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Slügemeine
mttx ©ttnD.
5(Ugemctnc
Pmtfc^c ^iograpBic.
AUF VERANLASSUNG
UND MIT
UNTERSTÜTZUNG
SEINER MAJESTAET
DES KÖNIGS VON BAYERN
MAXIMILIAN IL
HERAUSGEGEBEN
DURCH DIE
HISTORISCHE COMMISSION
BEI DER
KÖNIGE. AKADEMIE DER
WISSENSCHAFTEN.
Sßertag öon S)undex- & §umbtot.
1878.
62339
9lUc 5Rccf)lc, für bai föanje toie für bie Sheile, borbeljalteii.
Sie 3SerIa!^6^Ja^b^ung.
Reference
V, V
?5ncön(Ö I., -pevjog üon Sac^ien = 3llten6urg, ge6. am 29. Slpril
1763 3U öUbburg^aüfen, t am 29. (Sept. 1834 ju .pumine(5f)am, tuar ber einzige
Bof)n ÖerjogS ern[t griebricf) Äar( öon Sarf)fen=ötlbl6m-g^aufen , au§ befien
britter g^e mit ber ^^t^nnjeffin etneftine '^lugufte Sophie öon Sac^fen=2Betmav.
(Sr roui-be anfangt öon bem Stabtgetftüc£)en ju ^itböurg^aufen Ei'äogen, Eam
aber bann in ba§ öau» be§ 6e^eimerat^§ 0. Öic^tenftein (f 1790), too ber
@e^eimerat^ öon ber 93ecfc fein ii^e^rer rourbe. 5lm meiften toirfte aber am
feine grjie^ung ein ber faifcrtic^e @eneratfe(bmarfcE)att unb ßeneratielbjengmeifter
'^^Jrinj 3oiep^ (^iiebti^. 2urc^ bie ':prac^tae6e unb aüju gro^e greigebigfeit
feines 3}ater§ mar ba3 Sanb bermo^en in o(i)ulben gerat^en , ba| eine faifert.
^ebitcommiffion abgeorbnet mürbe, um ben Türft[icf)en ^au§^a(t mieber in Ctb^
nung ju bringen. S)ie Giöittifte für ben .öerjog mürbe bi§ auf 12000 ©utben
^erabgefetit. 3tl§ fein SJater im ^erbfte 1780 ]u ©eibingftabt geftorbeg mar,
trat g. bie ^Regierung unter S5ormunbf^aft be§ ^ßrinjen Sofep^ an. ^lad) bem
Sobe be§ letiteren (4. ^an. 1787) trat er bie Selbftregierung an. S)ie fatferl.
Sebitcommiffion, bei metc^er ficf) öiefe ^J^ißbräuc^e eingefcf)(ic^en Ratten, mürbe
1806 aufgehoben, unb ber ^er^og gelangte baburc^ 3um unbefcfiränften @ebtau(^e
ber gintünfte fcine§ Sanbei. S)urc^ bie ^^er^äüniffe genött)igt, trat er (am
13. See. 1806) bem rf)einif(^en ^^unbe bei, ber ficf) naä) ber 5öötferf^(a(f)t bei
Öeipiig mieber anftöfte. S)a5 !^anb errreute fic^ mäfirenb feiner Ütegicrung öicfer
Söo^tt^aten. 1795 (egtc er ein Si^utte^rerfeminar jur Silbung tüchtiger Sc^ut=
(e^rer an, bie Stuten auf bem i?anbe mürben öerbeffert unb neue gegrünbet.
2;a§ im ^. 1796 eingegangene Gymnasium illustre mürbe 1812 mieber ^er=
geftellt, ber ju geringe Se^att ber 5ßfarrer mürbe erf)ö^t, ein neuc§ öefang=
buc^ (1807) eingeführt, \)a^ 9(rmenroefen öerbeffert, eine ^nbuftrief^ule mr arme
Äinber gebilbet, ber [anbftdnbif(f)cn 35erfaffung eine öcränberte ©eftalt gegeben
(1818). Sie ginan^en befferten fi(^ fo, baB ba§ 9tittergut eislaufen angefauft
merben fonnte. 3laä) bem xobe be§ ^erjogS griebricf) IV. öon ©ac^fen-@otf)a
unb 3iaenburg (1825, , ging fein Sänb auf bie ^erjogtic^ fäi^fifc^en i3äu[er
^DTleiningen unb 6oburg=SaaIfelb über unb .perjog \y. — öon nun an ber ßrfte
genannt — erlieft baiür ta^ öerjogt^um 9Ütenburg mit 5luSna^me öon Ham-
burg. Sie Trennung öon feinem iStammtanbe, über mel^eS er 40 ^a^re gc=
^crrf^t t)atte, mürbe i^m ftfimer; boc^ muBte er fic^ in bie SSer^ättniffe fügen.
^n ^;>ütenburg mai^te er bie jmecfmäBigften ßinri^tungen, lie^ ©trafen bauen,
befreite bie Untert^anen öon ben ^agbfrof)nen, orbnete bur^ ein Srunbgefe^
(23. 5tprit 1831) bie :}tec^te unb ':pfü^ten ber Öanbftänbc , unb machte 35er=
bcfferungen in allen 3ttJeigen ber 5}ermattun^. — ®r mar öermäf)tt mit ber
^^rin^effin (J^artotte öeorgine Suife grieberife , 2orf)ter be§ öroBberjogS Äarl
C'ubroig griebrid^ öon 5}lecf(enburg=Streti^ (am 3. Sept. 1785). Sie mar bie
S($mefter ber Königin Suife öon $reuBen, unb gebar i^rem ©ema^t 12 Äinber.
eiligem, beutfd^e aStogra^jl^te. VIII. 1
2 grtebric^ L, |). ü. <Baä)\en--&oiija u. ^lltenburg.
Sie äÜefte %od)kx ßl^artottc bermät)Ue ficfi mit htm ^linaen 5pau( üoii
SCßürtemöerg (am 28. <Bept 1805). (Jine onbeve 2:o(f)ter, ^'^ei-efe, f)eiratf)ete
(1810) ben ^ron^iinjen Subtuig üon 33aiem uub tüurbe bie '^lutiex be§ fönigl-
^aufeä öou 33aitm uub i?'önig Ctto'S öon ©riec^enlanb. (i^i-(ottc ©eorgine
ßuife grieberife ftar'6 noc^ einer 33iaf)ngeit glücf(icf)en @^e (am 14. 9}^ai 1818).
bleuer ^Jtefvotog ber S)eut|d)en, 1834, X^ni 2, 795 u. «ßoigt'S ®eut|(^ei-
9tegfnten=?nmanac^, ^al^rg. 2^©. 411. ^ecf.
^riebrid) I., ^perjog öon tbaii)fen=®ot:^a unb 5(ttent)ui-g, geb. am
15. i^uli 1646 auf bem i?aiij§auje ju @ot^a, f am 2. ^,!tug. 1691 ^u 5nebnc£)§=
tüertlj, tüar bei- ätteftc <5o£)n ^erjog 6rnft§ be§ gvommen unb ber ^rinjefitn
glifabef^ (Sophia, ber einzigen 2:ocf)ter be§ ^erjogä ^ot)ann 5^^ilipp üon @ad)|en=
SlttenBurg. (5d)on in feinem öierten ^at)re n}urbe if)m 5lBraf)am ©iepac^ al§
2e|rer gegeben uub a(§ biefer ipojbiaconug tourbe, auc^ nocf) ber |)Diinipector
^o^ann ^}Jh)liu§ ^ugefeüt (1650). Jpiob 53uboti würbe (1654) fein ipüfmeifter.
1664 ftubiite er auf ber Uniüerfität ]u ©trapurg, 1666 auf ber ju ^cm. Qx
machte mehrere Üteifen, auf bereu einer nad) fjranfreid) im ^. 1667 er in gro^e
2e6en§gefaf)r fam (f. 3lug. 33erf, .i^erjog ©ruft ber fromme, 33b. IL 767). ^m
^. 1669 üermät^Ite er firf) mit ber ^^Ji^ini^ffin ^;)]kgbatena ©ibl^lte, ber üttefien
Zodtjkx be§ AöerjogS 3lugu[t üon (Sact)feu=ipaEe. ^m ^. 1672 übertrug if)m
fein 93ater bie ÜtegieruugSgefdiäfte in bem angefallenen ^lltcuburg, unb Dom
18. Cct. 1674 an bie Otegierung beS gan.jen got^aifd^eu Saube§. 5U§ aber ber
33ater ftarb (am 26. ^Bärj 1675), regierte er für fid) unb im ^^tamen feiner
je(i)§ 33rüber, ?(lbrc(i)t, a3ernf)atb, .'peinric^, 6f)ri[tian, ©ruft unb ^otjann 6rnft.
S)ie aufduglidie gemeinfdi)aftli(i)e ipoff)altung auf bem ^^-riebenfteine prte fd^on
im ^. 1676 auf, uub bur(f) hm fpötercu Jpauptrece^ öom 24. i^tbx. 1680
tourbe bQ§ gott)aifd)e Saub in 7 ipcr^ogtt)ümer gcttjeilt. 2((brecf)t erijiett Äo=
bürg, 33ern()arb ^JJleiniugen, .speinrid) 9töm|i(b, ß^riftian ©ifenberg, ©ruft ^ilb=
burg^aufen uub 3of)ann 6rn[t ©aalfelb unb 5- I- ©ottja unb Sittenburg. Um
Weitere 3:|eilungen beä Saubcä ju üertjüten, füfjrte Aperjog {}• I- i^i feinem
Saube bie ^Primogenitur ein (1685) , toetctie buii^ !aiferlict)e 33eftätigung (am
6. gebr. 1688) gefic£)ert tuurbe. S)ie bon feinem ä)ater gemachten Slnorbnungen
uub erlaffenen ©efe^e t)iett er unberrüctt feft, unb fügte it)neu uod) aubere tt)oI)t=
tt)ätige @inrid)tungen fiinju. So ^atte er fd)ou im ^. 1676 eine @e§eimratl)§=
orbnung ertaffen, 1690 ein 53lanbat Wegen Jpeitigung be§ ©abbat^§. Sie
Stuguftinertivc^e würbe wegen ifjrer ^aufdüigfeit niebergeriffen unb auf iToften
be§ ^er^ogS 1676—80 neu oufgcbaut; aud) ben öfttid)eu @ct)(o^t^urm — bom
^erjoge ßrnft bem t^^-ommen „bie (Sitelfeit" genannt — (ie^ er, a(§ berfelbe
burd) bie Unborfi^tigfeit eine§ S)ieuer§ (am 7. gebr. 1678) abbrannte, neu auf=
führen, ©ein prac^tboltfter 33au war ba§ l^uftfc^Io^ äu ßrffa (feit 1680), nad^
it)m griebrid)§Wert^ genannt, eingeweiht am 14. ^uti 1689. 5Iuf feine 3tu=
orbnung würbe bie fogen. „erneftinifd)e 33ibel" neu aufgelegt (1684) unb ein
nod^ ie^t gefd)ä^te§ erbaulid)e§ ©ebetbud) unter bem Sitel: „^]leu aufgeriditeter
gotljaifd)er 33ettcmpel" gebrudt unb in 500 gjemplaren an Stinte im Sanbe un=
entgeltlii^ berf^eilt (1685). ©ein Sßa'^lfprud) War: Pietate, prudentia, justitia.
©ein freunbfd;aftli(^e§ 33er{)ältni^ jum i?aifer berfc^afftc il)m bo§ (S'^renpräbicat
„S)ur(^laui^tigft" (1691). 3}om Könige ei)riftiüu V. bon Säuemarf erhielt er
(1678) ben ßleij^ntenorben; er felbft [tiftete im S- 1689 ben Drben ber
beutfd^en Üteblic^feit mit beut 5:)totto: Fideliter et constanter. Serfelbe ging
aber nad) feinem 3:obe wicber ein. 33ei ber Belagerung 3Öien§ burc^ bie dürfen,
eilte er perfönlid) ^um gntfa^e ber J?aifeiftabt :^erb£i, unb im 9tcic^§!riege gegen
granfreic^ (1688) opferte er für bie Söo^lfa^rt be§ beutfc^en 9teic^e§ feine
greunbfdiaft mit Öubwig XIY. unb f)alf ba§ bon ben graujofen befehle 5}taiu3
gxiebttd^ IL, ^. ö. (iad)ieu=®ott)o u. ^itltenburg. 3
toieber erobern (am 19. 3(ug. 1689). g. liebte ben äuBem ^^runf, namentücf)
tranjöiifc^e ^JJtoben, trug eine 2(Honge^3erücfe unb üerfc^lüenbete öietes ßetb jii
a((i)emiftifcf)en S5eriud)en, öon benen er gro^e :}ieid)tf)ümcr erhoffte. £ie öoii
feinem Söater 1641 eingei;id)tete Sanbeäbefenfion ober SanbegmiUj behielt er ni(f)t
nur bei, fonbern üerme|rte biefelben fo , ba^ fie bem :^anbe eine fc^roerc !^a[t
lüurben. 3(n bie ipottänber l^atte er im ^. 1678 eine Kompagnie unb 1689
ein 9ieiterregiment öerfauft. 3n bemfetben i^a'^re übertie| er bem Äurfürften
öon ©aiiiien ein 9teiter= unb jtoei gu^regimenter. 5tac^ feinem Sobe tüaren
fec^§ 9teiterregimenter unb tiier 9tegimenter ^u 5u|, me^r al§ 10000 g}]ann
Gruppen t)or()anben. 9la^ bem 2:obe feiner erften ©ema^ün, 5}lagba(ena Si=
bt)t[e (am 7. ^an. 1681) — er nennt fie auf ber (Sterbemebaiüe ,.incomparal)ilis
conjux" — bermä^Ue er fic^ jum jtüeiten ^IDlak mit ber 5Jtar!gräfin ß^riftine
üon 5Baben=S)urla^, SÖitttoc be§ 5Jlartgrafen 5ll6red^t 3u a3ranbenBurg=2In5ba(^
(1681). S)on feiner erften @ema§lin f)intertie^ er öier %'oii)ttx unb jtuei ^^^rinjen,
griebrii^, ber if)m in ber 9legierung folgte, unb ^o^ann 2öil§elm, ber
al§ !aiferli(^er ©enerattieutenant öor 3:outon (11. 3lug. 1707; ftarb.
9Iug. «ed, @ef(^ic§te be§ got^aifc^en Sanbe§, S3b. I. 342. Sed.
gricbrif^ IL, -^erjog öon ©ac^fen'®ot:^a unb 2l(ten6urg, geboren
am 28. ^uü 1676 auf bem griebenfteine ^u ©of^a , geftorBen bafelbft am 23.
^ära 1732, war ber Sofm be§ Jperjog§ §riebvi(^ I. unb ber ^prinjeffiu ^}tag=
batena (Sibt)IIe, 2;od)tcr be§ 2lbminiftrator§ Aper^og 5(uguft 5U (5aä)fen = 6aae.
S)a g-. II. bei bem 2obe feine§ 3}ater§ (1691) noc^ unmünbig toar, fo über-
natimen bie ipecjöge ^ßern'^arb üon (5ac^fen=^leiningen unb |)einri(^ üon ©ad^fen-
9tömt)ilb bie "Dbert)ormunbfcf)aft unb biefe ernannten ben @e|eimrat^ unb .$?ana(er
i^o^aun S-riebri^ a3ad)off ö. (S^t, ben ßonfiftorialpräfibenten 53lagnu§ Saut
unb ben ©e^eimrat^ unb Äammerbirector ^ofiann Sobft ^artmann gifi^er ju
Unteroormünbern. ^3Jlit feinem 23ruber ^otjann 2BiU}etm erhielt er eine gute
6r,5ie:^ung, bie burd) eine Steife nac^ ."poUanb unb ©ngtanb (September 1692
bi§ 5(uguft 1693) if)re 33oaenbung erhielt. 51ad) feiner 9lüdfe^r erttärte i^n
ber Äaifer für münbig unb regifcrung§fät)ig unb im '^. 1697 tourben alle 9la(^=
!ommen feine§ (Sefd^led)t§ mit bem öottenbeten ad^t^efinten ^alire Tür münbig
crflärt. (Sr toar gleid) feinem Später ein ^n^änger franaöfifd^er ©itten unb 5}loben
unb liebte ©lanj unb ^^rad)t, burd^ toelc^e er fein fürftlic^e§ ^tnfe^en au cr=
:^ö^en fuc^te. S>ie großen 2;ruppenmaffen , bie fein fSakx t)interlie^ unb bie
ba§ Sanb fo arg bebrüdten, füllten i^m au einer Cueüe be§ 9teic^t^um§ bienen.
ßr öermiet^ete biefelben an anbere (Staaten, ©i^on bamal§ erfc^ien biefeg S3er=
fahren bebenflid) unb felbft ber ilanaler ö. S3ad)off fc^rieb beaeidinenb (28. Octbr.
1692), „e§ fönne fd)impfli(^ erf (feinen, Wenn e§ l)ei^c, bie Seute feien öerfauft,
man foHe lieber fagen, bie Seute feien ein ober awci ^a^re in frembe 2)icnfte
überlaffen ioorben". S)ie ßrl)altung ber Wiii^ foftete bem Sanbe enorme
©ummen, bie 2anb= unb ®eputation§tage baten öergeblic^ um gntlaffung ber=
felben, befonber§ al§ im ^. 1698 eine ©ctreibetl^euerung eintrat; aber Wa§ f)alf
c§, fie mußten, obfd)on mit äöibexftreben, immer öon neuem 3}ertDilIigungen für
baö 2)lilitär mad)en. m§ ber §eraog im ^. 1701 mit Äönig Subwig XIY.
einen SJertrag Wegen Ueberlaffung öon Jiruppcn abgefc^loffen f)atte, geriet^ er
in bie größten Unannel^mlii^feiten, Weil ber ^aifer ben Ärieg an i5franfreic^ er=
flärt t)atte, unb nur mit großer 5Jlü§e tonnte er ber geWaltfamen 2öegna^me
feiner Sanbe entge'^en, inbem er mit bem .Könige öon ^4^reu^en, bem 23erbün=
beten be§ Äaiferä, einen Sractat Wegen Ueberlaffung öon Gruppen abfd)lofe
(23. mai 1702). 311§ im ^. 1703 bie Dtegierung o^ne 5}orwiffen ber ßanb=
ftänbe eine allgemeine ^opffteuer au§gefd)rieben '^atte, befd)Werten fid) bie ßanb=
4 g^riebtid^ IL, |>. ü. ©ad)fen=®otf)a u. 3lltenburg.
ftönbc üöer joldfien @eiüaltftrei(^ „raegen be§ baöei 16eforg(t(f)en ^eittic^en unb
ettigen f^Iud^S" ; bafür ehielten fie aber einen ftarfen 5öern)ei§. ^eber neue
ßanbtag brachte immer toieber neue klagen unb neue gforberungen jur Unter=
fialtung be§ 9!Jlititär§. @ine SSefjerung in biefer SSeaieljung trat erft im ^.
1719 ein. %n] biefem Sanbtage tourben jum erften 5}tale feine neuen Opjer
öertangt. 35on biefer 3eit an tourbe Aper^og fj. IL ein 2ßot)lt:§äter feinet
2anbc§ unb 33ol!e§. i^e^t Ujurben bie jc^on im ^. 1709 Beantragten 5ßer=
befferungen im Äir($en= unb ©d^utoejen , in Sufti3= unb 5[^oti3eifad)en unb an=
bereu 2anbe§angelegen^eiten jur 2lu§fü^rung gefirad^t. ©ebrecjen unb ^Jiängel,
tDo fie ftd^ fanben, tourben obgefteUt, eine 3lböocatenorbnung enttoorfen (1724),
ein 3u(^t= unb 2ßaifen^au§, ein 2ßaifen^au§ in 9l(tenl6urg (1715—17), ein
3u(^t= unb ;Srren^au§ in ^af)ia (1726), ein abli($e§ ^räuleinftift — na($ ber
^er^ogin ÜJIagbalenenftift genannt — gegrünbet (1705). Sen ©rafen öon 9leufe
I)atte er belogen, gegen 3fi^tung einer ©umme bon 16000 @ulben bem Söieber=
eintöfunggred^tc auf bie .!perrfd^aft Cbet!ranirf)fe(b au ©unften be§ gott)aif(^en
ipaufe§ 3U entfagen (15. 5Jtai 1695). 6ine bebeutenbere 2}ergrö^erung be§
Sanbeg fanb ftatt, aU mit ^er^og 3llbred^t bie Sinie (Sad^fen=i?oburg (1699),
mit ^erjog ß^riftian bie ju ©ifenberg (1707) unb mit ^"per^og .Ipeinrid) bie ju
9(iöm|ilb (1710) auSftarben. S)aB über bie SJerf^eitung biefer Sänber ätoifd^en
ben drneftinern biete unb lange ©treitigteitcn entftanbcn, ift natürlicE). S)er
Äaifer mu|te ben ©treit entfd^eiben (25. 3(prit 1714). ^ÜJ^einingen tooHte fidf)
nic^t fügen, aber ber Äaifer beftätigte bie 6ntf(i)eibung aufg neue (1725). @ott)a
befam baburc^ ba§ ganje ^yürftentl^um ©ifenberg unb biejenigen Vis öom 9lmte
%1)tmax, bie e§ no^ ni(i)t befa§. 2In ber tut^erifd^en 2et)re lt)ing ber ^erjog
mit großer Sirene, er gab feinen Unterttianen burc^ fleißigen SSefudt) be§ @otte§=
bienfteS ein guteg Seifpiet, nal^m fidf) mit @ifcr ber 3}erfolgten an (©atjburger),
üe^ ein bermel^rteg unb t)erbefferte§ ®efangbud£) einfü'^ren (1725, 1729, 1731),
er:^ob bie g-ilialfird^en ©tu^^u§ (1717), ©eorgent^al (1720) unb gti3bid£)en
(1721) ju 5pfarrfird)en , erl^ob bie <5(i)to^firdt)e auf bem ^riebenfteine jur
^:parodf)ialfird^e (1712), baute bie Söaifcn^auSfirc^e (1710—12), bie ©iec^t)of§=
fird^e (1715), ba§ ^ofpital Waxiä 9JkgbaIenä (1716) ferner ba§ griebri(i)§t:§al
nebft ©arten unb ©rotte (1712), baute bie 65otte§adferfirtf)e um (1712) unb
beftimmte fie jur (Sarnifonfir(^e, audf) bie ©djto^fird^e (1697) unb bie 5Jlarga=
rettienürdie (1727), funbirte bie eüangctifd^=Iutt)erifd)e ßirc^e ju (Senf mit 4000
©utben (1720), erI)ob bie ©dfiule ju 5lltenburg ju einer ©ele^rtenfi^ulc (Gymna-
sium Fridericianum 1713), grünbete für ba§ @t)mnafium 3U ©of^a ben foge=
nannten Fiscus aclcUtionis (1713 — 20), au§ meldf)em bie Se'§rerget)atte bermcfrt
mürben. Um bie ßunftfammtungen be§ griebenfteinS unb um bie 93ibIiot:^ff
I)at er fid^ gan^ befonber§ berbient gemad)t. dr taufte bie berül^mte numi§=
matifd^e (Sammlung be§ dürften 5(nton ®ünt:§cr bon @d^mar3burg=9lrnftabt für
100000 X^aUx, bie er au§ feinem ^ribatbermijgen bectte (1712), unb bomit
fie für atte 3eiten bem (5d)toffe ^friebenftein berbleibe, machte er (16. Oct. 1712)
eine „fibeicommiffarifd^e S)i§pofition". gür bie Sibliottie? taufte er mel^rere Sü^er=
fammlungen an, 3. S. bon gfcrgen (1709), g-euftfing (1713), 2§um§t)irn (1719).
6ine bebeutenbe ^ineralienfammtung erfaufte er bon ^errn b. ©df)önberg für
15000 Zf)aUx, eine ©ammlung bon „^retiofitäten, guriofitäten unb Otaritäten"
für 6000 Xf)üUx bon bem genannten dürften au§ Slrnftabt. 3Il§ ein S9emei§,
mie angefe]^en <g)er3og fj. II. bei auSmörligen O^ürften toar, fann bie befonbere
@f)re bienen, toel^e ^urfürft g-riebrid^ 3luguft bon (5ad)fen if)m ertoieg, inbem
er i^ bei feinem Uebertritte 3ur fat^olifc^en ßird^e (1697) „au§ freunbbetter=
lidfiem 35ertrauen" ha^ Sirectorium in ©adt)en ber ebongelifd^en ßird£)e in ben
furfürftlid^en Sanben übertrug. .f)er3og Jy- n. ^atte fid^ (31. Cctober 1695)
griebtid^ III., |). D. Bad)']en-&oti)a u. Stltenburg. 5
mit ber ^rin^elftn ^Jiagbalena 5Iugu|"ta (geb. 1679), Sod^tev bei dürften ^axi
SSil^elm öon 9tn'f)aU=3eT:bft, öermä^Ü. ^(ditje^n Äinber entfprangen biefer 61^e,
öon benen fieben (5öf)ne unb 3tDei 2:öd)ter if)n überlebten. 2ie fieben (5öt)ne
toaren ^i^iebiicf) (IIL), 2Sitf)eIm, 3iof)ann 3(uguft, 6^ti[tian ^iiijdm, Subtoig
©ritft, l^ton^ unb Sio'^ann Slbotr (fie^e biefelben. 3}on ben beiben 2öcf)tern
öermäf)tte ficf) ^''-'iebenfe (geb. 17. ^uü 1715j mit öerjog Sodann Slboli öon
©ad^fen^Söeilemels am 27. 9toöember 1734; fie ftavb am 12. ^^Jtoi 1775 ju
ßangenfalja. S)ie jüngere Softer Siugufta (geb. 30. Dloöember 1719) ocr=
mahlte fid) mit bem ^^Jrin^en (yriebrid) li'ubttiig oon 2BaIe§ (8. DJtai 1736) unb
tourbe bie 5]^utter be§ nacf)maligen ^önigi ©eorg III. öon Gngtanb; fie [tarb
am 8. gebruar 1772 ju Bonbon.
2Iug. 25e(f, ©efc^ic^te be§ gotf)aifc^en C-anbes, 58b. I. 357, unb bic bort
angegebene öitteratur. 33ecf.
griebrid) IIL, .^erjog öon ©acfif en=@ot§a unb Slltenburg, geboren
am 14. 2lprit 1699, geftorben am 10. ^ärj 1772, mar ber ©ofin Jpcr^og
gi-iebrt(f)§ II. unb ber '$>rinäeiiin 531agbalena 3(ugufta, 2oc^ter bei durften Äarl
Sßil^elm öon 9tnf)a(t=3evbft. 6r folgte feinem 3}ater im ^. 1732 in ber 9te=
gierung unb f)atte eine öortreffIid)e Sr^ie^ung genoffen, gi-'eili«^) t^^a^' ^^ ^^'^^
fo begabt, toie fein 3}ater, aber bafür mar er ein anwerft too'^lmollenber, gut=
müt^iger unb fittenreiner lyüx^t , ber buri^ mef)riäl^i-ige Steifen eine reine 33il=
bung unb 2Belt= unb 5)^enf(i)enfenntniffe fic^ ermorben l^atte. 1718 — 20 t)atte
er Italien unb ^^ranfreic^, 1722—24 fyranfreicf), Gnglanb unb .^oHanb bur(^=
reift, ^n feiner ©emal^lin Souife S)orotl§ea, mit tcel^er er am 13. September
1729 ft($ öermä^^tte (t biefe) unb beren öertrauten gi-'^unbin, ber Dber'fiohneifterin
:3utianc granjiifa ö. Sud^toalb (f. III. 494), l^atte er^mei :§ocf)begabte, geiftreic^e
f^rauen um firf), bie burdE) i:§re Genialität, lebenifrol^en 5}lut!§ unb fittlic^c ^Reinl^eit
ben beften @influ^ aueübten. %U im ^. 1734 franjöfifc^e ipcereimafien in bie
fäc^fif(f)en Canbe einrürften, richtete er fi^neE eine ^anbesöertfieibigung ein, unb
überlief bem .^aifer gegen eine ßnfd)äbigung öon 120000 ©ulben 1000 5Jiann
Gaöatterie unb 4000 5)tann Infanterie, bie fein 93ruber, 5ßrinj SBit^etm, in
bai gelb füf)itc. Sem gürften öon 2öalbecf überlief er (1734) gegen eine ßnt=
f(i)äbigung öon 64000 @ulben jäl^rlic^ 800 9}^ann, unb aud) bem Könige
fyriebr-id) II. öon 5|]reu^en überlie| er im 3. l"-i-i eine Slnjal^t ütefruten. Sie
Siebe ]u feinen Untertl^anen betf)ätigte er im S- 1"37 baburd), ba^ er il^nen
eine i^m im S. 1732 öon ben £'anbftänben bemiüigte Steuer erlief, ©eine
^Regierung tourbe übrigens burd) manche toibertoartigen Grcigniffe getrübt. Sie
näc^fte- 3}eranlaffung baju gab ber ^erjog 3Inton lUric^ öon (2acf)fen=5lleiningen,
ber bie 2o(i)ter einei Äaffel'fdien Hauptmanns, däfarea (5($urmann, ^ur @e=
mo^lin genommen unb bie Äinber au§ biefer 6^e in ben 9iei(^§Türftenftanb
öom Äoifer I)atte ergeben loffen. ^erjog 5- M- \^W ^^ burd), ba^ fie für
nidit fucceffionsml^ig erflärt tourben (1744). Ueber ben fogenannten „Söafunger
Ärieg", in toelc^en ber <&erjog g. III. mit öerroidelt tourbe, toirb an einer an=
bern Stelle gerebet toerben. Serfetbe tourbe burc^ ben Zoh bei Jper^ogi ßrnft
Stuguft öon SBeimar (29. i^anuar 1748) in ben öintergrunb gebrängt. @i
entftanb über bie 35ormunbf($aTt bei jungen ^erjogi 6rnft Stuguft Äcnftantin
öon Sacf)fen=aSeimar Streit mit 5}^einingen. Surc^ einen Sergleic^ (17. Sep=
tember 1749) tourbe ber Streit baf)in öermittelt, ba^ -iperjog g. III. bie S}or-
munbfcfjaft über äöeimar unb ben ©rbprinjen, ^erjog Jyxani ^ofiai aber bic
über (Sifenacf) unb bie nad)ge(affene ^rin^effin führen fottte. @ro§e ^lotf) unb
Sfammer entftanb in ben Sanben bei öerjogi burd) ben fiebenj ädrigen Ärieg;
ganj befonberi titt barunter bai SHtenburger Öanb. Ser ^^h'ina öon Soubife
fam fetbft nad) 6otf)a, nad^ ber Sd)Iad)t bei Ülopa^ aber (5. ^^toöember 1757)
5 O^riebrid) IV., ^. b. Baäj\m"&oti)a u. ^Küenburg.
eilte baä gejc^Iagcne itanjöfifcEie s^n in öölligev fytudfit burc^ (Bol^a, unb e§ tuirb
crjätilt, bafe ein ^reu^ifc^er S)efex-teut o'i^nt &em'i)x in ©olbbad^ U ^einbe gelangen
mf)m unb enttoaffnete, bann aber in @ott)a (im ©aft^oje jum ©d)ü^en)
40 gfranjofen mit ^ülte eine§ 2fuben au§|)lünberte , bei metd^er ©etegen'^eit er
aber ergriffen unb mit bem 3ud§t^ufe beftraft mürbe. — C^erjog fy. III. mar
and) ein frommer prft, ftetS auf bie ßr!§altung ber reinen tuf^erifc^en ße^tjre
bebac^t. @r fü'Cirte bie firc£)lic^e Konfirmation im Sanbe ein (1752), erliefe
^lanbate gegen bie @ntf)eiligung be§ (5ab6att)§ (1733), ftellte aber bie brüten
f^eiertage ah unb bertegte bie 3l))ofteItagc auf bie ©onntage (1770). S)tc ®rün=
bung ber C">en-enl^uter=(.^olonie ju ^'leubietenborf Ijinberte er nidit, obfcl)on ba§
barüber berlangte @utad)ten be§ £)berconfiftorium§ fic^ entfc^iebcn bagcgen au§=
gefproc^en :§atte. S)urc^ perfönlid)e i^efud)e in ^Jteubietenborf ^atte er fid^ öon
ben ämerfmäfeige ©inricC)tungen be§ £)rt§ unb bem guten (Seifte ber Semofiner
felbft überjeugt. — @r "dinterliefe amei ©ö'^ne, grnft iQubmig (geb. 30. ^^anuar
1745), feinen ^tactifotger , unb 9luguft (geb. 1747, geft. 1806), fotoie eine
Zoä)Ux ^rieberife ßouife (geb. 1752, geft. 1776).
2lug. 33ecf, @efc£)ic^te be§ got^aifd^en 2anbe§, Öot^a 1868, 93b. I. 381.
aSecE.
^ricbrirö IV. , ^erjog bon @acf)fen=@otl^a unb 9lltenburg, geb.
28. 3toö. 1774, t 11. fyebr. 1825, mar ber «ruber C^erjog 9luguft§ unb ber
©o^n ^erjog @rnft§ II. unb ber ^prinjeffin (St)arlotte 2lmalie, ber älteften
Xoditer be§ ^erjogS ^tnton lUvid^ bon ©a(^fen = 5:)hiningen (f 25. 5lpril 1827
ju ©enua). @r mürbe bon feinem Später, gleid) mie fein «ruber 3tuguft, trefflid)
erlogen, ©ein 6f)arafter aber mar bon bem feine§ «rubere fe^r bcrfd)ieben.
er mar befd)eiben, ^öflic^ , Icutfelig unb milb. ^n ben Sfa'^ren 1788— 17Ö0
lebte er mit feinem «ruber 5luguft in @enf ju feiner meiteren 9lu§bilbung, unb
naä) ber^ürffefir in fein «aterlanb (1791 unb 1792) mürbe er im ©taat§re(i)t,
in ber 5pf)ilofo).il)ie unb ß5efcE)ic^te unterri(i)tet. ©ein «ater tjatit \t)n für ben
Ärieg§bienft beftimmt unb i'^n fd)on im ^. 1785 pm Dberften be§ in l)onän=
bifd)en 2)ienften ftel)enben 9tegiment§ ernannt. Um fid^ ba^u |)rattif(^ auSju^
bilben mar er im ^. 1792 at§ »Hauptmann bei bem in ^Jtagbeburg ftelienben
^Infanterieregimente be§ trafen bon Äalfftein eingetreten, ging aber 1798 nad)
ben 'Dtieberlanben, um fein fftegiment 3U übernel)men. 5lber er mar nit^t glüdf=
lief), obfc£)on er großen ^Huf^ unb Sapferfeit bemiel; bie l)oIIänbifct)en Struppen
mürben bon ben fraujbfifdien überaE 3urüc£gebrängt ; baju fam, bafe er am
13. ©eptember 1793 bon einem umftürjenben $ulbermagen bermunbet unb mit
feinem ^ferbe ju «oben gemorfen mürbe. 6r fämpfte jmar fd)on am 15. unb
16. Cctober mieber bei ^attignl). ^n go^Qc fcine§ Unfalls jog er fic^ ma^r=
fd^einlid) ba§ Seiben ju, meld^e§ fpäter feinen 3:ob "herbeiführte. S^^ «efeftigung
feiner ®efunbl)eit ging er 1795 nad) ÄarlSbab ; 1797 begleitete er feinen «ruber
2tuguft nad) ßubmigSluft, al§ biefer fid) mit ber ^rinjeffin Souifc (?^rlotte
bermäl^lte. ^m ^. 1803 begann fein ^terbenübel , meld}e§ i^n im ^. 1804
nötl^igtc bie «aber bon ©paa ju befud^en. :3m 3luguft unb ©eptember 1804
bermeilte er in ^ari§, ging bann nad^ Montpellier, Marfeiüe unb ^lijaa, ©enua,
3:urin unb ®ai§ im Santon 5lppenjelt, mo er, aber o^ne Srfolg, bie Molfenfur
gebraud)te, unb mo er, mie er felbft fagte, bie traurigfte 3eit feine§ Sebenö äu=
brad^te. S)en äöinter 1805 brad£)te er in ^torenj, 9{om unb ^leapel 3U. ^n
5Rom blieb er 3mei ^al^re lang. 5iad^ bem 2;obe feineg D:§eim§ luguft (1806)
felirte er nad^ @otl)a aurüd unb übernol)m beffen reid)e ßrbfd^aft. 2)a feine
©efunb^eit in 9{om fid) gebeffert l^atte, ging er 1807 jum jmeiten ^Jtale nad^
9tom unb faufte fid§ in ber Wat)t bon 9tom an, um 3lu§grabungen unter feiner
Leitung machen ju taffen. 1810 fe^rte er faft gan^ mieber^ergefteEt nad) @otl)a
^tiebrid^ Sofia?/ ^-P^. t). SQjä)fen=6oburg=Safllfetb. 7
3urü(f. 9(6ei- e§ bauertc ni($t lange, jo ftcHte ber Starrframpi, fein Jpauptübet,
\\ä) »ieber ein, unb 1814 ging er ^um britten ÜJIale nacf) 9tom. ^ier trat er,
burd) bie gürftin öon S)ietri(i)ftein unb Gräfin Sd^utttaloff Belpogen, jur fatf)o=
lifc^en ^ixä)t über. Surcf) bie fatfd)e Sefianblung ber itatienifc^en 5lerjte t)er=
f(j)limmerte fic^ fein UeBel nnb aVi er 1820 nacf) @ot{)a jurürfte^rte, öermodite
er nur fd^tt^er 5U fpred^en unb fonnte jute^t nur burci) äußere ©eiärben feinen
SBillen 3u öerftef)en geben. 9(m 17. ^Ulai 1822 l^atte er nad) bem 2obe feinet
Sruberö bie Ütegierung übernommen, lieber bie reügiöfen 5(nge(fgent)eiten tjatte,
ba er fatl^olifd^ toar, fein 5Jlinifterium ju entfcf)eibcn. S)ie 4">oif)altung , ba§
^tJageninftitut unb bie Seibgarbe n^urben aufgetöft. ^n feinem Jeftamente
(13. S)ecember 1824) f)atte er bie fibeicommiffaiifc^e Stiftung ber tt)iffenf(^aft=
liefen unb iiPunftfanunlungen auf bem fyriebenftcin au§gefpro(^en. 5lm 11. ^ebr.
182.5 erlag ber unglücfüc£)e ^yürft feinen Seiben. — «^erjog g. liebte alle fc^öuen
j?ünfte unb übte befonber§ bie 2;on!unft; er fang bor^ügtidd fc^ön unb fammelte
in Italien biete Sllterf^ümer unb .^unftroerfe, meld)e je^t ben friebenfteinifcf)en
©ammtungen einberteibt finb. @r toar nie öer'^eirat^et, toeil man i^m bie
ftanbe§mäfigc %panaa,t öerfagt l^atte. Tlit if)m ftarb ba§ .^au§ ©aci)fen=®otl§a
aul, toel($e§ nun an ßobuvg fiel.
3lug. 28ecE, @ef(^id§te be§ got^aifc^en ÖanbeS, 1868, Sb. I, 451, too auc^
bie toeitere Sitteratur ju finben ift. 33 e rf.
g-ricbrid) Sofiö^, '^i-"in3 bon ©ad) fen=6oburg = ©aalfctb, geb.
26. S)ec. 1737 auf ber @l)renburg äu Soburg, f 28. gebr. 1815 bafelbft, toar
ber ©ol)n be§ iperjogS granj 3^ofia§ bon Coburg-- ©aalfelb unb ber ^srinjeffin
9Inna <Bop^xa, 2od)ter be» fyürften Subtoig gnebrid) üon ©ditoar^burg'Dtubolftabt.
Seine ßr^ieliung tourbe üon bem 3tegierung§ratl) ^o"^ann 5luguft öon Si^önfetb,
fpätcr öon 6a§par öon 33erbi§borff öortrefflid) geleitet, kleben ben nötf)igen
©prallen unb SBiffenfdjaften tourbe in i1)m ein tiefer religiöfer ©inn gctoedt.
Ser ^Jkrlgraf .<?arl 3llej.anber bon i8ranbenburg = 5lnfba(^, ein Sln'^änger be§
.paufeg Defterreid), gab bem jungen 5)3i-in3en im ^. 1755 eine 9littmeifterftellc
im .ßüraffierregimente 5lnfba(^, unb nac^bem er eine ?Rei]e nad^ 2)bdlenburg,
9toftod unb Apamburg unternommen ^atte ging er ju 5lnfang bf§^. 1756 na^
SGßien, too er öon ber .ßaifetin 93laria 2l)ercfia aufierorbentlic^ tool)(tooHenb
empfangen unb toon i^r „aug bcfonberer ®nabe" mit einer 6ompagnie öon 3lnfpa(^=
Mraffieren beliel^en tourbe, mit beren SBefi^e getoiffe Sinnalimen öerbunben toaren.
©eine Ginnal^men beliefen fid) bamal§ auf ettoa 6000 ©ulben jä'^rlid). ©d)on
am 23. 53^ai 1756, al§ ba§ Regiment auf bem 5)tarf(^c na($ Gollin toar, tourbe
bem i^rinjen ba§ toirflid)e ßommanbo einer Gompagnie übertragen. Sn ber
©(^lad)t bei Sotoofife (1. Cctober) jeii^nete er fic^ befonbers au§, ol)ne jebod)
ben unglüdlid)en 3lu§gang ber ©t^la^t für bie £)efterrcid)er abtoenben ju fönnen.
^m ^. 1757 er'^ielt er ein felbftänbigeS (Eommanbo. ^laä) ber ©d)la(^t üon
$rag (6. 5}lai 1757) toar er in biefer ©tabt eingefc^loffcn, bil er burd) bie für
bie preu^ifd)en SBaffen unglüdlic^e ©($lad)t bei GoÜin (18. ^uni) toieber frei
tourbe. ,g)ierauf too'^nte er bem ^ombarbement öon 3ittau, ber ©rftürmung öon
©d^toeibni^ unb ber fiegreid)en ©c^lad^t bei 33re§lau bei. ^m ^^elbäuge 1758
gehörte ba§ Ütegiment 2lnfpac^ , toeld)e§ borl^er jur Slrmee ^abif'S gehört l^atte,
3U ber Don ®aun. 33ei einer 3lttac|ue auf preu^ifdie Infanterie traf if)n eine
^ugel in bie reifte ^^anb, ber Segen fenfte fid), aber ber ^rinj ad)tete bie Söunbe
nid)t, fonbern tämpfte mutl)ig toeiter, brai^te aber bann längere :^d\ bi§ 3U
feiner ©enefung ju- Sie .ßaiferin ernannte i^n (16. ^an. 1759) „toegen feinet
tapferen 93erl^alten§ unb au§ befonberer @nabc" jum Dberften be§ 2Infpa(^er
ÄüraffierregimentS. ^ntgelbäuge 1759 too'^nte er größeren .^ricgsereigniffen nid)t
bei, aber in bem gelbjuge 1760 unb 1761 finben toir itjn an ber ©pi^e be&
8 g^riebtid^ 3ofia§, ^x. b. ©ad)fen=6oburg=©aaIfelb.
Saubon'fdjen daraBintevcor^S. (5r !äm:pite qI§ ]o\ä)ex in bem ©efedfite Bei Sanb§=
]§ut (23.Sum), in hex <Bä)laä)i Beißiegni^ (lö.Stug.) unb n)ot)nte bem ©türme
bon ©d^ttjetbni^ Bei. 9Im 31. 2)eceml6ei- 1761 njurbe 5. ;3. tt)ir!ti(^er Dber[t
unb Sommanbant be§ 9legiment§ 5ln|pa($. S^^^^^ "o'fim ev nocfi an ber ©c^lac^t
Bei 9teic^enl6a(^ tf)ätigen %nt1)dl (16. 9lug.)- ^tod^ ber Seenbigung be§ jiebcn=
jäl^rigen ^riege§ iü^rte ^rinj x^. 3. fein 9tegiment nat^ Ungarn, bcfud)te bann
feine ©d^tnefter in ßubn^igSluft , brachte 1765 unb 1766 bie ßarneöalseit in
3öien au unb too'^nte überall frotien greubenfeften bei. ^xn 3f- 1766 luurbe er
©eneratmajor unb 23rigabecommanbant. 1771 feiner (Stellung in Ungarn ent=
]§oben erlfiielt er eine SSrigabe im norbujefttic^en S3öi^men. 1773 marb er ^um
^elbmarfdt)aE=2ieutenant beförbert, toar bonn 1778 — 1788 ©cneralcommanbant
äu ^prepurg unb tourbe am 22. 3luguft 1785 bon ^aifer ^o]epf) II. jum
(Seneral ber Gabaterie unb jum Gommanbanten bou ©alijien unb ber Sufomina
ernannt. 21I§ foI($er ermarb er fitf) burd^ fein !Iuge§ 33enel^men, feine 2eutfelig=
leit unb fein menfc£)enfreunblidE)e§ SBol^Ittoüen bie allgemeine ßiebe unb ^^nieigung
be§ 9JliIitär§ unb ber Bürger. 3ll§ im ^. 1788 bie ^ricg§cr!Iärung gegen bie
jtürfen erfolgt mar, I)atte ^^rinj ßoburg baS galijifd^e 3Irmeecorp§ ju befeiiligcn.
9!Jtit feinen Struppen fd£)tug er eine ^orbe bon 17000 SLartaren au§ bem gelbe,
eroberte bie geftung 6![)otin (3tuguft 1788) unb gemann in S}erbinbung mit bem
ruffifc^en ©enerale ©utüorom am 30. ^uli 1789 bie (5cf)tadE)t bei ^yocffan über
bie Surfen. 5]3rin3 3^. ^. ert)ielt bon bem Äaifer ^o]tpt) II. ha^ ©ro^freuj beö
mititärifd)en 5)kria=2^^erefia=Crben6 al§ 5(nbfn!cn für bcn errungenen gtaujenben
©ieg, mcldjem balb nod^ ein smeiter, ber bei 5Kartincftic (22. ©ept.) folgte,
burd) meldten bie berbünbeten ruffifd£)en unb öfterreid^ifd^en .g)cere eine uncrme^=
lid)e 93cute mad^ten. S)er ^Prinj f^. 3. erhielt in fyotge babon ba§ ^Patent
al§ fVelbmarfdfiali. S)ie ©djlod^t mar um fo rut)mmürbigcr , al§ man einem
bierfad^ überlegenen O^einbe gegenüber ftanb. 3)urd) ben legieren ©ieg tiatte fid^
ber 5prin3 hen 2Beg jur ©inna'^me ber @tabt 5ßu!arcft geba^int, in toeldier er
am 8. ^tobember feinen feierlid^en ©injug t)iett unb bie |)ulbigung für feinen
ßaifer in (Sm|3fang na'^m. S)aburd^ mar bie 5ßefi^nat)me ber SBaüadiei boHenbet.
3)ie näd)[tc Söaffentljat be§ ^Jrinsen mar bie ©innal^me ber i^eftung Crfoma;
meniger gtüdftidE) mar er mit ber ©tabt ßJiurgemo, meld£)e er amar am 2. S^uni
einnalCim, aber nad) einem fiegreid)en 3lu§faIIe ber Stürfen au§ ber Sfftung mieber
aufgeben mu^te. ßnbtid^ fam am 23. September 1790 ein äÖaffenftiEftanb au
©taube, meld)em am 21. 5luguft 1791 ber fyriebe bon ©iftoma folgte, ^'rina
ßoburg mürbe l)ierauf (23. ©ept.) aum commanbirenben ©enerat bon Ungarn
ernannt. 2lm 15. Cctober berlie^ er 23ufarcft unb begab fid^ nad^ ^e\t unb
Ofen. S)a§ @oubernement bon Ungarn bel^ielt er bi§ aum ^. 1793, mo er
aum britten ^ale auf bem .^riegafd^auplo^e ei-fd^ien unb neue Lorbeeren auf ber
militärifd)en ßaufbal^n erntete. S)ie franaöfifd^e Ütebotution gab baau bie S)er=
antaffung, in f^olge berfelben berbanb fid^ ^^reu^en mit Cefterreid^, unb bie
franaöfifd)e ^lationalberfammlung erflärte am 20. Sl^sril 1792 benÄrteg an ben
Äaifer grana bon OefterreidE). S)ie f^franaofen fielen fofort in SBelgien unb, o'^ne
bor^erige ^ineggerllärung , in ba§ beutfd^e Üleid^ ein unb maren atter Orten
glücflid^. SDer gelbmarfd^aH g. ^. mürbe nun al§ @eneraliffimu§ an bie ©pi^e
ber 9lrmce geftettt unter bem 2itel eiue§ 9ieid§§=®eneral=5elbmarf(^all§. 9tad^=
bem man in gran!furt am ^Jtain fidf) über ben getbaugSplan geeinigt f)atte,
reifte 5}}rina Soburg (14. ^febr. 1793) nat^ goblena ah. 2lm l.^Jlära eröffnete
er ben g^elbaug bomit, ba^ er bie fyranaofen hei S)üren unb 5llben^oben fd)lug,
5Iad^en eroberte unb bie geinbe au§ ber geftung «Utaeftrid£)t trieb, ^e^t über=
fd^ritt ba§ foiferlid^e |)eer bie Waa^ (4. unb 5. 5JMra), unb in ber ©d£)lad^t
bet 9Zeerminben (18. 9)tära 1793) unb bann bei Sömen fiegte ber ^ßrina über
griebti(| Sofia», ^x. t). £ad^fen=6ot)urg=©aalfelb. 9
S)umouriej unb öewirfte baburd) bie Üläumung SSelgien^ bon ben granjofen.
(Sin toeiterer (Sieg hei gamarä (24. ^lai), Bei toelc^em auc^ ber ^yelbjeugmeifter
@raj öon ßlerjait ]xd) rü'^mli(f)ft außjeid^nete, öffnete bem ^rinjen GoBuvg ba§
tran^öfijcEie Sanb. (jr ging junädift an bie Belagerung öon 5}alcncienne§,
roel(i)e§ am 28, 3futi 1793 capitulirte , bann (11. ©ept.) ftrecfte bie Sefa^ung
Don le Cue§not) bie Söaffen. 5Den 9}eifuc^ 3um ßntfaie biefer le^teren fyeftung
üereitelte er burc^ ein auSgejeid^neteS ^teitergefed^t Bei 3lDe§ne5=Ie=fec. Sie ftra=
tcgifd^ toiiijtige i^eftung 9Jtaubeuge fonnte er nic^t ncl^men , toeil er öon ben
l^oüänbifdien 9}ev6ünbeten of)ne Unterftü^ung getaffen tourbe, unb er tüar ge=
ätoungen firf) auf ha^ redete ©ambre^Ufer 3urü(!3U5ie^en. !^3rin3 Coburg bradite
mit feinen 2;ru^ben ben 3Binter auf fran^öfifc^em Soben ju; ba§ Hauptquartier
nal^m er in 5Jlon§, fpäter am 20. f^eBruar in 3)atencienne§. S)er ^elbjug be§
;3at)re§ 1794 Begann tüieber gtüdlic^ für^ßrinä GoBurg, S)urcf) bie (Bä^iadjt Bei
Sanbrecies (17. Slpril) fiel biefc ^eftung (30. %pxxV) in öfterreid)if(^e ^änbe.
iöalb barauf (22. ^ai 1794) erfod)t er in ©egenwart be§ ßaifer§ gi^anj einen
glänjenben ©ieg über bie g^ranjofen Bei Xournai) , unb am 16. 3uni einen
5h)eiten an ber ©ambre. S)emungea(^tet BlieBen bie ©iege be§ ^rinjen erfolglos,
tueil i^m bie not^tocnbige Unterftü^ung öerfagt tüurbe unb mel^rfadie ÄaBalen
unb ^ntriguen bie Gint)eit in ber ^Irmee ftörten. Saju fam nocf) bie mangel=
l^afte SJerpflegung ber Slrmee, meiere bie ^RannS^u^t loderte. Um bem Ie^t=
genannten UeBel aB3u'f)elfeu, toanbte fic^ ber ^4>i'in5 f(i)riftti(i) an bie dürften unb
33etDo'^ner bc§ 9tt)ein§ unb ber "OJlofel unb Bat um Unterftü^ung. 3tBer umfonft.
S)er ^rin3 mu^te ftd) l^inter bie 5[Raa§ mit feinem ^eere surücfjie^en unb fomit
ganj 23elgien räumen; er mar ju f(^ma(f) gegen bie UeBerma(i)t ber fran5öfifd)en
©treitfräfte. Sief gefränft burc^ allerlei 5Jtad)inationen, öoll Äummer über ben
troftlofen 3uftanb ber 'JIrmee, ber er ungead)tet feiner Bemü'fiungen nid)t l^elfen
fonnte unb gebeugt öon för^jerlic^en ©c^merjen — modjenlang litt er am 5totl§=
laufe be§ redeten i5fU§e§, mag i^n f)inberte, ein ^Isferb ju Befteigen — entfd)loB
er fic^ am 9. 5tuguft 1794 fein 2lBfc^iebsgefud§ Beim ^aifer cinjureid^en. 5)ht
tief Bemegtem ^erjen fd^ieb ber ^rinj am 31. 3Iuguft öon ben ©eneraten unb
©taB§officicren ber Slrmee. S)er ^^rinj f)atte in 13 gelbjügen 16 ©d£)Iac^ten
Beigetoo'^nt, in 10 an ber ©pi^c ber §eere geftanben, 7 toarcn fiegrei(^, 2 un=
entfd^ieben unb nur 1 ^Bei Jurcoing) ungtüdlid^ getoefen. 5lm 11. ©eptemBer
1794 fe^rte er in feine 3}aterftabt (EoBurg jurücE unb öerteBte feine nod) üBrige
SeBen§3eit in ftxEer ^urüdgejogentieit. (5r faufte fid^ auf bem fogenannten 33ürg=
la^ mel^rere ©runbftücte unb erbaute ftd^ bort einen ^^^ataft, bem er bie ^nfi^rift
gab: -„Peractis laboribus". (Sr öertrieB feine 3fit i^i^t ber 2tBfaffung feiner
SeBen§gefd§idf)te, bie er 1799 Beenbetc, unb mit SSrieffdfjreiBen an feine 3a^treid£)en
fyreunbe. ^m i^reife feiner ^iniitie fül^Ite er fid£) glüdfUd^ unb nur einmal marb
bie ßinigfeit geftört burd^ ben 5)^inifter öon ^retfdlimann , beffen be»potifdE)cr
SBiHfür ber ^rin3 mit gan3er Gntfd^ieben^eit entgegentrat. 3il§ 9Ieltefter im
6rneftinifdl)cn .^aufe erhielt er im ^. 1801 nac^ bem 5lBIeBcn be» ^rin3en
2lbolpl^ öon ©a(^fen=@ot^a ba§ ©enioratSamt OlbiSteBen, ober öielme^r bie @in=
fünfte biefe§ 5lmte§ im Betrage öon 2000 2;i^atern jä'^rlidfi. Äur3 öor feinem
£obe erlebte er no(^ bie greube, ^^ranfreid^ Beftegt 3U fe!§en, toornac^ er 20 ^al^re
öorl^er öergeBeng getrad^tet ]^atte. ©eine ^auö^ätterin 2§erefe ©troffedin töar
i'^m an bie linfe ^anb angetraut unb ber öfterreid^ifd)e Lieutenant öon 9iol)mann
mar fein ©o'^n. ©eine entfeelte ^ülle mürbe in ber ©tabtfird^e 3u GoBurg
Beigefe^t.
51. b. aBt|leBen, 5prin3 griebridf) :3ofia§ öon ßoburg = ©aalfelb. Berlin
1859. 3 Bbe.~ Bed.
IQ O^tiebttd) II., G. a?. t). galabitrg.
g-ricbrid) II., ßvjbifdpi öon ©aljburg (f 7. ?Ipn( 1284), aug bem
ebeln ©ejc£)Ied)te bct 3Bald)en aui bem „SBali^ent^urm" im ^injgau, bic öieUeicC)t,
wie bcr 5tame bejagt, romani|rf)en UrjpvungeS ttjaven. Unter feinem SJorganger
SBtabiSlQtü, bem fdilefifc^en ^Maftcnfürften unb S5ettev Äönig £)tto!ai-§ II. bon
SSö^men, ©ompro^ft, gelctjrt unb gcf^äit§gemanbt, übernahm x^. naä) befjen
2:obe grü{)|Qt)r 1270) nl§ ei-tt?Q{)ttfi- 9)letvo)3olit bie ^^ü'^rung be§ 4-)od)[tifte§ in
|d)limmfter 3eit. ©in gettjattigcr 33ranb, bev ©atäbuvg gvo|ent:^eil§ einäfc^erte,
unb gjiiBtt»Qd)§ mit »ielem ßlenb im ©ejolgc crfdimevtcn nid)t tt)enig bie elften
©djvitte be§ neuen 6t3bifd)ofe§. 5(ber and) feine ©tcllung ju bem mäd^tigften
91a(^bar, bem genannten 5pi-emt)fliben Oltofav IL, tvax ungemein toiberfpvud)§=
öoü. £)enn biefer ipevrfdjer , in beffen ßanben Defterrcid), ©teicrmarf unb
.Kärnten bie auSmärtigen ^Befi^ungen be^ <^-)od)ftiitc§ lagen, mar ein burdf) frühere
©elegentjeiten öertnöl^nter (5d)ul?t)err ©atjburgS. ^^^ei ßr^bifdiöfen , ben beiben
S3orgängcrn 5riebiid)§, 5pt)ilipp, bem fpon'^eimifdjen C^ei-'äogSfol^nc , unb jenem
äöIobiMam, l^atte ber böf)mifd)e ^o] burd) feinen großen (Sinflu^ bei ber 6urie
3U if)rer äöürbe t)erl)otfen. Dttofar betrad)teie fid) gemifferma^en al§ ©ormunb ber
fal^burgifdien 5Retropotc , mäl^renb ber neue Äirdienfürft , ein ^ann bon fräf=
tigem (Jigenmiüen unb nid)t o|ne ß^rgeij in politifi^en S)ingen, bic öoHe ©elb=
ftänbigfeit geminnen unb bftjauptctt mottte. 3unäd)ft benat)m fid^ ©r^bifdiof 5.
bem mäd)tigen ^crrft^er gegenüber mit ftuger 33ered)nung, gef(^meibiger 5£ftig=
feit; benn nod) I)atte er ba§ ^^pallium in 9tom nid^t ermirlt, unb bic befonberS
an .Kärnten I)a|tenbcn 9tecf)t§ftreitigfeiten jmifc^en bem (SrjbiStl^um, at§ Sn'Eiaber
großer ßiegenfc^aiten unb 'DJu^ung§red)te, unb ber fierjoglidjcn ©emalt mact)ten
rofd)e unb m5glid)[t gebeit)Iid)e 5Iu§einanberfe^ungen notljtrenbig. S)er 9}ertrog,
ben Äönig Dttolar II. mit gr^bifd^of g. ben 12. 2)ecember 1270 ju ^uben--
burg im ©teierlanbe abfd)(o^ , bemeift am beften , toie ber 33ö^men!önig bem
neuen ^Jtetropotitan entgegenfam, um fid) feiner (Geneigtheit 3u berfic^ern, unb
aud) im ^. 1271, mo mir ben ©al^burger in Söien unb bann (:3uti) in ^^U-ag
bei Ottofar II. boxfinben, fd^ien nidE)t§ auf bie f)arten Mmpfe fc£)iic§en ju laffen,
bie alSbalb 3mifd)cn beiben au§bradt)en; benn f^-. bett;ätigt fidf) 3. 5ß, al§ einer
ber 9}ermittler be§ tt)id)tigen ^^riebenS ^mifcEjen bem 53ö^men= unb Ungarnfönige.
^m ©pätjaljr 1272 begab fid^ bcr ßr^bifd^of nadf) 9tom jum 5pap[t Tregor X.,
um fid) ba§ Pallium 5U '^olen. (Jr gelangte ba^u 1273, mu^te jcbod) fd^lieBHd)
noc^ bie großen ©(^ulbcn 3a{)ten, meld)e fein SÖorgängcr lUridE), öormalS 35. b.
©edau unb 5lebenbut)ler ^4^t)i(ibb§, buri^ feine bernnglüdten 23eftrebnngen am
1. ©ebtember 1265 jur Slbbanfung gcitoungen, in feiner ©elbnott) fid) auf ben
^aU getaben l^atte mib auf bereu Segleid^ung bie ßurie mit Sä^'S'ffit beftanb.
S)ie 2Bat)l tiJnig 9tubolf§ öon |)ab§burg (6ept. 1273) ift ber entfd)eibenbe ?aigen=
blid im_ bolitifd)en Seben be§ erjbifd)of§ ^. geft entfd)toffen , burd) ^artei=
na'^me für ba§ neue 9teidf)§oberl)aubt feine eigene ©tcHung £)tto!ar gegenüber
ab^ugrensen, mirb ber 5Jletrobolit öon bem ^ogenauer .^^oftage (^ebruar 1274)
an, ber if)m eine iSd)u^ur!unbe be§ beutfd)en Königs berfd)afft, beffen jätiefter
9In:§änger in ©übbeutfd)lanb. 5Jlit biefer ©efinnung '^atte er fic^ 3ur 2X)omx
Äird)enüerfammlung begeben, bie feit ^Jtai 1274 unter bem SJorfi^e be§ ^apfte§
tagte. Sm luguft übertrug i^m, unter Sei^ülfe beö ^^affauer unb 9iegen§=
bürget Sifd)ofe§, Äaifcr Üiubolf bie Süfirung ber 9ieid£)§gefd)ätte, ben 17. ©ep=
tember fd)rieb ^^bft ©rcgor X. au§ ßt)on an i:§n in ^Bejug be§ üom römifd^en
©tut)Ie ge|)Ianten Äreu33uge§, unb öcm 29.— 31. Dctobcr bcfdjäftigte fidt) bie
'^roöinjialftjnobe ju ©al^burg mit bicfem ^Nrojectc unb einer 9iei:^e mid)tiger
geiftlid^er gjta^regeln, meldtie inSbefonbcre gegen mcltüd^e ilkrgemattigung be§
6Ieru§ unb feiner 9ted^te fid) fet)rten. e§ mar bie§ um fo aeitgcmä^er, a(§ fidf)
balb ber SSru^ be§ (JrjbifdiofeS mit Äönig Dttofar boüjog, &. 33annfrud§ unb
Qxxtbxxä) IL. e. 33. ti. Satabutg. 11
^jnterbict wibev beu 3?öl!)menföm9 unb beffcn i^aube bereit l^ielt, überbie§ aUeä
auTbot, um feine Suffragane öon bem ^vcmljjüben abpjictien unb iüi* bie ©ac^e
9luboti§ 3u gewinnen. 5Die 5(ufgabe wax um |o f(f)ttjienger, a[§ fid^ bev 58ö^men=
fönig nod^ im isolIBefi^e feiner 93kcf)t befanb , an einen offenen 5IbfaII ber
9tlpen(anbe bon i{)m noc^ nid)t ju benfen war unb — abgefe^en öon ber 9türn=
berger ';}tei($§'£)offa^ung be§ ^]loöember§ 1274 — noc^ feine birecte ^a|rege(
be§ neuen i?ömg§ 5)eutf(^(anb§ gegen Ottofar ficC) öolljog; ber 4^ab§burgc¥, noc^
meit entfernt bon ber ^teciitung unb SBefriegung be§ gewaltigen @egner§, auc^
feine 5[)k(i)tmittet befa^, feine Sln^nger im öftticfien 5IIbenIanbe ju fc^ü^en.
2)ie Ö'orrefponbeuä bc§ eräbif(i)of§ bom (5|)ätjat)re 1274 bi§ 3um Wdx^ 1275
übcrftrömt üon Ätagcn über £)ttofar§ ©ewaltt^tcn gegen bie SBefi^ungen unb
Ütec^te ©aljburgg unb 5ßitten um .g^ülfe. £enn im äßinter 1274—75 lie^ ber
58öf)mcnfönig bie Sefi^ungen ©atjburgS, namentlich in .Kärnten, furd)tbar |eim=
judien. Ueberbieg ftanb bamal§ ber ©ecfauer S3ifct)of 3Sern|§arb auf Cttofar§
©eite unb ber g-reifingcr ^onrab fpielte eine fe^r ^weibeutige 9toEe. ^a ber
(Secfauer ent3og bem ©räbifdjofe ben ganzen Soben feiner SBirtfamfeit in ber
©teiermarf unb lie^ es fogar an einer ©d)mä^fc^rift Wiber Äönig iRubolf nirf)t
feilten. Slnbererfeits toünf3)te jeboc^ Ottofar mit bem ©at^burger 5]letropoIiten
fid) ju öergleic^en, um, angefi(f)t§ ber Unbermeibtid^feit be§ ßonfücteg mit 9tu=
bolf, ben wichtigen Äirc£)enfürften gu entwaffnen, ©o fam e§ ju ben 5)kiber=
^nbtungcn be§ ^. 1275 jwifd^en Seiben. ^. tjatk jebod^ p entfcf)ieben 9tu=
bolf§ ©ad)e 3U ber feinigen gemad)t, a(§ ba^ ein 5Iu§glci(i) ^Wifc^en i^m unb
bem SSö^menföuige möglich war. Um fo fcf)Werer laftetc nun beffen ^einbe§=
^anb auf bem (Srjftiftc, unb ba§ ^Jknbat 9iuboIf§ bom 24. 9iobember 1275,
man möge ber ©al^burger Äir(i)e unb beren ©uffraganen SSeiftanb wiber alle
9flei(f)§ieinbe leiften, fonnte Wenig ^Ib'^ülfe gewätiren. ©o erneuern ftdE) benn
bie .Etagen unb .gjüfferufe be§ ^Jletropoliten , beffen ©uffragan, ber ©ecEauer,
enblic^ bod) bon Dttofar abfiel. Slle nun bie Sntf(i)eibung , ber 9tei(f)efrieg
wiber ben ^öö^menfönig in 6ang fam, war einer ber t^ätigften babei ber ©atj^
burger, bon wetd)em fogar ber urfprünglidie f^elbjugsplan be§ ^. 1276 mit
entworfen würbe. Sei bem 3Ibf(i)luffe be§ wichtigen Dtobemberfrieben§ awifc^en
Ütubolf unb Ottofar im ßager ju Söien War aurf) %. tf)ätfg. ©eine entfc^iebene
5parteina'f)me rühmten aud) bie Snabcnurfunben 9tuboIf§, um fo me^r, a(§ e§
il^m um bie Erwerbung ber ©aljburger Selben für fein ipaue ju tf)un War.
^n ber gjkrc^felber 3Iuguftf^Iacf)t bom 3. 1278 fehlten bie Ärieger be§ Qxy-
bif(^ofe§ nic^t. 6r felbft erfd)ien bann im 2ager bor ^olin unb ©eblec, um
ben ^rieben jwifdien S3ö'f)men unb ,^önig ütubolf oermitteln 5U l^elfen. 2öieber=
^olt gewat)ren wir ben ßräbifd^of in ben S. 1279—81 am fönigtici)en ^ortager,
an Wicf)tigen 5lbmarf)ungen bet^eiligt. f5ür ben Sanbfrieben im eigenen ©ebiete
gab e§ mand)e§ ju tt)un. ©o ftörtc benfelben ber fa(jburg{fcf)e Sogt im Sun=
gaue, Otto b. ©aurau (1281), unb um biefelbe 3"t beunru'tiigte ber einfüge
3lnf)änger DttofarS , 2öien§ geWefener Sürgermeifter , ^J^attram, ber fi($ ben
[yotgen ber 9l($t burif) bie (5r(u(^t ju §einri(^ bon Saiern entzogen, bon Äarl=
ftein bei 3tei(i)en|alX au§, im ßinberftänbniffe mit bem 2ßittel§bad)er, ba§ 6o(i)=
ftiftlanb. 6» fam nun ju einem neuen Sergleidie mit Saiern, ben jebodf) ber
auöbrecfienbe ©treit .jwifi^en Äönig 9llbrec^t I. unb .^ersog ^peinric^ wicber um=
fto^en fottte, ba ber Habsburger ben Seiftanb unb bie ^riegsptfc be§ ©al3=
bürgert in älnfpiud) na|m. '^oä) würbe bie ©adje noc^ bor bem blutigen 2tu§=
trage fricblic^ beigelegt. S)er le^te potitifdie 5lct be§ (Jrjbifc^of« war bie Se=
let)nung ^erjog 3Ubrccf)t§ I. mit ben falaburgifc^en ^e^en (9. gebrar 1284).
Salb barauf fd)ieb griebricf) b. aSald^en (7. Slprit) au ^riefad^ au§ bem Seben,
12 g^tiebric^ III. — griebtid) IV., 6. SB. b. Satsburg.
einer ber ^oUtifd) rül^rigfien 531etro|)oaten unb Söieberl^erfteEei; be§ ?Infc'f)en§
ber ©atälBurger Äiic^e.
3)te äöerfe ü6er ®efd^. be§ ^^ocEiftiiteg SaljBurg t)on <g)unbt, 5}le^ger,
^anfiä, Meinmet^er, 3Quner, ^iä)Ux. ^urj, @efd). Deften. u. Dttofar u.
3lI16rect)t I. ^opp. @e|(^. b. eibgen. 23ünbe, I. II. O. Sorenj, S). @ef($. i.
13. u. 14. SQl)ri). , 1. 2. ^anbö. b. @ef(^. ^övntcn§, IV. 1. 9t6tf).
t). jtangl, Sie 6orr. ßräb. 5-riebxirf)§ mit Stubolj I. in Sobmann'S Cod. epist.
r. Rudolpbi. ©toBBe, Summa curiae regiae i, 14. 23be. b. 5tr(f). ]. Ä. ö. ®.
III., unb d^mcFä 3Iulf. im 108. ^. ber 2Biener Sat)i-B. f. Sitt. u. Ä.
(1845). Urtunbl. gjlaterial 3. ©aljb. ^ird^enftreite al§ ©rgänaung 3U Sirf)=
nolü§fi'§ ©efc^. be§ .^. ^aBgburg. Sb. I. Ärone§.
^^-ricbrid) m., erabifcEjoi üon ©aljBurg (t 30. mäx^ 1338), au§ bem
fteiermürfifdfien 5Jlini[terialcngefd)Icd)te bc§ ©aljBurger §od)[tifte§, bog fid)
ö. Seibni^ jd)rieb, julc^t 2)ompvot)ft ju ©al^Burg, hjurbe am 24. CctoBcr 1315
äum 9tQd)folger be§ furälebigen ^Jletro^olitcn SBic^arb, au§ bem ^auje ber ^oU
Reimer, ertoä^lt, unb erlangte su 3lt)ignon nic^t ot)ne nam'^aften ©elbauimanb
ba§ ^^allium. £>ie ^Injänge feine§ er^bifdiöflidien 3Baltcn§ fielen in bie bemegte
3eit be§ Z^xontümp]e^ äroijd^en griebrid) bem ©(^önen öon .^abSburg unb
Submig bem 23aier. ©ctreu ben politischen ©runbfä^en feiner beiben 95orgänger
l^ielt e§ ber neue 5)htropotit mit bem .Spaufe Defterreic^ , Ittie e§ bie 58unbes=
urfunbe t)om 5. S)ec. 1318 barttjut. Um jo mel^r faf) fid) (Salzburg ben S'^inb^
felig!eiten ber 16airifd)en 2BitteI§bad)cr auSgefe^t. (Srabifdiof g. III. maditc
1322 bie üert)ängni|öoIIe ©eptemberfd)Iad)t bei 53tüt)tbori unb SImpfing mit;
entging tüol felbft ber ©efangenidiait, öerlor aber 3al)Ireic^e S)icnftmanncn, tueldie
er au§ i>einbe§I)anb mit fdiloerem ©elbe löfen mu^te. S>od) beugten if)n meber
bie ©d)reden be§ langen 2;t)ronfrieg§, noc^ bie finanzielle 6rfd)öpiung unb cben=
fomenig bie 9teid)§ad)t Submige; er blieb feiner ^^arteiftellung getreu, um fo
mel)r, ba ^apft ^oljann XXII. ben .^ampf gegen Submig ben SBaicr aufna'fim,
S)er ©aljburger ejcommunicirte nun ben 2BitteI§bad)er. 2Bir finben aud^ fy.
3ur 3fit- ö^§ 3mifd)en ßönig Submig unb ben ^abeburgern fvricben mar, i>a=
gegen biefe megen ber Kärntner 6rbfd)aft gegen Suj-emburg ruften mußten, jum
Söaffenbunbe mit ben .^er^ogen Sltbrec^t II. unb Otto öon Ocfterreid) bereit.
S)od) !am c§ nid)t jum Kriege. 5Iu§ ^^rriebrid^S geiftlid)er SSermaÜung feien
bie ^cfd)lüffe ber g-riefad)er ^^-^roöinjiatftinobe öom ^. 1337 t)ert)orgel^oben,
toorin intereffante 6a^ungen über bie 33erpflid)tungen unb ben SebenSmanbet
ber ßlerifer ent^atten finb. (5§ finbet fid^ beifpiel§meife barunter eine 5öeftim=
mung: Äein ßlerücr bürfe einen ©o'^n bei fic^ ober feinem 23icare im S)ienfte
lialten. 5lud) tuirb ber überflüffige 58efud) ber 2Öirt{)§t)äufer feiten§ ber (Seift=
lid^en öerpönt. — S)a§ SanbfriebenSgefe^ bom ^. 1328 ift eine Erneuerung
älterer ©a^ungen biefer 3Irt. 5Iud) ba§ 33ürgerfpital ju Salzburg erinnert an
ben ßird)enfürften, ber am 30. ^J^ärj 1338 ftarb.
Sie gleite Sitt. toie bei ßrsb. fyriebrid^ II. UeberbieS: g. Äurj,
Cefterr. u. Ä. ^riebrid) b. ©c^. unb Deftcrr. u. ^. ^Ubrec^t II. (1818. 19).
ßi(^nom§!i, @efd§. be§ ^. ^abSburg, 4. Söeed^ , Ä. Subtoig b. 23. u. Ä.
Sofiann b. 93öl)men (1860). ^^fannenfd^mib , Sie @d)Iad)t bei «JM^orf,
Srorfd^. 3. beutfd). @efd)., III. IV. Söced) über ben gleidien ©egenftanb ebb.
IV. Sie 6onci(befd)lüffc in ber Sammlung öon Salf)am, Conc. Salisb.
Ärone§.
gricbrit^ IV., grjbifdiof bon ©aljburg (t 3. Slpril 1452), ftammte au§
bem .^aufe ber fteiermärfifd)=öfterreid)if(|en ^Jlinifterialen Sruc^fe^ öon @mmer=
berg. 3ll§ Sombed)ant fal) er nad) bem 2:obe be§ ßrjbifdiofS ^o'£)ann II. in
bem Söal)lt)anbel ben Sompropft ©igmunb öon SöolferSborf öon einer ftarfen 5)3artei
fjriebticf) IL, .^. ü. Sicgni^. 13
begünftigt, berftanb eSjeboc^ burd^ ein gefcfitrf te§ ©trategem biefem üliöaten ob juiiegen.
^m ©pätja^re 1441 6r§16ifd§of getüovben, beianb ficf) S- IV., toic fo mantfier
2lmt§genoffe , in nic£)t geringev Slerlegen^eit , ttiel(f)e ©teüung er ai§ 65üeb bcr
^iemrrfiie unb be§ beutft^en 9lei(f)e§ 3lDtf(i)en bem 33a§teL- ßoncile unb bent
5papfte @ugen IV. einnehmen fotte. Sebenjaüä jaulte er nicf)t ju ben ©rf)(cpp=
trägem ber ßuric ober ben eigentli(^en ^apaüften, umfotoemger, at§ ba§
2tji|atfenl6urg=2öiener Soncorbat (1448) atotfc^en bem 5pap[t unb ^önig 2fticb=
rid^ IV. (III.) bie 5[)letropotiten= unb le^cnSmä^igen 9ted)te ©aljburg^ ju
©unften ber öfterreid^ifc^en ßanbe§^o!§eit fd)äbigen ju tooüen fct)ien. 2l(§ iebo(f) 3ßapft
5Zicolau§ V. ben SräBifc^of über bteje OtücEwirfungen be§ genannten 6oncorbate§
beruhigte, bequemte fic^ (e^terer ju beffen Slnerfennung , toelc^e er früher ber=
toeigert ^atte. 5(n i^rrungen mit 33aiern, ©rneuerungen alter ©treitigfeiten mit
bem ©tijte 35erd)te§gaben über ^o'§eit§= unb 9}ogtcigemaIt, beSgteii^en über ba§
leibige ©al^monopol fehlte e§ ni^t. (5r5bif(^o| 5- gehörte nic^t ^u ben fjfveunben
rigoriftifd^er Oieformen in ürd^lid^en S)ingen. 3)ie§ jeigte ftdE) am beften, al§ er laut
päpftlii^er 3lufforberung mit bem Segaten 9litta§ S'^reffj tion Äue§ (Cusanus),
einem ber iBaSler Otetractanten unb neuerung§ju(i)tigen Eiferer, eine ^proöin^iatfQnobe
3U ©aljburg ab'^ielt, unb ebenfo bei ber burdC) ben genannten Sarbinal ^Jtoüember
1451 in ©aljburg anberaumten ßlofterbifitation. ly. tootlte 3. 33. ben 5Zonnen
manifie liarmloje ßicenjen gctoii^ren, brang aber nic^t burc^. @r fcfiieb ben 3.
Qtpril 1452 nacf) ber .^eimfe^r bon bem öanb§l)uter S3ermäl)tung§tefte ^erjog
ßubtoigä be§ Dl. au§ bem 2tbm.
2)ie allgemeine Sitt. über ©aljburg f. bei (^riebric^ II. , fobann bie
Berte jur ©efd^. i?. 5riebrici)§ III. u. f. Seit. ^. Äur^, ^-riebrid^ IV.
(1812). Si(^noio§li, (Befd^i^te be§ ^auje§ öab§burg, 7. 33b.
J^ r 0 n e §.
g-vicbritfl 11., .^eraog bon Siegni^ (nad^mal§ auc^ bon 33rieg unb
3ßol)lau), geb. am 12. ^ebr. 1480, geft. am 17. ©ept. 1547, einer ber he=
beutenberen beutfi^en (dürften be§ 9ieformation§,5eitalter§,ber33egrünber berfpäterfo
folgenreidt) geworbenen 33erbinbung be§ piaftifd^en mit bem ^o^en^oüerjcEien .^oufc.
33et bem 2obe feine§ 33ater§ (Q^riebrii^ I.) 1488 nodf) unmünbig, trat er erft
1499 bie Ütegierung in Siegni^ an, 5Srieg feinem jüngeren SSruber @eorg übcr=
lajfenb, nac^bem er bie testen 2 i^alire am ^ofe feine§ Dberle^enel)errn, be§ l?önig§
bon Ungarn unb S5ö^men 3Blabt)|lato bermeilt l)atte, beffen (Sunft er in fo l^o^em
(Brabe ^u erwerben mu^te, ba^ berfelbe i^m 1511 baS wichtige Utä)t ber freien
35erfügung über bie if)m untertoorfenen SanbeSgebiete entgegen ben alten Sel^n§=
bcrträgen unb 1515 fogar bie .^anb feiner ©dfimeftcr , ber polnifd^en ^önig§=
tod^ter (älifabef^ getoä^rte, nad^ bereu frühem 2:obe 1517 er bann 1519 bie
^o^en^oÖernfd^e ^^rin^effin ©op^ie "^eimfü^rte , bie ©dtjtoefter jenes ^Jlarfgrafcn
®eorg, ber bie ^errfd^aft feine§ ,g)aufe§ in ©(Rieften begrünbete, unb 3llbred£)t§, be§
erften ^^erjogS bon ^reu^en. S)affelbe bem jungen ijerjog i^. eigene tiefere
religiöfe @efü^l, toeld^e§ i^n nod§ 1507 eine Söattfai^rt naä) bem "^eiligen ßanbe
antreten lie§, betoog il§n aud^ 3U ern[tli(^er SSefd^äftigung mit ben .^becn ber
5ieformation , benen er, toenn er gleicf) im Slnfang fte al§ rebolutionär fi^cute,
balb nä^er getreten, feit 1523 in feinen ßanben befonnen unb otjne (5Je=
mattfamfeit Eingang berf (Raffte , buri^ Slnftetlung reformatorifcf) geftnnter
5ßrebiger. @r mar e§ aud^, ber, al§ Äönig g^erbinanb 1527 gjlanbate gegen
bie Steuerungen erlief, in einer mit 9tect)t berül)mt gemorbenen 9ie(^tfertigung§=
fd^rift, ber fogenanten „®runb=Urfad)" äugleic^ mit 5Jlä^igung unb ^Jeftigfeit
feine reformatorifdt)en ©d£)ritte bert^eibigte. S)iefe ©d^rift unb namentlid^ feine
gteidt)faE§ im ^. 1527 beröffentlic^te „Slpotogie" jeigen ben öerjog bamat§ ben
ße^ren be§ fdf)lefifd§en 9leformator§ ßafpar b. ©rf)menffelb jugemenbet, bon bem
l_^ gtiebricf) IL, .&. l). Siegni^.
man ja üovne^mUcf) anä) fageu barj, bafe er im ^mtk be§ 2l6cnbmaf)I§ ben tejov^
matoxij^en ©ebanfen in lüüibigerer geiftigerer äöeife aujju|afjen tDu^te at§ ba§ ftarre
ßut§ertf)um. ©ein entf^iebeneS ^feft^alten an ber neuen Se^re lioaxh um jo n»id)tigci-,
al§ feit 1527 bie Dbevtcf)n§'§of)cit über <Sd()tefien mit ber BD'^mijd)en Äönigsfrone
an ba§ ipau§ <s^a6s6urg, unb jtüar an gerbinanb I., einen ©egner 0er ^tejormation
fam; g-., feit bem 2obe feinc§ finberlofen 33ruber§ ©eorgä I. (1521) jugleid)
^er^og tion 33rieg, burc^ ^auj in ben Se[i^ auc^ be§ ^erjogtl^umS äBo'^tau ge=
langt, ^janböcfi^er bon ©logau, loar ber mäc^tigfte fyürft ©ii)tefien§, beffen Dber^
fiau^tmannfd^ajt er auc^ längere 3eit bertoaltete, unb nod) größer njarb fein
(^inM baburd^ , ba§ fein ©cfiroager, 5)larfgrai ©eorg bon ^oljtn^oUnn, ber
feit 1523 im Söefi^ bon ^agcrnborj balb bie .lperr|ct)aiten öon ^Beuf^en unb
Oberberg baju erwarb unb aud) bie großen .s^er^ogt^ümer Dppctn=9tatibor lDenig=
ften§ ^ianbtneife in feine ipanb brad)te, unb fo in Gberfc^Iefien ebenfo einflu|=
xeiä} ioar mt i^. in ^hcberfc^lefien, fid) if)m auf§ engfte anfd)IoB. Sn ber 3:^at
erfd^eint g. an ben ^)lngelegenf)eiten be§ fjo^enjoüerfdien @cfd)ted)te§ auf bo»
leb'^aftefte bettjeiUgt. Ör ift e§ gettiefen, ber bie erbrec^te ber jüngeren Sinie
3U ©rünberg unb ^^ptaffenberg bermittelt, er im 93erein mit @eorg öon Sägern=
borf ^at 1525 ben wichtigen Vertrag bon iTrafau ju ©taube gebrad)t, ber feinem
(Sd^toager 9Ubred)t ben Sßcfili bon ^h-eu^en al§ eine§ mettlid)en .sperjogttiumS
auf ber ©runblage ber Reformation fid)erte. ^e met)r Tjier im Dften bie beiben
@ro|mäd)te, ba§ ^absburgif^e ipau§ unb ba§ ber ^agcEonen in 5^o(en fid) fcinb=
feiig ber neuen Set)re geigten , befto not^Wenbiger erfd)icn ben 33cfennern
berfflben ein engeres ^ufammenfd)Ue^en, unb ntd)t§ fonnte für biefen Sn^ed er=
tt)ünf(^ter fd)eincn at§ in Jenen 33unb ber fd)(efifc^en ^4>iaften unb ber jüngeren
^o'^en,ioHernfd)en Sinie aud^ bie ältere, ba§ Äurt)au§ 'tiineinjujie^en, lüOju 1535
nad) bem 2:obe 3oad)im§ 1. , eineg entfd^iebenen @egner§ ber ^Keformation fid^
©etegen^eit bot. Sie 5(ntnü^iung gefd^al) auf einem großen f^amiüentage ber
ipo'^eniollern ju gvantfurt a. Q. im Cctober 1536, ben aud) g. befud)te; balb
folgte ein Sefud^ Äurfürft ^oac^imS II. in Sicgni^, unb im Cctober 1537
toarb ju Siegni^ jene benfioürbige S^o^jpel'^eiratf) berbunben mit einer 6rbber=
brüberung 3lüifd)en t)em 5?url)aufe S3ranbenburg unb ben Siegnit3=33rieger ^4-^iaften
gef(^Ioffen, bereu eigentlid)e 23ebeutung fotgenbe trar: ^urfürft Soad)im empfängt
glei(ifam jum 2ot)ne bafür, ba^ er feinen Äurprinjeu unb feine 2:od)ter (5opf)ie
mit ^inbern iyriebrid)§ IL bermä'^tt, alfo bie S^funft feine§ A>ufe§ an bie be§
prDteftantifcf)en f^lcfif^en gürftenljauffg fnüpft, bie ^Inmartfc^aft auf ben Einfall
aller Sanbe biefe§ ®ef(^ted)te§ bei einem '^(bgange be§ 5Jlann§ftamme§. «So tü'nh
man fagcn tonnen, benn ber (Sinfa^ ber Sranbenburger bei ber ©rbberbrüberung
toar nalje^u illuforifd) , e§ foHten 'bei einem 5tu§fterben ber branbenburger Äur=
tinie bie läufiger SSefi^ungen berfelben an bie f(^tefifdt)en ^iaften fallen, aber nur
fan§ (infofern biife 2anbe§tl)ei(e Sel)en ber i?rone 33i3l)men maren) ber 6onfen§
be§ Dber(el)n§l)errn ju erlangen fein tt)ürbe. Unabljängig bon ber Erlangung jene§
6onfenfe§ fottte bie (ärbeinigung in Äraft treten, fo ba^ ba§ ©an^e in ber 2"^at
feitenS ^yriebridig mie ein ebentuelleS 33ermäct)tni| feiner Sanbe an ein Jpau§ er=
fd)ien , beffen ©etoinnung für bie neue Seigre er bamal§ bereite al§ gefid)ert an=
gefe'^en l)aben mu^. S)a^ mit bem S3ertrage ha^ ©taatsintereffe ber i^absburger
a(§ £)bertel)n§l)errn gefü'^rbet tüurbe, ift x\iä)t ju leugnen, unb ^onig ^^Jerbinanb
ü)ar fi(^erlic^ gleidt) bon born Ijerein entfd)loffen bei ber erften fidf) bietenben
©elegenljcit gegen benfelben aufzutreten. 6r ^atte feit feinem 9tegierung§antritt
(5d£)ritt bor ©d^ritt bie 5}lad)t jener beiben proteftantifd£)eu gürftenliäufer ber
ßiegni^er '^iaften unb ber Sägernborfer ^ol)en3ottern p befd)ränfen gefuclit, 'i)attt
x^. II. Me§, toaS nid^t aU ererbter ^efi^ nai^jutoeifen, fonbern nur $fanb=
fd)aft tüar, burd^ @inlöfung entzogen unb ebenfo, al§ 1543 (Seorg bon Sägern=
gricbric^ III., Ap. ü. £cf)IeilDig=^o(ftein=®ottotp. 15
borf mit ^intci-(afiung eine» unmünbigen (2o^neg [taib , biefem bie Jüvften^
tpmer Ct)peht=0tati6or ju enhüinben geteuft. 3^ ^^^^ .spouptfc^lage gegen bie
(Sröoerfetüberung 6ot bie noc^ quI bcn Aöujfiten^eiten [tammenbe eifevfücfitige
2reinbf(f)Qft ^raifdicn Summen unb (c(f)(eiien, an n3e(cf)er bie in 6ciben Conben
t)eiöorgetvetene Steigung ju bev neuen 2ef)ve ni(^t§ geänbert ^atte, eine eiraünjc^te
@e(fgen^eit. £ie Q3ö^nieu näm(i(^ To(f)ten jenes ^^Niüoiteg ^önig SBUbiKaros
öon 1511, all] toe(c§e§ ftd) -iöev^og 5- ^ei"^ 3(bjcf)Iuffe bct GTbtjevbrüberung ge=
[tü^t I)atte, an; injoiern bafielbe einem anbern 1510 if)nen bcn bemjelben Äönigc
t)erUef)enen ^^litiilege , n}e(rf)e§ jebe ©ntTtembung eine§ jur bö^mifc^en Ärone ge=
l^örigen ^^anbeet^eiteä ausfdilieBen jollte, toibevfpräcEie , unb auf ©runb bicjer
^(age caifirte .$lönig üe^"^i"fli^^ Q^ lö. ^Jtoi 1546 in ^eierüc^em 6eti(f)t5tage
auf bei- '^reelauer 33urg jene GvBüevbiüberung. Qx tt)at bie» im SSegviffe an bei-
seite feineä Srubets, be§ Äaifer .^artg V. gegen bie proteftantiidien dürften be»
fc^matfatbener Sunbe§ in§ "Qeih ju jie^en , unb ei- burjte es fetbft in fotc^em
''Dloment toagen, ba er üon i?urfüi-ft ^oac^imö 9Irt einen energifi^en Söiberftanb
nid^t äu fürditen braurfite unb ein foIcf)ei- ebenfotoenig öon ben ect)(ffievn, tt)o bcr
aui§ neue entflammte ©egenjal gegen bie ^vätenfionen bei- Sö^men alle» anbie
in ben ipintergvunb brängte , 3u erwarten mar. g- H- ^^^^ i*^^ ^s^-T^örung beö
äöerfes , ba§ il)m me^r alö 31tlei am ^perjen gelegen , nic^t lange überlebt , er
[tarb am 17. (2et)tbr. 1547 unb bereits 3fitSf"DJfen ^aben bezeugt, baß ber
©ram über jenen Urt^eillfpruc^ feinen %oh bifcf)leunigt l^abe. äöaS nun biefe
(5ntfd)eibung gerbinanb» anbetrifft, fo jeigt eine unbefangene '4>^üfung beutlic^,
ba| biefelbe ttiol unter bem ©efictiteljunfte ber StaatSraifon nicf)t aber unter beni
be» 9tf(^tc§ für begrünbet gelten fann. 2:I;atfäc^li(i) ift bie f^roge über hit ®ültig=
feit ber ^ol^en^ollernfi^en 5lnfprüc^e auf (Sd)lefien 1546 ebenfogut rtiie 1741 alö
5}lad§tfrage entfc^ieben morben.
33iograp^ien griebiii^S II. enthalten iSc^ontoälber'ä ^piaften gum Kriege
S3b. IL unb Samter'S (E^ronif Pon Siegni^ ^b. II, mo benn aiiä) bae in ben
©tabtarc^itieu ber beiben 5"ürftent^ume!^auptftäbte öor^anbene 53taterial üer=
arbeitet erfcf)cint ; nur ba^ in beiben Söeifen bie Sd^ilbcrung ber 9tefor=
mations^cit entftcHt ift burc^ jene angeblich bon bem (£tabtfcl)reiber 231afiue
©ebel Ijerrü'^renben broflif(i)en Sdiilberungen, toelt^e (Siünljagen al§ eine
gälf(f)ung bc5 19. Sa^i'^unbertS ncdigetoicfen ^at (3eitfci)r. f. \iijUl @ej($.
IX. 346 ff.), unb bann 2ud)^, fc^lefif(J)c gürftenbilber, $ogen 19 a unb b,
too and) bie am Siegni^er Srfilofie befinblid£)en glei($5eitigen 5Jlebaillonbilber
gvirbrid)» unb feiner @emal)lin Sophie miebergegeben finb. Sine 33egiün=
bung be§ oben gegebenen Urt^eil§ über bie Gaffation ber SrbDerbrüberung bei
6rün!^agen, Sie ßrbPerbvüberung ämifdien ipol^enjollern unb '^^iaften 1537.
3eitf4r. für preu^. @efcl)icl)te, ^a^rg. 1868. ©rün^agen.
g-riebrid) III., -Öerjog Pon (2df)lesmig = .ÖDlftein = G)ottorp, iiltefter
<Sof)n be» öer^cgg Sol)aTin 5Ibolf unb ber 3tugufta, einer 2ocf|ter Könige
priebricf) II. üon S^änemarf, (Snfel .öerjog 51bolf§, be§ ©tijterS ber Sottorper
ßinie, Pom A^aufe Dlbenburg, mürbe geboren am 22. 5i)ecbr. 1597 ju ©ottorp,
t am 10. 3Iuguft 1659 ju lönning. (irjogen Pon SfO^ann Rinder unter bem
ßinftu^ be§ töofprebigerS ]M. SsQcob i^abriciuä ging er im ^o^ve 1615 ^ufammen
mit feinem trüber ^Ibolf auf Üieifen unb befm^te bie angcfel^enften Stäbte
S;eutfd)lanb§ , Strapurg, ^^pariä unb granfreic^. ^m 23cgriff feine Steife naäj
Italien ausjube^nen erreii^te i^ ber Äammerjunfer Jürgen Pon ber 2Sifc^ mit
ber 9hc^ri(^t, ba^ ber Sßater, öer^og ^olann 51botf, am 31. illär^ 1616 ju
ßottorp öerfd^ieben fei. Sa feierte g. in bie ipeimat^ jurüdE, um auf 6runb
ber burd^ bie 2el)n«f)erren beftätigten teftamentarif(^en Si»pofition feine§ 9}ater3
Pon 1608, pjeld^e im (Bottorper öaufe bie ^4>rimogenitur eingefüfirt unb Sanbes=
IQ f^riebiic^ III., Jg>. 0. ed^Iegtt)ig<iDlftcin=@ottotp.
tfieitungcn unterfagt 1)atk, at§ (&x^txm ^'^^ ütegievung anjutvetcn. 35om
bönifcften Könige tourbe er auä) olCine 2ßettcve§ mit @c^te§tt}ig bete:^nt iinb
empfing bie 2:^eilna^me an bei; beit bänifcJien Königen unb ben (Sottorper .1pev=
äogen gemeinfrf)aitlic£)en ülegierung üBex ^Prälaten, 9tittev|d)QTt unb ©tobte (5(^le§=
tDig = ^olftein§. dagegen tourbe er bon ben ©tänben, toelc^e an ifirem alten
aBat)trec£)t feft^tten toottten, erft nac^ längerem Sträuben auf einem Sanbtage
ju ©^leäwig in feiner ßigenfc^aft alg ber ättefte ©o'^n be§ öerftorbenen ^er^ogg
äum regierenben 2anbe§fürften unb ^enm erfannt unb angenommen, unb empfing,
nad)bem bie ^J^^riöitcgien in üMi(i)er Seife beftätigt maren, am 20. 2)ecbr. 1616
bie ^ulbigung. S)amit gemann bie Erbfolge nad^ bem 9tcd)t ber ßrftgeburt
bauernbe Geltung für ba§ ©ottorper §au§, mä^renb ba§ SBa'^lrec^t ber ©tänbe
erlof^. Sn ®änemar! unb ^Jiormegen unb im föniglic^en 3(ntf)eil öon ©d)(e§=
toig = ^olftein regierte feit 1596 .^önig g^tiftian IV., ein gürft Pott i?raft unb
S^atenburft. 2U§ ^erjog ^f- bie 9tegierung antrat, "tiatte ber -^önig bereite
feinen gtu~^m begrünbet burc^ ben Ealmarifi^en ^rieg gegen ©d^tüeben, metc^er
mit bem für S)änemar! günftigen O^ricben öon Änäröb enbete. 5tud) ^anfifd)en
3lnfprüc^en toax ber ^önig mit Srfotg entgegengetreten. 'S)am'ben jeic^nete er
fid§ au§ burrf) feine Sorge für bie ^open^agener Uniöerfität unb für gelefirte
@(|ulen; bie 3tfabemie 3U ©oroe tourbe Pon i^m gegrünbet. 3lu(i) bie tt)irt'^=
f(^aftlic£)en ^ntereffcn feinet 8anbe§ ju förbern mar er beftrebt. Siiefem 3tt>etfe
biente bie SJerbcfferung be§ ^oftmefeni unb bie Stiftung einer i§tänbif(i)en unb
einer oftinbifi^en <panbe[§compagnie. ^^laä) tierfd^iebenen 9lii$tungen t)in mid^tigc
©efe^c mürben öon tf)m erlaffen. .^open'^agen fc^müdEte er burct) ^Bauten, ^n
Sc^Ic§mig = ^o[ftein t)aben feine Einlagen neben ber 9tü(ifi(^t auf f^örberung be§
3}erfe^r§ unb be§ 5(nbaue§, wie bie Sinbeid^ung ber 2Bi(bniffe, jugletdf) Se^ie^ung
auf bie S^crf^eibigung be§ Öanbeä. Krempe würbe befeftigt unb bie ^eftungcn
@(üctftabt unb Cif)riftian§prie§, ba§ fpätere (5-rtebric6§ort am 5tu§gange be§ .Vieler
■«pafenS Würben neu angelegt. Seine treff(i(f)e gtotte unb fein ^peer fid£)erten
bem Könige <5§riftian eine bebeutenbe Stellung audl) über bie ©renjen feiner
gleiche :^inau§. 5Jlit biefem (dürften t^eilte .öer^og ^f. bie -iperrfd^aft über
Sd£)le§Wig unb |)olftein. 2)iefe ^erjogtpmer unb ba§ .^önigreid^ 2)äncmar£
waren feit ber Union öon 1533 bei feinblic^em ^-Jlngriff ju gegenf eiliger ;^ülf§=
leiftung perpflici)tet , eine 93eibinbung, bie wä^renb be§ brei^igfä^rigen .^riegeä
wieber'^olt erneuert unb öerftärft wur^e, wel(^e aber nicE)t Per^inbertc, ba^ bie
beiben ?anbe§l)erren gerabc in ^otge ber 2Becf)felfällc be§ großen .f?riege§ fid^
fremb ober feinbfeüg gegenüberftanben. Tiaä) ber Sdl)lac^t am weisen SSerge
fanben fidt) im^. 1621 dürften be§ nieberfäd^fifrfien .<?reife§, aud^ ber gefd^lagene
SSölimenfönig f^-riebridC) Pon ber ^^falj, ©efanbte tionSnglanb, Sd)Weben, S3ran=
benburg unb .spollanb ju Segeberg mit J?önig G^riftian unb i^erjog f5f- jufammen,
um über bie ebangelifdf)en S^tereffen unb eine S)efenfion be§ nieberfäd)fifdf)en
Greifes p berat^en. @teid)Wol '^iett fi(^ Äönig S^riftian wäl)renb ber erften
^^a'^re be§ J?riege§ ^urüdl unb War nid^t ju beWegen, bem trafen 5Jlan§felb
unb Sl)riftian Pon Sraunfd^Weig §ütfe ju bringen. ?lber al§ bie (Sefa"^r Wuc£)§
für bie nieberfäd)fifdl)en dürften, fnüpften biefe öon bleuem mit bem Könige an.
Sm ^Jlärj 1625 fam ein Zfjdl berfclben mit il)m in Sauenburg aufammen;
au(^ -^erjog ^^r- ^ai-' zugegen, ^an fa^te ^ier binbenbe 35ef(i)lüffe , al§ bereu
9{efultat äunä^ft bie balb barauf folgenbe SCßa'^l be§ Äönig§ jum ÄreiSoberften
be§ nieberfäd£)fifd^en £reife§ fidl) ergab, Wel(f)e eine actiPe Xfieilna'^me S)änemarf§
am Kriege in StuSfit^t ftettte. Siefe erfolgte nun aud^ balb. 9ll§ eine ^5frudl)t
berfelben glaubte ber Äönig wol Erwerbungen in ^lorbbeutfdt)lanb, befonberä ber
ftottlidjen .'pod^ftifte Sübect, Sremen unb S5erben erwarten 3u bürfen. SSeüor
er ben Äampf begann, fud^te ß^riftian SSerbinbungen mit öollanb unb ®ngtanb
^tiebric^ III., §. i). 3c^teStüi9=-^olftein=@ottotp. 17
unb mit ^et^Ien ®al6oi- anjufnüpfen, mu^te aber jc^üeBüt^ boc^, aÜein auf ftrf)
felbft unb bie mebciiäc^fijc£)en pvften angetoiejen, bem .C^eere bev ßiga entgegen^
treten. 3lm 25. 5loöeml6er 1626 »urbe er öon Sillt) Bei Cutter am SBarenberge
aui'§ .^anpt gefdjlagen. ©c^ttjad) öeriotgt fammelte fi^ ber 9teft feine§ .«peereä
an ber" unteren &U unb fu(f)te bie bortigen ^:päffe ju fialten. 3IBer balb war
%\Ui) im Sefi^ ber Söeftfeetüfte , wd'^renb 3Baüenftein bie beutfc^e OftfeeEüfte
Be^errf(i)te. Diarf) einanber fielen bie feften 5]3Iäfec in öolftein, ^unneBerg, S3rei=
teuBurg, S^e^oe, ':)lenb§Burg , .öafelborT, Krempe, ^ur ©tüdftabt tydt \\(i).
Söö^renb bie bänifc^en ^nfeln feiner ©eja^r au§gefe^t toaren, laftcte bie Söudit
be§ Krieges auf atteu Steilen be§ (Sottorper Sanbei. .iper.iog ^. Bemuf)te fic^
be§:§alB, ben ^rieben ju öert)anbeln, correjponbirte mit SiEt) unb Söaüenftein.
S)er le^tere erf^ien perfönli^ auf ©ottorp Beim .!per3oge, ber fic^ Bequemte,
bem SauenBurger Sunbe ju entfagen, auc^ ben ^aiferlid)en feine g-eftungen ein=
präumen. 2)ie gotge toaren f^einbfetigfeiten be§ i?önig§ gegen ben öerjog,
umfome^r ba beffen £)f)eim So'^ann ^riebric^, @r3Bifd)of öon SSremen unb SüBedE,
fid) cBenfaEg mit ZxUt) in ginöerne'^men fe^te, möfirenb be§ $eräog§ SSruber,
2(bolf, fogar im !aiferlic^en .g)eerc Sienfte genommen '^atte. 3ur (See unb in
feinem Äönigreid) Behauptete ficf) Äönig 6f)riftian. 3u @ute fam i^m baBei
be§ Äaiferg (Streit mit [yronfreic^ tregcn be§ ^er3ogtt)um§ ^antua unb bie bem
Äaifer feinbtii^e Gattung (5c£)tDeben§. ©uftaö 3lbolf toar ^err ber unteren
äöeid^fel, unb ein 33ünbniB Stoift^en i^m unb 61^ri[tian mar 3um 2IBfcf)IuB
fertig. S)em juPor ju fommen, Boten bie Äaiferlid^en bem Könige günftige
fyriebenSBebingungen. Slnfang 1629 mürben 3U SüBerf bie g}er:^anblungen er-
öffnet, bie 3u einem für S^riftian günftigen 9tefu(tat führten, er öerfpra^, fic^
ber ©ai^en be§ römifi^en 9iei^e§, fomeit fie i!)m ni^t aU einem ^er3og öon
^olftein geBü^rten, 3u enthalten, namenttid^ auc^ bie (Jraftifte fi^ nidjt ferner
an3uma|en. Sagegen mürben i^m atte feine Sänber reftituirt. 5luc^ ber <§er3og
Pon ©ottorp erhielt alle feine Sefi^ungen 3urücE. 5ln bem ^ampf auf beutfd)em
Sobcn, ber in ber g?olge unter ^leilna'^me Pon ©uftaP 5lboIf unb granfreid)
feine ^ödifte Sebeutung erlangte, nahmen bie ^er3ogt^ümer Sc^lestoig unb
.g)olftein 3unä(^ft feinen meiteren 3tnt^eit. 'Rm ein3etne ^itgtieber ber 9titter=
fd^aft unb ber fürftlid^en ^äufer fod^ten in bemfelBcn. ^per3og griebrid)»
«ruber, 5lbolf, ftarB am 19. (SepteniBer 1631 an ben Bei Sreitenfclb erlialtenen
Söunben. .König S:§riftian§ jüngerer @ol)n, lllrid^, ber im fäd)fif(^en Jpeere
Mente, fiel 1633 in (Sc^tefien. 5Jtit bem .Kurfürften Pon Sac^fen fam fomol
ber t§er3og toie ber .König in nähere 5ße3iel§ung, inbem |)er3og fy. 1630 beg
Äurfürften 2od)ter, ^arie glifaBet^, :§eirat§ete, mit beren ©d^mefter 5J^agbalena
©iBpIla fpäter fic^ ß:§riftian§ gleichnamiger ©ol)n Permä:^lte. _3lBer au^ biefe
neue ^amilienPerBinbung Permod)te nic^t bie einmal gefäte g^ietradit steiferen
bem .König unb bem |)er3og 3U Befeitigen. 3toif($en be§ le^teren C^eim , bem
ersBifd^of Sodann griebrid^, ber fid^ auf bie fd)mebifd)e (Seite f(^tug, unb bem
Äönigc fam e§ fogar 3U ernften gonflicten. 3lm 3. (SeptemBer 1634 ftarB
Sodann ^riebrid^. 2ll§ 33if(^of öon SüBed folgte auf il)n be§ .gjerjogä ^friebric^
vorüber ^o'^ann. — S)a ber .Krieg ben öcr3ogtl)ümern längere ^eit fern BlieB,
erholten fi^ biefelBen einigermaßen mieber. 2lBer fernere Saften ermuc^fen i^nen
bo^ burd) bie 5tot^menbigfeit, gerüftet 3u BleiBen. SBieberljolte 2}er:^anblungen
ber i^ürften unter einanber unb mit ben ©täuben auf ben liäufig Berufenen
Sanbtagen Be3ie^en fid) auf biefen ^^unft. 3lm 15. ^:)ioöemBer 16-10 ftarB ©raf
Dtto VIII. Pon ©d^aumBurg, ber le^te Pon bem 3meige be§ alten ©c^aumBurger
@efd)ted)te§ , toeld§em einft nad) .persog 3lbotfg 2obe bie iperrfd)aft ^inncBerg
jugefatten toar. 2luf biefe mad^te je^t ber .König, melier fofort Don (Slüdftabt
18 griebric^ III., §. b. ©(i)(e§tuig=.g)olftetn»®ortorp.
au§ ba§ pinneBerg'fd^e ®el6iet befe^en üeB, 3tnfpru(^ , unb mit i^m jugleid^
^erjog gf. S)a bie 3lnfprü(^e ber Dlbenburger l^öc^ft atoeiiel^aft luarcn, öer-
fieberten fie \\ä) ber ^crrfd^aft anä) burd§ einen SSergleid) mit ber g}lutter be§
öerftorBenen ©rafen unb tl)eilten \iä) bog Qan'ö in ber SBeije, ba^ ber Äönig
bie ^auptmaffe, bie f|jäter fogenannte ^errfc^aTt ^:)}inne6erg , erl^ielt, ber Jperjog
bagegen neben einer (Selbfumme nur ha^ 9tmt Sarmftebt, toelc^eS er inbefjen
mit bc§ ^ijnig§ unb ber ©onberburger iJürften ©inmilligung an ben ^öniglid^en
©tatf^alter ßl^riftian 9tantjau öerfaufte. 2)er i^aifer beftätigte bie§ unb er'^ob
ben ß^riftian 9tan^au ^um beutfct)en 9tei(i)§graten unb ba§ 9lmt 35armftebt ju
einer unmittelbar fieigel^örigen Ö)ratfd)aft be§ 9ieic^e§ (1650). S)urc^ bie 6r=
toerbung bon ^inneberg unb 3lUona toar ber ^önig ein jef)r unbequemer 9la(f)bar
^ür -Hamburg geiüorben, mit bem fc^on frü'^er faft ununterbrochen ©treitigfeiten
beftünben l^atten. ij)amburg reijtc ben .ffijnig burd) fein Streben nad) öoHer
gieid^gunmittetbarfeit bei ^Beseitigung aüer 9tecf)te ber lt)olfteinifd)en ^^-ürften an
bie ©tabt, aud) hnxä) bo§ öon itjm bet)auptete ©Ibpriüitegium unb burd^ ^ein
SJerl^alten in ber 3eit be§ legten ^riegc§, mäl^renb ber ^önig loieber befonberS
burd) bie Einlage öon ©lüdftabt unb burd^ ben bajetbft er'^obenen 3oK bie .g)am=
burger fd)äbigte. SBiebert)oIt mar e§ ^u offenen ^^einbfeligteiten gefommen.
2)iefe gti'iftigfcitßti tuurben nod) gefä'^rlid)er , ba je^t ber Äönig in 3Utona un=
mittelbar bor ben 2;l;oren -Hamburgs feften t^u^ gefaxt ^atte. ^m ^. 1643
crfc^ienen bänifd)e to(|iffe auf ber @(be unb breiten allen ^lanbel mit ber ©tabt
ju öer'^inbcrn. -ipamburg mu^tc fic^ fügen. ;Sn3tDifd§cn 'Ratten bie iTämpfe in
2)eutfd)Ianb unter 23etlE)eiIigung ber ©c^meben unb ber ^yran^ofen fortgcbauert.
S)iefelben folltcn jel^t aud) ben ©Ib^crjogttjümern mieber gefä^rlid^ merbcn. 2)er
©ieg be§ fd)mebifd)en (}elbmarf(^atti S^orftenfon bei ßeipjig am 23. Dct. 1642
über ßrjtier^og Scopolb unb ^iccotomini, unb barauf fein Einfall in ^IRäf)ren
brad)te bie faiferli(^e ^Jladjt in gro^e @efal§r, toenn e§ nid^t gelang gegen
©d)meben felbft eine Dffenfibe ju beranlaffen. 9Jlan manbtc fic^ öon faiferlid^er
©eite an S)änemarf. Wü großen 3ufid)erungen, bie ba§ 23i§tt)um SSremen, bie
©tbfcfte S^ömi^ unb einige medtenburgifd)e ?lemter betrafen , lie^ fid) ^önig
6t)riftian gcminnen. 5Die SDänen brachten fdömebifd^e ©d^iffe im ©unbe auf.
S)ie§ ätuang Joijtcnfon fid) nact) -^olftein 3U toenben. Sin ^toeiteS fd)mebifct)e§
^eer fiel in ©d^onen ein. S)ie ^^totte foKte bie beiben .^eere nadt) ben bänifd)en
Snfeln l)inüberfüt)ren. ßl)rift{an, obgteidt) ein ®rei§, unermüblid) , trat ben
geinben balb 3U Öanbe, balb mit feiner glotte entgegen. 2lm 1. Suli 1644
{am e§ 3U ber rul^möoHen ©eefc^lad^t auf ber Äolberger .^eibe bei ge'^marn,
in ber .^önig (S^riftian ba§ Gommanbo nid)t abgab, obgteid^ er mieber^olt ber=
ttjunbet mürbe, ja fogor fein redt)te§ 9(uge öertor. ©päter erlangte bie fdjmebifd^c
f^lotte, öereint mit einer ^^"totte ber Jpoltänber, meldte bie .g)öl)e be§ ©unbjoHg
3U f^einben ber Dänen gemad^t l^atte, 35ortt)eile in ber 9läl)e öon Saalonb. S)a
ber ^aijer bie ©d^lueben nid)t burfte neue ßrfolge geminnen laffen, erl)ielt @aEa§
ben Söefe'^l, in ben 9iorben nad),^urücEen , um inbeffen balb , öon bem fiogreidtjen
Storftenfon umgangen, jum flud)ta^nlid)en gtücfjug fidt) ge^mungen ju fel)eu,
mä^renb ©darneben unter i^elmolb Sörangel bi§ nad£) i^ütlanb 1^'inein ftreiften.
Sn3mif(^en arbeitete fran^öfifd^e unb '^ottänbifd)e 5öermittelung an ber,g)erfteHung
be§ ^rieben§. g^riftian, ol)ne Unterftü^ung öon'au§märt§, aud) öon iper^og g-.
öerlaffen, 3ule|t fogar öon ^oHanb bebro^^t, ]ai) \\d) 3um 9iad^geben genöt^igt.
Sm ^iluguft 1645 mürbe ber f^riebe 3u 3Srömfebroe gefi^loffen. gjle^rere ffan=
binaöifd)e ^Proöinaen fielen an ©d)meben, bem augleid^ 3ottfrei{)eit im ©unb unb
im S3elt beroittigt mürbe, .»peraog i^. muvbe au§brüdti(^ in ben ^rieben mit
oufgenommen. g§ marb feftgefe^t , ^a^ ij^m alle feine ßanbe unb 9lcd)te öon
beiben Jl^eilen reftituirt njüvben. S)ie f5feinbfd)aft sioifd^en bem^önig unb bem
Ofricbrirf) III., fg. ö. <Bd)le?,toxq^^oiikin--&ottoxp. 19
,g)er3og tüar burcE) bicfen i?rieg nuv üerme^^tt irorben, ba ber (entere, in äi)nüä)n
Sage wie 1627, mit ben Sc^ioeben ein 33erftänbniB ^u fucfirn firf) genötfjigt ge=
je^en ^atte unb jeljt gerabe burd^ ben grieben im ©cgcnjatj gegen 2;änemavf
eine engere 33ei-Binbung mit Si^mcbcn janb. Sei ben meftptläliic^en 5i-"if^cns=
öer^anbtungen mar ber GinfluB ber beiben Ütegenten 'ect)(e5roig = Jpolfteins ni(i)t
tion Scbeutung. 'äuä) mürben burd^ ben gnei'en jetbft bie i'anbe nörbücE) ber
©IBe rocnig bcrüf^rt. £ie geplante Säcutarifotion be§ Sübecfer Stiite» bemühte
fid) öer^og 5- abjnmenben, moiür ba§ SübecEer Äapitel fic^ öerpflicf)tete , jed^e
^itgüeber be§ Öottorper ^auie§ nod^ einanber auf ben Bijc^öilid^en Stu^l ju
erfjeBen. 2)ie im meftpt,ätifci)en 5^-ieben hen Territorien gemäf)rtc ©ouüeränität
biente baju, bie iürftlicf)e 5Jlac^t ietbftdnbiger unb bebeutenber :§erüortreten ju
tajicn. £en 2l6ic^tuB be§ grieben^ erlebte Äönig 6t)i-iftian übrigen^ nic^t me^r.
dr ftarb am 28. ge^i-'uar 1648. Seine gtänjenten ßigenfctiaiten ^ben if)m
einen großen 'Flamen öeri(^afft, jeine raftloj'e xfjätigfeit unb «Sorge iür bie 53la(i)t
unb Stütze feiner iöcrrii^aTten , ftrenge @erec£)tigfeit, ein eifrig rcügiöfer Sinn,
Siebe ju ben aBiffenfd^aiten unb fünften. S)aneben liebte er aber ftarfe ©enüjle,
mar bem Irunf unb ben SÖeibern übermäßig ergeben. Seine 2t)ätig!eit fam
au(^ ben öerjogt^ümexn aniängHci) in me^r ate einer Se^ie^ung ju @ute. 3lbcr
er füllte fic^ gauj a(§ Säue unb lie^ ben bänifciien Stanbpunft, je länger er
£)err|(^te, befto entjcfiiebener auc^ in ben ipeijogt^ümern t)eröortreten. — ^ijm
folgte in ber Oiegierung über 2;änemarf, ^^ormegen unb ben fönigtict)en SIntfieit
üon Sc:^te3roig=Jöotftein fein Sot)n, Äönig gtiebriii) III., ben bebeutenbe Oiegenten=
eigenfd)aften ausjeicEineten. Serfetbe beftimmte buri^ ein ßrbftatut üom 24. ^uti
1650, ba^ aud) im föniglii^en 3tnt^eil üon S(i)Ie5tDig = öo([tein ftet§ allein ber
erftgeborene männtid)e ßeibeste^nserbe in ber Otegierung nac£)fotgen foEe. "Sin
ber bänifc^en ^4-^oIiti! ließ er nic£)t fogteid^ unbebingt bie ßerjogtpmer 2f)t\i
nei^men- 2tuc^ fam e§ junädjft ni^t ju [yeinbfetigfeiten ^mifdien it)m unb 6er=
30g i^. Siefer l^atte 3u(e^t öerfu(f)t , fic^ an ben Äaifer anjute^nen , erlangte
aber üon bemfetben nict)te al§ äußere ©nabenbejeugungen, bie 3tnerEennung feines
Titels auc^ atä 6rbe üon Dlormegen unb ba§ ^räbifat £ur(^taucf)tig. @r fuc^te
bes^tb anbere Stufen unb fanb biefelben an Sdimeben, mofür befonberS fein
öertrautefter Ütat^geber ^o^ann 3lbolf .^iehnann mirftc. f^'^ft Würbe bie 9}er=
binbung mit Scf)roeben, als beffen Äönig, ^axi X. ©uftaü, fid^ 1654: mit be§
^erjog§ 2oct)ter, Sleonore, Dermät)(te, metdie enge S^erbinbung inbeffen neue
Sorge bringen foüte. S)ie (Srfofgc, meiere Äart X. ©uftad im Kriege gegen
Äönig Sodann II. Gafimir öon ^^>oten errang, reiften bie (Jiferfuc^t Sänemarfs,
metc^e^ jugteid) ben Slugenbtid, ba Sdimeben mit ^ßolen engagirt toar, für ge=
eignet ^iett, ha^ im ^yrieben Pon Srömfebroe Sßerlorene mieber 3U geminnen,
unb ben Ärieg gegen Sc^meben befd^bß. -Öerjog g. märe am liebften neutrat
geblieben; bie Sänen aber, met(^e i^m megen feiner Sejie^ungen ju Si^meben
nictit trauten, ließen biee nid^t 3U unb begannen bie geiribfeligf eiten , inbem fie
bie ©ottorper Sdtianjen bei Stape(f)olm befehlen. 5(uf bie erfte Otac^rid)t
^ierüon eitte Äart X. ©uftaP au§ ^^^olen burc^ ':t?ommern unb ^ll^edlenburg :^erbei.
Salb roaren .!polftein unb Sc^leSroig , fetbft ^ribericia , in feinen öänben. S^«r
ungetoö^nlic^ falte 3Binter geftattete i^m, üon bort au§ über bal @i§ tiad) ben
bänifc^en ^nfetn Porjubringen. Einfang 1658 mar er auf Scelanb unb jroang
Sänemarf jum yi-'i^^^t^ . tüetdier am 26. Februar ju Ütocifilbe abgefd)loffen
tourbe. 5)em .!peräog g-- obgleid) er am Kriege felbft feinen Slntl^eit genommen,
brachte biefer tvnebe ©roßes. S)ie bisherige Xfel)n§gemalt S^änemarfs über
Sd)lesmig unb ^e^marn tourbe aufgef)oben. ferner marb bie i)älfte Don ben
@ütern be§ Sc^lcötoiger Somfapitelö nebft bem ganjen 5lmt St^toabftebt bem
<g)er5og jugefproc^en, auc^ bie Slm^ebung ber bem ^önig unb bem öerjog gemein=
20 gviebrid) III., ^. ti. (Sd)Ie§h)i9=§oIftetn=®ottorp.
fc£)aftlt(^ äuftel§enben ^iegterung ü6ev ^Prälaten, 9litterfc^aft unb ©täbte in 2tu§=
ftdit genommen, ©omit er'^ielt ber ^ei-jog für jcinc jd)le§tt)igj(^en Sänber bie
üöüige ganj unbefd^ränftc ©ouöeränität. S^iefe ertotge tourben afier ttJteber in
gfrage geftelit, al§ Äönig Äart X. ©uftaö ben blieben öalb, nac^bem er ge=
fditojfen, brad^ unb ben Ärieg öon 5fteuem begann, ^erjog g. bet^eiligte fic^
auä) je^t lüieber nid§t eigentlich am Kriege , aber e§ voax boc^ beaeirfincnb , bafe
jein ©ot)n 6f)riftiai^ 3llbrec^t fid) im |d)njebifc§en Sager befanb. 5Dänemarf,
befonber§ Äopen:^agen, leiftete bie§ma( l)elbenmüt^igen Söiberftanb unb ttjurbe
unterftü^t jur ©ee üon ^ottanb unb ju Sanbe öon 93ranbenburgern unter
gü'^rung it)rc§ großen J?uriürften, ^aifertidien unb ^olen. S)ur(^ biefe jremben
2;rut)pen Iiatten bie gottorp'fc^en Sanbe fi^toer au leiben. Sie i^m tion ben
23unbe§genofjen jugeftanbene 91eutralität fieberte ben igex^o^ nicf)t bor ben 5einb=
jeügfeiten bänijc^cr Zxnppm. inmitten be§ Äriegc§ ftarb ^erjog 5. ju Xönning,
tt)o:^in er fid) jurücfgejogen ^tte. S)ie ju 9loe§!ilbe erlangten 5>ort]§eite blieben
feinem ©o'^ne 6f)riftian Sltbred^t, al§ narf) bem Xobe be§ fc^toebifrf)en ÄönigS
Äari X. ©uftab am 5. Sunt 1660 ju Äo^}en'§agen ein neuer fyriebe gefd^Ioffen
würbe, ba ^ranfreiif) , (Sngtanb unb .^oltanb bei ben g^riebenSbert^anblungen
bafür eintraten. 2;ief unb bauernb t)at ^er^og ^. eingegriffen in ba§ (Sef(|icE
feineg Sanbe§ burrf) bie öoHftänbige S)urd^fü^rung ber ^Primogenitur in feinem
Jpaufe unb inbem er, gezwungen burc^ ben toä'^renb feiner 9iegierung juerft be=
beutenber l^eröortretenbcn S^^ft ^^^ Sänemart, für bie ^^olitif feine§ <g)aufe§
eine auätoärtige ©tü^e fuc^te. Olocf) in feinem Jeftamente tt)ie§ er auf bie Ärone
©liltoeben f)in, n)el(|e fein fürftlid)e§ ^au§ in ber 'Otot^ nie merbc o'^ne ^ülfe
unb 33eiftanb laffen. .»pcrjog g. mar ein feiner .^exx, fanft unb mo'^lttiätig,
babei öon ungeWö'^nlic^er Sßilbung. @r la^ ba§ alte leftament in ber Urfprad)e
unb mar ein befonberer greunb öon mat^ematifi^en ©tubien. SBeit berüt)mt
würben Wäl^renb feiner Ütegierung bie ^Jlerfwürbigfeiten ber ®ottor|)er Äunft=
fammer, unb bie ©ottorper Sibliot^ef, an ber namt)afte ©eletirte, Wie .^einrid)
Sinbenbrurf) unbOteariu§, Wirften, gelangte ju wir!ücf)er 33ebeutung. ^n biefcr
3eit erf(i)ienen aucC) befonber§ für bie Sanbe§gefci)i(i)te wi(i)tige 5lrbeiten, Wie bie
bur^ be§ 3^ot)ann 9Jleier au§ Jpufum Wertt)öotte Äarten auä) je^t no(i) bebeut=
fame Ü'^roni! 6a§par S)an(iwertt)§. — S^ie ©dileSwiger S)omfc^ute würbe öer=
beffert, ba§ @t)mnafium ju SSorbeS'fioIm l^ergeftettt. %nä) bie ©rünbung einer
Uniöerfität in feinem Sanbe plante ^er^og fy. unb fein ^an^Ier ,^ietmann, aber
bie friegerifc^en ßreigniffe tiefen an bie 9tu§fü^rung biefeS ^Iane§ nic^t benfen. —
3u ben confeffioneÜen S^agen na^m -^erjog 5- Qteit^ nad^ feinem 9{egierung§=
antritt ©teltung, inbem er ben ftreng tut^erif.(^en Apofprebiger ^^abriciuS, Welcher
1610 bem reformirten 5]3aul gäfar au§ ßaffel ^atte weidien muffen, nad) ©ottorp
aurütfberief. 3lber aufgeWad)fen unter bem 6inftu^ ber ftreitenben ^Parteien
war er öon einer für feine 3eit feltenen ^Mfeigung in ber 35curt|cilung fird)=
Iic£)er ^^ragen. 33ereitwittig nal^m er bie flüd)tigen nieberlänbifd)en ^Äemon=
ftronten Id fid) auf unb gewährte itjuen üoKe «y^-'^itieit ber gieligion. i5rür fie
befonber§ Würbe an einem äWedmä^ig "^ergeriditeten $Ia^e f5ri-"^ebrid)ftabt ge=
grünbet unb mit Wid)tigen ©tatuten begabt. S)iefe ©tabt foüte ein ©tapelpta^
für ben Söeften Werben. S)ortt)in ben .Raubet mit bem Orient, namentlich ben
perfifc^en ©eiben'^anbet , über Ülu^tanb unb bie Oftfee ju leiten, geballte ber
iperjog, al§ er in ben iSa'^ten öon 163-3 bi§ 1638 einen Hamburger Kaufmann,
Siüggcmann , in äaj^lreic^er Segleitung nac^ Stu^tanb unb ^erfien fanbte. eine
©enbung, bie atterbings nid)t ben geWünfd)ten ©rfolg ^^atte. i^ntereffant ift ber
öon OleariuS herausgegebene 9{eifeberi(^t. — Um ben ^anbel feine§ ßanbeg ju
fieben fa^te ber ^erjog auc^ ben ©ebanfen, bie Oftfee mit ber SBcftfee burd)
einen (Sanat ju öerbinben, ol)ne inbeffen biefen ©ebanfen weiter ju öerfotgen. —
griebrtd) IV., .&. ö. Sc^ie5n3ig=|)olftein=@ottOTp. 21
6in fcf)tDeve§ Unglüd betraf ju ^eriog 5nebrtci)§ 3citen ©c£)(e5iüi9»6o(i"tein, als
im Cctober 163-i eine gciuaüige Sturmflutl) bie -JiDi-bfeefüften öerroüftete unb
ungef)eiu-e S>er(ufte an ^Jtenfc^enteben, an .!pa6 unb ®ut bva(f)te. Sie jnK^tbare
rci^e äöeftfüfte unterlag |aft ööHiger ä^erttJÜftung. ©in großer 2^eit ber früheren
SBeöötferung mu^te arm unb ^üIt1o§ in bie grembe wanbern, toäl^renb be§
S:eicf)baue§ tunbige unb mit ben nöf^igen Mitteln öerfe^ene neue Goloniften au§
ben ^ieberlanben an it)rc ©teile traten unb menigften§ jum Z^eil bae l'anb
bem ^]3teere toicber abgeroannen. 5Dauernbe ©puren feiner 3Birffamfeit f}interUe|
.l^erjog 5. and) in feiner Ütefibenjftabt ©c^teSroig. Sliefelbe n)urbe um einen
neuen <Stabttt)eil ertt)eitert, welcher if)m ^u 6^ren ben Flamen 5i-'iebrici)öberg
er'^ielt. @d)to^ ©ottorp raurbe mit großen ©arten im ©efc^macf ber ^eit um=
geben. S)er Sei^nam ^^erjog griebricf)? ift beigefe^t im Som ju (5rf)teeroig,
in ber ©rabfapeüe nörbüi^ üom großen 6^or. ^n Raupten bes fteinernen
6arge§ ftef)t an ber SBaub bie noc£) fet)r luo^t erhaltene, öon D(eariu§ öerfa^te
@rabfcf)rift.
2Bai^ , ©d)Ic§tt). = §oIft. ©cfc^ii^te , IL — Sadmann , Einleitung jur
©d)Ie§to.=|)oIft. @ef(i)i($te. 9ieue ©d)te5lt).=.§ol[t.=2auenB. ^rotiin3iaI=S3eric^tc,
Mrgong 1833, ©. 208 f. ^ille.
S'ncbri^ IV., -^erjog 3U (&c£)Ie§tt)ig = |)oIftein = @ottorp, war ber
ältere ©o^n (E^viftian 3llbred§t§, geboren im ^. 1670. 6r folgte feinem 33ater
in ber Slegierung 1694, öermätilte fi(^ oier ^aijxt fpäter, 1698, mit ber
©(i)tt)efter bc§ fct)toebif(i)en Äönig§ ^art XII., öebmig ©opt)ie. S;a§ fi^on tra=
bitioneße 5Bünbni^ ättiifi^en 6ottorp unb ©c^toeben ert)ielt baburc^ einen no(^
engeren perfönlid)fn (S^arafter, be§ jungen .^er^ogg ^^oütif ricf)tete fid) offenfit»
öon Einfang an gegen S)änemarf. S)ie legten ^a'^re G^riftian 3ttbre(i)t§ (ügt.
23b. IV ©. 188 ff.) maren im SBefentüc^en frieblidie geUjefen, bo(^ i)atte ber
3tItonaer Söergleid) öon 1689 me^r einen 9luffd)ub ale eine ©ntfdieibung ber
ftreitigen fy^'^Ö^^^ gebrad)t. Tiaä) feinem Jobe fpi^ten fid) bie ©egenfä^c fid)t=
iid) 3U. .^erjog fy. bel^auptete, im SSefi^ ber öoHen ©ouOeränetät ju fein, er
nal^m für fi(^ ba§ 9ted)t , Gruppen ju galten , g^f^ungen ^u bauen , ^ünbniffe
äu fd^Iie^en in SInfprud). 6r gab bem tf)atfäd)Ii(^ Sluebrud baburd), baß er in
©tapel^olm unb an ber ©orge ©dianjen aufn)erfen lie^ , Gruppen hineinlegte
unb fd)tt}ebif(^e S3ölfer ins !C'anb 30g. ®a§ bel^auptete 9ted)t raaib auc^ jefet
toieber üon S)ünemar! beftritten, .^önig d^riftian V. beanfprud)te bie Cber(ebni=
^o'^eit für fid), öerlangte 6infid)t in Gl^riftian ^^Ibred)t§ 2;eftament, 3tufflärung
über feine 5tnorbnung ber ©ucceffion, (Jrneuetung ber Union, gemeinfame <!put=
bigung ber fd)lc5tt)ig = !§o(fteinifd)en ©tänbe, Entfernung ber fremb(änbifd)en
Sruppen. S)em gegenüber beftanb ber Jper^og auf ber Erfüllung be§ nac^ feiner
^^nfid)t bi§!)er nic^t öoltjogenen Slttonaer 9teceffe§, ber it)m 9Ib^ülfe ber @ot=
torp'fd)en Sraöamina jufagte, red)nete ba'^in bie fd)on im 23ertrag üon 9ioe§=
fitbe erhobene, 1658 unb 1667 erneuerte 5'ovberung, bie fogenannte Eommuuion,
b. f). bie ©emeinfamfeit ber ^^rülaten unb ber 9titterfd)aft, bie Einheit in 3ufti3=
unb Euttu§fad)en auf5uf)eben, üerlangte öie SInerfennung feiner üotten ©ou=
öeränetät. E§ muffe eine üoÜftänbige 2^eilung ber Sanbe gefd)e!§en, fo ba^ im
eigenen 2anbe§t^eil ber eine g-ürft au5fd)Iie§Iid) ^err fei. Sie Eommunion
allein fei bie Quelle alter ©treitigfeiten, fie erftrede fid) eigentlid) nur über )\>xä=
laten unb Otitterfd^aft , bafire nur auf Erbtierträgen unb fei nic^t aui alle ^^it
unb Etuigfeit abgefdjloffen , bat)er ieben Slugenblid bie 3tufl^ebung bcrei^tigt.
®änif(^erfeit§ tt^arb biefe 5Befd)rän!ung ber Eommunion beftritten, eingettienbct,
ein 9Iu§taufc^ merbe nof^roenbig eine Trennung ber .gjerjogtpmer jur 5'otge
f)aben, ba§ merbe feinem Steile genef)m fein, ^yatte bem ."Könige ^olftein ju.
22 ^riebtid) IV., §. ü. Sd)Ic5ti3is=§D(ftein=©ottorp.
fo feMe i^m bie notl^itüenbige SanböerWnbung äWijd^en bem ^erjogtl^ume unb
bem Äönigteic^ , ermatte bev ^leräog ©c^Ieaiüig, jo öei-lierc er md mit ber Um=
öeriität, trete au§ bem 35er6anb be§ römifd^en 9tcid)e§ unb feilte feinen g'tiaratter
aU rcg'ierenber 9iei(^§iürft ein. — Ueber aüe biefc fünfte würben namentlich
im ©ommer 1696 au ^inneberg S5er:^anblungen gepflogen; man einigte fic^
f(i)IieBlic^ formeü über Stufred^ter'tiaÜung ber (iommunion o^ne ^racjubij ber
frü'^eren 3lBmad)ungen 3U ^o^jcn'^agen unb (Slücfftabt, aber feiner ber beiben
X1)exU ttjar bon bem Söertrage befriebigt. — ©cfion einmal im ^. 1695 "fiatten
bänif(ie XruplJen bie i)er3ogtitf)en ©ctiaujen jerftört. 2)er ^ler^og erneuerte unb
öerftärfte fie im fotgenben ^üi)xe. fcE)IoB ein »ünbniB mit ^annoöer, 30g ^mei
feiner in ben ^liebeiianben ftel^enben gtegimentcr an bie ßtbe. 1697 mürben
bie ©dCiauäen bon ben 2)änen njieberum erobert ,unb gcfci)(eift. ©eine SBetüerbung
um bie fc^toebifd^e ^rin^effin führte in bemfolben 3fat)re .^erjog g. an ben §of
äu ©toct^olm. ©ein lang fortgefe^ter intimer pcrföntic^er Sßerfe:^r mit ^arl XII.,
i^re 3;ottl)eiten unb Sjceffe, 2Bagniffe unb 2Ibenteuer finb befannt unter bem
Flamen ber „@ottor)3er 9tafereien". S)er franjöfifc^e ©efanbte b'^bouj ^at fie
braftifrf) genug gefd^itbert. ©§ berbreitete fic^ in ©i^toeben ba§ ©erüi^t, ^erjog
^. öerleite ben .$?i3nig mit 2lbfi($t ju ben ftnnlofeften 3Bag^alfig!eitcn , um,
tnenn biefer in einer berfelben ba§ Seben berliere, fetbft bie fd)ttiebifcf)e Äronc
3U geroinnen. 9)lan roünfd)te aügemein feine 5lbreife. b'Sloauj fd)reibt: toute
l'esperance, qu'on a, est que quand le Duc d'Holstein sera parti et que le
roi se trouvera seul, 11 quittera toutes ces manieres et s'appliquera aux affaires,
comme 11 faisait auparavant. 21I§ |)er3og ^•. im ©ommer 1698 nac^ feiner
Sßermätilung in bie ^erjoglfiümer jurücEfetirte , er'^iclt er ben Oberbefet)! über
fömmtücfie f(ä)roebif(f)e Srup^jen in 2)eutfct)tanb, unb 30g nun Ülcgimenter bon
äöiSmar nad^ .^-)ufum. 3)ie gcf(i)teiften ©(iianjen tüurben neu errid^tet. 2)cr
3:i§rontoedC)fel in 2)änemarf 1699 fütirte ben 5lu§brud£) ber geinbfeligfeiten l)eT=
bei. ^m ^ärj 1700 befe^ten bie S)änen 9lorbbit§marfdE)en , ßiberftebt unb
©df)lc§roig , erftürmten bie ^ufumer ©d^anaen unb belagerten 3;5nning. 5lber
^arl§ XII. Sanbung auf ©eetanb ^toang bie 2)änen jum {^i-'ieben bon 2;raöen=
bal)I am 17. 9luguft 1700. 3luf bie ße^nS'^o^eit be§ Äönig§ tüarb bänif(i)cr=
feit§ tierjidjtet, ber 2lUonaer 9lcce^ bon neuem anerJannt, bie öoüe ©ouberänetät
gegenfeitig garantirt, bie beiben Kontingente in ben Aperjogtliiimern auf bie
gleidC)e 3at)l feftgefe^t. 2)er ^erjog ert)ieU 260000 sftr. (Sntfc^äbigung. —
^er^og i^. liielt audt) nad) bem ^rieben bon 2;rat)enbal)l feine enge SBerbinbung
mit ©dt)roeben oufred)t, er fdE)to§ mit ^rantreid^ einen ©ubfibienöertrag unb
folgte feinem Sd)roager in§ ^^elb nact) ^olen. — Um bie ^Jlittel jur Ärieg§=
rüftung fdfinett unb reid)lid^ ju bef{^affen, t)erbacf)tete er bie gefammten Slemter
unb fianbfd^aften, 2}orroerfe unb Domänen in ©d)le§toig=.^olftein mit ber ganjen
3lbminiftration öon ^fuftij unb ^olijei an einen öberfttieutenant b. Sergl^olä.
®iefcr liatte bem .Sperjog gro^e baare 33orfd)üffe öerfprod^en, bagegen bie 33e=
fe^ung alter Remter im Ü3anbe er'^alten, er beabftd)tigte, neue ©tobte mit ge=
raben, breiten ©trafen ju bauen, ©intoanberer au§ g-ranfreic^ unb .^ottanb inä
Sanb 3U äief)en, eine SBaffcröerbinbung jtüifdien @iber, 3;reene unb ©d)lei l^er=
aufteilen, bie ©dtiafjuc^t 3u t)eben, ©eibe= unb Söottmanufacturen ein3uridf)ten k.,
alle§ in altem ettoa nad| bem alten ^lane ^^erjog ^Jriebrid) III. , ba§ ßanb tu
ungeahnten ^^lor 3U bringen unb baraug felbft ungemeffene gtcidif^ümer 3U
3ie5en. S)a§ ^:proiect !am nid^t 3ur 3lu§fü^rung, t)a g. IV. am 19. ^uli 1702
in ber ©d^lad^t bon ßliffoto fiel. (5r ^interliel au§ feiner g^e mit ^ebtoig
©opl)ie einen sroeijöl^rigen ©o^n ßarl ^riebrid).
5Bgl. ^:]:>robin3ialberid^te 1833, 4., ©. 509 ff. ^. fjfald, ©ammlungen
3ur näheren ^unbe be§ 35aterlanbe§, I. ©. 241 ff., 321 ff. S)ie S)epef(|cn
^xiibxxä) Maxi. — 5^iebric^ 2Bil{)e(m, .f). ü. Sc^(cltoig=§olftetn=!Sonbctburg:SBecf. 23
be§ ©rajen b'Stöaur in Handlingar rörande .Skantlinavieus Historia 14. d.,
Stodjolm 1860, ©. 80 ff. 5^. |)a§fe.
gricbritö Äarl, ^Öerjog öon |)o(ftein = (Sonbei-6ur9 = ^(ön, toaxb ge=
Boren nad) bem Jobe ]eine§ 3?atprö Ö^riftian .ßart am 4. Otuguft 1706, ftarS
o^ne männücfte 5ta(^fommenf(^aft 3U ^intevtaffen am 18. Cctobev 1761. 5Rit
\i)m et(oicf) ber ^4>tönei; 3^"^9 ^^^ ^o(ftein = Sonberbuiger öaufc§. S;a feine
3)tutter, ein geborenes ^räulein ö. 31ic§e(berg, nidjt fürfttic^en 3?(utee roar, marb
feine (Jbenbürtigfeit beftritten, er anfang» nur 5- ^- o. .ßar(ftein genannt.
Slllerbingg ^ütte ber Später im 9icce^ öon 1702 gegen 3}er5ic^t auf bie 3(rröe=
fdien @üter nur für ben jyaü, ba^ fein älterer trüber ^oac^im giiebrid) unBe=
erbt fterbe , eine 9lnerfennung ber gbenbürtigfcit feiner ?ia(^fommenfcf)ait unb
bie ebentueüe 9Zad)fo(ge jugefic^ert erhalten fönnen. 2^ie ^'i-'^ge tnarb praftifc^,
als in ber 5tt)at am 25. Januar 1722 .^erjog ^oacfjim 5"i^iebri(f) o§ne drben
öerfii)ieb. Sluf bie ^^(öner Sanbe macf)te je|t ber öerjog Don Dtet^wifc^ 2ln=
fprüd^e. S;ocf) erreidjte ^y. ^. 1722 öom bänifi^en ^önig ^yriebrid) IT. feine
9inerfennung al§ ^^rinj öon §otftein=!SonbeTburg unb nac^ bem 2obe be§ §er=
jogg öon 9tet^rcifci) 1729 ben $efi^ ber ^(ön'fcf)en Staube. 6r überüeB bogegen
ber bänifi^en Ärone bie 5Zorburg'"fcf)en ©üter. S)er Sfnt^eü be§ ^er^ogä um=
ToBte bie Otemter ^tön , 2(ren§böf , 9iet§toif(^ , gieinfelb , Jraöenba^t unb eine
9tei^e ablic^er ©üter. ^m ^. 1731 erfolgte auc^ burrf) Spru(^ be§ faiferU(f)en
9lei(i§f)ofratf)5 in SSien bie gntfc^eibung , baB S^riflian ^arl§ @f)e fürftlicf)
unb ftanbesgemä^ gcmefen unb fein Sol^n Türftli(f)en 5Zamcn6, SSIutes unb Staubet
fei. S. ^. mar öermä:§(t mit ß^riftiane 9ümgarbi§ ö. Dteöentloto. 6iu So^
ftarb jung, bei feinem 2obe f)inter(ie^ er nur brei Xöc^ter. 2a§ f^ürftent^um
*45(ön fiel ber ^rone an^eim.
33gl. Slrd^iö für Staat§= unb Äirc^engefdiicfite ber Aperjogt^ümer (£c^tei=
n)ig-.polftein=Süuenburg , 35b. II. @. 433 ff. g. ö. ^rog^, Seiträge jur äU
teren Ö5ef(f)i(^te be§ öaufe» ."po(ftein=!5onberburg. ^n Setreff ber einjetnen
S)aten finb jeboc^ nocf) manche Unfi(^er^eiten auf^uflären.
^- -'pagfe.
Ilfricbricö Sil^clm, ^^erjog öon @c§teiraig = .öo tftein = ©onberburg =
Sei, geboren 1687, geftorben 1749 in Königsberg i, ^., toax ber @o^n be§
.iperjogg giiebricf) Öubmig unb ber ^^ouife ßfiartotte, Sod^ter beö öer3og§
öon 3tuguftenburg. 5. 2B. ftubirte in .paüe, trat 1704 a(§ Cbrifttieütenant
in bie preuBifd^e 2trmee, marb 1713 Dbrift , .jeicfinete ftc^ 171-5 bei ber S?e=
lagerung öon (Stratfunb au§ unb erfjielt 1721 feine§ Saters 9tegiment, g(ei(^=
zeitig .marb er jum Generalmajor ernannt. Später ttjarb er GJouüerneur öon
©panbau unb ©eneraüieutenant (1747). 3}or ber <S(f)(a(^t bei ^olroi^ (1741)
I^atte er ben ^tuftrag erhalten, bem Könige irifc^e Gruppen au§ ber 5Jlarf juju^
füliren; er ftanb roäf)renb ber ©cf)tacf)t mit etroa 7 Bataillonen unb 7 (l»ca=
bron§ bei Strefjlen, wagte aber, ba er feinen beftimmten Scfe^l erhalten, nid^t
nad^ bem (Sefed^tsfelbe ju lüdin unb fpäter in bie Verfolgung einjugreifen.
5iad§bem er fein 6orp§ mit bem be§ Königg öereinigt, öerlie^ er, in [yotge
eine§ @efprä(^e§ mit bemfelben, bie Strmee unb ging nadf) ©panbau. x^xieh^
ri(^ II. fagt in ber ..Histoire de mon temps" barüber: „Le Duc de Holstein
avait eu occasion de frapper uu grand coup ; mais pour lui les occasions
etaient perdues. N'ajant point re^u d'ordre du roi, 11 avait marche, sans
savoir trop pourquoi, d'Ottmachau ä Strehlen; 11 s'j^ trouva precisement le
jour de la bataille et entendit le feu des deux armees. Le 11 toutes les
troupes des Autrichiens passerent en deroute ä un mille de son poste; 11 en
auralt pu detruire les restes ; mals faute de savoir prendre une resolutlon,
11 lalssa le champ llbre a Mr. de Xeuperg, qul rassembla ses fuyards de
24 f5':«^i;i'^ 6I)rifltan, §. ö. Sä)le§tDig=§olt"tein.
l'autre cotö de la ville de Neisse, et le duc de Holstein joigifit tranquillement
l'armee du roi aupres d'Ohlau." S)oc§ ^t it)m bcr ßönig jeine ©unft nid)t
bauernb entaogen; nod) 1741 toutbe er jum ©enerdielbmaiid^aÜ ernannt, ©r
30g na(^ j^önigeberg , tourbe ätoei 3(0^« öor jeinem ilobe ©ouberneur öon
Berlin, aber Ärau!t)eit öerl^inberte il)n feinen ^often anjutreten, unb er felbft
fd^eint bie UeBerfiebetung nac£) Berlin öcrjögert ju ^aben. 5£)er i^m fe{)r gnä=
bige ^önig griebrid) äöil^elm I. l^atte i^m 1717 ba§ ^olaiä 5riebrid)§f)0T ge=
jd)en!t, beleiinte i'^u 1725 mit bem (Sute ^Jtiefenberg , ba§ ber ^ersog tüieber
öer!aujte unb bajür bie gonbel^nen'fc^en Öüter ericart. 1727 würben ber
grifbri(^§'^ojer 58c[i^ung abüd^e giec£)te Beigelegt, ^n bem föniglicEien Ütefcript
tjdU e§: „SSie mir benn nii^t nur in Consideration ber bcfonbcren 3ui^eiöung,
aud^ bev treuen unb tapferen ^'iegSbienfte , bie Un§ unb Unferem j?öniglic^en
^aufe @m. SieBben unb Sero a}orfat)rm in alle Sßege crmiefen, Serofellbcn in
allen Billigen 5(nfud^ungen ju miHfal^ren frcunböetterlic^ entfd^Ioffen." 1732
mar ^erjog x^. 2B. burc^ einen SJergleid^ mit bem ©o^e feincg ätteftcn 33ru=
ber§, ber finberIo§ mar, in ben Sefi^ ber ^errfd^aft ^ed gelangt, bie er naä)
einigen ^al^ren üerfaufte. .g)er5og ^f- 333. mar in erfter (St)e mit einer öermitt=
meten ö^ürftin gjartoriSfa, geborenen ©leonora ö. 2o|, bermä^tt gelüefen. Sic
mar bie 2:od^ter be§ äßoimoben unb |3oInifd)en (BroBfd)a|meifter§ 2JÖIabi§taue
ü. 2o^. Tiüdi beren Sobe öermäf)lte er fid) 1721 mit llrfula 3tnna ©räfin
S)o'f)na=©c^loBitten. SDie erfte 6§e mar finbertoS geblieBen, au§ ber jmeiten
ftammte eine SocEiter <Bop'f)ii ßt^arlotte (geb. 1722, t 1763), in erfter Qi)t mit
(Sraf SUejanber ßmit 2)o'f)na=Sd^Io!6itten öermä'^lt, nad^ beffen Sobe in ämeitcr
6:§e mit 5Prin3 ©eorg Submig ton A^olftein = ©ottorp (f 1763), bem Stamm»
öater ber ©rofe'^ev^oge öon Dlbenburg. S)er einzige <5o^n grtcbrid) SBtl^elm,
geb. 1724, trat in bie preuj^ifc^e Slxmee, unb fiel — unbermä^lt geblieben —
als ßommanbeur eine§ 9tegiment§ 1757 in ber (5dölad)t bei 5|3rag. 5ll§ ber
alte ©eneralfelbmarfc^att am 22. 5toüember 1749 in Königsberg geftorben mar,
unb i^riebric^ ber ®ro^e bie 5lad)rid)t erhalten, fdirieb er feiner 6d)meftcr, ber
5!)larfgräfin öon S3aireutl§: „Je ne puis Vous mander d'ici que la mort du bon
vieux duc. II ötait sur son depart de Königsberg pour Berlin lorsque le soir
ä table 11 lui prit un vomissement de sang, qui l'emporta eu moins de trois
minutes. II est gönöralement regrette, il n'a jamais fait de mal qu'ä lui meme,
la galanterie ne l'a quittö qu'a son dernier soupir."
b. 931 e e r l) e i m b.
gricbrit^ G^liviftion , C'^eväog öon ©c^le§mig = .^olftein au§ ber fonber-
burg = auguftenburgifd)en Sinie, geboren am 28. September 1765 ju 3tuguften=
bürg, t ebenbafelbft am 14. ^uni 1814. @r mar ein Sol)n be§ älteren ^er=
3og§ ^5^-iebrid) ß^riftian unb ber ^^erjogin ©^arlotte ^^Imalie äöill)elmine , einer
2^od)ter be§ ^erjogS griebric^ Karl, mit metd)em 1761 bie plönifd)e Sinie be§
fd^le§mig=^olfteinifd)en i5rürftenl)aufe§ er(ofd). Slu^cr einer älteren ©dimefter,
ber ^Prin^effin Suifc, Ijatte g-. 61). ^mei jüngere Srüber, bie ^prinjen 6mil unb
ßl^riftian Sluguft, öon benen ber le^tere 1810 als Kronprinz öon Sc^meben
ftarb. Sc^on in feinem fünften SebenSja'^re, im Dctober 1770, öeilor f5'- ^^•
feine SJtutter. 2)ie (ärjie^^ung ber '^prin^en marb bem ^ofprebiger Reffen anöer=
traut, einem auSgejeidineten ^Jlanne öon umfaffenber Silbung unb öon milbem
l)umanem (S^^arafter, ber e§ öerftanb , ben Sinn feiner 3ögltnge fd^on frü^ für
alles @ro^e unb Sd^öne ju ermärmen unb fie für ibeale QkU ju begeiftern.
x^. 61). 'ijai biefem öeljrer feiner Äinbl)eit ftetS eine anl)änglid£)e Siebe bemal)rt.
x^üx beftimmte Unterrid)tSgegenftänbe trat bemfelben fpäter ber SegationSraf^
Sd^iffmann als ber eigentlidje miffenfd)aftlid^e Sel)rer jur Seite. So öerlebte
ber ^rinj feine Äinbljeit in länblid£)er Stille auf ben 58efi^ungen feineS SJaterS
griebri^ dfiriftion, ©. ü. 2d)le5totg=^oIftein. 25
auf ?nfen unb im Sunbetritt, in ber ibijlliid^ anmut^igen Umgebung öon
3Iugu[tenburg unb ©vaDcnftein. (5rf)on 1778 matb bie fünftige 3}ermd^Iuug
bee bamal« erft 13jäf)ngen ßrbprinjen 5- 6^- "lit '^^'^ ^^mx\]i]i\n Suife Siugufte,
ber einzigen 2:ocf)ter bce Äönigl 6!^ri[tian VII. bon S^änenmrf, bie banmle erft
7 ^Qt)re att niar, üerabrebet. 6§ unterliegt feinem ^tueiTel, ba^ Staatsmänner,
roic Slnbteaö '4>etru5 ^ernftorff unb ber ältere S^immetmann, toelcfie biefe S}cr=
mä^tung öorjugöttjeije beiörberten, fc^on bamal§ bie möglid^en (Jöcntualitäten
ber Grbjolge im 3tuge f)atten. Ser ^DtannSftvimm be§ ÄönigS gnebrtcf) III. 6c=
ftanb bamal§ nur aus brei 5Jlitgtiebern , nämü(^ bem gei[te§jd^U)acf)en Äönig
ßl^riftan YIL, ber öon feiner 6ema!^tin gcf(i)ieben tear, bcm Äronprinjen 5rieb=
rid), einem ^e'^njäfirigen jd^roädilic^en J?inbe, unb bem Stiefbruber bes Äönigg,
bem geiftig unb förperüt^ menig entroicfetten örbprin^en ^yriebriif) , beffen Q^t
naä) öierjäl^viger 2;auer noci) unbeerbt mar. 2tlio lag bie 9]lögU(^feit fi^on
banmlö na^e, baB bie ältere fönigüdie Sinie im -l^lannöftamm auefterbe. 23eit=
fi(i)tige (5taat§männer fuditen ben Sermicfetungen , bie bann eintreten fönnten,
baburc^ öorpbeugen , baB He bie (Srbtod)ter S;änemarf5 , bie ihin^efiin Suije
2lugufte, mit bem ätteften 9Ignaten be§ jc:^Ie5tt)ig=^o([teiniic^en gürften^aufes öer=
lobten. SnbeB toie fe{)r auc^ bieje 3}erabrebung für bas fünrtige ^eben hc§i
Grbpriujen bon Stuguftenburg entjc^eibenb föar, äu^erlic^ föarb baburc^ in feinen
SJerf)äItniffen 3unä(^ft feine SJeiänberung ]^erborgebrad)t. 9}ielme^r blieb g. dt),
tvaijxenh ber näd^ften ^ai)xe noci) in bem einfallen ^'^n^iüenfreiß ju 51uguften=
bürg. 8(i)on feine natürliche Einlage mar aut" miffenfc^aftlidfie Olusbilbung ge=
rid)tet. 58ei feinem ftiengen ^^'lidjtgeiü^l muBte bie ii)m je^t eri3ffnete Slusfic^t
il)n nur umfomel)r anfpornen, ficf) mit öerboppeltem ßifer auf feinen fünftigen
2?eruf tJorjubereiten. So erftrecfte ftd^ ber ßreiS feiner Stubien fi^on .^iemlid^
»eit über ben getoij'^nlii^en Umfang ber @t)mnafialbilbung !^inau», al§ er im
fyrü^jal)r 1783 .^ugteic^ mit feinen beiben jüngeren 33rübern unb begleitet üon
<Scf)iffmann bie Uniöerfität i3eip3ig be^og. öier füllte g. 61^. fic^ befonber§
hmd) pl^ilofop^if(^e Stubien angezogen , ben gröBten 6influ§ auf feine geiftige
(Jntwicfelung gewann ber ^^^rofeffor 6rnft ^^^latner, melc^er, unter bem no(^ fort=
bauernben 6influB ber 2eibm^if(^ = 3ÖoJfif(i)en 5]L^^ilofop^ie ftel^enb, jugleic^ bie
pl^ilofopl§ifii)en Schriften ber ßngtänber unb ber ^-ranjofen auf fid) einmirfen
liefe, unb ber buri^ blüljenbe unb gefällige SarfteÜung bem populären QüdtU
ciemus, toeld)em er f)ulbigte, jaljlreic^e 91n^änger gemann. -I^latner mufete feine
©c^üter burd) einen geiftreidjen unb anregenben 5)ortrag ju feffeln; fein SinfluB
auf 5- G^- ^ai-' fo ßi'oB ^^"^ nac^fialtig, bafe es biefem tro^ eraft^aHer 3In=
ftrengungen fpäter fd^tter toarb, ben burd) Äant bezeichneten großen ^oi-'tfi^ntten
ju folgen. 6rft in fpäteren Sat)i-'en, al» er mit 9tein^olb befannt mürbe, ge=
lang e§ biefem , il^m bas 9]erftänbniB für bie neue Seigre ju eröffnen. 91uBer
ber ^f)ilofopl)ie mürben in )Ceip5ig aud) Staatemiffenfc^aften, Suiieprubenj, 6e=
fd^ic^te, ^^i)fif unb anbere SBiffeufdiaften getrieben, '^'erfönlic^ fd)eint y. Q^.,
Qufeer mit *^^latner, nur mit SiBeifee, bem befannten ßinberfreunb, in naivere 33e=
äie^ung getreten ju fein. Sein fd)on frü^ gemedtce ^^ntereffe für i^äbagogif mag
tool biefe 9Innäl)erung öeranlaBt fiaben. — 2}on Seipjig au« mürben auc^ 2?e=
fud§e am 2; reebener, unb fpäter am iöertincr ^ote gemacht, mo man ben
fünftigen Sc^miegerfo^n be§ ^önig§ öon £äneinarf mit Sluezeid^nung empfing.
^m ipcrbft 1784 feierte {y. Gl), nad) 9Iuguftenburg jurüd, mo er ben SBinter
benu^te, um bie in Seipjig begonnenen Stubien fortäufe^cn unb fid^ auf ben
(Eintritt in bai Äopenl^agener Seben Dor^ubereiten. ^m 5lki 1785 reifte er nad^
Äopen^agen ab, junäc^ft um bie xi)m beftimmte 93raut, bie felber tjon biefer 91b=
mad^ung nod) nid)t§ mufete, fennen ju lernen. 9Iber md)t einer biptomatifc^en
Gombinntion, fonbern ber freien ^Zeigung ber ^Ifnnjeffin münfd£)te 5- 6^. il^re
26 g:rtebi:id) 6t)tii'ttan, /q. ü. ©d^le§toig=^ol[tetn.
|)anb 3U öerbonfen. ^n ^änemarf regierte bamal§ ftatt be§ geiftegfranfen
^öni9§ ber fieBae^njäl^rige ^ronprinj ^ricbrtd). S)er leitenbe ©taatSmann a&er
tDor (Sraf 5lnbreQ§ ^etru§ a3ern[torff, ber ha^ bollfte Sßertrauen be§ .^ronprinaen
genoB unb auj ber .g)ö^e fetneS einfluffeS [tanb. 3Im ipofe tuarb g. 6t). mit
allen SluSaei^nungen eine§ föniglic^en ^riiiaen aufgenommen unb t)atte im
tägli^en S3erfet)r bie befte Gelegenheit, mit ber ^rinjeffin ßuije 3lugufte unb
mit bem Äronprinjen, feinem fünftigen ©c^toager, bifannt ju toerben. S)er
f(i)Dnen tebeneluftigen ^rin^effin , bie an bem ©lanj be§ .§)ofe§ ©efaEen fanb,
mod^te ber ftille getef)rte ^. 6f)., toetrf)er in i^r ben ©inn für 2öiffenf(i)aftcn
5U mcden fui^te, anfangs Wol metir al§ 5}lentor erfdieinen. 5(16er feiner über=
legenen SSitbung gelang e§, i^re ^ieigung äu geminnen. :Snt Dctober gab fie
U)xt einmiÜigung unb am 27. 9Jlai 1786 fanb bie 3}ermat)(ung in ^opm^ao^m
ftatt. Unmittelbar naä) feiner S5ermä]^lung trarb 3^. (£1). in bem jugenblic^en
Filter öon 21 ^a^ren ^um 65ef)eimen ©taatSminifter ernannt unb erhielt ©i^
unb ©timme im ©taat§ratl^, in meldiem bie micf)tigften 5lngetegen'§eiten ber
^Dnard)ie beratt)en unb enbgültig entfdl)ieben mürben. 5Jlit feiner ©cmal^tin
mo^nte er in bem großen 6t)ri[tian§burger ©(i)lo^, in toetd)em bie fämmtli(i)en
5)titglicber ber fönigli(f)en g-amilie eine gemeinfame ^of^altung fül)rten. ^m
^. 1788 marb x^. (i^. jum ^atron ber UniOerfität Äo^ent)agen ernannt- 3lber
fein regfamer, öon ber ebelften ^^^l^itant^ropie erfüllter Seift münf(i)te @e=
tegent)eit 3u ^aben ju einer mef)r unmittelbaren 2f)cilnal^me an bem S)etai(
ber 3^egierung§gcfc^äfte, unb ba feine Steigungen it)n üorpgSmeife auf ba§
toiffenf(J)aftli(i)e (Sjebiet ijinjogen, fo er'^iclt er 1790 ben 2}orfi^ in einer 6om=
miffion, weli^e beauftragt tourbe , einen ^4>lan pr 9leform ber Uniberfität unb
be§ gelel)rten ©d)ulmefen§ in S)änemarf ju entmerfen. 2>urc^ biefe Slufgabe
fam i^. 6^. mit ben berü'^mteftcn bänifcl)en Gelehrten in 93erüf)rung, mit 5Jlön=
nern toie ©ut)m , 33aben , ^IRolbent)amer , ^ornemann unb Stnberen. (Sr gefiel
fidl) in biefem Greife unb bilbete getoifferma^en einen 5Jlittetpunft be§ miffen=
fc^aftliclien ßeben§ in ©änemarf. 6r begnügte fid^ nic^t bamit, bie Sirbeiten
ber Sommiffion ju leiten, fonbern er arbeitete fetbft mit glei^ unb 6infict)t an
ber 3lufgabe, bie ber ßommiffion geftellt tcar. ©eine ©ebanfen über bie 9te=
form bc§ p'^eren ©d)ulmefen§ fteüte er in einem 5iuffa^ jufammen, ber in ber
bänifd)en ^IRinertoa öon 1795 üeröffentlic£)t ift. 5turf) eine Ütebe, bie er in ber
Vlniüerfität bei ©elegcn'^eit einer afabcmif(i)en 5prei§t)ert§eitung ^ielt, ift im
S)ruc£e erfcl)icnen. Stadibem ber Üteformptan probetoeife bei ber Äopenl^agener
.^at^ebralfd)ute eingefül)rt mar, loo^nte g. (i1). ptoeilen perfönlid^ ben 2ef)x=
ftunben bei, um ben ©rfolg ber neuen 9Jtetll)obe ju prüfen, ^ur^ er mar mit
öottem (ärnfte bei ber ©adie. — 3nbe^ feine amtlidl)e ©teHung t)atte bod^ cttoaä
©(i)iefe§. S)a§ gefammte Unterrictitsmefen ftanb unter ber Äanjlei. Söä^renb
er nun al§ ©taat§miniftcr über ber Äanjlei ftanb , mar er in atten ?lngelegcn--
l^eiten be§ Unterricl)t§ gemiffermaBen ber X^'an^lei untergeorbnet. S)ie natürUdie
^otge mar, ba^ au§ biefem fc£)iefen 3}er^ättni^ l)äufig nnangenet)me Sfteibungen
entfte'^en mußten, jumal toenn ben bureaufratifd)en J?öbfen bie öon ^. &j.
öertretenen ^been attju bemofrattfi^ erf(^ienen. @r l^atte beä^alb ben Sßunfd^,
ba§ Unteiricf)t§mefen gan^ öon ber Äan^lei abäutrennen unb ju einem felbftön=
bigen 9teffort 3U geftalten, ober bie ßommiffton ju einem öon ber ßanjtei un=
abt)ängigen 9flcgierung§be)3artement ju ermeitern. 9lber e§ toät^rte lange, etie er
biefc§ 3^^^ erreicf)te. ©o lange (Sraf ^oltfe ^^räfibent ber Äan^lei mar, mürben
fc^ie^litf) bie ©(^mierigfeiten immer mieber au§geglid)en. 3lber im ^. 1804
trat Äaa§ an bie ©pi^e ber Äanjtei, ein menig gebilbeter ©ef (f)äf tSmann , mit
bem 5- ^^- f^(^ i^icl)t öertragen fonnte. Unter biefen Umftänben fe^te er eS
huxiS), ba| unterm 19. ^uli 1805 ein felbftänbigeg 9{egierung§cottegium für
Stiebrid) 6i)tiftian, ^. ö. Sc^(cih3ig-..f)o(ftetn. 27
boS '^öl^cre Unten-i(i)t§tt)efen emgeri(f;tet tüuvbe. £en Söorfi^ barin erf)ielt
5. (5;^.; bie übrigen ^itglieber toaven ^oHing, ^o(benf)atüev unb (ängelftott,
Don benen namentli(^ 5Jiolbent)Qtuer üon je^er ber treuefte Mitarbeiter be§ ,!per=
3og§ auf bem (Sebiete be§ ©(^ultnefenS getoefen toar. 35on ba an toax fjf- ^^^
in gett^iffem (Sinne Unterric^t§minifter jür Sänemart. — 5lnd) mit mand)en
beutf(i)en (Sele!t)rten ftanb er in mef)r ober minber (ebl^aTtem 58erfe'^r. 9Jlit
^et)ne in (Söttingen correfponbirte er über feine päbagogifdien ^Mäne unb 'bt=
müt)te fic^ fe'fir, i^n nacf) .^open^agen p jiefjen. S)en 5ß^iIofopf)en 9f{einr)otb
befühlte er im ©ommer 1791 in ^ena unb e§ entftanb ju it)m ein jef)r innige§
unb anmut!)ige§ SSer'^ättni^ , toetc^eS aud^ bo'^in iüt)rte, ba^ S^ieintiolb 1794
na(i) ^icl berufen tüurbe. ^ein^olb felbft l^at in feinen S5riefen an 33aggefen
mit tebenbigen 3ügen gefdjilbert, mit tDeld)er t^^rei'^eit unb Ungeämungentieit ber
^ürft unb ber @elef)rte miteinanber öerfel^rten. Unter feinen dottegen im
©taatgminifterium mar ber ginanjminifter , ber jüngere ©raf ©ruft (S(^immel=
mann, berjenigc, mit metd^em g^. 6!§. am meiften ft)mpat:^ifirte. 5fti(f)t nur bie
übereinftimmenbe politifcfie 5Inf(^auung berbanb bie beiben 5Jtänner, fonbern
aucf) bie gleid)e 33egeifterung für ^unft, 2Biffenfc£)aft unb i?itteratur. 3^ ^^^
oft unb gern gefe!)enen Säften in biefem Greife ge{)örte aucf) ber bänifcfie
®icf)ter SBaggefen, meldfier bem ^prin^en fy. Q-f). e§ ju berbanfen ^atte, ba^ if)m
bie erften Schritte ouf feiner litterarifcf)en Saufba^n toefentlicf) er(ei(f)tert tourben.
S;er talentöotte unb ent^ufiaftifct)e, aber no($ ganj unbefannte junge Mann 30g
bie 3(ufmerffam!eit be§ ^rinjen auf ficf). tiefer fu($te i'^n auf jebe Söeifc ju
förbern, gemätirte i^m auif) mieber^ott bie Mittel, um größere Steifen nament=
lief) nacf) ®eutfcf)(anb , ^-ranfreicf) unb ber ©d^mei^ ju unterne"t)men. 5luf einer
biefer 9leifen mürbe SSaggefen im ©ommer 1790 in ^ena mit ©(^iller be=
fannt. @r fanb unferen großen beutfd^en Siebter förper(ict) leibenb unb in be=
brängtcn öfonomif(f)en 9}er^öttniffen. 9lad^ S)äncmarf ^urücfgef e'^rt , prebigte
Saggefen überaß mit Segeifterung ben Suttu§ (5cE)itter'§. 5tud^ ^5- ß^- unb
©c^immelmann lernten ben beutfdien ®id§ter lieben unb beret)ren. @in 58emei§
ber bamal§ in biefen Greifen l^errf(^enben ©timmung ift ba§ oft befc^rie=
benc fdimärmerift^e Sobtenfeft, metdE)e§ im ^uni 1791 auf bie fatfcf)e ^t^acEiric^t
üom 2obe (5(i)iIIer'§ 5U .^ettebe! öon ©(^immelmann unb Saggefen öeranftaltet
tourbe. ']iun toar ©dritter allerbingg nict)t geftorben, aber er mar fditocr franf,
erfc^öpft , öon ©orgen gequält. ®r beburfte ber 9lu^e , bie er fidf) bo(f) hjegen
feiner pecuniären Sage ni(i)t gönnen burfte. 6§ fd^ien, bafe 5Don 6arlo§ fein
te|te§ bramatifd£)e§ ^er! bleiben foEe. ©eine Söieber'^erfteüung mürbe nur er=
märtet, menn er eine 3eit lang in forgenfreierer ßage fic^ aEer eigentlichen 2lr=
beit entl)alten fonnte. ©0 melbete Ütein^olb au§ ^ena. 9ll§ 5. 6^. biefe
9ioc^rid£)t erhielt, fa^te er fogleid) ben ©ebanfen, menigften§ für einige 3^it
©cf)itter gegen materielle SSebrängni^ fixier ju ftellen. S)urd) SSaggefen mu^te
er auä) ©d)immelmann für feinen ?ßlon ju geminnen. ©0 entftanb jener öon
bem ©rbprin^en berfa^te, bon il^m unb ©d^immelmann gemeinfd)aftlid^ unter=
3eid£)nete, bon ^od^finnig!eit unb 3fli-*tgeiül)t erfüHte S3rief bom 27. ^lobember
1791, in meld^em fie bem franfen S)idE)ter bortäufig auf brei ^a'^re ein jä|r=
ti(^e5 (Sefc^en! bon 1000 Üttl)lr. (3600 Mar! je^ige gteid^ämünje) anboten.
2)a§ ©cl)reiben mar mit fo feinem 2;act abgefaßt, ba§ ©c£)iller ba§ 3lnerbieten
annel^men fonnte. 5Die ^enfion, urfprünglid^ für brei S^a^re in 9lu§fid^t ge=
ftellt, ift in äBirfli(J!eit für fünf ^a^xt entrichtet. — Mar Müller unb Mid^elfen
^aben ba§ Serbienft, neuerbing§ biefe gan^e 9lngelegenl^eit in '^etlereg Sic^t ge=
ftettt unb bie Driginalbriefe, fo meit fie nod^ ^aben aufgefunbcn merben lönncn,
beröffentlid^t ju l^aben. 3n ©df)iller'§ 8eben§(auf be^eic^net biefer 33organg in
ber i^at einen bebeutenben Söenbepunft. 35on ba an beginnt feine ©enefung,
28 CJriebvtd) 6f)x-ifttan, ^. ö. <Bä)U%tDi^'!Qol^kin.
fein toiebei-Ief)renber SeöenSmut^, bie neue gntfaÜung jeinei; f(^ö|3fenf(^en ^rajt.
S)em ^rinjen ^•. Q-i). betuiel er feine Sanfbavfeit äunäd)[t babur^, ha^ er an
it)n bie SSriete über bie äft'^etif(^e ©rjie'^ung be§ ^enfcf)en xid^tete, beren ur=
jprünglic^e fifaffung lüir er[t je^t burc^ 5Jtid)elfen !ennen gelernt i)abm. ©c^iEer
f^rieb biefelben 1793, bie erften noc^ in 3fenci, bie ^le^rjof)! aber im Söintcr
1793 in ?ubn)ig§burg , too'^in er ju feiner ®rl)olung gereift toax. ^n Äopen=
l^agen tt)urben biefelben mit ent^ufia§mu§ aufgenommen, g. 6^. fd)reibt
im S)ecembcr 1793: „©eine Briefe reifen in bem ganjen Greife meiner einlän=
bifc^en f^-reunbc l^erum; 3ltte§ öerf(i)tingt fie." S)ie Originole biefer SBriefe aber
finb bei bem großen Sranbe untergegangen, melc^er am 26. ^^cbruar 179-1 ba§
6^riftian§burger (5d)IoB nnb in biefem aud) bie Söo^nung be§ ^riujen g-. Gf).
äerftörte. ße^terer münfc^te natürlid^ bie 23rieie mieber ju befi^en unb toanbte
fid) be§^alb an <Bä)i\itx, meli^er au(f) anfangt fid) bereit erflärte, eine ^Ibfc^rift
3U beforgen. 2iber bei einer erneuten 3(ieöifion ber 33rieie genügten il)m biefelben
ni(^t me^r, unb e§ entftonb nun eine öollftiinbigc Umarbeitung unb ft)ftematifd)e
drmeiterung. ©iefe neue Otebaction ber äft|etifd^en Srieje erfd)ien juerft 1795
in ben „.Sporen" unb ift in bie @efammtau§goben ber SBerte übergegangen. Sie
urf^rünglidien 33riefe fd)ienen ööEig öerloren ju fein, bi§ neuerbing§ menigftenä
bie 5Jie|r3al)l bcrfclben in jtoei gleic^Iautenben 5lbfd)riften , bie maljrfdjeinlii^
öor bem J^openl)agener 6d)lD|branb gemad)t finb, aufgcfunben mürbe. 6ine
a}ergtcid)ung ber beiben 9iebactionen ift gan^ intereffant. S)ie fpätere ift bog=
matifc^er, miffenfd^aftli^er , bie früt)ere bagegen fiifd)er, lebenbiger. S)er ßm=
:bfänger ber Briefe, g. 6t). fetbft, fd)eint an ber frütjeren gaffung größere greube
empfunben ju Ijaben, unb man merft e§ it)m beutlid) an, ba^ er einigermaßen
enttäufd)t mar, al§ er bie neue 9iebaction cr'^ielt. S)er ermät)nte große (5d)loß=
branb t)aik für ^S'- 6^- ^^^ ^ie meitere ^^olge, baß er nun mit feiner (55e=
mal)(in fid) einen eigenen |)au§ftanb grünben mußte. 33i§ bat)in Ijotten alle
^Jlitglieber ber föniglic^en gamilie in bem 6^riftian§burger ©(^loß eine gemein=
fame aBirti^fc^aft gefütjrt. ^e^i mußte eine anbere Einrichtung getroffen merben.
3unäc^ft fanb f5f. 61). im ^alai§ be§ (Srafen ©(^immelmanu ein Unterfommen.
2)ann.,aber !aufte er fic^ ein eigenes ^alai§, ba§ er balb bejog, unb fo erlangte
er erft nad) adjtjäljriger ß'^e bag ©lud eincS eigenen ^au§ftanbe§. — ^n bem=
felbcn Sal)re erfolgte ber 3:ob feine§ S5ater§, bc§ alten .^erjogg griebric^ 6l)ri=
ftian, meld)er nac^ längerer ^ränfad)feit am 14. ^loüember 1794 auf 2luguften=
bürg ftarb. S)cr jüngere ^5- 6^- folgte nun feinem Später al§ -^er^og; er mar
je^t ber 6^ef feinet ApaufeS unb übernahm bie SSermaltung ber au§gebe]§nten
Sefi^ungen auf 3ltfen unb im ©unbemitt. S)ie ä}ert)ältniffe brad)tcn e§ mit
fid), baß er öon ie|t an regelmäßig einen 2::§eil be§ ^at)xt^ auf 3luguftenburg
zubringen mußte, ^n fbäteren ^a^ren, al§ bie früher fo guten ^öejieljungen
äu feinem ©d)mager, bem Kronprinzen, fpäteren König griebrid) VI., fid^ mef)r
unb met)r trübten , mürbe ber ilobenl)agener 2lufentl)att immer für^cr. ©nblic^
öerlegte ber ^erjog ben äöo'^nfi^ feiner gamilie ganj nad^ feinen fd)le§mig'fd)en
5Befi|ungen unb ging nur felber öon 3eit 5U 3eit 3^^' 6r(ebigung feiner amt=
lid)en ®ef(^äfte nad) Ko:penl)agen. S)ie 2;rübung ber SSe^iel^ungen jum Kron=
prinjen entftanb unb mu(^§ allmä^lid). Söitt man einen beftimmten 2Benbe=
punft annel)men , fo barf man t)ietteid)t ben Sob be§ trafen 9lnbrea§ betrug
SBernftorff im ^. 1797 al§ foldjen be3eid)nen. Siefer große ©taatgmann, an
bem ber Kronl)rin3 mit öottem 3}ertrauen '^ing , ]§atte bie allgemeinen S3er^ält=
niffe ber ^onarc^ie mit unbebingtem Uebergemid)t geleitet. (Sr ^atte aud) alle
nationalbänifd)en Uebergriffe in bie beutfd)en 33eftanbtl§eile ber ^onard^ie
prüdjubrängen gemußt, ^laä) feinem Slobe mad)te e§ fid) mel^r unb meljr be=
merlbar, baß ber Kronprinj bei bem reblid)ften 2Sillen bocl) ein befi^ränlter ^op]
gtiebtid^ 6t)rifttQn, ■^. ö. Sd^leötoig^öolftein. 29
üon iiu^erft mangelhafter Silbung toax. ülamentüci) famen je^t bie einfeitig
bänifc^en Senbenjen ]u immer ftctgenber ©ettung, raä^renb 5- 6^- ot§ fc^te§iüig=
l^olfteinijc^er .^erjog ]id) bic 93e\tretung ber beutjc^en ^nterejfen jur 5(ufgabe
mad)te. 3lm entjc^icbenfteu trat biejer Söiberfprucf) ju Sage, al§ im ^. 1806
nact) ber ^tuttöjimg bc§ beutfc^en 5Reid)e§ bie ^rage entftanb, in met(^e§ 25er=
l^ältniß nun ba§ bisher jum beutfd}en 9tei(f)e ge'f)örtge §erjogtt)um -Spolftein treten
fülle. S)ie natürliche 3(nttt)ort mar, ba^ nun öotftein ein jetb[tänbige§ mit bem
ßönigreid^ S^änemar! bur^ ^erfonalunion üerbunbeneS .öer^ogf^um tourbe, mic
(Sc^tcSmig bie§ bereits mar. 2lttein in ber Umgebung be§ Äronprinjen, ber ba=
maB fic^ in ßiel auffielt, entftanb bie ^ieigung im Grüben ju fifcf)en. S;a
^olftein feinen ^tn^alt mel^r am 9teid) ^atte unb ba ber bermeintüd^e 53ortf)eit
Siänemarfä bie ^ncorporation ^olftein§ ju erforbcrn fc^ien , fo beicf){o§ man
^olftein in S)änemarf ju incorporiren. 6nbe Stuguft erlief ber Äronprinj nad)
^openl^agen ben Sluitrag, ba§ ßrforberlii^e ju öerantaffen, bamit ipolftein al§
ein „unjertrennlii^e»" ^ertinenj ober at§ ein „integrirenber %f)di für immer"
mit bem Äönigreirf) S)änemarf oerbunben merbe. 3lm 3. September marb biefe
Slngelegen^eit im ©taatgrat^ öer^anbelt, beffen erfte§ 5)litglieb ber ^'perjog Jy. dt}.
ttiar. 2)erfe(be na^m jogteid) has, Söort, um fein 33otum abzugeben, toe(dje§ er
3ugleid§ fd)rijtlid) überreichte, ßr erflärte fii^ aui @rünben beä 9ied)t§ , ber
^oliti! unb ber 5}torat gegen bie beabfid)tigte ^ncorporation; er öertangtc, ha^
bie 3ted)te unb ^^riodegien be§ i3anbe§, fomie bie 9led)te ber Stgnaten auired^t=
er'^alten unb getoa'^rt merben. ^]tad)bem er fein 3}otum abgegeben '^atte, berüefe
ber -öerjog bie Si^ung. Sie S^olge feine» 2Biberfpruc^§ mar, ba| in bem ^Patent
üom 9. ©ept. 1806 ;^otftein aU ein „ööEig ungetrennter S'^eil" mit ber übrigen
5)!]^onarc^ie bereinigt mürbe. 5ln bie ©teile bc§ bejeii^nenben „unjertrennlid)"
mar ba§ l^ier gang finntofe Sßort „ungetrennt" getreten, i^lan mor über bic
beabfid)tigte ^ncorporation geftolpert. Sla^ ber Öerjog bie§ üeranta^t f)atte,
!^at ^riebrid) VI. i'^m nie üergeben; öon ba an ift er öon @roII unb ^Jh^trauen
gegen i^n erfüllt geblieben. S^m boÜftänbigen 23ruc^ äroifd)en ben beiben
©d)mägern fam e§ 1810 bei (Selegen'^eit ber 2f)ronio(germat)t in ©d^roebeu.
§ier ^atte in f^olge ber Steöotution, burc^ meiere Äönig ©uftaö lY. Slbolf ge=
ftürjt mürbe, im ^. 1809 ber bereits bejal^rte unb finberbfe ^erjog öon
©übermannlanb al§ Äarl XIII. ben %t)-con beftiegen. Um bie S^roniolge fidler
ju ftellen, mu^te fogteid) auä) ein Dlad^iolger bcftimmt merben, unb bie Söal^l
be§ fc^toebifd£)en 9teid)§tag§ mar auf ben jüngften Sruber beS JperjogS, ben
^Prinjen ß^riftian Stuguft gejallen, ber bi§ bat)in ©tatt^atter öon ^lormegen ge=
mefen mar unb nun unter bem Flamen .^arl 3Iuguft ^ronpriuj öon @d)meben
mürbe. 6r geroann fid) rafd^ bie Siebe ber (Sd)meben, aber er ftarb eine§ plö^=
liefen 2obe§ am 28. 5Rai 1810. 9lod) am ^Rorgen feine§ SobeStagcS l^atte
er bea -iperaog 5- ^^- Qfie^en- ^er, um ben geliebten 93ruber ,=;u begrüben, auf
einige Jage nad^ ©(^meben ^inübergefommen mar. Söenige ©tunben, mac^bem
fie fid§ in .^elfingborg getrennt !)atten, ftarb ber ^ronprinj ptö^tid), mä'firenb er
auf ber Guibinger Jpeibe ein ^^ufarenregiment infpicirte; . — ob natürlid£)en JobeS
ober in i^olge einer S)ergiftung, mirb mol nie aufgeflärt merben. 2)ie Sage
©d^mebenS mad)te bie fofortige 9Zeumaf)t eine§ 2;^ronfotger§ nof^menbig, unb e§
mar natüiiid^, ba§ bie Surfe iiä) 3unäd)ft auj ben SSruber be» öerftorbenen all=
gemein öere^rten Äronprinjen richteten- .^arl XIII. fclbft münfct)te bie Söa^l
auf ben <!per5og ju lenfen unb lub biefen fd^on am 2. ^uni nad^ ©torf^olm
ein, angeblich, um bie Rapiere be§ öerftorbenen S3ruber§ in dmpfang ju nef)men.
S)er <!per5og lel^nte biefe 6in(abung ab. 3(u§er bem ^önig mar au(^ eine einfluB=
reiche Partei, an bereu ©pi^e ber ®raf ©eorg 9Ibterfparre ftanb, iür bie Söa^t
be§ öerjogS t^ätig. ©i^on am 10. 3uU trug Äart XIII. in formeller 2Beifc
30 g^riebric^ Sf)nfttan, ^. ü. ©cf)Ic§rt3ig='^oIftetn.
bem ^erjog, ber \xä) bamalg ju SluguftenBurg aujfitcU, bie S'fii-onfolgc an; er
fc^vielb if)m, ba^ er 16efc£)tof|en t)aBe, feine 3öal)l bem gtei(i)§tag, ber jnm 23.
S^uli na^ Derebro einBernfen toax, oor^ufcEilagen, ba§ ber j?ai|er ^Jia|)oleon bie§
geBiEigt f)abe unb bo^ man be§f)Qlb bte (Sinmitti^ung bf§ .!per3og§ l^ierju münf(i)e.
Unatoeifeltiaft toar bie Söat)l, toenn ber ^erjog einwilligte, üollfommen gefidjert.
S)iefer aber erinnerte fict) , ba^ fein ©(|n)ager griebrirf) VI. f(i)on im öorigen
^ai)Xt nad^ ber fd£)n3ebif(i)en ^rone geftrebt "^atte. ^n feiner 23efd)ränftf)eit ^ielt
ber ^önig bon Sänemar! e§ für möglid), ba^ bie 3Bat)t beS fc^ttjebifc^en 9tei(i)§=
tag§ anf ifjn gelenft ttjerbe, auc^ wenn er in 2)änemar! an ber abfotuten ®e=
Walt be§ ^önigögefe^eS feftl^ielt. 3)er |)er3og Wufete wol, ba| biefc§ eine ^ttu=
fion fei. ©eine Ueberjeugung , au§ ber er fein ^el^l ma(f)te, ging ba^in, ba^
bie ^erfteEung ber ftanbinaöif(i)cn Union bem fc£)webifc^en U)olte nur bann an=
nel)mbar erfd)einen werbe, wenn aEe brei 9teid§e, ©ii)Weben, 9torWcgen, S!äne=
marf, eine gemeinf(^aftlid)e freie 6'onftitution unb Erbfolge ert)alten; bieg er=
forberc eine ^ö(i)ft f(i)Wierige 5ßorbereitung unb au§fü^rbar fei bie ©ac^e erft
bann, Wenn Ütu^lanb genött)igt fei, barein äu WiEigen. ^Eein obgletd^ ber
.g)er3og fid) f)ierüber nidit täuf(^te, fo woEte er hoä) bem Äönig bon S)äncmarf,
faE§ biefer eine 5{u§fi(i)t ju l^aben glaubte, nid)t im äöege [tel)en. 33ebor er
auf "ba^ fdiwebifd^e 3lnerbieten antwortete, fd^rieb er an ^yriebrid) VI. unb er=
flärte fic^ bereit, bie fd)Wcbifd)e i^ronc ab^nUt)mn, faE§ bieg ben 3I5ünfd)en be§
Äönig§ entfpre(^e, ober faE§ ber ^önig glaube, ba^ baburc^ eine 23ereinigung
ber brei 9ieid)e teiditer t)ei&eigefüt)rt Werben fönne. 2t(§ biefcS Stnerbieten fieben
SLage lang ol^ne 5lntwort blieb, entwarf ber l^er^og eine 3lntwort an ^arl XIIL,
bie eine bebingte 9lnnal)me enthielt. 3ll§ biefe§ ©d^reiben jur Slbfenbung fertig
War, traf enblic^ bie 3lntwort i5'i-'iebrid§§ VI. ein, worin biefer niitt^eilte, ba|
er felber fid) um bie fd)Webifd)e i?rone beworben l^abe, ol)ne jeboc^ üom iper^og
auSbrüdlic^ bie 3lblel)nung ju öerlangen. 3lber biefer war je^t über fein 9}er:
lialten nid)t 3Weifclt)aft. ßr fd)rieb fofort am 23. 3u(i an Äarl XIII., bafe er
mit 9tüd)id)t auf bie 3::^ronbeWerbung f^riebrid)§ VI. bie angebotene Ärone ablcl)ne.
@r latte alfo mit ber größten ^oi)alität unb 9iüdfid)t gegen griebric^ VI. get)anbelt.
S)ennod) blieb biefer öon ÜJli^trauen gegen feinen ©c^wager erfüEt, jumat ba im
pteid)§tag ju Derebro bie ßanbibatur 5-riebrid)§ VI. wenig 3tnflang fanb, wä^renb nod)
immer baöon bie Üiebe war, man fönne tro^ ber 3tblel)nung ben iperjog wäl)len.
5ll§ einjiger ernftljafter ©egencanbibat trat ber fran^öfifc^e ^Barfd^aE Sernabotte
me^r in ben äJorbergrunb. Slber griebrid) VI. lie^ fid) nur öon feinem be=
fd)ränften S^a'iß gegen ben ^er^og leiten. S)ur(^ feine 5lgenten lie^ er il)n in
©d)Weben berleumben unb al§ „Snbimagiftcr" berfpotten. 3ll§ aud) bie§ nid)t
äu ©unften S)änemarf§ wirfen WoEte, ging gricbrid) VI. fo Weit, ben i^^er^og
auf Hilfen jum befangenen 3u madjcn. Unter bem 33orWanbe, ba^ eine Partei
in ©d)Weben befdjloffen f^ahe, ben ^erjog nac^ ©d)Weben wegäufü^ren, unb ba^
er feinen ©c^wager Ijiergegen fp^ü^en muffe, fd^idte ber Jlönig eine JRuberfiottiEe
nac^ 2llfen unb lie^ bie ^nfel förmlich blofircn. S)ie UeberWad)ung be§ i^erjogS
übertrug er feinem Dberabjutanten Sü^en. — gwebrid) VI. erreid)te feinen S^^<^^
infofern, al§ er bie SBat)! be§ iperjogS berl)inberte; aber baburd) ^atte er bie
2Qöaf)l a3ernabotte'§ bewirft, ber iljm öier ^a'^re fpäter 9lorWegen abnaljm. S)er
^er^og War über bie unwürbige ^el^anblung, bie if)m wiberfa^ren War, tief cm=
pört. @r berlangte im .<perbft 1810 feine gntlaffung au§ aEen feinen Slemtern.
g:-riebric^ VI. fonnte e§ nic^t über fid) gewinnen, aud) nur bie§ 9lbfc^ieb§gefud)
o^ne !leinlid)e gl^icanen ju genel^migen. — S)ie legten ^a^re feine§ ßebenS ber=
brad)te ber ^er^og in ftiEer 3urüdgejogen:^eit auf ^iluguftenburg, ^auptfäd^üd)
mit ber ©r^ie^ng feiner ^inber befc^äftigt. @r ^intertie| eine 2:od)ter, bie
nai^:§erige @em.al§lin be? ^önigg g^riftian VIII. bon Sänemarf, unb jwei ©ö'^ne,
ben fpätei-en ^erjog gl)ri[tian 3luguft unb ben ^prinjen ^riebrid) C^^rinj öon
g-ticbtid^ I., .^. ü. Sc^tDoben. 31
51oer). — S)ie 931u^c biefev lefeten Sa^re öertoenbete ber ^erjog auc^ noc^ auj
bie 3lbTaiiung einer £enfirf|riTt über bie erbTotgeirage, in weiset er ba§ agna=
tifc^e ßrbved^t jeine§ ^anUi auf ©c^lceroig = öotftein batlegte unb baran öer-
jd^iebene potitiid^e 2?etrac^tungen fnüpfte. (är fanbte biejes ^33temoirc an einige
angefct)ene ^Jlänner in Äopen^agen, beren 5Infid)ten er ju erfahren wünjc^te,
namentlid) an ben 53^inifter lliöfting, ierner an ^Jtaüing, g3tolbenf)aroer unb
engelftoit. S^ie jum x^eit öeröffentüditen 3tntrDorten teerten fein günftigeS
2i<i)t am bie politild)e ßinfidfit biefer 9Jlänner. — Dfiac^ längerer Äräntad)feit
ftarb ber öerjog batb baram am 14. Suni 1814. ^n feinem Seftamente legte
er ei feinen Söhnen ans .t>^xy. „bie :Äec^te unb 3tnfprüd)e, toeld^e ii)xt %binnit
it)nen gebe, mit männli^er ^eftigfeit, aber of)ne 9}erletjung ber @erecf)tigfeit,
ber Glire unb 5|}f(ic^t ^u be^upten."
S:roi)fen unb Samtoer, ^;»ictcnmäBige ®efd^id)te ber bänifc^en ^otiti! feit
bcm ;3a^re 1806, Hamburg 1850. — SBegener, Seiträge jur @efc^ic^te
S)änemarf§ im 19. Sa'^v^unbert, ßopeni^agen 1851. - ^^blerfparre, Hand-
lingar rörande Sveriges historia, (5to(if)otm 1830. — 5Jlar 'MvLÜtx, ©^ittcr'g
SBi-iefroedifel mit bem ^erjog 5. 6f). öon 6(i)le5tt3ig=^olftein, «erlin 18J5.
— Si-iefe öon Sd)iüer an ^erjog g. di). , herausgegeben oon 'DJhc^elfen,
Ißerlin 1876. Soren^en.
^ricbrit^ I. (oon öc'^enftaufen) , ^erjog öon (5(i)raaben, t 1105, ber
erfte 33egrünber bee ©(anjeS bee t)o^enftaufif^en ^aufe§ ober toie bie urjprüng^
lirf)e ^Benennung lautet: ber Staufer. Qx xoax ber ©o'^n griebrid)ö öon ^Büren
(b. i. Söäf^enbeuren , '^eutjutage äöäf^erfc^löBdien äroifcfien bem ^o^enftaufen
unb Sori^, no(^ je^t burc^ uralte ^Jlauern merfroürbig) unb ber im (ilfaB teid)
begüterten ^ilbegarb t)on nid^t nä^er befannter öerfunft. Ser fpätere ^^er^og,
toel^er in ber golge na^e feiner Stammburg bie nunmet)r Tür ba§ Sefc^lec^t
namengebenbe 23urg Staufen baute, erfi^eint, juerft no^ in ber eigenfi^ayt eine§
©rafen, al§ ein treuer Slnpnger .^önig öeinrid)§ IV. in feinen kämpfen mit
feinen @egen!önigen , iperj?^ ütubolf üon ©c^raaben unb bann @r. ^ermann
öon ©atm. Äönig .g)cinrici) übergab il)m an Cftern 1079 ju Üiegensburg ein
Jpeer jur Sefämpfung feiner @egner in Sd^teaben, tnofelbft fofort namentlich in
ber ©egenb dou Ulm unb Slugeburg ber Äampi tobte, belef)nte il)n jugleic^ mit
biefem jur Seit ber ^o^enftaufen auc^ ben Ölfa^ umfaffenben iperjogt^ume unb
öerlobte il)n mit feiner einjigen nod) im itinbeialter ftel)enben 2oc£)ter Slgnes,
iDogegen Äönig ÜtubolfÄ 3Inl)ang alsbalb beffen ©o:^n, ben jungen «ertl)olb öon
9t^einfelben 3um öerjog erfjob unb 9iubolr felbft bem jungen ißertl)olb IL üon
3ä^ringen feine S'oditer 3lgne§ jur ©ema^lin gab. 5:)^e:^rere ^at)xt lang f)atte
5., tt)eld)er bem Äönige öeinrid^ aud^ au ber für Äönig Üiubolf öer^äugnil^
öoEen ed)lad§t an ber glfter öom 15. Oct. 1080 «Dtannfcfiait 3Uöeiü£)rt, einen
fc^tteren ©tanb in bem 3toifd)en ben (Segnern getf)eilten unb i)axt mitgenommenen
©d^toaben gegen bie öereinte päpftlic^e, toelfifdie unb jä^ringifd^e ^^^artei: ben
11. 3Ipril 1081 erlitt er mit bem baierifc^en ©raren iluno öon i'oPurg, ber
tobt auf bcm Sd)Iad)tfelbe blieb, bur^ ben ©egenfönig ^ermann unb öerjog
2BeIf bei Jpöd)ftäbt eine poüftänbige ^llieberlage, im ülnmng be§ ^. 1084 öerlor
er hnxä) S5errat^ ^lugsburg an iperäog 23elf, im S- 1Ö86 mu^te er nad^Jünf=
roöd)entlidl)er SJert^eibigung SBürjburg räumen, inbcm am 11. 9luguft beö Sa'^rä
ber 3U feinem ßrfa^ Tjerangejogene Äaifer öon ben genannten ©egnern ätoei
3Jleilen norbmärtS öon ber ©tabt befiegt toorben »ar, unb all im ;;5- 1090 ber
junge 9tl)einielber ftarb, würbe öon beffen ^:partei im 3- 1092 ber genannte Sö-^'
ringer Sertl)olb IT. jum ©egenlKVJog erhoben. Slllein nac^bem namentlid^ bie
2Bel?cn fid) mit bem ßaifer ausgefö^t Ratten, gab 33ertl)olb im Jj. 1098 feine
?lnfptüd)e an ba§ ^erjogt'^um auf, wogegen er ben f)er3ogtid^en 2itet beibef)ielt.
32 [ytiebtid) IL, ^. b. Sc^roaben.
ben er bann au(^ auf feine 9k(^!ommen öerevbte, unb bie (Stabt 3üri(^ lool
mit näc£)fter UmgeBung a(§ unmittelbate§ , öom f)o:^enftaufifd)en .^er^ogttiume
una!6'f)ängige§ 9lei^§te^en gugeftanben befom. So gelangte 0^. enblict) nad) Taft
20iä:^i-igen J?ämpfen in ben nil^igcn Seft^ feineg freilief) ettual öerringerten
f(^trä6if(^en .Iperjogt^um^. 5ta($bem er no(| bei ber (Smpöiung ,^önig <^ein=
ri(i)§ V. gegen feinen greifen 3}ater im S- 1105 aU ©efanbter be§ [enteren mit
einbringti(i)en ©rma'^mingen, allein o^ne @rfotg, auf ten @oI)n ju Wirten gefud^t
^tte, ftarb er trätirenb bc§ j?ampfe§ in genanntem ^a^re unb :^intertie^ ben
Üuijxn eine§ burd^ 3}or3Üge jcgti(^er 5lrt anSge^eic^neten dürften. SegraBen
tDurbe er in bem öon i^m gegrünbeten Ätofter 2oxd), au^er mel(f)em er in 3}er^
binbung mit feiner 93tutter unb feinen ©efd^n^iftern bie ©t. ^^-ibiöfirt^e in ©(i)tett=
ftabt erbaut unb ju einem .^tofter erweitert, fomie mit bem trafen ^^eter öon
Sü^etburg bie ^Benebictinerabtei @t. 2öatburgi§ im 6Ifa^ geftiftet l^atte. dlaä)
feinem Sobe bermä^lte fid^ feine Söittme, meiere erft im ^. 1143 ftarb, ,jum
ätoetten 5Jiate im ^. 1106 mit ßiut^otb III. bem g^i'onxmen, 5Jlarfgrafen öon
Defterreicf).
Sögt. 6^r. ^riebr. ö. Stalin, 2öirtembergif($e ©ef^ii^te, SSb. I. u. IL
mi^. ö. (Siefebrec^t, @efdf)i(i)te ber beutfc^en i^aifer^eit, S3b. III.
^. ©täUn.
{^ricbritl) II. (bon .(po^enftaufen), ber ©inäugige, ^^er^og bonSc^maben,
geboren 1090, t 1147, ©ol^n be§ borgenannten <§er,^og |^riebric^§ I. unb ber
3:od)ter ^aifer .^einridE)§ lY., 2Igne§. gr folgte bem 5Bater im ^. 1105 in ber
fd^tüäbifc^en A^erjoggmürbe , h)ä^renb ber jüngere 33ruber ^onrab fpäterl)in
toenigftenS al§ grbferr in fränfifd^en ©ütern, 9totenburg a. b. itauber, 3Bei^en=
bürg im ^Jlorbgau 3C. unb aU ®raf beg i?od)ergaue§ crf(f)eint, gteidfifaüS ben
-^ei-'^oSStitel ]ui)xt unb jeitmeife ba§ ganje oftfränfifdf^e iperjogtl^um unter feiner
©emalt l^atte. Sie beiben 33rüber fd^einen toär^rcnb be§ Kampfes jtoifcticn ^aifer
^einridf) IV., i^rcm (Sro^tiater, unb feinem So'^n, .ßönig |)einricf) V., i^rem Dfieim,
ft(^ atSbalb an ben le^teren angefdf)toffen ju ^ben, unb bilbeten bjätjrenb ber
Sebrängni^, melctie in ber S^olge bnxä) fein 3ertt)ürfni^ mit ber ^ird^e audf) über
biefen .^^errf(^er t)ereinbra(^, feine unerfd^üttertid£)e, allen öocfungen miberftel^enbe
^auptftü^e. g. begleitete itin aud^ im ^. 1110 auf feinem SH^ ^^'^ Italien
unb befdimor ben 9. gfebr. 1111 p Sutvi mit bem Könige beffon 33ertrag mit
bem ^apft, in gotge beffen er auf turje 3eit bem le^teren at§ (Seifei gefteEt tourbe.
Sm ^. 1116 njütirenb be§ 5lufent^alt§ öeinrid^S in Italien aum Dteid^Sberroefer
ernannt , trat er al§ fotd^cr bei ben in S)eutfd^lanb nunmet^r auSbred^enben
argen SBirren, ben 9i^ein bon 33afel ab entlang jielienb, fraftig, ttpenn audf) nicf)t
immer mit ©lüdf, auf unb fid^erte auf feinem 3uge baä Sanb möglid^ft burd§
^Bürgen, fo ba| man fprid^tüörtlid^ 3U fogen pflegte, er tjabe an feine§ O^ioffeS
Schweif immer eine Surg, muBte e§ ]id) aber aud^ gefallen laffen, ba^ er al§
©enoffe ^aifer ^peinrid^S burc^ ben ßarbinalbifd^of ^uno bon 5|)aläftrina in ben
Sann gett)an mürbe. Unter ben toelttid^en dürften, toeld^e ba§ berül)mte
Söormfer goncorbat bom S- 1122 gteid^fam at§ 3eugen unterfrfirieben, erfdlieint
auc^ f^., menn er glei(^ bei bem, biefem 5}ertrage borauSge^enben ajöür^burger
Sifrf)of§ftreit unb im ^. 1124 bei ber Söormfer ^-e^be ni(^t auf be§ Äaiferg
Seite ftanb. ^aä) bem Xobe be§ legieren, toelc^er fterbenb i'^m at§ feinem
erben feine ©üter übergab unb bie ^aifetin empfat)!, aber au^ auf biefen feinen
näc^ften SSerWanbten al§ feinen 9lad§foIgcr unsmeifel^aft '^inftiieg, glaubte ber,
augteid) burd) tyamilienberbinbung mäd^tige unb mit feinem ©influf ba§ gauje
obere Seutfd^tanb be'^errfdienbe öer^og alle Stnfprüd^e auf bie 51ad)folge ju
^aben, allein bie Seforgni^ ber dürften bor ber groficn ^Kad^t ber ^o^enftaufen,
ba§ SBiberftreben gegen bie bereits angebahnte ©rbmonard^ie , bie (Sintoirfung
tJtiebricf) II., .^. ö. Sc^luoben. 33
be§ päpftlic^en !2egaten; bie Stfineigung gegen einen Jßeiroanbten bc§ falif(i)eu
^aufe§ unb inSBefonbere biejenige be§ ^Jtain^er @v3Bifd)otg Slbalbcrt, toel(f)er
einft bon 3^. betriegt n)orben toax, \c^t aber bie 2jßa^( leitete, roanbten ben
30. 2Iuguft 1125 3u ^Jlainj bie j^rone bem onyangä iid) fttäubenben ^eiv^cgc
Sotl^ar bon ©ac^fcn ju. 3ubem tarn no(^ , ba^ ^. bie liftige lyroge bee ge=
nannten @r5&i|(i)oi§ , ob er fid) bem ®en3äl)tten otjne 2Bibctrebe untertterten
tooHe, nic^t wie bie 2Inberen, bie g(eid)faE§ in Söurj famen, Beja{)tc, jonbern
erflärte, er fönne nid)t§ ol^ne ben 9tat{) feiner 5}|annen tl^un, unb mi^mut:§ig
bie SBaf)tftatt üertie^, burct) biefeS 3Iuftreten aber ben übelften ©inbrucf auf bie
i^ürftcn machte. @r untertt^arf ficf) jtoar bem neugen^ä^lten J?önige, allein afe
biefer man(i)e§ @ut al§ 9teid)§eigentl^um für ben 2f)ron anfpracf) , n)0§ r^. ats
6rbe be§ auSgeftorbenen föniglid)en öaufeS einjujielEjen begann, fam es äu ^tx^
tüürfniffen unb melirjäfjrigen J?äm|)fen. 3tuf bem ^^ürftentag 3u Strapurg um
3Beif}na(^ten be§ ^at)re§ lie^ Sot^ar i'^n be§ §od)t)errat^§ für fdiulbig erftären,
berl^ängte am Slnfang be§ folgcnben ^al^re§ auf bem 9teid)§tag ju 6o§Iar
bie 9tei(f)§ad)t über it)n unb begann nad^ ^ftngften mit bem Kriege, in
tt)etii)em er üBrigen§ 3unä(^ft nur toenig ßrfolg ^atte. S)a§ !)ot)enftauftfd)e
SBrüberpaar Iie§ e§ an Tluii) unb I^atfraft nic^t festen unb mar anfangs aud)
bom @tüd begünfiigt; ja .^onrab ttiurbe, na^bem fein Sruber fetbft bie SÖal^L
auf i^n gelenft, am 18, 3^ecbr. 1127 bon i^ren 2tnl)ängern in 5Rain3 jum
Äönige gewählt, jog nac^ Italien (1128—32), er!§ielt bort bie (ombarbifd^e
,König§frone , !am aber fditie^id) aEba um alle» 9lnfe^en. 5lu(^ in Seutfd)--
lanb erhielt SotI)ar im SSertau? einiger ^a^re ba§ Uebergemic^t. 3toar mi^ang
bem -^erjog <!^einric^ bon ^Baiern bie frebet:^afte Ciematlt^at, mit roelc^er er in
ber i^aftenäcit be§ ^. 1129 feinen ©djtoager g. im Ätofter 3^ief alten überfiel,
fo ba^ ber (entere fid^ nur mit ^ülfe ber ^^Jlönd)e bor bem mit ^^-euer unb
Sc^toert Ijüufenben Jpeinrid) bur(^ bie fytuc^t in ben feften 2t)urm bes ^tünfter§
retten tonnte, allein @pet)er, ber .^aupt^att ber ,!pof)enftaufen in 9t!)einf raufen,
mu^te naä) jmeimaliger Belagerung um§ D^eujal^r 1130 bem Könige bie S^^ore
öffnen, mobei ^yriebridiä @ema'f)(in , tDeId)e in ber Stabt meitenb , |elbcnmüt^ig
ben ^lut^ ber iBürger angefeuert unb alle Entbehrungen mit il^mn erbulbet
l^atte, in be§ ^önig§ ^änbe fiel, attein :§oc^gec!^rt unb reid)tid) befd)enft mit
i^rem ©efotge bon i^m enttaffen tourbe , unb im October bee ^di)xe^ folgte
•)?ürnberg, ber ftaufifd^e ^auptort in Dftfranfen, biefem SSeifpiel. ^m ^Jlär^
1131 tourben ^onrab unb alle SXn'^önger ber ©taufen burd^ ^afft i^nnocenj II.
bei feiner 3ufammen!unft mit .$?önig Sot^ar feierlid) in ben 23anu getf)an, unb
im .^rrbft 113-4 fiel bie Ie|te ftaufifd)e .sj)auptroe^r Ulm, bie ^er^og Apeinri^
erobert, geptünbert unb aufgebrannt, morauf ber ^aifer greulich bert)cerenb über
<5d)roaben bcrjog unb e§ boIIenbS gan^ untermarf. ©o mar bie !)of)enftaufifd)c
53lacf)t gebrochen, x^. erfd^ien , aU ber ^aifer mit feiner @ema!^(in Otidiinja,
feiner 9}ertt)anbten, in ben legten 2agen bes £ctober§ ^u j^ulba meilte, barfuß
bor ber Äaiferin, bat fie um Ser^ei^ung unb errei^te baburc^ eine borlüufige
Söfung bom 33ann. 2luf bem glän^enben 3ieid)§tag 3u ^Bamberg !niete er am
17. Wäx^ 1135 bor bem ^aifer offenttid) nieber unb bat bemüt^ig um 25er--
^ei^ung , meiere i'^m aud) ^u 2;^eit mürbe. @r behielt fein iper^ogtl^um, feine
@üter unb 2et)en, au($ fogar bie falif(^e @rbfdf)aft , fo toeit fie nid^t ftreitig ge=
toefen ober bereits über biefetbe anberraeitig berfügt morben mar. Um 5Jtid}aeli§
be§ SaT)re§ fd)toB fidf) Ijicran bie Slusfötmung SJottjarS mit ilonrab. 5tlö ber
Äaifer auf ber Üiüdfe^r bon feiner jmeiten 9tomfa'^rt im Secember 1137 bcr=
fd)ieb , tüurbe aud£) unter 5Jtitmirfung fyriebrid)§ Äonrab jum Könige getoä{)It
unb fanb in ben numnel^r mit ben äöelfen auSbiecEienben i^ämpfen eine treue
atttaem. beutfcöe aSiograpIjie. vni. 3
34 g^tiebnc^ IV., ^. ü. <Bä)\oahm.
©tü^e an biefem ftet§ mit it)m einträchtig leBenben Sßruber. Sei ber ftefannten,
ü&i-igen§ ni(i)t fieser öerBürgten ®ef(^i(l)te öon ben 2öein§16evger S^rauen foH ber
le^tere ©infprad^e gef^an ^al6en, toogegen .^onrab ben grauen bie 3lettung il^rer
«Dlänner mit bem SSemerlen ertauBt l^aBe: ein ^önigStoort bürfe nid^t öerbret)t
toerben. 5!Jlit tiefem ©dimers etfüEt, ba^ ber ^önig feinem ©ot)n erfter @:^e
griebricE), tceldfiem er im 3lngefi(i)t feine§ na'Eien (5nbe§ bereite bie SßertoaÜung
feines ßanbe§ übertragen unb ben ©($u| feiner ^meiten ©ema'tiUn unb il^rer
^inber anöertraut f)atte, bie ©rlauBui^ 3ur .^reuäfatirt gegeben, ftarb 3=. ben
6. 9lpril 1147. SBcerbigt tourbe er unfern be§ öon ifm gcgrünbeten £)rt§
.^agenau in ber ^enebictineraBtei ©t. 2SaIpurgi§, öon metc^er fein 35ater gjlit=
ftifter, er felBft Sogt geluefen mar unb in bereu ^laf)^ er ba§ 6tftercienfer=
gionnenüofter ^önig§Bruc£, foUjie im 35erein mit bem (Srafen gteginalb bon Sü^el=
bürg ba§ 6i[tercienfer=5Jlann§!Iofter Nienburg bei §ageuau in§ S)afein gerufen
I)atte. i^riegerifdie £apf erfeit, ®efc^äft§!lug|eit , Seutfelig!eit unb 2r^eigebig!eit
finb bie 6igenfct)aften, bie it)m uai^gcrü'fimt merben. 35ermät)lt mar er in erfter
@f)e mit Subiff), Zoäjtn .^erjog .^einrid)§ be§ ©cfjttjarjen bon Saiern, in gmeiter
mit 2lgne§, Stod^ter @raf fVnebriä)§ bon ©aarbrücEen.
