs Ferdinand, 1815, trat er in f. Würde wieder ein und verfams
h eine Dioͤceſanſynode, um der Kirchengewalt bie Rechte und Privile⸗
e fie in den legten Jahren verloren hatte, wieder zu verfchaffen. Er
Hirtenbrief, ben die Regierung mißbilligte und fogar von den Kirchthuͤ⸗
m ließ. Seitdem gab ber Carbinal nad) und bewies bloß im Innern
ung feines Sprengels viel Unduldſamkeit. Bei ber legten Revolution
H zum Erſtaunen Alter für die fpanifche Conftitution, welche er in feis
ven vom 3. Aug. 1820 an die Geiftlicykeit und das Volt mit dem Ges
‚ das Mofes nad dem Willen des Herrn zum Deile Iſraels gegeben.
reiben beförderte fehr bie Annahme der neuen Verfaffung ; um fo mehr
regte eine Schrift des Carbinal:Erzbifhofs an das Parlammt, vom
c. 1820 (am Tage der Abreife des Königs nad) Laibach), worin er bie
tholiten ertheilte Erlaubniß des Privatgottesdienftes für conſtitutions⸗
ste. Ein zmeites Schreiben an das Parlammt, vom 2. San. 1821,
je Preffreiheit verwarf und die geiftliche Gerichtsbarkeit vertheibigte,
ruͤckt werden; allein das Parlament genehmigte diefen Antrag nicht.
lckkehr des Königs von Laibach wurde ber Cardinal an die Spige ber
und des Öffentlichen Unterrichts geftellt; er gab jedoch diefen wichtigen
auf, den darauf Mfgr. Rofini erhielt. — Noch bemerken wir, daß
Glied diefes vornehmen Hauſes, der Fuͤrſt Alvaro Ruffo, feit
er Spitze bed Etaatöminifteriums des Königs von Sictlien ftand und
Botfchafter am wiener Hofe am Ende Juli 1825 farb. — Fin Mars
Ruffo iſt jegt Staatsſecretair des koͤnigl. Hauſes zu Neapel.
en, bie größte unter ben zu Deutſchland gehörigen Infeln, in ter
—
fe ee
wegen Jillch und Rteve, bie ben Autbruh der Uneior,'* Tesmutlh
tem und Katholiken herbeiführten. 1.054 dat eruTe
heere geriftet. Veigebens berief IE. Ri pi Kin
ee A
. Zul cie *
Prag, ſowie das Recht, neue
wurden durch bie Verlegung
— O6 pe der beetähften Anhkhen
en — atthiad Abm Einpal auf melcper bi
auch Böhmen’ su Über ) Stuben , ei Borgebieg
Std. ausgefegt und der @ „7 mund, tod das anfehnliche Kreid
f r eine der fchönften Felſenpartien
San. 1612 im 60, ii —
zeihungen des as Auf
3 ıf derſelben Halbinfel ift bie €
Pr, — em Borgfee, einem ovalen, mit einer
f&äfte halber fer d%, qeinlich der Ort, mo nad) Taditus’6
natlirliche Kin? —— Bet verehrten. Auf der Halbinſel 9
Ruff GR yiönbehtichfte Spige von Deutfcyland, wo man
pel, ward der ehemals bie ſlawiſche Feftung Arkona um
Baranil' beidniſchen Ruͤgier (des 4köpfigen Swantewi
fich, die Luft oft fehr neblicht. Den Fruͤhling ma
in Der [chönfte Theil des Jahres ift der Herb
au einen beträchtlichen Bach. Der Boben ift, eini
rhäbgerechnet, fehr ergiebig und liefert viel Getreide,
En girhereh und die Viehzucht find gleichfalls wichtig. Ho
Anrhänden- Die Ein. find fehr fleifig, gute Schiffer u
* Der Abel iſt zahlteich, und bie Inſel mit adeligen Hi
— 1478, nach dem Tode f. legten eingeborenen Fuͤrſten,
‚tam 1648 an Schweden, 1715 an Dänemark und von
heben. Da 1815 das fchwedifche Pommern, wovc
Beftändtheil ausmachte, an Preußen abgetreten wurbe, fo wur
Pr Die Hauptfi. Bergen dat 2200 Einw. Der Markt|
Seſundbrumen; das ber fürftt. Famille von Putbus gehoͤ
5 Putbus hat Seebäder. Bol. I. I. Gruͤmbke's „Beogr.:
irfteltung der Inſel und des Färftenth. Rügen” (Bert. 1819, 25
Rugendas (Georg Philipp), einer der berühmteften &
. zu Augsburg 1666, ſtudirte kriegeriſche Darftellungen nach
eſta un A. Nach Gjaͤhrigem Studium und angeſtrengten Ark
VDand durch eine Fiſtelkrankheit voͤllig unbrauchbar geworben, er
nebenher mit ber linken dieſelbe Fertigkeit etworben und reiſte m
Rom und Venedig, wo er ſich lange aufhielt. R. malte md x
Seine Zeichnung ift richtig, f. Compofition umd Färbung ſchoͤn, un
machte, voll Geift und Leichtigkeit. In den Stellungen ber Pferd
ſchoͤpflich. Auch bat man von ihm Blätter in ſchwatzer Kunft m
tiffen, fie find meiften braun abgebrudt. Seine Gemälde find uͤl
unter ſ. taditten Blättern aber, die mit bewundernswuͤrdigem Fleiße
zeichnet fich eine Folge von 6 großen Bl., bie Belagerung von Au
Iend, der ex felbft mit beiwohnte, vorzüglich aus. Er ftarb inf. Bi
— Seine Söhne (Georg Philipp, ft. 1774, und Chrifti
find ebenfalls als Kupferftecher bekannt. — Joh. Lorenz R., F
ſchule und Director der fonntägl. Zeichnenſchule in Augsburg, geb. !
taillenftüde, u. A. Scenen aus Spaniens neuefter Geſchichte, auf BI
Rugievit RKuhnkenius 466
1820. Er ſtarb zu Augsburg den 19. Dec. 1826. — Von
. Maleriſche Reife in Brafillen“ (Parls 1827) erſchienen.
Be ugemwit, eine von den alten Norddeutſchen verehrte Eries
st feltfamen und ſcheußllchen Geſtalten von ihnen barges
5 q des Rugewit fol unter ben Obotriten (heutigen
SE Inſel Rügen befonders gebräuchlich geweſen fein,
77 agewit dann wol mit dem auf Arkona einſt hochgefeier⸗
in . Eins zufammenfältt.
"7,8 (David), eigentlich Ruhnken, Prof. ber Geſchichte und
.‚ der Univerfität Leyden, einer der berühnsteften Humaniſten fels
aders außgezeichnet durch f. einfach [hönen, claffifchen latein. Styh,
zu Stolpe in Hinterpommern geb. Seine wohlhabenden Ältern, welde
hen Anlagen des Knaben bemerkten, beftimmten ihn den Studien und
n zumaͤchſt auf das Friedrichscollegium nach Königsberg, wo er nicht aa
aſſiſchen Schriftftellern des Alterthums bekannt wurde, fondern audj
‚andre ſchoͤne Künfte übte. Inf. 18. J. bezog er die Univerſitaͤt. Nach
n f. Xiteen ſollte er in Göttingen Theologie fludiren; ihm aber lagen die
hen Studien weit mehr am Herzen. Auf f. Reife nach Göttingen kam
ittenberg, wo der beruͤhmte Literator Berger und der gelehrte Herausg.
x Theodosianus‘, Nitter, den Süngling bergeftalt feffelten, baß er ih:
cht benugte und mit Eifer die Wolffche Phitofophie flubirte. Nach 2
z ihn der Ruf des großen Tiberius Hemſterhuys nad) Leyden, um bort
cht dieſes tiefen und feinen Kenners der griech. Sprache zu benugen.
ch Wittenberg verließ, ſchrieb er 1743 feine gründliche Magiftertispu:
ı Galla Plaeidia”, deren mündliche Vertheidigung ihm mißlang, ba ihm
„ geroanbt und fließend zu ſprechen, für immer abging, weßhalb er feine
ge meiſtens aus dem Hefte ablas. Demfterhuns, der bald Ruhnken's
Gelehrſamkeit bewunderte, bewies ihm bie wohlwollendſte Theilnahme
zald fein Freund. 6 Jahre wantte Ruhnken an, um unter feines großen
tung den ganzen Kreis der humaniftifchen Studien noch einmal zu durch⸗
Ye erſten Früchte eines fo weiſe und zweckmaͤtig georbneten Studiums
zwei Epistolis eritieis (1739 u. 1751), von welchen die eine die
m Hynmen, ben Defiod und die griech. Anthologie, die zweite ben
8, Apollonius ımb Orpheus zum Begenftanbe Hatte. Sein Wunſch
tin philoſophiſches Lehramt auf einer holländ. Univerfität zu erhalten;
fehlte die Ausficht, weghalb R. auf Hemſterhuys's Rath das bereits in
3 ſtudirte roͤmiſche Recht wieder vomahm. Ohne fich jey.och dadurch von
Biteratuc abziehen zu laffen, übernahm er eine Bearbeitung des Plato.
Zweck verfchaffte er fich aus der Sangermann’fchen Bibliot hek zu Paris
ift des einzigen noch vorhandenen oder von Timaͤus's Woͤr terbuch über
und gab daffelbe nebfl einem Gommentar heraus (Leyden „1756 und
Licht leicht findet man fo viele kritiſche und grammatifche Gefe hrſamkeit
‚engen Raume zufammengedrängt. Diefes Werk reichte hin, R. eine
re den erſten Philologen feiner Zeit zu verfchaffen. Da er die „uvanglofe
e in Holland liebgewonnen hatte, fo lehnte er ehremvolle Anträge zu Lehr:
(uslanbe ab, und benuste feine Muße zu einer literar. Reife, auf vo, *Iher er
ichften Bibliothefen Europas benugen wollte. So arbeiteteerin Pa ris ein
in den Schaͤtzen ber koͤnigl. Bibliothek, wo er mit raſtloſem Fleiße H and?
iſchrieb, auszog und verglich. Hemſterhuys hatte Inzwifchen Gele, 'M-
en, da Alter und Kraͤnklichkeit ihn beugten, ſich R. als Lector der grie. ®-
Hfegen zu laffen, welcher auch, als Dubendorp farb, zum wirkl. Pro, ‘,
bte und Beredtſamkeit ernannt wurbe. Unter vielen ſehr geſchaͤtzten Ac-
x. Siebente Aufl. 8b. IX, 50
466 j Rührend Rum
beiten, wohin feine Denkfchrift auf Hemſterhuys, feine Ausgabe des
u. f. w. gehören, zeichnet ſich hauptſaͤchlich fein Vellejus Paterculu
1779) aus, ein wahres Mufter von Bearbeitung lat. Claſſiker, forst
Kritik de6 Textes als die grammat. Erklärung betrifft. 1780 gab er eine
ſchen Hymnus auf die Ceres heraus, welchen Mathät in Moskau aufae
ihm abfchriftlich mitgetheilt hatte. Zu feiner beabfichtigten Ausgabe bed!
er nur bie Scholien beenbigt, als der Tod 1798 feiner Tätigkeit ein
“ Sein Leben hat fein Schliler Daniel Wyttenbach mufterhaft befäprieben.
bemann’8 „Vitae duumvirorum, Tib. Hemsterhusii (von Ruhnken
Ruhrkenüi‘ (v. Wyttenbach) nebſt dem „Elogiun Jo. Meermanni" |
(Reip;. 1822). | | u
Ruͤhrend in allgemeinſter Bedeutung ift Das, was unfer Gef
gen bervegt, mozu alfo auch das Pathetifche gehören wuͤrde; in engerer |
was das Gemüth zu den fanftern Empfindungen bes Mitgefühls, dı
Zärtlichkeit, Hoffnung anregt. Im ber Kunft befchränft man das Kü
vorzugsweiſe auf Dasjenige, was unfer Gemuͤth in eine gemifchte Emp
fanfteren Art verfegt, oder was das Gemüth auf einige Zeit im Schn
ſchen Luft und Unluſt erhält, aber zulegt In ein angenehmes Gefühl v
der Kunft darf das Rühren nicht Zweck an ſich fein, und die Beabfid
Nührung ſchlaͤgt leicht ins Komifhe um, mol aber nimmt bag Sd
die Geſtalt des Ruͤhrenden an,’mwo es gilt ben Wechſel menſchlicher:
ſchildern. | | |
Rulhieres (Glaube Carlonian de), Mitglied der Academic
und Ritter des heil. Ludwig, befannt durch gefchichtliche Schriften, war
des franz. Befandten Breteuil am peteröburger Hofe Zeuge der St
zung, bie Peter III. das Leben koſtete und Katharina auf den Zhron vı
hob. Diefe Begebenheit hat R. zwar kurz, aber trefflich befchrieben,
Katharinens Charakter in diefer Schilderung nicht ganz der Wahrheit gei
net fein, indem das Gefühl beleidigter Eitelkeit hin und wieder aus dem}
Nachdem R. darauf in Gefellfchaft des Baron Breteuil mehre europäif
ſucht Hatte, folgte er dem Marſchall Richelieu in fein Gouvernement :
jegt feine literarifche Laufbahn mit feiner von Voltaire fo gerlihmten ,
- les disputes“. 1787 ernannte ihn die Akademie zu ihrem Mitglied
ihm bei diefer Gelegenheit gehaltene Rede zeigte, daß er diefer Augzeid
dig war; noch mehr bewies er dies durch f. „Eolaircissemens hist. s
ses de la revocation de l’edit de Nantes etc.” (2 Bde., 1788), (3
die Rage der Proteftanten in Frankreich feit Ludwig XIV.), und durch |
Vanarchie de Pologne et du demembrement de. cette rep.; suivie
dotes sur la revolut. de Russie en 1762” (4 Thle., Paris 1807). :
feinem Zode erfchienene Werk gibt über die Raͤnke, die Polen den Unter
ten, viel Licht. Das von ihm in 3 Gefängen verfaßte Gedicht „Les jeu:
das gleichfalle nach) feinem Tode erfchien, zeigt ebenfalld von dem Geifl
aber auch, daß die höhere Dichterweihe ihm abging. R. ftarb 1791.
vres’ erfchienen 1800. Die Charakterzeichnung , die Chamfort von it
ftellt Beide, den Zeichner fowol, der R.’8 Freund war, ald den Gezeich
in das befte moralifche Licht, indem fie den Todten eines ziemlichen Üb
om Eitelkeit, Verftellungstunft und Jerthuͤmern befhulbigt, dadurch
anzeigt, daß ihr Verf., ber doc) fo Lange Zeit ſich deffen vertrauten Fre
ſelbſt nicht frei war von Bleinlichen Leidenſchaften.
Rum, eine Art Branntwein, ber aus dem Saft des Zuckerroh
übriggebliebenen Unreinigkeiten des Zuckers verfertigt wird. Der befte
der Infel Jamaika. Die Engländer treiten mit dieem Artikel einen
Kumelien Rumjaͤnzoff 467
ber Rum zwar mider ſtark als der Rack iſt, doch noch haͤufiger ges
imelien, Rum⸗Ili, f. Romelien.
ımforb (Berijamin Thompfon, Graf v.), geb. 1752 zu Rumford m
ifo. Obgleich ſehr durfeig beittikte be doch den Unterricht eines Geifi
ihn aufgenommien hatte. Im 19. te heirathete er eine reiche Witte.
Kur@bruiche ed Fiegh zroifchen Erigihrib unid Ametika ti er in beitifche
ward Major und — fi beſonders durch feine Ortskemtniſſe ſeht
. Ab er in Ende des Kriegs nach London kam, ernannte der Koͤnig Ihn
er; auch war er elste Zeltlang Unterſtaatsſecretair beb Kilegewtiniftertume.
des Krieges fuͤhrte de den Auftrag, die engl. Refterei In beffern Zuſtand
mit Eifer aus. Nah dem Frieden erhlelt Thompfon einen Ruf nach
‚ wo er ſich buch Aufhebung ber Bettelei, Antegung von Maftufarturen
gung der Armm, infühnuing der Erbäpfel imb dr Sparheizungen,
nbder# ber oͤkonomiſchen, nach Ihm beharinten Sttppen große Verbierfte er»
er Rurfärft echob ihn zum Strafen von Rumford, maͤchte Mn zum Ges
mant und verlieh ihm mehre Diden. Auch in England verbenitete ex feine
Erfindungen; er ſchenkte ald Vicehräfident der koͤnigl. Gefetichaft der
aften betfelben große Summen gu Preisverthellungen fuͤr die riichtigften
ven, legte 1800 u.'d. N. koͤnigl. Inſtitut (Royal Institution) ju London
nftaft für Ökonomen, Kuͤnſtler und Handwerker an, beſuchte 1902 Frarrt:
ward ehtenvoll von Bonaparte aufgenornmen. Er hielt Tidy darauf längere
ts auf, wo er mit feiner zweiten Gattin, Witwe bed beiähmitin Laͤvel⸗
Scheidungsproceß führte, und ſtarb auf feinem Landhaus zu Autenlt
e hat von feinen Arbeiten und Erfinbungen felbſt In ſeinen Eichten Schrif⸗
har 1800— 5, 4 Bde.) Rechenfchaft gegeben.
midnzoff (Nicolai Petrowitſch, Graf), safiföge Reichskaunzler, war
bes Feldmarſchalls Peter R. der bie Regierung Katharinenb durch feine
z die Türken verherrlichte. Ex begann feirle Laufbahn üm 1785 Alb ruſſ.
in Frankfurt a. M. Unter Paul J. tebte er zu Moskau. In der Folge
ex ale Minifter des Handel durch gute Maßregeln die Ideen Alexanders
terung des In: und auständifchen Verkehrs, namentlich, in Bezlehung auf
Übrigens galt er fie einen Anhänger Napoleons. 4807 wutbe er Fini-
Sioärt. Angel. und bald darauf auch Reichskanzler (Präftbent im Reiche:
J. Er begleitete dem Kaifer 1808 nad) Erfurt und ſchloß 1809 den Frie⸗
Khweden. Während der Feldzuge von 1813 — 14 biieb er fh Petersburg
ige des Depart. der auswaͤrt. Angel., die jeboch Im Feldlager des Kaiſers
s felbft geleitet wurden. Nach der Ruͤckkeht beffelden gab er das Porte⸗
ber Grafen Neſſelrode ab. Seitdem lebte Graf R., der dad Gehör bei-
dich verloren hatte, von den Öffentlichen Angelegenheiten entfernt, und
tine großen Relchthuͤmer patriotifchen und wiffenfchdftliäjen Unterneh⸗
Namentlich hatte er großen Theil an der Einführung dis Bell⸗Lancaſter⸗
rrichts; atıf fehre Koſten wurde die Netfe um die Welt durch Morltz von
nögeführt und die Beſchreibung gebrudt. Canova verfertigte für Ihn
: Koloffalftatue bes Friedens, in der einen Hand einen Olzweig haltend
er anbern ſich auf eine Saͤule ftügend, welche die Inſchrift heit: „Frieben
43; Frieden zu Kudfchuck⸗Kainardji 1774; Frieben zu Friedrichsham
ab an den ſeltenen Umſtand erinnert, daß 3 der wichtigſten Friedensſchlüſſe
von Großdater, Vater und Sohn geſchlofſen witden. Als er die Stelle
hetanzlers 1814 niederlegte, ſandte er alle Geſchenke am Gold und Dia⸗
welche er während ſ. Miniſteriums von freiden Höfen erhalten hatte,
iſche Babe an die Inbalidenanſtalt. Ihm verdankt die Selkjiägte ten
30 *
468 Rumoffski
auf feine Koſten feit 1813 in Moskau gedruckten ruſſ. „Codex diple
Dem Prof. Hafe in Paris gab er die bedeutenden Koften zur Herausgal
Diaconus, und der kaiſ. Akad. d. Miffenfch. eine Summe von 25,
B.Aſſ., um fie zu dem Drucke alter ruff. Urkunden und Chroniken zu ı
Er felbft bereifte 1817 fg. daB innere Rußland, um Urkunden, Origin
feltene Manuſcripte u. dgl. für die Nationalgefchichte aufjufuchen und a
Dam ließ er ein fr die Runftgefchichte des Mittelalters merkwuͤrdiges
die Korfunfchen Thuͤren in der Kathedrale zu Nowgorod (mit 46 bibl. ı
Vorſtellungen) durch ben Stagtörath Ad elung (f. d.) befchreiben und t
auf feine Koſten druden. 1820 gründete er auf feinen Gütern (1. S
30,000 Seelen) eine Volks⸗ und Gewerbſchule zu Homel (im Gouve
bilew) unter der Leitung des brit. Weltbuͤrgers Heard. Er vereinigte
umberfchweifende Bettellinder leibeigner Bauern in einem Fluͤgel feines
wo fie gebleibet, verpflegt, nach ber gegenfeitigen Lehrart unterrichtet und
arbeit angehalten wurden. Heard's Nachfolger fest das edle Werk in
Grafen dazu erbauten, zweckmaͤßig eingerichteten Haufe fort. So war
ſchaft Homel durch die mufterhafte Befoͤrderung der Landwirthfchaft, !
bes und des Volksunterrichts ein Vorbild für andre Gutsbeſitzer. Au
man ihre die erſte Ausg. in tatar. Sprache von Abulgaſi's „Geſchichte t
len vind Tataren“ (Kafan 1825 fg.). Graf NIE. N. ftarb im Jan. 18
Petersburg im 73. 3. feines Alter ohne Kinder. Er hinterließ u. A. e
orientalifche Münsfammlung. Sein älterer Bruder, Paul Petrow
ſpaͤt in Kriegsdienſte, lebte zuruͤckgezogen und ftarb ohne Kinder. Der jü
der, Sergei Petrowitſch, war Gefandter am preuß. Hofe zur Zei!
von Friedrich IL, nachher Sefandter in Schweden, zog ſich aber zurdc
noch und hat eine natürliche Tochter. Die 3 Brüder waren nie verheiro
Rumoffsti (Stephan v.), Rußlands erfter Mathematiker und
geb. den 29. Det. 1734 in einem Dorfe des ruff. Gouvernements Wiot
1748 auf Koften der Regierung unter die Zöglinge der peteräburger Ake
aufgenommen und hier vorzüglich von ber Mathematik angezogen. 17°
ihn die Regierung zum Adjuncten gerade in dem Jahre, wo fein ein;
Richmann ein Opfer feiner elektrifchen Verfuche ward. 1754 fdidte |
Berlin, um fi) unter Euler weiter auszubilden, berief ihn 1756 zurüd
trug ihm das mathematifche Lehramt. Er fchrieb 1760 das erfte ruf. L
Mathematik, fo trefflich und Mar, daß er dadurch und ducch feine münt
träge Rußlands Wolf ward, und fich das Verdienſt erwarb, zuerft a
Liebe zur Mathematik geweckt und ihr Studium verbreitet zu haben. J
ward er Abjunct des kaiſ. Aſtronomen Griſchoff, und nach deffen Tode
ihn feine Stelle 1761 zur Reife nad Nertfchinst in Sibirien, um dor
übergang ber Venus vor der Sonnenfcheibe zu beobadıten. Zur Belohı
hierbei der Wiffenfchaft und der Akademie geleifteten Dienſte ernannı
1763 zum kaiſ. Afttonomen. Bald darauf berief Katharina II. au 2
Akademiker, und R. trat mit feinem großen Lehrer in eine noch engere X
da bei der angeorbneten NReorganifation der Akademie Beiden ausſch
geographifche Departement anvertraut ward. Auf R. allein fiel die Be
vaterländifcher Charten. Diefe erfchienen nun zum erften Male in ein
Grade der VBolltommenheit, und man kann fagen, daß R., unterflügt
ler's Rathfchläge, deſſen herrliches Gedaͤchtniß den Gefichtöverluft erfeh
Geographie einen wahren Auffhwung gegeben. 1769 ereignete ſich
noch merkroürbigere Durchgang ber Venus, zu deffen Beobachtung ihn
mie nad) Kola am Eismeere ſchickte. Die Refultatemachte er in einer lat 2
und im 14. Bde. der peteröburger Gommentarien betannt. Bald darauf
Rundgefang Runen 469
tina bie Direction bed Studienweſens einer für junge Griechen neu ers
—— anvertraut; es hatte naͤmlich die ſiegreiche rufſ. Flotte
rchipel uͤber 200 derſelben nad) Petersburg gebracht. 30 J. lang beforgte
Galenber; auch überfegte er Euler’8 ‚Briefe an eine deutfche Pringeffin‘‘
be. Vom J. 1774 an hatte er 3 Jahre lang bie Akademie bei der Kais
die Anklagen ihres Directors in einer Menge Auffäge aller Art zu vers
ches verbrießliche Gefchäft gänzlich feine Zeit in Anfpruch nahm. Spaͤ⸗
die Direction der griech. Anftalt nieder und machte ſich auch vom geos
Departement los, um ſich ganz den mathematifhen Wiffenfchaften
Admen. Mit welchem Erfolge, beweifen bie neuen Commientarien ber
Dei der neu errichteten Akademie, welche binnen 5 Jahren das „Woͤr⸗
ruſſ. Sprache” in 6 Bhn. herausgab, war er ebenfalls fehr thätig.
in arbeitete er gemeinfchaftlich an der ruffifchen überſetzung Buffon's.
ıb biieb er ein fleißgiger Beobachter bes Himmels und noch im hohen
3 und 1799) ertheilte er den Dfficieren, welche Kaifer Paul für das weiße
a6 Eismeer beflimmte, um bier nautifche und geographifche Beobach⸗
Sicherung der Schifffahrt umd zur Befoͤrderung der Erdkunde anzu⸗
onomifchen Unterricht, im Gebrauch ber Spiegelkreife, kuͤnſtlicher Ho⸗
mw. Alexander ernannte ihn zum Curator der neugeflifteten Univerfität
ſolcher war R. zugleich, Mitgl. d. Oberfchuldirection in Rußland. 1.
dgefang, ein zum gefelligen Geſang beflimmtes Gebicht, in welchen
nach jeder Strophe, entweder unverändert oder mit einer Heinen Verän-
e einem Zufage vom ganzen Chor wiederholt werden. Entweber machen
den Schluß jeder Strophe, ober auch den Anfang berfelben aus, oder
adere Verſe, welche immer wiederkehren. Bon diefer Art ift der Rund⸗
Voß: „Freund, ich achte nicht des Mahles u. ſ. w.“ Dies Gedicht gleicht
in der Muſik, wo da6 Thema nad) kleinem Zwifchenfpiel immer wies
r im Zutti wiederholt wirb. Ms.
en. on einigen Gelehrten wird das Alter dieſes den nordiſch
jermanen und Skandinaviern) eignen Alphabets weit vor die chrifttiche
g hinausgeruͤckt, von andern ift deffen Entftehung erſt nad) Chr. Geb.
ven. Die Ähnlichkeit, die einige Runenbuchftaben mit ihnen verwand⸗
en haben, kann ihre Abflammung von dem römifchen Alphabet nicht
‚a fie nur bei einigen flattfindet, bei andern aber durchaus nicht nachs
tz; auch hat das Alphabet der Runen nur 16 Buchſtaben, eine Mans
t, die ſich ſchwerlich finden dürfte, wenn die Skandinavier dieſe dem
ifhen ABC nachgebildet hätten. Da indeß den fo lange in Unwiſſen⸗
n nordifhen Völkern eine eigne Erfindung von Buchſtabenſchrift nicht
men ift, fo Eönnte man der von Sr. Schlegel in f. „Worlefungen über
eue Literatur’ aufgeftellten Öppothefe folgen, nach welcher die Buchs
durch die bekanntlich im hoͤchſten Alterthum fchon die Meere und auch
efahrenden Phönizier den Anwohnern jener Küfte befannt wurde, wor⸗
r-ihnen eignen Runen bildeten, deren Gebrauch von ber ziemlich ges
Priefterkafte bewahrt und zu mancherlei magifchen ober vorgeblich zaus
Imften verwendet wurde. Die Ahnlichkeit mit manchen Schriftzügen
Bann gegen diefe Annahme Nichts bemeifen, da diefe ja audy ihre Schrift
m öftlichen Quelle erhielten, daher nothwendig eine Stammverwandts
Ngen muß. Daß auch in Spanien u. a. fübmeftl. europäifchen Landen
Re von Runen und Runenfteinen (mit Runenſchrift bezeichnete
zu Grabmonumenten, Markbezeichnungen u. dgl. dienten) finden, ift
ammverwandtfchaft der neuern Bewohner jener Gegenden feit den Zei⸗
kerwanderung mit den Einw. des alten Germaniens und Stankinanien®
410 Kunſtaͤbe Rugſcſuk
erklaͤrlich. W. C. Grimm in ſ. Schrift: „Über deutſche Runen’ (Bit
hat zu erweiſen geſucht, Daß die Deutfchen wahrſcheinlich ſchon in vorgefd
Zeit eine Buchftabenfchrift von mehr als zufälliger Ähnlichkeit mit dem g
andern Alphabeten erhalten haben, und daß die im engern Sinne fogm.
Runen (bie ber noxbelbiichen Sachfen und auch wol andrer Möller Dew
ber Mitte ſtehen zwiſchen den alten norbifchen (ſtandinaviſchen) und b
kfchen Runen, ſodaß fie, von erflern ausgegangen, letztere erzeugt
feinen. Das Wort Rune erklärt er wie Mone, von runen, d. I, rigen
leiten es her von raunen, flüftern, daher Geheimfchrift. Mach Dahın
‚Kopp find bie norbifchen Runen jünger als man gewöhnlich glaubt. Die
dices der nordiſchen Literatur find erweitlich jünger, als bie in ger
chrift abgefaßten. Auch Langebeck fand 1753 in Bothland, daß keir
len dafigen Runenfchriften über d. J. 1200 hinausging; die jüngfen ı
1449, (Ba. Brunjuif’s Schrift über Rınenu.d.I.Nyerup.)
Runſtaͤbe, Runenftäbe, Signalftäbe, wurden bei b
(hen Völkern im Norden gewiffe aus Weidenholz verfertigte Stäbe ger
benen mancherlei, vorgeblich Zauberkraft ig fich tragende Charaktere ein
waren, mit welchen bann die Priefter und andre von den Göttern beguͤn
fonen Wunder: und Zauberwerke verrichten zu Binnen vorgaben. (Mol.
Auch wurden dergl. Schriftftäbe von den Altern Bewohnern Schwedens
wegens zur Bezeichnung der Zeitfolge gebraucht. Noch heutige® Tages
dort unter ben Landleuten dev Gebrauch, ſich bezeichneter Stäbe flatt de
zu bedienen.
Runkelrübenzucker, f. Zuder.
Runzeln, Hautfalten, welche dann entfliehen, wenn die Haut
als die heile, welche fie umgibt. Wenn daher die Haut urfprünglid;
und nach erfchlafft, wenn’ die unterhalb derſelben befindlichen Theile,
Sett!is., gänzlich ſchwindet und die Haut fich nicht verhaͤltnißmaͤßig zufan
oder wenn die Haut fehr häufig bewegt wird, fo müffen Runzeln entitet
beobachtet man fie vorzüglich bei alten, fehr leibenfchaftlichen Leuten, |
valefcenten unb Kranken, welche an Außzehrung leiden. Sie erfchein:
lich im Gefichte, bei Frauen um die Brüfte und am Unterleibe (in
Schwangerſchaften). Warme Bäder vermehren die Dispofition zu
weil fie die Haut erſchlaffen.
. Rupte, eine oftindifche Münze, deren flaches Bepräge gewöhnt
files Sprache den Namen und Titel des Nabobs, unter dem, fowie
und die Provinz anzeigt, wann und wo fie gefchlagen worden. Die 6
betragen ungefähr 9 Thlr. an Werth, die filbernen gewöhnlich 18 Sr. ;
fich fein beftimmter Preis annehmen, da die Münzen verftorbener Kürfl
indien Immer gegen die der lebenden Etwas verlieren. — 100,000 Si
machen 1 Lad, 100 Lad 1 Garon.
Ruscſuk, auch Ruſtſchuck, in Bulgarien, Sandfchaf Nik:
auf dem rechten, böhern Ufer der Donau, wo diefe den komm aufniı
Giurgewo ziemlich gegenüber. Die Stadt, ehedem eine bedeutende Zei
weitläufige Werke und ein feſtes Schloß. Seit dem legten Wiederaufb:
zählt fie 6O0O H., die Worftäbte mitgerechnet, iſt der Sit eines griech. €
eines Hauptzollamts, und ihre 30,000 E., theild Türken, thells Griecht
nier, Bigeuner und Juden, treiben einen lebhaften Verkehr und unterhalt
Woll:, Baummolls, Leder⸗, Taback⸗ und ähnliche Fabriken. R. iſt⸗
punkt militairiſcher Operationen. Dies war ber Fall in den Feldzuͤgen!
gegen die Kürten 1809 und 1810. Er wurde endlich, fowie Giurgemı
einer für die Türken ſehr günftigen Übereinkunft den Ruflen eingeräumt,
Ruffiich -beutfcher Krieg (1818 — 15) | 471
hrend einer ungefchicten und mehrmals vergeblichen Belagerung und
j über 12,000 M. gekoſtet. Bei ber Wiebereröffnung bes Feldzugs,
tn die Türken ihre ganze Aufmerkſamkeit auf Ruscſuk; die Ruffen
nur vertheibigungstweife verhalten, da der Kampf mit Frankreich ihre
te in Anſpruch nahm. Kutufoff, der an des Fuͤrſten Proforomsti Stelle
ehl an der Donau übernommen hatte, fühlte fih zu ſchwach, um hier
utendes zu unternehmen, und waß er that, läßt mit Grund vermuthen,
Krieg weit geſchickter politifch führte. Er ließ zwar R. fo viel als
Bertheidigungsftand fegen, fand aber bald, dag er es nicht halten koͤnne.
zu dedien, wählte ex das befle Mittel, rüdte am 1. und 2. Juli ber
md ging, obwol nur 14,000 M. ftark, dem Großvezier Achmed, dem
:heidiger yon Brailow, der mit 60,000 M. und 78 Sthd Geſchuͤtz
ge von Rasyrab her z0g, entgegen. Achmed fand die Ruſſen 4 Delle
und griff fie am 4 Zuli mit ungemeiner Überlegung an. Indem er
Fluͤgel, unter Effen, befhäftigte, fuchte er den linken, unter Langeron,
em feiner Reiterei und von der rtlichkeit begünfkigt, zu. überwältigen.
:te8 Corps Türken follte während der Schladht die Muffen umgehen
m Rüden R. mit Sturm nehmen, was bei der ſchwachen Beſatzung
n wäre. Die ruffifche Neiterei wurde auch wirklich beim erften Ans
fen in Unordnung und zum Weichen gebracht. Allein unerfchätters
3 Fußvolk Stand; das 7. Jaͤgerregiment Insbefondere gewann durch
and pünktlich ausgeführte Manoeuvre eine Anhöhe, von welcher aus
ıgen der Türken Einhalt gethan werden Eonnte. Dies pflegt denn
der Wendepunft in den Gefechten mit ben Türken zu fein. So auch
uffen fammelten ihre Reiterei, gingen mit vereinter Kraft zum Angriff
iebem Die vom panifhen Schrecken ergriffenen Türken bis in ihr vers
zer zuruͤckk Gie geftehen felbft zu, daß fie mit ihnen leicht dort ein-
» deren Niederlage vollenden konnten, vom Oberbefehlshaber jedoch
l hierzu erhielten. Nach einer Weile gegenfeitigen ruhigen Anfchauens
in ihre vorige Stellung. Kutufoff ging fogar ungeachtet feines merk⸗
ieges, der ihm etwa 800 M., den Türen 1500 M. Eoftete, am Abend
k und über die Donau zurüd. Er ließ die Stadt abbrennen, aber bie
en zu fprengen verfäumt. Befonders hatten fich in ber Schlacht Bes
on, MWoinoff und Oberft Benkendorf ausgezeichnet. — R. bileb nun
dee ſtreitige Punkt, und die folgenden Ereigniffe würben ein fonders
uf Kutufoffs Maͤßigung werfen und des Großveziers Feldherrntalent
atten flellen, wenn nicht aus dem Ganzen hervorginge, daß Beide den
en unter Gefechten im Geheim vorbereiteten, die Erfolge der Waffen
weit beachteten, als fie den Hauptzweck geriffermaßen maskirten. 5.
ifh:deutfcher Krieg von 1812 bis mit 1815. Zwi—⸗
eich und Rußland hatte fich, fo fehr aud) die Zufammenkunft der Herr⸗
iden Ländern zu Erfurt, 1808, einen dauerhaften Frieden (zumal bei
ifchen Lage ihrer Staaten) zu verbürgen ſchien, ſchon feit 1809 gegen:
zeugt. Der geringe Antheil, den das Außerft langfam heranruͤckende
er Ruffen an dem Kriege gegen Oſtreich nahm, zeigte deutlich, daß
hlshaber von Petersburg aus politifche Umficht empfohlen war. Zus
jeder ruffifche Hafen den Engländern, wenn fie amerikanifche Flagge
weöffnet, während bie franz. Waaren ſtreng verboten wurden. Dadurch
apoleon veranlaßt, gleihfam mur um feinen Handelsverboten gegen
wicht zu geben, fich der deutfchen Nordfeeküfte zu bemächtigen und ben
Dibenburg, einen nahen Verwandten Aleranders, zu vertreiben. Ruß⸗
ste nachdruͤcklich hiergegm, und 5 ruff. Divifionen nahmen dreco
472 Kuſſiſch⸗ deutſcher Krieg (1812— 15)
(1811) eine Stellung gegm Warfchau hin ein; dagegen ließ Napoleon bie |
fels und Oberfeflungen in Belagerungsftand erklaͤren, ſchickte große X
dahin und befegte Schwediſchpommern, weil Karl XII. von Schweden ein
Buͤndniß mit Frankreich ablehnte. Der urfprüngliche DOperationdplan
war offenfiv, und man hatte befchloffen, die Annäherung der Sranzofen
Oder als eine Kriegserklärung anzufehen, die ruſſ. Heere in Preußen
Inffen, ſich der Sefinnungen dieſes Staats zu verfihern und bie Sein
‚anzufangen. Allein politifhe Erwägungen, beſonders auch die Lage
riethen zur Aufgebung dieſes Plans. Sranzöfifcher Seits deuteten die
vieler Fürften und Könige, feibft des oͤſtreich. Kaiſers, nach Dresden,
ein ungeheures Beginnen, obſchon Napoleons Abreife von Paris, bem „
zufolge, nichts als eine Muſterung der großen Weichſelarmee beabfichtigm
Vielleicht hoffte er feibft noch den Rieſenkampf nady feinen Anfichten a
tönnen; wenigſtens war deßhalb der alte, gewandte, aber redliche Graf v.
in das Lager Aleranders nady Wilna abgegangen. Denn wol mochte ihm
mer hartnädiger toerdende, Menſchen und Geld verzehrende Kampf auf
nätfchen Halbinfel ale Hinderniß erfcheinen; aber eines Theils berechnete
fein faft auf 1 Mitt. fleigendes Heer, das er durch eine neuerrichtete, 80,
ſtarke Nationalgarde gänzlidy mobil machte, dem Kampfe hier und dort g
fein Eönne, andern Theile verließ er fich auf eine große Maſſe von Huͤlfskt
ihm befonders der Rheinbund (100,000 DM.) gewährte, und endlich auf
freiwillige, Halb abgedrungene Buͤndniß mit Preußen und Öftreich, welches
beiden Flanken dedtte, den Ruͤckzug ficherte und zufammen 60,000 M. dergal
So feste fich denn, als Napoleons Gefandter unverrichteter Sache nad Du
zuruͤckkehrte, I Mit. Krieger (Deutfche, Italiener, Sranzofen, Polen, Schw
in der Kriegegefangenfchaft gezmwungene Spanier und Portugiefen) mit
1200 Kanonen am Ende bes Juni in Bewegung, um jenfeits des Niement
Weichſel die Ruffen aufzuſuchen. Diefe nahmen in 3 Armeecorps eine
Kiew, Smolenst, nad) Riga ein. Die erfte Weftarmee (127,000 MR.) in
und Kurland, fland unter Barclai de Tolly, dem bisherigen Kriegsminifi
Wittgenftein unter fidy hatte; die andre Weftarmee (48,000 DR.) befe
Fuͤrſt Bagration, zwiſchen Smolensk und Kiew. Ein Berbinbungscorpd
zwifchen beiden al& dritte Corps ber General Doktoroff. Übrigens
Waaren, Archive ſchon laͤngſt ins Innere gebracht, Riga, Smolenst ıc.
und an ber Düna ein verfchanztes Lager angelegt. Napoleon, ſchon in
der uff. Grenze, machte noch einen diplomatiſchen Verſuch, und ſandte den &
Lauriſton, der fruͤher Geſandter in Petersburg gewefen war, zum Kaifer Alter
aber die Gemuͤther waren zu entzweit, die Spannung zu groß, und Napolecn
in feiner gewoͤhnlichen Sprache: „Die Überwundenen nehmen den Ton dee
ger an. Das Verhängniß reißt fie hin. Ihr Schickſal möge erfüllt werben
Den 24. Juni paffitte die Hauptmacht feiner Truppen den Niemen,
übrigen tiefer unten über die Weichfel gingen. Die Ruffen wurden, ba der
gang *) dicht beim Einfluß der Wilna gefchah und auch diefe uͤberſchritten w
..*) Länge des Niemen ftand bis Grodno bie erfte ruffifche Weftarmee, 6 3a
ries und 2 Gavaleriecorps ; die zweite Weftarmee ftand in der Gegend von
Infanteries und ein Gavaleriecorpe. Die Verbindung zwifchen beiden machte He
Platoff mit 10,000 Kofaden bei Bialyflod. Die Armee von Volhynien unter
maffoff bei Lug zählte in 2 Infanterie und einer Gavaleriebivifion etwa 20,00
In Kurland dedite Riga der General Effen mit etwa 10,000 M. ine Referue
vom General Miloradowitfch in Nomgorod, eine andre vom General Ürtel in |
lensk gebildet. Außerdem ftanden 16,000 M. unter Steinheil in Finnland, weich
terbin nebft ber aus Petersburg nachkommenden 25. Infanteriebivifion das Wi
ſtein ſche Corps verftärkten. Exit im Sept, vereinigte I a8 feat noch mit den
Kuſſiſch⸗deutſcher Krieg (1812 — 15) 478
ihrer Linken Flanke floß, bie nach der Dima hin umgangen, von ber zwels
ırmee völlig getrennt, und entweder zu einer Hauptſchlacht mit getheilter
er zu einem ſchleunigen Nüdzug gezwungen. Sie wählten den legtern
ten ihre großen Magazine auf, bie ihrem rechten Flügel hatten Unterhalt
ollen. — Wilna, vorher Aleranders Hauptquartier, warb nun das von
, ber hier (ein bedeutender Nebenzweck diefes Krieges) Polens Wieder:
g organifirte, und theil® darum, theils aus bem Grunde hier weilte, weil
n Nachrichten von den Operationen des rechten Fluͤgels unter Ponia⸗
Schwarzenberg und Regnier fehlte, welche unter dem Oberbefehl des Koͤ⸗
Beftfalen ftanden. Er hatte den Auftrag, die zweite Weſtarmee ber
on der erften durch den Marſch nach Wilna getrennt, in diefer Zrennung
n und jede Vereinigung weiter ruͤckwaͤrts zu erſchweren, was auch ber
Davouft, der ſich links in der Flanke des Könige von Weſtfalen anfchloß,
Usog, dag das Corps des Generals Doktoroff von der Bagration'ſchen
ie von der Barclai be Zoliy’fchen Weftarmee getrennt und faft [yon um:
rx, als ein 36ftündiger Regen die Straßen unwegſam machte, und durd)
ye Kälte nad) ber entfeglidyen Hitze die durch Mangel aller Art entkraͤfte⸗
: der Franzoſen zu Zaufenden tödtete, ſodaß Doftoroff mit mäßigem Vers
n. Die Vorficht, Kühnheit und Tapferkeit des Sürften Bagration, bei
Mangel an militairifchen Scharfblid von Seiten des weftfätifchen Koͤ⸗
itelten ebenfalls die Plane gegen ihn; es glüdte ihm fogat, auf f. Rüd:
fen in Romanoff zu überfallm und ein Corps von 6000 M. zufanımen-
n Volhynien aber ben General Zormaffoff ftehen zu laffen, der dem franz.
igte 85,000 M. ftarke Heer Kutufoff's mit Tormaffoff. Überdies wurden
dem Einbruche des Feindes Miligen in Moskau, Petersburg u. a. D. zur
bes Heeres gebildet; ſolche Milizen fochten bei Borodino und in ber ſpaͤ⸗
n mit, und mehre Divifionen berfelben befanden fidy 1313 bei dem Deere
and. Der ruff. Feldzugsplan war dahin berechnet, dem entfcheidenten Schlage
ug fo lange auszumeichen, bie der Feind von feinen Huͤlfsquellen entfernt
die Maͤrſche in verbeerten Landftrichen gefchrrächt, Las eigne Heer aber durch
ieben aller indeß ausgebildeten Streitmittel fo bedeutend verftärkt fein wuͤrde,
n in der Schlacht entfcheidendes Übergewicht nicht fehlen könnte. Die auf
zeln detachirten Corps follten den vorruͤckenden Feind hindern, durch entfen:
en mehr Breite zu gewinnen, bem gefchlagenen aber zum Verderben gerei-
4 war dabei auf tas nach Abfchluß des Friedens mit ber Pforte mögliche -
der Moltauarmee gerechnet. Indeß veranlaftten Örtliche oder perfönliche
e manchen Mißariff in der Ausführung. Napoleons Kriegeplan war bage:
einer ganzen Macht die Ruſſen zur Schlacht zu zwingen, fie nad) ber Nic:
zureiben und, raſch nad) der Hauptſtadt vordringend, den Frieden vorzu:
Schwaͤchere Seitencorps fellten indeß feine Verbindungslinie mit Deutfch:
, des Beindes Dülfsquellen ſchwaͤchen und denfelben zu falſchen Schritten ver-
ein ber durch das Gluͤck verwoͤhnte Feldherr beging ben Fehler, den Krieg
wie in ber Lombardei ohne Magazine fuhren zu wollen; er überfab, daß
yonnene Land immer nur in verbältnißmäßig neringer Breite beherrfchte, und
Feind in dem Befige feiner Huͤlfsquellen laffen müffes er verrechnete ſich
3 in ber Perföntichkeit feines Gcanere. Dody benugte er den Hauptfehler
; — bie auseinandergedehnte Aufitellung der beiden Weftarmeen — vor:
ıdem er bei Kowno über den Niemen und rafdı auf Wilna vorging. Hier:
te Murat die abgefchnittene erfte Weftarmee, bie ſich in bas verfchanzte Ra:
iffa zuruͤctzog. Macdonald drängte den General Effen gegen Mictau, Dubi:
Bittgerftein über Willomirz zurüd. Zwei Diviftonen unter Kamensky wur:
x reiten Weftarmee getrennt und zogen fich zu dem Corps in Volhynien.
I Eeyur fchreibt irrig dem General Barclai ten Plan bes Rüdzuges 1312
das Merk des früher in preuß. Dienften aeftandenen Generals von Phull,
wegen dieſes Projects von den Ruffen achaßt, die Armee verlaffen mußte
ch England begab. Barclai war in Phull's Idee eingenangen, weil (ir
ıftänden angemeffenfte war, Bagration aber nicht.
474 Kuſſiſch-deutſcher Krieg (1812 — 16)
Außerflen rechten Flügel nicht allein fortwährend die Spige bot, fonbern
einen fühnen Zug in feine Flanke eine ganze Brigade der Sachſen in K
27. Juli) gefangen nahm. Endlich gelang es ihm bei Mohilew, fid
ganzen Macht auf ben Marſchall Davouft zu werfen, der zwar einfichtt
berftand Leiftete, aber dennoch nicht ohne ben größten Verluſt entke
würde, wenn nicht Bagration jeden Augenblid die Corps des Königs
falen in f. Flanke hätte fürchten muͤſſen. — Als die Kunde von dem Aue
eingegangen war, eilte Napoleon feinen Truppen nach, die bereits an
ſtanden, wo fie die Ruffen in ihrem großen, verfchanzten Rager beoba
bedeutenden Verluſt durch ihre Ausfälle erlitten hatten. Eine Schi
währte ben Ruffen den Vorteil, nach Willkür auf dem einen ober |
Ufer der Duͤna ihre Hauptmaffen aufjuftellen. Das Lager war dufer
die Kunft, wie durch die Natur, da die Anhöhen bes rechten Ufer das I
Then. Napoleon ließ es jedody auf der Straße von Polocze umgehen,
frühern Folgen feines trefflic, berechneten Durchſchneidens der ruff. Lin
gut gemacht, d. h. die beiden ruſſ. Weſtarmeen noch nicht vereint war
abermals den Ruffen nichts übrig, als mit der halben Kraft aufgerieben
oder das Lager zu räumen und nad) dem Dnepr hinzueilen, wo fi Ba
zufchließen hoffte. Nur der Kürft Wittgenflein blieb ſtehen, um bie (
Petersburg zu decken und die Einſchließung Rigas zu hemmen. Das fr
beer, mit Ausnahme dreier Corps unter dem Herzog von Reggio, Ma
St.⸗Cyr, die Riga blofirten und die Straße nad) Petersburg wegzunı
ten (maß eine Menge biutiger, Nichts entfcheidender Kämpfe verurſo
num theils über die Düna, theil6 laͤngs derfelben nach den wolgonskiſc
das ruff. Heer verfolgend, deſſen Nachtrab oft bedeutende Gefechte aı
namentlid vom 25. bie 27. Juli bei und hinter Oſtrowno jeden Zuß b
flreitig machte. Nur der immer in die Mitte hereindringende Marſcha
der Bagration’d und Barclai de Tolly's Heer keilfoͤrmig auseinander h
fie endlich doch, wiederum das Feld zu raͤumen und nach Smolensk zu
Dige und Mangel aller Art wirkten indeß im franz. Deere fo nachthei
eine 1Otägige Raſt in diefem ziemlich fruchtbaren Landſtriche machen m
rend welcher fich endlich die beiden getrennten ruff. Deere unter den 9
Smolensk vereinten. Diefe gingen nun fogleich zum Angriff über. *)
fielen mit 12,000 M. Reiterei ben General Sebaftiani am 8. Aug. und
4 Stunde mit Verluſt zuräd. Am 17. fegte fid) die Hauptmaffe fe
megung, dem franz. Deer die Spige zu bieten, das bereit am 10. a
war, wo möglich eine Hauptſchlacht zu liefern. Als Napoleon feine ®
ruſſ. rechten Flügel zu umgehen, vereitelt fab, ließ er f. rechten Fluͤgel
unter Poniatowski in Geſchwindmaͤrſchen heraneilen, um die Ruffen v
abzufdneiden. Dagegen eilte Bagration, biefe Straße feftzubalten, ı
de Tolly fuchte den Keind fo lange ab: und aufzuhalten al6 möglich.
ehemals fehr feſte Smolensk und die ganze Stellung am Dnepr, b
dies in fomeit, daß die Franzoſen erft um Mitternacht, nadj einem Verl
len Zaufenden, dieſes Bollwerk am 17. einnahmen, nachdem es größte
Ruine geworden war. Das franz. Deer mar nun im Beſitz der Straße
kau und bildete ein Dreieck, mit der linken Spige vor Riga, mit der
Bug, und mit der vorberfien am Dnepr, in Smolenst; links und im’!
es leidlich, aber aͤußerſt fchlecht auf der rechten Stande bafirt, wo die R
*) Nach ruffifhen Berichten war bei Smolensk nur bie erfte Armee
da die zweite fich gleich nach der Vereinigung in Eilmaͤrſchen nah Dogor
gen und hinter fi den Weg nah Moskau gebedt hatte Rach dem Lrefi
ten fi beide trog ber Anftrengungen tes Feindes zum zweiten Maf,
. uffißch= deutfcher Krieg (1812 — 15) 475
joifßen immer Nedereien verübte. — Schon den 19. Aug. rüdte Napoleon
den Ruffen nach, deren Nachhut bei Volontina dem franz. Vortrab
all Ney die Stim bot. Schon war ihr der Herzog von Abrantes,
surh@geichidten Hieronymus von Weftfalen Stelte einnahm, !n den Rüden
1, als der Kern der ruſſ. Hauptmacht zu ihrer Unterflügung heraneilte;
39 es ihre, den 10 Stunden langen Engpaß, wiewol mit großem Ders
ulegen. Raſtlos ging das ruff. Heer zuruͤck und brannte alle Städte,
es zog, nieder. Ebenſo raſtlos folgten die immer mehr durch Mangel und
den Truppen Napoleond. Indeß mußte Barclat de Zolly den Obers
greifen Kutufoff abtreten, der im eben geendigten Tuͤrkenkriege neue
geerntet hatte. Durch Landmwehrtruppen und Reſerven verftärkt, beſchloß
von Moskau, in einer feften Steuung, die fo gut, al& die Zeit es zu>
hanzt war, ben Feind zu erwarten. Am 5. Sept. lagerten fich die Fran⸗
gmüber und nod am Abend wurbe bereit eins der Außenwerke vom ruff.
mach dem furchtbarften Gemegel genommen, und am 7. mit Aufgang der
Seganın die blutigfie Schlacht in biefem Kriege, wo die Einen fämpften,
Wbehrungen und Leiden durch einen Hauptſchlag endlid) ein Ziel zu ſetzen,
em, das Vaterland zu vertheidigen und die Hauptfladt zu retten. (S.
wa, die Schlacht a. d.) — Die Ruffen verloren auf 25,000 M., 10,000.
a die Stanzofen ein; die Zahl der Verwundeten läßt ſich nicht beflimmen.
die Muffen im Mittel durch die unerfchütterliche Beharrlichkeit von Ney
Micekönig durchbrochen waren, fo blieben fie doch rechts und links Meifter
Schlachtfeldes, und Eonnten,sohne bedeutenden Verluſt an Gefchüg, noch we⸗
Gefangenen zu erleiden, ſich nad Motlau zurüdziehen, da Napoleons
nad) 2 Wagen Erholung in 2 großen Abtheilungen nachfolgen Eonnge,
Die eine die Rufen in die Flanke zu nehmen beftimmt war. Kutufoff wagte
noch eine Schlacht vor Moskaus Thoren zu liefern. Er zog fich hindurch
De den Flammen und den Sranzofen preis, die den 14. Sept. in das öde
au (f. d.) einrüdten. Die Stadt ward der Zerſtoͤrung geweiht, und alle
4, die man auf ihren Beſitz gegruͤndet hatte, war vereitelt. Kutuſoff ſtellte
iu einen Flankenmarſch füdlid) davon bei Kaluga auf, und drohte, bie Ver
der Sranzofen mit ihrer Bafis an der Weichfel jeden Augenblick zu unter:
Seine Kofaden ftreiften nach Smolenst hin. Wereja, füdlid, von Moss
a, gleichfam ein [hügender Poften für bie Sranzofen, ward von ihm durch
anı 29. Sept. erobert. Nichts Eonnte das franz. Heer retten, als fchleunis
macſch oder Friede. Zum legtern machte ſich Napoleon um fo mehr Hoff:
ha er zum erſtern zu ſtolz war. Mit jedem Tage flieg das Elend f. Heeres,
| da die geretteten Vorräthe mehr verſchwendet als benutzt wurden und das
ten mitten unter den ruſſ. zufammenlaufenden Bauern und Kofaden ims
blicher ward. Als Kutuſoff endlich von allen Seiten durch Landmilizen,
Mufgebot Alerander im Sommer felbft geleitet hatte, und Koſacken in eben
fe verflärkt war, ala das franz. Heer verlor (man berechnet den Abgang in
we durch Hunger, Meuchelmord, Überfälle der Marodeurs ıc. auf 40,000
„legte er die Maske der Friedensunterhandlungen fo ſchnell ab, daß er am
jet. unter dem General Bennisfen ein ſtarkes Corps bei Tarutino Über die
Rt verrauthenden Stanzofen, von Murat und Sebaftiani befehligt, herfallen
) fie mit großem Verluſt an Todten, Gefangenen und Geſchuͤtz zuruͤcktrieb.
Mat Napoleon aus Noth, was er 4 Wochen früher freiwillig hätte thun
: räumte Moskau ben 19. Dct.
Darch die anfaͤngliche Richtung gegen Kaluga gewann er zwar einen Marfch
Mtufoff; allein nach dem Treffen bei Malo:Saroslameg (24. Dct.),
Beicyens fich die Ruſſen zuruͤckzogen und Napoleon uͤber diefen Umftantı ent»
er gahlselcher angriffen.
—S Allein umſonſt hatten alle Heere
, Rahrüng, Kieider zu finden, Der Friede mie der
Be fa Fo aubt, «ger
5 Te In atmen m eg
and fen ” i
bie Berefina 108, Fe ber
ie um fo Rapoleon ging absufhneiben. FR
d. 13, Smolenek verlaffen und mie dem Verluſte zweier
—S bei einer Kälte von 12— 18 Grab, ohne
AG die zu Kaufenden nieberftlrzenden Pferde getwährten, eifen, dem
$ufemmenelenben Feind zuvorgufommen.
mm; Ben. elte nad vom be Rranei
der kohnten die beiden — der — em
bei — Truppen hatte
das finnl erftärt worden war, ben:
da fie über die Din gurückgehen mußten, Doc gelang,
bei Gpasnidi mit dem 9. Corps au vereinigen und
Be * i zuptichzunveifen. : Mr — wondte fü
m Gegner immer nachzubri
Baer ® der Berefina feinem a
fa ıvar die Armee: von Volhynien den 12. Aug. i
enter * bei Poddobna geſchlagen und bis
on ‚worben. Allein durch die Donauarmee um bas
ae Corps bald zum Ruͤckzuge, worauf ihr ‚Deerf
den Genre @adın mit 25,000 M. bei Vrzesc ji x
der Richtung nad) Minsk ü in den Rüden ded fras —
Sorpt wollten ibn aufhalten, wurden aber — ve
und als fie dieſen den 16, Nov; bei Wolkorvisk gefchl
— etrieben hatten, gelang es Tſqitſchakotf, ig
Dberften Ggernitfcheff von feinem Marfche n
* Minetk einzutreffen; bier raſtete er 3
* Fe und breitete — N Fe
außz zuf auptarmee war an biefem —
hätte Wittgenftein ſich an Iſchitſcheloff anfchtiehen ſoen
'. die Divifion Partonmeaur vom 9. Corps, nahm
en berwerfftellig te Ropoleon, obwol mit großem Werkuf
1a, —— rate aloff nur erfchierett, nicht
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BRuffich-deutfcher Krieg (1812 — 15) 477
den Mangel mit jedem Tage fleigende Kälte brachte bie Unordnung, bas
d die Verzweißung aufs hoͤchſte. Am 3. Dec. erließ Napoleon fein 29.
aus Molodetſchno und am 4. übergab er dem König von Neapel in Smor⸗
tDeszbefehl, er ſelbſt eilte im ſtrengſten Incognito über Warfchau und
nach Paris. Marfchälie, Dfficiere hohen und niedern Standes folgten
pisle des Kaiſers. Keine Compagnie hielt mehr zufammen. Alles fuchte
Beben, und wo möglich fremde Beute, oder bie den Kameraden abgenoms
‚gu zeiten. Noch in Wilna wurden die lepten Reſte überfallen und nach
nen zu getrieben, hinter dem fie fidy dann nach allen Richtungen zerftreus
te Peſt, wohn fie kamen, mit fidy brachten. Dom ganzen Deere, das den
za Juni überfchritt, kam faft nur das preuß. Corps zuruͤck, das ſich aber
ı Gapitulation (bei Zauroggen, 30. Dec.) rettete und unter York in Preu⸗
a blieb. Auch die Öftreicher und Sachſen zogen fi, bis auf Warfchau
rängt, nad) ihren Grenzen.
? Sapitulation des preuß. Generald York war das Zeichen zum (Fr:
es preußiſchen Volks, das feit 5 Jahren von Napoleon gedemüthigt und
beit worden war. Der König ging den 22. San. von Potsdam nad
ab und rief fhon am 3. Febr. 1813 alle Wehr: und Waffenfählge zum
ke das Vaterland auf. Noch gab er den Zwed nicht an, allein fein Volt
ihn, und mit nie gefehener Begeifterung kamen aus allen Gegenden Zaus
h den Sammelplägen; Zaufende, zu alt zum Kampf, gaben den legten
anig. Vergebens hatten ſich die Franzoſen durch ihre legten Reſerven,
Gil zuſammengeraffte Zruppen an dem Pregel, an der Weichfel, an ber
halten gefucht. Die Ruffen drangen zwar langfam, aber mit Übermacht
ı Duntten vor, und der Vicekoͤnig von Stalien, welchem Napoleon den
bi übergeben hatte, konnte nicht thun, als mit möglichft geringem Ver:
e die Elbe zurückgehen. Es war den 8. Märs, ald er nach dem legten
über diefelbe fi nad) Magdeburg zog. — Nun erklärte Preußen an
h den Krieg und ſchloß mit Rußland ein Buͤndniß. Darauf fprady Kutus
fruf zu Kalifch die Aufldfung des Rheinbundes aus (25. März). Unters
Napoleon in Frankreich ein neues Heer gebildet, da8 am Ende des März
Mhein ging. Allein Öftreich war neutral, ber Rheinbund ohne Kräfte und
Iien, im nördlichen Deutfchland faft allgemeiner Volksaufftand ; längs der
bis an bie Weſer bedurfte eg nur einiger Zelt, um das Volk zu beiwaffnen,
wuͤthender als in vielen andern deutichen Ländern war, weil es unmittelbar
er von ber franz. Hersfchaft gedrückt worden mar. Napoleon verfannte die
uicht, und eilte, die nöthigften Streitkräfte nach den bedrohteften Punkten
ven. Zum Btüd für ihn waren die Preußen und Ruſſen nicht im Stande,
geringen Widerftande, ben fie fanden, den vollen Vortheil zu ziehen. Die
er Ruffen waren ziemlich erfchöpft, die der Preußen mußten erft gebildet
die Einſchließung der Feſtungen an der Oder und Weichfel hatte viel Ins
meggenommen, Kutufoff zeigte wenig Ernſt für Deutfchlands Befreiung,
Ite fie nicht von Sachſen aus, fonbern an ber Unterelbe verfucht wiſſen;
or bie Zeit durch Unterhandlungen mit Sachſens König, während Kutufoff
zb und (28. Apr.) in Bunzlau farb. — &o Eonnte der Vicekoͤnig die liber:
es Heeres unter den Willen Magbeburgs vereinigen und felbft gegen Ber:
ingen, was zu bem an fi, Nichts entfcheidenden Treffen bei Leitzkau oder
(5. Apr.) Anlaß gab, während Vandamme und Davouft zroifchen der
ıd Unterelbe bie Volksgaͤhrung mit eiferner Hand unterdrüdten und bie
amburg bedrohten, die ihre Joch am muthigften abgefchlittelt hatte, als
Bühnen Zettenborn daB ganze rechte Elbufer von ben Sranzofen gereinigt
ar. Das verbündete Heer, Baum 70,000 M. ſtark, ſah jeßt ein fat dod⸗
478 Kuſſiſch-deutſcher Krieg (1812 — 1)
pelt fo ſtarkes von Franzoſen geaen ſich. Napoleons Heerhaufen fchloffen f
bes Vicekoͤnigs an, der üblich laͤngs der Saale zog und diefe bei Wettin
während Napoleon fie bei Nena paffirte. Schon am erften Tage bes Mik
er auf die Elbe hin. Die Preußen und Ruſſen fahen ſich in Gefahr, vd
burg aus über Leipzig von Ihr abgefchnitten zu werden, und entſchloſſen fd
Schlacht, die (2. Mai) bei Großgoͤrſchen (vgl. Lagen, Schlacht bri)
Lügen, gegen Mittag ihren Anfang nahm und keinen andern Zweck hatte;
poleon, ber nad) Reipzig vordrang, mit dem linken Fluͤgel zu umgehen, I
Saale abzufchneiben und mit bem rechten in feine Flanke zu fallen. Altch
diefe durch vorgefchobene Abtheilungen in den Dörfern Großgörfchen, Kajı
gedeckt. So unvermuthet der Angriff war, fo widerftanden ihm bie Kram
tapfer. Napoleons Hauptmaſſen, in große Vietecke vertheilt, toleſen heil
griffe ab, theils wurden fie Bald wieder Herren der entriffenen Vortheile. 1
ſich im fchredlichen Gemegel der Kampf in den Dörfern bis zum dunkelnd
wo das Corps von Zaurifton, Napoleons Vortrab nad) Lripzig bubend, ai
den Verbündeten in die rechte Flanke zu fallen. Dies nöthigte fie zum Ri
ihre alte Stellung, bie fie am 3. Mat, von Napoleon nicht verfolgt, ohr
an Geſchuͤtz, aber mit großem Verluſt an Todten und Verwundeten (gegen
der jedoch dem franzäfifchen faſt nachſtand, nach ber Oberelbe fich zuruͤ
verließen. — Napoleon folgte den Verbünbeten auf dem Fuße nad,
beim Mangel an Gavalerie, die noch zuruͤck war, ihnen viel Abbruch thı
nen. Am 8. Mai bereits mar er Herr von Sachſen und der Efbe, da Di
täumt, Torgau vom General Thielemann geöffnet und Wittenberge B
aufgehoben werden mußte, Sachſens König mußte von Prag zuruͤckkom
Napoleon ging nun in die Laufig, wo die Verbündeten, durch ein Corps vo
Mann unter Barclai de Tolly verftärkt, bei Baugen Hinter der Spree In el
Stellung ihn erwarteten. Aber auch Napoleon hatte von ben Rheinbur
und aus Frankreich neue Kräfte anfidhgezogen, und fo begann am 19.
Einleitung zu einer zweiten Hauptfchlacht, bie ben 20. und 21. bei u
Baugen gellefert und durch das Umgehen des rechten Fluͤgels der De
zu ihrem Nachtheil entfchieben wurde, fobaß ſich das preußifch-ruffifche .
Schlefien gegen Schweidnitz zuruͤckzog, und die Sranzofen, obſchon mit
Verluſt, befonders bei Gärlig, mo Duroc und 2 andre Gmerate btieber
Haynau, bis Breslau vordrang. — Ein Waffenſtillſtand, der an
durch oͤſtreich. Vermittelung Im Dorfe Piäsmwis (im ſtrigauer Krı
ſchloſſen wurde, erlaubte den Sranzofen, Herren der Dder bis zum Eintrit:
fifche Gebiet und der ganzen Elbe bis zu ihrem Ausfluffe zu bleiben; ber
beten aber, ihre Verftärkungen anfichzuziehen, die Ankunft des Kronpı
Schweden, der thätigen Antheil gegen Napoleon nahm, zu erwarten, fl
zu verfchaffen, entweder feine Rüftungen zu vollenden und Partei gegen
zu nehmen, oder einen Frieden zu vermitteln, der auf einem In Prag zu
den Kongreffe verhandelt werden follte. — Napoleon that hier ben drg
griff. Er Hatte vom Waffenſtillſtand keinen andern Nugen als den, daß el
kuͤhner Parteigänger, die in f. Rüden umherfchwärmten, bi zum 12.
die Elbe zurückkehren mußten (eine Bedingung, deren VBernadjläffigun:
nehmfte Corps derfelben, die Lügom'fhe Freiſchar [f.d.], durch
fall bei Kigen büßte), und daß er Hamburg behaupten konnte, das von
Freunden, Dänen, Schweden, Preußen, Ruffen, Engländern umterftät,
von Allen verlaffen, bereits am 2. Junl von den Sranzofen unter daͤnlſche
telung befegt worden war. — Der Congreß in Prag nahm fpde f.%ı
führte zu Nichts. Preußen und Rußland machten Bedingungen, wie Na
und Unabhängigkeit fie foderten; Oſtxeichs Weruakttetung um biäferige
Kuſſiſch-deutſcher Krleg (1812— 13) 479
wyoleon ald Untreue an dem vorjährigen Buͤndniß an. — Der Krieg bes
ben 17. Aug. fücchterlicher alß vorher. Oſtreichs Theilnahme am Kriege
leon ſchon nach der Lübner Schlacht geahnt und deßhalb den Vicekoͤnig
Dffeleren und Unterofficieren nad) Stallen gefanbt, um dort ein Heer zu
us bemisiben Grund: mußte Batern feine Streitkräfte am Inn aufftellen.
Hlog ſich ein Korpa Eliten, vorzuͤglich Cavalerie, die aus Spanien gekom⸗
. Die Hauptmaffen aber fanden von Geiten Napoleons an ber Ober:
teleibe und bei Hamburg, von Seiten der Verbündeten in Böhmen und
en, ohne bie großen Corps, welche Berlin dediten und bie Unteroder gegen
Reperfen. "Di Rersänderen waren vorzüglich feit der Zufammenkunft
ab ex, (9, 10., 11. Juli) übereingefommen, Napoleons beide Flan⸗
amderb. feine rechte, von Böhmen aus zu umgehen und ihm f. Grundlinie
ben. Deßwegen z0g fid) Blücher unmittelbar zuruͤck, ald Napoleon gegen
ng, während bad Hauptheer unter der Anführung des Fuͤrſten Schwar⸗
Sachſen einbrach, und eben Dresden, bas in der Waffenſtillſtandzeit be-
den wär, zu nehmen Hoffnung hatte, als Napoleons Heermaffen aus der
ıch den angefttengteften Märfchen, anlangten und nicht allein den Sturm
den (f. d.) abfchlugen, fondern auch den Verbündeten eine Niederlage
) beibrachten, welche, da ihnen die Hauptſtraßen nach Böhmen abyes
»orden und alle Nebenwege verdorben wären, die Vernichtung des ganzen
‚beigeführt haben würde, wenn von dem Augenblicke an nicht Napoleons
n fuͤr immer hätte verbleichen follen. — Den Sieger bei Dresden am 26.
ag. (no DMoreau [f.d.] tödtlich verwundet ward) hielten in f. Fort⸗
uf, die Niederlage Vandamme's bei Kulm (30. Aug.), die gleichzeitige
unter Dlacdonald in Schleſien, die harten Schläge bei Großbeeren
), bei Belzig (27. Aug.) und die Niederlage bei Dennemik
), die Ney erlitt. Dazu kam der Mangel aller Art in dem erfhöpften
nd der Sammer in den Hofpitälern, wo Zaufende an Ruhr und Fiebern
Indlich vereinigte ſich durch einige ſchnelle, gut verdeckte Maͤrſche Bluͤcher
zonprinzen von Schweden an der Elbe, indem er ein franzoͤſiſches, den
bei Wartenburg beobachtenbes Corps unter dem Grafen Bertrand
d fich zwiſchen ber Mulde und Elbe aufftelte. Napoleon brach gleich,
hörte, von Dresden (7. Oct.) dahin auf, und hoffte, Weide einzeln zu
Sie waren aber ſchon über bie Mulde nad) der Saale vorgegangen.
große böhmifche Armee war bereits in f. rechten Flanke vorgedrungen.
Bluͤcher's Streifparteien trafen ſchon einander in f. Rüden, und ber
Ihielemann, der Sachſens Kriegsdienfte mit ruffifchen vertaufcht hatte,
sfangene, nahm ganze Scharen franz. Ausreißer und lieferte mehre Be:
hen der Eifter und Saale, die faft alte für die Franzoſen nachtheilig ab:
Xit ihm wetteiferte, von der entgegengefegten Seite, der kuͤhne Czerui⸗
e mit f. Kofaden fo raſch nad) Kaffel vorbrang, daß er das Königreich
(1. Dct.) für aufgeloͤſt erflären konnte. — Napoleon ging, nach einigen
ven auf dem rechten Efbufer, die Berlin zu bedrohen fchienen, mit feinem
nach Leipzigs Ebene, wo er mit ben Garden am 14. Oct. eintraf, als
bivarzenberg eine Recognoscirung gegen den König von Neapel, der den
gel Napoleons von Dresden herunter gebildet hatte, begann, bie ſich in
8 Reitergefecht bei Liebertwolkwitz aufloͤſte. Unterdeß hatte Augereau
des Reſervecorps herbeigefuͤhrt; auch hatten gegen 14,000 in Erfurt
Arte Ausreißer fein Heer verftärkt, und da er wahrſcheinlich in der Mei⸗
), durch ſeine jenſeits Wittenberg gemachten Bewegungen den Kronprin⸗
lächer irregeleĩtet und Zeit gewonnen zu haben, ber großen boͤhmiſchen
An eine Dauptfchlacht zu liefen, fo fäumte er nicht, diefer in der woriten
,
480 Ruffifch = deutſcher Krieg (1812 — 15)
Ebene bei Leipzig, zwifchen der Pleiße, Eifter und Parthe, entgegenm
Es war den 16. Oct. früh um 9 Uhr, ale der Kampf im Süden von ke
brannte. Napoleon hatte f. rechten Flügel unter Poniatomäli an die
lehnt, alle Dörfer, von Konnewig hinauf an diefer gelegen, ſtark befet
Mittel ſtand bei Wachau. Der linke Flügel lehnte fi) an die Höhen d
Fuͤrſt Schwarzenberg ſuchte den rechten Ziügel zu umgehen; allein all
gungen dazu waren umfonft, weil Napoleon im Mittel ſolche Fortſchtit
dag alle Reſerven, die die erftere Beftimmung hatten, für die Verſtaͤrk
verwendet werden mußten. Die Schlacht wurde nach mörberifchen An,
beiden Seiten fo entfchieden, daß Napoleon im Mittel und Unken Fluͤ
Terrain erobert hatte. Noch entfchiedener hatte der Graf Bertrand ein
ber böhmifchen Armee zuruͤckgewieſen, ſich des Engpaffes von Lindenau
der ganzen Ruͤckzugslinie Napoleons, vielleicht der Stadt Leipzig felbft, |
tigen. Defto unglüdlicher war aber der Herzog v. Raguſa bei Mäder
wo er im Morden von Leipzig eine weite Linie befegte und, wol wider
vom General Bücher mit dem größten Ungeftüm angegriffen, nad) ba
Widerſtand auf f. linken Flügel gänzlic, gefchlagen und in Unordnung n
zurüdgetrieben ward. — Napoleon unterhandelte am 17. durch den g
nommenen Grafen Meerveldt um freien Abzug und Waffenſtillſtand. 8
um fo weniger Gehör, weil die Verbuͤndeten num über ihre Schritte geme
einverftanden fein Eonnten, indem ber Kronprinz von Schweden mü
60,000 M. an Bluͤcher's Seite eintraf und der General Bennigfen mi
fo viel jeden Augenblid von Grimma erwartet wurde. So ward den 1
furchtbarſte Hauptfchlacht bei Leipzig geliefert; die Sranzofen fochten, ob
für die Ehre und den Ruͤckzug, ber fchon mit Tagesanbruch eingeleite:
Verzroeifelte. Ihr Mittel, ihr vechter Flügel ftand von Probfihenda n
witz unerfchütterlih. Der linke, in Schönfeld an die Parthe gelehnt,
durch den Übertritt der Sachſen und Würtemberger als duch Manı
pferkeit verloren, und nur bie unerklärliche Sorglofigkeit Napoleons aı
verwandelte den georbneten Ruͤckzug am Ende in eine Flucht und allge
derlage der Nachhut. (S. Leipzig, Schlacht bei.) — Diefe €
freiete Deutfchland. Schon am 8. Det. hatte Balern dem Rheinbund ı
ſich mit Oſtreich vereinigt. Alle deutfche Fürften folgten dieſem Beiſpiel
nahme des durch feine Gefangennehmung in Leipzig daran verhinberten.
Sachſen, des fliehenden Hieronymus von Weftfalen und des gleichfall
Venden Kürften Primas. Nach Verluft vieler Tauſende an Gefangenen ı
unfähigen mußte Napoleon, Überall angegriffen oder genedt, um den A
winnen, den ſchon bei Hanau (f. b.) ftehenden Baiern und ſtreicher
ges Treffen liefern (31. Oct.). — Die Verbimdeten machten am Rhein
die Kräfte, die jegt das freie Deutfchland aufbot, mit denen, welche E
das fich felbft befreiende Holland hergaben, unb weiche ihnen bereite fel
bote ftanden, zu vereinigen. (Alle 1814 gegen Napoleon aufgebotene V
ten 1,208,000 M.) Das Einzige, was noch an Napoleons Macht ertı
ten die Feſtungen an der MWeichfel, Oder, Elbe ıc., in denen jeboch f. bı
pen, von aller Hülfe abgefchnitten, endlic) dem Mangel und Elend unter
fi) ergeben mußten. Selbſt die Dänen, burch harte Bedingungen, bie |
land und Schmeben im Frühjahr 1813 vorlegten, zu dem engften Bun
poleon genöthigt, mußten bem Kronprinzen von Schweden im Friede
(14. San. 1814) Altes bewilligen, was fie früher nicht freiwillig thım &
Als nun ber Rhein vom 1. San. 1814 an bei Caub, Manheim, Rafta
breitftein, Duͤſſeldorf überfchritten war, da ließ fich bei ſolcher Übermadht
ausfehen, daß Napoleon um fo weniger in der Länge wuͤrde widerſteh
"" geufffd)ebeutfcher Krieg (1812— 15) 481
Frankreich nur als Guͤnftling bes Gluͤcks geliebt, als Despot verbaft verhaßt, vom
u Maik une gefürchtet war. Zwar hatte er gleich nach ſ. Ruͤckkunft alle
mn Bervegung.gefett, und die Gefahr, bie Frankreich brohete, faſt noch
> fie was vorgeftelit, um die unerhoͤrten Anſtrengungen, bie [yon 1811
worden waren, noch einmal zu wiederholen. Allein das Schlims
er. Seche war, daß auch die fpanifchen Angelegenheiten die ungünftigfte
B Betoruinen baten, dag Marſchall Jourdan bei Vittoria (21. Zuni
mBeflingten völlig geſchlagen und mit Verluft des ganzen Geſchuͤtzes bis
yeelinderi getrieben war, daß ſeitdem Somit und Suchet nur mit Mühe
u vom fsana Boden feibft abhielten, daß alfo auch dahin neue Streit
Imbet werden mußten. — Zum erflen Dal wagte es daher ſelbſt der Se⸗
chtern wenigſtens, Frankreichs Elend vorzuftellen, als ein Decret Napo⸗
h dem anbern Beinahe 4 Mitt. neuer Confcribirten von 1807 — 1814 außs
Cohorten von Nationalgarden zu errichten und 4 Reſerveheere zu bilben
Noch Lebhafter fpracyen die Abgeordneten Laine und Raynouarb im ges
vers Körper; und je unmwilliger Alles Über den ungeheuern Menfchenver-
fen war, deſto ſchwerer hielt es nım, da es ber Selbſtvertheidigung galt,
berttamfende, die dazu nötbig waren, aufzubringen und mit Geſchuͤtz,
und andern Bedürfniffen zu verfehen. — Die Verbündeten fanden daher
aits des Rhektts, vonder Schweiz an bis nad) Holland hinunter, das meift
von den Franzoſen geräumt war, geringen Widerſtand. Faſt ohne allen
uft konnten fie ſich des Juragebirgs bemächtigen, ihren linken Flügel mit
sehifchsitalienifchen Deere, das, vom General Hiller befehligt, ben Vice⸗
ı Zirol aus abzufchneiden gebroht und bis an bie Etſch uhdzugehen ge:
hatte, in —— ſetzen, ſich aller Paͤſſe nach Italien, der Stadt
er Übergaͤnge Aber den Simplon und Bernhard bemaͤchtigen, und bereitß
m. eime neue Linie, von der Seine links, von ber Maas rechts gebedit, in
dothringen, Zweibrüden ıc., mit Ausnahme der blofirten $eflungen, be
— Napoleon hatte umfonfl eine Art Landſturm (Aufftand in Maffe) aufs
Dieſe Maßregel, die in der Revolution Wunber that, wirkte diesmal
ig, da das Elend und der Haf-gegen ihn das Gefühl der Nationalehre bes
Mur in wenigen Gegenden, und erſt ſpaͤter, als bie Ausfchweifungen
immer gebändigten, von Nationalhaß erbitterten Feindes dazu Veran⸗
yaben, zeigten fi) bavon die Spuren, die dem Ganzen keine neue Wen⸗
geben vermochten. Dan nahm beim weitern Vorruͤcken die Saar, die
Vie Ardennenpäffe faft ohne Schwertſtreich. Nirgends hatte ein franz.
Kräfte genug, bie wichtigften Punkte gegen bie Übermacht zu halten, und
te in ber Mitte des Febr. ficher in Paris einzuruden, als Napoleon, ber e6
Jan. verließ und zu dem mit aller Mühe an der Aube gefammelten Deere
un 27. San. an bis zum 3. Febr. eine Reihe Gefechte lieferte, die mit der
bei Brienne am 1. Febr. ein Ganzes ausmachten. Napoleon verlor
hlacht, nachdem fein 70,000 M. ſtarkes Heer den verzweiflungsvolften
mb geleiftet hatte, den er, keine Gefahr achtend, aller Orten felbft leitete,
73 Kanonen und 12,000 Gefangene zuruͤck, um ſich, wie es ſchien, über
puruͤckzuziehen. — Indeß veranlaßte die Eile, mit der man von biefem
Iege auf Frankreiche Grund und Boden Früchte ziehen wollte, eine Tren⸗
Streitkraͤfte, welche Napoleon Elug und kühn benuste. Er hatte auf Was
Zruppen von der fpanifchen Armee bekommen und ſich raſch von der Seine
Untermame gezogen, läng6 welcher dad Blücher’fche Heer in langer Aus⸗
forglo® nach Paris hinzog. Er durchbrach es in ber Mitte und vernichs
Ehampeaubert (10. Febr.) die Colonne bes Generals Difufieff. Ein Bei
chick hätte am folg. Tage, ohne die Unterſtuͤtzung des Generals Hark, ver
* GSiebente Aufl. 8b. IX, 51
482 Kuffifche deutſcher Krieg(1812 15)
General Saden bei Montmirall gehabt (11. Febr.), und ebenfo ſchlug R
die Solonnen, welche der Feldmarſchall ſelbſt herbeifuͤhrte, bei Wauchamıp uuh
(14. Febr.) mit bebeutendem Verluft zuruͤckk. Nur mit großer Anſtreny
lang eine Bereinigung mit Bluͤcher's Reſerven. Schwarzenberg und Wer
den damals mit den würtembergifchen Truppen ıc. jenfeit6 der Seine; zu
naͤmlich Napoleon für geſchwaͤcht genug gehalten, theils länge derſelben
längs der Marne in 2 großen Heerfäulen nach Paris rüden zu koͤmen
Theil hatte biefe Idee auch der Mangel ber ohnedies unfruchtbaren Ch:
empfohlen. Das große Dreieck zroifchen ber Seine und Marke trennte |
denn in ihm ftand Napoleons Heer. Um eine Seitenbewegung zu machen
man erft über die Seine kommen, wo man nur 2 Übergangspunkte, bei
ſtark befeſtigt, und bei Bray, ohne Brüde, aber im Angeficht eine® ſchwach
Beobachtungscorps fand. — Napoleon hoffte jegt gegen das Schwarzen
Heer ebenfo große Vortheile zu erfämpfen. Wrede, mit MWittgenftein
vereint, mußte wieber über die Seine zuruͤck (17. Febr.); Napoleon griff
die MWürtemberger bei Montereau am Zufammenfluffe der Yonne und S
dennoch zogen fie fich, obwol mit Verluft, auf das linke Ufer ber eine.
zenberg eilte nım fchnell zurück und ging durch Tropes über bie Seine, m
nit Blücher,in Verbindung zu fommen. Immer gedrängt, mußte ma
tweiter zuruͤck, und die Lage der Dinge war fo mißlich, daß im Hauptqu
Monarchen felbft verfchiebene Anfichten entftanden, die auf ben Friedensc
Chatillon (f.d.) Einfluß hatten. Aber eben in biefer Krifis, die Na
nmuthig machte, daß er feine Foderungen in Chatillon höher fpannte als;
ber Leipziger Schlacht, trat aufs neue ein Wendepunkt ein. Die Ber
floffen den Zractat von Chaumont (f.d.). Nach bem unentfchiebene
bei Bar fur Aube (27. Febr.) 309 Napoleon gegen Bluͤcher, welcher fidy d
armee näherte, deren Vorhut bereits Soiffone genommen, aber wieder
hatte. Doc) im rechten Augenblicke capitulirte Soiſſons den 2. März unt
vereinigte ſich mit ber Nordarmee, die unter Buͤlow bisher in den Niederla
in der Picardie mehre fefte Piäge, namentlidy la Sere (26. Febr.) mit eine
von Vorräthen, burch den General Thuͤmen genommen hatte, und burdy
zog von Weimar, ber mit 30,000 Sachſen u. a. Truppen anlangte, die
oberten läge einfchließen lafien konnte. Auch auf dem aͤußerſten link
der verbündeten Heere, von Genf aus, waren die entfchiedenften Vortheile
worden. Der Graf von Bubna hatte hier bis gegen den 25. Febr. eben
Widerwärtigkeiten aller Art zu Lämpfen gehabt. Marfchall Augerean, ı
gen Verftärkungen von Spanien aus ermuthigt, hatte den gemeffenften B
Napoleon, auf diefer Seite vorzubringen und die linke Flanke der Werbün
ruͤckzuwerfen. Schon gingen alle Öftreich. Verwundete nach Bern, und Ge
halb für verloren geachtet; als aber der Fürft von Homburg und Graf Bi
beutende Verſtaͤrkungen beranführten, verlor Augereau bie bisherigen |
ebenfo geſchwind wieder, als er fie errungen hatte. — Napoleon ſelbſt fat
bedroht, auf beiden Flanken umfaßt und zwifchen ber Seine und Dame er
werben. Er griff daher Bluͤcher's Heer am 9. März bei Craone an un
ihm am 10. eine Schlacht bei Laon, die er verlor. Darauf ginge
Aisne und Marne zuruͤck, nahm Rheims, und warf fich mit Ungeſtuͤm auf'
zenberg bei Arcis fur Aube. Allein am 20. und 21. mit Beruf
gefchlagen, faßte er den früher ſchon entworfenen Plan von neuem auf, in
der Verbündeten dem Rheine ſich zu nähern und, geftüst auf feine Mofelfi
das Volk zum Aufftande aufzurufen, fidy mit Augereau zu verbinden und'
bünbeten den Rüdzug abzufchneiden. Allein diefe ließen ihn bloß beobad
yogen raſch auf Paris (f.d. X. Einnahme 1814). Denn ſchon war !
* Suffifch=deutfcher Krieg (1812— 15) | ‚488
gerean bis nach Lyon zuruͤckgetrieben und dies am 21. März durch Capi⸗
worden; dann hatten fid) auch die Engländer nad) bem Siege
eb Mer Soult (27. Febr.) am 14. März der Stadt Borbeaur bemächtigt
rſchall Soult bis Toulouſe zuruͤckgetrieben; endlich waren von Paris ſelbſt
ten Im Hauptquartier eingetroffen, welche das Daſein einer antinapoleoni⸗
tel and die Eroberung diefer ber Nationalgarde allein anvertrauten Stadt
t fehiderten. Die Schlacht am 30. März öffnete ihnen die Hauptftabt
be. Mapoleons Familie hatte fich von hier ſchon geflüchtet; jegt erklärte
x, er werde nie mit ihm und dieſer unterhandeln. Den 1. April warb
lleyrand eine vorläufige Regierung eingerichtet, Napoleon von diefer für
erklaͤrt und darauf die Krone den Bourbons Übertragen. — Napoleon
dt zur Rettung von Paris herbei; er kam nur bis Sontainebleau. Hier
ng fich die Truͤmmer der aus Paris capitulationsmäßig abgezogenen Trup⸗
b verließ ihn Marmont mit ſ. Corps ſchon am 4. April. Nach manchen
diungen verzichtete Napoleon auf den Thron, und bebung ſich nur ben
4, die Inſel Elba mit völliger Souverainetät, 2 Mit. Franken ıc., was
I bewilligt wurde. — Unter ſolchen Umftänden hatte der Krieg felbft ein
Schon am 9. Apr. ward ein Waffenftiuftand mit allen franz. Befehls:
eſchloſſen. Die meiften außer den Grenzen bes alten Frankreichs geles
kungen öffneten ihre Thore, die andern innerhalb gelegenen erfannten
CVIII. gern ober ungern an. Am meiften zögerte Davouft in Hamburg,
mm 29. Mai abzog. — Zugleich entfchieb die Einnahme von Paris über
ickſal von Italien. Bier hatte ber Krieg theils durch des Vicekoͤnigs
Vorkehrungen, theils durch das zweideutige Benehmen Murat's von Nea⸗
dapoleons Partei verlaſſen, und bie der Verbuͤndeten, von ſtreich beguͤn⸗
riffen hatte, ohne etwas Ernſtliches fuͤr ſie zu thun, am wenigſten einen
nden Gang genommen. Seit dem Treffen, das der Vicekoͤnig am Mincio
Ich. Felbherrn geliefert hatte, behauptete er f. Stellung an diefem Fluſſe
Deere von hoͤchſtens 30,000 M. gegen ebenfo viel Neapolitaner und
Hſtreicher. Die Nachrichten aus Paris gaben dem Gange der Dinge
eine neue Wendung. Am 16. April ward ein Waffenſtillſtand geſchloſ⸗
ben franz. Truppen den Abzug nach Frankreich geftattete und bie italient;
bleiben nöthigte. . Ein Aufftand in Mailand aber änderte die Bedingung
. in Paris das Schidfal Italiens entfcheiben zu laffen, dahin ab, daß ber
ıgen ſ. Befehl über die Truppen an den Öftreich. General Bellegarde (der
Bteſle eingenommen hatte) abgab und über Verona nach München reifte.
tbeß war der Graf Artois als Stellvertreter Ludwigs XVIII. in Paris
im. Diefer fchloß den 23. Apr. einen allgemeinen Waffenftilftand mit
knbeten Monarchen und einen vorläufigen Vertrag Über die künftigen
bedingungen. Ludwig XVIII. felbft zog In Paris am 3. Mai ein. Am 5.
noarzenberg den Oberbefehl nieder und bie Heere zogen nun rafch nad)
in zuruͤck, obgleich der Friede erſt am 30. Mai unterzeichnet ward. (&.
eich, feit 1814.) — Im Ganzen war wegen der großen Erwartungen
meinen Haſſes gegen Frankreich die Freude über diefen Frieden fehr gering,
er über 100 fefte Pläge und 25 Miu. Menfchen von Frankreich losge⸗
He .
e Ruhe Europas wurbe bald wieder geftört. In Frankreich gelang es
KVIIL nicht, fich die Liebe diefes ihm fo unbekannt gewordenen Volkes
en. Napoleon entfloh daher von Elba und beftieg den franz. Thron wies
0. Maͤtz 1815. (S. Bonaparte, Napoleon.) - Seine Bemühuns
Bihdhlehr aus einem guͤnſtigen Geſichtspunkte zu zeigen, die verfprochene
ang f. Regierungẽgrundſaͤtze, Alles fcheiterte jedoch = ber Senne.
484 Kuſſiſch⸗deutſcher Krieg 1813 — 16)
Hinterliſt und Verachtung aller Menfchen » und Voͤlkerrechte, und fo er
Ruf: zum Kriege wieder durch ganz Europa, diesmal nicht ſowol gegen Fri
als vielmehr gegen den einzigen Mann, der ſich Allen furdytbar gezeigt hatı
gen 770,000 Streiter zogen aus Deutfchland, Rußland, Belgien (bob
Königreiche mit Holland vereint war), England, Dänemark heran, Ihn ı
ohne Schwertſtreich beftiegenen Throne herabzuftärzen. — Napoleon w
Seits auch nicht muͤßig gemefen. Aus ganz Frankreich hatte er in Paris
großen Maifelde im Anfang bes Funi 4000 Abgeordnete zufammenkonm
die einer neuen VBerfaffung und ihm Treue ſchworen. Vom 20. März ı
er, Carnot, Davouft u. A. Alles gethan, das Heer in einen adhtbaren Zi
bringen. Die Begeifterung der alten, aus der Befangenfchaft inzroifd
gekehrten Krieger hatte fie dabei fehr unterftüst. Dies Altes flößte den ı
verbimdenen Fürften um fo mehr Behutfamteit ein, als fie einedtheils
erften Erklärung (13. März) in Napoleons Erſcheinen Nichts als eine €
verſchwoͤrung vermuthet hatten, anderntheild ein Sturm In Stalien ber
Kaiſer bedrohte, welcher mit dem in Frankreich zufammenzuhängen ſchie
König Murat von Neapel hatte nämlich; mit den bourbonfchen Höfen
Gongreffe in Wim einen um fo härtern Kampf zu beftehen gehabt, da Er
gen den vormaligen König von Neapel Verpflichtungen eingegangen war
dies Murat's zweideutiges, das Jahr zuvor beobachtetes Betragen zu g
ſchaute, um nicht In den gemeffenften Ausdruͤcken zu erklären, bag er ni
bleiben inne. Nur Öftreich, feinen Verpflichtungen mit ihm um fo ge
weniger es fein Vortheil war, im Süden Italiens einen Bourbon zum
zu haben, ſprach für ihn; allein entweder gab es doch nach, oder Mur
wenigſtens von Ihm verlaffen zu werben, oder hoffte, durch bie Lande
leons den Zeitpunkt gefunden zu haben, wo er, bei der obwaltenden Gäh:
liens, ſich zum Herrfcher diefer ganzen Halbinfel machen koͤnne; genug,
ohne Kriegserklärimg, am &. Apr. mit ungefähr 50—60,000 M. nad} !
gegen die öftreich. Truppenfinie auf. Die Öftteicher, kaum 12,000
General Biandji, zogen fich fechtend hinter den Po, mo fie ſich fo lange
ten, bis die auf Wagen eiligft dahin gefandten Truppen anlangten, wora
tal Srimont, der fie befehligte, fo raſch und fo gefchickt wieder vorfchritt, di
ſchon nad) 20 Tagen in ber verzweifeltften Lage war, da f. Truppen, voı
und Mirthlofigkeit ergriffen, ſich nach und nad) auflöften und keinem Anı
flanden. Immer umgangen und von den beften Landſtraßen abgefhr
er fih zum fleten Rüdzuge auf Nebenmwegen gesmungen, wo Gefhäg ın
verloren gingen. Ein Verſuch, burdy einen Waffenftilftand ſich zu vett
terte an der Feſtigkeit des Öftreich. Feldherrn; ein andrer, bei Tolentino
Mai), mit den Waffen in der Hand feine Lage zu verbeffern, an der?
f. Gegner, und in Folge diefer legten mit Verzweiflung und perfönficher i
gemachten vergeblicdyen Angriffe zerftreute fich fein Heer gänzlich, fobaf
nach Frankreich floh. Seine Gemahlin ward nach ſtreich geführt; d
mer des Heeres ftxedten hinter dem Volturnofluͤßchen (20. Mai), 5000:
das Gewehr. — Das halbe oͤſtreich. Heer hatte fich ſchon früher, bei d
wartet geringen Hinderniffe, nach Oberitalien hinaufgeſchwenkt, um ve
über bie Alpen in Frankreich einruͤcken zu können; doch verſchob man in |
Angriff gegen Frankreich, da die am meiteften entfernten Ruffen erft in bie
Mhein einruͤcken ſollten. Es war daher bereits der Juni ziemlich zur H
gerückt, als der Angriff von Seiten Napoleons ebenfo ungeflüm als um
erfolgte. Gleich nad) dem Maifelde war er von Paris zu dem an ber ı
Grenze fiehenden Heere von 150,000 M. ausgefuichter Truppen abgegan
bie bei Laon verfammelten Garden on ſih gerogen und brach damit ge
Kuſſiſch⸗ deutſcher Krieg (1812 — 16) 486
kan 200,000 Engländer und Preußen, die unter Bluͤcher's und Wellington's
Melefehl Ling der Dyle und Sambre gegenüberlagen, am 15. Juni mit Tages-
Mach 106. Ohne ihnen Zeit zur Vereinigung zu laffen, druͤckte ex die Preußen
kinter Fleurus zuruͤck und ſchlug fie am 16. Juni bei Ligny, mährenb er
ein Corpo, unter Ney, die auf der Straße von Brüffel einzeln herbeieilenden °
bei Quatrebras aufzuhalten und deren Vereinigung mit Blücher zu
verfuchte. In dem bier ftattfindenden Gefecht, wobei der tapfere Herzog
Draunſchweig blieb, konnte Ney Napoleons Abſicht nicht volllommen errei⸗
Ws aber auch Wellington konnte den Preußen nicht zu Hülfe kommen, ſodaß
Nichts übrig blieb, als ein Ruͤckzug, den die Dunkelheit der Nacht beguͤn⸗
— Den Tag darauf ließ Napoleon die nach Wavre ziehenden Preußen durch
Armeecorps verfolgen, mit dem übrigen Heere ging er auf der Straße
Bruͤſſel vor, um bie Engländer ebenfo aufzureiben, wie er es in Bezug auf
Merußen gethan zu haben glaubte. Wellington hatte ſich inzwifchen vor bem
u Walde von Solgny auf einer Hochebene aufgeftellt, die durch mehre längs
Vorwerke, Bertiefungen ıc. eine natürliche Seftung bildete. (Vogl. Water:
s Schlacht bei.) Den 18. ließ Napoleon diefe Stellung in ber Uberzeugung
, daß die Engländer nicht lange Widerſtand leiften wuͤrden. Allein alle
griffe ſcheiterten, und je mehr er f. Kräfte vergebens aufrieb, deſto ſchrecklicher
Vie Nieberlage werden, als gegen Abend das am 16. gefchlagene, aber beflo
gterigere Heer der Preußen von Wavre her in 2 Abtheilungen auf dem
Fluͤgel und im Rüden des franz. Heeres durch den Engpaß von &t.: Lams
yorbrach. In einer Stunde war das ganze franz. Heer, ba jegt Wellington
gemeine Bewegung vorwärts machte, zerftreut und Napoleon felbft von ben
Igen mit fortgeriffen. Bluͤcher ließ Altes auffigen, in ber mondhellen Nacht
chlagenen zu verfolgen. Alles Geſchuͤtz und Gepäd ging verloren, ein
gtpunkt war angegeben; fie, die geglaubt hassen, morgen in Brüffel zu fein,
ia traurigſten Zuftande an der Sambre umher. — Da nirgends ein Armees
dem Sieger Dinderuiffe entgegenfegte, fo rourden die im Wege liegenben fes
ter genommen oder umzingelt. Abgeorbnete aus Paris, bie um Waffenſtill⸗
baten und Napoleons Abdankung Eundthaten, wurden nicht gehört; man
immer vorwärts, die erſte Betäubung benugend. Am 27. Sumi war man
Herr der nad) Paris führenden Hauptfttaßen, und man Eonnte hoffen, ohne
reich Here der Hauptftadt zu werden. Aber die beiden franz. Generale,
danme und Grouchy, weiche nad) der Schlacht am 16. die Preußen verfolgt
ie dem Augenblid den General Thielemann aus Wavre vertrieben hatten, wo
Meons Deer zerftäubt warb, machten einen fo ſchnellen und befonnenen Ruͤck⸗
daß fie, welche von Feind und Freund für verloren geachtet waren, nach maͤßi⸗
| mit Blücher und Wellington zugleich) unter den Mauern von Paris
Wen. Da Paris beffer als 1814 befeftige war, fo kam es allerdings darauf
% e6 fo gefhwind genommen werden würde. Zum Unglüd für die Franzoſen
un die Befeftigungen umgangen, und Paris kam in Gefahr, auf feiner ſchwaͤch⸗
Bieite geſtuͤrmt zu werden. Grouchy und Vandamme konnten um fo weniger
bieten, als täglich frifche Streitkräfte bei den Preußen und Engländern
. So tam «6 zu einem Waffenftilftande und zur Räumung von Paris.
Maris, Einnahme von, 1.3.1815.) Alte Truppen zogen hinter bie
Kmit ihrem Sepäd, Geſchuͤtz ic, und den 6. wurde die Stadt übergeben. —
der Krieg durch die Schlacht von Waterloo in ber Hauptfache entfchleben.
fte, welche die franz. Nation auf den übrigen Punkten aufgeftellt
waren zu unbedeutend, als daß fie, da auf allen Seiten die Ruffen, Balern,
er, Öftveicher vordrangen, ungeachtet des tapfern Widerſtandes eines
p unter Strasburgs Waͤllen, eines Suchet vorwärts Lyon, ungeachtet Art
pie Det einſiweiugen egierung gerreten war, ihte Dale Imnepen !
wig als König auftrat, fo ftark ſich aud) noch in diefen Augenbliden
des Volks in f. Kammern und im Deere dagegen ausſprach. Diefe?
auf die Beendigung des Kampfes auch mannigfachen Einfluß. Di
ten Ludwig als ihren Verbündeten aufgenommen. Sie hatten in is
gen nur gegen Napoleon, nicht gegen daß franz. Volk gefprochen. Je
theil dies aber offenbar an ihm genommen hatte, je lebhafter e& fich
Drten laut gegen die Bourbon erklärte, deſto weniger konnte jme:
ſprechen gehalten werben, deſto fhonender mußte man zugleich ba
Bourbons (gegen bie frühere Meinung des Prinz⸗Regenten) wiber t
franz. Volks auf dem Throne zu erhalten, zu befefligen. Auf der eine
daher Frankreich von Truppen immerfort uͤberſchwemmt, auf ber ar
. man mit Ludwigs Miniftern an Ausgleichung der politifchen Verhaͤltr
man aber bis zum 29. Sept. fo wenig ins Reine kam, daß fie alle
nahmen. Erſt mit den einige Tage darauf von Ludwig XVIII. neu
niftern wurden am 2. Dct. die vorläufigen, in dem eigentlichen Abfd
Nov. beftätigten Friedenspunkte unterzeichnet, welche 1) Frankreid
flimmten, wie fie 1790 geweſen war, jedoch davon 2) die Feftu
Saarlouis, Philippeville, Marienburg, Verfoir, mit einem gewiſſer
zeichnenden Umkreiſe, abriffen; 3) Hüningen zu fchleifen geboten ;
ſchaͤdigung von 700,000,000 Franken für die Ariegskoften, in 5 3
feftfegten; 5) eine Linie, von Sonde über Bouchain nach Bitfch, mit
(auf Frankreichs Koften) ebenfo lange den Verbündeten zu befege
und 6) die Foderung aller Privatperfonen an Frankreich (mit Auen.
burger von Davouft 1813 geleerten Bank) ficherten. — Erft Damit
felbft eigentlich beendigt, denn immer waren bie dahin, wenigſtens
Ben, Frankteichs nördliche Feſtungen belagert und größtentheils er
Durch eine befondere Übereinkunft ward, halb gezwungen, halb frei
ruͤckknahme aller feit 1792 in Paris angehäuften Kunftwerke Stall
lands ıc. bewilligt. — über Napoleon kamen die Verbündeten dab;
Acſſiſche Sagbmufit Nuffiiche Sprache und Literatur 487
a 1812”, Paris 1824, 2 Bde., m. Planen) Angaben hat Chambray in ber
» Ang. f. Werkes binust. — Kunftfreunden nennen wir die „Malerifche u.
5. Reife von Wittenberg bis Moskau i. 3.1812”, auf Stein gez. von Albr.
(m. fcanz. Test, 120 Bl., Münd). 1827).
Qnffifhe Jagdmuſik oder Hörnermufil. Sie befleht aus
zu, deren jebes nur einen Ton gibt. 20, 30, 40 Blaͤſer haben jeber ein
Dem. Diefe Hörner find wie Orgelpfeifen geftimmt. Der eine gibt nun
a, bee andre alle dic. an, welche in einem Tonſtuͤcke vorkommen. Die Blaͤſer
äſt Leibeigne und fo eingeübt, daß Feder mit der größten Genauigkeit, wenn
z aiſt, mit feinem Tone einfällt; und die von den verfchiedenen Bläfern ans
m Töne Elingen, als ob fie von einem Inſtrumente ausgingen. Wan hat
dieſer Muſik bis zur Ausführung Plevel’fcher, Haydn'ſcher und Mozart'⸗
Etuͤcke getrieben und den Vortrag im feinften piano und crescendo auf da®
Pos gebracht. Man hört biefe Muſik fehr weit. In mweitefter Ferne glaubt man
zmonica zu hören. Diefe Muſik ift von Narifchkin erfunden worden. 1763
fe man felbige mit großem Erfolg bei einem großen Fefte in Moskau an
Bet fie feitbem vervollkommnet.
Ruffifhes Bad, f. Bäder.
-Ruffifhes Glas (Sliate), Frauenglas, f. Gyps.
Auffifde Sprache und Literatur. Man muß zwei Sprachen
Meiden. 1) Die ruffifche Sprache, urfprünglich die Mundart berjenis
m, welche dad Reich gründeten. Sie erlitt, wie das Reich felbft, vielfache
mgen. &o hat fie nad) und nad) viel Skandinavifches, Mongolifches,
Hches (1225— 1477) und Deutfches (auch Polnifches und Franzöfifches) in
genommen. Noch ift die Ausbildung dieſer Eräftig und wohlklingenden
he nicht gefchloffen, fonbern fortwährend im Kortfchreiten begriffen, als bie
de Frucht der Nationalliteratur. — 2) Die flawonifche Sprache, ober die
miſchen Bibel. Sie wurde durch die Überfegung der h. Schrift beftimmt,
B befeftigt, daß fie feitdem nur wenig Veränderungen erfahren hat. Gie iſt
ache ber Bibel, der alten Jahrbücher, z. B. Neſtor's um 1100, der Kir:
ge, einiger Paftoralvorfchriften, der Gebete in der Liturgie. — Aus bei:
rachen ift eine gemifchte entflanden, bie in den Kanzelreden, in der Profa
dners überhaupt und in der höheren DichtEunft gebraucht wird. Ihr Haupts
@ die ſlawiſche Sprache (f. d.); allein fie hat folche Worte und Wendun⸗
6 ber ſlawoniſchen Sprache entlehnt, welche, für den Ausdruck biblifcher
pa und Bilder ausgeprägt, dadurch mehr Kraft und Würde erhalten haben.
Be Kanzelreden herrfcht jedoch mehr das Slawoniſche vor, in der Profa des
26 und in der höhern Dichtkunſt mehr das Ruffifche. Se mehr nun diefe ent:
Jen Ausdrücke fich zugleich für die Umgangsfprache eignen, defto gluͤcklicher
fie zur Verſchoͤnerung berfelben bei. Hieruͤber entfcheidet allein ber Ges
k. — Geſchichte der ruffifhen Sprache. Diel. Periode, die längfte
die aͤrmſte an literarifchen Erzeugniffen, umfaßt die Zeit von der Gründung
Weiche bis auf Lomonofoff, der zuerft eine bleibende Hauptveränderung in
afl. Sprache hervorgebracht hat. Wichtig für die fchriftliche Feſtſtellung der
je ward bie Einführung einer ruff. Currentfchrift, wodurch die ſchwerfaͤlli⸗
Diriftzeichen außer Gebrauch gefegt wurden, welche Kyrill eingeführt hatte.
Bf. Cyrillus) hatte für die Bezeichnung der Töne, welche ben flawifchen
ken eigenthümlid, find, und wo er mit den griech. Lettern nicht ausreichte,
tzüge aus den aftatifchen Alphabeten entlehnt, deren Bildung bei einem ohne⸗
lalhe fchreibeluftigen Volke der fchriftlichen Überlieferung ein Dinderniß murbe.
u das Ende des 17. Jahrh. verbefferte fie Elias Kopiewitfch zu ben jetzt ge:
Hichen Lettern, für deren Berzierlichung in den legten Jahrzehnden ſe viel ge+
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Stavtrecht, AULY. IE bedeutenoſten Bentmaier ader TINV: MIRD TU
aus ber Zeit des Jaroslaff (ftarb 1054); der Heerzug des Igor, ⸗
Dicht aus dem 12. Jahrh.; Volkslieder und die Gedichte des Fürfl
aus der Zeit der Kaifern Anna. Diefer nächfte Vorgänger Lomon
wahres Talent, hatte eine europäifche Erziehung erhalten unb Eannte
Seine Gedichte beftehen in Satyren und Epifteln, worin er, obwol al
des Horaz und Boileau, die Sitten und Verirrungen feiner Zeit treu fi
Beift in feinen Gedichten ift modern, die Form antik, doch das Vers
Auch hat er Fontenelle'sGeſpraͤche über die Mehrheit der Welten”
überfegt; allein die Sprache war noch zu wenig ausgebildet, um bie €
Originals wiedergeben zu können. Überhaupt zeigt diefe Periode nur e
de Denkmaͤler einer erft im Werden begriffenen Schriftfprache. Pr
hatte ihr, ohne es zu glauben, eine ruͤckgaͤngige Richtung gegeben, als er
Ausbrüde einführte, um eine große Zahl ſchon vorhandener Kunſtwoͤrt
welche bucch diefe Neuerung außer Gebrauch kamen, ſodaß die Sprach
und entflellt wurde. — Die 2. Periode geht von Lomonofoff bie a:
Zömonofoff(f.d.), ein Mann von Genie, erfhuf die Sprache der
indem er theils die Sprache mit dichterifchen Ausdruͤcken bereicherte
Formen einführte, die er vorzüglich aus der deutſchen Literature entle
f. Nachfolgern als Mufter dienten. Auch zeigte fein Beifpiel, wie mc
und Wendungen ber flawonifhen Sprache zur Bereiherung und V
ruſſ. Sprache anwenden kann. Ex entwickelte zuerft ihren grammati
bau und bildete durch f. Schriften auch bie Profa. Seine Oben bat
benheiten des Tages zum Gegenſtande; man findet in ihnen wenig Po
tebnerifche Fülle, die Sprache ward durch fie mächtig gefördert. In
herrſcht der Iprifche Zon vor, man darf nichts Dramatifches darin f
Epos ift f. „Peter der Große” ein erfter Verſuch; einzelne Stellen ſir
Schönheit, aber das Gedicht felbft ift ohne Intereſſe. Seine Nacha
Pſalmen find reich an poetifchen Ausdruͤcken. Seine „Epiftel über be
Verſe“ ift ein wahres Kunſtſtuͤck. durch das der Vf. bewies, mie fehr er
Kuſſiſche Sprache und Literatur 489
it f. Zeit gluͤcklich eingewebt hat, haben fich auf ber Bühne erhalten. Ex
Gumarokoff bei weitem, und einige Scenen von ihm merben noch jegt
Bastefen, obgleich bie Sprache feitbem weit fortgefchritten ift. — Koſtroff ver
g, well ex die erften Befänge der „Illade“ in Alerandrinen, und den
in Profa uͤberſetzt hat. Seine Sprache iſt nicht ohne Kraft. — Bobroff,
Genie, hat eine Menge ſchwuͤlſtiger Oden und ein befchreib. Gedicht:
“, hinterlaſſen, ein Chaos, aber hier und da mit glänzenden Dichter
— Bogdanowitfch (f.d.), Df. des Gedichte „Pſyche“, nach Lafon⸗
naid, viel Grazie und Originalität, aber Breite und Mangel an Geſchmack.
gehört der Zeit nach, in welcher ſ. Bedichte erfchienen, der folgenden,
x Sprache nach diefer Periode an. Die Form f. Trauerſpiele iſt franzoͤ⸗
Sprache weder rein noch fchön, aber der Ausdruck ift oft Eräftig, die
Bung der Leidenfchaften wahr; einige Scenen find in der That tragifch, eis
| jere gut gezeichnet und ficher durchgeführt. — Petroff, ein wahrer
„ aber f. Sprache iſt rauh; er hat viel Ideen und ſtarke Bilder. P. befang
en die Siege der großen Katharina. Seine Helden waren Potemkin
mjänzoff. Seine Überfegumg der „AÄneide“ in Alerandrinern iſt der Sprache
hr rauh, aber voll Kraft. — Die Reihe der Profaiften in diefer Periode ers
cbenfalls Lomenoſoff. Seine Lobreden auf Peter den Großen und Eliſa⸗
ben wenig Ideen, aber viel redneriſchen Schmud. Beide Schriften unters
Ba fich gaͤnzlich von denen feiner Vorgänger. Sie haben die Sprache ſehr weit
geführt, ihr aber keine bleibende Form gegeben. Daffelbe gilt von f.
Ahaftlichen Abhandlungen über die Elektricität und die Metallurgie, von
ſuche einer ruſſ. Srammatif”, und von f. „Rhetorik“, die viele au® ben
AÄberſetzte Bruchſtuͤcke enthält. — Bon Weiſen (Mifin) fchrieb 2 Luftfpiele .
q, voll echter Komik, die einige Lächerlichleiten der Zeit treu barftellen;
ben ſich auf dem Repertoir erhalten und werben es auch kuͤnftig. Noch hat
ihm 2 fehr originelle Satyren und Überfegungen von Montaigne und
— Muravieff, der Erzieher des Kaiſers Alexander, fchrieb für feinen
ging mehre Abhandlungen über die ruff. Gefchichte, Xodtengefpräche
mente in der Art des englifchen Zufchauers u. d. T.: „Der Vorftädter”.
adruck iſt nicht ganz rein, er hat die Sprache nicht in f. Gewalt; man
5 er ſich nach franz. Muſtern gebilbet hat; aber er ift voll Ideen und vors
5 büberreich. Wenn man ihn lieft, fo fühlt man, daß fein Geift mit Allem,
alte und neue Literatur Schönes bat, vertraut geworben ifi. Aus Allem,
x geſchrieben, leuchtet ein ſchoͤnes Gemuͤth hervor, ein reiner Sinn und bie
m Buten. An heller Einficht ſchritt er f. Zeit voran. Aber auf f. Zeit
hat er wenig eingewirkt, denn ex ließ faft nichts drudeen. Seine Werte
m lange nach f. Tode. — Im Allgemeinen hat alfo in diefer Perlode Lomo⸗
Genie die Liebe feiner Nation zur Literatur gemedt. Man las Alles, was
XE erfchien, mit Begierde, vorzüglich die Erzeugniffe der Dichtkunſt, und
Me gut. In Sumarokoff fah man einen großen Tragiker, und in dem Ge:
Keraskoff bei allen f. Schwächen eine „„Stiade”. Man fühlte das Schöne,
es aber nicht von dem Schlechten zu unterfcheiden. Der Geſchmack mar
8 Kind in der Wiege und die Kritik faft unbelannt. Man Eönnte diefe Pe-
3 Erwachen des Genies und der Poefie nennen. In der legten Hälfte ders
at ein genialer Mann auf, ber keiner Schule angehört, original und eigen⸗
ohne Bildung, aber einzig in feiner Art, der wahre Mepräfentant ber ruff.
fl: Derſchawin (ſ. d.). Er befang den Ruhm ber ruff. Waffen unter
Megterung, wie Lomonofoff und Petroff; wenn aber diefe nur Lob⸗
Iheer Souveraine und Helden waren, fo befang fie Derſchawin als Dichter,
sig von f. Gegenflande, In Allem herrſcht fein freier Dicgteranit var,
Drbnung gefolgt. Für das Studium der ruff. Sprache und fire
hat es großen Nuten gehabt. Überhaupt wies bie ruff. Akademii
: Det. 1783) das ſchreibende Publicum auf die reinen Elemente i
außerdem vereinigten ſich noch mehre Sefellfchaften zur Ausbildung |
Endlich trug ganz vorzüglic) zur, Verbreitung des Sinnes für Lite
bei, der felbft wenig Kenntniffe, aber viel natürlichen Verſtand und
zu den Wiffenfchaften und Sinn für Aufklaͤrung überhaupt befaß.
volle Dann war Novitoff; er gründete eine typographiſche Ge
ſelbſt eine fatyrifche Zeitfchrift u. d. X.: „Der Maler‘, heraus, w
gelefen wurde und darum befonders merkwürdig ift, weil fie fi
fchriftftellerifche Laufbahn eröffnete. — In der 3. Periode
(f. d.) der Repräfentant für die Profa, und Dmitrieff für die P
fchrift, welche Karamfin nach ber Ruͤckkehr von ſ. Reife herausg
ducchgreifende Veränderung in der ruff. Sprache hervor. Er entt
genoflen das Geheimniß bes treffenden Ausdrucks, der Klarheit, de
der Beftimmtheit. Diefelbe Vollendung, bie er der Profa verliel
der Poefie gegeben. Beide haben gewiſſermaßen die Bildung
ſchloſſen. Die kommenden Schriftfteller koͤnnen fie durch ihre i
lente bereichern, allein Hauptveränderungen kann fie nicht weiter «
Karamfin’s fchriftitellerifcher Laufbahn laffen ſich 3 Epochen unt
erſte begann mit der Herausgabe des „Sournals von Moskau“.
Bruchſtuͤcke f. „Briefe eines reifenden Ruſſen“ und ſ. nachher befc
Erzählungen. Diefe Erzeugniffe tragen ganz das Gepräge des ed
den fie zuerft verbreiteten, haben aber noch den Charakter ber Ju
jener Zeitfchrift vorlommenden Bemerkungen und Nachrichten uͤl
des Auslandes haben die Theilnahme an der fremden Literatur in
gewedt und zugleich den Keim ber wahren Kritik entwidelt. D
ginnt mit ber Herausgabe des „Europäifhen Eilboten“. Hier «
ihren Hoͤhenpunkt. Diefe Zeitfchrift zog bie Aufmerkfamteit ai
- na. ah. uni Last «1. LE ..8.._ 4
Ruſſiſche Sprache und Literatur 491
a bloß dem Reiz und bie italienifche Harmonie f. Verfe zu geben gewußt.
Kitskii war, nach Karamfin, Herausgeber des „Europ. Eilboten” und gab
einige profaifche Auffäge. — Diefe u. a. Schriftfteller haben Jeder fein ei»
Verdienſt, allein ihrem Meifter find fie nicht gleichgelommen. Übris
was fie gefchrieben haben, unbedeutend, und Eonnte daher die weitere Aus⸗
ber Sprache nicht fehr fördern. Überhaupt fehlt es ber ruff. Literatur
Driginatwerten tiber Philofophie. — Wir müffen bier zweier Parteien ers
‚ welche fich in der ruſſ. Literatur anfeinden: die ruffifche und die [las
Diefe Art von Schiema entftand, feit der Admiral von Schifchkoff, ges
Minifter des öffentlichen Unterrichts, als Karamfin’s Antagonift auf:
feines Anficht foll in der ruff. Literatur der ſlawoniſche Dialekt ber rufſ.
| ung vorhersfchen. Diefe Anficht halten Viele für offenbar irrig, weil
Eyrache gewiſſermaßen als eine tobte anzufehen fei, die nur in ber Überfegung
Schriften unb in einigen Kicchenfchriften fich erhalten habe, und daher bloß
icherung ober zur Ausſchmuͤckung der lebenden ober Volöfprache ange:
werden könne. Diefe lettere allein folle und könne man nod) vervolls
Schiſchkoff machte Karamfin den Vorwurf, er habe die Sprache ent⸗
die Einführung fremder Formen, vorzuͤglich von Gallicismen. Die
ber ruſſ. Sprache fagen dagegen, Karamfin habe bie ruff. Sprache gerels
r habe er fidy nad) dem Muſter der großen Schriftftelter bes Auslandes
‚ allein zugleich habe er gewußt, das Fremde in fein Eigenthum zu vers
Sein Gegner im Gegentheil wende veraltete Ausdruͤcke an, ober übers
ıfremben, welche der Gebrauch ſchon eingebürgert habe, unpaffend, indem
bie Ballicismen mit Ausdruͤcken kaͤmpfe, die felbft voll von Gallicismen feien.
ber Geſchichte der Sprache der Poefie machen Dmitrieff's Nachahmun⸗
me's und feiner Erzählungen Epoche. Vor ihm hatte Lomonoffoff und
Derſchawin Mufter dichterifcher Schönheit gegeben und der Kuͤhnheit
geöffnet. Ohne den Flug des Genles zu hemmen, wußte ihn Dmitrieff
Kritik des Geſchmacks zu mäßigen. Seine Gebichte zeigen, wie Idee und
dichteriſch und zugleich correct fein koͤnnen. Man hat von ihm an 100
nad) Zafontaine u. X. treffliche Erzählungen, viele Lieber, die Volks⸗
eworden find, und Oden, die als claffifch gelten, ohne ben Schimmer
zfcyamwin’s Originalität und Kühnhelt zu haben. Durch Dmitrieff hat
‚ Dichterfpradhe ihre bleibende Korm erhalten. Weniger rein und correct
I Neledinsky⸗Meletzky; allein viele ſ. Lieder leben im Munde des Volkes.
ahre und darum ſtets jugendliche Teuer ber Leidenfchaft belebt feine Ge⸗
mb fichert ihnen eine lange Dauer. Chemnitzer wird ale Fabeldichter ges
. fein Ausdruck ift naiv, indeß fehr profaifh. Kriloff, ein Dichter im
Binne des Wortes, ift in f. Sattung, wie Derfchawin, der Repräfentant
tionalpoeſie, denn f. Fabeln find faft alle original. Wie Sener in f.
Vie glänzende Seite bes Zeitalters barftelte, fo hat Kriloff in f. Sabeln
erliche Seite und die profaifche Denkart f. Zeit gefchildert. Im Ausdrud
r cein und vollendet als f. Vorgänger Dmitrieff, übertrifft er ihn als Dar»
Kriloff iſt ein guter Beobachter; feine Fabeln, die mit den beften in jeder
se von biefer Seite die Vergleichung aushalten, find reich an Ideen und Er:
8; daher gelten jet viele Verſe von ihm als Sprichwoͤrter. — Shu⸗
18i (f. d.) hat die poetifhe Sprache der Ruffen bereichert, indem er Ideen
Wähle darſtellte, die ber ruſſ. Literatur noch neu waren. Seine Gedichte
i treues Bild f. Individualität in der Zeit, als er fie nieberfchrieb. Eben das
giehen fie ungemein die Lefer an. S.'s Vorliebe für die deutfche Dicht:
weiche vor ihm f. Landsleuten weniger befannt war, bewog ihn, fie inf.
harungen mit ber ruffifchen zu verfchmelzen; baher haben |. Geridhte ein
492 | Ruffiihe Sprache und Literatur
eigenthuͤmliches Gepräge, das Ihrem tiefen melandholifchen Gefkihie ı
tone bei ihrer Erſcheinung einen befonbern Heiz verlieh. — Batjuſé
durch den Zauber ſ. Sprache. Mit einer glänzenden Einbildungsktaft
das feinfte Gefühl des Schicklichen, daher ift f. Sprache in ber Wal
monie bed Ausdtucks unnachahmlich. Dan hat von ihm erotifche El
reiche Epifteln und lyriſche Verfuche; alle tragen ben Stempel einer S
die Nichts zu wünfchen übrig läßt. Indeß ift fein Gefang a
Zeit, wo feine Kraft fi ganz entfalten konnte. — Fuͤrſt W
in feiner Eräftigen, inhaltreichen Sprache mit wenigen Worten *
bisweilen ſ. Ausdruͤcken etwas Gezwungenes und Hartes. WBorzüg!
ihm die Satyre und das Epigramm. Setine koͤrnige Proſa leidet nı
ſ. Verfe an jener überreichen Kürze. — Woftokoff hat wahres D
Reichthum an Ideen, Einbitbungstraft, Wärme des Ausdrucks, abe
iſt noch wenig ausgebildet. — Gneditſch hat ſich durch f. Überfegung !
in Herametern um bie ruff. Sprache ein großes Verdienft erworben. J
nen iſt der Charakter diefer Periode eine, der ruff. Literatur vorher fren
und GCorrectheit. Die Sprache hat eine feftere Geftalt angenommen
tennt man nidyt ben ganzen Umfang ihrer Bildungsfähtgkeit. Sin der‘
Rußland gegenwärtig nur einen genialen Schriftfteller. Noch fehlt ii
beitung von mehren denkenden Köpfen, daß fie ſich weiter ausbildend,
anfügen lerne. Nur die Dichterfprache der Ruffen kann man bis jegt r
— Die jüngfte Zelt der ruſſ. Literatur fteht gleichfam noch in der Bluͤ
nennt fie einen vielverfprechenden Dichter: Alter. Puſchkin (f.d.).
findungskraft und Driginalltät; fein Styl iſt hoͤchſt gebildet. Kar:
ſchichtswerk zeigt jetzt der Nationalpoeſie eine neue Bahn. Bieher n
Geſchichte für den Dichter ein Land, auf dem die Nebel der Chroniken:
gen lagen. Karamfin zerfireute die Nebel und brachte Licht in bie dum!
An feiner Fackel möge die Dichtkunſt die ihrige anzimden! Der Die
vermag, ift Puſchkin. Man erwartet von ihm Nationaltrauerfpiele, d
ftände er aus den Jahrbuͤchern Rußlands gewählt hat und bei denen er
die engen Formen des franz. Zrauerfpiel binden wird. Unter den o
lebenden Dichtern nennen wir Kos loff (f.d.); Gribojeboff, der. V
anziehenden Luſtſpiels; Glinka, einen Inrifchen Dichter, voll Feuer;
Delwig (den Herausg. des ruſſ. Muſenalmanachs: „Nordiſche Blun
und 1826); den jungen Schazykoff, Baratinskij u. A. Unter den
den Prof. Mersiäkoff in Moskau, der Taſſo's, Befreites Jeruſalen
bat. — Die ruff. Profa zähle jegt wenig Driginalprodbucte. Es gibt
nale, aber man kann in ihnen nicht das Ergebniß ber Nationatbildu
da fie meiftene Auszüge aus fremden Zeitfchriften enthalten. Der ki
derfelben kann nicht bebeutend fein, da die Nationalliteratur arm iſt. X
ſich vor fo vielen mittelmäßigen Profaitern Gretſch aus, deſſen Stni r
keit hat, obwol er nicht frei iſt von Fehlern gegen den guten Geſchn
15 Jahren gibt er das befte ruffifche Journal heraus, und fchon bies
bienft. Auch beſchaͤftigt er fich mit der Abfaffung einer uff. Sprachleh
fer Hinſicht verdienen außer den aͤltern ruſſ. Sprachlehren von Ludolph
sica et manuductio ad linguam slavonieam’, Orford 1696, 4.)
ning (Stodholm 1750), Lomonoffoff, Rodde, Heym (n. X. von Ve
1821), der Sprachlehre der ruff. Akademie (St.:Petersb. 1802), vı
von Vater (Epz. 1808), und wegen der glüdlic gewählten Beiſpi
praktifchen Anweifungen die von Kappe (St. Petersb. und Kiga 181
1820) den Dentfchen empfohlen zu werden, forwie Puchmayer’s „Lehr
ruſſ. Sprache (1820), dem der gelehrtefte Kenner ber finwifchen 9
Ruſſiſche Sprache und Literatur 498
Yobremsäky, eine Vorrede binzugab. Ste alte umfaffen, wenigſtens die
r das Umgangsruffifhe. Fuͤr die ſlawoniſche ober Kirchenſprache fehl
me me ger ſehr die grammatiſchen Huͤlfsmittel. Die in altſlawiſcher
erfaßten Lehrbücher von Zizania (1596), Smotriski (1619), das
- 53.1755 und ähnliche, waren nicht geeignet, das Werftändnig ber
leichten. Als Sorfchritt mußte daher ſchon die In ruff. Sprache ge:
Brammmatil des Kirchenfiawifchen gerähmt roerden, welche Pet. Winos
11 gab, wenn auch jest anerkannt ift, daS fie durch Dobrowsky's „In-
linguse Siawicae dialeeti vet.’ (Wien 1822) völlig außer Werth
»e. Wie ernſt aber die Negierung felbft den grammat. Unterricht bes
kann das Verbot von Lewizkij’s „Kleiner ruff. Srammatil” (St.⸗Pet.
eifen, bie 181%, „wegen mehrer Fehler und falfchee Definitionen‘,
rdicte des Minifters der Aufklärung unterlag. — über die Wörter
ruſſ. Sprache von Rodde, Heym, ein „Deutfchsruff. franz. Taſchen⸗
* (ige 1805) u. a. m., f. m. die Überficht von Schloͤzer in den „Goͤtt.
a’, 1810, Nr. 47. Seitdem gab A. Oldekop ein „„Ruff.s deutfches
‚= ruſſiſches Wörterb.” in 5 Bon. heraus. Der jegige Präfident der
mie, Admiral und Miniſter Aler. Schiſchkoff, hat eine 2. Aufl. des
ber zuff. Akademie’ (6 Bde., 4., 1826) befördert.
diefer Charakteriſtik der Dichter und Profaiften, die auf bie Bildung ber
Sprache Einfluß gehabt haben, bemerken wir über einzelne Gegen=
vuffifchen Literatur Folgendes: 1) Die früher vernachläffigten alten
der und Sagen der Ruſſen haben erft in ben neuern Tagen wegen ber
mit den Romanzen der Spanier, Engländer und Skandinavier bie Auf⸗
t der Ruſſen erregt, welche durch das Weifpiel des Auslandes angeregt
Bie jene Romanzen, ſcheinen fie auf eine zufammenhängende Volksſage
I, die es vielleicht noch aufzufinden gelingt. Noch hatte ſich in der Des
‚iefe alten Lieder angehören (1015 — 1224), die Nationaipoefle nicht
lawiſchen Fabellehre losgeriffen, und bie ruff. Märchen und Volksſagen
ech einen eignen Reiz phantaftifcher Geftaltung gewonnen, ber In der
Fifipat und Maxim und ihrer Zapferkeit, von der Hochzeit Devgiele⸗
er Entführung Stratigovnas, in der Sage von Shinagrip, Zar der
h auf eine eigenthümliche Weife bemerklich macht. Fuͤrſt Wladimir I.
Kittern war ber Mittelpunkt diefe® Sagenkreiſes, der fich mit den Aben⸗
Karl umd feinen Pairs und vom König Arthur mit den Mittern feiner
vergleichen läßt. Die Helden Dobrenja Nikitiefch und Tſchurilo Plen⸗
3. find hier an die Stelle der allverbreiteten und mohlklingenden Namen
1, Rinaldo und Amadis getreten. Seit 3. Müller „Igor's Zug gegen
er“ (aus dem Altruff., Prag 1811 u. 1812) herausgegeben hat, ift dies
im ruſſ. Original mehrmals erfchienen. „Kürft Wladimir und beffen
⸗CEeipz. 1819), ift eime deutfche Nachbildung und aus einer Sammlung
yer entftanden, die Rumjänzoff hat bruden laffen. Auch des Fuͤrſten
Seiſt der ruſſ. Poefie oder Sammlung alter ruff. Dichtungen, die theil6
: Snbalt, theils durch ihre Auslegung Aufmerkſamkeit erregen” (Peters⸗
‚2 Bbe.), hat im Heimathlande die Blicke nach diefem Kerne ber Sprache
Borjuͤglich waren es Beiftliche, die in jener Periode eine höhere Geis
it bewiefen; body blieben auch weltliche Große ihre nicht fremd. Neftor
we miehre Große, die an diefen geiftigen Befchäftigungen Theil nahmen.
en diefe Anfänge von keinen dauernden Kolgen fein, weil höhere Lehran⸗
ten; dann auch darum, weil bie griech. Vorfteher ber öffentlichen Schu⸗
bir, Smolensk und Halitfch, wunderbar genug, die Liebe zum griech.
e nicht begründeten, welche eine fortwährende Schutz wehr gegen Werts
darf der Leſeluſtigen ausreichten. Dadurch, daß bie Schreibende
ſprache verfymähten, welche durch Ihre tatarifchen Zufäge ein frer
felöft mißfaͤuiges Anfehen betommen hatte, unb nur der alten ſiaw
ſich bedienten, mußte nothwendig die Luft an folder Unterhattı
Mißverhältniffe ungerechnet, auf immer Wenigere beſchraͤnkt wı
Ruſſen nicht reiften und keine fremde Sprache lernten, fehlte ein g
Verknüpfung mit dem übrigen Europa. Schulen gab es in Großi
und als man endlich zu MosEau durch Errichtung der flamifchegrie:
bemie des faitonoffpafkifchen Kloſters (1682) auf eine Lehranftalt
der kiewſchen geifllichen Schule (ſeit 1588) bedadıt war, hinderte
des Lehrplans und ber Unterricht in unverftändlichen Sprachen dı
folg. Wenigen Einfluß übte die Druckerel, indem fie ausſchließlich
und bie Vergnägungen waren zu cob, um edlere Anregungen zu
dramatifchen Darftelungen geiftticher Geſchichten, die von ben kl
ten während der Ferien in den Städten aufgeführt wurden, fandeı
Ataferna dem König den Kopf abſchlug, wo Artazerres den Ham
fahl, und dann die drei Männer im Feuercofen vorzüglihen Bi
Fortſchritt ſah man bie ſlawoniſch⸗ruſſiſchen Dramen des Priefter
von PolotsE an (1628 — 80), welche zu Fedors III. Zeit erſt im.
‚Hofe gegeben wurden. Liebhaber finden f. „Nebutadnegar” un
Sohn” im 8. Bde. der „Altruff. Biblioth." gedruckt und die meiſ
ſchriftl in ber Synodalbiblioth. zu Moskau. Das erfte fremde Luftf
Ruf. Üiberfegte, war Moliere'$ „Arzt wider Willen”, das von
Alexiewna mit ihren Hoffräulein aufgeführt ward. überall dient
Mufter, felbft in den Gedichten, unter denen des ebengenannten (
lotsE Überfegung der Pfalmm Davids (Moskau 1680) Erw
Doc) aud) in ihnen verkennt man biefen fremden Einfluß nicht.
die von Karamfin aufgefundenen Maͤrchen von einem Kaufmar
geeignet, unfere Meinung zu ändern, aber noch erwarten fie die 4
Kuſſiſche Sprache und Literatur 495
ui warb 1711 gefliftet, aus der 1744 die erſten petersburgifchen Zeitungen
Bingen. Überſetzungen ausländifcher, meiſtens deutfcher Werke follten bie
n Eefen anregen, und durch junge Ruſſen, die er auf Reifen fchickte, hoffte
Borzägen ber Bildung bei feinem Volke Glauben zu verfchaffen. Bei feinem
nterlieh er 51 Wolksſchulen, 56 Garnifonfchulen und 26 andre Anftalten
ber ber Geiſtlichen, die der fo langſam gedeihenben Givilifation nur unmerk⸗
zbeiteten. Doch war es weniger das Hangen am Herkoͤmmlichen, was fich
ten bes für große Eindrücke fo empfänglichen Volkes dem Fortgange feines
ntgegenftellte, als das Ränkefpiel der Staatsbeamten, denen Bildung oft
gften am Derzen lag. (S. Akademien.) Die Akademie ber Wiffen-
beförberte feit 1725 die wiffenfchaftliche Richtung, welche die Geiſtesthaͤ⸗
orzugsweiſe genommen hatte, weil das Beduͤrfniß einer eigentlichen
noch nicht fühlbar getworden war. Taͤglich mehrten fich jedoch durch kaiſ.
&t Die Lehr: und Bildungsanftalten,, und namentlich war es Katharina Il.,
ı Begänftigung der Künfte und Wiffenfchaften, zundchft von ihrem Um:
ife aus auf Achtung des Schönen und Nüglichen hinwirkend, mit beharr⸗
ifer in der Ausführung der oft unterbrochenen Pläne vorwaͤrtsſchritt. Alf»
: wurde das Beflreben, dem Auslande nachzueifern, und der für geiftigen
mpfängliche Theil des Adels und des Beamtenftandes gab ſich demfelben
er Regſamkeit hin, daß Paul J. Beforgniffe faßte und eine Landesfperre
Ilexander I. verfolgte in den erften Fahren feiner Regierung die Bahn feiner
eter mit Enthuſiasmus. Er fliftete Lehranſtalten und Volksſchulen, forgte
ehnblichere Bildung der Geiſtlichkeit, unterftügte mit Eaiferlicher Freige⸗
36 Talent, ließ aber den Volksgeiſt in feinem wiffenfchaftlihen Streben
yenger Ängftlichkeit beauffichtigen, daß vielleicht darum eben die neueften
jeffelben der europäifchen Beachtung weniger werth gefchienen haben. Gleich»
ch diefer wiflenfchaftliche Geiſt mit der den Ruſſen eignen Betriebfamteit
B geregt, dag von Sopiloff in f. „Essai de bibliographie russe”’ (Petersb.
r23, 6 Bde.) 13,249 in ſlawon. und in ruff. Sprache feit Einführung dee
in Rußland (1553) bis 1823 in Rupland herausgeg. Originalwerke um)
alphabetifch verzeichnen konnte. Seit dem fruchtbaren Jahre 1820,
allein 3400 Werke erfchienen, darunter aber beinahe die Hälfte Über:
a (über 800 a. d. Franz., 483 a. d. Deutfchen), hat diefe Zahı fehr abges
I, ſodaß im J. 1824 in Allem nur 264 Werke, meiftens Überfegungen,
4 biftor.sgeoge. Werke, Gedichte, Romane erfchienen. — 4) Poefie.
e Nachbildung der vom Ausland en.Iehnten dichterifchen Sormen erhielt fich
er Dichtkunſt noch das nationale Kied in Ehren, das bald Liebe, bald Krieg
nid Spiele, Kirchenfeſte, Tiſchfreuden, bald Mationalluftbarkeiten feiert.
es älteru waren die des Koſacken Semen Klimoffskij (gef. 1725) fehr beliebt;
Inmumenftellung berer, die jegt noch in Anfehen flehen, gibt Oftolopoff’6
chuch der alten und neuen Dichtkunft” (St.sPetereb. 1821), wo auch die
Dmitrieff, Neledinſtij⸗Melezkij, Karamfin und Shukoffskij (ber geniale
bes „Sängers im ruff. Lager’’) vor allen fid) bemerklich machen. Seit durch
suftant. Demetr. Kantemir (f. d., geft. 1744) die Profodie genauer bes
ward, verſuchte man ſich in allen Dicytungsarten, von der Dithyrambe bis
abrigal. Die ruff. Volkslieder, welche in dem Munde des Volks gelebt
ab aus ber Negierungszeit Peters d. Gr. und der Kaiferin Elifabeth, welche
. Das Lyrifche ift vorzüglich gelungen. Auch muß ber philofopb.
ſteln des Kürften Ivan Michailowitſch Dolgorudi (fi. 1823) u. d.
Be meines Herzens“ Erwähnung gefchehen. Die poetifhen Erzähluns
kdemen bie alte Sage fo vielen Stoff gäbe, find bearbeitet worden von Bus
F, Kriloff, Batjuſchkoff, Dmitrieff, Shukoffskij, über deflen Becdiroſt
EITEEHER, uage WIE LE DET WUTETLIGTEIE, INT DET man AUED ZTER
Aulaß, das Eigenthümtiche zu umterbrüden. Die Oper mußte
Hebenben Hofe, wie der ruſſiſche, lebhafte Theilnahme finden. D
marokoff warb 17764 zu Petersburg aufgeführt, und fie hat ſeitt
Bearbeiter gehabt. Im Lehrgedichte galten fonft Keraskoff’6 „Ei
fhaften“ ; jet haben ſich bie Fabein von Dmitrijeff, Chemuiger,
Iberfegungen Freunde gewonnen. (Kriloff's Kuſſiſche Fabeln
wovon ein Theil ruſſiſch mit feanz. Überf. der Graf Drloff, Paris
‚geben hatte.) Kleinere Dicytumgsarten finden In den 21 ruſſtſchen
ſriften (die 1824 in der Pauptftadt im Umlauf waren) ein toiltig
und Beifall bei dem immer noch kleinen Publicum. Deutſche i
für die hier gegebenen Anführungen in R. v. Gretſch's „Handbuc
tur, ober Beifpielfammt. aus Dichtern und Prof.” (Gt. Petereb
und in von ber Borg’s „Poet. Erzeugniffen der Muffen“ (Miga 1!
ben, mit denen man J. Bowring’s „Speeimens of the russian
Kond. 1821), und Dupre de St.Maures „Anthologie russe
verbinden kann, ſowie denn auch allen Freunden ber Literatur A.
peteröburgifche Zeitfchrift””, wegen ber bort gegebenen Bufanmen‘
empfehlen ift. Unter den Zeitſchriften find diejenigen, welche und
des Reiche vertrauter machen, wie Bulgarin's „Norbifches Arch
ſche Verkünbiger” von Sſpaßkij, „Der Sohn des Waterlandes“ v
Veförderer der Aufklärung", einer Auszeichnung werth. 5) Pr
bar fteht bie ruf. Profa ihrer Dichterſprache an Ausbildung umd €
In geiftlichen Reden, durch bie fie zuerſt ihre Ausbildung erhielt,
baftifche Rhetorik erhalten, die oft den mindern Gehalt verberi
Homilien von Feofan Prokopowitſch (farb 1736), von Gebeen,
fü, Georgij, dem Protoierni Lewanda, dem Metropoliten DRiı
reichend erweiſen. Dan vgl. Katſchenoffskij's Blick auf die Fortſch
Beredtſamkelt in der erfien Hälfte d. 18. Jahrh., in deſſ. Wer
Berkünbiaer". Kahra. 1813. Neuerbinas aina ein mehr froͤmme
Rußland (ältere Geſch.) 497
san beklagen, daß eine Dienge ber anßgezeichnetfien Gelehrten und
u KNußlande für ihre Werke auslaͤndiſche Sprachen vorziehen und ih⸗
de dedurh einen Ruhm entziehen, ber vieleicht ben einer politiſchen
aArfwiegt. Die Denkſchriften von Schachoffekoi (1821, 2 Bde.),
18), machen non diefer nicht zu billigenden Weiſe eine beachtungswerthe
Noch fehlt Rußland ein Roman, der Originalität mit den Vorzuͤgen
ng verbände, die ihn der lübertragumg in fremde Sprachen werth ges
Für Novellen find Karamfin, Shuloffetij und Benlizkij bie beſten
Bbefonbere verbienen die Reifebefchreibungen ber Waffen bie Aufmerk⸗
ustanbes. Jaͤhrlich haben feit ber erften Reife der Ruflen um bie
r Schiffen Nadeſchda und Newa unter dem Befehl-des Gapit. Kruſen⸗
erikaniſche Sompagnie oder Einzelne, Schiffe nach der Nordweſtkuͤſte
efandt ; unb Oolownin's Reife (1807 — 14), die bed Lieut. v. Kotze⸗
n des Br. Rumjaͤnzoff, die des Lieut. Laſareff, die von Bellingthau⸗
Tttjeff, die des Lieut. Mrangel, Murawieff s Lanbreifen, Broneffs⸗
ungen von Murien u. X. m., find von ben erheblichſten wiſſenſchaft⸗
ſſen geweſen. In vielen bernerkt man die Spuren ber ſich fortbliden⸗
in. Stellen, die durch ihre Darſtellung zu den anziehendften aller Bis
Iren. Endlich muß hier auch der Verdienfte gebadıt werden, bie fich
emlker and Gelehrete (Fraͤhn, Krug, Schmidt u. A.) um bie.orienta-
e erwerben. Fraͤhn beſorgte auf des Grafen Rumjaͤnzoff Koflen die
es Hm. v. Hammer’s Schrift: „Sur les origines russes, axtralts
s orientaux”, ſowie den Druck von Abulghafl:8 ‚Hist. Mongolorum
a (Kaſan 1825). Wolkoff arbeitet an einem Wörterb. der tata⸗
ze. Genboffoti gibt Text und:Überf. bes „‚Desbent:Nameh‘ heraus,
⸗arabiſche Wörterbuch von Berggren. Bon ihm erfchien auch in
rache eine Bammlung alter Nachrichten bei türkifchen Hiſtoeikern in
Geſchicht⸗ Polms“ (Warfdyau 1824 fs.). Prof. Boldfreff u Mot:
kehrbuch der arabifchen Sprache” 1824 und eine „‚Berfifche Eheeflo:
bie.) 1826 herausgegeben. — Zum Gchluffe beenerken wir noch bie
be Theilnahme an Zeitfchriften und Almanachen, welche bie zuff. Bis
322 bereikbert. 1825 erfchienen in St. Petersburg 18, in Moskau
nwie-6 Almamadıe. Bon Bdftucheff’s und Rylejeff's ‚Polarftern”,
sch für 1824, und „Die nordifche Blume”, für die folgenden Jahre,
1. 1826 aber erfchienen zu St —— But 6 Zeitungen unb 15
Zur Beförberung der Kenntnig ber waterländifchen Literatur in zuff.
Hofrath Peter v. Köppen 1825 und 1826 zu St⸗Petersbarg ein
iſches Blatt‘’ Heraus. Auch hat bie in St. Peteräburg ſeit 1816 be:
Ufch. der Freunde der ruff. Literatur, beren Vorfteher N. Glinka und
h find, eine Sammlung der vorzüglichern Schriften und Überfegungen
16 jeßt 46 Bde.). Vgl. die Überficht der neueften ruft. Literatur im 7.
ner „Sahrbücher der Literatur”.
and I. Äitere Geſchichte. Mit dem gemeinſchaftlichen No:
Sarmaten, umfaßte man eine Menge nomabifcher Stämme, welche
nifchen Grenzen reichten, und ſchon vor Cyrus die damals gebifbete
ich -Worberafien beunruhigten. Sie bewohnten die von Herodot be
zegenden zusifchen dem Don und Dnepr. Strabo und Tacitus nennen
kanen ein farmatifches Volt. Die riechen legten bafelbft Handels:
Am 2. Jahrh. n. Chr. zogen von der Öftfee her in Die Gegenden vom
de Donau die Gothen. Seitdem 5. Jahrh. drängten ſich hier Hor⸗
llanen, Hunnen, Avaren und Bulgaren. Die Slawen, ein farmas
zogen hierauf mehr nad) Welten und Norden; bie Ehaeren wor den
Siebente Aufl. Bb. IX.
498 Rußland (ältere Geſch.)
Avaren gedrängt, kamen im 6. Jahrh. in bie Laͤnder zwiſchen ber Wei
Don, rüdten nad) und nach bis an die Donau, eroberten bie Krim ı
dadurch mit den Byzantinern in genauer Verbindung (die Kaiferin Ite
chazariſche Prinzeffin). Die Petſchenegen, Stammverwandte der Cha
am kaspiſchen Meere, gingen weſtlich, drängten die Ungarn nach Pan
rend fie Die Gegenden zwifchen bem Don und der Aluta behaupteten.
Rußland wohnten die Tſchuden (Finnen und Eſthen), finnifche Voͤlker
Stämme führten ein nomadifches Hirten⸗ oder Jaͤgerleben; nur fpätı
einige derſelben dadurch, daß fie in ehemalige römifche Provinzen rüdt
den Byzantinern in Verbindung Samen und mit dem Chriftentbum b
den, zu einiger Bildung. Diefe zeigte ſich am früheften unter ben flaı
kern, welche von der nördlichen Donau her im 5. und 6. Jahrh. die
und den Dnepr. hinanfzogen. Es entſtanden durch fie im heutigen :
beiden Städte Nowgorod (neue Umzaͤunung, novus hortus) *) und J
durch ihren Handel beſonders fpäter zu einer bebeutenden Macht bi
Beide Städte mußten anfangs gefährliche Kämpfe mit ben Chazarn b
noch außerdem wurde Nowgorod von den Warägern **) (fühne Ser
che die Oftfeekäften beunruhigten) hart bebrängt. Daher ſandte Rı
fandte an die Varjager, um ihren Schug zu erlangen, inbem fie ihn:
Schaft uͤbertrug. Alfo kamen im $. 862 (nach Neftor jenfeits bes Di:
Brüder Rurik, Sineus und Truwor, die Heerführer der Varjager
Landsleuten nad) Nowgorod und ftifteten in der Nähe 3 Fuͤrſtenthi
dem Tode feiner Brüder herrfchte Rurik allein, und feine Landelen:
ſich mit den befiegten Stawen zu einem Volle, den Ruffen. Diefer
in welchem bie Varjager wahrfcheinlich die Gutsherren und Krieger r
eine militairifche Verfaſſung, er ft u. d. N. Holmgard, Gardarike ur
befannt.und umfafte das nörblihe Rußland. Nach Ruriks Tode (€
fein Sohn Ighor unter feinem Vormunde Dieg (Diaf). Diefer erobe
machte fie zur Hauptſtadt. Ighors Witwe und Nadıfolgerin, Dig
Konftantinopel 955 das Chriftenthum an und brachte dadurch den gri
ihr Vaterland. Ighors Sohn, Swaͤtoslaw, ein Eroberer, blieb 97
gegen die Petfchenegen, an ben Waflerfälien de& Dneprs. Unter 1
Soͤhnen vereinigte Wladimir I. aus Nowgorod, ber Heilige ober ber
Ganze 980. Er machte bedeutende Eroberungen, heirathete die
Prinzeffin Anna, ließ fich zu Cherfon taufen 987, ftrebte feinem Volt
Bildung zu geben und flarb 1015. Wladimir hatte das Reich unter feiı
getheilt; zwar follten nach ſlawiſcher Sitte die einzelnen Fürftenthüme
Großfuͤrſtenthum zu Kiew vereinigt bleiben; allein da die Thronfolg
*) Die ruſſiſche Sprache braucht bekanntlich g ftatt h (Hospodar,
**) Die alten Bewohner Skandinaviens erhielten in ben Ländern, we!
ten, verfchiedene Namen: in England Dänen, in Frankreich Rormänner,
Waraͤger oder Varjager (fahrende Jäger, Abenteurer), bie von den Ifud
[hen Ruotfi, Rutzi, d. i. Reiſende, Frembe, Abenteurer, genannt wurben;
jest NRuffen. Diefe Benennung fommt fon vor Rurif bei den
gleich erft feit dem Anfange des 9. Jahrh. Nach Neftor ift bie Bener
erft, nachdem durch Rurik die Varjager fi) unter den Slawen zur berrf
erhoben hatten, allgemein gangbar geworben. Neftor nennt ben Rurik uı
der Niemsen, d. i. Deutſche; Thunmann unb Schlözer halten fie für
(Rormannen) ; Ewers fagt ohne Grund, daß fie Chazaren gewefen feien
lich Fam Rurik mit feinem Gefolge aus Wagrien. aus dem damals befaı
fen Aldeigaborg (jest Albenburg oder Oldenburg). Sie waren vielleicht
Züten. Der erfte Pla, ben Rurik unweit Nowgorod anlegte und befeft
von ihm ben Namen Albeigaborg, wovon noch gegenwärtig der Ladoga⸗
doga⸗) Gee den Namen bat.
Rusland (mittlere Geſch.) 499
wit war, entflanben blutige Familienkriege um ben Beſitz der großfürfklichen
we. Dec erhielt das Chriltenthum durch die Verbindung des Metropoliten
ew mit Konftantinopel wenigftens ben Srieden mit den Öyzantinern. Bald
Badimirs Tode wurde Chazarien erobert und mit ben Griechen getheilt, wäh»
Jaroslars feinen Bruder Smwätopol£ J., der 3 feiner Brüder hatte tödten
‚ vom Throne flürzte. Erſter wurde Großfürft (1016 — 45), gab den Bes
m Nowgorods ihr Stadtrecht, eine Sammlung von Gefegen, wodurch fie
mbe Freiheiten erhielten, legte mehre Städte an und that viel für das Chris
me. In der Kolge wählten die Kiewer 1114 von einer entferntern Linie Wla⸗
1., genannt Monomach, zum Großfuͤrſten. Diefer wurde vom byzantinis
mifer Alexius Komnenus ald Zar anerkannt, ließ fich zuerft Erönen *) und
‚ Die Juden aus Rußland. Sein Sohn Jurje erbaute 1147 Moskau. Waͤh⸗
fer Kamilienkriege war unter allen ruffifchen Städten Nowgorod am glüds
‚ obgleich auch hier blutige Thronveränderungen flattfanden. Die Schwäs
es Reichs wurde noch mehr durch die Nachbarvoͤlker befördert, welche bie
Zwietracht zu feindlichen Einfällen benugten. Am gefährlichften wurden feit
ie Mongolen. Diefe Eroberer hatten die Polowzer **) befiegt; zu fpät lei⸗
ie Ruſſen den Übermundenen Beiftand. Beide verbündete Völker wurden
n der Kalka gefchlagen. Doch befegten bie Mongolen erft nad) einem 15jähr.
rungskriege, als der Großfuͤrſt Jurje IL. in der Schlacht bei Sita 1238 ges
ı Khan Batu geblieben war, ganz Rußland. Nur Nomwgorod erhielt durch
ge feine Unabhängigkeit. In Hinſicht auf Bildung hatten die Ruffen gegen
Boͤlker nur geringe Kortfchritte gemacht, woran die Verfchiedenheit der Na⸗
und die militaitifche Verfaſſung vorzuͤglich Schuld waren. Der Handel war
8 in den Hänben deutſcher Kaufleute, welche mit den Diffionarien feit 1200
e Düna ber nad) Rußland kamen. Die Hauptfige diefed Handels, ber nach
Beften durch Deutfche und nach dem Süden durdy Griechen betrieben wurde,
Morogorod und Kiew. Bon einer gelehrten Bildung wußte man nichts; bie
enheiten wurben in Moͤnchschroniken, aber in ber Landesſprache aufgezeich⸗
vevon feit Neflor (fl. um 1113) eine lange Reihe vorhanden iſt. Außer dem
e, welchen die Ruflen durch bie Mongolen erlitten, mußten fie noch mit den
bern, deutſchen Nittern und Schweden kämpfen, weiche bie Abhängigkeit
wifen benugten, um Eroberungen zu machen. Die ruſſiſchen Großfürften
a nicht® unternehmen, was den Mongolen gefährlich fehien, und mußten
4 Tribut an die goldene Horde bezahlen. Dennoch führten fie auch in biefer
sgigkeit mehre glüdliche Kriege. Jaroslaw eroberte Finnland, ftarb aber in
tariſchen Horde an Gift; fein Sohn Alerander ſchlug die Schweben 1241
e Mewa und erhielt deshalb ben Beinamen Newéky. (©. Alerander
Ey.) Daniel, Aleranders jüngfter Sohn, kam 14 J. nad) des Vaters
(4277) zur Regierung ; ex wohnte bereit in Moskau und nahm daher 1296
den Titel eine® Sroßfürften zu Moskau an. Er erbaute 1300 den Kremi.
Sohn Jurje führte glüdliche Kriege gegen die Schweben und erbaute Orſchek
Kffelburg). Unter Demetrius Donsky, weldyer den Kreml von Stein baute,
a zwar 1360 die Tataren mehre Mal von ben Ruſſen geſchlagen; allein end»
wften diefe bennoch unter die Zinspflichtigkeit zurückkehren.
GB. Mittlere Geſchichte. Glädlicher waren die Ruffen unter Ivan I.
jewitſch dem Großen (vegierte von 1462 — 1505), welchem es in dem Kam:
u 1477 — 81 gelang, Rußland von der Herrfchaft der Zataren zu befreien.
Gewiſſe Nachrichten über die Krönung des ruſſ. Zars haben wir erft vom I.
mter Wfevoloh II.
Die Polowzer waren vom Stamme der Ujen, und diefe theilten fich im Feld⸗
Poissozer) und in Gebirgsbewohner (Kumanen).
3% +
500 Rußland (mittlere Geſch.)
Die Khane von Kaptſchak waren naͤmllch theils durch Theilungen, Che !
murs Eroberungen ſehr geſchwaͤcht worden; früher abet hatten bie ſitchici
ſchwediſchen Kriege Rußiandes Macht zu ſehr getheilt. In dieſem Zeit
ruſſiſchen Geſchichte entſtanden die Koſacken. Die Polen und Eitehauer har
lich alles ruſſiſche Gebiet im Weſten bis Kiew erobert und brikditen die
ſowol durch ihre Herrſchaft ats auch durch Ihren Religiondeifer. Eben
die Ruffen von Oſten ber durch die krimiſchen Tataren gedraͤngt. Di
gnuͤgten zogen fich daher In die menſchenleeren aber fruchtbaren Gegenden
ne, und lebten hier in einer militatrifchen Verfaffung unter Atamanen (
denen die Älteſten der verſchiedenen Stämme (Gtarfchine) zugeordr
Ivans I. Bemahlin Zoe *) bewirkte viel Gutes in Rußland. Ivan fell
Einheit und Untheilbarkeit des Reichs zum Meichögefeg ; er hielt die C
Reichs in Unterrohirfigkeit, ſtellte die Grenzen bes Reichs wieder ber ı
Kaſan von Rußland abhängig. Auch führte er den Gebrauch der Feuerg
War gleich die Bildung nur unbebeutend fortgefcyritten, fo konnte doch
tenkraft, welche hier einen freieen Spielraum als In Irgend einem andern
Staate hatte, viel ausrichten. Unter Ivans Sohne Waftlei verloren
noch mehr von ihrem Anfehen. Im Kriege mit den Polen eroberte er |
allein die Erimifchen Tataren plünderten das Land, und die Bundesge
felben, die Polen, ſchlugen mehre Mat die ruffifchen Deere. Kaifer 9
fuchte dieſe Streitigkeiten beizulegen, um einen heiligen Bund aller chrif
ſten gegen die Türken zu Stande zu bringen, und ſchickte deshalb dei
von Herberftein (f.d.) als Gefandten an den Zar. Auch ber Papſt CI
[uses ben euffifchen Großfuͤrſten für die kathol. Kirche zu gewinnen, ım
m koͤniglichen Titel an; allein Polen ging auf ben Hauptplan nicht ein
ficht der Beförderung der Civiliſation des halb wilden Volkes uͤbertraf
ſitjewitſch II. ale feine Vorgänger. Deutfche Handwerker, Känftler un
gingen Aber Luͤbeck nach Rußland, Buchbrudereien wurden angelegt,
geben und der Handel durch einen Vertrag 1553 mit Eiifabeth von S—
dem die Engländer den Seeweg nach Archangel gefunden hatten , zuerſt
Ivan errichtete ein ſtehendes Beer, die Strjelzi oder Streligen (Schuͤtze
1552 Kaſan, bemächtigte fidy 1554 des Koͤnigreichs Aftrachan und de
am Kaufafus und faßte den Entſchluß, die Ritter aus Liefland zu verbr.
ber griff er fie 1558 an und erklärte 1569, da es ihm nicht gelingen |
Prinzen Magnus von Dänemark unter feiner Schughohelt zum KRönke
land. Seine Hoffnung wurde aber nicht erfuͤllt, vielmehr vereinigten
Schweden und Dänen gegen ihn. In diefee Noth, wozu noch eine Be
im Innern bes Reichs kam, wendete fi) Ivan an den Kaiſer Rudolf
den Papft Gregor XHI.. Lesterer ſchickte einen Nuntius, Poffevin,
land, welcher zwiſchen Ivan H. und Stephan Bathorp, dem Koͤnige
1582 den Frieden zu Zapolia vermittelte. Rußland trat darin fein Bei
land an Polen ab. Am Ende von Ivans Megierumg (fi. 1584) wur
(um 1578) von dem Koſacken Jermak entdeckt; die Eroberung diefe® |
erſt 1587 unter feinem Nachfolger Feodor vollendet. Dieſer trat dageg
den 1595 Eſthland an Schweden ab. Nach Feodors, bes Resten ı
Stamme, Tode (1598) warb Rußland 15 Jahre durch Innere Zerr
äußere Kriege erſchuͤttert, wodurch viele ſchoͤne Fruͤchte, welche die vorige
gen hatte, verloren gingen. Es war der Krieg der polnifchen Partei mi
*) Zoẽ (Sophia Paldologa) war eine griechiſche Prinzeffn umb dure
teuerlichen Schickjale bekannt. Sie wurde bie Beranlaffung, daß Rußland
ten Adler ins Wappen nahnı.
"Rußland (neuere Gefch.) 501
Uden Demetclus *), welcher erſt 1613 durch die Thronbefleigung Michaels
witſch, und hierauf durch die Sriedensfchläffe zu Stolbowa mit Schweben
uud zu Divelina mit Polen 1618 beenbigt wurde.
MM. Neuere Befchichte. Die Ruffen wählten Michael, einen Sohn
etzopoliten von Roſtoff und nachmaligen Patriarchen Philsret, deffen Fa⸗
samıe Feodor Nikitowitſch ( Sohn von Nikita) Romanoff war, 1643
ar mit unumfchränkter, erblicher Gewalt. Ex hatte viele Parteien, und auch
bweben, weiche unter ihrem Anführer de Ia Barbie einen Einfall in Ruß:
than hatten, gegen fich; aber er fiegte über alle Schwierigkeiten, ftelfte zum
Ye alten Verhaͤltniſſe Rußlands wieder her und regierte ziemlich ruhig bis
Unter feinem Sohne Alexej wurbe ber lebte falfche Demetrius 1653 ent:
In dieſe Zeit fällt auch der Anfang der Tuͤrkenktiege. Seit 1472, alfo
xe Zeit der mongolifchen Derefchaft, waren die osmaniſchen Türken Nach⸗
5 Ruſſen geworden, und 200 Jahre nachher entfland 1671 der Krieg mit
en ber Ukraine und wurde bi6 1681 auch unter Feodor Alerjewitfch fort-
iz (ft. 1676) und f. Sohn Feodor III. (ft. 1682) erwarben fich Ver⸗
mw die innere Ausbildung bed Reihe. Jener errichtete einige Seiden⸗
zenmanufacturen und die erften Poſten. Unter ihm hörte bie Einfuhr frem⸗
6 unb Branntweins auf. Er ließ Eifen> und Kupferbergwerke anlegen,
hiffbau verbeſſern und die Nordkuͤſte Aſiens befchiffen. Ex fammelte bie
ıkje, bie noch jest gefegliches Anfehen hat, und bemüthigte den Stolz bes
chen. Feodor aber vernichtete bie Anfprüche bes Adels auf den erblichen
er hoͤhern Stellen, indem er die Gefchlechtöregifter deffelben verbrennen lleß,
annmte ſ. unmündigen Dalbbruder Peter, mit Vorbeigehung des fchwachen
wu Thronfolger. Zwar brachte [. Schwefter Sophia es durch bie Strjelzi
daß Beibde zu Zaren ausgerufen wurden und fie ſelbſt die Regentſchaft er⸗
Mein 1689 ward ſie in ein Kloſter geſteckt, und Peter J. regierte, weil Ivan
Berwaltung überließ, allein. — Rußland erſtreckte fi) von Archangel bis
war aber noch getrennt von ber Oſtſee. Die Bewohner dieſes weiten Land:
wachten jedech Eine Nation aus, und fanden darin eine mächtige Stuͤtze ges
a feindlichen Nachbarn; Sprache und Religion vollendeten die Einheit.
mızde für Rußland, was Philipp für Macebonien gemefen war; bie Maces
sucden Dellenen, die Ruffen Europäer. über die Gefchichte ſ. Schöpfung:
epäifches Heerweſen; (Eroberung Aſows und ber Oſtſeeprovinzen; Er⸗
von Peteröburg und Kronflabt; Umgeftaltung des Innern ıc. — f.d. A.
'L den Erwerb ber Oftfeeküfte trat Rußland in die Reihe der euros
ı Deächte, und hielt, indem es fi) an die Spike der nordiſchen Staaten
fpäterhin dem weftlichen und füdlichen Staatenfpfleme das Gleichgewicht.
ag bei Poltawa (8. Juli 1709) entfchled über den Norden; Schwedens
sche war zerflört. Unter harten Bedingungen ſchloß das vom Mjaͤhr. Kam:
böpfte Schweden ben Srieben zu Nyſtadt (10. Sept. 1721). So ging Ruß⸗
u f. Heere und in f. neuen Hauptſtadt dem übrigen Europa gleichgeftellt,
u Kanıpfe als Kaiſerthum hervor und befchiffte mit f. eignen Flotte fiegreich
. — Peters Entwürfe gegen bie Pforte, Perfin und Polen wurden erſt
ganz ausgeführt. Geine Gemahlin und Nachfolgerin, Katharina L.,
(8725 — 27), unter Menſchikoff's Leitung nur auf das Innere bedacht,
uf die auswärtigen Verhaͤltniſſe Kückficht zu nehmen. Unter ihrem Nach⸗
Peter II. (ſ. d.), welcher ſchon am 29. San. 1730 ſtarb, hatten bie Dol⸗
Der äähte Demetrius, Ivans I. jüngerer Sohn und Feodors Bruder, fol vom
aber Boris Ghodunoff ermordet worden fein: eine -burch neutre Forſchungen
geriß Cage, die jebdoch Karamſin als erwieſen annimmt. Der ermor⸗
inetrius iſt in Rußland ein Kirchenheiliger. 1J
502 Rußland (neucre Geſch.)
gorucky, welche den Fuͤrſten Menſchikoff flürzten, mit ihrer Gegenpartei
thun, daß fie fich nicht um das Ausland bekuͤmmerten. — Als Ann
Ivans Alexjewitſch Tochter, Peters d. Gr. Nichte und feit 1711 Witwe de
Friedrich von Kurland, den ruf]. Kaiferthron beftieg, verfuchten es zwar
fen, die höchfte Gewalt zu befchränken; body dieſer Verſuch enbigte ı
Sturze und mit der Bildung eines ruff. Cabinetd von Fremden. Muͤ
Dftermann, in Peters Schule gebildet, griffen nun von neuem in die a
Politik ein; felbft Annens Guͤnſtling, der mächtige Biron, glaubte badın
Macht zu vermehren. Kurlands Stände fahm es daher, damit nid
nach dem Ausfterben des Kettler'ſchen Herzogsftammes als polniſches
Dolen vereinigt werbe, nicht ungern, daß Herzog Ernft von Biron unter
fiuffe 1737 das Land erhielt. (S. Biron.) Als darauf nad) Augu
Dolen Tode 1733 der ſchon früher gewaͤhlte Stanislaus Lefczinsti,
vater Ludwigs XV., auf den polnifchen Thron erhoben ward, erflärt
Ruſſen für Auguft IH. von Sachſen, weil er, ungeachtet f. Anfprüche aı
durch die fländifche Wahl des Grafen Morig von Sachſen, Kurland, als
Lehen, dem Herzog Biron zuficherte. Ein ruff. Heer eroberte Danzig;
laus (f.d.) entfloh und Auguft II. beftieg den polnifchen Thron. ©
Rußland feinen Einfluß auf dieſes Reich gefichert. — Darauf begann d
krieg unter Muͤnnich, dem nordifchen Eugen. Afow und Oczakow wurde:
erobert; der Sieg bei Stamutfchana, 1739, gab Choczim und die Mott
Gewalt. Aber diefe Vortheile gingen durch die unglücklichen Feldzüge der
und den belgrader Frieden, 1739, verloren. Doc war Rußlands Üt
entfchieben, fein Heerwefen mehr vervolllommmet und das Anfehen f. (
Europa bedeutend erhöht. — Nach Annas Tode, 1740, gelangte der fa
nat alte Ivan III., ein Enkel ihrer Schwefter, unter Biron's Vormun
den Thron; aber Biron warb verbannt, und Ivan den 6. Dec. 1741
Prinzeſſin Eliſabeth, jüngfte Tochter Peters d. Gr., vom Throne her:
fängniß geſtoßen. Eliſabeth (f.d.) ſchien anfangs den alten ruff.
Vorzug geben zu wollen. Der Großkanzler Oftermann und ber Fe
Muͤnnich wurden nebft mehren ausgezeichneten Männern nad Sibir
fen; doch blieben viele der erften Stellen mit Deutfchen unb andern ?
befegt. Bisher hatte die deutſche Sprache bei Hofe und in den vorzüglü
len geherrſcht, jegt gewann allmältg die franzöfifche den Vorzug. Unter
gierung zeigte fich zuerft Rußlands bedeutender Einfluß auf die übrigen eı
Staaten. Frankreich hatte im öftreich. Erbfolgekriege, um ber Tochter
der hochherzigen Maria Xherefia, ihren einzigen Verbündeten, Rußla
ziehen, Schweden zu einem Krlege gegen Rußland gereist. Allein de
Wilmanſtrand (3. Sept. 1741) und die Eroberung Finnlands führten t
von Abo (17. Aug. 1743, f.d.) herbei. Durch die Grenze des Knı
wurbe Petersburg gefichert, und durch die Nacyfolgeacte bed Prinzen Ado
von Holftein : Gottorp Rußlands Einfluß auf Schweden befeftigt. 3ı
deffelden entfagte fein Vetter Karl Peter Ulrich von Holftein-Gottorp |
fprüchen auf den ſchwed. Thron, und wurde von f. Tante, der Kaiferin
1743 zum Thronfolger im ruff. Reiche erlärt. — Als hierauf ber (
Leſtocq aus dem Reiche entfernt war und Beſtucheff allein die auswaͤr
leitete, änderte ſich auch die uff. Politik, und Öftreich® Partei gewann
Übergewicht, daß Eliſabeth 1747 mit Maria Therefia und mit England '
niß erneuerte, ein Heer nach Deutfchland gegen Frankreich fandte und d
aachner Frieden gewiffermaßen entfhied. 1754 verband fi Rußland
mit Öftreich gegen Preußen, und nahm daher an dem fiebenjäht. Krie
Im Laufe deffeiben fah Europa zuerft die Wirkung dee neuen ruſſ
Rußland (neuere Geſch.) 508
fation. Die Siege bei Großjaͤgerndorf und Kunerödorf, felbft die verlorene
be von Zorndorf, zeigten, daß Rußlands Heere nicht nur den Heeren bes
en Europa, fonbern fogar Friedrichs Taktik widerſtehen konnten. Doch als
heff (f.d.) 1758 geftürst und Elifabeth (d. 5. San. 1762) geftorben war,
yE Machfolger Peter III. (f. d.), Friedrich IL. Freund und Verehrer und
erbitterter Feind Dänemarks, fogleich Frieden und Bündnig mit Preußen.
beftätigte Katharina II., als fie durch eine Revolution (9. Juli 1762), wel:
ern Thron und Leben raubte, zur Kalferin erhoben ward, nur ben Frieden.
t Katharina II. Regierung beginnt eine neue Geſtaltung des Nordens,
b erlangte dadurch einen entfcheidenden Einfluß auf das politiſche Schickſal
pa. Sobald Katharina die Laft eines erſchoͤpfenden Krieges *) von ihrem
ibgemwälzt hatte, widmete fie ihre Sorgfalt der Gefepgebung, und zog def-
vorzäglichften Männer des Auslandes zu Rathe. Schon der von ber Kai:
bft entworfene Plan zeugte von jeltenem Scharfblide, denn er umfaßte
ige der Staatöverwaltung. Aber die Bevölkerung lag ihr zunaͤchſt am
Deßhalb rief fie Eoloniften, befonders aus Deutfchland, nad) Rußland.
Dörfer und Kommagazine wurden angelegt, und: überall für das Auf⸗
des Aderbaues, fowie für die Vermehrung und Geſundheit ber Anbauer
eforgt. Nicht minder zweckmaͤßig wußte fie den Gewerbfleiß und Hanbel
d zu erheben, fowie durch Schulen, Penfionsanftalten und Akademien bie
der niedern und höhern Stände zu befördern. Inbeſondere fiel, nad)
'„Semälde bes ruff. Reichs“), die glänzendfte Epoche des ruff. Bergbaues
‚egierung Katharinend. „Die Anftelung gefchidter und ehrlicher Männer
Abſchaffung vieler Mißbraͤuche und Unterfchleife bewirkten allmälig eine
te, die das Erſtaunen ber Welt erregte. Der Werth der Mineralprobucte,
ilz mit eingefchloffen, erhob fi bie auf 13 Mitt. Rubel, und Rußland
ſeit 1763 — 97 weit über 300 Mitt. an Werth”. — Go konnten
h die Finanzen von 30 bis 60 Mill. Rubel fleigen. Dabei überfah Ka⸗
weder die Landmacht, weiche bis auf 450,000 M. wuchs, noch die Eee:
welche, früher in Verfall gerathen, jet bis an 45 Linienfchiffe flieg. — Im
be wendete Katharina zuerft ihren Blick auf Polen, wo Rußland bie innere
ung sum Vorwande nahm, um die Ruhe wiederherzuftellen.. Durch Kay:
B ſchlaue Vorbereitung fiegte Repnin’s Eräftige Entfchloffenheit, und unter
use der ruſſ. Waffen ward 1764 Stanislaus Poniatowski zum Könige
olen erwählt. Preußen mußte, felbft geſchwaͤcht und ſtreich fuͤrchtend,
sen, und ſchloß ein Buͤndniß mit Rußland. Hierauf nahm ſich Katharina
niſchen Diffidenten an, und die Generalconföberation unter Radzivil, 1757,
ste Katharinens Plane. Die Annahme der neuen Geſetze ward erzwungen;
bplich erzeugte die Kraft der Verzmeiflung bie Generalconföberation zu Bar
Mit der Pforte, welche an Rußland den Krieg erklärte, weil fie kein ruſſ.
n Polen dulden wollte, verbunden, widerfland Polen 6 Jahre ben Planen
inens. Preußen und Öftreich fahen ruhig zu; erfteres bezahlte fogar Huͤlfs⸗
Die Landfiege am Pruth und Kagul (1770) und die Seefiege bei Scio
ſchesme würden Rußland die Ausführung feiner Entwuͤrfe völlig gefichert
wenn nicht eine verwüftende Peſt, die fich bis nach Moskau erſtreckte, der
ab eines gemeinen Kofaden, Pugatfcheff, ver fich fuͤr Peter III. ausgab,
r Mevolutionen in Schweden und Polen Katharinens Heeredmacht auf ver
Da Rußland fi in Hinfiht auf Menſchenzahl zu Holland wie 1 zu 10, zu
d wie 1 zu 7, zu Preußen und Oftreich wie 1 zu 5 verhielt, und auf 82,000
ar SO Mil. Menfchen zählte, fo mußte ein Krieg für Rußland empfindlicher
irgend einen andern europaͤiſchen Staat fein, und fortdauernde Kriege konn»
egt dieſes ungeheure Reich bie Beute eine® kuͤhnen Eroberers werben laffen.
504. Rußland (neucre Geſch.)
fhlebenen Punkten befchäftigt und geſchwaͤcht hätten. Dagegen hatte:
dem ſchwediſchen Reichſtage von 1762 die engliſch⸗ruſſiſche Partei (bie
über die franz. Partei (die Güte) geflegt; allein bes Koͤnigs Adolf Fried
folger, Guſtav MI:, fchuf 1771 eine neue Conftitution, welche bie 3
Keone wieberherflellte. — Unterdeß dauerten die Unruhen in Polen fi
barer Gonföderation machte große Fortfchritte. Da gefiel es den maͤchei—
: baren, jene Verwirrung benutzend, Länbertheile, die ihnen bequem lagen, |
abzureifen. „ES war”, fagt ein geachteter Hiftoriker, „die Frucht be
rungspolltit hervorgehend aus der zerſtuͤckelten Lage ber preufifchen A
Und mir Binnen hinzufligen, daß, wenn ſtreich und Preußen nicht gen
lich die Hand boten, Rußland wol allein gehandelt haben und feinen Na
durch noch weit gefährlicher als das zerruͤttete Polen geworben fein w
ward alfo am 5. Aug. 1772 ber erſte Theilungsvertrag abgefchloffen,
deffen Rußland denjenigen Theil Polens erhielt, welcher zwifchen der £
Dep und Drutfch liegt. (S. Polen.) Zugleich blieb Rußlands €
Polen durch die Errichtung des immerwährenden Rathes, durch die ©
Wahlreichs und durch das liberum veto für bie Zukunft gefichert. —
Beendigung dieſes Befchäfte feste Katharina den Tuͤrkenkrieg mit erh
ſtrengung fort, und auch hierin wurde fie vom Gluͤck beguͤnſtigt. De
entſchloſſenen Deuftapha IH. war 1774 fein ſchwacher Bruder, Abdul J
folgt. Rumjaͤnzoff ging Über die Donau und ſchloß den Großveſier
en der Bulgarei ein. Da jedoch Katharina fich ihrer Anſpruͤ
Molbau und Walachei begab, fo erleichterte fie ben Frieden, welcher a
1774 zu Kutſchuk Kainardſchi zu Stande kam. Kinburn, Aſow, ei
Krimm und die Kabardei blieben in ruſſ. Gewalt, alle andre Eroberung
wieder herausgegeben. — Dierauf verbefferte Katharina bie innere (
ihres Reichs durch die nette Eintheilung deffelben in Gouvernements (1
durch zugleich Me Souverainetät der Kaiferin felbft nicht wenig befefligt
Während des beitifcysamerifanifchen Krieges, der Ruflands Handel fel
baft war, bewirkte fie 1780, auf Panin’s Rath, eine Verbindung ber
Maͤchte, des beutfchen Kaiſers Preußens und Portugals, zu ber fogen. k
NReutralitaͤt. Allein Panin's weile Maͤßigung wurde bald nicht mehr bı
vorzüglich feit 1778, ein neuer Sünftfing, Potemkin der Tauri
durch Katharina und die Zeitumftände einen mächtigen Einfluß auf de
des Nordens gewann; er leitete die politifchen Schritte Rußlands bie
er ſtarb. Mit ihm entwarf Katharina den Plan, auf den Zrummern d
[hen Reiche ein griechifches Katferthum zu errichten, und einem Groff
Ihrem Danfe das wiedererweckte Reich ber Byzantiner zu ertbeilen. Abe
Ruͤckſichten verboten die Ausführung biefer Idee, weiche erſt LO Jahre
. neuem ergriffen, jedoch nur theitweife ausgeführt wurbe. — In ber A
den Ebenen des Kuban dauerten noch feit 1441 die Trhmmer von Did
ehenraligem Weltreiche fort; fie ſtanden unter eignen Khanen und waı
linge ber Pforte, welche fie feit 1474 als treue unb mächtige Bundesg
gebrauchte und Fehr außzeichnete. 300 Jahre fpäter hatte der Fried
nardſchi fle dieſem Schutze entzogen, und 1783 erfolgte die foͤrmliche Wi
Hebren Tatarri. Num befaß Rußland den Schläffel zum oomaniſchen 8
wen uff. Handelsſchiffe ſchon vorher Frei die türkifchen Gewaͤffer hattı
dürfen, fo ging diefe Handelsfreiheit jegt in eine Seeherrſchaft über. Pı
durch die erſte polniſche Theilung gewonnen, ſtreich durch das batrif
project, und fogar durch ejne Verbindung gegen die Tuͤrken an Ruflen
alfo Fonnte Kathätinend Idee, die Türken aus Europa zu vertreiben und
Kaiſerreich in Byzanz zu fliften, ihrer Ausführung nahe gebracht we
Rußland (neuere Gefch.) | 505
Potemkin's biplomatifchen Foderungen gereist, begannen ben Krieg;
‚ waren 1787 ihre Verſuche zur See, die Krim wieber zu erobern.
lage ihrer Flotte 1788, an den Muͤndungen des Dneprs, folgte bie
mung Oczakows. Dagegen waren bie Öftreicher unglcklich, und
tlor bei Lugofch (20. Sept. 1788) feinen Waffenruhm und die Ge
sch eroberte Prinz Koburg, in Bereinigung mit ben Ruſſen, Choczim,
m folg. Jahre Belgrad. Nach ben ruſſ. Siegen bei Fokſchani und
surden Gallaz, Akierman, Bender, Kilianova und Jsmael erftärmt.
veih 1790 nach der reichenbacher Convention vom Kriegsſchauplatze
d Guſtav III. von Schweden in das ruff. Finnland eingefallen war,
tharina zum Frieden. Die Türken liefen die fix fie gluͤcküchen Zeit-
jenägt vorüberflreihen. Den ſchwed. Krieg embigte, nach mehren
6 Seemacht ruhmvollen Gefechten, 1790 ber Friede von Werelä,
Vermittelung. Dierauf ſchloß Öftreich mit der Pforte den Frieden
1791. Nur Rußland zögerte noch, weil es Beine fremde Vermitte⸗
en wollte; doch endlich kam am 9. Jan. 1792 der Friede zu Yaffy zu
in bloß Oczakow nebft feinem Gebiet der Pforte entrifſen und der
zrenze Rußlands gegen bie Moldau und Beffarabien wurde. — In
hatte Rußland Polen zum Beiftand gegen die Türken aufgefobert ;
batte Polen erkiärt, daß es die Erfüllung ber ruff. Soderungen als
laͤrung anfehen werde. So entftand in Polen eine preußiſche Par-
naz Potodi an der Spige, am 3. Mai 1791 unter Preußens Schus
zten Vaterlande eine neue Verfaffung gab. Dagegen bildete Felir
unter ruff. Schutze die targowitzer Conföderation zur Sicherung ber
mg. Rum drang ein ruſſ. Heer in Polem ein, der König von Polen
ür bie targowitzer Gonföderieten, und die neue Verfaffung warb ge-
Ben, mit Frankreich in einen zroeifelhaften Krieg verwickelt, mußte bei
manzen einen zweiten Krieg mit Rußland fürdhten; es nahm daher
blik gegebenes Wort zuruͤck und ruͤckte gleichfalls mit einem Heere in
Endlich kam (f. Polen) zu Grodno (17. Aug. 1793) bie zweite
end zu Stande, in welcher Rußland 4253 IM. (dem größten Theil
: mit Wilne, von Volbynien und das noch Abrige Pobolien) anſich⸗
ublik blieb kaum der Schatten von Unabhängigkeit, indem der inions-
kußland fie ganz feffelte. Dies vermochten die Polen nicht zu ertras
entftand 1794 unter Kosciuszko und Madalinskl eine Revolution,
m ruhmvoll für Polens Nationalfinn, doch in demſ. Jahre noch mit
ı Auflöfung biefes Reichs endigte. Zu biefer dritten und legten Thel⸗
wurde jegt auch Öftreich gezogen. Der Abfchluß des Grenjvertrags
Hand und Preußen erfolgte den 24. Oct. 1795, der Definitionertrag
26. Jan. 1797, welchem auch Oſtreich beitrat. Das Herzogthum
de als polnifches Zehn eingezogen; der kurlaͤndiſche Landung batte
. März 1795 ſeine unbebingte Unterwerfungsacte freiwillig außges
itten unter noch groͤßern Entwürfen übereilte (17. Nov. 1796) der
ige Katferin. Sie hatte das Reich um 10,000 IM. fruchtbaren Landes
In bie franz. Revolution raſch einzugreifen, war fie burch ihre eignen
d durch kluge Berechnumgen abgehalten worden. Sie konnte anfangs
für die unglädlichen Bourbons thun, als reiche Geldunterflägung
auswärtige Frankreich geben. Als aber mit ben Türken der Friebe
» die polnifche Angelegenheit beendigt war, ſchloß Katharina ein Ders
kabniß mit England, und bald darauf die Tripelalllanz mıt England
Deffenungeachtet blieb es nur beim Buͤndniß; eine thätige Mitwir⸗
vorfichtige Katharina nicht rathſam. Allein ihr einziger Gohn und
506 Rußland (neuere Geſch.)
Nachfolger, Paul I. (f.d.), verband ſich, als Bonaparte ben Zug na
unternommen hatte, mit Neapel und mit der Pforte, und ernenerte ſ. V
England und Oſtreich. Hierauf erſchien Sumaroff als Oberfeldherr der
Ruſſen und Öftreicher in Italien; er fiegte am 27. April 1799 bei €
17. Zuli an der Trebia und am 15. Aug. bet Novi. Italien warb vor
zofen geräumt, aber die Politik zerftörte Sumaroff’8 Siege; Suwe
fi, da in der Schweiz, nad) dem kurz vorher uͤber Korſakoff erfocht
Maffena fid) behauptete, über unwegfame Alpen fechtend bis nach Oben
zuruͤckziehen. Sowie bie Verhättniffe zwifchen Rußland und Oſtreich
waren, ſo wurden ſie auch zwiſchen Rußland und England aufgeloͤſt; d
beſchleunigte beſonders die mißlungene Landung in Nordholland (1799)
das die hollaͤnd. Flotte im Texel für ſich genommen hatte, behielt fpı
Malta, auf das Paul als Drdensgroßmeifter Anſpruͤche machte; daher
Erbitterung gegen England! Doc dauerte der Seekrieg fort, und
meer war mit britifchen, türfifchen und ruffifchen Schiffen bebedit. 1
von der ruffifcdy stürkifchen Slotte erobert, und unter ruff. und tuͤrkiſch
1800 die Republik der fieben Inſeln geftiftet, weiche bis 1807 von ru
befegt blieb, wodurd, Rußlands Einfluß auf das Mittelmeer fehr bebeu
— Sowie Paul I. feinen Einfluß im Süden und Welten (ſelbſt mitt
ten Portugal wurden Verträge gefchloffen) geltend machte, fo verband
auch enger mit den nordifchen Staaten und erneuerte den Plan einer
Meutralität. Daraus entfland ein neuer Seekrieg im Norden, in defl
Schlacht von Kopenhagen (2. Aprit 1801) vorfiel; doch Paul hatte fe
vorher das Leben verloren, und Alerander, fein Nachfolger, erktärte fi
land und den Frieden. Unter feiner Vermittelung kam, in Folge di
Friedens, der beutfche Entfchädigungeplan zu Stande, und er hoffte nu:
fuͤr das innere GIäd f. ausgedehnten Meiches forgen zu Eönnen. Er ber
fekcommiffion unter dem Fürften Lapuchin; er gab dem dirigirenden
Wuͤrde einer moralifhen Deittelperfon zwiſchen dem Regenten und I
er milderte allmälig die Leibeigenfchaft, vorzüglich auf den Kronguͤtern
deutfchen Provinzen ꝛc. Die Polizeianftalten wurden verbeffert, befont
fundheitspolizei, wozu ber Staat gegen 2000 Arzte und Chirurgen bef
führte man die Kuhpoden ein. In mehren Gouvernements wurden en
fterötonomien und Aderfchulen, befonders auf Antrieb des Grafen !
errichtet, und viele nomadifche Stämme, ſowie die nogaifchen Tataren,
Aderbau Über. Biel gefhah für die MWiffenfhaften! Das Heine
wurde in einem Jahrhundert zur mweltumfegelnden Newa unter Krufer
Charkow und Kafan fah man neue Univerfitäten entftehen, und übe
Schulen und Akademien auf. — Doch nur zu bald warb Alerander i
mit Frankreich hineingezogen. Zuerſt für Oſtreich 1805, bis zu ber u
Schlacht bei Aufterlig. Ihr folgte im nächften Sahre der preußifch :
Krieg. Auch hier waren die Verbündeten unglädlich, und Frankreit
das Geſetz im Frieden zu Tilfit. Rußland erhielt ein Stuͤck von Polen
und trat dagegen Jever ab; es räumte Cattaro und Corfu, hob alle!
mit England auf, und erffärte dem noch allein für England kaͤmpfenden
den Krieg. In demfelben murde 1809, durch den Frieden zu Fried
Finnland und Oftbothnien bis mit Zornen und den Alandsinſeln eine
vinz. — An dem Kriege ziwifhen Frankreich und Oſtreich, 1809, nah
nur geringen Antheil, defto Eräftiger feßte e8 den Krieg gegen bie Tuͤrk
fer fort. Durch den wiener Frieden erhielt Rußland ein Stud von
das aber durch den Vertrag auf dem wiener Gongreffe vom 21. Apsil 1
gegeben wurde. — Als endlich Rußland gegen Frankreichs Ausdehn
Rußland (nenefte Zeit feit 1818) 507
gen Oldenburg, Widerſpruch erhob und in f. Handelsſyſteme Napo:
yeleibigte, entftand der ruffifchsfranzöfifche Krieg von 1812,
e Mächte Europas verwidelt wurben (f.d.). Rußland hatte zwar in
Ramıpfe durch die ungeheuern Anftrengungen, durch bie Verwuͤſtung f.
die blutigen Schlachten und durch zerftörende Krankheiten einen bes
riuft erlitten; es hatte aber auch f. Kräfte kennen gelernt; es war
S. Europas furchtbar geworden, und hatte ſich nicht nur In der
olen®, weiches Land 1815 als Königreich feinem unermeßlichen Laͤn⸗
oerleibt wurde, gegen W. zu verſtaͤrkt und befeftigt, fondern auch
‚re Stimme im Reicherathe Europas erworben. Diefe Stimme hat
auf bem mwiener Gongrefje und auf dem warfchauer Reichstage, nach
idfaͤtzen, dann für Frankreich bei der Vollziehung des Vertrags vom
5, und 1818 auf dem Gongreffe zu Aachen durch die feierliche An-
Voͤlkerrechts in den Grundſaͤtzen der Staatskunſt, insbefonbere aber
ftung der heiligen Allianz (f. d.) geltend zu machen gewußt.
nderl) Während jenes Kampfes mit Napoleon endigte Rußland
er Dforte und mit Perfien: jenen durch den Frieden von Buchareſt,
2, in welchem e6 die Moldau bis an den Pruth, Beffarabien und
dungen der Denau erhielt: diefen durch den Frieden von Tiflis
m, nachdem [chon 1801 Grufinien mit Rußland vereinigt worden
er weſtlich vom kaepiſchen Meere zwiſchen dem Kur und Aras, an der
bis an den Bolf von Balkan, nebſt der ausſchließenden Schifffahrt
Fchen Meere gab.
ueſte Zeit fett 1818. Rußland, die erfte Macht des euro:
ındes, fand feit tem Gongreffe zu Aachen, in dem Friedensſyſtem
'unft, die Mittel, nicht allein feine einflußreiche Stellung In dem euro:
tenbunde zu befefligen, fondern auch zugleich die Grundlagen feiner
ıft — Staatshaushalt und Heerweſen — fo zu ordnen und auszu⸗
ſtets zum Kriege gerüftet, denfelben einft mit Nachdruck, ohne fremde
ne Erſchoͤpfung, führen kann. Die Gefchichte Rußlands in dem leg:
1 bezieht fich daher theild auf die Wiederaufnahme des durch den Krieg
Jerbefferungspland der innern Verwaltung, theild auf die Anwen:
tere Ertwidelung des durch die heilige Allianz 1815 und die Erklaͤ⸗
achner Congreſſes 1818 gegründeten Spftem& der auswärtigen Po:
die weitfchichtige, aus fo verſchiedenen Beftandtheilen zufammange:
und Völkermaffe ded größten MWeltreiche, das die Gefchichte Eennt,
e Einheit zu beleben und die ungeheuern Kräfte derfelben gefpannt zu:
ten und ebenfo fidyer als leicht zu beivegen, wurden die Verwaltungs:
nfach, wie die altrömifchen — in immer enger werdenden Kreifen mit
inkte der Regierung verbunden. Seit 1810 wird nämlich alle Thaͤ⸗
nde®behörden, unter der unmittelbaren Leitung des Kaiſers, von dem
dem Miniftercomite und dem dirigirenden Senate gelenkt und be:
'er dirigirende heil. Synod verwaltet die Angelegenheiten ber griech.
Diffidenten oder Altgläubigen (Roskolniken) find jedoch in Glau-
ht dem Synod, fondern dem Minifterium des Innern untergeordnet.
ninifterium ward 1819 das Polizeiminifterium aufgehoben und die
tung mit bem Minifterium des Innern, ſowie das Depatt. der Mas
nd des innem Handel mit dem Finanzminifterium verbunden. Die
eReichskanzlei befteht aus dem Reichsſecretair, 4 Staats ſecretairs,
retair⸗Gehuͤlfen, 5 Erpeditoren und den Officianten. Unter den
yielt Sibirien 1822 eine weſtliche und eine öftlidhe Hauptverwaltung,
biefe mit 2 Gouvernements und 3 Provinzen. Das ſchwoch drodo
508 Rußland. (neuefle Zeit feit 1818)
kerte Kaufafien wurde in eine Provinz verwandelt und, ftatt Beorgiewäl
pol zum Sih ber Regierung (1824) erhoben, — Der Kaifer Alepanber y
auf ſ. Reifen bis in bie entfernteflen Gegenden bes Reihe, z. B. bis
land hinauf (1819), in die Militaircolonien und zu ben an ben fübwel
zufammengezogenen ‚Heereötheilen (1823), bit Orenburg In die K
* 1824). mod nach Warſchau 1818, 1820, 1823, 1825, die wich rn
fände ber Provinzialverwaltung. Vorzüglich war Petersburg ein
unmittelbaren Sürforge bei dem Unglüd, das die Sturmftus (f.
Nov. 1824 verurſachte. In einer Autokratie wirkt überhaupt ber perfd
rakter des Monarchen auf Staat und Wolf vielfach ein. Daher ver
auch von Alerander aus in die hoͤhern Kreife der Hauptſtadt unb ber B
seligiöfer Geiſt, der von bem glänzenden, uͤppigen Weltſinn früherer 3,
weit ſich entfernt als von der myſtiſchen Schwärmerei, weiche ſchon vo
der Fran v. Krüdener (13. Dec. 1824, in der Krim) in Peter&burg
gang finden konnte. Mit diefem Geifte frommer Demuth, ber jebod
dern in Froͤmmelei ausartete, war eine firenge, faft ängftliche Aufſich
verbunden, was ber beftehbenden Ordnung im Staat und In der Kirche
werden konnte. Auch beburfte es ſtrenger Maßregeln, um das Heer vo
an Ordnung und Fleiß zu gewöhnen, fowie ber Verwaltung felbft ben @
rechtigkeit und Unbeſtechlichkeit zu geben. In dieſer Hinſicht iſt der Uk
Jan. 1822 merkwürdig, der eine große Menge von Beamten (678), t
rin, unter dem Generalgouverneur Peftel, pflichtwidrige Handlunger
zu Schulden kommen laffen, wegen Wucher und Unterfchleif abfepte
theilte, darunter den Generalgouverneur und 2 Gouverneurs. In An
legten Regierumgsjahre des Kaiſers Alerander verweilen wir auf !
auf den Schluß ber geoge.s ftatift. Überficht des ruſſ. Reiches. Nah
Tode (1. Dec. 1825) beftieg f. zweiter Bruder, Nicolaus I., ben‘
bem ber Säfarewitfch Konftantin (f. d.) auf die Thronfolge verzichtet
diefem Anlaß brach die Verſchwoͤrung, deren wir fchon im Art. Aler
dacht haben, am 26. Dec. 1825 aus, als bie Garderegimenter ben Eib
leiſten ſollten. Acht Regimenter hatten bereits gefhworen, nur 26
vom Regim. Moskau weigerten fi), verließen die Caferne, riefen de
fin Konftantin zum Kalfer aus, ermordeten 2 ihrer Befehlshaber, und
vor dem Senatspalafte auf, wo mehre Verſchworene und Poͤbel ſich ö
fellten. Der Kaifer begab fich fofort, ohne Gefolge, unter das Volt, d
begrüßte; doch gegen die Aufruͤhrer, welche auf feine —— — |
ben Militairgouverneur von Petersburg, Grafen Miloradowitſch, durd
ſtolenſchuß töbtlid, vermundeten, mußte ein Bataillon des Regim. Preol
marſchiren. Unterdeß verftärkten ſich die Rebellen durch einige Soldate
grenadiere und der Marinegarde. Nach wiederholt vergeblicher Auffol
zu unterwerfen, entſchloß ſich der Kaiſer erſt gegen Anbruch der Nacht,
brauchen. Einige Kanonenſchuͤſſe und das Einhauen der Reiterel mad
nig Augenbliden dem Aufruhr ein Ende. Über 500 Aufrührer wurde
Streifwachen ergriffen; die Werführten bemwiefen Reue und wurden
Diefer Aufftand, bei welchem der Kaifer ebenfo fehr Muth, Begenwart |
und Sefligkeit als Milde und Grognmth bewies, hatte die gänziiche (
der feit mehren Jahren in der Stile verbreiteten Staats verſchwoͤrung
(Schon Alexander war, wie man ſagt, davon unterrichtet geweſen, wm
von ihm befhalb vorläufige Unterfschungen angeordnet worden fein.) '
von der Megierung zur Öffentlichen Kunde gebrachten Bericht ber Unte
commiffioen vom 30. Mai (14. Juni) 1826 (franzdf. 138 Selten, |
„Pot. Journal“, Jull u. fg. Monate, 1826 und 1827), fol der Pie
Rußland (geograph.-ftatifl.) 509
nen seroefen Tein, den Senat mit Gewalt zur Unterfchrift einer Conſtitu⸗
e ges möchigen; Huch war von der Ermordung ber kaiſerl. Famille, von der
5 des Feichs, von einer republikanifchen Regierung und andern finnlofen
fen die Rebe geweſen. Ein dreifacher Bund wirkte gemeinſchaftlich. Die
Grung des Nordens umfaßte GL, die bes Sübene 37 und bie Conſpiration
— Siawrn 23 Perſonen. Unter den Anſtiftern befanden fi) ber Oberſt
ber Oberſtilent. Muramieffs Apoftol, ber Fuͤrſt Trubegkon u. A. m. Die
waren wmeiſtens jfingere Officiere aus vornehmen Familien und eraltirte
bafte in der Gegend von Kiew, als er verhaftet erben follte,
nupageien des Regim. Tſchernigoff aufgewlegelt; alfein auch bier waren
tem Truppen tren geblieben und hatten ben Aufruhr buld unterbrädt. —
Her witderte ſaͤmmtliche Strafurcheile, ſchenkte dem Fuͤrſten Trubetzkoy
und erfieh 31 Verurtheilten bie Todesſtrafe, welche, nach ber Entſchel⸗
Fr erichtshofes, nur an 5 zum Rabe verurtheilten Dauptveibrechern :
briſtlieut. Sergius, Mimrawieff · Apoſtol, Unterlieut. Rylejeff, Uns
—— Rumin und Einst. Kachowseki am 25. Juli 1826 zu Petert⸗
ch dem Strang vollzogen wurbe. Die übrigen 84 kamen auf längere mb
leit nach Siblcien, zur Zwangbarbeit daſelbſt (In ben Bergwerken zu Ner⸗
a. a. a. O.) veretheilt; doch iſt miehren derſelben ſeltdem Ein Theil ihrer
kerlafſen, auch find andre Milderungen vom Kalſer anbefohlen worden.
tee In Warſchau verhafteten Kuͤchelbecker, der am 26. Dec. auf den Groß
ichael das Gewehr angelegt hatte, wurde auf deſſen Verwendung bie
afe erlaffen und in mehrjährige Zwangsarbeit in Sibkrien verwanbelt. Der
Meß een Ukas, daß bie Schufb ber Verbrecher ihren Familien auf keine
s bürgerihen Nachtheil ober Vorwurf gereithen folle. Den verführten
en warb erlaubt, nach ber kaukaſiſchen Linie zu marſchiren, um im
gegen bie rebelliſchen Bergvälker durch tapfere Thaten Ihre Schuld zu fü:
Bie haben daſelbſt gegen bie Perſer gefochten und u. a. die Feſtung Ernban
) — Nachdem auf diefe Art der große Staatscriminalproceß gembigt
* am 3. Sept. 1826 die Krönung des Kalſers und ber Kalſerin Alexan⸗
au. Auch erließ der Kaifer an dieſem Tage ein Manifeft, nad welchem
Ablebens und bis zur gefeglichen Volljaͤhrigkeit des Thronfolgers, Groß:
der Ricolajewitſch (geb. 29. April 1818), der Gropfürft Michael
hie zum Megierungschef des Kalſerreichs, ſowie des Königreichs Polen
Geohfärftenthums Fimland, beſtimmt wurde. Wenn aber kein Sohn
I m vorhanden wäre, fo follten bie Mechte eines Erbkalſers an den
en ah übergehen. In allen Faͤllen aber folle die Kal⸗
ſaͤmmtliche Kinder bis zu Ihrer Volljaͤhrigkeit (mie e6 (den
an * 11797 beflinmt) die Vormundſchaft führen. — Im As
kkofaus dem Syſteme feines Bruders Alerander treu gebfler
4 te ache ber Entfcheibumg näher gebracht, auch
gegen den Schach von Iran, deffen Heer 1826 In die ruff. Grenzprovin⸗
tar, fiegreich geführt, wovon am Schluffe b. X. bei den auswaͤrt.
das Rähere angeführt werben ſoll.
—— —Vxx des ruſſiſchen Keichs.
vrffreckt fich Aber Europa und ganz Norbafien, nebſt bedeutenden
pen ken oͤſtl und n 8* Ocean, und umfaßt beinahe den 9. Thell der be⸗
Wide. Es grenzt im N. an die Oftfee, an Norwegen und an daB Eis:
D. an den Dcem, im S. an China, am bie frele Tatarei, an das kat⸗
jene, au Perfien und tuͤrkiſch Georglen, an das ſchwarze Meer und an bie
im EB. an Ballıten, Krakau, Pofen, Preußen, die Oflfee, Schweden
-&8 rede fi von 35 — 227° E., und von 4A0— I Wr.
510 Rußland (geograph.itatift.)
und enthält, ohne die Infeln, die amerifanifchen Befigungen und die am Ay
fus neuerworbenen Länder, 343,828 IM. Davon kommen ungeführ 80
EM. aufden europäifchen, und das übrige auf den afiatifchen Theil, Die m
Beftimmung der nordamerifan. Grenze enthält der Vertrag zwiſchen Gtoßbeh
nien u. Rußland, abgefchl. zu Petersb. 28. Febr, 1825. — Boden. N
iſt großentheils eben; doch mwechfeln fübl. Berg und Thal. Zwiſchen dem
zen und kaspiſchen Meere liegt der Kaukaſus (ſ. d.), füdmefti. nad
liegen die Karpathen, und im Nordweſten die Hochebenen bes Wolch
des. Sm D. dehnt fid) der Ural (f. d.) zwiſchen Europa und Afien bis
meer aus. Won ihm ziehen ſich mehre Kettengebirge durch das afiatifche
unter denen die Salzberge Schooget, das Sokgebirge, das fibirifcye Gren
ber Kleine Altai, das Bailalgebirge, das Apfel: und Stanwowoigebirge,
ches, die hinefifche Grenze bildend, bis zum tſchuktſchiſchen Vorgebirge fra]
vorzüglichften find. Das füdmweftliche Rußland befteht aus Steppen, melde
unbewohnt- find, theils Nomaden zur Viehzucht dienen. Das Klima
ſchieden. Im S. herrſchen kurze und gelinde Winter, ein zeitiger Srüblig
heißer und langer Sommer mit feltenem Negen, und ein ſpaͤter Derbft; immd
Rußland rauhere und längere Winter, befonders im öftlicyen Theile beffelbeg
kürzere Sommer; nörblid) friert das Queckſilber, daß man es in warmm (|
noch haͤmmern kann, und die Gemäffer find vom Oct. bis Ende Mai mit
beit. Wenn im mittlern Rußland Getreideernten dem Fleiße der Einw.
lingen, fo find fie im nördlichen felten und unfiher. In dem arktiſche
Rußlands fehen wir lange Sommertage, welchen das Eis ſich doch nicht
und lange. Winternächte, welche das Nordlicht heller beglänzt, aber eine
Kälte erfriſcht das wenige Leben, das bier nicht erflaret. — Gemäffer.
Eismeer im N. umfloffen, welches hier das weiße Meer, die Bufen des
nifei und ber Lena bilbet; im D. vom oͤſtlichen Ocean, mit der Beringe: od
frage, mit den anadyrſchen, Eamtfchatkifchen oder ochotzkiſchen Meeren
im S. an das ſchwarze Meer und im Nordweſten und W. an die Oſtſee
finnifchen, bothnifchen und rigaifchen Meerbufen ſtoßend, hat Rußland 2
abdachungen nach Nordoft und Norbweit, und nah Süden. Dorthin
die Dwina mit dem Jug und der Suchowa, die Petſchora, der Ob, det
die. Lena; im Nordweſten der Niemen, die Düna und die Newa; im
der Don, der Dnepr, der Kuban, die Wolga und der Ural. Rufland
Ber vielen Salz: u. a. Eleinen Seen, noch 14 größere, barunter das Easpif
den Ladogas und Önegafee, das tfchudifche Meer, den Sackſee in der Krim,
Baikal⸗ und Altinfee. Die Eünftliche Wafferverbindung wird immer meht
fig erweitert. Wichtig find ber Canal von Wiſchnei-Wolotſchok, der
mit Aſtrachan verbindet; dafjelbe gefchieht auch durch den neuen Canal
gorod; der Ganal der Bereſina, welcher die Oſtſee mit dem ſchwarzen
einigt, und ber Ladogacanal, welcher die. Schifffahrt auf dem ſtuͤrmiſchen
fee vermeiden läßt. Die große fibirifhe Waſſerverbindung erftredit fid
chineſiſchen Mauer bis Petersburg, Archangel und Riga; daher kann maa
lywan, Tomsk und Irkutzk alle europäifche Waaren um billige Preife
Erzeugniffe. Rußland baut ungleich mehr Getreide als es verbraudt.
Wein, felbft Suͤdfruͤchte und die zuderreichen Arbufen werden in Menge
Auch die Waldungen gewähren, außer bem ftarfen Vorbrauch, reichliche Il
und es würde hieraus ein noch bedeutenderer Nugen hervorgehen, menn eb
tüchtigen Forſtmaͤnnern fehlte; erft feit 1804 wird diefer Gegenftand wi
lich behandelt. Maulbeerbaͤume werden jaͤhrl. angepflanzt, 1802 agrmi
Mill. Faſt alle Arten Gartenfruͤchte find dem Lande nicht mehr fremd. a
reich find die Mindvieh- und Pferdezucht, die Schaf- und Bienenzucht (600
Rußland (geograph.zitatift.) | 511
Wachs und Honig können jährl. ausgeführt werben), Seidenbau (16,000
side jaͤhrl. Gewinn), Kameele, Büffel und alle Arten von wilden Thieren,
Bernfen und Steinböde. Den Ertrag der Fiſcherei rechnet man jährl, auf
U. Rubel. Bold erzeugen die berefowifchen Bergwerke, Silber die koly⸗
en und nertſchinskiſchen Gruben, Kupfer, Eifen, Zink, Quedfilber, Alaun
33 (jährl. gegen 500 Miu. Pf.); auch an andern Mineralien ift Rußland
Man vechnet den jährl. Ertrag aller rohen Naturerzeugniffe über 40 Mill.
— Einwohner Man zählt mit Polen u. Finnland an 54 Mill., ohn⸗
sige. Polen (3,703,000) und ohne Finnland (1,379,000 E.) an 49 Mid.
weiche nad) den Sprachen ſich in 10 Voͤlkerfamilien theilen: 1) Slawen
16 38 Miu), wozu die Ruffen, Kofaden (ungefähr 600,000 waffenfähige
e) umb Polen gehören; 2) Finnen, welche fich von der Tornea und vom
ı bis an den Obi hin ausdehnen; 3) Zataren, vom Dniefter bie zum Kau⸗
meiſt unter eigner Stammverfaffung, ohne. Aderbau und Feuergewehr;
sgter und Tſcherkaſſen; 5) Samojeden; 6) Mandfhuren; 7) Mongolen,
e Kalmuͤcken gehören ; 8) oͤſtliche Völker, wozu die Tſchuktſchen, Kurilen
sıten gehören; ©) Juden, vorzüglich in ben polnifchenProvingen, wo fie
orrechte haben; 10) Ausländer, faft aus allen Ländern Europas umb Afien®,
bier und Zigeuner. Man zählt von der niedrigften Stufe ber Robheit-biB
ıpäaifchen Bilhung 80 in Sprachen, Sitten und Religion verfchiedene Vaͤl
dach ber Reviſionsliſte v. 3.1811 waren bavon-in 51 ruſſiſchen Gouverto⸗
kiegepflichtig 643,135 Kruͤmer, 6,389,279. Srenbauern, 10,113,177
ausm, .1,077,636 Apanagebauern, 112,453 freie Leute, zuſammen
‚730 Donn. — Manufacturen und Fabriken von Leder, Juften,
Richtern, Seife, Filz, grober Leinwand, Metallen und Matten aus Lin⸗
ſowie Särbereien gab es ſchon vor Peter d. Gr. ; aber feit.diefer Zeit haben
a nicht nur einen fehr erhöhten Grad der Vollkommenheit erlangt, ſondern
such unzählige andte hinzugelommen. 1815 zählte man 3253 Fabrikan⸗
Die 23 verpflichteten Tuchfabriken liefern ber Regierung jaͤhrl. fuͤr 700,000
Tuch, und außerdem gibt es noch 181 Privatfabrilen. In 45 Officinen
‚Apothelerwaaren bereitet; Branntwein, wovon jährl. 6 Mill. Eimer.im
webraucht werden. Schiffbau mwird in ben größern Dörfern an ber Wolga
den Seeſtaͤdten getrieben. Die wolgaifchen Zimmerleute machen Barken
ſes Eiſenwerk, welche hernach in Petersburg, Aſtrachan und andern Staͤd⸗
Deennhol; verkauft werben. Unter ben Metallarbeiten find die Gewehr⸗
‚sie wichtigſten; in Tula allein werben von beinahe 6000 Arbeitern jaͤhrl.
1000 Slinten, 6500 Paar Piftolen und 16,000 Seitengewehre perfertigt.
ufacturcollegium in Moskau und Peter&burg betreibt alle Fabrikgeſchaͤfte
uads im Aligemeinen, und hat die Oberaufficht daruͤber. — Dec Hanbel
kb in Land» und Seehandel. Der inländifche findet weder In Zwiſchenzoͤllen,
Stapeiplägen Hinderniſſe, fondern wird durch Meere, ſchiffbare Fluͤfſe, Gas
darch die lang bauernden Schlittenbahnen, und burch die großen Meſſen,
ich zu Rowgorod, ehemals Makariew, fehr befördert. Die Ausfuhr wird
im Häfen und Grenzorten erlaubt, aber für bie Einfuhr der erlaubten Waa⸗
b ur Peteröburg, Riga und Odeſſa beflimmt. Der auswärtige ‚Handel
ı Afien nach China, Perfien, nad) der Bucharei und den kaukaſiſchen Lin:
und in Europa nach der Türkei, nach Galizien, Preußen, Schleſien und
m. &o wie am auswärtigen Landhandel vorzüglich Armenier, Bucharen
den Antheil haben, fo haben im Seehandel die Engländer entſchiedenes über⸗
k Man fcyägte feit 1815 bie jähel. Einfuhr zur See auf 28 Mill., unb
Hubs auf 45 Mid. Rubel, alfo im Seehandel eine fehr vorteilhafte Bilanz
FRE. Rubel. Die Actien der ameritan. Handelögefellfhaft, und der des
518 Rußland (geograph.sftatift.)
weißen Meeres ftehen aber hoch im Werthe. Das Goramerzcollegium
burg iſt die hoͤchſte Snftang in allen Danbelsangelegenheiten. 1770 wu
Bank angelegt, deren Zettel wie baares Pa im Werthe che
Erleichterung bed Innern Handels viel beitragen.
Die Hegterungsform iſt unumſchraͤnkt monarchiſch; bei
——— (. d.) CAutotrator) aller Reußen; der Staat iſt um
der Regent darf nicht zugleich Herrſcher in einem andern Seaate fein (ſel
iſt er zugleich Zar von Polen) und muß ſich zur * Religie
Seit 1797 iſt die Erbfolge nach dem Rechte der Erſtgeburt in maͤnnlich
deren Erloͤſchung in weiblicher nie feſtgeſezt. Akte Prinzen vom G
Sroffärften. Nach dem Manifeft Alexanders I. vom 20. Maͤrz 1820
De Rinder aus einer von dem Kaiſer anerkannten ſtandesmaͤßigen Ehe fü
erklaͤrt. Die hoͤchſte Leitung aller Gefchäfte hat Ber Kaiſer. Die t
gierungscoliegien finb: 4) der am 1. Ian. 1810 errichtete Reichsrath
Vorfige des Kaiſers, mit 4 Depart.: der Befebgebung , der hoͤchſten
geiftt. und weltl. Juſtizfachen; ber Kriegsmacht; ber bürgerlichen un
gelegenheiten; der Staatswirthſchaft. 2) Der dirigirende Senat fü
‚Angelegenheiten, eine berathende und auffehenbe Behörde, die aus 8
ſteht, wovon 3 ihren Ste In — haben. 3) Der hellgſt dirigit
4) Das Staatöminiflerium. Die Minifter haben im Rechdrath uni
Sitz und Suimme. Das Mtxtfterkum theilt fich in 3 &eckiomen: a) b
Ungel., des Kriegs, des Serweſens des Innern, der Sachen
aufttärumg und des Finanzweſond; b) die des Reichsſcharamtes; &) bie
rechnungswefens, der Beneraldirection der Land» und Waſſerſtraßen um
miniferiumb. ‚Der ganze Staat iſt in 51 Gouvernements und ımehe
—— davon 40 in Europa, ohne das Land der doniſchen Koſacken,
am ſchwatzen Meere, und das Koͤnigreich Polen (f.d.). Die Sta
betragen jährlich mit Polen 130 Mill. Gid.; die Staateſchuld mit Pole
BP. Die kaiſerl. Bankzettel ſchaͤgte man 1822 auf 641 DRIN. Rubel
werben feit 1818 nad und nach getilgt. Die Landmacht gählte im !
über 1 Mill. darunter 613,000 M. Infanterie, 118,000 M. Gavale
M. Krtierle, irregulaire Gav. 105,000 M., Garnifon TT000 M.,
2I7ROOM., dae polniſche Heer 50,000 IR. Über ein Drittel iſt ben
ſchon Nufland viele Krepoſt (Biodhäufer) bat, fo fehle es doch m Fe
bedeutendſte Feſtung iſt die Beſchaffenheit des Landes felbft und der F
feiner Bewohner gegen den ins Innere vorbringenben Zeind. Die €
Iren Hauptfig an der Oſtſee, and beſteht aus 32 Linſenſchiffen, 11
6 Kuttern, 7 Brigantinen, 54 Fleinern Fahrzeugen, 25 ſchwinmnende
121 Kanonenboten ıc. , zuſammen mit 4348 Kanonen und 32,000
Die Hauptftation iſt Kronſtadt, in dem ſchwarzen Meere Sebaftepst
pifche NReer wird von einigen Sregatten und kleinen beha
nem Staate in Europa koſtet die Unterhaltung feiner Land» und Seem⸗
als dem ruſſiſchen.
Die herrſchende Kirche iſt die griechifche, aber alle andre Chrij
gleiche Mechte, und alle andre Mellgionen werden geduldet. Die obı
aller Angelegenheiten der griech. Kirche hat der heiligft dirigirembe Son
burg; unter Ihm fliehen 20 Archijereis mit ebenfo viel Conſiſtorien, 4
und 8O Nonnenktöfter (alle nach der ftrengen Regel des heit. Baſin
Kirchen und 7,900 Beiftliche. Diejenigen Ruffen, welche ſich genau
der alten griech, Kirche halten, nennt man Roskolniken (ſ. d.).
46,200,000 Griechen, 6,600,000 Katholiken, 2,560,008 Lurheran
Beformirte, 9500 Hermbuter, 2500 Phitipponm ‚ 6000 Prmmenkt
Rußland (geograph.ftatifl.) . 518
30,000 Suben, 3,300,000 Moslemim (die 2 Muftis haben),
aiten, 700,000 Schamanen. — Für alle Zweige des Unterrichts und
at Rußland zahlreiche und meift treffliche Anftalten; als 7 Univerfi:
m, Petersburg, Kiew, Wilna, Dorpat, Charkow und Kafan, in
gegen 500 Lehranftalten mit 1500 Lehrern und faft 34,000 Schuͤ⸗
terhaltung, aufer den beträchtlichen Privatbeiträgen, ber Krone allein
L Eoftet. Außerdem gibt es noch mehre Erziehungs: und Unterrichts:
he die Regierung gleichfalls mit beinahe 2 Mill. unterftügt. Die vom
ber kaiſerlich unterftügte peteröburger Bibelgefellfhaft hatte 1818
fellfchaften. Vor 150 Jahren gab es nur 2 Buchdrudereien, jest
ußland. — Zur Ermunterung der Tätigkeit und der Ehrliebe find
cſchiedene Ring » und Dienftftufen beflimmt. Der reichgewordene
', wenn fein Derr einwilligt ; die Freiheit kaufen. Die Bürger thei-
laffen : Stabtbürger, die 3 Gilden (Capitaliften nach der Vermögens:
ünfte, die Fremden, die namhaften Bürger.(Gelehrte, Künfkter,
bie Beifaffen. Der Adel hat zwar Vorrechte; da aber alle Stände
© Ranges in 14 Claſſen getheilt find, fo erhält, wer ſich in einer ber
det, den Adel für fich und feine Familie. Diefe Claffen find nach
ven Rangſtufen georonet. — Rußland hat 6 Ritterorden; von allen
Stoßmeifter. Die in andern Ländern übliche Benennung von Groß:
ommandeurs findet hier nicht flatt; dagegen find die 3 ruff. Orden,
ifigften außgegeben werben, in 4 Claſſen eingetheilt, die ſich durch
coration unterfheiden. 1) Der St. Andreasorden, der aͤlteſte und vor:
ißſland, geftiftet von Peter I. am 30.Nov. 1698, als militairifcher
ı für die Benerale, die ſich im Tuͤrkenkriege ausgezeichnet hatten.
uch an Sivilperfonen und an Auslaͤnder vertheilt. Er hat nur eine
er Damenorden ber heil. Katharina, geftiftet von Peter I. ben 24.
einer Gemahlin Katharina, die ihn aus feiner mißlichen Lage am
batte, zu Ehren. Er hat 2 Glaffen, Großkreuze und Kleinkreuze,
mgs au an Männer, nachher bloß an regierende Fürftinnen gege:
Iten Ihn audy andre Damen von hohem Range. 3) Der Alerander:
‚ ein Verdienſtorden, von Peter I. 1722 geftiftet, aber erſt von Ka:
30. Aug. 1725 völlig eingerichtet. Er beſteht aus einer Claſſe, und
er müffen alle wenigftens Seneralmajorerang haben. 4) Der mili-
Beorgenorden, gefliftet von Katharina II. den 26. Nov. 1769 für
fficiere, die ſich (beſonders im damaligen Tuͤrkenkriege) Durch Tapfer:
5 Benehmen ausgezeichnet. Kaiſer Alerander I. hat ihn 1801 erneuert.
5 Clafſen; die 5. Claſſe wurde 1807 nad) der Schlacht von Eilau
iere und Gemeine geftiftet. 5) Der &t.:Wiabimirorden, ein Ver:
weiteften Sinne bes Worts für Militair⸗ und Civilperfonen, Ge:
er und überhaupt für Alle, welche fich durch Talente oder irgend ein
eichnen,, gefliftet von Katharina II. am 22. Sept. 1782, vom Kai-
I. erneuert und erweitert 1801. Ex befteht aus 4 Claffen und wird
m zu Theil. 6) Der St.:Unnenorden, ein-Verdienfiorden für alle
für Ausländer; geftiftet am 3. Febt. 1736 vom Herzog Karl Fried⸗
ins@ottorp, und durch deffen Sohn, ben nachmaligen Kaifer Pe:
Rußland gebracht. Er befteht ebenfalls aus 4 Glaffen. — Ferner
e Ehrendegen oder Säbel, mit oder ohne Diamanten und mit ber
w Zapferkeit, ertheilt. Auf einigen ift die nähere Veranlaffung zur
gegeben. Man rechnet, daß gegen 600 Officiere dergleichen Ehren:
nige mebr als einen erhalten haben. — Medaillen find, und zwar
anbe des Georgenordens, bloß für Officiere, filberne für die Suhl:
Webente Xufl. 8b. IX. 88
514 Rußland (geograph.-flatift.)
ternen, und filberne, dem Georgenorden ähnliche Kreuze für Unteroffi
daten und Matrofen beftimmt. Cine befondere Medaille tragen alle S—
‚den Feldzug von 1812 mitgemacht haben. Am 3. Sept. 1827 ſtiftete
colaus eine Decoration der Tabellofigkeit für eine ohne Tadel zuruͤckgeleg
Dienflzeit. Der St.⸗Johanniterorden, den Kaifer Paul I. am 15. Je
Rußland gründete, hat ein ruffifch = griechifches Priorat mit 218,000
kuͤnften, und ein euffifch-Tatholifhes mit 84,000 Rubel Eink. ohne bi
commenben.
NMach dieſer flatiftifchen Skizze werfen wir noch einen Blick auf
die Regierung in ben legten 10 Jahren für die wichtigften Gegenftände
verwaltung gethan bat. Die Lanbescultur machte in den legten
große Fortfchritte. Der Bauer überhaupt erhielt gefeglichen Schug ge
und Drud. Das große Werk der Aufhebung der Leibeigenfchaft gelang
feeprovinzen. Kurlande Adel hob die Leibeigenfchaft 1818 auf, wı
Große beftimmten 1819 deren Aufhebung fo, daß nad) und nad bir
lieflaͤndiſche Bauern frei geworden, alle nad, Bekanntmachung ber Frei
nung von 1819 Geborene aber von felbft frei find. 1823 befahl der
Reichsrathe vorzubereiten, daß nirgends Keibeigne ohne das Land, zu d
ren, verfauft würden. In ben Militaircolonien gibt es keine Leibeigne
Ionifationefyflem in Anfehung fremder Einwanderer, z. B. der Würt
Gruſinien feit 1817, hat fih in Beffarabien *), in den flbruffifcher
und am Kaukaſus glüdlich bewährt. Das Berforgungscomite für Gı
füblichen Rußland zu Cherfon war dabei befonders thätig. Die Aus
Iuft aus Deutſchland und der Schweiz nady Rußland nahm aber fo zu
1819 die Ertheilung der Paͤſſe für die Einwanderer beſchraͤnkt wer
Außerdem verleiht die Regierung wüfte Kronländereien in ben Suͤdgor
zur Urbarmachung an verdiente Militaire, Auf Sibiriens Anbau mir
gefehen ; daher erlaubte ein Ukas vom Juni 1822 allen Kronbauern der
baren Gouvernements, fich in dem fruchtbaren Theile des füdlihen €
derzulaffen. Seitdem fangen auch bie nomadifchen Völkerfchaften (Bu:
jänen, Wotjäten, Tſchuwaſchen, Mordwinen, felbft die Zungufen u
an, fich mit dem Aderbau zu befchäftigen und erhalten bazu von der R
Unterftügung ; dies befördert ihren libergang vom fchnmanififen Gögr
Chriftenthume. Bekannt ift, mas in Rußland für die Bemöhnung di
an Aderbau und Handwerke gefchieht. Ein foldhes, ganz von Iſraeli
Gelder fleißig und gut anbauen, auch alle Arten geſchickter Handwerk
haben, bewohnte® Dorf, befindet ſich bei Nikolajew im Gouvernem
Auch die 1819 zu Moskau gefliftete Landbaugefelfchaft iſt für die 9
der Landwirthſchaft thätig, wie die von ihr trefflich eingerichtete Landl
weift, worin jährlich 400 Bauernföhne in der Landwirthſchaft theoretij
tifch genügenben Unterricht erhalten. Zwar ift der Getreidebau wegen
Abfag nicht mehr fo einträglich für die Gutsbeſitzer als ehemals, allen
tiger ift Die Verbefferung der Schafzucht. Schon 1820 fchägte man di
Schafe im ruffifchen Reiche auf mehr ald 60 Mitt. und die über Odeſſa
Wolle ward der beften fpanifchen gleichgeachtet. Jetzt (1825) werben in
vinzialftäbten (3. B. Orell, Woroneſch, Kiew, Charkow, Poltawa)
maͤrkte gehalten, und alle Kronanflalten, fowie die Armee, verbraut
ländifche Tücher und Wollenzeuche. Neue Vortheile verfprach ber An
der Ukraine 1824 entdeckten Pflanze (Polygorum minus), welche Wi
*) Die bier angelegten Dörfer haben ben Namen nach den Siegen bi
halten, und heißen z. B. Kulm, La Gere Champenoife, Brienne, Leipzig,
u. ſ. w. Die Zahl der Eoloniften dafelbft beträgt fchon uͤber 8800
Rußland (geograph.sftatlf.) 515
lorierenmb, von der Korm der Cochenille) ernährt, bie bie (chönfte Carmoifin⸗
jezvorbeingen. Noch wichtiger war die Entdeckung det Goldbergwerke (durch
jere) und der Platina in den uralfchen Gebirgen (f. Ura I) 1821 und 1823,
überhaupt für die Bereicherung der Mineralogie ein ſobald nicht zu durch⸗
nde® Held zeigt. Es ward saher im Aprit 1825 bei dem Bergcorps, zur
erung bed Bergbaues und des Salzwefens in Rußland, ein befonderer ge-
Berein errichtet, ber ein Jonrnal der Bergkunde herausgeben wird, und
d mit den in jedem Bergwerksbezirk und jeder Oberfalzdirection zu fliftenden
eſeſchaften in Briefwechſel tritt und von benfelben monatliche Berichte erhäft.
stfer unterftügt biefen Verein mit 5000 Rubel jährlih. Schon find in den
Hohen Bonvernements miehre ergiebige Salzquellen entdeckt worden. Endlich
m ſeit Eurzem auch ben Weinbau nady Sibirien verpflanzt und 1824 haben
kuernement Orenburg bie erſten gluͤcklichen Verſuche damit am Fuße des Ural
em. Dies Altes wirkt auf bie Vermehrung des Wohlftandes der untern
Laffen ſichtbar zuruͤck. Unter den Bauern handhaben jest weit über 2 Mill.
borsji die Guͤterfreiheit, ſodaß fie fich vom Adel nur durch bie Dienflfreiheit
beiden. Über 6 Min. Bürger aber, die in 1800 Gtädten wohnen, bilden
Uen nad abgelaufener Dienftzeit aus dem ‚Deere entlaffenen Soldaten ben
n eines dritten Standes. N |
An zweiter Begenftand bes großen Staatshaushalts ift die Volkscultur,
he die Regierung, theild abwehrend und ausſcheidend das gefährliche Aus-
ve, theils erweiternd und befruchtenb ben Innern Kreis von Lehrmitteln, raſt⸗
ft. An ber Spipe dieſes Zweiges der Verwaltung ſtand früher der Minifter
itus, Fuͤrſt Alter. Gallizin, feit 1824 dee Admiral Alter. Schifchkoff, der f.
en von Unterricht und Aufklärung in einer Rede ausſprach, welche die „Allg.
(1825, Nr. 30) mitgetheilt hat. Überhaupt Hat das Minifterium der Volko⸗
ung, welches felt 1817 mit dem Miniſterium ber geiftlichen Angelegenheiten
Blaubensbefenntniffe im ruff. Reiche vereinigt war, unter Alerandere Re⸗
bis 1820, 5 Univerfitäten, 50 Gymnafien und 100 Kreisſchulen, außer
Benge Unterrichtsanftalten zu beſondern Zrdecken, gegründet. Vorzüglich
ı fett 1818 viele neue Landfchulen angelegt; jedoch iſt ber Plan, junge
nach England zu ſchicken, um bie Rancafter’fche Lehrart zu lernen, weßhalb
8 vom ruff. Hoftath, Joſ. Hamel, in Paris auf kaiferl. Koſten deutſch ge-
Berk über diefe Methode ine Ruſſiſche überfegt wurde, in den legten Jah:
e ausgeführt, wol aber find feit 1818 Lancafter’fche Schulen angelegt wor:
Jagegen hat ber Kaifer 1824 die &rrichtumg von Landfchullehrerfeminarien
Dftfeeprovingen genehmigt, und es find bereitö 2 zu Dorpat und Pernau an-
Dieſelbe Aufmerkfamkeit war auf die hoͤhern Bildungsanſtalten gerichtet.
Rand ein Symnaftum in Odeſſa für junge Griehen. Am 13. Nov. 1819
Petersburg die nen organifirte Univerfität eröffnet. Ebenfo blühte daſelbſt
lekniſch⸗chirurgiſche Akademie auf, deren talentvollere Zöglinge auf kaiſerl.
ind Aubland reiften. Überhaupt befaß 1823 der ruff. Raiferftaat, außer
niverfitäten, nody 18 reich fundirte Höhere Anftalten für Wiffenfchaft und
Darunter iſt das 1823 errichtete Inſtitut für das Studium oriemtalifcher
un zus bemerken. Es ſteht unter dem Collegium der auswärt. Angeleg. und
ſange Leute zu Dollmetſchern für die Diplomat. Mifftonen im Orient bilden.
sendete Alerander zu Petersburg, in Verbindung mit bee Akademie ber
haften, ein afiatifche® Mufeum, das eine Sammlung orient. Denkmäler,
e, perfifche und tuͤrkiſche Handfchriften u. a. Hälfsmittel zum Studium des
I enthält. Kür die Erweiterung der vorhandenen wiffenfchaftlihen Ans
Hat die Regierung fehr viel, z. B. für Dorpat. (Vogl. Refractor.) Eine
fig eingerichtete Sternwarte ward 1824 in Nkolajef am \hvanıyen frere,
83 *
516 Rußland (geograph.zftatifl.)
wo Prof. Knorre und Admiral Greigh Beobachtungen anftellen, pradıtu
eine anbre in Moskau. — Berbienftvolle Gelehrte wurden bei wifienf
Reifen, ſowie Künftler auf ihren Kunftreifen, reichlich unterflügt. Was
dere die Regierung und patriotifche Große, unter welchen vor Allen ber
Reichskanzler, Graf Rumjaͤnzoff (ſ. d.) genannt werden muß, fi
ſchaftliche Zwecke gethan haben, beweifen die feit mehren Fahren von Rı
geführten Entdeckungsreiſen, die, wenngleich fie zunächft auf Handel u
fahrt fich bezogen, dennoch für Erd⸗ und Völkerkunde reiche Ausbeute
1825 wurde au, um die Samojeben zum chriſtlichen Glauben zu be
Archangel, nad) dem Vorſchlage des dafigen Bifhofs Neophytus, ein
Gommiffion eingefegt, die ihre Miffionsreifen bereits angetreten hat. —
Unterrichtöwefen, fo ward auch das gefammte nicht griechifche Kirchen!
die oberfte Aufficht nad) einer auf den Grundfag der Einheit neu georb:
waltungeform geſtellt. Das höchfte geiftliche Gericht der kath. Kirche i
ift das römifchstatholifche geiftliche Collegium zu Petersburg, welches ir
tements eingetheilt iſt, das 1. für die roͤmiſch⸗katholiſche, das 2. für die
unirte Kirche. In jenem führt den Vorfig der roͤmiſch⸗katholiſche, in
griechifche unirte Metropolit. Unter ihnen ftehen die roͤmiſch⸗-katholiſd
griechifchen unieten Eparchien. Außerdem haben 3 armenifche Bifchöfe
Sprengel. Die pröteftant. oder evangelifche Kirche genießt, nach dem Be
22. Dec. 1823, diefelben Dorrechte, welche fie ehemals gmoffen und
Kirchenordnung vom 247 Dec. 1801 der Eath. beroilligt hatte. Schon :
de in Petersburg ein Bifchof für alle Proteftanten im peteräburger Goı
eingefegt. Außerdem wurde ein evangelifches Confiftorium für ſaͤmmtli
‚Bemeinden in den Gouvernements Saratow, Aftrachan u. a. m. errid
1820 aus Borgo in Finnland berufene Biſchof Zygneus erhield als
Mitglied des Conſiſtoriums die geiftliche Leitung der proteftant. Kirch
vernement Petersburg. Er hat den D. Feßler zum Superintendenten
Kirchen in mehren Öftlihen Souvernements, wo man über 60,000 prı
niften zählt, geweiht, und 1822 die Oftfeeprovinzen bereift, wo er mit
lichen über die Angelegenheiten der dafigen Kirche berathfchlagte, weil
Kirchenordnung und Liturgie entworfen werben follte. Nach ber Rede,
weltliche Präfident, ‚Graf Lieven, 1821 im peteröburger Gonfiftorium
daffelbe insbefondere über die reine Lehre nach den Bekenntnißſchriften
liſch⸗ lutheriſchen Kirche wachen. In diefem Sinne traf D. Feßler in f
einige auf ſtrenge Kirchenzucht abzweckende Verfügungen. *) Noch ı
evangel. Brüder in Sarepta eine für fid) beftehende Gemeinde unter e
dern Synode aus. Dagegen halten ſich die Brüder in Kur:, Liefe un
Öffentlich zur evangelifchstutherifhen Kirche, ftehen aber mit der Gemen
tepta in Verbindung. — Außer der ſtrengen Auffiht auf Lehre und K
ben muß noch ein Befärderungsmittel der Volkscultur, die Verbreitung
bier erwähnt werden, welche durch die von der Regierung unterftüste 5
ſchaft ins Tatarifche, Türkifche, Armenifche, Buriatzmogulifche, ſowi
Altſlawoniſchen in die gewöhnliche ruſſiſche Volksſprache, Überfegt ı
Allein feit dem Juli 1822 Hat diefe Geſellſchaft Beine Jahresverſamml
ten; das von ihr herausg. Sournal hörte im San. 1825, auf Verfügun
tropoliten Seraphim, auf, und die Geſellſchaft felbft beſteht gegenwaͤrtig
Was die Höhere Staatsverwaltung in Hinficht auf Sicherheit, S
*) Gegen die von dem abgefegten Paftor Limmer zu Saratow in fein
„Meine Berfolgung in Rußland”, gegen Feßler und den Staatsrath Peſaro!
tersburg aufgeftellte Anklage jefuitifcher Umtriebe (vgl. Nr. 45, 48, 51,
‚et. ConvsBlatt für 1823) haben fi, beide in eignen Schriften verthei
Rußland (geograph.-ftatift.) 517
erweſen betrifft, fo hat die Regierung in den legten Jahren mehre durch⸗
daßregeln ergriffen, die der Wohlfahrt des Reichs neue Grundlagen
baften geben follen. Fürdie innere Sicherheit wurde mit ebenfo
ht als ſtrenger Wachſamkeit geforgt, wozu die Vorgänge in dem ſuͤdl.
kuropa vielfache Beroeggründe darboten. Auch ereignete ſich im innern
Mandherlei, was ſtrenge Mafregeln, namentlich gegen die Jeſuiten,
tte. Dieſe wurden vorzüglich wegen geſetzwidriger Profelgtenmacherei,
ericht des Minifterd des Öffentfichen Unterrichts, durch den Befehl vom
1820, aus dem Reiche entfernt. Die Sefuitenatademie zu Polozk
n dazu gehörigen Schulen aufgehoben, und die liegenden Gründe ber
nen unter die Kammern der Finanzen; doch fellte deren Ertrag zum |
römifch = Eathol. Kirche verwendet werden. Spaͤterhin verbot der Kai⸗
yanıen, was vorzüglich in den polnifchen Provinzen bis 1823 gefchehen
finder in die Fefuitenfchulen der öftreich. Monarchie zu fenden, und es
‚ welche ſich bereits auf folhen Schulen befanden, zuruͤckgenommen,
‚ wenn Kinder zur Erziehung ins Ausland geſchickt werden follen, bie
ten, wohin fie gehen, ausdruͤcklich namhaft gemacht werden. — Noch
e dem neum polizeilichen Einrichtungen des Staats die durch den Ukas
rit 1822 in allen Gouvernements angeordneten Verforgungscommifs
nt werden, wozu die in den weißruffifchen Gouvernements wegen Miß⸗
nıdene Hungerenoth die Veranlaffung gegeben hatte. Jene Commif:
nämlich, um ihre Gouvernemente. ununterbrochen mit Brot verfor:
m, Kormmagazine anlegen und Fonds zur Unterftügung Huͤlfsbeduͤrf⸗
nenbringen; diejenigen Gutsbeſitzer aber, welche von diefen Maßregeln
auch machten und ihre Bauern dennoch bem Mangel preißgäben, folls
Grundſtuͤcken unter gerichtliche Vormundſchaft gefegt werden. Nicht
g war bie Sorgfalt der Regierung bei dem Ausbruche der Cholera mor-
ı Aftrachan, wo peter&burger Arzte die Seuche genau beobachteten und
toffenen Anftalten bald daͤmpften. Minder glüdlich warb dem bemas
weſen vorgebeugt ducch den Ukas vom 12. Aug. 1822, der alle ges
lſchaften ımterfagte und die fämmtlichen Freimaurerlogen im ganzen
5, auch alle Betconventikel verbot. Aus demfelben Grunde und we:
chen Briefwechſels, hob der Generalgouverneur in den ruffifch = deut:
zen die Miffionggefellfchaften auf. Zugleich wurde jede Xheilnahme
aaurer⸗ und andern Verbindungen im Auslande ſtreng verboten. Noch
rdbe bie Polizei feit 1823 gegen Alles, was unfittlidy, irreligioͤs und res
:war. Der Ukas vom 29. Novbr. 1824 ertheilte dem Minifter des
erichtd und Generaldirector der geiftt. Angeleg., Admiral Schiſchkoff,
fchriften in Anfehung der Aufficht auf religisfe Schriften. Außerdem
der Kaifer den Oberbefehlshaber der Oftfeeprovinzen, Mary. Paulucei,
egsgouverneur von Fitthauen, General Korfakoff, alle in diefen Gou⸗
umlaufende in» und ausländifche Zeitungen und periodifche Schriften
e zu unterwerfen. Über die Lehranftalten wurde befonders gewacht.
1 hatte man auf der peteröburger Univerfität 4 Profefforen megen
ngen über den inhalt ihrer Lehrvorträge in Unterfuchung gezogen;
hab auf andern Hochſchulen. Hierauf erfchien der neue Studien» und
lan, der mandye Beftimmung und Vorfchrift enthielt, die den Geift
e Ordnung und Strenge in die Schulen einführen follten. Spätere
823) bei der wilnaer Univerfität und auf einer kaiſerl. Lehranſtalt bei
seranlaßten Maßregeln, die der Geheimerath Nomofilzoff dafelbft eins
olge dieſer Unruhen wurde bie Stelle eines Curators bes wilnaſchen Lehr:
wirklichen Geheimenrathe Nomoftlzoff übertragen. Zwei von ten Sillern
518 Rußland (geograph.ftatifl.)
führte, und welche ber Kaiſer durch ben Miniſter der Volksauftlaͤrung,
Schiſchkoff (im Aug. 1824), allen Schulkreiſen vorfchreiben ließ. R
neuen Univerfitätss und Schulpolizei darf u. 3. die Auswahl ber hy
Schülern zur Ausarbeitung gegeben werben, nicht den Lehrern überlaf
fondern der Univerfitätsfenat muß fie beflinnmen unb zu dieſem Zwecke
befondere Sammlung veranftalten; die polizeiliche Aufficht auf das Bet
Studbirmden und Schüler in ben Borlefungen, In ben Kirchen, in ihren
gen und überhaupt in ber Stadt, durch Infpectoren, Pebelle u. f. w.,
eine noch eingreifendere Weife angeordnet. *) Liber Naturrecht wird auf
ſiſchen Univerfität mehr gelefen, außer auf der zu Dorpat. Seitdem cıh
alle Civilgouverneurs der Grenzprovinzen die Anweifung, Bücher vom
’ felbft die aus Polen kommenden, deren Eigenthuͤmern nicht anders
daruͤber zuvor eingebolter Entfcheidung vom Minifterium des Innen
folgen. Diefem müffen baber doppelte Verzeichniſſe folcher eingeführt:
mit ausführlicher Bemerkung ihrer Abfchnitte, GapiteLund ber Zahl der
zugeftelit werden. Buchhändler und Beſitzer von Bibliotheken dürfen
ſolche Bücher haben, die in den vom Minifterium des Innern durch die!
des Cenſurſtempels und der gehörigen Unterfchriften beftätigten Katalı
führt find. Die Zollämter müffen deßhalb monatlich an das Minifteriu
nern berichten, wie viel Bücherballen, wann, woher unb wohin bei it
geführt worden find. Jene gefeglihen Kataloge alfo gelten gegenwaͤrt
einzige Mapftab legitimer Büchereinfuhr. Kaifer Nicolaus vereinigte
ber vom Auslande eingehenden fremden Werke mit feiner Privatkanzl
d. 26. Aug. 1826 ein neues Senfurreglement. Eine andre Maßregel
Privatunterricht. Um unfähige Lehrer und Abenteurer vom Privat⸗ und
unterrichte zu entfernen, warb in ber ruſſiſch⸗ akademiſchen Zeitung zu $
(283. San. 1825) befanntgemacht, daß, wer das für foldye Perfonen
Ukas von 1757 vorgefchriebene Faͤhigkeitszeugniß nicht aufweifen koͤnne
entlaffen fei, außerdem verfalle der Familienvater in eine Strafe von 10
Überhaupt fuchte Rußland allen unreinen Gaͤhrungsſtoff auszufcheib
wurden 1825 15 junge Männer ohne Rang, Deutfhe, Franzofen
liener, zum Theil Künftler, aus dem Reiche vertiefen, weil fie einen c
fittlichen Verein geftiftet hatten, ben ausländifche Blätter mit Unrecht
demagogifchen dargeftellt Haben.