S3gr. 6^r. ^-x. b. ©tälin, 2Birtembergifd)e ©efd^ic^te, SSb. IL — mi%
b. (Siefebre(i)t, @efc[)ic^te ber beutfc^en ^aiferjeit, 33b. III u. IV.
5p. ©tälin.
g-ricbrid) IV. (öon ^o^enftaufen) , ^erjog öon Sifitoabcn, geboren um§
S. 1144, t 1167, ©o'fin Äönig J?onrab§ III. unb ber ©ertrub bon ©ui:,^bad§.
S)a er bei feine§ S5ater§ Slobe im S. 1152 at§ beffen einziger no(f) lebenber
@|3roffe !aum ac£)t Sa^re jäfitte, mürbe bon ^onrab felbft beffen 5teffe, ber feit=
l^erige ^erjog bon ©c^bjaben, f^i-'iei'i-'ii^ Hl-- 3um ^Jtad)foIger im 9ieic£)e empfohlen,
toel(|er benn anäj, al§ ^aifer griebric^ I. feinem S5etter al§balb fein ^er3og=
ftium übergab , toät)renb beffen ^Jlinberjä'^rigfeit für i'^n bie SSertoaltung führte,
ja fogar im S- 1160, bamalg nocf) fö|nelo§, il^n ju feinem näc^ften ^Jla(|f olger
beftimmte, mä'^renb ,§einri(^ ber ßöioe in ^meiter 3teit)e folgen fottte. ^er^og
g. ^atte aber auct) bon feinem S3ater einen anfef)nti(i)en SSefilj geerbt, namentlich
Stotenburg a. b. Zauber, SBeinfberg, SBeiffenburg im 9lorbgau unb ba§ @ebiet
um biefe g-eften; nad) erfterer ©tabt, tool feinem .g)aubt= ober SieblingSgut,
toirb er bon ben (Sefd)id)täfd)reibern feiner 3ett getoöl)nli(^ ■^evjog bon 9toten=
bürg genannt, ^n äöür^burg @nbe ©eptemberS 1157 auf einem glänjenb ge=
feierten Üteid)§- unb ^^ürftentage mit bem Üiitterfc^mert umgürtet, folgte er im
% 1158 bem i^aifer über bie Stlpcn 3u feinem jtoeiten italienifd^en .^eereSjuge
(1158 — 62) unb mirb trotj feiner ^ugenb bei ben micl)tig[ten .kämpfen, meldte
in Italien ftatt l^atten, unter ben Slnfü'^rern ertt^ä^nt, namentlid^ bei ber S3e=
lagerung unb Eroberung bon 6rema (1159—60) unb bei ber 6innal)me öon
^Ulailanb (1162). ^m S- 1164 bet^eiligte er fid§ an ben gelben be§ ^fal^--
grafen iJonrab unb ßanbgrafen Subtoig öon 2;'^üringen mit bem ermäl)lten 6r5=
bifd)of bon ^ötn, Ütainalb b. S)affel, unb im genannten unb ben folgenben
iSaliren an benjenigen be§ ^falggrafen ^ugo bon Slübingen mit ben ^er^ogen
3Belf VI. unb VII. S5ei bem bierten, im ^. 1166 unternommenen guge be§
^aifer§, toelc^er l)aubtfäc^lic^ 9tom galt, erbrach bie 3lbt^eilung, meldte g.
führte, bei ber @r[türmung ber ©tabt bie ^eter§fird§e unb pftan^te ba§ ©iege§=
aeictien auf ben 3lltar. 3lEein al§ eine beftartige ©eud^e jum gtüd^ug ätoang,
mürbe mit über 2000 klittern ber etma 23iä:^rige iperjog ben 19. Slug. 1167
in ßtrurien ein Dbfer berfelben, überall tief betrauert, ba ©d^ön^eit, 3ln=
mut^, 35erftanb, go^ut^ unb ^raft ben blonbgelodtcn Jüngling gum (Segenftanb
allgemeiner SSetounberung gemai^t :§otten. — ^^lid^t lange bor feinem Sobe ber=
mahlte er fic^ mit (Sertrub, Sod^ter ^einrid^§ be§ Sötoen unb 6lementia§ bon
fjtiebric^ V., ^. b. Sd^toaben. 35
3ä^nngcn, öon toelcfiev er jebod^ feine Äinber f)iuterüe|, tDemg[ten§ leine, bie
ein ^anneSaÜer eneic^ten. ©ein ganjeg S5ermögen fiet ba§er an feinen SSetter,
Äaifer griebrid) I.; er felbft l^atte fi(f) burti) (Stiftung be^ ^onnenftofter§
©d)eiter§^eim ein 5Serbienft um bie ^irc£)e ertoorben.
S5gl. 6^r. gr. b. ©tälin, äBirtembergijc^e ©ef^ic^te, SBb. II. — §.
«Pru|, ^aifer g^riebrid^ I., 23b. I. u. II. ^. ©tälin.
gricbrid) V. (bon ^ol^enftaufcn) , ger^og öon ©^toaBen, geb. im ^.
1168 ober 69, f 1191, ^toeiter ©o^n Äaifer ^^riebri(^§ I. unb ber 23eatrir öon
Surgunb. 2)a§ burc^ ben Stob |eine§ 33etter§, ^erjog ^riebrid)§ IT., im ^.
1167 erlebigte .^erjogt^um ©cEitDaBen übergab .^aifer i^^riebriii) biefem ©o^ne
nod^ in bejfen irüt)e[tem ÄinbeSalter, inbem berjelbe bereits im ^. 1170 at§
„dux Suevorum" erfd^eint; boc^ traf ber .ir^aifer toot öorerft noc§ jelbft alle be=
beutenberen 3}eriügungen. Um 5|3ftngften 1184: fanb 5U 5)lain3 unter ^(b^altung
eine§ 9tei(i)§ie[te§ Don nie gefel^ener ^^Jvad^t bie ©d)tt)ertteite gricbricE)^, toie feinet
älteren 35ruber§ ßönig §einri(f)§ ftatt, unb je^t etft mag bie eigentliche lieber»
na'^me be§ ^erjogt^umS burd^ elfteren erfolgt fein, iüie er benn auä) mit htn
3U ertoartenben Erbgütern 2Beli§ Tl. unb ben Sefi^ungen be§ Örafen 9tuboIf
öon ^Pfuttenborj auSgeftattet UJurbe unb in ben näd^ften ^a^ten öfters in f(^mä=
bifdfien 5lngetegen^eiten l^anbetnb auftritt. 2tt§ ber greife Äaifer na(^ ber 6in=
na^me 3?erufalem§ burd^ ©atabin ben 27. Wäx^ 1188 ju ^[Raina feierlich baS
^eu3 naf)m, fotgte i'^m unter ber großen ©c^aar ber 2^ei(net)mer an bem im
folgenben ^a^re aufgeführten guge auif) .^erjog fy. 6r führte öon Dliffa an
bie erfte ber öier 5tbt|eitungen beö ^reuä^eereS unb bemieS fi(| bei ben berf(^ie=
benften ©elegenl^eiten, fo namentlich bei ber Srftürmung öon ^conium, at§
unermübtid^ t^ätiger, mutl^iger, aber aud§ für ba§ äöo^l bes -öeereg beforgter
Krieger. Dlacfibem fein S5ater am 10. ^uni 1190 in ben Söellen be§ ©alep^
feinen %oh gefunben, lüurbe f^. 3um ^ü^rer be§ <^eere§ gewählt unb i^m ge=
^ulbigt, attein f(f)töere Äranf Reiten rafften eine 5)lenge Äreu^fal^rer ]^in, öiele
fe'^rten in i^re .^eimatf) ^nxüä unb jerftreuten fic^. W.xt einem tteinen Oteftc
ber ^annfdfiaft — bie Slngaben ber OueEen fc£)manfen ätoifd^en 1000 unb
15000 9)lann — gelangte x^. im 2lnfang Dctober öor Slccon unb öerbanb fidl)
oEba mit ben S^riften, toe((^e biefe gefte belagerten. §icr erlag ber loegen
feiner S^apferfeit , feine§ frommen @ifer§ unb feiner 3Bo!§ltl^ätigfeit allgemein
beliebte ^erjog am 20. ^an. 1191 ber öer'^eerenben ©eudl)e unb tturbe auf bem
Äirdfi'^of be§ beutfdlien ©pitalS im Sager bor ber ©tabt beerbigt, fein 2eict}en=
begängniB aber buri^ glänjenbe ^eleudjtung be§ SagerS geel)rt. 9tl§ ©rünber
be§ beutfd^en CrbenS fann g- n^c^t betrachtet beerben, mie bie§ nid^t fetten ge=
fd^e'^en, er ^at bietmelir nur ba§ ©pital, au§ toeld^em berfelbe erroaclfen ift, be=
günftigt unb unterftü^t, inbem er bie lübedifi^en unb bremififien Äreujfal^rer,
toelt^e bor 3lccon in einem großen 3elt au§ ©egeltüt^ern ein <Bpital erricf)tet
l^atten, beranla^te, biefe§ 3ett mit aller 2lu§|tattung an feinen Gaplan .^^onrab
unb feinen Kämmerer Surf^arb 5U übergeben, unb fic^ an feinen 23ruber mit
ber SSitte toanbte, bom ^apfte eine beftätigenbe unb f(^ü^enbe 23ulle für biefeS
iSnftitut 3u ertoirfen. — (är toar jmei 2Jlal berlobt, ba§ erfte 9)lal mit einer
Sod^iter ^önig 2öalbemar§ bon S)änemarf, eine SSerbinbung, meldte an bem
feinbfeligen 23enel)men i^re§ SruberS , Äönig Änub§ TL , fd^eiterte , ba§ ätoeite
2Ral mit einer 2;o(^ter be§ .^önigS SSela III. bon Ungarn.
95gl. u. a. &)x. ^x. ö. ©tälin, SBirtembergifdlie (Sefd^id^te, 23b. IL —
©. C. Otiejler, S)er ^reuj^ug Äaifer 5riebri(|§ I. , in i5fOrfdl)ungen 3ur
SDeutfd^en ©efc^i^te, 23b. X. ©. 1 ff. — ^. ^ru^, ^aifer griebrid^ I., 23b. III.
$. ©tälin.
3*
36 ^rtebttd) mnt1)n, 3^. 3. ©(^h)ot3bui;g»9iubolftabt.
gricbrii^ ($jiintl)cr, Prft ju ©c^tt)ar3l6urg=9tubolftabt, geboren ben
6. «Jioö. 1793, t ben 28. ^uni 1867, mar 60 3^a^re gfürft unb regierte, na^=
bem er bie erfkn fiefien ^ol^re unter ber £)bert)orraunbf($ajt feiner 5)tuttcr ge=
ftanben l§atte, 5o ^a'^re felbftftänbig. (5r toar ber erfte ©ol^n be§ dürften 2ub=
toig g:-riebri(^ II. (f am 28. ^tprit 1807) unb ber g-ürftin Carotine ßonife,
einer ^prinjeffin öon ^effen^ipomburg (f am 20. ^uni 1854). (Seine erfte gr=
äiel^ung erl^ielt er unter ben Singen feiner fürftlid)en Altern. S)a ber treffliifie,
attgemein beliebte unb funftfinnige ^ürft Önbrtjig f^rtebrid) IL fc^on 1807 ftarb,
übte bie eble, für alle§ (Sct)öne unb .spol)e begeifterte, foföie if)r engere§ unb
tt)eitere§ S5aterlanb über aÜe§ liebenbe fürftlid)e äöitttoe tt)äl)renb ber Oberüor»
munbfctiaft tool ben meiften (SinfluJ3 auf be§ jungen dürften toeitere ßnttüiiilung,
toie auf fein gerabe§, gefunbc§ Urtlieil au§ (bgt. ilaroline Souife, ^^ürftin öon
©(^tDar3burg=9'iubolftabtA 9^ur furje 3eit [tubirte ber gürft in @enf, benn in
jenen für S)eutf(i)lanb traurigen ^a^ren ^ielt e§ bie g-ürftin für beffer, iljn bei
fid) äu behalten unb mit ben 9tegierung§angetegen^eiten befannt ju mad^en,
toeld^e bie i^ürftin=^}Jtuttcr ber fremben 5Jla^t, mie ber baburd§ im eigenen Saube
l^eröorgerufenen 93ebrängni^ gegenüber mit toal^r^aft männlic£)em 5!Jtutl)e unb
großer Dpferfreubigfeit ju leiten mu^te. ^m Dctober be§ ^. 1813, balb nad^
ber ©ctilad^t bei £ei|)5ig, trat ber ^üift unter ber f|)ecietten ^^ü'^rung feineg
01£ieim§, be§ ^^'f^iiniarfdiattlieutenantä ^^rinj 'i^^itip^J öon ^effen--,g)omburg , in
bie 5trmee ein unb ftanb im Januar be§ folgenben ^al)reö ^ei ber gegen 2luge=
xeau aufgeftellten ©übarmee, befel)ligt bon einem ätuciten Cl)eim, bem banmligen
@rb)3rinäen ^^riebricl) ju ."peffen = Apomburg , faifeviid) öfterreid)if(i)en (Seneral ber
ßabaHerie. ^lit biefem 5lrmeecor:p§ überf(^ritt ber i5fürft ben Sf^ein, fämpfte
mit bei ©t. ©eorge unb ßimoneft , . 30g in 2t)on ein unb na^m Sl^eit an bem
@efe(^te bei 9floman§ in ber IDau^jliine. ^U naä) bem ßinmarfd^e ber 3Ser=
bünbeten in 5Pari§ hu ©übarmee nad^ St)on jurücEgegangen mar, begleitete er
feine beiben C'ljeime auf fur^e o^^t ^^^ ^^'iari§, trat bann mit bem 3lrmeecor^3§
ben 9tücEmarfc§ nad) S)cutfc^lanb an unb fet)rte nad) 9tubolftabt jurücE. ^ux
übergab i^m feine 3!Jlutter am 6. ^Jlcöember 1814 bie 9tegievung , mc(ct)e er
bon ba ab 53 ^ol^re bi§ ju feinem Üobe fül)rte. 9Iur eine tur^e Unterbred)ung
ift 3u beachten au§ bem ^. 1815, in meldt)em er unter feinem Oljeim 5p|tlipp
öon ipeffen=^omburg tuieberum nodC) ^^-ranfreid^ marfd£)irte, atte ©efa^ren ber
@efed)te t^eilenb, tuelcfie ba§ 5lrmeecor|)§ beg Kronprinzen öon 3Bürtemberg öom
9tl)ein au§ ^u befte'^en l)atte. — 1815 trat unter beö g^ürften 3flegierung
©d)mar3bnrg=9tubolftabt bem in§ Seben gerufenen beutfdjen 23unbe bei, in melc^em
ba§ ^5rürftent^um al§ felbftänbigcr ©taat öertreten mürbe. <Bä)on 1816 gab
ber i^ürft bem Saube eine felbftänbige 5Berfaffnng, meldje aber erft 1821 inS
2^^^ trat. @in (^mifc£)en ber Unter'^crrfd)aft bei ßanbe§ unb bem i?urfürften=
tl^um, fpäteren Königreid^ ©ad^fen beftel)enbe§ gemiffeg ßel)en§öerl)ättniB mürbe
nad^ erfolgter 5lbtretung be§ betreffenben fäc^fifd§en Sanbc§ont^eil§ an ^^reu^en
burd§ ben ©taatgöertrag öom 16. ^uni 1816, in meld^em ber gürft feinen 2ln=
f|)rü(^en auf bie Stemter ^leringen unb ,^elbra entfagte, bef eitigt. ßbenfo mürben
burd^ SSerträge mU ©a;^fcn=@otl}a unb @ad^fen='']Jteiningen 1823 unb 1827,
burdf) 5Ibtretungcn unb ^iluStaufdiungen bie gegenfcitigen SSejie^ungen ber be=
treffenben Staaten geregelt, mie ä^nlii^eä fd^on frül)cr mit ©ad^fen=2Beimar ge=
fd^el)en mar. 1822 erfolgte ber ^Beitritt (mit ber Unter^errfd^aft) jum preu|i=
fd^en 3oEöerein, 1828 ^um mittelbeutfc^en ^anbel§öerein , 1834 jum neuen
großen beutfd^en 3ottöerein, mie föäter ju ben unter hen beutfd^cn Staaten ah=
gefdiloffenen 5Jlün3conöentionen. S)a§ S- 1848 fü'^rte aud§ l)ier me^rfad)c, nid)t
unmefentlidie Umgeftaltungen ber S3erfaffung§öerl}ältniffe :§erbei, meli^e burc^ ba§
^runbgefe^ öom 21. mai 1854 neu georbnet mürben. 5lud^ ber Organi§mu§
iJttebtid^, ©rf. ö. Stabe. 37
ber (Staat§16et)örben erlitt me^rlad^e SSeränberungen. 1866 trat ber {yürft am
3lBenbe feine§ Sel6en§ bem norbbeutfc^cn 33unbe bei. — S)ie 9fle(^t§^flege unb
bie (Sevid)te toarett ftet§ Öegenftanb ber unauSgefe^ten j^ürforge be§ ^yürften,
tnie feine gefeljgcBerifdie S^dtigfeit fid) über alle ©ebiete be§ [taattid^en 2el6en§
je nad) 58ebürinif]eti ber 3eit unb be§ 'üanbe§ inSbefonbere erftretfte. ©orge für
f^örberung be§ reügiöfen Seben§ überhaupt, für •Oebung be§ ©cf)u[= unb Unter=
ncf)t§li)t'fen§ (örtueiterung be§ @l;mnafium§ unb ©rünbung einer ^Jtcalfct)ule)
16etf)ätigte er feine ganje Ütegierung^jeit fjinburd). S)a c§ nic^t jtüecfbienlid^ fein
Würbe, an biefem Drte bie ©egnungeu fetner Siegierung, in toelc^er i^m bie um
(5d)li)ar3burg=9tubolftabt '^ödift berbienftöoßen ^JJMnner al§ oberfte 9tegierung§=
Beamte ^ur ©eite ftanben, einzeln auT,]U]ä^[en, fei nur conftatirt, ba^ be§ ö'üfften
ßiebe ju feinem Canbe , ein 6rbe feiner 3li)nen , fein @ered)tig!eitlgeiü^t , mie
feine Humanität , feine ©erab'^eit , 33ieberfeit , fein f(^tid)te§ , eintad)c§ SBefen,
burc^ roetc^eä er ben .^0(^gefteEten, tüie ben 5tiebrigftcn im Sanbe befannt mar
unb meld)e§ ^eben bertrauenäOoH fid) if)m na^en (ie^, baju 53 ^af)re felbft=
ftänbigcr 9iegierung i^n jum 33ater be§ gefegneten, fc^önen Sanbe§ erf)oben. —
3Ba§ fein g'^iriitienleben in§befonbere anlangt, ^at er neben ber i^reube au(^
be§ ßeibeä in reid)Iic^em 5}la^e erfatiren unb mit ber i^m eigenen ©tarfe mürbtg
ertragen. 6r mar brei 5Jtal bcrmd^It. ©eine erfte 6jemaf)lin toar bie ^^rin=
jeffin 3lmaüe 3Iugufte bon 3(nf)aU=2)effau (bermä^It 1816), bon toelc^er i^m
brei ^riuäen geboren mürben, me(d)e i'^m aber alle brei (bie beiben füngeren
früi)äeitig, ber ©rbprinj im 25. Seben§ia^re fte"^enb) burd) ben Sob entriffen
mürben. 2lud) bie ^^ürftin [tarb 1854. 3um smeiten '^lak üermäf)(te er fi(^
1855 mit ber (Sräfin ^etene bon 9tatna, 2od)ter be» ^^rinjen Seorg Sern^arb
öon 2ln^aIt^S)effau , burc^ 3lboption bom ^^rinjen SBil^elm SBolbemar ju 5ln=
I)aU 5u einer ^rinjeffin bon ^In'^alt er:^oben. ©ie ftarb bereite 1860. 3uni
britten "^aU üermä^lte er fic^ in morganatifd)er @]^e mit ^arie ^elene 2t)bia
Sfnna ©d)ul^e au§ Königsberg, metd)e 3ubor bon xi)m ^u einer 33aroneffe unb an
feinem 50jä|rigen 9tegierung§jubitäum ju einer Gräfin bon 33rodenburg er'^oben
Würben war. — ^tjm folgte nac§ feinem Sobe 1867 in ber 9legierung fein
SSruber Gilbert (geb. 1798) unb nac^ beffen fur^er ^Regierung (er ftarb fi^on
1869) ber je^t (feit 1869) regierenbe f^ürft (Scorg Gilbert (geb. 1838).
S3gl. u. a. 3}oigt'§ beutfi^er 9tegentenalmanad), Ilmenau 1829; ^^ürftl.
©d)Waräb.=9iubolft. ■g)au§falenber ouf ba§ ©djaltjalir 1864 , fowte bie öcr=
fc^iebenen ^alirgänge beg officietten fürftl. ©d)waräb.=9lubolft. SBoc^enblatte?.
31 n e m ü 1 1 e r.
5*ncbrtc(), (Bxa] bon ©tabe, aber nid)t au§ bem alten ©rafenliaufe, f am
18. Slb^'il 1135, war na(^ altem Üted^t fein S^reier, fein SSruber Ulric^ wirb
fogar einmal mancipium genannt, um fo wunberbarer ift bie erlangte ©tettung.
S)ie 9iofenfelber 3lnnaten, Sllbert b. ©tabe, , ber fäi^fifd^e 3lnnalift, wenige Ur=
funben er^ä'^len bon ifjm, ba§ Chronicon Rosenveldense gibt feinen 3;obe§tag.
(Sine eble angetfäcf)fifd)e f5'i-"fiu mit brei 2:öd)tern, bie nad) ber ©dilac^t bei ipa=
fting§ 1066 bielleid)t nad) S)änemar! ftof)en, berfielen, fdjiffbiüc^ig an ber ilüfte
ber @raffd)aft, nai^ bem ©tranbredit bem (Srafen bon ©tabe al§ 6igentl)um.
Ubo IL, ber ^weite ftabifc^e 5Jlarfgraf ber ^J^orbmarf (1057—82), übergab bie
biet S^rauen bem .g)offtaate feiner ß)emal)lin Dbone ö. aSerle (t 1110) unb ber=
l^eiraf^ete fie nad)^er mit ^imfterialen , fobafe bon swei ber ©c^weftem bie b.
^liberftorb, b. Sinbena, b. ^obpenburftolbe, gjtule, ö. @Im, b. Setiern, b. 6melen=
t^orbe unb b. ipored)tt)orbe (.«patborf) flammten. S)ie britte fc^eint fc^on ^Wei
©öl)ne t>on einem angelfäd)fifd)en ßblen, g-riebric^ unb Ulrid) mitgebracht ju^aben;
ob biefer @ble ober ein jweiter ftabifdier @emal)l 9teinl)olb l)ieB, unb wo i^re
Södjter Dbilia, Slebtiffin ju i^eglingen, unb Ütofele, ©tammmutter ber b. SBal=
S2339
38 g^riebriä) VII., (Stf. b. SoggenBurg.
be§tl§oi-^e, geöoxen finb, fte'^t nii^t feft- @te lel6te noti) mä) 1116. S)ie ©ö'^ne
Iltelten fic^ al§ i5freie , touiben reicf) , fie Rotten brei bänifdie 5Bif(f)öfc auf einet
«pUgerreife erf(i)lagen unb bevauBt "^aben, am .g)ofe ^einric^g IV. ju öoSlar
fu(^te Ubo II. (tool gjtarfgraf ßuber Ubo IL, t 1106) ben Ulrid) (tDa'^rfc^einlii^
t 1112) butd) eine Dt)i-feige al§ ßtgentl^um jurücEäuforbevn , toa§ 3um Äampf
in bei- ^ii't^e jütirte. g-. aber war fc^on öoi; 1082 S3ogt ber Bremer Äitc^c
unb "^ei^t fd^on 1091 ©raf, 1095 er'£)ielt er öon ßuber Ubo bie SSertDaltung
ber ©raHc^ajt ©tabe, bertoattete fie gut, unterftü^te feinen .^enn, ben WaxU
unb erlangte gegen 40 W. ®olbe§ tiom .ßaifer .speinrid^ V. bie grlaubni^, feinen
freien ©tanb burd) 3eugen ju ertoeifen, wä^renb ber 5[)lar!graf Oiubotf, ^ein=
ric^§ II. 35ormunb, ben ßr^bifcjiof g^riebric^ (1104—23) antrieb, jenen al§
@igentt)um ber Äiri^e 3U redamiren, toa§ er f^at, jumal ®raf ^f. Äirdiengut
3urüil{)iett. 3luf bem öom Äaifer 1111 jur 9lu§fü]^rung be§ ^RagbeBurger
@pru(^e§ angefe^ten Jiagc 3U 9laboIt)e§t^OTpe (gia^mftorf) bemächtigte fid) aber
gjiarfgtaf gtubolf be§ ©rafen unb '^ielt i'^n in ©al^toebet gefangen Bi§ 1112.
9la(^ 9lec^tnng ßot:^ar§ unb 9tubolf§ unb S3erIei'C)ung ber Dtorbmar!, allerbingS
nur auf furje 3cit, an §el|)erid) öon ^^-^lötifau fuc^ten jene fceiben ^rieben, x^.
tourbe al§ @raf öon ©tabe anerfannt, „ein5Jiann, ftro^enb öon Oteid)tt)um, ^er=
öorragenb buri^ ©diarffinn unb 2BiUen§fraft" ; er n)irb 1115 bann ben Äaifer
gegen bie 8ad)fenfürften unterftü^t '^aben. ©päter öerfud)ten JRubolf unb ber
feit 1114 münbige ^arfgraf ^einrid) II. i'f)n öon ber 6lbe au§ in feiner 23urg
©tabe äu überrumpeln, bod^ er entfam. S)a er öor'^er fidf) mit bem |)er3og
Sottiar, ber für bie fünftige .^ronbeiuerbung ben ftarfen f^reinb im 9lüden lieber
in einen ^^rcunb öermanbelte , \\d) geeinigt t)atte, fo bedte biefer it)n mit ber
boHen t)er3ogtid)en ^lad^t 1122—23 unb erbaute baju bie 33urg S3örbe
(33remert)örbe). ©o behauptete i^. bie ©raffi^aft bi§ ju feinem ^obe, er ftarb
om 13. Slpril 1135 unb fd)eint in §arfefelb im Älofter neben ben alten ©rafen
begraben- 6000 S!R. ©ilber l)atte er bem .^lofter gegeben, ob gefd)en!t ober be=
ponirt, ftel)t ba'^in; Äönig ßott)ar nat)m fie 1136 für fid) öom 5lUar ber i?ird)c.
SSieHeidit ^atte ^^. i'^m 1122 fein (Jrbe berfproc^en, mo3u benn mol bie ©taber
3lEobien ber alten ©rafen, bie er meggenommen, aud^ getjörten. S)er leiste be§
alten ^aufe§, ber ©rjbifdliof .»partmig I. öon §amburg=93remen, fd)lo^ nod^ al§
©omprobft einen SSeitrag mit bem @r,^bifcl)Df öon ^Jlagbcburg 3ur ä^ert'^eibigung
ober äßiebererttterbung ber Sefi^ungen g^riebridE)§ , auf mel^e nadi'^er §einrid^
ber Söme al§ ßot^ar§ 6rbe aud) Slnfprüdie er'^ob. ©o ftctjt g- "^öctift eigen=
artig unb bebeutung§öott ba. Ob er bermäljlt getoefen, miffen mir nid)t , et
ftarb unbeerbt, im @rafen=!Jlefrolog be§ ^arfefelber Chronicon fommt aber ein
am 20. ©eptember öerftorbener @raf ^einridE) , bid^t :^inter g. bor, e§ tonnte
ein öor i'^m l)ingcfd£)iebener ©ol^n fein.
Sgl. ^affe, S)a§ beutfd)e siteid) unter ßof^ar b. ©ad£)fen; Sappenberg im
^omburger Urtunbenbud) (audl) ©tenjel u. ö. ©iefebrec^t III. 2). 2Bai^,
S). S>.=(55. VII. 9. , Traufe.
gricbrid) VII., (Sraf öon Soggenburg, t am 30. ^Ipril 1436. — S)a§
@efc^led£)t ber f^reien öon Sloggenburg im oberen 5El)urtl)al in ber ©d^meij tritt
urtunblid^ juerft um 1044 auf. 3Iu§ ©igen, au§ ße'^en be§ 9ieid§e§ unb geift=
lidtier ©tifte, öoräüglid^ ber 3lbtei ©t. ©allen, bitbete e§ fid^ bi§ gu (Snbe be§
12, Scil)r^unbert§ ein ©ebiet, ba§ öom ©taramfi^e ber Q^reien, ber alten 2;oggen=
bürg (in ber l^eutigen Pfarre .^irctiberg), ben ''Jlamen erhielt unb feit SSeginn be§
13. Sa'^r'^unbert^ , too bie freien gräflid)en Sitel anna'^men, bi§ 1798 bie
i^xiibxiä) Vn., ®rf. ö. 2:oggenburg. 39
©raifc^ait 2oggenf)utg tye^. Um 1130 l^otten bie ^^reien bie ©rünbung ber
SSenebictineraBtei gif^^ingen in ber ^Jtä^e i^vet (Stammburg Incfentlic^ fiegünftigt;
&xai Sief^elm IIL (j 1207) unb befien Sot)n Siet^etm IV.*- (t naä) 1229)
ftittetcn bie Sol^aiiniter=Crben§§duler SuBifon im 3üri(^gau unb Zo'bel im
2;:^urgau. S^er ßnfel, Siet^elm V. (f nadf) 1236), ift a(§ ^lörber feine§
5Bruber§ fyriebricf) I. (f 1226) Befannt; üon xi)m ftammten bie fpäteren ©tieber
be§ @eidy(ed)te§. ©ein Snfel, Shxüjt II. (f 1265 66), erfcf)eint alg ^J^hnnefänger
in bei- fogen. 5]^aneil"i|d)en öanbfcfinit. (Sraj griebni^ IV. fam 1315 im Speere
^er^og £'eopoIbS öon Ceftcrreid) fiei Vorgarten um, nad) ücrgeblic^cm S}erfu(^e,
feinen Dladjbarn öon <5c§tol)3 griebe 6eim .iper^oge au^suiDitfen. 3]on feinen
(Söfinen ftarb Siet^elm YIII. 1237 im treffen bei @vinau am oberen 3üric^fee,
ats 2lniü{)rer ber 3üi;<^ei-" gegen ben ©rafen ^ol^ann üon -§ab5burg=9tapper§U)iI;
toä^renb griebric^ V. burc^ 3}ermä^Iung mit einer "Loditer be§ legten mcid)tigcn
freien öon 2}a^ im curifi^en Ütütien ben (Smnb 3u aIImäf)Ud) auSgebel^ntem
Sefi^e beö ^^aufes in ben bortigen 6egenben legte. ;}(nbere 2oggenburger
mod)ten fid) in geijtüc^en äÖürben befannt. 5Der gefc^i(f)t(id) bcfanntefte aller
©rafen öon 2oggenburg i[t 0^. VII., ber mäd)tigfte unb jugleid) ber le^te be§
alten 8tamme§, beffen 6nbe für bie iditoeiserifi^e Gibgenojicnfc^aft 3um Äeim
eine§ langen, fie auT§ tiejfte erjc^ütternben inneren ßriege§ unb äugleic^ neuen
Äampie§ mit Oefterreid) rourbe, be§ fogen. aÜen 3ünd)friege§ (1436 — 50).
©raf g^. VII., ber einzige So^^n Siet^elmS IX. (f 1385) unb ©ntel griebrid)§ Y.,
tourbe um 1370 auf bem (5d)Ioffe ©olaöerä bei @rüf(^ im 5|>rüttigau geboren,
ging 1394 mit bem einjigen noc^ lebenbcn 6tamme§genoffen, feinem öäterlid)en
Dl)eim 6raf Sonat (f 1400) , eine 2:£)eilung über ha^ groBöäterlidie Grbe ein,
geriet^ aber nac^ beffen S^obe mit Sonata ßibam unb 6rben, Sraf 2Bill^etm
öon 5)^ontfort=S3regen3 unb beffen @emal)Iin, in fye^^be, morauf im S. 1402 erft
eine öoHftänbige unb bleibenbe 2Iu5fd)eibung be§ 25efi^e§ jtoifc^en i!)nen erfolgte.
9)Ut SSurgen im S^urgau, mit ber S}ogtei öon ^ifdiingen, mit ber öon Cefter=
reid) an bie ©rafen öon 3:oggenburg öerpiänbeten ©raffdjaft Äiburg würben
S)onat§ ßrben abgefunben. 2{Ile§ Ucbrige: Sie (Sraffdiaft 2oggenburg, bie
.g)errf(f)aTten ©reifenfee bei 3ünd), lljnai^ unb obere 5J^ar^ jtoifdien bem 2BaIen=
unb bem 3'ii"^'^fee/ i'ie fogen. 3e§i^ @erid)te in ^ünben, blieben bem ©rafen ^y.
2)tit großem ©efc^ide tou^te i^. nun, toa§renb aüe noc^ übrigen bt)naftifd§en
©eroalten in feiner Umgebung fanfen, fid§ in btefem 35efi^e nic^t nur ju er!§alten,
fonbern benfelben nod^ ju mehren. 3to^f'^en ber eroberungebegierigen 6ib=
genoffenf(^aft, ben fed aufftrebenben ^Ippenjellern, ber ja^en 5)la^t Ceftcrreic^S,
in ben öerttidelten 35er'^aÜniffen ber §ei-rfdiaften unb (Semeinben im rätifc^en
(Bebirgslanbe , 'behauptete er fid) mit öoEem ßrfolge unb fanb fogar bei feinen
Dla(^barn auc^ ©id^erung gegen etmaige Unbotmä^igfeit feiner öon i^m ftreng
gehaltenen Untert^anen. Slnfänglii^ öerbanb er \\äj enge mit 3üi'i<^ ^urd)
S5urgred)tc mit ber (Stabt (1400 — 5), burd) Slerpfänbung ber 6errf(^aft @reifen=
fee (1402), bie i:^r nad) 18 ^a'^ren untoieberlöelic^ blieb, bur(^ ä^erfpred^ung
eines 5ßortauförec^t§ Betreffenb Vi^naä) für S^xiä) ober bie gibgenoffen (1402).
3ll§ ber 2lppen3eller!rieg begann unb .öerjog griebri^ öon Cefterreic^ nad) feiner
5heberlage am StoB (1405) ben ©rafen {y. ju feinem Hauptmann in feinen
Sanben ob bem SSobenfee ernannte, tonnte y^. ben ^erjog 3u bewegen, i^m bie
^errfi^aft (Bafter unb bie (Sraffd)aft ©argon§, be§ ^erjogS i^fänber öom 9ieid§e
unb öom (trafen öon 2Berbenberg=iSargan§, pfanbmeife ju überlaffen, unb fd)lo^
bann mit ben Slppenjeltern, in beren großen „53unb ob bem ©ee" auc§ bie ^eute
biefer unb feiner eigenen ^errfc^aften eintraten, S5erträge {Tlai 1406, Secember
1407) , bie i^m ^-rieben öon il^rer ©cite öcrfd)afften unb bie 3Sunbe§eibe feiner
Untert:§anen für i^n unfd^öblic^ mad)ten. S^xid) unb bie ßibgenoffen waren
40 g^rtebrtd) VII., ®rf. b. 2:oggenburg.
t|m ^exM Be^ülftid^. 5lud) auf bte öften-ei(i)if(i)en i^exrfc^aften 9l^eined unb
fjelbfircf) txtoaxb x^. 5Pfanbanf^rü(i)e unb fud^te biefe, geftü^t auf ein SBünbni^
mit "Den ^ppt^^tUnn 3ux tüit!ti(i|en Geltung ju Bringen (^ai 1410); allein
ol^ne Erfolg, ba ber «^erjog fid§ bamal§ gerabc toieber be§ 9tt)eintf)al§ Bemäiii^
tigte. 9tbei- im 33efitje bon ©argan§ unb (Softer bteibenb, betitelt er nun toenig=
ften§ ein ©ebiet, ba§ jufammenl^ängenb öon ®abo§ l^erunter big an ben 3üric^=
fee unb bi'e mittlere Z^ux reichte. 5II§ ber Eintritt SliJpen^ellg in bie 6ib=
genoffenfdiaft (1411) unb ber 5lbf(i)Iu^ bc§ SOfä^rigen 0^rieben§ ^föifc^en Deftreid)
unb ber 6ibgenoffenfcf)aft (1412) ben ©influ^ ber (enteren big an ben SSobenfec
unb ben 9i'^ein befeftigte, benjenigen Oefterreidjg bieffeitg biefer ©renjen bleiben^
ber befciiränfte, trat ®raf ^. bem .^aufe Deftreict) ferner. 33ei ber 3Ied)tung .^er^og
i5riebric£)§ burd) ^önig ©igmunb (1415 unb 16) folgte er, toie bie ©ibgenoffen,
ni($t ungern beg Äönigg 9iufe ^um 9tei(f)gtricge tDxhtx ben ^erjog, eroberte mit
^ülfe 3ürtd§g ^elbfird) unb ertoarb öom ^önig biefe §errf(^aft at§ 9teii^g|)fanb,
bie er auä) naä) beg ^er^ogg Slugföl^nung mit ©igmunb be'^iett. 1424 erfaufte
^. öon benebeln öon ^ungingen unb 33obman bie .»perrfcfiaft öf'^eined mit 2ltt=
ftätten unb bem Stl^einf^al , feit 1415 9{eid)gpfanb ber ©bleu, ©o Wax nun
aud^ unterhalb ^aienfelb unb ©argang bag Sffl^eint^al ju beiben ©eiten ht^
f^^tuffeg 3U i^riebric^g ©ebiete gefd^tagen. ^fieue 3)erträge mit 3ürid^ (1416), bie
big auf fünf ^di)xe naä) bec^ (Srafen Sobc auc^ für feine (ärben gelten fottten,
SBerträge mit Sd^mj^ (1417) unb (Slarug (1419) fixierten g. fortbauernbeg
guteg @int)erne"^men mit biefen Orten, unb alg 1426 bie 2lp|}cn3elter Unru'^en
aufg neue augbrac^en unb i^n, ringgum 5^a(i)bar ber Slp^en^ettcr unb if)ren
Uebergriffen auggefep, 3um Kriege wiber fie nöt^igten, t)crfdC)afften ^üxiä) unb
(5dt)tot)3 burd§ it)re <g)altung unb i'^ren ©influ^ bem (trafen S^rieben (1429).
Se^tereg £anb '^atte er burd) ben 2lbfdt)tu^ einer gteid^ engen 9}erbinbung tt)ie
mit 3ürid^, ©inräumung eineg 9}orfaufgred§teg auf feine 93urg @rinau am obern
@nbe beg 3ürid)feeg unb burd§ bag SSerfpred^en gewonnen (1428), ba^ bie an=
fto^enbe, i^m anget)örige Sanbfc^aft ber oberen 5Rard^ nad^ feinem 2;obe an
(5ci)tt)t)3 fallen fotte. ©ein rätifc^eg öeBict fidberte ein um biefelbe 3eit 9^=
fd£)Ioffeneg SBünbni^ mit ben @emeinben beg @otteg!§augbunbeg (1429). g^rieb=
rid^g Se^ieljungen ju ben 5lad^barn toaren für biefe, mie für feine .^errfdiaften
um fo toid^tiger, alg bie @:§e beg ©rafen mit ®tifabet^ ö. ^Jtetf^ finbertog
blieb, unb ätnci ©öfjne feiner einzigen ©dfimefter, @ema!§lin beg @rafen S3ern=
^orb bon Sttiierftetn, frü'^e [tarben , fein 33efi^ ba'^er einft unter feine ©emal^lin
unb 3al)lreid^e entferntere 3}evtt)anbte, bie S)efcenbenten ber (Sefd^toifter feiner
''ölutter, ^af^artna bon 2Berbenberg=§eiligenberg , fid^ tlieiten mufete. ^XJle'^r
unb me'^r begann aud£) um ben @rafen ein SBerben in SSetreff ber Eünftigen
35er'§ättniffe feiner ßanbe, mobei bie grben, bor^uggtoeife aber S^xiä) unter
5öürgermeifter giubolf ©tüfei (1430—43) unb ©d^mtjj unter ßanbammann ^tel
Ülebing bem älteren (1427 — 47) eifrig fiel) bet^eiligten. 33eiben eibgenöffifd£)en
Orten gaben i^re mit bem ©rafen beftel^enben, fünf ^al^xt über fein 2zhtn l)in=
aug gültig bleibenben 55erträge 3lugfidl)t auf t)olitifd^ mirfitige 25erbinbungen mit
gfriebrid^g fünftigen ©rben unb bereu Untertl)anen ; 25erbinbungen, bie p ein=
fluB unb 5^atf)t, möglid^erteeife ^u eigentlid^en ©ebietgertoerbungen fü'^ren
tonnten; bem Sanbe ©^m^a l^atte ja ^. bereitg bie Tlaxdj jugefid^ert. 3ürid^
berf^affte fidt) bagegen bom ^önig ©igmunb 93etoilligung, bie Sanbfd^aft ©after,
n)el(^e Oefterreid^ bon 'iüiiä)t, g. bagegen bon Oefterreid^ ju 5pfanb befa^, an
fid^ 3U löfen unb l^offte bon bem trafen, toenn nidl)t bie ßöfung felbft, fo bod^
9lnerfennung feineg gtedl)teg auf ben pfall feiueg 2obeg, o'^ne 9{ü(ifid^t auf
Oefterreii^, ^u erhalten. S3erbinbung mit ben fünftigen Ferren unb ben £euten
ber ©raffdjaft Soggenburg unb ber .^errfd^aft Uäuadl) nahmen beibe Orte todU
fjriebrtc^ VII., ®tf. b. 2oggenbutg. 41
eifernb in SluSftc^t. ^tber auci) (Bxa] griebtt^S Unterf^anen ja^en mit ertoar=
tungen ber berfcEiiebenften 9lrt bem 3e^tt)unfte entgegen, bev i{)nen fräfiere ipewn
tt)icber= ober neue ipervn geben ttjüi-be unb trajen ?lnftalt, jic^ burc^ 2}crbinbung
unter einanber gegen UeBerbrang berfetben ju fdiü^en. ^n biefer Sage benaf)m
fid) 5. mit ber ndmtii^en Ätugfeit, bie er ftet§ bemä^rt {)Qtte. ißorfict)tig t)ei=
mieb er |o lange a[§ möglirf), [ict) bur(f) Beftimmte grttärungen ju Binben, bie
jum SSrucfie mit bem einen ober anberen 93et^ciligten Ijätten iüf)ren fönnen.
Unterftü^t burd^ ©rf)n)t)j unb burc§ Sern, in beffen iBurgred^t einige feiner erB=
6ere(i)tigten Sßermanbten ftanben , midE) er bem ungebutbigen drängen ^ürid)^
um Seseicfinung eine§ (JrBen unb 33efii)roörung feinet 33urgrec^te§ mit ber Stabt
burc^ biejen unb bie Untert^anen aus (1432, 5lug., 5ftoüBr.}. ^^^ er enblid)
hbä) einer Sluiforbei-ung baju nachgeben unb Bei Äönig ©igmunb bie ertouBnil
e{n:^olen mu^te, einen GrBen feiner -öerrfc£)aften 3U be^eic^ncn (1433), erfldrte
er amar Qüxiä} gegenüber jeine @ema|tin ^um SrBen, öerctaufuürte aBer biefe
(Srflärung mannigfach unb Bef)ielt ft($ auäj SlBdnberung feineg ßntfc^Iuffes öor,
fo ba^ bem a^erlangen ber Stabt bamit nur 3U"i ©ciieine entf|)ro(i)en toar
(1435). Stnuertic^ aber manbte fid^ g., berieft burd) i^r ©rängen, ftd§ me:^r
öon i'^r ab, @c^mt)3 immer enger ju, Bezeichnete biefem gegenüber ben g-rei^^enn
ö. Sranbi§ al§ fünftigen @rben üon SoggenBurg unb üon Ujnad^ unb gab bem
Sanbe bie ^ufic^erung, ba^ bie Untert:^anen biefer ^errfdiaften gleict) naä) 2lb=
lauf be§ äürd^erifd^en S3urgred)t§ ein etoige§ ßanbrec^t mit (5(^rol)5 fd)mören
joEen (1435. 1436). Ungead)tet bie ÜJräfin bei biefem 3(cte anmefenb mar,
Hieb berfelBe 3üri(^ unBefannt. ©0 l^ielt g. bie fi(^ um i^n Bemü^enben ^ar=
teien :^in, bie ©eftattung ber 2)inge ber ^ufunft üBerlaffenb , Bi§ ^u feinem am
30. 3l|3ril 1436 auf ber ©cf)attenBurg Bei f^elbfird) erfolgten ^infi^iebe. 9lun
fi^erten \\ä) feine rätif^en llntert^anen burc^ ben 3lbf(^tuB i^reg „3e§ngeri^ten=
Bunbe§" (8. ^uni 1436), ber fidE) BteiBenb Behauptete; in SoggenBurg unb U3=
nad^, in @after unb ©argang traten bie <3anb(i.nite jufammen unb Beftellten
SSertreter it)rer i^ntereffen; ©d^mi)] Befe^te bie obere 'Maxd) unb lie§" fie fi(^_
l^utbigen. Sagegen tonnten fic^ meber bie SBittme unb bie S^ertoanbten (Sraf
^riebrid^§, nod) 3ürid^ unb ©dtiro^^ unter einanber öerftänbigen, unb inbem nun
le^tere i^re 5lnfprüd^e burd^ Parteinahme unb SSerbinbungen mit ben einen ober
anberen ßrBBered^tigten unb mit Cefterrei($ p förbern fud^tcn, entftanben S5er=
toidlungen, au§ toet(^en fd^Iie^Iid) jener erbitterte Ärieg 3ürid£)§ gegen bie (Sib=
genoffen ermutig (1437 — 50). S)er Slnbtid feiner öerfeerenben 2Birfungen, bie
®efa:§r gängtidEien 3erfaII§, toeld^em bie ßibgenoffenfi^aft nur mit Dtot^ entging,
erzeugte .fpäter bie in fd^mei^erifd^en g^ronifen auggefprod^ene 5Reinung, @raf
iyriebri(^§ eigentlic^fte 9lbfid^t fei e§ gemefen, biefe ^riegsflamme ]\i entjünben
unb bie 3ei-1törung ber i^m OerliaBten (Sibgenoffenfdbaft tjerbeijufü'^ren. (5i ift
bie§ eine 3^ermutt)ung, bie i()n nid)t nur ofine oEen 9tac^mei§ tieffter 35eTn3erfü(^=
!eit Befd)ulbigt, fonbern bie au(^ an fid) f)5d)ft unma^rfd)einli($ genannt merben
mu^. £enn abgefet)en baüon, ba^ g. ben ®ang ber ®inge nad) feinem iobe
unmöglid) mit ©emil'^eit öorausfe'^en tonnte, erftärt fid^ fein ganjeg fSni)aiten
fel^r natüiiidt) au§ ben öerroidelten redt)tlid^en unb poUtifd)en 35erfättniffen t)er=
fd^iebenfter 3lrt, in benen feine einzelnen Sanbe ftanben, aug ben ©c^mierigfeiten,
mit tt»etct)en bie§ unb bie gegenfeitige ßiferfud)t bon ^üxiiii unb ©d^lotiä/ toic
bie gro^e 3a^t feiner Seitenöermanbten, jeben Beftimmten ©(^ritt feineiieitS um»
gaBen unb au§ ber ©d^eu be§ ftaatSftugen unb Bejal^rten ^}Jlanne§, eine ©tellung
unb ^Utad)t, mctc£)e bie f5^rud)t öietjä'^riger 5Inftrengungen mar, im %ikx nod|
burdt) eingreifenbe 5ntfdE)lüffe ju erfd^üttern. Heber bie fc^üeBtidie 23eri:§ei[ung
feine§ Sefi|e§ 5tDifd£)en ben (Srben f. bie unten angeführten Duetten, inSBefonberc
Sutialt.
42 gftiebttc^ I. — ^xkhxid] b. 3nn<I/ SB. b. lltred)t.
S)ie yd^toeiäei-ifc^en ßl^ronifen be§ 15. u. 16. i^a'^r'^unbertS. Uxlunben. —
^. 21. spupifofex, ©ejd^iÄte be§ 2^ui-gaue§, I. 33b., SSifc^oiäett 1828. -
äöegeUn, @efc£)ic^te b. ßanbfi^ait Soggenfeurg, 2 23be., ©t. ©aßen 1830—31.
— S. S. getttoegex, @efc^ic§te be§ a^3pen5ellif^en S3olfe§, 23b. I. unb Uxl.
33b. I, Exogen 1830—31. — Sln^eigex füx jd^tDCtj. (Sefc^. unb 5lltextt)um§f.
Sa^xg. 1855—68, ^üxic^. — S. ©. SSögetin, S)a§ Moftex giütt, in ^itt^.
bex antiqu. ©efeHf^aft in ^üxidC), 33b. XIV, 1862. — SBoIfg. b. Sfuüatt,
goxjcf)ungen übex bie geubal^eit im cuxifd^en 9tätien, 2. §eft, 3üxi(^ 1871.
g-ricbrii^ I., 33ifcf)oi bon Utxec£)t, al§ ©pxoffe eine§ angef ebenen, biel=
leidet füxftlirfien fxiefiftlen ©ef(^tedC)te§ , im legten SSiextel be§ 8. Sat)x^unbext§
im S)oxfe ©ejbiexum untoeit ^xanefex geBoxen, ©eine fxomme 5}tuttex öcxtxaute
\t)n bex Befonbexen ©oxge be§ ^ijc£)of§ Slixixieb; naä) 33oIIenbung feinex tt)iffen=
f(^a|ttid)en ßx^ietiung an bex ©d^ule ju Utxed)t exl^ielt ex bie ^pxieftexnjeifie.
©c^on bamal§ tcegen feinex ^''-'ömmigfeit, (Sanftmut^ unb ©ele'^rfamfeit gexüt)mt,
toaxb ex Bon bex lltxed)tex ®ei[tlic§feit Bei Ütixjxieb'g Sob c. 826 ju befjen 9ta(^=
folgex ex|ef)en unb üom ^atfex ju 5!Jlain3 (obex 5^t)mtoegen) mit Üting unb <Biab
Belel^nt. ^aijex Submig anempia|l itjm baBei Befonbex§ bie 9Iu§xottung jo mancfiex
(Spuxen be§ .g)eibentl)um§ untex ben ^nfelBemotinexn 3öald)exn§, tooBei e§ \xä)
jumal um bie 6f)en öexBotenex ©xabe I)anbelte. i^n bex Xtiat gelang e§ feinem
fanftmüt^igen S3oxge^en, eine Slenbexung in biefex .g)infic^t ju cxxeic^en. (Bxö^exe
©c£)tt)iexig!eit bexuxfad^te itjm bie Sage bex i?ixd)e ^yxicglanbg, BefonbexS in bex
@egenb ©taöoxn§. S)oxt mact)ten fid) bamalg ^etexoboj;ien gettenb, toelc^e fid^
bem alten ©aBelliani§mu§ unb 3lxiani§mu§ nä^exten. S)ie 5Exinität§let)xe, loie
fie öon ben angelfä(i)fifd)en ^iffionöpxebigexn gelel)xt moxben toax, fd)ien bem
nü(i)texnen 3[Renfc£)enöexftanbe bex gxiefen , loie el^emalS ben ©ot^en unb Sux=
gunbexn, nic^t fapax. ©ie ibentificixten bal)ex tt)eilä ben 33atex unb ©o^n,
toeldtjen fie aU ben fi(i)tBax exfc^ienenen 3Satex Betxa(i)teten, t^eil§ läugneten fie
bie ©migleit 6l)xifti unb Betxa(i)teten iljn al§ ein ®ef(i)öpf be§ 33atex§ unb biefem
untexnpoxfen. 2lnfang§ Bemül)te fid) ^. umfonft, biefe ^xi^^^^i^ei^ 5^1 Be!ämt)fen;
bo(^ gelang e§ it)m aKmä^tid) mit §ülfe be§ Utxed)tex 6anoni£ex§ CbulfuS.
UeBex^au|)t max biefex DbulfuS, Bon 33ixfd)ot in SBxaBant geBüxtig, bem f5f. bex
txeuefte unb fxommfte 5JlitaxBeitex untex ben äal)lxeid)en ©eiftlic^en feinex Um=
geBung. — S)a^ e§ bem 33ifd§ofe aud) an littexaxifd)ex Silbung nid)t fel)lte,
3eigt feine ixeunbfd)aftlid)e SSejie^ung ^u 9ll)aBanu§ 5Ölauxu§, toeldiex ii)m feine
©xlläxung be§ 3Sud)e§ 3ofua mibmete unb eine ©tegie an it)n xid)tete. ^n ben
Äämpfen Äaifex Subtoig§ mit feinen ©öt)nen ftanb f^-. auf ©eite bex le^texen.
SSietleidit Bxingt man t)iexmit nid§t ol)ne ®xunb feinen gemaltfamen 2ob in 35ex=
Binbung: al§ ex 838, nad) foeBen boüenbetex 531effe in bex ©. ©alt)atox§!ix(^e
p Utxedjt exmoxbet toaxb , toax e§ ttienigften§ feinen 3eitgenoffen nid)t 3meifel=
l^aft, ha^ bie§ 2SexBxec^en mit SBiffen bex j^aifexin ^ubitl) gefd)e^en fei. @§
toixb ex^äl^lt, bex SSifc^of ffobt Beim .$?aifex auf Söfung feinex @^e mit bex^ubit^
gebxungen unb fid) babuxd) ben S'^'^n bex ^aifexin pge^ogen. ^n ben Acta
Bolland. unb Bei ©uxtu§ finbet fi(^ feine au§fül)xlid)e 33iogxap^ie.
3}gl. fexnex ^oll, Kerkgesch. van Nederl. I. bl. 258 v.v., 374 v.,
504 V. öan ©lee.
grtcbrid) Bon 3ih-id, 33if(^of üon Utxedjt (1307—22). Um ben 3ln=
fang be§ 14. ^a^xl)unbext§ Beginnt füx ba§ SSigf^um Bon Utxed)t eine 3eit
fül)lBaxex 2lB^ängig!eit tion ben mäd^tigen ©xafen Oon i^ttanb. S)ie 33ifd[)öfe
öexbantten faft ot)ne 3lu§nal^me in biefex ^^exiobe il)xe 2Bat)l bem ©influffe biefex
toeltlit^en ^exxen unb BlieBen untex i'^xex 25Dxmunbfd)aft. S)ie bamal§ ju
3lBignon xefibixenbcn 5pä|)fte |»flegten ben ©xfoxenen bie Bifd^öflid^e 3öei:§e nux
grtebric^ ö. 23(antenl)eim, 3?. t). Utrecht. 43
gegen jcfir ^o^e (Selbfumtnen ju ei-t^eifen. Sfnjotge biefer Umftänbe fef)en tüti:
auf bem SBifc5oT§[tut){e eine 9tei{)e üon OJlännem, beren 2l6f)ängigfeit unb un=
fräftigei- (i^axattex ber Äiri^e tnenig 8egen hxadjtt. S3ieUeic£)t ba§ tranrigfte
23üb bicfer 5lrt Bilbet g. ö. 3., ^:propft öon ©. ^:^>eter ju Uttedfit unb feit (Buibo
bon ^töesnes' lob, 1307, 23ifc^of öon Utrecht. S^on 2Bi(^e(m III. öon §ol=
lonb aut ben ®tuf)l öon Utredit geBratfit, mu^te er fein ganje» 53ermögen iür
bie ©rlangung bev päpftlic^en Seftätigung opfern, daneben ittjitt es i^m an
jeber (Sigenfc^aft , um wenigften§ bie Siebe feiner Untert^anen ju ertoerBen.
©eine gei[ttid)e ^uriöbiction roarb mef)r unb mef)r bom @rafen 6ef(i)rän!t. 2(u(i)
feine ©eifttidjen , raeldjen er cBen um feiner 2I6f)ängigfeit rtiiHen öer^afet n^ar,
tonnten il)m unter bcn 3ttiiftisfeiten, tocld^e toegcn ber fircftUdien ©üter ober ber
^uriibiction jtoifc^en bem 33if(^Df unb ben fünf GoEegialfird^en ju Utrecfjt unb
i^ren Secancn unb (iopitetn oBtoalteten, mancf)e Gonceffionen abzubringen. Ser
S)Dmpropft 5toi-"i^ öon ^utp^aa» trat bem fcfitüac^en 5>''-"ötiiten , tüefd^cr
fein Siet^um nur burd) '^ollänbifcfie .!pülfe ^u behaupten öermoc^te, offen ent-
gegen. Unter feinen firctilid^en Slnorbnungen tierbienen nur bie ^eftimmungen
ber bon i^m 1318 berufenen @t)nobe 3U Utrecht, ba§ Seben ber 2JtöncE)e unb
bie S3erBä(tniffe ber toeltlicEien unb geiftti(f)en Cbrigfeiten betreffenb , SSe=
acfitung. 6r ftarb am 20. ^uU 1322, öon feinen Untert^anen tttenig bebauert.
SSgl. 2(renb, Alg. Gesch. des Yaderl. II: II bl. 61 v.v.. moU, Kerk-
gescli. vau iS'ederl. II, Iste st. bl. 131, 271 unb 'oan ber 31a, Biogr.
Woordenb. bau ©tee.
^•ricbritf) H. bon Slanfen^eim, Sifc^of bon Strasburg (a. 1375
bi§ 1393), bon Utrecht (1393— U2.3); ^lac^fotger Sampred)t§ bon Suren
(1371 — 75), ber als 33ifd§of bon ©tra^urg nad) 33amberg abging. — ^•. b.
^. flammte au§ einem alten S)pna[tengef^(e($t in ber gifel; bae gteidjuamige
5amiticnfd)Io§ toar bei Äerpen gelegen. S)ie erften Üiitter biefe§ ^amen§
fommen im Slnfange be» 12. ^al^rl^unbertS bor; mit (Ser^arb YII. tüurben fie
in ben ©ra'enftanb er'^oben; be§ lederen SBruber mar ^■. II., 5Bifd)of bon @tra^=
bürg unb bon 1393 ah, burc^ 5tu5tauf(^ mit SBit^etm b. S^ieft, 3?ifc^of bon Utred)t.
%a^ SiSf^um (Strasburg, ba§ er, faum 20iä§rig, !raft einer päpfttidien Sutle bom
September 1373 betrat, befanb fid^ befonber§ feit 1369 in einem trofttofen 3u=
ftanb. Unter ;3ot)ann bon Signt), S3ifd)of bon 1369—71, entbrannte ber «Streit
ätoifd)en ben Söürbenträgern be§ 5]Mnfterftift§, i^o^Qt^n b. £d)fenftein unb öer=
mann b. Äi}burg; im Dctober 1375 fampirte (Snguerranb be Gouct) mit feinen
engelldnbifc^en 33anben unter Stra^urgS illauern. (5§ ^errfd)te überl^aupt
toä^renb bem leisten 2]iertet be» 14. ^af)r^unbert§ im Slfa^ tüie in ganj £eutfc^=
lanb ein anard)ifd)e§ treiben; bie Stäbte fud)ten fid) felbft, burc^ ^ünbniffe,
moran Strapurg 2t)eil nal^m (1381. 1385), Dled^t 3U fd^affen; allein bie S5er=
roüftung bon 200 Dörfern unb 3}eröbung ber Saubflra^en be^eidtnete bal erfte
Secennium bon be§ S(anfcn^eimer§ 5}eilr)aUung. 2Im rechten iR^einufer bagegen
l)atte ber 33if(^of x^. für ba» Si§t^um midjtige (Sige ntf)um§red)te , per fas et
nefas, erlDorben; §. 33. ^a§la^ im Äinjigt^ate, ein Sefi^tl)um be§ ju Sempad^
gefallenen ^errn b. (yürftenberg=öerbo(§t)eim , früher ben .pod^berg gehörig, bie
Sitberminen bon (Sengenbai^ u. f. f. ^lidtitsbeftomeniger mar ber 5^>rälat
immer in (Selbnöf^en; Ijatte im ^. 1384 ba§ 5]^unbat 9^uffa(^ mit anberen
bifdC)öiüdf)en cf)errfd)aften bem ^unfer 35obo bon Stra^urg berpfänbet; fdiulbete
nodt) anberen 33ürgern unb mürbe ettoa um 1391—92 in einen un'^eitbDllen
ßrieg gegen bie Stabt bermidelt. 6§ l^atte nämlidf) ber berüdjtigte 9taubritter
Sraun bon 9tappoItftein a. 1383 ba« Bürgerrecht bon Stropurg ertborben,
auf Burg ^o^^Oiappottftein einen ^ugenbfeinb , ben ©nglönber ;;o^n ,söarle§=
ton eingeferEert unb fec£)§ ^a^re lang, aud) nai^ Se^al^lung eine§ 2öfegelbe§,
44 g^tiebrid) b. Slonfcntjetm, §8. ü. Utrcdjt.
unb ^ntcvüentioit be§ ^aifer§ äöenjet, be§ j?önig§ giic^atb II. Don ©ngtanb,
be§ 5ßnp[te§, nid^t loSgegeben; ba§ S3ertQ:^ren fam out ©ti-apurg§ üiecfinung, ba§ in
bie 9ieii§ac[)t üevfiel. darauf, nur feinen a)ort:§eit berücEfid)tigenb , l)Qtte ber
■^interliftige . SSvaun ben (gefangenen loSgelaffen, \iä) m ^^^ i^nnhm hex öe=
fümmerten ©tabt getoenbet unb ben Sifd^of p gleis^em SSeriat)i-cn beftimmt.
(Sine 3eit lang rüftete biefer inSge^^eim, gab ben erjd^i'odfcnen bürgern au§--
weid)enbe Slnttoort, tüarf enblic^ bie 5Jta§fe ab, unb ben Unge'^orlam (5trapuxg§
gegen ben ^aifer öorfi^ü^enb, 3ogen feine Slrup^jen mit ben öcrbünbeten 9teid)§=
fafnen, unter S-ü()vung be§ faiferlic^en Sanbbogt§ Sov^injol) bon ©roinar
gegen bie „n)o'^tgerüftete" 9teici)§ftabt. S)ei- 'DJtarfgraf bon SSaben, bet (Smf
öon Söürtembctg, ber |)eit bon Sic£)tenberg , ndi)t unb fevneve 2)t)naften be§
eit)etnt^ate§ reiften \iä} , bnrci) übermäßige Sßerfprec^ungen be§ 58if($oi§ be=
mögen, unter ben Sanbbogt. ^n meitem Umfveife, nörblid) unb füblic^ bon
(Strasburg, mürben bie ^orffc^aften befe^t, geptünbert ober öerbrannt; größere
unb fteinere @($armü|e( unb 2lu§fätte, ^ämbje um bie ©traßburger 9tt)einbrü(ie
be^eiciinen bie (Spifoben be§ langmierigen 5?riege§, mä'^renb bem ©trapurg fic^
:^eIbent)Qit bcmäljrte. 3u ®fd)QU mürben ^u feinem 9tefuttat füfirenbe Unter=
:^anblungen gepflogen. — Soräimot) forberte 100000 ©ulben (Sntfd)äbigung für
ÄriegSfoften. gjlit i^m fanb man fic^ priüatim für 32000 (Sulben ab; er aog
fort mit feiner Kriegsbeute narf) 35öf)men (139C). — ©einen gegen bie S5er=
bünbeten eingegangenen SSerpfIid)tungen tonnte ber 33if(f)of ni(^t nac^fommen.
S)er93oben fd)roantte unter feinen güßen, nacf)bem bie ©tabt \iä) mit bem Kaifer
öerföfint. 6r untertjanbelte in§ge:^eim, boc^ mit päpftlid)er Sefugniß, um eine
^^ermutation mit äßil^elm b. 2)ieft, 33ifd)of ^u Utre(f)t, unb fegette, bei nä(f)t=
lid^er SBeite (30. ^uli 1393) r^einabmärtS gen 5tt)mmcgen in feine neue S)iöcefe,
2)ie Urtt)eite ber frü'^eren unb fpäteren 6f)roniften unb .s^iftorifer über biefen
^^^rätaten finb in ^o^em (Brabe abroeic£)enb. llebereinftimmung :^errf(f)t nur über
feine Kenntniffe in canonifd)em ^ted^te unb feine Seutfeligteit. ^m Äi-iege gegen
©traßburg mar er, f(^eint e§, fd)Ie(^t berattjen bon feiner näheren Umgebung,
9tuboIpt) üon ^o^enftein unb '^ubotpt) bon 5Xnblau. ©eine .t?Iagen gegen ©traß=
bürg be(5ogcn fi^ auf ba§ 91fi)trerf)t im ^Jtünftcr, auf '>)Mn3= unb 3otttüefen,
auf bie ^eöor.jugung ber ^fa't)t!f)ürger ber Stabt. — ?lt§ SBifc^of ^u Utrecht
entfagte er aud) ber ©raffc^aft bon 33tan!en^eim ju ©unften einer 5^i(^te, (Slifa=
bet^ Don Soer. S)er (i^tonift ^erjog fabelt öon einer gef)eimen 2lnmefen()eit be§
58ifc^of§ ju Strasburg im ^. 1440, moburd) fein !L'eben in§ ^öc^fte ©reifenalter
l^inübergejogen mürbe, äöimp'^eüng tabett be§ 25tanfen!^eimer§ .^abfud)t; ber
franäöfif^e ©d)riftfteHer ^ere öaguitte bagegen ergebt fid) in einer 5ßanegt)rif
unb mirft bem permutirenben 93ifd)of bIo§ feinen 5Bunb mit in= unb au§länbifd)en
S)t)noften öor.
^erjog, (Sbelfaffifd)e e^roni! (©trapurg 1592), ©. 100 ff. Saguitte,
Histoire de la province d'Alsace, ©. 113 ff. Sfelin , .^iftorifdjeS unb geo=
grapf)ifc^e§ äBörterbud) II. ©. 912. ©trobet, SSaterlänbif^e (Sef^id)te be§
gifaffeg IL ©. 445 u. ff., III. ©. 2 u. ff.) Knef^fe, ®eutf(^e§ 5IbeI§Iej;ifon.
ß. ©päd), Histoire de la basse Alsace, ©. 113 ff. S)erfelbe, Biographies
alsaciemies. Oeuvres choisies. Tom. II. p. 31 u. ff. 8. ©päd).
©eine Siegierung in Utrecht leitete 5. mit bem ^ampf gegen bie .g)crren
üon ßoeooxben ein, meld)e bie bem ©tift gc't)örige ßanbfd)aft S)rent^e gänälid§
unter it)re Sotmäßigfeit gebrad)t 'Ratten. 1397 untermarfen fie fi(^ il^m. ©d)merer
fiel if)m bie Unteriod)ung ber gleichfalls bem '3tamen nad) ii)m gehörigen ©tabt
©röningen, momit er erft 1419 jum ^uIq gelangte. 2)em fogen 3lrl)elfd)en
Krieg, 5mifd)en bem ^er^og äBit^elm üon SBaiern unb .f)otlanb unb bem ftoljen
|)aupte ber (SabettiauS, beffen Sefi^ungen tt)eilroeifc im ©tifte lagen unb ba§
gftiebttd} ö. ^aben, 2?. 0. Utted^t. — griebtic^ I., Jp. U. 2Büttemberg. 45
öiele S^erbinbungen bofelbft '^atte, fonnte er nic^t fvenib bleiben, ebenioirenig
tt)ie bem nac^ Söilfietmö lob neu entbrannten Äiieg ber Jpöcfi unb Gabclliaul,
ttield^er 3uer[t in feinem !L'anbc um "Jjüefi'tein gemf)rt roarb. 2o(^ fo lange er
lebte, bi§ 1423, evf)ielt er fein (Stift in leiblichem ^uftii"^- roä^renb nac^fier ber
^parteifampT bafelbft in 23erbinbung mit bem t)0ÜQnbiic^en Ärieg um bie Soppet=
roa^t be§ Sroeben Oon dulemberg unb 9?ubo(p^ öon 2iep^o[t befto f)eftiger ent=
brannte. 5. mar ein t^ätiger yürft, beffen ßigenfc^arten all Krieger unb
(Staatsmann feinem ^^anbe bi» auf feine testen ^ai)xt oielfac^ 5U gute famen.
'^. 2. ^3Jlüt(er.
^ricbrid) oon iBaben mar ber tefete 33ifc^oT Oon Utrecht (1496—1516),
melc^er bem '»Dtittelalter angehörte; fein ^tad^rolger '^>^itipp oon 33urgunb war
frf)on ein llknn ber neueren 3eit. ^ad^ bem 3^obe 2aOib§ Oon ^urgunb, 1496,
ttiä^tte ba§ Gapitet einftimmig i^n, einen Sofjn bes 2Rarfgrafen ,^arl Oon
SSaben, ber bamal§ S)om^err ju Utred^t unb Sc^a^meifter bcg Äötnifc^en 6a=
tf|ebraI=SoIIegium§ mar. 9}on Äönig Maximilian unb beffen Sof)ne iB^ilipp, benen
er na^e üermanbt mar, wie auc^ oon -Öer^og J^art Oon ©eibern roarb er marm
empTof)(en, unb ats er am 17. September 1496 feinen feierlichen @in3ug in
Utrecht ^iel't, ^offte man in feiner f)ot)en 6eburt unb 3>ermanbtfc^aft, wie in
feinen eigenen löblichen Gigenfc^aften für bie Äircfie Oon Utrecht has Unterpfanb
ber i'^r nötf)igen Otu§e unb l^ö^erer SBIüt^e ju befi^en. i'eiber mar bie§ eine
2:äuf(i)ung. Sogleich in ben Strom ber '4-^oUtiE !^ineingeriffen, mar feine ganje
'){egierung oietme^r eine 3^^* unaui^örüc^er Kriege , mit htn öerrn 0. 3iUf(^,
bem .sperjoge oon O'IfOe unb Äart oon ©eibern, eine ^^eriobe finanzieller 5iot^
unb außerorbentüc^er Steuern, i^tarfgraf ly. tarn ba^er batb um bie 5iebe
foroot feiner Unteit^anen, mie ber ©eiftüc^en unb ßtöfter, toetc^e er im 23ibei =
fprui^ mit i^ren -^^rioiIegien ju befd^o^en trad^tete. 2}on -ntarimitian jmar in
feinen Äriegen ftetg unterftü^t, l^atte er boc^ ba§ ©lücf nur fetten mit fic^. S^q=
neben befümmerte er ftd^ menig um fird)[i(f)e ^ntereffen unb je gtcic^güttiger
i^m bie Seelforge toar, befto me^r liebte er ben fürfttid)en 5)offtaat. Sie fort--
bauernben Sc^mierigfeiten, meiere er ^u befämpien ^atte, mad^ten i^m bei feiner
im G'anjen ber 9^uf)e geneigten 5>erfönüc^feit feine Stellung jutoiber. 6r fuc^te
ba!^er in f)eim(idE)en Unter^anbrungen mit bem Äönig Oon 5i-"Qnfreic^ burc^ biefen
ha^ 33i§t^um 5)le^ ju erlangen. j?aifer Marimitian unb fein Snfet .ßart muBten
ben *^*lan jebccf) ]u oereitetn unb bemogen it)n, auf feinen Sifc^ofsfi^ ju oer=
jid^ten, toorauf er im fotgenben ^a^re, 1-517, ju \?ier in Trabant, roo^^in er
ft(^ jurücfgejogen §atte, ftarb.
-33g[. 2Irenb, Alg. Gesch. d. Taderl.. IL, 3. st. bl. 312-331. — MoE,
Kerkgesch. v. Xederl., II.. 1. st. bl. 231. — 93an ber 91a, Biogr. Woordenb.
Dan S 1 e c.
^riebrtd) I., perzog Oon 23ürtemberg, geboren nm 19. 31ugufl 1557
3U ^crbuig im Glfa^, geftorben am 29. Januar 1608 ju Stuttgart, Sobn
be§ ©rafen ©eorg oon 2Sürtemberg=3)lömpelgarb -(geft. 17. ^uli 1558, jüngeren
9?rubet§ be§ ßerjogs lUrirf) Oon äSürtemberg) unb ber Barbara, Joc^ter bc§
^.'anbgrafen *;]5^ilipp Oon öeffen. 93ou ^erjog ßl^riftop^ oon SBürtemberg, feinem
35ormunb, t^^eilmeife an beffen ,!pof crjogen, ergriff ^. im 3uni 1581 fetbftänbig
bie Üiegierung ber oon biefem -iperjog feinem 9>ater unb beffen ßrben ^u eigener
9tegierung unb al§ erblidiee (Sigent^um überlaffenen ©raffdf)üft Mompelgarb
mit zugehörigen burgunbifcfien unb elfäffifc^en öerrfd^aftcn. 2urd^ Ginmifc^ung
in bie fran3öfifd^en 91ngelegenl)eiten 30g er ficf) ben ,^a% ber ©uifen 3U, toelc^e
am (Jnbe be§ 3. 1587 unb Qlnfang be? ^. 158S einen ßinfaü in 2)lönipelgarb
unternal)men unb ha^ Sanb burc^ il)r ^rieglOolf batbarifc^ permüften ließen,
geriet^ auc^ fc^on je^t , 3um x^eil burc^ miBglücEte Speculationen auf 2:efi^=
46 g^riebrtd) I., ^. ü. Söürtemberg.
evtDci-B, 3um %^exi bui^ jeine SSauluft in ©d^ulben. 3lt§ fein 35etter, bcr gut=
muffige, al6ei- cnergielofe i^erjog ßubtoig öon äBüftemBerg, ben 8. 2Iuguft 1593
\iaxb, folgte er al§ ber einzige männlicfie ^pxo^ be§ toürtemBergifdien ©tammeS
in ber Otegierung be§ ;g)er3ogtf)um§ nad) unb würbe ber 35cgrünber ber mDm)3el=
garber Sinie. 2ll§Batb jcigte er, ba^ er bie Otegicrung in anberem ©inne ju
leiten entfd^loffen fei, al§ fein Vorgänger, inbem er bie unter le^terem aur .g)err=
fc£)aft gefonimene Oligarchie au§ it)ren ©i^en entfernte unb fic^ anbere ^J^länner
5u feinen Olatl^geBern unb SSeamten in ben t)ü(^[ten ©teilen toä'^lte, fo öor allem
ben .^anäter ßnjlin, frü'öeren ^rofeffor ber ülec^te in ,g)eibel!6erg unb Tübingen,
einen gefct)meibigen unb fingen, aber in ber SBaljl feiner 9)littel burct)au§
nicf)t öerlegenen 5Jlann, öoü 6:^rfu(i)t unb ©elbgcij. ^m 3}erlaufe feiner
öier^e'^njä^rigen 9tegierung . ftre'öte er öor attcm nad) SJergrö^erung feiner
,^errfd)ergetüalt unb feine§ ®eBiete§. ^n biefer 9iid)tung gelang e§ i'^m nament=
lidö hnxä} ben fogen. ^rager S5ertrag bom 24. i^anuar 1599 ben .^aifer 9flu=
bolf IL burd) eine 5ll>ftnbnng§fumme öon 400000 fl. ju Bewegen, ba^ er für
fid) unb ba§ ganje .g)au§ Oefterreid) atter au§ |)erjog Ulrid)§ g^it ftammenber
3lftcrle^en§!^errfd)aH üBer SßürtemBerg entfagte, bicfe§ fomit Wieber al§ red)te§
fürftlid)e§ 3fteid)§le^en aner!annte, wogegen er \xä) allerbing§ bie 2lnwartfd)aft
unb ^fiadifolge in SBürtemberg, Wenn ber 5)lann§ftamm bc§ ^erjogS erlöfdje,
t)orBel§ielt. 3n bem genannten ©treben Bet^etligte \xä) 3^. fobann au(^ leb^ft
an ben 3]erl)anblungen üBer bie jwifdjen J?atl)oli!en unb ßöangelifc^en ftreitige
©traPurger $Bifd)of§wa'^l , ba fid) i'^m 2lu§fid)t Bot, für feinen äWeiten ©ol^n
SubWig Sri-'iebrid), Weld)er unter bie ebangclifi^en ßanonifer aufgenommen worben
War, ba§ 33i§t'^um öon ©eiten be§ 5Jlarfgrafen lion SranbenBurg aBgetreten 5U
erlangen; bod) erfüllte fic^ biefe Hoffnung nid^t unb er fd)lug fd)tie^lic^ nur
gegen 35er5id)t auf feine 5lnfprüd)e t)orüBergel)enb al§ 5pfanb für feine Unfoften
ba§ 2lmt DBerüvd) l§erau§. (SBenfo erl)ielt er im ^. 1605 üBrigen§ nur auf
einige ^al)re für eine würtemBergifdje ©d)ulbforberung an i^ranfreid) ba§ .'per3og=
tl^um 2llen(,'on in ber ^Jtormanbie öerpfänbet. 25on größerem unb BleiBenbem
2Bertl)e für äßürtemBerg War e§ bagegen, ba§ er in ben S- 1595 unb 1603
burd) ^auf , aud) 2lBtretung einiger entlegener £)rtfd)aftcn bie ©tabt 33efig"^eim
neBft einigen ^Dörfern, fowic bie 3lemter 5lltenftcig unb SieBenaett öon SSaben
erwarB. 3lu ben freiüd) mit Wenig @efd)id unb wenig ßrfolg unternommenen
35eftreBungen ber ))roteftantifd)en ^^ürften feiner 3cit, Weld)e im |)inBlid auf
bie, i!^rem S3e!enntni^ öon ©eiten be§ wieber erftartenben Äatl^olici§mu§ bro'^en*
ben @efa"^ren fid^ enger ^u öerBinben fud)ten , na^m aud) g. , für feine 5perfon
o^ne 3^pifcl fvei öon confeffioneller 33efangenl)eit , 2;^eil, oBgteii^ er aui^ Bei
fol(^er S^ätigfeit in ber Flegel anberweitige S3ortl)eile für fid^ ju erreichen Be=
ftreBt War. ©o namentlid) huxä) S3er^nblungen mit bem i^urfürften f^-riebrid) V.
öon ber ^falj — glcidjjeitig mit ben SSerat'^ungen üBer bie ©traPurger 3ln=
gelegen'^eit — in ben ^. 1593—96, in§Befonbcre auf ber .^eilBfonner 2:ag=
fo^ung öom Wäx^ 1594; 3Serl)onblungen, öon benen er jebod) unBefriebigt üBer
feine geringen ©rfolge in Jener <Bad)e: unb Wegen fonftiger na(^Barlic^er ©treitig=
leiten fic^ wieber entfernte. SSieberl^olt lie^ er fobann namentlich im 5Jlärä
1601 3U |)eibelBerg mit ben 2lBgeorbneten be§ ^urfürften g-riebrici üBer ein
öon if)m felBft öorgefd)lagene§ ©c^upünbuife einge'^enbe 35er^nblungen |)flegen,
bo(^ Würben biefelBen Wieber auSgefe^t, ba i^m bie öon ber ^urpfalj geWünfd)te
S3er)3flie§tung, bie calöinifdie 2el)re unter jeber Sebingung 3U öertljeibigen, mit
9lücEfi(^t auf bie ©timmung feineg ftiengluf^erifc^en Sanbe§ Bebenflid) erfc^ien.
Snjwifdjen trat er aud^ mit einigen i5:-ürften ber ftrenglut'^erifdl)en 9lid£)tung, bem
$eräog ^:^ilip^.öon ^fala=^euBurg unb bem ^Jtarfgrafen ©eorg f^riebrid) öon
Sabeu'^o^Berg in SSe^iel^ung unb öerBanb \iä) mit il)nen im 5)lai 1605 ju
^ricbrtc^ I., ^. b. SOürtemberg.' 47
©tuttgatt burd^ ein 53eiipre(^eu an @ibc»ftatt. St^on jutjor ^attc er toteber
mit 5?ux-piat3 bie alten 5}erl^anblungen erneuert unb !am im 3lpril 1607 ju
^eibelBerg über eine UnionSacte mit berfelben üBerein. G^e e§ i^m jeboc^ ge=
lang, feine beiberjeitigen äJerbünbeten sufammen ju Bringen, ftarB er. — %.
^atte f§ üBiigen§ berftanben, im 2lu§(anbe fic^ 2lnfe|en gu öerfd)affen unb tourbe
nic£)t leiten al§ ^^ermittler in ©treitigfeiten angejogen, ]o 3. 33. öon bem Äur=
iürften öon SSranbenBurg in feinem Streite mit bem Könige öon ^olen üBcr
ba§ Jperjogt^um 5preu^en. — ^m Innern feine§ Sanbcl mirftc ber ^erjog in
mand^er «öinfiifit mo'^ltptig burc^ ginfü^rung ftrengercr Crbnung in ber S5er=
toaltung , toag freilid^ ba§ jyortBefte^en manchen 5Jtipraud)§ nic^t ausfc^to^,
burd) Seförberung öon öanbel unb (SeroerBe (3. ^. ßrBauung ber ©tabt 5reuben=
ftabt 3ur ipebung be§ Sergbaues), burcf) Segünftigung ber Äunft unb SSiffenfc^aft
(aSaumeifter .^einrid) Sd^icfarb), namentlich freilief) aud^ ber 2ll(^t)mie, tooBei er
öon feinen ©olbmadiern öfters getoaltig Betrogen tourbe. 5lttein, a(§ ni(i)t öon
^erjog Utrid) aBftammenb, fa^ er fic^ burcf) hk öon bemfelben unb feinen 5tacf)=
folgern aBgefcf)loffenen a}erträge :§inficf)tli(^ ber 33erfaffung be§ 2anbe§ nic^t ge=
Bunben unb sögerte einige' ^al)re mit SSeftätigung ber Sanbesfreil^eiten^^ @r
füllte fic^ Bei allen feinen Unterne'^mungen burcf) bie Stäube Beengt, fie er=
fc^toerten if)m jebe @elbl£)ilfe unb fträuBten fic^ ^^artnäcfig gegen bie UeBerna^mc
feiner, freiliti) Beträcf)tli(i)en ©c^ulben, üBer'^aupt jebe frembe SJerl)anblung, ttiaren
ftetg mit il^ren Sef(^toerben jur ^anb, unb fo mar e§ fein ^auptBeftreBen, biefclBen
aufäU^eBen ober menigftenS eine SlBänberung biefe§ S^ftitutS 3U Betoirfcn. i^m
i^anuar 1607 forberte er öon ben ©tänben eine Erläuterung, b. f). 3lBänberung
be§ öon ^per^og Ulricf) aBgefi^loffenen fogen. XüBinger SSertragg öom 8. ^uli
1514, ber al§ ba§ Ijöc^fte ^leinob gefc§ä|ten ©runblage ber altti3ÜrtemBergif(^en
SSerfaffung, öorne:^mlid^ :^inficf)tti(i) ber fogen. .g)aut)tfriege, ftie^ aber auf ftarfen
aSiberftanb, ba bie ©täube ben SJertrag auc^ nid^t in einem fünfte faHen laffen
toottten. S>er ^erjog, toetdjer in ben g(ei(f)3eitig öorgetragenen ÖanbeSBefc^tDcrben
eine SSerle^ung be§ i§m fdfjutbigen 9tefpecte§ fal^, lüfte ben Sanbtag am, fe|te
ben ftänbifc^en 2lu§f(^uB mit einem fcijarfen Sßertoeife, be§gleidf)en ben 2anb=
fcf)ait§confulenten aB, lie^ ba§ gel^eime ©eroölBe im Sanbl^aug erBredjen unb
fc^icfte Dor ber 9^euma^l 3}ertraute 3ur SearBeitung ber ©täbte unb 3lemter,
toie er anbererfeit§ folc^e ©täube ni(^t Berief, öon benen er Söiberfpruc^ Be=
fürd^tete. S)ie§ frut^tete: 9Jlit großer 9Jlajorität tourbe bem Aper3og ben 17.
Tläx^ 1607 eine gieitje öon 5lBänberungen be§ SJertrag§ Betoilligt, Itiornadf)
namentlich bie 2anbfcf)aft Bei fol(f)en Kriegen, too fie naä} ber 95erfaffung §ilfe
au leiften :^atte, anftatt ber bisherigen SeiBbienfte ^1^ ber Äriegefoften 3U er^
ftatten ^aBen foÜte, biefelBe l)inficf)tli(^ ber 9}eräu^crung öon Sanbe§tl)eilen unb
!§infi(i)tti(^ ber llcBernal)me öon ©c§ulben größere @eneigt:^eit öerfprarf), bie (5rB=
l^ulbigung öor ber 2}erfaffung§öerficf)erung geleiftet toerben follte ic. ^a, bem ^n]oa,
tourbe noc^ bie UeBerna^me öon 1,100,000 fl. ©(^ulben Beloittigt, toofür ber3lu§=
f(^u^ mit einiger Slenberung toieber l)ergefteEt mürbe. StUein Balb barauf ftarB ^y.
am ©d)lagflu^; fein ©oljn unb Dta(^iolger ^oljann ^^riebrii^ [teilte fogleiii) bie
alte 3)erfaffung im (Sausen mieber l)er, unb @n3lin tourbe l^ingeric^tet. — 3^-,
in beffen d^arafter, tool im 3ufanimen'^ang mit feinem ©tammlanb, eine 35er=
toanbtf(^aft mit fran3öfif(^em SBefen ni(f)t 3U öertennen fein bürfte, mar ein Be=
gaBter , energifd^er , lü'^i-iger unb l^oi^ftreBenber §errfci)er , freilid^ auc^ fe^r
egoiftifc^, eigenfinnig, launif(^, ^i^ig unb leine§toeg§ 3Uöerläffig. %\iä) toirlte
toeniger 3um SBofjl be§ Sanbc§ feine ^rai^tüebe unb bie baran fid^ anf(i)lic^cnbe
Sßerf(^toenbung , fotoie feine ©itelfeit; nai^ langen Semü'^ungen burd^ me:§rere
®efanbtfcf)aften gelang e§ if)m, ben engfifdfjen ipofeuBanborben , toeld^en il)m
fdf)on bie Königin ßlifaBet^ öerfprod^en, öom ^önig SacoB I. 3U er'^aften.
48 iJriebttd^, §. t). 2Bürtcmt)erg=5fieuenftabt.
35exmäf|lt toax er in einer, auiolge feine§ leic^tiertigen ßel6en§ nidjt glüdCUdien
ef)e mit ©ibiÜa, %oä)kx be§ i^ürften ^oac^im 6rn[t bon 9tn^alt.
3}öt. 6^. Srr. ©ottler, ®efcf)i(^te be§ iperjogtl^umg SBürtemBerg unter
ber «Regierung ber -^erjogen, 2f). 5 ©. 153 ff. — J?art ^Pfaff, ©cfc^ic^te
be§ gfür|tent)aufe§ unb Sanbei äöirtemberg, %i). 3 Mi^. 1 8. 191 ff. —
gjtori^ 9iitter, (Sefcf)ic^te ber beutfd^en Union, S3b. 1. 2, 1867—73.
5p. ©tälin.
S*ncbrid), -Öci-'äos öon 3Sürtem6erg = 0teuenftabt, geBoren am 19.
©ecember 1615, gcftorben am 24. Wäx^ 1682, toar ber britte ©o'^n be§ ,g)er=
3og§ So'^a^^J^ S^riebric^ toon 3Bürtemberg, ber öon 1608 — 28 regiert l)at. ©r
em|)fing eine forgfättige ©r^iel^ung unb tourbe im ^. 1630 mit feinen SSrübern
(äber^rb unb Ulrid) ju toeiterer 3tu§BiIbung auf 9ieifen gefd^idft. 3ll§ bie
^Prinjen nac^ ßt)on tarnen, {)errfc§te t)ier gerabe eine peftartige @|jibemie, bon
tneldier i'^r .^^ofmeifter 9tafpin fofort ergriffen tourbe. ßbcrl^arb unb lUrid^
flofien eitenb§ nac^ (Senf, Inä^renb 5. Bei bem ßrfranften Bis ju beffen Xoh
öertoeilte, bafür aBer eine 3^^*^ ^^M «i^ berfclBen Äranf^eit fc^toer ju leiben
t)atte. 3^act) feiner (Benefung ging aud^ er nadf @enf unb BlieB bort brei
äJierteljal^re, mit „ftanbe§gemä^en ßjercitien" Befd^äftigt. SSon 1631 — 34 BlieB
er in SBürttmBerg, trat jebo(^ nod) im ^yrütitirg be» te^tgenannten ^al^re§
eine längere 9teife burd) x^-xantxexä^. ^talun unb Snglanb an, Bi§ i^m enbtid^
gemelbet n)urbe, ba^ in S'otge ber (5d)Iad|t Bei ^Zörblingen fein SSruber 6Ber=
fjaxh III. au§ 3i)ürtemBerg gefIot)en unb ba§ gauje ^er^ogtf^um Bon ben £rup:|)en
^aifer ^^ei^binanbS II. Befe^t unb entfeijüc^ ber^eert toorben toar. Stuf biefc
2rauer!unbe t)in Befd)to§ er, ben i'^m bermanbten bänifdien ^of aufjufud)en, too
et aud) bon i^önig 6l)rifttan IV. fe'^r gütig aufgenommen, eine 3^^^ lang
unterhalten unb fd)lie^lid) mit @mpfel)lung§fd)reiBcn on i?aifcr i^-erbinanb ber=
feilen tturbe. 1637 reifte er nad) 2Jßien unb fud)te bort bie OiücfgaBe Söürtem^
Bergg an feinen SSruber ©Bev'^arb ju crtoirfen. S)cr Äaifer lel^nte biefe Su=
mutl^ung aB , Bot bafür aBer bem ^ßrin^en felBer ba§ gan,^e ^erjogtlium an,
tüenn er feinerfeit§ jum fatt)oIifd)en ÖtauBen üBertreten moUe. 5- tüiberftonb
biefer S5erlodung in mürbiger Spaltung unb erreid)te nun menigftenS , ba^ il^m
bie 6in!ünfte einiger n)ürtemBergifd)er Slemter ju feinem llntfrl;alte angettjiefen
tourben. ^flad^bem er barauf in ba§ .^er^ogtl^um ^urüdgefel^rt mar, erl)ielt er
jebod) nid)t§ bon bem 33erfproc^enen , unb al§> fein 33ruber 1638 enblic^ toieber
pr 9tegierung gelangte, bo§ auSgefogene Sanb aBer bie fürftlid^e S^amilie !aum
3U ernähren bermod^te, berlie^ er aBermal§ bie ^eimatl^, um nunmei^r Bei ben
geinben be§ .«paufeS Defterreid) in ifriegSbienft 3U treten, ^u^ädift l^at er fic^
ba bem ^ex^o% a3ernl)arb bon (Sad)fen=3Beimar angefd^loffen. 5iad) beffen %oi
l^at er, toie bie gan^e toeimarifc^e 2lrmee, fraujöfifc^en ©olb genommen unb
bon 1646—48 bem Sanbgrafen 3öti:^elm VI. bon Reffen = Gaffel al§ (Seneral=
major gebient. 3m i?riege toar er in feinem rechten Clement, ha er Umfielt
unb 3lu§baner mit ftiirmifc^er Sapferteit berBanb. ©d)on ^erjog 33ern:^arb
Seic^nete ii)n au§ unb bie ^^^'^näofen üBergaBen il^m 3tbei Ütegimenter, mit bereu
einem er. in bem treffen auf ber i?empener §aibe am 17. Januar 1642 brei
giegimenter be§ faiferlic^en ®eneral§ SamBot) jerfprengte. Bei 1000 ©efangene
mad)te unb biete ^a^nen erBeutete. ©eine Bebeutenbfte Söaffentl^at aBer glüdte
il)m am 14. Suni 1648 Bei 6)rebenBrcid^, mo er ben ©ieg, ben berfelBe ©eneral
SamBo^ üBer bie :^effif(^cn Gruppen f^on Beina'^e boltftänbig errungen l)atte,
burc^ feften SBiberftanb unb !ü:^nen Eingriff in eine ^Jiieberlage berlel^rte. —
Utaä) 3lBfd)luB be§ meftfätifd^en S-riebcn§ fel)rte er nac^ SBürtemBerg jurüd unb
einigte fid) mit feinem 33ruber, ^erjog ßBer^rb III., im ^. 1649 ba|in, ba^
er als ©runblage für ein ftanbeSgemä^eS SeBen bie toürtemBergifd^en Slemter
griebtic^ ^luguft, fQ. ö. 2ßüttembera=9icuenftabt. 49
3fl?uen[tabt unb ^örfmü^I ncbft einem 2§eil öon SBein^betg ermatten foHe.
^ier i)at er bann al§ ein gerectjter, gütiger unb jparfamcr <^evr geiraltet, |o
ha% er ba§ 2öo^I feiner Untcrtl^anen mannic£)ia(f) jürberte unb einen 2f)eit feiner
föinfünfte, fobalb nur biefclben in ber nädiftfolgcnben griebengjeit rei(f)lic^er äu
fliegen anfingen, ju cbtercn i3uru§au§ga6en übrig bel^iett. @r f)at in feiner 3le=
ftbeuä 3u ^Jieuenftabt attmä^üi^ eine 33ib(iot^ef öon met)r al§ 20000 ^flummern
gefammelt, baju ein 53tünjcabinet öon einigen 1000 Stüden unb eine toert^öoÜe
giüft= unb ^unftfammer. S)er Äönig öon S)änemarf e^rte i^ noifi im ^. 1666
buTcf) (ärt^eitung be§ (SIet)'^antenorbfn§ unb für ben Ärieg be§ beutf(^en gieid)e§
gegen ßubwig XIY. lüurbe er 1674 jum ©eneralTetbäeugmeifter unb @eneral ber
Infanterie ernannt, of)ne febod^ in biefer Stellung noä) toirfüd^ am Äam|)fe
5t|eU äu nel^men. — ^m ^. 1653 l§atte fic^ 5- niit i?tara 2tugufta, ber
Slod^ter be§ ^er^ogS Sluguft öon Sraunfd^toeig , öermä'^tt. 5Jlit berfelBen er=
jeugte er 3lDöIf Äinber, öon benen aber nur biei Söf)ne — (Jinebrid) Sluguft, x^n^
btnanb SBil^elm unb ßart 9tubolf — ben S5ater überlebten. 5- Bemül)te fic^
mit großer (Sorgfalt um bie 6r3iel)ung biefer ^rin^en; öor allem aber öererbte
er il)nen feinen regen Seift unb feine militärifdie Sefä^igung, fo baB fi(i) bie=
felben, unb befonberg bie beiben jüngeren, in ben Kriegen ber nädiftfotgenben
;Sal)r3el)ente gegen dürfen unb granaofen öietfac^ au§5U3ei(^nen unb enblic^
i^ol^en gelb^errnru'^m ju emingen öermo(f)ten. -Haä) längerein Äränfetn ftarb
g. am 24. ^Jtdrj 1682. ©eine Seiche tourbe in ber ©tabtfir^e ^u 5teuenftabt
beigefe^t.
6l)riftli(i)e 5?lag= unb Xroftprebigt auf ©etjog iyriebri($§ Sob , gebrudEt
3U ^tugsburg 1683. Sattler, öef^. be§ |)er3ogtl)um§ Söürtemberg, XI.
S. 2 ff. ^Pfaff, Söürt. ^elbenbut^, S. 18 ff. ^ugler.
(>-riebrtd) ?(uguft, ältefter Solin be§ ^erjogg fyriebricE) öon 2I)ürtemberg =
g^euenftabt, tourbe geboren am 12. Wäx^ 1654 unb ftarb am 6. Sluguft 1716.
S)anl ber forgfältigen a3emü^ung feineS 25ater§ empfing er eine tü(f)ttge n)iffen=
f(^aftlicE)e unb ritterliche gr^ie'^ung unb tourbe ju f(f)lie|licf)er 33ollenbung ber=
felben mit feinem Sruber ^crbinanb aSiltjelm 1672 auf Üteifen gefi^icft. 3u=
nä(^ft gingen bie beiben ^prin^en nai^ (Senf, um bort bei bem angefe^enen ^^ubli=
ciften ^^ilipp 2lnbrea§ Clbcnburger einige 3}ortefungen ju :^ören. S^arnad)
moHten fte burd^ Sübfranfreicf) nod) $ari§ reifen, mußten aber, nac^bem fie
biefe 2lbfic^t erft 3U fleinem 3:^eile ausgeführt f)atten, megen bc§ injmifc^en
au§gebrod^enen beutf(^ = fran3öfifd)en Krieges nac^ äöürttemberg jurücff eieren.
5Rict)t lange barauf trat Jy. 21. al§ fßittmeifter in ein braunfd)tt)eig=lüneburgif(|e5
gtegiment ein, um am Kampfe gegen £'ubtoig XIY. 3:l]fil ju nel^men; unb er
:^atte au(^ fogleid) ©elegenlieit in bem treffen bei gnfiel^eim (4. Öctober 1674)
btefelbe 2:apferfeit 3u betoeifen, burd^ bie in früt)eren ^ai)xm fein SSatcr firf)
auSgejeidinet :^atte unb bie fpäterl)in feinen Srübern gerbinanb 2Bill)elm unb
ßarl 9tubolf ju l)o:^en (5l)ren öer^elfen follte. 2lm 11. 3luguft 1675 foct)t er
in ber S(i)lad)t bei 3:rier fo au§bauernb im bicf)teften ^ampfgetümmel, ba^ i^m
brei ^^ferbe unter bem Seibe erfc^offen mürben. 3(u(^ im treffen bei Saar=
brürfen unb bei ber Belagerung öon Stabe im Sommer 1676 t^at er fic^
rüfimüc^ öor. ^oä) toar e§ i^m nic^t befd)ieben, bie fricgerifct)en Lorbeeren,
toelc£)e bie (sfamilie ber ^erjoge öon äBürtemberg=Tteuenftabt im fieb3e:§nten
Sa:^r^unbert fammelte , nocl) meiterju öermeliren. S)er 23ater toollte i^n, ben
älteften So^n unb präfumtiöen ^Jta(^folger in ber Regierung ber 3lpanage=
territorien ber ^yamilie nic^t länger ben ©efa^ren be§ ^ampreS ausgefegt fel)en
unb rief i^n fc^on öor bem 2lbfc^luB be§ 9timmeger (y rieben» öoni Speere ab.
^n bie .^eimat^ 3urüc!gefel)rt Ijat fid^ g. 21. am 9. fyebruar 1679 mit ber
?lEgein. beutfc^e Stogrartte. YIII. 4
50 g^riebtic^ ßati, §• ö- SKürtemberfl^äßinnent^L
etnjigen %oä)tn bc§ legten ©rafen Don @ber[tetn, 3lI6erüne ©o)3t)te (Sff^er, „bei*
te^tbtü^enbeit @Bev[tein'j(f)en 3iofc", bermä'^Ü, toetd^e it)m ba§ ©täbtc^en ®o(f)§f)eim
unb einige ©üter an ber (Stenge Don ßot^ringen 3uBrad)te. ^n glücEüd^er
ftefienunbbvei^igiä'^rigei' 6^e t)at f^. 21. bierje^n ^tnber etacugt, bon benen i^n
jebocf) nur btet 2:öd)tei: überlebten, i^m 5Dlär^ 1682 bcrtor ^. 21. feinen 25ater
^erjog 3^riebri(f). ©citbem berwaltete er bie ererbten unb cr^eiraf^eten ©ebiete
bon ^Jfeuenftabt unb @oc^§"^cim, auc^ f)ierin ben ©puren be§ 5öater§ folgenb,
mit 2:§alfraft unb mit ®üte. ®te Reiben, tt)elct)c SubtüigS XIV. g}lorbbrenner=
fcfiaaren me'^rfad) über feine Untertf)anen bra(i)ten , fuc^te er burd^ pcrfönli(i)e§
ginf(i)reiten bei ben feinblitiien gelbl^erren ju mitbern; unb uadibem bie 3^ran=
aofen im 2tuguft 1689 ö)oc£)§f)eim bi§ auf ein cinjigeg ^au§ eingeäfd^ert 'Eiatten,
:^at er mit beträd§tlic£)en Opfern öafür geforgt, ba^ ba§ 6täbt(i)en f(i)öner al§
äubor tüiebcv au§ ber 2(f(f)e erftanb. S)ie gete'^rten ßieb'^abereien feine§ 35ater§,
bie fic^ in ©ammeln bon Südjern, 5!Jlünjen unb ^unftgegenftänben funbgegeben
■Ratten, pflegte er ebenfatt§ unb berme'^rte namentlid) ba§ ererbte ^ünjcabinet.
S)iefe§ unb bie ^unftfammer be§ SBaterS gingen im S- 1728 in ben 33eft| be§
^er^^ogS ©ber^arb £ublt)ig bon 2Bürtemberg über, fy. 21. tnar ein licbeboller
@atte unb S3ater, in ftetem "^er^ticCiem ffierfe'^r mit feinen ru'^mgefröuten i8rü=
bern, teutfctig gegen feben Untergebenen unb boH ec£)ter grömmigfeit. @§ folgte
i'^m tiefe t^rauer in§ ®rab, oI§ er am 6. 2luguft 1716 bon einem Öiu'Eiranfalt
im 63. ^a'^re fcine§ ßebenS baf)ingerafft tourbe.
3)gl. bie Öeid)cnprebigten , bie jum 2lnbenfen an g. 21. unb feine 1728
gcftorbene ©attin ju Stuttgart 172S gebrucft tüorben ftnb, unb ^faff, 2öür=
tembergifc£)e§ .»pelbenbuct), @. 24 ff. ^ugler.
(^ticbrid) ^orl, -^er^og bon 2öürtemberg = 3öinnentl^al, geboren am
12. ©eptember 1652, geftorben am 20. ©ecember 1698, ttiar ber fiebentc ©ot)n
beS |)erjDg§ ®bert)arb III. bon Söürtemberg. @r empfing eine forgfältige @r=
.^ie'^ung, juerft am .§ofe feinc§ 2}Qter§, bann in bem bei ber 3;übinger Uniber=
fität jur 2lu§bitbung junger ^riujen unb @bettcute gegrünbeten 2llumnat, bem
fogenannten coUegium illustre, fc^lie^lid^ burd) toiebert)olte ^Reifen, bie it)n tüä'^=
renb ber ^. 1669—74 nac^ ber ©(i)mcij, nad) ^ranfreid), .^ottanb, ßngtanb,
S)änemar!, ©d)tt)ebcn, ^]torbbcutfd)(anb unb S^talien fü^vten. @r bertueitte in
biefen ödubern t^eil§ an ben .^■»öfen ber f^'ürften, jum großen %^tii aber auc^
auf ben Uniberfitäten berfelben. Äurje ^nt nai^ feiner ytüdfel^r in bie §ei=
matt) ftarb fein 33atcr unb l§intcrlie§ i'^m at§ 2Ipanage unter auberem baS
©d)lo^ 3Binnent^at, ttjoburd) er ber ©tifter ber mit feinem ©o'^n ^art 2llejanber
fpäter"^in ju Regierung gefommenen Sinie 2öürtemberg=2öinnentt)al getüorben ift.
3n3b3ifd)en mar ber erfte fd)lt)ere j?rieg jmifdjen bem beutfc^en 9teid) unb 2ub=
tt)ig XIV. au§gebrod)cn. ^■. ^. na^m an bemfelben 2;f)eil unb jeic^nete \iä)
hnxä) 2t)atenluft unb Sapferfeit au§. ^kd)bem aber fein SSruber, ber re=
gierenbe ^erjog 2BiI[)elm !i5ubtoig, am 23. ^uni 1677, erft brei^ig ^al^rc olt,
plö^lid^ geftorben voax, eilte er nad) 3Bürtemberg jurüd, um bie 25ormunbfd)aft
für feinen faum brei 3]ierteliat)re alten 'Oleffen Sber'^arb ßubtoig ju überne'^men.
.^iermit trat f^f- •^- feboc^ an bie Söfung einer $3eben§aufgabe l)eran, bie ii)m
bom 2lnfang bi§ jum (änbe faft auSfd^liefelii^ 9bt^ unb Kummer bringen foEte.
S)pnn für'§ erfte mar er pr bormunbf(^aftlid§en Otegierung nid)t eigentlii^ be=
red)tigt, toeil i'^m jur S5olt|ät)rigfeit nod) einige äöoc^en fe'^lten, unb er mu^te
be§l)alb im ©trcit mit feinem D^eim, -gjergog S^riebric^ bon 2öürtemberg=9huen=
ftabt, bie @ntfd)eibung be§ ^aifer§ Seopolb anrufen, bie aber fc5^lie^li(^ günftig
für i^n ausfiel, ©obann !am er burd^ ben fortbauernben beutfd) = franjöfifdien
Ärieg balb in bittere 35ebrängni§ , toeil ba§ i^m anbertraute unb fd)on längft
arg mitgenommene ßanb bie ^eer'^aufen, bie ^a^x für ^at)x in bemfelben ber=
fjricbtic^ i?arl, .^. b. SDßürtembetg=2ßimient'^aI. 51
toeitten unb aum X'ijtxi arge (Setüalttfiättgfeiten beruhten, faum me'^r ju unter=
t)alkn öermod^te. 5toc^ fdilimmer würbe feine ßage, al§ ßubloig XIV., fui'äe
3eit nod) 2lb|c£)lu^ be§ ^limtueger ^^riebenS , bie 9teunion§fammern einnditete
unb burd^ biejelben auc^ bie ün!§rt)eini|(^en SSefi^ungen Stßürtembergä bebvo^te.
5. J^. fam ha ju ber fdimexjtic^en, aber richtigen (5r!enntni^, ba^ ba§ beutle
9teic^ nic£)t im (Stanbe jei, bie Ufurpationen ßubtoigS XIV. mit bem ©(i)n)erte
in bcc ,!panb jurücfjuttjeifen unb ju gleic^^er geit bie Stürfen, bie fo eben aum
ü6ermä(^tig[ten Eingriff rüfteten, öon ben ©renken fern^utiatten. @r tt)ün|(^te
bal^er auä) , ba^ man ben i^i^anjofen güttici)e Slnerbietungen mac£)e unb mit
i^en äu einer 3}ergleid)ung ju fommen juc^e, bamit fic^ ßubttig XIV. ttienig=
|ten§ Weiterer „^nnoöationen auf bem ©oben be§ üieic^eä", al§ bi§t)er gejt^e^en,
enthalte. 3lnbrerfeit§ aber erfüttte er feine rei(^§patrioti|(^e 5pfli(i)t in rühriger
äöeife, inbem er ipütjätrup^jen 5um J^ampfe gegen bie Surfen abfi^idte. S)ie=
felben jinb nod) reditaeitig eingetroffen, um am (Sntfa^ üon ^kn \xä) ju be=
t^eiligen, unb l^aben auc^ bei ber SSefreiung Ungarn^ im Sauf ber näi^ften
^a^re toacfer mitget)olfen. Unb al§ niifit lange barauf ber ^rieg gegen Sub=
toig XIV. abermals auSbrad^, ba l)at g. Ä. mit bieler äöud^t in benfelben ein-
jugreifen öerfuc^t. @r ift i)erfönlid) nad) bem ,g)aag gegangen, um in ba§
gro^e, gegen ßubmig XIV. gebilbete ^ünbni^ aufgenommen gu »erben, unb er
l^at äöilrtemberg we^rtiafter ju machen gefuc£)t, al§ bie§ feit langen Reiten ber
^att genjefen war. Sie 2;rubl3en be§ 2anbe§ beftanben bamafö nämlic§ ou§
!leinen ©paaren öon 33eruf§folbaten, bie jebegmal im ^dä ber ^loii} angctoor=
ben würben, unb au§ ber militärifc^ Wenig brauchbaren ßanbmili^, ber foge=
nannten ßanbe§au§Wa^l. S)ie le^tere fuct)te g. Ä. in eine „regulirte Sanbmilia
ober SanbeSbefenfion" umäufc^affen , inbem er eine SluS'^ebung bon etwa 6000
SanbeSünbern öeranftaltete, au§ benfelben einige 9teiter= unb ^nfanterieregimenter
bilbete unb fte angeworbenen Officieren unterfteEte. 33atb barnac^ fjat er nocl)
einmal 6000 5^ann ausgehoben unb fii^ me'^r unb me'^r beftrebt, ein EleineS
ftel)enbe§ §eer in äBürtemberg ju begrünben. S)er Erfolg biefer wohlgemeinten
SSeftrebungen ift ober ein fe^r unglü(flid)er gewefen. Denn al§ nun xy. Ä. im
S. 1692 mit feinen nocl) refruten^aften 2;rup^en nac^ bem 9t_^ein abrüdte, er=
fannte er balb, ba^ er bie granjofen mit benfelben nic^t befte'^en fönne. @r
l)offte noc^ auf eine „reputirlic^e 3ftetraite", Würbe aber bei Deti§l)eim am 17.
September in ein unglü(!licl)e§ @efec^t öerwicfelt unb f(^lie^lic^ felber gefangen.
33on bem Drte be§ 2;reffen§ würbe er über ©trapurg nad) 5pari§ gefüf)rt, am
franäöfifd^en ^ofe jebod) mit ritterlict)er greunblidifeit bel)anbelt unb fd^on 2ln=
fang 1693 Wieberum nact) S)eutfcf)lanb entlaffen. 2lber bie furje 3eit feiner
©cfangenfcliaft genügte, um ber politifc^en gtoHe, bie er bi§l)er gefpielt liatte,
ein @nbe 3U macl)en. @r ^atte bie Würtembergifd^en Sanbftänbe burdf) feine
friegerifd^en äftüftungen ^eftig gegen fidt) aufgebrad^t, ba biefelben aHerbingS
gegen ben SSortlaut ber altl)ergebra(^ten ßanbeSöerfaffung berftie^en. SJergebenS
|atte ^. ^. auf bie 5^ot^ ber 3eit berWiefen; bie ©täube Waren bei i^rem
äBiberftanbe geblieben unb l)atten fdlilie^idl) fogar eine 3ln!lage gegen ben .^erjog
bei Äaifer ßeopolb eingebrad)t. S)a3u fam, ha^ f^. ^. aud^ für fidl) felber
ftarle ^Änfprüd^e erl^oben unb mel)rfad) erflärt liatte, er Woüe, um fein „Öovtün"
äu modl)en, bie S]ormunbfdt)aft nieberlegen unb in faiferlid^e S)ienfte treten.
S)ic ©täube l^atten i'^n nur butd^ 3uftdl)ei*ung eineS ®efd)enfe§ bon 50000
©ulben babon abbringen fönnen. ^n ^^-olge bon allebem iDenbeten fic^ bie ge=
l^eimen 9tät:^e unb Sanbftänbe bon äßürtemberg, fogleidl) nadf)bem g- -$?• 9«=
fangen Worben War, an ^aifer Seopolb unb baten i^n um 9luft)ebung ber 55or=
munbfc^aft unb S}ottiäl)rigfeit§erflärung be§ iperjogS ßberl^arb Subwig. S)er
4*
52 gricbrtc^ ßubtoig, ^. b. aBürtemI)etg=aeßinnentf)at.
Äaijer gaB bie getDÜnf(i)te ©rfläiung om 20. Januar 1693. 2iBenige 3BD(^en
barauf tei)xk ^. ^. au§ granlreid^ äurücf unb bcfi^tüerte \iä) in Stuttgart unb
in 2öien bitter barüber, ba^ man i:^n ber Otegierung gerabe ju einer ^eit ent=
fe^t t)abe, mo er jür bie SBol^lfatirt unb giettung be§ ßanbe§ £eib unb ßeben,
^ab' unb ®ut einfette, ßeotiolb unb 6beri)arb Subtoig be|d)toid^tigten jebod^
oHmäl^Iid^ jeinen UnttiHen burct) ef)rener!lärungen unb S)antc§tt)orte , unb ber
le^tere öergrö^erte überbieS nod^ bie bi§tjerige 3l|)anage be§ ^eräog§. 2BäI)renb
ber öormunM(i)a|tlict)en 9tegierung t)atte fid) g. i?. aber ni^t blo§ um !riege=
ri|cf)e 3lnge(egent)eiten befümmert. 2lud) bie j?ünfte be§ ^^riebcnS fanbcn an
i^m einen merfttjätigen SBejc^ütier. ßr berfef)rte gern mit @elet)rten, Norberte
bereu SSeftrebungen unb ba§ bauernbfte S)cnfmal jeiner SanbeSöerluattung ift
ba§ Stuttgarter ©t^mnafinm, toetc^eä er im S. 1685 begrünbet :^at. ^m ^.
1694 ernannte if)n ber ^aifer jum ©eneralfetbmarfdiatt. 5U§ jolct)er mad)te er
noc^ bie ^-elbaüge bon 1694 unb 1695 mit, erfranfte aber mä^renb be§ jmeiten
gelb^ugS unb ftarb, ba bie ^ran!§eit tro^ Dieter angemanbten Heilmittel immer
mieberfet)rte , am 20. Secember 1698, erft 46 ^^a^re alt. ^. ^. mar ein
fcl)öner, ritterlicher 5Jtann, bon cinne:§menbem, Icutfeligem äöefen unb leb:^aftem
©eift. ©eine 2apierfeit öeranla|te ben 5Jtar!grafen Sublüig 3ßilf)elm bon
Saben einmal 3U bem 5lu§rut, toenn feine ^Irmee au§ lauter griebrid) l?arln
beftünbe , fo getraute er [id^ , ben ^önig bon x5'i-"ai^^'>-'ei<^ nid)t blo§ über ben
yti)tm, jonbern au§ gauj granfrei^ ju berjagen. ©eine militäri|d^=^olitifd)en
aSemü'^ungen tauben au^erl)alb jcineg .\pcimatl)§tanbe§ jo bieten 23ei|aE, ba^
g. 25. (Snglanb im ^. 1691 bie fd)roäbifd)en ^reigftänbe crmol)nte, 235ürtemberg
al§ 3}ormauer De[terreid)§ fräitig 3U unterftütjen. ©ein 2Bat)lfprud) mar: dura
placent fortibus, unb auf mel)reren 50tünäen, bie er prägen lie^, finbet fid§
^erfuleS, bie ^tibra erlegenb, abgebilbet. ©eine i^cid)cnrebner liaben iljn be§=
l)atb auc^ ben mürtembergifdien ^erfuleS ober, mit 9tüdfi(^t auf bie ©rünbung
be§ ©tuttgarter (SVjumafiumg, A^erfulcg 5Jlufagete§ genannt. '^. ß. gel)ört nad^
ottebem immerl)in ju ber ©ruppe ^elben'^after 5!Jlänner, meiere ba§ ipau§ ber
Herzoge bon äöürtemberg in ber ^meiten ^älfte be§ fiebjelinten 3a^rl)unbert§
in großer 3^^''^ l)erborgebrac^t l)at, unb er !^at überbie§ feinen friegerifdjen
©inn bier tüchtigen ©ötjnen bererbt. 2}er^eirat:^et l)at er fid) im ^. 1682 mit
©leonorc Juliane, 5Rarfgräfin bon 33ranbenburg=3ln§bad), unb mit biefer fieben
.^inber erzeugt, bon benen bier ©ö'^ne unb eine 2;od)ter ben 9}ater überlebten.
S)ie ©ö'^ne ^arl 2llei-anbcr (ber '>Jtad)folger @berl)arb 2ubmig§ in ber gtegie=
rung äöürtemberg§) , .g)einri(^ ^^riebrid) , ^JJlajimilian (Smanuel unb ^^-ricbric^
Submig "^abcn in bem fpanifc^en ©rbfolgefrieg , bem norbifd)en ^rieg unb ben
2;ür!enfriegen be§ 3eitalter§ an ber ©eite 5Jlarlborougl)'§, be§ 5prin3en (JugeniuS
unb ^arl§ XII. gefoc^tcn unb fid§ fämmtlid), jum S^eil fogar in ungemö^n=
lid)em ®rabe auSgejeidinet.
S5gl. bie jum Slnbenlen an ^. Ä. , ©tuttgart 1699 , beröffeutlic^ten
ßeic^enprebigten, ©attter, (Sefd)id)te be§ .^erjogtliumg äöürtemberg unter ber
gtegierung ber ^er^oge, ^b. XL, imb $faff, 2ßürtembergifd)e§ ^elbenbud^.
I?ugler.
g-rtcbrid) J^ubiüig, ber fünfte ©o^n be§ ^erjogS griebrid^ ^arl bon
SBürtemberg = 2Sinnentl)al , am 5. ^lobember 1690 geboren, fam 1703 nad)
S)re§ben an ben fäd)fifd)en .^of, um feine ©tubien 3U bollenben. !ölit 18 Sa'^ren
trat er al§ ^reitoilliger in |otlönbifd)e S)ienftc unb biente in ben 5tieberlanben
mit feinem älteren SSruber .g)einri($ ^riebrid^ U^ 3um 6nbe be§ Ärieg§. 3lüä)
Qcfd^loffenem i^i-'if^e^ Wi:)xk griebri(^ ßubmig nad^ S)re§ben jurüd unb nal)m
in ben folgenben Sfa^^-'^n cim Ärieg gegen bie ©dimeben in ^ommern jl'^eil.
S5om ^urfürften bon ©oc£)fen tourbe er 1726 jum ©eneral ber 9teitcrei ernannt.
fJtiebricE) @ugen, §. ö. äBüttembetg. 53
Salb baraui aBei- trat er aU ®eneralfe[bmarjc£)aUieutenant in faiferlt(^e S)ien[te
unb er^iett 1732 bie 2Iufga6e, bie ^nfet ßorfica, tretrfic fic^ gegen @enua'§
£6er{)errf(i)aTt auigele^t l)atte, lieber ju unterroerien. §Bei ber glücfticfien
9Iu§jü!^rung biefe§ 3(uTtrag§ jeigte fic^ ber ^öer^og ebenfo f(ug al§ tapfer.
1734 commanbirte er gegen bie gf^-anjofen in D6erita(ien , njo er in ber b(u=
tigcn (5c^[acf)t bei 65uaftaIIa am 19. September 1734 feinen 2ob fanb.
Stifter.
^rtcbrtcl) (Pligcil, -^er^og bon 3Bürtemberg, geboren ju Stuttgart ben
21. :Sanuar 1732, geftorben p ^o^en^eim ben 23. S)ecember 1797. 5tt§
bierter (üon ben ätter geworbenen Äinbern britter) ©ofjn be§ bor feinem ffte=
gierung§antiitt im ö[terrei(^if(^en ^riegsbienft jur fatf)otifd)en Gomeffion über=
getretenen |)er3og§ Äaii 3[feranbcr öon 33ürtemberg geft. 1737) unb ber Warne
3Iugufte, ^rin^effin öon x^urn unb xaris , rourbe er nad) bem frühen Jobe
feine§ S5ater§ mit feinen beiben älteren 33rübern ^arl @ugen unb Subtuig ßugen
im ^. 1741 3ur 2{u5bi(bung an ben §of i5riebri(f)§ beö ©rofeen nad^ Sertin
gef(i)idEt unb bort mofjtmollenb aufgenommen, bi§ im ^. 1744 ber ättefte ber
23rüber bie 9tegierung antrat, toae auä) bie 3urü(iberufung ber jüngeren 3ur
i^otge ^atte. 3uerft für ben gciftüc^en Stanb beftimmt fam er batb in ben
Scfi^ einiger danonicate (Sat3burg, Gonftanj) unb erhielt bom Äönig ^riebric^
bie GoabiutorSfteüe bei bem Apocfiftift ^Breslau angeboten, jog aber ben 5)lititär=
bienft ber geiftlic^en Saufba'^n üor unb rourbe im ^. 1749 öon genanntem
Könige jum Cberften ber 9leiterei unb 6^ef eine§ 2)ragonera-egimentö ernannt.
3lucf) Dermä^Ite er fid^ am 29. Dtoöember 1753, toie fein öüefter 23ruber, mit
einer 5^ict)te be§ ^öntg§, nämlii^ mit (y^'iei^ei-'ife ®orot^ee Sophie, xo(f)ter be§
5[)^arfgrafen ^yriebric^ SSil^elm ]n Sranbenburg^Sc^toebt unb ber ©op^ie £o=
rotljee 2)^arie, ber öierten ©(^toefter (5^riebri(i)§. ^m 6§ebertrag tourbe auf ber
legieren )^ati) feftgefe^t, ba^ bie Olacfjfommenfc^aft au§ biefer 6t)e im eöange=
lifdien ©tauben, ber Öanbe§confeffion , erlogen werben foUe, toorüber erfreut bie
©täube bem ^rinjen unb feinen männü(i)en Srben neben ber fonftigen 3tpanage
eine befonbere jä^rlic^e Unterftü^ungSfumme öon 25000 ft. anmiefen. ^m ^.
1756 reifte ber ^rinj , um ben S5elagerung§!rieg fennen 3u lernen, na($ ber
S^nfel Winorca, too fein ©ruber Subtoig ßugen a(§ fran^öfifd^er ©eneral ber
Setagerung bes gort§ ©t. ^^ilipp beimo^nte, l^atte aber alSbalb @eIegenlC)eit,
im preu^ifct)en 2;ienfte teä^renb bes no(^ im gleict)en .3af)re au§gebroc^enen
fiebenfä^rigen ^riege§ in einer 9iei^e öon ©c^Iad^ten fid^ Lorbeeren 3u erroerben.
^Jia^bem er fi(^ in ©a(^fen erprobt, tourbe er ben 17. October biefe§ Saf)re§
3um ©eneralmajor ernannt, ^m folgenben ^a'^re ^eid^nete er fid^ befonber§ in
bem ®efedC)t bei Üteid^enberg nad^ be§ ßönig§ eigenem 3eugni| burdE) feine
tounberbotle Japferfeit au§ unb toar in ber ©c^tad^t bei ^^rag na^e baran bon
geinben umringt fein ,2eben ju öerüeren , al§ ein S)ragoner feine§ 9tegiment§
bem i'^n bebrängenben 9teiter öon f)inten ben ßopf fpaltete. Unmittelbar öor
ber ©c^tat^t öon !^eut£)en tourbe er, 25 ^a^re alt, jum ©eneraltieutenant ber
Üieiterei ernannt unb er'^iett in ber ^'otQ^jeit toieber'^olt ein eigenes 6orp§ über=
geben, ^n ber für ^rcu^en ungtücEtid^en ©d^tad^t bei ßunersborf befam er
einen ©treiffd^u^ in ben ülücEen unb at§ nod^ fdt)toerere 3}crtounbung einen
©d£)u§ in ben unteren 2^eil be§ rechten f5ruBe§; 3ur (Sr"^oIung bei feinen 3)er=
toanbten in ©cf)toebt toeitenb tourbe er burt^ ein ruffif(^e§ ©treifcorp§ aufgehoben
unb fonnte feine g^reilaffung nur burd^ einen 9leöer§ erfaufen , ba^ er fi(^, fo=
balb feine ©efunb'^eit e§ geftatte, jur ^rieg§gefangenf(^aft ftelte, allein biefer
9teber§ fiel fammt Scmienigen, ber i^n an ben ruffifd^en commanbirenben
(Seneral übergeben foGte, in bie ^änbe eine§ nac^gefanbtcn preu^ifd)en ßorpS.
©0 fonnte er im ^. 1760 toieber am Kriege t'^eilne:^men. @§ toar i'^m ätoar
54 gtiebtid^ (Sugcn, §. b. Söüttemberg.
mit feinen ]ä)tDaä)en Gräften nid^t tnöglidf), bie ^auptftabt Setitn, bie er hnxäj
bte größten ßilmärjc^e !urä auöor bor bem rufftfc^en ©eneral Sottlcben gerettet
^atte, gegen nad^gerücEtc ftär!ere ruffifc^e unb öfterreic£)if(^e Speere ju Italien,
aüeitx fpäter öottfüt)rte er mit (BtücE ben Sluftrag, ba§ 6or:p§, n)elc£)e§ fein
SBruber, ber regierenbe |)er3og, gegen ben ^önig in§ ^^eih fü^^rte, au§ ber ®e=
genb 3tt3if(i)en ber @lbe unb ©aale ju tiertreiben unb er ettuarb fic^ toefentlid^e
SSerbienftc in bem S^reffen bei Morgan, in Welchem er bie 9teiterei auf bem
rechten glüget beje'^ligte unb einen ©ä6elt)ieb über ben Äopf er'^ielt. darauf
!^atte er bie Tlaxt SSranbenburg unb 5preu^ifc^ = ^ommern öon Stuffen unb
©ctitoeben ju reinigen unb ben hinter über ben preu^ifdien Sorben in biefen
©egenben bi§ nact) 3!Jte(itenburg ju commanbiren, milberte, fohjcit möglid^, bie
i'^m aufgetragenen faxten Kontributionen unb anbere .$?rieg§autlagen in ^e(iten=
bürg unb jeigte huxä) einen ©c^uprief , ben er ber Uniberfität 23üpto beiiiel§,
feine Sichtung üor ber äöiffenfc^aft. ^m S. 1761 er^^ielt er toieber mit einem
befonberen 6orp§ bie 3]ertt)eibigung ^ommern§, inSbefonbere be§ befcftigten ^a=
fen§ ßolberg, jur 3lufgabe. S)a fein anfänglidier ^tan, noc^ et)t bie großen
ruffifd)en 25erftär!ungen anrüsten, burd) einen entfc^toffenen Singriff bie feinb=
li(^e Operation ju lä'^men, bie füniglirf)e Billigung ni(^t fanb, mu^te ex in
einem bor bem ^afen lünftlitf) berfdianjten Sager ben Singriff be§ ^^einbeg er=
warten unb trotte 23 3öod)en lang tapfer unb be'^arrlii^ ben mit ber 3eit ^^^
mti)X aU boppelt überlegenen Otuffen unb aÜem Ungemai^ ber Sia'^reSseit, aÜein
al§ Mangel unter feinen Gruppen au§bra(^, — in biefer ^infic£)t l)ätte er be=
bad^tfamcre 35orau§fi($t üben foüen, — blieb ilim ni(^t§ übrig, al§ mit feinem
ftarf gefc^moljenen ßorp§ ba§ ßager ju berlaffen, lt)a§ er bei ^Jtacl)t fo gefdiidt
au§fü|rte, ba^ er nic£)t einen ^ann berlor, tüä'^renb ßolberg felbft fid^ einige
3eit^na(^ljer ergeben mu^te. S)er ^rin^ übernal)m toicber ta^ ßommanbo be§
:preu^ifd)en ßorbon§ in ?ßommern unb ^ecftenburg, fc^foB ben 10. Slpnl 1762
einen äöaffenftittftanb mit ben ©d^n^eben, n^eld^em ber ^^-rieben ^toifdien 5ßreu^en
unb ©djtoeben auf bem ^-u^e folgte, unb betlieiligte fi(^ f(^lie^li(^ noct) in
©d)lefien an ber 93elagerung öon ©c^toeibnit;, bei toeld^er @elegenl)eit er nament=
lief) ba§ Slreffen bei Sfteidienbad) buri^ einen Dteiterangriff ^um preu§ifcf)en 33or=
tl)eite entfi^ieb. 9ta(^bem er noc^ einige f^i-'iebenäja'^rc in Sreptow gebleut, t)er=
tie^ er im S- 1769 bie preu|if(^en ^rieg§bienfte unb na'^m für bie S^xi öon
mel)r al§ 20 i^aliren feinen getoöljnlic^en Slufent^alt in 5Jlömpelgavb, in beffen
giä^e er 3U @tupe§ einen ©ommerpalaft baute, ^ier füf)rte er in glüc£lid)ev
5Jlu^e ein fe^r gepriefeneS f^öniilienteben. 2)ur(^ einen befonberen S5ergleicf) er=
I>ielt er ben 10. ^ütär^ 1786 öon feinem 33ruber bie Stegierung über 5Jlömpel=
garb unb bie bamit berbunbenen burgunbifd)en unb elfäffifd^en ^errfc^aften mit
botter ©ettialt als ©tattf)alter übertragen. Slttein bie Unrul)en in ^rantreid^
nöt^igten i'^n im S- 1791, fein gan^ bon bem franjöfifdien 3ieid)e umfd)loffeneg
ßänbd)en ju berlaffen, unb nadC)bem er über ein ^a^r lang einen medjfelnben
Slufent^alt gefül)rt, räumte i^m i^önig g^riebridf) 3ßil^etm II. bon 5prcu|en ba§
bon bem au§geftorbenen ^artgrafen bon 33ranbenburg=Saireut§ ben)ol)ntc 9f{e=
fiben5fdf)lo^ biefer ©tabt 3um SSol^nfi^ ein unb ernannte il)n pm Ö)eneral=
gouberneur bon SlnSbad) unb 58aireutl). '^aä) bem rafd^ aufeinanber folgenben
Slobe feiner ölteren SSrüber .^arl ßugcn (geft. am 24. October 1793) unb
Subtoig 6ugen (geft. am 20. yjlax 1795) tourbc er regierenber ^er^og unb
na'^m fofort feinen Söolinfi^ in ©tuttgart. ^urj bor Slntritt ber 9iegierung
toar er bom ^önig bon ipreu^en an ber ©eite bc§ .g)er3og§ ^^^erbinanb bon
S3raunfd^toeig=3Bolfcnbüttel unb ^DlöKenborf'S ^unt preu^ifd^en (Seneralfelbmar=
fd^all ernannt toorben unb erl)ielt nunmehr bicfelbe SBürbe beim fd^toöbifd^en
^rei§. ©eine ^Regierung bauerte übrigen§ nur etwa 2V2 Sa'^re unb ba§ £anb
3friebrtdE) öugen, ig. ü. SBürtemberg. 55
litt tDäl^renb beifelbeu )ii)x huxä) ben ^^ranjofenfrieg. Ser -I^ev^og ^tte nad)
einigem (5rf)tr)anfen fid) iür Defteneic^ erftärt, allein bie ^vanjDJen erftüvmten
im ;3u"i l'^ÖG unter 6eneval ^oteau ben ÄnicbiS, bui-cf),jogen im 3uti plün=
bernb baS !CQnb unb rürften felbft in Stuttgart ein, toä^renb bie Cefterreidicr
ficf) nacf) bem treffen öon 6an[tatt oftwärtS jogen. So war ber öer^og ge=
nötljigt, Tür fid) allein ben 17. ^uli ju SSaben mit 2Jtoreau einen SBanen[tiIl=
ftanb abjujdjiic^en, melc^em am 7. '^luguft bieie§ ^a^ree ju %^axi^ ber nament=
lief) bei Cefterrcic^ ireitic^ fcl)roeren '^Infto^ erregenbe 5i-'i'^^fi^äa6jc{)luB Tolgte.
Steffen .g)auptbebingungen marcn : üollfommene ^Dleutralität felbfi roenn äÖürtem=
berg alö ^itglieb beg beutj(^en 9teicf)5 ^ur Jöitjeleiftung aufgeforbert raurbc,
;:Berbannung ber iran^öfiidien 'Jluggemanberten aus bem Sanbe, gegenfeitige 51uT=
l)ebung aller jeinblii^en 5)]a^rcgctn unb jreier S^urc^jug für jT-'un^i-eidlS .öcere;
3uglei^ jottte ^^ömpelgarb abgetreten, SOßürtemberg aber bafür burd) mehrere
geiftlid^e ©ebiete in S^maben entfd)äbigt »erben , wogegen e§ iid) aud) öer=
pflid)tete, jur ööHigen Slbtretung bes linfen 9il)einuTer5 unb 31uTl^ebung be§
ü3cl)eneDerbanbe§ ton Italien mit bem 3iei^e ernftlid) mit^utoirfen ; enblic^
war eine Äriegsfteuer oon 8 5RiIlionen granfen ju be^a^len unb foHten noc^
aniei)nlid)e Ttaturallieferungen erlegt werben. Qtaax ermöglid)ten bie Grjolge
be§ @räf)er5og§ Äaii bem ,lperjoge, welcher, wie öiele gamilien be§ iJanbee ge=
fIof)en war, balb bie 9vüdEVf)r, aöein aud) bie öfterreid)ii(i)cn Einquartierungen
unb i^orberungen brürften fd)Wer auf bae Sanb , fo ba§ ber 2d)aben in ben
5Wei 3a^i-*eu (1796 unb 1797, auf 18 DDUüionen ©ulben bered)net wivb. Um
über bie ©edung beffelben ju öerl)anbeln würbe, jum erftcn -B^al feit 27 ^a^ren,
ein Sanbtag gel)altcn, aber ber .!per3og wiberfe^te fi^, wie fpäter feine "Dtad)=
folger, ber 5Jtitleibenfd)aft feines ßamniergut§, unb bie Öanbftänbe gingen öon
ber Sefpred)ung ber ^rieg§foften ju 23efd)Werben wegen mancher Mipräud)e
über. 6e fam ju lebl)aften Erörterungen unb ber 2lbfc^lu^ be§ :^anbtag§ öer=
zögerte fic^ , fo ba^ ber -öer3og noc^ wä^renb ber S}er^anbtungen am 5d)lag=
fluffe ftarb. Qx Ijintertieß, abgefe^en üon feinen !riegerifd)en 'siorbeeren, ben
Ülu^m eineg geiftig begabten unb in ben Staatsangelegenheiten t^ätigen, gütigen
unb menfi^enfreunblic^en, gerechten unb unparteiifd)en dürften. 2urd) feine
Sefcenbenj würbe bie Erhaltung bes 9iegcntenl)aufc5 gefid)ert; öon feinen äWölf
Äinbern, ad)t Söl)nen unb tier 3:öd)tei-n, ftarb nur eines in jungen ^al)ren.
Sie Söl)ne traten fämmtlid) in üerfc^iebene frembe Äriegsbienfte , ber Erbprinz
fvrricbrid) in preu^ifd)e, fpäter ruffifc^e, SubWig, Gugen unb öeinrid) in preu=
^if(^e, 23il^etm in bänifc^e, g^^'^^inanb in öfterrcic^if d)e , 211eranber juerft in
neapolitanifdie, bann aud) öfterreic^ifc^e, Äart in ruffif(^e, unb befamen meiftens
6elegeiil)eit , in benfclben fic^ au§3U5eid)nen. S^on feinen 25c^tern würbe bie
ättefte, Sopl)ie Slorot^ee 3(ugufte, nac^ bem 9lat|e .^önig ^riebric^s II. öon
ber Äaiferin Äatljarina Don O^uBlanb im ^. 1776 al§ ^Jlaria Oreo^oi-'orcna mit
i^rem einzigen Sol^n unb Tiai^folger :paut Dermd^lt unb bie 2}erlobung burd)
ben ^önig in SBerlin mit glän3enben i^-^]ttn gefeiert; bie britte, @lifabet§, würbe
Dom Äaifer ^ofep!^ II. frü^jeitig für feinen So^n unb ^Jlüd)folger fiaifer
granj II. jur (Sattin au§erfef)en, fünfjel)njal)rig na^ 3Bien gebrad)t unb im
^. 1788 mit grauä öermä^lt.
S5gl. (Sd^ott) S^ren=2;en!mal be§ . . . . i^errn griebrid) @ugen§, regie=
renben .^er^ogs Don 3Birtemberg unb Xtd .... bei ber xrauerfeier ben 11.
unb 14. (yebruar 1798, Stuttgart o. % — Äarl ^:;>faff, ©tfc^idjte be§
5ürftenl)aufe§ unb Sanbeg 2Birtemberg , Stuttg. 1839, Zf). 3 2Ibtt). 2,
@. 520—536. — Ueber bie S3etl}eiligung bei ■gier^ogs am fiebenjä^rigen
^ege Dgl. SIrnolb Sd)äfer, ©efc^it^te be§ fiebenj. Kriege», 23b. 1, 2. 3lbt^.
1 u. 2, Berlin 1867/74. Äarl ^Jtarfc^aü D. Sulidi, 5Der fiebenj. ßrieg in
Sommern, Berlin 1867. ^.Stalin.
56 g^riebtid^ Söif^elm .^ai:!, Jl. b. SDürtemberg.
^ricbrij^ SBtll^elni Äarl, ^erjog, bann ^utfüxft, äule|t Äönig bon
SBüxtemberg, geb. ^u Sxe^totü in ^interpommern ben 6. §lot)br. 1754,
t 3u (Stuttgart ben 30, Dctbr. 1816, <Bo^n be§ öorgenannten ^etjog» ^^-riebrici)
(Sugen. ®emä| bem ß^eüertrage feiner ßltern föurbe er toie feine @efd)lt)i[ter
in ber ebangelifd^en ßonfeffion a(§ ber SanbeSreligion erlogen unb öon 1769
an einige 3eit namentlich in Vaufanne gebilbet. S)em S5organge feinc§ 9}ater§
folgenb, trat er im ^. 1771 in ben ^reu^ifd^en 5RiIitärbien[t unb tourbe öon
griebri(i) bem ^ro^en alSBalb aU Oberft angefteüt, ^um (if)ti be§ in Silben in
©d^Iefien garnifonirenben S)ragonerregimcnt§ ernannt, ftieg auc^ toä^renb be§
baierif(^en @rBfotge!riege§ be§ 3f- 1778, in toeld^em er me!)rere SBorpoften com=
manbirte, jum (Generalmajor em^or. ^latfibem er im 3. 1782 ben (Sro^fürften
5Paul unb beffen @attin , feine ©ditüefter , auf einer italienifc^en Steife begleitet
!^atte, folgte er i^nen naä) Stu^anb, tDurbe l)ier burd) bie i?oiferin ßatt)arina
bie @ro^e al§ ©enerallieutenant unb @ouöerneur öon ruffifd) ^Vinnlanb angefteHt
unb berföaltete mäl^renb be§ türfifc^en .^riegeä neben einem ßommanbo über eine
SSeoBad^tungSarmee bie ©tattl^alterfd^aft in ßl^erfon. ^m 3f- 1787 öerlie^ er
auä) ben ruffifd^en S)ienft unb toolinte junäd^ft im Sanbl)au§ 5Jlonrepo§ unmeit
Saufanne unb in 3Sobenl)eim bei^ain^, tie^ fid^ aber im S- 1790 in Subh)ig§=
bürg nieber; im ^. 1792 überbraci)te er bem leisten bcutfd£)en .^aifer au§ bem
;§ab§burgifdt)en ^aufe, ^^^ranj, ha^ S)iplom feiner 3Bal)l bon ^^'^-'^n'^iittt nad^
©eligenftabt. ^lad^bem fein Später im ^. 1795 pm Stt)ron gelangt mar,
mu^te er bei ber Dccupation be§ Sanbeg burdf) bie ^^ranjofen im ^. 1796 nad§
2ln§badE) unb öon ba uad£) 2öten flüd£)ten , folgte aber nac^ beffen 2;obe am
23. S)ec. 1797 il)m in ber Regierung. — 2öa§bie äußere ®efd[)idC)te biefer feiner
3ftegierung betrifft, fo betl^eiligte fitf) g. al§batb im S. 1799, ba bie öftfrreicl)i=
fdt)en ©rfolge günftigc 9lu§fidE)ten gemäl)rten, am Kriege gegen bie fran^^öfifd^e
9iepubli! unb ma(^te l^ierfür größere 5lnftrengungen , al§ i'^m bie blo^e ^4>flidE)t
be§ 9teic£)§fürften auflegte. S)arauf rücEtcn bie f^^ran^ofen unter 9let) Bi§ in bie
©egenb öon Subtoig§Burg , tourben aber in ben j^reffen hd ^Bietig'^eim unb
S3önnigl§eim l^aut)tftidE)tict) burd^ bie töürtemBergifc^en 2;rup:pen jum SlüdEjugc
genötl)igt. ^IHein im folgcnben ^a^n brang ^oreau mieber öor, bie ^^eftung
^o'^entmiel ging burd) bie Unfä^igfeit if)re§ Scfel^l§!^aBer§ berloren, ba§ Sanb
mürbe öon ben granjofen üBerfdt)tr)emmt unb mit einer Sßranbfd^a^ung öon
6 5Jtiltionen f^-ran!en Belegt, tüoran fid) fpäter nod^ eine 5}lonat§fteuer für ben
ganzen fdf)mäbifd§en i?rci§ anfdl)lo^. ^y. bcrmeigerte lange jebe 23etl)eiligung an
ber 3i^^ung jener mit Tlüije um V2 ^iüion berminberten ©umme, flol) im
Sfuli mit altem in ben öffentlidEien Soffen, aud) in ber Sanbfdf)aft§faffe , t)or=
räf^igcm Selbe nad^ Erlangen unb öon ba nad^ 2Bien unb feierte erft nad^ bem
SlBfd^lu^ be§ SüneüiHer f^-riebenS bom 9. f^ebr. 1801, toeld£)er ba§ gan^e lin!c
9tl)einufer an gi'anfreidE) überlief, im ^ai b. ^. in fein Sanb ^urücf. S)en bon
fran^öfifdfier Seite gel)egten ^^^lan, ba§ ^er^ogtljum a'ufäulöfen unb ^mifdien
33aiern unb SBaben 3U tt)eilen, gelang e§ il)m nadt) ftanb^after 2öeigcrung, frei=
wittig aud^ nur ein S)orf feine§ ^er3ogt'^um§ abzutreten, burc^ ben ^arifer
55ertrag bom 20. 9Jtai 1802 gu befeitigen, melc^em gemä^ Söürtemberg nid^t
nur in feinem ganzen SSeftanbe er'^alten mürbe, fonbern bie fran^öfifdEie SiepuBli!
bem ^erjog il)re guten S)ienfte bcrfprad^, um i^m für bie überr^einifd^en S3e=
ft^ungen, meld)e Bereit§ ben 7. ?luguft 1796 an f^ranfreid^ abgetreten toorben
waren, entf|)rec£)enbe 2;erritorialentfct)äbigung 5U berfd^affen. ^uxä) ben 9leidf)§=
be)3utation§'^aut)tfd)lu^ bom 25. ^^ebr. 1803 murbc er benn aud) mirflic^ mit
geiftlid£)en Sefi^ungen, Wie ©ttWangen, g^^eiatten, ©omBurg k. unb neun 9letd£)§=
[tobten. Wie 3^eutlingen, ©-^lingen, 'Jtottweil, ^att, ©münb, ^eilBronn in einer
ben S5erluft weit üBerWiegenben unb treffUdf) arronbirten Söeife entfd^äbigt unb
g?nebtid) 2ßil!)elm Siaxl, Sl. ü. SBürtetnbcrg. 57
erl^iett augletd) bie -^utiriüi-be , tvdäje im i?uiiüvften6nei bom 24. ^ug. b. ^.
no($ BejonberS anetfannt lüurbe unb tticld)c if)m awd) Gelegenheit gab, bie nttc
Söürbe jcine§ ^aujee geltenb ^u mad^en unb ben 3;itel be§ 9teid)§evipanncr§ an=
5unef)men. Gv üercinigte bie neuen ©vmerbungen ju einem bejonberen, Don bcm
alten ^ev3ogtt)um unb feiner 33crTafiung üötlig getrennten ©taat mit befonberer
9legierung ju Cvüiuangen unter bem 9?amen 'Jicuwürtemberg. 9ܧ im ^. 1805
bet ßrieg jmifcfien Defterreid^ unb fyranfrcid^ mieber au^hxaä) , juckte ber ^ut=
fürft aniangg raenigfteng neutrat ju bleiben, allein 'i)Upoleon erf(i)ien am 2. Cct.
1805 unermortct ju SubtDigeburg, erflärtc i^m in einer öierftünbigen Gonferens
bei Oerjcf)toffencn 3:pren, ba^ bie§ unmöglich fei, brot)tc mit einer neuen 93ranb=
fc^a^ung öon 8 5)liIIionen ^yranfen unb unerf(f)tt)ingtid)en Lieferungen, marf)te
bagegen für ben ^-all be§ ^Beitritts '^luefic^t auf eine 3}ergröBerung be§ 2anbe§
unb eine .ffönig§frone unb fo ftettte i^m 5. im Subtüiggburger ^Itlianjöertrag
öom 5. Oct. b. ^. 8—10000 ^JJIann ^ur i^erfügung. S)ie Grfotge 5lapo(eon§
füt)rten jum ^re^burger ^^rieben 5ranfrei(fi§ mit Oefterreid) bom 26. £ecbr. b.
^., meld)er im 3tnf(^(u^ an bie Seftimmungen be§ 35rünner ©eparatöertrageS
gmifd^en g-ranfreid) unb 2Sürtemberg öom 12. %tzhx. bie 2(nerfennung ber öoUen
©ouöerdnität unb ber ÄönigSroürbe 3Bürtemberg§ , fowie ben 3}er,^id)t auf alte
3lnroartf(^aft§= unb £'et)en§red)te öon ©eiten Oefterreid^S enthielt unb bem neuen
Könige unter anberem. namentlidE) bie obere unb niebere ®raffd)aft .öo^euberg,
bie Sanböogtei 3IItborf unb fünf S)onauftäbte eintrug, töoraui g. ben 1. San.
1806 bie i?önigemürbe feierlicf) annahm. (2d)on am 19. £ecbr. f)atte ülapoleon
burd) ben fogen. ©dEiönbronner 2ageöbeTel§I, mie bie Otegenten öon SBaiern unb
33aben, fo and) yr. ermäd)tigt, bie in unb an 2ltt= unb ^JteulDÜrtemberg gelegenen
SSefifeungen ber 9teic^§ritterf(^aft , be§ beutjd)en unb be§ So^anniter=Drben§ in
S5e[i| 3U nel^men. Sem öon 5lapoleon in ber 9tt)einbunb§acte öom 12. ;3uli
1806 unter feinem ^^srotectorate begrünbeten 9t|einbunbe, wetdier am 6. 3tug.
b. S. bie Stuflöfung be§ 9ieid)e§ 3ur' golge :^otte, trat ber Äönig mit 15 an=
beren beutfd)en dürften, al§ ber bebeutenbfte ^errfd)er nac^ SSaiein, bei, erhielt
baburc§ , fotoie burd) bie , an bie 9ftf)einbunb§acte fic£) anfd)lie§enben befonberen
(5taat§öerträge mit ^aiern unb Saben, namenttid) bie iperrfc^aft SSiefenfteig,
bie 9Ibtei 2SibIingen, bie gteid)eftabt 25iberad) , bie ©ouöeränität über eine be=
träd)tlid)e ^Inja'^t biä'^er reic^§unmittelbarer dürften unb (trafen, fo bie '^o^en=
Io:§ifd)en ^-ürftentpmer (pm größten %^ni) , bie 33efi^ungen ber fyürften unb
Grafen öon 3:ru(^fe^=2öalbburg , öon Xfiurn unb Sarig (^um Z^zxi), bie nod)
nid^t mürtembergifd^en Steile ber (Sraffd^aft Simburg, ba§ bem ^:|}rinaen öon
Oranien 3ugctl§eilt getoefene 9ieid)§ftift 2Beingarten, eine Diei^e feit^er baierifc^er
ober bab'ifd^er, im Umfang be§ neuen Äönigreid^§ gelegener ^Rittergüter ic. S)a=
für mu^te er fidl) aber naä) ben Seftimmungen bieje§ 25unbe§, öermöge beren
jeber Ärieg auf bem feften Sanbe, ben einer ber contra^irenben Steile ju führen
l^aben tonnte, für alle anberen unmittelbar 3ur gcmeinfamen ©ad)e werben foUte,
fogleid^ an bem Ärieg gegen ^reu^en mit feinem Kontingent öon 12000 ^3Unn
bet^eiligen. Sm S. 1807 öermäl)lte Ü^apoleon feinen SSruber :3er6me, Äonig
öon SBeftfalen, mit griebri^ä Sod^ter, ^at^arina, unb ber Äönig too^nte im
October 1808 ber feierlid^en 3nfammenfunft ber ^aifer öon (yranfreii^ unb
9lu^lanb 5u Srfurt an , bei me(df)er e§ i^m gelang , bie angefonnene 3lbfenbung
einer i^eere§abtl)eilung nadf) (Spanien abäutoenben. SBalb na^ Scginn be§ ^rieg§
mit Oefterrei(^ öom ^. 1809, an n^el^em er Icbliaften S^eit na^m, erhielt ^.
buri^ ein beeret ^Jtapoleon§ öom 24. Ipril 1809, meld^e§ ben S)eutfd^orben in
ben gt'^einbunbSftaaten aufl)Db, ^ergent:^eim mit ben gted^ten, Domänen unb ein=
fünften be§ .<pod)mei[tert^um§ unb unterbrücfte im ©ommer be§ ^a^xt^ einen
aEba au§gebrod£)enen 5lufftanb mit großer ©trenge, betl^eiligte fid^ aud§ alSbalb
58 g^rtebrtd^ 2BtI'^eInt jfarl, ß. b. aSürtetnlierg.
bamuf in ^^perfon an bem ^am^fe gegen bie S3orai-l6erger, toeldie in 35erl6inbung
mit ben gegen bie 23aiern unb ^^ranjofen aufftänbifc^en Tirolern [ic^ ev'fioBen
unb in ha^ olberft^toäBifd^e 2Bürtem6erg einfielen. Sex 2Bienei; triebe öom
14. Öctbr. b. ;3. unb — nadibem g. im StoöemBer b. ^. ju 5pan§, tt3ol)in ex
bon ^flo^oleon mit anbexcn i^ürften entBoten tüax, aÜe 5pläne, i^ mit ^annoöex
obex 5|>oxtugal füx ba§ aBjutxetenbe äöüxtemfierg ju entfifiäbigen, ftanb"^aft ab=
gele'f)nt f)atte — bex Sextxag p gompiegne öom 24. 2l|)xil 1810, fotoie bex
©taatäöextrag mit SSaiexn öom 18. 5Jlai 1810 öracEite bem .Könige luiebex einen
anje:§nlid)en 3mi)arf)§ : bie öftexxet($ifcf)e 5lnexfennung bex tüüttembergifc^cn 93eft^=
nat)me öom Deutfc^meifteitl^um , bie ©tabt Ulm, 10 baiexif^e Sanbgexid^te im
©üben, Often unb ^Jtoxboften jeine§ 16i§^exigen 23efi|e§, %1)e'\.U öon einigen an=
bexen jold;ex iße^ixle unb bie ^o^cit ilbex einige füxftlid)e , gxäflic^e unb xittex=
f(i)aHüd}e, öon ben neuen ©xenjen umjc^loffene 33efi^ungen. 3m 3^. 1812
mu^te ex, hjie bie übxigen SSexiünbcten gxanf xei(i)§ , an bem xuffif(f)cn Äxiege
2:^cil ne'£)men, au§ ß)eld)em in golge be§ berüchtigten Stüd^ugeS öon feinem,
ülbex 15000 ^ann betxagenben Kontingent faum nod^ einige ^unbext ^üxüä=
tei)xUn. 3tu($ im fotgenben ^a1)xz l^ielt ex junöc^ft nocf) fc[t an bem fxan3i3fi=
jc^en SSunbe unb in ßeipjig fämpften feine Sxup^en nod) auf 9ta^oteon§ 6eite,
ja ex beftxafte bie SBxigabe be§ ®xafen 5toxmann auf§ empfinblid)fte, toeil bie=
felfie in bicfex ©d)Iact)t ju ben 33exbünbeten üBexgegangen toax. Stttein bux(^
ben 35extxag ju f^ulbo öom 2. SloöBx. 1813 txat ex felbft auf bie ©eite bex
le^tcxen unb ex'£)ielt bie ©axantie feinex fämmtlic^en ©taaten, fon)ie bie exneuexte
5Inexfennung feinex Uuab'^ängigfeit. (Jin §eex öon 12000 Söüxtembexgexn ftie^
5u bex gxo^en Slxmee bex 33eibünbeten, bilbete mit öftexxeid;)ifi^en Slxu^^en ba§
öiexte 5lxmeecoxp§ untex bem Sommanbo be§ Äxon^jxin^en Söiil)elm unb fämpftc
an me^xexen Oxten mit 9lu^m unb ßxfolg 6i§ ^um ßin^ug bex S3exBünbeten in
5paxi§ (30. gjläxä 1814) unb 9lapoIeon§ ^xonentfogung. 2ll§ bie ^Mh^x be§
le|texen öon 6tba im ^iJläxj 1815 bie SSexbünbeten toiebex ju ben Sßaffen xief,
rouxbe au§ 20000 aBüxtembexgexn, 18000 Deftexxeic^exn unb 8500 ^effen=S)axm=
ftäbtexn ba§ bxitte 9lxmeccoxp§ abexmal^ untex 2lnfüt)xung be§ ^xoniprinjen öon
SBüxtemBexg gebilbet, tt^elc^eS bie f^xan^ofen am 28. ^uui b. S- Bei ©txaPuxg
juxüiiroaxf. 9ln ben jux 3^^^ bex legten SSegeBen'^eiten Bexeitä eingeleiteten S}ex=
^anblungen be§ SBienex dongxeffeS feit ^exBft 1814, bex bie neue ©eftaltung
6uxo:pa'§ unb befonbex§ S)eutfd)lanb'§ Beftimmen foEte, nal)m bex ,^önig 3eit=
toeife ^cxfönlid) S^eil unb toax einex bex fünf beutfc£)en Jpauptmädite, toeld)e bie
©infü'^xung bex neuen Oxbnung bex S)inge in S)eutfd)lanb Bexat^cn foHten.
5lEein bie l^iex gefaxten 33efc^Iüffe entf;Dxad)en feinen 2lnfid)ten nic^t, mebex bie
©inxic^tung eine§ beutfd)en S5unbe§, toeit ex nof^toenbig Sefi^xänfungen Bei
beffen einzelnen ©liebexn öexuxfad^en mu^te , nod) bie dinfü^xung ftänbif(^ex
SSexfaffungen, unb fo U1)xk ex p (Snbe b. ^. 1814 miebex in fein ßanb juxüä
unb trat exft am 1. ©et)t. 1815 bex beutfi^en Sunbesacte öom 8. ^uni 1815
unb am 15. <Bept 1816 bex fogen. lieiligen ^lEianj Bei. ^m ^. 1813 exlaufte
1^. noc^ öon .g)ol)en3onern bie fleine Apexxfdiaft .g)ixfd)latt unb erl)oB fomit im
Söexlauf tüenigex Sa|xc feinen ©taat öon 650000 6intool§nexn auf 1400000
unb öon 153 auf 354 G^JJl. S)a§ öon SllttoüxtemBexg 3lBgetretene toax nid§t
fe^x Bebeutenben Umfang§. 2Baö bie innexe SSerttjaltung feine§ ßanbe§ Be=
trifft, fo '^atte ^5- h^oax fogleic^ bie üBlic^e a}exfaffung§öexfid§exung auögefteEt,
attein Balb Bxat^ten il^n feine militäxifi^en )Bebüxfniffe, loeld^e Bei bem ßanbtag
unb ben 9lu§fd)üffen feine Slnexfennung fanben, in öoEen ©txeit mit bex ßanbe§=
öextxetung. (Segenfeitige Auflage Beim üteic§§l)ofxatl^, fd)arfe§ @infd)xeiten f?frieb=
xi(^§ gegen bie toibexfpenftigen ©täube, biplomatifdie Slgitation bex ©tanbc gegen
ben .^exjog (mit ben 9Jlitteln ber geheimen Sxud^e) jc, Bejetd^nen biefe unex«
quidlid)e ß^jifobe bex inneren @efd)id)te be§ Sanbe§, in toelc^ex ätoax au(^ bie
fjticbric^ aBil^efm Raxl, Si. ö. aDßüttemberg. 59
©tönbe e§ an bem entf^jrec^enben S^ene'^men gegenüBev bem ütegenten \ei}Un
liefen, ber -^erjog ahn, gereift unb burc^ ©egner bcrfelben bottt)ärt§ getrieben,
mit ©eroottmaBvegetn , mit einjeitigcn 3?efef)(en o^ne Sücffic^tnafime auj bie
(gtänbe, mit Stmtlentfe^ungen , 9)ei-f)aitungen ^eröorragenbcr SPett^tibiger ber
ftänbiirf)en ?Recf)te, \x<i) über bie i^n ^emmenben (5(i)ranfen ber 3}erfaijung ^in=
toegfe^te. 60 fann ni(^t geleugnet merbfn, baB bie a(te 33erfaffung be§ lS}anbc§,
aufgebaut auf ber ßrunbtogc ber (Forporationen unb mit bem mäi^tigen engeren
9lu6i(f)u§, rt)el(f)er fici) ju einer 9Irt öon Ü^ebenregierung geftattet l^atte, im S5er=
lauf ber 3^^^ i^ fin^ S^tüiffe Stagnation eingetreten mar unb ba^ bie lieber^
ganggjeit, in roefc^er 5. regierte, bei ben öon allen ©eiten brof)enben (Stürmen
eine fräftige unb ein'^eitücfie, entfc^Ioffene ^yü^rung h(S> Staates jorberte, mie fie
unter ber alten SSetfafjung ficf) nid)t bcrtoii'£ti(f)en fonnte, allein gemattfam unb
unrechtmäßig wax bie 3}erni(^tung biefer Serfaffung , n^ie fie ^. ju (5nbe be§
^. 1805 Dorna'^m. ^nbem er bie Souöeränität , meiere i^m bur(^ bie jc^on
genannten 9}erträge tom 5. Cct. unb 12. S^ec. 1805 jugejprorfien morbcn, aU
unbef(f)ränfte ^errfc^aft au($ f)injiif)tlicf) feiner inneren 9tegieruug auffaßte, eignete
er iiä) ben 30. 2ecBr. 1805 bie ftänbifi^en gaffen unb ba§ 5Ir(i)it) ber ©tänbe
getoaltfam ju unb n)ic§ ben 31. 5^ecbr. 1805 bie 3(emter jur unbebingten Unter=
orbnung unter bie Crgane ber ^Regierung unb jur ^(btie^erung ber Steuern an
biefelbe an. Sarauf erfolgte unter ber 2}ereinigung öon 5Itt= unb ÜZeumürtem^
berg p Sinem einf)eitlic^ unb mogticfift g(eict)artig regierten Üteic^e, toel(^e§ eine
gteid)mäBigere , übrigen» öfter» mecf)fe(nbe ßint^eitung ex^xdt, feit beginn be§
^. 1806 bur(f) eine überaus rege, jum 2f}eü n-eilic| fii^ überftür^enbe gefefe=
geberif(^e 2^ätigfeit bie 5Reugefta(tung ber StaatSöertoaltung, mie fii^ biefelbe
in ben allgemeinen Umriffen no(^ 6i§ ^eutc erlialten ^at. @§ finb 3. 33. ju er=
toä^nen: bie vJluf^ebung be§ (geheimen 9tat^§CDtlegium§ unb bie 6rrtcf)tung eineg
StaateminifteriuraS mit fe(^§ (furje ^^it fieben) Departement», fomie eine» au§
ben ''l^liniftern unb jugejogenen ^^erfonen befte^enben Staatsrat^», bie ßinfü'Eirung
mei]t buveaufratifcf)er ftatt ber jeit^erigen collegialen 5?ertt)altung, bie S^ereinigung
be» geift(i(f)en (Sut§ mit bem Staatsüermögen, eine 3lnorbnung, mit toeld^er
übrigeng bie gufit^erung jur Uebernaf)me aller feit^er am biefem @ute "^aftenben
3}erbinbli(i)feiten für firc^licfje, $3e^r=, Scl)ul= ober anbere gemeinnüfeige 3lrmen=
SInftalten tjer&unben mar, bie Einräumung gleicher 9te(i)te an bie brei cfiriftlic^en
ßonfeffionen hnxä) ba» 'Jieligionöebict öom 15. Cct. 1806, bie (Srünbung einer
fatf)Dlif(^=t^eologif(f)en ^afultät ju Sllmangen unb 3}er^anbtungen mit bem
päpftlic£)en Stuf)le 3ur 9^egulirung be§ fat^olif(^en ßiri^enmefeni im 5anbe,
toeiter^in bie (junäc^ft freiließ t)orübergel)enbe) ^Befi^na^me ber t^cft, meiere
frül)er Sac^e be§ Üteic^e» gemefen, al§ lanbee^en-lit^en 91e($t», Dieueinricl)tung
be§ -DJUlitärmefens unter ßinfü^rung ber (?onfcription , manrf)e SSeränberungen
im Sc^ulmefen, in meli^er öinfitiit in»6ffonbere bie Unioerfität il)re @cri($t§bar=
feit unb Selbftänbigfeit öerlor, bagegen manche iserbefferungen unb Srmeiterungen
it)xn ilnftalten erhielt. — Sllebalb nad) feiner 9?ü(ife'^r öon 2öien befi^loB {}.,
no(^ el)e bie 2Biener Qjer'^anblungen if)ren Qlbfi^luB fanben, in ber 5lbfic^t, öon
au§märt§ etma fommenben meiterge^enben 3umut^ungen juöorjutommcn, al§ ber
erfte unter ben beutfrfien dürften bem ^anbe eine beinahe burc^au§ auf neue
(Srunblagen aufgebaute 3)erfaffung ju geben, fixierte f(f)on am 11. ^an. 1815
bie (vinfü^rung einer fotc^en ^u unb legte fie am 15. Wäx^ b. ^. ber '^terju
einberufenen ftänbifc^en S3erfammlung öor. ^llHein biefelbe mürbe beina'^e ein=
ftimmig öermorfen unb bie 2Bieber^erftellung ber altmürtembergifc^en SJerfaffung
Verlangt; aucf) begannen nunmehr langmierige 3}er^anblungen, mät)renb melc£)er
ber ßönig ftarb. g., in mani^er öinfii^t bem erften mürtembergifd^en iper^oge
biefeS '^lamm^ gleii^artig, mar ein SiRann bon bebeutenben @ei]tesgaben , au§=
QQ i^xkhxiä), 33. ö. SlöüräButg.
geBi-etteten ,$?enntntffen , 16ejouber§ in ben matt)ematifd^en Sötffenjc^af ten , bon
gro^ei- äöillen§= unb 2'^at!vaft, tüefd^e i"^!! aurf) in ben fditüievigftcn 3}ert)iiUniffen
an bem grfh-ebten feft^atten lie^ unb ^umat ']üx jene ftürmifii)en Reiten al§
befonber§ wei-tljüoll eifc^einen mu^te. ©einem gebop^elten ^Qu^jtftreben , fiif)
mit ben Bebeutenberen g^ürften 6ui*opa'§ burd) 9tang unb 3Bürbe, buvd) ^JJtad^t
unb ^^vacfit melii- unb me^v in eine £inie ju ftetlen, unb im Innern feine§
©taate§ frei unb ungehemmt ju regieren, gab er fic^ mit 9tü#(f)t§to[igfeit t)in.
2ßa§ fein erftgenannteS ©treben Betrifft, mit melc^em er bietfactie ©rfolge erjielt
:^at, fo toirb it)m freiließ namentlich fein enger 9lnfd)Iu§ an f^ranfreid^ unb feine
ftarfe SBet^eitigung am Df^einbunbe jum SSormutf gemad)t, attein m^nn man bic
bamatige 3eittage unb bie getüöljnlid^e Sluffaffung öon beutf(^em ^^Patriotismus
p g-riebrid)§ 3eit in 23etra^t ^ie^t, fo ift bie ^^-rage gerechtfertigt, an meldte
!räftige beutfdie ^ac^t l^ättc er fic^ mit einer g-ranfreicf) feinbtii^en 9tid)tung
unter ?lu§fid)t auf einigen ßrfolg Bis jum ^. 1813 anfd)Ue^en !önnen unb
troS f)ätte c§ feinem Sanbe ober S)eutfd)(anb genüljt, ttienn er in D)3pofition
gegen ^ranfrcid) feine öfterS geplante 9}erbrängung bon SöürtemBerg ober eine
2;t)ei[ung beffelBen unter Benac^Barte ©taaten I}crBeigefüf)rt '^ättel ?lud) maS
bie ^Regierung feineS ßanbeS felBft Betrifft, fo ttjirb ^ugegeBeu Werben muffen,
ba^ bie Bon ^. ergriffenen ^Jta^regeln jum 2;t)cit menigftenS, mie 3. 33. bie
Slnf^eBung beS ^-eubaliSmuS, bie 33ereinfa(^ung beS ©taatSfjauS'^altS, ben neuen
^been entfBrad^en unb noi^ tjeutjutage als mefentlidie 6rrungenfd)aften aner!annt
tüerben , jebocf) fcIBft in fold^en t^iilten Inar bie 2lrt feineS tf)eilweife aud^ burd)
öu^ere boütifdje 9lüdfid)ten Beftimmten 33orge()enS aufS tieffte öertetienb, mef)r
als eS nbf^ig tüar unb alS eS t'^eilttjeife menigftenS in anberen Staaten gefd^a"^.
S)er BiSt)er reid)Sfreie 3lbel mürbe in auSgefud^t ftrenger Söeife Be^nbett; bie
Beamten maren Bei !ümmerüd)en Sefolbungen unb großer ®cfc£)äftSüBerBürbung
fortbaucrnben ß)efal)ren unb S3efd)merben auSgefe^t, meit baS geringfte SSerfe'^en
fdtimere ©trafen nadt) fidf) jic'^en fonnte. S)aS 3]olf felBft, me(dt)eS attgemein
entmaffnet tüurbe, brüdten luftige ^otijeiöorfdjriften ber bcrfdt)iebenften 5lrt, ein
auSgebel^nteS ©pionirft)ftem , fd^mere SlBgaBen unb bie miHfürUd^e unb ungtei(^=
mäßige ^anbl^aBung ber ßonfcription, ber UeBermufE) ber f5nigli($en ©ünftlinge,
i^riebrid^S ^rad)ttieBe unb 55erfd^menbung , bie nieberen (Etaffen beffelBen aBcv
namentlidE) feine ^lOgblieBe, bie Duelle jaljüofer S^ro'^nen unb fonftiger S3e=
fdtjtoerbcn. ©elBft feine guten Sigenfi^aften berfel)lten oft i^re Söirfung, toie
benn feine (5Jered)tigfeitSlieBe nid£)t feiten in all^u gro^e ©trenge ausartete. ^.
bermä^lte fid£) in erfter Qtjt ben 15. £)ct. 1780 mit 9lugufte iJaroline Bon
Sraunfc^tDeig=2öol_fenBüttel (f ben 27. ©eBt. 1788), auS metd^er ^mei ©ö'^ne,
barunter fein ^3tadt)f olger, ^öuig 3Bi^elm, unb eine Soc^ter, bie oBcn genannte
Äatl)arina, '^erBorgingen; in ätoeiter, finbertofer @l)e, ben 18. 'üTlai 1797 mit
5lugufte gjlat^ilbc üon ©ropritannien unb Urlaub (f ben 6. Oct. 1828).
33gt. (5Jtattl)ifon) ßeBenSaBri^ beS {)öc^ftfcligen i?5nigS griebrid^ Bon
SöürttemBerg. gur Srauerfeier ben 13. 5Dec. 1816. ©tuttg. 0. S- — i5rieb=
ridf) IL, .fJönig bon äBürtemBerg, in: 3eitgenoffen, S3iograbl)ien unb 6^ra!te=
riftifen, Sb. II. 5lBtl). 3, ßeip^ig unb mtenBurg 1818. — Äarl ^$faff, @e=
fd)id^te beS gürftent)aufeS unb ßanbeS SöirtemBerg, ©tuttg. 1839, Z^l 3,
5lBt^. 2. ©. 536—72. — 3)aS ^önigreid^ 2öürttemBerg , ©tuttg. 1863,
©. 74 ff., 85 ff. — 2. ^äuffer, ©eutfi^e (Sefd^ii^te. ^. ©tälin.
gricbrirf) bon SöirSBerg, prftBif^of bon SBüräBurg (1558-1573).
^m ^. 1506 geBoren, einem oBerfränüfd^en , im ©eBiete Bon ©ulmBadt) an=
gefeffenen @efdE)lecf)te entftammenb , mürbe er im ^. 1533 in baS aBürjBurger
S)omcabitel aufgenommen, im S. 1544 jum S)ombecan unb am 27. Slpril
1558, nai^ ber ©rmorbung beS ^ürftBifd^ofS SJleld^ior b. 3oBel 3U beffen ^lad^=
griebric^, 33. ö. Söüriburg. 61
jotger ertoä'^tt. ©eine Gr^^efiung fiel bemnad^ in fine in jeber SBe^iefiung ^bä)it
!vitif(i)e 3cit- "^^^ ^5od)fti't aBürjburg im bejonbcren f)atte burd) bie öovau§=
gegangenen, fic^ an ben 5Jlarfgvaien 2((6rec^t 5ücibiabeö unb SBil^elm öon ©rum=
had) anfnüptenben ^Berroicfelungen eine tief gel^enbe (Siic^ütternng erfaßten. S)er
8taat5f)aue^a[t be§ ^o(f)[tiit§ tüax grünbüd) jerrüttet, bie (gc^ulbenlaft un=
gemö^ntic^ 1)odi) geftiegen. S;ev neue i^-üiftbijc^oT roax allerbings eine enevgifd^e
5iatur, bie jugteid) jür rauf), unbeugsam, ja leibenfc^aftüd) galt, ^ebod) jur pein=
liefen Ucberrafd)ung be§ S^omcapitelS niadite er feine Ü.iliene, ber ^oc^gewadn'enen
Unorbnung im (5taat§^u§f)att (Jin'^alt ju t^un unb felbft mit bcm guten 33ei=
fpiete ber Sparfamfeit üoranäuge^cn. ©o fa^ fic^ ba§ Somcapitet gen5t()igt,
bie ©ac^e in bie ."panb ju nefimen unb , tt)ie es ha^ öermöge feiner t)erTaiiung§=
mäBigen Stellung t^un fonnte, ben toiberftrebenben gürftbifc^oi ju ben not^=
toenbtgen Steiormen ]u nöt^igen. äöirftid) fam im ^. 1560 ein 3}ertvag mit
g. 3u Staube, ber bie öanbegregierung unb bie lyinansöerraattung bc5 öodjftifts
einer öom Gapitel Porgefi^lagenen Oicuorbnung untermarj. Sem ^üvftbiic^oT
aber fiel bie i{)m fo auterlegte 25eid)ränfung ju jd^raer; er öerftanb e», fie
nac^ einigen Sa'firen ab5uid)üttetn unb bie früt)ere Unorbnung teerte jurürf.
i^ebod) fteüte eg fid) balb ^eraus , ba^ bei einem joId)en irrationellen ^uftanbe
ba§ öffentlidie 2Bejen ^u (Brunbe ge^en muffe; ba§ S)omcapitet ift fd)on im
^. 1564 jum anberen ^Hate bajmifi^en getreten unb l^at ^y. 3U einem neuen
Sßertrage unb einer neuen S^anbeeorbnung bemogen, bie feine Unfä^igfeit, fic^
ein3ufd)ränfcn, aufg neue in ^effctn legte. 3Iber biefe 9lnorbnung erlitt baffelbe
(5d}idfal mie ber erfte 3}ergleid); mieber nad) ein paar ^al^ren gelang ee bem
fic^ fträubcnben ^^ürftbifc^of , biefelbe ju ^aüe ju bringen. £ie i^olgen biefeg
feines 33iberftanbes mieber^^olten fid) jebod) ebenfaES; bie faum beigelegte S^x^
rüttung ermad)t( Pon neuem, ^eboc^ angcfi(^t§ ber unerträglid)en 9}ern)irrung
er^ob fic^ bae Somcapitel ^um britten 'DJlale unb e§ fam im ^. 1568 ein
britter S}ertrag mit fy. ju ©taube, ber i^m no(^ engere (Sd)ranfen äog unb i^n
förmlid) unter bie S}ormunbfd)aft bc5 Gapitels fteEte. S)iefe Crbnung l^at fi(^
bann menigfteng rormell bi§ ju O^riebric^S Sobe bef)auptct, obtool fie S)anf feiner
Ungefügigfeit ni(^t bie beabfid)tigten unb münfc^ensmertl^en mo^lt^ätigen 2öir=
fungen äußerte. Grft fein 51ad}folger, (yürftbifd)of Julius, fjat au« eigener
^nitiatiPc in biefen ^yragen ben rid)tigen 3Seg eingefd)lagen unb ber troftlofen
3errüttung ein ^ift gefegt. SBäl^renb ^5'- at^ i3anbe§fürft eine fo menig erfprie^=
lidjc öflttung befolgte unb bie unöermeibli(^en ^Reformen jum offenbaren 5ta(|=
tl^eiie be§ Sanbe§ nac^ Jiröften erfc^merte, gemäl)rt feine J^ätigfeit at§ ,$?ird)en=
fürft ein- tJoHftänbig anbere§ 3Silb. 5luf biefem ©ebiete tritt er mit unbebingter
©elbftänbigfeit auf unb Id^t er e§ an burc^ greif enb er Energie nic^t fehlen. (5r
ift einer jener beutfd)en 33if(^öTe, bie Pom ©eifte ber beginnenben 6egenrefor=
mation erfüllt finb unb fid) gan3 in ben S^ienft ber ixd) jur Slction unb jum
Eingriff aufraffenbcn -^irc^e ftellen. £>aB eine Steife nad) 9tom, bie er als 5^om=
becan bortl)in unternommen, auf biefe feine Stimmung ma^gebenben ßinflu^
gel^abt, fann al§ ma'^rfc^einlid^ t»er3eic§net tuerben; in ^i-'^iburg i. Sr. wcnigfteng,
tüo er feine Stubien gemad)t, l^at er fc^merlid^ berartige ginbrüde empfangen,
©emi^ ift, ba^ er in ber angebeuteten 9ti(^tung bem £omcapitel Porauegeeilt
ift, unb ba^ biefe§ in ber erften 3cit not^ feiner ßr^ebung fid^ PerantaBt gefel)en
l)at, i^n öor unöorfid)tigen unb Unbulbfamfeit Perrat^enben 5leuBerungen gegen
bie proteftantifd)en Stänbe ju marnen ; unb 2^atfad)e ift, ha% er bem Eintritte
feines 5lmte§ rafd) eine 9tei'^e öon 9JtaBregeln folgen ließ, bie ben S^ved f)atten,
bem fiegroid) aud) in ha^ .Oodjftift unb ben Sprengel Pon 23ürjburg eingebrungenen
^toteftantiemu« ben Soben ftrcitig ju mad^en unb bie in§ SBeidjen gefommenc
ftrengere tird)lid)e ©efinnung ttiieber jum Stellen 3u bringen, ^n biefem Sinne
52 - gtiebtid), 58. b. SBütäburg.
ie)at er [id) gteid^ aniangS mit einev !i-äitigen, burcf) ben Sirud öerbielfättigten
2lnft)va(i)e an ben 6levu§ «nb ba§ SJott jeinei- S)iöcefe geloenbet. UeberaE brang
er barauf, ba^ bie !tr(i)ücE)en SSorfd^riftcn unb Dibmmgen in correfter 3Beije
beobad)tet tüürben. 2öa§ man öon (Seiten feiner SlmtSöorgänger feit längerer
3eit nid}t metir getoot)nt getoejen ioar , er unterjog ficf) ben priefterlid)en 5un!=
tionen ber ^^srebigt unb ber ©penbung bc§ 3lbenbma^Ie§ öjter§ in eigener ^$erfon.
S)aB alleg barauf anfomme, ba§ £)eranmad)fenbe ©efd^led^t in ben ftrengen firc^=
Ud)en ©runbfä^en ju er^ie'^en, föar i^m öon Einfang an ftar. S3i§{)er toar bie
^ugenb feine§ ©prengel§ nad) au§n)ärtigen ©(^ulen gegangen unb t)atte öon
bort bie ^Jleigung für bie neue 2ef)re mit 3urüdgebrad)t ; biefem 3uftanbe fottte
nun ein ^iel gefegt toerben. ©o fa^tc x^. ben ^lan, in äöurjburg felbft eine
9Inftalt 3U grünben, in ber bie ®efat)r ber ^egünftigung ber üertja^ten ^ieuerung
grunbfä^lid) unb öon öornl^erein auegefi^toffen Bliebe. @§ ftel)t mit ©ic^er'^eit
3U öermut^cn, ba^ x^. ju biefem ^^»ed am liebften gleid) eine Uniöerfität ge=
grünbet l)ätte; biefen ©ebanfen mu^te er aber unterbrüden, ineil bie finanjiette
ßage be§ i^oc^ftiftS — an ber er übrigen§ nid)t ol)ne ©d)ulb mar — ein
fol^e§ Unternet)men einfad) nid)t ertaubte, ©o cntfd^lo^ er fid), mit ber @rün=
bung einer befd)eibeneren Stnftalt, einer „^articularfd)ule", immerhin eine§ ®t)ni=
nafium§ im l)5§eren ©tile fid) ju begnügen unb aber — baffclbe ben Sfefuiten ju
übergeben; benn fie l)ielt er für am geeignetften ober für aEein geeignet, bas
äBerf ber ;3^igenbbilbung in red)ter unb juöerläffiger äöeife ju leiten. 5lber aud)
auf biefen legieren äöunfi^ mu^te er öorläufig öer^ic^ten; tl)eit§ meil ber junge
Orben gur 3eit nid)t bie auereic^enben Gräfte befa|, tt)eit§ meil ba§ 3)omcapitet
fid) ber 23erufung „biefer l)od)trabeuben unb ftoljen Seute" offen hjiberfe^te. <Bo
mu^te 5. pfrieben fein, bafi baö (Sapitel menigftenä 3u ber @rrid)tung einer
„neuen ©d)ule" ot)ne ^efuiteu feine 3u[ti'nmung gab. Unöertoeilt ift er bann
äur 9tugfü^rung gefd)ritten; ba§ entöölferte Gtariffinenflofter, am füblid)en @nbe
ber ©tabt gelegen, mürbe jum ©ilje ber Slnftalt öerloenbet unb ^Jtänner, toie
^afpar ©tüblin unb ilonrab Sinner au§ ^^rreiburg, fpäter ber ^rofeffor ber
2:i)eotogie im ^prebigcrtlofter ju O'öln, 3te§ciu§, berufen, ^m 5lpril 1561 rourbc ba§
„^äbagogium" feierlid^ eröffnet unb ©tänbe unb Sßol! aufgeforbert, baffelbe mit
i^ren Äinbern ju befd)iden. ©leidimol erfreute fid) bicfe ©d)öpfung — „CoUegiura
Fridericianum" — teincS SSeftanbe» unb gerietl) im 35erlaufe öon ettöa 5 Sal)ren
in SSerfatt. S)ie entfd)eibenben ©rünbe biefe§ raf(^cn S5erfalle§ finb nid^t über=
liefert unb laffen fid^ faum öermutf)cn. Sie regen „3eitläufte" »erben tool
ba§ irrige baju beigetragen l)aben. S)a§ ^od)ftift unb bie ©tobt SBür^burg
'^aben befannttid) gerabe in biefer 3^^* (1563) in ^o^S^ ^^^ Örumbai^'fc^en
^nöafion einen neuen em|3finblid)en ©to^ erlitten. ^•. , burd) biefc ©rfa'^rung
nid)t entmutl)igt , griff aber mit öerboppelter Energie auf feinen urfprüngtid^en
©ebanten, ben ^efuiten feine (Sd)ule an^uöertrauen, jurüd unb trat, ol)ne mie
e§ fd)eint bie 3u[tii^^i^^ung be§ S)omcapitel§ einge'^olt 3U l^aben, ju biefem
^tütät mit 5Papft ^iu§ IV. in llnterl)anblung. @§ Rubelte fid^ babei befonber§
aud) um bie päpftlidC)e Genehmigung ber beantragten ßinöerleibung be§ geb.
illofter§ öon ©t. 9lgne§ unb feiner ©infünfte in ben Drben ber ^efuiten, um fo
ba§ ju grünbenbe Kollegium 3U botiren. ^^eter (^anifiu§, beffen 23e!anntfd^aft
^. fdion früher in ?lug§burg gemadC)t ^atte, fpielte bei biefen S}erl)anblungen bie
9toEe be§ päpftlidjen 3toifd)enl)änbler§. 2lber erft im S. 1567 l)aben biefe
^Präliminarien ju einem enbgültigen @rgebni| gefüt)rt unb am 27. £)ct. :§ielten
bie baju au§erfel§enen Später jur l)o'^en Jßefriebigung ^^riebrid^g il)ren ©in^ug in
hü^ ^lofter öon ©t. 5tgne§, bal it)nen fammt atten Ütenten in öollcr 9tect)t§form
übertragen tourbe. Sie ©i^ule felbft, bie ganj in il^re ^änbe gelegt würbe,
nal)m im 5toöem6er gebadeten ^a^xe^ ii)xm Slnfang. Der gürftbifd^of l)atte
iJtiebrid), S. D. SDBürjburg. 63
jugteid^ feine 5lutorität aufgeBotcn , ber fo regenerivten 3tn[talt (5(i)üIeT Be=
mittciter unb imbemitteücr Altern juäum^rcn. Sias ßonötct, ba§ er mit i^r
berbanb, ift ber 2Injang bei fpäteren Seminarii clericorum gcraorben, So tuar
in ber ^Ric^tung ber OoIIftänbigen Ütcl^abilitirung be§ üorübetgc'^enb unterlegenen
^at^oliciimu§ l^ier ein ma^gebenber Sd^ritt gcfc^e^en, unb ber Crben mar im .öo(i)=
ftift eingeführt, beffen ©ifer bann l)ier tt)ie überall bic betannten jn)eif(f)net=
bigen äöirfungen jur S^olgc gef)abt fiat. ^m 3iifanimen^nge mit biefer (Brün=
bung 5riebri(|§ ftelf)t bie 9}erfünbigung be]. Surd^fü^rung ber S5ef(^(üffe be§
6oncil§ bon Orient, wofür ba§ geeignete SBcrfjeug nun gefunben toar. ^n biefen
Singen, ^umat ber l^o^cn Scf)ule, mu§ g- bemnai^, im (Begenfalje 5U feiner tocttticfien
ülegierung, a(§ ber mirflirfie 3}orIäufer feine§ 91ac£)fo[ger§ betrarf)tet toerben. —
3Inlangenb bie rei(^§fürftüc§e (Stellung (5^"iei>nii)» 311 ben allgemeinen poütif(^en
fragen feiner g^it, fei bemerft, ba| fie überall ba» @e|)räge Oon fatt)oIifc^=confer=
öatiöer 2enben3 an fid) trägt. 3ustei(^ toar fie ftets üon ben ^ntereffen be§
^oc^ftiftei geleitet. Sie 5(ufre(^tl§altung be§ ^anbfriebens fte'^t habci in erftcr
Sinie. S5ereit§ ^yiiebricfjS 3}orgänger, ^elc^ior ö. 3obet, toar in ben fogen.
ßanböbcrger 93unb eingetreten unb g. fe^te nacf^ feiner ßr'^ebung, in biefem
galle im Sinöerne^men mit bem S^omcapitel, biefe§ S5erf)ättni| fort. Sen '^ier=
bei teitenben @efid^t§puntt bitbete bie OtücEfic^tnal^me auf bie nocf) immer un=
gelöfte ©rumbac^'fd^e ^rage, bie ba§ ^oc^ftift nad) toie bor in Stt'^cm '^iett.
S)ie in 9lebe ftet)enbe 3}ermittelung reitet befanntlid^ tief in bie 3eit 5Jte((i)ior§
b. gobel jurücE, beffen gewattfamer 2ob mit it)r in caufalem 3ufanimen=
l^ange ftet)t. ©rumbacE) toar für bie argen 3(f)äbigungen, toomit ber ^Jlarfgraf
5llbre(f)t 2tücibiabe§ feiner ^^it ba§ ^oc^ftift t)eimgefu(|t tjatk, mit beranttoort=
lief) gemad^t toorben unb bie noc^ fortbauernbe Sperrung feiner Sefi^ungcn toar
eine fyolge babon geroefen. g. ^atte fogar bei feiner äöaf)l auf 35eranlaffung
be§ S)omcapitel§ S^erpfli(^tungen eingeben muffen , bie it)m für ben gall eine§
9}erfö^nung§berfuc^e§ mit örumbadf) bie öänbe banben. 'ilaii) Sage ber Slcten
fte^t e§ fo, ba§ bae Somcapitel einer gütlif^en 33eilegung be§ berl)ängni^boIlen
3toifte§ unbeugfameren 2Biberftanb entgegengefe^t l^at al§ ber gürftbifc^o?. S§
fei ba^er genug, baran ju erinnern, ba^ im ^. 1563 ber befannte UeberfaU
■JBürjburgg burc^ 6rumbac£) unb feine ^elfersl^elfer gefi^a'^ , auf toelt^e bann
bie 2ld)t§erflärung burcf) ben ^aifer 3uerft über il)n , toeiterl)in aud^ über feinen
SBefd^ü^er, ben ^erjog ^ofiann gi-'i^bridfi ben Mittleren bon Sad^fen erfolgt ift.
2ln ber ßrecution ber 9ld£)t, bej. ber Belagerung unb Sinna^me oon @otl)a l)at
ba§ Kontingent be§ friinfifcfien Greife» mit 2^eil genommen, unb aud^ toeiter^in
ftnb bie -bet^eiligten toür^burgifdfien ^ntereffen nadj Gräften, unb aud) je^t nid^t
o%e eine getoiffe Seibenfd)aftli(f)feit toa|rgenommen toorben. 5lber, toie bemerlt,
e§ ift in biefem JyaUt bie ^nitiatibe be§ 5)omcapitel§, bie in erfter 5inie l^anbelt,
unb toäre e§ baf)er and) au§ biefem ©runbe nic^t angezeigt, an biefem $la^e bie
in 9tebe fte'^enben 35orgänge nä^er ju berfolgen. —
S- 6ropp , Collectio Scriptorum et Rerum Wirceburgensium novissim.
I. @. 383 ff. — Uffermann, Episcopatus Wirceburg., ©. 143—145. — 31.
S. Stumpf, S)iplomatifd^e 35eiträge 3ur @efd£)id^te be§ SanbSberger SSunbeS,
SBamberg unb SSürjburg 1804. — Serfelbe, Staat5= unb öoff)au§f)altung ju
Söürjburg unter ber Ütegierung be§ 5ürftbifrf)of§ S^i-iebrid) au§ bem Sefd^led^tc
Söirsberg im 3. ^eftc feiner Senftoürbigfeitcn ber beutfcf)en, befonberä frän=
üfcfien @efd^idl)te, äöüraburg 1804. — Dr. &. S- Heller, Sie (Srünbung be§
(St)mnafium§ ]u SBürjburg burdf) ben i5ürftbifdl)of griebrid^ bon Söiräberg,
SBürjburg 1850. — 3^. Crttoff, @efd^i(^te ber @rumbad£)'fd^en -Ipänbel,
4 S5be., ^ena 1868. — 9lrd£)ib be§ l^iftorifd^en 35erein§ für Unterfranlen unb
3lfdl)affenburg, Bb. VI, XIII, XYIII. — bieten be§ unterfränfifc^en ^^robinaial^
ard^ib§ 3U äöürjburg. 2Scgete.
64 griebric^.
S-ricbric^: 9lnbrea§ ^f., 23Ubl§auer , geBoren ben 17. i^anuar 1798 ju
9tappolt§ii)eiIei- im OBexelfa^ , ©o^n einc§ cin:^eimif(^en ^otjbilbnei-ä ; Begibt
ftdE) im S. 1815 nad) 2Bien, too er fic^ unter ber Seitung be§ 33ilb^auer§
f^ifc^er äu einem angeborenen SBerufe öorbereitet. 5lac^ neunmonattid^em 3luient=
i)alt 5ie^t er nac^ ®re§ben in bie 20ßer![tatt ^^ettrid)'§, ^ört 33ötti(^er'§ 3}or=
lefungen über 5lntifcn. — 3m S- 1819 Rebelt er nac^ Berlin, erloirbt ©(^q=
boto'S (Sunft unb liefert bie i^igur einer auf bem ©onnentüagen ein'Eier 3iel)enben
S5ictoria. ^n ^ari§ fe^t er feine 9lu§bilbung unter S3o[io fort, ^m 5. 1824
betritt er ben claffifd^en SSoben 9tom§, öerfertigt unter 2:^ormdlbfen'§ Seitung
ba§ 35ilb ber 5t^m^:^e 5Ufa, ireld^eS er ber ©tabt ©trapurg üereljrte. — ^iev
fdilägt er öon 1826 feinen bleibenben 3Bot)nfi^ auf. 1827 fertigt er ein co=
Ioffale§ ^orträtbilb öon S^urenne, beftimmt aU ^Dlebaillon einen £)beli§!en im
babifd^en S)orf ©a§badt) äu gieren. Um biefelbe 3eit arbeitet er an einem 9Jte=
baiKon in ©anbftein, ßrtoin unb feine jtDei .ffinber — ben ©o'^n unb bie
tegenben'^afte ©abine — borfteEenb. ©in -^au^^ttoert griebric^'g ift mol ba§
fd)öne ©tanbbilb be§ ©trapurger 33if(^of§ 2öerin§ar, be§ |)auptgrünber§ be§
romanifc^en 'OJtünfterS; e§ ift im S)ome, ber aftronomifc£)en lU)i gegenüber, auf=
geftettt. — x^üx (Sebtoeiler bearbeitete er eine mater dolorosa, für Sfl^e^'t^ bie
coioffate S'iöut be§ ©tabttoa^^enS, eine§ @in^orn§. — 2luf 1837 lä^t fid^ ba§
3!JlebaiIIon be§ ein^eimifc^en 5Dict)ter§, @f)renfrieb ©töber'S, jurüctfül^ren ; e§ jiei't
ben ^irct)'^of ©t. ©aßen. S)em babifdC)en i^tedEen ©teinbad^ bere^rte er ba§
©tanbbilb 6rlt)in§ (ßrmin b. ©teinbad^), unb er'^ielt bagegen ba§ 6^renburgcr=
redt)t, einen golbenen ^ocat unb bom (Sro^'fierjog bon 33aben ben Drben be§
3ät)ringcr ^ölüen. (äiner tjingeft^iebenen ©attin unb einer 5tod)ter mibmete er
ein ©rabbenfmal auf bem ©t. Helenen = iyriebf)of. S)ic ©etoanbung biefer 6r=
innerungSbilbniffe ift gefd)ic£t bef)anbelt. 9lndt) für mel^rere ^ribatperfonen,
u. a. für ben franjöfifdjen 93taler (Suerin berfertigte er ©rabmonumente. —
^m ^. 1850 befd^enfte er ben @otte§acEer 33 ab en=S3 ab en§ mit einer ft)mbolifd^en
^^igur, bie wir aber burd£)au§ nid^t al§ gelungen bejeidfinen, obgleii^ fie ii)m
^ocal unb 6^renbürgerred)t eintrug. S)ie ^irc|e bon ^Bretten befi^t einen bon
^. gemeifelten 5Jlelanc£)tl)on , Offenburg bie ©tatue be§ englif(^eu 3lbmiral§
S)rafe, Sichern bie bon einem @eniu§ befranste 33üfte be§ ©ro^er^ogS Seopolb,
atappoltStüeiler, 5-riebrid)§ @eburt§ftabt , eine atlegortfd()e S)arftellung ber l^err=
lid^en Öocatität, ^olmar ba§ ^fcffelbenfmal , eine ber beften Seiftungen be§
^ünftlerä, nur ift bemfetbcn leiber nid)t bie gcbü^renbe ©teKe im ©tabtparE
angemiefen; e§ ftel)t l^inter bem ftäbtifdfjen ^[Rufeum. S)a§ S)enfmal für ©tabt=
meifter ^afob ©türm tourbe ben 17. 3funi 1870 im ^ofe be§ proteftantifd£)en
@t)mnafium§ ju ©tra^urg eingemeil^t, aber einige ^Jtonate nac^ ber Belagerung
burd£) eine eingeriffene ^Jlauer jerfi^mettert. 2Bir mu^en mel^rere 3lrbeiten be§
frudt)tbareu ÄünftlerS unermät)nt taffen , bürfen audt) nid£)t berfd^tueigen , ba^
mehreren berfelben bie 9tul)e unb ba§ ©bcnma^ eine§ naä) clafftfd)en ^]Jluftern
(Sebilbeten abgel)en. S)ie (S^rengaben unb S)iptome, bie i|m in feiner langen
ßaufba{)n ^u Xl)eil mürben, legte er bor einigen ^al^ren in bie .^änbe be§
Uniberfität§oberbibliot^e!ar§ SSaracf nieber. — SBon Sllter unb anberen .^eim=
fud^ungen tiefgebeugt, berftarb er ben 9. ^Rär^ 1877.
S)er elfä§ifd)e a^ilb^auer 3lnbrea§ griebrid^, eine (paueg^rifirenbe) bio=
grapl)if(^e ©fijäe bon (Suftab 9Ml)t, ©trapurg 1876 in 12. — Journal
d'Alsace n. 61, 1877. ß. ©pad^.
g-ricbrid): 6a§|)ar S)abtb gf. , geboren am 5. ©eptember 1774 ju
©reifämalb , geftorbcn, at§ ^Profeffor an ber j^unftafabemie ^u £)re§ben, am 7.
SJlai 1840, 3eidf)nete \\ä) in ber ßanbfii)aft§malerei burct) eine eigentt)ümli(^c,
^oetifd§ gefärbte gii(^tung au§, toeldfie biefer am ©d§lu^ be§ 18. ;3al)rl)unbert§
5nebri{^. 65
meift geiftlog unb öebutenartig betrietenen ^unft neue ^Balfinen eröffnete. S)ic
Slniage jeincS ©emüt^eg, feine fünftlerifc^e unb ütterariic^e 93i(bun9, fotüte bte
fBaiji feiner (Stoffe, weld^e er malerifd) ausführte, n)urbe burrf) feine ^eimat^
lic^e Umgebung beftimmt. 3lBftammenb nämüc^ aus einer alten, bon (Si^Iefien
toegen i'^reS eöangeüfc^en Sefenntniffeg nac^ (Sreifgroalb üBerfiebetten Familie,
welche l^ier im Setrieb i{)re§ ©etoerbeg i^iex'^ unb einfacE)e ©itte, 2Bof)lbabenf)eit
unb felbftänbigen (Sinn bauernb tjereinigte, ging er cbenfo in feinem fünft(eri=
fd)en ßeben einen einfa(i)en unb eigenartigen 2Beg. .^aum lä^t fi($ aurf) ber
SIrt h(^ Unterri(^te§ , toelcfien er bei bem ©reifSwalber Unit)erfität§3eict)enlef)rer
Dr. 3ot)ann ©ottfrieb Cuiftorp (f. b.) er"f)ielt, ein toefentlicfier ßinflu^ auf feine
fc^öpferifdie 2f)ätig!eit jufc^reiben, öietmef)r fc^einen biefe a!abemifc£)en 2ei)rjaf)re,
in tDeI(f)cn üorjugSmeife ar(i)ite!tonif(f)e unb |3(aftif(^e 3ei(^nungen geübt unb
alte ©emälbe co|)irt würben, nur bie SBirfung gehabt p ^abm, ba^ er einer=
feit§ in ber S^otge tedjnifcf) bie 3£icE)nung über ba§ ßotorit ftettte, anbererfeits
in ber 6omt)ofition, neben ber burc^ Guiftorp'g äußere ßebeneftellung bebingten
e!teftif(i)en .ßunftt^tigfeit, eine öormiegenb fetbftänbige 9ttcf)tung anna'tim. ®a=
gegen mar bie Ianbf(|afttid§e Umgebung ber 3}aterftabt, ber SlnblicE be§ batti=
f(i)en 5]ieere§ , fomie bie in ©emeinfc^aft mit feinem ^el^rer Cuiftor:p , einem
Sugenbfreunbe be§ S)ic^ter§ ^ofegarten, unternommenen SBanberungen bur(i) bie
^nfet Otügen unb an ben 5]3eeneufern bon entfdf)eibenber 33ebeutung für feine
!ünftterifc£)e SntmicfCung. 9Iu§ biefen 2Inf(i)auungen ift eine Ütetl^e bon meifter=
l^aften (Sepiaäei(^nungen ber rügifd)en ßreibeborgebirge unb anberer Äüften=
gegenben tierborgegangen , unter benen namentlict) ju ermäl^nen finb (im S3eft^
be§ 6e^. ^uftijrat^ Cuiftorp in @reif§toalb , eine» Dleffen be§ 3ei^enle^rer§) :
„Slrcona, mit fturmbemegter (See", „Slrcono, mit rul^iger ©ee bei (Sonnenunter=
gang", „2lrcona bei 9Jtonbfd§ein", „Stubbenfammer", „J^üfte bon 5]lön(f)gut",
„9tuine bon ßtbena in bo|)pelter i8eteu(i)tung be§ 5Jlonbe5 unb eine§ öoljfto^^
feucr§". 2Iu(f) feine fünftlerifi^e 225eiterbitbung in ^open^agen, fotoie feine
Steifen in ben bö£)mifc^en unb fc§(eftf(f)en ©ebirgen förberten i^n in ber poeti=
fd^en 2(uffaffung ber norbiftfien ßanbfd)aft, mät)renb feine Stubien in SireSben,
obgleirf) baffelbe in ber ^yotge fein beftänbiger äßotjufi^ würbe, mot o^ne l§erbor=
ragenben (Sinfluß geblieben finb. ^it ber bleibenben SBirfung, metd^e ber Srnft
ber baltif(f)en 9]leere§ufer, ha^ fältere Älima, fomie ber entfptei^enbe 6f)arafter
ber 33emof)ner auf feine ^ugenb ausübte, bereinigte fic^ jeboii) fpäter eine anbere
®eifte§ri(i)tung , meiere bamal§ gan^ S)eutfci)Ianb unb bie 'Dta(f)barlänber ju be=
l^errfdicn anfing. S)ie romantifcEje Sd^ule, au§ meli^er fo biete 3)ic^ter f)erbor=
gingen, gewann nämlic^ in i^. unb feinem 2anb§manne Ctto Üiunge au§ 2öoI=
gaft (geb. 1776, 1 1810, f. u.) au(i) stoei namhafte 2}ertreter für bie bilbenbe ßunft.
äßäf)renb 9tunge i^ire ^ide auf berf(i)iebenen Salinen berfolgte, befc^ränfte fic^
^y., fei e§ burd) natürliche Slntage unb eine trübe :3ugenberfat)rung, fei e§ burd§
bie Segeifterung für Cffian unb bcrmanbte Sd^riftfteüer , fei e§ burc^ einfame§
Seben unb einfache 3}ermögen§berl^ättniffe bebingt, auf ba§ ©ebiet ber !^anb=
fc^aft, in roelcf)cr er bie eigene (Stimmung in fo eigentt)ümü(i) tiefen unb er=
greifenben Sßitbern mieberjufpiegeln mufete , ba^ jeber , ber feine ©d^öpfungen
betrachtet, bon einem g(ei(f)artigen ®efüt)te erfaßt Werben mu^. ^n ä'^n(i(i)er
Söeife, wie Wir bie§ an ben ^Dhifterwerfen 3^ui§baer§ bewunbern, tritt auct) bei
ber ^ei)Xiat)i bon griebricfi'g I^anbfc^aften, wetd^e einfame (Gegenben ber (Jbcne
unb be§ g)leerc§, ober be§ @ebirge§ unb 3öalbe§, batb in 5Jionbfd^einbeIeudf)tung
ober in trübem XageSücfite, balb im Sd)nee be§ äöinterä ober ^Jlorgennebet beS
^erbfteg barftellen, in ber ütegel eine ernfte ütefignation ober fanfte SBe^mut!^
^erbor, eine Stimmung unb 5tuffaffung, mit weIdE)er fein perfönlid^eg ßeben —
Mgem. beutfttie Siograpl)ie. VIII. 5
66 S-Ticbrict).
tote e§ un§ in J^ügelgenS Suö^'^^f^^nn'^^'iinS'-'" 8ff<i)itt)ei:t ift — in feiner 3urürf=
ge^ogentjeü, in feiner einfamen, fc^nmrflofen 2Berfftatt, in feinem ernften f$toeig=
famen SBefen, ba§ nur bem bertrauten ^^reunbe ober ber "^armtofen ^inberfeelc
fid) erfcE)lie^t, im öoEften ßinüange ftc'^t. 2ll§ befonberS l)erüorragenb unb
eigent|ümli(^ finb unter feinen 3öcr!en, au^er ben ftjon genannten ©e|)ia3eid)=
nungen, üielen in ©ammlungen ^erftreuten 3Iquareßen, einigen Dtabirungen unb
@emälben im SSefil^ ber ^yamilie in ©reifStoalb, ju nennen: „S)rei ©it^bäume
neben einem fd)ncebebc(iten ^ünengraBe" (früfier im SSefi^ be§ ^profeffor ©d)il=
bener in ®rci|§tt)alb) , „^iefernbaum im ©d^nce" (öon ^ügelgen erttä'^nt),
„f5felfen mit einem .^reu^ im 5)lorgennel6er' , „S)er ^Jlönd) am 9Jleerc§[tranbe",
„ßapeEe im Sßinter", „S)ie 3lBtei im ©idjennjalbe in 9l6enbbeleu(^tung" (in
5ßerlin), „©cf)iff 3mifc£)en @i§fd)oIIen", „®er ^Jtorgen" in S)re§ben); eine 9teif)e
anberer 2SJer!e ift in ^:i5art5et)'§ S)eutfct)em SSilberfaal I. @. 759 9lr. 1—24,
II. ©. 847 ^r. 1—6 angeführt. — 9lt§ in fpäteren 8e6en§ia'§ren feine i?räfte
unter bem ©influffe be§ 3nter§ abnal^men unb ba§ fc^on fi-'ü^er meniger ge=
pflegte ßolorit immer grauer unb neBclf)after mürbe, trat ber 3eit9ef'^ttTad,
tt)elä)er fid) öon ber Otonmntif aBmenbete unb fid^ für Btenbenbe färben 16e=
geifterte , mit t^i^'iß^^'i'^'^ 9tid)tung in Söiberfprud), unb ben frü'^er gefpenbeten
üBerfd)mängti(^en SoBfprüdjen folgte unüerbicnter, "^erBer 2^abel. 2)ie Äriti! '^at
fid) jebod) ju erinnern, ba^ 3- riic£)t flt§ ßolorift ju Beuitt)eilen ift. 2Ba§ er
al§ ßanbfd)ait§3cid)ner , namentlid) in feinen rügif(^en ©e^jiaBilbern fd)uf, f)at
in 6onH)ofition unb 3Iu§fü^rung einen BleiBenben Söertt) , umfome'^r , aU e§
einer üBerwiegcnb realiftifd)en 9tid)tung ber ©egcntüart ah tool^lf^ätigeg (Segen=
gemid)t ju bienen üermag. ©ein in ®re§ben leBenber ©o^n Slbolp^ 3^. l^at
fid) , gleid) feinem 3Sater , ber 2anbfd)aft unb baneBen ber 3;t)ierftaffage geh}tb=
met ; aud) 'fein @n!el |)aralb g. Befui^t bie ^alerafabemie in S)re§ben.
©d)ilbener, ^ilfabemifd^e ^eitfc^rift, II. 1, 1826, ©. 67; II. 2, 1828,
©. 40 — 44. .^ügelgen, ^ugenberinnerungcn eine§ alten ^JJlanne§, 4. 9IufI.,
1871, ©. 113 ff., 136 ff., 247. Angler, M. ©c^riften, III. 293. ^artt)eti,
®eutf(^er 23itberfaat. Sa^reSBerid^t ber @ef. f. 5]3omm. @efd^. , XXXIV. ©.
49. Salt. ©tub. XXII. 2. Porträt 6. S). gfriebrid^§, gemalt Bon SSd^r,
Utl§. öon 31. i^riebrid^. S)ie Äünftlerlejüa entt)atten mcift unrichtige 5lngaBen;
namentlid^ Berid)ten fie (in i^olge einer SBerlrei^fetung öon 5trcona auf
* Sftügen mit Slncona in i^taüen) irrtpmlid^, ba| er in i^talien auSgeBitbet fei.
f^tltWlä): Xl^eobor .^einrid) g. , fatiinfd^er ©df)rif tftelter , tourbe am
30. ÖctoBer 1776 5u ^önigSBerg in ber ^leumar! geBorcn, ö30 fein SSater
3lpot^e!er mar. 5tad)bem er alle klaffen ber ©tabtfd^ule bafelBft Befud^t '^atte,
foEte er bie 3Beint)anblung feit 1791 erlernen, allein er entfagte biefer 33e=
fd£)äftigung Bereits nact) einem tjalben :2^at)rc, Befud^te ba§ (Sljmnafium ju ©tettin
unb fpäter ju 33erlin, ftubirte bann bie 9tedE)te ju f^-ran!furt an ber Ober unb
3U §aEe, Inurbe ju ^lod in ^euoftpreu^en SftegierungSaffeffor, l^ielt fid^ "hierauf
unter frembem Flamen einige g^it al§ ^ater in S)re§ben auf, ging, nadjbem
er öor'^er nad) ^lod jurüdgelel^rt mar, im ^. 1806 nadt) Berlin, unb ^toar
at§ 9lat^, fpäter aU DBertanbe§gerid^t§rat^ nad^ ©tettin, trat 1813 in ha^
Sü^oto'fd^e g^reicorpS al§ ^äger ein unb priöatifirte jute^t in Berlin, äBien
unb |)amBurg, mo er fid) am 12. S)ecemBer 1819, toa|rfd)einli(^ in einem %n=
faE öon ©d^toermuf^ , in bie (SlBe ftür^te. ©eine fatirifd^en ©d^riften tourben
il^rer 3eit ötel gelefen. 6r fct)rieB unter anberem: „2)eutfd)tanb unb i^reif)eit",
ein ®ebid£)t, 1803. „©att)rifd)er {yelb^ug, in einer 9iei'f)e öon 3}ortefungen, ge=
l)atten 3u Berlin im äBinter 1813—1814. ^leBft einer 3ueignung§fd^rift an
ben (ginfiebler ju @lBa", 1814; 2. 5lufl. 1815; 3. mfi. 1816. „3toeiter unb
gtiebrtrfifen. 67
britter gfelbjug", 1815 u. 1816; 2. 3lufl. 1817. Mmamä} luftiger gd§tDän!e
für bie SBül^ne", 1816; 2. Slufl. 1817. „grää^Iungen unb mai)\dim au§ bem
9leic§e be§ SßunbexÖaren unb Sd^auerüd^en", 1819. „(Saibeüen für jatt)ri[c^c
9läjd)er", 1818. ©ebid^te in ber B^itung für bie elegante Söett unb in ®.
So^'§ Criginalien ic.
3}gl. 33rümmer, S)eutfd§e§ Sic^terlejifon, I. @. 215. ©c^roeber, Sejilon
^amBurgiftfier ©d)riftfteEer, II. ©. 393-395. 5Jleufe(, @etef)ite§ %tui]ä)-
tanb. Äeld)ner.
?5ricbricÖfcn : ^ßeter g. toarb geBoren am 22. Slprit 1790 p ©atrup in
Stngeln. S)en erften gele'^rten Untemc£)t empfing er bon berfd)iebenen Benad)=
Balten ©eiftlic^en, Befu(i)te atgbann bon 1806—9 bie gelehrte ©c^ute ju ^ltn^=
Burg unb Be^og Oftern 1809 bie Uniüerfität ßiel, too er altteftamentlid^e 3}or=
lejungen Bei ipen§Ier l^orte, aBer fid^ aud^ fonft öielfeitig auSBilbete. Cftern
1810 ging er naif) ©öttingen, too er Bi§ Oftern 1812 BlieB. ipier tüaren in
ber Sl^eologie @icf)^orn, ^lanif b. ^., ©raeffe, 2ott unb ©taeublin feine ße^^rcr,
bod^ l^örte er aud) ^et)ne , Soutertoef , beeren u. 51. 9tadf)bem er nod^ eine
3eit lang ^riöatftubien gemacf)t l^atte unb .l^auSle'^rer getoefen ttar, toarb er
1817 al§ bierter Se^rer ber gete'^rten <5d§ute ju .g)ufum angeftettt, bereu Sfiector
er 1821 rtiurbe. (2}g(. bie ©elBftBiograp'^ie ^yi^iebrid^fen'S im <!pufumer ©d^ul=
Programm bon 1826, in ber man nodC) mani^erlet ßtnaeln^eiten pnbet.) — ©eit
bem 29. 9lpril 1838 mar er ^aftor ju ^ebenftebt Bei 9tenb§Burg in ^olftein.
2ßäf)renb ber Sr^eBung gegen S)änemarf mar er 1848 unb 1849 ^Jlitglieb ber
fdt)te§mig = I)oIfteinifd)en Sanbegberfammtung (f. SlIBerti, Serif on fdf)le§tt)ig='£)oIft.
©d£)riftfteEer s. v. 5-)- ®^^t ^^^^ 20. ^unt 1865 emeritirt ftarB er im 2ln=
fang be§ ^. 1873 ju ^ol)entoeftftebt in ^olftcin. 'Q. berbanlt feinen ^la^ in
biefen 23Iättern borjugSmeife feinem fleißigen SSud)e: „J?ritifd^e UeBerftd^t ber
merftoürbigften 9lnfid^ten bom S5ud£)e Sona§ neBft einem neuen 5}erfu(|e üBer
baffelBe", Slttona 1817, 2. umgearBeitete unb berme!§rte Stuflage 2eip3ig 1841.
Sn ber 1. Sluflage ift ber S5erfu($ gemadt)t, ba§ gefdt)id§tlidt) Z^at]ää)iiä}^, bie
ml^t^ifd^en 5lu§fdt)mü(iungen unb bie 3ut^aten be§ 3}erfaffer§ be§ S3ud^e§ ^ona
bon einanber ju fd^eibcn. ^ft^beffett fd^on bamat§ toie§ eine Ofecenftou in ben
(Söttingcr gel. 3ln3eigen, 1817, ißb. 2, ©. 1199 f., barauf I)in, wie e§ faum
mögli(i) fei, mit einiger @i(f)erl§eit berartige ©(Reibungen boräune^men unb na=
mentlicl ben gefif)id)tüc^en .^ern mit annä'^ernber ^-Beftimmt^eit an^ugeBen.
f5^. felBft gaB e§ au(i| in ber 2. 5luftagc auf üBer ba§ ,g)iftorifdt)e ettoaS ju Be=
ftimmen,(©. 284 f.), fud^te inbeffen aBermalS eine Trennung ber BIo§ fagen=
l^aften ^eftanbf^eile bon ben freien ßrfinbungen be§ 9}erfaffer§ burc^jufü^ren
(©. 285 ff., 288 ff.), bon ber man fid^ aBer ni(^t red^t Befriebigt fü'^ten toirb.
9tDd^ meniger bürfte bie 5lngaBe be§ ^e^rätoedS anfpred£)en, toonad^ ber SSerfaffer
be§ SSuci)§ in bem ^onaS '^aBe bem jübifc^en 9}oI! ein aBfdt)rerfenbe§ Seifpiet
feines particutariftifi^en ^oä^muii)^ auffteüen moEen (©. 278 ff.), im @egen=
fa^e 3u toeld^em ba§ loBen§merti)e 3}ert)alten ^toeier l^eibnifc^er Sßarteien (bc§
©c^iff§boIfe§ unb ber 5linebiten) borgefüfjrt toerbe. — Slllein ber Söertl^ be§
borüegenben ^udt)e§ ift l)ierbon nit^t aBl)ängtg. @r Berul^t in ber großen S}oH=
ftänbigfeit unb ©enauigfeit, mit ber bie gan^e BiS'^erige @efdt)id^tc ber 2lu§tegung
be§ Sona§ burd^genommen ift. '^aä) bier @eftd^t§pun!ten toerben bie 2lnfid§ten
fämmtlid^er 5lu§Ieger ruBricirt unb in i'^ren ©rünben für unb toiber auf ba§
©orgfättigfte burdfigegangen. @r tl^eitt bie 2lu§teger 1) in fotd^e, bie haSi S3ud^
für rein l^iftorifc^, 2) in fold^e, bie e§ für eine S)idt)tung, 3) in fold^e, bie e§
für einen ^t)tf)u§ unb 4) in foIdt)e, bie e§ für eine mtit^ifd^ au§gefd^müd£tc @e«
\ä)id)k mit biba!tif($em 3toec£e :^alten. — (Srünblic^e @£curfe üBer bie 516=
gg gnebii(^ltl)al — g^xiebctüe.
faffung§3eit be§ ^onabnä)^, ubex bie mutl)ma^lid)e 6ntftcl)unö bex trabitionell
falfdien 2Inga6e ber 3Inftd)t <g)ermann§ b. b. <Oa^'bt, üBer ba§ S5ert)ältmB ber
©age bon ber 33ciid)lingung be§ ^etculeg bui-(J ein ©eeungetieuer jur !6il6Ufd)en
©tääl^tung öon ^ona ftnb bem SBuctie Beigegeben, ba§ bem ©jegeten ben ge=
fammten ©toff in einer SBeife :präparirt, toie man e§ tool bei aEen bil6(ifd)en
SBüc^ern toünji^en mbd^te. — ^u^erbem »erfaßte g. nodfi eine ^Xn^a^l ©d)ul=
Programme, weldEie bie @e|(^id)te ber gele!)rten ©d§ule 3u |)ufum betreffen,
1822. 1823. 1824. 1825. 1826. 1831. 1832. 1834, anbere be^iel^en fi(^ auf
5p!)itologifd)e§ 1827 (über oratio obliqua im Sateinifii)cn) , 1830 (variae lectt.
in Juveualis satiras), 1835 (cap. II. libri Cicer. de senectute), 1837 (©jegefe
bon Hör. sat. I. 4, 10—12. 25). — ^e'^rfai^e ©d)riften l^at er au§ bem
S)änifd)en überfe^t: „5peterfen'§ allgemeine Einleitung in bo§ ©tubium ber
5lr(^äologie", 1820. ,g)enrid|fcn , „lieber bie ncugried)ifd)e ober fogen. 9{eud§=
linift^e 2Iu§fpra(^e be§ ©riec^ifd^en", 1834 (ügl. ®ött. gel. ^Inj., 1842, 33b. 3
©. 2009 ff.). .g)enrid)fen, „lieber bie fogen. :f olitifd)en 3}erfe bei ben ©riechen",
1839. — gerner erfd)ien öon i^m ein „Söortregifter ju bem fteinen bänifd)en
2efebu(^e öon Sobiefen", 1818, unb t)erfd)iebene Sluffä^e in ben neuen fd)le§=
loig='^olfteinifd)en ^ßroöinaialberii^ten, in gald'§ ?lrd)iö, in ©eebobe'§ ,^ritifd)er
S3ibtiotl|e! unb beffen neuem 5lrd)it), — ©ein „^ebräifd§e§ gtementarbuc^" erfd^ien
1871 in 2. 3luftage; bie 1. 9tuflage mar im £>rud fe'^r incorrect gemefen, luaS
i'^m felbft nid)t entgangen toar, obmol boreilige 9lecenfenten unb anbere bon
il)nen i^rregeleitete e§ uid)t gemertt l)atten. 6. ©iegfrieb.
^•rtcbrid)^tl)Ol : (Smanuel 9titter b. 3^., 9irifenber unb -Jlaturforfd^er, geb.
ben 12. Januar 1809 ju S5rünn, f ben 3. gjiärj 1842 3U äßien. ©r tourbe
in ber tl)erefianifc^en ^Kittera!abemie 2[Bien§ erlogen, trat in i3fterrei($if(^en
©taatSbienft, berlie| benfelben aber balb um toiffenf(^aftlid§e Steifen 5U mad)en.
S)ie erfte berfelben mürbe in ben 3^. 1834 — 36 nai^ ®ried)enlanb unb ber euro=
:päif(^en 2ür!ei unternommen. 1837 trat x^. eine gro^e 9ieife nad) 6entral=
amerüa an , bcfud)te bie 3lntiUen , 9ticaragua, (^oftarica, (Guatemala unb be=
fonber§ 3)u!atan, tüetd)e§ er feiner ganzen S3reite naä) burd)fe|te. Seiber er=
fd)öbften bie unbermeibUd)en 5lnftrengungen , fotoie ba§ ungünftige Älima bie
Gräfte 0^riebrid)§tl)ar§ , fo ba^ er 1841 nad^ Europa äurüdfe^^ren mu^te unb
balb barauf ftarb. g-. machte auf feinen Üleifen eifrig toiffenfd§afttid)e 53eobad^=
tungen, fammclte ^3iaturalien unb brad)te namentli(| au§ ßentralamerüa ein
gro^eg burd) 9ieid)l)altig!eit unb ©c^önl^eit ber Exemplare auSgegeidineteS i^^^'^^i-*
mit, meld)e§ bem f. f. botanifdien ^ofcabinete SBien§ einberletbt tourbe. Ueber
feine örientreife berid)tete ^. felbft in folgenben atoei SGÖcrfen: „Steife in bie
füblidjen 2;l)eite bon @ried)enlanb" (1838) unb „©erbien§ ^leujeit in gef(^id)t=
tiefer, politifdier, topograpl)ifd)er, ftatiftifc^er unb . natur'^iftorift^er |)infid)t"
(1840). 3ln ber S5eröffentli(^ung ber fel)r merf^boHen Ütefultate feiner i^ox=
fcf)ungen in ßentralamerüa l)inberte i^n leiber fein frü'^er 2;ob.
Steuer 5fte!rolog b. 3)., 20. ^al^rg. (1842), 2. S^eil, ©. 988. — S. 21.
gfrau!t, ©onntaggblätter 1842, @. 280. — Sßuräbad), SSiograpl^. £ej:if.
9t e i (^ a r b t.
gricbcritc S)orotl)ea Söi^elmine, geboren am 12. Wäx^ 1781 in
ßarl§ru'§e, toar bie bierte Sloc^ter be§ Erbprinzen i?arl ßubtoig bon Saben bon
ber ^Prinjefftn Slmalie g^rieberüe bon |)cffen = S)armftabt. ©ie mürbe trefftid^
erlogen, ertoarb fid) gro|[e nfufifalifd)e f^e'i-'tig^eit , ^o^e grömmig!cit unb S)e=
mutl) jeidineten fic au§, toäl)renb il)re feltene ©(^ön^eit SBetounberung erregte,
gtac^bem fte 1792—93 in Petersburg getoeilt, berlobte fie fid^ in Erfurt 1797
mit ©uftab IV. Slbolp'^, Könige bon ©darneben, unb tourbe am 31. Dctober
1797 in ©tod^olm bermä^lt. ^n unenblid^er ßiebe l^ing fte an bem bei aller
g:riebettfe. 69
2Bunbei-lic^!eit ritterlichen unb gütigen &emdi)U, bem fie au^er brei 2ö(^tern
jtoei ©ö'^ne |d)enfte; mit i{)m 16efuct)te fie 180-4 bie .öeimat^. ^n fyotge be§
^riege§ mit ütu^Ianb Ixaä) bie Empörung in ©tocE^otm au§, am 13. ^Jlärj
1800 tourbe ber Äönig gefangen genommen unb %. ftrenge auf (Sc^Io| ^aga
betoad^t , jumal fie gerne tmä) pt5^tid)e§ (5rfd)einen in ©tod^otm eine ßontre=
reöotution Bemirft f)ätte. ©nblic^ in @rip§^o(m mit bem entthronten (Sema'^te
bereinigt, 6. ;3uni 16i§ ®ecember 1809, öerlie^ fie mit i^m ©cf)roeben, too öiclc
i:^rSoo§ Betreinten, unb traf am 1. gebruar 1810 in 25ru(i)fa[ bei if)rer ^Dtutter
ein. 5]tit bem .Könige lebte fie nun ^ier unb an anberen Orten S)eutf(i)(anb§,
bann aber ent^treite er fi(^ mit ber enge(g(eid)en i^xan unb OerUe^ fie in 3l(ten=
Burg 1810 für immer. 5tm 17. Februar 1812 mürben bie @atten gerichtlich gc=
fc^ieben. ^n fe'^r Befc^eibeuen 5}er^ättniffen leBte bie Sulberin mit ber großen
©eete aBmedifetnb in Sru(i)fat unb Uo^xhaii) Bei ber 53lutter unb in ßarleru^e;
ouc^ ging fie oft nac^ 3Baben=tBaben. i^'^ren Äinbenx toar fie ein 3SorBi(b aller
Xugenben. ^^xtx leibenben ©efunb^eit megen reifte {5-/ ^ie fc^on frü't)er, aud^
1826, nad) bem ©üben, ftarB aber, e^e fie 'Jtij^a erreichte, auf bem Sanb^aufe
BiÜamont Bei Saufanne, am 25. @et)tBr. 1826 an ber S5ruftmafferfucf)t. ©ie
rul)t in ^sforj'^eim feit bem 11. OctoBer 1826.
Königin f^^rieberüe öon ©c^toeben, f^ranffurt a. 5Jt. 1856. ^^leuer 91e=
frolog ber Seutf^en, 1826, Ilmenau 1828. ®. m. 5Xrnbt, ©c^mebif^e ®e=
f^idlten unter ©uftab III., öorjügli^ aber unter ©uftaö lY. 3lbotf, Seipjig
1839. ^teinfd^mibt.
g-ricbcrÜC: (5op:§ia ^riberica ^il^tlmim, ^prinjeffin Bon ^reu^en,
geboren in Berlin am 3. ^uli 1709, j al§ ^IRarfgräftn Bon Sat)reut^ am 14.
CctoBer 1758. S;ie ©(^roff^eit, mit ber i:^r 25ater, Äönig Orriebrid^ 23il£)e[m I.,
bte ottböterifc^e ©itte unb 2eBen§meife an feinem §ofe unb in feiner ^yamilie
aufrecfit au erl^atten fudite, ertoecfte in ber lebhaften unb geiftöoUen ^rin^effin,
foBalb fie unter SSegünftigung ber ^}Jtutter mit ben neuen SSitbungSetementen
t^rer 3eit Befannt geioorben mar, einen :§erBen 2öiberfBrud)§geift unb eine jebem
3toange tropietenbe 5leigung für jene ©temente , in§Befonbere für franjöfift^c
©Brache, Sitteratur unb Senfmeife, Steigungen, me(d)e junäd^ft ätoifi^en i^r unb
i^rem brei ^a'^re jüngeren Sruber, bem J?ronBrin5en, ber fie in gteic£)em ^a^e
t'^eilte, bie engfte unb järtlic^fte ^reunbfd^aft begrünbeten, anberfeit§ aber au^
bie Cuelle anbauernber 35erftimmungen unb Sermürfniffe inner:t)a(B ber fönig=
Iid£)en gamiüe mürben unb in beiben ßeft^miftern früfie ben SÖunfdf) naä)
©elBftönbigfeit unb Entfernung au§ bem 3]ater§aufe '^eröorrieien. 6ern f)örte
bie ^Prinjeffin ba^er auf bo§ §ofge!tätfc^ unb glaubte baffelBe, toenn e§ it)r
mit ober ol^ne Srunb nad^ einanber ^arlXIL, Submig XV., Sluguft IL, fpäter
einen öerjog Don (5a(^fen = aBei^enfeI§ unb einen ^arfgrafen öon ©d^mebt at§
i:^re S3emerBer Bejei^nete. ^e f^merä^after bie Säuf^ungen maren, um fo
Ieibenfc^aftli(^er fnüpften fid^ i^x^ Hoffnungen an einen öon i^rer SJlutter unb
bereu föniglidier ©d^mägerin in gngtanb biete Sa'^re BetrieBenen $Ian, ber i^r
burd) i^re 2Jermät)Iung mit bem ^rinjen bon 3Bate§ ^riebridE) , bem ©ol^nc
be§ Äönig§ ®eorg II., bereinft ben engtifd^en Königsthron in 3(u§fid)t
ftellte. ©eit 1727 trat fie ber grfüttung nd^er, inbem nid)t nur ber ^4}rina,
fonbern aud^ König (Seorg II. unb feine ^inifter if)re 3uftimmung offen 3U
er!ennen gaben. Stud^ ber König bon ^reu^en, ber tro^ allem, tt)a§ borge=
fatten mar, feine 2:od^ter liebte, I)atte e§ gerne gefeiten, menn i'^r ba§ „magne-
fique'- Sanb 3U Sfieil mürbe, er backte fid) fd^on au§, toic er fie treubig üBer=
rafd^en unb im Seifein be§ englifc^en ©efanbten um if)re eintoilligung erfuc^en
tooße; er fe|te i^r ebenfobiet,'al§ feine @emat)tin bon (Sngtanb erhalten "tiatte,
40000 Xfiater al§ ^eiratl)§gut au§. 3lBer er t)ielt e§ nid)t für jmecfmä^ig,
70 g^nebetife.
ba| bie gteidiaeitig geloünfdite SSer'^eivat'^ung felneg Äron^Ji-injen mit einer eng=
lifd^en ^ritiäeffin ji^on je^t unb augleid^ mit ber anbern boEäogen toilrbe ; nod^
toeniger geftatteten e§ feine gegen Defterveic^ eingegangenen 3}erlbinbUd)feiten
mit biefer i)eii-atlf) politijd^e ^ßer^flic^tungen gegen ©ngtanb au] \iä) ju ne'^men ;
unb bieje 35eben!ti(^!eiten mürben genä'f)rt unb gefüllt burd) ben ©enerat
ö. ©rumblom, melc^er, im ©olbe £)efterrei(i)§ fte'^enb, hnxä) feine guträgereien
il^n mit Slrgmo'^n gegen @nglanb§ 2ll6fi(i)ten erfüEte. ^nbem nun anbererfeitS
bie englifd^en 5Jlinifter i'^re )3olitifcf)en O^orberungen in ben SSorbergrunb ftellten,
feine (Sema!)Un unb bie beibcn ^inber, inbem fie o'^ne 33erftänbni| für jene 35e=
beuten, feine 3ögerung nur feinem @igenfinn unb feiner tt)rannif(^en Saune äu=
fcfirieBen unb be§!^atb bie 2lBfid)ten ber ßnglänber burd^ il^re gegen ben Äönig
gefponnenen 9tän!e untcrftü^ten unb fcf)tie^lic£) ber i^ronprinj burcE) bie 5Iud)t
in§ 2lu§tanb fclbftänbig in biefe SSert)äItniffe eingreifen mottte, fo mürbe ber
^önig mit foldier Erbitterung erfüttt, ba^ er nidt)t nur jebe S5erbinbung mit
©nglanb abbrad), fonbern aucf) beiben .^inbern fein anbereg SJlittel it)n 3U t)er=
föt)nen offen fteEte, al§ fidf) unbebingt feinem SBiüen ju untermerfen. Tlit ber
<5ntfd)eibung , meldte ber atte g-ürft im ^. 1731 traf, gingen nirfit nur bie
äußeren Söege be§ ®ef(^mifter|)aarc§, fonbern auct) il^re 33eftrebungen toeit au§=
einanber, ^ä{)renb ber ^ronprinj, burt^ feine SBeruf§tt)ätig!eit in ben Srnft
be§ ßeben§ eingefül^rt, über bie S5erirrungen feiner i^ugenb, fomie über ba§
Söefen unb bie 2lbfic£)ten feine§ 33ater§ 5U richtiger Gc£)ä^ung gelangte unb fi(^
fortan ber tio'^en Stufgabe mibmete, bie ©(^bpfungen beffetben mit bem Seifte
ber neuen ^eitbitbung ju burd)bringen , fcijte bie @c£)meftev, in tleinlic^en S5er=
t)ältniffen unb ^uhn fid) bemegenb, ba§ gciftreit^e, aber leiditfertige 'Bpid it)rer
früt)eren ^a1)xt fort unb tröftete fid) über i"^re geringfügigen Erfolge, inbem fie
mit friöoler unb bo§t)after iJeber il^ren .g)ot)n unb Slcrger über biejenigen au§=
fd)üttete , raeld)e il^re fdjöpferifc^e 2ßt)antafie itjr al§ Urheber jener 9}ti|crjolgc
t)orf|)iegette. i^m Stuni 1731 erflärt ber ,$?önig feiner Joditer, bo^ er it)r ben
@rb|)rin3cn fjriebrid) bon SBaireutt) jum (Sema|l beftimmt '^abe. tiefer, ber
@ol)n be§ regierenbcn 5)tarlgrafen (Seorg Söittjelm, stuei ^ai)xc jünger al§ fie,
mar bamat§ tür^lid^ (18. ^JDtai) öon einer Steife buri^ Dberitalien unb 5ran!=
xeid) , mit toetc^er er feine aä)t ©tubienjat)re in (Senf abfc^lie^en foHte, nad^
Saireutt) jurüdEgetel^rt unb öermä'^Ite fic^ mit ber ^Prinjeffin am 20. "iRobembcr
in 33erün. S)er gutmütt)ige, aber ni(^t befonberS begabte ^^rinj, ber öon feinen
Steifen bor allem Vorliebe für ba§ franjöfifc^e 2;t)eater, ^parforcejagben unb
"^ö^ere 9Jeitfunft mitgebrodit ^atte, bezeigte jmar feiner i^n bebeutenb über=
xagenben ©ema^Iin, bie it)n 1732 mit einer 2;oc£)ter befc^enfte, Siebe unb 9ld)=
tung; ba aber fein alter 35ater mit ben ©intünften feine§ ßanbe§ fbarfam
umge'^en mu^te, fo reidjte bie Slpanage, bie er bem jungen 5paare gob, jur Se'=
friebigung feiner @enüffe nid)t au§; Äönig ^riebricf) 2Bii:§etm I. mu^te bcS'tialb
öfter§ angefprod)en merben; ber gab bem ©d^miegerfofin anä) ein 9tegiment in
^Jafetoalt, fdienfte ein anbereS 5Jtal 30000 2:^ater, bejatjlte auc^ mol aumeilen
beiber ©(^ulben. S)iefem gebrüdten ^uftanbe madit ber Stob be§ alten Waxi=
grafen am 17. Wai 1735 ein Enbe. ©ofort beginnt ein anbere§ Seben; 33ai=
reut^ foE ein fteine§ S5erfaittc§ barfteHen; 50000 ©ulben mevben aEjö^rlid^
äur S5erfd)önerung ber l)errfd§aftlid§en ^Bauten au§gefe^t ; ber befd)eibene ©ommerft^
ber beiben legten 5Jtarfgrafen, bie Eremitage, mirb mit funftboEen Einlagen au§=
geftattet. £ro^ be§ <^ungerja^re§ merben 1740 Earnebal§tuftbar!eiten nad^'
fremblänbifd)em ^ufdinitt hti .^ofe eingefü'^rt unb feitbem jebeg ^a'^r erneuert;
franjöfifd^e ©d^aufpieler merben l)erbeigerufen , au bereu 3luffül§rungen bie Ein=
tool^ner ber Stefibenä, bamit fie für fold)e ©enüffe 33erftänbni^ gemännen, unent=
Seltlid^en 3utritt erhalten. 1742 toirb eine 3l!abemie ber SBiffenfc^aften in
iJrteberife. 71
IBaireut^ eingerichtet, im jolgenben ^at)\t ober fctjon in f^orm einer Uniöerj'ität
nad) (ärlangen üBergefifbelt , beren 6inweif)ung bann mit ©(f)augeprängen , ber
^^rägung einer Senfmünje unb S;i§putationen bcrl^errüc^t toirb, ju icelc^en tefe=
teren bie ^Jtarfgräfin bie J'^efen [teilt. 17-i-t mirb ber 5öau eines neuen Dpern=
!^aufe§ begonnen unb al§ e§ naä) bvei S^a^ren beeubigt ift, 1748 ein (£omöbien=
t^eater tjinjugefügt, um bei ber unter (Entfaltung auBerorbentüc^en ©tan^jes am
26. September gefeierten S3ermäE)tung i^rer 2o^ter mit bem ^erjoge Äarl ©ugen
bon 2Bürtembcrg benu^ ^u toerben. S)ie Sai)i ber .^ammer^erren mirb 1752
bl§ auf 27 öermel^rt. Qxoax öernid)tete 1753 ein 33ranb ha^ ©(i)to§ unb ha^
Cpern^aue, man berechnete ben Schaben auf eine Million Spater; fofort lüirb
ber 23au beiber ßJebäube toieber legonnen, bie i^efttii^feiten be§ .öofeg, roetd)c ficf) eine
3eit lang auf 5}^ufit unb Soflb befc^ränfen, menben fic^ 1754 f(i)on mieber ber
Oper ju, namentlich ber 9lupl)rung ber Dper .öuomo, meli^er bie ^arfgrdfin
6 Strien eigener (Fompofition '^inäufügt. S3i§ ber ©(^loßbou üottcubet ift, tritt
in bemfelben ^a'^ie ba§ marfgräfli(i)e ^aar mit einem ©efotge bon 50 $erfonen
eine Üteife naä) {yronfreic^ unb Italien an, öon ber c§ im Februar 1755
prüdfetirt. ®ic (yrcuben be§ ^ofe§ ber^errlid^en bon 3^'^ 3" o^it bie 33efucf)e
tonangebenber (Seifter, S5oItaire'§ , 2tIgarotti'§, .^umeilen, menn auc^ nur auf
furje 3eü bie be§ föniglict)en SSruber§. tiefem S3i(be beö ©lan^e^ fet)Ite iebocf)
eine fe^r ftfittiaräe <S(f)attenfeite nic^t. S)ie ©teuerfraft be§ Sanbc§ reichte für
foI(^e 3tu§gaben nid§t au§; man ^ie^t reidtie ^uben in§ Sanb, toeldtie ©etb bor=
ftreden tonnen; ber aufgeflärte ,g)of nimmt ju 3ttd)t)miften unb Schatzgräbern
feine 3uflm$t. 2l(§ 1751 fit^ ba§ @erüd)t berbreitet, mit bem Sobe be§ 3^ürften=
paare§ mürben alle i'^re Sd^utbberfdireibungen ungiltig tnerben, moEte niemanb
bem Jpofe 2eben§mittet liefern; bie i^eamtfu Ratten bamal§ in 14 Cuartaten feine
SSefolbung erl^atten. 9luc^ im ^Familienleben famen ernfte Störungen bor.
6ine ^ofbame, meldie bie 5[Rarfgräfin au§ SSerlin mitgebradtit ^at, mci^ aU=
mä'^lid) i^r ba§ ^erj il)re§ (Sema!^l§ abmenbig ju machen; alle SBelt fpricl)t
babon, bie f^ürftin allein merft nid^tö ; auc^ al§ il§r enblict) bie Singen aufgeben,
tüä'^lt fie bie berfel^rteften 5Jtittel, um ba§ 2lergerni^ 5u befeitigen, bi§ nac^=
bem fie fici) mel)rere ^a!^re bon ber Hnberfd^ämten ^at tt)tannifiren laffen,
fc^lie^lic^ ber !öniglid)e Sruber <§ülfe fc^affen muB- Selbft beffen Ungnabe
l)at fi(^ bie ^yürftin mel^rere ^a^re juge^ogen , inbem fie o§ne jebe 'Dtötl)igung
tt)ä"^renb be§ ^toeiten fc^lefifc^en -^riegeg ber ^aiferin 531aiia Jlierefia in auf=
fälliger 2öeife i§re ^ulbigungen barbringt. 2lu(^ nacl)bem ber ^önig 1746
il)r in gro§mütf)iger 2Beife beräiel^en l)at , toerben il)r burc^ ba§ Sciiidfal il)rer
einzigen 2oci)ter, toelc^e, feit 1748 an ben ^er^og ^arl ßugen bon äßürtem=
berg bermäl)lt, bon bem ro'^en ©ema^l aber auf§ empörenbfte be'^anbelt, jur
5Jlutter i^re 3iifl^uc£)t nehmen mu^te, fdimerälic^e 3eiten bereitet, inmitten
fold)en glänjenben (älenb§ unb toäl^renb fie nac^ i!^rer Slu^fö^nung mit ^önig
i^riebric^ II. 53riefe toec^felte, bie i^m in bem ^a^e al§ ber 9lu§brucf 3ärtlicE)=
fter i^reunbfc^aft erfc^ienen , ba§ er i^r mit bem bollften 9]ertrauen lohnte , in
i'^ren legten ^a'^ren fi(^ i^rer alQ f^riebenSbermittlerin bebiente unb bon i§rem
2:obe, ber am Sage feiner 'JKeberlage bei §0(f)tircl) (14. October 1758) ein=
trat, tiefer al§ bon biefem Unfälle niebergebeugt tourbe, ^at bie 9}^arfgräfin an
S)en!toürbigfeiten i|re§ ;ieben§ gefc^rieben, toel(f)e ju berfiiiiebcnen 3eiten i^re§
Seben§ jmifc^en 1748—58 gearbeitet ober überarbeitet un§ je^t in ad^t auf=
gefunbenen 9lbf(i)riften borliegen. 2Bäl)renb fie fämmtlidl) bie ©efc^ic^te il^reS
ßeben§ nic^t über ba§ ^a^x 1742 :§inau§füt)ren (nur einer liegt eine 33efd§rei=
bung i'^rer italienifc^en Dteife bei) unb in il)ren Slbtoeid^ungen bon ben mannicf)=
faltigen Stimmungen , bon benen bie 93erfafferin beeinflußt tourbe , 3eugniß
geben, ftimmen fie alle barin überein, baß in i'^nen iln'e (Sltern unb it)r fönig=
72 i?i;Ǥ-
Itd^er SBtuber in ben ^d^toätaeftcn g^arl6en aBgefc^ttbert unb i'^nen SDinge na($=
gefagt toerben, tceld^e felfift, tüenn fie tca'^v toären, öon einev e^x-fcaren ^oc^ter
unb ©c§tt)efter mit ©tiÜfcfitDetgen üftergangen ober mit (Schonung betianbelt
toorben tüären, je^t ahn um |o ft^tüerer gegen fie in§ (Setoidfit fallen, ba i^ve
^ifanten ©r^ätilungen, too eine S5ergtei(^ung berfelfien mit auf^entifc^en 51ac^=
Ti(f)ten, namentlid^ mit ben 5Jiittt)eitungen it)rer eigenen SStiefe mögli^ ift, fi^
grö^tent^eite aU offenbare Unwal^rl^eiten ober 6o§t|aite Ueberti-eiBungen bar=
ftellen.
ö. 9tan!e, 3Ber!e, 24. IL - S)rot)fen, ^reuBifc^e ^olitü, IV. 4. -
f5. ;g)einn| im 3lrc^ib für @e|(^ic£)te be§ Ober=^ainfreife§, B. 2. — (SJ. §otn,
SSottaire u. bie ^ai-fgr. ü. Saireutl^. 2'^. ^ i x f c^.
gricö: drnft 3?., ßanbfc^aftSmaler, geB. 3u|)eibel'6eTg am 22. äuni 1801,
t in6atl§ru^e am ll.Dct. 1833. S)ieiei; berü^mtefte ^teBenBu^ler 9tottmann'§,
mit bem er fid) längere 3^^*^ gemeinfc£)attlic^ erft Bei beffen Sßater, bann bem
©nglänber 2Batti§ für alle !^nt beftimmenb bilbete, ift unftreitig cine§ ber glän=
aenbften Slalente in ber fübbeutfd^en ßanbf(f|afterf(i)ule ju Einfang be§ ^ai)x=
]§unbert§. i^nbe^ tt)eilt er nur fur^e 3eit bie ^iftorifd^ ftilöoEe 9ti(i)tung feine§
©tubiengenoffen , menn aud^ burd§au§ feine Neigung gur SSebute, jur !ünftterifd§
buriiigebilbeten SBicbergabe beftimmter ßofalitäten, toobei er fic^ aber balb toeit
realiftifc^ genauer an bie Statur anfc^Iie^t, al§ ber tj'^antafiebolle SHottmann. —
Slu^er bem Unterrid)t be§ 2öaIIi§ geno^ er bann noc^ ben be§ 6art§ru't)er 2t)ier=
maler§ j?un^ unb 3lrd)ite!ten 5JioUcr in Sarmftabt, bei bem er fid) jene§ feine
SSerftänbniB ber 3Ir(i)iteftui"formen aneignet, ba§ feine fpäteren 36^(^ttungen fo
betounberungSmürbig ma(^t. @r beroie§ e§ al§balb in einer üteil^e öon rabirten
unb litl)ogra|3'^irten Slnfic^ten, bie er öon ^eibelberg, ber 9l'§ein= unb 5Jlain=
gegenb, ber ©c^meij ic. in 5Mnd)en }3ublicirte, mo er fic^ 1821 l^inmanbte, bie
5lfabemie befuc£)te unb fidf) balb Ütuf ermarb. ^m ^. 1823 ging er bann nai^
i^talien , blieb bier ^at)u meift in 9lom unb 5^eapel , eine unerme§tid)e ^üile
öon mit betounberungStoürbiger '^räcifion unb ©efc^macf gegeidineten ©tubien al§
f^ruc^t boöontragenb , bie in i^rer faft pl^otograp'^ifdicn (Senauigleit in 2Bieber=
gäbe ber Statur ben merfmürbigften ©egenfa^ jur einfaclien unb großen 5luffaffung
3fiottmann'§ bilben, bem fie bod) in Stilgefühl unb ©d^ön'^eitSfinn fo unläugbar
öerttianbt finb. — Stod) mel)r tritt biefe 35erttJanbtfd)aft in ben ja'^treid^en
SSilbern au§ biefer Qni ^eröor, bie tro^ aller ^räcifion be§ 5£)etait§ boc^ feine
großartige gefd^madöoße 9lrt geigen, dlux befd)äftigt er fid) toeit mel)r mit ber
öon ütottmann öernad)läffigten 33aumnatur. — ©ein Kolorit jeigt bagegen bei
aller auffattenber Setailtoal^r^eit boc^ bie öor^ettanartige (Blatte unb bie
©c^roere ber garbe ber bcutfd)en 5)talerei jener 3e^t- — S)Q ^^ genau ba§ gab,
tDa§ bie 23efud)er Stalien§ tüiinfditen, gefd^madöoÜe S3ebuten, fo fanb er un=
gemö^nlid)cn Seifatt unb ertoarb fdineU grofjen 9tuf. ßeiber finb beß'^alb feine
Silber auc^ in alle Söelt ^erftreut, nur bie neue ^inalof^e! unb bie SajiS'fdie
(Salerie in SlegenSburg äeigen nod) bereu. 3u ben beften gel)örte ba§ ^au§ be§
Saffo in ©orrent. ^od) angefe'^en feierte er 1827 nad) ^ündjen prüd mit
feiner unüberfel^baren 9lu§beute öon ©tubien, bie er, über'^äuft mit Sluftvägen,
außerorbentlid) |)robu!tiö, h3ie er e§ toar, ju einer langen 9{eil)e öon Silbern
öerarbeitete. 9lid)t§beftotDeniger benu^te er fie fd^on nad) ein |3aar ^a'^ren nid^t
mel)r, fonbern toarf fic^ nun auf bie ganj realiftifc^e SarfteÜung ber itjn um=
gebenben 9iatur, bei bereu Söiebergabe er bie größte Unmittelbarfeit unb @enauig=
feit, aber freilid) aucl) burditoeg ben malerifc^en 33lid be§ 5)teifter§ für ba§
©c^öne 3eigt. — ©o com|)leter 9tealift gen)orben , ift er bie§ aud^ in ber jebe§
^ellbunfel, ja bie eigentlid)e ©timmung au§fd)ließenben nüd)ternen 33eftimmtl)eit.
5Jlüncl)en mit ßarlgru'^e 1831 öertaufc^enb , too er l^auptfäc^lid^ Sebuten öon
5tte§. 73
,g)etbelBerg mit ungtouHtcfier ©(fineüigfeit matte, tüorb er naä) jttjei Sa'^ten
öom (S(^aiiad)fieBer bejallen unb fc£)nitt fiif) in ber 9lafetei be§ f^ieberS eine
^ulSaber burd). ^ed^t.
g-ricö: S^an^ i^., geb. an greiburg in ber ©c^toeij in ber ^toeiten .g)älftc
be§ 15. 3a^4unbci-t§, übte bajelbft unb fpäter ju Sern bie Malerei, ©eine
{ir(i)ti(^en 33ilber, beren \iä) noc^ einige in feiner 35aterftabt, anbere in ber Satter
Äunftfammtung unb in ber 5Rori^ca^eI(e ju 51ürnberg (^ier unter unricf)tiger
^Benennung) befinben , jeigen eine gro^e SJertoanbtfd^aft mit ber 3Xug§burger
©(i)u(e, namentlii^ mit ^. ."potbein bem Steueren. @§ i[t bal^er tt)af)rfc£)einlic^,
ba^ er in 9tug§burg einen 2f)eil feiner 5lu§bilbung er'^ielt. SSebor er fid) in
^yreiburg nieberUe^, begegnen mir feiner ©pur in SSafel, roo er 1488 bie ;^)Unit
annaf)m, unb in ßotmar, mo er öon bem 6a|)itel be§ ©t. 5[)lartin§ftiit§ mit
ber 5{u§fül^rung einc§ SUtarbilbeS betraut tüurbe. — 1501 er'^ieÜ er bie S5e=
ftattung al§ makx be§ 9tat^§ feiner 35aterftQbt, too er bi§ 1516 ober 1517
blieb , tnorauf er fid^ in SSern nieberlie^. S)ai genaue 5Datum feine§ Siobeg ift
eben fo unbefannt al§ baSjenige feiner ©eburt. —
3at)n'§ Sa^rbüd^er für ^unfttoiffenfc^aft, II. ^ i §.
?5rtCg: Sa! ob ^-riebric^ ^., geb. gu »arbl^ am 23. 2lug. 1773, t 3U
^ena am 10. 5lug. 1843. 2}on 3^rie§' 35oriat)ren mirb juerft ber faiferlid^e
Dberft ©iegeSmunb ©ber^arb bon fyrie§ genannt, toelc^er in ber ^itte be§
"17. Saf)r^unbert§ ßommanbant bon <Oöd)ft mar. 2)effen ©o^n .^einrid) ©iege§=
munb fiel 1683 bei Dfen. ©eine Söittmc bertor ben größten 2;|eil i^res 35er=
mijgens, unb ^ierburd) fa^ i'^r ©o^n Äonrab fii^ beranta^t, auf ben 2lbel ber=
jic^tenb, ba§ 65efd£)äft eineg St|)ot^eter§ ju erlernen, meld)e§ er fpäter in ^Jlömpel=
garb felbftänbig aueübte. S)er jüngfte feiner ©öt)ne, ^eter Äonrab , toarb ber
Später bon ^. 5- i^- ^eter i?onrab f^-. , meld^er 3;t)eologie ftubirt '^atte,
trat 1757 p ber 53rübergenteinbe über. 6r l^eirat^ete 1763 ß^riftiane ©optjie
^äfc^fe, bie %oä)kx eine§ ber erften 5lu§manberer au§ 5Jlä'^ren, toeldie fic^ unter
be§ @rafen ^ii^ä^^borf ©d)u^ begeben I^atten. 5ta(^ me'^rjäfirigen ^iffion§reifen
ert)ielt 3ßeter ^onrab f^- 1773 al§ SSeamter ber Srübergemeinbe feinen feften
SBo'^nfi^ in 58arbt) a. b. ßtbe. S)a bie ^ntereffen ber ©emeinbe i^m jeboc^
öfter größere 9ieifen auferlegten, fo übergab er feine beiben ©ö'^ne, beren ältefter
3fa!ob griebrid) tt)ar, fi^on 1778 ber ^errn'^utifdien @r3ie'^ung§anftalt ju ^tieSfi).
.^ier ^atte 5- ^^ 5)en erften i^al^ren biet traurige, einfame ©tunben ju berteben.
S)em bon ^i^atur jarten unb ju ^rönflic^feit geneigten .Knaben warb t)ier nid|t
bie nött)ige Pflege unb rid)tige örjtlic^e SSe^anblung ^u 2;f)eit, unter Ipeld^er fein
Körper fic^ t)ätte gefunb enttoidetn fönnen. Oft blieb er äöot^en taug attein
auf bem ^ranfenjimmer eingefc^loffen ot)ne 33u(^ , o'^ne ©pietjeug, nur auf fidt)
fetbft angemiefen. ®iefe häufige, fd^mer^tidift empfunbene ©infamfeit gemann
jebod) infofern 33ebeutung für bie ©nttoidelung feine§ @eifte§, at§ g- i^ % fi<^
p einer SSefd^äftigung mit feinem Sennern getoö'^nte, toetd^er ®emöf)nung
er fpäter toot)t jum J^eit bie i^m eigene gro^e ®emanbtt)eit in ber ©etbft=
beoba(^tung berbantte. 3)er gut geleitete llnterridt)t tieß 'i^xit%' reid)e intellectueße
Einlagen ^u fd)net(er unb !räftiger Entfaltung fommen , fo ba^ f^. bon ben
Oberen ber (Semeinbe ^um ©tubium ber Jlieologie beftimmt tourbe. 3}or 3lHem
feffelten il)n bie mati^ematifd)en ©tubien , benen er pribatim mit fold^em ^ytci^e
oblag, ba^ er bei feinem 1792 erfolgten Eintritte in ba§ tl)eologif(^e ©eminar
bon ben matl)ematif{^en 33orträgen biSpenfirt toarb, „treil für il}n barin nid£)tB
me"^r ju lernen fei", ^liitofop'^ifd^e f^ragen, meldte 5. fd)on tt)äf)renb ber testen
3fal)re auf bem ^äbagogium bielfad) befc^öftigt l)atten, traten auf bem ©eminar,
toelc^em er bon 1792 bi§ 1795 ange'^örte, balb in ben 33orbergrunb feinet 3^n=
tereffe§. S)iefe ^a'^re mürben für f^rieS' Entmidelung bie entft^eibenbften; mäl)renb
berfelben gemann ber früt)3eitig bon aEem SlutoritätSgtauben freie, oUcin au ba§
74 S«e§.
f^orum jeiner @tnf{(i)t unb |eine§ @etDiffen§ getoiejene ©clbftbenfer bie feften
(55runbanfict)ten, beren toeiterer 5lu§BiIbung unb ©nttoicEelung fein fernereä £e6en
getDibmet toar. ©o toenig ©influ^ bie {)äufigen, nur ju gefd^äft§mä^igen 2ln=
bad^tgüBungen ber ©emeinbe unb ber barin l)eiTfd)enbe ^jietiftifi^c ®eift auf 5.
in ber .$?inbi)eit getoonnen l^atten, fo toenig öermoc^te bie il^m fpäter angebotene
^3o[itibe 9tetigion§le'£)re fein inteltectueÜeS SSebürfni^ p Befriebigen. 3)on ber
$f)iIofo|)'£)ie erl^offte er bie Seanttoortung ber fragen, toeli^e bie S^eotogie i'^m
unbeanttoortet gelafjen ^atte. 2)urci) ®arüe'§ anregenben Unterricht lernte g.
perft Äant'§ Seigre tennen; batb ftubirte er eifrigft j?ant'§ SBerfe: „nic^t um
jeine 2lnf{d)ten aufjulaffen, fonbern um micf) bon if)m leiten ju taffen in ber
(5nttoi(ielung meiner eigenen @infi(i)t in bie p'^ilofopfiifc^e 2öat)r^eit". ©d^on
l^ier befc^äftigte i^. bie früi^ gefunbene 2e6en§aufgabe, toel(f)e barin Beftanb, ben
^ant'ji^en ^ritüen eine allgemeine p|t)(i)oIogif(^e ©runblage ju geben, burd)
toelc^e bie großen bon ^ant gemachten föntbetfungen fid)er geftellt toürben; fd^on
l)ier auc^ bitbete fic^ bie i^m eigene Sßeltanfidit in i^ren (Srunbpgen au§. 'k)it
Dp^ofition, in toeld^er [it^ f^. gegen bie ^'errn^utifc^e 5Dogmati! befanb, t)atte
it)m bie t)i[torif(^e ©runblage feine§ religiöfen @Iauben§ geraubt, nic^t biejen
jelbft. 2ln ber religiösen 2öa^rl)eit l)atte er nie ge^toeifelt, unb, bie ©rfalirung
be§ ßebeng in ber Srübergemeinbe l^atte il)n bie Sebeutung be§ religiöfen ßebenS
tennen gelel)rt. S)ie t)ier t^ätige, felbftlofe Siebe, bie §ier, aud) bon ber ^ugenb
im engen 5reunbe§treife geübte ^^ingabe an bie ^bee ^tten in ^. ein reid)e§
(5)emüt^§leben getoerft, in toelc^em fic^ ba§ religiöfe ©mpfinben mit ber 2luffaffung
be§ <5(i)5nen in 5latur unb ^unft öerbanb; fo enttoicfelte fid) il)m jene 3ißelt=
anfid)t, toetc^e er fpäter bie rcligiö§=äftf)etifd)e nannte. 2;ro| feine§ inneren 2lb=
falls öon ber (Semeinbe tooEte biefe ben um feineg reidien ®ei[te§ unb feine§
reinen ^^erjeng toiEen öon eilten geliebten i^. äu^erlidt) unter ben f^rigen be=
galten, tool)l in ber .^offnung, ba^ er bereinft audC) innerlich ju i^x jurüdleliren
toerbe. <5o toarb i'^m im .^erbft 1795 eine Sel)rcr[teEe in t^-ulned in 5lorb=
englanb angeboten. ^. fd)tug inbe§ bicfelbe au§ unb befdjlo^, in ßeipjig ^ura
äu ftubiren. S)ie S}or[te^er ber ©emeinbe entließen il)n mit bem 2lu§brud ber
größten Hoffnungen für feine 3ulunft unb mit bem 2Bunfc^e, ba^ er nad) boll=
enbetem ©tubium jurüdfe^ren unb eine 3lnftettung in ber ©emeinbe annel^men
toerbe. 2Benn fict) aud) biefer SBunfc^ nic^t erfüüte, fo blieb g. bod) ftet§ in
freunblid)er SSe^ie^ung ^u ber @emeinbe unb in enger ^^i-'eunbfd^aft bieten il)rer
^niitglieber berbunben, unter benen er fpöter eifrige Sln'^änger feiner 2el)te fanb- —
S)ie juriftifc^en ©tubien lie^ g- ft^on im jtoeiten ©emefter fallen unb toanbte
fict) ber 5pi)ilofopl)ie au§fd)lie|lidC) ju. 6r begann in Seip^ig eigene Unterfuc^ungen
nieberjufdjreiben , toelc£)e tl)eil§ bie @tl)if, namentlich aber bie S^eorie be§ a3e=
tou^tfein§, ben .^auptgegenftanb feiner Seftrebungen , betrafen. Sinige ber l)ier
enttooxfenen pft)c|ologifd)en ^Ibl^anblungen erfc^ienen 1798 in @. ©(^mib'§ pft}(|o=
logifd^em ^Jtagajin. S)aä an ^ei-'fti-'euungen reii^e ©tubentenlcben, in totiä^e^ ^.
bon 9lie§!^er ^^reunben gejogen tourbe, ftörte il)n inbe^ 3U biet in feinen ernften
2lrbeiten; be^^alb fiebelte er im |)erbft 1796 nad^ 3tena über, toeld)e§ bamalg
auf bem ©ipfel feineg 9tul^me§ ftanb. i?einem ber au§geäei(^neten 3)tänner,
toel(^e bort lebten unb lehrten, !am g. perfönlidt) näl)er; aber er traf einen
lleinen, geiftig lebl)aft angeregten ftubcntifdf)en ^rei§, in toeld)em er gern berlel^rte.
@r l)örte i^id^te, beffen giuf §■ befonber§ nad^ 3^ena gebogen l)atte; gugleic^ aber
fd)rieb er polemif(^e Sßemerfungen gegen il)n nieber, toelc^e fpäter ben größten
2:t)eil ber 1803 erfc^ienenen ©treitfc^rift : „3lein]§olb, gierte unb ©d^etting" au§=
mad)ten. S)a bie befd^eibenen 5Jiittel, toeld)e i'^m bon feiner ?Olutter ^ur 3}er=
fügung geftettt toaren , ju @nbe gingen, fuc^te 5. ein Unterfommen, toeld§e§ i^m
neben beftimmter Slrbeit hoä) einige grei:^eit jur gortfe^ung feiner ©tubien
tJtte§. 75
getüälrte. @in foI(^e§ faub ev im ipaufe be§ ^au^3tmann ©utor in 3oftngen
in bei- Bäjtoü^; i^. öertoeilte bayetbft a(§ ^au§(e^rer üon 1797 6i§ jum
f^rü^ia^r 1800. ^n feinen ^u^eftunben war ^. unaBläjfig mit ber Sluigabe
16efc£)äitigt, „für toe(d)e", wie er an ß^riftlieB Üteic^el, ben frü^eften unb b(ei=
Benbften ^^reunb feine§ 8e'6en§ fc^tieB , „id) eigcntticf) geboren unb in bie SBelt
gefommen ju fein ft^eine". ^y. mar in 3ofingen in miffenfc^aftticfier .öinfi(f)t in
eine 2Büfte berf(i)(agen , in roetc^er er ungeftört feiner nur burd) innere ©ell6ft=
Beo6ac£)tung ju löfenben ?(uTgaBe teBen fonnte. ^m Söefentüdfien mit biefer
Jpauptanftrengung feine§ ®eifte§ für pft)(ä)ifc^e Stnf^ropologie fertig, teerte 9^. im
grü^ja^r 1800 nat^ 2)eutf(i)(anb unb im <g)erl6ft beffclben ^a'^reS nacf) ^ena ^urücE,
um fi(^ 3U '^abiütiren. ©eine ©cE)ü(f)tern^eit ^iett ^•. Oon jenem Greife in mannig=
fac£)er 33e3ie^ung Bebeutenber ^erfönliii)!eiten fern, meiere ^ier no(^ immer um @oett)e
gruppirt maren; ja au^ ben ii)m gciftig öermanbteren^rofefforen !am er nur tangfam
nä'^er. ^m ^-ebruar 1801 erfolgte 5rie§' Promotion unb Balb barauf bie .^abi=
litation; im Sommer begann 5. ju lefen. @§ mar fein glü(f(i(f)er ©d)ritt, ba^
g. gerabe ^ena jum beginn feiner a!abemiftf)en Jptigfeit getoö^tt f)atte. ©eit
1798 mar ©c^eüing f)ier angeftellt unb fiatte bie^ugenb fo fe{)r für feine 5latur=
pfjitofop^ie begeiftert, ba^ e§ für g. anwerft fc^mierig mar, neben fenem für feine
öon allen ©pielen ber 5iJ"^antafie freie, aber um fo ftrenger miffenf(^aftü(i)e
^^t)ilofo|)'f)ie Se^ör 3U finben, jumal fie o^ne aüe r'^etorifc^e 2)ecoration öor=
getragen tourbe. 2)o(^ ebenfo fe'^r mie bie ißerroirrung , metd^e burct) 5i<$tef
©(^elling unb ©(i)Iegel in p^ilofop'^ifdien Singen angcri(i)tet mar, gibt fy. gegen
9iei(^el feine eigene 3}erlegenf)eit unb ^tengfttic^feit im 3}ortrag , ben er nidtit
immer ber fyaffungSfraft feiner 3u^örer an^upafftu öcrmöge, at§ @runb für
mangelnben ßrfolg an. ©lüdüdier gelang i^m feine üterarif(f)e 2^tigfeit. Sie
©treitfd)rift : „3tein'§olb, f^idjte unb ©(iielling" mürbe fe"^r Beifällig aufgenommen
unb marf)te J^xxt^' Flamen in toeiteren Greifen Befannt, ©eine ^^olemif gegen
jene ^p'^itofo^j^en gipfelte in ber (yorberung , Bei bem öon ßant eingefi^lagenen
regreffiöen S}evfal^ren ju Beharren; nur auf biefem 2Sege laffe \xä) ^^ptjitofop'^ie
al§ fefte 2Biffenf(f)aft au§BiIben, mä^renb atleS unter 3]erna(i)Iäffigung ber fritifc^en
^Dlef^obe geübte progreffiöe (?onftruircn unb Sogmatifiren mo!§l ju einem ©piet
mit 2jßorten, aber ni(i)t jur Srlenntni^ ber SBa^r^eit füt^re. Singer biefer ©c^rift
öollenbete g. in ben i^a^ren 1801 — 1803 noc^ fein „©pftem ber '^!^itofopt)ie",
gteii^fam ha^ Programm, meld)e§ er fpäter ausführte, unb feine „p^itofopl^ifi^e
gieci)t§te§re". ^m grütija^r 1803 na!)m ^y. ba§ f(f)on öfter au§gefc£)tagene 2ln=
erbieten be§ i'^ni Befreunbeten 51. ö. Apei^ni^ an, i^n auf einer längeren 9teife
burd) öefterreid) , bie ©djtoeij , 9iorbitalien unb 5i-"Q^^i-"eic^ 3^ Begleiten, ^m
5tuguft 1804 fe^rte er naä) ^ena jurüd, unb e§ glüdte i^m je^t Beffer. S)ie
SSü^er maren gebrudt unb mürben getauft; ©c^eÜing mar nac^ äöür^Burg
gegangen; ueBen j^. lehrten 3lft, Jpeget unb Äraufe. ö'- Ia§ -oö^f unb Weta=
pf)t)fi! mit SäeifaE unb gab Balb in einem fteineren 2Berfe: „Söiffen, ©tauBe unb
Sl^nbung" eine ejoterifc^c gufammenftellung ber Dtefultate feiner $^iIofop!^ie.
1805 marb 5- äugleid) m.it ßeget au^erorbentüc^er "^.^rofeffor , unb e§ eröffneten
]iä) 2[u§fiC§ten auf Berufung. $au(u§ mar Bemü'^t, i^. naä) SBürjBurg ^u
äie§en, mo, mie er fd)reiBt, ©d)eHing'§ ^^i(ofopt)ie ben fc^Iimmftcn (Jinflu^
namentüd) auf bie ^31ebiciner übe. S)oc^ e^e biefe ©ac^e 3ur @ntf($eibung fam,
er"^ielt 5- eine Berufung aU orbentlidier ^vofeffor ber ^:^itofop^ie nad) ^cibel=
Berg, meld)er er Cftern 1805 folgte. @If ^ai)X^ öertebte er an ben Ufern be§
•iJledar. ^n bie erfte 3eit feine§ bortigen ^lufenf^atteg fällt feine SJer^eiraf^ung
mit Caroline (Srbmann, ber Xod)ter be§ 9ientamtmann ßrbmann in SlEftebt,
mit meld^er i^m eine überaus gtüdtic^e, bod) faum l-Ajä^i-igc @^e Befd^ieben
mar. 0^. Begann in ^eibelBerg mit p^iIofopf)if($en unb mat^cmatifd)en 5}or=
76 ifi:ie§-
Icfungen; 1812 toarb i^m au(i) noci) bie 5|5toieffur für 5]5'^t)j'if üBertrogen. @o
großen ©rfolg er mit jeineit 2}orträgen üBer tl)eoreti[d)e ^P'fil^ft!, Slftronomie unb
fpäter Bei bem Umfrf)tt)ung ber ^.iotitifci)en SJei'^ättniffe in ©eutfc^lanb mit ben
S^orlefungen über t)'£)itofopt)if(f)e ©taat§= unb 9tei^t§le^re t)atte, buri^ bie eigent=
li(fl |3!^iIofo)5'^ifc£)e Se^rtl^ätigfeit janb er auäj !§ier nur eine Befdiränfte Se=
friebigung; benn e8 gelang i^m nic^t gegenüber ber burc^ ältere ßottegen üer=
tretenen ©djelling = ©cl)legerf(^eu ^'^ilofo^j'^ie für bie fritifc^e $'^ilofo|)|ie eine
aEgemeine 2:l^eilna'^me au ertoeclen. Unter ben jüngeren SoHegen fanb g.
mandien greunb unb treuen 5lnl)änger. 2lm öertrauteften toarb il)m be SBette
Befreunbet, trcldier 1807 nnt^ ^eibelBevg Berufen toar. SBie fe"§r be Söette f^^ricS'
geiftig fd)öne unb ftttlicf) reine 5]3erfönUd)feit lieBte, tüie ^^od) er in jenem ben
5Jleifter öere'^rte, ber ilim bie ficiiere ^'§itofopt)ifi^e S3afi§ für feine ®lauBen§= unb
©ittentel)re gegeBen l)atte, jeigt ber 5tac^ruf, tüeld)en be Söette bem öerfdfiiebenen
f^reunbe wibmete (aBgebrucit in ber öon <^enfe "^erauSgegeBenen SSiograp'^ie bon
g.). 2Bäl)renb feine§ ßeBen§ in ^eibelBerg entfaltete f5r. eine fel^r ergieBige
literarifd^c 2;t)ätig!eit, burc^ tüelcl)e er in immer meiteren J^reifen Befannt mürbe
unb bie it)n mit ben nam^afteften ®elel)rten ®eutfc^lanb§ in 3}erBinbung Brachte.
S3on ben ^^itofop'^en trat i:^m Befonber§ f^r. ^. Sa!oBi nä"^er; berfelBe furf)te
i5f. in ipeibet&erg auf unb BlieB fortan mit i'^m in fe^r freunblid^er SSejie'^ung;
aud^ gtein'^olb in ^iel trat öott lautefter 3lner!cnnung feiner ©(^riften mit ^5-
in Brieflichen S5er!el^r. — ^m ^. 1807 erfcf)ien ^^xie^' „^cue ober antl)ro|)o=
logifi^e Äriti! ber Vernunft" r2. 2lufl. 1828), „bereu (SeBurtSftunbe", fdireiBt ^.
an9iei(^el, „in 'Jiie§!t) gefd)tagen^at". ^n biefemSBerle legte ^5. bie .g)auptarBeit
feinc§ ßeBen§ nieber, ben boEftänbigen anf^ropologifi^en-^lacEitoeiS ber in ber
menf(f)ti(f)en 35ernunft liegenben ^"^ilofopliifcfien Söa'^r'^eiten , in beffen 23efi^ er
burd) ^a'^re lang fortgefetjte innere <5elB[tBeoBac£)tung gefommen tnar. S)iefem
Söerfe maren borangegangen eine neue 6treitf(^rift : „g^idite'S unb ©d)etting^§
neuefte Se^ren bon @ott unb ber Söelt" unb ein 9luffa^ über „5[tomiftif unb
S)t)nami!" in 5DauB'§ unb ßreujer'S ©tubien. 1811 crfd)ien ba§ „@t)[tem ber
Sogif" (2. 2lufl. 1819, 3. 2lufl. 1837), ein tüegen feiner Mar'^eit unb ©c£)ärfe
aEgemein gcfc^ä^teS ßel)rBu($, unb in bemfelben ^al^re in 2)auB'§ unb ßreuäer'S
©tubien jtDei größere 5luffä^e unter bem iitel: „2;rabition, 5Dlt)ftici§mu§ unb
gefunbe ßogü", morin g. feine neue 5lnfid^t bon ber (Seft^ii^te ber ^liilofop'^ie
al§ ber ßnttnidelung be§ 33eti)uBtfein§ um bie in jeber menfcl)li(i)en S5ernuuft
auf bie eine unb gleiche SBeife liegenbe ^j'^itofol^liifd^e äöa'^r^eit au§f^rac^. ^n
ber 1812 l)erau§gegeBenen !leinen ©djrift: „35on beutfi^er ^§ilofo)3l)ie, Slrt unb
.^unft. ©in S5otum für gr. S^. ^atoU gegen ©i^eEing" ift ba§ fo bielfad) mi^=
beutete SJer'^ältni^ bon %. 3u i^afoBi flar bargelegt. f5f. l)at, bon .^ant au§=
gel^enb, fein ^l)ilofopl)em ganj felBftänbig entmidelt, o'^ne bon ^a!oBi ettnaS
auf3unel)men. Söenn 53eibe' gegen ^ant geltenb machen , ba^ ber Scmei§ nid^t
ba§ le^te 33egrünbung§mittel ber Urtl^eile fei, fonbern ba| e§ ein unmittelbar
©etoiffeS in ber 3}ernunft geBen muffe, fo ift 5. bod^ ganj felBftänbig t)ierauf
gefülirt unb bie „unmittelbare (ärlenntni^" tjat bei i'^m eine ganj anbere ©tettung
al§ ba§ unmittelbar ©etniffe bei 3^a!obi. 3n ben legten iSa'^ren be§ |)eibelberger
Slufenf^alteS evl)ielt grie§' S'^ätigleit no(^ eine anbere giidf)tung, toeld^c für fein
Seben berl)ängni|boE tourbe. ©%on im Jünglingsalter l^atte er, angeregt burdli
bie erfd^ütternben ßreigniffe am ©dljluffe be§ 18. 3^a"§r^unbert§, ben öffentlichen
2lngelegenl§eiten ben 35lid pgemanbt unb er toar i'^rer ßntmidelung mit fteigenber
©pannung gefolgt. ®ie D^lieberlage be§ S5aterlanbe§ l^atte il^n mit Jammer
erfüEt. 1811 führte er in einem :p:§ilofo|)'§ifd^en gtomane „JuliuS unb @bagora§",
toeld^er 1814 erfd^ien, feine :politif(^en unb fittlid§cn Jbeale für eine gefunbe
©eftaltung be§ 33öl!erleben§ au§. 3ll§ 1813 bie (ärlöfung brad^te, ba trat
gne§. 77
^. mit fräftigem 2Bovt in ^tebe unb ©c^vift iür SBieberBeleBung ä(f)t beutfc^er
©itte, 93ermd)tun9 aHe§ <5(i)eintr)e|en§ unb Dieugeftaltung beg öffentli^en Sebens
unter aEeinigev ^eiTJcf)aTt ber äöaMjcit unb bcr ©etedjtigfeit ein. ©eine toeit
ö erbreiteten f^Iugjcfiritten erlcarben i'f)m bie 3lnerfennung unb ben ermunternben
3uruT ber 93eften; feine Sßorte iejjeüen bie afabemifc^e 3iugenb an it)n. —
3Jlan(i)ertei toibrige 9}ert)ältni|fe "fiatten 5- ^ei^ 2tuientt)alt in ^eibetberg öerleibet.
3lu§fid^ten auf ^Berufung nad^ 5)lün(^en unb Seipjig f)atten fic^ tüieber jerfcfilagen.
"^lüd) t5-id)te'§ Sobe eröffnete fid^ neue 5lu§ftd)t in ©erün; g- Kxir bort neben
^egel , jener für practifdie , biefer für fpecutatiöe ^^f)itofopt)ie primo loco t)or=
gefrf)tagen. 6t)e jebod) eine ©ntfc^eibung getroffen tourbe, lie§ üarl Sluguft x^.
nac^ ^cna berufen „in ber |)offnung, ba^_ 5- bafclBft bie *]]:^iIofopt)ie neu be=
grünben werbe". tJ- folgte gern bem 9tufe be§ güi-l^en, ber juerft Oon otten
feinem Sanbe bie berl^ei^ene SJerfaffung gegeben l^atte. <Bo lieb it)m aud) bie
SSefc^äftigung mit ber ^Jlat^ematif unb ben lHaturtt)iffenf(f)aften mar, fo freute er
fid§ bod), je^t ber |)t)iIofDp^if(i)en Se^rt^ätigfeit gan^ toiebergegeben ju fein. üJlit
ben beften .'poffnungen fiebelte f^. im iperbft 1816 nac^ ^ena über, mo er auf
ba§ greunbli(f)fte aufgenommen marb. SDie afabemifd)e ^ugcnb f)ing balb mit
begeifterter Siebe an f5r- » angejogen burc^ feine pf)i(ofot){)if(i)en SJortefungen unb
faft mel^r no(^ burcf) feine lebenbige patriotifiiie (Befinnung. „S)eutf(^lanbg ,3üng=
iingen" toar bie foeben erf(^ienene ©dirift „3}om beutfc^en 23unb unb beutfc^er
©taatSöerfaffung" gemibmet, in meld)er ^y. , auf bem 33oben '^iftorifc^er 2Bir!=
Xid)feit fte^enb, feine ©ebanfen für bie ^eugeftaltung beutfdien SebenS entmicfelte.
S)ie ^enenfer i^ugenb mar bereit, bie auf bie ebetften 3iete gerichtete ^e(e"^rung
äu ^ören. 5ßatriotifd)e 33egeifterung unb eine bamit öerbunbene tief get)enbe
fitttic^e Erregung ffatkn in ^ena jur ©rünbung ber bcutf(f)en 23urf(^enf(^aft
gefüt)rt. ^it großem S5ertrauen unb fd)önen Hoffnungen btidEte O'- auf ben in
ber Stubentenf^aft lebenbig geworbenen ®eift. ^n Berlin unb SBien febod^
fa^ man batb bie öon ^ena |er auf anbere beutfc£)e Uniöerfitäten \\ä) öerbrei=
tenben ^Beftrcbungen al§ "tjöc^ft ftaat§gefäf)rlic£) an. S)a§ Söartburgsfeft gab ben
erften 9(nlaB, gegen biefelben einjufc£)reiten. fy. mar nebft <Sd)mei^er, tiefer unb
Cfen ber (Sinlabung bcr SSurfd)en nad) ber Söartburg gefolgt unb tjatte bort
einige äBorte ju it)nen gefproc^en. ^n ö'otge baöon warb (iart 2(uguft burc^
ben ^yürften ^arbenberg unb ben (Brafen S^'^'^ öeranta^t, eine Unterfu(^ung
gegen ^. anfteßen 3U laffen. S)a§ Safli" 1818 berüef jebod) noc^ ruf)ig. ^n
bemfelben erfd)ien §riel' (Jt:§i!: „^ä) reid)e 6uc^ ba§ SSefte, ma§ ic^ weife, ba§
SSefte, tüa^ iä) f)abe", fo fd)rieb er in bem 3}orwort „an bie beutfd)en Jünglinge,
3unäd§ft bie greunbe Don ber SBartburg". gart Sluguft liefe g. „öiel ^^reunblic^eg"
über biefcg äöer! fagen unb feine S^reunbe riefen i^m ju , bafe er f)iermit alle
l^ämifdjen Slnflagen ticrftummen mad)cn würbe. Snbefe feine üon i^m nid)t
gerabe glimpfüc^ be^nbeüen 2Jßiberfad)er gaben fid^ ni(^t bie 5}lü^e, au§ feinen
SÖerten unb feinem Seben ben (Beift genauer fennen ^u lernen , in Weldfiem er
auf bie ^ugenb einwirfte. — S)er 33eginn be§3a'£)re§ 1819 brachte ben bitterften
©(^mer3 in fyries' Öeben; am 22. Januar b. ^. öerlor er feine über 3lIIc§
geliebte (Caroline. Sie l)interliefe i^m biei Sö^ne unb jwei Stöc^ter, für beren
^4?flege nun ^yrie§' berwittwete (5d)Wefter forgte, welche fur^ öor^er ju il^m gejogen
War unb aui^ bei i'^m blieb, al§ er fpäter beren gveunbin Eleonore i3eporin au§
^errn'^ut al§ jWeite öattin in ba§ öau§ fü'^rte. S)ai ^a'^r 1819 braute g. noc^
anbereS fd)Were§ Seib. S;ie politifcl)en '!)3k(^tf)aber ®eutfd)lanb§ blidten mit grofeem
5}lifetrauen auf ba§ burf(^enf(^aTtlid)e treiben , bem man eine übertriebene Se=
beutung beilegte. £ie fyolge war, bafe ber in ber 5Burfd)enfdt)aft l)errf^enbe, urfprüng=
li(^ gute ©eift immer me^r ausartete, fo bafe biejenigen, welche anfangi mit froren
Hoffnungen auf benfelben geblidt l^attcn , balb nid^t mel^r im Staube Waren,
78 5i:ic§-
i'fin bei jetnen reinen 3ieten 3U ev'^alten. (i§ bilbeten fic^ öe^eime SöevBinbungen,
lDet(i)e Beftimmte poUtifrf)e Stoeiie öerfolgten ; im mäx^ 1819 warb Äo^cBue
t)on ©anb ermorbet. S)ie|e öerwerjtic^e ^anblung einc§ unglücEticEicn gfanatiter§
brad^te jene bcmagogijdien Unterfu^unsen in ©ang, in toeld^e au(^ 5. balb öer=
tüidett werben fottte. ^m ben Safd^en gefangener ©tubenten '^atte man einen
Srief gejnnben, in meld)em g. einen i^m beireunbeten ©tubenten öor b er St) eil-
no^me an ge'^eimen SSerbinbungen Warnte. S)cr auf BoS'^afte äöeije entftellte
SSrief Warb ber ^ainaer llnterfucf)ung§ -- ßommiffion Vorgelegt unb ouf ®runb
bejjelben ^xk^' Ifife^ung unb Entfernung bon 3ena geforbevt. gart 3luguft
mu^te ben 5Jläc&tigeren nacfigeben; e§ gef^a^ in fc^onenbfter äßeife. S)er eble
gürft Ite^ ^. unter SSetafjung feine§ ®ei)alte§ ba§ ©ctilD^c^en Sieffurt^ bei
2Beimar 3um 2Bo!)nfi^ anbieten, g. 30g e§ jcboc^ öor, ber ginlabung eines
jüngeren gireunbeö nad^ ©atpngen ju folgen, mo er bie erften Monate feiner
«Berbannung öerlebte. äöä^rcnb ber folgenben öier Sa'^re, in Welchen er öfter
3U feinen hieben in Sena 3urüc£!et)ren burfte, bie übrige 3eit auf Oieifen öer=
lebenb, blieb g-. unau§gefe|t mit ber Weiteren3)ar[tellung feiner Sel)re befc^äftigt.
3lu^er einigen fteineren ©Triften erfc^iencn in biefcr S^it brci größere SBerfe:
„S)ie pft)(^oIogifd)e 9tntl)ropotogie", „%k matliematifc^e 9latur^l)ilofob^ie" unb
ba§ „<Bt)\tem ber ^}Jtetapl)l)fi!". — S)ie 3öeimarifc£)e giegierung re^abilitirte ^.
1824, inbem fie il)m bie erlcbigte ^rofeffur für ^Jlatt)emati! unb 5p!§l)fi! übertrug.
5Xuf bringenbe Sitten einiger ©tubenten erl)ictt er balb barauf and) bie @rlaub=
niB, in feinem 3immer öor einer befdjräntten 3a^l bon 3ul)örern t)l)ilofopP($e
S5orträge ju ^Iten; erft 1838, al§ bie Sef^merben be§ 5llter§ fic^ il)m fi^on
reit fül)lbar gemad^t 'Ratten, Warb il)m bie toKe öel)rfretl)eit jurüiigegeben.
S)ie Wiebergcwonnene Selirf^ätigteit, in Wetcfier er wä'^renb ber legten 19 ^ai)xt
feine§ 2eben§ fegcn§rei(f| wirfte, erfreute i^n wo'^l; bod^ f(i)mer3lidf| War e§ i^m,
burd£) bie feiner 3;]^ätigfeit auferlegten ©(i)ran!en öer'^inbert 3u fein, in ent=
fd£)eibenber Söeife feine ße^re ^ur 3Iner!ennung ju bringen. @§ galt il)m nidt3t,
eine Partei ober eine neue :|jl)ilof opt)if d}e ©(ä)ule ju grünben ; atlciu int ^ntereffe
ber 2öal)r:§eit, beren Sienfte er fic^ bon ^ugenb auf ii^ ununterbrod£)cuer, ernfter
(Sei[te§arbett gewibmet l)atte, wünfd)te er ber fritifd)en 5P'^i(ofo)3l)ie unb babur(^
jener üaren S3er[tänbtgung unb jener feft in fic^ abgefd^loffenen 2öeltanfid)t,
Weld£)e er fid) felbft erworben l^atte, jum ©iege 5U ber'^elfen. ©eine ©tetlung
auf ber Uniberfität War auSge^ei^net burd) eine aEgemeiue ßiebe unb 3}cre'^rung,
weld)e ©tubirenbe unb ßoüegen i'^m entgegenbract)ten. Stiele ber Se|teren waren
il§m eng befreunbet; einen i^^einb l^atte er nid£)t, benn Me , bie i^n lannten,
auc^ foldje, Weldt)e in wiffenfd^aftlid^er SBejieljung iljm fern ftanben. Würbigten
unb bere'^rten in g. eine ^erfönlid^feit, beren ganjeS ßeben unter ber alleinigen
^errfc^aft ber reinften fittlid^en ^beale geftaltet War. @ern folgte bie afabemifd)e
Sugenb bem oft aud) ernft ermat)nenben äßorte be§ geliebten ßel}rer§. S)er Um=
gang mit ber S^ugenb war i'^m a3ebürfni|; fo War benn beftänbig ein Ärei§
befonber§ ftrebfamer Jünglinge um t'^n gefd)loffen , bie im S}erle:^re mit bem
53^ei[ter bie reine Seigre ber 2Bei§l)eit ju erfaffen ftrebten. x^. lebte unter i^nen
Wie ein ed)ter Söeifer be§ ?lltert^um§; unermüblid^ fudt)te er mit il)nen bie
2Bal)rl^eit ju erforfd£)en, jeben Einwurf ^rüfenb; nict)t ^^ilofop'^ie woKte er leieren,
fonbern ridEitig ju ^liilofop'^iren. S)iefelbe 9tul)e unb @rünblidt)!eit, mit Weld^er
f5. fold^e :|3!^ilofopl)ifd^en (Erörterungen 3U fül)ren wu^te, ol)ne jemals ein leiben=
fc^aftlid)e§ (Segeneinanberfteüen unbewiefener Sel)auptungen jujulaffen, d^arafte=
rifirt aud£) feine befonberS gegen bie ^bentität§pl§ilofobl)ie gerichtete 5|5olemif.
3Bar fie aud) oft mit bitterer Ironie gewürzt , fo blieb [ie bodf) rein fad^lid^ ;
bom eigenen ©tanbpunit bornel)m über ©egner abjufpred^en , War ^y- böllig
fremb; ftetS ging er grünblidf) auf bie fremben Slnfid^ten ein unb bedte bie
gfrtei. 79
Unjulängtic^fett xi)xn ©runbtogen unb t^re inneren 2ötber|<5rüd)e Quj , eine 9(rt
^Polemif, meiere feinet i^el^re nie ju 2f)eil tourbe. — 9lucf) in biefent legten 216=
fdinitte feine§ 2e6en§ 6üe6 5. litterarifd^ fet)r tfiätig. ^nx bie p'^t)fifaüfd)en
3}oTlefungen gab er 1826 baS öon Stutoritäten je^r ancrfannte „Sel^tbui^ ber
6rperimentalp^t)fir' ]^erau§. Singer einer großen iKnjal^l fteinerer (2(^tiiten
iiftiU p'^t)\xtaiii<i)m ober matl^ematifcEien, t^cil§ p!§ilofop'^ifcf)en 3nf)alt§ erfc^ienen
bann nod) 1832 „Sie 9teIigion§p^iIoiopf)ie unb pt)i(olop{)ii(^e ^left'^etif" unb
1837 „:2ie ©efc£)i(^te ber ^^iIofopf)ie", mit tDe(cf)en Söerfen g. ber langen
9lei!§e feiner größeren p'^i(ofDp!^i;d)en 3h-6eiten ben 2lbfc^tu§ gab. 3tu§ feinem
litterarijc^en ^3ta(^la^ marb öon %pdi fpäter not^ „S)ie ^otitif ober p^i[ojo=
plf)if(i)e ©taatälel^re" !^erau§gegeBen. — 'Jtac^bem ^. 1842 auc^ feine jtoeite
©attin öertoren l^atte, erlitt er felbft am 5ieuja!^r§tage 1843 einen (S(f)laganfaII,
öon toelc^em er fici) niciit roieber ganj ert)oIte; am 10, 3Iug. b. ^. enbete ein
neuer ©(^laganfaE fein SeBen, — @§ tt)ar g. bie ^^reube !6ef(^ieben getocfen,
eine größere Slnja'^t treuer 3Inl^änger burc^ Söort unb ©c^rift in feinem (ginne
toirten ju feigen. Slu^er Se Söette finb bie fiefannteften unter i^nen: Galfer
in Sonn , §. ©t^mib in ipeibelBerg , fyranfe in Üloftocf , 5Riröt unb 3lpett in
Seno, ferner ^. @. ©d^utje, ber Sotanifer ^. ^. St^teiben, beffen ©ruber §.
©ciileibcn unb (Srapengic^er in -Hamburg. Unerfc^ütterlicf) feft blieb il^nen allen
bie Ueberjeugung , ba^ e§ allein auf bem öon 5- öetfolgten SBege gelingen
!önne, bie ^t)i(ofop^ie öon einem .ffampTpta^ ber 53teinungen in fefte 2Siffenf(i)aft
äu öerioanbetn, unb ba^ feiner 3Irt ju p^itofop!§iren fc^lie^üc^ ber (Sieg jufaEen
muffe; treu betna'firten fie bie (Erinnerung an ben geliebten ^eifter, bem fie in
SBejug auf SSei^ljeit unb Ütein^eit unb Sauterfeit be§ 6f)aratter§ feinen anberen
SJlenfi^en 5ur ©eite ju fteEcn Uju^ten! 2}on foIc£)er 6efinnung erfüEt, erric^=
teten ^^lic^' 'DtadEifommcn unb g^reunbe auf bem f^fürftengraben p i^ena feine
eiserne Goloffalbüfte , öjelc^e am 23. 3Iuguft 1873 feierlich ent^^üHt warb. —
9Iü§gef)enb öon ^ant'§ ©runbforberung , ba§ fpeculatiöe Unterne'^men auiju=
fe^en , bi§ eine grünbli(f)e Unterfuc^ung barget^on ^abe, mel(i)e§ 3]ermögen jur
p;§itofopf)if($en Sßa'^rl^eit bie menfd)tic^e 3}ernunft überhaupt befi^e, fa"^ ^y- feine
9lufgabe barin, bie Äantif(i)e ^itif b. 3}. ju einer auf innere Grfa'^rung ge=
grünbeten Sl^eorie ber SSernunft fort^ubitben unb fo bie angebal^nte fubjectiöc
Söenbung ber (©pecutation ,^u bollenben. Snbem 3^. in einer meifterfiaft ge=
übten inneren «Selbftbeobac^tung , toelcfie ftet§ ben in 5)latf)ematif unb eracten
Dlaturwiffenfcfiaitcn gef(^ulten gotfd^er erfennen Id^t, fi(^ ju einer Xl^eorie be§
inneren i3eben§ er^ob, gab er ben i?antifc^en llnterfud)ungen bie i^ncn fe^^Ienbe
Gin^eit unb "^ob bie in i'^nen ftel^en gebliebenen 53Mngel, in öjetcfien bie ©efa'^r
eines 9lüäfaE§ au§ bem ^^riticismuS in ben SogmatiSmug lag. 2tm ö:)ic^tigften
für ^rie§' (Speculation finb bie öon il)m gegebenen Stufflörungen über ba§ 3}er=
mögen ber (Selbfterfenntni^ , in melden er jeigte , toie fid^ biefc§ öom inneren
(Sinn bi§ jur öoüftänbigen Sflefterion fortbilbet. S)ie menf(i)tic^e 3}ernunft ift
eine receptiöe (Spontaneität, toetdier bie brei qualitatiö öerfd^iebenen, unb bei=
^atb nid)t mel)r auf einanber ^urüdfülirbaren 21§ätigfeiten be§ Srfennen§, öül^=
len§ unb SöolIenS gel^ören. ^nx 2leu^erung i^rer S^ätigfeit bebarf fie ber 3In=
regung; bie fremb'^er angeregte Sleu^erung ber (Selbfttl^ätigfeit im ßrfennen ift
bie finntic£)e 6rfenntni^. S;iefe gibt alten (Se^alt in bie @rfenntni§ , toel(^er
burd) bie reine Spontaneität ber SJernunft jur Ginl^eit ber @rfenntni§ öerbunben
mirb. S)ie urfprünglii^e reine Selbftt^ätigfeit im ßrfennen ift alfo eine ft)n=
tl)etifd§c, bur(^ toel(|e gin^eit unb aUt SBerbinbung unb traft il^rcr 23e!^arrlid^=
feit jebc notl)tDenbige 58eftimmung an bie menfcfilit^e 6rfenntni| fommt. S)er
unmittelbaren ßrfenntni^ ftel)t nun bie SclbfterfenntniB ober ba§ Setou^tfein
um unfere (Srfenntni^ jur Seite, meld)em ba§ reine Selbftberou^tfein ju ©runbe
80 fji;ie§.
liegt. 3öie ba§ SSermögen her ©vfenntni^ üBet^aupt, fo ftei)t aud§ bie (5ell6ft=
erfenntni^ unter einem (Sefe^ ber |innli(i)en Slnregung. S)er innere ©inn aber
nimmt nur bie in jebem Slugenblicf lefil^afteften inneren 2:l)ätig!eiten toa^r, o^ue
ben ^ufammenl^ang unb ba§ <3an^t unferer inneren 2et)en§t!^ötig!eit un§ 3um
SSetDu^tfein ju bringen, lieber ba§ finnlid) gegebene 33ett)u^t|ein erl^ebt un§ bie
9tefIej;ion, bie j£{)atig!eit be§ SJerftanbe^ , inbem fie üermittelft i^rer attgemeinen
35orftettungen in einem SSetou^tfein über'^au|3t fic^ auc^ jener inneren S}or=
gonge bemächtigt, tt)elc£)e öom inneren (Sinn nid^t toatirgenommen toerben.
^. toeift alfo ben 35er[tanb aU ba§ l§ö:§ere SBermögen be§ SSemu^tfeinS auf.
S)ur(^ if)n erft toerben toir un§ ber allgemeinen unb not^lüenbigen SSeftimmungen
betou|t, in toelc^eu bie reine ©elbftt^ätigfeit ber er!ennenben Slernunft ba§ in
il^r liegenbe ©eje^ ber Söat)rl^eit ber ganzen 6r!enntni^ ju @runbe legt. S)er
SSerftanb bringt aljo !eine neue @r!enntni^ l^erüor, fonbern er "^eEt nur biejenige
ouf, toeldie bunfel in un§ liegt, ipiermit erf)ielt g. nun aurfi'eine ganj anbere
5ln[ic§t über bie Segrünbung ber @r!enntni^. @r geigte, ba^ bie @r!enntni^,
b. i). ba§ S3orfteIien oom Sajein ber @egen[tänbe ober üom Sefte^en ber @e|e^e,
unter toelc^en ba§ S)afein ber ©egenftänbe fielet, ein factum au§ innerer (5r=
fal§rung ift. Söoljl lä|t [id) erüören, toic au§ ber unmittelbaren @r!enntni^ [td)
bie übrigen jum (Srfennen gel^örenben X^ätigfeiten enttoideln: ba§ 6ntfte!^en ber
Silber ber 6inbilbung§!raft unb ber allgemeinen 23orfteEungen, ba§ untDiE!ür=
lic^e <Bpid ber 5lffociation unb bie toiEtürtid) gef)anbi;)abte 9teflejion; tüie aber
in ber unmittelbaren ©rfenntni^ jur S5orfteEung ba§ Dbject l^in^ulommc, bar=
über lä|t fid) gar nid)t§ ßr!lärenbc§ fagen. S)ie unmittelbare grfenntni^ befi^t
objectiöe (Bültigleit frajt be§ ©etb[tbertrauen§ ber menfc^lic^en äJernunft ju
il^rer eigenen 2öal)r:^aftig!eit. ©ie ift bem ;Si'i-'t^ume nic^t au§gefe|t; nur ber
bie buntein S^erl)ältnif|e ber unmittelbaren (Srfcnntni^ auf^eEenbe äJerftanb ift
be§ ;Si:rt:§um§ fä^ig; fein Urtlieil ift toa'^r, fofern e§ mit ber unmittelbaren @r=
lenntni^ übereinftimmt. S)ie ber unmittelbaren @r!enntni^ gel^örenben Spornten
ber ©inl^eit unb ber S}erbinbung, in meld)e bie mcnfd^lid)e S^ernunft ben mannig=
fad^en ©emt ber ©rtenntni^ fa^t, biefe f)öd)ften 5]3rinci^ien unfere§ 6rlcnnen§
finb alfo eine§ 33etoeife§ i'^rer objectiben ©ültiglcit toeber fällig nod) bebürjtig.
6ine SSegrünbung ober 9ied)t|ertigung berfelben ift uur baburd^ möglid), ba^
man au§ einer Sl'^eorie ber Sßernunft ableitet, toelc^e urfprüngli(^e (Sr!enntni|
toir notl)tocnbig l^abcn unb toa§ für ©runbfä^e barau§ nott)toenbig in unferer
SSernunft entf|)ringen muffen. S)iefe gjed^tfertigung, für toeld)e f^. ben 5tamen
S)ebuction beibel^ielt, l^at er für aUe formen ber ©inl^eit in unferer erfenntni^
geliefert, ^n jener S)ebuction nun toirb gezeigt, ha^ ber SSernunft bie mat^e=
matifc^e Slnfd^auung , Kategorie unb tranScenbentale ^bee mit gleicher 51ot]§=
toenbigleit gel)ören. ^n ben fd^ematifirten Kategorien ober '^öi^ften 9taturgcfe|en
unb in ben tranScenbentalen ^been befi^t bie menfdCjlid^e SJernunft jtoei gleid^
notl)toenbige ^Principien für bie Sluffaffung ber SBelt. Sene finb bie ^Principien
unferer toiffenfd^aftlid^en (ärfenntnil, bie alfo auf unantaftbar getoiffer 3Safi§
ru^t. Sube^ burc^ ben matl)emati|df)en (Schematismus il^rer 5principien ift il^r
ber e^aratter ber UnöoEeubbarteit unauSlöfd^li^ aufgeprägt. S)er in ber S)e=
buction al§ ha§> ^öd)fte objectiöe ^^rincip ber S^ernunft aufgetoiefene @runbfa^
ber 35oIlenbung aber forbert für ba§ äöefen ber S)inge 35ollenbung unb be§l§alb
für unfere 3luffaffung beffelben Tiegation ber unferem Söiffen an'^aftenben
(&dC)ran!en; l)ier ift ber Urf|)rung ber oberften ober ibealen f^-ormen ber (5t)nt^efi§,
ber tranScenbentalen ^h^m, auf benen bie Ueber^eugung unfcrcS (S5lauben§ ru^t.
Siefer metap:^^fifc6e ober religiöfe (Staube ift jeboi^ tool äu unterfd^eiben öon
bem logifd^en Glauben ; toä^renb biefer eine unfid)ere, ift jener gerabe bie feftefte
Ueberaeugung, toeld^e ber 9!Jlenfd^ befi^t. 3luf bem ©ebiete ber toiffenf(^aftlidt)en
Srie§. 81
SrfenntniB finb bie trnn§cenbentalen Sbeen bon ^tedfit^in gar feiner 3lnti)en=
bung; benn ber 5^atur it}rer ^ßrincipien gemä^ fü^rt un§ jene ftet§ in Otei^en
mit unenbli($em 9tegrcffu§, nie aber jur Totalität ber S3ebingungen, jum 2(6=
jotuten felbft. i^. 'otxiüüx'] alfo au(^ ben regulatibcn ©ebraud), nieteten Äant ben
S^been be§ 2IBfoluten auf bem Gebiete ber tüiffenjc^aftlic^en ©rfenntni^ 3ueifannt
^atte. S)er 6)egenfa^ jtüifdien ber auf ben fi^ematifirtcn Kategorien bcruf)enben
natürlic£)en Slnfic^t unb ber auf ben ^hetn be§ Slbfotuten berut)enben ibealen
2lnfi(i)t ber 3)inge finbet feine ööfung in ber ße^re be§ tran§cenbentalen Sbeali§=
mu§, tuelc^c behauptet, ha% wir mit bem Söiffcn nur bie 6rfcf)einung ber Singe
5u faffen öermögen , ttjä^renb Wir un§ im ©tauben ju bem Wal^ren SBefen ber
Singe er'^eben. Siefe wichtige Se'^re bon ber llnertennbarfeit ber Singe an
\xä), )x)tlä)t 3^. fefter al§ Äant, ni(f)t auf bie fubjectibe S3efd§affen§eit ber matf)e=
matifct)en 2lnf(^auung, fonbern aÜein auf bie objectiöe SSefc^affenfc^aft unferer
h)iffenf(^aftlii^en ©rfenntni^ grünbete, gab i^m bie 9Jtittel, ju einer flaren 35er=
ftönbigung über ben ©treit ber öerfc^iebenen Söeltanfic^ten ^u füt)ren; fie Warb
i!§nt auc^ ber ©tü^punft für bie i^m ganj eigentt)ümli(f)e 2öeltanfcE)auung, toetd^e
er bie religiö§=äft|etif(^e nannte. Ser tran^cenbentale ^beali§mu§ orbnet ben
©tauben bem SBiffen über: in biefem faffen Wir nur bie ßrfc^einung ber äöett
als ein in jeber SSe^ie^ung UnöoHenbbareg; ju bem 33ottenbeten felbft, bem
Ueberfinnti(^en er"^eben wir un§ im ©tauben, ^ier fe'^lt un§ alte pofitiDe S3e=
ftimmung; feine Wiffenfct)afttic§e ©rftärung fann au§ bem ©ebiet unferer [inntic^
eingeleiteten 3öelterfenntni§ ^inüberfü'^ren in ba§ ©ebiet be§ ©lauben§ an bie
überfinntidie 3Belt; eine 2lbleitung be§ Wiffenf(^aftli($ erfannten UnboHenbbaren
au§ bem nur in ber ^bee gefaxten 5ßoEenbeten felbft bleibt ganj unmöglid^.
f^. jeigt nun aber, ba§ neben jenen beiben Slrten ber Ueberjeugung, bem SBiffen
unb bem ©tauben, nod) eine britte im menfcl)lid)en ©eifte lebt, Weli^e nict)t
buTC^ Segriffe, fonbern burct) ba§ ©efü'^l ba§ llnöotlenbbare bem SSoEenbeten
unterorbnet. Siefe 2lrt ber Ueberjeugung ift bie 3l|nung. ©ie lebt in ber
ä[tl§etifd)en Betrachtung ber Söelt. ^n ber Sluffaffung ber formen be§ ©dfiönen
unb be§ ©r'^abenen bejie'^t bie Stauung bermittelft be§ ®efüt}l§ bie erfc^einenbe
äöelt auf bie überfinnliii)e SBa'^rlieit be§ ©laubenS. ^y. fa^t biefe feine 2Belt=
anfd)auung in ben äöorten ^ufammen: 2öir wiffen um ba§ @nblid)e, wir glau=
ben an ba§ ßwige unb wir a^nen ba§ ßwige im (anblicken. — 2luf ber filteren
Saft§ feiner ©t^eculation rul)t x^xk^' pxatti]ä)t 5ß:§ilofop"^ie, bereu Slufgaben il)m
al§ bie wid)tigften unb l^öi^ften galten. 9lu(^ l^ier fc^to^ fid§ ^y. feinem großen
Se^rer an. ©eine Unterfui^ungen unb ^luSfü'^rungen , welt^e fic§ auf oEe 5luf=
gaben ber praftifc£)en $'^ilofo)p^ie erftrecfen, finb gleid^ auSge^eidinet burd) Ätar=
|eit unb'©(f)ärfe be§ ©ebanfenS, Wie burc^ 3lbel unb ,g)o'^eit ber ©efinnung; fie
reiben fit^ würbig bem 33eften an, Wa§ je auf biefem ©ebiete geleiftet warb.
33gl. .^enfe'S 33iograt)^ie bon ^5rie§, in welci)er \iä) aurf) ein bottftänbigeg
SSer3ei(^ni^ bon g^rieS' ©c^riften finbet; ferner 3l|)elt, @pO(^en ber ©efd^itfjte
ber 5JtenfdCj!§eit, II. 33b. ©ggeling.
grtcö: Dr. Karl griebrid^ 6 mit f^., ßel^rer ber Sanbwirtl^fctiaft unb
2lgrifulturcl)emie an ber l)öl§eren ©eWcrbefc^ule 3U Sarmftabt , jugleid^ au§=
gejeidineter Xedinifer im äöiefenbau, f bafelbft ben 8. 5lobbr. 1853. 6r Würbe
am 23. Secbr. 1813 ju SBieSbaben geboren unb natf) bem frü^jeittg erfolgten
Stöbe feine§ 3}ater§, eine§ l^er^ogl. 9le(ä)nung§fammer=9tebifor§, burd) ben fönigl.
preu^ifd)en «Hauptmann Sormann, in bem er einen ©tiefbater er"§altcn, 3unä(^ft
ber militärifctjen Saufba'^n ^ugefül^rt. Dbfc^on er feinem militarifd^en Serufe
mit 2itht pgetl^an unb bereite im 20. Seben§jal^re jum Sicuteuant beförbert
War, fa'^ er fiel) bod^ in Solge eine§ '^artnädfigen 9lierenleiben§ genötl)igt, bie
©trapaäen im ^ilitärbienfte ju meiben unb im ^. 1839 feine Semiffion 3u
SlUgem. faeuifd^e Siogra^j'^ie. VIII. 6
82 3?"e8.
nc'£)nien. S)ut(f) feine 5öcrf)eiratf)ung in ben 5Be[i^ eine§ ßanbgute§ am 9lf|cin
gelangt, njanbte |i(f) fein Snterefje bem lanbtoirt^fdiaitüdien 33ei-ufe au, hoä)
befriebigte i^n bet ©ebanfe, ein be"^agtid)e§ Sanbteben führen ju fönnen, nidit,
et trachtete bulmt'ijx banadfi, fid) für einen größeren 3Bir!ung§frei§ unb für
^ö:§ei-e 3IujgaT6en ju Befähigen. 3n biefer Slbftc^t bejog ^f. fcfjon im ^erfifte
1840 bie lanb= unb foi-fttt)itt^f(^aftlid)e 5lfabemie .g)ot)ent)eim , rvo er fic^ einen
©(i)a^ öon ted^nijc£)en unb tt)if|enfc^aitlid)en Äenntniffen ertoarb, ben er junätiift
3u feiner 3lu§bilbung al§ 2BiefenBauted)nifer unter ber ßeitung be§ gro|l)er3qgt.
babifdien 3Biefenl6au=3nf^ector§ ©c^mibt ju bertnertl^en fuc^te. ©ein lüiffen=
f(^aitliä)e§ Streben fanb jebod) auc^ babei nid)t genügenbe ^^tal^rung, e§ 50g i:^n
nad) e^ie^en, um fii^ f)ier bem ©tubium ber 6^emie unter gfr^rn. b. Siebig'§
gü^rung, fomie anberen naturmiffenf($aftlid)en unb p'^ilofop^ifc^en ©tubien
föibmen ju fönnen. giad)bem i^. tt)ät)renb ber Sa'^re 1845 unb 1846 biefen
©tubien obgelegen unb baBei bie Promotion jum Doctor philosophiae erlangt
:£)atte, trat er al§ erfter ©ecretär unb äöiefenbaute(^nifer in ben Sienft be§
Ianbtüirtt)fd)aftti(^en "■^^roüinäialöereinS öon Ober'^cffen, toomit er eine äöirffamfeit
fortfetjte, bie it)n fd)on mäfirenb feiner ©tubien,5cit in Sieben neben'^er befd^äftigt
l^atte. ©eine 2:f)ätig!eit trar 5unäd)ft auf bie i^ebung ber äöiefenfulturen im
SScreic^c jeneg 3}erein§ gerid)tet, er leitete in melireren .^reifen größere 2öiefen=
meliorationen in SBerbinbung mit Söafferregulirungen , @nt= unb 33etüäfferung§=
anlagen. Unter pm X'^eil fe^r fi^wierigen 2}er'^ältniffen fül)rte er biefe 2ßiefen=
Bauten mit glän^enbem ©rfolge burd) unb betoät^rte fic^ baBei md)t nur al§ ein
auSgejeidmeter %tä)mUx, fonbern auc^ al§ ein fe'^r bielfeitig geBilbeter, um=
fid)tiger unb energifd^er ^Jlann mit eblem uneigcnnü^igem 6^ara!ter. 3luf biefe
aßeife fel)r Balb im ®ro§l)er3ogt:^um A^effen populär geluorben, mürbe er bon
einzelnen Cicmeinben al§ it)r aBolilf^äter berel)rt unb feiten§ be§ ^rot)in,]ial=
öerein§ für feine üerbienftöollen Seiftungen mit ber lanbmirf^fc^aftlidien S5er=
bicnftmebaillc I. ßlaffe Bebad)t. ©ein 9luf ging Balb über bie (Srenjen feine§
2öir!ung§freife§ '^inau§, \ci)x t)ortl)eilVlte 9lnerBietungen mürben il)m bon einer
(SefeEf(^ait reid)er (Brunb= unb ^abrÜbefi^er 33elgien§ entgegengetragen, bod^ ücr=
sichtete er lieber auf bie fic^ i"^m eröffnenbe glänjenbe ©tellung im ^^sribatbienfte
unb 30g c§ bor, einem ^ufe an bie Ijö^txt ©emerbefdiule ju S)armftabt ju folgen,
um bort ba§ i§m angetragene £e^ramt für Sanbmirtftfd)aft unb 9lgri!ulturd)emte
üBerne'^men ju tonnen, ©eit ßnbe 1847 in biefer ©tellung f^ätig, '^atte ^.
balb bie (Senugt"^uung, einen ,ff'rei§ ftrebfamer ipörer um fid) ju fel)en unb mit
erfolg an beren ißele^rung ^u toirfen. 9lu^er biefer ^ICufgaBe mibmete er ]iä}
aud) fortan nod) ber ßeitung bon 3BiefenBauten in l)effifd)en ©emeinben, looäu
er bor^ugsmeife bie 3eit ^e^' ©ommerferien Benu^te; er entfprac^ bamit nur ben
aBünfd)en ber lanbmirtl)fd)aftlid)en SSereine, ben Intentionen ber 33ertoaltung§=
bewürbe unb feinem eigenen S)range jur S5ermenbung feiner f^ä'^igfeiten unb
Gräfte im ^ntereffe ber 2anbe§tultur. daneben mar er me^rfac^ fd^riftftellerifc^
t^ätig; gab im ^. 1849 ein äöer! über äöiefenBau :^erau§, toel(^e§ erft Ux^liä)
mieber in ber bon 3ßrof. £)ün!elberg umgearbeiteten 3lu§gabe eine neue Sluflage
erlebt l)at. ©ein 9)or'^aBen, no(^ ein SSerf üBer ßanbmirt'^fd)aft§le'^re _^erau§=
angeben, BlieB unbottenbet, ba eine 3)erfd)limmerung feinc§ ßciben§ bie 9lu§=
arbeitung ftörte. 5^ac^bem i'^m Bereite im bierten ^a^xi feine§ bielfeitigen
S)ienfte§ in .Reffen bie 5tu§3ei(^nung ju Sl^eil gemorben, bon feinem Sanbeg'^errn
ba§ 9titter!reu3 be§ ^^:^iliB|)§orben§ berliel^en 3U er'^alten, blieb i^m nur noc^
eine turje ^^rift ju mirfen bergönnt, mäl)rcnb meld^er er unberbroffen ben S5e=
tuf§pflid)ten na^ging, Bi§ i|n ber Sob im ©pätja^re 1853 bon feinem Seiben
erlöfte. —
5ßribat= unb amtlid^e 2lcten. Seife tot ^.
StteS. 83
^ricö: Öorena Js- , geB. ju 5]lergentf)eim im ^. 1491, toenbete fid^
unb mit (Sriolg fvüf) bcn "^umaniftijdjen Stubien 3u unb bejucf)te bie ^odfjic^ulen
t)on Seipjig , 2Bicn unb in ber fritifc^en 3eit ^e5 ^Q^re§ 1518 2öittenbevg; in
Scipjig f)Qt er firf) , gtaubwürbiger UeBevtieierung gcmä^ , bie 23ürbe eine§ >)Jia=
gi[tev§ ber U'eien i?ün|"tc erirorBen. ^n feine i^eimat| ^urücfgefel^rt, trat er um
1520 qI§ @e^cimjd)reiber in bie S^ienfte be§ SBürjburger ^-ürftbijdjojs Äonrab III.
öon Sflüngen, ber i^n bereits im 3. 1524 burcE) bie 33erleit)ung eine§
Keinen Öet)engute5 unb ba§ i^a^r barauf burd^ bie Ernennung jum 9tatf)e qu§=
3ei(i)nete. Tiadj 3IUen l^at g. im boüen ^Jta^e bas SBertrauen feines ^errn in
I)o^em Örabe genoffen. 3}ermöge feine§ 5(mte§ ftanb er nict)t nur an ber ©pi^e
bc§ fürftbif{i)öfli(f)en 2trc^ib§ unb ber Gan^Iei , fonbern feine (Stellung ftjar ju^
gteid^ eine l^orf)poIitifd)e, b. f). er tt?ar als ©e^eimfc^reiber aud^ an ber Leitung ber
©taat§gefd)äftc unb ber g'ü^rung ber |)olitifc^cn Gorrefponbenj betf)eitigt. 9IIS
ber {^ürftbifc^of im '^lai 1525 in ^olge bes ^Bauernfriegea fi(| ge^toungen fa^,
feine ütefibenj 3u öertaffen unb bei bem ^piatjgrafen l'ubtoig in ^eibetberg eine
3uftuc£)t5ftätte unb |)ülfe äu fud^en, f)at if)n \y. begleitet unb ift ca. 4 Söoc^en
fpäter mit ben fiegfjaften ^-ürften toieber nad) SBürjburg jurüdgefel^rt. 3tud^
auf ber blutigen &iunbreife , bie ber gürftbifc^or nad) ^^ieberroeryung be§ 2luf=
ftanbc» in Segleitung be§ 9la(^rid)ter§ burd^ fein -ijoc^ftift unternaf)m , tjat fid§
%•. an feiner Seite befunben. ^m ^. 1530 treffen toir g. auf bem 9teidE)5tagc
ju 9(ug§burg, toeiter'^in in einer biplomatifi^en ^Jtiffion in ^^rag unb Söien,
enblid) in einer D.^liffion bei Äaifer ^aii Y. in 3Borm§, wo er münbücf) ben
©tanbpunft feine§ ,^errn gegenüber ber S^itbung einer Siga gegen bie fd)mat=
!a(bifd§en S5unbe§öertDanbten 3u üertreten !^atte (f. 5Ird)ib be§ l^ift. S^ereine für
Unterfranfen 23b. Y. ipeft 3. <B. 73). Siefe SBertraueneftellung fyriefe'§ 'fiat
fid^ im niefenttid£)en unter ben beiben nad)^otgenben ^ürftbifi^öfen, Äonrab lY.
bon iBibra unb 5!)teIdE)ior b. 3oBeI, Bi§ 3u feinem am 5. S^ecbr. 1550 erfolgten
Stöbe fortgefe^t. ©eine ©rabfd^rift rüt)rt bon feinem jüngeren 3eitgenoffen,
^oa<i). 6amerariu§, l^er, mit bem er ma^rfc^einlic^ in ber ßpod^e feiner Uni=
berfität§ftubien irgenbroie in näfjere 3?erü§rung gefommen toar. Sie iBebeutung
fyriefe'g liegt neben feiner ftaat§männifc§en 2:^ätig!eit in feinen Seiftungen al§
2Ird)iüar unb ®efd)id£)tfd)reiber, bie 3engniffe feine§ ari^ioalifdien 2Sirfen§ unb
5Irbciten5 ^abcn fid^ bis auf ben l^eutigen Sag ermatten unb erfüllen mit ftet§
neuer SBen^unberung (bgl. Dr. S. Üiodinger , M. 2. ^yries jum fränfifd^=n)ür3b.
9tec^t5= unb 6eri(^t§ttiefen, 5Jtün($en 1871, unb Dr. 3lug. Sd^äffter, %k ^o'^t
aiegiftratur bc§ M. 2. _5ries, Slrd^iö be§ {)ift. S5er. für Unterfran!cn, 33b. XXIT.
^eft 1, <5. 1 — 189), fie f)aben, tüie bie Sluf^eidinungen, bie in ba§ ©ebiet bee
fränfifd^=n)ür3burgifd^en @ei-idf)t§= unb be§ 5}tün3tt}efen§ foÜen , einen unleugbar
tDiffenfd)aftIid)en Söert^. 3}on ben gefd)id^t[id)en SBerfen 5riefe"§ §aben mir an
biefcr ©teüe ättet l§erbor3u^eben, nämüd) feine @ef(^idE)te ber Sifdf)öfe unb be§
,^ocf)ftifti 2öür3burg , unb feine @efdE)id£)te be§ 25auern!riege5 in Cftfranfen be3.
im >g)0(^flifte 3Bür3burg. £a§ erftere umfangreii^e 2Berf !^at ber ^an3ler Sub=
toig in ben „@efd£)id)tfdE)reiber bon bem Sif(^offt^um 3Öür3burg", im ^. 1713 in
einem freiüdE) mög(id)ft incorrecten 3;ej;te beröffentlid)t; ber „33auernfrieg" wax
bi§ in bie jüngfte 3eit in nur unboUftänbigen 3tu§3ügen befannt, bod^ t)at ber-
f)iftorifdE)e 93crein 3u 2Bür3burg jc^t eine boEftänbige correcte 9(u§gabe beffelben
befd)Ioffen unb finb bie erften Lieferungen berfelbeu bereite erfd^ienen. Sie „C^^ronif"
üerrät^ unberfennbar bie '^o^e lEjumaniftifc^e Sitbung be§ 9.>erfaffer§ , bie fdE)on
angebeutet mürbe; unter feine ^Borbilbern ift in erfter Linie 5lüentin 3U nennen,
beffen freie nationale ©efinnung er tl^eilt, o'^ne fie jeboi^ foIgerid)tig burd^3u=
fül^ren. Sie nai^^ttige ^ietät unb ^Begcifterung ^^riefe's gilt feinem ipodiftüt
unb er'^ö^t ben oTficiöfen 6l)arafter feiner SIrbeit. Ser fritifdtie 2Bertf) ber
84 5^'«^- — S"^?f-
d^ronif tft gering; bon ber 5Jlittc ungejä"^r be§ 13. ^a^r'^unbertä an ftctgt bcr
ftofflit^e, n. a. tüeil ^. mand§e§ jür un§ injmifcfien bertorene ^Raterial benü^t
l^at. 9iic^t ju unteüfdiä^en tft ba§ formale 2}erbienft; g. f)onbf)a'6t namentlich
bie beutfcC)e <Bpxaä)e, für bie er übertjoupt lebhaft füllte, in origineller fräftiger
Sßeife. 2)a§ au§gefüt)rte SBerf reicht bi§ jum ^. 1495; ^f. ^at aber o^ne
3weifet eine ^ortfe^ung beffelben Beabfi(i)tigt , wie bie§ beutlid) au§ einem
ffi^jirten Bi§ 1548 rcidienben ©ntlourie t)eröorgel§t, ber bon feiner eigenen ^anb
gefcf)rieben ift unb im ^rei§arc£)ib ^u äöüxjburg auf6ett)af)rt toirb. 9}on unber=
fennbarer Sebeutung ift bie @(^rift über ben 58auernfrieg im |)0($ftifte Söür^burg,
3U ber i^n ^oad^im 6amerariu§ (f. beffen EpistoU. libri 5 post. p. 306) angeregt
t)at. ©ie ift ftreng urfunbU(f)er actenmä^iger ^Jtatur, ba§ 2öer! eine§ 5]lanne§, ber
ben erjä^Iten S^orgängen '^inlängüdf) nat)e ftanb. ©einer amtlid)en ©teEung unb
feiner conferbatiben ©timmung entf^jred^enb ein grunbfä^li(^er, ja f)arter ©egner
ber SSeföegung, 1)ait i^. im S)urct)fd)nitte mit feiner fubfectiben 2tnfi(^t ^nxM
unb lä^t meift nur bie jt'^atfad^en unb 3Xcten fprec^en. 6tn Zijeil be§ um=
faffenben unb erfc^öpfenben 3Gßerfe§, ber im (Quafi=) Driginatmanufcri|)t felbft
fet)lt, i)at ficf) in neuefter 3ßit ttiiebergefunben, nur getniffe ©u|)|}temente, auf bie
ber 33erfaffer öfterä bern)eift, finb bi§ fe^t berf(^oEen geblieben. Ueber anbere,
3um Stieil nur projectirte, jum 2;t)eil unfid)ere ©diriiten 5riefe'§ bgl. bie ©lijje
bon 6. ^effner unb D. 9teu| : ßorenj i^rieS, ber @efcf)ic^tfc^reiber Oftfran!en§.
(Sine litterar=gefd)ic^tli(^e S)enffc^rift, Söüraburg 1853. äöegele.
gricg, g-ricfc : f. grifuiS.
(^•ricfc: ^o'^anneS f^., ^rimärle'^rer in ©trapurg, ^iftorifer; geb. ju
Äaufbeuren ben 4. ©eptbr. 1741, t ,^u ©trapurg äraifd^en 1810 unb 1820.
©eine „3}atcrlänbif(^e ®efcl)ic^te ber ©tabt ©trapurg unb be§ 6lfaffe§; bon
ben älteften 3eiten bi§ auf ba§ ^af)x 1791", in 5 SSänbcn, erfc^ien bon 1791
bii 1801. — ©eine „|)iftorifcf)en ^erftoürbigtciten be§ @lfaffe§", au§ ben ©ilber=
mann'fdien ©c£)riften gebogen, erfd)ienen 1804 ebenba. — 5iocl) fetjt ift feine @e=
f(^idl)te be§ @lfaffe§, obgteid^ in fditeppenbem ©tile gefc^rieben, ein in ber 33ürger=
f(^aft ©trapurg§ beliebtei äßerf. — (är erflärt fic^ at§ ©egner be§ 5prätor§
ÄtinglinS unb begr^^t mit naibem ©nf^uftaämuS ben 3lu§bru(^ ber franä5fi=
fd)en Stebolution.
©pac^ , ^oberne Äulturbilber au§ bcm ßlfa^, 33b. I. Sap. ßlfäffifc£)c
.^iftorifer. ©päd),
S-ricfc: ßeopolb Stuguft g., ^aler, geb. al§ ©ol)n eine§ ©d)u^macl)er§
am 27. ^onuar 1793 in ^ieu=(5f)renberg , Se^irl ©ci)ludEenau im ^florben bon
33öl)men, t 1842 in ^rag, !am erft nad) längeren ^frrgängen burd) ©c^reiner=,
S)rcd)§ler= unb ©taffirtoerlftätten im 23. SebenSfa^re an bie $rager ^aler=
olabemic, ioo fein 3:;alent fid^ bann um fo rafc^er unb glänjenber enttoicEelte.
SSalb ber l)offnungäbollfte ©d)üler SBergler§, blieb e§ blo§ nod) bem brei ^ai)xe
fpäter eintretenben f^ü^i-'i'^ borbel)alten, x^n 5U überflügeln. SBälirenb il)re§
gemeinfamen ©tubientoegeä fiel) alfo ftetig meffenb unb bortoärtS brängenb, ber=
blieb e§ bodö nad) tt)ie bor beim eblen, Iünftlerifd)en äöettftreite. S)eutli(^e
^Beftätigung ^iefür geben il)re in toeiterer ^olge gemeinfd)a|tti(^ au§gefü'^rten
5lrbeiten. 6iner toie ber anbere genötl)igt , über bie ©c^ulftubien !§inaug ein
UebrigeS gu f^un , für t)inreid)enbe Siedung i"^rer ©jiftenjbebürfniffe, begegneten
fte fid) benn auc^ frieblid)ft auf ber ©ud)e nad) SefteEern bei ^unftl)änblern
unb 35erlegern , tt)eld)e biefem cottegialen 3}orgel)en fofort ba§ 9lid)tige ab3u=
getoinnen tt)upen, nümlid) größere SSilbertoerfc mit ^ut^i'^tung bon 3lufgaben
an ben @inen unb 3lnberen. S)a§ erfte biefer Sßerfe erfd)ien 1819 unter bem
Sitel: „S)a§ ^tieg§toefen ber 9lömer" mit 62 Äupferftid^en in (Sro^folio '^erau§=
^ g^tieje. 85
gegeben bon 3Iug. ^of. 5)titterbac^er ; eiflärt unb georbnet bon Dr. unb 5)3ro=
ieffor Dttenberger, 35er(ag bon '^. 23of)niann'§ @rben in ^vag (bgt. ben ilxi.:
®. S;öblex-). 2;ic|em folgten aU 3tt)eiter 33anb: „Iteue 9l6bi[bungen egt)ptif(i)=
gried)i|(^n-ömij(J)er 9lltevt^ümer; ber ^^^viefletftanb bcr Körner unb i^ve (Se=
bräud)c ; SBilbev bev antifen ®ottf)eiten, Söeifen, .spetben, ©piele, i^e]te" jc. S3e=
beuten bicfe ^.publicationen übev^oulpt ft^on ba§ borragenbfte, xdü% feit bem 9tü(fgangc
ber .^unft in ^rog nac^ bcr ©lanjpcriobe unter 9tubo[pf) II. :^ier tnieber ^u
Sage tarn , \o interejiirt je^t noc^ ganj Befonber§ ba§ bamit conftatirbore erfte
öffentlicf)e Slujtreten bon jtoei ber gcninlften .^ünftter ber ^Jteu^eit ^ö^men§.
©elbftbcrftänbli(^ benü^ten fie gegenftanb§geniä^ ba§ iöüliömateriat ber '2lntifen=
cabinette unb älterer ©ammelroerfe, S)ocf) »o^rten fie bei biefer 23enu^ung
immer noif) fo biet bon i^rer ©elbftänbigfeit, ba^ beibe in boller Eigenart er=
fennbar hjerbcn unb gu beurf^eilen bleiben. 5(bfe|enb f)ier bon ben überrafc^enb
fd)ön componirten brei 23ilbern 5ü^rid)'§ (9tr. 5, 59 u. 60) im erften %tjt\\t,
ftel)t i^ricfe namentlich) mit ben ®arftet(ungcn: „Socii et Auxiliares Romanorum",
„Reges captivi cum familia" unb „Tubicines et citharedi" feinem Ütibaten in
fdClön ausgeprägter Originalität gegenüber, ^aft überroiegenb burc^ ^^ü^IiS^eit
für (Seftaltung antifen ÖebenS berl)ätt er firf) ju i^m im folgenben Jl^eile. .^ier
feffelt unter ben 3ur ©d)au gebracfiten „@öttern" inSbefonbere: ..Ares vel Mars",
gerüftet al§ Sott be§ Krieges bom Dlt)mp nieberfd^roebenb, um fein bereit ftel^en=
be§ ©efpann ju befteigen, bem SSeüona ©ei^el unb ^add fd^mingenb borau§=
ftürmt. £reffli(^ cl)ara!terifirt finb gleic^fatt§ ber maffenfdimiebenbe „Yulcanus'-
unb „Mercurius Nekropompos", geflügelten (5(i)ritte§ bie i^m na(i)^uf(^enben
©eifter ber S3erftorbenen jum 51ac^en ßbaronS geleitenb. Unter ben .^elbenbilbern
ragt mieber ba§ bon „2;iberiu§ @rad§u§" burd) bramatifcl) mirffame Slnorbnung
bor. (Sin meitereS gemeinf(^aftli($ auSgefül^rteg SSilbermerf fü^rt ben 3:itel:
„33ilblt(^e S)arfteHungen ber (Sefcl)i(^te be§ alten SeftamentS", in erfter 9luflage
in 8*^ mit %tii bon 3of. Seberi 1827 bei ^o^. 55a(^mat)er in 5prag erfdiienen.
6ine ätbeite , burc^ äHlber jum neuen Seftament berme^rte Sluflagc mit Sejt
bon 6. ^anl, na(i)l)er 5Bif(^of bon .^öniggrä^, batirt bon 1828. S)ie ^Jlitarbeit
fyriefe'S befd^ränfte fic^ innerl^alb ber SSüctier ^Rofeg auf „Sic ©ünbflutl^", „S)rei
Jünglinge bei 2lbral§am" unb „9luS5ug Sot§ au§ ©oboma", tbäl)renb bie bor=
angel)enben unb nact)folgenben Silber ^^ü'^ric^ angehören; Briefe illuftrirte bafür
au§fd)lie^li(i) ba§ Sud) ber 9li(i)ter, iRut^, ©amuel, ba§ Sud^ ber -Könige,
Tobias, Sfubit^, ©ft'^er, ^ob, S)aniel unb ba§ ber 5)lac^abäer. S^ie borragenbften
S)arftellungen finb ber pfeilfi^nettenbe ^onatl)an, ©alomon'§ Urt^eil unb bie
5[)tutter ber 5]^act)abäer. W(i biefen beiben äßerfen erfdjeint jugleid) bie eigent=
li(^ atabemifc^e ^Periobe beiber abgefdiloffcn. 5Denn bi§ bal^in noc^ im erfenn=
baren engeren ^ufammen^ange mit beftimmten ©c£)ulformeln, gelangten fie offen=
bar erft über ber fortgefe^ten ßoncurren^ in bie il)rer 9tatur ^ufagenbe
t^rreijügigfeit. Gontrottiren tüir aber gelegentlid^ biefe§ einfttociligen W)=
fd)luffe§ bai @ebaf)ren ber merfroürbigen ,^unftbio§furen , bann ergibt fic^ bei=
läufig: f5f- ftcinb bermal ^^ü^rid^ gegenüber, toie ettna ein, in liaftig geiftreid^er
9lebe überfprubelnber ju einem, ber in gemeffen Haren Söortcn fein S)enfen unb
f^ü'^len au§fprid£)t. ^nbe^ ^ü'^rii^ bermöge ber fd^on im Sater^aufe geübten
^unftprajig mit ruhiger ©i(^er'^eit bie gorm be'^errfd)t, 3eigt ber berfpätet an fein
©trebenSjiel gelangte ^. ein anbauernb unfic^ere§ §aften nadl) jufagenber gorm
unb ftreift barüber attp oft an§ Siäarre; teirb nur bort xt6)i geniefibar, mo
er e§ über fidt) getbinnt, ben ©toff frei bon bcr ©ud^t nadl) 9luBerorbenttid^cm,
mit bcr i^m eigenen licbcn§lbürbigen 5^aibctät ju gcftaltcn. — äöol liegen bem
ßalcul borläufig meift nur mittelmäßige ©tid^c ju ©runbe, e§ bebarf ba|er nod§
be§ Siti^'ücE^altenS mit bem legten 2Borte bi§ ju birectcn Emanationen. S)iefe
86 i^nefe.
liegen bann in einer 'Siei^t, e!6enfaܧ concurrent entftanbener ß^ompofitionen 3UI*
(Bffd)i($te 3Sö'^mcn§ bor. S^eranla^t bnrtf) bic funftf^ätige 5)evlag§f)anbtung
öon ^et. 33o^mann'§ @r6en, ^räjentivt biefe§ ül6er 70 33latt, 35 6m. breite,
26 6m. '^otie Sit^ogra|)'^ien umfaffenbe ^ilbeitoevf , mit STej-t bon 3B. ^anfa,
eine %xt öon $antI)eon oHer f)i§ ba^in ber fraget Sltabeniie enttt)ad)|enen
Äünftler unb jtoar ein|d)tie§Ii(^ i^te§ ^ivectotS 58erg[ev. Sluj ben ß^renptä^en
fi^en allerbingg h)ieber 3^. unb gü'^riii); biefem fielen 25, jenem 15 ßompofitionen
3U. S)er etftere geid^nete fic jämmttirf) eigent)änbig auf ©tein; ber (entere jum
größten Z^eiU. Seibc jeigen fic^ un§ fomit unberjälfc^t unb outogra^t)if(^.
S)a§ ©rgebniB be§ gegenfeitigen 5t6n)ägen§ ift beS'^all) au(^ ein t^ütjäc|ti(^ ber=
f(i)iebene§. SBät)renb gü'^ri^ je^t firf)tlic£) ju tämpfen l^atte, bie if)m feif^er
geläufig geworbenen „Biblifc^en" ^^formen ju üBeitoinben unb ^aI6tt)eg§ fid) ber
öon ber 3lu|gal6e bebingten realiftifi^en Slufioffung anzubequemen, ftanb 3^. fcf)on
bei feinem erften 33ilbe „Sct)arfa überliftet ben Stirab" mitten im frifi^eften
9f{eali§mu§. Sißie treff(i(f) anget^an für bie Ueberliftung be§ arglofen (Stirab ift
biefe gcilgeftaltige (5(i)arfa ; toie fo ganj beritabel befoffen jeigen fi(^ beffen 33e=
gleiter, inbe^ .<pt)änen gfeic^ bie „böt)mifii)en ^(majonen" im S)irficf)t lauern,
gewärtig be§ berabrebeten (5ignalc§ jum 5>orbrec£)en unb ^Jiorben ber Ueber=
tifteten. ^Jleifterlic^ ift bcm ©anjen auc^ bie ßanbfifiaft angepaßt. ®eina§e
toäre anjunel^men, «yü'^rid^ fei üon biefer Sciftung feine§ ßommititoncn überraf(f)t,
in eine anbere 9ticf)tung getrieben toorben. 5)enn fc^on in ben anfc^Iie^enbcn,
ebenfalls mit bem fagen'^aften „^Jtäbd^enfriege" öerfnüpften 3ci*^^ungen jeigt
er im 3}ergtei(f)e ju ben borau§get)enben öoKftänbig üerfc^iebene gactur. @e=
tt)id)tiger norf) tou mit bem Uä conctbirten ©d^arfabilbc concurrirt g^. mit ben
in rutjiger ©emeffen'^eit bef)anbe(ten J'^emen: „(Söitil^nen) f)ält am ©tabtt^ore
@ericf)t", „Sie 33e!e^rung ber ^eibnifc^en ^reu^en bur(^ ^;picmt)f( Ctafar I."
unb „(Sinjug ^So^cnng öon ßuj-emburg nad^ ^rag" . ^u^er biefen mact)en \iä)
burcf) lebengbotte, obfdion attju bizarre dt)arafteriftif bemerfbar: „3)ie @nt=
becfung ber Heilquelle Äarlgbab burrf) Äarl IV.", „^tieberlage ber ©aclifen"
unb „SQJenjel im A^oflagcr öor Dfen". — ^n i^-ortfe|ung biefcS getftigen ^ett=
fampfeg tritt 5ül)rid§ in eine neue ^'^afe, in bie be§ 9lnerfennen§ unb 3luf=
nehmen? ber marfigen ©titformen 2)ürer'§, inbe^ i5f. fic^ Weber .^u einer norma=
tiben ©titiftif, nod) 3um reinen ^aturali§mu§ burd^arbeitet, t)ielmel)r attmäl)lidt)
t)ern)ilbert. nnjtt)eifell)aite 5flerfmale fprec^cn par bafür, ha^ auä) ^s jeittoeilig
SJorbilbern nacliging, bornel)mlid^ ben inbiöibuelt sufagenben ©pranger§. ^e=
greifli(i) bcmirtte ber 2lnf(f)lu^ an biefen aber gerabe ba§ ©ntgegengefe^te, anftatt
3um ©tiliften üoUenbete er fiel) nur jum ^knieriften — für wdäjtn e§ feinen
3lu§n)eg me'^r gab, njeber au ben Slaffifern noc^ 3ur 'iRatur. SSotten 3Set)agen§
enblic^ eingelebt in feiner fnitterreiclien, gefc^raubten g-ormbilbung , unterftü|t
babei öon einer ungemein fertig jeicfjnenben .»panb, üerlor fic^ bei i^m je n}eiter
befto grünbli($er aucl) bie Suft am 5Jlalen. ©0 aEem, raa§ (Semälbe l)ic^, feinb,
fc^lie^lic^ umgangfc^eu geroorben, !am g. für ßottegen unb ^^reunbe gänjlid^
au^er ©i(^t, einzig tauclite ba unb bort bei ben Keinen 3}ertegern noc^ irgenb
eine SJignette ober ein 2öallfal)rt§bilbc^en in ber ^enn3eict)nung feiner Lanier
auf. 2)a§ faft Unglaublicl)e n^ar gefcl)e^en, ber geniale ^. toar berfcliollen.
6in Sta^rje'^nt naä) bem 3?efannttt)erben mit feinen ^oc^intereffanten Sgilbern jur
@efd£)idE)te 33öl§men§ erblirfte id) anfällig bei einem ^upferftedjer eine ©nite Heiner
anwerft forgfältig in Sufd^ aufgeführter ßegenbenbilber unb erfannte fogleic^ ^•.
— ben 35ergeffenen — in feiner ganzen, bod^ immer, nod) intereffanten 3!)erirrung
loieber. 5luf meine ^rage, tt)o lebt er, tt)ie fte^t e§ um if)n? UDurbe mir bie
3lu§!unit: er ftarb öor ad^t klagen, o'^ne ba^ Sfcnianb babon inu^te, in größter
iJiot^! ^fteben ber '^^sflid^t be§ ^unftl)iftori!er§ folge idl) auä) no($ einer ^al^nung
grtcien. 87
be§ gretjen [^ül^ric^, bie biejer futa öor jeinem Scheiben an mic^ gelangen üe^,
für ^Tm bfn ieitt)er öerfd^toiegenen unb borum in bev ©egenttart öergeffenen, ben
roof)lDetbienten d^renpla^ in Sln^ptncf) ju ne:^men. ^Kub. Tlniitx.
(^riefen: ö. 5-- ^^^ i^ gadifen anfäffigeS ©eic^Icc^t, bejjen Stammgut jeit
1592 '^ött)a bei ßeipjig ift unb au§ bem öerf{i)iebene ©lieber in jätfififc^en
©taat§= unb ^eg§bienften ju SSebeutung gelangt finb. |) einrieb ü. ^., auf
giöt^a, geb. 1610, 1650 fuTJäc^jifdier ©e^eimerat^, l'eit 2l6r. ö. (5ebottenbori'§
Jobe 1664 ©e^eimrat^Sbirector unb gteic^ jenem eitrig !aif erlief) gefinnt, ftarö
1680 mit «öinterlajjung einer [tattli(i)en 23it)liott)ef unb anberer rcicf)en (5amm=
lungen. 1653 mar er in ben 9teid)§ireil§errnftanb erhoben toorben.
^lat^e.
^riefen: i^uliuS ö einrieb ©raf ö. f^., faiferlic^er f^felbmarfi^all im
jpanifc^en (Jrbfolgehiege, ©ol^n Des 3}origen, foU feine @olbatenlauf6a!§n in ben
Ülieberlanben begonnen l^aben unb toirb fpäter im Xienfte be§ Äurfürften i^o^ann
©eorg III. öon ©ac^fen al§ ^räfibent be§ Ärieg§ratf)i unb get)cimcr yüaü) ge=
nannt. ^m ^. 1690 öertaufc^te er biefe Stellung mit ber eine§ 5elbmarf(i)alt=
2ieutenant§ im faiferlic^en .Pjeere unb tturbe 1702 Tür feine geleifteten 2icnfte
in ben ©rafenftanb erhoben. 5^oc^ im gleichen ^ai)xt erfdlieint fein ^Jlame in
ben Steigen ber öeere§abt^eilung , meld)e ber 53krfgrai öon ^aben befefjtigte.
2ll§ le^tercr im September biefeS ^a^re§ Canbau ben ^ranjofen nad) lang=
toieriger Belagerung entriffcn t)atte, ttiurbe ^y. jum ©ouöerneur biefe§ miditigen
^la^eg ernannt, ipartnäcfig Dert^eibigte er benfelben im Tolgcnben Sa^re gegen
Sallarb : obmol ein ßntfa^öerfud) abgef(^Iagen mar unb ber Befa^ung ber
|)ungertob breite, erjtoang fi($ ^- fd)tieBli^ bo(^ nod) ben 9Ibäug mit allen
friegerifcf)en g^ren. 3"^ ©eneralfelb^eugmeifter ernannt, ftie^ er mieber 3um
§eere be§ 5}lar!grafen öon Saben, unter beffen ^ü^rung er ficf) in ber Sdjlac^t
am S^ettenberge ausjeid^nete unb bei biefer ©elegen^eit auc^ cermunbet tourbe.
3?eim SJormarfdie nad^ Baietn na^^m \^. 9lain am Sec^ nad) furjer S^efc^ießung.
SGßä^renb ber Sd)lad)t öon 6öd)ftäbt ftanb er unter bem ^DUrfgraren ö. 33aben
öor ^ngolftabt. £a na($ bem Siege bei ^öd)ftäbt S3er^anblungen be^ufl llebet=
gäbe ber genannten lyeftung eingeleitet tourben, fo rüdte ba§ ^eer be» 5Jtarf=
grafen ab unb über ben Ot^ein. 'Tiaä) abermaliger ßroberung öon Canbau
tDurbe 5. mieberum ©ouberneur biefe^ 5]ßla^e§. ^m getb^uge 1705 er'^ielt ^5?-
an Stelle be§ erfranften 93^arf grafen ben Cberbefe^l über bie 16000 gjlanu
ftarfc öeerabt^eilung, toelc^e im ^uni gegen 2iier rüdte, um öon ba MaxU
boroug'^ bei feinem beabfid^tigten 2}ormarf(^e über bie 5Jtofet ^u untcrftü^cn.
Dtac^bem im ^uli ber ^Jlarfgraf ben Dberbefe^t toieber übernommen f)atte, nal^m
5. unter bemfelben an bem ge^i^Suge in ber 5t?fal3 unb in§ 6lfa^ gegen 3}iIIar§
^'lieil , bei toeld;er ©elegen'^eit ijm bie Söegna'^me öon £rufent)eim anfiel,
melc^eS fid^ nad) fünftägiger Sefc^ie^ung ergab, ^m barauffolgenben grülijal^r
ftarb 2f. ; in i'^m öerlor ba§ faiferliclie ipeer einen feiner erfat)renften unb t^at=
fräTtigften ©enerale.
Sc^el§, Beiträge jur Ärieg§gefc^id)te II. -I, 1832. ßirtenfelb, £efterr.
gM.=6onö.=Sej., 1852. 9löber ö. S^iersburg , -ßiiegä^ unb Staat&fdiriften
be§ ^atfgrafen S. 2B. ö. Saben, Äarlinil^e 1850. Sanbmann.
S-ricfcit: ^einrid) griebric^ ©raf ö. 5-, be§ 3}origen Sol^n, geb. am
26. 2luguft 1681 in öottanb , nal^m nad) gröBeren Steifen in Jranfreid^ unb
(ängtanb ruffifdie .ßriegSbienfte , in benen er fic^ bei 5}ultan)a unb am ^:t>rut:§
aue^eidinete. Um 1712 trat er al§ Cberft über ein Oiegimcnt Infanterie in
fäc^fifd)e S;ienfte, tourbe 1713 Äammerl^err unb 1715 im pommerf^en fyelbjugc
©encralmajor; bei ber Sefämpfung ber polnifc^en ^nfurrection im S. 1716 üer=
88 Stiegen.
fu'^r er mit ^o übermäßiger ©tretige , baß ber Untoitte ber $oten bcn ^önig
nöf^igte, i^n abzuberufen. 5Da er überbieS fid^ mit bem ^^elbmarftiiatt b. gtem=
ming entätoeite, |o öertaujc^te er auf eine Sftef^e öon ^m'^ren ben i?rieg§bienft mit
bem .^ofbienft, tüurbe 1719 Oberjalfnermeifter unb 1727 Gber!ammert)err mit bem
6!^ara!ter al§ 6abinet§mini[ter, legte aber, nac£)bem er bereite 1731 @eneral ber
Sufanterie getüorben war, 1734 bei feiner Ernennung ^um (Souöerneur öon
S)re§ben jene (E^arge nieber unb er'tiieÜ 1788 nad) ©uI!oto§ft)'§ ©turj ba§
(fommanbo über bie Scibgarbe 3u f^uß. ?ll§ ein bielfeitig gebilbeter 5Jtann unb
geftü^t auf feine gai^ilif^berbinbungen, namentlich auf feine 9}erl§eiratt)ung mit
ber ©räfin Slugufte (Sonftanae öon ßofel, einer natürlichen Soditer 2lugu[t§ be§
©tarlen (feit 1725, f 1728), tDeld)e il)m bie ^errfct)aft ^önigSbrücE jubrac^te,
UJar er eine einflußreid)e '4>erfönlici)feit in ben 3)re§bener ^offreifcn. 6r ftarb
auf einer feiner ©efunb'^eit megen unternommenen fReife noc^ 5}]:ont|3el[ier p
ßette am 8. ®ecbr. 1719. — ©ein ©o'^n, 3luguft ^ einrieb ö. ^:, tarn
huxä) ben @rafen 5Jlori^ bon ©ad^fen nad) g^ranfreid) unb ftarb al§ franzijfifd^er
Marechal de camp ju 6l)amborb am 29. Wäx^ 1755, — ^arl b. f^., 33ruber
be§ (Se]^eimratl^§btrector§ ^einrid) b. 3^., f 1686 al§ furfä(^fifd)er Dberconfiftorial=
präfibent. — S)effen ©ol)n, Otto ^einrid) b. ^., geb. am 19. ?lug. 1654,
mar 1683—87 furfä(^fifd)er 9tei(^§tag§gefanbter in Stegenäburg, bann ©e'^eimer»
rat^ unb feit 1695 i^an^ler, legte 1715 biefeS 3lmt nieber unb t am 20. 2lug.
1717. glatte.
S'ricfcu: f5fi-'ie5)rid) ^., am 27. ©e^jtember 1785 in 5)tagbeburg geboren.
2)er 3)ater, SSaumeifter, ftarb frül§ , unb Q^. mürbe bon ber trefflid)en ^Jiutter,
ber er fid) mit ganjer ©eele anfc^loß, erj^ogen. 33efud)te bie ©d)ule in 5Ragbe=
bürg, bann bie S3auafabemie in 33erUn, 1808 toar er Se'^rer an ber ^lamann'=
fc^en ©d)ule, bie nad) ^eftato33i'§ ©runbfä^en eingerid^tet mar. .Spier beförberte
er namentlid) bie Surntunft, unb erfreute fid^ ber unbegreuäten ßiebe unb S3er=
el^rung feiner ©c£)üler. ÜJtit ^^a'^n, geuue, aber aud^ mit ben S)idt)tern ^ouquö
unb 6!§amiffo befreunbet, ge'^örte er in 23erlin einer g^edjtbobengefeüfdiaft an,
bie au§ Männern aller '^bljeren ©tönbe beftanb , fie toaren burd) ba§ 5Bemußt=
fein belebt, baß bie ^Befreiung be§ S3aterlanbe§ nur erreid£)t toerben fönne, menn
Seib unb ©eele alter Kämpfer glei(^ ftarf fei. f^. mar ein gemanbter 2:urner,
auf bem geclltboben l)at er nie einen i'^m getoad^fenen ©egner gefunben. „®ie
©rjic^ng follte nidt)t mie bi§l)er SBiffer, fonbern 5[)tenfdt)en bilben. S)er boÜe
5Jtenfd£)enbegriff foüte in jebem ßin^elnen fo jur SBal^r'^eit merben, ha'^ enblid^
im ganzen Saterlanbe eine einzige ^J^anneSfeele fd^lüge, feinen O^einben ^u emi=
gem Xro^ unb S5erberben." ^. mar ^itglieb be§ fogenannten 2:ugenbbunbe§,
unb allen geifteSbermanbt, bieten befreunbet, meldt)e bie SSefreiung be§ S3ater=
lanbe§ auf bem 2Bege ber fittlid^en 9tegeneration aller ©täube be§ 3^olff§
erftrebten. ^a'^n unb 3^. ftanben an ber ©pi^e be§ 3^f^Sö^^'^i"^ , ber fidt) in
^Berlin gebilbet l)atte. ^Äl§ ber Slufruf im Februar 1813 erloffen mar, trat ^.
in ba§ fiü^om'fd^e greicorpS, balb nad^ bem Ueberfall bei ^i|en (17. Sunt)
mürbe ^. 2ü^om'§ ^Ibjutant. 5lm 15. Wdx^ 1814 mürben 2 ©dimabronen be§
£ü^om'fct)en 6orp§ bon überlegener ^Dladit bei Ütet^el im S)epartemient ber 3lr=
bennen angegriffen unb jerfprengt. 5-. , ber fein ermübeteg ^ferb am 3ügel
fü'^rte, mürbe bon SSauern unb einzelnen ^flationalgarben gefangen unb erfd^offen.
S)ie Seiche mürbe auf bem Äird^'^ofe bon Saunot) feieiiid) begraben; fie mürbe
1843 nadt) Serlin gebradt)t, unb bort auf bem ^nbalibenüri^l^Dfe an feinem 2;obe§=
tage neben ©dt)arn'^orft beerbigt. 5lrnbt unb ©d^entenborf preifen g. in il^ren patrio=
tifct)en ®ebidt)ten. äaW f^ßt ^on il)m : „6r mar ein aufblül)enber 5Jlann in Sugenb=
fütte unb 3ugenbfd£)öne, an Seib unb ©eele o'^ne ge^l, bott Unfd^ulb unb Söeiölieit,
berebt mie ein ©e!^er, eine ©iegfriebSgeftalt bon großen @aben unb ©naben,
iJtifatb. 89
ben Sfung unb 2ltt gtei($ lieB '^atte, ein Reiftet bc§ Sd^tuerte^ auf .öteb unb
©toB; fuTj, rofd), feft, jetn, gciDaltig unb ni(^t ju etmüben, luenn feine £)anö
crft ba§ 6ifen fa^te — ein ©inner in ber 2utnfunft , bem S)eutf(f)lanb biet
öerbantt. S£)m tcar nicftt befc^ieben in§ freie 93aterlanb .^urücE^ufe'^ren, an bem
feine ©eele l^iclt. Son n)älf(f)cr %Me fiel er bei büftrer 2Binterna(i)t burd^
5[Reu(^elfci)u| in ben Strbennen — il§n ^ätte aucf) im Kampfe feines (Sterblichen
klinge gefaßt, deinem ju Siebe unj) .deinem 3u Seibc — aber mic (Sd^arn=
]§orft unter ben 5(tten, ift i^. öon ber 3^ugenb ber gröpte aller (Gebliebenen."
griebricl) ^y^-iefen , Seben§fiefci)rei6ung nebft 33ilbni^ öon Q. <Bä)\tie,
33erlin, 5- 2;unc£er, 1875. ü. 5Jteerf)eimb.
^ritarb: Xl^üring g-. (^rifart ober f^riücr), tüie er ficE) felbft fct)rie6,
flammte au§ einem achtbaren ^ürgergefdilec^te ber etabt Srugg im 2largau.
(Sein Sßater 9licolau§, erft (Stabtfc^reiber in feiner S5aterftübt, njurbe ,^ur Ueber=
nal)me be§ nämli(f)en Slmtcs 14-46 nacl) 33ern berufen, meld^eS feit 1415 ben
3largau be^errf(f)te. x^üring mu| ^ufolge be§ beim 2obe erreidjten Filters im
3f. 1429 geboren fein. Ueber feine ^ugenbbilbung , bie o'^ne 3^si^ßt bon 2ln=
fang ben 58eruf be§ 3}ater5 in 3lu§fic^t na'^m, finb nur ^^ermut^^ungen mög=
lid§ ; er fdieint auf einer ber italienif(i)en Unioerfitäten Sologna ober 5]3abua fie
öollenbet 3U ^aben. 6r trug ben 2itel eines Doctor juris, al§ er 1469 befi=
nitiö bom 9tatl)e ju SSern jum 51acf)fotger feine! 3}ater§ beftellt rourbe. ^n
ben Satiren, ba bie (Sc^roeij, unb in»befonberc 33evn, in bie 33urgunber!riege
llineingejogen , in ber ^^olitif ber europäifcE)en Wäd)ie eine Jftotte ^u fpielen be=
gann, biente berfelbe feiner ariftofratifc^=re)3ub(i!anif(f)en 9tegierung at§ re(i)t§=
unb fprai^funbigcr SSeiratl). 1474 würbe er nad) 9tom gefanbt, um üom
^apfte bie Üteformirung ber 3U(i)tlofen ^lofterfrauen 3U ^fnterlafen ju erlangen,
unb im nämli(i)en ^a'^re ^tte er ju 51euenburg einer ^riebenSconferenj
mit einer burgunbifc^en @efanbtfd§aft beiäumolinen. (Sdion 1475 reifte er jum
jtDeiten Male nacf) 9lom, um bon ©ij;tu§ lY. eine Slbla^buHe 3u ßunften
be§ foftbaren 5Mnfterbaue§ 3U erttiirien; bie ©enbung l^atte jtDar ni(f)t ben ge=
tDÜnfd^ten Srfolg, bracl)te jeboc^ bem 2;räger berfelben bie Söürbe eine» Soctorl
aucii be§ canonif(i)en 3te(i)t§. 'üaä) bem Siege bei 5Jlurten begleitete er bie
2Ibgeorbneten 3Sern§ natf) f^fi^eiburg jum ^^ebenSfd^luffe mit ©aöotien. £er
aBunfd) Sern§, ba§ 53i§tl)um ©enf mit einem feiner (2(^ü^linge befefet ju felien,
fü'^rte t^n 1483 no(^ einmal naä) 9tom. ^m S. 1496 auf fein 2}erlangen
ber Cbliegen'^eiten be§ ©tabtf(i)reiber§ enthoben, blieb er im Statine unb im
biplomatifd^en Sienfte ber(Stabt; 1497 l)atte er mit ©trapurg einen ^unbe5=
bertrag .abjufdiliefien, unb im folgenben Sa'^re mu^te er eine 53hffion übcr=
nel^men au ^aifer gilarimitian auf ben 9teicf)§tag au {yreiburg im 33rei§gau,
um ben brol)enben ^ineg ber ©ibgenoffen mit bem 9^ei(i)e abautttenben ; unb al§
biefer Ärieg 1499 bennoc^ jum SluebrucE) getommen , toar es mieber 2:octor
Sllüring, ber 3U ^afel jur 2lbfaffung ber fyrieben§artifel mitjutoirfen l)atte.
SBieberum rief il)n 1507 bie Sagfa^ung nad) ©d)aff^aufen, unb bon bort eine
ßinlabung be§ Äaifer§ an ben 9teid^§tag nad^ ßonftan^. ©eine ^enntni^ bei
gied^tS mürbe nii^t minber in 5lnfprud) genommen, al§ 23enx ben langen unb
fd^toierigen ^proceB einleitete gegen bie S)ominitaner, bie ben unter ber 25e3eid£)=
nung be§ Se|erl)anbel§ berüd)tigten Älofterffanbal aufgefülirt l^atten. ^loä)
1508 unb 1511 finben toir i^n im Sluf trage 5ßern§ in gil^einfelben unb in
©olot:§urn, um in ©renjflreitigteiten ju unter^anbeln , nod§ 1516 unb 1517
ttar er 33ertreter ber ©tabt auf eibgenöffifd^ien SLagen. 3m ^. 1512 au§ bem
giat{)e entlaffen, jog er eine 3eit lang natf) 23rugg, tDo er nad^ bem 2:obc feiner
erften ©attin im l)ijc^ften 5llter nod^ eine jtoeite g^e fd)lo§ unb Äinbcr erjeugt
l^aben foü. ßiner feiner ©öl^ne jeicEinete fid§ als eifriger Sln'^änger ber refor=
90 5^ifort — g^timont.
mitten Sef)re au§; eine jetnev %öä)kx toirb al§ bte 5!Jtutter be§ 5JlaIei-§ 9ltco=
taug 5Jlanuet genannt. 5Jiet)r at§ 90 3fa^i-'e alt ftarb er 1519. g. toat einer
ber erften ©tabtfcfireiber, toelc^e in Sern ein jc^rittlid^eS unb öer^ältni^mä^ig
forgidttigeS ^rotocott ber Staf^Sfi^ungen ab^a^ten unb bie oBgejenbeten ^Uliffiöen
jammetten. 75 Sänbe be§ 9tat^§manual§ finb grö|tent^eil§ öon feiner ,^anb
gefc£)rieben , eöenfo 7 beutfd^e unb 4 Iateinild)e 5Jiij[it)enbü(^er. ^lidit toeniger
aU 81 3Ra.l öcrtrat er SSevn auf 3;agfa^ungen. ©ein BleiBenbfteg SSerbienft er=
roarf) er fi(^ burrf) bie „Sefc^reiBung be§ 2tt)ingl^errenftreit§" öon 1470. (Siner
äu^erli(^en, geringfügigen, MrgerHdjen ©treitigfeit tou^te er buri^ treffliche
©d^ilberungcn ber auftretenben 5perfonen unb ber S5orgänge , öorjüglii^ burd^
bie äu^erft leBenbige äißiebergaBe ber im 9{att)e gel^altenen 3^eben unb ®egen=
reben, ein au^erorbentli(f)e§ ^fntereffe unb großen Ütei^ ju bcrleil^en, fo ba^ .^aller
in feiner 23il6liott)e! ber ©(i)mei3ergcfcf)i(i)te biefe ©(^rift „ba§ Befte ©tüd nennt,
fo man über eine !^elöetifd)e iBegeben'^eit lefen fann". (©ebrurft im §elüetifd)en
5}lufeum bon 1735, neu f)erau§gegeben öon ©manuel b. Otobt, S5ern 1837.
(Jine neue fritifc^e SBearBeitung üon ber ©c^lneij. ©efdjic^tSforfc^enben ®efeE=
fi^aft öeranftaltet, ift in j^urjem öoUcnbet.) ^Slöfd).
^•rilart: ^o'^ann Seif ob ^. , Sl^eolog unb t<piftorif er , tnurbe ben 22.
(ni(i)t ben 27.) OctoBer 1769 in 3Dfin9fn (Stargau) geboren, tt)o fein SSater
©(^loffet unb ©tabtrat"^ tnar. 91ac^bem er bon 1775 — 1783 bie ©d)uten feine§
ipeimat^Sorteä befu(J)t ^atte, toibmete er fid) feit bem ^^rül^tinge be§ testeten
;^a'^re§ auf ber Serner Slfabemie ben tT^eotogifd^en ©tubien. 1793 in§ 4^rebigt=
amt eingetreten, mar er ^uerft aU 33icar in oofingen unb an anberen Orten
tt)ätig , befteibete bann bon 1799 — 1809 ba§ ^^^farramt in Oto'^rborf (ßanton
SSern) unb mä^^renb ber testen fec^§ ^a1)xe feine§ bortigen 2lufent^atte§ jugteit^
bie ©tetle eineg ©t^utcommiffärä be§ 2tmte§ 2larmangen, tourbe 1809 ^^farrer
in feiner Saterftabt, 1819 Sicebecon unb 1820 Secan unb btieb bieg bi§ ju
feinem 2;obe, toet(^er am 14. ^üti 1845 erfotgte. Dieben feiner geiftlid^en ©teUe
berfat) er nod) bie berfd)iebenften SSeamtungen. @r tnar ©tabtbibliott)efar,
^itgtieb ber @emeinbe= unb 33ejirf§fd)ulpflege, be§ 5Be3ir!§f(^utratt)e§, be§ can=
tonaten Äird^enrat^e§ ic. — ^y. ift ber namt)afte[te (S'^ronift feiner SSaterftabt.
S5on feinen auf fleißigen, auf ard^ibatifc^en gorfd^ungen berul^enben ©d)riften
finb bie '^auptföd^tii^ften fotgenbe: „6'^roni! ber ©tabt ^ofingen", 2 2;i^te.,
3of. 1811 — 12. — „Tobinium ecclesiasticum, ober ßird)tid)e§ 5temterbu(^ ber
©tabt 3ofiugen", 3of. 1824. — „Tobinium politicum, ober 2öelttic^e§ 2lemter=
bucf) ber ©tabt 3ofingen", ^o']. um 1825. — „Tobinium genealogicum, ober
©tammtafetn ieijiger bürgerlicher ©efc^tec^ter" , 2 S3be., 3of. 1827—28. (Sie
brei legieren ©d^riften famen ot)ne feinen ^amen l^eraug.) ^JZeben anberen bon
i!^m felbft jum 2)rucEe beforgten 3trbeiten tl^eotogifc^en unb * gefdE)ict)ttic^en ^n=
l^atteg erf(f)ienen nad^ feinem Sobe nodC) bie bon 5reunbe§|anb t)erau§gegebencn
„Beiträge jur (Mefd^id^te ber ^ircf)engebräuc^e im ehemaligen 6anton Sern feit
ber 9leformation", 2tarau 1846.
grj. itab. Sronner, S)er ßanton Slargau, ©t. ©aEen u. Sern 1844,
Sb. 2 @. 39. — 91. gieh-ot. 23 (1845), 1140. — 6. g. 2. Sot)ner, ®ie
reformirten ^ird^en unb il^re Sorfte^er im eibgen. f^freiftaate Sern, 3;t)un
1864, ©. 647. — @gb. gr. b. ^Jlütinen, ^robromu§ einer fdimeiäer. .g)iftorio=
grabljie, Sern 1874, ©.24. ©c^umann.
g-rtmont: ^ol^ann 3}loria 5. (SJraf bon ^atota, gürft bon 5lntro =
bocco, öfterreid^ifd)er (Senerat ber ßaballerie. ©eboren p ^Jinftingen in
S)eutf(^totf)ringen ben 3. f^ebruar 1759 trat g. , nadt)bem er feine (Sr^ietiung
unb 3lu§bitbung im ßoltegium ^ont a 5!Jlouffon er^^atten '^atte, 1776 al§ @e=
meiner in ba§ öfterreid)if(^e .g)ufarenregiment ©raf Sßurmfer ein. S)ie erften
grint. 91
5Prol6en jener fattblütigcn Japferfeit , toeldje i^n fpätev fo je^v aug^eidinete,
legte er im baieriic^en ©rbiotgefriege ab, atiancirte jum ^iieutenant, unb tüegen
jeiner im Äamt}ie gegen bie itiirfen fierciefenen Äü^nf)eit 1789 jum 9littmei[ter.
Stn ben öerfcfiiebenen j^ämpjen ber gelbjugijafire 1792—1800 natyn ^. eben=
fall§ in f)erDorragenber SBeiie 2^eit. Sein 5lame toivb in öieten 9leIationen
tobenb genannt, BefonberS tü^mtic^ Bei ^Rann^eim. i^n biefem 3citraume ftieg
er bis jum Dberften unb ßommanbantcn be§ neuerrid)tcten Jägerregimentes ju
^Pferb ^ufjt) unb crtoarb fiii) 1796 bei granfentt)a[ ba§ S^ereiienfreuj. ißiS
jum J. 1799 '^atte 5- ^^ S)euti(ä)Ianb geTO(i)ten, je^t fam er nacf) Jtaüen unb
jeigte fii^ auc^ !^ier a[§ ebenfo tapferer, toie entftfitoifener ©olbat. 'Dtamentüd^
betoä^rte er fid) in ber S(f)lad)t öon ^Jtarengo, in tDdäjex er einen gtänjenbcn
9ieiterangriif auefül^rte. 1801 würbe fy. ©eneralmajor , 1805 fämpjte er in
Italien, feine perfönlicfie 2apferfeit unb fein ru^möoUc» Seifpiet in ber <Bd)laä)i
öon Galbiero finben in be§ (Srj'^erjogS Äart ^Relation über bief.elbe bie ef|ren=
toUfte örtoä^nung. ^m J. 1809 befanb fi(f) ^. , bem tüegen feiner 2Iu§5ei(^=
nung im borigen ^^elbjuge ba§ 9. ^'pufarenregiment öerüe^en, unb ber mitt(er=
toeile 3um i^r^t^niarfc^alltieutenant beförbert trorben tnar, n)ieber in Italien,
.'pier 3ei(i)nete er fid^ namentürf) hnxä) Umfielt unb perfönlidien ^Inti) in ber
^ä)iaä)t bei Montana ^rebba au§ , teofür i^m aud) ba§ 6ommünbeurfreu3 be§
^Jlaria^Jl^erefien^CrbenS öerüe'^en tüurbc. 1812 beteiligte g-. im (5(^ttar,3en=
bergifd^en 2(rmeccorp§ eine GaPalleriebiüifion, mit ber er fici) neue Qjerbienfte
bei ^^obubine unb 6niboma fammelte. 1813 jum Senerat ber GatiaGerie unb
23efef)l§^aber jenee GorpS ernannt , ba§ mit bem baierifc^en Gorpl 2Brebe Der=
eint, ha^ Y. ?lrmeecorp» be§ großen Perbünbeten -öeereS bitbete, mu^te er fi^
namenttic^ Ütu'^m am Siegegtage Pon Srienne p erringen, '^laä) bem erften
5Parifer ^i-'ieben mürbe er öouüerneur tion ^DJIainj, fpäter — 1815 — Dber=
befe]^(§^aber aller in Cberitaüen befinbli(i)en öfteneic^ifc^en Streitfräfte, 6r
fc^Iug juerft ^^urat, brang in ©übiranfreici) ein , befiegte Sutfiet unb naf)m
©renoble mit Sturm, morauf St)on capitutirte. fy. tDurbe nun au($ 6omman=
baut be§ in 5i-"anfi"eid) Perbliebenen ö[terreict)ifc^en DbferPationacorpS. 1819
erfotgte feine Ernennung .^um commanbirenben ©eneral in S5enetien, unb alS
bie neapolitanifc^en Unruf)en au§brarf)en, jene jum Cberbefe^Ie^aber ber jur
Unterbrüciung bcrfetben beftimmten 3Irmee, 1821. Seiner Umft(J)t unb Q:x]df)=
Tung gelang e§, ben Ärieg binnen menigen ^Jlonaten glücfticf) ju beenben. (S)ct
.S'önig Pon Sicitien PertieE) if)m f)iefür ben güi'ftentitet unb eine Dotation Pon
220000 S)ucaten.) 1825 mürbe f?. Gommanbirenber ber beiben Pereinigten
©eneralate Pon 2ombarbo=35enetien, 1831 unterbrüdte er bie in 5Jiobena au§=
gebrod^ene ütebellion unb tcarb auc^ im felben ^af)Xt 5präfibent beS ,'poffrieg§=
rat()e§. Seine burc^ bie l'tnftrengungen be§ Krieges erfd)ütterte ©efunb^eit toar
aber fd£)on 3u fel^r untergraben, at§ ba^ er biefer Stelle auf bie 2)ouer tjätte
txijaiten bleiben fönnen; er ftarb batb nad^ feiner 3lnfunft in Söien ben 26.
©ecembcr 1831.
Cefterr. ^Jlititär^^eitfd^rift, Ja^rg. 1833, III.-Y. 33b.
P. S^anfo.
grillt: S^acob fy., einer ber tierPorragenbften ÜJlänner ber ^ird^e Cefter=
reid^S, mürbe im J. 1766 ju Äamnij in '1torbböf)men geboren. 3Infäng{id^ ben
Sledjtöftubien fi(^ jumenbenb, fa^te er, ba er bereits ba§ 25. ßebenSjafir errcid^t
^atte, ben Gnifd^tu^, fid^ bem geiftlicf)en Staube ju mibmen, unb trat in baS
fürftersbifc^öftic^e Seminar ju SBien ein, empfing im J. 1794 bie pviefterlid^en
2Bei'^en, iDurbe 1801 ^um f. f. -öofcaplan ernannt, 1804 auf ben neuemct)teten
ße!§rftul^I ber SteligionSp^ilofop^^ie an ber pf)iIofop^ifc^en 5'acuttät ber 3Siener
UniPerfität berufen. ']tad^ Pierjdfjriger J^ätigfeit pertaufd£)te er benfetben mit
92 Stijd).
ber ^pjanei be§ Stäbtd^en 2aa, tourbe abtt Bereits 1810 toicber nadj Söhn
jurüdgevuien , um ba§ 3lmt eine§ f. f. ^o']= unb Surg)3fQiTei-§ ^u übernet^men,
ti)el(i)e§ er länger al§ 16 ^al^re inne'^atte. ^n biefer jeiner amttidien ©tettung
ertoirfte er Bei Äaijer S^ran^ I., beffen befonbereS 3}ertrauen er geno^, bie @rün=
bung be§ fogenannten l^öl^eren toeltpriefterlid^en 33ttbung§in[titute§ ^u ©t.
Sluguftin in 2öien, beffen öorne'^mfte SSeftimmung Voax, bitbungSfäl^igen jungen
(Seiftlid^en ©elegen'^eit jur toeiteren toiffenfdiaftlicfien ^ortBilbung unb jur me=
t^obifi^en 35orl6ereitung auf ba§ tlieologifc^e fie'^ranit ju öerfdiaffen. S)iefe§
i^nftitut beftefjt nod) gegenwärtig, unb ift al§ bie eigentlid^e 23ilbung§f(f)ule be§
t^eoIogif(i)en Se'^rftanbeS £)e[terreic£)§ anjufe^cn; für bie öfttic^en unb füblidien
nic^tbeutfdjen fiänber be§ ö[terreid)ifcf)en ,^aiferftaate§ l^at e§ namentlid^ bie 33e=
beutung, bo^ bem jüngeren Sleru§ berfelben feit ^a!^räef)enten bie ^e!annt=
f(f)aft mit ber miffenfc^oftlirfien f^eotogifdien Sitterotur S)eutf(i)Ianb§ bermittelt
toirb» 2jßenn c§ 3. 5B. im einftmoUgen öfterrei(i)ifc^en Italien borfam, ba^
tt)eologifd)e ©d)riften WöijUx'^ unb ^Iee'§ in§ Statienifd)e üBerfep tourbcn, fo
ift bic§ auf 9ted)nung be§ 33ilbung§inftitute§ öon ©t. 9luguftin ju fe^en, in
meldiem bie Ueberfe^er i^re 23e!anntfi^aft mit ben ©d)riften beutfd)er 2:|eotogen
erlangt "Ratten, g. felber wax aU 33urgpfarrer unb gleichzeitiger oberfter ßeiter
be§ Snftitute§ um bie ^ebung be§ tl§eologifc£)en ©tubiumS in Defterreii^ eifrig
bemüht; er rebigirte feit 1813 eine t^eologif(i)e 3eitf>^i-'^ft » toeldje einen
©ammelpunft für bie bamaligen ftrebfameren .$?räfte ber öfterreict)ifcf)en @eift=
lict)feit abgab, unb naä) bem 5lbgange i^^-'i^t'^ öon Söien burdE) feinen 5kd)=
folger im a3urg))farramte ^. $ßle^ meitergefü^rt mürbe. ^. felber mürbe im
Sfänner be§ ^. 1827 öom ^aifer f^ran^ I. pm 33ifcf|of öon ©t. 5]3ölten er=
nannt, unb trat biefe§ fein neueg 9lmt nad^ erlangter pöpftlid)er Seftätigung
nod) im ßaufe bcffelben ;^a^i:e§ an. @r öermaltete baffelbe nur fieben ^a^xe
(t am 11. Dctober 1834), füHte aber biefe menigen Satire burd) ein eifriges,
fegen§reid)e§ SBirfen au§, meld^eS fid) über alle 8h3eige ber bifc^öflidien 5lmt§=
t"§ätigfeit gleid)mä|ig öerbreitcte, unb it)n al§ einen in jeber .g)infid)t au§ge3eid)=
neten 58ifd)of erfdjeinen lie^. ©ein ntd)t alljubebeutenbe§ 3}ermögen l^interlie^
er einer öon i'^m felbft in§ S)afcin gerufenen ?lrbeit§fd)ule für arme 5)täbd)en,
feine anfe'^nlidie Säibliof^ef mie§ er bem SSiSt^um ©t. gölten al§ 25ermäc^tni^
äu. ©eine äa^lreid^en ©(^riften finb grö^tentl)eil§ praftifd)en unb erbaulid^en
Sn'^alteS, unb be!unben neben feinem ©eeleneifer aud) ben praftifi^en unb ge=
meinnü^igen ©inn, ber if)n belebte. 2lt§ bie bebeutenbere feiner fd)riftftet(erifc^en
Seiftungen ift fein „SteligionS'^anbbuc^ für bie gebilbeten ©täube" (3Bien
1809—13, 6 33be.) ju be^eidinen, über toeld)e§ ein bünbigeS Urtl)eil in S)ret)'§
2lpologetif, S3b. I. (2. 3lufl.) ©. 70, niebergelegt ift.
3}gl. 2Bur3bad), 33iograp'^ifd)e§ Seyüon. Söerner.
grifd): ^ol)ann 6^rifto|3l) ^. , geboren in Berlin 1737, t bafelbft
1815, ^iftorienmaler, bilbete fid) anfänglid) unter Sernl^arb 9{obe, fpäter burd)
ßo^iren in ber ©atlerie öon ©anSfouci unb begleitete barauf ben ^arquiS
b'2lrgen§ auf einer Steife in bie ^^roöence. 35on ^ier ging er ju mel^rjälirigem
2lufentl§alt nad^ Oiom, um enblid) über ^ari§ in bie S3aterftabt prüdjufe^ren.
S)ort mürbe er öielfad) mit monumentalen Slrbeiten in ben öerfd)iebenen fönig=
liefen ©d)löffern betraut (5fieue§ 5ßalai§, ©anSfouci, ^faueninfel, SSerliner
©(|lo^) unb mar ein gefud)ter Silbni^maler. 9iad)bem er fd^on öorl)er eine
Heine ^enfion belogen, mürbe er 1793 Hofmaler unb Stector, 1802 SSicebirector
unb 1805 ©irector ber 5lfabemie. D:^ne ba§ Salent ®. ©dl)abom'§ 3U befi^en,
geljörte g. bodl) einer äl)nlid)en fünftlerifd)en ülid^tung an, mie biefer. ©einen
Slnfängen nad§ nod^ ööllig im 9iococo fte^cnb bleibt \f)m in feinen fpäteren
Slrbeiten, in benen ber ©influ^ ber 5lntife unb ba§ ©treben naä) 9laturtoal)r!§eit
tynfc^- 93
untoetfennBar ift, bie (Erinnerung an bie frühere geit, unb ma(f)t jeine 3(rBciten
]o ju c^arafteriftiidjien ^enfmolen ber 3oP^5eit. 2;icfelben ^aben mti)x i)\itoxi-
j(i)en, ah rein fünft(crifc^en 2Bertf). 2)o^me.
(yrifcf): :3o^ann Seon^arb g., (Sd^ulmann, (bpra(i)= unb ^^aturforic^er,
geboren am 19. lllärj 1666 in ©utjbacf) Bei ÜiürnBerg, f in Scrtin am 21.
3[)lär3 1743. ©ein 5)ater toar Licentiatus jur. unb gel)eimer ^ftegiftrator ber
,g)erren Don DlürnBerg, feine 5Jiutter eine Xoä^tex bei @oIbarBeiter§ ^yed)er in
(Strapurg. <Bd)on im öierten !^eteneja^re Befuc^te er bie Soren^cr Schule in
9^üvnberg unb mürbe außerbem Don feinem ©rofeöater, bem Senior bei geift=
lid)cn 53hmfterium5 bafelBft, im @riec^ifci)en unterrichtet. S)ie SSerfe^ung feinei
SJatcri naä) (5(i)naBetmieb unterBrad) ben Schulunterricht; er mu^te ^au5let)rern
übergeben merben. 1680 fam er auf bai (St)mnafium naä) ^Jtürnberg, mo et
feinen Unterhalt burdf) (gingen crmerBen unb auc^ mcitere 5Jlittet für bie Uni=
berfitätiftubten fparen mu^te. 1683 Begann er biefetBen in Sittborf, fe^te fie
1686 in ^ena unb 1688 in Strapurg fort, mo er 3ug[eic^ jungen fran3öfifc^en
©bedeuten Unterricht in ber beutfcf)en Sprad)e ertt)eilte. S;ann unterna^^m er
eine 3teife burc^ Ji-'an^i-'eif^ unb bie Scfjmeii unb Beftanb nac^ feiner 9iüdEfe^r
bie 'Prüfung ate Ganbibat ber 2^eotogie in 9türnBerg. Sie 2Iu§fid^t auf eine fefte
(Stellung a(i '^h-ebiger gab er auf, um feit CctoBer 1691 ein SBanberteben
ju Beginnen, bai er foft ac^t Satire fortfe^te. UeBer SSien fam er nac^ Ungarn,
too er ali ©uBftitut einei ^^^srebigeri in Dleufol^t fo öiel Slmecfitungen erlitt,
baB er ftci) benfelBeu burc^ bie gturfit entjog. Saraut fc^lofe er ficf) in bem
2;ürfenfriege einem faifer(i(i)en öeere all 2^otmetfc^er an unb fe^rte 1693
über 3}enebig nacf) 5türTiBerg jurücf. ^Jiun mibmete er fid) in 53oben^aufen=
CBcrbaii)iBacE) ber 2anbmirt^f(i)aft, tnurbe 1695 ^oiöermalter in 2Iniftein auf
bem 6ict)ife(be unb 1696 in StanfenBurg am «öar^e. Spuret) 3}ermittetung ber
Stiftepröpftin öon CueblinBurg mürbe er ßrjie^^er einei ©rafen üon SrBac^.
2lBer fd^on 1698 unterna!)m er unter großen 5Jtüt)en eine neue Steife üBer ^Jtainj
unb Äöln nad) -öoHanb , Pon mo er über -pamBurg nac^ Serlin fam. Sein
Sanbimann, Siaconui Slftmann an ber 5iicoIaifirc^e , öeranfaBte itjn in 93erlin
einen BleiBenben 2tufentf)alt ju nef)men unb junäd^ft bur^ 5priDatunterrid)t
feinen Unterl^alt 3u fucfien. Spener, beffen Sefanntfi^att er gemacf)t f)atte, ber=
mittelte feine Stnfteßung als SuBrector an bem ^erlinif(^en 6t)mnafium jum
grauen Älofter. S)amit mar für il^n eine BteiBenbe Stätte gemonnen; er Pcr=
|eiratf)ete ficf) nod) 1699 mit Sopl^ie ßlifabet^ S;rumann au§ ^tanfenBurg.
Sin ber Schule rüdte er 1708 in bai (Sonrectorat unb am 2. Slprit 1727 trat
er bai iRectorat an. 1706 mürbe er auf ben 23etricB Pon CeiBni^ in bie 3Ifa=
bemie ber SSiffenfd^aften aufgenommen unb 1731 Sirector ber I)iftoinfc^=pf)iIo=
Iogifcf)en .klaffe berfelBen. "äi^ er am 21. ^JMrj 1743 im 78. ^eBenijal^re
ftarB , ^interlie^ er acf)t .ßinber (füm Sofjne unb brei %öä)ttx). '^a^ toecf)fet=
boüe SeBen l^at auf feine S5itbung toefentlid§ eingemirft. 2)ur($ ben 2{ufent=
l§alt in Perf(|iebenen Sänbern Perf(^affte er fid^ eine genaue ^enntniB ber
neueren Sprai^en, namentlicf) aud) ber bamali fef)r Pernad)Iäffigten ftaoifd^en
(er ^at Seibni^ im ?Ruffifcf)en unterridEjtet) ; mit ben claffifd^en Sprad^en mar er
Pon ^ugenb an Betannt. 2)aneBen Bejeigte er frül^ große Steigung 3U natur=
tt)iffenfcf)aftlidE)en Stubien, in benen if)n feine S3efd^äftigung mit ber Vanbmirtt)=
fd^aTt Be^eftigt Vtte , unb ein großer praftifcf)er Sinn führte i^n auf allerlei
nü^Ii(^e Grfinbungen. @r ift ber ßrfinbcr bei berliner tßlau: ben SeibenBau
(„bai Seibenmerf", mie er fagt) :^at er nid§t Bloi burdf) 9.^or|d)Iäge, fonbern
audt) burd§ praftifd^e Stnleitung unb entfd)iebenen 3}organg geförbert, benn er
legte auf eigene Soften 5}lautBeerp{antagen an unb erhielte einen anfel^nlic^en
©rtrag an Seibe. ^n gleid^em S^ntercffe unterna!§m er jmei naturgefc^id^tlidC)e
94 f^T^il«^-
Äu))|evn)ei-!e. 1720 Begann ev bic „33e|d)i-et!6ung öon allertei ^nfecten in S)eutjc^=
lanb" unb lieB in 13 ^eften 16i§ 1738 bieg beutjc^c ©etüüi-m, ba§ er fetbft md)
bem Seben gejeiiiinct unb jein ©ot)n ge[tod)en fiatte, nacf)tolgen; 300 ^njecten
loaten beutf(^ Benannt unb genau befc^rieben jum erften 9)tate in beutfd)er
©^rac^e; er backte nocf) an ein öterteS .^unbert. 5lu(^ eine ©ammtung ber
meiften beutfdjen SSögel l^atte er jufammengcbrad^t, [ie lebenbig er"£)aUen, um
i!§ve @igcnt^üniliii)!eiten genau 3U beobac£)ten , unb fic bann auSfto^fen I.affen.
9üi§ biefer ©ammtung ift ba§ 2Ber! cntftanben: „SSorftellung ber S3ögel 3)eutf(i)=
Ianb§ unb beiläufig aud) einiger Of«niben; noci) il^ren @igenf(f)aiten 16efd)rieben".
©ein ©o'^n ^erbinanb .^elfreic^ (geb. 1707, t 1758) lieferte bie ^upferftid)e,
tüeld^e fauber coloritt ftjurben. g. führte e§ nur bi§ jum 33efc^Iufje ber bierten
ma\\e, bann übernahm jein jüngjter <Bo^n Suft ßeo^olb (geb. 1714, f 1787),
toeldier ^rebiger in ©rüneberg in ©rf)Ie[ien toar, unter S5ei^ilfe be§ .^aron§
b. 3orn in ©an^ig, bie 23oEenbung, loelc^e 17G3 mit 254 ^uptertafeln unb
307 ^^bbilbungen erjolgte. fyür biefeg äöerf, ba§ erft unfere 3eit feit ^au=
mann übertroffen l)at, lüurbe f^-. 5Jlitglieb ber faiferl. Seo))otbinifd)en 5ltabemie
mit bem ^Jtamen Siegetiug. ©eine tinguiftifd)en ©tubien bel^nten \iä) nad) bem
Umfange feiner ©pract)!enntniffe ^iemlid) weit an§. 5luf bie ftat)if(^en ©|3rad)en
beäier)en fic^ fünf ©d)ulfd)riften au§ ben ^. 1727—36. ©d^on 1712 ttjar ba§
„Xouveau dictionmxire de passagers fran^. allem, et allem, franr." int'eilJjig erfd)ie=
nen, toelc^eg 1733, 1739, 1746, 1771, 1793 wieberljolt ift unb megen ber etl)mologi=
fd)en Erörterungen einen gauj anbercn SCßerf^ nod) lt)at, al§ e§ nad) bem 5litel fi^einen
fönnte. 3)ie 2Jiär!ifd)e gried)ifi^e (BrammatiE !^at er 1737 neu t)erau§gegeben
unb Wot fd)ün an ber ?lu§arbeitung berfelben einen ^erüorragenben Slnt^eil ge=
nommen. Dbfdjon er treu feiner ^nt bie 33eifpiete mcift au§ bem bleuen
Sleftament nat)m, I)at er bod) aud) bie ctaflifd)en ©(^riftfteller tjerangejogen unb
(Srammatüer unb ©d)otiaften 3ur Srflärung be§ 2lttifd)en ©brad)gebraud)§ t)iel=
fad) bemt^t. ,^'öf)n ftcfit fein 3}erbienft um bie beutfd)e ©pra(^e, bie er nac^
©d)itter'§ öerbienftlid)en S3emül)ungen juerft toieber fjiftorifd) burd)forfd)te unb
ett)mologif(^ begrünbete. Sturer mef)reren ©d)ulprogrammen muffen bie
„Supplemcnta ad Schilteri glossarium", meldte in ben Miscellaii. Berolin. ge=
brudt finb, bie neue ?lu§gabe öon 33öbi!er'§ „©runbfä^en ber beutfd)cn ©pradje
in Sieben unb ©(^reiben" (1731) unb befonber§ ba§ „2eutfd)=lateinifd)e 3Börter=
bud)" (jtuei Quartbänbe 1741) 't)ier angefül)rt merben. S)iefe§ äöerf, ba§ (5r=
gebni^ brei^igjä'^rtger 2trbeit, ^u ber i^n, menn ber ©ifer er!altete, ßeibnij
immer mieber aufmunterte, mirb je^t nad) ®rimm'§ 93organge aud) öon ben
(Sermaniften gebü'^renb bead)tet; für bie Iateinifd)e ^"^rafeologie ift e§ aud) be=
od)ten§tt)ertf), obfd)on er bie ?luött)a^l nid)t ftreng trifft unb 3U biel 5Jloberne§
burd) breite Umfc£)reibungen miebergibt. 1727 gab er t)erau§: „Liber symbo-
licus Russorum ober ber größere Äated)i§mu§ ber 9tuffen au§ ber ©Iaöonif(^en
©|)rad)e in§ Xeutfd^e überfe^t", mobei er bie ^Petersburger 2lu§gabc öon 1722
3U ©runbe gelegt unb in ber 3)orrebe pgleic^ eine au§füt)rlid)e @ef(^id)te biefe§
6onfeffion§merf§ geliefert Ijat. ©ein ©(^ulamt l)at er, meil er fid^ einer guten
©efun^eit erfreute, faft bi§ an ba§ (Snbe feine§ ßeben§ ununterbrodC)en tier=
waltet; nur in bem legten 33ierteljat)re mar er öon f(^merer ^ranf^eit l^eim=
gefuc^t. ®en Unterrid)t in ^JUt^ematif, in 5flaturmiffenfd)aften unb in ber
beutfd)en ©pradje l)at er ermeitert; ja er mar einer ber ßrften, meli^er auf bie
Pflege beffelben in ber ©c^ule größere 2lufmer!fam!eit menbete. SJlit befonberer
SSorliebe fott er biblifc^e @eograpl)ie in ber oberften illaffe geleiert ^aben. ©in
fc^öneg ^ilbni§ in einem großen attegorifd^en Oelgemälbe fetne§ ©o'^neS ift in
bem großen ipörfaale be§ grauen .^lofterS, ein guter ÄupferfticE) finbet fi(^
bor bem 3Börtcrbudt)e.
grijc^f)era — ffrifcfjing. 95
Sögt. ^. mpVti, ®a§ SeBen be§ toeit. berühmten gtectorg ^. «. 5.,
Berlin 1744. 4. %. ^^erb. 9libbccf, Oratio ad J. L. F. memoriam secularem
celebrandam, ^^h'ogramm be§ grauen ^tofterS, 1830, S. 17.
e rf ft e i n.
5*rifct)I)Cr3 : Sol^ann 5. öon Sern, 1587—1640. g. tourbe ben 16.
5(pril 1587 in SSern geboren. Dbtool au§ geringer bürgerüd}er gomiüe [tam=
menb, ftteg er rajc^ ju ben 6f)renämtern fetner SSaterftabt, rourbe 'DJlitglieb be§
©ro^cn 9tat^e§ (1614), (Scrid^tsfi^reiber (1617), Sd^ult^ei^ (©ouöerneurj 3U
2:^un (1620—26), ^itgltcb be§ kleinen 9lat^e§ (1628;, S^enner (1629),
unb erl^telt 1636 bie 3tt)cit^ö(f)fte Stelle ber 9tepublif, biejenige bcs Xt\it]ä)=
6efetntei[ter§ ober S^orftetjers ber ©taatSfinan^en; anä) in etbgenöjl'ifd^en @e=
f(f)ä|tcn tt)iirbe er öiettadC) tiertoenbet. ^m ©ontnter 1639 jeboc^ tturbe bie @e=
ne^migung feiner Stec^nung beanftanbet, über Unorbnung in berfelben ÄXage er=
l^oben, eine Unterfuc^ungScontntiffion — au§ perfönlid^en (Segnern — nieber^
gefegt, n^etc^e i^n ber 3}eruntreuung befc^ulbigte. (5r flof) naä) 33iel, bann nac^
Safet, mürbe aber ju ^t'^einfelben, burc^ 2>erntitttung f(f)toebifd)er 3;ru|)pen, am
6. Januar 1640 öer'^aTtet unb na($ 93ern gebrad)t. 3lu§ feiner 3]ert§eibigung
Ia§ man ie|t aucf) nocf) ba§ crimen laesae majestatis f)erau§, unb am 5. Wdx^
1640 tourbe er Oor bem Stat^^aus entf)auptet. äöirflicf) öorf)anbene Unorb=
nungen in ben ®elbgefc£)äiten be§ ©taatce fcf)einen nur ben 3}ortoanb bargeboten
jn ^aben für politifd)e ^Rotiöe, für ben eiferfücfitigen §a| ber fic^ eben aui=
bilbenben enggefd^loffenen @ef(^lec£)ter'^ei-rf(^aft gegen ben e^rgeijigen 6mpor=
fömmling. 5Eer ^roce^ ma(f)te gerabe be§!)alb ein auBerorbentlict)e§ Sturfe^en
unb ba§ 3;obe§urt{)eit fott nur mit einer 5Jie^r!^eit Don jtoei Stimmen au§ge=
fprocfien toorben fein.
S. 9t. getfc^eiin, 2:er ^proceB bes 2;eutfd)fefelmeifter§ S. o- , 18^9,
3üri(^ unb 5ßern. Slöfc^.
gvi|d)nig: ^arl llbrec^t ö. ty. öon Sern 1734 — 1801. ßr toar aU
ein üuger unb getoanbter, jugteii^ berebter unb fenntni^reic^er 5Jlann gefd^ilbert.
(Seit 1764 toar er 5JlitgIieb be» ©ro^en tRat^eS, bann Sctjultl^ei^ 3u 2^un,
unb tourbe in ben kleinen 9tat^ unb ^unt Sefelmeifter ertoä^It. Stts üom ^.
1792 an ba§ 5tuftreten granfreid^S gegen Sern immer bro^enber unb bie Un=
äutjerläffigfeit eine§ 2^eil§ ber Untertf)anen Sern§ unb ber SuitbeSgenoffen
immer offenbarer tourbe, ftanb t}. an ber Spi^e ber jum Dlacfjgeben neigenben
fyrieben§partei , toä^renb ber S(^uIt£)eiB ö. Steiger im Vertrauen auf bie atte
Äraft ben untt3ürbigen 3utnutf)ungen feften Söiberftanb entgegenftelien unb c«
felbft 5um Kriege fommen laffen tooHte. x^. ertoirfte im Wdx^ 1796 bie 3In^
fennung ber fran^öfifdien Üiepublif, toar am 25. Januar 1798 3lbgeorbneter
3um eibgenijffifc^en Sunbe§fd)tour in 2tarau unb l^atte fcf)on am 27. ^ebruar
mit bem !^eranrüctenben General Srüne in ^^etertingen ju unter'^anbetn.
3)ie Unentfd§(offenl^eit Sern? unb ber Sd£)toei3 Permoc^te toeber grneben ju
Ratten, noif) ^rieg 5U führen. 54t§ e§ bereit§ ju fpät toar, am 4. 5)Mrj, tourbe
5. ^räfibent einer proPiforifc^^en 9tegierung , f)atte aber aU folc£)er nur bie
traurige 5>Ptc^t, am 2Iage barauf bem frauäöfifc^en öeere bie S^ore ber öer=
laffenen Saterftabt ju übergeben, 'jtadi'^er 30g er fid) ganj Pon ben Staats^
gefc^ärten jurüd, unb trat erft im ^. 1800 toieber, furj Dor feinem 2;obe, in
ben SoEjiefiungSratlE) ber ^^etpetifcfien ^tepublü.
Siüier, ©efc^ic^te be§ ^-reiftaateg Sern, V. Sanb. ^llallet bu 5)}an,
Sie 3ei"ftörung be§ Sditoeijerbunbel. ^ottinger, ©er Untergang ber (Sibge-
noffenfc^aft, 1844. SIöf($.
^riftöing: Samuel 5., Sc^utf^eife Don Sern, geboren 1638, geftorben
1721. @r ftammte au§ einem in Sern l^oc^angefel^enen ®ef($Ie(^t, fdjon fein
96 grifd^ltn.
gleichnamiger SBater toar ©diuttl^ei^. S)urc^ gro^e Steifen gebilbet, trat er in
iranjöfifdien ®ienft, tüo er \iä), 1658, I6ei ber Belagerung üon 2)ünfir(i)en unb
©raöelingen l^eröortliat unb, bur($ eine ^ine öerfd)üttet, fc^toer öerttpunbet
tourbe. ''Jlaä) 35ern 3urücfgefef)rt, Ujurbe er 1664 in ben @ro|en 9tat^, 1670
3um (S(^uU{)ei|en öon SSurgbort ertoä^It; 1685 trat er in ben .steinen 'Stati)
unb ttjurbe in ber f^olge mit öerfc^iebenen ©ejanbtfd^aiten Betraut. 1700 mar
er -DBerfelb^auptmann eine§ 2;i^eile§ ber eibgenöffifc^en Xrup^en unb 1707 3ln=
fü'^rer ber Serner äum ©c^u|e ber öfterreii^ifdien 2Batbftätte am 9l!^ein, wa§
i{)m 3lu§3ei(^nungen öon ©eiten be§ .^aiferä ßeopolb I. berfifiaffte. ^n bem
1712 unter ben jrfimeijerifc^en ßantonen au§geBro(i)enen 3fieIigion§Eriege mar er
oBerfter ©eneral ber reformirten Slrmee, unb gaB Bei SSiümergen im Slargau,
74 ^üt)xe alt, burc^ ^erföntid)en 5Jlut^ unb fräitige Slnjeuerung feiner 2;ru|}^en
ben 3lu§fd)tag pm gtänjenben unb entjt^eibenben ©iege. ^m ^. 1715 mürbe
er äum ©ii)ult^ei|cn ernannt unb ftanb noc^ Bi§ 1718 an ber ©^i^e ber
9flet)ublif. @r mar f5rreit)crr ju Otümlingen unb ftarB bajelBft am 23. CctoBer
1721.
SiEier, ®ejd)i(^te be§ f5frei[taate§ S3ern. Stöfc^.
S-rifd)liu: S^afoB fj., Sruber be§ 9tifobemu§ ^y. , Poeta et Historicus
Würtembergicus, mie er fetBft fi(^ nennt. (SeBoren am 25. i^uU 1557 ^u 33a=
lingen, feit etma 1576 Bi§ nact) 1612 ©d^ulmeifter, nad^ ber 3tei!^e in minbeftenS
je^n t)erfd)iebenen fdimäBifd^en Stäbten, ein tactlofer ^[Renfd) unb unBebeutenber
S3ielid)reiBer, ben man mot al§ eine neue öevfc^Iec^terte 2lu§gaBe feine§ S3ruber§
Bejeidinen !ann. 6r ^at lateinift^ unb beutf(^ , in ^Profa unb in S5erfen, bie
tüürtemBergifdie 65ejc^i(i)te ober einzelnes barauS Be^anbelt, inbem er mit un=
!ritif(i)em (Sammeleifer ein mi3gtid)ft grofee§ 93latcrial auff^äufte unb alle gaBeln
ioiEfommen t)ie|. @r l^at, loie fein trüber, fürftlid^e ^od^^eiten unb anbere
^offefte Befc^rieBen, (5r l^at öier i?omöbien biefe§ 33ruber§ in§ S)eutfc^e ü&er=
fe^t („Julius redivivus" 1585 V jebenfall§ 1591, „9teBecca" unb „©ufanna" 1589,
„|)ilbegarbi§" 1599) unb ^um Z^txl mit alBernen 3ufä^en öerfe'^en. ^m ^uliuS
Bringt er local^Datriotif(i)e Elemente an, bie er oft Bei ben |)aaren l^erBei^iefit-
SBo tion Kanonen bie 9tebe ift, fü^rt er smeimal bie gro^e „S3raunfd)meigifd^c
5[Re^en" an unb Bemerft Beibe 9)tale am Olanbe, ba^ er fie im DctoBer 1586
felBft gefe'^en unb barin gefeffen '^aBe: toie benn feine Ütanbgloffen überhaupt
ungtauBlic£)e§ leiften. ©in 2:()eaterltüc£ eigener 5)ta(^c, ber „.§an§ üon 2a3ürtem=
Berg" (1609), ift in ©rfinbung unb 3lu§fü^rung tro^ ©^ä^en unb ^offenfiguren,
bie bcm ''JticobemuS aBgcBorgt finb, üBer alle SBegriffe clenb. ©Ijrad^e, 2Ser§
unb Steint finb Bei x^m bur(i)meg äu^etft rot) unb ungeBilbct. 2Im erfreulirf)ften
aeigt er fid) nocf) , mo er für ba§ Slnbenten feine§ S3ruber§ eintritt, mie im
„Nicodemus Frischlinus factus redivivus"" (1599).
SBgl. ^. ^. gjtofer, äöürtemBergifc^e a3iBIiot^e! (1776), ©. 45—47. 52.
55 f., 83, 87 f., 112 f., 120, 121 f., 124 (306); Strauß ^k. g. Bcfon=
ber§ @. 352, 566; ©oebefe ©. 257 (61), 294, 322—324. ^. ^.'^ .g)0^en=
äDÜerfd)e ^oc^äeit (1598) öon 21. »irlinger (1860). ©euerer.
S-ri|^Iin: 9ticobemu§ gv Iateinifc§er S)irf)ter unb 5P'^iIolog. @in fel^r
Begabter unb f el^r unglücEIiciier 5Renfrf) : unglürf(id) burct) ben 31eib feiner
ßoÖegen, burd) bie ©d)toäc£)e feine§ ^^üi-'f^en unb ni(i)t am menigften burd^ fidE)
felBft. 2)ie S3etrad£)tung feine§ £eBen§ füi)rt in aEe @rBärmlidC)!eiten ber ,^lein=
ftaaterei, ber ^leinftäbterei unb ber UniterfitätSjuftänbe be§ 16. Sa'^i-'l§unbert§.
3^rifdE)Iin'§ Q^amitie ftammte au§ S)ieffenl)ofen im Stliurgau. 3)er ©ro^Bater
toanbte \\ä) nad^ SCßürtemBerg, ftanb im .^ofbienfte ^erjog Utricf)§ unb lie^ fid^
äu SSalingen nieber. S)er 25ater (^a!oB 3^., 1522—66), 3um geleierten ©taub
Beftimmt, ben ^laturtoiffenfcEiaiten geneigt, nal^m bod^ ben lanbe§üBli(^en 2öeg
buvd^ ba§ t^eologiji^e Stirt unb routbe Siaconui in 33alingen. ^ter ift •)tico=
beniug Jy. am 22. Scptbr. 1047 geboren, ^ier unb in lübingen erhielt er
ben eijten Unterriifit unb tarn 1560 in bie ,ß(ü[tevicf)u(e p Äönigsbtonn, roo
bev "liiebctlänbcr ^obocue ©tiget fein ^auptle'^rev »urbe unb ifjn in ben beiben
daffifc^en ©piac^en xa]d} fe^r toeit bracCite: er n)iü icf)on ISjdfjtig ben 23. ^4>iatni
ine 6riecE)i|(^e übetfelit l^aben. SBeniger fanb er fid^ 1562 in ber {)öf)eren
Ätofteric^ule ju SebenI)Qufen geiörbert. 2lber fci)on im 5tüf)üng 156o bejog
er bie Uniöerfität Tübingen, auc^ er als 3ögfing bei Stiite, mo bejonberl bie
35otIeiungen öon Sd^cgf über 3triftote(e5'' Crganon, üon ,!pifeler über ßicero unb
S;emDftf)ene», Don ^Jtartin 6rufiu£ (f. biefen 3Sb. IT. (5. 633) über ^liaS,
<Bopijotk^' %<'f)ilotUt, Otfjetorif i^n angeregt ju :^aben fcf)einen. 9l^etorif unb
-^oetif, b. f). ^^ilologie, war i^m bie ^auptfa^e. ^m ^. 1564 S3accalaureu§,
1565 2J^agifter, raurbe er nac^ abgelegter '^probe ber 2e§rfä^igfeit 1568 X^xo=
feffor ber 'X^oetit unb SejcEiidite. ßr Ia§ über 9}irgi( unb über ßaejar , fpöter
au(^ über -öora^ unb ^'ucan, über Salluft unb über SIeiban§ 5Bücf)er öon ben
bier 'DJtonarc^ien ; baneben erflärtc er einige ^ai)xe (ang 6icero"§ ^örieje unb
Dieben im ^^äbagogium , oertrat getegentlii^ einen GoIIegen in ben S5orIe[ungen
über Slftronomie unb leitete bie fonntägti($en SiSputirübungen ber Sacca=
laureen, bie fic^ jaft auf alle ©ebiete be§ SBiffeni erftrecften. 6r toar ein geift=
öoller , lebenbiger , anrcgenber 5et)rer. 3lber er tcar unb blieb — &rtraorbi=
nariui, toie toir l^eute fagen n^ürben ; er fa^ nic^t im Senat, nicf)t im GoIIegium
ber gafultät. ©leic^ nac^ er'^altener 5profeffur Tratte er fic^ ber§eiratt)et, feine
gamiüe Wurf)» rafd): aber feine 33efolbung mar gering. 9lot§, ©tirgeij unb
©elbftgefü^I mußten feine 3lnfprücf)e fteigern.
2;ie Ceic^tigfeit tateinifc^er i^erfiftcation er^öfite i^n über feine ßollegen. 3m
^. 1575 burfte er bie ^ot^^eit bei der^ogi C'ubmig befc^reiben, unb fortan mar er bei
^ofe gerne gefe^en. @r jed^te mit bem gürflen unb bcm 3ibe(. Qx mar fein ^ßebant:
er mar ein Sebemann unb guter ©efeltfc^ofter, mi^ig, unter^altenb, gemanbt, bequem,
gans toie ber unbebeutenbe Säger unb Srinfer, ber bamati äöürtemberg regierte,
i:^n in feiner Umgebung brauc£)en tonnte. 3luc^ burc^ Äomöbien er^ö^te er aHjät)rIic^
ben 6tan3 bei .öofei unb bai 3}ergnügen feinei Jöerrn, beffen gmpfe^tung i^m bafür
beim .^aifer 3ur SSürbe bei gefrönten ^^Noeten unb bei ^fatjgraien üer^alf_(1577).
3tber gelehrte Korporationen f(^toärmen fteti Tür 6teic£)^eit; je me^r
einer über bie 5)litteImäBigfeit :§inauiragt, befto weniger barf er ei äeigen;
man roirb i^n bemüt^igen, mo unb toie man ei fann. fy. mu^te bie
.»pofgunft treuer be^atiten. ^ränfung folgte auf Äränfung. Sctbft ein aui=
toärtiger 9iuf (narf) ©raj ^toöember 1576) trug i^m nur 9?ertröftungen ein; bei
einer balb eintretenbm SSccanj mürbe er übergangen unb öon neuem öertröftet
(ßnbe 1577), ein abermatigei 6efud) abgefd)tagen, bie gntlaffung bod§ öermcigert,
übrigeni fein @ef)ü(t er^ö^t (1579). 5. gab berußlatfc^e ber ftdnen ©tabt Diel=
faltigen ©toff, ten man im afabemifi^en ©enat gegen i^n öermert^cte. ^n ber
%^at, burd)aui fel^lt feinem Seben bie SBürbe. gr ift :^i^ig, übereilt, ge^t, öom
5)toment '^ingeriffen , leici)t 3U weit unb möchte bann jurücfne^men , umbeuten,
an 5}liBDevftänbniB ober 2}erteumbung glauben macfien. 33atb überlebt er ]iä),
balb toirft er fic^ toeg. 9ln ben goUegen räc^t er fic^ burd) böfe Üteben, 3ln=
fpielungen, Epigramme, burc^ rüdfid)tilofe Äritif. 6r brol)t mit_ neuen^!^e]^r--
büc^ern, Goncurrenjbüc^ern, mit einer 9l§etorif, einer gtl^if. 6r läßt bie geinbc
feine 3}era(^tung Tüllen. 3tber fie toiffen ben 9lbel gegen i^n auTäul)efeen; per=
fönlitfie 3miftigfeiten 3toif(^en i^m unb feinen ariftofratifc^en J^neipbrübern_ fom=
men i^ncn ju öülfe; in ben ©ommer 1580 faüt bie i^rifii. Sine fc^on frül^er
ali Einleitung m S^irgifi ^irtcngebic^te gehaltene 5Rebe über ben 35auernftanb,
toeldje 9luifäüe gegen 'bie ©ottlofigfeit , Unmenfc^lic^feit unb 2reulofigfeit bei
"JUIgem. beutjc^e Siogtaü^ie. Till. *
98 iJriftiilin.
9lbel§ unb ber .^ofteute enthielt, tourbe jei^t gebruiit, beJannt, entftettt überfe^t,
unb PiTegte einen ©türm bev (Jutrüftung. S)ie jd^tüäBifc!)c 9litter|(i)ait tü)ebt
fid); ber frän!tfii)e SIbel !lagt; ber Sanbgraj öon Reffen toitb gegen it)n in S3e=
tüegung gefegt; er ift jeine§ SeBen§ niii)t fidfier; ^ud^t öergeblidE) bie <Ba<i)t bor
ben ^aifer ju Bringen; fott ftillf i^roeigen , klagen, (Segenfd)riften , .^an§Qrre[t
ru^ig über |i(f) erge^^en loffen; ber afabemifdCie ©enat t)at ben 2;riumpl), i^m
feine ©ünben üorju'fiatten, ii)n gleic^fam nur au§ @nabe nod) ierner ju butben;
unb ba§ 3}ert)äUniB jum -'perjog i[t erfd^üttert, fiiion 1581 unterMeibt bie ge«
n)ot)nte t!^eatra(ifd)e 5lut|ü^rung.
@§ toax natürliiJ), ha^ 5- unter foltfien Umftänben fic^ entfc^lo^, im ^uni 1582
einen Stuf naä) .^aibo^ an^unetimen, bie ^^.'vofeffur aufzugeben unb ©c^ulmeifler p
toerben. @r '^at auct) in Saibad) feine SSerufgpflid^t ausgezeichnet erfüttt. £eiber
l)ieU er e§, bie e§ fc£)eint burd) ©(^utb feiner ^^rau, nur jtoei ^a'^re lang in ber
Q^rembe au§, teo i'^m fo mot)! fein fonnte. Unb eine lateinifd^e ©rammatif, ju ber
i^n feine Set^rf^iätigfeit beranla^te, würbe ber @runb einer neuen enblofen ^et)be.
®ie Sübinger f^afuUät toar gegen ben 9tüdfe£)renben f|)röber al§ je, fie t)er=
iDeigertc i^m fogar ba§ afabemifdie ^Bürgerrecht. 3)er iperjog t)atte fid) ftet§ perfün=
lid) gutmüt£)ig unb n)oI)ltt)ottenb gezeigt, aber niemals burc^gcgriffen, dreimal
(1574, 78, 85) t)at er fid) üergebtid^ bei ber ^Jatultät für ^5. tiermenbet unb beren
3Biberfet^(id)!eit "Eingenommen. 6r Wollte um jeben ^^rei§ 9lu^e unb ^-rieben "^aben ;
feine ganje SBeiStieit beftanb barin, beni f^. „ba§ 5)laut zu öerbinben"; brad^ biefer
bog auferlegte ©d)n)eigen, fo War er freilid) lieber nac^fii^ttg. ^e^t aber grub
man au§ bem ©c^mul^e be§ Tübinger ©tabtflatfc£)e§ eine üor fieben 3ia^ren
paffirte @5cfd)icl)tc au§ unb berftagte ben ^^oeten Wegen (ä^^ebrudiS. S)er ^er^og
War in fold)en 2)ingen feljr ftreng, r^. benaljm fic^ tf)örid)t unb berfdlierzte nun
befinitiö bie @unft feines .gjerrn.
9lm 23. 5lprit 1587 ging er in bie 93erbannung. S)er coUegiale <^a^ folgte
i'^m überaH{)in. 5ll§ .^auptgcgner erfd)eint immer, je^t Wie früher, ^IRartin ßrufiuS,
fein eljemaliger ßel^rer, ein läd)erlid)er aber geriebener alter ^afultätS^clb , ber
il)n als unbanfbarcn ©d)üler branbmarfte unb mit allen Mitteln offenen unb
"^cimlidien Ji-'berfriegeS eine unermüblid^e 35erfotgung gegen iljn inS Söerf fc^e.
©ein fcl)limmfter ^-einb aber war er felbft, ber fid) nirgenbS in bie 3}er^ältniffe
fd)iden fonnte. '■JiadC) einem ^öerfuc^ in ^rag beim ^aifer, nad) ^4?riöatüorlefungen
in SBittenberg, erlangte er eine ©cf)ulftelle in SSraunfd)Weig (''IRärz 1588). yiber
Suft, Söaffer, S5ier waren i'Em zuwiber unb burd) ein tactlofeS ^^^aSquitt machte
er fid) unmöglich (>!perbft 1589). hierauf neue 3Banberungen , neue SSerfud^e,
Hoffnungen, ^^läne, Xäufd)ungen, enblidC) bie ,$iataftrü|)l,e.
Smmerfort l)atte man fid^ in Stuttgart mit g. zu befd)äfttgen ; Wieber=
^olt trat bie ^tnfic^t auf, man möge i^^n „Wieberum ^ux ^anb bringen
unb bernm^en berwa'^ren, ba^ männiglid) feineS ßalumnirenS fidt)er unb
überl)abcn Wäre", gin unglaublidl) tl)örid)teS ©d)reiben gegen bie Eerzog=
lid^en ytätl)e, boll tnaben^aft übermütljigcr 35eleibigungen, erl)ob biefe 3ln=
ftd§t zum 33efd£)lu^. g-. würbe am 24. ^Mrz 1590 zu ^ainz, mit @ene!Emi=
gung beS J^urfürften , üer^^aftet unb auf ^ol^enuradf) eingeferfert. "^lan f(|ien
bie i5^[tung wefentlic^ als eine moralifdt)e 33efferungSanftalt zu betrad^ten. £ier
^Wed beS eingefc^lagenen S^erfa'^renS war : it)n mürbe unb bemüf^ig zu madf)en,
il)m ein ©tad)et^lSbanb anzulegen unb i^n fo lange baran zu ^txxen, bis er zu
ben S'üBeu oller berer winfelte, bie f^m je im Seben übleS getrau.
S)ie 3lbfid£)t Würbe bod^ ni(^t ganz erreii^t. ^. fü'^lte fid§ mo^loS unglüd=
Iid§; er entbel)rte aUeS, woS er zum Seben brauchte: oud) l^ot er fid^ tief ge=
beugt: ober eS blieb i^m eine proteftirenbe 3lber, bie zuweilen oufbrad^. Sauge
Würbe er nid)t mübe, zu fuppliciren: zulegt ri^ ber ^^oben ber Hoffnung unb
@ebu(b. S3et einem <5"tuc^töerfud)e biacf) er ba§ ©enicf in bcr 9Uc^t üom 29.
auf hm 30. ^Jlotbr. 1590 (alten Stils).
gviidytin'ö alte 'DJtutter f)at ben 3iammer bis julc^t angefc^en. «Seine
g^rau, eine geb. 53renj, bie iljm 16 ^inber geboren t)atte, niotion i^n fe(^§
überlebten, Ijeirat^cte no(^ jtoei Sa^^'^n einen alten Jpanbroerfer; jie tüar ein
|el)r geiDöl)nlicf|Cö äüeib unb jür ben ^einblütigen Si(^ter nie ein i^alt.
5-riic^lin'§ '^porträt jeigt einen mäcl)tigcn Äop? üoU ftnnlicf)er Üraft. ^an
fann ficf) ben Wann fefjr tool benfcn, tt)ic er beim 2runfe fi^t unb auj ben %i\äj
f(J)ldgt unb laut perorirt, i^ippen unb ^liii ^u |pötti|c^em ^Xuebrucfe leidfit bereit.
9ln jeinem ©roBöater unb 33atcr rüfjmt er bie 6abe treifenben 2öi^e§. 2)iefer SBi^
ift jein unjeligcs @rbtt)iil geworben. 6s War fein <3ui'^tt, ba^ er mit Satiren
bebütirte, baß er ben ^^erfiuö commentirte , ba^ er bea -2tri[top^ane§ in§ Öatei=
niicl)e überlebte, ba^ er ül§ Äomöbienbidjter glänzte, ba^ feine befte Äomöbie
eine öon nationalem Selbftgeiüfil getragene Satire gegen ^ranjofen unb ^ftatienei-'
toar, ba^ er in ber 2}erl)ö^nung jeiner @egner l)öc^[t örgö^lic^eS leiftete, ba^
jein 2d[termaul , ha^ er ni(^t f)alten fonnte, i^n ins SJerberben [türmte, ba| er
aber aud) jenem ariftop^anijctjcn 3i'itaiter Seutjdilanbs ein l^oc^angefef)ener 6laj=
fifer mürbe unb noc^ lange bajür galt.
3luc^ un§ crjc^eint jene befte ^omöbie, ber „Julius Caesar reclivivus"
l,begonncn 1572, mieberaujgenommen 1580, PoUenbet 1584), al§ haS) genie^=
barftc jeiner Sßerfe, jugleii^ burdj bie ^iftorifi^e Stellung, bie e§ einnimmt,
als ba§ bebeutfamfte. @iieriucf)t unb patriotische '^polemif gegen bie romauiicf)en
5cationen gel)ört ,^u ben ^nPentarftücEen bcs beutjd^en .»pumanismus feit 2Bimpfeling;
5. aber l^at ben glürflic^en (Siniall, burcf) meldten bie Sarf)e ben präguanteften
3(u6brucE erl)ält unb beffen 'Itaclimirfungen bi§ in bie Sitteratur bes Porigen
unb biefes ^alir^unberts 3U Perjolgen finb.
Surcfi 'ÖJtercuriuS ben SeelenTüf)rer merben Gäfar unb dicero au§ ber Untertoelt
nai^ S;euti(^lanb Perfekt, fie f)aben bereite einen längeren äÖeg gemadit unb Per=
jc^iebene Stäbte gejelien, unter benen fie Strasburg, ?lug§burg unb Tiürnberg
mit befonberem Sobe bebenfen. ,3e^t fommen fie na(^ Sd)n}aben. (Sin -perjog
r^crmann Pertritt bie beutfd)e ^riegstüditigfeit unb fe^t fie in 5}ertt)unberung
burrf) feine :}tüftung, in ben äu^erften Scl)recfen burcl) ^Ibfeuerung einer gl^inte:
fie f)alten iljn für Jupiter unb erfal)ren ,jU i§rem Staunen, bo^ bie S)eutfi^en
ba§ ^^ulPcr crfunben. Ser SSertreter beutfc^er ©eifteebilbung ift ber ^^oet 6oba=
nus C")effu§, burc^ beffen ^]la§fe man g- fe^^ft erblicft, ber in feiner "iloti) ju
bem .^aifer (Gäfar) al§ Sc^irml)errn burii)bringen mill: bie beutfd)e j?aiferl^err=
lidlifeit. unb mie ber beutfcl)e ßäfar fic^ ju bem alten Julius Pcrf)ält, muB biefem
erft flar gema(^t rcerben. S)em Gicero imponirt Gobanue buri^ lateinifdEie
S3erfe, ^^apier unb ^uc^brucferfunft, meldte ber Seutfc^e 5auftu§ erfunben ^abe.
Jpermann füf)rt ben (Säfar in ein ^eug'^aug , ©obanu» ben Gicero in eine
Srurferei, roo er im fylugc alit mögti(^en neulatcinifc^en ScfiriTtfteller bcutfcl)er
Station fennen lernt unb i^nen ha^ glän^enbfte ^fugni^ ausftellt. 6in faüop=
ifd)er Krämer unb ein italienifi^er Kaminfeger fpielen baneben al§ 9teprüfen=
tanten ber romanifc^en ^Rationen eine fel^r traurige ^iotte: ber erftere ift ein
^Betrüger, feig, lügnerifd) , ein ^Jläbc^eniäger; ber le^tere ift ^auptfäd^lic^ burd^
feine "llhitterfprad^e, bie als üerberbtes 'Latein erfc^eint, unb burc^ feine niebrige
^^efc^äftigung gefdliänbet. 5)ie plumpe '^sra^levci, meldte barin liegt, S^eutfdE)lanb
in aller feiner ^^H-ai^t auftreten ^u laffen unb bie 9tomanen fo in ben Schatten
p ftellen, mar ganj im @efd}marfe ber 3eit,; ^y. felbft ^at \i^ mit feinem @e=
miffen burc^ ein Sompliment be§ Gobanu» an einige italienifd)e Sele^rte ab=
gcfunben. Gäfar unb Gicero treten nur in ben brei erften steten auf, unb bie
@efpräd)e, bie fie füljren, entl)atten Piele profaifd)=bibaftifd)en Elemente jur 35e=
7*
100 5nicf)titi.
le'^ning bc§ ^uBlicumS ülbcr QBotjnfiije unb ©itten bei- alten 5)eutfc^en unb
i'^rer 5tacl)16ai-t)ölfei-; aucf) 5pult)er= unb ^sa^jieiinBvicatton, fortjie bog ttjpogva^^fjijdic
SBerfatjren ipevben ausfü^rlicl^ bcfd)i-iel6cn. ^m btertcn 3Icte toiE ^pcrjog S^ex-
mann ben tüelfd)en .Krämer fieftrajen lajfen, inbem er gegen ben entneröenben
Sujug bonnert, a"6ev er mu^ bem ^evcuriug augefte'^en , ba^ bie ©ntncröung
öom ©(i)temmen unb ©aujen fomme. ^m fünften 5lcte erfdtieint ^^sluto auf
ber Dbertoelt, um fid) bie Beiben 9iömer jurürf^utioten unb trifft mit bem
ftaminfeger sufammcn, ben er für feinen 23rubfr '^ält, ber aber ni(i)t§ öon it)m
miffen Wxti. 3ludt) ^ier tritt 5Jtercuriu§ Beruljigenb ein unb bcrfid)ert, er tjabe
bie ®efudt)ten Bereite an it)ren Drt Beförbert.
S)ie ©djföäctien be§ bramotifctien 3lufBaue§ öerBergcn fid^ fdion Bei bicfer furjen
5(nalt)fe nid)t. 25on 6^ara!teriftif lann nur Bei ben !omifd)en f^^iguren bie 9Jebc
fein ; bie 2Bat)rfd)einIicf)feit loirb oft gröBlid) berieft ; aud) in ber ^'unft ba§ (^Jefpräd)
5U füt)ren unb baS^ntereffe ^u fteigern, (ä^t g-. öieleS ju lüünfdien: ber 5Dialog ift
oft 3er"t)adt unb toirb burd) ba§ ftetienbe 9Jlittel fnr^er, unterBredienber, Uugebulb
erregcnber, jum %f)cxi fct)r üBerflüffiger f^ragen üBer bie 2öir!lid)feit ^inau§ IcBliaft
gemad)t; anc^ ein anbere§ BelieBteS .i?unftmittel , ba§ im 3(nfang ber ©cenen
bie f)anbc(nben ^erfonen einanber ni(^t fel)en unb fid) bann üBerrafdjt erfennen,
tt)irb Bi§ 3um UeBerbru^ geBraud)t. @§ giBt S)id)ter ueBcn f^., tt3eld)e itjn an
bramatifd)er Siedini! üBertrcffen; aBer er ^at gute ®eban!en, glüdli($e @rfin=
bungen, entfd)iebene§ fomifd)e§ 31alent; unb fein ^^^uBlicum tjidt fid) ot)ne
3tt)eifel an ben ©toff , e§ tnar not^ gröBere ^oft geiuotint unb bamit jufrieben.
äJon fämmtlid)en 12 Befanntcn unb fertig gettiorbcnen®rameni^rifd}Iin'§ fül^rcn
7 f^rauennamen im Sitel; 3 l^omöbien, bie fid} fur^ l)inter einanber (1577 u.