Das große Werk der Gefeggebung warb fortgefeht.. Auf Eaifı
gab die Gefegcommiffion die Inftitutionen und Pandecten bes ruffifd
beraus, welche für die Oſtſeeprovinzen deutſch bearbeitet worden find.
1819— 23, 22 Bde.) Der erſte Paragraph d. 1. Bdos. lautet fo:
gent, als Selbſtherrſcher, iſt die Quelle aller politifchen und buͤrgerliche
De oberfte Brundfag, welcher dem zuffifhen Monarchen bei Ausuͤl
Gewalt zur Richtſchnur dient, ift in ber Acte des heiligen Bundes ausg
Eine volfländige Sammlung bee rufjifchen Gefege und rechtlichen Entf
gab, mit höchfter Genehmigung, ber Collegienrath Schtſcherbakoff fe
jener Eaif. Anftalt wurden nach Sibirien in die Bergwerke geſchickt; alle üf
70, nach gänzlicher Auflöfung des Inftituts, von allen Lehranftalten bes |
geſchloſſen.
**) So duͤrfen die Studenten in Petersburg, nad) der Anordnung des I
fenats vom 13. Sept. 1824, Feine andre Kleidung tragen al& bie vorgeſch
form; fie dürfen das Theater, Maskeraden und bntice Vergnügungsorte
chen, ohne fchriftliche Erlaubniß des Rectors; ohne biefe au nicht außer
Spazieren gehen, botanifiven u. ſ. w.; fie dürfen Feine Bücher lefen und be
als ſolche, die fich auf die Vorleſangen hriiehen.
Rußland (geograph.-flatif.) 519
ketäfcher Ordnung heraus. Eine andre Samml. die der ruf]. Eriminalgefege
753 — 1826) gaben P. und X. Chawsky in 16 Th. heraus, und von ber
ni. der Befege über Staatscontrole, Revifion des Volkes und Abgaben, ers
pı Sistenöb. 1827 der 21. Bd., 4. Unter den einzelnen Gefegen ift der Ukas
22 zus bemerken, wodurch das fonft nad) der Knute gewöhnliche Brandmars>
Werbrecher für immer aufgehoben wurde, damit „ber gebefferte Verbrecher
an Die bürgerliche Gefellſchaft treten koͤnne, ohne durch das Brandmahl ihm
werb bürgerlicher Achtung zu erſchweren““. Ein andrer Senatsukas vom 25.
1823 geftattete den Befisern von Erbleuten bie Verſendung berfelben nach
w, „wegen Trunkenheit und anderer fchlechten Handlungen, die ihnen Uns
nenrfachen‘‘, ohne vorhergehende gerichtliche Unterfuchung , fobaß der Erb:
b mit feinem Geſuche gleich an bie Gouvernementöregierung wenbet, welche
ſofort zu erfüllen bat.
er größten Thätigkeit beburfteder durch den langen Krieg zerrüttete Staa ts.
dalt. Dem Gewerbfleiße im Großen war ſchon durch den Ukas von 1818
ise® Feld eröffnet worden, der auch den Bauern das bisher nur dem Adel
ı Kaufleuten 1. u. 2. Claſſe zuftehende Recht ertheilte, Fabriken und Mas
wer anzulegen. $ür die Bereitung ber feinen Tücher insbefondere ward
u Moskau eine Lehranftalt zur amentgeltlihen Bildung von 450 Werkmei⸗
ıf 6 Jahre angelegt. Am meiften hatte ſich 1824 die Baummollmmanı-
zehoben. Man glaubte die inlaͤndiſche Induſtrie durch ein ſtrengeres Zoll⸗
zu begünfligen, und nachdem Polen vom 1. Ian. 1820 an in einen Zoll⸗
b mit Rußland gezogen worden war, erfchlen den 12. März 1822 ein ſeit⸗
her beftimmter Zolltarif; das damit in Verbindung ftehende Zollreglement
den Einfuhrsoll auf mehre Artikel faft um das Doppelte, bei einigen Waa⸗
yar ums das Dreifache; beflemmgeachtet bedurfte der Manufacturftand 1822
kteritüisung aus ber Leihcaſſe von 104 Mill. Rubel in Affignaten, und noch
beklagten ſich die Fabrikvorſteher uber Mangel an Abfag und folglich an Ars
ſodaß mehre berfelben die Hälfte ihrer Arbeiter entließen. Dieſes polniſch⸗
je Zoll⸗ und Sperrſyſtem hielt viele kaiſerl. Unterthanen ab, ausländifche
B, namentlich die Leipziger, zu befuchen, vwoozu noch die Strenge kam, mit
E angefebene Dandelshäufer in Mitau, Warfchau u. a. a. D. wegen Zoll:
en beftraft wurden. Allein es läßt ſich nicht leugnen, daß bei dem geringen
der Landproducte im Auslande für Rußland kein andrer Ausweg blieb, als
Ku Manufacturftaat zu werden und ſich dadurch in den Beſitz des ganzen
8 nach dem Innern von Afien zu fesen. Zugleich folite ſich dadurch für den
samn ein größerer Abfag im Reiche ſelbſt eröffnen. 1823 zählte das Reich be-
724% Kabriten und Manufacturen, von denen 540 im Gouvernement Dos:
ab 170 im Gouvernem. Petersburg beftanden. Blänzend waren, nach
ichen Berichten, die Fortfchritte des Handels vorzüglich feit 1821. (1820
Wmlich die Einfuhr 190,388,897 Rubel, die Ausf. aber nur 105,085,920
betragen.) Diefer wird gegenwärtig durch 29 Häfen und 41 Zolipläge der
Igrenze geführt. Odeſſa und der 1823 eröffnete Seehafen Kertfch (f. d.)
rauf, obwol in den legten “Jahren der Handel auf dem ſchwarzen Deere in
es griechifchen Aufſtandes nachtheilige Hemmumgen erfuhr. Aſtrachan nahm
uw legten Frieden mit Perſien an Wohlſtand zu, und in Sibirien erhob ſich
} zu einem mit allen europüifchen Bebürfniffen reichlich verfehenen Handels⸗
deßplatze des Orients, dem auch bie nähere Verbindung mit China zu flat-
mmt. ine große Handelsſtraße erleichterte den Karawanenzug duch Si:
bis Petersburg und Kamtfchatla. Neue Handelsverbindungen wurden mit
ucharei angeknuͤpft, wohin 1820 von Orenburg eine große Handelskarawane
73 Ramerlen zog, bei der fich des ruffifche Staatsrat und Oriental "Ar.
520 Rußland (geograpy.sitatift.)
Negris befand, um als Geſandter an ben Khan ber usbeckiſchen Tatı
Handel in jene Gegend größere Sicherheit zu verfchaffen. In derſelb
fhidte der Gemeralgouverneur der Prov. Kaukaſien (Georgien), Bener
loff, den Hrn. v. Murawieff 1819 als Sefandtntin den Khan in Khij
Turkmanen.) St einmal der Handel gegen die räuberifchen Nom
an der Grenze der Bucharel gefchügt und regelmäßig im Gange, fo m
Makariew nad) Nifchnei Nowgorod verlegte Meffe noch bluͤhender wer
der Spaͤtjahrsmeſſe 1823 befanden ſich daſelbſt für 94 Din. Rubel Wi
unter chinefifcher Thee für 12 Miu, fibirifches Pelzwerk für 5 Mit
Metallwaaren für mehr als 10 Mill. Dagegen hatte man auf ber le
1821 für 106 Mit. Rubel Waaren umgefegt. Im Allgemeinen ift de
bau ein Hauptgegenftand des ruff. Handels. Denn nach einem Sjaͤhri
ſchnitt erntet Rußland jährl. 181 Mill. Tfchetwert Getreide, oder beina
hamburger Laften Kornfrucht aller Art; das meifte davon wird im Go
Denfa erzeugt. Allein diefer in Odeſſa und in den Oftfeehäfen früher
Getreidehandel hatte, bei dem allgemeinen Falle der Kornpreife, in den
ven fehr abgenommen, was auf die Grundbeſitzer nachtheilig zuruͤckwi
der Burländifche Landtag (der alle 3 Fahre gehalten wird) deshalb eine
Greditanftalt fir die Öutöbefiger, errichtete. Ob umd wienun das v
feit 1825 angenommene liberalere Handelsſyſtem auf den Kornhand«
zuruͤckwirken wird, Läßt ſich erft nach erfolgter Abänderung oder Au
britifchen Kornbill beurtheilen. Cine merkwürdige Erfcheinung in der
ſchichte des ruſſiſchen Handels ift die Nieberlaffung der Ruffen auf de
Lüfte von Amerika. (Vgl. Nordamerika) Die 1797 geftift. umd
privileg. ruffifch » amerifanifche Handelögefellfichaft, welche von dem
Baranoff geleitet wurde, konnte fhon 1821 ale bedeutend angefehen n
befaß nämlich große Comptoire zu Moskau, Irkuzk, Jakuzk, Och
Tomsk und Kamtſchatka; fie hatte Nieberlaffungen auf den Barano
im Rumjänzofffhen Meerbufen; fie legte auf der Sinfel Sitka den See
archangelsk(ſ. d.) an unb breitete fid) fo weit aus, daß daruͤber Irrur
Verein. Staaten entflanden, welche enblidy durch ben peteröburger 9
17. April 1824 fo ausgeglichen wurden, baß der 54° 50° Nordbr. die |
der ruſſ. Befisungen auf jener Kuͤſte beftimmt. (Vgl. Nordamerit
Ber den neu angelegten Kunftftraßen wurden für den innern Verkehr fe
den ausländ. Handel feit Eurzem die Canaͤle immer wichtiger, weld)
Meer und die Oftfee mit dem Baspifchen verbinden, zumal durch die
des kurlaͤndiſchen Jakobscanals, und feit Einführung der Dampffchiff]
eine Gefellfchaft von Actionnairs 1823 auf 19 Jahre das Privilegium
Wolga, Kama und das Easpifhe Meer mit Dampfböten zu befchiffi
bem bildete ſich 1824, unter der Aufficht des Fürften Gagarin, nod
Geſellſchaft von Actionnairs u. d. N.: Ruſſiſche Suͤdweſt⸗ Sompagr
Schifffahrt auf den innern Fluͤſſen nach dem ſchwarzen Meere und in!
immer mehr zu erweitern. Folgende Angaben laſſen auf den gegenw
fang des ruff. Handels fchließen. 1823 betrug Rußlands Einfuhr 11
Rubel und die Ausfuhr 103,524,000 Rubel, die Zollgebühren aber :
Rubel; folglich hatte das Prohibitivfpftem noch nicht die Bilanz für 9
ſchieden. 1824 betrug die Einfuhr von Peteröburg, das 116 Grof
120, die Ausf. 97 Miu. Rubel. Zu Odeſſa betrug 1824 die Einf. 10,9
die Ausf. 14,099,220R. Allein 1825 belief fih die gefammte Einf
auf 182,706,835 R. und die Ausf. auf 234,731,448 R., was für 9
Bilanz von 52 Mill. R. gab. Das von der Kaufmannſchaft angegeben
Betriebscapital belief ſich auf 319,660,000 Rubel. Davon verfteu
*
Rußland (geograph.zftatifl.) 581
9 26, Twer 17 und Liefland IL Miu. Mit 1825 erfchien in Petersb.
jeitung deutfch und ruffifch,, welche das auswärtige Handelsdeparte⸗
übt. Der am 27. Febr. (11. März) 1825 zwifhen Rußland und
Berlin auf 9 Fahre abgefchloffene Handels⸗ und Schifffahrtövertrag
ß die Unterthanen gegenfeitig in Hanbelöverhältniffen in ber Fluß⸗ u.
yet wie die eignen behandelt werden follten; das Zollſyſtem wurde
ang des Betreides verändert; einige unbedeutende Artiel wurben von
z befreit, ſowie überhaupt der Durchgang durch Polen; in Anfehung
198 nach Odeſſa blieb es bei dem Ukas von 1818. Es ſcheint alfo der
itohandel durch Rußland nad, China eine Erleichterung erhalten zu
m erwarteten Aufblühen’des ruſſ. Naturs und Gewerbproducten⸗
t bie MWiederherftellung der Finanzen und die Befefligung des
dits ab. Schon 1818 hatte der Finanzminifter, Graf v. Gurieff,
swaltung diefes Zweigs eingeleitet. Die ausländifche (hollaͤndiſche)
diſche Staatsſchuld ward in dad Reichsſchuldenbuch verjeichnet und
n Abzahlung berfelben ein Tilgungsfonds angemiefen, ben bie am
7 eröffnete Amortiffementscommiffion verwaltete. Zugleich zog man, -
Zahl ber umlaufenden Bankzettel allmälig zu vermindern, durch Ans
Blande baares Geld ins Reich, und verbot das Ausführen des Silber
ides, fobaß nad) der Verfügung vom 21. März 1825 kein Reifender
ersubel und 10 Rubel Kupfer mit fid) Über die Grenze nehmen follte.
ie erfte jener Anleihen, 1818 eine zweite und 1822 durch Rothſchild
ne dritte (von 43 Dill. filb. Buansorub.) abgefchloffen. Damit ſtand
burg mit einem Gapitale von 30 Mill. Rubel geftiftete Hanbelsbant
er Beziehung; fie hob ſich nicht nur felbft, fonbern hatte auch auf die -
z Handels und bee Induftrie folhen Einfluß, daß mehre Städte um
anſuchten; eine foldhe erhielt Diokkau 1818, als der Mittelpunkt des
Handelsverkehts. In dem Abgabe» und Steuerſyſtem felbft änderte
ver Kaifer hat jedoch von 1820 an die 1812 als Kriegttare angeord⸗
nensſteuer völlig erlaffen und die Eigenthämer von der Pflicht ent⸗
Bermögen und Einkommen der Regierung fernerhin aufzudeden. So⸗
r Ukas vom 14. Juni 1823 die Abzugäfteuer in Anfehung derjenigen
Staaten auf, die diefelbe gegen Rußland nicht erhoben, 3. B. mit
1. April 1824, mit Preußen durch die berliner Gonvention vom 31.
und im Dec. 1824 warb aud) der Preis des Salzes, fowie der Eins
Iben in den Öftfeeprovinzen, fo herabgefegt, daß die jährl. Ein. ſich
Rubel verminderten. Cin neuer Beift der Ordnung, Thaͤtigkeit und
Isiehung beliebte das ruff. Finanzſyſtem feit dem Mai 1823, als ber
m Generallieut. und früher Generalintendanten der Armee, Derm
einem geb. Heffen, das Finanzminifterium überteug, indem Graf
die Verwaltung der Krondomainen und einiger dahin gehörigen Zweige
der Armee traten fofort große Erſparniſſe ein. Das Zoll: und Speres
ward mit vieler Strenge gehandhabt, und wenn diefes Spftem fruͤ⸗
ıgen bes Hrn. v. Gancrin in einem nicht u. f. N. erfchienenen Buche:
um, Nationalreihthum, Staatswirthſchaft“ (Mündy. 1821) wider:
hffen in Rußland befondere, oben ſchon angebeutete Staatsruͤckſichten,
x Nationalinbuftrie, vorwalten, gegen welche die Nachtheile des Pros
8 nicht in Anfchlag kommen. Aus dem Bericht tiber das erfle Vers
c, den diefer Minifter in dem Auffichtsconfell der Grebitinftitute am
k vorlegte, erfah man, daß die größte Pünktlichkeit in Erfüllung der
a Verbindlichkeiten ben Staatseredit unterſtuͤtzt, daß malt ver Beoðrero⸗
Be Rußland (geograph.flatif)
mmg der Affignationen einftiweilen Inne gehalten tourbe, ums bie hiernu
Summen zur Yilgung dee Staatöfchuld zu verwenden, daß bis Leihba
pitalien zur Unterflügung der Induftrie, der Grundbefiger und bes „m
druͤckten“ Handels vorſchußweiſe beflimmen follte, mad zugleich ben
Provinzen ftodenden Umlauf bes banren Belbes beleben mürde. Die S
beftand ine San. 1825 in folgenden Summen: 1) hollind. Schuld 4
Rubel; 2) einheim. rüdzahlbare Schuld: in Silber 2,688,000, in
27,536,000 (6 Proc.); Staatenſchuld: in Gold 20,620, in Silber €
Bantaflign. 226,096,411; 3) Rentenſchuld: 77,470,590 Rubel.
Maffe der in Umlauf gefesten Bankaſſignat. betrug 595,776,310 R
Der Betrag ber Staatseinkünfte laͤßt fich nicht beftimmt nachweiſen,
man, daß die Kopf» und Getränfefteuer allein jährlich an 170 Miu. R
gen, wovon auf Moskau 10, auf Petersburg 65 Mill. fallen. Hrn. v
Berdienfte um das Finanzwefen wurden u. A. vom Monarchen auch da
kannt, daß er ihm 1825 auf 50 Fahre den Befig der Krondomaine !
Kurland (mit 8360 Gilberrubel EinE.) verlieh.
Kein Zweig der ruſſ. Staatsverwaltung ift wol mehr ausgebilt
Deermwefen. Die widtigfte Einrichtimg in bemfelben find die feiı
gründeten Militaircolonien (f.d.). Rußland braucht viel Solda
‚weitläufigen Grenzländer gegen Afien zu befegen und fie gefegmäßig zu
weil Soldaten bafelbfi die Stelle ber Polizei= und obrigkeitlihen Dien
Je mehr das Heer die Stüge des ganzen politifchen Syſtems ift, um fo
ger wird auf die Erhaltung der Mannszucht in demſelben ftreng geſeh
mußte der Tumult des erften Bataillons des Semenoffsky'ſchen Gari
am 29. Dit. 1820, welchen ber Obrift Schwarz durch Mißhandlung
tergebenen veranlaßt hatte, mit großer Schärfe geahnet werden. Al
rungen mit ber Pforte entflanden und Revolutionen das füdliche Eur:
terten, warb das Heer in 2 Daupttheile unb einige Nebencorps zuſamn
Ungeachtet dieſe beiden Deere ſchlagfertig ſtehen blieben und in Beorgier
han ein drittes Heer flet unter den Waffen ift, fo waren dennoch im .
bei der ganzen Armee, mit Ausnahme des Gardecorps, bes litthauifch
kafiſchen Corps und der Militaircolonier, ſolche Einſchraͤnkungen anger
den, daß fi die Summe der Staatsausgaben dadurch um 18 Mi. Rı
verminderte. Für die afiatifchen Regimenter fliftete Alerander 1825 ir
eine Militairſchule, welche zugleich den Unterricht der arabifchen, tata
perfifchen Spradye umfaßt. Der nach dem Plane des verft. Staateratl
neuerbaute Kriegshafen zu Meval warb im Sept. 1824 eingetveiht.
Fan. 1824 ift der ſchon 2 Jahre vorher mit der Leitung des Kriegsm
beauftragte General der Infanterie, Dr. v. Tatitfcheff, zum wirkt. Kri
ernannt worden. General Araktfcheieff aber leitet feit Ende 1825 di
colonlen nicht mehr.
Mit diefer Thaͤtigkeit der Regierung in der Derwaltung bes In
eifert dee Semeingeift vieler Großen und Reihen. Durch die Sı
Erweiterung von Schulen und wiſſenſchaftlichen Anftalten hat fich der |
Demidoff,, und vor Allen der ehemal. Reichskanzler Rumjänzoff au
Befonders wirkfam ift die zu Petersburg geftift. menfchenliebende Geſe
ter dem Vorſitze des Sürften Alex. Gallizin; auch muß die 1819 eroͤff
fchaft zur Verbefferung der Gefängniffe und der Gefangenen genannt mwı
ſonders regt ſich unter den Höhern und Reichern ein edler Eifer für $
| *) Bei den Zollgefällen ift jeht der Werth des @ilberrubels auf 3 Mu
peten Papier beſtimmt.
Rußland (auswaͤrt. Verhältniffe von 1821—27) 528
Kunft, Chemie und Naturgefchichte, und ſtaatswirthſchaftliche Gegenftände
wm, auch ohne Beruf, aus Neigung betrieben. So biäht feit 1817 in Pes
arg eine meineralogifche Gefelifchaft, deren Präfident gegenwärtig ber kaiſerl.
ladjutant, Graf Aler. v. Stroganoff, ift (Sohn des Geh.⸗Raths und ehemal.
been in Konftantinopel). Überall trat der Kaifer mit f. Beifpiel voran; mir
en bier nur an f. Unterflügung gemeinnüugiger Anftalten, 3.8. der Bäder
zdaukaſus, zu beren Einrichtung bie Regierung i. 3. 1823 600,000 Rubel
mte, und über welche Prof. Neljubin und D. Conradi phyf.e mebic. Befchreis
z befanntmadhten, an die Beförderung wiffenfchaftlicher Werke, 3.3. Kas
a's Geſchichte, an die Ermunterung verdienftooller Künftler, 5. B. Karl
selgen, an den Ankauf von Bibliotheken (die Adelung'ſche in Dresden für
und bie Haubold'ſche in Leipzig für Abo; legtere Univerſitaͤt wurde nach
ʒrande zu Abo, 1827, nach Helſingfors verlegt). So erfhien auf Eaiferl.
1 (St. Petersb. 1825) der vom Commodore Krufenftern entroorfene ‚Atlas
Icean pacifique‘ nebft einem ‚„‚Recueilde memoires hydregraphiques” zur
terung des Atlas. In Petersburg erheben ſich prächtige Bauwerke, mobei
ufeifen, wie in England, vielfache und Eunftvolle Anwendung findet. Über
naͤle werden Kettenbrüden von Eifen gebaut; die erfte diefer Art ift die bei
nıen Palais des Sroßfürften Michael, unter welcher Schiffe hinfegen und
cher 2 Wagen neben einander fahren Eönnen. Der koloffale Triumphbogen
m Luftfchloffe Zarskoje⸗Selo, mit der Inſchrift: „Meinen theuern Waffen⸗
nn gehbeiligt”, in antifer Form von Eifen, ift ein wuͤrdiges Denkmal des
. Runftfinne. — Am widtigften find in wiffenfchaftlicyer Dinficht die von
uffen unter Aleranders Regierung unternommenen Entbedlungsteifen. Die
I nördliche Polarmeer gemachten Seereifen der Ruffen find bereits in d. Art.
bunlerpebitionen erwähnt. Außerdem veranftaltete die Megierung eine
Aungsreife um bie Welt und in das antarktifche Meer, die Cap. Bellings
san 3. Juli 1819 von Petersburg aus mit ben Sloops Woftod und Mirnoi
Lafareff) unternahm. Diefe fehr glüdliche Neife dauerte 2%. 21 T., ins
ie Schiffe am 24. Juli 1821 in Kronftadt wieber anlamen. Man entbedite
Ibisher unbekannte Inſeln, darunter den Archipel Alexanders I. (in der Nähe
Fährlichen Infeln), und am 11. San. 1821 unter 694° die Inſel Peters 1.
ke Küfte Aleranders 1., die füblichften bis jegt bekannten Länder auf der Erbe.
aghauſen Drang an einer Stelle fogar bis zum 70° in das fübliche Eismeer
weiter, als je ein Seefahrer vor ihm. Auch hat er zuerft den ſuͤdlichen Polar⸗
randum befchifft und zum erſten Mal über 14 Tage innerhalb deſſelben ver-
Die vorläufige Befchreibung diefer Reife von Simonoff, dem Schiffs⸗
somen (jest Director der kaiferl. Sternwarte zu Kafan), erſchien a. d. Ruſſ.
‚zu Wien 1824. Unter den Landreiſen der Ruffen ift die von Murawieff
Khiwa (vgl. Turkomanien) und die von Timkoffskij ( Collegienaffeffor
Bat. Depart. bes Dinifteriums der ausmwärt. Angeleg.) nach China (Petersb.
z, in ruff. Spr.) zu erwähnen. Timkoffskij ward 1820 nad) Peling ges
L um bie neuen Glieder der ruſſ. geiftlichen Miffion dahin zu führen und bie
pm ins Vaterland zurädzubringen. Bon Eversmann erſchien e. „Reife von _
Wburg nach Buchara’’ (m. e. Plan von Buchara, Berl. 1823). Ein andrer
&, der 1820 — 22 einige Gegenden des Driente und Afrika bereifte, Sfens
Mi, gab die Beſchreibung f. Reife, die u. A. gute Nachrichten von Nubien
Me, in uff. Sprache heraus,
Nußlands auswärtige Verhältniffe umfpannen Afien, Nordweſtamerika
Europa. Die mit China find diefelben geblieben, ſowie fie der vom Grafen
dißlawitſch 1727 an ber Grenze, zwifchen der mongolifchen Stabt Urga und
ea, abgefchloffene Hauptvertrag ewiger Freundſchaft zwiſchen Ruklantı wat
m Wein (ui Bauifevtknrah) ]
beſtimt Bat. Durch denfelben ward ber freie Ai
Eeſandeſchaft von jung, een bie dort die Spracerker
,mittelſt welcher die Ruffen kine —— Ber!
unterhalten. Ruflands engere Berbint
"den fogen. etvigen $rieden von Guliftan den 12. Dct. 1:
15. Sept. 1814) degruͤndet, durch welchen Rußland G hanate Carl
‚com, ‚bie außfchließende Kriegsflagae auf dem Easpifchen Merre und
in allen perfifchen Ländern gegen einen Wättengell ©
3 dagegen folite es Demijenigen von den Söhnen bes Schäd
Wefer zum Exben des perfifchen Reiche ernennen wird, Glufe leiften 7
nicht geftatten, daß irgend eine fremde Macht fich im Pexfiens Angi
Während Rußland jest f. Einfluß in Perfien zu befefligen ho
Gen. Jermotoff (ſ. d) die väuberifchen Bergbölker des Harikafus
bekämpfen. Die meiften hatten ſich jedoch 1823 untermotfen. Krb
——8* ſich auch 7 Khans kirgiſiſcher und kalmuckiſcher Horden Freiwillig
wter weffifäge Oberhoheit. Um biefe Zeit hatte der peefifche Chad
feinen Sohn Abbas Mir ja zu ſ. Nachfolger ernannt, als Über die
nit Rußland Streitigkeiten entftanden, die bei des Malen
Rode noch nicht gefcjlichtet waren. Der Kaifer Nicolaus ſchickte daher
zalmajer Fürften Menicikoff an den Hof zu Zeherap; um einen
feitigen Grenyprovinz vorzufdhlagen. Allein der Eriegähuftige U
Naubie, ber Zeitpunft fei guͤnſtig, um Rufland mit Erfolg,angeelfenzufß
‚Abe ging fefort (Aug. 1826) Über die Grenze, befeste bie-tuff: Provinj
mohammedaniſchen Unterthanen der Ruſſen zu den Waffen, Endet
jonekrieg an und drang bis Elifabethpol vor.. Während @ 8
„Vie gieffteuete tuſſ. Armacc um Tiflis zufammenzog, ſchlugen Fürft M
or Krabbe den 14. Sept. das perfiiche Heer, und am 25. S
Paskewitſch ben Kronprinzen Abbas: Mirza bei Elifabethpot und
das rüff. Gebiet. Am 28. Sept. erfolgte die ruff. Kriegserkiärung g gen
‚fand ſich der Kaifer bewogen (9.-Apr. 1827), den in Grufinien e
General Iermoloff abzurufen und beffen Poften dem General)
Yes u geben. Jetzt gingen die Muffen uͤber den Arares, nahmen den ©
dab; imte armeniſche Kiofter Etſchwiaſin (im perfifchen Armenien),
u .) die Fatung Sardar⸗ Abad und.am 19. Det. die Feftund Exit
WBoligert gegen. Rußland), wo der berühmte Anführer dev
Hufen. Kuli Khan, der Günftling Ferh-Ali’s, dem er auf den Khrond
gefangen wurbe. Hierauf drangen fie in das alte Medien ein und
3. Sct. ohne Widerftand in der Provinz Aderbidfchan die Haupeft. R
Mefidenz bes Abbas-Mirza, was den Schach nöthigte, um * zu bitin
8. Rev. 1827 wurden die Friedenepraͤliminarien in einem Dorfe-bei
ter zichnet, nach welchen Perſien das ganze Khanat Eriwan, diesſeits an
bes Areres, und das Khanat Nakhiſchewan an Rußland aberiit, die
erſett und den durch ben Einfall verurſachten Schaden vergütet. — Mit
"waren feit der legten Grenzbeftinmmung, die in AnfehringBeffa
Donaumundung am 2. Sept. 1817 fo erfolgte, wie fie antun gefobet
nene Jerungen 1819 entftanden, indem fich Kaifer Ateranden.jauf X:
Flgt, fher den gefluͤchteten Hospodar Karadja verwandte und €
f. Blagge im Hafen von Konftantinopel fugefügte Beleidigung v
kam noch 1820 ein Angriff der Jamaks (Soldaten von der Befa
. Agt bi ten Ufer des u. d. Mi
Fa I Die vn abend Da
die Hanptmöndung der Donam dehet.
tere
HIN
ußland (auswaäͤrt. Werhältniffe von 182127) 525
e des ſchwarzen Meeres) auf den Palaft des ruſſ. Sefandten, Baron
Stroganoff, weßhalb zwar endlich die gefoderte Genugthuung gegeben
in die Ausgleihung wegen Erfüllung des bucharefter Vertrags kam
ande, indem bie Pforte auf der Räumung der afiatifchen Grenzpläge
uppen befland. Biel ernfthafter wurde diefe Spannung, als ber Ein-
is's in die Moldau und der Aufftand der Griechen (f. Sriehenaufs
'1 ben Sultan aufs höchfte reiste. Vergebens erklärte Aleranber, von
Vpfilantis's Schritt für ftrafbtır und Rußland in der griech. Sache für’
er Divan glaubte in dem rein biplomatifchen Zwiſte Rußlands mit ber
| orgenen Zufammenhang mit der griedy. Revolution zu erfennen;
ebrätht, verlegte er Die Verträge mit Rußland wegen ber Moldau und
r legte auf die aus dem ſchwarzen Meere Eommenden ruff. Schiffe
: achtete nicht auf die Vorftellungen des ruff. Gefandten *), der ſich
yen bes Fanatismus gegen bie griedy. Kirche und gegen ſchuldloſe Opfer
n Argwohns mit Nachdruck entgegenftellte, und brachte endlich durch
uff. Gefandten, deffen Sicherheit fogar von ber Wuth des Pöbels bes
‚u dem Entſchluſſe, f. Päffe zu fodern. Herr v. Stroganoff fegelte
ab den 9. Aug. 1821. Seitdem führten die dDiplomatifche Verhand⸗
d6 mit der Pforte in Konflantinopel als Vermittler der britifche Ges
Strangforb, und der oͤſtreich Intermmtius. Nach der an das ruff.
unmittelbar gefandten Note bed Meiseffendi vom 26. Juli 1821
uch unvermeiblicy; allein die friedliche, von allen Eroberungsentwuͤr⸗
ernte Politik der heiligen Allianz, beunruhigt durch die Milltairrevolus
panien, Portugal, Neapel und Piemont, ſowie durch den Geiſt des
ms Überhaupt, und geleitet von den -Befchlüffen in Laibach, trug im
te ben Sieg über bie Freunde der griech. Sache davon; bazu kam die
‚ daß ein ruff. Krieg mit der Pforte leicht ganz Europa in Flammen
aß der damit verbundene Volks⸗ und Religionskampf eine gefährliche
hwaͤrmerei in Rußland felbft entzuͤnden könnte. Die Cabinette von
on und Paris traten vermittelnd ein, um bie friedfertige Gefinnung
aber alle Berechnungen bes Ehrgeizes zu erheben. Bei diefer Mich:
Brodrtigen politifhen Syſtems zog fi) der Staatsfecretair, Graf Gar
n Mai 1822 von den Staatsgefchäften zurid und nahm Urlaub zu
n6 Ausland. **) Daffelbe that der geweſene Gefandte in Konſtanti⸗
ı (feit 1826 Graf) v. Stroganoff. So warm die frühen Hoffnun⸗
taͤria (f.d.) auf Rußlands Beiftand gänzlich vernichtet. Die Er:
eltode's im der Note: Laibach den 10. Mai 1821, „daß weder Liebe
noch der ehrgeizige Gedanke, einen ausfchließlichen Einfluß auf bie
andrer Monarchen, oder auf die Schidfale der ihnen von der Bor:
trauten Völker auszuüben, die politifchen Anfichten des Kalſers leite“,
mn Gang ber ruff. Politik zu bezeichnen. Diefe nahm nad) der Ruͤck⸗
ers von Verona über Warfchau im San. 1823 (vgl. Laibach, Ve:
Songreffe) einen beflimmtern Charafter an. Daher entitand in
von dem koͤnigl. würtemb. Staatsminifter, Grafen v. Winzingerobe,
wm Frieden von Kutfchul:Kainarbyi (177%) und nach der Übereinkunft zu
Et vom 21. März 1779 hatten die ruff. Gefandten bei der Pforte das
ınften jener Fürftenthümer, der Griechen und der griechifchen Kirche fo
n, als es bie Umftände erheiſchten.
e griech. Regierung 1826 ben Grafen Capodiſtrias zu ihrem Präfidenten
ab er fi) von Gent, mo er bisher gelebt hatte, nach Petersburg, bat bier
affung (12. Zuli 1827), und begab fi hierauf über London und Paris
von ba nach Morea zu geben.
5286 Rußland (answaͤrt. Verhaͤltniſſe vom 1821 — 27)
an die würtemb. Gefanbtichafter im Auslande gerichteten Runbiäeiiiut
2. San. 1823 (im franz. „Conftitutionnel” vom 17. Febr.), umb.elsiger 34
mungen bes würtemb. Geſandten am Bundestage, des Baron v. Waxııl
(am 20. und 24. Febr. 1823), eine Spannung mit dem wärtemb. Sof.
teih, Preußen und Rußland riefen ihre Befandten von Stuttgartab; der wir
Geſandte in Petersburg, Graf v. Beroldingen, trat am die Stelle des verchl
tem Staatsminiſters, Grafen v. Winzingerode. Indeß warb eim neue Fu
band zwifchen Rußland und Wuͤrtemberg geknüpft durch die Vermähtet
Großfuͤrſten Michael mit der Prinzeffin Charlotte von Wuͤrtemberg, X. dei
zen Paul (u.d. N. Helena vermählt d. 20. Febr. 1824); allein die dipl
Verbindung ward erft 1825 völlig wieberhergeftellt, indem der Fuͤrſt v. Hoi
Kirchberg als wärtemb. Sefandter zu Petersburg im Ian. 1825 anlam, ı
der Geh. Rath v. Anftett, ruſſ. Gefandter beim deutfchen Bunbestage, au
Gefandtfchaftöpoften am Hofe zu Stuttgart erhielt. Mit derſelben Mb
mung unb gemäß den zu Verona gefaßten Wefchlüffen, handelten ber wi
Öftveichifche und preußifche Hof in Madrid. (S. Spanien.) Als Ye
Herzog v. Angoulame an der Spige eine6 franz. Heeres in Spanien ch
wurden die ruff. Kaufleute angewiefen, alle Handelsverbindungen mit €
und Portugal aufzuheben, und ber kaiſerl. Adjutant, Graf Butturlin, be
im Namen f. Monarchen in das Hauptquartier de Herzogs, um dem fi
beizuwohnen. Nach der Wiederherftekung der alten Orbnung in beiden ?
ertheilte der Kaiſer den Prinzen, Staatömännern und Kriegsbefehlshabe
* Dazu beigetragen, mehre Orbenszeichen, und wirkte durch f. Gefanbten ia
den Grafen Pozzo di Borgo, ſowie durch den Heren v. Oubril im me
ben Bang ber wiebderhergeftellten €. fpan. Regierung ein. Die enge
mit Öftreich ward fpäter noch durch die perfänliche Zuſammenkunft dei |
Alexander mit dem Kaifer Franz zu Gzernowis, 6— 11. Oct. 1823 (vgl
‚felwode), beftätigt, wo, als die Pforte den Beſchwerden über die Sl
abgeholfen, in den Berathımgen des Grafen Neffelrode und bes Fürfln 1
nich zu Lemberg (bi6 zum 21. Det.) ber Beſchluß gefaßt wurde, einem
ſchaͤftstraͤger nad) Konftantinopel zu fehiden. Hier betrafen Strang
haudlungen mit ber Pforte hauptfächlich die Räumung der beiden
von tärkifchen Truppen und die Herſtellung ber freien Schifffahrt auf dem
jew Meere. Die Pforte hatte bagegen in ihrer Note vom 2. Dec. 18214
lleferung der auf ruff. Gebiet geflüchteten griech. Rebellen und des Kürftel
verlangt. Diefe mußten daher Rußland und Polen verlaffen und ginge
Deutſchland nach einem mittelländ. Hafen. Bet dem rohen Trodte der h
Verhandlungen nichtd weniger als ungeſchickten Barbaren, galt es für
ben politifcdyen Ehrenpunkt zu retten. Es foberte daher in f. Ultimatum u
bie Räumung ber Fürftenthimer und bie Einfegung von Hospodaten;
warb aber am 28. Febr. 1822 vom Divan verweigert. Erfi amt 13.9
ſchloß fich die Pforte, neue Hospodare zu ernenmen und ließ bie Räumung
weigerte fich jedoch, einen Friedensunterhaͤndler nach Kaminitz⸗ Podolsky zu f
denn Rußland habe den Zwiſt angefangen ; dieſes möge daher einen Ge
nach Konftantinopel ſchicken, nur nicht auf einem Kriegefchiffe; übrigens
fie fortwährend auf Räumung der afiatifchen Grenzpläge. Auf die ihr be
Lord Strangford im Febr. 1823 vorgelegten Beſchluͤſſe des Congreſſes zu‘
antwortete fie fo, daß fie alle Einmifchung fremder Mächte in bie griech. S
lehnte; indeß Fünbigte der Neiseffendi in f. Note vom 26. Febr. 1823, d
Strangford dem ruff. Staatsminifter, Grafen Neſſelrode, uͤberſchickte, die
nung der Hospodare für die Moldau und Walachei an, ſowie die mehe BA
biefer Provinzen, verlangte aber nodmasis tie Aurtdigabe ber gegem den
Rußland (auswärt. Verhältmiffe von 1821 — 27) 527
riebens von Buchareft in Afien von den Ruffen befegten Feſtungen und bie
dung eines ruff. Gefandten nad) Konftantinopel. Graf Neffelrode erwiderte
ıf am 19. Mai, daß die Ernennung der Hotpobare ohne die Zuſtimmung des
6 von Rußland nicht legal fei, ba Rußland in dem Benehmen der türkifchen
nandanten in den Fuͤrſtenthuͤmern die baldige Räumung nicht mahrnehme,
28 ber legte Ferman den Handel in der Kevante noch mehr ftöre als bisher ge=
u fei, daß endlic, Rußland, als Grundbedingung jeber Ausföhmung, in Ans
z der griech. Kirche eine befriedigende Antwort auf feine erfte Vorftellung noch
ie. Unterbeß hatte die Pforte bereitö mehre griech. Kirchen wiederherſtellen
und den griech. Patriarchen, nebft der übrigen GeiftlichEeit, in ihren Würben
m. Auf die deingenbften Noten des Lords Strangford gab zwar die Pforte
chiffe mit ruſſ. Flagge, welche fie, als den Sinfurgenten gehörig, in Beſchlag
ımen batte, wieder frei und bob die Handelsſperre im ſchwarzen Deere auf;
fie wid) allen übrigen Punkten der ruff. Note gefchictt aus. So drehte ſich
auptverhanbiung noch immer in demfelben reife, ald der ruſſ. Geſchaͤfts⸗
‚, Staatsrath v. Minzlaky, den 22. Ian. 1824 zu Konftantinopel eintraf.
nete daher f. Kanzlei erft im Maͤrz und bloß ale rufſ. Kanzleihef. Nun erſt
u die Pforte ihre Truppen aus ben Fuͤrſtenthuͤmern zu ziehen, und Aleranber
kte den Seh.» Rath v. Ribenupierre am 27. Aug. 1824 zu f. Gefandten bei
forte. Endlich erfolgte die Räumung ber Fuͤrftenthuͤmer in den legten Mo:
des Jahres, worauf Derr v. Minziaky fogleih am 11. Dec. 1824 fein Be⸗
gungefcheeiben als Gefchäftsträger überreichte. Dadurch ward bie biplomas
Berbinbung zreifchen Rußland und der Pforte wiederhergeſtellt. Allein bie
ıft bes rufl. Sefandten, Ribeaupierre, in Konftantinopel verzog fich, weil
mb in Anfehung der griech. Sache gemeinfchaftliche Befchlüffe mit den Daupt-
‚bes Sefllandes fafjen wolite, weßhalb es auch die Minifterverfanmlung zu
mb im Semi 1825 befdjidte. Unterdeß fchien ber ruff. Einfluß in Morea
aufgehört zu haben. Den Kaifer Alerander befchäftigte hauptfächlich die
amerikaniſche Frage. Er konnte hier aber weniger einwirken, weil das bri-
inet ſich von dem politiſchen Syſtem der heil. Allianz entfernt und die
⸗ameritaniſchen Freiſtaaten anerkannt, ſich auch, ſowie ber Congreß ber
Staaten, gegen jede Intervention der europ. Continentalmaͤchte (Spanlen
) in Amerika beſtimmt erklaͤrt hatte. Die Sendung bes brit. Ge:
Seratford⸗Canning, im April 1825 nach Petersburg, betraf daher bloß
luß eines Vertrags zwiſchen Rußland und England in Betreff geteiffer
thefitzungen an der Küfte von Nordweſtamerika, wo die Serungen zwiſchen
md und den Merein. Staaten, in Folge bed Ukaſes vom 4. Sept. 1821, aus:
on wurden. Nach dieſem Wertrage gehört bie Prinz⸗von⸗Walesinſel zu
ie ruſſiſch⸗ tuͤrkiſche Frage hingegen ward erſt vom Kaifer Nicolaus zur
g gebracht. Da alle Befchwerden des Hrn. v. Minziaky über die Er:
Bogen ber Thrken in ber Moldau und Malachei ohne Erfolg blieben, fo über:
r ( April 1826) eine kategoriſche Erklärung feines Monarchen wegen Der:
I de6 vertragemäßigen Zuftandes der beiden Fuͤrſtenthuͤmer und wegen Ab⸗
tierkiſcher Sommiffarien zur Beilegung ber Streitfragen, in eine ruff.
Made. Die Pforte follte binnen 6 Wochen Ya oder Nein fagen. Nun gab fie
4. Mai), und e6 traten ruffifche und türkifche Gommiffarien in Ackerman
men, wo Rußland abermals ber Pforte einen peremtorifchen Termin bie zum
&. febte und 82 Propofitionen vorlegte, weiche ſich auf die Fuͤrſtenthuͤmer,
Bifcgen Berhältniffe und den Befig der afiatifchen Feftungen am Phaſis be⸗
‚, Ate dieſe Foderungen bewllligte die Pforte am 6. Oct., und Rußland be:
B Aften alle tuͤrkiſche Plaͤtze, die es bisher befegt gehalten hatte, au Ihn Er
ses Rüuͤſtung Kuthe
genthum. Zu gleicher Zeit hatten England und Rußland uͤber bie griech
fche Frage gemeinſchaftlich zu handeln befchloffen. Canning weilte nä
Vernichtungskriege in Griechenland ein Ende machen, die aͤgyptiſche?
Europa entfernen, den Griechen Schug gewähren und einen Landkri⸗
Rußland und der Pforte verhindern. Schon hatte der Herzog v. Wi
Petersburg barüber am 4. April 1826 eine vorläufige Übereinkunft ab
wie die Pforte nöthigen Falles zum Nachgeben in der griech. Sache zu ;ı
als nun auch Frankreich dieſem Plane feine Zuftimmung gab, fo ſchloſſen
zu London ben 6. Juli 1827 den Pacificationsvertrag Griechenlands a
ten ber Pforte einen Termin zur Annahme der Wermittelung. Drei
eine btitifche, eine franzöfifche und eine rufjifche (unter dem Contreabmiı
v. Heyden) unterftügten diefen Vorſchlag und blokirten bie türkifchrägup!
im Hafen zu Navarın. Als aber Ibrahim Pafcha den proviſoriſch
MWarffenftiliftand verlegte und Morea zu vermüften fortfuhr, drangen bi
in den Hafen ein, wo fie, da bie tuͤrkiſchen Schiffe zuerſt ſchoſſen, die tı
ptifche Flotte am 20. Det. vernichteten. Dadurch wurde die Entfd
griechiſch· europaͤiſchen Frage beſchleunigt und die Pforte zum Nachgebei
— Über Polens Gefchichte und Zuftand ſ. d. A.
Unter den neueften über Rußland erfchienenen Schriften nennen n
Dupin, „Observations sur la puissance de l’Angleterre et sur cel
sie’ (2. A., Paris 1824); Dupin prüft gründlich und lehrreich
geiftvolle, aber etwas einfeitige „„Paralleles de In puissance anglaüı
relativement à l’Europe ete.“ (1822); Robert Lyall's ultrafreimuͤth
„Ihe charakter of the Russians and a detailed history of Moscoı
Kpfn. und Beil., Lond. 1823) ; des brit. Seecapitains auf balbem &
Dundas Cochrane (Meffen des Admiral), „Narrative of a pedestri:
through Russia and Siberian Tartary’ (von 1820 — 23, Lond. 1!
zu Weimar), welches einzelne gute geograph. Nadyrichten über das 2
Sitten der Bewohner, befonders über die von Kamtſchatka, enthält. D
mann’s „Beitr. zur Kenntniß des Innern von Rußland‘ (mit Charten
Zeichnungen, 2 Bde., ps. 1822 fg.) find wichtig zur Kenntniß der W
Die Reife einer Engländerin, Miß Maria Holderneß, von Riga Über
der Krim (Lond. 1823) enthält über Neurußland intereffante Machrid
die kaukaufiſch⸗ perfifch = türkifhen Grenzlaͤnder leſe m. Gamba's „Re
1526). — Des B. v. Wichmann „Ehronolog. Überſ. dee ruff. Geſch.
d. Gr. Geburt an’ (1. Bd. 1672 — 1727, 2. Bd. bis 1762) hat
Tode der Prof. Eiſenbach in Tübingen fortgef. (1. 3b. 90.1762 —18
von 1801 — 25, 2p3. 1821 fg.). Verdienſtlich ift des Prof. in
Strahl „Beitr. zur ruff. Kirchengeſchichte“ (1.Bd., Halle 1827).
„Geſch. bes ruſſ. Reich" (2 A., ruſſiſch 1818 fg., deutfch von Örtel) w
Ds. Tode (1826) H. v. Bludoff, Miniftergehälfe bei dem Minil
Öffentl. Unterrichts, fortfegen. Er gibt den von Karamfin nicht beemdigt
(der die Geſchichte bie auf die Thaten des Minir und Pofcharsky, 1613
mit einem Regifter üb. das ganze Werk heraus. Arſenieff's „Statiſt
Reichs“ (2 Bde.), in ruff. Sprache, ift von der Regierung unterbräi
Man hat daher nur Heym's ruff. gefchriebene „Statiſtik von Ruflanı
Großbritannien, Frankreich, und Preußen‘ (Most. 1820). — 1825 e
allgemeine Charte des ruf. Afiens von Pozniakoff.
KRüftung, f. Armbruft.
Ruthe, ein Längenmaß (vgl. Mat), welches in Fuße abget
Geometer und Felbmeffer bedienen ſich, der Erleichterung in ber Berechn
Des zehntheiligen ober Decimaleintheilung und geben der Ruthe 10 Zuf
Rutſchberge 629
weßhalb fie Decimal⸗ oder geometriſche Ruthe genannt wird. Im
ven iſt eine Duodecimal⸗ oder zwoͤlftheilige Eintheilung der Ruthe ge:
sach welcher alſo dieſelbe Laͤnge einer Ruthe 12 Fuß, jeden zu 12 Zoll
it. Die Quadratruthe iſt Flaͤchenmaß und enthält entweder 100
* — die Kubikruthe, Koͤrpermaß, 1000 oder 1728 Kubik⸗
Fuß.)
chberge (Parifer), in neuerer Zeit eine oͤffentliche Vergnuͤgung
bie auch an andern Orten nachgeahmt worden if. Die Ruſſen, die
ergnügen ihrer Eisberge im Sommer durch hölzerne Rutſchbahnen
legen, veranlaßten waͤhrend der Anmefenheit ber ruffifchen Truppen
fl die Einführung diefer Beluftigungsmweife, die hier mit aller parifer
jeflattet wurde. Bald gab es 4 Battungen von Rutfchbergen: rufs
zeriſche, englifhe und franzöfifhe. Die fogen. Montagnes ruases
ırten außerhalb der Barriere du Roule waren von allen die erften.
lvedere eines vieredigen, etwa 3 Stod hohen Thurms, zu dem auf
ite eine bequeme Treppe hinaufführt, fährt man auf der andern in
ıf einem Beinen dreicäderigen Seftelle ruhenden Lehnſeſſeln ein in ge:
‚laufendes planum inclinatum pfeilfchnell hinab. Damit biefe Wa:
Seite audgleiten Eönnen, ift die Vorrichtung getroffen, daß nicht nur
nterräber, fondern auch daß fich in ber Mitte befindende Worberrad
? Achfen in hölzernen Geleifen laufen, und diefe Sicherheit bat Mehre,
ttluſtige Engländer, verleitet, aufrechtftehend hinabzufahren. Auch
Damen, u. A. eine junge Actrice vom Theätre Francais, haben dies
ſucht. Bei kegterer lief es aber fo tragifch ab, daß bie Polizei diefe
unterfagte. Die bald nachher in dem Faubourg St.⸗Germain er
ıtagnes suisses (to bie Seitenwände der Anhöhe thenterartig mit
tionen verziert find) erhielten noch den Vorzug, daß man hier auch auf
reden, die auf Rädern ruhen, völlig frei figend hinabrollen kann. Alte
er an Größe, Eleganz und Kunft des Mechaniemus die im Aug. 1817
ontagnes frangaises ober fogen. Promenades aöriennes, bie, als
zanſtalt betrachtet, ein ebenfo ſinnreich erdachtes als koloſſal audges
n ihrer Art ganz eignes Werk find. Sie find In dem Garten Beaujon
6 Elifeed erbaut und haben außer biefer ungleich angenehmern Lage
ı 3fahen Vorzug, dag man hier 1) weit länger und höher, 2) in vers
‚tungen, nämlich in einem Halbcirkel hinab, und 3) in der Mitte des
:aber Linie auch wieder hinauffährt, und alfo diefe Luflbarkeit, ohne
mbern nach jeder Herabfahrt) ein einziged Mal ausfteigen zu dürfen,
8 Einem beliebt fortfegen Eann. Zu biefem Ende ift ein 4 &tod oder
hoher Thurm erbaut, auf dem ſich ein offener Pavillon befindet, von
: die ſchoͤnſte Ausſicht auf Paris und beffen Umgebungen hat. Non
eiten biefe® Pavillons laufen 2 Bahnen in wellenförmig geſchwunge⸗
ede für 2 neben einander in hölzernen Geleifen fahrende Wagen und
m von Barrieren eingefchloffenen Trottoit für Fußgaͤnger verfehen, in
Cirkel nach unten in der Mitte zufammen und vereinigen ſich hier In
alen Bahn, die alle 4 Wagen neben einander zu dem Pavillon wieber
ohne daß dadurch der mindefte Aufenthalt für die Fahrenden entfteht.
urch eine ſtarke ftählerne Feder mit einem Haken bewirkt, welche fi)
Spige des Heinen Fuhrwerks befindet, und womit es, durch den heftis
beim Hinabrollen felbft einige Schritte wieder auf bie berganlaufende
getrieben, hier ſich in eine der vielen Schnallen einhängt, die von Eile
m breiten, ftarfen Gurt befeftigt find, welcher, in einem hohlen Ge⸗
ben Wagen auf biefe Art wieder hinaufzieht. Im TZatt ter Halten
Bichente Aufl, 36. IX. 34
5350 Kutſcherrecht
aber die Schnalle nicht gleich treffen ſollte, ſind zur Vorſicht hinten aı
2 eiferne Streben angebracht, die ihn vor dem Zuruͤckrollen ſchuͤtzen und
indeß nur einen Augenblick dauern kann, fo lange fefthalten, bis bie Fed
gehangen hat, ba er dann, indem ber Gurt in ſteter Bewegung iſt, ungehi
auffährt. Dieſer Gurt geht in Form einer Winde unter dem Geleis hin
bemfelben wieder herauf und wird durch eine Walze, welche roieber im uni
bes Thurmes zu ebener Erde von einem gewaltigen, 25 Fuß im Diame
den Rade umgedreht wird, in Bewegung gefegt. Da Menſchen web
noch Ausdauer haben würden, eine fo ſchwere Laft, wie biefe für 2 Per
gerichteten Wagen, Stundenlang eine fo jähe Anhöhe hinaufzuwinden, |
feb Rab von 8 daran gefpannten und beftändig im flarfen Schritt im
henden, flünblich gewechfelten Pferden gedreht, und indem es wieder in
res (von 5 Fuß im Diameter) eingreift, welches die Winde noh 9 Mı
bewegt, fo wird dadurch die Geſchwindigkeit bes Hinaufrutſchens ber ei
Trotts gleichgebracht. Die Spazierfahrt eines Curſes dauert 13—20
in welchen man die ganze Bahn von beinahe 800 Fuß Länge hinab und?
durchlaufen hat. Man kann alfo auf diefe Art in einer Minute über
und in einer Stunde 7 Meilen zuchdiegen. Der ganze Flaͤchenraum,
Circus einnimmt, beträgt an 3000 Zoifen. Die hoben, von ſtarkem
Fachwerk errichteten Gebäude, auf denen biefe Bahnen ruhen, und d
übereinanberfichende Reihen von Schwibbogen faft das Anfehen eines
Aquaͤducts haben, find zu verfchiedenen Durchgängen, Zimmern und Säl
in dem mittelften befindet fich in Erdgefchoß eins der glänzenbflen Gaffer
‚ganz Paris. Innerhalb des Thurms führt eine Treppe erſt zu dem B
man die Charten zum Fahren mit 10 Sols die Perfon für einen Cour:
dann zum Pavillon, wo man einfleigt, hinauf. Für die Nichtfahrent
Fuß, um ſich an der Außficht zu meiden, diefe künftliche Höhe befteigen
ein befonderes Bureau unten am Eingange errichtet, wo bie Perfon |
mit 5 Sols bezahlt. Der innere Raum des Circus iſt zu einem kleine
ſchmackvoll angelegten Garten benust, mit welchem das Ganze fich in de
Garten befindet, der einen Ausgang nady den Champs Elifees und ein
am ber entgegengefegten Seite hat. In diefem Garten, der ſich durch |
fen Anlagen auszeichnet, iſt auch fonft noch für Vergnügungen gefor:
einen zur Seite des Circus in fehr gefälligem Style erbauten 2ſtockige
befindet fi ein Reſtaurateur, der mit den erften der Hauptſtadt wetteifen
iſt der ganze Garten und ber Circus erleuchtet, und von einem über dem
Pavillons der Berge fehr paflend angebrachten Eeuchtthurme ſtrahlt dan
Ganze noch ein Eünftliches Sonnenfeuer herab. Das Schauſpiel der i
Breifenden Bewegung hinab und binauffahrenden Herren und Damen
bei diefer Beleuchtung fafl feenartig aus, und ebenfo phantaftifch iſt der:
Zaufende von Zufchauern, für welche die vor dem Circus befindliche
Gartens mit vielfachen Reihen von Stühlen befest ift. Diefe Luftfpa
brachten anfangs täglich im Durchſchnitt 3000 Kranken ein. Dagegen I
auch die ganze Unternehmung, den Ankauf des Gartens mit inbegriffer
Mil. Fr. Zum Preife diefer Vergnuͤgungen trat fogar ein praftifche
Cotterel, mit einer Schrift hervor, betitelt: „Promenades agriennes
tagnes frangaises, considcrees sous le rapport de ’agrement et de
worin er biefe Anftalt im lächerlichften Pofaunentone dem Publan
Später haben diefe Anflalten wegen mancher Unglüdsfälle Befchräntung
NRutfcherrecht wurde ehebem ein in einigen Gegenden übliche
Grundherrn ober Darleihers genannt, welches barin beſtand, baf, we
beſtimmten Tage, ja felbft zur Stunde, der an ihn gu zahlende Zins nich
Ruyſch (Friedrich) Ruyter 681
bie Gamme diefes Zinfes mit jedem Tage ober jeber Stunde um ein gewiſſes
um flieg, gleichfam fortrutfchte (daher der Name), bis fie abgetragen wurde.
Rupfch (Friedrich), geb. am 23. März 1638 im Haag, ſtudirte Medicin
warb fich durch wichtige Entbeddungen im Gebiete ber Zerglieberungstunft,
ſers aber durch bie Vervollkommnung ber Erfindung, durch Ausfprigen ber
je die Körper Verſtorbener vor der Verweſung zu fihern, den Ruf des größten
men f. Zeit. Als Peter I. von Rußland nad) Holland kam, befuchte er auch
mb das Gabinet anatomifcher Präparate dieſes Belehrten erregte feine hoͤchſte
nderung; auch kaufte er es in der Folge. R. flarb am 22. Febr. 1731, als
led ber londner und parifer Akademie. Seine meift anatomifchen Schriften
gest feinen Ruf. |
Rupyfch (Rachel), eine ber berühmteften Frucht⸗ und Blumenmalerinnen, -
1664, geft. 1750. Im ihren Bildern vereinigen ſich Wahrheit
arbenglanz mit dem bewundernswuͤrdigſten Fleiße der Ausführung.
Rupsdael oder Ruysdaal (Jakob), einer der größten Landſchafts⸗
Er war in Harlem 1635 geb. und fcheint f. Bruder Salomon R. zum
gehabt zu haben. Er ftarb in f. Vaterftabt 1681. Sein Ziel fcheint bie
aber poetifdye Auffaffung einer melandyolifchen, oft wilden Natur geweſen
Er ſtellte Landſchaften von Bäumen, gefchloffen mit Bächen und Gen,
ben die Begenftände fpiegeln, mit herbftlichen, duͤſterm Wolkenfluge,
) er, und Wafferfälle, die zwifchen Felſen und Gebuͤſch herniederſtroͤ⸗
mit unmachahmlicher Kraft und Empfindung bar. Geine' Figuren ließ er
nbern zeichnen. Herrliche Bilder von ihre befigen die dresdner, muͤnchner
Ader ſche Sammlung. ©. über ihn ımb feine Gemälde auch Goͤthe im
latt"' (1816, ©t. 107).
unter (Michael Habrian), ein berühmter Seeheld, geb. 1607 zu Vlleſ⸗
Seeland, ward von f. Aitern zum Seilerhandwerk angehalten. Er ents
nahm Dienfte auf einem Schiffe, wo er balb Belegenheit fand, fein aus⸗
Talent zum Seebienfte zu entwideln, durch weiches er ber Stolz; und
Molds wurde. Vom Matrofen bis zum Admiral alle Dienſtgrade durch⸗
verdankte R. nur feinem Talent ımd f. Eifer bie Erhebung aus niebrigems
umb fein Leben iſt ein fchöner Beweis, wie große Fähigkeiten fich durch
fle Bahn zu brechen vermögen. Auf allen f. Seezügen erwarb er fich
eines tapfer, umfichtigen, unerfchrodenen und ben Seekrieg völlig
Heiden; f. Privatleben zeigt ihn un® als einen befcheidenen und ges
Mann. Als 1641 Holland Portugal gegen Spaniens furdhtbare
uuterflügte, befehligte R. bereits als Gontreadmiral bie abgefenbete Huͤlfe⸗
erwarb fich den Dank bes Liffaboner Hofes. Nicht minder ruhnwoll
feine nachher unternommenen Züge gegen die afrikaniſchen Raubſtaaten.
ber Krieg zwiſchen Holland und England ausbrach, befehligte er unter
(f. d.) und fhlug mehrmals den engl. Anführer Askyn und beffen weit
Macht. Rad) dem Friedensſchluſſe von 1665 kreuzte er aufs neue
im Mittelmeer, nahm den Tuͤrken mehre Schiffe, nahm den
Armand de Dias gefangen und ließ ihn hängen. Der neue Krleg
zief ihn zu größern Unternehmumgen. Vorher ſchon war DR. von dem
, dem er mit glüdlichem Erfolge gegen bie Schweden beiges
hatte, nebſt [. Familie in den Adelſtand erhoben worden, jest übertrug ihm
ſchwebendes Vaterland den Oberbefehl ber hollänbifchen Flotte, bie
Britannien fich entgegenfegen ſollte. R. Löfte auf bie ehrenvolifte
groſe Bertrauen, das man in f. Muth und in f. Talent ſetzte. Nachdem
Geemacht in ben außereuropaͤiſchen Gewaͤſſern manchen Wertuft
‚ flug es fie 1666 In 3 großen Seeſchlachten Fre und, die
532 Ryſſel Ryswil
gleich bald darauf durch einen Untergebenen in Berlegenheit unb großen'
bracht, ermannte er fich doch ſchnell wieder, lief in die Themſe ein m
England zu einem Frieden, gleich ehrenvoll für f. Vaterland umb ihn (1!
Bald entfland ein dritter Krieg mit England und zugleich mit Frankr
diesmal errang R.'s Genie und Tapferkeit den Sieg, und während ;
Waffen der Republik Höchft ungluͤcklich kaͤmpften, triumphirte die holl
in einem entſcheidenden Siege (1673) über die verbundene engliſch⸗
Dankbar ehrte Holland feines Seehelden Verdienft. Als die beruͤhm
des Hauſes Dranien, die Brüder de Witt, geflürzt und ermorbet w
ſchonte ber Parteihaß den Helden, der Sceund und engverbunben mit d
war. Die Republif fandte ihn mit einer Flotte zur Unterfiügung ber
Sicilien; bier kaͤmpfte er tapfer wie immer gegen eine fehr überlegen
Feinde (der Franzoſen), bis er 1676 in einem Treffen bei Meffina dur
nonenfhuß den Fuß verlor und bald darauf in Syrakus an biefer W
Sein Leihnam warb nady Amfterdam gebracht, wo ihm der Staat e
Denkmal in ber Neuenkirche errichtete.
Ryffel, f. Lilte..
Rys wik, Darf und Schloß in dem niederländ. Gouvernem
land, 1 Stunde vom Haag, wo den 20. Sept. und den 30. Oct. 1697
zu Rys wit gefchloffen wurde. Ludwig XIV. hatte 1688 das de
angegriffen, um der Ligue von Augsburg, die feinen Vergrößerungen e
wollte, zuvorzufommen und zugleih Wilhelms III., des Erbſtatthalte
land, Plan, fich auf den britifchen Thron zu ſchwingen, zu vereiteln.
wand dienten ihm die Anfprüche feiner Schwägerin, der Herzogin v
“ auf die pfätzifch » fimmernfche Erbfolge, und die Wahl des Eczbiſchoft
As Wilhelm dennoch in England landete (8.Nov. 1688), fo erlı
auch) an Holland ben Krieg. Schon hatte er die Mheinprovinzen erot
Kaifer Leopold und die Generalſtaaten gegen Frankreich ein Buͤndi
. (Wien, 12. Mai 1689), dem Großbritannien, Spanien und Savonı
Der Krieg wurde von Frankreich zu Lande mit großem Erfolg gefuͤhrt.
ſchall von Luremburg eroberte bie fpanifchen Niederlande; Catinat fiegt
Allein die Landung ber Sranzofen in Irland zu Bunften de® vertrich
Jakob II. Stuart verungluͤckte, und die franz. Klotte unter dem Marfch
warb von den Engländern und Holländern, unter dem Abm. Ruffel, b
den 29. Mai 1692 gänzlich gefchlagen. Won biefer Zeit an erhob ſich
Seemacht Über die franzöfifche. Indeß eroberte der Herzog v. Vendi
nien und den 7. Aug. 1697 Barcelona. Dies und ber Wunſch Ludwi
Ben europaͤiſchen Bund aufzuldfen, ehe ber fpanifche Thron erledigt
ſchleunigte den Abfchluß des Friedens. Schon hatte Savoyen eine
Frieden mit Frankreich zu Turin, 29. Aug. 1696, geſchloſſen und fid
reidy verbunden; barauf vermittelte Schweben den allgemeinen Fried
Congreffe zu Ryswik, feit dem 9. Mai 1697 biß zum 20. &ep
land, Spanien und Holland den Frieden mit Frankreich unterzeichn
wig XIV. gab alle Eroberungen in Catalonien und in den fpan. Niede
Ausnahme von 82 reunirten Orten, zurüd und erfannte Wilhelm IH
von Großbritannien und Irland an. Kalfer und Reid unterzeichneten
mit Frankreich erſt am 30. Oct. Ludwig gab alle reunirte Orte an:
juräd, ausgenommen was im Elſaß lag, deffen Souverainetät ihm
wurde. Er behielt auch die 1681 in Befig genommene freie Meicht|
burg. Biel Widerfpruch von Seiten ber Proteftanten veranlaßte die fe
wiker Claufel des 4. Art., nad) welcher bie von Frankreich in be
Jet zuruͤkgegebenen Orten (1922) eingeführte katholiſche Religion in
S Saarlouis 5858
m Beſfitzſtande bleiben folte. Kür die Allodialerbſchaft dee Herzogin von
m6 bezahlte Kurpfalz, nad) dem fchiebsrichterlichen Ausfpruche des Papftes
2), 300,000 Thlr. Frankreich gab alle Eroberungen, u. %. Philippsburg,
arg, Altbreifach, und das von ihm erbaute Sort Kehl zurüd. Die Rhein»
ahrt wurde für frei erklaͤt. S. „Actes et mem. des negociations de la
le Ryswik (5 Bde.). Ä
©.
ber 19. Buchflabe des beutfchen Abe, welcher mit einem Anftoßen ber Zunge
a die Zähne und mit einem zifchenden Laut ausgeſprochen wird.
Saadi, f. Sadi.
Saale, 1) Fluß in Franken (die fraͤnkiſche S.), deſſen Lauf ſich bloß durch
stermainkreis des Koͤnigreichs Baiern erſtreckt. Sie entſpringt in dieſem
aus dem Saalbrunnen oberhalb der Stadt Koͤnigshofen im Grabfelde und
ſich bei Gemuͤnd in den Main; 2) ein Fluß in Thüringen (die thuͤringiſche
mtfpringt im Obermainkreiſe bes Koͤnigreichs Baiern auf dem Fichtelgebirge
m Saalbrımnen. Die Hauptquelle riefelt mit einem Maren, zu jeber Jah⸗
gleichen Waſſer unter einer Buche hervor, flürzt fi in den verfallenen
jt eines Bergwerkes, und fließt aus befien Stollen wieder hervor, um ſich
m Maffer des untern Saalbrunnens, einer Beinen Quelle, zu vereinigen.
viele Gewaͤſſer verftärkt, bildet die Saale eine Zeitlang die Grenze zwiſchen
Ibermainkreife und den reußiſchen Landen, verläßt nad) einem Laufe von 8
n das baierfche Gebiet, bucchfließt hierauf die reußiſchen Lande, Saalfeld,
Leſtenth. Schrwarzburg = Rudolftadt, Altenburg, das Fürftenth. Weimar, .
mfeburger Regierungsbezirk ber Provinz Sachſen, das Anhaltifche, und vers
‚fi im magbeburger Regierungsbezirk der Provinz Sachſen, füblicy von
ybei Saalhorn, mit der Elbe. Erſt von Halle an ift fie fchiffbar vermittelft
FSchleufen. Jetzt foll fie noch weiter hinauf bis Naumburg fchiffbar ges
werden, um fo die Schifffahrt auf der von Artern bis zu ihrem Einfluffe in’
aale ſchiffbaren Unſtrut nugbarer zu machen, befonder® aber das Salz von
mberg und Köfen zur Eibe führen zu fönnen. Die vornehmſten Nebenfläffe '
Bale find: die Schwarza, Orla, Ilm, Unftrut, weiße Eifter, Wipper und
‚ Die wicdhtigften Städte an derſelben find: Hof, Rudolſtadt, Jena,
rg, Weißenfels, Merfeburg, Halle, Bernburg und Kalbe.
Saalfeld, ein Fuͤrſtenthum, auch Pflege genannt, über 8 DM. mit
DO Einw., gehört feit der Theilung ber Länder der gothaiſchen Speciallinie zu .
singen(f.d.). Die Hauptft. Saalfeld, ander Saale, hat 3500 Einw.,
maftätte, Lpceum, Fabriken und Bergbau; in der Nähe das Denkmal bes
ns Louis von Preußen, der hier am 10. Oct. 1806 gegen die Franzoſen
md fiel. — ©. Chrift. Wagner's „Darftell. des Fuͤrſtenthums Saalfeld in
‚„ topograph. u. hiftor. Hinficht” (Hitdburgh. 1827).
Baarlouis, in der Revolution Sarrelibre, die Außerfte nach Frankreich
gende Grenzfeſtung Preußens, in dem Regierungsbezirk Trier. Die Stadt
DO Häufer und, mit Einſchluß bes Militairs, 7000 Einw., barunter viele
tzleher und Gewehrſchmiede. In der Nähe gibt ed Blei⸗ und Eifengruben.
1815 gehörte Saarlouis zu dem Mofeldepart. von Sranfreih. Ludwig XIV.
ke Stadt 1680 zur Dedung Lothringens durch Vauban befeftigen. Sie llegt
we Ebene auf dem linken Saarufer; auf dem rechten befindet fich ale Bruͤcken⸗
ine Art von Hornwerk. Die eigentliche Feſtung bildet ein regeimägige®
684 Saavedra Sabaͤismus
Sechseck und beſteht aus Bollwerken und Courtinen, vor welchen ſich Grebe
ven und Ravelins befinden. Der trockene Theil der Feftungsgräben, ducch
die Saar nicht ummittelbar fließt, kann, ſowie ein großer Theil des vor
Terrains auf der ſuͤdoͤſtl. Seite, unter Waffer gefegt werben unb.ift zu Wa
noͤuvres eingerichtet. Die Gräben umgibt ein geräumigen doppelter bebedtı
Auf den meiften Fronten befinden ſich vorgeſchobene bombenfefte Redui
ſchanzen), die jede Annäherung an den bedediten Weg erfchweren. Auf
lichen Sronten liegt noch uͤberdies ein abgefondertes Werk, ebenfalls mit!
feften Reduits verſehen, welches zugleich die Caferne für bie Befagung ab
das vor = und beſonders rechte feitwärtE gelegene Terrain der Hauptwerke
der Nähe beftreichen fol. Der ganze Play ift durch die preuß. Reglerum
guten Vertheibigungsftand gefegt und ducch die erwähnten bombenfeften
u. f. w. beträchtlich, verftärkt worden. Den Hauptwall zieren Allen,
Glacis, welches rund herum mit Strauchwert bepflanzt iſt, gleicht einen ı
Dark, der von ben Feflungsmerken felbft fehr wenig von Außen fehen
‚ Sta ryswicker Frieden, 1697, behielt Frankreich Saarlouis, dad vorher zu
gen gehört hatte. Im fpanifchen Exbfolgekriege belagerten bie Verbuͤndet
louis 1705, allein dee Marſchall Villars dedite biefen Platz und Thionvill
Stellung bei Sierques. 1814 ward Saarlouis von den Verbündeten ei
fen. Im parifer Vertrag vom 20. Nov. 1815 trat Frankreich Saarl
Saarbruͤck, nebft beiden Ufern der Saar bis oberhalb der leßtgemannten €
die verbündeten Mächte ab, nachdem biefe bereits in bem Protocolie, Pa
Nov., jene Bezirke Preußen zugetheilt hatten, worauf oͤſtreich. und prei
miſſaire durch den Vertrag zu Worms (1. Zul. 1816) die Grenzen des pi
biet3 an der Saar näher beftimmten.
Sanvedra Farardo, f. Sarardo.
Sabäer hießen bei den Alten die Bewohner des heutigen SJema
bien. Ihre Hauptftabt hieß Saba.
Sabäismus (a. d. Hebr. Zaba, Heer, wovon, weil Gottes:
Geſtirne oder Mächte des Himmels genannt werben, Gott Zebaoth,
Himmelsheere heißt), diejenige Religion, welche bie Himmelskoͤrper, in
Sonne und Mond, ald Götter verehrt. Die Wahrnehmung bes maͤcht
fluſſes der Geſtirne auf die jährlichen Veränderungen in ber Natur unt
damit zufammenhängende Wohlfein der Menfchen erzeugte die Worftelli
Goͤttlichkeit, und bie Beziehung zu den Geſtirnen, in der gewiffe X
Dflanzen, wie die in ihnen wirkenden Naturkräfte überhaupt, entweder
flimmte Abhängigkeit ftehen, ober durch finnbilbliche Deutumg gebrad
Binnen, führte auch biefe in den Kreis der Erfcheinungen ein, in denen
bälsmus goͤttliches Leben und Gegenftände der Verehrung erkennt. Di
Anſchauung des Geſchlechtsverhaͤltniſſes bee lebendigen Geſchoͤpfe hervars
und in den indiſchen Mythen vormwaltende Grundidee bes Zeugens, Em
unmb Gebaͤrens, welche in der finnlichen Vorſtellungsweiſe der Urwelt die €
Begriffs von Urfach und Wirkung vertrat, ward auf hiftorifchenn Wegı
rellgloͤſen Anficht des Sabaͤismus verfehmolzen, wodurch diefer die Rich
Ausbildung erhielt, In der er in den Göttergefchichten der vorderaſiatiſch
erfheint. Denm Ägypten, Arabien, und befonders bie Länder, melde d
Euphrat und Tigris, weftlich das Mittelmeer und nördlich das fehmwarze
grenzt, waren, nad) den uns bekannten mpthologifchen Überlieferungen,
biet, auf dem der Sabaͤismus in der vorchriftlichen Zeit herrfchte, und |
zur Verehrung des einigen Gottes angeleiteten Hebraͤer zeigten oft ſtake
zu bem üppigen Natucdienfte, in den ber Sabdismus außartete. Herobetl
uns benfelben als ein Spiel mit den ſchaffenden und erhaltenden Kräften
Sabbath Sabellius 636
za Natur, das bie Einbildungskraft anziehen und alle Sinne und finntidye
we lebhaft befchäftigen mußte. Wer die Religionsgefchichte ber Chaldaͤer, Aſſy⸗
‚ Speer umb ber Völker Kleinafiene aus Wagner's „Ideen zu e. allgem. My⸗
kngie der alten Welt”, aus Börres’s „Mythengefchichte”, aus Creuzer's, Sym⸗
P* und aus Baur’s „ Symbolik” Eennt, wird e8 nicht zu hart finden, bag die
wheten des alten Teſtaments die Sottesdienfte diefer Heiden eine Hurerel nen:
„ weiche die wuͤſte, ſich felbft zerftöremde finnliche Begierde mit der Natur
. (Bol. Mythologie, Natur, Polytheismus,.) .
Sabbath, 1) beiden Hebräern und bei den jegigen Juden der Sonnabend,
"Re ihn, nad) der Dlofaifchen Gefeßgebung,, der Ruhe von Arbeiten ımb bet
—— widmen, wie bie Chriſten den Sonntag, mit dem Unterſchlede
« daß der Sabbath bei ihnen fchon am Freitage, kurz vor Sonnenuntergange,
Igt und mit großer Strenge gefeiert wird. Ihnen folgt in der Feier des Sonn»
DS eine Secte der Wiedertäufer, Sabbathianer genannt. Auch mochten
bie Juden am Sabbath nicht weit von ihrem Aufenthalt entfernen (ungefähr
halbe Stunde), daher ein Sabbatherweg. — 2) Verfteht ein aus bem
tchum zu uns gekommener Volksglaube unter Sabbath eine mitternädhtliche
wfamımlung von Zauberern und Heren, unter dem Vorfige Ihres Herrn und
ers, des Teufeld. Tag und Drt der Zuſammenkunft find in den verfchles
a Ländern verfchieden. In Deutfchland z. B., wenigſtens in bem nördlichen,
B die Nacht vom 30. April auf den 1. Mat, und der Broden oder Blocks⸗
„ die hoͤchſte Spige bes Harzgebirged.” Mit dem Schlage ber fogen. Geifters
ve weckt Satan feine Sünger durch ein nur ihnen hörbares und verftändliches
ea aus dem erftien Schafe. Ziegenböde, Efel, Befenftiele, Ofengabeln
w. führen fie, mit Hülfe einiger Zauberworte, windſchnell durch die Lüfte,
KH die dickſten Mauern, die ftärkften Keffeln ihnen Bein Hinberniß find. Wenn
ellſchaft verfammelt ift, erfcheint der Teufel, gewöhnlich unter ber Geftalt
großen Bode mit mächtigen Hoͤrnern und mit einem ſchwarzen menfchlichen
unter dem langen Schwanze, welches vorzugsweife beftimmt iſt, die Ehren»
gen der Verfammlung zu empfangen. Ex fcheint alfo ein Abkoͤmmling des
Gottes Janus, mit dem Doppelgefichte, zu fein, obgleich fein zweites
nicht gerade diefelbe Stelle einnimmt, wie bei diefem. — Nach ben Be:
gsgruͤßen befteigt Satanas f. Thron, muftert das verfammelte Heer,
bie Neuangeworbenen vorftellen, bezeichnet fie an irgend einer geheimen
ihres Körper mit dem Zeichen ber Aufnahme In den ſchoͤnen Bund und
ihnen ihren künftigen Wirkungskreis an. Unter den ältern Ordensgliedern
es Beförderungen und, den Umftänden nach, auch wol Entwürbungen, Bes
ungen und Strafen. Diefer Feierlichkeit folgt das Mahl, wo Brot von
weger Hirſe, und als vorzügliche Leckerei, Kroͤtenfleiſch und Fleiſch von hinge⸗
Übelchätern und gemordeten ungetauften Kindern aufgetragen wird, und
Beendigung Satan die Hulbigungen feiner Säfte empfängt. Sie kuͤſ⸗
das eine und das andere Geficht, überreichen ihm mannigfaltige Opferga⸗
unter taufend wiberlichen und unziemlichen Stellungen und Verſchraͤnkungen,
= ekelhafte Libationen dar, machen das Zeichen des Kreuzes, aber in ums
Richtung und mit der linken Dand u.f.w. Den Beſchluß des ſcheuß⸗
Gelags machen endlich Gefang und Tanz; ſchmuzige Lieder und Lieblofuns
a fppige Sprünge und ſchandbare Genuͤſſe aller Art durchkreuzen fich in wilber
| 9, bi6 das Krähen des Hahn, der den anbrechenden Morgen verkündet,
Verfammlung auseinanderfprengt.
Sabellius, ein chriftlicher Lehrer zu Ptolemais, ein Afrikaner, lebte um
ud iſt als Stifter einer Partei in ber chriftlichen Kirche merkwuͤrdig, welche
Wakehee von der Dreieinigkeit dadurch von dem nachher geſetzlich gewarhenen
886. Sabier
Klrchenglauben abmwich, daß fie ben Sohn und ben heil. Geift nur als ver
Dffenbarungen ober Kraftäußerungen bes einigen Gottes, aber nicht als |
Derfonen In ber Gottheit gelten laffen wollte. Die Dreifaltigkeit erfchien
ver Vorftellungsweife nur als eine dreifache Wirkungsart, als ein breifa:
haͤltniß Gottes zur Well. Was ber Evangelift Zohannes das Wert (Lo
die toriftliche Kirche ben Sohn Gottes nennt, verglid S. mit einem Str
bie Sonne ausfendet, um zu erleuchten und zu wärmen, und meinte ix
biefer Logos ober Strahl ber göttlichen Urkraft nur in und durch ben Men
ſus thätig gewefen fei, um das Werk der Erlöfung zu volbringen; aber !
ges ein.von bem Leben bes einigen Gotses gefonbertes und verſchieden
Die Sabellianer wurben im 4. Jahrh. von der orthoboren J
terdruͤckt, die Anficht des Sabellianismus aber hat immerwährend Freur
den, und noch jetzt leuchtet fie aus ben Deutungen hervor, welche neuere &
bei dem DBeftreben, die Eicchliche Lehre von ber Dreieinigkeit aufrecht
ten und fie Doch auch der Vernunft faßlid und annehmlich zu machen,
en.
Sabier, Zabier, auch Johannischriſten, die Anhänger einer
Sekte, melde ſich aus benjenigen Schülern des Täufer Johannes, bie
Chriſtenthume uͤbertreten wollten, gebildet hat. Sie ging kurz vor der E
der: chriftl. Gemeinde aus dem Judenthume hervor, von dem fie fich trer
wendete ſich von den Ufern des Jordans, der jhr heilig war, nach Kh
Perfien, wo fie von chriftiichen Reifenden im 17. umd 18. Jahrh. unweit
(dem alten Sufa) gefunden worden ift. Das ehedem aufder Geſchich
und Verfaffung der Sabier ruhende Dunkel wurde gegen das Ende des 1.
durch die Unterfuchungen unferer Orientaliften über einige Bruchſtuͤcke bei
Religionsſchriften noch wenig aufgeklärt. Nur fo viel wird jegt angenon
fie den Täufer Johannes als Ihren Stifter und vorzuglichften Propheten
an einen einigen Bott und an die Sendung eines Gottmenſchen glaube
Manda bi Chaie, d. h. Wort (Logos) des Lebens, und nach ihm fich fel
dder nennen. Diefer Gottmenſch foll von Johannes getauft worden ı
Zeit auf Erden fihtbar, aber mit dem Stifter bes Chriſtenthums feines
let Perſon gewefen fein. Sefum erklärten die Sabier für einen bloßen
und falfchen Meſſias, obgleich das, was fie von ben Thaten und Schi
Gottmenſchen angeben, den evangelifchen Nachrichten von Chrifto fel
fieht und davon entlehnt zu fein fcheint. In ihren Anfichten von dem
‚ niffe Gottes zur Welt und der Geifterlehre find die Spuren von Einm
aus Zoroafters Kehren, und llbereinftimmungen mit der gnoftifchen A
nicht zu verkennen, wodurch es wahrfcheinlich wird, daß ſich ihre Lehrb
während ihres Aufenthaltes in Perfien entwidelt hat. Ihr Glaube an
und Unfterblichkeit ſchließt fich näher an den chriftlichen an, und das Wer
man von ihren religioͤſen Gebräuchen und Ihrer kirchlichen Verfaffung ı
vermuthen, daß fie von den Neftorianifchen Chriften, mit denen fie unte:
triarchen berfelben zu Babylon bis 1480 in kirchlicher Vereinigung lebter
ihnen noch jeßt beftehende Ordnung des Priefterftandes unter Bifchäfen, t
tagsfeier und die Verehrung bed Kreuzes angenommen haben. Ihr vo
Gebrauch iſt die Kaufe oder heilige Abwaſchung im Namen des Worts de
die fie nach Altern Nachrichten täglich wiederholen. Aus ihren Glauben
fieht man zwar, daß fie nicht ganz ohne Kiteratur find, doch gibt der finfl
glaube, ber ihren Prieftern als Mittel ber Herrfchaft dient, den niedrige
ihrer Bildung zu erkennen. Die Verfuche, fie dem Papfte zu unterwerfn
ohne bleibenden Erfolg. Sie wollen Eeine Chriften fein, aber noch mel
fheuen fie bie Türken und ben Selamismus überhaupt, daher fie bie Bias
Sabiner Sacchini 587
tuͤrkiſchen Weiber zu ihren Beinkleidern zu wählen pflegen, weber an ihs
then ımb Haͤuſern noch an ihren Kleidungen dulden, und die blauen
ander und Altarbedien ter Katholiken viel unerträglicher fanden als ihre
Bon den Mohammebanern, unter benen fie leben, ohne fi) mit ihnen
vn, u unterfcheiden fie fich durch milbere, der chriftlichen Lebenswelſe ver⸗
biner, eine alte Voͤlkerſchaft Italiens, wahrſcheinlich Abtömnhage
ker und Verwandte der Aborigener. Dieſes zahlreiche Volk, das viele
angelegt hatte, lebte in den Apenninen, vornehmlich als Hirten von der
Horaz rühme ihre Redlichkeit, Mäfigkeit und Einfachheit der Sit
e Land wurde gegen Abend burch die Fiber von Etrurien, gegen Mittag
Anio⸗Fluß (Teverone) von Latium, gegen Mitternacht durch den Nars
Umbrien gefchieden; gegen Morgen wohnten die fabinifchen Eolonien ber
mb Marruciner, welche e8 vom Meere trennten; e9 begriff daher größtens
‚ggegenden bes Apenninus. Der Boden war fruchtbar und reich an treff⸗
iden. Er trug DI, Obſt und Wein. Aud) gab er gute Eichelmaft.
binerinnenraub, f. Romulus.
cdhini (Antonio Maria Safparo). Diefer Componift, geb. zu Neapel
atte mehre Fahre unter dem berühmten Durante zugleich mit Piccini,
nd Guglielmi ftubirt. Die Gewandtheit, welche er ſich auf ber Violine
var in der Folge in f. Compofitionen mahrzunchmen. Bald nahdem er
Ihe Mufitfchufe verlaffen hatte, machte er ſich durch f. Werke befahnt.
yafften ihm 1762 eine Anftelung bei dem Theuter zu Rom, wo er 7 ober
lieb ; er befuchte von hier aus einige andre Städte Staliend. Die Kens
ten, dag wenn Piccint ihn im Komifchen, er dieſen im Tragiſchen über:
769 warb er als Galuppi's Nachfolger nach Venedig berufen. Abge⸗
den Kicchencompofitionen, welche er hier herausgab, bildete er auch treffe
gerinnen: die Babrieli, Conti, Pasquali u. A. London wuͤnſchte ihn
escomponiften zu befisen. Er ging daher über Stuttgart und München,
t großem Beifall gehört wurde, und 1771 über Holland nad) London.
yonirte er für das ital. Theater treffliche Inrifche Tragoͤdien, als: „Montes
Derfeus”, den „Cid“ u. A., deren uns befannt gewordene Bruchſtuͤcke von
en Schoͤnheit ſind. Seine Lidenſchaft fuͤr die Frauen ſtuͤrzte ihn in große
witen. Gegen 1782 lieg ihm die Verwaltung der Oper zu Paris den
chen, für das Theater zu arbeiten. Man vereinigte fich Über bie Bedin⸗
und 1783 erfhien „Renaud“, worauf „Chimene“ und „Dardanus”
Da S. zu einer Zeit auftrat, wo durch Gluck und Piccini die Franzofen
: fremde Mufit waren gewöhnt morben, fo erregte er anfangs feine befon-
nahme, bis f. „Ocdipe à Colone” erſchien, der in jeder Dinficht großen
ntete und noch bis jest eher darin geftiegen als gefunten if. Bevor er
uf die Bühne bringen Eonnte, hatte er mit fo unglaublichen Schwierig»
tämpfen, daß er befchloß nach England zuruͤckzukehren, wohin f. Gönner
nde, nad) übernommener Tilgung f. Schulden, ihn einluden. Aber er
Paris 1786 an den Folgen eines jurüdigetretenen Gichtanfalls.. Die Oper
„welche er unvollendet hinterließ, beenbigte Mey zur Zufriedenheit der
unde. — Man zählt gegen 50 Opern von ihm. Seine Büfte aus Mars
: in der Gapelle des Pantheons in Rom neben Rafael's Denkmal. Die
enſchaften diefes großen Componiften find Keichtigkeit, Anmuth und ein-
beit. Seine Sefänge find fo natuͤrlich und fo gluͤcklich, daß fie fic in der
» Sängers von felbft zu bilden und daraus hervorzugehen [cheinen.
bie ſchwere Kunſt, Geſang und Declamation, dieſe beiden fo wichtigen und
sgengefestn Eigenfchaften, mit einander zu vereinigen. Seine Harmonie
588 Saqghalien Sachs
iſt rein und voll; auch glänzt er in dem religloͤs⸗ idealen Styl; ſ. Pr
der „Olympiade find die ſchoͤnſten Muſter in ihrer Art. Gen „Dbt
jegt zumeilen auf der Bönigl, Bühne zu Berlin gegeben; auch gibt es e
auszug davon. Einförmigkeit iſt wol der einzige Fehler, den die Ar
werfen kann.
Sachalien, Sadalin, Sagalien, oder Ula= Hata, d. I. grof
Halbinfel im ochozlifchen Meere, der Mündung bes Amur gegenüb
Lande der Mandſchu nördlich durch eine flache Erdzunge verbund:
Straße Jedſo bilden. Das von gutmüthigen Schthyophagen, ben An
Land ift gebirgig, aber nicht unfruchtbar. An der Bai Nadeshda iſt ein
von Tataren. Die ruffifch » ameritanifche Geſellſchaft nahm die Halb!
Beſitz als bequeme Station der zum Hanbel mit Nordamerika beitimm
Sachenrecht (jus rerum) fleht in der wiffenfchaftlichen At
Mechtsobjecte dem Perfonenrechte entgegen und iſt der Inbegriff all
Beſtimmungen, welche ſich nicht auf perfönliche Eigenfchaften und
(status personalis, wie Samilienrechte, Paternität, Standesrechte ı
dern auf Äußere Gegenftänbe beziehen. Dies ift aber wieder von di
Urt, indem entweder eine Sache mit einer Perfon in einer ſolchen reı
knuͤpfung fteht, daß daraus für alle andre die Schuldigkeit entfleht, fi
wirkung auf diefelbe zu enthalten, und für den Deren der Sache dad
Sache von jedem zuruͤckzufodern, in deffen Gewahrfam er fie find
dingliche Rechte), oder indem nur eine beftimmte Perfon zu Gewährun
(einem Geben ober Hervorbringung derfelben) verpflichtet iſt (jus ad ı
sonam , Foderung, Obligation). Das dingliche Rechtsverhaͤltniße
gemeines, einem Berechtigten flehen alle andre als zu einem Unterlafl
tetegegenüber, und er hat, wenn er beeinträchtigt ift, eine Klage ge:
den, welcher ihn in feinem Rechte flört, eine dingliche Klage; das !
verhaͤltniß ift ein fpecielles, wo dem Berechtigten ein beſonders Verpfli
überfteht. Die Klage ift daher auch nur gegen diefen beſonders Verp
Die, welche feine Handlungen zu vertreten haben, möglich (aetio
Die dinglichen Rechte find auf 4 Hauptformen zuruͤckzufuͤhren: 1) Eig
ches durch Vindicationsklagen geltend gemacht wird; 2) Exrbfhaftsr:
Klagen hereditatis petitio genannt werden; 3) Gebrauchsrechte an
Sache, Servituten,, die Klagen find actio confessoria, wenn Jema
Rechte an einer fremden Sache verlangt, und actio negatoria , wer
thümer die Freiheit feiner Sache gegen einen Andern geltendmacht; 4)
aus welchen eine Pfandklage gegen jeden dritten Befiger entfpringt.
Nuancen koͤnnen bier nicht angegeben werden. Im deutſchen Rechte
einige andere ſaͤchliche Rechtöverhältniffe vor, 3. ®. Bannrechte, Retra
Sacherklaͤrung, f. Definition. -
Sachs (Han), der vorzuͤglichſte Meifterfänger Deutſchlands in
wurde 1494 zu Nürnberg geb., lernte in f. Jugend das Schufterban
derte ald Gefelle, verband nachher in f. Vaterſtadt f. Handwerk mit t
Meiftergefanges, In dem er die Höchften Ehren und Würden erlangte
lebhaften Theil an den Ereigniffen f. Zeit, namentlidy an der Lutherif
verbefferung , zu welcher er felbft überging, und ftarb 1576 d. 19. Jo
geehrt. Er gehört nicht nur unter die beften Dichter feines Jahrh
auch für unfere Zeit der Anerfennung würdig. Er befaß ein fehr fruch
eifched Genie und ungeachtet der rauben Sprache zeichnen fidh f. €
Maivetät, Gemuͤthlichkeit, witzige Darſtellung, finnreiche Erfindu
fende, oft beißende Sittenſchilderung aus feinem Zeitalter aus. S
Werke kamen heraus zu Nümberg 1570 fg. in 5 Bon. Fol., nad
Sachſen. J. Altere Geſchichte 689
3 Bbe. Fol., und zu Kempten 1612 — 16 in 5 Bon. 4. Hands
n Hans Sachs's Gedichten befinden fich in der Schulbibliothek zu Zwi⸗
e Bibliothek des Alumneums zu Altdorf u. a. D. 5. I. Bertuch's
3 Hans Sachs's Werten” (Weimar 1778) wurben nicht mit der Liebe
en, daß eine vollftändige Ausg. folgen konnte. Um fo erfienlicher iſt e6
‚nde alter vaterländifcher Dichtkunſt, bag Buͤſching unternommen hat,
Auswahl zu erneuem (Rümberg 1828, in 6 Bon., m. Kpfn.). Die
ruckten portifchen Werke dieſes merkwürdigen Schriftfteller® beſtehen in
yen, 116 allegorifchen Erzählungen und 197 Schwaͤnken. Auch hat
nfache, herzerhebende Kirchenlieder gebichtet, u. a. das: „Warum bes
ich, mein Ders u. ſ. w.“ Ferner das berühmte Gebicht auf Luther:
aberger Nachtigal”. Goͤthe hat fich dad Verbienft erworben, inf. Er⸗
6 alten Holsfchnitts den alten Meifterfänger den Zeitgenoffen durch
3 näher zu bringen. |
fen. I. Ältere Geſchichte. Wenngleich der Name der Sachſen
jeichniß ber germanifchen Wölkerfchaften beim Tacitus fehlt, und weder
Mela noch Plinius der Sachſen gedenken, fo bürften fie doch urſpruͤng⸗
orddeutſchen Stämmen gehören, die u. b. N. der Cimbern und Teuto⸗
m Zügen nach bem Süden das römifche Reich mächtig bebrohten und
m Heldenmuth des Marius bezwungen merben konnten. Erſt Ptole⸗
dieſen Volksſtamm bei der cimbrifchen Halbinfel, im heutigen Holftels
deffen Umgebungen, auf. Die verfuchten Herleitungen des fächfifchen
n6 (von Saffen, Eingefeffenen, von Sar, einem kleinen Dolche) ers
8 srammatifchen Beweiſes und der biftorifchen Begründung. Seit aber
im 3. chriſtl. Jahrh. als eine befondere germaniſche Voͤlkerſchaft im
Deutfchlanb erfcheinen, wird ihrer als eines zahlreichen, Eriegerifchen
erifchen Volks gebacht, welches die belgifchen, armorifchen und britans
ten fo oft bedrohte, daß die roͤmiſchen Imperatoren zur Deckung diefer
a eignen Slottenführer (comitem littoris Saxoniei) ernannten. Schon
Ende d. 3. Jahrh. beunruhigten die Sachſen auch die römifchen Brenz
ı den Rheins und Scheldegegenden, und mahrfcheinlich befegten fie feit
ver Völkerwanderung bie zwiſchen dem Mheine, der Wefer und der Eibe
tziehenden Stämmen erledigten Wohnpläge. Zwei bedeutende Horben
ngen um 449, unter Hengift und Horfa, nach Britannien (f. Groß»
en) und flifteten bafelbft 7 angelfächfifche Königreiche. Die Herzfchaft
ı beftand in Britannien bis 1066. Die in Deutfchland zuruͤckgebliebe⸗
a erſchienen in ihren weit ausgebreiteten Befigungen u. d. N. der Oftfas
'alen und Engern. Sie grenztenimM. an die Frleſen und an die Daͤ⸗
. an bie ben Deutfchen feit der Völkerwanderung bis an die Elbe nach⸗
wifchen Voͤlkerſchaften. In Verbindung mit den Franken, melde uns
ig im J. 486 in Gallien den legten Überreſt der roͤmiſchen Macht vers
m, zerflörten fie 528 das damals im mitten Deutſchland bebeutende
Thüringen, von welchem bie nördlichen, am Darze gelegenen Theile des
ndes an bie Sacıfen kamen. Doch zerfielen die Sachfen unb bie Frans
ter fich über diefe neue Erwerbung,, und als Kari db. Er. die Macht des
Reichs im Innern und nach Außen befeftigt hatte, begann er ben 30jäh-
f mit den Sachſen, die er zur Anerkennung f. Hoheit und zur Annahme
ithums bringen wollte. Der Eräftige Widerftand der Sachſen, befon>
ihrem Deldenanführer Wittekind, zeigte , wie theuer dieſes freie Volk
Selbſtaͤndigkeit und Unabhängigkeit verlaufen würde. Dem felbft
ittekind, nach f. Zaufe zu Attignp, nicht mehr an der Spige ber ſaͤchſi⸗
eſchaften fland, ward ber blutige Kampf derfelben gegen Karl fartarfekt,
540 Saachſen. I. Ältere Geſchichte
bis endlich 803 der Vertrag zu Selz die Sachſen bahin brachte, daß fie
ſtenthum annahmen, der Geiftlichkeit den Zehnten entrichteten und mit de
zu Einem Volle vereinigt wurden. Doch ſollten fie alle ihre biäherigen 3
Geſetze behalten ımb zu Eeinen befondern Abgaben an ben neuen Ober
pflichtet fein. — Wenngleich Karl für die Entroilderumg und Bildung di
durch viele Im Umfange ihres Gebletes angelegte Bisthuͤmer und Schule
nabruͤck, Minden, Bremen, Verben, Paderborn, Muͤnſter, Hildes!
w.) ſorgte, fo verfielen doch überhaupt feine für Wiſſenſchaften und für
begründeten Anftalten unter ben innern und Außen Unruhen während
rung ber unmittelbaren Nachfolger aus f. Haufe. Als aber unter dem
feiner Enkel, unter Ludwig bem Deutfchen, im verduner Vertrage (843
land ein eigne® Reich und von Frankreich auf immer getrennt warb, da
Sachſen einen der mädhtigften Stämme in der Reihe ber 6 zu Deutfchlar
den Bölkerfchaften: der Oftfranken, der Sachſen, der Sriefen, ber Thuͤ
Schwaben und Baiern. Schon unter Ludwigs Regierung wird (81
welcher große Exrbgüter in Oftfalen befaß, als Herzog von Sachſen genaı
ältefter Sohn Bruno folgte dem Vater in diefer Würde (859), erba
Braunfchweig und fiel (880) im Kampfe gegen die Normänner, wien
zogl. Würde auf deffen jüngern Bruder, Dtto den Erlauchten, übergin
der entweder nur beträchtliche Samilienländer in Thüringen, oder das H
Thuͤringen felbft, ſowie Sachſen als deutſches Reichslehn befaß, lehnte,
Erloͤſchen des Carolingiſchen Geſchlechts in Deutſchland mit Ludwig
(911), die ihm angebotene deutſche Krone ab und leitete die Wahl ber S
den oftfränkifchen Grafen Konrad. Allein diefer Konrad ſchlug felbft
den Sohn Dttos des Erlauchten, den Eräftigen Herzog Heinrich von S
, Nachfolger vor, und fo trugen Heintich und nad) ihm, in unmittelb
‚Sohn, Enkel und Urenkel, Otto L, IL, III., die deutfche Krone. V
4 Sürften aus dem fächfifchen Haufe war entfchieden Heinrich I. (f.t
tigfte und ausgezeichnetfte. Er hatte das Herzogthum Sachſen beibehal
f. Sohn Otto J. (reg. von 936 — 973) ertheilte es einem feiner Verwaı
tapfern eingeborenen Sachſen, Hermann Billung. — Diefes Billung
der Herzoge von Sachſen erloſch 1106 mit dem Herzoge Magnus, wo
Heinrich V. den Grafen Lothar von Supplinburg und Querfurt mit €
lehnte. Nachdem aber diefer ( 1125) den deutfchen Thron befllegen bi
trug er Sachſen feinem Schwiegerfohne, dem Herzoge Heintih dem €
Baiern, der im Mannsſtamm von dem Buelfifhen Haufe abflammıt
Mutter aber ber Enkel des legten fächfifchen Herzogs Mognus war. —
zwei Guelfen, Heinrich der Stolze, und f. Eräftiger Sohn, Heinrich
beherrfchten, unter abwechſelnden Schidfalen, zugleich bie beiden maͤcht
zogthümer Deutſchlands in der damaligen Zeit; denn die Ländergier der
Löwen, beſonders unter den geiftlichen norddeutſchen Kürften, und !
Schwächung ber größten Reichsvaſallen berechnete Politik Kaifer Friedt
fen zufammen in dem beabfichtigten Sturze jenes Fürften. Die über ihn
gefprochene Reichsacht war der Wendepunft feiner politifchen Macht. Ka
feinem Haufe das braunfchweigifche Erbland gerettet werden; das H
Baiern kam an das Wittelsbachiſche Haus; das Herzogthum Sachſen abe
hard von Askanien, ben Enkel des Herzogs Magnus von f. zweiten T
mit dem Askanier Albrecht dem Bär vermählt gewefen war. Es began
1180 der Askanifche Mannsſtamm der Herzoge von Sachſen. Allein
befaß zu wenig Macht durch feine Samilienbefigungen, um bie vom Kaiſe
tigte Zerfplitterung des großen Derzogthums Sachfen hindern zu Binnen.
herige Hauptſtadt deffelben, Luͤbeck, ward eine freie Stadt; ber Erzb
Sachen. I. Ältere Gefchichte 54
ı fegte ſich in den Beſiz des Herzogthums Weftfaten; mehre geiftliche und weltl.
Bew, weiche bis jegt unter der Hoheit bes Herzogs von Sachſen geftanden hatten,
geen zur Meichsunmittelbarkeit, wohin befonder# die Fuͤrſten von Medienburg
Hommern gehörten. Wenn alfo auch der Name eines Herzogs von Sachſen
bes damit verbundene Reichserzmarſchallam auf Bernhard von Askanien übers
‚, fo ward doch feit diefer Zeit jener Name auf andre Gegenden Deutſchlands
etragen als die, welche bis 1180 Sacyfen geheißen hatten. — Das neue,
BB, Herzogthum Sachſen erhielt feit diefer Zeit f. Mittelpunkt an ber Mit⸗
B in Wittenberg, in Gegenden, welche Bernhards Vater, Albrecht der Bär,
Mrjährigen Kämpfen ben ſlawiſchen Voͤlkerſchaften entriffen und durch mehre
u Niederlanden dahin verfeste Coloniften neu bevölkert hatte. Gegen diefe bes
u Slawen hatte Albrecht die Burgmarten Wittenberg, Zahna, Elſtermuͤnde
Iesige Dorf Eifter), Wiefenburg (ein Rittergut ber Wagdorfifchen Kamille),
m (ein Dorf, anderthalb Stunden von Wittenberg) und Coffewis (das jetzige
Rs bernburgifche Städtchen Koswig an der Elbe) angelegt. Won den aus den
rianden angekommenen neuen Goloniften (vgl. Helmoldi Chron. Siavorum,
e. 88) wurden in diefen Gegenden mehre Flecken und Staͤdte begründet, deren
m fogar auf ben nieberländifchen Urfprung hinführen, als Kemberg (Cam⸗
1 Bräd (Brügge), Niemegk (Nimmegen), Graͤfenhaynichen (Grafenhaag)
— In diefen von Albrecht eroberten und mit ſ. anhaltifhen Samilienbefiguns
wrbundenen Ländern war Bernhard feinem Water 1170 gefolgt, und von bier
te er, nach f. Gelangung zur herzogt. fächfifchen Würde, die Rechte derſel⸗
d, indem er menigftens über die mindermädhtigen fächfifchen Vaſallen, 3.
Grafen von Schwerin, von Danneberg u. a., bie bißherige ſaͤchſiſche Ober⸗
behauptete umd durch Erobsrungen an der Nieberelbe im Lande ber Polaben
em erweiterte, wo er zue Sicherung dieſer Eroberung gegen bie befiegten
die Lauenburg (Polabenburg) anlegte. Nach f. Tode folgte ihm (1211)
Herzogthum Sachſen f. Sohn Albrecht I. und in den anhaltifcyen Familien⸗
f. Sohn Heinrich, der Stammmvater des noch jet in den drei Linien
anbaltifchen Haufes. Da Albrecht mehre Urkunden in Wittenberg außs
fo ſcheint wenigftens feit f. Zeit biefe Stadt die Reſidenz der Askaniſchen
t von Sachſen geweſen zu fein. So Elein auch f. Land war , fo war es doch
(1260) zwifchen f. Söhnen getheilt, von welchen der ältere, Johann, bie
ſchen, und der jüngere, Albrecht IE. , die wittenbergiſchen Gegenden ers
— Geit diefer Zeit find beide Länder nicht wieder vereinigt worden. Die fach»
gifche Linie erlofch 1689, worauf die Befigungen berfelben, nad) eis
jährigen Streite mit den beiden fächfifchen Häufern der Albertinifchen und
[den Linie, an Braunfchweigs Celle kamen; die fachfen : wittenbergifche
gegen erlofch bereitö 1422 mit dem Herzoge Albrecht III. In diefen Laͤn⸗
der herzogl. Würde folgte demſelben, nad) ber Belehnung bes Kaiſers
d, dee Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen, Friedrich
Bereitbare, wodurch alfo das in Meißen feit 1127 erblich regierende Wettinfche
t zus ſaͤchfiſchen Kurwuͤrde und zum Reichserzmarſchallamt gelangte, obs
ſachſen⸗ laumburgifche Haus einen lange fortgeführten Widerſpruch def:
„ mb felbft der neue Kurfürft von Brandenburg, Friedrich von Hohen
‚ das Land für f. Sohn Johann, der mit der Tochter bes vorlegten Askani⸗
Rucfhrfien Rudolf III. vermählt war, in Anfpruch und wirklihen Beſitz
Doc gab Friedrich von Brandenburg an Friedrich den Streitbaren das
heraus, nachdem er von dem legtern 10,000 Schock boͤhmiſcher Grofchen
I. 28,000 GSulben) erhalten, und der Kaifer erflärt hatte, er werde den
von Meißen gegen jeden Anſpruch, und namentlich gegen ben Kurfürs
Brandenburg vertheidigen. — Diefe Übertragung der [ahfifhen Kurwiute
Bulnber ( des Herzoothums iu
ah nes acytifchen Pfalz Altftabt in 2
Wa Meiden führt von felbft auf die frühere Geſchichte des mei
Stammiandes ber noch jet regierenden beiden [
Craoßiaifäien und Abertinifchen. / se
>: Sa biefem Bande, wo im 10. Sahıh. bie Mark Meißen vom beutfchen;
. Yalmeich 1. errichtet ward, erfcheint, nach den Zeugniffen römifäper
un Uufouge der chriſtl. Zeitrechnung ber germanifche Volksſtamm
15 088 eine Nomabenhorbe. Er durchzog bis gegen das Ende b.
und Gegenden zwifchen der Eibe, Mulde, Pieife, der meißen
Vor Minnie. Seit diefer Zeit, dem Zeitalter der Wöl
der Rame ber Hermumburer aus ber Gefchichtes
‚ fo:tvie die Heemmmburer , ale ein deutſe
3 fo wird durch dies alleß bie (vom Abelung in f. „Direstorkun
on Heincich * Bearbeitungf. fächfifchen Grraiäre
daß Hermundurer
nur ein und daſſelbe Wolf ſind, und daß,
N. e bekannt war, ber
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thfringifden Königreidt
Aber mehre Zeile des mittletm.
ausbreitete, weil
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Sadıfen. I. Ritere Geſchichte 548
bis an bie bamalige böhmifche Grenze in ber Gegend von Pirna reichte; ber
Glomaci (oder Daleminze), von ber Voͤlkerſchaft ber Dalemintier bewohnt,
wm Hauptorte Glomaci (Lommatſch) und ber in der Nähe liegenden Befe
15 ber Gau Plisni mit dem Hauptorte Plisni (dem heutigen Altenburg) ; der
Neletici mit Halle und dem Biebichenftein; ber Sau Scubici, mit Steudig
sipsig; der Sau Milin mit Zwickau; der Sau Chutici, mit Chemnig, Roch⸗
pe u.f.w. Eine Menge von Örtern, aus welchen in der Folge blähenbe
ertouchfen, wurden von den Sorben angelegt, befonder& Lipzk (Reipzig),
X Zeig, Altenburg, Zwickau, Chemnitz, Kolditz, Belgern, Gtrehla u.a.
dieſen Sorben begannen aber die Kämpfe ber Deutſchen unter abwech⸗
B Erfolgen , feitdem das fränkifche Reich, zu deffen oͤſtlichem Theile (Aus.
m) Thüringen gehörte, durch die Majores Domus aus dem Carolingifchen
b wieder mehr gehoben ward, und Karld. Gr. machte bereits in f. Zeit bie
m bi an die Elbe, und die Mitgener und Obotriten zinsbar. Doch dauerte
Wen unter f. Nachfolgern eingetretenen innern und aͤußern Kämpfen, bis zu
WM des deutſchen Königs Heinrich I., bevor die Elbe als Grenze des felt dem
Vertrage (843) felbftändigen deutfchen Reichs behauptet, und das Bank
8 der Saale und Elbe den Slawen völlig entriffen werden konnte. Denn wenn»
vor Heintid) I. das Land zwifchen der Saale und Mulde als eine deut⸗
u. d. N. des Ofterlandes (limes Sorabieus, Marchia orientalis, ſub-
giſche Mark) erfcheint, und, wahrſcheinlich von dieſer verſchieden, auch bereits
eine zweite norbthäringifche Mark beftand, welche ihren Sig zu Belgen
s zus Eilenburg hatte, fo gelang doch die völlige Bezroingung ber Gorben
m Gegenden erſt dem deutfchen Könige Heinrich I., nachdem er bie Feſte
Hört und (928) die Markt Meißen begründet hatte, wo durch den an⸗
Wartgrafen die in die Oberlaufig zurädgebrängten Slawen und bie bort
r Dilyener im Zaume gehalten umd zur Entrichtung bes Tribute an ben
tſchlands gendthigt wurben. Gleichzeitig hatte Heinrich auch das Land
an ber Havel zu Deutfchland gebracht, nachbem er ihre Feſte Brenni⸗
abenburg) 931 erobert und die Markgraffhaft Norbfachfen auf bem ihnen
a oben gefliftet hatte. Don f. Sohne Otto I. wurben in dieſem Lande
situng und Schaltung bes Chriſtenthums bie drei Biſthuͤmer Meifen
purg und Zeitz (968) geftiftet, der Sitz des legtern aber (1029) nach
g verlegt. Weil jedoch in diefem Zeitalter, und nach dem urfpränglichen
bes Lehnſyſtems, die Würde der beutſchen Herzoge, Lands, Pfalz,
amd Burggrafen als Reichslehen nur anfehnliche Staatsämter ohne erb⸗
derſelben in gewiſſen Familien waren, fo wechſelte auch, entweder bei
ihrer Inhaber ober wegen Lehnsuntreue (Felonie) der Befig dieſer Wuͤr⸗
** ſowie die mit ihnen als Beſoldung der großen Reichsvaſallen
rundſtuͤcke, in den Zeiten der letzten ſaliſchen Kaiſer und nach
ze des ſaliſchen Hauſes, unter dem Kaiſer Lothar II. bei denjenigen Fa⸗
Ih wurben, welche fie eben damals beſaßen. Mach einem 200jährigen
' Eder —— Wuͤrde in Meißen gelangte daher auch das Haus Wettin
Marfkgrafen Konrad, einem nahen Verwandten ber Gemahlin bed Kai⸗
æ U., zum erblichen Befige der Markgrafichaft Meißen 1127. — Ob
Dieb Dat, beffen beglaubigte Abſtammumg nicht weiter als bis auf Theo⸗
uk (der in Ottos I. Zeiten lebte) zuruͤckgefuͤhrt werden kann, ſlawiſcher
ifcher Abkunft war, ift freilich nicht bis zur Gewißheit auszumitteln.
t ihn ein Chroniſt: Vir egregiae libertatis,, welches im Mittelalter be
— deutſchen Freigutes bezeichnete, der keinem Höhern durch
ceniſſe verpflichtet war. Daß — Familie erblich eine anſehnliche Befigung
”R vn Dale gehörte, wo fie die Burg Wettin erbaute und ſich voch ers
. Dre
si. Sodfen. —
——— EEE oh Bit ie wen Adelung Im
— — Ref
1815) engenommen⸗ des tribus Buziei nieder,
—— len
von Derfe!
8 A m Mönche db von dem Hate
auf dem Peteräberge ———— ward), nie bis zut
— don
won Meißen, erbte nach dem Tode [. Vetterd, des Grafen
Marchi
f. 5. Söhnen getheilt wereden, fe fm Da ie me
Fi ee —— die meifinee
auf: ‚a mit Wettin, welche ber — ——— (1290), au
öffnetes Reichsicehen, dem | von Sag ſen ſchentte ne
mit dem fen zutucktam, MWettin aber
Bruhn In Chen nme weh une a erft nad, ln Dinge VE Tode
‚Meifen als ein erlediztes — ae wollte, zum ruhigen ®
Markgroffcaft gelangte, Bundy bie Bermählung diese Disteich m
— —S ee inrid
mi haft Thͤri bei weitem Nicht
I
EL — in Gen
| —
‚Dee Sohn beffelben, Ludwig, erhielt 1130 bie vom Kaifer Hei
eingen begekmbete Tanhgeäfihe Wölrhe, die urfprina er
Sachſen. I. Ältere Gefchichte 545
zlichen Rechten bezeichnete. Diefe Würbe blieb bei feiner Familie, bis
2+7 mit dem Ranbgrafen Heinrich Rafpe erloſch, und Kaifer Friedrich II.
gte Land und bie erledigte Würde auf den Markgrafen Heinrich den Er:
von Meißen übertrug, der von demfelben Kaifer bereits 1242 das pleiß-
unterpfänblich erhalten hatte. Obgleich nun Heinrich der Erlauchte über
‚von Thüringen mit feiner nahen Anverwandtin, der Herzogin Sophia
ant, einer Tochter des fruͤhern Landgrafen, Ludwigso bes Heiligen, von
ı, in einen vieljährigen Krieg verwidelt ward, fo behauptete er boch im
n 1263 die Landgraffchaft Thuͤringen, wogegen bie heſſiſchen Sreigüter
ibantiſche Haus fielen, und ber Sohn der Sophia, Heinrich, ber Stamm
gefammten beffifhen Haufes ward. — Verſtaͤrkt durch ben Erwerb von
1, war im 13. Jahrh. das Wettinſche Haus in Meißen eine der mächtig:
hen Megentenfamilien; nur daß die von Heinrich dem Erlauchten bes
Theilung feiner Länder, und die Schben feines älteftm Sohnes, Al:
6 Unartigen, bem er Thüringen überlaffen hatte, mit feinen beiden Soͤh⸗
drich dem Gebiffenen und Diezmann, die Innern Kräfte des Landes er⸗
t, bis endlich nad) 2 ſturmvollen Jahrzehnden unb nach dem Abfterben
a Fürften bes Haufes, Friedrich der Gebiffene zum ruhigen Befige von
ud Thüringen gelangte. Bei feinem Tode (1324) folgte ihm fein Sohn
ver Ernfthafte (1324— 49). In Verbindung mit Heffen und Mainz be⸗
ie rauffüchtigen Herren von Treffurt in Thüringen, deren Befigungen
aebſt der Vogtei Dorla) in eine Ganerbſchaft (gemeinfchaftliche Befigung)
ee (1337) verwandelt ward. Mit Friedrichs des Emfthaften Söhnen bes
eber die für das Land fo nachtheiligen Xhellumgen ; es war aber im Mittel⸗
gehends in den deutfchen Lehen die Anficht vorherrfchend, daß, wenngleich
m Sohne ein größerer und befferer Theil gehöre, bie übrigen Söhne doch
wären, in ziemlich gleiche Theile der Erbſchaft zu gehen. So erhielt
ber Strenge (reg. 1349— 81) in der durchs Loos beftimmten Theilung
land; fein mittleree Bruder, Balthaſar, Thüringen, und der jüngfte,
l., Meißen. Durch Heirath brachte Balthafar Hildburghaufen, und
bie Pflege Koburg an das Haus. Zum Gluͤck für das Land farb Wil⸗
1407) ohne Erben, und bie thüringifche Linie erloſch gleichfalls (1440)
Balthafars Sohne, Friedrich dem Kriedfertigen. Dagegen regierten die
ciedrichs des Strengen, Friedrich ber &treitbare (1381— 1428) und
II. (ft. 1425) im Ofterlande gemeinſchaftlich, bis fie nach dem Erloͤ⸗
neißner Linie (1407) eine neue Theilung ftifteten. Sie gründeten 1409
fität Leipzig, und beide Brüder, ſowie ihr Wetter Friedrich von Xhüs
nterflügten den Kaiſer Sigismund in bem Huffitenkriege. So viele ver:
folgen dieſer Krieg für die meißnifchen Länder hatte, fo warb er doch auch
laffung , daß gismumb die ritterliche Tapferkeit und Priegerifchen Ver⸗
edrichs bed Streitbaren 1424, nach dem Erlöfchen bed Askaniſchen Hau⸗
fächf. Kur, mit diefer Kur und den dazu gehörenden Rändern belohnte.
m von der einen Seite bie Macht des Wettinfchen Haufes durch die Bes
ur ſaͤchſ. Kurwuͤrde mit einem neuen Glanze umgeben und durch ben Er:
Herzogthums Sachfen weſentlich verftärkt warb, fo erhielt zugleich von
2 Seite die faͤchſ. Kur, die unter ben Askaniern fo wenig gegolten hatte,
en Staatenſyſteme ein neues höheres Gewicht, weil mm, durch bie Ver⸗
von Sachſen, Meißen und Thüringen in Einem Regentenhauſe, der po⸗
mfluß beffelben auf die Angelegenheiten Deutfchlands felbft beträchtlich
warb. In ber That tar feit diefer Zeit der Kurfürft von Sachſen, wie
fe Guelfiſchen Herzoge von Sachfen, der mächtigfte und wichtigfte Fuͤrſt
uds naͤchſt dem regierenden luxemburgiſchen Kaiferhaufe; denn felbit das
x. Siebente Aufl. Bd. IX, 85
x
546 Sachſen. I. Ältere Gefhichte
öftreich. ftanb hinter dem Wettinfchen an politiſchem Einfluffe zuruͤck
zur Kaiferwärde, und in fchneller Kolge der Begebenheiten, durch Exl
Befige ber burgunbifchen Staaten (1477), bes Koͤnigreichs Unga
* Länder des böhmifchen Lehnsnexus (1527) gelangte. — In der ſach
den dazu gehörenden untheilbaren Rändern folgte auf Friedrich den Stre
ältefter Sohn Friedrich der Sanftmüthige (1428— 64) ; in den übrig
figungen regierte er aber gemeinfchaftlich mit feinem Bruder Wilhe
1482), nachdem ber auf das Erlöfchen der thuͤringiſchen Seiteniini«
folgende Bruderkrieg durch die Dazwiſchenkunft des Kaiſers und mel
fuͤrſten ausgeglichen worden war. Doch war ber fächfifche Prinzenz:
41455) eine Folge dieſes Bruderkriegs. (S. Kunz von Kaufu
Obgleich num nad) ded Kurfürften Tode, Ernſt im Kurkreife allein
übrigen Erblaͤndern gemeinfchaftlid, mit feinem Bruder Albrecht regier
ten fie doch nad) dem unbeerbten Tode ihres Oheims, Wilhelms III.
ringen (1482), im J. 1485 bie gefammten Samilienländer zu Leip;
her Theilung Ernft Thüringen, und Albrecht Meißen erhielt, das Df
umd die Vaſallen zwifchen ihnen getheilt wurden.
. Seit diefer Theilung find die gefammten Wettinfchen Fam
gen nie wieder vereinigt worden, wenngleich der Befisftand felbft durd
bergifche Eapitulation zum Nachtheile bes Erneftinifchen Hauſes bebei
dert warb. — Im ber Emeftinifchen Linie, melde den Kurkreis um
beſaß, folgten auf Ernſt feine Söhne: der Kurfürft Friedrich der 2
— 1525) unb der Herzog Johann der VBeftändige, auf welchen nad
unbeerbtem Tode auch bie Kurwuͤrde überging (1525— 32). Nicht
warb Friedrichs Weisheit in feinem Zeitalter gefeiert, denn er hatte n
die Angelegenheiten Deutſchlands einen bedeutenden Einfluß und mar
Stellvertreter bei deſſen Abwefenheit aus Deutfchland s er ftiftete au
- 4502) die Untverfität Wittenberg und leitete bie von dieſer Univerfität
gegangene Kirchenverbefferung mit religiöfem Sinne und mit politil
der Verhältniffe. Ohne fein perſoͤnliches Gewicht bei den Kaiſern,
und Karl V., und ohne feine Gewandtheit und Klugheit würde wahr
kuͤhne Luther das Schickſal Huß's erfahren haben. Allein bei Sriedrid
die neue Lehre bereits fo feft gegründet und hatte auf Fürften und Voͤ
tig eingewirkt, baß kein Bannflud) vom Vaticane und keine Reichsacht
ber ſchmalkald. und dreißigjähr. Krieg, das wieder vernichten konnten, r
mündig gewordenen Geiſte des Volks felbft hervorgegangen war.
auch nad) der mühlberger Schlacht (24. April 1547) der ſaͤchſ. Kurhut
tenberger Gapitulation (19. Mai 1547) von dem Haupte de
Johann Friedrich des Großmuͤthigen fallen, fo ward doch die proteftc
heit durch feinen Vetter und Nachfolger in der Kur, durch Doris, ge
dem er gezeigt hatte, was ein Eräftiger deutfcher Fuͤrſt gegen ben maͤcht
ligen Regenten In Europa vermochte, fobald er die bergerfiche und fi
heit Deutſchlands gegen bie Angriffe feiner Zeit vertheidigte! — D
ger Sapitulation, in welcher Morig außer ber Kurwuͤrde auch ben be
Theil der Befigungen des fächf.-Erneftinifchen Haufes auf die Alber
brachte, beſchraͤnkte freilich das neue, meiftens aus thücingifchen Amt
Fürftenthum fire die Soͤhne des gefangenen Kurfuͤrſten nur auf ein jäi
mm von 50,000 Gulden; allein auch ber Kurſtaat ſelbſt verlor‘ dx
Morig dem Könige von Böhmen das fchlef. Herzogth. Sagan, bie vol
Befigungen, als erledigte böhmifche Lehen, und die bisherige fäcfifi
beit über bie reußifchen Länder überlaffen, fowie bie Fortdauer der $
Domcapitel in den 3 meifinifchen Hochfliftern zugeftchen mußte. &
Sachſen. II. Neuere Gefchichte 847
MR Johann Friedrich Lehrte nach einer 5jähr. Gefangenſchaft in die feinen
mn angeroiefenen thüringifchen Amter zuruͤck, ftarb aber bereitd 1554, nach⸗
der neue Kurfürft von Sachſen, Auguft, der Erneftinifchen Linie unter Mits
weg ber Krone Dänemark, zur Ausgleihung der bisherigen Streitigkeiten, das
Altenburg abgetreten und 100,000 Gulden ausgezahlt hatte. —
den im Erneſtiniſchen Haufe fortbauernden Ländertheilungen warb ber Beſitz⸗
1, befonders bei dem baldigen Erloͤſchen mehrer neugebildeten Seitenlinien,
u verändert ; doch erhielt das Erneftinifche Haus 1583 fieben Zwoͤlftel (215
ı) der Dennebergifchen Herrſchaft. In unfern Zeiten blühen noch im Erne⸗
Yen Hauſe 2 Linien: die weimariſche und das gothaifche Geſammthaus in
Speciallinien: &. Meiningen-Hildburgh.; S. Altenburg und S. Koburg⸗
a.
DB. Neuere Geſchichte. Das Albertiniſche Haus, durch bie Thei⸗
1485 vom Herzöge Albrecht geftiftet, und im Beſitze von Meißen und einzelnen
m des Oſterlandes, blieb nad) Albrechts Tode (1500) unter feinen Söhnen,
z dem Bärtigen (1500-39) und Heintih dem Frommen (1539 — 41) in
a Länberumfange, bis Heintich® Sohn, der ſtaatskluge und als Held aus⸗
parte M orig, duch fein Buͤndniß mit dem Kaiſer Kart V. in der witten⸗
Eapitulation zum Befige der fächf. Kurtwürde, des Herzogthums Sachſen
mbrer Länder des Exneftinifchen Hauſes gelangte. Doch bald darauf bemährte
dem nad) einem kurzen Feldzuge dem Kaiſer Karl V. (1552) abgebrumger
age zu Paffau, daß ihm bürgerliche und religiöfe Sreiheit mehr galt als
sanft bes Staifers, farb aber (11. Jul. 1553) an den Wunden, die er (9. Sul.)
Schlacht bei Sievershaufen gegen ben Markgrafen Albrecht von Kulmbach
u hatte. Ihm folgte in ber Kur und in ben erworbenen Ländern fein Bru⸗
zuſt (1553— 86). Wenngleich nicht Moritzs militairifche Talente auf
egegangen waren, und fein Antheil an ben Eryptocalviniftifchen Streitigkei⸗
a Schatten auf feine Regierumg wirft, fo barf boch nicht vergeffen werben,
der erfte Staatswirth feines Zeitalter® war, daß er bie trefflichften Anftals
die Inmere Verwaltung feines Staats begründete, und daß er durch Vers
durch Ankauf und Laiferl. Belehnung ben Umfang diefes Staats beträchts
texte, obgleich er 1554 dem Erneſtiniſchen Haufe das Fürftenthum Alten»
berfieß. Unter ihm gefchah es, daß die Verwaltung der zum Proteftantis-
tretenen 3 meißnifchen Stifter, Meißen, Derfeburg und NaumburgsZeig,
Bertrag mit den Domcapiteln, deren Rechte beibehalten wurden, auf den
en überging; daß er durch Kauf von bem Burggrafen von Meißen und
von Plauen bie fchon früher feinem Haufe gehörenden voigtlänbifchen Bes
a (den nachmaligen voigtlaͤndiſchen Kreis) wieder erwarb (1566); daß er,
2 vom Kaiſer ihm aufgetragenen Achtsvollziehung gegen ben Herzog Johann
H den Mittleren von Gotha, für die aufgermandten Kriegskoften die Erne⸗
u Ämter Sachfenburg, Arnsſhaugk, Weida ımd Ziegenräd (1567) unter»
h erhielt; daß ihm der Kaiſer aus der hennebergifchen Erbſchaft (1583)
Pimmte (reiche in der Theilung des hennebergifchen Landes, 1660, in ben
a Schleufingen, Suhla und Kühnsdorf mit Benshaufen beftanden) ; und
R, durch die nöthlg gewordene Beſchlagnahme ber mansfelbifchen Länder
J, den ſpaͤtern Anfall (1780) des unter fächf. Lehnshoheit ſtehenden Theiles
der an das Kurhaus, nach voͤlligem Erloͤſchen des graͤflich mansfeldiſchen
£8, vorbereitete. Fuͤr die innere zweckmaͤßige Einrichtung feines Staatts
Inguft durch die Stiftung des Appellationsgerichts, des geheimen Confls
des Oberfteuercollegiums, des Kammercollegiums, bed Oberconfifloriums,
db Gammlung eines neuen Geſetzbuches, beſonders aber Durch die Drbs
ie den Finanzen, durch die erhöhte Bevölkerung und Anh derwo von CA
8
550 Sachſen. IL Neuere Geſchichte
Begründung des Staatscredits treten. Dies leitete ber wuͤrdige Kurfuͤrſ
Chriftian in feiner zweimonatlichen Negierung ein (6. Oct. bis 17. D
und warb von dem Abminiftrator Xaver während der Minderjaͤhrigkeit
Augufts III. (bis 1768) mit Beharrlichkeit fortgefegt. Die Landesſch
deren Zinfen wurden auf die Steuercreditcaſſe angewiefen, welche jaͤhrli
Thlr. dafür bezahlte, ſodaß 1807 die Landesfchuld bereits bis auf 15 8
zahle war. Ebenfo ward für die Bezahlung der I Mill. Kammerfhülben
mercreditcaffe geftiftet, welche jaͤhrl. 300,000 Thlr. abtrug. Schon u
rich Chrifkian ward die in Dresden (feit 1703 beftehende) Malerakaden
Akademie der zeichnenden Künfte unter Dageborn’s Leitung erhoben undn
The. jaͤhrl. Einkünfte ausgeflattet.- Der Adminiſtrator fegte damit |
leipziger Zeichnungs⸗, Malerei: und Architekturakademie in Verbindum
erweiterte ev (1764) den Geſchaͤftskreis der (1735 errichteten) Lanbesi
Manufacturer s und Commerziendeputation und ftiftete (4. Dec. 1765) t
Bergakademie zu Freiberg. Auch errichtete er zu Dresden (1766) ein:
ſchule. Für die innere Verwaltung wurden (1764) in den einzelnen 7.
. Landes Kreis: und Amtöhauptleute angeftellt; aud, warb zu Dresben (
Sanitätscollegium errichtet.
Unter bem legtverft. Regenten, deffen Gerechtigkeit und Weisheit !
alter allgemein anerkannt ward, erhielt das neugeftift. Kinanzcollegir
eine zweckmaͤßige Einrichtung; Erwerbfleiß und Hanbel wurden unterfli
boben ; ber Aderbau war im Emporblühen; der Wohlftand der mittle
dem Volksclaſſen flieg immer höher; die öffentlichen Verbindlichkeit
puͤnktlich erfüllt; die Zortue (1770) abgefchafft; neue Zucht: und Ar
wurden (1772 und 1776) zu Torgau und Zwidau, ein Arbeitöhaus |
und Landſtreicher (1803) zu Kolditz angelegt; die früher in Torgau beft
renanſtalt (1811) auf den Sonnenftein verfegt und in eine Heilanftalt f
kranke verwandelt; das Zaubftummeninftitut zu Leipzig anfehnlid)
eine zweckmaͤßige Brandaffecuranzordnung (1817), und (1809) die &
eingeführt, die Saale (feit 1790) ſchiffbar gemacht, für die Bearbe
nenen Geſetzbuchs (1791) eine befondere Gefegcommiffion niebergefegt ;
weſen durch 2 Landfchullehrerfeminarien zu Dresden und Weißenfels,
ders in Hinficht der 3 Landfchulen (Dforta, Meißen und Grimma) 6
richtet, und zur Verbeſſerung diefer und der heiden Univerfitäten wurbe
genten (1811) die ihm zugefallenen 5 Commenden des beutfchen Orden
fen. Fuͤr die Bildung der Officiere des Heers erhielt die Ritteralademie
eine zeitgemäße Erweiterung und neue Einrichtung; bad annaburger &
beninftitut forgte vaͤterlich für die Waifen der Soldaten, und das Heer {
(1810) eine neue Eintichtung, den Beduͤrfniſſen ber Zeit angemeffen.
descredit war fo gefichert, daß die 1792 ausgegebenen anderthalb M
billets, felbft nach ihrer ſpaͤtern Erhöhung auf 5 Mill., im Eurfe al pı
bis erſt die Vorgänge 1813 nachtheilig auf fie einwirkten und fie auf
unter ben Nennwerth herabfesten. Für die Künfte und Wiffenfchaften
die Überlaffung des japanifchen Palais an die Bibliothek und die Anti
durch den Ankauf der Mengs'ſchen Snpsabgüffe (1792), durch bie X
der Semäldegalerie, durch die Vervollkommnung der Capelle, unb bu
Ergänzung fehlender Anftalten auf beiden Univerfitäten (in Leipzig .burı
tung des Hebammeninſtituts, des Klinikums, der Sternwarte, des dies
boratoriums, des philologifchen Seminariums u. f. w., in Wittenberg
Hebammeninſtitut u. ſ. w.) väterlid, geforgt. — In Hinficht der aus
hältniffe machte Friedrich Auguft TIL f. Rechte auf die bairiſche Allodi
in den bairiſchen Exbfolgetriege (1778) geltend, in welchem er mit Prem
Sachſen. II. Neuere Geſchichte 651
nbünbet war. Diefes Bündnig warb noch fefter geknüpft, als er (1785)
Friedrich II. geftift. deutſchen Fuͤrſtenbunde beitrat, durch welchen der von
abfichtigte Eintauſch Baierns gegen den größten Theil der oͤſtr. Nieder
tele warb. 1791 ſchlug er die, nach der neuen Verfaſſung Polens
Rai d. J. ihm und f. Tochter beſtimmte polnifche Krone aus, meil bei
ng Rußlands gegen Polen nicht zu errvarten war, daß Katharina II. die
olen und ihrem Könige Stanislaus Auguflus angenommene neue Vers
erkennen würde. Auch die Einladung , an dem (7. Febr. 1792) zwifchen
id Preußen gegen bie franz. Revolution gefchloffenen Buͤndniſſe Theil zu
ehnte er ab und flellte im Kriege gegen Frankreich bloß (feit 1793) f.
t al deutſcher Reichöfürft, nachdem zu Regensburg der Reichskrieg gez
reich war erklärt worden. Selbft ald Preußen ſich im bafeler Frieden
3 Oftreich und dem deutfchen Reiche getrennt hatte, und eine ſchuͤtzende
onslinie das nördliche Deutſchland und felbft die deutfchen Staaten des
ı England umfchloß, blieb das kurſaͤchſ. Eontingent im Felde und nahm
1796) Antheil an dem Siege bed Erzherzogs Karl bei Weglar. Nur
m Vorbringen Jourdan's und Moreau's im mittlern und füblicyen
d der ganze oberfächfifche Kreis (13. Aug. 1796) zu Erlangen einm
ftande = und Neutralitätsvertrag ſchloß, rief auch der Kurfürft f. Con⸗
"die Grenze dieſes Kreifes zur Deckung deffelben zurüd, und ſ. Geſandten
egeblich zu Raſtadt (feit 1797) beim Kriedenscongreffe, und (1802 fg.)
yurg beim Reichsdeputationshauptſchluſſe die Rechte bes deutſchen Reiche
reiche Anmaßungen, und die Rechte der kleinern Meichöftände gegen
der größern geltend. — Wenn nun auch die individuelle Denkungsart
ften die bereits damals fchon (feit der Theilung Polens) herrſchend ges
reondirungspolitit nicht hindern konnte, fo blieb er doch entfernt davon,
ig f. Länder durch fremdes Gut zu erweitern. Selbſt ältere Rechte bes
Haufes auf Erfurt, Reuß u. f. w. wurden nicht erneuert, weil fpätere
nd Verhältniffe anders darüber entfchieden hatten. So behielt ber Kur:
‚Würde ſelbſt dann noch bei, als durch die Stiftung bes Rheinbundes
1806) und durch die Verzichtleiftung Kaffer Franz II. (6. Aug. 1806)
e Reich aufgelöft war. Und als es darauf ankam, ben Norben Deutſch⸗
ı Frankreich zu vertheidigen, obgleich Preußen in diefem Norden unter f.
te einen ähnlichen Bund, wie Napoleon im &. und W., bilden wollte,
22,000 Sachſen (Det. 1806) in Thüringen unter Hohenlohe's Anfuͤh⸗
; Napoleon, bis bie Doppelſchlacht bei Auerftäbt und Jena über das
es nördlichen Deutfchlands entfchieb. In unerklaͤrbarer Schnelle eroͤff⸗
xuß. Seflungen den Sranzofen ihre Thore; fchon hatten Hohenlohe und
i Prenzlau und Ratkau capitulist; ſchon begann an ber Weichfel ber
bes großen Kampfes: als der Kurfürft (11. Dec. 1806), im Frieden zus
Frankreich, die Selbftänbigkeit und ben Vollbeſtand f. Staats rettete,
Wuͤrde bei dem Beitritte zum Rheinbunde annahm und fich verpflichs
ſem Bunde ein Contingent von 20,000 M., für den preußifchruffifchen
bloß von 6000 M. zu fielen. — Indem Frieden von Tilſit (7. und 9.
) erfannten Rußland und Preußen ben Rheinbund mit allen gegenwaͤrti⸗
mftigen Einridytungen Napoleons in bemfelben, und ben König von
4 Regenten bes in biefem Frieden new geftift. Herzogthums Warfchau
Berfaffung (22. Jul. 1807) von Napoleon zu Dresden bei f. Ruͤckkehr
imterzeichnet wurde, bei welcher Gelegenheit die erſte feierliche Verlei⸗
Yebend der Rautenkrone, am 20. Sul. 1807, flattfand. Zugleich war
ſeleden von Preußen bie Abtretung von Kottbus an Sachſen, ſowie bie
g auf alte fächfifche und anhaltifche Befigungen auf dem redgten Eifer
—
Weitperefihaft ioſte die Sachſen/ die bei Kobrpn, bei Slonim
Gebr. 1813 bei Kalifdy bedeutend verloren hatten, in iht Waterl
und ſich auf des Könige Befehl von den Franzoſen trennten; Pre
zum Kampfe gegen Frankreich, nachdem alle preuß. Provinzen ı
geräumt waren, ſich anſchloß, und der Vicekoͤnig von Italien
franz. Heeres Sachfen bis zum 20. Mär; 1813 behauptete: d
König von Sachſen feine Hauptftabt, wo Davouft am 19. M
fprengte, und ging zuerft nach Plauen, von da nach Regensbui
Prag, weil er fich für die Sortfegung dieſes Kriegs den Maße,
ſchließen wollte. Deßhalb war zwifhen dem ſaͤchſiſchen Geſan
dem öfte. Minifterium eine Übereinkunft unterzeichnet worden, i
nig die Verbindlichkeit übernahm, „mit ‚allen ihm zu Gebote ftel
dem von dem oͤſtr. Hofe zur Herftellung des Friedens zu ergreif
mitzutoielen”, und in biefem Falle ſich felbft zu der Abtretung
Warſchau Im voraus anheifchig machte. („Actens und thatmä|
einiger ber gröbften Untwahrheiten z.”, Deutſchland 1815; aud
plomat. Archiv”, Th. 3, Abth. 2, und des verft. Conferenzmin.
„Apologie de Frederie Auguste”, 1814.) Gleichzeitig warı
land und Preußen Unterhandlungen mit bem Könige eröffnet w
gebniffe aber von dem Ausgange f. Unterhandlungen zu Wien ı
Der Befehl des Königs an ben General Thielemann lautete jedod
Feſtung Torgau keinerlei fremden Truppen, ohne Unterfchieb und
ausbrüdlihen Befehl des Königs geöffnet werben follte". ( Ebe
Als nun die Schlacht von Lügen (2. Mai 1813) von Napoleon g
deten getvonnen, und Leipzig und allmdlig alles Land bis an bie E
‚ofen befegt worden war; als ber König ein Schreiben des Her;
erhielt, in welchem biefer, auf ausbrüdliches Verlangen Napole
bie Erklärung des Kalfers in Beziehung auf Sachſen meldete (,
Roi se declare, je saurai alors ce que j’aurai ä faire; ma
Sachſen. IL. Neuere Gefchichte 658
Ben. Das feanzöfifche,' bei Großbeeren (23. Aug.) geſchlagene Heer erlitt
Wennersis (6. Sept.) eine neue Niederlage; die fchlefifche Armee ging bei Wars
Berg (3. Det.) über die Eibe, und die Voͤlkerſchlacht bei Leipzig (16. und 18.
V entſchied das Schickſal Sachſens. Der König, welcher Napoleons Antrag,
ps folgen, ablehnte, warb (49. Det.) Gefangener der Verbündeten und 20
e von f. Lande getrennt, das bis zum 10. Nov. 1814 unter ruffifcher und
Da an unter preuß. Verwaltung fand. Einbedeutendes fächfifche®, vom Lande
attetes Heer folgte den Verbündeten über den Rhein, bis die Einnahme
Paris den franz. Kaifer zur Verzichtleiftung brachte (11. April 1844). —
Gachſens Schickſal ſollte erft auf dem wiener Congreß beftimmt und anfang
eure Königreic, mit Preußen vereinigt werben, mogegen dem Könige, ber
Nov. 1814 jede Veräußerung f. Erbſtaaten verweigerte, eine Entſchaͤdigung
0,000 Menſchen in Weflfalen angetragen ward. Nach Smonatlichen Uns
Hamgen beim wiener Congreffe (vgl. „Überficht der diplom. Verhandlungen
Congrefſes“ von 3. Ludw. Klüber, 1. Abth., Frankfurt 1816), auf
die ſtarken Erklaͤrungen des beitifchen Parlaments (vgl. „Europaͤiſche Anna⸗
1816, ©. 2) nicht ohne Einfluß blieben, warb endlich im Febr. 1815 bie
mg Sachſens befchloffen und dem Könige von Sachſen, der von Berlin nad
sg gekommen war, am 12. März 1815 erklärt: „daß ohne Verzug diejeni⸗
mdestheile Sachfens, welche unter preuß. Hoheit kommen, von benjenigen
st werden follten, welche bem Könige bleiben; daß Preußen für immer Ber
werde von demjenigen Theile Sachſens, welcher ihm überlaffen wor⸗
und daß basjenige, mas dem Könige von Sachfen bleibe, unterdeflen ber pros
hen Regierung des Königs von Preußen unterworfen bleiben folle‘ (Kids
8.38). — Unterdeffen war Napoleon von neuem in Frankreich erfchienen;
ahandiungen des Congreſſes mußten ſich ihrem Ende nähern; der König un⸗
alfo am 18. Mai 1815 zu Wien den Frieden mit Preußen, in wel⸗
dieſem Reiche die größere Hälfte f. Staates In Hinficht auf ben Umfang,
e in Hinficht der Bevölkerung überließ. Er trat zugleich ber deutſchen
e (8. Sun.) bei, flellte |. Contingent gegen Frankreich und Lehrte am
B. 1815 nad) Dresden zurüd.. In jenem Vertrage kamen die ganze Nies
Bir, ein Theil der Oberlaufig,, der wittenberger Kreis (mit Barby und Gom⸗
Theile des meifner und leipziger Kreifes, der größte Theil der Stifter
burg und Naumburg > Zeit, daB fächfifche Mansfeld, der ganze thuͤringiſche
), das Fuͤrſtenthum Querfurt, der neuftädter Kreis, die voigtländifchen En⸗
und der koͤnigl. fächfifche Antheil von Denneberg mit 3854 TIM. und
78 Einw. an Preußen. Da aber in diefen Zahlen auch der an Preußen zu⸗
e kottbuſſer Kreis mit eingerechnet iſt, für welchen 1808 Mansfeld,
u. ſ. w. an Weſtfalen abgetreten ward, fo betrug der ſaͤchſiſche Verluft im
3 Vertrage (nad Abrechnung von Barby, Gommern ımd Mansfeld) eigent
u 3734 IM. (genauer wol nur 359) und 845,218 Einw. — Die in
m in Wirkſamkeit getretene Ausgleihungscommiffion von preuß. und ſaͤchſ.
dneten, unter Mitwirkung eines oͤſtr. Commiffarius, feste durch die Con⸗
m vom 20. Febr. 1816 und 18. Aug. 1819, wegen der Grenzberichtigung,
wegen der geſammten Landesfchulden, ein gegenfeltiges Abkommen feſt. Der
I fetbft aber wandte gleich nach ſ. Zuruͤckkunft f. Blick auf mehre Verbefferuns
An Innern. In kurzem war der Credit wieberhergeftellt. Die 3 Departes
des Finanzcollegiums wurden (Sept. 1815) auf 2 befchränkt ; die unter ber
Verwaltung neugebildete Siriegsverwaltungstammer warb (20. Nov.
5) beftätigt ; das Collegium medico - chirurgieum zu Dresden nad) einem
Iserten Plane in eine chirurgiſch⸗ mebicinifche Akademie vertvandelt; die Inge⸗
ts umd Artillerieſchule versinigt und 1816 zu einer Militairatatermie erhoben,
554 | Sachen, TIL Statiftifche Überficht
welche 44 befolbete Zöglinge zu Officieren für alle Waffen bildet; bie Ri
mie zugleich ald Vorfchule für jeden akademiſchen Unterricht (nach Art!
hobenen Pageninftituts) im April 18320 beftätigt, jedoch nad) ber mem
1822 eingetretenen Einrichtung wieder mehr auf ihre frühere rein mailitel
flimmung zurüdgeführt. Es ward ein neuer Civilverdienftorben (7.3
gefliftet; zu Tharand (Febr. 1816) eine Forſtakademie errichtet, und der
kreis und die Zahl der Kreis und der Amtshauptieute in ben * alten K
Sun. 1816) vermehrt u. ſ. w. Die beiden legten wichtigen Geſetze,
Friedrich Auguft gab, waren das Mandat, die Ausuͤbung der kath. geiſt
barkeit vom 19. Febr. 1827, nad) welchem ber jebesmal. apoftol. Vu
tertbanen = und Dienfteid leiften muß, und das Mandat vom 20. 5
ben Übertritt von einer kirchlichen Sonfeffion zur andern betreffend. Z
tende muß muͤndig und mit einen Zeugniffe über bie Entlafjung vom bem
feiner bisherigen Gonfeffion verfehen fein. Verleitung zum Übertritte un
libertritt werden beſtraft. (Vgl. die ftatift. Überf.).— Das Königre
lich durch die Theilung die beiten Korn⸗ und Holzgegenden und alle Sal;
‚ber König die reichften Domainen oder Kammergüter verloren; allein bi
Gewerbfleiß bevölkertften Theile des erzgebirgifchen und laufigifchen 4
die wichtige Handelsſtadt Leipzig [nd ihm geblieben; auch find die lı
Dflege und der leipziger Kreis ergiebige Korngegenden. Die freibeı
“werke find, fowie der Weinbau im Meißnifchen, geblieben; allein die th
Bergwerke und die Weinpflanzungen im thiringifchen und wittenbergi
find an Preußen gekommen. Der Handel im Inlande iſt durch bi
und durch die neuen Grenz» und Zoleinrichtungen. allerdings beſchraͤn
was namentlich auf Leipzig nachtheilig zuruͤckgewirkt hat. Doch fchei
wenigſtens darf man dies von den abzuſchließenden Zollvereinen erwarte
gere Grundſaͤtze der Staatswirthſchaft darauf hinzufuͤhren, dem gegenſei
delsverkehr uͤberhaupt auf dem deutſchen Boden die groͤßte Freiheit zu ge
beſchraͤnkenden Formen, als nachtheilig fuͤr alle Staaten, zu beſeitiger
hätte die verheerenden Stürme der legten 10 Kriegsjahre nicht beftet
wenn nicht ber Wohlſtand diefes Landes feit dem hubertsburger Friedı
alle Stände verhältnißmäßig verbreitet und befonders den Landmanı
bracht hätte; denn nur bei der fächfifchen Sparſamkeit und Genügfan
möglich, die großen Leiflungen aufzubringen, die von allen Eriegführer
ten in diefer Zeit, außer den gewöhnlichen öffentlichen Abgaben, ben $
Sachſens zugemuthet worden. Nur ein langdauernder Friede kann d
heilen, welche die Stürme der legten Kriege dem Lande gefchlagen habı
Bevölkerung emporbringen, bie in Vergleichung mit den Jahren vor
ebenfalls vermindert hat. Indeß iſt es noch zu früh, alle bie Folgen zı
welche die Zukunft aus der gefchehenen Theilung Sachſens entwideln u
welche nicht bloß Sachfens Stellung zu Deutfchland und Europa, fonbei
innere Verhaͤltniß ber voichtigften deutſchen Bundesſtaaten gegen einandı
fentlich verändert worden iſt.
IH. Statiftifche Überfiht. 1) Land und Bewohne
bie Theilung ift das Königreich zu einem Staate bes vierten Ranges heri
es hat 3 des Flächenraumes eines rechtlich erworbenen, mit dem übrigen
ſchmolzenen Gebietes, die Eleinere Hälfte feiner durch gleiche Liebe an
land gefeffelten Bewohner und ungefähr 4 feiner Eink. verloren. G
bilbet das Königreich ein nach allen Seiten offenes, wiewol in fich fa
ſchloſſenes Land, das unter den felbftändigen europaͤiſchen Staaten an Fl
das 20., an Volksmenge das 18., unter ben deutfchen Bundesflanten h
ber erſten Hinſicht das 6. , in der andern das 5. if. Es bebnt fich bus
Sachſen. II Statiftifche Überficht 665
m mb burch 31 Gr. d. 2, aus, ba es von 50° 48' 30" bis 519 29 noördl.
wu von 29° 34° bie 32° 40 oͤſtl. Länge liegt. Geine Grenzen find oͤſtüch
‚in einer Länge von 47 Meilm Böhmen, oͤſtlich, nordoͤſtlich und
in einer Ausdehnung von 37 Meilen, das preuß. Herzogthum Sachſen,
‚ in einer Länge von 10 Meilen, das Fürftenthum Altenburg, ſuͤdweſtlich,
der Ausdehnung von 14 M., das weimarifche Gebiet, in fübweftl., noͤrdl
NRichtung, auf 12 Meilen Länge, die reußifchen Lande, und ſuͤdweſtl.,
e von 23 Meilen, der bairiſche Mainkreis. Natürliche Grenzen hat
nur gegen Böhmen, in einem Bergzuge, ber ſich vom Woigtlande über. .
ge, das Eibfandfleingebirge, ben Hochwald, die Gebirge an ber obern
das zittauer Gebirge und das friebländer Gebirge zieht, wiewol an den we⸗
Stellen die eigentlichen Gebirgsruͤcken und Hochebenen die Grenzfcheibe
‚ die oft nur Bäche beftimmen. Der Flächenraum beträgt, mit Einfluß
m Lande (1826) noch immer nicht völlig einverleibten Orte Schirgiswalbde,
dorf und halb Weigsdorf, nach v. Schlieben’6 Culturcharte (1825)
DM.; nad) der von dem Ingenieurcorps feit 1781 bis 1812, dann
1 fortgefeßten topagraphifchen Landesaufnahme von Sachſen aber nur
geogr. IM. (mit Einfluß ſaͤmmtl. Schoͤnburg. Befigungen, auf
1,’5! geogr. IM. kommen, nämlich auf die 5 Recegherrfchaften 6,7 ! *
die Lehnsherrſch. Penig, Wechſelburg, Rochsburg und Remiffa 4,°?7.)
bes Flaͤchenraums folgen bie Landestheile in diefer Ordnung: ber erz⸗
(deffen Groͤße ohne die ſchoͤnburg. Derefch. nur 764 IM. beträgt),
‚ leipziger Kreis, die Oberlaufig, der voigtlänbdifche Kreis. Der erzge⸗
Kreis begreift allein +, ber meißnifche £, der voigtländifche hingegen nur
Ganzen. or der Theilung hatte Sachfen nicht, wie Canzler annahm,
nur wicht volle 630 IIM. Sachſen iſt größtentheils Gebirgsland;
beſteht aus Ebenen, — aus huͤgeligem Lande, 3 aus Gebirgen. Ein von
nach Nordoſt ſtreichendes, gegen Böhmen fleiler als gegen Sachſen abs
Kettengebirge, das Erzgebirge, bildet bes Landes höchften Rüden sind ers
der ſaͤchſiſchen Seite in der vordern Kuppe bes Fichtelberges (nach dem
barometrifchen Dleifungen 3758 par. Fuß über dem Meere) den höchften
GSuͤdweſtlich hängt diefer Gebiraskamm mit dem Eifter s und Egergebirge
‚ mit dem Riefengebirge hingegen buch das Eibfandfleingebirge und das
ſche Gebirge. Zu dem gebirgigen Theile des Landes gehören ber ſuͤdoͤſt⸗
weitem größere Theil des Exzgebirges, das ſuͤdoͤſtliche Wiertel des meißni⸗
‚ ber ſuͤdoͤſtliche Theil der Laufig und das ſuͤdoͤſtliche Drittel des voigt⸗
Kreiſes. Das Hügelland bilden der überreſt des erzgebirgifchen und das
Viertel des leipziger Kreifes, die Gegenden von Stolpen, Dresden und
ein Theil der Gegenden von Oſchatz und Radeberg , und endlich der Übers
Dberlaufig, bie auf einen von Baugen nach Koͤnigsbruͤck laufenden Streis
ebene Land begreift, außer biefem Streifen, den Reft des meißnifchen
leipziger Kreiſes. Die niedrigften Punkte des Landes find an der preuß.
‚we bie Elbe und die zu ihrem Gebiete gehörenden Fluͤſſe das Land verlafs
as Hauptthal des ganzen Landes ift das Thal ber Elbe, nach welchem bie
ſich abbadyen, die oberlaufigifchen ausgenommen, bie fidy nad) der Oder
Der Boden ift im Ganzen mittelmäßig , der befle von Meißen abwärt®
i Niederung, bei Chemnitz, Zwickau und Bautzen, der fhlechtefte im obern
und in den Waldgegenden bes Voigtlandes. Alle Gewaͤſſer Sachſens,
der lauſitziſchen Neiß, gehören zum Stromgebiete ber ſchiffbaren
mit welcher fie mehr ober weniger mittelbar zur Nordſee gehen. Landſeen
nicht, und außer mehren Gandien zu Floͤßen und zur Erleichterung des Berg»
anch keine Ganalverbindungen. Mineralquellen find {ehr yahireih , m
556 Sachſen. III. Statiftifche Überficht
wichtigften Rabeberg, Schmedwig bei Kamenz, Gieghübel, Schandau
flein und Wiefenbad bei Annaberg. Das Klima iſt gemäßigt und gefm
nach der Verfchiebenheit von Berg und Thal, Wald und angebautem'
matiſche Abänderungen in einzelnen Gegenden entſtehen. Das rm
Dbererzgebirge, befonder® im üblichen Theile des Amts Schwarzenbe
angrenzenden Boigtlande — einem Landftriche, den man das ſaͤchſiſd
nennt, wo der Schnee Immer erft gegen Anfang des Sommers verſch
im ®ept. der Winter wicderkehrt, ja in einigen Gegenden der Schnee
beißeften Sommern gänzlich ſchmilzt — und in der füblichiten nach B
laufenden Spise des meißnifchen Kreifes; das mildefte in dee ebenen |
erzgebirgifchen, voigtländifchen und meißnifchen Kreifes, in ber Oberlav
leipziger Kreife. '
Mit Naturerzeugniffen iſt das Land nicht überreichlich, dod
karg begabt; der Umftand, daß fie dem Boden oft mühfam abgewom
müffen, läßt die Thaͤtigkeit der Bewohner nicht erfchlaffen, und die Erze
ergiebig genug, die aufgewandte Mühe zu belohnen. Sachſen enthält z
Hälfte aller Soffilienarten, und Beine Gegend Deutfchlanbe von fo ger
fange hat einen gleichen Reichtum an Mineralien. Gold ift jest ſelbſ
felten. Silber (im Erzgebirge unb weit weniger in einigen Theilen des
Kreifes), Eifen (vorzüglich im Erzgebirge), Kobalt (nirgend fo gut umt
als im Erzgebirge), Blei (faft überall, wo Silber gefimden wird) find
ſten Metallgefchlechter. Auch Kupfer (im Erzgebirge), Zinn im Erzgeb
Zinnwald im meißnifchen Kreife), Quedfilber (in mehren Gegenden di
ges, doc) nicht Häufig), Zink, Spießglas, Arſenik (im Erzgebirge) find
Unter den übrigen Mineralien find, hinfichtlich theil6 der Seltenheit
Nutzung, auszeichnen: der Topasfels (dev geognoftifch merkwürdige
ftein bei Auerbach im Voigtlande), natürlicher Zinober, gebiegen Wien
ſerblei (bei Altenberg), Wolfram, wahrer Schmirgel (bei Eibenſtock)
(beſonders bei Meißen), Porzellanerde (bei Aue, und In einem noch unb:
ger bei Nieder- Zmönig im Ersgebirge), Achat, Marmor, Serpenti
Speditein, Steinkohlen (im Weiſſeritzthal bei Dresden und bei Zwick
ftein (an der Elbe und bei Zittau) und mehre Arten von Ebelfteinen, 3
(felten), Sapphir, Granat. Der Hauptfig des unter trefflicher Vermalı
den Bergbaues iſt das Erzgebirge in f. mittlen Höhe (zroifchen 1000
Fuß Uber dem Meere) und das niedere Gebirge. Der Geſammtertra
ober bloß durch Bergbau gewonnenen , nicht durch bie Hütten verebeite
producte wird jährlich auf 1,500,000 Thlr. gerechnet. Man gewinnt
Silber in 59 gangbaren Zehen des Erzgebirged 48 — 50,000 Mark
Münzwerthe 640,000 — 670,000 Thle.; an Kupfer (nicht hineeiche
Landesbedarf) durchſchnittlich etwas über 300 Etnr., an Werth gegen 10)
Eifen (über den Landesbedarf) 80,000 Etnr., zu dem Werth von 200,
Blei ungefähr 10,000 Ctnr., nach Mittelmerth 70,000 Thle.; Zinn
Ctne., zum Werth von mehr als 100,000 Thlen.; Kobalt gegen 300
bem Werth (des rohen Products) von mehr als 100,000 Thin. ; Arfe
6000 Stnr.; Porzellanerde 3000 Ctnr., zu den Werth von 8000 Thli
kohlen über 600,000 Scheffel, wovon der plauenfche Grund allen +-Tiefi
MWerthbetrag von 250,000 Thlen. Durch die Hütten erhalten die roh
einen erhöhten Werth von 1,500,000 Thlen., wozu die Blaufarbenm
teiner Gewinn jährl. auf 80,000 Thlr. angefchlagen wird) und die Pory
factur allein die Hälfte beitragen, Rechnet man dazu verfchiebene, di
producte bearbeitende Gewerbanſtalten, fo läßt fi) der Geſammtwerth
ralproduction auf beinahe & Miu. Thle. anfchlagen. Die Gewinnung de
Sachſen. III. Statiftifche Überficht 557
gen 10,000, und bie Fabrication berfelben gegen 50,000 Menfchen.—
rzeugniffen des Pflanzenreichs ift vor alem das Holz wichtig. Unge⸗
em Zlähenraum ift mit Wald bedeckt; im voigtlaͤnd. Kreife 3, im erz⸗
n leipziger mehr als 4, im meißnifchen &; etwa ſaͤmmtl. Walbun-
zatseigenthum. Fichten, Kiefern und Tannen find bie verbreitetften
unter ben Laubhoͤlzern find die Buchen bie häufigften, und nächft ihnen
Birken. Die Wälder bed Hochgebirges verforgen fowol die Bewohner
: dem anfehnlichen Bedarf des Brennholzes, als auch eine Menge von
d Hammerwerken, und mit Beihülfe benachbarter böhmifcher Wälber
Floͤßen (befonders auf der Kirnitſch, Weifferig, weißen Elſter, Floͤhe
die Bewohner holzgarmer Gegenden. Die Wälder liefern überdies noch
Beeren, felbft für auswärtigen Abfag, und in einigen Gegenden (bei
vahres islaͤndiſches Moos. Wenn man von dem Gefammtbetrag.ber
‚ die man zu 3 Mill. Morgen angefchlagen hat, abzieht, was für Wal
00 Morgen), Wiefen, Gewaͤſſer, Ortſchaften, Straßen, viele, aber
Büftungen in Rechnung zu bringen ift, fo wie nie unter dem Pflug ges
d die wegen der erzgebirgifchen Koppelwirthſchaft jährlich brach Liegen»
00,000 Morgen) , fo bleiben 4,100,000 Morgen zu gleicher Zeit mit
'elfter Äder übrig. Die fruchtbarften Landftriche find die Gegend uns
Ben um Lommatſch — „des Landes Meißen große Kornterme‘ fchon im
jenannt — in einem Umfang von 10 IM. und das Amt Pegau. Das
Jerhaͤltniß ſ. Bodenfläche und der Einwohnerzahl fruchtreich und braucht
etreidebedarfs (die Kartoffeln mit in Rechnung gebracht) vom Auslande
rer Ackerbau, das aligemeinfte und einträglichfte Gewerbe bes Landes,
szüglicher Einſicht getrieben. Das wenigfte und geringfte Kom wird
jebirge (kaum 4 des Bedarfs) und im Woigtlande, das fchönfte und
en Gegenden von Lommatſch, einig, Zwidau, Chenmig gewonnen.
ten Seldfrüchte find: Roggen, Weisen, Gerfte, Hafer (den beften
rzgebirge mn 5— 600,000 Scheffeln), Exbfen, Heibelom, Kartoffeln,
) im Erzgebirge am vorzäglichften find. Der Gefammtertrag einer Ernte
runden Durchſchnittsſummen von brei Jahren: 1,500,000 Scheffel
0,000 Scheffel Weizen, 750,000 Scheffel Berfte, 1,580,000 Schef⸗
oraus ſich ein Befammtertrag von mehr ale 4 Mill. Scheffeln ergeben
ı fich jedoch diefe Berechnungen auf die unter der Wahrheit bleibenden
zliften gründen, fo Fann man, wenn man bie übrigen Fruchtarten, Erb⸗
Heldekorn und bem wichtigen Ertrag der Kartoffeln, einen Hauptgegen⸗
Perbaues in Sachſen, ohne welchen das Erzgebirge und Voigtland nicht
ıten (jährlich über 3 MIN. Scheffel) hinzurechnet, wenigſtens 8 DIN.
Geſammtertrag einer Mittelernte annehmen. Das Gefe verbietet bie
r, fo lange die Preife bes Weizens, Roggens, ber Gerfte und des Hafers
und 1 Thlr. ſtehen, doch kann der inlaͤndiſche Ackerbauer im Auslanbe
ve aus ſ. Getreide loͤſen als im Vaterlande. Der Leinbau iſt am wichtig⸗
ern Erzgebirge bei Frauenſtein, Saida, Annaberg. Raps wird um
zau, Dresden über den Landesbedarf, Mohn nur bei Pegau angebaut.
gt die Gegend von Dahlen; die wichtigſten Tabackspflanzungen, bie
ar gegen 2000 Gtnr. liefern, gibt es Sjtlich von Leipzig. Der Kleebau
tur und Anpflanzungen vorzüglicher Arten [ehr veredelt worden. Küs
liefern (zum Theil fuͤrs Ausland) die Gegenden von Leipzig (befonder®
a), Pegau, Oſchatz, Großenhain, Dresden, Zittau. Der zu hoher
heit gebrachte Obſtbau, zuerft durch den Kurfürften Auguft begründet
n Zeiten (feit 1788) durch Prämien gehoben, blüht befonders in den
den, Meißen, Leißnig und Kolbig; vorzüglich erzeugt die Gegrod
|
gen, Penig getrieben, liefert aber bei weitem nicht bie Hälfte des u
Den ben Erzeugniſſen des Thierre ichs gehören zur Urprot
Schwarz: und Rothwild, mehre Heine Raubthiere (u. a., tele mm
wilde Kagen oberhalb Schandau), Hafen überall in großer Men,
dögel; der Auerhahn (Im Erzgebirge, in der fächf. Schweiz un!
das Birkhuhn, ber Faſan (fehr felten), der Trappe (nur felten bei:
gen), Rebhühner faſt fberall häufig, Lerchen (ein Handelsartikel fi
dögel (die im Erzgebirge, befonders in Beermsgruͤn, abgerichte
Ausland, oft bis Rußland, gehen), Fiſche bis zum Lachs (befi
bach bei Hohnſtein, in ben beiden Mulden und in der Zſchopau),
ſonders aber Karpfen (In einigen Teichen oft bis zu 28 Pfund !
ten (vorzüglich im Erzgebirge und in den Bächen ber ſaͤchfiſchen
ter war felten, doch faft überall), Biber (nur an ber Mulde u
Eve), Schildkrdten felten in ber Pieife, Parde und Mulde. In
das Wildpret gegen frühere Zeiten fehr abgenommen; das Schw
en Zeiten auf einige Gegenden an großen niederländifchen Heibı
den; unter ber Regierung des Königs Anton ifk den fogen. Wildſi
föehen. Hinficptlidh der Rinboiehzucht gilt der voigtländ. Wiehftar
in Sachſen, aber auch im umtern Erzgebirge findet man einen tı
und auf großen Landgütern gibt es überall verebeltes Vieh aus ſch
fifchemn und holfteinifchem Stamm. Die Rindviehzucht ift nicht a
Landesbebarf en Schlachtvieh, wozu viel aus Polen kommt. Die
star einen guten, burch bie Hengſte des Landgeſtuͤts feit 1787 v
aber nicht hinreichend für das Bebüirfniß. Die & hafzucht (vg
quelle des Nationalreichthums in Sachfen. Seit 1765 wurde
ſpaniſche Merinoſchafe und durch die Anlage von Stammfchäfen
eigne Behörde vorfleht, der einheimifche Stamm dergeſtait verel
einheimifdye deutſche Schaf faft nisgend6 mehr in Gadyfen finder
in einigen geblegifchen Gegenden durch ben ungariſchen Stamm ı
Sachſen. IH. Statiflifhe Überfiht 5
Glmsbern,, und bie Scyäfereibefiger felten verſtehen follen, eine vichtige
Ihrer Stammböde zu treffen. Die Schweinezucht iſt für den Inlänbifchen
he unzureichend. Bienenzucht wird beſonders im noͤrdlichen helle des
ber im Ganzen ſchwaͤcher als früher und nicht ausreichend fuͤr den Bedarf
beim Bundestage gemachte Angabe ber Geſammtzahl der Bewohner
weich zu 1,200,000 fcheint nicht auf Zählungen, ber einzig fichern
e, noch auf Berechnungen nad) Anleitung der Verzeichniſſe dev Beb. und
dern hauptfächlich auf den nichts weniger al6 genauen Gonfumentenvers
zu beruhen. Haffel fchägt fie auf 1,386,900, und nebfl ben Unterthanen
esherrſch. (39,500) auf: 1,486,400, in 145 Städe., 57 Mfl., 3,198D;
en auf LIM. 5484 Menſchen. Sachſen gehört daher zu ben bevoͤlkereſten
smopas. Am bichteften iſt bie Bevölkerung in ben Gegenden von Schwar⸗
000 Menſchen auf der IM. nach Abzug der Stadt), um Zittau (8000
M.), bei Chenmig und in den ſchoͤnburg. Befinmgen. Der Bevdllerunges
eniger nach den 5 Landestheilen als nad) einzelnen Bezirken verſchieden;
den imerzgebirg. Kreife 5440, Im leipziger 5500, im meißniſchen 4440,
ıd. beinahe 000, in der Oberlaufig 5000 Seelen auf die DM. gerechnet.
ſchnitt zähle man auf bee IM. 14 — 15 Ortſchaften. Das Verhaͤltniß der
lzum Fl m iſt in Sachſen guͤnſtiger als in Deutſchland uͤberhaupt,
af 5 DM. nur eine Stadt rechnet, während in Sachſen auf eine Stabt
2 IM. kommen. Der füdreftliche Theil des Erzgebirges kann für ben
ken Theil Deutſchlands gelten. Über ein Drittheil der geſammten Volks⸗
ven 4 Kreiſen wohnt in Städten, in ber Oberlaufig aber haben bie Stäbte
naͤßig weniger Bewohner als das platte Land. In den 4. Rang der
m Städte (mit mehr als 50,000 Einw.) gehört Dresden, in den 5. (mit
00 €.) Leipzig ; in den 7. (mit 14,000 €.) Chemnig; 3 Städte (Zit⸗
erg, Bautzen) Haben 7—10,000, 2 Städte (Plauen und Meißen) 5—
Städte 45000, 20 Stäbte 34000, ebenfo viele 2—3000, 56
— 2000 und 34 unter 1000 E. Bon Dörfern mit mehr ald 2000 €.
meißnifchen Kreife 1, im erzgebirgifchen 9, in ber Oberlaufig 9, wor⸗
fabrikdoͤrfer Eybau und Großſchoͤnau (jedes mit 4000) und Eberäbady
b. und 5000 E.), Sachſens größtes Dorf, gehören. Die Dörfer find
ı wohl gebaut, die anfehnlichften im Erzgebirge, beſonders in der Bes
Hemnitz. Der Abftammung nach beftehen bie Bewohner bed Landes aus
— die Hauptmaffe der Volksmenge, wozu befonders ber Einmohners
Erzgebirges und Voigtlandes gehört — und Wenden, die in ber Ober⸗
einem won Deutfchen umgebenen Bezirke, beſonders um Baugen und
Inen, durch Sprache weniger , aber jegt durch Sitten und Tracht, bie
Weibern noch ganz eigenthuͤmlich iſt, ihren reinem ſlawiſchen Urfprung
durch Eörperliche Kraft und ſtarken Hang zur Sinnlichkeit von den Deut⸗
wterfcheiden,, aber auch durch Fleiß, Bildſamkeit amd Gaftfreiheit fich
Die Bewohner des Hochlandes zeidmen ſich von dem Niederländer
fee hervorttetende Volksthuͤmllchkeit aus; der Voigtländer iſt rauher und
h genuͤgſam, treu und thaͤtig, ber Erzgebirger kraftvoll, kuͤhn, gewerb⸗
4 und gutmüthig, der Bewohner des meißniſchen und leipziger Kreiſes
yabend und mit ſtaͤdtiſcher lippigkeit nicht unbekannt. Im Ganzen ſteht
auf dem hoͤchſten Standpunkte deutfcher Eultur , iſt unternehmend und
t Kunft und Wiffenfchaft vertraut, durch Rechtlichkeit unb Vaterlands⸗
Neuerungen im Allgemeinen abholb, bebachtfam und beſonnen
gkeit. Die Sprache der deutſchen Einw. kommt ber feit d. 16. Jabeh.
em Schriſtſprache ziemlich nahe, zwiſchen Ober: und Rieherkuntich va
VER ⁊ ATEINEN DIE UDFTIDIEGENDE ZUGEHTZAHL DUDEN, LITEIE NDLAHDEN
treu find umd überhaupt duch fromme Befinnung ſich aus zeichn
Glauben, dem feit 1697 der Fuͤrſtenſtamm fich wieder zugewe
über 46,000, wovon in Dresden über 8000, bie meiften aber
wohnen. Beformirte, Über 600, meift Nachkonnnen franz. G
haben feit 1686 in Dresden ımd feit 1701 in Leipzig Vethäufer.
der Brüdergemeinde haben, außer bem Hauptfige Hermhut,
lauſitz nod) eine Golonie zu Kleinwelka bei Baugen, und befont
destheile mehr zerfixeute Freunde. Die Nachkommen der aus Bi
Proteftanten, bie Böhmifhen Brüder (f.d.), haben in Z
eigne Kirchen und Prediger. In der Oberlaufig findet man noch
Schwenkfeldianer (f. db.) und Anhänger Jakob Boͤhme's
am zahlseihften in Dresden (1000), in weit geringerer Zahl
ſaͤchſiſche Adel, dee noch von den Beiten des Lehnweſens h
genießt, theitt ſich in den hohen umb niedern. Zu dem erfien g
die ehemals Sitz und Stimme auf Reichs⸗ und Kreistagen hat
umer des Könige Oberhoheit eine mehr oder weniger untergeor
Aber ihre Unterthanen ausüben; ber niedere Adel aber begreift di
ſammten Ritterfchaft, worumter auch bie nicht zu den Standesher
fen und Freiherren gerechnet werben. Die Rechte des Adels fir
Vorrechte, theils dingliche, von dem Befige eines abeligen Lehre
und zu biefen gehören: Lanbtagsfähigkeit (unter Vorausſetzun
Ahnenzahl), Freiheit von Geleite und Landzoͤllen, von verfchieden
ern hinfichtlich der Exzeugniffe feiner Güter, und von ben bie
fleuer vertretenden Abgaben (f. unten), Pateimonlalgerichte und
Reichthum des ſaͤchſ. Adels, unter welchem e ſehr alte Gefcyle
fich immer mehr in einigen reichen Familien oder geht auf ben
Der ſaͤchſ. Adel gehört zu dem gebildetften un fleigigften, aber
theilsfreiſten Deutſchlands. — Zum Bürgerfland rechnet man ı
ſchem Recht ala Kreinehnrene hetrachtet merhen. fherhammt alle n
Sachſen. IH. Statiftifche Überficht 561
B Getnicht nach freiem Willen verlaffen. Der ſaͤchſ. Bauer darf keine bürgerlichen
Mmunhe treiben, und obgleich mit einer. Menge von Steuern belaftet, wird er doch
Pie Landtage nicht vertreten. — Unter ben perfönlichen Ständen genießt ber
VNete in Gachſen noch die verdiente Achtung, ſowie Sachfen ihm auch einen Theil
Achtung beim Auslande verdankt. Die alabemifchen Lehrer, die Prediger
Sqchullehrer haben ihren eignen Gerichtsſtand, befondere Wortechte und Bes
gen. Ebenſo die übrigen perfönlichen Stände, Hofbediente und Krieger.
Dinfichtlich der wiffenfhaftlihen Eultur nimmt Sachſen feit ber
mation und durch diefelbe — was feine Licht liebenden und verbreitenden
ner nie vergeffen werden — nicht nur unter ben beutfchen, fondern über
unter Europas Staaten einen ausgezeichneten Rang ein, und e6 hat ſchon
Sehrhunderten ein allmäliges Sortfchreiten feiner hoͤhern und mittlern Wolkes
vor den Suͤddeutſchen voraus. Faſt in jedem Fache der Wiffenfchaften ha⸗
h Sachſen ausgezeichnet und mandye Faͤcher zuerft ausbilden helfen. Dan
% Zi der gefammten Schriftſtellerzahl Deutſchlands auf Sachfen. An der
aller Anftalten für höhere Bildung flieht die Univerfität zu Leipzig
Dauptvorbereitungsanftalten für gelehrte Bildung find die beiden Landes»
zu Meißen und Grimma (f. Fuͤrſten ſchulen), deren Stiftung aus ein-
men Kloſterguͤtern zu ben wohlthätigften Vermaͤchtniſſen der Reformation
Außerdem gibt ed Selehrtenfchulen in Dresden, Leipzig, Baugen, Frei⸗
Zittau, Zwidau, Plauen, Chenmis, Annaberg und Schneeberg. Vorzuͤgliche,
ht gelehrte Bildung beftimmte Schulen befigen Dresden, Leipzig, Baugen,
Kein Kicchfpiel im Lande ift ohne Schule, und in mehren großen Dörs
gibt es mehr als eine. Zur Werbefferung der Unterrichtöweife hat befonbers
788 gefliftete Randfchullehrerfeminarium zu Dresden mwohlthätig gewirkt.
Bbiefem gibt es ähnliche Anſtalten für einzelne Bezirke, wie Freiberg, Baus
Bittan, Glauchau. In den bedeutendften Städten gibt es Freifchulen für
und in Dresden, Leipzig und Freiberg Sonntagsſchulen für Handwerks⸗
"weiche in den beiden erſten Städten von den Freimaurerlogen geftiftet
Als Lehranftalten für befondere Zwecke find ausgezeichnet: 1) bie Berg⸗
zu Freiberg zur wiſſenſchaftlichen Bildung ber dem Bergbau fich widmen⸗
mglinge, welche fett ihrer Stiftung, 1766, Zöglinge aus allen Ländern Eu⸗
und ſelbſt aus andern MWelttheilen gehabt hat; 2) die urſpruͤnglich 1748
Bte, 1815 nach einem beffern Plan eingerichtete chirurgiſch⸗mediciniſche Aka⸗
s Dreöden, zunaͤchſt zur Bilbung tuͤchtiger Feldwundaͤrzte, mit welcher eine
menſchule und ein Entbindungshaus verbunden unb eine Thierarzneifchule
st if; 3) die 1816 zur oͤffentlichen Anftale erhobene Forſtakademie zu
zant (f. d.), wo Alte, die beim Forſtweſen Anftellung fuchen, ſich bifben
in, und die häufig. von Ausländern befucht wird; 4) die 1815 und 1816
der ehemaligen Ingenieurakademie und Artillerieſchule nad) einem erweiterten
Bere gefchaffene Militairakademie zu Dresden, die Offictere für alle Waffen⸗
Ingen bilbet; 5) das Cadettenhaus zu Dresden, zur wiffenfchaftlichen Bil⸗
‚adellger Juͤnglinge, hauptfächlich ede den Kriegsdienſt; 6) eine technifche
We entftand 1828 in Dresden. Zu den literarifchen Wereinen gehören: bie
acht als 50 J. nuͤtzlich wirkende oͤkonomiſche Societät, die ihren Hauptflamm
wesden und eine Nebengeſellſchaft zu Leipzig hat; die Jablonowski'ſche, bie
ke, die Linneifche, die naturforfch. Gefellfchaft und der Alterthumsverein,
wettch zur Leipzig, die mineralog. Gefelifchaft, die Geſellſch. für Natur: und
Iude und die Flora (für Botanik) zu Dresden. Unter den öffentl. Bücher:
iungen flieht oben an bie k. Bibliothek zu Dresden *) mit 220,000 Bbn. und
BB. „Geſchichte u. Beſchreib. ber k. oͤffentl. Bibliothek zu Dresden” von F. A. Ebert
wan,öz. Giebente Xu, 8b. IX. 36
‚562 Sachſen. III. Statiſtiſche Überficht
2700 Handfchr.; Leipzig befigt die Raths⸗ und die Univerfitätsbähietke,
diefen Sammlungen gibt es eine öffentl. Bibliothek in Zittau und aufehuf
cherſammlungen bei den Schulen zu Meißen, Freiberg, Zwickan, Leid
wichtige Beförderungsmittel und zugleich Barometer der literariſchen 6
ber Buchhandel, deffen Mittelpunkt Leipzig ift, wo in den Oſtermeſſen ef
ayswärt. Buchhandlungen zufammentommen. Sachſens Buchhankie
gefähr 80) bringen über 4 der jährlich erfcheinenden neuen Werke (etwa 3
und darunter die leipziger Buchhandlungen $ auf den Büchermarlt. Bi
reien find fehr zahlreich; faft jebe Mittelſtadt Hat deren 1, zuweilen 2—.
Friedrich Auguft I. bob ſich auch die artiftifhe Cultur in Sachſen durch!
derung, die er und nad) ihm f. Sohn den Künften angebeihen ließen, dan
Künftter aufmunterte und befhäftigte, theild Kunſtſammlungen anlegt
weiterte. (S. Dresdens Kunftlfammilungen.) Unter ben einge
fen möchten Bildhauerfunft und Baukunſt in Sachen noch am weitefl
fein, während e8 in der Malerei und Kupferftchertunft fehr achtbare N
zumelfen hat. Die fchon zu Anfange des 18. Jahrh. geftiftete Malerfd
von dem Kurf. Chriftian 1763 nach Hageborn’6 Plan in eine Akad. der
Künfte umgefchaffen, die zu Dresden ihren Sig hat, und mit welcher eh
Anftalt zw Leipzig und eine Zeichnungsfchule zu Meißen in Verbindu
Eine Baufchule wurde 1819 damit verbunden. Die jährl. Ausſtellunge
demie zu Dresden geben den Maßſtab zur Beurtheilung ber Leiftungen a
Friedrich Auguft I. und IL. hob fich auch die Tonkunſt, welche befonders
treffliche Capelle in Dresden gefördert wurde, und fortbauernb wird tk
Anftalt, ſowie durch ftehende Goncerte in der Hauptftadt und in Leipzig,
tung und Ausbildung bes muſikaliſchen Geſchmacks gewirkt.
Sachſen gehörte von je her zu den gemerbfamften Ländern; ein:
Aufſchwung aber erhielt die Betriebſamſamkeit nach der Mitte des 16
wo viele Flüchtlinge aus den fpanifchen Niederlanden, beſonders Woln
wanderten, wozu in ber Kolgezeit auch gemwerbfame, durch blinden Gla
vertriebene Flüchtlinge aus Öftreich und Frankreich kamen. Sachſen if
ſichtlich des Gewerbfleißes und Handels eins der außgezeichnetften Länder
und mehr als die Hälfte (+) feiner Bewohner gehören zu denjenigen, 1
mifche oder ausländifche rohe Stoffe veredeln und damit Verkehr treibı
Land erzeugt und veredelt für den eignen Bedarf, und fo viel barliber, t
Fehlende vom Auslande nehmen und doc) im Wohlftande fleigen kann.
gierung greift nie hindernd und hemmend, wol aber durch Belohnung
und a. Beguͤnſtigungen fördernd ein, und eine eigne Behörde, bie Lande
mies Manufactur= und Commerzien= Deputation, hat in biefem Sinne
wohlthätig gewirkt. Einer der aͤlteſten und wichtigften Gewerbzweige if
weberei, die vorzüglich auf der rechten Seite ber Eibe, in ber ſuͤdoͤſtl La:
_ Immer ber Hauptfiß diefed Gewerbes) und einem Theile des meißnifd
getrieben wird. In der Laufig hat fich diefer Gewerbzweig feit der Mitt
Jahrh. aus den Städten faft ganz auf das Land gezogen und baburdh zu b
handel Anlaß gegeben, der fir das Gedeihen der Fabrik eher foͤrderllch
theilig gewefen ift und daher auch von der Regierung gegen die Anfprüch
tifhen Monopoliſten befchügt wurde. Der Abfag hat ziwar, gegen die g
Zeit des Verkehrs im legten SSahrzehend des 18. Jahrh., bebeutend abge
doch mögen ſich noch immer gegen 70,000 Menſchen mit diefem Bewerb
(häftigen, der auch in dem Damaft von Großſchoͤnau ein Erzeugniß lie
nirgends in gleicher Vortrefflichkeit verfertigt wird. Allein bie Bleichan
ber Oberlaufig reichen nicht hin, und es geht jährlich eine bedeutende Gun
nigftens 50,000 Thlr.) für Bleicherlohn nad Böhmen und Schlefier
| ‚Sachfen. III. Statiftifche Überficht 568
jaͤhrl. Betrag dieſes Gewerbes auf 3 MIN. The. Die Wachstuch⸗
Leipzig lieferten fonft ganze Schiffslabumgen nach Amerika. Gutes
serfertigt Dresden auch fuͤr auswärtigen Abfag. Die Leinenbandmanu⸗
Radeberg, Pulsnig und Annaberg find bedeutend. Zwirnſpitzen von
Schönheit liefert da6 Ober-Erzgebirge, wo Annaberg und Schneeberg
se dieſer Dianufactur find, die gegen 30,000 Menfchen befchäftigt und
1 Mid. Thlr. Waare umfegt, wozu nur der feinfte Zwirn aus den Nie:
zogen wird, da das Erzgebirge felbft Zwirn bis zu 70 Thlr. das Pfund
Papiermuͤhlen iſt Sachſen nad) Verhältniß das reichte Land; es gibt
O, und im ſuͤdweſtl. Erzgebirge Eommt eine auf 2 IM.; dennoch lie
t hinlaͤnglich für den Bedarf des Landes. Bedeutender als bie Lein-
ie Sabrication der rohen und theils in England, theils im Lande gefpons
nmolle. Das Erzgebirge und das Volgtland find die Hauptfige diefes
und während dort, befonder& um Chemnig, wo es auch die wichtigften
ereien und darunter die größte in Deutfchland gibt, die Baummollens
Strumpfwirkerei blühen, ift hier, vorzüglich in Plauen, der Sig der
und Schleierweberei. Nirgends in Deutfchland wird die Baumwolle
ebt als in Sachfen, und feit ber Abnahme der Leinweberei hat fich bie
etriebfamkeit des ſaͤchſ. Fabricanten häufig mit Leichtigkeit und Erfolg
Gewerbe zugewandt. Für Baummollenwebereien gibt ed eine Menge
e größten um Mitweida. Die engl. Spinnmafchinen, deren man be:
» zählt, und die ſich noch immer vermehren, haben die Handfpinnerei '
ert, und man hat e& bereits fo weit gebracht, daß man aus 16 Loth
einen Haben von mehr al8 45,000 Fuß Länge fpinnt. Spinnmühlen
20 um Chenmis, die fchönfte in Geier. In und um Chemnig allein
0,000 Menſchen mit Baummollenarbeiten, und um Plauen im Voigt
15,000 mit Mouffelinweberei amd gegen 10,000 Menfchen mit Des
yefchäftigt. Der Betrag der fächf. Baummollenfabrication möchte
jefammten Baummollenmwaarenerzeugung in Deutfchland ausmachen.
e Manufacturen von Holzwaaren und hölzernen Spielfachen (im Ober-
von muſikaliſchen Snfteumenten (zu Adorf, Neukirchen und Leipzig),
Bgeflelln (um Tharand, in Dibernhau, Leipzig, Derrnhut), bie zuſam⸗
th von mehr als 200,000 Thim. betragen, wovon das Ausland über
ie Strohhutflechterei um Dresden, bie man zu einem gleichen Werth>
laͤgt, und die Tabacksfabriken (befonders in Leipzig) zu erwähnen. —
veigen der Gewerbſamkeit, die Erzeugniſſe des Thierreich verarbeiten,
hmanufactur oben an, und wenn fie gegen frlihere Zeiten, mo fie für
6,000 Thlr. inländifche und für ungefähr 48,000 Thlr. auslaͤndiſche
hte, an Abſatz verloren haben follte, fo möchte fie doch an Güte ihrer
befonders feit ber Gontinentalfperre, gewonnen haben. Oderan,
»ßenhain, Krimmitfchau, Roßwein, Baugen, Zittau, Bernftabt, Ka⸗
die meiften und beften Tücher, und das Land überhaupt jährl. 60,000
fflicher Mitteltuͤcher, ſelbſt feine dis zu einem hohen Grade von Voll:
In manchen Zweigen der Wollenmanufactur, bie der fächf. Induftrie
y, hat fie in kurzer Zeit große Kortfchritte gemacht, wie in der Cafimirs
vorzüglich aber.in der Manufactur des Merino, der engl. Fabricate weit
Ran ſchaͤtzt die Sefammtzahl der Woltenfabricanten auf 25,000 Men:
pinner mit gerechnet. Diefe haben e& zu folcher Vollkommenheit ge
fie aus 1 Pfund Wolle über 10,000 Ellen Garn fpinnen. Es gibt
nige Spinnmühlen. — In der metalliſchen Sabrication find die Eifen-
Erzgebirge, mo es die meiften Eifenhämmer gibt, jegt minder bedeu⸗
ſt. Fuͤr das Silberausfchmelzen gibt es nur eine lc wu
564 Sachſen. TIL Statiftifche überſicht
Freiberg, wohin das Silber aus allen Bergwerksbezirken gebracht werd
Dabei ift das Amalgamirwerk, das größte von allen für Talte Amalgamatis
dem Silber wird jährl. gegen 1 Mid. Thle. an Gelde gemünzt. Von der
Wichtigkeit find 4 Blaufarbenwerke, die aus dem fächf. Kobalt (feit d. 17.
eine blaue Farbe bereiten. Außerdem find zu erwähnen: die Kupferfaigel
Erzgebirge, die auch viel böhmifches Kupfer verarbeitet, nebſt großen Ku
merwerken, die auch das fächf. Kupfergelb prägen; das große Meſſing
Voigtlande, deffen Hauptfig zu Rodewiſch ift, das mwichtigfte in Deutſchl
Zinnfchmelzhütten und der für anfehnlichen Abfag ins Ausland arbeiten
folienpammer zu Olbernhau; 2 Arſenikwerke im Erzgebirge; anſehnlich
fel⸗ und Vitriolwerke, befonders zu Beierfeld und bei Geier im Erzgebirg
den Gewerbanftalten, welche Diineralerzeugniffe bearbeiten, find befont
zuzeichnen: die Bilechiöffelfabrid in ber Gegend von Schwarzenberg im €
deren Ertrag über 100,000 Thlr. fteigt; die Bereitung von ſchwarzen
zinnten Blechwaaren in berfelben Gegend; die Nagelfchmiederei; eifer
teriewaaren zu Hainichen, deren Abſatz befonbers in die Levante geht; d
Ianfabri, die hinfichtlich der Weiße und Haltbarkeit der Maffe ihrer Fat
erfte von allen ift; die Serpentindrechfelei (zu Zöblig), bie einzige, die
‚pentin im Großen verarbeitet.
Die wichtigfte Befoͤrderung des fähfifhen Handels war die €
der Silberbergmerke (1167) und die Stiftung (1176) der Meffen zu Lei
fhon in ber legten Hälfte des 14. Jahrh. über Augsbarg und Nürnberg
levantifchen Handel nahm. Sachſen treibt noch jetzt, troß aller Befch
von Außen, nad) Verhältniß feiner Größe den wichtigften Handel umter ı
fhen Staaten, die Hanfeflädte ausgenommen. Der Mittelpunkt des
Spebitions=, Commiſſions⸗, Wechſel⸗ und Buchhandels ift Leipzig. Di
wollenhanbel theilt e8 mit Chemnig, Plauen und Zittau, den Colonialw
bei, befonders feit ber freien Eibfchifffahrt, mit Dresden. Der Tran]
fie Sachſen von der größten Wichtigkeit, Ift durch die Theilung bes Lo
die den freien Waarengang hemmenden Zollgefege des von 3 Seiten ang
Nachbarlandes zum Theil vermindert und zum Theil auf andre Wege ge
den. Schon feit ber Einführung des neuen preuß. Zollſyſtems ift der
handel in Dreöden bedeutend geworben und hat fidy noch mehr, fowie :
ber Speditionshanbel, durch die freie Elbfchifffahrt gehoben, die für all
Elbſtaͤdte und den ſaͤchſ. Handel im Allgemeinen günftige Ergebniffe erw
wie benn bereits die Stiftung einer elb:weftindifchen Handelsgeſellſchaft
al& eine Folge derfelben genannt werden muß. Wichtigen Zwiſchenhand
außer Leipzig und Dresden, aud Zittau, Chemnig und Herrnhut.
durchaus die bedeutendſten Fabriken fegen ihre Waaren häufig von Hau
das Ausland ab oder verkaufen fie auf den Meſſen zu Frankfurt und Braı
Der Betrag bes ſaͤchſ. Handels wird ſich immer, ſchon teil der Begriff
dels unbeſtimmt ift, nur höchft unficher angeben laffen, und die daruͤber
menen Angaben innen bloß für annähernd gelten. So ſchaͤtzt man ber
hen Handel auf 10 Mill., wovon gegen 8 Mil. durch die Hände der
Kaufleute gehen; den gefammten leipziger Waarenhandel in den Mefle
Mill., den Buchhandel auf 2 Miu., und Sachſens reinen Gewim voı
ſamenten Handel auf 2 Mill. und von dem Buchhandel auf 200,000 Xp
2) Verfaſſung und Verwaltung. Das Land ift polltiſch
mer, wie in frühern Zeiten, in vereinigte und nicht vereinigte Lande ed
Die erfteen haben eine im Ganzen gemeinfchaftliche Verfaffung und Be
und zerfallen a) in unmittelbare, wozu bie 4 Kreiſe gehören, bie m ä
£heilt find und auch die alten Erblande heißen; b) in mittelbare, wozu Di
N
Sachen. II. Statiſtiſche Überſicht 565
en und Wurzen und die Standesherren, bie Grafen von Solms als Beſitzer
xerrſchaft Wildenfels und die 5 Receßherrſchaften der Fuͤrſten, Grafen und
azu Schoͤnburg (f. d.) gerechnet werben. Zuden nicht vereinigten Landen
: jegt nur noch der lberreft des Markgrafthums Oberlaufis, der aus den Vier:
3 (ehe Goͤrlitz und Lauban abgeriffen waren, hießen fie Sechsſtaͤdte) Baugen,
, Kamenz, Löbau und dem Landkreis, nebft den Befigungen des Stiftes
mgen, der Nonnenklöfter Marienftern und Marienthal, und den Standes:
aften Koͤnigsbruͤck und Meiberkdorf befteht. Diefe Provinz hat ihre signe
lefaffung und Verwaltung. — Gadıfen ift eine durch die Verhältniffe des
Iheren zum beutfchen Bunde und zu der auf Verträge und Landtagsabſchiede
‚beten Landfchaftlihen Verfaffung befchränkte Monarchie. Die Thronfolge
Mannsſtamm ber Aibertinifchen Linie nach dem feit 1499 eingeführten Erft-
Brecht erblich umd der Thronerbe nach vollendetem 18. Jahre münbig. Die
indſchaft über den Unmünbigen und die Negentfchaft fteht dem naͤchſten Sei⸗
vanbten zu. Im Erloͤſchungsfall der regierenden Linie wuͤrden die Erblande
ältere oder Erneſtiniſche Linie fallen, hinſichtlich ber Lauſitz aber nad)
flimmungen bes prager Sriedens (1635) andre Verhältniffe eintreten. Das
n befteht aus 5 ſchwarzen Balken im goldenen Felde mit der in Rautenform
en, fchräg darüber gebogenen Derzogskrone. Der König hat ungetheilt die
ende Gewalt, das Ernennungsrecht zu allen Stellen, das Recht der Be-
ang, alle Militairgemalt und bie Oberhoheit in den Standeöherrfchaften.
tände nehmen an der Staatsregierung Antheil theild durch Bewilligumg der
n, theild durch eine berathende Stimme bei wichtigen allgemeinen Landes⸗
errbeiten, befonber& bei der Geſetzgebung, bei dem Religions » und Schul
bei Polizeis, Gewerbs⸗ und Handelsſachen. Die ftändifche Verfaffung ift
zz die alte, auß frühern Jahrhunderten übergegangme. Das Markgrafthum
ufis bat zwar feine eigne ftändifche Verfaffung, body nehmen die Stände
n feit 1817 auch an den allgemeinen Landtagen Theil.
Yie Stände der Erblande bilden: a) die Prälaten, Grafen und Herren,
ie Abgeordneten des Stiftes Meißen, dee Herrſchaft Solms, ber ſchoͤn⸗
hen Herrſchaften und der Univerfität zu Leipzig gehören; b) der Ritterfchaft,
e Befiger von Rittergütern; nur bie altzabeligen Beſitzer der-fchriftfäffigen,
© hoͤchſten Regierungsbehörbe unmittelbar unterworfenen Güter aber, bie
, 8 Ahnen von väterlicher und mütterlicher Seite beweiſen koͤnnen (wirkliche
neräthe und Oberften, die im Selbe befehligt haben, find von der Ahnen:
Mein frei), haben in eignem Namen Sig und Stimme, die bürgerlichen
£ ſolcher Güter hingegen, ſowie die neuzadeligen Eigenthümer ber Rittergüs
Heinen nad) der Verordnung vom 16. Oct. 1820 durch 40 gewählte Abge⸗
(29 aus den Erblanden und 11 aus der Oberlaufig); e) die Städte, d.h. _
zeorbneten ber Stadträthe derjenigen 81 erbländifchen Städte, bie Sig und
ne auf ben Landtagen haben, wozu neuerlid, auch die 4 oberlaufigifchen
e, Baugen, Zittau, Kamenz und Löbau gefommen find. Die Ritterfchaft
ich in 3 befonders berathfchlagende Vereine: ben engen und weiten Ausfchuß
e allgemeine Ritterfhaft. Im engen Ausſchuſſe hatten bei dem Landtage
32021 auch die Standesherrfchaften Königebrüud und Meibersdorf, der
liſche) Dechant des Stiftes zu Baugen und bie Abgeordneten des Stiftes zu
m und außerdem 26 altzadelige Mitglieder der mit fhriftfäffigen Ritterguͤ⸗
mgefeffenen Ritterfchaft, überhaupt 30 Stimmführer Sig. Im meitn
buffe waren bei jenem Landtage 45, und in der allgemeinen Ritterfchaft
a meißniſchen Kreife 22 (morumter 4 bürgerliche Mittergutsbefiger), b) vom
Ixgifchen 9 (darunter ein Bürgerlicher), c) vom leipziger 13 (mit 4 Buͤr⸗
ven), d) vom voigtlaͤndiſchen 2, e) von ber Oberlaufig 19 wir 3 Binxgerio
566 - Sachfen. IH. Statiſtiſche Überſicht
hen. Aus biefen Angaben fehen wir auch, daß im leipziger Kreife v
Gig mehr Rittergüter im Beſitze von Bürgerlichen find als In den an
theifen. Auch die Städte bilden 3 Vereine: einen engen Ausſchuß
das hier, ſowie unter den Städten überhaupt ben Vorfig hat — Drest
Zwickau, Steiberg, Zittau, Chemnis, Plauen), einen weiten Aus|
berg — mit dem Rechte des Vorfiges — Meißen, Großenhain,
Marienberg, Kamenz, Löbau, Wurzen, Pirna, Olsnitz, Borna,
die allgemeinen Städte, die nach ben 4 Kreifen an * Tifchen figen, uͤ
davorraus dem meißnifchen Kreife 16, worunter Ofchag den Vorfig I
erzgebirgifhen 32, darunter Stollberg als vorfigende Stadt, aus
44, worunter Grimma den Vorſizz führt, aus dem volgtlänbifche
Marktneukirchen den Rang hat. Die Zahl der Mitglieber des Zant
2235 bis 230, tod) ann man, da die Städte und die Univerfität mı
nete fenden, bie Zahl der nach und nach erfcheinenden Mitglieder
fegen. Das Directorium der zweiten und dritten Claffe der Staͤnd
fondere des engen Ausfchuffes der Ritterfchaft hat der Erbmarſchall
Stellvertreter, der Erbmarſchallamtsverweſer. Die Erbmarfchallar
faß ehedem mehre 100 Jahre hindurch die gräfliche Familie Löfer, fe
felbe zu Anfange dieſes Jahrh. abgegeben hat, wird fein Stellvertrei
tagepräfident) vom Könige ernannt. Ale Angelegenheiten, welche
herrn an die Stände, ober an jenen von bdiefen gelangen, mwerben q
allen 3 ritterfchaftlichen, wie in den fädtifchen Gurten, berathen, u
führt, unabhängig von den andern, ihre begutachtende Stimme. 2
‚ ordnung von 1728 *) ift im Ganzen noch gültig, außer daß zur Mit:
oben erwähnt, auch gewählte neuzadelige und bürgerliche Abgeordn
“find, da von 800 landtagsfähigen Ritterglitern ſich fchon gegen + üı
Hinden befindet, daß ferner die lauſitziſchen Ritter und Vierftädte X
„meinen Landtage nehmen, und einige früher nicht landtagsfaͤhige S
tanftädt umdb Zwenkau) im leipziger Kreife 1817 Sig und Stimme ⸗
Der von den Ständen 1821 gemachte Antrag, die Landtagsordnung
und ftändifche Abgeordnete neu bearbeiten zu laffen, wurde abgeſch
die Eröffnung und ber Schluß des Landtages find feierliche Handlung
vor dem Könige flattfinden. Bei jener wird die koͤnigl. Landtagspi
Ständen vorgelefen. Über diefe berathen die ftändifchen Coffegien mit
abtheilungen, worauf dann die Präliminarfchrift, die Beſchwerden
der Stände enthaltend, von dem ftädtifchen Directorium (dem Abgı
Stabt Leipzig) ausgearbeitet und durch eine Deputation ber Ritterfchaf
überreicht wird. Die während der Sigungen an die Stände von S
gierung zu machenden Eröffnungen gefchehen durch Decrete, welche
ritterſchaftlichen Ausſchuß gelangen und von diefem den übrigen Col
theilt werben. Finden bei der Verhandlung zwifchen ber Regierung un
ben keine Schwierigkeiten flatt, fo erfolgt bie Hauptbewilligungsſchrift
und Abgaben), welche der Erbmarfchan felbft mit einer Deputation a
ber Stände überreicht. Endlich wird durch den Landtagsabſchied dei
fhloffen, wobei der König jedesmal durch eigens ausgeſtellte Werfich:
verfe) den Ständen fich verpflichtet, ohne deren Math und Bewill
Steuerverfaffung Leine Veränderung zu geftatten. Manche Unterfu
Arbeiten werben während der Sigungen einzelnen fländifchen Comm
Deputationen aufgetragen. Die Landtagsacten wurden früher gefi
dem Decret vom 16. Oct. 1820 aber werben fie, jedoch bloß für die 2
Ständeverfammlung , durch Steindruck vervielfältigt; die ſchon 1818
7) Perausgeg. von Hausmann (Reipy. L7I9) und von Blum Keigg,
Sachſen. IT. Statiftifche Überficht 567
hhen Gollegien in Antrag gebrachte, aber vom engen Ausfchuffe ber Ritter:
bedenklich gefundene Veröffentlichung der wichtigſten Landtagsſchriften
np den Druck iſt nicht genehmigt worben. Die Landtage wurden bis in die
Beit alle 6 Fahre gehalten, und auf diefen Zeitraum von den Ständen jes
u die Geenern bewilligt, neuerlich aber haben nur Zjaͤhr. Bewilligungen flatt
wedurch die Verfanmmlung der Stände von 3 zu 3 Jahren nöthtg wurde.
erhalten eine beftimmte tägliche Auslöfung aus der Steuercaffe. Der
Ständeverfammiung iſt feit dem 17. Jahrh. Dresden. Die ehemaligen
haben aufgehört. — Die Stände der Oberlaufig, die bis in bie
Beiten bie Angelegenheiten ihrer Landfchaft in befondern Verſammlungen,
w Wangen gehalten wurden, beriethen, theilen fid in den Stand vom Lande
a den Städteftand. Zu jenem gehören die Standeöherren, die Prälaten
HDemcapitel zu Bautzen) und bie bucch proteftantifche abelige Kloſtervoͤgte ver
ne Nonnenkloͤſter Marienſtern und Marienthal und die Ritterfchaft, welche
is den Erblanden in 3 Unterabtheilungen zerfällt; zu dem Städteftand die noch
vu 4 Sechſeſtaͤdte. (Bol. Laufis) Die Kreistage, gefeglich confli- .
durch bie Kreisordnung vom 10. Aug. 1821, bilden ſich durch die Ritters
R ber verfchiedenen Kreife. Sie befchäftigen ſich mit der Berathung der allges
um Angelegenheiten ihres Kreifes, in&befondere mit der Vertheilung ber auf
Rendtagen auf die Ritterfchaft verwilligten Präftationen berfelben unter deren
ber, fowwie mit ben Caſſen⸗ und Rechnungsangelegenheiten.
Ba Hofſtaate gehören: 1) das Oberhofmarfchallamt, die erſte Hofbes
R, fuͤr weiche alle eigentliche Dofangelegenheiten gehören; es fleht unter dem
u Dofmarfchall, dem Dberküchenmeifter, dem Oberſchenken und bem Hofs
ſemarſchall; ihm find die Kammerjunker, Dofärzte ıc. untergeben; 2) die
befleht aus dem Oberkammerherrn, dem bie Geremonienmeifter,
bern, die koͤnigl. (öffentliche) Bibliothek und einige andre Sammlun⸗
mtergeben find, und aus dem Rammerbepartement, zu welchem die koͤnigl.
Waͤter, bie Beifttichen ber kathol. Hofkirche, die Leibaͤrzte, Hofapotheke, die
merbedienung, koͤnigl. Schatulle ıc. gehören; 3) das Hausmarfchallamt;
u Dberftallamt; das Oberhofjägermeifteramt. Das Hoftheater (beutfches
uſpiel und italien. Oper) und die muflkalifche Capelle ftehen unter einer befons
Direction. Die Königin und jedes Mitglied der koͤnigl. Familie haben einen
a größern ober Pleinern Hofftaat. Die Hofordnumg befteht aus 5 Claſſen
Dberhofmarſchall bis herab auf dem Titularrath und wird firenge beobach⸗
Die Bitterorben find: 1) ber 1736 geftiftete und 1768 erneuerte St.⸗Hein⸗
nden für Rriegerverdienft, mit 3 Rangclaffen; 2) der 1807 geftiftete Or⸗
we Rautentrone (f. d.), beffen erſter Ritter Napoleon wurde, ein Haus:
: fer Fürften und vornehme Staatsbeamte; 3) der Civilorden für Verdienſt
Ereute, 1815, nad) des Königs Ruͤckkehr, gefliftet, mit 3 Ritterclaffen und
Weballimdaffe. Der König iſt Großmeiſter aller Orden. Über das fächf.
Isifehe Wappen: 5 ſchwarze Balken im goldenen Felde, f. Anhalt und
tmentrone -
In der StaatLverwaltung find feit 1815 wichtigere Veränderumgen
tseten als in der Verfafſung; fie iſt jedoch, wie diefe, noch mancher zeitges
m Umbildung ımb Vereinfachung fähig. Im Ganzen iſt ihr Charakter recht⸗
ohne willfürliche Formen, vorfichtig, langſam und bebächtig vorwärtß fchreis
‚ Die hoͤchſten Verwaltimgöbehörben find: 1) das geheime Gabinet, urs
nglich (1697) Für die polniſchen Angelegenheiten errichtet, vertritt die Stelle
Btaatoſecretariats andrer Länder; ihm kommt die Bearbeitung aller dem Lan⸗
ern zur eignen Entſcheidung vorbehaltenen Angelegenheiten zu, und es bringt
ingersichten Wittfchtiftn zum Vortrag. Den Vortrag haben 3 Cabtnetiuig
gehobenen Behörde flanden, mit ber obern Leitung der evangel
gelegenheiten beauftragt, weßhalb biefe Staatsbenmten augebu
fein und den Religionseid ablegen müffen. Der Geheimerath |
mäßig aus wenigſtens 3 beſonders dazu verorbneten wirklichen (
jegt 2 Conferenzminifter — und außerdem aus ben Präftdente
giums, der Kriegsverwaltungskammer und dem Kanzler ber Lan!
in Fällen, die das Gteuerwefen betreffen, der Oberftenerbire
und diefe höchfte Behörde iſt zunaͤchſt zur Berathung des Koͤni⸗
besverfaffung, bie Gefeggebung und allgemeine Verwaltung b
genheiten beftimmt und hat über die gefammte öffentliche Ver
auffiht. 3) Das geh. Finanzcollegium, das urfpruͤnglich av
ordneten Kammer entftand und 1782 feine neuere Einrichtung e
waltung des gefammten Sinanzwefens, ber Domainen und Re
aus fliegenden Einkünfte, fowie auch der Bergwerke, mithin
buchhaltung und bie Oberaufficht Aber alle landesherrliche Caffı
4815 nur aus 2 Departements, wovon dem erften die Verfaſſu
der Behörde, die Hauptcaffe, das Poftwefen, der Straßen: u
Salzregie und bie indirecten Abgaben, dem zweiten aber bie D
Floͤßen, der Bergbau, die Münze und das Bauweſen zugew
Behörde find die Kreis» und Amtshauptieute (obgleich eigentlic
die hoͤhern Forſtbeamten, die Bergämter, die Oberpoflämter (Rei
die obern Xccifebeamten untergeben. Sie hat die Gerichtsbart
Acciſe⸗, Zoll ⸗· und Geleitsregie beauftragten Perfonen, fomwie ı
geordnete Beamten in Sachen, welche ihr Dienflverhältnig an
die höchfte Appelationsinftanz für das Bergwefen. 4) Die 4
Tammer trat an bie Stelle des ehrmaligen geh. Kriegsrathscollegi
militairiſche Angelegenheiten, mit Ausnahme der Commanbofi
Generalkriegegerichtöcolegiums untergeordneten Militairjuſtiz;
legenheiten der kauſit aber gehören vor ben Geheimencath. 5)
. Sachſen. II. Statiftifche Überficht 569
igteaſſe anzubringenden Mechtöfachen; die zur rechtlichen Ausführung ges
en Lebnsftreitigkeiten, und endlich Klaganfprüche gegen das Domcapitel
jen mb die Fürften, Grafen und Herren zu Schönburg. Durch das Mans
ı 13. März 1822 iſt die Verfaſſung der Juſtizbehoͤrden einfacher geworden,
Cognition über eingewenbete Appellationen in bürgerlichen Rechtsſtreitig⸗
warst nicht mehr der Landesregierung, fondern dem Appellationsgerichte
Das Dberfteuercollegium empfängt und berechnet alle von den Ständen
e orbentlidhe und außerordentliche Steuern, und bie Mitglieber beffelben
ums Theil vom König, zum Theil von ben Etänden ernannt. Unter ihm
H bie Gteuercreditcaffe, bie aus 4 Deputirten von der Nitterfchaft und
elen Abgeorbneten der Städte Dresden, Leipzig, Zwickau und Plauen bes
) Der Kirchenrath und das Oberconfiftorium, feit 1706 eine vereinigte
„ bie in ber erften Eigenfchaft ale die höchfte geiftliche Landesſtelle das ges
Kirchen⸗ und Schulwefen leitet und im Namen des Landesheren verfügt,
iſtorium aber nur Verordnungen erläßt. Unter ihm flehen die 25 Su⸗
denten und geiftlichen Inſpectoren des Landes, fowie die Büchercommilffion
g, die über die Beobachtung der hinſichtlich ber fiterarifchen Polizei und
hhandels beſtehenden Verorbnungen zu wachen bat. Zr die röm.skathol.
Bgenoffen in den 4 erbländ. Kreifen ift nach bem Mandat vom 19. Febr.
36 apoftolifche Vicariat in Dresden die oberfte geiftliche Behoͤrde; es
„ft dem ihm untergeordneten kathol. Gonfiftorium , die geiftlichen Anger
en unb die geiftl. Gerichtöbarkeit in ber Maße zu verwalten, wie ſolches
evangel. Kirchenrathe (untergeorbnet ben im Geh. Mathe ſitzenden evangel.
then) und ben unter demfelben ſtehenden Gonfiftorien hinſichtlich der
Unterthanen geſchieht. Das Kirchenregiment der kathol. Kirche in ber Lau⸗
: von dem Dechant bed Domftiftes St.:Petri zu Bautzen ausgeuͤbt.
gibt es noch Deputationen und Commiffionen, die theild nur einftweilig,
mernb find. Zu ben legtern gehören: a) die Oberrechnungsdeputation,
gliedern verfchiedener hoͤchſten Behörden und einem Steuerbeamten ımter
rfige eines Conferenzminiſters beftehend, für bie Unterfuchung ber Rech⸗
aller Staatscafien, bis auf die koͤnigl. Schatulle, und für die Aufficht
Der Beflimmung gemäße Verwendung aller Gaffeneinnahmen; b) bie
Dkonomies DManufactur » und Commerziendeputation, gleichfam aus
ern verfchiebener Landesbehörden zuſammengeſetzt, führt bie Aufficht über
eBinbuftrie überhaupt; e) die Commiffion zur Beforgung ber allgemeinen
und Derforgungsanftalten, zu beren Mitgliedern auch ein ftänbifcher Ab⸗
er gehört, und unter welcher, außer den beiden Zuchthaͤuſern zu Zwickau
Ldheim, das Randarbeitshaus zu Koldis und die Heilanftalt für Seelen-
ufdem Sonnenftein (f. d.) fliehen; A) die Brandverficherungscommifs
Die Verwaltung und Bertheilung ber Beiträge zu der allgemeinen Brands
umgeanftalt; e) bie Commiffion zur Veredlung ber Schäfereien. Zu ben
lichen Behörden diefer Art find zu rechnen: bie 1807 ernannte Landescom-
re Beſorgung aller auf die Folgen des Kriege fich begiehenden Angelegen>
die Kammercrebitcaffencommiffion, 1765 zur Abtragung der Kammer
äfefchulden errichtet; die 1772 zur Ausfertigung, Auswechfelung und
Hung des zu jener Zeit gefchaffenen Papiergeldes angeorbnete Caſſenbillets⸗
ton. — Die früher feit 1791 beftandene Gefegcommiffion, die fich vor⸗
nit einer neuen Proceforbnung befchäftigte, warb 1819 aufgehoben. Die
einzeln befanntgemachten Landesgeſetze werben feit d. 9. Mai 1818 unter
ang einer eignen Redaction in der Geſetzſammlung zur öffentlichen Kunde
ie oberfien Juſtizbehoͤrden find: die Landesregierung und das 1483 uiikt.
| 570 Sachfen. IH. Statiflifche Überficht
Dhberhofgericht zu Leipzig, welches, aus einem Dberhofrichter und ei
und gelehrten Bank beſtehend, jährlich 4 Hauptfigungen hält, wo Urt
gemacht werben, von welchen aber Berufung an die Landesreg
Die Oberamtsregierumg iſt der hoͤchſte Gerichtshof für bie Laufig.
mehre Urtheil fprechende Behörben oder Spruchcollegien. In Ewilſ
Appellationsgericht die oberfte Inſtanz; doch ift hier gegen Haupterke
die Laͤuterung zulaͤſſig. In peinlichen Sachen wird wegen aller App
die Landesregierung berichtet, die bann noͤthigenfalls durch Reſcripte
Verfahren anordnet. Der ſchon im 13. Jahrh. beftanbene, aber «ı
zur Landesbehoͤrde erhobene Schoͤppenſtuhl zu Leipzig ſpricht in allen
ſtizbeamten der 4 Kreife anbängigen peinlihen Fällen das erfte Urthel
ſungsmaͤßig ber unterfuchende Richter nicht Urtheile fällen kann. Di
euität zu Leipzig, die, unabhängig von der Univerfität, ein Spruch
erſter und zweiter Inſtanz bildet und aus 5 Profefforen der Rechte
gern, mit Einfchluß eines vom König ernannten, beſteht, erhält Ci
tſcheidung. Die Oberamtöregierung zu Bautzen iſt zugleich Spt
fuͤr die Oberlaufig. Der 1255 geftift. und 1665 neu eingerichtete B
hi zu Freiberg entfcheibet in allen das Bergweſen betreffenden F
Handelsgericht in Leipzig, aus 2 Nechtögelehrten und 2 Kaufleute
ſpricht in Handelsſachen. Die Rechtepflege in erfler Inſtanz wird
die koͤnigl. Juſtizaͤmter, deren es in den 4 Kreifen 41 gibt, theils burd
raͤthe, theils durch die gutsherrlichen Gerichte der Mittergüter, die g
richtöbarkeit aber von den Confiftorien zu Dresden und Leipzig verwa
iſt auch ein Conſiſtorium für kath. Unterthanen unter. dem Vorſitze des
Vicars zu Dresden angeordnet worden.
Die oberfte Leitung des Polizeimefens fteht der Landesrı
welche Polizeigefege befannt macht, und über Polizeiſtreitigkeiten in le
entfcheibet. In ben 4 Kreifen beforgen bie Poltzeiangelegenheiten 4
leute, und die ihnen untergebenen Amtshauptleute, deren es uͤberhar
Ste haben außer der Aufficht Über die Polizei, jedoch ohne eigentliche
walt, auf bie meiften Theile der Staatsverwaltung, insbefondere auf
der Gewerbe und der Betriebfamkeit zu fehen. Die jähel. Berichte '
Hörden über Nahrungsſtand, Gewerbe und Feldbau werden an fie ab
- von ihnen an bie betreffenden Oberbehörben eingefendet. Die Gen
ihnen, zur Fuͤhrung befonderer Aufficht, untergeben. Die Ortspoll
die Suftisämter und Stabträthe in ihren Amtöfprengeln und "die Darfri
Städte Dresden und Reipzig haben eigne Polizeibehörden. In der DI
tet der Oberamtshauptmann die Polizei. Die oberfte Leitung der n
Polizei hat das Sanitätscollegium zu Dresden in Verbindung mit den
mebicinifchen Facultaͤt zu Leipzig. Won diefer Behörde werben die Ar
ärzte, Hebammen und Apotheker geprüft. Jedes Amt hat f. befolbet:
außer der Aufficht über die Befundheitspflege auch die Heilung der Xı
geltlich übernehmen muß. — Für Krautenhäufer und Irrenanſtalten
geforgt. Die Armenpflege wird durch Waifenhäufer, Arbeitähäufer,
tungen (deren es beſonders in der Oberlaufig fehr reiche gibt) unterfl
Zucht» und Arbeitshaͤuſer find zum Theil muſterhaͤft eingerichtet, di
bloß auf die fichere Bewahrung der Sträflinge bedacht iſt, ſondern fi
Selbſterwerb und zur Befferung anhält. Die Feuerpolizei iſt befonders
und Leipzig vorzüglih. Zu der 1787 geftift. Immobiliar » Wranboerfii
alle Hausbefiger in den & Kreifen verpflichtet. In Reipzig beſteht eine
unternonmene Brandverfiherung. Die Mobiltar Branbcaffe ift einge
Unter ben befondern Zweigen der Ifientlihen Verwaltung find ned) |
Sachſen. III. Statiſtiſche Überſicht 671
Das Poſtweſen gelangte In Sachſen fruͤh zu bebeutender Ausbil⸗
ward ſchon 1681 ausſchließendes Megale; 1715 entſtand die jetzige
ang, und 1722 ſetzte man nad) Zuͤrner's Vermeffungen bie erſten Poſt⸗
ie jedoch an ben neuen Kunfiftraßen durch andre Säulen von Viertelmelle
Imseile erfegt werden. Die Verwaltung des Poſtweſens fleht unter Ober»
es Finanzcollegiums. Es gibt 42 Poftänter und 35 Pofterpeditionen,
t an 77 Örtern Poftanftalten, nach Verhältnig mehr als in irgend einem
te denn auch Sachſen durch f. zahlreichen Poftftationen fich auszeichnet,
nehr als an 90 Örtern gibt. Die Poftwagen find gegenwärtig bequemer
beſonders die Eilwagen; auch für die Poftftraßen iſt unter ber Regierung
fl. Könige mehr als je zuvor gefchehen, da von beinahe 100 Meilen’
$en, die es im Lande gibt, vor f. Regierung nicht eine vorhanden war.
ig Befonders die vom geh. Finanzcollegium abhangende Straßenbaucom⸗
ei. — Das Forſtweſen hat in neuern Zeiten eine verbefferte Einrich⸗
lten. Das Land (auch hierin mit Ausnahme ber Laufls) iſt ſeit 1817 in
eiſe und die Oberforftmeifterei im Voigtland getheitt.: Diefe 5 Abtheilums
Ten in Bezirke und Meviere, welchen Korftmeifter und Foͤrſter vorgefegt
Die Verwaltung dee Bergwerke iſt mufterhaft und hat viel eignes.
jbau auf ganze und halbe Metalle iſt zwar Staatseigenthum, ſchon in
eiten aber ließen die Landesherren auch Privatperfonen Antheil daran neh⸗
erklärten den Bergbau für frei, nur mit Vorbehalt gemwiffer Rechte und
Die Rechte des Staats beftehen: in dem durch Belehnung audgeübten
thum, In der Oberaufficht über dem Bergbau durch Öffentliche Beamte,
richtsbarkeit über die Bergleute, im Vorkaufsrecht ber Metalle, nad
Ues Silber aus den Privatgtuben fuͤr einen beftimmiten Preis dem Staate
werden muß, die Abgaben aber in dem Zehnten, Wagegeld x. Nur
Kanerde und der fchnedenfteiner Zopasfels find der ausfchließenden Bes
es Staats vorbehalten. Der König hat, außer einzelnen Antheilm an
zechen, nur eine einzige Erzgrube als alleiniges Eigenthum ; deſto wichti⸗
ind die Huͤttenwerke, die Silberhuͤtten und das Amalgamirwerk, das
enwerk, die Saigerhuͤtte, das Alaunwerk. Die koͤnigl. Steinkohlen⸗
lauenſchen Grunde find beträchtlich, doc) jetzt, wegen koſtbarer Anlagen,
reinen Gewinn. (Bol. Freiberg) Die Bergleute haben manche
und Befreiungen und eine Uniform. Über alle Bergwerke und Hätten
ſirks iſt ein Bergamt geſetzt, nach deſſen Gutachten und Vorſchrift alle
rbaut werben muͤſſen. Es gibt dern 7. Die Oberaufſicht führen das
unt und das Oberhättenamt. Unter jenem ftehen die Bergämter und die
emie, und unter biefem alle Schmelzhütten und das Amalgamirwerk.
-&inanzwefen zerfällt in das eigentliche Finanzweſen, wozu alle in
Dauptcaffe fliegende Einkünfte gehören, und in das Steuerweſen, wel⸗
r Steuercaffe gehörenden Einkünfte betrifft. Die Einkünfte bes Staats
As Aus den Domainen und koͤnigl. Kammerguͤtern, theils aus ben Re:
wozu die Bergwerks⸗, Forſt⸗, Floß⸗, Muͤnz⸗, Poft:, Salz: und Lehn⸗
zoͤren (man rechnet die Einkuͤnfte dieſer beiden Claſſen auf 1,200,000
elis aus den Steuern. Zu den directen Steuern gehören: als Grundſteuer
Bfteuer, al8 urfprüngliche Gewerbſteuer die Quatemberſteuer, die jedoch
4b auj Grundſtuͤcke ausgedehnt wurde. Dazu find weiter zu zählen: bie
teuer, die Magazinmege, feit 1751 von den Ackergrundſtuͤcken zur Uns
) der Magazine genommen, die neue Steuer von biefen Grundſtuͤcken zur
ber Landftraßen, die Ritterpferbgelder, eine von Rittergütern für bie
zu leiſtenden Kriegsdienfte erhobene Abgabe, die 40 — 50,000
wägt; die Averfionalfummen ber Gtandeöhersfhaften Wiühenkea wer
on Sachſen. IV. Das Gefammthaus Sachfen
-
Schoͤnburg, und ewblich ber Steuerbeitrag ber Oberlaufis, bie ein eignei
ſyſtem hat, ungefähr u zu gemeinfchaftlichen außerorbentl. Geldleiſtung
ter den indirecten Steuern find begriffen: die Landacciſe von inlaͤnd. W
Grenz⸗ ober Landacciſe von ausländ. Waaren, die Confumtionsacdfe in
die Generalaccife auf Dörfern, der Mahlgroſchen (von verbadtenem Gi
den Städten, die Trankſteuer von ausländ. Weinen, Bieren, Branntıs
außerdem bie Trankſteuer von inländ. Biere, bie Sieifchfteuer, der neuerl
Stempelimpoſt. Man rechnet die gefammten Staatseinkünfte auf 6
Ahle. oder gegen 10 Mid. Guld. Da Preußen nach ber Theilung di
kraft des Vertrags vom 28. Aug. 1819, einen Theilder Staats
nahm, fo blieben dem Königreiche etwas über 16,660,000 Thlr. Da
en die Kammerfchulden, für deren Bezahlung die Kammer » Grebitcaf
miffion beftimmt ift, 1,613,234 Thlr. Zur Bezahlung der Zinfen unt
gungsfonds wird jaͤhrlich über 1,000,000 Thir. beftimmt, wozu feit
Steuercrebitcaffe (4 ritterfchaftl. und 4 ftädtifche Deputirte, welche di
ſchuldenweſen verwalten) jährlich) 713,333 Thlr. beiträgt. Won 1823
alle mit 5 Procent verzinfeten Schulden nach der Wahl dev Gläubige
bezahlt oder auf 4 Procent herabgefegt. Die Summe bes Papiergeli
2,500,000 Thie. ; es ſteht der Münze im Verkehr gleich, und alle Zul
Öffentliche Caſſen innen zur Hälfte darin geleiftet werden.
Das Kriegsmefen hat feit 1815 wichtige Veraͤnderungen erfal
Beſtand der Kriegemacht beträgt 13,307 M., alfo wenig mehr als bass (
von 12,000 M., welches Sachſen für die 1. Abth. des 9. Heerhaufen:
ſchen Bundes in Friedenszeiten bereit halten muß. Die Verwaltung (1
Kriegeverwaltimgstammer und der Generalkriegegerichte) fteht unmitt:
des Königs Leitung, theils durch den Minifter bes Innern, theil durch de
fecxetair bed Kriegedepart. (den Chef der geh. Kriegskanzlei der Commar
legenheiten). Zur Unterhaltung bed Heers verwilligen die Erblande jährl.
und zum Mebrerfordernif 207,000 Thlr. ald gewöhnt. Beitrag und bie
26,997 Thle. und zum Mehrerfordernig 23,000, zufammen 923,663
Die ausmwärt. Verhältniffe betreffend, fo unterhielt der Sta
außer dem Gefanbten beim Bundestage, Gefandte zu Berlin, Dündı
Petersburg, Wien, Gefchäftsträger zu Kaffel, Kopenhagen, Madri
gart, Weimar, Rom, London, Hanover; Confuln in Bordeaur, Dan
burg, Malaga, Neapel. Zu den Geſandtſchaftskoſten geben die Stänl
The. — Sachſen bildet im deutfchen Bunde ben vierten Staat und ba
men im Plenum. Das Contingent, das im Kriege auf 18,000 Da
wird, bildet mit den Contingenten ber herzogl. ſaͤchſ. Häufer, der Häuf
Kurheſſen, Zuremburg, Naffau, Reuß, Schwarzburg das neunte Co
welches Sachſen den Oberbefehl hat. Nach dem Kriegsdienfigefege vom
1825 tritt die Dienftpflichtigeit des Einzelnen mit dem 1. San. desje
ein, in deffen Lauf derfelbe f. 20. Jahr zuruͤcklegt. Wenn biefe Claſſ
derlichen Bedarf nicht dedit, folen Mannſchaften aus dem zundächfifok
bensjahre herbeigezogen werben. Befreit find die Stubenten in Leipzig,
Tharand, Dresden, die Sürftenfchüler, Symnafiaften, Seminariften. D
zeit ift auf 8 Jahre feftgefegt. Die Entlaffung erfolgt dann mit ber Ben
auf Erfodern während ber nächften 4 Fahre zur Kriegsreſerve ſich zu fiel:
IV. Das Sefammthaus Sachſen in Meißen theilte fi 1
Linien: A. Die jüngere, die Aibertinifche, feit 1697 kath. Relig
Herzog Albert dem Beherzten (ft. 1500) geftiftet,, hat ihren Sig zu Dred
der ſeit d. 5. Mai 1827 regier. König Anton, geb. b. 27. Dec. 1759,
zum zweiten Dale mit der 1827 verſt. Erzherzogin Maria Therefis, K
Sachſen. IV. Das Geſammthaus Sachſe 575
T., keine Kinder bat, Eommt bie Thronfolge auf den jüngern Bruder
m, geb. 1759, der mit f. 1804 gefl. Gemahlin Caroline von Parma 2
riedrich Auguft, verm. 1819 mit Caroline, Erzherzogin von Oſtreich,
nn, geb. 1801, verm. 1822 mit Amalia, T. des Könige Max. I. von
nd 4 Töchter erzeugt hat. B. Die ältere, Erneftinifche Linie, evan-
riſcher Religion, geftift. von dem Kurf. Ernft (ft. 1486), theilte fi
Söhne des Enkels deffelben, des legten Erneſtiniſchen Kurfürften, Jo⸗
drich des Großmuͤthigen (ft. 1554), in mehre Äfte, die durch die Her⸗
elm umb Ernſt den Frommen (Söhne Johann, des Enkel Johanns bes
gen) 2 Hauptzweige: Sacfens Weimar : Eifenady, (feit 1815 groß»
und Sachſen⸗Gotha bildeten. Letzterer theilte ſich wieder durch bie
ft des Frommen in 7 Zweige, von denen, nachbem bie Speciallinie
a und Altenburg 1824 mit dem Herzoge Friedrich IV. ausgeftorben iſt,
ihen: ©. Meiningen: Hilbburghaufen, ©.: Altenburg und &. Kos
ba (f. Weimar, Gothau. ſ. w.). Der Großherzog und die 3 Her:
Sachfen haben in der Bunbesverfammlung den 12. Plag und 1 Sefammits
n Plenum hat jeder 1 Stimme. Saͤmmtl. Länder des Sachſen⸗Erneſti⸗
mſes haben einen $lächenraum von 178 LM. mit 601,944 Einw. Die
miverfität der Länder dieſer Haufes tft Jena. — 1) Der Großherzog zu
rar und Eiſenach, Karl Auguft (geb. 1757), Senior ber Exneftinifchen
t 2 Söhne. Der Erbprinz, Karl Friedrich, ift mit Maris Paulorona,
ſter des Kaifers Nicolaus vermählt. 2), Der Herzog von ©. : Meinins
hard, geb. 1800, iſt mit der Prinzeffin Maria von Kurheffen vermaͤhlt
Sohn. 3) Der Herzog von S. Altenburg, Friedrich, geb. 1763, hat
4) Dee Herzog von ©.:Koburg- Gotha, Ernſt, geb. 1784, hat 2
Sein Bruder Ferdinand, oͤſtr. Generalmajor, nennt fi H. zu S.⸗Kob.⸗
hary, weil er mit der Erbin der Güter des Prinzen v. Kohary in Ungarn
I. Sein jimgfter Bruder, Leopold (f. d.), war ber Gemahl der Prin⸗
lotte von England. Seine Schweſter Victorie ift die Witwe des Her»
it, Bruders des Königs Georg IV. von England. Über die Regierungs⸗
a dem Geſammthaufe Sadıfen vgl. m. D. Pfeiffer, „lb. die Ordnung
ungsnachfolge in deutfchen Staaten überhaupt und in dem herz. Ges
5_ = Gotha insbef.“ (Kaffel 1826, 2%h.); „Üb. den Roͤmhilber Receß
ut. 1791” (Götting. 1826); „Hiſtor. Entwidel. der im herzogl. Haufe
obachteten Grundſaͤtze der Erbfolge unter Seitenverwanbten ıc.” (Gotha
[6. die Untheilbarkeit deutfcher Bumbesftanten” (Hanov. 1826) u. a. m.
.E. Weiße's, Lehrb. des koͤnigl. ſaͤchſ. Staatsrechts“ (Leipz. 1827,
die Nachtr. in der Selbſtrecenſ. in d. leipz. „Lit.⸗Zeit.“ (1827, R.250);
zeſch. des Könige. Sachſen“ (Dresd. 1826, 2Th.); Deſſelben„Geſch.
n des S.⸗Erneſtin.⸗Hauſes (Dresd. 1827); (Gebhardt's) „Beitr. z.
Cultur, der Wiſſ., Kuͤnſte und Gewerbe in Sachſen, ſeit d. 6. bis z.
17. Jahrh.“ (Dresd. 1823); D. Ferd. Wachter's „Thuͤring. und ober⸗
9. b. z. Anfalle Thüringens an die Markgr. v. Meißen 1247" (Leipz.
B.); Ferber, „L’esprit et le systöme du gouvernement de la Saxe”
801); (Des Geh. Cab.⸗R. Kohlſchuͤtter's) „Acten⸗ und thatmäßige
ng ꝛc.“ ( Deutſchl. 1815) in Luͤder's „Diplomat. Archiv”, Th. 3, Abth.2,
erſt. Conferenzmin. Grafen v. Hohenthal „Apologie de Frederie Au-
14). üb. das Mandat vom 19. und 20. Febr. 1827 f. des Kirchen⸗
28 „Ricchenbeleuchtumgen” (2. J., Heidelb. 1827); „Üb. d. Gleichſtel⸗
Yeoteftanten und Katholiken in den beutfchen Bundesſtaaten, a. d. Ges
Is des Rechts. Mit befond. Bezuge auf d. Könige. Sachſen und d.
„19. Gebr. 1827" (Hanov. 1828); Des Mai. Oberreit „Beogr. Orte:
574 Sachfenfriſt ¶ Sachfiſche Schwein
beſtimm. a. d. koͤnigl. Sachſen und ben anſtoß. Landen“, (In ber leiy;. „'
R.115 — 17, 3.1827); Schumann’s „Geogr. Lexikon v. Sachſen
von Alb. Schiffner; Engelhardt's „Erdbeſchr. des Königreiches Sachſer
Dresden 1823); Won Schlieben’s „Schulatlas von Europa”, bie 8. Ei
bei Goſchen 1828, Querfol) |
Sadfenfrift, f. Srift.
Sachſenjahr iſt nach ſaͤchſiſchem Recht der Zeitraum vom einer
lichen Jahte, 6 Wochen und 3 Tagen, und die ordentliche Verjährungs;
licher Dinge und einiger andern echte, mofern nicht befonbere Geſete
jenes Landes einen längern oder kuͤrzern Zeitraum zur Verjährung
flimmen.
Sachſenſpiegel ift eine Privatfommiung von Rechtsvorſch
rechtlichen Gewohnheiten, weiche im Mittelalter in Deutfchland, befe
in Sachſen und den Landen des fächfifchen Rechts, d. h. in Weſtfalen,
Heſſen, Niederfahfen, Brandenburg, Pommern, der Laufig, Schief
men und Mähren, vechtliche Kraft hatten. Diefe Sanımlung veranf
fächfifcher Edelmann, Epko v. Repkau ober Eyke v. Repgow, als ged
fteinifcher Berichtöfchöppe 1215 fg., und fie befteht nicht bloß aus uefprän
fchen Rechtsvorſchriften, Urtelöfprüchen ber Schöppen und Gewohnbeite
auch aus einigen Sägen des römifchen und Eanonifchen Rechts, welche
mals anfing, in Deutfchland verbreitet zu werden. Der „Sachſenſpiegel
halb für das deutſche Hecht von außerordentlichem Werth, ba durch bei
Verdrängung ber vaterländifchen Geſetze und gerichtlichen Gebräuche ı
und dem willkuͤrlichen Verfahren ber Schöppen, welche nad) den frensbe
nen oft nicht verſtandenen Rechten urtheilen wollten, Einhalt geſchah.
Nepkau theilte fein in ber alten fächfifchen Mundart gefchriebenes Wer
ſchnitte: „Landrecht“, d. h. buͤrgerliches und peinliches Recht (In 3 Bü
„Lehnrecht“. Spaͤterhin warb noch der Richtfteig des Lanbredyts und
hinzugefügt, welcher eine Proceßordnung enthiel. Von Mangel einı
ordneten Plans, einer gefunden Philofophie und Hiftorifcher Kenntniß
freilich in biefem Werke häufige Proben, deſto zuveriäffiger iſt es im rechtl
fiht. Daher wurde der Sachfenfpiegel, obgleich er nur eine Privatfanın
teo& der Hinderniffe, welche ber Papft feiner Ausbreitung in den Weg |
bald als allgemeine Regel rechtlicher Entſcheidungen, nicht allein in ale
geführten Ländern, fondern fogar in Polen, Dänemark und a. auswärti
ten angenommen und iſt noch jegt der Grundſtein des fächfifchen Med
öffentliche Einführung bes römifchen und kanoniſchen Rechts bradhte es
daß jegt nur wenige Vorfchriften bes „Sachfenfpiegels” von prakt. Guͤlt
Wir haben ihn in der deutfch. Überf. (Bafel 1474) und mehrmals ; diei
war bisher von Gärtner (kLpz. 1732). Seit aber Eihhom, Mittermals
‚genberg u. A. um das deutfche Recht verdiente Männer wieber darauf h
haben, weldyer Schas in diefer Rechtsquelle liege, und felbft zum Thei
felben geſchoͤpft Haben, ift auch bie Eritifche Bearbeitung bes „Gachfı
vorgenommen worden, und fo haben wir fürzlich benfelben, nach einer bi
ſchrift von Homeyer (Berl. 1827), in einer kritiſchen Ausg. erhalten.
- Saͤchſiſche Schweiz nennt man, wiewol unpaffend, feit eini
zehenden, befonber& ſeitdem Göginger diefe Gegend durch ſ. Beſchrei
Zingg durch ſ. Kupferblaͤtter bekannter gemacht hatten, dem oͤſtlichen Thell
niſchen Kreiſes, der das ganze Amt Hohnſtein und einem Theil ber Kam
und Stolpm umfaßt. Gin Sandfteingebirge ſonkt ſich üblich nom Ce
Hohnſtein zur Eibe hinab, in mehren Gegenden von tiefen durch
wo hohe und ſteile Felſen die Ufer ber Bäche einſchließen. Gegen ©. ſleig
Saͤchſiſche Schweiz, die oͤſtliche 815
über an, zieht fich ſuͤdweſtlich bis in die Gegend von Gießhuͤbel und erſcheint
Dee Gottleube; wo Gneis die herrfchende Bebirgsart wird, nur in einzelnen .
Suͤdoͤſtlich aber ftreicht der Hauptzug beffelben burch ben einfpringenben
Zoͤhmens bis zu den bei Walter&borf, Johnsdorf und Oybin an der Grenze
Mg fich erbebenden Gebirgen. Denjmigen Theil dieſes reizenden Gebirge-
‚ der nördlich vom Beinen Fluſſe Wefenig, weſtlich von der Gottleube, füb>
ıfaböfttich von Böhmen, und oͤſtlich von einer über Stolpen und Neuftabt
bes Falkenbergs laufenden Linie begrenzt und von ber Eibe in ſchoͤnen Win⸗
derchſtroͤmt wird, nennt man im weiteſten Sinne die fächftfche Schweiz,
ſſender das meißnifche Hochland. Diefer Landſtrich, der von Liebethal bis
ſermsborf an der böhmifchen Grenze beinahe 5 Meilen lang, vom Falkenberg
Gottleube beinahe ebenfo breit iſt, begreift einen Flächenraum von 12 —
B. Sandſteinfelſen, die befonder bei Königftein, Rathen und Schandau
u langen Zuge fortlaufen, mehre bis gegen 1800 Fuß anfteigenbe Berge,
m Waldbaͤchen durchſtroͤmte Schluchten wechfeln mit fruchtbaren Landftris
) heitern Thaͤlern. Auch bier findet man jene den Sanpfteingebirgen
jeeall eigenen Selfenbildungen. Die Wände der Bergmaffen und Thäler ſtei⸗
empor und haben bei ber deutlich erfennbaren Schihtung eine um fo groͤ⸗
lichkeit mit künftlihem Mauerwerk. Kiüfte ſtuͤrzen tief hinab; oft woͤlbt
ohes Thor durch die Felſen; Höhlen öffnen ſich an ſchroffen Wänden; übers
aldigen Selfenbergen, in eng umfchloffenen Thaͤlern, erfcheinen pfeilerartige
wie Überrefte von Bauwerken, während auf fanft fi erhebenden Bergen
Sandfteinfelfen emporfteigen , deren ebene Kuppen oft von beträchtlichen
und häufig mit Rabelholz bewachfen find. Die Ufer der Elbe find in mans
enben , wie bei Wehlen, Königftein, Schandau, nadte, ſenkrechte Fel⸗
?, jeboch nicht fo hoch, als jene auf Bergen hervorragenden Felfen. An
ge des Landſtrichs wird diefe Kette von Bergreihen und Thaͤlern von hohen
ingefchloffen, unter welchen nördlich der Falkenberg, ſuͤdoͤſtlich der große
erg und jenfeit ber böhmifchen Grenze ber Rofenberg und der Schneeberg bie
len find. Aufeinigen diefer Höhen uͤberſchauen wir ein Gebiet von 10— 20
Das Bett der Elbe bildet das Hauptthal dieſes Berglandes, zu welchem alle
leinern Thäler und Kelfenfchluchten fich hinabfenken. Der Anblid des Lan⸗
igt die Bermuthung, baß ber Landfee, beffen Boden einft Böhmen war, den
um an der boͤhmiſchen Grenze zwiſchen Tetſchen und Hirniskretſchen durch⸗
md bie ausgewaſchenen einzeln emporragenden Felſenkegel ſtehen gelaſſen
hrend ſich der Strom in der Richtung von Suͤdoſt nach Nordweſt ſein Beit
Dem Zuge der Elbe folgen die kleineren Fluͤſſe und Baͤche, die Kirnitſch,
üg, die Polenz, die Weſenitz und die Biela. Wie weſtlich die Gottleube
Dfleingebirge vom Gneis ſcheidet, fo bildet eine von Stolpen und Hohn⸗
Milich bis Hinterhermsdorf laufende Linie die Grenze, auf deren noͤrdlicher
e Brantt herrfchend wird. — Das engere Thal der Elbe betritt man zuerſt
E Stadt Pirna, wo zu beiden Geiten die hohen Sanbfleinwände beginnen,
ner noch im freumblichen Gewande. Liber dem Dörfchen Wogelgefang ragt
mfpige hervor, die wegen Ihrer Korm den Namen ber Königenafe führt.
raus beginnen ſchon allmälig zu beiden Seiten bie Sandfleinbrüche, welche
zen Gegend einen Haupterwerbszweig abgeben.
u ver oͤſt lich en Seite trifft man bald auf das Städtchen Wehlen, das
sige Überbleibſel eines alten Schloſſes zeigt. Ein öfttich von hier in das Ges
ſrender Grund, wohin ein angenehmer Weg von Lohmen führt, iſt u. d.