1579) folgen, fjaBeu ungered)te 3ln!lagen gegen ^-rauen ober ^^rauentreue jum
©egenftaube : aBer nirgenbS gelingt e§ bem 5£)id)ter, bie ^elbinnen intereffant ju
mad)en, intereffant finb in ber bieget nur bie yteBenfiguren, an benen fid) feine
!omifd)e ilraft Bemäljrt. ^n ber „ÜteBecca" (aufgefül)rt am 1. Januar 1576,
fed)S Mal in§ Seutfdie üBerfet^t) 3eid)net fi(^ ber mitbe ^äger ;3§mael au§, ber
mit 3^lud)en unb ©d)elten bie 5ßü§ne Betritt, bie S^aucin fd)inbet, gro^e ©elage
übi)ä.it unb feinen Später fd^mä^t. S)iefcm 3lBBilbe ber rol)eften ^unfer finb ein
gleidjgearteter S)iener unb ein auff(^neiberif(^er ©c^maro^er, Figuren be§ römi=
fd)en !L'uftf|)iel§ , Beigefettt: alte ol)ne inneren 3ufammenl)ang mit ber öau|3t=
Iiaublung be§ ©tüdc§, ber 2BerBung§fal)rt bon 5lBra!^am§ i?ned)t ©leagar nad)
ber fd^önen üieBecca. @in öerloreneS Sirama, „S)er Söeingärtner" (eBenfaltS au§
bem ^. 1576), fd)ilberte bie J?lagen be§ ßanbbolfe§ üBer fein ^i^gefc^id; anä)
barin gaB c§ ©prad^mengung unb anbere ^omü. ^n ber „©ufanna" (1577)
rid)tet fid) bie eingcfloc^tene ©atire gegen 5lbt)ocaten unb 3Sirtl)e. S)er „Pris-
ciamis vapulans" (1578) ift ganj unb gar ©atire unb fd)ilbert bie Qualen,
tt)eld)e ber römifct)e (Srammatüer Bei bem fdt)lcd)ten mittelaltertid£)en Satein em=
:t3finbet, in bem bcrBen ©tite frül)erer bramatifirter ©^jottfd^riften be§ 16. ^af)x=
i)unbert§, toie ber gel)oBelte @d u. ä. ^n ber „Hilclegardis magna" (1579)
finben tüir eine ß)enot)efen=artige ©age luftft)ielmä^ig aBgefd)tt)äd£)t; ber 2Büft=
ling SalanbuS, ber bem ®olo entfpridfit unb buri| ba§ l)ödt)[t unbramatifd)e
SBunber |)lö^lid)er SrBlinbung Bcftraft toirb, ^at ueBen fid^ einen fd)meidt)lerifd^en,
!u:pplerifd)cn ^parafiten, ber '^aufentteiS Söortfpiele öon fid} gibt. S)ie „fyrau
Söenbelgarb" (gleid)faE§ 1579) aeigt un§ ba§ g^otib be§ tobtgegtauBten, aBer
rüdfe'^renben ®emal)l§ audf) in aBgefc^h:)äd)ter i^orm: fie ift nid^t ettoa berfuc^t,
bou neuem ju l)eirat^en , fonbern leBt im .^lofter unb üBt SBerle ber SSorm=
l^eräigfcit; ber ^Tcann tritt it)r 3uerft al§ SSettler entgegen, unb bie ßanbftreidt)er
geBen ben ©toff ber ©atire. ^a§ „Phasma" (1580) ift bann toieber rein fati»
rifd^c ßomöbie; e§ at"§met bie äu^erfte ^ntolerana bom ©tanb^junlt ber tt)ürtem=-
^xx\d)im. 101
Bergifdieti Drtl^oboric: Sut()ev unb ^örenj finb bie gelben; 3™in9^i» Äavtftabt,
<Sc£)tDencfic(b uub ba§ gan^e tribentinifctie 6onci( roerben üom Xeuid gefjoÜ.
5IUe bieje ©türfe, öon ber ©ufaiina Bi§ jum ''^^f)a§nia, irutbcn öoi* bcm Stiitt=
gattet .Ooi in ben 3af)i-'en 1576 — 80 aufgeiüTjrt , unb biejclbe G^re wibci'iufjr
nocf) bem »Julius redivivus" im ^. 1585. dagegen finb bie Jragübien „Sibo"
(1581) unb „5}enu5" (1584) teine 8cf)ul[türfe of)ne ietbftänbigcn 235evtt), Uo^t
Simmatififungen bt-§ 4. unb 1. Su($e§ ber ^eueibe. (iJanj ebenfo giünben [id^
bie ju 23rauni(i)tt3eig Oevfa^ten „Helvetiogermani" (1588) auf baö erfte 23uc^
üon (>'äiavy gailijiiieni i^rieg ; bod^ ift bie 2rocfen^eit beä '^i[torij(^en ^eric^teg
unterBrorfjen burii) unflätige 'Scenen, inorin ber fyeigling J^vafymac^uö unb bie
(Suefiin Thusnelda uierctiix au§iüf)rüc^e 33efenutnifie über if)r Öaftertebeu ab^
legen uub balb auc^ fianbgreifticEie ^^roben baöon liejern. 5Jtan ^at beutlic^
ba§ (Befugt gejunfener bic^terifc^er unb fittli(i)er ^rajt.
g. öerjic^tete auf ben Ütu^m eines Sic^tere in ber ^]]tutterfprad}e. S)er 2Bein=
gärtner, ^y^-au äBenbelgarb, ein Verlorener (Sraj bon (Bleichen, finb 3lu§nat)men.
5(6er in feinem legten ÖebenSjofire, auf ber ^eftung, entftanben noc^ beutfcfie Sramen.
S)er früf)er gefaxte '^tan einc§ „Terentius cliristianus^", ben gleid^jeitig ber .'öo(=
länber Scl)onäu§ ausführte, trat U)ieber I^eroor. S)a§ ©cenarium ju brei ^omöbien
tion i^ofep^ in 3(egt)pten (entfprec^enb bem Eunuchns. ben Adelphi, bem Heauton-
timorumenos) rourbc entroorfen; eine '^uÜ) (entfpreciienb ber <§ecl)ra) unb eine
^o(^3eit äu Äana öollenbet. ^m ^ofep^ fottte Satire ober $offe nur ganj
mä^ig borfommen; in ber Slutf) gaben bie ©c^nitter, in ber .f)ocf)3eit ju Äana
ha^ j?ürf)en= unb i?eIIerperfonaI baju 5lnla§.
£rei gro^e Xenbenjen be§ 16. Sa't)rt)unbert§ finb: ba§ rid)tige öatein, ber
ri^tige ©taube, bie (S^re be§ SSatertanbes. S)iefe brei2enben3en t)at ^y. fi)mbotifc^
öerl^errli(f)t im ^$ri§cian, im ':|.vf)a§ma, im 3uliu§ : im ^rigcian luirb ^l1teIan(i)tf)on at§
(I5rammatifer, im ^^tiaema 2utt)er al§ Dteformator, im ^uliu§ ba§ beutfdie 3}otf
jetbft at§ 2räger ber '^'Rad}i unb be§ gortfiiiritts gefeiert. Gine anbere gro^e Jenbenj
be§ 16. ;^at)r^unbert§ ift bie ^tein'^eit be§ ^yamilienteBeuö: für c^riftli^e Sraut=
luerBung unb iöorfijeit geicä^rte bie Otebecca, für bie c^rifttii^c &)e eufanna
ben ti)pifrf)en ©toff. Seibe ^at ^. Bet)anbelt unb ber ©ufanna nod^ amei anbere
(gtürfe ocrraanbten ^n§att§ au§ beutfdier Sage beigefellt. So üereinfa(^en ficf)
bie fittlicfien ^beale, Don benen i5i-*ii<l^ii^'§ bramatifc^e ^ic^tung Bemegt tt)irb.
©ie f)ängen mit ben I)ö(^ften SeftreBungen ber (Spotte 5ufammen. ©ie finb ber
9lu§flu§ einer gefammettcn ^nt, tüetdK rüdbtirfenb i^ren eigenen äöert^ begriff.
SBir bürfen fie at§ ein Senfmat be§ 30iaE)rige§ fyriebeuö nac^ 1555 betra(|ten.
3um 2;rama ge^t ^rifc^tin'S natürliche Steigung. 2luf ber cyeftung öerlangen
feine ^^^einiger ganj anbere 9trBeitcn ton it)m; aBer er Bittet, ©c^aufpiele üer=
f äffen ju bürfen, ba§ lootlte er auä) in feinem Bitteren (Slenb no(i) am tieBften.
fyaft alle feine üBrigen ©(^riften, poetifc^e roie profaifd^e, öerbanfen äußeren
Slnläffen i^re ßntfte^ung. ^öd^ften§ ha'^ if)n ber ©"^rgeij trieB, nict)t Bio» ber
rf)riftiicf)e Serenj , fonbern auct) ber (i)riftlic^e SJirgil ju toerben. 3tBer fein (Se=
bid^t üon ber ©eburt (E§rifti („De natali Jesu Christi^', entftanben im SBinter
1580 auf 81) ober feine ,,Hebraeis" (bie i§raelitifd§e ^önig§gefd^i(i)te in ^era-
metern, 1590) fommen in i§rer 3lrt ben S^ramen entfernt nid£)t glei($, unb ba§
umfaffenbe .speBräfrepoS ift üBcrbieg anä) nid^t fpontan, fonbern auf äöunfd^ be§
Sanbgrafen 2Biri)eIm üon |)effen entftanben.
^liefen mir ben umfängtidfien DctaöBanb huxä) , ber ^rifd^lin'S Iljrifc^e
©ebic^te entt)ält („Operuui poeticorum Nicodemi F. pars elegiaca'" 1601):
toir finben 22 Sudler ßlegien, 3 SSüc^er Oben unb 1 Sud^ ^Inagramme.
3l6er ber ;3nt)att ift üon erfd^recEenber (Jinförmigfeit : ©eBete, ^^J^falmen,
tl^eotogifi^e ©treitgebidf)te , iBef(i)reiBungen be§ lüBinger ©tiftö unb ber
102 gri|(ä)lin.
toüvteTnbevßifdfien -^(öfter, SSctrac^tungen über einen neueijdiiencnen @tern, ^at)X=
tofe (Scbii^tc an unb für ^^evfoncn Bei .^ocf)3citen unb ^iobeSfäHen , bei für[t=
Iid)en ©in^ügen , bei ^Promotionen , beim 3lb|(^ieb , 3u ßob , S)an! ober 58itte,
fettener über S3üd)er, ein 6)ebid)t über bie öier ^Jtonarc^ien, eine ^IHegoric über
bie 2;rnn!en'£)eit , S3ef(^rcibnng einc§ bertjeerenben @ett)itter§ k. i^ein IQiebe§=
gebic£)t : ettoa !önnte ber )3oeti|(^e 2Berbnng§briet ^erjog ßubmigg bon 2Bürtem=
berg unb bie 2lntn)ort ber SSraut bafür gelten; e§ iet)tt barin nic£)t an lieben§=
tüürbigen unb anmuf^igen ^otiöen, aber bie profaifrf)e ©d)tt)eriällig!eit übermiegt.
S)en beiben .^oc£)3eiten feine§ f^ürften , bie er beibe beftfirieb , l^at er nier!=
h)ürbig biet abgemonnen. 3lbcrh)a§ für ©toffe, um baran jcin 33efte§ ^u tt)un!
S)ie 5Jlel)rjaf)l ber ©ebid^te enf^alten J^atfadjen unb Üteflerioncn; (Sm^ifin^
bungcn unb SSitber finb bünn gefät. (Setegcntlid^e ©pä^e, toie bie beliebte 33er=
toenbung be§ 6d)o§ (j. 33. „Estne Satanae Filius lesuitaV ita"), gelingen am beftcn.
6§ folgt au§ bem G^arafter ber bamaligen föürtembergifdien 33itbung,
ha^ iS-. me|r al§ einmal ©elegen'^eit fanb unb [ie ergreifen mu^te , fid) al§
ftrenggläubiger 8utl)eraner ju betoäl^ren. ©leid) fein erfte§ größeres 2[ßer!, bie
ad^t ©atiren gegen ^afob 9tabu§ (1567 ober 68), fotten ein 3?efel)rung§nier!
ber ^efuiten an bem JBe!el)rten räd)en. ^^roi^bem 30g \xä) i^-. bcn 23erba(^t 3U,
nic£)t unbebingt feft ju feiner Sonfeffion 3u flehen. ®a er fid) juiüdgefe^t
fü'^ttc unb um jeben ^reig t)ortt)ärt§ raodte, fo na^m er 3tüdiid)tcn, bequemte
fid) an unb fprad), wo e§ i'^m SJorf^eil bringen fonnte, bon bem fneblid)en
S3oben ber 2Biffenfd)aft unb S)id)tung. ©ine Berufung nad) bem fatl)olifd)en
g-reiburg fd)eiterte 1579 nur an ber entfd}iebenen 3Beigcrung feiner f^rau. 6r
fud^te biefc @d)n)anfung nad) rechts, mie e§ fc^eint, burd) berboppelten ortl)oboi'en
@ifcr gut ju mad)en. @r gab feine gemanbte lateinifd^e i^-eber miebert)olt in ben
S)ienft bon n)urtembergifd)cn i?irc^enl)äuptern. S)em 3lbte bon ^aulbronn latini=
firte er, obgleich mit SBiberftreben , ein fonberbarcg 2Berf , tt)orin ein ibealeS
ßoncil al§ ©egenbilb bc§ tribentinifd)en befc^ricben mürbe. 2)em .g)ofprebiger
•Dfianber latinifirtc er jmei Sd^riften gegen ben ©trapurger 3o^atine§ ©turnt
in beffen ©treit mit ^^appu§. ^a gegen ben reformirten J^eologen ßambert
S)anäu§, ber für ©türm eingetreten mar, fd)rieb er felbft pro Luca Osiandro,
unb mic§ beffen ^Inttoort mit ergöljlidjer ^erfifflage ^urüd (1580 unb 81).
Unb in biefetbe Sät fällt bie intolerante J^'omobie ^l)a§ma. 9lel)nlid) '^at er
fid) fpäter in 5Braunfd)meig, au§ (Sefättigfcit gegen einen t^eologifd)en ^rotector,
mit auflobernber Äampfluft in bie frt)ptocalbini[tifd)en ^')änbel eingemifc^t unb
burd) lateinifc^c mie beutfd)e 33erfe neuen ipa^ auf fic^ gebogen.
3lu($ ^i^if^lin'g ße^rt^ätigfeit gab felbftberftänblid) Slnregung ju bielfad^er
litterartfd)cr ^ßrobuction. ©eine Tübinger ?lntritt§rebe über bie SBürbe unb bcn
5^u^en ber ^oefie ^at er in ^erametern g^'^alten ; feine 5tntritt§rcben ju 2Bittenberg
unb 25raunfd)meig be'^anbeln mel)r praftifd)e S'i-'aßen in r'^ctorifd)er 5^rofa. ©eine
9lebe „De praestantia et dignitate Yirgilii Aeneidos", feine ^J^rolegomena jur
?lenei§, feine ^arap'^rafen be§ 23irgil, .^oraj, ^4>erfiu§ geben einen Segriff bon
ber 3lrt, mie er bie lateinifd)en 3)id)ter bem SJerftänbni^ feiner 3u'§i3rer na'^e ju
bringen, mie er baran fad)lid§ unb formell, 3ur ^Verbreitung bon antiquarif($en
Äenntniffen unb bon gutem |)oetifd)en ©til 5u mirlen fuc^te, ja mie il§n aud)
auf bie 2e"^rfan3el ber ^^oefie ba§ 3''ii^f^^^1'^iB tl)eologifc§er ^olemi! berfolgte :
in ber 9leneibe finbet er ben .^at^olici§mu§ mieber, bie Xobtenfeier be§ 2lnd)ife§
fei eine ©eelenmeffe, ^olt)pt)em fei ba§ @benbilb be§ ^apfte§ u. bgl. 3lu(^
i^-rifd)lin'§ 5}orlefungen über 2lftronomie finb un§ il)rem h:)efentlid)en (Sel)altc
nad^ in einem Suc^e („De astronomicae artis cum doctrina coelesti et natural!
philosophia congruentia", 1586) er'^alten: e§ ift me^r p^itologifd) al§ mat^e=
matifc^=a[tronomifd), beruft fid) auf 2lutoritäten [tatt auf Seobad)tungen, ertlärt
mWin. 103
ha§i copernicaniic^e (&t)ftem für eine ialfcfie ^^pot^efe, befämpTt aber ben aftio=
logifc^en Slfiergtaubcn unb toagt e§, für ble unter ben ^roteftantcn \o öerpönte
©regoriamjc^e Äatenberrciorm iJJartei ju netjmcn.
5I6er alte "^^arap^rafen lateinijc^er Siebter , attc Ueberfefeungen bcr
G)ried)en (^Iriftop^aneö, ^allimadiuö), aller a[tronomifcE)e Dilettantismus
tDürbe nid)t au§reicf)en, um g. eine ©teile in ber ©efc^ic^te ber 2öifien=
\ä)a\t ju öerj(f)affen. ©ie roirb if)m nur burct) jcine lateinijc^e @rammatif
mit att ben a3egrünbung§= unb (5treitlcJ)riTten , bie baran Rängen, gefiebert.
6r ift freitic^ nid^t ber ßntberfer großer äöa^r^eiten; er f)at nur iür ba§
Don anbeten ©ejunbene tapfer gefämpft. 3uei-"ft erjcfiienen ..Quaestionum
grammaticarum libri VIII", S3enebig bei SItbuö 5)Unutiug 1584, umgearbeitet
äur „Grammatice latina" , Tübingen 1585; ba^u famen .,ürammatice
graecae cum latina vere congruentis pars I." 1589, 11. 1590 unb für ben
2Bortj(^a| ..Xoraenclator trilinguis graeco-latino-germanicus", 1586. Siie
^potemif gegen ba§ 3}eraltete beginnt, gleidi^eitig mit bem 6rfct)einen ber Quaest.
gramm., in ber „Grammatica strigilis", 1584; e§ folgen, gegen Grufiue, „Pro
sua grammatica et strigili dialogi IIP' (1586), ber „Poppvsmus'' (ätoci S)iatogc
1587, ber britte poftt)um 1596) unb „Celetismus grammaticus" (1588): bie
fd^lec^ten ©rammatifer finb i^m alte bürre ©äule, bie burc^ Striegeln gereinigt,
buri^ ©(^ma^en befänjtigt unb enblid) 3um Ütennen gebracf)t merben muffen.
Sie lateinifci)e ©rammatil ift ba§ bebeutenbfte unter ben jal)(reicl)en Sel)rbü(^ern,
äu bereu Slbfaffung fii^ g. burd) bie ©cl)ulämter in s^^aibad) unb Sraunfd)meig
üeranla|t fa"^. 6r mürbe l)ier burc^ feinen ßifer für bie ©ad)e in einen @egen=
fa^ gegen 2Jlelancl)t^on getrieben, ju bcffen ütul^m als Praeceptor Germaniae
er früljer ben Priscianus vapulans gebid)tet f)atte.
£ie 2e^xbixiijtx ber lateinift^en ©prad)e Ratten feit ^)leland)t:^on feine gortfd^ritte
Qemac£)t, fic maren Doli öon g-e^Iern in ben J^atfac^en, öoll öon Sßerfefirt^eiten in
ber 31uffaffung, Don Säc^erü^feiten in ben ^:parabigmen. gr {)atte nic^t ganj unre^t
öon einem 21ugia§ftalt ju reben. Eigene öectüre unb ein auömärtiger ^^^itolog
i)alfen i^m jur ri(f)tigen ßinfid)t. ^n Saibac^ lernte er ©caliger'ö äöert De causis
linguae latinae fennen, unb ber 25erfaffer erfdiien i^m toie ber größte ©etefirte feit
5lriftoteteö. t^rifc^lin'S 9}erbienft ift e§, ©caüger'S neuen ßrfenntniffen ben 2Beg
in bie beutfd)e ©cl)ule gebahnt ju l^aben; er f)anbelt babei ^ugleid) im ©inne
bei ^^rincipg, ba§ feit bcm 15. ^a^r^unbert bie 2öiffenfd)aft bel)errfc^te unb in
ber X^eologie fo tiefe Ummäljungen bemirfte: be§ S^xndqel^en^ auf bie etilen
Queßen. g. fetbft mar ficf) beffen mo!)lberou§t: „SBei^t bu nic^t — ruf£ er
feinem ©egner ju — ma» beine Xtieologen fagen? Jejt ^er! 2;ert l)er! 2ej;t
i)er! ©0 fage ic^ in ber ©rammatif 3u bir unb beinesgleicfien: il)r (Sefellen,
©jempel l)er! @rempel l)er! gjempet l)er! S^enn bei mir gilt 5]}ri5cian'e 91uto=
rität , menn fic bem ©prad^gebraudie claffifd)er ©^riftfteEer miberftreitet, nict)t
mel)r al§ bei beinen S^eologen bie Slutorität 21uguftin§, menn fie i^nen mit ber
^eiligen ©(i)rift ju ftreiten ft^eint".
Snfofern g. bie aufgefd^recfte Sräg'^eit, bie an überlieferten Stutoritäten
fclaDifd) l)aftet ; infofern er bie in it)ren perfönlic^en ^ntereffen bebro^te ©cmein*
i^eit ber ßoncur-renten , eine§ Grufiui, SBader unb i^rer ©ippfcf)aft, fid) äu
geinben machte unb baburd) feinen ©turj befc^leunigte: infofent barf er, tote
!lein aud) an fic^ bie ©egenftänbe gemefen fein mijgcn, für hu er litt, al§ ein
2)Mrtt)rer angefe^cn merben für bie greilieit ber fortfd)reitenben a3iffenfd)aft.
©einen ^eitgenoffen erfd)icn er tool nic§t in biefem !Gid)tc, i^nen toar
er Dor allem ber elegante Sateiner, ber geläufige 3}erfificator , ber gemanbte
m)dox. Unb in ber 2:^at , gro§ mar bie i^errfc^aft, meiere er über bie
©prad)e ber alten ^^oeten unb ^rofaifer ausübte, ^m münblic^en unb fd)rift=
104 g^rifc^mutt).
lidien ®eBraitcf)e f)atte er [ic^ eine faBeltjafte SetditiQfeit angeeignet, toeld^e,
getragen bnri^ feine natürlid)e !!3e!6mtigf eit , tool^l imponircnb tüixtcn tonnte.
3ll6cr, wie eg einmal in ber 3lrt be§ IG. 3at)rt)unbert§ liegt, alle ftiliftijct)e
Originalität i[t untoittfürlid) ; ba§ Bewußte 3iei ift ^Jia(^al)mung : in ber ^rofa
be§ (Jicero , in ©legten be§ Dbib , im 6^o§ bc§ S3irgil , in ber Äomöbie be§
5piantu§ unb Serenj. ©ntleljnungen fold)er 2trt laffen fid) maffentjaft bei ^.
auiloeilcn. 6r mirb babnrd), nad) bem llrtt)eile ber 3pit/ ni(^t öertleinert.
©teEt er boi^ jel6[t, Wie ^ot)anneö ©türm, wie bie ^efuiten, bie ^ladial^mung
ber 3llten al§ bie f)öcf)fte i?unft be§ ©c§riftfteüer§ l^in: „Nam in hac re omnis
virtus oratoris perfecti consistit, ut apte possit verba et phrasin veterum auc-
toruni iraitari".
g. greift gerne bie llnt)crgängli(f)!cit be§ (S)enie§. ^^m ift fie ^u Tt)nl
geworben. Sie l)umaniftif(^e SSeWunberung feineS Salentg l)at 16i§ in§ öorige
3fal^rl)unbert l)erein gebauert. ©päter '^aben lanb§mannfd)ajtlict)er unb litterar=
l)iftorif(^er ^J(ntl)eil fein 33itb unter un§ neu fielefit.
^Biogra^jljen : C.' H. Langius (Jenae 1725; Brunsv. et Lips. 1725);
gouj (Sranff. unb Seipj. 1791; ,^önig§B. 1702); 3ad§er Bei (5rfd)=@ru6er
I. 50, ©. 225—244 (wo ^Beraeid^niB ber Schriften); 3). Sfr. ©trauB (5ran!f.
1856), ögl. m. ©rfiriften (1862) ©. 420—426. UeBer grift^lin al§ ®rama=
tifer .^. 3:1). ^:paBft, ^:progr., 5lrnftabt 1851. UeBerfe^ungen ber 5Dramen in§
S)eutfd)e f. Bei ©ocbcfe ©. 322 f. (^in^utommt bie Ütebecca, üBcrfel^t buxä)
öier ©traPurger ©tubenten, 1608); moberne 33earBeitung be§ ^|aäma „S)ie
9teligion§fd)Wärmer" öon 3- C>od) (©tuttg. 1839). S)eutfd)e S)id)tungen Bon
9lic. yy., :§crou§g. uon S). g. ©traufe ^©tuttg. 1857); ba^u ^Inj. für i?unbe
b. b. SSoraeit 1861, ©^. 348 ff., 388 ff. 33gl. noc^ S. S. ^^Jtofcr, SürtemB.
33iBl. (1776) ©. 2<a. ©d)erer.
5nfd)llintl) : .^an§ ^., erfd)eint im ^. 1542 nad^ actenmä^igen 3^"9=
niffen. at§ crfter Befannter 33u(^bruder in ^aüe a. b. ©aale. S5on 1539—40
l)at er in SBittenBerg eine 33ud^bruc£erci Befeffen, wie burd^ üerfc^iebene bort ge=
brurfte Söerte erwiefen Wirb; bod) war ber Sßeftanb feines bortigen (Sefc^äftS
ni(^t bon langer S)auer; bann fd)eint er auf 35eran(affung Bon Dr. ^uftu§ 3ona§
nai^ .^alte gebogen ju fein, benn wir finben, ba^ er um ba§ S. 1542 einen
SSertrag mit bem ©d)riftgief3cr 2f)oma§ -Spön au§ Seipf^ig über ßieferung bon
©(^rift für feine S)ruderci bor bem bortigen Öeridjte aBfdilie^t. S)ie S)rud=
f^ätigfeit .§an§ fyrifc^mutl/ö fdjcint nic^t bon großem Umfang gewefen ju fein,
benn man fennt nur ein ein^^igeg fteineS 33üd)lein, weld)e§ fid) mit 33eftimmtl§eit
ol§ au§ ber ?Vrifd)mutt)'fd)en S3ud)bruderei l)erborgegangen nad^Weifen lä^t. 6r
Würbe fpäter in .^aüc bertjaftet. Weit man bermutt)ete, ba^ er ber ®ruder bon
bem „©pottjettel" fei, weld)en ßutt)er al§ 3}erl)öl)nung be§ 9teliciuicnfd^Winbel§
be§ 6arbinat§ ^llBrec^t bon 35ranbcnBurg berfa^te. Dr. ©d^wetfc^fe in Spalte
War fo gtüdlid), benfclBen in ber ^arienbiBliotl)ef bortfetBft ^u entbcden. ©iefe
©d)rift Sutl)er'§ trägt ben Sitel: „^ewe 3fitung bom fRein". ^lu^er biefen
Beiben S)rudwerEen ift fein S5uc§ bon il)m Befannt geworben, wa§ er in ^aUc
gebrudt '^ätte.
©eBner, 93u(^bruder!unft III. ©. 376, IV. ©. 231. ©c^Wetfd)!e, S3or=
a!ab. 33ud)brudergef(^id)te b. §alle ©. 36 ff. ®re^l)au|)t, ©aal=^tei§ II. ©. 56.
äöolter§, S)er mgott ^u ipaüe, 1521—42, SSonn 1877. ^eld^ner.
(Vri[d)llUltlÖ : Sodann g:^riftian g., ßomponift unb ©(fiaufpieler, geB.
1741 5u ©d)WaBt)aufen im (Sott)aif(^en , t am 31. :^uli 1790 p Berlin. %.
War früher Bei me'^reren l^erum^ie^enben ©c^aufpietertruBlJen OJlufübirector ge=
Wefen, l)atte 1774 aud) bie SSü^ne Betreten unb War, bon fünfter fommenb,
als S)arftelter fomifd)er unb :|)olternber bitter im ©d)au= unb ©ingf|)icl Bei bem
grifd^mut^ — g:ttfm§. 105
fiefannten erften got^aifc^en .öoft^eater unb nac^ beffen 5luj(öfung (1779) al§
2)tufi{birector für bie 3lcfernmnn"id)e ®efeUi(^aTt engagirt iDorben. 1780 priöQ=
tifixte er in £)f)rbruj, wä^renb ber iolgenben jirei ^a^re in öottja, bebütirte
am 2. ^ärj 1783 al§ DJlic^el in ber ^agb auf bem 3^öl)16e(inj(i)en nad)=
nmligcn 'Jtational=) 3^f)eate7 in 23erlin, bem er furje ^eit qIö Scfiaufpieler, öon
1784 Bis 5n jcinem 2;ob als ^Jtufifbirector angehörte, ^tu^er (Slaüierjonaten,
9}iolinbuetten unb „12 Airs pour deux Violoiis" componirte ^•. auc^ üerld)iebenc
mit SSeijatt gegebene ©tngjpiele unb Operetten, fo „S)a§ ^obereic^", „2)ic
f raufe ^xau" , „(ilaxi\\a" u. 21. ^o]epi) Äürf^ner.
grifdimutt) : SoT^ann ^., Drientalift, geb. am 18. mäx] 1619 ^u aöert=
l§eim, t am 19. 3luguft 1687. gr ftubirte in ^(tborf, mo i'^n ^acffpan in
bie morgenlänbijc^en ©tubien einführte, unb in ^ena J^eologie unb morgen=
Iänbi|c£)e Spratfien unb würbe 1639 DJlagifter ber ^iß^Uojop^ie. 1647 exijieii
er eine 23eruiung an baä afabemifcEic ©ymnafium p Apamburg , ba man i(jn
aber in ^ena Italien mollte, macfite man if)n ^ier äum 9^ector ber (5tabtld)ute,
jobann 1649 jum aufeerorbent(id)en ^;|}rofeffor ber Sprac^mifienfrfiaft, 1652 jum
orbentlicf)eu ^rojeffor ber ^^-'oefic unb enblid^ balb barauT an 3IeDogt'§ Stelle
jum ^rojeffor ber griecf)ij(f)en unb ber morgenliinbifdien Sprad)en. @r mar
me^r Greget at§ Singuift unb ji^rieb eine große Sln^a^t S^ijfertationen über
einjelne «SteEcn be§ 5Uten Scftamcnt», melct)c i^rer ^^eit in ^ot)em 9tnief)en
ftanben. (Sine ©ammtung berfelben in 6 Secaben, melcf)e er Tjerauspgeben
beabfic^tigte , öoUenbete er ni(i)t. giner feiner oorjüglictiften <Bä)nin mar ^o^.
3lnbr. S)an3, toetdier i^m auc§ im 3lmte folgte.
3}gl. 3öd§er. 3fumer, Yitae professorum Jenensium. ClassisIY. p. 101.
OlebStob.
jynfiu*5: Sol§anne§ }^., urfprüngiic^ <öan§ fyrie§ ober ü rief 3 ge=
nannt, reformirter 2f)eotoge unb Schulmann, mürbe im ^. 1505 ju (Bteifcnfee
im Gauton ^nxiä) geboren. @r ge'^örte 3U ben erften ©(^ütern ber burii) 3tüingü-'§
5Bemüt)ungen reformirten ©(^utanftalten öon Süi-'i«^ unb mirb l^ernac^ als einer
ber brei erften (£ti|)enbiaten ber an ber alten Schola Carolina in S^xiä) er=
rid^teten t^eologif(i)en Set)ranftalt genannt; nod) im S- 1530 fd^eint er biefe§
©tipenbium genoffen ju ^abeu. Um biefe 3eit tourbe er mit bem um 11 ^a^re
jüngeren Gonrab @e§ner befannt unb befreunbet. S)ie beiben g^-'^unbe erhielten
im Stnfang bcä ^. 1533, um fi(f) au^er^alb 3üi-'i'^''§ toeiter aus^ubilbeu, ein
Üleifeftipenbium; fte foUten öor^ügtic^ nat^ g-ranfreitf) ge'^en. 3lm 25. g-ebruar
1533 ftnb fie bei 53^r)coniu3 in 33afel; bon ^ier gingen fie nac^ i^ari§ unb
bann uac^ Sourgee, too fie jeboi^ balb 9Jtanget litten, ba e§ bort biel tl^eurer
mar, cil§ fie gebac^t Ratten, ^laä) menigen ^Jlonaten fe^rte f^. uac^ ^$ari§
3urücE, too'^in ©eener, ber in 3?ourge§ burdt) Unt erriet) ten fi(^ einen längeren
Stufent^alt ermöglictit ^atte, i!^m im ^. 1534 folgte. 5ll§ ©esner f^eilg au§
(Selbmangel, t^eil§ meil er nic^t me§r ^^^^S^ "^^^^ graufamcn 5}erfolgung ber
Göangelifd)en in ^ari§ fein toollte, am 9. S;ec. 1534 abreifte, mußte x^. 3urücE=
bleiben, ^^n l)inberten, mic @e§ner au§ ©tra^urg am 27. S)ec. 1534 an
SuÜinger fdjrieb, eine ©efd^mulft unb gieberanfälle am ^Reifen, „fobann aber
l^at er aud§ in ber frauäöfifd^en ©prac^e beträchtliche goTctfc^i-'itte gemacht, bie
für ii)n berloren mären , toenn er nic§t nocl) eine Zeitlang in ^;|}ari§ bleiben
!önnte. 2luc^ tiat er meniger @elb ausgegeben als iti)". ^m S. 1535 ober
1586 tDurbe i^. 5]3roTeffor ber latcinifd^en unb grie(i)ifd§en ©pra(f;e in 33afel;
unb im S- 1537 ober 1538 mürbe er als Otector ber Schola Carolina, be§
@t)mnafium§, nac^ 3üni$ jurücfgerufen. 3n biefer ©teüung blieb er big ju
feinem Sobe, befreunbet öor allem mit ©einer, ber feit bem grüfifa^r 1541
auct) mieber in 3üT-"i'^ ^ai"- a^ei^ luc^ ntit Sullinger, '^^elticanuS feinem ©d^mager)
106 5nfiu§.
unb anbete ©leic^gefinnten , bereit gemeinsames ©tteBen bavauf gencEitet toax,
burd) SSeförberung grünblidiet ®ele!^tfamfeit ben veformirten ©emeinben tüchtige
ßel^rer für Äird)e unb ©djute ju öerfc^affen. 5- jt^eint nad^ feiner bortigen
SlnfteHung ^üxiä) nur nod^ einmal auf tängere- 3ett öerlaffen ju l^aBcn : im :3.
1545 finben mir if)n mit mehreren angefe'^enen Düngungen, unter bcnen ftc£)
j. 35- ®eorg QDrefiel Befanb , auf einer üieife burd^ ba§ nörbtict)e ^ftalien; er
fam nad) 5Jiaitanb, ^aöia, ^errara, 33otogna unb 35enebig ; ber ^toeä ber Steife
ift ot)ne ^-rage ein miffenfd^aftlid^er getoefen. ^n Sßenebig mu^ er fid) längere
3eit aufgel)alten 1)abm , ha et bort l)efiräifc^e ©tubien trieö ; l)ier ermarB er
au^er foftbaren l)el6räifd)en 33ü(^ern au(i) eine 9ln3at)l gtiecl)if($er ^anufcri^3te,
bie grö^tentt)eil§ nod] nid)t gebrudt maren. f^ür ©eSner brachte er bon bort
bie ,g)anbfd)rift ber ^leliffa be§ ?lntoniu§ unb ber ©cnten^en be§ 5Jtarimu§
mit, bie biefer bann im 3. 1546 bei grof(^auer in ^ürid) mit ben fd)on frül)et
gebrudten ßenturien be§ 5Jlaj;imu§ ßonfeffor öeröffentli($te ; ^. felbft gab im
2lnfc£)lu^ an biefe SluSgabe bie Schriften ber gried)ifd)en ?l)3ologeten 2;f)eopl)ilu§
unb 2:atian, bie er aud) l;anbfd)riftlid) in ffiencbig cr'^alten Ijatte^ jum erften
5Jtale :^erau§, fo ba^ biefe beiben ©diriften bie ©eiten 244—291 be§ getoöl^n=
lid^ nur unter ®e§ncr'§ ''3iamen befannten S3ud)e§ eiune'^men. 33cfonbcr§ be=
tüt)mt iftg. burd^ feine (ateinif(^=beutfd)en äöbtterbüdier geiüotben; in bet 3lu§=
arbeitung eine§ fold)en mar tl)m ätoor S)aft)pobiu§ (togl. 33b. IV, ©. 763) öor=
ausgegangen, aber bie f^-rie§'fd)en 9lrbeiten liaben fid^ länget in ©ebraud^ et=
l)atten. ^mx\i gab er mit 5petru§ 6olinu§ im 3^. 1541 unter $8enu^ung be§
ftcp^anifdf)en jtl§efauru§ ein „Dictionarium latino-germanicum" l^erau§, au§
meinem im ^. 1548 ein Dictionariolum (lateinifdC) = beutfd^ = franjöfifd)) al§
3lu§3ug erfdE)ten; l)ernacf) gab er allein im S. 1556 fein fogcn. großes ßejicon
(auc^ dictionarium tion i'^m genannt) l§erau§, in mel(^em namentlich bie lateinifd^en
9ieben§arten beutfd^ erflärt merben; neben biefem 2öer!e erfd^ien fc£)on im ^.
1554 „Novum dictionariolum puerorura", ein ltetnere§ für bie Slnfänger be=
ted)nete§ lateinifdt)=beutfdf)e§ äöörterbudf), ba§ al§ einen 3Inl)ang auc^ ein beutfdt)=
lateinifdf)e§ entt)ält. S)iefe beiben SBerfe finb oft mieber gebrudt; öon bem
fteineren erfdt)ien uodf) im ^. 1719 audt) in 3ürid^ eine bon 3^ol). 6a§)). ©uicer
öerbefferte 3luflage, unb biefe ift üielteTdit nod) nidt)t bie Ic^te; „ber gro^e unb
ber fieine i5^rie§" tnaren lange ^eit, tcaS für un§ in unferet Sugenb „ber gro^e
unb ber fieine ©d^etter" gemefen finb. 9ludC) burdt) anbcrc ©dtiriften beförberte
i^. ba§ ©tubium ber latcinifd)en ©prad^e. 33efonber§ ncnnenSmett'^ finb ferner
eine größere unb eine lür^ere ©d^rift jur Einleitung in bie 5Jlufif („Musicae
isagoge", in ben Salären 1552 unb 1554 erfd)ienen); bie fleinere eut'^ält al§
Seigabe öierftimmige C^ombofitionen für '^orajifdf)c Oben. 35on il^m felbft fennen
mit ein beutfdt)e§ @ebid)t „@in nüto geiftlid^ lieb bon einem ®ott§fötd)tigen
bnnb luftlid)en mi)b", eine Seatbeitung be§ legten Kapitels bet falomonifdjen
©ptüd)e in 13 ad^t^eiligen SJetfen, meldf)e§ ^uerft anont)m um ba§ ^. 1540 in
einem ©injelbrucE ju 3ürid^ bei Sluguftin S^rie^, bietteid^t feinem 33ruber ober
bodt) 3)ermanbten, erfdt)ien unb l^ernad^ nod} bei feinen ßebseiten unter 5tennung
feines Flamen? im 3ürid^er ®efangbu(| bom ^. 1560, ebenfo nadt) feinem Stöbe
in bem b. S. 1570 abgebrudt ift. Unter feinen lueiteren 3lrbeiten toerben be=
fonberS l^erborge'^oben Ueberfe^ungen einiger bogmatifdE) mic^tiger Slbfd^nitte auS
Sullinger'S ßommentaten ju ben ßbaugelien au§ bem ßateinifd)en in'S ©eutfdfie.
3lud) an ben bielfad)en 35erfudt)en, bie 3u feiner ^^txi in ^ütid^ gemad^t mürben,
bie loteinifd£)e unb bie beutfdie 3Sibelüberfe^ung ju berbeffern , \ai er fidf) be=
t^eiligt ; er fott bie poetifd^en unb prop'^etifdjen Südt)er beS Sllten StcftamenteS
in'§ 2ateinifdC)e überfe^t l)aben unb aud^ bei ber Söerbefferung ber beutfd^en
(3ürid^er) 33ibelüberfc|ung f^ätig getuefen fein; genaueres, namcntlid) maS bon
grifiu§ — Srißncr. 107
feinen ^(rBettcn etwa in bie gebnidtten Ueberfe^ungen aufgenommen ift , frf)cint
fic^ nid)t me^r ermitteln ju lajjen. ©igiSmunb ©ateniuö mibmcte i^m im ^.
1549 bie 5lu§gaBc ber jiekn Sudler gried^ifc^er Gpigtammc, bie er mit ber
©rflärung be§ ^otianneS 33vobäu§ bei 5^'oBen in ^Bajet brucEen üe|;
au§ bei- 2Irt, tt)ie er öon f^. ipri(f)t , gc^t ^eröor , ba^ biejer in 3üncE) bamati
in öerbientem 9Inicf)cn ftanb unb jetbft au^ert)ülb ^eutfcfjlanbs berühmt mar.
Um fo auiiälliger ift e», ba§ ^•. fetbft firf) in feiner (Stellung roenigftens ,5eit=
loeilig recfjt unglücEtic^ gefü'^lt l^at; in feinem größeren öericon (in ber ^itusgabc
öon 1556, 8. 128r, finbet fi(i) in bem '^(rtifet Schola, mo er ben 9lu§bru(i
schola se sustentare erftärt, eine ©teile, in toeld^er er bittertict) über bQ§ Glenb
ttagt, bQ§ if)n betroffen f)nbe jumat burc^ f^toer ju ertragenbe Unbanfbarfeit
feiner (S(f)üter. 6r ftarb im 3f- l-">64 ober 1565 (nacf) ;Sö(i)er am 28. ^uni 1565),
toal}rfcf)einticf) aud^ an ber $eft , bie bamal§ in ^üxii) öiele Cpfer forberte,
welcher nici)t lange na(^ i'^m am 13. £)ec. 1565 auc^ fein ^^reunb ©eener erlag.
33eibe finb ncbeneinanber im i!reuägange be§ großen fünfter ju ^üricf) begraben,
©eine odimefter, 9lnna ^y., toar an feinen Öe^rer unb öäterUdien ^reunb donrab
^ür§ner ^$eEicanu§ berl^eiraftiet unb ftarb im 3. 1536. 3^ei Sö^ne unfereS
g. jeidineten fid) al§ ©ele^rte au§; ^'o^ann, ber in ^itarburg promooirt
^atte, foU ^'lacfifolger feine§ Spätere getoorben unb im ^. 1611 ju ^üxxä^
geftorben fein, unb ^ol^ann ^acob {f. u.). 9?eibe roerben mitunter in
biograpfiifcfien unb bibliograp^if(^en eingaben untereinanber unb mit it)tem
3}ater üermeiäifelt. —
©cnügenbe Dkd^rid^ten über So^anne§ grieS , ben 33ater (unb auct) bie
©ö'^ne) finb , h)ie e§ fdtieint , noc^ nirgenb§ ^ufammengeftellt. 3^ ögl. finb
^Roreri u. 3föc^er; bann befonbet» ^. .^. ipottinger, Schola Tigurinorum
Carolina, 3üri(^ 1664; Fetis. Biogr. univ. des musiciens, 2. 6d., T. 8,
Paris 1862; JRuboIpf), S)ie 5Bu(^brucferfami(ie grofc^auer, 3üvi(i) 1869;
SBacfernagel, ,(?ir(^enlieb, 3. S5b. 33ert^eau.
(yrifiuö: 3oI)ann i^^cob g., geb. ju Süi'icj^ unb geftorben bafelbft 1611,
wirfte in feiner 93aterftabt a(§ ^rebiger unb Se'^rer. (är fott bafelbft smifcfien
1576 unb 1610 erft ^rofeffor ber 5pf)itofob^ie, bann ber J^eotogie geUDefen fein,
bcfa§ f(affif(f)e SBitbung unb fe^te bie 9li(i)tung (Sonrab (^e«ner'§ fort, beffen
Bibliotlieca er 1583 neu ebirte. gür bie 9lnfänge einer (Sef(i)i(i)t§f(^reibung
ber ^^itofopl^ie ift er nicf)t untt)i(i)tig burd^ folgenbe» Söerf : ..Bibliotlieca philo-
sophoriun classicorum clironologica , in qua veterum philosophorum origo, suc-
cessio, aetas et doctrina compendiosa ab origine muudi usque ad nostram
aetatem proponitur. quibus accessit Patrum ecclesiae Christi doctorum a tem-
poribus Apoitolorum usque ad tempora Scholasticorum ad annum usque 1140
secundiim eandem temporis seriem enumeratio". Tigur. 1592. 4.
©aie, Onomasticon III, ©. 559. 9tid)ter.
^ri^ncr: Slnbreag g. , (Sele'^rter unb 33u(^brudEer , geb. ^u 2öunfiebel,
too fein 3]ater, ^o'fiann ^5r. ber jüngere, gtat^ö^err mar. (Sr ftubirte in Seipjig
unb begab fi(f) nac^ beenbetem ©tubium alä ^agifter ber freien Äünfte nad§
*)türnberg, Iro er bei bem bamal§ berühmten SBu(i)brurfer ^o'^ann ©enfenfc^mibt
al§ (iorrector angeftellt tourbe. ©päter brucfte er mit jenem gemeinfd^aftüc^, au§
toelcfier @emcinfdf)aft öiele bebeutenbe S;rucEmer!e t)eröorgingen; bann trennte er
fid) unb legte im ^. 1478 eine Sruiferei auf eigene 9ted)nung an. ^m^. 1479
tourbe er al§ ^^rofeffor ber Jfieotogie an bie Uniöerfität 2eip^ig berufen, mo er
1482 bae 9tectorat beficibete. ßr braute iebenfallS feine SrucEerei mit nad)
^ei^äig unb ba er ermiefencr ÜJlaBen im ^. 1481 eine ©lofie üon 2tnniu§ ober
9tanni§ '^o^^annesi S5iterbienfi§ brudte, fo mu^ er at§ ber erfte Q3ud^bruder
ber ©tabt Seipjig anerfannt merben. S)er Site! biefer (Bloffe lautet: ..Glossa
108 i?nW-
super Apocalipsim de statu ecclesie ab anno salutis presentis scilicet
MCCCCLXXXI. usque ad finem mundi et de preclaro et gloriosissimo
Triumphe Christianorum in Turcos et Maumethos quorum secta et Imperium
brevitcr incipiet deficere ex fuudamentis Jolianuis in Apocalipsi et ex sensu
literali eiusdemque apertissimo cum consonantia ex Indiciis astroi'um. Ex genua
MCCCCLXXX , die XXXI. martij in sabato se.cundo completum. Impressum
lipczlc anno sequente scilicet MCCCCLXXXI in profesto michahelis". 9Iut
SSeranlaffung öon ^Ji^ap^t 3ful(iu§ II. ging er nad^ 9iom unb ftorB bafellbft 1504;
in feinem boxt errichteten 2.e[tamente üermaii)te er bem S)omini!anerflo[ter 3u
ßeipjig feine S)vucferei.
(Seiner, 33uc^brucfer!unft I, ©.84 ff. III, ©. 46. ^atfenftein, (S)e=
frf)iif)te ber 33urf)bruiferfunft , ©. 180 u. 350. .ipain, Repertorium biblio-
graphicum I, (5. 124. ßeic^, De origine et incrementis typographiae Lip-
siensis, ©. 63. .^arle^, Sitteratur ber erften I^unbert ^ai)U nac^ ber @rfin=
bung ber iBuc£)brucferfunft , <B. 280. 9teic^^art, 3)ru(Iorte be§ 15. ^ai)x^.,
<B. 0 K. ^elc^ner.
gritfd): 5l^a§t)eru§ fy., geB. ben 16. 5Dec. 1029 ju ^Mcfieln im ?imte
iVreiburg in (2arf)fen, im je^igen SiegierungSBe^irte "iJJlerfefiurg , wo fein äJater
33ürgerm elfter toar; geft. ben 24. 5lug. 1701 qI§ i^anater in Ühibolftabt. ©eine
friitje ^ugenb fällt in bie 3eit be§ brei^igiät)rigen Krieges, beffen ©d)re(ien er
mit feinen (Altern unb ©efdjtniftern in reii^tid)em ^Jta^e erfatiren mu^te. ©eine
53aterftabt tnarb ber^ecrt, ber 5Beftl} feiner ßüern tnurbe ein 5Rau6 ber ^fiammen,
bie <ya'niüc mufjte flü(i)tig merben unb irrte in unauf§ürli(^er 9tbme(f)5lung üon
yiotf), ^JJlanget unb (Stenb bon einem Orte jnm anbern. ^O^itten in biefen ent=
feijlidien iBebrängniffen ftarb ber i>atcr, „ber reblic^e gritfd)" genannt, aä-jt
Äinber I)interlaffenb in rott)= unb Ijülftofer Sage. @nbli($ tuurbe e§ ber Butter
borf) möglicl), ben ftrebfamcn ©of)n in s^aUe unter^uBringcn. S)ort Befucf)te er
ba§ (S)l)ninafium, mu^te fiel) aber feinen Untert)att felBft auf traurige 5lrt buri^
Unterricht unb IBfcfjreiBen Derfc^affen, Bi§ er 1650 in ^tna, öiclfac^ unterftü|t,
namentlich) öon bem 6erü{)mten ^Hcd)t§gele§rten ©truöe, fid) bem ©tubium ber
^uriäprubeuj tnibmeu fonnte. 6r erlangte bie iuriftifd)e !lDoctormürbe unb feierte
mieber nad) ^aUo ^uriid, um l)ier burd^ (Follegienlcfen unb ©d)rift[tellerei , mie
ol§ ^•ül)rer unb !;^e|rer junger , Bemittelter Männer feine ©uBfiftenj mü^eboH
3U fid)ern. ©od) BegaB er fic^ 1653 mieber nac^ Sena, um :^ier juriftifdie
Sßorlefungen ju "galten. Srft 1657 trat eine für fein ßeBen günftige äöenbung
ein baburd), ba§ er jum Se^rer be§ jungen Srafen 3llBert ^^Inton öon ©d)tt}ar,5=
&urg=9tubolftabt Berufen tourbe. 2)urd) feine örfaljrungen , feinen gebiegenen
61^ara!ter unb burd) fein unermübeteg, iinffenfd)aftlid)e§ ©treBen getnann er fic^
Balb ba§ 2}ertrauen ber gräflidien ^yamilie unb be§ bamaligen J?an5ler§ Sen^,
fo ha^ er 1661 jum §dJ= unb ^ufti^raf^ Beftellt tnurbe. 1669 mürbe er !aifer=
tid)er i^o']= unb ^faljgraf, 1679 ^aujleibircctor unb Gonfiftorialpräfibent, enblic^
1681 Äan^ler, tneldie ©teEe er Bi§ ju feinem Sobe Be!leibete. 5)te'§rfad§e an
il)n ergangene Setufungen auf Uniüerfitäten liat er au§gefd)tagen. ^n 9iubol=
ftabt felBft ciBer l^ielt er im @t)mnafium, um melcl)e§ er fid^ gro^e 9}erbienfte
ermarB , 3}ortefuugen üBer :3u[Hnian'§ i^nftitutionen unb über tRed)t§gefdf)icE)te,
meldte audf) bon benen fleißig unb gern befud)t mürben , tneldje bie 3lfabemie
bereits öerlaffen l)atten. ^Jiit ben Berüt^mteften ©taatSmännern unb S^eologen
feiner 3eit ftanb er in regem, gelel)rten 53riefmed§fel. 3n engere SBejie'^ung ober
trot er burdE) feine geiftli($e jl'^ätigfeit namentlich mit ben Berül)mten, il)m
geifteSöermanbten fdlimaräBurgifc^en !!^ieberbid)terinnnen 3lemilie Juliane unb mit
bereu ^^rcunbin unb ^^flegefdEimefter Subämilie (älifaBef^. ©ie tl)eilten fid) gegcn=
feitig il^re ßieber mit unb 3^. ertjielt oft Slemilien'g 2)id^tungen jur Surd^fid^t.
Stitfd). 109
^aä) ber praÜifd^cn' ©eite "^in aeigte et jetiie S'flätigfcit in btcfor 9Ji(i)tun(^ nicf)t
nur fcIBft a(§ l?icberbi(f|tev, joubcrn auä) huxä) ©tiftung bcr „geiftlii^en inidjt=
Bringcnben ScfuSgefclIfiljaft" ^ur t^örberung be§ d)nftlic^en J3eBen§ uiib geiftüc£)en
2ßo^Ie§ jeincv g}iitd)n[ten 1676, öon tüdc^er 12 9icgo(n burd) ben 2)rucf 6c=
fannt genmdit tuurben. S^ \i)x get)5rtt'u aii^ev bcm ©tiitcr bie ermäf)nt&n bciben
Stcberbid)tennnen, lote ber ^^ürft ßubtnig f^^'iebrict) I., biete 6Jetftlid)c iinb SBenmte.
3lu(^ in biefer ©ejettjc^aft t)atte man befonbere 5^amen unb 2[öat)[i|)rüd)e an=
genommen. S)od) beftanb fic nid)t lange, ina§ mot neben anberen Urfad)en aud)
in ©pener'S 33ebenfen (ögl. ©pener'g tl)eo(og. 33ebenfcn 3. %^. <B. 194) feinen
@rnnb getjabt Ijaben mag. ©ein äeitiüeiliger 3tu|entlf)aU auf bein öon i^m er=
fauften fteinen ©nte 'OJK'Eingen tuar bcm eifrigften ©tubium ber Sibet, ,Clird)en=-
gcfd)id)te, ber ^ird)cnüüter unb ber .^lerauSgabe feiner tt)eoIogifc^cn unb erbau=
liefen ©d)riften gelnibmet. ©eine ^I}ätigfeit toar eine au|jerorbent(id)c. ^•. tnar
einer ber flei^igften unb frud)tbarften ©d^riftfteller feiner S^it. ©eine ©d)riften,
an S^t)l gegen 300 , finb Ijiftorifc^en (and) jur (Erläuterung ber @efd)ii^te
©d)U)ar,i6urg§ unb ber öatcrlänbifd)en 9ied)te bienenb), antiquarifd)en, ]uriftifd)en,
befonber§ aud) pnbliciftifdien unb germaniftifd)en 3"^ntt§ , ju benen qu($ fel^r
öicl geiftlid)e, aScetifd^e unb t"i^'änetifd)e {jin^ufonimen. ^^(ud) feine juriftifd)en
©diriften at^men d)riftUd)en (Seift, namentlid) feine Xractate über bie ©ünben
ber ^-ürften, ber fürfttid)en 9tät^e, bcr (Setcfjrten, Sürgcrmeifter , 3lbeligen, 9tb=
t)ocaten k. S)ie g-ritfdi^fc^en Sieberfammtungen entölten folnol feine eigenen
at§ au(^ frembe ßicber unb bal)er, ba^ er bei ben menigften Siebern 9lnbcrer
bie ^tarnen anbeutete, toeil er fie enttt^ebcr nic^t angeben tonnte ober nid}t an=
geben wollte, fam e§, ba^ über bie Slutorfd^aft met)rerer ßieber feiner ©amm=
lungen fid) fel^r öerfc^iebene eingaben finben. — 5J^an befip öerf(^iebene S}er-
.jeic^uiffe ber öon i'tim I}erou§gegebenen ©d)riften. 3]gt. kleine ©diriften be§
üerftorbenen g-. ©ditnai-jb. ^an^IerS 511). gritfd) Don 6. S^. 2. ©piller öon
5)litterberg. Coburg 1792. ^. 6t)r. ^^leWbaä) in .^agemann unb ©ünt;^er'&
Slrc^ib für tl)eoretifc^e unb ^ractifd)e ^ed)t§gele'^rfamfeit. 33b. 4, ©. 13 ff.
^effe, äJer3. fc^tnarsb. (Beteljrten, 3. ©t. ©. 7 ff. 3u ben öon .^effe a. a. D.
ber3eid)neten ©d)riftcn i5^ritf(^'§ finb nodi eine fReilje nactjjutragen unb ben bon
bemf. 23erf. citirten Ttod)tneifungcn öon 93iogra^f)ien finb Ijinäujufügen : 9tam=
bad)'§ 3lnt^Dtogie c^riftl. (Befänge. 1819, 3. a3b., ©. 183 f. fyr. ScliMct),
©. XIV— XVIII ber 3)orrcbe ju ben (Jltjriftent'^umSfragen k. , S)re§ben 1841.
^. 3^. (S5öiC§el, 3e^*[ti"eute Slätter au§ ben |>anb= unb .^ütf§actcn eines Suriften,
3. %% 2. 5lbtf). (1842), ©. 359 ff. .&. (5. g-. (SuericEe, §anbbu(^ ber Äird^en=
gefd)ic§te (6. 9Iufl. 1846), 33b. 3, ©. 445 3lnm. 6. @. i?o^'§ (Sef^. be&
^ir^enlicbeS k. , 1. Xf)l. ©. 188 f. Döring in (Srft^ u. @ruber'§ (5nct)cIo=
)3äbie ©ect. 1, %f)l. 60. 2Ö. 2:t)iIo in bcm 33orn)ort 3. „©timme ber fvreunbin",
geiftt. Sieber Subämilien (Stifabetl^S , 1856, ©. XXV ff. unb ((S). ö. Bamberg)
©d)tt)aräburgifd)e§ ©ion ober ©d^toaräbnrgg geiftl. ßieberbid)ter in biograptjifd^eu
©fi^jen nebft einer ^luSlüat)! i^rer ßicber. 9iuboI[tabt 1857. 8. ©. 15 ff.
31 n e m ü n e r.
g-ritfd): SSaltl^afar 3^., lebte ju ßei^D^ig unb l^at folgenbe 6ompofitionen
öeröffentlid^t : „Primitiae Musicales, Paduanas et Galliardas qnas vocant, com-
plures egregias, artificiosissimas et suavissimas complectentes". Francofurti 1606.
(Jntl^ält 21 9lummern p 4 unb 5 ©timmen unb ift öor^anben in ber Sibliotl^e;
be§ @l)mnafium§ unb ber ^eter§fird)c ju f^^'^nffurt a. 3J1. Fetis (Biogr. univ.
des Mus. III. 843) fül)rt foIgenbe§ 235er! öon 3'- an: „3ientt)c fünfttid^e unb
luftige '^vobuanen unb (Sagtiarben mit 4 ©timmen". ^^^-anffurt 1606. ©od)
meint er felbft, ba§ biefe ©ammlung ibentifd^ mit ber öor^erge"^enben fei. —
„9iett)c teutfdie (Sefanug na(^ 3trt ber tnelfdien 3Jlabrigatien mit 5 ©timmen".
ßeipjig 1608. f^ürftenau.
110 Si:itid).
grttfd) : 2;i^oma§ ^xnl^nx öon 'Q. ift ber ©tamniöatcv einer ^^ß^iilie,
bie ba§ &iüä t)at in öier aufeinanber foCgcnben (Senerationen ^eröorragenbe
©taat§männet p ben i^^rigen ,yi ^ö^ten, öon benen ber erfte bem J?urfürften=
fEium ©ac^fen, bie jolgenben aBer Söcinmr dngelC)ören. 2ß. bon SSieberinann
fügt beS'^alB öon ifjnen (@oet!)e'§ S^erfe'fir mit ^liebem beS ,^aufe§ ber (5i-ei=
l^errn unb (Srafen ö. tV-, Seipjig, 1868): „5Dur(i) brei &t]ä)hi){Mlin lyinhuxä)
traren bie ^y. Söeimarä ^albeige, unb lüie bereu .^au§ ba'^er jür bie ©taaten=
gefd}ic^te 33ebeutuug 1)at, |o ift e§ ferner aud) beu 33ere:§rern Öoett)e'§ tiou
äöic^tigfeit, tneit ßeijterer ben größten Sfieil feiner ^ngc!)örigen fanute, unb
met)reren gefc^äftlid) unb freunbüc^ na^e ftanb." Xijoina^, ^., geb. am 26. ©ept.
1700, war ber ein^^ige ©o^n be§ ju feiner 3eit rüt)mltd) befannten ^uc^'^änbterg
X^omaS 5- ^n Seipjig , unb üon biefem mit größter ©orgfalt erlogen. Surc^
tüd^tigen ©c^ulunterrid)t üorbereitet, Ijatte er ben Uniüerfitätäftnbien in feiner
SSaterftabt obgelegen , tüo bamalS befonbcr§ bie juriftifdie O^acultät gtünjenb
Vertreten War. ©d)on tu feinem 21.3ia"f)re erregte er 3lufmerffam!eit burd) eine
tateinifc^e Siffertation über eine "^xa^t bes öffentlichen 9ted)t§: „De jure Imperii
in magnum Ducatum Etruriae", bie 1730 in ^Weiter, 1741 in britter ^luflage
erfd)ien. W\t ä>orliebe mibmete er fid) nebenbei bem ©tubium ber neueren
©prad)cn, trieb ©artenbaufunft unb Sanbiuirttifc^aft, unb öerüoUfommnete feine
^enntniffe auf breijät)rigen 'Keifen, bie il)n bi§ 1724 burd) ben größten 2;^eil
bon S)cutfd)tanb, burd) gvantreid), .spollanb unb ©nglanb füljrteu. ^lad) feiner
'Jtüdfet)i ert}ielt er in 5)re§ben eine XHnftellung im (^jeljeimen (iabinet, begleitete
im 3f- 172.5 ben nadi äßien gefanbten ^JJtaniuiS be ^^^eurt) al§ !!3egation5fecretär,
unb übernaljm nad) bem 2obe feincS 9}ater§ am 22. ^oöember 1726 aud) nod)
bie ererbte 2}erlag§bud)t}anblung , o^ne jebod) feine ©tellung aufzugeben; btefe
^anbtung öerfaufte er fpäter, 1741, an ©lebitfd). ^m ^. 1727 ^um .^o]--
unb ^uftitienrat^ bei ber 's^anbesregierung ernannt, üermö^tte er fid) am 28. 9Jiai
1728 mit ©ob^iie 2Bin!(er, au§ einem angefe()enen ^eip^jiger 5patriüet'gefd)(ed)te,
mit rae(d)er er 47 3a^ve in g(üd(id)er, mit 7 .i?inbern gefegneter @^e lebte.
2)urc^ ein 5i)ipIom ÄaiferS i^arl VI. üom 30. ^}Jiära 1730 iüurbe er in ben 5lbel=
ftanb erljoben unb im ^. 1732 ^um @el)eimen 9teferenbür folüie jum 2/irector
be§ föniglid^en ^Jlünjcabinet^ ernannt. Qnx ©tärfung feiner angegriffenen @e=
funb^cit unb jnr <!peilung eine§ fet^r bebenfüd)en 9lugenübel§ befudjte er in ben
3f. 1735 unb 1736 bie 33äber öon ^lac^en unb B);)aa unb reifte oud) nac^
$ari§, um ben berül}mtefteu 'Xugcnarjt bamaliger Bi-'it» Di'- (Senbron, ju con=
fultiren. Dbgleid) nad) feiner 9tücffel)r im äBefcntlic^en befreit öon feinen Seiben,
warb er bennoi^ burd) ^eitmeilige ©d)mäc^e feiner Singen geamuugen, fid) für
längere ^eit bon ben 3trbeiten im (S)el)cimen (Sonfitium unb bei ber Sanbe§=
regierung bi§penfiren ju taffen; er bel)iclt febod) bie 2;!f)eilnal)mc an ben ©i^ungen
biefer le^teren ^el)örbe unb benu^te feine ^u^e, um ba§ 'DJtünjcabinet 3u
orbnen, Slber fd)ün im 3. 1737 toarb er luieber nad) '^axi^i gefd)idt, um fid^
l^ier, unter bem SSorlranbe ber ^ortfe^ung feiner Slugentur, im ®el)eimen über
bie pDlitifd)en 3^erf)ältniffe unb ^^n-ojecte ber norbifd)en Apöfe ju unterrichten.
*Jiad)bem er burd) ben fäd)fifc^en ©efanbten bem ßarbinal ^^leurl) öorgeftellt
toorben toar unb bann feineu Sluftrag beften§ ausgeführt ^atte, !ef)rte er im
October nac^ S)re§ben jurüd. (Segen 6nbe be§ ^a^i-'f^ 1740 warb ber ^alatin
bon ''JJlafobien , ®raf ^oniatomsü, in au^erorbentlid)er 5)liffion Wegen ber
Dftevreid)ifc^en ©uccejfionSfrage nac^ '^^i^^'^^ gefanbt , bod) Wollte biefer ftd6 bem
ft^wierigen @efc^üfte nid)t unter5ie!)en , Wenn il^m nid)t ber in^wifdjen jum @e=
i)eimen iTrieg§ratl^ beförbcrte ^•. al§ 23eiftanb mitgegeben Würbe, ©o begleitete
er benn biefen ©efanbten unb l^atte auf ber 9ieife am 1. ^fl^uar 1741 eine
Slubien^ bei bem J?önige ©tanielag fiegcinjü in Sünebille, bei Welcl)cr @elegen=
??titf4 111
]§eit biefcr i!^m feine ge^eimften ©ebanfen über feine pevfönlii^e Stellung unb
2tbfid)ten eröffnete, utib bamit bie freunbtic^ften 3)erfi(ierungen für ben Äönig
Sluguft II. üerbanb, bem er eine lange unb ruhige Stegierung tcünfd^e; „aber er
fenne l^inlänglic^ ben Seift feiner 2anb§(eute, um ju toiffen, ba^ fort unb fort
Unjufriebene fid) feinet 9taincn§ bebienen würben, — boc^ möge man if)m üer=
trauen, er benfe nid)t an eine üiücffe^r naä) ^^oten unb fei mit feiner gegen=
toärtigen !^agc buTcE)au§ jufrieben." 5^ie 3(ufgabe in '4>ari§, bei ber es fic^ t)aupt=
jäd)Ii^ um bie ^aiferroafji; t)anbelte, f(f)eiterte an ber Unentfdjloffen^eit be§
@rafcn Srüf)( unb geftattete fid^ ba'^er in jeber iöejie^ung als unerfprießlid^
unb peinlich, luesl^alb g. fi($ eifrig bemüt)te feine 3urücfberufung ju ertt)irten.
^m ^uni 1741 nad^ SDreeben jurücfgefe^rt , ü6ernal)m er ^toar SlnfangS feine
frül)ere Stellung tuicber, trat jebocf) balb barauf ganj aus bem 5)ienfte in ^olge
eines 53^i§oerl)ältniffeg ju ben bamaligen ^JJlad)t§abern unb ju ber 33rül)rf(f)en
33ern:)altung§n}cife. ßr raarb bann fofort im ge^tuai-' 1742 bom Äaifer
Äarl YII. al§ rairftii^er Oieid^g'^ofrat^ nad) ürtanffurt berufen; biefer ßrnennung
folgte fel^r rafd) , im ^uni, bie ßr^ebung in ben 5rei§errnftanb. yiaä) bem
Sobe be§ i^aifers lehrte er nat^ 3)reaben jurücf unb roarb im ^. 1745 bom
Äaifer iyxan^ I. 3um t}teic^§pfennigmeifter im ober= unb nieberfädififc^en Greife
ernannt; au(^ erhielt er 3U gleicher 3eit öon feinem Sanbee^errn ben iitel eine§
@el)eimen 9tat^§. 9tad)bem er frül}er im ^. 1729 ba§ 9tittergut Secrl^aufen bei
5Riefa getauft ^atte, emparb er fpöter no(^ ba§ ^Rittergut äMpc^au unb baS
ß)ut 5}tauti^, meldten iBefi^ er burd^ berftdnbige Sett)irtl)fd)aftung im äöert^e
fel)r 3U :^eben ttu^te. Gr lebte nun abroectifelnb in 2;re§bcn unb in 3eerf)aufen,
mit ber 5}eriDaltung feiner @üter befdjäftigt unb in lebhaftem 35erfe§r mit allen
bebeutenben ^JJMnnern jener ^^it- ^^ ununterbrod^enen ^ejie^ungen ftanb er
3U (Vettert, .^ageborn unb 'Kabener, unb ein feiner fattjrifd^er ^ug, ber ft(^ be=
fonberS in feiner intimen (vorrefponbenj funbgibt, mad^te i^m namentlid) ben
Sedieren fijmpat^ifd). ©einer immer regen Steigung für äBiffenfdiaften unb
fünfte entfprad^ er burc^ Slnlegung einer au§gefud)ten 3Sibliot§ef unb einer ju
il)rer 3eit berühmten Üupferftic^fammlung. 6r felbft auc^ wibmcte manche
©tunbe ber iltu^e ber 23ef(^äftigung mit fdfjriftfteEerifd^en ^^ilrbeiten unb üer=
öffentlid)te, jebodt) anontjm, ein ^änbc^en: „Zufällige 5Betrad^tungen in ber 6in=
famfeit", toetc^e in ^weiter ^luflage 1762 erfcl)ieuen. @§ finb 3lb^anblungen
religiöfen, pt)i(ofop:^if(^en, ftaat5red)tli(^en unb national = öfonomif(^en Sn^alt«,
toeldfie hnvä) bie 6egeuftänbc, bie fie berühren, unb burd§ ben @eift, in bem fte
abgefaßt finb , lebhaft an 5Jlöfere patriotifd)e »pl^antafien erinnern, ^n biefer
ruf)ig ftillen S^ätigfeit berlebte er je^^n ^a1)xe unb mürbe bann im September
1756 burd^ ben ßinmarfi^ beS preuBifi^en .söeeres auf bie empfinblid^fte SBeife
geftört, worauf bann ^a^re tier qualootlften Äriegeleiben unb ber aufreibenbften
5lnftrengungcn für i^^n folgten; feine @üter mürben burdf) (Kontributionen au§=
gefogen unb fein fd)öne§ ^au§ auf ber ^DJlori^ftra^e in S)reöben beim 23om=
barbement biefer Stabt gänjlid) jerftört. Söäbrenb be§ testen ^a^reS biefee
fiebcnjö^rigen Krieges l^atte ^. feine iöejie^ungen jur fäd)fifdt)en Otegierung
toieber angefnüpft, inbem er in einer Steige bon Briefen an ben in 3Barfc^au
\iä) auf^altenben (trafen Srü^l auf hin berämeiflungsbollcn ^uftanb ber fädl)=
fifd^eni ßanbc aufmerffam mad)te, unb bie iliittel unb ^ta^regeln anbeutete, bie
fofort nad) bem möglidt)ft balb abjufi^lielenben {yrieben ergriffen merben müßten,
um bem bollftänbigen Otuin beffclben borjubeugen. ^n fyolge babon marb er
im 5lpril 1762 ^um ^^röfibenten einer Gommiffion ernannt, meiere nad) feinen
9}orfd)lägen alles borjubereiten ^atte , toas nad^ bem bereinftigen (eintritt h(^
griebeuö notlimenbig gef^e^en mußte. Sein bei biefer Gelegenheit bemiefener
ßifer, feine gro^c Umfid)t unb genaue .^enntniB aller S}erl)ältniffe , foraie bie
112 f5?titjd^-
ßrinneruna an öietjättige ftü'^et geleiftete 2)ienfte lenÜe bic 3lugcn be§ Äönigg
Stuguft IL unb bf§ ©vafen Srü'^l auf il)n , aU e§ ftdE) im ''!)tot)eni6ei' beffelBen
^al)re§ barum "^anbclte, im ©inöerftänbui^ mit Deftevreidi bic Uuter'f)anblunöen
mit 5^'if^^"ict) n. 3U eröffnen, bie bann in unmrttelbarer ^^olge 3U ben t?tieben§=
bevl^anblungcn in ,§ul6ertu§16urg fü!)rten. 3U§ fäc^fifc^er 33eboEmäd)tigter trol^ntc
er benfelBen Bei nnb tonnte bie au^erorbcntli(f) fdiluierige unb ungünftige «SteEung
6ad)fen§, toelc^eS bom Söicuer Apofe o'^ne aÜe tlnterftüljung gelaffen tuurbe,
bur(| feine Öjclüanbttjeit , Unermübüd)!eit unb 61^ara!terfeftigfett fo üortl^eill^aft
3U tüenben, ba^ bie grieben§bebingungen tncit toeniger na(i)tt)eilig ficf) gcftalteten,
at§ man öon borntierein Bcfür(i)tet ^atte. 6r marb l^ierauf nod) in bemfelBen ^a1)xc,
1763, äum äÖirflid^en @e!^eimen 9iatf) unb O'onferenjminiftcr ernannt, unb i'^m
hü^ S)e^artement bcr J?ammer-, 6ommer3=, ^ün3= unb ©reUijfai^en üBermiefen.
^n biefer ©telluug BlieB er mit feiner getno'^nten !i3eBI)aftigteit unb geiftigen
f^-rifdje nad) ben öerfc^iebenftcn üiic^tungen ~^in unter ber furzen ^Regierung be§
Äurfürften g-riebrid) ßtjriftian unb unter bem ^urfürften ^riebrid) 3tuguft III.
&i§ an feinen Xoh ununterbrochen ttjätig. ytad^bem er no(^ im 3. 1772 in
3lnerfennung feiner S5erbienfte ben föniglid) polnifc^en 6toni§tau§= unb ben
lüei^en 5lbIer = 'Drbcn ertjalten "^atte, ftarb er am 1. S)ecemBcr 1775 in ^^olge
einer 33orle^uug be§ ©c^ienBeing, bie er fic^ burd) einen jn rafdien ©prung au§
bem äöageu jugejogen "^atte. (äJergl. Slrd^iö für fäd)fif(^e ®efd)id)te, 3Sanb 9:
6in fäd)fifd)er ©taatemann be§ 18. ^a!§r'f)unbert§, X^oma§ g-reif)err Oon ^i-'itf«-^-
S)ann: S)er ^^uBertuSBurger f^riebe. 35on Sart 5rctl)crrn üon SeauIieu=TOar=
connat). 2eip3ig 1871.) — ^acoB ^yriebrid) g-. , ättcfter (Sot)n be§ S5or=
genannten, gcB. am 22. ^är^ 1731, crl)iett mit feinen jüngeren SBrübcrn ben
erftcn Unterrid)t im bäterlidjen .^")aufe unb empfing t)ier bic ßinbrüde, tücldjc
feine 9Ud^tung für ba§ gan^eS^cBen Beftimmtm; ber35atcr üBertnac^te mit großer
Strenge bie @r,vel)ung ber <B'ö^m unb lief] fid) üon it)nen jeben ©onntag üBer
bie in ber 2öod)c gemachten 5ortfd)rittc genaue ^ed)nung aBiegen. S)on 1748
Bi§ 1751 Befud)te er bic llntberfitäten ii^eipjig unb (Söttingeu, unb folgte bann
einer Stufforberung be§ @rafen ^einrid^ Bon 33ünau, ber toäl^renb bet S3ormunb=
fc^aft über ben miuberjä'^rigen -^perjog ©ruft 9lnguft (^ouftantin Bon ©ad)fen=
Söeimar ©tatf^atter in ßifenad) tuar, um fid^ unter beffen unmittelbarer Seitung
3um (5)efd)äft§IeBen borjuBereiten. ®rei Sfoijrc fpäter, 1754, trat er at§ 2egation§=
ratt) unb Slffeffor Bei ber ßanbeSregierung 3u ©ifenad^ in tocimarifd)e S)ienfte.
^m 3i- 1756 warb er mirtlid^er 4"^ofratt) unb @e'f)eimer 9teferenbar, in lüeld)er
@igenfd)aft er ben jungen .^erjog gu feiner SSermä'^tung nad) 35raunfd§lDeig Be=
gleitete. S)ort lernte it)n bie ^crjogin 2lnna 3lmalie fenneu unb fi^äl^en; i^x
SBertrauen unb i'^re greunbfd)aft ^t er fii^ feitbem in immer größerem ^a^e
3U crtoerBen gemußt. Unter il)rer öormunbfi^aftlic^en 9legierung, nad) bem frül)=
Seitigen Xobe i!)re§ ®emol)l§ im S- 1758, trarb er im DctoBer 1762 al§ @e=
l)eimer SegationSratl) cum voto in baä (Sclieimc 6onfiUum Berufen ; im ^eBruar
1766 erl)ielt er ben Xitel (geheimer giat^ unb trat 1772 al§ 2ßir!ltd)er (^t-
t)e\mtx ütatl) an bie ©pi^c be§ 5Jtinifterium§. 5^eBen ben 3trBeiten, bie i!^m al§
5)Utglieb biefer l§öd)ftcn Sßel)örbe zufielen, ^atte er forttoä'^renb noc^ anbere DB=
liegen'^eiten ju erfüllen : er fü'^rte bie DBerauffic^t üBer ba§ 33ranb=2lffecuration§=
^uftitut, ba§ öon il)m in§ ßcBen gerufen toorben ttiar, toar Sirector ber (S|neral=
poli,5ei unb ^räfibent ber ^rieg§commiffion. ©o tuar feine ©teEung Bei bem
9fiegierung§antritt be§ .^erjogS 6arl 2luguft im ©eptemBer 1775. ®iefer geniale
unb Iräftige junge i^rürft öermod)te im Slnfange uic^t ben Bebäc^tigen Ütat'^=
fd)lägen bei erprobten unb ernften S)iener§ feiner 5)^utter ba§ getnol^nte (Sel)ör
äu fd)enfen. 9Jlit 35orlieBe an bem 5llt:^ergeBrad)ten unb jum X^eil Bon \1)m
felBft @efd)affenen ^ängenb, Befämpfte ber Sediere freimüt^ig unb offen mand^e
g?rm^, 113
neue 5Iuotbnungen, bie fein junger i^err roftf) in§ Sßetf ju fe^en toünfc^te, unb
roibeirietf) namentlich) mit großem ©ifer bie Stnfteüung @oet()c'§ im @et)eimen
gonfilium. 'JIlö bei; Öetjog tro^bem bei biefem feinem öiebting§tt)unic^ be^arrte,
iü't)Ite er ji(^ 3u bcr iMtte gebrängt, if)m unter ©ntlafjung feiner ©eic^äfte alä
5Jiinifter lebigtirf) bog '^präfibinm ber öanbeSregierung 3u äöeimar ,p übertragen.
^]Za(^ einem S3rieTn:'ec{)ie[ , ber beiben J^eiten jur f)ö(i)[ten ßf)re gereicht, tnutbe
burcf) bie 35etmittetung bcr ^erjogin 9lnna 9lmaüa ba§ alte 35ert)d(tniB batb
roieber l^crgefteüt unb bem treuen Siener bie öerbiente 3tner!ennung ju Ifieil.
S)a nun auä) ber ßriolg manche bon it)m bamatä ertt)eitte 9tat^icf)(äge betoä^rte,
bejeftigtc er ficf) immer mc'^r in ber nie öertorenen 5((i)tung be§ iperjogä unb
roirfte unter bemfctben tro^ ber öfter 'f)erbortretenben Sßerf(|iebenl)eit ber ?tn=
ft(i)ten unb Stjaraftere eifrig unb tt)ätig noif) 25 i^a^^re :^tnbur(^ für ba§ Sanb.
2^ie ^öc^ften 5tnforberungen an ]iä) felbft ftettenb , fein ganjeS S)enfen unb
äöirfen ben i^ntercffen feine§' ^ürften^aufeS unb be§ !C'anbe§ mibmenb, öerlangte
er öonS^ebcm, ber imS^ienfte be§ Staates ftanb, biefelbe unermüblic^e 5^eiftung§=
fät)igfeit, unb ujar unüerbroffen Bemül)t bie in ben S3ett)ältniffcn be§ fleinen
Staates eingefüt)rte Drbnung aufrecht gu er'^alten unb toeiter auS^ubilben, alle
3uftänbe JU regeln, bie ftänbifc^en Öere(f)tfamc ju erneuern, bie 33eitDaÜung
äu öertiottfommnen unb alleS ©emeinnüi^ige eifrigft ju förbern. S)ie anftren=
genben 3lrbeiten jogen i^m eine S(i)tDäc|e ber ^Jlugen 3u , bie ficf) gegen bai
ßnbe be§ ^a^r^unbertS fo fteigerte , ba^ er iiä) beranlaBt fa'^ im bitter bon
69 ;Sa"^ren um feine 6nt(affung ju Bitten, bie er aud^ burd) ein 5)eEret bom
31. ^JJiärj 1800 in ben gnäbigften ?lu§brü(fen unb unter ben et)renDoII[ten 5öe=
bingungen ert)iett. Salb barauf gän^tic^ erbtinbet, :^atte er ba§ ©lürf im ^uni
1804 buri^ eine Operation be§ gefrf)icEten SlugenarjteS Dr. ^öni^ ju S)re§ben
fein ©efid^t toieber ju erlangen. So mar er mieber in ben Stanb gefegt feinen
anfe:^nlicf)cn, mit großer Siebe gefammciten 33ü(i)erfc^a^, ber au§ mc"^r at§
10,000 a^anben meift jur @ef(f)i(f)tc ge'^öriger 3Ber!e beftanb, in gemeinter
SBeife ju genießen. Seit bem ^üt)re 1767 bert)eirat^et mit 3fot)anna Sophie
bon .«päfeler, bertebte er an ber Seite biefer treuen ©efä^rtin ben 9Ibenb feines
Öebenl t^eil§ in SBeimar, t^eil§ auf feinem ®ute Secr§aufen, ben gelüaltigen
greigniffen ber 3eitgef($i(i)te mit größtem ^ntereffe folgenb. '»JJlit frohem SSemu^tfein
auf fein langjähriges SBirfen ^urüdfe^enb unb in frommer cfiriftliifier ©efinnung gefaxt
unb f)offnung§bott bem testen feiner Xage entgegenfef)enb, ftarb er am 13. ^an.
1814 JU SBeimar ben fanften 3:ob be§ SlÜerS unb marb bafelbft auf bem ^ird^=
^ofe 3U St. ^afob beigefe^t. fSßergl. 3tnna 5Imatia, 6art 3tuguft unb ber ^Utinifter
bon fyritf($. 3}on 6art grei'^errn bon SSeauIieu=^arconnal}. äöeimar 1874.)
Ö'art äBil^elm b. f^. , ^toeiter So'^n beS S5orgenannten , inarb geboren
3u 3Beimar am 16. ^uui 1769, maä)k feine Stubien auf ben Uniber=
fitäten i^ena unb Seipjig unb toarb im ©ctober 1789 al§ 3lffeffor bei ber
ßanbeSregierung ju Söeimar angeftellt, too er fic^ balb fo betoö'^rte, ha^ er
bereits im ^Jlärj 1791 bcr (Seneralbirection beS ^^oüseitDcfenS jugef^citt bDurbe
unb eine Stelle in ber ^Umofcnbeputation äugcmiefcn et'^ielt. S)ie perföntici)e
Slufmerffamfeit beS .^er]ogS ßart 3tuguft 30g er balb '^ernai^ auf fic^ burc^ bie
Bearbeitung bon ;SnnungS=SSerorbnungen, bie biSt)cr unter bem ftrengften S"^^]^^
3tt3ang geftanben Ijatten, nun aber naä) ben ©runbfä^en einer tüolilberftanbenen
©eroerbefrei^eit neu inS Seben traten. Seine Ernennung jum ^iegierungSraf^
folgte barauf im ^. 1793. 2lngcregt bur($ ben Um.gang mit ben großen "^J^ännern,
mel^e ju jener ^^it in SSeimar lebten, fonnten befonberS jroei (Elemente ber
bamaligen @efettf(i)aft nic^t o'^ne ßintoirfung auf i^n bleiben : bie franjöfifdien
ß-migranten, bereu 5Jte^r3al)l eine feine gefeüige 35itbung in baS (5i\i mitbrachte, —
unö baS (Srjie^ungSinflitut für (än^lönber, ^yransofen unb c)d§b3ei3er, tbetd)eS
Mgem. beutjc^e SBiogropIjie. VIII. 8
114 5titfct).
öon 1797 — 1806 bon bent trül^ern ^räfibenten ber ^latiDnalöetfoniinlutig in
$an§, 5Jloumer, in bem ©d)Ioffe 23elöebere Bei Söeimar eniditet worben toar.
^Dtit bem 8ot)ne biefe§ Qeiftreidjen unb d^arafteiboEcn 5)lanne§ , ber \pätn ein
bevtrauter ßabinetSjecretär 9iapoteon§ I. , ^ule^t ein ÖebcntenbcS ^Jtitglieb ber
iran^öjifdien ^^airgfammcr föurbe, geftaltete fic£) ein treunbj(i)ajtüd)e§ 3}er^ältni|,
ba§ burc^ briefli(i)en 2}er!e!)r 16i§ jum 2;obe bei Sedieren iortgefü'^rt ttjarb. S)ie§
mag ba^u Beigetragen I)aben, bafe er im 3f- 1802 jum ßommiffar iüx bie Unter=
fud)ung unb ©(^tid)tung ber bei biefem ^nftitut etwa üorfommenben fleinen
S5ergel)en unb ©treitigfeiten ernannt toarb. @ine trefftic£)e Silbung§f(i)ute toarb
befonberS für ben jungen ''Ulann ber 2öitttt)en[i^ ber ^erjogin 2Inna 5lmalia in
2;iefiurt unb ber geiftrctdje ßirfel , ber bie ^^'ürftin bort umgab. @§ trug biefe
3tnregung Befonber§ baju bei, fein :poetijct)e§ ^latent immer mel^r auS^ubilben,
beffen bamalige i'eiftungcn ireiüd) nur in me!^reren literarifd)en 33lattern gerftreut
öortianben finb unb beffen reifere Sr^eugniffe fid) aU ^Dtanufcripte mefjrerer
2;rauerfpiele im f5aniilien=2lrd)it) öorfinben. 3lud) begrünbete bie Stufnatime in
ben Sief furter ^rei§ fein fpätere§ ^^amiliengtücE, ba er fid) im ^. 1803 mit ber
Öofbame ber i^er^ogin Slnna 3lmalia, f^räulein Jpcnriette äöolffsfeel öon 9teid)en=
berg , DermäljUe. S)ie ununterbrod)en fortbauernben ^rieg§ial)re nat)men feine
ganje 2'£)ätig!eit in ^Infpruc^ , ba i'^m öorjugSweife bie 5}iilitär=3tngelegenf)eiten
übertragen waren; feljr üerbient mai^te er fid) toätjrenb ber @d)reden§3eit , bie
nad) ber ©d)Iad)t Don ^ena im ^. 1806 über Söeimar l^ereinbrad). %vidi)
fpäter gelang eS i{)m burd^ fluge ä^er'^anblungen mit ben rcquirirenben fran=
,^öfifd)en 23et)örben bereu 5(nforbcrungen mögti^ft 3u bef(^ränfen. ^n 'lnerfen=
nung feiner öeiftungen toarb er im ^. 1807 jum ^4>i-'äfi^enten be§ neu organi=
firten öanbe§poIi(^ei = 6oEegium§ ernannt, unb trot^ feiner öielfa(^en @cfd)äfte
öeröffentüdjte er bama(§ eine ©d)rift: „Erinnerungen be§ @nfet§ an ^etra(^=
tungen be§ @ro^t)atcr§" (2öeimar 1810), meld)e mand)e trefftid)e ®ebanfen über
©taat§organifation entt^alten. 9}om 1. i^anuar 1811 an tourbe er ^u ben
©i^ungen be§ @et)eimen 6onfeit§ gejogen unb im Slpril 1815 jum 3öirf(id)en
65e|eimen 9tat^ ernannt, al§ toeld)cr er bie Uebernaf)me unb Uebergabc ber=
jenigen i'anbe§tf)eite unb Drtfd)aftcn, tüeld)e in ^^olge be§ ^ßai^ifer 3^rieben§ unb
ber <5taat§t)erträge mit ber .^rone ^reu^en gegenfeitig abgetreten n^urben, au§=
5ufüt)ren Ijatte: ^Jlad) ber @rrid)tung be§ <Staat§minifterium§ toarb er jum
©taatgminifter am 12. Secembcr 1815 ernannt. 3II§ foId)em toaren i^m an=
fang§ bie 3ufti3% £et)n§= unb i'pol^citäfad^en , bie ßanbe§t)erroaltung§=, ^^oli3ei=,
ianbfd)af tlid)en unb ©teuer = ©efi^äfte nebft ben ^Jlilitär = ^ngelegen!)eiten an=
bertraut, bod) bertaufi^te er bie legieren fpäter mit ben Äird)en= unb ©d)ulfa(^eu,
unb er't)ielt nad) bem 5lbleben be§ ©taat§miuifter§ bon 3}oigt aud) nod) bas
3)ebartcment be§ groPer^oglidjen .'paufeS unb ber augmärtigcn 3lngelegen^eiten.
@(eid)5eitig toarb i^m bie äöürbe eine§ i?onjler§ be§ ipauSorbenS ber äßai^fam=
feit ober bom meinen J^alten ju 2;^ei[, nad)bem er bereits unter bem 30. Januar
1816 ha^ ©roBfreuj er'^atten f)atte. ^m unmittelbaren 9tuftrag bei ®ro^=
l^er^ogg (£art 9luguft nat^m er 1819 2:!^eil an ben 531inifter = Konferenzen in
^arllbab , fotoie an ben l^ierauf folgenben ßonferenjen in Söieu im ^. 1820,
too er neben ben fpecieHen 23ert) anbiungen mit großem ßifer fid) angelegen fein
lie^ einen .panbelebertrag mit 23aben unb 5taffau ju ©taube ju bringen , ber
freilid) ebenfotoenig unmittelbaren 5iu^en getoä^rte mie ber im ^. 1828 eifrig
geförberte mittelbeutfc^e A^anbellbcrein. 3^ad) bem Stöbe bei ©ro^'^er^ogl ßarl
5luguft warb il^m bon beffen ^J{ad)folger baffetbe 35ertrauen ju 2;f)eil unb all
im 3Sinter 1833/34 toieberum eine 9Jtinifter=6onferen3 ju SBien fjattfanb, ^atte
er bort bal ganje ©ad)fen = @rneftinifd)e .^^aul 3U bertreten. ^m ©enuffe att=
gemeiner 2ld)tung unb 2lnerfennung führte ex bie @ef($äfte bil 3um .!perbft 1843
Stitfd^. 115
|ort, toar bann aber burcfi junel^menbe ©d^iüä(^e feiner 5(ugen ge^tüungen iid)
3utücfju,^iet)en. ^n bet fo getüonnenen ^^tu^e jidE) mit neuer 2Bärnic bem i^m
öerliel^enen poetij(^en Talente f)ingebenb, üertebte er bte legten ^aijxe abtDed)jelnb
in äßeimar unb auf ben ©ütern ©obbula unb (Scerf)aufen unb ftarb am
16. Cctober 1850 p SBeimar, mo er in ber fyamiliengruft auf bem neuen
t^riebf)ofe beigefcfet ttiurbe.
;^ubtt)ig, brittcr Soljn beö 3[Riniftere ^doh ^riebrid^ ^. , toarb am
2. 2lpril 1772 in Sßcimar geboren nnb berlie^ rrüiijeitig bae ctterlidie
^au§ , um al§ Stanbartcnjnnfcr in bae |)reu^if(^e .Sürafficrrcgiment bon
^o^x 3U 2lfc^er5le6en cinjutreten; als foItf)cr mad)te er im ^. 1787 ben [Nelb=
jug nad^ ,!poIIanb mit. S^ag 9iegimcnt erhielt bann ben <^evjog C^arl 9luguft
öon (2ac^fen = 2Beimar ^um ßl^ef; l-ubtoig marb 1789 ^um dornet unb 1792
3nm Is^ieutenant ernannt. S3eim ^Beginne be§ in biefem ^a^re ftattfinbenben
g-elbjugs in bie G^ampagne tra^ if)n ala jüngften Dfficier ba§ 2oo§, nai^ Irier
commanbirt ju werben, um für ^tac^f^affung üon Sebengmitteln ju forgen unb
^^oli^ei unter ben ^atjtreic^ bafelbft bcrfammelten Gmigranten ju !^alten. 2Jßa§
i!^m bas gvoBte Ungtücf erfi^ien, foHte ju feinem ©lücfe roerben. Sie franjöfifdie
33efa^ung bon Saartouie benu^te nänitic^ bie öntrernung ber preu§ifct)en 3Irnice
3u l^äufigen Streifungen in bie Umgegenb , biefe plünbernb unb branbfc^a^enb.
Um bem ju fteuern mürbe Subtoig gur Unterftü^ung eine§ Äurtrierifcfien 6om=
manbo'e öon 200 ^Jlann Infanterie mit einem fleinen 6aöaIIerie = 6ommanbo
bon 2rier nac^ 5)lerjig betarfjirt. 2}Dn biefem Orte aus machte er am 15. Sept.
eine 5patrouiEe mit einem Unterofficier unb 10 2Rann unb ftie^ unöermutf)et
bei einer 3Scnbung bee SBegs auf einen feinbtid)en 3>ortrab Pon 60 5^^ferben.
©ie fefjcn unb mit @efd)rei auf fie einfprcngen mar eine — unb er l^atte bal
&iüä ben i^-dnh bil auf feine ^nfot^terie jurüd^utoeifen, Por beren (Setoefirfeuer
er fic^ bann jurüdjicfien mu^te; bod^ mar bas 9tefuttat , ba^ bie ^^-'^njofen,
huxä) ben fü!)nen Angriff ftuliig gemacht, ficf) über bie Saar äurü^jogen. Siefe
5t^at berfdiaffte i^m ben Drben pour le merite, unb bie siuSjeid^nung , bafe
(Soet^e berfelbcn in feiner öefdiii^te bes getbjuge cf)renPoE gebenft (@oetf)e"5
Söcrte, 5?b. 30, ©. 7 u. 153). 6r na^^m bann meiter 2t)eit an ber Belagerung
Pon ^ilainj, marb nac^ ber ©ct)Iad^t Pon ^pirmafenj ^Ibjutant beS ^per^oge (5arl
?luguft unb mo^nte a(§ foI(i)er ber Eroberung ber äöei^enburger Sinien unb ber
S(^lac^t Pon iltoortanben bei. 5l(e ber iper5og im^- l"9-4 ben S)ienft Pertic^,
empfing er Pon bemfelben feinen S)egen unb ein '^>ferb jum ©efc^en! unb marb
ber ©uite be§ ßrbprinsen Pon §of)enlo^c 3ugett)ci(t. 5kd) bem 33afeler ^yneben
folgte ex biefem nac^ 3lnfpad) unb marb jum Otittmetftcr ernannt, ^m^. 1796
5um Sragoncrregiment Pon 2St)B nad) ©agan Peiie^t , bcnufete er feine freie
3eit jn umfaffenben Jerrainftubien, toarb 1798 mieber feinem früheren 9tegimente
3uget"öeilt unb lebte bi§ jum ^a^xt 1806 in 5lf(^er§tcben. Beim Beginn bee
^riegcg erf)ielt er mieber ben Befehl, in ^alle ^urüctäubleiben , um bie bort be=
finblidjen S)ep6t§ Pon Pier GaPatterieregimentcrn ju commanbiren — unb aud)
biefe§ SRal gereichte bie anfd)einenbe ^urüdfe^ung ju feinem Borf^eil: fein Ote=
giment, melt^es \\ä) bei 2[uerftäbt fel^r braP getjalten , marb in bie allgemeine
gtu($t ber 5Irmee Permicfelt unb Perlor Piele Cfficiere; Submig Pereinigte fid^
nebft feinen beuten mit bem $Refte beffelben bei 53kgbeburg , — unb aU bei
^U-en^tau ba§ .s3o!^_entof)e''f(^e (5orp§ fapitutirte , Permod£)te er e§ nidtjt über fic^,
fotd)e 8($mad) 3U t^eiten; mit einer Sd^aar Pon 80 Dleitern unb ber Stanbarte
fd)Iug er fict) glüdti;^ burdE) bie feinbticfien Sinien unb gelangte bi§ jum ^önig,
ber i^n fofort jum 'iDtajor ernannte. (Jr blieb nun bei ber 2lrmee in ^reufeen
unb erl)iclt bae läftige ©ef^äft ber Mftenbetead^ung. S)ic mannigfa(^en Be=
fc^merben beffelben, ber tiefe S^merj über bae i]ooe ber9lrmee zerrütteten feine
116 S^tt^-
f(i)on gejd)tt)äd)te ©ejunbl^eit unb mit überxafcfienber ©(^nelligfeit Bitbete fidC) fein
Uebel jur förmliciien 2öaffeiiud§t au§, ber er am 28. ßctober 1808 erlag, ^n
©umbinnen, wo er öon ^^^reunbeätianb ge^iftegt loorben toar, ru'Cit er auf bcm
Äir(i)f)OTe. bon S3eaulteu = ^arconnat).
^ri$: ^. 5. 35on ber ßompofition biefe§ ^IRii|ifer§ finben ficf) jtüei ®e=
länge in einer 1535 in (^-ranfjurt a. 501. Bei (J^riftian @genolff erfd)ienenen
(Sammlung bon bierftimmigen „(Saffent)ott)erIin". S)a§ einzige betannte (Srcmptar
bie|e§ SBerfeS Befinbet ficf) in ber gtatt)§fd)utBiBIiot:^ef au 3tt)icEau.
f^ürftenau.
5n$: ;3oa(i)im griebric^ i^. (gri^iu§), 6at)ettmeifter ju @raa in
©teiermarf gegen @nbe be§ 16. ^Jatir'^unbertS , ^^at fid) at§ (Fornponift burd^
folgenbe in ©roj erfi^ienene 2Ber!e Befannt gemacht: „2)er XCLV ^falm jür
fünf Stimmen, 1588. Pia Comonefactio bom jüugften @eri(i)t für fünf Stimmen",
1588. @erBer ^Jleueg 3:onfünftterleji!on II. 209) fü'^rt nod) bon i§m an:
„9lett) geiftlidie Tricinia mit 3 Stimmen p fingen", 9lürnBerg 1594.
gürftenau.
gri^: ^eter }^. , geboren am 3. S)ecemBer 1772, jum ^U'iefter gemfi"^t
am 21. ^oi 1796, 2)octor ber St^eologie unb Pfarrer 5u §ergoIb§t)anfen im
Untermainfreife, 2)iöcefe SBürjBurg, fpiitcr Pfarrer ju $püffen§t)eim, geftorben am
3. September 1854, gab eine freie 35earBeitung be§ ju 5)3ari§ 1764 in ätoei
SBänben anonym erfdiienenen 2öer!e§ f)erau§ : „Memoires pour servir a l'histoire
des ögaremens de l'esprit Imraain par rapport ä la religion chretienne ou
dictionnaire des beresies, des eireurs et des schismes" unter bem Xitet
„Äe^ertesifon", 2 SBänbe in 4 2IBt^., SBür^Burg 1828. ^. ÄeUner.
g-ri^: X^eoBalb (^o^ann) g. , geBoren am 29. ajlai 1771 ju
S(i)rattentl^al in ^Jliebcrofterreicf) , trat am 21. SeptemBer 1794 al§ ^tobije in
ba§ Stift ^lofterneuburg ein, unb mürbe nac^ boüenbeten tT)eolDgifc£)en Stubien
am 31. 3luguft 1800 3um ^riefter gemeint, ^^ad) abgelegtem feierlichem ^rofc^
(31. ^ai 1801) muvbe i'^m ba§ Setjramt ber ^Jloral unb 5paftoratt§eoIogie an
ber t'^eologifd)en ^augle^ranftalt im Stifte ^tofterneuburg üBergeBen. Slm 16.
'OlobemBer 1810 an bie Söiener .^oi^fi^ule Berufen, letjrte er Woralttieotogie Big
,jum ^. 1848 „semper attendens sibi et doctrinae et seipsum et auditores
salvos facturus", !§od§gead)tet aU ^riefter, gelieBt unb berel^rt al§ Seigrer bon
feinen Sd)ülern. ^m ^. 1830 mürbe i'^m ba§ e^renbolle 2lmt eine§ 6enfor§
libr. tbeol. übertragen, im S. 1835 (per decretum) bie S)octormürbe berlicl^en.
@r ftarb ju äöien am 24. 3lpril 1848. Seine Seid^c mürbe nad) ^Iofter=
neuBurg üBerfütirt unb bafelBft in ber StiftSgruft jur ewigen tRuf)e Beftattet.
ßofterfi^.
^x'l^t: 3fof)ann griebrid^ ^. , geBoren 1726 ju Su'^t, ftubirte feit
1746 p Seipäig, tfoi-'b 2lbbocat ju Sc^teufingen , 1763 Slri^ibar ju ßoBurg
unb 1768 tierjogt. fad)fen--coBurgifd)er get)eimer 9latl^ unö S5or[tanb be§ l^enne=
Bergifd)en 3ird)ib§ ju 5Jleiningeu. 3tt§ fo((^er ftarB er ^u 5[)ieiningen am 6.
Wäx^ 1793. @r f(^rieB biet mertf)boIIe§ üBer tjennebergifi^e @efd)id)te, uament=
lid): „,g)iftorif(^e SSeiträge jum "^ennebergifc^en Sergmerfä^ unb ^Mnjmefen"
(1778); „Sln^eige ber met)reften I)ennebergifd)cn Se'^nbriefe" :c. ic.
(1779); „35erfuc| über ben Urfprung ber ©rafen bon C^enneBerg" (1780); 21B=
l^anblung bom @au Sullifelb". SBgl. 5)teufel, ßejicon. —
2öatc^, Memoria Fritzii im Sd)leufinger @t)mnaftalt)rogramm bon 1793.
(Serlanb.
gri^c: 3iof)ann Sl^eobor i^., ein Bebeutenber fetbärätlic^er Drganifator,
geBoren 1740 ^u 5JlagbeBurg, geftorBen 1793 ^u ^alBerftabt. 6r toar feit
1771 m-jt in ^alBerftabt, mürbe 1776 ^ofratl), 1778 StaB§mebicu§ unb
g^ti^lianl — gti^lar. 117
1786 ©eneraünfpector ber preuBiftfien fyelbtajatetfje. 2)ie le^tere Stettung er=
l^ictt 5- in f^ri^lgc feiner ot^riit „Sas Äönigticf) i|}reu§ifrf)e getbtajaret^ , na<i)
feiner '!)Jlebicinal= unb Dfonomifc^en 3}er!affung ber ^roeiten 9{rmee , im .i^riege
öon 1778 unb 1779, unb bejien 'DJUnget au§ Socumenten ertDiefeu", 1780,
in njetc^er er mit großer g^reimütf)igfeit bie fc^timmen ßuftänbe bee preuBtfi^en
fyelblaäaref^ttiejenS im batjrifc^en grbfolgefriege naci) eigenen (äria^rungen bar=
legte. 3lui biefe ©diriit mar ^riebrid§ ber Sro^e Oon bem ju feiner ^et)anb=
lung au§ ^annoüer furj tior be§ ^önig§ 2obe herbeigerufenen .öotrat^e ^Kitter
ö. 3ifn'nermann auimerfiam gema(i)t teorben; ber Äönig ließ ben 5>erfaiier ^u
fic^ fommen, um ficE) bie befiaupteten Uebelftdnbe no($ einmal au§einanbciie^en
3U (äffen unb ben ioofrat^ fy. mit ber Cberauific^t über bie Sajaret^e in Ärieg«=
feiten ju betrauen, [yreiüct) l^atte ^. feine ©etegen^eit biefeö 9lmt praftifcf) im
«Kriege ju üerroatten, aber ba§ am 16. September 1787 f)erau§gegebene ättefte
:preuBifcf)e fyelbta^arettjreglement ift unter 3u9i''unbetegung ber gri^e'fciien 93or=
f erlöge üerfaBt roorben. S3gl. S)ie Ärieg§(f)irurgie b. legten 150 ^a^re in
^preu^en, 0. 6. ©urtt, 1875. i^xöiitij.
5n^l)finö: i^o^annesfy. (gri^e), 53t5nc^ im grancisfanerttofter ju
DJtagbeburg, fd^IoB fic^, hmä) ben Stuguftiner Dr. theol. ^o^ann _^#tebiu6 unb
bie Sectürc ber i£(f)riften ^^ut^er"§ für bie neue Seigre gemonnen, fe§r frü^ ben
Teformatorif(^en 33e[trebungen in 'Jütagbeburg an. 5Da er fic^ meigerte, bie aur
ber Äanjet befannten ©runbfä^e ju miberrufen unb man if)m be§roegen mit
G^inferferung breite, entflo^^ er au§ bem Älofter unb toanbte fi(i) nad) 2öitten=
berg , mo er einen S^ractat erfcfieinen lieB , in bem er ütat^ unb ©emeine ju
^agbcburg jur Slnna'^me ber gereinigten ^e!^re ermahnte. 23aCb tcf)rte er nad)
gj^agbeburg ^urüdE , lebte t)ier eine 3eit lang at§ '^UiDatmann , bi§ ibm ( -JJlai
1524j beim fiegreid)en S)ur(^brud) ber reformatorifc^en Bewegung in ber Stabt
bie ^^jirdbicantenftelle an ber ©t. ^o'^anniefircfie, rcenige 5Jlonate fpäter (28. 3nti)
ba§ ^^^iarramt an ber .^eiligengeiftfirc^e übertragen mürbe. 3ln ber S;ur(f)tü^=
xung ber 9?eformation in ber Stabt ^agbeburg gebüt)rt i^m ein mefentüd)er
Slntl^eit; bei aller Energie geigte er au(^ bie crforbcrlid)e ©efonnen^eit.
Sani de.
Sri^Iar: § erb ort b. ^., Stifter au§ ber ©tabt gri^Iar in öeffen. @r
16e3eid)net fid) felbft als einen „getarten fd^ulere", unb mar unjmeiieltiait geiftlidien
©taubes, morauf aud^ feine ciaffifd)e 33ilbung (er fennt £)oib'§ Sichtungen) ]^in=
tDeift. ^m erften Sa'^rjel^nt be§ 13. Saf)r^unbert§ (nac^ 20. (Srimm, lieber
greiban!, 1850, ©. -16, noc^ im 12. ^a^rl^unbert) unternal^m er, toot no(^ al§
junger 9]lann, eine poetifd^e ^Bearbeitung bes XrojanerfriegS. S)te 5tnregung
baju erhielt er burd§ ben Sanbgrafen ^ermann Pon 2:f)üringen, ben eifrigen
görberer ber beutfd)en Ißoefie; biefer l^otte bie fran3öfifd)e Cuetle, ber öerbort
folgte, burc^ einen @rafen Pon !^einingen crl)alten. öerbortS „liet Pon iroic"
ift bie ättefte beutfd)e SBearbeitung ber Xrojanerfage, menigftene bie ältefte un» er=
lialtene, benn e§ gab foId)er fd)on Por il§m lOgt. ben Gingang Pon <6einric|§
P. 3Setbefe (Sneibe unb ^erbort 3). 60. 71. 81). ^erbort na"^m \idi öeinric^
P. Sßelbefe 3um ?Dtufter, ju beffen (äneibe feine S)id§tung eine 3trt Einleitung
ober ßrgänjung bilben fottte; aber auä^ 2amprec^t§ 3l(eranber ift nid)t of)ne
ßinftuB auf if)n getoefen unb in ben ©c^(ac^tf(^ilberungen erinnert er me'^r an
biefen al§ an jenen. 2)ie ^orm feine§ ©ebid^tS ift bie ber geroö'^ntidien Oieim=
paare ju Pier <^ebungen , boc^ ^at er in einem 3lbfd)nitte elf 53^1 t)inter ein=
anber Pierfad)en 'Keim angemenbet. S)ie ©prad)e ^erbortö ift nic^t rein ober=
beutfi^, fonbern trägt, ber ^eimatf) be» S)ic^terö entfpred)enb, entfd)ieben mittel^
beutfd^en Gliarafter. ©einer franjöftfd)en Cueüe, meiere mir in bem Roman de
Troie be§ notmännifc^en SrouPere's ^genoit be ©ainte ''Jfloxt (j^erau§gegeben Pon
118 O^rt^Ior.
^o(t), ^atig 1870) öefi^en, f(f)tie§t ftc^ .spei'bovt genau an. %n^ ben geo»
grap^tfd)en Sycui-g, njeldfien 33enoit au§ bcr ^o§mogmp|ie beg v'ponottuS ein=
geflod^ten, l^at er fieibe^alten, tüietoot er Hin jef)r tangtoeilig finbet. Snt cin=
jetnen erlaubt er fid^ mant^e ^ürjungen, namentli(f) in ben langen kleben unb
ben (S(^la(i)tbef(^reibungen , unb nur ein ''Mal (35. 5479 — 5871) l)at er eine
fotd)e ^am^ffcene, ber ni(i)t§ im ^raujöfifdien Ctiginat entft}ric£)t. %xo^ bc&
"^öfifdien SöorbilbeS eines ^einrit^ b. SSelbete ift bo(f) Aperbort öiet berber unb
weniger t)öfifc^ ; er berräf^ eine getoifje Steigung jum (S5rä^licf)en unb töttt nic^t
leiten ganj au§ bem t)öfi|(^en 2one t)erau§, ber ju feiner ßeit in ber 5Poefic
bur(^ .^artmann öon 9lue fc^on begrünbet tüar. S)ie fd)öne ©cene be§ 3lbf(i)iebe§
t)on ^edox unb 3lnbromac^e "tiat bei ^erbort ein unf(i)Dne§ 51a(i)fpiet, inbem fic^
2Inbromarf)e bann in äorn unb SSer^toeiflung an 5Priamu§ toenbet unb il^n mit
einer 5(ut^ gemeiner ©d)mäf)ungen unb ©d)impilDörter über^uft, bie auf 'iH.td}-
mtng be§ beutf(f)en S3carbeiter§ fommen. dagegen finb anbere 3üöe bei ^erbort
f(i)ön unb gemüt'^boH , fo bie SBorte , bie er ben 3l(^iE bem gefallenen .f)ector
na(f)rufen lä^t. ©ein e'^rlid^eS unb rebtid)e§ beutf(^e§ @emütf) tritt un§ ent=
gegen, toenn er gteid) im ©ingang feine§ (Sebi(^te§ fid) gegen feine Quelle au§=
fprid^t, bie bem treulofen ^^elia§ f)o'^e§ ßob ert!)eile; er tonne einem untreuen
5Jtanne, aud^ wenn berfelbe alle 2;ugenben befä^e, fein 2ob fpenben. 9Iud) fonft
mad)t fid) bcutfc^e ^^Infdjauung bielfad) geltenb , in 53e3ie!)ungen auf beutfd)c
^t)tt)ologie, beutfc^e Sitten, (Bebriiuc^e unb 9ted)t§gett)o'^nt)eiten. SBenn er aud>
bei -^-ranäöfifi^en ^iemlid^ mäd^tig ift, fo laufen bocC) manche ^Jli^berftönbniffe
be§ Driginalg mit unter, ©o mac^t er au§ bem maistre donjon, bem -^au^jt^
tl)urme ber S3urg, einen ^eifter, Üiamen§ Sonjon, unb af)nlid)e§, tüa§ übrigen!
ben meiften mittel^oc^beutfd)en SDic^tern jener 3fit einmal paffirt ift. — .^erbort
ift fein l)ertiorragenbe§ bid)terifd)e§ latent; er gefte'^t fein Unbermögen felbft
ein, einen fo getualtigen ©toff ju öerarbeitcn, unb bejeid)net ben ©toff al§ einen
müt)fam ju erfteigenben 58erg. ^m 23ergleid)c mit benen, bie bor if)m biefen
©toff in beutfc^em ®ebid)te bef)anbelt (mit ,s'-)inblid auf ^einridi b. 3Selbefe),
nennt er fid) ba§ bierte Üah (mir loürben fagen: ba§ fünfte giab am SBagen)
unb tröftet fid) bamit , ba§ , tuenn er nichts nü^e, er bod^ audf) nid)t§ fd^abe.
„^d) bearbeite bodt) bie ©tra^e, bie fie getaffen laben, unb übe meinen ©inn
baran, ber f)art unb träge ift, ba§ xdt) if)n biegfam mad)e." 5lef)nlid^ äußert
er fidf) am ©d^tuffe: man bürfe e§ nic^t t)oä} anf(^lagen, ba^ er etloal bid^ten
fönne; bennoc^ l^abe er fi(^ S)idt)tenl angenommen mit anberen ®idt)tern, beren
©d)aar er mef)ren tooHe , anbern diu^m bege'^rc er nid)t. — 35ieIIei($t ift ^.
au(^ ber 3}erfaffer eine§ berloren gegangenen 5)rama§ bom l^eitigen Dtto; at§
S)id)ter beffelben tüirb ein ©d^otafticul |)evbort genannt.
|)erau§gegeben nac^ ber eiUf^igen boUftänbigen §anbfdf)rift in i^eibelberg
(ju ber neuerbingl nod^ ein gi-'^S^'^iit gefommen: 3pitf<^^*itt f- beutfcf)e&
9ntert^um, 21, 203 ff.) bon @. ^. g?rommann, Quebünburg u. ßeipjig 1837;
bgt. baju gi-'ommann im 2. Sanbe bon ^^feiffer'§ Germania.
Ä. SSartfd^.
(^ri^lor: ,s^") ermann b. ^. , mot naä) feiner ^eimat^ i5'ii^tar in Reffen
genannt, mirb, obglcid^ Wal^rfd^einüdE) nid)t ©eiftüd^er, fonbern gelef)rter ßaie,
bem Greife ber beutfdien ^IRtiftifer beigejäf)U bur^ fein „S3ud£) bon ber .^eiligen
Qelm", tDeld£)e§, im S)ialecte be§ mittleren S)cutfdf)tanb unb in einem geraubten
unb lebliaften ^^rofaftile abgefaßt, nur in einer einzigen bon 1343—1349 ge=
fdf)riebenen cS^anbfd^rift borliegt. S)a§ 33u(^ , nad) be§ 9}erfaffer§ ober genauer
be§ 5öcranftaltcr§ Sefenntniffe, au§ bieten anbern S5üd)ern, au§ ^rebigten unb
t:^eologifd^en Söerfen ^ufammengelefen, enthält nad) ber Drbnung ber firi^lid^en
(Sebä^tni^tage burd§ ba^ ^af)x au^er Iegenbarifd£)en @r3äf)lungen audfi mit
mm^- 119
biefcn öexfnüpftc obev untct fte eingeftveute ^^tebigten unb Sctradfitungen , bie,
tüie bie ßegenbcn für bie pi-ofaifcf)e @r5ä!)IunQ§Iittei-Qtur, fo für bie ®ejä)i(i)tc ber
beutfrf)en 5JiQfttf Don ^Belang finb. ©in irü^ei-eS, öon ^. ö. 5- ertt)äf)nte§ Sud^
„®ie S3tume ber ©cfiauung" ift nicf)t aui mVi gefommen. 25on .^ermann'S ö. g.
Cefcen toiffen tuiv nicf)t§, bocC) fc^üc^en tüir a\i^ ja^treirfien Stellen ^eine§ 23u(^§,
ba^ er weit t)ci-umgefommen fei , au^er berfc^iebenen 2;|ei(en 5:eutf(^Ianb§ au(^
^ranfreicf) , «Spanien , ^4^sortugal unb Italien geje^en 1)abi, oBittol oui^ manciie
jener Stellen fc^on in ber 23orlage geftanben t)a6en toerben. bleuere noä) nidit
abgcf(i)Ioffene fyorfc^ungen toeijen noct) anbere unb für ben 16etrad)tenben 2:^ei[
be§ ,g)ciügenleben§ öiet Qu§gebe{)ntere Ueberliejerungen nac^ unb gelangen ju
bem ßrgebniffe, ha'h um ba§ ^. 1340 eine gro^e, ba§ ganje Äitcf)enia'^r um=
iafjenbe, auj ben SBerfen ber 5Rl)i'tifer fu^enbe unb einen ireifinnigen anti=
^ierard^ijc^en @ei[t atl)menbe Sommlung öon ßrflärungen ber (Süangelien unb
4pi[teln öeranftaltet werben jei, öon ber |)crmann'§ „^eiligenteöen" nur eine
31u§roa^l Biete.
|)ermann öon ^ritSlar, 9licolau§ öon Strasburg, S)aöib öon 51ug§burg.
3um erften ^al t)erau§gegel6en öon grauä Pfeiffer, i^eipjig 1845. ;2;euttc£)e
5}tt)ftifer be§ öierje'f)nten i^aljrl^unbertg. ©rfter 23anb.) — ^Beiträge jur Sit=
tcratur ber beutfd)cn 5Jtt)ftifer öon Sofep^ ipaupt. I. ?ieue .g)anbfcf)riften
jum Hermann öon gri^lar in ben Si^ung§beii{i)tcn ber pf)ilof.=^i[t. ßlaffe
ber faiferl. 5lfabemie ber aßiffenjd)., 76." SBanb , ^a^rg. 1874, 3Bien 1874,
S. 51 ff. $Bec^[tein.
5'ri^fd)e: Slbolf 2;l)eobor .g)ermann ^., ^'^ilolog, geboren am 3. i^uni
1818 in ©roi^jd) (^. Sai^fen), t am 9. gebruar 1878 in Ceipaig. gr flammte
au§ einer gamilie, bereu ©lieber über ein ^al)rt)unbert fd)on ^rcbigerftetten Befleibct
Ratten unb bereu ©liebet burc^ ben Dl)eim, beffen Sö'^ne unb 6n!el in 2t)eologie
unb ^:§itologie ttiffenfc^aftlid) berül^mt finb. Sein 9}ater ^o^ann S)oroti)eo§ %.
(t 1863, mar ^Pfarrer in bem anmut^ig gelegenen, an gef($i(^tlid)en ®rinne=
rungen reiften ©erteilen ©roi^fd) ; feine ^Jlutter 2)orotl)ea 61)arita§, eine StocEiter
be§ öerbienten Seipjiger 33ürgermeifter§ <g)ermann, ber au§ @oet^e^§ S)ic^tung
unb Sßal)r'^eit in ben meiteften Greifen befannt ift. S)ie Altern" mußten bem
faxten unb fd)ttiä(i)lid)en ^inbe grofee Sorgfalt jumenben, um e§ ju erhalten.
2)en Unterrii^t ert^eilte ber SBater felbft, bi§ er i§n Cftern 1830 ber ^icotai=
fd)ute in Seipjig übergab, in bereu Quinta jv. aufgenommen mürbe. Unter ben
bamaligen ße^rern ^aben i5un!^änet unb grotfc^er ben meiften ©influ^ auf i|n
geübt unb bem Süector 5^obbe öerbanft er bie frü^e §inmeifung auf bie 2)i(i)=
tungen X^eofrit'g unb bie Suft an lateinifd^er SSerfification. Süditig gefd)ult
bejog er Dftern 1836 bie Uniöerfitöt Seip^ig, um ^'^ilofop'^ie unb ^:]5^ilologie
ju ftubiren. '^ei ÄIo^ unb SBeftermann i)at er pl)ilologifd)e , bei SBad^emut^
^iftorifi^e SSorlefungen gel)ört, befonber§ aber l)at 65. ^ermann il)n gerörbert
nid)t allein burd) feine 3}orlefungen, fonbern me^r nod) burc^ bie Hebungen im
p^ilologifdien Seminar unb in ber griec|if(^en ©efettf^aft. ,§ier fc^lo^ er ein
iunigeg Sreunbfd)aft§bünbni^ mit S^fQ^^^'- ^^^ einzigen Sßürtemberger unter
§ermann'§ Sd)ülern , mit 3lmei§ unb .^reuSler, bie alle in il)ren miffenfc^aft=
lid^en Slrbeiten faft gleid)e Söege öerfolgten, mit Stepl)ani (bem 3lrc^_äologen)
u. a. 3ll§ Stubent fd)on ^at er me'^rere lateinifd)e Oben bruden laffen, bie
öon einer je^t feltenen ^ertigfeit unb ®cmanbtl)eit jcugen. Später roenbete er
fid) nad^ ©ie^en unb l)abilitirte fid) an ber Cubtoigäuniöerfität am 21, Februar
1844 burc^ 9}ert{)eibigung ber 5lb^anblung .,De poetis Graecoriim bucolicis".
^m ^. 1849 erl)ielt er eine au^erorbentlic^e ^:profeffur, bie er am 12. ^ai mit
ber „Oratio de philologia humanitatis fundameuto" ontrat. Sic ift in bem
3lrd§iü f. 5pf)il. u. ^päbag. feneg Sa^re§ gebrudt toorben unb gibt in fel^r ejcen=
120 i^rx^\ä)t.
trifd^en f^-ormen ben 2Bertt) ber .§iIf§n)if|enj(^aTten , ©rammatif , ^evmeneutif ,
Äritif , um bann bie 23ebcutung für eigentlich l^umane 33ilbung ju enttüidEeln,
bie neben ber d)rifttic^en il^re ©eltung be^tte. 1850 tarn er aU au^erovbent=
Iic£)er ^rofeffor na(^ öei)3jig; ^u einem Drbinariatc ift er nici)t gelangt, '^at
aber ben ,"pofratt)§titel er^tten. 5ln SluS^eitfinungen finb i^m öon ^preu^en ber
Äronenorben 4. i?(af|e unb öon ©ti)tt)eben ber ^orbfternorben öerüe^en. (5r la§
über alte ©c^riftftcller , über ^etrü, ©rammatif, tourbe aber in ber 9tegel=
mä^ig!eit ber SDorlefungen burcE) ^ränflic^fcit öielfac^ geftört. 2)ie tau[i^er
^^rebigergefeEfd)ait öeranftaltete unter feiner Seitung Hebungen in ber ßregefe
be§ neuen Xeftamentö. 'Raä) .i^ermann'§ ^}Jlufter ^atte er eine societas graeca
gebilbet, beren Hebungen er in feiner 2Bo^nung abt)ieU unb tpol am ©d)tuffe
be§ ^albjat)re§ mit einem (5t)m|)ofion fdt)to^ , bei bem ben mit .^ränjen ge=
fctimücftcn socii römifdier SBein öorgefe^t murbc. ^ier tourbe ©op^ofteS, 2^^eo=
frit unb 2lriftoteIe§ interjjretirt, aber auc^ bie lateinifc^en ©rf)riftfteller finb be=
adtitet, niit S}orliebe bie Jsiieber be§ .'^ora^. S)uri^ bie ^^flege be§ l'ateinft)rfct)en§
übte er einen guten ©inftu^. Surd) bie p'^itologifdien Hebungen crt)ielten bie=
jenigen eine jtDecfmäBige 93orbereitung , meldte ni(f)t fofort ^^lufna^mc in bem
(Seminare finben tonnten. S)ie 5lbt)anblungen üon jmei '>)Jtitgtiebecn mibmete
er 1863 al§ „Acta societatis graecae" ber ^^tjilotogenöerfammtung in ^Jlei^cn.
5Jlit regem Sfntereffe berietl^ er junge ©tubirenbe über bie ©inrid^tung i^ier
©tubien, :plauberte gern mit it)nen unb f(^entte i^nen liebeboHe jt)eilna^me.
Sn feinen legten Seben§jat)ren übertrug i^m bie Uniöerfität bie Üiebaction ber
l^albjä'^rücE) erfd)einenben S^er^eic^niffe ber 3}orlefuugen. — ©eine fc^riftftetterifd^e
Sflätigteit befcbränftc fict) auf einen frü^ fd^on gezogenen Ärei§ , auf bucoIifdt)e
S)id)ter ber (Sried)en, ^4>inbar, 3;ragiEer unb au^erbem i^ora,^ ®ie 33efc£)äftigung
mit ber (Sefd)ic^te ber griec^ifdt)en 5|3^iIofopt)ie l)atte it)n in Sieben auf 31ri[to=
tete§ geführt; ba§ ad^te unb neunte '^nä) ber 5iicomadt)ifc^en 6tt)if erfdt)ien
1847, bie 6ubemifd)e folgte 1851, nad^bem 1849 bie „Epistola critica de locis
quibusdam ethicorum Eudemiorum" borau§gegangen mar. "Jtieofrit'g ^btiHen
gab er mit beutfdt)er (Jrftärung ^uerft 1857 unb in ^meitcr 5XufIage 1869 t)erau§;
bie beigefügte fa^üdtie Ueberfi^t be§ 2)ori§mu§ foUte bie ©d)uUectüre biefe§
5DidC)ter§ erleid)tcrn. 1865 — 68 folgte bie gro^e 9tu§gabe „commentario critico
et exegetico instructa", in meldl)er bie boltftänbige ©ammlung bc§ fritifc^en
■»BUterialä unb ein rcidi^ltiger Kommentar für ©eletirte beabfid^tigt ift. S)ie
titterarl^iftorifd^en unb bialectifc^en Unterfud^ungen finb ntc£)t erfd)ienen unb ba=
mit ba§ äöer! unöoEenbet geblieben, ^ur ©rgän^ung mögen bienen ha^ ©(^rift=
c£)en „Jfieofrit unb 9}irgir' (1860), ber in .^eibelberg gel)altene 3}ortrag „%^to=
frit al§ Sbt)llenbid)ter" (1865) unb bie „Epistula critica de Theocriti carmine
aeolico'', mclc£)e§ ©tubemunb in 3[Railanb gefunben !^atte, 1866 in bem 3ftl)ein.
9Jluf. , 23b. 21 ©. 247; au^erbem bie jn ®elegenl^eit§fd)riften öeröffentlid)ten
lateinifdt)en Ueberfetjungen öon „Thyrsis" (1856) unb „Pharmaceutriae" (1862),
aud^ „Bionis et Moschi idyUia quinque" (1860). @ine grud^t feiner 5pinbari=
fd^en ©tubien finb nur bie beutfd)e Ueberfe^ung ber ^meiten olljmpifdlien ©iege§=
l^t)mne (1861) unb ber äJortrag auf ber Ütoftorfer ^^ilotogentierfammlung „®er
art]Q cr/ad-og bei ^t^inbar". S)urdt) .g)einborf'§ 9lu§gabe ber .^ora^ifdljen ©a=
tiren fd£)on auf ber ©d^ule angeregt liatte er fid^ lange mit einer neuen SSear=
beitung biefer S)id)tungen befi^äftigt; fie erf(^ien 1875 u. 76 unter bem 2itel
„S)e§ .Iporaä ©ermonen" in ^mei Sänbdt)en unb bietet eine ungemein reiches,
aber nidE)t fo gefd^madöoE mie bei feinem dufter öerarbeiteteg ^laterial. ^n
ber J^ritif ift er conferöatib unb nimmt ^olber jum SJorbitb, bei ben (5r=
flärungen bentt er weniger an ©i^ülcr al§ an gcreiftere Sefer unb ^^i-'^ui^^e i'e§
S)id§ter§. S)ai ©c^riftdtien „^oraj unb fein @influ§ auf bie beutfd^e St)ri!"
gti^icfie. 121
(1861) (^arafterifttt feine (Sigent^ümUdifeit bei ber ßvflärung ber 3üten , bie
burc^ feine genaue Ji?enntni^ moberncr, namentlich bcutfcf)er Siebter OeranlaBt
toutbe, ba§ ^evanjiefien üon 5)]araüe[ftellen auö biefen, roas in fotc^em Um=
fange fetner fo leicht i^nt nadjmad^en raitb. S)ic (ateinifc^e 2)id§tung übte er
mit großem ^Sefc^itf in ben ijerfi^iebenften Wirten aU Oben, Gflogen, in ßatullt=
fc^en unb ^orajif(i)cn formen; er üeß ni(f)t leicht eine ieftli(f)c 6e(egen§cit
torüberge'^en , o^ne fie mit einein @ebi(f)t oft öon großem Umfange p feiern.
«Sogar au§ orientaüfc^en 2;i(^tein l§at er mit Dr. 3lmtf)or ..Horti Persici et
Arabici in Latii valles translati" (1842) tru(ien laffen. 3Iu(^ beutfd)e [t)rifc^e
S/ic^tungen ^at er biete geliefert; ber ütel ber Sammlung „.!pebe unb 6t)ari§"
(2. 9lu5g. 1859) Id^t nic£)t öermut^en, ba^ einige geiftlicfie lieber fic^ barin
finben. 3tber er mar ba§ ec§tc Äinb eine§ proteftantif(i)en ^farr^aufes unb be=
roäbrte ficf) al§ foldljee in feinem 33erf)ättniffe jur Äird)e bi§ an fein ^ebeneenbe.
3u ben t)f)ilologif(f)en unb fritifcfjeu ^^i^fcEli^^H^i^ f)flt er üiel Seiträge geliefert
unb 3ule^t nod) bur(^ feinen Otntl^eil an 5ßurfian§ 3at)re§beric^ten befunbet,
toie genau er felbft auf bie fleinften litterarifcl)en @rf(^einungen , bie in feinen
Ärciö ge'^örten, aiiitete. — 2to§ feiner ©ebrec^lic^feit reifte er gern unb roeit;
bei ben 3>erfammlungen beutf(^er ^t)iloIogen fehlte er ungern. Weiterer 6efellig=
feit mar er ni(i)t <ibf)olb ; in größerer (Befellfd^aft trug er burd) feine lateinifc^en
2if(^reben jur ^ebung berfelben bei. @r mar glücflicf) ber^eirat^et unb !§inter=
Id^t einen ©ofjn. ^n ben legten SSoc^en ^atte er fc^roer ju leiben, fobaß ber
fanfte xob eine Siiöfung mar. Um feinen Sarg fammetten fiel) treue greunbe
unb banfbare Schüler. ©cfftein.
^ri^fdic: -^arl O^riebrid) 3Iuguft g., So'^n be§ '^aftor§ unb fpätercn
«Öatte'fcljen '^rofeffors 6^r. gr. f^. (t 1850), mürbe geboren am 16. Secember
1801 ju Steinbad) bei ißoxna im Äönigreidie Sac^fen. Dtad) grünblic^er, öor=
toiegenb ^^umaniftifd^er 3}orbilbung juerft beim 3}ater, bann (1814 — 20) auf
ber 2^oma5f(^ule ju C'eipjig bejog er ebenbafelbft ju Cftern 1820 bie Uniüer=
fität unb roibmete fic^ ber i^eologie in 3}erbinbung mit tüd)tigen bl^ilologt=
fc^en Stubien. ^n ber 2lbft(^t, bie afabemifc^e ßaufbal^n ju betreten, !^abilt=
tirte er fid^, nad) erlangter Soctorroürbe, im -iperbfte 1823 ^unäc^ft in ber p^i=
lofopf)ifc^en gacultät Öeipjigg, in meld)cr er 1825 jum au^erorbentlid^en *^H-o=
feffor unb 6ufto§ bei ber Uniüerfttät§bibliot^ef öon-üdte. £od) bereits }U
Dftern 1826 füf)rte ein ^uf ben erft 5ünfunb,iman3igjä§rigen al§ orbentlic^en
*^rofeffor in bie t^eotogifi^e ^^icultät ^u Ü^oftod, mo er, im ^. 1827 oon 5Jlar=
bürg au§ mit ber t^eologifc^en Soctorroürbe honoris causa gefc^müdt, bis 1841
eine reid)e litterarifc^e unb afabemifi^e 21^ätigfeit entmidelte unb aümäl^lid^
über aÜe t^eotogifd^en Sisciplinen, mit ^lusna^me ber ßir(^engefd)i(^te, 9}or=
lefungen l^ielt. Sie auffommenbe confefftoneEe ffteaction in ber Ütoftoder 2^eo=
logenfacultöt PeranlaBte fy. jebo(^ , einem efirenöollen fftufe naä) ©ießen im
^erbfte 1841 f^otge ju leiften. -pier, mo er fidl) fe^r gefiel, toaren if)m inbcB
nur fünf ^a^re bes Söirtens bef^ieben; auc^ tourbe fein Sebensabenb burc^
mand^e 'Prüfungen unb Äömpfe, fo burd^ bie litterarifd§e ^yefibe mit ©e'^. 9tat^
Sd^leiermad)er über einen üon ber Ütegierung üorgelegten unb bon %■ Dert^ei=
bigten Stubienplan für bie eöangelifc^en 2:l)eologen (1844), fotoie burc^ ben
aud^ i!^m fd^roere ^ränfungen eintragenben Streitlianbel feines ßollegen Grebner
mit bem ßanjler ü. öinbe, einigermaßen getrübt unb üerbittert. Seit bem 2obe
feiner 1844 an ber Sd)minbfuc^t üerftorbenen ö^rau unb ma^rfd^einlid^ in ^yotge
einer Slnfterfung burdt) biefelbe raanfte aud^ feine ©efunb^eit, unb bereits am
6. Secember 1846 ftarb er, nod^ nic^t 45 ^di)xe alt. gri^fd^e's bleibenbe S3e=
beutung unb unöergänglid)C5 ä^erbienft liegt auf bem ©ebiete neuteftamentlid^er
©regefe unb insbefonbere neuteftamentlidl)er ©rammatif; ..princepsiu constituendo
122 Intimi-
literali Novi Testamenti sensu", ^at i'^n Tii(f)t mit Unre(f)t ein geteerter '^dt=
genofje genannt, ©egenülber ber in ben evften S)ecennicn be§ 19. 3a^i-'t)unbert^
auf neiiteftamentli(^em ©ebiete üppiq, touc^ernben i-o'f)em|}in|d)en ©pra(i)Be!§anb=
lung unb bobentofen grQmmati|(i)en 2Bittfür,- biejet iru(i)tBaren ^Jtutter einer
batb bogmatil'irenben , balb tationalifireuben ©c^riitauSlegung , öertrat f^.. al§
Begeiftei'ter ©c^üIer be§ großen ^^^ilologen ®. |)erniann („De emendanda ra-
tione graecae gramraaticae") unb im ^unbe mit feinem gleidigefinnten ^yveunbc
33. SBiner, bem Berütimtcn neute[tamentlid)en ©rammatifer, iDa§ gute 9ted)t
einer efienfolüol rationalen al§ ftreng f)i[torifct)en 5)tetf)obe ber ©rammati! unb
©prac§iorf(i)ung. "is-üx Q. wax bie grie(^ifd)e ©)3ra(f)e al§ ein ge|(i)ic£)tli{i) ge=
geöener unb 3unäc£)ft l^iftorif;^ ju eruirenber Drgani§mu§ ein lebenbigeS Sbiom,
ber unmittelbare 5lbbru({ be§ griect)i|c£)en S)enfen§; bie einzelnen ©pra(i)erj(i)ei=
nungen unb =yormen fud^te er auf il^re letzten (Srünbe im Senfen ber ^fiation
äurüdjufütiren unb in if)rer 6ntfte"^ung innerf)alb be§ grieiiiifd^en ®eifte§ ^u be=
greifen, ^urd) bie Uebertragung fold^er grammatifct) = pl)iIoIogifdf)en Slfribie auf
ba§ ^}teue Xeftament unb burd) bie energifc^e 5ßetonung ber fprac^lid)en Seite
ol§ ber ©runblage aller 3lu§Iegung ^at i^. mit feinen g^reunben einen Um=
f(i)mung in ber neuteftamcntlic^en ©regefe !§erbeigefü^rt , l^at in erfter Sinie jur
fiegreidien S)UT(^fül)rung ber fog. grammatifci)=l^iftoiif(f)en lu§tegung§metf)obe
mitgehjirft unb bie tieferbringenben bibel = fritif d)en unb bibtif(^=t'^eotogifc^cn
Unterfud)ungen ber ^leu^eit rectit eigentlich erft ermöglicht. Unter feinen 3a^l=
reici)en ©cfiriften, in benen er feine gefd^ilberten @5runbfä^e tljeitmeife (mie j. 33.
in feinem ©treitljanbel mit X^olnd) mit unbarml§ei\yger ©d^ärfe unb öerle^enber
^Polemif bertritt, nennen tnir at§ bie bebeutenbftcn feine „üissertationes duae de
nonnullis posterioris Pauli ad Corinthios epistolae locis" (1823) unb feine
ebenfaE§ tateinifc^en (Kommentare au ^att(}äu§ (1826), maxcvi^ (1830) unb
bem ütömerbrief (3 voll. 1836—43). ^n bem Ic^teren bebeutenben äöerfe, un=
ftreitig ber reid)ften ^yrudit feine§ (SeifteS , ift jugleic^ bie frülicre @infeitigfeit,
hinter jal^treii^en unb längeren le};i!olifcf)en, grammntifdien unb tei-tfritifct)cn ©injel^
erörterungen oft ba§ gcnügenbe @inge{)en auf ben ®ebanfenfrei§ unb ^gang be§
^. 5tutor§ 3urüdftreten ju loffen, glürftid) übermunben. Söeniger l^erüortretenb
finb i5ri^fd)e'§ ßciftungen bejügüd^ ber Probleme ber neute[tamentlid)en @in=
Ieitung§tt)iffenfd)aft unb auf bem gelbe ber SLejtfriti!, in meld)er legieren er,
tro^ feiner 3}oiiiebe für biefe» ^-adj, ^. 33. Sai^mann'S ^erborragenbc 33erbienfte
nid^t in gebül^renbem ^lafje ju würbigen öerftanb. ©eine tt)eologifd)e @runb=
rid^tung, ber er jeboc^ mit SBiffen feinen ginflu^ auf feine ^jegefe geftattete,
toar eine ma^bott rationaliftifdEie , bie er mit männlichem ^ut^e unb fittlid)em
©rufte gegen red)t§ unb linf§ bertrat. '^U afabemifc^er fiet)rer mor ^. megen
feiner ©d^ärfe, Älarl^eit unb feltenen ©topel^errfdfiung beliebt unb gead^tet.
^n feinem 5ßi-*iöatleben toirb er bon Überlebenben 3fttgenoffen al§ ein artiger,
ariftofratifdt) feiner unb lieben§toürbiger 53tann, al§ ein bieberer, juberläffiger
6f)arafter unb ein treuer College gefdtiilbert.
i^. @. ©criba, ^iograpl)if d^ = litterärifdieg Sejifon ber ©d^riftftetter be§
®roBf)er3ogt:§. Reffen im 19. ^a^r^unbcrt, II. ^3lbt^. , ©. 238—241. 31.
^nobel, ©rabrebe bei ber S3eerbigung 5ri^fd)e'§ k. , Sieben 184*7. @ro§§.
^eff. Leitung 1847, 9lr. 5. 9lllgemeine J?ird§en;ieitung 1847, m*. 26. |)er--
äog'g S^eolog. 9leal=enct)!lobäbie, Sb. 19, ©. 510—513.
2Ö e i f f e n b a d^.
gri^fc^C: ^arl 3fuliu§ ^^ , befannter S^emifer, geboren am 17. Dctober
1808, geftorben am 8. ^uni 1871 , lebte in $eter§burg at§ ^itglieb ber ©t.
Petersburger 5lfabemie ber 3Gßiffenfd§aften. (Sr murbc geboren in ^euftabt bei
©tolpen in ©ad)fen, tt30 fein 33ater, gl^iiftian gerbianb 3=., Dr. med., 3lmt§=
gtöbel. 123
pf)t)fifue voax, ^eine ^Jiutter ftommte au§ bet in ber SBiffenic^aft brannten 5a=
milie ©triiüe. Dbgteic^ ^y. nic^t bas @t)mnai"tum Bejurfite unb fid) mit jeinem
14. ^a\)Xi ber ^^ß^imacie toibmete, würbe er 1830 in S3er(in ^Iffiftent bei 6e=
rül^mtcn 5)Uti(f)erlicf| , ber fic^ nir feine SBegaBung intereii'irte unb jeine toiiien=
|(^aft(i($c unb allgemeine 3?ilbung in '^o^em ©rabe förberte. 1834 fiebclte g.
naä) 9iu§Ianb über, ft)urbe 1838 ^Ibjunct, 1844 au^erorbentüc^er unb 1852
orbenttid)er Stfabemifcr in St. ^Petersburg, auBerbem toar er 9)titgtieb öieter
wiffenjd^aitlic^er (Sommiffionen , in benen er feine .^enntniffe jum praftifctjen
5lu^en für feinen neuen .«öeimaffisort berwertfiete. 5ri^fc£)e-5 erfte 3l6f)anbtung
„Ueöer ben ^^oHen", feine S:;octorfcf)rift ..Dissertatio de plantarum poUine- unb
norf) mef)rere anbere finb botanifcfjer ^Jtatur; balb menbete er fic^ ober ber 0"^e=
mie ganj ju, unb in biefer Söiffenfc^aft f)at er fic^ einen bteibenben, geacf)teten
gramen gema(f)t , befonber§ burtf) öier Slrbeiten, bie er nebft öieten anbcrcn,
toeniger bebeutenben Unterfud^ungen in ben '^pubücationen ber St. ^:peter§burger
5Ifabemie öeröffentlic^te. 3n feiner ^Ib^anbtung über ba§ ^J^urerib ftubirt er
bie DUtur feneg prad)tüotIen rotf)en g-arBftoffe§ unb erfennt baffetbe qI§ ?tmmo=
niumfafj ber ^vurpurfdure. ßr entbecfte rerner eine merftt)ürbige 5}eränberung
be§ 3lnt:^rQcen§, boS burc^ ßintoirtung be§ <£onnen(i^t§ in ha'^ ifomere ^:paran=
l't)racen übergel^t, eine ebenfo bemerfengmert^e 9}eränberung bei 3^""^/ njcld^e§
einige 3eit ^'^^^^ ftarfen Ääüe im (i'arte'fd^en 5(pparat aulgefe^t, f^eitoeife
frt)ftallinif(^ mirb, Bei einer noc^ längeren ^Ibfü'^lung in grauel '^ul\)tx ^eriällt.
6nbli(^ entbecfte er bie 23erbinbungen ber ^ipifrinfäure mit ^o{)(entoaffer[toffen,
toetc^e je^t 3ur ^Trennung unb Steinigung ^ocfifiebenber, compHcirter Äo'^len^
mafferftoffe Benü^t roerben. ^ritifcfie"! 53erbienfte mürben burci) drnennung jum
^Bitgliebe Dieter inlänbifcf)er unb auetänbifdier miffenfct)aftUc£)er 6efeEf(f)aften
anerfannt. SnbenBurg.
^röbel: grtebrt(^ ^y., am 21. %pxi[ 1782 ^u CBettoeiBBacf) im dürften-
t^um giubolftabt geBoren, ift unter ben Bebeutenberen -^äbagogen ber Dteujett
berjenige , üBer tceli^en bie Urf^eite ber ginjetnen gur S^xt am meiteften auö=
einanber ge^en. S^enn mät)renb 2}iete i^n all einen päbagogifrfjen ©eniul unb
Söo^ltl^äter ber DJtenfd^^eit ber^errtitfien,. :^at ber preuBif^e IT^inifter D. 9iaumer
(bem nic^t SBenige Beipflichten) feine ^äbagogit all ein „focialiftifdiel ©Aftern"
geBranbmarft , „bal auf ßerauBitbung ber i^ugenb äum 3ltfieilmul bered^net"
fei , unb ba'tier in ^^^reufeen nic^t gebutbet mcrben bürie. — ^lad) einer ]ef)X
mangelhaften Sugenbergie^ung unb nac^ einem fef)r mec^fetöoHen SeBen mar fid^
i}. allmä^lit^ barüBer ftar geworben, baß feine toirflid)e SeBenlaufgaBe auf bem
gelbe bei ßrjietiunglroefenl liege. Sla^er BegaB er \{<i) fo^ne je ein @t)mna=
ftum befuc^t ju ^aBen) 1810 unb 1811 na^ ©ottingen unb ^Berlin unb ftubirte
mit großem gifer 'Dtaturmtffenfc^aften , inbem er annaf)m , ba| bal ^cBen ber
^atur unb bei ©eiftel auf einem unb bemfelBen (Sntmidflunglgefe^ Berufe,
toet(f|el ber Sef)rer , ber Äinber er^ie^en Wollte, Elar burcf)fc^auen muffe, ein
jwcijä^riger 3lufentt)alt gröBeri Bei 5]3eftalo3ji ju Sffferten Bra(i)te feine päba=
gogifc^en ^been ju 9teife. (5r entwicEelte biefelBen ^unäc^ft in einem 1826 ju
^eil'^au erfc^ienenen 2Berfe: „S)ie ^Jtenfcfienerjie'^ung" k. graie^ung ift i^m
wefentlid) uaturgemäBe ©ntWicElung bei öon ®ott in ben 9Jtenf(f)en :^ineingc=
legten SBefenl. 2;aBei untetfcf)eibet ^. brei Stufen bei ju erjielienben i^inbcl:
bie ^^periobe Bil aum Beginnenben Sprai^öermögen , bie Bil 3ur eintretenben
©dt)ulfä:^igfeit unb bie ^periobe ber le|teren. 3(uf ber erften Stufe ift bie 23e^anb=
lung bei ßinbel PorWaltenb ^^flege, auf ber jweiten grjicfiung unb auf ber brtttcn
tritt ber cigentlicBe Unterrit^t ein. — ßur praftiicl)en S:arftellung feiner päba=
gogifc^en Sbeen (burc^ Weld)e er eine ^Iteform bei gefammten beutfc^en UnterTic^tl=
wefenl ju BeWirfen '^offte) f($uf er mit großen Cpfern 1827 ju ßeill^au eine
124 3=toben.
„allgemeine beutfd^e Sräief)ung§anftalt", bie er ieboci) balb einem 9}ern3anbten
übergab, um fi(^ n)ieber in bie «öd^tnei^ 3u begeben. S3on ba 1886 na(^
S)eutfcf)lanb äurücfge!el)rt befcE)äftigte er fid) auif(f)lie^li(^ mit ^-ragen , toeli^e
fid) auf bie 23et)anblung ber auj ber äWeiten ©tufe ber (äntoicElung [tetjenben
,^inber belogen, tt}a§ i^ etttja um§ ^di)X 1840 auf bie ^^bec ber ^inbergärten
bracfite. — 25on ber 6rn>ägung au§ge^enb , ba| ber ^IRenfc^ in bem üorjdiut^
:pf(i(^tigen 3llter (bom 3. bi§ 6. 8eben§ia'^re) ba§ meifte unb tt)efentUd)fte lerne
unb ba& bie ©inbrüiie, tüeldje ba§ i?inb in biefer ^^it in fici) aufnehme, nicf)t
bem 3ulaII übertaffcn fein bürften, tooEte er, ba^ ba§ .i?inb in biefem 2l(ter in
eine (Semeinfcfiatt glei(f|a[terU(i)er .^inber aufgenommen unb ^icr aber nid}t
eigentlid) unterrichtet, fonbern mit bilbenben (Spielen befc^äftigt toerbe. S)iefe
©inrii^tung nannte er „Äinbergarten" unb er meinte, ba§ ha^ gefammte beutfc^e
@d)ultDefen auf biefe ^inbergärten gan^ neu funbamentirt merben muffe. Um
äur 3lu§fü^rung feine§ großen ^^rojectS bie nöt^igen ^Jlittel 3u geminnen , fün=
bigte er baffelbe jur 400jäf)rigen Jubelfeier ber ©rfinbung ber Suc^bruderfunft
(1844) an, unb forberte alle beutftf)en ^Jtütter unb ijungfrauen auf, fiel) an
bem 2öer!e mit Slctien ii 10 2;t)lr, ju bet^eiligen. S)er erfte tt)irtti(^e ^inber=
garten mar 1843 ju ^Blanfenburg eröffnet morben. S)a§ ©piel (mit ©efang)
fottte l^ier bor altem im Äinbe ben ©inn für fyoi'ni unb 3^^^ 3ur ^ci'tigfeit
au§bilben. 5Die Leitung ber ^inbergärten mürbe in meiblitfie |)änbe gelegt.
©|)äter^in fui^te g. burc^ 33orträge in -Hamburg unb S)rc§ben feinen Jbeen
meiteren Eingang ^u berfd^affen. 2luc^ er{)ielt er jur görberung feiner ©ac^e
bon bem ^^erjog bon 5)leiningen ha'i ©d)tö§(^en 5Rarientl)al bei Siebenftein
t)erliet)en, mo er eine 29itbung§anftalt für i?inbergärtnerinnen einrichtete. 5Zad}
gröbere 2obe (21. Juni 1852) trat bie eble grau 5ßertl)a b. 9Jlarentf)olä--
33ülom an beffen ©teile unb l)auptfäc§licf) burd) bie 5Bemü^ungen berfelben finb
bie l?inbergärten in S)eutfd)lanb unb in anberen ßanben, felbft in Slmerifa,
I)eimifc^ geworben.
griebric^ i5-röbel, ein SCßort ber Erinnerung bon ^. .^offmann, <g)amb.
1852, unb in ©d)mib'ä @nct)!lopäbie be§ (5räiel)ung§me|en§ v. gröbel.
Jp e p )) e.
groben: (ämanuel g. , in birectcr Sinie bon bem befannten Safeler
33ud)brucfer Jol)anne§ ^5- (f- 5).) abftammcnb, geboren ben 4. Wäx^ 1640 auf
bem bei SSafel gelegenen ©d)lo^ Senden. 3tad)bem fein Söater mit feiner i^a=
milie bon bort nad) i^eibelberg ü6ergefiebett mar, um bie ©teÜe eineg ©tatt»
meifter§ bei bem Äurfürften ^aii ßubmig üon ber ^falj ju übernelimen , trat
©manuel, ber ältefte bon fed)§ 33rübern, 1663 in gleid)er (ligenfd)aft in bie 2)tenfte
be§ ^urfürften g^riebrid) Söill)elm bon Sranbenburg. 5lu§ feinem weiteren
ßeben ift wenig mel^r befannt, at§ ba§ er fic^ mit einem ^offräulein ber Äur=
fürftin, ©lifabetl) b. äöangen^eim , bertobte, 1674 ben .^urfürften auf beffen
^^elbpg an ben 9tl)ein begleitete unb mit il)m in bie 3[)iar!en jur Vertreibung
ber ©d) Weben 3urüdf eierte. Jn beffen unmittelbarer 9lä^e würbe er in ber
©d)lad)t bei i^el)rbeltin am 18. /28. Juni 1675 bon einer ©tüdfugel über bem
^nic getroffen unb ftarb furje 3^1^ barauf. 9tod) an bemfelben Sage berliel^
ber Äurfürft an 6manuel§ jüngften Sruber Jacob Si)riftop^, ben er an be§ Ser=
ftorbenen ©teile in feine Sienfte nal)m, ben Slbel unb al§ 2Bappen ein Wei|e§
^Pferb auf blauem ©runbe. t^i^oben^S Seiche aber lie^ er. Wie aud^ bie ber an=
bereu gefattenen Dfficiere, nat^ Serlin bringen unb bort, ba beffen f^amilie re=
formtrt War, im ®om beife^en. %üä) mel)rere auf bie ©d^lad^t bei f^re^^rbettin
geprägte ^ebaitten, weld^e bie Verfolgung ber ©(^weben barftellen unb bie Um=
fd)rift tragen : „A Domino hoc factum et mirabile est in oculis nostris", geigen
im Vorbergrunb neben bem J?urfürften aud) ben eben bom ^ferbe ftnfenben g.
^robeniu». 125
(Delxxäj'^ ßfiurbranbenfc. ^Rebaillencabinet , %üi 42—46). 2;ie 2lrt, tüie ber
ßutmtft ba§ 3(nbenfen bc» 3}erftorl6enen geefitt f)Qtte, trug loefentlic^ ba3u bei,
bie befünnte ^robition ju ftü^en, ba§ ^y. ber l'ebenlretter bei Äui;|ürften ge^
tDotbcn fei, inbem er if)n bettjog, ben 6ii^ev in ber ©c^lad)t gerittenen ©(^immet,
eine tüillfornmene 3ifif'i)ei'^e Tür bie ©efc^offe ber {yeinbe, mit ieincm eigenen
^Braunen ju Dertaufc^en. Sotoeit befannt, gebenft i^rer juerft ^. ^. ©unbting
in feiner (noc^ I;anbfc£)rift(ic£)en) Siograp^ie be§ @ro^en Ä^urfürften (1708) unb
tüot au§ bicfer Cuelle ging biefe Eingabe in |^riebricf)§ bf§ (Sro^en „Meiiioires
de Brandebourg" (1751) über. Sie fanb bann balb bie toeitefte SSerbreitung
unb befonberg bei 2)icf)tern — icf) erinnere nur an &. b. Äleift in feinem
■»^rinjen tion .spomburg — begeiftertcn SBieber^all. — Unb bennoct) entbet)rt fic
ber !^iftorif(i)en @runb(age, benn feine ber jeitgenöffifdjen, fpäter toeniger beo(i)=
teten CueÜen : tcebcr bog Jagebud^ bes Slugenjeugen , ^ammerfunferg £ietr.
@igi§m. ö. 33uct) (im franjöfifdien Original noi^ ungebrucEt, in§ S)eutf(f)e über=
fe^t öon ö. Reffet 1865), nod) bie Sjerfügung bc§ ^urfürften über fyroben^g
Segräbni^ , noä) bie auf if)n gel^altene ßeic^enprebigt u. a. gebenft jencS
burd) 5- Veranlagten 5|>f erbetaufci)e§ , bem fogar eine im 3luTtrage beg itur=
fürften ^^riebricf) III. 1693 angefertigte @obelintapete je^t im Sc£)loffe
5)lonbiiou 3u SBerlin; birect miberfpricl)t, fofern fie ben ßurfürftcn noc^ auf
einem falben reitenb barftellt, ttid^renb 5. auf feinem ^Braunen am ^oben liegt.
5)^an §at ba'^cr bie fc^on öom Drbensrat^ ^önig (3a!^rbü(i)er b. ^^Nreu^. ^3Jton=
ar($ie, 1799. I. S. 346) angejtoeifelte 2rabition au§ einer fagenl)aften S^eutung
be§ Söappeng erflärt, meld^eS al§ ein Stjmbol für ba§ 2lmt bei Stattmeifteri
anzufeilen ift, mie benn auc^ ber 1698 geabelte branbenburgifcl)e «Stallmeifter
ßonr. 33auer ein ^^ferb al§ SBappenlielmjier erhielt (@rißner, 6l)ronolog. 5]ia=
trifel ber branbenb. @tanbcSert)ö§ungcn u. b. ^.). S^od) l)at neuetbiugi 2ö.
(Sd^tDor^ aui 5toti,3en in i^elhmann'§> ütupfiner ßottectancen (1761 u. 69) naci)=
getoiefen , ba^ in ber %'i)at in ber <S(f)lacf)t bei getirbellin ein S^eibjäger Ut)le,
offenbar naä) fyroben'i tob, „bem .^urfürften fein *;pferb aufnöt^igte, tDel(i)ei
alebalb unter il)m erfctioffen toarb". U^le tourbe bafür, fo jung er mar (geb.
um 1653, t 1699), mit bem einträglirf)en J^anbjäger^often in 9tuppin belol)nt.
Somit ^at bie 2;rabition, huie ei ilire 2trt ift, ben f^crgang bereinfacfienb, auc^
beffen %^at auf ben ©efaHenen übertragen , ber bai bem cßurfürften beftimmte
(Sef(^o§, menn auc^ nii^t auf fic^ gelenft, boc£) empfangen l^atte unb beffen "^la^
men fie um fo fefter beroal)rte, ali audj feine fünf trüber fdmmtlicf) ali ©tall=
meifter t^eili bem @ro§en Äurfürften, tl)eili bem berbünbeten ^rin^en Söil^elm
üon Crauien in aufopfernber xreue gebient Ratten.
35gl. bie 5lrtifel b. 2ö. Si^toar^ in ber B^^tfc^i-*- füt ^reu^. @efd§id)te
1863 — 76; ©djtoarje, ®ie groben'fc^en ©rabfdiriftcn in g'^-'i^^furt a. D.
(gjlitt^eil. bei ipiftor. 53ereini baf. 1867, @. 144 ff.); 33rec§t, @. groben
unb feine gantilie (5^cr 33är, 23erlinifd)e Slätter 1875, (5. 81 ff.); lye^r-
bellin öon ö. SBi^leben u. Jpaffel. (BäjXoax^e.
g-robcntuö: 5luguft Sigmunb 5., S^emifer, lebte im 18. Sa§rl)unbert,
ift befannt ali ©ntbedfer bei 3let^eri. 9}on feinem 2eben mei§ man toenig, ei
wirb fogar ange^loeifelt, ob ^. fein mirflidier D^ame fei. @r fc^cint in -öanftoil'
2aboratoi*ium gearbeitet unb bort 1730 ben 9let^er bargeftetlt ju "^aben, unb
jtoar f^eiltoeifc naä) eingaben he^ 1727 öerftorbenen Ülemton. ^i-'obeniui' ctfte
9lrbeit über ben 5let§er erfc£)ien in ben Philosophical trausactions im ^. 1730
unter bem xitel ,,0f a spiritus aetheraeus", hoä) l^ielt er bie S)arfte£[ungi=
metl^obe bei 5let^eri ge'^eim , unb erft nac^ feinem 2obe mürbe fie öeröffent=
lid^t. Snjmifdien maren aber fd§on bon Slnberen ^Ritt^citungen barüber er=
f(f)ienen.
9}gl. ^opp, @ef erteilte ber (Jl^emie, ^abenburg.
126 9'^obeniu§.
gn)l)ClliuÖ: @eoxg Subtüig g. , M., bevü'^mtev a3ud)l^änbtei- in Jpam-
Burg, äugleid) ©(f)nft[tet[et. ©r entftammte bem uralten, ongeblid) jd)on im
11. Sa^r:^unbert genannten fxänüfc^tn @ej(^tcct)te ber groBen, unb toat ein
gnfel be§ M. 35oIfmar f^f. (be§ legten ^tofterpriorS unb crften luf^erijc^en
5Paftor§ äu (Stabt^Stm, eine§ jüngeren 33ruberö be§ getet)rtcn 33uc^^änbler§ unb
S)rudEer§ M. :3ol)anne§ g. in 93a|el), jolüie ein <Bot)n be§ M. ^onifa^ g., eines
9fec£)t§getel)rten, tt)elct)er al§ Sürgermeifter 3u S^tiojen, einem bamal§ et)angeU=
j(^en ©täbtdien im 5ßi§t:^um SBüräBurg, im ^. 1584 öcrftarB. SajelBft am
25. 5luguft 1566 geboren, ftubirte (S. ß. t^- jolrol 2:^eotogie al§ aud) bie alten
©)3rad)en unb j(i)önen Mnfte auT ben Uniüerfitätcn ^lübingen unb äßittenberg,
too er im ^. 1590 nac^ me'^rtögigem ßjamen ben 5Jtagi[tergrab ermarb. 2)ie
ber^eitigen jReligionSbebrüdungen in feiner |)eimatl) öerfd)lo|fen i^m bie 9tüd=
Ut)x batjin, me§l)alb er nac§ lur^er ^ofmeifterjd)aft in .^alte, im ^. 1591 nad)
©änemai! augtüanberte , mo er auf ber Snjel A'iüeeu Bei SL^d)o be 58ral^e 2tuf=
na'^me fanb unb aftronomi|d)e , fotoie mat^ematifd)e ©tubien trieb. ^Jtoc^ in
bemfelben Saljre folgte %. bem 9iufe be§ gclcl)rtcn ^"^einrid) 9{an^au, töniglid)
bänifc^en ©tattt)olter§ in ^olftein, in beffen ipaufe unb {yawtitie er fobann eine
gieilje üon Sal)ren öertüeitte, tl)eil§ in beffen <5d)löffern S3reitenburg unb 2ßanb§=
hiä, t^cil§ 3u Segeberg. Dieben ber miffenfc^aftlic^en Untermeifung einiger ©nfel
be§ ©tatf^alterg, mar er bemfelben bei feinen ©tubien unb gclelirten {?orrefpon=
ben^en bel)ülflii^ unb biente i^m , ben er al§ feinen 2Bol)lt:^äter ^u öereliren
lernte , in jebcr fonftigen äöeife. ^n ber 2;l)at befanb er fid) l)ier in einer
fo günftigen ßage, ba^ er im ^. 1595 fid) ju 3Banb§bed mit einer |)am=
burgerin , 5Jlargaret^a SÖittebarg , üerljeiratlien, unb 1598 bie 5|>ad)tung ber
SBanbSbeder ©utStänbereien übernel)men tonnte, bie er aber balb barauf, nad)
bem am 1. Sa^iuar 1599 erfolgten 3;obe feinc§ alten ®önner§ 9tautjau, mieber
aufgab, um nad) Hamburg ju überfiebeln, momit bie ßel)r= unb SBanberjaljre
feines bi§ bal)in bielbemegten SebenS il)ren 2lbfd)lu| fanben. i^n ipamburg,
mo feiner ©attin f^amitie lijxn bie 2Bege ju ebnen öerftanb, mu| feine Slnfunft
fe'^r mitttommen, fein 5lnfe!§en bereits ein gro^e§ gemefen fein, benu ber ©enat
ert^eilte it)m im 2)ecember 1600 ba§ 35ürgerred)t gratis, eine 3lu§3eid)nung, bie
ber 6rtl)eilung be§ mobernen (Sl)renbürgerred)te§ beinalje gteid)!ommeu bürfte.
g. etablirte nun, bem 33eifpiel feineS längft üerftorbencn ®ro|ol)eim§ in SSafel
folgenb , eine S}erlagSbud)t)anblung , bie fid) balb ju ungemöl)nlid)er Slütl^e
em|)orfd)mang. Ob er bamit auc^ eine ©ruderet öerbunben l^atte, toie bielfad)
bel)au^tet mirb, erfdjeint 3meifelt)aft, ba bie öon il)m öerlegten 2ßerfc au§ ben
Dfficinen anberer 3)ruder l^eröorgegangen finb unb nur baS @mbtem feineS
SSerlagS: einen SSaumpflanjer mit ber Unterfd)riit „posteritati", aufmeifen. —
S)ie gjleBcataloge üon 1602-38 mad)en in 185 Slrtifeln eine gro^e «Dlenge
bebeutenber miffenfd)afttid)er Söerfe feines SSerlagS namt)aft, barunter betfpielS--
toeife eine neue 2luflage bon ßüaS iputter'S l)ebräifd)er 33ibel, eine je^t feltene
3luSgabe beS „gteinife be 3}o^", fotoie „2)er ©tabt Hamburg @eric^tS=£)rbnung
unb ©tatuta", bereu SSeröffentlid)ung il)m öom ©enat übertragen mar. —
©eine eigenen fd)riftftellerifd)en äöerte, meld)e bie unten citirte i>ffmann'fd)e
©c^rift öoEftänbig unb fel)r genau anführt, finb gröBentl)eilS ^t)ilologifd)en,
mat^ematifd)en unb aftronomif(^en Spalts ; einige ©c^riften entfprangen auS
feinem öertrauten S3erl)ältniB pr Familie 9lan^au, namentlid) finb bie an ben
©tatt^alter bon i?önigen, dürften, ßbelleuten unb @etel)rten geridjteten „Epi-
stolae consolatofiae", bon g. gefammelt unb l)erauSgegeben. ©eine 3Sielfeitig=
!eit betoeift auc^ baS bon il)m ebirte 33ilbermerf „Alberti Duereri Icones sacrae",
mit 38 Apolgfd^nitten, bereu Originale inbeffen, toie neuere .^unftfenner bel^aui)=
ten, nid^t bon ®ürer, fonbern bon feinem 3eitgenoffen Gilbert 5Xltborfer 1)n--
5robeniu§. 127
tül^ren. 5- ftar6 am 21. 3iuü 1645 gu Jpamburg, loo|e(£ift er 45 ^d^xe in
l^o^em Stnfe^^en f^ätig gemefen xoax. Sein ©of)n öeinrid^ , toelc^er bie SBucf)^
l^anblung jortie^te, unb feine jroei xöcfiter (ein jüngerer ^Botjn .6ieront)mu5,
2k. b. 3t., ttiav irüf^er geftorben) en-i(i)teten ju il^re» SJater» (Sf)re über feinem
®rabe in ber (St. ^etrifir(i)e ein jefet üerfcfiniunbeneg Spitap^ium, beffen me^r=
fad) gebrückte tateinifd^e ^nfcfirift einen 2Ibri| feine» Sebene unb 2jßirfen§, fomic
eine furje (Efiarafteriftif be§ 33erftor6enen entf)ült, roeld)em eine feltene @igen=
fcfiaft: 3uTriebent)eit mit bem i^m befc^iebenen Soofe unter bem beifügen nac^=
gerüfimt rairb : baB er bae ÜJtufter eines guten bürgere geroefen , unb im
Stauben an (Sott unb @roig!eit ru^ig unb lebensfatt ^heimgegangen fei.
.^amb. S(^riitfteIIer=£'erifon, 33b. 2 (g 400. 5- 2. ^offmann, £er ge=
leierte Su(i)f)änMer ©eorg Submig ^robeniuS in «Ipamburg. 1867.
5ß e n e f e.
grobenillö: So^anneS %. (groben, groben), ber „Äönig ber
S)rucfer", au§ ^^ammelburg in granfen bat)er au(^ ^ol^anne§ ^ammetburg ge=
nannt), toar geboren um ha^ ^. 1460, ftubirte eine ^e^t ^^"0 iri Safel, tDot)in
er alö greunb unb 2anb§mann öon ^o^ann unb 9tbam ^^etri gebogen 5U fein
fcEieint, macEite :^ier 3?eEanntfcf)aft mit bem berühmten £rucfer ^oi). -itmerbac^,
beffen (Sel^ütfe unb äöo'finungsgenoffe er mürbe unb bürgerte fi(f) im 3. 1490
in 3?afel ein. @r grünbete nun, unterftü^t burti) feinen nact)'§erigen (5_d)toieger=
üater, ben öermöglic^en SBotfgang Saliner, in iöafel ein eigenes S)rucfgei(i)äft —
fein erfte§ Srucfroetf mar bie lateinift^e Sibet, 1491 — behüte baffetbe burrf)
Serbinbung mit ^ol^ann ^:;^etri öon Sangenboi-f (fett 1488 Sütgcr Oon S3afel)
unb mit 3Imerba(i) meiter au§ unb üerfd^affte i^m batb eine euuopäifc£)e 3?e=
rü^mt^eit. Sein 3)erbicnft beftanb forool in ber öer^ättniBmöBigcn (5oia-ectt)eit
bp§ SrucfeS toobei er huxä) Öorrectoren, tote Seatu§ Üt^enanuä unb bie 5reunb=
fdiaft eines ßrasmuS mächtig geiorbert mürbe), al§ in ber Scf)önt)eit feiner
Jtipen, befonberi ber ^ierlic^en römifc^en 6urfiüf(i)riTt, miä)c Sltbus 5Jtanutiu§
in 3}enebig juerft angeroanbt '^atte — jmei SSorjüge, bie i^n jum einzigen mür=
bigen Ütiöalen be§ genannten Sltbue mac£)ten. Qx beforgte ben Schnitt ber
Settern felber (mit ^ülfe öon Ut§ ©raff), megmegen er in. ben öon ben Äart=
l^äufern ^erou§gegebenen, tion it)m unb 5lmerboc^ gebructten Sd^riften oft chalco-
grapUus genannt »irb. 9tac£) Slmerbadi'ö 2;ob vi 5 14) übernal^m g. beffen
S^rnrfer'^aus „jum Seffel"; ^ier na^m er gaftfreunblic^ ben bis ju grobenius'
Job in treuer greunbfcfiaft bef)avrenben ßrasmuS auf, ^ier mürbe (1516) ba§
elfte 5teue leftament in ber Urfprad)e gebrucEt. g. ftarb im Dctober 1527;
es mar ßraemus ßrnft, al§ er fd)rieb: „atte jünger ber SBiffenfc^aft foEten
Srauerfleiber ansie^^en". Sie 3}DlIenbung feinet legten ipauptunternet)men5, ber
Sßerfe bee ßird)enDater§ 3luguftinu5, f)atte er nic^t me^r erlebt. Sagegen f)atte
er, in Sßerbinbung mit ben Söl^nen 3(merbad)'§, bie ^^luggabe be§ „öieronrimua"
(1516 — 18), an melc^er (Sra§mu§ burcf) Ueberna^me ber Si-iefe mefenttidg 9In=
f^eil naf)m, bes „ß^ryfoftomuS" (1517), bes „6t)prian" (1520), bc§ „ßufebiug"
(1523), be§ „5{mbrofiu§„ (1527), üon ^:profanf(iriftfteIIern unter anberen bie bes
älteren „^^Uniu§" (1525), be§ „Jacitus" (1519), bee *J5f)i(ofopf)en Seneca (1515)
be§ 3}eIIeju§ ^4>aterculu5 (1520), be§ ^lerenj (1521), Pon fonftigen SÖevfen bie
t)ebräif^e (Srammatif fammt SBörterbud^ be§ Sebaft. fünfter, fogar fcf)on ein
d^albäifi^eS 2Börterbud^ (1527) erf (feinen laffen; ju einem foIct)en ^ebröifd^en
2Ber!e ^at er aud§ , gefeiert mie er mar, eine l^ebräifd^e 3}orrebe gef (^rieben,
allerbingS üielleic^t öon 5]3ettican unterftü^t , ber i§m, mie üt^enanus unb 6a=
pito für» @rie($ifc^e, (£orrecturbienft teiftete. Seutfdie äi^erte ^at g. feine gc=
brudt; ba^ er fpeciett Pon öutber nidE)tö übernahm, baran maren bie a5or=
fteltungen, ja Sro^ungen be§ (Sra§mu§ fc^ulb. Cefonomifd^ litt g. burd§ biefen
128 groberget.
35ei-3i(i)t fcebeutenb, toie er benn Ui feinem ^obe fein Sßermögen tiinterlie^.
@r l^atte feit feiner SSerBinbung mit „©eöatter" @ra§mu§ iber fein iüngeieä
©öfinlein ^o1)amt^ @ra§mu§ au§ ber 2:auie ge'f)oben ^atte) aud) mit 35erleum=
bung unb — ^flac^brud 3u fämpfen. ©ein ätterer ©ol^n jpieronl)mu§ fü'^rtc
be§ S5ater§ @efc£)äft fort, feine 2;o(f)ter ^uftina tourbe bie g-rau bc§ fSuä)-
brurferä 9lic. @t)i§co|)iu§. — f^robeniuS' S)rucEer3ei(^cn ift ein unten öon ätoei
^änben ge'^attener .^erolbftat) , um ben ficf) ätoei gefrönte ©ditangen minben,
unb auf bem oBen eine Zanbe fi^t.
S5gl. ©tocfme^er unb lieber, SSeiträge jur 33a§Ier Suc^brucfergefcfiic^te,
aSafel, 1840 ©. 86 ff. ^. ^Jtäfillj.
grobcrgcr: Sofiann ^afoB ^., gilt al§ ber ©of)n eines 6antov§ au
chatte, an metdiem Orte er um ben 9lnfang be§ 17. 2fat)v'^unbert§ geboren fein
tonnte. ©^jäteftenS 1630 fam er an ben faifertid)en §of naä) 2i>ien, too er
1637 at§ ^oforganift angeftellt tourbe; balb aber ging er auf faiferlid^e i?often
naä) 5Rom, um unter Seitung ©irotamo ^^reScobalbiS ficf) in ber Slonfunft meiter
äu öerboUfommnen. ^n 9{om Iie§ er fid) Überreben, jur fatl^olifcfien 9teIigion
überzutreten , fet)rte naä) einigen ^a'firen jurücf nac^ Söicn in feine Trül)ere
©tellung unb "^atte biefe öon 1641—45, bann toieber öon 1653—57 inne.
2Ö0 er in ber ,^n)if(f)enäeit meilte, toei§ man nid)t genau, iebenfollg tuar er biet
auf Steifen unb ni(i)t nur innerf)alb S)eutfc^Ianb§. @r befu(i)te ^ranfrei^ unb
begab fic^ enblid) nac^ ßnglanb. 3luf ber Steife borf^in erging e§ i^m übel:
er ttiurbe jn^ei Mal bon Stäubern überfallen unb oollftänbig auggeplünbert. ^n
Öonbon, n)o'f)in er fidf) burcf)bettelte, foE er 3uerft aU 23älgetreter fein SSrob t)cr=
bient '^aben, bi§ ein 3ufall feine tna^re ^4>6i-1önti($feit an ben 2;ag bracfjte.
3urücfgefet)rt narf) Söicn, fiel er au§ einem bisher nid)t feftgeftellten (^runbe in
Ungnabe unb mürbe 1657 entlaffen. Sei ber bertuitttueten Aöevi^ogin ©ibt)lla
bon Sßürtemberg, tüetdie in ^ericourt bei 5)töm)3etgarb refibirte, fanb ber ber=
einfamte ll'ünftler ein 3lfl)l unb enbete bort 1667 fein unrul)ige§, an 2lbenteuern
reid§e§ ßeben. ^loeifelSoline ge'^ört ^. unter bie bor^üglirfiften Glabterfpieler
unb =6om:|3oniften. ©eine 3£itSf"Dfl^'^ betounberten i^n, aber andj fpätere
Generationen unb fogar ©eb. Sad) hielten feine Äünftlerfcf)aft ^odt) in (j^ren.
S)a^ er ber ©ct)ule ber nieberlänbifcben Slabier= unb £)rgelf:|3ielcr biete§ ber=
banft, fann al§ fic§er gelten, ba biefe bamalS if)rcn 6influ^ über ganj 9torb=
beutfcfilanb bi§ nac^ Mittelbeutfi^lanb "hinein berbreitetc unb einer ber beben-
tenbften ©(f)ülcr ©meelincf'S , ©amucl ©c£)eibt, mä^renb 5^'o^ei-'9ei-''§ Sugenb in
§otte Organift tt^ar. 3lud) ber ^^taliener ^yreScobalbi , ju meldiem g. fid) bon
äöien aus begab, mar burd) bie ©d)ule ber flanbrifd)en Drganiften gegongen.
Äenner au§ bem 18. ^Ja'^r'^unbert ftcttten i^n barin mit i?uttt) unb gariffimi
gleich, ba^ er burd; 2]ereinigung berfd)tebencr ©tilarten einen neuen ©til ge=
bilbet, inbem er bie notürlid)e Marl^eit ber Italiener mit ber ©ra^ie ber granjofen
unb bem l)armonienreid)en Sieffinn ber S)eutfd)en bereinigt tfa^be. SöaS ü". in
ben Gattungen ber Soccate, Sßariation unb ber berebelten lansmufif — goi=
men, meld)e bamalS ben A^aut)tbeftanb ber (Slabiermufif au§mad)tcn — gefc^affen
^at, übertrifft in ber Stiat bie gleichartigen Söerfe eineS ©meelind, dornet,
©(^eibt , t5?re§cobalbi fomol an (Sefc^meibigfeit in ber ©a^tec^nif , al§ aud^ l)in=
fidjtlid) be§ @ebanfenreid)t'§um§. 'äud) bürfte er bie ©runblagen ber balb fo
beliebt gemorbenen ©uitenform tnenn nid)t juerft gelegt, fo boti) perft befeftigt
f)aben. Ob aber nid^t ber ©d)Ujerpunft feiner .ffünftlerfc^aft me'^r nod^ in ber
2l)ätigfeit al§ ©pieler, benn al§ gomponift gelegen :§at, fte'^t bat)in. S)ie
niebertänbifd^e ©c^ule "^atte im aügemeinen ben 3ug jum 5?irtuofentl)um, unb
iebenfallS ^at ^f. nid|t fel)r biel ba^u get^n, grabe al§ (Som^jonift befannt 3u
mcrben. 2öä:^renb feiner SebenS^eit ift, fo biel man b^ei^, faft nii^ts feiner
gi;obepu§. 129
2Öei-{e beröffentüd^t; evft im S- 1693 ei1cf)ien au ^Jlainä bie etfte ©ammtung
berjelben unter bem Xiid: „Diverse ingegnosissinie , rarissime e non mai piü
viste curiose Partite di Toccate, Canzone, Ricercate, Allemande, Correnti,
Sarrabande e Gigue" etc. }S: fellbft tüibmete ben ^aifern (^etbiuaub III. unb
Seo^olb I. in ben^^. 1649, 1656 unb jpäter öerjcfiiebene ^anbi^riitlic^e ©amm=
lungen feiner Staöiercompoponen , toelc^e noc^ jet^t firf) in ber äöiener ^oj--
bibliotfief befinben; aud) \oK er bem Äurjürften ^o^ann ©eorg II. üon ©acfifen
bei einem SSejuc^e in 2)re§ben einen fauber gejcfiriebenen 33anb mit Toccaten,
6Q:priccio§, 9ticercaten unb Suiten jelbft überreidit '^aben. Uebrigenä ]ai) er c§
ni(^t einmal gern, toenn feine (Sompofitionen fitf) abfc^riitlid) berbreiteten, ba er
bie gria^rung gemacht ^atte, ba^ getDiffentoje go^ufifcr [ie für i!)re eigenen aus-
gaben, aber fie bod) nic^t borjutragen teuften, jonbcrn nur enifteEten unb ber-
barben. 5Jtit einer getoiffen Vorliebe beftrebte |id) 5. in feinen gompofitionen,
beftimmte (äreigniffe ober burc^ beftimmte Sßer^dltniffe betoirlte ©eclenpftänbe
unb @m|)finbungen ju fd)itbern. S)a eine S5erbeutlii^ung foldier 3)ert)ältniffe
burd) bie 9Jtittet ber reinen ^ufi! unmöglich ift, fo fud)te er burc^ Ueberfdiriften
bei ben ^örern bieienigen SSorftellungen 3u ertoeden, in bereu SSerei^e bie bar=
gefteEten ßmbfinbungen toir!fam ttjerben foüten. 9lud) hierin fanb er btele
9^ad)iolger, bi§ in ber erften ^ölfte be§ 18. ^a^r^unbertg mit bem bertieften
äJerftänbnii be§ eigentlichen 3öefen§ ber ^nftrumentalmufif bergleic^en (5ti(=
toibrigfeiten berfc^toanben. (Sine fiebere 2Bürbigung biefe§ Äünftler§ toirb erft
bann möglid) fein, n^enn bie ©pecialforfc^ung über fein 2tbtn unb ©d)affen, fo=
tüie über ben ©tanb ber beutfd)en glabiermufif in ber erften giätite be§ 17. ^a^x--
:§unbert§ "^ettereg Sii^t berbreitet l§at.
35gL ©d)ebef, ^tcei SSriefe über So:§ann ^acob fyroberger, 5prag 1874.
SSertag be§ S5erfaffer§. — ^ottebo'^m, ©ttoag über ^o^ann Sacob ^roberger
(9JlufifaUfd)e§ äßod)enbIatt, Seip^ig 1874, 9lr. 32. ©. 388 f.). ©bttta.
g-robeftUg: Soliann ^lifoIauS f^-robeg genonnt ^., ^p^ttofopt) unb
gjlattiematüer, geb. am 7. (ober 11.) San. 1701 ^u öJoSlar, t am 11. ©ept.
1756 p ^etmftabt. S)er SSater be§ 5. toar giat^§f)err in (So§tar unb Ite^ ftd§
bie forgfältigfte ßr^ie^ung be§ ©o!)ne§ angelegen fein, toie beffen gä^ig!eiten fie
at§ tol)nenb erfd)einen lieffen. 1720 bejog g. bie Uniberfität ^etmftdbt al§
^auSgenoffe bc§ bortigen 5ßroieffor§ ber 5ß^t)P , ß- 2). ^oä}, beffen ^mber er
äu unterriditen ^atte. 1723 ging g. nac^ §aEe, um bei 6^r. b. äßolf 5p^i(o=
fob'^ie 3U Jtubiren unb folgte biefem bei feiner gerabe bamal§ bert)ängten ^u§=
tueifung au§ ^reu^en nad) 9Jtarburg. ©ort lag er b^ilofobl)ifi^en unb t^eo=
logifc^en ©tubien ob unb abfolbirte beibe, fo ba^ er 1725 in (SoSlar einige ^}}tal
al§ ^;|)rebiger auftrat. S)er 3öunf(^, eine UniberfitätSlaufba^n ein^ufditagen,
führte it)n 1726 nac^ ^elmftäbt, tüo er fid) al§ 3ßnöatbocent ber $§ilofobl)ie
liabititirte unb at§ SSertreter äBolf'fc^er 5pi)ilofobl)ie fic^ rafd) großen ^ulaufeS
erfreute, ©eine Ernennung pm orbenttidjen ^^rofeffor ber Öogif unb ^Mdü=
bl)t)fi! erfolgte 1740, bie 3um 5ßvofeffor ber ^M^t unb gjtat^ematif 1741, mor=
auf er nad) lOjätiriger S}erbinbung beiber ße^rfä(^er 1751 bie pl)ilofobl)ifi^en
SSorlefungen abgab, ©eine japei^en bei 5Jteufel (ßeinfon ber bom ^. 1750
big 1800 berftorbenen teutfd^en ©c^riftfteller SSb. III. ©. 536-538) ber^eid^^
neten ©diriften be^iel^en fid) t^eilS auf ^1)Ho\op1)k, t^eite toie feine berbienftli^e
„Encyclopaedia mathematica memorialis" in 6 SSänben auf gj^laf^ematif , tl)etl§
auf @elet)rtengef^i(^te. ßine ®efd)i(^te ber l)elmftäbtifc^en 5Jlatl)ematiler ber=
mod)te er nur fo toeit p förbera , ba^ er brei $robcftüde ber „Rudimenta bio-
graphiae mathematicae" beröffentlid)te. ^n ber weiteren 2lu§arbeitung unterbrad)
ifin ber 2;ob.
q
Fingern, beutiii^e SStogtaO'feie. VIII. ^
j^30 f^roeling — g^roPerget.
grfi^ unb ©ruber, Slttgemeine enct)!(o:päbie ber 2öiffen|(^aiten unb fünfte,
I. ©ection, 50. %f)til, ©. 262—263 3lrtifel bon ^einrii^ Döring.
ßantor.
g-roclüig: ?Jnbr ca§ f$f., gefi. au SalenBcrg, t 1632 au ^elmftäbt, tt)o er
perft ^rofeffor ber 5pf)itofopf)ie, bann ße^rer ber Xtjeotogie unb @eneralfuperin=
tenbent toar. @r ift in ber ©efd^ic^te ber Sogif toegen einer mit Einleitungen
üerfe^^enen 3Iu§ga6e be§ 3lriftotetij(^en OrganonS unb toegcn einer 3l6^anblung
über bie Statur ber ßogi! ju nennen. 9i.
g-roPcrg: 3tegina g., ©c^riitftetterin, geb. am 4. Dct. 1783 3U Berlin,
Xobegjal^r unbefannt. ^übifdier §er!unft unb eigcntlid) ©alomo mit tarnen,
'^eiratjete ^•. 1801 einen i^fraeliten, ^rieblcnber, üon bem fie fic^ fpäter trennte,
äum c^riftlic^en ©tauben übertrat, ben ^jtamen g. annat)m unb 1813 nad^
Söien übcr[iebelte , Wo [ie in ber öornet)men äöelt lebte. ^^xt litterarifd)e
Saufba^n begann fie balb nad§ i^rer S5ermä^lung unb öer5ffentlicl)te eine [tatt=
lidt)e 9tei£)e tion ülomanen, bie reic^ an ©entiment, nid^t o^ne 58eobadl)tung§gabe
gejd)rieben, I)eute il)re 33ere(^tigung öerloren ^aben; au^erbem bearbeitete fie
einige franjöfififie Sramen, bie fie unter bem ßotlectiotitel „2;i^eater" 1817 f.
erfi^einen liei 5Da§ genaue 35er3ei(^niB i^rer ©t^riften f. bei äöurjbad^ lY.
(5. 379 \. Sofepl) Äürfd^ner.
g-ropertjcr: ©erwarb 9Iuguft <sp ermann g., $)3l)itolog, geb. ju Seipjig
am 31. Wäx^ 1836, befud^te öon 1847 an bie 2^oma§f^ule, üon 1852 an
bie Uniöerfität feiner SJatcrftabt, too er ^uerft Ilicotogie, bann $t)ilologie unb
@ef(i)id)te ftubirte. Eigene ^Zeigung, foltiie bie 9lnregung 'Jlnton Sßeftermann'§
fül)rten iljn balb ju fpecietterer 33efd)äitigung mit ben attifd^en 9lebnern unb
ben attifc^en (Staat§= unb gied)t§altertt)ümern , toeld)e fortan ben ^ittelpunft
feiner tDiffenf(^aftlid)en ©tubien unb ^ntereffen bilbeten. ^tadibem er 1857 in
Seip^ig bie @t)mnafialtel)rerprüfung beftanbcn unb al§ Dr. phil. promobirt l^attc,
nalim er eine ©teile al§ 2el)rer ber alten ©pradf)cn unb ®efdl)id)tc an bem öon
bem lut§erifd)en Pfarrer Dr. g-ranfe in 9togafen begrünbeten $ritiQtgt)mnafium
an, bie er nacf) IV2 Sa'fli^en» Dftern 1859, nad)bem er im '»DJlärj b. ^. ba§
preu^ifi^e Oberlef)rerei-amen in ©reifämalb beftanbcn ^atte, mit einer Scl^rcrfteHe
am (eöangelifi^en) fyncbricf)=2Bill)elm=®l}mnafium in ^ofen Oertaufct)te. ©dion
nad) einem 'falben ^a^re Wi)xU er in fein engereS 2}aterlanb ©ad)fen jurüd,
um eine £e!)rcrftet[e am @l)mnafium unb ber Siealfdinle 5U Zittau ju übernet)men.
33on t)ier berief il)n ba§ fäd^fifd)e ^Jlinifterium ^Jlic^aeliS 1861 a[§> neunten
£)berlel)rer an bie gürfteufdjule ju ©rimma, mo er fd^on 1863 bie ad^te Dber=
lelirerfteHe , 1864 bie fiebente, 1868 bie fed)fte ^^rofeffur mit bem Orbinariat
ber Unterprima erl)ielt. Cftern 1872 ftebelte er al§ Eonrector an ba§ neubegrünbcte
@t)mnafium ju ßt)emni| über, too i'^n ein frü'^er 2;ob am 28. Wäx^ 1874 l)in=
megraffte. ^y. toar ein Se'^rer öon ungetDöt)nlid)er Segabung unb S^üi^tigf eit ;
ba| er baneben auä) ein grünblid^er unb fclbftänbiger 3^orfd£)cr auf bem öon
if)m fpeciell bearbeiteten ©ebiete mar, baöon legen feine fdC)riitftcllerifd)en Slrbciten
3eugni^ ab , bie fid) , abgefe"^en öon einer bem ^4^rogramm ber ©rimmaifd^en
i5^ürftenfdl)ule öom ^. 1866 beigegebenen 2lbt)anblung ..De opiticmn apud veteres
Graecos conditione" unb einigen ©dt)ulreben l)iftorifd§en 5inl)alt§, burd^auS auf
bie attifd§en 9tebner, in§befonbere auf St)fia§ bestellen : er l)at au§gen:)ä'§lte 9teben
beffelben mit einem fel)r grünblid)en Kommentar in beutfdier ©pradje öeröffent=
lid)t (brei 93änbdt)cn, Seipsig 1866 — 71; baneben eine Heinere, me'^r für bie
Sebürfniffe ber ©dC)üler berei^nete luSgabe ebba. 1875). 3)on feinen ^Beiträgen
3U pl)ilologifd)en 3eitfd)^*iltei^ öerbiencn bie .,Aunotationes ad oratores atticos"
(Philologus SSb. XXIX. ©. 621 ff.) unb ber umfängli(^e Sa"^re§berid|t über ben
ülebner St)!urgo§ (ebba. 33b. XXXIII. ©. 344 ff.) Ertoälinung.
^xö\)liä). 131
^ä) l^abc a(§ Cuelle fotgenbel ni(^t in ben 35u(f)'§anbel gefommene
©c^Tiftc^en Benu^t: Sen -Dianen bee -öenn ^rof. Dr. Jpertnann yvo^Bergcr,
Goni-ector am f. ©Qtnnafium ju ß^emni^, geft. am 28. Wäx] 187-i. I.
?[nfprac^e an bie Server unb (5d§ü(er ber 2ln[ta(t in ber 31ula bc§ @t)mna=
nafiumS bon ütector ^rof. Dr. 35oge(. II. äöortc am ©rabe öon Siaconuä
Dr. gi^omm^olb. C C u. 5- 6- SSurjian.
g-röölid): 5[16i-a'f)am g mannet Jy., geB. am 1. geöi'- 1796 in Srugg,
t am 1. S^ccbv. 1865 in ©eBenebovf ('ilargauj. — ^m e(tevücf)cn .öaufe —
ber 35ater tt)ar Seigrer — einfaci), abn jorgmltig eriogen, befut^te er bie ftäbti=
|(^en @(i)u(en unb tüibmete iiä) jeit 1811 auf ber SItabemie in 3üricf) ben
t§eotogif(^en Stubien. S;aneBen befc^ä'tigten if)n nod) bie fcfjönen fünfte,
nament(i(^ 5Jtufif, hie er unter SMgeü'S ^ilnleitung Betrieb. 3^1 ^Injang 1817
Bereits orbinirt, erlieft er Balb barauT bie Stelle eine§ 5e^rer§ an ber f)eimat§=
lii^en Sateinfc^ute , njomit ^ugleicf) bie 35eforgung ber untt)eit 33rugg gelegenen
^ßfarrei 5[)^Dnt§a( öerBunben toar. 2Bäf)renb jeiner bortigen je^njä^rigen 2öirf=
famfeit öer^eirat^ete er fic^, |3fIog anregenben Umgang mit tüchtigen Seiftlicfien
ber 'Dtai^Barfc^aTt, barunter auc^ ber a(l ipiftoriter Befannte -^^letc^ior Si^ulcr^
unb geno^ ofine i?opit)ängerei bas SeBen. ©eiftreid^, ireifinnig unb 3ur ©atirc
aufgelegt, berte^te er man(i)e§ ^ausBarfene 35orurtf)ei( unb fdjeiterte barum Bei
feiner 35ettierBung um bie ^^mrrftelle in ^rugg (1823\ 2Iu§ biejer Bittereu
ßrfa^rung ^erau§ cntftanben bie „öunbert neue ^ß^eln", 1825. tyriicf) nac^
bem £'cBen gejeid^net unb o'^ne aufbringticfie öerBorf)eBung ber ^Jlorat roie um
i^rer fetbft toillen ba, Begrünbeten fie mit einem ©(^(age i^ree Sictiteri 9tuT. (Sine
^roeite öerme^rte ^luflage (1829) Begleitete ber Befannte DJtartin £i[teli au§
Dlten mit einem Jpeite fecfer fatirijc^er Umrifje. ^m öerBft 1827 tourbe f^. an
©teile 51. 2. O'oßen'ö ^^profefjor ber beutjd^en ^pxad)t an ber Gantonsjc^ule in
2larau. 3ugtci(^ unterrichtete er noc^ in (Beograp^ie unb Jftetigion unb Be=
!leibete 1832 unb 33 auc^ ba§ 5tmt eine§ Ütectoiö. 2;ie politifi^en -;parteilänipie
3u 5tnfang ber breißiger ^ai)xz Braiiiten i^m öiele Unruhe. OJlit 6rnft unb SBi^
foi^t er auf Seite ber CBrigfeit gegen bie ungeftümen O^cuerer, Be|onber§ al§
Ü^ebacteur ber ,/Dleuen 5Iargauer 3eitung" (1831—35). 5DaBei maiiite er nac^
unb nat^ nii^t fomol Ijolitijc^ alg öielme^r religio» eine SBanbetung burc^.
©ein frü'^erer 9tationali§muS ging allmä^lii^ in eine ftreng=fird£)licl)e 9ii(^tung
üBer, moju namentlid) l)artc ©d)läge bes ©c^icifalö Beitrugen, ^ei ber '^lenXDdi)i
ber Gantonsfi^ulle^rer am 31. Cct. 1835 mürbe ei auf ungere(i)te 2Beiie üBer=
gangen, unb eBenfo bertoeigertc il)m bie ^Regierung bie 93eftätigung , al§ i§n bie
6:^or^crren öon Seromünfter als ^ollatoren einftimmig jum ^^^farrer öon Äir(^=
Berg öorfi^tugen. 2:ieie UnBill mad)te ber ©emeinberat^ öon 'Olarau mieber
gut, inbem er il)n 1836 ^um erften i3el)rer unb O^ector ber ^ejirfgjc^ule er=
toä^lte, toorauf bann bie öiegierung nocf) bie ©teile eine§ Äla^^elferS (.§ili»=
prebiger§, be» 6apitel§ ?Iarau=3ofingen l^injufügte. ©o faum äuBerlic^ toieber
3ur Ütu^e gefommen, traf i^n ein neuer BetäuBenber ©(i)lag. ©ein ^o(^BegaBter
trüber J'^eobor (]. u.) , ein ©c^üler Tiägeli's unb 3«^^^»^'» unb feit 1830 al§
9-^^ufif leerer an ber Qlarauer (iantonöfcf)ule angefteHt, f)atte ben 2ob in ber 9larc
gefud^t unb gcfunben. 5Jtit if)m mar er aufs innigfte öerBunben gemefen. @e=
meinjam Ratten jie me'^rere ^a^re an einem öerBejferten aargauifcf)en ^cfangBudie
gearBeitet, öon bem Bereits 1834 ein ^ßtoBe^eft erfc^ienen mar. Bis bann 1844
ba§ öoUenbete 2Berf al§ „?lu§erlefene ^^falmen unb geiftli($e lieber jür bie
eöangelifc^=reformirte ^ixäjt be§ (iantoni Slargau" öon f5r- ^erauegegeBen mürbe.
S^ie 3?a§ler Uniöerfität Befc^enfte i^n bafür mit ber pl)ilofoö^ifi$en Soctortoürbe.
Söa^renb er fi(^ nun gang öon ber ^^olitif jurücEjog unb nur feinem 3lmte unb
ber äßiffeni^aft IcBte, öeiftummte bo(^ aud^ jcine 5)tufe nid^t. @r öeröffentlid^tc
9*
132 gxDl)Uä).
md^xm fatuifc^c @ebirf)te, Don benen „SDer junge 3)eutf(^=^J^id)el" (1843; 2.
öerBeffcrtc unb öermet)vte Slufl. im gleid^en 3^Ql)ve; 3. 3tufl. mit einer ^ugofic
1846), nid^t nur gegen beutfd^e, Jonbern aucf) gegen jd)toci3erijd}e Stürmer unb
©Tanger :^erl6e ^^jeilc entjanbte, tt)äl)renb bic oljne jeinen Flamen er|d)ienene
„atübüate ^efuitenprebigt" (1845) eigentüd) eine antirabifale poeti|d)e ^unb=
geBung im Slone ber (5d)iEer'fd)en i^apuäinerpvebigt war. 5Danelbcn ücrjajjte er
aber au(^ gwei Sammlungen „Jroftlieber" (1851 unb 64), bie injotge be§
2;obe§ öon 5lod)ter unb ©attin entftanben, ferner me()rere epijd)e @ebid)te
größeren UmiangeS : „Ulrid^ ^mingli" (1840), „Ulrid) Don iputten" (1845) unb
„SoI)anne§ 6aIoin" (1864). Seine „(Sefammetten Sd)viitcn" gab er 1858 in
5 a3änben l)erau§, benen fid) bann 1861 nod^ ein 6. 23anb, „®eiftlid)e Sieber"
anrcif)te. Uebcrt^anpt ging tuol fein ^at)r borübcr, otjne baJ3 ^■. einzeln ober
in Sammelmertcn feine |)Detijd)en ©aben (and) 'JtoöeHen unb @rjäl)Uingen) ge=
tpenbet Ijätte. Seiner Sd}riften finb baljer jiemlid) Diele. ?lm öollftänbigften,
aber bod) fe{)r lüdenljaft ääf)lt fie a3rümmer (j. u.) auf. — 5-rül)tid)'ö bebeu=
tenbfte Seiftung finb nnftreitig bie ga'f'cln. 6r t)at ba§ ©ebiet berfelben mefent=
lid) ermeitert unb iljnen gerabe^u neue§ Seben eingel)aud)t. 9Iud) mand)e feiner
Sieber finb unbergeffen. „lUrid) S^^ittöl^^" wnb „Ulrid) Don Jputten" entt)atten
Dortrefflid)e ©inäell^citen , entbel)ren febod) be§ tt»al)rl)aft e)jifd)en @efamnitein=
brudeS. 2ttte§ in allem genommen, gel)ört 5. ju ben l)erDovragcnbften 5Dicl)tprn
ber Sd)mei3; fd)abe, ba^ er, befonbers in feinen fpäteren ^4?oefien, ber tl)eologi=
fd^en 2el)rl)aftig!eit allju Diel Spielraum gen)äl)rte. — ^m Sommer 1865, tur^
nad)bem er Don einem fyerienaufentl)atte in St. ^Jtorilj l)eimgetel)Tt toar, traf
il)n ein Sd)laganfaÜ. @r begab fid^ barauf nad) ©ebcngborf, mo er ber treuen
Pflege feine§ Sol)nc§ geno^. .£")ier ftarb er xul^ig unb gefaxt nad^ einer fdjUjeren
SeibenSjeit Don 16 3Bod)en. 2Bie er e§ gemünf(^t l)atte, mürben feine fterblid)cn
9iefte nad) SSrugg übergcfül)rt unb am 4. S)ecember auf bem bortigen 5riebl)ofe
beigefe^t.
{% ^. Sfvifart) ^ir(^lid^e§ 3eitbud^ für ben reform. X^eil be§ m^. 5Iar=
gau, 2. 3lu§g., 3ofingen 1835, S. 72. — gr^. .^aD. 23ronner, S)er Äant.
Slargau, II. 33b., St. ©allen unb 33ern 1844, S. 36. 48. — S)er Sd)tDeiäer=
böte (3larau, Sauerlänber) 1865, 9h. 288 (5. 3)ec.), S. 1—2 (Don ^rof.
9tub. 9laud)enftein in 5larau). — S)ie Sdtimeiä, 8. Sat)rg., 33ern, .f)aEer
1865, S. 475—76. — 9tob. SBeber, S)ie poetifdl)e Üiationallitteratur ber
beutfd^en Sc^meia, @laru§ 1866, S. 7—18. — 3largauifd)er ^au§freunb
(SSrugg, gifd^, Söilb & 6omp.) 1866, m-. 1 u. 2, f^euilleton (Don feinem
Sol)ne ^fr. ßman. g-rö^lid^). — ^irdl)enblatt für bie reform. Sdilueij, f)r§g.
Don Ä. 9i. C'^aaenba^ unb ®. fingier, 22. ^a^rg., 3üri^ 1866, 5lr. 1,
S. 1—4; Tlx. 2, S. 9—11, ^-euiEeton (Don ipagenbad) unb (Sman. f^rö'^lidf)).
— (SaHerie berülimter Sd^meijer ber ^Zeu^eit. ^n Silbern Don gr. unb
^. ^a§ler. mit biogr. Zi^t Don mfr. ^artmann, I. SSb., ißaben 1868,
5h. 35. — ^einr. Äur^, (S5ef(^i(^te b. beutfd^en Sitteratur, III. 93b. 5. 3lufl.,
Sei^aig 1870, S. 364 b— 365 b (mit 5rö^lid)^§ 33ilbniB). — ^. ^lütter,
®er 5largau, II. 93b., gürid^ 1871, S. 86—90. — 6. S. ^o<i), ®efd)id)te
be§ ^ir(|enlieb§ unb ÄHrd^engefangS, 1. i^aupttl)eil, VII. 33b., 3. Slufl.,
Stuttg. 1872, S. 88-91 (nad) bem aargauifdljen |)au§freunb). — Sd)mci=
äerifclje S)i(^terl)aKe, l)r§g. Don 9tub. gaftenrat^, C^eriSau 1875—76, ^x. 1,
@. 11—12; gftr. 2, S. 25. Sd)umann.
grölilicö: ßragmug g-., geb. 3u ©ras am 2. Dct. 1700, t P Sßien
1758, trat im 16. Seben§ial)re in ben ^efuitenorben ein, ftubirte ju ©raj,
Seoben unb 3Bicn, unb lel)rte :§ierauf juerft in ^lagenfurt, fobann in äöien
gvb^ad). 133
IDlaf^ematif , (Sefc^idjte unb ^ünatunbe. S)ie 5tTivegutig ju numiSmatift^en
©tubien berbanfte et feinen Beiben CibengQenoifen , P. (if)Tiftian gbjd)Iager, bei;
fic^ al§ ^3}lij[ionär in ber lüivfei unb in ®ried)entanb aujgefiaUen unb bafclbft
^Jtünjen gefornmed '^atte, unb P. ßaii @ranelli, 33eicf)töater ber bei-toitttoeten
^dferin 5(ma(ia. ^n ben S- 1783—36 etf(i)ienen feine öiev erften @(i)viiteu
über gjliinjfunbe , bie im'S- 1737 in einem SSanbe bereinigt noc£)ma(v3 gebrucft
ttJUrben: „Quatuor tentamina in re iiummaria vetere: 1) Dissertatio conipen-
diaria de utilitate rei nummariae veteris. 2) Appendicula ad nummos colonia-
rum Romanarum, a cl. Vaillantio editos. 3) Appendicula ad nummos urbium
graece loqueutium sub Augustis editos a laudato Vaillantio vulgatos, 4) De
nummis monetariorum veterum culpa vitiosis". S)iefen ©(^riften folgten no(^
jmei anbere oC)nli(^en ^n"^atte§, neBft einer auf numi§matifc§e ©tubien gegrün=
beten 23eteu(f)tung ber G)ef(^id)te ber ©eteuciben^errfc^aft: „Annales compendiarii
regum et rerum Syriae" (1744\ me(d)e tefetere ©c^riit i'^n in eine Iitterarifcf)e
f^e^be mit bem Seip.^iger Öete'^rten (SotttieB äßernSborf bermidette. ©iefer get)be
lag ein f^eologifc^eä ^ntereffe ju ©lunbe, fo ferne e§ fic^ nämtic^ um bie bon
bem ^^roteftanten aSernSborf Bcftrittene canonifd^e 5iuctorität ber Beiben ^J}ta!!a=
bäerBüd)er '^anbelte. (S)ie Sitteratur biefe§ @treitc§ bn ^ader Ecrivains de la
Comp, de Jes. unb SöurjBai^, ^Biograp^. ßej., 3lrtifet ^-rö^tid^). S)ie ^erbor=
ragenben Seiftungen fu'ö'^üdi'g al§ 5lumi§matifer unb .g)iftoriter lenftcn bie
^Xugen ber .^aiferin ^aria S^ercfia auf i^n; er würbe in ber bon ber Äaiferin
für ben jungm 9tbet gegrünbeten llnterrid)t§anftalt (2^erefianum) jum Se^rer
ber @efcl^id)te, 5(rc^äo(ogie, S)iptomatif, 2öap_penfunbe unb gried)ifd)en ©|)rac^e,
unb jugteicf) au^ aum SiBliof^efar be§ 2:t)erefianum§ ernannt, ^n biefer e^ren=
b ollen (Stellung fe^te er feine numiSmatif^en ©tubien Weiter fort; in ben ^a'^ren
1753—55 erfd)ienen jWei Weitere 2öer!c, welche i§n in Weiten Greifen Berühmt
maditen: „Regum veterum numismata rariora" unb „Dubia de Minnisari alio-
rumque Armeniae regum nummis". ^n 33ereinigung mit feinem bon i'^m äu
numiSmatifc^en ©tubien angeleiteten DrbenSgenoffen P. ^^e\i unb mit ^amerai
S)ubal arBeitete er auf 5lnrcgung be§ 9}orfte'^er§ be§ faifert. gjlün5caBinet§ be
gfrancc einen Katalog ber antifen ^Jlün^en be§ faifert. 6aBinete§ au§: „Numis-
mata cimelii austriaci Vindobonensis" (SBien 1755, 2 Sbe.). @Ben fo machte
er fi(^ um bie ^eimifc^e ßanbe§= unb Äir(^engef^i(^te t^eit§ bur($ eigene 9(rBeiten,
f^eilS but(^ ?lnregung unb görberung ber 3IrBeiten 9Inberer berbient. @r puBUcirtc
bie bon i^m üBerarBeiteten „Diplomataria sacra ducatus Styriae" feineg Crben§=
genoffen P. ©igiSmunb ^sufd) (2Bien 1757); burd^ if)n beranla^t, wibmeten fid) 3Wei
junge Männer ber ßrforfc^ung ber @ef{^id)te i^re§ engeren a5atertanbe§ : @raf
Soronini, ber eine ©efdii^te bon (Sör^ unb ^ftrien fc^rieB (Sb. IV, ©. 501),
(S5eorg 5ßral), ber bie @ef^i(|te Ungarn§ BearBeitete. S5erfd)iebene fleinere ?lB^anb=
tungen junger ^Jtbetid)er, weli^e auf ßinjetfieiten ber öfterreic^ifi^en 2lbel§= ober
9legentengefc^ii$tea3e3ug §aBen, würben unter feiner Seitung aBgefa^t. ©ein Drben§=
genoffe S)eni§ (a3b. V, ©. 51) würbe burc^ ifju auf ha^ ©tubium ber Sü(^er!unbe
unb Sitterargef^i(^te l^ingetcnft. dr ftanb in gelehrtem Sßerfe^re mit ban
©mieten, mit (Sori in (^torens, mit bem 5}lar(^efe ©aborgnano unb 3lpo[toIo
3eno in 35encbig, mit SSartr^efemt) in^arig; mit P. ^ell BetrieB er auä) aftro=
nomifi^e ©tubien, üBerfe^te bie ©pti! feine§ Drben§genoffen P. Saftet in§ 2atet=
iiifdje, unb lie^ gelegentlid) auc^ einmal eine SlB^anblung „De figura telluris"
(SBien 1743) erfd)einen. 2)erlei 9^eBenarBeiten laffen i^n, oBf(^on i^nen fonft
Weiter feine SSebeutung jufommt, at§ einen bielfeitig geBilbeten 9]tann erlennen;
ba§ aSetbieuft feine§ 2Birfen§ ift auf jenem ©eBietc ju fu(^en, auf Welchem er
fic^ einen BteiBenben Flamen erWorBen :^at. 3)er 9himi§motifer gd^et anerfanntc
baffetBe burc^ bie SÖorte, bie er i'^m ot§ (SraBfc^rift Wibmete : „Hunc facta lo-
134 iJtö^ad).
quentur". 3)a§ !aifert. «Dlünj^ unb 5lnti!encal6inet bett)at)i-t ein in Od gemattet
«ßitbniB S-tötjtic^'S.
Sßgt. SSergmann, ^>flege ber gfiumiSmatif in Defterreid) im 18. ^a^x%
(Söien 1856). SBuvä^acf), 53iogrQp:§ifd)e§ 2^. «nteufct, Sej. b. 1750-1800
berftoi-B. tcutfd^en ©c^nitfteller. SBernev.
g-röljlitft: griebi-i(i SL^eobor 3?., geb. ju S3rugg im ganton 5lnrgau
ben 25. ^-ebv. 1803, Befud^te feit 1820 ba§ ©l^mnofium in ^üridE) unb bejog
1822 bie Uniberfität SSojel, um bie gied)te ju ftubircn. ^eben biefen toiffcn^
f(i)ajtU^en ©tubien |}f(cgte er fein fd)on h'ül) eimadjtcö mufifa(if($c§ latent al§
glaöievipielet unb ßornponift. ^m gvüpng 1823 ging er nad) Serlin, um
bie UniDerfitätSftubien 3U öollenben, erfranfte bort in ^^olge be§ ent[tet)cnben
^am|)ie§ ätoifi^en bem erföä'^tten Setuie unb ber immer [tärfer evloadjcnben
gieigung jur ^lu[i! unb mu^te im ©ommer 1824 nad) 93rugg juiüdfctjrrn, um
leine ®efunbt)eit n^ieber tierjufteEen. 9^ad)bem er jtoei ^a^re bort öcrmeilt unb
\\k) Taft au§fd)licBtid} mit g}lufif Befd^äftigt ^atte, ging er 1826 mit llnterftü^ung
feiner ^{egierung tt^iebcr nad) 33er(in, um fid) ganj ber J^unft ju loibmen. Qx
na'f)m tf)coretifd)en Unterrid)t Bei 3clter unb Sernlj. ^lein, Ujurbc Bejreunbet
mit 5-. ^cnbel§fot)n = a3art!)o(bt) unb oerblicb big 1830 in ^Berlin, in mctd^em
i^a'^re er al§ 5)lufifbircctor nad) ^^arau Berufen würbe. S)ort leitete er einen
(Sefangberein , ein 2)itettantenconcert, bie ö^efangäftunben ber ©tabt= unb (£an=
ton§fd)ute unb ertt)eilte eine ^enge ^ribatftuuben. 3l(§ ßom^onift entfaltete
f^. eine auf^erorbentUd)e ^ru($tBarfeit. dr fi^rieB öiele ^'ocal= unb Snftrumentat=
toerfe, baruntcr ein 3Beit)na(^t§= unb ^^affion§=Dratorium, eine ^^fingftcantate,
ein 3tt)ölfftimmigc§ Miserere, ben 1. 5pfalm für 6{)or unb DrdE)efter, 20 ^o=
tetten, 40 6t)ortieber, eine gro^e 53^enge ein= unb me'f)rftimmige Sieber, jtoei
Sinfonien, einige ©treid)iiuartette , 19 ßlabicrfonaten ic. ©ine fo crftanntidie
S'^ötigfeit erfd)ö|)fte bie ÖeBenäfraft ^^rö^lic^'S. ^n einem ^)tnfaU öon (5d)mer=
muf^ ertränftc er fid) am 16. DctBr. 1836 in ber 9lare.