Dttowalder Brundes bekannt. In biefem Grunde ift eine Stelle
ig, wo die Selfenwände von beiden Seiten ſich fo fehr nähern, daß nut
den Durchgang eines Menſchen Raum ift. Zwiſchen biefe Wände flürzten
e . „ion Soma, ms pr
j re von ber Böfe- tb Nihen das ungefähr 208
Bun Br Di ic m Ed Ebene j
tn Seien Otiege nad dem Dorfe Ottowalde
— das Dorf Rathen weh
au; O0 en'ben Drakn des Eiioffed Kakhım varlben nad dem Kanaper und
an ee ver die man gewöhnlich vom Dit
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. merfüftrbig fib ; euch lohnen fl Durch ihes Herrliche Ausficht. Nicht
nm hebt fich De Befumg &öntoßein (f.d.) auf fteit aufftrebenden
wyor. Bu ihren Süßen Hegt dat Stäbtchen Rönigftein ; iht gegenüber‘
tin, ber eine trägt, welche des Königs Auguft Beſuch diefet
Ehe oc unit Stunde weiter hinauf liegt das fl
ä erg had f EN) Beni uf Or, ber
om Hopen Sandſteinw aͤnden eingefehtoffen, im
55* —— vn in Beraspfei en,
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tn weldjern fi zur Beit der ‚Huffiten ein fatp. Pfarrer verbor,
nachdem ihn f. Huffiifchen Kirchenkinder hier gefunden , diber den
innen fen — Krieges waren
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man fentoelt in der But
Rchtenwald, Über quellenzeiche Waldwieſen, führt ein fchmaler Pf
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eſet
Seffenland ruht in der Tiefe, nur hie und ba von Ricchen,
Ba in ee een Die, and Base it
gebedt; ‚großer eil von en fei
— oͤſtlich der Lauſit und bes Di
Saͤchfiſche Schweiz, die weftliche 577
weſtlch der Immer höher fleigende Kamm des Erzgebirges; burch Alles hin
olz und lautlos die fchöne Eibe, gleich einem filbernen Bande auf blauem
. Bon Nord nach Süd überblicdt das Auge ein Land von mehr als 20 Meis
reckung. — In einer Stunde von hier aus erreicht man das Prebiſch⸗
einen der ſchoͤnſten Punkte der ganzen Gegend. Von ſchwindelnder Hoͤhe
an herab, uͤber ſich einen haushohen Felſenbogen, aufgebaut von der Hand
ur, unter ſich nichts als thurmhohe Felſenzacken und Mauern, und dar⸗
aus das blaue Land von Böhmen mit dem Prebiſchkegel, dem Roſenberge
Ifteine. Unter dem Berge des Prebifchthores leitet ein romantifcher Grund
rniskretſchen, von wo aus der Wanderer bie Eibe entlang oder auf einem
ich Schandau zurückkehrt. Hoch an ber Bergwand, Hirniskretſchen gegen⸗
ebt maleriſch eine Mühle, auf welche fi) die Ifchiepe in einem Waſſerfall
rt. Weiter herab liegt, zum Theil unter ben Felſen gebaut , bie Hirſch⸗
tiefer unten das fleißige, bedeutenden Holzhandel treibende Krippen; am
Ifer der Elbe das Dorf Schmilka. — Ein Pfad, rechts ab vom ſchandauer
uͤhrt den Berg hinaus nach der hohen Liebe, einem waldigen Berge, von
Ifenfpige ſich eine herrliche Ausficht Öffnet. Eine lange Reihe von Felſen⸗
8 ber Nähe leitet und nach dem Eoloffalen Schrammftein, ber nur mittelft
itern zu erfteigen ift und einer weitläufigen alten Burg mit Baſteien,
ı und Mauern gleicht. Die heilige Stiege hinunter gelangen wir zum Des
„ und von ba durchs Reifchenthor zu.ben feltfamen Selfenwänden des Rei⸗
6, der im Mittelalter befeftigt gewefen zu fein fcheint. Durch bie Felſen
ammthores hinab nähern wir uns dem mächtigen Falkenſteine, der, in
ıng mit dem Schrammfteine, eine ber impofanteflen Felfengeftalten bildet.
ı die Kelfen hinein ift dem Reiſenden noch der Roßſteig wichtig, ein fleils
mıder Selfenpfad, auf welchem man durch Webers Schlüchte in ben großen
b, einen Dauptfelfengrund der Gegend, gelangt. Der in der Nähe geles
abſtein enthaͤlt eine hohe, geräumige Höhle; auf ber Höhe findet man nod)
ehemaliger Bewohnung. So finden ſich auf dem Felſen des Arnſteins noch
wen ehemaliger Befeſtigung. Von hier aus iſt man in einer halben Stunde
oͤhle des Kleinſteins, einer ſehr ſehenswerthen Partie. — Bon Schandau
ſchoͤner Weg, beim Lachsfange voruͤber, durch den wilden tiefen Grund
romantiſchen Felſenkuppe des Brandes im Walde, und von hier nach
loß und Staͤdtchen Hohnſtein. Von erſterm iſt nur ein Theil bewohnt.
chloſſe gegenuͤber ſteht eine hohe Felſenwand, der Hockſtein, gegen 500
. Im Innern dehnt ſich eine ſchmale Spalte aus, die faſt durch den gan⸗
zu geht, die ſonſt der einzige Zugang war; neuerlich bat man ben Gipfel
se aber den Abgrund geworfene Brüde und Felfenftufen bequem erfteiglich
Auf ber Höhe bemerkt man Spuren ehemaliger Befeftigung und eine
Won hier führt eine ſchoͤne Straße nach Lohmen. Obſchon das Thal bei
‚ basnady Liebethal hinabführt und den Namen bes liebethaler Grundes
anche e fhöne Partie hat, fo zeichnet es ſich doch durch Leine hervorſtechende
men aus
ıf dem weſtlichen Ufer der Elbe, Schandau gegenuͤber, gelangen wir
Zſchiepmuͤhle nach dem Dorfe Schönau, in deſſen Nähe ſich 2 Felſen er⸗
die ſchon in weiter Ferne auf den hoͤchſten Punkten des jenſeitigen Gebirges
ee Ahnlichkeit mit Thurm⸗ und Burgruinen taͤuſchen. Der Cirkelftein ragt
24 eines runden kolofſalen Wartthurmes empor; der Kahlſtein in der
mer Burgruine, die ben Gipfel eines ſanften grünen Huͤgels kroͤnt. Wegen
digen Form wird der legtere, vorzuͤglich in Böhmen, auch ber Kronenberg ges
Doch den höchften Punkt diefer Gegend bilden der große und Eleine Zfchir:
von dem erſtern genießt man eine herrliche Ausficht. Außer vielen Berarn
Bez. Giebente Aufl. 8b. IX. 57
57 8 Saͤchſiſcher Bergbau Sack
ragt weiter ſuͤdlich der Schneeberg in Boͤhmen empor und ſchließt, alb d
Berg der ganzen ſogen. ſaͤchſiſchen Schweiz, die Reihe jener merkwuͤrdigen
bildungen. Von hier aus leitet das Thal der Biela, mit mancherlei fh
tien geſchmuͤckt, nach Koͤnigſtein hinab. Richtet der Reiſende aber f. 1
Langenhennersdorf und verfolgt den dafigen Dorfbach bis an die Waldu
halb des Dorfs, fo gelangt er zu dem Wafferfallam Zmicfel, d
ften Sachfens. Fiber eine hohe Felſenwand, mitten in dunkler Waldung
fi) herab und eilt dann zwifchen hohen Felsbloͤcken hindurch, ben Berg t
Gottleube zu, die hier mit blendend weißem Schaum ſich durch die Waͤ
und von Block zu Blod fällt. Beruhigter geht fie hierauf durch ein fanft
als die bisherigen Gegenden gegeigt, nach Rottendorf und Pirna hina
ſchreibt fo die weftliche Grenze der fogen. Schweiz. — Ausführlicher ſch
ganze Land Goͤtzinger („Schandau und f. Umgebungen”), Haffe („Wegw
bie Gegend um Dresden‘‘) und Lindau's, Rundgemaͤlde der Gegend von
(2. Aufl. 1822).
Saͤchſiſcher Bergbau, f. Freiberg.
Sad (Johann Auguft), €. preuß. wirt. Geheimerath und Ob:
von Pommern, geb. zu, Kleve 176%, trat nach vollendeten Stubien zu
und Halle 1785 als Regierungsreferendar in ben Gtaatsbienft. €
Bergrichter zu Wetter an der Ruhr, hatte er Gelegenheit, f. Talente al
tungsbeamter zu entwideln. Zugleich bearbeitete er mit dem Bergam
Fchrn. von Stein, dem fpäter fo beruͤhmt gewordenen Minifter, einen
Umgeftaltung der Accifeverfaffung ; dieſer trat in der Grafſchaft Marl
ſamkeit und veranlafte den König, ©. zum Kriegerath nach Kleve zu
wo er bis zum Vorbringen der Franzoſen 1794 ats Juſtitiarius und D
Mebicinalcollegiums thätig war. 1795 wurde er Mitglied der damals e
Armenverpflegunascommiffion. 1797 ſchloß er mit dem General Hod
die auf dem linken Rheinufer liegenden preuß. Provinzen fehr wichtige €
dahin ab, daß diefelben ferner nach preuß. Verfaſſung und durch preuf.
verwaltet wurden. 1800 zum Geh.-Öberfinanzrath befördert, arbeit
Verbefferungen in der Verwaltung. In der Ungluͤcksperiode Preußens
in der von Feinden befegten Reſidenz an ber Spite der Verwaltung; bie
dem Feinde ftreitig zu machen, mas nur irgend möglich, und in den mißlid
bältniffen verließ ihn nie die Gegenwart bes Geiſtes. Die franz. Behoͤ
ten ihn achten, wenn fie auch von f. Privatklugheit feine befondere Meinu
weil er die nach ihrer Anficht ſchicklichen Gelegenheiten, ſich zum reich
zu machen, nicht benugte. Nach der Ruͤckkehr des Könige ward S. Gef
rath und hatte in den fchwierigften Zeiten mehre Minifterien zu verfehen.
dem arbeitete er mit Stein bie Stäbteorbnung und mit Scharnhorſt und |
die Randiwehrorbnung aus. Überhaupt half er Alles mit vorbereiten, dal
zur rechten Zeit mit Kraft wieder auftreten Eonnte ; dadurch warb es 181.
in einigen Tagen die wichtigfien Geſetze zu vollenden, die ganz neue (
aufftellten.. Der Krieg brach aus, und ©. ward Civilgouvernewe zu
Eibe und Oder; 1814 beriefen ihn die verbuͤndeten Mächte als Generalg
an den Niederrhein, und 1815 umfaßte fein Wirkungskreis ale Obe
vom Nieder- und Mittelchein beinahe 2 Mil. Einw. Gegen 90 Mill
find von ihm aus jener Verwaltung, bie ſtets denkwuͤrdig bleiben wird, :
nen gewefen. Der König ertheilte ihm den rothen Ablerorden 2. Cl. M
fhied Sad 1816 vom Rheine, um f. neuen Wirkungskreis in Stettin ar
die Trauer über f. Entfernung war fo groß, als hätten Alle einen Vater
Was er u. A. dort für das Schulmefen gethan, das er neu organifirte, ſi
den Dan der künftigen Geſchlechter. Auch in Pommern hat er news.
Sadlleiter Sacrament 579
Berwaltung gebracht. Er ordnete 1824 die 700jährige Feist ber Einführung
riſtenthums in Pommern an, oder das Apoſtel⸗Otto⸗Feſt, und wirkte 1825
pr Stiftung einer Gefelifchaft für pommerfche Geſchichte und Alterthums⸗
k. Der König erhob ihn zum wirkt. Geh.⸗Rath mit dem Prädicat Ercellen;,
Ne Univerfität Halle ertheilte ihm die Doctorwürbe.
Sadleiter. Die Hülfgmittel zur Rettung bei Feuersgefahr müffen leicht
fünell herbeigeſchafft werden können, wenig Raum einnehmen, nicht leicht
Mdigungen unterwotfen fein und dem zu Rettenden einem gefahrlofen Weg
em. Ein folches Mittel ift die in Weimar fchon Iängft eingeführte Sad:
Der in ſolchen mechaniſchen Vorrichtungen als Erfinder und Verbefferer -
te Hauptmann v. Neander hat fie in Vorſchlag gebracht. Sie befteht in
Stridleiter mit hölzernen, etwa 18 Zoll breiten Sproffen und mit 2 Öfen an
ren Enden der beiden Stricke, woran die Eproffen befeftigt find. An dieſe
: wird an ber ganzen Länge der Leiter Zwillich etwa 2 Ellen breit angendbt,
entſteht ein nach unten hängender Sad, welcher oberhalb burch die Sproffe
ter auseinanbergefpannt bleibt und geräumig genug ift, daß auch der ſtaͤrkſte
y bucchlommen, gefahrlos und bequem ber Seuersgefahr entgehen kann.
em kann bie Leiter felbft an den Außenfeiten zum Hinauffleigen ber Retten⸗
sen. Die Sadleiter wird in einer Fenfteröffnung des vom Keuer bedrohten
erks mittelft eines durch die beiden am obern Ende ber Stricke befindlichen
fteckten Holzes befeftigt. Dies rundgehobelte Kreuzholz von 5 Zoll Stärke
Fuß Länge wird zu beiden Seiten der Kenfteröffnung gegen bie innere Seite
mewand gelegt. Die Befefligung bes untern Endes der Leiter hat Beine
zigkeiten. Die Groͤße ber Leiter richtet ſich nach dee Höhe der Wohnungen.
nge für Gebaͤude von 4 Geſchoß müßte folglich; mit Berhdfichtigung ihrer
sung bei dem Bebrauche ungefähr 60 Fuß fein. Sie kann aledann in einem
von kaum 3 Fuß Breite, deffen Boden eine Schleife bildet, aufbewahrt,
ihre Laft nicht bedeutend fein kann, mit dem zur obern Befeftigung dienen⸗
rerholze in Ermangelung eines Pferdes burch einige Perfonen ſchnell an ben
E Gefahr gebracht werden. Der Aufbewahrungskaften dient zur Befeſti⸗
es untern Endes der Sackleiter. Bei geringerer Hoͤhe des vom Feuer be⸗
Maums kann ein Theil ber Leiter im Kaſten bleiben. Gegen die Anzuͤn⸗
ichert bie Eintauchung in Alaunaufloͤſung bei der Anfertigung und ebenfalls
Wang berfelben beim Gebrauch. — Einfacher wäre wol noch ein fchräg ge:
Sackſchlauch, an deſſen beiden Seiten Selle, des Anhaltene wegen hier und
Runoten geſchuͤrzt, hinablaufen, weil er zugleich die Gefahr und die Fahrt
dert, alfo Angft und Verlegenheit erfpart. (Bol. Rettungsanftalten.)
Sadpfeife ober Dudelfad (franz. musette), ein fehr altes muſikaliſches
ment, das man jetzt nur noch bei Schäfern und Lanbleuten, bei Kameel⸗
Breuführern auf Meffen und Jahrmärkten und bei der Regimentsmuſik der
hotten Im engl. Heere findet, wie es denn Überhaupt in Schottland, befons
dem Dochlande, häufig im Gebrauch if. Es befteht aus einem ledernen
der Schlauch, an deſſen einer Seite ſich eine Röhre befindet, burch welche
Keler den Wind in den Schlauch bläft, den er vor fich hält, um ihn mit bem
in füch zu druͤcken und dadurch den Druck der Luft zu vermehren, bamit eine
eandern Seite in diefem Schlauche ſteckende Art von Schalmei die nöthige
we Anfpeache erhalte, wenn bie Singer beider Haͤnde auf berfelben bie Töne
leledie greifen. Naͤchſtdem find noch einige in einem Tone fortklingende
u, die man Stimme nennt, mit dem Schlauche verbunden. Es waren fonft
Heeme Gattungen dieſes Inftruments gebräuchlich.
Bacrament (Iatein.: libernahme einer Verbindlichkeit, Bund ober Weihe
ad, bei den Roͤmern ber Soldateneid). Dieſes Wort hat war harumm va ter
97 *
580 Sacrament
hriftlichen Kirchenſprache eine religioͤſe Bedeutung erhalten, weil e& in
gata(ſ. d.) zur Üherfegung des griech. Worts Myſterion gebraucht m
Bei den aͤltern latein. Kirchenfchriftftellern: bebeutet Sacramentum da
heimniß oder eine fombolifche Religionshandlung; doc, erft im 12.X
man an, dieſes Wort zur Bezeichnung ber heiligen Handlungen zu
bie noch jegt in ber römifchen Kirche Sacramente heißen, ohne eine
den Grund anzugeben, warum deren gerade 7 fein follten. Die Refor
16. Jahrh. machten die Lehre von ben Sacramenten zu einem der €
worüber fie mit der römifchen Kirche, zerfielen, indem fie den Begriff
ments dahin beftimmten, daß es ein von Chrifto felbft eingefester 5
fein müffe, wobei Der, ber ihn würdig begehe, durch ſinnliche Mittel
gewiffer goͤttlicher Gnadenwohlthaten theilhaftig werde. Diefer Begr
nau genommen, nur auf die Zaufe und das Abendmahl, daher fowol
. berger als die ſchweizer Neformatoren ſich weigerten, mehre religiöfe .
in demfelben Sinne ald Sacramente gelten zu laffen. Doch rechneten
Melanchthon anfangs auch die Buße oder Abfolution unter die Sacı
gefellten fie fpäterhin nur ftinfchweigend als Worbereitung zum Abeı
Der u. d. N Sacramentsftreit bekannte Zwift unter ben Reform
ward Über die Frage, ob Chriſtus im heil. Abendmahl leiblich ober bi:
gegen fei, zwiſchen Luther und Karlſtadt (f.d.) 1524,begonnen, unt
fi) mit dem Legtern einftimmig gegen die leiblidhe Gegenwart erkid:
den fchwelzerifchen und wittenberger Meformatoren bis 1936, wo $
wittenberger Concordia (einen Friedensvergleich der Schweizer mit
Stande bradyte, fortgeführt. Luther fing 1544 die Seindfeligkeiten
an, und feine Partei fuhr nach f. Beifpiele darin mit einer Härte unt
fort, die ihr gerechten Zabel zugezogen hat. (S. Abendmahl.) T
wurde bie Haupturſache der Trennung der Neformirten von den Luth
ber harten Verfolgungen, welche über bie fog. Sacramentirer, d.|
der fchmweizerifchen Meinung, erging. Im Abſchiede des Reichstags
1529, wurben die Sacramentirer den Wiebertäufern gleichgefegt und
ben Steafen bebroht; auch Luther und feine fleifen Anhänger brüch
Bewirtung des Verbot ihrer Schriften und manche perfönliche Angt
nen man felbft den edlen Melanchthon wegen des ihm angeſchuldigten
nismus nicht verfchomte. Inzwiſchen iſt die reformirte Kirche mit ber
darin einig geblieben, daß fie nur 2 Sacramente, Taufe und Abendmat
men und aud) diefen nur unter ber Bedingung eines würdigen Genuſſ
der Gnade Gottes in Chrifto theilhaftig zu machen, beigenteffen hat
erhob die Kirchenverfammlung zu Trient 1547 die Lehre von 7 €
Taufe, Abendmahl, Firmelung, Buße oder Abfolution, legte Ölung, 9
und Ehe, zum Glaubendartikel der römifchen Kirche und verbammte
welche an ber Kraft biefer Handlungen, burdy ben bloßen Gebrauch (ex
rato) Gnade zu ertheilen, zweifelten ober fie nur für äußere Zeichen ein
Begnabigung hielten, welche man eigentlich nur durch Glauben und X
langen könne. Die griechifche Kirche ſtimmt in diefer Lehre mit da
überein. Die Socinianer erklären die Sacramente für willkuͤrliche Je
ohne befondere göttliche Segenskraft, zu deren Übung kein Chriſt not
bunden fel. Die Quaͤker nennen dagegen bie Sacramente innere Han
Gemuͤths und begehen fie gar nicht äußerlich. Unter ben aus dem $
mus hervorgegangenen Fleinern Parteien folgen bie Herrnhuter ber luth
Methodiften und Taufgeſinnten aber ber reformirten Anſicht. 6 U
daß die Uneinigkeit der Parteien in dieſem Punkte von ber Verſchiedenhe
klaͤrung des Begriffs Sarrament herrütt, vod die Unbeflinsmtheit Dir
Sacramente (fath.) Säcularifation 681
t. Worts großen Antheil an den barüber entflandenen Händeln hat. Doc)
fe Uneinigkeit ſchwerlich beizulegen fein, tweil fie Gebräuche betrifft, deren
ehauptſaͤchlichſte Haltung des religiöfen Lebens der chriftlichen Voͤlker ift
re in Form und Begriff eine Änderung viel weniger zuläßt als bie wiffen
e Darftelung ber Dogmen.
acramente Die Religion Chrifti ift nicht bloß eine Anflalt zum or
a Moralprincipien, fondern fie heiligt auch auf nie ganz begreiflicdhe Weife
. ChHriflus hat durch fein Blut, das er am Kreuze für die Menſchheit
ren Chriften einen großen myſtiſchen Schag hinterlaffen, bee nun durch
fondere Candle auf die Gläubigen abfließt und in diefen wirkfam wird.
tech welche außerordentliche höhere Gnaden mitgetheilt werben, nennt man
te, deren Name zwar fpäter auflam, deren Sache aber gleich mit dem
hume vorhanden war. Diefe Heiligungsmittel find es vorzüglich, bie
iche Chriſtenthum zu einer übericdifhen Anftalt erheben. Darum hat ber
gmus auch fireng auf diefe Sacramente gehalten und fich deren keine neh⸗
ns, vielmehr hat der Kirchenrath von Trient in ber 7. Sigung die Lehre
L. 1. Rice aus Veranlaffung ber Angriffe der Proteflanten ausgefprochen
eftellt. — Sacrament ift ein ſichtbares, von Chrifto (felbft oder durch feine
eingefeste® Zeichen, wodurch ben Chriften eine umfichtbare Gnade mitges
ed. Diefer Zeichen find fieben. 1) Die Taufe. Chriſtus gab kurz vor
‚rt in den Himmel feinen Juͤngern den Befehl: „Gehet und machet zu
m alle Völker, fie taufend auf ben Namen bes Vaters und des Sohns
yeiligen Geiſtes“ (Matth. 28, 19). Chriftus hat hier mit Elaren Worten
ochen, daß Alle, bie fid zu feiner Lehre bekennen würden, getauft werben
er hat fomit das Taufen als einen eignen Ritus für feine Heilsanſtalt an⸗
2) Dänbeauflegung zur Vollendung und Beftätigung ber Getauften
3)5 dgl. Apoſtelgeſch. 8, 14—21. Ähnliche Erwähnungen der Hände:
5 kommen vor in Apoftelgefch. 19,1—4, und Hebr.6,1—5. Die Nach⸗
: Apoftel haben dieſen ehenürbigen Ritus ale Sarrament der Firmung
m. 3) Abendmahl (f.d.). 4) Buße (f. d.). 5) 2egte Ölung.
Brief des Apoftels Jakobus, 5, 14 u. 15. 6) Dänbeauflegung zur Bes
der Kirchenvorſteher (Weihe). Vgl. Apoſtelgeſch. 6,1—7; 13, 1—4,
20—24, forie Paulus 2. Tim. 1,6u.7. Es geht aus diefen Schrift
vor, daß die Weihe fo alt ift ale das Chriftenthum. Durch diefe Weihe ,
ntögewalt der Apoftel von Nachfolger zu Nachfolger übergegangen, und
e immer diefelbe geblieben. Das 7. Sacrament iſt bie Ehe, deren heilige
sd Unauflöslichkeit Chriftus und Paulus in den Schriftftellen (Matt. 5,
2; 19, 1—10; Marc. 10, 2—13; Luc. 16, 18; Röm. 7, 2—4;
', 10 u. 11) ausſprechen. Als Minister Sacramenti wird hier aber nicht
ker, fondern die Sontrahenten betrachtet. — Die Lehre von den Sacramens
e kathol. Kirche wefentlich ; fie kann von ihr nicht laffen. V. e. Kath.
acrilegium, ſ. Kirchenfrevel.
acriſtei heißt das zur Aufbewahrung ber heiligen Buͤcher, Gefaͤße und
haften, zum Aufenthalte der Geiſtlichen und zur Verrichtung kirchlicher
igen, die nicht oͤffentlich geſchehen ſollen, beſtimmte Zimmer oder Gewoͤlbe,
ka oder bei jeder Kirche befindlich zu fein pflegt. — Sacriftan iſt bei den
Demfliftern derjenige ber jüngern Geiftlichen, welcher die Schlüffel zur
hat und daſelbſt die Aufbewahrung ber zum Kirchendienſte beftimmten
ide beſorgt.
aculariſation oder Vermeltlihung nennt man bie Berwanblung -
B@äter in weltliche. Die erfte Hauptfäcularifation hatte in Deutfchland »
weRtfätifchen Srieden 1648 flott. Durch bie Reformation hatte wann
4
582 Saculum Sacy
den Ausſpruch bed Heilandes erfahren: „Euer Reich iſt nicht vom biefe
und demmach wurden die geiftl. Stifter Magdeburg, Bremen, Halbe:
den, Kamin, Schwerin, Rageburg, bie Fohannitercommenden Newero
in weltliche Länder und Befigungen verwanbelt. Die zweite Hauptfda
war Folge des luneviller Friedens (9. Febr. 1801) und des bemfelben
Reichöbeputationshauptfchluffes vom 25. Zebr. 1803, in Gemaͤßheit
bis bahin unmittelbar gemwefene Stifter 2c. ſaͤculariſitt und weltlichen Re
getheilt wurden. Bloß ber Kurfürft Reichserzkanzler, nadymaliger Fin
vettete f. weltliche Herrfchaft aus diefem Schiffbruche des Prieſterregü
1813, dur) die Noth gezwungen, ſich feibft feiner irdiſchen Gewalt zu I
Die Säcularifation enthält, aus rechtlichen Geſichtspunkte betrachtet,
gerechte®, da die geiftlichen Regenten nicht durch den Willen ber von ii
ten Völker, fondern durch bloße Anmaßung zu ihrer Herrfchaft gelangt ı
bin fein wohlerworbene® Recht (jus quaesitum) hatten.
Säculum. Diefes Wort hat 2 fehr verfchiebene Bedeutu
Sinne des kanoniſchen Rechts zeigt es die Welt und das bürgerliche Le
genfage ber Kirche und ber geiftlihen Sachen an. Daher bas Wort €
fation (vgl. d.). — Inder Sprache des gewöhnlichen Leben Heißt t
ein Zeitraum von 100 Jahren, ein Jahrhundert. Daß ältere Voͤlk
Sahrhunderte theils einen längern, theils einen Eürzern Zeitraum als
derten, ift nicht glaublich, obgleich e8 behauptet worden ift; menigit
Roͤmern und Deutfchen war es nicht der Fall. — Am Ende bes 1
Jahrh. entftanden viele Streitigkeiten über. die Frage: ob der Schluß
mit dem J. 99 oder mit dem folgenden zu machen ſei. Eine Partei vo
und Chronologen ſtimmte für das 3.99 aus dem Grunde, weil nad
: nung Chriſtus ein Fahr früher als nach unferer bißherigen Zeitrechm
ſei, dag man alfo bereits 1799 die Jahrszahl 1800 Hätte fchreiben mü
fchon 1799 volle 1800 Jahre nad) Chr. Geb. vergangen wiren. Die
tei behauptete, daß erft mit Ablauf des 3. 1700 oder 1800 die Jahrh
wären. Allein die erſtere Partei beftritt dies nicht, fondern bloß bie
unferer Zeitrechnung, welche erſt im 6. Jahrh. nach Chr. durch einen
Dionyſius den Kleinen (wegen f. Eleinen Statue fo. genannt), aufl
Krank verrechnete er fih um 2 Jahre, nach Andern, denen Bredow bei!
"5 Jahre, naͤmlich zu wenig.
Sacy (Baron Antoine Iſaak, Silveſtre de), Drientalift,
Akad. der Infchriften, Ritter der Ehrenlegion, geb. ben 21. Sept. 175
Er verlor f. Vater früh. Bildung und Unterricht empfing er von P
41781 voard er als Rath bei der Cour des monnaies angeftellt und tr.
Associe libre in die Akad. der Inſchriften, deren ordentl. Mitglied er
1791 ernannte ihn der König zu einem ber Generalcommiffaire ber Mı
1793—96 lebte er auf dem Lande in ber Zuruͤckgezogenheit. Bei bei
bes Nationalinftituts ward er zum Mitgliebe gemählt, trat aber nicht
ben Eid des Haffe® gegen das Königehum nicht-[hwören wollte. Er
diefen Eid auch al8 Prof. an der Specialfchule ber Lebenden morgenlaͤnd.
dennoch ließ man ihm dieſe Stelle, die ſchwer wieber zu erfeßen w
ununterbrochene Beſchaͤftigung mit den Miffenfchaften rettete ihn v
Schredengzeit. Als Napoleon dem Inſtitut eine neue Einrichtung gı
als Mitglied deffelben in die Glaffe der alten Literatur und Geſchichte
hielt er den neu errichteten Lehrftuhl der perfifhen Sprache am Golles
und warb vom Seinedepart. zum Mitgl- des geſetzgeb. Körpers gemil
klaͤrte fich für die Entfegung Napoleons am 3. April 1814 und nahe j
bafteften Antheil an dem Verhandtungen über bie verfchiedenen Geſetent
Be abi, 585
we ſih während dieſer Gigung befchlftigee . But he neuen Cigung,
es Königs zroeiter Ruͤckkehr flattfand, warb er nicht berufen. Die
ste ihm 1813 die Baronswuͤrde ertheile. Der König ernannte ihn
nfor und 1815 zum Rector ber parifer Univerfität, und bald darauf
er Commiſſion für den Öffentlichen Unterricht. Viele Akademien umd
lſchaften haben ihn in ihre Mitte aufgenommen. Zu den wicdhtigften
es Gelehrten, dem unter den jegt lebenden Drientaliften wol Beiner
e freitig machen kann, gehören feine arabifche Grammatik unb An-
5 Bde., 1816 und 1810), welche ae ähnliche Werke übertreffen;
bes Abdollatif, ans welcher fich die Unbrauchbarkeit ber früher von
tem Überf. deffelben Schriftfteller® ergibt, und welche wegen der hin⸗
imerk. unfchägbar tft; f. „Memoires sur diverses antiquitös de la
3, 4.), worin alte gefchichtlihe Denkmäler mit tiefer Sachs und
iß erläutert werben; ſ. „Memoires d’histoire et de littörature
318, 4.); ſ. „Algemeine Grammatik", ſ. Werkchen über die Briefe -
Shrestomathie arabe” (2. Aufl., Daris 1826, 2 Bde.) u.a. m.
zen die „Memoires de l’Academie” und die „Notices et extraita”,
estern Werke verfchiebene Bände gan) ober faſt ganz von ihm find,
m f. Fleiße als f. umfaffenden Gelehrfamteit. AIs Lehrer hat ©.
richt zur Verbreitung einer geimblichen Kenntniß bes Arabiſchen und
kuropa gewirkt und treffliche Schuͤler gezogen. Mit ſtrenger Recht⸗
rbindet er den gefaͤlligſten, offenſten Charafkrs und ift ſtets bereit, bie
Studien Andrer ſelbſt mit Aufopferung zu foͤrdern.
; (Marquis v.), geb. in dee Grafſchaft Venaiſſin, war var ber Re⸗
lerieoberft. Durch das Officiercorps feines Regiments ſchimpflich
m er nad) Paris ‚um fich fo entfeglichen Orglen zu Ehetoffen, daß
zefehl des Hofes in die Baſtille geſchickt wurde. Später in Vincen⸗
„ ſchrieb er einen abſcheulichen Noman: „Justine, ou les malheurs
dem er nach 2 Jahren ein noch graͤuelhafteres Werk „Juliette! fol⸗
die außfchweifendfle Phantafie jemals Ungehenres und jedes menſch⸗
mpörendes erfinnen kann, fand ſich in biefen beiden Werken, deren
16 ein Hochverrath an ber Dienfchheit zu betrachten find. S. war
Schriften und wagte es, den Mitgliebern des Directoriums Epem-
ichen. 1804 abermals verhaftet und nach Charenton gebracht, fchrieb
veldhe von Wahnfinnigen auf einem Theater bargeftellt wurden, das
es Irrenhauſes, Abbe de Coulmiers, erbauen ließ. ©. durfte hier
ymen; aber einige derfelben erregten Verdacht, und aus ben Nach⸗
t Polizei ging hervor, daß biefer entfegliche Menſch mitten Im Ges
achtopfer ber hölfifchen Luſt zu erfaufen wußte, melde er in feinen
Ibert hatte. Sogleich warb er nach Bicoͤtre geführt, wo er im 63.
ft, Der beifpiellofe Gynismus feiner Schriften fand fi auch in fels
‚, und mit bem ruhigen Zone ber Überzeugung verfündigte ee Grund⸗
rmeidlich zum Schaffot führen:
»der Saadi (Scheith —* GSabi el Schirazi), aus Schi⸗
beruͤhmteſten lyriſchen und moraliſchen Dichter der Perfer, geb. zu
f. der Flucht 571 (1175 n. Chr.), ſtarb als ein 116jaͤhr. Greis
). Da feine Ältern arm waren, warb er am Hofe Abubekr's erzo⸗
überhaupt von den verfchiedenen Monarchen Perſiend großer Gunſt
ohlthaten. Ex fing, nachdem er 30 J. feine Jugend genofien, 30
bingebradit, erſt im 90. 3. ſeines Lebens an zu fchreiben, und wol
:ächtlichen Folioband feiner Werke in den legten 12 3. ſ. Lebens. Die
ihn ber Alles wegen feiner goldenen Sprüche, bie fie als einen
—
584 Sadueaͤer Sage
Schatz wahrer Lebensweisheit betrachten, und wegen feiner reinen, hohſt
chen und dabei einfachen Schreibart. Wir befigen von ihm: 1) eine Com
(Divan) Iyrifcher Gedichte in arabifcher und perſiſcher Sprache (Gafeln unb 8
den), in benen ein mildes Feuer der Phantafie waltet, theil® Liebeögedichte, f
Auffoderungen zu edeln Lebensgenüffen, vermifcht mit ernflen Betrachte
2) ein moralifchee Werk, aus Profa und Verfen gemifht, u.d. T.: „Gi
(Rofengarten), in 8 Büchern, mit folgenden Überfchriften: vom Greif
ben Sitten der Könige; vom Geiſte und ben Sitten ber Derwifche ; von ber
und dem Stüde der Zufriedenheit; vom Nugen ber Verfchiwiegenheit; von
Liebe und Jugend; von Schwachheit und Alter; von Erziehung der Kinder
guten Bitten; von der Kunft, mit Leuten umzugehen; 3) ein Werk in Ber
„Boſtan“ (Baumgarten), enthaltend eine Sammlung von Geſchichten, J
bein und moralifchen Anweifungen; endlid) 4) eine Sammlung von Gitte
chen, ebenfalls in Berfen, u. d. T.: „Penbnahmeh oder Molamaat”'. — &%
liche Werke des ©. find zu Calcutta in 2 Großquartbänden perſiſch im Deal
fchienen; das fchönfte feiner Gedichte, „Guliſtan“, hat Gentius perſiſch:
tein. herausgegeben und Dumoulin perſiſch und engliſch (Calcutta 1823).
Bernd. Dom hat „Drei Luftgänge aus Saadi's Rofenhain” aus b. Perf. ini:
(Hamb. 1827). Das „Pendnameh“ ift perf. und engl. in Oflindien und ©
einzeln gebruckt worden; von den Iyrifchen Gedichten findet man einzelne bet ZU
ley u. A. Uberfegungen des „Boftan” und „Guliſtan“ gibt es in vielen Ep
Deutſch hat fie zuerft Olearius geliefert. (Vgl. Perfifche Literatur.)
Grabmal, 2 Meilen norböftt. von Schiras, befchreiden Franklin und Mei
ihren Reifen. |
Saducder, eine von ben 4 Hauptfelten der Juden, deren Stifter €
ein jüdifcher Rabbiner, war, ber ungefähr 200 3. vor Chr. lebte. Die kehr
nes Meifter6, des Antigonus, dag man bie Tugend um ihrer felbft wilm
ohne Ruͤckſicht auf Belohnung ausüben müffe, führte ihn zu der Behar
daß in einem andern Leben weder Belohnung noch Strafe flatt.fände. S
haͤnger leugneten baher die Auferftehung und die Unfterblichkeit ber Seele, |
ten weber Engel noch Geiſter, waren aber in ihren Sitten fehr ftreng , daher
Chriſtus, trog des Vorwurfs, daß fie die Schrift nicht verftänden , fie wege
Sitten nicht tadelt. Auch gelangten fie zu den hoͤchſten Würden und fehl
Hohmpriefteramt. Noch jest befteht diefe Sekte unter ben KR araiten (f.d}
Saffian, f. Marogquin.
Saftfarben, f. Malerfarben.
Sagan, Fürftenthum in Niederfchlefien (173 IM., 34,000 €
ehemals ein Theil des Fuͤrſtenthums Glogau, von dem es durch die Erbthe
der Söhne des Herzogs Heinrich VIII. 1395 getrennt wurbe und feinen e
Fürften erhielt. Nachmals Fam es an die Krone Böhmen. Kaifer Ferbim
ſchenkte e8 feinem Selbherren, Albrecht v. Wallenflein. Nach der Ermorbum
felben ward es eingezogen und 1646 an einen Kürften von Lobkowitz verk
Bon den Nachkommen des Lestern kam es 1786 durch Kauf an den Heros F
von Kurland, nach defien Tode, 1800, «8 feine Altefte Erbtochter, die Prie
Katharina Friederike Wilhelmine (verm. mit den Grafen Rud. v. d.
erhielt, die ſich davon Herzogin von Sagan nennt. — Stabt und Schief
gan, am ober, hat 580 Häufer, 4500 Einw. und Fabriken.
Sage ift die unmwilfürlihe Dichtung, welche aus dem Drange eineb
kes entfteht, irgend etwas Gefchehenes oder überhaupt Gegebenes ersählend
foffen. Die Sage hat alfo einen hiſtor Grund. Übrigens kann fie etwas
oder Gegenmärtiges barftellen, oder aud) nur auf Veranlaffung eines
Wirklichen (5.8. des Anblicks merkwuͤrbiger Felfen, Höhlen und ander Hech
|
2
Sagenkreiſe des Mittelalters Sailer | 685
durch Denkmale, ja durch auffallende Namen) entftehen. In ihr ge⸗
leich die Vorſtellungen und Anſichten eines Volkes auf eine dem Stand»
[ben angemeffene, anfchauliche Weife kund. Ja oft find biefe Vorftels
Eder hiftor. Anknuͤpfungspunkt wie in der Gätterfage, die eben das
mder Deidenfage und überhaupt von der Dienfchenfage unterfchei-
eſe ſich mehr an gegebene Ereigniffe anfchließt. Indem fie von Mund
laͤuft, erfährt fie bald große Veränderungen und wird mit den ſich ers
Begriffen des Volks mobificiet; daher oft ihre feltfame Geftalt. Aus
dlichen Überlieferung wird fie erhalten durch Volkslieder. umd Chroniken
ale räumlicher Art. In derneuern Zeit hat man, die Vorzeit mit groͤ⸗
te betzachtend, Sammlımgen von Sagen veranftaltet; fo haben bie
am (1817, 2 Thle.) „Deutfche Sagen‘ herausgegeben; P. L. Müller
abibliothek“. (S. übrigens Mythen, Diftorie und Stanbinas
teratur.)
‚entreife des Mittelalters, f. Mittelalter nd Ritters
o, das Mark, nicht wie man fonft glaubte einer beſondern Sagopalme
ıgobaums, fondern mehrer Palmenarten (f.d.).
unt, eine berühmte Stabt im taraconenfifchen Spanien, unfern von
Zurius (Murviebro). Als eine Pflanzfladt ber Zacpnthier und Rutu⸗
e mit Rom im Bunde, und murbe daher von Hannibal 219 v. Chr.
und nach einer hartnädigen Belagerung erobert, worauf der zweite pu⸗
‚ feinen Anfang nahm. Segt fteht auf derſelben Stelle die Stadt Mur:
duri veteres),, bei welcher in dem fpanifch-franz. Kriege 25. Dct. 1811
von Valencia unter Blake durch Suchet gefchlagen wurde, worauf das
nt capitulirte.
dfhüß und Sedlitz, 2 Dörfer nicht fern von der böhmifchen
n am Abhange bes Mittelgebirges. Die Gegend um diefe Dörfer ift an
Waffer und Bäumen arm, enthält einen bedeutenden Sumpf (dem
zumpf), und ift von Bafalthügeln eingefchloffen. Am füdlichen und
Fuße eines fich in den Sumpf hereinziehenden Hügel® befinden fi) etwa
vafferbrunnen, deren Wafler bitter ſchmeckt, laxirende Eigenfchaft bes
Mineralwaſſer weit verfendet wird.
gern, f. Silber.
ler (Johann Michael), Dr. der Theologie, bairiſcher geiſtl. Rath und
Eheologie zu Landshut, jetzt Weihbifchof und Coadjutor zu Regensburg,
alvicar, auch Dompropft (1825) an der bafigen Kathebralticche, Biſch.
ifopolis, ift 1751 zu Arefing unweit Schrobenhaufen in Baiern geb.
litern ohne Mittel waren, fo Eonnte er nur durch die Unterftügung , bie
ichen fand, feine Studien anfangen und fortfegen. 1770 trat er zu
in Oberbaiern in den Sefuitenorden und blieb in demſelben bis zu deſſen
‚1773. Hierauf vollendete er in Ingolſtadt feine philofoph. und theolog.
mar dann 3 Jahre lang Öffentlicher Repetitor und wurde 1780 zweiter
rof. der dogmatiſchen Theologie, neben Benebict Stattler, feinem Leh⸗
eunde. Da aber 1781 die bairifchen Klofterabteien alle Lehrſtellen im
ihrem Mittel zu befegen befamen, verlor auch &. feine Stelle gegen ein
geld. 3 Jahre lebte er jest im Privatftande den Studien und ſchrift⸗
ı Arbeiten, die ihn bereits rühmlich befanntgemacht hatten. 1784 folgte
fe zu einer Profeffur an der damals bifchöflich-augsburgifchen Univerfität
mo er Moralphilofophie und Paftoraltheologie lehrte, auch Religions»
a für alle Akademiker hielt und mehre vielgelefene Schriften herausgab.
war er bier thätig gewefen, als er unertwartet feine Entlafung erhiett.
586 | Saint⸗Aulaire Saint⸗George
Er lebte jetzt wieder mit ſehr geringen Einkuͤnften bloß ben Wiſſenſchafu⸗
Freundſchaft, theils zu Muͤnchen, theils zu Ebersberg In Oberbeiern
Regierungsveraͤnderung in Baiern 1799 ward ©. als Lehrer am ber bakrlı
desuniverfität angeftellt und befand fich feitbem an ber 1800 von Ingel
Landshut verlegten Ludwig: Marimiliansuniverfität als ordentl. Prof. d
gie. Er hat ſich durch zahlreiche Schriften um die Erweckung wahrer 8
unter den Katholiken in Baiern ungemein verdient gemacht. Sein biſch
fchreiben (Regensb. d. 7. Dec. 1824), welches bie Feier des Jubilaͤum
1825 ankuͤndigte, zeichnete ſich durch einen würbigen Kon ſowie durch
Achtung andrer Confeffionen aus. (Vgl. Hesperus 1825, No. 21.). -
Satnt=:Aulaire (Louis Beaupoil, Stafv.), geb. 1779,
Napoleon Kammerherr und Präfect des Maasdepartements. Nach Wi
lung der Bourbon erhielt er bie Präfectur der Obergaronne und befa
Touloufe, als Napoleon von Elba zurückkehrte. Bei der zweiten Rüd
wigs XVIII. zum Deputirten des Maasbepart. erwählt, ſprach er ſtets
der conflitutionnellen Freiheit und vertheidigte die Sache ber unglüdlichen
ten, welche im fübl. Frankreich der Verfolgung eines fanatifchen Ultrar
preißgegeben waren. 1818 trat St.:4. als Deputirter des Depart. bu
"zweiten Dale in die Kammer; man fand aber, daß fein polit. Glaube
1
niß nicht mehr’ daffelbe fei und erflärte diefe Veränderung aus dem Ei
Miniſters Decazes, weldyer kurz zuvor fein Schwiegerfohn geworben :
am 14. Febr. 1820 Slaufel de Couffergues den Minifter ale Mitſchuldig
morbung des Herzogs von Berry bezeichnete und biefe Beſchuldigu
Sitzungsprotocoll eingetragen werden follte, widerſetzte er fich lebhaft!
leumdung. In den ftürmifchen Berhandlungen über den Entwurf des ne
gefeges, 1820, ſprach St.⸗A. mit Feuer und Kraft; er ſtimmte für bi
fung, weil bie neue Wahlform die Öffentliche Freiheit bedrohe, bie Ka
wiürdige, die repräfentative Verfaffung umſtoße und alle Gewalt einer i
Er trat aus der Kammer 1823 und befchäftigt ſich feitbem mit Literatur,
‘mit der deutfchen. Auch gab er eine (Kpz. 1827) ins Deutfche überf. „”
der Fronde heraus. — Skin Vetter, Graf Joſeph Beaupoilv. S
» mit den Prinzen ausgewandert und ift jest Generallieut. und Pair von
Saint:Eyr, f. Ey.
Saint:George (Ritter v.), berühmt buch feine bewunder
Gewanbtheit in allen Leibesübungen (weßhalb feiner in den franz. Men
Romanen aus biefem Zeitraum oft gedacht wird), geb. 1743 auf ber I
beloupe von einer Greolin, war der natürliche Sohn deß Generalpachter
logne, der ihn gut erziehen ließ. Er trat früh in Kriegödienfte, wurde:
am Hofe des Herzogs von Orleans angeftellt und war ein Kiebling bes
volution hingerichteten Herzogs. Man erzählt von feiner Geſchicklichk
brauche des Degens und ber Piftolen faft unglaubliche Dinge. So wa
D Laubthaler nacheinander in die Luft und traf fie, einen nad) bem ande
fie niederfielen, mit 2 verfchiedenen Piftolen. Sehr fanft, ſobald ern
wurde, vermieb er Streitigkeiten, und fing immer damit an, feine Gi
zu zeigen, um jeden Zwiſt abzumenden. Im Fechten war ihm Niemand ı
war ein leidenfchaftlicher Freund ber Mufit und galt für einen ber erflen 1
ler feiner Zeit. Beim Ausbruche der Revolution warb er einer ihrer eifrl
bänger, und diefe Gleichheit der Meinungen Enüpfte ihn noch fefter ax bı
v. Orleans. Er warb 1792 ein Fägerregiment, mit welchem er als DI
Dumouriez bei der Nordarmee ſtand. Nach bem Abfall des Generals a
G. um ſich zu retten, fein Anklaͤger; aber er fchligte ſich dadurch nich
Gefaͤngniß, amd obgleich bald entlaſſen, wurde er doch 1793 wirder ver
Saint⸗Germain Saint⸗Marſan 687
nach dem 9. Thermidor ſeine Freiheit. Er ſtarb in dunkler Armuth
int-Germain, f. Germain.
nt-Lambert (Sean Francois), Mitglied der Akademie und des Na⸗
uts, zu Nancy 1717 geb., erwarb fich früh bei feinen Landsleuten ben
es ausgezeichneten Dichterd und eines liebenswürbigen Gelehrten. Er
den Fefuiten zu Pont a Mouffon erzogen. In feiner Jugend diente er
hringifchen Barde und flieg bis zum Range eines Hauptmannd. Nah |
n verließ er diefe Laufbahn, um fich an dei Hof des Könige Stanislaus
‚ der zu Luneville die geiftvoliften Frauen und Männer um ſich verfam:
begeben. Frau v. Chatillon glänzte hier durch ihre Kenntniffe und ihren
und St⸗L. gewann ihre Liebe. Auch mit Voltaire befreundete er fich,
2 ihm gar ſehr in feinen Verfen und warb dafür auch wieder von Vols
t. Erftarb zu Paris d. 11. Febr. 1805 im 88. J. bei feiner Freundin,
»oudetot, die ſich feiner mit der größten Sorgfamkeit annahm, obgleich
Zuflande der Kindheit, morein er zuruͤckgeſunken war, fich oft bitter über
jreundin hefchwerte. * Seine Gedichte: „Le matin et le soir“ (1769) -
saisons” find unter feiner Schriften am befannteiten geworben. Sie
ı Der Gattung der befchreibenden Gedichte, und obgleich fie Thomſon's
iten“ nachfiehen, fo zeichnen fie ſich doch durch eine blühende, oft glänzende
und einen leichten harmoniſchen Versbau aus. Außerdem hat er mehre
en in Profa, orientalifhe Fabeln (Paris 1772) und viele Eleinere Ge:
Ihe in franz. Muſenalmanachen zerftreut find, gefchrieben. Seine „Me-
: la vie de Mylord Bolingbrocke‘' fizd unter feinen profaifchen Schrif:
enswerthefte.
int:Marfan (Anton Maria Philipp Aſinari, Marquis v.), Mars
⸗Marzano; in Exropa bekannter unter jener franz. Benennung, koͤnigl.
re Staatsminiſter der ausmwärt. Angelegenheiten, Großlreuz des ungari=
hanbordens ꝛc., ged. zu Zurin, wo fen Vater Gouverncur war, wid⸗
der Diplomatie, arbeitete in dem Depart. der auswaͤrt. Angelegenheiten
? Kriegsminifter. Als folcher unterzeichnete er ben Vertrag vom 28. Juni
ch weichem den franz. Truppen unter Brune die Citadelle von Turin ein⸗
yurde. Nach der Bereinigung Piemonts mit Frankreich 1802, trat Hr.
in franz. Dienfte. Napoleon ernannte ihn zum Staatsrath und fpäter
Sefantten in Berlin. Als Preußen 1513 fein politifches Syſtem aͤn⸗
rd er abgerufen. und trat hierauf in den Erhaltungsſenat. Nach der Bes
re Hauptfladt durch die verbündeten Truppen, begab er ſich nach Turin,
zur Ruͤckkehr tes Königs Wictor Emanuel in feine Staaten, von den
m Mächten angeftelit, den Vorfig im Regentfchaftsrathe führte. Jener
ernannte ihn zu feinem KRriegsminifter und fandte ihn zu dem in Wien vers
ı Gonyrefle, um Savoyens Zurüdyabe an Sardinien zu bewirken. Er
nals mit den 8 Gongreßmaͤchten den Tractat vom 29. März 1815, der
ileniſſe Sardiniens zu Genf beitimmte, hierauf mit den 5 verbünbeten
ten den Zractat vom 20. Mai 1815 ab, der die neuen Grenzbeſtim⸗
md die Vereinigung bes Staatd von Genua mit der fardinifhen Monar⸗
ste. Nach dem Schluffe des Congreffes Lehrte Hr. v. S.:M. nach Turin
0 er die Leitung der auswaͤrt. Angelegenheiten erhielt, am Ende 1817
6 Kriegs: und Seeminifterinm, 1818 aber aufs neue die Verwaltung
ärt. Angelegenheiten an der Spise des Stantsminifteriums uͤdernahm.
entvolle und heitfehende Stautsmann hatte jedoch einen Einfluß auf das
welches eigentlich durch bie Königin, deren Beichtvater und ben Polizeis
segiert wurde. Als die Piemontefifhe Revolution (.d.) ans:
588 Saint⸗Martin Saint⸗Pierre (Jacq. Bern. Hemi ix)
brach, befand er ſich auf dem Congreſſe zu Laibach. Gen Sohn, ber ben fe
Napoleons in Rußland mitgemacht und fpäter ben Poften eines Geſandiſq
cretairs verfehen hatte, ward als Theilnehmer.den 6. März 1821 verhaftet, f
aber von den Mebellen befreit. Der Minifter kam von Laibach zuruͤck, um dem
nig Victor Emanuel die Mißbilligung des Gongreffes', die Einführung einer
Berfaffung betreffend, mitzutheilen, worauf der König am 13. Min |
Herr v. S.-Marzano legte fein Minifterium nieder, das der Marcheſe di By
erhielt. Nach der Unterbrüdung bes Aufftandes ernannte der König Kau
den Grafen Della Zorre zum Miniſter der auswärt. Angelegenheiten. 2
minifters Sohn hatte fich nad) Frankreich geflüchtet und ward nach Eile vern
Er follte daſelbſt verhaftet werden, als er im März 1822 einen Paß bemupt,
nach) England zu gehen, wo er Begnadigung und Erlaubniß zur Ruͤckkeht ie
Vaterland noch erwartet. |
" Saint:Martin (Sean Antoine), feit 18% Mitglieb der Acad.
seriptions et belles lettres, geb. zu Paris d.17. Fan. 1791, einer der
zeichnetften Schüler des Drientaliften Sito. de Sacy, hat ſich durch feine ver
Kenntniß der armenifchen Literatur und durch Forſchungen in ber alten Che
gie eine Stelle unter den erſten jest lebenden parifer Gelehrten erworben.
längere Zeit Mitglied der koͤnigl. Gefellfchaft der franz. Alterthumskenner unb
feher der orientalifhen Typographie in der koͤnigl. Druderei. 1824 ernanui
der König zu feinem Bibliothelar. S. „M&moires historiques et geogre;
sur Arménie“ (2 Bde., 1818 fg.) haben zuerft ein helleres Licht über biefent
Theil der Gefchichte des Drients verbreitet... &. „Histoire de Palmyre”
Kpfen., ift ein Hauptwerk über dieſe berühmte Stabe der Zenobia (f.b.
„Nouv. recherches sur l’cpoque de la mort d’Alexandre et sur la chre
des Ptolemees’' (1820) find Vorläufer eines wichtigen Werts: „Chre
de l’histoire ancienne”, das er vorbereitet. Noch erwähnen wir, daß ai
„Notice sur le zodiaque de Denderah (1822) das Alter diefes Thierke
die Zeit nach 900 bis 560 v. Chr. ſetzt, welchem aber Letronne und Halm⸗
fprochen haben, die jenes Denkmal nicht für älter als die gewoͤhnliche Zeite
halten, Zu ber „Biogr. univers., zu dem „Journ. des savans‘ und j
„Journ. asiatique” hat Ot.⸗M. wichtige Beiträge geliefert. Die „Hist. &
Empire” von Lebeau hat er verb. und vermehrt feit 1824 herausgegeben (A
nebft einem Atlas); auch ſetzt er die „Art de verifier les dates” fort. |
Saint:Pierre (Charles Irenée Gaftel, Abbe de), geb. in ber Ne
die 1658, geft. zu Paris 1743, ein franz. Schriftfteller,, der zu feiner Ze
Auffehen machte und von dem berühmten Verfaffer v. „Paul u. Virginie x."
nardin de St.:P. zu unterfcheiden ifl. Seine „Annales politiques de Louis
werden noch immer geſchaͤtzt und follen Voltaire die erfte Idee zu feinem „f
de Louis XIV‘ ſowol als zu feinem „Essai sur l’histoire generale” ı
haben, vor welchen beiden Werken fie unleugbar den Vorzug ber größern
Treue haben, ohne ihnen in Rüdficht bes Styls bedeutend nachzuftehen. €
bie meiften europ. Sprachen überfegte® „Projet de paix perpetuelle ent
potentats de l’Europe”), ift allerdings nicht viel mehr als ein ſchoͤner X
aber vol trefflicher Gedanken und fehr folgerecht durchgeführt. Man kanz
nur bedauern, daß er, wie Plato, ſich die Welt gedacht hat wie fie fer
und nicht wie fie iſt.
Saint:Pierre (Jacques Bernarbin Henri de), einer der geiſt⸗
muͤthvollſten philofoph. Schriftfteer der Srangofen, geb. zu Havre de Bence £7
war in ſ. 12. 3. des Schulzwange® fo überdrüßig, daß er mit f. Oheim nad
tinique fegelte. Das Heimweh trieb ihn zuruͤck. Er ftubirte in der Im
ſchule zu Paris und ging als Officer nach Malta. Ein Zweikamff nithigu
Saint⸗Real Saint⸗Simon (Familie) 589.
sBlande Dienfte zu fuchen. Katharina II. gab ihm eine Unterlieutenantsftelle
Ingenieurcorps, die er aber nach 18 Monaten nieberlegte. Er diente in Po⸗
e franz. Partei, ward von ben Ruffen gefangen, freigelaffen, hielt fich in
hau, Dresden, Berlin und Wien auf, ging wieder nach Paris, erhielt eine
sleurofficierftelle in Isle⸗de⸗ France, nahm wegen Zwiſtigkeiten nad) 2 Jahren
Abſchied und ging nach Frankreich zurüd. Nun begann fein literar. Leben.
siite eine Heine Penfion mit f. Mutter und gab 1773 f. „Voyage & P’Isle de
ve” heraus. 1784 erfchienen f. „Etudes de la nature”. Nun ernannte
wig XVI. zum Intendanten des botan. Gartens und bes naturhiftor. Mus
. Sein Roman „Paul et Virginie” (1788) erlebte in einem 3. 50 Aufl.
Lachdrücke, und bis 1828 an 300. Er ift in alle Sprachen überfegt, ins
von Delen Marie Williams, deutſch von Gleich (Leipzig 1820). Der Verf.
Zalte eine Prachtausg. (Paris 1803, 4.). Napoleon gab ihm den Orden
seenlegion; Joſeph Bonaparte eine Penfion von 6000 Franken. Bernarbin
ach die „Chaumiere indienne”, die „Harmonies de la nature” u. a. Schrif⸗
Eur heraus. ©. „Oeuvres“ erfchienen zu Brüffel in 8 Bon. Er farb d. 21.
2814 auf ſ. Landgute bei Paris. Aime Martin fehrieb einen „Verſuch über
wedin’6 Leben und Schriften” (Paris 1820).
Baint:Real (Cefar Vichard de), ein ausgezeichneter Schriftfteller, bes
im Hiflorifchen Sache, geb. zu Chambern in Savoyen, wo f. Vater Staats:
par, kam früh nad) Paris, wo die Lebhaftigkeit f. Geiſtes und f. Kenntniffe
Beeumbe erwarben. Hier lebte er bei dem Gefchichtfchreiber Varillas, von.
zu ihm wahrfcheinlich die Liebe für da6 Romantiſche in f. hiſtoriſchen Darftels
a mitgetheilt wurde. Varillas befehuldigte ihn, daß er ihm einige f. Papiere
mbet habe. 1675 Eehrte St.⸗R. nad) Chambery zurüd, lernte daſelbſt bie
kein v. Mazarin kennen und begleitete fie: nady England, ging aber bald mies
neh Paris, wo er mehre Jahre u. d. T. eines Abbe (ohne jedoch eine Pfruͤnde
ben) fich als Gelehrter aufhielt. Seine Schriften verwidelten ihn in gelehrte
Ugkeiten, befonders mit dem Theologen Armauld, der ihn des Socinianismus
Digte. Seine Empfindlichkeit gegen die Kritik ging bis zur Schwäche; zus
war er hitzig und ungeſtuͤm, wenn ihm in Schriften wiberfprochen wurde,
Saber im gefelligen Leben einen höchft ſchaͤtzbaren Charakter. 1692 ging er
Bhambern zurüd und farb in demf. Jahre. Unter f. Werken zeichnen fich
> „Sept discours sur l’usage de l’histoire”, voll ſcharfſinniger Bemerkuns
wber ohne Präcifion gefchrieben; „Histoire de la conjurasion que les Es- ‘
bis formerent en 1618 contre la republique de Venise“, welches Werk
Bei Romanhaftes enthält. Übrigens hat St⸗R. hinfichtlich des Styls in dies
Bere fein Vorbild Salluſt nicht ganz erreicht. „Don Carlos, nourvelle hi-
‘, gleichfalls romanhaft, aber vortzefflich gefchrieben; „Discours sur la
„ eins der vortrefflichfien Werke diefes Schriftftellers; ‚Traduction des
is de Ciceron & Attieus‘‘, nicht fo gut gerathen u. a.m. ine voliftäns
Husg. von St.⸗R.'s Werken beforgte der Abbe Perau 1757 zu Paris in
m. 12
WBaintsSimon, ein altes berühmtes franzöf. Geſchlecht. Bekannt find
Worifchen „Memoires” des Herzogs v. Saint: Simon (Louis be Rouvroi),
B von Frankreich, aus deu Zeiten Ludwigs XIV. und XV. — Claude
se, Marquis, feit 1815 Herzog v. Saint» Simon, geb. zu la Faye 1740,
uber tapferften Dfficiere des Regiments Auvergne, ging 1780 nach Spanien
als Marechal de Camp ein Corps von 3000 M. nach Nordamerika, wo
zur Mieberlage bes Lord Cornwallis bei Yorktown (18. Det. 1781) mit
Nrnd den Gincinnatusorden erhielt. 1789 wählte ihn der Abel zum Abges
Beten bei den Reichsſtaͤnden; er proteflirte gegen die Beſchluͤſſe der Mekcheit im
590 Saint- Pincent
"der Rationalverfammmlung, und wanderte nad) Spanien aus. Hler
die k. Legion, welche aus Emigemmien beſtand, und wurde Gene
BVerbienfte und Wunden ertvarben ihm bie Gnabe Karla IV. , der ih:
talcapitain von Altcaftilien ernannte und ihm 1801 den Heerbefehl geo
anvertraute. 1803 erhielt er den Rang eines Grande von Spanien;
er bei der Einnahme von Madrid Eriegegefangen und vor eine Milita
geftellt, die ihn, weil er die Waffen gegen Frankreich getragen, zum
theilte. Allein Napoleon, durch das Sehen f. Tochter gerührt ,- I
Frankreich abführen, wo er in der Gitadelle zu Befancon gefangen ſa
1814 machte ihn frei. Ludwig XVIH. vernichtete jenes Urtheil. 2
der Marquis nad) Spanien zuruͤck, wo ihn Ferdinand VII. zum Hei
neralcapitain ber fpanifchen Armeen erhob. Seit dieſer Zeit hat er a
Ereigniffen keinen Theil gmommen. — Geitenverwandte von ihm fü
Simon, Henri, Graf v., bekannt durch mehre Schriften über
Staatswirthfchaft, geb. 1760, focht an der Seite des Vorigen im nı
ſchen Freiheitskriege und erhielt den Gincinnatusorden. In der Se
H. de Sraffe 1782 gegen Rodney verlor, kam er durch die Eroberm
xalfchiffes, auf welchem ex ſich befand, in engl. Befangenfchaft. £
volution verlor er einen großen Theil f. Vermögens; baher unternahn
Einführung einer Eilpoft in Frankreich, die u. d. N. -Eclair bean
Grundſaͤtzen einer vernünftigen Freiheit ſtets treu geblieben, gab er e
lemifche Zeitfchrift heraus: „L’organisateur”, bie aber 1820, vcı
befchräntt, aufhören mußte. Außer den „Lettres de Saint-Simon’‘
ſchien von ihm, gemeinfchaftlicy mit H. Thierry: „L’industrie, ou di
morales et philosoph., dans l’interet de tous les hommıes livres à
utiles‘ (1815, 4). ©. Wert „De la regeneration de la soeiete «
(1814) erlebte 2 Aufl. Graf Simon flarb zu Paris im Mai 1825. -
Simon, Henri Sean Victor, Marquis v., Marechal de G:
1819 Pair von Frankreich, geb. 1782, diente in ber Rheinarmee ın
focht bei Jena, dann in Catalonien mit Ausseihnung, ımb trat 1
Seite der Bourbons. Ludwig XVIH. gab ihm den Rang und die €
noch bekleidet. |
Saint: Bincent (Lord, Graf John Jervis v.), Admiral
heimerrath u. ſ. w, 2ter Sohn bes Swynfen Jervis Esq., Herrn
Mitglieds des Admiralitaͤtsraths, geb. 1736, bildete ſich von ſ. 10. J
Seemann, unter Anſon, Hawke u. A. Nach dem Frieden zu Aachen
er ſich in Paris mit der franz. Sprache bekannt. Im ſiebenjaͤhr. Kri
als Schiffslieutenant viel Muth und Geſchicklichkeit, z. B. bei der U
auf Quebeck 1760. In dem norbamerikanifchen Kriege befehligte
beoyant von 80 Kan. und flug fid tapfer in dem umentfchiedenen S
ber franzöf. Slotte unter dem Grafen d'Orvilliers, auf ber Höhe v
(27. Juli 1778). Admiral Keppel warb wegen f. Verhaltens an die
ein Kriegsgericht geflellt, auf des Cap. Fervis Zeugniß aber freigefpr:
demfelben Schiffe eroberte Jervis durch ein geſchickte Manoeuvre 17
Eintenfchiff von 74 Kan. Nach dem Frieden zum Mitgkiebe bes Un:
wählt, fchloß ſich Jervis an den Grafen Shelburne an und flimmte na
fition. Im Laufe des franzöf. Revolutionskrieges eroberte er ale 6
im März; 1794 Martinigue und St.:Zucie; dann kreuzte ee 1796 von
Toulon, mußte aber, als fich bie fpanifche Flotte unter Langara mit di
Zoulon vereinigt hatte, Corfica, Elba und Capraja räumen und das
fche Meer verlafien. Hierauf bloquirte ee Cadix und ſchlug am 14. |
beim Gap St.⸗Vincent, wit 15 Unientifien und 4 Fregatten (123
Saiten GSaiteninftrumente 591
Flotte von 27 Linienfhiffen und 10 Fregatten (2212 Kan.) unter D. Luis
dova. Jervis trennte die feindliche Linie und nahm 4 Linienfchiffe. Die ge⸗
we Flotte flüchtete ſich nach Cadix, das hierauf Commodore Nelfon (unter
’8 Dberbefehl) am 3. Juli bombardirte. Das Parlament dankte dem Sieger
35 London verehrte ihm einen Eoftbaren Degen; der König erhob ihn zum
von St.-Vincent, Baron Meaford, und gab ihm ein Fahrgeld von 3000
St. Lord St.⸗V. nahm jest f. Sig im Oberhaufe, befehligte aber fortwäh:
we Stationen vor Liffabon, Gadir und im mittelländifchen Meere, wo er
inzelne Abtheilungen wichtige Entwürfe ausführen und auch durch Nelfon
die franzoͤſ. nach Agypten beftimmte Flotte verfolgen lie. 1801 wurbe er
ord Der Abmiralität unter Addington's Verwaltung , legte unter Pitt's Mi-
sam 1805 jene Stelle nieder und übernahm 1806 den Befehl uͤder die Flotte
sl. Damals ward er von einer Anklage, daß er bie Flotte nicht mit ben
Vorraͤthen verfehen habe, loßgefprochen. Später trat er öfter im Ober:
mf. Ohne zur Oppofition zu gehören, tabelte er die Unternehmung 1807
Kopenhagen, den Feldzugsplan des Sir John Moore 1808 in Spanien
e beharrliche Kortfegung des Kriegs mit Frankreich. Auffallend war es, daß
7 gegen die Abfchaffung bes Negerfllauenhanbels ſtimmte. Seit 1816 309
wegen Kraͤnkuchkeit aus dem öffentlichen Leben zuruͤck und ftarb auf f. Lands
RNochetts bei Brandwood, ald Admiral des erften Ranges und Beneral der
Daten, im Mär; 1823, in einem Alter von 87 5. X.
Baiten find Faͤden von zufammengedrehten Schafdirmen oder von gezo⸗
Metall, deren man ſich in verfchiedener Länge und Stärke bedient, um fie
> dünnen Dede eines bazu eingerichteten SSnftruments in Schwingungen zu
And Dadurch verfchiedene Klänge hervorzubringen. Die Darmfaiten verfers
san aus ben Därmen der Schafe und Lämmer, die man reinigt, in einer
Meist, zuſammenſpinnt und ſchleift. Man winbet fie in Ringel, von denen
nick sufammengebunden ein Stod heißen. Ihre Güte wird durd) ihre Halts
ko Reinbeit und durch das Helle und Koͤrnige ihres Tons beflimmt. Ein
ficheres Merkmal für diefe Eigenfchaften gibt es nicht, doch fehlen fie wer
allen den Salten, die nicht durchſichtig und nicht elaflifch find. Bekannt:
D die in Italien verfertigten fogen. vomanifchen bie vorzüglichften. — Die
iten find entweder aus Meffingdraht oder aus Eifen. Solche liefert Nüms
n bat auch Verfuche mit Saiten aus Seide gemacht, aber e8 fehlt ihnen
bu feinen Klange. Ein gewiffer Boud zu Verſailles ſoll fie In der neueften
weoollfommmet haben. Nach der Stärke theilt man die Saiten in Baß⸗
falten, ferner in Quinten, Quarten u. f. w.
Baiteninfirumente find diejenigen, bei welchen durch Schwingung
der Ton hervorgebracht wird. Die Art aber, wie die Saiten in Bes
gefeut werben, ift verſchieden, und hiernach zerfallen die Saiteninftrumente
j tn befomdere Claffen: 1) Bogeninftrumente (f. d.) oder Geigen;
so die Saiten durch Haͤmmer, weldye an Zaften befeftigt find (Taſteninſtru⸗
[oder Gtaviaturinftrunmente); 3) die, in welchen die Saite mit dem Finger
Melbar ober mittelbar, d. i. durch einen Griffel) geriffen wird. „Hierher ges
„Guitarre, Mandoline, Laute und die ähnlichen Inſtrumente. — Die
find weit mehr als die Bladinftrumente gefchickt, bie Menſchen⸗
begleitend zu tragen, weil fie im Tone mit ihr mehr contraftiren. Zweitens
fle den Vortheil, da man durch fie die mathematifchen Verhaͤltniſſe der
m fichtbar nachweiſen und mehre Toͤne zugleich angeben kann, weß⸗
anch zur Entwidelung der Harmonie und ber Darmonielehre fehr viel beis
haben. Ferner find die Saiteninſtrumente einer leichteren Benugung fähig
Vatinſtrumente, indem fie nur bie Arme und Hände der Syrlenken n
598 Sakkarah Saladin
Bewegung ſetzen, während letztere auch bie Lungen ber Spielenden und u
gane ermüden, weßhalb fie den Saiteninftrumenten an Ausdauer nicht gl
men. Wegen diefes Umſtandes ſowol als wegen der größern Leichtigkeit
zuflimmen und die verfchiedenften Grabe der Stärke und Schwäche her:
gen, bilden die Saiteninftrumente in dem Orcheſter die herrſchende Partie.
Sakkarah, die Todtenftätte des alten Memphis, von beffen T
es etwa eine halbe Meile entfernt liegt, am Saume ber libyfchen Wuͤſt
barum wol als fegenbringender Port der Frommen (Oouov ayadım) b
weil dort das Grabmal bes Dfiris an ber Geite der Iſis eine troſtreiche G
fenfchaft und flufenweifes Annähern an die höcften Götter verfichert
ſtehen jene Reihen von Pyramiden, die in der Richtung von D. nah W
Viertelmeilen und von N. nach S. 34 einnehmen. Ron den früher vor
Pyramiden find nur noch gegen 30 übrig, doch manche davon bloß in T
ertennbar. Die größere darunter, die treppenartig auffteigt, die zuerſt Pi
Valle 1618 unterſuchte, hat Gen. Minutoli neuerbings wieder aufgral
und intereffante Ergebniffe gefunden. Anziehend wird Sakkarah den |
und den Kunſtfreunden vorzüglich durch bie unzähligen unterirbifchen Gr
ten Eingänge man in f. Ebene findet. In einer von ihnen war es, wo bie
Mumien durd) Pietro della Valle gefunden wurden. Sarkophage mit:
phen, oft von Branit, belohnen den Eifer der Auferſtehungsmaͤnner mi
Einer, den Gen. Minutoli (f.d.) zu Tage förderte, ging an dem Ein
Elbe verloren. Ein andres Intereffe hatte Sakkarah durch die Sshieket
in denen diefe Vögel zu hunderttaufenden in den bekannten Rrügen beig
Nach Minutoli's Meinung waren dort jeber Kafte und mehren Thier—
abgefonderte Nekropolen von der erflaunenswertheften Ausdehnung an
folglich möchten gerade dort die Nachgrabungen am meiften belohnen.
Saladin, eigentlih Salahebdin Juſſuf Ebn Ayub, Sultan v
ten und Syrien, geb. 1137 auf dem feften Scloffe Tekrit, deſſen ©
fein Vater, ein turdifcher Krieger, war. In feiner Jugend diente er unte
und Oheim, welchen Lestern Sultan Nurebdin nach Agy zur Unt
des Fatimitifhen Khalifen Adhed wider den Vefir Shawer ſandte. DI
1168 auf diefem Zuge, und ©. folgte ihm im Heerbefehl. Dex biäher !
und Spiel ergebene Juͤngling ward plöglich einer der firengften Wefolger
fchriften des Korand. Den Anfichten Nureddin’s gemäß haßte und unte
die Sekte Ali's und machte 1171 dem Fatimttifchen Regentenhaufe in &,
Ende. Um biefelde Zeit flarb Adhed. S., der feine Reichthuͤmer in Be
faßte den Entfehluß, ſich unabhängig zu machen, und fuchte zu dem Ei
derſt die Liebe der Agypter durch eine milde und weife Regierung zu
Nureddin aber, wiewol Jener deffen Unternehmungen gegen die Chrifl
ſtuͤtzte, ſchoͤpfte Verdacht und brach mit einem zahlreichen Heere nach Agı
Ein Vergleic, beugte den Seindfeligkeiten vor. As jeboch 1174 Nuredt
ben war, und deffen unmünbiger Sohn Al⸗Malek den Thron beftiegen ha
S. Mafregeln, anfangs unter dem Vorwande der Beſchuͤtzung, deffen
gen anfichzureißen. Er unterwarf Damask und andre Pläge in Gprien,
aber Al⸗Malek felbft in Aleppo ohne Erfolg. Auch verfuchte er, Die Br
den Seeküften von Paläftina zu vertreiben, ward jedoch bei Askalon gaͤ
fhlagen. Al⸗Malek ftarb 1181, und 2 Jahre darauf ergab fich Aleppo
din, der nun ganz Syrien und Ägypten unter dem von dem KAhalifen I
flätigten Zitel eines Sultans befaß. Seine Politit war jegt baramf gest
Chriften aus Palaͤſtina zu vertreiben und Ierufalem zu erobern. Im
Zorn durch einen vertragswidrigen Überfall der Pilger nach Mekka nach!
reizt. Er vergalt ihnen diefen Treubruch durch die berühmte Schlacht in di
, Salamanca 695
Aberias 1187, in welcher Buy von Lufignan, Koͤnig von Jerufalem, zugleich
Chatillon, den Brofmeiftern der Tempelherren und Sohanniter und einer
ige von Rittern zu Gefangenen gemacht wurden. Alle Gefangene wurden
mgemadht; Chatillon, der die Begnabigung durch den libertritt zum Islam
erkaufen wollte, fiel unter S.'s eignem Schwerte, und nur der König von
iſalem ward verfchent und ehrenvoll behandelt. Die Solge biefed Eiegs war
kinnahme von Akte, Seid, Barout u. ſ. w. Jeruſalem ergab fi ihm 1187
einem hartnaͤckigen Widerftande auf die Bedingung, daß die Cinw. gegen ein
den Kopf zu zahlendes maͤßiges Loͤſegeld frei abziehen, wer aber nicht zuhlen
we, Sklav fein folle. ©. hielt einen triumphirenden Einzug in Serufalem und
Bte gewiſſenhaft den Vertrag. Darauf belugerte er Tyrus, melde Unterneh:
g ibm jedoch mißlang, da f. Flotte von den Franken gefchlagen wurde. Auf
Radyricht von dem Verlufte Jeruſalems nahmen der Kaifer Friedrich Barba⸗
r, die Könige Philipp Auguft von Frankreich und Richard Loͤwenherz von Eng:
und viele andre Kürften das Kreus. Das Gerücht davon ermuthigte bie Chri-
An Tyrus, welche 1180 Akte den Moslemin enteiffen. S. eilte herbei, und
ubre lang maren die Felder um Akre der Schauplaß der erbittertften Kaͤmpfe.
Friedrich langte mit einem Heere in Afien an; body fein Tod flößte den
in Muth ein, bis Richard Loͤwenherz und Philipp Auguft mit neuen zahl:
wen Scharen erfchienen. Akre ergab fich ihnen 1191, worauf Philipp Auguſt
‚ Europa zuruͤckkehrte. Richard aber blich, ſchlug S. in 2 Schlachten, nahm
Iren und Jaffa und bedrohte Serufalem. Die ritterliche Tapferkeit dieſes Koͤ⸗
s verdimkelte auf einige Zeit S.'s Ruhm. Endlich warb ein Vertrag zwiſchen
Bu Sürften geihloffen, der die Küfte von Jaffa bis Tyrus den Chriften ein-
; Askalon ward gefihleift, und der Überreft von Palaͤſtina verblich dem
. Diefer war kaum durch Richards Abreiſe von feinem furchtbarſten Feinde
it, als ihn in f. 56. Lebensjahre, 1193, zu Damaskus der Tod überrafchte.
ein Fuͤrſt von großer Einfiht und Zapferkeit; er lichte die Gerechtigkeit
le flet8 fein Wort. Er hinterließ 17 Soͤhne und eine Tochter und war ber
bes Hauſes der Ayoubiten.
Salamanca, Provinz im fübl. Theile des Königreichs Leon, mit ber
.gEN., die am Fluffe Tormes auf 3 kleinen Hügeln liegt. Die Stabt
alter Art gebaut und hat enge, ſchmuzige Straßen, aber einen großen Frei⸗
die plaza mayor,, der zu ben fchönften in Spanien gehört, und mo im Jun.
echte gehalten werden. Uber den Tormes geht außerhalb der Stabt eine von
mern erbaute Brüde von 27 Bogen. Wie in der Umgegend der Aderbau,
in der Stadt in ben legten Jahrh. die Betriebfamteit in tiefen Verfall gefom:
und die Volksmenge auf 13,000 gefunten. Dagegen gibt e8 25 Pfarreien,
geiftt. Stifter und über 30 Moͤnchs⸗ und Nonnenkloͤſter. Die zahlreichen
mit ihren zum Theil fehenswerthen Bilhauerarbeiten und Gemälden bes
Ponz in f. „Viage de Espana”, Bd. 12. Die Domtlirche ift ein prächti-
iſches Gebaͤude, das 1513 angefangen und erft 1734 vollendet murde, da⸗
viel Ungleichheit in den Theilen und Mangıl an Ebenmaß hat. Unter andern
bier das fogen. Schlachtenkreuz (erucilixo de las batallas) aufbewahrt, bas
in f. Seldzügen mitgeführt haben fell. Die im 12. Jahrh. erbaute alte Kirche
falls mehre Dentmäler, und in einer dazu gehörigen Capelle wird die Meſſe
mozarabifchem Gebrauche gelefen, tie fonft nur noch in Toledo. Das 1614
ante Jeſuitencollegium ift eines der prächtigften, die der Orden in Spanien be:
Fı nad) deſſen Aufhebung e8 1778 zum Theil einem Priefterfeminarium einges
GM wurde. Die Univerfitätögebäute beftehen aus 2 durch eine Straße getrenn:
Abtheilungen, ben escuelas menores , und ber eigentlichen Univerſitaͤt oder
"“scuelas mayores, wo ſich die Hörfäle der Theologie, Rechtsgelehrſamkeit,
Onp.ter. Siebente Aufl. 8b. IX. 38
&
594 Salamanca
Arzneitunde, Philoſophie, morgeniändifcher Sprachen ıc. befinden. H
die Univerfitätscapelle, melde u. a. Bildern ein Gemälde befigt, dast
Doctoren in Salamanca abzulegende Eidesleiftung vorſtellt, das Geh,
‚ unbeflediten Empfängniß zu vertheidigen. Die Univerfität fliftete im:
König Alfons IX. von Leon, um mit Alfons VIIL von Caſtilien zu we
1209 eine Hochſchule in Palcncia angelegt hatte. Ferdinand III., der
und Caſtiliens, vereinigte diefe 1239 mit Salamanca. Der gelehrt
war der eifrigſte Beförderer der großen Anftalt, die er mit ausgezeichnete
befeßte, reich begabte und 1254 mit Statuten verfah, die Davila in de
de Salamanca '' (1606, 4.) mittheilt. Der Ruhm der Schule verdre
ganz Europa, und bis zu Philipps II. Zeiten, und fpäter zu Ente d.
waren bafelbft nach Pedro de Medina inf. „Grandezas de Erpana‘ (A
7000 Studenten, ungerecdjnet viele Moͤnche, Collegialen und andre C
Matrikeln hatten. Sie wurde nicht nur von Spaniern und Portugief
von Zöglingen aus Oſtindien, Neufpanien, Franzofen, Flammaͤnde
nern, Englänbern und vielen Sirländern befucht. Mit dem allgemei
worein Wiffenfchaften und geiftihe Bildung in Spanienim 17. und in!
des 18. Jahrh. gerathen waren, verſank auch die Schule zu Salamı
Barbarei, die allen Glauben überfteigt, und wenn man aud) den &
des fatyrifchen Gaimo („Lettere d’un vago italiano‘, Pittburgo,
1764 — 67, 4 Rbe.) nicht ganz trauen will, fü beftütigt doch der Sp:
(in ſ. „Teatro critico‘') in der Hauptfache, was ber ital. Moͤnch fo bittı
ehemalige Wohlftanb der Stadt verfiel während deffelben Zeitraums.
womit man unter Philipp V. und befonders unter Ferdinand VI. und.
die Beförderung wiſſenſchaftlicher Bildung zu forgen begann , wirkte
Univerfität zu Salamanca. Schon 1771 gefhahen von Seiten der R
erften Schritte, diefe Anftalt aus ihrem Verfalle zu erheben, aber d
der Lehrer war in zu roher Unmiffenheit, als daß diefe Bemühungen |
folg gehabt hätten. Um jene Zeit rechnete man zwar noch 4000 Stud
man aber auch alle Anfänger im Lateinifchen zählte. Durch die neuen
gen wurde die Zahl der Erhrftühle auf 61 gebracht, und ein anatomiſ
errichtet. Außer den gewöhnlichen Univerſitaͤtswiſſenſchaften gibt es auc
ſtuhl für Muſik. Die Anftatt ſtand, der angefangenen Verbefferunger
noch tiefer als die finfterften Univerfitäten in den finfterften Gegenden 3
vor etwa 50 Jahren. Während der Kriegsjahre und feit 1814 iſt, wi
nichts gefchehen, und bie während der Cortesherrfchaft gemachten Eı
unausgeführt geblieben. Bei dem Mangel näherer Nachrichten üben
wärtigen Zuftand der Univerfität kann auch nicht beftimmt werden, w
von Ihr erhobenen MWiberfpruche gegen den neuen allgemeinen Stud
1824 für ihren Culturzuſtand ſich ſchließen laffe. Mit der Univerſltaͤt
das Colegio trilingue, wo Hebräifh, Griechiſch, Lateiniſch, Mbetorl
werden. Außer der Hochſchule gibt es in Salamanca nod) + colegiı
oder Erziehungsanftalten für junge Leute aus angefehenen Häufern. £
ten erhielten mit ben 3 Ähnlichen, die es noch in Spanien gibt, 1776
- ferte Einrichtung. — Die Umgegend yon Salamanca warb am 22. Jı
Schauplatz einer entfcheidenden Schlaht. Die Franzofen hatten di
16. Suni bei dem erften Angriffe verlaffen,, den die unter Wellington
Engländer und Portugiefen machten; die von ihnen noch befegt gehall
von Salamanca wurden am 27. Juni genommen. Marmont, der die
Portugal anflhrte, hatte unterbeffen ſich verfiärft und 309 aufs neue t
entgegen; ba kam es nach mandherlel Bewegungen, die den Zweck!
Engländer von Ciudad: Rodriao und Salamanca abzufchneiden, in
Salamander Salat 595
anme am Tormes zum blutigen Kampfe. Der franz. Feldherr hatte zwar feinen
agriffeplan mit Einſicht gemacht, dehnte aber f. linken Flügel zu fehr aus: ein
Bier, der dem engl. Heerführer eine Gelegenheit zum Angriffe gab, die er geſchickt
wußte. Die Ftanzoſen verloren an Zobten, Verw. und Gif. über 70090 M. und
ı Kan. Marmont felbft wurbe fo ſchwer verwundet, daß General Giauzel den
Berbefehl übernahm, deffen kluge Mafregein, wie man behauptet hat, den un=
meidlichen Untergang des Heeres verduͤteten. Die Kolge der Schlucht, in wel-
x die Verbündeten 820 Todte und 4723 Verw. zählten, war der ſchnelle Ruͤck⸗
I der Branzofen nad) Burgos und die Unterbrechung der Verbindung dieſes Hee⸗
mit der Abtheilung, die Joſ. Bon«parte im mittlern Spanten defebligte. 26.
Salamander, ach Molh, Feuermolch, eine Familie tes Eidechſenge⸗
‚ehts, die in + Gattungen zerfällt. Sie find ungefähr eine Spanne lang, einen
sumen did, gemöhnlich ſchwarz und gelb gefledt, halten fih an dunkeln, ſchat⸗
en Orten auf, und find insgeſammt unſchaͤdlich und keineswegs giftig. Die
ge, daß der Salamander in Feuer nicht verbrenne, iſt unwahr. Wenn er gi:
Mligt wird, dringt aus f. Munde und f. warzigen Haut eine milchige Feu Htigkeit,
ihn wol aufeinige Minuten gegen ein ſchwaches Kohlenfeuer ſchuͤtzen kann; aber
em anhaltenden Feuer kann er keineswegs widerſtehen. Ber den Alten war er
kanbild des Feuers, daher auch die Keuergeifter der Fabellehre, die als Genien
> feuerfächenen Scmetterlingsflügeln vorgeftellt werden, Salamander heißen.
ne treffl. Moncgraphie iſt D.X.%. Funk's „Traet. de salamanılrae terrestris
m, evolutione, formatione” (Berlin 1826, Fol., m. Kpf.).
Sala miß, jest Koluri, e. griechiſche Infelvon TM Eleuſis gegenuͤber,
ühmt durch den glorreichen Sieg ber verhünbeten Flotte der Griechen üher die
ich ſtaͤtkere der Perfer (480 v. Chr.,f. Themiſtokles). Sie ift durch eine
t über e. Viertelftunde breite Meerenge von der Landfchaft Attika getrennt. Ihr
bier Name fol Kochrea oder Kenchrea gewefen fein. Unter ihren Fuͤrſten auß den
hern Zeiten ift vorsüglih Ajax (f. d.) bekannt. Einige Jahrhunderte nad) dem
Banifchen Kriege bemächtigten fich die Megarenſer der Infel, wurden aber bald
uden Athenienfern vertrieben. Unter dem Kaifer Belpajian ward fie eins roͤmĩ⸗
— Die Bewohner von Salamis waren ſehr geſchickte Seefahrer. Auf
ſtſpitze ſtand das Denkmal wegen bes über dic Barbarın errungenen Sieges.
wärtig haben ſich die Bewohner Athens bei den Einfaͤllen der Türken nicht:
nad) Salamis gerettet.
" Salat (Jakob), k. geiſtl. Rath und ordentl. Prof. der Moralphiloſophie auf
sUniverf. zu Landshut feit 1807, nachdem er vorher Pfarrer zu Haberskirch
1), Prof. der Moral und Pafleraitheologie bes Lyceums zu Münden, feit
Pfarrer zu Arnbach in Baiern gewefen war, geb. am 24. Aus. 1766 zu
tegmünd im Ellwangiſchen. Diefer fruchtbare philoſophiſche Schriſtſteller,
en Anfichten eine gewiſſe Übereinflimmung mit dem Geifte der Facobi'fdıen
loſophie kaum zu verkennen fein dürfte, machte fi), nachdem bereits mehre Beine
en, als: „Haben wir in Deutfchland Revolutionen zu befürdıten 2°’ (1795),
Br Berichtigung gemwiffer Urtheile, welche die franzof. Tesolution in Deutid;=
veranlaßt hat”, und andre von Ihm erfchienen wären, dem philoſophiſchen
—* durch mehre Aufſaͤtze in Fichte's und Niethammer's „Philoſoph. Sour:
(1797 fg.) bekannt, von welchen auch einige, wie: „Auch die Aufklaͤrung
Ihre Gefahr”, mit einigen Veränderungen einzeln oder in a. Zeitjihrften abge:
erſchienen. Außer f. übrigen Schriften, welche fid; auf Befoͤrderung eines
Mühen Studiums der Philofophie, auf Darlegung der innen Verl indung,
die philofophifhen Wiſſenſchaften unter einander jtchen, als: „über das
iß der Geſchichte zur Philoſophie und der Rechtswiſſnſchaften“ (1317),
muͤthiges Entgegenarbeiten gegen einen fehlerhaften Zeitgeſſe, gen Tr:
ZA rt
Bi frei
5068 Salbung
ſcurantismus, Myſticismus und Möncherei, als: „Die Philofophie mi
tanten und Sophiften im Kampfe“ (1803), fowie auf fchärfere Beſtimm
ger philofophifchen Begriffe: „Vernunft und Verfland” (1. Thl. 1808)
wichtige Gegenflände: „Die reinmenfchliche Anficht der Ehe, mit Erlaͤr
uͤber das Höchfte ber Menfchheit' (1807), beziehen, und zum Theil and
lemiſche Tendenz haben, wie: „Der Geift der allerneueſten Philoſophie bı
Schelling, Hegel und Compagnie” (Münden 1803 und 1805, in Verbin
Bened. Schneider und Kajet. v. Weillerherausgeg.), „Erläuterungen einig
. punkte der Philofophie, mit Zugabe über ben neueſten Widerftreit zroifche
Scheling und Fr. Schlegel‘ (1812), — bat er auch mehre Hands und L
ber Philoſophie und-einzelner philoſophiſchen Wiffenfchaften herausgegebe
ber gehört: „Darftellung der allgemeinen Philofophie aus dem Standp
hoͤhern Bildung” (2. A., 1826); die „Moralphilofophie” (3. Aufl., 182.
der neueften Aufl. biefes Werks ift das „Handbuch der Moralwiffenfchaft
mit befonderer Rüdficht auf den Zeitgeift bearbeitet; der ‚‚Meligionspt
dem erften und nächften Hauptzweig der Philofophie der Wiffenfchaft” (18
als Vorarbeit voran: „Grundlinien der Religionsphilofophie‘ (1819).
Schriften fließt fih: „Sokrates, ober über ben neueften Gegenfag zwiſ
ftenthum und Philofophie; mit mehren Belegen vornehmlich aus dem pı
fchen Deutfchland” (1820). Auch die Seelenkunde fand an Salat in f. ,
der höhern Seelenkunde, oder bie pfuchifhe Methropologie” einen Bea
A., 1826). Inden „Dentwürbdigkeiten, betreffend den Gang der Wiſſ
und Aufllärung im füblichen Deutfchland” (1823) erzählt er felbft f. Leb:
f. Recenfenten bat er immer Fehden gehabt. Bei der Verfegung der V
Landshut nach München ift er in Landshut geblieben.
Salbung. Von Alters her pflegten ſich die Morgenlänber zur
ber Glieder und zur Erhöhung der Eörperlichen Schönheit zu falben, dahe
ter dem Ehrenbezeigumgen, bie fie geachteten Bäften bewiefen, das S
wohlriechenden Ölen eine ber vorzüglichften war. Won diefer Sitte des
Lebens unterfchied die mofaifche Geſetzgebung, übereinflimmend mit a. £
des Alterthums, die Salbung der Priefler, ihrer Kleider und der zum ©:
beftimmten Dinge, welche nur mit einem befonder& dazu bereiteten heilig
ſchehen durfte und die Bedeutung einer Weihe zum ausſchließlichen relic
brauch hatte. Schon das Alterthum betrachtete in diefem Sinme die Sc
Priefter und Könige als eine finnbildliche Handlung, die den Gefalbten d
loͤſchlichen Charakter ihrer Amtswuͤrde mit befonbern göttlichen Geiftesg
drückte. Daher heißen Könige und Priefter vorzugsweife Gefalbte des He
Perſon heilig und unverletzlich, und deren amtliches Anfehen von Bott
wird der im A. Teſt. angelündigte Exlöfer wegen f. Eönigl. Abflammung u
Meſſias, d. h. ein Gefalbter, genannt. — Noch, jegt werben die König
Krönung geſalbt, um ihrer Würde bie religiöfe Weihe und Heiligkeit zu.
fie in den Augen ber Völker haben foll, und bei der Eath. Priefterweih
orbinirende Biſchof mit dem heil. Salboͤl (f. Chrifam) die innere Fid
Hände nebft den Daumen und Zeigefingern des Orbinanden, woburd)
Ausdrude des Orbinationsrituals den Händen die Kraft gegeben wird, ;
zu weihen und zu heiligen. — In einem bildlichen Sinne follen veligiöfe
und Gebete Salbung, d. h. die Kraft haben, den, der fie hört, mit
Befühlen , innigen Überzeugungen und heiligen Entſchließungen zu erfäß
dies ift Die Weihe, bie von den Worten des Redners, der auf die Herz
will, auf f. Zuhörer übergehen muß. Die Babe, mit Salbung zu ſprech
durch Kunſt und Studien nicht erworben werben, und nur der Redner wi
ben, der Stärke und Innigkeit der eignen Überzeugung von bem, was‘
Saldern Salep 897
kt Herzlichkeit und Wärme der Empfindung verbindet. Kreilich aber wird bei Dies
feitenen, oft den fcharffinnigften und glänzendften Rednern abgehenden Babe vor:
ügefegt, daß fie nur wichtigen Segenftänden, die das ganze Gemüth des Men⸗
wn angeben, gewidmet und nie ohne gründliche Einſicht, gebildeten Geſchmac
d ſichern redneriſchen Takt angewendet werde.
Saldern (riedrich Chriſtoph v.), k. preuß. Generallieut. der Gabe tu-,
hs 2. Son. 1719 in dee Priegnis, der Sohn eines preuß. Obriſtlieutenants, trat
35 als Faͤhndrich in den Dienft. Friedrich IL. nahm ihn wegen f. anfehnlichen
nge in die Leibgarbe als Oberlieutenant. Im fchlefifchen Kriege focht er tapfer
b wırrde Hauptmann. Faft in allen Schlachten des fiebgpjähr. Kriege war er
jenwaͤrtig. Bei der Erflürmung des Dorfes Leuthen zeichtiete ex fich fo aus, daß
kdrich ihm den Verbienftorden verlieh. Mach ber Eroberung von Breslau warb
1758 Oberfllieutenant und deckte nady der aufgehobenen Belagerung von Oll⸗
ig ben Rüdzug des Könige durch Mähren und Böhmen. Bei Hochlirchen
158) leiftete er bebeutende Dienfle. Zum Lohn ernannte ihn Sriebrich, da er auch
bin demf. Jahre, bei dem kühnen Marfch von Sachfen nach Schlefien zum Ent:
von Neiſſe, fich befonder& ausgezeichnet, zum Generalmajor, ohne daß ex vors
Oberſt gewefen (1759). Auch bei Liegnig (1760) und vornehmlich bei Torgau
50), wo er ımter Ziethen focht, bewährte er f. Muth und f. Kriegserfahrenheit.
farb zu Magdeburg 1785. — Er hat ſich befonderes Verbienft um bie Verbeſ⸗
mg des Kriegsweſens erworben; auch zeigen f. Schriften von f. militairiſchen
fit: „Taktik der Infanterie” (Dresden 1784); „Taktiſche Srundfäge” (mit
Dresden 1786). Beide Schriften find ohne feinen Namen erfchienen. Nach
au Herbfimanoeupre ritt Friedrich zu ihm heran und fagte: „Saldern, höre
auf, das ift Altes und übertrifft Alles, was man mit der Taktik thun kann!“
ſchenkte ihm ein maffives filbernes — — Auf dem Schweizerling, einem
ige bei Wettina im Saalkreiſe, 3 Meilen von Halle, iſt dem Helden eine
bihhmißurne auf einem 148 Fuß hohen Porphyrfelfen mit f. Bild und Namen
ſach geſchmuͤckt aufgeſtellt.
Salem heißt 1) urſpruͤnglich in der heil. Schrift die Stadt, in welcher Mel⸗
het regierte, nachher auch Jeruſalem; ferner auch eine Stadt in dem Lanbe ber
en, in welche Jakob nad) feiner Nüdkehr aus Mefopotamien fam. Der
bezeichnet Friede. 2) In ber neuern Geographie ein Sechafen in dem
k. Staat Maffachufetts, meift auf einer Landzunge gebaut. Der Hafen
Ankergrund, doch ift das Waſſer fo feicht, daß ſchwere Schiffe, die über
tief Waffer brauchen, ausladen muͤſſen. Die Stadt mit 13,000 €. hat
Imiedrige, aber angenehme und gefunde Lage. Sie warb 1626 gegründet und
hinſichtlich der Bevölkerung und des Wohlftandes die zweite Stabt in Ren:
d. Der oftindifhe Handel ift die Hauptquelle ihres Reichthums. 1801
Bde bier eine Sefellfchaft von Seefahrern, die das Vorgebirge der guten Hoff:
ng umfegelt haben, gebildet, beren Zweck ift, hülfsbedürftigen Gliedern ihrer Fa⸗
Ren Unterftügung zu geben, die Kenntniß der Schifffahrt und des Handels nach
Den zu befördern und das Mufeum (eine reiche, unentgeltlich zugängliche
enlung von Merkwürdigkeiten aus allen Theilen der Welt) zu vermehren.
en ber Brüdergemeinde in dem nordamerik. Staate Nordcarolina.
bt aus einer beinahe 3 Stunden langen, mit Baumteihen befegten freund⸗
m Straße. Der Drt hat eine vorzügliche Lehranſtalt für Mädchen und verſchie⸗
? Manufacturen. — Es gibt in Nordamerika (Neujerfen) audy eine Graffchaft
In mehren Staaten, ſowie in der Präfidentfchaft Madras, Örter gt. N.
Salep oder Salap, die Wurzel des auch bei uns auf feuchten Wiefen
fig wachſenden Knabenkrauts (Orehis Morio), welche jegt nicht mehr, roie ehes
B, von den Apothelern nur aus China umb Perfien berogen wide. Eichel
598 | Salcenum Salier
von dem baraus zubereiteten Pulver, mit 6% Zeilen Waſſer gekocht, gibt «
tiges und dabei doch Leicht verdauliches Nahrungsmittel, welches die Arzt
Eigenſchaften wegen, ſchwachen und Eränklichen Kindern verordnen, befon)
chen, voelche die Mutterbruft entbehren müffen.
Salernum (jegt Salerno), Stadt im Gebiet der Picentiner, t
italien, mer&würbig durch bie civitas Hippocratica, ober medicinifche Leh
auch schola Salernitana genannt, die dafelbft [don im 12. Jahrh. n. Ch
und die Pflanzfchule aller medicin. Sacultäten von Europa wurde. on
bauptfädjlidy die praktifche Heilkunde aus, und ihre diaͤtetiſchen Vorſchrifi
den in Verfe gebracht und Überall verbreitet. (Vgl. Medicin, Geſchichte
Salefianerinnen heißen Die Nonnen ded Ordens von der Heir
ber Jungfrau Maria, nad) ihrem Stifter, dem h. Franz von Sales, von
f. Sreundin Chanta diefer Orden 1610 zu Annecy in Savoyen, uxfprün
eine Zuflucht für Witwer und kraͤnkliche Scauenzimmer, gegründet wurde
Folge erweiterte fich derfelbe, ward hauptſaͤchlich zu geiftigen Übungen und
aud zur Strankenpflege beftimmt, ſchwarz gekleidet umd fo zahlreich, daß ı
Jahrh. 160 Kiöfter und 6600 Nonnen hatte. Noch jest gibt es K
Salefianerinnen in den Städten Staliens, befonders in Venedig, auch
und Breslau. Sie widmen ſich nur der Krankenpflege und Erziehur
Maͤdchen.
Salfi (Francesco), Literator, geb. den 1. San. 1759 zu Cofen;.
brier, teat nady dem Ungtüde ſeines Vaterlandes, weiches ein Erdbeben 1
wuͤſtet hatte, als Schriftſteller mit Beifall auf. Sein Verſuch über antl
ſche Srfcheinungen, ia Beziehung auf jene Ecderſchuͤtterung, machte ihı
Ihrten in Neapel bekaunt, wo er feit 1788 ſich aufhielt. Bei dem Streit
fe6 mit Rom Über das Lehnsverhaͤltniß ſchrieb er eine kuͤhne ſtaatsrechtlid
in Sorm einer von einem Cardinal an den Papft gerichteten Anrede. %
philofophiichen und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien verband er die Kirk
matifhen Dichtlunft und fchrieb ein Zrauerfpiel: „Gonradin”. Mehr 3
den f. fpätern Schaufpiele, das Trauerſpiel „Medea“, f. Oper „Saul“
Mitten unter den politiſchen Parteien, welche die franz. Revolution aud)
erzeugte, wurde ©. feiner Regierung verdaͤchtig. Er floh nach Genua;
er in Mailand Sournale heraus, wurde Secretair der Unterrichtscommiſſi
cisalpiniſchen Republik, gig mit den Franzoſen nad) Neapel, war Gener
ber daſigen Regierung und zog fi mit den Republikanern zurüd. 1801
in Mailand als Auf eher des großen Thraters und als Profeffor der P
und Gerichte bei der Brera angeftellt; 1807 erhielt er die Profeffur t
matie und 180% die des Staatsrechts. Kr fchrieb hier u. A. über die P
der Geſchichte, Uberfegte Chenier’8 „Kerelon” in ital. Verfe und gab
„Iramo“ heraus. Seit 1814 lebt er in Paris, mo er „Discorsi sulla ı
Greei etc.'' (1817), eine Kortfeg. der „Geſch. der ital. Literatur‘,
yuene, und Galiani's „Correspondance inedite ete.“ (1818, 2 Bde.
gegeben hat.
Salier, Priefter de8 Mars, weiche ihren Namen von salire.
tanzen, hatten. Numa beftinunte ihre Zahl auf12, Tullus Hoſtilius
fie. Die Veranlaffung zu ihrer Stiftung wird fo erzählt: Als einft zu
Zeiten sine heftige Peft in Italien wuͤthete und ſich auch nach Mom verbr
Ken die Götter das Ancile, einen Schild von befonderer Geftalt, vom Hin
abfallen, worauf die Pet nachließ. Die um Rath gefragten Wahrſager
daß diefer Schild ein Zeichen der flets dauernden Derrfchaft der Roͤmer
und riethen, noch 11 Ähnliche verfertigen zu laffen, damit der cchte nicht
entwendet werden Konnte. Died geſchah, und ſaͤmmtliche Ancilia wurd
Salier, falifhe Franken Salieri 599
ifdewahrt. Aber jaͤhrlich am 1. März, wo die Saller dem Mars opferten,
€ dieſelben in ber Stadt herum, indem fie diefelben an einander ſchlugen,
be Taͤnze aufführten und alte Lieber (falifhe Gefänge) abfangen zum Lobe
& u.a. Götter, auch beruͤhmter Männer, namentlicd) bes Mamurius, der
en 11 Ancilien verfertigt hatte. Die Kleidung der Salier war eine mit
ktickte Zunica von Purpur, die mit einem Gürtel von Erz feftgehalten wur:
er eine mit einem Purpurfaume befegte Toga, auf dem Kopfe eine hohe
ige Diüge, am ber Seite ein Schwert und in der Rechten ein Spieß ober
ye, in der Linken das Ancil. Nur patricifche Sünglinge, deren Altern noch
urden unter die Salier aufgenommen.
ılier, falifhe Franken, eine Völkerfhaft, die zum erſtenmal
mfel der Bataver, und als fie da vertrieben wurden, an der Maas ſuͤdlich
Ehamarern erſchien. So lange man ben Namen Cherusfer nennt, weiß
‚nichts von Salisın, und fobald diefe auftreten, verſchwinden die Cherus:
nuthlich nahmen fie die Benennung Salier erſt an, als fie in Batavia, an
je grenzten, einwanbderten, nad dem Namen des Fluſſes in ihrem alten
de. Mar dies die fränkifche oder ſaͤchſiſche Saale? Vielleicht beide, denn
t unwahrſcheinlich, datt die Merovinger aus Franken fid) wieder mit ihren
übern vereinigt hatten, weil die Könige der falifchen Franken, und nachher
iken überhaupt, fich aus dem merovingifchen, ſowie die Bandalen aus dem
m Stamme ableiteten Vielleicht erhielt die fränlifhe Saale den Namen
den Merovingers, zum Andenken des Fluffes im alten Daterlande, und
e Sal:quellen, bie fir an beiden fanden. — Bon den Saliern rührt das
Geſetzbuch her, das noch vor Chlodwig, zur Zeit, als bie Salier noch
tige, fonbern bloße Anführer hatten, von & der angefehenften Männer,
Bodogaſt, Salogaſt und Windagaft, gefammelt und wahrſcheinlich in lat.
abgefaßt wurde. Es galt zum Theil bis ins 11. und 12. Jahrh. Merk:
ſt der 62. Art., zufolge deffen bei falifchen Gütern, d. h. bei ſolchen,
ſaliſchen Franken in Gallien und dem heutigen Frankreich erobert hatten,
er von der Erbſchaft ausgefhloffen und nur die Söhne derfelben fähig ge:
eben. Ungeachtet diefer Artikel nur von Privatgütern handelt, fo machte
Inmendung davon auf die Krone ſelbſt. Gewiß ift, daß von den erſten Zei-
ınz. Monardie an nie Prinzefiinnen zur Thronfolge gelangten, ohne daß
andres Geſetz als das Herkommen angeführt wurde. Erſt in den Strei:
die Philipp VI. von Frankreich mit Eduard III. von England um die
‚ne hatte (1329 fg.), ward das ſaliſche Geſetz wider Eduard angeführt ;
tdem unverändert gegolten.
Nlieri (Antonio), ein berühmter, Italien und Deutſchland gemeinſchaft⸗
oörender Componiſt, kaiſerl. Capellmeiſter In Wien, geb. zu Legnago, einer
tung, 1750. Sn f. 11. Jahre fing er an, Clavierunterricht Ju nehmen,
isung für die Muſik nahm fo zu, daß er nach dem Tode f. Vaters, eines
en Kaufmanns, ſich ganz diefer Kunft widmete. Er feste f. Studien zu
wohin ex ſich f. Goͤnners Mozeniyo wegen begab, fort und endigte fie zu
Descetti, Gapellmeifter von St.:Marcus zu Venedig, war fein erfter Leh⸗
eneralbaß; im Gefange der Zenorift Pacini. Um dieſe Zeit mar ber be:
Bafnıann nach Vencdig gekommen, der unfen S. liebgewann, mit
n nahm und ihn in der muſik. Compoſition gründlich unterrichtete, auch
‚ für eine höhere Bildung weſentlichen Kenntniffen unterrichten ließ und
ezeichneten Männern befanntmachte. Er brachte manche Compoiition f.
jur Aufführung. 1769 componirte ©. frine erfle Oper. Als Gaßmann
b, warb ©. zum Director der Gapelle, ber Kammermuſik und bed Thea⸗
Bien ernannt. 1778 reifte er, ſchrieb mehre komiſche Opern, die ex wit
600 Saline Salis
Beifall auf die Bühne brachte, z. B. „Il Talismanno”. 1783 lernte et
nauer kennen, was auf f. Arbeiten einen großen Einfluß hatte. Unter f.
ſchrieb er die „Danaiden”. Gluck gab ihm bei diefer Gelegenheit das Zeug
er fich mit f. Styl vertraut gemacht, was bisher noch Keinem gelungen n
Paris glaubte man, dafı S. nur am 3. Act diefer Oper Theil habe. ©. ka
nad) Paris; f. Oper wurde wiederholt vor der koͤnigl. Familie mit zune!
Beifall gegeben; die Königin felbft fang darin. Nachher wurde die Oper
das Theater der Hauptſtadt gebracht. Die Kenner fanden befonders nt
tativ und Gefang einen eigenthümlichen Styl und erkannten ein ausge
Talent. Gluck erklärte erft nad) der 13. Vorftelung S. öffentlich für d
gen Somponiften der Danaiden. Dieſer wurde reichlich belohnt und erhi
Ruͤckreiſe nach Wien von der Direction der Oper den Auftrag, die „Do
Curiatier” zu componiren. Bald darauf componirte er „La grotta di]
und f. herrliche Oper „Tarare“ zu dem franz. Zert von Beaumarchait
welche er 1787 felbft in Paris aufführte und nachher für die ital. Bi
La Ponte’s Bearbeitung, u. d. N. „Arur, König von Ormus“, auf d
brachte, wofür der Kaifer Sofeph ihn mit 200 Dufaten beſchenkte, bene
Jahrgehalt von 300 Dukaten beifügte. — Bon f. Werken für die Kir
Oratorium: „La passione di Gesu Cristo nostro Signore“, daß b
obgleich es nicht gedruckt worden. Für die Bühne hat er feit 1772 eine !
beutfchen und ital. Opern, 39 an der Zahl, componitt, von denen mel
Merken vom erften Range gehören. Die befannteften find, außer den g
„la scuola dei gelosi, „La ciffra” („Das Käftchen mit der Chiffre
mira” (1795), „Armida”, „Der Jahrmarkt von Venedig‘, „Semirs
Außerdem hat er viele einzelne Arien, auch Vieles für die Inftrumental
feit 179% eine Menge Eeiner, größtentheil® launiger Duette, Terzette ın
verfertigt: eine Gattung, die ihm faft eigenthümlich angehört. Seine „N
wurden nad) 30 3. (1817) in Paris wieder mit großem Beifall auf bie
bracht. Er hat viele der außgrzeichnetften Sängerinnen gebildet, z. B.
Wranizky, Ganzi ıc.; in der Sompofition find Weigl, Hummel, Mofd
feine Scyüler. 1824 ward er wegen f. zunehmenden Krankheits zuſtar
voll penflonirt. Er flarb am 7. Mai 1825 nad) [hmerzlichen Leiden u
kehrenden Zuftänden der Bemußtlofigkeit, in welchen er ſich ſchwerer
anklagte, deren f. Seele nicht fähig war. H. v. Mofel hat, mit Benup
haͤndiger Auffäge des trefflirhen Meifters, „Über das Leben und die 9
lieri’ 8" gefchrieben (Wien 1827).
Saline, ſ. Srabdiren.
Salis (Johann Gaubenz, Freib. o), geb. 1762 zu Seewis
buͤndten, diente zu Verſailles als Hauptmann ber Schweizergarde. Ir
der Revolution ſtand er unter dem General Montesquiou in Savoyen
Land von den Sranzofen erobert wurde. Darauf lebte er als Privatman
war feit 1708 Generalinfpector des Miliswefens in der Schweiz und n
lich zu Malans in Sraubüntten. Meder die Pracht des franz. Hofes, no
tenverderbniß dev Reſidenz, in welcher ©. feine Jugendzeit verliebte, od
das Getuͤmmel des Krieges, konnten f. Sinn für ländliche Natur, für Fi
und Unfchuld, melcher ſich in allen f. Gedichten fo zart und lebhaft ausſi
wifhen. Bon f. Gedichten fügt ein geiſtvoller Beurtheiler: „Seine M
jenige, unter deren Leitung die Denham, Thomfon, Haller und Kleiſt di
ihten geheimften Winkeln beſchlichen, und dann in größern, malerifchen
verriethen, was fie gefehen hatten. S., ihnen gleich an Originalität um
dung, ſchraͤnkt ſich auf kleinere Lieder ein; eine Form der Durftellung,
Bortheil hat, daß der Dichter jeder einmelnıen, aus ver Natur gehobenen €
Salisbury 601
igenblicklichen Bemütheftimmung geben, und durch biefe Individuall⸗
ficherer hoffen kann, ber bei befchreibenden Gedichten fo ſchwer zu ver:
emüdung auszumeichen. Indeß geſchmackloſe Versler Altes, was ih:
atur vorkommt, Ealt auffaffen umd natürlich auch ihre Leſer kalt laffen,
h den Standpunkt, aus welchem er zeichnet, umd durch die allenthalben
alifche Tendenz feinen Naturgemälden Einheit, Charakter und Inter⸗
Die Correctheit f. Zeichnung und bie Lebhaftigkeit f. Colorits feffeln
ch. Kraft ift mit Grazie verbunden”. In faft allen f. Inrifchen Ge⸗
et eine fanfte Melancholie und ein tiefes, inniges Gefühl. — Mat:
1793 die Gedichte von 3. G. v. Salis zu Zürich zuerft heraus, bie
erfchien eben dafeldft 1821 in 12.
3bury, Hauptft. der Grafſchaft Witt in England, 82 engl. Meilen
mit 7000 E., verdankt f. Urfprung dem Rottenborough (f. d.)
deſſen umgefunde Rage die Einw. vor mehr als 6003. auszumanbern
ierauf 1 engl. Meile ſuͤdwaͤrts, an der Vereinigung 3 Eleiner, noch
r gemachten Fluͤſſe, New⸗-Sarum, fpäter Salisbury genannt, erb u:
eben zu Old⸗Sarum 3 Hütten, die der Grundherr unterhält, weil bie:
is Recht hat, 2 Glieder des Unterhaufes zu ernennen. Bei dem Ein-
er Burghere auf die Bewohner jener Hätten ausübt, verfügt dieſer
n Parlamentöftellen nach Belieben. Auffallend genug hat feine Wahl
r getroffen, bie gegen die Mißbräuche der Parlamentszufammenfegung
ten auftraten. Salisbury ift berühmt durch feine Woll⸗, befonders
Facturen und durch feine Stahlarbeiten. Die größte Merkwuͤrdigkeit
e Kathedrale. Sie warb 1216 begründet, durch ital. Bauleute aufge:
n 30. Sept. 1258, in Gegenwart K. Heinrich III., vom Biſchof
:idport eingereiht. Ihr reiches Domcapitel hat bis auf die neueften
e Erhaltung und Ausfhmüdung einer Kirche Sorge getragen, welche
ten Dentmälern jener gothifchen Baukunſt gehört, wovon England fo
teefte zeigt. Noch in den legten Jahrzehnden wurden Fenſter ange:
ve Glasgemaͤlde, nad) Wefl’fchen Zeichnungen durch Francis Egniton
‚am ausgeführt, darftellen. Vorzüglich bewundert man den Glocken⸗
Gewoͤlbe des Chorhertnſaales, welches mehr als 140 Zug im Umkreiſe
feinem einzigen ſchlanken Pfeiler in der Mitte. Diefe Kirche muß für
gkeit einer Steppe entfchädigen, bie noͤrdlich von Salisbury fi) aus:
hiverlich Neifende anziehen koͤnnte, lägen nicht in Ihr, etwa 14 Meile
cp, bie Trümmer von Did-Sarum, nur durch wenige Reſte einer un:
n Mauer erkennbar, die der hoͤchſte Punkt der Gegend iſt. In der
er Trafalgarpark, feit 1814 Nelſon's Familie gehörig. Auf der ſalis⸗
, die von dort an ſich ausdehnt, begegnen nichts ale Schafe dem Blicke.
yavon legt Stonehenge, das NRäthfel für die Alterthümler der beit.
rall ift es abgebilbet, Daher bedürfen diefe rohen, In Thorwegform über
hürmten Sranitbiöde wol Feiner genauen Befchreibung. Allem Ans
find fie die erſte Anlage eines unvollendet gebliebenen Werkes, das die
kraft der britiſchen Antiquare über die Gebühr vergrößert hat. Da bie
ter und weiterer Kreife um Einen Mittelpuntt, die Manche zu bemer:
‚ von Andern geleugnet wird, fo fühlt man fich in der Entfernung vom
;verlegen, ob man an einen Druibentempel dabei denken duͤrfe oder an
‚heimifcher Fürften. Roͤmiſchen Urfprung wird wol Niemand gest noch
Man nimmt fie für die Metropolitankirche der Briten, die in ber
he Cör Gawr geheißen habe. Die Sage hält den berühmten König
been Erbauer. In feiner Nähe fol der Meuchelmord vorgefallen fein,
mit feinen Sachſen an ben 360 wehrloſen Walen beging. Eine Tohnt,
602 Salifches Geſetz Salm (Haus)
die der Barde Aneurin in dem großen Liede, Gododin“ erzählt bat. --- 3
ähnlicher Zufammenfegung findet man bei Drforb, die Mollerichflone
Abury in Witte, doch von minberer Ausdehnung und Größe. 18 en
. von Salisbury liegt auch ber prächtige, vor kurzem von ber lonbun
häufig befuchte Landſitz Fonthill⸗Abbey, den fein Befiger, Namens Be
reicher Sonberling, 1824 für Geld fehen ließ und verkaufte, worauft
Hausrath verfteigert wurde.
Salifhes Gefeg, f. Salier.
Salluflius (Eajus Erispus) wurde im J. R. 668, v. Chr. 8
teenum, einer Dunicipalitadt ins fabinifchen Gebiete, geh. Sein lebh
und fein feuriger, unruhiger Charakter verleiteten ihn zu manchen ji
Ausfchweifungen; doch mag er wol nicht ganz fo verborben gewefen fei
wöhnlidy erzählt wird. Auch muß man den herrfchenden Sittenzuſtand
alters bei Beurtheilung f. Fehler mit in Anfchlag bringen. Aus der ge
Eräftigen Schilderung der fittlichen Verderbtheit der Römer ſieht man fi
ex diefelbe fehr genau Eannte. Durch Caͤſar's Gunſt ward er zum Praͤt
und nach Numidien gefickt, wo er fich bebeutenbe Schäge ſammelte. D
er nach ſ. Rückkehr zu Rom eine glänzende Rolle. In den fpätern Jahre
f. Sugendfehler eingefehen und mäßiger gelebt zu haben. Er ſtarb im
v. Chr. 35. Während feined Privatlebens machte er die vaterlaͤndiſche
zu f. Hauptſtudium. Leider Haben wir vog der ausführlichen Geſchichte,
Zeiten nach Sulla's Tobe bis auf die Gatilinarifche Verſchwoͤrung befi
noch einige Bruchftüde. Zwei andre hiftorifche Schriften, die und vol
halten find, erzählen die Kriege der Römer gegen den fchlauen Jugurt
von Rumidien, und die Verſchwoͤrung des kuͤhnen Catilina. Diefe hiſto
beiten empfehlen ſich nicht weniger durch die Art der Erzählung und ihı
als durch ihre Schreibart. &. ſcheint ſich beſonders den Thucydides zı
genommen zu haben, den er nach Quintilian's Urtheil ſogar uͤbertrifft.
bell: „Zur Beurtheilung des Salluſt“, Bresl. 1818.) Mit vollem |
man ihn der reifern Jugend empfehlen, da nicht nur ſein kraͤftiger, rein
redneriſcher Styl, ſondern auch die Würde, Stärke, Wahrheit und
Gedanken f. Schriften angenehm und nüglid) machen. Die Hauptauf
Corte, mit einem ausführl. Commentar (Lpz. 1724), und von Haverka
u. Utrecht 1742). Zu den beften deutfchen Überfig. ann man die vor
v. Woltmann (Prag 1817), Strombeck (Gött. 1817) und Hoͤck (
a. M. 1818) zählen.
Salm. (6 gab bis zum franz. Revolutiondkriege 2 Grafſchaf
die gefürft. Grafſchaft Oberfalm mit dem Städten Salm im Wasgaı
Elſaß und Lothringen, und die Grafſchaft Niederfalm mit dem Staͤdt
in ben Ardennen, an der Grenze von Lüttidy im Ruremburgifchen. — 3
Geſchlecht der Grafen Salm, welches diefe Grafſchaften befaß, theilten
Söhne des Grafen Zheodorih 1040 in 2 Linien: 1) Oberſalm erhiel
deffen Nachkommen in 2 Afte ſich ausbreiteten. Bon dem aͤltern Afte ka
der Grafſchaft durdy Heirath ia Anfange des 17. Jahrh. an Kothringen
Zweig dieſes Aftes, der die Grafſchaft Neuburg am Inn befeffen hatte, |
aus. Die Hälfte von Oberfalm aber, welche der jüngere Aft befaß, war
mons I. Zodhter, Johanna, welche fid 1475 mit ben Wild⸗ und N
Johann V. vermählt hatte, an das wild» und rheingräfl. Geſchlecht
wodurch ein neues fürfll. Haus Salm entfland. 2) Niederſalm ei
Seine Nachkommen erwarben das Herzogthum Limburg ; daher fiel die
Salm an den jüngern Zweig diefer Linie, welcher mit Heinrich IV. 14
Sein Erbe war Johann IV., Srafv. Reiferſcheid (in der Eiffe, ein R
Salm (Haus) 608
6, des zungern Sohnes Heinrichs II., Herzogs von Limburg. Alfo ſtammt
6 Niederſalm (Reiferſcheid) allein von dem alten Haufe Salm in männ»
nie ab, und die Fürften dieſes Haufes nennen ſich deßhalb Altgrafen von
Es theilte fi 1629 in 2 Linien. Die ältere befigt Salm und Reiferfcheib,
ere Dyk. — A. Die ältere theilte fih wieber in 3 Iweige: a) Das fürfti.
Salmı:Reiferfcheid: Krautheim (fonft Bedbur). Diefes verlor f. Befigungen
ziller Frieden und erhielt dafür durch den Entſchuͤdigungsreceß 1803 Laͤn⸗
n Stanten, die 1804 zu einem Fuͤrſtenthum Krautheim (6TIM., 14,000
160,000 Ft. Einf.) erhoben rourden. Durch den Rheinbund kam dieſes
Ihum, deffen Fuͤrſt katholiſch ift und zu Gerlachsheim an der Tauber wohnt,
ie Souverainetät von Würtemberg und Baden. b) Das Haus Sams
deid⸗Hainsbach, welches allein noch den Srafentitel führt, hat niemals un:
ze Befigungen gehabt. Stine Güter liegen in Böhmen, wo der Graf ein
samt befleibet. c) Das 1790 in den Sürftenftand erhobene Haus Salm⸗
Heid hat ebenfo wenig jemals unmittelbare Befinungen gehabt. Es erbte die
näberrfchaften der 1784 ausgeft. falmsneuburger Linie. Der Fuͤrſt wohnt
a. — B. Die jüngere Linie Dyk bat ihre Befigungen im Bezirk Koͤln des
Brofherzogih. Niedeichein und in Würtemberg (2 5'z der Herrſch. Schuffen-
d Weiffenau). Sie ward 1816 in den koͤnigl. preuß. Fürftenftand erhoben.
B gegenwärtige Haus Oberſalm ift urfprünglich ein Zweig der Wild : und
Bafen. Die Güter der alten Wildgrafen (im ardenner Walde), Nachkom⸗
x Soͤhne Ottos v. Wittelsbach, des Moͤrders Koͤnig Philipps von Schwa⸗
im Anfange des 15. Jahrh. ausſtarben, kamen durch Heitath an die
bufen, die fhon im 13. Jahrh. die Nheingraffchaft Stein an der Nabe be⸗
fi) nun Wild > und Ryeingrafen nannten. Won diejen fliftete Johann V.,
I der Erbin von Oberſalm, Sohanna, das neue Haus Salm. eine
en theilten fid) in mehre Zweige, von denen der Ältere den Namen Salm,
aber den Namen Wild » und Nihringrafen führten, bie fie diefen 1816
Namen Sürften von Sam: Horftmar vertauſchten. Nach mehren Vers
en find gegenwärtig nur noch 3 Afte des Haufes Oberfains vorhanden:
ürſten von Salm-Salm, kath. Religion. Diefe verleren in Folge der
olution die noch übrige halbe obere Graffhaft Salm im Wasgau und
« und rbeingräfl. Länder. Sie behielten bloß die Herrſchaft Anholt an der
n Weſtfalen und Holland. Durch den Receß von 1803 erhielten fie al®
igung ein Fürftenthum im chemal. Bisthume Münfter von 21 IM.,
&. und 340,000 Fr. Ein. Der Zürft von Salm:Salm trat zum
de, verlor aber f. Souverainetät durch den Senatsbeſchluß vom 10. Dec.
Er ift feie 1815 €. preuß. Baal. Der Fürft Kenftantin von Salm:&alm,
lt, Aahaus und Anholt, Herzog von Hoogſtraten (Reſidenz Anholt unweit
SI. an ber Aa), überlieg 1816 den anbolter Zoll an den König der Mie-
gegen jährl. Entſchaͤdigung von 22,150 holt. Gib. Den 17. Mai 1826
T f. Perfon zur proteft. Kicche über, mußte deßwegen Frankreich verlaffen,
Dresden und flarb zu Karlsruhe im Febr. 1828. Ihm folgte fein Sohn
„Florentin, geb. 1786. Seine Kinder zweiter Ehe befigen 4 von ben
a Schuſſenried und Weiffenau in Würtemberg. b) Das fürfktliche
alm-Neu⸗Kyrburg wurde 1803 für den Verluft der Braffchaft Kurs
d f. Antheil an den wild= und rheingräfl. Gütern, im Münfterfchen (mit
., SOOO E. und 170,000 Fr. Eint ), angrenzend an Sılm:Salmı, feit
k. preuß. Scuverainetät, ent(hädigt. Dieſer Fürft trat 1506 zum
de, verlor uber 1810 feine Souveruinerät an Srantreih. (9. Salm⸗
tg. ec) Das fürftt. Haus Salm-Horſt mar, luth. Kirdje, ſtammt
Srumbady'fchen Linie der Wild: und Rheingrafen ab, deren deide Imeine,
604 Salm (Niklas, Srafv.) Salm-Kyrburg (Friedr.
Mheingrafenftein und Grumbach, 1803, für den Verluft Ihrer Erbg
linken Rheinufer, das Amt Horftmar im Bischum Münfter (von 31
46,000 €. und 400,000 $t. Einf.) erhielt; gegenwärtig unter k. pı
rainetaͤt. Das Haus Rheingrafenflein erlofch, und der Wild - und Ei
Grumbach wurde 1817 vom König von Preußen in ben Fürftenft
Seitdem nannte er ſich Fürft zu Salm⸗Horſtmar. Er refibirt zu KH
Salm (Niklas, Graf), der Vertheidiger Wiens, geb. 145
falm in den Ardennen aus dem Haufe Salm⸗Reiferſcheid, focht bei
Murten wider die Burgunder, dann wider die Ungarn, wider Venet
die Franzoſen. Er entfchied in der Schlacht bei Pavia die Gefa
Franz J. 71 Jahr alt flug er bie Anhänger des Joh. Zapolya in
rettete durch bie thätigfte Anflrengung Wien vom 23. Sept. bie !
1529 gegen des Sultans Suleyman II. Angriff. Er flarb an ein
Sturme der Türken erhaltenen Wunde den 4. Mai 1530. Das ihn
und Ferdinand I. errichtete Denkmal befindet fich jest auf der Salı
ſchaft Raig in Mähren.
Salm-Dyk (Conftanze Marie de Theis, Fuͤrſtin v.), aus e
Geſchlecht in der Picarbie, ift geb. zu Nantes den 7. Nov. 1767.
war dem Studium der Wiffenfchaften und Künfte, beſonders ber '
met; ihr fchönes Lied „‚Bonton de Rose” wurde in Deutfchland u
viel gefungen. 1789 heirathete fie den Chirurgus Pipelet, begab ſich
Daris und ſchrieb hier eine lyriſche Kragsdie in 3 Acten „Sappho”,
100 Mal aufgeführt worden iſt. Ihre „Epitre aux femmes‘, da
netſte, was fie in diefer Gattung leiftete, ward mit Enthuſiasmus au
die „Poesies fugitives’', welche fie in Zeitfchriften erfcheinen ließ, fint
Als fih Mad. Pipelet 1803 mit dem 1816 in den Fürftenftand erho
Joſeph v. Salm⸗Dyk (geb. 1773, der fi) von feiner erften Gemahli
fin von Hatzfeld, 1801 hatte fcheiden laffen) vermählte, ließ fie unte
Namen mehre „Eloges‘ und „Discours dcademiques” erfcheinen,
„Eloge de Lalande”, welche auf des Gefeierten Wunſch entflande
jeihnumg verdient. Außerdem gab fie noch eine große Auswahl von
3.3. „Sur la condition des femmes‘' und „Sur les fleurs artifieie
In ihrem 2 Mal aufgelegten Roman in Briefen: „Vingt-quatre'
femme sensible”, hat fie ein glänzendes Darftelungstalent bewiefen.
lung ihrer Gedichte, „Poenies de la princesse C. de Salm‘', von dı
in Muſik gefegt hat, erfchien 1817. Gegenwärtig befchäftigt fie
volftändigen Ausgabe ihrer Werke, bie fich größtentheilß durch Gedar
und energifhen Styl empfehlen. Die Zürftin ift Mitglied verfchied
Gefellfchaften und Akademien, auch des Atheneums der Künfte, w
intereffante Abhandlungen vorträgt. Ihr Gemahl beſchaͤftigt fich x
fung eines botan. Werks. Bei feinem Schloffe zu Dyk, in ber pı
Kieve:Berg, hat er einen trefflihen botan. Garten angelegt.
Salm:Kyrburg GEriedrich IV., Emft Otto, Fuͤrſt v.), €
ften Friedrich und einer Prinzeſſin von Hohenzollern, iſt geb. zu Part
1789. Als er, 5 Jahre alt, feinen Vater d. 23. Juli 1794 burd I
unter Robespierre's Schrediendregierung verloren hatte, erzog ihn ſ. J
ftin von Hohenzollern- Sigmaringen. Alte in Frankreich gelegene Guͤt
Prinzen wurben eingezogen, und f. kleines Fuͤrſtenthum an den Ufer
mit der Republik vereinigt. Im Frieden von Luneville erhielt bie F&
benzollern für ihren Neffen eine fouveraine Herefchaft im Münfterfd
den franz. Dienft beftimmt, ging der Prinz 1806 auf die Milltairſchul⸗
bleau. Die Siege Napoleons entlammaten (eine Dhantafle: er ver
Salmafius 605
eimlich und zwang dann feinen Gouverneur, ihn nad) Polen zu begleiten,
das Hauptquartier der großen Armee befand. Zum Souslieutenant bes
farenzegiments und bald darauf zum Orbonnanzofficier bes Kaiſers ernannt,
ber Prinz dem Feldzuge von 1807 bei und feine erſten Waffenthaten vers
ihm Ruf. In Portugal unter Junot vertrauete man ihm die ſchwierig⸗
pebitionen; fein Verhaͤltniß in Mabrid, während des Aufftandes 1808,
e ihn mit Gefahren, welchen er durch ein halbes Wunder entging. Bald
mpfing er im Schloffe Marac bei Bayonne von Napoleon den Befehl, ſich
* Reille ae begeben und einen geh. Bericht deffelben ficher in die Hand des
überliefem. Der Prinz erhielt die Depefche, aber nur eine Bedeckung
Bleitern. Kaum war er 4 Meilen von Figueras, als ihn eine zahlreiche
von Miquelets umringte. Nach lebhaften Widerſtande fiel er, von einer
stzoffen ; aber in demfelben Augenblid® zerriß er die wichtige Depefche mit
und verbarg bie Beinen Stuͤcke unter Kiefelfteinen. Rad) Tarragona
et, wurde er 9 Donate in harter Gefangenfchaft gehalten und war nicht
B Befahr, ein Opfer der Volkswuth zu werben, meil man in ihm, als
: von Spanien 1. Glaffe, einen Hochverräther erblidte. Auf fein Ehren-
Iich Frankreich 'entlaffen, erhielt er von Napoleon Befehl, ſich zur Armee
land zu begeben; er befand fich in der Schlacht bei Wagram und ging
als Commanbeur bed 14. Chaffeurregiments nad) Italien. — Napos
dem Prinzen fehr gewogen; bekannt mit feiner Unbeftändigkeit in ber
gte er ihn oft zu fragen: „Eh bien, prince, sommes-nous sagen ga —
antwortete einft der Prinz: „Sinous sommes sages! eh mais, Sire,
nds que de moi”. — Während aber der Prinz fein ganzes Leben dem
Frankreichs widmete, nahm ihm Napoleon durch einen Sederftrich das
kenthum Salm, um es feinem Reiche einzuverleiben. Gegenwärtig bat
j den Dienſt verlaffen und lebt abwechfelnd bald in Deutfchland auf feinem
pi Aahaus (in der preuß. Provinz Weftfalen), bald in Frankreich. Seit
er mit Caͤtilie, geb. v. Bordeaux, vermählt. Durch den Vertrag vom 5.
trat er feinen Antheil an den Ämtern Bocholt und Aahaus an das Haus
Am ab. Er befist nun noch das Fuͤrſtenth. Hornes und die Herrfchaften
xk und Bortel, die mit der Nente von Salm⸗Salm gegen 200,000 St.
lmaſius (Claudius), eigentlich Claude de Saumaife, berühmt durch
und weitumfaflende Gelehrſamkeit, geb. zu Semur en Aurois (jest Des
‚Göte d’or) 1588. Sein Water, der eine angefehene Magiſtratsperſon
ich ein gelehrter Mann war, unterrichtete ihn felbft in den alten Spra⸗
ſchickte ihn nach Paris, um dort Philofaphie zu ſtudiren. Wie fehr feine
# feinem Alter vorausgeeilt waren, beweift feine Ausgabe des Florus,
509 erſchien und nach feiner Berficherung ſchon einige Sabre vorher bear⸗
. 1606 ging er nady Heidelberg, um unter bem großen Gothofredus die
hrſamkeit zu ſtudiren. Die dortige reiche Univerfitätsbibliothet gab ihm
Feit, feine Lernbegierde durch den Gebrauch berfelben zu befriedigen und
J die Herausgabe gelehrter Arbeiten Ruhm zu erwerben. Als er 1610
kreich zuruͤckkehrte, trat er als Anwalt in die gerichtliche Laufbahn, wid⸗
aber bald ganz der eigentlichen Gelehrſamkeit. Kritifche Acbeiten und ges
Arsitigkeiten füliten fein folgendes Leben aus. Won f. Mutter, einer Cal:
war er früh der proteftantifchen Glaubenslehre geneigt geworben; auch
er 1623 die Tochter eines angefehenen Proteftanten. Einige Jahre ſpaͤ⸗
er eine Zeit lang auf dem Landhauſe f. Schwiegervater® bei Paris, mo er
Arbeiten über den Plinius und Solinus endigte. 1629 wünfchte f. Va:
mt auf ihn zu Übertragen; auch machte das Parlament von Dijon keine
606 Salmit Salomo
Schwierigkeiten, obgleich ter Sohn fich Sffentlid zum Galsiniemus
aber der Siegelbemahrer Martllac weigerte fi, die Urkunde zu vollzie
Einladungen der Univerfitäten Padua und Bologna lehnte er ab; bagege
1631 einem Rufe nach Zeyden, um die Ehrenprofeffur einzunehmen, n
Scaliger bei diefer Univerfität gehabt hatte. Nachdem er hier einige Zeit
bielt er bei einem Befuche In Frankreich den Staatsrathötitel und den St.
orden. Seine Freunde machten mehre Verfuche, ihn in Frankreich zu
der Cardinal Richelieu, wie man fagt, bot ihm einen anfehnlichen Jahr
ter der Bedingung an, die Geſchichte f. Minifteriums zu fchreiben. Er:
das Anerbieten aus. 1644 erhielt er Dennoch einen Penfionsbrief von!
von Frankreich, doc) bleibt es zweifelhaft, ob ihm je Darauf etwas gezab
Der verbannte König von England, Kart II., bewog ihn, 1649 eine 1
für f. Water zu ſchreiben. Diefe „„Defensio regia pro Carolo I.” ma:
Auffehen, daß das Parlament durch Milton eine dußerft heftige Antn
abfaffen ließ („Defenaio pro populo Anglicano”), die &. um fo uͤblen
als auch f. republikan. Beſchuͤtzer In Holland den Eifer mißbilligten, we
Königthum vertheibigte. Unter dieſen Umftinden folgte er 1650 ger
genden Einladungen der Königin Chriftine, Schweden zu befudyen. 3
dieſes Landes war aber ſ. Geſundheit nachthellig; er ging über Dänema
der König fehr ehrenvoll aufnahm, 1651 nad) Holland zuruͤck, und
1653 in die Bäder von Spaa, wo er, ſtatt Genefung, im Sept. f.
Er warb zu Maftricht begraben. — Go fhonungelos grob er In f. lite
tigleiten war, fo fanft und leutfelig war er inf. Haufe, wo er ganz unte
(haft f. Srau fland. Bon f. zahleeihen Werken find die wichtigften: ,
excreitationes in Solinum’’ und die Ausgabe ber „Seriptores histor
stac”, ferner „De mutuo”, „De modo usurarum”, „De foenor:
tico”, „De re militari Romanorum”, „De re hellenistica”, „O
nes in jus atticum et romanum epistolae ete.“ Alle zeugen von ſ.
ebenfo tiefen als umfaffenden Gelehrfamkeit, weniger von f. Geſchme
theil. Diefe Gelehrfamkeit, unterflügt durch ein wunderbares Gedaͤd
ungeheuer; außer den claffifchen und vielen neueren Sprachen verftand «
chaldaͤiſch, arabiſch, perfifch, kophtiſch ıc. Er arbeitete mit berounden
Leichtigkeit und Schnelligkeit, ohne weiter die Feile zu gebrauchen. Ui
genoflen hatte er fich durch f. Ausfälle viele Seinde gemacht; aber die ı
Maͤnmer erkannten in ihm ihren Meifter.
Salmiak, ein farbelofes, oder graues, gelbes, ſelbſt ſchwarj
durchfichtiges, glasglaͤnzendes Salz, welches in Würfeln und Oktacd
liſirt vorkommt, mufcheligen Bruch und 1, 8faches fpecififcdhes Gewicht
iſt und aus Ammoniak, Salzſaͤure und Waſſer beſteht. Er ſchmeckt fl
noͤs und verfluͤchtigt ſich im Feuer. Er findet ſich in kugeligen, traut
foͤrmigen und tropfſteinartigen Geſtalten, als rindenartiger Überzug un
artiger Beſchlag, zumal als Sublimat in der Naͤhe der Krater thaͤtig
und brennender Steinktohlenflöge: am Veſuv, Atna, auf den liparifd
In Auvergne, in der Zatarei, zu Nemcaftle In England, bei Luͤttich.
im Handel vortommende Salmiak wird jedoch auf kuͤnſtlichem Wege au
mift, Knochen u. a. thierifchen Abfällen dargeſtellt. Er dient bei dem
und Loͤthen der Metalle, beim Schmelzen des Goldes, bei ber Bereitu
nigswaſſers, als Beige des Schnupftabads, in der Särberei und
off.
Salomo, Davids Sohn von ber Bathfeba, und, auf deren Fi
Zurüdfegung f. aͤltern Brüder, Erbe des Throne der Hebräer, genofı
ner langen friedlichen Regierung, 1015 — 975 v. Chr., die Früchte
Salomo 607
Vaters. Das Gefühl f. Majeftät brachte er aus einer mit koͤnigl. Glanz
enen Jugend, und die Weisheit, die ihm nachgerähmt wird, aus bem Uns
te der Erfahrungen Davids und der Welfen f. Hofes mit auf den Thron, den
»h Juͤngling, mit der Strenge und Kälte eines oriental. Monarchen eins
Um ihn zu befefligen, ließ er f. Bruder Adonai und einige mißvergnuͤgte
des Reichs tödten und knuͤpfte polit. Verbindungen mit auswaͤrt. Königen
In f. treffenden richterlihen Urtheilen, wie durch die Vervollkommnung der
iſchen Staatseinrichtungen, zeigte er eine Überlegenheit des Verſtandes, bie
Hrfurcht bei dem Volke erwarb. Durch den Bau des Tempels, deffen
Pracht und Schönheit Alles übertraf, was man bisher von Werken ber
unft gefeben hatte, gab er dem Sottesdienfte der Hebräer einen Glanz, der
ı nexem an Ihre Nationälheiligthämer feffeln follte. Der Reichthum, den
sch klugen Gebrauch der erexbten Schäge, duty Gewinn im Handel, mobel
Hebraͤer zuerft mit dee Schifffahrt bekanntmachte, durch genauere Benutzung
eigl. Einkünfte, die er durch 12 Statthalter eintreiben ließ, und durch Ver⸗
mg der Abgaben an ſich zu ziehen mußte, machte Ihm diefen und andre Baue
Datäften, Etxädten und Feftungen und den Aufwand einer uͤppigen Hofhals
möglich, wodurch auf der einen Seite der Mohlftand des Volks gehoben, die
a der Künfte befördert und die Bildung gefleigert, auf der andern Seite aber
6 Beifpiel eines verberblichen Luxus gegeben und eine allmaͤlige Entfernung
urfprünglihen Strenge des Moſaismus vorbereitet wısrde. — Die Bes
rung der Weisheit und koͤnigl. Herrlichkeit S.'s, bie ihm neben dem nun
a Zufluffe von Fremden zu f. Hauptftadt auch den Beſuch einer Königin
Baba (Athiopien) verfchaffte, konnte einige Stimmen des Mißvergnügene
ben; f. Gerechtigkeit erhielt ihm die Achtung ded Volks, und gegen das
n der von ihm zu regelmäßigen Frohndienſten gensthigten heibnifchen Voͤl⸗
Fine David dem hebräifchen Reiche unterworfen hatte, ſtand ihm ein Kriegs:
Gebote, das 12,000 auf ägyptifche Art gerüftete Reiter und 1400 Streits
zaͤhlte. Auch fchien das Stück diefen großen König lange zu begünftigen,
ifenelitifhe Volk im Benuffe feines Wohllebene faum zu bemerken, daß
Br mehr deöpotifch regierte. Wider das mofuifche Geſetz erlaubte fih ©.
kahme ausländ. Weiber in f. zahlreichen Harem und war aus Riche zu die⸗
bern im Alter ſchwach genug, ihnen freie Übung ihres Gögendienftes zu
und felbft daran Theil zu nehmen. Dennoch Eonnten die Widerfacher,
gegen das Ende f. Lebens nad) dem Throne firebten, wider feine befeftigte
faicht8 ausrichten. Erſt nach f. Tode brady die Unzufriedenheit des Volks in
mpörung aus, und fein unmürbiger Sohn, Rehabeam, vermochte bie
des Reichs nicht zu hindern. Die 40jähr. Regierung S.'s, die er
fee und unruͤhmlicher endete, als er fie begann, wird dennoch wegen ihres
Bund ihrer gluͤcklichen Ruhe von den Sfraeliten noch immer als einer der
Achtpunkte In ihrer Gefchichte gepriefen, und das ganze Morgeniand fieht
ine goldene Zeit, deren Bilder die oriental. Poefie an den ins Unermeliche
sten Ruf der Figenfchaften dieſes Königreiche antnüpft. In ber That ges
BD. mehr dem geſammten Orient als f. Volke an. Seine Denktungsart war
Bet, als einem Hebraͤer geziemte. — In dem Schriften, die die Bibel unter f.
ehthäte, und die, wenn auch ihre Aufammenfegung einer viel fpätern Zeit zus
Achti wird, inihrem Grundſtoffe doch unftreitig falomonifchen Urſprungs find,
ea philoſoph. Geiſt, der ſich über die Einſeitigkeit der hebr. Nationalität zu
gerlichen Anfichten erhoben hat. Seine „Spruͤchwoͤrter“ (Mefchalim, Gno⸗
Benterizen, Überfeßt von Döberlein und Ziegler) find reich an ſcharfſinnigen,
Sprüchen, f. „Prediger (Kohelet, Verſammlung der Weifen, überf. von
Bohn, Sriedländer, Kleuker, Schmidt, Nachtigall u. A.) erinnert ante
608. Salonichi Salpeter
Philoſophie, welche ſich geiſtreiche Große und Weltleute ins Überbruf
uͤppigen Lebensgenuſſes aus dem Schatze ihrer Erfahrungen endlich
gen. Sie lehrte: da nichts beſtaͤndig iſt, ſo eile zu genießen, und de
als den Quell aller Weisheit Hin. Dagegen druͤckt das Hohelied
Haſchſchixim) die ganze Glut und Suͤßigkeit einer bräutlichen Liebe
fei es aud) das Werk eines fpätern Dichters, doch im Geiſte S.'s d
lich er in der Liebe war. Daher ift S.'s Weisheit und f. Gluͤck bei
ſprichwoͤrtlich, und die Märchen der Nabbinen, die Helden» und
der Perfer und Araber feiern ihn, wie die romantiſchen Sagen der N
Briten den König Arthus, als einen fabelhaften König, deffen in d
gerühmte Kenntniß der Natur, deffen Reichthum an Sinnfprüchen :
defien Herrlichkeit und Macht in ihren Darftefungen zu Zauberei
wird. — Der Siegelting S.'s war nad) diefen Dichtungen der T
Weisheit und Zauberkraft, und hat, wie ber Salomonifche Tempe
heimniffen der Freimaurerei und Mofenkreuzerei hohe ſymboliſch
Über Das, was die Rabbinen von diefem Wunderkönige gefabelt habı
rioſitaͤten (4. Bb.).
Salonichi (Theſſalonich), in Macebonien, naͤchſt Konfl
wichtigfte Handelsſtadt in der europ. Türkei, ift mit hohen Mauern ı
werfen umgeben, liegt am Ende des bucch viele Anfchwemmungen
worbdenen thermäifchen Meerbufens, an dem fleilen Abhange des B
in der Geftalt eines Dreiecks, zeichnet ſich vor andern türf. Städte
lichkeit aus und enthält 10 große und mehre Beinere Mofcheen,
70,000 Einw., barunter 10,000 Griechen und 23,000 Suben, mw
Häufer bewohnen und hier eine hohe Schule, Hora genannt, mit 20:
1000 Schülern haben. Die Häufer find im tuͤrk. Style erbaut u
befinden fich in dem untern Theile der Stadt. Die vorzuglichflen M
ehemalige, der heil. Sophia und dem heil. Demetrius geweihete, g
In der Iegtern zählt man 360 Säulen, melde das Dad) und 2 ©
Auch befinden ſich hier einige griech. Kirchen, ein griech. Metropolit,
Kiöfter und eine Lathol. Kirche. Die Stadt ift der Sig eines Paſck
fchweifen. Der fihere Hafen kann 300 Schiffe faffen. Won ben
men verfehenen Gaftelle, welches die Stadt beherrfcht, hat man el
Ausficht auf den ganzen Meerbuſen, die Stadt, die unabfehbare E
niens und die fie durchſchlaͤngelnden Fluͤſſe. Nordwaͤtts von diefer @
eine hohe Bergkette, jegt Zerolivado genannt. Man findet in und
Stadt viele Alterthuͤmer mit Infchriften. Seit d. 17. Jahrh. mc
liener, Engländer, Deutſche, beſonders aber Sranzofen, bedeuten
ſchaͤfte. Schweden, Dänemark, Holland, Rußland und Neape
Conſuln dafelbft, aber ihr Handel iſt minder bedeutend; doch ware
Geſchaͤfte mit Samımet, Seide und Pelzen vor kurzem wichtig. 3
Tuͤrkiſchroth⸗Faͤrbereien, Teppich, Baummollen:, Seiden-, Tud
u. a. Manufacturen.
Salpeter, ein Salz, welches farblos, glasglaͤnzend, in |
ducchfichtig iſt und in meift Ianggeftredten ftrahligen, rhombiſchen
ſtalliſirt vorkommt. Der Bruch ift muſchlig, die Härte iſt gleich dei
das fpecififche Gewiht — 1,9. Er befteht aus Kali und Salpeterſo
bitter-kuͤhlend, ift beftändig an der Luft und verpufft auf glühenden
der Natur kommt er in ziemlicher, doch nur oberflädhlicher Verbreitu
merkwuͤrdigſten Fundorte find Pulo di Molfetta in Calabrien, bie &
von Latera und Syrakus, die 22 Höhlen auf Ceylon, mehre Ranbfle
nien®, Indiens, Chinas, einige Binnenwuͤſten Afrikas und bie Uı
Salpeterfäure Saluzzo 609
in Südamerifa. In Oberungam findet er fich in Quellwaſſern; übrigens
ex ſich überall, wo thierifche und vegetabilifche Stoffe langſam verwefen, zu⸗
venn fie mit Kalkmergel vermengt find, und hierauf beruht bie kuͤnſtliche Fa⸗
ion des Salpeters in den Salpeterplantagen. Bevor er jedoch in den Hans
immt, bedarf er noch einer Läuterung und Umkryſtalliſirung. Beſonders
R der oſtindiſche Salpeter; es werben davon jährlich an 10 Mid. Pfund
Europa gebradht. Die Hauptbenugung iſt die zu. Schiepulver,, in deſſen
ſung er nad Maßgabe der Feinheit (Sprengpulver, Ranonenpulver, Jagb⸗
) zu 65, 70 und 78 Proc. eingeht. Ein zweiter wichtiger Gebrauch des Sal⸗
findet bei der Bereitung ber Salpeterfäure ober des Scheidewaſſers ftatt;
Nent er als Schmelzmittel, als Reinigungsmittel der edlen Metalle, als Arz⸗
ttel, zum Einpödeln ıc. H.
Salpeterfäure, diejenige Säure, welche durch ihre Verbindung m
ven Salpeter bildet, fie wird aus dieſem gemöhnlich durch Aufguß von Schwe⸗
se, welche ſich dann vermittelft näherer Verwandtſchaft des Kalis bemaͤchti⸗
nd die Salpeterfäure freiläßt, ausgefchieben. Man hat fie von fehr verfchies
Beichaffenheit. Die gelbe bampfende Säure heißt Spiritus nitri fumans;
on mit Waffer verbünnte weiße wird Scheibewaffer genannt. Diefe muß,
Rereinift, Silber und Blei klar und ohne Ruͤckſtand auflöfn. Dit ein Drittel
Rute vermifcht, gibt fie das Goldſcheidewaſſer, Koͤnigswaſſer oder Aqua regis.
mh Chemie und Scheidewaffer) _
Salt (Heinrich), engl. Beneralconful in Ägypten, Mitglied der londner
wät und Gorrefp. des Inftituts von Frankreich, geb. zu Lichtfielb, begleitete
ed Valentin (jegt Graf v. Mountmorris) auf feinen Reifen in Oftindien,
und Abyffinien und leiftete ihm als Beobachter und Zeichner große
.Ihm verdankt man die Entdeckung der berühmten Infchrift von Axum
genaue Befchreibung der Denkmäler diefer alten Hauptfladt Athiopiene.
S. nicht verborgen bleiben, daß eine Handeldverbindung mit ben Küs
Abpſſiniens für England große Vortheile darbiete; er ging nach Lon⸗
zeugte die Regierung von der Ausführbarkeit eines folchen Unternehmens,
von ihr mit einer Sendung an ben Beherrſcher von Abpffinien beauftragt,
e im Mär; 1809 mit einem reichbelabenen Schiffe nach Afrika. Nicht
wierigkeit eröffnete ex bei feiner Ankunft zu Maſſuah einige Verbindun⸗
gelang e8 ihm nicht, einen förmlicdhen Hanbelstractat abzuſchließen, doch
er viele neue Beobachtungen, die für Handel und Wiſſenſchaft gleich wich⸗
umd zum Theil frühere, biöher in Zweifel gezogene Berichte bes beruͤhm⸗
enden Bruce beflätigten. In Ägppten hat er feit 1817 durch Ausgrabuns
ve Tempel, Gräber und andre Löftliche Denkmäler des alten Theben and
acht. ©. Hefchäftigte fich mit einem großen Werke uͤber Ägypten und ges
ausgezeichneten Achtung des Vicekoͤnigs Mohammed : Ali, ald er ben JO.
auf e. Dorfe zwifchen Kairo und Aterandrien flarb. — Er gab heraus:
ten von Indien, dem rothen Deere und Abyfjinien‘‘ (1809); und 1814
Balfe Durch das Innere von Abpffinien in den 3. 1809 und 1810”.
Saltarello, ein, beflimmter Rhythmus, dem bie Staliener bei jes
Menden Selegenheileine befondere Melodie und einen befondern Zert uns
Saluzzo, eins der aͤlteſten Gefchlechter Italiens, berühmt in der Ges
u des lalters, blüht gegenwärtig in Frankreich, Neapel und Öftreich.
Wurf Giacomo, geb. 1786, und in zweiter Ehe 1812 mit Clotilde Murat
Die, iſt Herzog von Corigliano und Prinz von S.:Maure. Sein Bruder
190, geb. 1788, iſt Marſchall in k. ficitian. Dienflen. Das Haus hat feinen
za von ber ehemal. Markgrafſchaft Saluzzo (franz. Saluces) , die bit ins 16.
ne. Girkente Aufl, 88, IX. 39
610 Salvandy
Jahrh. ihre eignen Markgrafen hatte, nad) deren Abgang ber Befig!
Dauphine und an Nizza grenzenden Provinz zwifchen dem Könige von
und dem Haufe Savoyen lange ftreitig blieb. Endlich gelangte Sad
durch Tauſch gegen Breſſe und Bugey, die fonft Savoyen gehörten, 5
Befige von Saluzzo, das feitdem eine Prov. des Fürftenth. Piemont i
36 IM. 127,000 €. zählt. Die Hauptft. Saluzzo, nicht weit vom Po,
E., viele Fabriken und Handel mit der Lombardei. — In der Lite
iſt der Marq. Siufeppe Angelov. Saluszo (de Saluces), geb. 17:
Er war vor ber Vereinigung Piemonts mit Frankreich k. fardin. Gent
leon ernannte ihn zum Kanzler der 16. Cohorte der Ehrenlegion und zu
der Claſſe der phyſik. und mathemat. Wiffenfchaft in der Akademie zu
gab nebft Laplace und Cigna die an nüglichen Entdedungen und gele
achtungen reichhaltigen „Melanges de l’Academie de Turin’’ herauf
zu Zurin 1810.
Salvandy (Nareiffe Achilfe v.), ein Schriftfteller von Ruf, |
Politik und des Romans, geb. zu Sondom, im Depart. du Gers, d
1795, ftudirte im Lycee Napoleon (jegt College de Henri IV), die
williger 1813 und 1814, wurde bei Brienne verwundet, ımd flieg durc
Muth bi8 zum Adjutantmajor. Den 6. April 1814 gab ihm Napo
tainebleau das Kreuz der Ehrenlegion. Nach der Reftauration bei den fı
truppen angeftellt, begleitete er im März 1815 die Prinzen an die Gi
der Mieberlage bei Waterloo fehrieb er „Sur la necessite de ze ralli
Seine mit außerordentlichem Sreimuthe und gut gefchriebene Stuyfchrif
lition et la France” (1816), follte auf die Befchwerde der fremden C
ten, die fogar die Verhaftung des Verf. verlangten, unterdrückt werden
ſtellte fidy unter den Echug des Geſetzes, und die Gefandtichaften d
"weiter auf gerichtliche Beſtrafung. Indeß gab der junge Salvandy
pitain und Adjutantmajor in einer Legion) den hoͤhern Ruͤckſichter
welche ihn die Minifter aufmerkfam machten; er fchwieg ſeitdem unt
als Maitre des requätes im Staatörathe angeſtellt. Als Barthelemp |
kammer bie Abänderung des Wahlgeſetzes vorfchlug, fhilderte H.
„Vues politiques” die Abfihten und Hülfsmittel der verfchiedenen
richtiger Urtheilskraft. Als hierauf bie Regierung 1820 denfelben PI
ſchrieb er, feiner Überzeugung allein folgend, ohne Rüdficht auf feiı
„Sur les dangers de la situation presente”. Dadurch verlor er Amtı
Er machte nun eine Reife nad Spanien, heirathete die Tochter des
kampf (f. d.), lehnte alie Anträge ab, bie ihm von Seiten der Dir
wurden, weil feine Überzeugung damit nicht uͤbereinſtimmte, und le
gig der Literatur. ine Frucht diefer Muße ift fein Halbroman: „I
‘ou l’Espagne” (1824, 4 Bde.), ein Gemälde der Halbinfel, das d
und Publiciften mehr befriedigt als die Kunſtkritik, obgleich kraͤftig
gen, tief eindringende Bemerkungen, eine edle Sefinnung und wahre 2
diefen biftorifhen Roman empfehlen. Darauf erfchien f. „Jalaor,
ehretien‘‘ (Paris, 1824), der die Gefchichte eines Tgibunen erzähle,
ter Julians Regierung, weil er ein Chrift ift, das Fer verlafſen ms
Gallien ſich flüchtet. Mit politifcher Begeifterung und feftemconftitutic
rakter hat-fih ©. auch Uber wichtige Angelegenheiten feiner Zeit au
$. B. in der gegen bie Genfur gerichteten Flugſchrift: „Le ministöre et
in den Schriften „Le nouveau regne et l’ancien ministere”; „Dup
dre envers l’Espagne” und in mehren Auffigen im „Journ. des de
mehr Ruhe und Haltung kann diefer geiftvolle Schriftfteller Fünftig ı
zeichneten Rang in ber frany. Kitsratur behaupten.
Salvator Rofa Salz 611
Salvator Rofa, f. Rofa (Salvator).
Salvegarde ift der von einem Kriegsbefehlshaber einem Orte, einem
mfe oder einer einzelnen Perſon zur Sicherung vor Pluͤnderungen und Mißhand⸗
gen ertheilte Schusfchein. Auch die Wache, welche zu jenem Zwed gegeben
d, heißt Salvegarde (Schutzwache), und trägt ben fchriftlichen Befehl des Se:
aie u. f. vo. zu ihrer Beglaubigung bei fih. Auf die Verlegung der Salvegarde
R die Todesſtrafe. Wenn feindliche Truppen einen Ort einnehmen, wo die
Boegarden ſich befinden, fo werden letztere nicht zu Kriegsgefangenen gemacht,
bern frei fortgefchidt. An manchen Orten nennt man auch eine Art von Polls
sache, die zur Wegſchaffung von Bettlern gebraucht wird, Salvegarden.
Salvi (Giambattifte), f. Saffoferato.
Salvıs Conductus, fiheres Gelelt, die Zufage, daß Jemand gegen -
ſoͤnliche Unahnehmiichkeit, Verhaftung und Verantwortung frei fein Tolle,
He in verfchiedenen Verhältniffen, 53. B. in Kriegezeiten, einem ausgetretenen
ſchſelſchuldner, befonders in Criminalſachen ertheilt zu werben pflegt, um einem
peflagten die Möglichkeit zu geben, ſich perfönlich zur Verantwortung einzufins
\ Das fichere Geleit ift daher keineswegs ein Mittel, des Verbrechers habhaft
werden, fondern dient bloß dem Angefchuldigten, fi) ohne die gewöhnlichen
Htheile des Anklageſtandes zu rechtfertigen. Die gewoͤhnlichen Fälle find daher,
In derfelbe behauptet, daß ein Criminalverfahren gegen ihn nicht ſtattfinde, 3.8.
in er feine Unſchuld, trog des gegen ihn fprechenden Verdachts, auszuführen
‚ etwa durch den Beweis eines Alibi, oder der Nothmehr, oder wenn er aus⸗
will, daß bie von ihm begangene Hamblung gar nicht oder doch nur in ges
Maße ftrafbar fei u. dgl. In folhen Fällen wird ficheres Geleit gegeben
fo lange: „bis etwas Peinliches gegen den Angeſchuldigten erlannt werde“,
bis feine Einreden durch richterliches Urtheil verworfen worden find. Zuweilen
auch wol das ſichere Geleit auf eine gewiſſe Zeit gegeben, damit der Ange⸗
ſich ſtellen, danfı aber wieder feine Sicherheit ſuchen koͤnne. Ein ſolches Ges
lelt Johann Huß von Kaiſer Sigismund zum Erſcheinen vor dem Conci⸗
zu Konſtanz, und Luther zur Verantwortung vor dem Reichötage zu Worms.
V. hielt es, trog aller Zudringlichkeit der Geiftlichen, aber Sigismund ließ
fanatifche Priefter zum Bruch feines Worts verführen. 37.
"Salz, im Allgemeinen eine Zufammenfegung beftimmter Verhaͤltniſſe Säure
Alkali, einer Erde, oder einem Metallornde. Sind die Verhältniffe ber
dtheile fo, daß die aus der Zufammenfegung hervorgehende Subſtanz bie
bed Lackmuspapiers oder eines Rothkohlaufguſſes nicht verändert, fo nennt
fie ein Neutralfalz. Herrſcht aber bie Säure vor, was man aus dem
erben des Lackmuspapiers und des Kohlaufguffes erkennt, fo heißt das Bat;
aures. Iſt hingegen die Säure nicht im Überfchuß vorhanden, ja nicht ein
in binlängliher Quantität, um die alkaliſchen Eigenfchaften der Grundlage
firen, fo nennt man das Salz bafifhfauer. Jedoch ift diefe Mei⸗
von den Salzen nad) den neuern Anfichten der Chemiker etiwa® modificirt.
«ögemeinften Charaktere der Salze find folgende: Die meiften Iöfen ſich in
auf und kryſtalliſiren daraus wieder, jedes in feiner Ihm eigenthümlichen
gen Geftalt. Einige zerfallen an der Luft zu Pulver, fobald die warme
trockene Luft mehr Verwandtfchaft zum Kryſtallwaſſer hat ale das Salz; im
I gerfließen fie. Einige find im euer flüchtig und werben deshalb flüchs
Salze genannt, zum Unterfchiede von ben feuerbeftändigen. Über dem euer
die meiften in ihrem Kryſtalliſationswaſſer, fobald dieſes aber durch bie
je verdunſtet iſt, trocknet das Salz ein, und nur verftärktes Keuer kann es zur
en Schmelzung bringen. — Die Salze find übrigens ſowol als Heilmits
als auch in den Künften und Gewerben von ausgebreitetem Nupen, Die van:
39 *
618 Salz
würdigften Salze find unter den betreffenden Artikeln befchrieben worben.
wähnen bier nur des Koch ſalzes, Im gemeinen Leben Salz genaunt.
farblos oder grau, gelb, fleiſchroth, feltener violett und blaw gefärbt, hat fe
Glasglanz, ift durchſichtig und findet ſich kryſtalliſirt in Wuͤrfeln, derb,
ſtaudenfoͤrmig und tropfſteinartig. Der Bruch iſt muſchlig; es iſt fprdt
und das ſpecif. Gewicht — 2, 2 — 2,3. Es beſteht aus Ehlot und!
loͤſt ſich im dreifachen Gewichte kalten und ſiedenden Waſſers auf, und}
kannten, reinſalzigen Geſchmack. Dan unterfheibet 4 Dauptarten '
kommens: 1) als feſtes Mineral im Schoße der Gebirge, Steinſalz;
fo als oberflaͤchliche Ausbiühung, Steppenfalz; 3) aufgelöft in de
fern des Dceans und mancher Seen, Seefalz; 4) aufgelöft in vielen
Quellſalz. Das Steinfalz findet ſich theils in großen Maſſen, tbei
fern und Adern, theils grob und fein eingefprengt in dem fogen. Galıth,
Berühmt find die mächtigen Salzſtoͤcke von Wieliczka und Bochnia in
von Cardona in Spanien, von Northwich in England. Dier wird das
durch ordentliche Bergarbeit gewonnen. In Zicol und im öftreich. Sal
gute dagegen findet ſich dad Salz mehr eingefprengt und wird durch Aı
gewonnen. (S. Berchtesg aden und Reihenhall) — Das €
bildet in großer Menge ununterbrochene, kryſtalliniſch⸗ Eörnige Überzi
Landftriche, der fogen. Salsfteppen oder Salzwüften, und ſcheint ſich d
biühung aus dem mit Salztheilen geſchwaͤngerten Boden zu bilden, if
jeden Fall das Reſiduum ehemaliger Meeresbebedung. Der Norbabfal
kaniſchen Hochlandes, die Steppen Mittelafiens und jene von Peru und
vorzüglich berühmt. — Das Meerfalz ift nicht rein, fondern mit falzfı
gnefia und fchwefelfaurem Kalke gemengt, weshalb ed gewöhnlich erſt ger
ben muß. Dan befördert feine Bildung im Großen, indem man Mee
fehr hohen Sluthen in flachen Baffins (Salygärten) auffängt und fpenı
Wind und, Sonne bie allmälige Verdampfung des Waffers bewirken.
Quellſalz findet ſich aufgelöft in Salzquellen, welche meift im Gebiete,
in der Nähe der durch Steinfalz ausgezeichneten Gebirgeformationen fp
deshalb mit großer Wahrfcheinlichkeit auf ihre Entftehung fchließen laſſer
ten nämlich urſpruͤnglich reines Waffer, und Iöfen nur bei ihrem Durchg
Steinfalzlager mehr oder weniger Salz auf. Dergleichen ſalzhaltige We
Salzfoolen, die Quellen felbft Soolquellen. Da diefe Gag
weit häufiger find als Salzftöde oder Salzlager, fo if die Zugutemachun
len oder die Darftellung des Quelfalzes die wichtigfte Aufgabe ber Hals
Salzwerkskunde; eine Aufgabe, welche einestheils durch Concentration
dirung (f. d.), anderntheils durch Verſiedung geloͤſt wird. Diefe €
geſchieht in vieredigen, 10 — 16 Ellen langen, 6 — 10 Ellen brei
Ellen tiefen Pfannen von Eiſenblech mit Steintohlens, Torfs oder Holzfi
in einem Siedehauſe (Salzkothe) gewöhnlich mehre vorhanden find.
ſten Auffieden fest man gewoͤhnlich etwas Rindsblut zu, um die &so
gen, und darauf erfolgt erſt das eigentliche Salzfieden (Soggen). Da
niſch⸗praͤcipitirte Salz wird in kegelfoͤrmige Körbe gefchüttet, um das X
die leicht zerfließenden Salze ablaufen zu laffen, und dann in den Trocke
(Poͤtſchen) getrodnet. Die zuruͤckbleibende Mutterlauge kann auf Gla
Bitterfalz, der gebildete Pfannenftein aber ebenfalls auf Glauberſalz und
gemittel benugt werden. — Das Kochfalz ift ein unentbehrliches Web
alle Völker, und baher feine Gewinnung, welche in Deutfcyland allein jäh
gefähr 6 Min. Ctn. betraͤgt, einer der allerwichtigften Gegenſtaͤnde dei
haushalt. Der Gebrauch zum Einfalzen oder Einpddeln bes Fielfhel
Fiſche iſt, wo nicht fo allgemein , had ebenfaus (ehr wichtig. Übrigente
Salza Salzburg 818
te, Pharmazie, Toͤpferei, Faͤrberei, zum Bleichen, zur Bereitung des
er Salzſaͤure, des Salmiaks ıc. angewendet. H .
za (Hermann von), deutfcher Ritter, wurde 1210 zum Ordensmei⸗
t; ein Mann von reinem &eelenabel und erhabener Seifteßgröße, den
regor IX. und der Kaifer $riedrich IE. in ihren Streitigkeiten als Schieds⸗
O) anerkannten. Der Kaifer erhob ihn zum Reichöflirften, weiche Würde
folger überging. Unter H. v. S.'s Verwaltung erflieg der Orden eine
der Macht und des Anſehens. Schon 1226 fandte H. v. S. 2 Rit-
Herzoge von Mafovien in den Kampf gegen die Preußen, 1228 noch
en er Hermann Balk zum Anführer gab. Darauf fchenkte Gregor IX.
H IL. ihm und dem Orden das Land der heidnifchen Preußen 1231. &o
H. v. &. den Drdensftaat Preußen. Er flarb in Salerno den 20. Mär;
ehr über ihn findet man in Yufti’s „Worzeit”, 1825, und vorzuͤglich in
Zoigt's „Geſchichte Preußens” (Bd. 2, Königsberg 1827).
‚brunn, Pfaredorf, 9 Meilen von Breslau im fchlefifchen Gebirge
hönen Fürftenftein, gehört dem Grafen v. Hochberg, bat 2000 E., die
u, Viehzucht und Weberei leben. Es wird wegen f. ſchon im 14. Jehrh.
anerkannten Mineralquellen beſucht. Der daſige Oberbrunnen und der
en ſind die einzigen Salzquellen in Schleſien. Der erſtere hat dem Dorfe
egeben. Beide enthalten in einem Pfund zu 16 Unzen nad) Fiſcher:
Natrum. Glauberfalz. —58 Kohlenſaure Kalkerde.
n 8 Sr. 3,2. 1,012. 2,02.
en 6,373. 2,587. 0468 3,38.
Kohlenf. Talkerde. Eifen regul. Gefomn | —*X in
1,1. 0,018. 1,30 Cubik;.
1 ‚963. 0,095 . 1 ‚70 —
gen Bruſtkranker, ſowie Solche, die an Hämorrhoiden und an Ver⸗
: Drgane des linterleibes leiden, namentlich auch an Urinbefchwerden,
finden Hülfe. Seit 1815 ift der Ort als Curanſtalt ſehr beſucht; ebenfo
eſem Sabre erſt eine Verfendung des Waffers eingerichtet. 1821 zaͤhl⸗
men fchon 450 Gaͤſte, felbft aus den entfernteften preußifchen und a.
und die VBerfendung war auf 70,000 Kruͤge gefliegen. Auch hier find
yarfchaft der Quellen Steinkohlengruben. Die gefimbe und malerifche
yefs, die fchönen Bebirgöpartien rings umher, und dabei die Nähe des
es, von dem es nur 14 Stunde entfernt iſt, machen es ganz geeignet
von Gurgäften.
‚burg mar nach dem meftfälifchen Brieben bis 1802, außer den 3
urflrftenthlimern, das einzige Erzbisthum in Deutfchland. &8 lag.
ı Kreife, hatte 18001M., 16 Städte, 23 Markfl. und in dltern Zei⸗
) Einw. Durdy die Bedrlicungen aber, welche viele von ihnen we⸗
ftant. Religion, zu der fie fich befannten , beſonders unter dem Erzbi⸗
d Anton Eleutherius dv. Firmian (von 1729 — 33) zu leiden hatten,
egen 30,000 Menfchen aus, ſodaß in fpätern Zeiten die Volksmenge
VO.betrug: eine Auswanderung, deren Geſchichte K. Panfe 1827 be⸗
, und Gärtner in der Fortfegung der Zauner’fchen „Chrontt”. Jene
ten begaben ſich in a. deutfche Länder, auch nach Holland, England,
Schweden und Nordamerika, mo fie durch ihre Thaͤtigkeit und ihren
ı dem Flor ihres neuen Vaterlandes Eräftig wirkten. — Das falzburgis
gebirgig, bildet gleichfam nur ein großes Thal längs der Salza, in wel:
benthäler auslaufen. Es wird befonder& auf der echten Seite , \anık
614. Salzburg
ber füblichen Grenze des Landes von hohen Bebirgen, bie zur norifchen
gehören , eingefchloffen. Viele derfelben (namentlich das 10,381 Zuf
horn) find mit emigem Schnee bedeckt, und zeigen alle Erſcheinungen b
zeralpen, Gletſcher, Kluͤfte, Schneelawinen, Wafferfälfe c. Gegen
Land offen und hat einige ſchoͤne Ebenen. Die Luft ift rein und gefund, a
Die Winter find ſtark und anhaltend, die Sommer in den engen Thaͤler
die meilten Berge find fruchtbar umd tragen unten Setreibe, weiter h
dungen und gegen den Bipfel zu vortreffliche Weiden, Almen oder Alben ı
Zroifchen den Bergen gibt es breite und fruchtbare Thäler, und der noͤrd
Theil des Landes ift fehr fruchtbar. Auch wird der Feldbau ämfig betriı
bringt das Land nicht fo viele Feldfrlichte, befonders Getreide, hervor, ale
Baums und Gartenfrüchte aber hinlaͤnglich, Wein nirgends. Die Wat
von Wichtigkeit, noch wichtiger iſt der treffliche Graswuchs, ber eine |
zucht veranlaßt. Die Rindviehzucht, welche ganz auf ſchweizer Art get
iſt überaus beträchtlich und macht die Hauptnahrung des Landes aus.
ift von ungemöhnlicher Größe. Auch die Pferdezucht, von einem nicht fi
ſehr ftarfen Schlage, iſt anfehnlih. An Wild ift großer Überflug. €
find die Mineralien, vorzuͤglich Steinfals. Die übrigen find Gold, €
pfer, Blei, Eifen, Kobalt, Arfenit, Bergkryſtalle, Marmor, Salpcı
fein, Speckſtein, Serpentin, Asbeft, Torf, mineraliide Quellen.
arbeitung der Bergerzeugniffe macht beinahe den einzigen Fabrikzweig
aus. Dean hat Eifen-, Stahl: und Meffinghämmer, doch wirb noc
ausgeführt. Hier und da verfertigt man wollene Waaren, und die B
ſtrickerei iſt durch das ganze Land verbreitet. Der Bauer pflegt f. B
Flache und Wolle nicht nur zu ziehen, fondern auch felbit zu verarbeiten,
fih Tuch, Leinwand, Strümpfe und Schuhe zu eignem Gebraude. -
‚ maligen Erzbiſchoͤfe von Salzburg hatten große Vorrechte. Sie kom
Adelſtand erheben, hatten mit ben Herzogen von Baiern dad Directoriu
[hen Kreife, aufden Reichötagen bie erfte Stelle auf der geiftlichen Ba
ftenrathe, und abwechſelnd mit Öftreich (welches aber immer ben Anfı
das Directorium im reichsfuͤrſtl. Collegium. Außerdem erhielten fie vc
fer, auch wenn fie nicht aus fürftl. Häufern waren, dem Fitel: Em. Li
gegen die geiſtl. Kurfürften in diefem Falle nur Em. Andacht genannt wur
wurde dies Erzbisthum verweltlicht und nebft Eichftädt, Berchtesgader
Theile von Paffau dent Erzherzoge von Öftreih und Großberzoge vo
Ferdinand, zur Entfhädigung für Toscana gegeben. Außerdem warb
30g unter die Zahl der Kurfürften aufgenommen. Durch den predbun
(1805) kam Salzburg unmittelbar an Oftreih, und Eichſtaͤdt und Paii
- ern, wogegen der Erzherzog-Kurfuͤrſt Würzburg befam. Der wiener Frit
ftellte Salzburg zur Verfügung Napoleons, der es 1810 an Baiern al
dem parifer Frieden ift es von Baiern wieder an Öftreich vertaufcht w
Ausnahme eines Theile® vom linken Salzaufer, welcher nebft Ber
bairiſch geblieben ift. Der öftreichifch gewordene Theil Salzburg bill
Ausnahme einiger Heinen zu Tirol gefhlagenen Bezirke) den Salzach
burger Kreis des Landes ob der Ems (123TM., 136,400 E., in
Mf., 1078 D.). — Die Hauptft. Salzburg ift auf 3 Seiten von S
gegen N. von einer Ebene umgeben. Sie liegt in einer fehr romantiſch
an beiden Ufern der Salza, über welche eine 370 Fuß lange und 205. br
führt. Salzburg ift der Geburtsort Mozart's, Mich. Haydn's und R
Die Stadt mit 860 H. und 15,000 E. hat enge und krumme Straßen
Bige Piäge (den Hofplag mit dem prächtigen Springbrinmen von Marme
Arcaden und Galerien eingefaßten Domplag) und meift in ital. Man
Salzmann 615
ufer. Einige Feſtungswerke umgeben die Stadt, und aufdem Nonnenberge,
Zoͤchſten oͤſtl. Punkte des Moͤnchsbergs, liegt 100 Kiaftern hoch Über der
be die Ems Hohenfalzburg, mit einem Zeughaufe und einer unvergleichlichen
Wit. Der füdliche Theil des Moͤnchsbergs ift gleich einer Wand ſenkrecht ab>
Inmitten und dient zu einem umerfteiglichen Bollwerke. Durch den Moͤnchsberg
BR das neue ober Sigiemundethor, welches von 1769 — 74 erbaut, ein 150
langes und 7 — 8 Schritte breites, durch einen Felſen gehauenes Bes
darſtellt Vor demfelben fteht die 50 Fuß hohe Bildfäute des h. Sigismund
weißen: Marmor. Merkwüuͤrdige Gebäude find: das Mefidensfchlog oder ber
erzbifchöfl. Palaſt, die im edelften Geſchmacke und im Style der Peterslicche
ste prächtige Domkirche mit 2 Thuͤrmen und vor berfelben die bronzene
Winle der unbefledien Empfängniß, die Gebäude des Lyceums (ober der ehemas
Uutverfität) mit einer fchönen Kirche, das neue Dikafterialgebäude, das Capis
6, das Hofitallgebäude mit einem in Selfen gehauenen Amphitheater, beffen
als Sommerreitſchule bedient hat, und mehre Paläfte des Adels, als der
ſche, Kuenburg'ſche ic. Die ehemalige ſchoͤne Sommerreſidenz Dirabella
1818 nebft einem beträchtlichen Tihelle der Stadt ab. Außer dem Lyceum
man hier e. medicinifch = hirurgifche Lehranftalt, e. Summafium, e. Pries
r, e. Schullehrerfeminar , mehre Bücher = und Kunftfammlungen. Von
: e. Drabtzieherei, 2 Eiſenhaͤmmer, 4 Tabacks⸗, 4 Stärke: und Pubderfas
e. Spielkarten, e. Majolita-, e. Baummollens, e. Cattun⸗, e. Siegellack⸗
Lederfabrid. Auch treibt die Stadt wichtige Handeldgefchäfte, und jährlich
2 Meſſen oder Dulden gehalten. Außerdem ift die Sammlung von bort
Bfg. außgegrabenen Alterthuͤm. des Hrn. Rofenegger ſehenswerth. Inder Naͤhe
Bade, auf den Loiger= Feldern 2 Stunden davon, wurde ein römifcher Moſaik⸗
Den (Truͤmmer der alten Jujavia) ausgegraben, welcher nach Wien gebracht
mw iſt. In der Nähe liegen die landesfuͤrſtl. Luftfchlöffer Hellbrunn mit kuͤnſt⸗
Waſſerwerken und Kleßheim mit einer Safanerie; das gräfl. Firmian’fche
B Leopoldstron, bekannt wegen f. herrlichen Gemaͤldegalerie, das fuͤrſtl.
arzenberg'ſche Schloß Aigen mit [hönen Bartenanlagen, und der flattliche Uns
ng mit f. Umgebungen. Fremde beſuchen auch das nahgelegene Salzwerk Hals
aD Gollingen mit ſ. ſchoͤnen Waſſerfall, ſowie das ſchoͤne Berchtesgaden und
bnigs⸗ oder Bartholomaͤusſee. S. L. Huͤbner's „Beſchreibung der Stadt
merg“ und über das Land Zauner's „Neue Chronik Salzburgs“, fortgeſ. von
we (1813 fg.).
alzmann (Chriftian Gotthilf), der beruͤhmte Stifter ber Erziehungsans
w Schnepfenthal, war 1744 zu Sömmerda im Erfurtiſchen geb. Fuͤr ben
nf. Vaters, der erft zu Sömmerda, dann zu Erfurt Prediger war, wurde
£ geroöhnliche Weife gebildet, ftudirte 1761—64 zu Jena, erhielt 1768 die
Belle zus Rohrborn im Erfurtiſchen, und folgte 1772 dem Rufe zum Diako⸗
der Andreaskirche zu Erfurt, an welcher er bald darauf Paftor ward. Hier
e als gemeinfaßlicher, berzlicher Prediger Beifall, aber auch wegen f. vorurs
zeien Denkart Widerſacher. Frübzeitig hatte er fich zum eignen Forſchen ges
und bei f. theologifchen Studien auf die Seite der damals noch feltenen
De der Auftiärung gewendet. Durch Rouffenu und Baſedow gewedt, und
haepfänglichkeit für die Stimme ber Natur, beobachtete er f. eignen Kinder,
Wing bei ihrer Erziehung den Weg ein, den f. Neigung zum Einfachen und
Echen und die umlaufenden philanthropifchen been ihm vorzeichneten. Bei
Mrfſillung ſ. Vaterpflicht ward er fich f. Berufs zum paͤdagogiſchen Schrifts
and praktifd,en Erzieher bewußt, den er zuerſt durch f. 1778 herausgeg. „Uns
kungen für Kinder und Kinderfreunde” und noch mehr 1780 durch f. teefflis
„Riebsbüchlein (eine Anmweifung zur unvernünftigen Kinderzucht, die weit uw
616 Salzmann
greifenber Ironie auf den entgegengefegten Zweck hinwirkt) und durch
„Über die beften Mittel, Kindern Religion beizubringen‘, beurkunbete.
erhielt er einen Ruf von Baſedow zu einer Stelle an deſſen Philantyeopt
fau, und die Begeifterung für das Unternehmen biefes merfiwärbigen M
ſtimmte ihn zue Nieberlegung f. Paſtorats, um die ihm zugedachte Stel
figionslehrer und Liturg an ber erwähnten Anflalt anzutreten. Doch kon
bier , obſchon mit gleichgefinnten Pädagogen zufammenmwirkend,, wegen‘
geld an Einheit und Zufammenhang in ber Zeitung biefer Anſtalt nicht g
dige fühlen, und unerträglich war ihm das Anfinnen, f. Schriften allel
Iehrtenbuchhandlung zu Deffau in Verlag zu geben. Wie er als Relig
wirkte, beweiſen f. Vorträge bei ben Gottesverehrimgen der Anſtalt, DI
— 83 in 4Bdchn. herausgab. Den Freunden der damals beliebten ı
Anficht des Chriſtenthums maren fie willkommen, und durch ihre Faßl
fanfte Wärme auch der Jugend erbaulich. Vorzuͤgliches Auffehen machte
„Karl von Karlsberg, ober über das menfchliche Elend“, den er 1783
1788 mit d. 6. Bde. beendigte. — Geftügt auf f. literarifchen Ruf un
amd von dem Wunſche, auf eigne Hand zu wirken, getrieben, verlie
Deſfſau und gründete auf dem von ihm angelauften, und wegen f. gefumt
lichen Lage wohl bazu geeigneten Landgute Schnepfenthal (f. d.) be
haufen im Sothaifchen eine Erziehungsanftalt , deren Zöglinge anfunge
Kindern und wenigen Pflegeföhnen befanden. Ungeachtet ihm ber Herzog‘
4000 The. zu dieſem Unternehmen ſchenkte, und bie herzogl. Regieru
Vortbeile und Freiheiten bewilligt, waren doch die Mittel, mit benen
den Bau der Inſtitutsgebaͤude ging, bei weitem nicht hinlaͤnglich, u
tig hat f. unermuͤdete Tätigkeit, f. tüchtiger Verſtand, der fich in dem
Sache des Haushalts bald zurecht fand', f. Ordnungsliebe und Rechtlich!
fefte6 Bertrauen auf Bott zum Gelingen f. Werts das Beſte gethan.
Freunde, bie ihn unterftügten und gefchickte Mitarbeiter bei dem Erz
ſchaͤfte, unter denen Andre, welcher 1787 eine Töchteranftalt zu Sd—
gruͤndete und fie 1790 nad) Gotha verlegte, fpäter als fürftt. ſalmiſe
ſchaftsrath in Mähren lebte, gegenwärtig aber als €. würtemb. Hofratl
gart fi) aufhält, der nun verft. Naturforfhee Bechftein (f.d.), de
Lenz, in der Kolge Director am Gymnaſium zu Nordhauſen, fpäter z
jegt wieder in Schnepfenthal privatificend, Glas (f.d.), Cuts Muthe, I
herfteller der Symnaftifiund Herausg. der „Paͤdagogiſchen Bibliothek”, 9
. Blafhe, Außfeld u. A. m. als pädagogifche Schriftfteller und einfichre:
ber ruͤhmlich bekannt find. — Das fröhliche Leben, die Eörperlichen Üib
lachende rothe Uniform der Zöglinge, die Reifen, welche &. mit ihnen
und gar gemüthlich für Kinder in mehren Bdn. zu befchreiben wußte,
ſchriften, unter denen das „Moralifhe Elementarbuch“ vorzüglichen |
waren wohlgewaͤhlte Mittel, das Publlcum zu gewinnen. Aus Deutfi
Schweiz, England, Portugal und den nordifchen Reichen wurden ih
zugefandt, und felbft 3 Prinzen (von Heflen Philippsthal, fo wie de
Erbgraf, jegt regier Fürft zu Schaumburg» Lippe) anvertraut; auch f.
außgeg: „Himmel auf Erben’ wendete ihm viele Vater: und Mutterher
daß die Zahl ſ. Zöglinge 1803 bis auf 61 anwuchs. — So wurde &cnepf
mer blühenber, da f. meife und mohlberechnete Wirthſchaftlichkelt zu er!
auf die Vervollkommung ber Anftalt zu verwenden verftand, was das
der Altern ihm in die Hände legte. Seit 1788 kam aus der damals gu €
thal errichteten (jegenicht mehr beftehenden) Buchdruderei, in Werbindum
Buchhandlung (welche noch jegt u. d. N:: Buchhandlung der Erziehunge
Schnepferthat, fortbefteht), ſ. „Thoͤxiager Bote”, ein vielgeleſenes E
Salyfäure | 617
ie Menge von Erziehungs : ımb Kinderfchriften heraus, durch walche &,
f. Mitarbeiter mit Gluͤck und Beifall auf zahlreiche Leſer wirkten. Weil
Mitarbeiter willig auf feine Grundſaͤtze und Anordnungen eingingen und Abers
b derſelben, Lenz, Weißenborn, Märker und 3 Brüder Ausfeld, f. Schwie⸗
De wurden, fo konnte ſ. Anſtalt, auch nach Vergroͤßerung ihres Perſonals,
weiterter Familienkreis bleiben, wozu der von ihm und den Seinigen ausge⸗
Geiſt der Liebe, des Vertrauens und der Froͤmmigkeit fie gleich anf angs ges
phatte. Er zog 2 [einer Söhne zu Lehrern heran, mehre feiner Toͤchter ers
im felbft Unterricht, und ber Zuſammenhang ihrer Gatten mit dern gemein⸗
chen Hausvater erleichterte ungemein bie Erhaltung der Einheit und die
kitung der Koſten. So konnte S., umgeben von mohlgerathenen Kindern
hdenkbaren Pflegeföhnen , im Genuffe des Beifalls f. Zeitgenoſſen, geachtet
Nehwirkend als Schriftfteller, von Andern gluͤcklich gepriefen werben (tcıenn man
Ki die Kebrfeite ſ. Lage, 3. B. die vielen Sorgen, welche die Erhaltung einer
Anftale, in Verbindung mit einer ſtarken Familie, mit ſich führım mußte,
ß, welcher mit dem MWechfel und der nicht immer gluͤcklchen Wahl der
Lehrer nothwendig verbunden war, die Vorurtheile von Seiten f. Machbarn,
er zu kaͤmpfen hatte, u. a. Umftände in den Hintergrund ftellte). Den
ſ. thätigen Lebens trübte die nach menſchlichen Anftchten traurige Kat
im erſten Jahrzehend d. 19. Jahrh. über Deutſchland hereinbrad)y. Auch
Ss Wirkungskreis hatte fie einen ſcheinbar nachtheiligen Einflug, Indem
ſ. 3öglinge feit 1807 — 9 auf 36 herabfant und fich im Waterlande Alles
e, daß er auf Bein baldiges Wachfen diefer Zahl rechnen durfte. Außer
man die Urſache von der Abnahme der Frequenz ber Anftalt auch in der
menden Anzahl neuer Erziehungsinflitute in und außer Deutfchland ſu⸗
Nachdem f. würdige Frau ihm 1810 vorangegangen und f. eigne, fonft une
dauerhafte Geſundheit durch gichterifche Übel zerrüttet worden mar, ftarb
Gluͤck und f. Rahm nicht zu früh d.31. Det. 1811 im 68. J. f. "Lebens. —
als Erzieher und Dolksfchriftfiellee viel Gutes gewirkt. Klarheit der Bes
Faßlichkelt des Vortrags und edle Einfachheit zeichnete Alles aus, was er
und f. Belehrungen und Rathfchlägen kann das Werdienft der Ziveckmaͤßlg⸗
abgefprochen werden, wenn auch f. burchaus praßtifche Richt ung Dumm
er zufagen konnte, welche bie ideale Welt fuͤr das wahre Gebiet ber menſch⸗
ftesthätigkeit halten. S.'s perſoͤnliche Darftellung war ganz eimfady, aber
tend ; f. hohe Stirn bezeichnete den felbftändigen Denker, die wuͤrdige
ig ſ. Körpers und f. patriarchaliſcher Anſtand den Herm und Vater einer gros
i Scharf und eindringend war fein Blick, ſchnell ſ. Entſchluß, ruhig
en ſ. unermuͤdetes Wirken, groß ſ. Herrſchaft über ſich ſelbſt and ſ. Ge⸗
die kindlichen Seelen, die er ſchon durch Blicke und Worte zu regieren
Haushaͤlteriſch ohne Eigennutz, feſt und Eräftig ohne Eigenfinn, wohl.
und huͤlfreich ohne Eitelkeit, ward er Alten, die ihn kannten, ehrwuͤrdig durch
was er war, wie durch Das, was er leiftete. Tauſende, denen er Lehrer ımb
sur Tugend und dchten Lebensweisheit war, fegnen das Andenken f. Na⸗
(Bol. Philanthropiniemusund Schnepfenthal.) — Sein ſchoͤ⸗
fe, die Erziehungsanftalt zu Schnepfenthal, befteht noch jegt unter der Leis
Sohnes Karl Salzmann.
Galzfäure, eine mineralifche Säure, die durch Zerfehung dei Kochfalge®
N Sitriolois erhalten roird. Sie ift im reinen Zuftande waſſerklar, flößt ſte⸗
MNebel aus und riecht unangenehm. Sie befteht aus Wafferfloff und einem
Ben Körper, den man ehebem oxrdirte Salzſaͤure nannte. Dieſe orpbiete
Mure, beffer Halogen oder Chlorine (vgl. d.), entfteht aus der Salzfäure,
I Mefe durch Berkhrung mit fauerftoffhaltigen Körpern ihren ierkutt mb
*
618 Salzwerkskunde Samariter
werben Bann. Glauber ſtellte die gemeine Salzſaͤure zuerſt aus dem Ko
fie hieß auch lange Zeit nach ſ. Namen, ſowie der Ruͤckſtand der Deflifei
ftehend aus Schwefelfäure und Soda, noch jetzt Glauberſalz genammt wir!
findet die Salzfäure mit Bafen verbunden in großer Menge im ber Nat
Ocean in den Salsfoolen ift fie an Natrum und zum Theil an Talk gebun
unermeßlichen Niederlagen von Steinfalz find ebenfalls eine Werbinbung |
fAure mit Natrum. Endlich zeigt das falzfaure Bas ſich auch in den .
Zu den merkwuͤrdigſten Eigenfchaften der Chlorine gehört ihr Beh
der Vegetation, durch das Einmweichen des Samens in ein mit Chlorine v
Waſſer, dab Begiefen ber Pflanzen mit einer ähnlichen Mifcdyung u. |
Fechner's „Repertor. d. organ. Chemie”. (Epz. 1826, 3. 1).
Salzwerkskunde oder Halurgie, f. Gradiren, Sal
Chriftian v. Langsdorff's „Anleit. 3. Salzwerkskunde, mit Rüdficht auf &
Beognofie ꝛc.“ (Heidelb. 1824, mit Kpfın.).
Sam, Samum, Smum, d.i. Gift, auch Samiel genamnı
die Zeit der Nachtgleiche an den Grenzen Arabiens und um Mekka, au
und in Perfien wehender giftiger, Menſchen und Thiere ſchnell toͤdtenl
Er fommt, wie alle glühende Winde in den heißen Zonen, über die b
Sandwuͤſten. Fuchtbare Vorzeichen verfündigen f. Annäherung. Ei
gelber Schein breitet ſich plöglich am oͤſtl. Himmelsrande aus, währen!
Schwefeldunſt vom Boden auffteigt, der erft ringsum in ſchnellen W
dreht, dann zu den Wolken fid) erhebt und endlich da ganze Himmelsge
dunkelt. Man hört Zifhen und Praffeln in der Luft, und alsbald fäh:
hende Windfttom mit dumpfem Geräufche ſchnell über ben Boden
Thiere verrathen ihre bange Empfindung durch Geheul und fenfen den
Erde, wenn der Glutſtrom die Karamanen in der Wufte ereilt, und di
werfen fid) nieder, um Mund und Nafe im Sande zu verbergen. Die:
mögen dieſes Nettungsmittel ihnen abgelemt haben, denn auch fie werf
jenen ſchreckenden Vorzeichen mit dem Gefichte auf die Erbe und liegen un
kaum athmend im Sande begraben, bis nad) hoͤchſtens einer halben S
heiße Hauch verweht iſt. Nur wer ſich in einem Ziuffe befindet, batıniı
fürchten. Die Körper der getöbteten Menſchen und Thiere ſchwellen an:
ſehr fchnell in Faͤulniß über. Der feine Staub, den der Wind mit ſich füt
in alle Kalten der Kleider, felbft in Kiften und Gepaͤcke. Es ift nicht unw
lich, daß diefer und andre heiße Winde mit Elektricität Überlauen find.
muns ift verfchieben von dem Chamfin, einem Sübweftwinde, der in Ka
Arabien und am perfilhen Meerbufen zwifchen b. 15. Sul. und 15. Au
Tage weht, übrigens von ähnlichen Exfcheinungen begleitet iſt. Er if
und ausdörrend. Bei den Menfchen, die er in der Wuͤſte überfällt, wird
zufammengepreßt, der Athem fchwer, die Haut trocken, der Körper wie
verzehrt, und die Leichname der durch ihn getödteten Menfchen und Thiere
ausgetrod'net, ohne verwefet zu fein. Man fügt fich gegen ihn wie ı
Samum. Moch weniger aber find diefe Winde mit dem Harmattan
verwechfeln.
Samariter ode Samaritaner. Nach dem Untergange bi
reichs Israel entfiand auf dem Gebiete deffelben, aus hen zuruͤckgeblichen
liten von den Stämmen Ephraim und Manaffe und den mit ihnen vermi
forifchen Coloniften ein Voll, das von den Griechen nach der Stadt Cam
die es wohnte, den Namen Samariter erhielt. Als bie aus der Verbem
ruͤckgekehrten Juden den Tempel zu Serufalem wieder aufbauten, wollten
mariter daran heil nehmen, wurben aber von jenen, weil fie wegen ihen
fung mit Heiden unrein und nicht ebenbärtig wären, zuruͤckgewieſen, v
Samarland 619
ad Rache ben weitern Bau ber Stadt und bed Tempels auf einige Zeit zu bins.
nften. Daher der Daß der Juden und Samariter gegen einander, der zu
iten Jeſu, wo die Samariter auf einen Beinen Stric Landes zwiſchen Bas
nd Judaͤa beſchraͤnkt waren, alle Gemeinſchaft zwifchen diefen beiden Nach⸗
been verhinderte und noch jetzt fortdauert. Nie zur Selbfländigkeit gelangt,
Die Samariter bie Schidfale ihres Landes getheilt und unter dem Drucke ber
s fo an Bevölkerung abgenommen, daß nicht nue ihre im 17. Jahrh. noch
ben Golonien in Ägnpten jegt ausgeftorben find, fondern auch zu Naplufa,
Men Siem, und Zaffa, den einzigen Orten, wo es nody Samariter gibt,
mengenommen, nad) einer 1811 an Sitv. de Sacy zu Paris von ihrem Pries
alameh gelangten Nachricht, nur noch 30 Familien mit etwa 200 Indivi⸗
lieſes Volks leben. — Zufolge diefer Nachricht und a. Brisfe, welche deutfche
il. Gelehrte im 16. und 17. Jahrh. von den Samaritern erhielten, find fie
siöfer Dinficht als eine den Juden, befonder& den Karaiten, die den Talmud
‚ fehr nahe verwandte Sekte zu betrachten, und unterfcheiden ſich auch
sabbinifchen Juden nur darin, daß fie außer den 5 Büchern Moſis, an
chen Urſprung fie glauben, und dem Buche Joſua keine biblifche Bücher
d anerkennen, den Zalmud aber, voie alle rabbinifche Zufäge, ganz vers
in Gebraͤuchen, Sitten und kirchlichen Einrichtungen nur fo viel, ale das
Geſetz ausdruͤcklich norfchreibt, pünktlich beobachten, und flatt des Tem⸗
Serufolem den Berg Garifim in Samaria, wo fie in glüdlichern Zeiten
feierten und ihre Opfer brachten, heilig halten. Die Verehrung des einis
‚ die Beichneidung, die Reinigungen und Fefte, das Purim oder Tem⸗
ausgenommen, haben jie mit den Juden gemein. Auch glauben fie an
ar die Auferftehung und Vergeltung in einer andern Welt, und hoffen auf
ĩas, ben fie ſich nad) ber Weiffagung Mofis nur al® einen Propheten
Ihre Priefter find vom Stamme Levi und werden von ihnen als ihre
chtet. Wegen ihrer Armuth opfern fie jegt nur einmal jährlich ein Lamm
ichahfeſte in ihrer Synagoge, wo fie ihre Gebete und Vorleſungen aus
tateuch in aramaͤiſch⸗ famaritanifcher Mundart halten und weiß gefleibet
Sonſt fprechen fie meift arabifch, zeichnen ſich durch einen weißen Zurban
friften ihr Leben durch Geldwechfel und Handarbeiten. Sie vermeiden
Gemeinſchaft mit Denen, die nicht zu ihrer Sekte gehören, und verhei⸗
Ich nur unter einander, ſodaß ein Mann zwar zur erſten Ehe 2 Weiber auf
Baben, wenn aber eine davon ſtirbt, nicht vor dem Tode der andern und
ch nur 1 Weib ehelichen darf. — Diefes allmälig untergehende Voͤlkchen
nder6 darum einiges Gewicht, weil es einen fehr alten, wenn nicht, wie
kehaupten, den Älteften Coder bes Pentateuchs befist. Um diefes Schatzes
dard jener Briefwechſel europuifcher Gelehrten mit den Samaritern anges
wodurch bei ihnen die Erwartung einer Hülfe von ihren vermeintlichen Brüs
Europa erregt und unterhalten worden ifl. E.
amarkand, Hauptft. der Bucharei (der Monarch refibiet zu Buchara),
Buanderia, in einer fruchtreichen, parabiefifchen Gegend. Sie ift gut ges
och hat fie meift hölzerne Gebäude. Nach neuern Nachrichten enthält Gas
b 250 Mofcheen und 150,000 Einm., die Lederwaaren, baummmollene Zeuche
doᷣgliches Seidenpapier verfertigen. Diefe Stadt ift, was fie ſchon vor faft
Kbtaufend Jahren war, einer von den großen Stapelorten des indifch » afias
Bimsen = oder Karawanenhandels. Rußland fucht jegt mit ihr in nähere
dang zu treten, weshalb Herr v. Meyendorf 1820 rine Reife nach Buchara
um. Sm hohen Alterthume hieß die Stadt Marakanda, und war die
RB der Prov. Sogdiana, die an der Morbarenze des perfifchen Reiche, in⸗
des Oxus und des gegen die ſcythiſchen Nomadenvoͤlker befeftigten Seen
620 Same oder Samen , Sämifchgerberei
fluſſes Jarartes, lag. Alerander erreichte fie auf f. Eroberimgüguge ım
verheert haben. Gewiß iſt es, daß er in diefer Provinz und am Jararte
riſche Golonien gegen die Maffageten angelegt hat. Im Mittelalter de
Araber bis über Marakanda nördlich vor; feit d. 18. Jahth. hertſchte
Mongolen; Timur (f. Tamerlan), deffen Vaterſtadt Keſch bei S
. war, machte fie 1369 zu feiner Refidenz und gründete bafelbfl am Enp
Jahrh. eine hohe Schule des Islam, welche ſich bald zum Sitz der mobaı
ſchen Theologie und Literatur in Mittelafien erhob. Diefe Schule beſteht
Mit ihr ift eine Sternwarte verbunden. Den Aftronomen, bie fich bafı
dem gelebrten Khan Ulugh Beg 1437 verfammelt hatten, verbantt maı
milde und geographifche Tafeln. Samarkand blieb der Gig ber Tim
1468.
Same oder Samen, der Stoff, welcher allen organifchen Kör
lich dem Thier⸗ und Pflanzenreiche, zur Kortpflanzung bient. Betracht
aͤußere Geſtalt bes Pflanzenfamens , fo finden wir hier die größte Manny
Es gibt kugelrunde, rundliche, eirunde, laͤngliche, tellerfoͤrmige, nier
u. ſ. w. Samen, deren Oberfläche bald glatt und glänzend, bald rauh und
Vet Nebentheiten verfehen if. Bei dem Innern Bau haben wir bie dufı
oder Bebedung, fobann den Kern und den darin eingefchloffenen Keim, d
lichen Haupttheil zu betrachten. Die äußere Bedeckung fol den Same
sen. Sie befteht meift aus mehren über einander liegenden feinen Häut:
iſt von verſchiedener Subftanz. Iſt fie holzartig und knochenhart, fo
Same Nuß, deren Kern noch überdied mit einer duͤnnen und weichen He
ben iſt. Bei vielen ift die äußere Bedeckung bloß pergament » oder leder
ben meiften aber noch dünner. Der Samenkern befteht aus einem mı
Ölig » fchleimigen Wefen von mehr ober weniger Härte und befigt die EI
die in der Erde befindlichen Feuchtigkeiten einzufchluden, wodurch er erw
anſchwillt und bem Keime zur erſten Nahrung dient. Man fieht einkem'
und vielternige Samen. An der Stelle, wo der Same an der Samımi
am Fruchtboden befeftigt war, befindet fich eine Narbe. Unter diefer legt!
welcher bie künftige Pflanze enthält. (Vgl. Befruhtung und Pfla
Sämifchgerberei unterfcheidet fi von ber Weißgerberei nur!
die mit Fett und Kalk zubereiteten Häute nicht weiter buch Alaun gegeri
daher auch an vielen Orten die Weißgerber zugleich ſaͤmiſche Leber liefen.
nutzen dazu Häute von Ochfen, Kälbern, Hämmeln, vorzüglich aber d
fen, Hirſchen, Reben ımd Eienthieren. Dieſe werben mit Kalk gebeist
enthaart; hierauf wird ihre Narbenſeite mit einem flumpfen Meffer at
und fo werben fie auf 4 — 8 Tage nochmals in den Kalkaͤſcher gelegt. !
man fie herausgenommen, wird die Fleifchfeite glatt abgefchabt, noch
kurze Zeit mit Kalt behandelt und ſodann gehörig rein ausgewaſchen ud
chen. Jetzt werden fie durch eine gährende Kleienbeize (aus Weizenklele mi
teig ober Hefen) weiter behandelt und darin gewalft, damit ſich aller Kall
Nach dem Ausringen befommen fie durch Walken mit Thran und durch de
in ber Braut die vollftändige Zurihtung. Wenn fie nämlich durch meh
Walken im Walkftode ihre frühere Keuchtigkeit verloren und dafuͤr Them
gen haben, legt man fie in Haufen über einander, bedeckt fie mit leinenen
und läßt fie bis zu einer, nicht zu ſtarken, freiwilligen Exrhigung llegen. D
ſes fogen. Färben in der Braut ziehen fie den Thran gleichfoͤrmig an mb
den eigenthuͤmlichen Grab von Geſchmeidigkeit. Das uͤberfluͤffige Fett m
nachmals durch Afchenlauge wieder. genommen. Dann werben fie vollen
Streichen und Zrodnen zugerihtet. Solche Leder haben eine gelbllche 81
dienen roegen ihrer Geſchmeidigkeit zu Beinkleidern und Handſchuhen.
Samniter Samojeden 621
zam niter, die Bewohner der ehemaligen Landſchaft Samınium in
allen, hatten zu Grenznachbarn die Peligner, Marfer, Campaner, Lucas
ı Apulier. In fruͤhern Zeiten verbreiteten fie ſich über den größten Theil jes
ides. Mir lernen fie in der römifchen Geſchichte als ein Eriegerifches und
lebendes Wolf kennen, welches die Römer erſt nad) langen blutigen Kriegen,
einigen Unterbrechungen faft 70 Jahre dauerten, gänzlich unterjochen konn⸗
Ye erſten Keindfeligkeiten zroifchen beiden Staaten entfpannen ſich im I. R.
8 bie von den mächtigen Samnitern hart bedrängten Campaner die Hülfe
kschten und, um fie dazu zu vermögen (denn fie hatten mit den Sammitern
rieden gefchloffen), ihr ganzes Land dem Schuge der Römer übergaben. Da
Samniter auf die freundfchaftlihe Auffoderung derfelben Campanien nicht
n, fo ruͤckte ihnen der roͤmiſche Conſul Balerius Corvus entgegen und noͤ⸗
ie, nach einem blutigen Treffen fi in ihre Grenzen zuruͤckzuziehen. Zu
Zeit hatte ein andres roͤmiſches Heer das Gebiet der Samniter angegriffen
mfall& nad) einem verzweifelten Kampfe durch die heldenmuͤthige Entfchlofe
des jungen Publ. Decius Mus einen Sieg über fie errungen. Die Beſieg⸗
Ken um Frieden bitten, bielten aber denfelben nur fo lange, bis fie ſich von
Heberlage erholt hatten. Denn im 3. 426 brach ein neuer Krieg aus, noch
B als der erfte, welcher um fo hartnädiger geführt wurde, ba auch andre
m Unteritaliens den Samnitern zu Hülfe kamen. Obgleich nun die Roͤmer
fiegten, fo gerieth body ihre Deer im J. 433 bei der Stabt Caudium in
Affe, daß es, auf allen Beiten von feindlihen Scharen umtingt, fich
Schimpf gefallen laffen und unter dem Joche tweggehen mußte. Da
Senat ben Frieden, melden die gefangenen Conſuln mit ben Feinden ges
hatten, verwarf und die Urheber beffelben den Samnitern auslieferte,, fo
per Fortfegung des Kriege neue Selbherren abgefandt. Dem tapfern Pas
or gelang es, die erlittene Schmach durch eine gleiche Belhimpfung an
en Feinden zu rächen. Deſſenungeachtet dauerte der Krieg mit Er⸗
N fort, weildie Samniter von ihren Nachbarn, welche Rome Oberherr⸗
Rabfcheuten, thätig unterflügt wurden und felbft ber kriegeriſche König von
‚ Porrhus, auf Bitten der beängftigten Stadt Tarent gegen die Römer
» Aber die Conſuln Papirius Curfor, Q. Fabius Marimus, Publius
Wis, Curius Dentatus, Caj. Lufcinius Fabricius u. X. triumphirten wies
ber die verzweifelt Eämpfenden Gegner, und nach den ſchrecklichſten Nieder⸗
d der gänzlichen Verheerung ihres Landes fahen ſich die Samniter genoͤthigt
dikern, die ihnen beigeftanden hatten, um Frieden zu bitten. Diefen er»
4832. — Alb zu Sulla's Zeiten ſich die ital. Bundesgenoffen gegen Rom
„ſtanden die Sammiter noch einmal gegen ihre Unterdrüder auf und
mit wuͤthender Erbitterung. Doc, Sulla demüthigte fie gänzlich und
einem Gamnitec daß Leben zu ſchenken. 4000 von ihnen, bie gefangen
aren, ließ er 3 Lage nach der Schlacht auf dem Marsfelbe nieberhauen.
Igen liberzefte des famnitifchen Volks lebten von diefer Zeit an in Dörfern
UÜbrigens ift noch zu bemerken, daß die Samniter auch Künfte und Gab
sicherlei Art betrieben. Denn bie Nähe ihrer gebilbeten Nachbarn, ber
in Unteritalien, hatte auf fie einen ſehr mwohlehätigen Einfluß. Gelbft
md Berfaſſung follen fie größtentheil6 von denfelben entlehnt haben. Ihre
sform war bemokratifcher Art. Beim Ausbruch eines Sriget ofteaten
gemeinſchaftlichen Feldherrn zu wählen.
smoieden, eine Völkerfchaft, deren Vorzeit in Dunkel geblit u ‚
lomıaben in zauben Wildniſſen, unbekannt mit Schrift und Zeitrechnung,
min an ihre Schickſale und Helden bucch Lieder aufbewahren, die nur
indige und hoͤchſt unfichere Auffchlüffe geben können, A die earahen
622 Samos
Muffen fie erreichten, waren fie fchon von den Zataren aus ihren bein
figen verdrängt, von ihren verwandten Stämmen getremnt und nit
eigenthümlichen Verfaffung. Auch nach ihrer Unterwerfung hat m
her Eennen gelernt ; denn noch bat kein Forſcher ihre kalten und mm
niffe betreten. Die einzigen Sremdlinge, welche zu ihnen kommen
buteinnehmer, die aber bloß ihr Gefchäft und den Handel im Auge
lichkeit in Sprache, Körperbildung und Lebensweiſe beweift indeß
wandtfchaft der Stämme und Völker, bie wir zu den famojebifchen ı
wohnen jegt aufden Küften des Eismeert. Nowaja Semlja bew
nicht, aber dftlich über den Jeniſei reichen die Küften, wo fie haufer
Gr. d. Br. Sm diefen kaͤlteſten und oͤdeſten Gegenden bes Erdboder
zen und fparfam zerftreut vom weißen Meere bis faft an die Lena,
Europa als in Sibirien. Sie ſelbſt nennen ſich Nenetfh, Menſch
wo, Männer. Der Urfprung des Namens Samojeden iſt zweifel!
ropaͤiſchen Samojeden wurden Rußland ſchon 1525 zinsbar; fie
Statthalterfchaften Archangel und Wolcgda zwifchen den Ftüffen 2
fhora, von andem Völkern getrennt. Die fibirifchen Samojebe
Ural, finden ſich in der Statthalterfchaft Tobolsk, um den Ausflı
ungeheuern Ländereien einzeln und zerſtreut Verwandt mit den €
die namuͤriſchen und jenifeifhen Oſtjaͤten, die Koibalen und Zubin
die Sojoten und Mutoren im fajanifchen Gebirge, bie Kaimaſchen
Mana, die Juraken und einige a. unbedeutende Völkerfchaften.
Samos, helleniſche Inſel im Archipel, den Trümmern voı
dem Vorgebirge Mykale (Sampun) gegenüber, bes Pythagoras Be
man glaubt, war im Alterthum die wichtigfte und mächtigfte Inſel
kannt, feit der Tyrannis des Polykrates (f.d.) 566 v. Ehr., in
der Kunft und Wiſſenſchaft durch tem Dienft der Here, die hier geb
als die Heimath geſchickter Seeleute und unternehmender Kaufleute
Säulen des Hercules bis in die Mündung des Guadalquivir ſchifften
ber reihen Samier machten fich oft ben Perfern furchtbar. Auf Sa
man zuerft gegoffene Bilder von Bronze. Rhoͤkos und f. Söhne ;
Telekles waren Bildner zu Samos. &. verlor den legten Schatten ı
Sreiheit unter dem Kaifer Vespaſian (70 n. Chr.).. (Wal. Panofta,
rum‘, Berl. 1822.) Im Mittelalter warb fie abwechfelnd von A
tianern, Genuefen und Türken beberrfcht, bis fie unter einem Agı
Paſcha diefem tritutbar wurde. Sie ift 84 IM. groß, fehr frud
und hat außer der Hauptft. Kora, neben welcher das alte Samos u
dee Juno (Herarum) in Trümmern liegen (jest die Colormen gen
Städte (Vahti, Karlovafi, Furni), und jest, feit die Kampfiuft !
gen bie Türken die Bilder vergangener Zeiten erneuert, durch die :
ler Seflüchteten aus Natolien, Scio, Ipfara u. a.D., an 50,000 ı
nee (vorher nur 12,000). Nahe bei Samos liegt bie Inſel Ikaros
300 Griechen bewohnt; Hier flürzte der Sohn des Daͤdalus (f.
Samos griff 1821, auf die Nachricht von der Hinrichtung des P
den Waffen. Man befeftigte den Hafen, um von Natoliens Ri
ſchmalen Meerenge, Bougas genannt, nicht angegriffen werben zu I
ſtanden 10,000 M., in Regimenter und Compagnien getheilt, m
des Kreuzes. Der Erzbiſchof erhielt die Eintracht und die Drbmm
haben die Samier nicht aufgehört, die benachbarten Küften Aſient
Scalanuova, zu überfallen; ihre Kuͤhnheit ift ebenfo groß als ihr G
bens hat fie der Kapudan Pafcha mehrmals zur Unterwerfung aufg
verwarfen bie angebotene Ammeltie. Dex Hagrift des tuͤrkiſchen
Samothrafe Samuel 628
ni, den einzigen zugänglichen Punkt der durch fteile, felfige Ufer geſchuͤtzten
X, am 16. Juli 1824, mißlang. Die griech. Flotte drängte die türkifchen
neportichiffe im Sanal von Samos, verbrannte einige bavon am 21. und vers
wmit ihren Branbern den Kapudan Paſcha bis nad) Kos. Seitdem bat fich
Ahnheit der Samier verdoppelt. Die Türken wagten erſt 1824 wieder einen
Schen Angriff. Der Kapudan Paſcha, Mehemet Paſcha, hatte Ipſara ges
men und wollte im Aug. auf Samos eine Landung bewerkitelligen. Allein bie
h. Flotte, geführt von Miaulis, behauptete die Meerenge und ſchlug am 17.
eine Abtheilung der türkifchen Flotte, verbrannte und zerftörte eine tuͤrk. Fre⸗
puon 54 Kanonen, e. Corvette und e. Brigg, nebft mehren Kanonierfchalups
mb Transportſchiffen. Der Kapudan Paſcha zog ſich mit der Flotte nad) Bus
(dem alten Halikarnaß). Unter den griech. Branderführern zeichnete ſich
Kanaris von Ipſara aus. In dem Seldzuge von 1825 fegelte der Kapudan
Samos vorüber. 20.
Samothrake, eine Inſel des ägeifchen Dieeres, unmeit Lemnos, an ber
Küfte, der Gegend von Zroja gegenüber, im Alterthume berühmt durch
erien, deren Priefter zuerft die Rabiren, dann bie Dioskuren gewefen fein,
Die Einweihung in diefe Myſterien follte auch vor den Gefahren zur See
; daher ſchon von ben Argonauten erzählt wird, fie fein auf Orpheus's
Der felbft ein Eingeweihter war, auf Samothrake gelandet. Auch über bies
erien liegt ein geheimnißvolles Dunkel, das fich felbft aßf die Namen ber
ten Gottheiten erſtredt. Daß ägnptifche und phoͤniciſche Gottesbienfte und
Rache fpäter mit griechifchen vermifcht und verwechfelt wurden, ſcheint gewiß.
w foll der famothrazifche religiöfe Cultus zu den Etrusfern gekommen fein, "
wit veränderten Bötternamen. Übrigens genoß die Infel, aus Achtung für
wflerien, auch unter der rom. Herrfchaft eine gewiffe Sreiheit, und felbft eine
ug nad) Chr. Geb. noch flanden jene altberühmten Myfterien in Anfehen. Über
chrieben Münter. S. aud) Schelling, „Die Gottheiten von Samothrake“.
Samuel, ber legte Richter der Hebräer. Er wurde fich der hohen Be⸗
ung, fein Vol von den unter f. Vorgängern eingeriffenen Gräueln ber Abs
E und Geſetzloſigkeit zum Dienfte des einigen Gottes zuruͤckzufuͤhren, ſchon
babe bewußt. Im Tempeldienſt herangewachſen, hatte er erkannt, mas ben
men Noth that, und als fie von den Philiftern hart bedrängt wurden, trat er
Aftigen Ermahnungen zur Gottesfurdht, als dem einzigen Rettungsmittel,
Deren auf. Auf fein Gebet und Opfer gab Bott |. Volke wieder den Sieg.
> Abertrug es ihm das Nichteramt, das er mit großer Thätigkeit 12 Fahre
wewaltete und durch Wiederherſtellung des vernadhläffigten Jehovahdienſtes
Berete. Auch gab er der nach Moſis Geſetze verfaſſungsmaͤßigen Theokratie
nrke Stuͤtze durch Stiftung der Prophetenſchulen. (S. Propheten.) Da
Beine Söhne, denen er bei herannahendem Alter das richterliche Amt übers
nicht in Geiſte feiner Gerechtigkeit handelten, fo mußte ex dem Verlangen
DIES, einen König zu wählen, nachgeben. Bei biefer Staateveränderung,
Berndfägen umd Überzeugungen ganz entgegen war, berieth er bennoch das
met der Weisheit und Uneigennüpigkeit eines Vaters. Er wußte den erkore⸗
Big Saul durch einfchränkende Bedingungen an die alte Verfaffung zu bins
umb wenn er bagegen fehlte, zurechtzumeifen. Unerbittlich war er aber auch,
Her unkluge König ſich Eingriffe in die priefterlichen Rechte zu Schulden
ke lief. Er verwarf ihn und falbte den Hirtenjüngling David zum Nach⸗
uf dem Throne Iſraels. Vorzuͤglich durch diefe glüdlihe Wahl warb ©.
Ichäter ſ. Volke, doch erlebte er das Ende der Zwiſtigkeiten zwiſchen Saul
d nicht, und noch fein Schatten mußte ben von Gott verlaffenen König
Kon und ſtrafen. Die unter Samuels Namen im A. Teft. befindticgen ifo»
624 San⸗GCarlos Sanct⸗Gallen
eifchen 2 Bücher find im Geiſte feiner hierarchifchen Idee gefchrieben, bod
von fpäterer Hant.
San: Carlos (Zofeph Michael de Carvagal, Herzog von),
komme der alten Könige von Leon, geb. zu Lima 1771, kam 16 5. alt
nien und warb Oberft des Infanterieregimente Majorca. Er befand
Belagerung von Otan und begleitete die Erpebition gegen Toulon aie j
Bald darauf zum Generallieutmant und Kammerherrn ernannt, wu
verneur des Prinzen von Afturien und der Sinfanten. Sein Erziel
mißfiel aber dem Sünftling Godoi; er verlor diefe Stelle, um Majo
Königin und 4 3. fpäter auch des Königs zu werden. Um ihn vom f
fernen, ernannte man ihn 1807 zum Vicekönig von Navarra; aber |
Monaten erhielt er Befehl, ſich als Gefangener nach ber Gitabelle von
zu begeben. Man befchuldigte ihn, dem Prinzen von Afturien gerathı
daß er nach dem Tode Karld IV. die Königin alles Einfluffes beraub
Guͤnſtling Godoi zur Rechenfchaft ziehen folle.. Zwar wurde S⸗C. F
heit gefegt, doch verrvied man ihn 60 Stunden von der Hauptſtadt. 9
dankung Karls IV. wurde er von Ferdinand zum Oberhofmeiſter und !
Staatsraths ernannt, begleitete auch den König auf der Reife nad) B
hatte bier mehre Unterredungen mit Napoleon. 1808 warb ihm ı
König Ferdinand nad) Valençay zu begleiten; doch bald rief man ihn
weil fein Einfluß auf Ferdinand Beſorgniß erregte. Won hier wurde er
le⸗Saulnier verwiefen, da ſ. mit den Geſandten von Rußland, Oftreid
fen angelnüpften Verbindungen Napoleon gefährli ſchienen. ©.:
f. Muße, um Geſchichte und Staatswiffenfchaften, Botanik und die fc
ſte zu fludiren. Als Napoleon ſich entfchloß, dent König Ferdinand de
Thron zuruͤckzugeben, berief er S.:E. nad) Paris, wo diefer (8. De. |
Tractat unterzeichnete, den er nach Madrid überbrachte, um ihn von!
ſchaft und ben Corte realificen zu laffen. Aber die Regentſchaft verwe
trag, weil Spanien Beinen Frieden mit Frankreich ohne Englands Zufli
fließen durfte. Noch ehe der Derzog diefen Beſchluß nach Valençay
hatte Napoleon dem König und den Prinzen von Spanien bie Ruͤckkel
dingung geflattet. Sie erhielten die Paͤſſe den 7. März 1814. Könü
extheilte hierauf dem Herzog von San⸗Carlos ben Orden des goldenen |
ernannte ihn zum Minifter- Staatöfecretair. Als folcher fuchte ber H
nung in die Öffentliche Verwaltung zu bringen; er ftellte Die St. Karls
ber, befahl die Wiedereinfegung der Akademie, forgte für die Aufnahn
niſchen Gärten und flug dem Könige die Gruͤndung des Museo Ferdi
Auch fchloß er mit dem engl. Gefandten, Sir Henry Wellesley, am 5.
einen Vertrag ab, nad) welchem Spanien f. Unterthbanen den Negerfl
mit fremden Golonien verbot. Doch bald erregte die Gunft, in meld
zog bei dem König ftand, Eiferſucht; die Zahl feiner Feinde wuchs ai
‚meinen Unzufriedenheit: da foberte und erhielt der Herzog f.
behielt er body das Minifterium des koͤnigl. Hauſes bis 1815, wo de
Befehl an den Herzog, ſich auf f. Güter nad) Efttemabura zu begeben,
chelhaften Zufiherungen f. Achtung begleitete; aber ſchon am naͤchſ
wurde er zum Sefandten in Wien ernannt. Hier blieb ex bis 1817 um
in gleicher Eigenſchaft nach London. In Folge ber leuten Ereigniſſe
begab fi) San⸗Carlos nach Lucca, wo ihn der Herzog Karl Ludwig |
maͤchtigten Minifter am franz. Hofe ernannte. Gegenwärtig iſt er
Staats rath und außerord. Gefandter in Paris.
San>sMarino, f. Marino.
Sancıt:Gallen, ein der gemerbäleisiaften Länder in Ei
Sant = Helena 625
Canton bee ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft feit 1803, zählt auf 40 IM.
1000 Einw., hat eine ariſto⸗demokratiſche Verfaffung und ift gemifchter Res
u — Die Stadt St.Gallen (962 H., 8200 Einw.), Im welcher die bes
Benebictinerabtei St.Gallen liegt, hat 2 Biblioth. mit wichtigen Hands
ein akad. Gymnaſium, eine Literarifche Geſellſchaft und a. Vereine, viel
Meberei und Bleiben. Auch die Mfl. Rorſchach, Ober⸗ und Unter:
9, ſowie das Rheinthal mit der Stadt Rheined im Canton St.Gallen,
mich Leinwand = und Baummollenfabriten und Handel bedeutend.
Sanct-Helena. Diefe Infel, Napoteons Verweifungsort und Grab⸗
°55.&.8., 64 IM:;), erhebt ſich einfam in der Mitte des weſtlichen
, 7700 5. über dem Deere, hat einen Umfang von 12, in ber größten
5 und in der größten Breite & Stunden, und befteht aus Bafaltfelfen, die
en Richtungen gewunden, fonderbar zerkluͤftet und von einen Thälern
find. Aus ber Ferne erfcheint diefe Inſel als eine ſchwarze, ver⸗
‚ taufendzadige, zerfpaltene Felſenmaſſe. Im ber Nähe aber zeigt ſich das
Dfianzenleben in feiner ganzen Herrlichkeit. Diefe Infel ward am 22.
Namenstage ber h. Helena) 1508 von den Portugiefen entdedit ımb
Heiligen benannt. Damals war fie unbemohnt; man fand nur einige
ten und Seevögel darauf. Die Portugiefen verfegten vierfüßige Thiere
el dahin, machten Anpflanzungen und fdeten mancherlei Sämereien
egten aber eine Nieberlaffungen an, fondern bauten nur eine Meine Kirche
| fogen. Gapellenthale. Sie warb gegen 1600 von ben Holländern zerſtoͤrt,
me die in der Umgegend gepflanzten Bäume fällten. Zu verfchiedenen Malen
Europäer auf dieſer Infel nieder, wurden aber immer wieder vertrieben.
ſetzten ſich die Holländer darauf feſt, verpflanzten neue Thiere dahin und
Getreidearten aus. 1650 erhielt bie engl.softindifche Compagnie biefe
vu den Holländern gegen Abtretung bes Vorgebirges der guten Hoffnung
bafelbft 1660 eine Nieberlaffung an. Die Holländer nahmen fie zwar
vrch Überrumpelung, aber im nämlichen Sabre eroberten die Engländer fie
und bauten das Fort St⸗James. Seit diefer Zeit blieb fie In ihren
Die aus Oſtindien nach Europa zuruͤckkehrenden (nicht aber wegen der
bie nach Oſtindien hinfahrenden) Schiffe finden hier auf halbem Wege
m Erfeifhungsort. Dean pflegt die Reife von St.⸗Helena nad) England
Wochen zu machen, waͤhrend man umgekehrt auf einer ganz andern unb
Linie [hiffen muß. Das Klima diefer Inſel ift ſchoͤn: ber heiterſte Him⸗
ſich nur in der kuͤhlen Jahreszeit des Jul. und Aug. zuweilen bewoͤlkt;
Wind als ber erfrifchende, beftändige Oftpaffat, und weder Orkane noch
; ober irgend eine Naturerfchlitterung der tropifchen Zone. Auch weiß man
von ber gefährlichen Nachtluft, die in diefer Zone oft töbtlich wird. Es
felten, jedoch verliert die Luft, welche immer durch den Paffatwind ab»
wird, dadurch nicht an ihrer Güte; Pflanzen und Thiere dagegen leiben
Diefe Zelfeninfel, deren fchroffe Küften eine 800— 1200 Fuß hohe
biſden und nur Einen Landungsort darbieten, iſt nach und nach mit einer
Fuß diden fruchtbaren Dammerde bedeckt worden, die eine üppige Des
erzeugt. Das Mehl kommt aus England; in böfen Jahren ift man
und Pataten ftatt des Brotes. Es gibt wenig Pferde, aber viele
"indvich, Schafe, Schweine, Kaninchen, Perihühner, wohlſchmeckende
umd eine Menge von Fifhen. Das füße Waſſer iſt gut und fehr ge=
Ä lich im Gapellenthale, wo mehre ſchoͤne Quellen von der Höhe herab
dem Hauptbache vereinigen. Die Oftindienfahrer bringen eine Menge
nad) St.s.Delena, und man findet die Kaufmannstäden mit oſtindi⸗
und enzopäifchen Waaren reichlich verfehen, aber wegen ber Menge des ums
in Eecx. Siebente Aufl, Bb. IX. 40
626 Sanction (pragmatifche) Sand
Yaufenden Geldes ſteht Alles in umgeheurem Preife, und es ift in St⸗Hele
4 Mal theurer als in London felbft. Die Infel hat 5000 Einw. Mit A
der Sompagniebeamten lebt hier Alles von der Landwirthfchaft und dem €
ehr. So bringen die Einw. 9 Monate des Jahres auf ihren Landguͤtern
nern ber Inſel zu und kommen nur zur Zeit der Oftindienfahrer (Febr. b
in die einzige vorhandene Stadt St.-Samedtomn. Diefe liegt im Dim
einer herrlichen Bai in einem ſchmalen, ſich fanft erhebenden Thale, das
eine Viertelſtunde lang und auf beiden Seiten mit hohen Bergen eing
Das Ganze befteht aus 3—4 gepflafterten Straßen. Die Häufer hab
* ‚Dächer, Galerien u. ſ. w. St.⸗Helena ift gegen feindliche Landungen :
durch die hohen Felſen und die heftige Brandung gefichert, fonbern es
auf den vomehmften Punkten Batterien und Bollwerke angelegt. D
koͤnnen nur in der St.e⸗Jamesbai mit Sicherheit anfern, indem fie hier,
Stürmen und Windftögen gebedt find. Man trifft auf der Inſel keine
fen, fondern nur Feldwege, auf denen Eleine mit Ochſen befpannte Ka
kommen Eönnen, die man zu Fortfchaffung größtrer Laſten benutzt
farb bier den 5. Mai 1821.
Sanction (pragmatifche) iſt die Urkunde, durch meld
Karl VI., der fi) ohne männliche Nachkommen fah, feinen weiblichen !
men die Erbfolge in allen f. Staaten zu fichern bemüht mar. Er bewog
große Schwierigkeiten alle Fürften Europas zur Annahme und Gewaͤ
diefer Urkunde (daher der Name), bis auf den Kurfürften Karl Alb
Baiern, der ald nächfter Erbe der öftr. Länder feinen Beitritt verweigert:
Karls VI. Tode (1740) veranlaften Baierns Anfprüche den oͤſtreich. Erb
(f.Öftreich); doch erkannte Baiern fhon im Frieden zu Füffen (22. Al
die pragmat. Sanction an. — Auch das vom König Karl VI. von d
1438 zu Bourges nad) den Beſchluͤſſen des basler Conciliums gegeben
geſetz, auf welchem die gallicanifche Kirchenfreiheit beruht, wird Sa
pragmatique genannt; ferner hieß der Befchluß des deutſchen Reich
Mainz 1439, welcher diefelben Befchtüffe annahm, Sanctio prags
Beide Grundgefege befchränkten die päpftliche Macht, wurden aber did
Concordate zu Bunften des römifchen Hofs abgeändert. Endlich nannte,
von Spanien, als er 1759 den Thron von beiden Sicilien feinem beitte
und deſſen Nachkommen abtrat, das Erbfolgegefeg, welches er für diefe 8
eine Sanctio pragmatica.
Sanct:Salfob (Schlacht bei), umweit Bafel, am 26. Am
(8. Schweizerifhe Eidgenoffenfhaft) Zum Andenken an bie
fallenen veranlafte ber Pfarrer Marcus Lug in Läufelfingen (Vf. ein
Darftelung” diefer Begebenheit, 1824, 4.) die. Errichtung eines Deaka
am 26. Aug. 1824 eingeweiht wurde.
Sanct:Petersburg, f. Petersburg.
Sand, f. Sandftein.
Sand (Karl Ludwig), Candidat der Theologie, aus Schwaͤw
Mörder des Staatsraths von Kogebue, geb. den 5. Oct. 1795 zu Wun
Baireuthifchen, in dem jegigen Obermainkreife des Könige. Baiern, wo fi
Suftizrath und Amtmann, 1823 farb, erhielt eine forgfältige Erziehung,
zuͤglich feine (ſchwaͤrmeriſchen Anſichten niht unempfängliche) Mutter gel
ben mag. Als Kind war er faft immer Eräntlich, und man erklärte aus der
zurüdgebliebenen Schwäche f. Niedergefchlagenheit umd den Hang zur Verſ
heit. 1810 folgte er f. Lehrer Saalfrank auf die Schule zu Hof und 1812:
Gpmnafium zu Regensburg, too er fleißig und brav, aber immer etmas fra]
verfhloffen war. Won Regensburg zog den jungen &. im Herbſt 1814|
Sand _ 627
ad) Tübingen, wo er mit vielem Eifer den Vorbereitungswiſſen⸗
eologie oblag, bis auch ihn, wiefo viele andre Stubirende, die Wie-
des Krieges gegen Frankreich 1815 zu ben Waffen rief. Er diente,
sher in die Verbindung der Zeutonia getreten war, al& Cadet unter
bairiſchen Sägern des Rezatkreiſes, kam aber nie ind Gefecht. Sein
it fein muſterhaftes Betragen öffentlich anerfannt. Der Friebe gab
n wieder, welche er zu Erlangen fortfeste. Hier zog ihn unter feinen
‚fer befonders an. Während er fich ducd) Fleiß und anftändiges Be⸗
eigung feiner Lehrer erwarb, gewann er durch Biederkeit und Gerad⸗
aft aller Derer, die ihn Eennen lernten; feinen vertrautern Freun⸗
er durch f. in Schmwärmerei ſich verirrende Begeifterung für Relis
land ſchon damals Beforgniß ein, denn es blickte allenthalben nur
vor, daß in ihm das Gemuͤth eine gewaltige Herrſchaft Über dem
iptete und daß religisfer Myſticismus, verfhmolzen mit verkehrten
yeutfcher Nationalität, ihn aufs hoͤchſte Überfpannten. Früher wollte
ffionnair bilden. Ein Ungluͤcksfall 1817 entfchied vollends den Ver⸗
‚ fittlich freien Bewußtfeins in ihm. Es war naͤmlich fein Stuben⸗
biter Sreund vor f. Augen beim Baden ertrunten, ohne daß er ihm
Fortan war Zieffinn die Karbe f. Seele, bis das Wartburgsfeft
akademiſche Leben zu Jena, wo er feit Mich. 1817 fludirte, feinen
n Geift wieder etwas aufrichteten. Bei jenem Feſte leitete er mit
nd übergab den dafelbft verfammelten Jünglingen eine Punctation
19), die f. Anſicht von einer allgemeinen Vereinigung aller deut⸗
er enthielt. Auch fah er Abende die Bücher verbrennen, unter wel-
„Deutfche Geſchichte“ ſich befand, wodurch er, wie man fagt, zuerft
iftfteller aufmerffam wurde. Im Herbſt 1818 machte er eine Reife
‚0 er Zahn Eennen lernte. In Jena erfhien ©. Allen als ein ernft:
befonnener und nad) dem Guten eifrig flrebender Menſch. Ex ſprach
It unter den Studenten auf gefeglihe Ordnung. Übrigens war er
ogen. Burfchenfchaft und eines literarifhen Vereins, aber keines
heimen Bundes. In Erlangen hatte er felbft ſchon 1816 eine Bur⸗
rundet. Dabei war fein Herz vol von der bunkeln „warmen Idee
fchen Baterlandes”, wie er ſich ausbrüdkte, ohne daf er, wie man
verfah, über Zweck und Mittel f. eigentlichen Berufes mit ſich ins
zielmehr in ſich verfchloffen, brütete f. Phantafie über Gefühlen, die
ı und Politik verfchmolz. Für das Vaterland hatte er einſt im Kriege
‚en wollen, auch jest war er immerfort bereit, ſich demſelben zum
ngen. Den neuen Ankoͤmmlingen auf der Univerſitaͤt drückte er die
ch mit feierlichem Ernſt einzelne große Worte zu ihnen, als ob er fie
Recht und Vaterland einweihe. Man will bemerkt haben, daß er
der Eregefe ganz vernadhläffigt, daß er fleißig in der Bibel gelefen,
le zu Erlangen, Tübingen und Jena den anatomifchen Dörfaal be
em Geſpraͤche überhaupt wenig zugänglich, mußte er in feinen An⸗
iefer verfinken, und bei aller Demuth eine® religiöfen Gemüthe, ſtolz
Btfein, jeden Andern tief verachten, der ben Schwung feines Gefühle
ex teilte; er mußte bei Dem, was er für wahr und gut hielt, recht
nzaͤckig und unbeweglich ftehen bleiben, und ba er die Kraft zu handeln
ı dazu hatte, den Vorfag immer tiefer in fich wurzeln laffen, etwas
Idee von dem Vaterlande zu thum, felbft mit Hintanfegung des Le⸗
‚ wie er die Zeit anfah, Feine Freude mehr gab. Diefe Gemuͤths⸗
en folgende Zeilen, weldhe man von ©. in dem Stammbuche eines
21. Juni 1818 zu Jena, gefchrieben fand: a HWron
D
628 Sand
fahrt, kurzer Steg und früher Xob”. Hierauf einige überfpannte Au
Koͤrner's Worte: „Frei woll’n wir das Vaterland wieberfehn ode
gluͤcklichen Vätern gehn”. — In der Nähe diefes Schwärmers nun
bue, der durch Ealten Spott und bitten Wig, ohne Gemüth und €
akademiſche Sreiheit, das Heiligfte in den Augen einer feurig fühle
angriff und den Verdacht aufſichzog, daß er die Meinung der Gre
ruffifchen Cabinets durch Öffentliche und geheime Berichte nadhtheili
tionalebre und die politifche Volkskraft feines ehemaligen Vaterland:
mußte in S. der mit Verachtung gepaarte Haß gegen dieſen vermei
. ber deutfchen Nation um fo heftiger entbrennen, je mehr fich ber kraͤft
Juͤngling durch Geſimung und That über die Sphäre ber Knaben
fühlte, in die der fpottende Zabel eines der politifchen Angeberei verb
fpieldichter6, deffen Charakter durch nichts Hohes Ehrfurcht einflößte
ſche Jugend zurücverfegt fehen wollte. Auch Eonnte es wol keinen
Gegenſatz geben, als Kogebue, den gewandten, ber Überlegenheit fein
bewußten Weltmann, die Beißel der Satyre gegen feine Gegner ſchi
ihm gegenüber ben von Nationalſtolz, Vaterlandsliebe und akabemil
Darteigeifte zur fecticerifchen Schwaͤrmerei entzändeten S. Nati
biefer in jenem ben geiftvoliften, mithin den furchtbarften Feind feinet
Das „Literarifche Wochenblatt”, bie Auftritte in Weimar, Luden's,
land's, Lindner's Verfolgung, endlich die Stourbza’fche Schrift, bei
man Kotzebue zufchrieb, dies und manches Andre fcheint den ungluͤ
nen SFüngling zu dem Entfchluffe gebradyt zu haben, Kogebue zu
Mit diefem ſchon im Dec. 1818 gefaßten Vorhaben verließ er Jena
1819 und kam ben 23., früh um 10 Uhr, nah Manheim. Schon
ließ er fich in Kotzebue's Wohnung anmelden. Es hieß, Kogebue fein
und &., ber ſich Heinrichs aus Mitau nannte, warb auf den Nachm
4 und 5 Uhr wieberbeftellt. Unterdeſſen fah er fi) in der Stabt un
garten um, fpeifte im Gaſthofe an ber Wirthstafel, unterhielt fi; m
fenden und begab ſich Nachmittags gegen 5 Uhr in da6 Haus Kogebı
eine Geſellſchaft bei fich erwartete. Er warb in ein Zimmer geführt,
bald darauf eintrat. Nach den gewöhnlichen Fragen zog S. den D
ihn mit den Worten: „Hier, bu Verräther des Vaterlandes!“ Kope
Nachdem er ihm noch 2 Stiche gegeben hatte, gab er fich felbft einen
nem Beinen Schwert in bie linke Bruft, zog den Stahl heraus und |
dert die Treppe hinab, bis an die Hausthür, wo er eine Schrift: „R
Auguft von Kogebue” überfchrieben, die er mit dem Dolche irgend
beften wollen, einem Bedienten gab, ber nad) ber Wache eilte. Kam
Straße erreicht, fo rief er bem zufammengelaufenen Volke zu: „Di
deutfche® Vaterland!‘ kniete nieder und ſtieß mit ben Worten: „
Gott, für diefen Sieg!“ das Eleine Schwert wiederholt in feine linke $
ſchaffte ihn ins Hofpital und am 5. April ins Zuchthaus, wo er ein be
mer für ſich allein hatte und mit ber größten Menſchlichkeit behandelt ı
Jugendkraft friftete ihm, nach einer am 8. April uͤberſtandenen ſchme
ration, das Leben, ungeachtet die verlegte Lunge eiterte und f. Tode
Unfähig zu fprechen, gab er anfangs im Verhoͤre ſ. Erklärungen ſch
flandhaft, auch bei mehren Confrontationen dabei, baf er keine Mitſch
(was auch durch Eeinen Umftand fich dargethan hat) und bewies bei a
zen die größte Ruhe und Sanftmuth. Doch hatte ©. den Grumbfet
ſchuldig fei, dem Richter in denjenigen Punkten die Wahrheit pu fageı
felbft beträfen. Daher wurde Mehres, was er in Anfehung beittee 9
führte, theils von ihm ſelbſt yarbutgenenmen, theils ſonſt widerlegt
Sand 68
end, die er nach feinem Geſtaͤndniſſe feit Länger als einem Jahre uͤberdacht,
ich manchem Seelentampfe als nothwenbig für das Geſammtwohl Teuto⸗
yefchloffen habe, bebauerte er bloß Kotzebue's Kamille. Sein Schickſal ers
5. mit Gleihmuth. Er ließ ſich vorlefen, las fpäterhin auch ſelbſt, meift in
bei, oder in Schiller’s und Koͤrner's Gedichten. — Bei der Unterfuchung
Papiere in Jena fand man folgenden Anfang eines Briefes: „Ich gehe meis
Schicjale, dem Schaffott, entgegen”, und einen Brief von ihm an einen
aten in Jena, den diefer ber Burfchenfchaft vorlefen follte. S. erklärt bar
| er aus ihrer Verbindung trete — weil es ihr nicht gleichgültig fein koͤnne,
æ auf dem Rabenſtein fterbe, und er hierdurch nur Dem zuvorlomme, was
ehin unter dieſen Umftänden für nothwendig erachtet haben wuͤrde — ber
Hefung aus ihrer Mitte. — In einem andern Briefe bezeichnet er die That
zu welcher er ſich anſchicke, und fagt: daß es ihm freilich ſchrecklich fei, einen
ben zu ermorden, aber er koͤnne unmöglich Länger der imern Stimme mwiber
‚ bie ihn ımabläffig treibe, ben Vaterlandsverräther aus dem Wege zu räus
Auch aus dem Briefe, den S., kurz vor Veruͤbung f. blutigen That,
herwandten erlaffen hat, welcher aber erſt ſpaͤter eintraf, überzeugt man ſich,
nur das Opfer f. eignen fanatiſchen Werbiendung, nicht das Werkzeug eis
eſchwoͤrung geweſen ift; aber nicht ohne Wehmuth kann man in biefen Zei⸗
Kampf eines edlen Gemuͤths, aus welchem Großes hätte werben können,
Berirrungen einer wilden Schwärmerel und ben Sieg der letztern erblicken.
rief ift abgedruckt in der „Allg. Zeit.“, 1819, 106 fg. Der Bruder des
fichen und f. DRutter erhielten die Erlaubniß, ihn zu ſprechen; allein S.
en Befuch ab, weil er fie nicht ohne Zeugen fprechen durfte. Die Unter
: ward in Manheim von dem Oberhofgerichtskanzler v. Dohenhorft, 2 Obers
htsraͤthen und dem Stabtdirector v. Jagemann, als einer befonders hierzu
weten Commiffion, geführt, welche mit den Gommiffionen zu Weimar,
ade und Gießen und mit dem berliner Polizeiminifterium correfponbirte.
hickte man von Karlsruhe Auszüge aus ben Unterſuchungsacten an bie Gens
sfucchungscommiffion in Mainz, welche in ihrem Berichte vom 1. Mai
m die Bundesverfammlung in Srankfurt S.’8 That als Probuct des durch
gehegten Treibens ber Jugend barzuftellen fid; bemüht, aber Leine Mit
verfelben entbedt hat. (&. „Allg. polit. Ann.”, VII, 1) Am Schiuffe
Nanheim geführten Unterfuchung bezeugte das bafige Stadtphyſikat, daß
fie im Befig richtiger Sinne fei. An feiner Vernunft habe man nie eine
ung wahrnehmen können. Indeſſen babe es ſich, befonber& in den Auße⸗
des Inquiſiten über Politik und Religion, unverkennbar außgefprochen, daß
stand mittelmäßig (nicht umfaffend, nicht fcharf, nicht gründlich) und ganz
Herrſchaft eines heftigen, überfpannten Vorſtellungs⸗ und Gefuͤhlsvermoͤ⸗
fangen ſei“. &. felbft ertiärte: „er bäte Gott täglich um Erkenntniß und
«ung. Wenn er durch göttliche Eingebung erfenne, daß feine That umrecht
verde er fie zu jeder’ Stunde bereuen; bisher fei dieſes jedoch nicht gefches
Die verſuchte Seibftentleibung aber wollte S. gar nicht vertheidigen. Sein
hen nannte er einen Colliſionsfall mit den weltlichen Geſeten, welche auf
orb die Strafe ber Wiedervergeltung fepten; auch nahm er den Grundſat
ig an: „ber Zweck heilige die Mittel". S.'s gerichtlicher Vertheidiger,
entiat Rüttger zu Manheim, fuchte die That pfochologifch zu erklaͤren und
wbrecher als gemuͤthskrank, der in dem Irrthum, eine Handlung ber Noth⸗
m begehen, befangen gemefen, barzuftelen. Am 3. Sept. 1819 war das
Woerhör gembigt, und bie Acten wurden dem manheimer Hofgecichte, ale
Wentlichen Richter, den 10. Nov. 1819 übergeben. Das von diefem am
u 1820 geſprochene Zobesurtheil wurde von dem Großherzoge van Wahen
630 Sand
beftätigt ımd am 20. Mai, früh halb 6 Uhr, mit dem Schwert volle
ungluͤckliche Verbrecher behielt ſ. Faffung und die Überzeugung, daß er
einig fei, bis zum legten Augenblide. Er flarb in einem Alter von 24
naten. Auf demfelben Kicchhofe, dem evangelifch = utherifchen, wo e
wurde, liegt auch Kogebue. — Die peinlichfle Strafe für ihn würde
fein, wenn fein moraliſches Bewußtfein zur Klarheit gelangt wäre und er
hätte, daß kein Einzelner befugt if, der Zeit und dem gefeglichen Wil
feufchaft vorzugreifen und an fein Urtheit, an feine Überzeugung, wir
Leben, fo das Leben eines Andern, der unter dem Schuge ber Geſetze un
kerrechts fteht, und das Gluͤck einer ſchuldloſen Familie zu fegen; wer
fehen hätte, daß Recht und Wahrheit gegen ungerechte und falfche Mı
durch die Spige eines Dolchs fiegen können, fondern daß fie baburd
vernichten ; daß er alfo nicht bloß der Mörder eines Schriftftellers, dei
öffentliche Meinung entlarot und vernichtet hatte und ber eben darum
war, Deuffchland ganz zu verlaffen, fondern daß er auch der Moͤrde
Sache war, für die er fein Leben einzufegen glaubte; wenn er einge
welch ein ungeheuer Irrthum es iſt, fi) durch ein Inneres Gefühl
glauben, an bie Stelle des Geſetzes, des Richter und des Urtheilg fı
meinung fegen zu müffen und biefer Alles preisjugeben, was ber v
Feind Heiligeß und Theures auf Erben hat. Weldy ein Wahnfinn, |
Rathſchluſſe Gottes entgegenzuftreben, der auch dem Sünder, wie den
Zeit läßt, infichzugehen und fich zu beffern! Und was hatte endlich I
than, wofür er nicht ſchon in der Öffentlichen Meinung büßen mußte?