2lttgemeinc muflfaüfd)e B^iti^nö' Öeipjig 1837, ©, 375 ff.
fjürftenau.
g-rö^ltd): ^oT)ann g. öon (Sott, ':pt)i(otog unb ©c^utmann, geB. ju
maxlt aSiffingen in ©d^WaBen am 1. mäx^ 1780, f am 31. ^an. 1840.
^ad)bem er ba§ Bon (Seiftlic^en geleitete 6i)mnafium unb St)ceum ju ©ttmangen
burd)gemad)t '^atte, ftubirte er juerft J'^eotogie 1797 — 99 ju ©iEingen, bann
^uri§prubcn3 1802—4 in ßanbS'^ut; ba aBer and) biefe§ 5^^ feinen Steigungen
nic^t cntfprad), ert)ieU er auf bie @mpfcf)(ung cinc§ ^reunbeS, ber feine SSorlieBe
für fprad)lid)e unb ^l)Uofo^I)ifd)e ©tubien fanntc, eine Set)rerfteüe an bem neu
organifirten (St)mnafium ju Kempten 1804. SBieniol er für ba§ ße'^rf ad) feine
Befonbere SSorBereitung mitBrad)te unb erft al§ ßel)rer orbentlid) ju lernen an=
fing, üBertüanb bod) bie Energie feines 2BiIIen§ alle .Ipiuberniffe unb er marb ein
tü(|tiger 2el)rer. 1817 mürbe er an bie CBeicIaffe naä) 5Jiünd)en öerft't5t unb
1823 3um iHector ber 9tnftaU (be§ bamotigen alten, je^igen äöit^etm§=®t)mna=
fium§) ernannt, meld)e ©teile er Bi§ ju feinem 2obe Belleibete. 3l(§ ein SJtann
öon 6'f)ara!ter, ber nid)t§ feiner SBürbe öergaB, mu^te er unter fd)toierigen a3er=
'^ältniffen immer fein 5lnfe't)en p Be!)aupten. ?ll§ ge'^rer mar er ju troden,
um anregenb ju mirfen, meit man aber feine ^enntniffe fd)ä^te unb ben ©ruft
feines ©treBeng fü'^lte, entging if)m nic^t bie allgemeine 9ld)tung feiner ©c^üIer.
^mmer an fid) fortBitbenb, üertoenbete er febe freie ©tunbe — foldjc I)atte er
Bei !ümmerlid)er SSefoIbung unb äa^lreid)er (Familie lange 3eit nur wenige —
äum ©tubium ber alten ßlaffifer, bereu ipeilung üon überlieferten ©d^äben i'^m
äu einer ma"^ren AperaenSangelcgen'^eit Würbe, ©eine 3al)Ireid)en 3}crBeffcrung§=
Borfd)läge ju (SatuÜuS, 5pi)aebru§, i^oratiu§, jur lateinifd)en 5lntt)ologie, 2acitu§,
gro^n. 135
SSeKejuS, ben römij($cn ^f)doxtn, fernex ju ^op1)otU^, X1)totx\t, grtecfiifc^en
Epigrammen, S)emoftt)ene§ k.,, bie in ^Programmen, p^iIoIogt|c£)en ^eitfc^riiten,
in ben gelef)rten Stnjeigen ber ^ünc^ener Sltabemie unb jpäter in beren S)enf=
jc^riiten niebergetegt finb, 6e!unben einen ungemö'^nlic^en Sdiarifinn unb eine
jettene biöinatorijije Begabung, alber fie öerrat^en, Be|onber§ bie |rüt)eren 2Ir=
öeiten, bur^au§ ben Slutobibacten , unb bienen jo äum SSetoeife, ba^ au| bcm
(gebiete ber p^ilologifc^en Äriti! o^ne fefte 5Jtetf)obif fixere ßriolge nur im ein=
jelnen 3U erzielen finb.
ßeont). (Spengel'S ©enfrebe auf 3. ö. ®. grö'^lic^. miinä^m 1849.
.^atm.
g-rolÖn: i3ofe|)^ 5. öon gro'^nSberg, öfterrei^ifc^er DBerft. ®ine
burc§ bie i^m angebii^teten fet)r oBenteuerli^en @rlel6niffe öefannte, aud) in
mel^reren beutf($en 3ftomanen erfc£)einenbe ^perfontic^feit. (geboren 1744 ju
giüxnberg in Saiern, trat g. 1760 aU ^äl^nrii^ in ba§ faiferl. Snfanterte=
regiment 3lx. 40 ein, bon mel(f)em er 1763 al§ Dberüeutenant juerft pr beutf(^en
51obelgarbe, fpäter aU gtittmeifter in ba§ 6. §ufarenregiment unb 1773 al§
SJtajor in ba§ 6. j?üraffierregiment überfe^t würbe. 1777 tnurbe er Cberftaeute=
nant bei 2ßaIbegg=®ragoner, 1781 jmeiter Oberft bei (^arameHi= unb 1783
erfter bei S5eiiid)ingen .^üraffiere. Drbnungätoibriger unb feine§tt)eg§ burdiauS
el^ren^after |)anblungen toegen, mürbe er in Unterfu(i)ung gejogen unb entlaffen,
er'^ielt jeboc^ öon ^ofep:^ II. eine jä'^rlii^e ^enfion. g. ftarb ben 17. Dctbr.
1785 äu ©ro^marbein. S)er mt)tt)U§> über fein Seben, melden äuerft ber
9H^einifd)e 3lntiquariu§ unb jule^t SBüIau in ben (geheimen (Sefc£)id)ten öor=
brad)te, befielet barin, ba^ er ein geborener QoUm^n, au§ bem ®lternf)aufe
entflogen, al§ ^Jtufterfd^reiber in bie ©renje eingetreten fei, ben fiebenjab;rigen
ßrieg ai^ Dfficier mitgemacht l^abe, in ®efangenfd)aft geratl^en unb al§ tobt
ausgegeben unb nat^ feiner Otanäionirung ni($t al§ lebenb anerfannt mürbe,
äuerft Stallmeifter, bann (garbift geworben unb meil er ^ofep'^ II. bei einem
Liebesabenteuer unterftü^t, Oon i^m jum .^ufarentieutenant ernannt unb bis
aum Dberften bejörbert mürbe; enblii^ fei er burc^ ben Sn^aber feineS 9tegiment§,
ben (Seneral 33erli(^ingen, öergiftet toorben, mät)renb biefer ficf) felbft erfc£)o^.
ategeften be§ f. f. ^rieg§ar_(i)iö§. S)er erfte poÜftänbige unb ^iftorifi^
cüi-recte Sluffa^: „^eue freie ^^Jreffe", 10. Januar 1872. ö. ^anfo.
g-ro^u: ^onrab 5., 9lationatöfonom, geb. ju 2)üffetborf am 2. ^uni
1752, ftubirte in (Söttingen, ging im ^. 1788 mit bem 9teic^§grafen bon
©icEingen, !urpfat,^baierifc§en (Sefanbten am tönigL.franaDfifc^en .g)o|e, auf 9leifen
unb öerfa:^ eine 3cit lang bie ©tette eineS ©ecretärS ber baierifc^en @efanbt=
fdiaft in ^ari§, menbete ficf) bann nac^ SBien, mo er me'^rere ^al^re als ^rit)at=
mann 3ubrad)te. 25on 1795—1800 lebte er alS ^^sriüatgele^rter in münä)tn
unb erhielt in bem 'legten ^a^re bie 2et)rfon3eI öcr 6taatSmirtf)f(^aft an ber
eben öon ^ngolftabt nad^ SanbS'^ut überfiebetten Uniöerfität; fomie fpäter ben
3:itet eines tönigl. boierifcf)en ^ofrat^S. 2l(S bie Uniöerfität im S- 1826 na^
5)lün(^en öerlegt mürbe, trat 3^. toegen ^ränfli(i)!eit in ben Ütu^eftanb unb
t am 10. Januar 1829. ©eine fct)riftftellerif(i)e ßaufba'^n begann er mit
ftatiftif(i)en 5trbeiten, „^Beiträge jur neueften beutft^en 2;erritoriatDerfaffung",
1783, unb „5teuefte ©taatSfunbe öon ®eutftf)(anb", 1784 f. SjoS 1. — 5.(5tüci
entplt Defterreid), 33aiein, ^ülicE) unb Serg, baS 6. - 8. ©tüd ift nic^t in ben
5Bud^t)anbel getommen. 3luS feiner Söicner 3eit ftammen ätoei anonyme
©c^riften, „g-ran!reic^S gieöotution unb (lonftitution im 3ufammen^ng", 1792
unb „©cenen auS ber fran^öfifc^en 9teöoIution, poetifd) gcfi^ilbert", 1793.^ ^n
^Dtüni^en unb 2anbSt)ut toar er auSfc^lieBÜc^ auf bem B-elbe ber 5iational=
öfonomie tt)ätig unb öertrat ben gemäßigt freiheitlichen ©tanbpuntt beS auf=
136 ^xöüä).
geüävten 5Püti,^eiftaate§ mit gutem ))ra!tifd)cn SStitf, oBer o^ne toejentliiiie göv=
berung bet aBifjenfcfiait. 9tu§ biefer ^pertobc ftammen feine Sd)riften „Uebei
Kultur, .^anbel unb ben ©influ^ ber ©etreibepreife auf bie @taqt§tt.iiit'f)f(i)ait"
mit 8 ' Tabellen, 1798. „gnttDurf einer ^ijpottiefencaije iür 33aiern", 1799,
„g^eucraffecui-anj für Saiern", 1800, „Ueber 'Baierng 3{ei(^tt)ümer unb hu
knittd, [ie äu öerme'^ren", 1. ©tüdf 1800, „Hte§ unb neue§ ^-)anbel§fi)ftem in
S3aiern", 1801, „Tieuefter actenmä^iger 3uftanb ber fämmtlic^en unter Ianbe§=
fürftlii^er unb lanbfd£)aftric^cr 35errcaltung fteljenben ©taatöeinfünfte unb ©taQt§=
ausgaben in 35alcrn, ^Dlcuburg, Suljbac^ unb ber Dbcrpfala", 1801, „^anbbud^
ber Baierifd£)en Ttationalöfonomie", 1822.
^aaber, (Scte{)rte§ 93aiern I. 35ß. — "^l. ^le!rol. 1829. — ^rantl,
©efc^ic^te ber Subn3ig=gJlajimiaon§41nit)erfität II. 523. — lleberfid^t feiner
©d^riften bei ^at)fer, 3Sücf)erIci-i!on. 3nama.
S-röUd): ^oI)ann 6t)riftDp^ g. bon unb in grölicfiSbur g, Sfurift,
„abelic^er l'aubmann" au§ ©toiiad^ in 2:irol, ert)ieU 1753 an ber Uniüerfität
greiburg i. 33r. bie $rofeffur be§ Gobej unb 3ug(fic^ bie juriftifc^e SoctorUnirbe
unb ftarb bafelbft am 27. Dctbr. 1776. gr f)intertie^ feine Srudmerte. S^on
einem gleichnamigen S^uriften ejiftiit ein ^äufig aufgelegter Gommentar jur
Carolina: „Commentarius in taljfcr Qaxl bc| günfften ^einlidie |)at§=®erici)t§=
Drbnung", 1709 unb öfter.
aBciblid), 35iogr. ^lac^ric^ten III. 79. ©d^reiber, @ef($. ber Uniö. ju
g^reiburg 111. 180 f. Steffen^ agen.
g*rölid): ®corg g. (2ätu§, Setu§), nürnfecrgifd^er unb aug§burgif(^er
©tabtf^rcibcr unb ^tjilotog, mar um ba§ 3- 1500 ju C^ömni^ („bon ber 6öm=
ni^ au§ a^oigtlanb"), mie er felbft fagt, einem unbefannten Orte in bem eger=
fd^en ©ebiete in SBö^men ober bem baran grenjenben 33oigtlanbe geboren
(Theoph. Siiicerus, Analecta, 'iRürnb. 1736, ©. 161). S5on feinen .^ugenbja'^ren
ift nict)t§ befannt, al§ toaS er felbft in ber 3}orrebe ju feinem berbcutfd^ten
©tobaeuS (33t. ?l. 3 a) fagt, au§ metd)cr man aud) einige anbere Umftänbe feinc§
Seben§ fennen lernt. 5lod) jung unb balb nad)bem er bie ©d)ule öerlaffen, etma
um 1520, üerfa'^ er bei ben ^faljgrafen bei 9tt)ein, bann 10 ^al^re (1526—36
gitterar. ^ufeum II. ©. 204) in 9Iürnberg ßauäteibienfte. ^3iac^ ben nürn=
fiergifd)en ^^lemterbüdiern tam er 1528 in bie 6an3lei=9{egiftratur unb marb
1529 eanglift. Sn ber letzten ßigenfd)aft mürbe er in fe^r mid)tigen ®efd)äften
gebraud)t, mie er benn 1530 mit ben bcibcn ßonfulenten Dr. ßliriftopl) ©d)eurl
unb Dr. :3ol)aun ^''clJftein auf 25efel)t be§ 9tat^§ ju Nürnberg nad) 9lug§burg
gefd)idt mürbe , ol)ne 3ttieifel um im ^ntereffe beffelben bie ^rotocoUc ju fül^ren
unb ben S5riefmed)fcl ju munbiren unb ju bcforgcn. 'üaä^ OfianbefS 3fugni^,
ber itjü als einen ''Dtann Oon SSerftanb unb ®efd)idti($!eit, al§ einen guten Sa=
teiner unb S)idf)ter bejeid^net (Apologia Andreae Osiaiulri, 1544, 2itt. ^Jlufeum
©. 196), üertrat er auc^ p "iltürnberg eine !^nt lang einen Iranfen 9lat§g=
fd^reiber, meld)e§ ma^^rfc^einlii^ l^a^aruS ©pengier mar, ber, lange fränfclnb, im
^. 1534 ftarb, unb in beffen ©tette er einrüden moHte; al§ il)m biefe§ aber
fe!§lf(^lug, trat er al§ ©tobtfd^reiber in aug§burgifcf)e ®ienfte, too man fe'^r biel
auf il)n l^ielt. S)iefe§ toidt)tige 3lmt öcrmaltete er bon 1536 — 48, ftanb in
großem ?lnfel)en unb mad^te fid) um ba§ gemeine äßefen in ben bebenltidf)ften
unb gefa^rbollften Reiten l^öd^ft berbient. ^n 9lnerfennung feiner erfpric^lidien
S)ienfte gab it)m ber 9tatl) burd) einen befonberen 33efct)lu^ feine SScfolbung auf
od)t Satire borauS. ^n einem 35orfd)lage einer neuen 9tatl)§= unb (5;an3teiorb=
nung an ben 2lug§burger '^atlj rü^mt g-. felbft, „ba^ ein 6. 9iatl) il)n al§
SSlutfreunb fammt 3Beib unb j?inb unberminbert feiner gebül)rli(^en Sßefolbung
bi^'^er äiemlid) unterl^alten, unb ba^ man i^m aud) , al§ e§ in 3lug§burg mi^=
lid^ auSfa'^ , nid)t einmal)l erlaubt l)atte , auf ettlidie 2:age au§ ber ©tabt äu
??t5li^. 137
gelten, toeti man i'^n rtt($t ^abe entratfien fönnen". ^nr ft^malfalbifd^en 25unbe§=
gefc^äfte, fotoie 3m- 3fit i^e§ ÄriegeS jü'^vte et mciftenS bie dotrefponbenä.
dfienfo tourbe C:paul ö. ©tetten, ©ejcfi. ber 9teic^§ftabt ?tug§Burg I. ©. 406),
qI§ im ^. 1547 „jur 2tiinc^tung eine§ frommen 2eBen§toanbeI§ unter ben
Sürgein" eine Befonbere Deputation angeorbnet tourbe, u. a. auc^ ^y. ^ier^u er=
nannt. 2öeil er fi(^ aber ßemu^t mar, bie ^aifer ^art unlieBa ßorrefponbenj
im ftf)mal!albif(^en Kriege gejü^irt äu {)aBen, |o bat er, al§ ber ^joütifi^e ,g)ori=
jont immer bunfler tourbe, ben ^tat^ um feine ©ntlaffung, iüelcf)e biefer ieboc^
ni(^t annahm, fonbern i^m bebeutete, ba| er it)n „bel^ biefen fdjmeren Säufften"
ntd^t tDot)I entbe'^ren fönne. g. aficr tuurbe, toie er mit 9led)t befürcfitet l^atte,
fd^on am 3. 3luguft 1548 hnxä) ben Äaifer, bei bem er anwerft f(i)(ecf)t an=
gefd)rieöen mar, al§ biefer in bemfelBen Sa'fire ha^ gtegiment 3U 2(ug§6urg
änberte unb mit abetic^en (Bef(f)Ie(i)tetn befe^te, feines 3lmte§ ent^^oben, „t)nber=
le^t meiner eieren, ja mit meiner ebren attergnäbigft ertaffcn" (©toBäuS 331.
21. 3 a; .«piftorie be§ 3(ug§B. 9tegiment§ IL ©. 86 ff.). D^ac^bem 5. hierauf
einige ^at)re 5U ÄaufBeuren, toofetBft er fic^ am 1. Sunt 1549 ein ,§au§ faufte,
al§ ^^pritiatgete^rter öerleBt l^atte, 50g er toieberum nacö 9lug§Burg, um bom
3Jlarä 1554 an auf bier ^aiire lang bon neuem in bie S)ienfte be§ 3tatl§e§ ju
treten, nac^bem il^n biefer Bereits 1552 3um glatt) unb Slböotat ber ©tabt
(gie(f)t§confuIent üon §au§ au§) ernannt '^atte. 93on nun aBer fe'^Ien alle
toeiteren Ütac^ric^ten üBer fein SeBen unb 2öir!en. 3^1 feinen gete~^rten greunbcn
jä'^Iten Dr. ^onrab @eBner, Äafpar 35ruf(i) (^efc^reiB. b. tyic^teCbergeS 1683,
(S. 6—7) unb @eorg SSogler (^etjft^tag, Sylloge I. 1729, ©. 557._ 563),
toe((^en legieren er feinen ©c^mager nennt. Unter feinen ©c£)riften ift befonberS
1§ erb or^u^ eben: „Joannis Stobaei ©cfiarpff finnige ©brücke . . . 9Jl. ®. S." 2lm
ßnbc: „©etiiicit au Safel Bt) :3ot)ann .gjerBft genannt Dbonno . . . 1551",
fyol. , eine Ueberfe|ung ber 2lnt^o(ogie be§ ©tobäu§ naci) ber lateinifc^en 3lu§=
gäbe be§ Äonrab .Seiner (barin aud^ ©. 559 bie erfte beutf(^e Ueberfe^ung
jmeier bt^tonifc^er ©efpräc^e). ©ie ift bie erftmalige, jeboc^ nid)t mörtlic^e,
fonbern me^r umf(i)reibenbe Uebertragung in beutfc^e ©prac^e, aber gerabe ha=
burdf) für un§ um fo toert^botter, meil einjetne ©piliciie be§ ©tobäu§ nii^t otjne
®ef(f|i(! unb (Bind burd§ ft)nont)m fbecififc^ beutfd^e ©pric^tnörter miebergegeben
finb. ' @§ fam aucf) i^, , toie ben meiften Ueberfe^ern ber gieformationg^eit , nur
auf berftänbli($e ^iebergabe be§ :^n^alt§, burd)au§ nic^t auf ^ac^bitbung ber
gorm an, toie benn bie§ ber Ueberfe^cr fetbft in ber S^orrebe ausbrütfüd) be=
merft l^atte, unb e§ ift beS'^alb au(^ ba§ Urtt)eil, toel(f)e§ SSrücEner in feinen
Seiträgen 3ur fritifcfien ^iftorie XIX, 356 ff. über biefe§ Su(i) fällt, ein bur(^=
au§ ungere(i)te§ unb um fo bittiger unb rüdffic^tSbotter baSjenige ©trobet'S in
ben 9]ti§cea. YI, 98 ff. g. t)atte biefc 3trbeit toäl^renb feineg ^Tufent^alteS in
^aufbeuren gefertigt unb bie 25orrebc unterjeidinet : „@eben 3U ^auffbeüren.
14 tag ^aji. 1550". ßin gjemplar l^otte er felbft, „inscriptione elegantissi-
mis litterarum ductibus exarata", ber 2lug§burger Sibliof^ef jum ®efc|en! gc=
maä)i, in toeltfier e§ ]\ä) nodf) '^eute befinbet. Tää)t o^ne ©efc^idf ift ouif) feine
„S^erbeutfc^ung aller 5ßfalmen, toie fte ^o^anneS ©ampenfiS nacf) l^ebräifd^er
2Bal§r^eit in ba§ Satein gebracf)t", Dtürnberg 1532, SlugSburg 1534 unb öfter,
(^panjer, 33efcf|reib. b. älteften 2lug§b. 2lu§gaben ber SSibel, 9Zürnb. 1780.)
Slu^er ben angefübrten Cueüen bgt. 25eit^, Biblioth. Augustana I. p. 106.
S)egen, Sitt. b. beutfc^en Ueberfe^ung b. ©riedien IL ©. 424 ff. 2BiII=
^flopitfi^, Dlürnberger (SJele^^rtenteyifon I. ©. 367—69. ©etfenborff, Hist.
Lutheranisimi. Lib. III. p. 476—77. 33e^f(^Iag, Sylloge varior. opuscul, I.
1729, p. 557 SS. gitterar. «ötufeum IL ©. 203 ff." ebert 21787.
S. granrf.
l^Q gtombccf — g^romtierj.
g-rmilkd: ^arl ^., Äupfci-ftedEiei- , gelb, ju äBei^firc^en in ^ä'£)ven am
6. S)ecbr. 1821, f p äöien am 20, Cctbr. 1851. 3^. toai* einer ber au§geäeid^=
netften <Bä}nUx 9lal£)r§; leiber gal6 er ba§ ^yac^ ber großen .'piftorienmaterei auf
unb wanbte fid) bem i^upfeiftid^ 3u. 5]3roieffor Stöber, ber le^te bebeutfamc
Äupierfted)er £iefterrei(i)§ tcar fein 3Jteifter; g, ein würbiger <5d)üler. 9ln ber
293iener 2lfabemie bereiteten fid^ bafhal§ gro^e 9?eformen im Unterrichte öor:
g., ber al§ 6ut)plent bafelbft tt)ätig tttar, mar einer ber eifingften Kämpfer für
bie gute ©ac^e; feinen 33emü]^ungen finb namentlii^ bie cingefüBrten 9teformen
äu banfen. @ine 2ungentran!t)eit raffte ben jungen i?ünftler fo frül^^eitig balt)in,
bo(f) erlebte er nod) bie ©enugt^uung, bie bon if)m unerfcEiütterlid) öertf)eibigten
Unterrid)t§reformen burdigreifen ^u fe^^en; aud^ rt)urbe il)m am ©terbelager ba§
S)ecret jugefteEt, ba^ il^m in golge feiner fünftlerifc^en 21^ätig!eit ber gro^e
alabemifd^e 3fteic^rfii)e ©tiftung§prei§ 3uer!annt toorben fei. — grombecf'S Xob
tt)urbe umfome'^r betrauert, al§ man mit if)m ben einzigen tatentöollen 2;räger
ber ,^u|)ferfterf)funft ju ©rabe trug ; er l^ätte fid)erlic^ eine f^ecifif cf) öfterreidjifc^c
^u:t)ferfted)erfct)ute fortjufül^ren Oerftanben — fo aber fd^ritt biefer S^ve\% in
äöten unabl^altBar feinem Untergange entgegen. f^-rombedf'§ SBerf ift ni(i)t rei(i)=
l^altig; feine |)auptblätter finb: „^ubitl^ mit bem ipau^te beg .§otofcrne§" ;
„^orträt beä Silbt)auer§ 2;f)orroalbfen" unb „3igeunermäbd^en", beibe uadE)
3lmerting, bann ein Porträt be§ ^aifer§ i^-xan^ Sofepf) I. ; feinen ©tic^ nac^
einer 9lapf)aerfd^en 9Jlabonna tonnte er nirf)t mefir gan^ ju 6nbe führen; bod^
ejiftiren baöon ^Ibbrürfe im öorle^ten ^iiftanbe.
Saufprotocott p 3Bei^fir(|en. Sobtenprotocott 3u Söien. — 3lrcf)iö unb
S3iBüott)et ber Söiener Slfabemie. Ääbbebo.
g-rom^crj: Äarl ^., Dr. med., ^rofeffor ber 6t)cmie unb ber 5Jlineralogie
an ber Uniberfität ^^reiburg i. 23r., geb. 10. SDeccmber 1797 ju ßonftanj, geft.
27. San. 1854 in greiburg , erf)ielt feine erfte SSilbung in bem ^^nftitut äu
Sauere, bann auf bem ®t)mnafium ju (^reiburg. t^. toollte anfänglid) 3furi§=
brubena ftubieren, entfd£)ieb \iä} aber fpäter für 5[)tebicin, in ber er bi-'oniotiirte.
@r befud()tc fobann ^ari§ (1821—22), mo er fii^ befonberg in ber ß^emie ber=
boEtommnete unb feierte 1822 nad^ greiburg 3urüd, um fidf) ftier burdf) bie
@d)rift: „Ueber bie elcft.=d£)em. 2;5eorie ber iöerttjanbtfc^aften ic." aU ^ribat=
bocent p I)abilitiren. 1823 jum au^erorbeutüdfien , 1828 jum orbentlid£)en
^rofeffor ber ßt)emie neben SBaIct)ner ernannt, übernat^m er nad) Su^engeiger§
stob auc^ bie ^rofeffur ber Mineralogie unb bie SDirection be§ 3[RineraUeu=6abinet§.
^. befc^äftigte fid^ in früf)eren äa^ren Ijauptfäd^tidE) mit dt)emifd^en Unter=
fud^ungen, auf meld)em ©ebiete er iperborragenbe§ leiftete. S)ie Söiffenfd^aft
berbanft if)m bie ßntbedung ber Manganfäure unb bie S)arfteIIung mangan=
faurer ©al^e. (Sine 3fiei^e bon ^ubticationen (1824 — 27) in ©d)meigger'§,
^oggenborff'g ?Innalcn unb ©eiger'g SJtagajin bemeift feine erfolgreid^en ©tubien
über 3;atgfaure , 5lpfelfäure , 2:ragant:^=®ummi , über ben S3romgel§alt me'£)rerer
©aläfoolen, über beTfd)iebene ©toffe be§ menfd)lid)en <^örper§. 1829 publicirte
er eine 5ln(eitung 5ur d^emifi^en Slnattjfe ber Slrsneimittel au§ bem ^flan3en=
reid^e unb äeigte feine 33efä:^igung ju ber ©teile, bie er 1832 al§ ©eneralbifitator
ber 2tbot:^efen in Dberbaben erhielt, ©ein „Seiirbud^ ber mebicinifd)en ßl^emie"
(1832-36. 2 33be.) embfie!)It \iä) burd^ feine |)rattifd)e Sluffaffung unb ftare
©arfteltung auf ba§ bortt)eit|oftefte. ßrft feit 1835 mibmete fid) g. mel^r geo=
gnoftifdien ©tubien unb begann ben ©runb m einer eigentlid^ geognoftif^en
©ammtung ber Uniberfitöt p legen, ©eine Unterfud^ungen in ber Umgegenb
bon greiburg fül^rten äur gntbedung fef)r intereffanter juraffifd^er Slbtagerungen,
bie 5. in einer 9tei^e in ber SBiffenfd)aft fel^r gefd^ä^ter 3Irbeiten nät^er \ä)\h
berte: „@eognoftifdf)e SSefd^reibung be§ ©d^önbergg", 1837; „Ueber 33rabforb=
g'tomm — {Jrommonn. I39
imb Dniorbt^on im ^reiSgau" (20. ^a^rö. 1838); „S^ie i^uraformatioii im 33i-ci§=
gau", 1838 unb „öeognoftijc^e ^eidireibung t)on ^yreiburg", 1838, hierin ftellte 5.
3uer[t bie ^urajcf)id§ten Bei O^reiburg in nät}ere ^^arallele mit ben in Gngtanb unter=
fdE)iebenen ^oi-'niationggliebern unb tuenn er aud^ im (Jinjelnen ni(^t immer ganj
genau baS iRii^tige traf , 5. 35. all Srabiorbt^on bejeicfinete , mai bem cngli=
jd^en GotnBraif) entiprid^t :c. , fo finb bo(^ bie eingaben im 6ro§en ri(^tig.
^rom^erj'ö 3d^i(berungen ber öor ifjm fo raenig bcfannten Suraj (fliehten be§
Sieic^gauä «werben bauernben SSertl^ bcf)alten unb fönnen alö ein entf(i)iebener
i^ortfdiritt ber Dergleic^enben ©eotogie für 5)eutid^Iünb be3ei($net tt)erben. (Später
befaßte fict) 5- einget)enb mit ber 6riorf(f)ung ber bituöialen SSitbungen bei
Sc^tDarjiDalbeö („lieber bie Siluüialgebilbe be§ Sd^marattJotbeg" , 9i ^ai)xh.
1843. 231; „lieber ben ©(^marjmalb", baf. 1847. 813; „Sllpinif^e £iluPial=
Bilbungen in bem 53DbenfeebecEen", baf. 1850, 641). 9tu($ fc^rieb er über ben
förnigen Äalf am Äaiferftufji ('^1. ^a^xh. 1852) unb öeriaBte ein „<^anbbud)
ber Geologie", ha^ (Sti^enberger 1856 publicirte. g. jeii^nete fid^ all Pot=
treffüi^er \le1)xn burd§ ftaren, audE) für minber Segabte fa^tid^en SJortrag, all
i^ele^^rter burd£) feine fritifd^e 5Jtet^obe aul. 3lu§erbem liebte er bie 5Jlufif
Ieibenfrf)aTtti(^ unb galt all Dortreffüd^er ßtaöierfpieler. @r öerm^te Pietc ,^ri=
tuen über 5}tufif. 6in .'perjleiben trübte bie legten ^a^re feines Sebenl, bem
ein mieber'^Dtter ®(^IaganiaÖ ein ^xd fe^te.
33aumgärtner, @ebäd)tni^rebe auf g. , 1855. Söeedf) , S5abifd£)e Sio=
grap^ien 1, 268 — 269. (Sümbel.
{yröuinj: 3lnbreal fy. , geb. 1621 in ^^läni^ im 9tuppiner Äreife all
©o^n eines lut^erifc^en '^srcbigerl, fungirie anfangl , na(i)bem er feine t:§eologi=
fc^en Stubicn beenbet, 1647 all ^rofeffor am @t)mnafium 3U Stettin, motauf
er 1654 ^^ropft ju döln an ber ©pree, unb fpäter, nacfibem er fidt) bie t^eo=
logifd^e Sicentiatur crroorbcn , aucf) 5Jlitgtieb bei bafigen donfiftoriuml mürbe.
3ur Surc^fü^rung i^rer bamaligen Unionltenben5en fa^te bie furbranbenburgifdfie
gtegierung namentlid) ben angefclienen Jy. inl 5Iuge, inbem fie nic^t mußte, ba^
beffen •'paß gegen bie rcformirte Äirc^e ebcnfo groB ttar all feine |)inncigung
5ur fat^olifiä)en. Statt bal)er an bie S3ereinigung ber beibcn ePangelifdf)en 9le=
ligionlparteien ju benfen, fnüpite g. brieftii^ unb auf aulgebel)nten 9ieifen S3e=
jie^ungen 3ur fat^oüfdE)en ^ierard£)ie an, unb trat, Pon feinen Oteifen ^urüdfgefe'^rt,
in einer ^^rebigt fo Ieibenfd)aftticf) gegen bie reformirte Äirdie auf, ba^ i^m feine
©tette im Gonfiftorium entzogen werben mußte, öeimüdf) Oertieß er bal)er feine
©tellung, begab fiel) nac^ 3Sittenberg, mo er all 5^ocent auitrat, unb tüdre bei=
na'^e 1668 ©upcrintcnbent ju 9Utenburg gemorben, menn nicf)t bamati ber
(Sntfc^tuß, in bie römifd£)e Äirc^e überzutreten, in i^m ^ux ^eife gefommen
märe. 3ur Üied^tfertigung feiner (^'onPerfion, meiere in ^^rag erfolgte, Peröffent=
lichte er feine ©d^rüt „2Bieberfe^r 3ur fatl^oüfd^en Äirc^e", "bie mel^rfeitige ®nt=
gegnungen ^erPorrief. ©eine ^-rau mürbe mit il)ren füm Äinbern in ein Ätofter
aufgenommen. Gx fclbft erl)ie(t ein Secanat ju ^^rag , mürbe ober fpäter 6a^
nonicul ju Seitmcrii, wo er l)odf)betagt 1685 ftarb. ©eine menigen ©d)iiften
finb meiftenl potemifc^en ;3n:§attl. <&eppe.
grommniUl : (£r§arb 3lnbreal g. , 3:§eolog , Crientalift unb ©c^ul=
mann, geb. 8. Ttooember 1722 in SBiefenfelb im 6oburgifc£)en, bezog, nac^bem
er feine S}orbiIbung auf bem Spmnafium Gafimirianum in (Foburg erl)alten,
1741 bie Unioerfität 5(Üorf, mo er fid^ l)auptfä(f)Ii(i) bem ©tubium ber 3:l)eologie unb
ber orientatifcfien ©pracE)en roibmete. 1745 f)abititirte er fidf) bort, nadjbcm er bie
5)lagiftcrmürbe crmorben, all ^^^riüatbocent unb las über pl)itofop^if(f)e unb pl)itolo=
gifdt)e @egenftänbc. 5^ad) 3 Salven er'^ielt er eine ^farrfteüe in feinem 3}aterlanbe,
im S)orfe Söatbüren; nac^ 6 ^al^ren mürbe er Pon ba atl 'Pfarrer nad^ einem
■^^Q fjronimann.
anbcrn coBurgifi^en Soife, mä^ ©arnftäbt, bcrfeljt. .^ei-16[t 1756 tourbc er aU
ße|rer bcr grted)if($m unb bev orientatifif)en ©pradjen an ba§ ®t)mnQfium ju
(Coburg berufen, @nbe 1761 jum Sirector biefcr 5ln[tatt ernannt. S)a e§ '^er=
fömmlirf) toar, ba^ ber 5Director Dr. tbeologiae fei, crttjarb fic^ g-. im ^a^re
1762 btefe SBürbe an ber Unitierfität ^)((torf. 1771 folgte er einem ^ufe üI§
%U an ba§ mit einer 6erüf)mtcn ©c^ulonftalt öcrBunbene (^jroteftantifd^e) ©tift
MofterBergen bei 'IRagbeburg, voo er 1. Cctbr. 1774 [tarb. ©eine 3at)treid)cn
©d^iiften — burc^gängig 2)i§putationen unb Programme — öerjeirf)net %f). 6^r.
;^arle§. De vitis philologorum nostra aetate clarissimorum Vol. II, p. 73 ss.
SSurfian.
g-rommauil: 6. 5. 6. S-» ift o.m 14. ©e^tember 1765 ju 3üIIic£)au ge=
boren, Wo fein ©ro^lmter feit 1726, fein 3}ater feit 1757 bic 23u(^^anb(ung
be§ 1719 bom ^Jiabtermeifter ©amuel ©teinbart gegriinbetcn 2Baifen^aufe§ ge=
fü^rt, ber letztere fie 1785 eigenttjümlic^ ernjorben tjattc. ©eine ©d)ulbitbung
betbanÜe er bem ^ritiatunterrid)t be§ reformirten ^rebigcr§ ^Jtellin, eineä
Kantianers, öon 1780 bi§ 1782 bem (Sljmnafium in 'Oteuruppin, an mctdiem
©tube unb Ciebevfü'^n bie begabteften 2d)xex maren, unb fid) neben ber geiftigen
unb fitilicl^en 9luöbilbung it)rer ©d)ü{er and) beren leibliche ©tärfung unb lHb=
f)ärtnng angelegen fein liefen, ^m Cctober 1782 fam er au§ ^^rima nad)
35erlin at§ !s^ef)ritng in bie 23uc^^anbtung beS altgemein geachteten 5!)l^tiu8, bei
bem 'JJtcinner wie (Sebite, 93iefter, Heller, ©patbing, 3öttner, (äuget, S)oT)m,
i^u^nt mit feinen beiben 3ögfingen, beu 23rübern ö. .spumbolbt, u. %. t}äutig
öerfetirten, benen ber gut borgebitbete unb aufgemedte i^üngting gefallen mochte.
^Jtamentlid) ttiar it^m (Sauget gcmogen, too"^! megen it)rer gemeinfd)afttid)en ^or=
liebe für bie ©d^aufpieltunft, bie bamat§ in ber 2)öbbetin'f(^en Gruppe mit
'^Uä unb anberu itjre erften SStüttjen trieb. 9n§ älterer (College arbeitete neben
il)m, feit 'JJtl)ltu§' 3:obe (Secember 1784) al§ güt)rer ber Sud^ljanblung, i^rtebr.
33ien)eg. ©ie fc^loffen eine (yreunbf(i^aft für§ 2eben unb bererbten fie auf i()rc
©ö'^ne. '^aä) 33eenbigung ber l'eljr^eit im .Vperbft 17S5 blieb 'i^-. al§ @et)ütfe
im (Sefdjäfte in ber froren .^offnung, im <vrül)ja^re mit feinem ^ater bic 2eip=
jiger ^effe ju bcfud)en unb i^m bann fortan ^ur ©eite ^u fte'^en. Xa [tarb
biefer plöljlid) am 5. 'DJiär^ 17S6 mit ^interlaffung feiner SBittloe, nod) eineg
jüngeren ©ot^neg unb einer S^oc^ter, bereu Unterl)alt bom f^ortbeftc^^en bc§ Öe=
fd)äftc§ abljing. 5Die 5lufgabe, biefe§ burd) feinen (Eintritt in bie i^m bötlig
fremben 3}er^ältniffe beffetben ju fü'^ren, lag fd)mer auf bem nod) nid)t bolle
21 ^a^re jäfilcnben Jünglinge unb e§ bcburfte be« ernften 3'ii-*eben§ be§ üäter=
lid) gefinnten g-riebr. 'JUcolai, il)n baju ju ermutl^tgen. Einmal entfd)loffen unb
3u ^DJlutter unb ©djftjefter aurüdgefeljrt — ber 2?ruber I)atte bie lanblDirt^fi^aft=
li(^e ßaufbalju ergriffen — arbeitete er, geförbert burd) bie greunbe ber t^'^inilie,
bie näd)ften ac^t 3al)re unter 3Iufgebot aller .f^räfte mit fold)em 6ifer unb fo
gutem Erfolge, ba^ er 1794 bie .^anblung fammt i^au§ unb SBeinberg feinen
enterben ablaufen tonnte. ^Jtun erft t)atte er freie |)anb ju größeren S3er=
lag§unternel)mungen, auf bie fein ©inn gerichtet toar, unb fanb aud) bcn baju
nöt^igen ßrebit in bem 33ertrauen auf feine Xüc^tigfeit. ©ein öebanfe mar c§,
ba§ erfte gried)ifd)=beutfd)e äöorterbui^ ju berlegen unb er gcmann bafür ben
^rofeffor in gfranlfurt a. O. ©(^neiber Saxo. — äöic eben fein offener ©inn
unb bog eigene 33ebürfni^ i^n fd^on in ber i?naben,5cit ben {yreunbfdjaftebunb
mit bem ^tac^barSfolin ßbel, fpäter mit mel^reren gjtitfd)ülern liatte fd)lieBen
laffen, fo brad)te il)m aud) ba§ @cf^äft§leben unb ba§ gemeinfc^aftlid)e l^ö^ere
©trebcn 3al)Ireid)e 3)erbinbungen mit ©(eic^gefinnten, bon benen l)ier ber @t)m=
nafialbirector ^fifd^er unb ber bramatifc^e ^Jii^ter ßonteffa in Joirf#erg genannt
werben mögen* mit benen er anc^ in ben auf .H^ebung ber ^nteEigeuä unb 9Jloral
grommann. 141
jtelenben dbergetcuBunb trat, ber jebod) fialb untcrbrüdt iouvbe, unb mit ^^e^ter
bcr fict) bamoIS in ber ^yrcini aurerei {)eröort!^at , an ber aud) g-. eine S^ii lang
eifrigen 9lntl§eil na^m. ©djon im S. 1792 mar er, um ^-a^renhügcr für eine
neue 5(uf(age be§ 58ai(cl}'fc§en SöörterBmfiS ju gcminnen, nad) .s^amBurg ge=
!ommen unb f)atte fid) ba mit einer 5tid)te be§ S3uc^t)änbler§ ^ofjn , So^anna
SBeffeltiöfft (geb. 17. 3uni 1765) öerloBt. 3^v S5ater, ber ftrenge Sonrector
am ^ol^anneum ^atte feine jtöd)ter bie neueren ©pradjen unb fonft etmag %nd)'
tige§ lernen laffcn, ^otianna, ber älteften, fiel üBerbie§ burd) anbauernbc Äränf=
lidyfeit bcr ^JJlutter, öon it)rem 20. ^a^re an bie 5Iufgal6e ju, beren ©teile Bei
^^ü^rung be§ A^auSl^altS unb S5eauffid)tigung ber jüngfien ©efdimifter unb einiger
Äoftgänger ju öertreten. ^^xe gefeitige 2lu§Bilbung empfingen bie brei ©d)meftern
in ben öertoanbten unb befreunbeten angefetienen fyamilien, namentlid) be§ eng=
lifd)en SonfulS ^anburt) unb be§ Dr. 9leimaru§ (©üt)n be§ 25erfaffer§ ber
äBolfenbütteler ^^ragmente). 3Im 11. Tcobbr. 1792 erfolgte bie -^odi^eit unb
hie 35erfc^ung ber jungen, aber burd) frü'^e (Srfaljrungen an Seift unb ß^aratter
gereiften gi-'QU au§ ber ftol^en 9teid)§= unb .g)anbet§ftabt in bie fteine '^proüin^ial^
ftabt. ©d)nell fanb fie fid) aud) t)ier pred)t, gemann ben geräufd)tofen S5er!ef)r
mit befreunbeten ^yamilien in ber ©tabt unb ben Söeinbergen an ber Ober fo
lieb, ba^ il)r nad) 5V2 Sa'^ven ber 3lbf(^ieb fc!^r fd)mer mürbe. 2)em ftreb=
famen, burd) fein bi§l)erigc§ @lüd im SSerlage ermutljigten unb auf ßrmeiterung
bcffelben bebad)ten i^. marb e§ in bem baju ungünftig gelegenen 3üliid)au ^u eng,
er öertaufte ha^ (Sortiment unb bie ©runbftüde unb fiebelte nad) i^ena über,
bamal§ mit Sßeimar (audj moljl ©otl^a) ein .^auptfi^ tt}iffenfd)aftlic§en unb littera=
rifdjen 2eben§. .^lier mareu ®rie§bai^, |)ufetanb, beibe Sl^ibaut, ßober, 5]3aulu§,
51ietl)ammer, ©c^ü^, i^-iä)k, ©c^etting, .^egel, ©eebed bereinigt, ^eitmeife traten
©teffen§, beibe ©(|legel, Sied, ö. ^arbenberg u. 31. ^in^u. 5)lit htn meiften
unb i'^ren gi-'^iie^^ traten 3^rommann'§ balb in gefeEige, mit mel^reren in nal)e
freunbfd)aftli(^e 33e5iel^ungen. 2Ba^rfd)einli(^ burc^ Sobcr marb auä) bie S}cr=
binbung mit @oetl)e öermittelt , bie fic^ in guten unb fdjlimmen ^t'iten unge=
fd)mädjt unb ungeftört erl)alten , aud^ auf bie 9tad)fommen beiber fortgepflanzt
^at. — Unb bie fd)limmcn 3f^ten famen balb. 3ucrft marb in golge ber
^•i(^te'fd)en ^änbel bie 2Slüt|e ber Uniberfität gefnidt unb ^-rommann'^i mancher
i^rer nät^ften ^reunbe beraubt, beren ©teilen erft nad) unb nad) toieber
ausgefüllt mürben. S)ann famen bie ©c^redenStage im Dctober 1806 (ba§
grommann'fdje .§au§ ©.77 ff.), mobei f5ri-'0'tintann^§ jmar, S)anf ber @^renl)af=
tigfeit öon S3uot unb Dubinot bie (Sräuel ber ^tünberung erfpart blieben, beren
t^-olgen aber, toie für aEe ©emerbe auc^ für ben 33ud)'^anbel fe^r brüdcnb mürben.
befonberS huxä) ba§ plö^lid)e ©toden be§ 6rebit§. 5lber mie beibe ßl^eleute in
ben Sagen öom 13.— 18. Dctober meber ben ^Jtuf^ nod) ben ^op\ berlorcn
l)atten, fo mirften fie nun aud) unter großen ©infc^ränfungen unberbroffen mit
©ottöertrauen meiter. Unb @ott l)alf, benn ber eben erft begonnene S^erlag
öon gried)ifc^en unb lateinifd)en Sefe= unb anbern ße^rbü(^ern für @t)mnafien,
lüoau g. Seigrer auf bem in boEer S3lütf)e ftel)enben got"^aif(^en ©tjmnaftum an=
geregt l)atte , fanben üBer'^aupt unb befonber§ im ^önigreidje Saiern fc^neEen
Eingang, mo^in bei ber üteorganifation be§ Unterridf)t§ ;^acob§, Sljierfd),
5Zietl§ammer unb 5t>aulu5 berufen maren. ©erabe mä'^rcnb be§ ®rudä unb
SammerS ber i^'^-anjofenjeit , tno bie 5}laffe in Untermürfigfcit berfanf, einselne
bie aEgemeine ^lotf) für fid) auSnu^ten, faxten ]iä) bie beften ^laturen äufammen
in ber S'^ätigfeit jur SJorbereitung auf bie Befreiung be§ 33aterlanbe§ ober im
S)ienfte ber Söiffenfc^aft, ber -Runft ober 5poefte. 3^ biefen gel)örte @oetl§e, ber
f^on fieben ^al^re früher feinen beutfd)=baterlänbif(^en (Seftnnungen in ^ermann
unb S)orot^ea ben reinften, nod) jeijt nid)t genug getüürbigten , 2lu§brud ber=
^^2 grommonn.
liefen t)atte. ©r 309 ficf) bon ben ntebrigen äußern ßinbvücfeu auj fid^ fetbft,
au] feine tüiffenfc^aftUc^en unb bic^tetifc^en 5{rBeiten äuvücE. Um ben mit feiner
8teHung in äöeimat berhmbenen g{epräfentation§= unb gefelligen 5^flict)ten ^u
entge'^en, Brachte et längere 3eitväume in Scna ]ü unb jmar in ben 16efd)eibenften
äßo^nungen, benn feine (Stuben im <5d)tDffe tnaren mit biefem mäf)venö ber
<Bä)lad)t jum ßa^aret^ gemalt unb finb fpäter ben miffenfc^afttii^en (5amm=
lungen eingeräumt morben. ©eine ^IBenbc 6rac£)te er bann t)äufig im i5i-i-'om=
mann'f($cn .^paufe gu, ein§ ber menigen gafttid)en, bie i'^m '^ier norf) geblieben
maren, tüeit e§ it)m im unge^mungenen Umgange mit Seuten, bie if)n tierftonben,
nid)t 'me^r unb ni(^t§ aubere§ öon if)m tierlangten, al§ er gerabe geben moi^te
unb geben fonnte, bet)aglid) tt)ar. — Unb in biefem ipaufe mar unterbeffen eine
liebliche 23Iume auigcblül)t, 2öilf)elmine .^icr^licb , meld)e i5-rommann'§ nad) bem
Sobe it)rer ßUern in 3üttid)au al§ neunjäl^rigeä ,ßinb ju fid) genommen unb
mit nad) ^ena gebrad)t Ratten (ba§ fyrommann'fdic ipauä <5. 116). 2Ba§
man fo „eine ©diönl^eit" nennt, Itiar fie nid)t, aber i^r fditanfer SÖU(^§, i^r
reiches fc^toar^eö ."paar, it)re großen braunen ^ugen, i^r freunblidjer ^unb, i'^r
anfprud)to§ entgegcn!ommenbc§ aufmerffameS iBenetjmen, bie Slnmuf^ in il)rem
ganzen 2Befen ,^ogen aüe an, bie fic^ itjr naljten, fo aud) (Soetl)e, ber übrigen§
turj öorI}er „feine fteine grcunbin" geef)elid)t unb fo feineu einzigen ©o'^n legi=
timirt tjatte. ©ie Ujieberum trtar feit 3^at)ren gelüofint, „ben lieben alten .^errn"
3U tiexel)ren, unb fo ift e§ erflärlic^, ba^ aud) in i^r eine ftärlere ßmpftnbung
für il)n ern:)ad)te, benn auc^ al§ fec^jigjäljriger mar er unlüiberftcl)lid). 5ln eine
ernftlid)c25erbiubung bad)te fein§ tion beiben, aud) nii^t nad) bem frül)en lobe
feiner ^rau. 5£)od) lie^ er e§ fpäter nic^t an gelegenttid)en iBemeifen feine§
freunblid)en 2lubenfen§ an fie fe'^len. 2öa§ für !^eibenfcf)aft in il)m babei im
Spiele geroefen fein mag, bation {)at er fid), mic in anbern Stätten, fo auä)
bie§mat befreit, inbem er 3üge tion il)r feiner ©djilbernng ber Dttitie in
ben äöa'^ltiermanbtfd)often eingewebt l)at. gbenfo treue§, liebetiolle§ '^(nbenfen
beiüal)rte it)m ^Jtindjen iperjlieb , mag fie jebod) ni(^t '^inberte, fid) nid)t lange
barauf toö^renb i^re§ Slufent^alteS in 3üttid)au mit einem il)r tcibenfd)aftlid)
ergebenen ©beimanne ju tiertoben, nad) 9luftüfung biefe§ 33anbc§ mit einem
^Berliner @t)mnafialprofeffor, al§ aud) biefe§ fid) jerfc^lagen '^atte, 1821 in ^ena
einem ac^tungSiüert^en ''JJknne bie .^^anb ju reid)en , ben fie nic^t liebte unb
nid)t lieben lernte, fo ba^ fie 3U il)rem 33ruber in bie öegenb tion oiiHic^au
jurüdle^rte. ©ie ftarb 1861 an S3erfnöd)erung ber .jperjabern. 3}on biefer
tragifi^cn Spifobe im ßeben ber ^^i-'otnniann'fc^en g^amilie ju ben l^nUn ber i5i-i-"emb=
:^errfd)aft jurüdfe'^venb finben ti^ir in ^ena einen .^eerb tiatcrlänbifi^er ®efin=
nuug, bereu ^-emx öor allen .«peinr. Suben in feinen S^orlefungen über Ö)ef(^id)te
unb ^^Jolitif in ben ^cr^en feiner ou^örer anfadjte. 5Jlan lie^ ben Äopf überl)aupt
nid)t ^ngen, ertrug gro^e @ntbel)rungen o~^ne Durren unb erfrifd)te fid) in t)eiterer
^efeCligfeit ber (Sleld)gefinnten. ^m iyrommann'fd)cn ."paufe tierfe^rten befonbere
©eibenftüder'S, ga^renhüger'S, J^nebel'S, ipegel, Dfen, J^iefer, ti. ^Ulünc^oro,
feit 1808 auc^ ber tion -"peibelberg ,^urüdgefel)rte @rie§, fpäter ©öttling. ^n
bemfelben ^a'^re 30g bie ^Jlutter ber ^^rau ^. mit it)rer tiermittmeten Xoä)kx
S3ol)n unb ber untierl)eirat^eten iüngften au§ Sübed :§iev'^er. ^Ht i^nen !am
f'f-rieberife tion gtumo^r, bereu Sruber ^arl ^ena aud^ tion 3eit ju 3eit befud)te.
©er 3]etter ^. ■öubtmalder, ber fpäter ©cnator in ."pamburg mürbe, fc^rieb f)ier
feine ®octor=S)if|ertation. fetter, mit bem 1810 in S)re§ben toarme g-reunb-
fd)ait gefc^loffen toar, tierfäumte feiten tior ober nad) feinen 33efu($en bei ®oett)e
al§ fe'^r mittfommener (inift im g^rommann'fd)en .§aufe eiujufprec^en. 9llle maren
tierbunben burd) marme S5aterlanb§tiebe, bie im entfd^eibenben ^al)re 1813 aud)
bie ganje SSetiöllerung ergriff unb alle ©täube unb ^eruf§!reife tierbanb. 2)em
fjrommann. 143
3tt)eiteit ^aiifer ^^riebcn folgte bte Üteorganifation ber Uniöerfität, bie Berufung
öon Socenten, toie 0}larttn, ©d)tnib, .^affe, gvieg k., bie ©rriditung be§ £)16er=
a^^jellgeric^tg , bie (Stiftung ber 35ui-f(f)enf(^aft unb ber erneute glor ber Uni=
öerfität. S)er neue frij(^e ®ei[t gaö aucf) bem gefelligen ßel6en einen l§ö!^eren
O^ttiung, auf ber ©tra^e unb in ben ©efeEfc^aften erltangen taterlänbifc^e
Sieber. lleber'§au)3t tourbe öiel muficirt , guntal iüenn Äünftler, toie ^Jleffifeffet
mit feiner föfttidien ßaune, in ^ena einfpradfien. S)a§ tourbe freilid) anber§,
at§ bie fc^on 1817 öon gürft SCßittgenftein, Äam|)^ u. 51. angefc^ürte 9leaction
burd) ©anb'§ unfelige 5ll)at einen ermünfditen 35orn)anb erl^ielt, i'^r ^au)3t 3u er=
Tf)e6en unb für ba§, n)a§ ßin^elne öerl6ro(i)en Ratten, 9lEe ju ftrafen, ber ^^•rei'^eit
in 9lebe unb ©(^rift fycffeln an3ulegen, toorauf c§ i^nen {)auptfä(f)Ii(i) anfam,
tDa§ ieboii) — S)an! ber bielgef(^mä'^ten beutfc£)en 3erf]plitterung — nid^t üBeralX
gan3 gelang, namentli(i) nid)t in Sena. @§ toirfte aber bod) auf ba§ Seben im
grommann'fc^en <g)aufe surüd, toogu noc^ ber ©(^merj um ba§ ©djidfal ber
^Pflegetochter unb bie @e|unbl§ett ber leibenben ^auSfrau !am, ^§re le^te greube
mar bie S^er'^eirat^ung be§ ©o^ne§ an bie Slod^ter unb ©nfelin einer altBe=
freunbetcn ^^aniitie; tocnige äöod^en barauf flarb fie, 9. ©e^jtbr. 1830. (5eit=
bem lebte ber Spater mit ber einzigen 2;od)ter in bemfelben ^aufe mit bem
jungen @l)epaare unb erfreute fic^ nD(^ ber Geburt me'^rerer Snfel. 9lu(^ bie
altgetDol)ntc (Saftfreilieit fel)lte nid)t ganj; am 13. Wäx^ 1836 mürbe im
9^reunbe§freife ba§ golbene S^ubiläum be§ Tljä'^rigen ®reife§ gefeiert, toobei e§
öon nal) unb fern nic£)t an SSemeifen ber S^^eilna'^me felilte, unb im .g)erbfte
beffelben i^a'^i-'ß^ na'^m er nod| lebhaften 2lntl)eil an bem glänjenben 35er=
laufe ber 14, ^laturforfdieröerfammlung , bie il)m biete alte fyreunbe unb neue
SSefanntfd)aften äufüljrte. ©eitbem aber gemann bie S3ruftmafferfud)t, moran er
fc^on länger litt, neue ^raft unb am 12. i^uni 1837 erlag fein jonft fo gcfunber
Äör|3er. „SSar e§ i!§m and) nii^t befd)ieben" — lautet ber ©c^lu| be§ grom=
mann'fd)en ^aufe§ — „©d)ä|e ju ermerben , fo ift er bod) rei(^ gemefen im
^eft|e einer f5rrau unb ber burd) fie gefd)affenen .giäu§lid)!eit, toie fie menigen
fdjöner ju Zf)dl merben bürfte, ebler unb Begabter greunbe, im @enu^ ^ö^erer
SebenSfreuben unb ber 3ld)tung aKer ®uten, bie bem befc§eibenen unb red)t=
fd)affenen SSürger nie fe^^len tann."
' S)a§ grommann'fc^e ^au§ unb feine g^reunbe. 2. 5lufl. 1872.
gr. ^. i^rommann.
?5romnmmi : SBi^elm griebrid) f^., ^^orftmirf^, geb. 23. October
1810 3u ßannftatt, t 20. Dctober 1876 p S3önnig:^eim. @r ftubirte öon 1829
ab gorftmiffenfd)aft in §ol)enl)eim, tourbe 1835 ^^otftamtSaffiftent ^u 9iottteeil,
fungirte 1841—45 al§ gmeiter ßel^rer ber f^o^ftftiiffenfdiaft an ber fönigl.
mürtembergifd)en S^orftafabemie p ^o^en^eim (für 6nct)!to|)äbie, forftlid)e @e=
merbglc'^re, ^^ovftbotanü, gorftgefe^gebung, ^oxftred^t, ^lanjeidinen), 1845—51
al§ erfter ßel)rer bafelbft mit bem 3:itel: Dberförfter unb trat bann mieber in
ben )3raftif(^en gorftbienft 3urüd, onfangS al§ Oberförfter in 33laubeuren.
1857 aöancirte er ^um g^orftmeifler in ^önnig]§eim ; ^ulep mürbe i'^m ber Sitet
g^orftratl) 3U 2;'^eil. S)er (Srunbton feine§ ganzen 2öefen§ beftanb, tcie fein
Siogra^)^ in ber 5)tonatfc^rift (f. u.) fogt, „in einer faft unbegrenzten Äper3en§=
gute, ge^jaart mit ftttlid^em @rnfte." — 5)tit gebieg enen Äenntniffen unb reidien
©rfa^i'ungen (in§befonbere im @ebiete ber gorfttjoli^ei) ouggeftattet, l}at er
gleii^mo'^l nur fel^r toenig gef($rieben, ma§ ju bebauern ift. Einige 2lrbeiten
öon i^m ftnb in ber i^ournallitteratur niebergelegt (ögl. ö. 2Bebefinb'§ ^ai)x=
büd)er ber n. i5^orft!unbe , ö. (Sminner'S forftlid)c 5Jtittl)eitungen , 53^onatfd)rift
für ba§ mürtembergifi^e gorftmefen).
■1^^ fjtommel — gtomolt.
5monatf($rift ']nx ba§ Soift« unb Sagbtoejen, 1869, ©. 7; bnj. 1877,
©. 197. .^o:§en^eimei- ^Prograittm öou 1859, ©. 30. aSei-n'^arbt, @efd)i(^te
be§ 2öalbeigent:^um§ k. III. Sanb. 1875, ©. 368. $c|.
grommel: Äatl f^., Sanbfc^aftsntaler, 9iabim- unb ©ta'^lWer, geB. 3U
SSMenfelb am 29. 'äpxH 1789, t 3« Sfpnnsen 'f'ei ^Totj^ieim am 6. ^ehxmx
1863. 3um gjlaler tüurbe tx unter ber ßeitung ^:p^. iöeiiei-'§, jum Stabirev bon
^atbentüang, mit bem er feit 1805 in 23erbinbung trat, auSgebilbet. 9teifcn öoE=
cnbeten jeine Stubien; benn btreit§ 1810 ging er nad) ^:|3ari§ um Tür Slrtaria
ßanbj($aften au§ ber Umgebung ber iranäöfifc^en |)auptftabt aufjunel^men. S)ie
©emätbe eine§ glaube Sorrain unb 6. ^oujfin, bie er nun Gelegenheit ^atte,
äu ftubiren, er|c^Ioffen i^m ha^ ^htal ber Sanbfcfiaftänmlerei. S}om äaf)re
1812 — 17 {)ielt er fid) in 9tom unb im ^Jteapoütani|d)en auf unb bereid)erte
feine Wappen mit ben fc^önften 3e^"unsen unb Stiiuarellen, bie er unmittelbar
naä) ber ^Jtatur aufgenommen :^atte. ^Jiad) S)eutfd)tanb 3uiücEgefet)rt, lieferte er
mcl^rere bortrefflid)e ©emälbe unb Ütabirungen unb mürbe jum ^:[sroicffor in
ßarlSru'^e ernannt. 23ei einem 35efud)e Sonbon§ im ^. 182-i lernte er bie
9Jlanipulation be§ ©tal)lä^en§ unb fül)rte biefe§ 3}erfal)ren in darlSrul^e ein,
inbem er ein Sltelier für ©ta!^lfted)er grünbetc, au§ bem mel^rere tüd)tige Äünftler
'^eröorgegangen finb. ^m ^. 1830 tourbe er ^um @aEerie=S)irector ernannt,
fein 5ltelier blieb aber tro^bem in öotter 2;l)ätigfeit. ©eine lanbfd)aftli(^en
©emälbe finb mit ^4)0efie aufgefaßt; ber Äünftler befa| ein tiefet @efüt)l für
lanbfd)aftlid)e ©d)ön{)eit unb mu^te felbft einfad)en 2)arftellungen beftimmter
•Dertlid)£eiten ein l)bf)ere§ ibealeä (Bepräge ju ertl)eilen. 9lu§ frü'^erer ^^^eriobe
[tammen feine italienifd)en Silber au§ Ütom, ßapri, ©orrent, fpäter mu^te er
aud) ber beutfdjen 2anbfd)aft, befonber§ bem 6d)mar,^malb, einen fün[tlerifd)en
9flei3 äu enttoden. %nä) al§ Stabirer ift ber Äünftler fe^r bead)tcn§mert^, ti)eil§
i)at er einzelne ^Blätter rabirt, mie 3. S. bie !!2anbfd)aft mit bem aufge^enben
^onb in Äönig 2ubmig§ Sllbum, ober eine anbere nad) 6t. ßorrain, bann ber=
fi^iebene italienifc^e ßanbfd)aften; tl)eil§ erfd)ienen im ^unftfianbel oerfd^iebene
i^olgen bon Sanbfc^aften, bon benen ©cemann in Seip^ig eine nod) unebirte
au§ ben ^a'^ren 1841—1845 erft 1872 publicirte. ©eine Olabirungen finb
feine flüd)tigen ©üjäen, fonbern fleißig bi§ in§ tieffte 5Detail au§gefüt)rt, fo ba^
man in ber ^rmonifdien S3et)anblung ber Ütabirnabel, meldier ber ®rabfti(^el
fc^lie^lid) ju .^ülfe fommt , felbft bie ^^rarbe a'^nen fann. @§ finb bottenbete
SBilber, bie fi(| gemi^ ftet§ ber ';}ld)tung unb Öiebe aller Äunftfreunbe erfreuen
toerben. SBeffelt).
gromolt: eber'^arb g. , ein SSuc^bruder au§ aSafel, ber 1481 brudte,
bod) -mo ift nid)t befannt, ba über fein i^eben fein 9tuffd)lu^ ju erlangen ift.
3toei SBerfe finb befannt, bie er gebrudt ^at unb jmar mal)rfd)einli(^ ju 23afel
felbft : „ Joannis de Turrecremata materia aurea enucleata ex originalibus vir-
tutum et vitiorum, Flos theologie nuucupata secundum ordinem alphabeti pro
sermonibus applicabilis tarn de tempore quam de sanctis totius anni." 2tm
@nbe: „Per Eberhardum Fromolt alemanuum Basileeusem Anno salutis milles.
quadring. octuag. prirao Mensis Julii die vicesima quarta feliciter consummatum
est." gol., unb: „Oldradi de laude consilia Juridica," 9lm @nbe: „Finis con-
siliorum (Eximii utriusque professoris Oldradi de laude) quam plurimos casus
et questiones tam in causis temporalibus et spiritualibus in facta quotidie emer-
gentis consulentium et decidentium Vna cum tabula de signandi suo ordine titulos
questionum et loca earundem per numerum foliorum Per Eberhardum From-
molt impressorem. Et cum summa diligentia correctorum finitorum hoc Anno
dni millesimo quatercentesimo octogesimo primo. Et die XIX. mensis novembris.
gromunbu§ — §röretien. 145
Ad laudem summi patris qui cum filio et spiritu sancto trinus et unus vivit
et regnat per iutinita seculorum secula. Ameu." golio. 2;ie SBerfe ftnb Beibe
mit got:§t|^en Settern gebrucEt. 5lad§ Stnbern foE er in ©trapurg gebrudEt
§aben.
©to(finet)er unb 9tel6er, S5a§Ier Su(f|brucEerge|(^i($te ©. 29. ^an^er,
Annales typographici Vol. I. p. 153. 2)eni§, SiippL p. 142. ^Jlaittaire,
Annales p. 425. Seemiüer II. p. 93 jc. ßelrf)ner.
^rommibuö: SiBertue g. (f^roibmont, {^romont), geB. S. ^epibx.
1587 in einem Sorfe Bei -^üttic^, Xoctor ber !§eiligen ed^rift unb 5ßrojei|or bcr
i^eologie ^u Sötoen, war mit ^anfeniuS befreunbet unb fein Dtac^iolger im t^eo=
logijd^en Se^ramte. @r tt)ar bcr §erau§ge6er bes \o Oiel Stuije^en erregenben
unb Sßcrmirrung anri(i)tenbcn 33ucE)ei „2luguftinu§", biejeS feinet greunbe§. gr
ftarb 27. CdBr. 1653. ©eine eigenen 2Berfe finb: „In acta apostolorum com-
meutarius", 1634; ßalmet nennt biefen Gommentat einen ausge^eirfjneten ;
„Commentarius in omnes epistolas Pauli ap. et septem catholicas", erft naä)
feinem iobe 1663 erfd^ienen, toorin ber 33erfaf|er fid) afier ti}eniger an ben Seit
:^ält, Jonbern in t{)eoIogiic^en Erörterungen ergel^t. Seine ianieniftijdien ^xx=
tpmcr finben fi(i) ^uptfäc^üd) in bem Kommentare jum ^o'^en Siebe (1652)
unb äur 5lpofa[t)pfe (1657). ©eine jämmtlic^en äöerfe erjc|ienen 1670 3u
^ari§ unb 1709 gu 9touen.
^uxter, Xomenclator litt. §. ßeUner.
t^ronf'iJerger: 2eon!)arbt 3^., ber Bebeutcnbfte beutfc^e (S($riftfteEer üBer
Äriegetoejen im 16. ^a^r^unbert, geBoren ju Utm, geftorben eBenbajetBft ben
23. ^DJlai 1575. Sien!)arbt ö"i'eiin^t|pei-"Sei'' / '^^^ ^'^ ^^ ^^i" 3SürgerBu(^ ber ge=
nannten jteien 9tei(^sftabt l^eip, lernte fc^on a(§ ßnaBe ba§ ^riegSttefen fennen
unb tourbe 1560 im Sürfenfriege bom i?aifer jum „gelbgeric^t^ictiult^ei^en"
ernannt; öon bemfelBen n^idt er auc£) jpäter eine SIntoeifung auf Unterhalt,
öermutl)tic£) auf ba§ äöengenüofter in Ulm, ton too^ev tool ber in feinen 3^or=
reben geBraud)te Sitet „faiferü^er ^proüifioner" l)errüt)ren mag. ^yroneperger'S
©(^riften umfaffen bae gefammte ßriegstoefen ber bamatigen ^^it-' fein Bebeu=
tenbftes Söerf ift fein 1573 in gi-'^ntfurt ^erau§gege6ene§ „ßrieg§Bud^". £a§=
felBe ^anbelt öon Ärieg§red)t unb .ßriegsartif ein , 2Be'^T= unb -öeerorbnung,
©efec^tSle^^re ber Gruppen, S}ermenbung ber 5lrtitlerie, öon SSetoaffnung, 2lu§=
rüftung unb ^roöiantwefen, öon -gelbberfc^auäungen unb ßampf um fefte 5plä^e.
Söenn auc^ fad^lic^ ni($t BefonberS gut georbnet, fo ift baffelBe bo(i al§ ba§
Befte Cuellentterf üBer bamaliges Äriegetoefen äu Betrad^tcn, mofür al§ Setoeiö
bienen !ann , ha^ e§ 1596 Bereite bie 4. unb 1819 notf) eine 5. 5Xuftage er=
leBte. Seine üBrigen Schriften fallen in bie 3^^t bor ber S5eröffentlic§ung
feine§ .:pauptn)erfe§ unb erfdjcinen genjiffermaBen alg SIoraxBeiten ju bemfetben;
biefe finb in (^ronologifdier Dieil^enfolge: „Äaiferlid)e§ i?rieg5red)t", 1552; „SSom
6)ef(i)ü^, üeuertoerf unb öon ^^eftungen", 1557—64; „günf 33ü(^er öon ßriegi=
Diegiment unb Drbnung", 1558; „^ei-id)t öon einer 5Befa|ung, Äommi|=
orbnung unb Fütterung", 1563; fämmtlit^ in granffurt l^erauSgegeBen.
3Bet)ermann, ^a(i)x-i(^ten öon ©elel^rten k. öon Ulm, Ulm 1829. ^.
ö. ^(arbegg), S3orlefungen üBer ^riegSgefc^i^te, II. 1862. 5lr(i). f. Cff. ber
SlrtiHerie k., Serlin 1876. Sanbmann.
^röretfen: S^faa! g^., luf^erifc^er 5Ll)eologe, geBoren 3u ©trapurg 1589,
t am 5. ^uni 1632, toar ^:prebiger unb (feit 1620) ^rofeffor in feiner^ 33ater=
ftabt. Gr ^at neBen äal)lreic^en Programmen unb S)iffertationen meift pole=
mif(i)e SSerfe öetfap gegen Söeigelianer, dalöiniften unb Äat^olifen („Anti-
Christologia sive Apocalypsis Anti-Christi"j , infonber^cit gegen SSellarmin
(„Scrutinium Panopliae Bellarmiiiianae" unb „Yindiciae synopticae pro sacro
migcm. bcutj^e ajtograp'&te. YIII. 10
146 gftoriep — Ofrojc^.
Geneseos codice contra Bellarminum") , " au|eibem „Dissertationes theologicae
de Augustanae Confessionis materia, fundameuto et forma" unb „Scutum ca-
tholicae veritatis pro invenienda vera in his terris militante ecclesia".
a^öt. 2öitte, Diar. biogr.; %f)olnd, Slcab. Seben, 2, @. 124.
§0 l^ mann.
grotie^J: Sfuft f^tiebx'trf) g., lutljerifciiei- Zf)tolo^t unb Orientalift,
geboren am 1. Sunt 1745 p l^übecf, t am 26. Januar 1800. 6r ftubirte,
nadibem et in feiner S^aterftabt ba§ @l;mnafinm Befui^t , in Seipjig 3:i)eotogie
unb Befci)ä|tigte fid) aud) mit ben mürgenlänbijd^en ©pradien. 1767 tüurbe er
9)lagi[ter ber ^Pofop^ie, 1768 23accalaureu§ ber 2I)eoIogte unb ^rüt)^
prebiger an ber Unitjerfität§!ird)e 3U ßeip^ig unb 1769 Söeeperprebiger unb
au^eroibentlic^er ^Projeffor ber Stieotogie bafelbft. 1771 folgte er einem giufe
al§ ovbeutlidier ^roicffor ber 3;f)eologie unb ber morgenlänbifdien ©pradien
nac^ ßifurt unb erhielt baju nod) 1772 ha^i ^45aftorat an ber bortigen ^au|mann§=
fird^e, aud) erlangte er in bemfelBen ^affxt ben S)octorgrab ber 3:t)eolDgte. ^n
grjurt Blieb er bi§ jum S- 1781, in toeldiem er ba§ 5lmt eine§ 6onfiftoi-ial=
ratiieg , ©uperintenbenten unb <Bd}olaxä)en ju Südeburg annal^m. S)iefe ©tel=
lung mu^te er inbefjen 1792 niebertegen, tt)ed er fic^ an ©treitigteiten 3lt)ifd)en
2utt)eranern unb ütejormirten in ber ©raifdiaft ©d)aumburg ju leb'^ait bet^ei=
ligt f)atte, vorüber man feine eigene ©d)riit: „Heber bic Otcligion^öertDirrung
jlDifdien ben 2utt)cranern unb 9lefürmirten in ber ßraifd)ait Sc^aumburg", 1.
(einziger) 33b. (1790) öcrgleid^e. 6r priöatifirte nac^ feiner 5Imt§entfel^ung eine
3eit lang in äße^lar, bi§ er im ^. 1796 bafelbft ^um ^srebiger ernannt njurbe.
^n ber Jl^eologie pflegte er l)auptfäd)lid) bie (Srcgefe, unter ben morgenlünbi=
fd)en ©prad^en bornc^mtid) bie arabifd)e, luclc^e er jebod^ nur al§ 5)Httel jur
ßenntni^ ber f)ebräifd)en ©prad)e anfa'^. 3" eripä'^nen ift feine „5lrabifd)e ^i=
bliott)cf", 1. 'einziger, l^b. (1769). 5lud) gab er 1768 ben Einfang be§ iloran
mit Ucbcrfeljung unb 5lnmerfungcn Ijerauö. Son feinen tl^cologifc^en 3Ber!en
ift am befannteften bie „S3ibliot^ef ber tt)eologifd)en SBiffcnfc^aften", 2 23be.
(1771—86). 3(ud) ticrDffcntlid)te er mannid)iad)e ^4-^rebigten, ©elcgen^eitSrebcn
unb '4-^rogramme , letztere jumeift über einjeine S5ibelftellen. — lieber Subtoig
gr. ^roriep ögl. S3b. II S. 552 f. v. 33ertu(^.
5ßgl. «üleufel, 2ej., IIL 552. Döring, Il^eologen S)eutfc5^IanbB im
18. unb 19. ^a^r^unbert, I. 463. Döring bei erf(^ unb ©ruber.
9tcb§lob.
(5'roft(): ivranj f^., Siurift, geboren um 1490 in ^Jiürnberg, geftorben
1540 in ©tra^burg , ftubirte in ^ngolftabt, befud)te italicnifcbe Uniberfitäten,
tam bann nad) |}reiburg, mo er 3afiu§' üertrauter ©c^ülcr marb. 3ll§ biefer
il)n 1520 für bie 2lbl)altung feiner U^ortefungen tncgen ^ränflid)feit fubftituirte,
erl)ob ber ©enat 6infprad)e, meit g-. fid) an tumultuarifdien SSetoegungen in
ber ©tubentenfd^aft bctl)eitigt l)atte. 5. ging bann nad) 9lürnberg, an 33. -^^ixh
l^eimer, lüie e§ fd)eint, burd) 3fifi"^ empTol)len. 1522 fd)reibt il)m 3afiu§, um
burd) feine unb ^irfl)eimer'§ 3]ermittlung al§ ßonfulent nad) ^Jlürnberg gerufen
3u tüerben. 1525 ift er Soctor unb Äanjler be§ ^ifc^ofö Oon Söür^burg; 1530
Seifiger be§ 9teid)s!ammergerid)t§ unb al§ fotc^er 1531 bei ber Ütebaction einer
„Drbnung unb 9teformation", meldje oom gtegenSburger 9teic^§tagc 1532 mit
geringen Slenberungcn angenommen tourbe, betl)eiligt; 1533 ift er 3lböocat in
©trafburg, fpäter ©t)nbicu§ ber ©tabt. 3ll§ ©c^riftfteller ift er befonnt bur(^
bie „Isagoge in juris civilis Studium", ßr l)at fie aU eine ^nftruction für
Dr. g-elij; gtat)ter, ben SScgleiter feiner ©öf)ne, bie er 1533 jum ©tubium ber
SuriSprubeuä m^ ®ourgc§ fc^idte, enttüorfen. ©ebrudt ift fie bei Söindel,
Varia opuscula de exercitatione jurisconsultorum , Argentor. 1553. 8. p.
^xo]ä). 147
275—444. @ie tft Bemerfengtoert'^ burc^ bie Erörterungen über ba§ in Sufti=
nian§ ^anbecten befolgte ©t)ftem unb bie Crbnung ber ^^^agmente.
Söitt, 5Mrn6erg. @elef)rten=Serifon, 5, 372 [f. — SBindel, Varia opus-
cula, p. 601: Declamatio funebris A. Buchii in mortem Froschii. —
«Riegger, Vita Zasii p. 41. 70. Zasii epistolae p. 259. 340. 448. 449.
513. — Stumme, Ueber bie Crbnung ber gi-'^S^^frite. ^^^tf"^!-"- i- Qe?*^-
gfi. = 2ö. 4, 383 j. - Sd^i-eiber, @ej^. b. Unioerj. f^reiburg , 2, 100. —
©tobbe, @ef(^. b. b. üted^t^quetten, 2, 195. Stin^ing.
^ro)(f|: ^o^anneS (y. , anä) 9iana genannt, lut^erifc^er X^cotogc im
16. ^a^rt)unbert, roar ju SSamberg geboren, ^^tai^bem er äu 2oulouje bacca-
laureus theol. geioorben tpar, begab er ftd) im grü^jatiT 1514 nai^ 2!Bitten=
Berg. 2;ama(§ tt)ar er j(f)on ßarmeliter (pater ordinis b. virginis de monte
Carmeli). ^n Söittenberg begehrte er ^u SJorlejungen jugetafjen p werben,
unb auf @runb mitgebrad)ter 3eugnifle luarb er nac§ gel)attener S)i»putation
ad sententias (ju SJortefungen über bie Sentenzen be§ ^:).^etru§ ßombarbuö) 3u=
getaffen , am fyreitage , ben 28. Stpril 1514. "Dtac^bem er aU foti^er bie üb=
lici)en 93or(eiungen gehalten, warb er ebenbafelbft jum Licentiatus theol. ^3ro=
motiirt am S)ienftag, ben 29. Januar 1516. 2(u» biejen ^a^ren ftammt feine
genaue Sefanntfc^ait mit Sut^er. ^m ^. 1517 muBte er 2Bittenberg öertafjen,
ba er aU ^rior ber Sarmeliter ju ©t. Slnna nact) 2lug§burg berufen mar.
?lt§ Suftier im Dctober 1518 nac^ 2lug§burg fam, um fic^ üor Sajetau ju
üeranttDorten, mar er juerft im Sluguftinerftofter abgeftiegen; ^tmad) toieS man
xi)m feine Söo'^nung im ß'armeliterftofter an, Wo ^y. it)n auf§ befte bemirtf)cte.
3u feiner erften Untcrrebung mit Gajetan, bie om S)ienftage, ben 12. Cctober,
ftattfaub, begleitete i^n unter anberen aud^ 5 9Ud)bem Sutfier am 20. October
Slugsburg öerlaffen ^tte, reifte aucf) ^y. naif) Wenigen lagen, Waf)rf(i)einlic^ am
23. Cctober ab unb ging aucf) nad) SSittenberg; t)ier würbe er am 22. 9lo=
öember ^um Soctor ber Ifieoiogie ernannt , uacf)bem er lagg 3ut)or bisputirt
f)atte. ^lid)t lange barauf flnben wir i^n Wieber in 2lug§burg, wo^in er öom
Statte 3urücf berufen war. ^lad^bem im S. 1520 auc^ Urbanue Ot^egius unb
jwar at§ ^^rebiger am S)om nac^ 3lug§burg berufen war, ber bann freiüii) öom
Siecemb^r 1521 bi§ jum ©ommer 1524 aus ^lugSburg öerbrängt war, finb 5-
unb 9tt)egiu§, benen firf) balb ©tep'^an .ffaftenbauer, genannt 2Igricota 'ögl.
Sanb I. ©. 156), anf(i)loB, bie eifrigften '-Beförberer ber ^Deformation in 5(ug§=
bürg. Söei^noc^ten 1524 t^eitten 5- unb 9t^egiu§ in ber ©t. 2lnnafir(^c ju
?Iug§burg jum erften 5JUI ba§ 2lbenbma^( unter beibertei Seftalt au«; im
folgenben i^a^re trauten bie bciben ^yi-'tunbe fic^ gegenfeitig , juerft im Wäx^
9fi^egiu§ unferen 5- niit einer Jungfrau , Don wel(f)er Wir uur ben 2]ornamen
^argaret^a wiffen, unb fobann im ^uni ^y. ben ?ftf)egiu§. S)er 2lbenbmaf)l§=
ftreit, ber 1526 auSbrad^ unb in weldjem 9t^egiu§ bi§ jum ^. 1528 fidt) ber
3wing(i'fdt)en 5ln[ict)t met)r jugewanbt ^atte, trennte bann zeitweilig bie beibcn
^yreunbe; Slgricola blieb in biefer 3^'^ mit ^. äufammen auf Suf^er'S Seite.
äÖä^renb be§ ^lugeburger 9teic^§tage§ mußten alle brei 5tug§burg öerlaffen;
Wä^renb 9tf)egiu§ einem 9lule be§ ,g)er3og§ (Srnft öon Süneburg folgte , würben
(^. unb 5lgricola im ^. 1531 naci) Stugsburg jurüiiberufen; aber noc^ in bem=
felben ^a^re mu^te g. wieber ^luglburg öerlaffen , weit er feine Öemeinfd^aft
mit ben ^t^ingtianern Italien WoEte; e§ fam ^inju, wie öon anberer ©eite cr=
^ai)it wirb, ba^ er auc§ at§ ^prebiger nid^t gerabe fonberlii^ beliebt war, unb
ia'B man 5ln[toB baran na^m, ba| er auf ber ^anjet eine dritte trug. @r
befam nod^ im ^. 1531 einen 9luf an bie ©t. ^acobifirtiie in 9tücnberg, ben
er annahm; am biefer ©tettung würbe er im S. 1533 an bie ©t. ©ebatbifird^e
in bevfelben ©tabt öerfe^t; in biefem le^tgenaunten ^a^re aber ftarb ev bann.
10*
148 Oftofd^oucr.
au(^ f($on. er toivb fd^toerlic^ 50, toal^xfcjicinlid) nic£)t biet ülbev 40 ^üf)xe alt
getDoi-ben fein. 5ßon i^m ift eine eöangelifdic Umbilbung bev fatT)otifc^en 33e=
grü^unQ ber ^31ana , be§ Salve regina, bie et im 3t- 1524 ^u 3luö§buvö öcr=
fertigt |aben fott, mcl^rfad^ gebrudft, unter anbern in ^al)p'§ 9iad)lefe , 1727,
I. <B. 622. 6r f)at audt) ^ird£)entieber gebid)tet, unter benen eine 33earbcitnng
be§ 46. '4>|almf§, bie im 31. 1529 ju ©trapuvg gebrucft ift unb mit ben
SSorten „(Sott felbft ift bnfer fd^u^ bnb mact)t" beginnt, am befanntcften ift;
Sutt)er'§ „@in' fefte 33urg", ba§ gteidijeitig über benfelbcn ^Pfalm gebicfjtete
ßieb, l)at ba§ ^-rofd^'fc^e freilid) öexbrängt. — DB ein ju Strasburg im ^.
1535 erf(^ienene§ mufifalifd)e§ SBerf, ba§ bon 3pit9i-'noffen getobt mirb, unb
einen ;3ot)anne§ f^rofd^ jum 5i)eriaffer ^at, Don unferem ober einem anbcren 5-
öerfa^t ift, bermod^tc ber Unterjeiciinete nid^t feftjufteEen.
S)gt. 2BiIi, ^Jiürnbergifc^eg ©eletirtenleiifon, 1. u. 5. %f)^\l ^oä), ®e=
fc£)ict)te be§ Äirdt)enlieb§, 3. 3(ufl., 1. u. 2. 33b. ^örftemann, Liber decano-
rum facultatis theol. acad. Viteb. 3lbelung. S3ertl)eau.
^•rofc^aucr: 61^riftop^ f^., ber erfte 33udf)bruc£er ber 6tabt 3üri(f), toax
ju 9^euburg bei Cetting in 33aiern geboren, bod) fann ba§ ^a1)x nicf)t ie^to^e^'
ftcllt merben. @r taud)t ^uerft im 3i. 1519 in 3üi"id^ auf, wo ba§ alte ^ürger=
hüä) ben Eintrag t)at: „6I)riftof ^y. üon Cetting, ber 33nct)brnrfer ift ju SSürger
aufgenommen unb it)m ba§ (5?ürgerrec^t) gefct)en!t öon finer ^unft locgen.
3Iftum Wxiw. bor ^Jtartini 1519." ^lan l}at angenommen, bö^ ber Sud}=
bruder 3iol)anne§ i^-., metd)er bon 1494-1507 ju IHugSburg brudte, fein Später
gemefen fei, allein e§ lä^t fid) biefc S3crmutt)ung nic^t feftfteEen. £)i) er glcidt)
bei feiner 5tieberlaffung in 3üvid) fclbftänbig 2Berfe brudte, lä^t fid) nic^t mit
33eftimmtf)eit fagen, ba fic^ Srudmerfe mit ber 3tat)r3<il)t 1519 nid)t nad)meifen
laffen. ©eine erften 33üd)er tragen bie Sa'f)rjal)t 1521: „,!pie enbet fid) ba§
35üd)lin ber Älag be§ (>rl)ben§, gemad)t burd) ben t)od)gelerten ©raSmum bon
Stoterbam, getütfd)t burdf) 'OJteifter ßeo 3tub ßütpriefter be§ go^()u§ @infr)be(n, ge=
trudt 5u 3ürid) burc^ ßtjriftopljorum gi-'ofdiouer. ^n bem ^ar al§ man ^elt
nadC) ber ©eburt 6f)rifti M, D. XXI." 4. — „6ine nuijlictie bnbertot)fung eine§
6t)riftentid)en f^-ürften mol ju regieren, gemad)t burct) @ra§mum bon Sioterbam
bem aEerburd)louct|tigften dürften unb |)errn ßarlo ermelten 9tömifd)en .ftonig
nupid) unb frud)tbar alten i^unigen, ^-ürften, ©rafen k." 9(uf ber ©d)lu|=
feite: „^n tütfd) jum erften ©ebrudt in ber loblid^en ftat 3üi'id) burd] 6()ri=
ftobt)orum i?frof(^ouer im jar als man ^ett nad) ber ©eburt 6t)rifti unferö hieben
^errn 1521 ^ar." 4. g. mu| ein fet)r tüd)tiger unb gefd)idter 5ÖU(^bruder
getnefen fein, ber fein (Sefd)äft botttommen berftanb unb bemgemä^ aud) immer
met)r au§be{)nte. S)enn nid)t allein, ba^ er biete 6d)rtften bon Utric^ 3tt5ii^9l^
brudte, fonbern er na'^m balb aud) bie ©d)riften bon anberen berül^mten
Sfieologen unb ©ele^rten in feinen 5öerlag auf, mie jum SSeifpiel bie äöerfc
eines 23uttinger, ßeo Sub , 9tubotpI) (Sualt^er, 33iblianber, ^eEifan, ^eter
5!Jlartt)r k. ©benfo finben fidt) unter feinen S)rud= unb 3)erlag§merfen foldtie
bon ßonrab @e^ner, ^o^anneS Stumpf, ^ot)anne§ f^rieS k. %htx aud§ römifd)e
unb gried)if(^e ßlaffifer, fomie eine gro^e ^^n^atil fleincrer unb größerer ©d)iiften
in beutfct)er ©prad)e über bie berfdt)iebenftcn äöiffenfd^aften mürben bei it)m ge=
brudt, toie bie bon (Sonrab @e|ner berfertigten gebrudtcn S3eräeid£)niffe feiner
lateinifd^en unb fonftigen S3erlag§toerfe auSmeifen, meld)e in ben ^. 1548, 1562
unb 1581 unter bem jtitel: ,, Index librorum, quos Cliristopliorus Frosclioverus
Tiguri liactenus suis typis excudit" erfdt)ienen finb. 31ber ba§ .g)aubtberbienft
ermarb ftdf) g. burd^ feine Sßibelbrude , meld)e buvd) ©d)ön:§eit unb 6orrectT)eit
ftc^ ayS^eidtmeten unb bon il^m, bon gro| ^^folio bi§ ju S)uobe3, in aHen mög=
^xöWl 149
liefen SIuSgaBen, t^ei(§ bie ganje ^Bitiel, t^eit§ etn^^elne X^eile bcvfetben unb
jtüai- in beutfcE)er, latehüfi^er unb engliji^er (Sprache ausgegeben tourben, fo
3roar, ba^ in ben S. 1524—64 oÜein 27 5lu§ga&en ber ganzen Sibet erj(^ie=
neu. 3)ieje 3IuggaBen iüuxben fe^r gejd^ä^t unb gelten ^cuie immer noc^ a(§
jc^önc Srucfe ber SSibet. ßr bebiente fiel) mehrerer S)rucEer3ei($en, mit benen er
je nacf) bem g:-ormat feiner Srucfttjevfe abtüect)felte, unb Welche aUt auf feinen
^Jtomen anfpietten. ©ie äeigen einen Söeibenbaum, um meieren brei ^röfc^e
^erum fi^en, ber öierte an i^m hinauf ftettert, ober benfctben ^aum, um ben
fic^ ein t)erfd)lungenc§ ©pruc^fianb "^erum roinbet, auf toelä^tm bie 2Borte:
Christof Froschover zoo (ober auc^ zo) Zvrich ju lefen; ba§ (Sanje Balb mit,
balb o^ne ginfaffung. @in fpätereS Srucfer^eidien ^at öor bem iBaume mit
ben gröf^en nod) einen nadten Knaben ober ®eniu§, auf einem großen grofc^
xeitenb. ©ein ättefte§ Srucfer^eic^en 3etgt in einer großen arc^iteftonifc^en ®in=
faffung ben naiiten, jeboc^ einen <^etm tragenben 6cniu§ auf einem gejäumten
grofci) reitenb , in ber Sinfen ben ^^aum unb in ber 9ted£)tcn eine fleine f^-a^ne
^attenb , n)orauf bie 33u(^ltaben : Cr. Fr. , oben in einem .^ranje ber 3üric^=
fc^ilb, auf bem ^uBgeftette bie ^a^raat)! 1521. ^. toar öer^eirat^et , aber
!inberlo§; er mürbe ba^er in feinem immer umfangreid^eren (Sefc^äfte tion feinem
SSruber (Suftac^iuS unb beffen beiben @ö"^nen, @ufta(^iu§ unb ß^riftopt), uuter=
ftü^t. (5r felbft befu(i)tc, felbft in '^ö'^erem 3Itter, immer noc^ bie beiben ^ranf=
furter 5Jieffen unb ättjar regelmäßig n^ä^renb einer langen 9teif)e toon ^a'^ren,
auc^ mad)te er febcSmal gute ©ef^äfte, ba feine S3ü(^er ftet§ toiffige Slbne^mer
fanben, tt)ie er benn neben ber SBud^brucEerei auc^ ben 33u(f)^anbel trieb, ti30=
burc^ er fid^ einen großen J?rei§ bon (gelehrten öerf(i)iebener ©efinnung unb 3lrt,
al§ ^reunbe öerbunben ^atte. @r ftarb am 1. 5lpri( 1564 unter |)interlaffung
einc§ bebeutenben aJermögenS. ©ein SBuc^bru(iergemerbe übernal)m fein 9teffe,
(S^riftop^ g. ber jüngere , toetc^er e§ big 3u feinem Stöbe fortfe^te. S)a aber
au(i) er feine ^inber tjatte, auf Uielc^e bie ^irma forterben fonntc, löfte bei
feinem im ^. 1585 erfolgten Xobe ba§ Sefd^äft fid^ auf. S)ie 25u#rucferei
ging im 3f. 1590 auf ben Su^bruder ^of)anne§ 2Bolf über.
S3gl. 35bgelin, g^riftopt) grofdiauer, Süvii^ 1840. 4. ^tubotp^i, S)ie
S3u(fibru(ier=g-amilie f^rofc^auer in 3üricl), 3ürid) 1859. gr. 8.
^ e l CQ n e r.
gröft^el: ©ebaftian g., ein treuer ?lnl)änger ber ^teformation, tourbe in
?(mberg in ber Dberpfalj am 24. Februar 1497 geboren, ftubirte bann, üon
bem gjlagiftrat öon 3lmberg unterftü^t, in Seip^ig, too er 1515 S5accalaureu§
unb 1519 'Dkgifter mürbe, ©r mürbe 1521 ©ubbiaconu§, fobann S)iaconu§,
enbli(^ ^riefter in Seip^ig; unb gab auf ßut^er'§ ^Inregung al§ etfter in Seipaig
bie ^ribatmeffen auf. 1522 berüeß er, öiettei^t in gotge bon 5lnfeinbungen
ber bortigen ^möni^e, 2eip,jig unb fam nac^ SBittenberg, too er fic^ be§ intimen
S5erfe^r§ ber bortigen i^äupter ber 9leformation erfreute, unb namentlii^ ben
^farrbienft in ben ©pitälern unb ©efängniffen berfal), auf beren bcrrottete 3u=
ftänbe er l)eilfam eintoirfte. ^m ^erbft 1523 mürbe er bon ben Scipjigern
aufgeforbert, eine ©aftprebigt für bie ^olianniSfird^e ju l)alten, für toetc^e man
i^n 3U geminnen ^offte. 3ll§ bie m'ör\ä)t bon ©t. 3:f)oma§ il)m bie Äird}e 3U=
fperrten, ^ielt er auf bem eiligft t)ergericl)teten Äirrf)^of feine ^^Jrebigt, in ber er
ha^ gegen feine äöiberfa^er empörte 5}ol! beruhigte. 35or ben «ifc^of molT bon
^erfeburg citirt , bert:^eibigte er mannhaft feine ebangelifd)e Sßrebigtlüeife , J)ie
ibm ber 33ifd)of fernerhin unterfagt, ebenfo tt)ie fein ^rebigen in Seipjig. Sn=
beffen mucf)§ fein In^ng bafelbft, unb auf betrieb be§ 5ßifd)of§ mifct)te fid^
^er^og ®eorg bon ©ad)fen in bie Slngelegen^eit. S- tt)urbe ber'^aftet, bor
^erjog ©eorg citirt, unb nad^bem i^m einige !leinlic^e Steußerlid^feitcn über
l^Q iJrotfc^ct — gtoumunb.
Zxaäjt unb Äteibung aum ^Bortüurf gemod^t tüovben, aU eine in bev Äe^ergrufec
toon aSitten^erg öott ®iit ö^logne Äföte, in bie fid) ba§ einftmalä „fd)öne
g^röjc^Iein" bevloanbelt f)abe , bev ©tabt unb be§ 2anbe§ tiPi-roiefen bei ©träfe
ber ©täupung unb be§ 3lu§rauien§ ber ^^laaxe , Biä er eine platte befomnien
:^al6en toürbe, hjie ein ^Bt. Sie Uniöerfitöt retegirtc it)n auf biefen 58ejd)fib
f)m. @r ging naä) SBittenberg jurüdf, too er !6i§ ju feinem Jobe am 20. S)e=
cember 1570 blieb. 23on feinen ©rf)riften finb ^rebigten über ba§ ©üangeüum
ÜJtatf^äi ju nennen, ferner ein Äate(f)i§mu§, ju bem er fid) bie Erläuterungen qu§ ben
@d)nften ber 9{eformatoren, namentlich ßutt)er§, gebogen, unb ben er beim geift=
üd)en Unterrid)t bcnu^tc. SBugen'^agen münfdite beffen 5lntt)enbung Qud) in aü=
gemeinen i?reifen unb fo übergab g-. it)n 1559 bem 2)rucfe. 5£)g§ Sudi ift
be§ 2)rudt'§ mertt), einfad), in gefd)idter 3lnorbnung unb mit gefunbcm Urtt)eit
gefd)vieben. a3efonber§ tt)ertt)t)ott ober finb bie lebenbigen 23efc^reibungen ein=
jelner '^eröorragenber Srcigniffe ber 9{eformation, bie g. ou§ eigener ^^lnfd)auung
gibt, öor allem bie ^eipjiger 3)i§|)utation, bie er al§ junger ^JJtagiftcr mitcrtebte,
al§ SSorrebe feines a3u^c§ „a}om .^önigreid) ßl^rifti", bann öfter gebrudt:
2üÜ)n^ 2Ber!e öon SBatc^ , Sb. 15, (5. 1447; ^öfdjer, 9teformation§acten,
S8b. 3, ©. 276 IC. ^totijen über fein Seben gibt ba§ (tion ^x. 9Iug. U§teber
anont)m 'fieranSgegebene) 5ßüd}et(^en : ßurieufe ^fiadiridit öon bem ßeben M. (5e=
baftian ^yi^öfc^ers, ßeipjig 1722; bie Xitel feiner fämmtHd)en , fef)r fetten ge=
tootbenen ©d)riften l^at &. ^aubmann, 3tfd)v. f- b. ."piftor. S^eologie, 1873,
(5. 442—448, jufammengefteüt. Sro d'^au§.
SrOtfd)cr: Äart |)einri(^ i^. , ^f)i(otog unb ©c^utmann, geboren ben
6. ^ai 1796 ju 3Beira bei 3Zeuftabt an ber Drta, geftorben am 9. 3(pril 1876.
9tad)bem er feine 3}orbilbung in ber ©tift§fd)ule ju ^]e'\i} erl)alten l^atte , bejog
er bie Uniöerfität ^eipjig, um ^t)iIotogie ju ftubiren.* ©d^on im ^. 1817
tourbe er ßoHaborator an ber 3;^oma§fd)u(e äu Seipjig, 1818 er'^iclt er ba§
9tectorat be§ ß^ceumS ju ©d^neeberg, ba§ er iebot^ fd)on nad^ ^n^ei S^a^ren
niebertegte, um al§ britter 2et)rer an ber TiicoIaifd)u(e in ßeip^ig einzutreten,
^lit biefer ©teile öerbanb er feit 1822 bie eine§ iMbltot^efar§ ber ^eipjiger
©tabtbibliof^ef ; aud) t)abiütirte er fict) 1826 at§ ^riöatbocent an ber Uniöer=
fttät, at§ Wcldier er eine Iateinifd)e ©efeUfcfiait grünbete, 1828 lüurbe er jum
au^erorbentti($en ^rofeffor an ber Unibcrfttät ernannt unb .yim ßonrector an
ber ^icotatfd)ule bcförbert. ^u Oftern 1835 tourbe er at§ 9tector an ba§ neu
eingerid)tete @t)tnuafium ju 3lnnaberg berufen unb 1843 nad) beffen '^(uftöfung
in glei(^er (Sigenfc^aft an ba§ ^^^reibetger ©l^mnafium öerfeljt, beffen Seitung er
22 3Jat)re geführt t}at, bi§ er toegen för))erli^er Reiben 1865 in ben tt)o"^Iöer=
bienten giut)eftanb trat. 3U§ tüdjtiger ßatinift ftanb 3=. feiner Seit in gro|em
9tufe unb enttoidctte aud) at§ ©^riftfteHer eine umfangreid)e, aber meiftenS nur
compilatorifdie 2:t)iitig!eit. 33on felbftänbigen 3lrbeiten finb '^erbor^utieben eine
3lu§gabe üon .^enop^on'§ i^iero (Öeipj. 1822) unb öon „Anonymi Graeci oratio
fmiebris" (greiberg 1856), beibe mit Kommentar, unb t)erfd)iebcne ^svogramme
über ©(^riften be§ Cicero (brei ^um !8rutu§ 1837 u. 38), Cuintiüan unb
Xenop'^on. ©eine t)auptfäd)lid)e S^ätigfeit erftrerfte fic^ auf ben SBieberabbrud
bon ©(^riften unb 3lu§gaben berüt)mter ^:p'§ilotogen, mie be§ S3ctteiu§ ^4^atercnlu§
(1830-39, 2 f&he.) unb giutiliuS Supu§ bon 3ftu^nfen (1831), ber „Opera
Mm-eti" (Vol. I-III, 1834 sqq.) ic. , toelc^e äßerfe er mit äa^treic^en 3ln=
merlungen, meift grammatifi^en unb lejtcalifc^en ^n^alt§, auS^uftatten pflegte.
9t. gfranfe im greiberger ^In^eiger, ?(prit 1876. ^.
groumunb: jugenannt bon Sieger nfee, ein fa^renber S)i^ter ju @nbe
be§ 10. ^a'^rl^unbertS , ber mit ben Wönäjen be§ genannten ^lofterg in brief-
Iid§em unb titterarifc^em 9}erfel§r ftanb unb eine für feine Seit feltene unb ^öd)ft
fjtotoetn. 151
auSgeBreitete ßenntni^ ber claffifd^eri Sitteratur he]a% ßr jd^riefi tiidit nur
5Bül)er qB, tote er benn auä) im Sefi^ einer loftBaren Sammlung gettejen au
fein jt^eint, jonbern toar felBft pod\]ä) jdiaffenb t^ätig, feejang bie 2:ugenben
ber Baitoarifdien -^perjöge unb il^re Saaten unb beria^te eine ftatttic^e Slnja^I
öon Iateinii(i)en ©ebid^ten, aud§ eine .,IIistoria monasterii Tegerusecnsis" l)atte
er Begonnen. Sein |)auptöjer! ift ein im aierli(f)ften Satein in ber 3eit nac^
990 öerfaBteS epii($e§ ©ebid^t, toeld^es ]päkx , im 16. Sa^i-'^Elunbert , burtf) bie
©c^eere eine§ Sud^BinberS jerfdinitten unb ^u ^inBänben üermenbet tourbe, Bi§
erft Socen unb nai^ if)m 2tnbrea§ (gc^meller barauj auimerfiam tourben, bie auf
ber gjlündiener ^of= unb StaatSBiBIiot^e! gefunbenen 9tcfte oBIöften unb jammetten.
Se^terer gaB ba§ föftlic^e, bie 3eit |eine§ gntfte^en§ mit ptiotograp^ifiiier äöa^r=
'£)eit |(^itbernbe ©ebid^t, mel(|e§ be§f)alB eine wa'^re gunbquelle ]üx cultur=
gefd)i(^tacf)e ©tubien Bitbet, :^erau§ unb Benannte baffelBe „9tuobIieB" nact) bem
^aupt^etben biefer leiber gro^e Surfen ent^attenben Fragmente. 35gl. S- ©rintm
u. (&(i)meaer, Satein. @ebi(i)te be§ 10. u. 11. Sat)r^unbert§ , (Böttingen 1838,
©. 127 — 240, unb gia($träge Bon ©d)meller in |)aupf§ 3eitfd)rift I, 401— 23.
S)as Sefte baraul öerarBeitete Ä. ©imrocE mit poetifcfier grei'^eit in ben britten
S^eit jeine§ 2lmetungen(iebe§ (im fed)§ten 93anb be§ |)eIbenBu(^e§). (Sine pw=
faif(^e SnVtt§angaBe mit meiteren Erläuterungen ift in meiner @efc^i($te ber
altbeutf(^en S:i(^tfunft in Saiern, «RegenSBurg 1862, ©. 51—77 öerjudit. ßin
S^eit ber öon g. in Q^etfen unb ^rofa geiüf)rten 6i>rrej|)onben3 mit ?lbt ©o^Bert
(t 1001), mit bem g^agifter ^^egin^alm, Sluotfer, ^'aBo unb anbeten 3eit=
genoffen 3U Segernfee {)at 5]3e3 im 6. Sb. f. 2f)efouru§ in ungenügenber SBeife
?erau§gegeBen. ^m S- 1017 na^m unfer S)ic^ter bod) noti) bie 2Seif)e bc§
^riefteramteg auj fein ^aupt unb trat in ba§ genannte bamals fo Blü^enbe
Älofter, toofelBft furj öorfier unb bietteid)t glcicfiaeitig mit bem „OiuobtieB" bie
ißroncet:§ore unb bie 61a§fenfter jür ben ^lugsBurger 3)om (ögt. öerBerger'ä
5lB:^anbI. barüBer 5tug§B. 1860) angefertigt unb öielleicfit aucf) j^on ein Bota=
nifc^er @atten angelegt toorben mar. groumunb'S G)eBurt§= unb SobeSja^r
ift unBefannt. |)l5ac. ^ollanb.
?^ro!öCin: gaBrifantenfamilie in glBerjelb feit bem 17. Sa'^r^unbert. ®a§
2ßu|)Bert^al , in toetciiem ficf) ^eute bie Beiben ©täbte eiBerfelb unb ^armen
ätoei ©tunben lang in ununterBroi^ener ^äuferrei:§e öon Söeft nacf) Dft erftrcden,
!ann fid^ einer faft 400ia^rigen ^nbuftrie rül)mcn. ©(f)on im 15. ^a:^r:^unbert
fertigte cö für ben S}erfaui ^elj- unb Sebermaaren (namentlicf) Seutel, ©äde
unb Ülanäen) , unb noc^ lange nac^bem biefe @rmerB§quette öor einer anbern
äurücigetreten toar, gaBen bie Dielen fjfamilien „Sejclienmac^er" (aus einer öon
il)nen flammte ber Belannte 5lnnalift Söerner Stefc^enmac^er) burd^ i:^ren Flamen
3eugni^ Bon ber Sefdiäitigung ber S^orfa'^ren. 6egen ßnbe be§ 15. Sal)r=
l)unbert§ mu^ ba§ IBlei^en Don @arn unb ba§ SSerarBeiten beffelBen ju SSanb
(Sint) aEgemeine 23erBreitung im 2:^al geiunben "^aBen, unb ba§ le^terc mar
alterbingS burc^ ba§ toeid^e unb llare Baffer ber äOupper unb ber ja^lreic^en
in biefelBe flie^enben Sä($e, fotoie burd) ben f(^önen, üBeraH in bie fleinen
©eitentl)äler fi($ l^ineinjiel^enben 6ra§tou^§ für biefen ^toerf Befonbere geeignet.
£aBei maren bie Beiben Crte bamalS noä) m<i)t sujammengeBaute ©täbte mit
engen ©trafen, fonbern fie Beftanben au§ einer größeren ^Inja^l Bon Bäuerüd)en
^ufen (mansi) unb Motten, toelct)e einerieit§ Bon bem Bergifc^en .§ofe in ßlBer=
reib, anbererfeitg öon bem Bergifcl)en ^ofe in ben Spörnen ju ^^armen ober bem
mäxtiiä)tn in äöic^lingl)aufen (je^t glei(i)iall§ ju SSarmen gel)örtg) aB^ingen.
S^ie ßinmol^ner BetrieBen felBft aucl) ben .^anbel mit ben ©arnen unb ben barau§
getüeBten SSänbern; fie Befucl)ten Betfönlid^ bie ^lejfen unb Wäxtk in DBer=
beutfc^lanb (mie granlfurt a. 5Jt.' unb in ben Dlieberlanben (SlntmerBen, £ort=
152 fJroiDcin.
xtä)t, 3Imftcvbam), unb traten mit ^^^-anheid) , ©panien unb ben Beiben ^nbien
in .^anbdööerfel^i-. Siie rafd) fic^ entttjicEcInbe 3?ebeutung bicfeä ^t^buftriejnjeigg
öeranta^te bie ]^ex3ogli(f)e 5){egierung öon SSevg, i()n für ba§ 2öuppcrt^t ,ui pvit>i=
legifiteu unb genaue ge|eij(id)e 3Inorbnungcn barübev ^u treffen, um auf biefe
Söcife bie ^nbuftxie bem fianbe ju cr'^atten unb fiii) felbft bie ^oÜeinfünfte p
fi(i)ern. -C^er^og ^o'fiann ertt)eiltc 1527 ba§ ^Ifiviöilegium , ^onad) ^Jtiemanb in
feinen Sanben anbevSiüo jum iBertauf @avn b(ei(i)en unb jmirnen burfte, aU in
ben Beiben i^Uden, ber Jyreil^eit ^u ©ttieifelb unb in bem 35armen; juv Seauf»
fic^tigung ber ©enoffenfcfiaft ber Sleid^er (ber fogen. Öiarnnal^rung) unb jur
äöa^rung ber 3'itercffen berfelBen mürben jä^rlict) am ©t. ?3Zargarctl^entag bier
S3orftef)er (^mei au§ jebcm Crte) unter bem 'Jiamen öon ©arnmeiftern gemä'^lt,
bie jur '43eftrcitung ber 3(u§ga6cn i^rer iH'rmattung öon jebem ßentncr gebteictiten
(Sarneg eine gcmiffe 3l6gaöe iba^ ßcntnergelb) erhoben. IDiefe 2}erfaffung Beftanb,
i6i§ 5U 9tufang be§ gegenmärtigen ^'a'^r'^nnbcrtg ba§ .^er^ogt^um 93erg al§ ^it=
glieb be§ ^)i^eint)unb§ an *JIapoIeon§ ©d)mager 'OJturat fiel unb bie (Sinfül^rung
ber fran^öfifc^en 65cfel5gcBung aucE) in ber Snbnftrie allen '4-^riöiIcgien ein önbe
mad)te. S)ie ftar! anmadifenbe 33eöDlfcrung ber Beiben Crte öerbanfte iljren
Söo'^tftanb ^auptfäc^tid^ biefom fid^ immer me'^r au§bc^nenben -Spanbel; abgrfe^en
öon bem gebleichten ®arue erftrerf te fid) berfelbe auf ^^^i^'^e , leinene 33änber
unb ©d)niiren, fpätcr auä} auf ©ad= unb .!pal§tüc^cr, SSettjmiüid^ unb ä'^nlid)e
ßcinenjeiige, mie bie fogen. 33onten in geftreiften Benö"^" ä"!-" ^efleibung ber
©ctaöen in 3Imerifa, ,'^)mirnfpi^en k. Seit ber ^Jlitte be§ 18. ;3^a"^r!^unbcrtl
fam f)inju bie i^erfertigung öon ©iamoifen, b. ^. '^albbaumtoollenen 3eugen.
Heber ben Umfang ber 33leid)creien gibt eine mir öorliegenbe ^tufjeid^nung öon
1727 'üluffd^lu^, nad) me(c=^er im !^aufe be§ genannten ^a^xes, aHein in 93armen
auf ü2 5ßlei(^en 3021 Zentner ®arn gebleid^t mürben. S" ©tberfelb fd)eint
um bie ©renjfc^eibe be§ 16. unb 17. :^a^r^unbert§ ber Bujug öon ^tu^en be=
fonberä ftarf gemefen ju fein. S)amal§ Iie§ bie giegierung be§ ^erjogf^nmS
Söerg ha'i Territorium ber 1537 abgebrannten 33urg öon ©Iberfelb par,^ettenmeife
öerfaufen, unb fo bilbetc \idt) in bem ^JJlittelpunfte bee bortigen j?ird)fpiet§ ber
Slnfang ju einem größeren, jufammengebauten Drte. ^n biefer 3eit toanberte
ßoSpar Öafpcr) i^., ©ot)n öon .^ermann 5., au§ einer angefetjenen gamilie ber
benad)barten ©tabt Sennep , in ©Iberfelb ein unb erbaute 1603 auf einem ber
9{egierung abgetauften ^:|.Uai3e ber SBurgfrei'^eit ein ^au§. ©d^on 1601 l^atte er
fi^ mit ©crtrub, ber 2od)ter be§ glberfetber ©(Reffen ^afper 9titter§]^au§, ber=
■^eirattiet. Apierburd) mit einer ber begütertften fVamilicn be§ 2öuppert^al§ öer=
fd^tüägert, mürbe er felbft '»mitgtieb bc§ giat^§ unb trat auc^ einmal al§ 33ürger=
meifter (biefe med)feUen jä^rtid)) an bie ©pi^e ber 3}ermattuug be§ Drtc§, ber
1610 ©tabtfreitjeit erT)iclt. 5Da^ f^. nebft feinen ©ö^nen !aufmännifd^e @efd)äfte
betrieben (of)ne 3meifel mit gebleichten ©arnen unb 3Sänbcrn), gel^t au§ einer
Sleu^erung öon it)m l^eröor, meldte un§ .^o^ann Seon^arb Söeibner (biefer tnar
eine 3eit lang 9tector ber Sateinfc^ute in (Stberfetb) in bem britten 2^ei( ber
Seutfc^en ^^(popt)tt)egmata (5Imfterbam 1653, ©. 267) überliefert: „6afparu§
g^romin, S5urgermeifter ^u etöerfelb , - gab feinen ©öl^nen 3ur le^r, ba^
mann fie ber 2ßaar mit bem geringften getoin fönten abfommen, fie nid)t öer=
äie'^en folten, fonbern gebenden, ber erft gemin ift beffer bann ber ame^te, fo
öngemi^". 5öon feiner ftrengen gtec^tlidEifeit jeugt eine anbere gieuBerung, roeld£)e
Söeibner a. a. 0. berichtet: jm gefagt marb , e§ fönne !ein guter i?auffman
fel)n, ber nid)t aum menigften smel) ober bret) ma^t 5ßanquerot gcfpiett, fagt er :
3 eben fo öiel gefagt, (S§ fönne feiner ein g^rtid^ ^an fet)n, al§ ber ntd^t
äroel) ober bret) mal ift aum S)ieb morben". g. ftarb 1631. @iner öon feinen
©ö^nen, ^ol)anne§ (geb. 1608, f 1674), mol^nte feit 1636 in 33arnien auf
^roiDin. 153
bem bm-(^ etftjiiiaft i'^m ^ugetaltenen (Sut jux f^urt, mit toel($em eine SSIcit^e
öerfiunben toar. S)a Unter=23armen in !ird)lic£)et SBejie'^ung ju gtBei'ielb ge!)örte,
fo betteibeten er unb feine 9iad^!ommen toiebex'^olt ürd^Uäie ef)renämter in ber
reformirten ©emeinbe 3u ßlfieiielb; fo npurben 3. 33. 1638, at§ |)er3og 2öolf=
gang Söil^etm biefe (Semeinbe mit ©eftjalt 3um ßat^olici§mu§ ^uxücffütiten
moEte, bie ©i^ungen be§ rejormirten ßonfiftotiumS (5]ßre§b^tei-ium§) '^eimlic^ in
ber äöo^nung öon g. abgespalten, ^lat^bem bie gamilie auj i^rem ®ute in
Sarmen ol)ne Stoeifel unau§gefe^t ®arnl6teid)erei getrieben unb mit ben ^^abrifaten
au§ Seinengarn ge^anbelt t)atte, ^og ber <Bo1)n eine§ Uren!el§ be§ So^^annee 1^.,
9lamen§ 3tbrat)am (geb. 1734, f 1813), nat^ (ätberielb unb grünbete bort
1763 unter ber f^irma „^Ibra^^am gromein juii." eine g-abri! in leinenen unb
moEenen 33änbern unb Si^en. ^m ^. 1787 na^m er bie beiben ©ö^ne feine§
Sruberg 6ajpar, ßafpar (geb. 1759, f 1823) unb 2lbral)am (geb. 1766,
t 1829), meil fie, mie e§ in bem betreffenben Sircular ^ei^t, eine 3eit ^^er ber
iianblung auf§ SSefte öorgeftanben, 3u (5om^agnon§ an; bie ^-irma ift feitbem
„^bra:^am & ©ebrüber ^-rottiein" geblieben, unb bereit§ in ber öierten Generation
ift ein 5lbra^am ^. mit feinen Srübern unter ben Snl)abern be§ ©efc^äfteS
getoefen. 6c^on 1776 maren bie birecten 3lbfa|queEen ber Sauber unb Si^en,
abgefe'^en bon S)eutfct)lanb unb ben ^lieberlanben, in gfranfreid), Italien, Spanien,
Portugal unb gtu^lanb, 1790 tourben bie erften ©enbungen nad^ 9torb=2lmeri!a
gemalzt. m§ ber ©rünber be§ (Sefc^öfte§ 1813 geftorben toar, festen e§ feine
beiben Neffen fort; bod^ einige ^a'^l^e ]päkx 30g fic^ ältere berfelben, gafpar f^.,
toegen ^rän!li(^!eit ^urüd, ber jüngere, 3lbra|am g. (er mar 1807 ber le^te
na^ ber alten SSerfaffung auf ein ^ai^x getoä^lte SSürgermeifter üon ©Iberfelb
getoefen), nal)m 1820 feinen gleichnamigen älteften ©D"^n at§ 2;:^eil'^aber in ba§
@cfd^äft. '^aä) bem Sobe be§ älteren 5lbra^am (1829^ traten noc^ jtoei jüngere
©ö^ne, ^luguft unb 2oui§, ein, öon toelcf)en ber Sediere e§ gegeutoärtig mit
brei ©ö^nen fortfe^t. 53ei bem gefteigerten 5lbfa^ nac^ 5lorb= unb ©üb=3lmerifa,
aßeftinbien ic. f^ritt man in ben ätoanaiger Sal)ren aud^ 3ur .g)erfteEung ber
bort beliebten baumtooEenen 23änber unb Si^en, fpäter tourbe bie gabrüation
ouf feibene, "^albfeibene unb tooEene SSänber, Si^en, Äorbeln unb SSefa^fac^en
au§gebe:§nt, toofür ber ^auptabfa| in überfeeif(^eu ^lä|en fid) finbet. ©0 lann
bie gumilie g. al§ Otepräfentant ber alten i^nbuftrie be§ Söuppert^alS gelten,
toel(^e fie öon ben erften einfacfien ^Infängen ab burd^ aEe grtoeiterungen unb
g-ortfe|ungen ber Srant^e ^inburcf) bi§ je^t burd^gemQ(i)t unb feftges^alten s^at.
^Jlarf) ben ®ef($äft§bü{i)ern, f5amiliennac§rict)ten unb fonftigen l)anbfd^rift=
li(i)en QueEen. 6receliu§.
totoin: 5lbt öon ©ngelberg, t 1178. 3n ber toilben |)od)gebirg§=
toelt am Ttorbfu^ be§ 3:itli§ toar burd^ ben au§ bem 3üri(i)gau ftammenben
greil)errn iJonrab öon ©elbenbüren 1120 ba§ ßlofter ©ngelberg al§ 3lu§gang§=
fteEe ber Kultur für ba§ .'pod^f^al begrünbet unb mit gj^öud^en au§ ©t. Slofien
befe^t, alfo ber S3enebictinerregel untertoorfen toorben; bocf) fd^on nac^ bem 3;obe
be§ erften Slbteg mal^elm, 1131, toar ba§ ®otte§l)au§ in 23erfaE gefuufen. @rft
unter fi^., toetd^er 1143 al§ gteformator au§ ©t. .QSlafien fam, '^oh fic^ (Sngelberg
alSbalb ju einer ^lütl)e unb toiffenfd^aftlid) = !ünftlerifc^en 33ebeutung, toie fie
fpäter in ä^nlid^er güEe l^ier nie toieber erreid£)t toorben ift. ©(i)on in
©t. Slafien :^atte g. bie glironifen öon Seba, ülegino, .^ermann, Sernolb unb
58erl§olb in einen SSaub äufammenfc^reiben laffen unb baöor Slnnalen, a_u§ jenen
SBerlen unb ben ginfiebler 3lnnaltn ausgesogen unb mit eigenen ^loti^en öer=
bunben, gefegt, toelcf)e bann öon 1147 an in Sngelberg fortgefc^t tourben C§erau§=
gegeben öon ^pei-^ in Mou. Germ., Script., S5b. XVII, ©. 276-282, al§
Ann. s. Blasii et Engelbergenses). ^n (Sngelberg begrünbete f^, bie SSibliot^c!,
254 O^rünb — fJrunb§Bcrg.
für toet(i)e er felBft al§ ©(^reibet unb ^ater mitarBeitete; er »ar atg ti)eoIo»
gtf(^et unb :t)'^tIoiopt)it(i)er ©(^ttfiftetter t^ätig (üergl. mahiUon , Aniiales Ord.
s. Bened., Tom. VI im Appendix, XXIX, bie Ue6etfid)t bon f^rotoin'S Libri
Septem de libero arbitrio, jotoie über beffen Xractat Adversus quorumdam
errores novitatum unb ben ^rolog ber Explanatio dorr.inicae orationis, au§
\Ddd)ix ©teilen mit intereffanten ^aturbetraditungen in ben ^at^ol ©dimeij.»
SSIätt. f. aBiffenfc^. u. i?unft, 1. ^Q^rg. ©. 55—65, t)evbeutfd)t finb); auci) bie
©c§ule tDurbc burc^ i^n gepflegt unb mit Sudlern für it)vcn Sebarf au§geftattet,
tt3ie ber öon ^rotoin'g eigener ^anb gefc^riebcne Katalog letjrt. ^m äöeiteren
föurbe für bie .^ebung be§ 0ofter§ in äuBerlid^en S)ingen geforgt. ^. umgab
baffelbe mit ^Jtauern , unb in feine 3eit ift bie Urbatmadjung ber fd^önen %lp
^perrenrüti im ^intergrunbe be§ Ztjalc^ anäufel^en. ©iner ber unter g. Iit=
terarifc^ unb praftifc^ befonber§ tt)ätigcn Wünt^e, S3erd)tolb, fü'^rtc al§ groroin'S
^ac^folger beffen ^J?eftrebungen fort.
Ueber g-. öergl. : Dr. üon Siebenau, 58erfuc§ einer urlunblid^en S)arftettung
be§ reic^Sfreien <5tifte§ gngelberg, @. 25--40, fotoie benfelben in ^opp'§>
@efc^id)te6lättern, 33b. I, ©. 145—161. S)en im 12. ^at)r|unbert auf bem
33oben ber fd^n^eljcrifd^en Stiftungen ganj bereinäelt bafte:§cnben 5luffcf)toung
fünftlerifc^en Sebenä, ben neben einem ööllig üerfommenen ßlaffici§mu§ ein
baöon fel^r abmeic^enber frif(^er 9leali§mu§ in ben 5Jliniaturen , befonbcr§
ber breibänbigcn :i^ibel ^romin'g, (^arafterifirt, fd)ilbcrt aia^, ®efcf)i(i)te ber
bitbenben fünfte in ber ©diroeij, ©. 306—311.
5Jle^er bon ^nonau.
(^rüub: öanä i^. , fc^meijerifd^er gl^ronift, njurbe um ben 2lnfang be8
15. :3af)r^unbert§ in fiupn geboren. Sfm ^. 1429 tourbe er Unterfi^reiber in
ßuäern, f:päter Sanbfc^reiber in ©c^tül)3, tüo mir it}n 1437 — 1453 treffen, ^m
^. 1457 mürbe er (55eric^tfcf)reiber in Supern; l^ier ftarb er 1469. 2Bir öer=
bauten if)m eine 5ßefct)reibung be§ fogen. alten 3üi"i(^friege§, b. % be§ Äriege§,
ber au§ 9lnla| bc§ im ^. 1486 erfolgten 9(bfterben§ be§ legten (Srafen öon
2;oggenburg jmifdjen ^üxid) unb ©d)mt)3 entbrannte , unb in meieren einerfeit§
OefteiTeic^ , anbererfeitö bie übrigen eibgenöffifdien Drte "hineingezogen mürben.
%. t)atte ben Ärieg felbft mitgema^t unb ben ©ibgenoffen in ben üorfommenben
gäUen al§ ©djreiber gebient. ©eine (J^ronif, meli^e Jfdiubi benutjt f)at, loar
in ber S^otge längere 3eit "^inburd) nur in ber Ucbcrarbeitung befannt, meld)e
fte in ber 33erner ß^roni! öon Xfdiad^tlan unb ^itlinger erl)alten l)at, unb
mürbe nac^ bem Sßorgange S3utlinger§ auf ben Sanbammann Ulrid) Söagner
öon ©(^m^ä al§ 9)erfaffer jurüdgefülirt. 6rft in neuefter 3eit ift fie unter bem
^amen it)re§ mirtlid^en 33eriaffer§ (ber fid) an melireren ©teÜen nennt) nac^ ber
öon 2;fd)ubi benu^ten ^anbfdirift l)crau§gegeben morben. — ;3rrtt)ümlid)er SBeife
■^at man, auf Sfdjubi geftü^t, ^. auc^ eine lange öerloren geglaubte, erft für3=
lic^ mieber aufgefunbene ©d)rift über baö ^ertommen ber ©(^mijjer pgefc^ripben,
SSerfaffer berfelben ift ein 3eitgenoffe ^^rünb'g, ber bernerifdie ®eiftlid)e 6ulogiu§
^iburger.
S)ie e^ronif be§ .§an§ g?rünb, :^erau§geg. öon 6'^rift. ^mm. ^inb, 1875.
S5om .^erfommen ber ©^mt)jer, "^erauggeg. öon .^. ^ungerbü^ler (in ben
^ittl)eilungen be§ ^iftor. 3)erein§ in ©t. ®aEen, 5^. g. 4. ^eft) u. öon ^. S3äd)tolb
in ber S3ibl. älterer ©diriftmerfe b. beutfd)en ©d^meij. — W. ö. ©tüvler im
Stn^eiger f. ©d)mei3. (5)ef(^id)te, ^n. g. II, 239 ff. 25ifd)er.
^nnibgbcrg: ©eorg öon g. (SronSberg, gveunbäberg), beffen 9lame mit
ben mettbefannten Saaten ber beutfc^en Sanb§!ne($te eben fo eng öerbunben ift mie
mit ber @efc^id)te ber für ®eutfd)lanb fo o)3ferreid)en ^äm^jfe be§ .^aufeg ^ah^=
bürg um bie i^errfc^aft in Italien, nennt ©ditöaben feine ^einmt"^. ^m ©djlo^
gfrunbSberg. 155
äu DJlinbet^eim , toetcfieö mit bei* .^errfd^aft gleichen 5^amen§ bie grunbibevger
äu il§ren 33eft^ungen in 2t)rol um 1467 eitoorfien fiatten, tüuvbc am 24. «Sept.
1473 ber SJater bet Sanb§fned)te geBovert. 2}on feinem 3}ater, einem ber .^au|)t=
teute bei |d)toabijd)en SBunbe», unb feinem Dnfet ';}te(^6erg nacf) rittertii^em
Svaud) erlogen , toibmete fic^ fy. frü'^jeitig bem ßrieglbienfte. (Sr befanb fic^
1492 an feine§ 3}ater§ Seite bei bem ^eeve, metcfieg unter bem 9teic^§f)auptmann
^Rarfgvafen fyriebrii^ Oon SranbenBurg bie 3I(^t an 2I(Brecf)t IV. oon 33aQern
öoUjieiien follte, jebod) nicf)t jum Kampfe fam, ba ber ^erjog fict) ,p Unter=
^anbtungen f)crl6ei Ue|. 5lad§ SIbiauf öon fielen griebenSjafiren fanb g. im
9iei(J)3friege gegen bie Sc^meijer 1499 ®elcgen"^eit, jene 6ria'f)Tungen ju fammeln,
n)etd)e ben ©runb 3U feinen fpäteren (Sriolgen legten. 2;ie Siege ber Scfiroeijer
über bie faiferlirfien Gruppen Ief)rten i^n ben SBertf) eines tüchtigen ^vußöotte»,
bie Sebeutung einer ftrengen ÜJIannSjudit für bie i^riegrü^rung f(f)d^en. "iloä)
im gleiten ^ai)xe 30g er in ben Stei'^en ber öon ÜJtarimilian I. bem 6er3Dg
Sublrig ©forjo gegen bie fyran^ofen ju .gjülfe gefd)i(iten Gruppen nad§ Italien.
2Begen StuS^eicfinung im Sanbe^uter ßrbfotgefrieg pon ^DUrimitian gum Dritter
gefcEiIagen , folgte 3^. Pon nun an ftänbig be§ ßaifer§ ^a'^ne unb na^m in ben
nä(f)ften 3af)ren an bem ^na^e gegen ben .öer^og üon Seibern in ben '01ieber=
tauben 2^ei(. ^m Ifriege ber iiiga tjon (JamBrat) gegen bie Jiepufitif 3}enebig
fiefel^ügte fy. al§ Hauptmann ein Ütegiment guBöotf ; öon bicfer 3fit beginnt bie
praftif^e EBermert^ung feiner Srfa'^rungen in Sdiöpfung einer .^rieglorbnung unb
3tu§6ilbung be§ beutfc^en gu^öolfs. Unter bem 9Jlarfgrafen üon Sranbenfiurg
mit feinem Dtegimente in 35erona ^urücfgelaffen, na^m f^. bei ber ^^ertf)eibigung
biefel ^ta^c§ gegen bie 9}enetianer, fomie on ber Eroberung me'^rerertienetianifc^er
©tobte t)erPorragenben ?tnt^ei{; nid)t minber mad§te er in ber ©(f)(ad)t öon
Bologna, in meldEier ba? päpftüc£)=t)enetianif(f)e öeer üotlftänbig gefditagen mürbe,
fomie in einigen toeiteren felbftänbig gefüf)rten (Sered^ten im Srentatfiate ben
Flamen ber beutf($en öanbsfned^te geachtet, ^laä] je^ntögiger ^Belagerung üon
JrePifo , nacE)bem bie übrigen 35unbe§truppen abberufen tuorben , fe^rte 5-. mit
feinen Sanb§fned§ten nad) S)eutfc^Ianb jurüd. 5ta(^bem ^. auf bem 3ugf S^gen
bie '^urg .söo^enfrät)rn im «öeggau a(§ SSunbeS^auptmann ba§ |)eer ber fd)mä=
bifci)en ©tobte befe^^ligt 'fiatte, fa!^ i^n ba§ ^a^^r 1513 abermall in Italien.
Wit (Seorg Pon 2idf)tenftein unb ^anl Pon Öanbau fü'^rte er 6000 '^Jlann all
ßontingent bei Äaiferl bem §eer ber 2iga Pon ßambrai) ju. ^tad) einer ;}tei^e
ficgreic^er kämpfe fam el pr 33efd)ie§ung üon 3}enebig. Sa rüdte üon 'Jtorben
aul bem 2reüifanif($en ein ftarfel @ntfa|^eer unter 9Uöiano an unb brol^te ben
^tüd^ug ber Sßerbünbeten abpfc^neiben. ©c^on üer^agten ^elcaro, Golonna
unb ßorboüa, bie gü^rer ber fpanifd)en, päpft(i(^en unb ncapotitanifi^en
Sunbestruppen , nur i^., ber güfirer ber Seutfdien, gab bie 9iettung nii^t auf.
^n ber 51otf) Dberbefe'^ll^^aber gemorben, ftellte er fämmtlic^e Sanblfnec^te in
ein gro^el 9}iered, ebenfo Pereinigte er bie gefammte ^Reiterei in einen ©d)(ad)t=
l^aufen; el toar beiSSicenaa am 7. Cctober 1513. Unb all SUPiano nun ^eran=
fam, rüdte er il^m in biefer ^Roffenformation entgegen. 33ei Greajjo mefttid^
Pon SJicenja erfolgte bal gufammentreffen. Unter bem ©to^e ber JQanblfnec^te
bra^ bie ©c^tad)torbnung ber SJenetianer, allgemeine g^udit trat ein, 24 @e=
fdiü^e unb alle gn^jnen fielen ben ©iegern in bie öänbe. S;ie Unmögtidifeit,
gegen bie burc^ if)re Sage gefc^ü^te ©tabt S5enebig ©rnftlid)el unternehmen ju
fönnen, fe^te für biefel ^a^r ben friegerifd^en Unterne£)mungen ein S^el.
SBö^renb bei j^riegel 1514, nad)bem injmifdien bie ^yranjofen auT ©eite ber
25enetianer getreten maren, fomie au($ im barauffotgenben 3a^re ftanb 5- ^^^
ber 33efa^ung Pon 9}erona, mirfte mit bei ber "^artnädigen i^ertf)eibigung biefel
5pta^el gegen bie gi^aujofen unb feierte mit bem griebenlfdituB nad) S)eutf(^(anb
256 f5^unb§berg.
prücf. ®oc^ nur furj war bic 9iu^e. lUrid^ öon SBürtemberg Ijatte ben
giei($§rriebcn gebrodjen; gegen il)u jog ba§ .^eev be§ fif)tüäBi|(^eii 33unbe§ unter
äßit^elm ton 33aiern in§ gelb, ein großer Xtjni bc§ jübbeutfc^en 3lbet§, anc^
f^franj öon ©icfingen, fcf)Io^ fii^ an- g. fieiettigte al§ oberfter gfelbfiam^tmann
ba§ gefammte f^ulüol! be§ a3unbeö^eerp§. 5>on feinen fdjtueiievifdjen Iru^^pen
öerlaffen 50g fic^ Ulri($ mä) 5JtömpeIgarb jurüc! nnb 3Bürtenil6erg lüurbe in
fur<ier ^]eit erobert, nurf) ba§ öon ®ö^ öon S3erlicf)ingen tapfer öertt^eibigte
<Oo'§ena§perg mu^te fic^ ergeben. 6nbe ^)tai tüurbe bal^cr ba§ 33unbe§t)eer ent=
laffen. S)0(i) faum war bie§ gef(^et)en, fo rüdte lltric^ mit 8000 5Dtann in
äöürtemberg ein. 9lbermal§ Würbe ba§ .^eer beä f^roäbifc^en a3unbeg auf-
geboten, unb jum jiDciten 5Jta(e öertor Uhid) fein Sanb, raeld)e§ nun öertrag§=
gemä^ an ^aifer .$larl V. überlaffen würbe. ®cgen bie a}erpf(id)tung , eine
3a^t beutfd^er i3anb§fnecf)tc im g;-aUe einc§ ^riegeg ^ur 'DJlufterung bereit au
Itialten, würbe g. öom .^aifer auf bem 9teid)§tage ju 2Bormö, bei weld^er ®e=
legen()eit er auc^ 5)lartin Cutfier fcnnen lernte , aU obcrfter .Hauptmann in ber
@raffd)aft 2irol beftätigt unb erhielt mit bem faiferiid)en 3tat()§titet einen
Saf)reäge^alt , fowie ba§ (£d)to^ Diumpetftoin fammt ber 5Burgt)ut. "Jllä felb=
ftänbigcr .'peerfüfjrer befetjtigte er 1521 in ber '43icarbie. Cbwot anfangs fieg=
reid), war e§ it)m jebod) nid^t mögüd^ beim '^tnmarfdie ber fran^ofifdien .panpt-
mad)t ©tanb anhalten, e§ blieb i^m nur übrig, buvd) feinen nod) red)tjeitig
ausgeführten ?ltüd,iug wenigftcnS bie i^ni anDertrauten Gruppen bem .U'aijer ju
retten; unter weld)' fd)Wierigen 3}erl)ä(tniffcn baS gefd)a(), bafür fprid)t, ba^ ^•
biefen Stürf^ug ftet§ ah feine befte J^ricgSf^at br,ieid)nete. — ^m (Vebruar bc§
folgenben ^a^reS 30g ^y. mit 12 fyöt)n(ein li^anb§tned)te aU iBefc'^tgtiaber be§
beutfd)en f^ufjöolfö unter ben unfäglid)[ten (5d)wicrigfciten über ba§ 2Bormfer
^od) nai^ Italien, um fid) t)ier mit ben. Xruppen unter ^^^eScara unb Golonna
äu bereinigen. 6S galt , gvana ©for^a jn feinem .speraogtlium ju üerljelfen.
9Zad)bem ba§ fran^^öfifc^ = üenetianifdie .öeer unter Cautrec Don ber Belagerung
5)iailanb§ abgeftanben, tam e§ am 27. 3tprit bei 'J3icocca ,^u einer entfdjeibcnben
©d)lad)t. 3lbermal§ bewät)rte fid^ ber Stuf ber Öanb§fncd)te unb öautrec würbe
gefd)lagen. ^i^jigliettone unb ßremona fielen l)ierauf burd) Uebergabe, ßobi
unb @enua burd) Sturm in bie ©ewalt ber 33erbünbeten. 'Jiad)bem i^xan^
©forja wifber in ^lailanb eingebogen war, fe^rte i^. naäi 3^eutfd)lanb jurüd.
S)od) um 3Bei'^nad)ten 1524 rief i^n bie ilriegSnott) in S^talien abermals auf
ben ©d)aupla^ feiner größten .Spelbenf^aten. ©d)on War ein 2l)eil beS ^erjog-
tl)um§ ^ailanb öon g-ran^ I. erobert unb ni(^t lange me^r fonntc baS öon
ben ßanbsfned)ten tapfer bertlieibigte ^^kbia fi^ t)alten. 53ci Öobi ftic^ 5- n^it
ben angeführten !i)eiftärfungen ju ben 2:ruppen unter i?arl tion 23onrbon , ''^'e§=
cara unb bem Sicefönig üon ''Jieapel, bann würbe ber S5ormarfd) gegen bie
g^ranaofen angetreten, ^acf) einigen Heineren ÖJefeifiten !am e§ am 24. gebruar
aur berühmten ©d)la(^t bei ^atjia. 5)ie granaofen Waren etwaS über 30000
5!Jlann ftarf, bie ^aiferlic^en aäl)lten 18000 ^tann, barunter 12000 beutf(^e
Sanb§!ned)te : baau noc^ bie Söefa^ung Don ^jßabia mit öieüeic^t 9000 ^Jtann.
Sro^ biefer burd) eine anl)lreii^e ')(rtiUcrie nod^ berme^rten Ueberlegent)eit öcr=
mochte Weber ber öeraWeifelte 'DJtntl) bcS franaöfifd)en 9lbet§, nod) bie beaal^tte
3:apferfeit ber ©c^weiaer, beut J?önig öon grantreic^ aum ©iefle 3" öer^elfen;
bie leljte .^offnung f($Wanb, als bie fc^waraen ^nei^te (la bände noire) unter
giic^arb öon ©uffolf ben ©pieken ber !i^anbSfned)te erlagen. Sie umfic^tigen
5lnorbnungen ^eScara'S, bie tl^atfräftige ®urd)fü^rung beS 5?ampfe§ burd^ %.
unb bie überlegene 3:üd)tig!eit ber SanbSfned^te aroangen ben ©ieg auf bie ©eite
beS !aiferlid)en ipeereS. i?. fonnte mit bem 5ßeWuBtfcin in feine .^eimat^ ^nxvLd'
fe^ren, abermals bie 2Jlac|t beS ^aufeS ^abSburg in Italien öor bem 3ufammen=
gtunbSBetg. 157
Bremen 6ctt)af)rt m f)aBen. Sn S)eut!(^tQnb ^avtte femer neue ^^atjöteit. S)o(i)
war biefe öoitoießenb bie eine§ 3}ermittler§. S)urd) fernen einf(u^ bei ben
f^üftrern ber aufseftanbenen SBauern , toetc^e jum ö^o^en SLtjcil f^on unter i^m
oebtent Ratten, ae^anS e§ it)m ben öertieerenben SauernWeg tn ©(Jwaben ol)ne
weiteres WöerQielen ju Beenben; mit ben ©aläBurfler S3auei-n fam er bur^
einen S}er9lei^ ^u bemfelBen S^ele. ©ine neue ^riegjerflarung ©eiten§ |ranä I.
öon granfreic^, tncl^er inätüifc£)en in Italien ben ^apft unb anbere Sunbe§=
oenoffen für fid) getoonnen ^atte, !am umfome^r 3ur Unjeü, al§ e§ bem §aufc
LbSBurg eben an Selb gebrad) , um auf bie ipütferuie M§ öon SßourBon,
be§ !atferürf)en ©tattt)aUer§ in Italien, mit Srup^enfenbungen antn^orten ju
fönnen ^it ietier Eingebung unb Dpierirnttigteit , molür er ben faif erheben
knf ni^t me^r erleben tonnte, entfd)loB fi^ ^. au§ eigenen ?öhtteln Gruppen
^u werBen. @r na^m ®elb auf für bie .v;^errfd)aft gninbel^eim unb feine ®uter
in Xirot unb t)er|)fänbete fein ©itBer^eug unb ben Sd)muci femer adelten ®e-
maBIin- fo erfeielt er 40000 ©ulben unb bamit marB er an 12000 2anb§!nec^te;
fein ©oV gJlel^ior, fein ©dm^ager ®raf Sobron, ©eBaftian ©^ertltn u. a.
BefeHigten unter it)m. 3m ha^ ijeer am 12. ^oö. 1526 t,om_ ©ammelpta^e
Srient nad) ©üben aufbra^, mar inbe^ bie Öage fct)on fe^rf^tt^teing geworben
benn Bereits t)atte ber geinb bie l)auptfäct)ti^ften 3lu§gänge tn bie f^enc Befe^t
®o^ c§ gelang %. bie ©egner ^u tdufctjen unb, menn aucf) nacf) mu^ebollem ^rfc^e
auf einem gefä^rlid^en ©aumpfabe , Bei @aöarbo ini g^iefet^al in bie eBene
öormrüden. Wa er oi)ne Sleiterei unb (Sefi^ü^e fid) mit ben auj bem unmittd=
Baren äßege nad) ^lailanb ftel)enben feinblid)en Gruppen ni^t in em ©eje^t
einlaffen tooEte, fo entfd)to| er fi^ m einem Umweg buri^ ba§ 9}lantuanif^(N
bie§ um fo me^r, al§ ber 9}krfgraf i^m llnterftü^ung öerfprod)en ^atte^ 3US
fid) ieboA Bei Sorgoforte bie üerfpro^enen ©drifte äum UeBergaug ni^t üoi-
anben unb au§ anberen 3lnäei^en mertte ^., m man it)n m bie ©umpie
iDifdien 5ßo unb ^JUncio gelodt ^tte, um it)n l)ier um fo leijter öernid)ten
u fönnen 9lec^täeitig gelang e§ i^m jeboc^, H m\ tnenbenb, einen UeBei^
aang üBer ben gjlincio 3" erreid)en unb , wenngtei^ l)e|tig öerfolgt , auf U^
leBiet be§ faiferlid) gefinntcn ^erjogS üon gerrara üBer3ufc|en. äJon biefem
unterftübt, Bemerlftelligte er l)ierauf ben ^;^o4leBergang unb naj)tn bann auj bem
redite^ |o = Ufer bie tneftUi^e ^arfd)rid)tung mieber aut. J«m 11 ^-eBruar,
na* einn- Steitie ber anftrengenbften gjlärfd^e, fanb enblic^ Bei |ontenure, fub=
Öftlid) üon ^:piacen3a, bie äJereinigung mit Äarl Bon SourBon ftatt. fo Jod)
nun anä) bie ßciftung angef^Iagen werben mu^ äWei gjlonate mit unBefolbeten
Sruöpen au marfd)iren, fo fprid)t boc^ bie gan^e Einlage unb ©ur^ju^rung beS
nnternel)men§ bafür, ba^ ^. bie Weiteren ßigenfd)aften eine§ ^^erfutirere ni^t
Befa^. SourBon unb 5- faxten nun ben 5ßlan, ben ^apft in 9tom felBft an=
mareifen- neben politifd)en Stüdfi^ten öeranlaBte fie gu biefem @ntf(^tuB bti
gewi^tigj ©runb , bie Gruppen in 9tom ^^^aP mo^euäujönnen Unter
%rüdtaffung Bon Sßefafeung§truppen im 9JlaiIanbifd)en Brad) bemnad) am
22 Suar ba§ bereinigte |eer unter SourBon'S OBerBefet,! na^ ©übjn auf.
Riemens VII., nid)t im ©tonbe bem Sßormarfd) ber ^aiferlid)en mit :iruppen
äu Begegnen, ual)m nun ^u gtänfen feine 3uflu«^t. ©urd^ Sannot) , ben 3^ice=
fönig üon gieapel als 3}ermittler, lie^ er ben Jaiferli^en Gruppen ^^^^^ f J"f*^;
folb anbieten, falls fie öom ^arfd)e gegen 9tom aBftunben. 3)aS 93httel t^at
eine äöirfimg. 3ue# hW^ ^''^ ©^«"^" «^ ' ^^^"' ^^^^'^^o^^ül/^'Ä"^ ^Z
Inxaxa erbetene ©elb nic^t eintraf, Waren au<^ bie beutfdjen 2anbS!ne^te m^t
meBr Bei ber ga^ne ju l)alten. S)a lie^ ^. umfd)lagen, eS War äu Bologna
am 16 mäxA, liefe bie SanbS!ned)te einen großen 9ting Bilben unb trat mit
Dranien unb anberen ^auptleuten in bie gjlitte. ßr fe^te nun auSemanber,
158 g?runb§t)etg.
tüie olle 9J^ittet, ®elb ju erlangen, iru(i)tIo§ geHieben feien, bat bie SanbSfnec^te
nocf) eine äöeilc auSjul^alten unb tüicS baroui '^in, bn^ fie in 9iom alle i-eirf)tid^
he^a^t werben fönnten. ©o einbvingtid^ er and) Ipxad} , biejeS ^al bertiaüten
feine Sßorte im ©efdirei ber 3Iuirüf)rer nad) ©elb, unb al§ biefe gar bie ©piefee
fen!en tt)oIIten gegen if)re g-ü'^rer, ba tnar e§ juöiel für ben ^hnn, bem ^^f(ici)t
unb 2;reue über ?lüe§ gingen; ein ©ci)laganfall marf itin ju 33oben. lieber
äu fid) gefonimen mürbe ^. öon einem ^it^igen lieber befallen , fo ba^ er franf
in ^Bologna äurüdOIeiben mufjte. S)c§ 2}ater§ Unfall tnirfte jeboc^ mäd^tig auf
bie ßanb§fned)te; fie fa'^en it)r Unred^t ein unb fügten fid) nunme'^r tüittig ben
Scfe'^ten it)rer Jpauptteute. 5tn ^^rnmbgberg'S ©teile fü'^rte fie .ffonrab öon S3ot)nc=
bürg gegen 9tom unb mit gemoljnter Japferleit na'^men fie an ber ©rftürmung
biefer ©tabt 3:^eil. ^ebod^ @eorg'§ .^xü}t War gebrod)en. 3lm 22. mäx^ liefe
er fid) nad) g-errara bringen, wo er beim .'perjog bie bcfte ^^Nflege fanb unb
fotDcit !§ergeftellt tüurbe, um im folgenben Sa'^re in einer ©änfte nad) 3)cutfd)=
lanb t)erbrad)t Werben ju fönnen. 5lad)bem er üDrl)er nod) ben erfotglofen
^riegS^ug cinc§ neu aufgeftellten beutfd)cn .^eereg unter >^einrid) t)ou 53raun=
fd)Weig begleitet l)atte, fel)rte er bann im ?luguft Don 5Jhilanb au§ im ©eleite
feine§ ©ol)nc§ ^agpar nad) 5llinbell)eim ^urüd. ?ld)t 2:age nac^ feiner 9tücffel)r
fd)lofe il)m ber Sob bie klugen; ber 3lnblid feiner jerrütteten ißermügen§tier'^ält=
niffe, bie geringe ^^luöfic^t, bafe bie bom .^aifer gemad)ten 33erfpre(^ungen fid)
erfüllen unb bie für beffen 2)ienft an ^^ab unb @ut gebrad)ten Dpfer feiner Familie
je entfd)äbigt mürben, liefen i^n nii^t of)ne ^Bitterfeit au§ bem ^eben fdieiben.
5Die 33ebeutnng 3^-runb§berg'§ liegt mcfentlic^ in feinen l)eröorragenben
6l)ara!tereigenfd)af ten ; burd) biefe l)at er fid) eine ©teKung in ber ®efd^id)te
errungen, mie anberc fie burc^ t)ol)e geiftige 33egabung fauni ^u erreichen t)er=
mod)ten. @§ mar ber ©influfe feiner ^erfönlid)feit , moburd^ e§ f5f. möglid^
mürbe bie fonft jügellofen ©d)aaren ber ©olbteuppcn be§ 16. 3ial)rl)unbert^ and)
unter ben fc^mierigften SBer^ättniffen beifammen ju l)alten, i^nen einen (Semein=
geift ein3u^au(^en, ber fie nid)t blog für (Selb, fonbern aud) für eine ^hn, für
bie beutfcC)e Söaffenel)re fänipfen lief^. .^nbem g- "^(^^^^ iu ber ööterlid)ften
SBeife für 23ebürfniffe feiner 2anb§fned)te forgte, fd^uf er ein fefte§ 33anb, meldC)e§
biefelben an it)rcn g-ül)rer unauflöelid) fettete, ©abei l^atte er einen einfid^t§=
Pollen S3licf für bie govberungen ber 3^it; er fal) ein, Wie audt) für bie ,^rieg^
fü^rung eine neue 9lera angebrod)en fei, mie numnel)r ba§ g^ufepolf eine ent=
fd)eibenbe Atolle in ber ©d)lad)t ju fpielen tja'bc; in einer ftrengen ^3Jtann§jud§t,
in einer äeitgemäf^en 23emaffnung, bann in ber @infadt)l)eit ber taftifcf)en g-ormen
erfannte er bie mefent{id)cn SBebingungen für ba§ erfotgreid^e ?luftreten ber ^n-
fanterie im ®efed)t. 2Ba§ bie J?rieg§orbnung unb ^ampfmeife ber Sanb§fned£)te
betrifft, fo l)at i^. jmar 9ieue§ nid)t gefc^affen. S)ie gftatl)fct)läge , meldte er
^aifer gjlai'imilian bei ber Tieugeftaltung be§ bcutfd^en ^rieg§mefen§, inöbefonbere
iri SSetreff ber 33ilbung eines beutfd)en pufetioltö gab, grünbeten fid^ im 2öefent=
lid)en auf bie bei ben ©djmei^ern beftel)enben ©inri^tungen. äBic er jebod)
fein 9}orbilb ju übertreffen toerftanben, bemeifen bie ©d)lad)ten, in benen bie
©dtjmeijer ©olbtruppen ben ßanb§tnecf)ten erlagen; mie möd^tig 'hierbei feine
^^erfönlid^leit gemirtt, gel)t barau§ ^erOor, bafe bie ilanb§fned)te it)re Sage l|öd)ften
h-iegerifct)en 9tul^me§ unter feiner f^ül)rung erlebten, me^x ol§ ein g-ü^rer bon
Sanbl!nect)ten — menn aud) ber Sefte unter biefen — ift ^. inbefe nid)t ge=
mefcn unb moEte e§ aud^ nid^t fein. Ol)ne Sebenfen fteHte er fidt) ftet§ unter
ben D6erbefel)l eine§ 5lnberen unb fügte fid) beffen ?lnorbnungen , aud^ menn
mie bei ^^aPia ber größere S^eil ber Gruppen feinen 3Befel)len gel)ord)te. gr=
fannte er bamit bie geiftige Ueberlegen^eit ber übrigen faif erliefen Sefel)l§l)aber
an, fo !am i'^m unter biefen mol feiner an ^lingebung für bie <Baä)e be§ 93ater--
g:ru^tter§ — gfud)B. 159
Ianbe§, an 5pflit^theue unb Uneigennü^iö!eit Q,ldä) , unb feiner ^at fo öiel tote
et äui- ßx^aUung bet .g)en1(^ait Deften-eic^S in Italien beigetragen.
^ajljar öon %., ältefter @ot)n be§ SSortgen, geb. im % 1500, |olgte
frü^aeittg be§ 35ater§ ßaufba^n. ^n ben Ääm)3ien in Stauen tt)at er \\6) t)tel=
iad) fteröor, fo namentlich bei ber tangtoierigeu S5ertt)eibigung öon 5ßaöm gegen
grana I. öon granfrei(f). ^il feinem Söater 1528 na^ ®eutfct)lanb äurü(J=
geteert, übernahm er nacf) beffen %ob bie öerft^ulbeten ©üter. ©etnen Se=
mü^nngen gelang e§, bie al§ ßntfc^äbigung \ViX bie gebrad^ten £)|)fer au§ ben
Eroberungen in Italien öom ßaifer überraiefeneu S3efi|ungen ttemgfteng fotüett
nufebar ju machen, um bie auf 5!Jlinbelf)eim unb ben ^errfc^aften in 3:irot
taftenben ©(i)ulben abzutragen. ®a§ 23ertrauen be§ faiferlic^en |)aufe§ marb
Äafpar ebenfo p STfieil tüie feinem Später; fo bebiente fic^ Äarl V. feine§ 9tat:^e§
1532 bei Sluffteüung be§ ^eere§ gegen ©uttan ©oliman, unb al§ 1536 5ranäl.
öon granfreic^ neuen ^rieg begann, erging abermalg an x^n be§ ^aiferg gtuf.
gjtit grana bon ^embftein führte er 50 gä!)nlein ßanbSfnec^te nai^ Stalten,
e^e e§ ieboc^ äum ©plagen !am, befiel i£)n ein Ofieber; tranf nac^ gjtmbel^etm
3urücfge!e^rt, ftarb er bortfelbft im ©eptember be§ gleichen Sa^re§. 9Jlit feinem
©o^ne (Seorg erlofd^ 1586 ba§ ©ef^tec^t ber fyrunbSberger , bon beren Erben
!am 1612 bie §errf(i)aft g)linbell)eim an SSaiern.
giei^ner, ®efd). b. ^tuubSberger, 1572. Sgart^olb , ®. ö. grunbSberg,
1833. S^meigerb, Defterreid^S gelben u. ^eerfül)rer, 1852. |)etlmann,
@. ö. fV. in ber ÄriegSgefd^id^te ö. Saiern, ©ditoaben k., 1868.
Sanbmann.
Jlfrmiticrö- ßuca§ S. (Fruterius), ^l)ilolog unb Äritüer, geboren lu
SSrügge, t 1566, ßnbe Wm, noc£) nid^t 25 Sal)re alt. ^ac^bem er äuerft m
@ent unb ßömen ftubirt l)atte, begab er fic^ nacl) ^ari§, too er mit ben be=
rübmteften (gelehrten feiner Seit befannt mürbe , aber burd^ einen falten Srunf
nadt) ftarfer grl)i|ung bei einem 35allfbiel feinen frü^aettigen 2:ob fanb^ _E§
toar ein großer 3}erluft für bie 3Biffenfd^aft, inbem in ben l)interlaffenen ©cfc)rt|ten
biefe§ jungen (gelehrten Seiftungen toon l)ol)em Söert^e üorliegen. ^'^xt §erau§=
gäbe beforgte 3anu§ Soufa, ?lntmerben 1584, unter bem Sitel: „Fruteni lib-
rorum reliquiae". Sie enthalten au^er lateinif(^en (Sebid^ten, morunter gewanbtc
Ueberfe^ungen au§ ber grie(i)if(i)en 2lntl)ologie, unb einer ^u§gabe be§ unbebeu-
tenben r^etorifdien 6ompenbium§ be§ Suliu§ ©eüerianuS ä^ei 5ßücl)er „Yensiimlia \
ein britte§ Sud^ ber A'erisimilia unb eine Sammlung feiner gelel)rten SSriete
erfdiien erft im V. »anbe ber „Öam^a§" öon ©ruter, 1607. S)ie Verisimilia
entlialten hitifd^e Beiträge faft lu aüen lateinifd)en ®idE)tern, in§befonberc 3U
ben älteren C:ptoutu§, ßuciliuS, ^^ragmente ber S)ramatifer) , üon Sßrofaitern
^aubtfäciilidfi ^u geftuS , S3arro , 31. ®eEiu§ u. ©ie seidenen fidt) burd^ großen
©d£)arjfinn, treffenbe S)ibination§gabe unb eine für bie bamaligeSeit ungen)o:5n=
lidie ^enntni^ ber ^etrif unb ber älteren lateinifdt)en ©prad^e au§.
' ^ ^alm.
^mM' 9llot)§ ^., geboren 1795, t am 28. gebr. 1855, unb gelij:
|)einrid^ 6l)riftobl|or g., geb. am 18. 3lug. 1795, t am 9. ®ecbr. 1846,
fdEimeiäerifdfie fatt)olifdt)e (Seiftli(i)e. — S)ie beiben gleidt)alterigen unb gleic^=
namigen 9)länner maren unter einanber nid^t öertoonbt. — 3llol^§ g. Ijarnjute
au§ ©dfitm^ä, unb 6l)riftopl) g. toar ber ©o^n eine§ nid^t unbegabten ^alerg
au§ bem ©täbtci)en 9labber§toil, ber, ben öffentlichen 2lngelegenl)eiten fi^ m3b=
menb in feiner |)eimatl) eine angefel)ene ©tettung einnal)m — : aber fie traten
fidt) fo fe^r im ^ot)epun!te il)re§ ßeben§ auf bem gleicl)en 2öir!ung§Ereife m
gleidiartigcn Seftrebungen , ba^ i^re nid)t ju unterfi^äfeenbe Sebeutung für bie
160 5uc^§.
@ejcf)i(i)te ber fc^tueijevifd^en 9legeneration§3ett nur in gcmeinfamcr SBüxbigung
ermeffen toerben fann. gteit^begabt, bon ausgeprägt fauguinifd^em Temperament,
toar ßl^riftop^ 5-. al§ einer ber elften Scfiüter burc^ bcn Unterricht ber im auj=
ge:^oBenen ©tifte Bt. ©allen neu Begrünbeten uub rajd) fräjtig erblüt)enben
Äanton§fd)u(e gegangen unb ^atte fid) 1814, nad)bem er anjangä Üted)t§|'tubien
flc§ genjibmet, ber 2:^eologie jugetoaubt. Unter ben natje^u I)unbert „(5ailer=
(Schülern im jcf)meiaerifd)en 6Ieru§", toelctie Sütolf in ber „ißeigafie" ju feinem
Seben ©c^iffmann'§ (Supern 1860) — ^. mar ^u 2anb§()ut mit bem 2ef)rer in
engfte äJerbinbung getreten — aufjä^tt unb c^aratteiifirt, ift er eine ber |erüor=
ragenbften @rfd)einungen. ^. befleibete öon 1818 an f^eitg im Danton, tl)eil§
in ber ©tabt ©t, ©aüen öerfdEjiebene geiftlid)e 9lemter: in bie bon bem ^Pfarrer
in beffen toggenburgifc^en Sergborfe Sibingen eingericfitete ^ribattef)ranftalt fam
1821 ber fpäter in feiner aargauifd^en .^eimatl^ ai§ ^^äbagoge unb ^^otitüer
tief eingreifenbe ?luguftin Äeller aU ©c^iiler. ßiner üleife na^ Litauen folgte
1825 jür i^. bie ^Berufung an bie ^iarrfird^e feiner SSaterftabt unb bamit bie
Eröffnung einer ad^tjät^rigen , bie eigentlid^e l^iftorifdf)c Sebeutfamfeit feiner
^perjon umfc£)lie^enben il^ätigfeit. ^n mel^reren Äantonen ging ber 1830 be=
gonnenen poütili^en Ülegeneration eine Uberate 9lid)tung innert)alb ber !at'^o=
lifd^en i?ird^e jur ©cite, meld)e Üteformcn in ber 93eviaifung berfelben ^u erzielen
fud^te. ^m Danton ©t. ©aßen mad)te fid^ eine 5^"action be§ ^iarrcapitel§
Ujnadt) äum Präger , biefer SSetoegung , unb innerhalb berfelben "^inmieber ftanb
9tapper§mil boran. üleben 6{)riftop'f) 5-, loeld£)er fid) mit feiner ganjen Selt)cg=
Iidt)!eit, met)r burd) bie ^I)antafie, al§ burc^ oigene§ gorfdien geleitet, in bieje
2)inge tnarf , betfieitigten fid^ baran 3lloi;§ o^. , üud^ ein ©d^iUer ©ailer'ä unb
nunmet)r al§ ©pitalpfarrer unb ^^rojeffor in 9tapper§toil angefteüt, unb S^elij
Reibung, me(dt)cr, obji^on '^^riefter, fi(^ aud^ fd)on 1830 bei ber potitifd^en Um=
gcftoltung feineS ifanton§ betl)ätigt f)atte. @ine bom fat^oIifdt)en 2tbminiftration§=
ratl^e unabf)ängige fatl^oU|d)e ßr^ie^ungebcprbe mürbe geforbert unb in füt)nen
äöorten betont, bafe in ber Äirdt)e feine ^onardf)ie, fonbern eine ^ierard)ie ju
fet)en fei unb ba^ eine firdC)lid)e neben ber bürgerlid)en fyreil^eit beftcl)e; au] eine
bifdE)öfüd£)e 3uredt)tmeifung erfolgte a(§ 5Intmort, e§ gebe fünfte, morin alle
©eiftlid)en einanber gleict) feien, ^m j^'ortgange beö ©treitc§ begel)rtc ba§ 6a=
pitel Uänadt) eine nad) bem ^ütufter ber älteren d)riftlid^en ^itdfie ^u beranftaltenbe
S)iüccfanft)nobe im offenen 3Biberfprudl)e gegen bie ^Ibmal^nung beg S}orftanbe§
be§ S)oppelbi§tt)um§ 6ur=©t. ©alten, unb im Cctober 1831 fanb ju 33ruggen
bei ©t. ©atten toirflidl) ein aEgemeiner ßonbent atter ©t. ©allen'fd£)en (iapitet
ftatt, toeldl)er fi(^ einftimmig im ©inne ber Upad^er au§fprad^. Sl&er bie bi=
fd^öflidl)e 6urie blieb feft in i^rem SQßiberftanbe , unb bi§ in bie 5)litte be§
näd)ften Sal§re§ fal) fid^ ba§ ßapitel Ujuad) bereinjelt. Mein je^t, gerabe im
^öt)epun!te be§ ©treite§, trat ber fonft befd)eibenc uub ftille, at§ arglofe „^o--
t)onni§feete" bon feinen 9}ere:^rern geprtefene 3llol)§ ^5. burdt) eine öffentlid^e
^unbgebung, bon feinem fdl)märmerifdl)em ©inne in aufrid£)tiger , aber gan^ un=
überlegter ©e:§nfud£)t nad^ gieform '^ingeriffen , in bie borberfte gleite. 5lm
13. mai 1832 bradt)te er in ber fiinrei^enben ^^rcbigt: „D^^ne ßl^riftug fein
^til für bie gjlenfd^fieit in ^ird£)e unb ©taat" bie Umgeftaltung§frage auf. bie
Äan^el unb beröffentUdl)te, aud^ hierin bon 6t)riftopl^ ^: berat^en unb geleitet,
bie 9tebe mit mancherlei in unf luger SBeife beigefügten grmeiterungen : bie
ßird)e, ^ie^ e§ ha, fei eine giepublif mit einer rein bemofratifc^en 33erfaffung,
mit t^reilieit unb ©leidil^eit Slüer oline einen mefentlid^en Unterfdljieb ätoifd^en
5prieftern unb Saien, u. f. f. 5flad| ginlegung einer ^lage mürbe ber 9lebner
Slnfang Januar 1833 bor bie gurie nad^ ©t. ©allen berufen; aber er berant=
tbortete fic^ fräftig eine ganje 3Bod^e l)inburdt) gegenüber feinen Snquifitoren
Sut^i. 161
unb weigerte fitf) bei ben quälerijd^en ^umut^ungen etne§ SBibenufeg, |o baB er
tro^ ber SSerloafirung be§ U^nacfier Gapitete in aEen priefterticf)en 53errici)tungen
?u3penbirt iDurbe. ^nbeffen führte gerabe bie burcf) biefe 5}erfotgung entftanbene
•Jlufregung im 5Jlai 1833 eine entfc^ieben liberate Scfe^ung be§ 8t. ÖaIIcn''=
]ci)en ©ro^en iRat^ei l^erfiei, unb bie burc^ biefe SBa^ten fiebingte 3}eränberung
ber Seprben ermöglichte e§ , eine anberroeitige 6ntjd)äbigung Tür 2I[ot)3 5- 3U
finben. infolge be§ t)oütif(^en Umi(f)tDunge§ fiel im ^yebruar 183-i bie burc^
ben Job oon o- ö. 3lrr (j. b. Slrt.) befinitiö crlebigte unb injtDifcfien bem ge=
lehrten ßrconüentualen SBeibmonn (f. b. 9Irt.j jugetoiejene Stelle bes (StiTtg=
6ibliot^efar§, toetc^e au^ bem '^roTefior @reit^ — bem nunmet)rigen SBift^oj
öon 8t. ©allen — jugebarfit geroeien toar, ^. ju; allein nur bi§ 1836 öcrmodite
fic^ berfelbe, ber biejer 5tuTgaBe feineSinegl getoa(^fen fic^ jeigte, in feinem 3Imte
3u l^atten. ^nätüift^en f)atte fi^ ly. in biefen ^a^ren öietiacE) litterarijif) pro=
buctin erroiefen. ©einen 8(^riftcn, befonberS ben aud^ auf bae politifc^e gelb
^inüberreicf)enben : „Xer gro^e Slbiall öom 3}atertanbe unb bie 9iücEfe!)r ju i'^m,
ein öatertänbifc^eö 235ort an bie Urfantone unb an aüe ©ibgenoffen" (9tapper§=
U)il 1832), „SBünfdie für bie S5erfaffung be§ Äanton» ^dcjtox)^" (Stapperltüit
1833), „S^orfc^Iäge für eine SSunbesöerfaffung" Üiaptiersttit 1833), finb toirfüc^
Datertanbsliebcnbe ©efinnung unb unleugbare 3}oIf§tf)ümHc^!eit , fo auc^ in ber
tlEieitmeifen ßintoebung ber Qjolfsfprad^e, Diefraif) eigen. S)ie ©adje be§ öerurt^eilten
freimüt^igen, in feinem Söefcn untabeligen 5J^anne§, raeldler als Cpter au§ einer
größeren ^ahl glcid^ ober me^r gf^'^^ii^E^' '^^n ben ©egnern auserfe^en ttorben
max , ^atte in weitem Umfreife groBe§ 3Iuffe|en l^eröorgeruren , unb e§ maren,
gan3 abgefe^en öon ^unbgebungen au« IRapper^mit, ^emü^ungen ju Sunften
beffclben öon anberen Seiten erfolgt. @5 mar bejeiciinenb , ba§ bie f)elDetifcE)e
@efellfc£|aft, na($ i^rer S^erjüngung mieber, wie im 18. 3af)if)unbert, eine 5}or=
fümpferin für liberale 23eftrebungen , für 1834 3llot)§ §. mit i^rem 3}orfi^e
beehrte, ^oä) 1835 erfdjien oon ö^. ein erfter 33anb einer 8cf)rift: „5J^ein
(glauben unb öoffen fammt Stimmen au§ ber fat^oüfi^en ^irtfie ju meiner S5er=
t^eibigung" (.St. ©allen); allein, bem begonnenen J?ampfe auf bie Sänge ni($t
getoai^fen , bequemte fiif) ber 5tu5geftoBene im gleichen ^a^re jur 3lnnä^erung
unb mürbe nad) 3}erfi($erung feiner fat^olifi^en ©efinnung unb Slblegung bes
tribentinifcfien Sefenntniffe» in feine priefterli(f)en .Jteciite mieber eingefe^t. 5rei=
li;^ erft 1842 leiftete er förmlii^en äöiberruf ^um Se^^ute üöttiger Sluefö^nung
mit ber papftlic^en ßuric, welche bie „:^rrtf)iimer" ber anftöBigen -^rebigt in
aller goi-*^ berbammt ^atte. Si^on 1836 mar 5(lot)§ ^y. nac^ Sc^mp} 3urüti=
gefe^^rt, roo er Tortan ganj 3urücfge3ogen lebte. — SBar Sllops 5- öom ^OJtiBgefc^irf
gebrochen, ganj bebeutungelo§ geworben, fo f)at bagegen 6!^riftop^ g. ben 3Biber=
ftanb nod) länger fortgefe^t, hoä) nur um bann in einer noc^ Weit auffallen^
bereu 3Beife feiner 9}ergangen^eit untveu 5u werben. (Serne War bcrfelbe, als
bie Sac^e bes U^nac^er Gapitele eine fioffnungslofe geworben War, einem 9tufe
nac^ Sujern als ^»rofeffor ber Sl^eologie am bortigen 2t)ceum gefolgt, öon
wel(^er Stelle bereu bie^eriger ;5n!§aber, 2Sibmer , burc^ bie liberale ^Regierung
entfernt würbe, ^nebcfonbere war g. ber 3}ertrauen§mann be§ £'eiter5 beg @r=
jicbungewefenS, ßbuarb -^^riffer (f. b. 3lrt.\ unb fc^on el)e er im grü'^jal^r 1834
p Sujern feine 35orlefungen begann, ^atte er im Sinne ber liberalen '^olitif
bes lat§olifd)en 9}ororte§ alg $afi§ für bie $eratl)ungen ber im Januar 1834 ju
Saben tagenben Sonferenj bie iogen. Sabener 9lrti!el cntworien, insbefonbere
3ur -öerftellung eine§ größeren fi^weijerifc^en 2}letropolitanöerbanbe§ unb jur
geftftellung ber 9iec^te ber .ßantonöregierungen in fird)tic^en 5Ingelegenl)citen.
2)oc^ nur mit großer Scf)Wierigfeit erlangte g. bie notl)wcnbige Semiffion au§
3tllgem. beutid^e Siograp^ie. MU- 11
162 ^^^''•
feinem 16i§'^erigen 33i§tl^um§t)ei;6anbe , unb nic^t mtnber entjc^ieben öevtüeigcrte
i^m ber 23ifd)oi 3U ©olotfiurn bte 3Ibmifl'ion füt Sujevn. ßbcnfo erfüllten fid^
bie iür bie ßujerner Sc'^ranftalt gel^egten Hoffnungen feincSmcgS, inbem einev=
feit§ bux(i) tüeiteren 3öec£)fel im Sc^rerpevfonale unmürbige Elemente fic^ cin=
mif(i)ten nnb anbereifeitS bie ©otott)urnei- ßurie, öom ^luntiu§ gebtängt, er=
flärte, ba| fie feinem ©(i)ü(er beö SJorfämpferg bev 93abener 3h-ti!el bie SBeil^en
ertl)eilen nierbe, fo ba^ ber ®ro^e ülatt) bie ganae f^cologifi^e Sel^ranftalt fu5=
^enbiren mn|te. S)a üerftanb fid^ 'i^-., um bie ä)orIefungen' mieber eröffnen :^u
fönncn, im (September 1834 ju einer ?lrt bon aöiberruf, bcfonberS t)infi(^tlid)
ber ©ä^e in ber burcE) if)n früt)er jum S)rucE gebra(i)ten 21Id1)§ f5u(i)§'fd)en
^rebigt. Slber bie äöcnbung ber 6efinnung mai^te in i^m nod) n^eitcre fyort=
fc^ritte. ßJIeict) feinem in äf)nlicl)er Sißeife eine böÜige Umtt)e(i)§tung feiner ^ar=
teiftellung bolijie^mben politifc^en greunbc (£iegmart = ^J!)tüÜer (f. b. 5lrt.)
n)urbe 5. — feit 1837 ß^orljerr ju ©t. Seobegar in Supern — , inybefonberc,
inbem er 1841 ein jmciteS 5Jtal einen no(^ entfdfiiebeneren äöibcrruf leiftete,
attmät)lig ein ©odiwalter ber ultramontanen ^ntereffen. 5)lit ber ganzen .O^Hig^
feit feines beftimmbaren 3Befcn§ beförberte ^. feit ber 3}eränbcrung ber lu^ernifd^en
Obrigfeit 1841 bie bert)üngni|boEe Syerfdjärfung be§ politifd)cn föcgenfaljeS, in=
bem er bie 33erufung ber ^cfuiten an bie Setiranftatt ju ßu^ern betreiben '^alf
(f. b. Strt. ^0]. Seu) , unb ber früljcre 33ertf)cibigcr fird)Iid)er Ütcform war bi§
1845 fo ganj ein anberer ^enfd) gcmorbcn, ba^ er im ©eptember be§ 3ta^i-*e§-
at§ bie Sefuiten nac^ iljrem ßinpge in bie !atI)oIifd)e i^auptftabt ber ©djmeij
bie bortige t'(!)eoIügifd)e 2et;)ranftalt ^u übernet)men \\ä) anfd)idten, felbft in pat^e=
tifd)er 3tebe, mit gi'cube, mie er fagte, öon ber .^lanjel ber ^efuitenfird)e bie
12 3cit)re bon iljm befteibcte ^rofcffur an biefe feine 'Otad^fotger übergab. 'Jtod)
bei feinem legten öffcntlid^en 3luftreten, nur tocnige ^Btonate öor feinem Sobe,
t)ielt i^. in ä{)nlid)cm ©innc an ber ©empadier @d)lad)tfeier bie f^fCftprebigt —
„S)er (Sibgenoffen föefinnung unb 2f)at" (\Ju3ern 1846) — , eine !^eiftung, meldte
gleid) feinen früfjeren ftetS gerne gef)örtcn Äanjelreben bie gro^e Begabung in geift=
li^er 9tf)etorif baricgt. „Unter atten ©eifteSgaben l^atte bei 6,t)riftop'f) g. bie ^^an=
tafie bie Königin gefpielt".
Ueber bie ^Jieformbeftrebungen ber beiben 5u(^§ bgt SSaumgartner , 5Die
©ditociä in il^ren .kämpfen unb Umgeftaltungen öon 1880—50, f8h. II.
©. 38 ff., 154 ff., auc^ D. ^enne-'^^lm ^Wh @efd)id)te be§ Äant. ©t. ©alten,
<B. 248 ff., fotüie bie Schriften „2lIol)§ Sud)§ unb feine ©u§|)enfion§gcfd)id)tc
mit Slctenftücfcn" (9tapper§mit 1833) unbß. (Srcif^, ©ruubäüge ber entmide=
lung unb Üteform ber ^ird)e, jur 23curtl)eilung ber neueften £ird)tid)en 6reig=
niffe im SiStt^um ©t. (Sallen (Supern 1834), über 6f)riftopt) g. bei feinem
crften Sluftrcten in Supern aud) in Ä. 5Pfl)ffer'§ @efc^id)te be§ ^ant. Sujern
S3b. II. ©. 496 ff. (EMtop^ 5- ift gefc^itbert: Steuer ^tefrolog b. 3)eutf^en
24. Sal^i-g. 1846, IL 93b. ©. 1011—1017. ^Ut^ er bon .i^nonau.
Snid)Ö: 5luguft 5., <Bo^n be§ Ifierjogt. ^ammerfecretär§ ^y. ju Seffau,
mürbe bafelbft ben 22. ^uni 1818 geboren unb ftarb in ber nemti^en ©tabt
ben 8. ^uni 1847. 3Iuf bem bortigen (Bt)mnafium , wo er fic^ burc^ au^er=
orbentlid^en glei^ auszeichnete, üorgebilbet, ftubirte er 1836 3U ßeipjig; im
folgenbcn ^. 1837 bejog er bie Uniberfität 33erlin. .s^ier berfeT^rte er neben forg=
fältigftem a3efud)e ber 35orlefun_gen täglich mit einem jungen ©panier, ©antiago
be 5paIacio§ t) SBiEalba, in beffen Umgange er ftd^ bie Äenntni^ ber fpanifc^en
©pradie ju eigen machte. 9lac^bem er fii^ burt^ unbergleii^Ud^en (Sifer auf
bem gangen ©ebiete ber romanifc^en ©prac^en unb felbft i^rer S)ialecte ein um=
faffenbe§ SBiffen erworben, !am er im ^erbfte 1839 nad) ©effau gurüd, Wo er
in Erwartung be§ Eintrittes -in bie öon il)m erftrebte Saufba^n be§ @t)mnafial=
i^nä)%. 163
le^ret§ einftloeiten Unteracf)t in ber (sefecta ber ^eraogtit^en 2ö(i)teii(f)ute, fotoic
^riöatunterriciit an ben bamaligen Srbprinjen öon 5(nf)att=S;efiQU, je^t regieren^
ben ^erjog griebricf) Don Stn'^alt, ertfjeilte, (eiber aber öor eintritt eine» befini=
tinen !^e^ramte§ ftarb. 2{uguft g. ift, obtoot if)m nut ein furje^ Seben be=
f(f)ieben toav, in betounbern§roert^er SBeife (ittetariid^ t^ätig gen)eien. Slufeer
öieten ^tecenfionen, bie er befonberS über |prad)n)iffenj(i)aTtü(i)e 9lrbeiten jür 3eit=
fc^riften, namentlicf) für 3fa^'§ ^a^^rbüc^er, gefrf)rieben, jinb Don i^m iotgenbe
äßerfe p nennen: „Se'^rbucf) ber fpQnijci)en ©prai^e", 1837. „Quaestioues de
libris Xenophonteis de republica Lacedaemoniorum et de republica Athenien-
sium", 1838. „Ueber bie Sogenannten unregelmäBtgen 3eitO'örter in ben roma=
nijd^en ©protzen nebft 9lnbeutungen über bie tt)ic|tig[ten romaniji^en ^litunb=
arten", 184:0. „3ur ©efi^idite unb Seurt^eilung ber grembmörter im S^eutjc^en",
18i2. „S;eiiau, äöörli^ unb Cranienbaum", 1843. „(BrunbriB ber ©ejc^ic^te
be§ (5(^riitent^um§ ber 6rie(i)en unb üiömer unb ber romanif(f)en unb gcrma=
nijdien 3}öl!er", 1846. „ßurjer Slbri^ ber (Bei($i^te be§ !5d)riftent§um5 ber
@iie(i)en unb 9tömer unb ber romanifdien unb germanifc^en fSötUx" , 1846, ein
?(u53ug au§ bem größeren Sud)e. „S^ie romanifc^en Sprad^en in i^rem 3}er=
l^ältniffe jum 2ateini|(i)en. Dlebft einer Äarte bee romanifd)en ©pracEigebietcs
in guropa", 1849. £iefe§ le^te 2Berf tonnte g. felbft nid^t me'^r Deröffent=
lid^en, e§ tourbe au§ feinem 9lac^taffe öon ^rofeffor 2. @. 33(anc ju ipalle mit
einer 25oTrebe l^erau§gegeben. Ser geleierte 3}erfaffer l^at ^ier l^auiptfäc^Iii^ bie
^ilnfid^t 3U begrünben gefu($t , baB bie romanifd^en ©pracf)en nidt)tö als eine
naturgemäBe ^yortje^ung unb O^ortbilbung ber lateinischen Spradtie unb eben
beebatb at§ SSeröotlfommnung berjelben ju betra(^ten jeien,
SB. S. §o(Ianb.
gurf)'3: 33ern'^arb ^. , geb. am 23. ^an. 1814 ju glc^ingen, mürbe
1840 (5tubien(ef)rer 3U Äauibeuren, 1844 Siomprebiger in 5Mn(^en unb 1845
^4>rofenor ber 53^praIt^eologie bafelbft. ßrftarbam 6. ^Jlai 1852. Seine 235 erfe
finb: „S)ie Sebeutung be§ 1)1. 5Jle^oPier§", 1843, ..Institutiones tlieologiae
cliristianae moralis", 1848, unb „©riftem ber cf)rnftIicE)en ©ittenlel^re", 1853.
ßr ge'^örte ber jüngeren tt)eotogif(i)=jpecuIatit)en Si^ute an, feine 2Berfe jeidinen
fic^ burc^ (Blatte unb (Steganj au§ unb im allgemeinen auä) burcE) ^ir(l)Ii(^!eit
unb pofitiüe Haltung, finb aber in ber ©runbglieberung unb mam^en ßinäel'^eiten
öerfe^It.
S5gl. ^prantl, (Seft^itiite ber Submig=g.narimitian§=Uniüerfität, Sb. IL
Ä. SSerner, @efc^i(i)te ber fat^ol. Xfieologic jc. :ö. ßetlner.
guc^ö: <öan§ 6f)riftopl^ g., ber 5{ettere, mar erb:^err öon SBaüenburg
unb 3J[rnfd)mang in fyranfen („Eques francus. P. m.''). — S)ie§ ift alles, ma«
bis je^t aud) trofe ber forgfättigften unb müf)eöottften gorfc^ungen über if)n be=
!annt getoorben ift. (Sr ift 5}erTaffer ober üielme^r Bearbeiter be§ au§ 2t)eofiIoe
f^^otango» mafaronif(f)em @ebi(^t ,.Moscaea'" übertragenen „-illücfenftieg", erfte
^ilusgabe ©c^matfalben 1580. 8., eine fomifc^e ßpopoe, meiere nii^t unglütiüdf)
unb oft mit rei^t ergö^tid^en 23i^en unb populären Spritiimortcrn unb fprid£)=
mörtücfien 9teben§arten Ütollenl^agen'g iyrofd)meufeter nac^a^mt. £er juerft auT
bem 2:ite( ber Strapurger SluSgabe Pon 1612 genannte ©d^nurr, geb. am
24. (vebr. 1572 ju Senbfibet in gi-'^^i^en unb gefrönter 5|>oet, geftorben al§
^aftor 3U ßengftfelb unb 5tmüfef)agen in ^^^nfen 1644 war, mie er in ber
SJoiTebe auöbrücfUd^ fagt, nur ber neue Bearbeiter be§ hnxä) ^ansi ß^iiftopl^
f5f. getertigten (Sebic^te» unb er l^abe baffelbe Pon einem 5'i-"eunbc im 2Ranuffript
ermatten. Sa» 6ebid)t, au§ melt^em fd^on Baumann im Otcinefe O^uc^S (Slusg.
öon @ottfd()eb, 8. 65) eine längere ©tettc anfü'^rt, befielt au§ brei Büchern,
11^
164 3^"^--
bereu ein jebeS in ßapitel getf)eitt i[t, unb ©t^nuvr l^atte tjinter jebem ßapitel
naä) bem ©cbroud^e jener 3eit noci) eine morolifd^e (Erinnerung angetjängt.
Slu^er feinem 5)lücfenfriege i[t i^. nod) ^ßerfaffer eine§ Äunft^ufeg unb 3öunber=
bud§e§ in 5ßroja, ba§ aU .f)au§T)aItung§l)ucf) im 17. ^a:^r'f)unbcrt tiieliac^ ge=
I6rauc£)t tourbe, auc^ überlebte er ©d)Qufpiele. lieber ©(^nun;'§ Weitere ©d^riften
ogl. (Soebefe im ©runbri^ I. ©. 402.
Äo(^, gom^enbium I. ©. 117, II. 6. 363. ^örbenS, ßeyifon VI.
S. 120 (f. (Sent^e, Seutf^e 3)i(^tungen II. ©. 587. Äurj, @ef(|ic^tc bet
beuty^en Sitteratur, ©.130. Sf. SfrandE.
«
5ud)Ö: 3ol)ann ^einrid) ö. g-- 9fle(i)t§gele'^rter, geb. am 26. 2)ecbx.
1664 äu 9)bnjingen (bei Äreujnac^), t am 11. ^uU 1727 in Serün. ©r
ftubirte feit 1685 ju ^eibelberg , tourbe in g^-anffurt a £). 16'Jl orbenttidier
^rofeffor, 1693 2)octor ber 9terf)te unb ging 1696 at§ 2tmt§fammerratt) nac^
^Berlin, ^ier toarb er 1697 ^ammcrgeric^tSratl^ unb S)irector be§ 6riminal=
coüegiumS, 1716 geabett, 1719 ^räfibenj be§ ^ammergerid)t§ , 1723 enblic^
©e^eimer i?ümmer= unb ^Jinan^raf^, 33icepröfibent unb birigirenber 5Riniftcr bei
bem bamat§ crri(i)tetcn ©eneratbirectorium. @r f^rieb einige juriftifdie S)iffer=
tationen.
3öd)er. |)t)mmen'§ Beiträge ju ber juriftifctien Sitteratur in b. preu^ifd)en
©taateri III. 227, V. 201. ©teffenl^agen.
%nä)^: ^tbeptiong ^., fatt)oIif_(|er ©eifili^er unb @ef(^i(i)t§rovf(i)er,
geb. 1765 3U dinfiebetn, f 1823 al§ Pfarrer ju ^JUeber:^clfen§toit UTanton ©t.
©aEen). — ©d)üler unb fpäter ßonöentuate im S3enebictinerf(ofter 9ll^einau,
war t5- bafelbft burc^ ben trefflichen ®efc^id)t5forf(f)er, bcn gelel)rten P. S^o1)m=
baum=5}anbermeer (f. b. 9lrt.), mit bäterlic^er Siebe in bie f)iftorifi^en ©tubien
eingefü'^rt unb jur ©teile be§ 5lrd)iüarB beförbert tuorben. 3lllein nad) bem
2obe fcine§ 33ef(|ü|er§ mürbe ^^r. tocgcn feiner freifinnigen politifd)en unb !ir(^=
liefen 9Iuffaffungen burd) feine ^itmönd)e angefeinbet, unb er fdjäijte fid) glücf=
tid), in ber ftürmifd)en Sixt öon 1799 feinen 3lu§tritt au§ bem .ßlofter betoer!^
fteEigen gu fönnen. ?lad)bem er fünf Saf)re fi-'iöatifirt ^atte, mürbe er at§
Pfarrer, junäc^ft in (ängelburg na'^e bei ©t. ©allen, too er 10 oa'^re öertoeilte,
angeftellt. 2)ie reid)lid)e ©elegenl^eit ^u §iftorifd§en ©tubien murbc "^ier burd)
i'^n au§genu^t, unb 1805 fi^on crfd^ien ein früheres ^ugenbluerf öottenbet:
„(Sgibiu§ Sfdiubi'S bon ®taru§ Seben unb ©d)riften, nad) beffen eigenen .öanb=
fdiriften biplomatifd) berfa^t unb mit llrfunben belegt" (2 Z^., ©t. ©alten),
ber erftmaligc berartige 9}erfud) unb in 2Inbctrad)t beffen , fomie megcn be§
©trebcn§, aui^ bie ni(^t gebrudten SLfc^ubi'fdien 2Berfe ju berjeid^nen, nod^ ber
2lner!ennung mert^. @in 3toeite§ SBcr£: „5Die mailänbifd)en fyelbjüge ber
©c^metäer" (2 33be., 1810 u. 12, ©t. ©atten) bef)anbelt ein rtiema jum erften
unb einzigen 5Rale im 3ufammen'§ang, meld)e§ nun allerbing§ einer auf tjöl^erem
wiffenfd)aftli(^em ©tanbbunfte gefd)et)enben 'Jteubearbeitung mürbig märe. 1814
lie^ ^S•^ eine für bie ©efc^id)te ber fdimeijerifc^en 9tet)olution intereffante S3io=
grapt)ie be§ eifrig antiretiolutionär gefinnten , 1803 in Söien öerftorbenen '>pfä=
öerfer 9Jlönc^c§ ©eorg ©ffinger (©t. ©allen) erfd^einen. gür bie fird)en)3olitif(^e
5tuffaffung be§ mit ®alberg, Jt)e(d)em er bie „mailänbifc^en ^^elb^üge" bebtcirt
^atte, unb Söeffenberg in 9}erbinbung ftet)enben fatf)oIifc^en ^riefter§ jeugt
öoran ber anontjm, nur in einem „erften Sänbdien" 1816 (©ermanien) :^eraug=
gegebene „Slerfud^ einer pragmatifi^en ©efd)id)te ber ftaatSred^tlic^en ^irc§cn=
tier{)ältniffe ber ©dilüei^erifdicn ©ibgenoffen", metdier „oI§ 25orbereitung ju ben
neueren beutfd)en unb fc^meiacrifdien 53i§tl)um§ongeIegent)eiten" 3u mirfen be=
ftimmt mar. @ine 6ulturgefd)id)te be§ a5i§tf)um§ ßonftanj äu fc^reiben, W03U
duä)^. 165
il^n feine :^o(i)fte'^enbcn ©önner aufgeforbert {)atten, toagte fy. nt(^t. ©(^on
burci) feinen „S^erfuci)" ^tte ixä) ^. öon ber gegen Söefienficrg üorfd^reitenben
firc6Ii(^en üteaction ber fieftigfien Slnfeinbung, fränfenber ^Berotgung au§gefe^t.
€1)m noc^ weitere ^^iftorifc^e ^ipläne bur(f)füt)ren ju fönnen, [tarb ber burd) Sieber=
feit be» ß'fiarafterS unb burc^ großen ^^(eiB auSge^eitfinete ^lann.
S5gl. 31. ö. 2;illier, ®e|cf)ic§te ber gibgenoffenfdiQft toä^renb ber .&err=
fdiaft ber 93ermittlung5acte, 35b. II. 6. 224. mtt)ex bon Änonau.
?^UC^^: 3o^. 91 ep. b. fy., Dr. ber 5Jlebicin, @e^eimer ^ati), einer ber be=
beutenbften 53^ineraIogen unjere§ ^a^r'fiunbert^, geb. am 15. 9)lai 1774 ^u
«D^attenjeE, t am 5. 2Jtär3 1856 ju 9Jlün(^en. g. entftammt einer toenig be=
güterten einjad^en SBauerniamiUe in bem fleinen S)orie ^Ilatten^ell be§ baierifcEicn
aSalbeg Bei g^alfenftein unfern 9iegen§burg. ^m Benad)6arten Älofter ^yrauen^
seil er^iett er feinen erften Unterrid^t, bei bem er fo glän3enbc @eifte§an(agen
öerrietf), ha^ bie i^Ioftergeiftlii^en i^m ben a3efud) be§ @t)mnafium§ in 9tegen§=
bürg (1791—94) ermoglictiten , natürlich) um i|n für ben geiftti($en Staub ju
beftimmen. 2l6er nac^ S}oIIenbung feiner p^itofob'^ifc^en ©tubien öerfbürte g.
fo wenig inneren SeruT für biefen Staub, baB er jur 5}tebicin überging unb bie
Uniöerfität SSien auffuc£)tc. -öier war e» befouber§ ^acquin, unter beffen (äinflu^
g. 5taturtDiffenfct)aft unb mit befonberer 35orliebe ß^emie ftubirte. S)od^
abfolöirte er bie mebicinifd^e 2Biffeufc£)aTt unb erwarb fict) barin ben S)octorgTab
in .Ipeibetberg. ^ux '^rari§ ging er aber nie über, öietmel^r äog i|n ber bamal§
auf ber §ö:^c be§ 9tut)m§ ftet)enbe „2et)rer ber 'Fcinerabgie für ganj @uroba",
Söerner, na(f) greiberg, Wo 0^. fi(^ Befonberä bem ©tubium ber ^ineratogie
Wibmete. §ier War e§ auc^, Wo er mit bem fpäter berüt)mten 6r^ftaIIograb:t)en
äöci^ \iä) befreunbete. 5iad§ einem SSefuc^ in Berlin, wo er mit Jlarften, 35.
gtofe unb befonberg mit Älaprot:^ befannt Würbe unb in ^aiig, wo er mit
^aug Derfe'firte, unterna'^m er einige mineratogif(f)e 9ieifen unb fam 1805 nac^
5Dlün(^en jurüif, um nac^ beftanbener ^4>räfung bie ©teile eine§ ^priöatbocenten
ber e^emie unb IRineralogie an ber ^^o'Eien ©(^ule in 2anb§^ut ^u übernel^men.
S)a§ bei feiner Prüfung öon it)m unterfu^te ^offi^ au§ ^^ni i^ird^tiolj bei 9tei(^en=
fjatt 'eine Strt Melaphyr : Sillit) gab SJeranlaffung ju feiner erften mineratogifc^en
^ubtication: „2Inall)fe eineS wadEeartigen nod§ unbenannten ^yoffit»", 1805.
©eine Seförberung pm orbentlic^en ^rofeffor ber ß^emie unb illineratogie" er=
fotgte f(^on 1807. ^n biefer 3eit befaßte ficE) i5f. eifrig mit Cfenbau= unb öei3=
einric^tungen, erlaub bie fogen. SBeingeiftlambe ber ß^emifer unb öerbefferte bae
2öt§ro^i. 53ht ben erftaunlidE) einfa^ften ^ülf^mittetn öerfud^te er ixä) in ber
9JiineratanaIt)fe , leiftete aber tro^bem üorjügüdieö, wie feine 5J}ubticationen be=
Weifen: „Ueber ©e^tenit" (©c^weigger'S ^ourn. 1815. 377,, in Serbinbung mit
bem i^m innig befreunbeten (Seiten über üerfc^iebene 3^0^^^ (^^t- 1816,
23b. XYIII. 1;, Wobei er fi($ in einen fiegreic^en ©treit mit §au^ öerwicEelte,
was feinen wiffenf($aftü(^en Otuf wefenttic^ förberte. 3n biefen 2trbeiten finbct
[\ä) bereite bie J^eorie Oon ben öicaiirenben Seftanbtt) eilen angebeutet, inbem
g. bemerfte, ba§ man ben ©auerftoffget)aIt ber i?a[ferbe unb be§ 6ifenori)b§
(wie er bamat» glaubte) jufammenrei^nen muffe, um bei einigen ^^oüt^en eine
gefe^md^ige Dtetation ber @emengt{)ei(e ju erhalten, ba^ mithin 6ifenort)b at§
©teÜOertreter öon ^alferbc angefef)en werben fönnte. 2lu§ biefem ©eftc^tspunfte
betrachtet, meint er, werben bie 9iefuttate ber (^emifc^en 3InoIt)fen ber 5]hneralien
öer'^inbern , unnöt^ig öiele (Gattungen aufjufteÖen. ^i^Q^fi*^ erinnert er an bie
©rupbe be§ 2Itaun§ unb be§ ^^elbfpat^s, in welchen d^nli^e ©tellöertretungen
^ia^ ju greifen fc^einen. 6§ ift in biefen 3Infc^auungen gans unjweibeutig bie
©runbtage ber öier ^a^xt fpdter öon ^Jlitfrfiertid^ auigefteHten Se^re be§ ^fo=
morbf)i§mu§ entt)alten. .t)ieran reif)en fid) weiter bie SIrbeiten über einige
166
O^uti)^
üt)o§p6oi1aure Söerbinbungen (ba^ 1816. XVIII. 288), über Safionit unb 2öa=
roellit, in welchem «)Jtineva( ex ben jelbft öon Ätaprotf) üUx\e^mm »eftanbt^eil,
bie 5ßfio§p6oxiäure, entberfte (baj. 1818. XXIV. 121); über Stragonit unb ©ti-on=
tiontt (baf. 1819. XIX. 113); über Saäulit^ (baj. 1818. XXIV. 373); über
Söagncrit (baf. 1S21. XXXIII. 269); über gtept)etin unb 6l)amt (baj. 1821.
XXXIII. 377) unb über bte ßntfte^ung bcr ^porjeüanerbe (2)enff(^r. b. 5(f. b.
aöiff. VII. 65—88) an. ^n te^terer 2lb:^anblung ^eigt g. bie ©ntfte'^ung
ber "ipaflauer ^oraellanerbe au§ einem neuen ^})lineral, bem ^orjcnanjpat!^ , bei
raeldier Umtoanblung fid^ Opal abfc^eibe unb legt bereite ben @runb ju feiner
fpdteren, fo frucf)tbaren ©ntberfung über bie „Äiefelerbe" unb über ba§ fogcn.
äöafferglag. ^it iöorüebe ^raftifct)en unb tedinifd^en Untcrfucf)ungen jugetoenbet,
befaite er fic^ bamal§ auc^ öiclfac^ mit fragen ber Färberei, ber 3uc£erfieberei
au§ 9lunfelrübcn, ber SSicrbrauerei unb entbedte ben 2Beg, auf fünftlid^e Söeife
Ultramarin ^erpfteüen (1819). 1823 folgte g. einem 9tufe ber 3Ifabemie aU
SonferDator ber mineratogif(^en «Sammlung naä) Wmä}en unb inaugurirte feinen
neuen 2öir!ung§frei§ burc^ einen 3}ortrag über ba§ öon il)m entbeifte, für bie
%eä)mt fo mict)tige 2Baffergla§, fotoie buri^ eine gei[trcicl)e 9tebe jur 6tiftung§=
feier ber Slfabemie (1824): „lieber ben gegenfeitigen (Sinflu^ ber 6'^emie unb
^DJtineralogie", in bcr er jttjar ber 5)tineralogie i'^re ©elbftänbigfeit unb it)re
Sebeutung für (E'^emie mat)rte, jeboc^ fid^ entfcl)ieben auf bie Seite ber (^t)emie
fteütc, al§ einer für bie ^Jlineralogie uncntbel)rlicl)en ^cif)ütfe, im @egenfa^ ju
Denen, meld)e fiel) mit ben fogen. naturf)iftorif(^en (Sigcnfct)aften ber Mineralien nad)
blo§ äußerlichen ,^ennieict)en begnügten, ^y. erflärte, baß man mit Mineralf^jedcS
einen gan^ anbercn Segriff tierbinben muffe, al§ mit jtt)ier= ober ^flanjenfpecie^ ;
biefelbe fei gegenüber ber blo§ äußeren ßtiarafteriftif unb felbft gegen bie S)efinition
üon .öaut), mcld)c bie Mineralfpecie§ burc^ bie nämlict)e Ärl^ftaEifation bei
gleicl)er (i)emifc^er (Eonftitution bebingt annahm, aufjufaffen al§ ber Inbegriff
öon Mineralien, meld)e gleidt)e ■^rijftaüifation unb glei(^c .ober boct) gteid)mäßige
(unter .'pintoeifung auf bie üicarirenben (^emcngt^eile) cl)emif(^e (ionftitution
t)abe. (Später änberte g. feine 31nf(i)auungcn, inbem er biefe @ru^)|)irung „i5for=
mation" nannte unb ben .s5aut)'f(^en Segriff öon @pccie§ toieber aufna'^m.
@an5 befonberS "t)ert)orragenb finb aucf) bie Unterfud^ungen über bie )3raftifcl)e
Sermenbung be§ Söafferglafe§ („Ueber ein neue§ ^Probutt au§ j?iefeterbe unb
Äali" in Äaftner§ m^. f. gef. ^at. V. 885) unb „Ueber Äalf unb Mörtel"
(6rbm. ^ourn. 1829. VI.), melcl)e als für bie in unfercr 3eit fo toiditig ge=
morbene (iementbereitung unb bie S)arfteUung be§ l)t)braulifd)en .^alfe» au§ in=
länbifrf)em gto'^matcrial ba^nbrei^enb unb grunblegcnb ju bejeid^nen finb, unb
über bie @igenf(^aften, Seftanbf^eile unb ^emifcl)e Scrbinbung ber titibraulifrfien
Mörtel (S)ing_lcr'§ ^jol. ^ourn. 1833. 271), eine öon ber ©efellfcbaft ber 2öiffen=
fctiaften in .parlcm gefrönte ^rei§fd)rift. liefen glü(ilic^en ßrfinbungen be§
äöaffevglafeS unb ber Bereitung be§ l)t)braulifcf)en ^alfeg auf tedljnifrfiem @e=
biete fd^ließt fiel) toürbig auf miffenfd)aftli(^em ^tVbc feine 2;i)eorie über ben
3tmor^^i§mu§ fefter Körper {^. ^a^rb. f. 6t). u. ^\)]. VII. 418—434) an.
^. mieS nad^ , baß ba§ Starre jmeierlei 3uftänbe befi^en !önne, ben ber (Se=
ftaltung unb ©eftalttofigfeit, unb baß ein^öriier in beiben 3uftänben gan^ öer=
fc^iebene ®igenfdl)aften annel^men fönne, mie 3. 5B. bie ^iefelerbe al§ 23ergh-t)ftall
unb al§ £)pal. Serjeliu§ glaubte, biefen 3lmort)l)i§mu§ auf bie fogenannte
^fomerie jurüclfüljren ju tonnen, mogcgcn fi(^ ^. in feinen Slbl^anblungen „^]o=
meri§mu§ unb ^;>lmorp'^i§mu§" (©rbm. :3ourn. f. p. 6^. 1845. VII. 345) mit ßrfolg
öertl)eibigte unb feine I^'^eorie re(^tfevtigte. 3luf ein unfid^ere§ f^elb toagte er
fiel) in bem ^ampf gegen ben bamal§ in überfcl)menglid)fter Söeife blül)enben
Sulfani§mu§ burd^ feinen a!abemifd§en Vortrag „Ueber bie 2:§eorie ber @rbe",
guälö. 167
1837, »eil et iiä) ^in einfeitig auf bcn ©tanbjjunft be§ t^eoretifcf)en (£f)emtfex§
ftedte, ol^ne ha% xt)m. bie ©via^rungen be§ praftiic^en ©eologen 311 @eBote ftanben.
i^. fpn(i^t ben ©runbfa^ au§, ba§ geologi|cf)e @i-f(ätungen unb 3(uiTajfungen nur
aB richtig anjuex-fennen toären, tücnn biefelBen in öoller Uebereinftimmung mit
ben (ärfa'^rungen ber Gl^emie ftänben, Cbtool manches öon bem, roa^ 5. ba=
mat§ ju Begrünben jucfite, fic^ ntcf)t al§ faltbar ertrie§, fo ift biefe 2lr6eit bo(i)
öon e^o($emQd)enber 23ebeutung unb Be^eiiiinet einen SBenbepunft in ber geneti=
|cf)en ©eologie. g. tourbe baburc^ ber Segrünber be§ 9leuneptuniemu§ , ber in
jüngfter 3eit öon Sifd)Df unb 3lnberen tt)eiter entloidEett tturbe. Sen Sranit
IdBt g^. au§ einem amorphen ober toäfferig flüfl'igen Ur,5uftanbe ber (ärbe !)erau§=
frt)ftaEifiren, aEen fo^lenfauren ^alf ber gelSmaffen al§ urfprünglid) im SSaffer
getöft, fi(^ au§ biefer Söfung jur fye(§bitbung auSfcEieiben, o^ne bem organifdien
9tetd) eine ^Jlittoirfung ^ujugeftefien. S)ie (SeBirg§öerrü(iungen [inb i'Eim go^S^n
bes 3iifammen5ie^en§ beim Uebergang ber ©ebirgSmaffen üom amorpl^en in ben
frt)ftattifc^en 3ufi^i^'5 ' tooBei ©enfungen unb ©inftütje erfolgen muffen. Ser=
jcIiuS toenbete fi(^ mit fc^arfer unb 3um 2:^ei( ungerechter i?riti! gegen biefe
neue Seigre, bie unbeftreitbar ba§ S}erbienft '^at, ber 6t)emie i^r Ütec^t bei 35e=
anttoortung genetif(^=geotogif(f)er ^y^'agen erobert unb bteibcnb geraa'^rt ju t)aben
(^at)re§b. 1840. 730; 2Bagner^§ Urnjelt 1845. 35). Snätoifc^en weifen au^
bie übrigen 3trbeiten öon g. au§ biefer 3^^^ über mineralogifd^e, c^emifd^e unb
tec^nifcfje ©egenftänbe eine flutte öon mistigen ßntbecfungen nad). 6§ fei nur
beifpielgroeife an bie tt^ic^tige 5Dtet^obe ber Trennung öon @ifenort)b öom £rt)but
burc^ fo^lenfaure ^al!= ober 35ari)terbe (©cf|toetgger'§ ^. 1831. II. 184) ober
burc^ metallif(i)e§ Tupfer ((5rbm. ^. 1839. XVII. 160), an bie S)arfteEung bt§i
(Bolbpurpur» , be§ Sitf)ion§, an bie ©ntbecEung be§ 2:rip^t)Iin§ (@rbm. S. V.
316), an bie 2lnatt)fe ber Sob=^aItigen 5lberf)eib§fiueEe ber ©oole öon ßiffingen
IC. erinnert. Unter Seibel^altung feiner bisfjerigen ©tellung tourbe g. 1835 audf)
al§ Dberbergraff) jum ^Ktglieb ber oberften 33ergbe^örbe ernannt, um f)itx
namcntlicl^ bei ber 95erf)üttung ber SSobenmaifer ßiefe t^ötig einzugreifen, tonnte
ficf) jeboc^ in biefem l?reife ni(i)t t)eimif(i) ma(f)en unb fc^ieb batb mieber au§
bemfelben. %. öjar aui^ 5JlitgIieb be§ Dbermebicinatau§fc^uffe§. S(^on feit
1832 befc^äftigte fic^ g. mit ber fogen. 33ierprobe, bie er für poüjeitic^e
3toecfe'auf eine ^öä)]t einfache 3Beife mittelft ber 3tuflöfunggfä^igfeit be§ 6!§tor=
natrium§ in 2Baffer ju löfen öerfu(^te (.öattl^metrie, Singler'e 5poI. ^. 1846.
62, 302). ©et)r merfroütbig ift, ba^ fy. fä)tt)er baju 3U belegen toar, feine S5or=
träge über 5Jlineralogie ju pubüciren; e§ beburfte l^ier^u eine§ ftarfen SrängenS
öon ©eite 9t. 2Bagner'§, ber fie bem III. 93anb feiner Ükturgefc^id^te 1842 bei=
gab. S)iefe '»Dtineralogie enthält namentücE) in bem c^emif(^en Xt)tiU fet)r tDid)^
tige Seiträge, burc^ meldte anbere 2et)rbüc^er öortf)ei(^aft ergänzt toerben. Sine
ber legten Slrbeiten 5u(^§'" toar bie über bie pt)tjfifaüfc^en 6igenfcf)aften be§
6ifen§ , ba§ er all eine bimorp'^e Subftanj anfal^ , ba§ ©tabeifen aU teffarat,
ba§ Üto^eifen al§ rl^omboebrifc^ fr^ftaEifirt. S)arau§ leitete er beffen öerfd)iebenc
©igenfc^aften unb namentlich) bie S)oppeInatur be§ ©ta^t» — al§ i3egirung beiber
mit etnanber — ab unb erftärte ba§ 93rüd)tgtt)erben be§ ©tabcifenä bei längerer
3}erroenbung, 5. 58. in lyoxm öon 3lc^fcn au§ ber Umbilbung ber urfprünglici)
fafrigen 2ertur in eine me^r ober meniger frpftaltinifc^ förnige burc^ fortgefe^ten
Si^tag unb @to§. S)ie praftifc^e SSertoert^ung be§ öon i^m entberften 2Öaffer=
glafe§ blieb bi§ ju feinem C'ebenäenbe eine !!3ieblingabefcf)äftigung , bie enblirf) 3U
ber öon i^m Stereorfiromie genannten praftifc^en Scnü^ung füt)rte, nämtict) eine
3lnmenbung be§ Söafferglafes, um auf 5Jlörtelgrunb :^ergeftettte ©emälbe metter=
beftänbig ju maifien; eine ^unft, bereu 3}or3üge ö. IJaulbai^ huxä) bie §er=
ftellung feiner großen äöanbgemälbe naä) biefer 9Jtet^obe anerfannte unb öer=
168 3?«t^^-
eloigte („Bereitung, @igenfc^aften unb 9Zu^antoenbung be§ 9Ba|ferglafe§ mit ein-
f^luB be'r ©tereo(|romie", eine 5Ib^anbtung, bie er furj bor feinem Stöbe be=
enbigte, 1855). x^. toar bei ©rünbung be§ polt)tcd)nifd)en S3erein§, ben er
lange 3eit al§ 25orftanb leitete, im ^ntereffe ber SJerfiinbung ber 3Biffenfd)ait
mit ber Sedini! tl)ätig, im «Sinne jeine§ ^JlottoS: „5Die aBifjenfd)aTt ift ber 2eit=
ftern ber ^ra!ti!; unb biefe öerirrt \iä) o^nt jene Ieid)t in§ büftere unb un=
Begrenzte 9leid) ber 9}töglid)teit". 5- erhielt bieltad^e Beic^en attjeitiger 9tner=
fcnnungen jeiner a^erbienfte für Sßijfenfc^ait unb 5pran§; er tourbe jum ^3]Ut=
gliebe ber Slfabcmien ber 235iffenf(^aiten in SBerlin unb SBien ernannt, erl)ielt bie
t)ö(i)[ten Baierifc£)en Drbcn, ben 5Jtarimiüan§orben iür J^unft unb SBiffenfdiait,
ben preu^ifc^en rof^en 9IbIerorben III. klaffe; tourbe 1852 gcl)eimcr Statl) unb
in ben erBlid^en 3lbel[tanb er'Eioben. 2:ro^ jeiner i?rän!Ucf)feit erreichte ^f. ein
:^o^e§ 2llter unb blieb bi§ ju feinem ®nbe geiftig frifd^ unb tf)ätig. 3t)nt a"
ß'^ren trägt ein ÜJtincral ben ''JZamen ^ud^fit,
b. Äobell, 9lfab. Sentrebc auf 3- '^l. ö. ^uä)^ 1856. Äaifer, (BefammcUc
©d^viftcn bon gud^ä. ©ümbel.