Kogebue fonft noch gegen Myſticismus und Schmärmerei gefchrieben |
ſich nicht nur wahr, fondern erhielt fogar duch S.'s That die furcht
kraͤftigung. Nun erft, durch S.'s Verbrechen erſchreckt, fanden Viele hı
Anfhuldigungen des akademiſchen Geiftes den Schein der Wahrheit.
lic) Kogebue an Deutfchland ein Verräther, fo war er es durdy offenkun
ten; und hatten biefe nicht fehon Widerleger gefunden? — Deffenun
regte S.'s That allgemein faft ebenfo viel Bedauern ale Abſcheu. K
in der öffentlihen Meinung zu tief gefunten, und fein Mörder ſtand in
eines Heros ber beutfchen Jugend, Eräftig und ſchoͤn gebildet, wie er
und ernft, wie er fich aͤußerte, tadello8 und brav, wie man fein fr
Eannte, in den Augen ber leichtfinnig urtheilenden Menge als ein freiwi
tyrer des Vaterlandes da, ſodaß es Bethörte gab, die feine That für ei
Zeichen der Zeit erklärten. — Uns duͤnkt, S.'s That warfo wenig ein
als ein ſchoͤnes Zeichen der Zeit. Denn in jeber bewegten Zeit gab e
kraͤftige Menfchen, ohne Klarheit und Zufammenhang in ihren Idee
darum, von dunkeln Gefühlen überwältigt, den Verhältniffen trogten
ben an eine ungeheure That — fo mußte ihnen da6 Verbrechen des
feinen — festen, um ein dunkles Etwas, das fie Idee nannten, zu
So handelten Hunderte in der Zeit der franz. Revolution, fo Charle
fo einft Zell, fo in unfern Tagen Schill, fo der heldenmuͤthige Juͤngl
Aber unter Allen Äberfprang Keiner fo anmaßend kuͤhn die fittliche O
göttlichen Gefeges: „Du (d. h. Du Einzelner nach deinem ſubjectir
ſollſt nicht toͤdten“, als der von feiner Meinung und feinem Stolge b
thodifhen Wahnfinn bethörte S. Was wir von Ravaillac wiffen, lau
wie Das, was ©. erklärte, nur daß Heinrich IV. im moraliſchen S
hoch über Kotzebue fteht als S. über Ravaillac. Diefer wollte nämlk
ftenheit von einem Eriegsluftigen König, den er für einen Feind der (
hielt, befreien, und dußerte in jedem Verhoͤr, daß er Chriftum im Ha
Die Idee der Religion bethärte den Mürver Hemit IV, die Foer
Sandale 651
ben Mörder Kotzebue's. Jener wurbe von fanatifchen Prieftern in
eſtaͤrkt, dieſer ward von feinem eignen ſtolzen Wahne, daß er berus
zen Welt ein Beifpiel zu geben, zum Morde hingetrieben. Jener
ben, daß feine That Europa von einem Kriege befreien würde, bies
Grund, zu glauben, daß feine That Deutfchland gegen ben Des:
en werde, für deffen Anwalt er Kogebue hielt. S. hat bloß bie alte
neue beftätigt, daß der alles vernümftige Nachdenken ausfchließenbe
verbunden mit der gefegridrigen Rohheit vieler jungen Leute, ſich
ibſthuͤlfe zu erlauben, ein Eräftiges, nach Sieg und Ruhm dürften»
a8 fein Leben, andrer Umftände wegen, ohnehin gering achtet, fehr
Schwärmerei verleite, welche Geſez und Ordnung unter die Süße
8 leugnen wir nicht, daß S.'s Myſticismus mit einer hochherzigen
var; und diefe auf eine Nationalfache gerichtete Kraft, bie unferm
cismus, der, aus Schwäche und Scheu vor dem Denken entfpruns
todethorheit ift, gänzlich fehlt, war ed eben, was dem ungluͤcklichen
: Bewunderung des großen Haufens und das theilnehmenbe Mit
en Menfchen gewann. Darum glaubte auch der berliner Profeffor
de Wette, einen Troſtbrief an &.’8 Mutter (bie deffen, wie wir
wburfte) fchreiben zu müffen (Berlin, d. 31. März 1819), in wels
fagte: „Die That ift — allgemein betrachtet” — (warum nicht:
unfittlidy und der fittlichen Geſetzgebung zumiderlaufend. Das
durch das Boͤſe überwunden werben, fondern allein durch das Gute.
‚ Lift und Gewalt kann kein Recht geftiftet werden, und ber gute
icht ungerechte Mittel”. Allein wie fol man damit die übrigen
ciefes zufammenteimen, z. B.: „Sowie die That gefchehen ift, mit
, diefer Zuverſicht“ — beide find ja offenbar die eines Schwärmers,
Gefühl und Einbildung zum Irrwahn bethärten Dienfchen gewe⸗
ein ſchoͤnes Zeichen der Zeit“!? Wenn dieſe und ähnliche Stellen .
agen wollen, als: auch ein guter Menfch kann unter gegebenen
DBegeifterung für eine Idee zum Verbrecher werden, wenn Vers
tand (bei hundert Andern hindern dies freilich Furcht und Schwaͤ⸗
Befuͤhl und feine Einbildungskraft beherifchen, fo waren fie doc)
‚abgefaßt. Der Staatsrath v. Hohenhorft (vorfigendes Mitglieb
Hungscommiffion) gab eine „Voilſt. Überficht der gegen Sand ges
hung” (aus den Acten gezogen, bei Gotta 1820) heraus; allein
3 Buches ward erft im Oct. 1323 geftattet. — Auch findet man
em Zufammenhange mit Allem, was ihr vorausgegangen , in der
hem Scharfblid und hiftorifcher Unparteilichkeit verfaßten, aus den
zeſchoͤpften Schrift: „Actenauszuͤge aus bem Unterfuchungeproceh
id, nebſt andern Materialien zur Beurtheilung deffelben und Aug.
it + Bruftbildern von Sand und feinen Altern” (Altenburg und
Als Ergänzung diefer Hauptfchrift Iefe man: „Noch 8 Weis
hichte Auguft von Kogebue’s und K. 2. Sand's“ ( Mühlbaufen
K
le, eine Art Fußbekleidung bei ben Griechen und Römern, die
schften Alterthum finden. Sie beftand aus einer dicken Korkfohle,
ıten mit Leder überzogen und am Rande zierlich gefteppt war. Sie
Theil des Fußes bloß und war mit gekreusten umb gefchlungenen
3 auf die Mitte des Schenkels befefligt. In der fpätern Zeit warb
Sandalen ein außerordentlicher Luxus getrieben und bie vormehmen
befondere Pantoffelträgerinnen. — Die hoͤhern kath. Beiftfichen
| eine Art Pofkbar geitidter Soden, die mn Sandalen aront.
ab, daß fie ſich des Fleiſches von erflichten Thleren und des B
ihr Privateigenthum noch mehr dem allgemeinen Beften widm
in England, wo f. Secte weniger Eingang gefunden hat als i
Anmuth und Feierlichkeit ihrer häufigen Andachtsverſammlung
den, die innen beimohnten, ſeht gerühmt.
Sanbdifort (Eduard), Drofeffor zu Leyden, Nachfo
Anatomen B. S. Albin, glaͤnzt in dem naͤmlichen Fache mit
Sein wichtigſtes und für alle Zeiten brauchbares Werk iſt f. „I
mifchen Sammlung zu 2eyden” („Museum anatomicum ac
Batavae“, Leyden 1793, Fol. 2 Bde., mit 136 großen und t
Kpfn.), die ſich an Albin's „Beſchteibungen bes Ruyſch ſchen
paratencabinet8" anfchlieft. Es iſt am meiſten für pathologi
tig, ebenſowie f. „Observationes anatomico-pathologicae“ (
4.) und bie Fortfeg. berfelben: „Exereitationes anatomico-a«
1783— 85,2 Bbde., 4.). Alte diefe Werke enthalten jedoch au
für die phyſiologiſche Anatomie. Außerdem gab er heraus: ,
tationum, programmatum aliorumque opuseulorum ad ı
facientium” (Rotterd. 1768, 1769, 4., Leyd.1778, 4.), ein
lung in 3 Bbn., mit Kpfn.
Sandſchak (türkifch, ein Roßſchweiſ), bedeutet Im tı
terbefehlähaber, der als Ehrenzeichen nur einen Roßſchweif
Paſchas 2—3 haben. In der Regel find and) bie Sandſch
nerer Landesbezirke, welche nach ihnen Sanbfchtatate (&
nannt werben, und bern 3— 4 ein Paſchalik auomachen.
Sandrart (Joachim v.), geb. zu Frankf. 1606, ver
gezeichnete Bildung und widmete fi der Malerei und Kup!
aus ſchließend. Sein Lehrer Gerh. Honthorft nahm ihn mit n
erwarb er ſich angefehene Gönner, 5. B. den Herzog von Buck
Tode er nach Itallen ging. Ex flubirte in Venedig, Bo
Rom bie Werke der größten Deeifter. Auch ihm ward der Aı
von Spanien ein großes Gemälde zu arbeiten. Diefes fteilte |
Bar Hoch malte an ie Kane Anııla had Mardhofe Minktiniami en
Sandſtein Sandwichinſeln 688
h Naͤrnberg berufen, two er bie Portraite bes ſchwed. Königs , der Geſandten
a deldherren malte. In f. Gemälden verfolgte er die Bahn des Paul Veronefe,
gan und des Angelo Merigi. In der Kupferftechertunft war er Merian's Schuͤ⸗
A verzierte durch ſ. Arbeiten f. und andre literarifche Werke. Durch diefe hat
am meiften berühmt gemacht; vor allen aber durch das Werk: ‚Die deutfche
der Baus, Bildhauer » und Malerkunſt“ (von 1675 an); auch ift feine
g von Profpecten Roms gefhägt. Er beſchloß f. thätiges Leben im J.
Daſſelbe hat Rochlig in dem „Frauentaſchenbuch“ gefchildert.
Sand ſtein heißt jedes aus zufammengefitteten Sandkoͤrnern gebilbete (re⸗
wkte) Geſtein von koͤrniger Steuctur im Kleinen, und Schichtenftructur im
We Mücdkfichtlich f. Maſſe mus man die Subftanz der Körner und jene bes
ober Bindemittels, ruͤckſichtlich f. Tertur vorzüglich die Größe der Koͤr⸗
das Mengenverhaͤltniß derſelben zum Caͤment berüdfichtigen.. Da Quarzs
in den meiften Sandfteinen vorherrfchen, fo unterſcheidet man nach der Bes
bes Caͤmentes: Kiefelfandftein, Thonſandſtein, Kalkfandftein und Eiſen⸗
. a) Der Kiefelfandftein hat ein bald fehe vorherrfchendes, bald
zurüdgebrängtes quarziges Bindemittel, ift meift weiß, grau und roth,
Stable Funken und Elingt unter dem Hammer. Er ift ein trefflicher fehr
angerwendeter Bauftein. b) Der Eifenfandftein wird von Quarzkoͤr⸗
weit Eiſenoxyd ale Bindemittel gebildet, bat gelbe, braune und braunrothe
und ift zum Theil fehr hart. ec) Der Kalkfandftein befteht aus Quarz»
(audy Feldſpath⸗, Thonſchiefer⸗ und andern Körnern) mit kalligem Bins
er iſt weiß, grün, gelb, braun, oft weich und mürbe, erhärtet jedoch an
Bft und ift dann ein fehr brauchbarer Bauſtein. d) Der T bonfandflein
be aus Quarzkoͤrnern und thonigem Bindemittel, ift weiß, roth, grün, geau,ı
Theil bunt gefleckt und geftreift, nicht felten fchleftig und meift weicher und
ber als die übrigen Sandfteine. — In geognoflifcher Hinficht gehört der
Dſtein zu den Slöggebirgen und man unterfcheidet folgende Hauptformationen
ben, an welche die begeichneten Arten jedoch keineswegs gebunden find. 1) Der
re Sandftein findet fih in großen Maſſen in der Gegend von Ilfeld am
I, in Thuͤringen, in der Grafſchaft Glatz, in Böhmen, in der Rheinpfalz,
we fisdlichen Alpen ıc. 2) Der bunte Sandftein findet fich beſonders in
Iengebung des Harzes, am Niederrhein, in England xc. 3) Der Quader⸗
Bein, welcher vorzugsmeife als Bauftein benugt wird, findet fih am Nord»
B des Harzes, In Weſtfalen, in der ſaͤchſ. Schweiz, in Böhmen, Schlefien ıc.
der Mergelfandftein oder die Molaffe findet ſich in Oberfchlefien, Pos
Balisien, in der Schweiz ıc. Außer biefen 4 Hauptformationen findet man
moch bedeutende Sandfteinmaffen andern Gebirgsformationen untergeordnet.
erwähnen von biefen nur den Kohlenſandſtein, welcher ein weſentliches
d der Steinktohlenformation und Älter als der rothe Sandftein ift. Aller Sands
‚enthält mehr oder weniger Verfteinerungen; der ältefte gewöhnlich nur Baums
me und Pflanzenabbrüde, der jüngere auch Mufcheln von Land = und Seethier
— De Sand beſteht aus feinen Körmern und Gefchieben von Quarz und
zu Geſteinen und enthält foffile® Holz, zumeilm Gold, Bernftein und Ges
be oft von ımgeheurer Größe. Er bededtt fehr bedeutende Randitriche, 5. B.
we morbdeutfchen Ebene, in Nordafrika ıc., bildet oft fehr mächtige Schichten
zeweilen ganz bedeutende Bügel, z. B. bei Potsdam. Er wird zum Bit:
neigen, zum Schleifen, zu Sanduhren ıc. benugt.
Sa Ind wichinfeln, eine Gruppe von 10 bewohnten und 2 unbewouiten
ſeln ins noͤrdl. Theile des ſtillen Meeres (ſ. Südfee), zwiſchen 18 —240 N.
und 1540 — 165° W. L. von Greenw., welche Coce auf ſ. dritten Reiſe um
Weit entdeckte und nach dem Grafen Sandwich, erſtern Loxd ter Webxex.
684 Sandwichinſeln
benannte. Auf ber größten, Hawaii (Owaihl), warb Cook 1779 getoͤdt
Inſeln, unter welchen jezt Dahu (Woahoo) die am meiſten beſuchte ift,
fammen 360 IM. groß, ſcheinen vulkaniſchen Urſprungs zu fein, ench
Berge (darunter der hohe Mauna-Roa auf Owaihi) und Thaͤler mit fa
Boden. Das Klima ift dem mweftindifchen ähnlid) , mur noch gemäßigte
fer ift überflüfjig vorhanden. Schweine, Hunde, aus Europa eingefäh
thiere, Tauben, wilde Gänfe, Wafferhühner, Fifche, Arummurzein (b
gegenftand ihrer Landwirtbfhaft), Yamswurzeln, Ananas, Patata
rohr, Brotfrucht, Kokoebäume, Pifange, Sandelholz, Papiermault
Kartoffeln, europaͤiſche Vegetabilien, Schiefer, Wepfteine, Marmor:
Haupterzeugniffe. Die Einw. (nad) Cook 400,000), jest durch Trunkſi
philis und Kindermord auf 150,000 geſunken, find von der malaiif
: wohlgebildet und von bumklerer Farbe als die Tahiter, haben einen fanften
und find aͤußerſt gefchickt in Verfertigung von Zeuchen und Matten, bie üı
der Seinheit, Zierlichkeit und Dauer alle andre Matten übertreffen; aı
fie Angelhaken von Perimutterfchalen, Knochen oder Holz, bauen Schif
ropaͤiſcher Art und haben es in Verfertigung von Striden, Netzgarn, €
Tauwerk fo weit gebracht, daß fich die Seefahrer damit verfehen, welche di
werk für dauerhafter halten ale das europäifche. Europaͤiſche und no:
nifche Schiffe taufchen hier gegen europ. Waaren von den Einw. frifche !
tel ein. Diefer Verkehr bildet die Sandwichinſulaner fchneller als and:
bewohner zu einem Handelsvolke um. Viele von den Eingeborenen wı
ale Zimmerleute, Bötticher, Schmiede und Schneider gebraucht, und
ihre Arbeit fo volllommen wie Europäer. Diele von ihnen haben fd)
nach China, der Nordweſtkuͤſte von Amerika, den Vereinigten nordame
Staaten und nad) England unternommen. Der junge König und die I
Sandwidjinfein tamen 1824 nad) London. Beide ftarben daſelbſt in ein
den 8. Juli 1824, und der Cap. Lord Byron brachte ihre Leichname
Heimath zurüd. — Der 1819 verft. König Tamaahmaah, der fidh ı
biefer Gruppe (mit Ausnahme zweier, Atooi und Onehau) umterworfen h
feinen Wohnfig auf ber Inſel Woahn, und benugte den Verkehr mit der
titan. Seefahrern und den fich hier aufhaltenden Weißen, barımter vie
der, um feine Unterthanen immer mehr zu bilden. Ex unterhielt über.
Sahrzeuge, alle von f. Schiffegimmerleuten, meiftens Eingeborenen, er
befaß ein amerikan. Schiff von 200 Tonnen, welches er einem amerikan
abgekauft hatte." Er ließ es durch f. eignen Schiffözimmerleute auf
welchem Zwecke ein eigned Werft gebaut wurde. Er bewohnte ein auf
erbautes Haus, vor welchem 15 Kanonen fanden und wo ein mit F
Bayonnetten verfehenes Militair von ungefähr 00 M. Wache hielt. Er!
beträchtlichen baaren Schag und einen großen Vorrath an europ. Waaren
lich Kriegsbebürfniffe, die er durch Handel mit den Schiffen, welche his
erlangt hatte, hinterlaffen. Seine Reſidenz war bie Stabt Hanarura
Hafen, welcher durch eine Sandbank gebildet wird, die ihn vor der See
und wo bie Schiffer bei jedem Wetter einlaufen koͤnnen. Tamaahmaal
Berfahren nach fo firengen Regeln der Gerechtigkeit ein, daß die Fremden
Hafen vollfommene Sicherheit fanden. Daher legt jest faft jebes diefen
Oceans befahrende Schiff hier an, um ſich auszubeflern und mit Lebent
verforgen. Seit 1820 haben Miffionnaite die Einführung des Chriften!
wirkt und Schulen angelegt. S. Ellis, „Tourthrough Hawaii or 0
(deutſch, Hamburg 1827). Lehrreicher noch find Mathifon’s 2
Sandwichinſeln“ und Lord Byron's „Voy. of the Blonde to the San
lands for 1824 ete.“ (London A8T1, &).
Sandwichland Sannazaro | 635
dwichland, eine Gruppe von 5 größern und mehren kleinern In⸗
: Grenze des füdt. Eismeeres, unter dem 60° S. Br. und 350° D.
‚ mit Eis und Schnee bedeckt, ohne alles Wahsthum. Die Sübfpige
bliche Thule. Cook entdeckte diefe Gruppe 1775. (&. Sübpolars
guinifch, Sanguiniter, f. Temperament.
hedrin (ſyriſch) oder Synedrium (grieh.), Rathsverſamm⸗
das hoͤchſte geiſtliche und weltliche Gericht der Juden (vgl. d.), wel⸗
ichdem ihre Hasmonaͤiſchen oder Makkabaͤiſchen Prieſterfuͤrſten durch
verdrängt worden waren, zur Entſcheidung ihrer innern Streitigkeiten
zenheiten errichteten. Es beſtand, unter dem Vorſitze des Hohenprie⸗
1 Beifigern aus den Ständen der Prieſter, Älteſten und Ausleger des
chriftgelehrten), die im N. Teſt. gemöhnlich die Glieder des hohen Mas
? Oberften genannt werden. Außer diefem hoben Rathe, der in Jeru⸗
ı Mohnfig hatte, gab es Eleinere aus denfelben Ständen zufammenges
wien oder Untergerichte in dem Landftäbten. In Jeruſalem felbft wa⸗
e Untergerichte. Durch die roͤm Procuratoren warb dieſe Natidmalbes
ie Angelegenheiten der Religion und die Schlichtung derjenigen Dänbel,
Beobachtung des mofaifchen Geſetzes betrafen, eingefchräntt,. und
in Sachen diefer Art die Todesſtrafe nicht eigenmächtig verhängen.
tſtoͤrung Jeruſalems durch die Roͤmer ward ſie mit dem juͤdiſchen Staate
loͤſt. — Das von Napoleon 1806 zu Paris zuſammenberufene große
war nur eine vorübergehende Maßregel, um die bürgerlichen Behälter
den im frans. Reiche zu orbnen.
‚nazaro($acopo), ein ausgezeichneter Dichter d. 15. und 16. gabe
nd latein. Sprache, war 1458 zu Neapel geb., wo feine aus Spanien
Familie fich niedergelaffen hatte. Seine gelehrte Bildung verbanft er
des Giuniano Maggo, und hauptfächlich der Akademie des Pontano,
als die gelehrteften Männer von Neapel vereinigte, und in welcher er nad)
kademiſchem Gebrauch den Namen Azzio Sincero annahm. Die Liebe
na Bonifacia, die er u. d. N. Harmofine und Filli befungen hat, ent:
ı poetifches Talent. In der Hoffnung, ſich von diefer Leidenfchaft durch
ng zu befreien, reifte er nach Frankreich, Lehrte aber, von Sehnfucht
, bald nady Neapel zuruͤck, wo er jedoch feine Beltebte nicht mehr am
. Mährend feiner Abmefenheit fchrieb er die „Arcadia‘, eine Reihe
ı, welde zwar, wie feine übrigen Gedichte in italien. Sprache, eine
sit ift, dennoch aber einen bleibenden Werth behauptet. Kine fanfte ein»
de Poefie und eine reine Sprache und wohlklingende Berfification find
e diefes Werks, welches aus Profa unb Verfen gemifcht if. Seine
zen bie Aufmerkfamkeit des Königs Ferdinand und feiner Söhne, Als
Friedrich, auf fi, welche ihn zu ihrem Begleiter auf ihren Reifen
gen wählten. Friedrich, welcher 1496 den Thron beftieg, ſchenkte ihm
m gelegene Villa Mergellina und gab ihm auferbem ein Fahrgeld von
tem. Aber S. follte diefes Glüͤck nicht lange genießen. Sein Wohl»
te 1501 auf fein Reich Verzicht leiſten und feine Zuflucht nad
nehmen. ©. hielt es für einen Treubruch, fi fortan eines Bes
freuen, deffen Geber im Unglüd ſchmachtete. Er folgte feinem Fürs
Verbannung, und kehrte erft nach dem Tode deffelben nach Neapel zus
ibſt ee 1533 ftarb. Er mard in der Kirche beigefegt, die er auf feiner
ut, und Santa-Maria del Parto benannt hatte. Außer der angeführ:
dia’ ſchrieb S. in italienifcher Sprache noch Sonette und Ganzonen,
falls duch Reinheit der Sprache empfehlen , ohne weiter adgenuignrt
636 Sansculotte Santander
zu fein. Die befte Ausgabe dieſer italien. Werke erſchien 1723 in *. u
d.®.: „Le opere volgari dei Sannazaro da varj illustrate”. Faſt
rühmter ift Samnazar durch feine latein. Gedichte geworben, welche auf
längern Gedichte in 3 Büchern: „De partu virginis‘‘, in Elegien, &
Epigrammen beftehen. Unter legtern iſt das lobpreiſende Epigramm auf
das befanntefte, das 6 Verfe enthält und von dem venetianifchen Senat
Dukaten belohnt wurde. Eleganz und forgfältige Wahl des Autdend
Seinheit der Gedanken und poetiſcher Schwung mweifen ihnen umter den lat
fien der neuern Zeit einen ausgezeichneten Plag an.
Sansculotte (ein Menſch, der Eeine Beinkleider hat), ware
name, den in ber franz. evolution bie ariftokratifche Partei der patriot
Iegte. Es ging damit wie mit dem Spottnamen gueux in ben nieberlä
ben unter Philipp II., aus welchem der Ehrenname Beufen geflempı
Eine Zeitlang war es naͤmlich in Frankreich guter Ton, für einen Sant
gelten.
Sanffrit: oder Samflrit- (d. h. vollkommene), aud Dev
(d. h. göttliche) oder bramanifche Sprache (weil fie von den Bramanın ı
verftanden wird), heißt die gegenwärtig ausgeſtorbene Sprache der Hint
außer vielen Schriften verfchiedener Art die Religions» und Geſetzbuͤ
Volks abgefaßt find. Die auffallende Ähnlichkeit zwifchen dem Sanſkri
Griechiſchen erinnert an Gibbon's Behauptung, baf Einiges, vielleicht
inbifchen Wiffen von den Griechen der baktrifchegriech. Colonle herruͤh
Bopp bat ein „Ausführl. Lehrgebäude der Sanſkritſprache“ (Berlin
herausgegeben. Eine populaire Überficht der Sanſkritliteratur hat A. Laı
worfen in f. „Monum. litteraires de l’Inde, ou melanges de littcrat
erit etc. (Parie 1827). (S. Indiſche Sprahen nd Spraden
Sandfouci, ein. preuß. Luſtſchloß, auf einem Hügel vor den
burger Thore von Potsdam, wo Friedrich der Gr. fi) am liebſten aufhi
er auch der Weife von Sansfouci genannt wird. Das Schloß bat nur
wert und iſt Bein, aber von herrlicher Bauart und im Innern vortreffi
ziert. In dem runden Marmorfaale bevvundert man die Säulen, bie
und den nach florentinifher Art mit Blumenwerk ausgelegten Fußbode
bat von dem Schloſſe aus eine reizende Ausficht über die Stadt und ihre:
gen. Vorwärts erblidt man ben Weinberg mit f. 6 Terraffen, deren jed
fen und die beften Weinſtoͤcke unter Gtasfenftern hat. Am Fuße des!
ein Luſtgarten. Merkwuͤrdig find auch die beiben Pavillons zur rechte
fen, die Drangerie und bie Bildergalerie. Aus dem Luſtgarten geht m
Dark, wo ein japaniſches Haus zur Linken der Hauptallee ſteht. Zu bı
- ten ber fteinernen Brüde find ſchoͤne Tempel, berem einer die koſtbare f.
von gefchriittenen Steinen und Alterthuͤmern aus den Verlaſſenſchaften di
von Stoſch und des Cardinals Polignac enthält. — Das neue Schloj
neue Palaft, welchen Friedrich der Gr. nach dem hubertöburger Friede
ließ, ift äußerft ſchoͤn, prächtig und gefhmadvoll. An dem ganzen Gel
Beine andern als Fenſterthuͤren, die mit ben übrigen Fenftern eineriel d
ben, ſodaß die Eingänge und Treppen nicht ind Auge fallen. König Friet
heim II. erbaute noch das fogen. Mamorpalais im neuen Garten und
demfelben die Säulen einer Colonnade in Sansſouci.
Santander (8.-Andero), eine Heine Landſchaft Spaniens (I
tanas de Santander e de Burgos), an der fübl. Küfte der Bat von Bik
fteilen Bergen und tiefen Xhälern beftehend. Sie ift reich an Eifen vom
Gattung, und in den Fleinen @ebirgeftädten La Cavada und Aergams gi
nonengießereien und Gugtahlfahtiten. Die Koͤſte hat einige treffliche HA
Sappe Sappho 637
port gl. N. hat den geräumigften Hafen, ber ſehr gut gegen Winde gefchügt
für Banbeisfchiffe von jeder Größe zugänglich iſt; Fregatten von 40 Kanonen
Binnen nur mit der Flut einlaufen. S. mar längft einer der zum freien Hans
sit dem fpan. Amerika berechtigten Häfen, die man puertos habilitados nennt,
bat auch viel Verkehr mit dem noͤrdl. Europa, wohin ed u. a. viel Wolle aus⸗
- Die Stadt zählt 10,000 Einw. und ift feit 1754 der Sitz eines Bifchofs,
me nautiſche Schule und Sciffswerfte.
Sappe, ein Graben, in welchem fih Truppen einem befeftigten Plage
a umd daher nicht leicht gefehen und befchoffen werben koͤnnen. Nach Bes
enheit ihres Gebrauchs unterfcheidet man die mit leeren und hernach erfl
vorn Arbeitern ber Laufgräben zu füllenden Schanzkörben gebaute Sappe, bie
beige Sappe (sappe volante) und die volle Sappe (sappe pleine), wo
appeurs bie Scyanzkörbe felbft ausfüllen. Läßt man Erbmaflen, die man
den Tann, in der Sappe ftehen, fo nennt man ſie die wendenbe Sappe
e tournante). So gibt e8 audy eine Doppelte Sappe (sappe double),
we Seite von ber andern gebedit wird, und eine bedeckte Sappe (sappe cou-
). Dieſe befteht aus einem bedecten Gange von 6 Fuß Höhe und 5—6 Fuß
e, der von Drt zu Drt mit Blenben ausgefegt und mit Faſchinen bebedkt iſt.
Gebrauch der Sappen Eannten fchon die Alten bei ihren Belagerungen. —
peurdwird ein Arbeiter genannt, ber beſonders darauf eingelernt ift, alle Arten
Zerfhanzungen zu bauen und Mauern zu unterminiren. Die Sappeuts bils
ri den meiften Heeren eim beſonderes Corps, find mit Haden, Schaufeln und
Inerımeffern vesfehen, und werden hauptſaͤchlich bei Belagerungen gebraucht. '
t if nb auch die eigentlichen Mineurs und Pionniers mit diefem Corps ver⸗
* apphir oder Korund. Dieſer Edelſtein findet ſich theils kryſtalliſtrt
homboẽdern oder in ſpitzen Gſeitigen Pyramiden, theils in Koͤrnern; er iſt
J oder blau, roth, gruͤn, gelb und braun, oft ſehr lebhaft gefaͤrbt, durch⸗
glasglaͤnzend, zuweilen mit öſtrahlig ſternfoͤrmigem Lichtſcheine oder opa⸗
9 Der Brad) ift mufchlig bis uneben, die Härte nach der bes Diamant
ſichſte im Mineralreiche, das fpecif. Gewicht — 4.0. Er befteht aus reiner
erde. Die ale Ebdelftein brauchbaren Abänderungen finden ſich im Sande
8 Fluͤſſe Oftindiens und Ceylons, ferner zu Hohbenftein in Sachſen, Bilin in
wen, Erpailiy in Frankreich. Die Steinfchleifer unterfcheiden nad) der Karbe:
wientalifhen Rubin, cochenill⸗ und carmolfincoth; orientalifhen
a6, gelb; orientalifhen Amethyſt, violet; orientalifchen
sragd, grün; männlihen Sapphir, rein und lebhaft blau; weib⸗
a ©., blafblau; Luchs ſapphir, ſchwaͤrzüchblau; Birafolen, die
renden, und Sternfapphire, die mit flernförmigen Lichtfcheine. —
weiften werben die Rubine gefchägt, nach ihnen die rein blauen, dann bie vio⸗
I, gelben und endlich bie farblofen Sapphire. Sehr ſchoͤne Rubine bezahlt
oft viel theurer als farbige Diamanten von gleichem Gewichte, auch fleigt ihr
> in einem noch rafchern Verhältniffe, während ſchon die blauen Abänderums
we Preiſe jederzeit tief unter dem Diamante ſtehen. Durch ungleiche und
lei Karben, Wolken und truͤbe Stellen wird ber Werth ber Steine fehr ver
m. — Man ſchleift die Sapphire theils als Brillanten und Rofetten, bie
renden und Sternfapphire en cabochon. Die Heinen Steine endlich, ſowie
üben und mißfarbigen Varietäten werben zum Graviren, oder in Pulverform,
Schmirgel zum Schleifen und Poliren andrer Edelfteine benugt. — Für Rus
werben bisweilen faͤlſchlich rothe Varietäten von Spinell, Granat, Poasinth,
geglühete Amethufte und Topaſe verkauft.
Sappho, eine der berühmteften griechifchen Frauen, Meifterin ib her (gs
4
688 Sara Saragoffa
riſchen Poefie, geb. zu Mitylene auf ber Infel Lesbos, bluͤhte um 6
Alcaͤus, ebenfalls einer der größten Lyriker und von berfelben Inſel gel
Sängerin geliebt haben, aber f. zärtliche Liebe foll von ihe verfchmäht w
Der glänzende Ruhm und die allgemeine Bewunderung , bie fie genof
Ihe manche Verleumbungen und felbft Verfolgung zugezogen zu haben,
fie ihr Vaterland verließ. Namentlich wird ihr eine unnatürliche Liebe |
ſchlecht Schuld gegeben; daher der ſprichwoͤrtliche Ausdruck: Sapphiſch
Sie iſt nicht zu verwechfeln mit der fpätern aus Ereſſus, ebenfalls au
Lesbos gebürtigen und durch den Sprung vom Leufadifchen Selfen berül
denen Sappho, wie [hon im Altertbum von Ovid gefchehen if. €
„Sappho von einem herrfchenden Vorurtheile befreit” (Götting. 1811
da ein fchöner Süngling, Namens Phaon, ihre heiße Liebe nicht erı
trieb die Verzweiflung fie auf den leufadifchen Selfen, von dem fie fich £
mittelländifche Meer ftürzte. — Die Alten legen der dit. Sappho @
ſchiedener Art bei, Hymnen, Oben, Elegien, Epigramme, von den
nige Bruchftüde erhalten find, bie von tiefer Empfindung und feuri
dungskraft zeugen und eine hohe Vollendung der Form haben. Gie fo
derin mehrer Versmaße gewefen fein, wenigftens führt noch jest folg
Namen, das alte und neue Dichter angenommen haben.
-U-=--, vUy-u-u
-=-uU---, VYV-U-U
-uU=---, VYV-u-u
-UUV-Uu —
S. die Bearbeitung ihrer Bruchftüde, von H. Fr. Vogler (Leipz. 18:
die Bildniffe der Sappho f. das „Kunſtbl.“, 1825, St. 4und 5. ©.
. nis Mytilenaeae (139) fragmenta‘ (Berlin 1827, 4.).
Sara (Sahara, arad. die MWüfte) heißt vorzugsweiſe die gri
wüßte der Erde, 60,000 IM., welche ſich in Afrika von der MWefttäft:
dem Staate von Marokko und dem Senegalfluffe, gegen D. durch ganz
Ägypten und zum Theil durch Nubien bi6 ans rothe Meer erftredt; d
byen war ein Theil davon. Nur hin und wieder finden ſich in dieſem
Quellen und fruchtbare Pläge, die Inſeln gleichen (f. Dafe), von de
wohnt find. Berbern und gegen den Senegal hin maurifche Stämme ı
„Handel mit Salz und Gummi.
"Sarabanda, ein kleines für den Tanz eingerichtete® Tonſtuͤck
radem (3: oder 3⸗) Takt, beftehend aus 2 heilen, deren jeber gemeinigli
bat, von langfamer , ernfler Bewegung. Gie rührt aus Spanien h
vormals mit Saftagnetten getanzt wurde, aber heutzutage, fowie bei u
Gebrauch if. i
- Saracenen, Morgenländer, nannten ſich die Araber in Euro
Name Araber, Abendlaͤnder, den fie in Afien führen, in Europa nicht
Saragoffa (fpan. Zaragoza), von einer Colonie des Auguflı
Augusta ober Caesarea genannt, die Hauptft. vom Königreich Arago
nien, liegt in einer fruchtreichen Ebene, am rechten Ufer des Ebro, übı
fleinerne 600 5. lange Brüde führt, 56 Leguat von Mabrid, 564 £
lencia, 182. von Zubela in Navarra. Vor 1808 hatte Saragoffa 1:
40 Kıöfter und 4700 H., mit 55,000 € Die Strafen find, mit ?
des Coffo und einiger andern, eng, winklich und ſchlecht gepflaftert, bie f
aber ftattlich gebaut. Unter den Kirchen ift die Nueſtra Sennora dei Pi
5. zum Pfeiler, in ganz Spanien berühmt. Man wallfahrtet zu dem m
tigen Bilbe der heil. Jungfrau, das auf einer Säule von feinem Jatpis f
Saragofia 689
hat einen Erzbiſchof, e. Univerfität, e. Akad. d. Künfte und e. von der oͤko⸗
Bef. geflift. Aderbaus und Handelöfchule; auch einige Fabriken in Leder,
, Seide. Im der reich angebauten Gegend liegen einige Klöjter und das
migl. Schloß Aljuferia. Unterhalb der Stadt geht der aragonifdye Canal,
ffliche Werk des D. Ramon Pignatelli, in den Ebro. Er führt eine halbe
e von Saragoſſa vorbei, ift 264 Leguas lang, hat 3,250,000 Livres geko⸗
ıd verbindet Navarra und Aragon mit dem Mittelmeer. Wäre ex bis nach
ya verlängert, fo würde er vom Mittelmeere bie in bad Weltmeer eine gerade
rſtraße bilden. — Saragoffa hat große Berühmtheit erlangt durch den bes
tm Muth, mit welchem ihre Einw. unter Palafor (f. d.) den erfahrenften
un Napoleons in 2 Belagerungen (1808 und 18309) den entfchloffenften
fand leifteten: ein Muth, der an die Zeiten ber alten Numantia und Sa⸗
erinnert. Als die Sranzofen im Mai 1808 Meifter von Madrid waren,
der Generallieut. Guillermi in Saragoffa den Oberbefehl. Guillermi, der
Zolk keines Vertrauens genoß, mard ale Staatsgefangener in das Schloß
ria gebracht und Generallieut. Mori zum Oberbefehlöhaber ernannt. Hier⸗
nächtigte ſich das Volk des Zeughaufee, Mori verfammelte eine Sunta, das
ber erklärte ſich fofort gegen die Franzofen und ſperrte die in Saragoffa anmwes '
in bie Citadelle. Nun erfuchte Mori den General Palafor nady Saragofla
men. Kaum hatte er im Kriegerathe ſ. Sig eingenommen, fo zwang das
en Kriegsrath, ihn zum Beneralcapitain zu ernennen, und ganz Aragonien
'e ihn ale Statthalter an. Mit unglaublicher Thätigkeit wurden Waffen
iebet und Pulver bereitet. Spanifche Regimenter in Pampeluna und Ma⸗
ten ſich auf und eilten nad) Saragoffa ; fo auch die Lehrer der Kriegsfchule
cala. Sept rückte der franz. General Lefebre s Desnouettes gegen Saragofla
Er ſchlug am 16. Sun. die Xruppen , die ihm Palafor entgegenftellte. Nun
niten ſich bie Einmw., und binnen 24 Stunden war bie bisher offene Stabt ges
sen überfall geſichert. Saragoffa ward eingefchloffen. Erſt nad) mehren
fen erflürmten die Franzoſen 2 Kloͤſter und den Monte Terrero, die außer:
= Stabt lagen. Der Feind flürmte bierauf, jedoch ohne Erfolg, mehre
Tägliche Ausfälle und der Heine Krieg mit den Bauern flörten f. Belages
wbeiten; auch erhielt die Stade (d. 2. Aug.) eine Verftärtung. Aber an
Tage flog der Pulverfpeicher am Coſſo in die Luft, und den 3. Aug. nahm
ſchießung bes Plage® ihren Anfang. Schon den 4. Aug. drangen die Fran⸗
uch die Sturmluͤcken in das Kiofter S. Engracia ein, und der Häuferkrieg
ı mitten in der Stabt; zugleich Plünderung, Mord und Brand. Endlich
tete fich der Feind auf ber einen Seite bes Goffo; auf ber entgegengefesten
‚die Aragonier mit Erbitterung. Prieſter feuerten buch Gelübbe und Bei⸗
rn Muth an zum Todeskampfe. Weiber pflegten die Verwundeten. Sie
wol auch in die Reihen der Streitr. Man rief zur heil. Jungfrau vom
Diefem Heiligthum, das man ſchuͤtzen mollte, verdankte man bie Ret⸗
er Stadt. Der Feind Eonnte fih vom 4.— 14. Aug. nur 4 Häufer bes
gen. Doch die Flucht Joſephs aus Madrid, ber Nüdzug des franz. Heers
ktoria und das Anrhden der Heerfchar von Valencia zum Entfage der Stadt
ten den General Berdier, welcher an Lefebre's Stelle getreten war, bie Bes
ng in ber Nacht vom 15. Aug. aufzuheben. Die Franzofen warfen ihr
8 Gefchüg in den Ganal und zogen eilig ab. Das Volk jauchzte freudetrun⸗
BS lebe U. 2. Frau vom Pfeiler und der General Palafor! — 4 Monate
nahm die zweite noch merkwuͤrdigere Belagerung ihren Anfang. Palafor
tjegt in Aragonien mit unumfchräntter Gewalt; aber das Volk riß ihn auch
tigen Maßregeln bin. Während der Feind in Bayonne und Pampeluna
eermaffen gegen Saragoffa ausrüftete, fing man hier erft im Sept. (1808)
642 Sardes Sardinien
berkleidern unter f. Beifchläferinnen unthätig gelebt haben. Dabd
das Mißvergnuͤgen f. Unterthanen. Arbaces, ein mebdifcher Satray
ein babylonifcher Priefter, brachten ein Dee gegen ihn zuſammen.
entgegen und fiegte in 3 Schladhten. In dem Glauben, vollton
fein, ‚überließ er fich aufs neue bem Genuß und bereitete ein großes
reiches Heer. Aber Arbaces, von den Bactrianern verſtaͤrkt, überfiel!
richtete eine große Niederlage an und verfolgte die Flüchtlinge bis vo:
Niniveh. Hier vertheidigte fih S. 2 Fahre lang, während alle
wider ihn erhoben. ine überſchwemmung des Euphrat hatte ı
Stadtmauer zerſtoͤrt und dadurch die längere Behauptung von Nin
gemacht. In diefer verzweifelten Lage zuͤndete &. f. Palaft an und
felbft mit allen feinen Weibern, Dienern und Schägen. Er hatte 2%
Seiu Fall wird gewöhnlich in das J. 888 v. Ch., von Volney aber
gefegt.
Sardes, auch Sardis, die alte Hauptft. des Indifchen 9
afien, am Fluß Paktolos, unweit des Berges Tmolos. Unter da
nigen war fie eine prächtige Stadt; befonders lebhaft wegen der Ha
Aſien nad Europa, und ald ein Hauptmarkt für den Sklavenhe
Ch. wurde fie von den Griechen erobert und verbrannt. Dies war ı
des medifchen Krieges. Später verwuͤſtete fie ein ſchreckliches Exbt
Kaifer Tiberius ließ fie wieder aufbauen. Gegenwärtig liegt an '
ärmliche® Dorf, in deffen Umgebung noch jest anfehnliche Trümmer
des alten Sardes zeugen.
Sardinien, Inſel im mittelländ. Meere, mit dem Titel eir
Sie wird zu Italien gerechnet. Auf 430 IM. zählte fie im J. 182
mit 11 Discefen und 392 Kirchſpielen, 490,078 E. Sie ift gege
tperhenifchen, gegen Mittag vom afrikanifchen, gegen Abend vi
Meere umgeben und gegen Mitternacht durch den Canal Bonifaı
getrennt. Der Boden ift fehr fruchtbar an Dt, Getreide, Wein,
dern Baumfrächten. Holz haben die Berge im Überflus, aber wege
an fahrbaren Straßen müffen die Seeftädte ihr meifte® Holz; von
Aus eben der Urfache hat Sardinien auch noch feine Poften. Die
in einigen Gegenden wild herumlaufen, find, ſowie das Hornvi
fhnell und mwohlgebaut. Der Kifchfang ift bedeutend, audy wird
Kaͤſe bereitet, und mit letzterm ein ftarfer Handel nady dem Ausl
Der Handel mit Getreide aber wird durch bie zu großen Auflagen
gehindert. Die Urfache der geringen Bevölkerung liegt: a) In den g
gen. Garbinien hat 376 Lehngüter, von denen bie Hälfte ſpaniſch
bört. b) In den Vorrechten der Geiftlichkeit und des Adels; Kei
Standes kann 5.3. bei einem Gerichtöhofe belangt werden, ſond
ſeines Standes muͤſſen den Streit entſcheiden. c) In der Blutrad
einft in einem Monate an 1000 Mordthaten! Die Sarbinier find,
fen , unverſoͤhnlich rachgierig, aber arbeitfam, aufgeweckt und erfin!
nem Anzuge gleicht der gemeine Sarde einem Wilden. Er trägt
gerbtem Leder; einige hüllen fi in Schaffelle ein. Dies Königı
Haupttheile getheilt, Gapo di Sotto (den untern Theil) und Capo
obern Theil). Die Haupeft. ift Cagliari (f.d.). Sardinien we
lich durch peladgifche Solonien zur Zeit ber Herakliden angebaut, u
vorhandenen Denkmäler, Noraghen genannt, hinweiſen, berenm
der Infel antrifft. Die unverfehrten haben etwa 50 5. Höhe, anı
einen Durchmeffer von 90 F. und endigen am Gipfel mit einem en
gel. Sie find aus verſchiedenen Steinarten auf Hügeln in einer Eh
ardiniſche Monarchie und d. Haus Savoyen, vor 1720 645
en mit einem Wale umgeben. In der Solge gehörte bie Infel nacheinander
ethagern, den Römern, Bandalen, Sarazenen, den Päpften , den beutfchen
1, den Pifanern, den Genueſen und Spaniern; oft gab es langen und blu⸗
Streit um ihren Befis. 1154 erhob Kaifer Friedrich I. die Infel zu einem
eiche. Dapft Bonifacius VIII. verſchenkte Sardinten an das königl. arago⸗
Daus, welches nach mehren Hinderniffen 1324 zum ruhigen Beſitz kam.
F gab Don Pedro von Aragonien am Öfterfefle 1335 der Infel das Geſchenk
af die gluͤckliche Verbindung der öffentlichen Freiheiten mit dem Königthume
eten Verfaffung, bie von den 3 Ständen unterzeichnet und beſchworen
Außer dem allgemeinen Parlamente der fardinifchen Cortes befaß Sardi⸗
ie Aragonien, eine höchfte Behörde, welche gleichſam die Serechtigkeit perz
te, das Juſticiat, oder ein Organ des Rechts zwifchen dem Könige und ſei⸗
terthbanen. In demf. Jahrh. erhielt die Inſel auch ein bürgerl. und ein
es Geſetzbuch, das noch jetzt als gemeines Recht gilt; die Gonftitution aber
on Philipp II. befeitigt. So gehörte die Infel bis 1708, ba bie Engländer
das Haus O ſtreich eroberten, zu Spanien. Im utrechter Frieden (1713)
e dem Haufe ſtreich zugefprochen, dem fie aber 1717 von dem Könige
V. von Spanien wieder entriffen wurbe. Endlich ward Sardinien 1720
ezoge von Savoyen, als Erfag für Sicilien, eingeräumt, welcher fie durch
zicekoͤnig verwalten läßt. Die Einw. Sardiniens werden fehr gelind res
id bei ihren alten Gebräuchen gelaffen. Der Wohlſtand blähte von neuem
er Regierung Karl Emanuels; alfein unter feinem Nachfolger trat Ehrgeiz
Stelle der Berechtigkeit. 1793 fg. brach das Öffentl. Mißvergnügen In
Kufruhr aus, den nach 4 Jahren das Verfprechen ftillte, die alten Rechte
Ande, die 1796 förmlich anerkannt wurden, toiederherzuftellen, welches
noch nicht geſchehen iſt. Fabriken und Manufacturen fehlen faft ganz, und
el hat kein Schiff, um ihre Erzeugniffe felbft auszuführen. Selbſt die Thun⸗
sallenfifcherei wird von andern Nationen, als Engländern, Sranzofen, Ge:
„Sicilianern ıc. getrieben , und eine Abgabe für die Erlaubniß bay, und
wı dem Thunfiſchfang an einige fardinifche Familien, für die Korallenfiſche⸗
an ben König bezahlt. Die Eönigl. Einkünfte waren ehedem fo unbedeutend,
mit nicht die öffentl. Koſten, als die Befoldungen der Beamten und des we⸗
auf der Infel befindlichen Militairs beftritten werben Eonmten. Sie betrus
11 etwa 200,000 Thle., wovon für die Erhaltung der koͤnigl. Kamille und
ſſtaats nicht mehr als 40,000 Thlr. übrigblieben.. Die Einw. find katho⸗
D reden mehre Mundarten, die zum {heil ein Gemiſch des Spanifchen und
Mfchen find. Doc) ſprechen die Vornehmen ein reineres Stalienifh. Spa⸗
Reapolitaner und Sicilianer haben noch große Befisungen auf diefer Infel.
b. de la Marmora’s „Voy. en Sardaigne de 1819 — 25, ou deseript.
L, phys. et polit de cette ile’' (Paris 1826, m. e. Atlas); des ehemal.
Eonfuls in Sarbinin Mimaut „Hist. de Sardaigne ete.“ (Paris 1825,
) und des Seecap. Smyth (Vf. des Werkes über Sicilien) „Present state
sland of Sardinia‘ (Lond. 1828); Petit» Mabel’6 ‚Notices sur les Nu-
Bde ia Sardaigne‘' (Paris 1826).
Bardbinifhe Monarchie und das Haus Savoyen. Der Ans
* biefer Monarchie iſt das Alpenland Savonen. Dieſes Bruchſtuͤck zer:
er Staaten (des alten Koͤnigreichs Burgund, der fraͤnkiſchen Monarchie,
chs Italien unter den Karolingern, und des Koͤnigreichs Arelat) ges
Selbſtaͤndigkeit im Anfange des 11. Jahrh. durch den Grafen Ber⸗
nem Abkoͤmmling des Grafen v. St.» Maurice im walliſer Lande, ben der
Naig von Arelat, Rudolf III., um 1016 zum Grafen über Savoyen ger
Me. Er ift wahrfcheinllch der Stammvater der folgenden Grafen und nat:
al *
⸗
zen g ayrame vuauy une —**8*
Zeit und Umftänden Immer mechfelnbe, oft. geroinnreide Polis
fich befriegenden Staaten: Frankreip, Öfteic) und Spayi
ſchwankte. Durch die Vermaͤhlung Herzog Ludwigs mit Anna
Tochter des Könige Janus von Cypern (1438), und durch das
witweten Königin Charlotte von Cypern, die ihren Neffen, ben
Savoyen, 1482 zum Erben von Eypern einfepte, erhielt das
fprüche auf Cypern, welche Veranlaffung gaben, daß bie Könige
fpäterhin auch Könige von Cypern und Jeruſalem nannten, legı
ſpruͤche des Haufes Lufignan auf das Königreich Jeruſalem. —
des Staats felbft find 2 Zeiträume zu trennen. I. Von der
deſſelden 1383 durch das Teftament bes Grafen Amadeus V.
theilbarkeit ber Länder und die Vererbung berfelben nad) dem
Grundgefegen erhob, bis gut Erwerbung des Koͤnigthums u
der fardinifhen Monarchie in bie eucopdifche Staatenorbuung,,
Frieden, 1720. In diefer Zeit erwarb das Haus Savoyen u
Nizza 1399, und Graf Amadeus VIII. erhielt 1416 vom 8
herzogl. Titel; dagegen verlor es, unter Karl IH. in den Kt
Kaifer Karl V. und dem Könige Franz I. von Frankreich, in
Jahrh. das wallifer Land und Genf, welche ſich unter den Sq
gaben; ferner das Waabtland, welches von Bern in Beſit
Karls IL Sohn, der von den Franzofen aus feinen Staaten
Phitigert Emanuel (ft. 1580), zeichnete fi als Philippe M.
herr im Kriege gegen Frankreich fo aus, daß er durch den Friede
breſis 1559 Savoyen und Piemont wieder erhielt. Larterbeffen
teftantismus in feinen Staaten ausgebreitet. Auf Zureben
Herzog Philibert die Proteftanten, unter benen ſich feit alten
denfer (f.d.) befanden, mit Gewalt belehren; allein er wa
mehrmals von ihnen geſchlagen (In einer Schlacht nerlor ee 70
"ihnen endlich bie freie Religionshbinag einräumen, Ührigens err
Sarbdinifhe Monarchie, feit 1814 645
aige Kari Emanuel III. (von 1730 — 73), welcher 1735 Im wiener Frieden,
VFrankreichs und Spaniens Bundesgenoffe gegen Öſtreich, ein zweites Stuͤck
: Mailand (Tortona und Novara) als Reichslehn, dann im oͤſtreich. Erbfolge⸗
de, durch den Vertrag zu Worms 1743, noch ein drittes Stuͤck von Mailand
Ahlera, Vigevanasco u. ſ. w.) ebenfalls als Reichslehn erwarb. 1762 war er
Mendvermittier zwiſchen Frankreich und England. Durch die kluge Verwaltung
Innern gelangten feine Länder zu einem großen Wohlſtande, und das neue Ge:
wu von 1770, das „Corpus Carolinum‘', ift noch jest ein Denkmal feiner
Mivollen Megierung. Auch in dem Zwiſte mit dem Papft wußte Karl Emanuel
echte der Staatsgewalt nad) dem Concordate von 1726, beftätigt von Bene⸗
XIV. 1742, gu behaupten, Indem er alfe geiftliche Stellen befegte, die Geiſt⸗
Bit befteuerte und die päpftt. Bullen feiner Beftätigung unterwarf. — 2) Die
Whefichen Regierungen des Sohnes Victor Amadeus II. (ft. 1796) und bes
DAS des vorigen, Karl Emanuel IV. (dankte ab 1802). Jener wurde den 25.
841792 in den Bund mit ſtreich gegen Frankreich gezogen, und verlor dadurch
Bept. d. J. Savoyen und Nizza. Diefer verband fi) zwar mit Frankreich den
Horit 1797 gegen Öftreich, ward aber beffenungeachtet von dem franz. Directo⸗
w, das die Stimmung bes durch große Auflagen, Drud und Vorrechte bes
esbitterten Volks für fi) benugte, mit Krieg überzogen und gezwungen (bem
. 1798), dem Befige aller feiner Staaten auf dem feften Lande zu entfagen,
fämmtlid, Frankreich einverleibt wurden. Er behielt bloß Sardinien, wohin
by mit feiner Samilie begeben mußte. Den 4. Sunt 1802 überließ er die Re⸗
Bang feinem Bruder, Victor Emanuel I., und lebte hierauf im Privatftande zu
Fr er 1817 Jeſuit geworden und 1819 geftorben ift. — Seit 1806 gehörte
nebft Genua zu dena Eaiferl. franz. Generalgouvernement jenfeite ber Als
— 3) Die Wiederherſtellung und Vergrößerung ber farbin. Monarchie durch
Congreß. Victor Emanuel I. kehrte den 20. Mai 1814 in feine Reſi⸗
Zurin zurück da ihm die Siege der Verbuͤndeten und ber parifer Friebe feine
auf dem felten Lande wiedergegeben hatten. Nur halb Savoyen blieb noch
ch, warb aber ebenfalls, nebft ber Souverainetät über Monaco, durch
er Vertrag vom 20. Nov. 1815 ihm zurückgegeben, wogegen er (den 23.
1816) die Bezirke von Carouge und Chesne mit 12,700 E. an Genf abtrat.
fand es noch der wiener Congreß feinen Berechnungen der Machtverhäits
gemäß, den König von Sardinien ald Heren der ital. Alpenpaͤſſe zu verftärken.
fi) aber mochte wol England durch die Seeverbinbung mit bem turiner Hofe
fiſchen Stapel für feinen Dandel gewinnen wollen. Darum ward bie alte
Me Genua nicht wieberhergeftellt, fondern als Herzogtum ben 14. Der.
mit der ſardin. Monarchie vereinigt. — König Victor Emanuel hat die alte
ung, wo e® nur möglich war, erneuert, die Sefuiten aufgenommen, den
Bund unterzeichnet und die firengfte Cenſur eingeführt. 1818 erklaͤrte er bie
der franz. Regierimg gemachten Verkäufe der Domainen für unmiderruflich
den Ausgewanderten, welche dadurch ihre Güter verloren Hatten, als Ent:
g eine Rente von 400,000 Lire an. Als Englands Bundesgenoffe er:
er durch den britifchen Admiral, Lord Ermouth, einen dauerhaften und ehrens
Srieden mit den Barbaresten. Im März 1821 fand er ſich durch innere
Korn, weiche die Beſetzung des Landes von Seiten Oſtreichs zur Folge hatten,
‚ dem Throne zu entfagen, und hatte feinen Bruder, den jet regier. Koͤ⸗
ar! Felix, zum Nachfolger. Überhaupt haben die neueften Ereigniffe feit
kemontifchen Revolution (f. d.) die politiſche Stellung der ſardin.
XR inwiefern fie bei den Conferenzen des wiener Congreſſes als dee Wall
fe Ereich und Oſtreich bezeichnet wurde, in ihrer vollen Bedeutung ges
ar. & der Unterdruͤkung jener Dititairrevolution duch Dfreidyb Wohre
646 Sardinifhe Monarchie, feit 1814
trat König Karl Felix feine Regierung mittelft einer Kundinachung (de 1
1821) an, welche die Grundſaͤtze der öffentlichen Verwaltung ausſprach.
babe — hieß e8 darin — die Hirngeſpinnſte des mobernen Phltofophit
Schande gemacht, — es würden nun bie gluͤcklichen Zeiten wieberfonmen,
chen bie trügerifchen und verkehrten Theorien ımferer Tage verachtet, die!
dagegen , die guten Sitten, die väterliche Zuneigung des Königs und die g
Ergebenheit der Unterthanen, die einzigen Grundlagen der Gluͤckſeligkeit de
feten”. Die von dem fardin. General bella Torre mit ben Geſandten von
Rußland und Preußen zu Novara am 14. Juli 1821 abgefchloffene Über
wegen Befegung einer militatrifchen Linie in den Staaten bes Königs vo
nien durch ein zur Verfügung bes Königs geftelltes Hülfscorps, warb ı
Der farbin. Staat hatte dafür, außer den Naturalleiftungen, jährl. 6 M
ten baar an Oſtreich zu zahlen. Hierauf nahmen die Hocdhverratheprer:
die Urheber und Theilnehmer der Revolution ihren Anfang. Sie routden ı
geendigt. Entſcheidend war die Auflöfung derjenigen Regimenter, welch
die Staatdveränderung erklärt hatten. Dagegen dauern bie ſtrengen Vorfi
regeln, welche fir nöthig erachtet wurden, um revolutionnaite Gefinnun:
Wurzel zu erftiden, noch jegt fort. Für die Univerfitäten Zurin und ©:
allein die Literatur ein veges Leben zeigt, während fie auf ben beiden Uni
ber Infel Sardinien, Cagliari und Saffari, zu ſchlummern fcheint) , erſch
eine Eönigl. Verordnung , welche den Studirenden insbeſondere die Erfuͤll
religiöfen Pflichten einfhärfte und 4 Studienpraͤfecte anzuftellen befahl,
die religiöfe und moralifche Aufführung der Studenten wachen follten. N
ger und ausführlicher war die Verordnung über das Disciplinarunteri
Auflichtöwefen der Gymnaſien, Lyceen und untern Schulm. Damit
Wiederherſtellung ber Jeſuiten auf der Infel Sardinien und im Herzogtb
vopen (im Febr. 1822) in Verbindung. Diefer Geſellſchaft wurden nicht
Privatunterrichtsanftalten,, ſondern auch die koͤnigl. Schulen anvertraut
Juli 1823 erhielt fie die oberfte Leitung der wichtigen, feit einem Jahre a
nen, jest mieberhergeftellten Erziehungsanftalt, des fogen. Provinzialce
beffen Rector von ihr ernannt wird. Auch die Juden traf eine ihe Grunde
beſchraͤnkende Maßregel. Die bis zum 1. Jan. 1824 nidyt verkauften Ji
ſollten vom Staate feilgeboten, und der Erloͤs den Juden eingehändig
Doch ward ihnen geflattet, Staatspapiere an fi) zu kaufen und ihre Haͤr
Fudenquartieren der Städte zu behalten. Außerdem wurden viele, fehr
dige Verbefferungen in mehren Zweigen ber Staatsverwaltung wenigſte
reitet, u. A. ein neues Hnpothefenmefen und ein neues Militairgefegb:
den vorzüglic in Genua jet aufblühenden Seehandel gegen die Barba
befhüsen, mufite das gefammte fardin. Geſchwader (2 Blockſchiffe, 1
1 Corvette, 2 Briggs und 3 Boeletten) im Jun. 1822 aus dem Hafen
nua auslaufen. Tunis, das fchimpfliche Foderungen an bie farbin. 9
machte, ward dadurch zum Nachgeben bewegt, es kehrte aber bald zu fein
gen Syſteme zurüd. Großbritanniens Macht und Geſchenke vermitts
lich den Frieden, worauf im Suli 1825 von der fardin. Regierung 2 orl
Staatswagen mit fardin. Pferden und der nöthigen Bedienung dem De
gier und dem Bei von Tunis zum Gefchent überfchidt wurden. Die fart
beisflagge wird jegt auf allen Meeren gefehen, felbft im Plataſtrome w
MWeftküfte von Suͤd⸗ und Nordamerika. Es war baber der Freundſcha
Handelsvertrag ſehr wichtig, den die fardin. Megierung mit ber Pforte
1823, durdy die Vermittelung des britifchen Gefandten in Konſtantinop
Strangford, abfchloß, wodurch die Unterthanen bed Königs von Garbinl
befondere die Genueſer, ihre vorigen Rechte in Anfehung bes Handels
Sardinifhe Monarchie, feit 1814 647
w Schifffahrt auf dem ſchwarzen Deere wiebererhielten. Seitdem foll fidh
ma, dies behaupten amtliche Nachrichten, mit der farbin. Monarchie immer
> ss einem Ganzen vereinigt haben, obwol noch einige mächtige Familien die Un:
mgigkeit ber alten Republik und ihren eignen oligacchifchen Einfluß zuruͤckwuͤn⸗
. mögen. Mit der wiederhergeftellten Ordnung nahm der Wohlftand und mit
m die Bevoͤlkerung zu. 1825 gab man die Volksmenge ber fardin. Staaten
5,168,417 Seelen an, roorunter die Infel Sardinien aber nur 490,078 zählte.
we Befeftigung der Ruhe trug insbeſondere noch die Bildung des neuen koͤnigl.
m6 viel bei. Diefes kam jedoch, mittelft einer der franz. ähnlich eingerichteten
meiption,, erſt 1823 zu Stande. Nun konnten die Mächte auf dem Congreſſe
Bessna 1822, wohin ſich der König Karl Felix nebft feiner Gemahlin im Nov.
B begeben hatte, eine Verminderung des Beſatzungsheeres in Piemont ſchon
Ende 1822 eintreten laſſen, worauf am 29. Sept. 1823 mit ber Räumung
BHieffandria die legten Zruppen der Schutmacht Staliens vertragsmaͤßig abzo⸗
„Beil man jedoch befürchtete, dag die geflüchteten Piemontefer und anbre
we, die in der benachbarten Schweiz eine Sreiftätte gefunden hatten und bas -
Ye Druckſchriften ihre Anfichten verbreiteten, auf die innere Ruhe des farbin.
mubes einen gefährlichen Einfluß erlangen und frühere Verbindungen wieder
Bpfen Eönnten, fo bewirkte man durch Vorftellungen bei der Tagfagung nicht
B die Entfernung ber Geaͤchteten und Verdaͤchtigen, fonbern auch eine größere
g ber in der Schmelz noch vorhandenen Preßfreiheit. Auch mit Spas
noch vor der feindlichen Überziehung diefe® Landes 1823 durch die
wofen, alle Handelöverbinbungen unterfagt. In bem franz. Deere, das bas
Kunter dem Derzog v. Angouleme bis Cadix vorbrang, diente der fardin. Throns
‚, Prinz v. Carignan, welcher bisher wegen feines Betragens in ber piemons
Revolution vom farbin. Dofe entfernt gelebt hatte, als Freiwilliger. Er
bei mehren Gelegenheiten fo viel Tapferkeit, daß er nach feiner Ruͤckkehr
Dem Felde am 3. Dec. 1823 in Paris mit Auszeichnung empfangen wurbe
Vierauf aud) am turiner Hofe wiedererfcheinen burfte. Sardinien fchloß ſich
weniger an Frankreich, fondern immer enger an Öftreich an, ſowol was feine
BRegierungspolitit betraf, als in Hinſicht auf Italiens Angelegenheiten übers
Der am 10. San. 1824 erfolgte Tod des vom Thron 1821 freiwillig her⸗
en Könige Victor Emanuel war, bei dem ohnehin legitimen Beſitzſtande
Macyfolgers, ein gleichgältiges Ereigniß. Zwiſchen ſtreich und Sardinien
4 ein Vertrag über gegenfeitige Freizügigkeit des Vermögens und der Erb⸗
ber Unterthanen beider Mächte zu Stande. Die Sreundfchaft, welche beide
» verbindet, zeigte fich auch während ber Anwefenheit des Kaiſers und der Kai⸗
von Oſtreich zu Mailand, mo fich die Minifter der erften europ. Mächte im
1 1825 verfammelt hatten. Der König und die Königin von Sarbinien bega>
Bi damals nach Genua, um dafelbft den König und die Königin von beiden
ju empfangen, welche von hier nach Mailand gingen. Darauf flatteten bie
b verfammelten Souveraine dem Könige von Sardinien in Turin und
einen Beſuch ab. Indeß hat biefer Congreß zu Mailand keine Veränbes
in ber politifchen Lage Italiens bezweckt. Die Politik Italiens ift auf Er:
und Befeftigung des Beſtehenden gerichtet. In diefer Hinficht war allein
Inſel Sardinien der alte Zuftand durch nichts geftört worden. Daß aber
Sortbauer der Ruhe auf dem Feſtlande noch nicht alle Beforgniß verſchwun⸗
fd, kann man daraus ſchließen, daß fogar bie fortfchreitende Bildung des Volks
Pier Einfluß vielgelefener Schriftfteller von der fardin. Regierung gefürchtet
b Wenigfiens verbot 1825 ein koͤnigl. Edict das Leſen⸗ und Schreibenlernen
d. Die fich nicht über den Beſitz von 1500 Lire, und das Studiren Denen, bie
che kber ebenfo viel an Renten ausweiſen koͤnnen. Auch follen neuerlich Übers
3,441 O., Darunter SUULUU Sranzöjen in Savoen, 21,9
3,200 Inden. Sie befteht I. aus ben Staaten bes feiten ka
zum Behuf ber innern Verwaltung in 8 Bezirke gethellt wurden
Coni, Aleſſandria, Novara, Aoſta, Nizza und Genua. Diel
Herzogth. Savoyen; 2) das Herzoyth. Piemont; 3) die Gra
Sürftenth. Monaco; 4) die Herzogth. Montferrat und Mailant
5) das Herzogth. Gmun; und enthalten zufammen 887 IM.
in 2727 Gemeinden. — II. Aus dem Königreich) und der S
(f.d.). — Die Einkünfte ber Monarchie betragen 21,852,0001
{halb firdgt man auf 60 Mir. Gibn. Die Landmadıt iſt 28,01
dem 40,000 M. Natlonalmüliz auf der Iufel Sardinien. Die
gatte, 3 Schooner, 5 Galerren. Der König vertheilt 3 Rittero:
tündigung Mariene (dell Annunziata); 2) D. d. heil. Morig x
Militairorben von Savoyen, geftiftet 1315. Außerdem gibt ei
hen, das Kreuz der Treue. Die Macht des Könige iſt erblich u
An der Spige ber Verwaltung ftehen 3 Staatsfecretaice. In S
fände vorhanden, und in Genua ift zur Einführung neuer A
mung ber ftändifhen Colleglen jedes Beſirks erfoderlich. Dei
nicht fteuerfrei. Die Geiftlichkeit (39 Erz» und Bisth., 3,9
Manns⸗ und 144 Normenttöfter) iſt nicht fehe reich. Die php
ein Goncorbat befhräntt. Die höhere Bildung (auf 4 Univerfiä
Cagliati amd Gaffarl, in 41 Gymnaſien und 39 Seminarien
Wiffenfhaften und Känfte u. f. wo.) iſt noch ſeht durch Lehr»
hemimt. Der Handel befchäftigte 1826 über 4000 Schiffe. — 2
„Storia di Sardegna” ¶ Tutin 1825, Bd. 1); Luigi Eribrari
la storia dei prineipi di Savoja” (Turin 1825).
Sarbonyr, f. Quarz.
Sarfasmen, griech., urfprängt. ber hohnfprechende
fallenen Feind; im aligemein angenommenen Sinne aber bei
bittere Anzuͤglichteiten. — Sarkaftifd, heifen Bitterkeiten
fam duch Mark und Bein bringen; eine Perfon oder audy ih
farkaftifäb. wenn ſie aewohnt ift, ſich ſolche Witterkeiten aeam 1
Sarmaten Sarpi 649
Udwerken verzierte, auf bie Monumente gefegt, mit denen man bie Gräber
36, um fie gegen Verlegung zu ſchuͤzen, ausfchmüdte (monumentum 1. q.
nentum). Dit den Zeiten der Kalfer fcheint blefe Sitte allgemeiner gewor⸗
; fein, und roͤmiſche Prunkſucht verwandte in ber fpätern Pertobe dazu die ſel⸗
ı Steinarten, wie Porphyr und Breccia. Man hatte an den granitenen und
beenen Gteinfärgen der Agypter das Vorbild. Die Entfernung von dem
user mag der erfte Anlaß geweſen fein, die halb erhabenen Arbeiten daran fehr
senten zu laffen, damit duch den Schatten die Theile ſich beffer abhüben.
Beleg zu diefen Annahmen gibt die Sräberftraße In Pompeji, wo noch mehre
Monmmente fich vollftändig erhalten haben. — Bon der großen Dinge auf
bonmener Sarlophage — diefen Namen in der gemöhnlichen ungenawen
zung genommen — find mehre den Alterthumstennern bekannt durch bie
na, bie man ihnen zugetheilt hat. So der Sarkophag des Homer In den Bes⸗
Bo’fchen Gärten zu Peteröburg, eine Arbeit der fpätern Seiten; ober ber Sar⸗
z des Alerander/ jetzt im britifchen Diufeum, einft in ber Moſchee des h. Athas
B zu Alexandtia, der, von ben Franzoſen während Ihres Feldzugs feinem Platze
Er, den britifchen Heeren mit einer Menge alter Denkmäler zufiel; er iſt aub
Icher Breccia gearbeitet, und die engl. Archäologen haben Scharffinn und Ges
makeit aufgeboten, um feine Echtheit zu bemweifen. Bekannilich war e8 ba6
Mal der Leiche Alexanders, oft ihre Stelle zu verändern: vom Tempel des
er Ammon kam fie nad) Memphis, fpäter nach Alerandria; dort fah fie Au:
B und Septimius Geverus (202 n. Chr.). Bei ber fanatifchen Wuth ber
Ben, die fo viele Tempel zerftörten, nimmt man an, fei der Körper verſchwun⸗
ber das Grab, als zu prächtig in einen Tempel des h. Athahafins verwan⸗
habe widerſtanden, der Surkophag fel als Gifterne gebraucht worden. Dies
aben fcheinen freilich Chryfoftomus Worte (,„Opera”, X, 625, ed.
ne.) entgegen zu fein, aber eine orientalifche Zradition fuchte dort die bes
Stelle. Diefer mit Hieroglyphen über und Über bedeckte wannenfoͤrmige
ift Dusch Elarke (‚The tomb of Alexander”, Cambridge 1805, gr. 4.)
befchrieben und abgebildet worden. 19.
armaten, Sauromaten, bießen bei den Alten die ſlawiſchen um
onen, weiche bie Nordlaͤnder Europas und Afiens bewohnten. Das europ.
im begriff (nach Gatterer, der es jedoch wol zu weit ausbehnte) Polen von
jichſel an, Preufien, Kurland, Liefland, Rußland und die europ. Tatarei mit
Kim, das afiatiiche aber das afintifche Rußland, Sibirien und die Mongolei.
Barmaten lebten nomadiſch. Sie follen Abkoͤmmlinge der Meder fein, und
wen urſpruͤnglich in Afien zwifchen Don, Wolga und Kaukaſus. Cie erfcheis
6 Bimdesgenoffen des Koͤnigs Mithridates VI. von Pontus, waren fchon das
diesſeits des Dons anfällig und nachher gwifchen dem Don und der Donau
Beeitet. Sie waren einige Zeit den aſiatiſchen Rönigen furchtbar. Unter ihnen
kmerkwürbig die Jazyger und Roxolanen. Mit den Römern führten fie Tanz
& blutige, melſt ungluͤckliche Kriege. 407 n. Chr. 309 ein Theil von ihnen mit
Birbaren nach Gallien; die zurückgebliebenen beswang Attila. Nach dem Tode
Bas unterwarfen fie fi) dem Kaifer Marcianus, der ihnen Wohnpläge an der
Im aniwies. Hier vermifchten fie fich ſpaͤter mit den Bothen zu einem Volke.
Sarpi (Paolo), Pietro mit Vornamen, als Ordensbruder Fra Paolo, geb.
we 1552, erwarb ſich früh, mit feltenen Talenten außgerüftet, bervuntdern®s
Age Kenntnifſe und trat in f. 14. 3. in den Orden der Serviten. Er kam m
egtum zu Padua, wurde Dr. ber Theologie und in f. 26. J. Provinzlat
beuß, ferner Generalprocurator, und erwarb fich zu Rom, wo er ſich aufhal⸗
Rußte, allgemeine Hochachtung. Aus Neid ward er bei der Inquifition wegen
une Verbindungen mit Ketzern und Juden fälfchlich angeklagt unt hatreny am
650 Sarter Sarti
f. weitern Beförderung gehindert, bis ihn die Republik Wenebig in de
Streite mit Papft Paul V. zu ihrem Theologen und Gonfulenten erwaͤhl
gab ſich nun wieder nad) Venedig und vertheibigte fein Vaterland mit
Klugheit als patriotiſchem Eifer gegen die Angriffe des Papftes. Di
verbankte er es aber, daß er von Banditen angegriffen und mit 15 ©
roundet wurde, fobaß er auf der Stelle liegen blieb. Dan wußte nicht,
die Mörder gedbungen waren. ©. meinte, daß dieſes Styl des roͤmiſche
(in stylo romanae euriae). Ein zu biefem Anfall gebrauchtes Mord
warb in ber Kirche der Serviten zu den Füßen eines Chriftusbilbes aufs
der Inſchrift: „Deo filio liberatori”. Mod) einmal verfuchten es D
Nachts in f. Schlafzimmer, wozu fie ſich Nachfchlüffel verfchafft hatten,
gen; doch ward dies Vorhaben zufällig entdeckt und durch bie Berieffcha
man fid) bemächtigte, außer Zweifel geſezt. Noch mehrmals machte mu
auf fein Leben, aber der Cardinal Bellarmino, welcher ihn, ungeachtet v
Anfichten, hochachtete, warnte ihn, auf feiner Hut zu fein. Um fidy ge
Angriffe zu fichern, hielt er fich von jegt an eingezogen in feinem Kiofle
1623. — Er war einer der edelften und wahrheitliebendften Männer
Kirche und einer der würbigften hiftorifchen Schriftfteller Italiens. Do
Niemand und nad) ihm haben wenige Theologen feiner Partei Papf
kath. Kirche genauer unterfcheiben gelehrt, wider die Einmifchung bei
Gewalt in Welthändel, wider die Unfehlbarkeit der Päpfte, wider blinde
und Jeſuitismus freimüthiger geeifert, genauer die Beſtimmung und diı
che ber Kircheneinkünfte (,‚Trattato delle materie beneficiate”, a
Nuͤrnb. 1786), oder die Rechte des Staats in Ruͤckſicht der geiftlich
beffer entwickelt als er. Er war ein Feind aller Sectiterei und fällte die
Urtheile über Luther und die deutſche Kicchenverbefferung. ein Haupt
Geſchichte der tridentinifchen Kirchenverfammlung (,„Istoria del Coı
dentino‘‘), welches zuerft zu London 1619 unter dem erdichteten Nam
Soave Pobano“ herauskam, nachher in vielen Aufl. erfchien und auch
fche von Rambach überfegt ift. Unter f. übrigen Werken find f. Briefi
lehrreich und anziehend. Auch in ber Naturkunde, Mathematik und Dr
große Kenntniffe. Die erſte voliftändige Ausg. feiner Schriften erfchlı
Venedig in 6 Bdn., 12.
Sarter, Zerter, heißt beim Schiffbau das Modell eines S
fhriftliche Entwurf dazu, bie Bauart, das Verhältniß aller Theile geg
Jede Nation hat ihre beſondern Garter, und ein erfahrener Seemann cı
Schiff ſchon an feinem Sarter, welche Flagge es auch führen follte.
Sarti(Giufeppe), Tonfeger, geb. zu Faenza 1729, ward 1756
meifler zu Kopenhagen und zugleih Muſik⸗ und Gefangmeifter der jr
ften. Er componirte hier einige Opern, fand jedoch damit nicht fonderlid;
1768 ging er nach England. Einige Zeit darauf ward er Capellmeiſte
servatorio della pietä zu Venedig. Von biefem Zeitpunkte fängt fein ı
in Italien an. Dan pries f. Compofitionen als himmliſche Muſik A
bemuͤhten ſich um f. Stüde und gaben ihm Aufträge. 1782 ward er pı
meifter am Dom zu Mailand ernannt. Unter f. Opern hat „Giulio Sa
größte Auffehen gemacht, welche ex 1781 für das Theater von Venedig
batte und welche 1734 zu Wien gebrudt wurde. Aber eben diefe Oper |
wahren Kennern, daß ©. bei einer ſchwachen und mangelhaften Hamm
zige Kunft beſitze, dem Sänger eine leichte und anmuthige Melodie gu lief
Muf verbreitete fich indeß auch durch a. Opern, wie bie „„Gelosie villanı
den Norden. Die ruffifche Kaiſerin berief ihn nach Peter&burg, um hieran
ber Capelle vorzuftehen. Ex kam 1785 dort an und bebutirte mit einer
Sarto 651
ufik und einigen Pſalmen, die von 66 Sängern und 100 ruſſ. Hoͤrnern,
en gewoͤhnlichen Saiten: und Blasinftrumenten, ausgeführt wurden. Da
aungeachtet die Muſik noch nicht raufchend genug gefunden, fügte er bei eis
ı Deum, welches er bei der Einnahme von Oczakow aufführen ließ, noch
mfchüffe hinzu. Die Kanonen, von verfchiedenem Caliber, in dem Schloß⸗
fgefahren, machten, indem jie zu manchen Stellen den Baß fpielten, eine gar
eWirkung. Nach der Aufführung f. „„Armide” 1786 beſchenkte ihn bie Kai⸗
He einer goldenen Dofe und einem Demantring. Bei mehren gegen ihn
ne Sängerin Tobi angefponnenen Kabalen von Potemkin in Schug genom⸗
michtete er auf einem ihm von demfelben gefchenkten Dorfe eine Singfchule,
ber 1793 in Petersburg wieder als Sapellmeifter angeftellt. Die Kaiferin
te ihn zum Director des Confervatoriums von Katharinoslow mit einem
von 35,000 Rubel und freier Wohnung, beroilligte ihm 15,000 Rubel
Neiſekoſten und erhob ihn in ben ruff. Adel vom erften Rang. Auf einer
a fein Vaterland (1802) ſtarb er zu Berlin im 74.3. Die Hochachtung,
is Componift im Auslande, wie auch in f. Vaterlande, genoffen hat und ges
&Geint ihm in minderm Grade in Deutfchland zu Theil geworben zu fein, wo
Dpern nur einige tomifche auf die Bühne gefommen find, 3.3. „Fra i due
ki il terzo gode” (‚Wenn Zwei mit einander flreiten, gewinnt der Drit⸗
Er hat aber auch im firengen Kirchenſtyle mehres Gute gefchrieben und eine
Ine erfunden, die Zahl der Schwingungen zu beflimmen, welche ein Ton in
Befmde madıt.
Barto (Andrea bei) — fein eigentliher Name ift Andrea Vannucchi —,
ehhmter Maler ber florentin. Schule, geb. zu Florenz 1488. Er hatte uns
nte Lehrer und bildete ſich mehr felbft durch das Studium großer Vorbilder,
mardo und Michel Angelo, aus. Einige behaupten, e6 habe ihm an Feuer
ſindungskraft gefehlt, weßhalb er fidy auch bei einigen f. Compofitionen ber
B befannt gewordenen Blätter bes Albrecht Dürer bedient habe. Mit einem
I Blorentiner, Marcant. Francialigi, eröffnete er gemeinſchaftlich eine Werks
u Florenz und arbeitete Viel für f. Vaterflabt. Franz I., zu welchem durch
De fein Ruf gedrungen, zog ihn mit einem anfehnlichen Gehalte 1518 nach
wich. Aber feine verfchtwenderifche Frau, welche er fehr liebte, verleitete ihn
adank gegen diefen Zürften. Er ging nicht nur bald wieder nach Stalien zus
ondern wendete aud) bedeutende Summen, welche fein hoher Kunſtgoͤnner
me Ankauf der Gemälde guter Meifter in Italien hatte zuftellen laffen, zw
und feiner Frau Bedarf und Vergnügen an. Er bereuete zwar feinen Fehler,
he aber nicht, den König zu verföhnen. Unter Anderm malte er auch damals
Iae Opferung A'brahams, welche fpäter in die dresdner Galerie gekommen iſt.
. großen Meifterhaftigkeit in der Nachahmung erzählt man die Anekdote,
Rafael’ Portrait des Papſtes Leo X. fo täufchend nachgeahmt habe, daß es
von Biulio Romano, der an ben Gewaͤndern mitgearbeitet hatte, nicht er
worden fei, bis Vafagi den Betrug entbedte. Zu feinen berühmteften und
n Werken gehört noch eine Grablegung im Palaft Pitti, und ber todte Hei⸗
nit Maria und den Heiligen in ber großherzogi. Galerie, ferner eine ſchoͤne
una in der Kirche l'Annunziata, genannt Madonna del sacco, ſowie mebre
m Florenz. ine Carita, jegt in Bafel, Tobias mit dem Engel und mehre
Familien, die Gefchichte Joſephs in 2 Gemälden, in dem parifer Mufeum,
Imfalls berühmt. Sein Nachtmahl Chrifti fehonten die bei der Einnahme
orenz 1529 in das Mefectorium, wo er fich befand, eindringenden Soldaten,
e der Anbli überrafchte und in Staunen verfegte. Er flarb an der
530. Seine Gemälde zeigen einen guten Zeichner und Goloriften, feine
fitionen find anmuthig und haben eine gefällige Rundung; auch braptet er
052 Saffoferato Saturnus
fehr gut. Zumellen wirkt er zu ſehr nach Effect hin. Sein Schuler m
Mantormo.
Saffoferato, von feinem Geburtsorte gemöhnlich To genaı
lich Stambattifta Salvi, geb. 1605. Er lernte die Elemente ber Mi
Vater Tarquinio; fire bildete er ſich in Rom unter Dominichino,
Albeni. Seine Werke nahmen beſonders den fleißigen Charakter bes Let
gteichen fich fehr. Er malte beſonders Mabonnen mit dem Kinde, letzte
theils ſchlafend, die Diutter es mit einem Schleier bedeckend oder den €
Uch aufhebend. Seine Köpfe find ſehr lieblich und ausdrucksvoll; im 1
des blauen Gewandes zeigt er große Kunſtfertigkeit. Groͤßtentheils ma
ben Figuren. Won feiner Mater dolorosa hat Folo einen ſehr ſchoͤnen
geliefert. '
Satelliten, aftron. fo viel al8 Trabanten (f.d.), auch
Mebenplaneten; doch hat diefes Wort, wenn von Menſchen bie Het
ſchlechten Nebenbegtiff, der bei Krabanten nicht flattfinbet.
Satrapen hießen die Statthalter der einzelnen Provinzen bi
reiche; die Statthalterfhaften Satrapien. — Die Neuern bebi
Worts Satrapen im Allgemeinen zu Bezeichnung angeſehener B
das Volk ober ihre Untergebenen drüden: Tyrannenknechte.
Sattelhoͤfe nennt man gewiffe Arten von Landgätern, meld
die Vorrechte der Rittergfiter genießen, aber doch viele Freiheiten und
den gewöhnlichen Bauergätern haben. Sie kommen befonder& In Obe
derſachſen vor und find meift alle zins⸗ und fleuerfreie Güter; UÜberble
Tiger ‚größerer Befigungen mit verfchiebenen Rechten und ohne Hint
Outöherrlichkeit, zuweilen auch fleuerfrei, gewoͤhnlich amtsſaͤſſig.
fie auch ſattelfreie Güter; und ihr Name kommt nad) der wahrſcheinl
hung von bem Lat. Sedes (Gig oder Wohnfig eines Abeligen) her, wo
hof, Sadelhof und zulegt Sattelhof gemacht worden iſt.
Sättigung iſt derjenige Zuftand, in welchem durch bie Ar
Speiſe das Verlangen des Magens barnach befriedigt iſt. — Chemif
Sattigung zwifhen 2 Körpern, die gegenfeitig auf einander wirken
wenn fie fich gegenfeitig fo verändert und vereinigt haben, daB alle V
Hört. Salz wird vom Maffer aufgelöft, doch hat diefe Auflöfung i
diefe Grenze, wo das Waffer nicht mehr wirkt, beftimmt die Gättigun
ein Probuct mit neuen Eigenfchaften entflanden, das Waffer ift fpecif
geworden, hat einen andern Gefhmad angenommen; das als bagey
die Vereinigung feine fefte Form verloren. So gibt ferner eine Saͤut
Alkali gefättigt ein Salz, welches weder faure Eigenfchaften noch aHl
eigt, ſondern neue, d. i. neutrale, angenommen hat. Inſofern Ift 9
iren (f. d.) mit Sättigung einerlet.
Saturnus, urfprünglich eine alt:italifche Gottheit, welche fp
griech. Kronos umgebeutet wurde. Uranus und Gaͤa beten die 6 Titani
Der Juͤngſte diefer Titanen war Kronos (die Zeit), welcher, als Uran
einkerkerte, von ber zuͤrnenden Mutter zur Mache deßhalb aufgefodert,
Dippe, tete Heflod fagt, die Scham des Vater hinwegmaͤhte, mworamf
Hertſchaft entfeßt wide, bie Titanen ihre eingekerkerten Brüder befre
Herrſchaft in des Kronos Hände kam. Diefer vermaͤhlte ſich mit Bih
mehre Söhne und Töchter gebar. Aber da er wol mußte, ba auch ih
nung von einem Sohne bevorſtehe, verfchlang er die ihm geborenen Ktı
Zeus wutde gerettet, Indem Rhea ſich auf Kreta verbarg, mo Gaͤa Ihe ı
verbieß. Dem Kronos reichte Rhea einen Stein in Windeln bar, ben:
nengeboremen Knaben veriäjlang. Auf ein non ber Gaͤa und Reis ihes |
Saturnalien Satyr 658
mittel aber gab er ſowol biefen Stein als alle verſchluckte Kinder wieber
wit bern SBeiflande nun Zeus ihn und die Titanen befriegte und nach
zem Kampfe entthronte. Kronos wurbe ſammt den Zitanen in ben Tarta⸗
zekerkert, aus dem fpätere Dichter ihnen Erloͤſung gaben; Zeus aber ex
nad Pindar, den Kronos als Beherrſcher bes feligen Eilandes im weſtlichen
w. Das unbefannte Heöperien galt für das Land, wo Uranus und die fuls
Zitanen geherifcht haben. Als man fpäter dies Land näher kennen lernte,
renos und das goldene Zeitalter nach italien verfegt. Kronos mit Satur-
wifchend, dichtete man, Saturn babe, des Reiches entfegt und vor ſ. Sohne
Italien zu feinem Zufluchtsorte gewählt und fich in Latium (von latere)
im. Hier theilte der uralte König Janus die Oberherrfchaft mit ihm, und
erbaute auf dem capitolinifdhen, ehemals ſaturniſchen Berge bie Stadt
mia. Auf dem Forum in Rom fand fein Tempel, in welchem man ben fs
zu Schag verwahrte. Die faturnifche Zeit iſt als das golbene Alter unver:
geblieben und von den Dichtern mwetteifernd gepriefen worden. Friedlich
Vie Jahre dahin und jedes Augenblid bot eine Fülle heitern ungetrübten
ennſſes und reiner unverbitterter Freuden bar. Ex wird auch zum Vater
cauen Chiron gemacht.
—* ein Feſt bei ben Römern zum Andenfen an die gluͤckliche
we Saturn's Weltherrfchaft, go unter den Menſchengeſchlecht Gleichheit
Wet befkanden, Treue, Verttauen und lebe Alle verbrüderte und Unter:
w und Empörung fremb waren. Sie dauerten anfangs nur 1, dann 3,
web unter ben Cäfaren 7 Tage, vom 17.— 23. Dec. Das Seft begann,
bie wollene Binde, die das ganze Jahr hindurch die Süße von Saturns
He umfdlang, abgenommen war. Es hob damit an, daß im Tempel des
Keime Menge Wachskerzen angezündet wurben, zum Zeichen, daß nicht mehr
pm geopfert werben follten. Die Sklaven waren jegt frei, trugen zum Zai⸗
Weiheit den Hut und gingen im purpurbefegten Rod und der weißen Toga.
‚und SHaven taufchten ihre Rollen, und während die Knechte zu Tifche
mb fchmauften, wurden fie von dem Sem und f. Gäften bedient, bie ſich,
B eg nicht machten, allerlei laͤcherlichen Strafen unterwerfen mußten. Überop
m Scherz und Freiheit und die Geſchaͤfte feierten. In den legten Tagen,
Zeit hinzukamen, fanbte man einander Befchente, namentlich klein⸗
Sigiüa, von denen dieſe Tage auch Sigillarien hießen, und begrüßte
dem Zutuf: „Io Saturnalia! Bona Saturnalia!" (Einige Gefangene
‚aa Freiheit geſatzt, hie ihre Zeffeln dem Saturn weihten.
hatyı. Unter dem Namen der Satyım (ourvpoı, zıruan), wie unter
und Panen, ftellt die griech. Mythologie eine Axt von
* big ſich mehr ober weniger ber thieriſchen Natur, beſonders der *
Eie waren urſpruͤnglich peloponneſiſche Waldgoͤtter. Itxe
asien) verdanken fie dem attiſchen Drama, befonder& bem fatyrifchen,
Mens Grieche dachte fie ſpihohrig, glakig, mit Heinen Hervorragungen hin⸗
Diem, Nie ſpaͤtern Künftier nÄherten fie durch Hömer und Bocksfuͤße den,
(©. Peß'e Mothol. Briefe”, Bb.2, S. 30.) In des Abbildungen ſieht
bes ba einigen mehr Thieriſches: Geisfuͤße, Schwanz, gefnigte Ohren und
4 andre behalten die. menſchliche Geſtalt und verrathen das Thieriſche bloß.
ie Geigohnen und den Schwanz, wozu noch kleine keimende Hoͤrner kom⸗
Bach veücdis ſich das Thieriſche aus im ganzen Geficht, in den Augenknochen,
wthanz, den hängenden Wannen unter den Ohren am Halſe. Gin andere
Nas Shiaifäe | in eine bloß baͤuriſche, rohe und plumpe Menfchengefals
wen abaz Die Kuͤnſtler doch ein angenehmes und gefälliges Ideal ber laͤnd⸗
hatur zu aan mußten. Gewoͤhnlich fegt man ben Unterſchien zwiſche
654 Satyre
Saunen und Satyrn fo feſt, daß jene blog mit fpigen Ohren und Heinen
zen, diefe hingegen mit Gelsfüßen erſcheinen; Silenen aber fein altı
Dies ift aber grundlos, vielmehr waren die Satyın ber Griechen den F
Römer gleich. — Das ganze Geſchlecht der Satyrn, Silenen, Fammeın
bezeichnet überhaupt bei den Alten Gottheiten des Waldes und des Rand!
wachſen aus verfchiebenen ideen. Dem Bachus find die Satyın un
ſtets als Gefolge beigefellt, in welcher Bedeutung, iſt nicht mehr ut
wie denn der Urfprung der Vorſtellung von ihnen fich in ziemlich frühe :
tiert. Vielleicht entftand fie aus ber Bekleidung der Menfchen mit 2
vielleicht follte das Bild nur ſymboliſch fein und die rohe, wilde Men
vorftellen. Als Altern der Satyın werden Mercur und die Nymphe Sp!
Anderen Bachus und bie Najade Nicaͤa genannt. Sie waren wolläflig
die Muſik. Bei den Bacchusfeften erfchienen fie immer muſicirend und
Satyre, im mweitern Simme jeder mwigige Spott Über fremde ?
Bloͤßen (daher auch fatyrifcher Menſch, fatyr. Laune, fatyr. Bilder);
und eigentlichen Sinne ein Gedicht, das in einem launigen ober em!
die Sehler und Thorheiten der Menſchen von ihrer lächerlichen Seite daı
mit der Geißel des Spottes verfolgt. Diefe Dichtungsart hatte Ihren U:
den Römern; der Name Satyre ift von dem lat. Worte satur (feine
Satyr) abzuleiten und bezieht ſich zunaͤchſt auf die Miſchung der Gegen
Versmaße, die in ben fruͤhern Merken diefer Gattung flattfand. Die €
befondere Dichtungsart, gehört ber didaktiſchen Gattung an; es gilt ı
ihr, was von dem Lehrgedicht im Allgemeinen gefagt worden iſt. Gew
terfcheidet man eine ernfthafte oder firafende, und muntere ober lachent
der Satyre. Jene greift unwahre ober unfittlihe Richtungen und Bi
der Menfchen an, zeigt fie in ihrer verberblichen und haffenswerthen (
beftraft fie mit Ernſt und Nachdruck. Dieſe hingegen ftellt das Falſch
eigte in menfchlichen Handlungen unter der Form bes Lächerlichen mi
Laune dar. Vornehmlich find diejenigen Lafter und Thorheiten ein Geg
Gatyre, die in der menfchlichen Geſellſchaft uͤberhaupt, oder in irgend ein
sm Stande und Zeitalter herrfchend geworben find; denn eigentlich |
wider die Sache als wider die Perfon gerichtet fein. Daraus ergibt fi
nehmfte Eigenfchaft, die dem fatyrifchen Dichter nöthig iſt, Scharfficht
Beobachtung menfchlicher after und Xhorheiten, mithin genaue Kı
Menſchen und der Sitten; naͤchſtdem lebhaftes Gefühl Deffen, was
beftraft und belacht, um es in feiner ganzen Verwerflichkeit ober Unſchid
zuſehen und barzuftellen; eigenthümliche fatyrifche Laune, wozu bie
felbft in jenem böhern Grade des Scharffinns und lebhaftern Gefäß!
und mit treffendem Wig der Gedanken und bes Ausdrucks zu verbinde
Kabel und die Zuͤchtigung menfchlicher Fehler und Thorheiten in fchilber
den man im Allgemeinen das Satyrifche nennt, laͤßt fidy aber nicht bl
befonbern Gedicht, ſondern auch in einzelnen Xheilen und Wendung
oft als eingeflveuete Würze anbringen. — In Form und Einklelbung
Satyriſche in der Poefie große Mannigfaltigkeit. Es laͤßt fich in Brie
Iungen, Gefprächen, Schaufpielen (wie bei Ariſtophanes), Liedern, Ep
bein ıc. anbringen. Die gewoͤhnlichſte Form der Satyre aber iſt bie der
gem didaktifchen Satyre, in welcher jedoch die Lehren nicht unmsittelbe
Darftellumg find. — Zur Versart der Satyre wählten bie Alten den K
den Derameter, die Neuen im Allgemeinen den Jaubus, umb zwa
Hlerandriner, bald den fünffügigen Jambus, und letztern entweder rim
irgend einer gereimten Form. — Die eigentliche didaktiſche Gatyer a
bei ben Römern, und ihr Urheber war Lucil; mehr Ausblidung gaben m
N
Satz Sauerkleeſalz 655
er muntern, bie er als Iaunigen Discurs Sermones nannte, Juvenal und Pers
der ernſthaften Battung. (Über die römifche Satyre haben Vulpius, König
Bafaubonns gefchrieben. Ein vortreffi. Auffag über diefelbe, von W. Wachs⸗
‚ finbet ſich in defien „Athendum”, 1. Bd., 2. Heft.) Von den Neuern nen⸗
We bei den Stalienern Ariofto, Alamanni, Salvator Mofa, Menzint, Dotti, Ga⸗
Bossi, Alfieri; bei den Spaniern Cervantes, Quevedo und Saavebra; bei
zarsofen Regnier, Bollenu und Voltaire ; bei den Engländern Donne, Roche⸗
Dope, Swift, Young, Churchill, Johnſon und Peter Pindar (Wolcott); bei
ſolen Kraficzky; und bei den Deutfchen Seb. Brand, Murner, Ule. Hutten,
wt, Rollenhagen, Rochel, Ganig, Liston, Haller, Hagedorn, Rabener, Sturz,
berg, Käftner, Dfeffel, Lichtenberg, Kalk, Wieland, Tieck, Wetzel, Weiſſer,
ı. Die Griechen hatten bie eigentliche Satyre nicht; das Gedicht des
lochns, fowie des Simonides, war mehr ein Schmähgedicht, und bie Sillen
a zauar wahrſcheinlich eine dibaktifche Form, gehörten aber mehr zu ben Paros"
— Ganz verfchieden von ber Satyre aber war das Drama ſatyrikon, Satys
piel, der Griechen, von Pratinas erfunden, eine Miſchung tragifcher, wenig⸗
Beroifcher Handlung mit dem Komifchen. Diefe Dramen bienten zu Nach⸗
Bwifchenfpielen und hatten einen niebrigstomifchen Charakter. Wir befigen
em noch den einzigen Cyklops bed Euripides. Vol. Eichftädt, „De dramate
seram eomico-satyrieo ete.“ und Herrmann und Pinzger über benfelben
Manb (Berl. 1822).
Ga bezeichnet in der Srammatik und Styliſtik eine Verbindung von Worten,
afür fid) einen Sinn gibt. Logiſch betrachtet, iſt der Sag ein ausgebrüdtes
ches oder zufammengefehtes) Urtheil. — In der Muſik bezeichnet & a theils
Esmverbindung, die einen voliftändigen Sinn gibt, theils ein Muſikſtuͤck, wel⸗
Nnen untergeorbneten Theil eines größeren Mufitftäds ausmacht , theils bie
miſche Ausarbeitung eines Tonſtuͤcks und die Kunſt derſelben (Setzkunſt);
dauch die Formen der harmoniſchen Ausarbeitung, z. B. zweiſtimmiger, drei⸗
ge vierflimmiger Gag.
auerbrunnen oder Säuerlinge heißen diejenigen Mineralwaſſer,
ben andern falsigen Beftanbtheilen das kohlenſaure Gas (fire Luft, Luftfäure)
weberrfchenben Beſtandtheile haben. Sie zeigen einen kuͤhlenden, prickelnden
mad, perlen beim Eingießen und ſchaͤumen gleich dem Champagnerweine,
man ihnen Zuder und Wein zufegt, weil dadurch das in ihnen enthaltene
mtweicht. Die befannteften deutfchen Brunnen diefer Art finden ſich zu Sel⸗
> Faching im Naſſauiſchen, zu Bilin und Eger in Böhmen, und zu Gells
der Grafſchaft Holzapfel.
Sanerkleeſalz (salacetosellae, sal oxalis) ift ein weißes, kryſtallinl⸗
Salz vegetabilifhen Urſprungs (fälfchlich zumellen Witterkieefalz genannt),
u aus Sauerkleeſaͤure (Zuderfäure) und Potaſchenalkali fo zufammengefeht
nf die Säure Überfchufß und das Salz daher faure Eigenfchaften zeigt. Wiele
ſaurer Pflanzen enthalten es fchon zubereitet, dahin gehören vorzüglich alle
des Sauerklees (oxalis) und einige des Ampfers (rumex). Um es zu bereis
wizb der ausgepreßte Saft abgebampft, mit Eiweiß gekiärt und zur Kry⸗
ion befördert, bie man durch Zufas von Weingeift befchleunigt. Die Schweiz
'ba6 mehrſte und befte Salz diefer Art zum Handel. Beine Anwendung fin»
bei vielen Farben⸗ und Druderbeizen, wie bei der Refervage: Belize zum
wen, wenn der ausgefärbte Srumb des Zeuges wieber farbenlos werben
Bekannt ift fein Gebrauch zum Vertilgen der Roſtflecken aus der Leinwand
Isunswoße, die auf der Leichtiößlichkeit und Farbenloſigkeit der entflanbenen
webindung beruht. Neue Erfahrungen haben bewiefen, daß dieſes Salz ins
‚zu 1 bls 2 Loth genommen, aͤußerſt fchädliche Wirkungen haben könne.
656 Säuerling Sauerkoff
Sauerling, f. Sauerbrunnen.
Sauerftoff, Drygen, ein bisher noch unzerlegter Körper, de
Natur unter allen Formen vorkommt und einer der wichtigfien Stoffe M.
einfachſte Form ift die Luftform (Sauerſtoffgas, Oxygengas); im felbig
farbenlos, elaſtiſch gleich der gemeinen Luft. (S. Gaſsarten.) Ymik
zuftellen, fcheibet man den Sauerſtoff aus Braunſteinoxyd (Granbram
rothem Qusdfitberpricipitat, Salpeter ıc. durchs Gluͤhen in einer Redn
fängt die entweichende Luft unter Waffer auf. Diefe zeigt ſich als das Be
ungemein begünftigend, denn ein glimmender Span brennt lodernd darin ı
er Stahl brennt mit Funkenſpruͤhen, jeder andre Körper verbreitet dark
mehr Licht als in gemeiner Luft. Ebenſo befchleunigt fie da® Athmen: ZI
men Peg echigen ſich darin, und ſcheinen Wohlbehagen zu fühlen. &
ſchlaͤgt vor, fie gegen den Sceintod erwärmt mit einem Blaſebalge in bi
zu treiben und will glückliche Folgen diefed Verfahrens gefehen haben. Waͤl
Brennens. vereinigt fich ber brennende Körper mit dem Sauerftoffe ber &
beibe geben ihr Licht und ihre Wärme als Feuer von fi ; das Product der‘
nung iſt allezeit eine Verbindung des Verbrannten mit Sauerfloff, es fr
mig, ſtuͤſſig oder feft. Verbrennt man irgend einen brennlichen Stoff, 5.9
phor, in Sauerftoffluft (in einem umgeflürzten Bierglafe, bas im einem 2
Waſſer fteht), fo findet ſich, daß eine gemiffe Menge des Phosphors einer
Menge jener Luft, die während bed Brennens verfchwindet und durch eu
bes Waſſer erfegt wird, bebarf, ba ihrem Mangel aber verliſcht. Bafl
in gemeiner Luft ftattfinden (nur mit dem Unterſchiede, daß wegen ipeed
an Stickſtoffluft allezeit 78 Theile Ruͤckſtand bleiben und Alles Iangfame
gebt) und beruht auf denfelhen Urſachen, weil 21 — 22 Procent Gauerfi
ihe enthalten find. Die durchs Verbrennen mit Sauerfloff entftanbenen
find bisweilen von neutralen Eigenfchaften, wie das Waffer, welches bi
breuanung bes Waflerftoffs in Sauerfloff bereitet werben kanız; viele fint
fauer, wie Dünfte aus brennendem Schwefel, der Farben bleidyt, andre
Körper, welche in ihren Eigenfchaften ben Säuern gerade entgegengeſet
bafifche Oxyde heißen, wie mehre der verbrannten Metalle. Die Körper
ſich nur in beſtimmten Verhältniffen mit dem Sauerfloffe, mehre aber |
Staufen. Die Chemiker nennen diefe Oxyde in der erſten Stufe Preotory
zweiten Deutoryd, in ber höchften Perorpd; es findet fich, daß die 3
Gauerftoffe, welche dem erflen Brad bildet, anberthalbfach ober zweifa
zweiten ift und fo mit jeder Stufe in beflimmter Menge waͤchſt. Erwaͤg
vielen Verbrennungen, bie täglich in der Luft vorgehen und nebft dem Xi
Thiere eine ungeheure Maſſe Sauerftoff verzehren, fo muß man ſich wur
bie Luft überall aus gleichen Verhaͤltniſſen Stickſtoffluft und Sauerſtofflu
10 ber Erſatz diefer leptern immer herfommt. De Luc meint, aus ben
Dann müßten aber Waflerftoff und Stickſtoff einerlei Bram
und in einander übergehen Binnen. Die grünen Theile der Pflanzen geben
nenfcheine viel Sauerfloffluft her und erfegen fo ben Abgang etwas Im!
aber im Winter bleibt der Erſatz aus, ohne daß dadurch das Miſchungkr
ber Luft geändert wird. Überhaupt if bie Thierwelt durch Orybation mit b
ſphaͤre verbunden, indem fie ihr Sauerſtoff, wenn nicht entzieht, doch ihn
lenſaͤure umſchafft; die Pflanzenwelt hängt durch Desorpbatien malt derdftı
zuſammen, denn die Begetabilien nehmen oxydirte Probucte, vote Koblauf
Wafler, auf, behalten die brennbare Grundlage diefer Rörper ar ur
rung ımb entlaffen ben Sauerftoff im Sonnenlichte Iuftfünnig. Dee
fpielt eine Hauptrolle n&avoifier’s (ſ. d.) antiphlogiftifchem *
mie) und begruͤndet, vwittelft {. Einführung in die Erklaͤrung der Erſche
Säugthiere 657
alteriſliſchen Unterſchied deſſelben von der aͤlteren Stahl'ſchen (ſ. Stahl),
logiſtiſchen Anſicht. M. ſ. daruͤber Girtanner'sAnfangsgr. der anti⸗
iſchen Chemie” (Berl. 1792); gleichwie über das oben erwähnte Verhaͤltniß
Begetation und Desoxydation v. Humboldt's „Aphorismen aus d. —
— (a. d. Lat. v. Fiſcher, Lpzg. 1794).
ugthiere (mammalia) machen bie 1. Claſſe des Thierreichs aus. "oh
z mit 2 Kammern, 2 Ohren unb rothe® warmes Blut. Die
Ric ihrer Oberhaut beſteht, die Wafferthiere ausgenommen, in -
‚ bie in ihrer Weiche, Länge und Ordnung verfchieden und ben Thieren
vbg dichter und reichlicher als denen der wärmern zugetheilt find.
cht diefe Haare borftig beim Schweine, in Stacheln übergehend beim Igel
achelfchweine,, in Schuppen beim Panzerthiere, in Schilder beim Gürtel
bene fegen fie fich bei den meiften in den Schwanz fort. Das Eihhom
Iangbehaarten, auseinanberflehenden Schwanz, ber Löwe hat ihn buͤ⸗
ig behaart, das Pferd zopfförmig, fehr kurz zeigt er fich beim Dafen und
wef, länger [chon bei Ratten und Hunden; bie Meerkatzen innen ihn for
ch einer fünften Hand gebrauchen ; wenigen Affen, einigen Nagethieren und
mfchen fehlt er ganz. Bel vielm Säugthieren ift das Geſicht mit Warzen
bei andern trägt das Kinn einen Bart, beim Kameele ift die Bruſt, beim
find die Füge mit hornartigen Auswüchfen befegt. Die Mafferfäugthiere
katt ber Hinterfüße , audy bisweilen flatt der Vorderfuͤße Stoffen; die Land»
ere befigen dagegen burchgängig 4 Süße, welche ihnen den auszeichnenden
I der vierfüßigen geben. Die Enden biefer Fuͤße find mannigfaltig —*
m findet eine band: oder fußfoͤrmige Ausbreitung ober eine Zertheilun
oder Zehen ſtatt. Diefe Finger oder Zehen find bei einigen mit —
ügeln beſetzt, die ihren Spitzen Feſtigkeit geben; ober mit beweglichen ſchar⸗
Men (bei den reißenden) zur Vertheidigung, zum Feſthalten ihres Raubes oder
Mühlen; bie ſchwimmenden Säugthiere haben diefe Zehen mit Schwimmhaut
ben; bei den Laſtthieren iſt der Fuß mit Klauen beſetzt, die einem Schuhe
ie Zehen einbüllen und ſchuͤtzen. Krallen, Klaum, Hoͤrner an der Stim
hae bienen ihnen zu Waffen; Iettere insbefondere zu Freßwerkzeugen. Won
im — kennt man die Geſchlechter der Ameiſenbaͤren und Panzer⸗
Die aͤußern Sinnwerkzeuge ſind in den Saͤugthieren, und vor allen in dem
ven, fuͤnffach, für Gehoͤr, Geruch, Geſicht, Geſchmack und Taſten ſehr
men ausgebildet. Die Werkzeuge jener 4* erſtern tragen fie am Kopfe, ber
m bingegen ift unter ber ganzen Oberhaut mehr ober weniger ſtark verbreitet.
fern Ohren find von verfchiedener Beftalt, der innere Bau iſt beſonders
R für hohe Toͤne und weit herkommenden Schall ſehr empfindlich, nachdem
kio® ſich durch Flucht nur retten koͤnnen, bald vorzugsweiſe für tiefe und
Ime eingerichtet, wenn ihr Gehör ihnen zum Leiter ihres Raubes gegeben iſt
feibft bewaffnet keinen Feind in der Nähe fürchten. Ihre Augen haben bes
MPupillen und Augenlider; die Pupillen find bei den am Tage geſchaͤfti⸗
wiich, bei den in ber Nacht fehenden beftehen fie in einer horizontalen ober
w ©palte. Die Nafe ale Geruchswerkzeug ſteht über dem Munde und ihm
weiſer zugegeben, oft kuͤrzer als die Oberlippe, oder über biefe ——
w gefpalten, oder, wie beim Elefanten, in einen Ruͤſſel verlän Die
kr den Geſchmacksſinn liegt in der Unterkinnlade und hinter der n ewölbten
haltenen Oberlippe. Sie ift mit Sefchmadiöwarzen befegt, die beim Hunde
wig, bei der Kane flachelartig hervorſtehen, fie felbft ift meift einfach und
och auch walsenförmig (beim Ameifenbär), oder gefpalten (beim Ben).
Ingthiere gebärem lebendige Junge und fäugen fie mit Milch an ihren Bruͤ⸗
Diefe Organe kommen ihnen ausfchließend zu, find (den Hengſt ausgenom-
Eex. @tebente Nufl. Mb. IX. 42
658 Saugwert Säule
men) bei Männchen und Weibchen zu finden und gleichzählig in ſolcher
gewöhnlich für jebe® Junge 2 vorhanden find. Der Menſch, bie
ber Wallfiſch tragen fie an der Bruft, der Seehund am Bauche, bie
den Leiſten, mehre Nagethiere am Bauche und der Bruſt zugleich, und |
laͤngs des Leibes. Die wenigften leben paarweis , wie das Lemur, |
Zlebermaus, bie Affen; bie mehrften begatten fich mit jedem Weibchen |
ihnen aufftößt, wo dann ber Mutter die Sorge und Vertheidigung der“
zur Laft faͤllt und von ihr bis zur zweiten Niederkunft übernommen wir
hund allein hält und vertheidigt ein Harem von mehren Weibern. Linn
Thiere in folgende Ordnungen: 1) Primates, welche ben Menfchen,
den Affen und die Fledermaus umfaffen; 2) Bruta, wohin der Anıı
Rhinoceros, der Elefant, das Wallroß, Zaulkhier, Schuppen » und
3) Ferae, wozu das Geſchlecht ber Hunde, Wiefe, Maulwürfe, 8
4) Glires , wohin die Mäufe, Hafen, Eichhörner, Biber ıc. 5) Pe
das Rind, Kameel, ber Hirſch, das Schaf, die Bazellen ıc. 6) Be
Dferd und Schweine; 7) Cetae, in welche die Wafferfäugthiere, |
Delphin ıc. gehören.
Saugwerk, Saugpumpen, f. Pumpen.
Saul, Königin Israrlum1050v. Chr. Er flammte aus einer
mille des unbebeutenden Stammes Benjamin, zeichnete fid) aber aus |
heit und Tapferkeit, und warb von Samuel zum Könige gewählt, als
republikaniſchen Verfaffung müde war. Aber erſt nach einem Siege
moniter warb er won bem ganzen Volke anerkannt. Miederholte €
Ppitifter, Edomiter, Moabiter, Ammoniter, felbft über den König
des Euphrats befeftigten fein Anfehen. Samuel(f.d.) aber, bern
böchfte Gewalt niedergelegt hatte, behielt flet6 eine Partei im Wolke
mit Saul, wegen eines Eingriffs in bie Worrechte bes Prieſterthum
eines In einem Kriege mit den Amalelitern bezeigten Ungehorfans g
ihm im Namen Gottes gegebenen Befehl zerfiel, falbte er David (f.
gegen ihn zum Könige. Saul erkannte ſ. Gegner und hafte ihn um
diefer ſich durch die Befiegung des Philifters Goliath und andre tapfer
vorthat, ihm f. Tochter Michal zur Gemahlin abnöthigte und die Frı
ned Sohnes Jonathan zu gewinnen wußte. in bürgerlicher Krieg
aus, ber biß zu Sauls Tode währte, den biefer in einem ungluͤcklich
gen die Philiſter ſich felbft gab.
Säule, eine runde, freiftehende, fich nach oben verduͤnnen
Baumerke. Der Urfprung der Säulen fällt in die entfernteften Zeiten
pel ſcheinen bie erften Gebäude geweſen zu fein, deren größerer Umfi
machte, das Dach durch einige ſenkrechte Stügen vor dem Einfturz zu
wählte dazu in Griechenland, und wo man an Holz Überfluß hatte, &
von deren Geſtalt fich unftreitig die Form der nachherigen Säule herſe
wo man aus Mangel an Holz von Anfang an mit Steinen baute, wi
waren bie erften Säulen rohe, plumpe Steinblöde, obne Zierrach ed
erft fpäter eine gefälligere Form erhielten. An einer Säule unterſche
woͤhnlich 3 Theile: ben Säulenftuhl oder das Poſtament (f. d.), ar
die Säule und das Gebaͤlke. Die Säule befteht aus dem Fuße, dem
bem Knaufe oder Gapitäle. Der Fuß oder die Bafis enthält den ebe
und ein oder mehre runde Glieder, um ber Säule einen Anfang au 5
Schaft iſt ber mittlere Theil der Säule zwifchen dem Fuße und dem Ke
Knauf ift nothwendig, die Säule oben als vollendet vorzuflellen. Oh
die runden Glieder des Fußes würde die Säule nur eine abgefchuittane |
ſchoͤnes Ganzes fein, das feine beſtimmten Grenzen hat. Die du
Säulenorbnung 659
as sufanmiengezogen ober verjüngt; bis zum beiten Theil ihrer Höhe
fie ſenkrecht laufen zu laſſen. Das Gebaͤlk endlich befteht aus dem Haupt⸗
alten (Architrav), der auf dem Gapitäle ruht, dem Borten ober Fries,
:anze oder Karnieß. Zum Maßſtab der Säulen bebient man ſich gewoͤhn⸗
ven Durchmeſſers des Schafts, welchen man Modul nennt, und wel
la für die beiden unterſten Ocbnungen in 2, für die 3 hoͤhern in 18
t. (Vgl. Gekuppelte Säulen.) |
lenordnung. Mit diefem Ausbrud bezeichnet man ben befondbem
{nordnung der Theile der Säulen zu sinem kunſtvollen Ganzen. Man
t 5 Saͤulenordnungen: die thuscifche oder toscanifche, doriſche, ioniſche,
u. römifche; die erſte und legte find zufammengefebt. Das Kennzeichen
nifchen Ordnung ift, baß fie gegen ihre Höhe einen verhältnigmäßig
ft, wenige und ſtarke Glieder bat, weßhalb man fie rustica nannte.
(Schaft mit Zug und Gapitäl) hat nad) Vitruv und Vignola 14 Mo⸗
be, wovon auf Fuß und Capitäl auf jedes eins tommen. Das Gebaͤlk
tzterm 34 Modul, nämlich der Architrav 1, der Trieb 14, der Kranz
ie doriſche Ordnung hat zum Dauptlennzeichen bie Triglyphen ober
(Dorftelung der dreifeitigen Apolloleier) Im Sriefe, welche die Köpfe
Architrav liegenden Balken vorflellen und 2 prismatifche Vertiefungen
m auf der Seite haben. Die Zwifchenräume heißem Metopen (f.d.).
Säule muß gerade nad) ihrer Mittellinie ein Dreifchlig treffen. Man
nach Vitruv als eine Regel an, daß bie Dreifchlige 1 Modul breit und
hoch , die Metopen aber ein Quabrat fein ſollen. Auch pflegt man bie
zwiſchen 2 Säulen gern in ungerader Anzahl fein zu laffm. An ben
den und einwärtögehenben Winkeln machen die Triglyphen und Meto⸗
erigkeit. Der Charakter biefer Ordnung ift Großartigkeit, majeſtaͤti⸗
heit, die keine feine Zierrathen, aber durchaus Fleiß und einfachen Reich⸗
Die Höhe der Säule war bei den Briechen anfangs nur 12 Mobul,
und in den Schaufpielhäufern 15. Vignola gibt ihr 16 Mobul, wos
Fuß und 1 das Eapität erhält. Beide find wenig mehr geſchmuͤckt als
chen. Einige geben der dorifchen Säule zwar den fchönen attiſchen Saͤu⸗
‚och umpaffend. Der Kranz in diefer Ordnung iſt ſtark vorfpeingend,
la 2 Modul über die Flaͤche des Schafts. Daher hat man ber Kranz⸗
aterftügung bie Dielenköpfe gegeben, die 1 Modul breit und 4} Modul
md über jedem Dreifchlige fich befinden. Man erklaͤrt fie für bie Ders
ber Dielen über den Balken. Oder beffer, fie bienten bloß zur Unter
e flarten Ausladung des Kranzes. Man gebraucht auch ſchon in dieſer
rie weiter unten vorkommenden Zahnſchnitte. Unter den Triglyphen
m Architrav 6 Beine koniſche Koͤrperchen, Trophen, angebracht, ders
a auch auf ber Unterflädye der Krangleifte anzubringen pflegt. Die Tri⸗
len in den höhern Ordnungen weg, indem man bie Balkenkoͤpfe verklei⸗
e ionifche Drbnung hat zum Kennzeichen ein mit 2 Schneden auf
ber ein mit & doppelfeitigen Schnecken auf den 4 Ecken gesiertes Capitaͤl.
36 Gapitäl der Alten, welches bie Neuern verfihönert haben. Man hat
tig mit einem gelodten Maͤdchenkopfe verglichen. Anfangs hatte bie
:16 Modul, hernach 17, und Bignola und andre Neuere geben ihr
von Biteuo befchriebene GSaͤulenfuß iſt wegen des ſtarken Pfuͤhls über
Heinen Gliedern fehlerhaft. Beſſer gebraucht man ben attiſchen. Der
m wird der Zierlichkeit wegen in 3 Streifen abgetheilt. Der Fries bleibt
latt oder wirb mit ſchicklicher Bildhauerarbeit geſchmuͤckt. Der Kranz
uf einem platten Gliede zwiſchen bem Fries und ber Kranzleiſte, um
zu unterbrechen, oft einen Zierrath, bes aus Ben rigen
2*
6860 Säulenordnung
Theilen mit Zwiſchenraͤumen beſteht. Man nennt fie Zahnſchnitte (R&
UAngemeffener ſcheint es, die Kranzleifte durch glatte Sparrenkoͤpfe zu u
wie durch die niedrigeren Dielenköpfe in dem dorifchen Kranze. Anmuth
liche Zierlichkeit ift der Charakter diefer Ordnung. Der attifche Säulen
aus einem Unterfage, einem Pfühle, einem Riemchen, einer Einziehr
Riemchen, einem Pfühle und einem Saume von beftimmten Verhaͤltn
Unterfag beträgt 23 Modul. — Das Meifterftüd der Baukunſt if!
thiſche Saͤulenordnung. Gie zieht ſogleich das Auge an durch das fi
tät, ein große rundes Gefäß, mit einem vieredigen, auf den Geiter
nen Dedel, der unten mit 2 Reihen, jeder von 8 Blättern, umfaßt
welchen 4 Stiele, jeder 2 Bleinere Blätter unter den 4 größern Schni
4 Eden und den 4 Paar kleinern unter der Mitte der Seiten ficy kruͤ
die Höhe gehen lafien. Diefe Schnedien nehmen gleichfalls aus den €
Urſprung und unterftügen auf eine ungeswungene Art den Deckel de
Die Höhe der Säule mit Capitäl und Zug ift nad) Vignola 20 Mobu
fie ein zu dem Ganzen paffendes ſchlankes Anfehen befommt. Am ans
iſt für fie der attifche Buß, dem man an den Pfühlen noch einen Ring zı
In dem Gebaͤlke bekommen die Streifen des Architravs eine Keblleift
Rande, die an dem oberften noch mit einem Überfchlage und Stabe ein
Der Fries wird oft mit Bildhauerarbeit verziert; der Kranz betomm
Kranzleifte zierlich gefchweifte Sparrenköpfe und in dem unten Theile
ſchnitte. Die ganze Ordnung iſt durch die Werhältniffe der Theile,
der Verzierungen umb die Übereinftimmung ein vollendetes Muſter der
ſchen Schönheit. — Dierömifche Ordnung, ober die zufammengefi
ſcheidet fidy von der Eorinthifchen hauptſaͤchlich in dem Capitaͤl, weld
ioniſchen und korinthiſchen zuſammengeſetzt iſt, indem aus jenem die gı
ten oder Schnecken mit ben dazwiſchen befindlichen runden Gliedern,
die breiten Hauptreihen von Blättern entlehnt find. Die dritte Reih
dem legten ſich unter den Schneden hinkruͤmmt, iſt hier nicht befind
find Stiele mit kurzen Blättern vorhanden. Das Verhälmiß der Hoͤ
diefer Säule ift wie bei der korinthiſchen. Üübrigens möchte fie noch
Freiheiten geftatten, daher fie am ſchicklichſten da gebraucht wird, ı
Einbildungskraft freiere® Spiel laffen will. — Der wahre Unterfchi
lenordnung möchte wol in dem Verhaͤltniſſe der Höhe des Schaftes zu |
in dem größern oder geringern Maße der Zierrathen und ben damit:
menben feinern ober gröbern Gliedern der Haupttheile beftehen, ſodaß n
der Saͤulenordnungen auf 3, bie dorifche (von gefallender Stärke), die i
zierlicher Einfachheit) und die korinthiſche (von geſchmackvoller Pracht) ;
kann. Auf die Verzierung des Gapitäls kommt es nur infofern an, al
den feinern Ordnungen mehr Verzierung zukommt. — Eine fechöte obe
Saͤulenordnung ift voͤllig umftatthaft, denn fie unterfcheidet ſich von!
nur durch das ſchlechtere Capitaͤl und einige willfürliche Weränderumgen
Stieder. — Die Wahl der Säutenorbnung bei einem Gebaͤude hängt
flimmung deffelben ab. Die toscanifche Ordnung dient zu Stadtthor
len, Leuchtthlirmen, Brunnen u. dgl.. Die dorifche Ordnung paft bi
gottesdienſtliche Gebäude, die ionifche für Luſtſchloͤſſer, im Innem be
auch als zweite Ordnung an ihrer Außenfeite. Die Eorinthifche Orbum
Verzierung fuͤrſtl. Palaͤſte, überhaupt da, wo Zierlichkeit und Pracht
und Einfachheit vorgezogen werden. Der Gebrauch der römifchen Cd
oben angegeben. Wo mehre Saͤulenordnungen uͤbereinandergeſtellt werd
die ſtaͤrkere allemal den niebrigern Plag ein. Die Aren der Gaulen mil
gerade Linie fallen. Die obere Shure weich umten fo dick, als bie ad
Saͤulenſtuhl Saurau 661
de am Knaufe iſt. Dan pflegt auch die obere Säule um einen Modul der naͤchſt
m Saͤule niedriger zu machen als diefe. Um indeß die Einheit nicht zu vers
1, iſt bei Übereinanderftellung der Säulen alles wohl zu berüdfichtigen. Eine
thiſche Saͤulenreihe über einer toscanifchen oder dorifchen wuͤrde durchaus nicht
nl ebenfo wenig find 3 verfchiedenel Ordnungen übereinander zusulaffen. Zwei
3 ähnliche aber erzeugen Einförmigkeit. Man wird dergleichen Übereinanbers
ngen, zumal an Wohngebäuden, am beten ganz vermeiden. ©. Ludw. Voch
„Unterricht in der Aufreißung der 5 Säulenordnungen” (Augsb. 1779) unb
wendung der 5 Säulen ıc.”, befonder6 aber Weinbrenner in f. Werk über
Säufenordnungen (Zübingen 1809), und 2. Schäpf, „Die einzelnen Theile
Säulenordnung mit Schattenbeflimmungen” (m. Kpfen., Leipzig 1821).
Säulenftupl, f. Poftament.
Saurau (Franz, Graf v.), geb. zu Wien 1760, auß einer der aͤlteſten und
em Familien in Steiermark herſtammend, 309 ald Kreiscommiſſair in ſtreich
68 II. befondere Aufmerkſamkeit auf fi, ward von ihm, bei dem damals
kefprochenen, aber bald ganz verunglüdten Geſchaͤft ber allgemeinen neuen
weregulicung gebraucht, und fchnell nacheinander, in noch früher Jugend,
böbmifchen Gubernialrath, zum Stadthauptmann in Prag, zum Hofrath
Directorium in Wien befördert. Dit dem erften Wahlbotfchafter und olls
w Garbinalerzbifhof Colloredo bei der Kaiſerwahl Leopolds IL. verrichtete er
has Amt eines Hofmarſchalls der Kur und Krone Böhmen. Er warb nieder
&. Regierungspräfident, und, dem Miniſter Freih. von Thugut enge vers
ut, vereinigte er eine Zeitlang die Gewalt eines Polizei» und Finanzminiftere,
28 ald Adiunct des alten Grafen von Pergen, den man biefer wichtigen Stelle
mehr für gewachfen hielt. In diefe Zeit fiel die geswungene Arroſirung ber
nen und der Anfang zur unverhältnigmäßigen Ausgabe des Papiergeldes,
die Jakobinergeſchichten, die der Anlaß einer eignen Verfügung des neuen
Rlichen Geſetzbuches wurden, wodurch Verleitung zum Verbrechen und Stei⸗
ug deffeiben, um es dann anzugeben und firafen zu koͤnnen, ſtreng unterfagt
Br. Bald nach dem Austritte des Minifters Thugut trat S. ebenfalls vom
inifterpoften ab und ging als Botfchafter nach Petersburg, wohnte auch
kau der Krönung des Kaiſers Alerander bei. — Nach ber Beendigung des
Frankteich und Rußland geleiteten deutſchen Entſchaͤdigungs⸗ und Säcularis
Woefchäftes 1804 von Petersburg zurldberufen, warb er oͤſtreich. Land»
hall, und 1805 Gouverneur in Inneroͤſtreich. Als ſolcher leitete ex mit dem
wioge Sobann die Bildung der Landwehr und alle Vorbereitungen zum Kriege
1809. In demfelben bekleidete er eine Zeitlang eben bei bem Heere von ins
keih,, unter dem Erzherzog Johann, den Poften eines bevollmaͤchtigten Hof:
uſſairs. Er war beflimmt, den Maſſeaufſtand feiner Provinz einzurichten
mit dem heidenmüthigen Tirol in Verbindung zu fegen, als die Bewegungen
hannus Grafen Giulay den gräger Schloßberg entfegt und Steiermark, fowie
koler Landſturm ganz Oberkärnthen befreit hatte. Im Nov. 1809 warb
'&. wieber, was er vor 14 Jahren gewefen war, Regierungspräfident zu
mit dem Titel eines Statthalters von Ober: und Niederöftreih, 1815
erneur des neuerworbenen lombardiſchen Königreich, und 1817 zum Bots
re in Spanien ernannt, welche Stelle er jeboch nicht angetreten hat. Eine
ug war er aud) bevollmächtigter Minifter beim Deere Bianchi's geweſen, wel⸗
kerdinand IV. wieder auf den Thron von Neapel fegte. 1818 ward er zum
her des Innern, oberften Kanzler und Chef aller politifchen Hofkanzleien ber
b. Monarchie mit Ausnahme der ungarifchen und fiebenbürgifchen ernannt:
ene Stelle, bie ihm den größten Einflug in die Staatsverwaltung gibt, deffen
fo fehr durch Patriotiemus, als durch die reichſten Beichäftserfahrungen,
6682 Säure Saurin
vdurch eine feltene Gewandtheit in allen Verwaltiktgsangelegeniheiten ı
ſtaatswirthſchaftliche Kenntniffe wuͤrdig iſt. Bis jetzt iſt ſein Ykimifterie
ſachlich durch einen geſetzlich vollzogenen, in der Ausführung aber writ
ben und den größten Schwierigkeiten unterliegenden Plan einer allgemein
fleuer für die ſaͤmmtlichen feiner Leitung unterworfenen, unendlich ver
tigen Provinzen ausgezeichnet worden. Übrigens iſt der Graf ©. rin ı
Beſchuͤtzer der Wiffenfchaften, ber Rünfte und ber Gewerke, mie auch
Befoͤrderer aller gemeimuͤtzigen und mohlthätigen Anftalten.
Säure (Acidum) iſt dee Name für eine Glaffe zufanmengefesi
die folgende Eigenſchaften haben: fie ſchmecken fauer, färben blaue Pfla
roth, loͤſen fich im Waſſer auf und haben große Verwandtſchaft zu be
Erden und Metalloxyden; fie bilben mit den erſtern Neutralſalze, mit ti
Mittelſalze und mit ben dritten metallifche Mittelſalze. Wielen Säuren
der ſaure Geſchmack; aber alle befigen die Werwanbtfchaft zu den 3 |
Salzbaſen als ihre auszeichnende Eigenfchaft. Einige Säuren komm
fiäffigen Zuſtande vor, entweber Iuftförmig, wie bie Kohlenſtoffſaͤure, ode
fer verbunden, welches fie zu Ihrer Bildung durchaus nothwendig habı
Schwefelſaͤure, andre In flarrer Form und kryſtallifirt, wie die Benzo
ſtein⸗ und Borarfäure. Sie find alle zuſammengeſetzte Koͤrper; dien
ſtehen aus Sauerſtoff mit noch einem, 2 oder 3 andern Körpern; amt
Waſſerſtoff und Schwefel oder Halogen gebildet. Gewoͤhnlich verth
in £ Claſſen, wovon bie 3 erften diejenigen enthalten, welche Sawerfl
Miſchung Haben, und zwar kommen in die erfte Claſſe die aus Sauerſt
nem zweiten Körper beftehenden, wie die Schwefelfäure, Phosphor!
sarfäure u.a. Da biefe Grundlagen ſich in mehren Verhaͤltniſſen mit
verbinden und jede Verbindimg eine Säure fein kann, fo wird bie mit
gefättigte vollkommene Säure genannt, während die andre unvolitom:
3. B. die vollfommene Verbindung des Schwefels mit dem Sauerſtoffe he
felfäuxe, die unvolltommene : ſchwefelige Säure ; die vollkommene Bert
Arſeniks mit dem Sauerftoff Arſenikſaͤure, die unvollkommene dageg
GSaͤure x. In die zweite Claſſe werden die Säuren geordnet, die aus
Waſſerſtoff und Sauerſtoff, in verſchiedenem Mengenverhaͤltniß zuſammer
wie die Eſſigſaͤure, Citronenſaͤure. Die dritte Claſſe umfaßt die mit dreifaı
lage und Sauerftoff, wo zu jenen beiden noch der Stickſtoff hinzukommt, w
fäure. Die vierte Claffe enthält Säuren, die (wenigſtens nach einigen ner
tern) Leinen Sauerfloff haben, wie die Salyfäure, aus Halogen und Waſſ
hend, den geſchwefelten Waſſerſtoff etc. Altern Chemikern waren weitwenic
und ihre Zuſammenſetzung gar nicht bekannt, fie ordneten die bekannte
ben 3 Naturreichen in mineraliſche, vegetabilifche und animaliſche Saͤn
Eintheilung deßwegen nicht beftehen kamm, weil mehre Säuren, wie
berichte, in allen 3 Reichen vorfommen. Vgl. die im X. Chemie
chriften.
Saurin (Jacques), ein franz. proteftant. Geiſtlicher und berbf
zelrebner, Sohn eines Mechtögelehrten zu Nismes, wurde bafelbft
Als das Ediet von Nantes widerrufen wurbe, ging er mit feiner Fans
nach Genf, wo er beträchtliche Fortfchritte in den MWiffenfchaften mad
nem 17. Jahre trat er in Kriegsdienfte und machte mehre Feldzüge untı
Hülfstruppen des Herzogs von Savoyen gegen Frankreich mit, kehrte
nach Genf zu feinen Studim zurüd und mwibmete fich der Theologie.
(1700) ging er nach Holland und England, und predigte in London, IN
nes Sjaͤhr. Aufenthalts, mit ungemeinem Beifall. Er verbeirathete |
kehrte darauf nach Holland yartıd und art, nachdem er längere Belt ei
Sauffure 668
fielle verfehen hatte, als Prediger der franz. Meformirten, bie in einer dem
a Erbftatthalter gehörigen Capelle im Haag ihren Gottesdienſt hielten, ans
. Ex Hatte bei einem anſehnlichen Äußern, voller Stimme und feurigem
age immer ein fehr zahlreiches und glänzendes Auditorium, aber feine Be⸗
beit reiste den Neid feiner Mitbrüder, die ihn in Streitigkeiten verwidelten
Ime legten Lebenstage verbitterten. Er war ein vortrefflicher Gelehrter, ein
ver Shrift, vol Daß gegen alles Unfittliche und voll Liebe gegen Gott und
ben. Er ſtarb d. 30. Dec. 1730, nicht bloß von feinen Glaubensgenoffen,
n von “jedem; der ihn Eannte, innig betrauert. Geine Prebigten, die in
Sprachen überfegt und twegen ihres reinsmoralijchen , von allen theologifchen
fragen fich entfernt haltenden Inhalts ſelbſt bei den Katholiken fehr gefchägt
Samen in einer fehr guten Ausgabe u. d. T.: „Sermons sur divers textes
Leriture sainte par Jaoques Saurin” (1749, 10 Bde.) im Haag heraus.
den hat er mehre theologifche Werke, die aber weniger bekannt geworden
binterlaffen.
Sauſſure (Horace Benedicte de), Naturforfcher, geb. 1740 zu Genf, der
wor Nicolas de S., der als Schriftfteller durch feine Werke über den Adler
rkannt ift und Mitglied des Mathe der Zweihundert zu Genf war. Durch
mgang mit feinem Vater und andern Naturforfchern ward in dem Juͤngling
ide fuͤr diefe Wiffenfchaft erregt, worin er fo fchnelle Fortſchritte machte, daß
or im 22. Jahre die Profeffur der Phllofophie in feiner Vaterſtadt erhielt,
ker 25 Jahre lang mit Ruhm bekleidete. Die Zeit, welche fen Amt ihm
ef, verwandte er auf Reiſen. Er befuchte 2 Mat Frankreich, ein Mal um
Blanifhen Gebirge in Viennois, Forez und Auvergne zu unterfuchen,, das
Rai um ſich ber Montgolfier's aeroftatifche Maſchine zu belehren. Auch
und England bereifte er, und ward in bem legtern Lande mit Franklin bes
Der Bau und die Höhe der Berge machten 2 Rieblingsgegenftände feiner
dungen aus. Als er in Italien reifte, unterfuchte er die Eifenminen auf
genau, beftieg mit Sir William Hamilton den Veſuv und maß die Höhe
. Die Kräuterkunde liebte er gleichfalls ſehr, und entdeckte mehre Bat
von Mofen. In einem Briefwechſel mit Spallanzani bewies er, daß bie
thierchen, fowie die Polnpen, ſich wiebererzeugen. Auch zeigte er eine
chicklichkeit in Erfindung neuer Inſtrumente zu naturmwiffenfchaftlichen
Behungen, 3. B. eines Elektrometers, eine® Hygrometers, Heliothermo⸗
Bu.a. Am berühmteften warb &. durch feine Erforſchungen der Gebirge.
ſachte, wie ſchon einige Engländer vor ihm gethan hatten, die Eißberge von
wuny, und machte alle Fahre Reifen nad) den Alpen, die er 1779 ſchon
Bat von 8 verfchiebenen Seiten beftiegen hatte. 1787 beftieg er auch dem
H des Montblanc, und maß nad) barometeiichen Beobachtungen feine Höhe.
ie feiner vortrefflihen Schriften warb er von ben berühmteften gelehrteften
Ichaften als Mitglied aufgenommen ; bie vornehmften und geiftreichiten Rei⸗
a, weiche nach Senf kamen, befuchten ihn, um ſich von ihm belehren zu laſ⸗
» fein an Naturfeltenheiten reiches Cabinet zu fehen. Er ftiftete an feinem
nerte, wo er einer allgemeinen Verehrung genoß, eine Gefellfchaft ber Kuͤnſte,
‚Peäfibent er bi6 an feinen Tod blieb und die ſich um ben Flor der Fabriken
WR hoͤchſt verdient machte, ſowie er überhaupt auf alle Weiſe bemüht war, das
keine Wohl zu befördern. Als Genf mit der franz. Republik vereinigt wor:
ward de &. zum Deputirten bei der Nationalverfammlung ernannt. Aber
Seaataumwaͤlzung raubte ihm den größten Theil feines Vermögens und feine
. Ex erlag dem Unglüd und ftarb d. 22. Jan. 1799. Unter feinen
ſten geichnen ſich feine „Easais sur I’hygrometrie” (1783; deutſch von
Titius, Leipz. 173%) duch eine Fälle neuer und richtiger Bermertungen in
664. Savannen Savary
“ meteorologifcher Hinficht, und feine „Voyagen dans les Alpes” (17
4 Bde, 4.; deutſch v. J. &. Wyttenbach, Leipıig 1781 — 88), befanden
Savannen. Die Oberfläche Amerikas ift von’ dem alten Be
Tonder& darin auffallend verfchieden, baf die an bie hoͤchſten Bipfel ſich
Hochebenen durch große Nieberungen getrennt find. So grenzen bie (
Cordilleren und ber Hochebenen Mericos unmittelbar an die Ebenm, bi
fifippt, der Amazonenfluß und der Parana durchſtroͤmen. Diefe Ebene
mit hohen Kräutern bebedit, wie die Savannen im Mifftfippigebiete,
hen, wie die Llanos In Garaccas, die theild von der Sonne verkalkt,
teopifchen Regen geträntt, mit Gräfern bekleidet find, theils wie bie Paı
bäufungen von Flugſand, mit falzigen Teichen abwechfelnd umb mit €
bededt. Die Savannen, bie fidy durch das große Stromgebiet hinz
wellenförmige, durch den Schlamm der Ströme befruchtete Flaͤchen,
ein unermeßliches grünes Meer bis an ben Himmelsrand ausbehnen,
weife von Bäumen befchattet und von zahlloſen Bifonheerben belebt.
ift üppig und fruchtbar, aber auch ebenfo ungefunb als anderswo bir
und bier und da mit Natrumſeen bedeckt. Die Bäume, bie man ba
gehören zum Gefchlecht der Waſſerpflanzen, ſtehen aber nur einzeln ode
pen, während der größte Theil der Savannen mit langem faftigen Gr
ſtraͤuche bekleidet if. Die Wachsmyrte (Myrica cerifera) zeichnet fü
mehren Gattungen ber Ayalia, ber Andromeda und des Rhododendro
zerſtreut, dort in Gruppen, und von fchönblühenden Pflanzen unıran
Aſte ſchmuͤcken. Selbſt die Ufer ber Teiche und die niedrigen und ſum
len entbehren nicht eine® ähnlichen Schmuckes.
Savary (Rene), Herzog v. Rovigo, geb. 1774, Mapoleoni
nifter ıc., diente feit 1789 in der Linie mit Auszeichnung, 1796 ım
und 1799 unter Defaiz in Ägypten. Nach Deſaix's Tode bei Marengo
er Napoleons Gmeralabjutant, und bald darauf mit der geheimen P
tragt. Klug, thätig und gewandt, z. B. bei der Entdedtung der Bi
von Georges und Pichegen, dabei dem Kaiſer mit Eifer ergeben, erla
beffen Vertrauen. Napoleon übertrug ihm wichtige Sendungen, 3.
Schlacht bei Aufterlig in das öftreich.sruffifche Hauptquartier und 1808
drid zu Ferdinand VII., den er nach Bayonne zu kommen bewog. Z
Wright's und Pichegru's angebliche Ermordung (f. d.) bemerkf
ift ein von ihm und von X. längft widerlegtes Gerücht. Wegen eines glaͤ
griffs, den er in der Schlacht bei Friedland 1807, an ber Spitze f. Reg
Erfolg unternahm, ernannte ihn der Kaiſer zum Herzog v. Rovigo
als Fouchée in Ungnabe fiel, 3. Juni 1810, zu feinem Polizeiminifte
Verſchwoͤrung (23. Det. 1812) entzog ihm nicht das Vertrauen feinel
Nach Napoleons Rüdkehr von Eiba erhielt jedoch Joudye das Polizein
&. ward zum Beneralinfpector der Gendarmerie und zum Patz von Fr
nannt. Es iſt bekannt, daß die britifche Regierung ihm nicht erlaudtı
nach St. Helena zu begleiten. In Malta gefangen gehalten, entfloh:
1816 nady Smyrna, ging darauf 1817 nach Trieſt, um fidy gegen d
am 25. Dec. 1816 zu Paris von einem Kriegsgerichte ausgefprochene Ü
zu vertheidigen, ward aber zu Graͤtz unter Aufficht geftelit, bis ex im!
fih wieder nad) Smyrna begeben durfte, wo ex Handelsgeſchaͤfte tri
ging er nach London umd von hier nad) Paris, ſtellte ſich daſelbſt vor (
ward am 27. Dec. 1819 freigefprochen. Darauf lebte er als Private
jedoch bald wieder in bie Salons der Hauptſtadt ein unb erlangte durch
bindungen bie Erlaubniß des Königs von Preußen, in Berlin, wehin e
begab, feine (hady dem pariier Frieden unftatthafte) BReclamatiomöktagı
Savigny 665
igung, für feine in ben preuß. Staaten belegenen Dotationsgüter, bie der
nn General Grafen v. Sneifenau gefchenkt hatte, gegen den koͤnigl. Fiscus
ine Lönigl. preuß. Berichtshofe anzubringen. Er ging hierauf nad) Paris
BD uud gab daſelbſt, um eine Stelle im „Memorial’' des Grafen Las Cafes zu
gen, ein Bruchſtuͤck aus feinen Memoiren heraus: „Sur la catastrophe
isgr. le duc d’Enghien‘, worin er fein Mitwiffen an der Verhaftung und
lhtung des Herzogs ableugnete und dagegen behauptete, daß Alles, obne
siffen Napoleons, durch den Minifter, der damals an der Spitze ber aus⸗
Igen Angelegenheiten fland (Talleyrand), berechnet und vollzogen worden ſei.
u Talleyrand vechtfertigte fich gegen Ludwig XVIIII., und andre Schriften
jenes Ereigniß, vorzüglich die des Generals Hullin und die von Dupin, belas
den Derzog von Rovigo mit folhen Angaben, daß man ihn vom Mitwiffen
w ſchleunigen Vollziehung des Urtheile nicht freifprechen kann. Dem Derzog
Roeigo wurde bamals der Hof verboten und er lebt feitbem in großer Zuruͤck⸗
ſenheit. Die Rechtfertigungsfchrift: „Memoire du duc de Rovigo sur la
t.de Pichegru, du eapiteine Wright, de Mr. Bathurst, et sur quelques
us eirconstances de sa vie’ (Paris 1825), hat die für S. nachtheiligen Ger
I ebenfalls entkraͤftet, obwol die Vorgänge mit Wright und Bathurft noch
m einer weitern Aufklärung bebürftig find. &. hat Überhaupt nicht Alles ges
‚was er weiß. So viel gebt jedoch aus feinem Leben hervor, daß er nie ein
war, ber ſich von irgend einer Idee begeiftern ließ; muthig, gewandt, aber
ſamem Charakter, war er von der Natur beftimmt, fid) an Männer von
erm Talent und Charakter anzufchließen und blindling6 der Richtung zu
m, welche ibm von jenen gegeben wurde. 20.
Savigny (Friedrich Karlv), geb. 1779 zu Frankfurt a. M., einer ber
Lehrer des römifchen Rechts. Nach Vollendung feiner akademiſchen
‚ bei denen er vorzüglich den verft. Weis in Marburg und Hugo zum Fuͤh⸗
im (weicher legte feiner auch ſchon früher mit Auszeichnung erwähnte; f.
‚ BRagazin”, 3. Bd.), und nachdem er in Marburg 1800 bie Doctorwürbe ans
kmen hatte, benutzte er eine vom Gluͤck ihm gegebene äußere ſehr vortheilhafte
dazu, fi) zum alademifchen Lehramte mit einem Ernſt und Umfang vors
Nten, wie es nur Wenigen geftattet ifl. Mebrjährige Reifen durch ganz
ſchland, Frankteich und das obere Italien hatten den Zweck, unbekannte
wenig bemuste Quellen bes roͤm. Rechts und ber Literargefchichte aufzufuchen,
u Behrte mit reicher Ausbeute nad) Marburg zuruͤck, wo er bald darauf Prof.
echte wurde. Hier ſchrieb er 1803 fein vortreffliches Wert: „Das Recht bes
6" (5. Aufl., Sieben 1827). 1808 wurde er als Prof. der Rechte nach
Hat berufen, und als 1810 die neue Univerfität in Berlin errichtet wurde,
er einer der erfien Lehrer derfelben. Er ift dort nad) und nach Mitglied der
anie der Wiſſenſchaften, des 1817 neu organifirten Staatsraths, und enb»
es für die cheinifchen Provinzen errichteten Revifionshofes geworden, waͤh⸗
fine Lehrvortraͤge, vorzüglich über die Inſtitutionen, verbunden mit der Ge⸗
te des roͤm. Rechts und über die Pandekten, durch ihre außerordentliche Klar⸗
Praͤciſion und Reinheit des Ausdrucks, ſowie durch materiellen Reichthum,
oße Zahl von Zuhörern anzichen. Her von &. gehört jetzt zu den Führen
gen. biftor. Schule der Rechtögelehrten, obwol man ihn, ohne Hugo und
offer Unrecht zu thun, nicht den Stifter derfelben nennen kann Er hat jeboch
k diefen Namen für fid und die Seinigen anerkannt (,Zeitſchrift für die ges
nliche Rechtswiſſenſchaft“, herausgegeben von 5.8. v. S., C. F. Eihhom
3.8.2. Goͤſchen, I, 2; Berlin 1815) und fidy gleich dadurch In Vortheil zu
— daß er ihr eine angeblidy ungefchichtlihe Schule gegenüberfteilt.
großer Theil der Jurifken, welche zwar den Werth und bie Unentbehrlich⸗
666 Savonarola
Leit der gefchichtfichen Entwidelumg einer gegebenen Mech
kennen, aber nur der einfeitigern Behandlung der Gefchichte als einzu
des Rechts widerfprechen, muß fich jene Bezeichnung einer ungeſchichtüch
gänzlich verbitten. Sie koͤnnten dagegen Diejenigen, welche darauf audı
Ableitung der Rechtswahrheiten aus höhern Principien der menſchlichen
zuleugnen, oder der Vernunft ihre Gültigkeit ald Quelle unabänderik
Mechtöfäge zu beftreiten, mit ebenfo vielem Recht als die unpbitofophif
bezeichnen. Dieſe Anfichten über die Grundlagen bes Rechts, nach wel
ben weder in der menfchlidhen Willkuͤr als pofitiver Geſetzgebung, no
feggebung der Vernunft gefunden werben follen, hat Derr dv. ©. fpäterl
eignen Schrift entwidelt, als andre Rechtsgelehrte, wie Thibaut, Schr
ner, den Wunſch ausgefprochen hatten, daß man bei ber Damals noch ge
den neuen Geſtaltung Deutfchlande ein allgemeines Geſetzbuch des b
echte, des Proceffes und des Strafrechts aufflellen möge. In bieft
„Vom Beruf unferer Zeit für Gefeggebung und Rechtöriffenfchaft" (Bi
wird zu zeigen gefucht, daß nee Befegbücher im Grunde weder nöthig
lich ſeien, daß die vorhandenen Geſetzbuͤcher Frankreichs, Öſtreichs und
zur allgemeinen Einführung nicht geeignet und nicht einmal die deutfd
dazu reif fe. Abgeſehen von folchen Anſichten einer beflimmten Schu!
chen fid) Das, was wirklich übertrieben und unrichtig fen follte, im Laı
ten endlich von felbft ausfcheidet und abfchleift, verdanken wir Herm ı
großen Schag echt hiſtor. Unterſuchungen. - Einen Theil derfelben hat eı
Werke: „Geſchichte des roͤm. Rechts im Mittelalter‘ (4 Bde., 1815-
verleibt ; einen andern Theil hat er in Vorlefungen in der Akademie der B
ten und in Abhandlungen in der, Zeitfchrift für gefchichtliche Rechtswiſſenſ
von 1825 des 5. Bdos. 3. Heft erfchienen tft) niedergelegt, und auch j
fungen , welche im Buchhandel nicht zu haben waren, follen zur Freude
ihren Werth ertennen, nach und nach in dieſer mitgetheilt werben. €
Gelehrſamkeit, große Combinationsgabe, fcharffinnige Kritit und
außerordentliche Eleganz der Darftellung, müflen auch Diejenigen, ı
nicht unbedingt zur gefhichtlihen Echule bekennen, in den Werken biel
ten mit Achtung anerkennen.
Savonarola (Geronimo), ein durch fein bewundernswuͤrdig
talent und fein trauriges Ende berühmter Mann, wurde den 21. Sept
Ferrara geb. Er war der Enkel eines berühmten Arztes, und gleichfalls
wiffenfhaft beftimmt. Schwärmerei bewog ihn aber, in einem Alter ı
das väterlihe Haus heimlich zu verlaffen und Dominicaner zu werden
Fahre fpäter beftieg er zu Florenz bie Kanzel, aber mit fo ungluͤcküche
daß er befchloß, fie auf immer zu meiden. Darauf lehrte er Metaphufit
fit zu Bologna. Das Anfehen, welches ihm hier ſ. Gelrhrſamkeit und |
warben, veranlaßte den Lorenzo von Medici, ihn nach Florenz zuchdiumuf
fing er wieder an zu predigen, und mit einem fo außerordentlichen Beifa
Kirche die Zuhörer nicht faffen Eonnte. Durch den Anfchein einer vi
Heiligkeit und durch f. hinreißenden Neben erlangte er einen wundervoll
auf die Gemuͤther der Klorentiner. Dadurch ward er dreiſt gemacht, ein
tifhen Ton anzunehmen, und begann nun Öffentlidy und ſtark auf ein
verbefjerung zu dringen und Über Staliens Unglüd zu eifern. Der große
Stalien betrachtete ihn als einen von Gott Begeifterten; Einige verladt
einen Schwärmer; Andre verwuͤnſchten ihn als einen Betruͤger. Balb
er auch an, fich von feinem Beſchuͤtzer Korenzo loszuſagen, beffen Charal
ſchwaͤrzen und deſſen Sturz zu prophezeihen. Als Prior von St⸗Mare
er jenem Oberhaupte der Republit den hertiinmiichen Beſuch nicht able
Savonarola 667
ergo fich gu ihm nach St.⸗Marcus begab, ließ ex fich verleugnen. Lorenzo
ſt veranlaßt, ſtrenge Maßregeln gegen diefen Geiftlichen zu nehmen; allein
es entweder aus natürlicher Gutmuͤthigkeit oder aus geheimer Ehr⸗
t für f. Charakter. Als Lorenzo auf dem Todbette lag (1492), warb der
& zu ihm gelaffen und ſprach zu dem Sterbenten mit ber Würbe feines Amts.
dem Tode Lorenzos und der Vertreibung f. Sohnes Peter nahm ©. den
Men Antheil an den Staatsangelegenheiten von Florenz. Er ftellte ſich an
Spige Derjenigen, die eine mehr demokratiſche Verfaſſung mwünfchten, bes
te, Bott habe ihn bevolimächtigt zu erklären, baf ben Bürgern die geſetzgeben⸗
walt zukomme, daß er felbft der Abgefandte der Klorentiner an den Himmel
m fei, und daß Chriftus eingemilligt habe, ihr eigenthümlicher König zu fein.
ıgemäß legten bie neuerdings gewählten Magifttatsperfonen ihre Amter nies
mad die gefeßgebende Gewalt wurde einem Bürgerrath übergeben, der zur Be⸗
Ing diefer Befchäfte aus feinem Mittel einen engern Ausſchuß ermählte. Ins
a herrfchten Unetnigkeiten in dem neuen Freiſtaate: die ariitofratifche und die .
keatiſche Partei haften und verfolgten einander; bie erftere beftand aus ben
ben der alten und ben Feinden der neuen Verfaffung ; die demokratiſche aber
den anbächtigen Bewunderern des Moͤnchs. — Doch genügte es dem Feuers
s6 nicht, den florentinifchen Staat umzumälen; auch den Mißbraͤuchen
ſchen Hofes umb dem umgeregelten Lebenswandel feiner Amtsbruͤder hatte
Heform zugedacht. An Urfachen zur Unzufriedenheit über Beides konnte es
end der Regierung bes Papſtes Alerander nicht fehlen. Er fchrieb, nach
te f. Lobredner, an die chriftlichen Kürften, verficherte fie, daß die Kirche
gebe, und daß es ihre Pflicht fei, eine Kirchenverfammlung zuſammen⸗
„ in welcher er felbft darthun wolle, daß die Kirche ohne Haupt, und der das
Dapft kein wahrer Bifcyof, nicht einmal des Titeld und ebenfo wenig des
ars eines Chriften werth wäre. Alexander ercommuniciete den Prior. Die
Bulle ward in der Hauptkirche zu Slorenz verlefen; aber S. trotzte dem vatis
ver Dormer und predigte fort. Sa f. Einfluß flieg noch höher, da Peters
dici Verſuch, die alte Würde f. Hauſes wieberzuerlangen, fehlgefchlagen mar.
ken entfland wider ihn eine andre Gegenpartei. Durch feine Neuerungen zu,
Rarcus und in a. Kiöftern hatte er fich unter den Mönchen, befonders ben
Ecanern von ber firengen Obſervanz, viele Keinde gemacht, die jegt von ber
LE gegen ihn als einen Ketzer und Ercommunicirten eiferten. Um f. Sache zu
Digen, bewog er einen Moͤnch feines Klofters, Fra Domenico da Pescia, ihm
when, welcher in ſchwaͤrmeriſchem Eifer fidy erbot, um bie Wahrheit der Leh⸗
ne6 Meifters zu beweifen, dafuͤr durchs Feuer zu gehen, wenn Einer von ber
Partei für deren Meinung daffelbe thun wollte. Die Herausfoderung warb
nem Sranciscanermönd angenommen. S., mit feinem Streiter an ber
eines zahlreichen Zuges, ftimmte den Pfalm an: „Der Herr erhebe fi und
ve feine Feinde!” Der Framciscaner kam. Das Feuer wurde angezündet,
5., welcher merkte, daß der Gegentheil nicht zu fchredien fei, that ben Vor⸗
‚daß Dommmico eine Hoftie mit fi) ind euer nehmen folle. Dies ward von
jangen Daufen als eine verbammtiche Gottestäfterumg ausgerufen, und da.
mic bennody auf der Foderung beftand, fo entging er gluͤcklich dem Gottes⸗
l, dem er fi) unterworfen hatte. Für S. hingegen war dies von ſchlimmen
n. Das Volk befdyimpfte ihn, und nad) einem harten Kampfe ward er mit
mico und einem andern Moͤnch ins Gefängniß gefchleppt. Eine Verſamm⸗
von Geiſtlichen hielt unter der Leitung zweier päpftl. Abgeordneten Gericht
bn. Anfangs festen die Entfchloffenheit und Beredtſamkeit S.'s feine Rich⸗
Verlegenheit. Als aber die Folter angewandt wurde, bekannte er, daß er fidh
zeriſcher Weife das Anfehen einer uͤbernatuͤrlichen Gewalt gegeben hake. Som
668 Savoyen Say
ward er nebſt ſ. Schuͤlern Domenico und Silveſtro Maruffi
gulirt und dann verbrannt zu werden, welches auch am 23. Mai 140
unsählbaren Menge von Zuſchauern gefchah, von denen einige ihn n
als Märtyrer und Heiligen priefen. Diefer außerorbentiihe Mann |
Briefen eine Abhandlung gegen die Aftrologie und mehre philoſophiſch
(he Schriften gefchrieben („Opera‘, Lyon 1633—40, 6 Bbe.). |
digten („‚Prediche”, Florenz 1496) fehlt es freilich an ben nöthigen (
gut georbneter Reden; aber fie find auch wiederum reich an Präftige
Geiſt erhebenden Stellen, und laffen uns vermuthen, daß er beffer war
graphen ihn ſchildern, vielleicht weit beffer, als wir felbfl, von Jenen
darftellen Eonnten.
Savoyen, ein zur farbinifchen Monarchie gehöriges Herzogthi
binifhe Monarchie), welches an Helvetien, Piemont unb Franl
Es enthält 177 IM. (nady Stein: 211 TM.), 501,165 €. in 19
594 Doͤrf. Der größte heit ift mit hohen Alpen und Waldungen
[chen welchen ſich ſchmale Thäler Hinziehen. Die cottifchen und pennir
gehören zum Theil hierher, und die geajifchen Alpen fcheiden Ganoı
mont. Der hoͤchſte Berg Europas, der Montblanc (f.d.), liegt
Auch ber Iferan, der Meine St.»:Bernhard, der Mont⸗GCenis, über
Kunſtſtraße aus Savoyen nad) Piemont führt, befinden ſich in dieſem!
von diefen ſavoyiſchen Alpen find mit ewigem Eis und Schnee bededt.
wird vorzüglich von ber Mhone, ald Grenzfluß, der Ifere, Arve und A
Von dem Genferfee gehört ein Theil hierher. Kleinere Sen find
Bourget und bei Annecy. Bei dem Ser von Bourget iſt die fogen. U
deren Waffer von 20 Minuten bis gegen 3 Stunden ausbleibt. Di
ins Ganzen veränderlich und geht oft in einem Tage von der firengfl
Hitze über. Der Boden ift meiſtens fteinig und wenig fruchtbar; da,
gemacht werden ann, bringt er Getreide, doch nicht hinlaͤnglich, I
Flachs, Kartoffeln, Obſt und Kaftanien hervor; auch find die Waldu
lid), und der Wieſewachs gut, daher eine flarke Viehzucht getrieben wir
Gebirgen gibt es Wild, auch Murmelthiere, Gemfen und Steinböde
neralreich liefert Silber, Kupfer, Blei, Eifen, Steinkohlen, Muͤhlſteir
Serpentinftein und Salz. Die Einmw. reden theils die italtenifche, the
Sprache. Sie find wegen ihrer Treue, Biederkeit, Arbeitſamkeit und
kannt. Ungeachtet ihres Fleißes nährt fie der undanktbare Boden ihres £
baher find fie gezwungen in andre Länder auszumandern, von ba fie m
werb ſtets in ihr Vaterland zuruͤckkkehren. Die Hauptſt. heißt Cham
— Savoyen gehörte in den älteften Zeiten zu Gallien, ımb bie Altobı
hier ihren Sig. Unter der Herrſchaft der Römer ſtand es bis 400; t
es bie 530 zu Burgund, zu Frankreich bis 879, zum arelatifchen Koͤ
1000, wo es ein Graf Beroald erhielt, und 1416 warb es zum Der;
hoben. Herzog Victor Amadeus erhielt 1713 Sicilien und bie &ı
mußte jedoch 1718 jene Infel an Spanien abtreten und erhielt dafür
dinien. 1792 wurde Savoyen von den Franzofen erobert und Frankr
des Depart. Montblanc einverleibt. Durch den erften parifer Frieder
ein Theil und 1815 durch den zweiten parifer Srieben bas ganze Lanl
den König von Sardinien. est ift e8 in 6 Provinzen eingetheilt:
Chablais, Faucigny, Genevois, Maurienne und Tarantailſe.
Say (Iean Baptifte), einer der ausgezeichnetfien ftaattwirt
Schriftfteller Frankreichs, geb. 1767 zu Lyon. Er kam in der erſten
volution nach Paris, um fich gelehrten Befchäftigungen zu wibmen, ım
ter einer der Stifter der „Decade philosophique‘', deren Herautgel
Sayn und Witgenflein " 669
). Er wurde 1799 Mitglied des Tribunats, fpäter aber von Rapoleon
1, und dadurch gekraͤnkt, wollte er keine in der Folge ihm angebotene-
ehmen, fondern lebte ganz den Wiffenfchaften. Er ward 1817 zum
Akademie ber Wiffenfch. und zum Ritter des Wladimirordens ernannt:
ichnung, die er feinen ftaatswirthfchaftlichen Arbeiten verdankt. Sein
: „Traite d’eoonomie politique, ou simple exposition de la ma-
se forment, se distribuent et se consomment les richesses‘’ (1803
„ von Morftabt (Heidelb. 1818—19) verdeutſcht, hat in der 5. Aufl.
26) 3 Thle. Später folgte ſ. „„Catechisme d’&conomie politique”
arlseuhe 1816; 3. Aufl., 1826). Eine f. geiftreichften Schriften iſt:
rolume eontenant quelques apergus des hommes et de la societe”
17; von Ludwig, Altenburg 1821, verdeutſcht). Seine ftatiflifchen
De lAngleterre et des Anglais’' (Paris 1815) und „Des canaux
ion dans l’etat actuel de la France‘ (Paris 1818) find gleichfalls
‚an und Witgenſtein. Die Sraffchaft Sayn, im Weſterwalde,
m Berg, Naffau und Wied eingefchloffen, beftand aus 2 Theilen:
henburg und Sayn⸗Altenkirchen; beide gegen 25 IM. mit 32,000 €.
00 Sul. Einf, Sayn⸗Hachenburg gehört jegt zum Herzogthum Nafs
Japnns Altenkirchen (Kreisftadt und Schloß im Regierungsbezirk Koblenz)
Prov. Niederchein. Die ehemalige Reichsgrafſchaft Sayn hatte bie
e Brafen zu Sayn umd fiel fobann an des legten Grafen Schweſter,
vermählte Gräfin von Sponheim. Bon ihren Nachkommen erhielt
verm. mit der Erbgräfin von Homburg an der Mark, die Graffchaft
warb der Staͤmmwater aller nachherigen Grafen von Sayn. Seine
teten 1294 2 Linien: Johann die ältere oder Sohannifche, welcher
aft Sayn, Engelbert die jüngere oder Engelbertifche, welcher die Graf⸗
burg und Vallendar zufielen. Des Lesten Enkel, Salentin, verm. mit
in von Witgenflein, wurde dadurch der Stammvater der jegigen Gra⸗
sften von Witgenftein, die deßhalb, ohne die Grafſchaft Sayn je beſeſ⸗
n, ſich Sayn und Witgenſtein namen. Zwar ftarb 1606 bie Johannis»
us, und Sayn kam durch Heirath an Wilhelm LII., Grafen zu Witgen-
n f. Vater Ludwig der Ältere (fi. 1607) theilte ſaͤmmtliche Befigungen
Söhne, welche Dadurch die Stifter der 3 Linien des Haufes Sayn und
n wurben; ber ältefte, Beorg, fliftete nämlich die Linie Sayn⸗Witgen⸗
burg; der zmeite, Wilhelm III., bekam Sayn und fliftete Sayn⸗Wit⸗
ayn; der deitte, Ludwig, erhielt Witgenftein und fliftete Sayn⸗Witgen⸗
mftein. Als aber Wilhelms III. Sohn erfter Ehe, Ernft, nur 2 Toͤch⸗
eß, To theilten biefe 1632 die Grafſchaft Sayn in Sayn⸗Hachenburg
Altenkirchen, mit Ausfchluß eines Sohnes Wilhelms ILL. zweiter Ehe.
er echobenen Rechtsſtreit entſchied der Reichsdeputationsreceß von 1803.
MWitgenftein gelangte nicht wieder zum Beſitze der Grafſchaft Sayn,
theils zum Gefammtgute be6 Haufes Raffau, theils zu Preußen gehörte.
Weilburg fiel nämlich durch Erbrecht 1799 der fonft burggräfl. von
he Antheil Sayn- Hamburg; an Naffan » Ufingen kam 1802, nad)
m Wechſel der Befiger, Sayn- Altenkirchen, dafür trat Naſſau⸗Uſingen
aft Lahr an Baden ab; Baden und Naffau aber zahlten an das Daus
n ein Sapital von 300,000 Gulden und wiefen ihm überbie eine Jahr⸗
12,000 Guld. an. Endli trat Naffau 1815 Sayn⸗Altenkirchen an
. Die Befigungen bes fürftl. Hauſes Witgenftein find feit 1806 me
d liegen in dem Regierungsbezirke Arensberg ber preuß. Prov. Wells
y liegt noch ein Theil der mediatiſirten fürftl. Witgenſteiniſchen Hert«
einem Bergſchloſſe an ber kLahn beider Stadt Laatphe. Er
Grafſch. Witgenftein, 4 IM., 8410 Einw,, 16, 1MA
und bie Herrfch. Vallendar (2400 €.), beide unter preuf. £
. Sub. Eint. — Sein Bruder, Fuͤrſt Wilhelm, k preuß. Obe
1819 Staatspolizeiminifter, wurde 1804 zum Ditregenten
Sbirren biegen fonft in einigen italleniſchen Ländern
heuftaate, gewiffe Juſtiz⸗- oder Polizeidiener (Häfcher), we
führer, VBarigelo genannt, willitairiſch organifiet waren,
ben wurden.
Scabin, scabinus, f. Schöppe.
Scagliola heißt die Miſchung HA feinem Gyps und
glas (pietra specolare), burd) Leim zu einem Teige verbund⸗
harte Gemälde barftee. Das Werfahren dabei ift
weißem Stucco (dem genannten Gypoteig) ſchneidet man ®
ſchatfen Werkzeuge ben Raum einer vorgeſchriebenen Zeichmu
artigem aber gefärbten Gypoteig, wie ed die Zeichnung mit fü
ausgefüllt wird. Man wiederholt dies Hinzufegen von ang
alle Abſchattungen der Farben erreicht find, und —ã
beiten dieſer Art haben ben Vorzug vor der Moſaik, daß man
der verfchlebenartigften Farben erreichen kann und daß bei d
Stoffs eine weit innigere Verbindung moͤglich ift, die ben Bil
gelhellen Glanzes, . den man erreichen kann, eine längere Dau
ben von einfady weißem Stucco hat ſchon das Alterthum um
die Hifchen Tafeln. Grabfchriften aus dem Mittelalter bewei|
die Technik diefer Bildnerei vergeffen war. Die Art, wiema
jegt die Fiſcherbarken mit Wachs und gefärhtem Hatzteige, dei
fler eingerieben wird, auf eine feit uralten Zeiten gebräuch
hätte übrigens auf die Wiederauffindung der Scagliola fühn
jemals verloren geiwefen wäre. Doch ſchreibt man hie Erfiud
Berfahrend einem finnzeichen Maurermeifter aus Gari ohm
Rombarbei zu, Namens > Guido del Conte ober Faſſt, 1684
Scala Scaliger (Julius Gäfar) or
m. Vom Maffa fah der Pater D. Enrico Hughord aus Valombroſa
tab, umb verpflanzte ed nach feinem Kloſter, wo es aufs neue [ehr
kam. Doch ſuchen die Toscaner durch eine Arbeit in ber Galerie zu
der Hand bes Pietro Antonio Paolini, zu beweifen, daß bei ihnen
tigkeit früher gebt wurde. Gerade die erwähnte Arbeit gehört zu
Ren. Einer der letzten Künfller, der Werke des mühfamfien Fleißes
binterlaffen hat, war der 1821 verft. Pietro Stoppioni zu Florenz.
Italien ein gewifler Paoletti zu Florenz ald der Einzige angefehen, der
Verfahren noch immer ausübt. („Kunftblatt”, 1822,Nr.4) 19.
1, fe Zonleiter.
ger (Julius Caͤſar). Die Geſchichte dieſes berühmten Gelehrten iſt
keit in Dunkel gehuͤllt. Zufolge ſeiner Erdichtung war er ein Ab⸗
beruͤhmten Hauſes der Scaliger, Fuͤrſten von Verona, und 1484
loſſe Riva am Guardaſee geb., ward nachher Page beim Kaiſer
dem er 17 Jahre in Krieg und Frieden diente, erhielt ſodann einen
m Derzoge vom Ferrara, ftubirte zu Bologna, befebligte unter dem
tig eine Schwabron, legte fich auf das Studium der Naturlehre und
5 den Bifchof von Agen Antonio de In Rovera nach feiner Diöcefe in
’o er fich niederließ. Diefe Erzählung erhielt bei mehren Gelehrten,
ich de Thou, der Freund und Bewunderer f. Sohnes Joſeph, war,
er fie wurde auch ſchon zu f. Zeit von Scioppius u. A. lächerlich ges
zemein als ganz oder größtentheils erbichtet angefehen. Rad) Tiras
be ift ©. der Sohn Benedetto Bordone's, eines geb. Paduaners, der
e Kunft eines Illuminirers betrieb, und entweder von dem Zeichen ſ.
er dem Bezirk, worin fie belegen war, den Beinamen della Scala er⸗
bis zu f. 42. Jahre lebte er zu Venedig oder Padua in Dunkelheit,
b mit dem Stubium und der Ausübung ber Arzneikunde, u. gab u.
Bordone einige Schriften heraus. Entweber ein Verfprechen ober
‚ feine Uneftänbe zu verbeffern, zog ihn nach Agen, wo er f. übrigen
‚1528 ſcheint er noch nicht Willens geweſen zu fein, ſich für einen
jenes fuͤrſtl. Geſchlechts auszugeben, da er von Franz 1. fi ein Na⸗
atent u. d. N.: Julius Caͤſar della Scala de Bordone, Dr. ber Phy⸗
na in alien gebürtig, auswirkte. Indeſſen muß er zu Agen mit
ihnung erfchienen fein, indem er Andietta de Roques, ein junges
r aus einer abeligen und wohlhabenden Samilie, 1520 zur Gattin ers
iefer Zeit an begann er Öffentlich ſ. fuͤrſtl. Herkunft zu verfichern, ohne
ucch irgend ein beglaubigtes Actenſtuͤck ober das Anerkenntniß eines
m veronefifhen Hauſe unterftügt zu werben. Ruͤhmlicher machte er f.
mehre Schriften, welche ihm einen hohen Plag unter den Gelehrten
en, bekannt, obgleich die prahleriſche Anmaßung, welche in ſ. Wers
ihm viele Feinde zuzog. Durch fortgefegte Ausaͤbung der Natur:
er beträchtliche Reichthuͤmer und bielt ein glänzendes Haus. Ducch
gkeit f. Schriften machte ex ſ. Mechtgläubigkeit verdaͤchtig. Er ſtarb
er Katholik d. 21. Det. 1558 im 76. Lebensjahre. &. war gewiß
ı außerorbentlichen Fähigkeiten, und obgleich er zu ben Spaͤtgelehrten
', fo haben doch nur wenige eine höhere Stufe in wiffenfchaftlicher
egen. Er hatte ein ſtarkes Gedaͤchtniß und einen lebhaften Verſtand;
wenn auch nicht immer folgerecht. Rüdtfichtlich f. fittlichen Eigen⸗
ird f. geoße Wahrheitsliebe befonders von feinem Sohne gepriefen,
abei f. Eitelkeit und ſtreitluſtige Rechthaberei nicht ins Spiel kommen.
hen und naturhift. Werken bemerken wir: „Exereitationum exo-
er quiatus decimus de subtilitate ad Cardanum‘ (Par. 1557, 4.1;
vortremnuch und |. Xrtefe oft Duntel und [mwalıng.
men die neuern Kritiker nicht mehr in die —ã—ſùſ J
bon, Voſſius u. A. ihm ertheilt Haben.
Scaliger (Iofeph Juftus), der Sohn des Worigen,
Iolog, mar den 4. Aug. 1540 zu Agen geb. Im 11. 9.
Bordeaur gefandt, wo er mehre Jahre lang die lat. Spra
nöthigte ihn zur Ruͤckehr zu feinem Vater, der ihn jeden
irgend einen Gegenftand halten ließ, wodurch er bald mit bi
lichſte bekannt wurde. Nach dem Tode f. Waters ging er, 1
wo er fich beſonders der griech. Sprache widmete. Ex verſch
mer und las den Homer und bie übrigen griech. Dichter und
Eifer, daß er in 2 Jahren fie ſaͤmmtlich durchgeleſen hatte.
ſich ſeibſt auch die hebt. und a. oriemtalifche Sprachen und uͤl
tifggen Auffägen in ben claſſiſchen Sprachen, wie er z. B. fd
lat. Trauerfpiel gefchrieben hatte. Es ſcheint, daß er lange &
von dem wir feine genauen Nachrichten befigen, geführt hab
zur proteftant. Kirche ward ohne Zweifel ſ. Anftelung in
Cndlich erhielt er einen Ruf als Prof. der fcpönen Waiffenfcha
bin ee 1593 abging und wo er f. übrige Lebenezeit blieb und b
Ex befaß ganz den Charakter eines Gelehrten, der, in ſ. S
menfchlichen Angelegenheiten nicht achtet, ſodaß er sr
doch ſchlug er mehre Male Geldgefchenke von vornehmen Pı
umb Gelehrfamteit achteten, aus. Auch war er nie verhel
des Stolzes und der Anmafung fand er feinem Water wen
Brlef an Doufa uͤber den Glanz der Scaliger ſchen Famllu
Maͤrchen von f. fürftl. Herkunft zu bekraͤftig en. Kein €
Widerfacher ftärker in wegwerfenden, veraͤchtlichen Reden
iſſenſchaften fo eifrig ergeben, daß er mandıen Tag ohn⸗
zimmer zubrachte. Er ruͤhmte ſich, 13 Sprachen zu verſteh⸗
Werken ift ſ. Buch „De emendatione temporum’' (Mar. 1
fin Ausg. zu Genf 1609, Fol.) eins ber widtigfien.
Werke ſteilte er zuerſt ein vollftänbiaeß. nach beflimmten €
Sealpiren Scarlatti 678
at. In das Griech. in Verfen überfegt. Seine „Poemata” haben kei⸗
(hen Werth. Gehaltvoller find f. „Epistolae” (Lyon 1627). Im
te Joſ. S. weniger Genie als f. Vater, aber befaß mehr Kenntniß und
Ein f. Außarbeitungen.
Ipiren (von bem engl. Scalp , bie Haut von ber Hirnſchale ziehen)
bziehen der Kopfhaut, welches die Wilden in Nordamerika an ihren
chwer verwundeten Feinden zu verrichten pflegen. Sie wideln ba6 Haar
6 um bie linke Hand, fegen ihm einen Fuß auf den Hals und ſchnei⸗
ſolche Weiſe ausgefpannte Haut mit ihren Meffern in einigen Schnits
. Die abgezogenen Häute heben fie als Zeichen ihrer Tapferkeit auf.
ndiren beißt, einem Vers beim Lefen In feine Süße auflöfen ober abs
em man jeder Sylbe die ihr nach dem Versmaße zukommende ſtaͤrkere
yere Betonung und Zeitdauer gibt und jeden einzelnen Fuß mit der
zeichnet, ohne Ruͤckſicht auf den Inhalt des Verſes, mithin nach ber
n Quantität fprechen; zuwellen auch Einſchnitt, Versende und Reime
en.
pulier (scapularium) iſt ein Theil eines Moͤnchskleldes und befteht
ten Tuch, von denen das eine die Bruft, das andre den Ruͤcken deckt.
mbrüdern geht das Scapulier nur bis an bie Knie, bei den andern Bes
zuf die Süße.
rabaͤus, ber Käfer, deſſen Geſtalt bie Alten, befonder# bie Ägypter
jemmen und a. Kunſtwerken nachbildbeten; daher Scarabaͤengemmen.
n ihn für ein Sinnbild der Sonne.
'amuß (ital. Searamueoia) iſt einer von ben grotesken Charakteren
hne, welcher ungefähr um 1680 an die Stelle des alten fpanifchen Ca⸗
ganz ſchwarz, in fpanifdyer Tracht, wie fie in Neapel bei Hofleuten
tlihen Perfonen gebraͤuchlich war, ging und den Auffchneiber vor⸗
m Ende vom Harlekln durchgepruͤgelt wird. Der eigentliche Scaramutz
6 Fiorelll und war ein geb. Neapolitaner, welcher auf ber ital. Bühne
Witzworte und Späge nicht weniger als durch ſ. mimiſche Kunſt aus⸗
In Frankreich warb er noch zu andern Charakteren gebraucht.
latti (Ateffandeo), Ritter, Capellmeiſter am nenpolitanifchen Hofe,
u Neapel geb. Die Gefchichte dieſes ausgezeichneten Mannes iſt wenig
Die Itallener nannten ihn den Stolz ber Kunft und das Oberhaupt ber
1, und Haffe fagt von ihm, daß er in Hinficht auf Harmonie der größte
liens fel; Jomelli ſah f. Kirchenmuſik als bie vorzuͤglichſte in ihrer Art
weiß, daß er zu Rom von Gariffimi erzogen wurbe. 1680 warb er
ofcomponiſt; hier ließ er zuerft ital. Opern mit großem Erfolg auffühs
e Zeit nachher ging er nad) Wien und von da nach Rom. Nachdem
er und Kirche viel componirt hatte, lebte er ruhig zu Neapel und bes
, mit der Bildung junger Muſiker. Auch ber berühmte Haſſe und Leo:
wbankten ihm ihre umfaffenden Kenntniſſe in ber Diufit. 1725 fand
u Neapel; er componirte ungeachtet f. hohen Alters noch für die Kirche
trefflich die Harfe. Er flarb 1728. Man hat von ihm eine Menge
nu. gegen 200 Meffen. Bon f. Kirchencompofitionen ſchließen ſich eis
uͤrdigen Styls wegen an Palaͤſtrina's Werke an. Ein Privarmann zu
cherte Quanz, daß er 400 Compofitionen von S. befige. Die Oper
essa fidele” ward allgemein als f. Meiſterwerk angeführt. Auch ers
)a capo”' zuerft in f. 1693 aufgeführten „Teodora”. Seine Canta⸗
mte als Duette arrangirt. Sacchini lehrte darnach im Gonfervatorio
tto zu Venedig. Sein Sohn Domenico &. ift durch f. Clavierſtuͤcke
mt
Glebenie Aufl. 35. IX. 43
674 Scarpa Scarron
Scarpa (Antonio), einer ber berühmteften Anatomen und Ch
418. Jahrh., ift gegen 1746 in der Lombarbei geb. Sein Wert „A
disquisitiones de auditu et olfaetu, Fol., erfchien in Pavia 1789, ı
1772 in Modena „Anatomicae observationes de struetura fenestra:
aurin” herausgegeben und baburdy bereits die Aufmerkſamkeit der gele
auffichgezsogen hatte. Bei der Revolutionisung Italiens weigerte er fi
der cisalpinifchen Republik allen öffentlihen Beamten auferlegten Ei
und warb deßhalb f. Stelle al Prof. an der Univerfität zu Pavla entfet
nun fein beruͤhmtes Werk über die Pulsadergefchwülfte heraus. Als
nachdem er fich in Malland zum König von Italien hatte Erönen laflen,
Davia kam, und ihm die Lehrer der Univerfität vorgeftelt wurben, fragtı
Man erwiberte ihm, derfelbs babe ſchon lange aufgehört, Mitglied bei
zu fein, und gab zugleich die Urfacdhe davon an. Napoleon gab die eb!
„Was thun hier politiſche Anfichten und Meinungen? ©. ift eine Zi
und meiner Staaten. Man ftelle ihn fogleich wieder ehrenvoll an’. &
Arbeiten find hirurg. Inhalts.
Scarron (Paul), ein burlesker und fatyrifcher Dichter, warb 1
wie Einige angeben, 1598 oder 1601) zu Paris geb. Gein Water,
mentsrath, zwang ihn zum geiftlichen Stand, er lebte aber fehr welt!
Als er 24. 3. alt war, machte er eine Reife nady Italien, wo er ſich all
gungen ergab. Bei f. Ruͤckkehr nad) Paris fegte er ſ. Lebensart fort.
fuchte er das Carneval zu Mans, wa er Kanonicus war. Bier ward cı
der maskirt, von den Gtraßenbuben verfolgt, mußte in einm DRoı
wobei er fich heftig erfältete und durch eine hieraus erfolgende Nervenkt
an allen Gliedern gelaͤhmt ward. Trotz diefer Leiden behielt er durch f. g
feinen fröplihen Sinn, ließ fich zu Paris nieder und machte ſich durch
und die Annehmlichkeit feiner Geſellſchaft die geiftvoliften Perfonen bes
der Stadt zu Freunden. Als f. Vater geflorben war, hatte er einen
feiner Stiefmutter, den er, obgleich e& f. ganzes Vermögen betraf, at
leske Weife betrieb und verlor. Frau v. Hautefort, f. Freundin, du
gluͤck gerührt, ftellte ihn der Königin vor. Der Dichter bat diefe:
Kranken von Amtswegen nennen zu dürfen‘. e Fuͤrſtin lächelte, €
ale Einwiligung annahm, unterfchrieh und nanıtte fid) von jegt an: ©
Gottes Gnaden unwuͤrdiger Kranker der Königin. Um ſich diefe® Am
zu machen, lobte er ben Gardinal Mazarin, der ihm eine Penfion ga
nachher wieder eingezogen wurde, al8 5.6 „DRazarinabe‘' u. ſ. Typhon
worin er den Cardinal beleidigt hatte. Darauf wandte er ſich an ben
Gonde, deffen Siege er befang, und an den Coadjutor bes Erzbiſchofs
Seine Verheirathung mit Francisca d’Aubigne (nachmaliger DRarquife
non) vermehrte vielleicht f. Lebensfreuden, verbefferte aber nicht f. Gluͤd
Er lebte fo unwirthſchaftlich, daß er bald in bürftige Umſtaͤnde gerieth.
und Unverfchämtheit verlangte er ſ. Penfion, wodurch er ſ. Lage noch verſ
Die Schaufpiele, die er nun ſchrieb, boten ihm einen neuen
gleich ex fich wenig um die Regeln dramatifcher Dichtkunſt bekuͤmmerte
damals bei den Franzofen an der Tagesordnung, die ſpaniſchen Dichter p
und auch S., welcher ihre Sprache verſtand, erntete-auf dieſen Feld
nicht befäet hatte. Sein Lufifp.: „Jodelet, ou le maitre valet“, wur
meiften Beifall aufgnommen. Auch die Königin Chriftine von Schu
digte ihn ihrer Gunft und erlaubte ihm, fich ihren Roland zu nennen.
1660. Gene „Traveſtirte Äneide” und f. „Roman comique”, vont
erftere durch Moreau de Brafen fortgefeut, der letztere aber verbeutfät |
ron's„Kemiſcher Romm'', 3 Bhe., Renal 1782) find unter und om bei
Scaurus Schachſpiel 675
erben. Der lestere zeichnet ſich durch originelle Charaktere, komiſche Laune,
heit und Munterkeit der Erzählung aus. Außerdem hat S. nody Novellen,
aiſchte Bebichte, Lieder, Oden, Epifteln, Stangen ıc. gefähtieben. Seine Werte
Bruzen la Moactiniere 1737 zu Paris in 10 Bon., 12., herausgegeben.
Scaurus (Marcus Ämilius), 2 Roͤmer, Vater und Sohn. Der Er⸗
! bekleidete im J. d. &t. 639 das Gonfulat und wurde fpäter Princeps senatus,
ihmt als Redner und ausgezeichnet durch f. Strenge und die Wuͤrde, bie er ſich
eben wußte, daher er auch bei dem Senate und dem Volke in ungemeinem Ans
a ſtand; dabei ein hoͤchſt fchlauer Dann, ber feine Habfucht und f. Ehrgeiz ges
fe zu verbergen wußte. Auch ale Feldherr zeichnete er ſich gegen bie Galler
umb erhielt bei ſ. Rüdkehr die Ehre des Triumphs. Nicht fo loͤblich benahm
h im Kriege mit Jugurtha, wußte ſich aber Hug genug zu behaupten ımb es
zu bringen, daß man ihn nochmals zum Eonful und fogar zum Cenſor wählte.
Bein Sohn zeichnete ſich al Aedilis curulis durch den glänzenden Aufıwand
den er machte. . Ex ließ ein ungemein prächtiged und großes Theater errich⸗
mb gab koſtbare Wettkaͤmpfe. Cicero verteidigte ihn, als er wegen Bedruͤ⸗
jen in der Prov. Sardinien angeklagt wurde.
Scävola, f. Mucius.
Sceaux, Garde des Sceaux, f. Siegel, Siegelbewahrer.
Scene, Schauplag, Aufteitt, ſ. Schaufpiel.
Skhabemanier, f. Schwarze Kunft.
Schachſpiel. Kein Spiel für das reifere Alter iſt fi alt, fo geachtet, fo
erig und zugleich fo geiſtreich als dieſes. Dem Zufall, ber bei allen übrigen
len den Dauptcharakter macht, iſt hierbei nichts uͤberlaſſen. Nur überbück,
beit, Vorſicht entfyeiden in ihm den Sieg, und fo iſt es mindeſtens ein bes
den Mannes würbiges Spiel, während es dem Juͤngling Gelegenheit gibt,
Hige der Leidenfchaft zu mäßigen, Geduld, Umficht, Urtheilskraft, Kaffung
von. Es iſt das Altefte Spiel; die Ghinefen behaupten, es fchon 200 Jahre
nferer Zeitrechnung gekannt zu haben. Mindeſtens iſt es fchon im 6. Jahrh.
Indien nad) Perfien gelommen und hat fidy von da durch bie Araber und
feeusszüge *) über die ganze Welt verbreitet. Am Altgemeinften ift es im
genlande ; auch beweift die ganze Zufammenfegung und Benennung ber
sefleine feinen morgenlänbifchen Ucfprung. Die Sanſtritſprache nennt «6
hrantſch, ein Wort, das die Haupttheile eines (dortigen alten) Heeres, Ele⸗
w, Fußvolk, Wagen (nämlich Streit» oder Sichelwagen), Pferde, anzeigt.
wurde Diefe Benennung von bem perfifhen Namen Schah, Süd (Rinde)
Angt, ber dieſem Spiele in allen Sprachen geblieben iſt. — Gewoͤhnlich wird
Bchachſpiel von 2 Perfonen auf einem in 64 gleiche Felder getheilten Vierecke
He, Tobaß Jeder auf ben ihm zumächft flehenden 16 Feldern in ber vorbern ers
Neihe derfelben 8 fogen. Bauern, in der zweiten, unmittelbar vor ihm befind⸗
in der Mitte einen König, eine Königin, und ihnen zus beiden Seiten 2 Läus
> Springer, 2 Thuͤrme befehllgt. Der Zweck des Spiels geht darauf, bes
nerd König in eine Lage zu bringen, daß er keinen Zug mehr thun kann, ohne
messen ober gefchlagen zu werben, welches in ber Kunſtſprache beißt:
‚machen. Die Namen aller diefer Steine, mit Ausnahme bed Könige, find
waren nad) Sitte und Gewohnheit der verſchiedenen Voͤlker fehr verfchieben.
nentlich gilt die Königin im Morgenlande ungleich richtiger als Vezier (Fert)
Feldherr; die Springer gelten beim Engländer, Franzoſen ıc. als Bitter, Meis
die — werden in England zu Biſchoͤfen, in Frankreich zu Narren (fou)
Gedichte von ber Tafelrunde kennen es ſchon, und zwar als eine Kunft, worin
vorzüglich ſtark waren. 1477 erfchien bie erfte Überfegung eines im 19. .
u gefchriebenen lat. Werte, worin es ebenfalle vorkommt. Apr
. 676 Schacht Schaͤdel
gemacht; urſpruͤnglich waren fie Elefanten, mit Reifigen verſehen; bie
find urſpruͤnglich in Indien Streitwagen, was auch der ziemlich allgenmelr
Mocen, aus dem Indifchen Roch oder Roth, bebeutet. Die Ban hi
unfern Vorfahren Wenden: ein harakteriftifcher Zug, die Herabwärbigu
von ben Deutfchen unterjochten Slawenſtammes zu beweifen. Den I
Öftreich le den Fußboden eines Saales wie ein Schachbret auslegen, ı
mit lebenden Figuren fpielte. — Die als Spieler und Schriftſteller beri
Schachſpieler waren der Herzog von Braunfchweig, Auguft, im 17. Jahr
d. Namen Guſtavus Selenus gab er eine „Anleitung”, 1616, 4., heranı
aͤußerſt felten ift) ; Philidor, ein Franzoſe, in London vorzüglich 1780— X
geworben; Gioacchino Greco bereits in ber erften Hälfte des 17. Jahrh.
Araber Philipp Stamma in Paris 1737. Koch's „‚Cober der Schach
(2. Aufl., Magbeb. 1813—15) iſt das umfaffendfte und deutlichſte Wer
v. Mauvillon's, Anweiſ. 3. Erlernung des Schachfpiels' (Efien 1827).
it ein Schüler des großen Schachfpielers Elias Stein, der im Haag 18
— Unter den niedern Ständen ift dies Spiel in Deutfchland nicht ſehr ge
doch ift es merkwuͤrdig, daß ſich das Dorf Stroͤpke, Stroͤbeck in ber Nähı
berſtadt, feit wenigftene 300 Fahren durch eine bedeutende Fertigkeit t
zeichnet, ohne bag man den Brund,davon beflimmt angeben könnte. U
lich iſt es, daß ein Biſchof, anfangs hier als Privatmann lebend, bie Lau
eigner Liebhaberei damit befannt und fpäterhin deßhalb und unter biefer $
von manchen Abgaben freigemacht bat. Über den fogen. Röffelfpr:
die Kunft, den Springer Über alle Felder des Brets mit einem Zuge |
ohne eins 2 Mal zu treffen, f. Kluͤgel's „Mathem. Wörterb.", 4. Wit
Warmsdorf, „Des Röffelfprunges einfachfte Löfung” (mit Fig., Schma
— Des Hieron. Vida (fi. 1566) latein. Lehrgedicht über das Schachf
3. Hoffmann herausgeg. und metrifch Aberf. (Mainz 1826). — Ungermwd
da6 Schachfpiel unter 3 und unter 4 Perfonen. Ebenfo felten und zug
mein fchwierig find das daraus entflandene Gourierfpiel mit 24 €
einer Tafel von 96 Feldern und das noch viel zufammengefegtere, vor;
Benturini, und noch vorzüglicher ba® von Meifewig außgearbeitete Krii
(Bol. Schlachtordnung.) — Schachmaſchine, vgl. Kempelı
Schacht, f. Grube.
Schädel ift die knoͤcherne Grundlage des Kopfes, die man in
(eranium) und Geficht abtheilt. Im engen Sinne verficht man aud
bie Hirnfchale darunter. Dieſe befteht bei dem Menſchen aus 8 Knocher
aus dem Stimbein (os frentale), den beiden Scheitelbeinen (esan pa
bregmatis), dem Öinterhauptbeine (os oceipitis), den beiden Schlaͤfeb
temporum), bem Keilbeine (os sphenoideum), und dem Siebbeine (o
deum s. eribriforme). Diefe meift platten Knochen bilben eine große Hi
ſich das große und Eleine Hirn befindet, befigen Erhabenheiten und Be
von den anliegenden Theilen und mehre Öffnungen, durch welche Befäßt
ven hindurchgehen. Verbunden find fie unter einander und mit ben G
hen im ausgebildeten Zuſtande durch das Ineinandergreifen der gezaͤhnt
(Nähte), die keine Bewegung zulaffen. Im fruͤhern Lebensalter aber bar
diefe Knochen nur vermittelft einer Anorpelmaffe, bie es zuläße, daß da
ſammengedruͤckt (3. B. bei der Geburt) und verkleinert werben kann, jal
Knochen von ihrem Mittelpunkte aus bilden, fo find fie In der Zeit dee €
den Eden noch fo wenig auögebilbet, daß haͤutigknorpelige Zwiſchenru
werden, welche Sontanelle heißen. Nur zwifchen ben Schlafbeinen wub d
Kinnlade, ſowie zwifchen bem Dinterhauptbeine und bem erſten Biken
det fich ein roirkliches Gelenk, Die Sehyuatmacien find bei dem Dienfihen |
Schaͤdellehre 677
ieferbeine (ossa maxillaria superiora), 2Nofenbeine (ossa nasi), 2Thraͤ⸗
e (ossalacrymalia), 2 Jochbeine (ossa zygomatica), 2 Gaumenbeine (ousa
a), die beiden ımtern Naſenmuſcheln (oasa spongiosa), das Pflugfcharbein
), und die untere Kinnlade (os maxillare inferius). In ber letztern, ſowie
eiden Dberkieferbeinen find die 32 Zähne eingekeilt. Die Geſichtsknochen
sehre Höhlen, welche Sinnesorgane enthalten, wie bie Augen⸗ Nafen » ober
öhle, und beflimmen die Form bes Geſichts. Die Art, wie fie, Indbefon-
obere Rinnlade, zu den eigentlichen Schaͤdelknochen geftelit find, begründet
denheiten, durch welche ſich das menfchliche Geſicht von dem ber Thiere
eidet, ſowie fich auch viele nationale Verſchiedenheiten darauf zuruͤckfuͤhren
daß der Dberkiefer und bie Jochbeine entweber mehr hervorragen ober ein⸗
find. — Man kann in dem Bau des Schaͤdels eine Ähnlichkeit mit dem
© Wirbelfäute und überhaupt manche anziehende Analogie finden; vgl.
„Cephalogenesis s. capitis essei structura et signifioatio eto. aco, tab,
' (München 1815, $01.). |
ſchaͤdellehre, Kraniologie, ift bie von D. Ball (f. d.) ſyſtematiſch
Ute Lehre von dem Bau und den Verrichtungen bes Nervenſyſtems und vor
yerjenigen Abtheilung, welche im Schädel eingefchloffen ift und das Gehirn
enſetzt. Daher kommt ihr der Name Schaͤdellehre nur infofern zu, als das
vom Schädel eingehuͤllt wird, und diefer ſich nach ihm formt. Noch weni
fie für eine Phyfiognomik angefehen werben, obgleich fie als Phyfiologie
irns fich fehe fruchtbar auf Phyſiognomik, ſowie auf Pädagogik und Me⸗
wenden läßt. Die Entſtehung der Lehre iſt bei dem Art. bes Autors ſchon
Er hat durch ein eignes Werk (‚Anatomie et physiologie du systöme
x engensralet du cerveau en partioulier”, Par. 1801 fg., 4.) ſ. Beobach⸗
bekanntgemacht und durch viele Kupfer (Fol.) erläutert. Die Hauptpunkte
find: Das Gehim iſt dasjenige Organ, wodurch bie geiftigen Thaͤtigkei⸗
Menſchen vermittelt werben. Es ift, als ein ſolches Organ, aber nicht bei
mzelnen Ucte des Denkens in f. ganzen Maſſe thätig, fondern ſowie jeder
iebes Bewegungsorgan , Überhaupt jedes befondere Geſchaͤft ins Körper
ſondern Nerven als Werkzeug hat, ebenfo gehört jeder qualitativ verfchlebes
Hoerrichtung ein abgefonderter Gehirntheil als Drgan, wodurch fie erſt mög-
». Die Stärke des Nerven und die Menge feiner Maſſe ſteht mit ber In»
der in dieſem Organe auszuübenden Verrichtung in geradem Verhaͤltniſſe.
ffelmero des Elefanten hat die Stärke eines Kinderarms. Der Menſch bes
aus den mehrften hellen zuſammengeſetzte Gehirn in ber ganzen Thierreihe.
find alfo weit mehr Organe vorhanden , er trägt in feinen: Gehirn alle bie
‚ welche den Tieren einzeln zukommen, nicht nur vereinigt, fondern er
och andre , den Thieren fehlende. Die Menfchenfchädel zeigen aber uns
fowol in der Menge ihres Gehirns, als in ber Vergrößerung einzelner
‚ große Verſchiedenheiten; dazu lehrt die genaue Beobachtung, daß ber .
Ropf ſich, wenn auch nicht durch den größern Umfang bes ganzen Schäbels,
sch ausgezeichnete Vergrößerung einzelner Punkte deſſelben, alfo durch groͤ⸗
sbienmafle auszeichnet. In der Jugend, als ber Eutwidelungsperiobe
Desngözeit ber ſchlummernden Anlagen, bat das ganze Gehirn ein Streben
udehnung; wenn an einem jugendlichen Schädel die obere Hälfte abgenom⸗
rd , fo deängt fih das Gehirn hervor , und kann durch Aufſetzung des De»
he wieber in diefelbe Höhle zuruͤckgebracht werben; an einem alten Schaͤdel
on gerade dad Gegentheil zu bemerken. Die Verrichtungen beſtimmter Ges
ie ſind von einander verfchieden und behaupten ſich in wechfelfeitiger Unab⸗
sit, ſowie auch bieihnen vorgefegten Gehirntheile ſelbſt duch beftimmte und
kanliche Formen ſich unterfcheiten. Das Gehien If} ein Compabır vun Du
678 Schaͤdellehre
ganen. — Man muß ſich den Vereinigungspunkt aller Nerven des ganzen
da vorſtellen, wo Ruͤckenmark und Gehirn zuſammenſtoßen, d. i. im Ge
der Stelle, durch deren Druck jedes Thier, das ein Gehien bat, ſehr leicht
wird. Ein Theil der Nervenmaffe geht unterwärts als Ruͤckenmark, gib
‚ Im alle Drgane des Körpers und zertheilt ſich endlich vollftändig In Ner
Der zroeite Theil fleigt in der Form markiger Schenkel unter der Warold
die Schaͤdelhoͤle, gibt Äfte zum kleinen Hirn und verbreitet ſich ſtrahlenfoͤrn
ganzen Maſſe des großen, oder ſetzt dieſes vielmehr ſelbſt zuſammen, ini
A Orten Zwiſchenraͤume (Gehirnhoͤhlen) laͤßt. Die Vielſeitigkeit in den B
gen iſt durch eine ebenſo große Mannigfaltigkeit in der Form und Farbe bil
geſtellt. Denn bie ſtrahligen Markverbreitungen endigen ſich auf der £
der Hirnhemiſphaͤren in mannigfaltigen Windungen, Indem fie nach und
markige Beſchaffenheit verlieren und in eine graue Rindenſubſtanz uͤbergehe
rend dieſes Überganges dehnt ſich die Hirnmaſſe in eine hautfoͤrmige Fl
deren Stamm von den Schenkeln gebildet wird; dieſe Flaͤche iſt in jene W
knaulfoͤrmig zuſammengewickelt, doch ſo, daß ſie durch gehoͤrige Behand
kommen ausgebreitet werden kann, auch ſich dann von ſelbſt aus ihren
gen entwickelt, ſobald betraͤchtliche Waſſeranſammlung in den Hirnhoͤhler
hirn von einander treiben. — Die Organe des Gehirns ſind alle doppelt vo
die ganze Hirnmaſſe läßt ſich in 2 durchaus gleiche Hälften ſpalten, und
nur an den Stellen Einfachheit (3.8. an der Hirnſchwiele) flatt, wo man !
Drgane zu vermuthen hat, welche zur Verknüpfung aller Chätigkeiten zum
ſchaftlichen Bewußtfein beſtimmt zu fein fcheinen. Deßhalb ift bei Fehlern
Hirnhälfte die naturgemäße Thaͤtigkeit ber zweiten noch möglich , ſowie e
fehlen kann, ohne daß die Urinabfonderung völlig unterdrückt if. — £
Organe , welche allen mit Gehirn verfehenen Thieren zukommen (folche,
auf Kraft und Erhaltung bes Lebens Bezug haben), liegen nad) der Bafıs t
dels zu; ſowie aber das Gehirn ſich durch Vermehrung der Drgane höhere
kraͤfte veredelt, fo finden ſich die hinzugekommenen mehr nach Oben und ?
gen die Decke und Seitentheile bes Schädels. Gleichergeftalt gibt fich di
Berung einzelner Hirntheile durch Hervortreten über bie andern zu erfenner
verhält ſich der Schädel leidend, d. h. feine Form wird durch die Beſchaff
Gehirnoberflaͤche erſt beſtimmt, er drückt im gefunden Zuftande nicht auf
bien. Denn fon ift im Foͤtus Gehirn da, ehe noch ber Schädel fich &
iſt dann nur mit der harten Hirnhaut überzogen, welche bier, wie bie!
an andern Knochen, bie Erzeugung und Ernährung ber Schaͤdelknochen üb
Die Schädellnochen beftehen beim Erwachſenen aus 2 Tafeln, zwiſchen d
markige Diploe liegt. _ Deffenungeadhtet laufen beide Tafeln parallel mit
bis auf folgende Stellm: an den Stirnhöhlen, an ber Kreuzgräthe des Hin
beine, ander Gräthe des Stirnbeins, und an der Gegend der beiden gröf
tänellen. — Genaue und fortgefeute Beobachtung und Vergleichung der 9
haben gezeigt, daß einzelne Dervorragungen auf fehr große Entwidelung
Fähigkeiten und Neigungen fchließen laſſen; daß aber da, wo alle Verri
der einzelnen Theile in gleihmäßiger Harmonie entwidelt find (Wieland
der Schädel Beine jähen Dervorragungen bilde, fondern eine glatte Woͤll
zeichne. Genaues Studium der Anthropologie; Beobachtung der Menſch
ren verfchiedenen Situationen und damit verbundene Vergleichung Ihrer
form ; anatomiſch⸗ phyfiologifche Unterfuchung des Gehirns und vorzäglid
chende Anatomie mit Rüdficht auf die jedesmaligen Neigungen des Thie
thologifche Beobachtungen an Behim: und Geiſteskranken, als an Kretinen
finnigen, Wahnfinnigen, Menſchen mit Verlegungen am Gehirn ıc. ml
Die Stügen der Schaͤdellehre angelchen werten. Getöat auf ſolche Weobad
Schaͤdellehre 679
Arbeiten glaubte Gall, die Orte der Gehirntheile für mehre Faͤhigkeiten und
mungen aufgefunden zu haben. Daß dieſe, inſofern fie außen erkannt werben
m, nur foldye find, die nach der Oberfläche des Gehirns zu liegen und Eins
kin den Schädel zu machen vermögen, iſt von felbft klar; eine Menge andrer,
m Kiefe und Mitte gelegener, laſſen ſich zwar jegt fchon vermuthen, aber erft
b fortgefegteres Stubium erkennen. — Was bie einzelnen Organe betrifft, fo
Kal den Fortfag zum verlängerten Marke das Organ der Lebenskraft, wel⸗
dei gehirnten Thieren von niedriger Organifation bisweilen das Gehirn allein
. Bon der Größe des Hinterhauptloches und von der Dicke des Nackens
auf die Stärke diefes Organs ſchließen. Alle Thierarten mit Geſchlechts⸗
befigen neben andern Hirntheilen zugleich ein Feines Gehirn; daraus
8 andern Gründen fchloß Gall, das Heine Gehirn fei das Organ des Ge:
| bes ; feine Stärke gibt ſich durch bie Größe der Dinterhauptshügel umb
urch bewirkte Breite des Nackens zu erkennen, bie in allen männlichen Thies
deutender ift. über und hinter den Ohren ift bei fleifchfreffenden Thieren eine
benheit zu finden, bie ben pflanzenfreffenden fehlt; er nennt fie Wuͤrgſinn.
Bellfortfage des Hinterhauptbeins über dem großen Hinterhauptloche befindet
ne Schädelgrube, bie buch das Organ des Lebenstriebes ausgefuͤllt wird.
Neferr Organen find bie Nerven ber Sinne gelagert. Die Oberfläche des gro»
ehirns endlich mit feinen Wölbungen, Einſchnitten und Höhlen gibt folgende
ve: Um bie Augen herum, fodaß fie die Stellung berfelben verfchleben, lies
Bjenigen Behimtheile, toelche als Sammelpläge ber durch die Sinne enthals
Bindrüde dienen. Man unterfcheibet hier den Sachfinn gleich Über der Naſen⸗
I, der in höherer Steigerung Erziehungsfähigkeit gibt; den Ortsſinn, der
wch Erhebung der Stirnhuͤgel ausdrückt und feinem Inhaber die Fähigkeit gibt,
Gegenden, Wegen, aftronomifdy am Himmel, leicht zu finden; den Wort:
ba6 Vermögen, Worte, Terminologien ıc. zu faffen, in ber binterften Spitze
sen Knochendecke der Augenhoͤhle, wodurch das Auge hervorgetrieben, und
Blogauge wird; den Sprachſinn, der ſich durch Einfiht in den Sprachbau
chnet und durch Herabfenten des vordern Stuͤcks der Augenhöhlenplatte er»
wird, ſodaß er Schlappaugen macht; den Zonfinn am äußern obern Augen»
zande; ben Zahlenfinn, der dem Menfchen ausfchliegend zukommt und an
lefen Derabfenkung des Augenbraunenbogens nad) Außen erkannt wird, fobaß
h die Stimm faft vieredig wird. Etwas neben dem Tonſinne nach Innen ſteht
zbenfinn. Iſt aber der innere Augenwinkel und mit ihm die Queraxe des Aus
rabgetrieben (Fiegenaugen), fo verräth das Perfonenfinn, d. 1. die Fähigkeit, ans
enſchen, fie mögen ein auffallendes oder nicht auffallendes Äußere haben, leicht
zu erkennen. Eine horizontale Grube über dem Augenhöhlenbogen deutet auf
ihre Ausfuͤllung auf Sreigebigkeit. — Höher an der Stirn trägt der Menſch
gane, weiche feiner Gattung ausfchließend zufommen und den Vorzug feiner
hennatur ausmachen. Sie geben Aufſchluß und Berichtigung über die Cam⸗
en Beflimmungen der Sefichtslinie. Im allgemeinen beutet daher eine hohe,
und gewoͤlbte Stirn auf ausgezeichnete Geiftesftärke, eine niedere Stirn auf
a Entwidelung von Geiſteskraͤften. Bei fehr jungen Kindern, In bem Alter,
b das Auffaffungsvermögen (Beobachtungsgeift) zu regen anfängt, ſowie bei
peichneten Beobachten, iſt die verticale Stirnhoͤhe kugelig gewoͤlbt. Die
sphifche Speculation zeigt fich in der Mitte der Stirn anihrem höchften Punkte,
pulaice Beredtſamkeit etwas unter berfelben, der Wig offenbart ſich durch bie
elföemigen Erhöhungen zu beiden Seiten ber Stirn über den Augen. In
Bitte des Schaͤdels, über ber eigentlichen Stirn, druͤckt fich die Gutmuͤthigkeit
eine Wölbung aus; Grauſamkeit durch bie Abmefenheit derfelben; hinter
ben zeigt eine fortgefeute Woͤlbung den Hang nach Schwärmerei an, melde
N
eine gtope Breite des MOpfe Bedachtigreu, DAS Gegentheu ke
Etwas darunter, nach dem hinter bem Ohre gelegenen Warzı
ſich bie frrundfihaftliche Anhänglichkeit; noch tiefer, in der-Ri
be& Gehörs, der Schlauheit, ber Bedächtigkeit, fleht der Deut
Linie von einem Organe ber freundſchaftlichen Anhänglichkeit z
ben gejogen, durchſchneidet die Aitern » und Rinbebliebe; Über
bung des Hinterkopf hinauf und in ihrer Mitte grenzt an d
‚Höhefinn, ber phyſiſch (die Gemſe, den Steinbod) zum Stel,
zum edlen Stolje ober zum veraͤchtlichen Hochmuth (Eitelkeit) |
Schaden. Die Lehre vom Schaden und deffen Wei
wichtigften und verwickeltſten im Recht, und darin tolffenfchaft!
Schömann’s Bud: „Die Lehre vom Gchabenerfage” (1805,
die Sache gar nicht, und Haffe’s gruͤndlicheres Wert: „Die (
Redıtö"' (1815), faßt fie nur von der einen Seite her auf, w
ſten gendgt. Schaben ift jeder Verluft, welchen Jemand an ;
was er mit Recht zu dem Seinigen zählte. Dit Recht; bean
liert, was ihm ohnehin nicht gehörte, erleidet auch feinen Sd
Sinne. Der Schade iſt 1) entweder ein unmittelbarer, pofttivi
emergens, domnısge) , wenn er fi) an Dem ereignet, was be
wirklich hatte; er iſt mittelbar, privativ, Inbirect ſuerum cesı
er nur einen erſt zu erwerbenden Gegenſtand betrifft: entgehe
des wird unter dem roͤmiſchen: Id quod interest verflanden.
zufaͤllig, wenn er bloß durch blind waltende Naturkräfte verurfe
in gewiffer Beziehung die Handlungen andrer Menſchen ger
verfchuldet, wenn er in feeien Handlungen eines Menſchen fein
iſt auch möglich, daß Zufall und Verſchuldung als mitwirke
mentreffen, ſodaß beide als weſentlich bei der Entſtehung des
werben müffen, und eine ohne bie andre ſolchen nicht, ober aı
allein ihn hervorgebracht haben würde. Bei dem zufällige
fehmieria_ harlıher. men horfsihe treffen mhıffe . fofte Arımbräs
Schabow | 681
), beren Entfiehungsgrund bei Sontractverhättniffen in ber pofitiven Verbinb⸗
Belt der Gontrahenten liegt, in ihren Angelegenheiten gegenfeitig mit Vorſicht
‚ außerdem aber in der allgemeinen negativen Verbindlichkeit, Nies
zu beſchaͤdigen. Die bloße Verſchuldung ohne Vorſatz (oulpa) hat ber Natur
nad) Abſtufungen, welche ſich ſowol nach allgemeinen Regeln (in ab-
wie) als nad) ber Handlungsweiſe eines beflimmten Menſchen (in concreto)
en loffen. Wie viel Abftufungen das pofitive Geſetz annehmen will, fcheint
doch iſt es kaum möglich, mehr ale 3 aufzuftellen: a) eine Ver
gung ber gemeinften, Jedem befannten, durch das geringfle Nachdenken zus
Regeln (culpa lata); b) eine Vernachlaͤſſigung folcher Regeln, weiche
fie ſehr feltene Fälle anwendbar find und im gewöhnlichen Leben für übertzies
werben (culpa levissima), und e) ein bazwifchen liegendes Mittlere
levis). Solche 3 Grade nahmen die Meiſten nach dem römifchen Recht an;
in der neuern Zeit findet man barin nur 2, eine grobe, ans Abfichtliche gren⸗
1, fich der Nachiäffigkeit bewußte (culpa late), und eine geringere (culpa le-
welche fich je nach den Umftänden geflalten muß. Überhaupt aber laͤßt ſich
erkennen, daß ebenfowol der Punkt, wo bie Verfchulbung Aberhaupt nur
al8 auch der, wo große umb geringe fich von einander ſcheiden, im Allge⸗
unbeflimmbar iſt. Was bei dem Einen ganz ohne Verfchulbung ifl, wenn
al, die Nothwenbigkeit ihn zwingt, Gegenſtaͤnde zu behandeln, deren phy⸗
Geſetze er nicht kennt, iſt bei einem Andern vielleicht culpa lata, und biefe
verräden ſich daher immer, ſowie die Kenntniß der Naturkräfte fidy ers
Daher iſt ein gewiffes Schwanken in den Gefegen, wenn fie diefe Abſtu⸗
genau zu beflimmen verfuchen, faft unvermeidlich, umb bie Srage: ob eine
ung groß oder gering fei? ift mehr factifch als nach rechtlichen Begriffen
Bembar. Beſonders in Anfehung des zufällig durch Thiere verurfachten Schas
enthält das römifche Recht eigenthümliche Beftimmungen; wenn ein Thier
b eine gegen feine Ratur laufende Handlung Schaden thut (pauperies), kann
Wgenthümer fi) durch Auslieferung beffelben (noxae datio) von dem Scha⸗
efaß loßmadyen; wenn er fein Vieh fremde Fruͤchte abweiben läßt, finbet eine
ı de pastu gegen ihn flatt; wer ein ſchaͤdliches Thier hält, kann wegen des
süchteten Schadens ex lege Aquilia (eins der aͤlteſten, noch aus den mittlern
um der Republik herrührenden Geſetze über Schadenerfag überhaupt) belangt
zw. Auch wegen eines noch nicht gefchehenen, aber vorauszufehenben Scha⸗
(dampum infectum), wenn ein Gebäude den Einſturz droht, kann Sicher
kefodert werben. Wer durch eigne Verſchuldung fich irgend einen Schaden zus
ven bat, kann überhaupt keinen Exfag verlangen, wenn auch die Verſchuldung
ı Anden babei mitwirkte (damnum, quod quis sentit sua culpa, sentire
widetur). 37.
Schadom (Johann Gottfried), Profeffor, Director der k. Akad. ber
und mechaniſchen Wiffenfch. zu Berlin, auch k. Hofbilbhauer und Mitgl.
demien der Kuͤnſte zu Stockholm und Kopenhagen, ein beruͤhmter deutſcher
‚ geb. 1764 zu Berlin, zeigte ſchon früh einen unwiderſtehlichen Hang
ns zeichnenden Künften; allein die Dürftigkeit ſ. Vaters — eines Schneiders
wier zahlreichen Familie — ließ die Befriedigung jenes Dranges nicht hoffen,
we zufällig ben erften Unterricht im Zeichnen von einem Bildhauer erhielt und
Dann mehr im Zeichnen übte, endlich aber ſich doc) ber Bilbhauerei widmete.
m f. Beliebten begleitet, flüchtete er nad) Wien, heirathete fie dort im 21.9.
ters und ging, Lehre, Penfion, AÄltern und alle Ausfichten aufgebend, mit Eins
Egung und auf Koften ſ. Schwiegervater6 nad) Itallen. Unermübet fleißig ars
Bu 1785 — 87 in dem Mufeum des Vaticans und bes Gapitols. Zu dem
us. Goncosfo di Paleſtra machte er die gefoderte Gruppe in gebranntem Thon
688 Schaf
umb erhielt dafür die golbene Preismebaille, obgleich er Beine Verbindm
wie fo viele andre mitbemerbende Künftter. 1788 erhielt er die durch
hauers Teffaert Tod erledigte Stelle. Sein erfte großes Wert in D
war das dem verft. jungen Grafen v. d. Mark, einem natürlichen Sohn
Wilhelms IL, 1790 errichtete Denkmal in ber Dorotheenkirche zu Be
fem folgten bald mehre, 3. 3. die koloſſale Bildfäule des Generals v.
Bufarenmiform; die Bildſaͤule Friebriche d. Or. zu Stettin; ein Eng
Lebensgröße, welches bie damalige Kronprinzeffin, jegt verewigte Könl
von Preußen, und ihre Schwefter, die Herzogin von Cumberland, darſt
fi) an einander lehnen und umarmen; die Bilbfäule Leopolbs von:
Zuftgarten zu Berlin; mehre Sandſteinarbeiten am neuen Muͤnzgebaͤul
das Denkmal des Generals v. Tauentzien zu Breslau. Außer den Mot
nem Denkmal für Friedrich d. Gr. verfertigte ©. auch das Denkmal ı
in Wittenberg. Das Viergefpann auf dem brandenburger Thor iſt vo
deflirt und von dem Kupferſchmied Jury in Potsdam in Kupfer ausgetr
Ser vielen vortrefflichen Bäften berühmter Männer hat er das Bluͤcher
mal in Roftod verfertigt. — Bon f. beiden Söhnen ſtarb der ältere,
4822 al8 einer der ausgezeichnetften Bildhauer In Rom. Außer mehren
Basreliefs, Büften ıc. haben In der neueflen Zeit feine Statuen einer
binderin und Spinnerin den einftimmigen Beifall aller Kenner erroorben
mehrmals in Marmor ausgeführt, nach England gekommen. — Der and
— Wilhelm Friedrich, geb. zu Berlin den 6. Sept. 1789, Hifl:
Portraitmaler, war Prof. und Mitgl. der Akad. zu Berlin und ging im.
als Director der Malerakademie nach Duͤſſeldorf. Seine Arbeiten jı
durch das Edle und Heine des Styls, die Großartigkeit ber Compofitio
gemeine Schönheit und Wärme des Coloritd aus. Meifterhaft find f.
f. Frescomalereien in ber Wohnung bes verft. preuß. Generalconfuls v.
zu Rom beweifen, welche bedeutende Stelle er unter ben Hiftorienmalern
Unter f. neueften Werken nennen wir das große Altarbild für Schulpfo
ſtus zwifchen Johannes und Matthäus, und eine heilige Samilie, gemc
Schaf. Diefes Hausthier lebt faft unter jedem Hintmelsftric
Kälte und Näffe nicht übermäßig find; e6 liebt reine Luft und gute Kraͤr
In Seftalt und Anfehen gibt es verfchiedene Abarten: die islaͤndiſchen
ben mehre Hörner, die arabifchen in Aſien fette und dicke, oft bis 40 Pfu
Schwänze, die ungarifchen geroundene Hörner und grobe Wolle. In €
die fpanifchen und die englifchen die beften Arten; jene ftammen aus Af
aber durdy Veredlung aus Spanien. (S. Schafzucht.) — Das X
bezeichnet das weibliche Thier; hat es gelammt, fo nennt man es Mi
das männliche Thier wird Widder, Stöhr, Stähr oder Bock genannt.
ſchnittene Bock heißt Hammel, und der gemäftete Hammel, wenigſtens
Theilen Deutſchlands, Schöps. Ein neugeborenes Schaf heißt Lamm,
terfcheibet nad) dem Geſchlecht Bode: und Schaflämmer. Die Bocklaͤn
den, wenn fie nad) einigen Wochen verfchnitten worden, Dammellänme
Den Schaflämmern wird der Schwanz bis auf einige Glieder gekuͤtzt.
Lämmer heißen Jährlinge, zweijährige aber Zeitfchafe, und diefe werben 5
tung gelaffen. — Noch theilt man die Schafe in ein= und zweiſchuͤrige
dem fie jährlich ein oder zwei Mal geſchoren werden. Selten bekommt
zweifchürigen Vieh mehr Wolle als von dem einfhürigen, und immer If I
und feiner. Auch find zweiſchuͤrige Schafe ſchwer zu verebeln, ben Imme
fie beim Anfange ber Veredlung in einſchuͤrige vertwanbelt werden. — 1
der Schafe erkennt man aus den Zähnen. Das Lamm hat 8 Spitz aͤhne
nen es jährlich ein Paar einbüät, wogegen es breite Schaufelzähne erhält. .
Schaf 688
die Schafe weiß, braun, ſchwarz und ſcheckig. Scheckige nennt man
lſchafe. Die weiße Farbe des Wolle ift die befte, weit fie fih mit allen
m läßt. In verebelten Schäfereien bulbet man daher auch bloß weiße
Gute Pflege und Fütterung find bei der Schafzucht das wichtigſte.
Jartung zu verhindern, ift ed nöthig, alle 3 Jahre den Ankauf edler
rieberholen. Man muß babei gußer ber Geftalt und Geſundheit befon»
: Weide berüdkfichtigen, an welche fie gewöhnt find, da fie einen bedeu⸗
ſel nicht leicht vertragen. Schafe von ſtarkem Leibe, breiter Bruſt und
en find trefflich ; fie bleiben gern bei der Heerde und freffen gut; dabei
fe fettig, fein, raus, aber nicht verworten fein. Ein gefunbes Schaf
und heile Augen mit vielen zothen Adern, ift munter und frißt gut.
‚ die ſchon die Zähne zu verlieren anfangen, muß man gar nicht Laufen,
yeften nur zwei⸗ und dreijährige. Das Schaf, als ein furdhtfames,
ıd einfältiges Thier, bedarf im Felde und Stalle ber fleten Aufficht.
wecke find auch gute Schäferhunde nöthig, welche die Heerde vor Woͤl⸗
und in Ordnung halten. Die Weide muß man mit Sorgfalt wählen.
Biefen find den Schafen fdyädlich, zumal im März; und April. Man
zu früh austreiben, fondern erſt, wenn ber Thau abgegangen iſt. Auch
für forgen, ihnen bei großer Hige wo möglich Schatten gu verfchaffen;
man fie Morgens auf ber Morgenfelte und Nachmittags auf der Mit⸗
Ihre Lieblingspflanzen find das Schafgras (Festuca ovina), das
(Bursa pastoris), mehre Trespenarten ıc. Die befte Begattungszeit
tim Sept. und Det. ; wo aber die Staͤhre frei unter der Heerde gehen,
ih ſchon im Auguft und felhft im Juli. Da nun ein Schaf nur 21
htig geht, fo wuͤrden bie Lämmer im härteften Winter geboren werden. _
neiden, fondert man bie Widder von den Schafen und läßt fie erſt zu
t. zu ihnen. Ein Stähr zur Zucht muß wenigftens ein Zeitbock, ftark,
Ipfig und wollreich fein. Ein Schaf aber wird am beften erft zugelaffen,
rjaͤhrig wird. Während des Tragens ift die forgfältigfte Pflege und
tbig; man muß fie mit unverborbenem, guten Futter verfehen. In ber
uß der Stall noch erweitert werben; die ganz jungen Laͤmmer werben
tütteen 3 — 4 Tage beſonders gethan, und erft nach 10 Tagen kann
r bie übrigen Schafe laufen laffen. Einige Mütter laſſen Ihre Laͤmmer
‚ diefe muß man abfondern und eigens daran gewöhnen. Dan muß
er Zeit das befte Heu und Grummt geben. Das erfte Geſchaͤft nach
er Lämmer ift, fie zu zeichnen, welches gewöhnlich an den Ohren ge⸗
äter folgt dann das Verfchneiden bei den männlichen und das Kürzen
zes bei den weiblichen Lämmern. Zu berfeiben Zeit muß man fie an
jewöhnen. Wenn das jüngfte Lamm 3 Monate alt iſt, kann man alle
ttern entwöhnen; die Schäfer thun es gewöhnlich zu Ende Mais ober
i. Man treibt fie num auf die befte Weide und fchafft ihnen dabei bie
bwechſelung. Im Stalle muß man fie noch, fo viel es geſchehen kann,
erigem Wiefengrafe und etwas Luzerne füttern. Ein Jerthum iſt es,
ven nichts zu trinken geben müfle. Man tränkt fie am beften vor dem
oder treibt zuerft dahin, wo fie geſundes Waſſer finden. Bei der gro»
Sommer muß man babei fehr behutfam verfahren. Die kaͤmmer wer:
ch zum erften Mal erſt bei der zweiten Schur gefchoren. Der Kopf bes
fe, weil fie verhindert, daß Inſekten fich einniften, wodurch bie Dreh⸗
ugt wird. — Dan halte nicht mehr Schafe, als man gut verpflegen
je gut gepflegt werden mehr Wortheil gewähren als viele ſchlecht ger
ı rechnet, daß das Schaf 7 Monate von der Weide lebt, 1 Monat vor
und 1 vor dem Krühling halb von Weide, halb von Fütterung, 3 Ra:
684 Schäfer
nate endlich ganz von ber Fuͤtterung. Dem gemäß muß man ſich m
GStroh einrichten. Beim erften Austreiben im Fruͤhjahr daͤrfen die (
ganz hungrig ausgetrieben werben, weil fie fonft zu begierig Alles, mad
kommt, feeffen und leicht ran werben. Wenn aber das Gras erwach
man fie allenthalben hintreiben, nur nicht an moraflige Orte. Darf m
mehr auf die Weide treiben, fo kommen fie auf die Brachäder, und
umgeriffen, fo haben fie eine Hungerweide, wenn nicht bloß für fie befkh
binlänglich vorhanden if. Im Winter muß man ein Hauptaugenmn
ben, fie reichlich und gut tränken und füttern, denn bavon hängt d
Menge ber Wolle, der Dünger umd bie Güte ber Laͤmmer ab. Winte
mer muß man fie auch öfter Salz lecken laffen, beſonders wenn fie
darnach durch Belecken der Lehmwaͤnde und bes Erdbodens zeigen. !
hierbei auf 5 Schafe alle 10 Tage eine Hand vol Salz. — Der Nu
* Schafe geroähren, befteht vornehmlich in der Wolle, dem Miſt, der M
Fleiſch. Die Gedaͤrme benugt man zu Gaiten, die Felle ntiweder mit |
Unterfutter und Gebräme, ober ohne bie Wolle zu Pergament, Gorbu
ſchem Leder. Das Fett gebraucht man an Speifen, das Unfchlitt zu
bie Klauen und Sußknochen zu Leim. Die hauptſaͤchlichſten Krankheite
find die Poden, der Durchlauf, bie Seuche, die Säule, die Egeln, die
heit, das Blut, das Gliedwaſſer und die Raude. &. Rud. Anbre’s
Veredlung des Schafviehes“ (2. X. mit Zuf. von Elsner, mit Kpfn., '
Schäfer (Gottfried Heinrich), ein um die griechiſche Gramm
dienter und ungemein thätiger Philolog, wurde am 27. Sept. 176
geb., wo fein Water Bürger und Schneider war. Bon feinem 9. J. an
der dortigen Nicolaifchule von Martini, Forbiger u. A. für die afaden
bien vorbereitet, die ee 1781 begann. Neben f. damaligen Hauptfiubh
bicin, fiubirte er zugleich mit großem Kleiße, unter Platner's und Cäfı
Philoſophie, und unter Hindenburg u. A. Mathematik und Phyſik. J
logie, fire die er von jeher große Vorliebe gezeigt hatte, genoß er ben Um
W. Ernefti, Reis und Beck. 1792 erlangte er die Magiſterwuͤrde
Jahre fpäter errichtete er In Verbindung mit einem a. Gelehrten in
. Buchhandlung, in welcher u. a. fein „Athenaeus“ (1796) erfchien. ı
tem viele Ausg. nicht nur griech. und roͤm. Schriftfteller, ſondern auch <
Gebiet der Philologie einſchlagender Schriften, von welchen hier nur
ften angeführt werden: „Plut. opp. moral.” (2p;. 179699). 18
er die Reis’fche Ausg. des Herodot, welche nachher einige Dale wieb
worden ift, und gab den 1. Bd. feiner eignen Ausg. des Herobot b
3 Bde). 1802 erſchien zu Leipzig von ihm der „Thesaurus erit. n
liani Imp. in Constantii laudem oratio‘ und ein mit guten indicibı
gen eignen Anmerk. verfehener Abdrud der Porfon’fchen Ausg. von
4 Zragdbien; 1803 „Longi Pastoralia”; 1804 das von ihm üben
nefti’fche „Glossarium Livianum‘' ; 1805 „C. Plinii Sec, epistolae «
Nachdem er ſich 1806 das Recht, Öffentliche Worlefungen zu halten, e
te, durch Vertheidigung der bekannten Differt.: „Meletemata erii
Halic. art. rhet.“, welche man audy an ſ. Ausg. des ‚Dionys. Halte. d
(Epz. 1808) findet, erhielt er 2 Jahre fpäter eine außerorb. Profefie
fophie. — Zu gleicher Zeit erfchien von ihm des Lamb. Bos Buch &
pfen in der griech. Sprache, mit vielen Iufägen bereichert, ſowle bie |
des Tryphiodorus (Leipz., bei Tauchnitz). Bei eben diefem gab ı
Bion und Moſchus (1810), Pindar (1810), Homer (1811),
(1812), Anakreon (1811) und A. heraus, und machte fi) and u
dene von deffelben Stereotupausgaben , bei welchen er oft ſtillſchweig
/Schaͤfergedicht Schaffhauſen 685
Inberung traf, ſowie auch um einige ber Weigel’fchen Ausg. durch moͤglichſt
ie Eorrectur verdient. 1809 beforgte er eine Sammlung von Valckenaerð
beul. oratt. oritt. ete.“ und gab „Bastil epist. erit.” unb bald darauf
Boni Rhodii Argonaut.” (%p;. 1810, 2Bbe.) heraus; 1811 „Aristopha-
uw.’ md den vorzüglich reich außgeftatteten, ‚Gregorius Corinthius‘; 1816
nel. Magn. ed. Syiburg.” (2p;., 4.); 1817 „Brunekii poätae gnom.“
mopi Fabul.” Seine aus 6696 Bon. beftehende und die ausgefuchteften
en Ausg. der Claſſiker, nebft a. wichtigen philologiſchen Büchern ent»
Bibliothek wurde ihm 1818 vom Könige von Sachſen abgekauft, ber
othet einverleibt und ex felbft als Bibliothekar an berfelben ange»
‚Leipzig, als Univerfität.) Außer dem „Ammonius de differ. verb.
. 1822) und „Phalar. epist.” (2p3. 1823), welche beiden Bücher mit
Moten von ibm durchwebt find, bearbeitete er mod) den Demos
mit verbeff. Reiske ſchen Text (Lond. feit 1822). Überdies findet man
Bemerk. von ihm in ber neuen londner Ausg. des ©tephan’fchen „„The-
und in a. Schriften, deren Correctur er beforgte. Leider hatte diefe fo
Arbeit des Corrigirens die traurige Folge, daß er dadurch die Schärfe
Im hohen Grade ſchwaͤchte.
häfergedicht, Schäferfpiel, Pastorale. Da bie Lebensart ber
d fee die gluͤcklichſte und ruhigſte und ihre Sitten ben in ben Vers
ber conventionnellen Welt lebenden Denfchen bie fanfteften und unſchul⸗
‚, fo wurden hauptfächlidy fie von Altern und neuen Dichtern zu
Men Perfonen bes Idylis, das daher auch oft den obigen Namen bekam, ges
Doch iſt die Idylle (f. d.) nicht auf das Schäfer und Hirtenleben be
LK Die kunſtmaͤßige dramat. Ausführung eines größern Ibylifchen Stoffes,
BB wenn die Hauptperfonen Schäfer find, heißt Schäferfpiel. Diefer
Vet ber Behandlung haben fich zuerſt Die Itallener bedient, 3. B. Taffo und
& 5 auch umter dem Franzofen wurde biefelbe einige Zeit Diode und nahm
wegen feine Beftimmung, bie Ziererei der Empfindungen der modernen Ges
welt in ſich auf, weil man fich nicht aus feinem Kreis heraus verfegen
Ber erinnert ſich nicht dagegen an Goͤthe's „Launen des Verliebten‘‘?
behaffhaufen, einer der Meinften unter den 22 Cantonen Belvetiene,
Berung nach der 12. in der Eibgenoſſenſchaft. Ex liege am nörblichften
z, am rechten Rheinufer, vom Großherz. Baden größtentheils ums
A lich trennt ihn der Rhein von den Cantonen Zürich) und Thurgau. Auf
ı IM. leben 30,000 Denfchen, die fi, mit Ausnahme weniger Katholls
veformirten Kirche bekennen. Der hägelige Boden mit weiten Thaͤlern ges
Den fruchtbarſten der Schweiz. Die hoͤchſte Gegend, der Randenberg, im
des Gantons, liegt 1200 Zu Aber dem Rheine. Außer diefem Ziuffe gibt
Wache; die Wutach bildet gegen Weften an einigen Stellen bie Grenze.
gel enthalten mannigfaltige Verſteinerungen und treffliches Eiſenerz. Wein⸗
Nban befchäftigen bie Einw. vorzuͤglich, auch gutes Obſt wirb gezogen und
mit Einficht betrieben. Die Fabrikarbeiten find nicht einmal in ber
beſonders wichtig; doch find Durchfuhr und Spebitionshanbel nicht ums
„ Die Verfoffung iſt ariſto⸗bemokratiſch. Gin großer, aus 74 Mitgl. bes
be Watt Hat bie geſetzgebende, ein aus 24 Mitgl. des großen Raths beſte⸗
Welser Math hat die vollziehende Gewalt und iſt die oberfte Juſtizbehoͤrde.
führen abtuechfelnd ein Jahr lang den Vorfig in beiden Raͤ⸗
Bundebheere ftellt der Canton 466 Dann; zu den Kriegskoften und
ü des Bundes zahlt er jährlich 9327 ſchweiz. Franken. Die Hauptſt.
(haufen, am rechten Rheinufer, am Abhange eines Hügel, von kleinen
eingefchloffen, enthält 811 Gebaͤude in der Stadt und 396 in ten 3 Bov
686 ESchafſchur Schafzucht
ſtaͤdten, und gegen 7000 Einw. Der Det hat, obgleich bie Straßen ulcht
doch ein freundliches Anfehen und mehre gutgebaute — Über |
führt eine 120 Schritt lange hölzerne Bruͤcke, an deren Ende das zärkt
anfängt. Die von 1754 — 58 erbaute 364 Fuß lange, ſchoͤne hie
bruͤcke, in ihrer Art ein Meifterftüc, ein Haͤngewerk, welches, außer Fi
nur auf einem einzigen Pfeiler ruhte, wurbe 1799 von dem franz. Gen
not zerftört. Am hoͤchſten Ende der Stadt, auf dem Emmmeröberge, I
Sefte Unnoth oder Munoth. Außer dem Collegium Humanitatis mit |
ven für Theologie, Phyſik, Phitofophie, Mathematik, Gefchichte und
chen, bat die Stadt noch ein Gymnafſium. Die Stabtbibliothet wur
Bücherfammlung Job. v. Müller (deffen Geburtsort dieſe Stadt ifl)
vermehrt. Es find bier eine Bußftahlfabrit, Fabriken von baumwolle
denen Zeuchen, eine große Cattundruckerei, große Gerbereien umb eine Be
fpinmerel. Übrigens befchäftigt viele Bewohner die Guͤterverſendung,
mit Landeserzeugniffen, als Wein, Getreide, Kirſchgeiſt ꝛc. Am meilten
bau betrieben. Spaziergänge find der Faͤſenſtaub an ber Weſtſeite der
einem fchönen Garten, die neue Promenade, das romantifche Muͤhlt
Klus. Eine Stunde von der Stadt iſt der berühmte Rheinfall (ſ.d
Schafſchur. Be einſchuͤrigen Schafen (ſ. Schaf) ift die Ba
ſchur im Mai; bei zweifhärigen im Mai und um Michaelis.
Schur ſchwemmt oder babet man die Schafe und forgt dafuͤr, von fe
geendigten Schur nicht wieder befchmugen. Das Scheren gefchleht am b
einer Scheuer. Dan bindet dem Schafe die Füße, huͤtet fidy aber moͤgl
verlegen. Dan fortirt hierbei zugleich die Wolle fo viel möglich ; vorne
dert man die Laͤmmerwolle ab, teil fie viel feiner ift. Der Ertrag bei
ſchur ift fehr verfchieden, gewiß aber iſt es, daß alle verebeite und gui
Schafe mehr Wolle geben. Die geſchorenen Schafe führt man auf diel
oder fügen fie noch beſonders gut, weil fie eine große Eßluſt haben.
Schaft, f. Säule.
Schaftgefimfe, fo viel als Fuß, Saͤulenfuß, f. Säule.