^ud)Ö: .^onrab ^tinxiä) g.., Slr^t, geb. au Bamberg am 7. S)ecbr.
1803, t m ©öttingen am 2. Secbr. 1845. (Jr ftubirte 1821 -"25 in SBüra--
burg ^Jlebicin, mar bon 1825—29 Slffiftent am ^uIiu§I)ofpitat unb I^abilitirte
\iä) na(^ ber ülüdfe^r bon ju feiner weiteren Stusbilbung unternommenen Üteifen
in i^ranfreid^ unb Dberitalien 1831 at§ 5pribatbocent an ber 3öüraburger 4^od|=
fdiule, too er 1883 an^erorbentüd^er unb 1836 orbentlid)er '^^vofeffor ber ^atf)o=
logie unb Dirigent ber ^^ioliflinif bjurbe. 3)er Umftanb, ba| man it)m o^ne
allen @runb bie ^rofeffur ber ^:patl)ologic entzog unb i^m bafür ba§ gad^ ber
Slräneimtttelleljrc übertrug, lie^ il)n 1838 bie 93erufung an ^imtt}'§ ©teKe nad^
©öttingen annelimen, bjo er anfangt neben Gonrabi, feit 1843 aüein bie mebi=
cinifcf)e .^lini! leitete unb tro^ mel)rerer 33crufungen nad^ anberen ^ocl)fd£)ulen
bi§ 3U feinem ^jlöl^lid) in i^'olge bon ^erjberfettung erfolgten Zote mirfte. f^.
geprt ju ben bebcutenbften ©d)ülern ©d^oenleinl unb tl)eilt mit feinem 2el§rer
\)a§, @efc£)icE, bafe feine .spauptbebeutung in feiner 3BirEfam!cit al§ ^Irjt unb
flinifd^er £'ef)rcr befteljt. Sn feinen t)auptfäi^lid)ften SBerten, einem „Sebrbud)
ber fpecietten 'Jlofologie unb Sl^erapie" (1845— 47) ' unb einem Sßerfe über
„3)ie fran!t)aftcn SSeränberungen ber .!paut" (1840 — 41), bertritt er bie fi)fte=
matiftrenbe 9iicE)tung ber naturl)iftorif(^en ©d£)ule in übertriebener äBeife, fo ba^
bie befonber§ in le^terem 2Berfe fel^r reidilidt) borl)anbenen 5^ü(^tc eigener 33e=
obad)tung unb tiefen ©tubium§ burd£) ba§ üppige ßaubwerf einer mand^mat
l)ödC)ft befremblidien ^Jlomendatur berbedt Werben. 6§ ift bieg um fo aufiaEen=
ber, als g. felbft bie ©t)fteniatif al§ 'Otebenfac^e unb bie natur^iftorifd^e ÜJle=
tl)obe al§ ba§ tt)efentlid)c ber bon i'^m bertretencn mebicinifdfien ©diule bejeidfinete
unb bemgemä^ and) in feiner ^lini! berfulir. ©rofee 23orliebe jeigte ^. für
l)iftorifd)=batl)ologifi^e ^^orfc^ungcn , bie er tl)eil§ in Sournalauffä^en, f^eilS in
befonberen ©c^riften niebeiiegte. ^n biefer 9iid^tung t^at er ba§ befonbere 33er=
bienft, bie ßpibemien be§ "^eiligen geuerS im Mittelalter juerft al§ Mutter!orn=
33ranbfeu($en bargef^an 3U l^aben; au(^ bett)ie§ er in feinen „^iftorifd)en Unter=
fud)ungen über Angina maligna unb \i)x 35er^ättni^ ju ©d^arlad^ unb ßroup"
(1828), bie gtic^tibentität be§ fogen. ©arotillo (S)ip^t^eric) unb be§ ©d^arlac^S.
S5iel befc£)äftigte er fid) mit ber ©i)pl)ili§, toie bieg nid)t nur bie ^erauggabe
älterer ©c^riftfteKer über biefe ^ranl^eit, fonbern auä) bie bon i'^m über bie
ßntfteliung berfelben au§ ben fogen. 2:l)t)miofen aufgeftettte, freiließ wenig n)al)r=
fd)einlid)e §^potl)efe beweift. S^on fonftigen ©d^riften ift nod§ eine 3lrbeit über
@e:^irnerWeic^ung (1838) lierborju'^eben ; im übrigen mu^ auf bie eingaben bei
gaEtfen (Meb. ©d^riftfteller=SeE. 38. 133) unb in dngelmann'S Bibl. med.-chir.
Suc^§- 169
unb Suppl. bertDiefen toerben, g. l^at jueift bie Scabies Norvegica in S)ci|ti(^=
lanb Beobaditet; er ift ber 33egrünber ber paf^ologijtfi^anatomiji^en ©ommtung
ber Uniöeijttät ©öttingen. 2tn ^Inerfennung l^at e§ bem bur(^ ec^te Humanität
auSgejeidineten SSlann toeber jeiten§ feiner 3af)trei(^en ©d^üler, noc^ öon (Seiten
feiner Goßegen (Slöa'^t 3um ^^^rorector), noc^ feiten§ ber ^annoberfc^en Otegicrung
(Serlei'^ung be§ i5ofrat^titeI§ , Sßelfenorben) , no(^ enblid) feiten§ n)iifenf(i)aft=
lid^er S}ereine unb ©ocietäten, ttiel(^e it)m S)it)tome at§ OMtgüeb ober (J!^ren=
mitgltcb öerlie^en, gefel^lt.
giefrolog öon 9t. 2Bagner in Seil, ju dlx. 354 ber 2lug§b. 9tIIg. 3tg.
bon 1855. .^ufemann.
?5utOS: Seon^arb fy., 5tr3t, ben 17, i^an. 1501 in Söembingen (©c^toaben)
geboren, Bejog, nad^bem er ben erften Unterrid)t in .^eilbronn unb fpäter in
ßrfurt genoffen ^atte, im ^. 1519 bie Uniöerfität 3U ^ngolftabt , luo er fic^
auf§ eifrigfte mit bem ©tubium ber grietfiifc^en unb tateinifcf)en ©prac^e unb
5p§ilofopl)ie , fobann, naä) Erlangung ber Söürbe eine§ Magister artium bona-
rum, mit bem ©tubium ber 5Jlebicin bef(i)äitigte unb im S. 1524 ben S)octor=
grab erlangte. @r l^abititirte fid) 3uerft at§ ^trgt in 5Jlün(^en, feierte aber fc^on
1526 nad) ^ngolftabt jurücf unb trat t)ier als Se^rer ber 0}tebicin auf; 1528
folgte er einem Stufe a(§ ^^eibarjt be§ ^arfgrafen Don 2In§bac^ unb berbtieb
in biefer ©teUung mit einer furjen Unterbrecf)ung im ^. 1533, in meldiem er
eine Ernennung al§ ^Profeffot ber 5)tebicin in ^ngotftabt erhielt, aüein biefe§
5lmt nad) furjer 3^^^ i" lyotge religiöfer 5)h^t)eEigIeiten (5. öjar ein eifriger
^roteftant) mieber amgab , bi» jum ^atire 1535. 6bcn bamal§ erhielt er eine
fel^r e'tjrenboHe Berufung al§ ^^rofeffor ber 5Rebicin an bie noc^ jugenblid^e
Uniberfität naä) Tübingen unb !)ier f)at er bi§ ^u feinem am 10. 9Jtai 1566 er=
folgten 2obe gelebt. — fy. nimmt unter ben Üteformatoren ber 5Jlebicin im
16. ^a"^rt)unberte eine l^erborrogenbe unb et)renboIIe ©teEung ein, bor bielen
berfelben aber 5ei(i)nete er ficf) burc^ eine anerfennenstoertfie Unbefangen"^eit aus,
toelc^e if)m namentlich geftattete , bie großen y^ortfctiritte , toetcE)e bie 3(natomie
burc^ bie Seiftungen 3}efar§ erfa^^ren, richtig ju fc£)ä^en, unb i'^n babor fctiü^te,
bei aller 2Inerf ennung , bie er ^ippofrate§ unb @alen jollte , ein bloßer i>ane=
gt)rifer biefer großen SJldnner ^u toerben; fein anatomifd§e§ Set)rbu(^ („De cor-
poris humani fabrica epitome'', Tubing. 1551) ift eine ber erften anatomifc^en
©c^riften, au§ toeldier. bie beutfcfien Slerste mit ber 33efal'fd)en 9lnatomie befannt
gemorben finb. — ©ein .^auptbeftreben toar auf bie äöiebert)erftellung ber
gried§if(i)en 9Jlebicin, auf bie Steinigung berfelben bon ben arabiftifd^en 2lu§=
toü(f)fen '^ingericfitet , bon toeldien bie alte flaffifc^e Jpeilfunbe tod^renb bc§
5}tittelatter» übermuc^ert toorben tear; biefer Stufgabe mar er bermittelft einer
grünblid)en :pl)ilologif(^en Silbung unb eine§ fci)arfen fritif(^en S5erftanbe§ too^l
getoai^fen, unb in eben biefer Seiftung ift fein SJerbienft um bie görberung ber
3)tebicin gu fu(^en; 3u einer eigentlich l^robuctiben J^ötigfeit ift {y. auf biefem
©ebiete nicfit gefommen. ©eine überaus jal^lreic^en ©d)riften (bgl. ba§ 5}er=
äcidini^ in ,g)aller, Bibl. pract. I. ©. 523) finb tl)eil§ Se'^rbücJier, t^eit§ fritifd^e
©d^riften , t^eitS ßommentarien ju ©d^riften giied£)if(f|er ^erjte , bon melct)en er
einzelne neu ebirt unb in tateinif(^er Ueberfe^ung beroffentlid^t t)ai. ©ine ni(^t
Weniger gro^e 93ebeutung fommt ben Seiftungen bon {y- in ber 23otani! ju; er
ift näd£)ft 25runfel§ ber erfte gemefen , ber fid^ in felbftänbiger Söeife mit bem
©tubium einl)eimifdf)er ^pflanjen befd^öftigt, eine gro^e 3ö^I berfelben natur=
getreu befc^rieben, unb biefe ©d^ilberung burd^ gute Slbbilbungen (^olä=
fd^nitte) iltuftrirt l^at. ©ein botanifd^eS SSer! („De liistoria stirpium commen-
tarii etc.") erfd^ien 3uei-ft 1542 in 35afel, fpäter bon i^m felbft in
beutfd^er Uebcrfe^ung (al§ „"Dteto Äreuterbud^") 1543 , fobann fran^öfifd^ , l^ol=
170 5uc^--
tänbij^, ]pam]ä) k. ü6erfe|t. — fy. '^atte eine neue unb ei-toeitette ^luegabe
biefer ©cCiriit öoi-6ereitet , tarn aber ni($t pr ajerötfentlid^ung berfelben , ba er
öor eriolgtem 5lbbrucfe ber ^olsfd^nitte ftatB. UeBer ben,S}crl6(eib be§ Wanu=
ycripteg ift nic^t§ befannt selüotben, bie in C^Jotj gefd)nittenen gornien tourben
äcrftreut; ein 2^eil berfelben Blieb in Tübingen, Wo er öiclleid)t no(^ je^t aui=
bett)af)rt wirb, ein anberer foll, tok Apaüer mitf^eitt, in ben 23efit[ üon ©efjner,
einem g-reunbe öon f^., gefornmen fein. 2)ie Seiftungen öon fy. fanben fd)on
5U feinen Sebieiten eine fjo^e ^tnerf ennung ; er ift ber erfte beutf(^e mebicinif(i)e
(Selet)rte, ber einen Sinf naä) bem 9tu§Ianbe (naä) 5)ßifa) erf)Qlten l)at, ber Äaifer
Äart er'^ob i:^n , o'^ne ba^ er felbft ^ier^u irgenb einen ©d^ritt getl^an fiatte,
in ben ^bel§ftanb. S)ie banfbare ^Jlat^tuelt T)ot feinen ^Jlamen in ber Sctani!
in ber Gattung „S^u^fia" bereföigt unb i^m einen e'^renbollen 5pia^ unter ben
„SSätern ber beutfc^en 5|>flan3enfunbe" eingeräumt.
Ueber fein £eben ögl. @eo. ^i^ler, Oratio de vita et morte D. L.
Fuchsii. Tubing. 1566. — 2lbam, Vita germanor. medicor, p. 172. —
"Diiceron, Mem. pour servir k l'hist. des hommes illustr. etc. T. XVIII. p. 214.
— ^o:^. 33oigt, 93rieftür(^fel ber berüt)mtt'ften ©elel^rten be§ 3eittttter§ ber
Oleformation mit ^erjog 9(lbrei$t bon '^i-'f^Bcn. ilönigSb. 1841. ©. 260.
— Ueber feine Seiftungen in ber Sotanif ögt. ^et)er, ©ef(i)id)te ber 33ütanif.
q3b. IV. ©. 309. .^g§b. 1857. 9t. .^irfd).
gud)Ö: 'li^anl ö. g., geb. am 15. 2)ec. 1640 au Stettin, geft. am 7. 9lug.
1704 auf feinem @ute 9)iatd)om bei ^Berlin, ein preu^ifd)er 8taat§mann. ßiner
angefe^enen ^^-amilie @tetttn§ cntfproffen — fein SBater toax bort ^4>vebiger ju
©t. Sacobi, fein müttcrlid)er ©ro^öater ^^aul i^riebeborn, 5ßürgermeifter unb
SSerfaffer einer @efd)id)te ber ©tobt, fein O'^eim 'i^^aui ^-riebeborn ftanb feit
1646 im S)ienfte ber Äurfürftin Souife ^^-»enriettc — crtoarb fid) ^aul b. 3^.
auf bem (Si^mnafium ju ©tettin unb auf ben Uniticrfitäten ©reifsmalb, ,^etm=
ftäbt, ^ena, Setjben unb ^-ranefer fomie auf ben steiferen ober nad) ben ©tubien=
iaJiren nad) ©ngtanb unb ^yranfreic^ unternommenen Steifen öielfeitige Utterorifd)e
Äenntniffe unb praftift^e Slnfc^auungen, tt)cld)e er junäd^ft für bie S^uriSbrubenj
öertoertl^cte. ©c^on in Set)ben 21 S^a^re alt öerfaBte er juribifd)e Nabelten in
Iateinifd)cr ©brad)e, meldie fpäter 1671 öon i'^m mit einer 5parapf)rafe ber
3^uftinianifd)en ^nftitutionen tierbunben in mehreren 9luflagen at§ eine fl)fte=
matifdic Sarftellung ber ^)ted)t§Iet)ren ^Verbreitung fanben. 5Diefe litterarifd)e
S^dtigteit unb ber Oluf feiner !:Rebnergabe unterftü^t burd) bie ©unft be§
Gberbräfibenten Ctto öon ©c^merin bcrfd)afften i'^m, nad)bem er eine furje
3eit in SSerlin al§ 9tbt)ofat beim §of= unb i?ammergerid)t tt)ätig gemefen mar,
1667 bie ©teile eine§ orbenttic^en ^$rofeffor§ an ber Uniüerfitdt Suieburg , mo
er brei ^ai)Xi neben feinem 5(mte al§ '^crborragenbeä ÜJUtgtieb be§ bortigen
^re§bt)terium§ ben ^ntereffen ber Üteformirten unb i'tirer in granfreid) öerfolgten
@Iauben§brüber, an^ bereu ''HHtte er feine erfte ©ema'tilin erlDät)(t "^atte, befon=
bere 5lufmerffam!eit jutoanbte. 35om Äurfürftcn 1670 al§ @et)eimfecretär na^
Berlin in ben tjo^ern ©taat§bienft gebogen, ma(^te er fid) 1672 burd) eine unter
bem Dramen Sinqerus Germanus beröffentlid)te i5lugfd)rift , in tüetdier er bie
bom ^urfürften jur 9iettung ^oKanbg ergriffene ^olitif re^tfertigte, al§ ^Publicift
e!§renboE befannt unb ftieg bei mad)fenber Stnertennung feiner Seiftungen 1679 ^um
^ofrat:^ unb f($lieBti(^ am 4. ©ept. 1682 jum mirflidjen @e'f)eimen9lat^e, ali toeli^er
er fi(^ big na'^e an feinen Zoh (1702) in ber bauernben ©unft be§ großen ^urfürften
unb feines 5lac^iotger§ behauptete. S)ie ^itgtieber bc§ branbenburgifd)en ©e'^eime»
ratf)e§, beftimmt ben ^urfürften in feinen 9tegierung§^anblungen "fowol)l in if)rer
©efammt^eit al§ einzeln at§ 9tatf)geber unb oberfte SSermattcr ber t)erfd)ie=
benften Sienftatoeige ju unterftü^en, toaren nic^t mie bie fpäteren gjlinifter einem
5uc^§. 171
gac^e au§y(f)Iie§Uc^ juget^eilt, jonbern luui'ben unter Serüiiiic^tigung i'^rer Seiä^t=
gung unb be§ 23ebüi-|ntjfe§ jugleic^ für mannigiattige ©taat§gefrf)äite in 9tn|pru(^
genommen, ©ein öieljeitigeg äöiffen mad£)te 5- S^"ä BcfonberS für ^otd^en 33eru|
geeignet, ©eine 9lmt§tt)ätig!eit umfaßte ha^tx neöen ben au§n)ärtigen 3tnge=
tegen'^eiten, in benen er abttjedfifetnb bie ©efd^äfte eine§ 9Jtinifter§, biplomatifd^en
25ot|(f)a|ter§ unb ^ubticiften öerfa^, äugteid) bie ftänbifc^en SSer'^ättniffe , bie
ofierfte ^PoftberlnaUung , bie Äirt^en, Uniöer[itäten unb Selben, ^eitroeife aud^
^u[ti5fa(i)cn, toie er benn fogar feit 1698 at§ geheimer Ärieg§ratf) qu(^ ju ben
militärifc|en Verätzungen lEjinjugejogen tüurbe. Dieben ber atigemeinen 5lner=
!cnnung, i)aB er bei grünbücEier @ef($äit§fcnntni^ bci§ ^ntereffe feines 5üT-"ften
mit ßifer unb 2reue öerfoiiiten ^abe, türmen bie geitö^noffen inSbefonbere bie
gortf($ritte , loeldie ha^ ^^softtuefen unter feiner Seitung gema(i)t fo mie feine
anbauernbe ©orge für bie nacf) Sranbenburg geflüditeten Üteformirten, beren @e=
meinbe in Serlin i|m eine il^rer (5nttt)icftung gebeif)Iii^e Organifation (Septbr.
1684) öerbanfte. 2tn ber Stiftung ber Uniüerfität ipaHe (1694), beren erfte
ßinric^tung unb Vefetiung fein 3öer! ift unb bie er burcE) eine ^yeftrebe ein=
loeit)te, fotoie an ber ©tiftung ber 9(fabemie ber SBiffenfc^aften in,33erlin ^at er
fi(f) in öerbienftüd^er SBeife betlfieiligt ; auf bie Berufung ^pufenborfg fiat er
i)auptfäcf|ti(^ l^ingemirtt. 91i(^t minber toirb anbererfeit§ feine @efd)i(f(i(f)feit aU
politifc^er Ünter'^änbter unb feine UeberrebungSgabc l^erborge^oben. ßönig
ß^riftian V. öon Sänemarf "^ot einmal fc^er^enb fid) biefen 58otfc§after öerBeten,
ber xi)n baf)in bringen tonnte, einmal ba§ ^embe öom Ccibe toeg.jugeben. 5tt§
©taatgmann eignet er fid) au§ eigener Ueber^eugung bie Öefii^tSpunfte an,
melc^er fein großer ^yürft in bem legten ^a^^rjc^nt feiner ^Regierung in feinen
politifct)cn Kombinationen öerfotgte, gegen bie ^räponberanj granfreidfig einen
offenen .^am^f erft bann 3u toagen, toenn man be§ Seiftanbe§ 6nglanb§ unb
^oHanb§ ftd)er »äre, bi§ ba'^in aber ^ranfreicf) burd^ biplomatifc^e ©c^ai^jüge
mögli(J)ft öon neuen aggreffxüen ©(i)ritten abju'^alten. ^n biefem ©inne, "^at
ö. 5. an ben 5lctionen feine§ ^-ürften mä'^renb ber ^af)xt 1681 — 1684, toel($e
ju allgemeiner 3lnerfennung eine§ 3man3igjä"^rigen SßaffenftiHftanbeg (15. 2lug.
1684) fül)rten, t'^ötig mitgetoirft. 3l(§ bie ©reigniffe be§ ^. 1685 neue 35e=
forgniffe öor fran3öfif{f)en ©cttialtfcfiritten namentlirf) unter ben ebangelifc^en
dürften ermetiten, würben bie bamalS bon 5. bur(^ feine @efanbtf(i)aft§reife
nac^ ^ottanb bemirfte SluSfö'^nung be§ ^rinjen öon Oranien mit 3lmfterbam
unb ber in t^-olge beffen smift^en SSranbenburg unb i^oEanb am 23. 3luguft
1685 abgefc^loffenen SefenfiD=2;ractat al§ bebeutenbe biblomatif($e Srrotge aner=
fannt. 2lucf) wenn er am 22. 5Jlärj 1686 im Flamen be§ Äurfürften jenen
9}ertrag ju ©taube brai^te, in met(^em Sranbenburg für feine Stnfprüc^e auf
©d)(efien fitf) mit ber 2lbtretung be§ ©ctjtüiebufer .^reife§ abfinben lie^, fo fc^eint
er gtei(^ bem Äurfürften, biefe§ Opfer nii^t für 3u 'ijoäj gefunbeu 3U l)aben, um
baburc^ ein enge§ 3uf'Jt^^ßnge'^en mit Cefteia'eic^ gegen ben gemeinfamen fyeinb
{jerbei^ufü^ren. ®er 'hinter feinem Ülüden babei öon Oefterreid) gefpieltc betrug
mürbe i^m erft brei ^af)xz fpäter befannt. 6in 6efonber§ glü(iti(^e§ ^^elb für
feine biötomatifc£)e X^ätigfeit fanb 5- in ben bamalä jtcifclcn S)änemar! unb
.'öolftein=@ottorö auSgebrod^enen ©treitigfeiten. @§ lag im ^ntereffe 33ranben=
burg§ äu öer^inbern , ba^ S^änemarf nic^t in feiner 33ebrängni^ fic^ g^ranfreidt)
in bie 3lrme merfenb al§ beffen SunbeSgenoffe in bem in 9(u§fi($t fte^cnben
Kriege 51orbbeutfdf)lanb bebro'^e. g^., meli^er ju einem ber öermittelnben 531inifter
ernannt, an ben brei ^at)xt '^inburd) fortgefe^ten 2lu§gleic^ung§üerfu(^en in ^tx=
öorragenber 3Beife bett)eitigt mar, 'gelang e§ burd) eine ^}teife nadi) «S^openl^agen
biefelben in bem 2lltonaer 33ertrage 20./30. ^uni 1689 jum ^Ibfd^luß ju
bringen. 5luc^ nad^ bem 2obe griebric^ 2Sill)elm§ blieb, fo lange Sandelmann
172 5"cO^-
ba§ 9lubei- be§ ©taateS lenftc , bie branbenburgiidfie ^olitif ben atten @i-unb=
jä^en getreu, ©obalb bal^ev 2ÖU:§etm öon Dtanien im ©ommev 1688 feine
5lb[ii)ten auf ßnglanb offen barlegte, — e§ gefc^a'^ bic§ in ber gel^eimcn 3u=
fammcnfunft, föel^e jtoifdien i^. unb !Corb 93entincE im ^uU ju ßette ftattfanb,
ttjuvbe oon branbenburgifd^er (Seite ba§ Untcrne'^men ebenfo eifolgveic^ burc^
mititärifc£)e S)emDnfti-ationen , toie burd) 2}er'^Qnblungen , toelä^t i^. barüber mit
ben tt)elfifc£)en g^ürften unb mit ^oHanb pflog, geförbert. ^U öoEenbä äöil=
:§elm III. al§ Äönig üon ©nglanb bie gro^e Slüianj gegen i5"i-'Qiifi''ciii) 1689 ju
Staube bvad)te, I)at <}. mät)renb ber S)Quer bc§ langen Äampfeö big jum
i^rieben 3u 3iij§iDirf (20. ©eptbr. 1697) jum SBeften ber gemcinfamcn ©adie
eine reiche bipIomatif(i)e 2;t)ätigfeit entfaltet. 5Die ^Jli^bcrtjältniffc , tnetc^e
äur 3eit biefeg i?frieben§ 3n)ifd)cn bera Äurfürften unb ilönig äöil^elm III. i)er=
bortraten, übten bamalS aud) ouf bie äußere (Stellung be§ Diplomaten einen
empfinblid)en 9tücfid)lag au§. (Seit ber 3eit, tno fy. bem furfürftUd)en ^ofe
näi)er trat, tt)ar berfelbe fotoo'^l unter bem altcrnben 3-ürften mie unter feinem
jungen ^Jtad^folger anbauernb ber St^auplat^ bon ^4><ii-'tci=Umtrie6en unb perfön=
lid)en 9teibungen, toetdier Umftanb bon bemjcnigen, ber fic^ auf bemfelben be=
Ijaupten moEte, ein forgfältige^ unb finget Slbmeffen feinc§ Sßer^ltenS forberte.
^. fet)tte biefe ^lugt)eit nid)t, bie freilid) fidj nid)t immer ftrengc innerl)alb ber
©renken bc§ fittlii^en l^ielt. S3i§ jum 2;obe g^riebrii^ 3Bill)elm§ ift fein Sd)tt)anfen
in feiner Stellung bemerfbar. Äf. ^^riebrid^ III. aber berpflid)tete er fid) fogleid^
in ben erften 3at)ren burd) einen ätoiefadien Sienft , einmal inbem er nic^t nur
ba§ gegen bie .öauSgefcije bcrfto^enbe 2eftament bc§ großen ^urfürften um=
flogen t)alf , fonbern aud§ einen t)erborragenben ^^lntf)eit an ben iBer'^anbtungen
nai)m, bur(^ lDcld)e jur S3erut)igung be§ gutmüt^igen ^urfürftcn ber junädift
baburd) benad)tt)eiligte Stiefbruber beffelben, 5J]arfgraf ^t)ilip|) äöill)clm 3U
freimiEiger ßntfagung feiner 3lnfprüd)e (3. ÜJlär^ 1692) beftimmt lüurbe, bann
aber, inbem er burc^ ben Xractat über bie ^urüdgabe bon Sd)miebu§ (20. S)ecbr.
1694) ben 9{eber§, beffen 9lu§ftettung ba§ (^^emüf^ be§ .^urfürften bebrüdte, au§ ber
SCßelt fd^affen I)alf. 2)er 9ftcid)tl^um, ben Or- ii" 33ertauf ber ^al-)Xt anfammelte
unb 3um 2l)cil auf ben Slntauf bon ©ütern in ber ^J)]ar! unb in ^4>reuBen
(noc^ erinnert ^^ud^g^ofen bei ,$?önig§bcrg an il)n) berloaubte, unb feine gr'^ebung
in ben 3lbel 1684, bemcifen, ba^ feine 2)ienfte audt) nid^t unbelo^nt blieben.
2ll§ nun feit ber ^^it i>e§ 9it)§mider ^^riebenS ber bereinigte (äinflu§ ber Äur=
fürftin unb be§ gaboritett Äolbe bei bem ^urfürften auf ben Sturj be§ bi§=
Ijerigen 6)ünftling§ b. S)andelmann mit mai^fenbem Erfolge Einarbeiteten , ha
l)atte i^. alle Urfad)e , im eigenen ^ntereffe benfelben ab^uroeliven ; benn ma§ man
ber 5]3oIiti! b. 3)ancEelmann'§ jum 3}oriüurfe mad)te, ju ftarfe i^inneigung 5u 6ng=
lanb unb perfönlidf)e 5lbneigung gegen bie ^5nig§ibee, traf in gleid^em 53laa§e
aud§ i§n. ^n ber 2;f)at foE i^. bem ^'urfüvften bie nad^tl)eiligen ^^olgen,
tt»eld^e bie Entfernung b. 5i)andelmann'§ auf ben 6ang ber ©efd^äfte ^aben werbe,
nadibrücElid^ borgefteEt l^aben. 3ll§ b. 2)andelmann aber bennod() im ©ecember 1697
in Ungnaben entlaffen mürbe unb ber Äurfürft bon jebem ^Jlitgliebe be§ @c=
Ijeimenraf^S ein Urtl^eil über ben ©ntlaffenen berlangte, ha bebadjte fid^ fy.
nid)t, ben Unglüdlid^en mit SBefd^ulbigungen ju überl§äufen, bereu ttieilmeife
nad)mei§lidie Unn)al)r{)eit nur in feinem 33eftreben bem .^urfürften p SBiEen au
fein, i^re ßrflärung finbet. Seine Sage bcfferte fid^ tro^bem ni^t ; ftatt be§
i^m tool)lgefinnten Dandelmann buhlten je^t um bie ©unft be§ g^ürften @eneral
b. SBarfuB unb ber Äammer^err Äolbe, toeld)e beibe il^n gleid^mäfeig anfeinbeten.
3lt§_5. boEenbS bei @elegenl)eit be§ 1698 auf§ neue mad^gcrufenen Äönig§=
5proie!te§ in einem (Sutad^ten me^r abmaljnenb al§ ^uftimmenb fic^ erflärte, mürbe
er bon ben meiteren SSerl^anblungen über baffelbe obfid^tUc^ fern gehalten, ^it
Suc^§- 173
Unmutig empfanb er c§ gleich ben üBtigen ßoHegen be§ @e'§eimenrat'^c§, tnie ^olbe,
jeitbem bie j?önig§fröming öoH^ogen , o"f)ne gfjlitglieb jene§ ßoHegium^ ju fein
obei; e§ toctben äu tüoEen, bie toid^tigflen (Staatögefc^äfte unofi^ängig öon bem=
felben auSjü'^rte, unb in i^Igen einen biplomatijd^en @ef)ülicn gefunben l^atte,
ber i'^n Q. entbe^rlid^ cvfd)einen lie^. 2ll§ bie alten ütät^e fic^ barüBer unäu=
frieben äußerten, nöt^igt fie ein SSefel^l be§ Äönig§ (^ai 1701) fd)riftli(^ a«
erÜären, toaS fie an bem @ünftting auSjufe^en {)ätten. (Steirf) ben anbern er=
niebrigt fic^ aud§ 5- ^^3", j^be Unjufrieben'^eit in 2lbrebe 3u ftellen. Sennod^
toii-b i'^nen bie ©träfe ni(^t erlaffen ; für eine gro^e ^(^^ berfelben finbet fid§
in ber näi^ften 3ett 2lnta^ fie abjufe^en ober jur 2lbban!ung ^u nöf^igen.
3luc^ f5- toirb geftraft, inbem ba§ mit ber ^poftüeilüaltung big ba^in öerbunbene
fel§r einträgliche 3lmt eine§ 5|3oftmeifter§ öon bemfelBen getrennt unb ^olbe ü6er=
toiefen toirb. 516er f^. öertä^t barum bocf) feinen S)ienft ni(f)t, „tä^t fein ^Jlx^=
öergnügen Blicfen, melbet ein ^eitgenoffe, unb affectirt ni(i)t§ al§ fein SSergnügen
3U fuc^en." ^n ber Zi)at ^at er toä^renb feiner legten ßeben§ia"f)re ben un=
bebingten f^ürftenbiener nic^t beileugnet. Obgleich f)inter ^tgen fi(f)tlic^ 3urUcE=
gefegt , ^ulbigt er , too \i)m. politifd)c Stngetegen'^eiten aufgetragen tüerben , ber
neuen 5politi! be§ -ipofeg. ©djtDerli^ ift e§ feine Ueberseugung , icenn er im
Wäx^ 1700 bie Üleutraütät, 3u ber fit^ ber ^önig beim Slugbrud^ be§ norbifd^en
Äriege§ entfc^tie^t, in einem ©rla^ an bie ^reu^ifc^en 93otf(f|after im 2lu§Ianbe
red)tfertigt. S)iefer ©efügigfeit berbantt er e§ bann, ha^ er im Stuguft 1702
in ben 9iei($§ = f^reil^errnftanb erl^oben unb 1703 ba§ S^renamt eine§ ^anjterS
öon ^interpommern er£)ielt.
gtanfe, ®enefi§ b. ^^r. ©t. 2. S)rot)fen, ^reu^ ^Potiti! III. 3 unb IV. 1.
^. ö. ©a{|)iu§, ^:)3aut ü. guc^S. 1877. X'i). §irfc^.
g-ll^Ö: SBilt). i^., Dr. philos., 33erg= unb ^üttenmann, jule^t Dirigent
be§ 53tontantDefen§ in ©erbten, geb. 1802 (?) ju Seutfd^au im S^l^'itx ßomitate,
geft. 28. ^an. 1853 ju Seigrab, toar ber ©ol^n eine§ ^aftor§ unb <Büptx=
intenbenten, ber i^n ba§ (St)mnafium in Semberg befuc^en tie^. ^aä) be§ 3}ater§
früf)em 2;obe mu^tc ^•. bei fe'^r beengten S5ermögen§öer^öttniffen trachten, ein
möglief) rafd§ jur SSerforgung fü^renbe§ 33robftubium ju ergreifen unb ttJä^Ue
!§ier3u bie |)^armaceutifc^e Saufba^n. 1826 macf)te er in 3Bien ben öorf(f)rift§=
mäßigen p^armaccutif(^en ßur§ bmc^ unb betrieb in feinen ©tubien mit fSox=
üebe 6!§emie unb SSotani! , in ber i'^n ^acquin I)itfreic£) unterftü^e. ^flac^bcm
er burcf) eine 3lbt)anb(ung über bie Srennberger ^ec^fol^te fid^ ben S)octor!§ut
ertoorben ^atte, übernahm er bie ^erau§gabe eine§ <g)erbarium§ ber gtora öon
©d^neeberg, o^ne aber ©lürf bamit ju "^oben. 5Iuf einer Steife tourbe j^-. in
ß^emni^ ber 3lrt öon bem bergmännifi^en Seruf angezogen , ba^ er fid£) ent=
fd^to^, noc^ nact)träglid^ bie montaniftifd^en ©tubien aufzugreifen unb bejog
1832 bie S3ergafabemie bafelbft, bie er gut tiorbereitet, toie er loar, in einem
^a'^re afolbirte, fo ba^ er fct)on 1834 at§ ^^laftifant beim ^robieramte ju
©d^möKni^ eine 33ertoenbung fanb. ^oc^ in bemfelben ^a^ve fam er nun toeiter
at§ ^robierabjuntt naä) SIgorbo, bann 1836 al§ ^üttenmeifter nai^ ©jaPa,
1838 at§ .g)üttenüertoalter mieber nac£) ©d^möHni^ berufen unb enblid§ fe^rte er in
gleid^er ©tellung toieber naä) 5Igorbo in bie Oenetianift^en 3Itpen prürf. <g)ier
fe^te er feine fc^on früher begonnenen geognoftifd^cn ©tubien fort, fammelte
fleißig 35erfteinerungen , me((^e ha^ ^ülaterial ju g. öon ^auer'§ fo n)idf)tiget
paIäontologif(^er 3lrbeit, über bie SSerfteinerungen au§ ben Oenetianifd^en 5ltpen
lieferten. 1839 '§atte er bie greube, 2)to^§ auf einer miffenfd^aftlid^en 9teife
burd^ fein 5llpengebiet begleiten ju bürfen, äugteid; aber aud^ ben ©d^mer^, feinen
Öe'^rer in 3Igorbo fterben p fe^en. 5Jiit ^altmat^er unb Set)bolbt fe^te er bem
großen 2JlineraIogen ein biograp^ifdieS S)enfmal. 1840 publicirte er „S)arftel=
174 g:uct)§berger.
lung be§ S3ei'g= unb .^üttentoefen§ in ^Igorbo", unb bejahte fid^ biel mit ^l)pJD=
meti-if(f)en 9Jteffungen, bei benen er ju einer gana eigcntl^üntlii^en 9luf(^auung
gelangte, ba^ nänilid) bie gjlaffenanaiel^ung ber ©ebirge auf bie 93eftinimung ber
cSpori^onte Wefentlid) ftörenben 6inPu| ausübte. 6r iütirte biefe ^t)pott)e|e in
feinem SBerfe: „Ueber ben ßinflu^ ber ©cftalt be§ £errain§ auf bie ütefultate
barometrifc^er unb trigonometrifd)er |)öt)enmeffung", 1843, meiter au§. SBiffen=
f(^aftlii^ mic^tiger ift feine burd) tiare S)ar[teEung unb umfid)tige Sc^ilberung
au§ge5eid)nete geognoftifd)e Strbeit: „Sie 93enetiancr Sllpen, ein SÖeitrag ^ux
.^enntni^ be§ .^od)gebirg§", 1844, mit einer genauen geognoftifdien ^artc. S)ic
Stufeinanberfolge ber ©d)id^ten ift barin ganj richtig angegeben unb ber rotf)e
©anbftein bereite al§ „bunter ©anbftein" gebeutet. S)a§ fdjcinbare ©cmengc
öon Sßerfteincrungen öerfdjiebener ^Formationen in gleid)er @cftein§Iage Dertuirrte
jcbod) ^•., ba er nid)t ^ureidjenbe paläontologifd^e ßenntniffe befa^, unb bradite
i^n auf bie fonberbare Sbee, ba^ in ben ?ll))en bie ^^etrefaften uid)t al§ ■jie=
präfentanten ber organifi^en S^ormen il^re§ 3£itaUer§, fonbern biclmct^r ber ipöl^e
(Sliefe bc§ ^leercSj, in ber bie fie umfc^tie^enben ^itbtagerungcn [tattfanbcn, anäu=
feigen wären. 2)a§ ^Jionjongeftein bejeic^nct er rid)tig alS 9lugitft}enit (alfo
2lugit4}aitig), föie e§ huxä) neuere Unterfud)ungen beftätigt rourbc. 3tnfang§ be§
^a'^reS 1844 jum ^öergrat^ nad) ©djemniij berufen, leiftete er in 33erbefferung be§
bortigcn .g)üttenproceffe§ .g)eröorragenbeg unb fammelte ba§ 5JtateriaI ju feinen Ujeiteren
^ublicationen: „^Beiträge ju ber 2et)re ber ©rjlagerftätten ber öfterreid)ifd)en
5!Jlonard)ie", 1846. 3)a§ ^ai)x 1848 unterbrach feine amtlid)c S^ätigfeit; er
lüurbe au§ |»olitifd)cn ^^JJtotiöen 1849 au^er S)ienft gefeljt, obloot)! itjn in gleid)em
^ai)xt bie 3lfabemie in 3Bien feiner SJerbienfte Wegen ju if)rem ßorrefponbenten
ernannt t)atte. g- benutzte bie it)m baburd^ geworbene 5Jlu|e jum Seginn einer
@efd)id)te be§ ungarifd)cn ^üttenWefenS , unterbrach aber biefe Slrbeit, aU er
1851 ben 9tuf jur Leitung ber ferbifd)en 93erg= unb Aoüttenanftatten erl^iett. ^n
biefer ©tettung organifirte g. ba§ S3ergtüefen in ©erbten, öerfa^te ein neue§
SSerggefelj für biefc§ ßanb unb errid)tcte unb öerbeffcrte bort öiete ^püttenwcile.
®od) begann er balb ju fränfetn unb erlag nac^ tur^er .^eit in 33elgrab
feinen Seiben.
SBur^bad), SSiogr. fiej. IV. 1858. 393. 5ltmanacf) b. fönigl. Sltab. b.
SBiffenf^. in Sßien IV. 1854. 126. ^^oggenborff, 33iogr. I. 815.
@ümbel.
g-uWcrgcr: Ortolf ^. , geb. ju Sittmoning in Dberbaiern um 1490,
geft. nad^ 1541, ftubirte in ^ngolftabt, wo er jum !i^icentiaten ber 9ie(^te be=
förbert Würbe unb lel)rte in ber g-olge ju 3lttötting bie lateinifcf)e ©pradie.
S)ort fc^rieb er eine tleine ©|3rad)lel)re unter bem Sitel: „Simplicissima pueru-
lorum legere callentiuni in octo partes orationis tabcUaris introductio", Landis-
hutae 1525. 3lüentin empfie^^lt biefe ©rammatif in meljrercn 2}er-fen fel)r
warm. Um 1526 Würbe g. ipofrid^ter au 5)tonbfee unb ©ecretär be§ bortigen
2lbte§ Sodann ^agen au§ 2;egernfee ; jugleid) unterrichtete er bie jüngeren g)^önci)e
in ber ßogif unb 9tl)etorif. ^ier öerfa^te er eine ©d)rift gegen bie ju ^^lonbfee
ftar! öerbreiteten äöiebertäufer: „Äur^e fc^to^rcbe wiber ben jrfaE ber neuge-
rotten 3:auffer" , ßanb§l)ut 1528. äöefentlic^ förbertc er ben ©ebraud) ber
beutfd^en Sprache bei 35el§anblung wiffenfciiaftlic^er (Segenftänbe. Sr gab 1533
bie erfte beutfc^e ßogif l)erau§ (bie aWeite erfdjien 1576 öon SBolfgang Sütner);
biefelbe ift betitelt: ,,3lin grünblid)er flarer anfang ber natürlichen önb red)ten
fünft ber Waren S)ialectifa" , 3Xug§burg bei 2llej;anber äöel^ffen^orn. 2tu(^ bie
erfte beutfc^e Ueberfe^ung eine§ wid^tigen römifci)en 9ted£)t§buct)e§ rü^rt Don i^m
:^er: „Suftinianifd^er ^tituten War^affte Solmetfd^ung", 3lug§burg 1535, ein
äöerf ba§ 1536 ebenbafelbft in ^Weiter unb 1541 ^u ^^ngolftabt in britter 3luf=
pdiiU 175
läge tx]ä)itn. 2lu^eibem befi^en Wix bon il^m ,,2:eutj(^er Jura regulae". 2Iuq5=
Burg 1538.
^rantl, lieber bie siuei äüeften ßompenbien ber Sogif in beutfd^er <Bpxa<^t,
931ün(i)en 1856. Äobott, 23air. ©elel^rtenlei-ifon (5. 242. Srgänjungen
©. 102 unb 333. (Sg. SBefterm al) er.
^^Ütftfcl: @. G'^rift. g. , Dr. med., fürftl. Setbarjt, ausgpjeic^netcr
(Seognoft, geb. 1722 au Ilmenau, geft. im ^uli 1773 ju 9tuboIftabt,
ein toenig Bea(f)teter, faum genannter unb bodE) für bie @nttt)i(ilung ber geo=
gnoftifc£)en 2Stfienfd)ait t)'6ä:j]t Bebeutenber gorfifier, ber mit Sel^mann a(§ ein
SJorläufer äöerner§ angefet)en roerben mu^. ©ein fiefd)eibene§ SluTtreten, ftilles
Seöen in einer fteinen ©tabt, unb jeine in menig öerBreiteten @efeE|d)ait5Jc^riiten
mitget^eitten S3eol6arf)tungen Beraubten i^n ber 91nerfennung feiner ^eit, bie
er in |o l^o^^em d'Ra^t üerbient l^ätte. UeBer feinen i8itbungö= unb SeBen§gang
\ti)lt e§ an »eiteren 9lad)ri(^ten ; mir toiffen nur, ba^ er al§ Slrjt hen größten
Sl^eit feines 2eBcn§ in ütubolftabt öerBrad^te unb baneBen fi(^ aufg eifrigfte mit
ber @eBirg§bur(i)|Drf(f)ung 2:§üringen5 befd)dftigte. S)ie ^auptergeBniffe biefer
llntcrfuc^ungen ftnben fit^ in jmei miii)tigen ©c^riften niebergelegt : ..Historia terrae
et maris ex liistoria Thuringiae per moutium descriptionem erecta'" (Acta
Acad. elect. Moguut. Erf. 1762. Yol. II.) unb „6ntmurf jur ölteften @rb= unb
9Jtenfc^engefif)id)te, neBft 33erfuc^ ben Urfprung ber ©pradie ju finben", 1773.
ß« ftellt g. barin juerft ben SBegriff einer geognoftifciien Formation feft, ben
Söerner fpöter nur meiter Begrünbete unb baburä) bie 3Biffenfd)aft, bie er ©eognofie
nannte, fcfiuf. ^y- ^^^"^^ nämüd), ba^ jeber einzelne 91ieberf(^iag eine 6rbfä)ic^t,
SBanf ober ^J^^lattt Bitbe unb ha'^ e§ eine gemiffe 9iei{)en|oIge öon folc£)en ©diii^ten
QäBe, mel(^e unter gleichen 3}er{)ältniffen unmittelBar naci) einanber entftanben
jtnb. Sine fold)e 9leit)e Bon ©(^it^ten mactie jufammen ein ©anjeS — eine
Formation — au§ : series montana ober montes ab eadem massa eodemque
modo constructi. ^amit mirb 3uglei(i) ein SlBfct)nitt in ber @ef(i)id)te ber 6rbc
be^eiifinet. S^iefe Seigre Bilbet offenbar bie ©runblage ber ganjen ftratograpt)if(^en
(Seognofie. 3lBer no<i) met)r. 5- erfannte jugleid) unb fpracf) es mit aÜer 58e=
ftimmtl^eit au§ , ba^ aEe ©d)ii^ten urfprüngtic^ Ijorijontat aBgelagert gemefen
feien, -unb menn toir fie je^t oft geneigt unb aufgerichtet fänben , fo fönne bie§
nur aU \^olq,t fpätcr ftattgefunbener ."peBung ober ©entung aufgefaßt toerben,
mie e§ bie SBiffenfc^aft audE) je^t nocf) annimmt, g. gelangte na^ biefen 5)}rin=
cipien ju einer @rupBii:ung ber ©efteine S^iüringenS in 14 ipauptfdiiditen, für
meldte er bie SSe^eic^nungen t)orfc£)tägt : 1. ©runbgeBirge mit [teil aufgericfiteten
©(^ic^ten, 2. ba§ rott)e tobte Sager (je^t 9tot^Iiegenbe§), 3. bie ©teinfDt)Ien=
formation, 4. 2Uaunfc^iefer, 5. ba§ Btaue fc^iefrige ©eBirge (21§onf(i)iefer), 6. ba§
rot^e unb 7. toei^e ©c^aalengeBirge (^orpl£)t)r), 8 ba§ mei^e @eBirge (je^t
Söei^tiegeubeS), 9. ber Bituminöfe J?upferf(^iefer mit ©ü^m äff erfif dien, 10. bunfter
gitergel mit @t)p§, 11. gjlet)lBa^ige§ ÄalfgeBirge mit @r^p^iten (ie|t ^ec^ftein
mit Productus), 12. ba§ <g)auptfanbfteingeBirge mit S^ongallen (je^t .^auBt^
Buntfanbftein), 13. rotier ^mergel mit @i)B§ (Ütöf^) unb 14. gjlufc^elfalf. S)en
ipauBtfanbftein unb ben 53tuf(|erf alf , bie Seljmann üBerfet)en l^atte, fü'^rte g.
5uerft in bie 2Siffenfci)aft ein unb öeröollfommnete bie norbbeutfc^e ©(i)i(^ten=
folge, mie fie 30 ^a^xt fpäter au(i) Söerner BeiBe'f)ielt. S)aBei erläutert Jy. bie
Sagerung§Berf)äItniffe burd) feljr !Iare Profile , aud) mar er tool ber erfte , ber
üBer^aupt eine geognoftifd) = petrograp'^ifi^e Äarte lieterte; benn ©mitf)5 erfte
SSerfud^e in Snglanb ftammen au§ ben i^a'tiren 1799 unb 1805.
5JleufeI, 2er. III. 561. §offmann, @ef(^. b. ©eogn. 66.
@üm&el.
176 S-ut^te — pfB^in.
g-ucfltc: Sfol^ann öon ^., gelehrter SL'^eoIog be§ 16./17. Sa'^tl^unbertg,
geB. 3U ''änttüexpen ben 26. 5ioöbr. 1568, geft. ,^u .öelmftäbt ben 26. 9loö6r.
1622 an feinem 54. ÖeBurtStag. 31I§ fleineS i?inb mit feinen ßltern öor ben
©veueln ber fpanifc^en ®tauBen§tt)rannei 2lI6a'§ geflüchtet, fi;üt)Dei-n)nift aber
nic^t ol^ne a^ermögen, erhielt er eine forgfältige geteljrte iöilbung 3U Hamburg,
ftubiite äu ^elmftäbt, Tübingen, 2Bittenberg, bcfuc^te aucE) nocf) einige toeitere
Uniöerfitäten, tourbe 1590 ^agifter, 1616 Dr. theol. ju .^elmftäbt, befleibetc fünf
^a^rc lang, 1603 — 8 eine ^rebigerftelle ju |)ilbe§:^cim an ©t. ;5ncübi, befam
l^ier 1603 einen feltfamen ©treit mit feinem Supcrintenbenten toegen be§ ju furjen
©c^nitte§ feiner -^aarc, toar fpäter megen ^üertuftel feiner ©timme genötl)igt, feine
^farrftelle aufzugeben, marb bon |)er3og |)einri(i) 3^uliu§ al§ 5|3rofeffor ber
S^eologie nai^ ^elmftäbt berufen unb ^ugleirf) mit ber SJermaltung ber Sibliü=
tt)^t beauftragt. SDiefe beiben 3lemter befteibete er bier.^el^n ^a1)xc lang, al§
S)ocent unb ßoltege gefci)ä^t megen feiner einfältigen 2;reue unb ©anftmntl) toie
megen feiner @ete|rfamfeit , beft^äftigt befonberS mit patriftifd^en unb litterar=
l^iftorifd^en ©tubieu unb öerbtent um .^erau§gabe |3atriftifd)cr unb t^eologifcfier
©d^riften, j. 33. be§ S)ialog§ be§ @cnnabiu§ ©t^olariug, ber ©entenjen
3Iuguftin§, be§ 3Et)ftu§, 5[)tarcu§ ©remita, 5[Raj:imu§ 6onfcffor, bor 5(benbmal)l§=
fc^rift be§ 5paf(^afiu§ 9iabbertu§, einer ©c^rift bc§ 5licolauö öon ßlamenge. @r ift
fo ein 33ortäufer ber befonberä burc^ feinen ©(^üler unb (sollegen @eorg ßolijt
begrünbeten l)iftotifrf) gelelirten unb ^ugleid) friebfeitigen 9tict)tung ber .^elmftäbter
2;i)eologenf(i)ute.
®eb^. Sl^eob. 5Reier, Monum. Juliae. 6t)rl)f anber , Diptycha Profess.
©. 91. .^enfe, ®eorg ßalijt. X^olurf, afab. Seben be§ 17. ^aljrl). 11. ©. 50.
SBagenmann.
S'Uttcl: ©ottlieb SSit^etm C^arl ßeopotb ^. , 9Jll)Cologe, geb. am
3. gebruar 1821 ju 9teicl)el§t)eim in ber Söetterau, t am 8. mai 1876 au
Söien, auf ber mdU^x öon Italien begriffen. «Bon 1836—1852 Slpotl^efer,
fpäter SSefii^er eine§ 3Beingute§ ju Dcftrid) im St'^eingau, mibmetc ficf) g. öon
ba ab au§fct)lie^lict) ber 33otanif, fpecicll ber ^^itjfunbe. !Durcf) ©ntbedfung
ja'^lreid^er neuer 3lrten unb bereu 33cröffentlicf)ung in feinen „Fungi rhenani
exsiccati" (Edit. 1, Fascic. I -XXVII, 1863-75, Edit. II, Fascic. I - XXI,
1871—75) t)at er jur ^yörberung biefe§ »^meige§ ber Sotanif nicf)t uner'^eblid)
beigetragen, ©eine ml)cologif(f)en ^ubtifationen , obfd^on nid)t frei öon Un=
genauigteiten, toirtten öielfeitig anregenb. 9ll§ tt)id)tigfte ©c^riften nennen loir :
„5taffau'§ gtora, 5|}^nerogamen", 1856. — „Enumeratio Fungorum Nassoviae",
Series I, 1860. — „Symbolae mycologicae, ^Beiträge jur j^enntni^ ber
r:§einifct)en ^il^e", 1869-70 mit 3 gtaditrägen (1871, 73 u. 75). ferner
bearbeitete ^. bie öon ber sloeiten beut'fd^en ^lorbpolfa'^rt 1869—70 :^eim=
gebrad^ten ^ilje (im 2. 23anbe be§ bei ^. 91. S3rorfbau§ in ^eib^ig erfd^ienenen
9teifelüerfe§ ©. 90—96 mit einer Safel) unb bie öon ^euglin auf beffcn 9teife
nac^ bem ^iorbbolarmeere 1870—71 gefammelten ^pilje (im 3. Sanbe feine§
bei aöeftermann 1872 erfd^ienenen 3f{eifetDer!e§ ©. 317—323), ^nö.
guc^li: f. %m\i
pC^Iin: SutiuS 5luguft g., ein um ba§ (SefängniBtoefen '^oc^öerbienter
^mann. ©eboren am 7. 9(ug. 1815 au ^reiburg i. Sr., ftubirte er in Apeibel=
berg unb ^reiburg unb teanbte fic^ bem äratlic^en Serufe au. 9iad£)bem er eine
Zeitlang ^ilitärarat getoefen, tourbe er 1847 aum .^au§arate bei bem neuen
^männerauc^f^aufe au Sru^fal ernannt. Tlit bem SSau unb ber ginrid^tung
biefeg grofiartigen ©efängniffes tuor ba§ ^eHenftjftem in Säaben aur ©eltung
gebracht toorben, ein ©t)ftem, über bcffen 2Bert:^ fid) au jener 3eit in unb
au^er^alb S)eutfd^lanb§ ein tief greif enb er ^leinungSfamtif entfpann. ^jjiit ber
gfüget. 177
öolten aSegeifterung eines bem 3Cßol)(e ber 5Jtenfc£)'^eit unb inibefonbete ber öefcung
unb aSeffetung ber Derfommenen ©lieber jugetoenbetcn ioerjeng, ioibmete er \iii},
nad) grfennung be§ l^o'^en 2Bert:^§ be§ (5in.^el^aitft)ftemi, ber 5öert^etbigung iinb
aSerbefferung biefe§ 8^ftem§ gegenüber ben ötelen @egnern befjelBen, unterftü^t
f)ierin burd) ben bamaligen üteferenten im ^uftijminifterium, Dr. v. iSageniann.
1851 3um aSorfte^cr ber^lnftalt ernannt, t)att£ er ©elegen'^eit für bie Ibänberung
einjetner Seftimmungen be§ ©trafgefe^eS ju toirfen unb im regften SSerfe'^re mit
äül^lreii^en , bie Slnftalt befud^enben Se^jutationen au§märtiger 9iegierungen unb
für ba§ ©efängniBtnefen ftct) interefl"trenber Männer feine erfa^rungen |)ra!tifd^
p öertt)ertt)en. ßiner erfolgreii^en 2;'^ätig!eit [teilten ftcf) aber, tüie bie§ fo oft ju
ge|(^et)en pflegt, eine ^})tenge in ben aSer^ältniffen ber 5lnftalt gelegener unb befonberS
baburd^ bebingter Setiinberungen entgegen, ba^ bie ^Inficiiten einjelner i^au§=
beamten über bie ©traf^roecfe, mie über bie erforbertid)e S)ur(^fü'^rung§n3eifc ber
©in^ell^att öon ben feinigen bielfac^ abmieten unb in ma^gebenben Greifen ge=
tl^eilt ttjurben. ©o reifte benn ber @ntfct)Iu§, fic^ mieber bem är^ttidien Berufe
p mibmen unb loarb if)m, unter Ernennung jum 3Jlebicinatrat^ , 1858 bie
©teile eine§ groperjogtid^en 3(mt§ar5te§ in a3aben=a5aben übertragen, gut feine
tl)ätigen SBemü'^ungen um bie SBol^lfa^rt ber ©tobt, a}erme^rung unb a}erbefferung
ber IJuranftalten burc^ (Srf^eilung be§ 6I)renbürgerred§t§ geelirt, toie frü^^er burct)
öiete Crben für feinen unermüblic^en 6ifer bei Seitung be§ SSrud^faler S^^^^''
gcfängniffeg , ftarb er, attgemein geliebt unb tJere^rt, am 21. ^ai 1866. ^ie
Sßitttoe fc^enfte bie I)intertaffene 58ibIiot^e! ber SSrurfifaler 3tn[talt unb toibmetc
500 5^. 3u einer ©tiftung für entlaffene ©trafgefangene (g^üe^tin=©tiftung). —
Sie 5lnf($auungen güe^Iin'S finb au§gefüt)rt in feinen berbienftbotten ©d^riften:
„Sie aSe^ieliungen be§ neuen babift^en ©trafgcfe^es aum ^^önitentiarft)ftem",
1853. — „S)a§ neue O^tännerjuc^tl^auS SSrucfifal mä) bem ©t)ftem ber gin3et=
:^aft in feinen baulic£)en ginriÄtungen", 1854. — „Sie ginael^aft na(i) fremben
unb feci)§iä!§rigen eigenen ©rfa'^rungen" , 1855. — „Sie ncueften 9}erun=
gümpfungen ber Sin^et^ft", 1861. — „Sie ©runbbebingungen jeber (Sefängni^-
xeform im ©inne ber @inäell)aft", 1865.
5ßgl. efert, aSlätter f. (Sefängnifefunbe, 2. Sb. (1867), ©. 383—386;
^ol^enborff'e ^Ittg. S. ©trafred)t§3eitung , 1867, ©. 51—54. — ü. Söeed^,
Sab. a3tograpI)ien, I. 271. Seidimann.
^Ügcr: fyriebrid) ^einridf) {y. , .^iftoi-ienmoter , geb. 3u ^5eii'öi''o^n am
8. See. 1751, t päßien am 5. giob. 1818. ^aä) bem 2öunf(^e feine§ a3ater§,
be§ 5paftor§ ^o]. ©abriet fy. in ^eilbronn, foHte firf) ^y. urfprüngüc^ bem ©tubium
ber 9led)te toibmen. 3tber fc^on im garten 9ltter entmidEelte er eine ungeit)ö^n=
li(f)e Stnlage aur ^unft unb ber 2lnblidf ber ©ctilad^tenbilber ßebrün'S nad^
©ticf)en öon ©erarb -itubran machte auf if)n folcfien SinbrucE, ba^ er feinen
9}ater bat fict) ber Malerei mibmen ju bürfen. 3^. fam im ^, 1764 nad^ ©tutt=
gavt unb befuc£)te bort bie I^erjoglidie ^ii(i)mn]<i)uU be§ öot^ringerS 5iitla§
©uibal, be§ beften ©d^üler§ üon 3tapf)aet ^eng§, wetd^er, bai ^latent be§ ©d^ülerg
erfennenb , i^m mit liebeöoCIer ©orgfatt 3ur ©eite ftanb. Ser SInbtirf ber
^Jleiftermerfe in ber '^eräogüi^en ©aHerie machte auf ben ^unftfünger folc^' eine
entmutl)igenbe Sßirfung, ba^ er befdf)lo^ ber ^unft ju entfagen unb ben 2Bunfd[)
feines 3^ater§ ju erfüüen. (5r begab fid^ ju feinem älteren a?ruber nad^ öaEe,
in ber 5lbfic£)t fic£) für bie i^urigprubenj borjubereiten. ^n biefem entfi^eibenben
gjlomente mad^te g?. bie 5Befanntf(f)aft be§ ^rofefforS 6I)ri[t- ^Ibotf Mo^, meli^er
i'^n beftimmte feinen a]orträgen über bie S^^eorie ber f(i)önen i?ünfte beiautüo'^nen.
Sur(^ bie erhaltene Slnregung ermad£)te in i^m neuerbingS bie Siebe jur ^unft;
er fe^te feine unterbrodfienen ©tubien fort, na^m bei 91. b. ©eegner Unterrid^t
Slllgm. heutige SBiogva})'ötc. VIII. 12
178 i!f"9'^'^-
in ber Optit unb 5peii|)cctit)e unb maäjte fot(f)e f^ortf(i)rittc , ba§ et hnxd} feine
^niniaturpDi-trät§ ber ^Profefjoten bie ^uimerffamfeit bev ^allenfer auf |i(^ lenfte.
3ertt)üi:fniffc mit Mo^ unb beffen g^'eunben in ^unftji-agen beranla^ten g. 1768
naä) ßeipjig 3U überfiebeln, wo ex unter Cejer'3 ^^nleitung einen tieferen SinBUrf
in ba§ SiBefen unb ben ©eift ber Stntife gewann. ?luf ^Inrcgung be§ g{att)eg
äöinller unb JlauimannS ^}ii(f)ter, bcren ©ammlungen er {)äufig 16e|ud)te, ina^te
er 3fttu[trQtionen ju 'Jlorifö empftnbfamer Steife, tt»el(f)e mit großem ^Beifall
aufgenommen mürben. ^Jlod) größeren ©rfolg erhielte %. mit bem ^Jiiniaturbilbe
feineä Öef)rer§ ö. ©eegner. ßiner ber .fi'unftfrennbe, ©ir 9iol6ert ^urrai) .^cif^,
englif(^er ©efonbter am fäc^fifct)eu Apofe, lub ben jungen Äünftler ein nadt)
5£)reöben ju überfiebeln, um bort me'^rere $orträt§ anzufertigen, ^ngeeifert Don
feinen ©önnern t)erfuct)tc fic^ ^•. nun aud) in l)iftorif(|cn ßompofitionen. ©eine
©ntmürfe, ©alomo unb bie I)eibnifd)en ©ötter, bie i^fraeliten ba§ golbene ^al6
o^fernb , trelc^e jur StuSfteHung gelangten , Bezeugten fiier^u feinen entfcl)icbenen
23ernf. Um fid) in ber Sedinif ber ^Dlalerei ju öerboüfommnen begab fid) 5.
äurüd nad) (Stuttgart. @r trat mit feinem 2ef)rer (Suibal, meldjcr i^m ha§>
©tubium ber alten italienifd)en ^cifter cmpfal^l, mieber in 3}erbinbung, über=
fiebelte 1774 nad) äöien unb betoart) fi(^ 1776, al§ er f)örte, ba| man fi(^
mit bem ^$lane Befd)äftigte, junge ^ünftter nad^ Italien ju fc^iden, huxä) 3}er=
mittlung öon ('»)i3nnern bei bem !aiferlid)en .^ofe um ein 9teifeftit)enbium. i^n
golge ber 5^ertüenbung 5Birfenftod'§ fanbte ^aiferin ""Maxia 2;l)erefia ben Äünftler
ouS bcfonbcrer (Snabe unb megen feineS großen Talentes — mietüol er ein
„^uStuärtiger" unb an ber 3lfabemie nid)t iufcribirt mar — al§ ^4-^enfionör an
bie lpl)e (Sd)ule ber i?ünfte nad) 9tom , mo er fünf ^a^re bermeitte unb fid)
öorjugSlüeife mit bem Stubium ber Söerfe be§ ßaracci unb feine§ ©c^ülers
S)omened)ino befdjäftigte. ^m ^. 1782 ging er nad) ''Rtapd unb fanb bort
an bem funftfinnigen Örafcn IJamberg einen ^äcen, auf beffen @m|3fel)tung
il)m bie ?luöfül)rung bon biet allcgorifc^en 3;emperabilbern „3U1 @!^re ber
beutfd)en ^JJation" in C'faferta jufiel. Sine 1782 an il)n ergangene ©intabung,
in ruffif(^e ®icnfte ^u treten, lel^nte 5. ah unb folgte 1783 ber Berufung
^auni^'S al§ S^icebirector ber ^alerElaffe ber f. ^.Jlfabemie ber Bilbenben fünfte
in SBien, n)eld)c§ ^mt er am 6. Dctober beffelben :3ol)re§ antrat, ^m 9}ereine
mit 3fluner mürbe fy. ber 4'xiuptbcrtreter be§ (>.laffici§mu§ unb mir!te mit oll'
feiner ^xa]t bal)in, ben ©inn unb ba§ ^ntereffe für bie großen 5tufgaben ber
"^iftorifdjen 93talerei ju beteben. 3}on biefcm ©tanbpunlte au§ mar fein ©trcbcn bal)in
gerid)tet, jungen talentbollcn ^'ünfttcrn, meiere fid) ber 3lufga6c unterzogen, bie
5Rittel 3U Steifen in ba§ 2lu§tanb ju berfd^affen, um an ben äöerfen ber großen
^eifter ©tubien 3U mad^en unb ber 3lfabemie eine Stidt)tung ^u geben, moburd^
biefer S^td geförbert mürbe. 6r fclbft bet^ätigte ben cblen ©eift, toelc^er fein
©treben befeelte burd^ ben „fterbenben ®ermanicu§" (1789), fein erfte§ größeres,
in Söien au§gefüf)rte§ Söerf, bi§ bat)in l)atte er fid^ faft au§fdf)liefeenb ber ^^orträt=
unb Miniaturmalerei gemibmet, gebrängt burct) ja'^lreid^e an i§n ergangene
^^lufträge. gtadf) bem Sobe ©ambac^g mürbe ^•. (1795) jum ©irector ber
^Itabcmie ernannt unb fein SBirfen unb ©c^affen '^oben im ßaufe ber nädE)ften
Sa'^re bie 2Biener 3ltabemic ^u einem ©lanje unb einer Sebeutung, meldte
Za^lreidtje Mnftler au§ 3)eutfd^lanb nad^ 2Bien fül)rte, um ben 5)tann perfönlid^
fennen zu lernen, meld^er einen fo mäd)tigen ßinflu^ auf bie ganze Stid^tung
ber ^iftorienmalerei ausübte unb beffen ©d^üler ii)m fo gro|e Sßereljrung zoHten.
S)ie 3lufzeid§nungen bon ©d^norr unb 6orneliu§ über i^ren SBiener 9lufcnt!^alt,
i'^re SSa^rneljmungen im ä^erte'^r mit g. unb ^auner unb über bie Metf)obe
be§ Unterrid)t§ an ber 5lfabemie fd)ilbern ben @inbrud, meld)en fie bon ben
burd^ 1^. unb 3auner geforberten 33eftrcbungen empfingen. Gefeiert in ben ^unft=
pgger. 179
freijcn unb öteljad^ au§ge,jeid)net üom faifexHc^en .<poic fteftimmte ^. bur(^ biete
^ai)xt bie t)evrf(^enbe 9ticf)tung, ungead)tet er Bereits 1806 bie ©tctle eine§
S)irector§ ber t. 5lfabemie nifbevgelegt unb jene ber ©emätbegallerie im Sctöebere
übernommen §atte, ©eine jofitreid^en f)iftori)d)en ÖJemälbe, in ftoff Ud^cr .pinfic^t
in übermiegenber S^t)l ber @riec^en= unb Siömer^eit ange^örenb, njaren im ^n=
unb ?lu§lanbe fjod) gefc^ä^t. Qu ben bebeutenbften gehören „Säfar'S @r=
morbung" (gigent^um ber 3lfabemie), „©ofrateä öor ben 9ti(i)tern" unb
„6orio(an" (in ber Sjernin'frfjen ©alierie) , „3]irginia'§ lob" unb ba§ „Urt^eit
be§ 33rutu§" lin ber efiemoligen ^rteg'fc^en ©allerie), „3lc^itte§ bei ber Seiche
be§ ^4>atroclu§", „.^omer im i?reifc feiner 3uf)örer", „?Ucefte raei^t \\ä)
ben ©Ottern", „S)ie Seireiung be§ ^:|}romet'§eu§ burd) .§er!ute§", JlpoUo unb
bie '»mufeu" unb „5:ie ©raaien", „5ßenu§ Slnabljomene". ?lu§ Älopftocf'§
^ejfiabe entna'^m er ben Stoff ju einem 6t)ctu§ öon 19 tteineren Cetgemälbeii.
S5on feinen menigen 33ilbern att= unb neuteftamentarifc^en ^n^attS finb bie
i). 53lagbatena, '^Jtbam unb @t)a unb ber i). ^o^nu ber Käufer in ber 33ett)ebere=
gatlerie. Unter ben ja^treidien unb auSge^eictineten ^orträtS ^ebe id) jene bee
^aifer§ ^ofep^ II., ber ©r^tier^ogin gtifabett), ber i?i3nigin Caroline tion 5Zeapet,
be§ (Seneral Öaubon unb feiner i5aitii(ien='^lnge^örigen |erüor. Xf)ei(§ öon i^m
felbft, tt)ci(§ üon anberen Äünfttern ujurben biete feiner SBerfe in Tupfer ge=
ftod)en ober in ^te^nmnier ausgefü'^rt. Söiemot in ben testen ÖebenSjal^ven bur^
fc^merjlic^e Öeiben in ber^;?[u§übungberi?unft bietfad^ gehemmt, blieb er boi^ unermübet
im ©dj'affen. 5lod) fur^ bor feinem 3:obe mar er mit ben a3itbern ju .$?topftod'§
'iReffiobe bef^äftigt. ©eit bem ^. 1790 lebte er mit ^ofefine ^üUer, ber
2od)ter be§ .öoffc^aufpieterS ^riebric^ 5MIIer, in gtüdtic^fter @f)e, bertor fie
aber bereits 1810. äöä^renb be§ SBtener 6ongreffe§ überhäuften it)n bie iremben
^3]tonar(^en mit 9(ufmerffamfeiten, inbem bie meiften fein 'ittetier befuc^ten.
S)ie ^ifabemien ju 5Jtünd)en unb ^^J^ailanb ernannten it)n .^um ö^renmitgtiebe.
güger'ö 33ebeutung a(i .^iftorienmaler tiegt in ben großen ebten S^^^^^ > i^etdie
er at§ Se^rer unb ^ünftla* anftrebte, unb in ber ^^pflege be§ @eifte§ ber 3lnttfe.
Gegenüber bem in ben roeiteften Greifen tief etngemurjetten @inn unb (Sefdimad
für ben SSarodfttjl mar ber 58rud) mit ben bi§t)erigen Xrabitionen altcrbingS fo
gewattig, ba^ g. unb feine fyreunbe unb ©diüter einen fc^mierigen ©taub Ratten.
©0 frmb meiteien Greifen bie ^:pftege bei 6tafftci§mu§ blieb unb bleiben mußte,
meit it)nen nac^ bem bisherigen 33i[bung§gange ^ierju bollftönbig ba§ ^erftäub=
niB fehlte, fo mad)te bod) ba§ ernfte ©treben attmä^tid) tieferen Sinbrud unb
tief pte^t 5ßemunberung Ijerbor. Sine nachhaltige bteibenbe SBirtung tonnten
bie ^iftorifd^en ^öitber güger'S unb feiner ©d)u(e niemals errieten, Weil ben @e=
ftalten bie 5-rei£)eit ber Jße'^anblung, bie Siefe unb 2Bärmc beS ^^uSbrudS, bie
innere 2Ba^rt)eit mangelte, ©trenge unb correct in ber 3eic§nung, entbet)ren fie
.iugteid^ eines frifd)en, warmen Kolorits. 2)aS ©ü^lic^e, äöeic^e unb 3}er=
fd)Wommene berfelben wirft ermübenb auf ben 33ef(^aucr. 'XlS ^]liniatur=^^^orträt=
maier gehört g. ,^u ben bebeutenbften i?ünftlern in SSejug auf ^ein^eit unb
ßleganj ber ledinif Wie auf G^arafteriftit ber Äöbfe.
aSuriba^, Stogr. Öejiton V, 1-3. — ^erb. ':^Ciab , ip. 5üger,_^eine
biografifd)e ©fi^^e in jwei Feuilletons ber ^teuen freien 'treffe, ^a'^rg. 1877.—
6. b. .Öü^oW, @efd)id)te ber 'i'lfabemie ber bilbenben fünfte, SBien 1877. —
Dr. 31. 3lg, S)ie ^ift. ^luSfleHung bex- f. Slfab. ber Mnfte 1877, in ber
Söiener 5Ibenbboft m-. 131. Ä. 2BeiB.
^•liggcr: ^atob 5., 3lugSburger .'panbelS^err , f 1525. %\t berühmte
Familie ber F- fott, et)e fie fi^ in 3tugSbnrg nieberlieB, ber Srabition uac^jn
bem bei ©i^wabmünc^en gelegenen S)orfe (graben anfäffig gewefen fein unb ft(^
bafelbft außer mit ber Öanbwirtlifi^aft mit Soeben unb färben befd^dftigt ^aben —
180 5"99«-
eine ^nmf^mi, bie an ÖlauBttJürbigfeit baburd) gewinnt, bo^ fpätere f^. bic
äöiefen unb gelber, ttield)e 'bai utfptüngtic^e gigent^um ber O^amUie gebitbet
tiaBen foHen unb öeräu^ert toorben tt)arcn, at§ jie nad) 3lug§burg übeifiebelte,
roiebev an fid) bvad^tcn. ^n 2lug§16urg fommen bie g^. ni(i)t jrüt)ci- aU gegen
ba§ 6nbe be§ 14. ^a:§rl§unbevt§ öor. 5J]an nimmt gemöfinlic^ boS Sfa'^r 1370
at§ ben 3eitpunft bev ©inroanberung an. @§ ift bie§ aBev jc£)on jtoei ^a^xe
frü{)er gefrf)e^en. @§ toaren 3tt)ei 33tübev, toeldje nacE) ^^lugSBurg äOQcn, lUrid)
unb ^of)anne§ 9^. 3^oi)anne§ fam banial§ juerft aüein bat)in; erft 1376
fam lUrid) nad). 3)ie 23rübei- Öett)ot)nten öon ba an gemeinfdjaftlid) ein öon
ber eigentlichen 33erlet)r§[tabt rticit oBgetegeneS .^au§. ^n 3lug§burg Wax Bereite
mit 5ßard)ent au§ äöoHe, fVtcid)§ unb ^anf ein fo leb^atter ®ejd^äit§üerfef)r in§
ßeben getreten, ba^ ba§ Ungetb öon ben äBcBermaaren cine§ ber einträgüc^ften
©efälle ber 6tabt bitbete. S)ie Jpeiratt) mit (Jlara aBibolf üerfc^affte bem
Sot)anne§ f^- i"i§ S3ürgerred§t in ?lug§burg. ^Jkd) bem Jobe berfctben fd)ritt
er im ^. 1383 jur ^weiten (5^e mit (Stifabet^ ©ebattermann, tt)etd)e beinat)e
22 ^al^re in „grieb' unb ^reub'", mie bie ^^amiüendironif berid)tet, wäljrte
unb mit fec^g ^inbern gefegnet mürbe. 93ier öon biefen [tarbcn in jungen
^o^ren; nur ^mei ©ö^nc, 3tnbrea§ unb Statob , :|)f(an3ten ha^ @efc^ted)t fort.
So:^ann mar in feiner 3unft ^itglieb be§ großen gtatt)§ unb ftarb 1409. S)er
ältere (5of)n , 3lnbrea§, mu^te ber bäterlid)en ^anbtung bereite einen joldien
©c^mung ju geben, ba| er jid^ Den 33einamen „ber reid)e g-ugger" ermarb,
mar aber babei öoH ©tolj unb Uebermut:^. ^n feiner 6f)e mit Barbara
©tammler öon ?l[t t)atte er met)rere ©ö^ne: einer, 3^afob, ert)iett 1452 öon
Äaifer griebric^ III. ba§ erfte guggefjdie 2Qßoppen, ein goIbeneS 9tet) im blauen
gelbe, für fid), feine Äinber unb Srüber. 2)o(^ ift biefe S;^inie fd)on im 3. 1583
au§geftorbcn. 3)er ^meite ©otjn be§ 3fo^anne§, 3?atob, geb. 1410, tourbc
5öorget)er (^unftmeifter) ber Sard)cntmeber unb ber ©tammöater ber g. öon
ber ßilie. ^n feiner @:§e mit 33arbara, Xoä^kx be§ ^tünjmeifterä Utric^ 33ä=
finger, fiatte er fieben ©ötine unb brei 5Löd)ter. 25on ben erfteren ftarben
3lnbrea§ unb ^o^anu jung unb unöermäf)It ju 3[?enebig in bem gugger='
fd^en ^anbetStager, ebcnfo 5|?eter. ^JtorcuS mibmete fid) bem geiftlid^en ©taube
unb mürbe ^propft be§ 5Jlarienftift§ ju 3tegen§burg unb 6anonicu§ ju ©t. ^ol^ann
in greifing. (Sr ftarb au 9lom im^. 1478, mot)in er fid) jur ^Betreibung eines
^|5roceffe§ bei ber päpfttid)cn 6urie megen ber i^m ©citenS be§ ^^lugSburger S)om=
capitelg öcrmcigerten 5lufnat)me in baffelbe begeben ^atte. Ulric^ (geb. 1441)
ift berjenige gemefen, ber juerft huxä) gefd)idte ®elb= unb (Jrebitoperationen in
ben Sang ber 2BeItt)änbel eingriff. ©d)on im ^. 1473, al§ ^oifer griebrid^
fid) in lugSburg jum 3ug nai^ Xrier rüftete, um ben .öerjog ^arl öon 33ur=
gunb mit ©eibern p bele|nen , begann lUric^ g. mit ben gürften beö .^aufeg
Oefterreid^ bie in ber gotge ju fo enormer .g)öf)e gelangten @elbgefd)äfte ah-
äufd^lie^en. @r lieferte bem ^aifer ba§ feibene unb mollene (Semanb ju ber Oieife
unb erl)iclt bafür für fid^ unb feine Vorüber ba§ äBappen öon ber Silie. 2lud) bic
fleinften ^ort^eile öerfd)mäl)te er nid)t, mie beifpielgmeife burd^ il)n 3llbred)t
S)ürer'§ ©d^öpfungen und) Italien öerfenbet mürben. S3on $apft 2llei-anber VI.
er!oufte er um 1000 Sucaten ba§ ^atronat einer ganonicatpfrünbe bei
©t. ^Jtorij. 1494 öerbanb er fic^ mit feinen SSrübern ju einer ^anbelggcfettfi^aft
mit ©peaereien, ©eibe unb SöoHe noc^ unb au§ Italien, Stirot, ben 91ieber=
tauben, 3)eutfd§tanb, Ungarn unb 5ßoIen. ^n l)o^em mter mu^te er fid) einer
©temoperotion unter5ie:§en unb ftarb an ben folgen berfelbcn im ^. 1510.
©cm ©tamm — er l^attc mit 3}eronica Sauginger fieben 3:öd)ter unb brci
©b:^ne erzeugt — erlofd) mit feinen ünberlofen ©ö^nen. 2)er ameite ©ol)n
^afob gugger'g, ®eorg, geb. 1453, öerl)eirat^ete fidt) 1488 mit Siegina ^m^of.
iJugget. 181
gjlit feinem SBtuber llhi(^ foulte er bie ^äujer auf betn SBcmmorÜ (je^igeS
f5fuggext)QU§). ©eftotBen 1506, ift er bmc^ feine Söfine giaimunb unb
5tnton ber Stammüater ber Beiben ^anptUnien be§ ©efd)te(i)t§ getüotben. 2)er
bebeutenbfte unter ben <2öt)nen be§ älteren ^atoh Ujurbe ber gleichnamige jüngftc
6ol)n. ©cboren 1459, liattc er fic^ urf^iüngtid) bem geiftlicf)en «Staube getoibmet
unb tuar 6anonicu§ be§ im Sprenget bon @icf)[tätt gelegenen ßoltegiatftift§
Verrieben geworben. 'M^ iebod) öier feiner 33rüber in raf^er (^otge geftorben
waren, tie^ er ixä) burd) bie Sßitten be§ ätteften 23ruber§ lUrndf) bewegen, fein
ru'^igeg (S5elef)rtenleben ju berlaffen unb miebet jum ®efd)äfte jurücf^ufetiren. 35or--
erft manbte er fid) nac^ Senebig, um bort im ^ugger'fc^en Sager feine 2t^x\ai)xt
3u beftel^cn. 25enebig War bamal§ unb noc^ lange 3eit barnai^ bie 'i)0^e (5d)ule
ber fübbeutfc£)en Äaufleute. 2)iefer Schule unb einigen größeren Steifen nac^
ben öornet)mften ^Uä^en be§ europäifdien ^anbelS öerbanfte auct) Sa*oB ben
f)o§en ©rab faufmännifc£)er SBttbung , ber i'tin beiät)igte, bem bamal§ f(i)on be=
beutenben .Raubet feines iöaufe§ Jene ^uSbe'^nung ju geben, bie e§ feitbem melt=
berühmt gemac£)t "^at. ^m ^. 1498 öer'^eiratt)ete er ficf) mit ber fc^önen Sibtitta
^rjt, blieb jebod^ in feiner 27iä'^rigen 6t)e finberto§. ®r brad)te ben ^anbel
3U einer foldien i")ö^e, ba| er bie ©efdiäfte in SBoIIe, Seibe unb ©pe^ereien nur
norf) nebenher befrieb unb fid) "^auptfäd^Uc^ auf ^Bergbau unb Santgefc^äfte ber=
legte, ^n Spanien wie in Sirot , in Ungarn wie in ßärnt^en gelang e§ i:^m,
eine gieit)e ber ergiebigftcn Sitber=, Tupfer-, unb 33leibergwerte an fid) ju bringen.
S)er öeränberten ,soanbel§ri(i)tung nac£) Dftinbien wu^te er fic^ ebenfo rafc^ al§
gtüdlict) 3U accommobiren. 150.5 trat er mit ben ^anbel§l)äufern 2öetfer unb
<^oc^[tetter ju einer (Sefellfdiaft aufammen, um brei Sc^iffgtabungen mit leöan=
tif(i)en äöaaren, Wel^e man in S)eutf.c^lanb bi§l)er au§fc^lie^lic^ auf bem Sanb=
Weg öon 9}enebig :^er belogen "^atte, auf bem ueuentbecEten SeeWeg birect au§
Cftinbien p ^olen. 1509 bejalilte er innerl)alb arf)t äÖoc^en 170,000 2)ucaten
an ben . Äaifer ^Jlarimilian , al§ ben SSetrag ber biefem für ben italienifc^en
Ärieg bewilligten ©ubfibien, 40,000 Pon Wegen be§ 5ßap[te§, 60,000 für Spanien,
70,000 für granfreid). 1504 würbe er fammt feinen 33rübern öom ^aifer ge=
abelt, fpäter auci) jum faiferlic^en Slatl) ernannt, ßin glei(f)e§ 5lnfe'^en geno^
er bei ^apft Seo X. , ber i^n jum ^Pfal^grafen be§ Sateran unb eques aureatus
befteEte.' SÖei ber Äaiferwa^l Äarl§ Y. wu^te er baburc^ einen bebeutenben
®influ§ 3" gewinnen, bafe er für bie Soften berfelben über 300,000 fyl. öorf^o^.
Sine raf^e unb großartige ^^Jle'^rung fanb burc^ i^ andt) ber (Brunbbefi^ ber
gamitie. S}on 5Jiarimtlian übernahm er 1507 pfanbWeife um 70,000 fyl. bie
^errfd^aften ^ird^berg unb Söeißen'^orn, ^Jlarftetten, SBuüenftetten, 5pfaffenl)ofen,
^leinfuffenborf unb Sif ent)aufen , 1509 Sc^miel)en; 1514 empfing er bie Se=
le'^nung über bie Pon ben ^appen'^eimS erfauftc .speiffdiaft Siberbac^. SSefannt
ift biefer g. namentlici) aud^ burd) feine Saut^ätigteit. 35on il)m rü:^rt ber
^u§bau be§ f^uggerpalaftS in 3lug§burg "^er; ber neue 6l)or ber St. 2tnna=
Äirc^e perbanft i^m feine gnt[tet)ung. Sin ben 9tul)m feineS ©efc^lec^tl lange
überbauernbe§ 5lnbenfen fieberte er fid^ huxä) bie ©rünbung ber „^uggerei",
jener inmitten ber Stabt gelegenen, in fiel) abgefd£)loffenen Stabt ber Firmen.
@v ftarb 1525, nadibem er in feinem Seftament bie Sö^ne feine§ öerftorbenen
^ruber§ @eorg, Ütaimunb unb Slnton, ju feinen .ipaupterben eingefe^t l)atte.
Unter biefen beiben erlangte bie ^^amiUe il^re "^ödtifte ^lütl)e. S)ie trüber, in
benen nunmehr ba§ gefammte SSermögen bc§ ^aufeg bereinigt War, beWolinten
gemeinfam bie f^fugger'^äufer auf bem SBeinmarft.
Ütaimunb unb 3lnton ^ugger, Söl)ne bei 1506 öerftorbenen ®eorg
5. (f. 0.). 9laimunb Wirb un§ gefc^ilbert al§ eine „fdfjöne, lange unb faft
luftige ißerfon, ftar! öon Seib unb ©emüf^, nid£|t attcin ein befonberer Sieb'^aber,
182 Su39«.
fonbei-n ein ^ater aller tt)at)rl)aften Mto"«"' "»^ fleißiger «nachfraget aller
guten fünfte, bcfonbcr§ ber 5Intiquitäten. 33on ganzem ^ex^en unb ©emüttj
i[t er fanjt, milb nnb gebreid) gegen niänniglirf)en unb infonbcr^eit gegen alle
Firmen gctoefen". Siaimunb ift ber ©tammöatcr ber einen nad^ i^m benannten
gfugger'fc^en ßinte. ^^m würbe in ©emeinfi^ait mit feinem SBruber 9lnton
iene§ faifertid^e ^sriöitegium crftieilt, öon bem ^arl Y. fclbft fagte, ba^ fein
beutfc^er Äaifer jemal§ ein ä^nlic^e§ ertt)cilt ^üU, nocf) eitf)ei(en merbe. S)urc£)
baffelbe tuurben bie 93rüber in ben erblid^en ©rafenftanb be§ 9ieicl)e§ ert)oben
unb it)nen für it)re 5perfon nnb i'^rc ®üter bie üoHe 2anbe§^ot)eit t)crtiet)en.
®iefe§ ^-)au|)tprit)ilegium batirt öom 1. ^Jlärj 1530. 1534 folgte ba§ Weitere
^priöitegium, ^Jlünäcn in (Bolb unb ©über ausprägen ju bürfen. 3)ic Befreiung
tion frembcr ®eri(i)t§borfeit beftätigte ^arl Y. 1541, unb 1548 bcrorbnetc er,
ba^ bie C3üter aEein auf brn 53lanne§ftamm fi(i) bererben folltcn. S)iefcr faifer=
lid^en ^ßriöilegien, fofern fie ber ©tabt 31ug§burg nact)t()eilig, mußten fid) ?tnton
unb 9taimnnb'§ ©o'^nc begeben, al§ fie 1538 in ba§ ^ktrijiat aufgenommen
würben. 2)rei ^al^rc öorl)er l^atten bie SBrüber mit bem %ati) ber ©tabt ba&
3Ibfommen getroffen, jä'^rlid) 800 ©olbgutben al§ ©teuer be^al^tcn ju Wollen,
bafür aber ben ©teuercib nid)t ju leiften. 9taimunb War jeit 1513 t)ermät)lt
mit Äatl^arina, ber 2:o($ter bei @eorg 2:]^ur^o. S)ic C'>evrfc^aft Äird^berg würbe
i^m bon .f?art V. um 525,000 ©ulben au ßigent^um üb ert äffen , Wo^u er nod)
bie <g)errfd)aften ©lött, Dbernborf, ©ablingen, 5Jlic!t)aufen u. a. erlaufte. S3on
©rj^erjog f^erbinanb überna'^m er pfanbweife bie im ©unbgau gelegenen ^nx=
f(i)aften ^^firt unb 3lltfird) fammt ber 5}ogtei ©ent)eim. ©in befonbereg 33erbienft
um bie Söiffenfc^aft erwarb er ficli burrf) bie 3(nlegung einer 33ibliot'^ef unb bie
Unterftü^ung geleierter 3lrbeiten (3. 35. ber „Inscriptioncs sacrosanctac vetu-
statis", ^ngolftabt 1534). (Sr ftarb 1535. ©ein jüngerer 33ruber, ?lnton
(geb. 1493) , ber ©tifter ber jWeiten nad^ i^m benannten .^auptlinie , barf alö
ber l)aubtfäcl)lid)fte 9{e|)räfcntant be§ Ütut)me ber f^ugger'fd)en ^-amilic gelten.
^n feine ^i^'t fallen jene un§ er'^altenen ©d^ilberungen mclirerer Q^itgcnoffen
(SSeatuS 9itjenanu§, ®raf äBolrab bon SBalbed, ^^anS öon ©d^Weinic^cn) über
bie mel)r al§ fürftlii^e ^^-adjt be§ ^^rugger'fc^en ^")au§t)a(t§. 6ine befonbere 93e=
beutung für feine 3^atcr[tabt gewann 9lnton ^. im fc^malfabifc^en .$lricge. 9lug§=
bürg l)atte fid) in bemfclben auf bie ©eite ber öerbünbetcn b^'oteftantifd)en
prften gcftellt. 9ll§ ba§ ^^eer bc§ 5Bunbe§ fid) auflöfte unb^arlV. jur Untere
Werfung unb ^^i'^tigung ber |)roteftantifd)en ©tobte l)cranrüdte, Würbe \X)m
©eiten§ be§ bemofratifd)en ©tabtratl)§ 5(nton Q. nad) Ulm entgegeugefd^irft,
um günftige 23ebingungen für bie ©tabt ju erlangen. SSirflid) gelang e§ aud)
bem gcfd)idten Unterl)änbler , bem freilid^ wie feinem 9lnbcrn bie reid)ften
materiellen Mittel ber Gewinnung unb 33e[tec^ung ju (Sebote ftanben, üon 9Hba
imb (Sranöelta baö S5erfpred)en ju erl^alten, ba^ bie Unterwerfung ber ©tabt
nur eine f^ormalität fein foHe. Xro^bem aber l)atte 9lug§burg nad)mal§ ben
3orn be§ ^aifer§ in einem befonber§ :^ol)en ©rabe 3U füllen. lief Derle^
burd^ biefen luggang feiner SSemü^ungen ^og fid) 3lnton ^. balb barauf für
melirere ^a'^re nad) ©df)Wa^ in 2:irot aurürf. 3ln ber 33erfoffung§änberung,
welche ^arl V. in Slugsburg ju ©unften bc§ ariftofratifd)en ^^rincipS öornal)m,
^at 3lnton feinen 5lntl)eil gfl)abt, fo fe^r auc^ fonft bie 33a^nen, wcld)e bie
©tabt in politifd)er unb religiöfer .^infid)t in ben legten 12 ^a'^ren bor bem
©turj be§ äünftifd^en 9tegiment§ eingcfc^lagen :^atte, feinem ariftotratifd)en unb
altgläubigen ©inn äUWiber fein mußten, ßr ftarb 1560.
Ulricl) flügger, ©ol)n bc§ Siaimunb g. (f. 0. ©. 181), geb. 1526,
urfprünglid^ für ben geiftlid)en ©taub beftimmt. Würbe fpäter Don ^aul III.
3um päpftlid)en Kämmerer ernannt unb lebte längere 3eit in Italien, ^aä)
iJuS9«. 183
S/eutfc£)Ianb jurücEgefe^tt, trat er in SSerbinbung mit oerjcfjiebenen Üteiormatoxen
unb betannte fic^ fpäter^in, aU bev einzige jeincr i^cimilie, offen 3um 5proteftan=
ti§mu§, tüe^^alB er — unter bem 33orn3anbe, ba^ er fein 3}ermDQcn mit @e=
lefjrten unb .^ünftlern öcrgeube — öon feinen SSrübcrn unter ßuratel geftellt
tDurbe, ©päter toar er fogar genötf)igt, öor ben 93eriolgungen feiner ^amilie
(S(^u^ Bei bem -Surfürften griebricE) III. öon ber ^pfalj 3u fudjen. @r toar ein
grünbtic^cr ^ellenift, bct ficf) namentlich bie f^örberung öon correcten 6tafftfex=
ausgaben angelegen fein Iie|. .g)einrid) ©tienne cbirte auf feine Soften öcr=
f(i)iebene grie(i)ifct)e Slutoren , namentlid) 3;enopf)Dn. S)aneben fammette er eine
foftbare, befonbevg an claffifc£)rn unb t)ebraeifd)en .öanbfc^riften reicf)e S5ib(iott)ef.
Stuf feinem lobtenbette beftimmte er fein 25ermögen ju llnterric^t§ftipenbien für
arme ;3ü^ötiTtge , bie SSibliot^ef öermac^te et ber Uniberfität ^eibelberg. 6r
ftarb 1584.
Sot)ann "Safob gugger, ©ruber be§ SSorigen, geb. 1516, ebenfaü§
berüfimt al§ fyörberer berMnfte unb SBiffenfi^aften. SBal^rfifieinlid) auf Sijiang
Olatf) 30g er beffen (S(f)üter Slntonio -pon^ano nad) 3tug§burg unb ließ bur<i)
it)n bie inneien 9täume be§ ^^uggerbatafteg mit J^xt^Un auSfc^mücf en , nac£)bem
bie ^uBentoänbe unb ber innere öof bereit» unter ^afob bon bem jüngeren
Surgfmatr unb 3tlbre(^t Slttborfer mit tjcrrtii^en ^ytesfen gef(i)mücEt morben
maren. 1565 trat er in bie ©teufte be§ ^erjogS 2Ubre(i)t oon S3at)ern unb
tDurbe fpäter beffen .^ammerbräfibent. @r ift ber 33erfaffer ber „Söa'^r'fiaftigcn
:Befcf)reibung be§ Dfterreict)if(i)cn unb "^abSburgifc^en ^ia^mens, ^erfommens,
(S)ef(^Iect)te, üox'tpftanäung" ic, Lotion ber öon ©. üon 35irdEen l^enü^renbe be=
fanntere „S:piegel ber (5f)ren be§ '^öctiftlDblirfien Äat)fer= unb ^ötiiglid^en @r^=
t)aufe§ Defterreicf)" (Nürnberg, 1668) nur ein ungenügenber StuSjug ift (ögl.
^0^. &)x. öon Slretin, Beiträge jur @cf(^. unb Sitteratur Jc, S5b. I, 4, ©tütf ;
unb Otanfe, S)eutf(i)e (S5ef(i)icf)te im 3eitalter ber ^Deformation, 4. Stuft. , Sb. I,
33eitage S. 343 flg.). ©leic^ feinem ©ruber toar aud^ er eifriger «Sammler:
.Öieront)mu§ 2Botf 1)atk längere 3eit o.i^ S5ibliotf)efar in feinen 5Dienften geftanben.
(Ir ftarb 1575. ©einem Stnbenfen ift ba§ ücn Äönig Submig I. öon SSaiern
errichtete (Stanbbilb in Slug§burg gctoibmet.
inarcug gugger, ©ot)n be§ Stnton fy. (f. 0. ©. 182), geb. 1529, S5erf affer
be§ erft^n in S;eutfd)lanb erf(i)ienenen beutfd) gcfdtiriebenen 2Ber!e';-> über ©eftütämefen,
5Reitf(i)uten k. 3lu(^ auf bem ©ebiet ber Äircf)engefd)i(^te {)at er fic^ burc^ eine
beutfc^e Ueberfe^ung ber 18 SSüct)er liistoriae ecclesiastioae be§ Nicephorus Callistus
befannt gemad)t. Sein erftgenannte§ 2ßer!: „2Bie unb too man ein @eftüt
öon gutten ebeln ßrieg§roffen aufrid)ten foH", bilbete einen öort^eil^aften ß5egen=
fa^ 5u ben bi§ 3ur ^eit ber 3teformation in lateinifi^er ©prarfje erfcf)ienenen,
öon W6nd)en unb anberen (Jom^ilatoren öerfa^ten ©ammeltoerEen , meiere fic^
nac§ %xt ber .g)ippiatrifer be§ 2ltert^um§ toie nad^ bem Vorgang bt)3antinifci)er
@ete!)rten mit X^ex^mijt unb 3:^ieri)ei(funbe befaßten. 5)er erften 3lu§gabe beö
2ßerfe§ (1578) folgte balb bie ^meite Sluflage unb 1611 (nad^ bem 2:obe beg
25erfaffer§) eine britte. "Dleue 3lu§gabe öon äöolftein , 2 23änbe, 1788. (©gl.
Sftoffig, -^ragmat. ©efc^. ber Decon. u. ßameraltoiffenfd)., 1781. 5xaa§, ®efd^.
ber 2anbbau= u. gorfttoiffenfc^aft , ^Jlünd)en 1865, ©. 45 f.) ©ermätjlt mit
ber ©räfin ©ibtjUa öon ßberftein, tourbe er ber Stifter ber im ^. 1671 toieber
exiofcfienen Dtorbenborfcr ßinie. 6r ftarb 1597.
5 rang gugger, ein (änfet be§ ©origen unb ©o^ be§ 5Jlünct)enet
^ämmerer§ unb Dberftattmeifterg SInton g., tourbe 1612 geboren. @r na^m
in baierifdEien 2)ienften anfangt unter SBallenftein unb 'tiierauf bei bem §eere in
©dt)tt)aben am 30jä^rigen Kriege %1)dl, nat^ beffen ©eenbigung er 1649 al&
@eneral=5elb3eugmeifter jum öouöcrneur öon ^ngolftabt ernannt mürbe, i^n
184 SuQSe»;-
bieder ©teltung, in iceld^ev er fi($ burd^ feine 5-ür|oi-gc yüv bie i^eilung ber
^riegSfc^öben fet)r belieöt mad^te, öerHieb er, bi§ 1664 bie brot)enbc 2:ürfen=
gefall- i^n öeranla^te, in fdjerlic^en 2)ienft ju tteten. Untei- ^Jiontecucuü jog
er mit naä) Ungarn unb fanb bort in ber <B(i)laä)t beim 2)orfc ©ott^arbt an
ber Uaah am 22. ^uli 1664 ben 2;ob.
Pinacotheca Fuggerorum in Kierchperg et Weissenhorn. ße^te ?Iu§go"6e
öon 1754. ^s. ö. ©tetten, ©efdiid^te ber abeligcn @ef(f)tec^tcr in ber freien
gici(^§ftabt 3tug§16urg, 1762, 3eitfcC)rift be§ "fiiftorififien S3erein§ für ©d^toaben
u. Nienburg, 1874. ©erftner, ©efc^ic^te öon ^ngolftabt, 1852.
ßt)rifti an ^31 et) er.
Otto ^einrid^ gugger, (Sraf ju 2Seifeent)orn, furbaierifctKi" -^peerfütirer
im 30jä:^rigen Kriege, geb. 1592, t 1635 ju 5lug§burg, ©ot)n 6^riftopt)'§ g.
öon ©tött, eine§ ©nfelg öon Inton g. (f. o. ©. 182;. SBon ben öielen ^}tit=
gliebern ber Q^amilie g^., metd£)e im SOjä'^rigen Kriege il)r ©dtimert unb tfjeitoeife
if)r 33ermögen ber fatt)olifc£)en ^aä)t 3ur S5erfügung fteüten, ift Otto .^-^einrid^
ber t)erborrogenbfte. 6r begann feine Saufbatjn in fpanifd^en J^rieg§bienften unb
^mar tiermut^lid) erft 1617, in tt)etd)em3iat)re er am Jeli^PSe beg ö[terrcirf)ifd^=
fpanifd^en .^eereS gegen 5}fnebig unter bem fpanifi^en ©tatf^atter öon ^Jlailanb
S)on ^Pebro be 2oIebo X^cil na^m unb bei ber 33etagerung öon i^erccEi jum
Oberften ernannt tourbe. Unb ai^ bann ber ilricg in SSb'^men toäbrad), warb
er in feiner .Speinmtt) ©dt)maben 2:rup:pen für ben Äaifer, füdf)t unter Soucquoi
in ber ©ditai^t am loei^en 33crge bei ^rag unb fotgte bemfelben naä) Wd\)xen
unb Ungarn, ^ad^bem x^. nad^ 23oucc|Uoi'§ Sobe unter Garaffa gcftanben, be=
fe'^ligte er 1623 unter dolalto abermals gegen bie Ungarn, rüdfte jeboc^ im
folgcnben S^a'^re mit ben unter bes Sedieren Oberbefet)l bem 9Jlard£)efe ©pinota
jugefd^icEten ^ülfätruppen nadf) ben 5liebertanben ab unb na'^m an ber benf=
mürbigen Setagerung öon Sreba 1624 — 25 2t)eil. ^)iad^ bem ^^aUe biefer
i5feftung n^urben 6olalto'§ 2:ru|)t)en ju SBaHenftein abberufen unb i}. mad£)te in
iJolge beffen be§ ^ricblänberS ^ug nad^ ""Jiieberfadtifen mit. 3in ben i^al^ren
1629—31 befanb fy. fid) bei ben toegen be§ 9Jtantuaner @rbfo(grftreit§ gegen
^axl (Sonjaga aufgebotenen faiferlid)en 2;ruppen in Obcritalien, trat aber nad^
gef(^loffenem i^rieben au§ !aiferlid£)en in baierifdf)e S)ienfte über. (Sr errid£)tete
für bie fiiga neue 9tegimenter, an bereu ©pi^e er aU baierifd^er ©eneralmadtit^
meifter nad) ipeffen jog, um ben Sanbgrafen SEßil^elm öon ber Union ju trennen.
@§ gelang i'^m aud), ben Reffen ba§ ©tift ^^ulba abpne'^men, unb er toar fd)on
im 33egriffe auc^ im ©tiftc .^et§felb öorjugtlien, al§ ber unglüd£lidf)e ?lu§gang
ber ©{^lad£)t bei ßei|)3ig i'^n nötl)igte , jur SSerftärtung SiEt)'^ ab^urücEen, mit
tt)el(|em er fid) bann bei ^-ri^lar öereinigte. ^mS- 1632 rüdte er unter Jittl)
nad£) granfen ab, mobei i^m bie einnähme öon SBinbS'^eim unb 3fiot^enburg
äufiel, unb l^ierauf nad^ ©ditoaben jurüd. %U nad) 3:illt)'§ 2obe anbringen
ben Oberbefel)! erl^ielt, trat aud^ g. unter beffen ßommanbo, mürbe jebod) balb
barauf ^um @eneral=6ommanbanten öon SSaiern unb jum felbftänbigen 33efe:^l§=
l^aber ber ^eerabtl)eilung ernannt, metd)e bie baierifdtjc Söeftgrenje berfen foKte.
@r l§atte bereits ßanbSberg ben ©d)meben lüieber abgenommen, al§ er mit
6000 Wann §ülf§truppen jum !aiferlid^=baierifc^en .gjaupf^eere abberufen mürbe.
"^0^ red^taeitig traf er äBattenftein öor Stürnberg an, um in ber ©d^lad^t gegen
bie ©d)n)eben mitmirfcn ju tonnen. aBäl)renb SBaüenftein l)ierauf nadt) springen
öotrüdte, !e:^rte g. unter mitbringen mieber nac^ ©d^maben aurüd. ?lu^ 1633
öerblieb er unter be§ Sedieren Oberbefel^l unb na^m an beffen gelb^ug nad) ©Ifa^
gegen Sernl)arb öon SBeimar 2;i)eit. 3llbringen mürbe genötl)igt fic^ in§ innere
S3aiern§ äurüdäuaietjen unb al§ berfelbe 1634 im treffen bei 8anb§t)ut gefallen
toar, trat ^. an feine ©tette al§ gül)rer ber i2)eerabt^eilung. ©r bet^eiligte fid^
ptiric^- 185
an ber SBelagerung bon 5Regen§16urg , unb a(§ nacf) UeBergaBc bieder ©tabt bic
@c£)roeben unter .^orn nad^ ©c^föaben jurücigegangen toaxen, TÜcEte er nad^
^örblingen Dor. 9lod) föäl^venb ber Setagerung biejer ©tabt mu^te er jebod^
ben OBcvbefe'^I an Äart t)on Sotl^ringen übergeben, na^m aber tro^bem @elegen=
l)eit m in ber barauf folgenbcn ©d)(acf)t in l^erborragenber 2Beife auSjujeit^nen.
1635 h)urbe 5. ^um faiferlid)en ©ouöerneur in 3lug§burg ernannt. Sn infolge
feiner Unbulbfamfeit t)ermod)te er ni(i)t, fid) in biefer Stellung beüebt 3u machen.
S)ie Slbfe^ung be§ ^roteftantifc^en unb SBiebereinfe^ung be§ fat^otifc^en 9tat^e§,
bie Stuj'lage bebeutenber Kontributionen unb anbere 23ebrürfungen , namentlich
be§ proteftantifdjen £l§eile§ ber SSürgerfc^ait , üeranla^ten eine ^lage berfelben
beim ^aifer , in ^^otge bereu er ber ©tatt^^alterfd^ajt enf^oben marb , momit
freilief) bie bur(^ it)n t)erüorgerufenen ärgerlid)en Raubet if)r 6nbe nod^ nicf)t
fanben. @r fetbft blieb 23efe^I§f)aber ber 33efa^uug§truppcn. 3tl§ fotd)cr ftarb
er oudf), mit <^interlaffung üon 18 ^inbern au§ jWeiter 6f)e. -Dbtool fein fe^r
bebeutenber (Seneral, ^at 3^. ber !at£)oIif(^en ©ac^e boc^ toefentlid^e S)ienfte ge=
leiftet; öon Äaifer fyerbinanb ttiurbe er be§toegen in ben ©rafenftanb erl^oben
unb ber .^önig bon ©panien öertie!^ i§m ben Crben be§ golbenen 3]Iie^e§,
Sauden, ^iftor. |)etbentejifon , 1716. $. ö. ©tetten, ©efd^. ü. 2Iug§=
bürg, 1758. ^cilmann, ^rieg§gef(^ici)te 2C., 1868. Sanbmann.
t^Üljrtd): Sofef 9iitter b. g., ^iftorienmater, tourbe am 9. ^febr. 1800
äu ^ra^au, einem ^toifc^en 9teid^enberg unb 3^ttau unweit ber bö'^mifct)=fä(^fi=
f(f)en Örenje gelegenen £anbftäbtc£)en geboren, roo fein 25ater ba§ (Semerbe etne§
bürgerli(i)en Stnftreic^erS , 5)taler§ unb 2}ergotber§ betrieb unb na(^ 2lrt ber
Sanbleute bom ßrtrage einiger ©runbftüde lebte. S)ie Sugenb= unb ißi(bung§=
gefct)i(^te ^•ü'^ri(i)'§ , toelc^er o^ne anberen Unterricht, al§ i^n eine gett)ö'^nli(f)e
S)orff(i)ule bietet , fiel) bom -Hirtenjungen 3U einem ber bebeutenbften .^ünftler
unferer Qnt em|)orarbeitcte, ift eben fo intereffant al§ le^rreid). ^Jiac^bem ber
junge f^. bie ©lementarfc^ule feine§ ®rburt§orte§ , n)el(^e fic^ in feiner SBeifc
bon ber eine§ ®orfe§ unterf(^ieb, burc^gema(i)t, t)ütete er toä^venb jtoeier ©ommer
bie .^ü§e unb ©djafe, inbem er nebenbei feinem 33ater beim 5lnftreid)en bon
©(i)rän{en, Söettfteüen unb anberen ®erät!§f(f)aften l)alf. äÖie einft ©iotto,
^eid^nete ber Jlnabe in feinem .Ipirtenleben aüe @egenftänbe, Ujelc^e i^m bor=
f amen :- 2:t)iere unb 5Jtenfii)en, 23äume, f^clf^n unb Söafferfätte, jeboc^ meift au§=
menbig, o^ne bie 'Dtatur ju 9tatl)e p 5iet)en. (Sine mit .§oläfd)nitten au§geftattete
SSibel unb einige .^upferfti(^e , bann bie in ben näct)ftgelegenen .^ird£)en befinb=
liä)tn 5l(tarbilber regten ben ftreng fatl^olifd) erlogenen faum 14jä^i-igen .^naben
an, fi(^ in fir^lid^en S)ar[tellungen ^u berfud^en. @r matte nun, o'^ne je Unter=
ric^t im 3f^nen erlialten ^u ^aben, bie berfcE)iebenartigften SBilber, fogar ?Utar=
blätter, rabirte auf .^ubfer unb ermarb fidf) buri^ biefe SIrbeiten in feiner bon
altem SBeltberfe'^r abgefdE)loffenen ."peimatl) ein gemiffeS 5lnfel)en, toe^alb (Üraf
©"^riftian bon 6tam=®aKa§, ju beffen iperrftäjajten ^ra|au gehörte, fid§ beran=
la|t fül)lte, ben jungen Äünftler ju unterftü^en unb it)m ben Sefud^ ber .ßunft=
afabemie in 5prag ju ermöglichen, ©iebje^^n ^at)re alt trat f5r- in bie ©df)ulc
be§ bamaligen 3lfabemiebirector§ 33ergler ein unb begann feine ©tubien nad^
ber l§er!ömmlid)en afabemifcl)en Lanier, inbem er gleidEjjeitig feine fel^r mangel=
l^aften .ff'enntniffe 3U bereidE)ern fudE)te. 33ei ber überroiegenb poetifd^en Einlage
be§ jungen .^ünftlerS toaren e§ begreiflidjer SBeife bie S)i(i)ter, mel(^e i^n an^
3ogen, 3unädf)ft mirlten beftimmenb auf i^n ein ©d^iller, 2;ierf, 9tobali§, ©(Riegel
unb Söadenrober. Uebrigen§ mar e§ leine regelmäßige Sectüre, meldte ^. be=
trieb, eben fo toenig al§ er ]iä) an ein ftrenge§ !ünftleiif($e§ ©tubium gctoöl^nen
fonnte. Unfid£)er '^in^ unb !§ertaftenb, laä er Ütomane, @efd)ic^t§bü(i)er, ^ir(i)en=
bäter, ©treitf(f)riften unb toiffenfd^aftlid^e ?lbl)anblungen ol)ne gro^e 3lu§mal)l,
186 güI)Ti(3^.
matte bie öerfc^iebenattigften Silber, seic^nete jür bie SBo^mann'fc^e ^unft^anb=
lung in ''^xaq eine 3fteit)e öon 6ümpo[itionen au§ ber bö^mi|(f)cn @ej(^id)tc unb
neigte fid) mit ßntfc^iebentieit ber eBen Mü'^enben romantifdjen 8(^ulc p.
g^eben mefirercn SHufttationen p 33iivgcr'§ „äöilbem Säger" nnb einer mc]^r=
mat§ umgearbeiteten ßompofition beS „S3ater llnfer", entftanb roöfivcnb feinet
^Präger 3luTent^alte§ ein 6t;ftu§ öon 15 ^eid^nungen ju 2:icd'e (Henofeba, tueld^e
suerft bie aEgemeine 3tufmerffamfeit auf ben 25jä'£)rigen SSerfrrtiger Icnften unb
i^m eine i^enfion pr Steife nad) i^talien öerfd)afften. ^n 9iom fc^tü| fid) f5f.
an Oöerbed, S3eit, J?o^ unb ©d^norr an, unb arbeitete gemcin|d)aitli(^ mit
biefen an ben ^^freSfen in ber 2}itta ^Jlaffimi, wo er brei urfprünglid) Düerbed
übertragene a3ilber au§ SLafjo'S befreitem :3erufatcm nac^ eigenen ^bcen üott=
enbete. ©in grau in grau gemalter S^rieS, meldier ba§ ganje 2:affo=®emad) um=
3iel§t unb hu einzelnen 33ilber berbottftänbigt , mürbe jum größten 3:i)eil öon
f^. com^ponirt unb au§gefüf)rt, meil Döerbed 9iom berlie^, um bie '$ortiuncula=
ca|)clle in 9lf[ifi au§5umalen. ^Jtad^ 33oIIenbung ber f5frc§fcn in ber S5iIIa ^Ma]\x=
ini menbete g-. feine 2f)ätigfeit beina'^e au§fd)Iiefelid) ber retigiö§ fird)lid)en
9tid)tung ju unb feierte nad) brcijäfjrigem ^;!lufcnt()altc in 9t om unb nad)bem er
jule^t in i^torenj einge^^enbe ©tubicn ber bortigcn älteren i'^unftraerfe gemad)t,
al§ ein öon ganj (Suropa anerfannter unb geehrter i?ün[tler in feine .^eimat^
äurüd, wo er feit bem ^. 1834 er[t al§ (iuftoä, bann al§ ^rofeffor an ber
!aiferl. 3lfabcmie ju 2Bien einen au§gebet)nten 2ßirfung§trei§ fanb. <g)ier Be=
grünbete er eine ßomponirfd)ule , l^ielt öffentliche $ßorträge über gefd)id)tlid)e
Äunft unb öerfammelte um fid) einen Ärei§ auäge^cid^neter ©d)üler, öon bencn
S)obt)af(^of§tl^ , Smlcr, Älein, ßebert, ^Jlabjera , 3loltfd^, 9tein'^art, ^:]ß(attner,
©taubinger, <Sd)önbrunner, Sogler unb bie beiben äöörnble fpäter'^in al§ tüchtige
ßünftler be!annt Würben. 2ll§ au§übenber ßünfller fertigte er nad) feiner 9iüd=
!e^r au§ ^Jtatien juerft eine gro^e 3eic^nung für ben ^^ürften ^Jlettcrnid), bie
Begegnung Satob§ unb ber 9f{a(Jel barftellenb; bann Würben äiemlid) gleidjjeitig
einige 3lltarbilbcr, barunter ein gro^e§ für bie Stabtlirc^e ju ^4>adau, in Eingriff
genommen unb al§ 'Jtebenbefd)äftigung bie fc^on früher gejeidineton ^(ünftrationeu
3ur (Senofeba in Tupfer rabirt. S)iefen Slättern folgte ein fernerer 6l)Etu§ öon
11 geberseic^nungen : „5)er 2:riump:^ 6t)ri[ti", weld)en g. fpätert)in (1839)
ebenfalls rabirte unb für welchen i^m bie gro|c golbcne ^lebaitte öeiiict)en
würbe. Ununterbrod)en fleißig unb mit großer 2eid)tigleit arbeitenb, fertigte
ber Äünftter jwifdien 1829, al§ er au§ Italien jurüdfc^rtc unb 1854, al§ x^m
ber Sluftrag ju %l)di würbe, bie 5llt=2erd)enfelberfird)e in SCßicn mit f^veSten
auSpftatten, eine fo gro^e 3ln3al)l öon ©emälben, ^^^'^^^^Q'^" i^^^ Ütabirungen,
ba^ e§ gerabep unmbgtid) ift, auä) nur bie ,g)auptWerfe aufp^äljlen. 35et
feinem raftlofen ©djaffen öerfiel er nie in i^lüd)tigfcit ober Dberfläd)lic^!eit ;
glei(^ bem S)ürer unb Seno^jo (Soj^oli fül)rte er jebe§ ^Pflänji^cn im 3}orber=
grunbe , jebe ^inie be§ ^intergrunbe§ mit gleidjer Siebe unb (Sewiffenliaftigfeit
au§. S)em obigen gf^traume getreu an bie burc^ Ütabirung, ©tid) unb ßitf)0=
grap'^ic mel)rmal§ öeröielfältigten Äreujwcgftationen, Welche er in je öerfd^iebenen
ßompofitionen jwci ^tal, nämlid) auf bem ©t. Sorenjbergc in ^rag unb in ber
So'^anneS 9lepomu!firc^e in SBien al fresco ausführte; bann bie Delbilber:
„6l)riftu§ auf bem 2öcg jum Delberge" — „Sofua mit feinem §eere öor 3te=
rid)o" — „®ie trauernben i^uben" — „S3oa§ unb giutl)" — „^Jlaria unb
Sofef auf ber 9teife nad^ Setl^lel^em" — „5D^ofe§, Wie er öon @ott bie ®efe|=
tafeln erl)ält" — „ß'^riftuS Wäl^renb be§ ©turme§ im ©d)iffe fd)lafenb" — „S)er
Xraum be§ 1)1. ^ofef" - „2)ie ©eburt 6l)rifti" — „2)er 5ifd)äug $etri" —
„S)a§ Urtl)eil ©alomoni§" — eine peta unb öiele anbere 3e'd)"ui^9en unb
Gelgemälbe, weld)e fic^ in .^ird)en, öffentlidien ©allerien unb ^riöatfammlungen
pfjtic^. 187
Befinben unb bie burc^ Sif^ograp'^ie ober (Surf) in ben lüeitcften ^rcijen fiefonnt
gctüorben finb. S)ei- 33ilberct){lu§ in ber 2llt=ßercf)enielberfit(i)c bejeid^net einen
befonbeven 3ll6f(^nitt in i5'ü^^"irfl'^ Sebcn. S)ie Leitung be§ ganzen 2Berfe§ war
if)m antiertraut unb bcr ©runbgcbanfe getjört au§fc^lie^Ii(^ feinem (Reifte an.
S)ie Sßorl^attc ^eigt bie ©c[)öpiung§gefd)i(i)te in i'^ren 5Bejief)ungen ^um neuen
2:e[taniente, ba§ ©d^iff entt)äit bie .^auptmomente au§ bem ßeBen (lt)rifti, am
Srium^j'^Bogen [inb 33erf(drung unb 5]erjpottung bc§ ^eilanbg ongeBracJ)t unb
in bei ^u)}|)el bie adfit ©eligfeiten. 9lI-§ ^auptbilb für bie Slribune Würbe bie
S)reieinigfeit gewählt, untert)al6 berjelfien ber geöffnete i^immel mit feinen 4^ei=
ligen ^lereinblidt. 2ln biefe ißilber reil^en fic^ äatjlreidie in ben ©eitencapellen
befinblid^e an, beren ?tu§fül^rung bie 5)ialer j?u|)elti)iefer, ©diulj, 6b. (Jngertt),
SBinbcr, SlaaS, 2)ol6l)afd^Df§fi), 6. 5[Rat)er unb ©i^önmann übernat)men. S)ie
SSerf^eilung ber 5Irbeiten unter fo bicle Äünftler wirtte atlerbingS etWag ftorenb,
roar aber ni(i)t ju üermeibcn in 2tnbctrad)t ber öorgefc^rieBenen furzen 2lu§=
fül§rung§5eit. SBegen feiner um biefe l^irc^e erworbenen SSerbienfte würbe 5.
1861 in ben Siitterftanb erhoben unb mit bem Drben ber eifernen Ärone au§=
ge^eirfinct, na(f)bem er bereits ba§ Oiitterfreu^ be§ ^äpftlid)en (Sregoriu§orben&
unb be§ baierifd^en 5[Riifiaet§orben§ ert)alten l^atte. £)ie 5lfabeinien 3U 5Jlün(i)en
unb SSerlin ernannten it)n 3u i^rem ^Ritgliebe, ^aifer ^Jlojimilian öon ^Jlejifo
überfanbte it)m ba§ Officicr§freu3 be§ @uabe(u|3eorben§ unb ^apft ^iu§ IX,
Wegen eine§ mit SRiniaturen ber^ierten ^Jtiffale ba§ 6omtf)urfreu3 be§ @regor=
orben§. '^Jlit june'^menbem 3llter nal^m bie S^ätigfeit güf)ri(i)'§ e't)er ju at§
a1), auc§ äcistc t^inc f(f)ö:pferifc^e .^raft nic^t bie minbefte 9tbnaf)me. yiad) SSoE=
enbung bcr ?t(t=ßerd)enielber 23ilber Würben bie geiftreid)en 33tätter: „'Sie Äird)en=
ul^r" unb „S)a§ alte unb neue 9iom" au§gefüt)rt, bie üixdjt bon ©d)önUnbe im
norblidtien 33ö^meu erfiielt ein fd^öneS ÜJlabonnabilb, e§ entftanben jWei felir
bebeutenbe @emälbe für bie frei^errlict) ©t^ad'fd^e @aEerie in 5J]ünc^en unb ein
britteg für bie pä|)ftlid)e 9luntiatur, Worauf ber Jlünftler ^wei gro^e ?tltarbilber
für bie ©tift§firdt)e ju 9taigcrn in 5}läl)ren matte, liefen folgten ein 3lltarwer!
für bie Äirc^e in SöSlau bei Söien, ein für ben Kronprinzen Üiubolf int Sa'^re
1870 beftimmteg S3ilb, ben „Kaifer 9tubolf öon .g)ab§burg unb feine Begegnung
mit bem ^Priefter" barfteltenb, bann ein oom ^jßrälaten Söillim p Sßien beftellteg
@emälbe für einen ^auSaltar. Söenn Wir nod^ jWei bem 5]3urgatorio S)ante'g
entnommene dompofitioncn für ben Äönig i^o^ann bon ©ad)fen, eine 9teif)e
üon 3lquarellen für ben ©rafen bon ß^ernin, eine gro^e ©arftetlung be§ 9lbenb=
ma'^teg für ba§ 9tefectorium be§ Kapu3iner!(oftcr§ in Söien unb ein gro^e&
^Ittarbilb für bie Äird)e bon Storferau nennen, gefcf)iel;t eg niii)t fowol um
biefcg 35er5eicf)ni^ jn öeröoUftänbigen, al§ um bie ausgebreitete 2;f)ätig!eit unb
ben 5p'^antafierei^"t^um bc§ i?ün[tler§ nät)er ju beseid^ncn. ^m ^. 1872 würbe
5- auf ®runb eine§ neuen ®efc^e§ penfionirt unb il)m ^ugleid) bag 6omtl)ur=
freuä bc§ öftcrreic^ift^en gran3=3ofefg=Drbeng öerliel^en. S)iefe ^^^fni^onirung,
weld)e gegen feinen äöunfcl) erfolgte, crl)5t)te nur bie 5Xrbeitgluft b.'g nod) immer
iugenbfrifrf;en J?ün[tlerg, inbcm fie i^m äugleic^ größere ^Jlu^e für feine bielen
Unternet)mungen geWölirtc. ©eit biefer ^fit pnblicirte er ben mit 30 S^\^=
nungen auggeftattcten ^falter unb bag 23u(^ beg 2;l)oma§ t)on Äempcn bon ber
^3lad)folge 6:§rifti mit me'^r alg 50 i^Üuftrationen , ferner bie (Sr^älitung bom
„S5ertorenen ©oline" in ac^t blättern, bag 33u(^ Sfluf^ unb „S)cr arme ^ein=
rid)". Welche äöerte mit 5lugna'^me beg Verlorenen ©ol)neg in Sllptiong S)ürr'&
Sßerlage ju ßeipäig erfd)iencn finb; frü'^er bereitg erfd)ienen bon i^m ber „33ct^=
le^cmitifi^e äßeg" unb „Sr ift aufcrftanben", crfterer mit 12, bcr anbere mit
15 3cid)uungcn. Ütüftig unb munter, öoll üon 5)]länen über neu anäufertigenbe
äBerte, feierte ber greife Künftler feinen 75. ©eburtgtag im Greife feiner f^reunbe.
188 pt)tic^.
nic^t a'^nenb, "tfa^ feinem 2öir!en nur noc^ eine furje grift öergijnnt jei. gr
ftarB mä) einem furzen, bcm 9(njc^ein nai$ nic^t gefätii-Urfien Unn)ol}l|ein am
13. Wäx^ 1876, nad)bem er jtoei 3iü1^« öor'^er feine ÖJattin , mit mcld)er er
42 ;3a^re in gtücflic^er ßt)e gelcBt, berloren unb ben meiften feiner (yrcunbc in§
©rab nac^gefe^en t)atte. — ^n f??. bertor bie firc^lid^e gjklerei i'^ren Ijertiorragenbften
3}ertreter, fein ^toeiter ^ünftler, felbft nid)t Otierberf, 1)at bQ§ 3Befen ^e§ ^atl^o=
Iici8mu§ mit folc^er Sicfe erfaßt unb mit fotc^rr f^üEe neuer Sbecn lbereirf)ert.
(Biaube, ßeben, äöiffen unb ^unft toaren Bei fj-. ju einem cinf}eitlid)en untrenn=
baren ©an^en öerfdimoläen, bie ^unftübung erfd)ien if)m al§ ©otteSbicnft, toeöt^alft
er aud) anbere al§ religii3fe S^cftreBungen ignorirte. S)at)er fpiegelt fid) aud) in
feinen ganj bcm @emütt)e cntfprungenen SBerfcn fein 3i"ncrc§ getreu mieber : er
mar ber befte .^augoater, ber tt)eilnel)menbfte Q^reunb unb für feine Sd)üler ber
tüol^tmollenbfte Beforgtefte £et)rer. ©eine äußere ßrfc^einung mar geutlemanlike
unb fein fd)öne§ freunblid)e§ ©efid^t geigte ni($t§ öon jener a§cetifd)en Strenge,
meiere man gemö^ feiner «Schriften öorau^fc^en mochte. SBcntge i^ünftter be§
Slltertt)um§ mie ber 'Jicujeit üerfügten über einen fo reid)en 'i^-on'b ted)nifd)er
5Rittel, aU ^. : er malte mit gteid^er 5öirtuofität in Oel, greSfo unb ^Iquarett,
berftanb ju litI)ogra|)t)iven, in ^Tupfer ju rabiren unb mit bem (^rabftii^cl um=
juge^cn, jeidinete unübertreffUd) mit ber 3cber, mit ©epia unb %u]ä)e. S)abet
ift feine ^'^^(^"""Q I)öd)ft correct unb bemegt fic^ im gefälligften Sinienflu^, ba§
Kolorit '^armonifd) unb e§ jeic^nen fid^ aüe feine äöerfe burd) ?(bel unb ben ge=
läutertften gormenfinn au§. S)aB S- ^on ben Sd^mäc^cn nic^t freiblieb, an
meld)en bie fird)Ud}e Äunftrid)tung tcibet unb bie übert)aupt unbermeiblid) ftnb,
menn man biefen ©tanbpunft fefttiätt , ift bcina'§e felBftöerftänblid) : mie benn
bie f)erti3mmUd) t^pifc^en ©efii^t-er unb öemänber ber biblifd)en Hauptfiguren
eine inbiöibucUe Sefeelung unb naturgemäße 3)ur(^bilbung jur Unmöglid)feit
mad)en. 5tuf ben Oelgemälben pflegte er getoöfinlid) fein'en Pötten Flamen
ober bie jufammengejogenen 5(nfang§bud)ftaben (J F; anjubringen , feine
9labirungen aber Perfat) er mit einem lIRonogramm. 2)ie meiften feiner
S3ilberct)flen ^aben me'^rere 9luflagen erlebt, fo ftnb Pon feinen berüt)mten
^reujmegftationen, Pon benen 5- fetbft bie erfte ^Jluflage rabirte , mät)renb
bie jmeite unb britte burc^ ^l^etra! in j?upfer geftod)en mürben, jmei fernere
9luflagen in üerfteinertcm 'öJiaßftabe , im ganzen alfo fünf ^^uSgaben crfd)ienen,
Pon äat)lreid)en unbefugten ^3{ad)bilbungen abgefef)en. S>a§ „S3ater Unfer",
bie „(SenofePa" , ber „23et^W)emitifd)e 2öeg" , ber „Sriumpt) 6t)rifti" finb
ebenfatt§ fi^on in me'^reren Sluflagen erfd)ienen unb Pon bem geiftreic^en,
1860 entmorfcnen, SStatte: „S)a# 5ttte unb ^Jieue 9tom", geftod)en öon 2ubp,
mirb fo then ein neuer ©tid) angefünbigt. S)ie 3eitf)nungen jum „Sud)e
^utl)", eine ber legten unb auägejeidinetften arbeiten be§ 5Jleifter§, mürben Pon
.^. ^erj in Tupfer geftod)en, feine übrigen neueren Söer!e : „@r ift auferftanben"
— „2)er ^^^falter" — „X^omaä Pon Kempen" — „5Der arme .g)cinrid)", finb
Pon @aber unb Oertel in ,g)ot3fd)nitt anSgefülirt morben. S)urc^ biefe ^a^U
reic^en ^Pnblicationen l)at x^. einen unermeßlid)en ßinfluß auf bie fat^olifd^e
äöelt geübt, aud^ '^aben feine äöerte eben fo fet)r in (Snglanb unb ^rantreid),
mie in ®eutfd)lanb große SSerbreitung gefunben. ^luc^ al§ ©(^riftftetter mar
ber ^eifter t^ätig, inbem er feine fünftlcrifd)en ?lnfd^auungen unter bem 3:itel:
„Ueber J?unft", 4 >g>efte, äöien, Peröffcntlic^te. S)ur4 biefe ©d)rift, in melc^er
über atte nid^t retigiöfen .^unftbeftrebungen ber ©tab gebrod^en mirb, unb burcE)
Aperauggabe ber „S)en!blätter für unfere 3pit"/ in meldjen bie gegenmärtig t)err=
fc£)enbe ©elbftfud)t, Ueberbilbung unb 35erfd)robenl)eit in geiftreid^er , aber fe'^r
f^arfer 2Beife Perfpottet mirb, l)at fic^ ber Mnfticr Piele geinbe angezogen,
nad)bem er bereit? im ^. 1848 at§ i5?reunb ber gtebemtoriften Pom aufgeregten
gii^tmann. 189
^öM infultii-t toorbcn war. 2)er Sßeriaffer biefer Seiten ftanb feit öielen ^di)xtn
mit i^. in peifönlidjem S5erfel)x unb "^at bie meiften feiner 3Ir6eiten burc^ eigene
^Infdiauung fennen geternt; aiifeerbem würben Benütjt:
max'^ 2afd^en6u(f) Sibufja, ^at)rgang 1S44, mit einer ©elbft&iograpf)ic
pl)rid)'§. ^rag. Sojef Flitter ü. p^ric^, SebenSffijäe öon ^reunbeS^anb
äuf ammengefteEt , äöien 1875. Sufa§ öon p^rid) , Äurje 2Biograpt)ie be§
9titter§ ^o\f] ö. pt)rid^. Statten, in ber Utterarifi^en 3tunbj^au, 1876.
* @ r n c 6 e r.
gu^rmami: Sluguftin g., 5Jtt)ftifer, geB. 1591 in D^Iau, t 1648 in
SSrieg, i)atte feine ©tubien in p-anffurt gemotzt, unb mürbe, nadibem er in
Streiten baö S)iaconat ein ^a1)x befteibet "^atte, 1618 jum ^\axxn in 9tanfau
Bei gZimptfc^ Berufen. 2öät)renb ber ^eft 1634 t)riöatifirte er, auSbrütfüc^ noc^
at§ ^aftor öon 9tanfau Beseidtinet, in SSrieg, BUeB aBer bort at§ ®iacon Bei ber
©tift§fir(^e ^urürf unb ift al§ fol^er aud) bort geftorBen. ^it Xl^eobor ü.
3:f^efc^ (f. b.) unb 5l&ra^am ö. grancfenBevg eng Befreunbet, leBte er mit i'^nen
ber UeBerjeugung, ba^, wie e§ in einem feiner Sractate ^ei^t, „ein wa:^rer ß^rift
3um 3eugni^ unb Unteif(i)eib ni^t einen 9tetigion§namen, fonbern ein gottfetigeS,
d^riftlic^e§ SeBen "fiaBe". ©eine Bei ben ^In'^iängern 2öeiger§ unb i8öf)me'§ Be=
üeBten ©Triften finb erft nacfi feinem Jobc in ?tmfterbam erfd)ienen. S^a^ bic
Seele nur burc^ öietfadie ^äm^fe „au§ it)r felBft "fierauä unb in ©ott lf)ineinäu=
Ijilgrimiren" im Staube fei, „um in i^re ^•ieben§ru'^e eiuäufe'Eiren unb in föwig=
feit in griebe ju ru^en", ift ber S^tjalt 3Weier Jractate, ^u beneu nod§ bog
„SruftBilb ber 8ieBe 3efu" fommt, „öorgeftellt an bem ^üuger, ber an ber
Sruft ^efu tag, erüärt burdfi einen ^^H-ebiger %. ^. Slmfterbam 1679 unb ge=
fd^rieBen.anno 1629", in Weldjem bie Sereinigung ber Seele mit ^efu aUegorifi^
gefc^itbert Wirb. Seine „^Rettung ber alten, wat)ren, d)riftlic^en !att)otifd)en
Oteligion famt öorgebrucftem Senbfd^reiBen an bic ^errn politicos im ^apftt^um
auSgefanbt bon Theophilo Trabuthio", 5lmfterbam 1679 unb 1689, tateinifdt)
unter bem 2:itel: „De redivivo Christianismo", bie Bei ben Drt^oboren öiel
3tergerniB angerid^tet ^at, enthält einbringlidie ^Ra'^nungcn an bie 6t)ri[ten, ju
werben, toa^ 6^riftu§ gewefen ift unb aufau^ören, fic^ um ber Flamen Willen
gegenfeitig anjufeinben unb p üerbammen.
-ßid^tftern, S^l. prftenfrone, grtf. 1685. S. 109—111. Siefmann,
De fanaticis Siles. § 18. 3lrnolb , i?ird)en= unb ^e^er'^ift. III. S. 124.
äöalc^, 9ieIigion§ftreitigfeiten au^er ber lut^ ^. IV. 1077. e^r^arbt, ^re§=
B^terot. II. 82. Sd)önwälber, paften 3um OJriege. III. 118.
Sc^immel|)f ennig.
Mrmami: SSaU:^afar g?., war anfangs SuBerintenbent ju 9JUrfeBurg,
bann !urfäd)fifc^er ^o]= unb 9ieifeBrebiger unb ftarB al% foldier am 17. ^uli
1636. ®r war at§ eifriger ißertreter ber tut^erifd)en Crtf)obojie Befannt, ber
gern titterärift^ gegen Äat^olifcn unb gteformirte (bie if)m Beibe gleich öer:^a|t
waren) 3U ^-elbe ^og. Seine Sd)riften fiet)e Bei ^öd)er. ^c|)Be.
pinucim: ^attt)ia§ 5-, Se^- ^ äöien c. a. 1690, trat in ben ere=
mitenorben be§ % ^auin^ ein, unb Brad^te fein !s2eBen aBwed)feInb in ben Beiben
^(öftern feinc§ Crben§ p Sßicner 9teuftabt unb SBien au; er ftarB a. 1773 al&
©eneralbefinitor ber öfterrei^ifd)en 5prot)ina beffelBen in 2Bien. Sie Bon feineu
feelforgerüc^en SerufSgefi^äiten it)m erüBrigenbe DJlu^e wibmete er "^iftorifc^en
Stubien, unb mad)te fid^ burdt) üerfdt)iebene SlrBeiten öevbient, tDeidt)t tt)edg ber
^ocatgefc^ic^te 2Bicn§, tt)eir§ ber älteren Sanbc§gefd^id)te Deftcrreic^g unb ber
(Sefd)ic^te be§ öfterreii^if^en ©efammtftaatel angehören. aSiener='i)leuftabt bcr=
banft i^m einen muftert)aften Katalog feine§ 9lrd)it)e§. S)ie feinen ^iftorifc^en
aöerfen BeigegeBenen ^up']n würben äum gro^eu Steile öon \i)m. felBer gefto^en.
;[90 9'U^^'^°""-
^ie öefannteften [einer Sc^nften finb: „VKt unb 9ieue§ Oefteneid)", 4 lt)[e.
(1734-37); JHt unb ^Jleue§ äöien", 2 2t)(e. 1738); „geben unb 3i)unbet=
traten be§ ^eit. ^iorbgauer obet CefteiTeid)ei- '^(poftetä ©cbevinus" (174G); eine
3l6§anbtun9 „über bie ©tätte be§ aUen 33inbobona" (1764); eine „lopüßvaptiie
unb ß5ej(^i(f)te 2öien§ unb feiner SSorftäbte", 2 2^(e. ^766. 67); „Stügemeine
Äird)en= unb 2Q3e(tgefd)id)te Cefterrei(^§" jc. (1760), worunter eine, bie biei
erften 3af)rt)nnberte ber i^riftlid)en ^citvcd^nung umfaffcnbe Ö)efd)id)te ber jur
^aBsBurgijdjen ^}}tünQrd)ie öefjörigen \?änber ju t)er[tel)en ift. (5|3ecicU bem @e=
Biete ber .(lird)en9efdjid)te ange^ürtg ift eine lateinifd) abgefaßte auäfüt^rlic^e
Unterfudiung „De Baptismo Constantini Max. Aug." in 2 2t)ei(en 4^ (erftcv
I^eil 1743; jraeiter J^eit 1747).
aBur^bad^, Siograpt). Sejifon; Teufel, ßcrifon; @rfc^ unb ©ruber 'fd)e
@ncl)!(opiibte. äBeruer.
?vul)rmnmi: SBitfielm 2)abib gw ebanget. Stjeotog, geb. 15. ^]}ini 1764
3U ©oeft, t 20. ,3an. 1838 ,^u .«pamm in SBeftfalen. <Boi)n eine§ qu§ .ipamm ge=
bürttgen, in Soeft n;of)n^ften (5d)önTQrber§, Würbe er frü'^e jum ©tubiuni ber
2{)eoIogie bcftinimt , er()ic[t feine Sorbilbung auf bem '^Irc^igljnmafinni feiner
93aterftabt, frül) Ijeiüorrngenb bnrd) S(ei^ unb ausgebreitete 33etefenljcit, ftnbirte
1783 ff. in Apalle unter ©emter, "Jiöffelt, Änapp , ^Jhemrl)er S^eologie, baneben
aber aud) 3latuTgefd)id)te, '03tatT)ematif, ^I)itDfüp(}ic unb ®e)c^id)te, tuurbc 1786
Canrl. minist., 1790 ^^^srebiger in ber f leinen S^orfgemeiube ^Jiarf. 'iiad) ber
preuBifd)en ^Jtnnerion ber ^yürftentfiünier 5)]iinfter unb ^^^aberborn fnd)t er eine
Aufteilung alö 53ibüüt()cfar an ber nen]ugrünbenbcn Uniuevfität ^JJlünfter, Wirb
öon btm Cbcrpräfibenten 33inde unb (Vreif). t). Stein öevwenbet .^ur J?ata(ogi=
firung tievfd)iebener iTtofterbibliot^eten 1805 ff., bann aber 1807 alö "^Jcadifotger
be§ nad) ^^^otäbam abgegangenen @t)tert 3uni reformtrteu ^^rebiger in Apamm er=
nannt, unb bet)ie(t biefe (Stellung, t)erfd)iebene aubere 33ernfungen able()nenb,
bi§ 3u feinem (änbe. S)er 9iid)tung be§ i}tationaIi»mn§ ober rationaten Super=
naturolignuiö ,jngetf)an, bie in ber oeit feiner tt)eolügifd)en ^Jlu§bitbnng in .spalle
wie anberWdrlS bie ljerrfd)enbe war unb in ^Jtänncrn wie 'Jiöffelt, ')iieniet)er,
i^re 3}ertreter (}atte, wartete er feinet '4>rebigtamte§ mit ßrnft unb Xreue; feine
5ßrebigten jeid^neten fid) au^ hmä) ©infadjl^eit unb 3Jerftänb(i(^feit, iTraft unb
Sßärme. S)aneben aber gewährte i^ni fein ?(mt reic^tidje Wü^q tf)eil§ ju pomo=
togifc^en^Jlebenbefdjüftigungen , tl^eilS 3u einer fef)r au§gebel)ntcn ütterarifc^en
St'^ätigfeit. Seine ,^a^{reid)cu t^eotogifc^en unb ütterar^iftotifd)en Sd)tiften jeugen
jwar nid)t üou befonberer liefe unb Originalität, Wol aber üon üielfcitiger ii3e=
Iefenl}eit unb Sammetflei^. ^iemtid) oberfIäd)licl^ finb inebefonbere feine ?tibeiteu
3ur düffifdien Öitteratiirgefd)id)te: „Apanbbud) ber claffifi^en gitteratur", 1804 ff.,
4 Zi)[e.; nene ';'(uflage 1816; „steine« «ganbbnc^ ,}ur Äenntni^ ber griec^ifd)eu
unb römifd)en Sdjriftfteller", 1823. S5ei Weitem bie meiften feiner S^riftcu
ge^öreu ber 2()eologie unb t^eotogifc^en 2itterärgefd)id)te an, 3. 33. „ß^riftUdie
^Jloral 3um Äan.jetgebranc^", 1797, „S^riftlidie 65(auben§Ie^re für ben .«^an^et-
gebrauch", 1802, „j?rit. 9teperlorium ber tf^eologift^en Sitteratur" , 1790 ff.,
„2ihen SSaniniä", 1800, „Unterfud)ungen über bie SSegräbniBplälie ber '.Otiten,
befonber§ber6^riften", 1800, „^anbbuc^ ber t§eo(ogifd^en ßitteratnr", 1818—21,
ber neueften t^eotogifdien Öitteratur, 1836, hann jafjlreic^e populäre Unter=
'^Qltungg^ unb (Srbouung§fd)riften, 3. S. „2)ie äßeiS^eit meine pt^rerin", 1820;
SBeitrftge 3U tierfc^iebenen ^eitfc^riften ; enblid) ba§ 2öert, ba§ feinen Ükmen wot
am befannteften gemad)t ^t: „öanbwövterbu^ ber c^riftlid)en l:Migiong= unb
tirdiengefd^ic^te", 3 3:^te., .§aEe 1826-29 (üeranta^t unb tt^eitweife rebigirt
öon Dr. %. ,§. 'Jtiemei)er in .g)atte, ber aud) eine auSfü^rtii^e ^ßorrebe ba3U
fd}\ieb); t)anbf(^riftlic^e @rgün3ungen ba3u, in benen ber 9tationaU§mu§ be§
gfutfttng — ptfting. 191
S5erfaffer§ ftärfer o(§ in bem gebrucften Söerf ftc^ au§fpri(^t, ficnnben fid) aur
ber ©öttinger SSibüot^ef.
dltun dietxolcq, ber 5£;eutfd^en, 1838. SBagenmann.
^uifting: @eoxg 5-, geB. ,ju 5Jlünfter um 1610, geft. ju '!3ie5l6orn am
6. ©eptbr. 1668, trat am le^tgenannten Drte 1629 in ben ^Bencbtctmerorben,
legte ein Saf)r fpäter bie GJelübbe ab unb em|)fing 1635 bie '^^rieftetioei^e. @r
tjatte nadjmeielic^ nur ba§ 5Imt eine» ^ellnev§, bann ungefäfjr ein ^ai)x
lang ba§ GonTefiariat in bem 33enebictineifenf(oftcr aur bem ©ertrubenberge bei
DSnabrücf befleibet, als er naä) bem 2obe feine» ^btes .^ermon jur 6eift am
29. 5Jtär5 1651 bie SSürbe bes Slbts erlangte, in roeidcje er ju 5}lün[ter buicf) ben
S3i]($of 6f)rii"topf)33ernarb 0. Säten eingeroeit)t rourbe. g- ^at mit löblicher @eroanbt=
l^eit ba§ Steuer be§ ÄIofter§ aB Ütetigiofe mie a(ö Cefonom geführt unb fid) öor
anberen SBürbenträgcrn namentlich baburci) ausge^eidinet , ba^ er bie ©efc^ic^te
SiesbornS unb einiger i^m untergeorbneter {vrauenftöfter befc£)rieb — ein i)ifto=
rif(^e§ Streben, mo3u if)m in 2}^ünfter Dietleidit bie Strbeiten be§ Sombediantcn
toon '03(aIIincfrobt unb ha^ trelt^iftotifc^e xreiben ber ©eianbten, meiere ju
5Rün[ter unb Cgnabrücf ben mefträlifdien ^i'^^ben Dorbereiteten , näheren 3lnla^
gab. S;ie bis 1522 reic^enbe ßloftcrc^ronif i3ie3born§ i)at er in ben „Memora-
bilia LiesborneDsia" (Ms.) jelbftänbig bi» ju feinem Ütegierungeantiitte fort=
gefegt, bie frütjeren S^^^^^ ]^'^^ "in bem gaben ber älteren 6t)ronifen be^anbett,
jeboc^ mit fo öiclen neuen 3u|ä^en au§ Urfunben unb öanbfct)riTten , ba^ auc^
ber bie§feitige Xf)eit einen gemiffen originalen SÖiTt^ beanfpruc^t. C^ne lyxa^t
ftammen bon feiner .panb auc^ bie c^ronifateu 33cf(f)reibungen ber iBenebictineffen=
flöfter Uebertüoffer unb SIegibii ju ÜJlünfter, 2]innenberg bei 23arenborf unb
2Bietmavfd)en im S3ent^eim'f($en , meiere um 1732 P. 23otfgang 3utniü^ten,
ein Stnüerroanbter bes gelehrten Sc£)oIafter§ Dlünning, mft mörtüc^ in bie
,,Descriptiones Abbatiarum Liesborn, Marienfeldt. Ueberwasser, Sanct-Ilien,
Yinnenberg et Wittmarschen . . .*' (Ms.) übernahm. SBä^renb er für 93innen=
berg über eine (^ronologifc^e ^tu^jä^tung ber 'Stebtiffinnen, bei äöietmarfdien über
bie Stirtung unb Stiftungeurfunbe rtic^t ^inausfömmt, ^at er bei allen übrigen
.^löftern ben Stoff nad} hm Ü^egierungsja^ren ber siebte unb 5tebtiffinnen ah^
gettieilt unb mit 3(u§fd)eibung ber potitifi^en Elemente namenttid) bie ßultur,
ben geiftlic^en unb fäcularen ^uft^n^ berücffid)tigt, red^tortö Urfunben, g(aub=
^afte Otanbbemerfungen gu ben alteren G^ronifen unb Dorgefunbene l^iftorifi^e
^lufjeidinungen in feine 2)arfteIIung aufgenommen, fo in bie Memorabilia eine
„Relatio de reliquiis Liesbornae venerandis" unb jum Seben feines Vorgänger!
^ermann bcffen gefd)ic^tlid)e 5Zotata über bie Äloftermütilen. 3IuBerbem tragen
bie 25üd;er unb biblomotift^en St^iiften bes Älofter» fo treffenbe (Erläuterungen
unb 25emerfungcn öon feiner ^anh, baB man i^n unbebingt ju ben grünblictiften
|)iftoriograpt)en beffelben jä^Ien muB-
3}gl. meine G^roniften be§ Äloftere 8ic§born 1866, S. 68 ff-, 76 ff-
51 0 r b :^ 0 f ^
güifting: SÖit^elm Jy., Sotanifer, geb. am 18. ^uli 1839 ju ^Mnfter
in SBeftfalen, geft. ebenbofelbft am 17. ^loDbr. 1870, So^^n bes ^uftijratbeö
gbmunb Jy. ^ad) Slbfoloirung beg @t)nmafium5 feiner SSatcrftabt bejog er bie
Unioerfität ::i3onn, um 9ted)t»roiffenf(^aft ju ftubiren, wanbte fid^ aber balb gan^
ber frül)er mit 3}orliebe nebenher getriebenen 33otanif ju. Seine weitete roiffen=
f($aftli(^e 2lu§bilbung fanb er an ber 2lfabemie ju ^Rünfter unb befonbers an
ben Unioerfitäten 53tünc^en- unb 33erlin. ^3ln le^terer ermarb er fic^ am 9. %u%.
1865 mit ber toertl)DolIen ?lb£)anblung .,De nonuullis apothecii lichenum evol-
vendi rationibus"' ben pf)i[ofobf)ifd)en Soctorgrab. ^n ben ^atjren 1867 unb
1868 beröffentlid^te er in ber botanifc^en 3eitu"S jöjei 3Ib^nblungen : „3ur
192 S"^^°-
®nttt)icf(ung§gefc^i($te bex ^^renomt)ceten" unb einen 2tutfa|: „Seittägc jur
enttt)ic£(un9§aci(f)ict)te ber ßid^enen". S)iefeI16en enf^atten eine 9?ei'^e fe'^r fovg=
jältig ausgeführter Unterfudiungen, an tt)el^e bie neueren Slrfteiten üfier f5-ru($t=
entttjicEIung ber 2l§coml)ceten anfnüpjen. f?füi[ting'§ le^te ßebengja'^re waren
burdf) ein j(^mer5'^atte§ Seiben getrübt, ba§ er fi^ buri^ ©rfältung aut einer
@jcur[ton ^ugejogen f)atte, unb bem er im elterlichen ^aufe ertag.
ßnlj.
J^Ulba: griebrid^ Äarl g. , geteerter beutfc^er ©pra(i)= unb (Sefcf)id)t§=
iorfd)er, tourbe geboren bcn 13. ©eptbr. 1724 ju äßimpfen in ©cf)njaben, tt)0
fein ä)ater ®iaconu§ föar. Seine erfte toiffenfd)aitli(i)e Sorbilbung er{)ielt x^.
auf bem @t)mnaftum in Stuttgart, [tubirte barauf, at§ 3ögling beg tI)eoIogi|d)en
6ont)ict§ 3u Xiibiugen, mo er fid^ nadj öottcnbetem 6ur|u§ bie 9Jlagi[tcrtt3Ürbe
crtoarb, tiicrauf ju ©öttingen. 2)ann lebte er bon 1748 — 50 al§ f^elbprebigcr
bei einem ^ollänbifct)en Ütegimente, ftubirte f|)ätcr no(i)mal§ ^u ©öttingen, iDurbe
1751 @arnifongprebiger auf ber ^efte .^o'^enaf^jerg jo tüie 1758 Pfarrer ju ^Jlü'^l»
Raufen an ber ßnj unb cnblid^ 1787 ju (Jn^ingen, tt)o er am 11. 2)ecember
1788 ftarb. — @in anwerft grünblic^er unb fc^arffinuiger (S^3ract)forf(i)er, beffen
58emül^ungen unb Seiftungcn tro^ ber ^ortfc^ritte, bie feitbcm auf biefem (Sebiete
gemact)t föorben ftnb, bleibenben Söert^ bel^alten. ©eine beutfd)en ©pra(i)=
Torfd)ungen begann 5- ^^ 1760 unb e§ erfd^icn 1773 aU erfte ^-rud^t berfelben
bie 9lbf)anblung : ,>Ueber bie ^roeen .^au^tbiatefte ber beutfd}en ©prad)e", bie
üon ber fönigl. ©ocietät ber 3Biffenfd)aften ^u ©öttingcn ben ^rei§ ert)alten
^atte; if)r folgten bie größeren 2Berfe, bie „©ammlung unb Slbftammung ger=
manifi^er äBur.^clraörter nad) beu 9{eil)e menfd)(id)er Segriffe" (1776) unb bie
„©runbregeln ber beutfd)en ©prad)e" (1778). ©päter erfdjien fein „Sßerfud^
einer aEgemeinen beutfd)en ^biotifcnfammlung" (1788). ßinjelne ^Ib'^anb^
lungen über bie bcutfi^e ©prac^e finb in bem „S)eutf(^cn ©prad)forfd)er" ent=
Ratten, ben er gemeinfd^aftlid^ mit "Ocaft in ©tuttgort t)erau§gab. ^n atten
biefen ©d^riften geigte ^y. pl^itofop^ifc^en ©d^arffinn, ausgebreitete ilcnntni^ ber
©^rad)en unb ber @efd)id)te unb bcn mül)famften i^id^ im 5orfd)en. ©eine
©d£)reibart ift anwerft gebrungen unb oft felbft bi§ ,^um ^Rät^fel^aften fur^;
^ufige ©l^rünge in ber ßntmidlung ber ©ebanfen erfd)meren ba§ ßefen feiner
©dt)riften unb liefen mand)c feiner 5luffteKungen als tüillfürlid^ unb unertoiefen
erfd)einen. 3luc^ bcfc^äftigte fid) 'g. mit Unterfud)ungen t)iftorifd^er unb anti=
quarifdt)er ©egenftänbe. ©eine :^iftorifc£)en i?enntniffe unb feinen UcberblicE ber
©efd)id^te betoälirte er bur(^ bie „6)cfdt)id)tSd^arte in 12 großen iHuminirten
33lättern" (1782), unb ben „Ueberblid bev 3öcltgefc^id)te , jur Erläuterung ber
®efc^ict)tSd)arte", 1783. ©einen ßommentar über ben lUfilaS nebft ber 3nter=
linearöerfion, einem barauS ge,iogcnen @loffar unb einer möfogotBifd)en ©ram=
matif, l)at 3a^n in feiner 3lu§gabe bc§ UlfilaS 1805 6e!annt' gemadjt unb
5ugteid) ^ad)rid^ten über g^ulba mitgett)eilt.
S- e. SaH UlfilaS got^. ^Bibelüberfe^ung, Seipaig 1805. 33aur, Mtot.=
biograp:^. |)anbtüörterbuc^ IL ©. 338 ff. ^. f^randE.
§\\\ta: 5i-'iebric^ ^arl öon i^., 5lationalöfonom, ©o'^n be§ SSorigen, toax
geboren ju ^ü'^ltiaufen an ber gn^ in 2iBürtemberg am 27. S)ec. 1774, unb
»erlebte feine frü^efte ^ugenb bis jum Jobe feineS 5BaterS (1788) im elterttd^en
.^aufe, roo er audf) ben ^öd)ft anregenben unb na(^]§altigen llnterrid^t feineS ^BaterS
geno§. ^m fotgenben S^a'^re trat er als gletie in bie t)ofit ^aiiSfd^ule ein, um
ftdt) für baS fameraliftifdt)e '^aä) auSjubilben unb ertoarb fidE) l^ier neben manchen
anbern ^luS^eid^nungen im ^. 1793 bcn für ©c^üler geftifteten Orben eineS
ei^eöalier. 3llS biefe ^o^e ©^ule 1794 aufgelöft tourbe, begab fid^ 5- 3Ui-*
35ol[enbung feiner ©tubien nad^ ©öttingen, mo bamalS unter ©bittler, ©d^löjer
Sulba. 193
unb ©attoriui bie ftaat§tDifjenj($aftli(i)e ©d)ule befonbetS blühte, daneben
Betrieb er aber mit befonberem ©ifer unter Sedmann ^edinotogie, unter
2i(i)tenberg, Ääftner unb ©et)ffer 5Uatl^ematif unb ^laturtoifienfc^aTt, unb trat
fogar fd^on 1796 mit einigen üeineren tJ'^l^fifalifcfi^tecEinifc^en (5(f)rijten ^a=
öor, in i^^olge bereu «er öon berpl^t)fifalif(^en ©ocietät ju (Sottingen p i^rem orbent=
Iid)en aJtitgtiebe getDäl)lt mürbe. 1797 üerlie^ er biefe ^oä}\d)nU unb begab
iiä) nad^ einer längeren 9teife burd^ S)eutfd£|lanb in feine <g)eimat, mo er balb
baraut (24. ^lanuar 1798) bie neucrric^tete 3ßtofe|fur ber ^ameralmiffenfdiaiten
an ber Uniöerfität Tübingen cr'^ielt. SSier^ig ^a^re mirfte er in biefer ©tettung
raftloS unb im au§gebe'§nteften 5Jla§e al§ ße^^rer unb @cf)riftfteEer, erl^ielt im
^. 1810 ©i| unb ©timme im afabemif(^en ©enate, tourbe hei ber @n:i(^tung
ber ftaat§toiffenfci)aitli(i)en t^acultät (1817) jür eine ^eii)c öon iSa'^Ten i"^r S)ecan,
1832 mit bem ütittetfreu^e be§ Äronenorben§ au§ge3eid£)net unb bei feiner 1837
toegen ^ränüic^feit erfolgten 5ßerfe|ung in ben moi^lberbienten 9{ul^e[tanb ^um
ß^renmitglieb be§ afabcmifd^en ©enat§ unb ber ftaatStoiffenfi^aftüc^en f^acuttät
ernannt. '•Jioct) öotte neun ^a^re lebte er in 2!übingen , ol^ne jebotf) meiter
geiftig ^robuctiü fein ju !önnen, unb ftarb bafelbft am 15. Sattuar 1847.
S)ic miffenf(^aftli(i)e SBebeutung öon ^. ift eine bietfeitige; unb menn er aud)
nic^t äu ben f(^ö|)ferif(^en ©eiftern get)örte, benen e§ befrf)ieben ift, neue, gro^e
3iele ju fe^en unb an il^rer 6rreic£)ung ein gut S^l^eil ^u arbeiten , fo "^at er
boif) ben f)armonifcf)en 3Iu§bau ber 3Birt^fcf)aft§Ie'^re reblidb förbern geholfen.
6r mar e§ öor 3lEem , ber mit ber ^ameralmiffenf(i)aft bie ^amerattoiffenfcfiaft
übermanb. §atte er fie no(^ in feinem „©t)ftematif(^en 2lbri^ ber fogenannten
Äamerattoiffenfc£)aften" (1802) al§ benjenigen 3tDeig ber allgemeinen ©taat§toiffen=
fct)aften bejeic^net, melc^er öon ben menfd^lidien Einlagen ber tec§nifci)en ©eite feine
öorne'^mfteSlufmerffamfeit toibme, mogegen bie anbern 3toeige ber ©taat§toiffenf(i)aft
biefelbe öornelC)mlicf) auf feine moralifd^e Einlage riditen, fo ermeiterte er in feinen
„©runbfä^en ber öfonomif(^ = t)olitifd£)en ober j?ameraltoiffenf(f)aften" (1816,
2. 3tufl. 1820) ba§ Gebiet fdion in ber Söeife ber älteren ^ationalöfonomie, inbem
er i^r „ba§ 9}crf)ältni^ be§ 3Dlenfd^en ju ben materiellen (Sütern, bie feine
p'§t)fifc£)en SSebürfniffe unmittelbar befriebigen, ober baju beitragen" al§ Dbject
äumeift. 3luc^ bie Slenberung be§ ^iitelS jeigt f(^on, ha% er ber ^ameralmiffen=
fd)aft nur al§ „öfonomif(f)=|)olitif(i)e" 2Biffenf(f)aft ein ^eä)t ^uerfannte, mie er
benn audf) fc^on feit 1805, öielleirf)t naä) bem Sßorbilbeöon Sacob in ^aUt abge=
fi^loffene Sßorträge über ^flationalöfonomie l)ielt. — ^. mar ferner einer ber menigen
©taat§mirt^fc£)aft§lc'^rer be§ angelienben 19. ^a^r!§unbertg, meldte für ben 5p!^t)fio=
trati§mu§ mie für ben ©mif^ianiSmuS in gleicher 3Beife öoHeS 33erftänbni^ unb
felbftänbigcg Urtl^eil !^atten , unb er ftrebte ba§ le^tere ©t)ftem bur(^ mand^e
©runbma'^rl^eiten be§ erfteren 3U berbeffern. £)iefc |)inneigung ju mannen
pl)^fio!ratif(^en ^been ^at 3U feiner @inrei!^ung unter bie f|3ätern 3}ertreter be§
^l)t)fiofrati§mu§ in S)eutfd^lanb 2lnla^ gegeben (fo ©teinlein , 9fiofd)er) , ol^nc
febod^ in feiner ^efammtauffaffung be§ 2öirtl)f(i)aft§leben§ begrünbet 3U fein.
— S)ie ^5iiiQ^3toiffenfd^ait , meldfie er öer^ältni^mä^ig am meiften mit neuen
Sbeen bereicherte, öerbanft ilim au^er einem guten ©t)ftem „^anbbuc^ ber 3^inan5=
miffenfd^aft" 1827 tü(^tige Unterfud^ungen über bie 2öir!ungen ber ©teuern auf
bie SSoÜgJDo'^lf a'^rt , meldC)e 1807 öon ber lönigl. ©ocietät in @öttingen mit
einem greife gefrönt unb 1837 öon i^.. neu bearbeitet !^erau§gegeben mürben;
ferner über 6)runb= unb (Semerbcfteuern, fomie über ben ©taat§crebit (1832). —
S)iefe le^tere ©d^rift, fotoie feine öfonomifdt)=ftatiftifd£)en 5lrbeiten über 5^ational=
einfommen, lanbmirt^fd^aftlid^e unb @emerbeöeri)ältniffe , bie fidl) befonber§ auf
Söürtemberg bejie^en, geigen un§ ^. enbticf) audf) im günftigen 2id)te eine§ ejacten
5orfdf)er§ auf feinem Gebiete, ber bie Sebeutung ber l)iftorifc^=ftatiftifc^en 5!)letl^obe
atttgem. beutfd&e Sio9tat)5ie. VIII. 13
194 pllebotn.
füi- bie wiffenfc^aitticEie äöeitei-fiilbung je^t tüol^l crfannte unb fie, tcenn aiic^
nur mit bef(^ränften gjlittetn, iörberte. $evfönUd^ tütrb ^. öon «ölännem , bie
ifim na^ie geftanben, al§ eine milbe, einfädle unb balbei f)bdt}^i etittoürbige 61-=
i($einung gcfdjilbert , al§ ein 9)lann Don ftreng rechtlicher, tt)al)r]^ait liberaler,
ba§ @ute ernftlid) »ollenbcr ©efinnung, bie fid^ in feinen münblid^en unb
fd^rirtlidien 5leu|erungen, toit in feinen ^anbtungen, übcrt)au^t in feinem ganzen
äßefen auSf^jrad), unb i^m aud) aU £et)rer, tro^ feiner geringen 9tebnetgabe,
tok) eine einflußreiche 2öir!famfeit auf feine 3uprer fixierte.
eine au§iüt)rtid^e 5)3iograp'^ie öon g. mit bottftänbigem 3}crjeic^ni|
feiner ©Triften in ber geitfd^rift für bie gefammte ©taat§tt)iffcnf(^aft.
4. «b. Tübingen 1847. — ^l. 51efrotog 1847. — 9tofd^er, (v^efd). b.
9lat.=De!. ©. 498. Sfnama.
pücboni: ®eorg (Suftaö ^., ^p^ofop^ , 5pi)iIoIog unb 3)olf§fc£)rift'
fteller, mürbe geboren ben 2. gjlärä 1769 ju @roß=(5)togau, mo fein Später ^of-- unb
griminatraf^ mar. 2Iuf bcm bortigen eüangelifdien ©l^mnafium gebilbct, bejog er
1786 bie Uniüerfität ^^aUe, um 2|eotogie 3U ftubiren, inbef; aog if)n J?ant'§ Ärttif
ber reinen SJernunft ^um grünblid)en ©tubium ber 5pt)Uüfo|)t)ie, mä^renb fjrieb=
rid) Sluguft 2Q3otf it)n in ba§ ber daffifc^en ^:^f)ilologie einführte, ^m ^. 1789
fd^rieb er: ,,I)e Xenophane, Zenone et Gorgia", mürbe in ^^olge bcffen jum
Doctor pliil. ^jromoöirt unb fe'^rte nat^ feiner 3}aterftabt aurürf, mo er feinen
©tubien unb ütterarifd)en wirbelten lebte, aud^ mit ©lütf bie Äanjel betrat, fo
ha^ er 1791 ^um 5Diaconu§ an ber luf^erifrfien Äird^e ertoälitt mürbe. Qx 30g
iebod^ bie 2:i)ätigleit an einer gelet)rten ©c^ule öor, inbem er fid^ um bie ^ro=
feffur ber daffifc^en ©prad)cn am 6lifabetl)=@l)mnafium ju Sreglau bemarb unb
fie 1791 er'^ielt. S)od^ fd)on 1803 erlag er am 6. gcbruar einem A^-jeräübel,
nur 33 ^a^re alt. 5- tt)ar eine mit reit^en @eifte§fä^igfeiten au§geftattete
^Jlatur. ©eine getoanbte 5DarftelIung§gabe , öerbunben mit großem gleiße unb
ausgebreiteter 33elefenl)eit ließ feine fc^riftfteÜerifdie S^ätigfeit in itirer öerl)ältniß=
mäßig furzen 3)auer ju anfel)nli(^em Umfange gebei'^en. 9lm fleißigften unb be=
beutenbften mar g. al§ 5Poputarpl)ilofopl). ©eine Hauptarbeiten finb cntl)alten
in feinen „S3et)trägen aur Ü)cfd)id)te ber 5pt)ilofopl)ie" , 12 ©tücEc, ^üüid^au
1791—99, öon benen bie beiben erften 1796 neu aufgelegt mürben. 3ll§ ^tit=
arbeiter maren babci tl^ätig: 3ieint)otb, 5tietl)ammer, i^orberg, {£aru§ unb fpäter
befcinberS ®arüe, bod) ben bei meitem größten ^L'^eil be§ Snl)iilt§ ^at 1^. felbft
üerfaßt. ©eine 9luffä^e bel)anbeln in po)3ulärcr, freilid) audt) nur oberfläct)li(^er
aCßeife bie ®cfd)id^te eiujelner fleinerer Z^ciU ber ^l)ilofopl)ie ober einzelner 5ßt)ilo=
fopl)en. gur Sarfteltung eine§ größeren @ebiete§ feljlte e§ i^m an ^ÄuSbauer.
©ein eigenes ©tubium ber 5|}l)ilofo|)l)ie fd)ilbert er im 3. ©tücE. 5ll§ .^eraug^
geber ber 5lrbeiten ^ilnberer mar er mel)rfad) tl)ätig. ©0 erfdt)ien 1792
burd) il)n ber Ttad^laß ber ^papiere ^enod^'S, eine§ SßetterS, ein bunteS @e=
mifd§ moralifdl)er , ^l)ilofop^ifdier unb ^umori[tifdt)er ?luffä|e, ferner bie ,,Ora-
tiones funebres Georgii Gemistliii Plethonis et INIichaelis Apostolii „in ({uibus
de immortalitate animi exponitur", 1793, bie Uebcrfe^ung ber Sßoliti! be§
2lrtftotele§ öon feinem ^5f^funbe ©arbe mit ^nmerfungen feiner ^anb 1799 bi§
1800, bann 2effing§ ^lad^laß jur teutfd^en ©prad^e, alten ßitteratur k. 1795.
— ©eine p:§ilotogifc£)en unb pdbagogifd)en ©d^riften finb: eine 9lu§gabe mit
Ueberfe^ung unb Erläuterungen ber ©atiren be§ 5ßerfiu§, 3ü^^<^^" 1794. S)ie
^nmerlungen finb jebod) nur ein 5lu§5ug au§ bcm Kommentar be§ 6afaubonu§,
mie and) bie ^nmerlungen 3ur Ueberfe^ung be§ 2lriftotele§ nidf)t i'^m felbft, fon=
bern anberen ange'^ören. gerner fi^rieb er eine „Äurje 5i;|eorie be§ lateini=
fd)en ©til§", Sreglau 1793, eine „Encyclopaedia philologica, sive primae
lineae Isagoges in antiquorum studia etc.", 1798, bie 1805 bon .^aulfuß öon
neuem 'herausgegeben tourbe, enblid^ einen „Seitfaben ber gi'^etorif", 1802. —
gfuUenius — gunrf. 195
Dloc^ toeit fru(f)tBarer tnar i^-. aU Unter'^attung§j(f)rittfteIIer. @i; öerja^te fc^on
1789 einen 6. Sanb öon 5)lufäu§' ^olUmäxä^m bei- S)eut|(^en, gab 1795 in
S5crlin unter bem ^tarnen Sbetoalb Suftu§ unter bem 2;itel „^unte Blätter"
eine ©ammlung öon @r3äl)lungen , ©cEitoänfen l^erau§ , be§gleicf)en 33rf§lau unb
ßeipäig 1797 unb 98: „kleine ©diriiten jur Unteri)a(tung", 1. unb 2, 6Qmm=
lung; in ben iolgenben Sa'^ren „^teBenftunben" , 1. unb 2. ©tücf, Sregtau
1799 unb 1800, unb enblic^ ben „SreSlauer ©rjäfiler", eine 3Bo(f)en|(ä)rift,
1800 — 1803, toeldie er mit großem ©efdiid unb (Srfolg rebigirte , bie aber
feine 3eit unb .^rait Bebeutenberen Slufgaben entzog. 2tu§ feinem 5Raci)ta^ er=
fcflien f^jäter notf) „Slaft^enbuc^ für 33runnengäfte" (1806), eine (Sammlung öon
^rebigten unter bem Sitel „J^anjelreben", 1807; au^erbem lieferte er ^a^lreid^e
Beiträge für bie f(i)Iefifd)en ^^^^roöiuäialblätter , bie fd)lefiyd)e 5)tonat§f(f)riit , ba§
^Dlufeum teutfd^er @elel§rten unb Äünftter, @räter'§ Sragur u. a. i^n it)nen
l^at er bielfati) juerft lieber an äöerfe ber älteren beutfdjen Sitteratur erinnert;
feine eigenen S)id)tungen "galten feinen äöerf^ ; bat)er aud) ber bramatifd^e ^ia<i)=
ia^ mit yiiä)t ungebrucEt geBlieBen ift.
(5{f)riitli(i)e 51ac^ri(|ten über ^ütt^ßorn enthalten: ©d)ummel'§ S5re§lauer
3ltmana(^ 2^. 1. ßigene 5}littl)eitung g^üüeborn'ö : ber S3re§lauer grää^ler
4. Sal)rg. 1804. ©ebäd^tni^rebe bon «Sd^ummel, 1803; ©aröe unb 5üEe=
Born öon ©d^ummel, 1804; gunomia bon fyefeler unb 5ij(f)er, 1803.
(5^li(f)tegroIl'§ giefrolog ber S)eutfd^en, Sb. 3; gjleufel, (Sele^rteS 2eutf(^=
lanb, Sb. IL IX. XI; Sörben§' Sejiton SSb. I unb grfd^ unb ®ruber'§
@ncl)flD^äbie I. ©ect. 50. SSb. 5ßalm.
^^uttemuö: 23ernarbu§ 3^., 2:^eotog unb tüci)tiger ^Jlat'^ematifer. ^n
Sötoarben um 1602 geboren, ftubirte er an ber Uniöerfität ^^raneler unb l^örte
im @rie(^ifc£)en , in ber ^^ilofo|]l)ie , Slieologie unb @ef(^ict)te bie Söorlefungen
be§ 3lrcex-iu§, Sibrant, SubBertu§, 5JlaccDt)iu§ unb ^^ata. S3efonber§ aber legte
er fic^ unter Slmama auf baö ©tubium ber l)ebräif(^en (5^rad)e unb auf ba§
ber 5Ratl)emati! unter 5lbrian 5Jletiu§. Sluf biefen beiben Gebieten ber äöiffen=
f(i)aft 3ei(^nete er fid^ balb befonber§ au§. 1630 folgte er bem SImama in.
feiner ^rofeffur, berna(f)läffigte aber feine maf^ematifclien ©tubien fotoenig, ba^
it)m 1636 an ber ©teile be§ gjletiuS ber Se^rftu'^l ber matl)cmatif^en 2Öiffen=
fäiaften übertragen toarb. ^n biefem rü^mlid§ öertoalteten 2lmte blieb er bi§
3U 'feinem Sobe 1657, ertt)ie§ fid^ aber babei al§ nic£)t unbebeutenber ^ebraift
in ben f(f)axf finnigen SSemerfungen, mit toelc^em er bie öon it)m beforgte 3lu§=
gäbe ber „Commentaria ad librum Colieleth et Jobi" be§ ^o^ann S)rufiu§
begleitete.
a}gl. 5paquot, Mem. II. p. 308 unb @lafiu§, Godgel. Xederl.
bon ©lec.
g-unif: S)abib '^•., geb. ju 9lei(^enbacl) in ^öl§men gegen 1630, wibmetc
ftc^ frü^äeitig ber Sonfunft unb erlangte balb nii^t nur eine bebeutenbe iyertig=
!cit im ©fielen berfd^iebener ^nftrumente, fonbern äeid£)nete fidf) auä) ai§> ge=
fc£)icEter 3:l)eoreti!er unb Som|3onift au§. 51i(f)t minber befa^ er tüd^tigc i?ennt=
niffc in ber Suri§))ruben3, in ben allgemeinen 2öiffenf(i)aften unb in ber ^Noefie.
S)em entgegen ftellte fict) ein ni(f)t ju beftegenber .!pang für ein au§ftf)roeifenbe§
Seben ein, toetd^er i'^n nid^t jur ^^u'^e fommen lie^ unb fd^lie^li(^ fein troftlofeg
6nbe l§erbeifül)rte. ^. tüax ^uerfl ßantor in üteidienbatf) unb trat bann al§
©ecretär in ben S)ienft einer oftfriefifd)en ^-ürftin , tt)eldt)e er um 1682 auf einer
fiebenjä'^rigen Steife nadt) Italien begleitete. 9tad^ bem 2:obe feiner Aöerrin
feierte er, im 60. SebenSja'^re fte'^enb , in bie ^eimatl) jurürf unb ernälirte fid^
burdt) 5}lufi!unterrid^t. Snblid) erhielt er ju Söunfiebel bie ©teile eine§ Orga=
niften unb 53Mbd)enle!^rer§, bod) mu^te er,aud) biefen ^ßoften fd^on na(^ einem
13*
196 S'""*-
2^at)i-e toegen unanftänbigen SetrogenS gegen feine ©ctiiitetinncn aufgeben. 5ßet
9tQ^t, mitten im Sßinter mu|te er entfliej^en unb fam mä) ©dfileij, tt)o c§ i^m
gelang, fid^ öor bem dürften al§ ßlaöicrfpielei- toät)renb ber Jafel {)ören au
taffen. @r gefiel fo, ba^ biefer il^n auSftattete unb ein S3ietteljaf)i- am <g)ofe
6e:^ielt. ®a öertneben i|n aud) au§ 6d)leiä gei-ic^tlirf)e, bon Söunfiebel auö
gegen il^n eingeleitete ^Verfolgungen. SBom f^ürften mit 9fleifegelb oerfe^en, n)en=
bete er fid^ gegen ©d^maraliurg, mürbe aber fc^on einige Jage barouf bei 3lrn=
ftabt tobt hinter einem ^aum gefunben. 33on feinen SBcrfcn Inurben gebrucCt:
,,Stricturae Yiola di ganibicae ex Sonatis, Ariis etc. quatuor Violis da Gamba
concinendis (s. 1.)", 1070; ,,Compendium Musices", Lipsiae (s. a.). i^m
ÜJlanufcri^t !^interlie^ er unter anbern ein Drama passionale , toeld)eg ^u feiner
3eit fe'^r gerül)mt mürbe.
©erber, 5teue§ 2onfünftlerlejifon II. 461. f^etiä, Biograph, univers.
des Musiciens (^ari§ 1862. III. 354). dürften au.
^md: ^einrid^ 6l)ri[tian 0^. (fälf(i)li(f| mitunter ß{)riftian ^einrid^
f^un!), 33otanifer, namentlid^ 33ri)olDg, geboren am 22. ^]ioD. 1771 p 2öun=
fiebel, geftorben am 14. 3lprit 1839 in @efrec§ im baierifd^en ülegierung^bejirf
Dberfran!en. ^y. überfiebelte fdion in früt)er 3fugenb mit feiner ^JJtutter nac£)
©efree§, motjin fic^ biefelbe in 3tt)eiter @l)e an ben Slpot^efer S)aniel öer'^eiratl^et
'^atte; er er'^iett feine ©d)ulbitbung in .^of, Wo er bereite eine au§gefproii)ene
3}orliebe für bie ^^flanjenmelt enttoidfelte, ^n 9iegen§burg, tt)o er öon 1789
bi§ 1792 bie ^Ipof^eferfunft erlernte, fanb er im Umgange mit feinem 12 ^a'^re
älteren gfl^Q^noffen ^oppe mächtige 3lnregung 3U Weiterer 33efd^äftigung mit
biefer äöiff enf cf)af t ; al§ biefer 1790 bafelbft bie noc^ Ijeute beftel^enbe botanifct)e
a5efellf(^aft ftiftete, fd^lo^ fid^ ber junge fy. berfelben al§ „@let)e" an. 1793
conbitionirte er in (Salzburg; bie !§errtic£)c 3ltpenflora be§ Unter§berge§ flößte i{)m
eine SSorliebe für i^orfjgebirgSreifen ein, bie er auä} fpäter ftet§ bctl)ätigte, inbem
er big 1830 ju toieber^olten ^aten bie beutfct)en unb ftiimei^er Silben, 1819
aud§ ba§ 9tiefengebirge bereifte. 1794 ging g. nacf) Erlangen 3U bem |)of=
apot^efer unb ^profeffor ^artiu§ unb fel)rte, nacf) furjen Uniöerfitätiftubien in
^ena, in ba§ elterlidC)e .«pauS nad£) ®efree§ aurücE. 1808 übernal)m er bie bi§
ba^in feiner Butter gel)örige 9lpotl)efe, bie er 1834 öerfaufte, um feinen Seben§=
abenb ganj im S)ienfte ber SBiffenfd^aft ju berteben, Ijoc^gee^rt bon feinen 3Jlit=
bürgern, bie it)m ba§ 5lmt be§ 33ürgermeifter§ übertragen Ratten, ©eine legten
Seben§jal)re tourben burd) einen @c£)(aganfatt getrübt,, beffen Söieberfe^r feinen Stob
fierbeifü^rte. 2)ie ^^anerogamen=5loi-'a be§ i5fid[)telgebirg§ fomie bie ber beutfd£)en
5ll)3en berbanft bem fVorfd^erblicEe i^undf'ä mandE)e fd)öne ßntbeiiung ; bie größten
SBcrbienfte l^at fidf) berfelbe jebod^ um bie ßenntni| ber ßaubmoofe ermorben, ju bereu
lierborragenbften .Kennern er feiner ^eit mit bollern '5te(i)te ge^älilt mürbe, ^n
^oppe'g botanifd^em SafifienbucE) bon 1794 an fotoie in ber 9iegen§burger
botamf(^en 3citfd)rift „giora" l^at }^. berfcf)iebene 9{eifeberid)te unb fritifd^e
S3emer!ungen über einzelne ^flanjen, befonberS 5Jtoofe berbffentlic£)t; ba§
.^aupttoer! feinet ßebenS mar bie ^erau§gabe ber „Gr^ptogamifd^en ®etoäd)fe
be§ gidf)telgebirg§" (fpäter „befonberS be§ g."), bon benen bon 1800 bi§
1838 42 .g)efte, pfammen 865 5lummern au§ allen -Drbnungc.n ber ■^r^pto=
gamen cnt^altenb (anfangs in ^of, fpäter in Sei^j^ig in 6ommiffion§berlag)
erfcfiienen finb. S)ie fpätern <^efte bringen aud^ ja^lreictie ^rten au§ ben 9llpen,
felbft au§ Italien, 5[Reere§algen ber 'Obrbfee unb 3lbria :c. unb ift burd^ bie Sßer=
breitung ricf)tig beftimmter ßjemplare ba§ ©tubium biefer 5lbtl)eilungen ttjefentli(^
geförbert toorben. ^ür feine 2iebling§gru|))3e, bie ßaubmoofe l^at ^. auä) unter bem
2;itel: „S)eutfd^lanb§ ^oofe. ©in 2;afc£)enl^erbarium pm (Sebrauii) auf bota=
nifdien ßjcurfionen", Saireutl^ 1820, eine ?Dlufterfammlung mit befc£)reibenbem
g?uncf. 197
Sejt öeröffentttd^t. (S)er bon öoppe in „gtora" 1839 ©. 288 berfproc^ene
5tcfxolog i[t nic^t eiicf)ienen. Obige Z^atiai^m finb einer gef. 5Ritt§citung beö
^etrn 3lpot^efer ?IIB. Sd^mibt in SBunfiebel unb au§ ben citirten 3eitf(i)riiten
entnommen.) 2tf(|ei-fon.
5und: ^o^ann ^y. (i^unde, Funccius), ge6. in SCßö^tb bei 5türn=
6erg 1518, ftubirte unb ertoatb ben ^Jlagiftergvab in 2Bittenbcrg unb tt^urbe,
nadibem er t)orübetget)enb an öetfc^icbenen Drten getoirft, ^^rebiger ju St. ^o=
l^ann in Ülürnberg, bann in feinem (Sebutt§ort. 33ei bcr unglüdUi^en 2Ben=
bung beg fdimatfatbifdien ^-iegS unb ber Stnnd'^erung ber jpanifc^en Srup^Jen
auf i'^rem 3uge nad) <Baä:)]en C^Mx^ 1547) öerlieB er eine 3eit lang feine
^^t^farre, weil er fic^ burif) ftarfe ^Parteina'^me toiber ben Äaifer compromittirt
füllte, unb erhielt öom )Rat^ feine ßntlaffung , l^ielt fic^ aber notf) einige
Monate in Dlürnberg auf , toäf)renb toel(f)er er jene -Relation über bie (5cf)ta(^t
bei Ü)lül)l6erg unb bie @efangenne{)mung ^o^ann 5^iebrid^§ auffd)iieb , toetc^e
feiner 6f)rono(ogie angc'^öngt ift. Söie fo mand£)e ?{nbere fu(f)te unb fanb er
3ufluc^t bei öerjog 2llbre(i)t öon ^reu^en, welcEiem 3}eit Sietricb in ^flürnberg
i!§n al§ einen feinen jungen berebten ^Jtann gefd)itbert l^atte, toeld^er treitid^
no(f) „3U frei unb '^ei^ üor berStirne" fei. ßnbeCctober 1547 traf er in Äönig§=
berg ein, tturbe narf) Cittauen gefanbt, feierte aber na(i) einigen 33od)en jurürf
unb tturbe mit ber interimiftifdjen 3}ertt)altung be§ 3^farramt§ an ber alt=
ftäbtift^en Äird)e betraut, begleitete aber aud^ nac^ bem Sobe Äönig @igi§=
munb§ (I.) ben ^erjog al§ üteifeprebiger äur ?eid)enTeier an ben polni=
fd^en öof. 2lt§ @nbe Januar 1549 2lnbrea§ Dfianber nac^ Königsberg fam,
erliielt biefer bie altftäbtif(^e 5ßfan;e, Js. aber tourbe ^ofprebiger. ©r geriet]^
batb unter ben beftimmenben 6influ^ jene§ überlegenen 5)Unne§ , ber i^n tro^
eine» üorüberge^^enben @(i)roanfen§ fo feftju'^alten touBte, ba^ er in ben nun be=
ginnenben heftigen Se^rftreitigfeiten 3U Dfianber» eifrigften unb rücfii(f)t§Iofeften
Parteigängern gel)örte. „}^nnd unb Cfianber ift ein Sub toie ber anber" l^ei^t
e§ in einem groben ^aSquitt. 6r t^eilte mit i^m unb bem befonberg einflu^=
rei(i)en Seibmebicu» 5tnbrea§ 5lurifaber bie @unft be§ öerjogS, aber auc^ ben
^a^ ber f^eologifc^en @egner ^ör(in'§ u. 3(.) unb i|rei im Sanbe unb nament=
Ii(f) auc^ beim ?lbet gauj übermiegenben 3tn§ang§. 'S^a^ fy. aber ein Si^roieger^
fo^ £)fianber§ gemefen, ift eine ebenfo unermei§ti(f)e al§ oerbreitete ^e:§aup=
tung; bagegen ^eirat^ete in ber 2^at Slnbr. 3turifaber eine Sot^ter Dfianberl. v'l(§
im ^erbft 1552 ber König ©igigmunb 5Iuguft ton $oIen Königsberg befud£)te,
f(^eint man bereit» bie |>offnung ge'^abt ju t)aben , e§ lie^e fid^ mit §ülfe be§
potnifd^en Oberte^^ni^ernt ein ©^tag gegen bie öerf)a^ten Dfianbriften führen,
f^. prebigte (nad£) 5JtörIin): „bie lieben (ängelein f)ätten ba§ fleine .öäuflein be=
l)ütet, fonft mären bie Slnfc^läge gemad^t getoefen, fie ju ermürgen unb ben
dürften um !!3anb unb 2eute ju bringen." 9kd£) DfianbcrS furj barauf erfolgtem
Slobe ri(i)tete fic^ bie immer fc^ärfere Cppofition in f^eologifd^er 33e3ie%ng be=
fonberS gegen g. S)er le^te 5>erfud£) be§ ßerjogS nad£) allen ben pergeblic^en
tl)eologifd)en ^Ber^anblungen burci) ba§ 5Jlanbat Pom 11. Sluguft 1555 ben
Streit o{)ne 5lufopferung ber Cfianbriften ju untcrbrücfen , fteigerte bie 6rbitte=
rung , ba in ^yolge beffelben eine gro^e 2Renge n}iberftrebenber öeiftlic^er ta^
Sanb Perlaffen mu^te. 3lt§ e§ bann bem Pon ^att^. gtaciuS ^ttpricuS bearbeiteten
.Iperjog ^o^ann Sllbred^t Pon 5JlecEtenburg (feit Slnfang 1555 mit SHbred^tS
Soi^ter ^nua ©opl^ia Permä'^lt) gelungen mar, ben öerjog etma§ umjuftimnten,
muBte fi(^ jroar ^. auf ber ©pnobe ju ütiefenburg (gebruar 1556) ju einer
?lrt äöiberruf Perftc'^en, aber fein ^err entfd£)äbigte i^n für biefe Sefd^ämung burd^
er^ö^te (Bunft, ber Pon |y. oerfproc^ene Söiberruf auf ber Kautel Por ber ®e=
meinbe unterblieb, unb feinem ginflu^ fd^rieb man e§ ju, ba| nad^ unb nad^
198 O?""'*-
eine Sln^aftt entjdjiiebenei; ©egner au§ i^ren Slemtern entfernt mürben. 6ine
neue ür^tid^e Sluiregung führte bann bie ßinjül^rung einer öeränberten Äir(^en=
orbnung (1558) ^erBei, für Welche 53i S5ogel am fneilj'^öfifdien 5)om (ebeniattS
ein 5Iürnberger) unb ber öon au§tt)ärt§ berufene unb toiber 3BiIIen ber ©tänbe
3um ^räfibenten be§ jamtänbifc^en SSiäf^umg gemachte Sodann 3turifaber
(a3ruber be§ 5tr3te§) tt)ätig njaren, ^Jlänner, toel^e jtoar burd)au§ nic^t £)fian=
ber'§ Se:^re t^eilten, öielme^r ber 3ttrf)tung be§ öon Cfianber fo ieinbfelig be'f)an=
betten 3!)letanct)t^on anget)örten, tt)el(^e aber über ben ©treit milbe bact)ten unb
bcn 35ermittetung§öerfu(^en be§ |)er3og§ -augeftimmt 'Ratten. 2)ic burd) bie
Äirc^enorbnung gefc^el^ene Sefeitigung bc§ grorciSmul bei ber 2;aufe galt aU
."Hinneigung jum 6albini§mu§. S)en 9lu§j(^lag aber für guncE'S @ef(f)irf gaben
nun bie im ^eben 3ltbre(^t§ gefi^ilberten tiefge'^enben 3ei-"toürfnif|e be§ öerjogS
mit feinen 6tänben, ber fteigenbe ©roll berfelben über bie S^crle^ung if)rer 5ln=
fjjrüd^e burc§ ben mit 3lu§Iänbern fid^ umgebenben .^erjog, mobei atterbingS
bie ftänbifd^e Dppofition an ber firc^Iid)en 5JH^ftimmung einen nict)t ju unter=
f(i)ä^enben populären 9lücft|alt getoann. 5ll§ 33eic£)tdater be§ alternben unb
f(i)tt3a(^ toerbenben .^erjogS , an beffen @unft er feine einzige <5tü^e t)atte, baju
no(^ 3um 9iat^ be§ .^erjogS ernannt unb jum ©(f)a^meifter ber .^erjogin, ber=
toictette \iä) t?. in biefe |)änbel unb erfd^ien at§ ein ©lieb ber get)a^ten Sama=
riüa , in toetdEier ber cigentlid^e Unl^eilftifter , ber ^^(benteurer unb ©d)tt)inbler
5paul @fali(^ feinen bcr'^ängni^bDÜen ©influ^ ausübte. ^. t)attc auf einer
Oteife nai^ S)eutfd)tanb (1561) ben Xl^eologen bon SBittenberg unb Öeipjig ein
SBefenntni^ öorgetegt , toeldieS bon biefen für redC)tgIäubig erflärt tourbe. S)en=
no(^ brad)ten c§ (1563) bie ©täube ba^in, ba^ g- ^^n früher Uerfproc^enen
bffentli(^en SBiberruf no(^ leiften mu^te. @r t^at bie§ in mel^reren ^rebigten,
bie er mit einer SSorrebc bructen lie§. Apier uat)m er, rtia§ feine ^olemif gegen
bie ©egner betrifft fbod^ o^ne 23erbammung Ofianber'ö) feine ©c^rift für Dfianber
(5ßeri(i)t) jurücE , aU ärgerlich unb untüd)tig , Weit er ber ©ad^e bamal^ nod^
nid)t genug berirf)tct gertefen. S5on biefer ©eite tonnte man it)m alfo Vorläufig
ni^tS met)r ant)aben. 31I§ aber bie ©tänbe , erbittert über bie yUc^tadfitung
ber früt)eren 9lbmad^ungen (ber 9iegiment§notel bon 1542 jc.) unb bie Umfto^ung
be§ 2;eftamcnte§ 3llbredf)t§ ba§ (Singreifen ber Ärone ^olen burcf) bie polnifdie 6om=
miffion erlangt 'Ratten, meldte am 23. 3luguft 1566 in Königsberg eintraf, ent=
tub fid) ber ^a^ bor Mem auf gund'ä^aupt. ©falic^ :^atte fid) gerabe no(^
red^tjeitig au entfernen geuju^t; 2lnbr. 3turifober mar fd)on 1559 geftorben,
bie ot)net)in bodf) nidE)t in gleidC) l^o'^em ©rabe mi|licbigen 2t)eologen ^o'^.
5lurifaber unb ^. 3Soget toaren tur^ öorl^er au^er 2anbe§ gegangen, ®egen
g., ber it)nen nun al§ ber eigentli(|e 2lnftifter galt, foloie gegen bie ^ät^e
.g)orft, ©d)nell unb ©teinbad) reid^ten bie ©täube ein ÄtaglibeE bei ber 6om=
miffion ein. Slu^er ben 2lIIe betrcffenben Klagen, ba| jene ^Banner at§ ©törer
be§ öffentlichen f^riebenS fid^ unterftanben l)ätten, alle d^riftlid^e mol)t l)ergebradl)te
unb mit gemeiner Sanbfd^aft 9tat^ unb ^en)il[igung bor 5llter§ geftettte unb auf=
gerichtete gute Kirdien« unb 9legiment§orbnung in biefen Sanben ju turbiren unb
aufjul^eben, toirb gegen g. nod) feine firc^tid^e ^parteifteEung benulit, ba^ er
fiel) bem .Haupt!e|er Dfianber an:§ängig gemad)t unb baju gel^otfen , ba^ öielc
fromme Kird^enbiener au§ bcm Sanbe getrieben feien, auc^ feine ^ittoir=
fung bei (Sinfül)rung ber neuen „^oc^ärgerlid^en" Drbnung bc§ ©acramentS ber
f)eil. Saufe. S)ie polnifc^e ßommiffion übergab aber bie geric^tlicfie Unter=
fud)ung über bie 2lngeflagten bem ftäbtifd^en (Serid^t im Kneipl^of, b. f). e§ gab
biefclben in bie |)änbe i:§rer ^^einbe. ©o getoi^ nun t^. in feiner intimen 33er=
trauengftetlung aum ^erjog unb 'bti feinem unleugbaren ginflu^ auf i!^n
moralifc^ mitüerantttortlic^ ift für bie 6abinet§regierung 3llbred)t§ unb für bie
guncf. 199
gntirembung beftelben üon ber Sanbfd^aft, jö toenig fonnte i^m hod) xeä)ti\ii)
nad)geii)ie|en werben, unb aucf) fein jui; 3}ermetbung bet lortut abgelegte^ 33e=
fenntni^ enthält 5licf)t§, ttiaS bett ^ortourf ber -^-^arteilufttj üom ©pructje be§
@erid)te§ entfernt. 6r lautete für alte Stngeftagten auf ^obelftrafe unb bie
3Ipt)eItation nacf) ^olen toarb atgeft^nitten. 9lur ©teinbai^, bamatg fdiwcr er=
franft, iDurbe ju etoiger 2anbe§öcrtt)eifung Begnabigt. S)ie ,g){nrid)tung fanb
auf bem ^netp^öfif(^en OJiarft ftatt, am 28. Dctober 1566, an bemfetben
2;age an toeld^em ^. öor 19 ^a!§ren in Königsberg eingetroffen. 5Jlan l^at
lyund'S <Bä)\d]al mit bem be§ fäc^fifc^en Kanzlers Krelt bergüct;en, n)a§ ben
9te(^t§miprau(f) betrifft mit @runb, fonft fte^^t freiließ bie (gac^e SSeiber feine§=
roeg§ gteic^ , unb an Santerfeit unb geftigfeit be§ 6t)arafter§ fte^t ber Ä5nig§=
berger feinem föd^fifd^en (5(|i(ffaI§genoffen er^ebüd^ nad). S5on feinen Söerfen
ift bie .,Clironologia ab orbe condito" it)rer 3^^^ l^odigefc^ä^t unb oft gebrucit
morben. S)er erfte %t)di erftf)ien 1545 in ^lürnberg, öollenbet "fjat er fie in
Königsberg 1552, eine ^meite 2luf(age ift big 1566 fortgefüt)rt , eine britte in
2Bittenberg erf(^ienene Bi§ 1578 u. a. m. — „gl^ronifa buri^ 5Jt. ßarion bi§
in 1546 burd) M. ^. Runden aufammengctragcn" o. O. 8, foE au(f) ptatt=
beutfc^ erf(^ienen fein. — „Sßar!§afftiger unb grunblicfier S3ericf)t, toie unb toaS
(Seftalt bie ergerlid^e Spaltung bon ber ©erec^tigfeit be§ @tauben§ ficE) anfeng=
liä) im Sanbe ^preu^en erhoben ic." , Königsberg in 5pr. 1553. 4; „2luStegung
be§ 103. $f." u. a. m.
2öitt, 5^ürnbergif(i)eö ©ele^rtenterifon I. gortfe^ung bon DZopitfc^ I.
S)ie Sitteratur über <^erjog Stlbrec^t unb Dfianber. 2)ie ^^roce^acten in Acta
Borussica. Königsberg unb Seipjig 1732. III. ^arttnoci), i]Breu^. Kir(^en=
gefd)i(^te, gi^antfurt a. 9Jl. unb ßeipjig 1682. 4. ©alig, i)iftor. ber StugSb.
6onf. IL 5Jl. Xöpptn in ütaumer"§ :^iftDr. Xafc^enbud) 1847.
Völler.
^md: Sodann 9UcoIau5 5- (Funccius), 5|3:§iIotog, geb. 29. gjlärä
1693 in ^J^arburg, t 26. S)ecbr. 1777 d. ^an. 1778) in Otintetn. gr loar
eines 9lbbocaten ©o^n; auf ber @c£)u(e unb Uniöerfität feiner S}aterftabt er'^ielt
er feine 23ilbung , bort auc^ begann er feine f(f)riftfteilerif(f)e Sl^ätigfeit fe^r
zeitig in ben (Gebieten , bie er mä^renb eineS langen SebenS feftget)alten l^at,
bort mar er 1723 Setirer ber brüten Klaffe am ^päbagogium. 1729 tturbe er
als ^rofeffor ber SSerebf amfeit , @ef(^icf)te unb ^olitif nad^ Otinteln öerfe^t.
§ier mürbe er au^erbem 1730 S5ibliot!^efar unb 1741 Gp'^oruS ber ©tipenbiaten,
toelc^e 2lemter er mit großer 2:reue bis in fein 85. SebenSja^r öertoaltete. ©eine
tl)eologifd^en ©(^riften, meift erbaulictier 9trt, gab er unter bem Flamen i^ufanber
^erauS. 2)enfetben tragen aud^ feine „(Seiftliclien ©ebid^te" (1726); bie pot=
tifc^en 3ur 2;ugenb unb 3}orfidl)tigfeit leitenben „gabeln" (1748) unb „S)ie gcfegnete
5)at)ibSl)arfe" (1750) erfc£)ienen unter bem 5^amen G^riftian SSal^rmunb. 2Cßenn
^ier bie 5[>feubont)mität fid^ burcE) bie SBürbe beS gelelirtcn ^ß^^ofefforS ent=
f(i)ulbigen lä^t, fo ^at er biefelbe boc§ aud^ in gelehrten ©d^riften anfangs feft=
gehalten unb j. S5. bie ftiliftifd^en ©dl)riften unter bem Flamen Nicephorus
Pliilomusus beröffentlidf)t. S)er 5Jtittelbunft feiner 2lrbeiten toar bie ©efd^id^tc
unb bie Sitteratur ber lateinifdl)en ©pradtie, für bereu SSe^anblung er in bem
■Programm „De variis lat. ling. aetatibus atque fatis'', 1723 bie @:intt)eilung
uadE) bem Sebenialter beS 5!Jtenf($en getoäl^lt ^at. ©cf)on 1720 begann er mit
ber ©(f)rift „De origine lat. ling." , in toelcf)er germanifd^er unb celtifdf)er 6in=
flu^ auf bie ©cftaltung ber ©prarf)e geltenb gemacht mirb ; fur^ nad£)f)er folgte
..De pueritia"' unb bcibe famenl735 berme^rt !^crauS;^ 1723 ..De adolescentia",
1727 unb 1730 ..De virili aetate", 1736 .,De immineuti senectute", 1734
De vegeta senectute" unb 1750 „De inerti ac decrepita senectute'", in toeli^em
200 3^""*-
Söerfe er !6i§ au ber Seit ^axU be§ ©rofeen gelangt. Stoei gortfe^ungen „De
lat, ling. decumbente et mortua" unb „De lat, ling. rcnata" finb toon i|m aud^
aufgearbeitet, aBer nid)t gebrudt, toeil ein SJerleger fid^ nid^t fanb. 3« öei=
Binben mit biejem ftattlid)en SBerfe finb bie ,,Leges,XII tabularum fragraentis
restitutae et illustratae", 1744, oBgleid} je^t ^^liemaub me'^r barnad) greifen
wirb. 3u ben fleißigen ^lotijen über Seben unb ©d)riiten treten überaü aud^
Sammlungen über lejifatifdEie unb grammatifc^e ä)cränberungen be§ ©prad^=
material§. ^3tic£)t minber äa'^lreic^ finb bie (Sd^riften, toeld^e fid§ auf ben latei-
nifc^en ©til be^ietien, tt)eil§ auf bie in ber ©d^ute ^u betreibcnben Hebungen
brei feit 1733 erfd)ienene S3üdE)er, tucld^e er 173G unter bem Xitel „De stilo
latino exercitationes rhetoricae" jufammen brucCen lie^ , tl)eil§ attgemeiner tJor=
bereitenb „De lectione auctorum classicorum" (1730, 1745 unb 1763) unb
„De litterarum studio cousultationes scholasticae" (1742), in meljreren ®c=
fpräd^en, bie I)auptfäc£)Iid^ de latinitate comparanda Rubeln. 3lu§gaben {)at er
nur üeranftattet öon Gicero'ä ^Briefen ad familiäres, 1739, mit einem genauen
Kommentar unb öon ben fjabeln be§ ^'^äbru§, 1738, Bei benen er fidf) mit
einer ^rofaifd^en ^t^ara^tjrafe Begnügt. S)ie§ Beftimmte il^n aud^ 1747 gegen
(Sl^rift in ^eipjig, ber jene S^aBeln für ein fpöteS ^Radfitoerf erüärt t)atte, auiäu=
treten mit ber ©dfirift ..Pro Phaedro eiusque fabulis apologia", unb bie 6d)t'^eit
berfelBen ^u üertl)eibigcn. 6r tl)at bie§ aber in einem fo leibenfd^aftlictien Xone
unb mit foIdl)en 9}erbäc£)tigungen be§ gelcl)rten (5)cgner§, ba| biefer il^m in einer
ätoeiten ©dt)rift De moribus einen fd^arfen 23ermet§ gab unb babci nid^t einmal
5und^§ Üiamen nannte. 3)iefcr l)ielt e§ für geratt)en, bie ^polemi! nid)t weiter
fortjufe^en, jumal er an fi^neibenber ©dtiärje feinem ©egner gar nidf)t getcad^fen
toar, Wenn er aud^ in ber <Baä)t felBft Ütä^t l^atte. ^Jtit feinem Slmte toar bie
55er^flid)tung berbunben alle 3lrten öon ®elegenl)eit§f(^riften für bie Uniberfität
aB^uf äffen; einen Sttieil berfelBen l)at er in ben ,,Dissertationes acadcmicae'",
1746 gcfammelt unb cBenfo 1748 „Selectae orationes academicae". S)ie @e=
fd^idjte ber il)m anö ertrauten SiBliotl^ef unb bie ©runbfä^e für il^re Drbnung
l^at er in Befonbern 5)3rogrammen Be'^anbelt unb ben Katalog berfelBen 1733
]§erau§gegeBen; eine ,, Accessio" baju 1751. ^n ©trieber'§ l^effifd^er ®elel)rten=
gefd)id)tc 33b. IV ©. 258 ift ein öoÜftönbige§ SJer^eid^ni^ feiner ©diriften. —
Sin gleidfinamiger 33etter toar in Gaffel am 26. ^JtoöemBer 1715 geBoren, '^attc
in 9tinteln ftubirt, mar 1740 9lector ber bortigen reformirten ©dliule getoorben
unb 1750 al§ ^profeffor nad^ 53tarBurg öcrfe^t, too er am 2. %pnl 1758 ftarb.
^ateinifd^e @elegenl|eit§gebid^te unb ^4>Togrammata l)at er aEein geliefert.
gdfftein.
^ymid: ^arl SöilVlm ^ferbinanb ö. g., fäd^fifd^er ©eneraltieutenant,
geb. am 13. S)ecBr. 1761 ju Sraunf d^ttjeig , trat 1780 al§ ßieutenant in bie
fäd^fifd^e ©arbe bu 6or)j§, na'§m aber 1785 megen ^ipetligleiten mit jeinem
61§ef feinen 3lbfd)ieb unb mibmete fid) litterarifd^en 5lrBetten, bereu grud)t eine
„@efd^ic£)teÄaifer5riebrid)§II."(3ümd^au 1792) mar, unb !am al§ gjlitarbeiter
an ber 5lEgemeinen Sitteraturjeitung unb ben .§oren aud^ mit ©dritter unb
@oet:^e in Serül^rung. Sluf SSeranlaffung be§ ®eneral§ ö. SeEegarbe trat er
1791 al§ Otittmeifter miebcr in ba§ ncuerrid^tete fäd^fifd^e .g)ufarenregiment ein
unb mai^te in biefem ben gi^einfelbäug mit. Sei Sena 1806 al§ ^Jlajor unb
plbfutant be§ (Seneral§ ö. 3eafd^mi| gleid^ bem größten Z1)til ber @ad)fen ge=
fangen, ertoirfte er bie ©rlauBni^, mä) S)re§ben p eilen unb öerl^inberte bort
burdl) bie 5Jtadf)rid£)t öon 5^apoleon§ moljtoottenber ®efinnung bie giud^t be§
§ofe§, üBerBrad^te bann ein ©d)reiben be§ ^urfürften an ben ^aifer nad^ .g)aEe,
Begleitete erfteren nad) SSerlin unb ben grieben§unter:^önbler ö. 33ofe nad^ f>ofen
unb mürbe jum ßol^ne für biefe S)ienfte jum fönigl. fjflügelabiutanten ernannt.
OBgleid^ er rafd^ aum ©eneralmafor flieg, fanb er bod^, ba er fid^ burd^ Un=
fjfunf. 201
öerträglic^fett biete ©egner gernad)t ]§atte , im 5ei^3uge bon 1809 feine 9}er=
toenbung. ^m ^. 1810 rourbe er ju Tca^oleon nacf) 2Gßien gejanbt, um bie
öon <Baä)]tn begehrte 6e!6iet§ertoettening na(^ ber bö^mijc^en Seite ^in ju be=
treiben, naf)m bann 2;§eit an ben 3(rbeiten für bic 9teorganifation be» fäc^fifc^en
6eere§ unb mürbe @eneratüeutenant. ^m gelbjug öon 1812 mfirte er anfangs
bie erfte GaöaUeriebiDifion , bann feit bem 2obe bes @eneral§ ö. @uti(iimib bie
ätoeite 2)itiifion, an beren ©pi^e er ficf) me^rfacf) auszeichnete, Bi§ er, ba er fid^
aud§ mit Sieijnier unb bem fäd^fifd^en ©encralftab überwarf, Januar 1813 ^,u=
rüdberuTen tourbe. S;a§ ruffifc^e ©eneralgoutierncment gab it)m, ba er fid^
meigerte, unter bemfelben ju bienen, feine (äntlaffung, jeboc^ na^m ber Äönig
biefe nad^ feiner ülücffe^r mieber jurücE. 5{bgefet)en Don einer biplomatifc^en
©enbung in baä. -Hauptquartier be§ ^er^ogl Don äöcllington unb nac^ 'ionbon
im S. 1818 lebte er feitbem in äBur^en, mit gefc^ic^tüd^en ©tubien befd^äftigt,
fd^rieb „©emälbe au§ htn 3e^tei^ ^er -ffreu^^üge", i 2;^eite, Seipjig 1820 — 24
unb „(Erinnerungen au§ bem gelbjuge be§ fäd}ftfd)en 6orp§ unter bem ©enerai
Otetjnier im ^. 1812", Bresben 1829 unb ftarb am 7. 2lug. 1828.
©ein 2;agebu(^ öon 1806 bei b. ^IRontbe, S)ie .^urfäd^fif^en Gruppen
im f^elb^uge öon 1806 II. 262 ff. gerb. ö. Söifeteben in ben ^e^tset^ofie^
18-30 (in. mi\e, 2). ' (ylat^e.
gmif: ©ottfrieb Senebtct g., l^erborragenber 5|3äbagog, So^^n eine§
tut^erifd§en ©eifttid^en, geb. au |)arten[tein in ber @raffc^aft Sc^önburg am
29, ^ftoöbr. 1734, geft. 3u ^agbeburg al§ 9iector be§ S^omggmnafiumS am
18. Sfunt 1814. Surc^ feinen S>ater unb auf bem ©pmnafium ju grciberg
trefflid) borberettet, bejog er Cftern 1755 bie Uniberfität Seipjig. ^um 2:^eo=
logen beftimmt, trug er, ba 3^2^^^^ ort einigen ©ä^en ber S)ogmatif in tf)m
aufgeftiegen roaren, Sebenfen, bas ttjeotogifd^e ©tubium ju beginnen, ^n biefer
Unruhe manbte er ficf) an (Sramer , bamat§ quebtinburgifd£)er öofprebiger, ber
i§m aber bie Ueberjeugung nid^t nehmen tonnte , fid^ ber il^eotogie, menigftens
in feinem 3?aterlanbe (5acf)fen, nic^t ^u mibmen. 5)a^er manbte er fid^ junärfift
ber ^urieprubenj gu, ^^örte aber au(i) p:^iIoIogif(^e unb p'^i(ofop^if(f)e SJorlefungen.