Schafzucht. Dieenglifhe Schafzucht wurbe ſchon vor 4
durch die Verpflanzung fpan. Rage auf den engl. Boden veredelt. Mona
bie erften Schafe aus der fpan. Barbarei, welche ſehr wohl —
unter Elifabeth wurde die Schafzucht zur Bolltommenheit gebracht. 9
dazu caftilifche Widder, ertheilte Privilegien und Prämien und erhielt dal
nah 8 — 10 J. eine fo ausgezeichnete Rage von Schafen, als man |
‚Spanien hatte. Sorgfältig fortgefehte Zucht hat fie in dieſem vollkon
flande zu erhalten gewußt und daraus eine ergiebige Golbgrube für &
macht. Die gemeinen engl. Schafe find gewöhnlich gehoͤrnt. Die —
ber find größer und ſeitwaͤrts gewunden; die der Schafmuͤtter und Häm
gen liegen am Kopfe a, gehen über die Ohren, auch wol unter benfelbe
find gleich über den Augen gekrümmt. Die beften Schafe haben einen
breiten , nicht runden Ride, feine kurze Beine, Beinen Kopf, g
Wolle, lange Schwänze und lange Schwanenbälfe. Man —8 fie mi
Dorfetfhire, Wiltſhire, Herfortfhire, Norfolk und Wallis. Da bie R
Schafe auf die Güte der Wolle den entfchiedenften Einfluß hat, fo mil
Arten jedesmal nach der Befchaffenheit ber Weide. Bei dem Werfegen
tommt man ihnen duch, kuͤnſtliche Zutterkräuter zu Huͤlfe. Die seh
heerben find in England Minter und Sommer auf dem freien Felde; ſie
forgen zu koͤnnen, theilt man fie in mehre Beine Abtheilungen. Des a
wirth Hält auf kuͤnſtliche Miefen, fucht auch wol Gemeintoeiben pu bew
baut Turnips und Kraut zus Winternahrung der Heerde. Dabei rech
Schafzucht 687
Schafe für 5 Monate 4 Adler mit Zurmips. Sonſt muß ee wenigſtens
- 30 Morgen Land für jedes 100 Schafe haben und ein Sthd Land zu Pim⸗
RB oder Raygras, um fie mit Anfang des Frühlings dahin treiben zu koͤnnen.
führt er, und zwar mitten im Winter, der freilich in England gelinder
B befonders im noͤrdl. Deutfchland, auf trockenes und kiefiges Land. Die jun»
Bchafe benngt ex noch anderweitig. Ex kauft fie nämlich im Sept., hält
u Lämmern auf dem aͤrmſten Lande und zieht fie dann mit Zurnipskraut ſpaͤr⸗
nf. Im folg. Sommer verkauft er erft die Davon kommenden Laͤmmer und
Die fetten Schafe, und zwar fchon im Mai, wo fie amı meiften gelten. Einige
a im Herbſt jährige Mutterlämmer, ſtellen fie in einen beſondern, mit Ruͤben
a Platz, laſſen fie ſelbſt die Ruͤben ausreißen und abfreffen, und machen fie
‚pam Verkauf fett. Mehr Nugen fol dabei fein, wenn man 2 — jährige
bee anfchafft, den Winter über mit Kraut und Turnips erhält, und wenn es
KW, beftändig auf trockenem Sande mit Grasland zum Pferchen fell, fie
‚mit allerhand Futter anfüttert und ins April ober Mai verkauft, wo fie am
fen find. Kraut macht fie beffer fett als Turnips. Einige geben ihnen vom
ns ins Fruͤhjahr Gras und Rüben und treiben fie im Nothfall auf Korn» und
nfaat, ober wenn der Boden naß ift, auf trockenes Grasland. Im Derbfte
gen die Engländer die Schafe mit Theer umd Butter, um die Raude zu vers
Im Det. und Nov. läßt der Engländer auch durch magere Schafe den Reſt
ommergtaſes abweiden, fette aber fuͤttert er mit Turnips und Kraut. Treff⸗
we Mäften ift Heu und Turnips, auch Gerſtenmehl, Malzftaub, kurz jedes
@ Sutter, felbft Spreu, verbunden mit ber mäfferigen Turnips; Ruͤben mit
roh und zuweilen Deu, was viele Deutfche geben, ſchlagen ebenfalls fehr
r Zum Winterfutter flr die Schafe baut der Engländer vorzüglich das
ſche Kraut und Kohlrabi (Quad), womit man bis in den Mai füttern kann.
ittelmäßigem, aber gut bearbeitetem Boden gibt Klee und Raygras ein Fut⸗
» in den Mai; body werben zur Abmwechfelung mebre Selber erfodert. Vom
an füttert der Engländer ftatt der hartwerdenden Turnips mit Kraut. Iſt
kaygras oder fonft ein Futtergras vorhanden, fo gibt er auch dies. In dieſer
böt ex weder Schafe noch Laͤmmer hungern, und verkauft lieber einen Theil,
a andern beffer verforgen zu können. In der Mitte des Mais treibt man
mlich bie Schafe auf die Weiden und Triften, die oft voll Katzenzahl und
Braut ſtehen und mit Ameifenhaufen bedeckt find. An manchen Orten aber hat
‚te, wohlumzaͤumte Wiefen. Dabei tommt die Eigenſchaft der Heerbein Bes
Beſteht der Stamm aus magern Schafen, die man bloß der Laͤmmer und
Belle wegen zieht, fo gibt man ihnen nur mittelmäßige Weiden. Wo man
unte Selber und Wiefen hat, kauft man im Aug. und Sept. Schafe, bringt
fBrachfeld oder armes Grasland bis Weihnachten, gibt ihnen dann etwas
sn oder Kraut und füttert fie bis zur Sommerszeit möglihft gut, damit fie
Berkauf recht fett werben. Schon im Mai fängt ber Engländer das Pferchen
m befonders Kraut und Ruͤbenbrachen zu nutzen, bie bann im Juni bepflanzt
a. Im Juni theilt man bie Schafe ab, je nachdem man fie maͤſten ober
ucht und Wollnugung halten will. Erlaubt es die Witterung, fo wird jegt
bie Schur vorgenommen. Das Schaf wird einige Tage vorher ganz rein ge»
en, dann an einen reinlichen Ort gebracht und endlich mit größter Behutfams
set an Bauch, Füßen und Schenkeln, dann an Hüden und Hals gefchoren.
Bönsmern läßt man vorn die Wolle, um fie mehr vor der Witterung zu fichern.
der Schur Hält man die Schafe gewöhnlich 24 Stunden im Stall, welcher
&, tuftig und zeinlich iſt. Man wäfcht, kaͤmmt und bürftet bie Schafe, ums
m aller Unreinlichkeit frei zu halten. Der Engländer berüdfichtigt forgfältig
datur des Schafes. Da das trockene Futter bemfelben nicht angenehm , das
688 Schafzucht
feuchte aber nicht dienlich iſt, fo gibt er beides nebeneinander; bei fend
führt er die Schafe auf Anhöhen und trodene Triften, bei trockenem
genden. Auch theilt er feine Heerde fo ab, daß die ſtarken Schafe nid,
chern das Sutter wegfieffen, ſondern alle genugfame® Sutter erhalt
Wohlſtand der Heerde urfpränglich von den Widdern abhängt, fo ber
bei der Wahl derfelben alle Umftände. Ein Widder zur Zucht muß fei
weiße Wolle ohne Flecken haben, über 2 Jahre alt und wo moͤglich
fein. Er muß völlig ausgetragen werben, von der zweiten oder britten
im Fruͤhjahr geſetzt und von der Mutter fo lange gefäugt worden fein, <
bat. Man rechnet auf 20 Schafe 1 Widder. In England allein
43 ,in Schottland und Irland 30 Mill. Schafe gezogen werben. —
ſche Schafzucht. Das urfpränglic, ſpaniſche Schaf gibt nicht f
als das deutſche. Um die durch afrikaniſche Schafe veredelten Schafh
eino (ſ. d.) genannt, nicht wieder ausarten zu laſſen, huͤtete man fie |
aller Vermiſchung mit gemeinen. Man traf außerdem noch eigne Aı
einen fo einträglichen Zweig der Staatswirthfchäft immer mehr zu ver
namentlich beftellte man eigne Gerichte für alle Gegenftände, die auf S
Schäfer, Weidenu. ſ. w. Besiehung haben. Die Art, wie die veret
heerden in Spanien behandelt werben , iſt gewöhnlich folgenbe: ſtatt d
nen Schafe nie aus der Gegend kommen, wo fie getoorfen werben, und
ternächten in den Schäferelen eingefchloffen bleiben, lebt bie verebelte
fländig unter freiem Himmel, hätt fi den Sommer über vornehmlit
biegigen Theile von Altcaflilien ober der Montana, und in der Ha
lina von Aragon auf, welche bie hoͤchſten Gegenden von Spanien fin
vorzüglichften MWeiveflächen abgeben. Die Montafia If die hoͤchſte,
fina die niedrigfte Sonmmerweide. Jene fteht vol gewuͤrzreicher Pflar
dieſer fehlen ; fonft find biefe Gebirge mit Eichen, Budyen, Birken, (
und Hafelflauben bedeckt; auch findet man hier alle Pflanzen, bie in
wachen. Wenn der Schäfer ober Führer einer Heerbe mit feinen &:
Ort feines Sommeranfenthalte kommt, gibt er ihnen zunaͤchſt fo viel !
lecken wolm. Dan rechnet (vielleicht zu hoch) in den 5 Sommermonat
Schafe ungefähr 20 Etn. Satz. Zu Ende bes Jull werden bie Boͤcke
fen gelaffen, 5 — 6 auf 100 Schafe; vor: und nachher werben fle ge
Boͤcke geben mehr, aber nicht fo feine Wolle; auf 25 Pfund rechnet ı
oder 5 Schafe. In der Mitte Sept. zeichnet man die Schafe, ind
Lenden mit einem im Waffer aufgelöften Ocker oder der fogen. Amalg
ben werden. Mit Ende des Sommers werden die Schafe in gan
zu 10,000 Stüd, in Trupps von 1000 — 1200 Städ, aus diefi
Gegenden in die füblichen Ebenen von La Mancha, Andalufien, vo
nach Eſtremadura getrieben. Ste fangen ben Zug nad) wärmern Beger
Sept. an, wobei fie befonderer Gerechtigkeiten genießen. Bisweiln
6 — 7 Meilen an einem Tage, um an gute Weide: und Ruhepläge
Man ſchaͤtzt die ganze Meife vom Gebirge bis Ins Innere von Eftre
Meilen, und dazu gebrauchen fie etwa 40 Tage. Nun iſt bie erſte Son
fers, fie auf die Weide des vorigen Winter, und wo die areiftene Jung
worden, zu führen. Dieſen Ort erkennen fie ſelbſt mittelft des On
werben nun Horden und für die Schäfer Laubhütten gemacht. Kurz ı
kunft auf der Winterweide fällt die Lammzeit ein. Die
alsdann ſchlechtere, die trächtigen eine beffere, bie aber, welche gelamm
befte Weide. Die fpäteften Laͤmmer kommen nach den fi Gegenbi
geſtaͤrkter zur Reiſe zu werden. Im März haben die Schaͤfer vielerlel
ben Limmern zu verrichten, namlich die Schwänze zu kuͤrzen, bie Raf
Shafuht 69
n Eiſen zu zeichnen, die Spitzen ber Hörner abzuſaͤgen und bie zu Hammeln
nmten zu verfchneiden. — Im Aprit ift die Zeit, nad) dem Gebirge zuruͤckzu⸗
w; Die Heerde felbft äufert um dieſe Zeit durch Unruhe ihr Verlangen zu wars
; einzelne Schafe entlaufen u. ſ. w. Mit dem 1. Mai fängt die Schur an,
das Wetter nicht unfreundlidy ift. Das Scheren geſchieht an bedediten Orten.
der Schur wird eine beträchtliche Anzahl Schafe in das große Schafhaus ge:
t, welches aus 2 Gebäuden, 4 — 800 Schritte lang und 100 Schritte breit,
w. Davon werden gegen Abend fo viele, ale man den naͤchſten Tag zu ſcheren
Rt, in eine lange, fchmale und niebrige Hütte getrieben, welche das Schwitz⸗
heißt, wo fie, dicht aneinanderftchend, ſtark ausdünften müffen. Dadurch
die Wolle fanfter und für die Schere gefhmeidiger gemacht. Die Wolle wird
Rund vor der Verfendung gemafchen, bie Schafe aber an einen andern Plag
icht, gezeichnet und diejenigen, welchen die Zähne fehlen, zum Schlachten aus⸗
K. Dan rechnet in Spanien 8 Mitt. Schafe. — In Deutfchland wurde zus
ASachſen die Schafzucht durch Veredelung des inländifchen Stammes ver:
k- Im Erzgebirge geſchah dies nur durch ımgarifche Stähre; das meifner
aber wurde der eigentliche Hauptfiß der veredeiten Schafzucht. Schon 1765
»2 über 200 fpan. Stähre und Mutterfchafe, von 2 fpan. Schäfern begleitet,
Sach ſen gebracht, welche man in dem ehemal. Thiergarten bei Stolpen aufs
Diefer fpan. Stamm wurde 1778 turdy einen Zuwachs erlefener Merino⸗
aus ben beften Heerden Leons und Gaftiliens vermebrt, und zur Ermeiterung
iſtalt in Lohmen und Mennersdorf und anfangs auch in Hohnftein Schäfes
mgelegt. Diefe Schäferei in Stolpen hat feitdem durch fortgefegte Sorgfalt
dorzuͤglich feinwolligen Stamm erhalten. Sie ift die erfte urfprünglich fpan.
zei in Deutfchland, und man behauptet, Spanien felbfbhabe jegt keine Herrbe
wıfzumeifen, die dem 1765 nach Sachſen getommenen Stamme vollkommen
waͤre. Sie hat auf die Veredelung der Schafzucht zunaͤchſt in Sachfen und
b auf den Gewerbfleiß des Landes mwohlthätig eingewirkt, da von 1779 —-
über 10,000 Stähre und Mutterfchafe an andre inlaͤndiſche Schäfereien
Feftgefeste fehr billige Preife abgelaffen wurden. Es wird baher das urſpruͤng⸗
ztfche Schaf faft nirgends mehr in Sachfen gefunten, und ein neuer Stamm
Biger Schafe hat ſich gebiltet, die man Electoralfchafe, wie die davon
mene Wolle Electoralmolle nennt. Wenn auch, wie man behauptet hat
renfels, „Uber dad Electoralſchaf und die Electoralwolle“, Prag 1822), jest
chſen felbit felten noch reine Abkoͤmmlinge ber Heerde von 1765 fich finden,
ſaͤchſ. Gutsbeſitzer gewoͤhnlich nur ihre Landſchafe durch echte Electoralboͤcke
Ben, und ſelbſt echte Electoralheerden dadurch verderbten, daß fie, um ihnen
w WBollertrag zu geben, bichtwollige fpan. Boͤcke von fremder Abkımft eins
em: fo find doc, allerdings noch Heerden im Beſitze des reinen Stammes,
seifich koͤnnte die Schafzucht in Sachfen durch die gewöhnliche Verfchleudes
ver Stammthiere leidan. Die von der Heerbe von 1765 abflammenden Schafe
felten ganz glatte Wolle ohne alle Biegungen,, fondern die reinen Abkoͤmm⸗
berfeiben durchaus entweder, und zwar gröftentheild geroäflerte, oder aber,
feltener,, fehr gekraͤuſelte Wolle. Außer den koͤnigl. Schäfereien, die immer
rein in der Abſtammung und edel in der Zucht erhalten wurden, haben auch
Butsbefiger im Lande Stammheerden aus Spanien erhalten und reine Me⸗
häfereien gezogen. Dahin gehört befonders die Schäferei auf der ſchoͤnburgi⸗
Berrfhaft Rochsburg im Erzgebirge, die feit langer Zeit vortrefflich gehalten
mift. Gie hat während bes ganzen Jahres Stallfuͤtterung, und die wohlge⸗
wm Jaͤhrlinge haben bereits ihre beinahe vouftändige Börperliche Ausbildung,
baber fchon bedeutenden Ertrag einer fehr langen und Eräftigen Wolle. —-
Merinoſchaͤfereien find zu Holitfch in Mähren, wo man ſich in wuın
weoster. Siebente Aufl. Bd. IX. AK
690 Schagren Schal; Weſen deſſelben
Zeiten bie Veredelung ber Schafzucht ſehr angelegen fein laͤßt, mb in Bi
Mom tft im Begriff, in Preußen auch eine folche Anftalt zu gründen. H
fels Hat den Vorſchlag gechan, den ſpan. Staͤhr mit ſaͤchſtſchen Electote
17765 gr beziehen and dam nach beutfchen MWerebelungs > und Paar
fügen fortzufabeen, um dadurch reine Wolle zu erhalten, die weit ver)
feibft die fpantfche wäre. (&. Wolle mb Wollhandel,)
Schagren, Schagrin (Chagrain oder Chagrin), in der Erni
genannt, ift ein lohgahres ſtarkes und hartes Leber, das auf der Marber
Beine koͤrnige Erhebungen oder Hügelchen bat, leicht allerlei Karben aı
fich tm Waffer erweicht. Diefer Handiungsartibel wirb vom den Tata
md Tripofitanern aus Haͤuten ber bachariſchen Waldeſel zubereitet. *
ben krig, daß diefe Eſelshaͤute von Natur das Narbige an fich haben, un
andern Thierhaut ſich Schagren machen laſſe. Im Gegentheil wird :
in Rußland und ia gang Perfien Schagrin aus den heilen der Pferd
tet, die das Auferfte Ende vom Nuͤcken und den Lenden wengeben. Die|
werben in Geſtalt eines halben Mondes ausgefſchnitten. Die emtfleifch:
und vollkommen von Nebenhaͤnten freigemachte Haut fpannt man in
men aus, bebedit fie auf der Haarfeite wit der harten Rörnern eine
(Chenopodium album), und brädt diefe durch Treten in bie Oberflaͤ
ein. Auf ein Bret gelegt, laͤßt man fo die Haͤute trocknen, und dann
mit einem befondern ſcharfen Meffer bie durch das Eindrücken ber Koͤ
felben Seite entflandenen Erhöhungen hinweg. In Waffer eingerweid
Körner hernach vom felbft wieder aus der Deut, und laffen auf ber einr
ter Heine Gruͤbchen, auf ber andern lauter kleine Erhöhungen zur&d. 9)
den die Hänte gefärbt. Die gemöhnlichte und beliebtefte Farbe ift bi
(mittelft des Kepferſtaubes und einer Salmiakaufloͤſung), aber auch
ſchwarz and afchgran färbt man Schagren. Die Bulgaren gerben bie q
bäute nach Schagrmart; aber Die feinen und vorzüglich ſchoͤn gefärbten
uns Aſtrachan und Perfien liefern, roerben aus den obengebachten Ruͤck
bereitet. Am ſchwarzen Deere, infonberheit zu Ehöslense
fie bei vielen Tauſenden. Sie gehen befonders nad) Bender und Koi
wo fie zus Meffer und Säbelfcheiden verbraucht werben. Die geringer
forten kommen aus verſchiedenen Begenben von ber barbarifäyen KÜfl
von Tripolis. Die ſchlechteſte Art ifi die, weiche bei uns auch bier unt
genfellen verfertigt wirb. Letzteres erfennt man daran, daß fich die Ober
Die Schagrenhäute muͤſſen recht groß, von ſchoͤnem Anſehen, uͤbera
und nur wenig glaͤnzende ungekoͤrnte Stellen haben. Man handelt fie ı
den. — Auch nemt man Schagren bie mit haͤrtern und ſchaͤrfern K
teitete Hast von Kifchottern, Seehunden und einer Art Meerkatzen.
Schall, die allgemeine Benamung für das Object (den Geg
Gehoͤrs. Ton, Klang, Laut, Geraͤuſch, Anal, Gaufen u. a. E
begeichnen daher verfchiebene Arten und Mobificationen (befondere Bei
bes Schalt. Bei der Betrachtung (Theorie) des Schalte find zu eroͤn
Natur ober das Weſen des Schalle, 2) die verſchiedenen Entſtehungs⸗
FJortpflanzung, 4) Grund ber verfcjiedenen Stärke, 5) Arten des &d
das Wefen des Schalls im einer Bewegung befteht, davon ka
ſchon durch bekannte Erfahrungen Überzeugen. Bei einem flartn Di
klirren (erzittern) die Senfterfcheiben, und durch den Knall naher Kam
fie gar zerfprengt, was nur aus dem Stoß ber heftig erſchuͤtterten Eu
if. Ein Teinkglas kann durch bloßes Schreien in dem diefem Blafe d
chen Tone gerbrochen werben, und bei klingenden Koͤrpeen, z. B. &
welche man etwes Sax anfarfterut hat, demerkt man eine huͤpfrude Be
Schall; Entſtehung 691
Eimer. Das letztere deutet auf ein Zittern ber ſchallenden Körper; daher die
gewoößutiche phyſikaliſche Erklärung : der Schall fet eine zitternde (ſchwin⸗
ı Bewegung ber Buft ober überhaupt elaſtiſcher Körper, weiche dem Ohre mit
6 dieſes erfchhttere und mittelft des Hörmerven das Diem (die Wahrneh⸗
des Scans) herverbringe. Diefe Erkiärung iſt aber unbefriedigend und gibt
Aufſchluß über die große Mannigfaltigkeit des Schals. Ein mechanifcyes
ı ber Körper kann man ſich nur verſchieden deuten nach ber verfchiebenen
e des Zitterns und nach der verfchiebenen Geſchwindigkeit, mit welcher die
mgungen auf einanber folgen; die erſtere Verſchledenheit macht einigermaßen
ſchledene Stärke des Schalls, die Ieptere die Mannigfaltigkeit in der Höhe
lefe der Töme begreiflich, aber nicht bie (qualitativ) verfhledenen Arten des :
6, nicht die unendliche Mannigfaltigkeit in der Eigenthuͤmlichkeit des Klan⸗
wodurch ſich die Körper für das Ohr von einander unterſcheiden. Chlab-
klangfiguren (f. d.) haben denkende Naturforſcher auf einen beffern
f des Schals geleitet. Das Zittern nämlich (weiches Jeder leicht von ber
nbewegung [Bewegung der ganzen Koͤrper] unterſcheidet) betrifft nur die
en Theile oder Atome der Körper, welche fich, wiederholt, gegen und von
er bewegen. Das Zittern wird durch Stoß und Bleiben, alfo mechaniſch,
‚ aber ohne deßhalb feihft mechaniſch zu fein, und es find vorzüglich bie ſtar⸗
laſtiſchen Körper, welche fo in zitternde Bewegung gefeht werden koͤnnen.
Bittern wird das Innere der Körper erregt amd bewegt, und die Geſetze der
egung, nach welchen bie Atome eines K ſich urſpruͤnglich in Kryſtall⸗
ufammengefügt haben, werben wieder lebendig und offenbaren ſich als Schall,
u beſtimmten Zitterfiguren, als Nachbildung ober Wiederholung der eigen⸗
ichen Kryſtallform des Körpers in ber bloßen B 9 feiner Atome.
wie bie Äußere Bewegung ber Körper Linien bilder und Figuren fichtbar um:
es kann, fo erfolgt die innere Atomenbewegung nach nothwendigen Mem⸗
u und bildet hoͤrbare Figuren, bie Zitter ober Klangfiguren, die ſich der Luft
vetpflanzung einprägen oder mılitheilen, durch diefe den Gehoͤrwerkzengen,
bDiefe endlich dem Hoͤrnerven, worte ſich bie gleichen Klangfiguren abbilden.
No in dem Zitterfiguren die Geſetze der Urbipung ober Kryſtalliſation wieder
erden und ſich in der Atomenbewegung wiederholen, fo muß man das Bittern
der Körper als ein Streben derſelben betrachten , wieder in den Uru⸗
zuruͤckzukehten, d. h. ſich wieder auf biefelbe Art in Atome aufzuloͤſen, wie
B Atomen, durch beren Bewegung und Vereinigung entflanden waren ; aber
tarrheit (Gohäfion) der Körper widerſteht diefem Streben , fie hebt die Bewe⸗
«Umälig auf (dev Klang verliert ſich) und laͤßt es nicht zur Auflöfung kom⸗
— Die verfähtedenen Entfiehbunge» oder Erregungsarten des
11 find eigentlich nur ſcheinbar, nicht wefentlich verfchieden. Wergleicht
Die Entſtehungsart bed Klaugs einer Glocke, eines Trinkglaſes, einer Salte
. mit der Entſtehung des Knalls einer Peitſche oder eines Schießgewehrs, des
es, F menſchüchen und Thierſtimme u. f. w., fo ſcheinen bier freilich ſehr
neweder ſtarre (feſte) Körper an ſtarven fich reiben oder ſtoßen, oder daß unmit⸗
Die Luft einen Stoß oder eine Reibung und dadurch Prefſung und Erſchuͤtte⸗
erletdet. Da die erſtere Entſtehungsart (durch Stoß und Reibung ſtarrer
ee) ſehr bebannt iſt, fo bedarf nur bie letztere einer Erörterung. Das Rau⸗
er Saufen dee Windes entficht durch das Reiben der bewegten Luft an fes
Begenfländen, z. B. an Häufern, Thuͤrmen, Bäumen; bei letztern wird,
Ile belaubt find, daS Rauſchen noch durch das Bkeiben der Blätter an einan-
VBeim Loobrennen eines Schießgeroches erapfinge Di ion Ra vo
t
menſchlichen Luftroͤhrenkopfs bedingt, von organifcyer Seite, ?
des menſchlichen Gefanges und der menfchlichen Sprache, bei w
ober Laute durch die Zunge mittelft des Widerſtandes der Zaͤhn
Im Blasinſtrument entftehen die Zöne im Ganzen auf dieſe
Zuftröhre, die man bilblidy das organifche Blasinſtrument neı
rend umgekehrt die Blasinftrumente als Lünftliche Luftroͤhrer
dürften. Die Verſchledenheit des Klanges der verſchiedenen X
ruht auf der Verfchiedenheit theils der Form, theils der Subfkı
macht find. Bei der Trompete, dem Waldhorm, der Pofaune
Metall in Verbindung mit der Form dem Klang die Schärfe dei
ber hölzernen Fiöte, Glarinette, Oboe u. f. w. viel fanftere 5
find. — Die Fortpflanzung des Schalls erfolgt burd;
texien, und zwar um fo vollfommener, je elaftifcher und elaflifd
Daher Ift die Luft oder Überhaupt die gasförmige Materie das
dium (vermittelnde Materie ober Subftanz) der Fortpflanzung |
her elt man bie Luft für unbedingt nothwendig zur Forterr«
Erfahrungen betweifen aber das Gegentheii. Mannchme ;. 2
nes hölzernen Staͤbchens zwiſchen bie Zähne und laffe da6 an
Refonanzboten eines Claviers oder Fortepianos ruhen, indem
Ohren mit den Fingern feft verftopft, und man wird, währer
mente gefpielt wird, alle Töne fehr deutlich vernehmen, und z
wöhnlih. Ebenfo wird man den Klang einer Eleinen, an eine
ten Glode fehr ſtark hören, wenn man, unter gleichen Umſtaͤ
gene Drahtende zwiſchen den Zähnen hält. In beiden Fällen
fenbar nicht durch die Luft, fondern durch die ſtarren Reiter (dad
Draht) bis zu den Zaͤhnen, und von da weiter durch die Kne
bis in& Hörorgan fortgeleitet. Man wirb aber zugleich bemeri
flarre Schallteiter, ohne Vermittelung ber Luft, bem Hoͤrorgan
nicht fo angenehmen Eindruck macht, als der durch die Luft for
Schall; Stärke deffelben 698
funden wird, ſich, mie im Körper fo in der Luft, in jedem unbeflimmbar klei⸗
Theile derfelben wiederholt und in folcher Kleinheit fortpflanzt ; denn fonft wäre
& zu begreifen, wie bei einem Concert eine beträchtliche Zahl von Toͤnen zugleich
et werden könnte, die daher ats ebenfo viel Klangfiguren in dem Bleinen Raume,
das Ohr geftattet, zugleich fein müffen, um als Harmonie empfunden zu wer⸗
Daß Übrigens zur Fortpflanzung des Schals, vermöge des Widerſtandes
2uft und fonftigen Schallleiter, eine Zeit erfodert wird, weiß jeder aus eigner
ıhrung, indem 3.3. beim Abfeuern einer entfernten Kanone der Blis um fo
er vor dem Knall gefehen wird, je weiter fie entfernt ift. Die Kortpflanzung
ieht gleichförmig, d. h. durch gleiche Räume in gleichen Zeiten. Viele Natues
ber haben ſich mit der Beredinung und Beſtimmung der Geſchwindigkeit des
aus beſchaͤftigt, aber die Refultate ihrer Verſuche flimmen nicht völlig uͤberein.
»Derham, der in feinen forgfültig angeftellten Verſuchen mit Flamſtead's und
ey's Beftimmungen zufammentrifft, durchläuft der Schau in der Luft in der
ınde eine Länye von 1142 Fuß, welches man vor der Hand ale die richtigfle
immung gelten laffen muß; eine ganz genaue dürfte auch nicht moͤglich fein,
ie Bortpflanzung des Schalls auf der Elafticität der Luft beruht, deren Grade,
Öge der großen Veränderlichkeit der Atmofphäre, zu verfchiedenen Zeiten vers
ven ſind Hm meiften aber hat begreiflich der Wind auf die Gefchwindigkeit
Schalls Einfluß, welche durch übereinftimmende Richtung des Windes mit der .
Schalls befördert, durch entgegengeſetzte Richtung aber gehemmt, d. h. ver:
ert wird. Auch gefchieht die Kortleitung des Schalls, wie die des Lichts, In
er Richtung, und die Phyſiker fprechen daher bei der mathematifchen Betradhs
des Schalls von Schallftrahlen, wie fie bei der gleichen Betrachtung des Lichte
dichtſtrahlen fprshen. Daher findet auch beim Schall, wie beim Lichte, ein
cſtrahlen (Reflerion) von den Flächen feſter Körper nach mathematiſchen Ge:
ſtatt, worauf ſich das E ds o gründet, ſowie auhdi: Sprahgemölbe (f.d.),
die zuruͤckſtrahlende Flaͤche elliptifch gekrümmt iſt, wodurch an 2 Drten ein
focus (VBereinizungspunft der Schaliftrahlen), wie beim Brennfpiegel ein
focue@, entſteht. — Die Grade der Stärke (Intenfität) des Schalte haͤn⸗
on verfchtedenen Umſtaͤnden ab, namentlich a) von der Entfernung des Hoͤrers
wm Entftehungsorte des Schals; denn je näher man diefem Drte ift, deſto
w, je entfernter, defto frmächer hört man den Schall. Die Stärke des Schals
Indert fich «fo durch die Fortpflanzung (vermöge des Wibderftandes der Schall⸗
) und nimmt niit zunehmender Entfernung allmälig ab. b) Bon ter Quantität
sregenden Urfache des Schalls bei gleicher Entfernung. Se flärker 3. B. ein
ag ober Stoß ift, der gegen einen elaftifhen Körper erfolgt, defto ftärker iſt
adurch entfirhende Schall, und umgekehrt je ſchwaͤcher u. f. w.; je fchärfer
Schiefgemehr, 3. B. eine Piftole, geladen wird, defto ftärker ift beim Abfeuern
mall, und umgekehrt. e) Von der Qualität (befonders Dichtigkeit und Elaſti⸗
der ſchallenden Subſtanz, bei gleiher Stärke der Erregung und gleicher Ents
ng des Ohrs vom fallenden Körper. Man hänge z. B. 2 der Größe nad)
ve Stäbe, einen hölzernen und metallenen, durch Fäden auf, und man wirb
n, daß, bei gleichen Schlägen gegen diefe Stäbe, der metallene ftürker ſchallt
er hölzerne. Die virichiedenen Grade ber Stärke des Schalls —- zugleich aber
andre Beſtimmungen deffeiken —- hängen ferner ab d) von der Lage des fchals
m Körpers, d.h. von feiner Verbindung mit mehr oder weniger elaſtiſchen
mm. Cine Glocke z. 3. klingt nur far (zugleich aber auch heil und anhals
), wenn fie frei hängt, und überall von dem fehr elaſtiſchen Schallleiter, ber
t, umgeben ift; fie klingt Dagegen ſchwach und dumpf, wenn man fie mit ih⸗
Mindung auf die Erde, überhaupt auf fefte Körper, flellt, und zwar fit der
Rum fo fchroächer und dumpfer, d. h. er wirb um fo mehr gehemmt, rue "
>
694 Schall; Arten deſſelben Schalmei
her und weniger elaſtiſch der Grund iſt, auf welchem bie Glocke uht
Beiſpiel gibt den Schluͤſſel zur Erklaͤrung vieler andern aͤhnlichen Faͤle 4
ruht die verfchiedene Intenfität des Schals ©) auf ber Befchaffenheit bei:
leiters, alfe vorzuͤglich der Luft, hinſichtlich ber Elaſticitaͤt und Dictigkei
ben, deren höhere Orade die Stärke des Schalls beguͤnſtigen. Daher fra
ein Schießgewehr bei gleicher Ladung auf hohen Bergen ſchwaͤcher als ind
der Thäler, und aus gleichem runde fchallen alle Körper bei heiterm Wei
ker als bei träber, feuchter Luft, auch zur Nachtzeit ſtaͤrker ald am Ta—
nur zum Theil fcheinbar iſt, in Folge ber allgemeinen Stille der Nacht,
Thelie aber von der geringern Temperatur und baber größeren Dichtigkeit
zur Nachtzeit kommt. Endlich hat auch f) das Dafein oder der Mangel zu
Imber nabes Wände oder Flaͤchen, und, im erfien Falle, zugleich die m
weniger elaſtiſche Befchaffenheit der zurudifchalenden Wände Einfluß auf bi
oder Schwäche, Verſtaͤrkung oder Berminberung des Schale. Denn dai
fallen von Wänden, bie wegen ihrer Nähe kein Echo geben koͤnnen,
nothwendig den urfprünglicden Schall. Daher ſchallt in Zimmern mi
elaſtiſchen Wänden Alles ſtaͤrker als in freier Luft, ſtaͤrker Alles in leeren
als in mueublirten, flärker in einſamen als mit Menſchen angefüllten 3
denn weiche Körper hemmen, vermindern, dämpfen den Schall aus DR
Elaſticitaͤt. — Als verfchiebene Arten des Schall und als befondere
mungen (DMeobificationen) des Schalls werden vorzüglich folgende unten
Ton wird ber Schall genannt, wenn er mehr ober weniger gleichartig anha
ein gleichartige Zittern, ober beffer, eine gleich ſchnelle Aufeinanderfolg:
Zitterfiguren erzeugt ben Ton. Er ift der Stoff für die Muſik oder Tonkr
een Gegenſtand und Aufgabe bie mielodifche Verkettung und harmoniſch
me ;@oflung ber Toͤne zu organifchen Ganzen (Tonflüden) iſt. Klang ſche
©; rachsebrauche nach, die Qualitaͤt der Töne zu bezeichnen, welche mit d
gitantitativen Unterfchieb derſelben hinſichtlich deu ‚Höhe und Tiefe nicht gu
fein iſt; ober auch: der Klang bedeutet bie befonbere Eigenthuͤmlichkeit ei
pers (eines Inſtruments 5. 3.) im Sqchallen oder Tönen. So unterfcheil
B. her Ton einer gläfetnen Glocke von bem einer metallenen — wenn auch
gleicher Höhe geſtimmt ſind — und dieſen Unterfchieb gibt der verfchiede
der Subſtanzen, woraus fie gemacht find. Der Kon einer Floͤte Fiingt a
der einer Violine, und diefe klingt anders als ein Glavier; anders iſt der 9
Harmonica, viel anders der des Waldhorns oder der Poſaune, und weld
terfchied ift zwiſchen den Tönen der Trompete und ber Drgel! Jedes In
bat feinen eignen Klang, jeder Vogel feinen beſonders modificirten Kon,
nende organiſche Wefen feine eigentkümliche Stimmung bes ihm natäckk
te6. Disfe unendliche Mannigfaltigkeit wird ohne Zweifel buch bie giel
ſchiedenheit der Zitterfigusen hervorgebracht, daher auch die Benenmun
figuten. Stimme beißt der Klang des Schals, welchen organiſche Wei
bie Luftröhre hervorbringen. Laut hat, in Beziehung auf Thiere, eine
Bedeutung; in Beziehung auf die mmenfchliche Sprache find die Laute E
ftandthelle (Elemente) der Lautſprache. Außer biefen beſtimmten Battın
Schalls gibt es noch eine Menge unbeflinnmbarer Arten (die wicht aus bei
Klangfiguren,, fondern vielleicht aus einem zufälligen, unbasmıowifähen, Di
widrigen Gemiſch derfeiben beſtehen), weiche aber doch ihre Benenn
und theils organifchen, theils anorganifchen Urfprung® find, wenen bie 3
tee: raufchen, braufen, tofen, faufen (fiufeln), knallen, keachen, zen
fein, lispeln u. ſ. w. einige Beifpiele geben.
Schalmei (Chalumenu, von ealamus, Mohr, Saitf), Schaſe
welche gemeiniglich aus Rohe gemadat ik & wur eher ande ein and Boch
Sqhalthiere ¶ Schamanen 605
tigted Blatinſtrument fo genannt, welches 7 Löcher, 2 melfingene Klappen
Bei der unterm noch ein befonderes Loch bat, und ven f biö zum zweigeſtri⸗
su a und h, auch dreigefrichenen o geht. Seitdem die Oboe einen bedeuten
Wang unter ben Blasinftrummenten hat, iſt jenes Inſtrument ziemlich ganz ab⸗
user. — UWebrigens pflegt man auch ber Pfeife an dem Dubelfad (f. Sad
fe) den Namen der Schalmei beizulegen ; auch gibt es bei den Orgeln eis
arrwerk biefes Namens.
Schalthiere, Schalenthiere (Conchylien). Unter den Gewärmen
mmehre, denen ein kalkartiges, fchalenförmiges Haus zur Wohnung anges
w amd angeboren ift, und die fich nicht ohne Verluſt ihres Lebens daraus ent⸗
u laffen. Man nennt fie Schalthiere. Ihre Gchäufe finb oft fehr einfach;
8 die Wurmröhre (Dentalium) in Röhren, die an beiden Enden offen find; der
Schiffholre feindliche Bohrwutm (Teredo) in einer federtieldicen uunblichen
Le; ter Serigel (Echinus) figt in einem runden flacheligen Gehaͤuſe. Die
er der Schneden und Muſcheln find ſchon kuͤnſtlicher gebaut ; ihrer Zeichnun⸗
ab Formen wegen werden fie zumeilen zu hohen Preifen verkauft; biexher ges
‚ Die fchraubenförmigen Wendeltreppen, bie kegelfoͤrmigen Admirale (Conus)
anbförmigen Streifen, bie nebfl andern zu den Geltenheiten des Naturallen⸗
ntts gehören. Won ber Perlmuttermuſchel (Mytilus margaritifer) ſchaͤtzt
Die Schale feibft und ihre Auswuͤchſe, die Perlen (ſ. d) In ſuͤßen Waſ⸗
bt die Perlmuſchel (Mya margaritifera) ebenfalls Perlen. Die Flußmuſchel
pietorum) dient zur Aufbewahrung der Karben. Drei Schneden fucht man
u ihres färbenden Saftes auf, den ſchon die Alten kannten und als Purpurfarbe
Beide gleich fchägten; fie find Buccinum lapillus, eine Trompetenſchnecke,
@ ianthinus, eine biaue fräufelförmige, uab Murex ramosus, eine Gta⸗
buche. Die Miesmufheln und Steckmuſcheln (Pinna) fpinnen Fäden, bie
uhänheit und Dauer die Seide bes Seidenwurns Kbertreffen. Die Auſter
nes edulis) iſt als Leckerbiſſen bekannt. Endlich gehören hierher bie Korallen
Alle Schalthiere haben einen weichen, gallertartigen Körper unb find meh⸗
Bits mit Fühlfäden verſehen. ie find Zwitter und legen meift Eier; nur we
debaͤren lebendige Junge. Die Schalen find das Werk ihrer Bewohner umb
en aus einem kalkartigen Elebrigen Safte der Thiere. Eingetheilt werden
muschyplien in 4 Familien: bie vielfchallgen, zweifchaligen (Mufcheln), einſcha⸗
mit beſtimmten Bindungen (Schnecken) und einfchaligen ohne beftimmte
deengen.
Sſcchaltjahr, ſ. Calender und Jahr.
Schamanen nennt man in der großen Tatarei und Mongolei, einem
I von China, in Sibirien und Kamtſchatka die Prieſter, die zugleich Ärzte,
weer und GBeifterbefchwörer find. Wahrſcheinlich wurde die ſchamaniſche Res
‚ weiche aus den albernflin Voritelungen von Gott und göttlichen Dingen
4 in den ſuͤdlichen Gegenden Aſiens erſt durch die neuem Belehrungen des
acius und Zoroaſter verdrängt. Die neue, in Tangut, einem Theile von China
der Mongolei noch fortbauernde ſchamaniſche Religion iſt aus dem alten ſcha⸗
When Heidenthum und dem neſtorianiſchen Chriſtenthume gemiſcht, und
Ue lamaiſche oder ſchigemuniſche, bie ſich in China durch bie Mandſchu vers
u bat und dort bie Hofreligion iſt, und außerdem in Tibet, einem Theile Oft
i, der Tatarei und Mongolei und bei den Kalmuücken herrſcht. Die Mei⸗
bp von ber Seelenwanderung und bie Verehrung des Abgotts Fo, welcher vor
m Bergätterung Schaka ober Schekia hieß, machen einen Theil der neuſchama⸗
ben Meligion aus. Die altſchamaniſche Beligion iſt noch weit aberglaͤubiſcher
‚ und hat ungefähr folgende Hauptlehren: Es gibt unzählig viele Götter,
afhaffene, theils umerfchaffene, bie zum Theil in Dimmelsläcyern | yore
⸗
686... Schandau Schandpfahl -
Theil in andern lebendigen ober lebloſen Geſchoͤpfen beftehen, ober auch du
ſchen in willtürlichen Formen gemacht fi ind; auch gibt es gute und böf
Die Menfchen dauern nad) ihrem Tode in einem traurigen Zuftande,
durch gute nod) böfe Handlungen ſich verändern läßt, fort, ohne daß bi
Götter fi um fie beruͤmmern. Der ganze Gottesdienft-der ſchamaniſ
gionsbekenner befteht daher in Opfern, Gebeten, Gefängen ıc., wodu
den guten Göttern großes Gluͤck zu erlangen und die böfen mit fich zu
traten. Die reihlihen Opfer und Geſchenke machen fidy die Schan
Prieſter zu Nuse. Der Name Schaman bedeutet übrigens in der heilige
in Siam einen Einfiedler oder Waldbruber.
| Schandau, eine feine Stadt im meißnifchen Kreife des Königre
fen, am Ausfluffe der Kirnitſch in die Elbe, 8 Stunden fuböftlich vor
in einem von malerifchen Selfen umgebenen Thale, im Mittelpunft de
fhen Schweiz (f.d.), 2 Stunden von der böbmifchen Grenze.
1000 Einw., deren Hauptnahrungszweig der Handel mit Sandſteine
die Umgegend liefert, mit Dolz, das fie für ausmärt. Abſatz, bei verboi
fuhr des inländifhen, nur aus Böhmen beziehen, und ein nicht und
Werkehr mit Getreide und eine lebhafte Schifffahrt it. Schandau n
‚ fehon ein Grenzzollamt und ift, nady den Beftimmungen der Eibfchiff
die dritte Elbzoliftätte abwärts von Böhmen. Die im 16. Jahrh. ange
tige Holzfloͤße auf der Kirnitſch, welche jährlidy mehre 1000 Klaftern lie
bie Schandau.. Der Zufammenfluß von Reifenden und der Beſuch des
geben gleichfalls viele Erwerbsmittel. Die Heilquelle entfpringt ung
Vierteiftunde von der Stadt, am Eingange des Kirnitfchthales, auf
waldigen $elfen umgebenen anmuthigen Wiefe. Dan kannte fie fchon ir
bed vorigen Jahrh., und ſelbſt die erſten unvolltommenen Unterfuhu
Gehalte 1730, wo fie mangelhaft gefaßt wurde, bradıten fie in Ruf,
„fie zu fehr vernachläffigt, als daß fie fich darin hätte erhalten koͤnnen.
legten Jahren des vorigen Jahrh. verdankte fie dem jegigen Beſitzer ihre
und beffere Faſſung, und feitdem entftanden nad) und nach ein Brunne
mehre freundliche Gebäude. 1803 wurde eine neue umd zwar die ftär
entdeckt, deren es Überhaupt jest 9 gibt. Die Bäder find in dem für
beflimmten Haufe befindlich und fehr bequem eingerichtet. Die Haupt
hielt nad) den 1803 angeftellten Unterfuchungen in 100 par. Eubit;ou V
18 Gran Eifenoryd, über 8 Gran falsfaure Talkerde, über 5 Gran ſch
Kalkerde und über 11 par. Cubikzoll kohlenſaure Luft und Schwefelwaſſ
Das Waffer wird zum Baden und Trinken gebraucht, und man bat e6
venſchwaͤche, Fehler der Verdauung und Haͤmorrhoidalbeſchwerden wirk
den. Die Vergnuͤgungen der Badegaͤſte beſtehen einzig in dem Genuſſe
den Natur, und Schandau iſt der bequemſte Ort, von do aus man di
Schweiz und die angrenzenden herrlichen Gegenden Boͤhmens auf eins
reifen durchwandern kann.
Schandpfahl, Pranger, iſt ein fteinerner Pfeiler, oder auch
ner Pfahl, an welchem Verbrecher, nach gerichtlichem Urtheile, durd
richtsfrohn befeftigt oder hingeftellt und zur Schau der öffentlichen Bi
preiggegeben werden. Diefe Strafe hat muncherlei Grade und Forma
bört dahin der Kafterftein, auf welchem ſich in einigen ital. Städten
unfähige Schuldner mit entblößtem Hintern fegen mußten, der Efel,
hem ehedem zu Darmftadt die Srauen umbherreiten mußten, welche ihr
geſchlagen hatten, ber hölzerne Efel, auf welchem Soldaten wegen
heit u. a. geringerer Vergehen reiten mußten; das Lrillhaus, Pilot
land (f.d.); die Kichenbusen E.deh; der Laͤſterſtuhl (Ca
Schanze Scharbod 697
-stool), auf weichen man in einigen engl. Städten zänkifche Weiber feſt⸗
zur Abkühlung in einen Fluß tauchte; gegitterte Kifige an Thürmen,
man liederliche Dirnen einfperrte, damit fie von Jedermann gefehen wuͤr⸗
Cathedra stercoris, auf welchem die betrüglichen Bierwirthe ausgeſtellt
malam cerevisiam faciens, ponatur in cathedranı stercoris), und viele
Strafen, welche der derbe Wis unferer Vorfahren erdachte. Zu Schärs
Ehrgefuͤhls wirkten fie gar fehr, und mehr als unfere Zuchthaͤuſer. 37.
hanze wird jeder Drt im offenen Felde genannt, welcher nach den Regeln
erſchanzungskunſt (f. Kriege baukunſt) mit einer Bruſtwehr und eis
ben umgeben und fo eingerichtet ift, daß eine geringere Xruppenabtheilung
einem vorübergehenden Zweck vortheilhaft ſich darin vertheidigen oder eine
es Feindes nachdruͤcklich vereiteln koͤnne. Der fehr verfchiedene Zweck
daher jedesmal den Ort, die Staͤrke (d. h. Feſtigkeit, Dauerhaftigkeit)
Berbindung mit dem Terrain auch die Form einer Schanze. Oft will man
ſchwachen Punkte der Steuung, oder dem widhtigiten derfelben, mehr
geben, oder eine Flanke (f.d.), welche fonft keinen beffern Aniehnunges
alten konnte, fihern. Hier bat man felten viel Zeit und Mittel zu ſol⸗
anzen, ihre Dauer ift nur für einen befondern Moment (3. B. einen
23) beredhnet. Es kommt alſo nur darauf an, daß die Bruſtwehr den
zer und fein Gefhüs vor dem Feldgeſchuͤtz des Feindes ziemlid, decke und
n breit und tief genug fei, daß er die Reiterei abhalte, das Terrain aber
’) und verftändig benußt werde, um durd) Form und Anlage der Schanze
Vortheil zu gewähren, jeden Angriff des Feindes auf das wirkſamſte ab:
u koͤnnen. Dft will man aber irgend einen für Operationen wichtigen
halten, etwa einen Pak (‚Defilee), einen Flußuͤbergang (daher Bruͤcken⸗
Bruͤckenkoͤpfe) u. dgl. Da hier [hon ein Eräftiger anhaltender Andrang
es zu erwarten ift, fo müffen auch ſolche Schanzen folider erbaut, wo
ekleidet und mit Dinderniffen aller Art umgeben und verftärft werden. In
er Form unterfcheidet man Fleſchen und Redouten (f. d.) und Stern»
Miejedform; audy wol baſtionirt). Die Verbindung einzelner Schan⸗
Linien umd mit andern fecundirenden Werken bildet Berfhanzsuns
heutzutage feltener vorkommen und überhaupt nur ba, mo eine größere
aaffe gendthigt iſt, gewiſſe Operationen von Umftänden abhängen zu lafs
ı Dauer nicht zu beflimmen ift und wo man während ber Zeit in f. Stel»
ven will. Alle Schanzen, die ifolict liegen, müffen an ihren Eingängen
ricadirt, und wenn fie, wie z. B. bei Fleſchen, offene Seiten haben, an
ch Palifaden verfchloffen werben. 9.
darbock (Scorbutus), eine Krankheit, welche in kalten noͤrdl. Gegen»
nders an ten Seeküften, in feuchter Ealter Luft entfleht, daber fie an den
ı von Holland, in den Ländern nach dem Nordpole zu, 3. B. in Groͤn⸗
heimiſch it, und es fonft auch auf den Schiffen war. Wahrſcheinlich
je aber aud in jenen Gegenden unter den Eingeborenen feltener ald unter
nmlingen, die, des Elimatifchen Einfluffes weniger gemohnt, demfelben
Siegen mußten. Am ſchlimmſten war fie auf Schiffen, welche weite See:
machen hatten, befonder® nad) den nörbl. gelegenen Ländern, weil bier
ven, die den Scharbod erregen können, vereint und in voller Stärke zus
irkten. Daher oft auf folhen Schiffen über die Hälfte der Mannfchaft
Rrankheit litt, und fie nicht felten in die mißlichfte Lage —3 verſetzt
Das Entſtehen der Krankheit kuͤndigt ſich durch verdrießliche, trautige
geſchlagene Gemuthsſtimmung und durch das vorherrſchende Gefühl von
tan. Allmaͤlig nimmt dieſe letztere fo zu, daß fie in große Schwäche und
t uͤbeegeht, das Athmen dadurch bei jeder Bewegung befchwerlicher uni
698 Scharfſchuͤtzen
mühfonses wirb. Bülbet ſich bie Krankheit weiter aus, —
dunkelblau, ſogar ſchwaͤrzlich, ſchwillt auf, blatet leicht; der Ahen
riechend, bie Zähne werden locker, falten auch endilch aus Dab
Gefhtsfarhe blaß und ſchmutzig, os entfichen Flecke won: blaues
auf der Haut, beſonders au den Armen und Fuͤßen, und es tritt Geſch
am den Fuͤßen ein, verbreitet ſich aber auch weiterhin über den Körper.
gen Geſchaͤfte des Organismus gehen babei noch eine Zeitlang ungehinb:
ten, doch ift der Urin fchon I dunkel und geht ſchnell in Faͤulniß hi
bleibt die Gemuͤthsſtimmung des Kranken beftändig niebergefählagen ı
Diefe und feine koͤrperliche Schwäche verhindern ihn an allen Bewegung
am fie ihm auch wären und fo ſehr er bazu aufgenmmtert wird; mu
berwindung kann er ſich dazu enifchließen, allein bald zwingt ihn Die *
mattung und der kurze Athem wieder zum Riederfinken und zur Sube
Krankheit In einen böhern Brad Aber, fo nehmen bie erwähnten Zufäß:
und Deftigkeit zu. Nun wird alle Bewegung beinahe unmeöglidh, dem
ringſten Werfuche dazu Kberfällt den Kranken eine heftige —
ſtickung uͤberzugehen dreht. Die Schwäche geht leicht ia Ohnmacht uͤl
fleiien fich ſchwerzhafte Empfindungen, Reigen mud Biehen in ben @
welche bis in das Imerſte der Knochen zu bohren fcheinen. Das Zul
kommt dem Brande ähnliche Flecken; ſelbſt aus den in ber Hautbefiudli
werden num Geſchwuͤre, weiche leicht bluten. Diefe Geneigtpeit dei
Ergiefungen aus den Gefäßen vermehrt ſich fo fehr, daß im ale
des Krankheit Blutfluͤſſe eutſtehen, welche ſchwer zu ſtillen ſind umb di
auf das Auferfte vermehren. Oft erfolgt der Tod während eines fold
Bluifluſſes. Der Brand greife hier und da weiter um ſich, fobaf ga
davon ergriffen und ſchwarz werben. Zulept ſtellt ſich allgemeine Auſch
Körpers und gänzliche Lähmung ein, und ber Tod endet nun bie trau
Mäffe, Kälte, verdorbene Nahrungsmittel, befonderd aber Der large
Pflanzenkoſt und ber Genuß vielen Salzes und gefalzener Speiſen find
urfachen ber Blutverderbniß, die diefer Krankheit zum Grunde liegt
merkenswerth, daß in ben Ländern, deren kümatiſche Beſchaffenheit ve
Entſtehung dieſer Krankheit begänfkige, in den kaͤlteſten Nordkuͤſtenl⸗
fonders in Groͤnland, auch zugleich ein untrigliches Mittel Dagegen,
ftaut (cochlearia offieinalis), in zahllofee Menge waͤchſt und amı bei
Der Naturtrieb ſelbſt fobert in ber Krankheit diefes und aͤhnliche Mittel
fäuerliche, fcharfe, die Thaͤtigkeit der Verdauung, Überhaupt dat de
foftem erregenbe Genuͤſſe. Citeonenfäure, Effig, Kreſſe, Senf, Reti
Kranken vorzüglich angenehm und die beflen Heilmittel. Auf Schiffs
beſonders um dem Scharbock vorzubeugen, fo viel als möglich die groͤß
Leit beobachtet. Das Schiff wird oft und allenthalben geläfset, inwen
und wo es nur angeht, abgewaſchen; die Waunfchaft muß ſich in uhpigı
Beroegung machen und auf dem Verdeck aufhalten. Wei dem ES:xchiffäpe
mehr Auswahl und die moͤglichſte Meinlichkeit beobachtet, und befenb
reichliche Quantitäten von Sauerkraut mitgenommen, weldye jur
dieſer Krankheit als das einfachſte und wohlfeife Mittel ſich —
Scharfſchützen, Schützen (Tirailleurs), diejenige Ju
die befonders im Zielfchießen geuͤbt und zuweilen mit beffern Gewehren w
Da zum ruhigen und richtigen Zielen die möglichfte Freiheit in dem Alpe
gen erfodert wird, fo können fie, ums ihrem Zwecke zu entfprechen, sid
gefchloffenen Stiedern fechten,, ſondern werden gewöhnlich wor den Sia
wo fie vereinzelt beffer die Örtlichkeit benugen, dem Feind füchern Beck
und die hinter ihnen ftehenden Irunyen teen Siunen. Die fan I
Scharlach Scharlachfieber | 699
m Aufange theilweiſe wol auch beſonders geuͤbte Schuͤtzen geweſen fein, und
yegurgöroelfe zum zerſtreueten Gefecht verwendet wurden, fo haben ſich dieſe
Begriffe ineinander verſchmolzen, obwol die Sache ſelbſt in ber neuern
kheung weſentlich unterſchieden wird. Denn bie franz. und nach ihnen alle
deere hatten in neuen Zeiten Infanterieabtheilungen, welche eigens zum
wen Gefecht beſtimmt waren, ohne deßhalb gerade durch hefonbere Schuß⸗
t oder eigenthuͤmliche Gewehre ausgezeichnet zu fein. Diefe Tirailleurs
bemutt, um das Gefecht zu unterhalten, ben Colonnen vorauszugehen
wegen umerwartete Anfälle an beiten, Wälder ıc. zu nehmen, überhaupt um
toffenen Infanteriemaffen fo lange ald möglich vor dem feindlichen Feuer zu
— Die eigentlichen Scharfſchuͤzen wurden dabei freilich mit verwendet,
soffen wurden in: Ganzen doch im Verhaͤltniß der Maſſe des Feuers wenig. —
ich werden die Scharfſchuͤtzen zum Dienſt der leichten Truppen und am we⸗
ba gebraucht, wo fie niemals fehlen ſollten, vor und in belagerten Feſtungen.
ich arlach iſt eine brennend rothe Farbe, aus reinem Roth und Gelb zu⸗
meſegt. Der Olmalesei mangelt noch ein ſchoͤnes Scharlachpigment, weil
Ausſehen des Materials mehr oder weniger ändert. Für Waſſermalerei bes
us ſich dazu des Zinnobers ober des Gochenillenlad®, der mit Zinnauflöfung
WE. Seibſt die Faͤrberkunſt ſchlaͤgt diefen letztern Weg ein, um fchönes
np zu erhalten, es wird z. B. Wolle zuerſt in Zinnauflöfung gebeizt und
a Godheniiembabe ausgefaͤrbt.
bcharlachfieber gehört unter bie fieberhaften Ausſchlagskrankheiten
enkheiten oder Erantheme), welche in ber Regel als Epibemie vorkommen
durch ihr eignes Gift fich Fortpflangen. Die Krankheit beſteht in dem
Scharlachausſchlag und einem Kieber, welches bald gelinde, bald
gewellen gutartig, oft aber auch fehr bösartig ifl. Der Ausfchlag beſteht
Sieden, die fig, bald in unbeflimme großen und unregelmäßigen
abgefonbert, bald zufammenfließend, Über bie Haut verbreiten. Dabei
jedesmal Entzündung des Halfes und der Halsdruͤſen ein. Der Verlauf
bleibe fich zwat nicht in allen Fällen vollkonmen gleich, doch haͤlt er 4
‚ weicdye unter allen Abweichungen immer bemerkbar bleiben. Die erſte
Deriobe des Ausbruche, bie zweite bie Periode der Entzuͤndung, die dritte
achlaſſes, die vierte die Periode der Abſchuppung genannt werden. Die
| bereitet das Eranthem vor. Das Kieber mit feinen Zufällen und in⸗
ia Bewegungen erfcheint zuerft. Mißmuth umd Üibelbefinden, Mattigkeit,
Bft bis zum Erbrechen, laufender Froſt über den ganzen Körper, Schmerz
He beim Schlucken find die kraukhaften Erfcheinungen der 2 — 3 erften Tage.
anchem kommt gleich anfangs heftige® Kopfweh, Schlafloſigkeit und Irre⸗
wu. Bom 3. Tage an, in ſeltenen Faͤllen, wenn bie Krankheit ſehr heftig
eſtum verläuft, fchon von dem 2. Tage an, kommen die Flecken auf der Haut
borſchein, erſt klein und gleichfam nur durch die Haut ſchimmernd, allmaͤlig
her, in einander fließend und ſtaͤrker gefärbt, gemeiniglich zuerſt im Ges
nn dem Leibe, dann an den Händen und Fuͤßen. Dieſe Sieden haben die
Aynsichkeit mit ben Rothlaufsfledden, bleiben ebenfo flach in der Haut fipen
Rothe verſchwindet beim Druck, kehrt aber wieder zuruͤck ſobald dieſer aufs
Taͤglich waͤchſt nun die Hitze, das Brennen in ber Haut, die Heftigkeit des
bi zum 5. und 6. Tage. Die Kranken werfen ſich entweder unruhig und
hin und ber, oder fie liegen in Betäubung und Phantafie. Oft fleigt das
Bis zum Raſen. Die ganze Haut glüht vor Hitze; biejenigen Theile,
lich roth gefleckt ind, fchwellen etwas auf, beſonders nimmt man dies
bis zu den Singerfpigen und an den Süßen wahr. Die Entzuͤndung
fe6 fleigt muweilmg immer höher, zugleich wachſt die Gefchmult der Halt»
700 Scharlachfieber
brüfen fo, daß die Kranken nicht mehr ſchlucken können und ber Speich
Munde herausisuft. Wo die Krankheit einfach ift und ihren Verlauf ob
durchſetzt, ift der 5. Tag ber höchfte der Entzündung und bes Fieber
geht das letztere bis zu dem 7., 9., ja nicht felten bie zum 14. und
fort. An dem 6. oder 7. Tage fängt in der Regel die Perlode MER
Das Fieber wird nun gelinder und verfhmwindet zumeilen fo ſchnell a
nen iſt; hiermit läßt auch das Irrereden nach, und der Schlaf ſtellt fü
brennende Hige der Haut nimmt ab, die hohe Roͤthe der Flecken verli
Drdnung, wie fie erfchlenen ift, ſodaß meiſtens Hände und Füße nı
ſchwollen und fhmerzbaft find, wenn die Haut des Geſichts, bes f
beinahe die natürliche Farbe fchon wieder hat. Der Halsſchmerz verlii
war aber Geſchwulſt der Halsdrüfen vorhanden, fo ift dieſe meiſtent
nädiger. Sobald die hohe Roͤthe der Flecken abnimmt, zeigen fich fd
Spuren der Abfchuppung des Oberhäutchen®, und einige Tage bara
wirklich vor fih. Die alte Oberhaut wird von ber neu gebilbeten at
Läßt fich in großen Stuͤcken loßfchälen. Auf der Bruſt, auf den Am
und Füßen ift diefe Häutumg am ſtaͤrkſten, fodaß z. B., wenn bie Ki
ſtark geweſen ift, die Haut der Finger in ganzen Formen wie Singerftiu
Handſchuh fidy abziehen laͤßt. — Bei dem regelmäßigen und einfachen &
ift die Krankheit mit der Vollendung der Abhäutung geendet und bi
kehrt wieder zurüd. Anders aber ift der Ausgang der Krankheit, ı
Scharlachfieber gefährliche Zufälle fich gefellen, die entweder von dd
oder von einem bösartigen Charakter des Fiebers, von ber Verbreitum:
dung auf innere Theile von Vernachläffigung , von verfehrter Behand!
herrühren koͤnnen. Das einfache Scharlachfieber befteht in feinem W
einer eignen Entzündung der Haut, wovon die Möthe, die Hitze, d
fenheit der Haut, die befchleunigte Function derfelben, befonders d
hinlaͤnglich Beweis gibt. Der entzündliche Zuftand des Hanrgefügfuft:
iſt zugleich die Urfache, daß weit mehr Blut dahin firömt, als im ı
ftande, auch der Wechfel der Stoffe, befonders das Sreimerben des
in der Haut, viel rafcher von ftatten geht. Diefer entzümdliche Zufta
ift in genauer Verbindung mit dem Fieber. Diejenigen Kranken,
Scharlachexanthem haben, kommen in der Regel audy mit leichterm
je höher und außgebreiteter dagegen bie Roͤthe der Haut ift, je mehr
fiere Wärme oder innere echigende Mittel erhöht wird, befto mehr ıwı
Fieber. Sn dem gefunden Zuftande geht zwar auch die Erneuerung t
und die Abhäutung des alten Oberhäutchene unaufhoͤrlich vor ſich, al
famer und ftiller Thätigkeit, daß wir es nur an dem Staube, der fi
einfindet, wenn fi cin Menfch lange Zeit nicht gebadet ober gewal
wahr werden. Bei dem Scharlachfieber aber wird die Natur zu der
Anfttengung gezwungen, biefe neue Bildung in der kurzen Zeit von e
zu befchaffen, welches demnach nicht nur_eine außerordentliche Erregu
den Syſtems im Organismus, fondern auch einen fo ſchnellen Verb
tinnbaren Lymphe des Blutes veranlaßt, ba die Ernährung bes Köıpı
und die Kranken, zumal da durch das Fieberfeuer die organifchen St
und verflüchtigt werden, ſchon in wenig Tagen aͤußerſt abgezehrt erfe
meifte Gefahr führt das Scharlachfieber durch die Entzuͤndung Inner
fih, welche fomol von der urfpriinglichen Erregung des Fiebers als ı
weitern Verbreitung der Hautentzuͤndung entftehen kann. Am meiflı
Fall im Gehirn, mit Anhäufung des Bluts im Kopfe, weiche um fü
fährlich wird, da fchon im gefunden Zuftande eine ſo bedeutende May
dem Kopfe ſtroͤmt. Daher eniichen hei vom Schhartachlicher fo haͤ
Scarlachfieber | 701
Heftige Kopfſchmerzen, Betäubung, Irreſein, Schlafſucht, Krämpfe
agfluß. Oft tritt aber auch Entzimdung in abfondemben Häuten inmerer
a, und ſowie äußere Entzündung die neue Oberhaut erzeugt, fo ift das
der Entzuͤndung der innern Organe Schleim, lymphatiſche Fluͤſſigkeit,
alle u. f. w., je nach der eigenthümlichen Abfonderung der Organe. In
fe gibt die Krankheit einen weniger ſchnellen Gang, und die Gefahr tritt
I8dann ein, wenn die eigentliche Scharlachentzimdung der Haut voruͤber
18 Fleber entweder aufhört oder nur von dem innern Entzlindungszuftande
shalten wird, woher alsdann oft hartnädige und gefährliche Nachkrank⸗
tſtehen. — Das Scharlachfieber kann zu jeder Zeit bed Jahres, bei jeder
g, am jedem Orte herrfchend werden. Am meiften überfält es Kinder,
ne feltener, weil bie Krankheit in der Regel den Menfchen nur einmal bes
d die meilten fchon als Kinder fie auszuftehen haben. Wenn in einem
wo mehre Kinder find, eins davon das Scharlachfieber bekommt, fo fols
in den meiften FAuen die andern nach, doch bleiben auch zuroeilen einzelne
we ober längere Zeit, manche für das ganze Keben davon befreit. Aus
fahrungen ift der Schluß zu ziehen, daß das Scharladhfieber weder das
5 einer befondern Belchaffenheit der Luft ober der Witterung, noch eine
Nge Bildungskrankheit ift,, welche ber Menfch durchlaufen muß, fondern
u einem Anftedungsftoffe entſteht, welcher jedesmal im Mefentlichen bie
Krankheit erzeugt, und von ihr wiederum von neuem gebildet wird, wie
zlattern derfelbe Fall ftattfindet. Gleichwol muß auch noch eine befon:
her noch nicht erforfchte Seneigtheit des menfdhlidhen Organismus dazu
diefen Anftedimgsfloff aufzunehmen und von ihm in diefelbe krankhafte
z verfegt zu werden. Die Empfänglichkeit für ihn wird wahrfcheinlich
Bfuß der Luftbefchaffenheit befördert. Deshalb vielleicht find zu manchen
onders im Winter und Frühjahr, bei naßkalter Witterung, bei Norb:
Morboftwind, unter welchen Umftänden die Thaͤtigkeit der Haut veräns
B Mervengewebe derfelben krankhaft geflimmt wird und Fatarrhalifche Zu⸗
fonders Halsentzimdungen, häufiger vorkommen, auch die Scharlachfies
haͤufiger. Kür Vorherfagung des Ausgangs dieſer Krankheit find die Zufaͤlle
bern noch immer trüglih. Viele Kranke kommen fehr leicht durch, bei ans
Ne Krankheit aͤußerſt heftig; mandye genefen trog der ſchlimmen Zufälle,
m bat die Krankheit anfangs einen gelinden Anſchein und plöglich treten die
en Zufälle ein, welche oft fehnell den Tod herbeiführen, ehe nody Zeit
be, Mittel dagegen anzumenden. Die größte und dringendfle Gefahr
Hten® von einem ſchnell eintretenden Blutandrang nad) den Gehirn, Ents
, auch wol Lähmung beflelben, oft auch von einem unvermuthet ſchnell
mehmenden Zuftande von Schwaͤche ber Lebenskraͤfte her, welche bie zur
z der Blutgefäße und bis zur Faͤulniß ähnlicher Verderbniß der Säfte her⸗
Cönmen. Andre innere Drgane, z. B. Drüfen, die Leber u. a. m., wers
auch zumellen von einem entzündlichen Zuftande ergriffen, allein in diefen
at die Krankheit keinen fo rafchen Verlauf. Diefer oft fo trügliche Ans
u Gelindigkeit mit nachfolgenden gefahrbrohenden Zufällen, überhaupt die
Faͤlle, in welchen der Tod erfolgte, haben beſonders die Kamilienväter und
in große Beſorgniß verfegt, und das Scharlachfieber in den Ruf gebracht,
ve6 jept eine Bösartigkeit mit fich führe, die es fonft nicht gehabt habe.
jedoch nicht der Fall, indem auch die Ältern Arzte, welche Befchreibungen
mueheit lieferten, Beiſpiele ihrer Bösartigkeit aufftelien, und es erfcheint
kebenfo häufig auch in gelinder Form und Gutartigkeit, als es fonft darin
Es kann aber ganze Epidemien geben, bie ſich bösartig zeigen und von
ide Faͤlle toͤdtlich ausfallen, ja es kann eine Reihe von Jahren eine bägex:
702 Scharlachfieber
tige Beſchaffenheit ber Kraukheiten überhaupt herrſchen, bie ihren Einf
das Scharlachfieber erſtreckt. Nicht im der Krankheit ſelbſt Licht folgkit Ne
artigkeit, ſondern in dußern Umſtaͤnden und Werhälmiffen, welche Me ia
tung der Krankheit, von welcher gefährliche Zufälle herrähren Emm
begünftigen. Diefe liegen befonders in gewiffen Weräuberungen *
fenheit, z. B. ſtarke und trockene Kälte, welche die Reigung zu €
ober anhaltende, beſonders waffe und warme Witterung, welche vr |
dem Sinken der Lebenskraͤfte und zur Abweichung der Saͤfte — **
vorzuͤgliche ugen ſchlimmer Zufaͤlle gibt auch oft Pr j
handlung. Die Heilmethoden find zu verfchisbenen Zeiten fehr «
fen, je nachdem eine verfchiebene Meinung über das Weſen bex Rrentiek
Ersten und dem Volke herrſchte. Keine derſelben If unbebingt gu tabeln
zupreiſen, jebe kann nach Zeit und Umſtaͤnden in eineinen Faͤllen ame
eine Zeitlang nothwendig ſein; keine darf daher als — *
len werden. Wir müfien noch einige Vorurcheile ruͤgen
fiuß manches mit diefer Krankheit befalene Kind —* 7 Du
Vorurtheile ift, daß man, in der Vorausſetzung, als mäffe ein Sriefe I
den Scharlachausfchlag gemeinhin nennt) auf ber Haut zum Weorfchein
welches die giftige Schärfe aus dem Körper herausſchaffe, darch Aufn
und durch treibende, higige Mittel ben Ausbruch dieſes riefeiß befüchem
genaues Warmhalten des Kranken, ja durch aͤngſtliche Wermeiding je
lung ben Zuruͤcktritt dieſes Frieſels verhüten müffe. Man —
der Körper deſto reiner von dern Scharlachgift werben muſſe, je mebe
Ansſchlag auf der Haut zum Vorſchein kommt, umb baf hiervon ein
Ausgang allein zu erwarten fl. Dieſer ganz falfchen Meisuumg w
alle vorurtheilsfteie Erfahrung. Mir haben fdyon bemerkt, da
des Scharlacherantheuns in dnem Entzänbungssuftanbe ber —X
alle Zufaͤlle abhängen. Je heftiger folglich dieſer — — —
ſtaͤrker muß die Roͤthe ber Haut, deſto ſtaͤrker muß das Sieber, deſto hei
fen die daher rührenden Zufälle fein. Was diefe Entzimdung der £
muß folglich auch alle die davon abhängigen Bufälle versuchen wmb fog
brekung auf innere Thekle befoͤrdern, dagegen dasjenige, was biefe €
in Schranken hält, ſodaß fie ihre natuͤrlichen Grenzen nicht gu über
mag, was bie zu hoch geftiegene Entzuͤndung herabfegt, auch bie f
Krankheit vermindern muß. Wie oft fehen wir, daß Kinber, weiche W
Krankheit befallen werden, nur wenig Scharlachaus ſchlag befommmen,
ihre Krankheit fo leicht ift, daß fie kaum nöchig Haben, fich in das Net
daß dagegen andre, bie mit brennenber Roͤthe kbergoffen find, gefäheiid €
niebderliegen. Auch wird das Fieber nie durch ben Ausbruch bes Crach
dert, fondern in den meiften Faͤllen waͤchſt es in diefer Periode noch Tante
und die higigen Mittel, welche nicht felten ben Kindern Be
fogen. Stiefel herauszutreiben, erhöhen die Entzuͤndung und verſtaͤrken De
beit. Wie peinlich muß das Gefühl der armen Kinder fake, ie ui auf
fcharlachrother heißer Haut , bei erhigter Stubenluft In warwen, von
menden Kederbetten ſtecken müffen! Da ift denn wol *2* |
ſolche Kranke immer höher fteigenbe Fieberanfaͤlle befonumen, aut
fogar Raferei eintreten, und enblich auch wol von Entzündung bei
bung, Krämpfe und Schlagfluß erfolgen, ıwie wie Meifgtele geumg
Dagegen mußte und auffallend fein, wie haͤufig KAiuber armer Beute bei
Inchfieber in kalten Stuben liegen geblieben, auch wol uit dem She:
auf ber Haut im Freien herumgelaufen fi, , wid altein ohme *
mit offenbarer Erleichterung ber Krankheit auch mit Wefdgiennigung Di
Scharlachfieber 708
ufö derſelben. Erfahrung und die Theorie von dem Weſen des Scharlachfie⸗
heen und demnach, daß die Kranken in der Periode ber Entzündung, alſo in
Ben 5 —6 Tagen der Krankheit, ganz kühl gehalten werden muͤſſen. Der
Bhalt des Kranden fei in einer zwar trockenen, aber kühlen und Inftigen Stube,
war mit Pferdehaaren verfehenen Lager, bie Bedeckung ganz leicht.
u ſaͤnerliches Getraͤnk, z. B. Abkochung von ſaͤuerlichen Früchten, es
u weit Gitronemfäure oder Weineffig und Zucker. Alle erhigende Getraͤnke
were Speiſen, ber zu häufige Benuß warmer Getränke, Hollunderbluͤthen⸗
u dgl. laſſe man ihn vermeiden. Stellt fidy aber das Fieber meit —
keit ein, fo muß man auch kraͤftigere Mittel dagegen anwenden,
u Bde, und bei fehr heißer, trockener und zother Haut Üfterrs Bari Bafdın
körgteßen beB genen Koͤrpers mit kaltenn Waſſer, die vorzuͤglichſten und huͤlf⸗
m fend. Man laſſe fich durch Beine Furcht ver Erkältung ober Unterbrä dung
Kerladyausfchlags davon abhalten. Das Fieler vermindert [ich hiernach, Dee
r bekommt Nuhe, die bremmende Bike bee Haut wird gemindert. Nach 2
Beuuden, je nachdem die Fiebechige heftig ift, eher ober fpäter, ainunt bie
B, be berummerfen des Kranken, bie Hige und das Fieber von neuem pt,
debechoit defhalb das Wafthen des Körpers mit Balken Waffer, worauf bie
m Bwifchengeiten Immer länger werben, bis das Fieber gemaͤßigt, bie Haut⸗
bene gebämpft und die Krifis mit gänslichem Nachlaß eingetreten ift, was
Ban Verfahren cher gefchicht als bei bem entgegengefegten. Übrigens verſteht
daß ſogleich bei Entſtehung biefer Krankheit bie Leitung ber Behambiung
übertragen werben muß, da fo viele unvorhergeſehene, gefahrbrohende
Berwickelungen und Unregelmaͤßigkeiten bei dem Scharlachfieber vorkom⸗
Inn, daß der Beiſtand eines Arztes uuungänglich nothwendig if. Wenn
—— der Haut, das Fieber und a. davon abhängige Zuflle nach⸗
gaben unb bi und bie Abſchuppung der Hast anfängt, dan muß allmaͤllg das
Kranken ſich ändern und etwas wärmer werben. Waſchen und Ba⸗
| 25 und der Kranke bleibt entweder in einem leichten Bette re
beBieidet in der Stube ¶ 6 iſt hoͤchſt nothiwenbig, daß in ber Belt der
ung die Ausbünftung ungeflört von flatten gehe und alfo alle Erkältung,
die Berichremg der Luft, vermieden werde. Auch hierin wird nicht fels
I. Man hberficht oft bie Wichtigkeit dieſer Periode und erlaubt den
aber Genefenden Nachlaͤſſigkeiten, die fie theuer, nur zu oft mit bem Les
* die Heftigkeit der Krankheit allein die Urſache davon iſt, denn man
auch bei ſolchen Rindern, bei denen ber Hautausſchlag ſehr gering
cbenſo oft, als bei ſolchen, bei denen er fehr ſtark war, obgleich
moch groͤßere Neigung dazu behalten; allein gewiß iſt es, daß
‚ oder auch nur wenn die Geueſenden ber freien Luft nögefett wers
Diefe ufung von roäfferiger Fluͤſſigkeit am äfterften und ſchnellſten ent⸗
Jebe vom Scharlachfieber genefenbe Perſon folite noch 4 Wochen nach der
hie ende bisen und warm gekleidet fein: eine Vorſicht, die jedoch feiten
wmbadytet wirb. Ein andres Vorurtheil in Ruͤckſicht der Behandiung diefer
dit ait dieſes, es fei dei derſelben nichts zu brauchen, man müffe bie Natur
. Dies ti nur halb wahr. Die Krankheit ſelbſt kann wel nicht mehr
werden, wem einmal ber anftecdende Gtoff im Körper iſt und bie Erre⸗
rauffpaften Bidungspsoceffes beginnt. Allein die Berordnung bes jeder
ke augemmeffienen Verha'tens des Kranken, die Beſtimmung der zu beobach⸗
Malt, die Milderung des Fiebers, bie jeitige Abwendung brohender Gefah⸗
Ve Ghetfeuuing nachtheiliger BR: auf den Kranken, die Abtuwentung eher
pachtet hatten. Der Vater, durch eine Ungerechtigkeit In elı
Tonnte f. Sohn nur in die Dorffhule ſchicken, und beſtimm
Landwirth. Diefer erreichte unter den geringfcheinenden $
beſchraͤnkten Landwirthſchaft das 15. Fahr. Durch einige Sch
jährig. und den öfte. Erbfoigekrieg, die er beim Paftor fand,
Erzählungen eines invaliden Unterofficier6, war in ihm ber $
den, Soldat zu werben. Der Gedanke, einft ald Unteroffü
fehligen, begeifterte ihn ſchwaͤtmeriſch. Endlich gewann ber
damit das adelige Gut Bordenau. Unfern davon hatte u St
Graf Wilhelm zu Schaumburg » Lippe⸗ Buͤckeburg ein Artill
damit die bekannte Kriegsfchule verbunden. Niemand wu
eigne Prüfung aufgenommen. Neuere Spraden, Geſchic
auch höhere Mathematik, Phyſik und die eigentlichen Kriege
die Gegenftände des Unterrichts. Der Graf kannte den gefuz
des Juͤnglings und verteigerte ihm den gewuͤnſchten Eintritt
von Kenntniffen noch entblöft war. ©. bildete ſich ſchnell.
„Wandsbecker Bote” und Young’s „Nachtgedanken” mar
und ſchaͤrften f. Sinn für das Rechte, Große und Schöne.
es Conducteur, als Graf Wilhelm 1777 ſtarb. Der handv
verfchaffte ihm Dienfte ald Faͤhndrich bei feinem eignen Regiı
gleich die Unterofficiere und felbft die ältern Dfficiere des Rex
Damals ward er auch bekannt durch die Erfindung, Fernedt
für den Kriegsgebrauch einzurichten, und durch fehr brandhbarı
1780 ward er Xrtillerielieutenant zu Hanover, zweiter umd ba
ter an der bamalß errichteten Kriegsſchule. Nach 12 Jahren ı
mann und 1793 erhielt er eine Compagnie reitender Artillerie.
ſcher Ruhm war ſchon durch ſ. „ Handbuch der Kriegswiſſenſ
das Taſchenbuch für Officiere und das Militairifche Jour
Revolutionskriege geümbete er ſ. Ruhm als Krieger. Als der
Hammerftein 1794 für die Vertheibigung von Menin und db
Durchſchiagen burd) einen zehnfach flärkern Feind den Dan
Schatten und Licht 708
wo er Antheil an ber eylauer Schlacht nahm. Der König, deſſen
Bertrauen er befaß, ernannte ihn mach dem Frieben vom Tilſtt zum
e Sommiffion zur neuen Einrichtung des Heers. Nachher verwals
e Zeit das geſarumte Kriegsweſen, warb Chef des Ingenieurcorps
e preußifchen und ruſſiſchen Drden. Mit befonnenem Eifer griff ©.
ie ei, ais fir Preußen die Stunde erſchien, das Franzoſenjoch ab»
die Bewaffnung, die nach feinem Plame geſchah. Als Chef
—** ec im Fihſabe 1813 mit dem Heere Bücher’ in Gach⸗
er Lügner Schlacht durch eine Kartaͤtſchenkugel am Schenkel verwun⸗
an den Folgen diefer Wunde, da er ſich nicht bie erfoberliche Ruhe
m in Aufträgen f. Königs nach Prag und Wien eilte, am 28. Juni
. Fa Berlin ſieht f. Bildfaͤule auf dem Koͤnigoplatze
en und Licht machen die eigentliche Seele ber Zeichnung und
8, da der Umriß mehr des Körper und bie geflaftete Form beftimumt.
bat feine Schatten»
nie dunkler und breiter iſt. Schatten hebt das Licht erſt heraut, er iſt
ohlthumb für Auge und Seele, wie ber Ernſt des Lebens, wie die
ht. Im Orient, in Perfiens Rofengefilden, bei Indiens Ambraſtau⸗
krechten Pfeile der Sonne den wohlthätigen Schatten verſcheuchen,
nuch die dost in ewiger Kindheit bleibende Kunſt nicht, Schatten in
g 3u bringen. Mur die brennenden Farben bezeichnen die Lichtfläche
chen Gemäldes. Ebenſo find die Bebilbe der heißern Zone in ber
chattenlos und bunt malen bie Mexicaner und Peruaner. Im rein
inen und bie Gebilde gried. Kunfl; bed) ba biefelbe ſich mache ze
fo ſteht fis in ſtiller Llarheit und läßt bie wechfelnden chatten Aber
n wie ben Hauch ber Jahrhunderte. — Unfere gemäßigten Diem;
teßen den vollen Zauber bes Schattenwechſels und des reizenben
je mehr nad) Suͤbden, deſto mehr bemerken wir bie Neigung zu gluͤ⸗
‚und das von ber Natur ſeibſt dazwiſchen gemifchte tiefe Dunkel bes
: Augen erfegt den Schatten und ahnt feine Zirkung nad. — Je
tſchat⸗
itten und Halbſchatten. Der Hauptſchatten breitet fi A Mer bie
näldes aus, bie dem einſtroͤmenden Licht entgegenflehen ; nothwen⸗
; jeder einzelne Gegenſtand feinen Hauptſchatten haben; doch ſind
der einzelnen Theile von abgeſtufter Dumfelbeit, j — *
er ſtehen. Je breiter die Maſſen der Schatten ſich verbinden und je
euten zufälligen Lichter vermieden find, um fo einfach seöper iſt die
8
der von Hinten um ben Begenftanb beeiunfchinmert, fotwol al6 der
es zunächft befindlichen Begenflandes bie Dunkelheit des Schattens
a Umriß erhellen ; diefe Wieberfcheine ober Reflexe find bie zweite
hatten. — Alle Dunkelheit in der Natur und auf den Gemälden
wol durch völlige Abweſenheit des Achts (died wäre Finſterniß und
ee epenflanh Der Sraf ——
Webente Aufl. 3b. IX. 46
TIETITEN Vuntei und wiro FUME xicht OFT Bei. SIDE in dem
dern in der hoͤchſten Verſchmelzung von Licht und Schatten
Wirkung — Die Meifter der lorabardiſchen umd venetian
bewundernswertheſten hierin; man kann von ihnen fagen, b
Licht einm Ton, dem Schatten eine Sprache zu geben. Ghı
von folchen kunſtvollen Beleuchtungen ben Namen erhielt, v
bemerkt zu werben. Die roͤmiſche und florentinifhe Schul
mit dee Form und if näher mit der Alles geflaltenden Piafl
ſich mehr zur zauberwirkenden Muſik binmeigen. — Noch ı
And. Schule gebenken, deren Meifter jenen Zauber trefflich
den. Da fie die Sachen befonbers zart und durchfihtig bei
auch felbft untergeordnete Kuͤnſtler bei ihnen große Wirkun
Rembrandt bleibt der berühmtefte jener Schattenkünftter. E
den Alles mit warmen, braͤunlichgruͤnen Tinten zu überbämn
engen Raum zufammenzubrängen, ſodaß es ba flammenartic
wundervolle Beleuchtung weiß er oft den gemeinften Gegei
eine höhere Bedeutung unb wahre Poeſie zu geben. Viele de
Heinen zart ausgeführten Gabinetsftüde find hierin auch bemi
ders van der Werff, Gerard Dow, Schalten und Mieris. —
bleibt hierin weit hinter den Stalienern und Niederländern |
Schatten trocken, grau und undurchſichtig. Schon ber Golt
Hiebten und fo oft anwendeten, zeigt das Streben dieſer ſchlie
nad) Licht. Das Heilige erſchien ihnen fo hellleuchtend und
bei ihnen fo Hat und eintönig, daß ihre Phantafie gar nicht auf
tenwirkungen hingeleltet wurde. Sie grenzen hierin wieder
ber altgriechifchen und byzantiniſchen Kuͤnſtier. Das Stillbe
lebte noch in ihnen, foroie bie Eindliche Freude an ber bunten
fo ungern trübten und verbämmerten. — Die büftern fchn
bachten anders, doch ihre Maler (befonders Murillos und S:
mehr finfter als dunkei — Die ältere franz. Schule zeichnet |
tentoirtungen auß; baher haben auch faft alle ihre Gemaͤi
Kaltes. befonders Tcheinen fie ben tiefen Sinn des Schatten
Schattirung: Schaufpiel 707
Ihwenbung der Begenfäge zur Hervorbringung wohlgefälliger Mannigfaltig-
Vornehmlich verfteht man barımter das Hervorheben des Hauptgegenftandes
e Darftellung und die abfichtliche Verdimkelung der Nebenbinge, 3 B. forte
siano, -1.
Schattirung, in der Malerei, ift die Veränderung, welche durch bie ver:
enen Grade der Stärke des darauf fallenden Lichts in einer und der nämlichen
: hervorgebracht wird. Hierdurch entftehen Mittelfarben, welche zur Lebendig⸗
as Golorits gehören. Die Wirkung einer Beleuchtung oder des Lichts hat
> Willkuͤrliches; ſobald e8 einmal gegeben ift, folgt die Art, wie e& erleuchtet,
ıg nun gerade oder durch den Wiederfchein gefchehen, nothwendig auß der erften
ung. Daher muß der erfindende Künftler, befonders wenn er Zeichnungen
Karben beleben will, ſich einen Vorrath von Beobachtungen über alle Wir:
n des Lichts gefammelt haben, bie ihn in ben Stand fegen, die Natur zu cos
Viele wollen für Schattirung Nuancirung fagen; und rechnen fie darunter
inten, wodurch die eigenthümliche Karbe eines Gegenſtandes von dem hoͤch⸗
ichte allmaͤlig abnimmt, es fei, daß fie ſich in ganzen oder halben Schatten
et, oder nur in eine andre weniger heile Sarbe übergeht, fo mögen fie Recht
L Es gibt Köpfe von van Dyk, an denen man keine Schatten wahrnimmt
ie fich dennoch vollkommen runden. Hier entſteht die Wirkung von den fogen.
elfarben, oder von der ähnlichen Wirkung durch Licht und Schatten. — Auch
gemeiner Bedeutung bedient man fich in den ſchoͤnen Künften des Ausdrucks
incirung, und bezeichnet damit die Anwendung feinerer Unterfchiede und
yinge, durch welche Gegenftände und ihre helle wohlgefaͤllig verbunden und
kmmen individualifirt werben.
Schatulle, f. Chatoulle. — Schatullengüter, vgl. Dos
Ben.
Schatzkammerſcheine. Der Art. Exchequer (f. d.) gibt einen _
Mf von diefer Art Scheine (Exchequer-bills) in England. Man bat dergl.
in a. Ländern gefhaffen, z. B. in Frankreich 1828, um einen Theil des Des
zu dedien. Sie dienen dazu, Theile von dem künftigen Staatseinkommen
Micipicen umd daſſelbe auf den Staatscredit in Circulation zu fegen, und vers °
daher die Umlaufsmittel auf eine wohlfeile Weife. So ſtellt die Schags
in England Scheine aus ımd bezahlt damit die Landesbedürfniffe an Sol:
Weiche fie anzunehmen geneigt find; oder fie Laufen als Wechfel auf die Staats
und werben von diefen als baares Gelb wieder angenommen. In ber
henzeit, bis fie in die Schatzkammer zuruͤckkehren, koͤnnen fie als Zahlmittel
nicht werden. Ein Gleiches findet in dem ruff. Sinanzminifterluum ſowie auch
Staaten ftatt. Die Formen, deren man ſich zur Erreichung dieſes Zwecks bes
koͤnnen in jedem Lande verfchieben fein, und fie richten ſich insbeſondere nach
ft der Geldgeſchaͤfte, welche im Lande üblich if, und nach dem Umfange
en.
Schaubühne, f. Theater.
Schauer ift ein Hautkrampf, der bald durch fchnelle Veränderung ber
Temperatur, bald durch innere Urfachen veranlaßt wird. Die Haut wird
Balt, gefpannt, zieht fi mehr zufammen und ein unangenehmes ziehenbes
u im der Haut ift damit verbunden. Der Schauer ift bald nur auf einzelne
beſchraͤnkt, bald ift er allgemein ; an ihn reihen fich die hoͤhern Grade von
an, welche die Anfälle bes kalten Fiebers vorzuͤglich auszeichnen. Er endigt
eiſtens fo, daß bie reagirende Naturthätigkeit den entgegengefesten Zuftand
erse oder Hige herbeiführt.
Schaumuͤnze, f. Muͤnzkunde.
Schauſpiel heißt in der Umgangsſprache diejmige Unterhaltung, wuäge
a5 *
petie (f. d.) hervorbringt. Wan denke, um biefen Unterfchi
en, auf der einen Seite an bie Iffland’fchen und Kogebue’fd
Die Hageftolgen", „Die Gonnenjungfrau”, und auf der
uDRexope” und an Galberon’6 „Das Leben ein Eraum”. ;
mit geößerm Rechte noch als „Merope” Ttagödie zu mennen,
ter e8 nur Drama genannt hat; denn wie die Fabel uͤberh«
‚Handlung erhaben, welche die Begebenheit gluͤcklich endigt
nunft Über wilde Leidenſchaften und rohe Triebe. Die Hanl
„DRexope'' den gtädtichen Ausgang hervorbtingti(der ungleich
gen Polyphont), ift mehr heldenkuhn als ſittlich erhaben zu ne
nenjungfrau" fehlt auch das. Der König vernichtet ein grau⸗
die Liebenden trennt. In den „Dageflolzen” beflegt der ſchi
Vorurtheil, und iſt alfo hier von Exhabenheit ebenfalls nicht d
griff des Schauſpiels füllt jedoch den Spielraum nicht aus, n
zroifchen Komödie und Tragödie findet. So 5.8. ift Goͤth
Anlage zum Trauerſpiel, weber das, noch auch im oben fü
Scqhauſpiel, weil der Ausgang ber Fabel, welche in einem Sti
mit Standesfchranten befteht, weder glädlich noch unglücklich
iſt. — Im der Sprache der Theaterpraxis wird das Schauſp
deutung gewoͤhnllch in das reciticende Schaufpiel (auch Sd
nannt) , in die Oper und das Ballet eingetheilt. Dan verfi
eine theatraliſche Darftelung, welche Ihren Gegenftand hau
und Handlung dem Ohr und dem Auge verfinnlicht, weiches |
ch durdy Gefang und im Ballet duech Tanz (beide mit G
fSieht. Die verſchiebenen Gattungen des recitirenden S
fe, Komödie, biftorifeje® Schaufplei Schauſpie in dem
fplef, comedie larmoyante), wohin aud) da® gewöhnliche R
m , ferner das dramatifche Jdyl. Schäferfpiel (fe
— —
Schaufpiel 708
ufhörlich in Spannung und Erwartung erhalten werden. Vor Allem aber ift
uheit der Handlung dem bramatifchen Bebicht nothwendig. Nur eine Haupt
idlung, in welcher die zu verfinnlichende Idee ſich Elar ausfprechen foll, auf wel⸗
ſich alle Nebenhandlungen beziehen, muß zum Grunde lieg, bamit nicht das
kereſſe getheilt und geftört werde. &o muß auch die Handlung ganz und voll⸗
Dig fein. Dan muß den Anfang, die Triebfedern und den Fortgang ber Hand⸗
g wahrnehmen und über nichts Wefentliche® in Ungewißheit bleiben. Die Bes
tung der Einheiten (f. d.) der Zeit und des Orts, welche man ehebem ſtren⸗
‚ twar bei den riechen und Römern wegen der Einrichtung ihrer Buͤh⸗
mb der befländigen Anwefenheit des Chors durchaus nöthig. Jetzt hält man
auf weniger fireng; und bie neuere Einrichtung unferer Bühnen verftattet dem
Beer mehre Freiheiten, fobald die Beibehaltung der nämlichen Scene und eine
ſteenge Beſchraͤnkung der Zeit größern Schönheiten im Wege ftehen wuͤrde.
m muß jedoch die wirkliche Zeit der Vorftellung von der fcheinbaren Zeit des
Haufs der ganzen Handlung ımterfcheiden. Öftere Veränderungen bes Orts ber
Bine muß der Dichter waͤhrend der Aufzüge wo möglich vermeiden; wenigften®
fie nicht fo plöglich und unwahrſcheinlich geſchehen, daß fie die Taͤuſchung
ufchauer ftören und ihr Intereſſe vermindern könnten. — Um dem dramatis
m Ganzen Zuſammenhang zu geben, muß der Außarbeitung eines dramatifchen
dichts ein wohl Überdachter, in allen feinen Einzelnheiten georbneter Plan vors
Bir In der Ausführung muß man alles Widerfprechende, Gekuͤnſtelte und
befcheintiche, und Reden, welche weder in der Handlung noch in dem Charak⸗
Perſonen ihren Grund haben, vermeiden; Nichts thut der Wirkung eines
tifchen Gedichte auf der Bühne mehr Schaden, als gebehnte und überflüffige
dungen, die den Fortgang der Handlung aufhalten ; auch die glaͤnzendſten
Mfprüche Eönmen den Zufchauer für eine auf ſolche Weife hingehaltene Erwar⸗
nicht entſchaͤdigen. — Aus den Hindemiffen, welche fi) der Haupthandlung
ama entgegenftellen, entfpringt die Verwickelung oder Schürzung des Kno⸗
welche in jedem Schaufpiele nothwendig Ift, falls es die Aufmerkſamkeit der
zer erregen foll. Doch ift die Verwickelung nicht in allen Schaufpielen gleich ;
kauerfpielen ift fie beffer ganz einfach, denn hier würde ein allzu verfchlungener
en unfere Aufmerkſamkeit fo ſehr beſchaͤftigen, daß der Zweck der Ruͤhrung
bit würde, indem Nachdenken und Ruͤhrung nicht gut neben einander beſtehen
a. Cine zu vielfache Verwickelung kann aber auch dem Luftfpiele ſchaden, und
es fogar vortheithaft, den Zufammenhang mancher verwidelten Umſtaͤnde
den handelnden Perfonen, als den Zuſchauern räthfelhaft fein zu laffen, vors
Ich wenn durch die Entdeckung bie Rührung befördert wird, die allemal flärs
anhaltender wirkt als flüchtige Überrafhung. — Unter Auflöfung wird
Begräumung und Hebung der Dinderniffe, die ſich der Haupthandlung in bem
legten, verftanden. Diefe Auflöfung darf nie gewältfam gefchehen durch eis
kofen Theatercoup (f.d.); ihr Keim muß gleichfam ſchon in der Haupt
mg ſelbſt, in dem Charakter der Perfonen und in ihren Verhältniffen legen.
Auflöfung von fremder Hand, ein Deus ex machine, iſt am wenigften im
in Drama zuläffig. — Die Zahl der Perfonen wird durch ihre Nothwendig⸗
e Ausführung der Haupthandlung beftimmt. Mehre als dazu erfobert wer⸗
> überfläffig und fehlerhaft, denn fie zerſtreuen die Aufmerkfamteit des Zus
—* und leiten dieſelbe von dem Hauptgegenſtand ab, wodurch Immer bie Er⸗
des Hauptzwecks vereitelt wird. — In den Charakteren vorzuͤglich muß
, der in dem Schauſpiel ein poetiſches Wild des Lebens aufſtellen ſoll,
Rate folgen und die Reben und Handlungen der Perfonen ihren Geſinnungen
ur anpaffen; vor Allem aber nach jener dramatifchen Objectivität ſtreben, bie
auur die angeführten Perfonen nad) Ihren Geftnnungen und Bertätuifen,
710 Schauſpiel
nicht aber bloß den Dichter ſehen und hören läßt. Obgleich bie Chatakter
im Guten als im Schlimmen — ſchaͤrfer gezeichnet fein müffen, als
Wirklichkeit ſich äußern, fo muͤſſen fie, wenn fie Theilnahme erregen ſi
nicht in das Phantaftifch-Beftandlofe übergehen. Auch hier muß bie ı
Natur treu, wenn aud zufammengebrängter in ihren Außerungen,
werden. Hat der Dramatiker bie Perfonen aus der wahren Gefchichte ı
fo ertheilt er ihnen ihren hiftorifchen Charakter. Doc, fteht es ihm frei,
feinem Zwecke entfpricht, ihnen einige von dem Gefchichtlichen abweic
beizulegen. — Von den Berhältniffen oder Situationen, in melde |
feine Perfonen verfegt, hängt auch befonders die Äußerung und Entwid
Charaktere ab. Deßhalb müffen die Situationen auf eine Eräftige,
dringende Weife angelegt fein. Nicht ber Gontraft allein, worin die ver!
gen Charaktere gegen einander flehen, fondern derjenige, in dem fie zu
tuationen fich befinden, dieſes Kämpfen und Ringen gegen die Verhaͤltr
gen das Schidfal felbft, macht eine bramatifche Dichtung fo anziehent
kann auch der Contraſt der Charaktere feibft fehr vortheilhaft wirken,
lestere nicht allzu abflechend gegen einander fein. — Sowie der dran
ter forgfältig auf richtige Zeichnung und Haltung des Charakters der |
Derfonen achten muß, fo ift auch die Beobadhtung des Co flums
Pflicht, befonders dann, wann der Stoff aus ber wahren Geſchichte
if. — Die Äußere wefentliche Form jedes Schaufpiels ift dramatifche
d. i. ein ſolches, wo waͤhrend und mittelft der Unterredung felbft zwiſch
chenden Perfonen eine Handlung oder Veränderung ihres Zuftandes ı
- ausgeführt wird. Das dramatifche Geſpraͤch (d. h. Dialog, f.d.) £
durch daffelbe außzuführende, gegenwärtig gefchehende Handlung zum ©
daher bewirkt und veranlagt e8 die Handlung ihrer Entftehung und ihr:
nad. Das deamatifche Geſpraͤch muß die Denkart und den Gemuͤth
redenden Perfonen richtig darſtellen; fie müflen fo fprehen und ſich fo
wie fie in der Wirklichkeit unter benfelben Verhältniffen und bei ben
Charakter es thun würden. Dadurch erhält die Unterredung Manı
Mahrheit und Individualität, und deßhalb muß der dramatifche D
aufmerkfam auf das Benehmen und die Gemütheäußerungen der M
Ihren verfchiedenartigen Verhältniffen, ihrem Alter und Temperament
gend muß der Dialog auch natürlich und einfach fein, er muß im ri
hältniffe zur Handlung, zu dem höhern oder geringern Grade der Leid
fu dem aͤußern und innern Zuftande der Perfonen ſtehen. Die richt
8 Dialogs trägt ungemein viel zur Erhöhung des Intereffes bei. 9
(vgl. d.) oder Selbfigefpräche, worin nur Eine Perfon für fidy oder zu 2
die jedoch nicht gegenwärtig find oder an dem Selbftgefpräche keinen un
Antheil haben, darf der Dichter nur da einmifchen, two die eingeführte ı
fon in einem fo leidenſchaftlichen Gemuͤthszuſtand ober in ein fo vert
denken über ſich und ihre Rage gerathen ift, daß der Ausbruch ihrer En
und Worte, die eigentlid, Niemand vernimmt, wahrſcheinlich wird. I
ift der Werth der Selbftgefpräche, wenn fie zum Fortgange, der Handlı
Entwidelung der Leidenfchaft des Redenden mitwirken. Die Sprache
nologen muß nicht periodifch und ausführlich, fondern kurz, abgebroche
den ausgedruͤckten Geſinnungen ſtark und forteilend fein. Durch die 8
che Beberden, Bewegung und Thätigkeit mit der Rebe verknüpft, wird
tifche Vorftelung lebhafter, wahrer und eindrüdlicher. Sie muß daher d
fpieldichter immer vorfchweben, der auf der Bühne Wirkung zu mad
Übrigens wirb Gefpräh und Handlung jedes Schaufpiels in Aufjäge «
und diefe wieder in Auftritte ner Scenen vertbeilt. Im Luflfph
Schaufpiel, Tragödie 711
Juͤge gewoͤhnlich 5, 3 oder 1, felten 2 oder 4; das Trauerſpiel hat gewoͤhnlich
Die ernfihafte Oper 2 oder 3, umd die fcherzhafte fo viel wie das Luſtſpiel. Die
hl und Länge der Scenen ift unbeflimmt, denn hier entfcheidet allemal das
uhefnig des Stoffe; ebenfo unbeflimmt ift auch die Zahl der Auftritte oder
mem eines Aufzugs, denn dies richtet fich gleichfalls nach der Beſchaffenheit
Handlung und der Schidlichkeit des Auffhubs oder Stillſtandes derfelben,
Im die Abtheilung der Aufzüge immer gegründet fein muß. — Jeder Aufzug
ct hingegen hat, wenn das Schaufpiel deren mehre enthält, feinen beſtimm⸗
Antheil an dem Sanıen. Der erſte Aufzug macht den Zufchauer mit dem In»
u des Studis, den theilnehmenden Perfonen und Mitteln, wodurch die Hands
zausgefuͤhrt werben fol, bekannt. Dies geſchieht am beften durch Geſpraͤch und
itigkeit der Perſonen felbft, nicht durch Befchreibung und Erzählung, und wird
Brpofition oder Einleitung zur Handlung genannt. Auch muß ſchon hier die
ssidelung der Dandlung beginnen. Perfonen, von denen nicht bereits in dem
w Aufjuge Rede, oder die dort nicht vielleicht fchon felbft thätig waren, dürfen
Blegel nach nicht in den folgenden Aufzügen erfcheinen. In den legtern nimmt
Berwidelung zu, die Dandlung wird immer lebhafter, die Aufmerkſamkeit und
Bartung der Zufchauer immer gefpannter, bis fie durch die Auflöfung, welche
Bam Schluß des legten Acts erfolgen darf, befriedigt werden. Diefe Auflöfung
Boouftändig fein, und hat fie einmal flattgehabt, fo darf keine neue Verwicke⸗
B beginnen, da hierdurch die Einheit der Handlung zerftört werden wuͤrde. Übri⸗
B find die Auftritte oder Scenen nicht als abgefonderte Abfchnitte und Stuͤcke
Mufsüge, fondern als gemeinfchaftliche und einwirkende heile eines Banzen zu
. Deßhalb müffen fie auf da® Engſte mit einander verbunden werben, in
bergehenden Auftritt muß immer der Grund des nachfolgenden fein. Ohne
lich angedeutete Veranlaffung dürfen überhaupt keine Perfonen auftreten
eben. Auch darf die Bühne am Schluffe eines Auftritt, der nicht zugleich
zug felbft befchließt, nicht leer bleiben; denn dadurch würbe die Handlung
unterbrochen und ihr Fortgang unwahrfcheinlid, werden. — SBeildufig bes
wie noch, daß die Benennung Scene einen weitern Umfang hat als der
‚ den wir mit Auftritt verbinden. Unter Scene verſteht man nicht bloß ben
genannten Theil einer bramatifchen Dichtung und Vorftellung, fondern auch
E 9
e felbft, und in noch ausgebehnterm Sinne fogar den Ort und das Land,
andlung bed Schaufpiels vorfällt. — Das Erauerfpieloder die Tras
te (f. d.) ift die dramatifche Bearbeitung einer erhabenen Sandlung, weiche in
BRampf einer oder mehrer theilnehmenden Perfonen mit dem durch Leiden
Men oder Verkettung der Umftände herbeigeführten Schickſal ihren Grund hat;
nur darin kann der Menſch feine Kraft und Sittlichleit bewähren. Und bies
f iſt um fo erhabener, je mehr, je größer und fittlicher die kaͤmpfenden
find. Das Gemuͤth des Zuſchauers fuͤhlt ſich erhoben durch die Kraft,
der Menſch in dem Streite mit dem Schidfale oder der Leidenfchaft beweiſt,
igt, in gleichem Falle mit gleicher Kraft gegen die dußere Nothwendig⸗
anzukaͤmpfen. Ein unglädlicher Ausgang ift kein wefentlicheß Erfoderniß des
Mesfpiels ; aber ein ernfler Ausgang ift durchaus nothwendig, damit nicht bie
ma Zufchauer erregten Gefühle der Beforgniß, des Mitleidens und beſonders
Fehebung des Gemuͤths, welches der Hauptzweck jeder Tragödie ift, wiederum
bet werben. — Hieraus ergibt fi), da die Wahl de Gegenftandes von ber
en Wichtigkeit iſt. Der Zrauerfpieldichter kann feinen Stoff aus der Geſchichte
Ben oder ihn ſelbſt erfinden. Im erftern Kalle ſteht es ihm, wie jedem andern Dich»
zei, die Begebenheiten und Charaktere anders zu ordnen und zu halten, als fie
x Sefchichte erfcheinen, nur muß er in der Veränderung wirklicher und in der Hin⸗
Ihtung neuer Umftände vorfichtig fein, damit die innere Wahrheit nicht verlent.
hiorijce Dyauıpieı gemigje Yanvıungen und wrrigme mmep
lichen Standpunkte auffaßt und dramatiſch vergegenwaͤrtigt
Wichtigkeit der Handlung zunaͤchſt in dem hohen Grade der Th
Anftrengung ber handelnden Perfonen, und in der Gluͤcksveraͤn
durch bewirkt wird; die Theilnahme der Zufchauer aber Bann fe
böht werden, wenn ber tragifche Dichter eine ſolche Begebenhel
ober in ihren Kolgen einen beſonders großen und merfwärbig
Menſchheit gehabt hat. — Die Handlung des Trauerſpiels vorn
geſchloſſenes Ganzes ausmachen, beffen Theile mit einander in g
und in ſolchem Verhättniffe ftehen, daß keiner derfeiben ohne
Störung des Ganzen wegfallen kann. Bei dem Mangel ein
fangs der Handlung wuͤrde der Zufchauer ſich die Thaͤtigkeit
Perfonen nicht erklaͤren koͤnnen; er würde ungebulbig werden. |
ihn ſchon fruͤhe mit der Veranlaffung jener Thätigkeit, mit der W
lung, ſowie mit den Mitteln und Hinderniſſen derſelben bekam
ſes gefchieht, wie oben gefagt, durch die Erpofition, und fie |
fange durch Unterredung ber theilnehmenden Perfonen ſtatt
bes Trauerfpiels find ferner die Peripetie (f. d.) oder Gluͤck
die Kataſtrophe, welche zum Ende führt. Erſtere muß, wie d
natürliche und vorbereitete, nie Durch bloß wundervolle Mittel
den. Kataſtrophe aber nennt man im Trauerſpiele denjenigen
in den Schickſalen der Hauptperfonen eine wichtige und ent
rung hervorbringt. — Auch in Hinfiht der Einheit der Hant
Trauercſpiele daffelbe erfodert, was wir deshalb Im Allgemein
führt Haben. Um diefe Einheit nicht zw verfehlen, muß der T
Zuſammenhang der Handlung gehörig überdenken. . Hier muf
Augenmerk auf die Haupthandlung und bie Hauptperfonen rich
Vorfälle und Nebenperfonen zum Vorthell jener benugen, ob
texeffe des Zuſchauers zu theilen ober zu ſchwaͤchen. — Was bi
fo find weder volltommen tugendhafte, noch durchaus lafterhaf
Zrauerfpiel geeignet; den erftern fehlt es an Wahrſcheinlichkeit,
Bewunderuna. aber feine Theilnabme: die aanı bößartiaen k
Schaufpiel, Tragödie 718
zagifchen Perfonen beilegt , zur Groͤße ihrer Sitten bei; obgleich eben nach
Berfchiedenheit des äußern Ranges und des Wirkungskreifes der Unterfchieb
a beroifchem und bürgerlichen Trauerſpiel biß jegt flattgefunden hat. Doc
Dichter fich bei ber Größe der Sitten in Acht zunehmen, daß er nicht ins
uerliche verfalle. — Die dichterifche Wahrheit der Sitten ift die oben vers
Ubereinſtimmung ber Reben und Dandlungen der Perfonen mit ihren Ver
en und ihrem Charakter. Außerdem muß ber Dichter den Charakteren Con»
id Mannigfaltigkeit, und jene Grundzüge moralifcher Güte geben, welche
egung ber Teilnahme, bes Mitleid und der Beforgniß fähig find. — Der
sch und die Sprache des Trauerſpiels müffen dem Stande, dem Charakter
u Gemuͤthszuſtande der tragifchen Perfonen gemäß fein. Fuͤr das heroifche
ſpiel iſt die metrifche Form am vortheilhafteften; doch findet dieſe auch bei
wgerlichen fatt, obgleich man bier häufiger die profaifche Einkleibung wählt.
w Deutfchen find die fünffüßigen Jamben von verfchiebener Länge die ges
chſte Versart. Doch haben ſich Neuere, nach dem Vorgarige der Spanier,
er gereimten Trochaͤen mit Wirkung bedient. — Urfprünglich waren bie
vien gemifchte lyriſche und erzaͤhlende Gefänge zur Ehre des Bacchus bei dem
er Weintefe, wie noch der Name andeutet. Die Spuren diefes feftlichen Urs
& der griech. Tragödie verloren ſich nie aus derſelben; und die Begleitung von
md Muſik blieb, fo lange noch ein griech. Trauerſpiel aufgeführt wurde. (S.
chiſche Literatur.) Die Erfindung der Tragödie bei den Griechen ſchreibt
nwöhnlich dem Thes pis zu (f. d.); ihm folgte Phrynichos. Der wirkliche
Her der Tragoͤdie war Aſchylos (ſ. d.). Thespis hatte nur einen Schauſpie⸗
Rreten laffen, der durch bloße Erzählungen, die er von Zeit zu Zeit herfagte,
ber ablöfen mußte, um der Vorftellung mehr Reiz zu geben. Äſchylos vers
ke die Darftellung in wirkliche Handlung , indem er noch einen zweiten, auch
nen dritten und vierten Schaufpieler gebrauchte, den Dialog erfand, und,
De Sreigebigkeit des Staats unterftügt, der Aufführung mehr Würde vers
. Mun ward einer feiner Schaufpieler ber Held des Stuͤcks und erregte vor:
bie Aufmerkſamkeit und Theilnahme der Zufchauer. Der Chor bekam eine uns
dnete Rolle, und die Sefänge deffelben wurden abgekürzt, obgleich fie immer
werhaͤltnißmaͤßig ang und im höchften lyriſchen Schwunge abgefaft waren,
R ſich bisroeilen im Dialog findet. Äfchylos fah uͤberhaupt mehr auf Größe
Schönheit; er erſchuͤtterte und flößte mehr Entfegen als Rührung ein. Im
erfpielen find noch viele Spuren von Rohheit; allein es herrſcht auch ein Reich»
roßer und auffallender Züge barin. Die Handlung ift überaus einfach, ohne
Beiung. Der Chor befchäftige fich nicht mehr mit Abfingen von Gefängen,
den Inhalt des Stuͤcks Leinen Bezug haben, fondern er gehört sum Banien,
Bertraute der handelnden Perfonen, der Rathgeber der Könige, der Tröfter
südlichen, das Schreden der Tyrannen. Äſchylos führte ſtatt der Wein⸗
womit die Schaufpieler des Thespis ihr Geſicht beſchmierten, die Larven ein,
mte durch lange fchleppenbe Gewaͤnder und hohe Kothurnen den erhabenen
und das ſtolze majeftätifche Anfehen, welches man dem alten Heroen beilegte,
Statt des ehemaligen ſchlechten Bretergerüftes erhielt er eine mit Mafchinen
xorationen verfehene Bühne, und feine Schaufpieler übte er faſt immer felbft
Derlamation. Ihm folgte Sophokles (f.d.), ein vorzuͤglicher Meifter
zifchen Kunft, welcher Größe und Schönheit zu vereinigen, und die Leiden:
n der Theilnahme, bed Mitleidens und des Bedauerns auf das innigfte zu ers
pußte. " Curipides (ſ. d.), weniger erhaben und groß ale Afchylos und
‚led, verfland vorzüglich die Kunſt zu rühren, allein in der Anordnung f.
ewar er weniger gluͤcklich, verlegte oft die Wahrfcheinlichkeit und die Einheit
mdlung, und verfehlte nicht felten die Aufloͤſung des Knotens. Durcdy Tele
ſchen nad} demſelben bald mit gemuͤthlicher Laune, bald ı
als etwas fich felbſt Aufhebendes dar. Der Begenftand |
iſt fo das Privatleben der Menſchen, ſowol der Hödhften ı
allen ſich dort Äußernden Thorheiten, Fehlern, Worurtheile
bloß das Lächerliche, Einfeitige und Haffenswürdige, aud
dige und Gefällige in den menſchlichen Lebenstoeifen liegt ix
die, und oft werben in berfelben Charaktere und Vorfaͤl
Wirkung dargeftelt. Denn man würde den Begriff dei
ſeht beſchraͤnken, wenn man bloß das Lächerliche darunter
Dichter kann die Handlung des Luſtſpiels entweder ganz :
der Wirklichkeit einen Stoff zur Bearbeitung wählen. Xı
Komödie erfunden iſt, wird das Luſtſpiel treffend, angieher
Beziehung auf folche Begebenheiten und Perſonen, bie de
tig, und als Vorfälle und Perfonen aus der gegenwärtig
Jedes Volk und jede Zeit haben ihre Sitten, ihre Gebraͤn
Anftändigen und Unanftändigen; daher kann der Luſtſp
wenn bie Haupthandlung, die Perfonen und die Scene fi
find. Durch zu großes Anfchließen an ben gefelfchaftlichen
ſteht jedoch das zwar feine, aber auch unpoetiſchere Co n ve
in welchem Alles auf Gewandtheit der Intrigue, Charakı
Einzelnen beruht. — Das Komiſche des Luſtſpiels wird en
tere, ober die Situationen, oder durch beide zugleich erz
tung des Komiſchen, welche nämlid durch den Gontraft dei
tuation hervorgebracht wird, ift gewiß die wirkfamfte.
Komifche in das hohe und niedere ein: eine Eintheilung, d
der vorgeftellten Perfonen, fonbern nach der Beſchaffenhe
Behandlungsart zu beftimmen iſt. Doch fallen bie Grenze
das Niedrigkomifche, welches aber nicht in das Gemeine un
in einem Luftfpiele herefchend ift, fo heißt es eine Poffe
Ein Charafterftüd nennt man hingegen ein ſolches Sch
hauptſaͤchtich feinen Steig auf Darflellung und Entwideln
Schaufpiel, Komoͤdie 715
ſtuͤck. Die Verwickelung (der Knoten) oder die Intrigue bes Luſtſpiels ent⸗
aus der Anordnung und Verflechtung der einzelnen Vorfälle und Begeben⸗
woraus die ganze dramatifche Handlung beſteht, durch bie Spannung und
ng der Ungeduld des Zufchauers in Hinficht des Ausgangs. Durch Mit
g der verfchiedenen Situationen und Charaktere und durch die allmälige He⸗
er gegen die Haupthandlung erregten Schwierigkeiten, aber nicht auf eine ges
ne Weife, muß die Auflöfung des Knotens erfolgen. Die Verwickelung fos
} die Auflöfung müffen nicht bloß im Reiche der Möglichkeit liegen, fie müfs
b als ein natürliche® und wahrfcheinliches Ergebniß aus dem Bau des Gan⸗
a8 den Charakteren, Begebenheiten und Situationen hervorgehen. Sowie
: Haltung und Darftellung der Charaktere, Leidenfchaften und Begebenhei⸗
ſentliche Exrfoberniffe eines guten Luſtſpiels find, fo wird aud bie Wahrſchein⸗
der Daupt = und Nebenhandlungen dann um fo mehr erfodert, wenn der
aus dem gervöhnlichen Leben genommen wird. Nur muß biefe Wahrfcheins
‚nicht zum Semeinen, oder gar zum Ekelhaften hinabfinten, obgleich ein ges
Brad von Übertreibung bei Schilderung der Charaktere und Begebenheiten
Rafgabe des Stoffes fattfinden ann. Die feltener und vereinzelt ſich Außern»
mifchen Charakterzüge können naͤmlich mehr gehäuft und verftärkt, die Wer:
magen dazu mehr vervielfacht werden, um den Charakter von allen Seiten
uch allen feinen Abflufungen zu zeigen; nur darf die Schilderung, außer in
— Poſſe, nicht in Caricatur oder Übertreibung jeder einzelnen Cha⸗
ung fo ausarten, daß die innere Wahrfcheinlichkeit durchaus verloren
„Nicht minder wird vom Luflfpiel Einheit, Vollſtaͤndigkeit und Intereſſe der
8 gefodert. Die mit der Haupthandlung verbundenen, ober in diefelbe
Mebenhandlungen oder Epifoden müffen jener beftändig untergeordnet
und fo wenig ihre Fortfchreiten hemmen, alß ihren Zufammenhang unters
— Der Dialog des Luftfpield muß den Charakteren, den Verhältniffen
Denſchaften der redenden Derfonen, ihrer jedesmaligen Lage und der Sprache
Rufchaftlichen Lebens gemaͤß, dabei lebhaft, abgerundet und natürlidy fein.
u Griechen und Römern waren die Buftfpiele durchgehends metriſch, die Neu⸗
aten diefe Form nach, jegt wendet man gemöhnlich nur bei kleinern, feinen Luft»
die mietrifche Form (de6 Alerandeiners) an. Ertheilt audy der profaifche Dias
Nachahmung einen höhern Grab von Natürlichkeit, fo kommt fie doch dem
m Leben leicht zu nahe. — Der Willkuͤr des Dichter ift faft ganz die Wahl
els für fein Luflfpiel überlaffen ; wenn nur von dem Inhalte oder Ausgange
icks nichts im Voraus verrachen wird. — Nicht bloß Beluftigung und Uns»
tg der Zufchauer, fondern mittelbar auch ihre Belehrung und fittlihe Vers
ig durch lebendige Darftellung menfchliher Güte, Thorheit und Untugend,
ed) Aufdedung und Entwidelung der verborgenen Falten des menſchlichen
z iſt Endzweck des Lufifpiels. Diefer Endswed kann aber nicht durch Ealte,
uch noch fo glänzende, Gemein⸗ und Sinnfpräche, nicht durch moralifche
tungen, fondern hauptſaͤchlich nur durch das Beifpiel der in Handlung und
keit geſetzten Perfonen erreicht werden. — Übrigens hängt die Wirkung des
18 bei der theatralifchen Vorftelung hauptſaͤchlich von der mimifhen Dar⸗
ab. Hierauf muß der Luftfpieldichter Rüdficht nehmen, und durch Andeu⸗
8 mit der Unterredung zu verbindenden Spield dem Lefer fomol als dem
pieler zu Hülfe tommen. Der Schaufpieler kann aber die Wahrheit und
ung bes Stuͤcks durch eine leichte, lebhafte und natürliche Darftellung, die
6 Leine Kunft ahnen laffen darf, fehr heben. — Den rohen Anfang der Ko»
yei den riechen findet man um 580 v. Chr. bei Thespis's Zeitgenoffen Sufa>
ber auf einem Bretergeräfte die Thorheiten und Lafter feiner Zeit ſchildernd
g. Die urfprängliche Form des Luſtſpiels unterfcheibet fi) von ber gegen:
NG) DIE Briußigung UFO GLLNCJER KENUUBITO aus. ELEN ma
fhaften von Komödianten nad) Athen, wo fie von ber Regler
den. Endlich wurde auch eine ordentliche Geſellſchaft von J
errichtet, und mehre Veränderungen ber Komoͤdie wurde von
Eine Hauptperfon, ein tanzender und fingender Chor, nı
eine ſchicklich Bühne wurden für bie die eingeführt; ı
Masken die perföntiche Satyre, welche In der alten Romdblı
dern. (©. Kannegießer, „lÜber die komiſche Bühne von 9
um 485 v. Chr. führte die Einheit der Handlung ein und
der Form des Trauerſpiels. Geine Komödien wurden in Gı
in Athen, mit Beifall aufgenommen, und unter ſ. Nachfolger
mes, Magnes, Krates, Kratinus, Eupolis, Pherekrates
Indeſſen blieb perfönliche Satyre nody immer ber Hauptg
obrigkeitliche als Privatperfonen wurden mit Ramen genann
alte Komödie ber Griechen war durchaus national und meit pol
gebens wurde dies durch Volkobeſchluͤſſe und Befege verboten
des peloponnefilchen Krieges erhielt die Komödie in riechen
Es begann nun bie fogen. mittlere Romöble. Die neuem DI
ihre Macht aud in diefer Rädfiche gu fichern, dem Wolle |
regeln bet Regierung ferner zum Gegenftande des Spottes
durchaus verboten, lebende Perfonen namentlidy auf die B
der Chor, der bis jest der Haupturheber der Schmähungen
abgeſchafft, dagegen kamen mit den allgemeinen Charakter
Charaktermasten auf und die Bilbniffe auf den Larven verfd
fophanes mußte fich in f. legten Städten diefer Weränberu
fo trat an die Stelle der vormaligen Zuͤgellofigkeit mehr Anl
Gegenftände des Luſtſplels wurden Indeffen immer noch, wi
bel und Geſchichte genommen; aber die Schilderungen des &
ten und Laͤcherlichen enthielten mehr allgemeine als individu⸗
kam ber Chor wieder zum Vorfchein, und alsdann wurden,
fpiele und Gefang unter bie Declamationen gemifcht. Zu d
riechen aehört (300 I n. Chr.) Menander. ber durch bie!
Schaufpielfunft 717
em Ohr und bem Auge zu verfinnlichen. Diejenigen, welche diefe Vers
idurch bewirken, daß fie fich flellen , die von dem dramatifchen Dichter
jebachten Derfonen zu fein, beißen Schaufpieler. Auf Verſtellung,
ig fremder Einbildungskraft vermittelft der Sinne, des Gehoͤrs und
yeruht fonach bie Ausübung diefer Kunſt. Daher bezeichnet im Grie⸗
nd daffelbe Wort (unoxgurrs) den Heuchler und den Schaufpieler. _
inte muß die Perſon, welche er fcheinen will, fich zuvoͤrderſt im Geifte
ıd fie fodunn durch feine wirkliche Perſon, foweit es deren Beſchaffen⸗
yerfinnlichend darſtellen. Jene Thätigkeit des Geiftes, befonbers der
:aft, heißt die Auffaſſung der Rolle (der geſammten Eigenfchaften ber
8 handelnd gebachten Perfon) ; die legtgenannte Thätigkeit (des Gei⸗
8 zugleich) nennen wir das Spiel. Der höchfte Zweck der Auffaffung
elung des Dichters von ber barzuflellenden Perfon mit ber Phantafie
Das höchfte Ziel des Spiels foll fein, durch die Verfinnlichung ber
ver eignen Vorſtellung von ber barzuftellenden Perfon) zu entſprechen.
ie Kunſt des Schauſpielers in ber Theorie nichts Andres, als die Faͤ⸗
zedanken des Dichters in Bezug auf eine gegebene Perfon des Drama
ımmtbeit aufjufaflen, des Dichters Vorftellung zu einer Vorftellung
abildungskraft zu machen, unb biefelbe an ber eignen Perfon zu ver
Beniger die zweite als die erfte diefer beiden Kähigkeiten iſt es, welche
elee zum Künftler macht. Viele haben das Geſchick, Eigenfchaften
Individualitaͤt, die fie beobachteten, an ihrer eignen Perfon nachzu⸗
iigen iſt es gegeben, eine dDramatifche Perfon in ihrer Ganzheit, alfo
Zuſammenhange mit bem ganzen Drama, nach ber bürftigen Anleis
en Buchſtabens lebendig in ber Einbilbungskraft wiederzugeben, und
ve Nachſchoͤpfung an feiner eignen Perfon täufchend vor fremden Sin⸗
ten zu laffen. Das Geſchaͤft der Auffaffung ift es, welches von
fodert, was die Erfindung und geiftige Geftaltung vom Dichter heifcht :
möglichfler Ausbildung feiner geiftigen Kräfte. Das Gefchäft des
Yarftellung) richtet feinen Anfpruch mehr auf Übung und Ausbildung
Kräfte und Fähigkeiten, damit es der Einbildungskraft um fo leichter
firhe Perfon zu Dem, was bargeftellt werden ſoll, und mithin zur Ver⸗
:010:5) zu beftimmen. Studium der Decigamation in Verbindung
ober Geberdenſprache iſt das Wefentlichfte, weil beide die Grundbe⸗
Scaufpiellunft find (f. d.). Wie man feine Fähigkeiten zur Schaus
onder# zur Darftellung einer gegebenen Rolle, prüfen, und bei Aus⸗
inſt vom Einſtudiren an bis zur wirklichen Aufführung in feinem In⸗
n möge, darüber findet fich eine Abhandl. in Mältner’s „Almanady
nen” (1817). — So wenig die Schaufpiellunft als eine felbftändige
den kann, dba fie nur in Verbindung mit der bramatifchen Poefie denk⸗
felbft beim Ertemporiren ann diefe nicht fehlen), und überdies ihre
g nur in Verbindung mit denjenigen Hülfstünften und Handwerks⸗
reichen kann, welche bie gefammte Theaterkunſt ausmachen (z. B. Des
tafchinerie, Coſtuͤmirung, Gefichtämalerei u. f. f.) , fo gewiß ift fie
önen Künften die wirkſamſte; weil eben als Kunſtwerk nichte mehr
hen wirken Bann, als der Menſch lebend durch den Menſchen barges
Wirkſamkeit erklärt den Hang zu ihr, den wir bei allen gebildeten
3. Ihr Keim liegt tief in der Natur des menfchlichen Geiſtes und Ge⸗
ſt der Keim aller ſchoͤnen Künfte überhaupt: der Trieb, unabhängig
nge ber Wirklichkeit, von ihrer Nöthigung zu Gedanken und Empfins
ätig zu fpiefen mit dem Schein. (Man vgl. Schiller, „Über die aͤſthe⸗
19 des Menfchen”.) Der Trieb, anzufchauen und zu erayfinben, waı®
»
ei
N
fi
u
a nen
Die Theatergeſchichte aller Völker wird am Ende auf diefi
ven laffen. Hiermit ift auch zugleich der Werth des Schau]
Theater fol fo wenig eine Schule der Moralität fein, als
barkeit, welche der Zerſtreuung, der Phantafterei, der Gen:
das menſchliche Leben in einem geiftigen Spiegel darftelleı
Zuſchauer die Lehre felbft abziehen mag. Nur Gebildetı
Nugen Zufchauer fein, und die Bildung, die aus dem Gel
fpieler fpricht, wird fie noch höher heben. Am meiften abern
heit ergriffen werden, wenn Daß, was ihre gemeinfchaftl!
Nationalleben und der Nationalcharakter durch das Schar
wickelt wird. Daß das Theater aber nicht immer iſt und Leif
iſt fein Werth oft in Zweifel gezogen worden. &. Staͤ
Vorſtellungen von der Sittlihhkeit des Schaufpiels” (Börti
fenberg, „Über dem fittlichen Einfluß der Schaublhne” ı
Für die Theorie der Schaufpielunft mangelt ein vollftär
fiem. Was Sonnenfels, Leffing, Göthe (in „Wilhelm Mel
(„Stunblin. einer Theorie ber Schaufpielkunft”, Leipzig 179
iand, Schink u. A. über diefe Kunſt geſchtieben haben, hat x
zuſammenhaͤngendes, umfaſſendes Ganzes zu fen. Die €
Sievers find unklar und verworren. Ein fpftematifches L
Koller ankündigte, ift, obgleich größtentheil6 im Manuſcript
Drud erfhienen. Die Schriften von Mercier, Dorat, Ric
tealifhe Darftellung) handeln von ber Schaufpieli
Nationen ſich geftaltete und auszuüben iſt. Bebeutender fi
und Mülner.
Schawl, der feinfte unter allen bis jegt bekannten ı
her im Orient verfertigt wird. Die Wolle dazu wird in
daſelbſt einheimiſchen Ziegenart gewonnen und heißt dort To
feiner al6 das befte Biberhanr. In Cafhmir (vgl. Gafı
daraus Kopftuͤcher gemacht, welche die Mongolen und Int
Dufaten und darüber bezahlen. Auch zu ung uns ‚tommen ſoge
udn beten Mat ut na Mike
Scheeren 719
n fi brachte. Er befuchte das Gynmaſium in Anfpach und kam 1778
nkfurt a. M. in eine Ausfchnitthandlung ale Lehrling. Hier blieb er aber,
alle Gelegenheit, etwas zu lernen, fehlte, nur 2 Jahre, und nahm dann
sterricht. eine weitere Ausbildung verdankte diefer Sefhäftemann dem
Resier’fchen Wechfelhaufe. Seit 1784 ftand er in einer Tuchfabrik zu
mo er zugleich eine Stickereifabrik für eigne Rechnung führte. Dann übers
die Bergwerke zu Trarbach an der Mofel in Gemeinſchaft mit dem Eigen:
allein diefer war fo verfchuldet, daB Schäzler in mehre Proceffe verwickelt
ıd fein ganzes. Vermoͤgen verlor. Endlich gab er feinen Antheil gegem eine
ıg von faum 2000 Fl. auf. Mit diefer Summe legte S. den Grund zu
achmaligen Vermögen. Er kam 1791 in das augsb. Wechfelhaus des
Liebert, von dem er 1793 eine Tochter beirathete, und dem er bi8 1799
fe beiftand. Am 1. San. 1800 grumdete er ein eignes Wechſelhaus, das
in den Stand fegte, zu dem Wohle feiner Mitbürger Eräftig mitzuwirken,
304 als Mitglied her Sublevationscommiffion, und 1805 als Mitdepu⸗
B Hanbelsftandes an Napoleon, woburd die angebrohte Befefligung der
wie die Nieberreifung der Bartenhäufer und Fabriken abgewendet wurde.
Heß Napoleon auf einen durch ihn veranlaßten günftigen Bericht der Stadt
rg alle noch ruͤckſtaͤndige Foderungen, zufammen über 400,000 51. Als
9 in Kolge des presburger Friedens 1806 mit Baiern vereinigt worben
leten Schäsler und C. D. Earli diefem Staate durch Geldanleihen die ſich
lonen beliefen, wichtige Dienfte. Der König ernannte daher Schaͤzler tar-
wirkt. Sinanzrathe. In dieſer Eigenfchaft hat er mehrmals in Münden
achten über Sinansgegmftände zum Protokoll gegeben. Auch nahmen
und Garli an den Arbeiten der Commiſſion Theil, welche 1809 die Grund»
inem bairifhen Handelsgeſetzbuche entwarf. Insbeſondere wurden nach
'orfchlage feit 1809 E. bairifche Kronenthaler ausgeprägt. Übrigens trug
em vaterländifchen Zwecke das Seinige nad) Kräften bei; dies bezeugen
feinen Namen führende Suppenanftalt und eine von ihm imterhaltene
»Induſtrieſchule für arme Kinder, in welcher er feit 1820 in Baiern zus
wechfelfeitigen Unterricht eingeführt hat. Auch arme Kranke wurden viele
durch anf feine Koften geheilt und erquickt. Wir erwähnen noch den vor⸗
rrch ihn wieberhergeftellten Wohlftand ber Weberzunft in Augsburg, We
: 500 Webeftühle an 1500 Arbeiter befchäftigten; überhaupt ann der
v. ©. für milde Zwecke ſeit 22 3. gemachte Aufpand auf 2 — 300,000
ſchaͤtzt werden. Seine Mitbürger ernannten ihn daher zum Vorftande des
tandes, dann zum Vorftande der Gemeindebevollmädhtigten, und 1819
eordneten bei der erften Staͤndeverſammlung. In diefer ſprach er bei meh⸗
slaffungen feine Erfahrung aus, 3. B. über das Zahlenlotto, das Mauths
m Wechfelftempel, die Errichtung einer Nationalbanf und die Staates
tigung. 1822 begründete er In Augsburg eine Erfparnificaffe mit folchen
nı für die Einleger, daß fie im März 1825 über 300,000 Fl. verzinfte,
me Augsburgs Einw. daran Theil nehmen können. Diefer um feine Mits
hoerbiente Mann ftarb zu Augsb. den 19. Mär; 1826. Sein Bildniß hat
mm in Nümberg geftochen. Ein Sohn hat fi dem Staatsdienfte gewid⸗
beiden andern wurden von dem Vater am 1. Jan. 1825, bei der Feier bes
Flores feines Dandiungshaufes, als Handlungsgefellfchafter aufgenommen.
Heeren beißen die Seeklippen auf den Küften von Schweden und Finn»
rzuͤglich vor Stodholm, welche fi 16 — 17 Meilen weit ins Meer er⸗
und die Einfahrt in die Häfen unficher machen. Daher die Scheeren⸗
die zur Dedung des Eingangs in bie Scheeren dient, und aus Fahrzeu⸗
be, die auch in dem feishten Waſſer ficher fortkommen.
diefed militaleifchen kebensabſchaities 1765 ward ©. b
als Secretait, 1767 zu Sumbinnen als Kriege: und Ste
drang er in das Weſen aller Verhaͤltniſſe ein und fagte feine!
1775 nahm er den Abſchied. Wol ex eine Penfion ve
um biefelbe beantwortete Friedrich I. eigenhändig alfo: „,
plagen, das ich en Kriegerath Penfion gebe, da noch So
verforgt Syndt. Die 200 Thir. wehie einem Invaliden
Seitdem lebte S. auf dem Lande von feinem Heinen Vermo
auf, gemeinnuͤtzig wirkſam zu fein und machte ſich befondı
des Landſchulweſens verdient. Briefwechſel, Umgang mit
nern und gebildeten Officieren, literatiſche Arbeiten, Garteı
tigten dem für Alles empfänglichen, ſich gern mittheilenden
Alter noch thätigen Mann. Indem ex in der Einſamkeit fe
tete wie ber Haushalter das vollendete Tagewerk, entſtand
„Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es ſeibſt bi
ausgegeben 1823 ; mit dem Portrait des Verf.). Man kor
vor Scheffner's Leben fegen: „C’est iel un livre de bonı
Dichter, Schriftfteller, Staatsdiener, Freimaurer und wo
ter ftand ©. in ausgebreiteten Verbindungen wit ben aud
und Frauen, von benen er in feiner Biographie viele nad) d
Die verew. Königin von Preußen und ihre Schweſter, die je
berland, gaben ©. Beweiſe der größten Achtung; der Ki
durch Ertheilung des rothen Adlerordens dritter Elaffe. 3
feiner Vaterftadt ernannte ihn zu ihrem Director und allen
tag des verehrten Greifes ſtets ein hocherfreuliches Feſt. €
gen Laufbahn erreichte, welche ex als Weiſer und ale Chr
noch ein tiefer Schmerz feine legten Lebenstage treffen: fein
Jahrhundert als treue und theilnehmende Gefäpstin ihm
ihm 1815 durch den Tod entriffen. Ihr folgte ©. dem 16.1
ſprach ſich an feinem Grabe die algemeine Verehrung aus.
Schriften, bie zum Theil aus dam Buchhandel verſchwu
Scheiden Schein 721
en bes täglichen Bedarfs fällt zwar nicht fo ind Auge, wie der Großhandel ;
einen Bütermaffen, welche hier im Verkehr begriffen find, gehen beinahe von
Dand in die andre; allein gerade die Lebhaftigkeit dieſes Verkehrs im Kleinen
tGrundlage eines jeden Verkehrs im Großen. Stodt daher, aus Mangel an
WDemünze, der erftere Verkehr, fo muß nothiwendig auch der legtere floden.
unfere Gewerbe müßten in Stillftand gerathen, verſchwaͤnde auf einmal unfere -
idemuͤnze, die allein den Übergang der Erzeugniffe menfchlicher Betriebſamkeit
u Kreis des Verbrauchs befördert. — Es ift aber nicht gleichgültig, in welchem
lmiffe die Maffe von Münze aus edlem Metall zu der Maffe der Scheider -
pe in einem Lanbe ſtehe, wenn der Zweck, nämlich die Ausgleichung der in den
ſchverkehr gebrachten Werthe, möglichft vollkommen erreicht werden foll. »- In
B Dinficht beteachte man folgende Fälle: Sobald größere Zahlungen mittelft
eldemünze geleiftet werden, oder fobald die Metallmünze aus edlem Metall im
Behr eine Aufmünze (Agio) gegen Scheidemünzen traͤgt, ift verhältnißmäßig zu
eidemünze im Umlaufe; foba!d hingegen für Scheidemünze eine Aufmuͤnze
wird, fobald ſchlechte Sorten und felbft falfche Scheidemüngen in Umlauf
Mwerden, um nur der Verlegenheit bei Eleinen Zahlungen abzuhelfen, ift
Bmig von dieſer Münzgattung im Lande vorhanden. Der Metaliwerth der
kann übrigens fo unbedeutend fein, daß er gar nicht in Betracht
Bf, und fie kann dennoch ihren Zweck, bie Ausgleichung der Kleinften Vermoͤ⸗
Weile unter den Staatsbürgern, volllommen erfüllen; benn während bei der
» und Silbermünze immer der Charakter einer Waare vorherrſchend ift, fo iſt
der Scheidemuͤnze immer der eines reinen Werthausgleihungsmittels. (Vgl.
3 e.) Daß die k. preuß. nach dem Geſetz vom 30. Sept. 1821 ausgeprägte
Bemünze (30 Sgr. auf 1 Thlr. Cour.) zu den beften gehöre, welche jemals
W worden find, hat G. B. 2008 (f. preuß. Generalmardein) in einer Schrift
we 1823) gezeigt. KM,
B5cheiden heißt in der Chemie die Beftandtheile eines zufammengefegten
S von einander trennen; die Chemie (f. d.) felbit wird von diefer in ihr
gehoͤrenden Operation Scheidetunft gmannt. (Vgl. Auflöfung.)
BS heidewaffer ift Salpeterfäure mit mehr (einfaches) oder weniger (dop-
Scheidewaſſer) Waſſer verdünnt. Es wird durch Schmwefelfäure mittelft der
ention in vorgefchlagenes Waſſer aus dem Sulpeter erhalten. Se reiner biefer
Mo beſſer wird das Scheideivaffer. Im reinen Zuftande muß e8 Silber ober
ne weißen Rüdftand klar auflöfen. Es dient als das vorzüglichfte Aufloͤ⸗
Bmittel der mehrften Metalle, und färbt Haut und Seide dauerhaft gelb. Koͤ⸗
maſſer oder Goldfcheidewaffer, das Auflöfungsmittel des Goldes umd des
wi, wird aus Scheidewafler und 4 Salsfäure bereitet, auch dient ſtatt legtes
zarhfalz oder Salmiat. ©. Simon’s „Kunft, Scheidewaffer zu brennen”
Ben 1771).
Scheidung, f. Ehe und Epefheidung. |
Scheikh, Schech (arab.), fo viel ald Alter oder Ätefter, heißen die Be:
maber arabifcher Stämme oder Horden. Sie find Außerft ſtolz auf ihren alten
»orzüglich die Stammpäupter der Bebuinen. Einige von ihnen nehmen
Den Titel Emir an, ohne zu Mohammed's Geſchlecht zu gehören. —
Ukh von Mekka heißt der Zürft von Mekka, welcher fi, für einen echten
Mesmling Mohammeb’s ausgibt und von ben Saravanen Geſchenke fobert.
ennen bie Mohammedaner die Vorfteher ihrer Klöfter Scheikhs, und ber
e Deufti wird zuweilen Scheith Ulislam (Oberhaupt ber Rechtgläubi:
Benannt.
WBchein, in pfochologifcher Hinſicht, ift das Verhaͤltniß der Gegenſtaͤnde
Vorſtellen, oder Dasjenige an der Erſcheinung, wodurchh wie
wy.:ßer. eher Auſi. Ri. IN —X
722 Scheintod
thum verleitet werden. Jeder Irrthum gruͤndet ſich auf einen Sche
nicht ſelbſt und an fi Irrthum (ſ. d.). Ein Schein aber findet fat
Erſcheinungen fo befchaffen find, daß einerlei Gegenflänbe verſchiedene
ſchiedene Gegenftände einerlei Vorftellungen erwecken, ſodaß dadurch
lende leicht verleitet wird, jene für verſchieden, dieſe für einerlei (inf
Natur, Eigenfhaft, Urfache, Wirkung) zu halten. Wer nur nad b
urtheilt, irrt, und hält einen Begenftand für Etwas, was er nicht if
Bildfäule für eine lebendige Perfon), oder für Das nicht, was er body
fern aber der Schein immer auf einem fubjectiven Grunde beruht, iſt
der Schatten der Wahrheit, das auf der Oberfläche nachgeahmte ©:
ſchwerer der Schein zu entdeden ift, deſto größer ift auch die Scheint
defto verzeihlicher der Srrthum; je geringer der Schein, befto größer bie
heit des SSrrenden. Um den Schein zu widerlegen, muß man die Urfad
Eennen und ihn aufdedlen. Da der Schein ein fubjectives Verhaͤltniß i
auch die Gründe deffelben zunaͤchſt in unferer auffaffenden umb erken
tigkeit, fowie in dem ganzen WVerhältniffe unferer geifligen Kräfte.
MWahmehmungsfähigkeit äufierer oder innerer Erfcheinung (innerer ı
Sinn) hat ihren beflimmten Wahrnehmungstreis und Wahrnehmung
was den dußern Sinn indbefondere betrifft, fo verurfacht 3. B. die befi
Theil auch krankhafte, Befchaffenheit unferer Ginnesorgane auf ı
Weife Schein. Hiernach gibt es einen optifchen, akuſtiſchen ıc. Schein
das fubjective Verhalten unferer Sinnesorgane, 5. B. des Geſichts (f
gentlichen Sinne von Schein die Rebe), zu ben Gegenflänben für ei
Beſchaffenheit ber legtern nimmt, der irrt, durch Sinnenſchein verh
dabei wirkt größtentheile die Einbildungskraft mit, welche die mangelha
empfindung ausfüllt, das Gegebene vergrößert und bei der Vergleicht
genftände Einbildungen unterfchiebt, die der Urtheilende leicht für €
nehmungen hält. Ferner entfteht auch der Schein unmittelbar aus der €
kraft (Schein der Einbildungsfraft), wenn bie Bilder derfeiben zu fl
ſodaß fie an Lebhaftigkeit den Sinnesanſchauungen fid) annähern, oder
Ideenverbindungen flatt Urtheile ſich eindringen. Das Gedaͤchtniß u
nerungsßraft erzeugt den Schein, indem wir Dianches vergeffen, was u
nicht vorhanden betrachten. Der Verſtand fördert den Schein durch
Selbſtthaͤtigkeit, Mangel an Aufmerkſamkeit auf die Denkgeſetze (daher
oder dialektifche Schein, der in ber Nachahmung der Denkformen beſt
gel an Kenntniffen; fo auch Verwechſelung gewohnter Zeichen mit d
und endlich die Herrfchaft ber Gefühle und Neigungen über und. Go
haupt Schwäche und Krankheit des Erkenntnißvermoͤgens und bie v
Lagen und individuellen Verhältniffe der Menfchen. Der Vernunftſch
genfag des empitifchen, der durch die Erfahrung erkennbar ift, berußt a
gung des Menfchen, geroiffe Vorftellungen des Überfinnlichen für (
gegenftänbe zu halten oder die Geſetze ber Wirklichkeit auf das Ideale au
Der Schein verfchwinbet entweber, fobald er aufgebedt wird, dann nen
Blendwerk, bei den Sinnesgegenftänden Betrug der Sinne oder richtig
trug — denn der Betrug beutet mehr auf boͤſe Abſicht —, oder er bieil
überlaffen uns ihm gern, dann wird er Jiluſion (f. d.) genannt, vor
wir und ihm gem und abfichtlich hingeben. Einen foldyen bewirkt Die
In phyſiſcher Bedeutung heißt Schein die Empfindung einer Licht
biefe Lichtmaſſe ſelbſt in ihrer Beziehung auf das Gehen.
Scheintod ift der Zuftand eines Menfchen, da alle Kuperung
ben®, welche von andern Menfchen bemerkt werden koͤnnen, fehlen, ın
Innetſten des Körpers nad) Leben voedxx it. Im einem folchen Zuf
Scheintob | 728
ſch völlig todt fheinen und doch noch leben. Die äußern Bewegun⸗
ſich das Leben offenbart, die Muskelbewegungen, der Gebrauch der
Begenwirkung durch Sprache und willtürlihe Bewegung, das Ath:
xme bed Körpers, die Möthe der Haut, das Schlagen des Herzens
ien: alle diefe Erfcheinungen koͤnnen fehlen; find aber die innen Be:
5 Lebens, unverlegte Organifation der zum Leben nothwendigen Theile
ınd gehörige Befchaffenheit der Fluͤſſigkeiten deffelben, noch nicht fü
en, daf fie des Lebens ganz unfähig find, fo ift wenigſtens bie Mög»
ıden, daß auch in die Theile, welche ſchon leblos erfcheinen, das Leben
kehren koͤnne. So fehen wir an einzelnen Gliedern, z.B. den Fin⸗
nd, den Füßen, den Ohren, daß fie von Kälte gleichfam abgeftorben
ß fie gefuͤhllos, erftaret, ohne Wärme und ohne Bewegung find, und
hre innere Organifation noch nicht zerftört ift, durch die gehörigen
das volle Leben in ihnen zurüdgerufen werben kann. Wir fehen
Ohnmacht, daß der Menfch einige Zeit ohne alle Äußerungen des Les
ann, obgleich Niemand glaubt, daß kein Leben mehr in ihm fei, da
' gemeiniglich nicht lange dauert, fondern alle Lebensäußerungen in
‚ von felbft wieder einftellen. Indeſſen kann auch der Zuftand einer
(ht fo lange anhalten, daß der Menſch wirklich tobt zu fein fcheint,
ebenſo gut Leben noch in ihm verborgen fein al& bei einer kürzer vor:
Ohnmacht. Ein Menſch, welcher in Aſphyxie (f.d.) liegt, hat
Infang an ganz den Anfchein eines Leblofen, allein obgleich Viele in
de wirklich geftorben find, fo wurben doch audy Manche gerettet und
Leben zuruͤckgerufen. Gleiche Beifpiele des Scheintodes liefern und
ı, von benen, bei gehöriger Behandlung, mancher wieder zum Leben
} aber nicht allein aͤußere Einfläffe, fondern auch innere Vorgänge, -
rrichtungen bes Lebens einige Zeit hemmen, einen tobähnlidyen Zu⸗
ingen koͤnnen, davon haben wir gleichfalls mehre Beifpiele. Hyſte⸗
Sperfonen verfallen nach heftigen Krämpfen und Verzudungen nicht
nachten, aus denen fie fehr ſchwer und erft nach kanger Zeit wieder
‚uch Katalepfie, Starrſucht, Starrkrampf, nimmt oft den Grad von
b Hartnädigkeit an, daß ſolche Kranke von Unkundigen für tobt ges
koͤnnen. Manche Perfonen, welche fcheintodt find, haben dabei ihr
tfein, manche gar nicht. Unter denjenigen, welche fich bewußt find,
ındhe noch eine Wahrnehmung von der Außenwelt durch das Gehör,
allen Sinnen einzig und allein empfänglidy bleibt. Wenn aber aud)
eintodte das Bemußtfein und das Gehör behalten, fo bleibt doch bei
jlichkeit, aus diefem Zuſtande wieder in das Leben mit Bewußtſein
en, und felbft im Grabe kann dies noch gefhehen, ba zumal das bei
egraben der Leichen in Särgen es beguͤnſtigt. Die Wahrſcheinlich⸗
itodes ift nicht bei allen Todesarten in gleichem Grabe vorhanden.
treibung, bei einem an unheilbarer Verlegung eine® zum Leben noth:
ils Geftorbenen an Scheintob zu denken. Ebenfo wenig iſt er bei
welche an langrvierigen Krankheiten, mit Zerftörung innerer Einge:
en, an Lungenfucht, an Lebervereiterung u. dgl. m. litten, zu erwar⸗
ı wächft die Wahrfcheinlichkeit, wenn bie Perfon mit uͤbrigens gefun-
zurch langwieriges Leiden nicht zerftörten Eingeweiden, an bloßer Er:
kebenskraft oder Blutverluſt geftorben ift, und diefe Wahrfcheinlich-
o cher als Gewißheit geachtet werden, je ſchneller jene Urfache bes
des auf fonft gefunde oder doch mit imverlegten Eingeweiden begabte
rkt haben, und noch mehr, wenn mehre dergleichen Urfachen ſich ver:
aeiften hat man deßwegen Urſache, bet Wöchnerinnen anf der DULV
AG *
724 Scheinwechſel Scheller
ſein, zumal wenn ſie mit Kraͤmpfen oder an Blutfluͤſſen ſtarben; uͤberhe
Frauen mehr zum Scheintode geneigt als Männer. Auch anhaltender |
verbunden mit nervenerfchäitternden Auftritten, ann Schwäche und Dim
zeugen, welche legtere fo tief, fo hartnädig und anhaltend werben kann, ba
Scheintode wird. Auch bei neugeborenen Kindern ereignet es ſich nicht:
daß fie fcheintodt geboren. werden. Perfonen, von welchen man vermuth
nur fcheintodt find, duͤrfen durchaus nicht von einem bequemen umb zwe
Lager weggebracht werden, bis man alle mögliche Verſuche zu ihrer Wiedı
gemacht hat. Aber felbft alsdann, wenn diefe vergeblich angemenbet we
darf man fie nicht in das Grab legen, bis ein Sachverftändiger von ber Ü
£eit, daß noch Leben in ihnen verborgen fein koͤnne, Gewißheit gegeben |
Behandlung felbft muß fanft, gradmeife und kräftig, aber nicht ftürmifd
wirrt unter einander gefchehen, damit durch ein tumultuarifche® Werl
ſchwach und verborgen glimmende Lebensfunke nicht vollends erlöfche. (
digung.)
Scheinwechſel, Kellerwechſel, f. Wechſel.
Scheitelkreis, ſ. Verticalkreis.
Scheitelpunkt, ſ. Zenith.
Schelde (franz. Escaut), ein Fluß, welcher in dem franz. Dep
auf dem Berge St.: Martin, aus einem Eleinen See bei dem Zleden
entfpringt, bei Condé fhiffbar wird und bei St.⸗Antring in das Rönigreii
deilande tritt. Bei Gent erhält bie Schelde eine beträchtliche Erweitern
durch 2 große Sandle, welche die Verbindung zwifhen Brügge, Gent
unterhalten, theils ducch die fhiffbare Ly8. Bei Dendermonde wich fi
Dender verftärkt und bei Aupelmonde durch die Aupel, welche aus der V
der Doyle und großen und Eleinen Netbe entfieht. Bei Antwerpen wird fi
ſehr beträchtlichen Strome. Die Flut bed Meeres dringt nämlich bi
Stadt hinauf, verfchafft bei derfelben der Schelde eine Breite von 1601
fteigert ihre Tiefe von 30 auf 45 Fuß. Da biefe Breite und Tiefe noch
gen das Meer hin zunimmt, fo wird Antwerpen dadurch zu einem gerdu
fihern Seehafen. 4 Meilen nördlich von diefer Stadt theilt fich deri
Oſt⸗ und Weftfchelde. Die legtere ift ber Hauptfluß, hat den Namen £
zwifchen Nordflandern und den feeländifchen Inſeln und verliert ſich bei 9
in die See. Die erſtere windet ſich durch die feeländifchen Inſeln gleichf
deutſche Meer. Beide Arme haben noch innerhalb bes feften Landes V
mit den Ausflüffen der Maas und des Rheins. Die vornehmſten an d
gelegenen Städte find: Cambray, Walencienned, Gonde, Tournay o
nit, Oudenarde, Gent, Dendermonde, Antwerpen und Vlieſſingen.
twurbe die Schelde durdy die 1784 und 1785 entftandenen Streitigkeit
Öftreich die Aufhebung der feit dem meftfätifchen Srieden zu Gunften de
Handels beftandenen Sperrung ber Scheide ımd durchaus freie Schifffah
felben von den Generalftaaten der Republik Holland verlangte. Da bi
im diefe Foderung nicht willigen wollte und Öftreich deffenungeadhtet 2 ©:
von Antwerpen aus abfhidte, um auf ber Schelde in die See zu fahren
ben beide Schiffe von ben Holländern durch Kanonenſchuͤſſe an der Fort
ter Fahrt verhindert. Oſtreich fah dies als eine Kriegserklaͤrung an umd |
pen zufammenziehen. Durch die Vermittelung des Königs von Franke
jedoch die Streitigkeiten beigelegt. Gegen einige kleine Abtreteungen za
lung einiger Geldſummen erhielten die Generalſtaaten von Öftreich, daß
fernere Verſchließung der Schelde gefallen ließ. (Vgl. Antwerpen)
Scheller (Immanuel Johann Gerhard), Rector und Bibliel
Gpmnafio zu Brieg in Säylefien, gb. 1138 m Atem | e. Dorfe im fü
Schelling 785
Fe, wo f. Water Prediger war, legte den erfien Grund zu f. wiffenfchaftlichen
Bang auf der Schule zu Apolda; dann kam er auf das Lyceum zu Eifenberg im
muburgifchen und fpäterhin auf die leipziger Thomasfchule, mo er den grünblis
sünterricht 3. A. Erneſti's und Fiſcher's in der griech. und lat. Sprache genoß.
wauf bezog er die Univerfität zu Leipzig, wo er fich dem theologifchen und haupts
Uch philol. Studium mit großem Eifer widmete. 1761 erhielt er ben Ruf als
Ber nad) Lübben in der Niederlaufig und 1772 das Rectorat am Gymnaſium
Beleg, daß er 31 Jahre bis an f. Tod verwaltete. Er farb dafelbft 1803 in
D. Lebensjahre. Die Verdienfte, welche ſich S. um ein gründliches Studium
Bat. Sprache erworben hat, find allgemein befannt. Als Lehrer mußte er ſich
Eebe und Achtung feiner Schüler zu erwerben; doch hatte fein Ton einigen Ans
I von Pedantismus. Fuͤr die Geſellſchaft war er nicht gebildet; feine Sitten
wethen eine große Unhefangenheit über Alles, was der gefelfchaftliche Umgang
DB dem Gelehrten und Schumann auferlegt. Seine Wörterbücher, Sprach
on und Anmweifungen zum lat. Styl machten f. Namen aud) im Auslande be:
wet. Der Werth f. „Lat. sdeutfchen und deutfch: lat. Woͤrterbuchs“, 7 Bde.,
f. „Handwoͤrterbuchs“, 3 Bde., ift allgemein anerkannt. Letzteres, beffen
Be Ausg. Lünemann beforgt hat, ift zum Schulgebraudy von allen, bie wie
bei weiten das empfehlungsmwerthefte. Seine übrigen zahleeichen Schriften
eufel im „Gelehrten Deutfdyland” der Zeitfylge nach verzeichnet.
Schelling (Friedrich Wilhelm Joſeph v.), geb. Hofrath, Mitglied und
Bet. der philolog.:philofoph. Claſſe der k. Akad. der Wiffenfchaften zu München.
dieſes berühmten Phitofophen äußerm Leben ift uns nichts weiter bekannt, ale
ve 17775 zu Leonberg im MWürtembergifchen geb. ift, in Leipzig und Jena ftus
Bat, Fichte's Schüler gewefen und diefem als Kehrer der Philofophie in Jena
reoßem Beifalle nachgefolgt ift. Vor mehren Jahren erhielt er die Stelle eines
Baairs der E. Akademie der bildenden Künfte in München und wurde von bem
Bu von Baiern geadelt. Im Winter 1820 nahm er feiner Gefundheit wegen
EB und bielt feitbem in Erlangen philofophifche Vorleſungen. 1823 wurde er
- Anfuchen feiner Stelle bei der Akad. der Künfte entlaffen, 1827 aber an die
keichtete Univerfität München berufen. — Wichtiger ald Notizen biefer Art ift
Denthümliche philofophifche Anficht, welche fih aus dem tieflinnigen Geiſte
a genialen Mannes entroidelt hat. Die Einfeitigkeit des Fichte’fchen Idealis⸗
‚ welcher das Dbjective aus dem Subjectiven (bem Ich) berleitete, veranlaßte
nachdem er die Kant’fche Kritik und Wiſſenſchaftslehre mit philefophifchem
E bearbeitet hatte (f. erſte Schrift ift „über die Möglichkeit einer Form der Phis
Hie tberhaupt”, Tuͤb. 1795), derfelben eine Naturphilofophie entgegenzuftels
An welcher er „das Ideelle aus dem Reellen zu ertlären‘‘ verfuchte. Hierher
Pen f. „Ideen zu einer Philofophie der Natur” (Tb. 1795, fpäter in der 3.
=); „Von ber Weltfeele, eine Hppothefe der hoͤhern Phyſik zur Erläuterung bes
mmeinen Organismus‘ (Hamb. 1798); „Erſter Entwurf der Naturphilofos
« (Sjena 1799). Diefer fegte er feinen transfcendentaten Idealismus zur
be, welcher die Aufgabe haben ſollte, „das Reelle dem Ideellen unterzuorbnen”.
wher gehört f. „Syſtem des transfcendentalen Idealismus“, Tuͤd. 1800.)
ne Wiflenfchaften aber find ihm eine nur durdy die entgegengefegten Richtun⸗
ihrer Aufgaben ſich unterfcheidende Wiffenfhaft, und beiden Eommt im Sy⸗
we des Wiſſens gleiche Nothwendigkeit zu. Es leuchtet daraus ein, daß es
Wir, S.'s ganze Philofophie Naturphilofophie zu nennen; und es ift dies nur
8 zu erklären, daß S. biefe Seite feines Syſtems zuerft bearbeitet und am
Bien ausgebildet hat. Ihren höhern Vereinigungspunkt follten beide dadurch
on, daß das Ideale und Reale ale in der Idee des Abfoluten eins (identifch) feis
er die Schelling’fche Philoſophie mit größerem Recht den Namen Shenti:
726 Schelling
taͤts ſy ſtem ober Philoſophie des Abſoluten empfing, indem fie von
ausgeht. „Schwer iſt es“, ſagt ſelbſt einer der vorsuglichften Schuͤler
dieſer Philoſophie (in den „Betrachtungen über den gegenwärtigen Zuſte
tofophie in Deutfchland überhaupt und Über die Schelling’iche Philofopt
dere‘, Nuͤrnb. 1813), „von der Phllofophie S.'s einen erfchöpfenden !
zuſtellen, denn fie iſt noch kein völlig entwickeltes und zur aͤußern fpfteme
heit verbundenes Ganzes, und bie Über diefelbe herrſchenden Meimmge
sen fich fo fehr, daß man es vielen Menſchen nicht verbenken kann, n
felbe mißverftehen und unrichtig deuten”. — Wir verfuchen baber ir
nur den Begriff der Phitofophie, welchen ©. aufftellt, und die Haupt!
loſophiſchen Anficht herauszuheben, indem wir uns fo viel als moͤgl
Morte bedienen. „Die erfte Idee ber Philofophie, wenn biefe meh
dingtes Wiffen enthalten fol, beruht auf der ſtillſchweigenden Voraus
möglichen Indifferenz des abfoluten Wiſſens mit dem Abfoluten ſelbſt,
auf, daß das abfolut Ideale audy das abfolut Reale ſei. Das abfolut
abſolute Wiffen, und biefes ift ein folches, worin das Subjective und O
als Entyegengefegte vereinigt, fondern worin das ganze Subjective au
Dbjective und umgekehrt ift. Das Abfolute ift reine Identitaͤt, fich felb
Form, Subject und Object, das gleiche Wefen bes Subjectiven und Dt
Produciren, in welchem es auf ewige Weife ſich felbft in feiner Ganzh
als lautere Fdentität, zum Mealen, zur Korm wird, und hinmieberun
Meife ſich ſelbſt als Form (infofern als Object) in das Wefen oder das €
18f”, ober mit andern Worten, „ein Probuciren, in welchem es fei
vitaͤt und Unendlichkeit ganz in die Objectivität und Endlichkeit bis zur
Einheit der legten mit den erfleun gebiert und fich felbft in feine Obj
Form mwieber ungetheilt in das Weſen verwandelt (diefes die Subjectob
Fm Abfoluten ſelbſt find diefe beiden Einheiten (Form und Werfen) ni
den; es ift in feiner Abfolutheit und dem ewigen Handeln oder Produc
bin Eins und dennody in dieſer Einheit unmittelbar eine Allheit der drı
naͤmlich derjenigen, in welcher das Wefen abfolut in die Form, berjeni
her die Form abfolut in das Wefen geftellt wird, und derjenigen, worin
wieder eine Abfolutheit find (Zriplicität in der Identität). Diefe Ei
zugleich bie Ideen oder Dinge an fih. Die erfie ifl die Natur, d
ideale Welt, und die dritte wird als folche da unterſchieden, wo in
die befondere Einheit einer jeden, indem fie für ſich abfolut wird, ſich à
andre auflöft und verwandelt. Weil aber Natur und ideelle Welt jede
der Abfolutheit haben, two die beiden entgegengefegten zufammenflieh
auch jede in fich wieder die drei Einheiten unterfcheidbar enthalten, bie in
fheidbarkeit und Unterordnung unter eine Einheit Potenzen genannı
daß dieſer allgemeine Typus der Erſcheinung fid) nothwendig auch in
und als berfelbe in der realen und idealen Welt roiederholt. Die Pi
Wiſſenſchaft des Abfoluten; aber forie das Abfolute in feinem ewig
nothwendig zwei Seiten, eine reale umd eine ideale, als Ein begreifl
Philofophie, von Seiten ber Form angefehen, ſich ebenfalls in zwei Se
len, obgleich ihr Wefen eben darin befteht, beide Seiten als Eins in be
Erkenntnißact zu fehen — und fo iſt alle Philofophie Idealismus, ab
Idealismus, welcher den relativen Idealismus wie den Mealiänns un
greift". — Dies S.’8 Begriff von der Philofophie (vgl. „Einleitung y
zu einer Philofophie der Natur”, n. A.; auch entwidelt in f. „Vorlef
die Methode des akabemifchen Studiums”, Tuͤb. 1803, 2. Aufl. 181
damit verbundenen philofophifchen Grundbegriffe. — Der Verf. biefed A
biefer Anficht eine andre, wieleiät veurüühere Darktelung dieſes Begrifl
Schelling 7187
pie und ihrer Hauptlehren beifügen. Das wahre und eigentliche Wiſſen, wels
Die Philoſophie immer hervorzubringen gefucht hat, iſt ein in ſich felbft begruͤn⸗
), allumfaſſendes, fich lebendig (otganifch) entwidelndes ımd feinem Gegen:
ve volllommen entfprechendes. Denn bie Wahrheit kann nur in ber vollkom⸗
Uebereinftimmung des Willens mit dem Gewußten befiehen. indem nun
Philoſophiren von der Worausfegung ausgehen muß, dag ber erfennenbe Geil
er Erkenntniſſe fähig ſei, fo folgt auch, daß das Willen bem Gewußten, das
hective dem Objectiven nicht wefentlich entgegengefegt fein koͤnne, und es darum
Ich fei, das wahre Sein der Dinge zu erfennen. S.'s Brumbbehauptung ifl
dab das Weſen des Denkenden und Selenden, der Seele und bes Leibes, Ein
daffelbe fei (abfolute Identität), dieſe mithin nur Formen eines und deffelben Wes
ſeien, und fo hob er den abfoluten Gegenfag zwifchen Sein und Wiffen, Leib
‚Seele in Hinſicht des Wefentlichen auf, ohne jedoch Damit die Verſchiedenheit
Dinge überhaupt aufzuheben. Vermoͤge diefer wefentlichen Einheit des Wiſ⸗
and Seins (Identitaͤt, oft auch Indifferenz genannt), und weil ber Geift feis
Gubſtanz nach den Dingen gleichartig ift, iſt der Legtere fähig, die Dinge, wie
n der Wahrheit oder dem Weſen nach find, im Erkennen abzubilden. Eine
eErkenntniß iſt Eeine bloße NReflerion, die auf das Gegebene befchräntt ift, fon:
fpeculative Erkenntniß der Vernunft, welche, indem fie fich durch intellectuelle
jeiflige und productive) Anfchauung über bie Exrfcheinungen bis zum identiſchen
unge derfelben oder zur dee des Abfoluten erhebt, in ben Ideen das Wefen
inge ergreift. Diefe (Ideen) bringen toir zum Bewußtſein mit Häülfe der
e durch Reflerion. Die Kunft der Neflerion, die Ideen zu entfalten, tft bie
Etik. Dazu gehört, daß man das ibentifche Princip in feiner gefeglichen Ent:
king (Dreiheit in ber Einheit) verfolge und jede Erkenntniß ſowol im Verhaͤlt⸗
ur Grundidee des MWahren, als zu ben verwandten Erkenntniffen beftimme.
äft die Methode der Gonftruction. „Sich der dem Geiſte inwohnenden
nmäßigkeit bewußt werden, und ihr gemäß das befondere Wiſſen entfprechend
giftenz der Dinge geitalten, macht die Methode der Philofophie aus, ohne
e kein Schritt in diefer Wiffenfchaft mit Sicherheit gethan werben kann”.
stft ihrer entfteht die philoſophiſche Wiſſenſchaft, und die Philofophie tft fonach
Viſſenſchaft des Seienden durch die Ideen (Wiſſenſchaft der Ideen), d. i. eine
sıfchaft von Gott, feinem Verhältniffe zur Welt, der Natur und dem Men»
Und fo erhellt zugleich, wie die Schelling’fche Anficht von der Kant'ſchen
nur in Hinficht der Erkenntnißart, welche fie vorausſetzt, fondern auch ber Bes
Inde, von denen fie ein wahres Wiffen für möglich hält, verfchieden,, ja diefer
entgegengefegt if. Ihrem Wefen nad) will fie ein treues Bild von dem Ges
en geben, und umfaßt daher die „Naturs, Menfchens und Geiſterwelt“; in
ccht ihrer Darftellung will fie aus eben diefem Grunde den reellen Bildungs:
in der Natur, vermöge deffen Alles in zufammenhängender Stufenfolge von
Unentfalteten zum Entfalteten und VBolllommmeren fortfchreitet, nachahmen,
en unterften Stufen des Seins beginnen und zu ben höhern Entwidelungen
ben fortfchreitem. Durch letzteres entfliehen die fogenannten Potenzen, welche
iefer Sonftruction angenommen werben. — Die Brundlehren der S. ſchen An:
laſſen fih nun auf Folgendes zuruͤckfuͤhren: Das Abfolute, Gott, ift das
und Wiffen in der Einheit ohne Segenfag (abfolute Identitaͤt), aus welcher
B durch den Gegenſatz hervorgegangen, und in welche Alles durch feine Wiebers
migung zurückkehrt. Hierin liegt: 1) Das Abfolute, Bott, ift das eine und
ve Weſen alter Dinge. Alles wahre Sein ift mithin göttlid) und lebendig (mit⸗
auch die Natur): kein Sein, das nicht göttlich wäre, oder an dem göttlichen
n Antheil nähme. Die Dinge find daher nicht nach ihrem wahren Wefen, ſon⸗
taz quantitativ verfchieben, womit die Subſtantialitaͤt und ſpecifiſche Ver(chie⸗
788 Schelling
denheit der Dinge nicht aufgehoben wird. 2) Das Abfolute bat fich in
Erzeugung der Dinge auf unendliche Weife felbft geoffenbart in Raum
Das Abfolute ift bie Urfache alles Seienden. Seine Offenbarung aber
bendige Entwidelung unendlicher felbfländiger Dinge durch wirkende
(daher auch Gelbftentzweiung genannt). Diefe Begenfäge find im?
das Reale und Ideale. 3) Diefe Gegenfäge ftreben fich auf verſchiede
(mo fie verfchiebene Benennung erhalten) mit verfchiedenem übergewich
len oder Realen (Polarität) zu vereinigen, und die Dinge find um fo vol
je mehr die Gegenfäge in ihnen vereinigt, umd fie dadurch Abbilder de
find. Ihre völlige Vereinigung (abfolute Indifferenz) finder flatt in!
fellen Drganiemus (Uriverfum), und dieſe Wiedervereinigung ift bi
Selbſtoffenbarung Sottes. Der Menſch ift ein Abbild des Univerfun
kosmus), infofern ex die Gegenfäge des Reellen und Ideellen auf feine
der vereinigt. Tiefer in das Einzelne einzugehen, iſt hier unmöglich; €
noch unten. Hier bemerken wir nur, daß ©. die Philofophie nicht in.
ten Disciplinen bearbeitete und ſich nad) den deßhalb herkoͤmmlichen A
richtete, fondern mehr um die Sache felbft bemüht und auf die Unter
höchften Aufgaben der Philofophie gerichtet als um die Anordnung des (
befünmert war. Natürlich, daß dieſes Denjenigen anftößig fein mui
in die gewohnten Eingrenzungen und in bie aͤngſtlichen Verzaͤunungen
Erkenntniſſe und herrfchender Anfichten das Wefen ber Wiffenfchaft ſetz
erſte allgemeine Darftellung f. Syſtems, welche er nach f. eignen Erkl
„Beitfche. für ſpeculative Phnfit” (2 Bde., Jena 1800 und 1801) gegi
„wegen äußerer Umftände‘ nicht fortgefegt worden. Er hat fich feitte
naturphilofephifche Unterfuchungen befchräntt, und nur einzelne Haup
dem Gebiete der Philofophie theils dialogifch (wie im „Bruno, oder üb
liche und natürliche Princip der Dinge‘, Berlin 1802, auch wieder
theilß im einer dieſer Darftellungsweife verwandten und weniger fo
Form, in der Beinen Schrift „Philofophie und Religion” (Tuͤb. 1801
Abhandl.: „Philofophifche Unterfuchungen über das Wefen der menfd
beit und die damit zufammenhängenden Gegenſtaͤnde“, im 1. und biß j
Bde. f. gefammelten „Philoſoph. Schriften‘ (Landsh. 1809) worin au«
ren frühen Abhandl. „Vom Ich, ale Princip der Philofophie, oder übe
bingte im menſchlichen Wiffen‘‘ (ehemals Tüb. 1795), ferner die „Phi
Briefe über Dogmatismus und Kriticismus“, ehemals im Nietha
„Phil. Journal“ (Jena 1796), die Abhandl. „Zur Erläuterung des Ide
Wiſſenſchaftslehre“, ebenfalls dafelbft, und die 1807 zum Namensfefte
von Baiern gehaltene meifterhafte Rede „Über das Verhaͤltniß der bilder
zu der Natur” enthalten find, fchriftlic, behandelt. Jacobi's Behaupt
ie neuen Philofophien in der Schrift „Won den göttlichen Dingen“ b
zu einer Schrift: „ Schelling’8 Denkmal der Schrift von den göttlichen;
Hm. 5. 9. Jacobi und der ihm in derfelben gemachten Beſchuldigun
ſichtlich täufchenden, Lüge redenden Atheismus” (Tb. 1812), deren
Theil aud) von Freunden S.'s nicht ganz gebilligt worden ift. Inf. „2
Zeitfchrift von und für Deutfche” (von welcher nur 3 Hefte erfchienen fi
berg 1813) befindet fih S.'s Antwort auf ein Schreiben Efchenmapr
vorhin genannte Abhandl. über die Freiheit, welche diefen Gegenſtand
genauer beleuchtet. In einer fruͤhern Schrift gab er eine „Darlegung t
Verhältniffes der Naturphilofophie zu der verbefferten Kichte’fchen Beh
1806). Dies find f. philofoph. Schriften. — S.'s eigenthuͤmliche A
fi) unter dem vorzüglichen Einfluffe des Plato und Spinoza entwickelt
wie er felbft erklaͤrt hat, noch nicıt ualtommmen oIE fertiges, beſchloſſen
Schelling 729
Tugen der Welt; er hat nur einzelne Seiten eine foldyen unb auch biefe
ı einer einzelnen (3. B. polemifchen) Beziehung gezeigt, fomit f. Schriften
Bruchftüce eines Ganzen erflärt, „„Leren Zufammenhang einzufehen eine
jemerfungegabe, als fich bei zudringlichen Nachfolgern, und ein befferer
16 ſich bei Gegnern zu finden pflegt, erfobert würde”. Auch find feine die
Begenftänbe alles Wiſſens umfaſſenden tieffinnigen Unterfuchhungen mehr
m umd Ganzen als im Einzelnen ausgearbeitet und in verfchledenen Dar:
formen aufgeftelit worden, ſodaß es leicht und natürlich zu erklaͤren iſt,
5. fo viele Tadler und Gegner fand. Zu ben Lestern gehörten befonders
en (Jacobi's Schuler), MWeiller, Fries und Eſchenmayer („Übergang der
hie zur Nichtphilofophie‘, 1804), welcher Letztere Schelling vorwarf, aus
3 fei die Seele, der Glaube und die Tugend ausgefchloffen. Dieſem ant⸗
Schelling in der Schrift: „Philofophie und Religion”, in welcher er biefe
nde im Sinne f. abfoluten Idealismus berührt und die Abkunft ber endli⸗
je aus dem Abfoluten mit Platon durch Abfall oder Entfernung der Ideen
Abſoluten erklärt, woraus dann durch Wiebererhebung , freie Wiederver:
die Sittlichkeit entfpringe. Dem legten Gegner trat auch Jak. Wag-
ver Anhänger der Schelling’fchen Philofophie, bei und tadelte deffen Ans
218 reinen Idealismus oder leere Speculation, welche fid) die Abſolutheit
2) das Verhältnig des Abfoluten zum Wirklichen nicht zu Iöfen vermöge
8 Princips der Religion und Sittlichkeit ermangele. Der erfte Vorwurf
nr Einmurfe der kritiſchen Schule nicht zu verwechſeln, es rwiberftreite dem
yer philofoph. Methode, das an die Spitze der philofoph. Unterfuchung zu
as erft das Reſultat derfelben fein könne (das Abfolute), wogegen &.’6
‚rühmen, daß ©. die Philofophie wieder auf die Idee Gottes gegründet,
omatifcher Natur fei, und dadurch auch der in der Kant’fchen Lehre eine
ergeorbniete Stelle behauptenden Religionsmiffenfchaft ihren gebührenden
ückgegeben habe, und hinzufügen, das Abfolute fei als ſolches Beiner ei-
Deduction oder Demonftration fähig ꝛc. Was aber Wagner’s erften
betrifft, fo hat man ihm, fo viel wir wiffen, nirgends geantwortet. Der
etreffend die Lehre vom Abfall, teiff: entweder einen Machtſpruch Schel:
e beruht auf der Unbeſtimmtheit der Darftelung S.'s in jener Lehre; es ift
ich ein Vorwurf, der, wenn von Erklärung der Art und Weife, wie die
Dinge aus dem Ewigen entftanden find, die Rede ift, alle Philoſophie
richt den Gegenfas als das Urſpruͤngliche fest (Dualiemus), oder die Auf:
Philoſophirens auf die Gefege des menfchlidhen Geiſtes, ebenfalls durch
mehr oder minder verſteckten Machtfpruch, beſchraͤnkt. Der leute Vor:
ic), und daß namentlid S.'s Lehre pantheiftifch oder atheiftifch fei, iſt
ters vorgebradyt worden, aber vielleicht mit bem mwenigften Grunde, da
hifchen Theil der Philofophie bisher nur weniger berührt hatte. Auch hat
zen diefen Vorwurf in der Abhandi. „Über die Freiheit” umd in dem
lrc.“ bei Denjenigen hinlänglich gerechtfertigt, die nicht bloß ängftliche
enkritiker find. Am merkmürbigften ift f. in der Abhandl. über die Frei⸗
flelite Gotteslehre, nad) welcher Bott ſich aus einem von ihm verfchiebes
och in ihm liegenden Grunde der Eriftenz entfaltet, wobei aber &. nicht
ſchlechtbin, ben er auch fpäterhin ein intelligentes, allervolllommenftes
liches Wefen nannte, fondern dem durch die Welt fich offenbarenden und
lkommenheit kundgebenden Gotte ſprach. Kerner hatte man gegen ©.
‚ ber Menſch, ale Offenbarung oder Mobification Gottes, inne unmoͤg⸗
feeien Willen haben, mithin auch nicht fittlidy fein, wogegen er erwibert,
eit kann nur ſich offenbar werden in Dem, was ihr ähnlich ift, in freien,
1bft handelnden Wefen ıc. Zu weit würbe es und führen , wat yier onht
un wg —— — m
‚aber wirft man f. Philoſophie Wofidemus und poetiſche S
jedoch weiß, wie ſeht es noch unter Denen, die von Myſticisr
Haren Begriffe bes Myſticismus fehle, und bedenkt, wie fi
nur von Ahnung reden, ein beflimmtes Wiſſen für moͤglie
ſchaftliches Verfahren verlangt, der wird aud) wiffen, mie
meiſtens zu bedeuten hat. Er kommt zuruͤck auf den Vorwi
ſtaͤndlichkeit, die bei einer originellen, umfaffenden und im
folgerecht, ja oft ſehr dunkel ausgeſprochenen Anficht umvern
die intellectuelle Anſchauung, welche hier an die Stelle eines ı
cips geſetzt worden iſt. Die poetifhe Schwärmerei trifft wol
ler ©.’6, welche, ohne feine reichen, befonders naturwiſſen
und ohne den Geift ſ. Methode zu befigen, die ebenfo der
poetiſchen Darftellungen fähigen Anfichten deffelben im ein
und ber Phantafie vertandelten, als ben Lehrer, der ber
dem Gebiete der Philofophie verwiefenen Phantafie wirdı
raͤumte und ſich des poetifchen Bildes zur Erläuterung hier
ſich von dem „haltungelofen poetifchen Zaumel vieler fein
gefagt hat. (Vgl. die Vorrede zu f. „Phitofophifhen Schrift
behauptet werben, daß feit ihrem Erfcheinen ber Geift die
glaubt in die Wiſſenſchaft und felbft ind Leben eingedrungen
die Grumblagen berfelben in alle Wiffenfchaften eingreifen u
phie Beine Ieblofe abftracte, bloß für die Studirſtube beftim
Leben umbrauchbare, ſondern eine Welt» und Lebensanficht i
fahrung mit dem Bernunftwiffen in Verbindung bringen wi
und lebendiger iſt als viele andre philofoph. Spfteme ber $
Grund, warm felbft Fichte in f. legten Zeit f. Wiſſenſche
ſicht Manches zuzufegen anfing. Auch find aus S. s Sc
deutendſten und geiftreichften Männer hervorgegangen, w
Philofophie nicht bloß erläutert, fondern zum Theil auch ar
angewendet und ihr im Leben Einfluß verfhafft haben. f
Klein („Beiträne um Studium der Dbitofonbie, als Wii
Schema ‚ Schemnig 731
‚ vermöge bern man diefelbe mehr ald organifche® und lebendiges Ganze bes
t und ben innen Zuſammenhang ihrer Erfcheinungen erforfcht hat, ſowie zu
Sntdedungen in der Phyſiologie und Medicin mächtig beigetragen. Als phis
Anſicht fchlieft fie Fein® der Probleme aus, welche von jeher die Philofophie
ſen verfucht hat, und verbindet bie philofoph. Wiffenfchaften aufs innigfte.
ft ihr ſchwaͤcherer oder bis jegt am wenigften ausgebildeter Theil ber ber ethi⸗
hiloſophie, der ftärkfie die Naturpbilofophie ; und es wäre baher auch in biefer
rt zu wuͤnſchen, daß ©. f. laͤngſt verſprochenes Werk: „Die Weltalter“, das
: im Zufanımenhange enthalten fol, bald mittheilen möchte, ſowie eine ers
ade Prüfung feines Syſtems von einem ihm geiftig verwandten Philofopben
[8 noch zu wünfchen ſteht. In der legten Zeit hatte ſich S. auch mit mytho>
n Unterfuchungen befchäftigt, und eine Probe derfelben in der Schrift:
Die Gottheiten von Samothrake“ (Tüb. 1816) aufgeftellt.
Schema (griech.), urfprünglic eine Figur, wird befonders in der Mes
Logik und Grammatik von einer abftracten oder concreten Form gebraucht,
nr als Muſter oder Zeichen bei der gefeglichen Betrachtung und Entdedlung
zegenſtandes anwendet, um die in jener enthaltenen Entwickelungsmomente
Gegenſtand uͤberzutragen. Das Schema iſt gemeiniglich als Vorbild aus
haͤre genommen, in welcher man es anwendet; wogegen das Symbol ein
er andern Sphäre entlehntes Ähnliches iſt, wodurch man an das Ähnliche
jenftande erinnert wiıd. Das Schema ift in Beziehung auf den Gegen:
auf weldyen e8 angewendet wird, rine abftracte Verzeichnung indivibueller
und Verhäftniffe; 3. B. ein philofephifches Schema , wohin die Kategorien
', wenn man nad) ihnen einen Gegenfland betrachtet; die Duplicität, Tri⸗
2c. Dügegen findet man, die wahre Betrachtung des Gegenftandes müffe
bes Schema nicht ale Regel von Außen empfangen, fondern fid) biefelbe
eben; fie müfle aus dem zu entwidelnden Gegenftanbe felbft hervorgehen.
Rhetorik heiten Schemata auch Figuren und Wendungen, welche bei ber
angewendet werden, um fie mannigfaltiger zu machen. Im gemeinen Le=
b ein Entwurf, nach welchem man etwas, 3. B. einen fchriftlichen Auffag,
5 ch emnitz — ungar. Selmech⸗Bänya — ſlaw. Stjawniza — koͤnigl.
dt in der Geſpanſchaft Honch (48° 20' N. B. und 36° 30' D. 8. nach ber
[chen Eharte) lieut 2172 Zus über ber Merresflähe, in einem tiefen umb
a bewaldeten Felſenthal. Ihte rings an bin Berghoͤhen auffteigenden Häus
Gaͤrten geroähren eine materifd,e Anficht. Überhaupt macht bie frifche und
? fchemmniger Geyend mit ihren flawatifhen Einw. gegen bie 1 und 2
ifen davon entfernten niebern Streden Ungarns und das dafelbft vorherr:
magyariſche und deutſche Wefen in alier Art einen auffallenden Gontraf.
roͤßte und wichtigſte unter den ungarifchen Bergſtaͤdten wurde im 12. Jahrh.
bet und ſammt dem ganzen norbimgarifchen Bergdiſtricte von flanderifchen
derfächfifhen Coloniſten devoͤlkett, weldye die dort wohnenden Stamen voͤl⸗
wängten. Die Einmiſchung deutfcher Bergwerksgeneralpaͤchter (foldye wa»
mentlich die aug&burger Fugger unter Ferdinand I. und fpäter) beförderte
mmanifirung des ganzen Bergdiſtricts, und Spuren davon finden fich nicht
der altdeutfhen Nomenclatur des nordungarifchen Bergweſens, ſondern
ı ben Urkunden und Acten des 13. bis 16. Jahrh. Mit dem Ende des 16.
aber mifchten ſich die Slawaken mieder ein, durch deren außerorbentliche
brung u. volksthuͤmlichen Umtriebe, während der langen Sriedensperiode des
ihrh. Schemnitz mit dem yanzen Bergwerksdiſtricte fo ſſawakiſirt wurbe, daß
6 Deutſchthum nur durch den amtlichen Zufammenhang mit Wien an ben
wrtsbehörben und Zubehör umb andern Donoratiorn erhiet. Die Gut
—
9
Di
7
I
1
1
f
BELLE, 9 PEOJENIUEER und ın o wialjen Jegt zu Wiuvirenv.
tem hat; 1816 zählte man 146, worunter viele Ausländeı
find: das alte Schloß, faft ganz in Ruinen; das neue |
dicht ber der Stadt; 4 Bathol. und eine luther. Kirche (letz
and mit Kupfer gedeckt, aber zwiſchen 2 Privathäufern einge
ein der Stadt gehöriger Gaſihof auf dem Play; der Kam
des Oberfitammergrafen ; die Refidenz ber Piariften; das
Der auf einer Bergfpige oſtwaͤtrts außer der Stadt 1744-
von frommen Beiträgen ber Bürger und Häuer errichtete
zierlich als fhön zunennen. Der Bergbau, die Seele dei
und Umgegend, ift jegt von abnehmenbem Gegen, und n
den ohne Zubuße gebaut, welches, außer ben natuͤrlichen
die viele Mafchinerie gefteigerten Koften, auch von politifi
hörden und namentlid) von den Hinderniffen herrühren fol,
und egoiſtiſche Burenufratie der Induſtrie und ben Gewerb
legen befliffen if. Dennoch zählt man 18 gangbare wi
nebft den Poch⸗, Schlaͤmm⸗ und Waſchwerken über 801
amd jährlich über 2Min. Gid. Conv.»Münze Ausbeute an
Eifen, Arfenit und Schwefel liefern. Auch hier war, wie
derten gangbaren Bergwerken, der Gegen des Bergbaued
er. Er wurde zwar früher durch ben Einfall der Mongolen
aber nur auf 3 Jahre, keineswegs aber hernach durch bie
nie in das Herz des ungarifchen Berglandes vordringen kon
figen Verfuchen von Gran und Erlau aus, die ſchweren
Häuer fühlen mußten. Mol aber hauften hier früher die
und fpäter beeilten ſich die Malcontenten unter Toͤteli und
Genuß ber reihen Bergwerke zu kommen. Auch dem wier
nen Unruhen ungeftöcte Befig der Bergftädte in den vielen
reiche Geldmittel verfyafft haben. In Schemnig betrug
Sol im I. 1690 1872 Mark, welches 132,428 Dut
1740—73 erzielte Gold und Sitber flieg nach Delius s Br
Gid. Conv⸗Muͤme
Scherbengeridht Scherzo 738
bigen aber, bie über 500 Solidos (1000 Speciesthaler) betragen, erfobern
jerichtliche Unterfuhung und Beſtaͤtigung, fonft werden fie, fall ber ges
te Gegenſtand nicht ſchon übergeben iſt, auf Verlangen des Schenkers (do-
), feiner Erben oder Gläubiger, bis auf jene Summe befhräntt. Ausge⸗
sen hiervon find Schenkungen bes Landesheren und feiner Gemahlin, der Mi:
hefs an ihre Untergebenen, und ſolche Schenkungen, die zur Errichtung einer
men Stiftung, oder zur Auslöfung von Gefangenen gemacht find. Außer:
werden bierher alle remuneratorifhe Schenkungen, die bloß zur Belohnung
Ierbienfte des Sefchentnehmers um den Schenker, alle biejenigen,, welche die
Werung der Laften des Ehe: und Witwenſtandes zum Zweck haben, und end»
Ih Die Schenkungen gerechnet, welche dem Herkommen nach gemacht werden
In; alle diefe, weiche man juriftifch auch qualificirte Schenkungen nennt, bes
I der richterlichen Unterfuhung und Beſtaͤtigung nicht. — Einfache, nicht
Biete Schentungen (donationes simplices) , welche in der Abſicht, dieNoth>
in ihrem Pflichttheil zu verlegen, gemacht find, koͤnnen binnen 5 Jahren,
un diefe die pflichtwibrige Schenkung erfahren haben, mit ber Beſchwerde
ꝓflichtwidriger Schenkung gerichtlich angefochten werden. Jene Abſicht
Ber bewiefen werden. Nach der Größe des Vermögens zur Zeit der gemach⸗
henkung wird, im Kau folder Beſchwerde, ber Pflichttheil gerechnet.
"gungen unter Eheleuten find bis an den Tod des Schenker widerruflich,
einen Tod aber werben fie beftätigt. Schenkungen, welche Eheleute ſich
= zum Beweiſe ihrer Liebe machen, find jedoch gleichgültig; nur barf da®
rekte nicht in Grundſtuͤcken oder Geld beſtehen. Auch erkennt der Gerichts⸗
& alle Schenkungen unter Ehegatten für gültig, wenn fie mit einem Eibe
x find, und dies nicht in der böfen Abficht, einen Deitten zu benachtheiligen,
mu ift. Der Gefchentgeber kann bie Schenkung auch wegen grober Undank⸗
widerrufen. — Schenkungen von Todes wegen (donationes mortis causa)
Bche , die nach der Abficht des Schenkers erſt durch feinen Tod unmwiberrufs
der, und wobei die Sache oder das Recht erft nach feinem Tode übertragen
follen. Zu folhen Schenkungen wird in Rüdficht des Schenkers verlangt,
alle zur gültigen Xeflamentserrichtung erfoderlichen Eigenfchaften befigt, daß
ſchenknehmer den Schenker überlebt, daß die Schenkung vor 5 Zeugen ge:
wird, und endlid) auch die Annahme des Gefchentnehmers. Sie ift wider:
bis zum Tode des Schenkers, wofern dieſer ſich nicht verpflichtet hat, fie
is widerrufen. Sie behält ihre Gültigkeit, wenn auch der in Teſtament
bte Erbe die Erbfchaft nicht antritt, und alfo das Teftament, welches bie
fegung enthält, zu Grunde geht. Nur dann, wenn der von Todes wegen
tenbe ſtirbt, beaucht der auf diefe Weife Befchenkte fähig zu fein, gültig gu
Erben eingefeut zu werden. Der Gefchentnehmer von Todes wegen hat
alle die Rechte, welche den Legatarien, oder ben mit Vermächtniffen be-
| Derfonen zufommen. N.P.
Scherbengeridt, f. Oſtracismus.
5 cherif(arab. edel, heilig) bedeutet bei den Türken einen Dann von hoher
und iſt beſonders ein Titel der Nachlommen Mohammed's von feiner Toch⸗
Ime und ihrem Gatten Ali, die auch Emirn genannt werben. Defgleichen
2 erif eine türkifche Goldmuͤnze, 1 Thir. 16 Er. oder 3 Eid. werth. (S.
beriff.)
Scherzo. Dies ital. Wort, welches den Scherz bezeichnet, wird jegt ges
Uch von einem fcherzenden und neckenden Sage eines größern Inſtrumental⸗
Es (4. B. Sonett, Symphonie, Quartett) gebraucht, welcher feit Beethor
en gewöhnlichen Theil der Spmphonie ausmacht und an die Stelle der Mer
nreten iſt. In dem humeriflifchen Scherzo ift Beethoden unbberturfüihn.
La
des dcaths in Yenenderg an ihn, dahin noch ein Wtal zuru
Nördlingen geftorben fein, zwiſchen 1539 und 1540.
der Kumft der Holzſchnitte berühmt, doch iſt nicht erwieſ
derfertige hat. Sein Sohn gi. N. war ebenfalls Maler, '
der
Schiavone (Andtea), eigentlich Andrea Med
ter Maler der venetianifchen Schule, gebürtig aus Seber
in Dalmatien, daher wahrſcheinlich ber Beiname Schiat
machte feine erfien Studien nad) den Kupferflihen des P
und ſtudirte Hierauf die Werke bes Biorgione und Tizları.
ſters und das Golorit diefer fuchte er zu vereinigen. Abeı
Helldunkel und ein weicher faftiger Pinfel waren ihm eigen
dele man an f. feurigen Werten Mangel an Genauigkeit
ſtarb zu Venedig 1582. In Venedig und dem übrigen J
tie in einigen deutfchen Galerien find Werke von ihm zu |
2 heil. Familien, und ein Chriftus, von Arimathias und I
Schiboleth, ein Wort oder Ausdruck, wodurch
zu einer gewiſſen Partei gehöre; Loſungswort. Es war
welches zufolge der biblifchen Erzählung (B. d. Richter,
Ephräimiter, auf die Anfrage der Gileaditer, nur Sibole
dadurch verriethen fie fich und wurden alsdann von biefen aı
dergemacht. Der fo Erſchlagenen waren 42,000 Mann.
Schicht (Johann Gottfried), Cantor und Mufitd
der größten mufitalifchen Theoretiter und gruͤndlichſten Kicd
lands. Ex wurde am 29. Sept. 1753 zu Reichenau bei A
Häuslers und Leinwebers Sohn. Des Vaters Schwef
einen Häusler und Leinweber verheirathet war, nahm ih
Raums im älterlichen Haufe ſchon im erften Jahre ſeines
dem er feinen erſten Unterricht von den beiden Schulfehre
hatte, ward er auf das Gymnaſium nad) Zittau gebracht ,
richt des ‚Digemiften und Mufikdicectors Joh. Trier im
——— de sun. en
Schicht 183
te; in gleicher Eigenfchaft warb er von 178185 bei dem barauf errichte⸗
zoßen Concerte im Gewandhauſe in Leipzig angeftellt. Während dieſer Zeit
te er ſich auch durch muſikaliſchen Unterricht, befonders im Glavierfpielen und
fang, unendlich verbimt. Er befaß viele Fertigkeit und großen Umfang der
we und bildete fich zum vorzüglichen Geſanglehrer auch baducch aus, daß er
ber beften Sänger und Sängerinnen bamaliger Zeit mit Aufmerkſamkeit hörte,
y mit einer der vorzüglichften, Dem. Valbefturla, welche gegen 1785 als or-
Ihe Goncertfängerin angeftellt wurde, verheirathete, in welcher Ehe ee 2
ter zeugte, wovon bie jüngere, noch lebende, eine ber vorzüglichiten Dilet-
men im Gefange ift. 1785 ward er zum Mufikdicector bei letztgenanntem
set erwählt. In demfelben J. erhielt er auch die Stelle eines Organiften und
Wbirector6 an der neuen Kirche. Zur Aufführung gröserer Muſiken an bei-
Diten bildete ex ſich aus Knaben dafiger Familien und Stubirenden mit gro⸗
Bleige einen eignen Singchor, der, als er fpäterhin Cantor wurde und den
manerdhor zur Leitung uͤbernahm, leider eingegangen ift. Die Freiwilligen
Bühors, welche Luft und Kähigkeit äußerten, zog ee vornehmlich durch ums
Bhen Unterricht in Geſang und Harmonie an fi. 1810 ward er Gantor
Thomasſchule und Mufikdirector an den beiden Hauptkirchen zu Leipzig.
Befer Zeit an gab er den Privatunterricht im Glavierfpielen und im Gefang
außer daß er die von ihm errichtete Singakademie noch einige Zeit birigirte.
mehr wandte er feinen Fleiß auf Bildung bes ihm untergebenen Chores und
Beitung derjenigen Kirchencompofitionen,, welche ihn als Gomponiften vor⸗
ch befanntgemacdt haben. Auch gab er bis in den legten Jahren feines Les
Bd) immer einigen fähigen Zünglingen, befonder6 aus dem Thomanerchor,
dem talentvollen Reißiger, Unterricht in ber Harmonie und Compofition.
Ränterricht fehlte ihm übrigens die Fähigkeit, die Regel Mar und beftimmat
msheben, weßhalb er mehr durch Beifpiele lehrte und feinen Schülern die
Zion der Grundfäge uͤberließ. Aber diefe Beifpiele waren immer treffend
Andlich gewählt, ſowie er überhaupt in Beifpielen und drolligen Gleichniſ⸗
mitzutheilen liebte. Unter feinen theoretifchen Schriften find die „rund:
er Darmonie, nad) dem Verwechfelungsfofteme” (Leipzig bei Härtel) und
Kpe zu Pleyel's und Elementi's „Clavierfchule” (Reipzig, Bureau de mu-
Bekannt. Bel der gründlichen Theorie dee Muſik, welche ©. befag und bei
Melſeitigen Bekanntſchaft mit der aͤlteſten und neueften muſikaliſchen Litera⸗
m welcher auch feine ſeltene Bibliothek zeigt (die zum Beſten ber Kunſt nie
ut werden follte) , mußten ſich auch feine Gompofitionen durch Gruͤndlichkeit
Anheit des Satzes, gehörige Okonomie und Kenntniß der Inſtrumentirung
Baer. Obwol denſelben der freie Schwung des Genius abgeht, der neue
a bricht und unwiberfichlic, durch die Kraft des Geiſtes fortreißt, fo fehlt
wch , außer jenen formellen Eigenfchaften, auch der Reiz der Rührung und
& nicht; und wenn daher &. im Kräftigen wenigftens die Würbe nie ver
ud durch forgfältige Beruͤckſichtigung des Tertes, welche ihm durch f. wiſ⸗
Kefiche Bildung moͤglich war, wie durch die Kunſt der Stimmenfuͤhrung und
mtrapemtts fallt immer intereffirt, zumellen auch erhebt, fo gelingt es ihm
x überall, durch das Sanfte zu rühren und durch eine natürliche, gefälige
e in Verbindung mit ber fließendften Behandlung der Unterflimmen das
Bagufprechen, wovon befonders mehre Kleine Chöre und vierſtimmige Säge
chſten Belege find. Außer 2 frühen Dratorien von Roft: „Die Feier ber
u auf Golgatha” (Glavierauszug hei Härtel) und: „Die Geſebgebung auf
"u ferner 2 Santaten von v. Noſtitz⸗Jaͤnkendorf: „Preis der Dichtkunſt“,
Saͤusliches Gluͤck“, nebſt einigen Chören, die er früher für das Concert ges
2, iſt aus feine fruͤhern Zeit wenig befannt gereorden. Au der yesith
786 Schidfal Schickſalstragoͤdie
Periode ſeines Lebens aber ſtammt fein treffliches, Te Deum“ nach &
Jubelfeier der neuen Kirche und ein andres mit deutſcher Parodie zur J
Univerfität Leipzig (1809) gefchrieben, ferner fein beſtes Werk, was
toriencomponiften unfterblid macht: „Das Ende des Gerechten“ (vor
bichtet und nach feinem Tode in Partitur und im Clavierauszug). D
ſes Oratoriums gehören zu f. beften Arbeit, und vergebens verfuchte e
vorgeruͤcktem Alter baffelbe durch ein andres (von Kunath gedichtetes)
„Die legten Stunden des Erldfers”, an Kraft und Stanz zu überbi
noch einigen Compofitionen des „Te Deum” (zur Regierungsjubelfeis
von Sachſen; eines deutſchen zur Subelfeier ber Reformation nad)
nach Luther und nad) Witfchel), mehren Miffen mit und ohne Orche|
(eine zur Vermaͤhlung bes Prinzen $riebrich), hat er gegen 42 Ro
welchen 3 zweichbrige, gefchrieben. Darunter gehören zu ben aus
GCompofitionen diefer Battung und zu den vortcefflichften Aufführun
manerchors das „Veni sancte spiritus’' mit Parodie von Michaelit
Peters), und die bei Härtel erfchienenen Motetten: „Nach einer Pı
Tage”, „Jeſus meine Zuverficht”, „Meine Lebenszeit verſtreicht“
Pſalm. Nicht minder bekannt if fein mit großer Mühe ausgearbeit
nicht ganz zweckmaͤßig eingerichtete® allgemeines Choralbuch, weldyel
Choralmelodien auch 306 von ihm felbft componirte enthält (bei Här
ſchoͤne muſikaliſche Begleitung des Vaterunſers und der Einfetzungsw
ters). Sch. ftarb am 16. Febr. 1823 an der Wafferfucht. In fein:
war manches Sonderbare und Eigne, was ſich befonder® von ber Ze
ohne Familie lebte, ftärker entwidelte. Er war nicht ohne wiffenfd
bung, dagegen ging ihm bie feinere gefellfchaftliche Bildung ab. €
fahrungen hatten ihn etwas mißtrauifch gemacht. Aber hinter einem
oft eigenfinnigen Werfen brach die reinſte Gutmüthigkeit und Froͤhlichke
der hervor.
Schickſal, f. Fatum und VBorfehung.
Schidfalötragddie. Diefe Gattung des höhern Drama
fpiel® oder Tragödie, vgl. d.) ift in neuefler Zeit durch den Mit
cher von Mehren mit ber Idee eines unausweichlichen Verhaͤngniſſes
trieben worden iſt, in einigen Verruf gekommen. In Folge ber der
men Beobachter durch die ganze Gefchichte, ia faft täglich im Leben |
den Bemerkung, daß die an fich freie Kraft des Menſchen dennoch
Berechnungen des Willens und des Verflandes unerwartet zu Scha
wird, Eonnte es nicht fehlen, bag ber Gedanke an ein Fatum, Ver
Schickſal entftand, gegen beffen eiferne und umerbittliche Rieſenkraft
Menfchen im Kampfe ohnmädhtig zerftäubt,, und fo fcheinbar das Ex
wiffermaßen zu Sklaven einer unbegreiflidhen, geheimmißvoll verſchle
harten Willkür wird, welcher, nach den Anfichten des Alterthums,
fterblichen Götter gewiffermaßen unterworfen find. Dieſe Vorſtel
hoͤchſten in dem Begriff des Fatums, eben in jenem Alterthum aid
deſſen religiöfe Anfichten in ihrer Allgemeinheit noch nicht die Laͤuter
bern Gott: und Weltanfhanmg, wie fie das Chriftenthum auffle
hatten, ift aber keineswegs fo zerdruͤckend und troſtlos, wie fie auf dei
fheint; denn, wenn auch der Menfch dadurch eine Obmacht anerkem
tem ftrengen, [cheinbar rein willkuͤrlichen Walten oft feines eins 5
ia ihn felbft zerdruͤckt, fo bleibt ihm body immer die Freiheit des maͤn
pfes gegen diefelbe, in welchem er, felbft unterliegend, Immer inf
werben kann, al& es ihm gelingt, entweder durch moralifche Ausbau
Hroßartigen Aufſchung aus der Na it Aerkinaniffes ned in
Schickſalstragoͤdie 737
de des Unterganges zu zeigen, daß ein Etwas in ihm lebt, welches kein Geſchick,
ke Macht, Leine düftere Verkettung der Lebensſchickſale zu vertilgen Im Stande
‚und wodurch eben auch zugleich der unmibgrfprechlichfte Beweis ber wahren Gott⸗
Bammung ber eblern menfchlichen Natur geführt, und ein fo von dem Geſchick
Iprüfter als leuchtendes Vorbild Deffen, was rechte Kraft und rechter Wille vers
‚ hingeſtellt wird. Diefen Kampf des Menſchen mit dem Schidfal in ber
die durch eine gegebene Handlung zu verfinnlichen und fomit das Walten je: -
dunkeln Macht in einem beflimmten Bilde vor die Augen zu bringen, ift num
gen Zeiten fchon die Aufgabe gewefen, welche fich viele Dichter dieſes Fachs
haben, und ihre Löfung iſt nad) den verfchiedenen Faͤhigkeiten und nad) der
ie oder minder großartigen Rebensanficht jedes einzelnen verfchieden ausgefallen.
hrend einige jener poetifdyen Geifter, deren es in allen Zeiten und allen Ländern
er nur wenige gab, dahin gelangten, in ihren Gebilden dem Zufchauer jenes
zene und felbft in feinen fchrediidhen Wirkungen noch immer Ehrfurcht erres
e Schickſal waltend vorzuführen (welche Idee dann, fo ausgeführt, auch kei⸗
egs den Begriff der Chriſtlichkeit und des Chriftenthums in feinen höchften
se ausfchließt), verloren fich andre, minder tief in das eigentliche Wefen der
cEſalsidee Eingedrungene, oder wol gar das Ganze höchft feltfam und verkehrt
fferde in eine Abart, deren Aufftellung gerade das Gegentheil von Dem bes
was eigentlich erzielt werden foll: Erhebung bes fittlichen Gefühle nämlich.
u , während der Kampf einer ſtarken menſchlichen Natur mit einem wenn
Marten und ftrengen, doch großartigen Geſchick nothwendig daß fittlidhe Bes
Kaucch die Betrachtung und Hinweifung auf die innere Kraft und Freiheit des
Icchen erheben muß, indem das Schidfal hier zugleich Den abelt, den es trifft,
Bun dagegen das Abhängigmachen des moraliſch freien Dienfchen von einem
um, weiches bloß aus reiner Willkuͤr (gleichſam aus dem tel est notre plaisir),
eine höhere leitende Idee, nach deſpotiſchem Gutduͤnken fchaltet und waltet,
etliche Gefühl nur beleidigen und beugen. Letzteres iſt nun in neuen Zeiten
Beſonders gefhehen, und die Mifigriffe, welche einige große Köpfe, verleitet
Päner augenblidlichen falfchen Anficht des Weſens ber Tragoͤdie, in ber Wahl
Bearbeitung ihrer tragiſchen Stoffe begingen, haben feitbem immer jenen
Euch, fataliftifchen Welt: und Lebensanfichten zum Schilde dienen müffen, bie
wett häufig in ber Tragoͤdie fuͤr das gewaltige Walten eines erhabenen Verhaͤng⸗
> verkauft werben. Im claffifchen Alterchum war jede Tragödie, nach dem
mens am Eingang erwähnten Ideen vom Schickſal, eine Schickſalstragoͤdie,
eine Darftelung des Kampfes der freien menfchlihen Wollens- und Wils
meaft mit jener geheimnißvollen, den Blicken der Sterblichen verfchleierten
De, die ſcheinbar (aber auch nur ſcheinbar) willkuͤrlich und zufällig fich dem
Ben auf feinen Wegen entgegenſtellt und ihn fo fühlen laͤßt, daß er bei aller
mit des Handelns dennoch durch eine ewige, feinem Auge indeß nicht immer
De und begreifliche Weltordnung gebunden iſt. In neuerer Zeit wurde dies in
Eragödie anders. Nicht allein in den großen Exeigniffen des Lebens, wo die
nei als Richterin und Ausgleicherin des Gefchehenen durd) ben Bang der Bes
Maheiten gewiffermaßen fichtbar einfchreitend zu bemerken ift, und nicht In dem
Schickſalsidee fehr verwandten Rampfe großartiger und heroifcher Reidenfchaften
Wen Bedingniffen des Erdenlebens glaubte man mehr die tragifchen Stoffe fus
zu bürfen, fondern auch in dem engen Kreife des bürgerlichen und Familien»
Mieniffes. Hierdurch entftand aber eine neue Battung ber Tragoͤdien, ober,
wichtiger gefagt, Zrauerfpielen, indem in diefer, der Natur diefer Verhaͤlt⸗
nach, miehr ber Kampf bes Menfchen mit den Neigungen, als ber mit dem
ick, hervortrat, wodurch allerdings viel Ruͤhrung erweckt wurde (die ſich meift
igen Thraͤnen über die Härte der bürgerlichen Verhältniffe , worum Ar ia
Eaap.der, Gichente Aufl. Bo. IX. a7
als wahr annehmen, bie Gottheit in dem gehäffigften Lichte
raliſche Freiheit des Menſchen vernichten würde. ¶ Beweis h
ideen in den Trauerfplelm: „Die Schuld”, „Die Ahnfrau⸗
„Dee 29. Februar“: Probuctionen, welche unvertennde
mißverflandenen und verkehrten Weltanſicht ihrer Autoren
hat zugleich den Namen „Schicſalstragoͤdie“, wie Eingar
maßen in Verruf gebracht, obwol nach beffen wahrer Bet
größten tragifchen Meiſterwerke des claſſiſchen Alterthums
der beiten Dichtungen Shakfpeare's (ein „Lea, „Mac
(„WBallenftein” 5. 8.), Böthe's („Iphigenia“) u. A.,
großen tragifdhen Schicſals verfinnlichen, Schidfalstragl
find. (&. auch Deutſche dramatifche Dichter.)
Schiedsmann heift ein Vermittler, deffen Ausfy
nicht angmommen zu werben braucht, indem die Annahme
ben abhängt. Schiedsrichter (compremissarius) hin
fer, der von flreitenden Parteim zur Entſcheidung ihrer S
gung, daß fie ſich feinem Ausſpruche (laudum) unterwerfei
(&. Austräge, Gompromittiren und Arbiter.)
Sciefe der Efliptik (ogl. d.). Die Sphärit
Winkel, den die Ebenen von 2 größten Kreifen durch ihre fd
der machen, durch den Bogen eines dritten größten Kreiſes
‚gen wird, daß er die beiden vorigen in den Punkten, wo fie ai
der abftehen, vedjtwinklig durchſchneidet. Diefe Durchſch
Srad von den Punkten entfernt, in welchen ſich Äquator
d. h. in die Solſtitialpunkte. Schon im Altertfum hat man
tit zu meffen getouft. Nach Plinius fand fie Anorimander
bat fie ſchon Thales beſtimmt. Die berühmtefte Meffung in
Pytheas zu Maffilien. Er fand fie 350 I. v. Chr. 23° 49°
fpäter fol fie, nad) Prolemäus’s Bericht, Eratoſthenes 23°
ben. Nachher beftimmen Mehre bie Schiefe ber Ekliptik bis
merkwürdig ift es, daß bie fpätern Beobachter fie faſt uͤb⸗
Schiefer _ Schienenwege 789
: ober eine mächtige Revolution auf der Erbe der Are derfelben die fchiefe
ung gegeben habe; daß nunmehr ſchon feit Jahrtauſenden die Erdaxe ihrer
nglichen Lage wieder entgegenrüde und nach 198,000 Jahren abermals
felbe gelangen werde. Laplace bat dagegen in ber „Mee. eol.“ mit Hälfe
yabenften Analyfis gezeigt, daß dies nie gefchehen werde, ſondern daß bie Ab⸗
: der Größe bes Winkels zwifchen den Ebenen der Efliptik und des Äquas
oß von einer periodifchen Wirkung der übrigen Planeten herruͤhre, fich fpäter
in ein Zunehmen verwandeln und folchergeflals für alle Ewigkeit innerhalb
h enger, unüberfchreitbarer Grenzen oscilliren koͤnne. Nur ein langer Zeits
wird verftatten, Beobachtungen anzuftellen, die hierüber etwas Näheres bes
az lafien. — Außer diefer bisher betrachteten Veränderung iſt die Schiefe
liptit oder, was einerlei iſt, bie Lage der Erdaxe gegen diefe noch einer anbern
berung unterworfen, nach welcher fie abmwechfelnd 9 Jahre waͤchſt und 9
abnimmt, während welcher Zeit ber größte Unterfchieb 18” beträgt und wo⸗
h die Srände ind. 4. Wanken der Erdare entwidelt finden. — Aus»
her behandelt diefe ſchwierige Unterfuchung aus der phofifchen Aſtronomie
rittrow in f. „Populaiten Aſtronomie“ (Wien 1825, 2 Bde).
5 chiefer, ein in dünnen ebenen Platten bredyendes Geſtein von hinlaͤng⸗
Därte, Zeftigkeit und Ausdauer in Luft und Waffen, Feuer und Froft, um
ckſtein zum Deden ber Dächer, Plattformen, Fußböden, Altane u. dgl., ſo⸗
uch als Schreibtafeln benugt werben zu können. Zu dieſem Behufe find
ners, Quarzs, Kalk⸗, Sandſtein⸗, Thonſchiefer und Klingitein mehr
eniger geeignet; zum Dachdecken jebody, als einem der mwichtigften Gegen⸗
des Baumefens, find allen übrigen Gefteinen einige Varietäten des Thon⸗
8 vorzuziehen, welche befhalb auch mit dem Namen Dachfchiefer belegt
1. — Kalkſchiefer wird z. B. in Bourgogne im Depart. de l'Aveyron bei
ms, fchieftiger Zechflein (eine Art Kalkftein) im Mansfeldiſchen, Sanbfteins
: am Solling bei Holzminden, Klingftein im Velay und in der Auvergne,
ner s und Quarzfchiefer in den Alpen, in Norwegen und Schweden als Dadhs
r angewendet. — Ein guter Dachfchiefer muß ſich leicht in ebene, duͤnne und
‚Platten fpalten laffen, darf das Waſſer nicht zu flark einfaugen, muß frei von
wtigen Einmengungen, bie feine Verwitterung herbeiführen, und hinlaͤnglich
id ſproͤde, auch feuerfeft fein. Obgleich num der Thonſchiefer in manchen .
den weit verbreitet ift, fo gehört dod) ein guter Dachfchiefer wegen der vielen
ı zu madenden Anfoderumgen zu den ſeltenern Vorkommen. Worzügliche
erbrüche find bei Goslar und Hüttenrode anı Harz, im Ralenbergifchen,
stdifchen, Baireuthiſchen ıc. vorhanden. Der Dachſchiefer wird erſt in gros
loͤcken und mächtigen Platten gebrochen, darauf In paflende Stuͤcke getheilt
ut breiten dünnen Meißeln in Dachfteine von erfoberlicher Dicke gefpalten,
nachher auf fcharflantigen Amboßen vierediig gefchlagen, von dem Schie⸗
se aber gelocdht werden. — Zu Schiefer» oder Schreibtafeln werben
ke, harte und ſchwarze Abänderungen bes Thonſchiefers verarbeitet, und bes
ſind in diefer Hinficht beſonders die Bruͤche bei Probſtzelle im Saalfeldiſchen.
Ipaltet zu diefem Behuf den Schiefer in dünne Tafeln, fchabt diefelben mit
Schabeiſen, ſchleift fie mit Sand und polirt fie mit Xripel» oder Bimm⸗
md Kohlenflaub und faßt fie darauf in hölzerne Rahmen. — Griffel»
fer nennt man diejenigen Abänberungen des Thonſchiefers, welche beim Zer⸗
m und Spalten in längliche Bruchſtuͤcke fpringen und fo weich und mild find,
rauf Schiefertafeln fchreiben, ohne dieſelben anzugreifen. Am ausgezeichnete
mumen fie zu Sonnenberg in Meiningen vor. H.
Echienenmwege, Riegelwege, Eifenbahnen (engl. railways)
Stuafen, welche auf ihrer ganzen Länge aus 2 poralleliunfenuen Edheoere
47
740 Schierling
oder Straßbaͤumen beſtehen, welche einige Zoll über ben Weg herver
auf welche bie Raͤder der dazu eigens gehörigen Wagen paſſen. Auf bie|
nenwegen ift man im Stande, mit einer geringen Kraft eine ſehr große |
wegen, und die Art ber Communication durch biefelben ift in jeder Hu
vortheilhafter als durch ſchiffbare Canaͤle; denn 1 Meile von legten
Durchſchnitt 40 — 60,000 Thlr., wogegen eine ebenfo große Länge v
ungefähr auf 20 — 35,000 Thle. zu flehen kommt. Erſt in neuem |
man angefangen, Schienenwege in größern Entfernungen anzulegen; a
Strecken find fie ſchon Iängft bei Fabriken und beim Bergbau, befon
Gteintohlenbergbau benutzt. Man unterfcheidet Schienenwege: 1)
nen Straßbaͤumen; diefe find ganz eben und die Räder der Wagen
Kranze verfehen, damit fie nicht von den Straßbaͤumen abgleitn. M
jedoch diefe hölzernen Schienenmwege jegt nur noch feltm an. 2) Mit pi
nen Schienen (plate railway), melde auf hölzerne Straßbäume ı
und mit Rändern verfehen find, wogegen bie Räder keinen Kranz ober Eı
be haben. Am vortheilhafteften find unſtreitig aber 3) die Schienenwe
vexen eifernen Schienen (edge railway), welche wie die platten von
auch von gefchmiedetem Eifen find. Sie bedürfen Eeiner hölzernen ©
fonbern nur querliegender Unterlagen von Holz oder auch von Stein.
der auf biefen Schienenwegen angewendeten Wagen find mit Scheibe
— Haben die Schienenmege ein geringes allen, fo gehen die belada
durch ihr eigned Gewicht herab und werden durch Pferdes oder D
(Dampfwagen) binaufgesogen. Bei einem ſtarken Falle gehen bie bela
gem durch ihr eigned Gewicht herab und ziehen bie leeren mittelft eine
am obern Ende befindliche Schelle gehenden Seiles wiederum hinauf
ſchwindigkeit der herabgehenden Wagen ſucht man zu hemmen. Am vo
ſten ift es, wenn die Schienenwege möglichft horizontal geführt wert
Ein ſtarkes Anfleigen wird beffer durch einen fenkrechten Schacht mit ı
maſchine, mittelſt welcher bie Wagen herabgelgffen oder hinaufgewun
Sinnen, überwunden. — Hölzerne Schienenwege waren ſchon im 16.
Newcaſtle in England bekannt; der erfte Öffentliche mit eiſernen Schi
1789 bei Loughborough in England conftruirt. Jetzt findet man fie in
Im Großbritanniens, in Frankreich, in den Rheinlanden, am Harz, in
zwiſchen ber Molbau umd ber Donau, in Nordamerika c. Im Engl
Mitte 1827 ungefähr 2000 Meilen Eifenbahnen fertig und eine Men
der Anlage begriffen.
Schierling (cieuta) nennt man verfchiebene Giftpflanzen,
aber das eonium maculatum, ein 2jähriges Doldengewaͤchs, tmweldyet ı
ſten ſchattigen, feuchten Orten wild waͤchſt. Die Blätter find groß, gi
fiedert, auf ber obern Fläche dunkelgruͤn und etwas glänzend, auf der u
grün. Gerieben geben fie einen eigenthuͤmlichen, wibrigen Geruch, de
bem der Dioofe, bald mit bem des erwärmten Kupfer verglichen wird.
ſchmack ift ſuͤßlich, ſcharf und ekelhaft. Der Stengel ift geim, rund, }
gefurcht und mit rothen oder braͤunlichen Sieden befprengt. — Die ı
mit der Peterfilie veranlaßt oft nachtheilige Verwechſelungen, und biet
tegten Zufälle, weldye bisweilen, jedoch felten, tödtlich verlaufen, find: |
lung des Geſichts, Schwindel, Kopffchmerz, ein wankender Bang, Aı
in ben Präcorbien, Magenkrampf, Trockenheit des Halſes, bremen
Aufſtoßen, Erbrechen eines grünen Stoffe mit Überbleibfeln ber &peifen
fpiration iſt frequent, umterbrochen, Obnmachten, Lethargien, Kälte ber
täten folgen. Bisweilen hat man auch wüthende Deliien und Epilepfie
fehen. — Bei Leihenäfinungen fan man tie aernähnlichen ZBirkungen )
Schießpulver 741
zuͤndung im Magen, Darmcanal und andern Organen, das Herz ſchlaff, die
Hen defielben mit ſchwarzem, fläffigen Blute angefült, die Harngefäße von
t überfüllt. Seit Plinius hat ſich die Meinung erhalten, daß in dem Gift⸗
er, den Sokrates geleert, Schierlingsfaft fich befunden babe; vergleicht man
b die obigen Symptome mit denjenigen, welche, nad) Plato, dem Tode bes
rates vorhergingen, fo wird diefe Meinung fehr unwahrſcheinlich. Wei ber
giftung mit Schierling muß man zuerft, und zwar fobald als möglich, Erbre⸗
zu erregen fuchen. Alsbann werden fchleimigsfäuerliche Mittel empfohlen;
Nachkrankheit iſt nad) ben Regeln ber Kunft zu befeitigen. — Als Arzneimit⸗
rd die Cicuta in vielen Inmphatifchen und neroöfen Krankheiten mit Nugen
aucht, ja felbft gegen Skirrhen und Krebs wich fie empfohlen.
Schieß pulver ift eine Mifchung von Salpeter, Schwefel und Holzkoh⸗
Am früheften follen, wenn man den Erzählungen der Miſſionnairs und den
leriſchen Angaben der eignen Geſchichtſchreiber trauen barf, die Chinefen das
leßpulver und beffen Anwendung gekannt haben. Vielleicht kam es von da zu
Hrabern, denn ſchon 1331 brauchten die Mauren vor Alicante, 1342 zu Als
a8 entichieben, 1250 die Araber vor Damiata wahrfcheinlih und 1085 in
u Seetreffen vieleicht eine dem Schießvulver aͤhnliche Miſchung. Bei ben
paͤiſchen Nationen find die Spuren diefer Erfindung noch älter; denn das
bifche Feuer, welches zuerſt 668 gebraucht wurde, muß, da es Steine aus mes
sen Röhren ſchleuderte, minbeftens Galpeter mit Pech, Naphtha ıc. gemifcht
ten haben. Geroiffe Spuren der Bekanntſchaft der Europäer mit der chemis
Miſchung des Pulvers findet man zuerft in einem im 9. Jahrh. verfaßten,
yer Univerfität zu Orford aufbewahrten Buche des Marcus Gracchus, der bie
aumenfegung ganz richtig angibt; auch Roger Baco (ft. 1294) Eannte bie
% des Salpeters, entzündet ein donneraͤhnliches Geräufch hervorzubringen. Als
vedker der Kraft des Pulvers, eingefchloffen und entzuͤndet ſchwere Körper fort
kben, gibt die Sage bekanntlich den Moͤnch Berthold Schwarz an, ber zwis
ı 1290 und 1320 zu Mainz gelebt haben, bei alchpmiftifchen Werfuchen bie
hung in einen Mörfer gethan, und als zufällig ein Funken in denfelben fiel, zu
m Erftaunen die Moͤrſerkeule in die Luft werfen gefehen haben foll; andre
en nennen den Konftantin Antlig zu Köln ale Entbeder. (Vgl. de Boucher’6
m. sur l’origine de la poudre à canon”.) Wie dem auch fei, zum Krieges
wech verwendet kommt das Pulver vor 1350 fchwerlich vor, und was man von
men in der Schladht von Crech (1346), von Poitierd und noch frühen
be, beruht auf der mehrfachen Bedeutung des Worts Cafion. 1356 verredy
Indeflen die Kaͤmmerei zu Nürnberg Pulver, 1360 brannte das luͤbecker Rath⸗
durch die Unvorfichtigkeit der Pulvermacher ab, und 1365 hatte fchon der
kgraf von Meißen Geſchuͤtz. Wenige Jahre Darauf war es in ganz Europe
mt. Dadurch, daß ſich diefe erfien Spuren in Deutfchland zeigen, twiberlegen
Ne Behauptungen andrer Nationen, bie die Ehre der Erfindung ben Deutfchen
ig machen wollen, am beften. — Das Verhaͤltniß der einzelnen Beſtandtheile
Dustver bei der Mifchung iſt verfchieden: in den preuß. Puldermuͤhlen werden
Ehelle Saipeter, 11} Th. Schwefel und 134 Th. Kohle genommen; in ben
pfiſchen 75 Th. Salpeter, 124 Th. Kohlen, 124%. Schwefel. Bei ber as
ion, die auch auf fehr verfchiebene Art gefchieht, kommt das Meifte auf die
e der Beftandtheile an. Der rohe Salpeter (f. db.) wird gebrochen, d. h.
Meuchtet über gelindem Feuer fo lange abgeſchaͤumt und mit großer Kraft ums
het, bis alle Keuchtigkeit verdunftet und der Galpeter in Geftalt eines feinen
wbes zuruͤckbleibt. Auch der gut geläuterte Schwefel wird pulveriſirt. Die
He wird von dem Faulbaum, der Erle oder anderm fehr weichen Holz; ober
auchwerk, z. B. Danfitengeln, genommen, in einem veriäglofenen Rosa wait
hoigernen eyunders OUT FIN DIEO IMIE Pergamentenem t
wodurch das Pulver gekörnt wird. In andern Pulvermühlı
nen, indem man das ‘Pulver zwiſchen Bretern zu Kuchen di
riefte Walze 2 Mal daruͤber gehen läßt. ‚Hierauf wird das $
fern auf Bretern ausgebreitet und bei farker Ofenhige 2Tag
Entzündungen zu vermeiden, iſt ber Dfen mit Lehm gut ver
Eupfernen Mantel umgeben. In neuerer Zeit gefchieht das I
durch Dämpfe. Bulegt wird das Pulver fortiet, Indem es burcd
100 in dem erſten mit ganz weiten Öffnungen nur das ganz und
ten engen ba6 Kanonenpulver, In dem legten feinften das D
bleibt, getrieben wird. Das fertige Pulver wird in eichenen
Unglüd zu vermeiden, braudyen bie Engländer neuerdings ki
deren Deckel aufgefchraubt wird. — Gutes Pulver muß ein
he, rundes, reines Korn und zerrieben gleiche Farbe habı
Hand, noch auf dem Papiere Schwaͤrze zuruͤckiaſſen. Entzk
fammendrennen, nicht praffeln und auf Papier keine Brandf
der Zunge muß e6 ſtark kühlen. Um bie Stärke zu probirem,
genau paffende Kugeln aus einem Beinen Mörfer; die Wur
des Pulvers an. ine ähnliche Probe, wo das Pulver de
Mörfers und mit ihm ein Rab, das in eine Stahlfeder eing
wo bie Stärke durch den Zahn, mit bem jenes Rab tm die I
bieibt, beſtimmt wird, iſt unficher, Indem die Stahlfeber t
ſchlafft. — Bei der Aufbewahrung des Pulver muß Feuch
forgfättig abgehalten werden. Das zu Militairgweden beſti
her in leicht gebaute, mindeftens 1000 Schritt von jeder W
Bligablettern verfehene, mit Wal, Graben und Palfifaden ı
eine Schildwache die Annäherung jeder Feuer ober Feuer ei
tragenden Perfon verwehrt, niebergelegt. Diefe Gebäude e
fretem Luftzuge; die Fäffer kommen auf eine hölgerne Un
entfernt zu fliehen, umb das Pulver wird ale 1—2 Jahre g
Muß man das Pulver an feuchten Orten, 3. B. in Feſtung
homahren. {n helant man hie Mänhe mit Mfeinfatten mah {ta
Scießfcharten Schiffbaukunſt 748
'enfler ein, und eine nicht größere zerfchmettert eben dort in einer Bombe ver:
Men und entzimbet da6 ganze Baus. Graf Rumforb Iub In einen Mörfer 1,
Pulver, fegte auf denfelben ein 8081 Pf. ſchweres, 24pfünbiges Kanouen⸗
verſchloß fodann alle Öffnung moͤglichſt hermetiſch und entzünbete die Ladung,
ums mit fürchterlichem Knall den Dörfer fprengte und das Mohr abhob. Wo:
diche und Ähnliche Wirkungen kommen, hat noch Bein Chemiker genuͤgend ers
yt5; die meiften Erklärungen find nichts als Umfchreibungen ber bekannten
fachen. Die befte Erklärung ift, daß bei der Entzündung aus bem Salpeter
3 fefter Form befindlich geroefene Stickftoff und Sauerfloff und aus ben Koh⸗
er Kohlenſtoff in Gasform verwandelt frei marken und vermöge ber Ausdeh⸗
skraft aller Safe viel mehr Raum als früher einnehmen. Sie ſtreben num, die
mftände, welche diefe große Ausdehnung hindern, zu befeitigen, und biefe Nei⸗
wird noch durch die Gluͤhhitze, welche die Safe erzeugten, bedeutend vermehrt.
ich wirkten noch bie eingefchloffenen Dämpfe (man denke an die Dampfmaſchi⸗
m gleicher Ast, ohne jedoch, wie Rumford fälfchlich meint, die einzige Urfarbe
Geinung zu fein
Shießfbarten find in die Bruſtwehr einer Verſchanzung —
thnitte, ums dadurch, gegen das feindliche Feuer gedeckt, mit Geſchuͤtz zu feuern.
Find fo hoch von der Erde, daß das bequem an die Öffnung gebracht wer:
ann. Diefe Hoͤhe heißt die Kniehoͤhe. Die Seiten der Schießſcharte werben
Faſchinen oder Flechtwerk, beffer mit Rafen verkleidet, und Baden genannt ;
mtere Släche, die mit der Krone der Bruſtwehr parallel abläuft, heißt die Sohle;
mere Weite beträgt 14—18 Zoll, die äußere muß wenigſtens 5—6 Fuß bes
m, weil ſonſt der Pulverdunft die Bekleidung zerftört. Sol das Geſchuͤt aber,
gewoͤhnlich in der Felbbefefligung, das ganze vorliegende Selb beſtreichen,
e man die Scharte außen 8—9 Fuß; eine größere Weite wuͤrde die Buuſtwehr
We ſchwaͤchen. Das zwiſchen 2 Scharten flehenbleibende Stuͤck Bruſtwehr
die Schartenzeile, Merlon; deſſen gewöhnliche Länge beträgt 18— 20 uf,
e geringer, fo leidet das Merlon zu leicht vom feindlichen Kanenenfener, und
Hanne Geſchuͤtz kann wegen zu großer Annäherumg nicht bequem bebient werben.
noch mehr gedeckt zu fein, bienbet man bie Schießfcharte, d. b. man befefligt
Kafdyine, Schanzlorb ober Wollſack Über derfelben ; bedarf man aber gar kei⸗
Deckung, fo ift es allerdings beffer, ganz ohne Scharten über Bank zu feuern,
B ſchneller und nach mehren Richtungen gefchehen kann. — Die auf angeges
Weiſe erbauten Scharten erfüllen den Zweck: das Feld vor einer Verſchan⸗
is an den Grabenrand wirkſam befiteichen und ſonach des Feindes Annaͤhe⸗
hindern zu koͤnnen. Bei den Ricochetbatterien, welche dieſen Zweck nicht ha⸗
inbem aus ihnen nur ein entferntes feindliches Werk mit Ricochets (Schleu⸗
ſſe mit ſchwacher Ladung) beſtrichen werben ſoll, findet daher auch eine andre
ext ſtatt, die mehr auf die Deckung der Bedienung des Geſchuͤtzes berechnet if.
Schiff, der mittlere größere Theil der Kirche, von der Halle, wo der Glo⸗
basımı fleht, an bis an das Chor. Es iſt gewoͤhnlich wie ein T' geflaltet.
Schiffbaukunſt. Die Kunfl, den einzelnen Theilen eines Schiffs bie ges
ve Beftalt und Verbindung zu einem zwedimäßigen Seegebäube zu geben, over
** Schiffſimmerkunfi, iſt ein Theil der Technologie und beruht auf ber
mfchaftlichen (aus der Mechanik und Hydraulik abgeleiteten) Mnterfuchung ber
ufchaften eines Schiffs, infofern biefe Einfluß auf das Bleichgewicht und bie
vegung beflelben haben. Dieſe Unterfuchung ſelbſt ift die Aufgabe der Schiff⸗
kafl. (Vgl. Schifffahrtstuude, auch Steuermannstunft und
emaun(daft. )Ss iſi hier nicht der Det, über daͤs Schiff — das kuͤhn⸗
(hans ud kuuſtreichſte menſchliche Bauwerk — wiffenfcheftlidhe Betrachtungen
klrßen, nad in bie Geheimniſſe der analytifchen Theotie vom vaı Mrüymbi:
74 | Sochiffbaukunſt
mus ber beiden Schwerpunkte einzubringen, wie der Druck bes Schi
Waſſerraums aufwärts und der des Schwerpunkts bes Schiffs auf d
recht wirkt, beide aber vereinigt fireben, die auf den Kiel ſenkrecht f
lothrecht zu ftellen. Ebenfo wenig geflattet es der Raum, das
bes neptunifchen Lebens — feit Geßner's erftem Schiffer bie zu &s
(f. d.) Gedicht über die Schifffahrt — hier aufzuflellen und alle Theile
vom Kiel an, auf den Nahen und Stengen bis zur Bramftenge zu
oder, nach Roͤding (Vf. des „Aug. Wörterb. der Marine”, nad) Str
eabolario di marina‘, 4 Bde., Mailand 1809), alle Kunſtwoͤrter
und der Seefprache (welche bei den Deutfchen und Holländern, wahı
den Zeiten ber Hanſe, faft diefelbe ift) zu erklären. Wir verweifen be
cher die flürmifche Welt des Seemann und das furchtbare Bild eine
verfinnlicht anfchauen, und bie Ausdrüde der Takelage, Bemaflung
baukunſt verftchen lernen wil, auf bas Prachtwerk von Stalkart („N
teeture”, Zond. 1781), ober auf Ozanne („Marine militaire“) ur
nannten Wörterbücher. Beſſer noch ift es, eim Modell zu betrachten
hinter ben weggenommenen Planken, in bie Spanten ober Rippen
eines Linienfchiffs vom erften Range einen Bid zu werfen. Hier ent!
die wundergleiche Einrichtung eines Gebäudes, das über 1200 Mi:
Kanonen — in der ımtern Lage 36Pfünder, in der obern Stüde ı
Kaliber — trägt; ber welchem eine Segelfläche von beinahe 6:
ſchwebt, wo da6 große Marsfegel allein gegen 30 Ellen tief und 2.
breit ift; aus welchem Maften von 70—117 Fuß Höhe emporfteti
Anter von 2—8000 Pfund an 9—10 ſchweren Tauen, jedes von
. ou das Kabeltau, welches gegen 5000 Pf. wiegt, in der Tiefe feftha
"alten nöthigen Vorraͤthen eine finnreich vertheilte Laft von meh
Pfund, in einem Raume von 180—190 Fuß Länge und 50 F. Bu
Ziefe von 25 F., einſchließt! In einem folchen Modelle fieht man, w
den Schwerpunkt des Schiffs nach ımten zieht, um der großen Sch
baͤudes über dem Waffer, nebft dem Geſchuͤtze, das Gleichgewicht zu
erkennt man bie einzelnen Abtheilungen des Raumes, 3.3. das |
Kambüfen oder Küchen, den Wafferraum und die Buttierei, den Pur
.. Kugelbaden, die Segelkoje, die Pulverfammer (Ste.-Barbe) ımb fi
zäthe in den Kajüten. 1805 koſtete in England ein Kriegsfchiff von !
zu bauen und auszurüften gegen 80,000 Pf. St. oder über 480,000
monatliche Unterhaltung aber wurde auf 3400 Pf. oder ungefähr :
geſchaͤtzt. Ein ſolches Linienſchiff ift 163 F. lang, 51 F. breit, geht 2
Waſſer und dauert 30 Jahre. — Eine andre Einrichtung haben die.
oder Kauffahrer, die jedoch nach der Befchaffenheit der Waaren ode
fowie nad) den Eigenfchaften der zu befahrenden Meere, manche Verfd
laffen. Die Größe ber Kauffahrteifchiffe wird nach einem Maße des
ner Ladung beftimmt, welches man Tonne (etwa 2000 Pf.) oder Laf
Pf.) nennt. Endlich find auch die Padetboote, oder Fahrzenge, di
ſtimmten Örtern, wie eine Poft zu Lande, fahren und für Reifende !
richtet, leicht und fchnell fegeln, noch zu bemerken. (Bol. audy Damı
Der zum Schiffbau eingerichtete Dias beißt Schiffswerft Legt:
eines Schiffs bei feiner Erbauung auf Klögen und andern Hölzem (
fo fagt man, fo lange es in dieſer Lage bleibt, es fteht auf den Stapein
Vorrichtung zum Kielbau ift die Hellung, d. i. ein langes, auf RN
gen ıc. befeftigtes, gegen die Wafferfeite zu geneigte® Stud Ho. Auf!
wird auch das Schiff binaufgewunden, wenn e6 einer beträchtlichen ?
am Boden bedarf. (&. Rameei! DarKufninten erleichtern grofe!
Schiffbruͤcke Schifffahrt 945
chiffodocken. (S. Dode) Wichtig für die Erhaltung des Schiffe iſt bie
n Eingländern zuerfl, nun aud) von den Franzofen angemwenbete Filzbeklei⸗
Man nimmt naͤmlich ftatt betheerten Papiers oder Segeltuc)es, welches
wie, Filz, um den unter Waffer gehenden Theil des Schiffes zu überziehen.
fen Filz legt man bie Kupferplatten, womit man feit 1760 die Schiffe ver⸗
Der Filz f[hüst vor dem Wurmfraß und verhindert durchaus jedes Eins
des Waſſers. K.
53chiffbruͤcke iſt eine Art von Bruͤcken, weiche man ba ſchlaͤgt, wo die
und Bewalt des Stroms die Erbauung einer gewöhnlichen Brüde verhin⸗
ber wo Eile nöthig iſt. Im erften Fall pflegt man ſich einer Anzahl Kähne
enen, die man burch Anker im Fluſſe befeftigt und durch darüber gelegte Bal⸗
> Bohlen zu einer Bruͤcke verbindet. Zu den Schiffbrüden, welche der Eile
gefchlagen werben, gehören vornehmlich die militairiſchen, welche aus kupfer⸗
echernen ober von getheerten Segeltuͤchern und hölzernen Rahmen gefertigs
biffen (Pontons) beftehen, welche eigens zu diefem Zwecke die Deere mitzu⸗
pflegen.
Schifffahrt. Die Geſchichte der Schifffahrt iſt zugleich die Gefchichte
Weerverkehre und der Ausbreitung der Eivilifation. Die Phöntsier werben
Urheber der Schifffahrt gehalten, wenigſtens haben fie nad) ber alten Ges
das mittellänbifcye Meer zuerſt bis nach Spanien befahren. Wahrfcheins
de mit ben Bleinften Verſuchen ber Anfang gemacht. Bei der Nothwendig⸗
ber Fluͤſſe und Seen zu fegen, verfuchte man durch Zufammenfügung meh⸗
te Hol; fortzulommen, und fo entftanden Fähren oder Floͤße. Die erften
wge der Deutfchen waren hohle Bäume. Anfänglich ſchiffte man bloß an
Men und Ufern; wurde man vielleicht von benfelben durch Stürme verfchlas
u mußten die Geſtirne und bie Sonne zu Hülfe genommen werben, um ben
Wieberzufinden. Hatten Ungemitter oder andre Unfälle jene verborgen, fo
man Vögel in Vorrath, bie man fliegen ließ und deren Fluge man folgte,
mn vorausſetzte, daß fie aus natürlichem Hange ihrem Vaterlande wieder zus
würden. Nach Erfindung bee Magnetnadel und bes Compaſſes
Bonnten bie Seefahrer vermöge bes letztern die verfchiebenen Himmelsgegenden
ei Nacht und trüber Witterung erkennen und ſich num auch außer dem Ge⸗
jes Landes auf das hohe Meer wagen. Im Mittelalter waren die Venetia⸗
Wgezeichnet in der Schifffahrt. Die Entdedlung beider Indien . ‘ab Anlaß,
bifffahrt mit immer größerm Eifer zu betreiben‘, und die Spanier, Portus
„ Engländer und Holländer fuchten fie von jener Zeit an zur hoͤchſten Vollkom⸗
Mt zu bringen; auch fcheint die® Ziel beinahe erreicht. Die immer höher ges
w Schiffbau⸗ und Scifffehrtsfunft haben die Gefahr, welche ehedem mit
Iifffahrt verbunden war, um vieles vermindert, und fo haben die Euros
Be wichtigften Entdedtungen und Eroberungen in den übrigen Welttheilen mas
Bd den Handel beſonders zu feinem böchften Flor bringen innen. Zur Bes
mung des Handels durch bie Schifffahrt fuchte man in mehren Ländern durch
Bde Fluͤſſe und Meere mit einander zu verbinden. Jettt find die Engländer
chee vortzefflichen Häfen, durch ihre geographifche Rage, ihre reichen Colos
mb ihre gut geübte Seemacht in dem Befige der größten und einträglichften
fahrt und der meiften Handlungs: und Kriegsſchiffe unter allen Nationen
26, Dagegen iſt Holland, ehemals ber Nebenbuhler Britanniens, in bies
Mücht ſehr von feiner Höhe herabgeſunken. Die Sranzofen, deren Schifffahrt
Mieichung mit andern Zeiten jest von geringer Bedeutung iſt, haben das
, unter Ludwig XIV. die erſten Schulen zur Bildung von Seeoffi⸗
uıgelsgt und die Schifftunft zuerft auf wirkliche Regeln gebracht zu haben.
uptigfte Erweiterung der Schifffahrt hat die Erfindung a6 Damytdaurtd
746 Schifffahrtöfunde
(f.d.) Herbeigeführt. Vergl. Beer „Verſuch einer *. ber &
des Handels der Alten‘ (Lpz. 1 6 „Ideen über Poli
und Handel d. alten Welt (4. Aufl., — 1854, 4 Thie). üb
fahrt d. Neuern finden ſich eine Menge Notizen im 14. Thl. von Bufı
d. Erfind.” (4. Aufl., Eiſenach 1821).
Schifffahrtskunde oder Steuermanns kunſt ik vi
Weg auszumitteln, den ein Schiff von einem gewiffen Punkt aus
den ed nehmen muß, um am einen beſtimmten Ort zu gelangen. Si
gute Kenntniß der Rechenkunſt, der Trigonometrie, der Aſtrenomie,
und Dionblaufs insbefondere, und Zertigkeit in geometrifchen Conſter
dem Schiffer nöthigen Werkzeuge find der Compaß, das Log, einige
zur Döhenmeflung und das erfoberlidhe Reißzeug; außerdem find ihm
charten unentbehrlich — Vom Grecompaf f. Compaf. Mau
aber einen Strich = und einen Peil⸗(Viſir⸗) Compaß. Won jenem ha
mann gewöhnlich 2 vor ſich, in einem Schranf, der das Radhthaus
eingerichtet ift, daß Nachts zwifchen beiden Compaſſen ein Licht angeı
kann. Der Peilcompaß dient, bie Lage entfernter Gegenſtaͤnde oder |
eirper in Abficht auf die Weltgegenden aufzunehmen, auch bie At
netnabel gu Au efabeen. Iſt der Peilcompaß zu Beobachtungen ein
ã Sonne, des Mondes ober eines Sterns zu finden
ende Das Log iſt ein hoͤlzernes Dreied, 6 — 7 Zoll!
ches eine durch Anoten eingetheilte fange Leine, die Logleine, an dei
geknuͤpft iſt. Dieſes wird ins Waſſer gelaffen, worin es ſich, weg
untern, ber Spitze gegenuͤberſtehenden Theil eingegoſſenen Bleies,
Damit das Dreieck aber ſeine breite Flaͤche dem Waſſer entgegenſte
daran noch ein Stuͤckchen Holz; mit einer ſtarken Schnur angebunbe
kurze Schnur geht von ber Logleine ab und vereinigt ſich mie jener
Pfloͤckchens, das in ein Loch des Stuͤckchens Holz geftedit wird. €
von bem fegelnden Schiffe ab bie Logleine laufen läßt, ſtellt ſich Die br
Dreiecks dem Waſſer entgegen nach der Richtung bes Schiffes; ſobe
, vollendetem Verſuch, das Log wieder einnehmen will, zieht man mi
die Leine an ſich, der Pflod geht aus dem Stuͤckchen Holz heraus ın
wendet dem Schiffe feine ſchmale Seite zu. Mit diefem
Gefhrintigkelt des Schiffes. Man nimmt an, baf das Dreied im
wegt ftehe, und fchlieft von der Länge der abgemidelten Schnur un
die Geſchwindigkeit des Schiffes, allein mit vollkommener Sicherh
nicht gefchehen, da das Log nicht feft flieht. Auf Kriegsſchiffer
alle Stunden, auf Kauffahrteifchiffen alle 2 Stunden das Log zu ge
Lauf und Kiel eines fegeinden Schiffes weichen in der Richtung von
Diefe Abweichung, weiche bie Abbrift Heißt, wird beſonders auch du
in die Segel floßenden Wind verurfacht. Daher muß ber Schiffer di
Compaſſes, weiche bloß auf die Richtung des Kiels geht, zu verb
Die Inſtrumente, deren fid) der Schiffer zur Meſſung der Höhen I
koͤrper bedient, find jet vornehmlich der engl. Schiffsquadrant und dı
Meflectionsoctant. Die Charten, deren fich die Seefahrer bedien
weder platte oder rebuchrte. Jene ftellen ein Stud der Exbfläche als
koͤnnen nur bei Beinen Gegenden, als einer Bat ober einem kleinen
Küfte gebraucht werden. Die rebudeten oder runden Chartem find pi
allgemein brauchbar. Auf einer folchen Charte werden von den Bin
Küften, die Häfen, die Mimdungen der Flüffe gegeichnet, auferben
was auf dem Meere dem Schiffer zu wiffen notfewenbig tft, als Jafıl
Sandbaͤnke, Merritibrar, Wofeieimu.t.u. An mehren Scche
Schifffahrtskunde 747
iche des Compaſſes aufgetragen, daß der Schiffer, wenn er von irgend einem
8 eine Linie zieht, die er zu befolgen gedenkt, durch eine Parallele mit bers
n die naͤchſte Winbrofe, leicht den Strich erfahre, nach dem er fein Schiff
en bat, oder auch, daß er den zurüchgelegten Weg bequem auf die Charte
nme, wenn er ben gehaltenen Curs weiß. Die geograpb. Operationen
Charte nennt der Schiffer Beſteck fegen. — Ein Schiff hält, wenn auch
K der ganzen Reife, doch durch beträchtliche Theile derſelben einerlei Gur 6.
eg eines Schiffes nun, das denfelben Curs hält, heißt bie Lorobromifche Li⸗
ren Berechnung (Lorobromie, Schieflauf) dem Serfahrer fehr nöthig iſt,
en man auch lorobromifche oder Strichtafeln berechnet hat, welche für die
be des Quadranten auf dem Compaffe für jede Meile des Wege vom AÄqua⸗
vie dazu gehörige Länge und Breite angeben. Der Schiffer kann alfo aus
6, den er gehalten, und bem Wege, wenn er die Länge und Breite des
mdpunetes weiß, ben Unterfchied der Länge und Breite bes andern Endpunk⸗
an. Mothwendig ift dem Schiffer die Tafel der Meribionaltheile, in wel⸗
vergroͤßerte Länge der Breitenkreife vom Äquator an, wie fie in ben revi⸗
Eharten aufgetragen werben, angegeben iſt. Mit diefer Tafel kann er
Bö die Strichtafel entbehren. Sefekt, es weiß ein Schiffer ben zuruͤckgeleg⸗
g und den Curs, fo kann er von dem zulegt auf ber Charte hemerkten Orte
Behiffes die Richtung des Weges nad) dem Curs zeichnen und die Länge def»
ac) der Größe der Meridiangrade zwifchen den Parallelen der Breite, wo er
mbet, auftragen. Dadurch erfährt er, wie viel er Länge und Breite veraͤn⸗
Dieſe Verzeichnung feines Weges muß er möglichfl oft vornehmen. Der
„ den die Richtumg bes Schiffes mit dem Meridian nach der Angabe des
Jes macht, heißt der gefegelte ober angelegene Curs; ber wegen der Abwei⸗
be Magnetnadel und der Abfchrift verbefierte wahre Winkel, ſowie er in der
Wechnung gebraucht ober auf der Charte abgefegt wird, heißt der behaltene
Der Schiffer muß den Punkt feiner Abfahrt nicht allein genau bemerken,
zkurz vorher, ehe er die Küfte verliert, wo möglich die Lage zweier auf der
ebemerkten Örter mit dem Pellcompaffe aufnehmen und ben beobachteten
wuf der Charte durch jeden Ort ziehen. Dann gibt der Durchſchnitt beider
ı die Stelle an, wo ſich das Schiff noch zur Beit der Beobadhtung befand.
ma Schaͤtzen geübt, fo mag er audy bloß die Richtung eines Punktes auf ber
geilen und die Entfernung nad) dem Augenmaße ſchaͤtzen. Jenes Verfahren
den Punkt der Abfahrt durch eine Kreuspeilung feftlegen; das andre nennt
ne einfache Peilung. Solche Beobachtungen wird er bei jeder befannten
nornehmen, um feine Angaben baburd, zu verbeffern. Dieſes Verfahren,
& des Schiffes durch Schägung ber Länge des Weges und der Richtung zu
wer, beißt die Schiffsrehnung. ie befteht in der Auflöfung des
mfligen Dreiecks, welches der Weg des Schiffes, bie Veränderung der Breite
r Weränderung ber Länge auf einem Parallelkreife mit einander bilden, von
u Seiten die beiden legtern den rechten Winkel einfchließen, die erſte aber bie
umter einem ſpitzigen Winkel fchneibet, welcher der Curs iſt. Zwei von dies
htm (außer dem rechten Winkel)find gewöhnlich gegeben; am öfterften Curs
deg, oder Curs und Veränderung der Breite, auch wol Weg und Veraͤnde⸗
we Breite. Je nachdem man dieſes Dreieck auf der platten oder auf ber run⸗
baxte darſtellt, unterfcheibet man in der Steuermannskunſt das Segeln nach
atten ober nach der runden Charte. Zwiſchen beiden liegt das Segeln nach
Puußbreite. — Da die Schifförechnung immer unficher bleibt, fo muß ber See⸗
h fo oft er kann, die Länge und WBreite feines Orts durch aſtronomiſche Beob⸗
vn gu erfahren fuchen. Die Breite macht keine Schwierigkeit, zumal wenn
ke Höhe der Sonne zu Mittage oder die Höhe eines Sterns ira Dorigguenr
jonders zur erſor cung Der zange —8 ME, erfaper ver·
ften, wenn er aus ber Breite des Orte der Abweichung di
die Entfernung derfelben vom Meridian oder den Gtunt
biefen mit bee Zeit der Uhr vergleicht. Ein andres Mitt
‚oder Unterganges ber Sonne zu beobachten, welche man ı
des Orts auch berechnen ober mittelft berechneter Tafeln n
ſchied der berechneten umb beobachteten Zeit iſt bie Abweid
dabei bie Strahlenbredyung berückfichtigt werden. — Dai
iſt die Erforſhung der Länge (f. d) zur Eee; doch ifk eı
von befonber®® Schwierigkeit für ben Schiffer, Breite und
ihter Hülfe ann er den Ort des Schiffs auf der Charte ger
rechnung damit vergleichen umd verbefferm und den fernen
men. — Außer den eigentlichen aſtronomiſchen Kenntnif
muß ber Schiffer noch ein guter Zeichner und Rechner feh
Winde, bie Merresufer und Meerestiefen, die Beichaff
u. f. iv. kennen und zu beurtheilm wiffen. — Das beite W
mannskunft”, Greifew. 1778, und Mobertfon’® „Ele
1796) zum Gebrauche für Navigatlonsſchulen und zum
der Steuerleute iſt das von der hamburgifchen Geſellſchaft
themat. Kenntniffe verfaßte „Danbbuch ber Schifffahrtstu
Sammlung der unentbehrlichften Seemannstafeln, nebft 1
(Hamb. 1819). Auch iſt Krufenftern’s (f.d.) Wer
gtaphie der größern Oceane (8pz. 1819, 4.), zum Stu
entbehrlich. Es enthält wichtige Bemerkungen über ben '
tometer6 und eine Seecharte.
Sciffmühle if eine Mühle, welche auf einem
ift, und auf den Strömen von einem Orte zum andern ge
mit ihr Wafferrad von dem daran ſchlagenden Strom gehdı
Eine ſolche Mühle hebt und fenkt ſich mit dem fleigendı
muß aber mit ſtarken Seilen ober Ketten entweder an das
fligt oder tüchtig verankert werben.
Shiffnfund. f. Dfunb.
Schild Schildknappe 749
chte er denſelben auch als Dichter zu erhalten. Eine Menge Opern und
ele wurden nach und nach von ihm ausgearbeitet und machten, je nachdem
sponift war, dem fie in die Dände fielen, bald längere, bald kürzere Zeit,
D mehr, bald minder Gloͤck. Mit keiner war dies aber mehr und verbienter
als mit der „Zauberflöte, die durch Mozart's unfterbliche Muſik wie mit
wlbenen Rahmen eingefaßt wurde. Die Vorwürfe, welche man übrigens
zer als Dichtung fo oft und vielfacdy gemacht bat und noch zuweilen machen
ke fei fie nämlich nichts denn ein Gemiſch von Unfinn und Zrivialität, find
wcht als unkritify. Ohne eine poetifche Grundidee, die dem Ganzen zur Ba⸗
wuͤrde des Somponiften großer Genius das Machwerk nicht fo lange auf
pe haben erhalten koͤnnen, und man würbe dann allgemein (mas jedoch
: Fall ifl) die Muſik lieber im Concertfaale als von der Bühne hoͤren. Eine
Dt poetiſche Grundidee fchlinge ſich aber allerdings durch das Gewebe biefer
m, deren metrifche und dialogifche Ausführung dagegen freilich fo fehlerhaft
Beholfen ift, daß man biefelbe mit einem fchlecht und roh gezimmerten,
F einem teefflichen Grunde ruhenden Gebäude vergleichen kann. Durch bie
eflöte”, deren volksthuͤmlichſte Melodien, wie man behauptet, der Verf. dem
Bemponiften zum Theil vorträllernd mit angegeben haben foll, ſowie durch
m auch nicht kunſtgerechtes, doch für bie Caſſe erfprießliches Erfaſſen Deffen,
Menge bes Publicums anzieht, hatte ſich S. nach und nach fowol in Prag,
ime Zeitlang die Direction des Theaters führte, als fpäter in Wien, wo er
woldfläbter Theater vorftand, fo viel Vermögen und Eredit erworben, daß
Dernehmen Eonnte, ein neues großes Theater an der Wieben zu bauen (das
Feater an der Wien), welches er ſowol äußerlich als in Betreff ber Innern
ung, der Mafchinerie u. f. w. mit einem Glanz und einer Volikommenheit
wAdte, die feiner Kenntniß Defien, was zu einem guten Theater in biefer
ört, die größte Ehre machte. Den 13. Sum. 1801 wurde diefe neue
einer Vorftellung der Oper „Alerander‘’, componirt von Teyber, eröffs
D die entzuͤckten Wiener fahen hier zum erften Dale auf den Bretern einen
n4O Pferden erfcheinen, was denn nidyt verfehlte großen Eindrud zu mas
Eeotz feiner meift richtigen Speculationen und dem Gluͤck, weiches diefelben
hegleitete, kam ©. doc, in feinen oͤkonomiſchen Umftänden zuruͤck, mußte
des von ihm gegründeten Theaters nieberlegen und flarb d. 21. Sept.
Wien in ziemlicher Dürftigkeit. .
Schild, eine Schugmwaffe der Alten, die aus Häuten, welche über Reifen
# wurden, beftand. Schon im Alterthum ſchmuͤckte ihn die Kunſt; bes
N in diefer Hinficht dee Schild des Achilles. ©. „Ilias“, XVIII, 378
Boloin und Caylus in den „Mem. de l’acad. des inser.”, XXVII.
des Hercules ſ. die kleine Schrift von Schlichtegron (Gotha 1788).
wpenſchild, f. Heraldik.
zchildknappe, Schildiräger, Junker, Wapener, bieß im
uter Derjenige, welcher unter ben Befehlen und ber Leitung eines wirklichen
ſich zum Kriegsdienfte und zu den Mitterfpielen vorbereitete. Als In der
Bäifte des 11. Jahrh. die Ritterfpiele (Turniere, deren Urfprung jedoch im
Web zu fuchen ift ) aufkamen und allgemein beliebt wurben,, behandelte man
atuch zunftmäßig als Vorbereitumgsmittel zum wirklichen Kriegebienfte.
itterwefen.) Jeder, ohne Unterfchied der Geburt, der einft Ritter
W heißen und als ſolcher bei Ritterfpielen erfcheinen und tumieren wollte,
Pb alien deßhalb beftehenden ausbrädlichen und ſtillſchweigenden Verfuͤgun⸗
. Die Ritter teilten fich in Nationen ein, unb jeder berfelben
Bangefehener und beliebter Ritter vor, der deßhalb Turnierkoͤnig hieß, und
e andre Ritter, wenn auch von noch fo hoher Geburt, untergeachuet mar.
750 Schildkroͤte Schiu
Nun hatte jeber Ritter-wieber dergleichen junge Männer unter fich,
noch nicht zunftgerechte Ritter waren, Schildknappen hießen umb m
pflihtumgen gegen ben Ritter, ber ihr Lehrer war, hatten, z. B. ihı
tagen bie ritterlichen Waffen u. f. w. nachtragen und berbeifepaffen, <
tagen aber ihm auf feiner Burg aufwarten und ihn bedienen mußten.
&örften unterzogen fich in Deutfchland gern ſolchem Dienfte, und ı
Meifter von nicht fo hoher Geburt war. Um aber Schilbknappe zu u
man bis zu Kalfer Friedrichs II. Zeit frei geboren fein und ben zum Rit
gen Lebensimterhalt haben. Jener Kaifer verordnete, daß bloß Diejı
Iingen der Ritterfpiele angenommen werden follten, welche von Ritter
von dem Kaifer wegen ihrer Verdienfte mit biefem Mechte würben b
den. Dabei blieb es bis zum Ausgange d. 16. Jahrh. Won dem M
gen Schildknappen hing es übrigens ab, ihn zum Ritterſchlage oder di
lichen Handlung zuzulaſſen, kraft ber er durch einen Schlag mit dem fi
auf den Rüden zum Ritter gefchlagen ward. Diefe Exrtheilung bi
geſchah von Kaifern, Königen und berähmten Fuͤrſten, beſonders
Gelegenheiten. Auch konnte kein Fuͤrſt ſich vermählen ober zur Exhi
wenn er nicht erft auf eine Art zum Ritter gemacht worden war.
Schildkroͤte. Diefe vierfüßige oder Eriechende Amphibie if
bern Geſchoͤpfen durch den fie oben und unten bedeckenden Schild
bucch den fie meiftentheild Kopf, Süße und Schwanz willkuͤrlich be
wieder einziehen kann. Der Schild ber größten Art mißt 4 — 5 Zu
und 3—4$. in ber Breite; die Dicke bes Thieres beträgt an ben erhat
nicht felten 4 5., und das Gewicht wol gegen 800 Pf., wovon auf die
bie Hälfte kommt. Die Eeinften Gattungen bagegen find 2 — 3
wiegen oft nicht ein Pf. Nach der Befchaffenheit ihres Aufenthalts un
auf beziehenden Form Ihrer Füße umterfcheidet man Meer⸗, Kiuf: u
kroͤten. Der Ruͤckenſchild ift bei dieſen Thieren fo feft, daß ein Laſt
hingehen kann , ohne ihn einzudruͤcken. — Die Schildkroͤten wacfe
und ſcheinen ein ſehr hohes Alter zu erreichen; dabei iſt ihre Leben
daß fie Monate lang an feuchten Orten ohne Nahrung leben und oft
ten Tagen fterben, wenn ihnen der Kopf abgehauen iſt. Sie pfla
Eier fort, welche fie in den Sand vergraben und durch Die Sonnem
ten laffen. Eine Schildkroͤte legt derem jährlich 12000 — 1200. €
als aud) die Schildkröten felbft find eine angenehme Speife. Die Ri
welche zroifchen den Wendekreiſen einheimiſch ift, dient den dortigen 8
Hauptnahrung. Dan kann fie leicht fangen; denn ba fie fich nicht um
darf man fie nur mittelft eines Hebels auf den Rüden werfen, wen
kommt. Das Fleiſch wird theils friſch, theils eingefalgen genofien.
Flußſchildkroͤte ober die europ. Schildkröte bewohnt die meiften Laͤnden
Preußen hinauf und wird ebenfalls häufig gemoffen, da ihre Fleiſch fei
ift. — Das Schildpatt, welches aus den Schalen ber ſchuppige
retſchildkroͤte befteht, wird zu allerlei Waaren verarbeitet, weiche bekam
Schill (Ferdinand v.). Wenig Namen find fo allgemein im b
beutfchen Volks übergegangen als der Name diefes jungen Mannes
feit mehren Generationen mit hoher Achtung genannten preuf. BRü
zu einer Zeit, wo plöglich ba® Vertrauen zu demſelben fchier verfhw
len ſchien, durch feine mit dem gluͤcklichſten Erfolg gekroͤnten Auflım
wieder zu Ehren brachte und feinen tiefgebeugten Landsleuten em
Beroußtfein ihrer beſſern Kraft zuruͤckgab, ja ihnen eine Begeiſters
für welche die Nation, in der Betäubung bes fo ſchnell über fie heraı
Ungluͤcks, faſt erftorben (dgien. SE war dan Ran von echt deutſche
Schi 751
griffe von Ehre bie höchften; fein Patriotiemus gluͤhend; feine
ı frei von jeber Serbfifucht ; feine Sitten Uebenswürbig. Er befaf
Beiſtesbildung, beren er bei eimer forgfältigern yo fehis
ein fein Blick war frei und heil; fein kriegeriſches Ta
xe und als Parteigänger an ber Spitze einiger 100 en —*
n an Verwegenheit grenzender Muth und fein Reichthum an
Yüfemitteln. Indem ihn aber feine Zeit höher ſtellte, als ex fich
dennoch dem Reiz nicht widerſtehen konnte, In das rollende Rab
hn einzugreifen, verwirrte und beängte es ihn ins Verderben.
f bei Pie in Oberſchleſien 1773 geb. Sein Vater hatte ſich ans
chen, dann im fächfifchen Deere, während des fiebenjährigen Krie⸗
iger ausgezeichnet und war von Friedrich II. fpäterhin in feine
jogen worden. Der Sohn, von 4 Brüdern der juͤngſte, trat fruͤh
regim. Anfpach> Batreuth (nachmals Königin), das zu Pafes
ern gamifonirte; machte ſich aber, in ſtiller Berfchlofienheit, durch
ten des Geiftes oder Anſtelligkeit und Eifer im Kriedensbienft
ar, daß man im Regiment nur eine geringe Meinung von ihm
ber Ausbruch des Krieges 1806 ihn nur noch als Seconbelleutes
ı ber Schlacht bei Auerſtaͤdt empfing ex bedeutende Kopfwunden,
: allgemeine Flucht mit fortgeriffen, nur mit Mühe nach Magde⸗
te fi) von dort weiter auf dem Wege nach Preußen bis nach Kol⸗
wo endlich feine Erſchoͤpfung ihn zwang, feine Genefung abzus
efte Platz ward jeden Augenblid von einer franz. Belagerung ber
be auf keine Weife vorbereitet war. Überzeugt, wie wichtig deſſen
ot fi) ©. gegen ben Commanbanten, Obriften v. Loucadou, zur
er Streifzüge, theils um ben Feind zw beunruhlgen, theils um
ch vorhandenen koͤnigl. Efferten, die öffentlichen Caſſen unb aller
26 Bedürfni der 5 herbeizuſchaffen. Mit Muͤhe erhielt er
goner ſeines ehemal. Regiments, zu denen ſich andre Freiwillige
eſen machte er gluͤckliche Streifereien, verſcheuchte durch ausge⸗
von einer Landung ruſſiſcher Truppen bie feindlichen Detache⸗
rt mit uͤberlegenem Muthe an und kehrte ſtets mit zahlreichen Ges
ehnlicher Beute heim. Seine Entfchlofienheit, fein Muth und
Eleinen Gefechte machten ihn bei dem Feinde bald gefürchtet. Er
die Ober umd in die Neumark hin, und von allen Seiten ſtroͤm⸗
tige Krieger zu, deren umbegrenzte Anhaͤnglichkeit er ſich durch
che Behandlung zu gewinnen wußte. Lomcabon jedoch, ein ſchwach⸗
itand ſich fo wenig auf bie Würdigung eines folchen Beiſtandes,
wfftrebenden Parteigänger feine weitern Unternehmungen nicht
erte, fondern endlich and) ganz unterfagte. Daher fuchte ©. beim
t auch die Autorifation zu eine® Freicorps, um in
nen Krieg auf feine eigne Hand za führen. In weniger als einem
Schwadronen Hufaren, eine veitende Sägercompagnie umb
ruppen, zuſammen gegen 1000 M., unter tuͤchtigen Officieren,
nd nothdürftig ausgerüftet, ſammt einigen Eleinen Felbſtuͤcken, ins
hen ging dahin, am Ausfluß der Ober, auf der milltairiſch⸗wich⸗
in, feften Fuß zu getoinnen, auf beiden Seiten Stealfund und
Anlehnungspunkten zu machen und vom hier, mit immer wach⸗
en, im Rücken des großen franz. Heeres, nach allen Richtungen
Doc die verkehrte Weife, wie von ſchwediſcher Seite ber Feldzug
leitet warb und 2 nachtheifige Befechte, weiche ©. gegen das put
ing heranruͤckende, weit überlegene feindliche Corye bei Staxgaxkı
zur Reife gebiehenen Entwürfe. Der Monarch ernan
©. zum Major, erhob feine Truppe zum Leibhufarenze
Hauptftadt zum Standquartier an. S. war ber Abgott
fein Einzug in Berlin im naͤchſten Jahre glic einem Tru
wackere Krieger biefe Huldigung feiner Landsleute auch ex
Überhaupt auch Anfpruchlofigkeit in feinem Charakter la
fehlen, daß fein Selbftvertrauen fteigen und eine unwillk
Kräfte und feines Einfluffes auf dem Geiſt des deutfchen !
den mußte. Überdies drängten fidh von allen Seiten Feue
ihre zum Theil Überfpannten Ideen ihm aufnöthigten un
ten. An dem Tugendbunde war er, wenigſtens in deſſ
ohne Antheil, und Haß gegen Napoleon ward immer nu
f&haft, ſowie feine Erwartung, daß Preußen bei der er
gegen den Kaifer losſchlagen müffe. Diefer Augenblid
men, als Oſtreich im April 1809 Napoleon den Krieg
Erſchoͤpfung foberte eine umfichtigere Politik. Diefe ft
Ideen jener geheimen Partei, welche zuverfichtlich auf d
heit in ganz Deutſchland rechnete und dafüchielt , Preußer
Willen, durch einen gewagten Streich , der ihm keine fer
den Kampf bineingezogen werden. S. ward zum Wer
Anſtoßes, leider auch zum Opfer beffelben, erfehen. A
Abgeordneter von mehren bäuerlichen Gemeinden der Gr
lich und wiederholt ihn aufgefodert, den Aufftand, mit n
tig zu unterftügen. In Deffen warb, wie er wußte, eu
tion durch den Oberſten d. Dörnberg eingeleitet. Im ga
gaͤhrten die Gemuͤther in dumpfer Unzufriedenheit; vo
noch ber preuß. Hof verweilte, fehlte e8 nicht an vertrau
bie Stunde gefchlagen habe, etwas Entfcheidenbes zu wa,
länger. Unter dem Worwanbe, fein Regiment in gı
üben, zog er ben 28. April Mn Berlin mit bemfelben
Erſt auf dem Übungeplage eröffnete er feinen Officieren, 1
An Mahn du Ks Raum nn mean
Shi - 7158
rige Zuverſicht aufs tieffte erfchüttern mußte, daß Napoleon bereits die ge:
ute oͤſtreich Heeresmacht in den Schlachten von Tamn, Abensberg, Eckmuͤhl
Regensburg binnen wenig Tagen zertruͤmmert habe. Von diefem Augenblid
ver es entfchieden, daß Preußen ſich, wie es auch fogleich geſchah, von S.'6
mehmen auf jede Weife losſagen mußte. Auch Doͤrnberg's Aufitand in Def:
ja fruͤhzeitig ausbrechend, war im erften Beginnen erſtickt worden. ©. berief
am 4. Mai su Bernburg feine Officiere zu einem Kriegsrath und fragte, ob
über die Elbe zuruͤckgehen und das Unternehmen aufgeben folle? Dies fand
Shafteften Widerſpruch. In Heffen fehlen noch nicht Altes verlorm. Weſtfa⸗
Stinmmmg bot ein weites Feld zu neuen Hoffnungen; ganz Norddeutſchland
entblößt von feindlichen Truppen; man konnte ben kleinen Krieg nady allen
w binfpielen, und infonderheit ließ fich in Oftfriesland,, durch die Natur unt
widhthum des Landes begunftigt, eine treffliche Stellung für die militairiſchen
tionen finden, welche zugleich im ſchlimmſten Falle den fihern Rüdsug über
Meer nach England verhieß. Der weitere Zug warb befchloffen, fand aber
fand bei dem Dorfe Dodendorf, wo ein Theil der nur ſchwachen Beſatzung
Magdeburg am 5. Mai ihm den Weg zu verlegen fuchte. Das Gefecht war
und dennoch nicht entfcheibend. ©. verlor mehre feiner beften DOffictere und
ꝛe fich darauf nach Wanzleben, von dort aber, anftatt feinen Weg auf Braun⸗
8 zu verfolgen, auf Tangermünde und in die Altmark. Hier waren erft vor
m einige Verfuche ; das Volk zu erregen, für bie Anftifter übel ausgeſchlagen,
uch S. fand weder den gehofften Zulauf unter feine Fahnen noch eine lebhafte
sg, feinen Proclamationen Gehör zu geben. In Kaffel war er für einen Raͤu⸗
mb Störer des Landfriedens erklärt, und ein Preis von 10,000 Fr. auf feinen
Bi worden. Unfchläffigkeit und Unzweckmaͤßigkeit offenbarten jetzt fich im⸗
ein feinen Operationen. Wenn ihm auch von Magdeburg aus wenig wei⸗
P den Weg gelegt werden konnte, fo mußte er body, daß fich in Hanover unter
Deneral Sratien ein holländifches,, und in Holftern unter dem General Ewald
miſches Corps fammelte, um gemeinfchaftlich zu feiner Erdruͤckung zuſammen⸗
Ben. Eine Zeitlang hoffte er, in der Bemächtigung des kleinen mecklenburgi⸗
Worte Dömis an der Elbe einen Stuͤtzpunkt fammt Geſchuͤtz und Waffenvors
m gefunden zu haben. Doch ehe noch Gratien vor bemfelben erfchien und ſich
Zu erften Anlaufe wieder bemächtigte, hatte S. ſelbſt die Unzulaͤnglichkeit dies
Bee erkannt und fi, um vielleicht fich von den Engländern die Hand geboten
Rn, gegen die Öftfeefüfte auf Wismar und Moftoc gezogen, beide Piäge aber
Deoffnung gleich wenig entfprechend gefunden. Nur Stralfund blieb ihm jegt,
m Hollaͤnder und Dänen immer eiftiger drängten, als letzte Zuflucht uͤbrig;
: aber mußte er, um dahin zu gelangen, bei Damgarten einige geſammelte
mburgiſche Truppen, bie ihm hier den Pag verlegen wollten, auseinanberfprens
Stralſund felbft, wo er einen kleinen franz. Artilleriepark vorfand, warb ohne
u Widerftand genommen. Ex hielt diefen Plag, der noch einige Spuren der
un Befeftigung zeigte, durch feine age zroifchen großen Teichen für feft genug,
BB In demſelben feiner Gegner zu erwehren, und fäumte aud) nicht, die Werke
ir Eile moͤglichſt wiederherzuftellen. Zur beſſern Vertheidigung berfelben hatte
u ſchwediſch⸗ pommerſche Landwehr aufgeboten, die zwar nicht fehr eilig war,
derung zu befolgen, aber body feine bewaffnete Macht bie gegen 2000 M.
Dre. Etwa 500 M. andrer Truppen waren in Warnemünde zu Schiffe ges
wu, ohne fich noch wieder mit ihm vereinigt zu haben. Denn ſchon nach wenig
I, den 31. Mai, erfchienen feine Verfolger, 5 -— 6000 M., vor Stralfund
wetffen ihn von der Seite des Enieper Thors an, wo er es am wenigſten erwar⸗
te, Nach einer heftigen Kanonade drangen fie, troß bed versweifeltften Wis
mbes, ſtuͤrmend in die Stadt. Noch in den Straßen fepten bie Weidyentien
1S.:@er. Giebente Aufl. Bb. IX. 48
ein Kriegsgericht, welches fie zu Beltungsarreit und Laffı
Dodendorf und Stralſund gefangenen 12 Officiere wurd
Wefel äbgeführt und dort erhoffen; die übrigen ſchlep
eich, wo fie zum Theil bis zu Rapoleons Sturz auf den G
Leihnam war auf der Wahlſtatt nur mit Mühe erkannt n
teter Volksglauben ließ ihn fogar enttommen und in En
heit leben, um als ein erwarteter Heiland im rechten A
des öffentlichen Lebens aufs neue zu betreten. Sein Ro
fehl vom Körper getrennt und in Weingeift aufbewahrt,
vatmufeum nady Leyden. Sein uͤbriger Körper fand in
noch fehlt ihm ber einfache Denkftein, deſſen &.’8 Ani
trefft. „Rebensbefchreib. des Maj. Ferdin. v. Schill" a,
3.6.2. Haken (Leipz. 1824, 2 Bde.) Herausgegeben.
Schiller (Johann Chriſtoph Friedrich v.). Diefer
Gefäyichtfchreiber der beutfchen Nation, deſſen Werke me
Deutſchen ein Gemeingut feiner Nation geworben, in all
und Bewunderung erregt haben und noch erregen, und b
tionen unſterblich fortleben wird, war am 10. Nov. 1'
wuͤrtembergiſchen Städtchen am Nedar, geb. Sein Bi
einem bairifchen Hufarentegintente, dann Faͤhndtich und 2
Würtemberg, nachher Hauptmann und Infpector ber au
Solitude angelegten Baumfchule, war ein bieberer, verftä
über die Baumzucht ruͤhmlich bekannter Dann. Die Mı
aus Kodweis, war eine treffliche und gemüthliche Hausfe
Sohn innig liebte. Sch. zeigte ſchon als Knabe eine feu
las mit hohem Vergnügen die heiligen Saͤngert des alten 9
nen entzücten ihn vor allen ; im Übrigen zeigte er übera
redlichen und frommen Herzens. Seinen erflen Unten
Pfarrer Mofer in Lorch, einem wärtemberg. Grenydorfe, ı
an 3 Jahre aufhielten. Nachher zogen fie wieder nach
1773 die öffentliche lat. Schule befuchte. Ein glänzende
9% ah. hemirkte. bat alle f innenhlichen Oinisle fich
Schiller 166
zu ertragen; aber je tiefer fein Geiſt diefen Drud empfand, deſto mehr
ch deſſen Kraft in eine ideale Welt, bie fich fein Geift erſchuf, empor,
ht ohne Bitterkeit und Trotz bie wirkliche anzufchauen gewohnt wurbe.
risprudenz machte er wenig Kortfchritte und ergriff ſchon 1775 die barge:
egenheit, fie mit dem Studium der Medicin zu vertaufchen, für wel-
Us eine Anftalt bei der genannten Milltairakademie eröffnet wurde, deren
‚ ber Derzog ben Zöglingen frei ließ. Naͤchſt biefem Studium trieb er
Geſchichte und lat. Sprache. Hier gewann er vor Allen Domer unb
. In ſ. 16. Jahre lieferte ex in dem ſchwaͤbiſchen Magazine einen Abs
Virgil's, Äneide“ in einer herametr. Verdeutfchung. Die Dichtkunft war
€ „verbotene Frucht”, um fo begieriger fuchte er in Stunden ber Muße
naſchen. Unter den deutfchen Dichtern zog ihn beſonders Kiopftod an.
hatte die frühe Vertrautheit mit ben altteftamentlichen Dichtern in Zus
tiger Sprache, ſowie nachher das begeifterte Studium von Klopſtock's
hen, oft durch erbabene Einfachheit fo tief erfchütternden, oft aber auch
Unerreichbaren unbefriedigt singenben Werken einen entfcheidenden Eins
e Entwidelung und Richtung feines dichterifchen Genius. Aber nicht bloß
verhielt fi Schiller bei feiner poetifchen Lecture, fondern er las mit freier -
ft, von keiner vorgefaßten Liebe oder Hochachtung beſtochen, und ſtrich
Klopflod Verfe und Strophen aus, bieihm nicht gefielen. Durch fort«
fen der Bibel und Klopſtock's war fein religiöfer Sinn fo angeregt wor⸗
x, um feinen Ideen Geſtalt zu geben, an einem epiſchen Gedicht zu ar>
a9 (1773), deffen Held Mofes, ber Befreier, Deerführer und Geſetz⸗
Volks, fein follte. Die Bekanntfchaft mit Gerftenberg’6 „Ugolino” aber,
yen geäßlichften und erſchuͤtterndſten Scenen fo reichen Trauerfpiele, weckte
ihm die Liebe zur tragifchen Dichtkunſt; Goͤthe's „Goͤtz von Berlichin⸗
ewitz's,Julius von Tarent“, und Leſſing's bramatifche Arbeiten nährten
; Shakſpeare's belebender Athem endlich fachte fie zur Flamme an. —
mahm die erften beamatifchen Verſuche: „Der Student von Raffau”,
fp., deſſen Stoff er aus einer Zeitung genommen haben fol, und „Cos⸗
Nedicis“, ein nach Julius von Tarent entworfene® Schaufp. Beide wur:
Kolge von dem Verf. felbft verbrannt, und wir zweifeln nicht, daß dieſes
echt war. Nur einzelne Stellen bes legtern Stuͤcks nahm er in die ſpaͤ⸗
ber’ auf. Seine gleichzeitigen Inrifchen Verſuche gelangen noch weniger,
t aus einem in fich felbft Flaren und beruhigten Gemuͤth bervorgingen,
oͤßtentheils getrübte Reminiscenzen aus andern Dichtern waren, bie feine
leidenfchaftlich bewegte Phantafie zu überbieten fuchte. Übrigens bildete
uutarch's Lebensbefchreibungen, Herder's, Garve's und Ferguſon's philo:
Schriften auch f. hiſtoriſchen und philoſophiſchen Geiſt. Zwei Jahre trieb
Medicin ausfchließlic und fchrieb damals eine lat. Abhandlung: „Phi:
€ Phpfiologie”, die aber nicht im Druck erfchienen iſt. Won 1777 an
Bjährige Juͤngling, Die Räuber", ein gigantifches Werk vol ungebändig-
das die Kritik zwar als völlig unkünftlerifch zu tadeln, bem fie aber nicht
‚derung ber Lefer und Zufchauer zu rauben vermodht hat. Als &ch. nun:
tuttgart f. atabemifchen Studien vollendet hatte, gab er nad) dortiger
it 1780 eine deutſche Probefchrift u. d. X.: „Verſuch über ben Zuſam⸗
er thieriſchen Natur des Menfchen mit feiner geiſtigen“, heraus, welche
m „Berl. Monatfchr.” 1821 abgedr. worden if. Man findet barin, an:
eine Überfegung a. d. Engl., ein Bruchſtuͤck aus dem 5. Act feiner da⸗
ungebruckten „Räuber als einen pfochologifchen Beleg angeführt. Sc.
h dieſes Vorwandes, weil er ſich auf ben Rath f. Sreunde als Verf. eines
yaufpiel® verleugnen mufte. Er waid noch in diefem Sabre 6 ago
au ?
756 Schiller
mentsarzt angeftellit. Bisher war Sch.'s Kraft durch eine deſpotiſche €
hemmt gewefen, und nur auf Stunden, auch nicht ungeſtraft, entſchl
einigen Sceunden feinem Schulkerker oder trogte der dort herrſchende
Über defto gewaltfamer brach num jene Kraft hervor, als er Herr ſ. Wi
den war. Selbſt in den Mauern der militairiſch⸗ paͤdagogiſchen Auft⸗
jenen Zwang nur eine innigere Verbindung, eine Art von Corporatio
den jungen Stubirenben entftanden, ber, wie er Ihren Eifer in den Str
‚und fie antrieb, in dem Gebiete der Wiſſenſchaft eine Freiheit zu errl
Bild ihnen vorfchwebte, auch große und erhabene Fdeen in ihnen wı
dichterifchen Genius mächtig in feinem Aufſchwung unterftügte. Viel
diefee Quelle die Scene in den „Räubern‘, in welcher Karl Moor mit
ben ſchrecklichen Band ſchließt, und jene andre, in welcher er dem pla
ſcher der Gerechtigkeit Rechenfchaft von f. Thaten gibt. Noch in ſ. fpi
verficherte Sch., daß ey, troh ber großen Einfchränkung auf der Akaben
gart, feine gluͤcklichſten Tage dort verlebt habe. Auch fehlte es ihm
ober minder gleichgefinnten Sreunden. Dex ausgezeichnete liebenen
kuͤnſtler Zumfteeg gehörte zu f. Schulfeeunden; und viele Gedichte, t
nebft den Arbeiten feiner Sreunde u d.N. Anthologie” herausgab, ı
diefer Zeit. Jetzt ließ er auch (auf eigne Koften, weil er Leinen Verl
„Raͤuber“ drucken, nachdem er auf ben Rath feiner Freunde manche zu
und Stelle ganz geftridhen ober doch gemitbert hatte. Hoͤchſt erfreu
die Anerkennung diefes Werkes im Auslande, indem ihn ſchon 1781 du
ler Schwan in Manheim zu einer Umarbeitumg beffelben für die dı
auffoderte. Einen ähnlichen Antrag erhielt ex furz darauf von dem:
manbeimer Theaters, dem Freih. v. Dalberg, mit welchem er von!
in Immer genauere Verbindung kam. M. ſ. daruͤber Gr. Sch.'s, Briefe
Heribert v. Dalberg in den J. 1781 85" (Karlsruhe 1819). Er aͤnd
ihn überzeugen konnte, und die „Raͤuber“ wurden in Manheim 178
Male aufgeführt. Bei dem zwei erften Auffährumgen war &ch. gegen
da diefe Reife nach Manheim ohne Urlaub gefchehen war , fo erhielt ex
kehr 14tägigen Arreſt. Natuͤrlich mußte ein fo originelle® Werk alige
fehen madyen. Ungluͤcklicher Weife war das vaterländifche Ehrgefühl
buͤndners durch eine Stelle in jenem Schaufpiel, wo von f. Landelent
gemeinen Straßenraͤubern, die Rebe war, gefränkt worden. Diele
ſchwerde beim Herzog, welcher bem Dichter verbot, außer bem mebich
irgend etwas drucken zu laſſen, wahrfcheinlich weilfeinem Geſchmackel
anftößig waren. &ch., ber ſich damals mit Prof. Abel und Biblioth⸗
zur Herausgabe der Zeitfchrift: „Wuͤrtembergiſches Mepertorium‘', ı
in diefelbe den Auffas Über das gegenwärtige beutfche Theater und
Recenſionen geliefert hatte, dem überdies durch f. Verbindungen in I
lockendſten Aue ſichten zu einer Anftellung bei der Bühne ſich eröffneten
Beſchraͤnkung ımerträglich finden. Einen Ausweg einyufchlagen, we
ruͤcknahme jenes Verbote haͤtte bewirken innen, da der Herzog fein Seh
und dem talentvollen Süngling überhaupt gewogen war, erlaubte biefen
und vielleicht auch bie Furcht vor gemaltfamen Maßregeln ber Begkerm
er an Schubart erfahren. Der Herzog wünfchte naͤmlich, ch. feht
tifchen Erzeugniffe vor dem Abdruck felbft mittheilen ; dies wollte diel
entfernte fi 1782 heimlich aus Stuttgart, nachdem er den Freih v. 3
geblich um f. Verwendung in dieſer Sache gebeten. Er ging unter eine
menen Namen nad) Franken. Hier lebte er beinahe ein Jahr zu Ba
Meiningen auf einem Gute der Geheimentäthin v. Wollzogen, bern
Iende Aufnahme er Teiner Berkintung mit ihn Schnen verdankte, dir
Schiller 787
jart ſtudirt hatten, unb endete in poetifcher Muße f. ſchon in Stuttuart ans
men „Siesco” und f. Zrauerfp. „Sabale und Liebe”. Im Sept. 1783 begab
aa Manheim, wo damals Iffland, Bed, Beil und Caroline Bed auf ber
glänzten. Die Darftellung f. „Räuber von diefen Künfttern batte fchon bei
ı Aufenthalte einen'fo begeifternden Eindrud auf ihn gemacht, daß ber Wunſch
entflanden war, Ditglieb dieſes Theaters zu werden. Diefem Gedanken
‚damals vorzüglich, Beil [ehr ernft entgegengefett und prophetiſch gefagt ha⸗
Nicht als Schaufpieler, fondern als Schaufpieldichter werden Sie der Stolz
tſchen Bühne werden”. est fand Sch. in Manheim unter ben Vomehm⸗
bildete Freunde, vorzüglich Dalberg und Ant. v. Klein, durch deren Dit:
g ihm die Freude zu Theil warb , ſich als Theaterdichter an der manbeimer
angeflelit zu fehen. In diefem Amte fühlte er ſich um fo gluͤcklicher, da er
yaublihne nach ihrem hoͤchſten Einfluß auf den Menſchen würdigte und fie
raliſche Anftalt betrachtete. Auch warb er damals zum Mitgliede der kur⸗
h⸗ deutſchen Geſellſchaft zu Manheim aufgenommen. Hier war er aud)
#6 Hausfreund, vor befien freimüthigem Urtheil er viel Achtung hegte. Eben
2 „Rudolf von Habsburg” beſtimmte auch Sch., f. „Carlos, zu bem ex [chen
I den Entwurf gemacht hatte, ia Jamben zu fchreiben. Er ſelbſt hat ſich auf
erfwürbige Art über f. erſte bramatifche Arbeit erklärt. „Fruͤhe“, fagte er,
rich mein Vaterland, um es gegen bie große Welt audzutauſchen, die ich
m durch die Gernsöhre kannte. Ein feltfamer Mißverftand der Natur hatte
ı meinem Geburtäorte zum Dichter verurtheilt. Neigung für Poefie beleis
be Geſetze des Jnſtituts, worin ich erzogen warb, umb widerſprach dem Plane
Stifters. 8 Jahre rang mein Enthufissmus mit der militairiſchen Regel;
Bei für die Dichtkunſt iſt feurig und ſtark, wie bie erfte Liebe. Was
ſollte, facht fie an. Verhaͤltniſſen zus entfliehen, bie mir eine Folter wa:
Mwoeifte mein Her; in eine Idealenwelt aus, aber unbelannt mit der wirkli⸗
von welcher mich eiferne Stäbe ſchieden — unbelannt mit den Menſchen —
le 400, die mich umgaben, waren ein einziges Geſchoͤpf, der getreue Abguf
und eben dieſes Modelld, von weichen bie plaftifche Natur fich feierlich 106
— unbefaunt witden Neigungm freier, ſich felbft überlaffener Wefen, denn hier
w Eine zur Reife, Eine, die ich jept nicht nennen will; jede übrige Kraft bes
6 erichlaffte, indem eine einzige fid) convulfivifch [pannte ; jede Eigenheit, jebe
affenheit der tauſendfach fpielenden Ratur ging in dem regelmäßigen
eſchenden Ordnung verloren; — unbekannt mit bem fchönen Geſchlechte —
amt mit Menſchen und Menfchenfchidfal, mußte mein Pinfel nothwendig
Here Linie zwifchen Engel umd Teufel verfehlen,, mußte er ein Ungeheuer her
tzen, das zum Gluͤck in der Welt nicht vorhanden war, dem ic) nur darum
Nichkeit wuͤnſchen möchte, um das Beiſpiel einer Geburt zu verewigen, die
Isrwibrige Beiſchlaf der Suborbination unb des Genius in bie Welt ſetzte.
Ich meine die „Räuber. Dies Stud iſt erfchienen. Die ganze fittliche Weit
ı Berfaffer als eimen Beleidiger der Majeflät vorgefodert. Geine ganze Ber:
mung fei das Klima, umter bem es geboren wurde. Wenn von allen den un
a Kagſchriften gegen bie „Raͤuber“ nur eine einzige mich teifft, fo ift es diefe,
zwei Jahre vorher mir anmaßte, Menſchen zu ſchildern, ehe mir nur einer
Me“. Go urtheilte der Dichter Über f. erſtes dramatiſches Stubium, ein
welches trotz allen theils üppigen, theils mißgeflalteten Auswüchfen einer
ben, noch nicht durch Weltkenntniß geregelten Phantafie und gehäuften Graͤß⸗
m immer eine geniale Schöpfung bleiben wird, und welches man in f. ur
ken unkuͤnſtleriſchen Rohheit nicht antaften darf, wie alle, theils vom Ver⸗
eibft, theild von Andern gemachte, aber mißrathene Verſuche mit Zeile
heere beweiſen. Die Aufgabe des Dichter war. darzufiellen, weie duavan
758 Schiller
Natur edler Menfc durch harte Verhältniffe und feindfelige Bosheit zw
chen verleitet wird. Tief verborgene Kalten des menſchlichen Herzens
Urfachen entwidlelt, welche die beiden Brüder Moor jeden auf feine ſtraf
hinleiten, wenn auch die Urfache felbft, wodurch Karl verleitet wird,
zu werden, nämlich der Brief mit Drohungen von feinem Bruder, feine
nicht entfprechend if. Franz's Monolog, wo er fagt: „Ich habe grı
mit der Natur zu grollen, und, bei meiner Ehre, ich will ſie geltend ma
Karls Empfangen des väterlichen Fluchs ſtatt des eben erwarteten S
ihm die Himmelspforte zum erfehnten Guten und. Rechten werben ſollt
hologifche Meifterzüge und zeigen, daß wenn Schiller'n damals die
fremb war, er den Menfchen fchon kannte, und deſſen Innerſtes, wenn:
der Ahnung, ſchon tiefergründete. — „Zießco” (1783) und „ Cabale u. Lu
zeigen bei aller fchroffen Größe, die auch fie auszeichnet, fchon ein b
Streben , fowie eine beffere Kemntniß der dem Dichter zu Gebote fteher
und konnten Sch.'s Ruf nur befefligen. In diefen 3 Stuͤcken gibt da
Anſtoß; Hauptgegenftand iſt das Ringen ber Freiheit mit dem Sch
Staate und feinen Conventionen, aber bie Zeichnung des Laſters verli
das Verzerrte, Ungeheure, Teuflifche und wird menfchlicher, wahre
fpannte Styl, der das ungewöhnlich Kräftige fucht , und das Parabere
noch herrſchend. Mit diefen 3 Tragoͤdien ſchließt ſich In Schillers Did
erfte Periode, welche wir als die Zeit der mächtig, aber regellos auffireb
hinlaͤnglich charakterifirt zu haben glauben. Noch fallen in diefen Zeit
kleinere Gedichte: „Die Schlacht”, „Die Kindesmoͤrderin“ u. die Gedid
(Tochter ded Kammerraths Schwan) u.a. m., gedichtet in Stuttgart jı
mo ihn Petrarca begeiftert hatte. Aud unternahm er die Derausg. d
(1784), durch welche er auf Die Verbefferung der Bühne zu wirken ſuch
befchäftigten ihn damals noch mehre dramatifche Stoffe, beſonders ein
von Schwaben‘ und ein zweiter Theil der „Räuber. Seinelängft gebe
für „Don Carlos”, welchen Stoffihn Dalberg zu bearbeiten veranlaßt ba
Ausſchlag. Seine glühende Jugendliebe und das Stubium der Philof
ches u. a. auch f. philofophifchen Briefe von Julius und Rafael bezew
feinem Geiſte eine neue, ibeale Welt aufgefchloffen, die er in f. „Don Ca
ftalten begann, von welchem er zuerſt einige Scenen in die „Thalia“ eh
Durch Vorlefung derfelben an dem heffendarmftäbtifchen Hofe ward €
habenen Befchüger und Freunde ber Künfte und MWiffenfchaften, dem je
herzoge von Weimar, perfönlich bekannt und von ihm zum Math erna
Auszeichnung für ihn von den mwichtigften Folgen war. — &ch. fehnte fi
wieder nad) einem erweiterten Wirkungskreiſe. Cr beſchloß daher zu
zuerft nad) Leipzig zu gehen, wo er fid durch f. poetifche Werke viele Zi
fonders Huber, gewonnen hatte, mit bem er in Briefmechfel fland. Er
das Bebürfniß eines vertrauten Freundes, der mit ihm wohnen, ihm ri
oͤkonomiſchen Angelegenheiten leiten follte, und kam im März 1785 n
Hier und in dem nahen Dorfe Gohlis lebte er in einem freunbfchaftlichen 9
mard auch das „Lied an bie Freude” erzeugt. Zu Ende des Sommers ı
Dresden. Biele geiftreihe Männer, die er dort kennen lernte, die ſchi
bungen der Stadt, ihr Reihthum an Kunſtſchaͤtzen und vornehmlich
Bibliothet feffelten ihn bis 1787 an diefen Aufenthalt. Er ſtudirte bed,
108" wegen Alles, was erüber Philipp II. und f. Regierung hier auffin
Eine Frucht diefer Studien, die ihn unvermerkt in das hiftorifche Geb
mar f. Geſchichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der fpanif
rung” (Teipz. 1788, 1. Thie. 1. v. 2. Bdo.). In diefem Werke (zu dem er
zuruͤckkehrte, um es zu beendigen) verhantı er , haran!a andh ein Füngle
Schiller 759
phitofophifch : hiftorifchen Unterfuchungsgeifte eine lebendige Darftellung und
ende Schreibart. In diefe Zeit der hiftorifchen Forſchungen gehort auch fein
Heirtes Werk: „Geſchichte der merkwuͤrdigſten Revolutionen und Verſchwoͤ⸗
a’, wovon ebenfalleinur ein Bd. erfchten. Seine bekannte, Freigeiſterei der Leis
vaft” (welche aber, wie fo manche f. andern Gedichte, durch fpätere Anderuns
md Abkürzungen fehr an ihrem urfprünglichen Charakter verlor) fchrieb er um
3e Zeit. Wie jeder mit reicher Fülle des Beiftes und Gemuͤthes begabte Menſch,
über den Genuß des Lebens hat entbehren müflen, oder dem er durch Zwang
Be worden, feste auch Sch. ba ihm die Freiheit zu Theil worden, den Bes
der Freude an bie emmpfänglichen Lippen und leerte ihn oft und gern in glühens
Agen. Aber feine Freuden waren genialiſch und edel mie er felbft. Gern mochte
3 allem Großen und Schönen geweihtes Herz bem Sleichgefinnten öffnen und
mötaufch der verwandten Gefühle f. Dafein vervielfachen. Das Erhabene, das
erlich und würdig Begeifternde ſprach ihn mächtig m. Seinen Studien und
m Arbeiten waren die Nächte vorzuͤglich gewidmet. Wenn das vertworrene und
teende Treiben ber Außenwelt fchwieg,, dann ſprach dee Genius vernehmlicher
later zu ihm. Mit der verlöfchenden Fackel des Tages entzuͤndete fich die Flamme
geifterung, und oft brach Die Morgentöthe an, ohne daß noch Sch. des Schlafs
fen hatte. In Dresben und in dem nahgelegenen Dorfe Loſchwitz, in bem
bergähaufe f. Freundes, des damaligen Appellationsrathes Körner, vollendete
feinen „Don Carlos’ (1.%., Epz. 1787), weicher, obgleich immer ein Wert,
bon allein den Namen des Verf. bei ber Nachwelt verberrlichen würde, doch
Den Grad von Vollendung erhielt, welchen er erlangt hätte, wenn Sch. feinen
Inglichen Ideen gefolgt wäre. Er ſelbſt fagt In diefer Hinficht (in f. „Briefen
Carlos"): „Es kann mir begegnet fein, daß ich in den erften Acten biefe®
BB andre Erwartungen erregt habe, als ich in den legten erfüllte. St. Real’.
Me, vielleicht auch meine eignen Aeußerungen darüber im 1. Stüde der, Tha⸗
en dem Lefer einen Standpunkt angemwiefen haben, aus dem es jetzt nicht
achtet werben kann. Während ber Zeit naͤmlich, daß ich es ausarbeitete,
6 mehrer Unterbrechungen wegen eine ziemlich lange Zeit war, bat fih — in
elbſt Vieles verändert. An dem verfchiebenen Schidfalen, die während dies
Be über meine Art zu denken und zu empfinden ergangen find, mußte nothwen⸗
Ih dieſes Wert Theil nehmen. Was mich zu Anfange vorzüglich in demſel⸗
wfefleit hatte, that diefe Wirkung in der Kolge ſchon ſchwaͤcher, und am Ende
kumnod. Neue Ideen, die indeß bei mir auflamen, verbrängten die fruͤ⸗
I Garlos felbft war in meiner Gunſt gefallen, vielleicht aus keinem andern
be, als weil ich ihm in Fahren zu weit vorausgefprungen war, und aus ber
pengefesten Urſache hatte Marquis Pofa feinen Play eingenommen. Der
ler war: ich hatte mich zu lange mit dem Städte herumgetragen; ein dra=
Wert aber kann und foll nur die Blüthe eines einzigen Sommers fein.
der Plan war für die Grenzen und Regeln eines dramatiſchen Werks zu weits
j angelegt. Diefer Plan foberte 3. B., daB Marquis Pofa das uneinges
ste Vertrauen Philipps davontrug ; aber zu diefer außerordentlichen Wirkung
be mir die Ökonomie des Stuͤcks nur eine Scene. Schiller wollte daher
dieſes Stuͤck nicht für ein Theaterſtuͤck gehalten wiſſen, obgleich e® mit dem
ma Beifall auf der Bühne aufgenommen wurde und immer eine Zierde derfels
lelben wird , wie vielfach und oft ganz ſinnlos es auch verſtuͤmmelt worden iſt.
OR nennt es in f. Briefen an Dalberg ein Familiengemaͤlde aus einem koͤnigl.
e Wieland, der fehr ſcharf darüber urtheilt, fand im den Perfonen dieſes
B6 nur idenlifche Phantafiegefhöpfe, bei denen man doch bie pſychologiſche
eheit vermiſſe. Und in der That find in diefem Stüde der Drang nach An»
ws pbilofophifcher Ideen von Freiheit und Kodmopoitisraus , vo
7160 Schiller
Streben ber Phantafie, ben gefchichtlichen Stoff zu idealiſiren, mit!
die in diefer Beziehung entroorfenen Charaktere durch pſychologiſd
Wahrheit zu indivibualificen, noch im einem großen Streite begriffen.
dem gehört in biefe Periode feine® Lebens noch der Entwurf zu einen
„Der Menfchenfeind”, von welchem einige Scenen vorhanden find,
vollendete Roman „Der Geiſterſeher“ (Leipz. 1789): ein Verſuch fe
im Gebiete der Erzählung, zu welchem ihm wahrfcheinlich die bamal
von Caglioſtro VBeranlaffung gaben. Anziehende Charakterzeichnung
der Erzählung und Sprache zeichnen ihn aus. 1787 ging Schiller ı
wo ihn ‚Derder und Wieland freundlich aufnahmen, und Lepterer I
günftig auf ihn wirkte. Dem Glaffifchen zugemenbet, arbeitete er jet
fegungen bes Euripides. Übrigens lebte er hier in vertraulichen Ver
H. v. Wollzogen und Niethammer. Don Weimar aus madhte er
Beſuch in Bauerbach. In Rubolftabt lernte er f. nachherige Sat
v. Eengefeld, kennen, und fühlte das Bebürfniß, ſich an einer Gat
bürgerliche und häusliche Eriftenz zu gründen. Auch im folgenden
er nach Rubolftabt zurüd. Hier traf er zum erſten Mal mie Goͤtl
der in Befellfchaft ber verwitweten Derzogin Amalia von Weimar ebe
zurückkehrte. Durch Goͤthe, der ihn anfangs nicht anfpeadh , und der
MWeltanficht fo hoͤchſt verfchieden von ihm war (f. Goͤthe „Zur Natu
und ben Auszug im „DMorgenblatte" St. 216, 1817) warb er bie|
Fuͤrſtin bekannt; auch erhielt ex durch beffen und des Geheimenrathe
wendung im Sommer 1789 eine Profeffur der philofoph. Zacnltät ar
tät Jena, ohne jedoch Prof. publ. ordinarius zu fein. Schiller tı
1789 mit der Rebe an: „Was heißt und zu welchen Zwecke ftubirt n
geſchichte?“ — Dem Stubium ber Gefchichte und des Alterthums ı
jegt voll Begeiſterung, unb bie wenigen poetifchen Erzeugniſſe dieſer
hen ſich größtentheild Darauf. Hieher gehören „Die Götter Grieche
Künftler” und der kuͤhne Plan zu einem epifchen Gedichte aus der Ge
richs des Großen. Der Umgang mit den audgezeichnetflen Gelehrten
ihn bedeutend an, namentlich mit Meinholb, durch welchen er mil
beſonders mit ber Kant’fchen, vertrauter ward. Vorzuͤglich befchäft
die Kritik der Urtheilskraft. Dies veranlaßte viele philofophifche ı
Abhandlungen in biefer Zeit, in welchen die Kant'ſche Grundanſicht of
mert, obne bie geiftreichen und eigenthlumlichen Anfichten unfers Did;
drüden. Sch. lehrte mit dem außgezeichnetfien Beifalle Geſchichte,
auch Äſthetik, und benugte den Reichthum der deutfchen Sprache gli
ſtellung der abſtracteſten Begriffe, der erhabenflen Ideen und verwie
hen. In diefer Zeit begann er ferner bie Herausgabe der „„Diflor. D
12. Jahrh. an bis auf die neueften Zeiten” (1790) und bie „Geſchich
jährigen Kriege8”. Diefe zweite bebeutende Frucht feiner hiſtoriſchen
warb mit Begeifterung in ganz Deutfchland aufgenommen. ie erk
„Taſchenkalender für Damen”, 1790—93. Für die Poefie feibft wir!
Zeit weniger; nur Überfegungen aus dem Virgil und andre fallen var
und mehre Plane zu fünftigen poetifchen Arbeiten. In und außerbalt
wurden jegt Sch.’8 große Verdienfte anerfannt und von Fuͤrſten
belohnt. So ertheilte ihm der Landgraf von Beffen-Darmftadt gl
1788 den Titel als Rath. 1790 verheirathete er fich und marb von
von Meiningen zum Hofrath ernannt. Die bamalige franz. Rey
ihm zu Anfang der Revolution das Bürgerrecht, und der deutfche Kal
1802 in den Reichsabelftand. Wenn auch dergleichen Eihrenbezeigun
Werth des Mannes erhöhen, To dod Ar tag 8 Vemeife Freiwilliger:
Schiller 701
8 ſchaͤtzbar. — Anhaltendes naͤchtliches Studiren, verbunden mit dem
liger Reizmittel, hatte Sch.'s Geſundheit untergraben; nur lang»
von einer gefaͤhrlichen Bruſtkrankheit, ohne ſich jedoch ganz wieder er⸗
nen. Aber dies hemmte ſ. Thaͤtigkeit nicht, die ihn oft das
chte. Um ihn indeſſen In eine ſorgenfreiere Lage zu verſetzen, bei wel⸗
yonen und geiftanftrengende Arbeiten einige Zeitlang unterlaffen koͤnnte,
amalige Erbprinz, jet tegierenbe Derzog von HolfteinsAuguftenburg,
em Strafen v. Schimmelmann, ein Jahrgehalt von 1000 Thlen. auf
was den Empfänger fehr ruͤhrte. Um 1793 hatte Sch. auch eine
er Gedichte vorgenommen, bei welcher er fehr ſtreng gegen fich verfuhr
Zeit fiel die fcharfe Beurtheilung der Bürger’fchen Gedichte, die man
Standpunkte, der fich zu dem Bürger’fchen fait wie Runftpoefie zur
verhielt, ganz natürlich unb begreiflich finden muß, obgleich dieſe Kris
icklichen Dichter tief verlegte. 1793 reifte Sch. in f. Heimath nach
nd lebte dort vom Aug. bis zum Maid. folg. I. in bem Kreiſe f. Al
unbe abwechfelnb in Heilbronn und Lubwigsburg fehr glüdlich, und
n Herzoge, an den er von Heilbronn aus ſchrieb, geſtoͤrt oder weiter bes
den. Von legterm Orte aus fchrieb er auch f. Briefe über äfthatifche
ı den Herzog von Auguftenburg und bie geiftzeiche Mecenfion von Mat⸗
ichten. Hier genoß er auch zum erften Dal das Gluͤck der Vaterfreude.
Jena zuruͤckgekommen war, faßte er ben Plan, in Verbindung mit ben
ı Schriftftellern Deutfchlands eine neue Zeitfchrift: „Die Horen“, zu
nit 1793 die „Thalia“ gefchloffen worben war. In berfelben Zeit kam
Söthe in vertraulichere Verbindung und fortgefegten Briefwechfel, was
den entfchiedenften Einfluß hatte. Auch befuchte er Iegtern zuweilen in
wohnte bei ihm. Mit neuer Liebe kehrte er in ben folg. J. zur Dicht
und brachte, vorzüglidy von 1795 an, bie fchönften f. lyriſchen Gedichte
ein den „Horen“ ımb in f. Muſenalmanachen (der erfte erfchien 1796)
uerft mehre didaktiſcher Art, die ihm vorzuͤglich elgnete (z. B. „Das
6 Leben“, „Die Ideale“, „Der Spaziergang”), 1796 in Verbindung
e kritiſchen Kenien (f.d.), und 1797 f. erſten Balladen, wozu er durch
fer mit Göthe veranlaßt wurbe. Doch kehrte er bald zur dramatiſchen
ruͤck. Schon 1795 legte er den Plan zu einem Stuͤcke aus der Ge⸗
irkiſchen Belagerung von Malta, unter dem Namen, „Die Ritter von
yer über alle andre Plane fiegte „Wallenftein”, den er 1799 beenbigte.
htetesbreißigiährigen Krieges” hatte ſchon früher in ©. den Gedanken
‚ den großen Buftav Adolf zum Delden eines epifchen Gedichts zu ma⸗
r nicht zu Ausführung kam. Statt deſſen ergriff er aus derfelben Ges
Pian des Wallenſtein. Mit großer Scheu ging er an bie Ausführung
em Aufgabe, umd bie jet klarere Reflerion in ihm erregte ihm manche
roße Charakterfhilderung wird hier fein Hauptzweck, in der Compofi⸗
m Handlung aber, die faft epifche Breite gewinnt, fowie in ben ein»
des Wallenſtein, bricht die Reflerion über Schidfal und S.'s Theo»
bie überall hervor. Unftreitig iſt, Wauenftein‘‘ durch gleichmäßige Hal»
e Sicherheit dem „Carlos“ wie den meilten Werken feiner Gattung
yen. Allenthalben ift verfländige Sügung fichtbar, die Charakteriſtik
fonen aus ber Tiefe des gefanımten Lebens gefchöpft und feſt in fich
yet. Vor allen herrlich ſteht Wallenſtein ſelbſt da, als großer, kuͤhner
ildert, ber feiner überwiegenden Geiſteskraft, dem von ihm erſt ge»
tere, der Sreundfchaft und den Sternen vertrauend, ald Opfer der Ei⸗
It, mit welcher er verbrecherifch den unverbienten politifchen Fall abzu⸗
tet wird. Reich und herrlich iſt bie Schattirung Dielet green Chaxake
762 Schiller
ters durch die Charaktere der Krieger, welche ihn umgeben, bewirkt.
MWalenfteins” hängt bamit nur loder zufammen und ſchildert dem €
Heeres, die Meinung und die Erwartungen deſſelben von feinem Fuͤhr
ift Die Sprache, welche fich in den tragifchen Vers kleidet, und uͤberha
äußere Form mit großem Fleife abgerundet und zu einem hohen Bra
kommenheit geführt. Mit diefem Werke ſchließt Sch.'s zweite Dichten
Streben nad großer und wahrer Charakteriſtik, fo wie durch Einfluß
fener Theorie ausgezeichnet. Goͤthe und das Theater zog ihn nach Bei
fe& Werbe immer fefter nad) Weimar. Hier lebte er feit 1799 im
geiftreichften und herrlichſten Freunde, gluͤcklich als Gatte und Vater
nem Fürften fehr geehrt, und gewann neue Kraft und Heiterkeit des C
dramatifche Werke folgten dem „Waltenftein”: „Maria Stuart‘ und
frau von Orleans". Wenn ſich jenes Drama duch echt teagifche Mot
melfterhafte Anordnung auszeichnet, fo ſtrahlt diefe, als das begeifte
ber rettenden Gottheit, im reichften Schmucke der damals wieberern
derromantif , nicht weniger mit dem heitern Zauber der Phantafie als
fern Prunke der Bühne ausgeflattet, und in die Rechte wieder eingı
Dichter ſchon früher gegen unheiligen Spott in einem kleinern Gedich
macht. Sch. läßt fie aufdem Gipfel ihres Gluͤckes durch irdifche Lieb
von bem Geſchick entfühnt werden. Der Dichter felbft ſchrieb in be
Briefe über die „Jungfrau“, die in ihrer Einfachheit umd Sinnigkei
Licht auf fein damaliges Inneres Leben werfen. — Diefe Werke (fie:
und 1801 gearbeitet) fcheinen den Gipfel f. dramatifcyen Poefie 3
Ruhe, Klarheit und Zuſammenhang, glüdlicheres Streben nach dem
nach poetifcher Wahrheit, in welcher Idealitaͤt und Wirklichkeit vereir
gem fich nirgends fo offenbar ale in „Maria Stuart‘; dagegen ber 3
„Jungfrau“ manchen fremden Schimmer geborgt hat und von der Ei
Geſchichte abzumeichen durch feine Anficht von romantifcher Ausführ
wurde. Sept lebte er ganz für die dramatiſche Dichtkunſt, und wiei
breiteten Naturforſchungen Goͤthe's vielfältig anregten, fo befchäftigt
Vervollkommmung des deutfchen Theaters, zu welcher er durch belehren
mit den Schaufpielern der meimarifchen Bühne und Bearbeitung f.
Stuͤcke ſehr vortheilhaft wirkte. (Vgl. Goͤthe's Auff. „Uber das beutf
„Morgenblatt“, April 1815, St. 85). — In ſ. naͤchſten Drama, dei
Meſſina“ (1803), wich Sch. wieder ab von der betretenen Bahn. In di
das zugleich einen Verſuch enthaͤlt, den Chor der Griechen auf unſ
bringen, ſind mit lyriſchem Feuer die gluͤhendſte Liebe und die furch
geſchildert; aber wenn ſchon die Vermiſchung der heidniſchen und chri
gion ſtoͤrend wirkt, ſo iſt die Darſtellung des Schickſals, das nicht als
Strafgoͤttin, ſondern als furchtbare Furie erſcheint, welche die ſchoͤnſte
knuͤpft, um fie hohnlachend zu zerreißen, dem Eindrucke des Ganzen ı
liger. Das Ganze Eonnte mehr ald Studium angefehen werben, da
NRomantifche zu verbinden. — Go fehr in diefem tragifchen Intrig
Charakterzeihnung gelitten hat, fo Eräftig iſt fie wieberum in f. legteng
„Wilhelm Tell“ ift mächtig anziehend durch die Wahrheit, womit bie e
eines freigefinnten, unverderbten Volkes, das in glücklicher Atgefhh
gefchildert und im Kampfe gegen frevelhafte Unterdruͤckung als Sieg
wird. Als ein Seher ber Zukunft hinterließ ber Dichter diefe® Werk yı
Erbe feinem Volke, deffen Erniedrigung er nicht ſchauen ſollte. Mo
der Sittlichkeit, Einfalt, Eintracht, das fein ſcheidender Sänger ih
nie aus feinem Andenten tommen! — Ein Werk, das ihn der Tod nk
Heß, war „Der kfalſche Demetiwat, (Kr. d. Main tat tenfelben nat
Schiller 768
e ausgeführt) Außerdem bearbeitete er noch Shakfpeare’8 ‚Macbeth‘,
#6 „Zurandot‘' für die Bühne; fchrieb die prächtige „Huldigung der Künfte‘
4) zur Vermählungsfeier des Erbprinzen von Weimar; bearbeitete Racine’s
Edra’ und zwei franz. Luftfpiele („Der Neffe als Onkel” und „Der Parafit‘).
‚terms befaß er nicht die leichte, fpielende Munterkeit, welche im Gebiete des
piels herrfchen muß. — Hiermit fchließt der Kreis f. bramatifchen Wirkſamkeit.
Dieſe fagt Friede. Schlegel in ſ. Vorleſungen über bie Befchichte der Altern und
za Literatur (Bd. 2.): „Wenn auch zwiſchen feiner Poefie und unferer Bühne
einige Disharmonie bleibt, fo ift Sch. doch als der wahre Begründer unferer
gie zu betrachten, ber bie eigentliche Sphäre berfelben und die ihr angemeffene
u am gluͤcklichſten getroffen hat. Er war ganz bramat. Dichter; ſelbſt die leiden»
VFiche Rhetorik, die er neben der Poefie beſitzt, If biefem weſentlich. Seine hi>
Sen und auch ſ. philoſophiſchen Werke und Verfuche find nur als Studien unb
Bhungen feiner dramatiſchen Kunft zu betrachten. Doch find bie philofophis
«and von ber Seite merkwuͤrdig, dag fie und am meiften darſtellen, wie er in
m Sunern dachte, und wie wenig er in ſich zur vollfommenen Harmonie gelangt
" Eine zweifelnde, feptifche und umbefriebigte Anficht leuchtet aus allem jemen
eachen,, feinem forfchenden Geiſte Genüge zu leiſten, hervor. Einige find der
Bang, das Studium der Philofophie fei ihm ſchaͤdlich gemefen, auch für die
BB. Allein in Zweifel befangen war er ſchon früher, und die innere Befriedi⸗
«eines ſolchen Geiſtes muß doch immer als das Erfte gelten umb ift wichtiger als
umpere Runftübung. Und felbft für die Kunſt dürften diefe großen hiftorifchen
fopbifchen Zurüftungen Sch.’8 zu einigen Dramen eher zu loben als zu ta⸗
. Nicht durch eine noch fo große Menge ſchneller Arbeiten vielſchreibender
chter wird bei uns die Bühne aufblühen. Nur durch Gedankentiefe und
Gehalt iſt dramatifche Vortrefflichkeit, wie in Griechenland, England
nien, fo infonderheit für ung erreichbar. Iſt Sch. in einigen Werken feiner
Periode nicht frei von einer verkehrten Anwendung philofophifcher Begriffe
Werfen der alten Tragoͤdie, ober von hiftorifcher Einfeitigkeit, fo entfprins
e Mängel nidyt daraus, daß er fich der Speculation ergab, fondern nur dar⸗
diefe Studien, fo ernft er fie auch getrieben, und fo gruͤndlich er fie meinte,
E zum Ziele gelangt und für feinen Zweck vollendet waren”. — Unter
en, die Sch. hervorgebracht, ſtehen f. deamatifchen oben an. Wenn aber
e bie vielgeftaltete Melt in den mannigfaltigften Schöpfungen abbilbet
wärftellt wie fie ift, fo fehen roir Sch., nicht zufrieden mit dem Irdiſchen, Menſch⸗
eichbaren, nad) einem Ideale ringen, welches nur in der Phantafie feinen Sig
Schwanken zwifchen Ideal und Wirklichkeit war überhaupt Grundzug f.
RE umd war vielleicht aus dem Nachdenken Über die grellen Gegenſaͤtze, die Ihm
Minen Leben fo fruͤh entgegentraten, veranlaft worden. Gin zweiter Promes
„ firebt er nach dem himmtlifchen Feuer, das dem Sterblichen verfagt iſt, mit
Kraftaufwand. Daher gelingt e ihm nie ganz, ſich und fein Werk zu
Bin, fondern immer erfcheint ung in demfelben zugleich der Dichter, obgleidy er
Zeit, wo er mehr im Schaffen lebte, dies wohl fühlend, bie ganze Afthes
g verdammte; daher auch bildete er die Komik ungleich weniger aus als
Miasie, in der fein auf das Erhabene und Ernſte gerichtete Geift ſich einheimtis
Mbite. Daher legte er felbft in die Zeichnung feiner weiblichen Charaktere mehr
Br ats weibliche Grazie und iſt weniger gluͤcklich als Goͤthe In der Schilderung
Wen; auch bleibt ihm die Liebe ſtets untergeordnet. Daher mußte ihm vor Als
und mit Recht, das-Eleinliche, ewig wiederkehrende Treiben des alltäglichen
WB, als ein ſchlechter Stoff für die Bühne, verhaßt fein, woruͤber ex ſich in
Wifpeare’8 Schatten‘' Eräftig ausfpricht. Auch f. Poeſien tragen fämmtlich das
Ense dieſes Geiſtes — Unter [. Eleinern Gedichten yicgunen e dark Nagel
volltonmmen Meifter, wie er ſich denn auch in andern V
visle Nacjläffigkeiten erlaubt, Die er Leicht befeitigt haben
wenigen Werth darauf gelegt hätte. — Bon feinem hoher
ter hat Sch. um® eigentlich nur einen Wink gegeben, aber
auch in biefer Gattung als Meifter zeigt. Außer dem ob
Der Geiſterſeher“, befigen wir von ihm nur bie ſchoͤne E
weirth”, und einige andere Bruchſtuͤke in f. Eleinen profa
fräher Tod entriß ihn dg Welt. 1808 wohnte er in B
nel bei, wo ihm bie threnvollften Auszeichnungen zu
tehrte er nach Weimar zurüd. Schon war er auch bie
wieber genefn, als er am 9. Mai 1805 in f. 46. Lebe
Wol nie erregte der Tod eines beutfchen Dichters eine
Trauer, als S.'s fruͤhes Hinfceiden. Im Ringen nad)
war er, ein Opfer geworden für Wiſſenſchaft und Kunft
fein großer Freund Göche von ihm:
Er wendete bie Blüthe hoͤchſten Streb
Das Leben felbft an biefes Bild bes €
Bir dürfen ihn wohl gluͤclich preifen”‘, fagt eben berfelb«
des menſchlichen Dafeins zu den Seligen emporgefliegen,
ihn von ben Lebendigen binweggenommen. Die Gebr
nahme ber Geifteskräfte hat er nicht empfunden. Ex hat c
als ein volftändiger Dann von binnen gegangen. Nun g
Machwelt den Vortheil, als ein ewig Küchtiger und Kräft
in der Geftalt, wie der Menſch die Erde verläßt, wand
und fo bleibt uns Achiu als ein erolg ſire bender Füngling g
hinwegſchied, kommt auch und zu Gute. Bon feinem |
dee Anhauch feiner Kraft und erregt in uns den lebhafteſ
begonnen, mit Liebe fort» und immer fortzufegen. So
der Menfchheit in Dem, was er gemirkt und gewollt, ſtets
wie nur von feinen feltenen Geiftesgaben gefprochen; glei
feineß Herzens. Haß gegen alles Falſche und Rechtsrwibel
ling (Münze) Schilling (Zriebrid Guſtav) 768
Beſicht, dem in ber Lebhaftigkeit des Geſpraͤchs wol eine leichte Roͤthe
anbeſchreibliche Anmuth verbreitet. (Am treueften hat Prof. Dannecker
in einer koloffalen Buͤſte gegeben. Sch. hatte ihm bei feinem Aufent-
vaben dazu felbft gefeffen.) In Alb. Duͤrer's 4 Apoſteln (zu München
ıberg) iſt dee Kopf des Johannes dem von Schiller fehr ähnlich. —
ward aufdem Jakobskirchhofe zu Weimar beerdigt und ruhte im Lanb=
agewoͤlbe bi6 1826, wo f. Gebeine auf bem neuen Kirchhofe neben ber
uft, und f. Schäbel am 16. Sept. auf der Bibliothek zu Weimar in
mte feiner Marmorbüfte von Dannecker niedergelegt wurden. Er bins
tme mit zwei Söhnen und zwei Töchtern. — Schön und würdig wear
Becker Vorſchlag, auf allen bedeutenden Bühnen Deutſchlands Tod⸗
den Verewigten zu veranftalten und ben Gefammtertrag zum Anlauf
t8 anzumenden, das u. d. N. Schiller's⸗Ehre ein uno liches Eis
er Familie bleiben ſollte. Die bald darauf ausgebrochenen Kriegeumens
chuld, daB bie jegt erſt einige Bühnen ihre Schuld an f. Manen abge
. In der Biographie Sch.'s von D. im XV. Hefte der „Zeitgenoffen‘
I) finden fich ziemlich alle Schriften über Sch.'s Leben verzeichnet. Als
er fein Leben nennen wir Koͤrner's Auffag im 1. Th. der Werke. Diefe
: 1818 zu Stuttgart und Tübingen in 12 Bden, fpäter auch in einer
‚ofhenausg. Diefer ſchließt fid) ald Supplbd. an H. Döring’s Bios
Jichters. Seinem Sohne, dem k. preuß. Appell. Afleffor Fror. With.
chiller zu Köln if in feinem, f. Mutter und Sefchwifter Namen, als
‚des hohen Ruhmes f. Vaters, ein Privilegium gegen ben Nachdruck
uf 20 Fahre vom König von Baiern 1826 ertheilt worden.
ling iſt eine deutfche, theils wirkliche, theils Rechnungsmuͤnze,
on den ehemaligen römifchen Solidis herleitet, wovon auch die framg.
ous, ingleichen die ital. Soldi sc. herfiammen. In Deutfchland iſt
zolde als Gulden, theils in Silber ald Schilling ausgeprägt worden,
ein alter Schilling von feinem Silber 20— 234 Groſchen werth ; daher
fe Schillinge, ſowie die nachher erfolgten Groſchen, bis zu Ende des
ie größten Silbermuͤnzen im deutfchen Reiche waren. Die gegenwärs
von fehr verfhieden, wiewol es ſchwerere und leichtere gibt, die an
Orten in verfchiebener Währung leben. on jenen, ben ſchweren,
niglid) 6 Stud einen ReicySthaler ; von den leichten hingegen hält das
l auch nur 6 Pfenmige. — In Anfehung der ausländifchen Schillinge
den brabanter Schilling (Schilling flaͤmiſch, Esealin) ungefähr 34
f., den engliſchen (12 Pence haltend) etwa 74 — 4 Grofchen.
ling ($tiedrich Guſtav), einer unferer beruͤhmteſten und Fruchtbarften
Schriftfteller, wurde zu Dresden 1766 geb. Im 9.5. verlor er f.
‚ben od, und Berufsgefchäfte entfernten f. Water, welcher kurſaͤchſ.
war, oft Monate lang von ibm. Daher nahm Irau Sophia Kauf:
hofswerda, eine eble, gebildete Frau, den kraͤnkelnden Anaben bei fich
779—81 ftubirte er auf der Fuͤrſtenſchule zu Meißen, trat aber, aus
ven Soldatenftand, 1781 in das ſaͤchſiſche Artilleriecorps ein. Nach
y nach dem Hjährigen Beſuch der Artilleriefchule zum Officier vorge:
er (feit 1791 Gatte umd Bater) der Belagerung von Mainz, der Ztaͤ⸗
t von Moorlautern und den meiften Befechten des faͤchſ. Contingents
Feldz. von 1793 bei. Nach der unglüdfihen Schlacht von Jena
ſt noch 122 ſaͤchſ. Dfficieren, gefangen. 1807 führte ihn der Krieg
u und Danzig, von wo aus er, jebt zum Hauptmann vorgerüdkt, nad)
ben wegen eines chronifchen Nervenuͤbels auf fein Geſuch entlaffen,
zuruͤckkehrte. Er Isbe feit einigen Fahren in Dresien. -—- SKEWon
766 Schimmelmann
ift einer unſerer erfindungsreichſten, gewandteſten und laumigfien Ro
Kenntniß des menfchlihen Herzens, der Sprache und der Sitten, befor
hoͤhern und gebildetern Ständen, eine lebhafte Phantafie, ein leichter,
Wig und eine große Mannigfaltigkeit und Vielfeitigkeit der Anfichten u
lungen charakterifiren ſ. Werke. Gein „Guido von Sohnsdom” if «
und gelungenfien. Außer vielen andern lobenswerthen Romanen, unt
den komiſchen den Preis zuerkennen, befigen wir von ihm mehre Sanm
nee mehr und minder gelungener Erzählungen. Beſonders iſt der Dial
Schriften vortrefflich, und deßhalb möchte man es bedauern, daß biefer t
wenig ober gar nichts für die Bühne gearbeitet hat. Was man viellei
werfen könnte, wäre, baß feine Sprache nicht immer gleich correct iſt
mitunter in üppigen Schilderungen etwas zu fehr gefällt, und baß e
ſchmacke der Lefewelt fröhnend, ſich f. Arbeiten zu bequem macht. Übr
er zu den wenigen beutfchen Schriftſtellern, bie fich nie einer Schule ı
baden. Bei Arnold in Dresden kommen feit 1810 f. ſaͤmmtl. Schri
2 Sammlungen; die erfte von 50, die zweite (bis 1827) von 44 Bdn
Schimmelmann (Heinrich Karl Graf v.), geb. zu Demm
mern den 13. Juli 1724, warb von feinem Vater, einem Kaufmann
nem Haufe zu Stettin, das mit feibenen Waaren handelte, in die Li
1744 wimfchte er einen Handel für fich ſelbſt zu treiben, und begab
zweite fchlefifche Krieg audgebrocdhen war, ins preuß. Heer, wo er fidh
gen von 4000 Thlr. erwarb. Allein 1745 ward er von ben fächfifchen
fangen und verlor Alles, was er befaß; er befam es jebody) nady dem $
Hülfe des Grafen Heinrich von Brühl, dem er empfohlen worben n
Nun legte er in Dresden einen Materialbandel an, hatte aber fein GI
Fahre darnach pachtete er in Verbindung mit dem Grafen von Bolza d
der Generalacciſe in den fämmtlichen kurſaͤchſ. Ländern auf 7 Sabre,
bei diefer Gelegenheit den Zitel Accisrath. Als ber fiebenjährige Kri
übernahm er die Kornlieferung für das preuß. Herr. Nachher kaufte e
Vorrath der Porzelanfabrit in Meißen. Durch dies alles war fein V
reits zu ein paar Mill. Mark Banco geftiegen. 1760 ging &. nach H
er einen geroinnreichen Danbel trieb und das holſteiniſche Gut Ahrene
Er trat jet in dänifchen Dienft und wurde 1761 dänifcher Gefandt
ſaͤchſiſchen Kreife; 1762 bekam er den Dannebrogorben und wurde m
Familie in den bänifchen Freiherrnſtand aufgenommen ; in demfelben !
er bie Bürger Hamburgs zu einer Anleihe von 1 Mil. Bancozettel füı
Regierung, bie ſich gegen den vom ruſſiſchen Kaifer Peter ILL. angebrı
rüftete. 1763 Eaufte ex das koͤnigl. bänifche Eigenthum auf ben weflü
feln an fih. Sein Vermögen nahm unterbeffen immer zu; er kaufte
Baronie Lindenborg und das Gut Wandsbeck. Da die dänifche Regi
den Unterthanen eine außerordentliche Steuer auferlegen wollte, mı
Vorftand der Gommiffion, die fie erheben ſollte. 1764 bekam er bei
Geheimenraths und beforgte nach der Thronbefteigung Chriftian VIL
träge für die Regierung. 1768 begleitete er den König auf einer
Deutſchland, Holland, England und Frankreich; auch kaufte er ei
fabrit: die Hammermühle. 1770 erhielt er Sig und Stimme in dem
doch hielt er fich meiftens in Hamburg auf. Nach dem Kalle Struenſee
ſich fein Einfluß. Eine feiner erften Unternehmungen war die Rebucti
der und die Veränderung mit der Bank 1775. Auf die Nachricht von
fegung der Zweiſchillingsſtuͤcke, welche auch in Hamburg flar im Um
verfammelte fi vor feinem Hauſe daſelbſt eine erbitterte Menge Me
mit Gewalt eindringen walten, (atat die Polizei den Auflauf fin n
Schimmelpennint 767
ihagen fanden biefelben Unruhen ftatt. Dagegen flieg S.'s Anfehen bei Hofe
r höher. 1778 erhielt er den Elefantenorden und wurbe bald im Finanzwe⸗
entbehrlich. Mehre vortreffliche Einrichtungen, 3. B. der holfteinifche Ca⸗
nd fein Wert, Endlich ward Baron &. 1779 In den Srafenftand erhoben.
zb reich und mädıtig den 23. Ian. 1782 und hinterlie5 2 Söhne, von weis
Braf Ernſt ald Staateminifter in Kopenhagen noch lebt.
Schimmelpennint (Rütger Ian), der legte Oberbeamte der Republik
ereinigten Niederlande, oder Sroßpenfionnaie ber batavifhen Republik, aber
iſt monarchiſcher Gewalt bekleidet, geb. 1761 zu Deventer aus einer ange
n, aus Öberpfiel ftammenden Familie, hatte in Leyden die Rechte ftubirt
& hier ſowol durch Fleiß als untadelhafte Aufführung die Liebe und Achtung
Lehrer und Mitſchuͤler erworben. Als 1784 ein Zumult in Leyden aus⸗
und die Stubicenden bie Waffen ergriffen, um die Muhe ber Stadt zu fidhern,
wd &. einflimmig zum Führer erwählt, umd er benahm fich in diefem Amte
viel Umficht, dag, nach Derflellung der Ordnung, der Magiftrat ihm eine
umebaille zuerlannte. Nachdem er die Doctorwuͤrde erhalten, bei welcher
enheit er eine treffliche Differtation: „De imperio populari caute tempe-
ſchrieb (die den Geift einer echten, geſetzmaͤßigen Freiheit bezeichnet und von
Wins Holländifche überfegt vourde), begab er fich nach Amſterdam, wo er als
fat prakticirte. Bei den Unruhen 1785— 87 in Holland gehörte er zu Des
bie eine Änderung in der Verwaltung winfchten und auf ein Repraͤſentativ⸗
B drangen. Beim Ausbruch der Revolution (nach Pichegru's Einrüden)
er zum erſten Magiſtrat der Stadt Amfterdam und dann zum Mitgliede in
iſche Nationalverfanmlung gewählt; fpäter (1798) übertrug man Ihm
befonbers wichtige Stelle als Geſandter in Paris. Bei den Unterhand⸗
von Amiens, denen er ald außerordentl. Botfchafter ber batavifchen Re⸗
wohnte, mußte er mit Erfolg bie Intereſſen derfelben geltend zu machen.
chloſſenem Frieden wurde er zum batavifchen Ambaflabeur am engl. Hofe
Bei dem Ausbruche de Krieges von 1803 verfuchte er, bie Neutralitaͤt
zu behaupten, welche ihm Bonaparte, damals erfler Conſul, jeboch nicht
wollte. ©. entzog fidy daher ganz den Staatsgeſchaͤften und lebte auf f.
zin Oberpffel den Wiffenfchaften. Ein Schreiben von Bonaparte und bie
be öee Vaterlandes riefen ihn aber aufs neue in ben Strudel der öffentlichen
zurüd. Er hatte mit dem erflen Gonful eine Zuſammenkunft zu Brüffel
Ber künftigen Verhaͤltniſſe der Niederlande, und ging dann von neuem als
Dter nach Paris (1803). Hier gewann er bald Bonaparte's ganzes Vers
» und als nadı des Legtern Verlangen mehr Einheit in die Staatsform Hols
March eine neue Conftitution gebracht wurde, trat flatt der zeitherigen execu⸗
Bewalt (eines Gollegiums von 10 Perfonen u. d. N. Staatsbewind), S.
drz 1805) als Großpenſionnair (Präfident) an die Spitze ber Regierung.
lente fich feiner bedeutenden Gewalt zur Einführung vieler nüglichen Ein⸗
Ben. Insbeſondere gründete er ein neues Abgaben » und Finanzſyſtem, wos
fein Studium der engl. Staate = und Finanzwiſſenſchaft trefflidy leitete und
D er den nahen Bankerutt des Staats vermied und den völlig gefunkenen
azf6 neue hob. 1806 aber, nach kaum einjähr., den Umftänden nach glüd:
Begierungsverwaltung verſchlimmerte ſich feine vieljähe. Augenkrankheit fo
aß er faft gänzlidy erblindete und ſich keinem Gefchäfte mehr unterziehen
Bonaparte benugte biefen Umftand, feinen Bruder Louis als König vor⸗
ken, und vergebens ſuchte &. dieſem gemwaltfamen Aufbringen eines
Enge entgegenzumwirken. Auch erwartete ex die Ankunft Louis nicht, fonbern
“auf feine Güter zurüd. As Holland foͤrmlich mit Frankreich vereinigt
rief ihn Napoleon aufs neue zu den Geſchaͤften zuruick und ernannte ihu
768 Schink
sum Grafen, Bitter des Vließes und Senator. Rad; bes Kaifert
tung (1814) entzog fi) auch S. den Geſchaͤften wieder; indeß in
Bildung des Koͤnigreichs der Niederlande, als Mepräfentant in die
gewählt. Er farb zu Amſterdam d. 15. Sebr. 1825. ©. hat au
die er bekleidete, den Umfang ſeiner Kenntniffe und den Abel feines
währt. Sowol mit der alten als mit der neuern Literatur genau bı
dem feltenften Gebächtniffe begabt, mußte er aus den roͤmiſchen u
Gtoffitern, fowie aus denen der neuern Literatur, bei jeder Bel
GStellen treffend anzumenden.
Schink (Johann Friedrich), ein geachteter Dichter und Dr:
zu Magdeburg am 29. April 1755, genoß nody Privatunterricht,
des Hauſes, ber berühmte Kanzelredner 3. S. Patzſchke, das poeti
412jähr. Knaben bemerkte und ermunterte. Die Schule des Kiofler
zu Magdeburg bifbete ihn für die Univerfität Halle, wo ee 177:
ftubirte und zugleich feinen erſten Flug als Dichter in den leipzige
Muſenalmanachen, ſowie im Dyk'ſchen, Taſchenb. für Dichter und 2
verfuchte. Auch erhielt er den in Hamburg ausgefesten Preis von
d’or für fein Trauerſpiel Gianetti Montaldi” (Hamb. 1784 und.
privatifitte er in Berlin, wo er feine erſte bramaturgifche Schrift uͤbe
„Hamlet“ herausgab und im freundſchaftlichen Umgange mit Enge!
Leffing und dem berühmten Arzte Selle lebte. 1779 ward er Did
növerfchen Theater; 1780 ging er nach Wien, wo er f. „Dramat
mente”, das „Theater zu Abdera“ und die „Ausftellungen‘‘ fchrieb.
als Dramaturg und Dichter in Hamburg bei dem Roscius der der
Schröder, angeftellt. Hier fchrieb er f. „Dramaturgifchen Mo
Wochenblatt: „Laurie, Spott und Ernfl”. Aud) verlebte er ſchoͤ
Kreife der hochgefeierten Eliſa v. d. Rede, der geiftvollen Eüſa Rei
Dichterin Carol. Rudolphi. 1797 fiedelte er fih zu Ratzeburg ar
„Johann Kauft” und die „Gefänge ber Religion” (N. A., Berlin
gab. Bon 1812 — 16 lebte er im Holfteinifchen; dann ging e
wo ihn der Fürft von Hardenberg zu einer Anftellung bei dem Nati
pfahl. Seine Hoffnung ſchlug fehl; dafür ermeuerte er die Bei
Goͤckingk, Tiedge und Elifa v. d. Recke, welche ihm die thätigfli
Achtung und Thellnahme gaben. Er fchrieb damals: „Wahrheit
„Fuͤgungen, eine dramat. Dichtung”, und romantifche Erzaͤhlungen
ihn die Frau v. d. Rede zu Loͤbichau ein, wo bie vererigte Herzogin
(f. d.) ihn huldvoll aufnahm und durch einen Sahrgehält von bräd
befreite. Nach dem Tode biefer Fuͤrſtin berief ihn deren Tochter, di
Sagan, zu fi. Unter ihrem Schutze lebt er feitbem frei und umat
gan. Hulbvoll bieten bazu auch die Hand ihre fürftlichen Schweſter
der von den Edelften feines Vaterlandes nicht vergeffene Dichter eine
wart und fieht einer wolkenloſen Zukunft entgegen. Bon S.'s hier:
ten Schriften nennen wir noch f. aus dem Leben aufgegriffenen „Ro
tungen’ (2 Bde. Berlin 1799 fg.) und „Satans Baſtard“, eine!
ſcher Scenen aus der Zeitgefchichte von 1812—14. Außer feinen
ſchriften zerftreueten Gedichten und Auffägen find vorzuͤglich feine !
der „Allg. Deutfchen Biblioth.“ von Schiller's Gedichten, die der „®
des „Mallenflein”, der „Johanna von Orleans”, des „Don En
„Wilhelm Tell” zu bemerken. Diefe Beurtheilungen, nebſt ber Ki
von Meffina”, ftehen in S.'s neueftee Schrift: „Friede. chiän
108 ıc., aͤſthet, Exit. und pſychol. entmidelt; oder Schillers Dru
gerechtfertigt gegen den SRiR: mt Unneranb des Zeitaltere” (Di
Schinkel | 768
Uung des Lebens und Charakters Leſſing's zu der neuen Auflage von
ten warb 1825 auf den Wunſch der Freunde Leſſing's befonder® ge
ı &.'6 fpätern dramatiſchen Dichtungen find einige auf Öffentlichen
ihnen mit Beifall gefehen worden.
kel (Karl Friedrich), koͤnigl. preuß. Geh. Oberbaurath, Profeflor
mie der Künfte zu Berlin und Mitglied ihre Senats, Ritter des ro:
densc., ift am 13. März 1781 zu Neuruppin, wo fein Vater Su⸗
war, geb. Schon im 6. Jahre warb ihm der Water durch die Folgen
ungen entriffen, welche er beim Brande der Stadt 1787 zur Rettung
e und feiner Habe beftehen mußte. Die Mutter forgte nach Kräften
ung der Familie. S. befuchte das Gymnaſium feiner Vaterſtadt bie
t. 3.; dann zog bie Familie nady Berin. Hier ſetzte ©. feine Stu:
ı berlinifhen Gymnaſium, damals unter Gedike's Direction, bie zur
fort. Von Kindheit an hatte er viel gezeichnet; deßhalb ergriff er mit
Belegenheit, welche fich ihm darbot, ein Schüler des Geh. Oberbau⸗
u merden. in ganz befonberes Intereffe aber harten für ihn die geiſt⸗
‚ürfe und Arbeiten des Bauinſpectors und Prof. Gilly, Sohn bes
ten, durch welche er zuerft in nähere Beruͤhrung mit der ſchoͤnen
Nachdem naͤmlich S. ein Fahr unter Leitung des Vaters ſtubdirt hatte,
junge talentvolle Dann von feinen Reiſen durch Deutſchland, Frank:
gland zurüd, und der Vater gab nunmehr den Schüler ganz in bie
Sohnes, mit welchem er in immer lehrreicher Mittheilung, leider aber
en Zeitraum von etwa 2 Jahren verliebte, nach welchem ein früher
mialen Dann dahinraffte. &., bem bie Fortſetzung aller architektoni⸗
arbeiten des Verflorbenen anvertraut wurde, empfand am meiften,
mgungen er zu beftehen habe, um nicht hinter einem ſolchen Vorgaͤn⸗
‚leiben. Dieſes Verhaͤltniß grümdete nach S.'s eignem Geſtaͤndniß zu⸗
ine gewiſſe raſtloſe Thaͤtigkeit, welcher er vieles Gute in feinem Leben
ndem fie bei ihm zur zweiten Natur ward. Während &. mit mannig>
(hen Bauarbeiten befchäftigt wurde, fegte er das theoretifche Studium
enfchaften auf der damals fehr voliftändig eingerichteten Bauakademie
:e die Kunſt durch Entwerfen von Bauplänen für Privatleute, durch
er Formen für Geſchirre, Bafen, Öfen, Meubles, Bronzen, Mo:
Eifenguß und in Stein. Da ein großer Theil diefer Entwürfe unter
ir Ausführung kam, fo warb er Immer auf das Praktifche hingewie⸗
langte er zu dem Befühle, daß es mım Zeit fei, Italien mit Nutzen zu
lis er daher ein ererbtes kleines Vermögen durch die Erfparumgen bei
en fo meit vermehrt ſah, daß er damit fein Vorhaben ausführen konnte,
z über Dresden, Prag, Wien und Trieſt nach Stalien, durchforſchte
ler Iſtriens, befuchte Venedig, Florenz und Rom, ging 1804 über
Sicilien, nahm den Ruͤckweg über Frankreich und kehrte 1805 nach
2. Die Mißverhaͤltniſſe aber, weiche bald darauf der ungluͤckliche Krieg
yerbeiführte, roaren befonders dem Baugeſchaͤft hinderlich, und &,,
tigkeit gewöhnt, mußte die Leere, welche in dem Wirkungékreiſe der
trat, durch irgend eine Befchäftigung ausfüllen. Dies war die Zeit,
die Erinnerung an die kuͤrzlich verlaffenen Parabiefe zum Landſchaftma⸗
d diefe Kunft dadurch mit feinen frühern Berufe in Berührung brachte,
:en6 Compofitionen ausführte, in denen Architektur einen wefentlihen
achte. Sie fanden den lebhafteften Beifall. Auch ein großes Pano⸗
ngegenb von Palermo brachte er zu Stande, und bie Xheaterdirection
er mit Entwürfen von Decorationen. Cine Hauptaufgabe in diefem
mft war ihm die Darftellung der verfchiedenen Zeitalter in einem Extu®
Giebente Aufl. Bb. IX. 49
70 | Schinkel
von Bildern, wobei das Kiimatifche, das Acchiteftonifche und bad]
moͤglich angemeffen im Style gewählt werde. Daß fein Streben ih
darlıber gibt es wol nur eine Stimme. ©. felbft behielt noch in fpätı
niffen diefe Befchäftigung als eine Erholung bei, im zerfireuenden We
(ich artiftifcher, calculatorifcher und actenartiger Arbeiten. Mach ber!
koͤnigl. Familie aus Preußen hatte S. das Gluͤck, daf feine Entwuu
Einrichtungen im Eönigl. Palais den Beifall der Königin erhielten un
wurden. Im Mai 1810 ward er in die neuerrichtete Baudeputatior
geſetzt. Die Revifion ſaͤmmtlicher Bauten, die aus Staatscaſſen b
den, in artiftifcher Beziehung, und die Einficht in die hierzu nöthigen
würfe, Antheil an den Prüfungen ber jungen Baumeifter, welche aı
im koͤnigl. Dienfte Anfprüche haben, dies ift fein Wirkungskreis auf
Kortwährende befondere Aufträge von allen Mitgliebern der Eönigl. $
den verfchiebenen Minifterien, Behörden und Corporationen gaben fei
tenden amtlichen Tätigkeit eine immer einflugreichere Ausdehnung.
mie der Künfte nahm außerdem &. im Mai 1811 unter ihre orbent
auf, im Dec. 1820 warb er Profeffor bei derfelben und Mitglied des
Senats. Im Mai 1815 rüdte er in die Stelle eines Geh. Ober!
ward 1819 Mitglied der technifhen Deputation im Minifterium für
werbe und Bauweſen und wirkte hier ſehr thätig zur Einführung
das tägliche Leben. Vgl. das Prachtwerk: „Vorbilder für Handwer
Befehl des Minifl. unter des Geh. Oberfinanzraths Beuth Leit
1821 beebrte ihn der König nach Vollendung des neuen Schauſpielh
Iin, welches nad) feinen Entwürfen ausgeführt worden war, mit bei
lerorden 3. Claſſe, und das franz. Inſtitut ernannte ihn im San. 182
mie der fhönen Künfte zu Kopenhagen im April beffelben Jahres zu il
dern. Das Gebäude der neuen Koͤnigswache in Berlin, das Krieg
dem Kreuzberge, das neue Schaufpielhaus, die neue Schloßbrüde
des neuen potsdamer Thors mit feinen Umgebungen, die Anlage be
helmsſtraße und der Ingenieur = und Artillerieſchule (ale in Berlin), |
Potsdam, das. Schlöfchen Tegel, ein Landhaus des Geheimenrat
Thiergarten bei Berlin, das Cafino im Garten des Prinzen Karl zı
Potsdam, das Ce“ terhaus auf der Pfaueninfel und mehre andre Sc
häufer, Kirchen und öffentliche Gebäude in den Provinzen, fowie dir
fhen Hefte (bei Wittich zu Berlin) haben den Ruhm diefes Baumel
det. Denn es wurden feit ber Beendigung des für Preußen fo denkwuͤ
nad) des Königs großem Sinn für Kunft, als bie bleibenbfte Wert:
Großes erftrebenden Zeit, viele bedeutende Bauten in der Haupt
Lande angeordnet; eine gleiche Neigung erwachte bei Privatleute
wurde durch Entwürfe, die er bearbeitete, ober durch Ausführung«
tete, in ber angeflrengteften Tätigkeit erhalten. Leider blieb einer fe
Entwürfe unausgeführt. Es war die Aufgabe einer Kathedrale für
ihm von des Könige Majeftät aus London, wo ber König ſich mit de
Monarchen befand, aufgetragen worden war; fie follte zugleich ein:
glücklich beendeten Kriegs werden. Aber Rüdfichten beſtimmten fpdteı
völlig ausgearbeiteten Pläne zurücdzulegen und dieſen Prachtbau auf
zu verfchieben. Das neue Mufeum und bie damit in Verbindung fiel
zungen im Laufe der [hiffbaren Spree durch die Stadt Berlin, ſowie
welche weiter daraus folgen mußten, find das legte größere Merk,
ausführte. Im J. 1828 wurde diefer Kunſttempel vollendet. In
zung von S.'s architekt. Heften findet man davon die Plaͤne und Bef
Nicht ohne Ausbeute Für den innen Schmud des Mufeums wirt
Schirach Schiras 771
fe nach Italien geweſen fein (1824), wo er 6 Monate bloß für Kunſt und
nftforfchung zubrachte. Doch fand der fo Hefchäftigte umd jedes tüchtige Stre⸗
fördernde Künftler noch Muße zu einem Gemälde — feiner legten Arbeit im
de der Landfchaftsmalerei —, das zugleich als das reichfle und größte feiner Bil»
einer vorzüglichen Ermähnung verdient. Es ſtellt einen Blick in eine griedhifche
gend dar zur Zeit der höchften Bluͤthe der helleniſchen Freiheit. Die Stadt
rlin überreichte dieſes Bild ber Prinzeffin Louife nad) ihrer Vermählung mit dem
nzen Friedrich der Niederlande, bei ihrem Scheiden aus der Vaterfladt, als
Andenken. 19.
Schirach (Gottlob Benedict v.), koͤnigl. dan. Etatsrath, ein Mann von
feitiger gelehrter Wirkfamkeit, bekannt old Begründer und vieljähr. Herausges
des „Politifhen Journale”, war geb. 1743 zu Tieffenfurth in der Oberlaufig,
fein Vater Prediger war, befuchte mit feinem 16. Jahre das Gymnaſium zu
dan und bezog darauf die Univerfität Leipzig, wo Erneſti fein Lehrer ward.
t Eifer flubirte er die alten Sprahen, Geſchichte und fchöne Wiffenfcyaften,
ite aber fo entfchiedene Abneigung gegen bie Theologie, daß er ihr und mit ihr -
fernen väterlichen Unterftügung entfagte. 1764 ging er nad) Halle, wo er
t&emler und Klog befannt wurde. Die literarifche Verbindung mit Legterm
Ed Urſache, daß er an den gelehrten Fehden auf Klotz's Seite Antheil nahm.
nf Sabre roährte dies Verhaͤltniß. Sch. verließ darauf das Gebiet der oriental.
Ratur, um ſich ganz der Latein. und griech. Sprache zu widmen. Über den So⸗
Me, Cicero, Horaz, Virgil, Ovid, Terenz u. a. Claſſiker fchried ex Com⸗
are und einzelne kritiſche Anmerk. Auch die Geſchichte befyäftigte ihn, und
jehörte zu den erften deutſchen Schriftftellern , die fie mit Kriti und philoſoph.
R behandelten. Die fchöne Literatur verband ihn mit Denen, die damals für
Bildung des Geſchmacks thätig waren. Er gab felbft einen Band Gedichte
6 und lieferte mehre beletriftifche Beiträge und Überfegungen. 1769 ward
eine außerordentliche Profeffur in der philofoph. Facultät zu Helmſtaͤdt anges
ar; ein Jahr darauf ward er ordentlicher Profeffor. Jetzt wählte er Gefchichte
Statiſtik zu feinen Hauptfaͤchern. Die erfte Frucht feines Fleißes zu Helms
war (1770) der erſte Bd. der „Biographien der Deutfchen”, dem noch 5 ans
Digten. Man muß dem Beftreben einer philoſophiſchen Behandlung, das ſich
s offenbart, Gerechtigkeit widerfahren laffen. 1776 erfchten fein „Pragmas
Leben Kaifer Karls VI.“, in welchem er die Fruͤchte feiner Eritifchen Unterfus
gen über einen wichtigen Zeitraum bes 18. Jahrh. niederlegte. Maria There⸗
wbhob ihn zur Belohnung dafür in den Abdelftand. Daß er auch jegt der Philos
und fchönen Literatur nicht ganz untreu geworben, bemweifen feine Überf. der
srapbien des Plutarch (8 Bde.), feine Ljähr. Herausgabe des „Magazins der
chen Kritik”, feine „Ephemerides literarise Helmstadienses’ (6 Bde.) ıc.
> legte er fein Lehramt nieder, um einem Rufe der bän. Regierung, verans
Durch feine Schrift über das koͤnigl. daͤn. Indigenatrecht, als Legationsrath
Altona zu folgen. Dier begann er mit 1781 in dem noch beftehenden (und von
ws Sohne fortgefegten) „Politifchen Journal’ feinen Landeleuten eine ges
wte fortlaufende Zeitgefhichte zu liefern. Bis an feinen Tod (7. Dec. 1804)
wete ©. diefem nüglichen Werke feine Zeit, Kraft und Thaͤtigkeit. Unleug⸗
Bat er ſich dadurch ein Hecht auf den Dank feiner Zeitgenoffen erworben, wenn
einige Schwachheiten bei ber Redaction biefe® Journals den übrigens wadern
Bioten dem Spotte feiner Zeitgenoffen ausſetzten.
Schiras, die ehemals blühende, jest aber, in Folge dee Unruhen, welche
ganze Land zerrüctet haben, tief geſunkene Hauptft. ber perf. Provinz Farſiſtan
H Pare, das eigentliche Perfien), von 1755—96 bie Haupt» und Reſidenzſt.
werſiſchen Regenten, liegt in einem reizenden und fruchtbaren, von fchügenhen
AI
172 Schirin Schiſchkoff
Bergen umgebenen Thale, 7 Stunden von ben muthmaßlichen Ruim
berühmten Perfepolie. Sie hatte vor dem Erdbeben am 25. Juni 1
H. und 52,000 Einw. , welche Leder =, Seiden⸗, Wollens, Glas » und!
fabrifen unterhalten. In der Umgegend wachen ungewöhnlich große
Sranatäpfel und ber u.d. N. Wein von Schiras bekannte Rothwei
für den beften im ganzen Morgenlande hält. In der Nähe find bie
Dichter Hafiz und Sadi.
Schirin, eine armeniſche Prinzeſſin, zweite Gemahlin des Ki
ober Chosru, der vom Ende des 6. Jahrh. an auf dem perſiſchen Ihr
bis auf heute durch ganz Vorberafien das Mufterbild aller weiblichen V
beit und kann die weibliche Blüthe des perſiſchen Heldenthums gena
Ihre ploͤtzlich auflodernde, unter druͤckenden Hinderniffen maͤchtig anwa
in einer ungluͤcklichen Mißſtimmung und Entfremdung allmaͤlig ende
Kosru einerfeitd, und andrerfeits die ſchwaͤrmeriſche, in bedauernswuͤrl
zerrüttung ſich auflöfende Leidenfchaft des gefühlvollen Bildhauers Feı
bezaubernde Königin ift der beliebte Stoff, den bie berühmteften perfife
kiſchen Schriftfteller zu den reizendſten Gefängen wetteifernd ausgeſpt
Schirin befchließe ihr vomantifches Leben durch heldenmüthige Aufı
Grabe ihres geliebten Gemahls, nachdem fie den Vatermoͤrder Schiri
ihre Hand warb, durch verſtelltes Jawort zuerſt zur Herſtellung ibı
beeinträchtigten guten Namens gezwungen bat. Diefe Sage von it
in Schanameh. Hr.m. Hammer hat nach mehren perfifchen und türf
ten diefen Stoff in 14 Gefängen u.d. T.: „Schirin, ein perfifches :
Gedicht‘ (Reipz. 1809) bearbeitet. |
Schiſchkoff (Alerander), k. ruffifcher Admiral, ſeit 1824 '
öffentl. UnterrichtE und Generalbirector ber geiftl. Angelegenheiten a
land tolerirten fremden Confeffionen, ein wiffenfchaftlid) gebildeter DRo
gezeichneter Schriftfteller, geb. 1754, ſtammt aus einem alten edlen
wurde im Marinecorps erzogen und machte al® Seeofficier See: unl
nad) und durch Schweden, Dänemark, England, Deutfchland, Preuf
die Tuͤrkei u. ſ. w. 1812 wurde er Staatöfecretair, 1816 Präfident d
der ruff. Sprache und 1820 Mitglied des Reichsraths. Schon als (
er f. [hriftftelerifche Laufbahn. Seine erften Arbeiten waren Überfe
Campe's Schriften und Geßner's „Idyllen“; nachher fchrieb er Eini
Theater. Dann widmete er feine literarifche Muße ganz feinem Beru|
rinedienfte. Er gab heraus: „Die Marinewiffenfchaft” (2 Thle.); ei
wörterbuch” (engl., franz. und ruff., 2 Thle.); eine Sammlung von
dern (2 Thle.). Inf. „Betrachtungen Über den alten und neuen Stv
Sprache” vdertheidigte er die nationale Originalität gegen den ind:
Verweihlihung. Auch Taſſo's „Befreites Jeruſalem“ überfepte «
Die von ihm als Staatsſecretair entworfenen Manifeſte, Aufrufe, Uka
ſcripte aus den Jahren 1812 — 14, die 1816 in einer eignen Samml
erfchienen, find voll hoher patriotifcher Gedanken und zeichnen fich aud
fiytiftifche Form aus. Was er als Nachfolger des Gultminifters, Fo
Golyzin, in dem wichtigen Poften, den er feit dem 27. Mai 1824 belle
bat, ift in d. Art. Rußland angedeutet. Die dem Cultminiſteriu
zugetheilten Angelegenheiten der griech. Kirche aber wurden demſelben
nommen und wiederum, wie früher, der Leitung des Synods Abergel
dem Minifter Schiſchkoff arbeiten als Directoren die Staatsraͤthe Ka
(für da® Depart. bed Cultus) und Balemann (für das des oͤffentlichen U
In der Rede, welche der Min. Sch. am 23. Sept. 1824 vor der Obe
tion hielt, fpracy ex die Nothromtiatät ®, das Erziehungéweſen i
Schisma Sclabernborf 778
nftig nad) veränderten Brundfägen zu leiten. Er bezeichnet darin die Grenzen
ifchen mahrer und Afteraufklaͤrung, ftellt die Religion als Vereinigungspunft
iſchen Aufklärung und Voͤlkerwohl auf und will die niedern Volksclaſſen, zur
egründung ihre® Lebensgluͤcks, von jeder wifjenfchaftlihen Bildung völlig aus⸗
ſchloſſen wiſſen. Diefe merkwürdige Rede hat die „Allgem. Zeitung”, 1825,
e. 30, mitgetheilt. 20.
Schisma, Kirchenfpaltung, wird derjenige Zuſtand der katholiſchen Kirch
nannt, wo die oberfte Kirchengewalt durch die Wahl mehrer Gegenpäpfte, deren
er von einzelnen Staaten anerkannt wird, getheilt, und baburdy die Einheit der
zcheaufgehobenift. Das Beifpiel ber längften Spaltung biefer Art war das fogen.
oße Schisma, welches 1378 durch die Wahl zmeier Gegenpäpfte begann
D erft durch die Kirchenverſammlung zu Konfltanz, welche die allgemeine Aners
mung des (von Ihre 1417 erwählten alleinigen) Papſtes Martin V. bewirkte,
Big aufhörte. (Vgl. Papft.) E.
Schismatiker, Diejenigen, welche in Anfehung der kirchlichen Form
Bere denken ats die Mitglieder der Kirche. So werben die nichtunieten griechi⸗
7 und armeniſchen Chriſten von den Katholiken Schismatiker genannt. (S.
reſie, kath.)
Schlaberndorf (Guſtav, Graf von), geb. zu Stettin den 22. Miu
49, ein ausgezeichneter Mann, welcher, ohne Schriftfteller und Staatsmann
Fein, nicht unbedeutenden Einfluß auf fein Zeitalter ausgeibt hat. Sein Vater
E Gouverneur in Schleſien. Ein anfehnlidyes Vermögen und andre günftige
chaͤltniſſe festen ihn früh in den Stand, feinem Triebe nach Erkenntniß in faft
a Kreifen menſchlicher Forſchung nachzuhaͤngen. Nachdem er Deutſchland
Hreiſt und Frankreich geſehen, brachte er 6 Jahre in England zu, wo er eine
Lang ben $chrn. v. Stein auf f. Reifen im Innern dieſes merkwürdigen Landes
Begleiter hatte. Beim Ausbruche der Revolution ging er nad) Frankreich zu⸗
and blieb feitdem ununterbrochen in Paris. Mit einem für die Menfchheit
enden Herzen, mit hohem und kraͤftigem Geifte ftand er im drängenden Ges
dieſes großen politifchen Lebens, eifrig und thätig für Alle, was in dem
BD ſel der Ereigniffe als wahrhaft gut zu erfennen war. Die wohlthätigen Uns
Dmungen, denen er mit Rath und That beigetreten, bie Anftalten, die er ges
xt, die menfchenfteundliche Hülfe, die er Einzelnen dargereicht, find nicht aufs
»ien. Doch iſt dies Alles nichts gegen die Wirkung feines ebenfo tiefen als
ex und lebendigen Geiſtes, der Durch den Zauber der herrlichften Beredtſamkeit
Ethörlich in die Gegenwart einftrömte und beſonders für Deutfche, von denen
> wörbdigften in Paris feit 25 Fahren zu feinem Umgange ſich drängen gefehen,
wich und heilfam war. Mit einer unglaublichen Geſchichts⸗- und Weltkenntniß
erüftet, zu ben tiefften Quellen der Staatskunde gebrungen und vertraut mit
ebendigen Fülle des Geſchehenden, ſprach er beſonders gründlich, fharfjinnig,
>tßend über die politifchen Segenftände, und Vieles, was in Büchern oder Be:
en umter andern Namen Auffehen und Bewunderung erregte, war nur der Ab⸗
einer reichhaltigen, täglich erneuerten Geſpraͤche. Sein Reihthum an Gedan⸗
mnd Ergruͤndungen war fo grof, daß er niemals nöthig hatte, das Ausgeſpro⸗
e noch als frin Eigenthum zu bewachen. Seine tieffinnigen und felbftändigen
"sfuchungen geftalteten fich zu einer vollftändigen Philofophie des Staats.
S auch in andern Gebieten des Denkens verfuchte fein reicher Geiſt fich mit
wtbarem Erfolg, und ein Werk, das z. B. f. Forſchungen Über Sprache mit:
Me, würde durch die wunderbarften Auffchiäffe überrafchen. — Während ber
Deckens seit war er 14 Jahre lang im Gefängniffe, bis der Kal der Jakobiner
Vie Freiheit wiedergab. Unter Napoleons Hertſchaft, gegen den er nie aufhörte
allen Nachdrucke der Wahrheit zu eben, und deſſen Sturz ex \onar voraudkonte,
1774 Schlacht, Schlachtordnung
entging er neuer Verhaftung zum Theil vielleicht durch die Sonderbarkrit ſrin
Lebensart, die man fir ein Zeichen der Unfchädlicykeit nehmen mochte. In ena
ſchlechten Zimmer, das er nie verſchloß und felten verließ, unter geringer Umgeben
in zerriffener Kleidung und ohne Bedienung nahm er die zahlreichen Befude a
die ihm täglich von Menfchen aller Art und jedes Standes zulamen; fein gun
Weſen und Betragen zeigte gleich den Mann, der offen und gerade feinen rechtſch
fenen Wandel verfolgt, nichts fuͤr ſich will, nicht® auf Nebenwegen herbeisufühe
ſucht, der, ohne Ehrgeiz und fogar der Eitelkeit unzugänglich, keinerlei Einflkf
rungen anhören ober Ränke anzetteln kann. Weil er f. Gefinnungen und R
nungen nicht verhehlte, felbft den abgeſchickten Kundfchaftern nicht, fo konnten‘
nicht gefährlich bünten, und bie Pölizei, die mit dringendern Sachen beidhätl
war, ließ ihn in Ruhe. Zehn Jahre lang verließ er fein Zimmer nicht, fleth a
Ideen befchäftigt, z. B. mit einer Sprachmaſchine, welche die Laute einer Spru
treu angeben follte. Uber f. Verbindung mit Reichardt und über die ihm beigeh
ten Schriften f. m. die „Allgem. Zeitung”, 1826, außerord. Beil. 5 zu Rr.3
Seine Einkünfte verwendete er, da er für fich faſt gar nichts brauchte, mei —
im Stillen zu wohlthätigen Zwecken, befonder® für Landsleute, denn in faſt 30
tiger Abwefenheit blieb er ein Deutfcher, Preuße und Schlefier; aud wußte
kannte er Alles genau, was dort gemeint und gethan wurde. An die preuf. 8
gefangenen in Frankreich ließ er mehrmals bie größten Summen insgehein
theilen, und zwar in Zeiten, mo ihm ber größte Theil feines Vermögens in
fen, wegen feiner langen Abweſenheit, mit Beſchlag belegt worden war,
fpäter wieder aufgehoben wlirde. 1813 wollte er an der feinen heißeften
entfprechenden Begeiſterung des preuß. Volks thätigen Theil nehme un)
Preußen zurückkehren, allein böfe Raͤnke wußten bie® zu bintertreiben, und er
in Paris die Ereigniffe abwarten. Aber auch von hier aus mußte fein
ſcher Eifer fo herrlich auf die Heimath zu wirken, daß der König fich bew
ihm das eiferne Kreuz zu verleihen. Die Wiederkehr Napoleons im fols.
binderte ihn abermals, Paris zu verlaffen. Er ftarb dafelbit den 22. Aus.
Man gab ihm die von ihm felbft verfaßte Grabſchrift: „Civis civitatem q
do obiit uctogenarius”.
Schlacht, Schlahtorbnung. Der Kriegezmed kann im Fee
zweifache Art erreicht werden. Entweder bie eine Partei nöthigt den Gegun
ftrategifche Operationen, Märfche, Stellungen, Demonftrationen, das Feld #
men und auf feine Vortheile zu verzichten, oder die gegeneinanbermogenden
maffen nähern ſich fo, daß (beabfichtigt oder zufällig) ein Anſtoß unvermeidiid
Nun muß durdy Kampf ſich entfcheiden, wer im Vortbeil, wer im Nadırkei
ben foll, und den Moment der Entſcheidung führt die Schlacht herbei
Ausbrud: Dffenfiv: oder Defenfivfhladt, iſt relativ und erklärt Ad
felbft. Man wog fonft häufiger die Worte und fuchte den Unterfchied
Schlacht, Gefecht, Treffen, Scharmügel u. dgl. bald nach der Anzahl der in
tigkeit geſetzten Kräfte, bald nad) dem Zwecke, nad) dem Mefultate oder I
Zufälligkeiten zu beftimmen ; allein biefe Begriffe laſſen fich ihrer Natur nat
ftreng fontern. Mo nicht ein zufaͤlliges Begegnen oder Aufeinanderterffes
Streitkräfte (Rencontre) ftattfindet, pflegen beide Theile ihr Schlachtfelb
ihre Berechnungen zu zieben, fuchen einander die vortheilbaftere Aufftellug
gewinnen und alle zur Verwendung möglichen Mittel in diefe Gegend ze
zuziehen. Es laſſen firh dann 3 Momente jebesmal unterfcheiden: Bor
Plan, Anordnung; der Kampf felbft, und bie Entfheidung. — 1.
ment. Der Feldherr faßt feinen Gegner ſchaͤrfer ind Auge, er
beffen Stärke, Stellung, Abſcht, die Ortlichkeiten bes Schlachtfelbes zu
was oft, wenn Jener (ein Spiel zu verteden Kür yor Tin, Se:
Schlacht, Schlachtordnung 775
Gefechten führt, um ihn aufzufcheuchen, hervorzuloden, Gefangene zu mu:
ie man außfragen will. Da ber Feldherr nicht überall felbft feben Eann, fo
ügen ihn Officiere des Generalſtabes und Adjutanten; es werden einzelne
hafter oder größere Parteien in gleicher Abficht ausgeſchickt, felbft Spione
. Nach den Ergebniffen der Recognofeirung, wobei gute Charten und Si⸗
isplane unentbehrliche Auffchlüffe geben.müffen, erwägt und ordnet ber Selb:
ine eignen Kräfte und Mittel, entwirft aus feinem Genie oder nad) Erfahs
ı und geriffen Regeln den Hauptplan, vertheilt die Rollen an feine Unter
m, die Befehlshaber der Armeecorps und der befondern Waffengattungen,
Diejenigen, denen er Entfendungen’'ober andre wichtige Manoeuvres und
ionen anvertraut. Der Plan und die Umftände beftimmen die Schlacht:
ıng oder die Hauptform der Stellung und Bewegung zu Angriff oder Ver⸗
ung. (Dan nennt auch Schlachtordnung, ordre de bataille, die Grund»
3 und Ordnung der Truppen eine Heeres überhaupt.) Die Hauptform
hlachtordnung pflegt entweder parallel mit der feindlichen Stellung ober
mfaffend, wo man an Streitmitteln überlegen ift ober der Gegner feine
nicht genugfam entwideln kann, ober endlidy gegen feine Flanke gerichtet
wobei indeß doch immer ein Theil feiner Fronte beſchaͤftigt und fein Rüden
tobt wird. Die legtere Schlachtorbnung heißt bisweilen auch bie [chräge *)
e), unrichtiger die fchiefe, und wir haben im Art. Angriff fhon das Naͤ⸗
:über gefagt. Iſt nun jeder Heeresabtheilung ihre Stellung, ihr Wirkungs⸗
gewieſen, find ſchwaͤchere Punkte, wenn e8 die Zeit erlaubt, verſchanzt (vgl.
zen), iſt das Geihüg auf die günftigften Orte geführt und die Verbins
er einzelnen Theile durch Hinmwegräumung von Hinderniffen oder Einrich⸗
n Brüden, Wegnahme von Dörfern, Gehölzen, was oft nicht ohne Be:
eſchehen kann, hergeſtellt, ift zuletzt noch für ben Fall eines Mißgeſchicks ein
m Allgemeinen gegeben, fo hebt der 2. Moment an. Auf ein verabrebe>
nal oder aus einzelnen Operationen, gerdöhnlich der leichten Truppen, ent⸗
ich der Kampf. Das Gefchüg, entweder vor den Linien aufgefahren oder
ern günftigen Pofitionen, fängt an, die Reihen oder Colonnen, die Ber:
ngen unb befonder® das Geſchuͤtz des Begners zu bearbeiten, es bahnt den
enden Truppen den Weg, unterftügt ihre Manoeuvres. Die Anführer
ren Abtheilungen, die jegt meift in gebrängten Colonnen, nicht mehr mit
‚maligen tattifhen Zufammenhange, fondern felbftändiger ſich beroegen, die
iche Richtung im Sinne des Schladhtplane, und wirken, wie es die Um⸗
die Gunſt des Augenblidd oder andre Weifungen des Feldherrn gebieten.
leitet von einem Punkte, auf den er nad) allen Seiten hin die befte Über:
t, das Ganze, welches nım in einer Reihe von Treffen und Gefechten be
Er empfängt hier bie Berichte von den entfernter wirkenden Unterfeldheren,
(gt des Gegners Plan, Haltung, Ruͤck⸗ oder Kortfchritte, ordnet hiernach,
‚Öthig wird, Maßregeln an, vornehmlich wann und wie die noch unthätig
nen Steeitmittel (vgl. Reſerve) verwendet werben follen, um etwa ers
ten Punkten Unterflügung, ſchwankenden beffere Haltung zu geben, oder
ch eine fühne, Eräftige ober auch wol nur fyeinbare Bewegung den 3.
ent, den der Entfcheidung, berbeisuführen. Er iſt und kann freilich nicht
das Ergebnis der Gombinationen des Feldherrn fein. Dft tritt er durch Zus
iher ein al& zu erwarten fand, oft wird er durch Schwierigkeiten, Fehler,
Lan Energie im Einzelnen, aufgehalten ; oft nähern ſich ſchon alle Opera»
‚er die ſchraͤge Schlachtordnung möge man nadjlefen: Napoleons „Melanges,
dicte au comte de Montholon‘‘; „Precis des guerres de Frederic Il”, und
gegen im preuß. „Militairnvochenblatt”, 1324, Nr. 400 fg., angeführt woute,
————
— — —
N.
.
J
als moͤglich zu verfolgen. — rYy ergibt ſich überhaupt fü
mente der Schlacht eine Marime, deren Verabfäumung |
¶ Klates und richtiges Erkennen des gegenfeitigen Verhaͤl
Kräfte, klatrer Hauptgedanke zur Schiacht; 2) mögtichft 1
der Wirkſamkeit aller einzelnen Theile im Sinne des Sc
Verfolgen der errungenen Vorteile, bis des Feindes Kraf
Marimen befolgt wurden, dorthin wandte ſich faft immer
ftellung von Kriegsereigniffen und Manoeuvres hat ber $
in Berlin ein ſehr finnreiches.Xriegefpiel jufammengefei
tuationsplänen, im Maßſtabe von zo'sc, mit Truppen,
Geftalt von Beinen Parallelepipeden, manoeuorirt werbei
moralifche Element, die Wirkungen der Waffen, bie Zufaͤll
bei Friedensmanoeuvtes unbeadhtet gelaffen wird umb doı
f&eidender Wichtigkeit ift, durch Würfel dargeſtellt
Diefes Spiel, das ſich ſchon jegt eines faft allgemeinen B
tereffant als lehrteich und laͤßt wol faum etwas zu wuͤn
größere Einfachheit.
Schlachtenmale rei ift eine befondere Gattung
bie Aufgabe ift, den phyſiſchen Kampf ber Menfchen mit e
pen zu fhildern. Durch das Letztere fondert ſich biefelbe |
ſtoriſchen Gemälde ab, bei welchem es mehr auf handelnd
‚Hier handeln aber Menfhen in Maffe. Guͤnſtiger jedoch
Kampfweife der frühen Zeit als die der neuern, in welcher
mehr als Maſchinen in geregelter, ber maleriſchen Anficht ı
tämpfen, und ber perfönliche Muth minder hervortritt.
diefe Schilderungen duch Mitwirkung des Thieriſchen
Pferde. Hier find Angriff und Widerſtand in verſchi
Gruppen wahr und ausdrucksvoll darzuftellen, und es geb:
eine feurige Eindildungskraft, um Das aufzufaffen, was fe
tung verftattet, und ein Eräftige® Golorit, welches mitı
Schlaf Schlagfluß 777
en. — Ein Schlackenbad iſt ein Bad, wobei das Waſſer durch hineinge⸗
ene Schlacken erhitzt wird.
Schlaf iſt derjenige Zuſtand, in welchem die Sinne, die willkuͤrliche Be⸗
ing und die Seelenthaͤtigkeiten nach Außen hin unthaͤtig ſcheinen, und ſich
Kräfte fuͤr das wachende Leben ſammeln. Füuͤr dieſe Functionen iſt daher ber
and des Schlafs dem des Wachens voͤllig entgegengeſetzt, nicht ſo fuͤr die uͤbri⸗
functionen des Koͤrpers. Denn das Geſchaͤft des Herzens und der Lungen, naͤm⸗
as Athemholen und ber Blutlauf, gehen auch während des Schlafs ununter⸗
ven, nur ruhiger und gleichmaͤßiger vor ſich als im Wachen; die Ernährung
Theile, der Stoffwechſel, die Ab: und Ausſonderung der Säfte ıc. werden
förter und vollſtaͤndiger vollzogen als im Wachen. Daher ift ber Schlaf wes
Ugemein, d. h. für alle Sunctionen des Organismus dem Wachen entgegens
I, noch auch ein wirklich unthätiger Zuftand, und daher nur fehr unpaffend
dem Tode zu vergleichen. Der Menſch bebarfum fo mehr Schlaf, je jünger
B, für das mittlere Lebensalter fcheinen 2 Stunden vor Mitternacht und 5
mden nady Mitternacht hinzureichen ; Übermaß oder Entziehung des Schlafs
m bald fehr nachtheiligen Einfluß auf die Gefundheit. Das Schlafjimmer fei
Bag über geluͤftet und nicht bewohnt, Eühl, dunkel, ruhig, ohne Blumenduft
Ähnliche ſtarke Gerüche, das Bett mehr hart als weich, nicht mit Bedeckun⸗
Sherlaftet, der Schlafende möglihft frei von anliegenden Kleidungsftüden.
Rittagsfchlaf fcheint den Bewohnern warmer Gegenden Beduͤrfniß (Siesta),
tern Klimaten entbehrlich, oft nachtheilig. 16.
Schlaͤgeſchatz, f. Schlagſchatz.
Sſchlagfluß nennt man den meiſtens ploͤtzlich (gleichſam mit einem Schla⸗
tretenden Zufall bei dem Menſchen, welcher im Verluſte des Bewußtſeins,
efuͤhls und aller willkuͤrlichen Bewegung beſteht, wihrend das Athmen, ber
zund Arterienſchlag fortdauern. Ein von vollkommenem Schlagfluß befalle⸗
e nſch fällt ploͤtzlich, wie von einer unſichtbaren Macht getroffen, zuſammen,
& big, feine Glieder felbft zu bewegen, unfähig zu fprechen, hört auf Eeinen
» bat kein Gefuͤhl, fieht nicht, wenngleid) feine Augen offen ftehen, athmet
amb zuweilen mit Schnarchen, wie ein im tiefſten Schlafe Liegenter. Bel
tWeniger vollkommenen Schlagfluffe find manche Zufälle gelinder. Das Bes
In fehlt alddann zumeilen nicht ganz, die Bewegung ift noch etwas frei, ober
o ch nur auf einer Seite, die Sprache fehlt zuweilen nicht ganz, fondern ers
ch als ein unverftändliches Lallen. Deßhalb theilen die Ärzte den Schlagfluß,
Püner Verſchiedenheit in der äußern Form, in den Halbſchlag (Hemiplexie),
Kopf und die Hälfte des Körpers gelaͤhmt ift; in die Paraplerie, wo ber
Das Bewußtſein und die Sprache frei und unverlegt geblieben find, aber der
Rumpf gelaͤhmt ift, und in den vollkommenen Schlagfluß, wo der oben bes
‘are Zuftand eintritt. — Die weſentliche Urfache des Schlagfluffes ift eine
tag des Gehirns, mwahrfceinlich auch tes Ruͤckenmaiks, entweder in feinem
UUmpfange , welches den vollkommenen Schlagfluß bewirkt, oder nur in einer
Des Gehirns, wodurch Hemiplerie entfteht, oder nur im Ruͤckenmark, wos
Sahrſcheinlich Paraplerie entfieht. Obgleich die Erhaltung des Organismus
Kan dieſen Nervenpartien abhängt, fo kann doch eine fo bedeutende Verlegung
"3 in feinem Innerſten nicht lange beftehen, ohne daß dus Leben darüber zer⸗
erde. Daher ift der Ausgang des Schlagfluifes verfchieden: entmebder er ift,
Ex den feltenern Faͤllen, mit bald darauf (in einigen Stunden) folgendem Tode
Wen , oder der Anfall toͤdtet erſt in 2 — 3 Tagen, während welcher Zeit man
ezı fieberhaften Bang bemerkt ; oder e& folgt zuweilen Genefung , doch bleibt
n6 Lähmung irgend eines Gliedes oder mehrer Blieder zuruͤck. Was nun aber
tzliche Lähmung jener wichtigen Theile felbft verutſacht, X \dyverr anfıms
718 Schlagfluß
hellen. So viel lehrt die Erfahrung andrer Faͤlle, daß ein Druck au
einen dem Schlagfluſſe ganz ähnlichen Zuſtand hervorzubringen verm
bald dieſer Druck aufhoͤrt oder weggenommen wird, das Bewußtſein,
dung und der Gebrauch der Sinne und Glieder zuruͤckkehrt. Ja man
ſonen, bei welchen das Gehirn zum Theil entbloͤßt lag, z. B. bei 9
Zrepanirten, durch abmechfelndes Drüden auf das Gehirn und N
Druds ein ebenfo abwechfelnd erfolgendes betäubtes Einfchlafen und
wirken Eönnen. Perfonen, welche durch einen heftigen Schlag auf |
legt worden find, wodurch ein Erguß von Blut oder ein Austreten vo
entftand, oder woburd in dem Schädel ein Knochenſtuͤck nieberge
liegen in einer Betäubung, welche ſogleich aufhoͤrt, fobalb das ger
oder die niedergebrückte Knochenplatte durch den Trepan weggebrach
Don ähnlichen Zufällen hat man auf ähnliche Urfachen den Schluß <
deßhalb auch bei dem Schlagfluffe einen Druck auf das Gehirn vermutt
kann auch dies nicht allemal und für fich allein ber Kall fein; denn ma
henöffnungen mancher am Schlagfluß verftorbenen Perfonen nicht al
eines folchen vorhanden gewefenen Drucks auf das Gehirn gefunden,
Gegentheil, ohne alle ſolche Veranlaffungen, von blofer Schwäd
entftehen fehen. — Dan kann daher für jest folgende nach den ent
ſachen für die Behandlung wichtige Eintheilimg des Schlagfluffes alı
fehen. Die Thaͤtigkeit der Hirnorgane ift gelähmt, entweder 1) durch
nifchen Druck auf daffelbe, oder 2) durch eine unverhaͤltnißmaͤßige Ablei
venäthers auf das Ganglienſyſtem, oder 3) durch unverbältnifmäßig
des erflern nach) dem Gehirn, oder 4) durch eigne Schwäche und Erf
Nervenaͤthers felbft. — Was die erfle Urfache betrifft, fo Eann der 5
Gehirn entftehen von übermäßige Anhäufung des Bluts im Gehin
Blutfchlagfluß, apoplexia sanguinea genannt), weldhe durch En:
Aderneges in bemfelben, durch Hemmung des Zurüdfluffes des BI
Behältniffen deſſelben, ſelbſt durch heftige Affecten, welche das B
Kopfe treiben, durch übermäßige Erhitzung des Körpers, durch £
Athemholens, 3.3. bei Ertrunkenen, durch habituelle Hemmung de
u. f. m. veranläßt werden fan. Der lähmende Drud auf das Gehi
ausgeübt werden von einer Anbäufung wäfferiger, lymphatiſcher od
Fluͤſſigkeit (waͤſſeriger Schlagfluß, apoplexia serosa), 3. B. bei der
wafferfucht, nach Hirmentzundungen bei Ausſchwitzung von dergleich
bei einem plöglichen Erguffe von Eiter aus Hirngeſchwuͤren. — Die;
krankhafte und übermäßige Ableitung des Nervenäthers aus bem (
vorfallen bei heftigen oder oft wiederholten Erregungen andrer Orge
im Genuffe von finnlihen Vergnuͤgungen, Überfüllung des Magens
heftigen Krämpfen, ftarfen Reizen im Unterleibe u. dgl. Daher d
gallichte, gaftrifhe und krampfhafte Schlagfluß (apoplexia spasmoı
dritte Urfache findet nicht felten ftatt bei heftigen Affecten, von dem
narkotiſchen Giften, von dem Üübermäßigen Genuſſe geiftiger Get
Eönnte man Schlagfluß von Betäubung (apoplexia nareotica) nennt
die vierte Urfache kann eintreten nad) heftigen Anftrengungen, Folge |
anhaltender, oft wieberfehrender Krämpfe, Schwäche überhaupt ur
Blut, übermäßiger Genüffe der Sinnlichkeit u. a. m., welche Art ;
plexia nervosa, Nervenfchlag, genannt wird. — Dan fieht ſchon
die Heilung des Schlagfluffes nicht Leicht ift, indem die Verſchieden!
chen berüdfichtigt,, und die Behandlung darnach eingerichtet werben ı
jederzeit ein [ehe bedeutender Jufalk , bad it die Gefahr nicht alema
Nicht felten erholen fc) and) Die Kranken wirdter | ilue, wessen M
Schlaglicht Schlagſchatz 779
ruͤckkehrt, oder Laͤhmung einer Seite, einzelner Muskeln, z. B. der Sprach⸗
ge, einiger Muskeln des Geſichts, zuruͤckbleibt, ſodaß der Mund nach einer
ezogen, bie bisherige Phyſiognomie des Kranken veraͤndert wird. Ein toͤdt⸗
usgang iſt meiſtens zu erwarten, wenn der Schlagfluß vollkommen und
fig ift, wenn das Bewußtſein und die Empfindung ganz verloren find, wenn
pfindlichkeit des Auges gegen das Kicht fich gar nicht regt, wenn der Kranke
lucken ann, wenn das Athmen immer ſchwerer und mühfamer wird, einige
Blut aus ber Nafe oder Schaum aus dem Munde kommen, wenn ber
‚fängt ſchwaͤcher zu werden. Dagegen ift ziemliche Hoffnung zu einem bef:
Bgange da, wenn fich bald nad) bem erften Anfalle wieder Nachlaß der Zus
t, wenn Spuren von Bewußtſein zuruͤckkehren, das Schnarchen und Roͤ⸗
> verliert, wenn ein hinlänglicher Blutabgang ſich einfindet mit Erleich⸗
— Es gibt Menfchen, mweldye vor andern, vermöge ihrer Eörperlichen Bes
eit, in Gefahr find, von diefem Zufalle betroffen zu werden. Auch kommt
Lich wol nie fo ſchnell und unvorbereitet, als es bei mandyen Kranken diefer
Fall zu fein fcheint, fondern es vertündigen manche vorausgehende Zeichen
Bunft. Wenn man noch genauer darauf merkte, würde man noch mebre
en beobachten, denn nur der legte Schlag kommt fchnell auf eine befonbere
Jung , allein die vorbereitenden Urfachen wirken viellgicht Jahre lang vor:
efonders fcheinen folche Perfonen zum Schlaofluffe geneigt, welche ſchon
die Fahre vorgeruͤckt find und einen dicken, ſchwammigen, fetten, kurz⸗
. Körper, einen etwas großen Kopf, einen kurzen Hals haben; ferner Pers
welche an fteten Kämpfen leiden u. f. w. — Zeichen, welche bei Perfonen,
Anlage dazu haben, baldigen Schlagfluß befürchten laffen, find beftän-
w Roͤthe des ganzen Gefichts, Schwindel, Ohrenbrauſen, Übelkeit bei "
am Zuftande, plögliche Abnahme des Gedaͤchtniſſes, einzelne kleine Laͤh⸗
defonders im Gefichte. Wer Anlage zum Schtagfluffe hat oder Vorboten
erft, muß in allen finnlichen Genuͤſſen ſich der größten Mäßigkeit befleißts
den Magen uͤberladen, befonder® Abende nicht viel und nur leichte Spei⸗
Ben, fid der erhigenden Getränke enthalten, nad dem Eſſen keine ans
e Kopfarbeit vornehmen, vor Erhigung Überhaupt fi) hüten, befonder®
zelle Erkältung, Zugluft bei fchwigendem Körper oder Erkältung des
sen er [chwigt, vermeiden. Dagegen muß ein Solcher mäßige Bewegung
wen, und ſtets aufgehörigeregelmäßigeundleichte Leibesöffnung halten. H.
xhlaglicht (coup de jour) heißt in der Malerei ein lebhafter, wirkfam
hter Lichtſtrahl, durch weichen man einen Gegenſtand vorzüglid, heil und
hervortreten läßt.
sblagfchatten, f. Schatten.
ch lagſchatz. Die Verfertigung ber Metallmünze verurfacht einen Kos
and, diefen nennt man den Sclagfhag oder Prägfhag der Münze.
sanınien ift der einzige Staat in Europa, welcher die Prägkoften feiner
wicht auf diefe felbft ſchlaͤgt; dort wird nämlich die geprägte Metallmünze
ihr Gewicht weggegeben, und die Regierung trägt die Koften der Prägung.
ent jedoch diefe® keineswegs nachgeahmt zu werden, denn die Anrechnung
agſchatzes allein kann hindern, daß dee in demfelben liegende Arbeitslohn
ehe nicht wieder der Metallmünze entzogen, tie Münze von neuem in bloße®
perwanbelt, zu Gefäßen, Zierrathen ıc. eingeſchmolzen, alfo der Nation
gleichungsmittel, deffen fie bebarf, entriffen, und fie zugleich durch die
mg, durch den Untergang des auf die Verfertigung der Metallmünze ver-
Arbeitslohns in Verluft gebracht werde. Hierzu kommt noch, daß, mie
u die Münzeunft in den neuen Zeiten vervolllommnet worden, wm %
pinsmer nicht dahin hat bringen Eönnen, dem einen Mingtüdte grnnutenie-
⸗
780 | Schlangen
ben Metallgehalt zu geben, ben das andre hat; kommen num biefe Stuͤ
denem Metallgehalte aus der Mimsftätte, und es wird kein Sch
men, fo fuchen Gewinnſuͤchtige die guten Stuͤcke aus und ſchmelzen
nur die fchlechtern im Umlaufe bleiben. Dieſer Fall tritt in Engla
wo man nur felten gute Muͤnzſtuͤcke im Umlaufe ſieht. Laͤßt fich
Schlagſchatz nicht wieder vergüten, fo macht er dadurch allen fren
welche fi feiner Münze zu ihren Werthausgleihungen bedienen, ⸗
dientes und zweckloſes Geſchenk, weßhalb audy die britifche Megieru
einheimifcher Münzen bei Todesſtrafe verboten bat. Aber ein
ann allenfall6 nur in einem Infelftaate wie Großbritannien ſtreng
in irgend einem Staate des feften Landes ift dies faſt gar nicht denkt
nicht alle Nationen durch eine allgemeine Übereinkunft ſich dazu t
Schlagſchatz aufzuopfern, fo hätte ja eine einzige Nation, welche fic
güten ließe, es ſtets in ihrer Macht, bie Metallmünze aller andern
Gewinn an fi) zu ziehen. — Die Größe des Schlagſchatzes einer ‘
denfelben Bedingungen unterworfen, wie ber Schaffungskoftenbet:
andern Gewerberzeugniſſes, es hängt dieſelbe naͤmlich ab theils vor
theils vom Capitalaufwande, welchen bie Ausprägung der Mür
macht; beide, fowol der Arbeitslohn als der Capitalaufwand aber |
die Metalimünze entweber von grobem oder feinem &chrote ift, ı
diefelbe an dem einen oder andern Orte verfertigt wird, hoͤchſt vı
Ausprägung einer Mark Sitber zu groben Münsforten, 3.3. zu
Eoftet natisclich bei weitem weniger, als deren Ausprägung zu Bleine
zu Grofchen; bei jener ift daher der Schlagſchatz nothwendig gering
‚ und ebenfo ift die Münzprägung an ben Drten, wo ſowol die Bre
Arbeitslohn vorzüglich niebrig find, oder wo eine vervollfommnete Ma
sungen an Capital und Arbeitslohn geftattet, wohlfeiler als da, wo fold
bältniffe fehlen. — Was übrigens die Art und Weife betrifft, mie fid
den zur Prägung der Metalmünze vorgefchoffenen Koftenaufwand, d
von den Benugern diefer Münze wieder vergüten läßt, fo kann dies
ſchehen, daß die Geltung der Münze über den Betrag des In ihr enth
gefeglich um fo viel erhöht wird, als ber Schlagfchag ausmacht.
Schlangen, Amphibien, fo benaunt, weil fie ſich vermöi
wurmförmigen, äußert biegfamen und gefchmeidigen Körpers auf
in fich felbft und um andre Körper ſchlingen oder winden Binnen. 9
gänzlihe Mangel aller äußern Gliedmaßen zur Bewegung, fomol
der Stoffen, zeichnen fie hinlänglich vor ben übrigen Amphibien aus.
tern Mangeld bewegen fich bie Schlangen mit ungemeiner Geſchw
langer geſtreckter Körper fchießt, da vermöge feiner wunderbaren fi
Theil deflelben eine elaftifche Feder ift, die bei der Berührung des Bol
pfeilfchnel! dahin, und fcheint mehr in der Luft dicht über der Erde hi
bie Erde ſelbſt zu berühren. Mit unglaublicher Feichtigkeit winden fi
me binan und heben fi, wenn Zorn oder Liebe fie erhist, auf ih
Schwanz geitügt, mit dem Vorbertheile des Körpers in die Höhe. €
feine aͤußere Ohren, wol aber innere Gehörorgane und hören ziem
Verhältniß des Kopfes zum Rumpfe, forie die Geftalt deffelben, H
der; die Augen find ſchoͤn und feurig, die Mundoͤffnung iſt ungen
der Rachen kann ſtark erweitert werben, da die Kinnladen nur mit
Bänder zufammenhängen; der Schlund dehnt ſich zu einem Kropfi
3 — 4 Mai größeres Thier fast als die Schlange felbft, wenigfen
ihrer Dicke, iſt. Die Zunge tft in einer Scheibe verborgen, iſt lang
und beweat ſich pieilfcnelt in Radyen, elotiert une una dad A
Schlangen 781
ie Ränder der Kinnlaben find gezähnt, dienen aber nicht zum Zermalmen
fen, ſondern bloß zum Sefthalten des erhafchten Raubes. Nur bei eini?
n ſich vorn ein Paar längere, zum Verwunden gefchidte Zähne. Diefe find
eglich, in einen feften Knochen eingefenkt und ſtehen mit ber Speichelbrüfe
dung. Sie können durch eine Bewegung bed Unterkieferd und mittelft
uskeln hervorgeſtreckt und eingezogen werben. Hinter ihrer Wurzel liegen
üschen, in welchen ſich aus der Speichelbräfe ein Gift abfondert, welches
ß vermittelft eines Druds in den hohlen Zahn und durch eine aͤußerſt
nang an der Spite deffelben in die Wunde fließt. Diele Schlangen, be:
a den heißen Ländern, führen ein fo fcharfes Gift bei ſich, daß es in kurzer
elbſt auf der Stelle, tödtet. In Anfehung der aͤußern Bekleidung halten
angen das Mittel zwifchen den Fifchen und Eidechfen. Die Schuppen,
m äußern Überzug bei den mehrften ausmachen, weichen in Hinfiht auf
id Geſtalt bei den verſchiedenen Battungen fehr von einander ab, und auf
l und Zufamfenftelung beruhen meift die Charaktere der Gefchlechter
tungen, obgleich diefe Merkmale nicht ganz ficher find. Das Knochenge⸗
Schlangen ift hoͤchſt einfach und befteht außer dem Schädel in einer vom
zum Schwanzjze reichenden Reihe von Wirbeibelnen, ohne irgend weitere
jungen. Die einzelnen Wirbelbeine find ſehr beweglich und endigen fich
en Theile mit einer Kugel, die in der Pfanne des folgenden Wirbelbeine
h An den Seiten berfelben ſtehen die Rippen, die ſich nach mehren Rich»
legen. Gegen das Ende des Schwanzes haben die Wirbelbeine weber
od) Zaden. Rippen und Wirbelbeine machen übrigens die einzigen feften
dem Rumpfe der Schlangen aus, und die Innern reichen Theile find da>
nten durch Nichts als durch bie breiten Bauchſchuppen und durd) eine bes
Lage von Fett zwiſchen Haut und Eingeweiden befhäst. In der Größe
‚ bei den Schlangengattungen die Äußerfle Verfchiedenheit; einige erreis
Länge von 30 und mehr Fuß, dagegen meffen andre nur wenige Zoll.
d Die Zeihnimgen und Farben ungemein mannigfaltig und bei einigen fo
daß man fie zu den ſchoͤnſten Thieren rechnen kann. — Die Schlangen
nut in der heißen und in den gemäßigten Zonen, nicht jenſeits des Polar:
In den heißen Ländern innerhalb der Wendekreiſe gibt es die meiften, die
re ſchoͤnſten und die gefäprlichften. Mehre Battungen trifft man ſowol
n al6 neuen Welt an. Faſt alle lieben feuchte, dumpfige, aber zugleich
ster. In der Hitze des hoben Sommers find fie am lebhafteften und thaͤ⸗
ie giftigen aber auch am gefährlichften. Dagegen werben fie im Herbfl
ger und erflarren zulegt, wo der Winter aud) nur einigermaßen ſtreng if.
Winterſchlafe verbleiben fie, bis das Frühjahr fie wieder erweckt. Als⸗
ten fie fi. Die größern Schlangengattungen find dem Winterfchlaf nicht
en , ba fe nur in heißen Ländern leben; auch zeigen fie feine Geſelligkeit,
tarı die kleinern öfter in ganzen Befellfchaften und in einander verfchluns
Höhlen ıc. findet. Alle Schlangen können im Waffer leben und ſuchen
ihren Fraß dort; aber fie müffen beftändig Luft fchöpfen, wenn fie nicht
oflen. Die Nahrung der Schlangen beſchtaͤnkt ſich auf das Thierreich.
ur Gattungen fangen Inſekten und Gewuͤrme, die großen aber ftellen
größten Säugthieren nad) und feibft Panther und Reoparden werben ih»
zur Beute. Sie zerfauen Ihren Fraß nicht, ſondern verfchluden ihn ganz.
Jeute dazu zu groß, ſo zermalmen ſie ſie durch ihre Windungen. Die Ver⸗
er mit Haut und Haar verſchluckten thieriſchen Koͤrper ſcheint bei den
chlangen viel Zeit ‚u erfodern und daher ihr Fraß im Magen ſelbſt in
berzisgehen. Daraus laffen fich die übelriechenden Ausbänftungen erklaͤ⸗
han bei alten Schlangen bemerkt, und die wol Urſache fein indaen, dod
732 Schlangenbab Schlegel (Lob. Elias)
man ihnen fonft eine betäubenbe Zauberkraft zufchrieb. Ste gehoͤren fl
ben eierlegenden Thieren, doch brüten einige ihre Eier Im Leibe feihfl
eigne Wärme aus; diefe pflegt man daher auch Iebendiggebärende ode
(Viviparae) zu nennen. Für den Menſchen haben die Schlangen kein
den Nugen. Einige dienen zu Arzneimitteln, andre, felbft die giftigften
rung. Man Eennt jegt 9 Gefchlechter der Schlangen, welche in ungefäh
tungen zerfallen. — Bei den Alten hatten die Schlangen eine heilige‘
Schon in den älteften Zeiten erhält fidh die Vorftellung der Schlang
böfen Wefens, und fie wurde daher bald Symbol des Boͤſen, Schäpii
deutigen der verlodenden Woluft, der verberblichen Lift, aber auch dei
keit. Das Erſte findet fich in der heil. Sage vom Sünbdenfall und in de
Dualismus, wo Ahriman in Geftalt der Schlange den Stier des D:
berifch anfällt. Als Symbol der Fruchtbarkeit erfcheint fie aber ber
Mpthologie, wo fie auch ald guter Genius (ayaFodarumv) angefeh
ehrt wurde; und ebenfo als Symbol [haffender Kraft in der phönisifd
genie. Hiermit hängt aud) zufammen, daß man ihr zauberifche umd hei
zuſchreibt. So wird fie Attribut des Äskulap und Symbol der Zauber:
kunſt. Bei den Griechen war aber auch die Schlange dem traumfpende
geheiligt und wurde darum bei dem Drakein aufbewahrt. Hier wird
der Seherkraft und Welffagung. — Die Schlangen, deren ſich die
Priefter bedienten und die u. d. N. Knep bh vorkommen, waren von R
fie wurden nur abgerichtet. Diefe Schlange hatte, nach Älian, ihre 7
rung, umd nach Mosheim’s „Geſch. der Schlangenbrüder der erſten Ki
fie von den gnoftifhen Ophiten (f. d.) in das Chriſtenthum eingefüh
die Askulapiusfchlange, welche in Epidaurus verehrt wurde.
x Schlangenbad und Langenſchwalbach (f. Schw:
der vormals kurheſſiſchen Grafſchaft Niederkagenellnbogen, in ber Naͤ
nen Rheingaues, gehören jegt zum Herzogthum Naffau und liegen in «
tifchen Waldgegend. Ein Rind, das krank ſich täglich vom der Heerde fi
von dem Hirten an der warmen Quelle gefunden warb, von ber ed G
hielt, entdeckte diefe Quelle vor 200 Jahren. Dr. Glarin aus Won
1657 diefelbe nebft nothdürftigem Bauholz; um 2 Ohm Wein von |
von Berſtadt. Später warb das Bad heffifch und 1694 mit Anlı
fhmüdt, die immer fortgefegt wurden. Die Alleen und Spaziergänge
die mit den fchönften Zimmern verfehenen Gebäude, geſchmackvoll ange
naffauer Haus iſt durch einen bedeckten Gang mit dem hefftfchen Haufl
und enthält 3 Quellen und 10 geräumige Bäder, außerdem auch noch
bad. Das neue Haus hat 6 Bäder. Obige 3 Quellen geben in 24 Ser
Ohm Waffer, das 21 — 22° Reaumur hat und Thon und Kalkerde a
verjüngt gleihfam das Alter, indem es als feifenartiges Waſſer mb
milde Wärme gefehmeidig macht, die ftraff gewordenen Hautfafern a
ftärkt und Steifigkeit und Conttacturen hebt. Schärfe der Säfte, Fid
und Stein, Dörrfuht, Krämpfe bes Unterleibes, krampfige Engbräfig
es ebenfalls. Der Haut gibt es eine unglaubliche Zartheit und Weichh
blaulich und wie Seifenmwaffer anzufühlen. Die ihm eigne Fettigkeit ſi
Seftalt eines ſchmierigen Schmuzes auf dem Waffer. Der Badeſch
zum Heilen und Trocknen alter Geſchwuͤre benust. Zwiſchen Scha
Schlangenbad ift ein immermährender Verkehr, ſodaß die Gaͤſte beider
faft täglich befuchen. Das ſchwalbacher Waffer wird auch täglich in da
Morgens nad) Schlangenbad gebracht und dort gebraucht.
Schlegel (Johann Elias), geb. den 28. Fan. 1718 zu Riiſ⸗
ſchon im 12. 3. deutihe Verle. Sein Vater, dafelbft AppeWationdeeit u
De X
Schlegel (Johann Kol) 7188
‚ Ve ihn durch Privatiehrer unterrichten. Mit großen Kenntniffen in den
chulwiſſenſchaften ausgeruͤſtet, befuchte er Schulpforte, wo er auch über
n Bruder, Johann Adolf, die Aufficht übernahm. Durch f. Vater er:
ſtudirte er den Horaz, fuchte diefen Dichter und die „Cyropaͤdie des Xeno⸗
überfegen, las auch Sophokles und „„Euripides”, und verfertigte ſchon in ſ.
hren ein Trauerfpiel, welches er „Die Trojanerinnen‘ nannte. So begeiftert
wenn er arbeitete, fo ſtreng in der Kritik war er gegen fich felbft, und häufig
die Hälfte ſ. Arbeit, die er Abends vorher gemacht hatte, am andern Mor:
b. In Leipzig, welches er 1739 befuchte, um die Rechtöwiffenfchaften zu
‚ ward er mit Bottfched bekannt, der, feinen wankenden Ruhm durch Vers
em mit jungen talentvollen Dichten zu fichern bemüht, auch Sch. an ſich
ı mehre Auffäge deffelben in f. „Beiträge zur Eritifchen Hiſtorie der deuts
prache, Poefie und Beredtfamkeit" aufnahm. Nach Beendigung der Uni»
jahre (1743) ging Sch. als Privatfecretair des fächf. Kriegsraths und Ges
v. Spener, feines Verwandten, mit nach Kopenhagen, nahm fpäterhin an
emiſchen Beiträgen” thätigen Antheil, und gab ſelbſt eine Wochenſchrift:
remde“, heraus, worin er f. Bemerkungen über dänifche Sitten, Vers
Geſchichte, Spreche ıc. vortrug. Diefe Wochenfchrift ward in Dänemarf
B in Deutfchland fehr günftig aufgenommen. Für das bänifche Theater ars
e einige Luftfpiele aus, welche nach f. Handfchrift ins Dänifche überfegt
Durch den Einfluß des Freih. v. Holberg, deflen Gunft er fid durch f.
3er dänifchen Geſchichte und Sprache erworben hatte, ward er (1748) zum
entl. Prof. an der neu errichteten Ritteralademie zu Soroe ernannt. Aber
afte waren fehr gering, und deſto größer f. Arbeitfamkeit, die, verbunden
zungsforgen, ihm ein higiges Fieber zuzog, woran er 1749 im 31. Jahre
- Höhft ruͤhmlich, aber Lärglich belohnt, war das Streben biefes Mannes
Kteratur feines erften und zweiten Vaterlandes. Er mar nach Andre. Gry⸗
u erfte deutſche dramatiſche Schriftfteller, der genannt zu werden verdient.
dramatifchen Arbeiten jet gleich tief unter ben Werth geſunken, den fie
m urfprünglichen Erſcheinen hatten, und fchließen fie fich gleich zu fehr an
en der franz. Dramaturgen und an bie Bottfcheb’fche Schule an, von wel»
kch nie ganz losreißen konnten, fo bleiben fie doch immer fhägbare Denk:
B Aufbluͤhens umferer [hönen Literatur. Kür fein beſtes Trauerſpiel wirb
mm” gehalten. Sch. behandelt den Alexandriner mit Leichtigkeit. Joh.
Schlegel’ 86 Werke” (herausg. von Joh. Heine. Schlegel, Kopenh. und Lp;.
-70, 5 Bde.) enthalten außer den dramatiſchen Stüden andre Gedichte
ſeiſche Ausarbeitungen, namentlich auch die obige Wochenſchrift: „Der
ıchlegel (Johann Adolf), Dichter und Kanzelredner, geb. zu Meißen
bezog mit feinem Bruder Johann Elias, nachdem Beide zu Schul⸗
be erſte gelehrte Bildung empfangen hatten, bie Univerfität zu Leipzig. Hier
zwiſchen ihnen, Gellert, Rabener, Cramer, Ebert u. A. jener Freund»
und, der auf die Ausbildung des deutſchen Geſchmacks fo vortheilhaft wirkte.
zremiſchen Beiträge” waren die erfle Frucht dieſes Bündniffes. Späterhin
iefelben Df., von denen 3. A. Sch. einer der eifrigften war, u. d. T.:
iſchte Schriften”, eine Monatsfchrift heraus, die als Fortfegung jener
je zu betrachten ift. Nachher arbeitete er mit an der von Cramer herausg.
aſchrift: „Der Iüngling”.: In Afthetifher Ruͤckſicht erwarb ihm jedoch
egung von Batteux's Zurücführung der ſchoͤnen Kuͤnſte auf einen Grund⸗
‚es beaux arts reduits à un même principe”‘), welche er mit eignen
di. und Anmerk. begleitete (1751, 3. 4. 1770), den meiften Ruf, obgleich)
nfichten oft ebenfo unhaltbar find mie die des von ihm verbeutfchten und
184 Schlegel (Auguſt Wilhelm und Friedrich v.)
zum heil widerlegten Originals. 1754 warb er al Prediger und Pref.
lofopkie am Gymnaſium zu Zerbft angeftellt, von wo er 1759 nad) Hax
und 1787 das Amt eines Generalfuperintendenten bes Fürftenthums |
erhielt. Ex ftarb 1793. — Obgleich der größere Theil von f. dichteriſche
für unfere Zeiten Beinen Werth mehr hat, obgleich f. aͤſthetiſchen Anficte
Zeitalter gemäß, noch höchft befchränkt waren, fo verdienen body f. Ben
um bie deutfche fchöne Literatur Achtung, und felbft f. Fabein (ps. 1
°f. geiftlichen leder („Vermiſchte Gedichte”, Th. 1, Hanov. 1786) 9
dem Beflern, was wir Deutfche in diefen Dichtungsarten aufzuweiſen b:
aufgeklaͤrter Kanzelredner fihherte ſich Sc. gleichfalls einen dauernd
durch mehre Sammlungen von Predigten, umter benen bie zu Leipzig
3 Bdn., eine der vorzuͤglichern ift.
Schlegel (Johann Heinrich), geb. zu Meißen 1724, ein B
Johann Elias und Sohann Adolf, mit denen er gleiche Erziehung erhie
von 1741 an In Leipzig die Rechtswiffenfchaften, befchäftigte ficdh aber
mit der Gefchichte der fchönen Literatur, und kam durch Vermittelung fe
Bruders, Johann Elias, als Secretair der daͤniſchen Kanzlei nach Kopen
er (1780) als Prof. der Geſchichte, koͤnigl. Hiſtoriograph und Juſtiz
Er hat mehre Schauſpiele von Thomſon und andern engl. Dramatil
Maßgabe feiner Zeit fehr gluͤcklich, verdeutſcht. Außer andern, die din.
betreffenden Werken hat er auch eine „Geſchichte der dänifchen Koͤnig
oldenburgiſchen Stamme“ (Kopenh. und 2p;. 1777, 2 Bde., Zot., mit
ſchrieben.
Schlegel (Auguſt Wilhelm und Friedrich v.), 2 Bru
durch ihre kritiſchen Beſtrebungen, durch eigne poetiſche Erzeugni
durch Nachbildungen und Überſetzungen auf deutſche Kunſt und Wiſſen
ſam und beftuchtend eingewirkt haben. A. W. iſt den 8. Spt. 1767 y
geb., F. ebend. 1772. Ihr Vater war Joh. Adolf. (S. oben.) Wie
der Elegie von A. W. S. „Neoptolemus an Diokles“ anbeutet, herrſcht
lichen Haufe das liebevolifte Verhaͤltniß. Won der Mutter, einer treffti
ward er in der Religion, von Hauslehrern und auf der Schule zu Ham
Elementen der Sprahen und Wiſſenſchaften ımterrichtet. Ein beſonde
zeigte er für Sprachen. Fruͤh entwidelten ſich f. Dichteranlagen und!
erften, zum Theil abenteuerlichen, Jugendverfuchen zeigte er eine ungen
tigkeit im Versbau und Reim. Als 18jähriger Juͤnguing ſprach er auf
an einem Geburtstage des Könige eine felbflverfertigte hexametriſche
eine Sefchichte der deutfhen Dichtkunſt im Abriß gab und mit Recht
wurde. Sin Göttingen ftudirte er anfange Theologie, ging aber bald p
gie über. Hier gewann er Bürger’6 Freundſchaft, welcher Ihm in der 1
2. Ausg. f. Gedichte (1789) die poetifche Weihe gab und In einem fi
Sonctte die Unfterblichkeit verfündigte. Auch arbeitete er an beffen „At
(hönen Redekuͤnſte“, in weicher ſich 3. 8. f. „Ariadne“ umb ein Auffay i
findet. Zugleich war er Mitglied des philologiſchen Seminariums wm
und eine lat. Abhandl. über die homeri'che Geographie, welche 1787 b
erhielt, bewährte f. gründliche Bekanntſchaft mit einem der ſchwierigſten
ferer Kenmtniß des Alterthums. Auch fertigte er 1788 das Regifter m }
Birgil. Von Göttingen ging er ale Hofmelfter nady Amſterdam in
des Banguiers Muilman, von wo er nad) einem Zjährigen Aufenthalte b
land zurüdehrte und fid) bald nad) Jena begab. Er nahm an den „Der
fpäter an den Muſenalmanachen von Schiller lebhaften Antheil (beſord
außer den Briefen über Poefte, Syibenmaß und Sprache, die Überfege
dem Dante, mit ihrem Commentore , die Aufmerkſamkeit dee Amt
Schlegel (Auguft Wilhelm und Friedrich v.) 785
die Form des Originals abfichtlich verlegt war) und mar bis 1799 vielleicht
zigſte Mitarbeiter an der „Allg. Lit. = Zeit.” 1797 begann er bie Überfegung
akſpeare, deren wohlthätiger Einfluß auf den Geift und auf das Gemüth
dter Deutfchen, ſowie auf theatraliſche und declamatoriſche Darftellung noch
ortdauern wird. Von dieſer Überf. find I Bde. erſchienen, und Tieck hat
iſion berfelben mit Beifügung der noch unuͤberſ. Stüde in einer neuen Aufl.
nmen. Er lebte jegt, mit dem Titel eines Raths, als Prof. in Jena, wo
tifche Vorlefungen hielt und fi von 1798 — 1800 mit f. Bruder zur. Herz
e des „Athenaͤums“ verband, einer aͤſthetiſch⸗krit. Zeitfchrift, die bei aller
m Strenge die Keime lebendiger Bildung in empfänglichen Gemüthern zu
m fuchte. Diefes „Athendum”, wiewol e8 feiner Schärfe und f. übermüthis
ns wegen Vielen mißftel, hat auch durch Lie Theilnahme befreundster Geiſter
getragen, einen freiern Geiſt in der deutfchen Literatur aufjuregen, und die
n Vortheile haben infofern den Nachtheil überwogen, dem diefe Zeitſchrift,
durch ihre eigne Übertreibung als durch einige tölpelhafte Nachtreter be-
Noch erfchien während f. Aufenthalts in Jena die erfte Ausg. ſ. Gedichte
unter welchen befonder® die Sonette, beren zweiter Vater unter den Deuts
ſ. W. Schi. ift, namentlich die geiftlichen und Kunftfonette einen Chor
chickten und ungefchidten Nachahmern erweckt haben. — In bie legten Fahre
olemifchen Periode in Jena fällt noch das „Leben Nicolai's von Fichte‘, wel⸗
mit einer Vorrede heraußgab, und die „Ehrenpforte für ben Theaterpräfidens
kogebue’ (1800). Diefe Geburt des Muthwillens, durch den „Hyperbo⸗
Eſel“ von K. veranlagt, ift von Vielen angefochten worden; doch muß man
Spottgediht aus ihrem eigenthuͤmlichen Geſichtspunkte betrachten und ber
ft zur Ehre geftehen, daß Schl. dieſes Quodlibet herausgab, als die Zeis
Kotzebue's gewiffe Rüdkehr ſogleich nach feiner Gefangennehmung gemeldet
Der Gedanke war originell, feinen Begenftand in allen poetifchen Formen
gen. — 1801 erfhienen die „Charakteriftiten und Kritiken“ in 2 Thln.,
yen Brüdern herausgeg., worin das Urtheil über Buͤrger's Werke, von A.
bi. mit Einficht und Unparteilichkeit außgefprohen, neu war; die andern
: waren aus mehren Zeitfchriften zufammengeftellt. Gewiß ift es, daß diefe
lung mandyen Beiftesfunten entzündet und manche treffliche Ideen in Um»
wacht bat. Bald barauf erfchien der , Muſenalmanach auf das 3. 1802,
er mit 2. Tieck gemeinfchaftlid) herausgab. Ein myſtiſch⸗ſymboliſcher Geiſt
bier vor; doc, werden viele mit Freuden biefer Erſcheinung gedenken, 5.8.
renden Sonette von A. W. Sch. an f. Stieftochter, Augufta Böhmer.
pt lebten jegt die beiten Schl. ein ſchoͤnes Leben mit gleichgefinnten Freun⸗
id nur der Tod von Novalis (f. Hardenberg) hatte fie in diefem Zeits
betrübt. — A. W. Schl., der fich von f. Gattin, einer geb. Michaelis,
‚ wandte fi) hierauf nach Berlin, wo er Ende 1802 Vorlefungen über Lis
‚, Kunft und Geift bes Zeitalters hielt, die im 3. Bde. der „Europa“ feine®
8 abgebrudt find. 1803 erfchien der „Jon“, ein antikes Trauerſpiel, ohne
kmnliche Lebenskraft, Über welches in der „Zeitung für Me elegante Welt“
Her A. W. Schl. mit Rath, und That arbeitete) auch in Be:iehung auf den
es umd auf die theatraliſche Darftellung ſehr lehrreiche Geſpraͤche zwiſchen
di, Schelling und dem Verf. geführt wurden. Jener Zeitung hatte fich
: „Breimüthige”, von Kogebue und Merkel berausgeg., entgegengeſetzt, und
nun zu einem Federkriege gegen bie fogen. neue Schule und ihre Häupter,
Hhem cuch Kiätfchereien und Zerrbilder nicht verfhmäht wurden; U. W.
sing jedoch auf diefen Schmus nicht cin. — 1803 erfchien der 1. Bd. des
en Theaters, welcher 3 Stüde des Calderon enthielt; der 2. Bd. folgte
Sch. hatte Fury zuvor, im ?. Stud der „Europa“, aufden Genuß jenes
„Ber, Siebente Aufl. Bb. IX, - AN)
788 Sethlegel on (ir Duhelm und Bin
r Mbten; auch hat, er ſich In Beziehung auf Sy Reime oh Al
> Die ſtrengſten Geſetze vorgeſchrieben und durchgeſuͤhrt. A. W. Stl.
einen ausgezeichneten Rang unter f vereinigt Kefe
lin gewann einen neuem Wendepunkt, indem ex einer unfreundlich benga
durch eine ber edelſten Frauen entrifien warb, mit welcher ex nad new
der Wahrheit und Schönheit forfchte. Mit ber Frau von Stasi, bie a
dee Elegie „Rom“ gefeiert bat . ‚sine ee 1805 auf Reifen amd lebte *
bald in Stalin, Frankreich, Wien, Imı. Einige
nen von ihm aus dieſem Zeitpunkte finden wir in der, Jenaiſchen nr
terhin in den „Heidelberger Jahrbuͤchern!. In franz. Sprache ſcheich ex 1
„Wergleihung der Phaͤdra des Euripibes mit der bes Racine“, weiche u
parifer Titeratoren ungemöhnihet Auffeben machte. Im ma Frühling 1808
Wien, vor einem glänzenden Kreife, Worlefungen über dramatiſche Kuml
teratur, bie 1809 — 11 in 3 Tin. efühmen find find (2. Xusg., 1817). €
alle gebilbete Sprachen Äüberfept worden. Seine Abſicht babei ıwar, ca
meinen überblick zu geben und bie Begriffe zu entwickeln, nad) denen U
werth der dramatifchen Hervorbringungen verfchlebener Zeitalter und 1
ſchaͤten if. Im biefen Vorleſungen herrſcht eine Klarheit und Leichtigken
trags, und, wenn man die Vorfiebe für einige Meifter abrechnet, eine d
. heit des Urtheils,. bie nichts zu wuͤnſchen —* läßt: ——5 — ni
neue Sammlung f. poetifchen Werke, von welcher wir 3.24:
2. Aufl. 1820). Im biefen Gerichten, worin zugleich bie ke Sonden
wen Farben fpielt, findet ſich der größte Reichthum poetifcher Terme
"Adlon" , ——— , „Dex h. Lucas“, ſ. ſchoͤnen Sonette uhb be
1, welche ex der Frau v. Gtaäl purignete, bezeichnen [. Auf
ben —E An dem „Deutſchen Auſeum“ ſ. Bruders nahm el
durch die gründlichen Unterſuchungen Antheil, welche er in mehren Gchä
ben über das Lied ber Nibelungen anſtellte — Die großen Exeigniffe du
mächtigten ſich f. Gemuͤths; er warb im. verhaͤngnißvollen J. 1013
Schriftſteller in franz. und deutſcher Sprache, begleitete ſelbſt den Some
Schweden, welchen er 1812 in Stodholm kennen gelernt hatte, als
auch hat er zur Anerkennung feines Verdienſtes mehre Orden und *
erhalten. — Nach Napoleon's Sturz kehrte er zu Mab. Stasi eräd m
nach den Tode f. Gönnerin 1818 einen Muf als Prof. an bie
den er annahm. Er verheirathete ſich 1819 mit der SE: des Richammeill
zu Heidelberg, aber auch diefe Ehe ward ſchon 1820 wieber getrennt. J
Laufbahn ale akademiſcher Lehrer trug er vorzuͤglich die Geſchichte bir fühlen
und Wiſſenſchaften alter und neuer Zeit vor und wandte — mit befanden
unterflügt durch bie preuf. Regierung, dem Studium ber orienteiifhen
und namentlich des Sanfkrit zu. Dem zufolge gibt er feit 1820 Die
bliothek heraus und beforgt durch die von ihm nette indiſch⸗
Abdruck des großen ſanſkritaniſchen „Ramäyana’. 1823 erfäie ai!
Bearbeitung ſanſkritaniſcher Texte eine Epifode aus dem Epos ‚Bunt
„Bhagavad⸗Gita“, mit Latein. Überfegung. eine orientallſchen Cal
ihn In den legten Jahren nach Frankreich und 1823 nach Engiend efühe
V
Schlegel (Auguft Wilhelm und Friebrich v.) 787
don, Drford, Cambridge und in der oftind. Lehranftalt zu Hayleybury die
chriften unterfuchte. Nach f. Rüdkel,e hat er in Bonn auch die Aufficht über
tufeum vaterländifcher Aiterthümer übernommen. Noch ſchrieb er einen Aufs
er Neder, im 3. Stüd der „Zeitgenoſſen“; eine italienifche fehr gelehrte
dlung, in ber „Biblioteca italiana‘ (1816), über die bronzenen Pferde zu
ig, die er für griech. Kunſtwerke erlärt; eine Abhandl. über die Gruppe der
in ber „Bibliotheque universelle” von Genf, 1817; eine hiſtoriſche Notiz
en florentinifchen Maler, Joh. von Kiefole, und eine Erklärung von deffen
de de heil. Dominicus; Bemerk. über die provenzal. Sprache und Kiteratur
1818), auch einige gehaltvolle Recenfionen, 3. B. über Niebuhr's, Römifche
"in den „Heidelberger Jahrb.“. 1827 reifte er nad) Berlin und hielt dort
em gemifchten Publicum Vorlefungen über die ſchoͤnen Künfte, welche man
heil in dem „Berliner Gonverfationsblatt”' gelefen hat. 1828 vertheidigte er
einer trefflich gefchriebenen Broſchuͤre gegen bie ihm gemachte Beſchuldigung
pptofatholiismus. — A. W. v. Schi. ift Ritter des rothen Adlerordens. —
Zruder, Sriedrich v. Schl., verlebte f. Kindheit bei f. Oheim und dann
teften Bruder, welche beide Randgeiftliche waren. Obgleich der Vater ihn
ufmannsftande zu widmen wünfchte, ließ er ihm doch einen vielfeitigen Un⸗
geben, um ihm eine defto freiere Wahl vorzubehalten. Er zeigte bei natürs
Verſtande und lebhaftem Geifte keine bebeutendbe Spur eines ausgezeichneten
3; doch fühlte er, als er in Leipzig die Handlung erlernte, f. Unfähigkeit
lebhaft, daß der Vater feinen Bitten nachgab und ihn zurüdnahm. Jetzt,
Fahre, fing er f. gelehrte Bildung mit dem glähendften Eifer an. Er mid»
9 ber Philologie, ftudirte ein Jahr in Göttingen, dann in Leipzig, und
sach Vollendung feiner atademifchen Studien fid) ruͤhmen, jeden un® übrig
men griechifhen und römifchen Schriftfteller von einiger Bedeutung aus eig»
«ubium zu kennen. Die erſte Schrift, mit weldyer er, fo viel wir wiffen,
& auftrat, ift ein Auffag über die griech. Dichterfchulen (in der „Berl. Mo»
rift“), der etwa in das 3. 1793 fällt. Dann war er Mitarbeiter an Rei:
SFournale ‚‚Deutfchland”. (Berlin 1795 und 1796), fowie an beffen
zu der ſchoͤnen Künfte” (1797). Seine Beiträge beftanden in Charakteris
und Kritiken, wie z. B. die Auffäge über Forfter und Leſſing. Die erfte
Fr. Schl.'s von größerm Umfange waren die „Griechen und Römer”
), welcher ein Auffag über die Platoniſche Diotima und über die Darftelung
Wlichkeit in den griech. Dichtern angehängt war. Den Werth diefer Schrift
ſelbſt Heyne mit Achtung an. Sie ift nicht fortgefegt worden; man kann
e „Poeſie ber Griechen und Römer” (1798) als den 2. Th. derfelben anfes
olewol audy diefe Sefchichte leider nur Bruchſtuͤck geblieben iſt. In diefen
a zeigt Fr. Schl., bei einer Fülle von Gelehrſamkeit, die Originalität des
venker6 und die Kraft der biftorifch = Eritifchen Waffen, mit welchen er fich im
er alten und neuen Poeſie zu bewegen anfing. Dabei befchäftigte er fich mit
tie des Platon, in Beziehung auf weichen er fid in Berlin mit Schleierma:
band, z0g fich aber von der Überfegung diefe® Schriftſtellers zurück, nach⸗
Bogen davon bereits bei Frommann gedrudt waren. Sm „Athenaͤum“,
‚er mit f. Bruder gemeinſchaftlich herausgab, befinden fid, gediegene Auf⸗
a ihm, ımb fruchtbare Andeutungen in Fragmenten, Ideen u. ſ. w. 1799
als freies Werk der Phantaſie, des Gefühle und des Nachdenkens zugleich,
EhL. der, Lucinde“, die bis jegt unvollendet geblieben ift, wiewol der Verf.
der „Europa“ erklärte, daß er fie fortzufegen gedente. Schwerlich haben
iber ein Wer verfchiebenere Stimmen erhoben, jedoch ſcheint der Verf. felbft
06 Aufgeben ber Sortfegung beffelben die Wahrheit und Gerechtigkeit der Urs
nerkannt zu haben, die in ihm eine gefährliche Verklärung der Wolluſt wobx⸗
50 *
788 Schlegel (Auguſt Wilhelm und Sriebrich v.)
sunehmen meinten. Damals lebte Ir. Schl. in Berlin. 1800 ieh e
Privatdocent in Jena nieder, wo er mit großem Beifall philoſophiſche Ve
hielt. In diefer Periode trat er zuerft als Dichter auf, da er vorher imm
hatte, daß es ihm an der Sprache gebreche. Die erften Gedichte von ihn
fi) im „Athenaͤum“, deffen legtes Stud 1800 herauskam, nammtid
gen „Terzinen an bie Deutfchen”. Im 2. Bd. der „Charakteriſtikm md
(1801) erſchien darauf ein größeres Gedicht im elegifchen Spibenmaße:
Mufagetes", welches für die Ergreifung f. eigentlichen Charakters md
fehr wichtig if. Von jest an fprady er ſich in den mannigfaltigften Fo
3.3. im „Mufenalmanadye” von Vermehren auf 1802 und 1803, ver,
im „Mufenalmanady” von Tieck und A. W. Schlegel. Die Affonany ı
bei größern Gedichten zuerft an, naͤmlich im, Alarkos“ (1802), eine
originellen Trauerfpiele, welches AÄſchyleiſch gedacht, aber dem Stoffem
ßerlichkeit nach comantifcy genannt werden muß. Dean fieht bemfelben
bung aus einer Romanze an, und es will ſich nidht dramatiſch geflalte
lebte ex einige Zeit in Dresden, zu welcher Stadt ihn alte Erinnerungen
bort verheirathete Schwefter öfter6 hinzogen. Dann reifte er mit f. &
T. Diendelsfohn’6) nach Paris, too er Vorlefungen über Philoſophi⸗
Monatsſchrift: „Europa“, beftehend aus 2 Bhn. oder 4 Stuͤcken, bera
ſich außer der Kunft und den ſuͤdlichen Spradyen befonders mit der inbifd
und Literatur befchäftigte. Die Früchte dieſes Studiums legte er 18
Schrift: „Über die Sprache und Weisheit der Indier“, nieder; auch bei
geihaftigkeit dieſes Verſuchs iſt doch der gluͤckliche Fleiß des unermädliche
ruͤhmlich anzuerkennen. Auch machte er fidy während f. Aufenthaltes in
die altfranz. Ritterromane verdient, indem er 180% eine Sammlung ro
Dichtungen des Mittelalter aus gedr. und bandfchriftl. Auellen in 2%
gab, ſowie 1805 den Lother und Malle. Doc, war das Original de
ſchichte, die er nad) einer ungedruckten deutſchen Handſchrift bearbeitete;
lich italieniſch. Nicht minder verdanken wir ihm biplomatifdye Aufklaͤr
die Gefchichte der Jungfrau von Orleans, die er aus den „Notices et
zog. Fe. Schl. ging nun nad) Deutfchland zuruͤck, und f. vaterlaͤndiſch
ergoß ſich auf der Reife zum Theil in dithyrambiſchen, zum Theil In eieg
fingen. Dan findet ben Auedruck diefes Gefühle nicht allen in f. Gedicht
fondern auch in f. „Poetifchen Zafchenbuche” fr 1806, worin er zugleh
deutſche Kunft, befonders über das Weſen der gothifchen Banfımfl
Worte gefprochen, und nad Zurpin’e „Chronik, den „Roland“, ein Ba
in Romanzen, mit durchgehender Affonanz gebildet hat. In Koͤln cin
Gattin zur kath. Kirche über, eine Veränderung, die auch auf f. ſchriſt
Charakter bedeutend, wenn auch nicht immer vortheilhaft, wickte E
gebrudtes hiftorifches Drama: „Karl V.“, durch Benusung biftorifcher Ik
vollenden, ging er 1808 nad) Wien, war 1809 als kaiſerl. Hoffecreteit |
quartier des Erzherzogs Karl u. wirkte Durch kraftvolle Proclamationen au
der Nation. Bei der ungluͤcklichen Wendung der Dinge kehrte er zur li
Thätigkeit zurüd und hiele zu Wien Vorleſungen uͤber bie neuere Geſchicht
die Geſchichte der Literatur aller Voͤlker, weiche 1811 umb 1812 im Dan
nen find. Vorzuͤglich in den erften tritt ſ. Befangenheit in refigiofer Auf
cher ex feit dem Übertritt in bie kath. Kirche zugethan ift, hervor. Dee
ein lebensreiches Gemaͤlde aller Literatur, ein Werk, welches der gamer
Nation angehört. 1812 gab er das „Deutfche Muſeum“ in 2 Yahradnae
erwarb ſich Metternich’8 Vertrauen durch manche diplomatiſche Saul
dann Legationsrath der oͤſtr. Geſandtſchaft bei dem deutſchen Bundettoge
furt a. M., welche Srelie ar in Ainkomae 1818 wieder verlaſſen Bat, |
Schlegel (Auguft Wilhelm und Friedrich v.) 789
zuruͤckzukehren, wo er gegenwärtig als Hoffecretair und k. k. Legationsrath
Nachher gab er eine Darftellung der jegigen Staatenverhältniffe und f.
wi. Schriften heraus. 1820 unternahm er zu Wien eine Zeitfchrift: „Con⸗
a”, in der Abficht, die verfchiedenen Meinungen über Kirche und Staat zu
tigen, aber fie erhielt fidh nicht lange. — Wir haben bei der überſicht der
e dieſes Schriftſtellers manche Beiträge nicht erwähnt, die er B in Roſtorf's
htergarten“, im „Attifhen Muſeum“ niedergelegt hatte; auch hat er mit f.
we, 2. Ziel, die Schriften von Novalis, den 1. Xheil des „Florentin“ von
kin, und 1807, noch vor der Ciſcheinung des franz. Originale, die „So:
der Frau v. Staäl deutſch heraueg., welche überſetzung, ſowie die „Romans
Dichtungen des Mittelalters“, ebenfalls von feiner Gattin herruͤhren ſoll.
ie 1822 in 10 Bon. zu Wien erſchienene Sammlung f. Werke enthaͤlt die
lichſten derfelben in neuer Drbnung mit einigen VBeränterungen und Zufäsen.
bielt er in Wien Vorlefungen über die Philofophie des Lebens, von welchen
rflen auch im Druck erſchienen find. Ihr Inhalt ift eine vormehme Popular:
phie, welche ber wiſſenſchaftlichen Phitofophie nicht gefährlich werden kann,
in einem ſchon zurüdgelegten Standpunkte eingemurzelt iſt. — Die litera:
Revolution, welche diefe geiftigen Dioskuren bewirkten, wurbe, wiewol fie
n genug hinterlaffen hat, mehr durch die Schuld vieler fogen. Schlegelianer,
Stifter ſelbſt, welhen man Tief: und Fülle der Kenntniffe und eine gediegene
Ber Darftellung nicht abfprechen kann, verhaßt. Beſondeis ift die Profa von
Schl. wegen ihrer Klarheit und Anmuth zu loben, zu welcher fich der Tief:
6 Bruders nicht immer herabläßt ; Dagegen verräth die Poefie des Exften, vor:
in den fpitern Erzeugniſſen, bisweilen eine zierliche Kuͤnſtlichkeit. Mir
u aber von den eignen poetiſchen Schoͤpfungen dieſer verbruͤderten Kraft die
von Beſtrebungen ſondern, welche eine dankbare Nachwelt gewiß nicht verken⸗
isdb. Es verdient Lob, daß fie bei ihren fleten polemifhen Berührungen,
Kuͤckſicht auf berühmte Namen, immer auf das wahrhaft Vortreffliche dran:
das Schlechte und Mittelmäfige aber mit entfchietenem Haſſe verwarfen,
fie audy in jugendlihem Seuer oder in wohlgemeintem Scherze bisweilen zu
yegangen fein foliten, wie 3.3. in jenen Buͤcheranzeigen des „Athenaͤums“
nterfchieden, wie oben ſchon angedeutet ift, die Grenzen der antiken und ros
ſchen Kunft und die einzelnen Dichtungeformen genau, drangen mehr auf
deale und auf bie Dbjectivität der Darftelung und machten in diefer Hinficht
höhe aufmerkfam, deffen gruͤndlicheres Studium fie wirklich singeleitet haben.
tieben fie durch ihr reges Leben in einer reichern Welt, ſowie durch den ſchnel⸗
ntaufch ihrer Ideen von aller Pedanterei und geiftigen Faͤulniß frei, welches
elehrten nicht immer der Fall iſt. Worzüglich ift e8 A. W. Schl., welcher
ms großen Sinne und Umfange Vermittler der deutfchen und auslündifchen
tur geworden ift. Die gegenfeitigen Werhättniffe der beiden Brüder find am
unteſten ausgefprochen in A. IB. Schlegel's „Gedichten“, 1. Th. ©. 216,
dr. Schlegel's „Gedichten“, &.369. Sie lebten ſtets harmoniſch mit ein-
, wenn ſie auch ihre Anſichten nicht immer theilten. Auf ihr gegenwaͤrtiges
litniß wirft Die Ichte Broſchuͤre A. W. Schl.'s einiges Licht. über eine ge:
Einſeitigkeit in der Liebe zum Mittelalter, über ihre Polemit gegen franz. Poe:
vie über manches Andre, bat fich die edle Freundin der beiden Brüber, bie
v. Staël, befonders im 3. Thle. ihres Werks über Deutfchland erklärt. Bei
len Verdienſten fönnen fie eben nicht fo firenge für das Unheil verantwortlich
ht werden, welches bald nad) ihrem Auftreien in der deutſchen Literatur
einem Gefpenft umberging. E8 wurden zwar in manchen jungen Gemüt:
herrliche Kräfte geweckt; es ift aber auch nicht au leugnen, daß bei vielen
Anhänger die Form vorwaltete, daß oft ein lofed Spiel mit dem Heiligen
®
zu fein.
7190 EEchleiermacher
getrieben wurde, und daß Manche den Thyrſus ſchwangen, cha
Schleiermacher (Friedrich Daniel Ernft), einer unferer geld
geiftreichften Theologen und Philologen. Geb. zu Breslau 1768, emp
Schulbildung auf dem Pädagogium der Brüdergemeinde in Niedky,
in dem Seminarlum bderfelben in Barby das theologifche Studium an
1787 auf ein Mitglied dieſer Gemeinde zu fein und bezog die Uni
wo er feine Studien unter Nöffelt und Knapp fortfegte, dabei audy E
: Wolf hörte. Nach zuruͤckgelegten Univerfitätsjahren mar er Erzieher b
fen Dohna auf Finkenftein in Preußen, und trat fodann zu Berlin in da
terfeminarium unter Gedike's Leitung. 1794 ward er zum Prebigtamt
zuerst Hülfsprediger in Landsberg a. d. Warte, dann von 1796 — 18
am Charitehaufe zu Berlin. Hier trat er zuerft ald Schriftſteller auf,
der jegige Biſchof Sad einen Theil der Überf. des legten Bdos. der Blal
digten übertrug. Dann überf. er auf deffen Anrathen Fawcet's Predig
nahm hierauf Antheil an dem von A. W. und Fr. Schlegel Herausgeg. .
und ſchrieb die herrlichen, durch Kübnheit der Gedanken und ben S
Vortrags ausgezeichneten „Reben über die Religion” und die „„DRonol
noch bei Belegenheit des Senbfchreibens jüdifcher Hausväter an Te
eines Prediger außerhalb Berlin‘. Im diefen Jahren wurde zwifd
Fr. Schlegel eine gemeinfchaftliche Überf. des Platon verabredet, die er
unternahm. Won berfelben find, aus Schuld feiner wechfelnben Lage
ten überhaupt, von 1804 bis jegt erſt 9 Bde. erfchienen. Die „Rep
maͤus⸗, „Kritias“, die „Geſetze und Briefe” und eine verfprocdhene €
des Platon und feiner Philofophie find noch zu erwarten. Diefe 2
unftreitig zu den wichtigſten und fruchtbarften,, die über den Platon u
worden, da wol fchwerlic, unter den Meuern irgend einer tiefer in der
‘ lichen und unergrändlichen Geift des Philofophen eingedrungen
Noch 1802 gab Sch. die erfle Sammlung feiner Predigten heraus
2 andre allmälig gefolgt find. Einige Predigten, groͤßtentheils bei be
anlaffungen, find außerdem einzeln gedruckt. Alle diefe Reden find‘
klaren, gediegenen, eindringenden Vortrags, wiewol nicht zu leugnen
minder an das Gefühl als an das Denkvermögen der Zuhörer wenden
legtern Gattung der Erbauungsrede ift Scht. Meifter, aber auch den e
wegs fremd. In demf. 3. ging er als Hofprediger nach Stolpe, wo
der Sittenlehre'"und bie „Zwei unvorgreiflichen Gutachten in Sachen !
tifhen Kirchenweſens“ verfaßte, leptere ohne feinen Ramen. Einen Rı
verſitaͤt Würzburg lehnte er, nad) dem Wunſche der Regierung, ab u
in demf. J. als Univerfitätsprediger und auferorbentl. Prof. der 2
Philoſophie nah Halle berufen. Der Univerfitätögottesdienft kam jedı
kurz vor dem Kriege zu Stande, der die Univerfität auf eine Zeitlan
unterbrach. In diefen 2 J. hatte er theologifche Encyklopaͤdie, Ereye
matik gelefen, auch philofophifche Sittenlehre vorgetragen. Er ging 1:
auf einen Sommer, nady Berlin zuruͤck, begab fid) dann, ale Halle ab:
den, ganz dahin und hielt Vorlefungen vor einem gemifchten Public
nahm er, ald wahrer Patriot, den lebhafteften Antheil an den politifi
nijfen, unter welchen fein Vaterland fchmachtete, und fprady unaufhi
Kaniel in dem berrlichften Sinne für König und Vaterland, mit einem
Trotze, ber felbft inmitten der Banonnette Davouſt's unerſchuͤtterlich b
fer Zeit erfchienen auch feine Heine Schrift: „Über Univerfitäten”‘, dab,
ben über den erften Brief an den Timotheus“ und der Auffag übe
MWolffcen ‚Mufeum der Altecthumataiteniiiantten‘ unb Eeüher „Die!
Schleifen Schleißheim 791
”. 1809 ward er Prediger an ber Dreifaltigkeitskicche zu Berlin und verheirn:
ſich. Als 1810 die neue Univerfität eröffnet wurde, trat er bei felbiger ale or:
Icher Prof. auf, wie er es auch zuletzt in Halle ſchon geweſen mar. Wol möchte der
abi der ihm angemeffenfte Wirkungskreis fein. Hier zeigt fich feine Beredtfam:
och glänzender als auf der Kanıel. Im großen zufammenhängenden Redebau,
Kunft von der fliegenden Anmuth eines freien Vortrags belebt wird, faßt er die
wigften und reichhaltigften Gegenſtaͤnde der Wiffenfchaften mit Scharffinn
Larheit zufammen und verfolgt fie auf das Einzeinfte mit heller Ordnung und
eheit. 1811 ward er Mitglied der Akademie der Wiſſenſch. und 1314 Ses
der philofophifchen Claſſe, bei welcher Gelegenheit er von dem Antheil, den
1810 an ben Arbeiten in ber Abtheilung für den öffentl. Unterricht im Minis
er des Innern gehabt hatte, wieder freigefprochen ward. Seit 1811 kommen
„Denkſchriften der Akademie” mehre Abhandlungen, befonders die Geſchichte
Een Philoſophie (3. B. Anarimander, Diogenes von Apellonin, Sokrates)
end, von ihm vor. Auch fällt in diefe Zeit noch feine „„Darftellung des theolo⸗
x Studiums". Bon Vielen wird ihm, mit welchem Rechte, ſteht dahin, das
erünfchimgsfchreiben an die zur Verbefferung der Liturgie niedergefeute Com⸗
er zugefchrieben. Unverkennbar herrtſcht darin diefelbe platonifche Dialektik,
der Schrift gegen Schmalz (f. d.) ebenfo bewundernswuͤrdig als graufam
zit. Zuletzt hat er in Beziehung auf Harms 99 Thefen gegen den Oberhofpre⸗
». Ammon gefchrieben Die Schrift über „Religion u. Mythologie“ iſt feiner
Adlichen Erklärung nach nicht von ihm. Sein letztes Werk ift die „Chriſtliche
Senslehre“, welche nichften® in einer 2. Ausg. erfcheinen wird, fomie auch bald
Überf . des Platon vollendet herauskommen foll.
Schleifen heißt in der Muſik, 2 oder mehr unmittelbar nacheinanderfols
*Toͤne unabgefegt vortragen. Dies gefchieht beim Gefange und bei den Blas⸗
Bnenten mit einem fanften und ununterbrochenen Athemzuge, bei den Bogen»
Bnenten mit einem einzigen fortlaufenden Bogenftrich, bei den Claviaturinſtru⸗
mn durch einen fanften Drud der Singer, durch das Verweilen derfelben auf
aſten und durch einen siehenben Übergang derfelben von einer Zafte sur andern.
Bezeichnung des Schleifens ift ein bogenförmiger Strich, welcher alle zu
rende Noten umfaßte — Schleifer, ein deutfcher Nationaltanz, deffen Cha⸗
huͤpfende Freude ift. Er ift im Dreiachteltaßt gefegt und beſteht auß 2 Me:
;von 8 Zalten.
Schleißheim, ein koͤnigl. Luſtſchloß 3 Stunden von Minden, zu dem
auch zu Waffer gelangen kann, befteht auß einer Altern Anlage , die von Wil:
V. herſtammt, jest in einen Wirthfchaftshof verwandelt, und einem prädti-
Schloffe, mit fehr ausgedehnten Lufthainen, die Marimilian Emanuel in der
an unfruchtbaren Gegend ausführen ließ, um thätige Menfchen herbeiruziehen.
Plan des aroßen Schloſſes iſt von ital. Baumeiftern in dem Üüberziertem neuital.
entworfen, deſſen Kleinlichkeit aber bei der Ausdehnung des Gebäudes weni:
6 Auge fäut. Die Abſicht Mar. Emanuels, der Umgegend durch diefen Bau
heifen, fchlug fehl. Der Ort blich eine große Einſiedelei, die vermittert, ehe fie
soliendet ift. Noch fehlt die große Marmortreppe, die ausgebaut eine der präch:
s in Europa geworden waͤre. Durch hölzerne werden die Marmorſtufen er:
welche ausgearbeitet in dem Baufchuppen liegen; dody fcheint die fchnelle Ver:
ıng des Stein die einftige Ausführung felbft gu widerrather. Eine Samm⸗
von Gemälden, welche Kurfürft Ferdinand Maria durch den Maler Zriva,
Echüler Guercino's, sufammengebradht hatte, mar f[hon feit Mar. Emanuel
merer Schmud in den geräumigen Sälen von Schleißheim aufgeftellt morben.
n Muͤnchen der Schag der Gemälde fo bedeutend anwuchs, daß zu ihrer Auf:
ng der Raum zu beengt war, befchloß der großfinnige Kunkfund , Kein,
792 Schleſien
Marximilian Joſeph, Schleißheim zu einem Muſeum zu erheben, wie
andres Land eines ähnlichen ruͤhmen kann. Man burfte in München |
thum an alten Gemälden aller Schulen ımd jener Periode, welche
vorausging, am eine Sammlung denken, die gefchichtlich angeorbnet,
Kunft und ihrer Entwidelung von den erften unbeholfenen Anfängen ar
ften Gebrauche aller Kunftmittel, die Fortſchritte und Stillſtaͤnde, die
gelungenen Beftrebungen anfchaulich vor Augen legte. Zur Aufnahme
lung ward Schleißheim beflimmt und dem verfl. Dir. v. Mannlich di
diefer Idee übertragen. Wie viel durch eine Örtliche Zufammenftelt
werde, um bie Bewegungen bed Kunfigeiftes in den Werken, bie er
die Seele zu bringen, braucht feiner Erklärung; doch wuͤrde es zu vie
wenn man tco& aller Fuͤlle (mehr als 2000 der verfchiedenartigften K
bier ausgeſtellt ift, eine luͤckenloſe Folge aller befannt „gewordenen
ſuchen wollte. Die Sammlung führt bie gefchichtliche Anordnung
wo nicht Local und Licht zu Abweichungen nöthigten. Da fie fort:
Münden neuen Zuwachs erhält, fo darf fie nicht als abgefchloffen ı
den; zu ihrem Deile, denn Sammlungen unbeweglidy machen heiät f
herabfegen. Nirgends fo fehr wie in Schleigheim möchte es möglich
nigkeit der alten Meifter in ihrer Farbenpracht durch Vergleichung ker
Bilder von Joh. v. Eyk, von jenem alten Meiſter, deffen Malerzeich
Schön, bald Mart. Schoͤnhawer gelefen wird, von Wohlgemuth, Arc
lich die Enthauptung der Heil. Katharina und die Ehebrecherin), vc
Holbein begegnen hier dem Beſchauer günftig aufgeftelit und forg!
Zu den berühmteften Zierden diefer reichen Galerien gehört das jüngf
Rubens, das Kunſtfreunden durch einen Kupferflich des Prof. Hei
. Andenken ift, obgleich keine verkleinerte Darftellung eine Ahnung v
kann, mas das ungewöhnlich ebel gezeichnete Bild, mit Rubens ſchen
in feinen großen Verhältniffen ſelbſt iſt. Vormals in Düffeldorf, ı
bier aufgeftellt werben, weil fein Saal in München hoch genug war
men. Außer dieſem Rieſenbilde befigt Schleißheim in der Gapelle der
zweites, die Kreuzigung von Zintoretto (einft in der Auguſtinerkirche
welches für das größte bekannte Staffeleigemälde gilt. Kreunden n
fher Darftellungen werden die Bilder von Breughel, von Mieri
Jagdſtuͤcke von Joh. Bapt. Weenir, die einft im Schloffe zu Ben
als Tapeten angebracht waren, zufagendern Genuß geben. Dody Nie
Säle verlaffen, ohne Guido Reni's Söttin des Gluͤcks, welcher der
feine Huldigung zu bringen. Das Bild wird von Kennern feiner W
der Sala Borgia zu Rom vorgezogen, die einft in Paris fo allgem
wurde. 1827 wurbe die vom König Ludwig von Bniern erfaufte Be
Semäldefammlung (f.d.) in Scleißheim aufgeftellt. — Mod,
Ganalführung zu Schleißheim merkwürdig. In dem Hofgarten zu '
manches Seltene den Pomologen und den Botaniker Überrafchen.
Schleißheim durch die Errichtung einer in ihrer Art einzigen landwi
Lehranftalt einen neuen Zuwachs an ſehenswerthen Gegenftänden. |
ſelbſt die Zöglinge, nach Maßgabe ihrer Bildung und ihres künftigen
Glaffen, von Knechte bis zum bloß befehlenden Güterbefiger vertl
throretifch und praßtifch unterrichtet. Diefe mit allen nöthigen San
Huͤlfsmitteln verfehene Anftalt zählte 1823 47 Zöglinge, die nad!
nen Gtaffen nur 100 — 300 Gldn. jührlid) entrichten. Die Regien
feinen Zufchuß; fo fparfam und zweckmaͤßig wird das Ganze vermalt
Schlefien, ein ehemals zu Böhmen gehoͤriges Herzogthum
theils zu dern preugiichen,, theik® zu ren rein. Staate gehört und
Schleſien (preuß. Prov.) 793
d Nieberfchlefien,, politifdy aber in Preußiſch⸗ und Öftreichifch « Echles
Niederfchlefien begreift die Fuͤrſtenthuͤmer Breslau, Brieg, Schweid⸗
kiegnitz, Wohlau, Glogau, Carolath, Münfterberg, Sagan, Dis und
‚ die Standesherrſchaften Militſch, Wartenberg und Gofchüg und die
haften Neuſchloß, Freihan und Sublau, und ift ganz preubifch ; Obers
:eift die Fuͤrſtenthuͤmer Oppeln, Ratibor, Neiße, Troppau, Jaͤgern⸗
‚und Bielis, die Standeeherrfchaften Pleß und Beuthen und die Min⸗
en Loslau, Oberberg, Freiftadt, Freudenthal, Friedeck, Deutfchleus
nwaldau und Ron, movon die an dem rechten Ufer ber Oppa liegenden
Troppau und Zägerndorf ‚ ber Keine füdl, Theil von Neiße, ein Theil
g und ganz Teſchen, Bielig, Freudenthal, Freiſtadt, Sriebed, Deutſch⸗
ihenwaldau und Roy oͤſtreichiſch find, das übrige preugifch ift. Auch
die Sraffchaft Blag zu dem preuß. Schlefien. Seit der neuen Eintheis
us. Staates iſt der Umfang des preuß. Schlefiend verändert worden,
‚rmalige fchwiebufer Kreis des Kürftentb. Glogau zur Prov. Branden⸗
ien, und nebſt Glag auch ein Bleiner Theil der Neumark und der durch
Songrefacte 1815 an Preußen abgetretene Theil der Oberlaufig (mit
ver Herrſchaft Hoyerswerda und der weſtlich von derfelben gelegenen
mit dem preuß. Schlefien vereinigt worden find und nun die Prov.
Iben. — Die preuß. Provinz Sch lefien grenzt, nad) jenem Um⸗
DM., 2,100,000 &.) und nad) ber neuern Eintheilung des preuß.
en D. an die Prov. Polen, das Königreich Polen und den Freiſtaat
jen ©. an das oͤſtreich. Schlefin, Mähren und Böhmen; gegen W.
Sachſen und Brandenburg, und gegen N. an Brandenburg und Pos
ien ift die wichtigfte Prov. des preuß. Staats, weiche -; der gungen
enthält und über 4 zu den Bedürfniffn des Stants beiträgt. Der
idl. Theil des Landes ift gebirgig, weil bier Lie Sudeten mit ihren Abs
liegen. Der Gebirgszug, welcher am Queis anfängt und bie an die
zlatz hinzeicht, heißt das Iſer-⸗ und Riefengebirge (f.d.), welches
‚n Böhmen trennt. Den oͤſtl. Arm der Sudeten bildet das mährifche
elches durch Glatz und den füdl. Theil Schlefien® zieht und ſich bei Ja⸗
n im Öftreich. Schlefien) dem karpatbifchen Gebirge anſchließt. Gegen
g und Pofen zu ift das Land ohne Gebirge und eben, aber zum Theil
umpfig, doch zum Aderbau durchaus brauchbar. Der Hauptjluß ift die
), welche aus dem Öftreich. Schlefien in das Land tritt, dafeibft ſchiffbar
ganzen Länge nach durchfließt, an beiden Seiten viele Fluͤſſe (befonders
teiße, Ohlau, Bartſch, die in der Kriegsgeſchichte von 1813 fo berühmt
abbach und den Bober mit dem Queis) aufnimmt und von der groͤß⸗
seit für den Handel Schlefiens ift. Die ſuͤdoͤſti. Grenze berührt die hier
utende Weichfel. — Es iſt im Ganzen genommen ein fehr fruchtbares
an Getreide jeder Art, ale Weisen, Roggen, Gerſte, Dafer, Spels,
en, Linſen, Heidekorn und Bohnen. Die beften Gartengewaͤchſe baut
reslau, Brieg, Liegnig und Neiße. Das Dbft bei Niederbeuchen und
iſt das vorzüglichfte. Der fhlefifche Wein, beionders der an legterm
nde, ift, menn er einige Jahre gelegen hat, fehr gut. Aus dert ſchlech⸗
ird Efjig gemacht. In den gebirgigen Gegenden, wo der Boden fich
: (Hetreides und Gartenbau eignet, ift er dody mit Hol; bewachſen, oder
Jeiden und Wieſen. Flachs wird in großer Menge gebaut, und iſt ein
der Kabriken und des Handels. Hanf hat man nicht fo viel, wie ver-
'; aber der Handel ind Ausland mit Kärberröthe, deren Anbau bier von
cl. Kaufmann im 16. Jahrh. eingeführt ward, iſt deſto beträchtlicher.
viel Hopfen, befonders in der Gegend von Münfterherg, grhant um
794 Schlefien (preuß. Prov.)
ausgeführt. Scharte, ein Färbekraut, fammelt man in mehren Gegm
meife ein. Der Tabacksbau ift feit einigen Jahren gleichfalls fehr in Auf
tommen. Das Holz nimmt freilich auf dem platten Lande ab, indeſſen
noch aus den Fichten, Tannen und Kiefern viel Holz, Theer umd Pech
den Lerchenbäumen Terpenthin und Kienruß verfertigt und ausgeführt.
und Pferdezucht reichen nicht zu den VBebürfniffen des Landes hin. D
Schlachtvieh kommt aus Polen und Ungam. Die inlaͤnd. Schafzucht
und die Wolle der fchlefifchen Schafe wird fehr geruͤhmt und gehört zut
Sorten, welche die Provinzen bes preuß. Staates liefern. Die feinfte un
um DIE und Namblau. Ziegen gibt es vielim Gebirge, und bie Bir
befonders in der Herrſchaft Muskau und in Oberfchlefien wichtig. W
Fiſche find reichlich, vorhanden. Das Mineral: und Steinreich iſt ole
ergiebig an Eifen, Kupfer, Blei, etwas Silber, Arfenit, Galmei, Vitri
fel, Steintohlen an vielen Orten, Kalt, Gyps, Mergel, Marmor, Schü
und Schleiffteinen, Jaspis, Agat, Topaſen, Kamiolen, Onyr, Ameth
neralmaffer find befonders zu Warmbrunn, Flinsberg, Reinerz, Landeck
Charlottenbrunn ıc. Die Leinwandmanufacturen und die bazu gehörig
reien und Bleichen find fehr berühmt. Sie lieferten 1805 für 104
Waaren, und der Ertrag der Baumwollen: und Wollenmanufacturen
derbereitungen flieg beinahe ebenfo hoch. Man webt Leinwand von v
Güte und Breite. Feine Leinwand wird befonders in Greifenberg und
gegend verfertigt. Das die fchlefifche Leinwand fo berühmte ift, verdanl
fachlich den eingeführten Schauanftalten, die alle gewebte Leinwand pruͤ
Unter den Metallfabriten find nur bie in Eifen von Bedeutung. Auch
piers, Tabacks⸗ Fayence⸗ und Icdengefchirrfabriten. Die vorsüglichfte
artikel find Garn, Leinwand, Tuch, Baummollenwaaren und Krapp.
fuhr überfteigt im Allgemeinen die Einfuhr. — Schlefien ift in Z Re
zirke, Breslau, Liegnig und Oppeln, getheilt. Die hoͤchſte Berichtöpfli
die koͤnigl. Oberlandesgerichte zu Breslau, Liegnis und Ratibor. Ein:
der oben genannten Fürftenthliimer, Standes: und Minderherrfchaft
mittelbaren Sürften, Standes: und Minderherren befeffen, die zwar
auch ihre eignen Regierungen und Juſtizkanzleien, aber eine Ianbeshe
haben und ber Aufficht der k. Oberlandescollegien untergeorbnet find. —
fien Einw. find Lutheraner und Katholiken. Doch iff auch andern gottel
Parteien, Huffiten, Reformirten , griech. Chriften, Herrnhutern, Sch
und Juden die freie Übung ihrer Religion geftattet. Die Katholiken flı
henfahen unter dem Bifchof von Breslau, ber zugleich Fürft von N
ſolcher, wegen der beftehenden Theilung diefes Zürftenthums , auch oͤſtr
tban ift. Die geiftlichen Sachen der Eutheraner werden von ben In je
rungsbezirk beflehenden Kirchen: und Schulcommiffionen, und in le
von dem Gonfiftorium zu Breslau beforgt. Zu Breslau, der Hauptf
Schlefien, ift eine Univerfität, womit 1811 die proteft. Univerfität zı
vereinigt worden iſt, fodaß fie jest 2 theologifche Facultäten, eine für die
ten und eine für die Katholiken, hat. Gymnaſien und andre gelehr
find zu Breslau, DIE, Brieg, Glogau, Hirfchberg, Jauer, Liegnitz (die
demie ift in eine Erziehungs und Lehranftalt für die gebildeten Geh
fchaffen), Schweitnig, Görlis, Lauban, Blag, Oppeln, Leobſchuͤt un
Juͤdiſche gelehrte Schulen find zu Breslau und Glogau, und zu Ri
die Herenhuter ein alademifches Collegium, das in Ruͤckſicht der ZI
Stelle der Univerfität vertritt. Überhaupt wird ſowol auf dem Lande
Städten für den Effentlihen Unterricht auf das befte geforgt; auch bat
befonders in Frühen Zeiten , vorualiie Wien ont Gelehrte bern
Schlefien (oͤſtreich. — Geſchichte) 795
4 König von Preußen bat aus feinem Schleſien jährlich 3 Miu. Thlr.
ıfte
Inter Öftreihifh = Schlefien verfteht man denjenigen Theil, wel⸗
rn bubertöburger Frieden 1763 dem Haufe Öftreich verblieb. Er grenzt an
iſch⸗Schleſien, Galizien, Ungarn und Mähren; feine Beftandtheile find
enannt. Das Sanze ift feit 1784 in den troppauer und tefchener Kreis eins
t, und zu Mähren, unter dem Gubernium zu Brünn, gefhlagen. Auf
M. enthält es 27 Städte, 4 Marktfl., 646 Dörf. und 350,000 Einw. Nach
uf dem deutſchen Bundestag Üübergebenen Etat hat das oͤſtreich. Schlefien
00 Eimm., meil die galisifchen Diftricte Zator und Auſchwitz (zufammen
zjogth. von 874 DM , 335,000 Einw.) als ehemalige böhmifche Lehen mit
blefien gerechnet werben. - Das Land ift fehr gebirgig, denn im D. find die
ehen und im W. das mährifche Gebirge, eine Abzweigung der Sudeten ; das
ift jedoch gemäßigt, nur im Oſten rauh und kalt. Der größere füdlicdye Theil
chener Kreiſes ift wegen f. fteinigen Bodens wenig fruchtbar, mehr jedoch im
wer Kreife, wo auch der Garten: und Obſtbau blühender if. Die Einw.,
durch mühfamere Bearbeitung und beffere Düngung den Ertrag ihrer Acker⸗
zus erhöhen fuchen, treiben außer dem Getreide:, Obſt⸗ und Gartenbau aud)
r Flahyebau. Die Waldungen find anſehnlich, befonders von Nadelholz.
indvieh⸗ und Pferdezucht koͤnnte bebeutender fein, das Schlachtvieh zieht man
rgarn und Galizien. Schaf: und Bienensucht find nicht unwichtig. Es wer:
fen s und Steinkohlenbergwerke bearbeitet. Die Einmw. find theils deutfcher,
flawiſcher Abkunft und zeichnen ſich durch Gewerbfleiß aus, indem fie beſon⸗
pichtige Tuch⸗ und Wollenzeuchfabriken unterhalten und viel Leinwand. ver:
m. Der Handel mit Landes» und Kabrikerzeugniffen, ſowie der Commiſ⸗
Band Tranfitohandel gewähren dem Lande viele Vortheile. Die berichende
Kom ift die katholiſche, ‚aber bie Proteftanten haben auch öffentliche Religione>
= Die politifchen Angelegenheiten des Landes beſorgt das Gubernium zu
rin Mähren. Gymnaſien findet man zu Troppau, Tefchen und Weißwaffer.
In ältern Zeiten wurde dieſes Land von den Engiern und Quaden bewohnt,
im 6. Jahrh. durch die Slawen verdrängt wurden, wodurch Schlefien an
kam. Der Namen Schiefien entfland aus dem ſlawoniſchen Worte Zle, wo⸗
BR Polen den Begriff des Worts Quade (böfe) bezeichneten. Unter polnifcher
Haft wurde auch polnifhe Sprache und Sitten, welche noch in mehren Ge⸗
m Schleſiens fortbeftehen,, und die hriftliche Religion eingeführt. Zur Bes
Eng der legten warb 966 zu Schmoger ein Bisthum errichtet, welches end⸗
nd) Breslau verlegt vourde. Als der polnifche Megent Boleslaus III. f. Laͤn⸗
38 unter f. Söhne theilte, bekam der aͤlteſte, Wladislav oder Uladislaus,
andern Landfchaften auch Schlefien und den vornehmften Antheil an der
zung. Er wurde aber von f. Brüdern, denen er ihren Antheil nehmen wollte,
Bolen verjagt, und f. Bruder Boleslaus III., der ſich feiner Ränder bemaͤch⸗
utte, trat mit Zuflimmung f. Brüder Wladislavs II. Söhnen, nämlich dem
Map, mit dem Zunamen der Hohe, oder Altus, Miciblav und Konrad, Schles
IG3 ab. Diefe3 Brüder, welche ſich in das Land theilten, wurden die Stamm»
Bee ſchleſiſchen Herzoge aus dem piaftifhen Geſchlechte. Die zahlteichen Nach⸗
a dieſer 3 Herzoge theilten fich wieder in ihre väterlichen Kandesantheile; das
en bie vielen Beinen Sürftenthümer, aus denen Schleſien beiteht; doch
, befonders in Dberfchlefien, auch noch Fürften Dttokarifch : Böhmifchen
ums, von einem natürlichen Sohne Königs Ottokar (fl. 1278), nainentlich
ergoge zu Zroppau, Jaͤgerndorf und Ratibor. Johann, König von Böhmen,
»da6 durch diefe Theilungen, durch die Uneinigkeit feiner Megenten und durch
Urſachen geſchwaͤchte Schlefien umter f. Scepter zu bringen, und von ARYI
796 Schleſiſche Dichter Schleswig
an trugen auch wirklich alle fchlefifche Herzoge (2 ausgenommen) ihm Ihre!
Vorbehalt der anfehn!ichften fuͤrſtl. Hoheitsrechte, zu Lehen auf. Selm
Nachfolger, Kaifer Kari IV., erhielt durch f. Gemahlin, Anna, bas E
in den beiden noch übrigen Fuͤrſtenthuͤmern Sauer und Schweidaig u
1355 ganz Schiefien der Krone Böhmen ein. Die Könige von Polen lei
und 1338, nachher wieder 1356 und 1372 auf Schleſien Verzicht.
böhmifchen Herrfchaft breiteten fi hier Huß's, Luther's, Calvin’ un
feld's Lehren aus, und die Anhänger derfelben erhielten zum Theil Freih
übung ihres Gottesdienftes. Das Ober: und Fürftenrecht (supremı
prineipum atque ordinum), welches König Wladislav 1498 den H
Ständen ertheilte, verband die Herzogthuͤmer zwar näher mit einande
Lestern Macht ward immer mehr geſchwaͤcht, forwie bie Gewalt der Di
nahm, und die piaftifhen Herzoge ausſtarben, beren Lande theils der.
men unmittelbar unterworfen, theild andern Fuͤrſten, aber mit weit:
fhräntungen, zu Zehn gegeben wurden. Mit den polnifchen Regenta
den auch größtentheild polnifche Sitten und Gebräuche; Alles ward a
Fuß geftellt, und Handel und Gewerbe, Künfte und Wiffenfchaften fü
zublühen. Mod) höher aber würde ſchon in frühern Zeiten der Flor de
fliegen fein, wenn nicht die Proteftanten während der oͤſtr. Derrfchaf
druͤckt worden wären. Gchlefien ward zwar, feit feiner Vereinigung n
zu Deutſchland gerechnet, hat aber nie in unmittelbarer Verbindung m
fhen Reiche geftanden und iſt nie, wie bie übrigen deutfchen Staaten,
lehn gewefen. Beſonders haben die Könige von Preußen biefes Land ı
freies und unabhängiges Beſitzthum angefehen und ſich baher auch foı
oberfte Herzoge von Schlefien genannt. Über die neuere Gefchichte '
Friedrich Wilhelm (d. große Kurf.), Friedrich II., Fried
helm II., Preußen, Deutſches Reich und Thereſia (Mar
Schleſiſche Dichter, ſ. Deutſche Poeſie, III.
Schleswig, daͤniſches Herzogthum (1634IIM., 323,000 €
14. Mfl., 1500 Doͤrf.), macht den ſuͤdlichen Theil von Juͤtland aus.
gegen Mitternacht an Norbjütland, gegen Mittag an das Herzogth
(von dem es durch die Eider und den kieler Kanal getrennt wird), gegı
das deutfche Meer und gegen Morgen an den Kleinen Bel. Das!
eben und flach. Auf der Weftküfte liegen niedrige und fette Marfchländ
Damme foryfältig gegen das Eindringen der Meereswellen geſchuͤtzt we
befonders gegen die Spring: ober Sturmfluten, bie oft bi6 13 Zuß
Durch die Mitte des Landes zieht fich eine fandige Heide mit Torfmot
feind hin. Die Oftküfte ift nicht fo niedrig als die Weſtkuͤſte, ober au
ber fruchtbar und ergiebig. Berge find gar nicht vorhanden, fonden
und Anhöben. Das Klima it im Ganzen gemäfigt und gefund, nur:
füfte feuchter und weniger gefund. Da® Land iſt reich an Getreide, '
jährlich an 150,000 Zonnen ausgeführt werden; an Rindvieh, wen
gleichfalls ein großer Handel getrieben wird, fondern welches auch But
zur Ausfuhr liefert; an Pferden, von denen jährlid) über 3000 Stuͤck na
lande hin verkauft werden. Auch wird mit Fiſchen ein bedeutender Hant
Aber an Bau: und Brennholz ift Mangel. Die Einw , welche fi jur
Kirche bekennen, find theils vom beutfchen, theild vom friefifchen %
ud reden meijtens plattdeutjch ; boch hört man auch bier und da bänif
nähren ſich buuptfählih vom Ackerbau, Viehzucht und Fifcherei. *
nur in den zögern Städten und von geringer Bedeutung, am beiräb
Spisen : und Wollenſtrumpffabriken. — Schleswig war von jeher ein fl
Dänemarks , und die Behauptung, op et un beutiches Reichslehn gem
Schleuſe 797
ſtoriſch erwleſen. Dagegen aber hat das Land faſt immer den nachgeborenen
nn Prinzen als Apanage gedient, und verſchiedentlich zu Famillenſtreitigkei⸗
fonderheit über die Frage, ob der Befig deſſelben erhlich oder perſoͤnlich fei,
zegeben. Erſt feit 1720 ift Dänemark im unbeftrittenen Beſitze Schles⸗
doch find die Anſpruͤche des Hauſes Holftein erſt durch den Vertrag von
Öllig ausgeglichen worden. Übrigens fteht das Land noch in gewiffer Ver:
mit Holfteln,, wird mit demfelben durch einen gemeinſchaftlichen koͤnigl.
alter nach gleichen Gefegen regiert, und die Streitigkeiten der Unterthanen
‚ande werden nach einerlei Rechten beurtheilt und gefchlichtet. Die Hauptſt.
b wig liegt an der Schley, befteht aus der Altſtadt, dem Lollfuß und dem
hsberg und hat 1280 meifl gut gebaute H. mit ungefähr 7000 Einw., ohne
litair. Das Rathhaus zeichnet ſich aus. Auch ift der Dom fehensmerth.
aehren milden Stiftumgen find das graue Kloſter, das Waiſenhaus und
haus die vorzuͤglichſten; deßgleihen eine Taubſtummenanſtalt. Aufdem
zu dem man über eine Schiffbruͤcke kommt, ift das Johanniskloſter, wor⸗
Priorin und I Stiftefräulein wohnen. Von Fabriken befinden fich bier
wence⸗, eine Segeltudys, eine Strumpf: und eine Battiſtfabrik und eine
ederei. Die Schifffahrt ift, da die verfandete Schleymuͤndung durch einen
ahrbar gemacht worden, ziemlich lebhaft. Nahe bei der Stadt liegt das
Gottorp, auf einer Inſel des Meerbufens Schley, vormals die Refidenz
zoge von Schleswig: Holftein, jegt der Sig des koͤnigl. Statthalter6 und
len Behörden von Schleswig und Dolftein.
Schleufe nennt man einen folhen Bau (von Holz, Erde oder Steinen),
immt ift, das Wafler eines Sees, Fluſſes u. f. w. aufzuhalten und zu er»
um es zu beliebiger Zeit fließen laffen zu koͤnnen. &o hat man Schleufen,
h das Waffer von Kiüffen gehemmt und gefammelt wird, um e6 in größerer
mm Betriebe der Mühlräder laufen zu laffen; andre Schleufen wieder bies
m, das Seewaſſer von dem niedrig gelegenen Lande zurüdzuhalten, und das
‚ wenn es nöthig iſt, unter Waffer zu fegen, wies. B. die Schleufen in
mu.f.w. Wenn 2 fhiffbare Ströme, von denen ber eine höher als ber
kegt, zur Beförderung der Schifffahrt durch einen Canal in Verbindung
ander gebracht find, und ein Theil des höher liegenden Stromwaſſers in den
ren geleitet worden, ober wenn die Schifffahrt auf dem Strome durch ein»
e Muͤhlwehre unterbrochen wird, und letztere durch Gandle umgangen wer⸗
‚ legt man darin Schleufen an, mittelft deren man an einem Punkt das Wafs
niedrigern Stroms dem höhern gleich bringen fann. Dieſes Gebäude nun
in einer von allen Seiten wohl verwahrten Kammer, die fo weit ift, daß
if gemaͤchlich hindurchkommen kann, und fo lang, daß 2, auch wol 3
auf eimmal darin legen Binnen. Bei ter Einfahrt ſowol als der Aus⸗
oder oberhalb und unterhalb des Canals, ift bie Kammer mit Piorten ober
Bgein — bei Heinern Schleufen nur mit Stäben — verfehen. Will nun
hiff ſtromab, oder aus dem höheren Strom in ben niedrigern fahren, fo wer⸗
obern Thorfluͤgel geöffnet, und die untern zugelaffen; das Waffer in ber
fr wird nun duch das zuſtroͤmende anwachſen und fich fo meit erhöhen, bis
nie dem hoͤhern Stromſpiegel in der Ebene befindet, wo dann das Schiff bes
einfahren kann. Nachher werden die obern Thorflügel gefchloffen und bie
öffnet, worauf das Waſſer aus der Schteufe abflieft und bis auf den uns
efinndlichen Stromfpiegel fällt. Well nım das Schiff zugleich mitgefunten,
Durch auf den oͤfters mehre Ellen tiefer liegenden Strom gebracht worden
ann e6 dann ohne Hirderniß die Fahrt weiter fortfegen. Will im Gegen»
Schiff ſtromauf fahren, ſo laͤuft es in die Kammer der Schleuſe ein; die un⸗
»fluͤgel werden geſchloſſen, die obern aber geöffnet. Das zufiimente Wal:
798 Schlez Schlichtegroll
fer ſteigt dann in der Kammer fo lange, bi es die Höhe des höher lieg
ferfpiegel® erreicht hat; das Schiff wird zugleich mit gehoben, unb fa
den Ganal weiter ſtromauf bis in den Hauptſtrom fahren.
Schlez (Johann Ferdinand), feit 1800 Infpector umd Ode
Schlitz, aud) großherz. Kirchenrath, vorher Pfarrer zu Ippesheim in }
er am 27. Suni 1759 geb. ward, ein helldenkender, gemeinnügiger ı
Schriftſteller, deſſen zahlreiche Schriften vorzüglich die Bilbung dei
Jugend und ihrer Rehrer bezwecken. Als Volksfchriftfteller ſuchte er ni
f. „Landwirthſchaftspredigten“ (1788) und durch f. „Vorleſungen ge
mer, Aberglauben, Fehler und Mißbraͤuche; in Betftunden dem Lan
ten" (17786) fondern auch durch: „Fliegende Volksblaͤtter, zur Verbrä
licher und geſchmackloſer Volkslefereien‘‘ (1.3d.,1797 und 1798) und
„Der Volksfreund“ (1798— 1800), fowie durch die unterhaltend und-
ſchrieb. „Geſchichte des Dörfleins ZTraubenheim” (3. A., 1817), „ber
Hausfreund‘; den „Rhein. Boten”; „Körfter Oswald's Geſpraͤche
freunden” (1812) und a. Schriften wahre Volksaufklaͤrung zu befoͤrder
fchligifche Gefangbud, ward von ihm (1814, 3. X.) herausgegeben,
fchon früher (1797) in f. „Beitraͤg. zu einer gründlichen Verbefferumg |
tifchen Liturgie’ auch über ben religiöfen Befang f. Gedanken vorge
Die Jugend verdankt ihm, außer dem befonders für Franken beaı
Rochow'ſchen „Kinderfreund” (3. A., 1795), nicht nur mehre Lehrbuͤch
fibel zur Befoͤrderung der Lautmethode (1810), „Abcſchuͤler und A
große Wandfibel”’ (1825), „Leitfaden zum erften Unterricht in ber chril
(1795) und in der Naturgefchichte (1797), „Briefmufter für das
ben, befonders für Buͤrgerſchulen“ (6. A., 1820) und in dem „Den
A., 1822) ein fehr zweckmaͤßiges Lehrbuch zum Unterrichte in gemeinnuͤ
niffen ; fondern auch lehrreiche und unterhaltende Lefebücher: „Para!
und „Kinderdeclamationen (1821) und a. Schriften. Auch gab «
Steinbeck eineneue ‚Sugendzeitung” heraus. Den Volkslehrern fteilt
Schlaghart und Lorenz Richard” (2 Thle., 3. A., 1813) fomol einen
er nicht fein fol, als auch das Ideal eines guten Lehrers auf. „Lori
Unterhaltungen mit f. Schuljugend über Rochow's Kinderfreumd” (17
und „Handbuch für Volksfchullehrer” (6 Bde. 1815 — 24) geben ni
tifhe Anleitungen zur Unterrichtöfunft, fondern auch ben nothwendi
Außerdem lieferte Sch. mehre Beiträge zu Muck's Homilien und ki
f&hriften. Schl.'s Leben findet man in „Deutfchlands jegt lebenden Bi
lern‘ (1. Deft, 1795).
Schlichtegroll (Adolph Heinrich Friedrich), König. bair. Dice
neralfecretatr der Akad. ber Wiſſenſch., Mitglied vieler gelehrter Geſell
ter des bair. Civilverbienftordene und bes St.⸗Michael⸗ Hausordens,
bliothefer, Numismatiter und Gelehrter überhaupt, wie ale Menſch
bensverhättniffe Höchft ausgezeichneter Dann, ward geb. zu Waltersha
zogthum Gotha, d. 8. Dec. 1765. Sein Vater, bafelbfi Amt
fpäter Lehnfecretaie und Hofrath in Gotha, und eine Häuslich Fromm
zogen Ihn religiös und einfach. Seine claffifche Bildung verdankt Sch.!
fium zu Gotha. In Jena begann er 1783 nady dem Wunſche f. Batrı
‚ſtudium; f. Neigung führte ihn aber zur Theologie, und vorzuͤglich x
Döderlein, Griesbah, Schuͤtz, Eichhorn und Hufeland wirkten am
wiffenfchaftliche Bildung ein. Später ſtudirte er in Goͤttingen die Alt
fenfhaften, wo er unter Heyne's Augen die Heine Schrift: „Uber de
Hercules"! (Gotha 1788), verfaßte. Dann war er faft 14 Jahre ii
an dem Gynmafium zu Sata, we er nad die Stellen eines Bible
Schlieffen 799
ers des Muͤnzcabinets erhielt. Hierdurch kam er in nähere Verbindung mit
erzog Ernſt II, ber ihm außerdem einen Theil feiner Privatgeſchaͤfte und a.
ge anvertraute. Mit gluͤcklichem Eifer befoͤrderte er vorzuͤglich die Muͤnz⸗
Er ſtand mit den beruͤhmteſten Numismatikern, ſowie mit Heyne, Hee⸗
A. im fleißigſten Briefwechſel. Die Wirkſamkeit dieſes vereinigten Strebens
m die von Schl. 1804 herausgeg. (leider mit dem 1. Hefte d. 2. Bd6. unter⸗
ven) „Annalen der Numismatik,“ und f. „Dactyliotheca Stoschiana’' (2
Nuͤrnb. 1805). 1805 machte er eine Reife nah Senf und Paris, wo er
hren Mitgliedern des Inftituts näher befannt wurde. Später befuchte er
nftreiche Dresden. 1806, Eurz vor der Schlacht bei Siena, trug ihm der
‚Auguft auf, das Münzcabinet und die vorzüglichiten Kleinodien des herzogl.
zu flüchten. Er brachte Alles gluͤcklich nach Altona und im folg. I. wohl⸗
n nach Gotha zurüd. Mit f. alterthuͤmlichen Korfhungen verband Schl. bios
Ihe Arbeiten, die f. Herz, das fire echte Menſchenbildung rein und kraͤftig
vorzüglich anzog. Noch jegt nennt man Schl.'s „Nekrolog merkwürbiger
90 — 1805 verft. Deutfchen‘‘ (Gotha 1791— 1806, 28 Bde.) mit Liebe
btung. Bald ſuchte das Ausland — Rußland, Berlin, Dresden und das
Iherer Entwidelung firebende Baiern — den kraftvoll vielthätigen Gelehrten
weignen. Sch. zog den Ruf nach München vor, wo er im Mai 1807, uns
a Präfidenten F. H. Jacobi, Generalfecretait der k. Akad. der Wiffenfch.,
zugleich Director der Hofbibliothed wurde und nach Jacobi's Austritt bie
3 de6 Ganzen allein über fich hatte. Hier wirkte er mit bem reinſten Eifer
iſſenſchaft und Kunft. Er brachte den Ankauf der Coufinery’fhen Münzs
ung zu Stande. Er ſchrieb die Jahresberichte der Akademie, mehre Heben
Bhandlungen. Insbeſondere befchäftigte ihn der Meorganifationsentwurf der
poerfland vergeblich angefeindeten Akademie. Zugleich, nahm er Theil an dem
Verein für ältere deutfche Geſchichtskunde und begann mit dem erſten
ekar Scherer eine period. Schrift: „Teutoburg“, für die Fortbildung
ieſchichte der deutfchen Sprache; auch legte er ein „Archiv des heiligen Buns
m. Beide Zeitfchriften hatten feine lange Dauer. Dann fammelte er für
ſchichte ber Lithographie und gab das Turnirbuch des Herzogs Wilhelm IV.
Aern heraus. Außerdem war er einer von den Stiftern des mündyner polys
hen Vereins und Theinehmer an Vorherr's Inftitut für die Verſchoͤnerung
adbauweſens. Endlich fuchte er in Nürnberg eine Buchhändlermeffe zu ers
» Dabei führte er mit Gelehrten in und außer Deutfchland den lebhafteften
hechſel. Mandyes: Zeindfelige mit Liebe vermittelnd und alles Gute, vor
Religion und Geſetz, redlich umfaffend, drüdkte ihn bloß das Gefühl, fo vies
ehäften unterliegen zu müffen. Sein Körper unterlag, nicht fein Geiſt. Uns
un Leiden ohne Klage, dabei bie zum legten Tage thätig, flarb Schl. am 4.
#22. Seine Battin, Tochter des gothaifhen Münzcabinetsbirectors Roufe
Bat ihm 3 Söhne, wovon 2 bereit# in bair. Staatöbienften flehen, und 2
wgeboren. SKajet. von Weiler (Nachfolger im Directorium der Akademie)
wie Schl.'s Leben und Wirken am 28. März bei der Stiftungsfeier der Akad.
ch. (Münden 1823). Vgl. Zſchokke's „Überlieferungen“, Juli 1823,
wide’ „Neuen Nekrolog der Deutfchen” (Jimenau 1824, 1.). 20.
be. en (Martin Emft v.), geb. 1732 zu Pubenzig bei Gollnow in
, trat früh in Kriegedienfte und kam 1749 nach Potsdam unter bie fs
. Mit unglaublichen Eifer und ohne Lehrer erwarb er ſich bier mannig⸗
Menntniffe, doch eine gefährliche Krankheit und eine unbegeeiflidhe Laune
H8 entfernten ihn aus dem preuß. Dienjt. Er wurde hierauf in Heffen an»
Belangte zu dem bedeutenden Poften eines Adjutanten des die alliicte Armee
BDirenden Prinzen Ferdinand von Braunſchweig und war am Ende der Te
809 Schlippenbad)
benjährigen Krieges Generalmajor. 1772 ernannte ihn Landgraf Fried
Generallleutenant und Staatsminifter. Jetzt entftand bei ihm der er
zur Stiftung eines freien und unabhängigen deutſchen Fuͤrſtenbundes:
ber Friedrich IL. mitgetheilt und von ihm lebhaft aufgefaßt wude.
Schlieffen als Generallieut. und Gouverneur von Weſel In preuß. Di
beſaß in vorzuͤglichem Grade das Vertrauen Friedrich Wilhelms II. ım
wichtigen Sendungen nad) Holland und England beauftragt. Die Un
oͤſtreich Niederlanden gaben ihm viele und ſchwierige Befchäfte. 1792
f. Entlaffung und lebte feit diefer Zeit, ganz den Wiffenfchaften gereit
Gute Windhaufen bei Kaffel, wo er am 15. Sept. 1825 flarb. 17
nom heraus: „Nachricht von dem pommerſchen Geſchlecht der von
Schlieffen“; dieſes Werk (2. A. 1784) iſt nicht nur ein Muſter einer tx
fchlechtögefchichte, fondern die vorausgeſchickte Abh.: „Won der Beſch
beutfchen Adels in alten u. mittlern Zeiten‘, enthält in einer edlen, kraͤfti
geiſtvolle Reſultate tiefer Forfchungen und ausgebreiteter Belefenheit
Befte, mas über die Geſchichte des Adels gefchrieben ifl. — Auch hatbe
Greis die Befchichte f. Lebens gefchrieben ; ſollte das Manuſc. berfelben
gegeben werden, fo erhält die deutfche Literatur ein Werk, welches, nad
Urtheile, den beften Memoiren des Auslandes an die Seite gefegt wer
Schlippenbach (Ulrid) Heinrich Guſtav, Freih. v.), geb. 1
Mai in Groß: Wormfahten in Kurland, bezog, im vaͤterlichen Haufe gu
die Univerfität Königeberg, um die Nechte zu fludiren. Nach einem aı
rigen Aufenthalte dafelbft ging er im Frühlinge 1791 nach Leipzig un
im gefelligen Umgange mit ausgezeichneten Dienfchen, den Brumd zu
Weltbildung, deren der wahre Dichter nie entbehren darf. Schon fri
das poetifche Talent in ihm geäußert: die heitere Muße eines reichen |
teifte den Keim zur vollen Bluͤthe. Unterbeffen rief die Pflicht bes
nad Kurland zurüd. Er begann 1797 f. Gefchäftsieben als Bevolln
ambothenfchen Kicchfpiels ; 1799 ward er zum Landnotar und 1807 y
bes piltenfchen Kreiſes erwählt. Bleichzeitig über nahm er das Kan;
der Ritterfchaftecomite und ging, bereits 1809 zum Mitglied der I
commiffion ernannt, 1814 nad) Petersburg als Adelsbevollmächtigt
Kaifer Alerander die Gluͤckwuͤnſche der piltenfchen Ritterfchaft zum erkd
den darzubringen. In demf. J. ward er Mitgl. der wegen Verbeſſerun
des der Eurländifchen Bauern niedergefegten Commiſſion, und von di
dacteur ihrer Arbeiten erwählt. Für den bei dieſem Geſchaͤfte bewiele
tehnte ihn der Kaifer 1815 mit dem Kronengute Kannenedlen auf 123
mals von f. Kreife abgeordnet, um die Rechte beffelben bei den Land
treten, oder um hohen Reifenden aufzuwarten,, hatte ee Gelegenheit, |
chen perfönlich bekannt zu werden, der ihn 1818 nah Aufhebung di
Landrathscollegiums, mit Beibehaltung des landräthlichen Praͤdicat
als Dberhofgerichtsrath nach Mitau verfehte. In demf. J. wurde er
neu errichteten Provinzial: Gefegcomite, Correſpondent derſelben fi
Eſthland; 1820 Curator der fuͤrſtl. Sacken' ſchen Famillenſtiftungen:
ſident der Provinzial-Gefegcommiffion. Schon fruͤher hatte der Don
penbach's Verdienfte um die Befchreibung der Herzogthuͤmer Kurland v
len durch das Geſchenk eines Brillantringes anerfannt; 1821 vertiel
St.:Unnenorden 2. Claſſe. Außerdem ift Hr. v. Schlippenbadh feit
teferrittee und als Samilienvater Inhaber der zum Gedaͤchtniß bei
Siegesjahres 1812 geftifteten Adelsmedaille. in bleibendered Di
hat er fi durch die Gründung der „Kuriſchen Geſellſchaft fir Literaten
1816 errichtet , deren Stifter und erftes Mitglied er war. — Weit mifa
os
Sclittfhuhfahren Schloffer (Johann Georg) 801
Befchäfte dem Dichterberufe nachzufegen,, beſchraͤnkten vielmehr jene bie Er⸗
fe f. Muſe. Das Publicum Eennt ihren poetifhen Werth. Hr. v. Sc.