2Bät)renb er nod^ in ber 2Bat)t feiner Stubien fc^Wanfte, erhielt er im gebruar
1756 bon Gramer, ber injroifdtien nac^ Äopen^agen berufen mar, eine ßintabung
na(i) bort, um t:^eil§ in feiner fyamiüe !!3et)rer unb ßraie^er ^u fein , t^eile bal
aufgegebene tt)eo(ogifd£)e ©tubium unter gramer'» eigener Leitung fortjufe^en,
mit bem 3Jerfpred)en , feine 33erforgung in Sänemarf im geiftücfjen ober melt=
Ii(i)en ©taube ju betoirfen. 5- na^m ba§ 5lnerbieten an unb berüe^ nad^
Cftern 1756 Seip^ig. ^n i?open^agen, wo er aud^ bie Sefanntfdtiaft Ätopftocf'§
unb einer Oteil^e anberer tieröorragenber Gönner mad^te, ftubirte er fleiBig bie
tl§eoIogifc^en 2öiffenfd)aften , namenttidf) auc§ bie oricntalifi^en ©pra(i)en. ^m
^. 1769 rourbe g. als ©ubrector an bie S)omfd^uIe ju 23hgbeburg berufen,
unb al§ ber bamatige Dtector @olb^agen 1771 fein 2lmt niebertegte, mürbe er
beffen 5flad£)fotger. S)urd^ i^n erhielt bie ©i^ute einen öor'fier nie gea^^nten 9tuf=
fd^tDung , aus i^r ging namentlidE) eine gro^e 5)tenge S^eotogen unb ©^u(=
männer ^eröor. gunf'S groBeS päbagogifd^e» @efdE)icf, bie ilUIbe feine§ ganjen
SBefens, fein au§gebef)nte§ SSiffen, feine rafttofe X^ätigfeit, bie öätertii^e, auf=
opfernbe {yürforge tür bie if)m anöertrauten 3ögünge, öerf(^afften bem 531agbe=
burger S;omgt)mnafium tDät)renb feiner 45jä^rigen Se^rtl^ätlgfeit einen toeitöer=
breiteten iRuf. ©eit 1785 marb 5- aud) 5)titglieb be§ gjtagbeburger Gonfi^
ftoriumS, unb in biefer @igenf($aft l^atte er bie *^rebigt= unb ©d^utamtecanbi=
baten ju piüfen. 3(ud§ biefe§ Slmt öerroaltete er mit betfelben Sreue unb @e=
toiffen^aftigfeit. ©o fet)r er aud^ grünblidE)e unb öielfeitige ^enntniffe fd^ä^tc, fo
legte er bod^ nod^ größeren SBertl^ auf ben (E^aralter unb ben äußeren SÖanbet
bes angel^enben ©eiftüc^cn. g. tbar ein ^ann Don tiefer tfteügiofität im ©inne
202 Sunt — gunfe.
etne§ gemäßigten 9lattDnalt§mu§ : bte bon i^nt öerfaßten ^h-(i)enltebei-, bie fid)
ireilid) an poetifc^em äöert^c mit benen be§ 16. unb 17. ^a^r'tinnbci-tS nic^t
öerglei(f)en laffen, f|)iegetn biefe 9fti(^tung toieber. ©eine jd^riftftellevifd^e 2;'^ätig=
feit, bie niemals fel)r umfangteit^ mar, '^örte jaft ganj auf, al§ er fein 3tmt in
Wagbeburg antrat. S)ie niä)t .je^r jo^tveic^en ^Ib'^anblungen , öon benen ein
2;^eil 5uer[t in ßramer'g „^florbijd^em 2iuifef)er" erfc|ienen, mürben nebft feinen
©(^utreben ic. öon feinem Steffen ^arl g^unf f)erau§gege6en; „@ottfrieb S3enebict
gunr§ ©d^riften", Serlin 1820, 2 a3be. ^m ^meiten 23anbe Befinbet fic^ eine
5tu§ma^t au§ feinem SSriefmed^fel unb eine &iograpt)if(^e ©fi^je au§ ber ^^feber
feine§ Neffen. Tiaä) feinem SEobe Brad)ten feine ehemaligen <Bä)üln ein ßapitat
jufammen, mobon i^m burd^ bie ^anb^9lau(i)'§ ein 2)enfmat in ber 93tagbe=
Bürger ®omfir(fje enii^tet mürbe. 9lu§ bem Ueberfc^uß muxbe eine ©tiftung
gegrünbet, bie feinen Flamen trägt unb ben S^td I)at, bebürftige unb talent=
botte ©(^ütcr be§ 5£)omgt)mnafium§ mäl^renb i'^rcr ©d^ul^eit unb bei itirem 2lb=
gange jur Uniberfität 3u unterftü^en. S^anicEe.
3*un!: .^ einrieb ^., ßanbfdiaftSmaler, geb., nac^ ber gemö!)ntic£)en S[n=
gäbe, ben 12. S)ecbr. 1809 (nacJ) einem in ^erforb au§geftellten ^ilitäratteft
fc^on am 12. S)ecbr. 1807) in ^erforb in äöeftfaten, f ben 22. 5^obbr. 1877
in ©tuttgart. 6r empfing ben erften Äunftunterri(i)t bon feinem S5ater, ber
S)ecoration§maIer mar, unb bejog 1829 bie 5ttabemie in S)üffeIborf, mo er ftd^
burc^ Seffing^§ unb 3f- 2Ö. ©d§irmer'§ Slrbeiten angeregt, ber 2anbf(i)aft§malerei
mibmete. ^m ^erbft 1836 30g er nac^ granffurt a/5R., folgte aber 1854 einem
9tuf al§ 5profeffor ber Sanbfd)aft§materei an bie fönigl. ^unftfdiulc in ©tutt=
gart. <^ier mirfte er al§ beliebter Se'^rer, bi§ june'^menbe Ärän!li(i)feit il)n
nöf^igte, im ^erbft 1876 feine ©teÜe nieberjulcgen. 3lui einer 3lu§ftetlung in
Stoucn zxijklt er ben erften ^xei^: eine golbene ^ebaitte, unb ber ^önig bon
äöürtemberg e'^rte il^n burd) miebcr'^oltc •DrbenSberlei'^ungen. S5on feinen 3al)l=
reici)en, meitl)in jerftreuten Silbern befinben fic^ me'^rere in öffentli(i)en ©amm=
lungen, toie „S)ie 35urgruine bei 5lbenbbeleu(i)tung" in ber breu§if(i)en 3^ational=
gatterie in SSerlin, „S)a§ untere ^fnnt^al" unb „S)ie 9f{uine am ©ee" im ©tä=
bel'ftiien S^nftitut in ^^ranffurt a/^R., eine großartige „@etoitterlanbfd)aft" im
5Jtufeum 2öaÜraff=9fli(i)ar3 in Äöln unb „ßifelgcgenb bei auffteigenbem @emitter",
ein§ feiner beftcn SBerfe, in ber fönigl. ©taatSgallerie in (Stuttgart. 3". ^efaB
ba§ innigfte ^Berftänbniß ber Statur, einen äußerft feinen ©inn für <B<i)'öni)tit
ber i^ormen unb Sinien unb eine fc£)arfe SSeobad^tungSgabe. ©eine ©emälbe
^eid^nen fid§ burdf) eine ftrenge g^i^^ung, forgfältigfte S)urd^füf)rung, [ttlboEe
(Sompofition unb eine ftet§ poetifdlic, mitunter fogar großartige Sluffaffung au§.
©eine i^arbe ift meiften§ ftimmung§boE unb f)armonifd£) , ^ufig aber etmag
trocEen unb entbehrt jener Seucl)tfraft unb glänjenben S5ortrag§meife, buri^ toelrf)e
bie 2öerfe jüngerer Äünftler oft fo beftedl)cnb toirfen. 5lu(^ in kof)Un=, Äreibe=
unb S5leiftift3eicl)nungen l)at ^. S5or3üglid£)e§ geleiftet, unb feine Slrbeiten naä)
biefer 9iid)tung "^in finb bon toal)rl)aft claffifdl)er ©ebiegen'^eit. 5Rit unermüb=
li($em gleiß l)at er bi§ ju feinen legten Sebcn§tagen fold^e G^ombofitionen unb
©üjäen entmorfen unb in feinem 9Iadl)laß befanben fidl) über 500 gcjeidl)nete
Sanbfdt)aft§blätter berfd£)iebener @röße. S3lancEart§.
^mlt: Äarl ^ß^ilipp g. , ©c£)ulmann, geb. am 13. ^uli 1752 in
®br|fd^fe bei Sranbenburg , f am 9. i^uni 1807 auf einer @efd^äft§reife in
Jlltona. S)urd^ eine jmeite 33er'^eirat!^ung feiner Butter fam er al§ bierjäl^riger
Änabe nac^ 9{agul)n im .^erjogt^um ^Inl^alt. 2ll§ er 3ef)n S^a^re alt mar, mürbe
er in bie SBaifenanftalt 3u ^aUt aufgenommen unb erl^ielt burd^ biefe S3er=
günftigung (Selegen'^eit , feine miffenfc£)aftlic^e 2lu§bilbung auf ber lateinifct)en
©d£)ule 3u erlangen. Oftern 1770 be3og er bie Uniberfität in ^atie, um Stl^eologic
3U ftubiren. S)a er mittellog mar, fal) er fid^ genöt^igt, an ben ©df)ulen ber
gunfelin. 203
gtancfijc^en ©tiftungen Untemc^t ju ertf)eiten unb begann bamit im 5Jtai 1771
an ber fogenannten ^tttcltt)a($ifct)en ©ci)ute, aber bereits im ^loüember bejfetben
3fa]§re§ ging er an bic lateinift^c ©d^ule über, too man feine geleierten ^ennt--
nifje beffer öertt)ert:^en ju fönnen meinte. 3n biefer Stellung blieb er bi§ jum
3^uli 1776; ba tturbe er al§ ^^nfpector unb 2et)rer ber alten 6prad)en an bie
5riebrid)§f(i)ute in S8re§tau berufen, gjlid^aelig 1781 tourbe er Gonrector an
ber @elet)rtenf(^ule in Seffau unb 1785 i^nfpector be§ bortigen ©^uüctirer^
feminar§. 1806 er'f)ieU er einen Ütuf at§ S)irector einer in Erfurt äu erri(^ten=
bcn ^rotiiuäialfctiule, aber ber (Sinmarfc^ ber Svanjofen tiercitelte bie ?tuliüf)rung
biefe§ 5p(ane§. 1804 :^atte i^m ber ^yürft öon ©(i)n)arjburg=9fiubolftabt ben
3:itel eines (Sr3iet)ung§rat^e§ ertt)eilt. ®r[t in 2)effau begann er feine ©i^rift»
ftellerei, bie fic^ auf fe'^r berfi^iebene (Sebiete erftrecfte unb bie 35erbreitung
beffen, raaS man bamalg gemeinnü|ige ^enntniffe nannte, bejmecfte. S)ie '^a^^
roirfungen be§ ^^ilanf^ropinS fie:§t man befonberS in ben päbagogifrfien (Schriften,
ben 53efebü(^ern für ^inber, bem neuen ©tementarbuct) jum @ebraud)e beim
5ßriöatunterrid§t in bier %f)tiUn (feit 1797), bem 2efebuc^e für Sürgerfd^ulen in
äioei 3:^eiren (fett 1788), ber ^ibel (feit 1786), bem Setirbudt) jum Unterricht
ber 2;ö(|ter bornelimliii) in mittleren ©täuben in ätoei 23änben (1800). S)amit
ift ber auSfü'fiiiic^e ^ert ju SSertuc^'S 58ilberbuct)e ju öerbinben, miäjtx in fünf
S3änben (feit 1798) gltern unb Sel^rern einen Kommentar bei ber Senu|ung
jenes 2Serf§ bieten follte. SBenn er ft^on :^ier nid)t of)ne bie 2JiittDirfung '^tn=
berer bie mannigfaltigen iBilber erllären tonnte, fo beburfte er berfetben noc^
me'^r ju ben jtoei enc^flopäbifcfien 3Berfen, toeldie feinen Dramen er'^alten l)aben ;
eS ift ba§ „neue 9tealfc^ulteriton" in fünf SSänben (3Sraunfct)tt)eig 1805) unb
bas> „fleine gtealfd^ullesifon"' in a^ei Streiten (feit 1804 öfter gebrudt); ebenfo
ba§ „SBörterbud^ ber alten (ärbbefc^reibung" (SÖeimar 1801), ttjo^u au(f) ein
2ltla§ ber alten SBelt gel^ört. ©ein ©cf)miegerfol)n , ber 5ßfarrer Sippolb unb
befonberS ber gelcl)rte ^prorector 9iic§ter in S)effau maren bie .pauptmitarbeiter.
Tlti)x ©elbftönbigfeit geigen bie naturtoiffenf(^aftlid)en unb tect)nologif(i)en 2Berfe,
öor aKem bie „9taturgefä)ic^te unb 2e(i)nologie" in brei 2;l)eilen, öon ber feit
1790 — 1813 fec^S Sluflagen unb mel)rere Sßiener giacl)brü(ie erf^ienen finb;
baäu bie „^raftifd)e (Sef^icl)te beS 53lenfct)en" feit 1793 in fünf Sluflagen, ber
fur^e (Sntmurf ber ^aturgef(i)i(^te jum ©ebraud) in liö'^eren ©(i)ulen (1804)
unb bie „Ütaturgef^icEite für ^inber" , 1808. ®in §anbbuc^ ber ^W^^ W
feit 1797 met)rere 2luflagen erlebt, ^aä:) feinem Xobe gab Sippolb 1808 aud)
eine ^l!)lt)tl)ologie für ©c^üler l)erau§. S)amit finb bie ©c^riften beS fleißigen
9]lanne§ feineSmegS erftf)ö|3ft (man tann fie in ben üerfc^iebenen 2?änben üon
gjleufel ober in ©d^mibt'S 3ln'^altif(i)em ©c^riftftellerlejifon t)er3ei(i)net ftnben),
aber bocf) bie tDefentli(i)ften l^eröorge^oben. ©cEftein.
^^nnfcliu: Sa^oö 5-, beutfc^er Sramatifer. (geboren ju gonftauä, feit
1550 ^räbicant 3u S3iel ((Danton Sern), mo er biete gan^ ober grofeent^eitS
felbftgebicC)tete ©cf)aufpiele balb burc^ ©djüler, balb buri^ 33ürger auffü:§ren lie§
(„9teic^er 5Jiann unb armer SajaruS", 1550; „Sob unb grmecEung beS SaaaruS";.
„!i?otl) unb 3lbra^am"; „3l]^a§öeru§ unb gft^er", 1552; „(Seburt ß^rifti", 1553
unb öermutt)li(i) aud) 1554; „©obom unb @omorrl§a", bieüeic^t Umarbeitung
beS ßot^ unb 3lbral)am , 1554; „S)ie in Saftern :^inlebenbc SBelt unb ma§
©träfe je tiernad^ folgt"; „3lpofalt)pfe", 1555; „S)er verlorene ©o^n", 1561;
„UnferS Ferren 3tuferftel)ung unb 5luffaf)rt", 1562; „©ufanna", 1565) unb
am 3. 9lobbr. 1565 an ber ^:peft ftarb. „,^at übel ."pauä gehalten", fagt ein
ßl^ronift. — 2Bieberl)olt mag er bei feiner bramaturgifd^en Il)ätigfeit . ältere
©tüdfe benu^t l^aben; fo liegt bem SajaruS ber Auabion bon i^oanneS ©apibuS
5u @runbe: bie fatirifd^ gefd)ilberte ßonfultation breier Sterjte 3. SB. ift barauS
gef(^ö|)ft. ^n fatirifct)en unb leljr'^aften Elementen mag fid) fonft nod) am
204 fjunf^äncl.
mctften bie ©elBfttl^ätigfeit be§ 33eriajfei-§ gettenb macf)en. ^n ba§ erfte bev
genannten ©tüiie i[t ein 3toijc^cnfpiel eingejd)altet. ba§ bem reii^en ^anne öor=
geführt tüirb, ber ©treit jtüifc^en 3Jenu§ unb '^aUa^, b- ^. jnjifcficn ©innlid)!eit
unb 2;ugenb , ber "fiier butd) einen 9ti(^tei- iüt ^ollaS entf(i)ieben n)ivb. 5Der
25enu§ fielet (Spicur, „bei- a^oübaud)", al§ 3eu96 ä^i-' '^"te» ^^i-' ^alla§ -öercuIeS.
^ener wirb aU öevjc^tatener ®enu|menf(^ cEiarafterifirt ; biefcr benjeift feine
2;üc£)ttg!eit, getoi^ jut gto^en gi^eube bc§ ^^nbücumS, burd^ brei Ütingfämpfe
gegen ^liefen. 2)ie ganje 93enu§[ip|)|d)ait tuivb üom Teufel geholt. S)ag %f)tma
mag bann in bem erften ©tücE öon 1555 toeiter gerührt fein- 2)ie ftttüd^e
2!ßa:^i-^aitigfeit , ber Änmpi gegen ben 2;eufel, toic i'^n ."percuteS tämpil, be=
jc£)äjtigt ben SJerjaffer aud) rtieber'^olt in feinen Siebern: ftiie ein guter SSürger
für feine SCßaffen forge, ba^ er fie in ber 3eit ber ^lott) jur .gjanb t)abe unb
nid)t erft faujen muffe, fo fotte jeber 6f)rift mit guten ©prü(i)en gegen ben ©a=
tan gerüftet fein, ^an fielet, ^. fienu^te auct) bie S3ül)ne, um fol(i)e äöaffen
3U fd^miebcn.
Söeller, iöolf^t^catcr ber ©d^toeij ©. 252—260; Xittmann, ©d^aufpiete
au§ bem 16. ^atir^unbcrt 1, 163—200; 9lo(^f)ot3, Germania 14, 412;
äöacfernaget, ^irc^entieb 4, m*. 220-226. ©euerer.
(VUnf^äncI: Äarl .f) ermann ^., ^^itolog unb ©dfiulmann, geb. am
5. 3Iug. 1808 in 3lo'^anngcorgenftabt, t in ßifenacE) am 18. 5tug. 1874. ^n
jenem Üeinen 93ergftäbtct)en ©arf)fen§ unmittetbar an ber böt)mifd)en ©ren^e
fietleibetc fein 33ater bie ©teile eine§ iBergmeifterS. Ütac£)bem er in ber 23ater=
ftabt bie erfte ©c^ulbilbung er'^altcn '^atte, ttjurbe er im 14. 2cben§jalC)re auf
ba§ 2t)ceum in ©dineeberg ge!6rad)t, beffen nod^ jugenblict)er 9iector ä^oigtlänber
auf bie n5iffenfd)aftIicC)e unb fittli^e ^ilbung beä empfänglict)en ©rf)ütcr§ ma^=
gebenb eintoirfte. ^n ben alten ©pract)en tüd)tig üorgebilbet , be^og er Cftern
1826 bie llniüerfität Öeip^ig, um i^j^itologie ju [tubiren. ^nx] öor Oftcrn
1827 tüurbe er ^Jlitgtieb be§ pl^ilotogifd^en ©cminar§ unter ber !!3citung 6t)r.
2). 25e(i'§, im g:-ebruar 1828 ^itgtieb ber griec^ifc^en ©efettfdjaft, in toelc^er
@. .g)ermann bie ftrebfamften ©tubirenben öei-einigtc unb auf ben fteinen ^rei§
ben nac^fjaltigften ©inftu^ ausübte, f^. trat it)m nod) baburd) nä"^er, ba^ er
ba§ ßilüd "i^attt, be§ großen ßel^rcr§ gflniutuS ju merben. ^n ber gried)ifd)en
®efeEfd)aft ert)ielten feine gelehrten ©tubien i|re Stic^tung auf 2)emoft:^cne§
unb bie griec^if d)en ütebner übert)aupt. ^m l^e^i-'uar 1830 erlangte er bie
^Dlagiftertoürbe. ©d)on 1831 erfd)ienen fritifc^e Seiträge ju ben9tebnern in ben
„Quacstiones Demosthenicae", 1832 bie ^^luSgabc ber 9tebe gegen 9tnbrotion unb
1834 gab er in Söerbinbung mit i?frotfd)er bie DIt)nt§ifd)en kleben ^erau§. S)ie
33el)anbtung ift rein fritifc^ unb grammatifd), entfjiredienb ber ©c^ule, in meldier
er feine Silbung ert)alten f)atte; ba^ er aber aud) anberen Unterfud)ungen ge=
toad^fen mar, jeigte er in ber geleierten Slbl^anblung „De Demosthene Piatonis
discipulo" in ben Acta societ. gr. I. p. 287. ^m Wäx^ 1832 toar er ol§ 5lb=
junct in ba§ Sel^rercoIIegium ber ^^licotaifdiule in Seip^ig eingetreten unb 1833
in bie fünfte unb ^Jtärj 1835 in bie britte orbentlid)e 2et)rerftcüe aufgerüdt.
burc^ bie er ^^auptfädilide in ben oberen ßlaffen ju unterridf)ten Verpflichtet mar.
©0 blieb er nod) einige ^a^^re in Seipjig, mo fid) fein 9}ert)äUni| 3U bem ber=
el)rten ßel^rer ^ermann immer me^^r in ein freunbfc^af tlid)e§ umgeftaltete, au§ bem
Greife feiner näheren 3lmt§genoffen befonberS ^^rotf^er unb S^iee i^m nat)t
traten, Pon ben afabemifd^en S)ocenten ^taf^e, 31. 2Beftermann, ^artenftein unb
5)1. .^aupt, Pon gleid)alterigen 5|ß^itologen namentlich ^. ©auppe unb 2. 9toB,
ber fic^ im Söinter 1831—32 unter ^ermann'S Seitung nod^ me^r 5u ber nacf)
©riec£)enlanb beabfid)tigten 9leife Porbereiten tuollte. S)iefe 2;ria§ befonber§ l^ielt
eng jufammen unb l§at ba§ 2lnben!en an biefeS gemeinfamc Seben unb ©tubiren
treu belual^rt. Söeldlie Slnregungen au§ biefem 33erfel)r für fv- ^erPorgegangen
gurc^au. 205
finb , (ä^t fi($ benfen ; er tooEte barum aucfi ben Slufenf^alt in i3eipjtg nid^t
aufgeben, at§ et 1832 einen 9tuj al§ ^rorector no^ Sera erhielt. 2l6er er
foüte bod5 niiiit für immer in biefer ©tabt fcleiöen. 1837 emt^fafil ii)n |)er=
mann an ben 2Jlinifter S(i)ttiei^er für ba§ S;irectorat bei @t)mna|ium§ in 6ifc=
nad^; nad) furjem 23cbenfen na^m er ben 9luf an unb lourbe am 8. Januar
1838 in bieg 3lmt eingeführt, ha^ er bi§ an fein !Qel6en§enbe öertDaltet i)at.
^ier galt e§ 3unäcf)ft, eine ©i^ule, bie alle möglichen SBebürfniffe einer S3ürger=
fc^ute, eine§ (S(f)uHef)rer=@eminar§, eine§ ®t}mnafium§ Befriebigen foEte, ein^eit=
li^ aU @t)mnafium ein^ui-ic^ten unb für biefe @inrict)tung bie tüc£)tigen Sel)rer=
fräfte 3U öertoenben. Sei bem i^uBiläum 1840 erl^ielt e§ nad) bem Öro^'^erjog
ben Üiamen Carolo-Fridericianum. 5(u(i) für bie ßeiftellung befferer ?)iäume
roarb in bem alten Äloftcr geforgt unb bie 3ud)t ftraffer ge^anbf)abt. ^n 2ln=
erfennung feiner öerbienftüoEen äöirffamfeit erhielt er 1844 ben ß^arafter aU
Sonfiftorialrott), 1851 a(§ ^ofrat^, 1869 aU ©e^^eimer öofrat§; aud) ba§
9iitterfreu3 be§ ^yalfenorbeni n)urbe i^m 1855 beiiie!§en. Berufungen nadi) an=
bereu Crten, toie natf) S^armftabt unb nacf) 3Jtei^en, lehnte er unbebenftid) ab;
er l^atte in 6ifena(f) ^u biete Setoeife ber S)an!6ar!eit unb 25ere|rung ermatten,
namentlich bei ber fyeier feinei 25jät)rigen 3lmt§jubiläum§. ^m 5- 1839 ^atte
er ixä) pm erften ^laU öer^eirat^et; al§ er 1859 biefe grau öertoren l§atte,
fc£)to^ er einige ^a^re f|3äter eine jtoeite (B^e mit dlaxa (Sommer, bie bem
alternben DJlannc eine Bc^agü(i)e ^äugtii^feit 3U fdiaffen öerftanben t)at. 305^1^
!§atte g. f(i)on al§ ganj junger 5J^ann graue§ ^aar, erfreute fid) aber babei
großer .^i3rperfri]d§e bi§ in bie legten ^ai)xt. Cftern 1874 trat ein rafifiee 2116=
nehmen ber Gräfte ein; man l^offte bon einem 2tufentl§alte in ©treitberg Scf]e=
rung feineg ^agenübelg, bie nur f(f)etnbar erfolgte. 3Im 18. 2tugu[t ift er
bur^ einen fanften 5Lob bon fd)toereren ©djmerjen befreit morben. ^n Sifenad^
geftatteten i'^m bie amt(i(i)en @efc£)äfte feine größeren toiffenf(i)afttic£)en 9(rbeiten.
Sagegen ^at er in ben ^rogrammen=3lbl§anbIungen 5at)lreict)e ©c^ulreben in ben
^. 1849, 60, 61, 64, 73 beröffentlid^t , bie mit großer Siebe unb Sorgfalt
aufgearbeitet finb. 2lu§ ber @cE)uttt)ätig!eit finb au(^ einzelne Slb^anblungen
über S)emoftl§ene§ unb ^ora^ ^erborgegangen, bie t^ei(§ in ben toiffenfd^afttid^en
3eitf(i)riften 3erftreut finb, toie in ber 3eitt'^i-'- fü^' 2IItert^. = aSiffenf(i). feit
1835—49, in ber 3eitfc^r. für (Si)mn. =2Befen, im ^:t5t)iIologu§, in ben ^dtji-
büd)ern für 5pi§iIotogie , t^eil§ in ben (Sratulationsfc^riften ju öermann'*§ unb
2öei^enborn"§ Jubiläen 1840 unb 41 unb in ben '^^rogr. bon 1841 unb 54 fid)
finben. ©in neue§ Gebiet betrat er in Sifcnad) mit ©tubien über bie Sef^ic^te
Sl^üringeni; in brei Programmen l§at er 23eiträge jur (S5efd)id)te be§ ßifenad^er
@t)mnafium§ gegeben (1844 — 54); anbere Slrbeiten, toie über ben Söartburgfrieg,
bas gro^e tpringif(i)e ^t)fterium finb in ber 3eit|(^i-'- i^f^ S}erein§ für t^üring.
@ef(^ic|te Sb. 2—7 gebrudt.
S. 2Bentger, 3^1: Erinnerung an Ä. ^. 5- ©diutrebe. gifenac^ unb
Sielefelb 1874. 8. 3lug§burger Slttgemeine 3eitung 1874. Seil. 240.
ßdftein.
^urt^au: 5lbolf g^riebrid^ f^., geb. ju Sremcn am 4. ^an. 1752,
t am 19. S)cc. 1819, toar ber ©o^n eine§ bortigen @t)mnafiat(el^rer§ au§ einer
alten bon 2lug§burg nad^ Bremen überfiebetten ^yamilie unb erhielt feine 5ugenb=
bilbung auf bem (5jt)mnafium feiner Baterftabt. 20 ^a^i ait , be3og er bie
Uniberfität Ööttingen unb 3eid)nete fid) l^ier, au^er in feinen tbeologif^en unb
^iftorifc^en ©tubien bd (Satterer, im pt)iIotogifd)en ©eminar in fot(^er Söeife
au§ , ba^ ■g)et)ne i'fim ben UnteiTid^t feiner Äinber anbertraute unb i^n fpäter
im ^. 1779 für bas ertebigte Gonrectorat be§ @t)mnafiumg 3U ©tralfunb em=
pfa'^I, toeld^eS 9tmt er bi§ 3um ^. 1815, feit 1804 nad) ©ro^urb's @meriti=
rung, bereint mit bem ütedorate bertoaltete; äuglcii^ ftanb bon 1796—1819
206 5urd)au — pter.
bie gtat^§bibtiott)e! unter jeiner fieitung. ßine |o umjangi-ett^e pvaftijd)e 2Birf=
famfeit lieB i^n jc^riitftellerijrf) nur jur 2}eröffentlic^ung fleinerer ?Iuffä|e ge=
langen, befto gröfeere§ a^erbienft txwaxi er ftd) tt)ä^renb feiner 40iä]^rigeu 2i^\--
f^ätigteit burc^ bie 2Iu§bitbung einer 9tei^e Bebeutenber ©rfiüler, unter benen
il^nt (5. 9Jl. SIrnbt ein bteil6enbe§ S)enfmal gefetzt l^at.
SSieberft. ^JMr., ©reii^w. 1824, ©. 61 ff. — 3ol6er, ®efd)ic^te brs
©tralf. ©timnaf. VI. 32; V. 70. ^aec!ermann.
gurrfiau: Slbolf f^riebrid^ g., geb. ju ©tralfunb am 22. f^ebr. 1787,
t am 20. Suni 1868 ebenbafelbft, war ber ©o^n be§ ©tralfunber 9tector§ 2lb.
f^r. 3f. (I- b.). '^uf bem ®i)mnafium ber ä^aterftabt öorgebitbet , ftubirte er
1806 — 10 in ©ottingen unb ©reifsnialb unb toarb 1814 S)iaconu§ an ber ©t.
;2facobi=Äird)e unb 1823 ^^^aftor an ber ©t. ^of)anni§=Mofterfir(i)e in Stratfunb,
befleibete aud) jugleid^ ba§ 5lmt eine§ (5c^utratt)e§ bei ber ©tratfunber 9tegie=
rung. ^^^rütijeitig für bie -i^oefie begeiftert, tt)ibmete er fid) neben feiner S"ad)=
n)iffenfc^aft in eigenen ©d)Dpfungen ber bramatifd)en S)i(^tfunft unb öeröffent=
lid^te auf biefem i^dhe: „^faifer Otto III.", Sraucrfpiel, 1809; „.^er^og 6f)riftian
öon 33raunfd)tt)eig" , 1816; „S)ie ©emeine au 3iOp^e", 1817; „.s;-)an§ 'Baä^^",
1. Zi)l 1819, II. lt)L 1820; „^yrauj bon ©icfingen", Irauerfpiet, 1821.
©eine Jüefenttid)c 33ebeutung liegt jeboi^ in ber au^erorbentUd)en U^ielfeitigfeit
feiner im gereiften -^tlter gepflegten 33eftrfbungen unb ßeiftungcn für bie engere
pommerfc^e .^eimat^. 5Jlit ^erüorragcnben @eifte§gaben auSgeftattet , fe^te er
nid)t nur feine bic^terifd)e unb litterarifd)e 2f)ätigfeit fort, fonbern tüibmetc er
fic^ aud) ber (5)efd)id)te ber bitbenben i?ünfte unb geigte eine ungewöl)nlid)e ^c=
fä'^igung für ted)nifc^e 6rfinbungen. 3(u§ biefem @runbe toar fein Jpaug unb
feine ^^erföntid)feit ein ^JJiittelpunft geiftigen Sebenö , öon bem ©tralfunb unb
'^^ommern eine fortgefetjte 9lnregung , fei e§ in feiner St!^eitna't)me für bie ber
ilultur, (Sefd)id)te, Siitteratur unb Äunft genjibmeten Vereine, fei e§ burd) eigene
fünftlcrifi^e unb poetifd)e Slrbeiten empfing. SBäi^renb ber ßinbrud be§ rügif(^=
pommerfd^en j?üftenlanbcg fic^ bei .^arl Sappe (geb. 1773, t 1843) mel^r in
Itjrifc^er gotm, foraie bei 2()eobor ©djwar^ (geb. 1777, t 1850) unb griebrid)
Älupper (geb. 1802, f 1862) im gtoman geftaltete, toirfte g. im ©ebiete be§
(5pD§ unb üeröffentlic^te in biefer 9tid)tung mef)rere fpeciftfd^ pommerfd)e S)id)=
tungen, unter benen toir erttiä^nen: „Slrfona", Cietbengebid)t in 20 @ef äugen,
1828 (ögt. «ed^ö Kiepert. 1828. 4, 288); „S)ie ^nfel 9tügen", 12 ©ebidite,
1830; „malbert, ber ^^reufeen Slpoftel", 3 Sbe., 1831.
93ieberft. ^Jtad^r., ©tralf. 1822. ©. 44. — ^\)l, 5]ßommerf(^e ®efd§i($t§=
ben!m. IV., ©reifSttJ. 1874. ©. 11. — @oebe!e, ©runbri^ ber beutfc^cn
S)i(^tung III. 4. ©. 782, §. 351. paeder mann.
prcr: ei^riftopf) g., geb. am 9. gjiai 1479, t am 29. SIprit 1537,
mar ber ©ol}n ©igmunb O^ürer'g, be§ erften feinc§ ©ef(^[ed)t§, ber an Oftern
1501 in ben f (einen ober regierenben Otat^ gcmä^tt morben, aber am 1. ©ept.
beffelben 3a'^re§ an einer Operation geftorben mar, unb feiner ämeiten 5^-au,
3lnna Xuäjnin, bie it)rem @^egemat)l ba§ ®ut ^aimenborf ^ubradjte, öon bem
\iä) ba§ ©efdiled^t uod^ :^eute fd^reibt. S)a er fetbft feinen SebenSgang auf=
geseic^net :^at, fo mei^ man, ba| er auerft bie Iateinifd)e ©c^ule im :^eit. ©eift=
©pital befud)te, bann ju einem ©d)teiblei)rer, Sern{)art ipirfc^felber, ber ©ulben=
fdCireiber genannt, :^ierauf ^u einem 9ied^enmeifter, Üluprec^t ^olberger, in llnter=
rii^t gegeben tourbe, toorauf if)n fein 3}ater, ba er fi(^ bem ®efd)äft§leben mibmen
foEte, 1492 als etma 13iä:^rigen na^ 5Jenebig fd)idte, um bort bie ^anblung
m erlernen. 3laä) breijälriger Sel^rjeit lie^ i^n fein 3}ater mieber na^ 5türn=
berg fommen unb fd)idte i^n, um eine ^xo'bt ju madien, mit 3000 S)u!aten
toieber l)inein, meiere $robe er gut beftanb unb mit biefem ©elb siemlii^ glüd=
fjfürer. 207
tic^ toar. hierauf tf)at i§n, at§ 18 — IBja^rigen Düngung, fein 9}ater aui bie
glitten bon @räfent£)al unb jpäter nac^ @i§le6en, um bort bie 2(ngelegen!)exten
jeine§ ^aufe§, baä einen fei)r bebeutenben Jpanbet mit -Oüttenprobucten tricB, ju
toa'^i-en , unb bom 21., als jein SBater ftarfi , bis 33. Sebensjafire, füfirte er ju
^Jlürnberg ben gefammten 3lrnftäbter ^anbel be§ <^aufe§. Dabei I)atte er @e=
tegen^eit, feine in 9}enebig ertoacfite Steigung ju friegerifi^er xtjätigfeit ju be=
iriebigen, t^eil§ in emftli(i)em Kriege 1504 gegen 2anb§t)ut, unb 1508 im Sfutereffe
bee ßaifer§ gegen 3}enebig, tl£)eit§ in ©efellenftecfien, beren er felbft gebenft. 2tm
28. ^an. 1512 £)eiratf)ete er ^atl^arina, ^annfen ^mlC)of5 unb Äatl^arina ^ufflin
SLoc^ter, öon toeldfier 6^e ba§ noä:) je^t befte^enbe @efc£)Iecf)t abftammt. 3In Cftern
1513 tarn er, juerft a(§ Sllter benannter, in ben ^jtati), bem er bis 1528 ange=
]§örte, unb war in biefer (Stellung gleich anberen bee 9tat§§ auf mancherlei äi>eije
tl^ätig, ging 1515 a(B 9lat£)^botl(i)ait 3u Äaifer 5LRar, mar 1518 Hauptmann
3u ^eimburg, jog aU Cberfter ber (Stobt 1519 gegen ben -^erjog Xiixiä) öon
Söürtemberg, mol^nte auci) 1525 bem ^ReligionSgefpräc^ bei, melbete aber j(^on
1526 fi(^ 3um Stustritt an, ber i^m ieboii) erft 1528 gett)ät)rt ttiurbe. 2tl§
©rünbe bafür gibt er bie (Sefc^dTte feine« Kaufes an, bie fic§ bei feiner %^eiU
na^me an ben öffentlichen ^(ngelegen^eiten e|er öerfd)limmert als gebeffert l^ätten,
unb bie Unluft , in ben religiöfen Streitigfeiten Partei ju nehmen. Unftreitig
toar te^tereS bae für i^n entfci)eibenbe 53totit). 21B ein toirfli(^ frommer 53tann
unb mit ftarem Sticf bie beiben ^^arteien, bie neue Seigre unb ben alten ©tauben
unbefangen mürbigenb, öerfannte er bie <Bä)toää)txi ber einen eben fo menig al§
bie ber anberen, an ber if)m jumal ba§ übergroße @etDi(i)t anftö^ig mar, ba§
auf ben bloßen ©tauben gelegt tourbe. öieroon geben 3a^treic£)e ©riefe unb
©ebenfen 3ßiJ9^^B' ^ie e^' ^^i feinem ©e^eimbuct) nieberlegte. 2!a^ er in biefer
äutoartenben Stellung fi(^ nicf)t jum ipaupt einer ^artei auftoarf, nod) überhaupt
Cppofition machte , bie nur frud)tto§ geroefen toare , ift begreifli^ , tt)ät)renb fein
ötterer 33ruber (Sigmunb, feit 1500 mit SSarbara, gri^ .^oljfciiufier'g Soii^ter,
öerl^eirat^et, aber erft 1518 in ben 9ftatl^ getüä^It, ein eifriger Parteigänger ber
neuen 9tic^tung unb auä) fonft ein t"t)ätiger SSeförberer aller neuen (Sinrid)tungen
toar, öon benen er fic^ um bas 5trmenmefen namentti(f) roefentlicf) öerbient
motzte. S^o(i) ftanben betbe 23rüber einanber nic£)t feinblict) entgegen unb gingen
nament-Ii(^ in ginem fünfte, nämlic^ in ber görberung be§ i?tofter§ @naben=
berg, -§anb in >6anb, fo ba^ fie e§ nic^t nur ummauern tiefen, toe§f)atb bie
5lebtiffin J?atl§arina Äönigsfetberin, al§ fie 1518 bie 9te(f)nung einfc^itite, fie bie
äüjeiten Segrünber unb (Stifter biefe§ ÄIofter§ nannte, fonbern auc^ bie .ffIofter=
lirc^c, bie, mie nocf) au§ ben 9iuinen ju erfennen, einft ein ftattlicf)cr 53au ge=
toefcn toar, ^auptfä(^li(i) au§ it)ren 9}titteln neu aufführen liefen. (Sigmunb
f^. , finbertoö geftorben , überlebte feinen iBruber G^iiftopl um 10 ^af)xt, ber
bis nat)e an fein @nbe mit 9tat{)fct)Iägen unb Siebenten, ba§ gemeine Sefte be=
treffenb, unermübet befc^äftigt mar. @r ftarb, mie oben gefagt , am 29. 3lpri(
1587 3u öaimenborf, begraben ju ©nabenberg, in Stiren gel^attener ^Jl^n^err
feine§ @ef^te(^t§.
2öiII, iTtün3beIuftig. II. 97. — ^n meinen gefc^ic^tlidien ©tubien, 9lbg.
1836. 8.: Slug bem geben 6§riftopt) 5üTer'§ be§ Slelteren, (S. 68 ff-
i3 0 c^ n c r.
guter: 6'^riftop]^ g. ü. ^aimenborff, S)ic^ter, ein 9tac£)fommc be§
SSorigen, geb. am 11. ^uti 1663, ftubirte feit 1679 in 5lttborf, marb 1680
unter bem ^3iamen „Silibor ber erfte" ^Jtitglieb be§ ^egnifeorbens, bereifte 5i'an!=
reic^ , §ottanb, gnglanb, Italien unb S) eutf erlaub , marb 1690 ^itglieb bes
^iürnberger 9tat^§ unb t am 3. ^ai 1732. ©eit 1709 mar g. 3}orftanb bes
5pegni^orben§ , ber bamal§ in feinem ^toeiten Stil nac^ größerer 6infa(i)t)eit
ftrebte. ^. toar ein ret^t begabter S)id§ter, toenn aud§ ba§ überf(^toenglid)e !^ob.
208 prntof)r.
tt)el(^e§ er Bei ben ^eitgenoffen ']anh, loeit über fein tt)ir!ü(i)e§ 3}erbienft !^inau8=
ging. Unter ben iremben S)i(f)tern toar befonberg Soileau öon Sinflufe auf \1)n ;
überhaupt toar er mit ber italienijd^en unb iranjölifd^en ^:poe|ic loo^t öertraut
unb ^at au§ bem Pastor fido, au§ 2afjo'§ 3lminta, au§ Soiteau'§ unb (For=
neiEe'§ S)i(i)tungen (ßinna) mand)e§ 'Ciübic^ überfe^t. S)ie p^iIofop'^i|cf)en 25e=
trad^tungen in jeinen '^oefien öerratl^en ben 3"tSenoffen be§ Seibni^. — „33er=
ntifc^ter ©ebic^te ^ronj" ic, 1682; „®ie befriegtc unb triumpf)irenbe S)onau,
in Sonbon cingefü:^rt unb üorgeftellet al§ ber faiferl. Slbgejanbte &xa] b. 2t)un
aüborten bic ^Jiatf)rid)t er'^alten über ben ©ntfa^ ber öom Jürfen geängftigten
(ätabt äöien" (o. ^.); „@ei[tlicf)e ®etoiffen§ruf)e ober ^Inttoort an] bie ^^rage:
£)b unb toie einer bet) b^r güangelifdien Otcligion rut)ig unb fieser [terben fbnnc,
in teutf(i)er 5poefie nad^ unpartl^el)i|(^er Ucberlegung enttüorfen", 1698; „6rift=
lx<S)t Sefta unb 3»i-'^"bijct)e f^loxa. Ober bcrfcfiiebene @eift= unb 2öeltlic£)e ®e=
bi(f)te", 1702; „5)3omona ober aufgefammelte grüc^te ber ©injamfeit", 1726.
©oebefe, ©runbr. IL ©. 520; 6. SenidEe, ©efd). b. 2). S)i(i)tung 1.
©. 362 f. ö. S.
^Ürnro^r: Stuguft ßmanuel 3^., 'Jlctur^iftoi-if er , bejonberS Sotanifer,
geb. am 27. ^uli 1804 ^u 9iegen§burg, geft. cbenbafelbft am 6. ^ai 1861.
6r er'^ielt feine ©c^ulbitbung in feiner 25aterftabt, mofetbft er bie 3lpott)eferfunft
erlernte unb , naä} üorübcrge^enbem 3(ufentmte in ^Jlünciien unb 3tt3eibrü(Ien
(in ber 2lpotf)cte be§ bcrüt)mten ^;Brt)ologen 33rud)) unb in Erlangen 1824 — 26
abfolöirten Unioerfität§[tubien, bi§ 1833 ausübte. 3n biefem Sfa'^re tourbe ^.,
beffen ungemöfinlid) rei(i)c unb üielfeitige It^nntniffe bereite in öerfd^iebenen 33er=
ßffentlidjungen ju 2age getreten maren, jum V?e!^rer ber 5laturgefd)ic£)te, CU^emic
unb Xe(^notogie an ber bamal§ begrünbeten .^rei§=2anbtt)irt'^f(^aft§= unb ®e=
merbefd^ule in ^RegenSburg , 1834 auif) 3um Socenten (feit 1839 ^rofeffor) ber
^flaturgefc^id^te am bortigen ßtjceum ernannt. 1833 tourbe er an ber pf)ilofo=
p^ifd^en f^'acultät ber ©rlanger Uniöerfität jum Doctor honoris causa promoüirt.
1846 übernatim er nad) poppe'S Stobc bic S)irection ber fonigt. botanifdE)en ®e=
fellf{f|ait unb rebigirte bon 1842 an allein bie botanifd^e ^eitfd^rift „|?fIora",
bereu 5Jlitrebacteur er übrigens fd^on feit 1830 gemefen ttJor. %Utn biefen öer=
fd^iebenen Slemtern unb Dbliegent)eiten t)at er bi"§ toenige Jage bor feinem Jobc
mit feltener SSerufStreue borgcftanben. 3lu§ 5ürnrof)r'§ Sebensgange ift ju er=
fe'^en, bafe feine Setirt^ätigteit na'Eieäu ben ganzen Umfang ber 91aturmiffen=
fc^aften umfaßte. S)icfelbe füf)rtc i()n 3ur .söerau§gabe jmeier Se'^rbüd^er („@runb=
3üge ber '•Jtaturgefi^icfite für ben erften toiffenfc^aftlidf)en Unterric£)t, befonber§ an
teijnifc^en Öet)ranftalten", 9tegen§burg 1836, 12. ^Jlufl. 1861. „ße^rbuc^ ber
tectinifd^en 6t)emic für ben erften Unterrid)t an @emerbefcf)uten", 9iegen§burg
1842, 3. 9(ufl. 1850), bereu 23raucf)barfeit burcö bie jaljlrcidien n5tf)ig gemorbenen
3luf(agen beftätigt toirb. ^nnex gab er in 33erbinbung mit f^orfter, ^errid^=
©d^äffer, ^oä) , b. ©c^möger unb b. 3}oitt) eine „9laturf)iftorifd^e Topographie
bon 9tegcn§burg" (3 Sänbe 1838—40) 't)erau§. S)cr 6d^tocrpun!t feiner miffen=
fd^aftlt^en S^ätigfeit lag inbeffen in feinen botanifc^en ^Irbetten. 21I§ Schüler
^od§'§ in erlangen unb SBrud^'S in 3toeibrüc£en l^atte er fic^ befonber§ bem
©tubium ber einl^eimifd^en ^-lora unb namcntru^ ber 5Jtoofe sugetoenbet. 3lud^
bic praftifc^en Slnmenbungen ber Sotanif auf SedEinotogie unb ßaubtoirf^fd^aft
mürben il^m burd^ feinen 33eruf na^e gelegt unb finb bon i'^m in berfd£)iebenen
fleineren Slrbeiten erörtert toorben. ©ein größtes SSerbienft um bie botanif(^e
SGßiffenfd^aft beftel^t unftreitig in ber .^erauSgabe ber toid^tigen 3eitfd£)rift, toetd^e
er ein gjlenfd^enalter l^inbur^, anfangg al§ ^Jtitrebacteur, fpäter allein mit <Baä)=
fenntni^ unb Siebe jur <Baä)e geleitet ^at.
35gl. 2t. ©. gürnrol)f§ ©ebäd^tni^, f^lora 1861, ©. 289 ff.
2lf d^erfon.
^utrcr. 209
?5urrcr: ^ona^ 5., jc^toeiaeiifd^er ©taat§mann, geb. am 3. ÜJtärä 1805
in 2öintertf)ur a(§ ber einätge ©o^n eines ac^tBaren ©c^Ioffcrg, ert)ielt feine 3}ot=
bilbung in ben bottigen ©djuten unb entfdE)ieb fi(f) bann für bie ^^urieprubenj.
©eit 1822 toibmete er \iä) biefem ©tubium am ^oIitif(^en ^nftitut in 3ürid),
feit Cftern 182-i junäctift ä^ei ©emefler in Jöeibe(6crg, tt)o er 2;^iBaut, 3<irf)ai:iä,
^Jtittermaier, ©diloffer u. 91. f)örte, bann noc^ brei ©emefter in ©öttingcn, too
@öf(^en, @id)^orn, '^auer, ©aalfelb u. 'ä. feine ^el^rer toaren. ^n bie 3}ater=
ftabt 3urücfgefe!§rt, Bereitete er fic£) burd§ -priöatftubien auf ba§ ßramen öor unb
erlangte im grü'^Ung 1828 ba§ ^^atent eine§ 9fiecf)t§antt)alt§ , 3unä(^ft in ber
dlaffc ber ^^procutatoren , 1832 auf @mnb einer DarfteEung bee 2öintertf)urer
(Sr6re(i)t§ in ber ^i3^ern ßlaffe ber S'ürfprei^er. ^n biefem ^Berufe ermarb er
fi(f) burc^ Talent unb Äenntniffe, (Setüiffen^aftigfeit unb S3erebfamfeit rafti) ba§
aEgemeine 2}ertrauen, fo ba^ er Balb einer ber gefud^teften 2tntoä(te im danton
voax unb um mel^r im 33htte(punft feiner Gtientel ju fein, 1836 nac^ ber ^aüpi=
ftabt ^ürit^ überfiebelte. 58alb trat 5- ^n ber an poIitif(^en ^mpulfen fo reichen ^eit
ber fogen. 9tegeneration au(f) auf ben ©^aupla^ ber öffentlidien 2lngelegenl^eiten.
1834 auf inbirectem äöege in ben @ro|en ?itat^ getoä^It, trurbe er öon biefem
fd^on 1837 ju feinem ipräfibenten ernannt; bei ber i^ntegralerneuerung 1838
öom .Greife 5leftenba(i)-.^ettlingen abgeorbnet, befteibete er jene 6t)renfteEe fct)on
1839 toieber. ^n biefer ©tettung n^irfte er an ber ©eite bon 53Hnnein, mie
5. S. .Heller (f. b.), Ulrit^, ^üBI^i u. 5t. eifrig jum 9lu§bau ber ^nftitutionen
mit, meltiie bie S5erfaffung öon 1831 in§ Seben gerufen ober in 2(uefid)t geftellt
^atte; mit 3}orliebe mar er babei, nament[i(i| feit er 1837 5Jlitgtieb be§ @r=
5tet)ung§ratl§e§ getoorben, auf bem ©ebiete be§ ©c^uImefenS t^ätig. S/iefer 2Birf=
famfeit machte ber iputfdf) öom 6. ©ept. 1839 ein plo^üc^eg @nbe: mit ber
ganzen liberalen ^^artei marb auä) ^. öom öffentli(i)en ©c^aupla^ toeggefegt
unb mibmete fii^ nun mä^renb einiger ^a'^re auSfctjIicBIicf) feinem Berufe al§
2(ntoalt. 9(ber bie neue Drbnung ber £;inge mar öon furjer Sauer. 23ereit§ hti ben
3Saf)Ien öon 1842 blieb bie liberale Oppofition nur um menige ©timmen hinter
ber ^Regierungspartei äurürf. ^. toaxh öom Greife SBiebifon ju feinem 3}ertreter
im 6ro|en 9tatl§ ertoä^It unb öon biefem fofort jum SJicepräfibenten, 1843 jum
3i5räfibenten ernannt unb all jtoeiter ©efanbter öon 3ün(f) an bie cibgenöffifc^e
jagfa^ung abgeorbnet. 6r mar fortan ber unbeftrittene güfirer ber liberalen
^Partei, toeld^er e§ nun balb gelang, ba§ 33ertrauen bc§ SSolfeS unb bie Seitung
ber öffentlii^en @ef(i)äfte toieber ju getoinnen. ^ei ber '^^artialerneuerung ber
9tegicrung am 3. SIpxil 1845 traf ber conferöatiöe ©ro^e Ütatl) liberale äßa^len unb
[teÜte g. al§ 91mt§bürgermeifter (äugleirf) 5präfibent bei eibgenoffifctien 33orort§)
an bie ©pi^e ber ©recutiöe. S)a feine 6'otlegen i^ren (Jintritt in bie 9tegierung
öon ber 21nnal)me feinet 5Jlanbat§ abhängig machten, eine gemeinfame 9(blel)nung
aber in biefem 51ugenblic£e bie liberale ©acl)e ^öc^lic^ gefäl)rbet unb bei ben @r=
fa^toa^len ba§ Zünglein ber Söaage toa^^rfdieinlid^ auf bie anbere ©fite gelenft
^ätte, fo brad)te 5- bem 3}atcrlanbc bas Opfer, inbem er feine glänjenbe 21b=
öofatenprari§ mit ber öergleicl)ung§tt)eife färglic^ befolbeten ©teile be§ l)ö(^ften
©taatSbeamten öertauf(i)te. S)ie S3erpltniffe , unter benen ^y. fein 21mt an=
trat, maren fef)r fd^toierig: im (Sroßen ^Jiatt) eine 5Re^rl)eit öon nur menigen
©timmen, im (Santon eine 33ett)egung, toel^e bie beftel^enben ©runblagen ber
focialen Drbnung befämpfte, in ber Sibgenoffenfd^aft eine confeffioneUe unb
potitifd^e 3Iufregung, meiere burcfi bie '^tuf^ebung ber aargauift^en i!löfter, bie
Berufung ber ^efuiten nai^ Sujern unb bie ^^reifcliaarenäüge ju mitbem ^artei=
l)a^ gctoorben mar. ^m ßanton jtoar befferte fic^ bie ©ituation allmäf)Ii(^:
bei ben äöa^len öon 1846 fiegte bie liberale ^artei glänjenb, bie communiftifd^en
Umtriebe töurben burd) ein @efe^ unterbrütft, ^u beffen ßrla^ 5- toefentlidl) mit=
Mgem. bcutfd&e Siograp^ie. MII. li
210 ^nxxcx.
tühtk. äÖä^renb jo bie neue Otegierung naä) allen ©eiten l)m eine U^x yrud)t=
bare X^ti^tdt enttoicf elte , geftalteten \idt} um \o trauriger bie eibgenö|fifc£)en
2)inge. ^ier tt3ar tyurrer'§ Programm 9tegeneration ber 6ibgenoffenjd)ait im
(Sinne be§ liberalen ^^ortfd^rittS , ober auj legalem 2Bege. ©d^on im Sccember
1844 l)atte er im ^üridicr ©ro^en "Jltatl^ ben Eintrag burdige^e^t, I^usern butc^
eine ?lborbnung freunbeibgenöffif(^ um ^^urücEna{)me ber 3(e|uitcnberufung an3U=
gelten, ein @d)ritt, toeldier ireitid) öergeblic^ blieb. 3fn jenem Sinne toirÜe er
nun ol§ ^präfibent be§ 9}orort§ unb in ber golge al§ 3üricf)er 3:agfa^ung§=
gejanbter. ßbetijo entjdiieben at§ befonuen trat er für bie '^(u|Iöfung beö ©onbcr--
bunbe§ auf unb fucfjtc , nac^bem biefe am 20. 3^uU 1847 öon ber Xagfaljung
befd)lofien Ujorben, jreilid) erfolglog, al§ eibgenöjfijc^er Stepräjentant bie Sel^örben
be§ 6auton§ ^ug üon bem unl^eiltioEen 33ünbni| ab^uäie'^en. 2lt§ bann bie
militärifd)e ßi-ecution borüber unb bie ©(^öpiung eineS neuen S3unbe§ im 2öer!e
lag, nai)m fy. eitrigen Slnf^eil an ben 6on[titution§beratt)ungen ber äiicrjetiner
9lebifion§commijfion , unb barauf ber Sagjatjung felbft, toeld)e am 2'.». 3iuni
1848 äum ©nttüurf einer 33unbe§berfaffung jül^rten, ber in ber 3]oI!§abftimmung
öom 1. ©ept. angenommen Würbe. %m 4. Oct. 1848 orbnete i^n ber ©ro^e^tatl^
feines 6anton§ al§ feinen 33ertreter in ben neu gefc^affenen ©tänbetati) ah unb
bie öffentliche ^Jteinung bejeidjuete iljn allgemein al§ benjenigcn, ber burd) (It)a=
rafter unb SSegabung, @cfd)äft§gemanbtt)eit unb ©rfalirung, burd^ 33efonncnt)eit
unb Energie bor ^illlcn ju ber (Stellung eineg fd^mei^erifdien Sunbe§bräfibcnten
berufen fei. ?Im 6. ^Jioübr. üerfammelten \iä) bie Stätte in 5ßern jur 6on=
ftituirung ber neuen 33et)brben. ^- tüurbe öom ©tänberatl§ fofort ju feinem
^Jßräfibenten unb am 16. bon ber bereinigten ^öunbeäöerfammlung aU erftes
^Ulitglieb be§ 33unbe§ratl)c§ getoäl^lt; mie aud) bei ben folgenben je breijäl^rigen
(ärneuerung§li)af)len fein 9tame ftet§ juerft au§ ber Urne lieröorging. 3ugleid)
marb er al§ ^räfibent an bie (Spi^e jener 33el^Drbe gefteEt. 2)a§ 9lmt be§ 58unbe§=
bräfibenten beCleibete er mieber 1852, 1855, 1858; er tüar bereits aud) für
1862 befignirt, al§ i'^n ein frü'lier Sob bal)in raffte, i^n biefer miditigen
Stellung l)at fic^ g. imtiergöngtii^e 35erbienftc ermorben , meld)e ifim für alle
3eit unter ben eibgcnöffifd^en Staatsmännern eine etjrenbotle Stelle fidjern. ^i\\
SSerein mit (iottegen , mie S)ruel), ^Jlunjinger, fyrel), 'Jiäff u. a., ^at er tt)efent=
lid) ba^u beigetragen, ba^ bie neue Crbnung fid^ über ßrluarten rafd) confoli=
birte, ba^ bie Sdl)tt)et3 nad^ Sa^^'S^^i^te langen l^eftigen inneren .kämpfen eine
^jßeriobe beS griebenS unb ungeatjuten üDlf§tt}irtt)f(^aftlid)en Sluffd^tuungeS für
fid) anbred)cn fal), ba^ fie ben ^u @nbe ber 40er unb 50er ^aljre i^r bom
3lu§lanbc i)er brol)enbcn triegerifd^en Sßertoidlungen glüdlid^ auSmid) unb balb
eine 2ld)tung gebietenbe Stettung nacl) au^en einnal)m. ^n ben ^a'^^'en, mo
^. nid)t als 6.t)ef ber üoEjietienbcn ©etoalt baS bolitifcl)e SDepartement betleibete,
fül^rte er baSjenige ber Suftij unb ^olijei. |)ier liegt fein grofeeS Serbienft
neben ber Einbürgerung ber |)eimatl)lof en , ber Leitung ber glüd^tlingSboliäei,
ber SSorbereitung ja'^lreidlier ©efe^e barin, ba^ er burd) bie öom 23unbeSratl)e
gefaxten, öon i^m entmorfenen ^ßräjubicien in C^onflicten ätoifd)en ber 6entral=
gelnalt unb ber ßantonalfouberänetät , in ^^ällen bon Sefdljtoerben betreffenb
3}erle^ung bon burdl) bie 33unbeSberfaffung garantirten 9{ed)ten ober fonft burdl)
biefelbe aufgefteEten ^Princibien eine bunbeSrec^tlid)e ^^rajiS gefd)affen l)_at, meld)e
^eute nod^ beftel)t unb bereu SBerf^ attgemein anerfannt ift. Seine juriftifc£)en
S5erbienfte l)atte bie 3ürd^er gacultät bereits 1838 burd) Promotion äum(ät)ren=
boctor anertannt. g. ftarb am 25. ^uli 1861 in 9taga3, Wo er burdl) eine
SSabecur |)eilung für ein DUerenleiben fud^te, an einer Ji^ungenentäünbung.
Ütüttimann, kleine äiermifd^te Sd)riften, 3üric^ 1876. S. 73—120.
.•partmann, ©aEerie berül^mter (Si^meiaer ber '3ieu5eit. 1. 5ßb. 5Baben 1868,
3. ^eft. ©ifi.
prjen - prft. 211
prfcu: i^o'^anneS g., f am 11. ©ept 1673, l^at in ]o']txn eine 3Bici)=
tigfeit, al§ er ben ©treit ätDifc£)en 2utf)eranem unb 9lefoi-mii-ten , bei* jeit ben
^arbenBergijd)en Unruhen unb bem ©(i)lu| be§ 33remei- S)ome§ 1561 Qerut)t
t)atte, in ^Bremen unb ber äBefergegenb wiebev neu entflammte, ta it)m öon
föräfiif^oi griebvid) bet S)om am 23. ©ept. 1638 ^erfönlid) jur Söiebereröffnung
be§ Iut§erifd)en @otte§bten[te§ üBergeBen würbe. @e6. am 23. ge6r. 1606 in
|)am6urg, ftubirte er in äÖittenberg, Oloftod unb Erfurt, crljielt nac£) 3lb,^ug
5pappenl)eim^§ au§ bem Sremifc^en 1633 bie ^^Jfarre 3u ^Utflofter,- üeriagt buri^
bie Äaijerüdien 1638. S)ie ©treitigteiten in Bremen joEte ber S^ergtcic^ ju
©tabe 3tt)if(i)en ©tabt unb @r3Bi|ct)oi am 4. Dct. 1639 fc^tic^ten. ßr blieb
auc^ nad^ bem »eftfäUfi^en p-rleben bänifd^ geftnnt, unb correfponbirte mit bem
Könige fyriebrid) III., bem früheren grabiji^oie, meä'^alb bie f(^tt)ebifd)e 9tegie=
rung, al§ ^errin be§ 3)om§ in Bremen, i^ entfernte. 1656 am 28. S)ecbr.
mürbe er bann britter S)iacon ber ^at!§arinen!ird)e in A^amBurg, mo er all=
mäpc^ 3um 2lrd)ibiacon aufrückte, ©d^roff mar er ni(i)t, fogar be§ üon ben
Hamburger unb SübedEer $aftoren üertolgten @d)märmer§ ©tarc£iu§ na1)m er
fid) an.
S5gL 9totermunb, SSremer ®el.=Sei-. unb beffelben ©ctel^rteg ^annoöer,
mo auc^ leine ©dtiriiten. ©tartfe'g Sübetf. Äircf)en^iftorie. Ä raufe.
prft: Sodann (Sbangelift g., tanbmirt^c^aitlic^er 25olf§f(^rijtfteEer,
t 1846 in 5Mnd)en. @r mar geboren 1785 ^u grauenborj in SSaiern, mo er
Sirector ber bafigen ©artenbaugefeEf^aft mar unb alä fotc^er bie „^lügemeine
©artenjeitung", $affau 1822—45, f)erau§gab; auc^ mar er giebacteur ber
„S3ürger= unb Sauern^eitung", baf. 1831—45. 3l(§ felbftänbige ©Triften
ejiftiren bon i'^m „S)er öerftänbige SSauev ©imon ©trüf", 1835—38, 4 SSbe. ;
„2e^r= unb ßpmpetbud^ ^m (5rtrag§er'§ö§ung ber gelb=, .!pau§= unb @arten=
mirt§fd)ait", 1838; „©rünbungggefc^ic^te g^rauenborfg", 1841. ßöbe.
g-ürft: SuUu§ 5-, Orientalift, geb. am 12. mai 1805 ju 3er!omo
($Dfen), t am 9. g-ebr. 1873 ju Seip^ig. Unter ungünftigen S5er!)ältniffen ^er--
angema^fen, mu^te er fid^ mü'tifam ben 2öeg p feiner roiffenfc^aftlii^en 3lu§-
bilbung hat)mn. @r mürbe frü^aeitig in ber £)ebräifd)en 33ibel unb im 3;almub
unterrichtet, eignete fic^ bann aud) bie ©temcnte ber allgemeinen SSilbung unb
S5orfenntniffe in ben claffifcf)en ©prac£)en an unb befudt)te (bom ^. 1820 an) ein
©l^mnafium in Berlin, ©ein bafelbft (1825) begonnene^ afabemifd^eg ©tubium
unterbrad) er balb, um ficf) nad) ^^sofen ju begeben, mo er fid) fpeciett für ben
rabbinifd)en 33eruf boraubereiten gebadete. 9iad)bem er fid) (1829) bon biefem
35erufe entfd^ieben abgemanbt 'tiatte, mibmete er ft(| rein toiffenfd^afttid)en ©tubien,
5unäd^ft auf ber Uniöerfität ^u SreSlau unb nad£)t)er (1831) nod) ju ^alle
(unter (SefeniuS u. 21.). 51I§ ^auptfad) mäf)tte er fid) ba§ bon i^m bisher
fd)on betriebene ©tubium ber femitifdf)en ©pradt)en, bei bem it)m ju ftatten fam,
ba^ er bon ^ugenb auf mit bem .^cbräif^en (unb mol aud^ mit bem (5t)albäi=
fdf)en), mie mit einer ^utterfprad^e bertraut unb in ber nad)biblifd£)en iübifd^en
ßitteratur bemanbert toar. 33on biefem ©ebiete au§ betrat er auä) ben 2Beg
ber t)ergteic£)enben ©prac^toiffenfd^aft. ^Jtad^ feiner Promotion jum S)octor ber
^Pofop^ie IteB er fid^ (1833) ju Seipjig nieber, mo er feine regfame fd^rift=
fteaerifd)e 3:t)ätigfeit begann unb bi§ an§ (änbe fortfe^te. ^m % 1834 über=
trug it)m ^arl Sau^ni^ bie neue 33earbeitung ber S3urtorfifct)en ßoncorban^,
bie er in einer ©tereott)pau§gabe aufzulegen beabfi^tigte. fy. mibmete fid^ biefer
an fi^ ft^on müf)famen unb aeitraubenben 2trbeit mit bem größten f^flei^e unb
lieferte (mit 58enu^ung einer mert:^boEen :§anbfd^riftli($cn äJorarbeit bon SöoIt
.^eiben'^eim) ein beina'^e ganj neue§ aSer!, bem er — jumal mit 9iüdfidt)t ouf
14*
212 i^"^^*'
bie öon if)m fitnaugejügten gvammatifd^en unb et^mologifc^en grftävungen,
lüifjenfdiaittirfien Beilagen k. — mit ^täjt feinen Tiamen al§ SSei-jaffei; üorfe^en
fonnte (f. bie 33oi'rcbe). S)affeIBe etfc^ien bon 1837 an unb lag 1840 (unter
bem 2:itel: .,Concordantiae librorum Veteris Testamenti hebraicae et chal-
daicae" etc.) at§ eine aud^ burtf) bie ^lugftattung toüvbige ©abe jum öierteu
Jubiläum ber ^ud)biu(Ierfunft boüenbet bor. 33ereit§ 1835 ^atte g. feine
„g^atbäifd^e gorinente'^re" üeröffentlic£)t , bcr iiä) unter bem Zitd: „^4Jerlen=
{(^nüre aramäifd^er Gnomen unb ßieber" (1836) eine 6^re[tomatf)ie anfd§Io§.
2)ie gormcnle'^re fünbigte fi(^ mit bem -l^aupttitel : „ße'^rgebäube ber aramäifc£)en
^biome mit ^epg auf bie änbo=@ermanif(^en «Sprachen" aT§ erften 2::^eit eine§
größeren 2öerf§ an, ba§ aber (e§ maren no(^ 5 58änb(f)en in 9lu§fic^t genommen)
ni(f)t fortgefep mürbe. „2öie ein bor un§ liegenber Körper", ^ei^t e§ u. a. im
35ortt)orte, „mu^ bie Sprache, um i^r SBefen, itjxtn £)rganigmu§ ju burd)f(i)auen,
onatomifc^ jertegt unb geprüft unb baä ßinjelne in 33ejief)ung ^um ©anjen ge=
ftettt merben. ^n ben ©an§frit=©pra(^en fteuert ba§ grammatifi^e Stubium
bereits biefem fd^önen S^eU ju." 3)iefe jerlegenbe unb „ft)[tematifc^--compara=
tiüe" 5[Rett)obe manbte \s-- auf ba§ (5emitif(i)e an, um baffelbe „bem 5amilien=
banbe ber inbifd[)=europäifc^en ©proi^en nät)er p führen." @in Urt^eit barüber,
ob unb inmiefern er mit feinem ^ßerfudie , bei bem er bon ber S3orau§fe^ung
einer „formalen Ureinl)eit" unb „gemeinfamer pf)onctif(^er Urorgani§men" ber
©pracfien ausging, 3um ^-ortfcfiritte ber 395iffenf(^aft beigetragen '^at, ftcf)t felbft=
öerftänblirf) nur ^^adjgdetjxtm ber bergleic^enbcn ©prad)forf($ung ju. @malb
beurt'^eilte bie ©d)rift ganj megtoerfenb, tt)a§ ju tieftigen 3lusfäIIen be§ 5öerfaffer§
gegen benfelben führte. 5lbra^am (Seiger, ber (Söiffenfd). 3tf($r. III. 252—76)
fotool ber ^ormenle'^re aU ber (St)reftomat:§ie eine au§fü^rti(|e 9lecenfion mibmete,
äußerte — toas bie ©prad^berglcic^ung betrifft, in ber' er fid), ba i'^m ba§
(SanSfrit unbefannt, für incompetent erflärte — nur feine Sebenfen über ein 3U
meit gelE)enbe§ jerlegenbeä S3crfal§ren, fprad^ fid^ im allgemeinen anerfennenb über
bie „öon x^Ui^, öielfeitigen ©prai^fenntniffen unb (Sefd)macf jeugenben öeiftungen"
3fürft'§ au§, toie§ \t}m aber auc^ 9}eii"tö^e in ber Söe^anbtung be§ 9lramäifd)en
na(^. 2Benn g. unb i^xan^ S)eli^f(^ in iugenbtidf)em @ifer bie bon i^nen ein=
gefc^lagenc 9{idC)tung bereits eine neue ©c^ute nannten (f. a. bie SBorrebe jur
ßoncorbanj) , fo mar bie§ iebenfollä eine gro^e Uebcreilung. ©ie maren jcbod)
bered)tigt, mit bem Flamen: „^iftorif(^=anatt)tifd^e ©d)ute" <^ugleic^ barauf ^in=
äubeuten, ba| fie mit gehöriger ©ad)fenntni^ auf bie lange bernai^täffigtcn
iübifd)en QueHen jurücEgingen. äßaren e§ an<i) nid)t immer ©olbförner, bie in
ber ersten f^reube be§ 9luffinben§ bafür gehalten tourben (u. a. überfd^äite man
aud) einen S^'^eil ber neuiebräifd^en ^oefie. ©. ®eiger a. a. €)., ©. 377 ff.),
fo '^aben bie neuen S^orfc^ungen bod^ unftreitig bie fyad^toiffenfd^aft gefövbert. —
9ln bie (Sioncorban^ fd^lie^en fic^ f^ürft'g lei'ifograpliifd^e Slrbeiten an. ©einem
„<!pebräifdf|en unb d£)albäifc^en ©ct)ulmörtcrbuc^ über hüii 3Ilte Xeftament" (1842
©tereott)pau§gobe) folgte fein „öebräifc^eS unb d^albäif(^e§ .g)anbraörterbu(^"
(1857—61; 3. 5lufl., bearbeitet öon 9tt)ffet 1876), ein at§ mert^bott anerfannteS
Söerf, bog audt) in§ 6nglifd£)e uberfe^t mürbe. — tV- toar bermöge feiner bie(=
fettigen Äeuntniffe befonberS aud) baju befähigt, fttebfamc ©tubirenbe grünblid^
in ben an ben Uniöerfitäten nid^t bertretenen Bloeigen ber jübifdien ßitteratur
5U unterriditen. 6r t)ielt feit 1839 2]or(efungen an ber Uniberfität ju ^eipjig,
unb e§ mar al§ ein jyortfd^ritt p begruben, ba^ er at§ :äube 3um ßector unb
1864 3um ^rofeffor an berfetben ernannt tourbe. — 5ln ben feit 1835 neu er=
mad)ten miffenfd£)aftlid£)en SSeftrebungen unb reformatorifdf)en Semegungen im
^ubent'^ume betl^eiligte fid) ^5- ^^t gemanbter publiciftifd^er 2;^ätig!eit burd^ bie
bon xt)m rebigirte 2Ö0(^enfd^rift: „S)er Orient", bie 1840—51 erfi^ien (Seipaig,
fynxit unb ßupfetberg. 213
f^ri^fd^e). 5Jlit feiner peii5nücf)en Uefeerjeugung aw einem entfcf)ieben ireifinnigen
tetigiöjen ©tanbpuntte [te^enb, oerftattete er gern au(^ me^r conferoatiöen (Stimmen,
fidE) in feinem Statte öemef)men ju taffen. 6§ mar aber ju Bebauern, ba^ fid^
oud) unlautere ßtemente in bcmfetben gettenb ^u ma(f)en fud)ten. i^n toiffen=
fd^afttid^er .Ipinfi^t toirfte bie 3eitjc^rift fe'^r anregenb burd^ i'^r „Citteratur=
Blatt", ba§ einen leBenbigen 3}erfe'^r unter @elet)rten be§ Betreffenben xyadß t)cr=
mittelte. g§ entfialt eine gro^e 3a'§t ^on StB^anblungen, Unterfud^ungen, 'Ro-
tijen :c. , bie t^eilroeife einen bauernben 3Bert^ Bel^aupten. — 6in nü^lid^eg,
aBer nid)t burd)au§ äutierlöffigeS BiBtiograp^ifcEieö 3Berf ift gür[f§ ,.Bibliotheca
judaica" (1849—63). ^u^ jur ©ef^id^te be§ 3ubentl)um§ unb jur ®inlci=
tung in bie 5BiBel l^at i^. Seiträge geliefert, bie ^toax manget'^aft, aBer immer=
f)in Braud^Bar finb. @r Benu^te ^umeiten feine Vorgänger o'tine grünblid^e fe(B=
ftänbige gforf(^ung, mu^te aber bae "OJ^aterial gef^iiit jufammenjuftellen unb
Ta§tid^ barjutegcn. 2öir nennen öon feinen ja^treictien Sdf)i-iTten (barunter aud§
lleBerfetiungen unb äfinlid^e 5trBeiten) nur nod^ fotgenbe: „Ö'uttur= unb Sitte=
raturgefd^ic^te ber ^uben in Stfien" (1849); „@efd)id^te be§ ^aräert^ums"
(1862 — 69; g. folgte baBei ber Betreffenben :^eBräifd£)en ©d£)rift ^^inefer'g, ol^nc
bie erforberIici)e Äritif ansumenben); „2;er ^anon be§ Otiten SeftamentS nad§
ben UeBerüererungen in lalmub unb 9}^ibraf^" (1868); „©efd^id^te ber BiBli=
fd^en Sitteratur unb be§ jübifd£)=i§eEenifd£)en (5d^rifttf)um§" (1867—70).
SatoB ?tuerBadE).
prft mib ^UiJfcrbcrg : 6a rl Sofep^ 5!JtarimiIian (yvei'^err öon g.
unb ä., au§ einem atten in ©d£)tefien unb 58öf)men Begüterten (Slef(f)(e(^t, tnarb
1717 in ©d^Iefien geboren unb erl^ielt bort feine erfte 3(u5Bitbung. S)urd^ feine
natürlii^e ScgaBung unb feine guten SerBinbungen ^ynebridE) IL, ber if)n mö^renb
feines crften g-elbäuge öon 1740 !ennen (ernte, empfohlen, mürbe er öom Könige
im n-ül^en Sllter öon 23 ^a^ren am 29. S)ecemBer 1740 jum @el§eimen Sufti3=
unb CBerappeIIation§=@eric^t5ratt) nad§ Serlin Berurcn. öier mar er, aBgefe^en
öon feiner J^eilna'^me an ber docccjifd^en ßommiffion 3ur SIBt^uung ber un=
crlebigten ^roceffe in ^^^ommern 1748, ot)ne UnterBret^ung Bio 1752 tf)ätig.
©eine Se^iebungen jum Söiener .öof tiefen it)n al§ Befonber§ geeignet erfcbeinen.
Bei biefem bie Siegelung bee öermicEelten fd^lefifd^en ©d^ulb = unb (^"ommercien=
roefene :^erBei3ufü§ren. 5:reiSa^re, 1752—55, :^ielt i^n biefe 3lngetegen^eit,
bie er 5ur öoEen 3ufriebenl)eit Beiber Steile löfte , ju Söien auf , mo er bie
Stellung cine§ auBerorbentIidE)en ©efanbten unb SeBoHmäd^tigten feine§ Äönig§
einnaiim. UeBer bie engere (vrage feiner urfprüngüi^en Seftimmung l§inau5
mürben auc^ (Sutat^ten allgemeiner potitif(^er ^latur öon if)m geiorbert unb ein
ncd^ erl§attene& fect)§Bänbige§ @ef dEjäftSjournat , ba§ neBcn ben 2age§ereigniffen
eine eBen fo grünb(i(i)e toie ftare unb oBjectiöe ©(fjitberung be§ 2Biener ^of§
unb ber (5taat5öertoa(tung entl^äft, legt öon bem Umfang, ber 6d^ärTe unb
gein'^eit feiner SSeoBad^tungen ein gtänsenbeS geuö^^B a^- 21I§ i3ol)n für feine
SScmü^ungen tourbe er Bei feiner 0iü(ffe'§r nadt) SSerlin, §crBft 1755, jum
^rdfibenten be§ jtoeiten ©enat§ bes ^ammergerid£)t§ ernannt, ^n biefer ©teHung
erfreute er fidt) be§ öoEen S5ertrauen§ feine§ ^önig§, ber il^n, ^yrütiüng 1763,
burdf) bie Ernennung jum erften ^räfibenten be§ ^ammergerid^t§ unb gleid^i^eitig
3um ©e^eimen @tat§= unb Suftijminifter au§jei(^nete. 9Zo(i) im CctoBer beffcIBen
3fa^re§ aBer mürbe er jum» ^räfibenten be§ JriBunatä, jum CBercurator fämmt=
Iid§er Uniöerfitäten, jum Se'^nSbirector unb Seiter bes ^uftiStoefenS in einer 5{n=
la^ öon 5proöin3en gemad^t. 3Il§ fold^er na'^m er eine Stellung toie l^eute
etma ber Unterftaat§fecretär neBen bem 9teffortminifter ein. ^n öoüfter Jparmonic
mar er ^ier mit bem ©ro^fanjter öon ^aTrige§ ttjätig , Bis i^n beffen Slob,
D^oöemBer 1770, auf ben erften 5p{a^ in ber ^ufti^ Berief. 5lm 14. 9toö. b-S.
214 güxftcnau.
madjtt i^n bev Äöntg jum ©roBfanäler ber ^uftij, Jücgen jciner Un§ unb
Unserem königlichen ^aufe bi§f)er geleifteten großen, wichtigen unb re(f)tjd)Qttencn
3)ienfte, aud^ in ißerbefferung be§ Su[tt<5tt)efen§ in Unferen Staaten beäeigten
i'üt)mti(ien (5iicr§ unb unexmübeter ©orgfalt, toie nid^t toeniger tcegen be§ in
feiner. Un§ befannten SDejterität unb ©eveditigfeitSliebe gefegten befonberen 3}er=
traueng", toie e§ in feiner ißeftaüung l£)ci^t. ©eine 33eruiung, eine 3tu§äcic^nung
für brei^igiä'^rige tt)id)tige S)ienfte, war erfotgt im S3ertrauen barauf, ha^^ er bie
Uon feinen Sßorgängern, ßocceji unb ^arrigeg, begonnene ^uftiäreform förbern
unb tDomögli(^ jum 9lbf($lu| bringen »ürbe. S)icfen l§ot)en grtoartungen ent=
f^jrad) er ni(f)t ööKig. S'^ax f(i)arfen 93erftanbc§ , öon großer ®cle!^rfamfeit,
unermüblid)em f^tei^ unb peinlic£)er (S}ett)iffenf)aftigfeit , mangelte it)m bod) ber
geniale S3lid, ber inftin!tmä^ig bie Mängel einer beftel^enben öeutuorrenen unb
jum 2;l^eit öcrberbten S^erfaffung erfennt, luie bie Glitte! ju if)rer 33efeitigung
l§erau§füf)tt , unb bie barau§ entf^jringenbe muffige unb burdibringenbe (Energie,
jur rüiifid)t§tofen S)urd)fü]E)rung umfaffenber 9ieformcn. 2ro^ feiner iöemül^ungen
'im ©inselnen, bie nic^t ot)ne ©rfolg auf ftrenge Gontrole ber Sfuftij burc§ i-eget=
mäßige SJifitationen, gleid)mä^ige 3!Jertt)eilung ber @efd)äfte, ütcgelung be§ @e=
fd)äft§gang§ unb ber ßompetenä gerichtet toar^n, tro^ feiner @inrid)tung beg
meftpreu^ifd^en 3iufti3ft)efen§ ^u be§ .^ijnigg ^u^'i^^c^^^fit 1773, begann biefer
feinen Äanjler mit mi^trauifdiem 9luge ju betrachten, je me'^r er erfannte, ba|
berfelbe nid)t nur bie allgemeine üteform liegen laffe, fonbern aud) mand)e Un=
regelmä^igtciten unb 33erfel^en ber 9ted)t§pflege überfel)e. 2)a§ 5öerf)äUni| tnurbe
ein gefpanntere§ , feitbem ^S'- bie öon bem fc^Iefifd^en 3Sufti3ininiftcr öon ©armer
auf eigene 4"^anb aufgearbeiteten ^rojecte jur SSerbefferung ber ^uftiäpflege burd^
feinen äöiberftanb , -Sperbft 1774 unb äöinter 1775/76, jum ©d)eitern gebrad)t
■^atte. Q^riebric^ tuartete feitbem auf eine @elegent)eit , feinen altcrnben ß)ro^=
fanjier burc^ ben nod) frifd)cren unb ctaftifc^eren ©armer ju erfetjen. £)iefe
©elegen'^cit bot im .g)erbft 1779 ber be!annte 2)lüEer 2lrnoIb'fd)e 5ßroce^. S)er
Äönig, unäufriebcn mit ben ©rfenntniffen feiner ©erid^te, Iptte 3^. nebft meiireren
an ber ©entcnj gegen ^(rnolb betf)eiligten 9iätl)en be§ Äammergerid)t§ juni
11. Secember 177i> öor fidC), auf fein <Bä)lo^ ju 33erlin, citirt. @ine un^eitigc
9lectificotion , bie f^. fid^ bei einer ber erften Steu^erungen f^-ricbridt)§ erlaubte,
bradf) bie ©ebulb be§ ^önig§. gürft'g ©nttaffung au§ bem §lmt be§ @rofe=
fan^ierS, in bem i'^m ©armer folgte, erfolgte unmittelbar. S)odE) ujurbe it)m
feine ©teKung al§ @e^. 6tat§minifter unb 5)litglieb be§ ©er}. ©tat§rat^§ ge=
taffen, öon ber f^. inbe§ nie ©ebraud^ mad^te. ©r ftarb ein i^a^rjel^nt fpäter,
am 20. ^anuor 1790. S)ie 8au(}eit, bie er bei ber Üteform ber anwerft manget=
haften 9ted)t§pflege bemieg unb bie er burd) bie ?trt feiner ©ntlaffung fd)toer
genug bü^te, mirb burcf) bie untabell^afte ©orgfalt aufgetoogen, mit ber er ein
Sa:^r3e'§nt t)inburd§ bie fd^mere ^^pflidit erfüllte, bie :3ufti3|)flege in einem 5er=
ftüdten unb loeitöerämeigten Sanbe, ba§ an ^roöin^iellen ©igcntf)ümlid)feiten
überreid^ mar, unter gan^ befonberg fd^mierigen SJerliältniffen ju leiten unb ju
übertoodEien.
S3gl. Steten beg @e:^eimen ©taatgard^iög ju Berlin; ©ogmar unb Älap»
rotl^, ®efd). beg preu|ifd^en ©taatgrat{)g, 441/42; S)o't)m'g S)en!mürbigfeiten,
3Bb. I; 5preu|, ^riebrid^ ber ©ro^e, 381 ff. u. 489 ff.; ©erfelbe, ©efd^id^tc
beg t)or ber neumärfifd)en 9iegierung geführten 3lrnolb=®ergborfifd^en '^roceffeg
in 3tfd)r. für preu^. ©efd^id^te, 1864, ©. 129 ff. ^faacfo^n.
Prftcimu: 2tnton SSernfiarb g., ©olin beg fotgenben, tourbe in 3Jlünfter
am 20. October 1792 geboren, ©ein erfter unb einziger mirflidier Sef)rer in
ber ^uftf mar fein 35ater, ber i^m in feinem fed^gten ^a1)xe fct)on Unterrict)t
auf ber glöte ju erf^eiten anfing, ^aum 7 ^a^re alt, blie§ er fd^on öffentli^
gütftenau. 215
in einem .ipofconcerte in OlbenÖurg, tDo'^in bie f^Qwiüe jeit 1793 gejogen toav,
^ikcf) einigen fteinen 3lu§flügen nac^ SSremen unternafim 1803 fein 33atei- mit
it)m bie erfte Äunftreife über Hamburg 6i§ na^ i?o)3en§agen , bie jtoeite 1805
burc^ Seutjc^lanb unb 9iu^tanb 16i§ $eter§16urg , noi^bem er ba§ ^dt)x öorf)er,
alfo in jeinem ämölften ^dijxz, fcEjon al§ l^erjogliiiier .^at)enmu[ifu§ in Clbenburg
angeftellt toorben toar. Unb fo touibe jaft in iebem ^aiire ein ftcinerer ober
größerer 2lu§flug gcmadf)!, biö 1811, nac^ ^uilöfung ber olbenburgijdien ^apette,
S3ater unb ©o^n bie gro^e SCßanberung antraten, auf ber jie if)ren 9tuj ju einem
wa^rtiaji euvopäijctien ert)oben. Clbenburg blieb babei immer ber eigentü(f)e
2Cöot)nfi^ ber äiemlic^ 5at)(reic£)en f^a^ilie - äu melctier bie fo innig üereinten
ßünftler bon 3eit äu 3«it äurüc£fel)rten. S)e§ eloigen 9teifen§ mübe, audt} toegen
förperlii^er ©d)mäd)li(^feit be§ 35ater§, nal)m g. 1817 eine Slnftellung am
Drd)efter ju i^ranfjurt a. 5Jl. an, too'^in il§m bann bie gan3e g^t^i^ie Tolgte
unb too it)m ber Umgang mit 25otttoeiier jörberlid^ für feine t^eoretifi^e 3lu5=
bilbung mürbe. S)em 33ater 5U ©efallen, ber, mieber ^ergeftcEt, fid) gar nic^t
tu ber Untl)ätigfeit gefiel, ergriff er 1818 auf'§ 5^eue ben Söanberftab unb be=
reifte ba§ füblic^e S)eutf(i)lanb unb ^oÜanb. S)ie ^-amilie 30g mieber naä)
Dlbenburg, mol)in aud) er, nadibem er 1819 mäl^renb bei ßongreffes in Stachen
gefpielt l^atte , äurüc£fel)rte. ^n biefer 3eit ft"^!^^ I^^it Später. 3l(§ einziger 6r=
näl)rer einer 5a'^lrei(i)en ^^i^ii^^e ^^"i ^^^ i^un im ^. 1820 ber Eintrag ber
erften glötiftenftelte in ber fönigl. Kapelle 3U S)re§ben fe^r ermünfc£)t. ©eine
2tufnal)me bort mar bei .§of unb ^^ublüum mie bei feinen SSorgefe^ten unb
Soltegen gleich erfreuenb unb elirenöoll. 3n biefe ^e^t fallen aud) feine erften
öffentli(f)en 6om|)ofition§öerfu(^e. S)urci) feine 117 !^erau§gegebenen 2Berfe,
unter benen ftrf) 12 ßoncerte, öiele 95ariationen, 9^onbo'§ unb bergleidien ©lüde,
ferner S)uo'g, 2;Tio'§ unb Quartette, fomie 2 glötenfc^ulen, Sjercitien ic. befinben
unb bie in ©ngtanb unb fyranfreic^ oft nadigebradt mürben, fc£)uf er eine neue
diarafteriftifc^e @poci)e für fein ^nftiument , bie ^ylöte. 5lllein nic^t blo§ auf
biefe äöeife fud)te er feine ^Jlef^obe 3U üerbreiten, mit mal^rer 3lufopferung gab
er ]iä) au(^ bem Unterrichte f)in unb bilbete eine gro^e 3^1)1 trefflicher ©(^ülcr,
bie narf)gel)enb§ burd^ i^re Slnftettung in ben berfd)iebenften £)rci)eftern feine
grünbli(|e ©d)ule überall !§in üerpftauäten. %ud} einige trefflidie Sluffä^e über
glötenfpiel, (y'ötenbau k. üerfa^te er, bie in öerfdiiebenen mufifalifi^en 3eitungen
erf(^ienen. ®abei fteltte er jebod) feine Äunftreifen nic^t ein, faft jebeS i^a^r
unternal)m er eine berglei(^en unb befu(^te mel^rmalS S)äncmarf, ©d)meben,
«ÖoEanb unb alle bebeutenben ©tobte S)eutfc§lanb§. 1826 ging er mit 6. SOI-
ö. SCßeber nad) ^ari§ unb Sonbon; bort liatte er bie traurige @enugtt)uung,
bem großen SJteifter, ber il)m ein aufrit^tiger unb mo'^lmoltenber ^-reunb gemorben
mar, bie legten 2age burt^ treue Pflege ju erleid^tern. S)uri$ biefe Steifen er=
marb fid) ^^r- eiuen au|erorbentlid)en 9tuf al§ 5li3tent)irtuo§ unb galt feiner 3eit
neben 2oulou, S)rouet unb ^erbiguier al§ einer ber erften ^Jteifter feine? Sn=
ftrumenteS. äöer i'^n gel)ört, bemunberte feine i^ertigfeit, feinen (Sefd)mad unb
feinen feelenöoEen 2:on unb Söortrag. 2;ro^ be§ eifrigen 3ureben§ feiner ^^reunbe
trat i^. nac§ bem legten ßoncerte, meld§e§ er 1843 in 2)re§ben gab, üom öffent=
li(^en ©olofpiel gan^ jurüd unb lebte nur ber treuen Erfüllung feiner 2)ienft=,
£el^rer= unb f5fai^itienpflid)ten. SSi§ jur legten 3eit nal)m er jebod^ bie regfte
il^eitna^me an atten ^unfterfd)einungen unb bereicherte bie ÜJlufiflitteratur feine?
Snftrumente? mit üielen mert^öoKen Ö'ombofitionen; er ftarb am 22. 9loö. 1852
in S)re§ben. dürften au.
gürftcnau: e.afpar 5., geb. in 9Mnfter am 26. fyebruar 1772, tourbc
frül)äcitig ©d)üler feine? SJater?, ber ^Jlitglieb ber bifd)öflid)en .Kapelle mar.
3unäd)ft erlernte er bie Dboe, fpäter, al? fein S}ater geftorben mar unb er ber
216 gfürftenau.
Db^iut Slnton 9lom!6erg'§, be§ SöaterS ber Bevü'^mten Äünftter bic|e§ 5lQmen§,
übei-geBeu lourbe, ba§ g-agott. ^alb jebod^ Qi-'iff ^i-' 3ui-' Sftöte unb bvai^te e§
in furaer S^^^ f otoeit , ba^ er , um feine Familie unterftü^en ju !önnen , als
löiälji-iger iSüngling in ein 5)tilitäi-inufi!c(;)or eintreten !onnte. ^nt ^. 1788
raarb er ^itgtieb ber bifd^oitic^en Äa^eHe unb nat)m nun f^eoretijdfien Unterrid^t
bei bem tüd)ttgen 6if(i)öiüd^en Dtganiften 9Intoni. 1793 unternat)m er jeine
erfte Äuuftreije burd) ©eutfc^Ianb unb warb ba§ ^ai)x barauy al§ erfter f^^tötift
in bic Äapette nad) Dlbcnburg berufen, luo er aud) ßc"^rer be§ @ro^'^eraog§
^Paul tüurbe. ©eit 1803 unternQt)m er mit feinem ©o'^ne 3lnton 33ern'^arb
(f. oben) jal^lreid^e ^unftreifen, bie fi^ öon 1811 an, in weld)em Sat)re bie
Dlbenburger Ä^apelle aufgelöft lüurbc, f aft ununterbrod)en fortfe^ten. f^. ftai-'t» ani
11. 5}tai 1819 inDIbenburg, tuo er fid) gerabe im Greife feiner ^^romitie befanb,
^jlö^Iid) an einem @c^lagflu|. 9}on feinen gebrudten (Forn^ofitionen finb ju
ertoätinen ; ^toei C^oncerte für glöte unb Drd)efter (^eipjig bei 33reitfopf & .ßärtel
unb ^;peter§), gegen 15 ^4-^olonaifen , 5tonbo'§, ^45otpourri'§ unb 3}ariationen für
giöte unb Orjefter, 10 5Duo'§ für 3lt»ei gtöten (op. 2, 5, 6, 15, 20, 21, 26,
30, 39, 40) 2C. dürften au.
f^Ürftcnau: ^ot^ann § ermann 5-, ^^li-'ät, im ^ai 1688 in Jperforb
geboren, ftubirte juerft in 3Bittenberg unb i^ena, fpäter in ^aUt ^lebicin unb
mürbe l)ier 1709 jum S)octor t>romoüirt. 6r "tjabilitirte fid§ in feiner SSaterftabt
ai^ 9lrat, unterbrad^ feinen 91ufentt)ült bafclbft aber burd^ me'^rere größere toiffen=
fd)aftlid)e Steifen uac^ Jpottanb unb S)eutfd)tanb, auf meldjen er mit jatilreii^eu
i)erborragenben ©elelirten in S^erbinbung trat, ^m ^. 1717 tet)rte er nad^
|)crforb jurüd, er'^ielt 1720 einen Stuf at§ -^rofeffor ber 'iJJlebicin nac^ 9tinteln,
too it)m 1730 aud) bie uad) bem ''JJtufter ber preu^ifd)en Uniberfitäten begrünbetc,
lanbmirf^fdjafttic^e ^^rofeffur übertragen mürbe; 1752 ^eid^nete it)n bie b^Uo=
fopt)ifd)e g-acuttät in ©öttingen burd) ßrtf)citung be§ ®octorbiplom§ au§, fein
2;ob erfolgte am 7. 3lprit 1756. — 5Durdf) feine überaus 5at)tretd£)en, meift
fleinen afabemifc^en ©dt)riften uub Sournalartifel in ben Sre»tauer Sammlungen
unb ben Slctcn ber Acad. Leopold, (ein bollftänbigeS 35er3eid)niB berfelben
ftnbet fid) in Dict. histor. de la möd. II Part. II p. 418) jie^t fidt) mie ein
rotl)er i5-aben bie Xenbeuä, bie Süden unb ^tängel ber ßrfenntni^ in ben ein=
jelnen ^tueigen ber ^J3tebicin in ^^oi^ni ^on „Desideratis" nad)3umeifen, er felbft
allerbingS l)at loenig baju beigetragen, biefe Süden au§äufütten unb feine J^riti!
blieb eine frud)tlofe. 6inc ber bead)ten§mertt)eften unter ben il)m pgefc^riebencn
S)iffertationen (Spicilegium observat. de Indorum morbis et medicina. 1735;
aud) abgebrudt in |)alter, Disp. pract. VI p. 745) ift nid)t bon il§m, fonbern
öon einem jungen Slr^te , 2^ol). 5pt)il. ^pa^mann , öerfa^t , ber längere 3cit i^
5tieberlänbifdf)=Snbien gelebt f)atte.
Ueber fein Seben unb feine ©d^riften bgl. Sörner, 5ia($rid)ten I 449,
II 443, 767, III 396, 647 unb Act. Acad. Leopold. X.
31. §irfd^.
^ÜrftCHQU: ^arl (Sottfrieb g. , al§ S'^eologe, Stationalöfonom unb
^4}^ilofo|)l) betannt, mar geboren ju Stintein am 24. 5toü. 1734. ©einen erften
Unterricht er'^ielt er bon feinem ^attx So'^ann ^nmann (f. o.) unb feinem Sruber
3iol)ann grtebrid) i5f., ber 5)tcbiciuer mar, ©eine l)bl)eren ©tubien mad^te er an ber
Sltabemie gu Stintein unb er'^ielt bafelbft im i^. 1753 bic äöürbe eine§ gjlagifterö.
Sm nämlidtjen Sal)re noä) manbte er fid^ nad^ 5}tarienburg, um boxt UuterridC)t
p ertl^eilen unb fii^ äugleicf) al§ '4>i-'^biger ju berfud)en. ^Jtad) bem Slobe feineä
S5ater§ (1756) öerlie^ er Dftpreu^en unb mürbe am @nbe biefeä ^a'^reS an ber
Uniöerfität feiner SSaterftabt 3um ^^rofeffor für bie öfonomifc^en g^äi^er ernannt,
neben melcf)en er aber audt) SSorträge über l^ebröifd^e ©prad)e unb Sitteratur^
gürftenberg^^eUigenberg. 217
gefdöic^te, fotüie ü6er ßogi! unb i^teta^li^fi! l^ielt. Snt ^. 1764 tourbe it)m
Quc^ ba§ öffenttic^e Sel^ramt ber ßogi! unb 5Jleta|3t)t)ii! neben ber öfonomifc^en
Qt^xtan^ti öerlie^en unb im ^. 1780 touxbe er ^^ßrimanuS ber p!£)tlDfo|)t)tf4en
pfacultät. 21I§ folc^er ftarb er am 23. ^uni 1803. %n feiner Uniöer[ität toie
in feinem engeren SJatertanbe geno^ er großes Slnfel^en unb erireute fidE) aud)
wegen jeine§ ö ortreff tic^ en (5,i)arafter§ großer Jöere'^rung, Ujie au§ brei ^JteEro logen
erfi(^tli($ ift, ttielc^e balb naä) feinem Stöbe erf(f)ienen ftnb. 6ine Bteibcnbe
©teEe in ber ßitteratur l^at er fid) burci) feine berftänbige unb ma^öolle Sßer=
tretung ber pI)t)fio!ratifc£)en 3öirtf)fd^aft§te'§re gefid£)ert. 5Jitt ^^raftift^em 33üc£e,
ber i^n burc^nieg auS^eidinet , n)u|te er ben ibeaten ®e!^alt ber ßet)re unb bie
f^rage it)rer praftif(^en Slu^fül^rlöarfeit ju trennen , unb fo toarm er für ben
erfteren eintrat, fo entfd^ieben fprad) er e§ anbererfeit§ au§, ba^ toenig .^offnung
5ur ©infü^rung ber 5pi)t)fiofratie in ben alten, auf bie gemeine Söeife eingerid^teten
Staaten fei. ©eine @infd)rän!ungen unb 93eri(i)tigungen be§ ©t)ftem§ tnaren
aÜerbing^ fo toeitge'^enb , ba^ feine ®egner i^m nadifagten , er f:piete nur no(^
mit bem 3Sorte, mätirenb ber ^n^alt feiner Se^re mit bem ^!^t;fiofrati§mue
nid^tg mel^r gemein fiabe. 33ieneid)t ^at it)n gerabe bie fd)arfe D^spofition , bie
er auf feine erfte ©(iirift : „S}erfu(^ einer ?li)oIogie be§ pl§t)f{o!ratifd^en ©tiftemg",
Gaffel 1779, erfu'^r, in ber ^yolge mef)r öon bem g^elbe ber Defonomie a'6ge=
brängt; au^er einem 3luffa^e über bie SSermanblung ber S)omänen in Sauern=
guter (in ben tjeffifd^en Setträgen 2. Sb. 3. ©t. 1786) finben mir i^n fpäter
tiornämtid^ at§ .^ritifer ber ^ant'fdfien ^^^l^ilofop'^ie unb al§ ^rebiger ti)ätig.
2ion feinen ©ö^nen mar ber ältere, ^ol^ann ^^ilipp j?arl, ©t)ubi!ug. ber
2lfabemie, fpäter Sürgermeifter öon 9tinteln, ber gtoeite, § artmann @ott =
frteb, tourbe ßanbpl)t)ft!u§ in ^edE), ftarb aber nod^ bor feinem 35ater im
^. 1800. S)ie toid^tigften .tritif en feiner ©cl)rift über ba§ pl)t)fio!ratifc^e ©Ijftem
finb enf^alten a) in iBüfc^ing'§ tobdEjentlid^en 9lac^ridl)ten , 1780, 23. ©tüd£,
©. 181; b) (Söttinger gel. Slnj. 1780, 48. ©t. , ©. 766; c) ^Pfeiffer, 5(uti=
p^tifiofratie, 1780, ©. 345 ff. unb d) äöill, Söerfud^ über bie ^ßMto^vatie, 1782.
9le!rologe öon ^. %. @. ^ol^abfel, Memor. — öon ^rofeffor äßad^ter
in ben t^eolog. 9k^ri(^ten 1803, 9lr. XXVI ©. 293. — öon «pfarrer @.
2. Ulrid^ äu gmeften im ^eff. ^Haga^. 1803, 26. @t. ©. 447 f. — ©trieber,
^eff.- ®el. = ®efd^. IV, 1784. Teufel, ®el. 2;eutfd§l. Dtofd^er, ©efd^. b.
'üat--Qd., ©. 492. Snama.
gürftcnbcrg^^ciligeiibcrg: 5Inton @gon, gürft b. g., geb. am 23. 3tpril
1656 ^u SJlünd^en, al§ ©ol)n be§ erften f^ütften biefe§ ,^aufe§ ^ermann @gon.
5)a feine beiben Dl^eime ju ben erflärten ^Parteigängern ^-ranfreidfiS gehörten,
30g er fidE) babur(f), ba^ er fid^ in ^ari§ 1677 mit einer reichen franjöfifcEien
S)ame, ÜJ^arie be ßigne, öermäl^ltc, bie Ungnabe be§ ^aifer§ in bem ^^a^z äu,
ba^ biefer i'^n feineS ©i^e§ im 9teid^§tage öerluftig ertlärte unb feine ©üter
fequeftrirte. S)e§:§alb na(| S)eutfc£)tanb äuillcEgete^rt, lebte ^. balb in 2£ien,
balb in 5Ründ)en, unb nur ^eittoeife bei feiner @emal)lin in ^ari§. 1691 auf§
Titnt in be§ ^aiferS Ungnabe gefaEen, sog er fid^ auf feine @üter jurücf, fdE)eint
aber naä) feiner 2ßieberau§föt)nung mit bemfelben eine 2tnftellung bei ben ungaii=
fdl)en ©olbbergmerten erl^alten ju ^ben. S3on ba tourbe er öon ^önig 3luguft
bem ©tarten auf ßmpfe'^lung be§ 58ifd^ofö öon 3fiaab unb beö faiferlid^en 93eid§t=
öater§ 5[Renegati nadl) S)re§ben berufen unb 2. Secember 1697 für bie 3eit i>ei-'
3lbtoefen|eit be§ Königs in ^olen jum ©tattlialter öon ©a(^fen ermannt mit
24,000 51. ©e^alt, 4000 gl. S)eputat, einer ßeibgarbe öon 20 ^Pferben unb
öerfd£)iebenen ^taturalbejügen. Der l^odEigeborene 2lu§länber follte nidl)t bloe
ber lat^olifdEien ^ropaganba bienen, fonbern audf) ber goterie be§ fäc^fifd^en ^of=
junfertl)um§ unb i^rer ^Jlt^toirt^fcfiaft entgegenarbeiten unb burd^ Sefeitigung
218 ptfteubcrg.
bei- bem Könige läftigen <Bd)xanUn bev SSeriaffung bie Wittd 3U1; SSeiriebigung
feine§ fteten ®elbbebüxfnt|fe§ |d)affen. SBuflici) na'^m ber unter jeinem SJorfi^
gcöilbete (SeneralretiifionSi-atl^ aniang§ einen fräftigen Anlauf in biejev 9flid)tung,
nac^bem abex berfelfie au] bie @egenborftettungcn ber ©täube 1700 wieber Tratte
aufgegeben n^erben muffen, entfagte p^. ber 9toHe be§ gieformotorg uub machte
feinen i^rrieben mit ber fä(f|fifc^en Slriftofratie, unter ber üornel^mtid^ bie gamitie
ü. g^riefen i^n auf il^re ©eite 30g. ©omol |)Qi-tf)aufcn'§ 5Jtemoiren, al§ äöolf=
ram§borf'§ Caracteres de la cour de Saxc f{f)ilbern it)n al§ einen intriguanten
uub unbebeutcuben 5Jlann. 6r toirfte 1703 bei 33ei(^lingen'§ ©turj mit_; 1706
ging er, toa^rfc£)einlid) in get)eimer ©enbung nad^ 2!Bien, um ben Äaifer für ba§
SJntereffe be§ burc^ ^arl XII. bebrängtcn .i^önigg 5u gewinnen, ^n bemfelben
^^a'^re mad)te ber ^^riebe ju 5lltranftäbt feiner ©tattl^otterfdiaft ein @nbc. 9la(^
Erneuerung be§ Ärieg§ ttjurbe er ^mar abermals jum ©tattljalter ernannt, aber
fein Einfluß blieb befd)ränft unb, nadibcm feine Hoffnung, 1711 auf 33orfc^Iog
be§ Äönig§ 3um ßarbinal ernannt p ttjerben, üon ber päpftlid^en ßurie nid£)t
erfüllt tüorben War, jog er \\ä), nur ber £'eibenfd)aft für bie 2a%^ lebenb, nad)
2öerm§borf jurüd, Ujo er am 10. Oct. 1716 ftarb. 2)a fein einziger ©o^n
grauä ^ofe^jf), geb. 1682, öor bem S5ater geftorben »ar, fo erlofct) mit i^m
feine Sinie. ©eine brei Xöc^ter tt)aren an fran^öfifdie ®ro|e t)ermäf)It.
S3gl. mmä), (Sefrf). be§ .^aufe§ unb Sanbe§ Sürftenberg 1830 ff. IV,
74 ff. SUtV-
^iirftcilbcro : ©gonVIII., @raf öon f5f-=''peittgenberg, furbaierifd)er ©enerat
ber ?lrtiUerie im SOjä^rigen Kriege, geb. 1588, t am 24. ';)Uiguft 1635 ^u
Sonftauj. Sn iungen 3fat)ren bem geiftlid^en ©taube getoibmct, toar %. 1616
nod) S)om!§err ju Äöln. ^^ladibem feine beibcn älteren Srüber ol^ne ©rben
öerftorben n^aren, refignirte er jebod) unb mürbe 1619 3U granffurt a. 53i,
mo^in er ben ^urfürften t)on ^öln begleitet ^atte, öon ^aifer S^vbinanb II.
mit einem ■Dber[ten))atent au§geftottet. 3lm 5. S)ecember 1618 {)atte er fid^
mit 5lnna ^aria ©räfin öon .riof)en3oIIcrn=^e(i)ingen öermät)tt. ■g)ierauf begab
er ft(^ in be§ .^er^ogS ^JJlaj: üon S^aiern S)ienft unb ätoar al§ beffcn ^at^ unb
Jpofmarfc£)aE ; al§ aSeüottmäcEitigter beffelbcn bege'^rte er 1623 auf bem 6oIIe=
gioUage ju 9legen§burg öom Äaifer bie ^utieftitur ber .^ur für feinen -S^errn.
2)er Seginn ber friegerifd)en Saufba^n i^füvftenberg'g fättt jebod) fd^on in ba§
^üf)x 1621 , in melddem er ein gu|regiment unter 2;iII^ auf beffen 3uge in
bie Dberpfata gegen ^J)lan§felb füi)rte. ^m ^eere 2:iEl)'§ nal)m er bann am
Kriege gegen 6:§riftian IV. öon S)änemar! 3;T)eiI. ®r jeic^nete fid^ 1625
im ©efedfite bei ^atenberg unb 1626 bei ber Srftürmung üon ^JJlünben au§,
entfette im ^ult beffelben 3fa^^"e§ "lit einem fctbftänbigen ^eerljaufen ba§ üon
ben ©änen belagerte ^alenberg, unb naf)m 'hierauf an ber 23elagerung bon
©öttingen 2:l)eil. 3Sei ßutter am Sarenberge befef)ligte er bie ligiftifd)e SlrtiÜerie.
5ll§ @eneral=3eugmeifter ober ©eneral ber 5lrtiüerie tnurbe iV- au^erbem mäl)=
renb be§ ganzen bänifd^en Äriegeä mel)rfad^ mit ber Belagerung fefter ^lä^e
betraut, metd^er SCufgabe er ftd) ftet§ jum a3ortt)eil be§ ligi[tifd)en .g)eere§ ent=
lebigte. 1629 befanb x^. \iä) bei bem mä) Italien gefenbeten 10,000 ^ann
ftarfen !aiferlid£)en -l^eere unter ßolatto unb nal)m an bem ilriege um bie 9!Jkn=
tuanif($e Erbfolge Sl^eil. SSon Italien äurücEgefel^rt, tourbe er 1631 beauftragt,
in ©dtitoaben ba§ 9leftitution§=@bift burc^jufüliren unb ben ßeipjiger Sunb auf=
aulofen. 3ll§ Sefel^tS^aber eine§ felbftänbigen i^eert)aufen§ üon 7000 5Jtann
untertoarf er 9)temmingen, Äem|3ten unb Ulm, unb jrtjang biefe ©täbte jur 5luf=
nal)me faiferlidier 33efa^ung. i^n gleidl)er Söeife gelang il)m bie Sluflöfung bei
S3unbe§ im fränfifd^en Äreife. 5lact)bem bie§ gefdt)e^en, fül^rte er feine 2;ruppen
bem .^eere ZiUt)'^ ju, mit bem er fid£) bei 6i§leben üereinigte. ^n ber ©d)lacE)t
gürftenberg. 219
Bei 58reitenfelb Befe'^ligte er ben anfangs ftegreid^en red)ten gtügel be§ fatf)oIif(i)en
Jpeexe§. 511» „©enerat ber Slrtillcrie be§ baniebigen <g)eei:e§" angeftettt, na|m
er an ben kämpfen im norbtoeftlicEien S)eutfcf)(anb X'^eit, in tDeI(i)em @eteen fid^
gegen bie überlegenen, aber ni(i)t einheitlich) öetnpenbeten .g)eer^auten be§ iper^ogS
öon Süneburg unb be§ Sanbgrafen öon .l^effen=.^aifel, fotnie gegen t^oüänbifcle
unb j(^toebij(|e XruplJenabt'^eilungen erfolgreid) in äßeft;)f)aten behauptete. 3luf
bie ©mpfcl^tung Stillt)'^, ber be§ @rafen 9}er'^alten in ber Seip^iger <5cf)(a(^t
auf§ l)ö(i)fte rülimte unb ben öon il§m getoünfi^ten 2lbf(f)ieb öereitetn wottte,
tnarb er 1634 (Seneratfelbjeugmeifter t)e§ fatl^oIifd)en 58unbe§; f(^on länger be=
fleibete er bie ©teile eine§ ©eneratlieutenantS ber Gruppen be§ i(i)tüäbijd)en
,^reife§. 2l{§ bie SBinterc-juartiere belogen tourben, fe^rte fy. nac^ ©(fitnaben
jurücE, ftarb aber fdfion im folgenben ^al^re.
(Sauden, Jpiftor. ^elben=2ej;ifon, 1716. — ^eilmann, Ärieg§gef(f)icf)te it.,
1868, Sanbmann.
S'ürftcubcrg : f^frana @gon ö. f^., gürftbifcfiof öon ^ilbe§^eim unb
^aberborn: f. grail^ 6gon, (S5b. VII. <B. 306 ].).
g-ürftcubcrg : ®rai griebric^ IL, SBruber be§ (Srajen 3öilf)elm (f. u.),
Öanbgraf in ber Saar, geb. 10. ^uni 1496, t am 8. ÜJiärj 1559, begraben
3U 23ettenbtunn. S)er ©teEung feine§ 3}ater§ aU ^ofmarfd^att be§ Äönigä
^JJtai-imilian öerbanÜe e§ ber Änabe, ba^ er 1505 al§ ©ejettfc^after ber um
4 unb 7 i^o^^i^e jüngeren ^rinjen Äarl unb ^yerbinanb an ben föniglici)en ^o\
in Trabant , öielleid)t au(^ nac^ Spanien fam , unb bie ©rsie^ung mit bem
späteren S5el)errfc^er ber tialben Söclt unb beffen 9^a(i)foIger f^eitte. SSoIl ^yrcube
über bie g^ortf{i)ritte be§ l^e^^njäl^rigen |d)rieb ber 3}ater 1506 an feine ©ema^lin:
Unjer griebrii^ lernt gut Söälfif) unb Satein, !ann fingen, tanken, auf bem
„ßlafacorb^" fpielen, ift beliebt beim ßrj'^eräog, gefd)t(iter, al§ i(f) mid) 3U i'^m
öerfel)en ^ätte, unb ol)ne 3ti^eiTel, föl)rt er fort ftiie angefangen, fo wirb ein
großer <g)err au§ il^m merben. ;^n ber Xliat geloann 5- ont ^ofe ber ^rinjen
ni(^t nur förbernbe S5erbinbungen, fonbern aud) ben toeiten geiftigen @efi(i)t§frei§
unb bie überlegene @etoanbtl)eit ber 9tebe unb Umgangsformen, moburd) er fid^
unter feinen fditoöbifc^en ©tanbeSgenoffen auSjeirfinete. 5Diefelben fanben fpäter
i'^ren 33ort^eil barin, i'^m il)re SSertretung auf ben 9leic§§tagen 3U übertragen,
unb räumten U)m anäj fonft öielfad) bie ©teEung eine§ g^üf)rer§ ein. ßincn
tt)ol)lberebten trafen unb ber fein Sebtag in alter'^anb ©ac^en öiel gebrandet
Würben, nennt il)n bie 3^1^01 erifc£)e ß^ronif. Ueber bie öäterlicl)en Sanbe f(^lo^
er mit feinem trüber wedifetnbe 2lbfommen, bie balb auf X^eilung, balb auf
gemeinfamen Sefi^, balb auf 3lüeinregierung be§ einen, balb be§ anbern lauteten.
5)^erfWürbig, Welchen ©egenfa^ er burd) ma^öoüeren Sl^arafter wie burd) poli=
tifd)e unb religiöfe ©tellung jum 33ruber bilbete. @tei(^wot öerftanb er immer
wieber ein freunbfd)aftlid)e§ 5ßerl)ältni§ mit i^m anjuba'^nen, unb fe^te wieber=
^olt äu feinen ©unften gro^e 2lnftrengungen ein; roa^i ber 3i^nierifc^e ß^ronift
Don ber 3^ieti-"ö(^t ber 33rüber er^ä^^lt, ift t^eilg übertrieben, f^eilS erfunben.
^m beginne feine§ öffentlid)en 5luftreten§ befanb fid^ 3^. wol nod^ im ©i^lepptau
be§ älteren äöil^elm, unb barauf wirb bie allem 5lnfd£)ein nac^ nid)t bebeutenbe
Unterftü|ung jurücEjufül^ren fein, bie er bem Unterne'^men ©idingen'S wibmete.
©päter ift er ftetS für bie @tl)altung be§ Sefte'^enben in ©taat unb j?irc^e unb
für bie ^ntereffen be§ 9teid§e§ unb öabSburg'S aufgetreten. 5}tit Ic^tcrem ift er
ebenfowot ben Xrabitionen ber 91'^nen gefolgt, al§ öorbilblic^ für bie '^^ef)x^ai)i
ber 5lad)!ommen geworben: in faiferlidtien unb ^abSburgifc^en ©ienften meift
gegen granireid) finb öom Sage öon ©empad) bi§ ju bem öon S)re§ben fünf=
je^n 9lngel)örigc be§ <^aufe§ gürftenberg ben öelbentob geftorben. äßar i5fürften=
berg'S SBegabung aud) öorwiegenb ftaat§männif(^ unb biptomatifd), fo jä'^lt er
220 gürftenberg.
bo(^ anä) 3U ben nam^afteften ^rteg§raännern feiner 3eit. Unter jeinem Sejel^t
im i^felb^uge öon 1521 in ber ©'Kampagne unb ^icarbie l^at ©ebaftian ©d^crtlin
öon SSurtenbac^ feine friegerif(^e ßoufba'^n begonnen, ^m SSauernfriege brachte
griebrici) im a3erein mit feinem ©ruber über 3000 2anb§fnerf)te auf, mit benen
er fid^ burc^ bie Slufftänbigen ben 3öeg jum §eere be§ 3:rnd)feffen bat)nte. 6r
befepgte bort bie öftcrreic^ifc^en 9teifigen unb warb am 28. Februar 1525 bei
bcm gelungenen lleberiatt auf S)otternt)aufen bei Balingen üertounbet. ^ittler=
weile tourben üon ben 33anern, bie auf it)n befonbcr§ erboft waren, atle feine
©diloffer nnb Sörjer eingenommen, geplünbert unb äum 2:t)eil niebrrgebrannt.
S)a er \xä) bewegen Iic|, feine Sanbe i^rem ©c^idffal ju übertaffen, um ba&
^eer be§ ^ruc^feffen ni(i)t ju fi^Wäc^en, Würbe it)m S^abcnerfa^ in 9lu§fi(i^t
gefteüt, aber, wie er 1539 bcm .^aifer flagt, nid^t geiciftet. gr bered^net feinen
bamaligen ©d)aben auf 25—30,000 fl. unb bon bort rül)rten Wol borncljmlid)
bie fd)Weren ©d)ulben, bie i^n lange bcbrängtcn. 5ln§ biejcn befreite it)n 1534
bo§ erbe 6f)riftopt)§, be§ legten ©raien öon 2Bcrbenberg, beffen Soditer 5tnna
er 1516 Ijeimgejü^rt f)atte. äöieWol itjm ein Xt)eil ber grbfdiatt, ©igmaringen
unb S5eringen, entzogen Warb — wiber bie Sittigfcit, Wie aucf) ein f^-riebrid)
nic^t Wo^Igefinnter 33erid)terftatter urtt)eilt — fo blieb it)m boc^ ein ftattlid^er
gicft in ber (^h-aif(^aft .Ocitigenberg unb ben .^errf_d)aften äungnau unb 2:rod^teI=
fingen. 2)urd) ^auf erwarb er u. a. bie .f)crrfc^aften 33tumberg unb 53iöt)ringen.
"^aä) ber ^luilöfung be§ fc^wäbifd)en 3?unbe§ bemül^te er fic^, bcm 5Borbringcn
ber ßbangelifdien in £)berf(^wabcn ein Slefcnfiübünbni^ be§ 31bel§, ber ©tiiter
unb ©täbte feiner 'Jtadjbarfd^aft cntgegenjufe^en. ßine ©inigung fd)eint in ber
2;'^at im i5rüt)ia^r 1534 auf einem Sage ju ^efitird) erhielt Werben ju fein,
bod^ läfet fid) nid)t nad)Weifen, ba^ ber fteine 5J3nnb potitifd^ tt)ätig eingegriffen
l^at. 5-aft in atlen Kriegen Äarl'g V. befleibete er ]§ot)e 33efet)l§^aberftet(en,
1532 iül)rte er 10,000 ßanb§!ned)te gegen bie fürten, 1536 erfd^eint er al§
faiferlid)er 'iRüi^ unb Hauptmann über 400 Üleifige unb mit ber 2Berbung bon
etlid^en 2:aufenb ^uf3fned)ten betraut. 9luf bcm äöormfer gieid£)§tage bon 1544
war er al§ faifcrlid)er ßommiffär befteUt. 3lu§ feiner @t)e erWud)fen 15 ^inber,
bon benen it^m fieben im 2;obe borangingen, jWei, Söolfgang unb @gon in
kämpfen gegen ^franh-eid) auf bem g-elbe ber M)xc blieben, g-ügen wir aur
Serbottftänbigung feine§ 6t)arafterbitbe§ bei, ba^ er fid) in fittlid^er 33e=
aiel)ung nid)t tabelfreier '^ielt al§ bie 'üJlcl^r^alit feiner ^eitgenoffen , ba^ er
ein luftiger ^ed^er war unb immer boll bon guten ©d^Wänfen unb abenteuer=
tid^en ®eld^idf)ten, bie er mit bielbewunberter ?lnmut^ ju cräät^Ien berftanb. S)ie
giüftungen 5riebrid)§ unb feine§ S3ruber§ SBil'^elm al§ tiodjbcridjmter Ärieg§=
männer erbat fid) fpäter ©r^^eraog f^-erbinanb für feine Slmrafer Sammlung;
mit biefer wirb iet3t bie crftere im SSelbebere in 333ien beWat)rt.
Ungebrudte Quellen im S)onauefd)inger ?Irc^ib. ^immerifdfie ßlironi!
(f^^riebrid) mi^günftig gefinnt unb öorfid)tig aufpnelimen). ©dt)ertlin'§ ©elbft=
biograpl^ie. gtie^ler, @rai g-. II. ö. %. al§ Stifter eineg !at^olif(^en ©d^u^=
bünbniffe§, 3eitfd^r. f. ©efdt). b. S3rei§gaueS, II. ^Jtünd^, ®efd^. be§ .^aufcS
gürftenberg (unäuberläffig). gtiealer.
Snirftcnbcrg: ®raf ^einrid^ I. b. Urad) unb g., ©tamm^err ber l^eute
in ©d^Waben, 23ö'^men unb 9tieberöfterreid§ blüt)enben fürftlidt)en unb lanbgräf=
lid^en ßinien g-ürftenberg. S)a§ (Sefd)led^t ge'^ört ^u ben älteften unb ebelften
ber fd)Wäbifd)en ©rafenliäufer unb ju ben Wenigen, bie bom 5lnfang it)rer ®e=
fd^id^te bi§ l)eute in engfter 33erbinbung mit ber fdt)Wäbifd^en ^eimatl) geftanben.
e§ !ann feine 5lf)nen mit einiger 3Ba"§rfd^einlid^!eit bi§ auf einen am .^ofe
^arl be§ ®ro|en l)od)angefel)enen fd)Wäbifd^en trafen Unruod^ jurüdfü'^ren,
gürftenberg. 221
beffen ©o'fin (S16er:§arb bie Jpanb ber ^^rin^ejftn ©ifela, ber Sorfitei; Subraig be§
i^rommen, unb befjen @nfet Serengav bie itatienifd^e ^önigS^ unb bie ^aiferfrone
erlangte. 9Zad)fommen bon 616erf)ai-b§ ©ol^ne unb SSeiengar'S SSruber, bem
9Jlarfgrafen Wlxiäi III. öon griaul, jd)einen in bie fc^tt3äi6ifrf)e ^eimatt) äurüdf=
gefe^rt ^u fein, unb laffen \\ä) al§ bie 2lt)nen ber im 11. ^aü)rt)unbert auitreten=
ben älteren @rajen üon 2l(^alm üermutl^en. S)a^ bie le^teren fobann einc§
©tammeg mit ben (Srafen öon Uracf) ftnb, !ann nii^t Be^toeiiett ttiexben; ouf
unb öor ber giau'^en 9116, in ben S^^älern be§ ^tdax^, ber @rm§, (Bäjü^ unb
ßauter lagfu bie ©tammgüter öeiber Sinien. ^m ^. 1218 n)arb für ba§
urad)ifcf)e ^au§, o^ne ba^ fi(^ baran eine ^lenberung in feiner ^tangfteliung ge=
fnüpft "^ätte, inner|alb feiner ipeimaf^ ©(^wafeen eine ööEige SJerpflan^ung, ein
Söedifel be§ Söo!§nfi^e§, @runbl6efi^e§ unb 6alb aucf) 5lamen§ ^erbeigefütjrt, in=
bem '3lgne§, bie 2;od)ter ^erjog 23ertf)otb'§ IV. öon 3ä^ringen, bie ©ema'^tin ©raf
ggino'S IV, be§ SSärtigen bon Uradf), nad) bem linbertofen ^IBleben i'^reä O^eiml
33ert{)olb'§ V, ben größeren Sl^eit ber reichen 3ä^ringif(f)en ßanbe in ©c^toaBen
auf i^ren ©ol^n, ben (Srofen (Sgino V. öon Urad^ öercrBte. ^n bem neugen)on=
neuen 33efi|, ber fic^ in großen jufammen'^ängenben 9Jlaffen über ben 33rei§gau,
ba§ .^inaigt'^at, ben mittleren ©c^toar^Ujalb unb bie Saar erftredte, lag feitbem
ber ©ct)toer|)unft ber urac^ifc^en ^Jtac^t. :^nbem ba§ ®ef(^tec£)t ben ^ö'^i-'i^SC''^
3lbler, öom Urat^er t^e^ umfäumt, in bie 5Jlitte feinet neuen äöabpenfc^ilbeS
ftettte, gaö e§ biefer 2f)atfadt)e f^mBolif($en 2lu§bru(i.
^einrid) toarb al§ ber britte <So^n @gino§ V. bon Urad§, ber al§ ergebener
3ln§änger be§ jungen ,^önig§ -^einrirf) (VII.) 1236 ober 37 ftarö, unb ber
Slbel'^eib bon 9leifen ettt)a um 1215 geboren. Unter ber 5ßormunbfc^aft ber
5Jlutter unb be§ O'^eimS 3?ertl)oIb bon Uxad) tx^itU er mit ben 33rübern, meift
Wot in i^i-'fil^urg i. 35., bie übliche ßrsie'tiung be§ 'tjol^en 3lbet§. S)er jtoeite
©ot)n 33ei-tl^oIb ftarb frü"^, bie beiben jüngeren, ©eb^arb unb (Sottfrieb, folgten
bem S5eif|)iele i!§re§ berühmten C^eimS, be§ ßarbinalS Äonrab bon ^porto, unb
tourben geiftlic^, ber erftere 6a)3tan be§ 5]3abfte§ ^nnocenj IV. unb S)om^en: in
Strasburg, ber anbere S)om'^err in Sonftan^ unb ^^pfarrer 3a"^treic§er Äir(|en in
ben gräflichen ßanben. ©o boK^og \\ä) bie (Srbt^eilung nur ^toifc^en ben S3rübern
Äonrab unb .^einridt). ^einric^ al§ ber jüngere mu^te fic^ (furj bor 1250)
mit htn toeniger günftig gelegenen öftlic^en 31^eilen be§ jä^^ringifc^en @rbf(^aft§=
gebiete§ auf bem ©ditüar^toalbe, im ^in^igt^ale unb in ber Saar begnügen,
mä^renb ber ältere Äonrab, ber 6tamml)err ber @rafen bon ^^reiburg, ben
üp)3igen 35rei§gau mit feiner mätf)tig aufftrebenben .§au|3tftabt übernal^m. S)em
D'^eim SSerf^olb berbtieben bie burrf) au^^erorbentlii^e ^^reigebigteit in firc^li($en
Stiftungen unb ©d^entungen fc^on länger fet)r jufammengefd^moläenen urac^ifd^en
©tammgüter, naä) bem frülien 3lu§fterben biefe§ 3toeige§ aber toarb bereu fbär=
lid§er 9left 1265 an bie trafen bon 3Birtemberg berfauft. §einri(f) nannte
fid) aud) nac^ ber ßrbt'^eilung längere ge^t i^od) @raf bon Vixaä) , feit
1250 aber baneben unb fbäter auSfd^lie^tid^ .g)err, bann @raf bon gürften=
berg nad) ber 35urg biefe§ 'J^amenS in ber Saar, too er längere 3eit feinen
2®o^nfi^ "^atte. äöie man fid) ben 2ll)nl)errn eine§ mädtitigen ^oufe§ n)ol bor=
ftettt, al§ begabter Organifator, al§ unermüblid) t^ätiger, getoanbter, tapferer
unb ber Äird)e tief ergebener <g)err tritt un§ ber @raf beutli(^ entgegen. 3)ie
Suft 3U ©täbtegrünbungen, auf ridt)tigem Serftänbni^ ber ^eitbebürfniffe beru'^enb,
lebte bon ben ^ä'^^'^ngern l)er nod^ in ben ©öl^nen @gino'§ bon Urad^. ©d^on
1244 bottjie'^t .gieinric^ mit ben Srübern ^onrab, (Sebl)arb unb ©ottfrieb bie
@rünbung ber ©tabt Sö'^renbad). S)ie Sage an ber belebten ;^anbel§ftra|e,
wellte bie beiben -ijaubtftäbte be§ jä'^ringifdien @rbfd^aft§gebiete§, Sillingen unb
greiburg, berbanb, festen einer ftäbtifd^en @nttoidelung ©unft ju berl^ei^en, aber
222 gürftenberg.
bie Stau'^eit bei- ©egenb unb bie ginfamfeit inmitten bc§ bamnt§ norf) toenigev
al§ ^eute gerobeten ©dinjarjtoalbeS liefi bie ^fliebertajfung nie 3U ber öon ben
@rünbern tuol gef)off.ten 23lüt^e gelangen. 9(ud) Spillingen, bev Ibebeutenbften
©tabt feiner £onbe, toanbte §einricf) eifrige ^-ürforge 3n, S)er 33au be§ bortigen
frü{)gott)ifd)cn nnb in einäcinen 2;'^eilen romonifi^en 5Jlünftcr§ ge'^ört tt)a'^rj(^ein=
iidE) in feine ^tit, erfolgte tiieüeidjt auf feine 3lnregung, jebenfalt^ nic^t o'^ne
feine ober be§ bamaligen gräftid^en .sperren Bebeutfame ^-örberung. 9lo(^ !6ett)al)rt
man auf bcm ütatl^'^aufe ber Stabt einen golbenen, mit (äbelfteinen unb einer
antifen (öemme gezierten Äeirf), laut ber Umfd^rift ein @cf(i)en! be§ trafen
.g)einrid), feiner ©ema'^lin ?lgne§ unb it)rer fieben ^inber. Ueber'^aupt mar
|)einrid) ein eifriger unb freigebiger S)iener ber Äirdie. S)ie ^ofjonniter in SSillingen
berbanfen i'^m if)re ©djienfungen unb 5priöitegien. ^it feinem 3eita(ter tt)eilte er bie
SSortiebe für ben jungen 'DJlinoritenorben , ber fi($ burcf) 3lrmutl) unb ftrengen
2eben§manbel au§3eid)nete: fein 2Bcrf finb bie (Stiftungen ^meier ^IJlinoritenllöfter,
in ä^ittingen in ben 3f. 1267—68 unb auf bem ^niebi§ i. ^. 1278. 5lud)
ben anberen ftofterlicijen 9lieberlaffungen feiner Sanbe gemalerte er <Bä)ni} unb
mannigfarf^e f^-örbcrung, fo bem 127-i unter feiner ^uftimmung an ©teÖe ber
^önigS^fatä, mo ,^arl ber S)ide fein SeBen geenbet, gegrünbeten grauenflofter
Stuf bem i^ofe bei 'O^eibingen, fo ben ^^rauen in ber nieberen ©ammlung auf
ber ÜJtauer in feiner ©tabt S)ornrtatten, bie burd^ if)n 5^'pi^eit bon Steuern unb
ftäbtif^en Saften er'tiietten. ^m ^. 1250 treffen mir ipeinric^ im S)ienfte be§
35tfd)of§ ^einrid) öon Strasburg. @in toeiterer 2Birfnngefrei§ unb gtänjenbe
Stu§fid)ten eröffneten fid) bcm @rafen, al§ au§ bem i?reife feiner lanbSmännifd^en
©tanbeSgenoffcn unb 35ermanbten ©raf ^Hubolf bon <^ab§burg 1273 ^um beut=
fd)en Könige gemät)(t marb. ^einrid) unb Stubolf Ratten gemeinfame llrgro^=
eüern, ba be§ erfteren ©ro^mutter bon bätertic^er ©eite, 2Igne§ bon 3äl)ringcn,
bie ©c^meftcr ber (Bemapn U(rid)§ bon Äiburg, ber ©rofimutter i^onig 9tubolf§
bon mütterlidier ©eite mar. Sßon Einfang an fd)Io^ fid^ .^peinrid) feinem fönig=
lid)en U^etter auf§ engfte an, begleitete il)n bon feiner .ß'rönung au§ auf ber
ülunbreifc über Stadien, ilöln, 2Borm§, ©beier buri^ ben 6lfo^. 2öie fel)r bem
.Könige ber Seiftanb be§ g'ürftenbergerg ju ftatten !am, fd)ilbern am beften feine
eigenen 2Sorte: er nennt ben ©rafen at§ einen jener 5!)tänner, „bie bem römi=
fd)en 9teid§e fonber 2öan!en anfiangenb, in langen Sitenftja'^ren mit aller Äraft
unb Stnftrengung, mit unerfdt)ütterli(^er ©efinnung unb unermüblidt)er SluSbauer
in beffen 33eften arbeiten" (gürftenberg. Ilrf.=a3. I , ^x. 525). O^ne 3meifel
laben menige 93Mnner für bie Sefeftigung be§ .Oab§burger§ auf bem Äönig§=
f^rone, für bie 3Bieber'^erftettung eine§ fraftboHeren 9tcic^§regiment§ fo biel geleiftet,
iüie ©raf C"'einric^ bon ^-ürftenberg. ^m Slbril 1274 ging er nad^ Sübed, um
für ben ^'önig ben ^ulbigungSeib ber ©tabt p embfangen; im ^Jiobembcr be§
^ol§re§ erfd)eint er mit einem befonberen Slnftrage be§ Äönig§ für bie ©tabt
^öln betraut. %ac^bem er im 9Jlai unb ;Suni be§ folgenben 3^a^re§ bem 9ieid)§=
tage ju 3lug§burg beigebjo^nt, übernal^m er im i^uli bie mid^tige ©efanbtfdtiaft
be§ Königs nad) stalten, mo mir i'^m in üiabcnna unb ^iacenja in 2öal§r=
neljmung ber 3fteid)§gef(^äfte begegnen, (ginige Urfunben laffen il)n bamal§ ale>
9(iector ber giomagna unb be§ Äüftenftridjeg auftreten, bod) ift benfelben, ba fie
mal)rfdf)einlic^ nur ©tilbroben finb, !aum ©tauben beijumeffen. Sluf bem mä--
mege bermittelte ipeinric^ mit feinem SScgleiter, bem föniglid^en j^an^ler 9tubolf,
al§ ©d^ieb§rid)ter aufgerufen, im 5rü^ial)r 1276 bie ©treitigleiten smifd^en bem
S3ifd)ofe .g)einrid^ bon Orient unb bem ©rafen «jjteinliarb bon Slirol. S}om
©ommer 1276 an folgte er burc^ bie öfterreid£)ifc^en unb oberbeutfd^en Sanbe,
toenige Unterbredt)ungen abgerechnet, mieberum ftet§ bem föniglidien ipoflager.
gürftenbetg. 223
äöiebei-^ott tritt er für 9tubolf at§ 35ürge unb, ba e§ bie '^lotf) crforbert, anä)
mit bem ©cfitoerte ein. ©r jä'^tt 3U ben toenigen fd)tüäBifd)en Ferren, trelc^e
bie (Bä)laä)t auf bem gjlarc^fclbe mitfed^ten; i:^m unb bem Burggrafen öon
^Mrnberg toar ba§ fönigtic^e Sanner emi)io^ten. 3I(i)t Slage öor ber ©c^taif^t
^atte i^m 9tubolf für SSiEingen, ^aftac^, prftenBerg unb 2)ornftetten bie Be-
freiung öon auswärtigen ©eric^tcn Beftätigt unb "^iemit aud) bie beiben erft=
genannten biefer ©täbte, einen ätoifc^en bem gieidie unb f^ürftenBerg ftreitigen
^'Eicil ber jä'^ringifd^en ©rbfc^aft, al§ 23efi^ be§ ©rafen auerfannt. p^tte er
ft(| bem treuen Siener feiner jungen 9Jtac^t tief berpflid^tet, fo mu^te er jebod) •
anberfeit§ au(^ auf forgfättige äöo'firung ber lange öernadiläffigten unb öer=
fd^leuberten 9tei(^§red)te Bebaifit fein, ^n ruhigeren Reiten fiegte in biefem 3tDie=
ftjalt öon ^flid^ten bie giü(ffid)t auf ba§ 9leid) unb na^ toenigen :Sa^Ten :£)ob
ber i?önig bie 5lnfprüc^e beffelben auf Billingen unb .^aflad^ neuerbingg ^eröor.
3luf Bertoenbung ber ßurfürften toarb ^ute^t ein in fotc^en ^fällen häufiger
3lu§tDeg eingef (plagen, inbem ber @raf 1283 beibe ©täbte bom 9teid)e au Se^eu
empfing. 9lIIem 5lnf(^ein nac^ liatte biefer 6treit ba§ perf5ulid)e 3}er--
^ältni^ atoifd^en bem ^önig unb ©rafen nie ju trüben öermoc^t. ©d^on tor
feiner Beilegung, angcHid^ 16. 9loö. 1282, too^nte gtubolf in Billingen ben
ge[tlic£)!eiten bei, unter benen ®raf ^einric^ in glänjenber Slbelgüerfammlung
feinen ©ö^nen ben gtitterft^Iag ettt)eiten lie^. Sn baffelbe ^a^x fäEt bie Ber=
mät)tung bon ^einrid)§ Sto^ter g}largarett)e mit bem at§ ^Jlinnefänger betannten
©rafen Sllbrec^t IL öon .»polenberg. ßinen neuen BetneiS ber töniglic^en (Sunft
emt)fing ^einric^ burd^ Berlei'^ung ber nad^ Ber^idit be§ ©rafen C)ermann öon ©utj
erlebigten (Sraffc^aft in ber Baar (18. ^an. 1283), worauf er p feinem gräflicfien
Xitel öon S'- ^e^ eine§ Sanbgrafen in ber Baar fügte. @r [tarb balb na($
äßei^nac£)ten 1283, n)a^rfcl)einli(i) am 6. 3^anuar 1284. Bon feinen ©ö^nen
t:§eilten griebrid) unb (Sgon bie öäterlic^en Sanbe; feine ÖJemalilin 3(gne§,
eine Zod)tn be§ f(i|toäbif($en trafen fyriebric^ unb ber (Sräfin ?lgne§ öon
Srul^enbingen, ^at i^n um toenigfteng 3et)n ^ai)xt überlebt.
SlUe Duetten finb gefammelt im prftenbergifcfien Urtunbenbuc^e, Bb. I,
1877. ülieäler.
prftenkrg: (Sraf ^einricl) YII. (geb. 1464) unb ®raf äBolfgang
(geb. 3. 2lpril 1465), ßanbgrafen in ber Baar, ©ö'^ne be§ trafen ^onrab b. g.
unb ber Gräfin Äunigunbe öon ^atfc^. 1491 f^eilten bie Brüber bie burd^
ben 2:0b be§ Bater§ (1484, 24. Slpril) unb be§ BettcrS ^einri(^ ö. g-.=3Bolfa(^
(1490, 30. 5toöbr.) angefallenen ßanbe, wobei .g)einri(^ ber größere Slieil ber
Baar, Sßolfgang öorne^mlid) bie ^in^igt^aler iperrfc^aften anfielen. 3uglei(^
begrünbeten fie ba§ gibeicommi^ i"^re§ ^aufe§, inbem fie feftfc^ten, ba^ o'^ne
guftimmung ber 3lgnaten öon ben Beftanbt'^cilen i:§ret A^errfdjaften nid^t§ öer=
äußert Werben bürfe. Ueber ■g)einric^ gtei(^ anberen fcjwäbifc^en Ferren al§
3luf:§e|er unb 3ln^änger ^erjog ©igmunbg, :^atte Äaifer fyriebridE) 1488 bie %ä)t
au§gefprod)en, wobei fic^ nid)t aufl^ellen lä^t, inwieweit biefeg Urt^eil begrünbet
war; ba \iä) ^einric^ bem ^aifer unterwarf, fanb er allein öon allen Berur=
t^eilten ©dionung. ©|jäter fc^loffen fid^ bie beiben Brüber, ben '^abgburg.ifd^en
Srabitionen il)re§ ipaufeS getreu, eng bem ^önig ^JJlarimilian an. <g)einrid^
erf^eint feit 1493 al§ 9tat^, feit 1496 al§ ^ofmarfd^aE be§ ÄonigS; in biefer
©teEung ~^at er ben italienifd^en 3ug öon 1496 mitgemadjt. 5luc| Söolfgang,
ber frül) ^jfülaifc^e unb würtembergifd£)e S)ienfte genommen, trat 1492 mit einem
SalircSfolbe öon 200 fl. al§ 9tat^ in bie gjlaiimilianS, ber i:§n bei feiner
ÄönigStrönung ju ^laä)tn 1486 jum 3flitter gefd)lagen ^atte. Unter Beibel)al=
tung biefer ©teEung unb mit ßrlaubniB be§ ^önig§ übernahm er 1497 aud^
224 prftenberg.
tai) 2lmt eine§ SanbI)oimeiftei-§ in SBürtemiterg. .g)ievnüt trat er an bie ©pi^c
be§ öon ^^erjog @6er^arb b. ä. etngcri(i)teten 9tegiment§ oon 3tt)5li 9tätf)cn, ba§
burd) bie OtegierungSuniä'^igfeit bc§ fittenlofen Jperjog^ ©Berl^arb b. j. bamati
ju befonberer 33ebeutung crl)oben ttiarb. 3H§ bie Äluft jiDi^en bem 9tegiment
unb bem toie ein Unmünbiger übertoai^ten ^erjog ficf» bergröfeerte unb ba§
®erüc£)t felftft öon ^nfd)Iägen @bert)arbg auf bQ§ Seben feiner angeje{)enften
9tätl§e fprad), berbanb fid^ ba§ 9tegiment eng mit ber \^anbf(i)aft unb ycf)üd)terte
ben A^erjog, ber Ieben§längli(i)c ginferferung bejürc^tet ju t)aben fct)eint, ber=
ma|en ein, ha^ er nad) Ulm enttoirf). S)araut übertrug ber Äönig, öon 2öoti=
gang in SSegleitung be§ jungen ©rafen Ulrid) öon SBürtemberg im ^ai 1498
in Ura(^ empfangen, an ben erfteren al§ Sanb^ofmeifter, an ben Äonjler unb
bie jtDölf ^Räf^c in 3)ertretung be§ lljäfirigen lllrid^ bie ^Regierung be§ i5^ürften=
tf)um§. 3öie äöoljgang §ier al§ ©taatSmann, fo fpielten er unb fein trüber
im ©{^weijertriege öon 1499 bebeutenbe, freilid^ in ber .^auptfad^e nic^t gtü(f=
üd§e OioIIen. 3]on ©onberintereffen geleitet unb im SSettJufetfein i^rer 6tärfe
öerfolgte bie 6ibgenoffenfd)ait eine |etbftänbige ^ßoliti! unb trat jum Sleid^e me^r
unb mef)r in ein gcfpannte§ S^er^ättniB- 3tl§ ber Äricg im 33tn[tgau unb
,!pegau ausbrad), hüxdc) ben boppciten ©(^aupta^ bie bot)l)ette ^^-einbfrfiaft ber
©ibgenoffen gegen .f)ab§burg unb ba§ 9tei(f) mieberf:ptegelnb, iüf)rte 2Ö. ben
Dbcr6eiet)l über bie tt)ürtembergifd)eu ©treitfräite, bie \\d) ju Einfang 1499 in
iluttüngen fammeltcn unb gegen @nbe gebruar in (5ngen mit beneu be§ f(^tt)ä=
bij(f)en ^unbe§ öercinigten. S3ergeben§ jicbod) brang 20. auf 9}erftär!ungen unb
öott ^J^i^ntutl^ über bie ©aumfetigfeit ber 53unbe§gtieber mu^te er e§ gefc^e'^en
(äffen, ba| bie ©d^toei^er, alle ^Dörfer nieberbrennenb, unget)inbert ben größten
2!^eil be§ Apegau'§ überflut^etcn. 2Ö. mar auf bie Sefeljung einiger feften ''^iä^c
angetuiefen, öon mo auS itjm om 23. ^ebruar bei 3lad) ber UeberfaE eine§
öereinjcÜen .'paufeng gtürfte. 3luf einem 2:age ju Ueberlingen, am 8. ^är^,
5um obcrften gelbl^auptmann be§ fc^tt)äbifd)en 33unbe§ ernannt, unterna^^m er
am 14. einen ^KecognofcirungS^ug gegen Sciiaff^aufen, am 4. 3tpril einen Eingriff
auf Oieunfirrf) unb A^attau. 2Baren fd)on am leljteren Crtc bie würtembergifc^en
Äned)te nid)t äum ©türm auf ben feften Äirdi'^of 5U betoegen, fo fü'^rte menige
Sage fpäter ungenügenbe ^Jtaungjudjt bie @ntfd)eibung auf biefem jl^eilc be§
Ärieg§fd)aupla^e§ J)crbei. 9(m 10. 5Ipri( nämtic^ sog äö. fein ÄriegSöolf,
400—600 iReifige unb 4500 — 6000 ^u^fned^te bei Gonftanj 3ufammen unb
am fotgenben 2;agc leitete er bie ©rftürniung ber Dörfer S^ribolbingen, @rmatin=
gen unb 'OJIannenbad). ^^uf aüen brei ^^^unften brachte ber 9Ingriff öottftänbigen
©ieg, nadi'tier aber lie^ fid^ ba§ SJolf nidE)t mel^r im ^aume l^alten, unb al§ e§,
mit SSeute belaben, in aufgelöfter Orbnung nad^ ßonftan^ 30g, marb e§ öon
ben ©ibgenoffen, bie fict) in i^rem ©tanblager beim ©dfitoabertod) mieber gefam=
melt {)attcn, in ber red)ten glanfe angegriffen. S)ie Üieifigen, @raf 2Bolfgang
an ber ©pi^e, f)ietten fid^ mader, ftiegen fogar öon ben Stoffen unb traten mit
©pieken in ba§ öorberfte (SJIieb, bie ^u^fnec^te aber, ba§ ftüdjtige unb fdf)nöbe
S5oif, toie e§ 2B. be3eid£)net, ftoben of)ne 9lot^ au§einanber unb öerfdt)ulbeten
eine empfinblidf)e 9iiebertage. 9B. mufete feine Gruppen in ben ^egau 3urüd=
füi^ren unb ftanb am 15. 2lpril toieber in (Sngen. S)er ^önig l^atte fid§ mittler^
toeite öom 33rei§gau au§ bem Ärieg§fc^aup(a| genaf)ert unb ernannte am
24. 3tpril 2Ö'§. SSruber, feinen .^ofmarfdiall ip. ö. g-. jum oberften 5elb]^aupt=
mann ber ©treitfräfte in ben öorberöfterieidf)ifdf)en Sanben. @in neuer ßinfatt
ber gibgenoffen im .g)egau betoog 2B., im ^injigtfiale unb öor bem ©d)toarätoalb
9lIIe§ aufjubieten, „toa§ nur ©tab unb ©tange ju tragen öermo(^te", unb in=
bem juglcid^ fein 33ruber .^einri(i) rafdE) l^eranrüdte, gelang e§, ba§ belagerte
©todac^ ju entfe^en. 2lm 22. ^uli aber (ie^ fid^ ®raf .§. bei 2)ornac^ über»
ptftenberg. 225
fallen unb fanb in blutiger "DUebertage felbft ben 3;ob. 2Bieberf)olte SSemü^ungcn
feineg SStnber^ unb be§ ^önig§ um 2lu§Iieierung feines £'ei(i)nam§ f)atten feinen
©rfolg. ^m ^^elbe gef(i)a^ feitbcm nic§t§ be(angtei(^e§ mef)r unb bie Slblöfung
ber @ibgenoffenf(i)aft öom Steid^e tcar mit biefem -Kriege entf(^ieben. @§ ift er=
ftaun(i(^, ba| .^önig 5RarimiIian Bei folcf)er Sage ber Singe f{f)on im 3lugu[t
bie (Stimmung fanb, bei einem bem ©rafen 2Ö. in feinen Sanben abgefiatteten
i8efu(^c am Sionauquett in S)onauefc^ingen mit 5!Jta^l unb Janj ein f)eitere§
g^eft äu feiern. Sind) fpäter, in ben ^f^T^i^en 1504, 1505 unb 1506 toar 5Jlari=
mitian toieber^ott ber ®aft be§ @rafen. S)urc^ ben 2ob feineg unbermäl)Iten
Sruberä :^atte 3JÖ. alle gürftenbergifc^en ßanbe geerbt; 1502, 14. 'JUlärj, über=
naijxn er be§ 35ruber§ ©teile al§ föniglic^er 6ofmarf(^att, unb toä^rcnb er ba§
Slmt eine§ mürtembergifc^en 8anb^ofmetfter§, unter Ujelrfiem 2itel er noc^ 1501
crfc^eint, toot um bief elbe 3eit nieberlegte, tx^dt er ju 5(nfang 1502 bom
Könige mit einer Sefolbung bon 1600 ff. auc^ bie ©teEe eine§ oberften .öaupt'
manne§ unb Sanbüogte§ im ßlfa^, ©unbgau, 23rei§gau, ben üier ©tobten am
9lf)cin unb im ©dimar^tDalb, auf bie i^m bereits 1500, 26. ^uli, bie 3(nn)art=
f(f)aft übertragen toorben toar. ^m 5Jlai 1504 ma(f)te er im @efotge -l^erjog
Ulri(^§ öon Söürtemberg ben Ärieg gegen ^pfatj mit, worauf er im Sluguft al§
ber erftc fönigti(i)e ©efanbtc bie 5rieben§unter^anblungen mit feinem früheren
.Öerrn, ^fal^graf '^f)ili|)|3, führte. Um biefe ^^it erhielt er üom Äönige, ber
if|n fc^on 1500 burdE) SSerlei^ung be§ ^JtünjreditfS auSgejeictinet ^atte, at§
9lei(^§pfanbfc^aft für gef(^ulbete 24,000 fl. Sicnftgelber, 35orfi^üffe unb 9tu§=
lagen bie furpfötjifc^e öälfte ber ßanbbogtei Drtenau, toä^renb bie Srüber 1492
bie SBiebereintöfung ber inmitten i^rer SSefitiungen gelegenen unb feit 48 ^a§ren
al§ ^^fanbfcfiaft im fyürftenbergifdjen SSefi^e befinbtid^en 8tabt 35räun(ingen
burd) Defterrei(^ fic^ Ratten gefallen laffen muffen. 2)onauef(^ingen, bie fpätcre
Stefiben^ bee .^aufe§, ^tten ^. unb 3B. 1488 burc^ ^auf ertoorben. ^m
^. 1505 mar 2ß. be§ ^önig§ S5et)oHmä(i)tigter beim 2lbfc^luffe be§ 35ert^ei=
bigung§bünbniffe§ jtoift^en biefem unb bem ^Jlarfgrafen 6|rifto)3^ bon SSaben.
31I§ 3U SSeginn be§ folgenben ^a^rc§ 5)^ai-imitian§ (5o§n, ^önig ^^§itipp bon
ßaftilien, bon ben 9lieberlanben nad^ Spanien überfiebeüe, glaubte ber 35ater
bem jungen dürften, ber fc^toierigen S5er^ä(tniffen entgegenging, feinen befferen
35efcf)irmer unb Serat^er jur Seite ftetlen ^u fönnen al§ äöotfgang bon ^^ürften=
berg. S)erfelbe übernatim ben ^efe'^l über ein beutfc£)e§ Otegiment bon 1200
■)Jlonn, auSerlefene Äned^te, toic man na(^ 3S'§. Urt^eil no(^ feinen .Raufen htU
fammen gefe^en. 5luf ber Steife, bie toegen be§ gefpannten 33erl^ättniffe§ mit
5ranfrei(^ gur See angetreten toarb, brot)te ein fur(i)tbarer ©türm ber tytotte
ben Untergang, ^önig '4>piipP gelobte bem ^1. ^acoh bon Gompoftetta fein
boppelteg @etoi($t in Silber, feine Seute unb bie ^annfc^aft gro^e Söattfa^rten,
tebenStänglic^e gntl^altung bon ö^feifc^, Eintritt in ben .^art^uferorben. „3df)
l)abe ni(^t§ berglei(i)en t^un rootlen," f(^rieb 2B. bon ^^almouf^ au§, too^in
er berfi^lagen toarb, an feine ®emat)tin ©lifabet^ bon Sotm§, mit ber er feit
1488 bermäf){t toar, „fonbern mic^ bem 9lltmä(^tigen empfohlen unb toillig in
ben 3;ob gegeben." ^Jlur ber ©ebanfe an fie unb bie ^inber fjobt \i)n beunrul^igt.
51I§ jdrtüd^er ©ema'^l unb forgfamer S5ater, afö tapferer unb gottergebener ß^arafter
tritt un§ äß. au§ bem SSrieftoei^fel mit feiner (Semal^ün entgegen. 3n Spanien
toar äö. mit feinen Sanbgfnec^ten '^^iUpp§ Sd^toiegcrbater, bem ilönige 5erbi=
nanb bon Strragonien, ein S^orn im 3luge, unb bielteid^t ift el toä) beffen toieber=
foltern, toietool anfangt frui^tlofem S)rängen äU3uf(f)reiben, baB 3Ö. fd^on im
■)tobember in bie ^eimatf) jurücCfe'^rte. ^m Januar 1509 unter^anbelte er aU
füiferlid^er 6'ommiffär auf bem öanbtagc ju Sojen mit ben xiroler Stäuben
unb im 5^rüf)ia^r 30g er mit bem Äaifer ju gelbe nad) Dberitalien. ^m Spät=
atllgem. beutic^e SSiogtopl^ic. VIII. 15
226 prftenberg.
jomtncr im Sager öor 5j}abua erhanft, luarb er in einer üon 5|ß|erben getragenen
©änfte naä) ^aufe gefüt)rt, too er auf jeinem ©ctiloffe Drtenberg am 31. S)ec.
1509 feinem Seiben erlag. S)a^ er in (Spanien ©ift fiefommen l^afie unb |eit=
bcm {lingefiec^t fei, mu| al§ grunblofe ©age bejeic^net tcerben. ©eine (Jin=
gen)eibe würben äu .^aftac^, be§ .^tx^ ju 2Bolfac^, ber üfiiige Körper im Älofter
^leibingen Beigefe^t. S3on 2Ö. ftammen alle je^t blü'^enben ßinien be§ fürftlidien
unb lanbgräfli(i)en ^aufe§ gürftenbcrg.
Urtunben unb Gorrefponbenjen be§ S)onauefc^inger 3(r(i)it)§. 5ürften=
bergifd^eS Urfunbenbuc^, IV. SBb. ©täün, äöirtemfi. ©efd^., l\. 58b. Ütot^
ö. ©d^recEenftein , SBolfgang ©raf 5U ^. alö oberft. ^etb'^auptmann b.
fdltoäbifd^. 23unbe§ im ©c^meiäerfriege 1499 (5lrd)iö f. Ä. öfterr. @ef^.
S3b. 36). S)erfel6e, 33rieie be§ ©rafen äö. ö. ^y. äur ®efd§. ber ^Jteerfal^rt
be§ Äbnig§ ^t)ilipp P. gaftitien (^eitfd^r. f. @ef(^. b. Srei§gau'§, I, 123).
^Jlünd^, @ef(^. b. ^oufeö unb 2anbe§ ^^'ütftenlberg, I. S3b. Ütieälcr.
g-ÜrftCllkro : Sf^fob Subtoig ßraf 5., !aiferlicf)er gelbjcugmeifter, ein
SSruber @gon VIll. (0. ©. 218), ber eBenfaEä biefe Söürbe im faiferl. .^eere befleibet,
im SRantuanifi^en 6rbfoIge!riegc unb bei Srettenfelb gefotiiten l^atte. Geboren 1592
unb mit .^cUna, ßnfetin beö bcrüt)mten Sa^aruS ©d^wenbi, meld)e il^m anfe^n=
(ict)e @üter jugcBratiit, öermätjU, mar er f(^on 1620 liguiftifc£)cr ©eneral unb
faiferl. Ülaf^, fpäter g.%5.=^Jl. 6r 3eid)nete fid£) fet)r t)ürtt)eil'^ait in bem 3;reffen
bei Soen (6. ?luguft 1623) au§, mo er bem geinbc öiele ©efangene unb Xro=
pt)äen abna{)m. ^ürftenberg'ö t)ier bemiefene 2apfer!eit to'^nte ^Jerbinanb IL
1624 burd) bie $öerleif)ung einc§ befonberen, auf bie X^t 33e5ug ne'^menben
SBappen§. Unter Z\U\) fämpfcnb, entfette er li)26, am 29. Sfuü, ba§ üon ben
S)änen belagerte ^aEenberg, bejtoang ^orb^eim im 5)tai 1627 unb erlag bei
^timburg am 15. 5lot), beffelben Sal)re§ einer im Sager l^errfd)enben .ßranffieit.
ipirtenfetb: Ceft. 5}lilit.=Sejifon, II. 5ßb. bon 3^an!o.
gürftcitbcrg : t a r l (5 g o n , (Sraf ö 0 n g. '^ e ^ I i r (^ , faif. unb bc§ f(^toä=
bifd)en Greifes ^elbjcugmeifter. Geboren am 2.9ioö. 1665, iod)t et 1688 juerft
al§ 3]olontär, fpäter al§ taiferl- Apauptmann bei ber 3lrmee in Ungarn gegen
bie 2;ür!en unb würbe bei- einem ©türme auf Seigrab gefä'^rtii^ bermunbct.
9lac^bem er 1691 Oberft, unb ba§ ^q.I)x barauf (Seneral be§ fc^mäbifd^en Äreifeä
gemorben, erl)ielt er 1693 ha^ (Seneralcommanbo ber 93orpo[ten am 9tl)eine, ben
fd)mäbifd)en unb t)orberöfterreid)ifd)en äöalbftäbten, 1094 auc^ bie ©tabtl)aupt=
mannfd)ait unb 6ommanbantenfteUe ju Gonftauj. ^m fpanifi^en ©rbfolgefriege
befel)ligte er, mittlcrloeile jum g-elbjeugmeifter Porgei-üdt, ein 6orp§ am 9tl)ein
unb mürbe gleid) beim ^Beginne be§ Treffens Pon ^^rieblingen (14. October 1702)
gelobtet, ©eit bem 9. gebruar 1699 mar er Permä'^lt mit ^Jlaria ^yranaiSfa
@räftn Don ©dimarjenberg.
C)ii'tenielb : Oefterr. ^DHlit.^Sejifon, IL S8b. Pon Santo.
prftcnbcrg: Äarl Sof ep^ 5Xloi§ 5ür[tp.fy,öfterreid)if(^erf5felbmarf(^att=
lieutenont. S)iefer ^uSgejeii^netfte feine§ ^aufe§ mürbe am 26. i^uni 1760 ju
5|]rag geboren unb trat nadj öoEenbeten plilofop'^ifc^en ©tubien at§ Sieutenant
in bie üfterreid§ifd)e Slrmee ein. ©eine erften ©poren Perbiente fic^ 5. al§
Oberftlieutenant unb ßommanbant eines ungarifd^en @renabierbataiEon§ im
Xürfentrtege öon 1788—90, toäf)renb melc^er gelbäüge er bi§ jum ©eneral flieg.
2lm 4. 5iop. 1790 Permäpe er \xä) mit ber ^prinjeffin ©lifabet^ Pon SLl^urn unb
2ai-i§. Seim 3lu§bruc^e be§ frauäöfift^en 9iePolution§friege§ mar er ßommanbant
einer SSrigabe unb Pert{)eibigte in Serbinbung mit ben ©eneralen es^ter^a^p
unb bem (5onbe'f(^en ®mi_grantencorp§ Äe'^l; auc^ Ratten fie burc§ S)emonftratio=
neu öom redeten ^t^einufer au§ bie Semegungen ber anberen ^5eere§t:^eile ,^u
erleichtern. 1793 mar ^. bei ber Slrmee beö tapferen gelbmaifc^aE Sßurmfet
einget^eilt, eroberte in beffen 3luftrage nad^ leb'^aften ©efei^ten mel^rere Pom
gütftenberg. 227
^eitibe Befehle Ortfc^arten unb Betüie» Umitc^t toie Sapterfeit in allen üßrigen
^cttonen be§ getbjugeg, namentli^ aber bei ber 6r[türntung ber SöeiBenburger
Sinien unb 1795 bei ber Eroberung öon ÜJtann^eim. 1796 fämpfte er Einfangs
unter Satour fpäter unter @rjt)er5Dg Äart in faft aüen ^tctionen, namentlirf)
aber mit befonberer 2lu§3eici)nung bei ßmenbingen (19. Dct.) unb (5d)(ingen
(•24. Cct.), nacE) toeliiier <Bä)la<i)t ber Srj'^eräog ^. ben ^luftrag ertf)eitte, ben
n)id)tigen Srürfenfobf üon Jpüningen ju nel^men, welcher aurf), jebo^ erft na(^ ^rt=
näcEigfter ©egenwe^r unb mittelft (^abitulation in feine .g)änbe fiel, ^m ^yrelb^
äuge be§ näi^ften ^üi)xt^ jocfit 5- loieber am Üt^ein unb mar am 22. 2lpril an
ber 9iend) eben in ein leb'^afteS (Sefeiiit öermidelt, al§ bie 5lac£)ri(^t öom Seob=
ner Söaffenftiüftanb anlangte, ber bie Sntfc^eibung unterbrach. 1799 30g er
ba§ le^fe ^al in§ i^elb unb enttoicfelte befonbere Umfielt mie 53raöour bei Dftrac^
(21. Wäx^j unb am 25. '»IRärj bei Siptingen, mo er in bem entfcfieibenben
^lugenblicEe, at§ bie fran^öfifi^e S)iöifion Soutt 3um Stngriffe fd^ritt, bie beiben
Stcgimenter ^aifer unb SenjotüSft) öorfü^rte unb öon me'^reren Äartätfc^enfugeln
getroffen, fiel, ©einen öetbentob befrdftigte ein alte§ Ärieg§fprü(^mort, melcfie»
lautet: „^au§ Defterrei^ ft^lägt feine ^auptfc^lac^t, o'^ne ba^ ein ^yürftenberg
tättt."
Jpirtenielb: Cefterr. 9Mit.=8erifon, II. Sb. üon ^anfo.
^Ütftcnbcrg: Äart @gon O'ü^ft äu 5., geboren ju ^rag am 28. Cctober
1796, t 3U Si^t am 22. Cctober 1854. f^fürft ßarl 9l(oi§ au g-ürjenberg
(f. 0.), ein apanagirter ^rin^ be§ in brei Sinien jerfallenben fürftUt^en *§aufel
gürftenberg, [tarb am 25. '^Mx] 1799 als öftcrreic^ifd^er (Benerat in ber (5cf)tac^t
bei Siptingen ben -^elbentob. ©ein bamalS breijä^rige« Sö^ncEien, ßart 6gon,
tourbe , ha ber ©tamm'^alter ber böt)mif($en unb ber (e^te (gproffe ber in bem
fdfiroäbifd^en 9ieicf)§fürftentf)um J^ürftenberg regierenben Sinie rafd) nad^einanber
geftorben maren, (ärbe aller SSefi^ungen be§ ipaufe», mit 2lu§na'^me ber in
Tläi)xtn gelegenen ©üter. Unter ber 3}ormunbfcf)aft feiner 5Jlutter, einer ge=
borenen ^rin^effin öon 2f)urn unb Jarig, unb be§ Ss^anbgrafen ^oa(f)im öon
gürftenberg mar ber junge >&err nod^ jmei ^a^re lang beutfd^er 9iei{f)§fürft, bis,
beim 3lbfc^Iuffe be§ 9i§einbunbe§, am 12. ^uü 1806 ba§ f^ürftentl^um mebiatifirt
toarb , öon metc^em einzelne J^eile an äöürtemberg unb ^ofienjottern fielen,
toäf)renb e§ ber 6auptfa(|e narf) bem @ro^^er3ogtf)um Saben einöerleibt tourbe.
Ser junge yürft ftubirte in ^^fteiburg unb äöürjburg, begleitete ben gü^-ften
@(f)tDarjenbcrg 1815 at§ Crbonnanjoffiaier naä) 5pari» unb trat 1817, öoll=
jäl^rig geworben, bie .Iperrfi^aft über feine großen ©üter an. ©urd) feine 9}er=
mät)(ung mit ber ^Prin^effin stmaüe öon SSaben, 2;ocf)tcr be§ ©ro^erjogg ^art
griebrid), trat er 1818 in na't)e 3}erbinbung mit bem 9tegenten^aufe be§ @ro^=
l^er3ogtf)um§, an beffen öffenttidiem geben er fortan einen feröorragenben 5(nt^eit
ne'^men foEte. Seit 1819 mot,nte er faft allen ©i^ungen ber erften .Kammer
bei unb griff öielfacf) in bie S}erl£)anbtungen biefe§ .^aufeg ein, öon einer ebeln
f5freifinnigffit geleitet, bie i^m bie a(^tunggüoIle 3uneigung anä) ber 2}ertreter
be§ 3}olfe§ in ber ätoeiten Kammer ermarb. ^it ber ben ''33litgliebern be§ beut=
fd)en "^o^en 3lbel§ fo mo'^l anfte'^enben 3}ürnel)ml)eit ber @efinnung ergriff er
1831 bie ^nitiatibe, um feine ©tanbeegenoffen unb ben grunbl)errlicf)en 5lbel
jur 3uftimmung ju ben öefe^en über Slblöfung be§ ^^^i^t^i^ ^^"^ ^^^' ötnbeigen=
fd^aftSabgaben ju beftimmen. 3luc^ für bie freiere 9?ett)egung ber ^^Hreffe trat
ber fyürft mannf)aft unb energifd^ ein. ©eine 'Äefibenj S)onauef (fingen machte
er jum ©d)auptafe einer ebeln, burc^ bae 3ufammentt!irfen aüer fünfte gemür5ten
©efeEigfeit. Ser Sid^ter Äarl @gon ©bert, bie ßomponiften i?onrabin Äreu^er
unb aöen^el ^atlimoba leiteten tl)eatralif^e unb mufifalifc^e 5luffü:^rungen, Sie
für ben 9lbet unb bie beften bürgerlid^en Seamtenfreife ber ©tabt unb ber
15*
228 prftcnbcrg.
toeiteften Umgegenb ein SteÜbidiein ^n geiftiger Stnregung unb belebter Unter»
iialtung raurben. (Sine QU§ge3ei(i)nete ©cmälbegalcvie, eine ouSerlefcne (5amm=
lung öon Äu^Tei-"fti<ien, eine lüeitliöolte ^ünsjammlung unb eine bcjonbcvS audf)
an feltenen ^anbjd^rtjten überaus reirf)e Sibliot^ef ttiurben öon bem geteerten
unb feinfinnigen Kenner, greit)errn öon ^faffenf)o!en, geleitet unb ftetg burc^
neue (ärtoerbungen öermelirt. ^nbuftrieÜe Unternet)niungen, mit bie ma]d)imn'-
iabxit 3U 3{mmenbingen unb bie großen ©ifenwerfe beg dürften h3urben, cbenfo
wie bie ßanbtoirtl^jc^ait, tion i^m geförbert. ®a§ Äranfen|au§ ju S)onauej(i)ingen
unb t)erf(^iebene ©tiftungen bezeugen feine ttol^lt^tige unb meufd^enireunbli^e
©cfinnung. — 53lit brei ©ö'^nen unb öier Söc^tern toar feine @l^e gefegnet.
3)aS fct)önfte unb g(ü(iüd)[te Familienleben bereinigte alle ©lieber be§ fürftlid)en
|)aufe§. ein wenig bea(i)tete§ Hebel an ber .C^anb, ba§ am ©(f)Iuffe einer
SBabefur p Sfci)l auftrat, führte nad^ furjer Ärantt)eit feinen Sob '^erbei. ©eine
aßittwe, bie ^fürftin 3(malie, ftarb ju ßarlSrul^e am 14. ©eptember 1869.
a^gt. a3ab. Biographien I, 272—274, u. 28-29. t>. äöeecf).
prftcubcrg: ©raf 2Sil{)elm b. g., !^anbgraf in ber JBaar, öltefter ©ol^n
SBolfgangS, geb. 7. Januar 1491, f am 21. 5luguft 1549 ju Drtenberg. ©eit
Dielen ;3af)ren, fagt ein 3eitgenoffe, '^aben wir in beutft^er 'Jlation feinen mar=
tia(ifcf)eren ^})lcnfd)en gehabt unb ber alle lobenStoürbigen ©igenfd^aften eine§
*ftieg§manne§ in gleict)er 3Beife befeffen. 5Jlan rüt)mte an i^m eine befonbere
3Iufmerffamfeit auf aüc§, wa§ im 5?riege bientirf) fein fi3nnte, einen wunberbaren
©inn für bie militärifcE)e 9tction. 5lt§ einige ©tra^burger 9tatt)§!^crvcn einft bie un=
bejwinglic^e ^cftigfeit i^rer ©tabt rüt^mten, raie§ er iljnen eine unbead)tcte gurtt) ber
33reufc^ ; burd) bie getraue er firf) Wol einen .spaufen 9teiter ^eimüd^ in bie ©tabt
ju bringen, ©einer friegerifc^en ©efinnung unb gö'^isf^it cntfpracf) eine fo im=
ponirenbe (5rf(i)einung, ba^ man wo^l meinte, ein 9Dta(er, ber ben ^)Jtar§ bitben
wolle, bürfe an SöiltiehnS ?tngefid)t unb ©eftalt niditä Oerbeffern, ein Sob, baö
burd§ ein erf)attene§ Btlbni^ (f. b. ^efner^^^lttened, 3:rad)ten be§ d^riftt. 5!)tittel=
alters, III, Safel 23) nici)t Siigen geftraft wirb. Unter bie heroica ingenia
red)nete man ben ©rafen, aber nict)t minber t)eröorfted)enb aU ^elben'^afte waren
in feiner Statur alle fi^timmen 3üge be§ eckten 2anb§fned)te§ ausgeprägt. ©e=
wa(ttt)ätig, unmäßig unb öerfdjwenberifc^, jügeUoS im gefd)led)tlid)en Umgang
unb feine ^riegSlunft mel)r bem ©otbe, alS einer '^ö'^eren 3bee weil)enb, erregte
er aud) in einem 3eitalter, baS an überfc^äumenber Äraft unb guc^tlofigfeit
feinen ^Jlangel ^atte, ein 3Wifd)en 35eWunberung unb gntrüftung get^eilteS 3luf=
feilen. Ungewö'^nlic^ frül)äeitig entwicfelte fid) fein ungcftümcS unb abenteuer-
liches äÖefen. 3llS er, faum über 3e:^n ^al)re alt, in greiburg bem Unter=
richte beS geiftli^en ^JtagifterS 51ifolauS ^nobloc^ übergeben warb, öermoc^te
biefer ben Wilben Änaben fc^on nid)t nte^r ju bänbigen unb Warb als Dpfer
feiner burditriebenen ©dilid^e jum ©eläc^ter ber ©tabt. S)enn wä'^renb 2Ö.
9lad)tS in übermüt^iger ©efellfd^aft öon 5lbeligen unb ©tubenten auf ben ©äffen
allerlei Unfug berübte, lie§ er in feinem 33ette neben bem beS ^agifterS einen
jungen mit ber Dtad^f^aube auf bem Äopf feine ülolle fpielen. 33on greiburg
warb 3B. nad) SBurgunb gefc^idt, wo fic^ ber grüljreife im Sllter öon faum
fünfjel^n ^atjxm mit einer reichen (ärbtDd)ter, ber ©räfin SSona öon 9leuenburg,
Dermä^lte. 6r Raufte mit i^r meift ju ^ericourt, WeStjalb eS erflärlid) ift, Wenn
er ein fo öoHfommeneS gran_3öfifc^ fprad), baB ntan fpäter am ^arifer |)ofe
faum an feine beutfdie ^erfunft glauben woHte. ©d;on nac^ neun i^a^ren Warb
bie finberlofe ei)e burd^ ben Zoh ber ©attin gelöft. 3llS fd)lec^ter ^auS^ältcr,
Wie man fidf) benn au(^ bon feiner lanbwirtl)f(^aftli(^en Unerfa'^renlieit fpafel)afte
®efd)id)ten erjä^lte, berfaufte ber jugenblic^e äöittwer im Saufe ber nät^ften
^a^re bie ©üter feiner i^rau um ein ©pottgelb, fiebelte nad) ©trapurg über,
prftenberg. 229
in beffen Tiix^t bie öom 3}atcr ererbten Drtenauer unb Äinjigt^aler |)crrf(f)aTten
lagen, unb führte bort „ein »unberBar feltfam 9tegiment, baöon ein eigen 5Bu(^
3u f (^reiben mäxe" . 33ei ^e'^SeiflS^J^' löie er in [einem fd)önen öoie in ber
ÄalbSgaffe öeranftattete, fticg bie tolle Suft tool jo l^ocf), ba§ 33ecf)er unb anberc
©eräf^e jum g^enfter {)inau§fIogen. ^n ber 3fugenb ein S3rau|efopT, ^t [id) SB.
aurf) a(§ 'Biaxin nic^t burtf) Sefonnen^eit auSge^ei^net. Ueber fein er[te§ friege=
rifc^eS Slujtreten i[t man nid§t unterrit^tet, auc| über feine Stettung im erften
Äriege ^tuififien Äarl Y. unb S^ranj öon f^^anfreid^ ift e§ fc^n^er, öotte ^lar^eit
äu geroinnen. (Bä)on 1519 l^atten fic^ Tran3öfif(i)e Untcrl^änbler um 3Ö. Bemüht,
unb wenn man anber§ einem nur in jüngerer Ueberfe|ung borlicgenben 58eftal=
Iung§briefe ©tauben fc^enfen barf, ift er tro^ feine§ S3efi^e§ ber t)alben Drtenau
al§ 9teid^«pfanbfc^aft, trofe feiner ©tettung al§ !aiferli(|er Sanböogt bafelbft,
unb tro^ ber toieberl^olten unb am 1. Cctober 1511 für i!^n au§brü(fti(^ erneuere
ten Serbote fremben Ärieg§bienfte§ am 27. 5Rai 1521 mit einer S5efoIbung Oon
6000 Siörel in ben S)ienft be§ Äönigg O^ranj öon ^yranfreid^ getreten, ^m Äriege
erf(^eint er aber bann (naä) S^eHaiS ßommentarien) im S)ienfte äaxU Y.,
juerft an ber ©pi^e öon 6000 beutfd^en 2anb§fned§ten in ©panien bei ben
.kämpfen um guentarrabia, bann 152-3 bei bem ßinfoH in bie ß^ampogne, too er
ben ^ranjofen einige fefte '^lä^e roegnal^m. (5§ mu^ ba^ingeftellt bleiben, ob
unfer 2ejt be§ franjöfifdien 23eftaIIung§briefe§ uned^t ober unrichtig batirt ift,
ober ob ettoa erft Äarl öon Sourbon bei feinem SlbiaEe öon S^ranj I. fy.
toieber auf bie beutfdie ©eite ^^erüberge^ogen ^at S)a3tt)if(i)en begegnet Söilftetm
1522 aU eifriger 58unbe§genoffe be§ 3titter§ S^ronj öon ©itfingen, für beffen
Unternehmen gegen ben Äurfürften öon Srier er eifrig roarb. ^^ladibem fein
©d^to^ Crtenberg pm ©ammelpla^ für ba§ obertönbifc^e ^^uBüotf gebient l^atte,
machte er felbft ben 3^19 SeQ^n xtier mit; nad§ beffen ©c^eitern unb ©icfingenö
xob aber rourben er unb fein Sruber fyriebri(^ unter 9}ermittelung be§ 3?if(|oT§
öon ©peier unb ber ©tabt ©tra^urg öon ben öerbünbeten dürften , 2rier,
5j}fat3 unb -Reffen toieber ju @naben angenommen. 3tl§ bie 33auernunru§en
au§braci)en, fteEte er bem ©rj^erjoge ^yerbinanb fc^on 1524 jtoeitaufenb 5Jtann
auf eigene Soften jur Serfügung, toas biefer jebocf) ablehnte, ^m fotgenben
S^a'^re t)atte er im Äiiege be§ fct)lt)äbifd§en Sunbes gegen bie Sturftänbifd^en unter
bem 2rud^feffen öon Söatbburg ben Dberbefe'^t über ba§ ^u^öol! unb focfit alte
©dt)tac^ten, aud§ bie entfd^eibenbe bei Söbtingen mit. 1528 fü'^rte er bem ßaifer
fünf au§ feinen eigenen ^errfdt)aften angeloorbene f^ä'^ntein 3u unb ^iett fic^ im
itatienifc^en getbjuge biefe§ Sa^i-'e§ übcrau§ toadEer, inbem er nad^ bem geugniffe
bei Dberfetbtierrn .iöerjogg «öeinrid^ öon Sraunf(^tDeig feine§ 8eibe§ unb Gebens
nidt)t fc^onte. 9lt§ ber fc^matfatbifd^e Sunb 1534 ben fü^nen 3ug uadt) 3Bür=
temberg 5ur SBiebereinfe^ung -öerjog Utric^§ in§ 2öcrf fe^te, fammette SBittielm
5U (Seiöfpi^^eim bei ©trapurg an 6000 SanbSfned^te, bie er bem Sanbgrafen
$t)itipp jufü'^rte, übernahm bann ben Cberbefe^l über ba§ ganje 20,000 3Jlann
ftarfe ipeer unb fü'^rte burdt) ben ©ieg bei Saufen am 13. 5)lai einen rafd§en
unb öoltftänbigen ßrfotg l^erbei. S)an!bar erfannte ber Sanbgraf, at§ er i|m
im Suti ben Stbfd^ieb getoäl^rte, feine Seiftungen an, übertoarf fid^ jebod§ 'baib
mit il^m, ba er i^m nur einen 2|eit be§ öerfprod^enen S)ienftgelbe» beja'^tte.
S)ur(^ feinen 2tnt§eit am toürtembergifd^en 3uge mit bem .ffaifer öerfeinbet, trat
SBit^etm 1536 aU oberfter Stnfül^rer be§ beutf(^en, 6000 ^JUnn ftarfen gfu^=
öot!e§ in bie S)ienfte tyranj I., für ben er in ben fotgenben Sa'^ren in 'Jiiemont
roie in ber ^icarbie l^eröorragenbe Sl^aten öerridt)tete. 9ln ber ©pi^e feiner
Sanbefnec^te, bie er in ftrenger 3^^* 3" Ratten öerftanb, begleitete er ben Äönig
1538 nad^ ^Uh^o- 5ur ^ui^tt^n^en^unft mit $apft ^aut unb fe^te bie ^i-'^njofen
in ©taunen, at§ er tro^ ber 2tufforberung be§ 6onnetabte§ öon ^bntmorenc^
230 ptflenberg.
]iä) weißcrte, bem ^ap}te ben gfu^ ju tüfjen. 3)enn fd^on l^attc er fi(^, allem
3tnf(^eiu mä) au§ innerer Uefieraeugung, ber 9fleformation, unb jwar ber cal=
öinif^en giid^tung, angefd)tofjen unb tüie benn in btefem Beitalter aud) 6^ara!tere,
oon benen man e§ ntdit erwartet, öon firc^lic^em (Sifer fit^ gan^ bur^brungen
jeigen, jo leiftete and) Söil^elm ber reUgiöfen 9tejorm nam'^afte S)ien[te. ®r
wohnte ber SSerfammlung ber ct)angetif($en ©tänbc ju ©c^malfalben unb bem
9tcligion§gej^rä(i)e ju Harburg bei unb öerfd^offte ber neuen Öel^re in jeinen
.'perrfeaiten im Äinaigf^at unb in ber Drtenau 2lu§16reitung. 1546 beauitragte
er ben ©traPurger ^rebigcr Apebio mit ber fird^tic^en S5ifitation biejer ©ebiete.
^PiQC^bem er aber im gebruar 1548 ba§ Äin^igf^al an feinen SSruber f^riebrid^
abgetreten, Würbe burc^ biefen, jeboc^ o^ne .^")ärte unb ©emaltma^regetn bafelbft
ba§ S^nterim burd^geiülirt. 5lt§ ßaftenöogt be§ 33enebictinerf(ofter§ @engenba(^
{)atte äBitfietm jd^on 1525 ber 9leid5§ftabt ©engcnbad^ bei bem 35erfuc^e, ba§
Älofter 3u fäcularijiren, ^ilfe gemalert; fpäter fam er toieber'^Dtt für fid) auf
ben ©äcuIarifation§))lan jurüdf, beffen Siurd^fü^rung il^m in feinem 9lonnen!toftcr
3Bitti(i)en irenigften§ öorübergelienb nodf) beffer gelungen 3U fein f(i)eint. ®§ ift
bemerfenSmerf^, ba| aud) 2öil{)elm§ ©(firoefter 9lnna Slleranbria, feit 1522 an
Ulrich ijon 9lap)3oIbftein bermä|lt, in ber Jperrf(^aft 9ta^polbftein für bie ?Iu§=
breitung ber ^Deformation fel^r t^ätig tcar (^ejirf^ard^iü ßolmar). 1539 nennt
ficE) SCßil'^etm ©raf b. %. unb Sauge (tool 5]3ange bei ÜJte^) unb -^err bon
$ontbebot)te (tool 5pontbebet)tc bei 5Jtacon), nod^ |)errfc^aften, bie er bon ^önig
grauä 3um ®efc£)enl erf)alten f)atte. ^aä) bem äBaffenftillftaub bon ^^ijja fd^eint
er feinen 5lbfd£)ieb au§ franjöfifd^en 3)ienften genommen unb fidf) nun meift auf
ben neuermorbenen (Sütern um 5Jle^ aufgespalten ju l^aben, mobei e§ an <g)änbeln
mit ben 5Re^ern nid^t fesfilte. ©eit 1542 erfd^eint ^. aucf) im SBefi^e ber
benachbarten alten 9tcidl)§abtei ©orje. 2) ort getoätirte er (s;albin'§ ^reunbe,
bem 3fieformator SQßilll)elm f^arel au§ @enf, ben bie ÜJle^er au§. il^ren dauern
üertrieben, 3ufluc^t unb einen ©cE)u^, ber bemfelben geftattete, aud^ fortan in
biefer ©egenb für bie neue 2ti)xt ju mirfen. '^U am Oftertoge 1543 über 200
^Hle^er nad) (Sorje famen, um auS ^^aret'§ .ipanb ba§ 3lbenbma]^l ^u empfangen,
mürbe bie Söerfammlung bom ©ot)ne be§ §er3og§ bon ©uife mit franjöfif^en
unb totl)ringif(i)en Äned^ten überfallen unb biele Söeiber toie HJlänner in ber
5Jlofel erträntt, erfd^offen ober aufgedrängt; ba^ nid£)t Sitte ben Untergang fanben,
War nur bem äöiberftanbe bon 2GßiIl^elm'§ Seuten ju bauten. 2)er ®raf manbtc
fi(i) barüber mit Magen unb .^itf§gefu(^en an bie rcformirten ©ibgenoffen, bie
jeboci) eine ^fnteröention ablel^nen mu^en (53afler ©taat§ard)ib). ^m SBinter
1543 trat x^. in bie S)ienfte Äarl§ V. aurüti, ber ben berühmten f^^tb^errn
unb erfat)renen Kenner ber fran3öfifd)en 33erf)ältniffe gern mieber ju @naben auf=
na^m. (Sin SSrief, ben ^^. 22. Octobcr 1543 an feinen SSruber fd)rieb, ^eigt,
ba^ bie nationale ©efinnung in il^m nidl)t böttig erftidft mar: „53in audl) befto
geneigter aum §anbel," läp er ftd^ berlauten, „biemeil ber ^^ranjog foweit al§
nie in§ 2)eutfdt)tanb fommen ift, bamit mir nit bon einem fremben ^otentaten
geregiert merben foEen." S3ei bem gtüdElid^en Eingriffe auf granfreidl), ber nun,
mol borne!§mlidr nad^ feinem ^piane, in§ 3öerf gefegt toarb, bcfel)Iigte ^. ba§
gefammte beutfd^e gfuBöolf ; er na^m tl^eils mit Sift, flieilS @etoalt bie geftungen
Sujemburg, ßommerct), ©t. ©igier unb SBitri) unb brang bi§ in bie @egenb
üon ^pnnat) öor. Sll§ er aber I)ier am 3. ©e^tember 1544 tollfü'lin, nur öon
einem Xrom^eter begleitet, bie ©elegen^^eit jum ^arneübergang au§fpä!t)te, fal)
er fid^ unberl^offt bon einer feinblidE)en ©dl)aar S^taliener umringt. Söietoot ot)ne
SSrufttiarnifd) unb erft fur^ öorl^er bei (lt)äton§ burdf) eine f^lintenfuget öertüunbet,
metirte er fid^ auf§ tabferfte mit bem ©öbel, bi§ i^n fd^toere .^olbenfc^läge be=
töubten. ©elbft bamal§, bermafe er fid§ fbäter, mol babon ge!ommen äu fein.
prflenbctg. 231
f)ätte nur jeinem SSegleiter öoi Sc^recfen nic^t ber 3(t§em öerfagt, um fräftig,
rote er e§ \i)m belobten , in bie trompete ju ftofeen. ^n ^ari§ , too er noä)
längere ^eit in i^olqe jeiner 35ertounbung befinnung§(oe lag, »arb ber germa=
nif(|e 9(iecEe ungefät)r ebenfo angeftaunt, tote naä) ^unbert ^a^ren ein anberer
beutfd)er befangener, Sodann öon SBert^. 9111 fein ©efängni^ biente auerft
ba§ 6au§ eine§ 23ürger§, beffen f5frau i^n forgfam pflegte unb fpäter felbft nad^
Seutfc^tanb begleitete, bann bie SaftiEe. S)er fcf)nmtfatbif(i)e SBunb fdtjicfte eine
eigene ©efanbtfd^aft an Äönig fyranj, um feine {yreitaffung ^u ertoirfen; aud^
fein Sruber griebricf) toar überall bafür t^ätig. Sie erfolgte jeboct) nur gegen
baö ungeheuere Söfegelb öon 30000 fronen. 2)er ßaifer, um ffieiltDeifen Grfa^
biefer ©umme angegangen, sollte ni(^t§ bation tüiffen unb g. ift i^m in feinen
legten ^^ebenSja^^ren ttieberum großenb gegenübergeftanben. 2I1§ ber fciimal'
fatbifc^e j?rieg bro^te, erbot er fic^ auf bem gu ^^i'Qi^fiurt berfammetten 33unbe§=
tage für einen monattic|en (5o(b öon 400 fl., in bie S)ienfte be§ 33unbe§ ju
treten, boc^ ift e§ nic^t baju getommen, toa^rfc^einlic^ megen be§ leibenben 3^=
|tanbe§, in bem fic^ 5. feit feiner Stücffe'^r au§ ber @efangenf(i)aft meift befunben
t)aben foH. S)a§ @erüd)t öon einer in ^ari§ erfal^renen 9}ergiftung aber ift
mol nicf)t minber grunblofeS GJerebe toie bei bem 33ater Söoifgang. 9lur at§
^ufc^auer unb SBerat^er folt i^. bann einige 2age im Sager ber !Sc^ma(fatbif($cn
öermeitt unb if)nen ben üblen 9tuigang be§ Unternehmens öorliergefagt ^aben.
;ammert)in mar er fo tief in il^re ©ad^e öerfloc^ten, eröjieS fid) anä) fpäter, nod^
Äar(§ y. Stuöbrui, „je länger je me^r mit allerlei Ungefcl)icEttcl)feit ju bes
^aifer§ unb be§ 3lei(^e§ 8tadl)tf)eir', ba| am 4. i^uli 1549 an feinen trüber
f^riebric^ bai faiferlidie 5Jtanbat erging, i^n feftjune'^men unb in ficl)erem öe=
ma^rfam ju f)alten. ©ein balbiger Job überhob ben SSruber be§ mi^litfien 2(uf=
trag§. ^. galt al§ ein unöerträglicfier dl^arafter, bem menige näl^er treten
f onnten, unb burd) fein ganjeS Seben jietjen fiel) neben ben großen Kriegen ja^l^
reiche Heinere geloben unb Sniurien^änbet : fo mit bem 3»unfer @eorg ©taufer
öon Slo^enftaufen , ber am öofe feine§ SJaterS al§ (äbeünabe erlogen, au§ ge=
ringfügiger Urfad)e, man fagte megen eine§ ^ierbeS, mit ^y. in ©treit geriet^
unb 1514 fein ©(i)lo^ 3Bartenberg überrum^jelte unb ausraubte; fo mit bem
©tra^burger 35ifct)ofe ^ill^elm, ber bem „@rafen öon ©tropurg", mie er ben
gürfteriberger megen feinet 5{uftreten§ nannte, fdl)on töegen feiner religiöfen
9tidf)tung grollte; eine§ Sage» lauerte er i^m in einem ©ngpaffe mit 50 ^{eitern
auf unb befam i^n glürflidf) in bie .Ipänbe ; bann mit bem ÜJtömpelgarber 2anb=
öogte .Spane Äafpar ö. SSuben^ofen unb mit beffen ^perjoge Ulrich öon 2Bürtem=
bcrg, beffen SSertreibung burc^ ben fd^toäbifd£)en ^unb benü^enb, ^. 1519 ©c^lo^
unb ^eiTifd^aft @range§ einnahm unb bie ©raffd^aft 5JtömpeIgarb ^lünberte,
mä^renb bie ©tabt felbft burdl) eine SSefa^ung öon ©olot^urnem gefdl)ü^t warb.
2)aran fnü^pften fid) ©treitig!citen über bie .^errfd^aft SSlamont, auf toeli^e fo=
rool Ulrich al§ ^. Slnfprud^ crl)oben. @rft bamal§ trat ^- au§ be§ öerjogs
S)ienft, in bem er öor^er gleid^ feinem 3}ater geftanben. Sangtnierige ßänbel
5ürftenberg'§ mit feinem Untergebenen, bem .^auptmann ©ebaftian 2}ogel§=
berger, ertoudlifen au§ einer militärifc^en ©uborbinationSfrage im franjöfifcfien
S;ienfte, mürben aber gleic^mol öor ba§ 9iei(^§fammergerid§t , bem fic^ 5- ntc^t
unterwerfen tooEte, unb öor ben ^aifer gebrad£)t. x^. lie^ in biefem ©treit jtoei
S)enffd^riften brucEen, am 15. ©eptember 1539: „33eftenbiger lur^er önb clarer
berte(i)t" 3C. unb im ^ulil541: ., Summa totius causae" etc. .öat ^y. aud^ feine
Unterftü^ung be§ 9fieicf)5feinbe§ bur(^ glän^enbe Söaffent^aten für bie beutfd^e
Ba^t mieber gut gemacl)t — anbers al§ fein 6egner 3?ogel§berger, ber megen
feiner franjöfifc^en £ienfte 1548 ju 3lug§burg mit bem ©rfimcrte gerichtet marb
— |o ift es boc^, mie ber ^err ö. ^^^nnieni meint, aud^ il)m „tüie allen
232 prftenberg.
bcutf(^en Sfranjofen" am ßnbe nicf)t gut ergangen, injoiern bie burd^ 33eute unb
ßöjegelbei- (im aSauernfriege aEein angeBtid^ 15000 fl.) auigetjäuften gieic^t^mer
unter feinen .g)änben h)ie ber ©c^nce bal)ingegangen unb gefd^motaen finb.
Quellen, öornel)mli(^ arcf^iöaüfc^e au§ Sonauefd^ingen unb ber ©^weij;
3immerijd)e (il)ronit, IL— IT. 23b. ; 5IctenftücEe bei 5Mn^, f^franj ö. ©icEingen,
jll^ 78—99. Moti) ö. (gdirecfenftein, 5Die ©infül^rung be§ Interims im Äin=
jigf^ate, ^rreiburger 2)iöcefanard)iü II. ^rand, 3ur @efd). ü. ©engenbad^
a. a. D. VI. 5Jtünd§, ©ejd). be§ -i^aufeS prftenberg, II. 33b. (unauöerläffig).
Stiejter.
prftcnkrg: 2Bill§eIm ggon ö. g.: j. gronj 1). g., 33ifd)oi öon
©trapurg, 23b.' VII. ©. 297 ff-
prftciikrg: äöoljgang ü. &•: !• prftcubcrg, ^einrid) VII., o. ©. 223.
§Ürftcni)cro: SDietrid^ fSll^eobor) Äaf|)ar ö. g., 23rubcr be§ gelef)rtcn
^ürftbij(ioi§ i^erbinanb öon ^aberborn unb 5Jlün[ter, geb. ben 9. '>Släxi 1615
äu ^önigftein, f ben 21. ©eptbr. 1675, mar Som'^err ju ^ainj unb ©peier,
Oberft eine§ jpanijd^en 9leitenegiment§ in ben 9lieberlanben unb ein naml)aiter
5JlaIer unb <BUä)n. 6r malte nac£)mei§ticE) mei[ten§ ^4^orträt§, jo al§ 23ru[tbilb
^a^ feine§ 5Bruberg ^^erbinanb , umgeben öon ben bier 31'^nentoappen unb bem
^aberbornifdien ©tiit§mappen, mel(^e§ 31. Stoetelingl) für bie et3et)ir'jd)e 3lu§gabe
ber „MonuDienta Paderbornensia'-, 1672 in gr. 4 ^\ ftad) unb iebeniaüö rül)rt üon
beiben ^Jieiftern aud) ba§ ebenfo be^anbelte |d)öne ^orträt be§ 23ifd|oi§ S)ietrid^
bon 5paberborn in ber ämeiten ber 6täeöir'fd)en 5lu§gabe ber Mouumenta an=
gefügten ßbitton be§ „Panegyricus . . . a collegio academico societatis Jesu
oblatus . . ." fy. „mad^te fic^ namentlid) burd^ bie Blätter in ©d)abmanier bc=
fannt, toeld^e ie^t ju ben größten ©eltenl)eiten gel)ören unb in ^ol)en 5prei|en
ftet)en" , man mei^ nur nicf)t, mie er berjelbcn mä(i)tig getoorben ift. 9lad)bem
nämtict) ^Prinj Otupert öon ber ^pialj ba§ ®el)eimni| öon Subtnig ü. ©iegen er=
ia'^ren unb bem Äu))jer[ted^er Söallerant 23aittant unter bem ©iegel ber ftrengften
23erjd)miegent)eit mitgetlieilt "^atte, tourbe e§ gegen 1656 öon Söaillant'S ©ol)ne
öerratl)en; „ob g. ba§ S^erfatiren ber ©d)abmanier burd) freuubfc^aitlid^e ^}JUt=
tl)eilung fenncn gelernt l)atte, ift nid)t befaunt, gemi^ ift aber, ba| er 1656
im aSefit^e be§ ®et)eimniffe§ bereite öor3üglic£)e§ leiftete unb baöon unter feinem
5)lamen ben öerftdnbigften (S5ebraud() ma^te". S" ber 9lei^e ber ©d£)abfünftler
folgt er auf 2B. S^aiEant, unb feine ©d^üler ^o^ann ^riebrid) ö. @l^ unb 3.
S- Bremer traten in feine gu^apfen. ^elirere 23lätter tragen ^yürftenberg'ö
Flamen ober bie ^fnitialen beffelben, einige mit bem S^]^^^ ,, • • • piuxit et
sculpsit" ober „ . . . pluxit et fecit".
Ferdinand de Furstenberg, Monumenta Paderbornensia, Ed, Elsevir.,
1672, gtüdfeite be§ §aupttitelblatte§ unb ©.297; biefelben beutfc^ öon Snicug
184-t. ©. 505. (S. Ä. 9lagler, S)ie «monogrammiften II. No. 2027.
gtorbl^off.
gürftcilkrg: gerbinanb ö. ^.: f. gerbhlOllb b. ^., prftbif^of öon
^paberborn unb ^Jlünfter, 5Bb. VI. ©. 702 ff.
gürftcilbcrg : i^rana gfriebrit^ 2Bi^elm %x1)x. ö. ^f., ©o'^n (Sl^riftian
f^ranj %i)tohox^ ö. S^. unb ber Helene ^arie 5lntonette, geborenen ©räfin öon
©alen, ©ruber be§ ^rtirn. Sof^ar 6lemen§ ö. ^y., t 1791 al§ fur!ötnifd^er @ct).
gtaf^, töurbe am 7. Sluguft, angeblid^ 1729, toa'^rfcfieinlid^er 1728 auf bem
©d^loffe ^erbringen bei 5lrn§berg geboren, f 1810. Unter elterlid^er Obforge öom
£)rt§geiftlid£)en, bann üon einem frü'^eren X'^eologen für ba§ @t)mnafium öorbereitet,
ftubirte er juerft bei ben ^efuiten ju ^aberborn, bann an ber Uniöerfität 3u i^öln
(fbäter römifcf)e§ unb canonifc^eg 9tedf)t ju ©al^burg?), machte bann längere
afieifen in S)eutf(^lanb unb Italien, ©ttoa 20 i^a^re alt, ext)ielt er ein 6a=
3fütften&erg. 233
nonicat am Some ju 53lünfter unb fpäter ein gleic^eg ju ?l]aberborn. ©eit
17G2 Befleibete er im öoc^ftiH 5JMnfter bie 3temter eines 5)lini[ter§ unb ge=
l^cimen Gonrerenjrat'^es unb feit 1770 nod) jene be§ @enei-a[t)icai-§, weiterhin be§
6uvatoi-§ ber ^bfjnen ^öilbungäanftalten. Siefe 3(emter, bie um fo t)eranttoOTt=
licfier maren, als fein i^üxit meiftens am Üt^eine refibirte, öerbanfte er rool
tüeniger „einem glüdfücCien S^iaU" , als einficJitetiolIen Gmpfe^tungcn unb !^er=
öorragenben gä^igfeiten. S)er gürftbifc^of 53^arimilian orranj, (Sraf öon Äönig§=
erf=9totl^enfeI§, jugleirf) ßurfürft öon ^öln, toar eine me!§r auTgefldite ali f^at^
fräftige ^^^erfönlic^feit , unb, tou bie go^Se Ief)rte, ein oreunb ber ^Infc^auungen
fyürftcnberg's; bes te|;tercn ftaatsmönnifdies Talent toar tf)eit§ erprobt, ffieitä
öer'^eiBenb ; ü6erf)aupt überragte g- Q^ 33ilbung unb 2öerfff)ätigfeit attes , roa§
fonft im Stifte Slnfpruc^ auf bie f)ö(i)ften Soften ert)eben mochte, jy. !§atte
allerbings im ganzen nur eine SSitbungsbatjn jurücfgelegt , roie ^unberte öon
Som^erren öor i'§m unb mit it)m, er ^atte nur, roie ba§ Öid^t, alle jufagenben
^Rittet Tür bie ^Za^rung feines ßeiftes erfolgreii^er abforbirt , ftufentreife feine
2;atente gepflegt unb get)oben unb, mit ben Sa^i'en fortfd^reitenb, neue xt)eoreme
unb Sisciplinen für 5)tenf(^en= unb ^olU)X)o'i}i nad) it)rem äöertfie ju burc§=
fd^auen unb auejunu^en gelernt, ©o t)o& er fiif) ju einer geroattigcn Äraft in
alten @eleifen empor, ©eine @runbfä|e gingen auf eine größt^rmonifdie ^ln%'
bilbung bes ^J]ienf{^en nac^ @eift unb Seib, auf eine betou^te unb töiüige x^ätig=
!cit. 6innig bei jebem S}oi!§aben, mog er ha^ i^üx unb SBiber reifürf) ab unb
ftreute bann, unbefümmert um aüe ßinreben, feine fiitcfitbaren ©aatcn au§, —
wie atte großen 5JUnner, mit geringen 5}litteln @ro^e§ leiftenb. ©eine Talente
!§atte er bereits tDät)renb be§ fiebenjäl^rigen Krieges bett)ätigt, beffen ©cfiredniffe
fid) über bas Stift um fo un^eilfc^merer entluben, a{§ ber bamaüge ^yürftbifc^of
Clemens 3Iuguft (öon Saiern) mit ^yranfreid) nocE) einen befonberen ©ubfibien^
öertrag gefc^toffen unb bamit fici) bie -]lad)barftaaten öerfeinbet :^atte. slöurbe
boc^ auf bem norbioeftlidien ßriegefd)aupla^e bie öauptftabt 5Jlünfter, bama(§
noci) geftung, feit 1757 juerft öon ben ^-ranäofen, bann öon ber preuBif(f|=
!§annoöerf(i)en .ßriegsmad^t befe^t ober getoattfam erobert, ba§ Sanb öon greunb
unb i^einb fo erbärmlict) öertjecrt, beraubt, gebranbf(f)a^t , hal^ gan3e ^öfe öer=
armten, unb 1761 bie SSerlufte bes Jöoi^ftiftel an Dlaturalien unb baarem Selbe
ftc§ auf 4,598,000 Oit^lr. bezifferten, g. l^atte at§ einfacher S)om:^err f^on
%^tH an ber Dlegierung unb , bes @nglif(i)en unb {yranjöfifc^en mäd^tig, aud^
mit ben au§Iänbifdf)en Oberfetbl^erren bie 2}erf)anbtungen geführt unb fic^ in
Beiben :l?agern buri^ ein getoaubte» SJorge'^en fold^e 5lct)tung öerfd£)afft, baß auf
bie 3}ermenbung bes „jungen S)omf)errn" öielfac^e 5JtiIberung ber Ärieggtaft,
t^eiltoeifer ^tac^taB ber Kontributionen, fetbft Sd§abenerfa| gemährt rourbe. Ser
ßrieg führte au(i bie 5Jlänncr mit, meldte ben fünftigen ßrretter be§ Sanbel
für feine ^o^en 2lufgaben befähigen Ralfen, fo ben ©eneral ö. ::örogtie, ben
genialen fyelbf)errn ^^erbinanb öon S5raunf(f)meig , ben ©rafen äöil^elm öon
2tppe=©(^aumburg , ben englifd£)en xaftifer ^einric^ «to^b — lauter ^tönner
öon feinen fyormen, l^o^er 23ilbung unb, ö?a§ bamal§ öiel befagte, bemanbert
in ben artiEeriftifc|en 2Biffenfii)aften, bereu Äern bie 5Jtat^emati! bilbete. liefen
2)lännern öerbanfte 5- i'ie (Srmeiterung unb Läuterung feine§ 2!öiffen§freife§, bie
2lu§bilbung für ba§ Sieben; mit Sloi}b unb bem ©rafen öon 2ippe=Sd§aumburg
ftanb er bi§ an i^r 6nbe in engerem S5crfe'§r unb ^beenau§taufd§; mand^e feiner
jl'^aten unb (Bebanfen »erben un§ an ta^ gema]§nen, ttia§ er öon i§nen gel^ört
unb gefeiien l^aben mochte, jumal an bie ©d^öpfungen (5df)aumburg'§. Sie§
geiftöotten ^lannth 53ücE fdjmeifte mit SBol^tgcfallen über ben Schöpfungen
unb grrungenf (Raffen griebrid^g bei (Br., fein £)f)r öerfct)to§ fid^ geioil nid^t
ben Iet)n-ei(|en unb frud^tbaren „5|}!^antafien" 9Jlöfer§. ^y. unb 2Ri)fer Omaren
23-i ptftcnberg.
SanbSteute, ^aäjhaxn, beibe Patrioten, ficibe 2eucf)ten if)rei; ©egenb unb g^it,
16eibe au ä^inlic^en 2)ingcn berufen, ber ältere ^bfer me^r jdiö^ferifcE) in ber
SL^eorie, i^. in ber iprajtS. ©päter öerfet)rten bo(f) bie 3(nl)änger g^ütftenberg^g
mit ber ^löfer'fd)en ^yamilie, toie mit ^(eufer, bem @elef)rten. S)ie ^beale ber
Slufflärung unb ^^ationalöfonomie ^)0(i)ten bamalä 3U I^eftig an alle ^NJortcn,
aU bo^ ein ^. fie unbeachtet gclajfen, wenn er aucf) manchen ß'Dnfequenjen ent=
fagte. ^n !leinen SBäd)en bon Sngtanb unb ^ottanb angcfammelt, jrf)lD0Ü bie
Slufüärung in ^^ranheic^ 3U einem ©trome an, ber bie fierfömmlid^en (formen
unb 3lnfc£)auungen, gute unb fd)le(^te, tüie bürre S^^^Ö^ fortriß. SBä'^renb [ie
anber§tüo jerftörte, förbertc fie in S)eutf(^Ianb Sitteratur unb 2öiffen|d)aften ; SSol!§=
unb ©taatentt)ot)l fanben erleuchtete Sßorfämpjer, ]o tüie angebeutet, in ^preu^en
unb ©ct)aumburg, in äBeimar an 3lnna 3lma(ia unb Äarl 3luguft, fo später in
Cefteia-eid) an SoW H-. ^^ äBür^burgfc^en an f^ranj ö. @rt:^al k. S)al
gjlünfterlanb reit)t fid) unter g. ein, beffen SiöoHen unb .!panbetn jid) au| jold^em
^intergrunbe nic^t mef)r ]o meteorartig, tüie bei ben Seitherigen ^J3iogra^t)en, aber
immer nod) 't)ö(i)ft glanäboE unb großartig ausnimmt, ^y. ftc^t in ber 33orber=
reit)e ber (Sultur^sionietc : feine ©c^öpfungeu finb reiflid)em 91ad)ben!en , tiiel--
feitigen ©rfunbigungen unb Beobachtungen auf Steifen na"^ unb fern entfloffcn,
bi§ in§ ßinjelne l^armonifct) enttüorfen, Sanb, Seuten unb Umftänben ange^a^t,
in ber ^luSfü'^rung iebeSmal ben fät)ig[ten Jpäuben anbertraut unb beS'^alb
bauer'^aft. ^nbem toir un§ biefe§ organifdien 3ufammen^ang§ berfetben üon
öornt)erein betüu^t bleiben, bürfen loir fic nunmehr gefonbert betrachten.
SCßie plfSbebürftig fanb ber junge 5)tiniftcr ba§ ßanb üor ! 5Die 9läubereien ber
©^janier unb ^tieberlänber , bie Trennung ber ©eneralftaaten tjon ben füblid^en
^t^robinjen, ber gro^e beutfrfie .^rieg, bie .^rieggpolitif eine§ S5ifc^of§ (Sälen, bie
^Jlöt^en ber Äleinftaatereien Ratten nac^ ober miteinanber längft ben mittet=
alterli^en SBo^lftanb be§ ßanbe§ bernjifc^t, ol)ne ba^ ernfttid^e i8cfferung§ber=
fudie gemadit toären. — ®a fc^lng ber fiebenjäl^rige Ärieg neue Sßunbcn, ber=
mel)rte ba§ ©teub in§ Unabfel)bare, bie ^ribaten, Kommunen, bie berfd)iebenen
©täube, ba§ Sanb at§ fold)eg — ?lEe toaren !^eimgefu(i)t unb mit ©d^ulben
belaftet, bie Slccfer lagen bertoüftet, bie 3lcEergerätl)e tüaren berf(i)tüunben, ^äufer
jerftört, ein SSiertcl ber |)aubtftabt in ?lfc£)C berttjonbelt, biele ^^amilien allen
ßigenf^umS entblößt, bie Sanbe§faffe an 400000 9ttT^lr. 3infen rücCftänbig.
-^etlenb unb fc^affenb ^ugleict) griff g. ein. @r tüoÜte bie 2anbe§f(^ulben tilgen
unb baneben einen biSponiblen ?iiefcrbefonb§ bilben, o^ne bie fc^toer belafteten
©teuerjaliler Ujeiter anjuftrengen : beS^alb tüurbe 1763 eine ©tempetfteuer, auf
mel^rere ^a^rc eine fogen. 5!Jtautf)fteucr für impottirtc !^uju§arti!el eiugefül)rt,
unb 1768 bem Sanbtage eine burdigreifenberc ©teuer empfohlen, inbe^ nur
jögernb betüitligt, nämlic^ eine auf bie fct)a|freien ©täube auSgebe^te ©d)a^ung
für 6 :Sal)re. ߧ liatten bie Slebtiffinnen ben l)ödt)ften ©a^ bon 6 gtt|lrn.
jäl^rlid^, bie anberen ©täube ftufentoeife tüeniger, eine 5!Jlann§perfon ber niebrigften
Stoffe 12 ®rof(f)en, eine ^rauenSperfon bie ipälftc ju ja'^len. S)er barüber
aufgebra(i)te 6leru§ berief fiel) bi§ pm 33ifc^of :^in auf feine' ^pribilegien unb,
^ier abgetoiefen, berflagte er ^- fogar beim 9leic^gfammergeri(f)t. S)a fül)rte ber
9le(^t§gelel^rte ©priclmann auf Eingebung be§ 5Jlinifter§ in einem beg'^alb er=
forberten 35ericl)te au§, ba^ bie ©teuer Ärieg§fcE)ulben tilgen folte, unb bie ®eift=
liäjttii bamit nur abtrage, toa§ ba§ Sanb im Kriege il)r borgefci)offen ^a'be.