‚och daß feltene Talent des muſikaliſch⸗lyriſchen Improviſirens. Seine ſchoͤn⸗
dichte befinden fich zum Theil unter diefen vergänglichen Schöpfungen des
blicks; fie Haben ganz den Zauber jener reichen, fafl üppigen Phantafie, wel⸗
ben übrigen Exzeugniffen bes Dichter6 mitunter an das Fluͤchtige, Negellofe
Wir zeichnen ımter den gedruckten Gedichten aus: „Die Wolken”, „Die
der Liebe” umd die „Epigramme”. — Dr, v. Schl. gab von 1806 — 9 bie
ria und Wega” heraus. Außerdem find von ihm erfchienen: „Ikonologie
tigen Zeitalter6” (Riga 1807); „Maleriſche Wanderungen durch Kurland”
1809); „Gedichte“ (Mitau 1812); „Beiträge zur Gefchichte des Krieges”,
e (Mitau 1813); „Lebensbläthen” (2 Bde. Hamburg 1816), und „Er
igen von einer Meife nadı St.» Petersburg im 3. 1814" (2 Bde., Hamburg
. Sc. ftarb den 20. März 1826 zu Mitan.
3chlittſchuhfahren, nach Heinfius richtiger als Schrittſchuhfahren,
an mit dieſen Schuhen nicht Schritte macht, ſondern wie auf Schlittenkufen
tet. Klopſtock ſchrieb Schrittſchuh, von ſchreiten, „weil man, den homeri⸗
zoͤttern gleich, auf dieſen gefluͤgelten Sohlen uͤber das zum Boden gewordene
inſchreite“. Dieſer Art des Eislaufes warb ſchon vor 800 Jahren In der
" gedacht, in dem Bilde von dem Botte Uller, „ben Schönheit, Pfeil und
ſchuhe vor den übrigen auszeichnen”. Jetzt veranlaßt diefe gymmaſtiſche
bes Nordens an mehren Orten Volksfeſte, nicht allein in Holland, fondern
s London, Paris, Berlin und Wien; doch ift fie noch nicht zur ſchoͤnen Kunſt
ildet. Klopſtock befang fie in mehren Oben :,, Der Eislauf” (1764); „Braga“
)3 „Die Kunſt Tialf's“ (1767); „Der Kamin‘ (1770); „Winterfreuden“
), Auch Göthe, Herder, Cramer, Krummadyeru. A. haben fie befungen. Vgl.
N. Vieth's, Verſuch einer Encyklopädie ber Leibesübungen” (Th. Il, 1794);
J. Guts Muthe's, Gymnaſtik für die Sugend” (2. A., m. K., Schnepfenth.
; Deffelb. „Zumbucdh”‘ (Frkf. a. M. 1817); 3. Gatcin, „Le vrai patineur
(m. K., Paris 1813.) ; Aloys Mayer, „Das Schlittſchuhfahren; ein Ta⸗
" (Salzb. 1814), und Chriſtoph Sigm. Zindel, „Der Eislauf, ober das
tſchuhfahren“ (m. Kupf., Nuͤrnberg 1825). — Schneeſchuhe find
s Schlittſchuhen dadurch verſchieden, daß fie 6 — 7 Fuß lang und ganz von
nd. Dean bedient fich ihrer in Norwegen u. a. Ländern, um über den Schnee
birge, beſonders wenn er nicht mehr loder, fondern hart geworben ift, ſchnell
und das Wild einzuholen. Dan bedient ſich habei eines langen
zu nicht einzuſinken, unten mit einer Scheibe verfehenen Stockes. Natuͤr⸗
angt man mit diefen Schuhen bergaufiwärts nur mühfam, bergab aber fährt
it der Geſchwindigkeit eines Pfeile.
5 chloffer (Sohann Georg), geb. 1739 in Frankfurt a. M., Goͤthe's
freund, ſtudirte zu Gießen, nachher zu Altorf die Rechtswiſſenſchaften und
m letzterm Orte die Doctorwuͤrde. Darauf ging er indie Dienfte des Herzogs
ch von Würtemberg nach Mömpelgard, von ba nad) Karleruhe, mo er Hof:
Amtmann zu Emmendingen, auch) Geb. Hofrath wurde, kam als folder
nach Karlsruhe zuruͤck und wurde 1790 wirklicher Geh. Rath. und Director
ſgerichts. 1794 foderte er aus Gerechtigkeitsliebe feinen Abſchied, weil ein Ge⸗
Iches er zu Gunſten armer Bürger gemacht hatte, nicht gelten ſollte. Wegen
volutionskrieges begab er ſich 1796 nach Eutin. 1798 wählte ihn f. Va⸗
t Frankfurt zu ihrem Syndikus, mo er ſich aufs neue als einen vielfach thaͤti⸗
d müglichen Befchäftemann zeigte, aber ſchon 1799 im 61.9. flarb. Schl.
n feuriger Denker und Wahrheitöforfcher, der für Gott, Recht und Tugend
ſchrieb und handelte. Er fammelte bie wohlthätigen Wahrheiten aus dem
d.e@er. Siebente Aufl. Mb. IX. 51
802 Schloſſer (Friedrich Chriſtoph)
Gebiete ber Politik, Geſchichte, Moral und praktiſchen Philoſophie khe
ſoendete fie mit einer glänzenden Beredtſamkeit aus. Man mußte ſ.
wundern, f. wohlwollendes Herz lieben, ſ. weltbürgerliche Geftunung,
thigkeit und den edeln, männlichen Ton feines Vortrags ehren, wen
gleich nicht von einem gewiſſen Dange zur Paraborie freifprechen kann.
wohnt war, Alle auf praktiſche Wirkſamkeit, auf das Thun, zuruͤchuf
da f. phantafiereiches Philofophiren nicht für trockene, abgezogene Gri
madıt war, fo gereichte ihm Kant's kritifche Philofophie mit ihren tieff
terfuchungen zum Ärgerniß, und er fchrieb ‘mit einer Leidenſchaftücht
die ihn als Kenner verdächtig machte, und bes praftifchen Weiſen nict ı
Sein „Seuthes, oder der Monarch” und andre Schriften uͤber Gege
Staats « und bürgerlichen Rechts zeugen von hellem Kopfe und ma
für Wahrheit und Recht. Er liebte und fludirte die Alten fleißig ı
Longin „Vom Erhabenen” und Mehres aus dem Aſchylus, Plato, Arift
endides u. f. w. uͤberſetzt. Außer f. zahlreichen übrigen Schriften h
Sammlung Heinerer Auffäge und Überfegungen, u.d.X.: „I. G. Schu
Schriften“ (mn. Aufl., Bafel 1787— 94, 6 Thle.) herausgegeben.
Schloſſer (riedrich Chriſtoph), D. der Philoſophie und Pı
ſchichte zu Heidelberg, feit 1824 Geh. Hofrath, ein durch innere Kraft
bien und reiche Welterfahrung auf eigenthümliche Weiſe gebildeter Hi
felbftändig und ftreng, oft ſcharf, ja rauh in f. Urtheil, was er gewiffent
bat, ruͤckſichtslos darſtellt. Geb. zu Jever d. 17. Nov. 1776, vater
dem 6. J., von 12 Kindern, unter 10 Brüdern, das juͤngſte, ward er t
auf dem Lande erzogen, mo ihm ein braver Schullehrer bie Liebe zu
impfte. Der „Robinfon”, Campe's Schriften, eine Menge Reifebefchte
a. Buͤcher, regellos gelefen, unterhielten ben lebhaften Knaben bis ind
befuschte jeßt bie gelehrte Schule zu Fever, wo in dem Haufe ſ. Mutter
und der Seldprediger der aus Amerika zuruͤckgekehrten anhalt⸗zerbſtiſch
den wilden Fri gern um fi hatten. Dadurch und mittelft Benutzun
bibliothek lernte er vieler Herren Länder, Völker und Sitten kennen.
ſchraͤnkter Lage, oft hart geftraft, wuchs er auf, ohne die Zucht der Liebe
Endlidy gewann ein trefflicher Lehrer das Herz des gereisten Knaben unt
Geiſte eine gluͤcklichere Richtung für Sprady > und Sachſtudium. |
nahm jebod die Leferei aufs neue fo überhand, daß er bi6 zum 15. J
3000 Bücher durchlaufen hatte, darunter folhe, die f. Glauben an p
gion ſchwaͤchten. Planmaͤßiger betrieb er In Prima alte Sprachen, !
und neue Sprachen, wobei er das Leſen deutfcher Schriften ganz aufge
durch eigne Studien gut vorbereitet, ging er Oftern 1793 nad) Goͤt
Theologie zu fludiren. Hier genügten dem überaus fleißigen, fe
Sünglinge am meiften Plank's und Eichhorn’6 Vorträge. Die Dorf
Teſtaments, wie die Sonfequenz des alten bogmatifchen Suftems, y
ſehr an. Bei Spittler hörte er ein geiftreiche® Collegium uͤder altı
Auch bei Kaͤſtner lernte er viel duch Nachfragen; bei Lichtenberg hört
Das Meifte lernte er für fich in voͤlliger Zuruͤckkgezogenheit von jeder :
Auch befchäftigten ihn die ſchoͤne Literatur der Staliener, Spanier md
Reiſebeſchreibungen und Mathematik. Pebtere gab er erft nach 20°
Sein Freund Köppen (jest Doft. und Prof. in Erlangen) machte ihn
Sena erkannten Werthe der Philofophie befannt. Dann wırde eG
Waldeckſchen, wo er, befonders zu Arolfen, ſich in einem trefflichen Fa
gefellig ausbildete. 1796 kehrte er nach Jever zuruͤck. Gen kleine u
ter ererbtes Vermögen hatte genau hingereicht, um ohne Unterftätung 3
Er uͤbernatm daher die Cehehong der Rinder bes Grafen v. Bentink in®
Schloffer (Friedrich Chriftoph) 808
Shere Welt beobachten lernte und für ſich Philofophie aus Plato und Kant ſtu⸗
3 dabei fepte er das Etudium ber Reifebefchreibung fort. 1798 gab Schl.
B Verhaͤltniß auf, um in f. Vaterlande ein Pfarramt zu erlangen, und verfah
Seilen die Stelle eines Predigers auf dem Lande. Als nad) 6 Monaten kein
ſich zeigte, wollte er f. Stud in Rufland ſuchen. Allein der ruffifche Ges
in Damburg (damals in Altona) verweigerte ihm den Paß; er nahm daher
Ehmarſchen bei Altona eine Meine Hauslehrerſtelle an, in welcher er Kant,
we, Schelling, den Thucydides, den Euripides und die Metrik zu ſtudiren
ve fand. 1800 erhielt ex eine Hauslehrerſtelle bei einem reichen Kaufmann in
Bfurt a. DM. Bier fegte er f. claffifchen und hiftorifchen Studien fort, las den
Oteles ımd die Scholaſtiker, befchäftigte fich viel mit Chemie und Botanik, bes
e die Stadtbibliothek zur Abfaffung eine® aus den Quellen unmittelbar ges
Ken „Leitfadens der Geſchichte und hatte vielfache Gelegenheit, in ben Kriegs⸗
mr das Getreibe der MWeltbegebenheiten anſchaulich kennen zu lernen, ſowie
: den vertrauten Umgang mit intereffanten Dienfchen fein todtes Wiffen zu bes
Er gab jegt (1806) den Gedanken an ein Pfarramt auf und mollte fidh
eine Ueberfegung ımd Erläuterung der entflellten Schrift des Ariſtoteles „De
xis in die Gelehrtenrepublik einführen. Gurlitt und Schneider riethen zur Ders
be; allein fie genügte ihm nicht. Nun arbeitete er die Schrift „Abaͤlard und
An“ aus (Gotha 1807); hierauf „Das Leben Bezas und Peter Martyr“
weiberg 1800), wozu ihm Loͤffler aus der herzogl. Bibliothek zu Gotha bie
Fchriftlichen Briefe der ſchweizer und franzoͤſ. MReformatoren mittheilte. Uns
Fien war er Oftern 1808 als Conrector an die Schule zu Fever berufen wors
Dieſes Amt unterbrach f. hiftorifchen Studien. Er legte es daher nieder und
4809 nady Frankfurt zurüd. Hier übernahm er einige Lehrflunden am Gym⸗
um, entwarf f. „Sefchichte der bilderſtuͤrmenden Kaifer des oftrömifchen Reich”
malfurt a. M. 1812), fludirte zugleich die Gefchichte und Literatur des 18.
„und fchrieb Recenf. fie die „Sen. Lit⸗-Zeit.“ (3. B. von Neander’s „Sulian‘‘)
r bie „Heidelb. Jahrb.“ (3. B. von Grimm’s „Correspondance‘, und feits
zuehre andre von bleibendem Werthe). Mit außerordentlichem Fleiße las er alle
Aften, die ihn in das Innere der Welt und Zeit einführen konnten. Dabei
er den Unterricht in der Familie ſ. Freundes fort, deffen aͤlteſte Kinder ex früher
M800) erzogen hatte. Der edle Dalberg ernannte ihn 1812 zum Prof. ber Ges
wte und der Befchichte ber Philofophie bei Dem neuerrichteten Lyceum in Frank⸗
5 er lehnte daher einen Ruf nach Heidelberg an Neander's Stelle ab. Für
welefüngen gab er jetzt den 1. und 2. Theil f. „Weltgeſchichte in zufammenhän-
wer Erzählung” heraus, ein aus dem Schacht der Beweiſe felbft zu Tage geförs
Werk, das, obwol in feiner Form — was die beiden erften Theile betrifft —
mer anziehend, dennoch durch feinen Inhalt gründlich belehrt. Des 3. Bde. 2.
„ 2. Abtheit., geht bis auf die Zeiten der Entftehung des Schweizerbundes
me. a. M. 1815— 24). Eine 2. Aufl. der erften Theile wird erwartet. Seit⸗
erſchlen der erſte Band von f. „Univerfalhiftor. Überficht dee Gefchichte der als
Weit und ihrer Cultur“ in 3 Abtheil. (Frankf. a. M. 1826 fg.). Nach ber
nung des Fuͤrſt⸗Primatiſchen Staats, 1814, ging das Eyceum ein. Senat
Bärgerfhaft ernannten nım Schl. zum Stadtbibliothekar; diefe Stelle
f. Quellenftubium,, und ber mit der alten und im Mittelpunkte des eus
beutfchen Weltverkehrs auch mit ber neuen Zeit innig vertraut gemorbene
um erhielt dadurch die rechte Weihe zu einem Priefter der Geſchichte. Schl.
ve 41817 in Deibelberg Wilken's Nachfolger. Vor Kurzem hat er die außer
Body von ihm geführte Bibliothekdirection niebergelegt. Zur lebendigen Aus⸗
Ing f. Skizze ber Sefchichte des 18. Jahrh. und der franz. Revolution machte
" eigne Koften 1822 eine Reife nach Paris, wo er bie bereitwiigte OOU.EN
Si
804 Schloͤzer (Auguſt Ludwig v. — Dorothea)
(he Aufnahme fand und zugleich die Handfchriften der Bibllothek für bie
Theile ſ. Weltgefchichte benugte. Jene ſchon in der Handſchrift von Als.
boldt feines Beifalis gewuͤrdigte „Befchichte bes 18. Jahrh. in gedrängtrei
mit fteter Beziehung auf die voͤllige Veränderung der Denk: und Regiers
am Ende deſſelben“ (2 Thle., Heidelberg 1823) ward ins Franzöf. überfeg
1825). Auch ift fie reich an hellen und ſcharfen Blicken in den großen &ı
Weltgeiftes.
Schlözer (Auguft Ludwig v.), einer unſerer gruͤndlichſten und un
ften Geſchichts forſcher, geb. 1737 zu Jagſtadt an der Jaxt im Hohenle
bergifchen,, verlor f. Vater , Prediger dafelbft, früh, ward bei Verwandte
und ging, mit guten Vorkenntniffen in der lat., griech., hebr., halbäift
ſchen und franz. Sprache außgerüftet, 1751 nad) Wittenberg, um bort
Willen f. Verwandten Theologie zu ftubiren. Hier ergriff ihn der Wunf
faſt f. ganzes Leben hindurch feurig verfolgt und dennoch nicht erreicht
Drient zu bereifen, und veranlaßte ihn zum gründlichen Stubium der orle
Sprachen. Nachdem er zu Wittenberg über eine Abhandlung „De vitaD:
di8putirt hatte, ging er nach Goͤttingen, wo 2$ahre hindurch gleichfalls
vorzüglich biblifche Philologie, fein Hauptftubium blieb. Ein vortheill
nender Vorfchlag führte ihn als Hauslehrer nach Schweden, wo er vierte)
theils zu Stockholm, theils zu Upfala verlebte und 1758 ſ. „Verſuch einer
gefchichte” in ſchwediſcher Sprache herausgab. Aber ſtets f. Reifeplan im
haltend, kehrte er 1759 nach Goͤttingen zurüd. Neben den orientaliſch
chen, befonder& der arabiſchen, in der ex bald ſelbſt Unterricht ertheilen ko
er ſich mit Eifer, vorzüglich unter der Anweifung des Geburtshelfers RU
fen T. nachher f. Gattin ward, auf die Mebichn, die er für nothwendig je
gen feines Plane hielt, und ſchon wollte er barin promoviren, fchon hatt
hundert Dukaten Meifegeld erfpart, als ein Antrag aus Rußland f. gany
plan ftörte. Der berühmte ruſſiſche Reichshiſtoriograph Müller ließ ihm
flag machen, als Hauslehrer und Ikterarifcher Gehuͤlfe in f. Dienfte zu t
ber Ausficht auf eine künftige Anfteltung bei der peteröburger Akademie
in der Hoffnung, f. Reifeplan dadurch zu fördern, begab ſich 1761. naı
‚burg. Die Abenteuer f. Reife und f. dortigen Aufenthalte hat er felbft |
bend in dem eriten Bruchſtuͤck f. Selbſtbiographie befchrieben. Gein ı
ſchaͤft in Rußland war die Erlernung der Sprache, mit deren Hülfe er '
das Studium der altruffifchen Jahrbücher ging. Allein eben dadurch reizt
ler's Eiferfucht‘, ber uͤberdies weder für f. Reifeplan noch für f. Anſtelln
Eifer zeigte. Schl., der f. Ausfichten fo unangenehm geſtoͤrt ſah, fuhri
die mittlere euffifche Gefchichte aus den Chroniken und fonftigen National)
lern zu bearbeiten, ward 1762 Abjunct bei der Akademie und Lehrer an!
mowoky'ſchen Erziehungsanftalt und trennte ſich von Müller, der jett |
dener Gegner warb. In dieſer Lage war ihm 1764 die Ernennung all
Göttingen, wenngleich für jetzt noch ohne Gehalt, die er auf Michaelis's X
hielt, fehr willtommen. Allein Müller wirkte ihm entgegen und brachte
daß der Senat förmlich befahl, Schloͤzer's Abreife aus dem Reiche aufzuh
ihm f. biftorifhen Sammlungen abzufodern. Das Leptere geſchah zwar ı
beffen mußte er doch bleiben. Nach manchen Verhandlungen bewilligte
lich die Regierung 1765 f. früher gemachten Foberungen und ernannte
Prof. bei der Akademie mit 860 Rubel Gehalt, wobei alte ruſſiſche Geſch
zur Dauptbefchäftigung angewiefen ward. Auch befam er dreimenatlihe
zu einer Reife nach Deutfchland, die er fogleidy antrat. Nach f. Nädkeh
noch 2 Jahre in Peter&burg,, bann Eehrte er 1767 aufs neue mit Urlaub me
fingen zuruick, wo er zum artentl, Drot. ter Batitl ernannt wurbe. — PR
, Schluß (logifcher) 805
Zellung beginnt f. glänzende gemeinnuͤtzige Thätigkelt, bie fich über einen weiten
ekungskreis verbreitete. Die vorsüglichfte Ausbeute f. hiftorifchen Korfhungen
en f. „Allgem. nordifche Gefchichte” (zuerft 1772) und ſ. „Neſtor“, ben er bis
- 980 überfegte (1802 — 9). Mit nicht minderm Eifer bearbeitete er die Sta⸗
P. Wiewol er darin nur zu große Vorliebe für das Tabellenweſen zeigte, fo ges
et ihm doch der Ruhm, zuerft ihren Begriff und Umfang genauer beftimmt
eine vollftändige Theorie derfelben entworfen zu haben. Naͤchſtdem verdankte
bie Univerfalgefchichte neues Licht und Leben; dies beweifen f. „Weltgefchichte
Auszuge und Zufammenhange” (1792), ſowie eine Vorbereitung zur Weltge⸗
Bhte für Kinder. Noch nicht zufrieden mit diefen Leiftumgen,, umfaßte ſ. Stre⸗
Die geſammte Staatswiſſenſchaft, die er nach ihren Haupttheilen in kurzen Abs
ers aussuarbeiten fi) vornahm ; leider erfchienen davon nur 2 Hefte. Einen bes
em Einfluß auf Deutfchland erhielt er als politifcher Schriftfteller durch f.
Gefrwechfel” (1776— 82) und f. „Staxtsanzeigen” (1782—93), deren Haupt:
B war, ohne Sucht und Scheu Mißbraͤuche und Mängel zu rügen. Seine Ans
en find nicht ohne Parabdorie, ſowie ſ. Darftellung zwar intereffant, aber derb iſt
Häufig bem guten Geſchmacke trogt. Als alabemifcher Lehrer hielt er mit gros
Beifall und vor einem zahleeihen Auditorium, hauptfädhlicy über allgemeine
Egeſchichte und Statiſtik, Über europäifche Staatengefchidhte, allgemeines
mtörecht, Politik und nordiſche Geſchichte Vorträge ; auch la er ein Reife = und
Beitungscollegium. Nachdem er ſich mit feinem 70. J. von allen Geſchaͤften zus
gezogen hatte, verlebte ex die legten 5 Fahre nicht ohne tiefen Kummer über bie
ige Lage, in der er f. Vaterland fehen mußte, und ftarb 1809 als Geh. Juſti;⸗
und Mitglied mehrer gelehrten Gefellfchaften, auch feit 1804 vom Kaiſer Ale⸗
mer geadelt und mit dem Wladimirorden 4. Ct. beſchenkt. — Auch feine T., Do:
ea, verehel. Rod de zu Luͤbeck, verdient eine ruͤhmliche Erwähnung. Sie
die gründlichen Kenntniſſe eines Gelehrten mit aller Liebenswuͤrdigkeit ihre®
Mhlcchtö zu vereinen , bearbeitete, um ihrem Vater Freude zu machen, 3. B. bie
Ye Muͤnzgeſchichte in den trodenften Reductionen und Münzberechnungen,
nie 1787 die Doctormürde und trat mit ihrer Verheirathung anſpruchlos in den
= Kreis ber weiblihen Wirkſamkeit zurid. Sie ftarb auf der Ruͤckreiſe aus
fEdL. Frankteich zu Avignon ben 12. Juli 1825, 55 3. alt. — Ihr Bruder,
eiſt ian v. Schloͤzer, Prof. der polit. Dkon. und der Diplomatik an der Unis
wie zu Moskau, Hofrach und Ritter des St.»Annın:D., bat fich durch f.
watswirtbichaft”” (uff. und deutſch, Halle 1804— 6) und durch Kleine Schrif:
ber die Statiſtik in latein. und franz. Sprache 1822 fg. befanntgemadht.
e Biographie A. E.v. Schl.'s und f. Tochter fteht in den „Zeitgenoſſen“, XIV.
Schluß, logifher Schluß. Der Schluß entſteht, wenn mehre Urs
w in ein inmere® Verhältnig zu einander geftellt werden, ſodaß eins als Folge
dem andern als dem Grunde abgeleitet wird. Man unterfcheidet aber Wahr-
inlichkeitsſchlüfſe, dergleichen Induction und Analogie find, in welchen
Aligemeine aus dem Befondern gefolgert wird, und Nothwendigkeits⸗
Affe oder eigentlich logiſche Schlüffe, in welchen ſich das Befondere aus
Algemeinen ergibt. Das einfachfte log. Verhaͤltniß zwiſchen Urtheilen findet
Hlatt, wenn eins derfelben unmittelbar als Folge aus dem andern abgeleitet
), fobaß alfo der ganze Schluß ein zweiſaͤtziger iſt, d. h. nur aus einer Prämiffe
man einen begründenden Sag im Schluffe) und dem Echlußfage (eon-
üe) befteht. Einen ſolchen Schluß nannte man fonft auch faͤlſchlich einen Vers
abesſchluß — aber der Verftand ift überhaupt das Vermögen des Denkens,
Ei) auch des Schließene — richtiger eine unmittelbare Folgerung (consequen-
umediata). Die unmittelbaren Schluͤſſe beruhen lediglich auf der Verwandt⸗
E ameiee Urtheile in Hinficht ihrer logifhen Form, zu deren Era u trunk
806 Schluß (mufil.) Schmalkaldiſcher Bund
vermittelnden bedarf. Weil man ſonſt aber gewohnt war, den Schub, in
die Abfolge eines Urtheils aus dem andern durch ein drittes, beiden verwandt
als das vollftänbigere anzufehen, fo meinte man, ber unmittelbare fei ein ver
und folglich etwas, vielleicht die Regel des Schluffes felbft, hinweggelaſſen
aber verhalten fi wie unmittelbarer und mittelbarer logifcher Zuſamm⸗
Über den mittelbaren Schluß f. Syliogismus. Die Schlüffe find ferne
liche und nicht förmliche, einfache ober zufammengefegte. Letztere nem
Schlußreihen oder Polyſyllogismen: fie find wieder vollftändiger, offenbar
mengefegte, wenn die Säge alle außgefprochen find, oder verftedt zufammen
wenn Säge zu ſuppliren find; dieſe nennt man auch Schlußketten, Kette
(Soriten, f.d.). Ä
Schluß, Zonfhluß, f. Cadenz.
Schluͤſſel, Muſik- oder Notmfhläffe. — Weil man ſich inte
Muſik eines größern Umfangs der Toͤne bedient ald in der alten, und m
Umfang der bei uns gebräuchlichen Toͤne nicht mit einem Linienfpiteme v
nien vorgeftellt werben konnte, obne die Noten bis zur Verwirrung bes Au
Mebenlinien zu uͤberhaͤufen, fo hat man in der Tonſchrift ein Mittel erfund
nicht mehr als 5 Linien den Umfang ber Toͤne jeder Stimme unb jedes Taflı
mit Bequemlichkeit darftellen zu koͤnnen. Dieſes befteht in der Verſchiede
Schluͤſſel, vermittelft welcher man den auf dem Linienſyſteme dargeſtellter
die Bezeichnung einer hoͤhern oder tiefern Region verfchaffen kann. — Mau
fi) 3 verſchiedener Arten diefer Schlüffel, naͤmlich des F-Schluͤſſels, woh
die tiefere Hälfte der Töne unſers Tonſyſtems bargeftellt wird, und den
ber auch den Baßſchluͤſſel (f. d.) oder das Baßzeihen nennt. eine]
DE, Der zweite, oder G-Schlüffet (f. d.), dient für die höhere Hi
Toͤne und heißt auch Violinfchläffe. Seine Form if & Der britte
fel fi der C-Schlüffel: — Er zeigt an, daß auf der Linie, auf
flieht, das eingeftrichene C iſt. Man braucht ihn jest hauptſaͤchlich in !
ſchrift für die Discant, Alt» und Tenorſtimme. Für den Discant fett!
auf die unterfte Linie und nennt ihn dann Discantfhläffel; für ben ?
er auf die mittlere Kinie gefegt und heißt Altſchluͤſſel, und für den Tener
zweite von oben und heißt Tenorſchluͤſſl. Beim Discant bezeichnet da
Mote auf der 1., beim Alt eine auf der 3., und beim Tenor eine auf ber
daffelbe eingeftrichene C. |
Schlußfall, f. Cadenz.
Schlußſatz, f. Finale.
Schmade, ein mittleres Kauffahrteifhiff. Es ift unten platt s
und hinten fehr voll gebaut, und hat an den Seiten Schwerter (d. i. ſtark nett |
ſchlagene Planken, faft in Geftalt einer Schuhfohle, die am Schiffe ungel
die Floßfedern am Fiſche angebradht find, um deffen zu vieles Abtreiben
die Seite legen zu verhindern). Der erſte Maft ift ein Gabelmaft (der ein
bintenzu laufenden Stod [Gabelbaun) hat, an welchem das Segel befrfl
ber Befanmaft (hintere) iſt viel Eleiner und fteht ganz hinten auf dem Ded
Schmade hat außer der Kajuͤte noch auf dem Verdeck einen zur Rüden.
den Hof. Das Takelwerk hat mit dem der Kufen und Galioten Ähnliche
Holland, auf der Elbe und auf der Weſer find fie vorzüglich gebraͤuchlich.
Schmähfhrift, f. Pasquill.
Schmallatviiher Bund heißt die Vereinigung, melde im
1531 von 9 proteftant, Triten rd Sroken nt LA WUREAFLRTen gar ge
Schmalkaldiſchet Bund . 807
ichen Vertheidigung ihres Glaubens und Ihrer polit. Geltftändiykelt gegen
"Karl V. undbie kathol. Stände zu Schmalkalden im Hennebergiſchen, vors
auf 6 Fahre, gefhloffen und auf den Gonventen zu Srankfurt, im Jullus und
beffelben J., mit der Beſtimmung beftätigt wurbe, daß der Kurfuͤrſt von
en und ber Landgraf Philipp von Heffen die gemeinfchaftlichen Angelegenheis
6 Däupter des Bundes leiten follten. Ex wurde, ba ber ſeichte nuͤrnberger
gionsfriede (f.d.) feine Erhaltung nicht unnuͤt machen konnte, anf eis
jſonvent zu Schmalfalden 1535 durch den Zutritt neuer Glleder, durch die
ngerung auf 10 Jahr und durch den Beſchluß, ein ſtehendes Bundesheer von
VOM. zu ımterhalten, fehr verftärkt und erhielt auf dem Convent 1537 ein
Band der Vereinigung durch die von Luther abgefaßten Wermahrungsartitel,
von den zu Schmalkalden anwefenden Theologen unterfchrieben wurden und
T.der ſchmalkaldiſchen Artikel bekannt find. Ihre erfte Beſtimmung,
m vom Papfte angekündigten Concillo in Mantua jur Durftellung des evang.
end zu dienen, konnten fie zwar nicht erreichen, ba diefes Goncilium nicht
tande kam, doch find fie ale völlig uͤbereinſtimmend mit der augsburgifchen
ſſion unter die fombolifchen Büdyer der evangelifchstuuherifchen Kicche aufges
ven worden und durch ihren derben Ton In Beftreitung der papiftifchen Lehren
Kißbraͤuche ein Beweis der Erbitterung und ruͤckſichtsloſen Heftigkeit, von
re Luther und feine Partei damals befeelt war. Seit diefer Zeit nahm ber
lkaldiſche Bund immer mehr eine feindliche Stellung gegen die Katholiſchen
Die volle Hälfte der Kräfte Deutfchlande war damals auf feiner Seite; ganz
fen, da das Meifinifche nach Georgs Tode an den gut Iutherifchen Herzog
ich von Freiberg fiel, Heffen, Würtemberg, Lüneburg, Dänemark, Poms
, Brandenburg, die anhaltifchen und mansfeldifchen Lande in Vereinigung
on oberdeutfchen, ſchwaͤbiſchen, fränkifchen, rheiniſchen, meftfälifchen und
fachſ. Städten, die faſt alle dem Bunde zugethan waren, boten eine Macht
gegen bie fi) weder die 1538 gefchloffene heilige Ligue der kathol. Fuͤrſten,
ver durch die Türken umd wiederholte Kriege mit Frankreich beſchaͤftigte Kaifer
jenug fühlte. Daher blieb der kühne Schritt, den der Kurfürft Johann Fried»
on Sachſen und der Landgraf Philipp 1542 auf einem Feldzuge zu Gunſten
wädte Boslar und Braunſchweig, durch Vertreibung Herzog Heinrichs d. J.
zraunſchweig (weicher das eifrigfte Mitglied der Ligue mar) und durch vöRige
nahme feiner Lande wagten, vor der Hand umgeftraft. Der Kaifer wendete
Mittel der Lift an, die Proteftanten durch Unterhandlungen friedlich hinzu⸗
ı, und diefe würden gerade jest durch einem offenen, gemelnfamen Angriff
aiſers Alles erlangt haben , was fie wünfchten, wenn nicht bie Uneinigkeit uns
nen felbft, die Verlegenheit Philipps wegen feiner Doppelehe, und Johann
richs grillenhafter Eigenfinn ihre Thatkraft gelähmt hätte. Sie fahen der Uns
loffenheit und Demüthigung des ihnen geneigten Herzogs von Kleve und bem
jen Erfolge der Meformation des von ihnen verlaffenen Kurfürften von Köln
tig zu; fie lehnten aus fürftl. Stolz den Beitritt tapferer und vielgeltender
dritter zu Ihrem Bunde ab; fie ſetzten auf die wiederholt angebotene und wie⸗
mausgeſchobene Unterftägung bed Koͤnigs von Frankreich, der freilich weit
nt, den Proteftantismus befchügen zu wollen, ihren Bund nur ald Gegen»
he gegen den Kaiſer gu brauchen gebuchte, bald zu viel, bald gu wenig Vers
v amd verwilligten dem cömifchen Könige die Tuͤrkenhuͤlfe zu einer Zeit, wo
ſelbſt ihr Argfter Keind zu werden drohte. Indeß mar ihre Macht, als ber
endlich im Juli 1546 von dem Heere der oberländifchen Städte unter Schärts
ıd von den beiden Bundeshäuptern In Schwaben begonnen wurbe, groß ges
um den wenig gerüfteten Kaifer in Verlegenheit zu frgen. Schaͤrtlin ruͤckte
ich an der Donau vor, um dem aus Itallen heramchtenten Laien. gie
808 Schmalte Schmalz
den Paß zu verfperren. Doch die traurige Eiferſucht des Kurfürften Jah
rich und des Landarafen Philipp laͤhmte auch biefen großen Feldherrn. D
daß nach der d. 20. Juli gegen beide Bunbeshäupter erlaſſenen kaiſerl A
rung Morig von Sachſen die Kurlande als Vollſtrecker der Acht in Def
wodurch der Kurfürft zum Ruͤckzuge gendthigt wurde. Nun eroberte per
Friedrich fein Kurfürftenthuns noch im Herbſte 1546 wieder, allein m
Winters rüdte Karl V. nebft feinem Bruder Ferdinand mit einem ſchl
Deere, das ihm ſchon ſaͤmmtliche oberdeutfche Bundesglieder unterwe
durch Sranken vor, bald ftanden Johann Friedrich und Philipp im der
Gefahr allein und von den übrigen Bunbesgliebern verlaffen, und bie u
Niederlage bei Muͤhlberg, d. 24. April 1547 , brachte fie beide in des K
walt. Diefer traurige Erfolg, an dem Verrätherei und Schwäche gleich
haben mochten, beenbigte den ſchmalkaldiſchen Krieg und loͤſte ben ot
flreueten Bund völlig auf. Der Zweck des Bundes aber, die Sikhe|
Religiondfreiheit, für welche die Proteftanten gelämpft hatten, wurd
kuͤhnen Streich des Kurfürften Morig erreicht, der 1552 den paffauer 9
Folge hatte. (Vgl. Morig von Sachſen.)
Schmalte oder Smalte ift eine blaue Farbe, bie in v
Künften häufig gebraucht wird. Dan erhält fie aus calcinirtem Kol
und Sand, bie zufammengefchmelzt ein blaues Glas geben, welches n
einem feinen Pulver germahlen wird. Man färbt damit Kryſtall⸗ und €
fer, bemalt damit das echte Porzellan, die Fayence⸗ und Toͤpferwaaren
dienen fi die Maler derſelben zu Paſtell⸗, Wafler-, Wachs: und DIf
man zum Behufe der Porzellanmalerei eines reinem Kobaltoxydes bed:
Schmalte gewoͤhnlich enthält, fo kann man einen Theil Schmalte mi
Kalt ſchmelzen und das Kiefeldt in Waffer auflöfen, worin das Kobalte
den fällt. Der erfte Gebrauch des Zaffer zu Färbung des Glaſes fällt
Haͤlfte des 15. Jahrh. Die geringfte Sorte gebrauchen die Waͤſcherim
fag zur gewöhnlichen Stärke, um dadurch die Weiße der Waͤſche zu erh
falten, wo Schmalte verfertigt voicd, heißen Blaufarbenmwerke.
Schmalz (Theodor Anton Heinrich), Dr., koͤnigl. preuß.
und Prof. der Rechte auf der berliner Univerfität, ift geb. zu Danover :
dirte zu Göttingen und Rinteln, erlangte hier 1786 bie juriftifche D
und 1787 eine außerorbentlihe Profeffur. 1789 erhielt er einen Rı
nigsberg. Als Schriftfieller war ee 1783 durch f. „Denkwuͤrdigkeite
fen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe” aufgetreten. Später zeigte er fid
Gebiete der Staatswiſſenſchaften und Staatswirtbfchaft und der Red
ein geiſt⸗ und Eenntnißreicher und fehr fruchtbarer Schriftſteller. (S
zeichn. feiner Schriften im Meuſel.) 1815 erregte er durch die Kleine pol
„Berichtigung einer Stelle in der Venturini’fchen Chronik”, in der preu
hte, wie überhaupt in Deutfchland, eine große Bewegung, da es fd
Schm. die Begeifterung des deutfchen Volks 1812—15 herabfegen wo
Fortdauer geheimer und gefährlicher Vereine die Rebe war und alferhani
Zwietracht ausgefäet ſchien. Niebuhr, Schleiermacher, Koppe, Lu
land, Fr. Sörfter, Sr. Ruͤhs, Krug, 2. Luͤders u. X. traten gegen Ih
es wurde diefer Streit mit einer folchen Erbitterung geführt, daß der
Preußen endlich befahl, es folle daruͤber weber für noch gegen weiter etw
werden. In diefem Gabinetöfchreiben murden zugleich bie Werbienfte d
früher beftätigt gewefenen Zugendbundes in den Tagen und Jahren d
bes Vaterlandes anerkannt. In neuerer Zeit ift Geh.⸗Rath Schm—. all
ner Beinen Schrift über Ständeverfammlungen (Berlin, bei Räder) gaı
den, bie ebenfalts mandgeriei SGrearuiägtiiten unt Reititen veranlaft fi
Schmauß Schmerz 809
Buch des beutfchen Staatsrechts (Berlin 1825, 2Bde.) umfaßt aufer
umbesflaatörechte auch das allgemeine Territorialftaatsrecht ; im legterer Hin⸗
Ett der Verf. als entſchiedener Gegner gegen bie von Kiüber aufgeſtellten
ſaͤtze auf. |
Schmauß (Johann Jakob), einer der berühmteften beutfchen Staats⸗
»Drer, geb. zu Landau im Elſaß am 10. März 1690, hatte zu Strasburg
alle ftudirt. Er hielt dafelbft Worlefungen und wurbe 1721 von dem Mark:
zu Baden » Durlach zum Hofrath und 1728 zum Sammerrath ernannt.
ing er ald Prof. des Natur » und Voͤlkerrechts nach Göttingen, 1743 als
des Staatsrechts nach Halle und 1744 wieder nach Goͤttingen zuruͤck, wo er
ſtarb. Er las zu Göttingen mit dem größten Beifall tiber Befchichte und
Brecht, und war Überhaupt ein geiftzeicher Kenner und Bearbeiter diefer Wiſ⸗
ften, beſonders der neuern Geſchichte. Er war fcharffinnig und freimäthig
e manche neue Anfichten. Aber fein Charakter hatte viele Flecken. Er
na Tyrann in feinem Haufe und von rohen, anftößigen Sitten, Unter Schm.’6
ten find zu merken: „Corpus juris publici saeri Romani Imperii acade-
2’ (Reipsig 1745, 2 Bde.), mit Anmerk. von Schumann (ebendaf. 1774);
as jur. gentium academicum” (Leipz. 1730, 2 Bde.); „Einleit. za ber
twiſſenſchaft (Epz. 1742, 2 Thle). Durch f. „Neues Syſtem des Rechts
atur” (Göttingen 1753) erregte er Aufmerffamtelt, da er einige neue Ans
‚Darin aufftellte. Sein „ Neuefter Staat von Portugal” (Halte 1714, 2 Thle.)
st gleichfalls als eine fehr gute Geſchichte dieſes Staats voll vortrefflicher kri⸗
Bemerkungen Achtung.
Schmelzen. Sobald ein fefter Körper bis zu einem gewiſſen Grabe er
wird, vermindert ſich f. Cohaͤſion dergeftalt, daß f. kleinſten Theilchen be»
hwerden, ihre Lage gegen einander verändern und mit geringer mechanifcher
getrennt werben Eönnen. Der Körper wich dann flüffig, und biefer Übergang
su feſten in den flüffigen Zuftand heißt Schmelzung. Dan pflegt einen
ı Körper tropfbar flüffig zu nennen. Mad) der Verſchiedenheit der Körper
nich eine verfchiebene Temperatur zur Hervorbringung dieſes Zuftandes erfos
fodaß manche ſchon bei der gewöhnlichen mittiern Luftwärme ober noch vor
ziühen ſchmelzen, wieder andre einen noch hoͤhern Brad ber Hige dazu erfo⸗
und endlidy manche felbft bei den hoͤchſten Wärmegraben, bie wir hervorzu⸗
u im Stande find, durchaus nicht zum Schmelzen kommen. Quedfilber z. B.
je ſchon bei — 35°, Waffer bei 0°, Wachs bei +- 65°, Zinn bei 4- 228°,
ei 4 312°, Kupfer bei + 2530°, Eifen bei 4 12,000° ıc. Vermehrt man
mperatur eines gefchmolzenen Koͤrpers noch weiter bis zu einer gewiſſen Höhe,
mt der Körper Luft: oder Gasgeſtalt an. In vielen Fällen wird die Schmel⸗
buscch eine Verbindung verfchiedener Subftanzen befördert. Kupfer mit Zimt
%t fließt leichter als für ſich; reine Thonerde ift nicht für ſich allein und nur
bindung mit Kali fhmelzbar. Die Art und Weife, wie die Schmelzung
t, ſowie die Nebenumftände, find auch bei verfchiedenen Körpern verfchies
-— Nach Entdedung des Balvanismus (f.d.), hat man benfelben ans
bet, um fehr hohe Temperaturgrade bervorzubringen und dadurch das
elzen der ſchwerfluͤſſigſten Körper zu erleichtern. Näheres über biefe interefs
Verfuche, gleichwie über bie andern neueften auf den Schmelzsungeprocef
babenden Entbedungen findet man in Klaproth's und Wolff’s „Chem.
eb.” (Berlin 1819, m. d. Suppiem. 9 Bbe.).
Schmelzmalerei, f. Email.
Schmerz nennt man eine eigenthümliche hervorflechende umb unangenehme
ndung. Urfprünglich bezieht fich diefed Wort nur auf unangenehme koͤrper⸗
mpfindungen; dann aber bezieht man es aud auf Untuftgefühle, tie inte.
810 Schmerzftillende Mittel
Geele felbft ren Grund haben. Sprechen wir nım von jenen puerſt,
: wie, daß nicht die Sinnesorgane eigentlicd, ber Gig des Sch fünt
den stur von gewiſſen Gegenſtaͤnden angenehm oder unangenehm bei
ohne Gefühl von Schmerz. Ein unangenehmer Geſchmack z. B.
Schmerz, edenſo wenig ais ein wibriger Geruch, das Anhören eh
Pufttu.f.f. Allein das Sinnesorgan felbft, als Theil bes Drganikı
dem Bansen an und iſt infofern auch mit Nerven des Bemeingefül
folglich auch durch dieſes felbft des Schmerzes fähig. Der koͤrperliche
fieht demnach von einer heftigen und beſchraͤnkenden Einwirkung auf
des Gemeingefuͤhls. Eine ſolche Einwirkung kann theils von Aufen
nämlic, von miechanifchen Urfachen, von Verlegung des Zuſammen
Stich, Schmitt, heftigen Stoß oder Druck, von chemifdyer Einwitku
der Subftangen, 5. B. Agender Mittel, ober von organifch einwirkenden
Leit eines Theile in feiner Ordnung flörenden Dingen ; theils aber kann
von Innen felbft erzeugt werben durch die widrige Aufregung bes Gi
mittelſt gefeßtwidriger Erhebung eines Drgan In dem Körper vor ben
durch die Harmonie aufgehoben wird und ein Theil bes Nerven In fein
eine Störung und Hemmung erfahren muß. &o 5. B. erregt jede En
Innern um fo mehr Schmerz, je reichlicher ber entzimdete Theil mit
ſehen iſt, daher iſt auch jedes Fieber mit fchmerzbaften Empfimbur
Gliedern verbunden, und je größer dies Schmerzgefuͤhl ift, auf bei
Stoͤrungen der Geſundheit ift zu ſchlleßen. — Der körperliche Sch
feinen Solgen nachtheilig, aber auch wohlthätig fein: Das erftere iſt
niederfchlagende Einwirkung alıf das Gemuͤth, durch die Verhinderun
fes bei Kranken, wenn er anhaltend und heftig tft, durch die Störung
tungen des Übrigen Theils des Nervenſyſtems, welche zuweilen burd
anhaltenden Schmerz fo heftig werben können, daß bloß hiervon bet
Wohlthaͤtige Folgen kann der Schmerz haben, indem er die Seele a
auf das Leiden ihres Körpers macht, als es ohne ihn gefchehen würd
den Menſchen antreibt, ſich um Huͤlfe zu bemühen. Aber auch ale n
leitungsmittel wirft der Schmerz oft heilfam auf die verirrte Aufmı
Seele, wenn das Bewußtſein felbft ſchlummert oder unterdruͤckt iſt.
wir nicht überfehen, daß der Schmerz felbft ein Zeichen wiederkehren
—* iſt, wenn er naͤmlich nicht empfunden wurde, ba doch die Urſachen
anbden, 3.8. bei Lähmung bes Nerven, bei gänzlicher Unthätigkeit'
Verhärtungen und manchen Ealten Gefchwülften. Endlich müffen wiı
Anſchlag bringen, dag der Schmerz ald Zaum und Gebiß für das be
lichen Genuͤſſen und als moralifches Zuchtmittel bei manchen wohlthät
sen harte Haut fhon ſtarke Schläge verlangt, wenn das moralifche
erwachen fol. “Jeder zu hoch getriebene Genuß wird zum Schmerz,
ftörendes Object für das Gemeingefühl wirkt und alfo Schmerz erreg
Aufbören eines jeden Schmerzes ſchon an ſich als Luſt empfunden n
Störung in ben Nervenverrichtungen des Gemeingefühls aufhört un
gefühl wieder zur vorigen Klarheit und Ruhe zuruͤckkehrt.
Schmerzftillende Mittel, ſ.nodyna. Die unmittelb
flilenden Mittel benehmen durch ihre betäubende Grundlage den Re
meingefühl& die Empfänglichkeit für ben Gegenftand bes Schmerzes w
demnach die Seele an der Wahrnehmung befielben. Ihr Gebrauch
ftattfinden, wo die Urfache des Schmerzes nicht gehoben oder nicht |
fernt werden kann, als es die Heftigkeit deſſelben erfobert; ferner da,
Drud bes Schmerzes ſelbſt nachtheiliger wirkt als feine Urſachen, indem
Störung des Schlafes tie alunllüge Entiinettiung iin Krankheit verb
Schmettau (Reichögrafen von) Schmetterlinge 811
t aber nicht angewendet werben, wo man bie Urfache des Schmerzes kennt
fernen kann, fondern hier muß der Arzt ſolche Mittel anwenden, welche bie
er des Schmerzes, 3. B. Blutanhaͤufung, Entzündung, Verletzung von
fremden Körper u. a. m., entfernen.
Schmettau (Brafenv.). 1) Samuel, Reichsgraf von Schm., koͤnigl.
Generalfeldmarſchall, Grand Maitre d’Artillerie, Mitter des ſchwarzen
edens, erfter Curator der koͤnigl. Akademie der Wiffenfchaften zu Berlin,
554. Er focht zuerfi in einem fürftl. anfpadyifchen Regiment, weldyes in
- Dienften ftand, unter Prinz Eugen und Marlborough bei Hochſtaͤdt 170%;
sat er in polnifche Dienfte, wo er bei den bortigen fogen. Confsberationsuns
sen Könige Auguft wichtige Dienfte leiftete,, der ihn auch nach der Schlacht
walewe zum Oberften ber Artillerie ernannte. Nach der Schlacht bei Bel
717 trat er in Öftreich. Dienfte und wurde, nachdem die Türken beruhigt
„ gegen die Spanier nach Sicilien geſchickt, wo er als Generalfeldwachtmei⸗
der Schlacht bei Villafranca rühmlichft focht, worauf ihm der Oberbefehl
* Belagerung von Meffina anvertraut wurde (1720). 1731 ging er auf
Befehl nad) Genua, um die dortigen Aufrührer zu beruhigen. Auch dies
Ihm, und nun zog er 1733 als Generalfeldmarſchall⸗Lieutenant unter dem
fehl des Herzogs v. Braunſchweig⸗Bevern gegen die eindringenden Franzo⸗
sch dem Rhein. 1737 zog er wieder gegen bie Kürten mit gleichem Waffen:
°, wie früher. Von ber Befhuldigung, als habe er einigen Antheil an ber
wühmlichen Übergabe Belgrads gehabt, iſt er voͤllig freigefprochen. (Vgl.
£’6 „Hist. des traites ete.“ XIV, 361). 1741 ward er Felbmarſchall.
„Ausbruche des Kriegs zwifchen Eſtreich und Preußen berief ihn Friedrich II,
N. Vaſallen, zurüd; er folgte gern, da in Wien feine Neiber ihm viel
machten. Da er nicht wünfchte, gegen Öftreich zu fechten,, fo brauchte
Birich mehr ald Geſandten, zuerſt nad; München, dann an Kalfer Kart VII.
den König von Frankreich. Er ftarb zu Berlin 1751. Er hat in 28 Schlach⸗
MB bei 32 Belagerungen mitgefochten — 2) Kari Chriſtoph, Meiches
on Schm., Eönigl. preuß. Generallieut., Ritter des ſchwarzen Adlerordens,
696, des Worigen Bruder, ſtand zuerft in Öftreih., dann während des
ähr. Kriegs in preuß. Dienften; er vertheidigte Dresden 1759.
Schmetterlinge oder Zweifalter find geflägelte Inſekten (ſ. d.),
die 3. Ordnung diefer Claſſe von Thieren einnehmen ; fie charakteriſiten fich
4 beftaubte Flügel und eine fpiralföcmige Zunge. Der Staub ihrer Flügel
aus einer Menge kleiner Schuppen ; ihre Nahrung im Safte ber Blumen,
d auch mehre nichts zu genießen fcheinen. Um ihre Art fortzupflangen und
Aſtaͤndige Ausbildung zu erhalten, durchlaufen fie mehre unvollkommene Zus
. Das Weibchen legt Eier, aus welchen Larven (Raupen) mit nicht we-
als 8, aber nicht mehr als 16 Süßen kriechen, die fehr gefräßig find, fich
Male häuten und in den Zuftand der Puppen übergehen, wo fie mehre Zeit
Rahruug faft leblos verweilen und unterdeffen fich zum vollkommenen Infekt,
it Gefchlechtäunterfchied verfehen iſt, entwideln. Waͤhrend des Puppenzu:
8 erzeugt ſich in ihnen rothes Blut, was zur volltommenen Ausbildung des
etterlings nothwendig und ſtets im Überfluffe vorhanden if. Das nicht vers
te entläßt ber ausgekrochene Zroeifalter tropfenweis, wo es dann oft für
gen gehalten wird. Man findet Zweifalter, die des Tages umberfchwärs
nd beim Sigen ihre Ftügel in die Höhe halten, fie werden Tagevoͤgel (Pa-
genannt; andre haben einen bidern und rauhern Körper, ein Theil bavon
mt in der Dämmerung, fie heißen Daͤmmerungsvoͤgel (Sphinx); ein and»
» Pachtoögel (Phalaena), find in der Nacht am gefhäftigften. Die Raupen
‚geoögel haben alle 16 Füße; fie verpuppen ſich ohne Beipiankt , Inte Yuyyen
si? Schmid (Karl Chriſtian Ehrhard)
find gewoͤhnlich golbfarbig (Chryfaliden) , hängen ſich an dem Hinterkhell
Eoramen in 3 Wochen aus. Zu dieſen Vögeln gehören diejenigen Veiß
sen Raupen unfern Obſt⸗ und Küchengewähfen oft großen Schade
Die Dämmerungsvögel haben Raupen, die mit dem Oberleibe gewöhrät
figen (daher der Name Sphinx) und ſich unter ber Erbe ohne Geſpimiſter
Die Vögel felbft ſchwirren beim Stiegen, weßhalb fie Schroärmer heie
ſehr fchnell und legen beim Stilffigen die Flügel dicht an ben Leib. D
milchraupe, LZindenraupe, die bed Todtenkopfes, find bie bekannteſten
ſchlechts. Das Geſchlecht ber Nachtvoͤgel iſt an Arten weit zahlreicher ı
ben vorigen, und ihre Raupen find weit ſchaͤdlicher. Weide, Voͤgel uml
find des Nachts fehr munter , diefe verfriechen fi) oft am Tage in die &
hen erft des Nachts auf Nahrung aus. Sie verpuppen fich alle, Died
ausgenommen, in feidenartiges Gefpinnfl. Bon mehren Arten, von
ber Seidenraupe (Phal. bombyx mori) fammelt man biefes Gefpinnfl ı
beitet e8 als Seide (f. d.). Außerdem gibt die Raupe des Atlasvog
300 breit ift, in China wilde Seide, die fpinnewebenartig im bie Citzs
gefponnen ift und ba gefammelt wird. Auch liefert die Phal. noctua scı
pan eine fehr leichte Seide, ſodaß 10 lange Frauenkleider, bie davon g
nur ein Pfund wiegen. Zu den ſchaͤdlichen Raupen dieſer Wögel zäh
Stammraupe, die Ringelraupe, die Fichtenraupe, die Proceffiontn
Ochſenheimer's treffl. Werk: „Die Schmetterlinge von Europa”, ha
Treitſchke fortgefegt (Leipzig 1825 fg., 6. Bde. 1. Abth., 1877).
Schmid (Karl Epriftian Ehrhard), Prof. der Theologie und 9
zu Jena, ein ebenfo vielfeitig als gründlich gebilteter Gelehrter, trug
Schriften viel zur Verbreitung der Kant’fchen Philofophie bei. Geb. gu
im Weimarfchen d. 24. Dct. 1761, und von feinem Vater, Pfarrer bs
‚Univerfität gut vorbereitet, fubirte er.in Jena Theologie und verband!
lologte, Geſchichte, Philofophie, Mathematik, Naturwiſſenſchaft un
As Privardocent zu Jena (feit 1783) machte er ſich mit dem Geifte de
faft unbeachteten Schriften des großen koͤnigsberger Philoſophen befan
Schm.'s „Kritik der reinen Vernunft, im Grundriffe zu Vorleſungen
nem Wörterbuche zum leichtern Gebrauche der Kant ſchen Schriften” (A
erfchien (ohne das MWörterb.) die 4. Aufl. 1798. Gein „Verf. einer
loſophie“ (Sena 1790, 4. A. 1802) zeichnete ſich ebenfo durdy Tiefe
Klarheit aus; Kant’ „Zugendlehre‘, bie fpäter erſchien, hatte nicht Di
lendung. Durch feine „Empiriſche Pſychologie“ (Jena 1791, 2. A. 179
bahnte er der Behandlung der Pſychologie nach Kant'ſchen Grundſaͤtzen
der neuerlich gefoderten pſychologiſchen Behandlung der Philoſophie uͤbe
Meg. 1791 erhielt Sch. einen Ruf als ordentl. Prof. der Philofophi
fen. Hier ward er wegen ber Herausgabe der feltenen Schrift: „De tri
storibus ete.‘, zur®erantwortung gezogen; balb nachher 1793 folgte ex
nad) Jena als Diakonus und als ordentl. Prof. der Phitofophie. Seit
er, als Lehrer und Schriftſteller gleich thätig, bei der großen Umgefl
Philoſophie nach Kant's Grundfägen oder nach der Eritifchen Methode.
nen nur f. „Phnfiologie, philofophifch bearbeitet‘ (3 Bde., 1798—1A
aber entwidelte fid, in Jena aus ber Kant’fchen Schule felbft eine Art;
phiren, welche über die durch jene als nothwendig gefundenen Grenx
fhreitend, aus einem Sage alle Wahrheit abzuleiten verfuchte. Da ©
Michtung, welche Alte mit ſich fortzog , feſt widerfland, fo gerieth er
in Streit, ber in f. „Philofophifchen Journal (II, 4) den klaren Schm. ı
fophen für „Nichts“ erklärte. Diefer fogen. Annihilationsact iſt auch inꝰ
Leben abgedruckt. Schwa. voucde KISS hritter Wrok der Theol. und 180
Schmid (Karl Ernſt) Schmidt (Michael Ignaz) 818
gie, 1804 erhielt er vom Herzog von S.⸗Gotha ben Titel eines Kirchen⸗
. Aa den legten 6 Jahren feine® Lebens leitete er ein von ihm errichtete®
angsinſtitut und half 1809 einen Verein fliften, der reinere Begriffe von
web ein fittlich-wiffenfchaftliche® Leben unter den Studirenden befördern, dem
Bivefen aber feuern follte. Schm.'s legte Schriften find f. „Adiaphora” -
5 1809) und f. „Algen. Encyklop. und Methodologie ber Wiſſenſchaften“
1810). Er ftarb zu Jena 1813.
Schmid (Karl Emft), Dr., herzogl. fächf. Geh.-Rath, jegt erfter Kath
meinfchaftl. großherzogl. und herzogl. ſaͤchſ. und fuͤrſtl. reußiſchen Oberappels
gerichts zu Jena, auf der nicht akademiſchen Seite deſſelben, iſt geb. 1774
imar, aus einer Familie, welche feit einer langen Reihe von Jahren dem
: Beamte und der Univerfität Jena Lehrer faſt in allen Fächern geliefert
Schm. ſtudirte zu Jena 1793 —96 und war im Begriff, ſich der akademiſchen
hn zu widmen, als er 1797 einen Ruf nach Balreuth zur Mebaction der
a polit. Zeitung annahm, weldye ex bi6 1804 führte. Daneben betrat er
mwöhnlichen Weg ber Vorbereitung zum Staatsdienft, als Aufcultator und
abarius bei der dortigen Regierung und und wurde 1803 als Criminalrath
304 als Stadtgerichtsrath angefteltt. Nachdem die Provinz Baireuth an
wich, abgetreten war, ging er 1807 als Megierungs» und Conſiſtorialrath
Sübburghaufen, 1809 als ordenel. Profeffor der Rechte nad) Jena, 1810
B Mitglied des geh. Rathscollegii wieder nach Hildburghaufen, wo er 1811
Äftdent fämmtlicher Landescollegien und 1812 Geh.⸗Rath wurde. Nachbens
16 den Gonferenzen zur Errichtung des gemeinfchaftlichen Oberappellations⸗
Bund Abfafjung der Gerichtsorbnung beigewohnt hatte, trat er felbft in daſ⸗
be ımd bat feitdern auch Vorleſungen vorzuͤglich über Staatstecht gehalten.
ftſtelleriſche Thaͤtigkeit ift großentheild auf eine ziemlich lebhafte Theil⸗
—* „Jen. allgem. Literaturzeitung“, ber „Leipziger Literaturzeitung“,
BE. Converſationsbl.“ und am „Hermes“ gerichtet geweſen, deſſen Redaction
dem Tode des verewigten Stifters übernahm. Auch zu unſerer, Real⸗Ency⸗
je" Hat er wichtige Beiträge aus dem Staatsrechte und ber Rechtswiſſenſchaft
upt geliefert. Außer einigen Eleinen Schriften („Über Kriegsſchaͤden“, 1808 ;
ſchlands Wiedergeburt“, 1814; „Über das Bürgerrecht der Juden“, 1816;
ben Nachdruck“, 1823; eine Schrift zur Vertheidigung des Geh.⸗Oberme⸗
aths Kohlrauſch zu Berlin, gegen ein Urtheil des koͤnigl. Kammergericht,
iſt fein „Lehrbud) bed Staatsrechts (Jena 1821, 1. Abth.) zu bemerken.
unternahm er ein größere® Werk über das geſammte franz. Recht, deflen
ung durch Äußere Umftände gehemmt und endlich burdy den Umſturz der
Herrſchaft ganz unterbrochen wurde. Man kann ihm nicht vorwerfen, bies
reſchaft gefchmeichelt zu haben; jenes Wert enthält mehr, als damals ein
freimuͤthige Kritiken der franz. Geſetzgebung. Schm. Hält ſich zu ber Mino⸗
w beutfchen Suriften, welche In der Rechtswiſſenſchaft auf die Verbindung
ſchichte mit der Philofophie bringen und bie eine ohne bie andre für unvolls
Schmidt (Michael Ignaz), einer der verdienſtvollſten Gefchichtfchreiber
biande, geb. 1736 zu Arnftein, einer Stadt im vorm. Hochſtift Würzburg,
m erften Unterricht in ſ. Vaterſtadt, und nach dem Tode f. Vaters 1749 auf
yanaftun zu Würzburg erhalten. Er wählte den Stand eines Weltgeiſtlichen
Kbeßhalb in das biſchoͤfl. Seminartum, wo er außer ber Theologie ſich beſon⸗
e Gefchichte, Philofophie und der frange Sprache befchäftigte. Nach 5jähr.
yalt in dem Seminarium ward er Licentiat der Theologie und Prieſter, und
lan zu Haßfurt angeftellt ; bald darauf kam er nad, Bamberg als Haus⸗
a dem SBroßhofmeifter v. Rothenhan, einem Manne von vielen Kent
. 270€ seyn se ein wupysue
eines geifttichen Ratha mit Sig und Stimme in der g
war er ernſtlich auf die Verbefferung bes Schuls und
wobei er von feinem Landesherrn möglichft unterftü
Hatte er indeffen durch feine ſchaͤtzbare Schrift über bi
(„Methodus tradendi prima elementa religionie ,
Bamberg und Wuͤrzb. 1769) auf die Reformation v
Beit fliftete ber Fuͤrſtbiſchof mit Schm.’s Zujiehung un!
für Candfauliehrer, eins der erften in Deutfcyland, 1
ten großen Beifall fand. 1772 erfchien f. Geſchichte t
und Leipzig; ber eigentliche Verlagsort war Würzburg
philoſophifchen Beobachtungsgeiſte feines Verfaffers 1
Empfehlung Karls v. Dalberg (nachmaligen Großherze
zum Mitgliede der Akademie der Wiffenfchaften in Exfı
ex bie Herausgabe feiner „Befchichte ber Deutſchen“,
Leben widmete. Diefem Werke verbankte er feinen I
Bibliothek, welchen er aber ablehnen mußte. Indeſſ
um die dortigen Archive zur Forfegumg feiner Befchicht:
Kolferin ihm ihren Antrag, in ihre Dienfte zu treter
denfelben, ohne weiter auf ben Fuͤrſtbiſchof zu achten
wirklicher kaiſerl. Hoftath und Director des Haus s ur
Der Kalfer Joſeph kannte Schm.’s Werth und benug
daß er ihn zum Mitgllede des neu organificten Genfu
in der Gefchichte für feinen Neffen und Thronfolger
von ftreidh, ernannte. Nachdem er 14 Jahre in Wien
Er war der Exfte, welcher eine Befchichte ber deutfchen
Vorgänger bearbeiteten nur deutſche Kaiſer⸗, Reiche
ſchichte. Seine Hauptabficht war, zu zeigen, wie Di
gen Sitten, Aufliärung, Gefege, Künfte und Wiflen
feine Staats und Kirhenverfaffung erhalten habe, |
ſel, was es wirklich if. Und fo war bie Bildimgäge
nehmfter oaenftanb. Gomeit er biefen durch feinen I
Schmidt (Johann Ernft Ehriftian) Schminke 815
“, 8Bbe. (1783—93), und „Neuere Gefchichte”, 17 Bbe. (1785 —
— Für bie Befiger der ulmer und wiener Ausg. ift v. Dreſch's „Geld.
hlands felt dem Rheinbunde“, 3. Abth. (Ulm 1824 fg.), auch als Fortſ.
hen.⸗Milbiller ſchen „Neuern Geſch. dee Deutfchen”, 18., 19. und 20. Bb.,
eben werden. Der Vonfländigkeit halber führen wir hier noch an: Joſeph
jeg’6 „‚Wefchichte des deutſchen Reichs unter Kalfer Kranz II.”
Schmidt (Johann Ernſt Chriftian), großherzogl. heſſiſcher Geh.⸗Rath
ſter Prof. der Theologie an der Univerſitaͤt zu Gießen, iſt 1772 zu Buſen⸗
t Öberbeffen geb., wo fein Water Prediger war. Auf ſich felbft vertiefen
er fon früh, fi) mit Begenftänden des Wiſſens zu befchäftigen, beſon⸗
it Raturgefchichte und Geometrie. Mit dem 11. Jahre begann fein Mater,
? bequemere Stelle erhalten hatte, das Studium der alten Sprechen einzu»
obne jedoch dem an Selbfiunterricht bereitd gemöhnten, aufſtrebenden jun⸗
Aſte Feſſeln anzulegen. Won den griech. unb lat. Dichten ging Schm. zu ben
gen Über, erlernte das Arabifche, Syriſche und Chaldäifche ohne andre
fe als die der Bücher und begann nebft Philoſophie die theologiſchen Wiſſen⸗
a, beſonders Dogmatik, zu ftudiren. 1788 bezog or die Univerfität, wo er
1b Jahre zubracdhte; auch hier nicht fowol ducch den Beſuch der Collegien
vb ſtets ſtrenger geordnetes Selbſtſtudium fi) Bahn brechend in dem autge⸗
u Felde der theologiſchen Wiſſenſchaften. Die Schriften von Herder und
x zeigten dem allfeitig umgreifenden Sünglinge ben Weg in dem Labyrinth
bm ihm Veranlaffung, ein planmäßige® Studium gu beginnen. Erklaͤrung
nen Teſtaments, Kirchengefchichte und Patriftit waren feine Hauptbefchäfs
. 1791 beftand er die Prüfungen ber Candidaten des Prebigeramtes ehren»
w gab im naͤchſten Jahr die erfle Probe feiner Gelehrſamkeit und feines
ns in einer neuen Überfesung und Erklärung des fogen. „Segens be
s im folgenden Jahre erfchien von ihm: „Salomo’d Prediger oder Kohe⸗
ehren, Verſuch einer neuen Überfegung und richtigen Erklärung” (Gießen
1793 trat er als Privatdocent auf und lehrte mit vielem Beifall; es
ıber, als habe fich in diefer Zeit Mancherlei vereinigt, f. Ausfichten zu trüben
ver Wunfche, als atademifcher Lehrer Unterftügung zu finden, entgegen zu
Er übernahm daher die 4. Lehrerftelle am akademiſchen Pädagogium,
= bie 1798 bekleidete. Mehre philologifche und theologifhhe Schriften und
‚Hungen fchreiben ſich aus dieſer Zeit her, too befonders f. „Clavis über das
.“, den fpäter Welcker fortfegte, zu nennen ift. 1798 wurde er orbentt.
er Theologie, und gab nun, unermüdet auch als Lehrer, wiſſenſchaftliche
en aus den verfchiedenen Zweigen der Theologie heraus, unter welhen (f.
e’6 „Heſſiſche Gelehrtengeſchichte“) befonder® feine „Kirchengeſchichte
ı 1801—20, 6 Thle, vom 1. und 2. Bde. iſt eine 2. Aufl. erfchienen), um
indlichkeit der Forſchung, der Gelehrſamkeit und des Scharfſinns bei Bes
ber beſten Quellen und der vielfach Höchft originelien, tiefen und geiftreichen
m willm, den allgemeinen Beifall der gelehrten Welt erhalten hat und feis
men der Nachwelt überliefern wird. Don f. „Lehrb. der chriſtl. Kirchen⸗
te” erſchien 1827 die 3.4. Auch um die heſſiſche Geſchichtskunde hat er
& f. „Sefchichte des Großherzogthums Hefſen“ (bis jegt 2 Thie., 1818 fg.)
; gemadht. 65.
ihmirgel, Smirgel. Diefes Mineral befteht aus unreinen, feins
ı, blaulich⸗grauen Abänderungen bed Sapphire oder Korunds und kommt
fentopfe in Sachſen, in Spanien ımd auf der Inſel Naros vor. Er wirb
H gefhlemmt und beim Schleifen, Sägen und Bohren der Ebelfteine ıc.
idet.
ich minke, ein Mittel, wodurch man bie Flecke und ſchlechte Farbe der
816 Schmußer
Haut zu verbeffern und ihr ein jugenbliches, friſches Anſehen zu geben
fchon bei den Griechen und Römern, ia felbft bei den Hebräern im Behr:
wurde aus fehr verfchiedenen, bisweilen in hohem Grabe nachtheifigen (
reitet. — Die weiße Schminke wird meiftens aus Kreide (vdn Bi:
Wismuthoryd bereitet. Aber die Kreide verftopft die Hautporen nd
Ausbünftung; das Wismuthoryd wird ſchwarz, wenn es mit gefelkefi
ferftoffgas in Berührung kommt. Da nun diefes häufig in ber Luft vo
fo bekommen die Frauen, welche ſich diefer Schminke bedienen, gewoͤl
ſehr Häglichen Teint. Darum bereitet man die weiße Schminke auı
Kreide, zu ber ein wenig sperma ceti binzugefegt wird. — Zur B
eothen Schminke bedient man ſich theild (vorzüglich auf dem Theater)
bers, der manchmal Speichelfluß und andre Zufälle erregt; theils bere
aus Safran; theild wird Garmin vermittelft ein wenig Schleim üı
ſchwebend erhalten (vinaigre de rouge); ober es wird ein wollenes Laᷣ
pon) fo mit der Farbe getraͤnkt, daß es, angefeuchtet, bie Haut färbt, 1
trieben wird. — Im Altgenieinen ift jede Schminke der Haut und ihrer
nachtheilig. Die erftere wird raub, troden, ſchmutzig; die legtere wirt
Schmöllnig (ungar. Szamolnok), ein Bergfleden in der C
Zips, unter 48° 35’N.B. und 38° 25° d.. (nach Lipsky's Chan
von Bergen umgebenen, engen und häufigen überſchwemmungen audgı
gelegen, hat meift hölzerne Häufer, worunter der Kammerhof, die neue
evangel. Pfarrkirche, fowie die wichtige Münze (für Kupfergelb mit d
ben S) zu bemerken. Die Einw. (5450) find meiftens Deutfche, meld
gründner Dialekt ſprechen und ſich vom Bergbau nähren. Die ſchmoͤl
beftehen aus einem blaulichen, mit Glimmer gemifchten Thonfchiefer,
pfererzgebirge wird in 3 Felder, das Öftliche, mittlere und weſtlich⸗
welche Erzlager ſaͤmmtlich aber fehr verbauen und hoffnungsarm fin!
Läuft fic die jährliche Ausbeute des ſchmoͤllnitzer Bergbezirks noch auf
Silber und 20,000 Gtr. Kupfer (morunter 1000 Etr. Caͤmentkupfer
Schwefel, Schwefelblumen und Kupfervitriol gewonnen. Die hydra
ſchinen, zumal bie zu Heraufbringung des Gämentwaffers, find fehent
ſchon vor alten Zeiten unter Zapolya und Bathory gangbare Bergbau
lich auf Rechnung der Regierung betrieben, ſeitdem bie gräfl. Cſakr
die eine Hälfte des Dominiums durdy Gonfiscation verloren und bie
Tauſch veräußert hat, und wird durch einen unmittelbar unter ber Si
Wien ftehenden Oberinfpector dirigirt, welcher zugleich dem hier befin
berggericht über die oberungarifchen Bergwerke beifist.
Schmutz er (Jakob Matthäus), der berühmtefte aus einer nid
ten Künftierfamilie, Sohn von Andreas Schm., geb. 1733 u
im 7.3. zur Waife. Ein reicher Verwandter, Fleiſcher feines Hand
ſich des fehr armen Knaben an; er mußte die zur Schlachtbank beflin
mel auf einer Wiefe nahe bei der Kunftatademie hüten. Aber ein
Drange folgend, übergab Schm. feine Heerbe einem mitweibenben
beſuchte die Zeichenfäle, wo f. Fleiß Aufmunterung, aber f. uͤbelriech
Anftog fanden. Da trat Matth. Donner ein und verfchaffte Mittel
ber wiener Akademie fortftudiren kommte. Seine Fortfchritte erwarbe
ner, deren entfcheidender Einfluß ihn ber Kupferftechertunft beftim
mandherlei Übungen außerhalb f. Sphäre, durch die Noth veranlaft
durch Wohlwollende und eine Heirath (1753) fo viel, daß ex ſich der 3
kunſt ausfchließlich widmen konnte; namentlich war es der Gen. Bart
der ihn beinahe zwang, bei f. Arbeiten dem Atzwaſſer und ber Nadel
und nur das Brabeifen zu ahrankım. Ex hat in biefer ſchwierigen?
Schnecken Schnee | 817
geleiftet. Sein Zalent hatte ihm die Gunſt des Fuͤrſten Kaunitz ertworben,
m die Moͤglichkeit verfchaffte, in einer forgenfeelen Lage 1762 eine Reife nad)
z zu machen. Unter Wille that er fidy bald hervor. Er war ber Befte in dem
?, der fih um Wille gebildet hatte. Ein Bild des Zürften Kaunitz, Le goute
nd nach Terbourg, der Sefchirrflider nad) Kraus, und die Savoyardin, wel⸗
wen Sohn die Leier fpielen lehrt, nach Greuze, erwarben ihm in Paris Bels
nd Auszeichnung. 1766 kehrte er nach Wien zuruͤck, warb Hofkupferſtecher,
arauf Director der neuen Akademie für Zeichnung und Kupferſtechkunſt. Als
Director aller erbländifchen Normalzeichenſchulen feit 1771, hatte er viel Eins
nf Hebung der inländifchen Induſtrie durch gefaͤllige Muſter. Bei der nach⸗
en Veraͤnderung in der innern Einrichtung behielt ex Aber ſtets die oberfte Lei⸗
der Kupferſtecherſchule bei. Unter der Menge feiner vortrefflichen Blaͤtter
en fich feine Arbeiten nach Rubens aus, deffen Eigenthümlichkeiten Ihm am
zuzuſagen fchienen. Wenige möchten fo berufen geweſen fein, ſich an dieſen
rigen Meifter zu wagen. Gerade diefe fich hervorhebenbe Anordnung, bie
nigfaltigkeit der kuͤhnſten Stellungen und bie kraͤftigen Gegenfäge von Licht
Schatten wußte Schm. mit uͤberraſchender Geſchicklichkeit wiederzugeben.
Mucius Scaͤvola, 1775, und ſ. heil. Ambroſius, der dem Theodoſius den
ng zur Kirche verwehrt (nach Gemälden der fuͤrſtl. Kaunip’fchen und der Gas
bes Belvedere), die Geburt der Venus, 1790, und Neptun und Thetis, 1792
ber gräfl. Schoͤnborn ſchen Sammlung), find hiervon die vollgültigften Be⸗
» Ebenfo bewunbernewerth hat er ſich in? großen BI. gezeigt, einer Jagd
Luchſen auf Steinböde (nad) Ruthart) aus der Galerie Lichtenftein 1804, und
em andern, mo Adler Schlangen und einen Wolf erlegt haben (nach Sneyder,
Ades Hrn. v. Birkenftod). Der Grabſtichel iſt hier mit unglaublicher Mei»
geführt, und das Metallifche, welches man in andern Blättern bemerkt,
vermieden. Auch mehre Büdniffe ber Kaiferin Maria Therefia, des Für:
nis, namentlic, das en medaillon nach einem Bronzerelief von Hagenauer,
Zw. gehören zu den Prachtſtuͤcken jeder Sammlung. Das Verdienftliche feiner
Me erkennt man in den Arbeiten von Kohl, Sohn u. ſ. w. wieder. Schm.
(nad; Bartfch) 1806.
Schnecken, f. Schalthiere.
Schnee, ein Erzeugniß geftorener Wafferdünfte. Die durchfichtigen elaftis
Waſſerduͤnſte werden in der obern Luft durch die Kälte zu Nebel oder Wolken,
der Beinen Dunftbläschen, weicher Zuftand ihrer gänzlichen Niederfchlagung
kaffer vorangeht. Haben dieſe Bläschen durch die Kälte allen Wärmefloff ver»
fo ſchießen fie unter gemiffen Umftänden in kleine Eisnadeln an, welche ſich
ge in ber Luft ſchwebend erhalten, bis die Wolke, zu der fie gehörten, ihre
icitaͤt verloren hat. Nun fallen fie herab, und fegen ſich, wenn fie unterwegt
ee nahe kommen, meift unter Winkeln von 60, aber auch von 30 und 120
3 ar. Mad) Befchaffenheit der Atmofphäre und des Windes verbinden ſich
rehr, bald weniger Eisnaͤbelchen mit einander zu einem Ganzen, welches wir
nennen, und welches bei näherer Unterfuchung eine fehr regelmäßige Bildung
Eine ſolche Schneeflode befteht aus lauter fechBedigen Sternchen von vers
zer Größe und — die fechBedige Figur ausgenommen — von unbefchreiblich
Igfaltiger Bildung und Iufammenfegung. Se kälter die Luft iſt, defto Eleiner
e Flocken, ja bei fehr firenger Kälte fallen die einfachen Nadeln felbft herab;
Die Pole hin ift der Schnee dem Staube aͤhnlich. Dagegen find die Schnee-
t zum fo größer, je gelinder das Wetter ft. Wegen feiner großen Lockerheit
er Schuec fehr langfam herab, fenkt ſich auch, wenn er einige Zeit gelegen hat,
De im Verhaͤltniß des Raums, welchen er füllt, nur wenig Waffer. Er iſt,
1 Waſſer und Eis, der Verduͤnſtimg unterworfen, befonders (halt irkiae,
WsBer. Siebente Aufl, Sb. IX. 52
Jenleits des juduchen Wenderrenes Fängt er ſcon etwas fri
dem Suͤdpole hin trifft man weit eher unaufhörliches Schr
Nordpol zu. Hohe Berge, wie die Schweiſeralpen, der 2
Südafrika und felbft die Andes und Cordilleras unter od
amerika haben ewigen Schnee. — Der Schnee ift von wohl
dem heftigften Froſte der Polargegenden bleibt die Temper
der Oberfläche des Schnees immer die des aufthauenden E
welche Dede er dem Exbboden mit den darauf befindlichen !
wie warm felbft bie umter dem 6 — 8 Ellen hohen Schne
Polarmenfchen liegen müffen. Auch bei ung ift der Schne
unentbehrliche Dede; viele Gewaͤchfe gehen, wenn er fehlt
ſchadet er felbft den zarteften Gewaͤchſen nicht, die gar feine
Sie liegen ſicher darunter, unb einige Pflanzen wach[en ım
fer Dede. Ebenſo ſchuͤtzt der Schnee den thieriſchen Koͤr
Wirkungen einer übermäßigen Kälte. eifende, von der.
den Schnee begraben wurden, lebten wieber auf, da fiec
wacht wären. Daher wählen fid) auch die Bewohner der 9
vor Ermüdung oder der Nacht wegen ihre Winterwohnung /
fo tief als möglich in den Schnee ein, und fegen nad) einig
Reife weiter fort. Der Schnee auf den Gebirgen iſt ein
Quellen. Irrig ift e&, ibm eine befondere befcuchtende A
den Pflanzen nur als Feuchtigkeit und al6 Dede gegen die
padius s „Grumdrig der Atmofphärologie” (Freiberg 1808
Schneeberg, mwohlgebaute Bergftabt im erjgebir,
reichs Sachſen, auf einem Berge, unweit ber Mulde, au
abgeleitet iſt, worauf das Helz nad) Schneeberg geflößt wi
hen, darunter die Stadtkirche eine der ſchoͤnſten im Landı
€. , welche vom Bergbau, von Verfertigumg von Seiden⸗
den, Pofamentirs und Dredhelerarbeit, von Arzneimaarenb
wei leben, und Spigenhandel treiben. Es find hier der €
Gymnaſium, mehre Buͤrgerſchulen, worin zugleich das
— — Ki
Schneeloppe Schneider‘ (Eulogius) 819
rgenzeche war vorzüglich reich. Daß Herzog Albrecht den 23. April 1477 In
£ Grube mit ſ. Raͤthen an einer Stufe gediegenen Gilbererzes von 7 Lachtern
te und 2 Lacdhtern Höhe, aus welcher 400 Gtnr. Silber gefhmolzen wurden,
tft habe, iſt nach Adelung (Direct. 220) nicht erwiefen. In der Folge hat bie
bhaltigkeit dieſer Bergwerke ſehr abgenommen; dagegen wurde man nun auf
Robalt aufmerkfam. : Kobalt und Silber find noch jet die Haupterzeutaniffe des
sen Bergbaus; in der Gegend wird auch Wismuth, Blei, Zinn und Eifen
ann.
Schneekoppe ift der Höcfte Berg (4950 chein. Fuß üb. d. Deere) auf
ſchleſiſchen Riefengebirge(f.b.) im Fürftentyum Sauer, an der böhmifchen
se, und ber gräfl. Familie v. Schafgotfch gehörig.” Auf bemfelben fteht eine -
Ge, worin fonit jährlich 5 Mal kath. Bottesdienft gehalten wurde, jest aber
Wirthſchaft ſich befindet. — Erift von dem Schneekopfe, der hoͤchſten
je (2886, nach Andern 2975 Zuß) des Thüringerwaldes, zu unterfcheiden.
Scäneelinie, diejenige Höbe, zu welcher ſich 3. B. Berge in einem Erd⸗
e erheben müflen, damit ber Schnee dort dauernd liegen bleibt; fie ift nach
chiedenheit der Breiten verfchieben. Auf der Norbfeite des Himalayagebirae®
u 2833 Toiſen (gegen 17,000 Fuß); auf dem Chimboraffo 26244 Xoifen
746 F.). Humboldt fegt die Schneelinie unter dem Aquatot auf 2460 Toiſen
E60 $.). Polwärts finkt fie immer tiefer über ber Meeresfläche. In ben Als
unter 46° N. B. kann fie 1400 Toiſen (8400 F.) fein, folglich ſenkt fie ſich
wden Breitengrad um 23 Toifen. In den Porenden ift fie in dee Höhe von
Koifen (9600 F.). Gegen N. ſinkt fie fchnelter herab und am Nordcap uns
® beträgt fie nur 366 Toiſen, ſodaß fie auf einem Breitengrade 41 Tolfen
bat, und die Schneecurve folglich im 80° die Exdfläche berühren wuͤrde.
geünt die Erde auf Spigbergen unter 76 — 80° Br. im Juli und Aug.
Zeit lang. Um die umtere Gletfcherlinie zu beflimmen, muß man foldye
wählen, die von fehr hohen, fich weit erſtreckenden Gebirgen nieberfteigen,
m Ehamounythal und im Grindelwald. Hier fcheinen die Eismaſſen ſich bie
ID Toiſen über das Meer hinabzufenken. In Lappland, Island, Grönland
ven bie Bletfcher, die von den Bergen nieberhängen, das Meer unter 66 —
woraus folgt, daß die untere Öletfcherlinie von der Alpenkette an bis gegen
ür jeden Breitengrad ebenfalls um 23 Toifen fällt. In hoͤhern Breiten über
wie auf Spighergen und in der Baffınsbai, ſenken fich die Bletfcher nicht nur
E Mierresfläche herab, fondern fogar unter diefelbe hinunter. Doc, wird die
Diefer Senkung durch große losbrechende Eismaffen und den darauf wirkenden
nftog befhräntt. (S. Meisner’s Annalen”, I, 1. Bern 1824.) In Derico
A50 N. B. ift die beftändige Schneeregion 1300 Toifen (78005). Die
Ber Schneegrenze in Europa, vorzüglich auf den norweg. Gebirgen, hat Hr.
ich beflimmt, umter 70° zu 5508. Die Zwergbirke und bie Salix lanata
tbdaſelbſt faft bie zur Schneegrenze, und der ſenkrechte Abſtand zwiſchen dieſer
x Zwergbirkengrenze beträgt 154%. Die Kiefer kommt noch in einer Höhe
21 8. fort. Dies gegenfeitige Verhaͤltniß bleibe fich immer gleih. Iſt In
a Gegenden 5. B. die Kiefergrenze in einer Höhe von 3000 Fuß (500 T.), fo
aſelbſt die Birfengrenze in einer Höhe von 37505. (625 X.) und die Grenze
nigen Schnees In einer Höhe von 5570 8. (9284 X.) fein. S. Alcenius,
kermino atmosphaerae terrestris nivali” (Abo 1823, 4.).
WS chneider (Eulogius), geb. zu Wipfeld im Würsburgifchen d. 20. Okt.
„ mar Priefter, zeigte als Dichter ein herrliche® Talent und ward. vom Kurz
3 von Köln ald Prof. nach Bonn berufen und von diefem geiſtreichen und ed:
krften mit Ste überhäuft. Die Begebenheiten in dem revolutionirten Frank⸗
wirften aber auf f. lebhafte Phantafie fo leidenfchaftlid, ein, daß er (. Water:
52 *
820 Schneider (Johann Gottlob)
fand, f. Studien und f. Wohlthäter verließ, nach Strabburg ausuam
bier, fortgeriffen von dem Wahnfinne jener Zeit, einer der wuͤthendſten D
wurbe und die Nationalfranzofen felbft in ihren Graͤueln zu überbieten fin
. der Spige eines Revolutionsheeres und begleitet von der Guillotine d
von Ort zu Ort bie ganze Umgegend von Strasburg. Auf die biof:
feiner Gehuͤlfen wurden Menſchen jedes Geſchlechts, Alters und St
das Blutgerüft gefhidt. Nachdem Schn. viele Graͤuelthaten verhbt
Ben ihn die Sommiffaire de® Convents, St.:Juft und Lebas, jedoch n
feinen Hochmuth als dur f. Verbrechen wider ihn aufgebracht, den
1793 verhaften und ſchickten ihn nach Paris, wo er am 1. April 1794
tet wurde.
. Schneider (Iohann Gottlob). Diefer berühmte Philolog , gel
Kolm bei Wurzen, fludirte auf der Landesſchule zu Pforta, und in ke
Ernefti, wo ihn ein bemittelter Verwandter in Dresden unterftügte, bı
dem damals in Sachſen vielgeltenden Geh. Kammerrath Heineke empfal
chneider f. Erſtlingsverſuch, die von ihm 17770 herausgeg. „Anmıe
nakreon“ zueignete. Bald darauf fing er an, in f. philologifchen Unte
gegen Klotz zu Felde zu ziehen, begab ſich nady Göttingen und erlangte
Seroogenheit Heyne's, der ihn dem franz. Kriegeprocurator Brunk em
deffen Amanuenfis er nach Strasburg ging, um dort gemeinfdhaftlich
ber Herausgabe von beffen „Analekten“ zu arbeiten. Drei Jahre le
dann erhielt er durch den Geh.: Rath v. Zeblig einen Ruf an die Univerfitd
fint a.d. O., und dort gab er, mit Brunk noch gemeinfchaftlich, den £
aus. 34 Jahre wirkte Schneider hier nuglich ald Prof. der alten Eprad
ger durch Vorträge vom Katheder herab als vielmehr durch eine Diem
Ausg. von alten Claſſikern. Sein Fleiß wandte ſich befonder® auf folt
ſteller des Alterthums, deren Werke zugleich Aufſchluß über die damali
niffe ber Naturgegenftände gaben, indem er den Glauben hegte, daß hi
fonders das Sprachſtudium gefördert werde. So entftanden nach u. na
von Altan’s „Thiergeſchichte“ und von Nikander's 2 mediciniſchen Lei
mit den griechiſchen Scholien und der Periphrafe bed Eutefnius. Get
ria amphibiorum‘', beren erfle beide Faſcikel bereite 1779 erfchienen, m
durch ungünftige Umftänbe veranlaßt, nicht fortgefegt. Ebenfo auegen
sen ſ. Verdienfte, welche er ſich um die Ichthyologie erwarb, bei melden
ihm die Sreundfchaft des jüdifchen Arztes D. Bloch in Berlin viel nuͤh
merkwuͤrdiges Cabinet dieſes Zweiges der Naturgefchichte befaß und es €
ſchungen bereitwillig öffnete. So nad) und nach immer tiefer in die Ri
einscingend, gab er endlich, nach 3Ojähriger ämfiger Arbeit und Mühe, I
gebliebenen Bücher des Ariſtoteles, die Thiergefchichte enthaltend, bera
1811, 4 Bbe.), ferner die phyf. und meteorolog. Schriften bes Epikur,
fetten zur Metallurgie der Alten”, die „Eclogae physicae ete.”. Au
fien machte er ſich aber durch die Ausarbeitung f. befannten trefflichen Gi
terbuchs“, das bereitd 3 Aufl. und eine Umarbeitung von Pafſow erlebte
wenig dazu beigetragen hat, daß das Studium der griech. Sprache im mı
einen neuen und beffern Schwung unter ung erhalten hat. Außer alen
forgte er noch die Ausg. ber politifchen Schriften des Ariftoteles, ferne
phon, Afop, Pſeudo⸗Orpheus, der „Scriptores rei rustieze”, Bite
phraft u. A. Als 1811 die Univerfität von Frankfurt a.d. D. nach Bret
wurd, kam auch Schn. mit ihr an diefen Ort, wo er zugleich die €
Oberbibliothekars erhielt, in welchem Poften er ſich ſehr gluͤcklich fühlte u
Butes wirkte. Er ftarb hier am 12. Ian. 1822. As Menſch warme
tungswerth wie ld Gelehrter, wah die Liebe zu f. Vaterlande erloſch,
Schneider (Anton) 821
be als 23jähriger Juͤngling verließ und nachher mur noch einige Male auf kurs
Reifen wiederſah, nie in feiner Bruſt.
Schneider (Anton), geb. am 13. Oct. 1777 in dem voraribergifchen
14 bairiſch verbliebenen) Flecken Weller. Sein Vater, ein armer Wundarit,
ste feinen Rindern keine angemeffene Erziehung geben. Schneider's lebhaf:
Walent, treuhersige Freimuͤthigkeit und unerfchöpftiche Sovialitdt halfen ihm
b eine mühevolle Jugend hindurch, bis er an ber innsbrucker Hochſchule Die
uraiflenfchaft vollendete und fid) der Advocatie zu widmen beſchloß. Mittlers
e war Vorarlberg 1796, 1799 und 1800 von den Heeren Moreau's und Maſ⸗
's hart angegriffen worden, und die Vertheidigung von Feldkirch infonderheit
uhmmoller Tag geroefen (25. Mär; 1799). Schn. diente in diefer Zeit ale
seiner, Feldwebel und zulegt als Lieutenant und 309 als Freiwilliger bis vor Zuͤ⸗
mit. Die juridifche Facultaͤt der innsbruder Hochſchule wollte nad) beendigtem
ge dem tapfern Vorarlberg ein Zeichen ihrer Hochadhtumg geben und einen ta⸗
polen Landesvertheidiger unentgeltlich zur Doctormürde promoviren. Ihre
St fiel auf Schn., der ſich darauf in Bregenz ganz der Advocatie wibmete
ein in Vorarlberg, in Schwaben und in ber Schweiz fehr gefischter Rechtsfreund
Be. Schon 1807 wurde er, In Folge einer Itrung Über die Sonfeription, zu
u als ein geheimer Agent Oſtreichs verhaftet, aber fogleich wieder in Freiheit
mt. Als öſtreich zur Rettung Spaniens und feiner eignen den wahrhaft na:
milen Heldenkampf von 1809 begann, erhoben ſich einftimmig Zirol und Vor⸗
weg für ihren alten Heren und für ihr altes Recht. Vorarlberg war ſowol für
orgung des von allen Selten fireng blofirten Tirols mit Lebensbeduͤrfniffen,
moralifcher Reiter nad Schwaben und nady der Schweiz und für die Be⸗
vieler taufend Kriegsgefangenen ungemein wichtig. Das Heine Ländchen
von f. 91,000 Seelen 20,000 M. unter Waffen. Schn. wurde von den
Vorarlbergs zum Generalcommiffair gewählt und von f. Schulfreunde,
Ereiherrn v. Hormayr, Damals bevollmaͤcht Hofcommiſſair in Zirol und Vor⸗
vg, als ſolcher beſtaͤtigt. Schn. erſchuf ſich mit bewundernswerther Thaͤtigkeit
zei und Geſchuͤtz, machte bedeutende Ausfälle nach Schwaben und hielt den
B aufrecht, obgleich die Unterftügung der Öftreicher kaum 400 M. betrug und
aid, Munition, Waffen u. a. Erfoderniffen druͤckender Mangel herrfchte. Ge⸗
ian Augenbli der Schlacht von Wagram mar der Aufftand Tirols und Vor-
egs am drohendſten. Ihre Unterwerfung durch die Waffen hätte Napoleon eine
Armee getoftet,, wie denn auch bald darauf der Marfchall Herzog von Dan:
nit großem Verluft aus Tirol verjagt und diefe® Land binnen 4 Monaten zum
ar Male befreit wurde. Aber die Vertheidigung Vorarlberg löfte fich mit dem
zer Waffenftiüftande auf, vom Kronprinzen von Würtemberg von vorne, ven
amont im Rüden angegriffen. Schn. verfchmähte es, an die rigne Rettung
gnßen, und, tie er aufgefodert wurde, mit den Öftreicheen hinmegzusichen.
raterbandelte mit dem mwürtemberg. Vorpoſtencommandanten rine Gapitulation
a6 Land, auf Sicherheit der Perfon und des Eigenthums; dann lieferte er fich
aus. Aber die Capitulation wurde nicht gehalten; er warb geplündert, mißs
eilt und als Gefangener erklärt. Napoleon hatte aus Schönbrunn das Todes:
»Al wolder ihn gefprochen, und fein Leben wurde nur dadurch gerettet, daß ihr
Tronprinz (der jegige König) von Würtemberg auf den Hohenaspery abführen
wnd f. Auslieferung dem franz. General Beaumont, ter ungeflüm darauf
8, fhlechterdings verweigerte. Die im tolener Frieden ftipuliete Amneſtie vet.
uch Schn'e Leben und Freiheit. Ex mar lange Gefangener ie Ulm, in Lindau,
empten gewefen. Anfangs Febr. 1811 kam er nah Wien und wurde £. £. Ap⸗
ionsrath. Als 1812 in Rußlands Schneemüften jenes furchtbate Gottesge⸗
Über dad Heer Napoleons erging, und gan, Deutfdyland die Sehniudtt un-
822 Schneider (Johann Ehriftian Friedrich)
zudte, das Fremdlingsjoch abzumerfen, ergriff auch Tirol und Worariberg
gebuldige Verlangen, jest zu erreichen, was 1809, trotz fo großer Dyfe
erreicht worden war. Allein ein feltener Zufammenfluß von Umftänben hen
Ausbruch und flellte bie gute Sache bei Lügen und Bautzen noch einmal au
ferfte Spige. Hormayr, Schneider und die vorzüglicdhften Männer von
Tirol und Vorarlberg kamen in Staatsgefangenſchaft, Eril oder unter frı
obachtung. Nachdem Schn. mehre Sabre lang in f. Heimath privatifirt da
ee am 17. Juli 1820 im graubüindtnerifchen Bade zu Fidris ploͤtzlich am:
nen Herzen. Der Erzherzog Johann von Öftreich feste ihm dort ein
Denkmal.
Schneider (Johann Chriſtian Friedrich), herzogl. anhaltsdr
Gapellmeifter, Mitgl. der Akad. der Muſik zu Stockholm, berühmt als C
mehrer großen Oratorien, ift geb. d. 23. Jan. 1786 in dem lauſitziſch
Waltersdorf an der böhmifchen Grenze. Geinen Trieb für die Tonkun
nebft f. Bruder (Johann, Organift in Goͤrlitz, einer der erſten lebend
ler auf der Orgel, jegt in Dresden) von feinem Vater, der, früher Zwil
es durch angefttengten Fleiß dahin brachte, baß er vom Mathe zu Zittau zum
lehrer und Drganiften diefe® Dorfes gewählt wurde und bald eine beffere
einem andern Dorfe erhielt. Vom 4. Fahre an unterrichtete er ſ. Sohn in
Kunft mit Eifer. Er lehrte ihm erft Glavier und Orgel, dann bie zum 1
alle a. Sinftrumente. Auch bediente ſich der Water feiner, um den vielen |
die ihm zuflrömten, Unterricht zu geben. Im Generalbaß und im Sing
unfer Componift nicht mindere Sortfchritte.e Schon 1794 verfuchte er f.
fchen Gedanken zu Papier zu bringen. Die Erfcheinung der Mozart‘)
vierſtuͤcke in der Breitkopf⸗Haͤrtel' ſchen Ausgabe brachte eine neue Epoche
ſikaliſchen Studien hervor. Die Anhörung der Mozart’fcyen „‚Zauberfl
von einer Eleinen Truppe in einem naheliegenden Stäbtchen aufgeführt wı
endete biefe Revolution in feinem Innern, und die Anhörung einer ital
Diesden, wohin ihn fein Vater mitnahm, zeigte ihm die Tonwelt in ihre
Umfange. 1798 brachte ihn f. Vater auf das Gymnaſium in Zittau, w
dem Cantor Schönfelder f. muſikaliſches Stubium fortfegte und bie befl
und neuern Mufitwerke, zu deren Aufführung er felbft thaͤtig mitwirkte
lernte. Inder Compofition half ex ſich felbft fort, inbem er die ihm von
überfendeten Partituren fleißig ftudirte, Partituren aus Stimmen 30
den Stadtmuſikus in Zittau fogen. Hornmuſik für ale Gattungen von BI
menten zu mannigfaltigem Gebrauch componiste. Haydn zum Vorbild
verfuchte er auch die Compofition einiger Meffen; er hätte fchon damals N
verlaffen und ſich ausſchließend der Muſik gewibmet, wenn nidyt f. Yataı
höhere Ausbildung beforgt, ihn bavon abgehalten hätte. Doch zog ihn r
Unterrichtögegenftänden am meiften Mathematit an. Er gab dann andı!
fhen Unterricht, befonders auf dem Pianoforte, und fpielte bei Operauffil
in Zittau im Orcheſter mit. Sein Talent wurde von einigen Muſikfreund
muntert, obgleic) fein Streben, ſich ganz der Mufil zu widmen, viele Hi
fand. „Gin Gönner ſchickte 3 von ihm componirte Clavierſonaten nach Er
fie gedruckt wurden (1803, Breitkopf u. Härtel) ; dies verfchaffte ihm mebre
in Zittau und Goͤrlitz. Als Präfect des Chors in Zittau (1804) ſchrieb er 9
für mehrſtimmigen Gefang, u. A. eine Hymne mit Orchefterbegleitung, ı
fid) im Dirigiren. 1805 bezog er die Univerfität Leipzig, um bort ſich in dır
fomwie in denjeninen Wiffenfchaften auszubilden, weldye fidy auf eine algem
dung beziehen; er fand an Platner, Carus und an ben Tonſetzern A. €
und Schicht Gönner und Befoͤrderer f. Talents. Hier warb es ihm möclid,
f. Sompofitionen zur Aufttihrung ya biingen | 0% traten Ber als tuͤchtizn
Schneller 823
:efpleler Öffentlich auf und ſtudirte die Muſik praktiſch an dem Beſten, was dort
aören ift. Fr. Rochlig gab ihm manchen nüglichen Rath. 1807 wurde er Orga-
an der Univerfitätslicche ; dabei gab er Muſikunterricht und fanb in vielen mu
ſchen Familien Anerkennung. Darauf übernahm er feit 1810 die Muſikdirec⸗
Belle bei dem Privatunternehmer Sof. Seconda, der abmechfelnd in Dresden auf
u Linke’fchen Bade und in Leipzig fpielte, und wurde fo der Vorgänger des humo⸗
kfehen Erzähler Hoffmann in diefem Amte. Als aber da8 Amt eines Organiften
der Thomaskirche in Leipzig erledigt wurde, verließ er jene Anftellung (1813,
ihjahr) und übernahm diefed Amt. Won diefer Zeit an befchäftigte er fid mit der
Höpfung großer Werke. Seit 1814 fchrieb er mehre Vocalwerke für die durch
hicht gegrümbete Singakademie, 3. B. die trefflidie Meffe aus F-dur für bloße
agſtimmen, welche der König von Sachſen, bem er diefelbe dedicirte, mit gro»
Huld aufnahm. Nachher übernahm er die Leitung der genannten Akade⸗
e, für welche er noch 4 Vocalmeſſen ſchrieb. Als Mitglivd dir 1815 ges
BR Liedertafel lieferte ex eine Reihe ber Eöftlichften Befellfhaftslieder. In demf.
Bam er mit dem geiftvollen X. Apel in Verbindung, der ihm f. Gedicht: „Das
Btgericht‘', 1816 mittheilte, Diefes Wert nahm f. volle Kraft in Anfpruch, und
atfland die durch ganz Deutfchland bekannte Compofition dieſes großen Drato:
ms, das er jedoch erft 1819 in einem Eurzen Zeitraum nieberfchrieb. — 1817
zmahm er die Mufikdirectorftelle bei dem neueröffneten Stabtheater in Leipıig,
weiches er mehre Duverturen und a. Muſikſtuͤcke ſchrieb, 3. B. die beliebte Ou⸗
re, weiche „God save the King” zum Thema bat. 1820 führte er das
leltgericht”” zuerft in Leipzig mit einflimmigem Beifall auf. Im Vai 1821
her er nach Deffau, wohin man ihn ald Capellmeifter berufen hatte. Seitdem
idieſer raſtlos thaͤtige Tonmeiſter Niemeyer's Cantate: „Die Todtenfeier“,
Be Pſalmen für das koͤlner Muſikfeſt, das von de Grote gedichtete Oratorium:
e Guͤndflut“, componirt und im Sommer 1824 ſelbſt dirigirt. Das von ihm
Bonirte Oratorium: „Das verlorene Paradies“ (gedichtet von dem Schuldirector
Zarées), führte er beim Mufikfefte in Magdehurg am 2. Sept. 1825 in An»
rrheit des Königs von Preufen mit großem Beifalle auf. Er hält daſſelbe für
gelungenfte f. Werke. 1827 gab er die 2. Aufl. ſ. „Elementar⸗-Handbuchs
Darmonie und Tonſetzkunſt“ und einen zweifachen Curfus von Geſangsuͤbun⸗
Für Schulen heraus. Ein neues Dratorium hat er bei dem Düreröfefte in
mberg (7. April 1828) aufgeführt. — Überfieht man Schneider’ zahlreiche
kpofitionen (bis jest find gegen 60 größere Mufitftüde von ihm herausgege:
worden), fo bemerkt man, daß e# keine Gattung gibt, in welcher diefer Frucht:
mufitalifche Geiſt ſich nicht verfucht hätte. Sein eigentliches Geſchaͤft fcheint
u das Gebiet der vollfiimmigen Inſtrumentalmuſik und die kirchliche Vocal:
ik zu fein. Seine Dratorien find cine große Bereicherung der deutſchen Muſik,
En defhalb, weil Schn einer der größten Contrapunktiſten, welche jegt leben,
in der geſchickten Behandlung des Orcheſters wie Wenige gewandt und erfak-
iſt, fondern auch darum, weil er mit den Erfoderniffen eines Tonkuͤnſtlers eine
e gewöhnliche Einficht in die Paefie und ein ernſtes Gemüth verbindet, das bie
‚Be feiner Aufgabe kennt. 44.
Schneller (Iulius Franz Borgias), Dr., geb. zu Strasburg 1777, ver:
kt f. Bildung der Hochfchule zu Freiburg, wo f. Vater Prof. der Rechte war.
ithematik befcyäftigte ihn zuerft, fodag er fhon als Juͤngling den erkrankten
feffor derfelben an der Albertina fupplirte (1704). Wiihrend f. Rechtsſtudien
ieb er die Flugſchrift: „Über Preußens Demarcationslinie” (1795). Bei Me:
u's num drohendem Nheinübergange wirkte er mit grofier Anfltengung für das
fgebot tes Landfturms in Hauenſtein und zog mit ben Studirenden von Freiburg
en ben Feind, wo er bei Wagenftatt mi fte (1706). Der Sieg des Kein:
felden zu Linz und fpäter zu Gratz in Steiermark (130
Weltgeſchichte“ in 4Bdn., dann eine „Staatengefchi
reich” in 4 Bbn. dem Drude. Zugleich lieferte er viele
„Wiener Zeitfchrift”, in Caſtelli's „‚Gonverfationsblatt” :
In diefem gab er die zu Prag gebrönte Preisſchrift: „
Falſerthume Öftreih". — Obrol Nordamerika und Grı
fterftaaten vorſchwebten, hoffte er dennoch den allmätigen
dem Feftlande Europas vorzüglich von kraftvollen Fuͤrſten
die allgemeinen Menſchenrechte anerkennen ober für einzel
großartig wirken würden Er hatte ſ. Grundſaͤte ſtets alı
gebinbert vorgetragen. Als man aber nach Bonaparte'i
flalten thells untergrub, theils vernichtete, wurde f. Steu
Man machte ihn wegen Neuerungs ſucht oder Gonftitutio
Bonapartiften verdächtig und bewirkte, daß die Wiederau
unterfagt und der 5., alfo teste Theil der Öftreich. Geſ
gelaffen wurde. Diefe Beſchraͤnkung in der Schriftftelle
wog ihn, nach einem 28jährigen Aufenthalte die übrige
in Oeſtreich aufzugeben und das Lehramt der Phitofophie
burg anzunehmen (1823). Als er von Graͤtz ſchied, exi
ſchon fräher eine andre in Steiermark, das Bürgerrecht
ſchwieriger Angelegenheit zur Zeit des Krieges und nad
Weltgeſchichte det 1. Bd. in 2. Aufl. (kpz. 1823) erfd
geſcichte des Kalſeithums Öftreidy” (Grit 1820) wird
ebenfalls in Deutfdyland herausfommen. Das didattifd,
ein Sonettenkranz, zum Weihnachtgeſchenke“, ift ſcho
1822) vergriffen. Außer f. Antritterede zu Freiburg: „Ü
geſchichte auf die Philofophie” (1824), fchrieb er einzel
AFeeiburger Wochenblatt” (1824); für die „Steiermär
für Muͤnch's „Deutfhes Mufeum” (1825): „Zacharic
ger", bie „Sreiheittufe von Palafor‘. Die Satpre „S
kl" gaber u d.N. Julius Velor heraus. 18277 ſchri⸗
Mika PIRRA N) in Aue HE Waldrnkihtiae
Schnellpreſſe 825
alte Hülfsmittel zur Ausführung f. Plans fand und ſich zur weiten Ber:
mmnung f. Erfindung mit dem mathematifchen Inſtrumentenmacher Bauer
Stuttgart verband. Beide Männer ftellten nad) Überwindung vieler Schwie⸗
en eine Drudmafcdine auf, auf weicher am 29. Nov. 1814 zuerft die
a‘ gedruckt wurden. Sie bauten nun nody mehre Mafchinen, doch wurde
durch die Unredlichkeit ihres dritten Compagnons, bes Buchdruckers Bensley,
afenthalt in England verleidet, und ba fie, durch den damaligen König von
, Dorimilian, bei dem Ankauf des ehemal. Kloſters Oberzell bei Wuͤrzburg
kuͤtzt, vollkommene Gewerbefreiheit zugefichert erhielten, fo legten fie daſelbſt
eine mechanifche Werkitatt, eine Eifengießerei ıc. an, zur welcher fie ſich Bauern
ngegend als Arbeiter gezogen hatten. Hierauf begannen fie den Bau von 4
inen, wovon 2 in der Haude= und: Spener’fchen Zeitungsbruderei und 2 in
ecker'ſchen Officin zu Berlin aufgeftellt worden find. Bald darauf legte
Gotta zum Drud ber Taſchenausgabe von Schillers Werken und der „AGs
en Zeitung‘ in Augsburg eine Druderei mit 2 Mafchinen an. Durch
Verbeſſerung wurden jegt die Mafchinen auch für Eleinere Etabliffements
»bar gemacht; denn die bisher gebauten wurden durch Dampfmafchinen
ar. Diefe wurden nun entbehrlich, da 2 Männer durch ein Schwungrad
sfchine ohne befondere Anſtrengung in Bewegung fegen konnten. Sie lie:
zit diefer Bereinfachung feit 1814 mehre Mafchinen, als nady Hamburg,
Jagen, Stuttgart, Leipzig, Berlin, Koblenz, Frankfurt und Paris. — Schon
bon bauten 8. und B. verfhiedene Arten von Druckmaſchinen, welche fie
Lady in Deutfchland noch verbefferten und vorzüglich vereinfachten. Aus
Bericht von 1825 geht hervor, daß fie jet 3 Arten verfertigen: 1) Die
Andige Maſchine; diefe dbrudt ben Bogen auf beiden Seiten und liefert
-4000 Bogen in einer Stunde; diefe Mafchine kann nicht wol anders als
wine Dampfmafdjine getrieben werden; zum Anlegen und Abnehmen des
@ find 2 Burfche erfoderlih. 2) Die doppelte Maſchine; diefe druckt
Bgen nur auf einer Seite auf einmal und liefert 2400 Abdrüde in einer
E; es find bei derfelben 2 Bürfche zum Anlegen und 2 zum Abnehmen ber
noͤthig. 3) Die einfache Mafchine; diefe drudt auch den Bogen nur
er Seite und liefert 1400 Abdrüde in der Stunde; bier find nur ein Burfche
rzlegen und einer zum Abnehmen der Bogen nöthig. Don biefer Art gibt es
zen zu groß und Elein Kormat. Da dieſe verfhiedenen Arten auf einem und
»en Princip beruhen, fo wollen wir von ber legten Art, al& der einfachften,
Lefern einen Begriff zu geben verfuhen. Bekanntlich find mittelſt des
Verkzeugs des Buchdruckers, mit der Preffe, 2 Mann ungefaͤht 250 Bogen
ger Geite in einer Stunde zu druden im Stande, wobei jede einzelne zum
eines Bogens nöthige Vorrichtung unmittelbar durch Menſchenhand ge:
ı muß. Vermittelſt einer Druckmaſchine geſchehen aber alle die Vorrich⸗
3. B. das Nehmen und Vertheilen der Farbe, das Schwaͤrzen der Lettern,
ud u. f. m. durch einen fehr zufammengefegten Mechanismus, der auf eine
kreisfoͤrmige Bewegung zuruͤckgebracht ift, fodap ber Menſchenhand Nichts
a übrig bleibt, ald den Bogen einzulegen und nad dem Drud in Empfang
men. — Man bente ſich eine gereöhnliche Schriftform auf einer horizonta⸗
tie ununterbrochen hin = und zuruͤckgetrieben. Ungefähr über der Mitte diefer
Ind eine Anzahl Walzen angebracht, welche die Druderfhwärze von einem
: Behälter empfangen, durch beftändige Umdrehung auf ihrer Oberfläche
‚ten und der darunter hingebenden Form durch leichte Berührung mittheilen.
u drudende Boyen wird von einem Anaben auf eine mit Schnuͤren oder
men befpannte Fläche gelegt, bie flill fteht, bis der Bogen aufgenommen ift,
ınn in Bewegung geſetzt wird, um ihn der ſich barunter beftändig urntreken:
826 Schnepfe Schnepfenthal
den Druckwalze zu überliefeen. Eine Anzahl endlofer Bänder ſchlu
den Bogen um bdiefe Walze. Unten trifft berfelbe mit der gefchmär
fammen und ber Drud wirb durch Berührung mit der gleihmä
Form abgnommen. Der fo auf einer Seite bedruckte Bogen loͤſt
der Drudwalze ab und wird von einem andern Knaben in Empfan
die zuruͤckkehrende Form wird von den Farbecplindern aufs neue g
derfelbe Kreislauf von Bewegungen und Operationen fortgefet!
einmal bie Erfindung gemacht war, haben ſich in England und Fr:
Mechaniker damit befchäftigt, Druckmaſchinen zu bauen, die abı
Hauptfache mit der befchriebenen Art übereinflimmen. — Es gibt
nen, wo bie Lettern auf ber Drudwalze felbft ſtehen, diefe Art ift
nur für Stereotypplatten anwendbar. Die befannteflen Erbauer v
ſchinen find Applegath und Comper, Donkin, Brightley, Rutt, 8
und Miller, Congreve, Wood, Napier und Hanſard; dody bleiben d
fprünglichen Erfindern gebauten immer bie beften, wie die Darauf geli
ten beweifen. Die neuefte Veränderung an der Druckmaſchine der „
von dem Hrn. Applegath her und bewirkt, daß gegen 4000 Bogen a
in 1 Stunde gedrudt werben; diefe Mafchine iſt die unter Nr. 2 an
neuern Zeiten hat man, ganz von biefen Druckmaſchinen verfchieben,
verbefferte Preſſen von Gußeifen in mehren Arten erfunden, bie zur
ter Gonftruction ſehr von einander abweichen. Die vorzüglichften
fogen. Stanhope:Preffe, in Deutfchland von verfchiedenen Buchdrud
hanitern nachgemacht und zum Xheil verbeffert. 2) Die Cogge
Deutſchland von dem Mechanikus Hofmann in Hamburg nachgema
Ruthwen⸗Preſſe. 4) Die Ruffell:Preffe. 5) Die Eiymer > oder
Prefſe, in Deutfchland von ben Herren Vieweg und Sohn in Braun
gemadt. 6) Die Albion⸗Preſſe, und endlih 7) die erſt 1826 erfi
des Mechanikus Sr. Hofmann in Leipzig.
Schnepfe (Scolopax).. Bon diefem Gefchlecht, a. db. Orbnun
vögel, find über 50 Gattungen befannt, von denen an 14 noch n
ftimmte Gattungen in Deutfchland einheimifchh find. Nach ber !
Schnabel vertheilen die Naturforfcher die Schnepfen in 3 Familien
waͤrts gekruͤmmtem, 2) mit geradem und 3) mit aufwärts gefrümmt
Sie halten ſich meiftens an der Erbe auf; felten fieht man fie auf X
den Süumpfen, Moräften und feichten Gemwäffern waten fie mit X
umber und fuchen Sewürme, Ssnfeßtenlarven und Inſekten, wovon fi
doch freffen fie auch verfchiedene Pflanzenblätter. Aus den kalten Lün
meiftens im Herbfte nad) den füdlichen. Dan ift von den Schnej
das Steifh. Das gefammte Eingemeide, nebft dem in den Därme
Kothe, wird, unter alleiniger Befeitigung der Galle und mit flarter 1
fehen, zu einer Art von Brei gellopft, auf Semmelfcheiben geftrichen
felben Pfanne, welche beftimmt ift, die von den am Spieße befindlich
herabträufelnde Butter aufzunehmen, gebraten. Den Feinſchmecke
Gericht als ein ganz befonderer Lederbiffen.
Schnepfenthal, eine von Salzmann angelegte Erziehu
dem Amte Reinharböbrunn des Herzogthums Gotha, am Fufe di
waldes, eine halbe Stunde von der Stadt Waltershaufen. Die Lane
nehm, die Inſtitutsgebaͤude liegen ſaͤmmtlich auf einem geräumigen f
eine weite Ausjicht auf eine mit Dörfern befäete Eber.e, nach Gotha b
von weldyer Stadt man bas Kefidenzfchloß deutlich liegen ſieht (melde
Zug : und Nachtgleiche, von diefem Standpunkte aus, beim Unterga
einen auffallend Ionen und weärinhen Anblid gewaͤhrt, in welchen
Schnepper Schnorr (Weit Hans von Karolsfeld) 827
der Feenſchloͤſſer realiſirt zu fein ſcheint). Dagegen erfreut fich die hintere
e ber Gebäude der romantifchen Anficht von ber walbigen und gebirgigen Ges
um Reinharbebrumn. Die + Häufer des Inſtituts umfchließen von 2 Seiten
ordern Platz des Hügel, in deffen Mitte ein umzaͤuntes Baſſin und vor dies
ein laufender Brunnen angebracht ift. Der Hügel iſt vom mit vielen Obſt⸗
sen beſetzt und auf einer Seite mit hohen Pappeln eingefaßt. Daß ältefte (zu⸗
jebaute) Haus enthält, außer der Wohnung bes Directors und a. Zimmern,
Speifefaal, den mit einer Orgel und Galerie verfehenen Betfaal zum Behuf
Borgenandachten und Bottesverehrungen, und das Naturaliencabinet, welches
Zerhaͤltniß zu feinem Zweck nicht unbedeutend ift. Die Inſtitutsbibliothek bes
t fi in einem andern Haufe. Außer den nöthigen Seitengebaͤuden hat bie
mit auch eine bededite Reitbahn und ein reitkundiger Lehrer beforgt den Unters
-im diefem Sache. Der Plag für die gymnaſtiſchen oder Turnuͤbungen iſt an
a ſchattigen Orte, an ber Spike eines nahen Laubwälbchens, mit allen dazu
Ban Vorrichtungen ausgerüftet, und ein klarer Teich in der Nähe von Reins
Börumn dient für das Baden und die Schwimmübungen im Sommer. Diefe
Be Erziehung von leiblicher Seite, für die Erhaltung und Befeftigung der Ger
ſeit der Kinder und Erwachſenen fo vortheilhafte Rage bes Inſtituts, die leichte
asft, die Nähe intereffanter Waldgegenden macht diefen Ort zugleich zu einem
ebmen Aufenthalte für Fremde, bie fich für das Inſtitut intereſſiren ober
zuähere Bekanntſchaft machen wollen, oder für die Altern der Zöglinge, die
Exıber und deren Erzieher zumeilen befuchen. — S. die gebrudite „Nachricht
= Einrichtung der Erziehungsanftalt” in der Buchhandlung der Erziehungs»
nn (Bol. Salzmann.)
Schnepper ober Schnäpper, eine Kleine flählerne Armbruft, fo
MER wegen bes fchnappenden Laute der Schne; dann 2 wundaͤrztliche
Bamge, von denen das eine zum Abderlaffen, das andre beim Schröpfen
kehrt wird.
ES chnorr (Veit Hans v. Karolsfeld), ein ruͤhmlich bekannter Maler, geb.
Enneeberg im Erzgebirge 176%, verfuchte ſich ſchon früh in ber mechaniſchen
E ber bildenden Kunft. Da ihm die damalige Befchaffenheit der niedern
en den mtfchiebenften Widerwillen einflötte, fo wuchs er faft ohne alle wiſſen⸗
Ehe Renntniffe auf; deſto lebhafter zog ihn die Natur an, in der er, fich ſelbſt
Fen, einen großen Theil feiner Zeit verlebte. Als 14jaͤhriger Knabe begleitete
Tater auf einer Gefchäftsreife nad) Leipzig. Der kurze Aufenthalt in biefer
bewirkte eine völlige Veränderung in dem Juͤngling; um einft dahin zuruͤck⸗
au koͤnnen, nahm er die Bedingung dazu, die Rechte zu ſtudiren, fogleich am.
Beifeitefegung jeder Lieblingsbefchäftigung ſtudirte er nun mit rafllofem Fleiße
"achte es in 3 Jahren fo weit, daß er die Univerfität besiehen konnte. Aber tie
Drudenz Eonnte ihn nicht felfeln, und als nad) vollendeten Studien und bes -
mem Eramen fein Vater ſtarb, ging er, verheirathet und durch einige Verhälts
trieben, nad) Königsberg in Preußen, wo er bei Dippel umd einem Univer⸗
weunde Rath und Theilnahme fand. Die Einladung von einigen abeligen
wn, den Ihrigen Unterricht zu ertheilen, nahm er gern an und entfpradh ihr
aıtem Erfolg. Im Begriff, mit dem Sohne eines ruff. Minifter6 nad) Pe⸗
wg zu gehen, erhielt er, auf Betrieb feiner Mutter, eine Stelle an der magde⸗
e Dandlungsfdule, die er jedoch nad) Verlauf eines Fahre aufyab. Er ging
Eeipzig zuruͤck, wo er fih mit Miniaturmalen und Buchhändlerarbeiten bes
ste. Durch raſtloſes Studium der Kunft und im Umgange mit Der, Weiße,
>g, Seume und a. trefflihen Männern bilbete er f. Anlagen immer vollkom⸗
: aus, wiewol Ihm das Gluͤck nicht zus Theil wurde, f. ganze Zeit forgenfrei
inzig bee Kunſt zu widmen. Ex hat vielfältige Arbeiten auf Elfenbein, In Kun
828 Schnorr (Veit Jullius von Karolsfeld)
pfer, Thon und Gyps und viele Staffelelbilder, unter welchen auf
in dl, geliefert, die den Beifall der Kenner fanden. Seit 1816 ik a Di
Prof. der k. Kunſtakademie zu Leipzig. Unter feinen Kindern zeichnen fi:
ler aus: Louis (verheiratet in Wien), Ebuard und Julius,
Schnorr (Veit Julius v. Karolsfeld), Prof. der Hiflorienmaln
2. Akad. der Künfte In München, geb. zu Leipsig am 26. Mär; 1794, ;
f. aͤtern Brüder, frühzeitig Talent zum Zeichnen, Darftellen und Nadt
Geſchicklichkeit im Schnigen und Mobelliren. Er componirte im 11.u
mit einer Leichtigkeit, wie ein Kind, das fpielend ſich am Beftaltenzeichn
dabei hatte er fchon im 9. 3. Ernſt und Beharrlichkeit genug, um Anato
zuzeichnen. Der Tod der Amazonenkoͤnigin, bie Hercules im Irtthun
eine Darftelung, die er im 14. J. vertieft in Schiefer fchnitt, war eine k
werthe Probe feines frühen Talente. Dieſes Intaglio, ſowie ein an
ältern Bruders, der wetteifernd 2 Kämpfer in Schiefer grub, iſt noch
des Vaters. Benvenuto Cellini, das Leibbuch unfers Julius, weckte
neue Verſuche. Bald warb mobellirt, bald gezeichnet, und die vom V
nommene Verkleinerung ber Slarman’fchen Umriſſe zur Goͤſchen'ſchen
Homer gab felbft zum Radiren Weranlaffung. So gewann er im Mı
und Techniſchen Gewandtheit und in allen Theilen feiner Kunft bis au
parentmalen eine vorläufige Übung. Wie ernft felbft der Brüder Spiel
der Umftand beweifen, daß Julius, In Bemeinfchaft mit einem aͤltern,
Bruder, ein Kriegsfpiel nach eignen Ideen verfertigte, das in diefem Um
in diefer Eigenthuͤmlichkeit neu, roegen bes Scharfſinns in der Berechm
Beifall fand. Als Julius durch mehre Studien, in Kreide wie in DI,
terrichtgeben und einige Arbeiten fir Buchhändler eine gewiffe Reife erh
ging er in feinem 16. 5. zu f. beiden aͤltern Brüdern nah Wien. Auch!
Unterricht, um, gleich den Brüdern, einen Theil feiner Beduͤrfniſſe zu gen
der Vater allen Anfprüchen einer fo zahlreichen Samilie zu genügen auf
war. Damals trat bei unferm jungen Kuͤnſtler jener Iwiefpalt ein, den:
beftanden hat, dem es mit f. Beftreben Emft ift. Srüher hatte ihn Mic
gewaltige Kraft angezogen; dann mehr dem Gleihmaße der Formen x
war er an der Richtigkeit feiner Wahl irre geworden. In Wien Hatte ſich
von der Würde ber Kunſt fo gefteigert, daß er zweifelte, ob er je ihren X
merds genügen koͤnnen. Schon war er daran, völlig umzutehren, um ı
werker nüslicher zu wirken, als ihn der vaͤterliche Zuſpruch und die Erm
einer Schwefter aufö neue ermuthigten. Nun wanbte fid Schn, den biel
Lofigkeit der verflachten Kunft anekelte, mit jugendlicher Bewunderung a
lenvollen Ausdrude der altdeutfchen Meiſter und zu ihrer Kindlichkeit m
flellung. Ein Zuruf des Vaters, ben Weg wohl zu beachten, den er gı
die Kritiken der leipziger Kunftfreunde, erregten ſ. Aufmerkſamkeit und f
Sein ganzes Streben gewann einen neuen Anlauf, der zu einem füh
führte. Nach Beendigung des Kriegs entftand bei Schn. der Wunſch, na
zu gehen. Durdy eine Verſteigerung einiger eingefchichten Arbeiten,
Freunde unter ſich anftellten, murben einige 100 Thaler gewonnen, die,
vermehrt durch den Verlauf des h. Rochus an Hın. Proclamator Bi
einer heil. Samille an Hrn. v. Quandt, hinreidhten, um die Reife a
Unterwegs entwarf Julius die Hochzeit zu Sana, die, halb vollendet, eine!
länder in Mom fo anzog, daß er den Künfiler auffoderte, fie für ikn ;
den. Bald darauf erhielt Schn. vom Marchefe Maſſimi den Auftrag, im
Saale feiner Billa zu Rom Scenen aus Artofto in Freſsco zu malen. ©
ſogleich das Ganze im Kleinen zu entwerfen und zu coloriren; aber ieh
von dem italleniſchen Sieber befallen, 08 Yan und, un eäallae Wirt
Schnupfen 829
Ben ſchwaͤchte, daß er an der Möglichkeit der Ausführung feines Unternehs
verzweifelte. Ex glaubte, um nicht den Marcheſe und ſich ſelbſt in Verlegen⸗
wſetzen, biefer Arbeit entfagen zu mrüffen, und ging, um zu genefen, nach los
Dier erlangte er f. völlige Geſundheit wieder. Bald darauf vernahm ber
zrinz, jetzige König von Batern, in Rom, was gefhehen. Ihm, ber fchon
: Den jungen Kuͤnſtler mit Wohlgefallen ausgezeichnet hatte, that deſſen Ent⸗
leid; aber die Ausführung war bereits einem Staliener übertragen worden.
ba darauf ſtarb diefer Staliener, und dem Wunfche des Kronpringen zufolge
Dem nun völlig genefenen Schn. die Arbeit übertragen. 1825 hat der Kuͤnſtler
&önen Gemälde, Scenen nad) Ariofto, vollendet, von deren Werth die 11 Cars
Die einige Zeit in ber Amtswohnung bes Vaters in Leipzig zu fehen waren, auch
eutſchland die begrümbetfte Meinung verbreitet haben. Vgl. das „Kunftblatt”
„Morgenblatt”, &t. 26, 3.1825, wo auch ein Umriß mitgetheilt worden iſt.
f berief ihn der König Ludwig von Baiern nach München. Schn. verließ Ita⸗
kehrte zuerft inf. Vaterhaus zurüd, reiſte dann nach Wien, wo er ſich vers
Khete, und hat fich nun in München niedergelaffen, wo er jegt für ben kunſtlie⸗
m König eine Galerie aus den Nibelungen zu malen beauftragt ift. 19.
Schnupfen, eine Krankheit, die mit Froſt und gelinder Hige, zuweilen
Belt Kopfſchmerz anfängt, mit häufigem Niefen verbunden iſt und endlich in
GScleimausfluß aus der Nafe übergeht. Während der ganzen Zeit ift bie
Höhle verftopft und innerlich verſchwollen, der Geruch fehlt, ſowie auch ber
mack; beide kehren erft nad) Beendigung bed Schnupfens zurid. Wem
mehtigkeit ausfließt, fo nennt man den Schupfen fliefend ober triefend; iſt
we Rafe innerlich fehr verſchwollen und der Ausfluß fehlt ganz, ober iſt fehe
B nennt man bies ben Stockſchnupfen. Der Schupfen hat feinen Gig in der
Achaut ber nach hinten über ben Gaumen, nad oben bis an die Hirnſchaͤdel⸗
Debreiteten Nafenhöhle. Diefe Haut befteht aus loderm Zellgewebe, In
B fid) eine außerordentliche Menge von Blutgefaͤßen veräftelt, wodurch fie ihe
Anſechen erhält. Außer mehren andern Nerven, welche ſich in diefer Haut
Ben und fie fehr empfindlich machen, ift befonber6 der eigentliche Geruchſsnerv
Vrdig, indem diefer feine Zweige vorzüglich in den Theil der Schleimhaut
Eert, welcher die beiden oben Naſenmuskeln und ben größten Theil der Scheis
En Der Nafenhöhle bedeckt. Diefe Zweige find außerordentlich weich und ver»
= fich zulebt ganz mit dem ſchwammigen Gewebe der Schleimhaut. Die Abs
kung von Seuchtigkeit und Schleim ift in der Nafenhöhle zur Erhaltung der
Seit und Zartheit der die Geruchänerven umfaflenden Haut, alfo zur Befoͤr⸗
des Beruchsfinnes, nicht aber zur Reinigung des Blutes von Schärfen vors
wt, denn zu dem legtern Zwecke würde die Natur wol nicht einen Theil bes
nur, welcher durch bie Dienge feiner Nerven, durch bie Zertheilung derſelben zu
huferit empfindihen Organ wird, ebenfo wenig als die Abfonberung ber
wer in der Thränendrüfe des Auges, die Abfonderung des Ohrenfchmalzes
Bern Gehoͤrgange ıc. als reinigende Abfonderungen in Ruͤckſicht des Blutes
achten find. Dagegen ift bie mit fo zahlreichen arteriellen Haargefäßen ver»
„Daut um fo leichter der Entzündung ausgeſetzt, und alle Zufäle des Schnu⸗
yeigen an, baf er nichts Andres fei als eine Entzündung der Schleimhaut der
Höhle. Diefe Entzuͤndung entfcheidet ſich gewoͤhnlich durch vermehrte Ab-
mung eines dicken häufigen Schleims in Zeit von 2 — 4 Wochen, nad wel⸗
Zeitraume fie ſich wieder zertheilt, die Geſchwulſt der Schleimhaut abnimmt,
Ft wieder freier durch die Nafe gezogen werden kann. — Liber die Urſachen
uupfens find die Miinungen ebenfo verfchieden, twie über das Wefen deſſel⸗
Wäufig wird er noch für eine goige von Schärfe im Blute und von Erkältung
den. Allen wir feben oft, daß ganz geſunde Menfchen, bei henen Leine
ö— — —— ne eine
Te
Swyepug ım verwen, auv vurwunsue Ayuuyer
Urfachen, welche ben Ausbruch des Schnupfens veranla
wirklich die Tätigkeit bes arteriellen Hanrgefäßfofter
Übermaß bringen, befonders Einwirkung von fauerftofi
Uch bei Rordoft- und Nordweſtluft der Schnupfen, for
Entzündung jeder Art, allgemein herefchend wird. Al
zur Exhigung, wodurch die Thätigkeit des arteriellen BI
dird, kann diefeß bewirken, baher plöglicyer Übergang aı
heiße Stuben, in welche man aus der falten Luft komm
higenden Getränken, befonders Wein und Branntwein,
häufige Veranlaffung zum Schnupfen ift die Unterbrüd
daher auch bei feuchter und Ealter Luft der Schnupfen fü
ter und Fruͤhjahr find beſonders die Jaheeszeiten, in w
ſchend ift, weil in ihnen alle oben angeführte Urſach
fneler Wechfel von Kälte und Wärme, Überfülung
toben Stoffen von zu reichlichem Genuffe der Nahru
finden. — Der Schnupfen iſt alfo allemal auch eine K
indere, bie aber durch ihre Heftigkeit und Verbreitun
urſachen und ſogar gefährlich werben kann, wenn der
Vernachlaͤſſigung oder forigefegte Einwirkungen der Ur|
ober nad) den Lungen hinzieht. Kann man alfo ben &ı
in der Regel beffer. Nur darf man nicht glauben, daß
gebe, wenn man fich recht warm hält; im Gegenteil
und fegt ſich um fo leichter der Erkältung aus. Gerade
Gruben ſich aufhalten, ſich in Pelz und Wolle einhuͤll⸗
von einem rauhen Luͤftchen befttichen werden, und hi
Schnupfen. Die krankhafte Empfindlichkeit, in welch
zaͤrtelung verfegt wird, pflanzt ſich auch auf bie innen
und gibt bie Anlage zum chronifchen Schnupfen. Zur |
gehört überhaupt Stärkung ber koͤrperlichen Natur, Ab
die Einflüffe der Witterung, Verhuͤtung einer Anhaͤu
Nabrımasitoffen im Blute. Hierau bient oͤfteres Bad
Schnuͤrbruſt 881
man ganz. — Wer mit dem Schnupfen wirklich befallen iſt, beobachte in
Periode, von etwa 3 — 4 Tagen, durchaus bie kuͤhlende Methode, halte
er nur ganz mäßig erwaͤrmten Stube auf, waſche den Kopf, daB Geficht,
m, den Hals und bie Bruft einige Mal des Tages mit altem Waffer,
ch öfters mit Waſſer, worin etwas Salpeter aufgelöft, ober welches mit
Weineſſig vermifht iſt. Wer fich vorher gewöhnt hat, zumeilen kaltes
s die Nafe zu ziehen, thue es auch jest öfters; wer aber hieran nicht ges
und heftigen Stodfchnupfen hat, mit ſtarkem Schmerz in die Stim bins
n die Backenknochen, der ziehe öfter6 ben Dampf von warmem Waſſer in
fee aber dieſes nicht länger, als bie Umftände es nöthig machen, fort. In
‚ der Speifen und Getränke lege man ſich firenge Enthaltſamkeit auf.
:änf beftehe aus Limonade, Zuckerwaſſer, oder audy bloßem reinen Waſſer;
ein und andre erhigende Getränke vermeide man. Der Speifen enthalte
‘0 viel als fein kann, und genieße bloß etwas Suppe von Hafergrüge, leicht
es Butterbrot, oder etwas Ahnliches. Dabei nehme man einige Mal des
fonderd Nachmittags und Abende, eine Babe von Weinſteinrahm, Sal:
Zucker. Bor dem Schlafengehen waſche man ſich noch ein Dal auf ſchon
: Meife und fege die Füße in ein laues Bad. Dabei vermeide man auch
Periode nicht ben Genuß ber freien Luft, fondern, zumal wer ſchon daran
ift, gebe täglich ind Freie. Nur vor ben zu warmen Zimmern hüte man
er Zuruͤckkunft. Durch diefe Behandlung bricht man gleich anfangs die
ärte des Schnupfene, ſodaß Fieber, Hige und Kopfſchmerzen, die läflige
Hung und Verſchließung der Nafenhöhle und die Entzündung berfelben
er zunehmen und ſich ausbreiten wirb. In der folgenden Periode hat man
thun, als daffelbe Verfahren, nur etwas gelinder, fortzufegen. In Ans
e Diät kann man nun Etwas zugeben und bie Eßluſt mit mehren Speifen
n. Inden Nacken kann man jetzt ein Pechpflafter legen, als gelindes Ab:
ıtttel. Abends kann man einige Zaflen Thee von Fliederblumen mit Wein»
ı und Zuder trinken, dabei fegt man die Fußbaͤder fort. Sollte der Schnu⸗
g werden oder mit Zufällen drohen, bie fogar Verbreitung ber Entzuͤndung
Theile andeuten, 3. B. es ſtellen fich heftige Kopfſchmerzen, ſtarkes Fie⸗
en mit Beengung der Bruſt, beſchwerlicher Athem, Keuchen oder Stechen
te ein, fo brauche man ben Arzt.
Hnürbruft, Schnürleib, ein Sthd der weiblichen Kleidung, wel⸗
einer umfaffenden Bebedung des Unterleibes und der Bruft ſowol ale der
nd des Ruͤckgrathes befteht, aber zugleich durch die Härte der bazu kom⸗
Stüde und durch die Feftigkeit der Anlage fo befchaffen ift, daß es nicht
en Theilen, die es bedeckt, nachgibt und deren Form annimmt, fondern
itheil diefelben in Zwang hält und feine Form ihnen aufdringt. Die dazu
em Stüde, entweder von Holz oder von Fifchbein, felbft von Stahl
‚ werben in Reinwand eingenäht, auf diefe Weife in die paffende Form
und das Ganze am Rüden berauf zufammengefchnürt. Die Form
erfchieden geweſen, je nachdem nun die Abficht ihres Gebrauch fie nach
benden Meimmg über Schönheit des weiblichen Körpers oder nach einem
Beduͤrfniſſe beftimmte. Sou fie zur Beförderung der Schönheit dienen,
e der Idee der weiblichen Schönheit entfprechen und dem Körper nicht
e Form aufjmwingen, als bie Natur mitfichbringt. Die Beflimmung,
e Natur dem Weibe gegeben bat, bringt es mit ſich, daß ber weibliche
sehr Zartheit, Vollheit und Rundung, Biegſamkeit und MWeichheit hat,
ders in der Form ein unmerklich fanfter Übergang von einem Bliede zum
von einem Theile des Körpers zum andern flattfinde, daß er in harmoni⸗
haͤltniſſen ſchlank, rund und voll fei, daß Buſen und Unterleib, jener in
832 Sghnuͤrbruſt
aͤrkerm, dieſer in ſchwaͤchern Bogen nach Außen ſich bemerklich u
bergang in beiden Seiten auf bie Huͤften muß in ganz unmerklichen
von der Seite der Bruſt herunter mit unmerklich einwaͤrts gehendem,
die Hüfte mit fanft auswärts gebendem Bogen gefchehen. Diefe |
welche die Schürbruft oder ber Schnuͤrleib unterflügen muß. —
dern Moden in der Kleidung ging, fo auch mit diefem Stuͤck derfelbe
nis, Bequemlichkeit, natürliches Gefühl des weiblichen Geſchlechts
und Verfchönerung erfand es, Liebe zur Veränderung verfchlimmert
ferte daran, je nachdem Eitelkeit, Nachahmungsſucht oder beffere Übr
Herrſchaft hatten. Inſofern die Schnuͤrbruſt und der Gchnürleib
nannten Foderungen entfprehen, kann man ihren Mugen nicht leui
geben dem Körper eine Bekleidung, die gut anliegt, den Unterleib q
hätt, zu einer ſchicklichen und bequemen Befeſtigung der untern RI
dimt, obne ben Unterleib zufammenzufchnüren, wie bei dem Bind
über den Hüften außerdem unvermeidlich ift. Durch feine anfchmieger
es den Vortheil, daß es die ſchoͤne Geſtalt des weiblichen Körpers ı
fondern fie bei dem Gebrauche der übrigen Kleidungsſtuͤcke noch bi
durch welche fie außerdem zu fehr verhülft würde. Dabei erleichtert
und Steifpeit des Schnürleib® dem Körper die gehörige Haltung. 4
Gebrauch der Schnürbruft diefe Vortheile gewähren und Beinen Naı
Geſundheit verurfachen, fomuß fie der Geſtalt des weibl. Körpers überh
Perſon insbefondere angemefien fein, für welche fie beftimmt iſt, ohr
Abweichung, weber in Anfehung der Größe, noch der übrigen Zei
Die Schnürbruft darf, indem fie angelegt wird, durchaus die natärli
Körpers nicht verändern, ſondern fie muß ſich ganz nach ihr richten;
nach vorn elaftifcy , nach den Seiten nachgebend , nach vorn und unteı
weniges weiter und in einem kaum merklichen Bogen ausfchweifen!
Seiten herunter muͤſſen durchaus Über bie Hüften, wenigſtens einen :
untergehen und dieſen gefchloffen anliegen. Nach unten und vorn, t
leib umfchloffen wird, kann die Form fteif und etwas rund, nad
vom mehr platt und breit fein, auf den Seiten einen Bogen nad) hints
Bis in die Gegend ber Herzgrube kann die Schnürbruft anliegen, doch
nur den Unterleib, wenn er etwas zu ſtark ift, wenn er herunterhäng
muß fie durch etwas feſtern Drud unterflügen. Dieb ift nicht mm
Nachtheil und dem Gefühl beim Gehen fehr wohlthätig, fondern e
den Körper felbft vortheilhaft, indem es die Eingeweide des Unterleib
und die zu große Ausdehnung deffelben, welche der Schönheit zum
ſchraͤnkt. Won der Gegend der Derzgrube an, unter der Bruft, mır
von der Schnürbruft aufhören. Hier muß fie ausgefchnitten fein :
Seiten und dem Rüden zu etwas weniges höher gehen. Sol fie
Bruft noch höher heraufgehen, fo muß fie nach dem Bogen, den bie!
ser gehörigen Lage bilden, gewoͤlbt fein, fobaß fie von der 7. Rippe
14 oder 2 Zoll hoch eine bogenförmige hohle Woͤlbung bildet, welche!
wenigſtens der untern Hälfte derfelben, Schus gegen Drud und Oi
eine Unterftügung aeben, daß fie nicht zu tief herabfinten. — Zum‘
Schnuͤrbruſt ſchicken ſich dünne Fifchbeinftäbcren am beſten, welche
tigen Elaſticitaͤt verſehen ſind, ohne zu ſtarken Druck auszuuͤben. N
dazu wäre vielleicht, zumal im Winter, gewoͤhnlicher Hutfilz, der ni
rigen Form gefchnitten in Leinwand eingmäht würde. Bei der 4
Schnürbruft ift zu beobachten, daß der Drud überall nur mäfig fein
fie an allen Stellen zwar gefchloffen und feft anliegt, doch den Theiler
als die naturgemäße Torm at. Der räunigmäßig ſtaͤrkſte Drad u
Schnürbruft 838
ſten Theile, dem eigentlichen Schnürleibe, ausgehen, und nicht ſtaͤrker fein,
foderlich iſt, um die Eingeweide in ihrer natürlichen Rage zu erhalten, oder, -
fie (bei Fettbäuchen, Hängebäuchen) von derfelben etwas herunterwaͤrts ab»
hen 3 — in dieſelbe zuruͤckkzuheben. Bel juͤngern Perſonen, deren Geſtalt
die Joͤhre oder durch andre Veraͤnderungen noch nicht gelitten hat, bedarf der
leib nur eines maͤßigen Drucks durch das Zuſammenſchuͤren, ſodaß der
uͤrleib der natürlichen Form des Unterleibes nur feſt anliegt, dem Gegen:
: nicht nachgibt und nur ein Stuͤtzpunkt fir den Unterleib wird. Von bier aus
oben muf das Anziehen in der Stärke grabweife abnehmen, ſodaß es um bie
3 Rippen herum ſchwaͤcher wird, und die darunter liegenden Theile nicht ge-
I werden. — Die meiften Schnürbrüfte find unten zu eng und preffen den
deib zu fehr ein. Hierdurch müffen allemal die Eingemweibe berfelben fehr viel
kausſtehen, wodurch das Athmen aͤngſtlich und erfchwert wird, Bellemmun-
Herzklopfen, Ohnmachten, Blutungen, befonders Bluthuften und andre
entſtehen. Auch muß die ſchaͤdliche Einwirkung auf die Nerven bes Uns
"8 in Erwägung fommen,, die durch öftern Druck beleidigt und in ihrer Vers
ng geflört werden, daher fo häufig Krämpfe, Hofterie, felbft Melancholie
Urfprung bloß von dem Mißbrauche der Schnücbrüfte haben. Ein andrer
iſt der, wenn die Schnürbruft zu weit heraufgeht und dabei eng und platt
Daß fie die Bruͤſte mit Gewalt heraufdrängt und an ihrem untern Theile
Diefer Fehler ift jegt, da man die ehemalige Form der Schnürbrüfte et:
geändert hat, noch häufiger als der vorige. Nach der Altern Mode follte
Schoͤnheit gelten, wenn die Srauenzimmer um die Hüften herum fo eng zu:
zıgefchnürt waren, daß von beiden Seiten die Hüfttnochen weit hervorftans
prozu die auf beiden Seiten durdy hohle Zafchen (poches) außgebreitete Kleis
moch mehr beitrug, ſodaß damals die fo angepusten Damen mit Recht eis
verglichen wurden, das in ber Mitte ganz duͤnnleibig ift, nad) oben
Bten aber immer breiter wird. Doch blieb damals die Bruft mehr verfchont,
te Schnürbruft nad) oben geräumiger war und die Brüfte weniger drückte,
were Art aber preßt diefe nicht nur mehr in die Höhe, fondern drückt fie auch,
Tuͤrlichen Schönheit ganz zumider, vor unten beinahe platt, welches zu den
fen Folgen Anlaß gibt. Die Natur hat die Bruͤſte nicht unter das Kinn
wo hinauf man jegt zumellen fie gepreßt erblickt, fondern ih Platz iſt von
bis zur 6. oder 7. Rippe. Jede Verlegung derſelben kann di. traurigften
haben; und felbft ein gelinder, aber oft roiederholter und anhaltender Druck
Ge Theile kann hoͤchſt nachtheilig werden. Auch find diejenigen Schnürleiber
S, die mit einem fogen. Blankſcheit verfehen find, welches nach oben zwi:
am Bufen auf die Bruſtknochen druͤckt und das Schnürleibchen fo gegen die
: ambrängt, daß diefe von unten platt und hinaufwaͤrts recht voll gepreßt wer:
Mad, unten aber drüdt diefes Blankfcheit fo auf den Unterleib, dag auch
ns Schnürleibchen feſter und flärker denfelben zurüddrängt. Diefe Anwen:
6 Blankſcheits, zumal wenn e6 zu lang und von Holz oder gar von Metall
ze In jeder Ruͤckſicht Manches wider ſich. Es ift der wahren Schönheit und
nicht günftig, wenn ein Frauenzimmer fo gerade, fteif, gezwungen und
"t einhergeht, ald menn der ganze Körper aus Holz gefchnigt wäre, ober
Die Bruft von unten herauf platt gebrüdt ift, oben der Stab herausgudt,
wıf dem Leibe die untere Spige des Blankſcheits fi) von dem Drude nady
Kegt und mie ein Schnabel die Oberkleider in die Höhe hält. Iſt aber auch
Tankſcheit nicht zu lang, fo ann ſich dech ein Frauenzimmer, beim Büden
Den Drud von demſelben, wenn es zu ſtark und zu hart ift, oder wenn es
a der Mitte nach ber Seite hin verfchiebt, auf die Bruft oder auch auf den
"ib den größten Schaden zufügen. Wenn fie denn aber nüthia iut , mu
ßen, Oicbente Aufl. Bd. IX. 53
legt lebte er von allen Sefhäften zurüdgezogen in St
ſchoͤne Bibliothek an einen Engländer, feinen ehemalig
mehte von Schn. unvollendet gelaffene Arbeiten fortzuf
nen philofogifchen Abhandlungen über bie Pfalmen, übe:
nennen wir f. „Bibliotheca arabiea” (neuefle Aufl.,
rühmlichen Beweis von des Verf. Genauigkeit und G
Kraft druͤckte ſich in feinem Charakter aus; Ernſt und T
das zugleich einnahm und Ehrfurcht gebot. Ex flach
Memminger's „Würtemd. Jahrb.” (1824).
Scod, 1) eine Anzahl von 60 Stüden; 2) v
den und Thaler befannt waren, in einem Theile Dei
münze von 60 Groſchen. In Sachſen hatte man 2
Withelminer oder alte filberne, wovon 160 eine fein
und Loͤwengroſchen, von benen 60 Stuͤc ein Schock unt
Groſchen ausmachten. Daraus entftand der Unterfchli
Schoden, ber in Sachſen noch jegt in gewiſſen Fällen
fattfindet, wo dann ein altes Schod zu 20 Groſchen
12 Gr. gerechnet wird. 3) Helfen gewiſſe Landftem
(Bgl. Quatember.)
Schoen (Martin), einer ber aͤlteſten und vorz
auch Goldſchmied und Kupferftecher, wurde zu Kolmbı
Kolmar. Er lernte bei Franz Stoß (nach Andern bei R
ten ihn Buonmartino, auch Martino d'Anverſa, viell
detlanden anfhielt, wie Hr. v. Quandt glaubt. Erif
her und hat vorzüglich nach Bildern der niederlänbifd
fliftete eine bauernde Sreundfchaft mit P. Perugino. '
Jugend den Traum des heil. Antonius, den Martin
hatte, copirt haben. Man hat ihn aber mit dem Ma
gauer, geb. zu Kolmar und 1699 geft., häufig verwer
Sch. 121 gröftentheils biblifhe Gemälde. Noch gegı
Genie, Rei
Scholaftiter 835
elalter entſtand eine eigne Gattung von Philofophen u. d. N. Scholaftiker und
eigne fcholaftifche Philofophie oder Schulweisheit, deren Wefen in der Ans
ung einer aus der alten Zeit flammenden Dialektik auf die Theologie und der
en Verbindung beiber beftand. Da diefe Anwendung mehre Verfchiedenheis
zebietet, welche periodifd zum Vorfchein kamen, fo flimmen die Gefchicht:
ber über den Anfang der ſcholaſtiſchen Phitofophie nicht überein. Diejenigen,
e den theologifhen Gehalt derfelben vorzüglich berüdfichtigen, machen den
flinus zum Ucheber derfelben, Andre finden ihren Anfang in den monophyſi⸗
u Streitigkeiten im 5. und 6. Jahrh. Gewoͤhnlich nennt man als erfien
Hafliker Joh. Scotus Erigena (f. d.) im 9. Jahrh., ohne diefen zum eigent:
a Ucheber der Scholaſtik zu machen. Er war Philofopb f. Jahrhunderts, der
latoniſchen Weife ſich anfchliegend. Die ſcholaſtiſche Philofophie erhielt ihren
en dadurch, daß fie aus den von und feit Karl d. Gr. geflifteten Schulen zur
mg der Beiftlichen hervorging. (&. Schulen.) Die hier vorgetragene Phi:
die beftand in einer aus dem Latein. Erklaͤrern des Ariſtoteles, befonders dem
bo-Auguftinus und Boẽthius, fomie aus des Porphyrlus Einleitung zu den
Heelifchen Schriften gezogenen Zufammenftellung logifcher Regeln und ontolo>
Fr WBegriffe, dieu.d. N. Dialektik die theoretifche Philofophie überhaupt aus:
en und mit ber fpätern aleranbrinifchen Vorſtellungsart von Gott, f. Eigen»
sw und Verhältniffen zur Welt verbunden oder darauf angewendet wurden.
Izfprüngliche Tendenz war Beine andre, als das dogmatiſche Religionsfpftem
sche zu befefligen und zu vertheidigen. — Buhle fegt 3 Perioden fell: Die
B auf Roscellinus (1089), ober bis auf den Streit der Realiften und No⸗
Kiften (f. d.); die zweite bis auf Albertus Magnus (ft. 1280), wo die me:
chen Werke des Ariſtoteles allgemeiner befannt und erläutert wurden ; bie
Bais auf die Wicderherftellung der alten Literatur in der Mitte d. 15. Jahrh.
uw Dadurch bewirkte Verbefferung der Philofophie. — Nach Tiedemann, ber
Keholafticiemus als diejenige Behandlungsart der Gegenflände a priori ers
mu0 , nad) Aufftellung der meiften für ımd wider aufzutreibeuden Gruͤnde in
Wifcher Form, die Entſcheidung aus Ariſtoteles, den Kirchenvätern und dem
wenden kirchlichen Syſteme genommen wird, fängt die Gefchichte deffelben
un Stanciscaner Alerander von Hales (fl. 1245), einem Klofter in Glouce⸗
”e, an, welcher von ben Ariftotelifhen Schriften zuerft einen bedeutenden
wich machte. Der genannte Alerander Haleſius war ber erfte ausführliche
vztator der Gentenzen Peters des Lombarden und erwarb fid) ale Lehrer zu
den Beinamen Doctor irrefragabilis. Auch erläuterte er die Pſychologie
Uſtoteles. Ohne eignes Denken entfcheidet und urtheilt er allenthalben nach
E Kichmfcriftftellern und Philofophen. Das zmeite Zeitalter der Schola⸗
Eseginnt Tiedemann mit Albertus Magnus (f. d.), welcher ſowol die phy⸗
hen als philofophifchen Schriften des Ariſtoteles, mehre bibl. Bücher ıc. ers
w. Noch groͤßern Ruhm erwarb fein Schüler, Thomas von Aquino (f. d.),
mter der Moral und ſtrenger Anhänger des Ariftsteles, Über den er 52 Som:
we hinterließ. Dieſem ftelite fich der Sranciscaner oh. Duns (f.d.) &co:
zer mit dem zuvor genannten Job. Scot. Erigena nicht zu verwechſeln ift,
en, einer der dunkelften, fpisfindigften Dialektiker, ber durch fein ſcholaſti⸗
Obder barbarifches Latein bekannt ift. Da er als Gegner des Thomas auftrüt,
au fi die Thomiſten und Scotiften (ſ. d.), deren Zwiſtigkeiten be⸗
lebhaft wurden, als Scotus ſich gegen die durch Thomas vertheidigte
we Auguftinifche Lehre von der Gnade erklärte, und welche Jahrhunderte lang
der Kirche erhielten. Außerdem waren ſcharfſinnige Scholaftiker dieſes Zeit:
BE der Sranciscaner Bonaventura, Schüler bes Alerander Halefius, eigentlich
yſtiker (f. Bonaventura), ber General des Dominicamerniene Kwurg,
58
836 Scholien Schön
der Franciscaner Franz Mairon, Schüler des Duns Scotus und €
bonnifhen Disputation zu Paris, bei welcher der Mefponbent von 6
bis 6 Uhr Abends ganz allein die Streitfäge vertheidbigen mußte, und:
Mahlzeit auf dem Katheber zu ſich nehmen durfte. Das dritte Zeita
laſticismus fangen einige mit Wilhelm de St.» Pourcain ober Durant
Porciano (geft. zu Meaur 1332) an; beffer beginnt man mit ihm
alter ber fcholaftifhyen Theologie. Wegen feiner Fertigkeit in Aufloͤ
ger Sragen bekam er den Beinamen Doctor resolutissimus. Er m
terfchied zwiſchen theologifcher Wahrheit (die auf der Autorität der
und philofophifcher (die unabhängig vom Kirchenglauben durch eign
begründet werde) und gab zu, daß manches theologifcy wahr und doc
falfch fei. Andre fangen ben dritten Zeitraum der Scholaſtiker mit TE
oder Dccam (geft. 1347) an, einem Franciscaner, der die faſt verg
tigkeiten der Nominaliften wieder belebte und ſich als unerfchroden
der chriſtlichen Freiheit gegen die Anmaßungen ber Päpfte merkwuͤrdi
ner der legten dieſes Zeitraums war Gabriel Biel (geft. 1495), e
Nominalift und thätig bei der Begruͤndung der Univerfität Tuͤbing
Tennemann nimmt 4 Perioden der ſcholaſtiſchen Philofophie an. D
12. Jahrh., charakterifirt er durch blinden Realismus, einzelne pi
fuche in der ſyſtematiſchen Theologie. In diefe Periode gehört vor
Scotus Erigena, Berengar von Tours, fein Gegner Lafranc, Da
debert von Lavardin und der große Anfelm von Canterbury. II. E
Nominalismus und Realismus. Sie geht von Roscellin bis zu Al
fen im Anfange des 13. Jahrh. Wir nennen aus derfelben Rosce
Wilh. von Champeaur, Hugo de St.:Victore, Richard de St -X
Porretanus, Pet. Lombarbus, Pet. von Poitiers, Alanus und v.
v. Salisbury. IH. Ausfchließliche Herrfchaft des Realismus. V
dung des firchlichen Syſtems und der Ariftoteliihen Philofophie v
Großen bis Decam im 14. Jahrh. Hierher gehört Aler. von Hales
Beauvais, Bonapentura, Thomas von Aquino, Petrus Hifp
Goothals, Ri. Middieton, Duns Scotus, Franz Mairon, |
IV, Exneuerter Kampf des Nominalidmus mit dem Realismus, mi
bes erftern, und allmälige Trennung der Theologie und Philofop
gehört With. v. Drcam, Marfilius von Inghen, Robert Holcot,
Joh. Buridan ıc. (&. Tennemann’s „Grundriß der Gefchichte der
4. Aufl, oder 2. Bearbeit. von Wendt.) — Wegen der Spisfinbig!
ſcholaſtiſchen Phitofophie heerfchte, hat der Ausdruck ſcholaſtiſch!
bes fpisfindigen erhalten. Seit der Reformation und der Emeuerumg
ratur verſchwand nad) und nach der Scholaſticismus. Nur einzeln fl
deutende Scholaſtiker auf, wie der fpan. Jeſuit Suarez (geft. 1617
von Verulam und Descartes beginnt das freiere, von Autorität una
loſophiren.
Scho lien find kürzere oder längere Erklärungen zu einem g
Schriftfteller, welche vornehmlich; die alten Grammatiker, bie dem pr
der Sprachwiſſenſchaft lehrten, beizufchreiben pflegten. Die Verf
lien heißen Scholiaften. Wir befigen noch eine Menge alter &chı
Dichtern und Schriftftellern, weniger zu lateinifchen. Die Namen
meift unbefannt. Man kennt jedoch ben Scholiaften Didymus, der
und Euftathius, den berühmten Scholiaften ded Homer (beide Lehte
12. Jahrh.).
Schoͤll (Martmilian Samſon Friedrich), ausgezeichnet als
Scheiftfteller, Buchhändter wit Diplamaıt, art. 1766 in einem nafl
Schoͤll 887
Dorfe, verlor f. Vater (Suftisamtmann), als er erſt 7 Fahr alt war, und da
Mutter nah Buchs weiler wendete, fo erhielt er feine Bildung auf dem Gym⸗
n dafelbft, bis er, 15 J. alt, die Univerfitäe Strasburg beziehen Eonnte und
ster Koch befonders in Gefchichte, Politit und Staatsrecht ausbildete. Bes
geworden im Daufe der Generalin v. Krook aus Liefland und Erzieher ihres
es, kam er hier in einen Kreis der gebilbetften Männer von allen Nationen
egleitete fie mir ihrer Samilie auf einer Reife buch Frankreich nach Italien,
sch Hirt's Geſellſchaft für ihn doppelt lehrreich wurde. In Paris war er
Zeuge der erſten Revolutionsauftritte, und obfchon er, als ex feinen bisheri⸗
leifegefährten nach Petersburg gefolgt war, hier fehr glänzende Eintadungen
, fo führte ihn der Enthuſiasmus für die erwachte Freiheit doch ſchon 1790
nad) Straßburg zurüd, mo er ſich, der juriftifchen Laufbahn widmend, bald
end auszeichnete, aber auch bald von feinen fchönen Träumen zuruͤckkam.
Schrediensfpftenn drohte auch feine Eriftenz zu gefährden. Zu rechter Zeit ge:
verließ er Strasburg, um in der Nähe von Kolmar zu leben. Auch hier in
‚Sten Sefahr, floh er nad) dem Wasgau und von da nach dem eidgendffi-
aber fireng blokirten Mühlhaufen, von wo er aus Furcht, ausgeliefert zu
o als Fleifcher verkleidet in die Schweiz ging. In Bafel legte er fich auf die
innifchen Wiffenfchaften, und eine Einladung rief ihn 1794 erſt nach Weis
nd dann nad) Berlin, wo ihm der berühmte Buchdrucker Deder den Vor⸗
machte, eine eben errichtete Druderei in Pofen zu übernehmen. Robes⸗
B Sturz; 1795 erlaubte ihm die ſichere Heimkehr ins Vaterland, und fo kam
mit ihm überein, daß er flatt des Geſchaͤfts in Poſen einer ihm in Baſel
zen Buchhandlung und Druckerei vorftehen möchte. Unter der Firma: Ja⸗
ecker, ward fie, von ihm geleitet, mebre Jahre lang ber Sammelplag Aller,
dem neutralen Bafel die Exrzeugniffe der franz. und deutfchen Kiteratur kennen
wollten. Die Herausgabe von Delille’$ „L’homme des champa“, von ber
m Monate 40,000 Er. zu 1 bi6 96 Fr. in allen Formaten abgefegt wurden,
gewiß zu den feltenften Urtternehmungen des Buchhandels. Nac dem In:
E Frieden verkaufte Deder feinen Antheil an der Handlung, und SH. ver:
e nad) Paris, bis er fie 1806 mit der der Gebrüder Levrault vereinigte, mo
ch nicht vollendete Humboldt'ſche Meife — ein Exempl. koſtet gegen 2000
— wiederum zu den größten Unternehmungen gehört, die von Privatleuten
ährt wurden. Bon 1807 an richtete Sch. feine Aufmerkſamkeit darauf,
az. Gelehrten mit den verfchiedenen Ausgaben der alten Claſſiker befanntzus
ı und das Studium diefer zu verbreiten, allein biefe mancherlei gemagten
ehmumgen und die Stodungen 1812 in allen Gefchäften wirkten aud auf
nachthrilig, daß er nur durch die Unterflügung eines großmuͤthigen Freundes
alliſſement entging. Beim Einzuge der Verbündeten in Paris ward er im
rt des Koͤnigs von Preußen, auf Antrag von Aler. v. Humboldt, angeftellt,
ich der Abreife des Könige blieb er bei der preuß. Geſandtſchaft. Napoleons
ehmung 1815 beftimmte ihn, Frankreich zu verlaffen. Der Fürft Staats:
rief ihn nad) Wien, von wo er nad) Berlin ging und fi) wieder bem Gabis
nifchließen den Befehl erhielt. _ So kam er bald nody einmal nad) Paris zu-
nd leiftete als Legationsrath beim Liquidationsgefchäfte wichtige Dienfte.
nanchen diplomatifchen Sendungen 1819 ward er in Berlin als Geh. Ober:
mgerath u. vortragender Rath beim Fürften Staatskanzler angeftellt und er:
aͤterhin noch die Mitgliedfchaft des Obercenfurcollegiums. In diefer Sphäre
gegenwärtig, feine Muße gelehrten Arbeiten widmend. Von mehren treff«
Werken, die er verfaßt und herausgegeben hat, nennen wir f. „Histoire de
erature romaine‘ (1815, 4 Bde.); „Histoire de la litterature greeque‘’
afl., Paris 1824, 4 Bde.); „Congres de Vienne” (1815, 6. Umerke:
yuvson) menuy gusge Juuy snaty wein Bupsiung su 0p0y mus wm
Es kann nämlich, unbeſchadet jenes harmonifchen Verhäl
Ding ſchoͤn genannt werden darf, bie Idee, welche ben C
weder die Form ganz erfüllen und gleihfam aus ihr heri
ches der Fall ift, wenn die Idee felbft ſich auf den Kreis
telbar bezieht. Hier, wo die Form un ganz anzieht un
erklärt, wo die Vollkommenheit ber Form mit einem lei
zutreten ſcheint, reden wir von Anmuth und Graziı
die Gabe der Natur, der hoͤchſte Reiz, welchen biefe ihre
ja fie erſcheint auch überall natuͤrlich und ungeswungen.
Ben der Formen, eine den Sinn ergägende und an ihre
wegung find die Zeichen der Anmuth, ein heiteres, ruhig
ihre Wirkung. Ober 2) die Form eines Begenftandes
tung einer Idee, welche über alle Form erhaben ift, zu
Gefühle des Unendlichen. Dies ift da6 Ethabene; und |
infofern e8 Etwas ift, das dem unendlichen Geift durch f
wirkung in feinem innerften Wefen erſchuͤttert, indem ı
lichen umd Unerreihbaren in ihm aufregt. Hier ſcheint d
fein inneres Wefen auf uns zu wirken ald durch feine Fo
Form abzumerfen (3. B. Selfenmaffen, bie gen Himmel
durch feine Form, wenn auch nur negativ, indem er bad U
an bie Unendlichkeit ber Ideen andeutet, aber feine Außer
bar zu biefer Stimmung mit. Nun aber wirkt ein du
ertenfiv (diefeß dad mathematifch Exhabene, welches auf
intenfiv (dieſes das dynamiſch Erhabene, welches auf S
zuht); das Geiftige aber wirkt durch bie Kraft ber Vor
des fittlichen Willens das Gefühl des Erhabenen. Hien
Erhabenen die Rede fein, das unter dem Charakter der ı
Schönheit erfheint, küryer von dem Erhabenen, welches
ſtig⸗ ſinnlich) if. Es wird durch das Zufammenmirken
muß darum aud) das Gemüth mit Macht bewegen und ı
portragen. — In der Wirklichkeit nun neigen ſich die &
Schön (v.) Schönborn (Reichögrafen v.) 841
yäufig vorlommende: die Natur: und Idealſchoͤnheit, welche ſelbſt das
des Kunftfchönen beſtimmen foll, und durch jene das in die Kunſt überges
Naturſchoͤne, durch diefe das in dem Kunftgebiete ideenmäßig ımb ur:
ich erzeugte Schöne bezeichnet, oder auf die mehr oder minder Lünftliche
tuelle und artiftifche) oder einfachere Bildung (Naturalismus) hindeutet,
die Werke der Kunft verrathen oder vorausfegen. (Vergl Naturdichter
efie.) In der Kunſt kann endlid das Schöne ſich ebenfowol unter dem
ter des Ernſten ald des Scherzenden darſtellen. Das Komifche alfo wird
8 als eine Gattung des Schönen anzufehen fein, wenngleich es feinem Be:
u widerſtreiten fcheint. Jede Kunft beruht aber auf einer eignen Darſtel⸗
em der Schönheit. (Vgl. Kunſt, Poefie, Malereiu. a) — De
ieſes Art., welcher hier größtentheils feiner eignen Anficht gefolgt iſt, ver
: Dinficht der Literatur dieſes Gegenſtandes auf Erſch's „Literatur der ſchoͤ⸗
inſte“, Nr. 5—31 (foftemat. Schriften über Äfthetit), insbefondere auf
—67. Kenner werden beurtheilen, wie fich die bier gegebene Anſicht zu
ne'fchen Beflimmungen: „1) Schönheit iſt, was ohne alles Intereſſe ges
2) Schönheit ift Form der Zweckmaͤßigkeit eines Gegenftandes, fofern fie
orflellung eines Zwecks an ihm wahrgenommen wird; 3) fchön iſt, mas
'egriff allgemein gefäut; 4) fchön iſt, was ohne Begriff als Gegenſtand
thmwendigen Wohlgefallen® erfannt wird“, ober zu der daraus gefloffenen Er:
: „Schön iſt, was durch feine Form gefällt, oder: was durch feine Form
ungskraft und Verſtand in eine freie harmoniſche und fpielende Thätigkeit
welche mit Wohlgefallen (einem hohen Gefühle ber Luft) verbunden iſt“,
ꝛ. Doch iſt zu erinnern, daß das Schöne auch bei Kant dem Erhabenen ent»
font wird. Übrigens vgl. Äfthetil, Baumgarten, Batteur. T.
Schön (v.), ein um die Verwaltung Preußens hoͤchſt verdienter Staats⸗
k. preuß. Wirkt. Geh.⸗Rath und Oberpräfident ber beiden Prov. Oft: und
eußen. Bor der 1824 erfolgten Verfegung des Landeshofmeiftere v. Auers⸗
den Rubeftand war er Oberpräfident der Provinz Weftpreußen zu Danzig,
Seh. Staatsrath und Präftdent der lithauifchen Regierung. Der verft.
ver fhildert ihn als einen Mann von eigner Kraft und Gewandtheit, der, in
ſ. Fach erfoderlihen Wiſſenſchaſt vollkommen unterrichtet, ganz feinem Bes
t. Hr. v. Sc. bat ſtets für das Beſte der unter ſ. Leitung ftehenden Pros
mit Einfiht, Kraft und Thätigkeit geforgt. So that er 1812 alles Moͤg⸗
ım bie Ausführung der Vermögens » und Eintommenfteuer im Königreiche
n zu bintertreiben, weil er glaubte, daß diefes von dem Kriege und bei dem
narfche ber franz. Heere nady Rußland ganz erfchöpfte Land nicht vermoͤgend
e Steuer aufjubringen. Er verfolgte f. Widerſpruch mit folder Beharrlich⸗
d ſolchem Eifer, daß er darüber in fißcalifchen Anfpruch genommen wurbe.
Id darauf eintretende Kataftrophe von 1813 hat diefe Sache in Vergeſſen⸗
racht, nicht aber das Verdienft des Mannes. Der Staatskanzler Hardenberg
te ihn f. Vertrauens. Auch war er in der legten Zeit bei den Berathungen
8 Provinstals Ständemwefen , unter dem Vorſitze des Kronprinzen, in Berlin
Artig. Die Wiederherſtellung der Marienburg (f.d.) ift hauptſaͤchlich
‚Mitwirkung erfolgt, fowie alles Gemeinnügige an ihm den eifrigften Be⸗
e findet. '
5shönborn, Reichsgrafen v., Erbtruchfeffe in den Ländern unter und
Ins, befaßen ehemals 2 Stimmen auf ber fränlifchen Grafenbanf und wur⸗
06 mebiatifirt. Die Linie Schönborn: Buchheim oder der Öftreihifchsm:
‘Zweig befigt: a) die mittelbaren Herrfhaften Schönborn (Dorf, Amt,
Schloß und großer arten, im Lande unter der Ens), Weierburg, Mauten
Tag in Öftreich (zuf. 13,500 Einw.), b) die Herrfchaft Munkacs und St;
127 LIWW. , 9209 EIN. UND /9,UWU ZI. EINT.), gryor
Refidenzfchloß mit einer außgeroählten, beſonders burd
gen Bibiiothek und einem ſchoͤnen Garten, in welchen
zur Verewigung der neuen Verfaffung Baierns eine car
nem dreifachen Sodel von randersacker marmorartigem
zichtet hat. 1825 gründete der @raf hier ein Dentma
neder f. Eoloffale Büfte Schiller's wiederholte. "
Schönbrunn, f. Wien.
Schönburg (das Haus), ober die Fürften, (
ſten) zu Schoͤnburg, ein ehemals reichsunmittelbares
Sachfen, evangel.ziuther. Religion, hatte auf der weti
und Stimme auf bem Reichötage, beſaß aber nie eir
fondern böhmifche und meißnifche Lehns · Standesherrſe
mit eignen Bafallen» Ritterguͤtern, unter fächfifch «mel
Beweis, wie verworren noch immer in Deutfchland Se
dalrechte mit alten Dynaſtenvorrechten in Heinen zerſti
kreuzen umd jebe Herftellung einer einfachen und reinen
tungsform hindern, flehe hier die Angabe von den €
Haufes Schönburg. 1. Jene Feuda majora nebft ben
tern, bie alten Stammguͤter bes Hauſes, bilden jegt bier
ten ober mit ber umtergeorbneten Lanbeshoheit (nach ber.
fenen und auf dem wiener Congreſſe d. 18. Mai 1815 b
beliehenen 5 Receßherrſchaften Glauchau, Walbenbure
und Ste, bie auf 6,74 IM. 9 Städte und 80 Doͤ
higen Einm. enthalten, in einem fdyönen, fruchtbaren Th
im ſaͤchſ. Erzgebirge, liegen und commiſſionsweiſe an dı
wieſen find. Die 3 erflen waren bis 1779 alte boͤhmiſch
meißnifche Lehen. Durch den tefchner Frieden von 17
über die 3 erften die Landeshohelt. Die landeshoheit
nen Receß von 1740 in Anfehung diefer 5 Herrfchafte
zelne ausdruͤcklich bezeichnete Regierumgsrechte als Au
Raie melde In her Manal hm @Änine man Dnchlen neh
Schöne Künite Schöne Wiſſenſchaften 848
ns Nechteverhältniß der ſchoͤnburg. Herrſchaften zum Königreiche Sachſen im
ben Bunbe eine Vereinigung zu treffen. II. In Anfehung ihrer übrigen Befl:
n, Lie theils aus altfchriftfäffigen Herrſchaften (Feuda minora: Penig, Roch6s
Wechſelburg und Remiſſa [4,° IM. ), ſaͤmmtlich an der zwickauer Mulde im
er Kreife gelegen), theils aus Rittergütern (3. ®. Ziegelheim, Olsnitz, Abtei
Angwitz u.a. m.) mit Patrimonlalgerichten,, theils endlich aus entfernt und
st liegenden, ererbten Gütern beftehen, find die Herren zu Schönburg zugleich
fifche, preuß., böhmifche und batrifche Vaſallen. Als Befiger ber obengenann⸗
uda minora und Rittergüter indbefondere gehören fie im Rönigreihe Sach⸗
der 2. Claſſe ber Landftände oder zu der Ritterfchaft. — Unter dem Lehnshofe
fammtregierung zu Glauchau ftehen die Vaſallen des Hauſes Schönburg,
e Befiger der Rittergüiter Alberoda, Kallenberg, Thurn, Schönburg , Ober»
‚ Dbermofel u. a.m., Über welche das Geſammthaus ebenfalls die unters
ete Landeshohrit ausuͤbt. Doch legen einige'andre Nittergliter, wie Kändler,
t, Bonig u. a.nı., deren Oberlehnseigenthum dem Haufe Schönburg ges
anter fremder (fächfifcher, preuf. , gothaifcher) Souverainetaͤt. — Die Hers
Schoͤnburg leiten ihren Urfprung ab von Alban Scönburg, dem Kaifer
- 936 in der Reihsdomaine Zwickau bie Vertheidigung bes Landes gegen die
m übertrug. Ernſt v. Schönburg (fl. 1534) befaß die genannten 5 Feuda
m amd ftiftete durch f. Söhne Hugo und Wolfgang die beiden Hauptlinien:
mburg und Penig, welche 1700 bie reichsgraͤfl. Würde beftätigt erhielten.
waldenburger, 1790 in ben Reihsfürftenftand erhobene, oder die obere
Hauptlinie zu Waldenburg, melde ungefähr 8 IM. mit 29,000 Einw.
’0,000 Thirn. Einkünfte befigt, hat fih 1816 in 2 Äfte gethellt: a) Stein»
riburg: Fürft Otto Victor, refidirt zu Waldenburg, befigt die mit der Erſt⸗
werbundenen Herrfchaften Waldenburg, Lichtenftein und Remiſſa nebfl den
sütern Kallenberg, Reichenbach, Tirſchheim, Ziegelheim und Ölsnig, ſaͤmmt⸗
Ber ©, fächf. Souverainetät; b) Stein Hartenftein: Fuͤrſt Alfred (der Bruder
Otto Victor zu Waldenburg), der zu Hartenflein reſidirt, und dem feit
Sie Herrſchaften Stein und Hartenftein nebft dem Nittergute Zſchocken (zus
rı 13,000 €.) gehören. Ein dritter Bruder, Fürft Eduard (kathol. Relig.), ift
pr boͤhm. Herrſchaft Dobritfchan und Tuhorſchitz. Weide, nebit dem jüngften
>, dem Prinzen Hermann, und ihren Schweftern, befigen gemeinfchaftlich mit
Mutter, nach gewiffen Antheiler, die im Baireuthfchen liegenden Güter
:x3bad) und Förban, fomie die ererbten, vormals gräfl. Podewills ſchen Guͤ⸗
wıpelhof bei Berlin, Guſow und Platkow bei Frankfurt a. d. O., und die im
chen Kreife von Hinterpommern gelegenen Guͤter Wuſterwitz, Buddiger,
in und Schmarfom. II. Hauptlinie des Hauſes Schönhurg, oder die gräfl.
Einie zu Penig, welche ungefähr 8 IM. mit 26,800 Einw. und etwa
> Ehlın. Eink befist, theilte fi 1662 in 2 Afte: a) Penig-Remiffe, und
Tg: Penig. Der Aft Penig⸗Remiſſa theilte ſich 1746 in die beiden Familien:
choͤnburg⸗Rochsburg: Graf Heinrich Ernft zu Rochsburg, mit deffen Tode
Pril 1825) diefer Aft erloſch, und bb) Schönburg: Dinterglauchau: Graf
u zu Slauchau. Der Aft Penig:Penig oder Wechfelburg befist die vordere
Daft Glauchau und Penig, wie auch Mechfelburg, welche feit 1815 dem Gras
El Heinrich Alban gehören. ©. Pinther's „Topographie von Schoͤnburg“.
Schöne Künfte, f. Kunft, III und IV.
Schöne Wiffenfchaften (belles lettres) nannte man fonft die Dicht:
und Beredtſamkeit, weiche beide zu den Künften gehören, weil man die Worte
a fhaft und Kunſt, wie die Alten Emrozrun und reyyı;, seientia und ars,
chbedeutend nahm und fo dad Verſchiedenartige vermechfelte. (Vgl. Kunft,
Den Unterfchied der fchänen Wiffenfchaften und Rlnfte \ekte nom Tank im
844 Schonen Schoͤnheitsmittel
die Verſchiedenheit der Zeichen, deren fie ſich zur Darſtellung derſelben Gegen
bedienen. Die ſchoͤnen Wiffenfhaften, fagte man, bedienen ſich der wiztl
Zeichen, worunter man bie menfchlihe Sprache verftand ; die ſchoͤnen Kkıf
gen bedienen ſich der natürlichen, d. i. ber Töne und, fichtbaren Form.
siannte man oft, wiewol ebenfalls unrichtig, alle nicht ſtrenge Wiffenfhaftn
Miffenfhaften. Die Deutfchen haben, nad) genauerer Unterfuchung übe I
f&hiedenheit der Künfte und Wiffenfchaften, diefen Sprachgebrauch mit Re
gegeben, fodaß er faft nur noch hiſtoriſches Intereffe hat.
Schonen (ſchwediſch Gkäne), eine Provinz von Gothland in &
gegen N. von ben (ſchwediſchen) Prov. Blekingen, Smaland und Hallen
O., S. und W. von der Oftfee und dem Sunde umgeben. Sie enthaͤlt 18
DM. und 291,500 E., die fi) durch ihre Mundart ſowie durch ihre Gi
den übrigen Schweden auszeichnen. Schonen, beſonders im Süden einer d
ften und fruchtbarften Theile des ſchwediſchen Reiche, ift flach, umd nur g
finden ſich einige mit niedriger Holzung bewachſene Bergruͤcken. Bormals
fie den Dänen, warb aber im roeskildſchen Frieden (1658) nebſt den fi;
ten Blekingen, Dalland und Bahus an Schweden abgetretm. Scht
liberfluß an Getreide, vortreffliche Viehzucht, bedeutende Waldungen m
indes Klima. Man baut audy Taback und etwas Hopfen. Pferbe fowola
vieh fallen hier größer und flärker als im übrigen Schweden. Auch bie Bü
wird mit Fleiß betrieben. In den Landſeen und an den Küften findetn
Überfluß an Fiſchen. Aus dem Mineralceiche gibt es Sand >, Schleif- m
fleine, Alaunfchiefer, Kalt, Steinkohlen und Bleierze. Die vorzuͤglichſten
artikel beftehen in Getreide, Vieh und Holz. In diefer einzigen Landſ
Schweden gibt e8 Stoͤrche und Nachtigallen. Schonen iſt jegt unter bie be
(Statthalterfhaften) Chriftiansfladt und Malmoehuus vertheilt, wovon
öftliche und diefe das ſuͤdweſtliche Schonen begreift. Die größte Stadt if!
zu Lund befinbet ſich eine Univerfität.
Schönheitsmittel. Da die Schönheit des menſchlichen A
auf beruht, daß er regelmäßig gebaut und geſund fei und daß er durch f.
$dee einer hoͤhern Vollkommenheit in dem Befchauer erwede, fo kann al
heitöpflege nur darauf hinausfommen, die Befunbheit bed Körpers und |
zelnen Theile zu erhalten und durch harmonifche Ausbildung unferer Geil
gen, duch Bildung zur wahren Menſchenwuͤrde dafür zu forgen, daß di
finnung aud) aͤußerlich fich ausfpreche. Denn mie Eörperliche Krankheit, |
auch niebere Leidenſchaften, Lafter und ruheloſes, unflätes Gemuͤth fid
in der Form bes Menfchen aus. Körperliche Schönheitspflege wide bei
den allgemeinen bidtetifchen Regeln vorzüglich die Sorge für die aͤußern O
Körpers zu beruͤckſichtigen haben, dahin gehört die Haut, die Haare, 9
Zähne. Alle Pflege diefer äußern Theile kommt aber vorzüglich auf Rı
hinaus, daher die warmen und kalten Bäder und Wafchungen in öfterer 2
lung für die gefammte Haut das wichtigfte und ſicherſte Schönheitsmittei |
Daare verlangen außerdem nichts weiter als von Zeit zu Zeit den Geha
milden Dies oder Fettes, um die Gefchmeibigkeit und das Wachtthum bei
befördern. Die Zähne erfodern außer dem öftern Ausfpülen des Munder
nem frifchen (weder zu kaltem, noch eigentlich warmem) Waffer das Reit
Huͤlfe einer nicht zu fteifen Zahnbürfte und eines Pulver aus Kohle und ei
fammenziehenden Pflanzenftoffe, z. B. der Eichenrinde, der florentiniſch
chenwurzel und ähnliche; harte, reibende, mineralifhe Zahnpulver, Zahaka
und Zahntincturen find zu verwerfen. Das Reinigen der Zähne muß ty
Morgens und ebenfo nach der Hauptmahlzeit gefchehen, ach muf der
Wechſel von kalten und heiyen Spk un Getraͤnken, der häufige Om
Schopenhauer 8415
ers und das Ausſtochern derfelben mit metallifchen Werkzeugen vermieden wer⸗
So bedürften wir zur Schönheitäpflege ſelbſt nur menige und einfache Mittel,
wirklich haben die meiſten der empfohlenen Schoͤnheitsmittel mehr den Zweck,
Te Mängel der Schönheit zu verbeffern oder zu verbergen, ober fie haben den
ur vermeinten) Zweck, diefen Mängeln vorzubeugen. &ehr oft erfüllen fie dieſe
Me nicht nur nicht, fondern haben felbft nachtheilige Kolgen für die Schönheit
"dr die Befundheit. Die Haut milb und weiß zu machen, empfiehlt man mehre
Fer, Tincturen, Seifen und Paften. Am befannteften ift eine Mifchung aus
mwaſſer und Benzoetinctur (Verhaͤltniß von 12:1), mit welcher man Abends
Baut zu waſchen pflegt, das Reinwaſchen und Abtrocknen gefchieht erft am an⸗
Morgen; ein unſchuldiges, gewiß aber auch ganz unkräftiges Mittel. Zuden
Befem Zweck gebrauchten Tincturen kommt meiftene Benzoe, Perubalfam,
Babalfam ıc. Die Wäffer, bie man zum Vertreiben der Hautflecke zu verlaufen
£, enthalten oft metallifche Gifte und find daher weder zweckmaͤßig noch ums
lich. Die Seifen find um fo beffer, je volltommener in ihnen die Sättigung
auge mit dem Öle ober dem Fette flattgefunden hat und je reiner das Fett
Die wohlriechenden Zufäge verbeffern die Seife nicht. Übrigens muß nach dem
rauche jeder Seife der damit gewwafchene Theil forgfältig wieder mit reinem
fer gereinigt werben, weil fonft die Haut, ebenſowie von dem zu häufigen Bes
«he der Seife, leidet. Weit mehr als von der Seife follte man von der Mandel⸗
sum Wafchen Gebrauch machen ; diefe nimmt jede Unreinigkeit, felbft aus ben
eften Hautftellen, weit beffer hinweg, erhält die Haut weich, weiß und frei
jedem Ausfchlage und hat flatt des ekelhaften Geruchs der Seife einen hoͤchſt
nehmen Geruch ohne Parfum. Die Handpaften zum Wafchen beftehen meis
B au® zerriebenen Mandeln, mit Zufag von Eidotter, Gitronenfaft, wohlrie⸗
den Wäffern und Ölen; die reine Mandelkleie hat jedoch außer der Wohlfeilheit
noch den Vorzug vor ihnen, daB fie beffer reinigt. Gegen Sommerfproffen
Leberflecke dient oft der reine Citronenſaft friſch aufgeftxichen und erſt nach
ven Stunden wieder abgewafhen. Die Schminken (vgl. d.) find faſt
mtlich ſchaͤdlich, indem fie die Haut verderben ober wol auch felbft innere Krank⸗
m veranlaffen koͤnnen. Die Pomaden find fehr mannigfaltig, zum großen Theil
ehrlich, durch mineralifche Zufäge und durch gewuͤrzhafte Öle nachtheilig und für
n Zweck leicht zu erfegen durch eine Mifchung aus einem Lothe Mandeloͤl und
Tropfen Perubalfam. Selbſt das in neuern Zeiten berühmt gewordene Macafs
Imöchte nicht viel Andres fein als eine ähnliche Miſchung. Die zum Färben der
we vorgefchlagenen DRittef find größtentheile ſehr ſchaͤdlich und koͤnnen nur unter
fältiger Aufficht eines Sachkundigen angewendet werden; ebenfo die Mittel,
ze aus einzelnen Stellen des Koͤrpers auf bie Dauer zu entfernen. Wir ems
len: &. €. Kletten's „Verſuch einer Befchichte des Verfchönerungstriebes im
lichen Geſchlechte, nebſt einer Anweifung , die Schönheit ohne Schminke zu er»
n“ (Gotha 1792); J. B. Trommsdorff's „Kallopiftria, oder die Kunſt der Toi⸗
für die elegante Welt, eine Anleitımg zu Verfertigung unfchädlicher Parfums
Schoͤnheitsmittel“ (Erfurt 1805); ©. H. Th. Schreger's „Kosmetiſches Ta:
Bud, für Damen zur gefundheitsgemäßen Schönheitöpflege ihres Körpers’
berg 1810); 3. ©. Klees, „LÜber die weiblichen Brüfte und die Mittel, fie
id und fchön zu erhalten, ein Lefebuch für Sraumzimmer” (Frankf. a. M.
3); „‚Unentbehrliches Tafchenbuch für Srauen, oder Anleitung, die weibliche
mdheit und Schönheit zu erhalten und zu erhöhen” (Berlin 1823). 16
Schopenhauer (Johanna), geb. 1770 zu Danzig, wo ihr Vater, Heinr.
Ina, Senator war, zeigte ſchon fruͤh entfchiedene Neigung zum Zeichnen und
en, ſowie ein großes Talent für Sprachen. Nachdem fie im aͤlterlichen Haufe
Torgfältige Erziehung empfangen und eine glüdliche Jugend Turdulcht haste
846 Schöpf Schöpflin
verheirathete fie ſich mit bem Banquier Heine. Floris Schopenhauer. Die
f. junge Gattin durd) Dentſchland nad) Frankreich, von da nad Eonden
länger weilten, und dann durch Brabant, Flandern puch Danzig zurbd. |
fie bis zur Befignahme diefer freien Stadt ducch die Preußen 1793; du
Jahre brachte fie mit ihrem Gatten in ſehr angeuchmen Verhaͤltniſſen in |
zu. 1803 traten beide eine größere Reife an. Sie befuchten Holland, R
seih, England, Schottland, und gingen von da über Holland nad Pari
von dem berühmten Auguftin gründlich in der Mintaturmalerei, bie ſtett
ImMgsbefchäftigung geroefen war, unterrichtet ward. Won Paris ging bu
durch Südfrankreich nach Genf, durchftreifte die Schweiz, ſah Münde
Presburg, Schlefin, Böhmen, Sachſen, Brandenburg, berührt: Da
Sam nad) 3 Fahren wieder in Hamburg an, wo fieihren Gatten durch dei
„lor. Sie nahm 1806 ihren Wohnfig in Weimar, wo ſich bald ein höcfl
mer gefelliger Verein um fie bildete, zudem Goͤthe, Wieland, Deine. M
now, Bertuch, Kalk, Sr. Majer und viele Literatoren und gebildete Fr:
Stadt gehörten. Jeder dazu geeignete Fremde war hier wißfommener |
Fernow, von dem fie die ital. Sprache erlernte, knuͤpfte fie balb ein ſchoͤn
ſchaftsband, das leider ſchon nach 2 Fahren der Tod dieſes trefflichen Ma
G. v. Kügelgen war um biefelbe Zeit nad, Weimar gekommen unb hat:
Wieland's, Herder's und Schiller's Bildniffe gemalt. Eine Befchreibu
Gemälde und fpäter eine von mehren Ölgemälden des Lanbfchaftmaler
(in Bertuch's „Modejournal“) war das Erfte, womit Mad. Scope
Schriftſtellerin auftrat. Auf Cotta's Wunſch ſchrieb fie „Fernow's Lebeı
Zwei Jahre ſpaͤter gab ſie „Erinnerungen von einer Reiſe durch Englar
heraus (2. Aufl. 1818); 1816 folgte ein Band „Novellen, fremd u
1817 die „Reife durch das füdliche Frankreich bis Chamoumy“ (2. Auf
Bde.) und 1818 die „Ausflucht an den Rhein und deffen nächte Um
Seine Beobachtungen, verbunden mit einer leichten und anziehenden 2
haben diefen Schriften gerechten Beifall erworben. Dann erfcien |
„Gabriele“, ein meifterhaftes weibliches Charaktergemälbe in einer |
mannigfaltigen Umgebung ber vornehmen Welt, deren Schilderung ber
befonder6 gelingt (1819, 3 Bde., 2. Aufl. 1826), und ein Werk üb
Eyk und f. Nachfolger” (1823, 2 Bde.), das ſich In&befondere mit ber
ſchen Kunſtſammlung befchäftigt. Seitdem hat fie fi ganz dem Novel
widmet. Ihre neueften Schriften find, außer einzelnen Erzählungen: „I
ein Roman (1822, 2 Bbe.); „Erzählungen (1825—28, 6 Bbe.), ı
man „Sidonia” (1827 — 28, 3 Bde.). |
Schöpf (Sofeph), ein ausgezeichneter Sredcomaler, geb. d. 3. |
zu Telfs im Oberinnthale in Zirol, ſtudirte die Kunft in Sunsbrud,
Daffau, Wien, und von 1776 — 84 in Rom, wo er ein Freund David
Zauner's u. A. war. Der Minifter Graf Fiemian zu Mailand zeichnet
Ientvollen Künftler fehr aus. Dan kennt von ihm mehre treffliche Gen
3. B. Amor und Pfyche, bie von Aktäon erblidte Diana, Viele ber bei
gemälde und Altarbilder in den Kirchen Tirols find von diefem Meifter,
woͤhnlich Giuſeppe Schöpf, Zyrolefe, unterzeichnete. Beinahe 805. alı
ee 1820 den Plafond in der Servitenkicche zu Imsbruck, des h. Joſep
von der Welt und deffen Eintritt in den Himmel.
Schoͤpflin (Johann Daniel), Geſchichts⸗ und Alterthumsfen
d. 8. Sept. 1694 zu Sulzburg im Breisgou, wo f. Water am ‚Hofe dei
fen von Baden: Durlad) angeftellt war, geb. Er ftudirte zu Baſel und
und ward 1720 Prof. der Geſchichte und Beredtſamkeit. Ex erhielt »
Zürften und Univeritäten Berufungen , any s6 ober nor, in Strasbun
Schöpfung Schöppen 847
bereifte er Frankreich, Italien und England. Nach f. Ruͤckkehr erhielt er ein
nicat an St.:Thomas. Auch ward er franz. Rath und Hiftoriograph. Die
ichte bes Elfaffes befchäftigte Ihn; um Materialien dafür zu fammeln, bes
er bie Niederlande, Deutfchland und die Schweiz. Die Frucht diefer Bemuͤ⸗
mmwar 1751 der 1. Bd. ſ. „Alsatia illustrata‘' (Fol.). Als er dieſes Werk dem
je von Frankreich überreichte, benutzte er dieſe Gelegenheit, für die Privilegien
oteftant. Univerfität Straßburg zu ſprechen, und bewirkte deren Befkdtigung.
?2. Bd. der „Alsatia illustrata” erfchien 1761. Inder Zwiſchenzeit gab er die
diciae celticac‘ heraus, worin er bewirs, daß bie Kelten ein ganz von
zermaniern verfchiedener Volksſtamm waren. Als Nachtrag zu f. „Geſchichte
lſaſſes“ wollte Sch. noch eine Urkundenfammlung und eine Sammlung ber
ichtfchreiber Diefer Provinz liefern, bie jedoch erſt nach f. Tode von Koch u. d.
‚Alsatia diplomatica‘ und „Alsaticarum rerum scriptores‘' herausgegeben
m. Sch.'s letztes großes Werk war eine Geſchichte f. Geburtslandes in 7 Bon.,
t „Historia Zaringo-Badensis (1763— 66). Won f. Heinern Abhandl. find
: in den „Denkſchriften der franz. Akademie der Infchriften” gebrudt. Er
zu Straßburg d. 7. Aug. 1771. Seine ſchoͤne Bibliothek und f. reiches Mu⸗
vermachte er der Stadt Strasburg; Oberlin hut es in f. „Museum Sehöpfli-
m’' befchrieben.
Schöpfung wird in Beziehung auf das fchaffende MWefen diejenige freie
lung der Gottheit, wodurch die Welt hervorgebracht wurde, in Beziehung auf
zeſchaffene der Inbegriff aller außer Gott vorhandenen Dinge genannt. Da
te Begriff der Schöpfung nicht ohne einen Schöpfer denken läßt, fo kann er
je Art ber Weltentftehung,, welche die Gorpuscularphilofophie (f. Atomen)
mt, nicht angewendet werden. Auch flimmt die in ben orientalifchen Kosmos
a und in den philofopbifchen Syſtemen ber alten Briecdyen vorwaltenbe Meis
von der Emigkeit der Materie, nach welcher dem geifligen Princip nur das
aͤft, bie vorhandenen Stoffe zu ordnen und zu geftalten, zukommt, bie Daher
ndene Lehre von einem der höchften Gottheit untergeorbneten Weltſchoͤpfer
Bnofis) und die Meinung bes Kirchenvaters Drigenes, welcher fid) daß Das
mfangsiofer Weltenreihen vor Entſtehung des gegenwärtigen Weltſyſtems
,„ mit dem biblifchen und dhriftlihen Glauben nicht überein. Nach diefem
ben hat Gott die Welt in Anfehung auf Stoff und Form aus Nichts, d. h.
einen vorhandenen Stoff dazu zu haben, bloß durch das Machtwort feines
n6 gefchaffen. Der kirchliche Lehrbegriff unterfheibet dieſe erfte unmittelbare
‚fung, welche das Ganze der Welt hervorbrachte, von ber mittelbaren Schoͤ⸗
„ welche durch bie in die Natur gelegten Kräfte jedem Geſchoͤpfe fein Dafein
Die Philofophie der Neuern unterftügt den chriftlichen Glauben, indem fie
it, daß die Materie ihrer Natur nach veränberlich und vergänglidy fei und
tinen von ihr verfchiedenen, teingeiftigen Ucheber nicht hätte entfliehen koͤn⸗
Über die mofaifche Kosmogonie der Ffraeliten und die Sagen andrer Völs
ver die Vorwelt vgl. m.: „Die Urgefchichte der Menfchheit”, von Puſtku⸗
temgo 1821). E.
Schöppen, Schöffen, nennt man 1) die Beifiger in ben Gerichten,
ers aber in ben Dorfgerichten ; 2) vom Staate beftellte Juſtizcollegien, deren
t es ift, Urtel über die an fie zur Entfcheibung geſchickten Rechtsſachen zu
‚ die aber Beine eigentliche Berichtsbarkeit haben. Ihr Name kommt von
fen, weil fie gleichſam das Urtheil fchufen, d. b. erfanden (daher man fie lat.
nos nennt), richtiger von Schöpfen, weil fie ihre Ausfprucdye aus den Rech⸗
dpften. Schon in den Älteften Zeiten Deutfchlande konnten die Richter nur
ericht anordnen und ſchuͤtzen, aber das Urtel mußte von Beifigern gefprochen
ben, gemwiefen) werden, die man im Mittelalter Schöppen oder Schäfen
————
maßen kundig waren; aber ihre Kenntniß erſtreckte ſid
deutſche Recht, weiches fie daher auch fehr ſtandhaft erh
dringen ber fremden römifchen und kanoniſchen Rechte fd
durch daß deutſche Recht von feinem gänzlihen Untergan;
gel.) Wo keine Gefege vorhanden waren (mie fie benm
ten), ober ihre fehr eingefchränkte Rechtskenntniß fie vi
Biligkeit, Herkommen und gefunder Vernunft. Ihr‘
man nicht nur das ganze damals gebräuchliche vaterländi
ſcheidungen bildete, fondern aud Ausländer, 5.8. die
freiwillig Ihren Ausfprüchen unterwwarfen, welches befor
ſchen Schöppenftuhle, dem berühmteften unter allen, g
theils das roͤmiſche und kanoniſche Recht 1495, ale Hi
im deutſchen Rechte nicht beſtimmten Faͤlle, ausdruͤckl
theils den Juriſtenfacultaͤten ebenfalls das Recht, Urtel zi
verloren fie das Monopol der rechtlichen Entſcheldunge
Sqh oͤppenſtůhle zu Halle, Jena, Leipzig xc.
Schoreel (Joan oder Hans v.), der treffliche
hielt diefen Zunamen von f. Geburtsorte Schoreel, einer
er 1495 die Welt betrat. Im früher Jugend verwaiſt,
wandte feiner an, umd als fich bei dem Knaben fein Ber
Spiele Äuferte, als er jedes gemalte Fenfter nachzeichneti
faß mit gartgefchnigelten Geftalten zierte, brachten fie ih
nelis if Teinem 14. 3. in die Lehre. Sein Meifter waı
rauh und: eigennägig und dem Trunk ergeben, und fo ı
nicht von der betretenen Bahn verfheucht zu werden.
lich frei und wanderte nun nady Amfterdam im die Werl
eines der berühmteften Maler und Holzfchneider jener Ze
lang das gtüdtichfte Kuͤnſtlerleben führte. Doc imm
ging er, von den Segenswuͤnſchen des Meifters und dem
ſter Tochter, die Sch. liebgewonnen hatte, begleitet, zu
benden Meifter. ob. von Mabuſe in Utrecht. dem M
Schoͤrl Schott 849
: bafelbft an der Stätte, mo Chriſtus geboren worden feinfoll. Auf ber Heim⸗
veilte er auf Rhodus, welches er nebft der umliegenden Gegend aufnahm,
in Rom bei den Werken Rafael's, Mich. Angelo’ und Giulio's, bis
n VI, ein Niederländer aus Utrecht, 1522 den päpfti. Stuhl beftieg und ihm
ufficht über das Belvedere auftrug. Adrians Zod im folg. Fahre trieb ihn
y über Frankreich und Amfterdam in die Heimath zu gehen und um bie zuruͤck⸗
me Geliebte anzuhalten. Sie war ihm nicht treu geblieben. Sch. aber faßte
en Entfchluf, bloß der Kunft hinfort zu leben. Und fo arbeitete er manches
he Stud im Haufe feines Gönners, des Dechanten Lodhorft in Utrecht, 3.8.
inzug Chrifti in Serufalem , auf welchem Bilde die Stadt treu nach ber Nas
wgeftellt war (nachher in dem zu Utrecht), fowie, als bier bürgerliche Unruhen
nden, in Harlem, im fleten Umgange mit den Edelſten und Gebilbetften des
8, die den vielgemanderten und umermübeten Kunſtler liebgewannen, und von
u Zeit andre Städte in ben Niederlanden befuchend, für die er ehrenvolle
Age erhielt. So bat man ihn, ein großes auf 4 Slügelthüren auszufuͤhren⸗
Itargemälde in der Marienkirche zu Utrecht zu übernehmen, das nachher Phis
1. 1549 für Spanien erlaufte. Selbſt nad) dem hohen Norden drang fein
u, und Schwedens König fandte ihm einen Ring, einen Marberpel; und feinen
3 Eisſchlitten mit vollſtaͤndigem Geſchirre. Seine Landsleute nannten ihn bie
lder flandrifhen Maler, auch eignete er fich wirklich den Geſchmack der Ita⸗
an. Zu feinen Schülern gehört auch Mart. Hemskerk. Sein Freund war
nn Everard (Joannes Secundus), ben er auch malte. Am 6. Dec. 1562
er. Dean hat ihn mit Soh. v. Eyk, und wol mit Recht, verglichen, da er in
ertroffener Farbenpracht, Wahrheit in dem Colorit, dem Ausdruck, der Wärme
eichnung, dieſem gleich und hoͤchſtens in der Ausführung der Einzelheiten ihm
kebt. Leider hat die Wuth der nachherigen bilberzerftörenden Fanatiker viele
haͤtbarſten Werke von ihm vernichtet. Schon 1566 traf die meiften, bie bes
is allen Kirchen und Klöftern ber Niederlande diefe® Loos, und nur in wenigen
Ifammlungen findet man daher, was jenen Zagen des blinden Fanatismus
gen iſt. Vier von unfhägbarem Werthe finden fich in der Boiſſerée ſchen
mlung: die flerbende Mutter Jeſu mit 2 Seitenbiltern, und eine Scene aus
indheit Jefu.
Schoͤrl, Schirl, f. Zurmalin.
Schott (Heinrich Auguft), ordentl. Prof. der Theologie zu Sena und
etz. ſaͤchſ. Kirchenrath, ein gelehrter Theolog und gefchägter Kanzelredner,
im 5. Dec. 1780 zu Leipzig, wo f. Vater (Aug. Friedrich) ald ord. Prof.
Panbetten 1792 ftarb. Schon die in „Beckii Comment. societ. philel.”
ruͤckten Abhandlungen, welche Sch. als Mitglied des philologifhem Seminare
Ipzig fchrieb, wo ex auch dem Unterricht der am Ende des vor. Jahrh. noch les
m berühmten akademiſchen Lehrer der Theologie, Philofophie, Philologie, Ge:
te sc. genoß, ingleichen die „Commentatio philologico-acsthetica, qua Ci-
tis de fine eloquentiae sententia examinatur et cum Aristotclis, Quin-
Dj et recentiorum quorundam scriptorum decretis comparatur” (2pj.
1, 4.), mit welcher er ſich das Recht erwarb, akademiſche Vorlefungen zu hals
die einige Jahre ſpaͤter herausgeg. „Texvn untopıxı; , quae vulgo integra
Ysio Halicarnassensi tribuitur, emendata, nova versione lat. et com-
ario illustr.‘ (&pz. 1804) geben ein ruͤhmliches Zeugniß für die gründliche
ogifche Kenntnis und große Belefenheit ihres Vfs. Nicht weniger fprechen
enfalls in gutem Latein abgefaßten Differtationen, welche er feit 1805 als
»xd. Prof. der Philofophie, 1808 als außerord. Prof. der Theologie zu Leips
809 bei Erlangung ber theol. Doctorwuͤrde und ale Prof. der Theol. zu Wit-
9 und feit 1812 zu Jena verfafte, für f. eregetifchen Kenntniffe. Einige der
o.:er. Giebente Aufl. Bd. IX. RR‘
E23
J
i
er
wserk: „Wie Theotie dee Meredtjamfeit, mit Dejonderer
liche Berebtfamkeit in ihrem ganzen Umfange” (1815 v
dern. Aus diefem Geſichtspunkte koͤnnen auch f. „Geiftt
zum Theil mit befonberer Binficht auf bie Ereigniffe de
liche Religtonsvorträge Über gewöhnliche Perikopen und fi
2 Bde.), und die vielen einzelnen, mit forgfältiger Berlid
tie der Homiletit aufgeftellten Regeln gearbeiteten Beleg:
mehre Auffäge in der von ihm mit Rehkopf gemeinfchaftl
für Prediger” (3 Bde, 1811— 12), und in Tzfch
deren erſte H. des 4. Bos., in Abweſenheit des Heraus
giete, angefehen werden. Bon f. Leiftungen ald Direr
in Sena geben die von ihm herausgeg. Denkfchriften biefi
chetiſchen Seminars erfreuliche Kunde.
Schottland bildet, vereinigt mit England un
Theil von Großbritannien. Auf der Weftfeite wird es vo
N. von der Ealedonifchen oder Nordſee, im D. gleichfalls
von England umgeben. Vom legtern theilt es bis Kerhol
often umd ber Norbcanal in Suͤdweſten, während zwiſchen
öfter unterbrochene Huͤgelkette Hinläuft. Es liegt zwifchı
die indeffen, rechnet man noch die Shetland > und Dr
61° 12’ geht, und zwifchen dem 1— 5° MW. 2. von Gi
aber, daß, bie in M. gelegenen Inſeln dazu genommen, d
Fer gedacht werben muß. Im ber gröften Ausdehnung
(engt.) Meilen, dagegen auf andern Punkten nur 180 -
größten Ausdehnung 147, in der geringften 36 Meilen.
auf 1461 geogr. DM. (mit 2,092,014 Einw.), oder auf
18,944,000 engl. Ader mit Einfchluß der Infeln gefchäi
gebaut, 13,900,550 müft find und 638 von Seen wı
Schottland zerfällt in bie Graffhaften Berwick, Rorbı
Kirkcudbright, Wigten, Ayr, Renftew, Lanark, Peebles
Linlithgow, Stirling, Dumbarton, Ciackmannan, Kine
Krante inrarhine Äherhom MRnff Hain Maim Cm
Schottland “ 851
aden Zhälern, bie beſonders nach &. und Süboften hin vorfommen, bilden
nördlichen Theil. Diele diefer Berge find mit Gras bedeckt und begünftigen
bie Schafzucht. Die meiften indeffen tragen Heide oder Moo8, oder find Fels
Bandberge und endigen oft in große Selfen von 3 — 4000 Fuß Höhe, in ver:
rte Hörner, ſodaß der Blick zwar oft auf große, malerifche, aber nicht fehr ab⸗
feinde Maffen ftößt. Die betriebfamen Bewohner, welche auf den Bergen
den von Schaf: und Rindvieh halten und in den Thaͤlern alle nur gebeihenbe
Tanzungen verfuchen, haben den undankbaren Boden fo gut als möglich zu be:
n gewußt und jeden beffern Strich aufß befte veredelt. Länge den Fluͤſſen ziehen
Theil dürre Sandftreden hin. An den Mündungen der Fluͤſſe ift dagegen oft
3 Land zu finden. Die Bergketten nach W. zu, in ber Nähe von Roß und
derland, bachen ſich (im IB. am höchiten) nach D. ab; die Oftküfte diefer Stris
ſt daher flaches Land, das mit einem Vorgebirge, Ordhead, endet. Gaithneß,
zier anfängt, bildet dann den nordöftlichen Theil und iſt mit geringen Ausnah⸗
im Ganzen moraftig und niedrig gelegen. Weſtwaͤrts liegen die ſchwarzen,
m Hügel von Sutherland. Den mittlern Theil Schottlands bucchfchneibet
bloß mit Heide bedeckte Bergkette in der Breite von 40 — 60 Meilen ; body ges
le Thaͤler treffliche Weiden. Auch diefe Berge bachen fi) nach O. ab, ſodaß
deen, Moray, Banff zum großen Theil Ebenen find, und von den erſtern nur
Braffchaft Argyle bedeckt wird, während die See zugleich große Buchten an ber
e bildet. In beiden Theilen Schottland (mehr als 2 Dritttheile feines Flaͤchen⸗
ltes) gleicht der des Anbaues fühige Boden nur längs der oͤſtlichen Küfte dem
England. Dagegen hat der fübliche Theil die größte DRannigfaltigkeit; grüne
en find von mwafferreihen Fluͤſſen belebt; unzählige Heerben weiden darauf,
ide Hügel wechfeln mit fruchtbaren Thälern, Gehoͤlzen, Felſen, fteilen, engen
Iuchten, rauſchenden MWafferfällen, und um den Gontraft zu erhöhen, fehlen
Btsilde Heiden und unfruchtbare Moore nicht. Die Chevtothills (Cheviotberge)
® bier längs der Grenze von Northumberland; eine andre Kette geht durch
6 und länge den Grenzen von Berwid und Habdington; eine dritte durch
Serbian und eine vierte nad) der Mündung der Clyde. Die darin liegenden
che find eben, fruchtbar und waſſerreich. Der füdweftliche Theil ift bergig und
B bevölkert. Am noͤrdlichen Abhange diefer Bergrüden liegen die eigentlich
1. Niederlande bis zur Srampiantette, bie fie vom mittlern Schottland trennt.
dieſer großen Ebene bilden die Baien vom Forth- und Clydefluß eine Landenge.
Sen der Sidlawkette und den Grampiansbergen liegt das große, fruchtbare,
e Thal von Strathmore. Wenig Länder haben eine fo große Kuͤſtenausdeh⸗
als Schottland; vom Schloß Berwid, an ber Auferften Suͤdoſtkuͤſte, gebt
e bis zum Forthbufen nordweſtlich, der von Lothian und Fife begrenzt wird.
Bftlichen Theil des letztern durchfchneibet bie Bucht vom Kay, beren Breite
5 Meilen beträgt. Bon feiner Mündung aus fleigt die Küfte nordnordoͤſtlich
Finnairbhead, dem Außerften norböftlichen Punkte von Aberdeenfhire. Zwi⸗
üeſem Vorgebirge und der Küfte von Caithneß ift ein großer, breiediger Meer:
deffen äftlihe Ausdehnung 70 Meilen beträgt, und ben man in bie Engen
Saien von Morap, Cromarty und Dornoch theilt, welche von Heinen Halb⸗
Sebildet werben. Die Norbküfte zwifhen Duncanshrhead und Gap Wrath
Dem Pentlandbuſen ift wegen des fteinernen Felſenufers ſchwer zu befahren.
der Weſtkuͤſte bildet die See viele Einſchnitte und darin treffliche Ankerplaͤtze.
Rer iſt die Muͤndung der Clyde, den auf der einen Seite Ayrſhire, auf der an⸗
Santyre, Arran und Bute begrenzt. Von da geht die Küfte bis Mull of
rway, dem ſuͤdweſtlichſten Grenzpunkte Schottlands. Zahlreiche Fluͤſſe durch⸗
>en Schottland aller Orten, und in der Nähe ihrer Quellen bilden fie bie
Een Landfchaftspartien mit Wafferfällen aller Art. Die vornehenten in nl
5x
vt. Oterl. Wolditade. Auf Silber arbeitet man jegt
arößte Bleigrube iſt in den Odillsbergen. Überhaupt fir
Quedfiber, Kobalt, Wismuth, Kupfer und Steinkoh
mittlern und füblichen Schottland. Kalt-, Sand um
in Menge. Einige Marmorbrüche koͤnnen mit denen 3
phire, Topaſen, wie fie fein Land auftoeifen kann, Rubir
ten, Amethyſten (zum Theil 30 — 40 Guineen werth),
(diefe in allen Arten, wo WBafaltfelfen find, aus denen
Kryſtalle, Jaspis, Kiefel in allen Farben, Chalcebon, Gr
finden ſich zum Theil in größter Menge und Güte vor. '
mehre diefem Lande ziemlich eigne Foſſilien, namentlic
Maffen bei Staffa. Stahlwaͤſſer find unzäplig. Schn
Edinburg, Moffat x. Andre Quellen enthalten Salze.
gen entfpringend, zeigen verfteinende Kraft. — Die |
Wälder” find jegt fehr Bein geworben und beſtehen mu
indeß fehlt es nicht an Eichen und andern Lanbhölzen. 4
Länge von 30 — 40 Meilen; daher gibt es betraͤchtlich
auf dem Spey ıc. — Einzelne Thäler, wie bei Berwid, i
find fo trefflich angebaut als irgend ein Theil ber ganzen
Aderbau Im Süden und im mittlern Lande auf einer h
menheit. Weisen, Roggen, Gerfte, Hafer, Kartoffeln, 9
in Menge. Für Hanf und Flachs aber fagt der Boden fü
England wacfende Früchte. Der Gartenbau macht
Äpfel und ähnliche Früchte find Im Überfluffe vorhanden.
mit Nadelholz angefäet, wobei man außer Tannen befc
ſowie auf Laubhoiz Rüdfiht nimmt. Der Wachholde
Bergen; bie Küften find mit ang bedeckt, ber für die
ſalzes ein bedeutender Gegenſtand ift. — Vermoͤge fein
einer nördlichen Breite wechſelt Schottlands Klima ung:
ter weniger anhaltend als in ähnlicher Breite auf ben ef
tühlen die Seewinde die Luft. Seibſt im ©. Englands if
Rates ahan im Didımsstauh mamähutic Ihmnan Mia nel
Schottland 858
m find. Beſonders wehen fie im März und April, oft aber auch den Juni
em ganzen Sommer hindurch. Bei dem nahen Meere iſt die Luft im Sons .
iner, gemäßigter und gefünder, als man es in dieſem nörblichen Klima vers
n follte. Tiefen Schnee findet man nur während des Winters im Innern
ochlande. — Bon wilden Thieren gibt es in Schottland Füchſe, Dachfe,
„Hirſche, Rebe, Wiefel und Igel ꝛc. Ehemals fand man auch Wölfe, Auer:
‚ Biber. Die fHottländifchen Schafe find Eleiner, geben aber beffere Wolle
engliſchen. Der hiefige Schäferhund bildet eine befontere Race und ift zum
noch ganz rein erhalten. Won MWaldvögeln gibt es Faſane, Schnepfen
aber in geringer Zahl), Auerhähne, Hafelhühner, Rebhuͤhner ıc. Das zahme
jet läßt keine befondern Arten bemerken. Die Fluͤſſe und Buchten haben einen
18 von Fiſchen, namentlich an Heringen, Neunaugen, Lachſen, Aalen, Stoͤ⸗
Stodfifhen c. An den Küften der Orknepinfeln treiben oft Wallfiſche an.
n dies Befchlecht gehörige Art ftreift Häufig an der Weſtkuͤſte und belebt mans
ranfieberel. — Das Manufacturwefen Schottlands hat einen hohen Auf:
ig genommen. Indeſſen vergingen gegen 150 Sabre, ſeitdem Schottland
igland vereint iſt, bevor es aus feinem Schlummer erwachte. Seit 1750 ift
ber Zweig des erftern aufgeblüht. Flachs und Hanf werben vielfach verars
Indeſſen hat die feinere Keinwandfabrication durch die Concurrenz mit Ir⸗
nd den vermehrten Gebrauch der baummollenen Stoffe verloren; auch iſt
pinnen des Flachſes nicht mehr die Kieblingsbefchäftigung aller ſchottiſchen
a, fondern durch Maſchinen verbrängt worden, ſodaß Tauſende derfelben ges
t werben, in den Manufacturen zu arbeiten, wo beide Sefchlechter ohne Un⸗
d zuſammen find, und die Sitten immer mehr von jener frühern Einfalt
m. Diefe Spinnmafdyinen find befonders In Aberdeen, Angus, Fife und
18 zu Haufe. Weit beträchtlicher ift die Baummollenmanufactur. Muffes
Bhamis ıc. werben in großer Menge und von vorzuglicher Güte geliefert.
ve Mafchineneinrichtung ift fchottifhen Urfprungs. Der Hauptfig diefes
riezwelges ift Glasgow, Paidley und die Umgegend. Garne der Art geben
age nach Weſtindien. Der Drud ber Calicos ift von nicht geringerer Bes
g. Schottlands Eiſenhaͤmmer gehören zu ben bedeutendften in Europa. Die
Fabrik der Art ift Carron bei Falkirk. Es werden bier jährlich 6500 Ton⸗
soffen, und 2000 Menſchen find in fleter Arbeit. Man zählt im ganzen
40 — 50 Fifemgießereien, die eine Maffe von 30,000 Tonnen jaͤhrlich
00 Etnr.) fördern. Eine Menge Eifenwaaren geht nad) Amerika, Wefts
und in andre beitifche Colonien, namentlidy Anker, Achfen, Walzen, Arte
er ꝛc. Da in Schottland gegen 3600 Waffer:, 100 Wind» und mehre
‚andre Mühlen find, fo kann man darnach die Zahl der in Holz arbeitenden
ven berechnen. Der Mafdyinenbau, namentlicdy dee ber Dampfmafchinen, ift
eutender Induſtriezweig. An diefe Claſſe von Arbeiten reihen ſich die Er⸗
on Schiffen, muſikaliſchen Inftrumenten ıc. Docken zur Ausbefferung und
ng von Schiffen finden ſich in allen Städten. Die Durchſchnixszahl von
hen Fahrzeugen in allen Größen wird über 2500 berechnet. Glashuͤtten,
: Sorten Glas liefern, Seifen⸗, Lichtes, Stärkefabrilen, Gerbereien,
tweinbrennerelen, Brauereien find in Menge ımb von ausgezeichnetem Um⸗
a. Die Heringefifcherel an der Küfte, der Wallfiſchfang In der Davids:
und bei Srönland befchäftigt eine Menge Hände, was felbft vom Adrigen
nge an der Küfte und in den Flüflen gilt. — Ehemals nahm Schottland
waͤrtigen Handel wenig Antheil. Es taufchte hauptſaͤchlich Wolle, Haͤute
dre rohe Producte gegen Kom, Wein und Spezereien aus. Indeſſen war
nd Ausfuhr von geringer Bedeutung; denn im 13. Jahrh. hatte das Land
kleine Fahrzeuge, bie der Hebriden abgerechnet. Au Creme & Arıkan ur
— —
1814, wo die Oſtindiſche Compagnie im ihrem Monopol b
dahin Schiffe ab. Dit London findet ein lebhafter Küfi
fegler gehen regelmäßig in unglaublicher Geſchwindigkeit,
getrieben werden, Wind und Wetter fein Hindernig ents
Zölle haben daher, nebft den andern Eink des Staates,
und waren feit 1801 — 14 von 2 Mitt. Df. St. bis auf
Die Bewohner Schottlands theilt man in Hoch
Sprache, Kleidung, Gewohnheiten find bei Beiden wei
gleichen darin den Einw. Iriands und denen von Wales
ũch den Engländern. Die Sprache ber erſtern ift ein Zw
. fogen. galiſchen, wie fie im Innern und im N. Irlands
malige Art fidh zu kleiden herrſcht noch in vielen Orten;
tragen fich fo bei befondern Gelegenheiten. Diefe Kleidı
Beuche, verſchieden gefärbt, Tattane genannt, ber der «
lich. Im ©. find Kleidung und Sprache die englifche, n
feiten. Da das Englifche die Sprache der Gelehrten un
ſchottiſche aber nicht mehr gefchrieben wird, fo fleht fie in E
Indeffen werden einige ihrer trefflichen Nationalgefänge
Burns viele Proben aufbewahrt haben, immer zeigen,
und Gebräuche ſchottiſcher Vorzeit aber erhalten ſich in
ChHarakteriftifhe Züge, Wendungen und Ausbräde der
unfterblihen Romanen mit einer Kraft, Lebhaftigkeit
vor, daß fie die Theilnahme des ganzen Europas rege ı
ſchottiſche Poefie ift zw benugen Dav. Irving's „T
pocts with preliminary dissertations on the litterar
(2 Bbe., 1804) und Alten Cunningham’s „Songs of S
Die Schotten find kuͤhn, unternehmend, thätig, und
ſchen, in allen Theilen der Erde zerſtreut, wo fie ihre
benswelſe nicht vergeffen. Sie find gelſtreicher und froͤ
auch fehr gaftfrei. Nur wirft man ihnen vor, daß fie,
oft zu gerälig, nachgiebig, felbft enechtiſch find. — &
Schottland, Verfaſſung 855
noch die Univerfitäten und koͤnigl. Ortfchaften Ihre Abgeordneten fen:
aus 200 Predigern, 89 Kirchenaͤlteſten, 67 AÄlteſten aus koͤnigl.
Prebigern der Univerfitäten, in allem 361 ; fie ift der Hödhfte geiftliche
‚ teitt jährlich im Mai zufammen und arbeitet 10 Tage lang. Die
er Geifllichkeit find maͤßlg und bei verheiratheten gerade ausreichend;
us Ländereien, Renten und bem Zehnten, von dem ein Theil bei der
ı dazu angemwiefen ward. Bor einiger Zeit ging eine Acte durch, die
tatseinkünften das Fehlende zuſichert, wenn der Geiftliche jährlidy un:
bezieht. Außer Presbpterianern finden ſich noch eine Menge Anhaͤn⸗
öfl. Kirche, Quaͤker, Wiebertäufer, Katholiken in den Hauptftädten
des Landes, wo ihre Religion durch die Reformation nie ganz ver:
en if. — Kür Erziehung ift in keinem Lande beffer geforgt als bier;
8 Volk auch ungewöhnlich gebildet. Schon unter Wilhelm und Ma⸗
rch eine Acte in jeder Pfarrei eine Schule angeordnet, worin Elemen⸗
‚ in vielen auch Griechiſch und Lateinifch- getrieben wird. Unwiflens
: jener Zeit für Schande. Die damals ausgeworfene Befoldung der
ift feitdem um 2 Deitttheile erhöht und jedem ein Wohnhaus mit wes
zimmern und einem Garten angewiefen worden. Unter den & fdyottis
täten, Edinburg, St.:Andrems, Aberdeen und Glasgow, behaup:
‚den erften Rang, beſonders in der Arzneiwiſſenſchaft.
te Verfaffung Schottlands ſchwand feit ber Vereinigung mit England
n Parlament wird ber fchottifche Adel durch 16 Pairs vertreten ; bie
aben für das Unterhaus 30 Abgeordnete zu ernennen; dazu fenden
koͤnigl. Ortſchaften 14 und die Stadt Edinburg einen. Dagegen
n Einrichtungen und Geſetze geblieben. Ein Suftizcollegium, errich⸗
ob V. 1532, verwaltet bie bürgerliche Rechtspflege nad) jenen altem
‚läßt nur an bie Lords eine Appellation zu, von welchen es felbft einen
figern und einem Präfidenten beftehenden Ausfchuß bildet, der feit
in 2 Abtheilungen zerfällt. 1815 ward für bürgerliche Rechtshaͤndel
senengericht ernannt, das aus einem Vorſitzenden und 2 Beifigern bes
peinliche Fälle gibt e8 einen befondern Gerichtöhof, der gleich den eng»
n duch Gefchworene entfcheibet; es darf jedoch ber Angeklagte keinen
werfen. Dagegen wirb ihm eine Abfchrift der Klage vorher mitge⸗
haͤlt das DVerzeichniß der auftretenden Zeugen und eine Lifte von 45
ıu8 welchen 5 Geſchworene binnen 15 Zagen von ihm zu bezeichnen
vorfigenden Lords burchreifen jährlich das Land 2 Mat. Die Schap:
diefelbe Macht und Gewalt wie in England, und befteht außer den
n aus 5 Baronen, von denen einer an ber Spige ſteht. Eine Jury
uch hier in zweifelhaften Sällen. Das Seeweſen wird von einem Ad⸗
fe verwaltet, den ein Lieutenant und Gerichtsanwalt des Königs in
und Handelsangelegenheiten xepräfentirt, von deſſen Ausſpruch dann
tion an jene beiden Gerichtshöfe Für Civil: und Criminaljuftiz flattfin-
dem bie Befchaffenheit bes Falles if. Das Advocatencollegium ent:
igl. Inſtituten der Art und umfaßt zugleic, dieRotarien amd nicht pro-
hteanmwälte. Uber Ehen und Eheſcheidungen, Teſtamente, Begraͤb⸗
Schulden unter 40 Pfund ıc. entfcheibet ein Bericht von 4 Männern,
: ernennt. Diefelbe bezeichnet auch den Großſiegelbewahrer, den Klein⸗
er, ben Kronanwalt u. f. f. Außerdem bat jede Braffchaft ihren She:
Serichtsbarkeit fi) auf mehre, jenen Gerichtshoͤfen nicht unterwor:
che und peinliche Fälle bezieht. Noch unbedeutendere Fälle werben von
oͤrden verhandelt, und ber Sheriff hat die Oberauffiht. Seit 1809
Stiedensgerichte, deren Wirkungskreis Indeffen nicht genau beftimmmt.
. 856 i | Schottlands Geſchichte
iſt und Schulbſachen unter 5 Pf. werben vor einem beſondern Gerlch
fummarifch abgeurtheilt.
Die früheften Bewohner Schottlands gehörten wahrſcheinlich zu
Geltenftamme. Die Römer, die ſchon 50 Jahr v. Chr. in Suͤbbritam
ten, befesten 130 Jahr fpäter auch Norbbritannien ober Kaledonien,
der im weiteſten Sinne den ganzen Landſtrich vom Tweed bis an bai
Ende des Landes bezeichnete; das eigentliche Galebonten aber begriff m
[haften Stratherne, Argyle, Breadalbane, Athol und Perth. Die
ein vcher, aber tapferer Volksſtamm oder Voͤlkerbund, festen den Ri
hartnädigen Widerftanb entgegen; biefe erbaueten daher, um ihre
fihern, unter Hadrian's Regierung eine fefte Mauer zwifchen bem €
dem Tyne, und 20 53. fpäter eine zmeite ähnliche Schutzwehr. 1823
Grafſchaft Fife in Suͤdſchottland eine alte roͤmiſche Eolonie, bie Url
Titus und Piolemäus aufgefunden. (Die Fundamente von 30 Häufe
hen, und ein großer dreiediger,, aus einem Felſen gehauener Tiſch auf
und einem Sußgeftelle ruhend, wahrſcheinlich eine Art Sonnenuhr.)
wohner des Landes theilten ſich nad) dem 2. Jahrh. in 2 Haupwoͤlker,
im Hochlande jenfeitd der Grampianberge angeflebelt, und die Pikten,
im Niederlande wohnten. Jene fcheinen aus Irland herüber gekomn
Beide Völker fochten zumellen vereint gegen bie Römer, waren aber haͤ
den mit einander, bis im 9. Jahrh. der Scotenklönig Kenneth II. di
zwang und beide Völker und Reiche u. d. N. Schottland vereinigte.
ſtenthum fcheint im 6. Jahrh. durch irlaͤndiſche Mönche verbreitet woı
Die Reihe der aͤltern Könige iſt ungewiß. Erſt mit Malcolm III., ge
more, dem Sohne des von Macbeth ermordeten Duncan, kommt Licht i
Sagengeſchichte des Landes. Bel einem Einfalle, den er in der 2.
41. Jahrh. in England machte, entführte er viele Gefangene. Durt
viele Fremblinge , bie bald nach der Eroberimg Englands durch bie Nor
anfiebelten, wurden in Sübfchottland, das überhaupt früher als da
Sortfchritte in der Gefittung gemacht hatte, Sprache, Sitten, Kenntı
braͤuche der Angelfachfen eingeführt. Die Hochlande lagen noch in tiefe
Schon im 12. Jahrh. beftanb eine Lehnsabhängigkeit der ſchottiſchen.
den englifhen, und obgleich Richard I., um Geld zum Kreuzuge 3
diefe Oberherrlichkeit ablöfen ließ, To gaben doch die fpäter erneuerten
oft Anlaß zu biutigen Kriegen zwifchen beiben Ländern. Nach dem Auı
männlichen Linie des alten fchottifchen Herrſcherſtammes (1289) erranı
von England, Eduard I., durch Einmiſchung in den Streit der Kronb
Oberherrſchaft über Schottland. Der großherzige Wilhelm Wallae
lag in dem Verfuche, Schottlands Freiheit zu retten; Robert Bruck
Abkoͤmmling des alten Kürftenftammes, gewann (1306) die Krone ı
durch den Steg bei Bannockburn (1314) die Unabhängigkeit feines 9
Mas fein Helbengeift errungen hatte, Tonnten feine ſchwaͤchern Nach
behaupten, und die meift unglüdlichen Kriege mit England bamerten fi
alte Bund Schottlands mit Frankreich, der durch die feindfelige Stel
Länder gegen England herbeigeführt wurde, der Zwietracht immer neu
gab. Robert Bruce's Mannsflamm erloſch ſchon 1371, und das
Haus Stuart (f.d.) Fam auf den Thron. Die Kriege mit Engla
häufigen vormundfchaftlichen Regierungen in bem durch eigne Schub w
Fuͤrſtengeſchlechte trugen hauptſaͤchlich dazu bei, die Macht des, wi
zahlreichen Adels mehr als in andern Ländern zum Nachtheil der koͤn
und des Gemeinwohle zu erheben, da in dem armen und gewerblofen
fpät ein gebildeter Mittelttond aufturn. mar anf «8 auch Bier, wie ie
Schottlands Geſchichte 857
ruͤh eine den König beſchraͤnkende ftändifhe Macht, die aus ben unmittelba⸗
ftlichen Vafallen der Krone und den um mehr als ein Drittheil zahlreichern
yen Baronen beftand; auch nahmen ſchon umter Robert Bruce die, jeboch
ahlreichen Städte Antheil daran; aber diefe achteten ihre ftänbifchen Vor⸗
© geringe, daß fie noch im 15. Jahrh. durch Zwangsgeſetze zum Erſcheinen
flament angehalten werben mußten. Die Ständeverfammlmg beftand nur
ver Kammer; baher fcheuten die ftäbtifchen Abgeorbneten die Gegenwart bes
gen Adels, während diefer, nur bes Kriegshandwerks kundig, bie Arbeiten
feggebung gern ber Geiſtlichkeit überließ. Des Könige Vorrecht war es, das
nent zu verfammeln und Gefege vorsufchlagen, bie immer angenommen
3. Oppoſition galt mit Hochverrath fire gleichbedeutend, und bie mißver⸗
n Glleder der Ständeverfammlung Eonnten ihre Unzufriedenheit nur bucch
eiben zu erfennen geben. Die Rechtepflege gehörte zwar ſcheinbar dem Koͤ⸗
die Kriegsmacht und ber größte Theil der bürgerlichen Michtergewalt aber
in den Händen der meltlihen Barone, weld;en bie geringern Edlen theils
Berleihungen von Ländereien, theils durch Stammverbindungen, theils
Anwartſchaft auf Belehnungen anhingen. ine Eigenheit des ſchottiſchen
eſens war bie Abgabenfreiheit zu einer Zeit, wo andre Länder, wie z. B.
ei, ſchon mit Steuern belaftet waren, und ber Umftanb, baß die eönigl.
Et im Kriege geſchwaͤcht wurde, in Sriedenszeiten aber wuchs, da im Kriege
daten ihren Häuptlingen und nicht dem Könige gehorchten. Bis zu Ans
»es 15. Jahrh. hatten die Schottlänber nur geringe Fortſchritte in der Geſit⸗
emacht. Krieg war die Beichäftigung des Adels, Jagd und wilde Zeches
er Zeitvertreib ber Häuptlinge. Die Solgen des Despotismus, Knechtfinn,
te und Dürftigkeit zeigten ſich in auffallenden Zügen. Die Lanbleute, wie⸗
88 durch Muth und Anhänglichkeit an ihr Vaterland ausgezeichnet, folg⸗
w SBeifpiele, das ihnen die Mohheit ihrer Obern gab; von den Wohlthaten
Hnherren abhängig, kannten fie feine Gewerbſamkeit. Selbſt die gerings
amufacturerzeugniffe, 3. B. Hufetfen, Saͤttel, Zäume, kamen aus!Flandern.
Berbau lieferte nur die nothduͤrftigſten Erzeugniſſe, da gerade bie fruchtbars
sudfchaften, das füdliche Grenzland, ſtets ben Verheerungen bes Krieges
St waren. Mod im Anfange des 15. Jahrh. mußte durch ein Strafgefeg
x werden, daß jeder Pachter, der mit 8 Ochſen pflügte, jährl. eine Metze
eo 2 Megen Erbfen und 40 Bohnen ausſaͤen follte. Brot warb als Lecker⸗
jegeffen. Innere Fehden flörten unaufhoͤrlich die Herrfchaft des Gefeges,
zım die Regierung den Frieden ſchuͤtzen wollte, geſchah es durch Mittel, die
Biel Rohheit verriethen; fo ward 3.3. 1396 der Streit zweier feindlichen
me des nördlichen Schottlands durch einen gerichtlichen Kampf von 3O Kries
S jeder Partei in Gegenwart des Königs und feined Hofes gefchlichtet. Jas
der ald Befangener in England erzogen, feine trefflichen Geiſtesanlagen in
Srade ausgebildet hatte, fuchte durch Eraftvolle Verwaltung Befittung zu
en und ben Landfrieben herzuftellen. Ein Obergerichtshof ward errichtet,
gung von Bafthöfen in ben Städten (1424) befohlen; Handwerker kamen
zndern. In der fländifchen Verfaffung wurde, da die Verfammlungen,
* Gtrafdrohungen, nur unregelmäßig befucht wurden, 1428 eine Veräns
gemacht, wodurch die Heinern Barone und Freifaffen von ber gemöhnlichen
zung befreit wurden, unter der Bedingung, daß aus jeder Graffchaft 2 ger
Abgeorbnete erfchienen, die zugleich das Recht erhielten, den Sprecher
enten) des Parlaments zu wählen. Weniger gelang der Verſuch, das nörbs
chottland, das unter mächtigen Häuptlingen ſtand und von dem übrigen
purch hohe Berge getrennt und durch eine eigne Sprache gefchieden war, ber
walt der Könige gänzlicy zu unterwerfen. (S. Hochlaudy Ie Var
858 Schottlands Gefchichte
formen reisten ben Übermuth des Lehnabels. Ein Edier, Robert Gm
erlittene Befängnißftrafe erbittert, verband ſich mit Andern, dem Ko
ſchwerden bes Adels vorgutragen; von feiner Deftigkeit aber hingecifl
in der Ständeverfammlung von feinem Sige auf, trat wuͤthend zu
und feine Hand an den König legend, rief er: „Ich verhafte Euch,
ber hier verfammelten Stände Eures Reichs. Wie Euer Volt Euch &
ſchworen, fo feid auch Ihr durch einen Eid gebunden, nach dem Ge
ſchen, nicht aber Eure Unterthanen zu kraͤnken, ſondern fie gerecht zu
Und ſich umſehend, feste er hinzu: „Hab ich nicht wahr geredet?" €
fogleich verhaftet, zu Verbannung und Güterverluft verurtheilt; aber
gene kündigte dem Könige aus feiner Verbannung in einem Briefe de
auf und drohte ihm Rache. Mit Verſchworenen verbunden, wozu |
Oheim gehörte, drang ber Beächtete am MWeihnachtsfefte 1437 ins €
ber König wurde nebft feiner Gemahlin ermordet. Seine nädflen
-fegten den Kampf gegen ben unruhigen Lehnabel fort, während bie
England nur ducch Eurze Waffenftiliftände unterbrochen wurden. 4
niſche Jakob III., der nad) Bewaltherefchaft ſtrebte, obgleich fein ©
ternehmen nicht gewachfen war, unterdrüdte alle Stände, fuchte ben
Parlaments zu vernichten und führte bie noch beftehenbe, in unfern;
tig angefochtene Gemeinbeverfaffung ein, indem er ben Bürgern bas u
ihre Stadtobrigkeit zu wählen, entriß, und dem abgebenden Rathe |
neuen überließ. Er fiel feig im Kampfe gegen ben empoͤrten Adel.
Nachfolger, Jakob IV., einem geiftreichen Zürften, begann eine be
Schottland, und feine Bermählung mit Margaretha von England, £
Zochter, legte den Grund zur fpätern Vereinigung beider Länder.
pflege wurde verbeffert, der Landfriede gefichert und das Recht der fi;
geordneten, zu den Steuerbewilligungen ihre Zuflimmung zu geben,
gründet. Schifffahrt und Fiſcherei wurden ermuntert; um Aderbauı
ſamkeit zu beleben, wurben die geringern Lehnsleute 1457 von perſoͤnl
bienften befreit und bloß zu Abgaben und Ianbwirthfchaftlichen Dien|
tet. Die unwiffenden Edelleute mußten bei ſchwerer Strafe ihre Soͤhr
Sprache und in den Wiffenfchaften unterrichten laffen, um fie zu!
Beamten tauglidy zu machen, eine Maßregel, bie viel zur Verbreitum
niffen beitrug; die Erziehung ber geringern Volksclaſſe aber blieb v
weil man fie für unnöthig ober gar der Lehnsabhängigkeit und bi
Obergewalt nachtheilig hielt. Es konnte daher, ungeachtet im 15.9
verfitäten, Glasgow und Aberbeen, gefliftet wurben, allgemeine X
nicht gedeihen. Ein neuer Krieg mit England, worein ber König unl
einließ, endigte (1513) mit ber Niederlage bei Flodden, bie ihm und
des Landes das Leben Eoftete. Dieſes Ungluͤck brachte Schottlands I
keit wieder in Gefahr und flürzte das Land in neue Zerrüttungen, um
eine minderjährige Regierung folgte, während welcher Parteiungen he
England benugte. Seitdem war ſtets, bis zur Vereinigung beider A
engl. Partei in der Regierung Schottlands wirkſam. Jakobs V. Bea
einer Verwandten des franz. Königshaufes, Maria von Guiſe, Enüpfi
mit Frankreich fefter. Der engl. Partei trat nun eine franz. entgegen, |
befto verderblicher wurden, ba die Guifen durch diefelbe bald Belegen
ihren Eifer gegen die Reformation auch in Schottland wirken zu laflen.
Lehre hatte durch mehre fchottifche Edelleute, die in der erften Zeit nad
mation in Deutfchland gewefen waren, in Schottland früh Eingang 9
es bier ſchon im 15. Jahrh. heimliche Anhänger Wictef’s (f.d.) ga
bie in mitternächtlicher Einfonoteit die Bibel in der engl, Üüberfegung !
Schottlands Geſchichte ' 858
herrſchende Unwiſſenheit unter G.iftlichkeit und Laien feste jedoch
19 des Lichts viele Hinderniffe enttgegen. Während in Deutfchlamb,
gland und Frankreich bie Wiederauflebung der Wiſſenſchaften der Mes
ausgegangen war unb beten! Furtfchritte befchleumigte, hatte in
erade das Gegentheil flatt, da der Anfang literarifcher Bildung bier
ig ber proteftantifchen Lehre folgte. So war bie griech. Sprache larıge
wo man fie auf dem Feſtlande und in England ſchon mit Eifer trieb,
unbefannt in Schottland, bis endlich 1534 ein Edelmann, Erskine
n gelehrten Franzoſen mitbracdhte, der eine Lehranftalt in Montrofe
le Schüler bildete. Die hebr. Sprache ward erft nad) der Gründung
‚ Kirche gelehrt. Patrik Hamilton, ein zum geiſtlichen Stande bes
gling von edler Geburt, war ber erſte Schottländer, der fich öffent:
ı Lehre bekannte. Er wurde (1538) verbrannt; aber die Slammen,
i8 1530 mehre andre ftandhafte Bekenner verzehrten, Leuschteten wie
yucd) das Land. Es war Alle® zu einer gänzlichen Ummandlımg und
ton Einführung der neuen Lehre vorbereitet. Während bie Geiſtli⸗
hrer Spise der eifrige und verfolgungsfüchtige Cardinal Beaton der
des Proteftantismus ſich widerfegten,, gewann diefer bald unter dem
Anhänger. Die Bifhöfe waren lange vor ihrem Falle ein Gegen⸗
des und der Eiferfucht der Edelleute, während bie niedere Geiftlich-
ihre Unwiſſenheit veraͤchtlich und durch die Erpreffungen , welche fie
ıntern Volksclaſſen erlaubte, verhaßt machte. Das Beiſpiel Eng⸗
n Abel die Hoffnung, ſich durch bie geiſtlichen Güter zu bereichern,
Schottländern eigne Dang zum Nachdenken verſchaffte ber neuen Lehre
ahme, fobald die Hinderniffe gehoben waren, die der Verbreitung
sgenftanden. Dies gefhah durd) den auf ben Antrag eines Ebel
erfolgten Beſchluß des Parlaments, der dem Volke das Lefen ber
tandesfprache erlaubte. Seitdem wurben Überfegungen berfelben in
aus England eingeführt, und überall erichienen Schriften, die ben
unafung und den Aberglauben der kathol. Geiſtlichkeit mit Ernft und
en. Sob. Knor (f.d.) trat nun mit feiner Unerfchrodenheit und
ven Standhaftigkeit an die Spige der Reformation. Auf feinen
1560 eine Kicchenverfaffung eingeführt, die theild von Genf, theile
hen Kirche entichnt war. Diefe Verfaffung mar wefentlich auf
tündet; jeder Vorrang unter den Beiftlichen wurde abgefhafft, und
glich fogen. Superintendenten das Auffeheramt der ehemaligen Bis
ı, fo waren fie body den eingeführten Synoden untergeorbnet, wie
reinen Verfammlung (General assembiy), die gleichfalls 1560 als
chliche Behörde angeordnet wurde. Erſt 30 Jahre fpäter ward bie
Form der Verfaſſung vollendet, ald an die Stelle jener Auffeher
en famen, die aus ben Geiftlichen und Kirchenälteften mehrer be>
rchfpiele beftanden. Der Sieg der Reformation wurde vorzüglich
rüttung begünftigt, worein Schottland nad) Jakobs V. Tode und
Minderräprigkeit feiner Tochter Maria Stuart (f. d.) gerieth.
‚ die Megentin, Eonnte ungeachtet ber franz. Kriegsvoͤlker, die fie
ad gerufen hatte, die Anhänger der neuen Lehre um fo weniger bes
der Argwohn, den fie durch ihre unkluge Nachgiebigkeit gegen franz.
egte, viel dazu beitrug, die Sache der Meformation mit der Be:
ifcher (Freiheit zu verflechten. Als ihre Tochter den Thron beflieg
der Sieg fhon entfhieden. Maria fah in den Mächtigen, bie ihn
en, ihre Stügen ; daher blieb fie, ungeachtet ihrer offen erklärten
t an den Ölauben ihrer Väter, lange ihrer Zufage treu, die einge
8.60 Schottlands Gefchichte
flihete Glaubenslehre und bie Beroiffensfreiheit zu ſchuͤßen. Wem
durch ihren Oheim, ben Cardinal von Lothringen, fich verleiten Gef, :
zur Ausrottung der proteflant. Liehre beizutreten und dadurch Argme
Gefinnungen erweckte, fo war es boch nicht ihre, dem Volk freilich v
benheit gegen den Katholiclemus , ſondern vielmehr die Parteiung be
nigin Ellfabeth aufgerelsten Adels, was ihren Sturz herbeiführte,
Leidenſchaft zu Unbefonnenheite:r verleitet und ſelbſt von dem führe
dachte verfolgt, bie Achtung den Volks verloren hatte. (S. Mari
Sobald ihre Gegner fich der Stiratögewalt und der Wormundfchaft
muͤndigen Thronfolger Jakob VI.. bemächtigt hatten, und ihres Vau
Sohn, der Brafv. Murray, an die Spitze der Regentfchaft getreten
die Herifchaft des Proteſtantismus völlig geſichert. &. Cook's grimd
teilfche „History of the reformation in Seotland” (bis zu ihrer g
feftigung 1567, 2. Auft., Ediriburg 1819, 3 Bde). Die fpäte
des Landes bis zur Union mit England wurden meift durch bie Reh,
beftimmt, die es während bes N7. Jahrh. zerrütteten.. Jakob V
bei aller Gelehrſamkeit, womit er eitel prahlte, nicht fähig, dem je
ftande de® Landes abzuhelfen. Der wilde unlenkſame Geift bes 2
zahllofe und graufame Fehden. Ungeftraft wurbe gemorbet. Di
ſchwach, durch Strafen abzuſchrecken, oder zu träge, dem Frevel zu
muͤßlger Zufchauer, und feine kraftloſe Verwaltung warb verächtiid
tracht, worein er bald mit ben prasbyterianiſchen Geiftlichen gerieth,
Störungen und zu Erfhütterumgen bes koͤnigl. Anſehens Weranlafl
der erſte Anlaß zu feinen fpätern Schritten gegen eine Kicchenverfaffu
publikaniſche Form feinen Anfichten ber Fürftengewalt burchaus entge
preöbpterianifchen Prediger gaben ihm freilich burch den firengen Eif
nach ber freimäthigen Sitte der Zeit öffentlich gegen Werwaltungsm
dien, welche die Blaubensfreiheit zu bebrohen ſchienen, nicht felten
Anſehen für beleidigt zu halten. Als er 1603 den engl. Thron be
konnte er zwar das Vorhaben, beide Reiche zu vereinigen, nicht burı
fein Übergeroicht war allmaͤlig fo geftiegen, daß ber beharrlich verfol
die biſchoͤfl. Kicchenverfaffung in Schottland einzuführen, 1610 ı
Das bifhöfl. Kirchenweſen war hier jeboch von der engl. Kirchenein
verſchieden. Die ſchottiſchen Biſchoͤfe hatten weder richterliche Gem
liche Vorrechte, und ihre Einkünfte beftanden bloß aus den duͤrftigen li
nicht veräußerten ehemaligen. Kicchengutes. Die unzeitige Herſtel
ſchofswuͤrde erregte Argwohn bei allen Glaffen des Volkes, und al
der Folge eifrig bebacht war, einen Theil der gottesbienftlicyen Gebroͤr
Kirche in Schottland einzuführen, flieg das Mißvergnügen immer hi
(ſ. d.) verfolgte den Plan feines Vaters. Er that Alles, was ihm di
der Schottländer von allen Parteien rauben mußte. Den Abel erbit
bie Einziehung der Zehnten, womit er die neuen Bifchoffige außfkattet
die völlige Einführung einer neuen Form ber Gotteöverehrung (1637
auch die untern Volksclaſſen fo fehr, daß ein heftiger Aufſtand in der
ausbrach. Seine unbefonnenen Maßregeln führten zu einer feſten
des Presbpterianer und zur Erneuerung des fogen. Govenante ([
drohende Widerfland machte den ſchwachen König nachgiebig. Der fl
byterianismus gemann 1639 wicder die Oberhand, bie hierarchiſche
wurde gänzlich vernichtet und das Kirchenweſen durchaus auf eine ſerie
faffung gegründet. Die unglüdtichen Zwiſtigkeiten zwiſchen Karl ın
bie das koͤnigl. Anfchen immer mehr erfchütterten , befeftigten bie neu.
foffung. Als Cromwert C. v) Ve Trial. Saale nernichtet hattı
Schottlands Sefcdrichte 861
zttlaͤnder, die größtentheil® auf Kari II. Seite flanden, um fo leichter bes
da die herrſchenden Presbpterianer durch Zwietracht gefchwächt waren. Ee
gemeine Kirchenverſammlung auseinan dergehen und beglinftigte nur dies
artei, die fich früher ſchon gegen den Köı ig erlärt hatte. Schottland litt
unter dem Drude engl. Befayungen, daß man das Ereigniß, melde 6
. (f. d.) aufden Thron brachte , als giä: Zliche Rettung begrüßte, und troß
nmen einzelner ſtrenger Presbpterianer,, die den König nur unter Bedin⸗
bergeftellt zu fehen wuͤnſchten, wurbe ichts über bie künftige Korm ber
erfaffung feftgefegt. Karl, dem Pretibpterlanismus fo abhold als feine
en, führte die bifhöfl. Verfaffung 1660 wieder ein, und als er 2 Empoͤ⸗
11666 und 1679) durch MWaffengewalt befiegt hatte, wurde Schottland
ichthabern, bie des ſchlechten Könige rouͤrdig waren, mit einer eifernen
veherrfcht, und bie Freiheit der Gewiffen wie des Buͤrgerlebens imter em»
ı GBräueln vernichtet. Jakob s U. (f. d.) Megierung war zu kurz, als
Plan, auch in Schottland das Papftttrum wieberherzuftellen, hätte aus⸗
werben koͤnnen, obgleich auch hier die (Stände jeden feiner Eingriffe in bie
ıng mit Enechtifcher Unterwuͤrfigkeit befrIftigten. Die Revolution warb in
ud wie in England duch Wilhelm til. (f. d.) Leicht bewirkt, unb mit
die Morgenroͤthe der Freiheit. Der Presbyterianismus war!) bie herr⸗
Kirche; die bürgerlichen Rechte des Vorks und ber verfaffungens äßige Ein«
Parlaments wurden gefichert. Der arijtokratifche Geiſt blieb zwar bis zur
gung beider Reiche vorherrfchend und hernmite die Verbeſſerung bee Lage bes
aber das Volk war doch in einem geficherten Redytszuftante, und Gewerb⸗
und Handel nahmen allmälig einen hühern Schwung. Der tSeift ber
Ht war aber keineswegs gebannt, und es entflanden neue Partelvı:cbindun
eiche die Ruhe des Bandes noch oft ſtoͤrten. Die Anhänger der bifchöflichen
ſerfaſſung waren unwillig über bie den Presbyterianern verliehenen Rechte
Uffen die Partei des verbannten Könige. Sie wurden baher SFakobiten,
I fie den Huldigungseid nicht Leiften woll ten, Eidweigerer (Na n Jurors)
Sie blieben mit dem vertriebenen König in heimlichen Brief echfel und
He Unzufriedenheit und Erbitterung, welche die neue Ordnung ider Dinge
atte. Die Vereinigung Schottlands mir: England, die nach Icıngen Uns
angen 1707 erfolgte, gab dem Parteigeift eine neue Richtung, da man
bätigen Folgen diefer Maßregel, welche durch bie Unterdrüdung; bed Ari»
zus bie Seffeln bes Volks Löfen und vollenden follte, was bie Hlevolution
: hatte, vorausfah. Der Gedanke, die Selbftändigkeit und Un bhängig-
Aten Reichs vernichtet zu fehen, war allen Ständen empfinblidy und machte
8 dem Volk im Allgemeinen fehr verhaßt. Religioͤſe und politiliche Par⸗
haßen eine Zeitlang ihre gegenfeitige Exbitterung bei dem gemeinfamen Uns
ser dieſes Ereigniß; ja ſelbſt die heftigften Gegner ber Stuarte Hielten es
roͤßeres Übel als felbft die Zurhdberufung bes verbannten Könige. Die
ke ber Parteien, die feitbem fuͤr das vertriebene Fuͤrſtenhaus heirnlich wirk⸗
> befonder# die Anhänglichkeit der bem herrſchenden Koͤnigsſtanime abhols
Länder, begünfligten bald den Verfuch, den ber Prätendent (ſ. Jakob III.)
ıchte, das Reich feiner Väter wiedberzuerobern. Das unbedadht[am begon⸗
ſchlecht geleitete Unternehmen mißlang , aber bie Hoffnungen ber Jakobi⸗
a noch immer auf den Hof der verbannten Stuarte in St.⸗Germain ges
ab der Aufftand zu Gunften derſelben 1745 (f. Eduard, Rarl) hätte
jhritanmiens Schickſal den entfcheidendften Einfluß haben können, wenn
aards Heer einig geweſen wäre und von Frankreich Unterflügung erhalten
Die wichtigſte Folge dieſes Aufftandes für Schottland war bie Aufhebung
werfaflung im Hochlande (f. d.), wodurch auch dieſer Theil des
862 Scout by Nacht Schrecken
Landes den Fortſchritten der Geſittung geoͤffnet wurde. S. Lmbars I
Schottlands" (Dresden 1826 fg., 4 Bochn.; in der „Hiſtor. Taſchenbibl
Schout by Nacht (ausgeſprochen: Schaut bei Nacht), ſ. Adn
Schraffiren (ital. igraffiare), Schraffirung nemt
zeichnung des Schettens in Zeichrumgen und Kupferflichen durch neben
gefeßte ober ſich durchkreuzende Striche, twobei die Striche vom Dunkil
das Delle zu immer feiner werben. Hierbei kommt auf bie Richtung de
ſowie auf den größern oder geringen Abftand derfelben von einander fe
Schraffirte Zeichnung iſt eine Feder zeichnung.
Schraube ohne Ende. Die Schraube, deren Einrichtung
kannt vorausfegen, ift eine von den 5 mechaniſchen Potenzen ober enfı
ſchinen. Man kann durch fie erſta unliche Laſten bewegen und einen Dr
bringen, der ungeheure Gewichte erfobern wuͤrde. Der Cylinder, welch
per der Schraube ausmacht, heißt die Spindel; um ſie herum laͤuft de
bengang ſchneckenfoͤrmig. Ein antırer Körper mit einer cylindriſchen Di
der Weite, daß die Spinbel hineinpaßt, und mit einem Schraubmgang
in deffen Vertiefungen die erhabene Schraubenlinie der eigentlichen Sch
beißt die (Bchraubenmutter. Cine aus einee Schraubenfpindel
Stimrade fo zufammengefegte Schraube, daß die Schraubengeminde g
Zähnen bes Rades eingreifen, einen Zahn nach dem ander fortfcie
diefe Art das Rad umdrehen, beißt Schraube ohne Ende, weil bei
Wiederkelhr des Nades die Schraubenfpindel unaufhörlich fortbewegt wm
ohne daß fie, role die gemeine Schraube, einmal auf einen feften Pın
Über die SEheorie der Schraube f. die Lehrblicher ber Mechanik; auch g
„Grundr. ber mechamifchen, optifchen und aftron. Wiffenfch.” (2. A. Dt!
m. X.) eine gute Anleitung. "
Schrecken, eine heftige, umangmmehme Empfindung bed Gen
einem plößlich ergreifenden, befonder& von einem Gefahr drohenben (
veranlaßt. Der Schrecken ergreift das Gemuͤth fo heftig und wirkt fd
Mervenfofliem fo nachtheilig, daß ber ganze Körper'daran Theil nimmt;
das Nervinfoftem eine vernichtende, lähmende Gewalt aus, fobaf 9
Ohnmacht, Stillſtand des Herzſchlags, Erſtarrung der Muskeln,
Schwindel, Schlagfluß, ſelbſt Verruͤcktheit danach folgen koͤnnen. €
welcher von einem heftigen Schrecken uͤberfallen wird, befommt ein Ge
nen elektrifchen Schlag durch den ganzen Körper, fein Bewußtſein verh
einen Augenblick oder es verſenkt ſich doch in das Gemüth, daß er nur da
ihn fo ſchmerzlich und heftig ergriff, denken und fühlen kann. Eine S
Muskeln bemächtigt ſich feiner im nächften Augenblick; nach dem erſten
fahren bleibt er eine Zeitlang in der nämlichen Stellung ; nach bem erſten
lich außgeftoßenen Ausruf bleibt die Sprache gleihfam in dem geöffn:
fieden. Der Herzſchlag und das Pulficen der Arterien wird fo ſchue
fpeichwörtliche Redensart davon herfommt: „Das Blut fiand mir vor €
den Adern flille” ; daher tritt auch ein Erblaffen des Geſichts fogleich m
nur dann erſt der lebensrothen Färbung wieder Platz macht, wenn der erf
bes Schredens vorbei ift. Die Roͤthe des Geſichts tritt um fo ſchneller
wenn der Gegenftand des Schreckens ſich bei näherer Betrachtung in ei
gen verwandelt; denn auc, eine plöglich eintretende Freude wirkt im nf
blicke dem Schreden gleih. Der Schrecken aber, ber ven einem wirkli
nehmen Gegenftande herruͤhrt, wirkt länger nad), obgleich die folgend
fung immer ſchwaͤcher wird, da jeder Affect fi in der Dauer ſelbſt ſcha
bei dem Schreien um fo cher gefchieht, da ber Gegenſtand bei nähen 2
faft nie Das iſt, wos er hei dem erken Anktid au fein ſchien. In Ruͤcſ
Schreibart Schreibelunft 869
= wirkt ber Schrecken zumächft auf das Nervenſyſtem vom Senrüth aus. Die
Eye Furcht vor einem drohenden Unglüd bringt jenes fo außer Saflung, daß
eroußtfein außer Stand gefegt ift, in demſelben Augenblicke den Gegenſtand,
wehältmiffe der Außenwelt und ben Zuftand bes Gemuͤths klar zu überfchauen,
Bst daher firirt auf die dunkle Vorftelung von dem Schrecken erregenden Bes
abe, fodaß es für alles Andre verfchloffen bleibt. Die einzige ſtarke Erre⸗
fie mag nım ſinnlich durch einen wirklich zur Anfchauung kommenden Ge:
erwb, oder durch ein bloß in der Einbilbungskraft durch Worte, felbft durch
Dhantaſie erregtes Bild der Vorftellung gefchehen fein, ift aber fo heftig, daß
allem Anden hervorragt. Sowie aber die gewöhnlichen Vorſtellungen ſchnell
eine beroorbrechende verbimkelt werben, fo werden auch die Drgane ber Sees
-Ichtungen im Gehirne felbft gehemmt, da die Kunctionen des Geiſtes mit bes
we Seelenorgane In fo genauer Verbindung ftehen. Alle traurige Affecten wir
wabezu ſchwaͤchend auf das Nervenfuftem, baher muß nothwendig ber Schres
ui der ſtaͤrkſte Affect, dies im hoͤchſten Brade thun und in einem Augenblicke
wecklichſte Wirkung vereinigen, welche Tangfamer wirkende unangenehme Af⸗
auf Wochen und Monate vertheilen. Doc, iſt die Wirkung des Schreckens
Acht bei alen Menfchen gleich heftig; es kommt bier auf bie Faſſungskraft,
man Gegenwart des Geiſtes nennt, und auf bie Kraft des Nervenſyſtens
zunöge beren es fähig ift, eindringenden piöglichen Angriffen mehr ober went
volderfiehen. Daher das, was den einen heftig erfchredit, bem andern nur
macht, nämlich feine Aufmerkſamkeit in hohem Grade und plöglich erregt,
edoch das Bewußtſein für die übrigen Werhältniffe nicht verdunkelt, auch auf
ülgper keine fo fürchterliche Wirkungen hat, als ber Schredien. — Da ber
udden feine Wirkungen auf den Körper ſchnell äußert, fo ift es jedesmal nöthig,
mqtheiligen Folgen berfelben zuvorzulommen. Hierzu find demnach Mittel
B, welche das Gegentheil von jenen Einwirkungen hervorbringen können.
wefätterte Gemuͤth muß von dem einzigen Gegenſtande bed Schreden® los⸗
un werden, das Bewußtfein muß ſich auf andre Begenflände wenden, fobaß
wgenftand , welcher den Schrecken erregte, felbft von einer andern Seite anges
"und unterſucht wird. In phyſiſcher Rüdficht muß man fuchen, bie Laͤhmumg
"evenfoftems , die krampfhafte Erftarrung des Muskel⸗ und Arterienfyflems
w aufzuheben, das nach dem Herzen züfttömende ober bafelbft ſtockende Blut zu
Bien. Amı beften und jederzeit anwendbar ift ein warmes Bad, wenigſtens ein
28 Fußbad, von Zeit zu Zeit eine Kaffe Meliffen » ober ähnlicher Thee, Reiben
mit warmen Tuͤchern, oder mit einer Bürfte, mit wuͤrzigen Eſſenzen
net. Man laffe öfters an dergl. flärkende Eſſenzen oder Spiritus riechen,
an das fogen. englifche Riechſalz, Salmiakſpiritus mit Lavendeloͤl, koͤlner
mu. dgl. Innerlich farm man auch zunaͤchſt etwas Eräftig Ableitendes und
higendes, 5. B. Satz in Waffer aufgeloͤſt, Satpeter mit Weinfteincahm, ges
dann aber, wenn der erfte Sturm vorüber iſt, laſſe man zuweilen ein wenig
‚, einige Tropfen Effigäther in Waffer, oder Thee, oder Hoffmann’fchen Li⸗
H.
en,
Schreibart, f. Styl.
Schreibekunſt iſt die Kunſt, durch Buchſtaben oder a. Zeichen, auf Pa⸗
der e. a. Maſſe, ſ. Gedanken zu äußern oder mitzutheilen. Auf fie bezieht fich
Schoͤnſchreibekunſt oder Kalligraphie (f.d.); 2) die Rechtſchreibekunſt
Yrthograpbie(f.d.), welche auch ein Theil der Grammatik oder Sprach
? (f. d.) iſt; 3) die Geſchwindſchreibekunſt oder Tachygraphie (f.d.); 4)
wbeimfchreibetunft (Kryptographie) oder Steganographie (ſ. d.)
die Schreibmalereicf.d.). Die erfte Grundlage der Schreibelunft wa»
Hider, durch die man das Andenken merkwuͤrdiger Perfonen oder Begebenhel⸗
864 Schreiber (Aloys Wilhelm) _
ten aufbewohrte, aus denen fpäterhin die Hierogl pphen (f. d.) mil
ſollen. Als eigentliche Erfinder der Buchflabenfchrift, welche die Ihn
nicht die Vorſtellung ober Sadye, wie die Bilderfchrift, bezeichnet, mrı
Phoͤnicier, von biefen Lam fie, nach der Sage ſchon durch Kabmus, ;
hen, jedoch kann bie eigentliche Buchſtabenſchrift nicht viel über dat
Zeitalter binaufgerücht werben; dann zu ben Hetruskern und Roͤmern
zuerft auf Stein, Blei, Erz, Baumrinde, hernach auf den aͤgyptiſch
im 3. Jahrh. v. Chr. auf Baummollenpapier, feit dem 8. Jahth. n. (
dem 14. Zahrh. auf Keinen » oder Lumpenpapier. (&. Amelang, „X
terthume der Schreibekunft in der Welt”, Leipz. 1800; Hug’s „E
Buchftabenfchrift”, Ulm 1801, und Weber's „Verſ. einer Geſchichte!
kunſt“, Böttingen 1807.) Mit dee Herrfchaft der Römer wurde bie €
immer mehr verbreitet. In Deutfchland (auf weldyes wir un hier all
ten) war anfangs bie Runenſchrift (f. db.) bekannt; jedoch wurbe !
nifche Schrift ſowie die lat. Sprache bei dem Schreiben üblich, theils ı
lands Lehrer, bie aus Irland und England kamen, in diefer Sprache fd
weil die deutfche Sprache noch zu rauh und an Worten fehr arm war. €
ſchichte der Schreibelunft unter den Altbeutfchen bis auf Karl d. Gr. |
„Ausführlicher Schreibungslehre der deutſchen Sprache”. Erſt ımte
wurde fie durch Kero und Otfried gebildet; im 9. Jahrh. fing man aı
ben, jedoch bloß mit Latein. Buchſtaben. Überhaupt wurden öffentl
3.8. Geſetze, Briebensfchläffe und Verträge, nicht bloß mit latein. &ı
auch in latein. Sprache abgefaßt,, weil bie Geiſtlichen, die allein der la
mächtig waren, ſich duch den Gebrauch berfeiben in dem Alleintefi
ſten Staatsämter zu erhalten fuchten. Die Zeit, im der zuerſt bie dei
gewoͤhnlich geworben, ſetzt man gemeiniglich ins 13. Jahrh., umter!
Kaifer Friedrichs II., dagegen Andre biefen Zeitpunkt fpäter annchme
bildung ber deutfhen Schrift wurde wol am meiften durch die Buchdr
fördert. Deutſchland hat, wie Breitkopf bemerkt, nur 2 eigne Sch
Fracturs und Gurrentfchrift, indem bie Kanzleifchrift bloß eine zun
ſchreiben eingerichtete Fractur iſt, in der bie Buchftaben mehr gebogen
ander verbunden find. Die Kracturfchrift bildete fi) aus der im 11
ſtandenen fogen. neugothifchen und Moͤnchsſchrift. Spaͤterhin und:
d. 15. Jahrh. kam auch bei dem Drude die Current⸗ ober Curſivſchrift
man hatte nämlich bisher bloß mit gerade ftehender Schrift gedruckt,
tere Aldus Manutius in Venedig erfand auch die ſchiefliegende oder
Im 16. Jahrh. erhielt endlich die deutſche Schrift ihre vorzüuglicfte
durch Albrecht Dürer (f. d.); diefer fegte anfangs für bie Fractur,
auch für die übrigen Schriften die Proportion feſt, worauf fie durch) f.
die Schönfchreiber die jegige regelmäßige Geſtalt erhielten.
Schreiber (Aloys Wilhelm), Hofrath und Hiftorlograpb 5
geb. d. 12. Dct. 1764 zu Kapell unter Windel, in einem ber anmauth
des unten Schwarzwaldes, kam auf das Lyceum in Baden, wo dom
ftellen noch in den Händen der Erjefuiten fidy befanden und ber ganıe U
auf Latein und Griechiſch befchränkte. Unterbeffen wurbe Wiehrl, beks
nachherigen Verfolgungen, welche die Intoleranz ihm bereitete, als Le
Iofophie nach Baden gerufen, und erft jegt erfuhren die Schüler, daj
neuere Literatur gebe und fogar eine deutſche. Schr. wurde, be
des philofophifchen Gurfus, mit 3 andern jungen Männern nad Freib
um fic) dort fuͤr das Lehramt zu bilden. Won der Universität kam Sch
an die Schule nad; Baden zurüd. Später ging er nad) Mainz, wur
bei dem verft. Braten von Wehrhdeo Lehrte, als eben ber Krieg wi
(Shrifiien) Schreiber (Philipp Wilhelm) 865
var, In f. Vaterland zuruͤck und lebte bort einige Fahre in flillee Zus
.Verſchiedene Verbindimgen veranlaßten ihn, während des Con:
idt feinen Aufenthalt daſelbſt zu nehmen, mo er auch u. A. in Geſell⸗
handverifchen Minifterrefidenten v. Schwarzkopf das Congreßhand⸗
1800 wurde er zum zweiten Male Profeffor (der claſſiſchen Litera⸗
und 1805 erhielt er von feinem ihm immer wohlwollenden Fuͤrſten
:of. der Aſthetik nach Heidelberg, den er auch annahm. Das aka⸗
und Treiben hat viel Abnliches mit dem Schauſpielerleben, und es
wo man bdiefe Bemerkung beſonders in Heidelberg machen konnte.
ahen fidy dadurch veranlaft, anderwaͤrts ein Unterkommen zu fuchen.
rubenden Intrigue müde, that Daffelbe. Er bat f. Fürften um bie
od erledigte Stelle eines badiſchen Hiſtoriographen und erhielt fie.
: Heidelberg und zog nad) Karlsruhe, wo er einzig ber Wiffenfchaft,
ſ. Samilie lebt. Unter den zahlreichen Schriften Schr.'s find f. Ger
ch bie in alemamnifcher Mundart, und Erzählungen, f. topographi⸗
riſchen Werke, befonbers die „Anleitung zur Rheinreiſe umd bie
Sagen’ am gimftigften aufgenommen worben. eine „Poetifchen
nen Tuͤb. 1817. Seit 1816 hat er das Taſchenbuch für beutfche
elia“, herausgegeben.
ber (Chriftian), Kirchenrach umb Oberpfarrer ber Ephorie Lengöfelb
thum Sachſen, geb. zu Eiſenach d. 15. April 1781, iſt bekannt
aröftentheils in Schiller'ſcher Manier gefchriebene Poeſien, indbe⸗
‚Religion, ein Gedicht in 2 Geſaͤngen“ (Gotha 1816), und durch ſ.
ederbuch”” (Eifenach 1816), forte buch „Predigten, Homtlien und
ı’ (Eifenady 1817). Auch gab er gemeinfhaftlic mit Veillodter
eine „Allgem. Chronik der 3. Jubelfeier der Meformation‘ (Gotha
) heraus.
ber (Philipp Wilhelm), geb. zu Wilhelmehoͤhe bei Kaffel d. 9. Juni
e fi) dee Handlung, fpäterhin den Rameralisifienfchaften, beſonders
haft. Durch vielfältige Reifen ımb Umgang mit Menfdyen aus als
ete er fich für das Geſchaͤftsleben. Er bewies dies in ber Sache der
Jomainentäufer. Das vormals kurfuͤrſtl. heſſiſche Domainengut
nmeit Kaffel, welches Schreibers Schwager , ber Dekonom Schnei⸗
ter gleichfam urbar gemacht und in welches er den größten Theil f.
mandt hatte, war 1807 kaiſ. franz. Domalne geworden. Napoleon
en franz. Obrift v. Zimmer. Der neue Eigenthämer ließ, mit Be
Kaiſers, Freyenhagen zum Verkauf ausbieten. Der frühere Pach⸗
Familie ruinirt, wenn das Gut in andre Hände fam. Daher ent«
r., daffelbe zu kaufen. Ex reifte 1811 nad) Paris und brachte es das
Yonateur Ihm Freyenhagen kaͤuflich überließ. Aber kaum fah er fich
es im guten Glauben und mit Beobachtung aller Formen des Redytö
iften Eigenthums, als bie Auflöfung des mweftfälifchen Staats ers
hr die Freude Über die Reftauration des angeſtammten Fuͤrſtenhauſes
ur die Nichtanerfenmung bee Handlungen der weſtfaͤliſchen Regie⸗
hen getrübt warb, iſt bekannt. Auch Schr.'s Kauf von Freyenha⸗
nichtig erflärt, und obfchon er ſich mit vieler Gewandtheit nody einige
f. Eigenthums zu erhalten fuchte, warb er body deffelben zulegt nit
x bewaffneten Macht den 4. Sept. 1816 entfegt. Gleiches Schie:
eilten alle übrige Domainenfänfer in Kurheſſen. Schr. war der Ein
Muth hatte, diefe Angelegenheit oͤffentlich zu vertretm. Mit Voll⸗
iner großen Anzahl ber Betheiligten verſehen, begab er ſich, nachdem
n Kaffel, auf gütlihem Wege etwas zu erlangen , weiglongen wuren,
fiebente Kufl. 8b. IX. 65
wa one]. u um AUT y wow sun Weruyuan ıyoer ↄ·
torwirde. Schr. brachte bie von ihm betriebene Any
mehrmals in Anregung. Man fah ihn 1818 in Aach⸗
archencongrefles; 1819 zu Karlebad, als der Mini
und zu Wien während der Minifterialconferengen 1
hierauf (1821—24) die Angelegenheit pecfönlich an |
ver, Braunfchrweig und Berlin. (Vgl. f. Vorftellung
Rov. 1823.) Inzwiſchen war zu Berlin eine aus AI
loͤſung des Koͤnigreichs Weftfalen betheiligten Megier:
miſſion in Thätigkeit getreten, und D. Schr. handel
allen mit der Aufiöfung des Koͤnigreichs Weſtfalen in
genheiten ; unter biefen iſt bie weftfät. Centralſchulden
Notwendigkeit einer endlichen Feſtſtelung der fäm
wurde allgemein, felbft von ben betheiligten Regleru
der weftfäl. Domainenkäufer ift nämlich, nach der rid
zu erkennen gegebenen Anficht des k. preuß. Cabinets
Schatz des vormaligen Koͤnigrelchs Weſifalen geflof
durch ertweißlichen versio in rem , als eine von der &
welche fich In das mweftfälifche Gebiet getheilt haben, yı
ben; vorausgeſetzt, daß die einzelnen PRegierusigen e8 ı
finden, ben Foderungen ber Domainenkäufer auf ihren
einkunft Genüge zu leiften. Preußen gab hierin das !
ſchrift Schr.’8 an die Bundesverſammiumg vom 30.9
Reclamanten, durch den Beſchluß der Bundesverfam
von felbiger wegen Mangel an Competenz abgemiefer
‚gen aber ward empfohlen, bahin zu wirken, daß bie Re
amgelegenheiten durch bie zu dieſem Zwecke in Berlu
bewirkt werbe.
Schreyvogel (Joſeph), geb. 1768 in Wien
1793 und 1794 durch [. Theilnahme an Alringer’6
zuerſt als Schriftſteller bekannt madıte. Gegen d
Jena, wo er ſich 2 Jahre aufbielt. Hierauf kehrte er ı
Schreibmalerei Schrift 867
mE. €. Hoftheatern angeſtellt. Während biefer neuen Anftellum 2 bat
n Namen ©. 3. Weft außer dem Driginalluftfpiele: „Die Gleichg Iigen",
5., mehre Übertragungen aus dem ©panifchen, worumter „Donna Diana”,
utierce” und „Das Leben ein Traum‘, auf bie Bühne gebracht. 1819 —
jte er bie Redaction bes Taſchenbuches „Aglaja” umd befchäftigte fich mit
mmlung f. geößtentheil noch ungebrudtten Schriften.
Hreibmalerei (die Malerei mit ber Feder) dankt ihren Urfprung ben
meiftern oder Schönfchreibern. Zur Zeit ber Erfindung der Buchdrucker⸗
e befonber# in berg eine Claſſe derfeiben, bie man Modiſten nannte;
ten nicht bloß ſchoͤn zu fchreiben, fondern auch ihre Schrift durch allerlei
Verzierungen und Sonderbarleiten zu heben. Zuerfl erfanden fie bie
eiberei; fie fchrieben nämlich mit fo Meinen Buchſtaben, daß man folche
ıe Vergrößerungsglas lefen Eonnte. Der Gebrauch berfelben erhielt ſich
nd zu Anfange des 18. Jahrh.; man findet noch im öffentlichen Bibliothe⸗
Bilbercabinetten ganze Bilbniffe mit Einfaffungen, bie aus ganz kleiner
‚eftehen, toelche die Geſchichte ber abgebildeten Perfon, eine Lobfcheift ders
re biblifche Stellen enthält. Da diefe Arbeit mit vieler Muͤhe verbunden
wählten ſich die Schönfchreiber einen freieen Spieleaum und fertigten zu
ng ihrer Schriften, befonder& zu Anfang und am Ende derfelben, mit der
aze Lanbfchaften u. dgl. Der beffere Geſchmack hat jedoch ſowol die Klein»
I als auch die eigentliche Schreibmalerei in Vergeſſenheit gebracht.
hrift (Beige), f. Bibel und (Altes und Neues) Teſtament.
hrift. Sprache und Schrift, wie alle zum Stammgute des Menſchen⸗
ja Ideen, giehen ſich, aller Zeitbeflimmung fpottend, gleichfam in ihre
uruͤck; Ihr Weſen und Urfprung wird daher auf dem gewöhnlichen Wege
— Forſchung nicht ausgemittelt, wenn auch einzelne verlorene Spuren da⸗
ezeigt werden. Sprache iſt veranſchaulichtes Denken oder Erkennen,
demnach auf ſinnliche Anſchauung hin. Dem gemaͤß ſpricht ſich mit jedem
den fie auf dem Wege aus dem Gemäth heraus thut, ein allmaͤliges Ver⸗
8 Subjectiven in das Obiective aus. Sie braucht nämlich Drgane des Leis
Elemente, wie Luft und Licht, um als Ton» und Geberdenſprache fich zu
hen , oder hörbar und fichtbar zu werden. Als Geberbenfprache iſt fie (on
ter leiblicher Begenftand geworden, und Beberbenfprache eignet darum,
‚bachtungen der Reiſenden, vorzüglich finnlichern Völkern und Stämmen.
und iſt fie alfo Figur. Wird aber die Tonſprache für einen andern Sum
Ihr feftgehalten, fo entſteht Schrift, d. h. eben für das Auge feflgehaltene
be, mithin fchaltet Schriftfprache im Raume ale Bildzeichen und Buch
Diefe beiden müffen urfprünglich in der Idee Eins und Elemente ber Ur:
6 in Zeit und Raum bildenden Geiſtes fein. Wer aber kann die Zeit und
? jener Schritte genau angeben und beſtimmen? und, wenn Einer es
wäre bamit wol das Wefen ber Idee ausgemittelt? Da num das Bildzei⸗
die Hieroginphe mehr die Anfchauung, der Buchflabe aber ben Begriff in
nimmt, fo fegt Buchflabenfchrift ſchon eine Höhere Ausbildung des Gei⸗
6, wenngleich auch die Hieroglyphik mehre Stufen durchlaufen mußte,
u vollenden. Dies ergibt fich bald, wenn man das Verhältniß von Bild
+, wie von Wort und Wiffenfchaft ernſtlich erwägt und ihre Wechſeldurch⸗
auffaft. — Sind wie nun aber hiermit ruͤckſichtlich der Schrift in eine
ruͤckgewieſen, fo muß Entflehung , Bewahrung und Element der Schrift
ig heilig fein. Darum fchreibt die Sage durchgängig die Erfindung ders
em Gott zu, wie auch die Folgezeit bie Gage mißverſtanden und biefen al⸗
s und allegeit waltenden Bott 5. B. zu einem Kadmus individualiſtrt, ben
Xythus alfo zur Babel umgedeutet haben möge. Ben Faro Vorl
pweue, juwin Wrona- mw wrwnupyajaz Heyvore m
Geiſtes Grundzüge bleiben hier wie
die fenkrechte, tongerechte und Kreislinie. Die Buch
den verfchledenen Alphabeten vorliegt, verräth, wie!
Verwandtſchaft mit religiöfen Ideen über Zeugumg
Raum. — Derfelbe heilige Sinn und Inſtinkt nun
Schreibweiſe oder dem Anreihen und Mebeneinanderfti
ter in Anien aus. Auch diefe kommen, wie bie eiı
Grundſchema umd den Typus nicht verleugnen konnten
rechte und Kreieförmige zuräd. Man hat nämlich al
Kionaͤdon » ober Säulenfchrift, wo Buchftabe unter 2
gefegt wirb, wie beiden Chinefen; 2) Furchen » aud
Weften, von Weften nach Rorden, von Norden nach €
3) Sphärddon: ober Krriöfdzeift,, welche beide Ichterr
ollendung ber beider erftern find. Gedichte in Bel
Form find fpätere Spielereien, aus welchen der Sin
dem Grenzen ber Befchichte liegende Übergang ber bilb
biitichen Scheiftmalerei zur eigentlichen Schrift, di
hung ober Abkürzung jener war, muß In Dflafien bu
Syrachen gefucht werden. Gleiches Beduͤrfniß uud gt
Erfindung auch bei mehren gleichzeitig gemacht haben
Zeugniſſe bes Alterthums, die nad) Phönizien hinwei
Gähreibmaterialien waren im Verlaufe ber Zeit Steir
Blaͤtter, Holz, Wade, Eifendein, Mufceln, Scher
Pergament, aͤghptiſches ober Nitpflanzenpapier, Ba
pier. Geſchrieben ward mit Meißeln, Eiſen ⸗ ober Be
tel. Auch Dinte war früher erfunden, aus mancher
dem Safte der Serfpinne, aus Zinnober ober Purp
trägt noch fein Schreibezeug im Gürtel. Bis zur Er
gab es Schön = und Schneliſchrelber ( Kalligraphen un
Nitpapler wurden Bogen (scapi), aus diefen Rollen
einem Stab aus Buchs. Elfenbein ober Gold. ber ı
Schriften in den Druckereien Sqriftgießerei 869
weiben befähigen. Name des Exfinders, Erfindungsjahr des Alphabets
Schrift lafjen-fid) nicht angeben. Die Elemente derfelben find religiös
iffen in Religion, als dem Weſen des GBeiftes, ſich ſchließen und er-
a.
‚hriften in den Drudereien, Lettern. Dan unterfcheibet
Drudereiem die verfchiedenen Arten der Schriften einmal nach der Größe,
ich der Lage der Buchftaben. Die Sprache macht dabei keinen Unterſchied.
vöhnlichen Namen find in auffteigender Linie von der Bleinften an: Perl,
‚ Nonpareil, Petit, Borgois, Barmonb oder Corpus, kleine Cicero, grobe
Eleine Mittel, grobe Mittel, Tertia, Text, Doppelmittel, Eleine Kanon,
anon, Meine Miffal, grobe Miffat, Heine Sabon, grobe Sabon x. Sind
ſche Schriften, fo nennt man fie Perl⸗Fractur; lateiniſche, Perls Antiqua ;
he, Perl⸗Griechiſch ꝛ. Im Anfehung der Lage unterfcheidet man bie gerab»
: Schrift von der Curſiv. Die Schwabacher Schrift ift eine nach altgothi⸗
t gebildete Sracturfchrift.
hriftgießerei, Schriftgießerkunft, oder die Kunſt, Buchdru⸗
en zu gießen, wurde von Peter Schäffer gegen 1452 zugleich mit ber Buch⸗
unft erfunden. . Buhbdrudertunft.) Das Verfahren bei ber
gießerei ift ungefähr folgendes: Der Buchflabe wird zuerft erhaben auf eb
hlernen Stempel (poingon) geſchnitten, und biefer dann fo gehärtet, daß
n in Kupfer einfchlagen kann; biefer Abfchlag oder diefe Form wird bie
e genannt, in welche die Buchflaben hernach mittelft der Gießlade (meule)
ı werden. Die gegoffenen Buchflaben werden dann auf Sandſteinen abge
‚ auf den Winkelhaken zufamımengefegt und in dem Beſtoßzeuge (coupeir)
bhobeln und Abſchaben der Rauhheiten, unnöthigen Eden und des Brabes
I) fertig gemacht, im Schiff in Columnen aufgefegt und aufgebunden. —
ketall übrigens, aus welchen die Buchdruckerlettern gegoſſen werben, iſt eine
nenfegung aus Blei und martialifchem Spießglaskoͤnig, welcher dem Blei
ige Härte gibt. 1467 brachten zu Rom 2 Deutfche, Amolb Pannarı und
Sweinheim, zuerft bie Antiqua zu Stande. Der Italiener Aldus Mann⸗
sicher 1515 flarb, bat die Eirfiofchrift erfunden. Die rechten Scheiftusnße
Achen deutſchen Schrift brachte Joh. Meudorfer 1538 zu Nürnberg hervor.
Hriftgiefer Schwabach erfand die fogen. Schwabacher Schriftm. In ben
00 Jahren der Buchbrudertunft hatte Leipzig eigne Schriftfchneider und
be Schriftgießereien nicht; die erfte, wovon man Rachricht bat, befaß der
uder Hahn 1656 , die er an den Buchdrucker Janſon verkaufte. Aus die:
and in ienem Jahrh. noch die berühmte Eberharb’fche; allein die Abfchläge
Schriften ließ ſowol dieſe als die zugleich entflandene Porsdorf’fche Gießerei
nberg kommen, wo es immer geſchickte Schriftfchneider gab. Der Buch⸗
der fich zuerft aufs Stempelfchneiden legte, war Mäller; die bei feinem
Abdfterben hinterlaffenen Stempel und der Anfang einer Meinen Gießerei
durch Heirath feiner Witwe 1719 an den Altern (Bernh. Chriftoph) Breit:
effen Sohn, Joh. Gott. Immanuel, fich durch große Erweiterung und
erung feiner Schriftgießerei (welche noch jegt eine der vollſtaͤndigſten in Eu:
), durch Erfindung der muftlalifchen Typen, der Landchartentypen und der
hen Lettern zur chinefifhen Schrift, hauptſaͤchlich aber als Hiſtoriograph
unſt große Verdienfte erworben hat. Das größte Verbienft bei der Schrift:
befteht in der Kunft, Stempel zu fchneiden, und hierin haben ſich in den
eiten bie Elzevir und Stephanus, fpäter in England Baskerville, unter den
ben Zink und Schmidt, neuerlich aber die Didot in Paris und Bodoni in
euhmvoll bervorgetban. Die vorzuͤglichſten Schriftgießereien in Deutſch⸗
id, außer der Breitkopf ſchen, die Zauchnin’fche in Reipiig, du Traokr \r
forifefäffige, beidenen Dies nicht der Fau iſt und die bie!
barkeit des Amtmanns entziehen. — Auch mit allen hi
iſt die auf ben Gerichtöftand ſich begiehende Schrift
Schroͤckh (Johann Matthias), zu Wien d. !
von f. lutheriſchen Altern in Froͤmmigkeit erzogen un
Gymnaſium zu Presburg zu begründen, im 10. J. fe
Bel, evangel, Prediger bafelbft, Abergeben. Hier bro
Glaubensgenoſſen und der Anbii ber harten Bebrä«
der kath. Geiftligjkeit in Ungarn und Oftreich Leiden mı
des Knaben zu dem Entfchluffe, einft Prediger unter
gerechte Sache zu verfechten. Sein Vater, ber ihn lieb:
te, gab diefer Neigung nach und fandte ihn 1750 auf d
bei Magdeburg, wo Schr. nach 14 3. zur Akademie
Göttingen. Hier verdankte er feinem Lehrer Mobhein
ſchichte und biftorifchen Kunſt, f. Lehrer Michaelis bi
Sprachen und den Trieb zum eignen Forſchen. Zugl
am akademiſchen Leben, fuͤr welches er ſich ganz entfchl
malige Prof. Bel zu Leipzig, ihn 1754 nicht nur zum !
herausg., Aotis eruditornm” und den „Leipziger geleh
dern auch fonft reichlich unterftägte, Seit 1756 hielt
zu Leipzig Vorleſungen über bie Bücher des A. Teſt.
bungen berühmter Gelehrten und bie „Allgem. Bio
1767 erſchien. Dieſes Werk begrimbete feinen Ruf
gefhmadvoller Schriftſteller. Schon 1762 war if
übertragen worden, und ba ſich zu Leipzig feine pafler
Beförderung zeigte, nahm er 1767 die Profefiur dı
Ob wol claffifch gebildet, ſchlen er doch bei den Vorleſu
berg über hebr. und fat. Dichter hielt, fremden Götter
waren von geringem poetifchen Gehalt. Eifrig fahr:
Collegien und Schriften immer mehr bes Gebiets zu b
außjeichnen follte. Endlich erhielt er 1775 bie Profeffi
Schröder (Friedrich Ludwig) 871
6. Geburtstage hafte er das Ungluͤck, das Bein zu brechen, worauf er nad)
m Leiden 1808 ftarb. Nigfch und Pälig fepten ihm Beine biographiſche
yale; eine ausführliche Befchreibung feines Lebens und Charakters hat
ner im 10. Bde. der Schröcdh’fchen „KRirchengefchichte feit ber Reformation”
yeilt. — Ein großer Fleiß im Sammeln und Forſchen, ein feines Gefühl
ahren und Guten, eine muflerhafte Treue und Zuverläffigkeit, eine verfläns
queme Anordnung bliden aus Schr.'s hiftorifchen Werken hervor ; f. Spra⸗
ticht erhaben, aber edel; f. Styl einfach, klar, leicht und belebt gemug, um
iften Lefer aus allen Claffen zu verſchaffen. Daher bie weite Verbreitung
ltgeſchichte für Kinder”, welche zuerft 1779— 84 (4 Thle. In 6 Bbn., mit
fin.) erſchien, f. hiftorifchen Compendien, welche ältere und unzweckmaͤßige
gten und lange in den Schulen regiert haben, und f. in mehren einzelnen
Iungen vortreffliche ‚ Altgemeine Biographie (1767 — 92, 8 Bbe.).
at er zur Herausgabe von Guthrie's und Gray’ „Allgem. Weitgefchichte”
‚ franz., nieberländ. und engl. Geſchichte 1770 — 76 mit einer Einficht
orgfalt bearbeitet, die diefen Überfehungen den Vorzug vor dem Original
fe bat. Doch unfterblid warb fein Name durch f. „Kirchengeſchichte“.
anfangs weber fo groß angelegte, noch für Gelehrte beſtimmte Werk, deſſen
h erft unter ber Arbeit entwickelte, erfchien u. d. T.: „Chriſtliche Kirchen⸗
e'’ (1768—1803, 35 Bde.) , in denen die Erzählung bis zum Zeitpunkte
ormation fortgeführt iſt; daran ſchließt fich f. „Kirchengeſchichte feit der
ation” (1804 — 12, 10 Bde.), deren 2 legte von Tzſchirner mit ruͤhm⸗
inſicht und Sorgfalt abgefaßt find. Schr. hat in f. „Rirchengefchichte”
ig das fchönfte Zeugniß feines Fleißes und die reifſte Frucht feine® Lebens
; fie iſt das vollſtaͤndigſte zufammenhängende Gemaͤlde der Menfchen und
ıheiten, die feit 18 Jahrhund. in der chriſtlichen Kirche Bedeutung erhiel-
d haben audy Andre Einzeine® tiefer aufgefaßt, berebter und freimüthiger
Rt, fo gibt es doch Fein andres Werk, in bem das Ganze umfaffender, lehr⸗
md anziehender behandelt wäre als in dem Schroͤckh' ſchen. Auch ſolchen
agt es zu, die bei andern geiſtvollen Kirchenhiſtorikern die chriftliche Gefin⸗
gern vermiffen; denn die aufrichtige Frömmigkeit, mit der Schr. an den
md Gebraͤuchen feiner Kirche hing und die heil. Schrift als ein über jeden
erhabenes Wort Gottes achtete, erlaubte ihm nicht, dem fleptifdyen Geiſte
theologifhen Unterfuhungen Einfluß auf feine Darftelungen je vers
chroͤder (Friedrich Ludwig), Director des Hamburger Theaters, gleich
chnet ald Menſch wie als mimiſcher Künftier und Dichter, wurde 1744 zu
in geb. Seine Mutter war die als Schaufpielerin und Theaterdirectrice
e nachherige Mad. Adermann, fein Vater einft Organiſt in Berlin. In
urg, wohin die Witwe Schröder mit Ackermann zu ber Hilferding’fchen Ge⸗
t verfchrieben war, betrat der junge Schr. als Zjährige® Kind zum erſten
Bühne. Seine Mutter, eine geiftreiche Frau, hatte ein allegorifches Vor⸗
ichtet, in dieſem ward dem jungen Schr. die Holle der Unfchuld, und er
ie Paar Worte: „O nein, ich ſprech' dich frei!“ (feine ganze Rolle) fo
us, daß die Raiferin Elifabeth das Kind in die Loge holen und Mutter und
eſchenken ließ. In Moskau, wohin fi die Geſellſchaft begab, verheirathete
r.'s Mutter mit Adermann, und dba das Ehepaar in Rußland viel Geld
hatte, fo errichteten fie nun felbft wieder eine Geſellſchaft (mie vorher bie
Schr. ſchon in Hamburg und Kaffel gehabt hatte, und Adermann gleich»
nd durchzogen Kurland, Danzig und endlich auch Preußen, wo Adermann
Ioberg die Erlaubnig erhielt, im Junkerhofe ein Theater zu errichten, auf
ber nach und nach heranwachſende Schr., ſowie früher in Danzig, bald in
teten, ging e6 nicht beffer. Sein Fleiß zog ihm zwar Lot
wille aber bie fchärfften Züchtigungen zu, und als bie i
den Ältern Nichts mehr von ſich hören ließen, ba ward eı
zeit, aus ber Anſtalt entlaffen und wuͤrde haben umkonm
armer Schuhflicker, der das leerſtehende Schauſpielhaue
zu bewachen hatte, fic feiner erbarmt und an Ihm gei
kannter that. Schr. half jegt feinem Wohlthaͤter Schub:
gewoͤhnte fich aber leider auch den Branntwein an unb m
meinheit zulegt untergegangen fein, hätten nicht der zu
tänzer Stuart und deffen gebildete Gattin ſich feiner aı
flige Ausbildung Sorge getragen. 1759 ließen ihn endl
land nachkommen, um ihn als Lehrburfche im der Hanb
Läbed unterzubringen; ba ber Juͤngling aber weder feſt
burſchen zu machen, noch der Lübedder Onkel ihm zu erna
feinen fi) damals in ber Schweiz aufhaltenden Altern
in Solothurn die Buͤhne wieder betrat, neue Händel n
fih als Schaufpieler und Zänzer ausbildete, feine er
mit Überfegung eines franz. Luffpield machte, mit der €
deutenden Orte der Schweiz und bie Rheingegenden burı
fehr wüftes Leben führte, bis zulegt ber bramfende Moſſ
aus dem unbänbigen Wilbfang ein achtungswerther u
In Hamburg, wohin die Ackermann'ſche Geſellſchaft na
wieber gekommen tar, zeichnete ſich Schr. anfangs vı
und im Luftfpiel aus; fpäter ging er in® tragifche Fach d
ex fich den Ruhm des erſten Kuͤnſtlers f. Zeit erwarb.
Mutter gemeinſchaftlich bie Direction der Bühne, von
ſich losſagte, auch trat er jegt als braniatifcher Schriftfi
„Der Argliftige”, auf, dem bald mehre nad) und nad)
bekanntgewordene Arbeiten folgten, bie zu jener Zeit x
zum Theil, bei unferm bermaligen Mangel an guten Luſ
den, wenn manche unzeitgernäß geroorbene Redewendun
>
Schröder (Sophie) 873
peare’fchen Zrauerfpiele trug er zuerſt mit dazu bei, diefen großen britifchen
r auch auf den deutfchen Bretern heimifchy zu machen. Der Anfang der achts
fahre des vergangenen Jahth. war der glängenbfte Zeitpunkt Schr’. 1780
: er mit f. Gattin eine große Kunſtreiſe durch die Hauptftäbte Deutfchlands,
e Paris und nahm im folg. J. einen vortbeilhaften Ruf nady Wien zu dem
a Doftheater an, wo Kaiſer Joſeph ihn ehrenvoll auszeichnete. Bald ſich
nach dem ihm werth gewordenen Hamburg zurückſehnend, übernahm er von
die Leitung des dortigen Theater, die er bis 1798 führte, wo er fie aber
siederlegte und fich, müde der enblofen Pladereien, denen jeber Theatervor⸗
außsgefest ift, auf ein erkauftes Landgätchen (Relling bei Hamburg) zuruͤck⸗
id hier nur noch theils als dramatifcher Schriftſteller, theils als Vorſteher
eimaurerloge zu Hamburg, fuͤr deren Arbeiten er ein eignes Syſtem begruͤn⸗
ad ſich uͤberhaupt vielfach verdient um den Orden machte, wirkte. Zeitum⸗
der Wunſch eines großen Theils des Publicums und die Einſicht, daß das
flich von ihm begründete Inſtitut unter den Händen von Ungeſchickten dem
‚ange fihon fehr nahe war, bewogen ihn indeß 1811, die Verwaltung der
e von neuem zu übernehmen ; leider entleimte ihm aber aus diefem Ent⸗
e wenig Segen. Er erntete für al feine Mühen nicht einmal den Dank der
Inten Dienge, für deren Vergnügen er ſich und fein Vermögen eigentlich aufs
Gche. farb 1816 den 3. Sept., beinahe 73 3. alt, bedauert von Allen,
nft und Wiſſen zu fchägen mußten. Seine Leichenbeftattung wurde von den
zurern und mehren ber angefehenften Einwohner Hamburgs aufs feierlichfte
vn. Zu f. beften dramatifchen Dichtungen gehören: „Das Teſtament“,
Murkopf”, „Der Fähndrich”. Außerdem bat man von ibm noch viele,
gedruckte, theils im Manuſcript aufgeführte, Schau: und Luftfpiele, mehre
eitungen fremder Stüde, theatralifche Gelegenheitöfachen u. dgl. Eine aus⸗
be Beſchreibung des reichbewegten Lebens von Schr. und feiner vielfachen
mfte um die Kunſt findet man in dem Werke des Prof. F. L. W. Meyer über
yamb. 1819), fowie im 9. Hefte der „Zeitgenoffen”, wo Schint, Schr.'s
d, eine Biographie von ihm einruͤcken ließ, umd in dem Tafchenbuch „Dis
"für 1818, im welchem Böttiger in Dresden des Werft. Verbienfte würdigt.
‚ Werth als Schaufpieler f. auch Tieck in f. „Phantafus” (3. Bd., 2. Abth.)
f. „Dramaturgifchen Blättern‘.
Schröder (Sophie), eine der erften jest lebenden tragifchen Schaufpies
a dee Deutfchen, ©. ©. Hofichaufpielerin in Wien, wurde 1781 in Paderborn
Ihre Mutter, welche ſich nach dem Tode ihres erſten Mannes, des Schau⸗
z Bürger, mit dem ruͤhmlich befannten Scyaufpieler Keilholz verheirathete,
einem Rufe nad) Petersburg. Sie hatte zwar bie damals 12jährige Sophie,
h diefe ſchon ale Kind in kleinen Rollen Talent bewielen, noch nicht für die
e beftimmt ; da aber das Perfonale der Tolli'ſchen Schaufpielergefellfchaft
ersburg fehr befchränft, und zufällig das Fach der jugendlichen Rollen in
und Schaufpiel unbeſetzt war, fo gab fie den Bitten der bedrängten Di:
nah, und Sophie begann in der Ditterdborffhen Oper: „Das rothe
jen“, als Lina ihre theatralifche Laufbahn. In Reval, wohin die Befellfchaft
veifte, heirathete fie als 14jähr. Mädchen den Schaufpieler Stollmers. Hier
fie auch Kopebue Eennen, und fie erhielt auf f. Empfehlung eine Anftellung
n wiener Hoftheater. Sie fpielte damals noch ansſchließend naive Rollen
fiel ale Margarethe in den „Hageſtolzen“ und Bretchen in den „Verwandt:
n’' fehr. Mad) einem Jahre ging fie jedoch nady Breslau, mo fie vorzugs⸗
für die Oper engagixt wurde und befonders als Hulda im „Donauweibchen“
Nüd machte. 1801 unter fehr vortheilhaften Bedingungen nah Hamburg
Rn, betrat fie Hier die Bahn, auf welcher fie jegt al8 ein Stern erker Exit
und doch wohlklingendes Organ, ein wirkſames Auge
Sicherheit entwickeltes Talent. Starkes Betonen und ı
Bulegt heirathete fie den Schauſpleler Kumft, von dem fü
Zwei ihrer Toͤchter find Bierden der Opernbühne.
Schröpfer (Johann Georg), ein Betrüger, de
Jahrth. großes Auffehenmachte. Nachdem er erſt bei einı
gedient hatte, ward er in Leipzig Caffeewirth und fpielte
Freimaurerotden, ben er als ben Weg vorzeichnete, bie mu
kommnen, wenn man bete, fafte, Buße thue, und fo b
felbft mitt dem hoͤchſten Wefen in innigere Gemeinſchaft
fein Benehmen Unruhen. Ex gerieth mit ihrem Vorſt
quill, das er auf ihn machte, 309 ihm eine Injurienklage,
« heit öffentliche Beſchimpfung zu, und am Ende mußte
verlaffen. Defto mehr Auffehen machte er num an verfch
beſchwoͤrer. Daß kuͤnſtliche Vorkehrungen, ein von du
durch dad matte Licht hin» und hergetragener Kerzen er
berauſchende Getränke eralticte Zuftand feiner Jinger I
ben fo unerſchuͤtterlich ſtark machte, ift wol kein Wunde
optifche Spiegel uind die Elektricität hier mitwirkten, ur
Beifall und den Schug, welchen er von einem fehr erlaut
jeben Angriff gefchligt wurde. Wahrfcheinlich war er d
die ihn nachher verließ. Unter ihrem Schuge ging er nach
eine Art von Loge bafelbft für Beifterbefchtoi mo!
mahl, Faſten ıc. die Hauptceremonien machten, und |
daß er, wofür er ſich außgab, eigentlich ein Oberfter v. S
geweſen und Sohn eines feanz. Prinzen fei. Bei alle De
daß er fahe, wie er nicht mehr ohne Schande herauskon
1774 ging er mit 4 feiner Freunde unter dem Vorwar
dentliches zu zeigen, vor Sonnenaufgang in das Rofer
ſich ſeitwaͤrts und erfhoß ſich. Seine Papiere zeigten,
Überlegung that; Geldmangel und gaͤnzliches Verzroeifi
Schröter Schubad 878
ua einer Eifenflange abgehauenen Stuͤcke, baber auch bie Schrotart: ein
zeug, Etwas zu ſchroten ober von einander zu hauen, Schrotfäge ıc. 3) Als
melwort, ohne Mehrzahl, a) Beine Bleikuͤgelchen oder kleine Stuͤckchen ges
8 Eifen, damit aus Feuergewehren zu [hießen ( Dafenfchrot, Wolfsfchrot) ;
—— und ungebeuteltes Getreide ıc. zum Viehmaͤſten (Roggenſchrot,
aſchrot ıc.).
Schroͤter (Johann Hieronymus), Aſtronom, geb. 1745 zu Erfurt, lebte
wfligcath und Oberamtmann zu Lilienthal, einem Dorfe im Herzogthum Bre⸗
Nachdem er zu Göttingen die Rechte ſtudirt, zugleich aber durch Kaͤſtner's
richt die Mathematik und befonders die Aftronomie leidenfchaftlich lieb ges
en hatte, empfing er bie juriftifche Doctorwürde und warb 1778 bei ber hands '
ven Regierung angeftellt. Unausgefept mit ſ. Lieblingsſtudium, der Aſtrono⸗
xeſchaͤftigt, machte er wichtige Beobachtungen und Entbeddungen in allen Re⸗
u des Himmels, hauptfächlich über ten Mond, welcher der Gegenſtand feiner
tenbften Aufmerkfamteit wurde und von bem er einen fehr genauen Atlas les
In feinem Lilienthal errichtete er eine herrliche Sternwarte, die er nach und
nit den beften Inſtrumenten ausflattete. Schon fein 13fuͤßiges Teleſtop ers
Zalande für das befte unter allen vorhandenen. Später verfertigte er mit un⸗
ver Mühe und großem Koſtenaufwande aus eignen Mitteln noch mehre groͤ⸗
Inftrumente, umter denen ein Z5füßiges von bewundernswuͤrdiger Wirkung
ıdem ed 5. B. die ganze Milchſtraße in unzählbar kleine Sterne aufloͤſt. Mit
Iben ift auch ein großer Theil von Schr.'s Entdeckungen im Monde gemacht
m. Im Srühlinge 1813 verbrannten bie Franzoſen den größten Theil feiner
warte. — Die Dauptwerke diefes bid zu f. Tode (29. Aug. 1816) unermuͤ⸗
Bimmelsbeobachter6 find die „Selmotopograph. Fragmente ꝛc.“ (Goͤtt. 1793
02, 2 Bbde., gr. 4., m. Kpf. u. Chart.); „Beite. zu den neueflen aftronom.
ee.’ (Bört. 1788— 1800, 3 Bde., m. Kpf.); „Apbroditifche Fragm. zur ges
rr Kenntniß der Venus” (Goͤtt. 1796, gr. 4., m. Kpf.); „Kronographiſche
mente zur Kenntniß des Saturn“ (Goͤtt. 1808, m. Kpf.); „Hermograph.
nn. 3. Kenntniß des Merkur” (Goͤtt. 1816, m. Kpf.). — S. das Verz. bei
Eus im 3., 5. und 6. Bd.
Schub, Schubwefen, eine in neuerer Zeit eingeführte polizeiliche
»egel, um fich der fremden Bettler, Landſtreicher u. f. w. zu entlebigen, welche
befteht, daß man fie aufgreift und unter Aufſicht von Ort zu Drt und Land
ad bie zu ihrem Geburtsorte zuruͤckſchaffen, gleichſam weiter fchieben laͤßt,
pach den allgemeinen "Mechtögrundfägen der Geburtsort Desjenigen, der fich
ſelbſt ernähren kann ober fich nicht auf eine ehrliche Weiſe ernähren will, zus
: bie Obliegenheit hat, ihn im erflern Falle zu unterflügen, im legtern aber
Zwang dazu anzuhalten.
Schubad (Johannes), einft der Etifter und Chef eines der erſten Hand⸗
.s und Bankierhäufer in Hamburg, geb. dafelbft 1732, geft. 1817, war gleich
Ardig als Menſch und als Patriot. Mit hoher Rechtſchaffenheit, mit einem
ztigen und humanen Charakter, mit gründlichen Kenntniffen und reichen Er⸗
ingen in dem Gebiete der Handlungspolitit, der ſtaatswirthſchaftlichen Öko:
e und ihrer hoͤhern Rechenkunſt, die er mit Worliebe und großer Sicherheit
en Reſultaten trieb, vereinte ficy in ihm die genaue Kenntniß der Finaniſy⸗
ber wichtigften Staaten von Europa, ſodaß, hätten Werhältniffe oder Nei⸗
ihn dazu berufen, er das ſtaatswirthſchaftliche Ruder eines monarchiſchen
8 mit Umficht, Gewandtheit und Gluͤck würde haben führen können. Sein
ſchnell auffaffender Blick in die höhere Staatsökonomie und in den Gang
Beithandels, ſowie feine von Vorurtheilen und Bleinlichen Rüdfichten freien
‚ten, ſowol ber wichtigften Angelegenheiten und Unternehmungen & Sit
—— — — —
lend, dort mit ſchneller und kraͤftiger Wirkfamtrit wie
dem innerlichen Selbſtgefuͤhl feine® geifligen und bürg
ihn dennoch nie ein gewiſſer kindlich befcheidener Gin
Mittheitung feiner Rathfchläge, vielmehr trat er willig
Anfichten Andrer erkannt hatte. Auch das Ausland fi
Mann ; fo erklärt ſich &cy.’6 Einfluß durch Rath und
andrer ihn hierzu auffobernder Staaten. Aus der bei
gung für zwar kraͤftiges, doch flille® und beſcheidenes X
Widerwilie gegen alle® eitle Hervortreten in öffentlichen
vermied gern jebe Öffentliche Belobung und lehnte die
Dienfte ihm angetragenen Titel und Ehrenzeichen beha
ber Kaufmann fland er in der Mitte des vor. Jahrh.
häften. Der Schredenstag des Erdbebens am 1.8
Irömmern eines großen Theils diefer Stadt gegen IC
welchen Sch. wie durch ein Wunder fein Laben vettete,
Lebensjahre, für ihn ein Feſttag, den er mit frommen ü
der Wohithaͤtigkeit an Arme und Leidende bezeichnete
naͤchſten Verwandten und Freunde heiter befchloß.
Schubart (Chriftian Friedrich Daniel), geb.
der ſchwaͤbiſchen Grafſchaft Limburg. Er zeigte anfanı
plöglicy erwachten feine Geiſteskraͤfte, er übertraf bald «
wies namentlich ein beroumdernswerthes muſikaliſches
f. Vater auf das Lyceum zu Nördlingen. Hier las er bi
ſtudirte auch die Werke deutfcher Dichter, befonders I
machte außer latein. und deutfchen Ausarbeitungen a
felbft componirte. 1756 ward er auf die Schule zum
geſchickt, wo er für feinen Kunftfinn Nahrung fand;
Ein zuͤgelloſes Leben filırzte ihn in Schulden. Er kam
nad Haufe. Die Muſik zog ihn bald von ber Theolo
Zeit Hauslehrer aeweſen, fuchte er in Aalen und bei
Schubart (Chriftian Friedrich Daniel) 877
Amts fuͤr verluſtig erklaͤrt und bes Landes vertiefen. Ohne zu willen, wohin,
efi er, nur mit einem Thaler, Ludwigsburg und fam nad) Heilbronn, wo er fid)
Muſikunterricht näherte. Der Bedankte an f. unglüdtiche Familie trieb ihn
Heidelberg, endlich nad Manheim, wo er Gelegenheit fand, fich vor dem
erften hören zu laffen. Sein Spiel gefiel dem Kurfürften, und ſchon wollte
e ihn anftellen, als er durch eine unverfichtige Außerung ſich den Unmwillen des
ben zuzog. Sept nahm ihn der Graf Schmettau bei fih auf. Nachher warb
it dem bairifchen Gefandten, Baron Leiden, bekannt, der ihm rieth, katholiſch
erden. Noch ehe er diefen Rath ausführen konnte, mufite ex auch München
ffen. Nun ging er nad) Augsburg, two er feine bald fehr gelefene „Deutſche
weit" fchrieb. Er gab Unterricht in der Muſik ımb in den Wiflenfchaften,
ıb und dichtete unb gab Lefeconcerte, in benen er die neueften Stüde ber deut⸗
ı Dichter mit dem größten Beifall declantirte. Altes dies wurde ihm reichlich
hie, aber durch Unbefonnenheiten und Ausfchweifungen machte er ſich, befons
unter der Geiſtlichkeit, die er angriff und verfpottete, viel Feinde. Ploͤtzlich
ber auf Befehl des kathol. Buͤrgermeiſters verhaftet und genöthigt, die Stadt
niaffen. Ex ging nad) Ulm, feßte dort f. „Chronik” fort, zog ſich aber auch
wo er fich wieder mit ſ. Familie vereinigt hatte, ebenfo viel Seinde ale Frrum-
Rn. Als angenehmer Geſellſchafter hatte er fic viel Liebe erworben, aber bald
rer auf Anftiften des kaiſerl. Miniftere, Gen. Ried, verhaftet werden, weil er
„Chronik gemeldet hatte, die Kaiferin Maria Thereſia fei vom Schlage ges
t wordm. Sch. wurde auf eine verrätherifche Weiſe ins MWürtembergifche
Pe, zu Blaubeuren (den 22. Sam. 1777) auf landesherrlichen Befehl verhaftet
amf bie Feftung Hohenasperg gebracht. Der Feſtumgscommandant war ein
remann. Er tröftete den Ungluͤcklichen und theilte Ihm geiftliche Bücher, my:
m und theofophifchen Inhalte, mit. Der durch Ausſchweifungen entnervte,
keiden niebergebrücdkte, zur Hypochondrie geneigte und mit einer glühenden
Safie begabte Sch. ward jegt für das Myſtiſche geftimmt. 1778 ward feine
a genſchaft etwas erleichtert. Nachdem er LO Fahre, ohne Verhoͤr, im Kerker
Bar hatte, ward er auf Shrbitte der Karfchin 1787 befreit und zum Director
Tzogl. würtemb. Hofmufit und bes Theaters zu Stuttgart emannt. eine
wgenfchaft wurde ihm als eine Discipllnarmaßregel dargeftellt. Noch waͤh⸗
Geſangenſchaft hatte er f. „Bedichte” herausgegeben, die von f. zahlreichen
iDen mit lebhaften Beifall aufgenommen wurden. In Stuttgart fing er am,
>eutfche Chronik" umter dem neuen Titel: „Vaterlandschronik“, fortzufegen,
feine mufitalifhen Arbeiten und feine Lebensbefchreibung herauszugeben.
er ſtarb nod) vor Beendigung ber legten 1791 im 52. 3. feines Alter. —
war kein claſſiſcher Dichter und Profaift, aber ein genialer, Eräftiger Kopf,
Mine fonderbaren Schidfale, feine Werirrungen und Thorheiten ebenfo mer;
g machen als f. Talente. eine „Chronik war ein echte® Volksblatt über
ik, Literatur, Kunſt und vaterländifcdye Sitten, das durch nie verfiegende Laune,
Keftändig abwechſelnde Formen, durch Freimuͤthigkeit, Faßlichkeit und Derss
€ anzog. Sie kam heraus von 1774—78. Seine ſaͤmmtlichen Gedichte,
Ger vielem Schwuͤlſtigen, Rohen und liberfräftigen auch viel Volkéemaͤßiges,
zes und Erhabenes enthalten (man erinnere ſich des „Hynmus auf Friedrich
Sroßen”, der, Fuͤrſtengruft“, des „Ewigen Juden“ und des Eräftigen Vollko⸗
= „Auf, auf, ihe Brüder ꝛc.“), wurden zu Frankfurt a. M. 1787 in 2 Bin.
Bgegeben (eine neue wohlfelle Ausg. ebendaf. 1824, 3 Bbde., 12.) Gem
ı , ©. preuß. Legationsrath zu Rürcnberg (ft. 1812), gab auch 1806 zu Wien
Kt. Frieder. Daniel Sc ubart’d Ideen zur Aſthetik der Tonkunſt“ und bie
maifchten Schriften” f. Waters (Zürich 1812, 2 Thle) heraus, gleichfalls vo
er Anfichten und Urthelle, wenn auch fragmentarifc.
— — —
Vteis WEGEN DET VON DET veri. ataveme DET inench
über den Anbau ber Futterfräuter erhielt. Diefeb Ber
‚den Namen eines Edlen v. Kleefeld. (Ex flelite mm el
wirthſchaft auf, deffen Grundlage war: —
ber But» und Triftgerechtigkeiten, um dadurch den Fu
‚gen, ber dann die Mittel A größere Viehſtaͤnde auf
auf biefem Wege mehr Düng ung zu ——ñ— Hg
doppelt und ber Anbau andrer nüglichen Gewaͤchſe
Auch brachte er den Kabadebau, Krappbau und a
Beifpiel in Aufnahme. Geine wichtigften Werbefferuz
feinen Okonomiſch· kameraliſtiſchen Sqhriften (Reipy
Dionomiſchen ‚Briefmechfel” (Ebendaf. 1786, 4 Def
ahmer, wiewol feine Heftigkeit und Undulbfamteit ihm
Unter ben Verbeſſerern ber Landwirthſchaft wirb er im
behaupten. Ex flarb den 24. Aprii 1787; [. Biogeapt
Schubladenſtück (piece à tiroir), fo nenn
ſches Stüd, welches aus lauter ſodiſchen Auftritten
Verbindung haben oder nur vermöge einer unbedeut⸗
werben, 3. B. Kotzebue's „Unglädtihen”, die bekann
zur Kumfl“, „Proberollen ıc.".
Schubiehen, Schupflehen, Fallleh
welche bie Inhaber nur auf eine gewifſe Zeit, meiſt au
der Grundhert fie wieder einziehen kann, wenn er will.
Worte ſchleben hergeleitet, weil die Exben folche Lehen
erhalten, fonbern fie von dem Lehnsherrn gleichſam weg
Schude roff (Ionathan), Dr. der Theologie,
rath (1824), Superintenhent und Oberpfarrer zu Ri
zu Altenburg am 24. Oct. 1766. Schon als Prebige
(feit 1790) trat er nicht nur als philoſophiſch · paͤdagogi
„Briefen über die moraliſche Erziehung In Hinſicht a
(1792) und „Etwas zur Beherzigung für Mütter vor
ml DRAIEMT aeeF_ Enschame salnta manch Calna mantunrta Mia
Schuh Schulclaſſen 879
ichen Evangelien bes ganzen Jahres“, ſondern auch mehre muſterhafte Car
en, welche insgeſammt ihrem Verf. einen ehrenvollen Platz unter Deutſch⸗
kanzelrednern ſichern. Auch durch ſ. „Communionbuch für gebildete Chris
6 allen Ständen” (2. Aufl., 1816) ſuchte ex den Geiſt wahrer chriſtlicher
fität zu verbreiten. Seit 1802 fing er an das „Journal zur Wereblung
edigers und Schullehrerſtandes, des öffentlichen Religionscultus und des
pefens‘' herauszugeben, weiches unter diefem Titel bis 1808 ununterbrochen
am, feitbem aber als „Neues Journal u. f. w.“ noch jetzt fortgefegt wird,
lches ebenfalls mehre gediegene Auffäge des Herausgebers enthält, ber aber
gleich noch andern theologifchen, afcetifchen und Britifchen Zeitfchriften feine
ihme widmet und mit Roͤhr und Schleiermacher ein „Neues Magazin von
Belegmbeits » und andern Predigten“ feit 1823 herausgibt. Ohne Zweifel
inſch, die evangel. Kirchen in einer fledeniofern Beftaltung zu erbliden, ver:
ihn 1809, „Über Kirchenzucht, mit befonderer Hinficht auf die proteftant.
Vorſchlaͤge zu thun, welche zum Theil vieleicht aus Mißverſtand feiner
‚ zum Theil aber aus Gründen, welche bie entgegengeſetzte Anficht darbietet,
Biderfpruch fanden, der zu Gegenerklaͤrungen Anlaß gab. An diefe Schrift
n ſich einige andre an, als: „Anfichten und Wünfche, betreffend das prote⸗
ye Kicchenwefen und bie proteftantifche Beiftlichkeit‘ (1814), ‚Briefe über
oteftantifche Kirchenwefen” (1815), „Grundzüge zur evangelifch » hriftt.
werfaffung und zum evangel. Kirchenrechte“ (1817). Doc) nicht nur über
befferung des Kirchenmefens, über bie Vereinigung der beiden proteftant.
ſprach Sch. feine Anfichten in Schriften oder einzelnen Auffägen freimuͤ⸗
6, fondern auch in f. „Nebenftunden” (2 Bde., Ronneburg 1823 u. 1825),
über manche der Beherzigung werthe Gegenſtaͤnde fein von pſychologiſchem
blick zeugendes Urtheil ab. Selbft „Fuͤr Landesverfchönerung‘‘ ſprach er
: unter biefem Titel 1825 erfhienenen Schrift und empfahl fie dringend,
us dem Geſichtopunkte der Pflicht und Religion betrachtet. Einige mit
eiſte der Freimaurerei ihm nicht vereinbar [cheinente Wahrnehmungen ver:
n ihn, in einer kleinen Schrift: „Über den dermaligen Zuftand der deut:
reimauterel” (Monneb. 1824), darauf aufmerkfam zu machen. Er glaubt,
ee Bumanitätsverein einer neuen Geſtaltung nach beftimmten Zweden bes
Auch die anonymen Schriften: „Die Märtyrer der Liebe, von 3. S.“,
lichard und Augufte, ein Roman in Briefen‘‘ (1805), find von ihm verfaßt.
a feiner Gemeinde und f. Wirkungskreiſe betvogen ihn, mehre ehrenvolle
e zu andern Ämtern, wie zu der Beneralfuperintendbur im Altenburg, abzus
11.
hub, f. Fuß.
5chulclaffen nennt man bie verichledenen Abtheilungen der Schüler für
ed des Unterrichts in befondere Zimmer. In manchen Schul gibt es
in mandyen weniger folcher Claffen ; in manchen Schulen auf dem Lande
kleinen Städten find fogar bie geſammten Schulkinder verfchiedenen Alters
in einer Glaffe beifammen. In Bürgerfchulen theilt man gewöhnlich die
ıte Schuͤlerzahl in 3 oder 4 Claffen, welche bei einer zu großen Schuͤlerzahl
Ihre Nebenabtheilungen (Colonnen, Chöre oder mit einem andern Namen
te Abtheilungen) haben. In Gelehrtenfchulen gibt es gemeiniglih 4 —
en. Auch die Grundfäge und Regeln, nad, weldyen bie Gtaffification, d. i.
theilung der Geſammtzahl von Schülern einer Schule in einzelnen Haufen
t, find nicht überall biefelben; baher es auch verfchiebene Schulclaſſifica⸗
teme gibt. In manchen Schulen beflimmt dem Schüler die Rüdficht auf
aͤhigkeiten, Geſammtwiſſen und fittliche® Verhalten, in andern die beſon⸗
ickſicht auf deffen Kortfchritte in einzelnen nach dem Zwecke der Schule Für
bart ein päbagogifches Gutachten über Schulcaffen un!
ber Idee des Hrn. Regierunger. Graff, befanntgemaı
weichem auch die Gruͤnde, weiche ſich für und gegen B
fiems auffinden laffen, erwogen find.
Schuld heißt nicht nur im juribifchen Sinne D
rechtlich (5. B. durch Contract) zu leiften verbunden bi
Ye iteßet ober der Mangel an Sorgfalt, um dei
Anſpruch genommen werben Bann (oulpa, im Begenfa
fen Abſicht), ſondern man verfteht auch darunter in mn
fittlichen Untoerth, welcher durch· die Michtachtung des
— oder das Boͤſe, was ber Menſch fich als freies
bat. Zur Schuld, wie zu dem emtgegengefepten Wer
feeier Urheber feiner Handlung, und die Größe feiner €
Größe feines unfittlihen Willens.
Schuldfhein (Schuldverſchreibumg, Obliga—
eine Schrift, worin ein Schuldner bekennt, daß er dei
Sache ſchuldig fei. Weil, beſonders bei Darlehnsvertrd
häufig dem Gläubiger Schulbfcheine ertheilt werden, eh
das Darlehn wirklich vorgeftredt hat, fo ift die Bemweisi
befdyränet worden, und es ſoll ein folder Schulbfcheh
Jahre gegen ben Ausfteller beweiſen, felbft wenn in de
lich die Auszahlung des Darlehns anerkannt iſt. Vor Al
Schuldner ſich nicht bloß mit der Einrede des nicht gez
Tann auch den ausgeſtellten Schein mittelſt einer Klage zı
geleifteter Zahlung des Darlehns ift es daher für den GL
außer dem Schuldſchein noch eine befondere Quittung I
laffen, ober bie Zahlung beffelben in Gegenwart zweier «
an den Schuldner zu leiften, teil ihm fonfl, wenn de
den Empfang des Geldes leugneten, bie Beweislaſt ob
Beweis zu führen, genügt e6 übrigens, wenn ber Glaͤ
der Schuldner ihm Binfen_ bezahle babe. Auch if m
Schule Schuͤle 881
bat, fie zuruͤckzufodern. Öffentliche, d. b. vor Gericht außgeftellte und bes
? Schuldfcheine und Quittungen bebürfen jebody Eeine® Ablaufs von 2 Jah⸗
rw 30 Tagen, um gefeßliche Beweiskraft zu erlangen.
Echule nennt man in der Reitkunft die künftlichen und regelmaͤßigen Gänge
ferdes, foroie die Art und Weile, die der Reiter zu beobadıten hat, das
gehörig zu regieren und es feinem Willen gemäß zu leiten. Das Zureiten
ferde gefchieht gemeiniglich auf befondern mit Sand und Kies befchütteten
r, die man Reitbahnen nennt. Ein in der Schule zugerittene® und in der⸗
gebrauchtes Dferb heißt Schulpferd, und ſchulgerecht reiten, den Res
weldye die Reitſchule vorfchreibt, gemäß reiten. In ähnlicher Bedeutung
man in der Mufit Schule die gehörige Methode im Singen oder Spies
$n einer andern Bedeutung tedet man von Schulen der Philofophen ımb
er. (S. Malerſchulen.) Dier bezeichnet man bamit einen Kreis von
men, welche durch Anfichten oder Methode eines originellen Lehrers cder
es, welchen fie bei ihren Werken gefolgt find, oder durch Nationalität eis
zueinfchaftlichen Charakter angenommen haben. Mit der Schule iſt etwas
»flanztes und ein Feſthalten an einem leitenden Einfluffe Deffen verknuͤpft,
wir zu einer Schule rechnen. Doch fchließt dies weber Freiheit noch Eigen»
h keit der Bildung aus.
5chuͤle (Johann Heinrich, Edler v.), einer ber beruͤhmteſten deutſchen
zuten, wurde 1720 zu Kuͤnzetlau im Hohenlohiſchen geb., wo fein Vater
zelfchmied war. Seinen nachmaligen Wohlftand und Ruhm verdantte er
zen frühen Fleiße, feiner unermübeten Thaͤtigkeit und feinem unabläffigen
m. 1739 kam er nad) Strasburg in die Lehre und 1745 als Dandlungss
dach Augsburg, wo er fi) kurz darauf verheirathete und dadurch neben ei-
waen Daufe eine Ausfchnitthandlung von ungefähr LOOO Bulden erwarb, da
mes Vermögen nur aus 10 Dukaten beftand. Nun erweiterte er in kurzem
Dandel, widmete fidh beſonders dem Wertriebe von Cattun und Bembaſin
muterte die Weber zur Wereblung ihrer Waare auf, wodurch der Umfag in
Artikel bald ein neues Leben erhielt. Anfangs lieb er feine Waaren in Ham⸗
wen, aber 1753 fing er an, fie in Augsburg felbft einmalen zu laffen, und
Damburger zu viel Lohn verlangten, legte er 1759 eine eigne Zitzmanu⸗
A, deren Erzeugniſſe wegen der Zeichnung, Friſchheit der Karben, fau:
Parbeitung und reinen weißen Bleiche weit mehr gefucht waren als bie
Then und englifhhen. Ex fegte von 1745—66 bloß durch den Verbrauch
unen, f. Gewinn ungerechnet, in Augsburg die Summe von 3,750,000
in Umlauf, während welcher Zeit die augsburgifchen Weber für ihn
D Stuͤcke gewebt und dafür 1,233,000 Gulden erhalten hatten. Ein Pros
dem Magiſtrat und der Weberzunft, wegen ber Einfuhr oftinbifcher Cat⸗
Deicher erft 1785 geendigt wurde, veranlaßte ihn, 1766 nach Deidenheim
Etembergifchen zu gehen, von wo er jedody 1768 wieder nach Augsburg zu⸗
Te. Er vervolllommnete nun feine Cattundruderei immer mehr durch Er⸗
neuer Farben und Mufter und führte das ſchoͤne Gebäude vor dem rothen
uf. Schon 1772 erwarben ihm feine Werdienfte den Adel, ben Titel eis
rl. Wirklichen Rathes und ein Privilegtum, daß feine Zeichnungen und
> von keiner andern Fabrik follten nachgemacht werben dürfen, und daß er
wein ſolle, feine Zige befonder® zu bezeichnen , fowie auch feine Fabrik unter
"am Ealferl. Schug fiehen folle. Ungluͤckliches Zufanmentreffen von Un:
and fein vielleicht zu unbiegſamer Charakter brachten biefe berühmte Fabrik
wu nach und nach ins Stoden, und er flarb, feinen Ruhm überlebend,
m jiemlich dürftigen Umfländen. Seine großen Fabritgebäude in Augsburg
En eine Tabacksfabrik umgewandelt.
Per. Siebente Aufl. BB. IX, 55
amd im Augenblide der Not verſtaͤndig eingreifen fü
Soche ihrer bedarf, fo muß der Zugang zu Kenntı
Fi dem Niebrigen und Minderbegabten offen flı
ſrundſatze entfprechen, zeigt uns bie Geſchichte er!
Welt überließ Erziehung und Unterricht dem hust
Eterbte und Erworbene forfgepflangt und erhalten. ©
thum oder der Despotiemus der Könige über die Wi
eiſt Schulen fuͤt die Söhne der Großen und Priefter
ſterſchuie wurde Mofes, im einer Erziehungsanftale
bildet ; bie indiſchen Braminen pflanzten ihre Weisl
Gefegkundigen unter ben Hebrdern In den Propheten
nagogen und Mabbinenfhulen, wo wibegierige IL
verfammelten. Die Bildung war gefchlofien und U
terricht beſchraͤnkte fid auf kehrgeſpraͤche Leſen, %ı
helliger Buͤcher. — Mehr geſchah unter den Griech
ten in ihren Staͤdten Knaben und Mädchen leſen,
kelſchulen, denn die Geſetzgebung überließ die Biidi
Wilke, umd was Lykurg in Sparta veranftaltete,
siehung abgefehen. Juͤnglinge, die nad) etwas Hi
Unterricht der Philoſophen und Sophiſten, deſſen fch
Gefprädhe find. Das Landvole Slieb in Unmiffenke
mo mm um 300 v. Chr. Knabenſchulen für bie S
Gäfar’s, der den Lehrern das Wärgerredht ertheilte,
Grammatiter hatte. Hier wurde bie latein. amd grie
Ieent, und von ben Stammatikern gingen fähige Ji
rem über, bie, wie Quintiflan, fie durch Medeübım
fentlichen Berebtfamkeit bitdeten. Ein gesrbnetes Sc
Völker des Alterthums nicht. Die Schul waren
oder Privatunternehmungen. Kalfer Vefpaftan Fifi
mifchen Juͤnglinge fie den Staatsdienſt öffentliche Pı
Rhetorik mit beftimmter Wefoldtmg, und 1501. G
Schulen 883
ı bem Unterricht neuen Stoff und Schwung gegeben. Zuerft im Orient von
Beiftlichen ausgehend, kam er allmälig ganz in ihre Hand und unter Ihre Auf:
Wo es Chriften gab, errichteten fie Schulen für Katechumenen in Städten
in kleinern Flecken, und zur Bildung der Geiftlichen in einigen Hauptftäbten
Katechetenfchulen, von denen im 2. bis zum 4. Jahrh. die zu Alerandria die
ndfle war. Seit dem 5. Jahrh. fcheinen jedoch diefe höhern Lehranſtalten er:
n ımd an ihre Stelle die Epiſkopal⸗ oder Kathedralfchulen gekommen zu fein,
| die für ben geiftlichen Stand beftinimten Sünglinge neben dee Theologie die
7 freien Künfte lernten, naͤmlich Grammatik, Dialektik, Rhetorik (Tri:
‚, Arithmetit, Gecmetrie, Aftronomie und Mufit (Quadrivium), wie fie
rikaner Marcianus Capella 470 zu Rom dürftig genug in feiner „Encyklopaͤ⸗
ehandelt hatte, welche bei LOOO J. Lang das herrfchende Schulbuch in Europa
Die Kaiferfchulen verloren ſich, da in der Zeit der Völkerwanderung die Ve:
gen außblieben, theils in die Kathedralſchulen, theils in die ftädtifchen Pa-
Schulen für Knaben und Juͤnglinge aus allen Ständen, worin auf Lefen und -
iben der nun beliebte encyklopaͤdiſche Curſus des Trivium folgte, daher fie
in den Namen Trivialſchulen erhielten. — Bedeutender als diefe Anflalten
ra feit dem 6. Jahrh. die Klofterfchulen, die anfangs bloß Pflanzftätten für
doͤnchsleben waren, bald aber auch als Bildungsanftalten für die Laien bes
nurden. Die Benedictinerktöfter In Itland, England, Frankreich und
Hland glänzten von dem 6. bis in das 11. Jahrh. ala die Dauptfigederneuern
Kihen Bildung. Die Zucht war hart und moͤnchiſch, der Unterricht aber
eſſer ats in andern Lehranflalten, theils wegen des öftern Zufammenfluffes
Licher Köpfe, die ſich dem Moͤnchsleben zumendeten, theils wegen der ber:
@legenheit, bei dem befländigen Verkehr der Kiöfter unter einander und ber
gung fchreibfeliger Geiftlichen in ihnen, zum Beſitze anſehnlicher Biblio⸗
au gelangen. Einzelne Iehrhafte Priefter und Mönche zogen weit her Schuͤ⸗
fich. Bor andern berühmt roaren die Klofterfchulen zu Armag und Gloghar,
iterbury, VYork und Weftminfter, zu Tours, Rheims, Clermont, Paris,
zlburg, St.Emmeran in Regensburg, Hersfeld, Korvei, Fulda, wo
LE Maurus, der größte deutfche Schulmann des 9. Jahrh., lehrte, Dir:
and St.⸗Blaſien auf dem Schwarzwald ıc., aus denen bie Gelehrten jener
umderte bervorgingen. Sie gaben der ſcholaſtiſchen Philofophie (Schola-
hen die Lehrer an den Kiofterfchulen) Geftalt und Namen und wetteiferten
um biſchoͤfl. Kathebralfchulen, doch immer mehr zum Vortheil bes Priefter:
als der allgemeinen Nationalbildung. Diefe hatte Karl db. Gr. bei der Vers
xg im Auge, die er 789 zur Verbefferung des Schulweſens für die Völker
weiten Reichs ausgehen ließ. Nicht nur jeder Biſchofsſitz und jedes Klo:
iondern auch jedes Kicchfpiel in Städten und auf dem Lande follte eine eigne
w haben, jene zur Bildung der Geiſtlichen und Staatsbeamten, dieſe für die
w Stände. (Vgl. Landfhulen) An feinem Hofe errichtete Karl eine
Mie ausgezeichneter Gelehrten, von denen er felbft lernte und in der damit
gdenen Doffchule (Schola Palatii) feinen Prinzen und andern fähigen Kna⸗
wligen und unabeligen Standes Unterricht ertheilen ließ. Dieſen beiden mit
Hoflager berummandernden Schulen feste er feinen gelehrten Sceund Al⸗
Xf.d.) als Rector vor. Auch die Damen feines Hofes nahmen an bem Un:
E: Theil, wie denn mehre Frauenkloͤſter in der Sorge für die Bildung ihre®
Echts hinter den Moͤnchskloͤſtern nicht zuruͤckblieben, und die Fräulein Latein
z, wie jegt Franzoͤſiſch. Karl führte felbft die Oberaufficht über die Schu:
wes Reichs, lieh fich Berichte einfenden, ſtellte Unterſuchungen und Pruͤfun⸗
X amd hielt dem Schuͤlern feiner Hoffchule in eigner Perfon Ermahnungste:
— Da bie Geiftlichkeit an den Kathedral: und Demtichn Keim 2 IR.
56
t
— —
Eduard der Bekennet fie wiederherzuſtellen ſuchte, allmd
Inzwiſchen hatten bie Rabbinenſchulen der Juden ir
felbft in Europa, wo es zu Lunel In Frankreich im 7.
Spanien im 10. und 11. Jahth. juͤdiſche Akademier
ſchaftlichen Bildung bes Alterthums fortgepflanzt, umt
ſchmack feit dem 9. Jahrh. die Schulen der Araber in
ſchen Khalifat und in den ſpaniſch⸗mauriſchen König:
Fottſchritte in den mathematifchen und mebicinifhen W
naͤchſt dem Süden des chriſilichen Europa mit. Im
den Gothen und Longobarben eingeriffenen Barbarel er|
wieder Schulen für die größern Städte angelegt hat
Frankreich, wurde beim Entftehen der Facultaͤtsſchulen
dung bemerklich. Zu Salerno, Montpellier und Sei
und die naturhiftorifhen und mathemat. Werke der €
chriſil. Gelehrten geſucht. Dagegen gab die Ausbildun
Anlaß zur Gründung befonderer Rechtsſchulen, unter
den größten Ruf erlangten. Das Privilegium der akı
ches erftere 1158 vom Kaifer Friedrich I. erhielt, wu
faffung der Univerfitäten, die im 12. und 13. Jahrf
auch ſolcher unabhängigen gelehrten Körper, um in jen
und Üppigkeit der Geiſilichen Stifte = und Kloſterſchul
neue Lehrer zu bilden und den Geſchmack ber Völker fl
Altein auch hierbei konnte es nicht an kirchlicher Einf
Anfange des 13. Jahrh. die Bettelmöndye nicht nur m
len verbanden und in ben flädtifchen Pfarreien als Kind
fi) auch als Lehrer in die Univerfitäten einzubrängen wı
res Ordens und die Macht des Papſtes zu erhöhen. —
des Schulweſens im Mittelalter keineswegs fo blühen!
früherer Jahrhunderte und nach Karls d. Gr. Anftalte
die Stelle de& freien Vortrags kam ſelbſt in hoͤhern
Dictiren; Gedaͤchtnißkram galt für die Gelchrfamtei
Schulen 885
keſen, Schreiben und das Trivium gelehrt wurde. Für biefe, und da bie
lei und Pfarrer aufgehört hatten, fic mit dem Jugendunterrichte zu befkhäfs
auch für die Stifts⸗ und Pfarefchulen wurden herumfchweifende Mönche
tubdenten zu Lehrern angenommen. Hierdurch bildete ſich ein Schuilehrers
ber zwar dem geiftlichen Stande (welcher damals allein im Beſitze gelehrter
ig war) angehörte, aber durch feine zunftartigen Abftufungen umd durch bas
zberbende Wandern von Ort zu Ort einen eignen, handwerkẽmaͤßigen Cha»
erhielt. Die Schul: und Kindermeifter wurden von den Stabträthen und
m auf Jahresfriſt ober vierteljährige Auflündigung gebungen, und mußten
daßgabe der Kinderzahl felbft auf ähnliche Weife Gehuͤlfen annehmen und
efolbung mit ihnen theilen. Diefe Unterlehrer oder Befellen (Locati, weil
ungen wurden, Stampuales, weil fie den Elementarunterricht ertheilten)
auch wo das Patronatrecht den Stadtraͤthen zuftand, nebft ihren Mei⸗
m Pfarren ımtergeben, welche fie als Schreiber und Kirchenbiener brauch»
Bisweilen hießen die Schulmeifter, welche Latein lehrten, Rectoren; die
hrer, denen der Unterricht im Bingen, Lefen und in der Religion (Aus
lernen des Glaubens, der 10 Gebote, der Gebete und Pfalmen) anvers
yar, Santoren. — Aus biefer Abtheilung entftand in Deutfchland ber Uns
d der Latein. und deutfchen Schulen, welche feit dem 16. Jahrh. entweder
yon einander getrennt, ober, wie an ben meiften Orten gefchab, durch Ans
j von Gonrectoren und Subrectoren als Gehülfen des Rectors beim Unters
den claffifchen Sprachen und durch Einführumg der Anfangsgrände bes Las
ven in bie untern Glaffen als ein erweiterte Ganze zufammengefchmolzen
t. Die größern Zöglinge der Oberclaffe wanderten häufig von einer Schule
bern und trieben als fahrende (reifende) Schüler unter dem Volke allerlei
Aige Künfte mit Schaggräbereien, Mummereien und Hanswurſtiaden, da⸗
bald Histriones (weil fie, wie in Frankreich die Songleurs und Gaillards,
ten Schaufpielerbanden bildeten), bald Bacchanten (Vacantivi, Muͤßig⸗
) genannt wurden. Gewoͤhnlich führten fie jüngere Schüler mit fich, welche
mit Leib und Leben angehörten, Knechtsdienſte leiften, und wenn es eben
andern Ermerb gab, durch Betteln und Stehlen (Schießen in der Burſchen⸗
, daher diefe kleinern Schüler Schügen hießen, wovon der Spigname
chuͤten) Unterhalt verfchaffen mußten, ohne davon mehr zu bekommen, al6
wannen ihnen aus Gnade zumarfen. Im 14. und 15. Jahrh. war das Un:
ieſer ſcholariſchen Landftreicher und Banden, unter denen es oft 3Ojährige
mten gab, bie noch keinen latein. Autor erponicen konnten, in Deutſchland
flen; fie machten, weil ihnen als angehenden Studenten das Degentragen
: war, die Straßen unfiher und flörten nicht felten die öffentliche Ruhe.
e etwa Lernens halber in einer Schule verweilten, fanden fie mit ihren
en Derberge in den Lehrzimmern und auf den Kichhöfen, und lebten von
oblthaten der Buͤtger. Auch kam ed, wo an einem Orte mehre Schulen
ven, zwiſchen den beiderfeitigen Schuͤlern bisweilen zu förmlichen Fehden,
ch Weiſe des Fauſtrechts biutig entfchieden wurden. Noch im Anfange des
ihrh. beklagt Luther, daß folche verwilderte Menſchen Lehrerftellen erhielten;
neiſtentheils ließen nur Bacchanten, bie kaum eine Univerfität gefehen hats
ch als Locaten und Schulmelfter dingen, dagegen edlere gelehrte Juͤnglinge
eiftlichen Pfruͤnden und akademiſchen Lehrämtern ſtrebten. Einzig in ihrer
r in der Geſchichte des Schulweſens diefer Zeit die fromme Bruͤderſchaft ber
'npmianer (f.d.). Sie beftanden aus Klerikern und Laien, melde u:
t lebten und ſich teils mit Handarbeiten, theils mit bem Unterrichte in den
!ifter errichteten Schulen für Knaben und Mädchen befchäftigten. Diele
Lefen, Schreiben und näglihe Handarbeitn; Fr wigtegterige Karten
erpnawisse vneny sieben WUntuysan
‚gegen Ende des 15. Jahrh. durch die von Konrad Celtes
Geſellſchaft für die Wiedererweckung der großen Alten
geiftiger Lupus der Großen und Gelehrten; body kam
mann von Bafel, Tübingen, Heidelberg und Witten
und Melanchthon's Auftritt Deutfchlande Lehrerin m
und Plan der Reformatoren, melde durch die Schu
1529 das vorleuchtende Beifpiel einer ernſtlichen Sorg
ten gaben, gründeten nun die Stadträthe Gymnaſien u
ten Lehrern. Das eingezogene Kirchengut ward in |
Schüler verwendet. Schulmänner, wie die Rectorer
1589), Friedland, genannt Trotzendotf, in Golbbe
Nümberg (ft. 1568), Neander in Ilefeid (ft. 1595),
diker um ben Schulunterricht und die Zucht weitwirkeni
Buchdruckerkunſt vervielfältigten Autoren kamen in d
‚Herummandern berfelben hörte auf, und jenes wilbe,
der Profa eines wiſſenſchaftlichen Geiſtes, ber den al
verdrängte. Nur die Klofter:, Stift: und Trivial
ben noch in ben bürftigen Schematismus der 7 freien J
Abenteuerlichkeiten ber ſcholariſchen Lebensweife früher
nur noch die wegen der Übung im Lateinſprechen nuͤt
nun errichteten. Singecydre und Currenden, bie feftliche
Gregoriudumgang, welde Mittel zur Unterftügung d
ler wurden, und ber dem beutfchen Zunftwefen fo nahe v
Auch für die Mädchen errichtete man In den Städten b
in proteftantifchen Rändern auf den Dörfern Schulmei
muß zu lehren. — Während ſich nun fo im 16. Jal
ein planmäßig geordnetes Schulwefen bilbete und bie al
ſelbſt in Meinen Landftäbten befeelten, erhoben ſich g
dert6 umter den Katholien die Jefuitenfhulen, die bı
und methodifchen Geift bald das Übergewicht Über bi
ihrer Kirche erhielten und felbft bie Fiferfucht vroteſtan
Schulen im 18. Jahrh. 887
uiten nur folche Knaben aufnahmen, die brauchbare Glieder ihres Ordens
den verfpradhen, und bald zeigte es ſich, daß fie e6 bamit nicht auf wahre
benbildung, ſondern auf eine Abrichtung ber Jugend für ihre herrſchſuͤchti⸗
see angelegt hatten. Doch erwarben fie ſich das Verbienft bei der ſchnellen
itung ihres Ordens, das Licht einiger wiffenfchaftlichen Bildung in bie ent:
en, finfterfien Gegenden zu bringen. In Spanien und Stalien waren ihre
ern lange die beften, in Ungarn und Polen neben den Kloſterſchulen und ben
en ber Piariften die einzigen, felbft Amerifa und Ajien nahmen duch) ihre
nen Theil an den Sortfchritten der neuern europäifhen Bildung. Diefe
ideß im 17. Jahrh. bei weiten nicht fo ſchnell von ſtatten als im vorher:
en. Das ſtrenge Halten auf orthobore Kirchlichkeit, das Heftige Streiten,
fe Dogmatismus felbft in ber Philologie und die kleinliche Spibenftecherei
fich von den Univerfitäten höhern und niedern Schulen mit. Die Gymnaſien
ceen erflartten in den Formen der Grammatik, die Zrivialfchulen hielten es
m größten Ruhm, ihnen darin aͤhnlich zu fein, bie unterften Volksſchulen
der elmden Kührung verdorbener Studenten und Scholaren oder unwiffen»
indwerker und Bedienten preisgegeben. Kaum wurde irgendivo eine andre
zkraft der Kinder geuͤbt als das Gedaͤchtniß, burbarifche Härte der Zucht
erfegen,, was den Lehrern an Achtung und Liebe der Schüler abging. Über⸗
tfprengte der dreißigjährige Krieg manche Schule auf lange Zeit, wilde
irmerei zerflörte von beiden Selten, was Frömmigkeit und Sachkenntniß in
a Zeiten gegründet hatten. Dabei war das Beftreben des Schullehrerſtau⸗
ih jeber kirchlichen Bevormundung zu entziehen, beſonders unter den Pros
m fichtbar. Durch Verheirathung waren manche Lehrer ſchon vor der Mes
ion aus dem geiftlihen Stanbe getreten, und ba bie neuen Schulen meift
eitlichen Obrigkeiten abhingen, fo vermweltlichte fidy auch der in ihnen herr»
Geiſt, und ber Grundſatz der alademifhen Ungebundenheit trat an bie
ber Eiöfterlichen Zucht, die überhaupt nur ba erhalten werden konnte, wo
hüler in Erziehungehäufern , wie in den Kürften : und Klofterfchulen und bei
fuiten, zuſammenlebten. Inzwifhen forgten um biefe Zeit einige hervor»
epaͤdagogiſche Schriftfteller,, wie der engl. Kanzler Baco und ber landfluͤch⸗
iſchof der mährifchen Brüder, Amos Gomenius (f.d.), für eine zweck⸗
se Einrichtung des Unterrichts. Auch gab es damals einen pädagogifchen
und Abenteurer, Wolfgang Ratich, der mit neuen Lehrmethoden an den
berumreifte, das Heil ber Menſchheit vertündigte, wie Baſedow, und enb»
14 durch fürftl. Freigebigkeit bis zur Errichtung einer Normalſchule zu Kos
um, die aber bald wieber fpurlos unterging. Die durch folche Rathſchlaͤge
erſuche empfohlene Bildung des Verſtandes und der Einbildungskraft ging
weniger in das Leben der Schulen ale in bie Privaterziehung ber höhern
e ein.
Kehr Einfluß erhielt gegen das Ende des 17. Jahrh. der durch Kenelon und
e (vgl. Pietismus und Auietismus) aufgeftelite Grundſatz der Ans
keit und frommen Befchauung, aufden A. H. Franke(ſ. d.) f. Stiftungen
te. Schulmaͤnner feines Geiſtes verbreiteten ſich in ber erften Hälfte d. 18.
von Halle aus über das ganze nördliche Deutſchland; Klofter- Bergen bei
Iburg warb eine Mufterfchule diefer Art für Studirende, und auch in bie
I: und Randfchulen Drang neben der Anbächtelei biömeilen etwas von den Frans
ı Methoden. Doch ftand e8 im Ganzen um das Volksſchulweſen viel ſchlech⸗
um die Gelehrtenfchulen, wo, wenn auch oft ohne Geſchmack, Latein und
ſch tuͤchtig erlernt wurde, denn die humaniftifche Bildung galt in den Augen
ehrten noch als die einzige. (Vgl. Human.) Die von Baco und Mon»
imgeregte Idee einer der Natur und allgemeinen menſchlichen Beſtimmung
888 Schulen im 18. Jahrh.
angemeffenern Lehr» und Erziehungsweiſe erhieit um diefe Zeit eine v
Entwidelung durch Locke md Rouffeau (5 d.), und ber Philan
Baſedow's und feiner Freunde verpflanzte fie in der 2. Hälfte d. 18.
deutfchen Boden. Hier fand bie praktifche Richtung biefer Erzieher,
Bildung der Tugend für den verftändigen Genuß und bie Geſchaͤfen
Lebens beabfichtigten und auf die Brauchbarkeit in der bürgerlichen Beft
arbeiteten, bei der nicht gelehrten Leſewelt großen Beifall. In die geld
len, wo bisher neben dem alten Sprachen nur Mathematik geduldet n
kam nun burdy biefen Einfluß der faft ganz vernachlaͤſſigte Unterricht ü
kenntniſſen (Realien) ; es entftanden befondere Realfchulen, z. B.!
zu Berlin, in denen neben den Sprahm auch Geſchichte, Geographie
gefchichte, Technologie und bürgerliche Rechnungstunft gelehrt wurde, fü
des höhern Bürgerftandes. Ste wurden auch Mittelfchulen genam
zwifchen den Volksſchulen und Gpmnafien mitten inne ftehen. Zur
diefer Lücke des beutfchen Schulmefens dienen auch bie Militairakade
Mefibensftäbten größerer Staaten, die Handlungsſchulen, die Forſtu
Bildungsanftalten fire befondere Stände. In ähnlicher Abficht id
riſche Regierung bei ihrer neuen Schuleinridhtung neben den Stul
(Gymnaſien) fuͤr fünftige Gelehrte 1307 und 1808 zu Münden, Xı
Nümberg Realinftitute, wo Knaben und Sünglinge, die Künfl
ärzte, Apotheker, Kabricanten werden, oder fich dem Bergbau, dem
widmen mwollen, neben dem zur allgemeinen menſchlichen Bildung ni
gions⸗ und Sprachenunterricht audy die mathematifchen und Naturn
tennen lernm. Die Trivialfchulen, die noch in kleinern Städten u
Gymnaſien auch ingrößern beftanden, verwandelteman feit dem Ente?
in höhere und niebere Buͤrgerſchulen (f. d.), neben benen für bie fü
Unterricht aufwachfenden Kinder der Armen in größern Städten befond
Armenſchulen, zu ihrer Beſchaͤftigung außer den Schuiftunden Aı
auch Induftries oder Gewerbſchulen genannt, wo die Kinder Spinn
nuͤtzliche Handarbeiten lernen, für Handwerkslehrlinge und Gefelie
Leute aus der dienenden Elaffe, die mit allzu geringen Vorkenntniffe
verlaffen oder Trieb zu weiterer Bildung hatten, Sonntagsfchulen x
im Lefen, Schreiben und Redynen errichtet wurden. — So erfüllte m
men Wünfche des Philanthropiften, obwol bei weitem nicht überall, ı
war. Die kath. Staaten Europas hatten bavon wenig Kemntniß get
ihre Regierungen fonft ben Jugendunterricht der Geiſtlichkeit allein üb
befonders dem mwohlthätigen Einfluffe der von den Jeſuiten, Piariſte
rinnen und andern geiftlichen Orden unterhaltenen Schulen für Knabe
chen unbedingt vertrauten. Durch die Aufhebung der Jeſuiten 1773
Lüde, welche die meift bloß auf Trivialſchulen eingerichteten Piariſten
füllen unfähig waren. Am menigften wurde diefer Mangel jedoch in
fühlbar. Schon damals hatte Öftreich, durch die Gründung der ver
ger zuerft in Böhmen eingerichteten Normalſchulen (f.d.) (Sb
Jugend der niebern Stände , welche ben gefammten Volksſchulen dei
ale Norm [Mufter) dienen follten) eine beffere Ordnung im Unterricht
fuch vorbereitet, und die Thätigkeit des Edlen v. Schulenftein, ber bi
form in Böhmen auch auf die Landfchulen ausdehnte und Induſtrieſche
ernftlich unterftuͤtzt. Freilich fchien bie hier eingeführte fteife Literaten
der todte Mechanismus des Unterrichts, den die nach Art des Crercie
entworfenen Eaiferl. Schulverorbnumgen vorfchrieben, ein Grenzſtein Ein
befferungen zu werden, es fehlte noch fehr an brauchbaren Lehrern m
ber Schulauffichht beauftragten SANNERA on Xbeilnahme und padeges
Schulen Frankreich 889
leſe ſoll fie jedoch durch die unter dem jegigen Kaiſer errichteten Profeffutren
dagogik an den Univerfitäten und biſchoͤfl. Seminarien erhalten, um hinter
etfcheitten, welche im 19. Jahrh. die Stiftung neuer Bürgerfchulen und
sfien, die Verbeſſerungen der Lehrergehalte und das Inſtitut dee Sonntags
in diefer Monarchie bezeichnet, nicht zurüchzubleiben. — Die Normalſchu⸗
yen in ben meiften kath. Staaten Deutfchlande bald Nachahmung. Mainz,
re, Zulda, Salzburg und befonders Würzburg und Bamberg nahmen ſich
‚ des Volksſchulweſens an, das freilich an vielen Orten erſt entſtehen follte.
ngarn und Galizien blieben nicht ganz zuruͤck, obwol mehr in Anfehung der
ven Schulen und Gymnaſien, welche die Geiſtlichkeit nicht allein verforgen
gefchehen ift, ale auf dem Lande, wo noch jest viele Gemeinden ohne
find. Stalien, Portugal und Spanien fuhren in gewohnter Traͤgheit
a6 Wohl ber Jugend dem Priefterflande und dem Zufall anheimzuftehen.
inigen bifchöfl. Seminarien, den Piariftenfchulen und den Klöftern, in bes
jfame Altern ihre Kinder unterrichten laſſen, gibt es dort keine Anftalten, bie
ern Schulen verglichen werden Einnten. Was Leopold in Toscana , nach
ufter Oſtreichs, zur Einrichtung guter Volksſchulen fuͤr beide Geſchlechter
verfiel zum Theil in der Mevolutionsperiode wieder, und nad) Vertreibung
nzofen glauben bie ital. Fürften, mie ber König von Spanien, die geiftige
g ihrer Völker um fo weniger heben zu dürfen, je gefährlicher die franz. Auf:
ihrer Ruhe gerworden ift. Die wieberermedhten, geiflig fehr unbebeuten;
ulten werden in biefer Stimmumg nichts verändern und bie alte Unwiſſen⸗
‚en. .
m das Schulmefen Frankreichs zu würdigen, darf man auf die während
bolution ımb unter Napoleon Über diefen Gegenſtand in Paris befanntges
mIdeen, Plane und Decrete keine Ruͤckſicht nehmen; fie blieben geiſtreiche
r oder wohllautende Verfprechungen ohne erhebliche Wirkung. Vor der Mes
a gab es außer den bifchäfl. Seminarien und Kiofterfchulen flädtifche Lyceen
Hegien, wo bie fiudirende Jugend unter Flöfterlicher Zucht zur Akademie
itet wurde. Kür das Volksſchulweſen that der Staat nichts, bier und ba
von den geifttlichen Orden und einzelnen Wohlthätern, beſonders nach Senes .
nregung, Flementarfchulen unterhalten; was fonft geſchehen follte, mußs
Gemeinden felbft unternehmen, denn aus den Fonds der milden Stiftun⸗
die Geiſtlichkeit nicht leicht etwas her. Der Unterricht war bürftig, durch
elek befchränkt und den Fortfchritten der deutfchen Methodik ganz fremd.
nd der Revolution murben die Schulen für Staatsanftalten erklaͤrt, bie
‚güter ımd Stiftungen zum Staatseigenthum gezogen und ihren Zwecke ent:
: amd babucch bie Mittel zur Herftellung eines geordneten Schulweſens ges
n Denen abgefchnitten, bie fo viel Herrliches über Staatsbildung zu fprechen :
Da Paris unter dem Nationalbirectorium eine polptechnifche Schule,
faffung und Abſicht nach ganz den bairifchen Realinftituten ähnlich, erhielt,
ıpoleon einige Militair⸗ und Gemwerbfchulen gründete, die verfallenen Fraͤu⸗
e in Erziehumgshäufer fuͤr Die Kinder der Ehrenlegionnair® verwandelte und
iſerl. Univerfität als Oberbehörde für das gefammte Unterrichtöwefen des
einrichtete, konnte nur ſehr Wenigen zu ftatten kommen. Der mit folbatis
ngherzigkeit entworfene Plan diefer Univerfität gedich im feiner Ausführung
eiter, als das fchon Vorhandene ſich benusen ließ. Die Akademien (Facul⸗
ten) und bie ganz militairifdy geordneten Lyceen traten an bie Stelle der ches
ı Anftalten gleicher Battung. Die zu errichtenden Secondairſchulen (Bürs
en) famen an den menigften Drten, die Primairſchulen (Elementars und
ulm) faſt nirgends zu Stande, meil e8 an Gelb und gutem Willen fehlte.
ivatanftalten, denen gewiffenhafte Altern ihre Kinder anvertrauten , wer
ET," eie gu Paris errichteten Armenfdyulen wird bie Anwen
ar durch inquifitorifche Srömmelei erſchwett. Die Brüb
vn (Freres ignorantins, weil fie bie Unwiſſenden belehres
u ſelbſt find), eine nad) Art der geiftlichen Orden verbumt
reich, die fi), ohne beftändige Gelübde abzulegen, t
aus den niedern Volksclaſſen wibmet, und während be
gegangen war, lebten unter Napoleon wieber auf. €
Gtieder, bie unter ihrem Directionshaufe zu kyon fleh
Armenſchulen. Sicher waͤchſt noch jegt im biefem ded
dung ſich ruͤhmenden Reiche ein Deitttheil der Bevoͤlker
vatunterricht auf. Seit 1816 bemühte man ſich, diefer
von Elementarfdulen nach Lancaſter's Methode abzuhel
die Entſtehung, Fortſchritte und den jegigen Zufland bi
reich" im Morgenblatie“, 1817, Ne. 122 fg.
Nicht viel beffer ſteht es um die Jugend auf den g
fen. Man weiß, daß die engl. Regierung durch Aufcecht
in deren Schoße bie nach altElöfterlicher Art eingerichteten
leg ien) al6 bewährte Schulen der claſſiſchen Philologl
die geiftige Wohlfahrt ihrer Völker geforgt zu haben glau
zum Gelehrtenftande beftimmten Jugend aber dem Zufi
nügiger Privatgeſellſchaften überläßt. Die Penfionsan|
Theil der Jugend beiberlei Geſchlechts aus den höhern ı
‚gen wird, find nicht beaufſichtigt und von fehr ungleichen
fonds werben in den Kirchſpielen Freiſchuien umterhalt
nicht angehalten ihre Kinder hineinzuſchicken. Für bie
man in ben Fabriken braucht, find die Sonntagsfchuk
des ihnen fonft gänzlid mangelnden Schulunterrichts.
' nach ben neueften Nachrichten bei 30,000 Kinder ganz ı
.’ elaͤglich es um die Methoden des Elementarunterrichte flı
u Beifall, den Bell und Lancaſter mit ihrer aus Sparſar
1000 Kindern auf einmal berechneten und nur auf m
Schulen in Deutfchland 81
ſchon von Wiabimir d. Gr. erzwungenen Erziehungshaͤuſer fir bie Soͤhn⸗
Sen gab, mit Schulplanen getragen, die einigen Bildungsanflalten für bie
Stände in den Mefidenzen da® Dafein gaben. Nach den Schulverordnun⸗
Kaiſers Alerander follten Kreißs, Bezirks: und Kirchfpielfchulen im gan⸗
He errichtet werden, um der tiefen Unmiffenheit des bisher vernachlaͤſſigten
buhelfen. Die Kreisſchulen beftehen nun nach Art der deutſchen Gymna⸗
ben meiften Gouvernementäftädten, die Bezirksſchulen in einigen Mittel⸗
die Kicchfpielfchulen aber noch auf fehr wenigen Dörfern, und das Meifte
ſte diefer neuen Schöpfung foll erſt werben. Etwas früher gab es ſchon in
tſchen Provinzen gute Gymnaſien und einige Bürger: und Landfchulen,
> bie letztern noch in fehr unvolllommenem Zuſtande. Für die Bildung ber
agend haben bie von der Kaiferin Katharina II. in Weißrußland aufgenom>
Jeſuiten auf ihre Weife geforgt. — Polen, mo fonft nur der Abel durch
geiftliche (Lazariften, Piariften, ehedem auch Jeſuiten) erzogen wurde,
r f. legten Theilung einige gegen Ende d. 18. Jahrh. geftiftete Summafien,
s und Landſchulen, die es beſonders ber Periode des preuß. Einfluffes ver
body lange noch Feine vollftändige Schulverfaſſung. Was die Plane des
er herzogl. warſchauiſchen Regierung niedergefegten Erziehungsrathes für
mentarunterricht beider Geſchlechter in allen Kirchſpielen beabfichtigten, iſt
b in f. Entwidelung begriffen. — Daͤnemark, aus dem literarifche Nah⸗
die lat. Schulen ber fehr lernbegierigen Islaͤnder kommt, Holland, hinter
kath. Niederlande in der Sorge für den öffentlichen Unterricht weit zuruͤck⸗
und die Schweiz halten mit dem pädagogifchen Streben des proteftant.
‚ande ziemlich gleichen Schritt. Die legtere koͤnnte nad) Peftalozsi’6 Ans
für die Volksſchulen noch mehr gethan haben; doch findet man in einigen
en Seminarien für Schullehrer, bie Dänemark ſchon feit 40 Jahren hat.
eife Auswahl des Zweckmaͤßigſten aus dem großen Vorrathe neuer päbagogis
beem iſt bie von der dänifchen Megierung für die deutfchen Provinzen 1814
e Schulorbnung. — Durch treffliche Anftalten zur philologifhen Bildung
e fih Holland ſchon lange aus, und bie 178% vereinigte Privatgefell
kr das Gemeinwohl hat den Volksſchulen eine muſterhafte Einrichtung ges
die fortwährend befteht.
)och nirgends wurde mehr über das Schulwefen verhandelt und auch im
und Kleinen dafür gethan als in Deutfchland. Welche neue Gat⸗
von Schulen hier entftanden, haben wir ſchon oben erwähnt, und vers
in Ruͤckſicht der Bildung des Landvolks auf d. A. Landfhulen. Das
bei diefen Verbefferungen hatten deutfche Kürften und Obrigkeiten gelegent⸗
d nach und nach veranflaltet, eine allgemeine, durchgreifende Einrichtung
hulweſens als National» und Regierungsangelegenheit aber im 18. Jahrh.
ht unternommen. — Batern mar der erfte größere Staat, der hierin ein
en erregendes Beiſpiel gab, da nach ben feit 1806 ins Werk gefegten koͤnigl.
mungen das Erziehungs⸗ und Unterrichtwefen in biefem Reiche ein wohlges
tes zuſammenwirkendes Ganzes wurde. Cine befondere Section im Minis
ı des Innern ift die Oberbehoͤrde des baitifchen Schulweſens, das alle die
nannten Gattungen von Schulen inſichfaßt, bei den General⸗Kreiscom⸗
aten durch die Kreisſchulraͤthe vertreten und, was die niebern Volkeſchulen
„ durch die Decane und Diftricteinfpectoren beauffichtigt und geleitet wird.
beffere Bildung und Befoldung der Lehrer ift dabei auf zweckmaͤßige Weile
‚ und die anfangs nad franz. Muſter verfügte Vereinigung aller den Unis
en und Schulen gewibmeten Fonds zur oberften Behörde in München als
Geſchaͤftegang erſchwerender und die Verwaltungskoſten vermehrender
ff, 1816 durch Zuruͤckgabe der Verwaltung diefer Fonds an die Ortsbehoͤr⸗
AAIEM UND WIEN Semmatien ſur TONDQuNEHEEr an
man dort etwas langfamer vorwärts zu gehen, waß |
franz. Herrfchaft wol erflärt. — Sach fen hatte bie
gezeichnete Bahn ſichern Schritts verfolgt, und fand
beffernd und auf das Vorhandene bauend, bei den neuefl
der Schulen weniger nachzuholen als feine Nachbarn.
ſchulen hat ſich behauptet, die Sorge für gute Lehrerſe
gerſchulen und bie 1805 erlaffene Schulordnung beweif
Neue verftändig angewendet wir. — Obwol ſchon fei
von Berlin und Halle aus mandye Schuiverbefferung
durch das 1787 zu Berlin errichtete Oberſchulcollegiin
richtung der Belehrtenfchulen befetebigend geforgt morbı
doch im Ganzen fehr jener Anregung, bie das Wolksfi
durch den edlen Willen des Könige feit 1808 erhielt.
Plane reifen der Ausführung immer mehr entgegen, u
+ Schulangelegenheiten neuerdings auf eine verftändige
der Provinzialtegierungen aufgenommen worben, an gi
der Lehrer ein Mangel (eine neue iſt das Schullehrer
amd auch die Geiſtlichkeit für die Sache ber Schulen in
‚gen Ift, dürfte e8 wol, wenn die That dem Worte entfpı
zehenden zu einer wahren beutfchen Nationalbildung b
richt fommen. — Giuͤcklicherweiſe werben bie Mißgriſ
tigen Dringens auf Einführung der Realien durch ein
‚gung der Lehrgegenftände in höhern und niedern Schul
eitle® Hinauffdrauben einzelner Schulen über ihren
punkt nicht bloß in den preuß. Bändern begangen umd an
fo fehr getadelt wurden, jegt von der Mehrzahl der beut
und immer forgfäftiger vermieden. Man hält es nicht
auf den Gymnaſien die Hiftorifdyen und philoſophiſch⸗
‚ganzen Umfange gelehrt, in ben niedern Bürger» und
ſchichtigen Stoffe der Naturgefchichte und Technologie
Panhhaufımbe in hefonbern Pehrfknnten ahachandelt mu:
Schulen felt 1818 ‚893
Inigten Staaten von Norbamerita ein einigermaßen georbnete® Schul⸗
deſſen Erfolg jedoch für die Gelehrſamkeit bis jest unbebeutenb und meift
Verbefierung des bürgerlichen Lebens befchränkt geweſen ift. In den auf
[hen Nieberlaffungen beftehenden Schulen für die Goloniften» und Skla⸗
er erkennt man kaum irgendwo mehr als unvolllommene Nahbilbungen
zulen in ben Mutterländern. &o trägt der Jugendunterricht in Suͤdamerika
präge der fpanifchen Trägheit, das Schulmelen am Gap und in ben Miſ⸗
Bei den Hottentotten Merkmale der holldnd. Sorgfalt und Betriebfamkeit,
ne Anfang des Negerunterrichts in Weftindien Spuren engl. Sparfamteit
riz. Oberflaͤchlichkeit. Ganz unabhängig von europälfcher Bildung gibt es
adien, China, Sapan und den übrigen Reichen bes öftlichen Afiens Schulen
dener Grabe, worin Despotismus und Prieflergeift die Jugend abrichtet,
fie braucht; auch Perfin unterhält jegt Schulen, worin die Anaben aller
lefen und fchreiben lernen; nur die Türkei und das nördliche Afrika bes
en noch, nach alter Weife, allen Unterricht auf die zu Auslegern des Korans
Staatsdienern beflimmten Jünglinge. — So bat Europa an feinen Schus
Anftalten zur Volkobildung eine Bürgfchaft feiner geiftigen lberlegenheit,
‚noch lange kein andrer Theil ber Erde fireitig machen wird.
Seit 1818 bat das Schulweſen fehr ungleiche Kortfchritte gemacht. Die
>», an Gehalt und Reichthum jeder andern überlegene päbagogifche Litera⸗
ve mit fleigendem Eifer fort, ihre Rathſchlaͤge weltbürgerlid auszubieten,
- wurden wenigſtens für die Elementar⸗ oder Volksſchulen um fo brauche
je fieghafter aus dem Streite über ben Werth alter und neuer, illiberaler
eraler, mechanifirender und den Geiſt beiebender Schuleinrichtungen und Un»
Imethoden, die ale Sachkundige und Wohlgeſinnte jest einigende Übers
u hervorging , daß harmonifche Bildung ber jugendlichen Kräfte zum Ziele
sh Vernunft und Offenbarung vorgefhriebenen Menfchenbeflimmung ber
ine Zweck, der über Wahl, Abgrenzung und Behandlung ber Lehrgegen-
nad) Mafgabe des Alters und künftigen Berufs der Schüler, wie über
md Verfaſſung ber Schulen entfcheiden müffe, und baf der Staat verpflichs
jedem in feinem Gebiete aufwachſenden Kinde eine ſolche Schulbildung zu
fen und zu fihern. Anerkannt ift diefe Theorie jest ziemlich allgemein, am
ften in den Ländern dbeutfcher Zunge, die auch für ihre Anwendung das
und Beſte thaten. Preußen fleht in der neueften Zeit durch die Einficht und
keit feiner wohlorganifirten Schulbehoͤrden und durch bie Größe feiner Opfer
zbefferung de8 gefammten Schulmefens obenan. Zu den 19 Seminarien,
818 ſchon hatte, errichtete e8 noch 9 neue, ſodaß es feit 1825 auf 28 Haupt⸗
) Heinen Localfeminarien mit einem Aufwanbe von mehr als 100,000 Thlrm.
taatscaffen, 1500 Seminariſten für die 21,000 Lehrerftellen an den Volks⸗
feines Reiche bildet. Auch hat es Schulmänner auf Staatskoſten reifen
um fich das Gute auswärtiger Schuleinrichtungen anzueignen. Seminarien
lkeſchullehrer haben jegt alle deutfhe Staaten, nur die Öftreichifchen noch
sreichend. Die Werbefferung der Lehrerbefolbungen, Schulgebäude und
tel blieb jedoch überall noch zu fehr dem Vermögen und guten Willen der
inen und Localbehörben überlaffen, und, was die Geſetzgebung im Zuſtande
rigſten Volksclaſſe ändern kann, um regelmäßigen Schulbeſuch aller Kinder
su machen, noch zu unbeadhtet, als daß nicht auch jegt Tauſende von deut⸗
orfſchulen gefunden würden, benen es in vieler Hinſicht am Nöthigen fehlt.
bulorbnungen, bie im 19. Jahrh. faft jedes beutfche Land, die mufterhafs
ſſau, erhalten hat, verfprechen überall mehr, als wirklich gefchieht und vor:
iſt. (Vgl. „Wahrheit ohne Schminke ıc.”, Nümb. 1825.) Naͤchſt dem
er Wärme und Einficht, mit der Kürften, Regierungen und Obrigkeiten fich
wle lelcht fachunkundige Behörden durch Schauſtücke 1
eingeuͤbier Leiſtungen zu blenden find. Selbſt bei dem!
Buͤcgerſchulen iſt daher Scheln und Sein wol zu unterſch
Verhältniffe wurden die Gelehrtenſchulen Deutfchlande |
gere Drganifation ber Gymnafien, Lyceen, Studienanfta
fie in wenigen Jahren mehrmals, zulegt 1825) u. f.iw. ge
foldung ihrer Lehrer Manches, in Preußen das Genuͤger
ogiſche Bildung der zu biefen Lehrämtern beſtimmten
taatöregen fo viel als Nichts. Auch bie von phllolo
gehenden find bei ihrer Anftellung mit der Unterrichtsku
Behandlung der ſcholaſtiſchen Dißchplinen meift unbeka
Talent und Fleiße Überlaffen, ob fie während ihrer Am
werben eine richtige Frage zu ſtellen, und die unter ih
werdende Vernachiaͤſſigung theologifher Studien macht
unterricht zu ertheilen, welcher daher an vielen Gpmmaf
gen Lehrgegenftände beſtellt ift. Dagegen haben ſich in!
raſchen und gluͤckllchen Fortſchreitens im Studium der a
der griechifchen, und des mit jedem Fahre wachfenden ei
lexikographiſchen, grammatiſchen, metrifchen, Eritifchen u
mittein, die Gelehrtenſchulen auf einen Standpunkt phil
porgeſchwungen, bee vor 20 Jahren noch kaum erreichba
ſten lernen ſich in griech. Auffägen und Verſen nicht m
ausſprechen als in lateiniſchen, und ein tleferes Einbein
den Geiſt des Alterthums wuͤrde zu hoffen fein, wenn maı
Tenntniffe mit gleichem Eifer betriebe. Nur in ben oͤſtreich
nafien noch auf magere Chreftomathien befchränkt und his
weit zuruͤck. — Außer Deutſchland blieben bie Gelehrtenſe
alten Standpunkte, und das Volksſchulweſen weit unter
Die vielverſprechenden ru ffifhen Schul ⸗ und Wolkser
theilweife, und felöft da, wo nım Kreis» und Bezirksſch
fändig zur Ausflprung. Jene ft find jegt großentheils mil
Schulen feit 1818 898
ilen verbeffertes, durch Erhöhung der Lehrerbefolbungen wohlthaͤtig gewor⸗
nur on Überhäufung mit Realien in den Lectionsplänen leidendes und bie
yulen zu wenig beachtendes Schulmefen, Bilbungsanftalten für Volksſchul⸗
aber gar nicht. In einigen größeren Städten beftehen Teit 1820 Lancaſter⸗
für Solbatenkinder und Arme. Die ausgezeichnete Bildung des ſchwedi⸗
zauerſtandes, der häufig feine Kinder felbft unterrichtet, und bie vortreffliche
ye Sittenzucht, gleicht die Mängel der ſchwediſchen Wolkefchulen einigerma:
8. Daͤnemark hofft jegt das Heil der feinigen, nicht ohne Verkennung
ıten, was fie zum Theil ſchon bißher leifteten, von der Einführung bes wech»
en Unterrichts nach Zancafter, die 1819 von bem Abjutanten Abrahamfon
n Soldatenfchulen verſucht, durch Werbefferung biefer Methode 1822 vers
unb barauf vom Könige für alle Volköfchulen, deren 2000 fie bis jegt ans
2, empfohlen worden if. Vom englifchen Schulweſen ift nichts Neues
hren; es fleht immer noch, befonders in Dinficht bes Elementarımterrichte,
nter dem ſchottiſchen zurkd. Das an ſich lobenswerthe Schulweſen ber
srlande gewann noch beffere Ordnung, da feit Suni 1825 ein Geſetz be-
‚a6 die Errichtung von Schulen und Privatanftalten von der Staatsregie⸗
bhängig macht. In Frankreich arbeitet die mächtige, vom Minifterium
nern wnterftügte, ariſtokratiſch ultramontane Partei darauf hin, den Schus
Einfeitigkeit und Geiſtesbeſchraͤnkung wieder einzuimpfen, in der fie ber Ein-
8 Path. Klerus vor der Revolution erhielt. Sie hat die von ber conftitu:
len Partei mit Erfolg begonnene Ausbreitung der Lancafterfchuien zu hem⸗
wußt und beguͤnſtigt die Brüder der chriftlichen Lehre und die Sefuiten, bes
Negien nicht nur felbft Erziehungshäufer wurden, fondern auch auf andre
z gewinnen. Aber auch abgefehen von biefem Beginnen geben die franz.
m, mit Ausnahme dee Mathematik und der Naturmiffenfchaften, wenig
ſche Bildung; geſchickte Lehrer findet man nur in den großen Stäbten, bie
Baben meift elende Trivialſchulen, umd das Landvolk waͤchſt noch großen»
ohne Schulunterricht auf. Das Lateiniernen in ben Colleges des ganzen
wird mit 15 Fr. für den Kopf verfteuert, welche nebft andern hohen Abgas
sch von ben Lehrern ſelbſt, der Univerfität zu Paris, d. i. dem Generalſtabe
n3. Unterrichtöwefene, zufließen. Hierdurch erklaͤrt fich die andermwärte, wo
chulweſen nur Koften verurfacht, unerhoͤrte Thatfache, daß nach dem Budget
26 die Schulen und Akademien Frankreichs 2,526,911 Fr. 63 Centimes
hten, 2,213,200 Fr. koſteten, folglich 313,710 $r. reinen Gewinn gaben.
r Tardinifhen Staaten, wo das ohnehin fchlechtbeftellte Unterrichts:
ben Jeſuiten wieder anvertraut wurde, ift Leſen⸗ und Schreibeniiernen De:
enicht über 16500 Lr. Capital, und das Studium der Wiffenfchaften Denen,
ye über 1500 Lr. Renten haben, durch ein koͤnigl. Edict verboten. Das
Iserifche proteftantifche Schulweſen ift im Fortſchreiten zum Beſſern;
holiſche durch die Freiburger Sefuiten und ultramontanifche Umtriebe ges
Das italienifche Schulweſen flagnirt ımter ähnlichen Einflüffen.
Hat noch nicht dazu kommen können, ihm eine befondere Aufmerkſamkeit
wen; im Kirchenſtaate, Modena und Lucca beherrfchen es die Jeſuiten;
enmifchen, wo zu Florenz 1821 Lancafterfchulen durch einen ‘Privatverein
t würden, fleht e8 auf ziemlich gleichem Fuße mit bem Unterrichtöwelen im
Italien, das wenigſtens regelmaͤßig georbnet und gegen jeſuitiſche Ein»
J gefichert, wenn auch nicht weiter im Fortfchreiten ift als das ungarifche.
ten fleht auch in biefer Hinficht unter allen europ. Staaten am tiefften.
haͤtigkeit der Univerfitäten nnd vieler Schulen wurbe durch die Mevolution
ch mehr durch die Meftauration feit 1823 unterbrochen. Wo noch unterrich⸗
, geichieht e@ nach den Grundſatzen des Klerus in alter ſcholaſtiſcher Weite:
wir folgende: Matthias Johann, Graf von be
fehligte als Generallieutenant in ſaͤchſ. Dienften ein ſaͤch
gen Karl XU. Er wurde von diefem am 12. Oct. 171
hielt zwar den Angriff aus, machte aber noch in der Nach
Umftänden, faft ganz ohne Meiterei und Immer gegen
Zeind kaͤmpfend, einen nicht unberühmten Rückzug nad (
Generalfeldmarſchall der Republik Wenedig und erwart
gung der (1715) von dem Kürten belagerten Feſtung Kı
deren Andenken die Republik feine Bildfäule auf den 51
ſetzen ließ. Et flach zu Verona 1747. (S. Varnhag
deffelben.) — Achaz v. d. Sch., k. preuß. Generallieı
1669 zu Apenburg in der Altmark, flubirte zu Frankfur
Regierung des Kurfuͤrſten Friedrich IH. in preuß. Kriege
nete er fich in dem ſpan. Erbfolgekriege aus, wo er beid
Malplaquet (1709) und Mont rühmlic) gefodhten. Ex f
bienft hat er ſich um bie Schulen für Solbatenkinden
Sriedrid, Graf v. d. Sch., E. preuß. Generallieut
ſchwarzen Ablerordens, geb. zu Wolfenbuͤttel 1688, ſtu
mie zu Luͤneburg, dann zu Utrecht. Von 1705—13 befa
Dienſten und focht in den Schlachten von Oudenarde un!
Bon hier trat er in preuß. Dienfte, wo er unter Friedrich '
ſchen Feldzuge und dem am Rhein 1734 beimohnte. 1
bei Molwig (1741). Obgleich verwundet, verließ ex
zweite Wunde gab ihm den Tod. — Levin Rubo
Generallieut. und wirkt. Staats und Kriegeminifter, ge
rend des ſiebenjaͤhr. Krieges immer in dem Gefolge Friel
— Der Graf v. d. Schulenburg-Wolfsbui
giſcher Staatsminiſter, der nad) dem Tode des Herzog
Pringen:Regenten von England an bie Spige der Land
ihum Braunſchweig geftelt worden war, hatte ſich frühe
dann an der Spige der Stände, ſowol im Königreiche Wi
Schulinſpection Schullehrerſeminarien 897
macht werden. In andern Gchulanflalten aber gibt es befondere Schuls
welche entweder auf einem Bogen in dee Schulftube aufgehängt find, ober
ſſen Zeiten vorgelefen werben. Sie beziehen fi) auf Schulbeſuch, Reinlich⸗
rhalten in der Schule, beim Beben in die und aus der Schule ıc. 11.
’hulinfpection iſt der Name ber geiftlichen oder weltlichen, ober aus
Ständen gemifchten Behörden, melden die Aufficht über eine ober mehre
a übertragen iſt. Gegen bie bisher noch in mehren Ländern den Geiſtlichen
ene Schulaufficht haben ſich verſchiedene Stimmen erhoben, als früher ſchon
19, Reſewltz, Gedike, Schutze, Stephani und Geidenftäder (‚Über Schul:
ten”, 1797); umb vor einiger Zeit J. H. Voß („Freimuͤthige und wahre
ungen über den Schulftand”), J. Geo. Kelber (‚Die deutfchen Wolkö-
) und ein Ungen. D. J. H. B. („Der Prediger: und Schullehrerſtand
Uch ihrer Verhaͤltniſſe zu einander ꝛc.“). Die gegen die geiſtliche Schul⸗
on vorgebrachten Gruͤnde laſſen ſich auf folgende zuruͤckfuͤhren: Die Ehre
mie erfodere Selbſtaͤndigkeit; die Schule gehöre zum Gebiete des Staats,
re Kirche; fie wurde vormals von der Kirche zu ſehr vernachlaͤſſigt; ber
:and von ihr geringgefchägt, gemißhanbelt umb gedrückt; er würde daher
nabhängigkeit von der Kirche ein froheres, Iebendigere® und Eräftigeres Wir:
altem. Eine widerlegende Prüfung der gegen die geiftliche Schulinfpection
rd von Stephani) vorgebrachten Gründe hat Dachröden, eine Pruͤfung
e von Voß, Kelber u. A. aufgeſtellten Säge hat der Diftrictöfchulinfgector
arrer zu Gruͤndlach, J. M. Solger, verfucht („Über ben Vorſchlag, bie
hulen und ihre Lehrer von dem geiftlichen Stande unabhängig und felbftän-
nahen”, Nuͤrnb. 1820). Er ſucht die Beibehaltung der geiſtlichen Schul
om mit Gründen zu unterflügen, welche er in dem Urfprunge und kirchlichen
der Schule (nach ſ. Meinung hat die Schule für die Kirche mehr zu leiften
den Staat), in der Befaͤhlgung des geiftlichen Standes zur Schulaufficht
bem der Schule zu ftatten kommenden geiftlihen Anfehen findet. Schneibler
amd Dir. des Gymm. zu Worms) rt fi) in „Volksbildung, im Geiſte
ch den Bedürfniffen umferer Zeit” (Mainz 1821) nur gegen die ausſchlle⸗
(bhängigkeit der Volksſchulen vom Klerus, wiewol er befien Theilnahme an
m erfprießlich findet. D. Krummacher dagegen in f. Schrift: „Die chriſtl.
hule im Bunde mit der Kirche” (Efien 1823), Hält diefe Abhängigkeit von
he für etwas Wefentliches. — Auf den Stand, aus welchen die Schul⸗
on genommen iſt, fcheint weniger als auf bie Ein = und Umficht und über
uf die Geſchicklichkeit und Weisheit anzukommen, mit welcher die Schul⸗
om ihr Amt verwaltet, und den Zweck deffelben,, die Wervollommmung ber
. durch Sorge für geſchickte Lehrer und fuͤr deren Unterhalt zu beffidern
Shullehrerfeminarien find Anflalten des Staats zur Bildung
re Lehrer, befonder® für Landſchulen. Sie find ein Erzeugniß der neuern
welchem theilß die von einzelnen Prebigern gemachten Verſuche, einem ober
Zanbfchullehrern etliche Wochen oder Monate lang über das Unterrichten
weifung zu geben, theils die durch Baſedow eingeleitete Schulreform bie
fung gaben. Dan hat ſolcher Anftalten jegt faft in allen deutfchen Staa:
Ste find als ein wefentlicher Beftandtheil der Organifation des Schulweſens
des anzufehen und dürfen in Ruͤckſicht des Umfangs der zu lehrenden Ge:
be nicht zu hoch und nicht zu niebrig geftellt werden; ber Unterricht darf
oß theoretifch, fondern muß mit eier Schulanftalt, in welcher die Semina-
derſuche in der Anwendung des Erlernten machen koͤmen, verbunden fein.
e fittliche Bildung dee Seminariften darf nicht unberuͤckſichtigt bleiben. Die
age zu dem Seminar in Hanover war daB Wermächtniß eines dortigen
„er. Giebente Aufl. Bd. IX. H1
emgeſuhti. So nennt man DIE monatuchen Over Diet
längern Beittaume ftattfindenden Zufammentünfte de
oder Infpection oder eines Schulſprengels an einem
Schul⸗, Pfares oder Superintendentenwohnung), u
angelegenheiten zu unterhandein. lber bie zmedmäßi,
rengen hat u. A. Dinter in einer Heinen Schrift unter o
„Btiefwechfel einiger Schullehrer und Schulfreunde ·
gefagt. — Einen ähnlichen Zwed beabſichtigen die S
* ten ober Schuliehrervereine. Mehre in ber Näte bei
lehrer fliften nämlich unter ſich eine Verbindung für de
Vervoilkommnung. Gewöhnlich fteht ein Lefeciekel umt
damit in Verbindung. In Natorp’s „Briefinechfel zc
Sefege ſolcher Vereine; auch in Kruͤger's und Harn
Vereine ober Verbruͤderungen, die al6 Fortbildungsan
fiehenden Schultehrern viel Gutes wirken Finnen, wen
lid) ein Geiſtlicher — feinen Poften mit Würde und €
haben Stephani und Dinter, jener durch f. „Schulfe
erwähnten „Schulconferenzen zu Ulmenhain” ins Leber
ein von 170 Schullehrern in und um Nürnberg und !
fondere Zeitfehrift: „Der Volksfcpultehrerverein" (N
gemeinnügig gemacht.
Shulordnung, die, in einem Lande, enthaͤ
weſens getroffenen Verfügungen in Abfiht auf den 3
gegenftände, Lehrmittel, auf die Zeit des Schulbefuche,
prüfungen, ſowie allgemeiner Beftimmungen tiber bie
manchen Ländern gelten noch Schulordnungen aus früf
in neuern Zeiten neue zweckmaͤßigere an bie Stelle der äl
Baben, Naffau, Preußen u. A. Zu Heinliche Beſtimmi
Kehrform und Anordnung zwedloſer Schreibereien vı
darf eine zwetmäßige Schulorbnumg,, weiche überhaupt
fortſchreitend, öfterer Verbefferungen bedarf, nicht ent
GAhulnbarte 7 Shelkaufkuten
Schultens Schulweſ⸗ en. 899
Organiſation öffentlicher Schulen und Erziehungsanſtalten““. Dann find
iften eigentliche Schul⸗, d. i. Lehrblicher, die ſowol für bie befonbern Gegen:
3 Schulunterrichts Überhaupt als auch fuͤr das eigenthuͤmliche Beduͤrfniß
tehranftalten beſonders eingerichtet fein koͤnnen. Letztere machen, wenn
was ratbfamer ift, von dem Schüler ſelbſt angefchafft werben und beffen
m bleiben, einen Theil des fogen. Schulapparatsaus, wohin insbes
le für ganze Glaffen eingerichtete gemeinfchaftliche Lehrmittel, als Wand»
'ehrtafeln und Tabellen, Inſtrumente, Sammlungen, fowie Schultabels
elche die Namen der fehlenden Schüler eingetragen werben, eine Abfchrift
gefege, wo ſolche vorhanden find, Genfurliften und dergl. gehören. Es
icht der Ort, die wichtigften Schuls und Lehrbücher einzeln zu nennen.
rken nur, daß umter den gemeinfchaftlichen Bilbungsmitteln bie Schulge⸗
Schullieder die größte Beachtung verdienen, und bag in beider Hinficht
eratur einige ausgezeichnete Mufterfchriften beſizt. Gute Gebetsformu⸗
jedoch nach ber eigenthuͤmlichen Befchaffenheit jeder Lehranſtalt leicht ab⸗
verden können, haben Plato, Dinter, Schlachter, Mai u. A. verfaßt.
ngbüdher haben Salzmann, Niemeyer, Plato und Dolz, Zerrenner u. A.
. Im weitern Sinne kann man auch diejenigen Volkslieder, welche fich
nge für Schulen und die Jugend überhaupt eignen, Schullieder nennen,
er's „Muſikaliſchem Jugendfreunde“ find ſolche Gefänge gefammelt.
oerweiſen wir auf die, Schulzeitung“, welche Dilthey (Conſiſtorialrath in
t) und Dr. Zimmermann (Hofprediger in Darmſtadt) 1824 herauszu⸗
vefangen haben. 20.
dultens (Albrecht), einer der berühmteften Orientallſten, war 168
ıgen geb. , ſtudirte dort, zu Leyden und Utrecht, außer ber Theologie, bes
e arabifche Sprache, ward 1711 Prediger zu Waflenaer bei Leyden, 1713
orientalifchen Sprachen, und 1717 Univerfitätsprediger zu Franeker.
mutzung bes orientalifchen Sprachſchatzes brach er eine beflere Bahn, indem
; der hebräifchen verwandten morgenlänbifchen Sprachen, vorzüglich die
kritiſcher benutzte, und eine neue, das Studium diefer Sprache fehr er»
' Methode erfand. Sehr bald wirkte er durch biefelbe auf feine Lands⸗
kter aber folgenreicher auf die Deutfchen. Vorzuͤglich geſchah dies durch
fines hebraeae sive hebraeae linguae antiquissima natura et indo
(Franeker 1724; 2. Thl., Leyden 1733), noch mehr aber durch die
ones ad fundamenta linguae hebr.“ (ebend. 1737, 4.), von denen man
And. und lat. Auszug hat. — Ruͤhmlich trat in feine Fußtapfen fein
'ohbann Jakob, geb. zu Franeker 1716, flubirte zu Leyden, wurde
Herborn Prof. der orientalifchen Sprachen und der Gottesgelahrtheit und
1778. Man hat von ihm mehre gelehrte Differtationen und Abhand⸗
- Sein Sohn, Heinrich Albrecht, zuerſt von feinem Vater gebils
te nachher zu Oxford, und warb nach feiner Ruͤckkehr Prof. ber orienta⸗
prachen und ber Alterthämer am Athendum zu Amflerdam. Als fein
eb, erhielt ex deffen Stelle in Leyden und farb 1793. Er hinterließ mehre
Berke, beſonders eine arabifche Anthologie. &. auch „DH. A. Schultens,
je von Hr. Th. Rink“ (Riga 1794).
Julmwefen, das, ein Hauptgegenftand der fogen. Erziehungspolizel, iſt
zeiff aller derjenigen Anftalten und Leiftungen, durch welche Staat und
ve gemeinfchaftliche Beſtimmung, den Denfchen als ein finnliches Ver:
m naturgemäß auszubilden, zu erreichen fich beftreben. Wie dies gefcher
jeigt bie Pädagogik; tie dies gefchehen Bann, zeigt die Politil. Beide
ı füch in der allgemeinen Vorfchrift, dag in der Schule Wiffen und Glau⸗
bie intellectuelle und die fittlich s religioͤſe Bildung ſich gegen[elta hie
' 51
ruige juhit. Su mes ums VIE MORWUNgJeR porr vie
längern Zeitraume flattfindenden Zuſammenkuͤnfte dı
ober Infpection ober eines Schulfprengels an einem
Schul⸗, Pfares oder Superintendentenwohnung), u
angelegenheiten zu umterhanbeln. Über die zmedimägi
tenzen hat u. X. Dinter in einer Heinen Schrift unter ı
Beiefwwechfel einiger Schullehrer und Schulfteunde
gefagt. — Einen ähnlichen Zweck beabſichtigen bie S
* ten ober Schullehrervereine. Mehre in der Näte be
lehret fliften naͤmlich unter ſich eine Verbindung für d
Vervolltommnung. Gewoͤhnilch ſteht ein Lefecirkel um
damit in Verbindung. In Natorp's „Briefioechfel 2
Geſetze folder Vereine ; auch in Kruͤger's und Harr
Vereine oder Brrbrüderungen, die als Fortbildungsa:
ſtehenden Schullehrern viel Gutes wirken koͤnnen, wer
lich ein Beiftlicher — feinen Poften mit Würde und :
haben Stephani und Dinter, jener durch f. „Schuifi
erwähnten „Schulconferenzen zu Ulmenhain” ins Lebe
ein von 170 Schullehrern in und um Nürnberg und
fondere Zeitſchrift: „Der Volksſchullehrerverein (9
gemeinnägig gemacht.
Schulordnung, bie, in einem Lande, enth!
weſens getroffenen Verfügungen in Abfiht auf den £
gegenftände, Lehrmittel, auf die Zeit des Schulbeſuchs
prüfungen, ſowie allgemeiner Beftimmungen Über die
manchen Ländern gelten noch Schulorbnungen aus frü
in neuern Zeiten neue zweckmaͤßigere an die Stelle der &
Baden, Raffau, Preugen u. A. Zu kleinliche Beftimm
Lehrform und Anorbnung zweckloſer Schreibereien v
darf eine zwecmaͤßige Schulordnung, weiche überhaup
fortfchreitend, oͤfterer Verbefferungen bedarf, nicht en
Shulnfarte.! Ehrfionfhuten
Schultens Schulweſen 899
die Organiſation oͤffentlicher Schulen und Erziehungsanſtalten““. Dann find
ſchriften eigentliche Schulz, d.1. Lehrbücher, die ſowol fr bie befondern Gegen:
des Schulunterrichts Überhaupt als auch für das eigenthuͤmliche Beduͤrfniß
er Lehranftalten befonders eingerichtet fein können. Letztere machen, wenn
ht, was rathfamer ift, von dem Schüler felbft angefchafft werden und beffen
thum bleiben, einen Theil des fogen. Schulapparats aus, wohin insbes
'e alle für ganze Glaffen eingerichtete gemeinfchaftliche Lehrmittel, ale Wand:
n, Lehrtafeln und Tabellen, Inftrumente, Sammlungen, fowie Schultabel⸗
n welche bie Namen ber fehlenden Schüler eingetragen werden, eine Abfchrift
hulgefege, wo ſolche vorhanden find, Genfurliften und dergl. genören. Es
e nicht der Drt, bie wichtigften Schul» und Lehrbücher einzeln zu nennen.
emerken nur, daß unter ben gemeinfchaftlichen Bildungsmitteln bie Schulge-
nd Schullieder die größte Beachtung verdienen, umd daß in beiber Hinficht
Literatur einige ausgezeichnete Muſterſchriften befigt._ Gute Gebetsformus
vie jeboch nach der eigenthuͤmlichen Befchaffenheit jeber Lehranftalt leicht ab⸗
et werben können, haben Plato, Dinter, Schlachter, Mai u. X. verfaßt.
jefangbücher Haben Salzmann, Niemeyer, Plato und Dolz, Zerrenner u. X.
welt. Im weitern Sinne kann man auch diejenigen Volkslieder, welche fich
efange für Schulen und die Jugend überhaupt eignen, Schullieder nennen.
udner’d „Mufitalifchem Jugendfreunde“ find ſolche Befänge geſammelt.
86 verweifen wir auf die „Schulzeitung“, weldye Dilthey (Conſiſtorialrath in
Eabt) und Dr. Zimmermann (Dofprediger in Darmftabt) 1824 herauszu:
amgefangen haben. 20.
Schultens (Albrecht), einer der berühmteften Orientaliften, war 1686
mingen geb. , ſtudirte dort, zu Leyden und Utrecht, außer der Theologie, bes
> Wie arabifche Sprache, warb 1711 Prediger zu Waffenaer bei Leyden, 1713
Bier orientalifchen Sprachen, und 1717 Univerfitätsprebiger zu Franeker.
Bemutzung des orientalifchen Sprachſchatzes brach er eine beffere Bahn, indem
mit der hebräifchen verwandten morgenländifchen Sprachen, vorzüglich die
De, kritiſcher bemuste, und eine neue, das Studium diefer Sprache fehr ers
be Methode erfand. Schr bald wirkte er durch biefelbe auf feine Lande:
Maͤter aber folgenreicher auf die Deutfchen. Vorzuͤglich geſchah dies durch
nes hebraeae sive hebraeae linguae antiquissima natura et indo
9 (Braneler 1724; 2. Thl., Leyden 1733), noch mehr aber durch die
wutiones ad fundamenta linguae hebr.” (ebend. 1737, 4.), von benen man
llaͤnd. und lat. Auszug hat. — Ruͤhmlich trat in feine Sußtapfen fein
Johann Jakob, geb. zu Franeker 1716, ftubirte zu Lenden, wurde
us Herborn Prof. der orientalifchen Sprachen und der Gotteßgelahrtheit und
wet 1778. Man hat von ihm mehre gelehrte Differtationen und Abhand⸗
— Gen Sohn, Heinrih Albrecht, zuerft von feinem Vater gebil:
Bdtete nachher zu Oxford, und ward nach feiner Ruͤckkehr Prof. der ortenta-
Sprachen und der Alterthümer am Athendum zu Amfterdam. Als fein
Tarb, erhielt er deſſen Stelle in Leyden und flarb 1793. Er hinterließ mehre
Werke, befonders eine arabifche Anthologie. &. auch „DH. X. Schultens,
Bisze von Fr. Th. Rink“ (Riga 1794).
Sculwefen, das, ein Hauptgegenftand der fogen. Erziehungepolizei, iſt
Wegriff aller derjenigen Anftalten und Reiftungen, durch weldye Staat und
Mibre gemeinfchaftliche Beſtimmung, den Menſchen als ein finnliche® Ver:
elem naturgemäß auszubilden, zu erreichen ſich beſtreben. Wie dies gefche:
E, zeigt die Pädagogik; wie dies gefchehen kann, zeigt bie Politit. Beide
ven ſich in der allgemeinen Vorfchrift, dag in der Schule Wiffen und Glau⸗
Dar die intellectuelle und bie fittlich = religiäfe Bildung ſich gegenteiig bin
51
herjigung für Lehrer, Altern und Erzieher“ (Leipg. 1
die beutfchen Volksſchulen enthalten bie von Dr. &chı
und Dr. Schellenberg herausgeg. „Jahrb. ber allgı
(Helbeib., 6i6 1827 7 Bbe.); Dr. Schuberoff’s „.
Gen: und Schulweſen (Neuftadt, 26. Jahrg. 1827)
preuß. Voltsfhultvefens" (Berlin, 7. Wh. 1827).
Schulz Friedrich), zulegt Hofrath und Prof
Symnafium zu Mietau, ward 1762 zu Magdeburg g
viſche Erziehung feines Waters eine Art von Schucht
Jahren ganz abzulegen im Stande war.. Nachdem ı
jahre befonders auf die franz. Sprache gelegt hatte, w
Halte zu beziehen. Seine Kenntniß der franz. Sprache |
und Überfegungsarbeit. Übrigens erwarben ihm fein 9
allen Freunden und Landsleuten Unterflägung umd gal
gerieth er bann und wann in Noth und ging daher 1’
Schauſpieler zu werden. Als ihm biefes mißlang,
Schriftftelerei. In diefer Zeit erſchien fein „Rat Tre
fenfeld“, ferner „Berdinand von Löwenhain", „Fritz
leteiften” und andre Schriften. Anfangs war feine |
ger als glänzend; fie verbefferte ſich aber, nachdem eı
ter geworden waren. Dann lebte er bis 1791, ohne A
iin, theils auf Reifen, am längften zu Weimar, wo
Im diefer Zeit bearbeitete er einige franz. ſchoͤnwiſſer
beſonders feine beiden Kinderromane : „Morig" umb ,,
nen Beifall erhielten. 1789 und 1790 brachte er in
Aufenthalts war ſ. „Geſchichte der großen Revolution
für das wahrhaftigſte und unpartelifchfte Gemälde aut
fein Wert über „Paris und bie Parifer” das Icbenbigft
jener Heinen Welt darſtellt. Bon Paris kehrte er 179
einen Ruf als Prof. ber Geſchichte am akadem. Gyn
&he ex dahin abging,, ertheilte ihm noch der Herzog t
Schulz (Friedrich Auguft) Schulze (Erf) 901
Hier nahm aber bald feine bisherige Kränklichkeit fo zu, daß er kurz
im Det. 1797, ftard. — Die Werke, welche Sch. in der Gattung des
& geliefert hat, zeichnen ſich durch einen leichten fließenden Styl, durch leb⸗
hendes Golorit, durch guten Ton und durch zarte Behandlung der aus dem
ſchen Leben rein aufgefaßten Charaktere aus.
chulz (Friedrich Auguft). Diefer unter bem Namen Sriebr. Laun be:
Romanfchriftfteller und fruchtbare Erzähler, geb. 1770 zu Dresben, fah
fhon von Kindheit an für die MWiffenfchaften erzogen, doch durch wibrige
iſche Verhaͤltniſſe genöthigt, feine atadem. Ausbildung, als fie eben begin:
be, auf eine günftigere Zeit zu verfchieben und ſich inzwifchen zur Annahme
telle bei der Kanzlei des geh. Finanzcollegiums zu entfchließen. Unter
sten Studien gelang es ihm, 1797 jene Stelle aufgeben und auf der Uni-
keipzig feinen Zweck weiter verfolgen zu koͤmen. 1800 kehrte er nach Dres:
2E. In demf. Jahre erſchien von ihm die Erzählung: „Dir Mann auf
Büßen’, und mehre andre Erzählungen , die wegen ihrer gefälligen und nai⸗
ptigkeit viele Lefer fanden. Die Battung bes Muntern und Naiven iſt fei-
dent Überhaupt am angemefienften, das von Manier nicht ganz frei iſt.
ganz zufällige Wahl bes Namens Laım, und daß er bamit keineswegs ein
des Hindeuten auf den Inhalt beabficytigte, hat ex fich in feinem fpätern
e: „Das Schloß Riefenftein” (1. Thl.), erklaͤrt. Außer vielen, theil in
ften und Taſchenbuͤchern, theils beſonders abgedruckten Erzählımgen und
en , deren Titelverzeichniß ſchon einige Seiten füllen wärbe, hat er auch mit
das „Sefpenfter: und Wunderbuch herausgegeben, und 1828 eine Samm⸗
ner Gedichte. Seit 1807 iſt er als erpedirender Secretair bei der Com⸗
tation in Dresden angeftellt und hat 1820 ben Titel eines Commiſſions⸗
halten.
zchulze (Johann Abraham Peter), einer der ſcharfſimigſten muſikaliſchen
Her und cin claſſiſcher Componiſt für den Volksgeſang, ber Sohn eines
, wurde zu Lüneburg 1747 geb., bildete ſich unter Kirnberger in Berlin,
tm Dienfte einer polnifchen Fuͤrſtin (1770) Frankreich und Italien, wurde
Bapellmeifter bes Prinzen Heinrich zu Rheinsberg, ging 1787 nach Kopen⸗
wo er gleichfalls als Capellmeiſter angeftelit wurde, privatifirte wegen
heit feit 1795 zu Schwedt, umb ftarb daſelbſt 1800. Mit dem allgemein-
Hall wurden feine „Geſaͤnge am Clavier“ (1779), feine ‚Lieder im Volke:
3 Thle., 1782— 90), „Uz's lyriſche Gedichte religtöfen Inhalts” (1784),
keligioſe Dden und Lieder‘ (1786) aufgenommen. Viele feiner einfachen
m find in das Volk übergegangen. Aber audy feine Dratorien, Chöre und
e aus Racine’s „Athalla‘‘ (1785), „DMinona” (1786), die Oper Aline“
gehören zu dem Vollendetiten, was die Kumft in diefem Sache aufzumeifen
Br erfand eine Methode, Partituren großer Muſikwerke in dem Bleinften
yemat auf wenige Bogen mittelft Chiffern abzubruden. Sein Oratorium:
mes und Marie‘, ift auf diefe Art 1791 zu Kopenhagen gedrudt. Zu Sul⸗
Theorie der ſchoͤnen Künfte” lieferte er viele muſikal. Artikel. Reichardt hat
3. Sahrg. (1800) der „Leipz. muſikaliſchen Zeitung” vorteefflich gefchildert.
Schulze (Ernſt). Diefer durch einen frühen Tod in der Blüthe feines Le:
26 entriffene talentvolle Dichter war 1789 zu Zelle geb. Als ein lebhafter
zeigte er mehr Anlagen als Fleiß. Sein Dichtertalent, durch Ritterbücher
nmärchen geweckt und genaͤhrt, entwidelte fid) früh. Dagegen gewann er
reten Studien nur allmaͤlig lieb. 1806 ging er nach Goͤttingen, um Theo:
ſtudiren, die er aber bald mit der Philologie vertaufchte, da er ben Vorſa
ch zum Lehrer ber alten Sprachen und ber ſchoͤnen Literatur zu bilben.
te mar ihm bamals Wieland Mufter, und Bouterwet, Vera we \i
tere acuie ſato ais ZUPTET einer ITANTHEN, DIE TAJE ein
nagt hatte. Während dieſer Zeit erreichte Sch.s Enthı
‚Höhe , und fobald fein Schmerz ruhiger geworden, fa
ein Gedicht zu verberrlichen, auf das er feine ganze
So entſtand bie „Caͤcilie, ein romant. Gedicht in 20
‚ Stanym, das er in 3 Jahren vollendete. Wir fehen
vollen Hintergrunde diefer Dichtung, deren Stoff mı
Begebenheit zufammenhängt und eigentlich reine Ex|
Milde und Edle im ftärkften Gegenfage mit dem Zur
hervortreten. Die Rofe, bie ihm ein Sinnbild des
worden war, finben wir fehon hier gefeiert; fpäter ge
Gedichte. Nebenher entfloß eine Menge Heiner Gedi
äitern gab ber Verf. 1813 in einer Sammlung heran
1814 durch den Krieg gegen Frankreich unterbrochen
williger in dem Grubenhagen ſchen Jaͤgerbataillon Th
Beſchwerden und Entbehrungen wirkten guͤnſtig auf
und feine durch Bruſtſchmerjen bedrohte Geſundheit
theile waren nicht dauernd. Mac) dem bald erfolgte
tingen zurück, theils um feine „Cäcitie” zu vollenden,
Studien fortzufegen. Sein Truͤbſinn kehrte zuräd
f&hloffener, fein Gefimdpeitözuftand warb aufs nem
guͤnſtigen Gegenwart, deren nachtheiligen Einfluß er
er eine Reife nad) Italien. Im Sommer 1816 befa
gen auf die Reife; im Herbſte unternahm er eine Zu
und Maingegenden, auf der feine Geſundheit It. N
feine Beuftfchmerzen zu, feine Kräfte ab. Cchon |
liebliche Gedicht: „Die bezauberte Roſe“, weiches d
ten Preis gewann und durch feinen zarten finnigen ‘
Verſe fortdauernd gefallen wird. Inzwiſchen hatte
immer mehr verfhlimmert. Dennoch reiſte er im Fi
nen nahen Tod nicht ahnend , ‚ Melde am 26, Juni
FA ML nn at. ——
Schulzucht 908
Hende Maßregeln und Maßnehmungen begreift man unter obigem Namen.
Benennungen: flrenge und gelinde Disciplin, find relative Begriffe. Die befte
ıfäreitig diejenige, welche den Zweck erreicht, ohne oft zu Schulftafen ober zu
Ipraͤmien ihre Zuflucht zu nehmen. Gtrenge Aufmerkfamkeit des Lehrers,
Pinderfreundliche® Herz, verbunden mit Würde und Emft (ohne erfünftelte
&rät und Pedanterie), und fein Vorgang mit gutem Beifpiele im Fleiße, in der
zung umd in der Sittlichkeit und äußern Sittſamkeit wird in gut organificten
Len firengere disciplinarifche Maßregeln nur felten und nur bei ganz rohen und
eibenen Semüthern nöthig machen. Der Geiſt der Schulbisciplin ſteht fehr
Dem Einfluffe des Charakters der Zeit überhaupt und der Geſellſchaft insbe⸗
ee, welcher die Schule anvertraut iſt. Anders leiten die Schulzucht Mönche
Befuiten, anders durch Anlage, Charakter und Bildung zu Schulmännern bes
e Samilienväter, die zugleich dem Staate und der Kirche angehören. Am au:
Migſten zeigt fich jener Grift der Dieciplin in den Schulſtrafen, diefem bisher
Ar unentbehrlich gehaltenen Zweige der Schulzucht. Die den Schülern wegen
Wverletzung von den Lehrern zuerfannten Strafen, um fie dadurch zur Beffes
Zu bewegen, beftehen gemöhnlich in Entziehung der Freiheit, der Speife, eis
Bergnügens , in Beſchaͤmung durch Verweis unter vier Augen , vor der ganzen
» ‚durch Stehen oder Abfondern von der Glaffe für eine Zeitlang , durch Sigen
Ener fogen. Strafbant, Herabfegung auf einen untern Plag oder in eine nies
Slaſſe, feltener in Erlegung einer kleinen Geldfumme, Streafarbeiten (Abfchrei:
Auswenbiglernen u. f. w.) und hier und da noch in Eörperlicher Züchtigung !
eläuterte Pädagogik hat fchon laͤngſt über diejenigen Strafen, durch welche
Befundheit und dem Ehrgefühle zu nahe getreten werben kann (harte Börperliche
Bigung, Knien, das Tragen eines Eſelsbildes u. a.), den Stab gebrochen.
Belten ſcheinen, Gottlob! vorüber, wo ſich in dem Lebenslaufe eines Schulleh⸗
Jolche Nachrichten finden, mie die „Paͤdagog. Unterhaltungen”, herausg. von
deffauifchen Erziehungsinftitute, unter ber Auffchrift: „Haͤuberle und Neu:
er’, liefern. Johann Jakob Häuberle, collega jubilaeus einer Beinen ſchwaͤbi⸗
Stabt, hatte während feiner HLjährigen und 7monatlichen Amtsführung nad
mäßigen Berechnung an bie ihm amvertraute Schuljugend ausgetheilt :
317 Stodfdyläge, 24,010 Ruthenhiebe, 20,989 Pfoͤtchen und Klapfe mit
Eineale, 136,715 Handfchmiffe, 10,235 Maulfhellen, 7905 Ohrfeigen,
8,800 Kopfnüffe und 12,763 Notabenes mit Bibel, Katechismus, Geſang⸗
und Grammatik. 777 Mat hatte er Anaben auf Exbfen knien laffen, 613 auf
weiediges Stüd Holz, 5001 Schüler mußten den Efel tragen und 1707 die
be hochhalten, ber fogleic, aus dem Stegreif verfügten Strafen nicht zu geden-
Unter den Stodfchlägen waren 800,000 für nicht erlernte lat. Vocabeln, und
e den Ruthenhieben 76,000 für nicht erlernte Bibelfprüche und Liederverfe.
z feinen 3000 Schimpfwörtern war ein Drittel eigne Erfindung. Alle 2 Fahr
te er eine Bibel, bie er ſtets zur fchnellen Handhabung der Disciplin in ben
Ben terug. Während f. Amtsführung hatte er 12 Grammatiken, 7 Katechis⸗
„6 Geſangbuͤcher in der Schule und 3 in der Kirche verbraucht. — Nidyt mins
Überlegung erfodert die Beftimmung von Schulprämien, oder Geſchenken,
" fleißige und gefittete Schüler und Schllerinnen als Aufmunterung erhalten.
hierin haben ſich Auffeher und Lehrer oft fehr ftark vergriffen. (Man lefe 3.8.
Reinhold’6 Leben”, Jena 1825, die Art und Weife, wie die Jefuiten den jus
ichen Fleiß in ihren Schulen zu belohnen mußten.) So geben felbft jetzt noch
Ye Erzieher ihren Zöglingen für eine mit Fleiß gefertigte Arbeit einen Ehren»
ig, d.h. ein Stud Geld, welches die Altern mwiedeserftatten. Leicht können
end ähnliche Prämien ober Äußere Ehrenzeichen ſchon frühzeitig eine niedere
und Ehrſucht in ber Kindeöfeele erregen. Und wolırven alle Kinver doxc dh
man biefe nach sichtiger Abwaͤgung vertheilt, fo find fie
ulch, Indem fie manchen edlen Keim buch Die Prrabe befi
Germäth von neuem zum Fleiße ermuntern. Überhaupt i
Element bes reinern Lebens, ein nicht genug zu beher
zucht. Zur Erwedhung einer fittlichen Freude tragen insb⸗
licleiten, welche, einfad und würdig veranflaltet, bat
alltäglichen Leben durch bedeutungsvolle Handlungen «
und einen geiftigen Auffchwung verlrihen können. Solch
anzuorbnende Feierlichkeiten follten flattfinden bei ber
gange eines Lehrers bei ber Aufnahme ober dem Abganı
desfällen und bei aubern das jugendliche Herz beruͤhrend
gehören biecher die Schutfefte, dia entweber im ber €
von ber Jugend — am wirkſamſten durch eigne Theilna
anftaltung unb Ausführung — gefeiert werden. Algen
der Scyaljugend aller Duta eines Landes begangen werbi
welche nur von ber Schuljugend eines Orts oder von ein
feiert werben. (in ehedem fehr beliebtes, allgemeines €
riusfeſt (ſ d.), weiches aber ber Zeitgeift nicht ohne |
von weldem ſich nur noch auf einigen Dörfern Spuren
fingen finden. In Hamburg wurde auf gleiche Art ba
Kuaben erwählten aus ihrer Mitte einen Abt, ber den!
rum erhielt, und bex in einen befondern Kleidung an
Pomp von ihuen in bie Kirche geführt wurbe. Des d
wit einem Freudenmahle. Im 14. und 15. Jahrh. fuͤh
deſttagen aud Schaufpiele, meiften® biblifdye Gefchich!
dem Meifterfänger Hans Sachs. Im 47. Jahrh. verk
nach und nach aus ben proteflantifdyen Gymmafien; in
meiftens im den Colleglis der Jefuiten haben fie ſich bi
zu Bogota, ber Hauptſtadt Colombias, wurden in dem
noch 1823 von den Schuͤlern Schauſpiele aufgefühst.
Atıae bauern noch jest an vielen Orten fort, ba fie — Iel
Schuß, Schußweite 905
chulfeſte fpricht bie Natur des menfchlichen unb insbeſondere bes Einblichen
8. Aber die Anordnung ſolcher Feſte ift bis jest eine noch nicht befriedigend
Aufgabe der Pädagogik. Schon die Wahl der zu Schulfeften zu nehmenden
laffungen ift ſchwierig; ebenfo, Im Fall fie im Freien gefeiert werben follen,
uffinden eines ſchicklichen Plates und die Auswahl zweckmaͤßiger Unterhals
1. Vogelſchießen und Tanz dürften ſich wenigſtens zu einem Schulfeſte
ganz eignen. über Aufzüge wie beim ſonſtigen Gregoriusumgang hat bie
ne Pädagogik ſchon längft den Stab gebrochen. Wo es eine von Rüdkfichten
Infeitigen ober engherzigen Beforgniffen nicht befangene Volkserziehung gibt,
tes auch, wie in der Schweiz, allgemeine religiöfe und volksthuͤmliche, an
biftorifche Erinnerungen gefnüpfte Nationalfefte, mit welchen zugleich, unter
wäßigen Abänderungen, auch Schulfefte veranftaltet werden koͤnnen, wie bie®
bei Gelegenheit der Meformationsjubelfeier in mehren proteftantifchen Laͤn⸗
iefchehen ift. Denn durch gemeinfame Freude wird, nach. Seneca's Bemer⸗
auch das gemeinfame Streben für alles Gute, Schöne und Große erwedt.
Ar G. Zerrenner's „Grundſaͤtze ber Schuldisciplin“ (Magdeburg 1826).
oſenfeſt.)
Schuß, Schußweite (portee). Der Schuß ober die Entladung und
ung einer Schießwaffe ift entweder blind, d. h. wo bie Ladung nicht zum Tref⸗
ngerichtet war, ober ſcharf, wo fie einen Pfeil, Bolzen, Kugel oder einen ans
Körper gegen ein Biel treibt. Der Schuß wird insbefondere Wurf genannt
Balliſt ith, wenn der fortgetriebene Körper, wie aus Haubigen und Dörfern,
nem Fluge eine parabolifche Bahn befchreibt. Man unterfcheibet 1) den Kerns
$, wo man in horizontaler Richtung nach feinem Ziele ſchießt, er iſt gewoͤhn⸗
we wirkſamſte und raſirt, wenn er uͤber eine Fläche ſtreicht; 2) der erhöhete
Iete) Schuß, wo man die Schießwaffe über die horizontale Linie gegen das Ziel
#, ber abgefchoffene Körper aber dieſes in bogenfürmiger Bahn erreichen ſoll;
sgefentte (plongirte) Schuß, wo die Waffe unter die Horizontallinie gefenkt
‚ ua einbohrende Wirkung zu erhalten. ine Art Bogen » oder Rollſchuͤſſe
Ne Ricochetſchüſſe, wo man mit ſchwacher Ladung und Elevation des
Meobrs die Kugel auf harten, glatten Boden mehre Male auffchlagen ober
E kuͤrzere und niedrigere Bogenfprünge (Ricochets) machen läßt. Auch nannte
Drecollſchuß den, wo bie Schußwaffe nicht gerade auf ihr Ziel, fondern
einen nebenfichenden Gegenſtand gerichtet, jene® durch das Abpralien der Ku⸗
Ser einem gewiffen Winkel treffen follte. — Die Entfernung, in welcher ein
5 f. Gegenſtand gehörig treffen kann, nennt man die Schu ßweite im el
Ben Sinne; denn die Entfernung, in welche ein Körper überhaupt getrieben
x kann, iſt zu relativ und zu fehr zufaͤllig. Die Schußweite hängt theils vom
amd von der Einrichtung der Waffe, theils von der Büte und Beſchaffenheit
dadung, theil won der Richtung und Handhabung des Gefchoffes ab; oft
en noch andre, wicht genau zu erörternde Umflänbe in Betracht. Man kann
anen, daß je vollkommener und länger (dieſes jedoch bis auf eine gemiffe
ve) des Impuls der treibenden Kraft auf den zu treibenden Körper in ber Waffe
Ht, deſto weiter trägt fie. Daher Büchfen und gesogene Gewehre, überhaupt
'e Schießroͤhre und foldye, in welchen die Kugel Beinen oder nur fehr geringen
warn hat, weiter reichen, unb eine Ranonenkugel weiter als Kartätfchen, eine
Akugel weiter ald Schrot. Ferner macht die Stärke der Ladung nicht den weis
Schuß, fonderm die Güte und hauptfäclich das richtige Verhaͤltniß derſelben
zum Bau des Geſchofſes als zu dem zu treibenden Körper. Endlich fliegt ein
offener Köcper aus erhöhter Richtung viel weiter; doch wird mit jedem Grade
whöhung das Treffen immer ungeroiffer. So ließ fich 3. B. mit einer halben
Base unb.45. Grad Elsvation eine Kugel auf 6000, und Lägt Th undı wir du
Verſuchen und Probefhäffen, ſowie jeder einzelne Schüg
Sen pflegt, um nad) und nad) und für alle Umftänbe miı
deffelben vertraut zus werben.
Schuſt er (Jofeph), ein ehemals fehr belichter Con
den 1748 geb. Schon frühzeitig für Muſik beftimmt, tr
berähmten Naumann 1765 eine Reife nad) Stalien en, ſtu
den Contrapunkt und erwarb ſich ſchon damals, unterſtuͤtz
weifungen, mit verſchiedenen Opern Beifall auf den ital
Staliener behaupteten, ex ſei im Kicchenftple trefflicher. N
er (1772) Eurfürftt. Kicchen» und Rammercompoflteur. ©
Italien erntete er anfehnliche Belohnungen und den groͤß
endlich 1787 zum twickt. kurfͤrſti. fächf. Capelmeifter erna
und muntern Operncompofitionen und durch f. „Lob ber S
der Mufit fattfam bekannt, hat er den Ruf eines ber belüi
erlangt. Er ſtarb 1812.
Schütter-Quäker oder Shakers heißen di
Secte, bie mit den Quaͤkern in Rüdficht der Werwerfung |
teitlichen Standes, der Kriegsdienſte, des Eidſchwurs, ber
des Lurus und des äußern Gebraucht der Sarramente, ſor
der heit. Geift Allen ohme Unterſchied f. Offenbarungen m
fonft aber auf feine Weife mit ihnen zufammenhängt. Ihr
cubine eines engl. Officiers, Anna Leeſe, die 1.774 nach N
unter dem Borgeben, fie ſei das auserwählte Weib, vom
Johannis, Gap. 12, die Rede ift, Anhänger zu verſchaffe
heimgifvolle Gemeinſchaft mit Gott und untruͤgliche propl
und allen himmliſchen Gegen durch ihre Wermittelung erw
derlaffung ihrer Gemeinde entftand zu Nisquenia unweit
andre Golonien haben fich feitdem in derfelben Landfcha
noch jet , obgleich Anna Leefe ſchon 1784 ftarb und erſt J
fen Tode (1787) aber Joſeph Meacham (der 1801 noch |
Dberhäupter der Secte zu Nachfolgern hatte. Ihr Nam
Schuͤtz (Chriftian Gottfrieb) 907
Higiöfen Anfehens in Claſſen ab, von denen die höhern Beichtiger und Fuͤh⸗
r niedern find. Jedes Mitglied bat eine berathende Stimme in Sachen bes
bens. Als Regel beffelben achten fie das Neue Teftament, verwerfen aber (ob⸗
Chriſtus von ihnen als Verföhner der Menfchen mit Gott geehrt wird) bie
inigkeitslehre, die Gnadenwahl, bie Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen und die Ehe.
m findet bei ihnen weder ein Kamilienleben noch eine Sortpflanzung flatt. Die
mzimmer wohnen in abgefonberten Häufern beifammen wie die Mannsperſo⸗
jede Gefchlechtöverbindung wird hart beſtraft. Die Secte vermehrt fich nur
Aufnahme neuer Mitglieder , bie, wenn fie verheirathet find, ihrer Ehe gaͤnz⸗
itfagen müffen. Auf diefe Art fol durch Unterdruͤckung alles Zieifchlichen die
de Adams abgethan werden. Ihre Zeit bringen fie mit Feld» und Gartenbau
Bimftlichen Handarbeiten zu, deren Ertrag der Gemeinde gehört, da Keiner
Meigenthum haben darf, fondern alle ihre Güter gemeinfhaftlich find, unter
yaltung des Älteften ſtehen und fo weit als nöthig zur Wefriebigung ber Erper-
: Bebürfniife Aller angewendet werden. Eine einfache, durchaus gleiche Tracht
ine gänzliche Abſchließung vom Weltverkehr erhöht diefen durch ihre Zucht be:
tigten Bemeingeift. Ihre Beobachter rühmen die Reinheit ihrer Sitten, ihre
icklichkeit und Arbeitſamkeit. Noch haben fie fi) genauern Nachforfchungen
ie entzogen, als daß Über die religisfe Bedeutung ihres Gottesbienftes, bei
mi jene Tänze Ausbrüche ber Freude über die befiegte Suͤnde fein follen, volls
ge Erklärungen gegeben werben könnten. Ihre Anzahl beläuft ſich kaum auf
Seelen und foll jegt im Abnehmen fein. E.
Schüs (Chriftian Gottfried), einer unferer verbienteflen Gelehrten und
reichnetfien Philologen, warb am 20. Mai 1747 zu Dederftädt im Mans:
Jen geb. Seine Schulbildung erhielt er auf der lat. Schule zu Halle, fludirte
RR, wo er namentlich mit Semler In ein engeres Verbältmiß trat, umd warb
Magiſter mit bem Plane, bei der Univerfität zu bleiben. Doch folgte er in
Fahre dem Rufe als Lehrer der Mathematik an die Ritteratabemie zu Brans
eg, von wo er 1769 nad) Halle als Sinfpector bes theologifhen Seminars
Berufen warb und Vorlefungen hielt. 1776 warb er ordentl. Prof., ging
1779 als Prof. der Pocfie und Beredtſamkeit nad) Sena, wo ihm 1789
Serzoge von Weimar der Hofrathöcharakter ertheilt ward. Hier, wo er ſich
Eche Zuhörer verfchaffte und befonders über Literaturgefchichte mit einem bis
unerhoͤrten Beifalle las, gründete er mit Wieland, der fich aber bald losſagte,
Jertuch 1785 die „Agemeine Literaturzeitung”. 1804 erhielt er unter Höchft
ilhaften Bedingungen von Seiten der bairifchen Regierung einen Ruf nady
burg und zugleich einen nach Halle. Sc. entfchied ſich für den letztern und
"o wieder ald Prof. ber Biteraturgefchichte und Beredtſamkeit, nebft feinen
re, der eine Profeffur erhielt, und dem Prof. Erſch nach Halle, wo er mit
bie „Literaturzeitung“ fortfegte, während Eichftäht in Jena ein neues Inſti⸗
ründete. Seit Wolfs Abgange (1807) erhielt Sch. audy die Direction des
. Seminars, ward Diitglied der bairifchen Akademie der Wiffenfchaften und
- bei der Feier feines Magifterjubiläums , das durdy bie allgemein außgefpro:
Theilnahme zu einen der ſchoͤnſten atademifchen Feſte warb, Mitter des ro⸗
Mdlesordend. Sch. gehört zu den Philologen, die ganz befonder& einer ges
rdvollern Behandlung der Philologie vorgearbeitet haben, und der Eifer und
ebe zu biefem Studium ging zum großen Theil aus f. VBorlefungen und Schrifs
ervor, durch die ſich Männer wie Jacobs, Creuzer u. A. bildeten. Unter f.
saben alter Schriftfleller bemerken wir vor allen f. Bearbeitungen Giceronianis
Schriften, zuerſt einzeln, dann aber in der Ausgabe ſaͤmmtl. Werke (feit 1814).
rdem bat er ben Aſchyiu⸗ (neueſte Ausg. 1809— 21, 5 Bde.) und den Ariſto⸗
es feit 1821 bearbeitet, Hogevem’6 Wert „De particulis graecis!! (RAR
welcher fie zu ſich nahm umd fie felbft in der Declamation, i
und Mythologie unterrichtete. Anfänglich rear fie bei der gı
gurantin im Ballet angeftelt. In ihrem 16. J. verheirat
noriften Eunide (damals in Berlin), und ging mit Ihrem G
‚Hoftheater in Mainz, dann nach Amfterdam, wo fie in bei
die Aufmerkſamkeit des Publitums auffichyog. Won Am
a.M. kommend (1794), ward fie bort mit bem Maler Pf
ihr ruhende Talent für bie Pantomime, durch Dittheilung
pferwerke von den Attituben der Lady Hamilton, bei ihr we
Ben Veranlaffung zu ber Kunftbahn gab, welche fie 12 Jahre
Auszeichnung betrat. 1796 begab fie fid mit Ihrem Gatten
woſelbſt fie 10 Jahre bei der von Iffland geleiteten Vuͤhne bi
ſpielerin ſowol im hochtragiſchen tie Im gemäthlich » fentiı
neben der berühmten Bethmann fland. Nachdem fie fidh v
gettennt und mit einem D. Mayer verheirathet hatte, verll
und ging mit ihrem Gatten nad) Stettin. Hier trennte fie fi
wieder von Mayer und heirathete dem bortigen Stabtarzt H
Ahr indeß nach kurzer Ehe durch den Tod enträffen wurde. Jı
auräd und untemahm eine Kunſtreiſe, bei welcher Belege
Halle führte, wo fie den Prof. Schüg d. J. kennen Iemte,
dend, im Folge der bald darauf fich ereignenden proviforifd
verfität zu Halle, nun auch bie Breter betrat und mit ſ. G
durch die größern und Bleinern Theater Deutſchlande beſue
‚gleich nady dem Tode ihres dritten Mannes hatte Mad. Hr
Kuͤnſtlerin jegt nannte) neben ben eigentlichen theatzalifche
nen, ſich in mimifcy-plaftifhen Attituden, nach Art ber fr
gegebenen, zu zeigen, und das Studium ber Autike ſowe
Auffaffung alles Deffen, was zur Gruppirung und Drapfr:
hierbei entwidelte, erwarb ihr verbientermafien ben Beta
Kenner dieſes Faches und gründete in dieſer Hinficht baue
Attitude.) Weniger fing ſie jedoch nad und nach an alt
Schuͤtze (Karl Heinrich Ferbinand) 909
B, wie fie felbft antümbigte, 1820 mit einigen Gaſtrollen auf ber leipziger
me ihre theatralifche Laufbahn. Jetzt Lebt fie von ihrem Gatten, ber ſich nach
aburg getvenbet hat, verlaffen, ber Pflege ihres Schroiegervater6 umb ihrer
er.
Schüge (Karl Heinrich Ferdinand), Herr auf Schweta, vormaliger Mit-
er eines londner Hanbelshaufes, ein durch reiche Erfahrung gebiideter und für
Gemeinnuͤtzige mit Thätigkeit wirkender Geſchaͤftsmann, ward geb. zu Mei⸗
d. 24. Febr. 1778, wo f. Water, Maler an der daſigen Porzellanfabrik, für bie
ehung feiner 11 Kinder nur mit größter Anſtrengung ſorgen konnte. Der faͤ⸗
Knabe, der im 12. Jahre Algebra und Geometrie leicht begriff , befuchte dritt»
Jahre die Landfchute zu Meißen und erlernte dann in Leipzig bie Handlung.
Schriften von Buͤſch waren fein Hauptſtudium; dabei las er viel über Laͤnder⸗
Völkerkunde, was feinem Wunfche, die Welt zu fehen, fo viel Nahrung gab,
et 1796 auf gut Gluͤck nach Amerika zu gehen befchloß. Er reifte über Berlin,
ie Aufnahme in bie Freimaurerverbindung den wichtigften Einfluß auf die fitts
Bildung bes Juͤnglings hatte. In Philadelphia fand er bald eine Stelle in eis
angefehenen Hapfe; nadı einem Jahre erhielt er die Procura deſſelben und bie
ubniß, für eigne Rechnung kleine Handlungegefchäfte zu unternehmen. Als
terein. Staaten 1797 gegen die Befchlüffe des franz. Nationalconvent® Vers
igungsanſtalten treffen mußten, trat er als Sreiwilliger unter die Bahnen der
Bil. Um die Gruͤndung eines eignen Haufes vorzubereiten, ging er im Juni
> nach Hamburg und hierauf im Nov. nad) Eondon, wo er, nad) einander in
aıfern angeftellt, den Welthandel im Großen kennen lernte. Am 1. Juli 1802
rate er zu London mit feinem Freunde Röhre ein eignes Haus unter der Firma:
ge, Röhre und Comp. ; am 25. März 1803 ward er durch eine Parlaments⸗
aturallſirt; auch diente er bei dem Kriege mit Frankreich als Sreitsilliger. Im
Bolge nöthigte ihn die Ausbreitung ſ. Geſchaͤfts zu häufigen Reifen nach
Fohland, Holand, Dänemark, Schweden, Finnland, Rußland, in die
»>eiz unb nach Frankreich. Er befand ſich ein Jahr in Rußland, als Kalfer
»Ieon 1812 dieſes Reich feindlich überzog; im Mai 1813 begab er ſich nach
an, wo er, abwechſelnd mit Stralſund, bis zur Zeit der Schlacht von Leipzig
An Berlin fammelte er Beiträge für die Vereine zur Unterſtuͤtzung der Vers
«ten, unb hatte dabei Gelegenheit, unter ben in dem Hospitale am oranien⸗
x Xhore mit der edeiften Dingebung bülfeleiftenden Frauen die Generalin v.
‚ängerode und Mad. Berner kennen zu lernen, deren menfchenfreundliche Ans
kungen, aud) was bie Frau v. WB. betraf, durch die Ertheilung des Louifenors
anerkannt worden find. 1814 wählte ihn der in London zu Unterftügung ber
ben Krieg in Deutfchland hülfsbebürftig Gewordenen gebilbete Verein zum
chufmitgliebe, und auf f. Nachrichten von ben Ländern des Kriegsſchauplatzes
en mehren Orten unb Gegenden bedeutende Summen zugetheilt ; auch beſchloß
.usfhuß, durch ihn der Frau v. Winzingerode 1000 Pf. St. zu ihrer ſelbſt⸗
igen Vertheilung zuftellen zu laffen. In der Erwartung, daß das Parlantent
Summe von 100,000 Pf. St. als Beitrag zu den Zwecken bes Hülfscomite
en würbe, erhielt Sch. ben Auftrag, die Provinzen Deutfchland®, weiche durch
Rrieg gelitten hätten, zu bereifen und einen Bericht über die Verwendung ber
ugelber,, ſowie über bie fernern Bebürfniffe einzufenden. Ex befuchte in biefer
Ht aud) Sachſen und namentlich Meißen, woſelbſt er dem Hülfsvereine vors
9, 600 Thle., als deſſen Antheil an den engl. Belbern, die er durch ſ. Bericht
yafft hatte, und wozu er eine Summe aus [. Mitteln binzufligte, zur Errich⸗
einer Erziehungsanfals fuͤr die durch Krieg und Seuche aͤlternlos geworbenen
er zu verwenben , in welchen Falle er mehre Briträge verfprach. So entſtand
5 ein Waiſenhaus, In welchem nachher 18 Freiſtellen geſtiftet wurden, wozu
den. Er hatte das Rittergut Schweta bei Oſchat gekauft,
ein ſchoͤnes Haus umd z0g ſich am Ende 1819 von der Theil
“ner Handlungshaufe ganz zurüd. Darauf eröffnete er a
Dresden eine Anſtalt / in welcher 10 arme Blinde unter dı
meifter® Anweifung zum Korbflechten, Schnuͤrenkloͤppeln,
erhielten, wozu ihm Anfangs ber Regierungsſecretair Moı
mer einräumte, dann aber der König ein beſonderes Haus!
dre Beipülfe an Holz und Kohlen fegte ihn in ben Gtand, &
beiter faft zu verdoppeln und denfelben auch bie Koft zu gebe
nem Erwerb in der Anftalt nur 6 Pfennige für die Mahlzeit
ven überließ er die Anftalt nebft Zubehör und einem Legate v
Finanzregiſtrator Rasp ihm für diefen Zweck vermacht hatı
Blindenvereins unentgeltlich; doch nahm er fortwährend a
eins an ber Direction des Inſtituts Antheil. Seitdem ha
Unterftägung des Könige noch mehr erweitert, und es ward
der Stedting’fhen (ehemaligen Flemming'ſchen) Blinden
nigt. Als Mitglied der Gefellſchaft zu Rath und That hat
auch nody durch die nach ſeinem Plane, unter Mitwirkung |
gebrachte und am 3. Febr. 1821 eröffnete Sparcaſſe verdien
teme Veranlaffung entwarf er die Einrichtung her 1823
Gparcaffe. Bel Gründung der neuen, von ber genannten
errichteten Armenſchule war er ebenfall® fehr thaͤtig. Als
bei dem Landtage, wozu ihn die Stände des meißner Kreiſe
entwarf er 1822 gemeinfchaftlich mit dem Kriegslammerraı
laͤuſigen Plan zu einer ünftig allgemeinen Hagelaffecura
Sachſen, und bie in Leipzig zu einem ähnfichen Zwede zuſ
ſchaft ward eingeladen, ihren Wirkungskreis nu auf Sach
mit fid) die Stände des meißner Kreifes an fie ——
Eifer brachte er auf dem Landtage 1824 die Errichtung ein
anſtalt oder einer Witwencaſſe für das Königreich Sachfen |
jedoch mandherlei Hinderniſſe der Ausführung dieſes Worfd
Schuwaloff 911
Recht nicht wegen ber Koberungen an die Bemeinbe oder an einzelne eigentliche
ser in Anſpruch genommen werden; mas fie aber fonft für ben erhaltenen
aitz zu leiften hatten, war fehr verfchleben beſtimmt. Schutzgenoſſen machen im
emeinen eine Mittelclaffe zreifchen wirklichen Bürgern und zwifchen Fremden,
Eye bloß eines vorübergehenben und beliebig aufzukuͤndigenden Schutzes genie⸗
zu ihnen gehören 5. B. in England die denizens , welche, ohne naturaliftet zu
die Erlaubniß haben, Grundeigenthum zu befigen und auf ihre im Lande ges
uen Kinder zu vererben. In die Gchuggenoffenfchaft der Städte drängte fich in
wfchland vor dem allgemeinen Landfrieden (1495) ein großer Theil der Lands
‚ theild ums größere Sicherheit gegen bie Bebrüdungen ber Gutsherren und
ur Plünderungen und a. Gewaltthaten in ben Fehden zu erlangen, theils aber
‚ um aus bem Stande ber Hörigen und Leibeignen in die Claſſe freier Bürger
elangen, unb die Städte nahmen gem folche Ausbürger oder Pfahlbuͤrger auf
ame, weicher Diejenigen bezeichnet, welche ſich nicht in ber Stadt felbft, aber
in ihrer Gemarkung, intra palum civitatis, anfiebelten, vielleicht aber aud)
m ſolche, welche, ohne eine Wohnung unter ftädtifcher Gerichtsbarkeit zu neh⸗
nur ſich bloß perfönlich in ihren Schug begaben), weil fie dadurch an Macht
Anſehen nur gewinnen konnten. Hieraus erklären ſich die Geſetze, welche vom
Jahrh. an gegen diefe Erweiterung bes ftädtifchen Vereins von den deutfchen
"en und Reicheftänden gegeben wırden, ſodaß auch in der goldenen Bulle ein
Es Gapitel gegen bie Pfahlbürger vorlommt. Die Ausbildung ber Lanbeshoheit
die neuem Anfichten von ben Zwecken und Nechten bes Staats haben einem
nen Streben ber Städte ohnehin ein Ziel gefegt. Mit diefer Schupgenoffenfchaft
a6 Ehrenbürgerrecht nicht zu verwechſeln, welches weder Verbindlichkeiten auf⸗
noch des Schuge® wegen, fondern als Auszeichnung und Anerkennung bes
dlenſtes gegeben wird. In Beziehung auf ben Staat befteht die wichtigfte Claſſe
ofen Schupgenoffen aus den Juden; man fängt aber doch an einnufeben, daß
lolches Verhaͤltniß nicht bloß Denen, welche auf diefe Weiſe von dem Bürger:
x ausgeſchloſſen find, fondern auch für den ganzen bürgerlichen Verein felbft
aſt nachtheilig werben muß. 37.
Schumaloff(Paul Andrejewitſch, Graf), k. uff. Generallieutenant, Ges
ulabjutant des Kaiſers, mehrer Drben Ritter, geb. um b. 3.1775, diente uns
BSſuwaroff, erwarb fi) das St.⸗Georgenkreuz bei bem Sturme auf Praga;
m focht er in Italien 4799 ımter Sfumwaroff ; auf dem Marſche über ben Gott⸗
3 warb ihm das Knie zerfchmettert. Im 25. J. zum General ernannt, zeichnete
ich in dem Feldzuge 1807 bei mehren Gelegenheiten aus. Im finnländifchen
»ge war er der erſte Muffe, der 1809 über Tomeo in Schweden eindrang umb
h einen tühnen Marſch über das Eis Schelefta einnahm, 8000 Schweden ge:
gen nahm und 121 Kanonen eroberte, worauf er zum GBenerallieutenant ernannt
de. Bei einer biplomatifchen Sendung an einen der erften Höfe von Europa
Be er auch biplomatifche® Talent. Im J. 1812 befchligte er das *. Corpb,
Bte aber Krankheit wegen ben Befehl nieberlegen; dann wohnte er 1813 an ber
te des Kaiſers allen Schlachten bei, ſchloß den Waffenſtillſtand von Neumark
26. Juli 1813 und verhandelte uͤber einen Waffenſtillſtand vom 24. Febr.
zum 5. März 1814 zu Lufigny, der aber nicht zu Stande kam. Nach dem
marſch in Paris erhielt er ben Auftrag, bie Katferin Maria Louife zu ihren
er zu begleiten und ben Kaiſer Napoleon nach Frejus zu führen. Diefer auch
Menſch hochgeachtete Krieger flach plöglich zu Petereburg ben 1. Dec. 1823,
Dinterließ 2 Söhne. Der Kaifer felbft führte den Trauerzug an.
910 Schutzengel Schutzgenoſſen
bie Zinſen ber Capitalien, Naturalien, Beiträge vom König und Unteridumg
die Mittel lieferten. Als hierauf der zu London 1815 gebilbete Unterftühtmettnde
für die duch die Schlacht von Waterloo Betheiligten durch Hrn. Dufour-fume
in Leipzig die Nachricht erhielt, dab 87 Waifen aus jener Kategorie Hhtfe rap
ten, zu deren Erziehung eine Summe von 2500 Pf. &t. erfoderlich wär, ſo ker
Sch. das Glüd, diefen Beitrag von dem Gomite zu erlangen, darauf berviligeie
derfelbe auch für die Witwen und Waifen preuß. Krieger 10,000 Pf. St — Dh
vaterländifche Sefinnung fand in Deutfchland dankbare Anerkennung. Dieyab
tifche Sefelifchaft in Hamburg verehrte dem wackern Manne eine golbene Kach
und emannte ihn zu ihrem Ehrenmitgliede. Der König von Sachſen If kam
Porzellan : Theefervice zuftelen, und die Direction des pimafchen Weifenkuit
nahm ihn zum Ehrenmitgliede auf. Am Ende 1817 kam Sch. ſelbſt nad Dub
den. Er hatte das Rittergut Schmweta bei Ofchag gekauft, baute dann in Duke
ein ſchoͤnes Haus und z0g ſich am Ende 1819 von ber Theilnahme an feinem in
nee Handlungshaufe ganz zuruͤck. Darauf eröffnete er am 24. Apul 1805
Dresden eine Anftalt, in welcher 10 arme Blinde unter ber Aufficht eine
meiſters Anweifung zum Korbfledhten, Schnuͤrenkloͤppeln, Mattenwebnz!
erhielten, wozu ihm Anfangs ber Regierumgefecretaie Morgenſtern en Garzg
mer einräumte, dann aber ber König ein befonderes Haus überließ. Died
dre Beihülfe an Holz und Kohlen fegte ihn in den Stand, die Zahl der
beiter faſt zu verdoppeln und denfelben auch die Koft zus geben, wozu jeder we
nem Erwerb in der Anftalt nur 6 Pfemmige für die Mahlzeit beitrug. No8?
ven uͤberließ ex die Anftalt nebft Zubehör ımd einem Legate von 1200 Thk, id
Finanzregiftrator Rasp ihm für diefen Zweck vermacht hatte, ben Worfda
Blindenvereins unentgeltlich; doch nahm er fortwährend als Deputirter hi
eins an der Direction des Inſtituts Antheil. Seitdem hat ficdh baffelhe wi
Unterftägung des Königs noch mehr erweitert, und e8 warb am 22. Juli iR
der Steckling'ſchen (ehemaligen Flemming'ſchen) Blindenerziehungsantäm
nigt. Als Mitglied der Geſellſchaft zu Math und That hat &ch. fich um Du
auch noch durch die nach feinem Plane, unter Mitwirkung f. Sreumde, a8
gebrachte und am 3. Gebr. 1821 eröffnete Sparcaffe verbient gemacht. Adi
tene Veranlaffung entwarf er die Einrichtung her 1823 zu Freiberg alle
Sparcaffe. Bei Gründung der neuen, von der genannten Geſellſchaft in Du
errichteten Armenfchule war er ebenfalls fehr thaͤtig. Als ritterſchaftlicha Ed
bei dem Landtage, wozu ihn die Stände des meiner Kreifes 1820 gemihkheh
entwarf er 1822 gemeinfchaftlid, mit dem Kriegskammerrath v. Carlowi ie?
laͤufigen Plan zu einer künftig allgemeinen Hagelaffecurang für das Ki
Sachſen, und die in Leipzig zu einem ähnlichen Zwecke zufammengetretue Ib
fchaft ward eingeladen, ihren Wirkungskreis nur auf Sachſen zu befcisla, ?
mit fich die Stände des meißner Kreifes an fie anfchließen Bönnten. Mitt
Eifer beachte er auf dem Landtage 1824 die Errichtung einer Witwenreingf
anftalt oder einer Witwencaſſe für das Königreich Sachfen in Vorſchlag; di
jedoch mancherlei Hinderniffe der Ausführung dieſes Worfchlags entgegen.
Schupengel, f. Engel, Geiſter, Genien.
Schußgenoffeyg, Schußverwandte find im Algemine MP
nigen, welche, ohne eigentliche Mitglieber irgend einer Geſellſchaft zu (ra dl
Laften zu tragen oder an ber Verwaltung Antheil zu nehmen, doch mit dache
einer gewiffen Verbindung und unter ihrem Schutze ftehen. Diefet Bold
Bann daher nicht bloß bei Stadt» und Dorfgemeinben, fondern aud bei mr
dern Corporation und in Beziehung auf den ganzen Staat vorkommen &19
in den Gemeinden die allgemeine gegenfeitige Verbuͤrgung ber Gemeinden in br
land frank-pledge, franciplegium genannt) befand, konnten bie Che
A DE FE ER ED A393 an Mm EC ME DT aD A FD CE Be en Tr Em ae.
ee ae Se 2 u BE BE um (re DE Me Hr KO Tr rn u
Schuwaloff 911
Recht nicht wegen ber Koberungen an die Gemeinde oder an einzelne eigentliche
ger in Anfpruch genommen werben; was fie aber fonft für den erhaltenen
ng zu leiften hatten, war fehr verfchieben beftimmt. Schuggenoffen machen im
meinen eine Dittelclafie zreifchen wirklichen Bürgern und zwiſchen Fremden,
ye bloß eines vorübergehenden und beliebig aufzukuͤndigenden Schuges genies
zu ihnen gehören 5. B. in England die denizene , welche, ohne naturaliſirt zu
die Erlaubniß haben, Grundeigenthum zu befigen und auf ihre im Lande ges
ım Kinder zu vererben. In bie Schutzgenoſſenſchaft der Städte drängte fich in
tfchland vor dem allgemeinen Landfrieben (1495) ein großer Theil der Land⸗
, theils um größere Sicherheit gegen bie Bedruͤckungen ber Gutsherren und
ı Plünderungen und a. Gewaltthaten in ben Fehden zu erlangen, theils aber
, um aus ben Stande ber Hörigen und Leibeignen in die Claſſe freier Bürger
langen, und bie Städte nahmen gem folche Ausbürger oder Pfahlbürger auf
Name, welcher Diejenigen bezeichnet, welche ſich nicht in der Stadt felbft, aber
in ihrer Gemarkung, intra palum eivitatis, anfiedelten, vieleicht aber auch
ſolche, welche, ohne eine Wohnung unter ftäbtifcher Gerichtsbarkeit zu neh⸗
‚ nur fich bloß perföntich in ihren Schug begaben), weil fie dadurch an Macht
Anfehen nur gewinnen tonnten. Hieraus erklären fich die Geſetze, welche vom
Jahrh. an gegen diefe Erweiterung des ftädtifchen Vereins von den beutfchen
en und Reichefländen gegeben wurben, ſodaß auch in der goldenen Bulle ein
6 Gapitel gegen die Pfahlbürger vorkommt. Die Ausbildung ber Landeshoheit
ie neuen Anfichten von den Zwecken und Rechten bes Staats haben einem
ra Streben ber Städte ohnehin ein Biel gefegt. Mit biefer Schutzgenoſſenſchaft
B Ehrembürgertecht nicht zu verwechfeln, weiches weber Verbindlichkeiten aufs
mod) des Schutzes wegen, fondern als Auszeichnung und Anerkennung be6
enſtes gegeben wird. In Beziehung auf ben Staat befteht die wichtigfte Claſſe
ofen Schupgenofien aus ben Juden; man fängt aber body an einmufeben, bag
lches Verhätmig nicht bloß Denen, welche auf diefe Weiſe von dem Bürger:
causgeſchloſſen find, fondern auch für dem ganzen bürgerlichen Verein felbfl
nachtheilig werden muß. 37.
Schumwaloff(Paul Andrejewitſch, Graf), €. ruſſ. Generallleutenant, Ge:
idjutant des Kaiſers, mehrer Drden Ritter, geb. um d. 3.1775, diente un:
ſuwaroff, erwarb fich das St.⸗Georgenkrenz bei dem Sturme auf Praga;
Focht er in Italien 1799 unter Sſuwaroff; auf dem Marfche über den Gott⸗
ward ihm das Knie zerfchmettert. Im 25. J. zum General ernannt, zeichnete
> in bem Feldzuge 1807 bei mehren Gelegenheiten aus. Im finnländifchen
e war er der erfte Muffe, der 1809 über Torneo in Schweden eindrang und
einen fühnen Marſch über das Eis Schelefta einnahm, 8000 Schweden ges
nahm und 121 Kanonen eroberte, worauf er zum Generallleutenant ernannt
>. Bei einer diplomatifchen Sendung an einen ber erften Höfe von Europa
er auch diplomatifches Talent. Im J. 1812 befehligte ex das &. Corps,
> aber Krankheit wegen ben Befehl niederlegen ; dann wohnte er 1813 an ber
des Kaiſers allen Schlachten bei, fchloß den Waffenſtillſtand von Neumark
>6. Juli 1813 und verhandelte über einen Waffenftilfiand vom 24. Febr.
tm 5. März 1814 zu Lufigny, der aber nicht zu Stande kam. Nach dem
arſch in Paris erhielt er den Auftrag, bie Kaiſerin Maria Louife zu ihrem
> zu begleiten unb ben Kaifer Napoleon nad) Frejus zu führen. Dieſer auch
Nenſch hochgeachtete Krieger ſtarb plöglich zu Petersburg den 1. Dec. 1823,
ünterließ 2 Söhne. Der Kaifer felbft führte den Trauerzug an.
Verzeichniß
der in dieſem Bande enthaltenen Artikel.
Mabbi, Rabbiner
Rabbiniſche Sprache
und Literatur
Rabelais ( Francois)
Rabener (Gottlieb
Wilhelm) ..
Rabuliſt
Habutin (Roger) .
Racen der Denfhen,
Menſch
ſ. Denf
Ratine Feen)!
Racine (Louis).
Racknitz (Joſeph Ftied⸗
rich, Freiherr zu) —
Radegaſt.
Nadicalreformers 7
Radiren, ſ. Kupfer⸗
ſtecherkunſt.. 9
Radius, f. Diameter —
Radzivil (Gefchlecht
— Michael VI. —-
Ludwig Nikolaus
— Anton Heine) —
Raeburn (Sir Henry) —
Rafael Sanio . 40
Raffiniren, Raffinabe 16
Rafflesia Patma .
Raguſa (Sreiftaat —
Stadt) . .
Maimar ( (Sreimund),
ſ. Rüden .
ala Il
—
2*
R.
Geite
RNaiten.. . 16 Vationel
Rajah, Rajahs 17 Rub ...
>22 0 Raubeöge, [Mi
— Rauch.
Sigmund — Feamz) — Bauch (Chriflien
Raleigh (Sir Walter) 18 Rauch (Guſten
Rallentande . . 0 Rauchen
Ramdjana . — .
— BRoamfan . - . 24 Raucourt (Ger
Ramberg (Joh. Hein» .
ih). » .»» Raum, Räume
Rameau (Jean PH — Raumer ( Friche
Namler (Kari Wuh.) 22 wig Geerga
Rammelöberg ,» . 23 Karl). .
Ramsden (Johann) — Raupach (Erf
Rancs —— jan
Armand Jean le Raute; ſ. Riewlı
Bouthilieene) . 24. Rautenglas .
Rang, Rangordnung — Rautenkrone
Nanzau (Familie — Ravaillac (Bram
Joh. v. — Hein⸗ Ravelin
rich, Graf von — Heaven ..
Daniel, Graf vor Kavg . . »
— Ray (Ice) .
Naoul⸗Rochette (Des - Baynıal (Bullen
re). . 2... — Domas Frag
Rapp (Johann, Graf Naydnouarb (gre⸗
von) . . 26 Juſte Dick)
Raferei, ſ. Wahnflm 27 Merctien Rache
Raſk (Raomus Chris vermoͤgen
ſtian) . 0. — Heartiom, yorife
Raſtadt, Raſtadter re
Friede, Raſtabter Real (Di) -
Ense. » » — Real (Pia ii
Nähfel . . 28 cols, Gef). -
Rational, f. Rationell — Bel .
Atianalamus — Beaigeld
Verzeichniß der in biefem Bande enthaltenen Artitl, 918
Seite
ien 50
ut .
8... 52
e, ſ. Real⸗
d Gelde.
en, ſ. Real⸗
ee...
: (Rene Ans
'erchault de)
: (Anbreas
Friedr. v.)
ation .
Swelen .
unft .
und Rothen⸗
(Srafen von
ih, Graf
Aloys Franz
Graf v. —
„Graf v. —
Braf v.).
unſt, Rech⸗
yrobe.. .
sofhine .
18211
58
59
igung, ſ. Ver⸗
ig .. 60
gun. . —
ıbigkeit, ſ.
dorie .
eibung .
‚ehrfamtelt,
gelehrter,
kundiger
ft... 65
ittel
lege, ſ. Ge⸗
und Proceß
2... —
ichten, Rechts⸗
dlichkeiten
iloſophie, ſ.
recht.. 67
nb . .
iſſenſchaft
hithaten .
ſ. Ruͤckfall
68
72
73
Seite
73
Recipienten
Recitativ.
Recitiuen, f. Declamis
75
Rede ( Euſ⸗ ab. Charlotte
GSonftantia, Frau
vonder)... .
Reckum (Andreas v) 77
Reclama 78
Recognition —
Recognoſciren 79
Recollectinnen, ſ. Fran⸗
ciscaner und Ciſter⸗
te ...
Reconvention . .
Rectificiren, Mei
tion . .
Recurs
Redacteur, Medaction
Re . . ..
Redekunſt
Redemptoriſten
Redende Kuͤnſte
Medetheile . .
Reding (Alops v. —
Theodor v.)
Redondilien
Meboute .
Medoute (Pierre Jo⸗
ph) . -
Reduction . .
Rees'ſche Regel, f. Rt:
tenrehnung .
Mefactie, ſ. Fuſtage
Reflector, ſ. Fernrohr
Reflexion
Reflexion, ſ. Zul»
ſtrahlung . .
Meformation —
Reformirte Kirche 109
Refraction, ſ. Strah⸗
. 115
—9 mises Il
1118
. 4116
. 147
Refugies
Megalien
Megatta ..
Rod . . . 2. —
Mom . . . . 14118
Regenbogen, Regen⸗
gallen . 119
Regenmeffer . 120
Ber. Siebente Aufl. Mb. IX.
Seite
Regensburg . . 1%0
Megent, Regentſchaft 121
Megie, Regiffeur -
Regierung, Regie⸗ ,
rungsrechte . . 122
Negiomontanus (Jos
hann Müller) . 125
Regifter . 126
Megifterfchiffe .
Reglement der franzoͤ⸗
fifhen Kammern
Reglement (Dienft-),
Erercierreglement 128
Regnard (Sean Frans
co). . :
Megnier (Mathurhn) 129
Regnier (Zrancois Se:
raphin Desmarais) —
Megueß . - 130
Megulus, Regulinifch —
Regulus (Marcus a6
dm) . .
Rehabilitation .
Reich
Reich Philipp Ga
muß) .
Meichard (Heine. u
guft DOttofar) . 132
Reichardt (Johann
Friedrich — Julie
— kouife) . —
Reiche bee Natur . 136
Meichenbach (Congreß
und e zu)
Meichenbah (Georg
von) - . 137
Meichenberg —
Reichenhall1838
Reichsabſchied, ſ. Deut⸗
ſches Rih . . 139
Reichsacht, ſ. Acht —
Reichsaͤmter, ſ. Erz
Reichsarmee, Deuts
ſches Bundesheer —
Reichsdeputation. 140
Reichsfuͤrſten —
Reichsffuß —
Reichsgeſeze141
Reichshofrath _
Reichölammergericht,
f. Kammer .
68
—
. 431
—
014 WVerhelchnig der In biefem Bande enthaltenen XrtiM
Seite Seite
Reicherltterſchaft, ſ. Religlonsftiede 479 Befident[.Ge
Deutiſches Reich 141 Betiiongpbifefopbie 184 Mofa Bi
Reheflet . . Religionsfhmwärmes
Bedflat . . 12 wii 185 —*
Reiqsvicatien. — Reiigionsunterricht —
FREIE a ——— —E
Reifenftein Johaun , . f. Union . tatoren
Friedrich) . 143 Meliglofm . . . — Bestitutie in
Meiger, Reiperbaie — Meliglofitt - - — gum .
Reihe, orithmetifce Neligdien . Reftitutionderi
und gedmetrifche, Rembrandt vun dtfen Dreifigjähr
f- Progreffion . — Pal)... — Krieg and
rn 1 Joh: ei 2 Remedium . . 4192 nand IL.
Remeſſe, Remeffen Retardat, Reta
Keimanıt (hermann uh. . . . — Retentionsreh
Samuel) . 146 Rewmwonſtranten Retif de la
Reimarus ¶ Johann Rewiſcheid. 194 (Nicolas A
Albert Heinrich) 147 Remter . Retorfiondfoft
Beimleriton . Remus, f. Roms — Retouchtren
Rein . 148 Remuſat (Jean Pierre. Wetrat. .
Reinede der Fuchs — Al) . . 196 Rettungsanfı
Reinede (Johann Renegaten. — Me Gean g
Friedrich — Reni (Guide) .— Paui de |
Reinhard (Franz Volle Wermell (Fame) . Cardinal d
ma). . 149 Rem. » . . — Mesfch (Mar
Reinhard (Karl Fried» Rennie (John) . — Reuchlin (Jal
eich, Graf) . . 153 Rs . . . 199 Meutauf, f.i
Reinhold (Karl ron Rntm ...— tag. -
hat) . .. . 154 Mentenablöfung . 200 Reunionslam
Reinwardt ( Kaepar Rentenirer . . 201 f. Ludwigs
a) Kat) . — Mmntenreductien . 202 Regierung
156 — Repertos Reuß (Eürfl
Kin, f. mi — _ 206 Graſen), 3
Reiſen PR f Lande
Reiste (ob. atos) 162 Wieder holungs · Reuvertrag
Relßblei. 168 Ereis 207 Reval , »
Meitn . . . . 164 MRepräfentanten, f. Reventlau ({
Reiteri . . 18 Volksvertreter u. — Johan
KReitkunſt Stine... — wig, Grof,
Reiz Feiedrich Pa Mepreffalten . .. — Beverbere,®
gang) - . . 168 Reproduction, Repro⸗ laternen,
Reizbatteit — iuctionsſyſtem. — ratien,
Reizend. . .4170 Repubiit , .. 2 ofen .
Reatv. . .. — Rerutfebi, ſ. Nord⸗ Revers, Ra
Delegation . . — polewpeditinen 213 breverſe
Relief . — Requetenmeiſter. — llen
Religion, Beligiond Requiem . . . — Revolutlen
sefhihte . . 174 Mequiftimn . . — Revolutien
Religiondfreieit . 473 Requifitorialn ."— Beynods(d
Beligionsfreiheit Reservatio mentalis — Mhabarher .
ah.) 2. A7E Meiere Whdyalk . Ad Whaktemasi
Verzeichniß der in biefem Bande enthaltenen Arttkel.
Seite
‚ f. Englifche
wet . . 240
nthus .
e, Rhapſoden,
dien, Rhapſo⸗
Wiſſen . 24
via . . 242
beder —
0.9243
d. . ..246
2. .2...928
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fen, f. Raus
und Wild»
er Fuß, ſ.
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fffahrts⸗Oc⸗
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Rebekunſt,
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2.2.
Rheumatis⸗
donſtantin) —
8, ſ. Nas⸗
...975
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(Inſel —
..276
, Ryombol⸗
* . 277
Siufeppe) 0
gnoletto .
David) .
ipio).. . 288
287
Ringelgediht .
ingelrennen .
Seite
Miccoboni (Lobovico) 288
Richard I. (König von
England) . 289
Richard II. (Rönig v.
England) . . 290
Richard II. (König
von England) . 291
Richardſon (Sam.) 293
Richelieu (Armand
du Pleffie, Herzog
von Er
Richelieu (Louis Frans
coi6 Armand bu
Pieffis, Herzog v.) 296
Richellzu (Armand
du Pleſſis, Herzog
von) . 297
Richter (Sean Paul
Friedrich) . 298
0 Richter (Auguft Gott:
.. 302
lieb) .
Richteramt ..
Ried (Vertrag zu) . 303
915
Seite
Rinteln . 319
Rio Janeiro . —
Ripienſtimme, Ripie⸗
niſt. . 320
Ripperda (Joh. Wil⸗
beim, Baron v.) 321
Rifalit . . 322
RE...
Ritornell, Ritornelle —
Rittenhouſe (David) —
Ritter, ſ.rRitterweſen 323
Ritter (Johann Wil⸗
beim) . . —
Ritterguͤter . 324
Ritterorden, f. Orden
(Ritters) und Rit⸗
terweſen
Ritterpferde . .
Ritterfchaft, f. Dr
nen . .
Rittrflhlagg . - 325
Riterfpiele ‚f Nu |
niere
Miedinger (Johann Mitterfprung . .
Elias — Johann Ritterweſen, Ritter
Jakod — Martin ſtand, Ritterorden,
Elia) . . — Ritterpoeſie, Rit⸗
Riego (Don Rafael terromane . —
del R.y Nuñez — Rituale.334
Domna Maria The⸗ Rivarol (Antoine) —
reſa) Rivci . . . .335
Rem (Friede, Bir Rizio (David). . —
beim) . . : 306 Robert I. (König von
Kin - - . Schottland) . 336
Hiepenhaufen (Friede Mobert (Ludwig) . 337
ri — Johann) 308 Robertſon (William) 338
Mies (Ferdinand). — Mobetpierre (Maxi⸗
Rieſen . . . — milien Joſeph) —
Niefenbetten . 309 Bobinfon, Robinſo⸗
Riefendamm . 310 ndn .-. ..
Niefengebirge . — Robinfon (Sir John
Riga Steck) . . 342
—* Bincenzo) — Reochbdale . —
Rigi 3 Raochechouart (Frans
Rigorlömus, Rigorks colfe Athenais de) —
ftifhe Moral. — Rechefoucauld (Kami>
Nikofhettfhuß. . 314 lie — Stancois VI.,
Rimnii . ».. — Herzog v. La R. —
Rindviehzucht — François Alexandre
. 318 Srederic, Herzog de
La R.Liancoust) 343
Dar 5
916 Verzeichniß der in biefem Bande enthaltenen Artikel
Seite
Roche · Jaquelin (Hens
ri, Graf de la —
Louis Duvergier,
Mar quis de la
Marie Louiſe Vic⸗
toite, Marg. be la
— Augufte, Graf:
del) . . .344
Modelle (La) . . 345
Rocheſter (John Wil⸗
mot, Graf vo) —
Rochlitz (Friedrich) —
Rochow (Erlebe. Eber⸗
hard von) 346
Rocky Mountains —
Mode (Bernhard). 347
Rode Pier) . .. —
Rodney (George
Boyd) . -» —
Roger von der Weyde 348
Rohan » Guemens
(Louis Rene eduerd,
Cardinal) _
Weode (fpanifähee) .
Roͤht (Joh. —E _
Roland. . . . 350
Roland (Jean Marie
Baptifte be la Plas
tier) . . _
Roland (Manon Jeanı
ne Phlipn) . —
Rolandsfäulen, Rus
Iandefäulen, Ruts
landebilder . . 351
Role (Joh. Heinrich) —
Role. 0... —
Rollenhagen (Georg) 352
Rollin (Charled) . —
Rom (Staat) . . 353
Rom (Stadt) . . 364
Roman. . . . 375
Romana (Marquis
del) ....383
Romane, hiftorifhe 384
Romanifche Sprahen —
Romano (Giulio), f.
Sulius Romanıs —
Romantiid . . —
Romane . . . 358
Romberg (Anton 1.
- Gerhard Hein
Seite
tich — Bernhard
— Andread —
Anton IL) . . 390
Romein . - ‚391
Römer. .
Römermonate, Deut:
ſches Reich —
—* ſ. De
—— Deuts
ſches Reich . —
Romilly (Samuel) _
Roͤmiſche Cutie . 392
. Römifcher Kaifer, f.
Deutfhes Reich 393
Römifch + kathouſche
Kiche . .- -
Römifcher König, ſ.
Deutſches Reich —
Römische Kunft, [.
Baukunft(Gerhich-
teber), Blldhouer⸗
kunſt (Geſch. der),
Malerei (Öefchichte
der) amd Mufit
Gefhichte der) . —
Roͤmiſche Literatur 394
Roͤmiſches Reht . 401
Roͤmiſche Schule, ſ.
Italieniſche Kunſt 406
Roͤmiſche Sprache —
Rommel ehrt) 407
Romulus . .
Roncesvalles . - 408
Rondeau, Rondo . 409
Ronfard (Pierre de) —
Roos (Johann Hein ⸗
rich — Theodor —
Philipp — Jakob) —
Rooſe (Betty) . - 410
Roquelaure (Gafton
Jean Bapt., Marz
quis u. Hetzog v.) —
Rofa (Salvator) . 411
Rofa (Monte) . —
Rofalie . . . - 412
Roscellinus, f. Nomi⸗
naliften . . _
Roscius (Quintus) _
Rode om) 413
Raben Rn
worth Dilu
PR (Ha
Rofenfefte, Ref
den...
Rofenolyf.Rı
Rofenkanz .
Rofenkreuger
Rofenmälke ($
Georg) .
Rofenmüler (
Friedrich 8a
Rofenmäle (}
Cheiftoph)
Rofendt .
Rofenftein Ri
Rofette .
Rofette (Jaſch
Rofette, Rofen
Rofinen, Roſu
Roskolniten
Roſoglio, Kol
Branntwea
Roß (Cap.) f
polerpeditiin
Roßbach (Shh
Roßſchweif.
Roßtrappe
een)
Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel. 917
Seite Seite
a v. — Karl Rüdungen (enharmo⸗
Jakob v.) 431 niſche). . . 459
. . . 434 Rudbed (Diausl. —
.. . 435 Olaus 1. — E.3.) —
fan) . Dvedhimen Bein
tarlv.) . 436
‚orough . 437 RL deutſcher
a . . 488 Kaife) . - —
"2.2439 Rubel. (vetfeher
Jean Ant) — NKalfe) : ._. 461
on Ruffo (Fabeiio, Gar
F 40 dina) . . . 462
Lisle (Jos Ruffo » Scida (Rodor
.. — vico, Cardinal —
.. . — Alvaro, Fuͤrſt —
(Sean Bap⸗ Hieronymo, Mars
.41 Pl ..
(Sean Jar
. 442 —E
weine . 445 üpp L — Georg
— —e
446 fien — Johann
220.447 Lorenz — Mori) 464
ifabeth) . — Wuglelt . . . 465
tote) . — Ruhnkenius (David) —
Alexander 448 Ruͤhrend 466
e John, Se Rulpieres (Claude Gar»
) lomandı) . . —
' u Ci Rum . ...—
Rumelin, Rum · Ju,
f. Romelien. . 467
Lan Die Rumford (Benjamin
— Antoine Lhonofon, uf
f) . . 450
dilatre de), Rute (Rico
fat . . 451 Petrowitſch· Graf
mp... — — Paul Petro⸗
. — witſch, Graf —
Peter Pan) — Sergei Petrowitſch,
.. 458 Graf)
_ Rumoffeti ( Sterhan
... — von). .. . 468
Giovanni) — Rundgeſang 469
— Runen, Runenfteine —
friedrih) 454 Munftäbe, Rumenftäbe,
Recidiv) 455 Signaiſtaͤbe . 470
Gverkiims Runtelcübenzuder, [.
1.2.2. Bude... —
Ve 488 Runen . . . —
a (chythmi⸗ Bupe . 2... —
rm Uubcſut... —
. 463 Ruyter (Micart se
dilan)
Seite
Ri deutſcher
1
Pe Zogpmufil it 487
Ruſſiſches Bad, f.
Bäder _
Ruſſiſches Ss _
Ruſſiſche Sprageund
u ..
B 497
—X Amnbe 528
Ruthe .
Rurfäberge . \829
Rutſcherrecht . + 539
Ruvſch (Briedrih) 51
Ruvſch (Rachel)
Ruysdael (Satob) . _
off, (‚Eile . . 532
Rysnit(Dorf — —
8
&
Q
&
j
Saale FE ud
Saalfeld (Fuͤrſten ·
thum — Stade)
Saarlouis . .
Saavedra Barardo,
f-Sarado . .
Sabäer, Saba
Sabaismus
Er
ne,
Den
Sin, Euhtn,
ne .
Gabler . oo... 536
Sabine . . . 537
Gabinerinnentanb, f.
Romulus
Sachint (Antonio
—— Bafparo) —
918
8
Sachſen
Sea ſenfriſt ſ. ur BZ |
Sachſenjahr
Sachſenſpiegel.
Saͤchſifche Schweiz
Saͤchſiſcher Bergbau,
[.Selbrg : . 578
Sad (Joh. Auguſt) —
Sadletr . . . 579
Sadpfeife . _ —
Sacrament, Sacra⸗
mente, Sacraments⸗
ſtreit, Sacramenti·
ww...
Sacramente (kath.) 581
Sacrilegium, f. Kits
henfrevel ;
Sacriftei, Sacriſtan —
Säcularifation —
Saͤculum582
Sacy (Baron Antoine
Iſaak, Silveſtre de) —
Sades Marquis v. ) 583
Shi . .
Saducaͤer 584
Saffian, f. Maroquin —
Saftfarben, f. Dale
farben . .
Sagan Fuͤrſtenthum
— Stadt) .
Sage
—
| Sogmtteife des Die
telalters, f. Mittels
alter und Rittetwes
& fen . —
ago 585
Sagunt . .
Saidſchuͤtz und Seblit —
Saigern, ſ. Silber
Sailer (Joh. Michael) —
- Saint:Aulaire (Louis
Beaupoil, Grafv.
— Sofeph Beau:
poil, Graf v.) . 586
Saint:Chr; f. Eyr
Saint:George (Ritter
vn). . ....—
Saint: Sermain, f.
Germain .
Saint⸗Lambert (Jean
Stange) . ı
m
A
nrdin.
Seite
Saint⸗Marſan (Ans
ton Maria Philipp
Afinari, Marquis
von). . . 587
Saint: Mortin (Jean
Antoine) . . 588
Saint: Pierre (Charles
Stenee Gaftel, Abbe
de) . .
Saint:Pierre (Jaca.
Bernardin Henri
de) .
Saint: Real (Gefar
Bichardde). . 589
Saint⸗Simon (Louis
be Rouvroi, Ders
309 von — Claude
Anne, Herzogn.—
Henri, Graf v. —
Henri Sean Victor,
Marquis von) . 590
Saint⸗Vincent (Lord,
Straf John Jewie
von) . —
Saiten. . . 5941
Soiteninſtrumente —
Sakkarah . 592
Saladin —
Salamanca .593
Salamander . 595
Salami . . —
Salat (Jakob). —
Salbung. . . 596
Saldern (Friedrich
Chriftoph ven) - 597
Sam. . . —
Salep... —
Salem en . 598
Salefianerinnen —
Salfi (Francesco). —
Salier. —
Salier, Saliſche Fran⸗
ken, Saliſches Ge⸗
febuh . . . 599
Salteri (Antonio) .
Saline, f. Gradiren 600
Salis (Johann Gau⸗
denz, Freih. von)
Salisbury..601
Saliſches Geſetz, ſ.
Sur . . 602
*
Verzeichniß ber In dieſem Bande enthaltenen Arilkel
Salm (Haus)
Salm Miklas
Salm:Dpt (Gı
ze Marie be
Fuͤrſtin von)
Salm⸗ Kyorburg
drich IV.,
Otto, Fuͤrſt
Salmaffus (6
diue)
Salmiak
Salomo
Salonidi . .
Salpeter
Saipeterfäur .
Salt (Heimit)
Saltareo . .
Saluso (Fam
Salvandy (Ru
Achille von).
Salvator Roſe
Roſa (Salon
Salvegarde
Salvi (Giambet
ſ. Saffofzeke
Salvus Conde
Salz oo.»
Salsa (Drrmaml
Salıbrum .
Verzeichniß ber in dieſem Bande enthaltenen Artikel.
919
Seite Seite Gelt⸗
allen (Gans Sarpi (Paolo) . . 649 Gealiger (Joſeph Ju⸗
Stadt) . 624 Gartr . . . . 650 fu) . . .672
elma . . 625 Sarti (Giuſeppe). — GScalpien . . 673
en (pragmas Sarto (Andrea dei) 651 Scandirm . —
... 626 Saſſoferato 652 Scapulie . —
akob (Schlacht Satelliten . Scarabaͤus —
... — Saartrapen, Satrapien — — Scaramußß. —
eteroburg, ſ. Sattelhoͤfe. Scarlatti (Aleffanbro
burg.. — Sättigung . — — Domenico). —
Eamdflein — Saturnus, Satumia — Searpa (Antonio) . 674
art Ludwig) — Saturnalien . 653 Scarron (Paul) —
Sandalen 631 Gatyr . Scaurus (Marcus
ın (Robert), Sr, Camp 654 Ämiliue) . .» 675
manianer 632 . 655 Scaͤvola, ſ. Mucius —
t (Eduard) — erbrannen — Sceaux, Garde des
6, Sandſchia⸗ Sauerkleeſalz — Sceaux, ſ. Siegel,
... — Suaͤuerling, ſ. Sauer⸗ Siegelbewahrer —
(Joachim brunnn . . 656 Seene, ſ. Schauſpiel —
... — Gauerfloff . . — Schabemanier, ſ.
n, Sand . 633 Saͤugthiere . 657 Schwarze Kunſt —
hinſeln — Saugwerk, Saugpgum⸗ Scchachſpiel, Courier⸗
hland. . 635 pen, ſ. Pumpen 658 ſpiel, Kriegsſpiel —
iſch Sangui Saul— Schachmaſchine, ſ.
ſ. Lemwera · Saͤule — Kempen . . 676
Säulenordnung . 659 Schacht, ſ. Grube. —
in. — Seutenftubt, ſ. Poſta Shit . . . —
ro Jacopo) — 661 Schaͤdellehre . 677
otte. . 636 Sauran (ron, a Shadm . . . 680
0 von)‘. . Schadow (Sof
ii... — Gäu. . . 662 Gottfried —
rt... — Gaurin Jacques) — dolf — Bub
Sappeur . 637 Sauffure (Dorace Bes pdeich . . 681
... — nedicte de — Ni⸗ . 682
(von Mitylene cola® de) . 663 Schäfer (Gottfried
n Ereſſu) — Savanım . . . 664 Heinrich) . 684
2.2.6838 Savary (Rene, Her: Schaͤfergedicht, Shi.
da — zog von Rovigo) — ferfpil -. - : 685
m . — Savigny (Friedrich Saefiseufen (Canton
_ Karl von) 665 adt) . —
sü (Mat: Savonarola (Gero⸗ Pi ... . 686
Kafimir) . 641 nimo) Schaft, f. Saͤule —
pal . — Savoyen . . . 668 GScaftgefimfe . . —
. 642 Say (Jean Baptifte) — Schafzucht . —
Sayn und Witgen⸗ Schagren . 690
5 Monar⸗ ſtein . 669 Schall .. . —
. 643 Sbirren . . 0O GSchalmd . . 694 '
r, ſJ Quarı 648 Ecabin, f. GSqipp⸗ — Schalthiere ... 695
zen, Sarka⸗ Scagtiola .. — Sdhaltjahr, ſ. Calender
ee Sacala, ſ. Tonleiter 671 und Jahr. —
ag.. — Gealiger (Julius Caͤ⸗ Schamanen. —
en .o. 649 far) u. — Schandau er vn 59
920 ¶ Verzeichuiß ber in biefem Bande enthaltenen Artite,
Seite . Seite
Schandpfahl . 696 Schelde.724
Schanze, Verſchan ⸗ Scheller (Immanuel
jungen *3..697: _ Johann Gerhard) —
Scharbock . — Sgelling (Beiebrich
Sharffhlgen . . 698 — Joſeph
Schariach - . . 699 . 725
Schatlachfieber . — —— Siem 731
— f Schemnitz
. 704 Scyemtung . \ 732
PIERRE Scherbengericht, ſ.
David von). . — Oſtracismus 733
Schatten und Licht 705 Sheif. . . _
Gattung . . 707 Ehmo . . _
Sgatulle, [. Epatoule — Gcheuffelin (Hans) 734
Schatullenguͤter, f. Schiavone (Andre) —
Domainen . » — Gdiboleth . —
Schatzkammerſcheine — Schicht (Joh. St
Spaubäpnnf.üpe _ fee). . - —
wo... u
Shur .. . Vorſehung . . 736
Ce Scäyidfalstragddie _
me ... Schiedsmann, Schiede ·
Schaufel... — ddr ..
Schaufpieler, deut Shiefe der Ektiptit —
ſche... 746 Scdiefet739
Schauſpielhaus, ſ. Schienenwege . . -
Theater . . — Shiedling » - . 740
Scaufpieltunft . — Schießpulver . . 741
Shaw . . 748 Schießſcharten . 743
Geiler (Johann for Schiff. - .—_
venz, Fteiherr von) — Sciffsautunft” . —
‚Shen 4
flotte . . . 719 Scifffahet .
Scheffler, f. Angeln _Schifffabrtslunde . 746
Silesius.. . . 720 Sciffmühle 748
Scheffner Soham Saiftofun, —E —
ſeorge). — Ghitn . .
Scheidemänge . — Schikaneder (Emo
Scheiden, Scheide: mul) . . _
lunſt 721 Shi. . . . 749
Sceidewaffer.. . Sejitbfnappe oo
Scheidung, ſ. Chem Sqhildkroͤte, Schilde
Ehefheidtung . — patt . » 750
Sheikh, Seite. .—_ Shi (Ferdinand v.) _
Schein. . — Gäiller (Joh. Chris
Scheintob . 722 ſtoph Friedrich v.) 754
Sceinwehfel, ‚Wed: Saling PR . 765
fel 724 Schilling (Friedrich
———— 3330 0m
Stammsisaunn, Heine
eur, Zen — _— re
S
(Rütger Jan)
San Schaaf
Sin (ui
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Scıism . .
Scismatiter .
Schlaberndorf (0
ſtav, Graf.)
Schlacht, Sclad
orbnumg
Scladytenmakrei
Saladen, Strad
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788 Section, re 6
Status
Soh laglicht
Scdh lagſchatten, f
Schatten
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Schlangen ·
Schlangenbad ın
Langenfhwali
Schlegel (Iob. &
Schlegel (Joh Ade
Schlegel (Joh. he
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Schlegel (Augufi!
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Schleiermadher (ft
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Schleifen, Schleift
Scleißheim -
Schlefim . - -
Schleſiſche Digen
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f- Deutfde
—* (de
—
————
Verzelchniß der in diefem Bande enthaltenen Artikel, VOE1
Seite
htegroll (Adolf
inr. Friedrich) 798
ffen (Martin
ftvon) . . 799
penbach (Ulrich
ineih Guſtav,
ihere von) . 800
tſchuhfahren 801
ffee (Johann
09). -
fer ( Feiedrich
ciſtopph) . . 802
jee (Aug. Lud⸗
| von — Doros
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ß, ſ. Gaben; 806
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ßfall, ſ. Gaben; —
ſßſatz, ſ. Finale —
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ahdiſche Bund,
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alte . .:..808
al ( Theodor
ton Heinrich)
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ciflillende Dit
. + 810
ttau (Samuel,
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I Chriftoph,
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tteringe .
d (Karl Chris
ı Erhard) . 812
d(KarlErnfl) 813
dt (Michael
3). 2 2
dt (oh. Ernft
fin) . . 815
811
—2* . —
Sch
— Schoen (Martin) .
Seite
Schmirgel - 815
Schminke . . —
Schmoͤllnitz 816
Schmutzer (Jakob
Matthaͤus)
Schnecken, ſ. Sa
bie . . . 817
Schnee . —
Schneeberg 818
Schneekoppe, Schnee⸗
topf .. 819
Schneelinie —
Schneider (Eulogius) —
. 820
. 804 Schneider (Anton) 821
. 805 Schneider (Joh. Chris
ftion Friedrich) . 822
Schneller (Julius
Franz Borgiat) 823
Schhnelipeffe . . 824
nepfe . . 826
neppe . . . 827
Schnor (Veit Hans
von Karolsfeld) 827
Schnorr (Veit Julius
von Karolsfeld) 828
Gchuupfen. . . 829
Schnüäbufll . . 831
Schnurrer (Chriftian
Friedrich von) '. 834
Schock, Schocke
Shöfe Pe), .
Buchdruckerkunſt
Scholarchat, Solar:
hen
Schoiaſtieer
Scholien, Sqolia⸗
ſten
Schoͤll (Barimilion
Samfon Friedrich) —
Schomberg (Friedrich
Dermann von) . 838
Schön, Schoͤnheit —
Schön (von) . . 84
Schöaborn (Reiche:
geafen von). . 84
oͤnbrunn, f.
84
Schoͤnburg (das
Haus) ... .
Schöne Känfle, ſ.
Kumfl . . .
saöne wife
Shonm
u
Beehanr (Io
. 845
Paker fe) - 846
ee (Johann
Schöpfung. . . 847
ae Ship
Schoreel (Joan vy 848
Schoͤrl, Be Sf Tur⸗
. 849
Son —* Ku
Schottland . oo.
Scout by Nacht, f.
Admiral. . . 862
Schraffiren, Schrafr
| I: 22
Schraube ohne Eine —
Särdn . .
Schreibatt, f. Styl 863
Schreibekunſt
Schreiber Aloys Wil.
. 864
beim)
Schreiber Ehriftian) 865
‚Schreiber (Philipp
Wilhelm) . .
Schreyvogel (Io
fpb) - . . 866
Screibmaleei . 867
Sceift (Heilige), f.
Bibel und Teſta⸗
ment —
Schrift . —
Schriften 869
Säriftgleßerel, Se
928 | Verzeichniß der in dieſem Bande enthaltenen Artikel,
Seite Seite
* (Sophie) 873 Schulen (philofophis — Heimich
Schroͤpfer ( Johann ſche), ſ. Pyiloſo⸗ brecht)
Georg) . phie 896 Schulweſen
Schrot, Schrotart — Schulen — — Schulz (Friedrich
Schroͤter (Johann Schulenburg (M Schulz (Friedrich
Hieronymus) . 875 thias Johann, & auf). . .
Schub, Schubweſen — von der — Abelf. Schulze (Joh. Al
Schuback (Johannes) — Friedrich, Graf v. ham Peter) .
Schubart (Chrifttan d. — Levin Rus Schulze (Ernſt)
Friedrich Daniel) 876 dolf v. d. — Graf Schulzucht, Echt
Schubart von Klee⸗ v. d. Sch. "Beife- mien, Schulfe
feld (Johann Ehrl⸗ burg) — Schuß, Schußwe
) .n : 878, Schulgefege .. — Scyufter (Joſeph
Schubladenſtuͤck — Schulinſpection897 uͤtter⸗Quaͤ
blehen — Schullehrerſeminarien, Schuͤt (Chriſti
Schuderoff (Jona⸗ Schulmeiſterſchule, Gottfried)
than) — ulconferenzen, Schuͤtz (Henriet
Schuh, ſ. Jußz 879 Schullehrergefell Händel) .
Schulden . . — fm. -. — Gchüge (Karl
Sub. . . . 880 Schulebnung . 898 rich Ferdinand
Sgubfden . . — © —qR Säugengel, [.E
ar Schulpferd; ſchulen Geiſter, Seniı
Schulen . 881 —8 Su Odutgenofien,®
Schuͤle (oh. Hein; | Apparat — verwandte
| Pi enter von) — Schultens (Albrecht Schumaloff (Par
. 882 — Johann Jakob
drejewitſch, 6:
r
w