©enug, bie ^a^regel ging burd) unb brad)te bem Öanbe atten ©egen, 5- o.U=
gemeines SJertrauen. 5tun tourben bie 3in§i:üctftänbc , bann bie Kapitalien ab=
gelegt, bie rücfgeäal)lten ©eiber bon ben ©elbmännern an bie l)ütf§lofen @e=
tt)erbe= unb Äaufleute auggetl^an: ber 3in§fu^ ftanb balb im ^Bünfterifcl)en fo
niebrig, tüie irgenbtoo. S)a§ l^atte ber SleruS abtoenben tooHen; benn er war
gfürftenberg. 235
ber Hauptgläubiger getucfen. — S)te ßommunen, fo orbnete ber 5)Hnifter tüeitcr
an , fonnten ^ux ©ä)u[benti(gung bie unbebauten ©emeinbegrünbe iepavirt tiei-=
faufen, unb jene ©runbftücfe tourbcn im (5in3elbefi^ leichter urbar unb ertrag§=
fä^ig. ^Jkmentlirf) foEten bie Kommunen jurücEgeben , tt)a§ i'^nen bie ^riöaten
t)orgefcf)ofjen Ratten. Unter jene Sanbfaffen, tt)el(^e ob ber ^rieg§bertt)üftungcn
au§tt)anbern tooÜten, Iie§ ber 9J^inifter eine ©umme öon über 200000 ^t^(r.
öert^eiten , unb rettete bamit Staufenbe il^rem SBaterlanbe. liefen 5)ia^regeln
gingen gemeinnü|ige jur ©eite. @§ mußten bie öerfommenen Sanbu^ege l)er=
gcfteEt, jur 3tro(fen(egung ber ©runbftütfe fytüjfe unb 33ä(^e gereinigt werben
unb ^^ngenieure für biefc unb anbere 9J^eIiorationen in atten Söinfeln bc§ 2anbe§
bie nötl)igen ßr^ebungen machen. 2)amit öertnanbetten fi(f) ©ümpje unb ©inöben
in 51u^ianb , e§ I)ob fi(^ ber S^erJe'^r, ber ^anbel§= unb 33auer§mann at^metcn
n)ieber auf. ^oä) grünbtit^er foEte bie Sage be§ SSauern terbeffert ttjerben. 6r
war feit bem @nbe be§ Mittelalter^ t^eiltüeife fo gut toie aEgemcin in Seib=
cigenf(i)aft Oerfunfen, mit aEerI)anb Slbgaben unb S)ienften, fefter unb toilüür^
lid^er befd^toert. ^lad^bem bann Ote(^t§geIe!^rte unb Sitteraten folc^e 3uftänbe
an ben oranger geftellt, bie ^^^fio!raten ben SSoben al§ bie bornel^mfte CueEe
be§ Nation almo'^IftanbeS be^eidinet f)atten, fonnte ein öteformer, toie jy., fid^
nic^t öerfagen, %Ue§, für ben 33auern[tanb ju f^un, toag nur bie Umftänbe unb
bet^eitigten @ut§l§erren geftatteten. Sr ^ob bie tt)ittfürlid)en S)ienfte unb
regelte bie 33er|)flid)tungen gegen bie ©utgl^enen. (Sine 1770 erf(f)ienenc „@igen=
tf)um§orbnung" befiegelte bie 9teformen. S)ie S)urcf)fül)rung ber (ärbpad^t ge=
tang i^m nur bei met)reren ©ütern be§ S)DmcapiteI§; bie Srbpad)t§orbnung öon
1783 unb bie 1790 erfc£)ienene „Slntoeifung äur SSerbefferung. be§ "^Werbaueä
unb ber Sanbtoirtl^fd^aft" . . . murmeln of)ne S^rage in ben ^hctn {yürftenberg'§,
ber bamal§ ben @taat§angetegent)eiten längft entfagt l)atte. ©o tief gefunten
unb erblöbet zeigte ficf) übrigen^ ber S3auer, ba^ er, ber in ber @igent^um§=
orbnung gegen erlangte 9ic(^te auc£) getoiffe 5|?fli(i)ten überne'^men mu^te, anfangt
gegen bie 3[Ra^na^men feine§ Söol^lt^äterS murrte, ©o fel^r fy. aber bie Sanb=
toirf^fdiaft begünftigte, fo toenig öerfdito^ er fid^ ber SSebeutung be§ ^anbel§
unb ber ®ett)erbe, jumal narf)bem balb bafür bon ©nglanb (©mitf) 1776) bie
gcwid^tigften Stimmen laut geworben toaren. ©ie bilbeten für bie meiften S5e=
tt)ot)ner ber ©täbte unb Dörfer lei(i)t eine einträglic£)e .g)antierung , unb ob
üuä) fct)on mit ber 5}^autl)fteuer unb ber gefteigerten ©elbcircutation begünftigt,
er!^ielten fie in einem eigenen Sommercienrat^ bon mef)reren ^erfonen eine
bauernbe ©tü^e. ^n ben Dörfern belebte ficE) bie Seinwanbfabrüation, e§ fteigerte
fid^ ber 2lbfa|, e§ !am ber ^Rutf) 3u inbuftrieEen Unternel^mungcn. ^n D^^eine
ertoeiterte um 1763 eine ©efeEfc^aft bie ©aline unb enidtitete man, um ber
©infü^r Don .ipoEanb ju fteuern, Mü'^ten für ^ertgerfte unb ^ol^fd^neiberei, in
SBarenborf grünbete ein ÜJ^ainjer gegen ben englifc^en SeberinH}ort eine Seber=
fabrif, ju 33odt)otb nu^te man bie 2;]§ongruben au§, 5U Zeigte legten einige
^Mnfteraner eine ^orjeEanfabrif an, unb bamit fie mit ben gleid£)artigeu Unter=
ne^mungen concurriren lönne, mürbe baiür ein f^ormer bon ÜJlei^en, ein ^aler
bon Saiern l^erangejogen. Unb aEe (Sinrid^tungen im Sanbe famen aud§ ber
.«pau^Jtftabt 3U @ute. 2öie anbermärt§ mürben "^ier bie alten f5feftung§merte, bie
©ammelpunfte bon ÄinegStoel^en, abgetragen, biele S3erf(^önerungen borgenommen,
bie SöäEe in l^errlidf)e 5|3romenaben, bie ßitabcEe in einen Suftgarten bertoanbelt
unb an ber Cftfeite beffelben, bon ber ©tabt burd^ ben „Üteupla^" getrennt,
erl^ob fid^ ba§ fürftlid£)e ©d^lo§ „einer löniglic^en kefibenj mürbig". ©ebaut
ober umgebaut mürben ferner ein Stl^eater, ba§ @arbel§otel, eine 9teil)e bon
Jpäufern, bie f^acabe be§ @t)mnafialgebäube§. 9lbel, S)oml)erren unb ^Bürger
folgten mit 9^eubauten nai^. Um ben SSürgern mieber S^auluft einäuflö^en,
236 ptftenberg.
fe^te bei* ^Jliniftei- 23aupi'ämien au§, öert^eittc bic oon Sngianb auögeluirfteu
gntfi^äbigunöögetber , uiib lüt)rte eine ^eucrtierfi^erung ein. S)iefe 5ßau(uft
öertangte tierfdt)iebene Äünfttev unb «^panbnjerfer , brachte (Selb in Umlauf, I)ob
ba§ ^unftl^anbtt)er!. 9luln)ävtige ^3J^eifter fanben fid) ein, anbeve i?ün[tler er=
fliclten greimeifterfc^ait , bie t)einiifd)en rafften ftrf) au§ eiferfud^t ju einer leb=
l^aften Otegjamfeit auf. (Senerat ©d)taun, Sieutenant ^JiUx^, bie ©ebrüber
Sipper§, ber SSauratt) SSoner bilbeten eine treffüd^e (5rf)ule bon 2Ir(i)ite!ten,
giiniKafe glänzte al§ Od-- unb ^:porträtmaIer, (i^önig) ^:)Jlanftein aU S3ilbt}auet.
2öeld§ neues ßeben bie alte ©tabt befeelte, fönnen bie bamal§ gegrünbeten 33ud)=
f)anblungen unb '4.H-effen beroeifen. ^Jteben ber alten ^ofbuclibruclerei erfteljt 1762
bie neue ^^ireffe be§ .öofbud)binber§ 2Bilt)clm ^Jlnton ^Jljc^enborff, 1768 barf fid^
bie $errenon'f(^e (fpäter (soppenrat^'i(^e) 33ud)l)anblung , am 13. ^Jtärj 1771
jene be§ Soft inton 23enebict, am 31. 2)ecbr. 1784 bie S^eiffing'fdie etabliren,
1798 te^tcre auc^ eine ^^reffe auffteEen unb ^eter äöalbed einen (Sortiment§=
^anbel onfangen. S)ieje ©ejdiäite !^atten jum 2;^eil Filialen in OSnabrüdf,
§amm unb ^ötn. ©eit 1770 erf (feinen, beförbert öom erwaditen ©c£)ulleben, eine
Un^a'^l bon Srurfroerfen öom Äalenber big ju ftattlid)en Formaten, gemeinnü^ige
3eitungen, ^eüfdiriften, ©d()aufpiele unb Sichtungen, einzelne Stüde im ©ermüde
öon i^oljfd^nitten unb Tupfern. 6ine Ü'enjur gab e§ l)ier anfd)einenb erft unter
^önig§ed§ ^Jlac^iotger. äöenn ber ^^m)t auf bie @inri(i)tung eines X^eater=
geböubeS bringt, fo bermutl)en mir hierbei be§ ^JJtinifterS ©influ^ um fo richtiger,
al§ fein näd)fter 9tatl) ©pridmann fic^ bcS ©d^aufpielS ernftlid) anna'^m. 3)en
5}lünfteranern, meiere meinten, bie „Gomöbianten" Ratten f eitler mit bcm Äramer=
amtS^aufe genug auSfommen fönnen, unb i^re ©piele fd)abeten nur ber guten
©itte, berief man 1769 eine italienifd^e, franjöftfc^e ober beutfd)e ®efettfd)aft f^eitg
für bie Dper, tl)eilS für baS ©d)aufpiel ober fallet. 3)er Sau be§ •ll^eater»
mirb i^nen 1772 ernftlic^ geboten unb 1778 enblidi fertig, e§ bient aud) für
33ätte unb 9lu§ftellungen. @§ conftituirte fid) eine Xlieaterbircction , ber gürft
beftreitet au§ feiner ^43riPatfaffe mieberliolt ert)ebli^e @elbau§fälle. Um ba§
3}ertrauen im ^anbel unb 2Banbel ju l)eben, mirb feit 1766 burd) ja'^lreic^e
©biete bie 9ied)tipflege an Dber= unb Untergerii^ten reformirt, 1781 aud) eine
neue Sajorbnung erlaffen. ©ie liei^en ernfttic^e Unterfuc^ungen, unnad)fid)tige
5l^nbung ber Unterfi^leife unb Ungel^örigtcitcn, ein fdjleunigeS 35erfal)ren o^ne
Formalitäten. S)iefe ^Ra^nal^men unb nid)t minbcr bie fpäter errid)tetc Uni=
öerfität fd)ulten einen fälligen ^furiftenftanb , ber nad)mal§ Pon ber preu§ifd)en
33ermaltung gern übernommen murbc. 3^^'^"^^&i9^ ^^Joliäeiöerorbnungen fteuerten
ber 2anbftreid)erei , bem Zettel unb ^Jtüfiiggang , ben S)efertionen öon ®elin=
quenten unb ben SBerbungen für auswärtige 5Dienfte. 2Bie fe^r baS ©anitätS=
ttjefen im '-^Irgen lag, bcmiefen bie guten Ö)efd)äfte, tt)eld)c Duadfalber, äöunber=
boctoren unb a^erfäufer öon abergläubifd^en Heilmitteln unter bem 35olfe mad)tcn.
g. fuc^te bem Unmefen nac^ Gräften p fteuern. 1773 grünbete er ein 5}tebicinal=
coEegium, beffen ©i^ungen er in ^45erfon anroolinte, unb in feinem Sluftrage be=
arbeitete ber geniale Slr^t unb ^rofeffor .g)offmann eine ^Jlebicinalorbnung. ©ie
erfd^ien 1777 unb tourbe al§ ein 5Jlufter i^rer ^rt im gangen SJaterlanbe lDitt=
fommen genannt, ftettentreife (Gaffel 1778) gar jum SSorbilbe genommen.
2Beiterl)in organifirte 5. ba§ 5JUlitärmefcn: @S follten, toie er t^eilroeife auc^
1780 bem Sanbtage eröffnete, atte tt)affenfät)igen 5)länner aucl) Sßaffen tragen
unb hit Hebungen in ben freien ©tunben ber ©onn= unb Feiertage mad£)en, bie
©diulfnaben fd)on bafür mit 2urn= unb ßeibeSübungen beginnen, daneben
befc^äftigte er fid) gern mit ber a3ilbung unb SSemaffnung eines fte^enben .öeercS
unb grünbete an ber ^anb beS ©rafen öon ©d^aumburg eine ^Jlilitäralabemie,
toofür ein 1766 angefaufter ipof als (55arbel)otel ausgebaut tüurbe. ©ie foHte
prftenbetg. 237
bic fä^igften 2öf)ne bes Sibete unb Öanbel für ba§ ÄriegsiDefen au(^ Itiiffen^
fd^aitlicf) jdjuten unb in gcle^^rten 9(uigaben i^ren ^tüd^att am (Brjmnafium unb
bei" Uniöerfttät ^afcen. Sae <St)ftem ber öanbrtie'^r, eine Rumäne 33el§anbtung
bee (Semeinen, eine 9ü-mee öon Q^xe unb Silbung — bae finb Sürftenbetg'S
^]ß(äne, bie ipätei- bon ^reu^en für ä^ntic^e Einrichtungen nid)t üBerfe^en ttiorben
jinb. 3tue ber SJtiütäratflbemie aber finb gelben , mie ©eiemar unb Äiefter
f)ert)orgegangen. S)iefe 5Jti(itärin|titutionen, ob aurf) bon ben 3fitgenoffen t)iel=
fac^ befpöttelt, betrachtete 5. ate fein eigenftes 2Jßerf , fie üer^ieBen if)m ben
@(i)u^ be§ 2anbe§, ein gebietenbe§ Jürftei^t^u^- unb toenn anbere Sänber fotgten,
ein ftarfea ©efammtüaterlanb , fie gatten auii) als eine (£d§u(e für bie geiftige
unb förperüdfie ^-öftigung be§ 9}olfe§. ^umal bie Slrtillerie repräfentirte meiter=
greifenbe Äenntniffe , inebefonbere ber ÜJlat^ematif unb toä^renb bie ©otbaten
nebenbei in bürgerlicfien Strbeiten aug^tfen, gingen au§ bem Cfft.jierSftanbe (yetb=
meffer, Ingenieure, g^i^i^er unb 2tr(|iteften ^erbor. — ^nbe^ fo biele Stufen
bes 2anbe§ neu eingefe^t ober berftärft tourben: richtete fi($ be§ 3Jtinifter§
^er^ensbrang auf bic ©(^ulanftalten , al§ toetc^e bie erquicEenbe Seben§luft in
bie geiftige 3ttmofp§äre bei @taate§ bon oben bi§ unten au§§au(^en füllten.
'Jlid^t fo fe^r pofitibe i?enntniffe, al§ Sitbung unb Senfen lernen, ^ie(t er für
bie befeligenbe Slmgabe ber (5($ute. 2;er gemeine tt)ie ber bornei^me 5)^ann
foHten fernen, ficf) berftänbig in ben £rei§ feiner SebenSaufgaben unb SJer^ättniffe
3ured^täufinben. (Großartiger, artifuürter, ttjie jebe anbere ©(fiöpfung, fte^^t
gürftenberg'i <Srf)uIorganifation ba : bie S5ol!§fc§u(e , al§ ©ubfibie 5^or*matfd^ule
ober Se^rerfeminar , ba§ ©ijmnafium mit ber (2ribial=) S5orf(^ute al§ „(Brunb=
ftein", baran gefc^toffen ein Seminar für @i)mnafiane^rer , bie Uniberfität al§
„S(^Iu§ftein", baran gefeint bie 9}lilitärafabemie, bae '^riefterfeminar unb bie
afabemifc^en 3Inftatten — fo ftuften ficEi if)m bie berf(^iebenen SSilbungSanftaltcn
organifci) auf unb ab. ®ie Öpmnafien fanb 5- in. ben .^änben ber ^ettel=
mönc^e ober ber ^efuiten, alte g(ei($mä§ig gegen bittige Stnforberungen 3urüc£=
geblieben. S)ie Sfcfuiten, mel(^e in 5]lünfter unb ßoegfetb ben Unterricht ^tten,
betrieben 9!31at^emati! unb ®rieci)ifc^ faum me^r, ba§ (ateinif(^e namentlid§ aU
^ülf§apparat ber Üt'^etorif, i^r Unterricht toax berfnöi^ert in ben öel^tmittetn
unb äuBer[i(f) in ben Öeiftungen. (5ine gänjtit^e Umgeftattung mürbe junäd^ft
am ®t)mnafium in ÜJlünfter beabfic^tigt. Söot fügten fi(f| bie ^efuiten ben erften
Unteinric^teevtaffen , mol gingen bon i^rem 5^a(^n)U(i)fe ein 3umftet) unb i5abi=
d)orft mittig auf gü^-'f^ei^berg'S Söeifungen ein. Sfcner (ernte bei i§m ^Jlat^e^
matü, biefer ^^ilofop^ie , um fie in ber ©(^ute mieber ju leieren — attein
atte§ btieb ©tücfmerf, fo tauge gefd^ulte Se^^rer unb bie nöt^igen @etbmittet
Te^tten. S)a erfolgte 1773 bie 2Iuf^ebung be§ ^efuitenorbenS unb i^re (Süter
mürben gteid) für bie S^edt bes (55t)mnafiumg, ber f^eotogifi^en ^^acuttät unb
bie 6rii(i)tung eine§ 5priefterfeminar5 beftimmt, fie ergaben inbeß nac^ Stbpg ber
Obliegenheiten, attee genau ab= unb einget^eitt, nur fnappe ^a^re§einfünfte, ge=
fcbmeige noct) 5}littel für ein Se^rer=©eminar. @§ mürben beefiatb bie @i)mnafial=
leerer bem geifttict)en ©tanbe entnommen, i!§nen gemeinfame 2Bol§nung unb Äüc^e
im ^efuitencotteg eingeräumt, babei nur ein geringer :3a^re§get)att, inbeß für
bie 3ufunft 9tu§fid^t auf einträglidie (Eanonicate, ^pfarreien ober auf t^eologifctie
^^>rofeffuren gemährt, ^n ber %1)at fammette }iä) balb ein anfe^nticf)er 2e1)i=
förper au§ ben beften köpfen be§ Steruö unb ber (ärjefuiten. 93tit i§m führte
ber (iJeneralbicar Iei(i)t bie innern Oteformen burc^. 35alb mürbe 5]ktt)ematif
gelehrt, 1770 bon i^m bie no($ bom @rie($if(i)en abfe^enbe ©d)u(orbnung
ffiäjirt, bie ©fijäe fobann ganj umfii^tig auf ©runb gemonnener (Srfal^rungcn
unb ©utai^ten , bie bon ben beften Gapacitäten 2)eutfcE)tanb§ eingeholt waren,
um= unb burctigearbeitet, bi§ fie 1776 abgerunbet, aus @pricfmann'§ geber an§
238 gürftenbetg.
ßic^t trat. (Sie Bctvaj ba§ au§ fünf Gtaffen feeftel^enbc @t)mnafium ju 9Jiünftev
unb bie beiben Ij^ilofop^ifc^eu ^tittelctaffen, \üeiä)t aum Stubium ber X^eologie
überleiteten, bie ©i^mnafien be§ ©tütS ^ö(i)ften§ erft, nadjbem ^uni^^el) , ber
S)irector in 5!Jlünfter, bie ^tuifti^t barübcr ert)ieCt. Sie fteEte, (Seift unb iperj
ebenmäBiß Berücfftd^tigenb, a(§ ^iet be§ Unterri(i)t§ Silbung unb ©etbftfenntniB
an], iüijxte bemnad) mit ber ^letigion auä) ^Jlat^ematif, $t)itofopt)ie unb ^Jtatur=
fun'be ein, Befeitigte ba§ ßateinfpredEien, fc^to^ bie grierf)ijct)e, bie beutjd^e ©pracfie
unb @ef(i)i(^te ni(i)t au§ — pa^te biefe ®i§ciptincn ben ßlaffeu unb bem Filter
toeigücE) an. Sen geiftigen Uelbungen fecunbirten bie f5rperlid)en, bie fä'^igften
Seigrer !6earBeiteten Öe^r= unb |)üli§16ü(i)cr jür bie üerfc^iebenen S)i§cipUnen, ber
Unterri^t ber ^^t)i(ofopt)ie je^te fic^ für bie Ideologen auct) auj bie ^J^iittelclaffen
fort, unb batb t)attten ^ant'§ Öel)ren in ^JJlünfter n^ieber unb jpäter entttjidelt
ein .^erme§ 'tiier fein p^i(ofot)'^ifc^=tf)eoIogifc^e§ ßet)rfl)[teni. Sie öu^ere Drgam=
fation, ber gei[tli(i)e ©taub be§ Sef)rför|}er§, beffen bürftigc SBefoIbung, bie frül^e
ginfü{)rung ber ^'^ilofo)3'£)ic, bie Betonung be§ S)enfen§ gegenüber bem |)ofitibeu
äöiffen , biefe unb anbere ©a^ungen ber ©(^ulorbnung taffen fid) bemängeln,
bod) nur im Öid)te ber Ijeutigen ^luffaffung; fonft Iciftet fie ba§ ^öd)[tmögli(^e
naä) ben örtlict)en unb 3eitlid)cn Umftänben. g., fo urt^eitt ß. ®iefcbrc(^t, 'l)at
nic^t blo§ einen Se'^rbegriff f)ingc[tettt, er l)at aut^ bie "iDlet^obe bc§ Unterrichte
. . . erörtert . . . e§ ijanbelte fiel) bem (Sefe^geber nicl)t um bie objectioe 5Jle=
f^obe, n)elcl)e burd) bie Se^rgegenftänbe beftimmt mirb, andcj md)t um bie 3trt
ber fubjectiöen, öon ber bie metl)obifd)cn ©igen'^citen au§get)cn, bie ol)nc 5lad)=
tl)eil für ben Untctridit jeber 2el)rer für fid) t)at. 3Ba§ ber ©eneralöicar tn§
5luge fa^te, war toiclme'^r bie ^Jtet^obe, meld)c l)erborget)t auä ber unterrid)ten=
ben unb erjieljenben @efinnung , alfo abl)ängt bon bem ibealeu 33tlbe, ba§ ber
Se^rer Don feinem Söerufc in fid) trägt. ... S)ie ©d)ulorbnung unterfc^eibct
juerft SSerftanb imb |)er3, bann toeitcr ba§ Erlangen ber 33egriffe unb i^enntniffe
t)om ^4Jrüfen unb 33ergleid)en ber ^Begriffe wie tiom 35e5eid)nen berfelben, alfo
ein breifai^e§ It)un be§ Söerftanbe§ : Sernen, 9ieflectiren unb ©pred)en, unb be=
ftimmt barnad) bie ©cgenftänbe be§ Unterrid)t§: Religion, ©ittenleljrc, ^ft}(^c=
togie, 9laturfunbe, ^]latl)ematif unb ®efd)id)te al§ bie be§ Sernen§ öon ®ott,
üom ^enfd)en unb feinen ^flid)ten , toon bem 3Befen um il)n "^er unb bon ben
©(^icffalen ber ^enfd)^eit, Sogif at§ bie be§ gteflectiren§, ©^red^funft, 9iebefunft
unb •Did)tfunft al§ bie be§ ©prei^enS. ©o burdjfrcujt fid) im ©t)fteme f^ürften=
berg'§ eine irid)otomie ober toenn man lieber mitt, eine 2;rid)omori)'^ofe be§
lernenben ©ubfcctS mit ber 3lleranbrinifd)en 2rid)otomie bc§ lernbaren DbiectS.
S)ie ©d)ulorbnung eriuarb fid) fclbft unb il)Tem Urheber ben freubigften 9lt))3lau§,
toarb „beina"^e al§ 3i "'begriff aUer ©d)ultoei§t)eit anerfannt", al§ ein äöerf, „ha^
bamalg nirgenb§ in 5i)eutfc^lanb feine§ gleid)en t)otte ; felbft ^^icolai'S 33ibliot^ef
toar i:§rc§ 9tul)mc§ öoU". S)a§ @t)mnaftum ging ju '^o'^et 33lüt^e auf, bie
2el)rer ehrten f^. mie einen 3}ater, felbft fürftlid^e ©rö^en l^olten fid) bei i'^m
:päbagogifd)en Siaf^; anbere ?lnftalten nal)men an fünfter ein 93orbilb. ßiujetne
Drben, bie fdjul^altenben Dbferöanten, bie ^inoriten (5Jlünfter), fobann bie
SScnebictiner (8ie§born) l)atten bereits bem münfterifd^en (Sljmnafium nac§3U=
eifern begonnen; ba bie Älöfter überhaupt ber 9leformen beburften, fo erlief g.
1778 bie „SSerorbnung, ma§ unb toie bie ^}31önc^e ftubiren follen" —fie bezeugt
nid)t minber ben unfeligen 3uftanb il)rer 58ilbung, al§ ben Srnft bei S}erfaffer§,
ba§ Std^t beglüdenbet 3Biffenfd)aft 3um allgemeinen 'Jtu^en bi§ in bie einfamftc
3ette 3u tragen ; ein ^al^r fpäter ergingen toeitere 2}erfügungen gegen ^MPräud)e
ber i?löfter, bie er übrigcn§ auf Sacobi'g ^^arten Singriff furj bamit in ©d)U^
nal^m, e§ fei @ute§, e§ fei SBöfe§ bon iljuen gefd)e^en, ba§ 33öfe bornämlid), fo
toeit fie fi(^ al§ allein abl)ängig bon ber römifd)en ßurie gel)alten, unb dürften
^ütftenberg. 239
]§ätten in ü^ren DJ^altia'^men gegen fie oft mit offenbarem Söibetfprurf) bie @runb=
fd^e jener ßurie ju ben irrigen gemad^t. S)en 33ilbung§bau a6f(^Iie|en foÜte
bie Uniberfität. @ine fotd)e toax ettoa feit 1630 , nac^bem ber ^atl^oüciSmui
toieber ^ur §errfd)aft gelangt toar, öei ben @tänben unb güi-ften befd^loffene
<Baä)e, toegen G)elbmangel§ unb anberer ^inbemiffe inbe^ nur eine t^eoiogif(^=
:p'§itofo^t)if(^c gacuttat, eng an§ @t)mnafium gefii)Ioffen , au ©tanbe gefommen;
nun ba§ ©timnafium organifirt toar, öer^ielt fiif) il^re ©rünbung ju jenem mie
gruc^t 3U 331ütj)e. ©ie fottte praftifd^ mit 3Biffen in§ SeBen einfüt)ren unb
beS^lb ^raftifctie ße^rftül^te unb ^rofcfforen erhalten , bie le^tern me'^r unter=
toeifen al§ fdireiben, x^i 9Iuge mel^r auf bie ©tubenten al§ auf bie litterarifi^e
3ßett richten. Sennod) toir!ten l^ier ^Jlänner bon ^Jlamen, toie ©priiimann, ipoff=
mann, c'paöid^orft, ^aterfam:p u. 9t. unb eine Stei'^e tool^tburd^geBitbeter @ct)üler
gingen öon l^ier in bie ^ö^eren Se6en§fteEungen. Um ben fyonb§ ju Betommen,
fe|te ber @eneralöicar bie 2{uf§ebung be§ S3enebictineffen[tift§ Uebertnaffer burd) unb
er f)ätte no(f| metjrere erfc^taffte Älöfter 3um öffentli(f)en ^J^u^en befeitigt, toenn
er nid)t auf allen ©eiten t)eftigem äBiberftanbe begegnet ober aber \püUx -Jtad^folger
be§ i^ütftcn getoorben toäre. 3}orerft fielen auc^ bie fonft noc^ öielfat^ in 2ln=
fprud^ genommenen ßinfünfte üon Uebertoaffer fo fc^toad^ au§, ba^ für jebe ^-0=
cultät nur eine mäßige So'^t ^on 2e^rftül)len unb biefe nur na(^ unb na($
errichtet toerben fonnten, ^nftitute toie 33ibliot^e!, .^ebammenanftalt unb 9}ete=
rinärf(i)ule entmeber gar ni(i)t ober nur mangelhaft in§ Seben traten, ^nx ba§
^Priefterfeminar mürbe 1776 in bem umgebauten Uebermafferftofter mit einigen
2l(umnen eröffnet unb beffen Soften au§ bauernbem f^onbS gebecft. S)enno(f)
{)at bie Uniöerfität 9lnfe'^nlid)e§ geleiftet, il)re Söirffamfeit bi§ auf bie 5JliIitär=
afabemie unb unmittelbar bi§ auf bie 3)otf§fd)uie au§gebe'f)nt unb mit bem
@t)mnafium bem Sanbe einen S3orn geiftiger Srfrif($ung eröffnet, ttiie it)n bie
9iac^barlänber, .^annober ausgenommen, nid)t fannten. 2)ie !aiferürf)e unb
|)ä)3fttic^e SSeftätigung traf fdjon 1773 ein unb bi§ 1780 toaren fo öiele ^^^ro=
feffuren befe^t unb 9täume in Uebermaffer ober f^jäter im ^efuitenbau gemonnen,
ba^ am 16. Slpril bie Inauguration [tattfanb. SBenige ^Jtonate fpäter trat
ein Sreigni^ ein, ba§ bie weitere äßirffamfeit be§ 5)linifter§ in i^xaa,e geftellt
l^ötte, menn ni(f)t 2Bei§^eit unb Siebe jum Sanbe if)n bie fyolgen ju öerfcEimerjen
geboten.' S)er SBiener Apof nämlic^ fuc£)te, beranla^t burd) ba§ 2llter be§ Äur=
fürften, für feine ©tifte Äöln unb 5}lünfter einen ^Jtac^fotger an beffen ©teile ju
bringen, ber bie öfterreit^ifdjen ^ntereffen in ben toic^tigen ©ebieten ^JtorbtDeft=
beutfc^lanbS bcrtrete unb ä^ar in ber ^erfon be§ ßr^'^erjogS 5JtaximiIian (5ran3,
beö jüngften ©o'^ne§ ber 5[Raria Xfierefta, ber bereite doabjutor be§ S)eutf(i)=
orben§=§oc£)meifter§ mar. ©ein SSruber, ^ofef IL, unb beffen Stoffe tonnten
bei 5Haria Sfjerefia aEe begfattfigen canonifi^en 33ebenfen ju unterbrüden unb
beim ^urfürften toie beim S)omcapiteI in Äbln beffen SBat)l gum Soabjutor am
7. 5iuguft bur(^3ufe|en. 9lt§ ^lacfifotger ^öniggerfg für 5Jlünfter toar bon biefem
unb ber öffentli(f)en 9Jleinung !ein onberer at§ ber berbienftboEe fy. be^eid^net,
er felbft l^ätte in ber ^ö(^[ten 2Bürbe gern aEen Einrichtungen bie 2Seil^e ge=
geben. 2öie betroffen füllten fid) g. unb fein 2ln!^ang, al§ ^lö^üci) ber 6raf
bon 5[Retterni(^ , nad)bem er am ül^eine bie Spione 2Sien§ burc^gefe^t, am
25. 9Jtai in 5!)lünfter eintrifft unb bei ben einzelnen SDom'^erren für eine 6oab=
jutormal^l ju ©unften be§ @r3f)er3og§ mirbt! Wit ©ef (Renten unb äBorten
arbeiten 3[Bien§ SXgenten meiter, ber Äurfürft felbft legte bem ßapitet am
13. ^uni bie äßa^l auf unb 5mar ju öunften be§ ofterreid^ifc^en ßanbibaten.
9lun jeigte fid^, ba^ fy. aud) feine ^yeinbe tjatte. 6r, ber !ü|ne üleformer, ber
@eifttic^e befteuert, Ätöfter aufgel^oben, hk ^Bauern gegen bie ©ro^grunbbeft^er
begünftigt l^atte, fiet)t fi(^ balb bon aEen antoefenben S)om^erren U^ auf 12
240 ptftmBetg.
betreue öerlaffen. @x proteftht gegen bQ§ uncanonijc^e ^ox^i^en, erftärt, wenn
eine Söal^l ftattfinbe, jo träte ex felbfi al§ ßanbibat au], unb n^itt ebenfo für
iebe§ anberc 33Utglieb be§ S!omcapitel§ [timmen, nur nic£)t für ben @rjt)er3og,
beffen äöa^l mit 5Rücfftd)t auf ^^reu^en bem ßanbc Unheil bringen »ürbe.
5preuBen§ ©ebiet berü'^rte öerfd^iebentlid^ baS 5JlünfterIanb , fein Otegent toar
g]Utbirector be§ n^eftfälifdien Äreife§ unb ha^ ßabinet betrieb bie SBal^l 5ürften=
6erg'§. S^riebricE) b. @r. tl§at in milber g^orm bem 6a)3itel feine 3l6[id^ten funb,
feine ^Igenten arbeiteten on Crt unb ©teile ben öfterreid)if(i)en Spionen entgegen,
ber ©eneral ö. äöolfferSborf lie§ öon ;^amm au§ ^Dro'^ungen naä) 5Jlünfter
bringen. S)iefe 2)ro^ungen erregten böfe§ 33 tut, bie 5(genten, ÄriegSratl^ 3)ot)m
ausgenommen, [tauben ben ©egnern an gett)innenbem 5luftreten nacE) , 5ürften=
bcrg^§ yieigung 3u gtiebrid) b. @r., ftreute man au§> fönne bereinft ba§ ßanb
in atterl^anb J^riege bertoirfeln; bal benadf)barte .»pollanb Ujar ber Habsburger
5IJiad)tau§bel)nung öon C^erjen abgeneigt, iube§ öon f^ürftenberg'S g^einben mit
ber ©c£)re(fen§au§fic^t t)ingel)alten, er, ber f^fi-'eunb be§ 5Jliütär§, mürbe bereinft
mie ein jmeiter Sifct)üf ©alen gegen bie (Seneratftaaten in§ f5^etb jie'^en. %U
man noc^ merfte, ^^reu§en mürbe feinen ©ntmürfen nötf)igenfaE§ einen ^ac^brurf
mit 2öaffen nic^t geben, mu^te au(i) bie energif(f)e ©pradie be§ t)annoöerfd)en
^inifteriumS öertUngen unb mo e§ su fpät mar, trat ^^oUanb ein. g. unb
fein Stn'^ang, meiere nod^ beim ßapttet unb beim .^aifer ©infpruc^ gegen bie
uncanonifc^en ^la^ua'^men ber ßapitelSmel^rl^eit ert)oben 'Ratten, fügten fid^ nun=
me^r unb traten, „obg(eid) immer nod) üöEig überjeugt öon ben guten ©rünben
it)rc§ äöiberfprud^g" ber ^Jte^rjal^l be§ Kapitels bei. „um ben unglürfüc^en folgen
einer ftreitigen $Eöaf)l auöorjufommen", ilur^um gra^^crjog 5;)tai-imilian S^ranj
mürbe auä) ^u ^Mnftcr am 16. ?tuguft jum ßoabjutor gemä'filt, bie 2ßaT)l mit
geräufd^öoHem ^ubd unb aüer'^anb ©otennitätcn öcr'^en'üc^t. g. ertrug mand^e
nun öertautenbe ©i^mätireben, o§ne ein 2Bort ber ©rmiberung ebenfo männiii^,
mie bie öorauSjufefjenbe ^ufforberung be§ 5Zeuermäf)(ten, um feine ©ntlaffung a(§
5)linifter einjufommen (lö.Sept.). (Sr erhielt unb lag fie bei einer 6(f)utörüfung,
of)ne eine 5Jtiene ju öerjie^en unb fu'^r bann im Se:^rgefd)äfte fort. 6r t)ic(t gemi^
fetbft für geratt)en, ba§ ^Jlinifterium nid^t meiter ^u fü'^ren, bem er gtei^mot
17 ^aijxt alle (S'^re gemacht ^atte. ^U ^itgüeb bes Kapitels unb ber giitter=
fc^aft tonnte er nod) fürber für ba§ Sanb unb bie Seute feine ©timme crl)eben,
al§ ©eneralöicar noi^ auf 6(eru§ unb ©d)utmefen frud)tbar unb mo'^ltptig cin='
mirfen — unb bafür lie^ i:§m auc^ ber (^oabjutor feinen 33ei[tanb in einem
^a^e, mie feine ©c^öpfungen eS berbienten, unb Äöniggerf fetbft forgte bi§ an
fein @nbe 1784 bafür, ba| bie SSel^örben bie Sßermaltung übert)OUpt in ben öom
abgetretenen ^JUnifter gelegten Salinen fortfü'^rten. ^Jiun tonnte unter feinen
ni(|t fo öielfeitig befdiäftigten Rauben auc^ ba§ 25olf§fc^ulmefen naä) dien
Üti(itungen ^in äöurjeln ftJjtagen. ®ie S3olf§fd)ute Ief)nte fi(f) infofern an§
(St)mnafium, al§ beffen gögünge ben ©eiftlidien, ben Selirern l^etfenb unb
meifenb jur ©eite ftel^en fottten, fie bilbete alfo ein organifc^e§ ßjlieb be§ ganjen
5Bilbung§ft)ftem§. g. bejmecfte eine moratifdje unb pra!tifcf)e 3}olf§er5ie§ung.
3fe l)öl)ere Slbfidjten er öon ber ©c^ule ^egtc, um fo tiefer gefunfen mu^te fie
il^m öorfommen. Si§ in ben SOjä'^rigen .^rieg ^atte bie ©c£)ule, mie bie ^arlen=
oer^anblungen unb ^^rotocotte bart:^un, einen urtl^eil§fät)igen unb fci)reibfunbigen
Öanbmann ^erangebilbet, aud) fpäter unter bem 33ifd)ofe (Salen öorerft in religio^
fem ©inne mieber SSerbreitung unb Pflege gefunben. 31I§ x^. bie ©d^ulan=
gelegen'^eiten in bie .g)anb nat)m, le£)rten @eiftlid)e ober manbernbe ^ated^iften
öielortS bIo§ ben Äatedf)iSmu§ ; Sefen unb ©clireiben traten in ben ^intergrunb
ober e§ tourbe einige ©tunben mödientlid^ öon einem Sagelö'^ner ober ^nöaliben,
ber beim ^Uliütär ober fonftmo etmaS gelernt liatte, in feinem öaufe, in einer
prftenbcrg. 241
glitte ober ©(f)enfe ge(ef)rt. 2)aä gange innere unb öu^ere äBejen ber Bd^uk
6i§ äuv ©tellung bcr Seigrer fiarrte ber Erneuerung. Um fo befounener unb
Dorftd^tiger trifft 5- lettre ?Ola§na]§men. SGßenn je, bann tootite er „feine obgleid)
woijl überbac£)tcn . . . ?tnfici)ten mrf)t ju ©efe^en machen, e^e fie burc^ bie 6r=
fa^rung ni(^t aüein im allgemeinen betoä^rt, fonbern auc^ grabe tu biefem C'anbe
auf aHe Socalöer^ältniffe antoenbfiar befunben mären." @§ ergingen 1782 unb
1788 nad) feinen ßnttoürfen au§fü^r(i(^e ©c^utoerorbnungen , bocE) au§brücE(ic^
at§ ^roüiforif(i)e, erft 1800 enbgültigc. 9lun ein (i^aoä bon SSeric^tcn ber
^Pfarrer unb (Sommunalbeomten , äa'^treic^e @rgebniffe öon Sc^utprüfungen t)or=
lagen, f(^Io§ unter fetner Seitung eine ©tiecialfd^utcommiffion mit bem unerntüb=
lic|en ^ofratl^ ü. 2en§polbe bie Crganifation mit einer „©c^ulberorbnung" ab,
toelc^er ba§ S)omcapiteI mä'^renb ber ©ebi^öacanj am 3. <Beptbx. bc§ fotgenben
^af)xt% bie ©anction ert^eitte. S)ie Söinfetfi^uten tourben Befeitigt ober be=
fdiränft, aüe§ ©emic^t auf (5tabt=, ®orf= unb !©auerf($aft§f(^uten gelegt, mo e§
ging, ^äbcf)enf(i)ulen mit eigenen 5^ä§ctaffen eingerichtet — atte ber Sluffidlit
be§ Pfarrers unterftettt. S)er Unterriclit toirb audf) im Sommer ert^eilt unb
nur tt)o unübertuinblic^e Umftänbe nöt^igen, in beu ©onn= unb geiertagSfcfiulen,
bie fonft ben entlaffenen ©c^ülcrn 9tacf)l)ülfe geiüäl^ren foüten. Stile Äinber bom
6. — 14. ßebenSja^re finb f(^ulpfli(i)tig. ©ele^^rt toirb g^Jetigion, Sefen, (Schreiben,
fftei^nen, in ben ßanbfc^ulen auc^ bie (SrunbBegriffe be§ 5lcfer6aue§, ferner §anb=
arbeit, toofür fähige Se^rfräfte an^ufteßen finb, unb für (Schüler, bie ^DJtu^e unb
gä^igfeit baju ^aben, bie Slnfangägrünbe ber ©eometrie, ^Jled^anif unb ©eelen=
leiere — ba^ le^tere jebod), falls bie ^auptgegenftänbe ni(f)t barunter leiben,
S)a§ 3iel ^ft ^Religion unb ^oral, Sr^ltung ber ©efunb^eit unb gäfiigfeit jum
"Jlal^rungSernjerbe. S)ie 33egriffe muffen ben Äinbern anfc^aulid^, nic£)t papageien=
mä^ig beigebra($t, bie geiftigen Hebungen 3utt)eiten mit ben förderlichen roectifeln.
£)a§ fcl)öne ^nftrument ber ©(^ulorbnungen mar eigen§ bafür au§gebilbeten ße§r=
fräften in bie .^anb ju geben : jur ^eranbilbung ber ^e^rer in einer fogen. 5tormal=
fc^ule unb jur Leitung be§ ©c^ultoefeng berief 5- i'en ebelften unb menf(^en=
freunblirf)ften unb tüie bon ber 35orfe^ng bafür beftimmten 9Jtann, ^ernfiarb
Dberberg, bamal§ Kaplan ju Sbergtoinfel. %m 1. Tläx^ 1783 übernahm Dber=
berg fein f(i)toierige§ 2lmt, alte unb junge 9Zaturen, benen bie Äoften erftattet
tburben, ju Se'^rern unb aucE) Se^rerinnen in 3toei= big breimonatlid^em 8e^r=
curfug ^erangubilben. 6§ inurbe für bie Sel^rqualification eine ^Prüfung be=
ftanben, ben reif befunbcnen Gräften ettte @et)alt§äutage getoäl)rt, über^upt ha§>
mögliche für bie moraUfd^e unb gefettfi^aftlidie ©teHung ber Se^^rer getl)an, if)nen
®el§alt unb 5ßfti<^tei^ geregelt, entel^renbcr ^ebengeb^inn mit 9J^ufifmad)en ic.
unterfagt. ^it (f)riftli^er Segeifterung unterföieS Dberberg bie ßanbibaten,
leierte felbft bor il^ren 3tugen, befu(^te unb orbnete bie ©deuten, fd^rieb für
©d^üler unb 2el)rcr bie ©(|ut= unb ipanbbüi^er fpradE)lid§ unberglei(^lic§ an=
gemeffen, in^altlid) bom l^e^rften ($riftlid§ = Humanitären (Seifte burd§tt)el)t. ©in
Se^rerf eminar , bas längft geplant, aud^ 3ur größten ^^reube ^yürftenberg'S 1790
bon beu ©täuben bcf^loffen trar, fam erft 1825 in SBüren ju ©tanbe, ein
^a^r bor Dberberg'g Xobe, ber in finblid^em ^^ubel geftanb, nun fönne er
fterben, ba§ ©eminar erfe^e i|n unb bod^ hi^ an ben Job bie 'Jiormalfd^ule
leitete, obgleid^ i^m feit 1809 nodl) bie S)irection be§ 5prieftevfeminar§ unb unter
preu|ifc^er >g)errfdl)aft bie abminiftratibrn ©d^ulfad^en in ber Stegierung faft
altein oblagen. ^Idi) unb fern erregte bie ©d^ulorganifation Sluffe^en, 1781
bilbete fid^ audf) für ba§ fölnt)(^e ^eftfalen eine ©i^ulcommiffion, bon 1782
batirt bie ©(^ulorbnung für Slebe=9Jlarf unb 'Jtormalfd^uten mürben eingericl)tet
bon D§nabrü(i bi§ S)üffelborf l^in. 5Jlit biefer SJolfSer^iel^uug mar ber grünenbe
Mgem. beutid^e aSiogroD'öte. vni. 16
242 g^ürftenktg.
Soben öereitet, auj bem atte gele'firten 3tnftatten unb ©taatSeinriditungen eift
<Ba]t unb @ebeit)en empfingen. Um 1804 tonnte i^. aU (Bveig auf eine 33jä^t.
2eben§ar6eit äuvüdfblitfenb ber pi-eu§ijd)en 9{egierung§be{)öi-be üorftcUen , ta'i bie
^nftitutc bei- giationateräie^ung alle t)armonifd) juiammenfcfilö^cn , alle I^eile
Don oben bi§ unten fid^ tt)ed)jetfeitig öoraugfe^ten. 2Bie ein bejruditeuber Otegen
t)atten \iä) bie 6inri(i)tungen gürftenberg'g über ba§ Sanb ergoffen. 5Da§ Stift
unb befonberg bie Jpauptftabt leuchtete au§ bem berlaffcnen ^lorbmefttt^infel fo
bebeutfam unb einlabenb in§ ©efammtbaterlanb l^inüber, ba^ bie größten ^öpfe
mit 5. unb ben ©einigen in Sßerfeljr traten, ^atte er frü|^er bet)uf§ 3IuffteEung
ber (Sd)utorbnung 3>lerbinbungen ange£nü}3ft mit S)eni§ in Söien, Sambert in
S3erlin, mit Äöftner (Satterer) in ©öttingen, |)emftert)ut)§ in Seiben, fo fammelt
fic^ um il^n ein i?rei§ :^eimif(^er ©elel^rten, ©^jrirfmann, |)offmann, Cöerberg,
granä 35u(i)ot^, )). S)ruffel, l^ier ttjcilen bie ©d^aufpieler Stgener, 5lbbt, @d)röber,
u. 21. S)ie neuen {Seifte§frü(i)te ber beutfd)en Sitteratur finben SSeifaE, ber
5JluffnaImana(^ ttjirb öon g. in aEen i^reifen empfoljten. (5r felbft, n:)enigcr
Kenner ber fct)önen äöiffenfc^aften , h)ie ber 5}lufif unb 5Jtalerei, ber nur bie
abminiftratiben „Drbnungen" '^at in bie Deffenttic^fcit gelten laffen, bilbet ba§
Zentrum unb a3anb eine§ f)od)geiftigcn , bem äBat)ren unb ©d)önen juftrebenben
ÄreifeS. 1779 f(i)Iug in feiner 'Diüt)e bie merfmürbig geifteSreid^e ^ürftin bon
@atti^in if)ren 2[Bo't)nfi^ auf, um fic^ unb it)re Äinber feiner unb bann Ct)er=
berg'i fieitung anäuüertrauen. ©cit 1778 be[tef)t ein nät)erer 23er!el)r mit %.
^. Sacobi in 2)üffelborf unb äöijenmann. S)er 5ßf)ilofD|)]^ unb S3iellt)iffer
|)emfter'^ul)§ fel^lt nid^t, 1787 erf(i)etnt, bon 5Buc£)ol^ unterftü^t, öon Saüater
embfot)len , .g)amann unb finbet nur ju balb feine ütu'^eftätte in ber gürftin
©arten, ©er geniale S)i(i)ter unb Ü)elc{)rte ©brirfmann , biefe treue beutfd)e
Sieberfeele ^atte enge Sejiel^ungen ju ^oie, ^öltl), 33ürger unb 5Jlöfer'§ 2;od)ter,
Sfennl} ö. 93oigtg, ^acobi ju ben rl)einifd)en unb t^ringifc^en iTreifen. S^ie ^cr=
fon ^yürftenberg'§, ba§ n)efen= unb gaftlid)e ^au§ ber f^ürftin, bie S}erbinbungen
unb Üteifen biefer ober jener ©lieber be§ erleud)teten ^reifeg bitben bie gäben,
toeld^e fünfter mit ben neubeutfd)en ©eifteSarbeiten unb il)rcn ©d)ö))fern ber=
binben unb umgefel^rt. S)ie 3lnatomen (Jamber unb ©ömmering, ©. fyoi^fter,
Äteu!er, bie l)aüifd)cn ©ete^rten 51iemel)er unb ®bcrl)orb, .^erber, @oetl)e, Älob=
ftod , 3}of! , ©tolberg , 9Ucolot»iu§ , 6taubiu§ tommen cl)er ober fpätcr mit
i{)m in ^erül)rung; ©tolberg nal)m i)ier 1800 einen längeren 5lu|entl)alt unb biele
fraujöfifc^e Emigranten, 3um Sttieit l)ol)e Söürbenträger, finben '^ier freunblid)en
Smbfang unb Umgang, unb felbft ®oetl)e modele im ©bätjoTjr 1792 einen ^b=
fted^er nad) fünfter, nadE)bem er fidl) längft tiergeblidE) um eine 9lnnäl)erung an
bie ^^ürftin bettjorben l)atte. ©ereid^ten gürftenberg'g eble§, rul)ige§ äöefen ober
feine ©taat§fd)öbfungen ebenfo ber ©aEi^in, toie ©oetl)e unb ©tolberg ^ur ^e=
rounberung, fo fonnte ber erfte ©tatf^alter ^$reu^en§, !ein anberer al§ ©tein,
fel^r balb über feine menfd)enfreunbtid^e 2öir!fam!eit auSfagen, er t;abe eine grofee
^affe grünblid)er unb gemeinnü^iger ^enntniffe . . . öerbreitet, beträdE)tlici)e
Sinnal^mequeEen ben ©rjieliungSanftalten berfdC)afft, bie einer großem (ärgiebigfeit
fä'^ig feien. . . . g. fe^e bieEeid)t ju 'i)of)tn aöerf^ auf ba§ ^ofitiüe ber Üteli=
gion, auf bie gorm be§ ©ottc§bienfte§ . . . unterbeffen "^abe er feinen S'^^ed
bod^ erreid^t, man finbe mel)r äußere 5ld^tung öor üieligion, me§r !Dienfdf)en bon
frommen anbädf)tigen ©efül)len, al§ er anber§tt)o gefunben, er er'^alte feinen
^}titbürgern ben 35eft| eine§ gemiffen unerfeparen ÄleinobeS, beffen S5erluft aEe
unfere ^^^liitofopl^iSmen nid£)t erfe^ten. äöenn man biefen ©eift toir!en laffe, fo
!önne felbft unter ben Krümmern ber 53erfaffung fel^r öiel ©ute§ barauS merben.
5)lünfter unb ein 2;l)eil be§ Oberftifteä maren burdl) einen '^sarifer 9}ertrag bom.
23. Wai 1802 an bie Ärone 5preu§en übergegangen unb am 2. Sluguft in 93efi|
prftenberg. 243
genommen, nadjbem ba§ Somcopitet, um einer öorausficfitüc^en Säcularifation
ju begegnen, an Stelle be§ jüngft öerftorbenen (5'üi'ften tvo^ bev Slbma^nung
5pi;eu^cn§ eine üergebtic^e ^leuma'^l föieber ju (fünften eine§ ö[ten-eid)ijd)en Gi-j=
T^erjog^ Vorgenommen ^tte. Sie Crganifationen ber neuen Ütegierung bevü^iren
felfiftticvftänblid) burdige'^enbS bie gunbamente Q^ürftenberg'S. S)ie Uniöerfität
entfprad) ben i5"0vberungen ber ^Jlcu^eit unb jenen 2l6fi(i)ten ni(^t, bie ^ßi-'euBcn
öon einer ^D(f)f(^ule t)egte, bie toeiteren SanbgeBieten mit öerjd^iebcnen (Ion=
fejfionen biencn fottte; e§ fel^lte, toie ©tein |eit 1803 öeridjtete, an ^Projeffuren
für ^laturmiffenjd^aiten, an ^nftituten unb Sfpparaten, an Statuten unb ilBo'^I=
tl)ätigfeit§anftalten jür ©tubenten unb Seigrer. Sie ^profefforen ber ^:^ilofopt)ij(^en
fyacultät feien Itjauptfädjüd^ au§ ber (Sljmnafialf^ätigfeit übernommene Ö)cift=
lidie, bie übrigen§ in ber Sieget !at§olifd)e ^Mnfterlänber — Uebelftänbe, bei
benen bie ©teüenbefe^ung Ieid)t bon unfa(|ü(i)en @efi(f)t§punften, eine „Sä^mung
be§ :|)'^itofopt)if(^en, liberalen @eifte§", eine S^folirung ber Slnftatt erfolge. Sie
9legierung betrieb bann eifrigft ben $lan , äu 5Jtünfter inmitten ber r^einif^=
tt)e[tfätif(jt)en Sanbe§tl)eile eine reid§ au§geftattete .g)0(^fc^ule mit freier 33erfaffung
(©öttingen) ein^urit^ten , unb au§ ben 531itteln ber Slnftalten ju S)ui§burg,
^aberborn unb Erfurt, bie aufjulieben feien, bie i^onh^ für ^ßerfonal, ©ebäube
unb ^nftitute äufammeuäubringen unb bann gemä^ ben brei ßonfeffionen unb
bem -g)erlDmmen ber Ö)elber neben ben !atl)Dlif(i)en auäj proteftantifdie Sel^rfräfte
äu berufen, ba bie 9teligion nur auf bie t^eologifc^e gacultät (äinflu^ l^aben
!önne. 9tt§ bann nad^ (5tein'§ Slbgange laut i^nftruction öom 1. Wdx^ 1805
aud^ eine etiangelifd)=t^eologifd)e ^-acultät in 3lu§fi(i)t genommen unb faft glci(f)=
zeitig ein $)3roteftant ('»DWEer), menngleicE) in bie |)'^ilDfopt)ifc^e g-acultät berufen
tourbe, mact)te g- ä^nlict) mie fd)on bei ber ^efiijergreifung gegenüber bem be=
:putirten Stegierunggraf^ , unterm 1. ^Jlai al§ Kurator an ^öct)fter ©tcCe unter
anberm geltenb, „ba| gegenmärtiger ©($ulfonb§ ber latl)olif(^en üteligion ge=
l§öre unb ba^ infonberl)eit l^ier niematen anbere al§ tatl^olifdie Sel)rer bie £l)eo=
logie gelelirt l)ätten". Unterm 29. ^uni tourbe er unter ^ejeugung ber aller=
l^öc^ften 3ufi;ieben^eit öom (Suratorium biSpenfirt unb fofort berabfc^iebete er
\xäj öon ben Secanen unter Ijerjltrfiften SBünfdien für il)re Slnftalt unb beren
äöirffamfeit. 6r mochte gel)5rt l)aben öon SSorf(i)tägen betreffs liberaler !at:§o=
lifd^er .Sl'^eologen — balb tafen 3Bectlein unb ber 5Jlinorit ©ammeimann — ,
öon bem ^piane, ba§ Kuratorium einer ßommiffion unteräuorbnen, unb fi(^ mit
bem ^räfibenten Slinde, ber längft feine ©ntlaffung beantragt l)atte, unb bem
5Dombed)anten ö. ©Riegel, ber i:§m in confeffionellen Singen ^u toeit^eräig öor=
ge^cn motf)te, feinen gebeif)li(i)en S5erfe"^r öerfprect)en. @r, ber frü"^er bem Un=
mitten be§ Sleru§ trotte, feine ßenfur einfül)rte, ^roteftanten ju Ütaf^gebern
ual)m, über bie i^löfter unb (Jurie fo freimütl)ig urf^eitte, bicKeidit gar ber
Soge nid)t fern ftanb, l^atte bie ßonöerfionen au§ergetoö'^nlid)er 5Renfd)en (ber
gürftin ©aKi^in unb ©tolberg'S) getoi^ tief belier^igt unb neben bem SÖefen
audf) bie i5fOi-'wen be§ ©laubenS um fo toärmer umfaßt, al§ feine milbe Ütic^tung
nocf) ©egner gefunben. ©o geftimmt, fd^eint e§, tooEte er ju afat:§olifct)en
(Srünbungen in einem (Sebiete ni(f)t ol)ne toeitere§ mitmirfen, in toeld^em er nod^
ein geiftli(^e§ 3tmt, ba§ öeranttoortlidtie be§ ®eneralt)icar§, öertoaltete. Sel)aftct
mit ben gongen be§ 9llter§ unb raftlofer Sebenlarbeit überlief g. 1807 ba§ (Scnerat=
öicariat anbern ©d)ultern unb ftarb am 16. ©eptember 1810 toä'^renb ber
t^remb^errf(^aft. 5lEen ©d^idfalen ber ^eit unb ©ebrec^en be§ 2llter§ überl)ob
ii)n ber Sroft ber (Religion unb eine geläuterte 3Beltanfi$auung. Sei frugalen
ßebenSanf^jrüdien toanbte er feine er'^eblioien ©infünfte glei(^ toDl)tl)ätigen 3toecfen
ju. ^y. toar eine imponirenbe unb getoinnenbe ©rfdieinung , fd)li(^t, fein im
10*
244 i^üx^tenUtq — 5üxften6crg=©tammf)eim.
äöejen, boc§ in eigenen S)ingen gern rebfeüg unb boctrinär. £)q§ 93aterlQnb
erfennt in il§m eine feiner ^eröorragenbften @rö|en unb erric£)tete il^m ju fünfter
1875 ein (ebcn§gro^e§ ©tanbbilb.
ö. S)of)m, 3)enfloürbigfeiten meiner 3eit ober SSeiträge . . . 1814— l'J
I, 319 rf. 5v. ^- :3acobi, StuSertejener SBrieftoed^fet IV, 301. 35. ©öfetanb,
«münfterifd^eS ©ijmnalialprogramm 1827—28, ©. 12 ff., berf. in ber 3cit=
frfirift für batert. ©efc^. u. 9(ttert{)um§funbe (1855) XVI, 112 ff. 2B. gffer,
SeBen unb Söirfen 5i-"anä b. 3^ürftenBerg'§, 1841, berf., Oratio seu disputatio
de Francisco Fürstenbergio litt, et art. in Westphalia restitutore, 1840
(2ection§=5}cräeic^niB ber f. Slfabemie). S. ©iefebrec^t, 2)er beutfd^e 9luffa^
in ber Dberdaffe preu^ifd^cr Ö^mnafien in ber S)amari§ 1861, (5. 342 ff.,
berf., S)ic g^ürftin öon (S5atti|in üor i'^rer Sefe^rung, baf. 1862, ©. 113 ff,,
berf., 3)ie (5c£)ulmeifterin au§ SBeftfaten, baf. 1864, <B. 147 ff. S)ie testen
ßeBengja^re ber prftin öon ©aUi^in , baf. 1865, ©. 21 ff. ert^arb, 2)ie
Beiben testen münfterifd^en gürftentoa^ten ... in ö. Sebeftuf§ 9Ird)ib für bie
@efc^i(i)t§funbe be§ ö^u^- ©taateS XV, ©. 1 ff. ^Jiorb^off, S)enftüürbig=
feiten au§ b. münfter. §umani§mu§ mit einer Einlage üBer b. frühere 5Pref=
unb SSüd^erföefen 2ßeftfalen§, 1874. 3ß. ©auer, 5Da§ Jl^eater au 5Jlünfter
. . . 1763—1801 in müUex'^ 3citfd)rift für beutfc^e ^ulturgefd^id^te, 1873,
6. 553 ff. 'St. SBilmang, 3ur @efd)ic^te ber Uniüerfität 'üJlünfter in ben ^.
1802—18, baf., 1875, ©. 257 ff. 3)riber, ßibliotlieca Monaster. p. 142,
143. .^üffer, gt^einif(^--tüeftiaüf(^e 3uftänbe . . . 1873, 8. 33 f. gia^=
mann, 5la(^tidE)ten öon bem SeBen unb ben ©cfiriften münfterlänbifcfier (S(i)rift=
fteHer, 1866, <B. 115 ff. ^Jle^rere '"Jtac£)rirf)ten au§ Urfunben, .^anbfd^riften
unb ^itfficilungen jüngerer 3c^t9fnoffcn- 5ürftenBcrg"§ 5|}orträt, gemalt öon
SHinftafe, geftod£)en öon ^id^etiö unb ein anberer ©tirf) 1806 öon ^. ®. .^ucE
in .spannoöer. 5lorb!§off.
prftciibcrg: gronj @gon ö. 5-: f. %tmi ®gon ö. g.: fjürftbifi^oi öon
cpilbeifieim unb ^aberBorn, 5Bb. VII @. 306 f.
S'ürftcnBcrg=8tamm5cini : i^xan^ @gon, (SJraf öon i5f.=©t., ber lungeren
(r^eintänbifdC)en) ^inie ber nieberbcutfc^en f^ürftenBerg§ angel^örig , <Bo^n be§
1828 öerftorBenen greil^errn S'^eobor öon 5-, Se&- ani 24. 5)lärä 1797 ju
^erbringen Bei 3lrn§Berg. 6r ift öor allem Befannt gemorben aU f^atfräftiger
§reunb ber Äunft, Befonberg ber fir(ä)Iic^en Äunft. 2)iefe ^fleigung l^at er in
erfter fiinie burc^ nac^brürfUd^e ^eförberung be§ 5tu§Baue§ be§ i?ötner S)ome§
unb nod) mel^r al§ @rBauer ber öielBemunberten 9löoIIinari§!ird§e Bei Ütemagcn
Befunbet. 5Der ftreng fat^otifd^en 9tid§tung jugetl^an, ^at er im Greife be§
r^einifdE)=tDeftfätifd^en 3lbel§ eine nid^t unBebeutenbe Stellung eingenommen unb
biefe in feiner 35et§eiligung an bem politifd^en i^efien feiner ^roöinj unb be§
Öreufeifd^en ^taate§ erhärtet. 51ad^ bem 9iegierung§antritte ^riebridE) Söit=
'fjelmS IV. in ben (5)rafcnftanb erl^oBen, nimmt er an ben ^roöinjiattanbtagen
unb am öereinigten Sanbtag X^txl, 1849 tritt er in bie erfte Kammer ein.
SBon ba an toirb feine Haltung immer au§geförod^ener conferöatiö, Beaie]^ung§=
»eife contrereöolutionär unb offenBart fidt) an mefireren «UlaBvegeln braftif(|er
9latur, 3. 33. feiner S5etf)eiligung an ber ^Petition um bie SSefeitigung ber
ganaen SSerfaffung öon 1848 unb bie dntBinbung be§ .^önigS öon bem auf
biefelBe geletfteten @ib. ^n biefem conferüatiöen ©inne erfrf)eint er bod) aud^
unter ben SSegrünbern be§ preu^ifd^en aöod)enBlatte§ unb toirlt er at§ ^it-
glieb ber in ha^ ;^erren'§au§ umgetoanbelten erften .Kammer, in etfter '^cx^t
ftet§ ba§ Sntereffe feiner ^ird^e öertretenb. @r ift am 20. S)ec. 1859 geftorBen.
gürftenberg. 245
^Ürftciibcrg: Gafpar ö. 5., geb. bcn 11. DZoöbr. lö-tö ju äöaterlappe
an ber 9tut)v, füboftücf) öon Söert, geft. ben 5. Wcix^ 1618, toar ber jtoeite
©ol^n be§ Verebten ©taat§manne§ unb fuvfötnifc^en 3fiatt)6 ^ricbric^ öoii §.
unb ber 9lnna 2Be]'tpf)al, 16ejucf)te um 1557 unter l'eitung be§ ^riebrii^ Seur=
f)au§ mit feinen beiben älteften ^lübern g^fi'i-'ict) unb Sietric^ , xoeldjtx 1585
ben Sijc^aisl'tu^l ju ^^^jtaberborn befticg, ba» fiumaniftiic^e 6i)mnafium ju S;ort=
munb , bann bie Uniüerjität Äöln, promoOirte ben 1. Slpril 1566 |ier jum
Sicentiaten ber üte(^te unb lie^, nai^bem |ein ättefter 23ruber gi^iebrid) für if)n ben
geiftlic^en 8tanb getoä^lt ^atte, feine S)ienfte feinem ©tamme unb feinem 3}ater=
lanbe, bem unter ^rföln fte^enben ^erjogt^um äBeftfalen. 6r mar tfjeiti
nad)einanber tl^eil§ gleichzeitig 49 ^a^re S)rofte mehrerer ?Iemter, ©e^eimraf^
öon 5 fö(nif(i)en unb 3 ^Dtainjer ßurfürften fomie feinet SBrubers S)ietri(f) öon
^JJaberborn unb feit bem 19. 2{uguft 1613 bi§ na^e an fein @nbe Sanbbroft
feine§ gaujen öerjogt^umS. 5lt§ 3ftat]^ ober ©efanbter l^at er öon 1567 bi§
1616 alle 9tci(l)§tage befud^t, iencn 3U 9?egen§Burg 1608 aU „eltifter 9ieicf)3=
täger" unb ja^llofen ©efd^äjten, Sanbtagen unb äöal^len in ben Äur=, unb
gürftent^ümern ^ötn, SJtainj, ^^aberbom unb iMnfter beigemof)nt. Sie Siograpl^en
rü'^mcn bie Jreue, bie 3lnftrengung unb Unbef(f)oItent)eit, momit er bem 9teid)e, bem
SJatertanbe unb ber fatl)oIifc^en 9teligion biente. ©ein cinflu§rei(f)e» C'ebcn räUt
in bie bemegte 3^^* - melii)er bie 6inf äEe ber Spanier unb 'Jiieberlänber , bie
^ejenproceffe , ber §umani§mu§ unb neue Silbung^mittet im Kampfe mit bem
fc^otaftif(^en ©(^emati§mu§ , bie ©daläge unb (Begenf(f|täge ber ^Deformation
ha^ ©epräge geben. 3l(§ unter bem ßurfürften ©eb^arb 2ru(^fe| bon 2Satb=
bürg bie folgern ©tänbe unb ber 2lbet be§ ^jerjogtfiumS bi§ auf einen Otitter
ber ^Reformation zuneigten, fe^te 1583 6afpar lieber alle feine @üter auf§ ©piel,
als ba§ er bem alten ©tauben entfagte, unb lebte im @ri( ju '^aberborn bei
feinem 33ruber £ietric^, ber bamat§ Sompropft mar, bi§ er öon 2rucf)fe§' 9Za(^=
folger, ßrnft öon 2?aiern, in be§ erfteren Slngelegen^eit jur 33crfammlung nad^
f^rantfurt gefanbt mürbe, ^m näc^ften ^al^re leitet er mit ben baierifdC)en <öeer=
fiil^rern bie Söiebereroberung be§ Sanbe§. 5Die alte Crbnung mirb l^ergeftellt,
ber ©regorianif d^c Äalenber eingefül^rt, ßafpar er'^ält bie öertorenen ©üter mit
@eminn zurüdf, unb bietet mit Srfotg feinen ßinftuft auT, um mr bie Sln^änger
Xruifife^' 9}er3ei^ung unb @nabe äu erlangen, befolgt alfo milbere ©rnubfä^e
unb gerabere ^^Iane, mie fein S3rubcr Sietrid^, bem er fpäter gleic^müs Seiftanb
leiftet 3ur 9teftauration be§ ^att)oIici§mu§ im 5]3aberbornifc^en. Serei(^ert burcf) feine
Slcmter, t)od)begün[tigt öon ben dürften ju Äöln unb ^aberborn, ein ebenfo eracter
|>au§öater unb S}ermalter, al§ ©tatt^alter lieB er fid^ ben 18. Dctobcr 1585
bie faft ^unbert ^a^re fpäter mieber eingetöfte Sroftei [yrebeburg öerfe|en, öer=
fd^affte 1602 feinem ©o'line griebrid^ öon ^urmainj bie 3Imtmanneien gi-^^^i^'
unb Ttaumburg, gelangte 1572 in ben 33eft^ ber ©raffd^after 9)ogteigüter, er=
marb 1594 ha?> gro^e @ut ©d£)nettenberg bei ^Ittenbora unb bamit bie 9(ut=
na'^me in bie „grei=9Jtatricul be§ 9tf)einif(^en 2tbel§", faufte überall ©runbftüoEe
unb Sefi^ungen an, unb t)atte bie Mittel, nidl)t nur feine öielcn Äinber ftanbe»=
mä^ig auejuftatten , fonbern anä) aU tl^atfräftige ©tü^e aÜen ©liebern feines
©tammee unb feiner fyamilie beijuftel^en. @r f)at ben ©runb gelegt 3U bem
bebeutenben 33ermögcn unb ©ütern ber f^rüi^ftenberger. 5Iuö feinen ^od^beutfd^
gefcljriebenen Xagebüd^ern , bie öon 1572 — 1610 laufen, tritt er un§ entgegen
al§ eine t!§atfräftige, muntere ©eete, xeiä) an ßcben§mutl) unb ^^ocfie , o^reunb
bc§ „fräftigen xrunfeg", aber auc^ toie ein ^ann, in beffen ^i^eben fi(^ öiele @reig=
niffe be§ 9teidl)e§ unb bie micl)tigften Gegebenheiten eine» großen ÖänberbezirfeS in
^Jtorbbeutfi^tanb mieberfpiegeln unb ebenfo getreu in ftarfen 3ügfi^ aufgetragen bie
©itten, bie ©ewo^nl^eiten, bie fyefte unb 33ef c^äftigungen feiner 3eit "heraustreten. SBir
246 ptftenberg.
f)ören , um 16ei feinem pritiaten äöiifen p tierweilen , mit Spannung , toclcä^e •
^Infäufe, tt)el(f)c 9leijen unb OXnftrengungen er ju fünften ber ©einigen mad^t,
toie er acfert, gärtnert, anpflanzt, ben SBiejen^ unb Bergbau betreibt, toie er
bem SSaibloerfe ti'ö'^nt, toie er bauen unb fünftlern lä^t, wie er mit ©eletjrten
unb Äünfttern U^ Äöln, SJ^ainj, 5Jtarburg unb ^yrantfurt i5ü"f)lung t}ai unb
tDdä)e 3Iufträge er ben te^tern gibt. 6r "^at fteHenmeife SebenSregcln unb
fromme 5lnmutf)ungen in 9}erfen feinen Tagebüchern einfließen laffen , unb
mef)rere lateinifd^c (äarmina, barunter ba§ „Genius aulicus'' in atter'^anb Sßer§=
maßen öerfaßt, bie fpäter mit ben Poemata Ferdinandi IIb. Baronis de Fursten-
berg . . . ebirtfinb, Wie er auc^ fclbft öon feinem 3eitgenoffen, bem ©oefttr ^ropft
(SJobfrieb @ropper megen feiner SSemü^ungen unb @ntbet)rungen um be§ ®tau=
ben§ tüillen in lateinifc^en S)i(^tungen gefeiert würbe. ®r l^atte 17 Äinber,
8 mit feiner ß'^efrau Süfabetf) (Spiegel ^u 5pecEet§t)eim (t ben 1. S^uni 1587),
9 in einer morganatififien 6^e.
31. ©Dring, ©efdjiditc be§ @i)mnafium§ in S)ortmunb ©. 70, 127.
i?eben unb äßirfen (^afparl oon f^ürftenberg. ^Jiad^ beffen 2agebüd)ern. Sßon
Övanj Sgu. Bieter. 1873. (F. de Fürstenberg), Monumenta Paderbornensia ed.
Elseviriana 1672, p. 293—294. ©enfmale be§ Sanbeg ^aberborn, ... öon
f^erbinanb grei'Eierrn öon gürftcnbcrg . . . öon i^ranj 2^of. 5!Jticu§ 1844.
(5. 499 ff. 9lorbt)off.
^•Ürftcnbcrfl: ^ot). Söit^elm ö. fy., ^^ieifter be§ S)eutf(^orben§ in Siötanb.
6r entftammte bem unfern öon 91e^eim bei 3lrn§bcrg in SBeftfalen feit alter ^dt
anfäffigen (Sefct)le(f)t ber i^ürftenberge, bie in ben öffentlichen @efc^äften be§ Canbe§
unb in S)ienften auetänbifc^er <^en*en häufig begegnen. SBo^l am @nbe be§
15. ^at)r'f)unbert§ öon 3Bi("t)eIm ö. g. öon ^te^eim unb Sofia öon 3Bittcn geboren,
folgte er , wie e§ fd)eint, frfjon al§ junger 9Jtann ben ja^treiclien 2anb§leuten unb
SßerWanbten, bie bei ben S)eutfd)orben§rittern fo im 16. wie im 13. Sfatjr'^unbert
in bebeutenben Sc^aaren itir ©lüdE fuc^ten. ^loct) unter Sßalter öon ^Uetten=
berg, ber öon allen tiölänbifd)en 53^eiftern fid) ba§ größte 5lnfe^en öerfd^afft
l^at (t 1535), begann er in ber geiflli(f)=ritterlid)en ©enoffenfc^oft feine amtli(i)e
Saufba^n mit Erfolg. 5lu§ ber Stellung eine§ .^au§fomtur§ öon 3lfc^eraben,
bann cine§ Äomturä ju S)ünaburg, rücfte er im ^. 1553 in ba8 5lmt eine§
Äomtur§ öon ^^eUxn öor, ba§ als ba§ britte in ber 9tangorbnung be§ DrbenS
galt; im 3lpril 1556 würbe er 3um Goabjutor be§ ^Jleifter§ .^peinrid) öon @alen
ertoren um bemnäd)ft felbft in bie 5JteifterWürbc cinjutreten. S)urc^ ben 3lntf)eil,
ben er an ber 3luft{)eilung ber beutfdien Kolonie unter ben Selten unb ©ften na^m,
gewinnt er einen 3lufpruc^ auf bie atigemeine S5ead)tung. S)ic ©efammttage Siü=
Ianb§ berul)te um biefe 3eit auf bem ©egenfa^ ber particularen a3ilbungen ju ben
allgemeinen Umwanblungen, Weld)en ßuropa, befonber§ ba§ beutfd^e gjtuttertanb,
unterlag. @r öerfd)ärfte fid) öornemlid) baburd), baß bie Säcularifirung ^^reußenä
Siölanb jum einzigen 9}ertreter ber ftaatlic^en Schöpfungen be§ S)eutfc^orben§
machte, ^nbem c§ fid^ in feinem größten 2t)eite unter ber (Sewalt ber 9{itter
cr'^ielt unb ^na^kiä) ben reformirenben Senbenjen auf bem (Sebiet be§ religiöfen
Seben§ unbebingt 3ugang geftattete, fteUten bie gjtac^t^aber ba§ Sanb unb fi(^
felbft in einen donflict, Welcher eine beftimmte ßöfung nad)brücflic^ öertangte.
6§ fc^ien, baß nur bie grrid)tung einer ein'^eitlic^en wettlid)en <g)errf(^aft mit
ber natürüdien Erbfolge unb in ben öeränberten formen einer neuen 3eit ba§
öon beutfc^en 9iittern unb 3Sürgern befiebcltc Sanb in bem 3ufammen'l)ang ber
beutfi^en @efd)id)te ert)alten fönne. ^lllein in anbrer 5)teinung fd^lug Söatter
öon ^^lettenberg , bem bie ^ntfc^eibung übergeben war, einen ^Jlittelweg ein,
Weld)er bie beftimmte Söfung öertagte, ben ®egenfa|, ber in bem f^neEen 2fOrt=
fc^reiten ber allgemeinen Bewegung an Stärfe gewann, offen ließ. 3)arauf
^ürflenfaerg. 247
gingen bte fpäteren 3?ei-tt)icflungen unb baä 6nbe beö üDlänbiic^cn Staate jurürf,
ba^ ber 2Hei[ter bes Crbens, bem fein 9tauni in ber neuen ^^^tlage gegeben
toar, gemä^ bem 9tece§ öon aBolmav öon 1526 bie allgemeine S(f)inn'§enicf)aTt,
nic^t ober bie n)irflicf)e oberfte ©emalt über bas C'anb empfing, um bie oäcu=
larijirung unb ha% ginbringen beutfd^er 5ür|ten^en:i(f)ait au§,iu!d)Iie^en. @§
ergab \iä) öon jelbft, baß ba§ rigiji^e 6r3bi5tf)um bem entgegen trat. ^Jlarfgtaj
aSil^elm öon Sranbenburg , ein trüber be§ erften preuBiidt)en ^erjogs unb
3}ettet be§ Königs öon ^polen, eijt Goabiutor im ©rjftifl, bann Sr^bifdioT öon
9tiga , ift ein tftepräfentant ber entgegengefe^ten lenbenj , bie eben io mol mit
bt)naftif(ien ^nterejfen mie mit ber politifrf)en beutid)en ^het iid) öerbanb.
©egen feine 2(bfid§ten ric£)ten fic^ in ben näc^ften ^afirjefinten bie ||)riöilegien=
beftätigungen be§ Crben§ unb bie Sefc^Iüffe ber Stänbe auf ^nitiatiöe ber
^Dühifter, baB nur mit bereu guftimmung einem au5länbif(^cn g-ürften ber Zugang
3um9iegiment offen fein foll: im ^anbtag§abf(^iebe öon äöolmar öon 1546 rourbe
ber ßonfenö aller ©täube jur ?inna^me einei fremblänbifc^en fürftlic^en 6oabiutor§
gerorbert unb bie ©äcularifirung für alle 3eit unterfagt. ßrjbifcfioT 2Bilt)elm
naüim an biefem 33ef(i)lu^ 2^eil, cbujol er öon öorn fjerein ein 33eförberer ber
proteftantifcf)en 2e))xm gett3efen, bie bemühte Slbfonberung ber Siölänber öon ben
^ntereffen bes üteictis fannte unb fc^on öor ^afiren ju bem S5erbac^t 5lnlaB ge=
geben, er molle Siölanb ba§ (gd^itffal ^reu^ens bereiten, ^^ennoc^ teä^lte er
firf) (1555) unter bem Seiftanbe |)erjog ^Ubrec^ts öon ^^preu^cn unb Äönig
oigi§munb 5luguft§ öon ^$;oIen, toelijer ßonferöator be§ erjftifts tcar, ben
jungen ß^riftof öon ^eflenburg jum Ö'oabjutor. 2:a§ er^ftiitifdie Sapitet
gab feinen SSeifaE , aber im Sanbe mürbe ber ^Jlarfgraf öom Crben für einen
t^errdf^er ausgegeben. @§ lä^t fic^ beuten, baB ber ßrjbifctiof ber Unfialtbarleit
ber Dffentti(i)en 3uftänbe ju begegnen ftrebte, nid^t ot)ne eigenen polittfd^en unb
bi)naftif(^en ©tirgeij, boc^ aber in ber Sorge um eine gebeif)U(^e 3ufunft be§
i^anbe§: in ^reu^en l§atte baffelbe branbenburgifrfie 6au» ein erblit^es gürften^
t^um errichtet unb ein beutfci)e§ ©ren^tanb öor ber Ünterbtücfung bur^ ^^olen,
bae im Cften überttiiegenben 6influ| befa§, ftc£)er geftellt. ©egen ßiölanb er^ob
firfl jubem gerabc je^t ber ßroberungstrieb ber 3tuffen. — 3^ ©unften 61)riftof§
roünfc^t fein SBruber ;3of)ann 3Itbrec^t öon ^TTteflenburg im "itamen anbrer
9teid)öfürften toie Äönig ©igiemunb -Xuguft bie 3tuf:§ebung beg »iberflreitenben
5irtifct§ öon 1546 öon ben ©täuben. S;er Drben rüftete fi^ ju einem Äampf
ber SSerjtoeiflung unb mad^te ben .^omtur öon gellin, 2öi(t)elm öon 5-, äum
2räger be§ geiftli(i)=ritterlid^en ^rin^ipS, me((^e§ bem Untergange gelöeif)t mar.
3luf einem Sanbtage ju 3Solmar , ber in ^Ibmefenfieit bei gräbifd^ofi ^erab=
rebungen gegen bie branbenburgifc^=mef(enburgifc^en Intentionen traf, würbe g.
bem fcf)mad^en ^Jleifter al§ ßoabjutor beigegeben. ^Jtan mag bie p{)antaftifcf)e
ißorftetlung eine» ^eitgenöffifdien @(f)riftfteHer§ nic^t überfe^en: bie gonfteüatioTi
bes ^]Jlar§ unb (Saturn 'in ber Stunbe ber SBa^l bebeute einen Umf(^wung ber
2)inge unb Un'^eit. S)ie ©Egner gaben bie Söa^I für öorft^riftSmibrig au§;
o^ne S5orbereitung feien bie ©ebietiger faft im testen ^lugenblid ju it)r gejttiungen,
ba§ nähere 9lnred)t bei 2anbmarfdf)aII§ gafpar öon 9Mnfter, ber fi^ in einer
eigenen Schrift gegen ben 9}ortt)urf öerrät^erif(f)er (Sonfpiration geroet)rt ^at,
fei mi^ac^tet morben. 5}ier 3af)re fpäter, ba er felbft bei Seite gefd§oben mar,
lieB fic^ d- ^fn rcc^tmöBigen SSoUjug feiner 3öaf)t befcf)einigen. 2;ai aber ift
unjmeifel^aft, bafe bie ßrbebung biefee Goabjutore bie le^te cnergifc£)e Cppofition
ber alten Jenbcuäen bei Drbeni gegen bie politifd^en Kombinationen einer neuen
3eit einleiten foHtc. Seine SCßiberfac^er nannten i^n zornig unb freöelmütl)ig,
einen „müften ^opf unb mc^en, aufgeblafentn, roüt^enben Ü3lann", feine greunbe
aufrichtig unb braö, nic^t iä^ig Unre^t au leiben, öoll guten SöiHeni. ßi ift
248 fjütftenberg.
offenbar, ba^ btefer fid^ nun mit Dtad^brud gesen eine ^Bcrftdnbigung mit 5)]oten
unb 5pre'uBcn unb bercn gfürj|)i-e(^er riditete, ba^ %. fogar ben ^ian be§ 3)eutfci)-
meifter§, ba§ .^etjogt^um ^^reuBen für ben Drben ,^urüc£ ju erobern, au§ eigenem
eintriebe unterftü|te. i^ieraus öa'^nte ftd) bie ungtücflic^e ßntfd^eibung an unb
entfprang unmittelBar ber Sürgerfrieg , ber ']nx bie ©efi^icfe be§ Sanbe§ öer-
l)ängni^bott tourbe. 3)ie er^bijd^öilicCie ßoabiutur G^riftofä t)on 'DJleftenburg
fittbete ben 2lu§gang8pun!t, Briefe beä ßräbijcfioiS an feinen trüber in 4>reufeen
bienten aU S5orroanb aum Eingriff, ©ie würben aufgefangen unb galten bem
Crben al§ SemeiS für bie friegerifc^en 2lnf(^Iäge 2Bi[|eIm§ in SöerBinbung mit
bem abgefallenen Conbrnarfc^all unb mit au§tänbif(i)en fyürften. i^önig (5igi§=
munb Sluguft na^m ftd) 'DJiünftcrS an, mißbilligte bie äöatil gürftenbcrg§, inbem
er fte für eine ©efa^r in bem brof)enben ^ufa^'nenftoß mit ';)tufetanb au§gab,
unb !ünbigte eine miUtärifd)e SDajWifdtienfunft in ben Iiülänbifd)en 9tngetegcn=
l^citen an. 5Die Gegenpartei raffte aEe j?räfte pfammen: bie ©täube erftären
bem ßr^bifdiof bie Set)be, untcrftü^t burd^ ftäbtifc^e 5}knnfd)aTt üon 9{iga
briilt ein £)rben§f)eer unter ber Seitung ^yürftenberg'S, ber für ben Äampf jum
oberften (Velb^errn ernannt mar, in ba§ (Sr^ftift, ^}lartgraf Söit^elm mirb in
feiner 9ieftbena .^ofen^ufen gefangen (1556 Sfuni) unb in ein ftrengeg föema'^rfam
abgeführt; fein (^oabfutor Citjriftof mirb a(§ unfct)ulbig entlaffen. 3f" ben biplo=
matif(i)en 5öert)ani>lungen, bei metctien öiet me^r i^. at§ ber alte 5Jtcifter ©alen
auf ©citen be§ Drbenä im 3)orbergrunbe fte{)t, machte man au§ feiner ^''iw^
neigung ju ©dimeben unb ju S)änemarf fein ^e^t. ^n bem ^JJtaße jeboct), in
Weld^em fic unfrud)tbar ju bleiben öerfprad), nal^m bie 5öerroicflung mit ^reußen
unb ^^olen p: auf bem ^ijer'^ältnil ju i^nen rul)te bie @ntf(^eibung. Sae
gteic^, 3)änemarf, ©c^roeben, Öübeif, 9}te!lenburg, '4>ommern öcrmitteln, aber
^polen, ba§ eine große Iruppenmac^t an ber ©renjc :^at, gibt ben ?lu§=
fd^lag. 5., ber nad) bem iobe ®alen§ im ^3lai 1557 felbft ^Jteifter gcloorben
unb nun mit feiner .'peerfdjaar an ber furlänbifdien ©reuje bereit fte^t, muß,
um ben ßrieg abjutocnben, auf 3)ertangen be§ ÄönigS fid) nad) ^soStool
(Sitauen) begeben, üor ©igi§munb 5Iuguft einen «sußfall tl)un unb ^rieben ge=
loben. 5Die 5Berträge, bie l^ier bictirt mürben (5. ©eptbr. 1557), bejeid^nen in
SSirflid^feit ba§ @nbe ber liDlänbifd^en Cvonföberotion; bie ^Jolitifer be§ Drben§
befd)leunigten e§, inbem fte c§ abjutDe^ren gebadeten. 2)er gr^bifi^of mirb
reftituirt, berßoabiutor beftätigt, bie ßoabjutur frei gegeben unter 3lnerfennung
be§ ^}teceffe§ üon 1546. aBa§ aber bamal§ a3ef(^lu| be§ l^anbeä, ift jc^t ein
@unftbemei§ be§ polnifc^en Äönigg; bie ©cmalt über bie uneinigen ©tänbe ift
{"^m gegeben, fein ein'^eitlidieä ^Jtegiment ftet)t im 2Bcge; bie Untermerfung ber
2anbe§tf)eile, bie er begehrt, ift nur nod) eine <vrage ber 3pit. ^^-'ii^K^ ^Q^* ^^^
5J]|öglid)feit öorl^anben bie ©elbftcinbigfeit unb eine Äraft be§ 2Biberftanbe§ gegen
bie bluffen in einer meltlic^en ©taatenbilbung unter ber ^olieit ^^^olens, bie nid£)t
unmiberruflid) toar, 3U finben. ©eit bem S^age öon ^o§tool ift jeber öalt gc=
fd)tDunben. Sie 3lnfprüdE)e be§ DrbenS bleiben biefelben ben neuen 33eriE)ältniffen
äum Sro^, ^eifter ^. öertritt fte al§ ein ^elb ber alten ^litteraeit mit 3ä^i9=
feit unb Ungeftüm : bie (Srfenntniß ber politifd^en Sage fd^eint il)m gan^ ju
fehlen. S)ie einzige freimiHige ßonceffion ^^ürftenbcrg'g an bie !;}teform in ©taat
unb ^ird^e ber 3eit mag man in einem geiftlid^en Siebe erbliden, baö er in ben
erften i^aliren feiner amtlichen Saufbalju (öor 1545), ni(^t o^ne 5lnflang an ben
proteftantifd^en 3uS ^^^ Seit, gebietet ^at („Sld^ ©obt wil nW) erl^ören").
^m Kampfe öermo(|te g. fidt) fo menig ju bel)aupten tuie in ber ))o^tn ^olitif.
^m i^anuar 1558 erfolgte ber (SinfaE ber bluffen in SiPlanb, ba§ 3eid)en jum
äuGeren 3ufammenfturä ber ßonföbcration mar gegeben. S)ie Oiuffen , bie au§
aal^lreid^en X'^eilljerrfd^aften ju einem be§potifd)en ©taate bereinigt toorben,
^ürftenberg. 249
folgten bem natürlid^en Srieö nac^ (Jvtoerfi ber ^Jleereifüfte : e§ (ag naijt i^m
bur(^ eine gemeinfame 5(ction mit SSerbünbeten ober mit Sd^irm^erren ju be=
gegnen- 3m (5(f)tt)anfen feiner gnifdöUe^ungen fnüpft ^■., bem auf bem Sd)lad^t=
fetbe ba§ @lücE nid)t jur ©eite ftei)t, balb mit jDäncmarf unb ©c^toeben, balb
mit 5poten an, ot)ne ju ftd)eren Srgebniffen ju gelangen. ©d)on im ^uli toirb
i^m, ba bie Saft be§ 2ltter§ feine t)o^e ©eftatt beugt, ein goabjutor beigegeben
in ber ^^erfon ©ott^arb .^ettter'S, be§ ^omtur§ öon ^eüin , ber bereite feit
Salären im 9tei(j§ unb in ^otcn im ^ntereffe be§ Drben§ t^ätig geioefen. 6r
eräielt einige SBaffeneriotge ; auf biplomatifd)em @ebiete gewinnt er bie Seitung,
er mirft nacf) alten Seiten , aber bie öorne^mfte 3luTmerffamfeit toibmet er
5ßoIen, auf bem attein bie Hoffnung fte^t. g. nimmt an ben ©efc^äften Jtieil,
aber burd) weite etgenmä(i)tige 3ugeftänbniffe an Sänemart burd^freujt er bie
5)}Iäne feine§ ßoabjutorg, tcie er bie Ünjufrieben^eit ber Orbenggebietiger ertoecEt.
3u beginn beg ^a^reS 1559 fie^t er fid) jur Slbbanfung geäloungen; bi§ 3ur
9tücf£ei)r Äettler'S au§ 5^oIen fott er im Slmte bleiben, ^ä^renb 5. nun einen
Sl^eit be§ Sanbe§ ©c^toeben anträgt, um bie ^riegStaffe ju füEcn, unb ju Ütiga
bie erfte Sanbfdja^ung in Siblanb au§gefd)rieben toirb , einigt ft(^ Äettler mit
fel^r umfaffenben ä^ottmadjten auögeftattet mit Äönig ©igiSmunb 5luguft in
Söitna 31. Sluguft- 51}olen=Sitauen getoä'^ri feinen S3eiftanb für ben .^ampf
mit ben Oluffen gegen 3lbtretung getuiffer ©ebiete an ber S)üna unb unter 3luf=
xid)tung feiner ©c^irml^errfd^aft über Siölanb : ber SSorbel^alt ber £>beia-ed)te be§
9i:eid)§ l)atte auf beiben ©eiten nur formalen SBert!^. hiermit war ba§ 5Jteiftcr=
tl)um gütftenberg'ä bur($au§ beenbet. i^n i^rolge' ber biplomatifc^en 2:ran§=
actionen unb auf ba§ au§brücflt($e 9}erlangen be§ polnifd)en ^5ntg§, beffen
5politif mit berjenigen fyürftenberg'S ni(i)t l^armoniren fonnte , übergab ber alte
9Jteifter in einer SJerfammlung ber ©ebietiger ju Söenben ba§ 9tegimeut , Sep=
tember 1559. @c^Wad)^eit , 'Filter unb Unöcrmögcn gibt er felbft al§ Urfac^en
feines 9tücftritt§ an. S)ie ©tänbe würben i^re§ (äibeg entlaffen, er fd)ieb o^ne
Sln^ang au§ bem 5tmte. Sie feinblid^en Ütii^tungen, bie fic^ in bem %i)un
beiber 'DJteifter begegnen, führen fie no($ einmal wiber einanber. S)er ülürftritt
^}ürftenberg'§ gibt im Sanbe ju einer fdiarfen ^rttif feinet ganjen 95erl)alten§
SlnlaB, bie poütifd^en ©dintte Bettlers werben üom alten DJteifter, ber noc^
immer öem 9teic^ unb Dom Seutfd^meifter be§ Drben§ bie Ütettung be» Sanbes
erwartet, unumwunben getabelt. Slm @nbe ftnb bie @(i)Wierigf eiten , bie faft
bt§ 3ur ^^bbanfung Bettler'» füljrten, huxä) eine 5lb!unft fel)r materieller 3lrt
ge'^oben: gewiffe (Sebiete werben 9^. jum Unterhalt bei-fdirieben , barunter bae
burd) feine natürlid)e Sage unb burd^ feine SSefeftiguugen auSge^eidinete 6(^lo§
gettin Mpxii 1560). i^ier cnbete fein 3lufentl)alt in Siblanb. Ueberl^aupt uod^
!riegerifd| tljätig fe^te er im 2luguft 1560 bon feinem ©i^lo^ aug ben 9tuffen
energifdien äöiberftaub entgegen. S)urc§ 3}errat^ ber Sanbgfned^te Werben bie
33elagerten 3ur Uebergabe gezwungen, mit einer reichen S3eute fäEt g. in bie
^änbe ber Ütuffen (20. ober 21. 5luguft). Bettler traf bie Slnftage, ha^ er
ben alten ^Ifleifter nic^t 1)a^t entfe^en Wollen, ^n ^JioSfau blieb er mit üielen
2anb§leuten ber (Befangene be§ Qaxen ^Wan äöaffiljewitfd^. @ine wo^l ber=
bürgte .^unbe, bie nad^ Siblanb brang, ließ fein ©eWal^rfam Weber arm nod^
brüdenb erfd^einen. ©in ^dt)X fpäter mad^t ber S)eutfd§meifter einen bergeblid^en
Sßerfudl) ju feiner Befreiung , im ^. 1564 wirb er erneuert, bodf) auä} je^t
Ijaben bie reidien @ef(^enfe, bie bem S^^xtn überliefert Werben, feinen ßrfolg.
5)lit bem ^toüember biefes Sa§re§, wo ii)n üiafael Sarberini, ber ©efanbte ber
Königin '^axia öon ßnglanb, in ^;)Jlogtau gefe'^en, fd^winbet f^ürftenbergg ©pur
au§ ber (Sefdt)id^te. 5Dem J3anbe, bem er alg ^;)Jleifter borgeftanben, blieb ftc tief
aufgebrücEt.
250 gurtetiBad^.
Serbin. 0. fJütftenbexg'S Mönuiii. Paderborn. 3lmfterbam 1672. Uebex
Baltijd^e Cuellen unb Sitteratur ögl. SBinf etmann , Biblioth. Livoniae bist.,
2. 9lu§gal6e, aSerUn 1878. ^ö^Ibaum.
g-urtcnbad): Sojep^ gf., m-c^iteft, geb. ben 30. 2)ecbr. 1591 in ber
9teic£)§ftabt Seutfhd). ©ein fSatn .^ieronljmug, ftäbtilc^er Sted^ner unb 33au^cn;
bafelbft, I6rad)te it)n in feinem je'^nten Satire in bie ©(i)n(e nad) ^^n\) , tuo er
aber nur jroei 3^al)re blieb ; bann fe^rte er jurüdE nad) ßeutfirc^ unb tt)urbe tro^
feiner 3fugenb ^wei iSa'^re auf ber |täbtifd)en ^aujlei bef(Jäjtigt. 1605 reifte
g. , um fi(f) für ben |)anb.el§ftanb , ben er ju feinem fiinftigen 33eruf ertuii'^lt
t)atte , auäjubilben , nac^ ^ftitien. 6r öerbra^te in ^JUilanb , ©enua unb
f^lorena lO^atire unb eignete fid^ in biefer^eit ni(i)t bto§ grünbü(f)e ^enntniffc
in ben .s^anbet§fä(i)ern an, fo ba^ il^m bie tt)id)tigften ©efdiäfte anöertraut
tDurben, fonbern er legte fid) auc^ mit befonberem ßifer unb ©rfolg auf matt)c=
matifd)e äöiffenfdiaften , namentlidC) aber auf bie ^öauhmft, ba§ 3^ngenieur= unb
5trtilierietDefen. 2tl§ feinen 8el§rer in biefen f5äd)ern rül^mt i^. ^aoto 9li^io,
beffen Unterricht er in @enua 7 ^afire lang geno| , ©ratio 5ßarigi , in beffen
Ärieg§fd)ulc in ^lorenä er fic^ ein 3^at)r lang auffielt, ^Imbrofio Gufano, au^er^
bem öon 5Deutf(^en ^an§ 9}elbl)aufen au§ 9iegen§burg unb A^auptmann @eorg
§off öon (5t. a3eit am ^Pflaum. 5(u^erbem ma(f)te er auf feinen auSgebcl^nten
Reifen in ;3tatien, auf benen er mieberl)olt in jiemlidie 2ebcn§gefa^r gerietl), an
ben öcrfii)iebenften Sautoerfen einge'^enbe ©tubien Tin biefer ^infid)t Ijebt er
namenttid^ ben öon ba SSignola in ßaprarola für ben ßarbinal gß^'nefe erbauten
^alaft Ijeröor) unb er'^ielt buri^ ben Umgang mit einer 9ieil)e' üon ©ele'^rten
unb J?ünftlern, mit ©alilei jum SSeifpiel, ber it)m ein öon il)m öerbefferte§
''}Jtobett einer ©d)raubc o'^ne ©nbe öerel^rte, bie öielfcitigfte 3lnregung unb @r=
muntcrung. 6ine fpecielle ^^^-'ut^t feine§ 9lufentmt§ in Italien ift fein itine-
rarium Italiae, ein Säbefer be§ 17. i^al^r^unbertS , ber atterbingS nur Dber=
unb ^Jlittelitalien umfaßt unb mit einer ^arte biefer Sänbcr unb öielen ^upferftic^cn
öon ©egenftänben , bie für ben ?lrd)iteften unb ^Ingenieur öon Sebeutung finb,
au§geftattet ift. 9lac^ feiner Stüdfel^r au§ Italien manbtc fic^ g. nad) Ulm,
roo er ein .<panbel§gefd)äft äu leiten l)atte. Qx betrieb ba§ @efc§äft aud) mit
fold^em @rfolg, ba^ fein ^^srincipal i|n balb jum 6om)3agnon annalim. 3)ie§
S5erl)ältni^ bauerte aber nid)t lange, ba e§ jtoifdien beibcn mibermdrtige Streitig^
feiten gab, unb g. fic^ bitter über bie ßl^ifanen feinc§ @efd)äft§freunbe§ ju U=
Hagen l)atte. ^m ^. 1627 mürbe f^- ^ie ©teile eine§ bürgerli(^en 2ieutenant§,
1628 bie eine§ SlrtiÜerie'^auptmonnS anöertraut. 1631 tourbe er jum a3au=
l^errn, b. f). jum jmeiten S)eputirten be§ SBauamtä, ernannt, 1636 in ben Siatl)
ertoälltt. 5ll§ 58aul)err enttoidelte 5. eine fel)r umfaffenbe unb frud)tbringenbe
2:^ätigfeit. @r öerbefferte ein in ber ©tabt gelegene^ Sajaref^, fo ba^ nunmehr
eine größere ga'^l Äranfer bort öer^flegt tuerben fonnte, unb baute öor ber
©tobt 1634 au§ 3lnla^ einer lieftigen 5pcft ein jmeiteS, bebeutcnb größeres,
beffen bequeme unb ättjedmä^ige @inrid)tung allgemein 3lnElang fanb, ferner ein
äBaffermerf, für beffen gelungene 2lu§fül)rung il^m ber 5Jlagiftrat freie§ Söaffer
in feine 2öol)nung lieferte, ein ©^ull^auS, bei beffen 23au er bie bamal§ noc^
wenig gcmürbigte 3lbfid)t l^atte „bie ©c^ulfinber bequem auSeinanber fe^en ju
fönnen, bamit fie in ben fleinen ©tuben nid)t ferner mic bie geringe aufeinanber
gepreßt fein bürften", ein Sweater im Söaifen'^auS , in bem bie SBaifenlinber
fleine ©tüdc auffül^ren lonnten. ©ein eigenes .§au§, ba» er in feiner architectura
privata cinge^enb befd^reibt , ift ein fpred)enbe§ SSeifpiel feine§ ®efd)mad§ unb
feines praftifi^en SSerftanbeS. %nä) au§märt§ l)atte %. mani^erlei Sauten au§=
jufüliren, ober bodC) bie 9tiffe auäufertigen , fo für bie abgebrannte J?ird)e in
©c^ornborf unb für ba§ ®t)mnafium in 5}tunberfingen. SSon t5eftung§mer!en in
^uttet — pttl). 251
lUm Tüi)vte er ^xon 3tebouten o6erf)a(b ber Stabt auf beibcn Ufern auf, ätoijd^en
benen ber Strom burdf) eine ^ctte gelperrt trurbe, ein 9tQt)e(in ebenfaßs an ber
2)onau unterhalb ber ©tabt unb eine§ öor bem jc^igen S^onaut^or. 3tu(f) an
bie fd)on Dor^anbenen Sßerfe legte er feine beffernbe .^anb. 'JteBen feiner praf=
tif($en 2;{)ätigfeit ma(f)te er ficf) auä) nocf) a(§ Sc^rer im 3lrc^iteftur= unb ^n=
genieurfad^ ju fcfjaffen unb unterricf)tetc Seute, bie t^eitujeifc öon ?iorwegen nad^
Utm gcfommcn tnaren. 33on SBert^ für feine Unterri(f)t§,^n)ccfe tnar feine rcic^=
faltige ^Jlobellfammlung , beren erfte 3tnfänge in feinen 5(ufentt)att in Litauen
äurüc£reict)en, unb bie er forttüdl^renb ju ertoeitern Bemüht mar. Sßie Bebeutenb
biefetfee war, er^eEt fd^on barau§, ba§ fie 16i§ jum ^a^re 1663 üon über 1200
5Iu§tänbern 6efu(i)t npar , barunter üon dürften unb ©rafen, fo öom Äurfürften
Äarl ^^ubn)ig öon ber ^pfalj, ber bann ^5- narf) ^eibet&erg einlub, if)n jur Sarel
äog unb no^ mit einem ^a^ Sßein regalirte, öom 5Rarfgraf ßarl bon Saben
unb anberen. i^. ftarb ben 12.;3anuar 1667 an ber äöafferfud)t. ©ein 2öa^t=
fpxud^ lüar: Con la patienza, s'aquista scienza.
Ääftner, @efd)itf)te ber 5}latf)emati!, 33b. IV. ^ofef gurtenbaci), gjtanu^
fcript ber Utmer ©tabtl6ib(iott)ef öon ungenanntem QSerfaffer. Söet^ermann,
^ad)rid)ten öon ©ete^rten, ßünfttern ic. au§ Ulm. Utm 1798.
^ ö c^ ft e 1 1 e r.
gurtet: 2Jlid§ael fy. , S5u(^brucfer in SSafel öon 1494: — 1517. S)urc^
einen 2;rucEfe'f)ter auf bem öon il^m gebrucften Söerfe: ,,Reformatonum vitae
morumque" jc. , mo ftatt ber ^a^x^d^l 14 94 bie ^a^i 1444 fte'^t, tourbe er
lange ^tit ^inbur($ für ben erften ^udibrucEer gehalten unb barauS ber ©t^tu^
gebogen, ba§ in Safet um biefe§ i^a'^r gebrucEt rturbe, mäl^renb bo(^ bie gorfdEiung
feftgefe^t f)at, ba§ bort erft 1472 mit 33eftimmt]^eit bie 5tu§ü6ung biefer i?unft nac^=
toeiebar ift. @rft bem befannten 6e(ef)rten ^acob 6^rifto|3^ Sfe^in, Soctor unb
^Ißrofeffor ber 2;^eoIogie in SSafet, ift e§ gelungen, biefen g^^iter ju entbecfcn unb auf=
3uf(ären. 6r ^at ben ^en)ei§ bafür in feinem f)iftorif(f) = geograp'^ifd)en Öericon
unter bem Sfrtifet „^ucfibrucfer" erbrat^t. ^. brucfte Diele bebeutenbe SBerfe
unb öerbanb fic^ im ^. 1508 mit bem 3?ud^brucfer ^o^anncS ©c^ott (3oanne§
Scotui) au§ ©traPurg, toelcfier öor^er in ^yreiburg im 58rei§gau brucfte, bann
mit S'urter gemeinf($aftüc^ ju ^afet unb fi(^ bann mieber öon i^m trennte,
inbem er öon 1510 an allein n)ieb er in ©tra0urg brucfte. @§ gibt öerfi^iebene
33ü(i)er, n)e(d)e bie 9lamen beiber tragen, lieber bas Seben öon 5'Urter ift nicf)t§
befannt gemorben.
©tocfmet)er unb Üteber, 35a§(er 95uc£)brucfergcf(i)icf)te, ©. 73 — 84. ^Pan^cr,
2tnna(en ber älteren beutfc^en Sitteratur. ^^anjer, Annales typograph.
i^uöfauer, 3)ru(iftü(ie aus bem 15. ^al^r!^. Heldin er.
gürt^: öon 5- 5)ie greif)erren öon ^yürt:^, -SBernarb 6:^rl)fart,
geb. am 25. Dctbr. 1782 ju Slai^en, t am 2. Cctbr. 1849 al§ 2lppeIIation§=
®ericf)t§ratl^ 3u (Söln, unb fein ©of)n 3tuguft, geb. am 22. ^uli 1812 ju
3Ia(i)en, j am 1. 5luguft 1846 ju 5)lünc^en, maäjten fiel) beibe um bie gie(^t§=
gefcf)i^te öerbient. ^enn, Sanbgeric^tSrat^ in %aä)en, erl^ielt im ^erbft 1833
öon bem öreu^ifc^en i^uftijminifter öon Äampts ben 3(uftrag, ba§ 5lrrf)iD bei
91ac^ener ©c^öffenftu^Ie , ber für biete ber 9fiei(^§ftabt Slacfien bena(f)barte Crte
unb 2anbfdf)aTten ein St^peü^of mar (ögt. <^. .Öoerfd^ im erften 3:^eile ber ®e=
fcf)i(fjte 3(arf)en§ öon fy. öaagcn, 33eifage 2), 3u orbnen unb ftattete im fctgenben
^a^re einen ausfü^rlidfien ^eric^t über feine Ü^ätigfeit ab. 3^ einem größeren
Söcrfe über 5(arf)ener 9}erfaffung unb ©tatutarrecf)t , mie fie fid) öorjuglmcife
feit bem 16. ^a^rfjunbert entmicfett !§atten, fammette er rei(^e§ ^]JlateriaI, ba§
in fünf goüobänben in 5)^anufcriöt im S5efi|ie feine! ©o^ne§, bee C'anbgeric§t§=
rat^eS ^ermann öon ^vürtl^ in SSonn, ficE) befinbct unb ba§ bem ®ef(^i(i)t§=
252 5urtmat)t — gfuft.
]ä)xeibtx be§ ^tad^encv 9led)t§ ]c1)X iövbevtid) fein tuivb. S)eS grei^errn 33evitarb
öon i^nxt^ älteftev ©oI)n 9luguft abfoloii-te ba§ ©tjmnaftum feiner 9)aterftabt
unb Bejog im ipevBfte 1829, 17 ^aiive alt, bie llniöerfttät ^cibelbevg, tüo audC)
fein SSater [tubirt ^atte, unb ging bann nad^ 5)lüncf)en , too ei; bie mit großem
a3eifatt aufgenommene ©c^nft über bie ^Jlinifteiialen t)evau§gaB unb am 1. 9lug.
1846 3um gvoBen 83cbauei-n berjenigen ftarb, tt)eld)e ba§ @rfd)einen ber genannten
©d^tift 3U großen grtuavtungen feinerfeitS bered)tigt f)atte. (^an ögl. ^. Soerfrf),
Slad^enev 9lect)tsbenfmä(er, ©.13.) ^aagen.
gurtmot)r: *4>erc§tolb 5-, ^iniotutmaler , erfcEieint jwifdEien 1470 unb
1501 als angefe^ener SSürger ju 9legen§16urg; im 3- 1471 !6efa^ er nac^ 3lcten=
au§tüei§ ein<^au§ mit ©tabel für 12 ^f erbe, toar 1499 ©(^utbner eineä gettjiffen
spranfEiater unb ftarb um ober balb nac£) 1502. 3Ber!e öon feiner ^^anb finben
fid^ nocf) f)ier unb ba. 58on ben SSlättern ber SBeltd^roni! in ber fürftlidien
aSibliof^e! ju ^aitiingen l^ält ©igl^art bIo§ ba§ erfte SSIatt für gfurtmai)r'§ Slrbeit.
5lnber§ öertjält e§ fid) mit bem atoeiten SBert ebenbafelbft, toeldieä in 2 58änben
einen 2:t)eil be§ alten Steftamenteä barfteüt. i^. jeigt fid) l)ier al§ trefflic£)en
;Sttuminiften. Sfm erften Sanbe fte^^t: 5E)ur(^ ercn ber feufd)en mat)b ift bo§
toerf berait anno dorn. MCCCCLXX per manus perchtoldi furtmayr ylluniinystae;
im jmeiten: 2}oEenbet nad^ unfer§ l)frn Öeburt im 1472 jar am ©t. $Dorotl)een
tag ju ern ber reinen ^Jlaljb. S)er ©d)reiber be§ 5Jlanufcript§ toar ©eorg 9iorcr
öon 9iegen§l)urg. S^o§ bebeutenbftc 2Berf gurtmat)r'ä ift ba§ ^iffale , ioeld)e§
ber ^ünftler 1481 für ben Sifd^of SBcrn'^arb öon ©al^burg malte. @§ befinbet
fid) je^t auf ber 9)tünd)encr ^of= unb ©taatSbibliot^ef unb befte'^t au§ 5 33änben.
33gl. S. ©ig^art, ^Jlitt^eitungen ber f. f. Gentralcommiffion, 1862,
©. 146, unb Serfelbe in feiner (i5efdf)idf)te ber bilbenben Mnfte in 33aiern,
1863, ©. 649 f. SB. ©d^m.
5u|: ©eorg Gilbert ö. fy., ©o'^n, bej. ßnlet ber ^^JeterSburger skaitjt^
matifer ^aul .gjeinr. unb 9?icolau§ ö. g-., geb. ju Petersburg 1806 am 13. S)ec.
(a. ©t.), t 3u Söilna 1854 am 5. Sfati. (a. ©t.), mar 5lftronom an ber .öaupt=
fternmarte ju ^ulfotoa (1839) unb S)irector ber ©ternmarte ju äöilna feit 1848.
6r felbft nannte al§ feine midf)tig[ten Slrbeiten : „@eograpl)if(i)e, magnetifd^e unb
l)t)pfometrifd^e SScftimmungen auf einer Üteife mit 33unge nad^ ©ibirien unb
6l)ina 1830—32". (Mem. acad. Petersb. Ser. YI. Tom. III. 1838. g. begleitete
al§ 5lftronom bie gciftlidt)e ^Jhffion nad^ '4>et'ing.) „Sefd^reibung ber ^ur 6r=
mittelung be§ |)ö'^enunteifd^iebe§ jtoifdien bem fd^luar^en unb !a§pifd)en ^Jleere
1836 unb 1837 öon &. M, 31. ©amitf(| unb (S. ©abier auggefü^rten gjleffungen",
©t. ^Petersburg 1849. (herausgegeben öon 2B. ©truöe.) — „Heber eine @leid)ung
33iof§ für bie 9tefractionSbifferenä bei gegenfeittgen 3enitl)biftan3=35eobad£)tungen"
(Bull. acad. Petersb. IV. 1838). „Sur les causes et l'effet de l'inegale
röfraction dans la mesure simultanee des hauteurs terrestres" (Ib. Y. 1839).
„Seftimmungen ber Ütefraction unb ^'pö'^en ^meier unb mc'^rercr SBerggipfel burd^
S3eobac£)tungen öon jroei ©tanbt)unften auS" u. (Ib. id.).
^ßoggenborff, 33iogr.=lit. Jpanbloörterbud^ ; SSriefmed^fet 21. b. .^umbotbt'S
mit |). 3Serg"^au§, II. 20—42. ^. Sötoenberg.
%l\^' So'^ann fy., ßomponift, geb. 1777 juSlotna in Ungarn, t 9. 5Jlär3
1819 in 2öien. '^aä) erfolgter ©d)ul= unb nebenbei betriebener mufifalifd^cr
3Sttbung Apofmeifter auf einem (Sute im ©tu'^lmeilenburger (somilat, mo er aud^
ben mufifalifdien S)orfgotte§bienft leitete unb in tleineren bramatifd^en 6ompo=
fitionen fid) öerfu(i)te, fam g. als 5Jtufi!meifter nad) ^prepurg, eräielte l^ier mit
ber 5luffül)rung eineS 3)uobrama'§ „^t)ramu§ unb 3:l)i§be" auf bem ftänbifd^en
2;l)eater einen nid£)t gemö^lidt)en ©rfolg, ber i^n öeranla^te nad) äöien ju ge'^en
unb bort unter 3llbred)t§berger feine mufifalifdt)en ^enntniffe 3U öeröoHftänbigen.
9u§. 253
3fn .öat)bn crrcarb er ficf) burc^ einige dom^jofitionen jür ben ©efang, bag
ßlaDiet unb Crc^efter einen n)ot)ttt»oüenben 6önner. 9}on SBien folgte {y- einem
?iui als ."^apellmeifter nQ(i) ^repurg, öon too er narf) einer anerfennen§tt)crtf)en
x^ätigfeit naä) 2Bien jurücEfe^tte, um bort a(§ Ce^rer unb domponift ju mtrfen
bis an fein ]xnf) errolgtes (Jnbc. Sr öeröffentlidite bem ©eure nacf) jefir t)er=
fd^iebene, teitfiame Sompoittionen unb fc^xieö üerfdiiebene , megen i^rer jc^önen
Sinfaciil^eit unb if)re5 9tcic^t^um§ an ©ebanfen mit großem 33eifaü aufgenommene
Cperetten, S)uo= unb ^elobramen (äöattoort, Sfaaf, ^ubit^, ^acob unb 3tac^e(,
S)er Ääfig, ^;panbora"§ 33ü(i)fe u. a.), wie aut^ eine Cuüerture ^u <Bd)iiiex§>
33raut öon ^Jtefixna. ^ofep^ ßür|(i)ner.
gu^: ^oi). S)ominicu§ ^., ^^ilolo^ unb S;i(f|ter, ge6. ju Spüren
1781 (?), t am 31. ^an. 1860 ju Sütti^, 78 ^a^re alt. 9larf)bem er me'^vere
Sa'^re al§ @t)mnafiatlet)rer 3u ßöln getoirft unb buri^ bie crfte StuSgabe ber
Stfiriit be» Bl)3antini]cf)en ©(^riitftettcrS ^o^. Saurentios Sl^boi über bie '}}lagi=
ftrate be§ römif(f)en Staats (Parisiis 1812) fic^ einen gead)teten '3Umen a(§
^J^itotog ermorben f)atte, tourbe er, als bie nieberlänbif(^e Ütcgierung 1817 bie
Unioeriitdt iGüttie^ erri^tete, at§ ^roieffor ber lateinifc^en t'itteratur Berufen, in
toetc^er SteHung er fortan tierblieb, bi§ er au§ SUtersfcfiroäd^e in Otu^eftanb trat.
Sa feiner 2tuggabe be§ £r)bo5 ber gro^e «Kenner btijantinifdier Öitteratur ^arl
33eneb. ■üaie eine titterarftiftorijc^e (Sinteitung über !!3t)boö unb feine ©i^riften
tiorangefd^icft f)atte, beflagt fid^ Qf- wtit 9lec§t („Goethei Elegiae XXIII etc.
latine redditae", Leodii 1824. p. 57), "ba^ man bem berühmteren ©ele^rten
aucf) bie fd)toierige Bearbeitung be§ 2!erte§ unb ber tateinifdien Ueberfe^ung beilege,
ein ^el^ter, ber nodf) in 5pautt)'Ä 9tealenct)cl. ber ctaffifiiien 3Utert^um§to. IV,
1281 (1846) aufgetüörmt rourbe. Scf)ümmer als biefe 33erlDe(^§Iung ift ber
Umftanb , ba^ ^mm. SSeffer in feiner 35earbeitung be§ \?l)bo§ für bie Bonner
3lu§gabe ber 33t)3antiner überfa^, ba§ g. bebeutenbe '3ta(^träge jur SSerbefferung
be» 3:ejte§ unb feiner tateinifc^en Ueberfe^ung in einer Epistola ad Car. B. Hase
(Leodii 1820. geliefert t)at. 2;ie Sefc^äftigung mit 2t)bo§ unb feine 3}orträge
an ber Uniüerfität fü'^rten i^- aud) jur Bearbeitung eines .6anbbucf)§ ber römifc^en
^Iltert'^ümer in lateinifc^er ©prac^e, ba§ in brei 3tuf lagen (julefet 1836) erfd)ienen
ift. 3tber bie eigentlirf) gelehrte I^ätigfeit mar es nit^t , bie feinen Otamen in
rceiteren .^reifen befannt gemacht "f)at, fonbern feine Berfuc^e auf bem @ebiete
ber lateinifcfien Sicfitfunft. ^ein 5^euerer toar für biefe gelehrte iänbelei fo
begeiftert trie^^. ; über ben Dermeintli(^en aBerti) biefer geiftigen I^ätigfeit fpric^t
er ftc^ toieberl^olt au§, am au§fü^rli(^ften in ber ..Dissertatio de linguae latinae
cum universo ad scribendum. tum ad poesin usu. deque poesi et poetis neola-
tinis". bie ben .,Carmina latiua"' (Coloniae 1822) tiorangef(f)ictt ift. Sa^ feine
Ueberfe^ungen au» beutf(^en unb franäöfifc^en S)i(^tern, befonber§ au§ ©oet§c
(Plegien ic), ööttQ, J?topftocf, tRücfert, ©(filier (©locfc u. a.), 9t. SB. Spiegel
(„9tom" unb „2;ie ^unft ber ©rieben"), Urlaub, Samartine u. a. eine feltenc
öetoanbt^^eit im lateinifdien S5er§bau öerratf)en (bei Ballaben oerfuc^te er e§ mit
großem G5ef(^idE aucf) mit ^Reimen), ift unoerfennbar. ©c^on im ^o^en (5)reifen=
alter tieranftaltete er noc^ eine @efammtau§gabe feiner ..Poemata latina". bie ju
öüttidl) 1855 unb 56 in ^mei ftarfen Sänben erf(^ienen ift. S;ie jmeite entl^ölt
5u|" eigene @ebid)te, barunter audf) beutf($e, bie aber gro^ent^eil§ 9tücfübex=
fe^ungen au» urfprünglid^ lateinifd^en finb. Ueber biefe örjeugniffe einer ge=
machten 9teflerionspoefie fann ein nod^ fo nac^fic^tigeS Urt^eil nii^t mel)r Sob
auefprec^en (11§ jenes, bas ber SSerfaffer felbft für fi^ anfpinc^t (Praef. p. VIII
ju Bb. 11) : In meis carminibus latinitatis potius laudem quam poetae specta\i.
3u bemerfen ift nod^ , ha% neben biefer ©efammtauSgabe bie fetten getnorbenen
einjetnen Srurfe (..Roma, elegia Schlegelii", 1817. ..Carmina latina", 1822.
254 S"fe-
„Goethei elegiae XXIII et Scbilleri Campana" etc., 1824. ,.Carminum lati-
norum pars nova", Leodii 1830) i'^ven felbftänbtgen Sßert^ öeibel^atten , toeil
fie öiel correcter finb aU bie üon 3a:^lreid)en 2)vucfiet)lern entfteüte ßütticfier
2lu§gal6e unb manche intereffante SSeigaben entl^alten, bie in biefer fjinlueg^
gefatten finb.
Leipziger Repertorium der Literatur XVIII, 2. S. 356. §alm.
g-U§: Äai-l Slbotpt) g. , eüangclifc^er ©tabtpfan-er in ^''^^'^annftabt,
5latur!)ifton!ei-, geö. am 29. October 1817 in ^ermannftabt, ©ol^n be§ bamaligen
goÜaBoratoi-g , fpäter ^Pfanetg in .^potämengen , DZeuborf unb @ro^ = @(^euei-n,
6t)tiftiQn ^. , nbfolöirte ba§ ,s*^ei;mann|"täbter ©l^mnafium 1835 unb ftubirte
barauf in Serlin Xtieologie, jiä) nacf) bei; Dtbnung feiner ^ird^e jugleid) für
bo§ ße'^ramt am (Sljmnafium üorBereitenb. 6ier toecfte namentlii^ ^-Projeffor
^untl^ feine (^-rcube an natui;tt)iffenfrf)aftlid)en ©tubien , n)eld)en er nadt) feiner
^txmittjX nad) bem ä^organg feinet älteren ÜH'uber§, 5JKd)ael ^y. , eine§ f)erüor=
ragenben ^otaniferä , eifrig nadjging. ©cit Siecember 1846 Slbjunct an ber
$örufentf)al'fd)en 33ibIiott)ef in ßermannftabt unb jugteid) SeTjrcr ber $I)Qfif,
fpäter at§ (ionrector aud) Seigrer ber 'ötaturgef(^id)te am eöangelifd)en (55t)m=
nafium bafclbft , mar er einer ber ©rünber be§ fiebenbürgifdien 3}ercin§ für
5taturtDiffenf(^aften , ben einige g^'^unbe biefer im 9Jtai 1849 in ^lermannftabt
in§ Seben riefen, eben al§ bie ©d^reden be§ SürgertriegcS am fd^merften auf ber
treuen ©tabt lafteten. ^le eifrige^ 5JtitgIieb unb erftcr ©ccretär, fpäter bie(=
jä'^riger SJorftanb be§ !!Üerein«, ber unter 9tnbevem fid^ bie Einlage möglid)ft
umfaffenber fiebenbürgifd)=naturmiffenfdt)aftIidE)er ©ammlungcn jur 3luf gäbe gemad)t
l^atte, manbte ^•. feine boHe miffenfd)aftlid)e 2t)ätigfeit ber iperftettung einer
„Fauna coleopterorum Transsilvaniae" ju, für bie in Siebenbürgen 5unäd)ft ba§
5)taterial jufammengebradit, bann tritifd) gefid)tct unb bearbeitet merben mu|te.
3u biefem "^xotd burdCijog er auf t)äufigcn Steifen miebert)olt, toenigc Zi)t\li au§=
genommen, ganj Siebenbürgen, trat mit atten t)eimif(^en ©enoffen feiner SÖiffen=
fdt)aft in fiirbernbe 3)erbinbung unb jum 33ef)uf ber genauen SSeftimmung feiner
^^unbe mit ben bebeutenbften Goleopterologen 3)eutfd)[anb§ unb ber ©d)n}ei3 in
kaufet) unb regen 58rieflüed[)feL 3Ba§ er auf feinen ©ammler = unb 3-Drfd)er=
gangen gefunben, beröffentlid)te er öoräuggtoeifc in ben „^ittf)eitungen be§ ficben=
bürgifd)en 3}crein§ für ^Jlaturmiffcnfd)aften" (ipermannftabt , bon 1850 — 1876
26 ^al)rgäugc), bon meldten faft jeberSSanb bon feinem unermübüdf)en gemiffen=
^iten fytei^ neue§ 3cugni^ ablegt, ©rötere ^^irbeiten beftt;en mir jmei üon
il)m: „5Die j?äfer ©iebenbürgen§ , befd^rieben bon Ä. ^." , in ben beiben ^^xo=
grammen be§ Apermannftäbter @t)mnafium§ bon 1857 unb 1858 (101 ©. in Du.y,
unb „SJerjeic^nil ber Ääfer Siebenbürgens nebft Eingabe iijrer gunborte"
(10 ©rudbogen in gr. 8.), im ad^ten iöanb bom „2trd)ib be§ a}erein§ für fieben=
bürgifdie ßanbeSfunbe" (^ronft. 1869). :Sn bemfelben Slrd^ib ^tte er 1859
„S)ie ©d)mimm!äfer, Dytiscidae, ©iebenbürgen§" (^anb IV ber neuen golge,
§eft 1), 1860 „S)ie 2a[ter!äfer, Palpicornia, ©iebenbürgenS" (5öanb IV, ^eft 2),
1863 „SieÄnobffäfer, Silphales, ©iebenbürgcnS" beröffentlic^t, 3lud§ für anbere
3tt)eige ber gntomotogie, namentlid^ bie Drbnung ber 5Reuropteren (^Jle^flüglcr),
Ortl^opteren (©rabflügler) unb |)emibteren (ipalbflügler) ift feine miffenfdjaftUt^e
S^ätigfeit in ©iebenbürgen ba'finbredienb getoefen unb atüar mefentlid) baburd^,
ba^ er T)ier 3uerft ein f)inrei(^enb reid^t^altigeS Material jufammenbradite unb
baffelbe mit ber uneigennü^igften Siberalität anberen ^orfd^ern 3ur ^enü^ung
3u!ommen lie^. ©o ^at ^. bur(^ ?tuffinben, iBeftimmen unb 93efdf)reiben bon
einer nid£)t geringen 3a^t frül^er unbctannter ^nfectenarten bie Söiffenfdiaft U=
reidfiert unb ift burd§ feine fcf)riftlid)cn 3lrbeiten eigentlid§ ber ©rünber einer
ftebenbürgifd^^entomotogifc^en ßitteratur gemorben, mie er benn burd) fein „3}er=
fjrußesbrunnen. 255
3ctd^ni§ ber Ääfer SieBenfiürgeni" biefeS 2anb ^uerft ebenbürtig in bie Ütei^e
bcr bieebeäüglid) beftgefannten Sänber 6uropa§ eingefü^tt 1)at. $Die 30ologi|(j^=
botaniji^e öefeHfi^Qit in SCßien, ber entomologijcfie S}erein in Stettin, ber joologifd^e
in Otegenäburg, bie naturtoiJlenjd^aTtüdie 6efelXfct)aft ju -ÖQÜe ernannten if)n in
3(ner!ennung ieiner SBerbienfte um i{)re 2Biffenic£)ait 3um ^itgtieb; öon 1850 an
ttiar er jugleici) aU 3(u§ic^uBmitglieb bes Sßereine jür fiebenbürgifctie SanbeSfunbe
barür tt)ätig. Sie teiffenfcEiaTttic^e xl)ätig£eit Oon Q. ging .§anb in ^anb mit
raftlofer ^trbeit unb ebelfter Irene in feinem unmittelbaren S3eruT. @r war bi§
jum (5(^Iu§ be§ Sf. 1865 ein üorjüglic^er Se'^rer be§ .g)ermannftäbter ®i)nmv-i=
fium§, mät)renb bicfer 3fit mel^rere ^al^re ©c^riftjüfirer be§ SSesirf^confiftoriumS ;
feit Einfang be§ 3a!§re§ 1866 Pfarrer in §ot3mengen tourbe er am 26. ^uguft
beffelben Sa^i-'e§ t)on ber eöange(ifcf)en ©tabt^farrgemeinbe i^ermannftabt jum
^pfarrer geioä'^It unb ^at feitbem in biefer Stelle, jugleicf) at§ ^itglteb bes 58e=
5irf3Confiftoi"ium§ , fpäter aud) ba§ Dberel§egeri(^t§ unb toieber^olt aU 9}ertretcr
feine§ Äirc^cnbejirfS in ben ^anbe§fir(i)ent)erfamm(ungen immer bie gleiche berufs=
freubige, t^fi^tti-'^ue äöirffamfeit entfaltet. 3?eglüc!t auä) burt^ ein fcf)öne»
^Familienleben ftarb er unermartet in ber ^üHt fc^einbar unerf(^ütterlicf)er
5]lanneöfroTt, ber 2Biffenfcl)aft unb aEen ©uten ju frü^e an einem G)el)irnf(^lag
am 1. Suli 1874.
6in Seben§bilb öon ^y. enthalten ba§ ^Iri^ib bc§ 2}erein§ für fiebenb.
Sanbeefunbe , Sb. XII , |)eft 3 , unb bie 9Jlitt!^eilungen be§ fiebenb. SSereins
für '^taturtoiffenfdiaftcn, S^^Tg. XXYI. 6in SJer^eic^niB feiner jal^lreic^cn
!letneren, in ben 53tittl)eilungen üeröffentlid)ten toiffenfc^aftlitf^en Slrbeiten finbet
fi(^ in jenem 5lrc§iübanb S. 391 u. 392. leutfi^.
^U^cebrunncii: ßonrab öon ^., je^t ^emx^ibrunn bei Ärem§ in 91ieber=
öfterreicf), mürbe in ben 60er Sa'^'-'fix be§ 12, ^a!^rl)unbert§ geboren, toenn er
nämlid^ jener Chunrad de Phusprugnen ift , ber jufammen mit feinem 2}oter
©erung in einer ^mifdien 1182 unb 1186 auSgefteEten Älofterneuburgcr Urfunbe
öorfommt. 2;ann fann er fiel) erft in reiferem 31lter ber ^Poefie ^ugemanbt
!§aben, benn ba§ einzige ©ebii^t, ba§ mir öon i^m befi^en unb an beffen ©(f)luffe
er feinen Flamen angiebt, bie „Äinb^eit ^e]u" , fe|t bereit! ßintoirfung <^art=
mannif(^en unb 2Bolframifcf)en (Sttl§ öoraus unb mirb um 1206 entftanben
fein. ^lEerbings geftel)t Äonrab in ber (Einleitung , ba§ er fein @ebi(f)t al§
eine 33u^e für fem früi)ere§ lDeltlidl)e§ Seben , toä^rcnb beffen er nur Süge unb
Sc^erj geliebt 1)a'be, betrai^tet toiffen moHe: man lönnte barau§ öerfu(|t fein
ju entnehmen, ba^ er, e^e er bie „.^inbl^eit" »erfaßte, bereit! ^oetifc^ t^ätig
gemefen fei, unb biefe <6t)^otl§efe mürbe in ber unleugbar bebeutenben formeüen
6emanbtl)eit be§ S)idl|ter§ eine unöeräci)tli(^e ©tü^e finben : ober ha^ er, ber
iitterli(^e Sienftmann, nac^ einer in gelben unb toeltlid^er Suftbarleit öer=
brat^ten ^ugenb au§ Diene über feine (Sünben in ein Ätofter al§ Saienbruber
eingetreten fei, eine 51nnal§me, für bie mieber bie ßenntni^ be§ lateinifc^en
fpräc^e. 9lber alte fold)e Sc^lüffe ftnb fel)r unficf)er , mcnn man ertoägt, mie
"^äufig biefe unb ä^nlic^e Söenbungen in 6ebid§ten ber 3eit begegnen. 5lu(f)
über bie Cuelte ber „^nbl^eit Sefu" ift ni(^t jeber S^^eifel befeitigt. ^m %U=
gemeinen jmar fd)lo| ber Sid^ter fid^ an ba§ apotxt)p1)t ßöangelium De iu-
fantia Mariae et Christi salvatoris an, bod^ l§at er ni(f)t nur bie ganje @eburt!=
unb ^ugenbgefc^id^te ber ^Jlaria bi§ ju il^rer Sßermä^lung mit ^o]tp^ fort=
gelaffen, meil biefer ©toff bereit! öor ilim in bem (un§ öerloreneni Slnegenge
be» 9}ieifter5 ^einric^ bel)anbelt fei, fonbern er ^at ixä) aud^ eine 9teit)e öon
3ufä^en auf @runb t^eil! ber ^ibel tlieit! anberer 9lpofrt)|)^en geftattet: unb
au! bem ©ifilu^abfi^nitt bei ^onrab gel^t e! nid^t mit öoßer goibenj ^eroor,
ob er feinen Stoff (ma! atterbing! toa^rfd^einlid^er) au! öerfdl)iebenen ©t^riften
256 Süfeli.
pjammengetiagen , ober ob jeine Cueüe ein burrf) öiele 3ufä^e 16ereit§ öer»
mel^rtei Evangelium de infantia trav.
3BeIc^e ©eftalt aber auä) ^onxaU a3oi-laöe gel^afct ^aben mag, genug, et
l^at c§ Derftanbcn, ben 6)egenftanb tveffüd) au Bel^anbeln unb i^m ein gana natio=
na(e§ (Sepräge aujaubriicfen. 6r ev3ät)It getoanbt unb anmut^ig, er wei^ ge=
f(i)i(ft fleine 3üge ein3uflect)ten, bie un§ ben ©egenftanb mcn^c^Iid) na'^e Bringen.
S)ie gpijobe öon bem 9täul6er, ber ba§ ^inb 3^efu auf ber «^a^rt nacf) Sgl^^ten
üöerjättt, aber balb belehrt toirb unb e§ nun aut§ ireunblidE)|te aufnimmt, ift
ein Äabinetiftürf. SCßic ftarf ber Ssid^ter auä) üon ber geiftlic^en ^^^oefie be§
12. ^a]§rf)unbert§ ftd^ beeinflußt jeigt, loie fe'^r ber ©toff 3U einer met)r a§ceti=
jd)cn S5e"^anblung tierfü'^ren fonnte, Äonrab fte'^t burd^auS tüie unter ber for=
meüen ßintoirfung be§ @rec , Tregor unb ^^arciöat , fo unter ber ^Poteuj ber
ritterli(i)en 2)enttDeife: ^ofe^I) ift i'^m ein ebel man, bie Stuben banccfent jur
drl^olung , fran3öfi|(^e 3Borte unb S^ikn fügt er gern ein , unb an bie bamatg
in ber Suft liegcnbe ©timmung be§ mobifct)en trurcns gcmal;nt bie fc^öne 9te=
ficyion über ^er^etcib 93, 47.
(So fann e§ nic^t 3Bunber ncl^men, toenn ba§ Söerf fornof)! in ritterlid^en
mie in geiftliciien Greifen 5(n!tang fanb unb auf beiben (Seiten ^Jlad)al^mung er=
roedte. ^onrab "^atte fein G)ebi(^t mit fec^g gleichen ftumpfen 9leimen ge=
fi^Ioffen: 'Jtubolf öon 6m§ in feinem Sarlaam unb bem @uten ©er'^arb, Äonrab
tion ;öeime§furt in ber Urftenbc unb ber ^[Rarien .söimmetfa'^rt folgten il^m in
biefer 9teim{)äufung nad), unb ber erftere gcbcnft in feinem 2öiüel)alm mit 9ied)t
^onrabS unter ben t)erOorragenbften beutfd)en 2)i(^tern ber S31ütf)e5eit.
®ebid)tc be§ 12. unb 13. Sfa^rl^unbertS, l^erauSgegeben öon Ä. '31. ^di)n
(Cuebünburg unb i^eip^ig 1840), <B. 67 — 102. — Liber de infantia Mariae
et Christi salvatoris ex codice Stuttgartensi descripsit et enarravit Oscar
Schade, Halis 1869, mo @. 8a. bie übrige Sitteratur üerjeid^net ift.
© t e i n m e t) c r.
f^ülli: Sol^ann Äonrab g., 2;t)eologe unb @efc^ic^t§forf(^er au§ 3ürid),
geb. am 4. ^}tai 1704 ju £)bertt)e^ in ber ©raffc^aft ©olm§ al§ ©ot)n be§
bortigen 5ßfarrer§, be§ ftieologtfd^en ©c|riftfteller§ ^eld^ior g., geft. am 27. ^uni
1775 aU ^Pfarrer äuSJetttieim, iianton ^ü^-'id)- unb Kämmerer be§ äBintertl^urer
Sapitet§. — x^. empfing feine erfte ©Übung in SBe^Iar unb jmar eigent'^üm=
lid^cr 3Beife '^auptfäc^Iid) im bortigen ^fefuitencollegium , fam bann nac^ bem
2obe feines 23ater§ jur Söoüenbung feiner ©tubien nad^ ^ürid^, unb bientc 't)icr=
auf me'^rere ^a^re a(ö Informator bei einem Beamten. 3lud) nod^ fpäter galt
er al§ tin tüd)tiger ©rjietier, unb unter ben in fein 3ßfarrf)au§ i^m übergebenen
Änaben befanb fid) ber fpäter äu t)of)er militärifi^er Söürbe aufgeftiegcne §o^e
(f. b. 3lrt.). ^n feine rege litterarifi^e 2;f)ötigfeit tüurbe g. ebenfo fet)r burdf)
fein leb:^afte§ miffenfd)aftü(^e§ i^ntereffe, aU burd) gefd^äftlic^e Jöerbinbungen
mit ber 3ürd)erifd)en Dfficin unb SSud^'^anblung Orelt unb Somp. gebradit, unb
bie nid)t großen 5tmt§anfcrberungen ber '^ifarrei SJett^eim (bei äÖinterf^ur), bie
er 1742 überna'^m unb nid^t me'^r üerließ, geftatteten e§ i'^m, feinen fd)rift=
ftellerifc^en 3lrbeiten auc^ fpöter ungeftört fid^ ^u mibmen. S)urd^ große 33e=
Iefenl§eit geförbett, mürbe 5. ein fet)r frud)tbarer 3Iutor auf bem t^eotogifd^en
unb :^iftorifd5en , öorjüglij^ bem fir(^engefd§i(^tlic^en ©ebiete , unb salzfreiere
größere unb Heinere ©cf)riften , abgefe'^en öon öielen 2lrtifetn in fd^weiaerifcfien
unb fremben Beitfd^rtften, 3. 35. im §amburgifd)en unb im neuen ,g)amburgifd)en
^aga^in, gingen au§ feiner oft fe|r fpi^igen ^feber f)eröor. ©0 öermidette
er \\ä) in eine tl^eologifd^e ^-^^ht mit bem greunbe S3obmer'§, S^or'Cierrn 35rei=
tinger (f. b. 3lrt.): 1751 gefiel er fid) ba, in unfd^öner SBeife babei ®ott=
fd^eb'S 58unbe§genoffenfd|aft {jerbeiäiefjenb , in pfeubonl^men 3Sroct)üren al§
Pili. 257
3ltitf)eaboto§fi unb 5lntt|atanalu§fi, beten eine al§ ©enbf(f)rei6en an ben Äanäter
Don 5[Ro§f)eim fid) anfünbigte , auj bem SSoben bon ßröxtei-nngen übex dalöin
unb ©erbet in fo ma^Iofen Eingriffen, ba^ mit 5Jla§regeln gegen bie ©cfiriften
öorgegangen n^urbe. Sd^on 1740 l^atte ^. auc^ gegen ben (£ontrüöer§fd)rift='
ftetter Sinner , einen Sefuiten au§ bem äöallig , al§ Dr. phil. Sonb erftärenbe
„Slnmerfungen be§ fatt)rif(^en (Sebi(^te§ beffelben gegen bie @Iau6en§t)erl6efferer"
herausgegeben, unb in fpöteren Sa^^^en griff er in ber ©t)nobe öffentli(f) ßaöater
an, toeil beffen „3lu§firf)ten in bie ©toigfeit" gegen bie Äir(f)enle{)re berftie|en.
©ine 1766 (granffurt) erf(f)ienene ©^rift, „35eleud)tung einiger Strtüel", rid)tet
fi(^ gegen tl^eoIogifdC)e unb Iir(^engefd)i(i)ttic^e Elujfä^e im Sud)ftaben 31 ber
iran3öfif(i)en ®ncl)!lo|päbie. ®ie mert:C)boIIften felfiftänbigen EIrbeiten be§ fo nad^
allen ©eiten ^in fc§(ag|ertigen ^^orfc^erS, beffen oft !)ö($ft fdiarf finnige unb an
neuen (ärgeBniffen reiche Darlegungen leiber ni(f)t feiten burc^ bie "^eröortretenbe
©elbftüberfc^ä^ung öerbunfelt tourben, finb neben ber 58eifteuerbe§„5p|i{eleut:^eriu§"
3ur tt)iffenf(i)aftlid)en ^^e^^be über bie tl^ebäifc^e Öegion („S)er S^rifte ein ©olbat unter
ben '^etjbnifc^en IJe^fern in ber @ef(i)id)te be§ ^riegSoberften 5Jlori5 unb ber tl|ebäi=
fc^en Segion" k., f^rantfurt unb ßeip^ig 1765), feine au§ ben 2lr(i)iüen unb 33ibüo=
f^efen gefammelten quetlenmäBigen „Se^tröge ^ur ©rleutl^erung ber äir(^en=9ieforma=
tion§--(Sef($i{i)ten be§ ©(f)n)ei^er=ßanb§" (Sürid^, 1740—1753, 5 Sbe.) unb bie
„Epistolarum ab ecclesiae Helveticae reform atoribus vel ad eos scriptarum
centuria prima" (Tiguri 1742), jlnei befonberg bamal§ l)D(^ft ermünfd)te ^la=
terialfammlungen, ferner bie „Un|jart^et)if($e Äircf)en= unb i?e|erl)iftorie mittlerer
Beiten" (grantfurt unb Sei^^jig 1770—1774, 3 a3be.) : 1776 erfi^iencn noc^
5Jtonogra^t)ien über Äarlftabt unb über SafteEio. ßinige ber frü^eftcn 3lrbeiten
gü^li'S fallen auf ba§ ß^ebiet ber fpecieüen fi^meijerifdien (Befc^icfite unb ©taat§=
funbe. 1734 erfc^ien, mit Beifügungen i^ü^li'g, bie 6. lateinifd^e 3lu§gabe bon
^ofia§ ©imler'S De republica Helvetiorura. S;agegen be^toeifelt JpaEer in ber
33ibliot§e! ber ©ctimeiser @efc^id^te (S3b. IV. ©. 159 unb 160), ba^ g., bon
tt)el(J)em aEerbing§ ber (Snttourf ber au§ bem DreE'fd^en 2}erlage l^erborgegangenen
©ammlung gemacht morbenmar, in bem ,. Thesaurus Historiae Helveticae" (Tiguri
1735) bie guten Prolegomena ju ben einjelnen ^ier mieber abgebrutften CueEen
felbft berfa^t '^abe, fonbern f(i)reibt biefelben Sreitinger 3U. 9tnbere :^iftorif{^e
Sluffä^e; 3. 33. über 5Ieuenburg , über bie ©c^lai^t bon ^Jtorgarten, fte:^en in
bem genannten Hamburger ^Jtaga^in ober finb, toie ein folc^er über ben ©dimeiser
Sauernaufrut)r bon 1653, ungebrudt. 5ü|li'§ le^te§ größeres unb auä) je^t
no(^ jumeift gebrauchtes äöer! ift feine „©taat§= unb @rbbefcf)reibung ber f(^mei=
äerifd§en gibgeno^fd^aft" (1770-1772, 4 SBbe.), meld§e au§ fritifc^en 2lrtifeln
über ben einfc^lägigen 3lbfc^nitt in 35üf($ing'§ großem Söerfe (in ben 3ü^'it^er
l^reimüf^igen 9^ad)rid)ten unb Helarien Stnjeigen, bon 1763 an) unb au§ ber
Elufforberung be§ ©d^aff^aufer 5Bu(^'§änbler§ ipurter, jenen %'i)eil SBüfct)ing'§ äu
berbeffern unb aus3ufü^ren, l^erborgegangen mar. S^ü^li'S S3erbienft liegt in ber
ftärferen SBetonung ber f)iftorif(^en unb ftaat§re(i)tlid§en Eingaben; bod^ berleugnet
fi(^ feine ^olemifirenbe 3lrt aucfi ^ier ni(^t, t:§eil§ burd) ftete SSejugna^me auf
gäfi'S Söer! (f. b. 2lrt.), mit toelc^em f^. concur-rirt, f^eitS in biffigen Elnmerfungen,
meld)e 3. SS. Sßermalirungen ber fatl)olifd^en Kantone auf ber Xagfa^ung :§erbor=
riefen. 3ll§ Sanb^farrer fümmerte fii^ ^. auä) ernftlid§ um bie .g)ebung ber
Saubtoirf^fc^aft, unb ber unber'^eirat^ete 5Jtann nal)m ficf) eifrig feiner ©emeinbe
an; aber e§ mar toieber eine anftö^ige Eleu^erung feiner ©itetfeit, ba^ er
fd)on bei Seb5eiten in feiner t"i?irct)e eine Senltafel für ficf) anbringen lie^. ©eine
mertl)boEe 23ücl)er= unb ipanbfd^riftenfammlung ging le^ttotEig gegen mäßige
(5ntfd)äbigung an bie @rben an bie ^ü^ii^ev- ©tabtbibliot^e! über.
SlItgeOT. faeutfdje IBiograti^ie. VIII. 17
258 Pfeti-
23gl. „3fol^ann i^onrab güe^ün" ic. m. ^i)3ortr. o. S- u- S). (biclleic^t t)on
g'-. fc(6[t berja^t, um 1774), jotute üBer jy- unb ben oben genannten f^äfi
einen 3lujja^ öom SJerf. b. 21. im ^ürc^er ^afd^cnBud) für 1878.
5Jle tjer ö on Änonau.
gü^lt: Sol^ann 6af|)ax 5-, 5)laler unb i^unpiftoiif er , geß. 1706,
t 6. 3Jtai 1782, entflammte einem angefe'^enen ^ürciieiifdjen 33üi-gergej(f)Ie(f)te,
tt)el(^e§ in ungetoöl^ntic^er 5)teic^ti(i)feit inSbejonbere im 18. ;3a:§r{)unbcrt ße=
beutenbe 5perf önli(i)fciten , öoran auf fünftlcnfd^em gelbe, unter feinen SUebern
ääl^lte. — S)ie ^^ü^H (eigcntlid^ ^u f (^reiben: O^iieBti) treten öon ber 'OPiitte be§
15. I6i§ in ba§ 19. Sa^i'^^ui^^f'-'t a(§ fel^r gefc^irfte unb tt)eitt)in 16ef(i)äitigte
@tocfengie|er, auc^, BefonberS im 15. unb 16. Sfal^r'^., al§ (l)efd)ü^gie^er f)ert)or,
unb jtoar in ber erftercn gigeufdiaft ununterl6rod)en t)on 1421 (mo ^^eter I.)
6i§ 1837. 51I§ ein eifriger 3int)änger ;^n)ingU'§ zeigte fid) in ber 3^eformation§=
5eit ^4Jeter'g (II.) 6ol^n, ber ©iefeer |)an§ (1477—1538): er tnurbe gleich
1519 einer ber treueften ^u^örer beffetben unb, öon tüditiger 23ilbung, lie^ er
1524 gegen ben 9)leifter i'picronl^muS ©ebweder ju ©tra^urg eine reforma=
torifd)e S)rudfd)rif t : „Slntlüurt ein§ ©d)tül)^er ^^urene" erfd^eincn; o^ne größere
originale 93ebeutung ift feine 5tt)ifc^en 1533 unb 1538 angelegte, jebod) nur bis
1519 reidienbe „ßibgenöffifcfte 6l)ronif" (tjanbfi^rifttid), bod) nic^t im Original,
auf ber 3ürid)er ©tabtbifiliot^et). ©ein »ruber ^^^eter (III. 1482—1548)
lüar bagegen ber üieformation abgeneigt, fü'^rte aber beffen ungead)tet, ba ii)n
bie in ben italienifd^en g^elbäügcn gewonnenen 6rfal)rungen empfa'^len , in ber
©d)lad)t bei ßap^jel 1531 aty 23üd)fenf)auptmann bie 5lrtiEerie: er fd)ilbcrte
felbft , al§ ^lugenjeuge eine in crftcr :;)ieil)e beat^tenSttJerf^e Quelle , biefe§ Gr=
eigni^ (bgl. 6. ©gli, S)ie ©d)lad)t öon (iappd 1531, 3ürid) 1873, ©. 79—82 einen
2lu§3ug), ebenfo n^ie er feine 1523 nad) i^erufalem unternommene 5]3ilgerfal)rt
befd)ricben ^atte. — ^it ben brei gjUtt^ia§, a3ater (159S— 1665), ©ol)n
(1638-1708), (Jnfel (1671-1739), bon benen ber erfte ber ©ol^n eine§ @olb=
fd^mieb§ toar, '^ebt bie SSebeutung ber g. für bie fünftlerifc^e SSetl^ätigung an.
S)er ältefte, ein ^J^aler oon öieler, oft überfd)äumenber ^l)antafie, baneben aud^
ein gefd)madüoller ©ilberarbeiter , unb ber jüngfte, n)eld)er auf ben ütaf^
feines in 9tom geluonncnen ^yreunbeä ^u:peljft) ber 33ilbnif3malerei fii^ jutoanbte,
übertreffen ben mittleren ^Jlattl)ia§ meit (bgl. ®efd)id)te ber beften .^ünftler k.,
»b. I. ©. 171-179, Sb. II. ©. 281—287). — giner anberen Sinie gehörte
ber in fedjfter ©eneration öon jenem ^^eter abftammenbe ^o^onn ülubolf
(b. 5lelt. 1680—1761) an, ein Sonbfc^aft§=, S5lumen= unb Silbnitmaler.
^o^ann 6af:par ift ein @ol)n biefe§ ^oliann üiubolf. @r l)atte
feine ©tubien befonberg in 2Bien gemacht, ttiorauf er an öcrfd)iebenen
Orten in Sieutfd^lanb , befonberS am babifdjen |)ofe in 9iaftatt, bann in
5^ürnberg unb 2lug§burg, fpäter nac^ feiner Otüdfel^r auc^ in ber ©ditoeiä
al§ ein probuctiber Silbnilmaler ouftrat. SlEein feine U^al^ren 9]erbienfte
liegen, toie noc^ bei mel^reren ^J^alern g. , auf litterarifc^em ©ebiete. fBk
g^ü^li^S _^au§ tro^ feiner befd)eibenen 33crmögen§öerl)ältniffe ein 5Jlittelpunft
gefeltfd)aftlid)er 3lnregungen toar — er unterrid)tete junge Seute in ber
Äunft unb berfd^affte i^nen biele f^örberung — , fo unter'^ielt er auc§ eine fe'^r
ausgebreitete gorrefponbenj. S)arau§ ging 1755 unb 1757 bie „®ef(|ic^te unb
2lbbilbung ber beften 9}lal)ler in ber ©d^toei^" (2 58be. 3üri($) l^erbor, toel^e
ööttig umgearbeitet 1769—1779 nod^nmlS al§ ein eigentlich neueS Sßerf: „@e=
fd)id)te ber beften Äünftler in ber ©d^toeij, nebft i_^ren Silbniffen" (5 58be.,
Bürtc^) erf(^ien. S)ie ettoa§ bijarre 9lrt unb ber öielfat^ abfpred^enbe Ston be§
3^erfaffer§ matten fic§ in biefem übrigens fel)r in^altreid)en €ueKentoer!e für bie
ßunfttl)ätigfeit in ber ©c^toeiä ntd^t feiten bemerfbar. S)ie !ünftlerifd)e 2lu§=
p^a. 259
ftattung, untei; ber bie 3icrtid)eti 33ignetten bie Sitbnijfe üBertveffen, rü'^rten bon
bem älteften ©of)n ^o^. giubolf (f. u.) ^er. 1758 üe^ g. ba§ „Seöen ©eorg
^■^itipp gtugenba§ unb ^of). Äupeafi" (3üri(f)) erjd^einen, Erinnerungen perjönüc^er
S)an!Barfett gegenüber sttiei J?ünfttern, mit benen xS'- tüäljrenb feiner beutfd)en
Oteifen in 2lug§16urg unb gtüruBerg !6e!annt getoorben n^ar. 3luf bie öon f5f.
ausgegangene 2lu§gaBe toon ^eng§ „®eban!en üBer bie (5d)ön'^eit unb ben @e-
]ä)imd in ber Malerei)" 1765 (QM^) io^öte ^^^^ S- le^^ft at§ 33ortäufcr
einer eigenen ^IBfCieitung ber ßunftUtteratur 1771 ba§ „9taijonnireube 9}er=
3ei($niB ber tiorne'^mften Äupferfted^er unb i'^rer aöer!e, jum (SeBrauc^ ber
©ammler unb SieB'^aBcr" (3üri^). ©eit 1758 toar g. mit aBinfetmann in
treunbfi^aftli(f}em a3rieftüed^fel getoejen, unb fo öeröffentlic^te er je^n ^a^re mäj
beffen Xobe „äöinfelmann^§ 93riefe an feine greunbe in ber ©d^wciä" (3üric^
1778), toetdie au^er an i'^n fetBft unb au ©alomon (Be^ner, befonber§ an
Seon'^arb Ufteri (f. b. 5Irt.) — berfelöe jd^rieB anä) bie 2Bibmung ber ©amm=
lung an ben ©rafen ^art bou girmian anftatt eine§ S5ortt)orte§ — gerid)tet
tüaren; gleid^ nad):§er lie^ g. eine „@ef(^ic^te Bon SÖiufelmann'S SSriefen an
feine ^reunbe in ber ©c^toeij" (3üri(f) 1778; folgen. OBfc^on g. 1756 au(^
ba§ 2lmt eineg 9fatt)fcJ)rei&er§ üBernommen ^atte, BlieB er benuod) baneBen
felBft fünftlcrif(^ tf)ätig. 2lBgefe~§en babon, ba^ nac^ feinen 35orBiIbern frembe
^ünftler forttoät^renb Silbniffe rabirten, tourben bie ©(^aumünscn be§ ©d^tütiaer
5niebaiEeur§ .^eblinger nac^ feinen Qeii^uungeu in Umriffen ebirt. — ©an^
Befonberä BemertenStuert^ ift aBer auc^ , ba^ i5f. fünf i?iuber t)atte , toelc^e
gteic^fattS ein me1)x ober toeuiger gro^eg !üuftlerifcf)e§ Salent entfalteten:
ein Äu|}ferfti(^ bon 1771 (bon ^o^. 9tubolf g.) ber^errtic^t bie ganje Familie
at§ Domus Fuesslinorum artis pingendi cultrix. ^i^ei Slöc^ter , 3lnna unb
eiifaBet^, 5ei(^ueten fic^ al§ gjtaleriunen bon a3Iumen unb Snfecten au§,
unb eBenfo tüar ber jüngfte ©oI)n, ^af|3ar (b. jüngere: 1743- 1786), ^uä)--
{)änbler unb entomologifc^er ©ammler unb ^orfc^er, al§ 5Jlaler ^Heifter in Sn=
jecten unb ^flanjen. UeBer ben au 9tu'^m ben S5ater toeit üBertreffenbeu atoeiten
©o:^n ^eliurid^ (b. Süngereu, 1741—1825) f. b. ?lrt. — 5i)er ältefte ©o^
^ol)ann 9tubolf (ber Süngfte, 1737—1806), berBanb loieber, gleich bem
9}ater, bie ^raftifd^e .^üuftlerarBeit mit bem litterarif($en Sluftreteu al§ Äunft=
l)iftorifer. ©c^üter unb me^rfa^ Öeplfe feine§ 35ater§ — fo t)alf er aud^ Bei
ber 5lu§fü'^rung ber 3eid)nungen für ba§ |)eblinger^fd)e ^Jtebaißentoert — , Be=
gaB \\ä) Sol)ann 9lubolf in feinem 28. Sa^te nacf) SBien , um fid) )^ier toeiter
au^äuBilben. Sann aBer, anfang§ buri^ bie ©orge für feinen 2eBen§unterl)alt
gejlDungen, toanbte er fii^, jnerft al§ ©ecretär eine§ ungarifc^en trafen, anberen
SBefd^äftiguugen ju, immer'^in boBei feine ^Jin^eftunben mit malerifc^en ©tubieu
üBer ba§ intereffante farBenrei(^eS5ol!§leBen, toie e§ fi(^ feinen klugen barfteHte,
auSfüHenb. 2ll§ ^elbmeffer trat er ^ernad^ in ben S)ienft ber gtegierung üBer,
flieg unter J?aifer ^o]ep^ II. feit 1786 im ©efd^äfte ber ungarifc^en ©teuerregu=
lirung ju einer ^ö'^eren ©tettuug empor, mürbe aBer 1790 burc^ bie infolge
be§ XobeS ^o]tpt)^ eintretenbe nationale üteaction in fe^^r empfinblic^er Söeife
mitBetroffen. ^aä) äßien prücfgelel^rt, faub er eine ?lnftellung al§ ^ofconcipift, in
toelc^er er längere 3eit au§äul)aia-en fidl) genöt^igt fal). 6rft feine feit 1798 (4 a3be.
3üri(^: Bi§ 1806) erfc£)ienene , auf laugjäl)rigeu forgfältigen ©tubien Beru'^eube
lunft^iftorjfd^e SlrBeit: „^ritifi^eS S5er3ei(^niB ber Beftcn nac^ ben Berü^mteften
^eiftern aller ©cl)ulen bor^anbenen ^u))ferftid)e" äog bie 3lufmer!famfeit be§
^rotectorS ber laiferlic^en 5l!abemie, trafen eoBenjl, auf g., melier nun 1800
ol§ 5lrd)ibar ber ?lfabemie Beftellt unb mit ber 5lnlegung einer SiBliot^e! unb
Äu|)ferftid^fommluug für bie SSebürfniffe junger ftubirenber Äünftler Beauftragt
tourbe. 1801 Begann er aud) bie ^Veröffentlichung ber „?lunaleu ber Bilbenben
17*
260 *^"fe*^-
fünfte iür bie öfterveirf)ifd)en Staaten" (2 .^eftc, 2Bien 1801 unb 1802) ^eTau§=
augeben, toeli^e ju einer ütetoue be§ äBtener .^unfttebcnS fid^ ertoeitevn foEten.
Äünftlertfc^ nic^t me'^r felbft t^ätig — jein ^e^teS toaren 3ci(i|nungcn ^u
SSInmauet'g ^rabeftie ber 9(cnei§ — , war er in ber f^örberung jüngerer Äünftler,
huxä) feine reichen ©lia^iungen unb SSetbinbungen unterftü^t , eifrig beniüt)t.
©ein unertoartet rafd^ eingetretener Stob toer^inberte ben 3lbfd)Iu| be§ „Äritifd)en
«Beraetc^niffeS". Ueber ^oi). giub. ^. bietet ba§ 5. g^eujatirSftüii ber Äünftlergefen=
fc^aft in 3üri(ii, Don 1809, bie reirf)'^altigften ^Jtac^rid)ten ^2}erT. ^roj. ^orner).
S)er oben genannte ältere Sodann ^tubolf ^ttc aber neben .gto'^ann (ia\pax
audi) nocf) einen ©of)n iöeinrid) (b. klettere, 1720 — 1801), toelc^cr gleichfalls,
anfangs Öanbfc^aften, fpäter 33ögel, ^^nfecten malte. S)iefer l)intt)ieberum l)inter=
lie^ einen glei(^namigcn ©ol)n, .öeinrii^ (b. Sfüngfte, ITS.') — 1829), nselc^er
mit „reinlijem 51ei|e" at§ 2anbfcf)aft§maler fid^ bet^ätigte. SBemerfenStoerf^
jinb bcfonberg bie 1797 — 1803 i)erau§gegebenen „^erfmürbigen ©egenben ber
©diweij, mit einer ^iftorift^en S3efc^reibung begleitet" (SSerfaffer bcrfelbcn mar
ber Cbmann ^o1). .»peinr. m^li), toeldje in (^üBli'§ eigenem Söerlage erfd^ienen.
S)enn x^., toelc^er lange in tpari§ gelebt ^atte, l)at ba§ 3}erbien[t, in ^üritf) bie
erfte größere ^unftljanblung angelegt unb au^erbem, 1799, mitten in ben
ÄriegSwirren , bie erfte ßunftauSftellung ticranftaltet ju l^aben. Ueber .^einrirf)
g. lianbelt baS 27. ^teuja^rSflürf ber gleid)en Serie, bon 1831 (33crf. berf.).
Ueber bie fämmtlic^en genannten ©lieber biefe§ ßünfttergefci)le(i)te§ ögt.
t5füBü'§ 5lllgemeine§ Äünftlerlerifon, @. 259, fomie beffen atociten 2;'§eil,
©.398—400. ^Bet)er öon Änonau.
S'Üp: So^- 9lubo(f.J\-. (b. jüngere), ^taler unb Äunft^iftorif er , geb.
am 5. ©eptbr. 1709, gcft. 12. ©eptbr. 1793 ju ^ün«^- — S)er aäjten @cne=
ration uad) bem 1.548 berftorbenen 5peter ^. , ieboc^ auS einer ganj anberen
gamilie be§ ®efd)le(^te§ al§ berjenigen, ju meld^er ber ältere ^ol). Siubolf
(f. b. 5Irt. Sol). O'afp. 5-) 3äl)lte, gel)örte ber jüngere ^o'i). 9tubolf an, meldjer
feine erfte ©d^ule bei bem 3ei($ner unb Äupfer[terf)er ^ol)ann 9Jlel(^ior i^.
(t 1736) burd§ma(f)te, bann p ^ari§ unter bem älteren Sout^erbourg befonberS
ju einem gemanbten 'DJhniaturmaler fii^ augbilbete. 2)ann aber manbte er fi(^
öon ber auSübenben ^unft ber ilünftlergefd)ic{)te ]u. 9tacf) ben umfangrei(f)ften
SBorftubien unb auf ber (Srunblage großer t)anbfcf)riftli(^er Sammlungen crtoud§§
al§ eine „grucl)t brci^igjälirigen glei^eS" , mie ber ©ol)n bezeugt, ba§ „9rilge=
meine ^ünftlerle):ifon" , 1763 juerft l^erauSgegeben , bann big 1776 nacf) unb
nad^ burd) brei Supplemente öermc'^rt, »orauf 1779 eine neue 3lu§gabe, je^t in
golio, erfd)ien, mit angehängten 3}erjeic^niffen, morunter baSjenige ber 33ilbniffe
ber im !^eri!on enthaltenen ^ünftler anä) S^ugnife bon ben mit großer unb
liebebotter 2lnftrengung gefc^affenen ^unftfammlungen be§ SerfafferS ablegte.
'Jloä) in biefem feinem 70. i^a^rc unterna'^m fy. au^erbem eine franjöfifdie
Ueberfe^ung be§ 2erilon§, beren 6rf(i)einen in 'i^'iariS jeboci) burcf) bie ^Rebolution
berunmöglicE)t murbc. ?(uf bie ^öijt feiner miffenfi^aftlic^en 35ebeutung mürbe
ba§ äöer! aüerbing§ erft hnxä) t^ü|li'i einzigen So^n, ^o^ann .öeinrid) (f. b.
Slrt.) gehoben, beffen glücEUc^e Einlagen fd^on bon ^ugenb auf butc^ bie bäter=
lid^e Seitung eine reiche fyörberung geroannen.
S5gl. ^0^. Safp. güe^lin'S @efc^i(^te ber beften Äünftler in ber Sd^toei^,
SSb. III. S. 178—184. gjle^er bon Ät;onau.
pp: ^einrid^ ^. , maltx , geb. am 7. gebr. 1741 in ^ürid^, geft.
16. 3lpril 1825 in Sonbon. ^einri(^ g., ober mie er fid^ fpäter in ©nglanb
nannte, ^fufeli, ber jmeite So^n be§ .§an§ Sofpar g. (f. b. 9lrt.), ift unter
aEen Malern fcineS .!paufe§ berjenige , beffen ^amen ben toeiteften 0ang ge=
mann. S)ur^ bie eigentl)ümlid^e (Beftaltung be§ ^auStoefenS be§ l)od)begabten
Pia. 261
3}Qter§ DerteBte fy. eine ]e^x öereinfamte ^ugenbjeit , legte aber immerf)in fc^on,
angeregt burcE) ben bem älteren SSvuber ^tubolr Dom 53ater gegebenen Unterricht,
^proben feiner Äuuftfertigfeit al§ Änabe ab. %n ^lurent^tt aur bem 2anbe
!üt)rte ii)n auf 'Diaturftubien ; feine (itterarifc^e Sefäfiigung t{)Qt er burc^ fetbftänbige
X§eilnat)me an ben fd)iiTt[teÜ.erif(^en 3Irbeiten be§ 3}ater§ funb, öon benen ganje
3tbfd)nitte bur(^ ben <5o§n abgefaßt toaren. ^üx bas ©tubium ber 2f)eologie
bcftimmt, trat g. in bie :^ö^eren iiffentü(i)en Spulen feiner SSaterftabt, wobei
er nunmel)r burd) ben Umgang mit ^obmer unb ^reitinger bleibenben ßinbrucE
für fein Öeben er'^iett unb inebefonbere Tür poetifc^e 2Inregungen empfänglid^
tourbf. 3. f)at fi(^ felbft 1781 in einem großen ©emätbe ate lernbegierigen
©cbüter 58obmer'5 bargeftellt, mit bemfelben üor ber '^üfte eines atten 5pf)t(o=
fopt)eu fi^enb unb ben Iebt)aften Sßorten bee greifen Seigrer» laufc^enb. (5in f^arfer
SSeobaditungegeift , eine gemrc^tete fatr)rifd)e Einlage lie^ i^n ba(b unter ben
2)litf(i)ü(ern eine ^^eröorragenbe fftolle einnef)men; baneben tüanbte er au^er ben
eigentüctjen Sßorbereitungöftubien feinen ^Ui% no(^ einer 3teif)e anberer geiftiger
3ie£e in unermüblicfier Spannfraft ju, Porjügüi^ ber SJertiemng in bie englifc^c
^itteratur. 3lIIein aucf) bie Se'^nfu^t ber aufftrebenben SuS^i^^ ^^'^ ^^^^^
freieren (Sntfattung ber f)eimifc^en Staatsjuftönbe ranb in i^. i^ren Slusbrurf,
unb in füf)ner äöeife rirf)tete er gemeinfam mit feinem gi-'eunbe Öaöater (f. b.
5lrt.), mittelbar wenigftenS jebenfaEö babei 3lnregungen ^obmer's Tolgenb, roeldier
feine jungen ©enoffen an eine rücf^^altlofe 33efprec^ung ber öffentti^en ^uftänbe
getnölint ^tte, gegen einen getoiffentofen Beamten, ben Sanböogt ©rebel Oon
©rüningen, 1762 eine Oernid^tenbe ?tn!lage bor ber öffentlichen ^Jkinung. 5Som
9tat:^e auigeforbert, fi(f) als S5er'affer ber anont)men S)rucif(^rift : „S)er unge-
reimte SanbPogt ober klagen eine§ Patrioten" 3U nennen, traten Saöater unb
%., tDä^renb ber Schritt urfprüngli(f| Pon einer ettoaS gröBeren 3^^^ öon (s-reun=
ben ausgegangen toar, l)erPor, unb fie gewannen infofern ben (5ieg, al§ ©rebet
öor ber 3lnflage ber .Jünglinge flol) unb beftraft Würbe, i^mmer^in würben
aud§ bie Slnfläger — benn ©rebcl War ber ©c^wiegerfofin bes bamaligen, an fid)
3War ganj unbefd)oltenen , ja Portreffüdjen 5Bürgermeifter§ Seu (f. b. 3lrt.) —
wegen t^re§ ^öd^ft fträflid^en SßerfalirenS l^art getabelt, unb eine Steife, welche
bie Pier Jpauptanftifter alsbalb mit ©ut^er (f. b. Slrt.) nacf) ^:)lorbbeutid)lanb
antraten, würbe i^ncn ein 5Rittel, ftc^ ber i^nen 3U .'öaufe bro'^enben Ungnabe
für einige 3eit ju entsie'^en. fvür ^- würbe übrigens biefe öntrernung Don
3üric^ für fein ganjeS ßeben entfd)eibenb. S)enn l^atte er fc^on al§ Stubirenber
ber Slieotogie feine ^unftbetliätigung fortgefe^t — babei mit 3}orliebe fic^ au^
:^ier bem i'eibenf(maftli(men, (geltfamen, Ungewöhnlichen juwenbenb — , fo wanbte
er iiä) nun ganj ber ^l^alerei ju. Spalbing, ber auf biefer 9leife 1763 Don
ben jungen ©c^wei^ern auf längere S^^^ befuc^t Würbe, gab über g. bas Urt^^eit
ab , ba| berfelbe „DoE gele:§rter ßenntniffe, aber auc§ eben fo Dott ftar!en unb
faft ungeftümen geuers ber ßinbilbungsfraft unb ber (?ntf(i)loffen^eit , ba» i^n
in Senfungsart unb Setragen oft genug über bas GonDentionelle 3U einer be=
fremblidien Griginatität liinaustreibt" , gewefen fei. ^n engem Serfe'^r mit
Sutaer blieb g. noc& einige 3eit in SSertin, bi§ er 6nbe 1763 na^ gnglanb
ging. 5r war burc^ feinen ©önner insbefonbere mit bem ©efanbten in_^erlin.
'^'Ritä^tü, befonnt geworben, Weldt)er fic^ nun be§ jungen Äünftlers eifrig an-
nahm unb if)n weiter empfa'^l. '^uxä) Ueberfe^ung Söinfelmann'fc^er Scfiriften
in bas 6ngtifrf)e, fowie burc^ Ueberna'^me einer (Srjie^erfteEe in einem Dor=
nel)men |)aufe — 1766 begleitete er einen feiner 3ögtinge nai^ granfreicf) —
Dermoc£|te fici) g- fclbftänbig 3U fteEen, unb aud^ gegenüber 23obmer brad^ je^t
in feinen Briefen bie ielbftbeWufet unob^ängige ,!paltung im 3)erl)ältni| 5U ben
i^m bi§f)er al§ gültig erfd)ienenen äftbetifd^en ?luffaffungen ber 3ürcl)er unb
262 ^"^^'•
©u(3er'§ me^r tjeröor. ^U^ jetner mäte^x md) gngtatib 1767 tuurbc er mit
^}tet^notb§ Befannt, tDeIc£)er i'^n erft öottig ermunterte, bie maUxti 3u jeinem
£eBen§beruie ju mad^en. S3on 1770 an l)ielt ft^ ^. in 3^talien, üorjüglicf) in
^Jtom aui, too er «ülicfjel 2tngeIo 3um SSorbilbc jeiner ©tubien mad)te. 3mQr
nennt (Soef^e fy. einen „würbigen SSetüunberer be§ großen miä^d 9lnge(o" ;
aÜein für einen ot)ne^in fo fe^r aui bie SSa'^l be§ ^JlaBlofcn angelegten fünftlerii(^en
6t)ara!ter, tt)ie ^. mar, tonnte ein berartigeS ©treiben ni(i)t t)ortt)eii:§aft mirfcn,
fo ba^ bei it)m mel^r bie ©c^mädjen, al§ bie großen ©eitcn be§ gemaltigen
•imeifterS fünitig Ijeröortraten. ^mmer^in fanb feine 3Beifc 3tnflang, fo ba^ er
nic^t nur ©emälbe für bie 2lu§fteUungen ber Slfabemie mä) Öonbon fc^icfte,
fonbern aud) öicifad) burc^ Üteifenbe in 9tom ^efc^äftigung gemann. ^laä)
einem SSefu^l anberer italienifdier Äunftftätten fam er 1778, mä) lejä^riger
?tl6mefenf)eit, 3um legten WaU auf ber Otüdreife nad^ Sonbon über 3üri(i), mo
er mät)renb feine§ S3efud)c§ ba§ einzige größere bafelbft öovt)anbene @emälbe, bie
„SSefd^mörung be§ ©d^meiaerbunbeS burd) bie brei gibgenoffen" (im ©ii5ung§faale
be§ großen ÜtaffieS), fd)uf. 5Bon 1779 an mar er bleibenbin gnglanb, mit einjiger
2lu§na'^me einer 1802 nad^ 5pari§ unternommenen 9teife. ^Jieben 9{el)noIb§ nnb äöeft
errang 5. allmätig bie ©eltung '^ödtifter Seiftung in ber ^]3laterei in gnglanb.
Seit 17H0 gjlitglieb ber 3tfabemie, 1799 al§ ^rofeffor ber ^3laterei ermät)It,
trat ^•. fomit in feinen 93orlefungen in bie ^Udifolge be§ 1792 öerftorBenen
9lel)noIb§ ein. S)iefe mit großem SSeifatt aufgenommenen a]orträge tourben nad)
i'^rem @ef)alte unb ber (5^önt)eit ber f^form benjenigen 9lel)nolb§' üorge,^ogen;
bagegen traten eine ftarf fubjectiöe gärbung, fomie ba§ 5. übert)aupt eigentljümlid)e
abfpred)enbe SÖefen toielfad) 5U fet)r Ijeröor. ©ie erfdE)ienen 1801 im S)rucEe (1820
eine neue 5tu§gabe Lectures of painting, delivered at thc royal Academy, with
additioiial obscrvations and notcs) unb 1803 in beutfct)er, aber nidf)t fct)r glüdüd)er
Ueberfe^ung, bon ^. S- (Sfd^enburg (Sraunfdjmeig). 9lber auc^ fonft blieb 5. neben
feinen 3af)lreidC)entünftterifd§en3trbeiten litterarifd) bef^ätigt, unb für feine fortgefe^tc
2}erbinbung mit ben ^fugenbgenoffen ift unter anbern bc^eii^nenb, ba^ er 1789
eine il^m 1787 gemibmete ©(^rift Sabater'g, a(§ „Apliorisms on Man'", überfe^te
unb f)erau§gab. 1805 unb 1810 übernat)m er neue 3lu§gaben bon „^^ilfington'§
Dictionary of Painters". 1804 2IuffeI;er ber ^Ifabemie , 1810 al§ ^rofeffor
bon neuem ermä"^lt, na(^bem il^n fd)on 1807 bie ©tubireuben bur(^ eine gtän=
jenbe Obation geetirt tjatten, blieb ^y. 1)oä) angcfetjen, U^ fur^ tior feinem 2;obe
förbertid^ tväftig, nocE) in feinem 84. SebenSjatire aU Äünftter unb 2t^xn
tl^ätig. 'S''^ax feit 1788 — mit einer ©nglänberin — öerl§eirat()et, ftarb er !inber=
lo§. (5r mürbe neben 9te^noIb§ in ber ©t. $aul§fir(^c beigefeit. — i^ü^Ifä
Äunftmanier litt an einer UeberfüEe ber über bie ®ren3en be§ ©d£)5nen, mitunter
aud^ be§ äBal)ren I)inau§ge'§enben Äraft; an ©ebulb in ber ^uefü^rung, meldte
oft menig genau mar, gebradf) e§ i^m, unb fo fte'^en au(^ feine ßeiftungen al§
5Raler erl)eblid) unter benjenigen in ber 3e'C^"""9- ^^^r in ber Äüt)n=
l^eit ber ©rfinbung leiftete er @ro^e§, unb in fo meit rei^neten bie 6ng=
lönber it)n neben bem 1820 berftorbenen 2Beft mit 3fled£)t unter i'^re erften 9{ebrä=
fentanten ber 5)talerei. ©aju !am, ba^ f^., ftet§ gemittt, ba§ ©d)auerlid)e
unb 2lbenteuerlid)e in erfter Sinie al§ ©egenftanb für feinen ^pinfel 3U nel)men,
boräug§meife in englifdl)en Siebtem 3lnregungen für feine ©d)öbfungen fanb.
3u ber 1786 burd^ Soljbell angefangenen ©l^a!efbeare=@allerie lieferte ^^f. eine
9ieif)e Oon ©emälben, befonber§ au§ .gjamlet, 5Racbetf), i^önig öear; er felbft
tonnte 1799 eine lange boHenbete ©erie al§ 2Jlilton=®alleric , jur Sfüuftration
be§ öerlorenen ^^arabiefe§, jur 9lu§ftettung bringen; S)ante'§ .g)ölle unb bie
91ibelungen jogen il)n an; DebipuS, Ugolino im .§ungertl)urm , iäjelino toaren
toeitere bon il)m getoäl^lte ©egenftönbe. 9lur au§nal^m§meife nal^m er einfachere,
Süßlt. 263
anmut^ig f(^öne Q}ortDÜrfe, xotidjt jugleic^ aurf) ein ^aimonifcf)erc§ Gotorit ge=
ftatteten, ^erau». 9(ber gcvabe bie ©d^rerfen f)ei;Dorxufenben Scenen, ©efpenfter
unb (&cf)auergeftaüen, mußten fl(f) biivd) bie UeB ertragung in bcn ^upferftic^ in
i^rent fünftlerifc^en ßinbrucE öerBeffern , unb fo ift biejer geiftreic^e ^J^anierift,
todä^tx fein 5pub(icum fo gut 5U faffen loufete, öon öieten englifcf)en Stediern
reprobucirt ttjorben. 6ine in 3ün^ 1807 öon ipeinric^ ^ü^lx u. 6. begonnene
Unternef)inung, feine fömmtü(f)en äöerfe in Äupfern nacf) Umriffen, fammt xert,
f)erau§3ugeben , ftocfte nad) ^toei erften ^eften (eine barin begonnene 2eben§=
befc^reibung , äumeift nac^ be§ @efc^i(berten ,3ugenbgenoffen , 6anonicu§ ^elij
91üfc§eter, geft. 1816, ©rjäl^Iung, öerbreitet ficE) nur über bie ^ugenbäeit).
S}gl. be§ 1805 mit 5. befannt getoorbenen ^ol§n ^noroles' The Life and
Writings of Henry Fuseli (3 S3be., Sonbon 1831).
5Jtet)er öon ^nonau.
SÜ^Ii* ^0)). ö einrief) %., @ef(^id)t§forf(^er, (S(f)riftfteller unb (Staatsmann,
geb. 3. See. 1745 3U 3üricE), t am 26. S)ecbr. 1832 bafelbft. - Sodann .g)ein=
rid) 5. toar ber <So^n bes jüngeren ^ofiann Ü^ubolf (f. b. Strt.) unb geno|
unter ben 9lugen be§ ä^aters, aber öorjügüc^ burc^ ben GinfluB be§ 5p^i(o(ogen
Steinbrü(^et unb infolge ber ©innpirfung S3obmer§, roeli^er ben Jüngling für
bie t)iftoi"ifcf)en ©tubien gctoann, eine öor^üglirfie ßr^ie^ung : mit banfbarer 2Bärme
pries 3^. burrf) fein ganjeS Seben bie Stnregungen, Ujelc^e bon ben fofratifc^en
^ugenbfreunben, 23Dbmer unb SSreitinger, toie auf i^re jungen 5?litbürger über=
|aupt, fo fpecieE auf i^n ausgegangen feien, ^it fieb3e'^n ^a^ren fam ^y. jum
$e^ufe feiner weiteren 3tu§bilbung nac^ @enT, toelc^eS gerabe bamals burd^
ben ßmite, beffen 3}erfaffer ^y. fennen lernte, in gro^e Slufregung Perfekt Voax,
unb n)o bem Jüngling in ben geiftig t)oc£) angeregten Greifen rei(i)e görberung
er^ätttic^ tourbe. 1763 folgte eine Steife nac^ Italien, tteli^e für 5- bleibenbe
^ebeutung getoann; benn huxä) bie @mpfet)[ung feineS 9}aterS unb Seon^arb
Ufteri'S (f. b. 2(rt.) rcurbc g. mit Söinfelmann befannt, beffen 3uneigung er
fic^ rafd) in §of)em @rabe ermarb. „"Radj einem 3Iufent^alte bon einigen 5!Jlo=
naten — fc^rieb äöinfelmann balb an ben 33ater ^yüBli'S — mürben äöenige in
Ülom felbft fein, benen biefer mürbigc ^üngüng nicfit Section geben tonnte", unb
anberstoo üerfid)ert er, berfelbe fei i^m „So§n, Ori-"eu^'> unb 3tEe§". g. geftanb,
im Umgange mit Söinfelmann bie eigentliche Sßei^e be§ geiftigen ÖebenS geroonnen
äu f)aben. 6r reifte im grül^jal^r 1764 mit bemfelben unb mit ber ^Jtalerin
3lngelifa Kaufmann unb bereu 33ater nac^ DIeapet, unb Söinfetmann toibmete
it)m bie auS ben ©tubien biefer brei äöoc^en l^erüorgegangenen „'üaä^xiä^itn
üon ben neueften öerfutanifd^en ©ntbedungen" ; ^^intnieber tourben burcf) g. bie
äft^etifd^en Stnfiditen 23obmer§ an äßtnfelmann unb ^l^enge übermittelt. Ütod^
1764 nad^ 3üric^ prücfgefe^rt, mibmete fid) ^r. Por^ügU^ ^iftorifc^en ©tubien,
wobei frübe fi^on eine für jene ^^it ungett)ö^nti(^e 9}ertiefung in bie Cuellen
]xä) geltenb madt)te. (5cf)on ^f}e 5Bobmer 1775, eigentticE) jum heften feineS
3öglingS, bie Pon i^m ein 'tjaihe^ ^a^r^unbert l^inburi^ befleibete Steüe eine§
JJrofefforS ber Paterlänbif(i)en @efcf)ic£)te unb ^^^solitif nieberlegte unb 5- f^att
feiner ertDä^lt tourbe, t)atte berfelbe mit großem S5eifaII l^iftorifi^e 33orträge ju
galten begonnen, alS bereu ^^programm bie Pon ^o§cm fittlic^em grnfte bur(|=
brungene 9tebe: „(5d)äifgen auf ben Sütar bes SJaterlanbeS gelegt" (1778),
betrarf)tet toerben fann. 2tber biefe bebeutenben Sammlungen unb met)rfad)en
^Bearbeitungen einzelner, in ben S^orträgen be^anbeüer ^^ierioben — befonberS
über bie ereigni^rei(^en legten ^atirje^nte be§ 15. ^a^r^unbertS — finb jumeift
cntroeber ungebrucft geblieben, ober nur in ^rui^f^eilen Peröffcntli(i)t, toeit x^.
in ftrcnger 23eurtt)ei(ung feiner 3Irbeit an berfelben bie getoünfd^te 95ottenbung
üermi^te. (Sinsig „Sof)ann SÖalbmann, Olitter, 35urgermeifter ber <5tabt 3ürid)"
264 i^"^"-
erfdfiten 1780 (3üric£)) aU jel6ftänbige§ ^ud^, nod) bi§ '^eute bie jtoar öielfactier
SJerbefferung fähige, aber Befriebigenbfte S)atfteEung biefc§ j(i)tt)iengeu ®egen=
ftanbeS: S. aeigte buvd) bie ^Beifügung auf bem %itd: „©in 35ei-fucf), bie ©Uten
bei- 2llten auä ben Quellen ju ei-jorfcfien," tüte ex jeine SlufgaBe at§ ipiftoritev
auifa^te. 35oi,iügti(^ iebocf) tjetjic^tete g-. oud) begtoegen auf eine eigene gi-ö|ere
3lr!6eit, tocil er betn um fieöen Sa^re jüngeren 3o£)atine§ 'DJlüEer, befjen glän=
jenberer Sßegalbung fid; unterorbnenb, in ebler ©elbftlofigfeit jeine reid)en ©amm=
(ungen ^ur Senu^ung l)inga6. g. ift jener „ältefte greuitb in ber ©(^tDcij",
an ben MüUex bie 78 burrf) g- ^^W 1812 (3üt:ic^) herausgegebenen 23riere
geriditet I)atte, toelc^e \nx bie (Sntfte^ung ber 5RüIIer'f(i)cn ©d)iDei]ergefd}ict)te bie
nteiften 5luffd)Iüfje bieten, ©dion 1771 '^attc bie 23erbinbung ^wifciien 5- ttnb
gjlüßer ange|angen, unb jel)r balb bilbete jicf) ein jef)i innigeä 35erI)äUni^ au§.
5[)'lüEer betennt \iäi offen al§ „©(i)ü(er" fcine§ gi-'^tinbeg, „beffen 2)en!ung§art
il^n fo trcut^erjig inad^e, tnie er gegen Söenige noc^ gelüefen fei". 1773 machte
^JiüKer ben 2}orf(^Iag einer 2t)eitung ber ?lrbeit für bie ©(^tüei3crgefd)id)te, fo
ba^l f^. befonberä bie neueren ^Partien übernommen Ijätte: „^ä) freue mic^
uncnbüd), ba^ loir miteinanber arbeiten, mein Aper^enSfreunb ! unb in 0)efeüf(^aft
öor bem ^^Jublifum erf(i)eincn ! " SlEein aitbere 9Iufgaben, bor^üglid) eine fteigenbe
potitifd)e SBirffamfcit ()ie(ten x^. baüon ab. ^m\mxt)\n tuurbe eä it)m möglid),
in ber Don il)ni begrünbeten ^f^tl^^i^iH : „©d)roei^erfd)e§ ^JJlufeum" 1783 bi§
1790, fotüie im 1793 bi§ 179G erfi^einenbeu „^Jieuen ©ditoeitjerfdien ^3Jlufeuni"
eine 9leif)e !^iftorifd)er 'ätrbeiten ju öeröffentlidien, tjoran ben 9Infang einer S3io=
grap!)ie feine§ eben berftorbencn öcref)rten Sel^rerS Sobmer, bann eine (Sef(^id)te
bc§ ©d)toaben!ricge§, anbere 33rud)ftüde au§ bem 15. Sal)r:§unbert, eine 3lnal^fe
be§ 3ürd)erifd)cn 9tid)tebriefe§ üon 1304, eine Siograptjic ,^utten'§ u. a. m.
S)urd^ anbere toerttjbollc ^Beiträge, befonberS be§ iyorfd)er§ über 3ürd)erif(^e ®e=
fd)ic§te, 3^0^^. i^einrid) Si^inj, bann be§ it)m burd) ^)Mtter befreunbct qcluorbenen
Sonftetten (f. b. 2trt.), S3riber§ (f. b. 2lrt.) unb ?lnberer Oermodjte '^. wirtlid)
biefe toertl^öolle ©ammtung ju bem ju mad)en, lDa§ er burd) fie ju erzielen
fud^te, 3U einer gebiegenen ^Bereinigung in ber einfid^tigen Siebe jum SSaterlanbc
gteit^ftrebenber geiftiger .Gräfte. %. tvax au(^ aU 2'^eilnc'^mer an bem bud)^nb=
lerifd^en ®ef(^äfte Drett, Seiner, ^^ü^ti u. 6o. (Seiner loar ber belannte 3tbl)üen=
bid)ter) materiell an biefen unb ät)nli(^en Unternet)mungen betf)ciligt, fo jeboi^,
ba^ bie geiftigen i^ntereffen ftet§ jumeift an biefen Singen i^m tt)ert{)t3oII er=
fd)ienen. ®al)in ift ^üB^i'^ „Stilgemeine Slumenlefe ber S)cutfc^cn", 1782 bi§
1788, 6 Sbe., tDorau§ bie ^loei erften 2;f)eite al§ „S)er t)eiligc (Sefang ber
3)eutfd)en" au(^ abgefonbert, anrechnen; öon ilim ging ein nicf)t ju unterfd)ä^enber
ßinflul auf ben S)id)ter 5Jlattt)iffon au§; ^. l^at ben originellen „armen 5Jlann
au§ bem Sloggenburg" (f. b. 3lrt. SSrögger) an ba§ 2:age§Iid)t gebogen. — Sn=
ätDifd)en toar 3^. erft al§ 5}litglieb be§ großen 9iatf)e§, too er al§ ein grünblid^er
unb einflu^reid)er ^ebner fid^ balb auS^eid^nete, bann feit 1785 al§ fotd^eS be§
!leinen 9{at^e§, boUenbS mit ber Ernennung jum Cbmanne, b. 1^. jum oberften
3luffel§er ber in ber 9icformation eingebogenen ^loftergüter, toeld^eä öfonomifd£)c
^mt p ben neun §öd)ften ©taatSämtern ^ai)ltt, in bie politifd£)en 2lngetegen=
l^eiten eingefü'^rt toorben. 5}Ut l^o^em ^^^Hfliditgefül^le öerbanb g- in biefen öffent=
liefen ©tettungen eine ftare ©rlenntni^ ber unter ben ©inrcirfungen ber fran=
äöfifi^en JReöolution fid§ gefä^rli(^er geftaltenben ßage. ©o Dermod)te er 1795
bei 3lnlaB be§ ©täfner ApanbetS (f. b. Slrt.' ^. ^. Söobmer) ;al§ SSerid^terftatter
ber Unterfud)ung§commiffion, baburd^, ba^ bie ©ac£)e in bie ßönge gebogen lourbe,
bie in ber ©tabt l^errft^enbe Slufregung ettoaS fi^ befänftigen 3u laffen, unb
neben ßatoater ift e§ nid^t 3um wenigften ^. ju berbanfen, ba^ e§ nid)t ju
Slobeäurtl^ eilen !am. 21I§ bann 1798 bie ©taatSumtoätaung brofienb tieranrüdte,
pBlt. 265
ge'^öi-te ^y. ju ben üon ben mo^gebenben 5i}erfönU(f)feiten nid)! gefiörten 9tat^=
gebern, toeldie bem unau§tt)eid)lii^en ©türme burci) jelbftgetoä'^rte SSetBefferungen
3Ut)oräu!ommen fud^ten. S)arua4 öüe!6 er junädift in bcr !)etöetij(i)en Organt=
jation unBet^eiügt. ^]tur al§ 'Jltitglieb be§ 3ür(^erif(i)en @r3ie^ung§ratl^e§, tüel=
ä)m er 1798 mit einer feiner trefftii^en öffentlid)en Üteben eröffnete, toar er
f^ätig unb betüieä feine in ber fdion früt) burc^ i^ bargelegten äBert^fd)ä|ung
5Peftatoääi'§ bereite au§gebrücEte päbagogifcfie @rfenntni^. ^ebot^ 1800 tourbe
^. 3u ben (Staat§angclegenf)eiten f)erange3ogen unb juerft mit einer ©enbung
in ben burcf) ben 6oaIition§!rieg unb innere 5|5arteiung zerrütteten Danton ®rau=
Bünben Beauftragt, bann in ben gefe^gebenben 9lat^ naä) ber '^elüetifcfien ^paupt=
ftabt S3crn gerufen, aU fi(f) berfelBe infolge ber nad) bem StaatSftreic^e Dom
7. Sluguft 1800 (f. b. 5lrt. finster) gefaxten 33ef(^Iüffe au§ bem gefammten l§el=
öetif(^en 9}olfe um ad)t ^JlitgUeber ergänzte. S}on ba an na'^m g., 3U einer
3eit, al§ ba§ !§etDetif(^e ©taatileBen im 2Bibei*ftreite ber immer fd)roffer fid)
gegenüBerftef)enben ^^arteien burd) rafc^ aufeinanber folgenbe ©taat§[treic^e ju
ftet§ griD^erer Unfrud)tBarfeit öerurtl)eilt mar unb rafd) fid) aBnu^te, an ber
Seitung beffelBen in öerfd)iebenen Stellungen Xfieil. ^nSBefonbere mar er 1802,
nad)bem burd) ben ©taat§ftreid) Oom 17. Slpril ba§ föberaliftifd^e Clement untcr=
legen toar, in ber unitarifd) jufammengefe^ten Slegierung geBÜeBen, al§ äloeiter
©tatt^lter neBen bem ßanbammann S)olber (f. b. 2Irt.) in bem am 5. 3?uli
Beftettten 33oEäie{)ung§TatI)e, unb fo fam er im ,§erBfte bc§ ^a^xe^, al§ fit^ bie
föberaüftifc^e Sr^eBung gegen ha^ üer^a^te ©in'^eitef^ftem in ^etoegung fe^te,
in bie peinliche Sage, a(§ einer ber Präger beffelBen ber eigenen 9}aterftabt gegen=
üBer äu fte'^en. ©eine Uneigennü^igfeit mu^te aud) üon ben ©egnern anerfannt
BleiBen; in einer mit 5}lä^igung üerBunbenen g-eftigfeit fud)te er ber unbanfbaren
SlufgaBe ber ^yü^rung ber @efc|äfte aud) nad^ bem Söiebereinrüden ber fran=
3öfifd)en Gruppen unb ber Entwaffnung ber ^^öberaliften gered)t 3U toerben. 9lBer
er ]ai) ein, ba^ ,,bie eigentlidjen ^äupter ber Beiben ©^fteme il^n nie für i^ren
SJlann Italien merben", unb oBfd)on er aufiid^tig öerfid)ern burfte, ha^ er an
ben Srutalitöten be§ l^elöetifdien (Seneral§ 3lnbermatt (f. b. 3lrt.), an bem
„aBfd)eulic^en SomBarbement t)on3ürid)" gän3li(^ unfi^ulbig getoefen fei, mürbe
i^m bodi üon feinen 531itBürgern nidjt'üerjie^en, ba& er in einem politifc^ ent=
fc^eibenben 5Jtomente in guter UeBerjeugung anber§, at§ if)re ^33^aiorität, gebadjt
ijatte. 55ei ber S)urd)fü^rung ber fantonalen 35erfaffung nad) 5)la|gaBe ber 5Re=
biation 1803 gelang c§ nid)t, lyü^^i'^ Söal^l in ben Keinen 9tatl§ 5n ermöglid^en,
unb üon ba an l^ielt ficf) berfelBe im ®an3en üon ber 2l)eitnal)me an ben öffent=
lid^en 5lngelegen^eiten 3urüd; bod) na'^m er no(^ an ben ^er^^anblungen be§
großen UaÜ)e^ Zt)eii, Big er mit feinem 85. @eBurt§tage nac^ feinem SBunfc^e
elirenüoll entlaffen tourbe. — Sagegen mibmete er fid) feit 1803 toieber eifrig
ber ßitteratur unb Söiffenfdjaft. 2luc^ in ber 3eit feiner ftaatSmännifd^en 2Bir!=
famleit mar er ^ierin t^ätig geBlieBen, l)atte in ein3elne 3ettf(^riften l^iftorifd^e
2lrBeiten geliefert, BefonberS aber bie Ütebaction ber toertl^üolten l)i|torif(|=ftatifti=
fd^en ©c^ilberungen ber Kantone in ber langen 9iei;§e ber „<^elüetifc^en 2[lmannd)e"
feit 1799 Begonnen. ^Ber neben ber aufmerffamen 25erfolgung ber 3eit9ef<^^<^te
ol§ 9tebactor ber ,3ürd)er Beitung üertoanbte ^^. nun in erfter Sinie feine ^raft
auf bie in ben Sugenbja^ren fo üerftänbni^üoE Begonnenen Äunftftubien. ©ein
„SlKgemeineg Äünftlerlejif on : 3toet)ter S^eil, melc^er bie gortfe|ung unb Sr=
gänsung be§ erften enthält" (3mölf 2lBf(^n., fyol., güric^, 1806 — 1821, neBft
3ufä^en üon 1824) ift eigentlid^ neBen bem äßerfe be§ S5ater§ eine gan3 neue
9lxBeit üon großer (Semiffen'^aftigfeit, eine toiffenfd)aftlicf)e Seiftung üon BleiBenber
SSebeutung. S)en .^aubtin'^alt be§ 3u einer eigenen 2lbtl^eilung angetoad^fenen
3lrtifel§ üBer S^amel legte er in einer noc^ je^t mert^üotten fleineren ©d^rift
266 Pfe"-
1815 (lieber ba§ Öeben unb bie 2Ber!e 9{ap^ae( ©anäto'§, eine SBovIefuiig, S^^^^)
nicber, einem ®enfmale feincv noc^ im f)o!^en 9(tter lebenbigen unb treffenben
2lnf(i)auung. Sn lebt^aftem münbli($em unb fi^viftlic^em SSei-fel^re mit greunbcn —
SSonftetten, ©Bei, 3BeffenBerg in ö^onftanj — , ein liebeöoUer unb jorgfamet
9tatt;ge!6ei- ber jüngeren miffenfiiiaitüc^en Generation, jo bejonberS be§ jüngeren
^ottinger, eine§ ber ft)äteren f^ortfc^er 5)tüIIer'§ (j. b. 9lrt.), öon 9lcifenbcn
öiel 16efu(i)t, ^ielt fidf) ber geiftig rege @rei§ big in ein |ei)r f)of)e§ bitter Reiter
unb fräitig. S)er Stabtbibliot^ef tion ,3üri(^, tüelrfjer er in jeinem Öeben ,^al)(=
rei(i)c tt)iffcnfd)aitlic^e S)ienfte geleiftet ^atte, famen nad) feinem j^obe bie rei(^=
"faltigen gef(i)i(^tlict)en {janbf(i)riitli(i)en Sammlungen ju , unb nad^'^er erluarb
biejelbe au(i) bie funftgejd^ic^tli(f)e Sßibliotl^ef.
ä^gi. ,/Sd^. .^einr. ^yü^li, SlttrattiS'^err bonSürid^, üon jeinem greunbe
^gn. ^einr. ö. SöeffenBerg" (trogen, 183(0. 5[)tc^er öon .^nonou.
gÜ^U: äöitl^etm i^-., f(^tt)ciäeinf(f)er ^i^olitifer unb ^unftfd^riftfteEer, geb.
1803; t om 10. September 1845 in 3ürici). ®(eic£) feinen um feci)§ unb öier
^a^re älteren g^reunben Ulrid^, meld)er in ben brei^iger ^at)ren bie ©teile eineg
©taat§antt)aUe§ in 3iiric^ befleibete, unb Heller ]ä^tt 5- ju ben jüngeren ^üric^ern,
wiäjc ber 1830 eingetreteneu ftaatlic^en UmgeftaÜung burd^ bie tiberate 6ntmi(ie=
lung t)inbnrd) auf ben 35oben rabicalercr Jenbeujcn folgten. 5}or ber ^Reöolution
^atte 5-. bem 9tmt»geric^te ^ürid^ angel^i3rt, metd)eS unter feinen ^JJlitgtiebern neben
^eEer nod) toeitere üorjüglicf) tt)iffenf(^aftti(^ gcbilbetc ^urifteu 0)lk unb eine
eigentliche junge ülec^tlfdiule barftettte. @rft nad) 1830 trat er in ba§ tüirf=
li(^e politifd)e 2tbm ein, babei ööEig an ^cHcr fid^ anfd)lie§enb, jebod^ in
leibenfd)aftlid)erer ©nergie auf ba§ ;3^el lo§gel|enb. 2ll§ 1831 über ben 2Birrcn
wegen ber 3}crfaffung§fragen öon Safel unb (£d)tr)t)3 , unb über ber Slnregung
einer SunbeSreform bie in ber 3ürid)er iHegierung uo(^ öereiuigteu ^arteif(^at=
tirungcu fid) p fdt)ciben begannen, mar e§ ein befonbcr§ öon i^. auSge^enber
Schritt, ber bie bi§t)erige 3ufammenfetjung ber Regierung öeränberte. 5ll§ l)aupt=
fäd)lid)er SHebner auf einer SSerfammlung ju 33affer§borf rief er einen i?antonat=
öerein als ^^^^Ö ^^^ öon Sern l)er über bie ©djtüeij fid) öerbreitenben (5(^u|=
öereing ,,3um ©d^irme be§ Se[tanbe§ ber gcfdjaffenen öolf§tt)ümlid^en 3}erfaf=
fungen" in ba§ ßeben (26. f^ebruar 1832) unb proteftirtc gegen eine 5lufforbe=
rung ber 9tegierung, mit ber ßonftituirung be§ 33creine§ innc ju 'galten, biä ber
gro^e Ütatl) über einen ©efe^eSöorfc^lag entfd)iebcn l)aben merbe. S)er gro^e
9latl) ftimmte im (Sinne einer fc^arfen begrünbenben Üicbe i?ettcr'§ (am 9. ^ärj),
unter ^urüdmeifung be§ @cfe^e§öorfd^tage§ betreffenb bie 9}ereinc, für ben 35e=
ftanb be§ öon fy. begrünbeten 5öereine§, toorauf bie beibcn Sßürgermeifter unb fed^§
9legierung§rätl)e il)re @ntlaffung ua'^meu unb ber Sieg ber „juriftifc^en f^raction
ber 9tabicalen" offen öorlag. :^n3toif(^en in ba§ Obergeric^t getüö'^lt, trug
t^. burd^ ein abermaliges öffentUd^e§ 2luftreteu öor ber ^olfäöcrfammlung ju
Unterftra^ am 4. 2Iuguft 1833 unb ben baburd) audf) öon 3ürid^ l)er geübten
3)rud auf bie 2agfa^ung ba.^u bei, ba^ eibgeuöffifd^e Gruppen SSafel unb ba§
innere ,\^anb Sd^mt)^ megen ber öon bort au§ gegen bie abgetrennten Sanbe§=
tl^eile burd^gefül)rteu 3Baffenangriffe befehlen. ^;!lber au|erbem mar er aud^ im
3ürd£)erifd§en großen 9tat^e, fomic in publiciftifd^er Sl^ätigfeit ai^ ßigenf^ümer
unb gtebactor be§ „S^toeiäerifd^en 9tepublifaner§" — l)ier ftanb i^m ßubtoig
SneE (f. b. 2lrt.) jur Seite — in fi^neibiger SBeife ein Sßorfec^ter feiner Partei.
S}on feinem fc^arf ausgeprägten rationaliftifd^en Stanbpunfte au§ ^attc 5-. aud^
an ber Berufung öon Strauß ?lnt:§eil genommen, unb 3U ben ^erfönliäfciten,
meld)e infolge beg burdf) bie Septemberbemcgung 1839 eingetretenen ööttigen
St)ftemmed^fel§ öom öffentli(^en geben fid^ feitbem ganj äurüdE^ogen, ge^^örte
neben ^eEer unb Ulridf) befonberS auc^ ^•. 2Benn auc^ nic^t ein 3lnge|öriger
fJüBlin — guft. 267
be§ bem fünftlenfc£)en ^cruie öorjügtic^ fid) Ifitngebenben Stjeiteg feineä @ef(i)Ie(f)te§,
^atte i^. ftet§ für bie Äunft unb bcren ©efc^idite Ciro^eg ^titereffe geaetgt. i^e^
iDibmete er feine ^lu^t ganj biejen ©tubien, au§ benen „^tüuc^en'S bor^ügüdtifte
öffentliche l^unftfdjäfee" (5)lün(i)en, 1841), t)orne^mli($ aber ,,3ürii^ unb bie
toit^tigften ©tobte am 3ftl^ein mit ^e^ug auf alte unb neue Söerfe ber ^Irc^iteftur,
©cul^tur unb i)Jtalerei" (2 Sbe., Süric^ unb SBinterf^ur 1842 unb 1843) :^er=
öorgingen. '^•. toax im begriffe, felbft nad) einem ^(a^e größerer fünfticrifdjer
3tni-egungen, 6efonbei-§ 5um 33el)ufe ber 9(u§bilbung feine§ ©o^ne§ 3um 5Jlaler,
überjufiebeln, at§ er ftarb.
35gt. ^lefrotoge im ©ditüeijer. 9tepul6tifaner, 1845, 9h. 73, unb in ber
gibgenöffifc^en 3"tung, 1845, 9Zr. 258 unb 259. 5Jle^er öon .^nonau.
p^Iiii: f. S-ue^lhu
^Uft (rl^eiu. S)ialeft für gauft): ^afofi ^. ju gjtain^, @oIbfd)mieb, tritt
om 6. 9iot)br. 1455 für feinen Sruber ^«olfiann (f. u.), mit bem mein x^n
öfter bertoedifelt, aU 3euge gegen Runter ^o^ann ©utenberg, ben ©rfinber
ber 2:i)|)ograp:^ie auf. ©ein Söap^en finb ätüei gefreu^te .§a!en. ^m ^. 1462
toar er 33ürgermeifter. ü. b. ßinbe.
g-llft: ^ol^ann ^., geb. gu 9Jtain3, f äu $ari§ 1466, toar ber erfte
tt)pogrop'§ifd§e SJerlag^but^pnbler. 51I§ ber 5[Rain3er 5)]atricier :^of)ann @uten=
berg feine gro^e unb fotgenfc^loere Srfinbung ber Xt)pograt)l^ie, b. |. ber 5Bucf)=
bruderfunft mit gcgoffenen 53letaIIt^pen im ^. 1450 öallenbet l^atte, toenbete
biefer ftd), be!)uf§ @rri(^tung einer tt)|)ograpf)if(^en 33uci)brucferei, um einen @elb=
öorf(f)UB an ^o^^ann g^uft. 3m 2luguft 1450 lie]^ berfelbe bem grfinber jur
^erftcHung ber „SBerf^eugen" a(f)t!^unbert Bulben in @oib a 6%, unb t)erpfli(^=
tete fi(^ au^erbem, jä'^rlic^ brei"f)unbert @ulben ju ben 33etrieb§foftcn (,,(S5efinbe=
(ol^n, ^au§3in§, ^^ergament, Rapier, ^arbe u. f. to. für ba§ Söerf ber Sudler")
öoräuftretfen. S)ie ^ erruft eil enbe ©ruderet fottte ba§ ^fanb ber .'pau:ptfumme
bilben, ber SSüc^erbrud aber ,,äu gemeinfd)aftli(^em SSort^eil" burd) ©utenberg
beforgt merben. S)ur(^ biefen SSertrag fid)erte fid) fy. nic§t blo§ ben £ön)en=
ant^eit, fonbern er fam nid)t einmal ben feinerfeit§ eingegangenen 3}erpflid)tungen
nad) : ßJutenberg erlieft er[ten§ ba§ ©tammcapital nid)t auf einmal, unb jmeitenS
ba§ Setriebscapital gar nid)t, fonbern im S)ecember 1452, al§ Slbfinbungsfumme
ber ;3a§re§beiträgc, ein ^aufdiquantum bon ad)tt)unbert (Bulben. S)er Srfinber
arbeitete tpeber mit einem geübten ©diriftfe^erperfonal, uod) mit ©c^neHpreffen,
tro^bem aber raffte er fi(i) ju ben gro^artigflen Seiftungen auf. >&i^ 1456 go^
er tt)enigften§ fünf berfd^iebene ©c^riften, unb brudte u. a, jtoei gewaltige Iatei=
nifd^e Bibeln. 2)er äßert^ ber guft^fd)eu >g)^potl)eI mürbe burd) biefe ©d)öpfun=
gen fo enorm erl;öf|t, ba^ ©utenberg — ein befferer Sec^nifer al§ f^inanamann ! —
ni(^t blo§ not^gebrungen, fonbern auä) mit gutem ©emiffen, bie S^^tung ber
3iufen au§fe^^te, bi§ auf ben 2:ag, an bem ber äöunberbaum feine golbene
5rud)t abmerfen mürbe. ^. aber mar praftifc^er: er trug bie ganae ßrnbte,
ßrfinbung, %\.)ptn unb SSüc^er :^eim! Sr l^ielt fic^ am Sud)ftaben ,,ber ba
tobtet", mürbe ftagbar gegen (Sutenberg unb forberte bon i^m a) ein Kapital
bon 800 ©ulben mit einem 3w§betrag bon 290 ©ulben; b) ein 3tbeite§ ßabital
bon 800 Öulben, mit einem 3in§bctragc bon 140 ©ulben; c) 36 ©ulben
3tnf el^infen ; sufammen alfo eine ©umme bon über ätoeitaufenb ©ulben. ^n
ber 2;^at, eine nieberträc^tige SBuc^erred^nung! ^y. öerlangte nic^t blo§ 3infen
unb 3infe§3ii^fen bon allen 2lu§lagen (aud) bom berringerten 5Betrieb§copital),
fonbern ©utenberg fott au^erbcm feine ©rfinbung einbringen, ba§ 2öer! berrid^ten
unb g. ben gleidjen Slut^eil am ©etoinn überlaffen. ©utenberg berlor ben
$roce§ unb mar borläufig ruinirt- S)en 6. DIobember 1455 befc^toor 3^. feine
^orberungen unb lie^ ben UrtlieilSfbruc^ urfunblid) bon bem Olotar Ulrid§
268 3^"^
^clmatBei-ger aufnel^men. (@ine Cxiginalurfunbe finbet \iä) in bei (5tabt6{6lio=
t^e! 5U ^Jloiitj.) @utenl6erg'§ 2:i)pen ftnbeti tüir nodi'^er in feinem 33efi^, benn
ei* fe^te nun jelbft mit ^\i]e be§ ^>etev 6d)bffcr au§ @ern§t)eim, cine§ (5d)üler§
©utenöerg'S, ben U^evtag fort. ©d)öffei- brurfte mit bem eroberten ^Jlateriat
3unäcf)[t ein prad)ttioüe§ Ütituale auf Pergament (ba§ BerüTjmte fogenannte
«pfalterium), ba§ erfte üoüftänbig batirte Ö3u{|. ^n beutfcf)er Ueberfeiiung lautet
bie ©(^lu^fdirift loie folgt: „©egenmärtiger gobe^- ber ^^pfalmen, burd) bie ©d)ön=
l^eit ber ßapitalbuc^ftaben gefdjmüdt, unb l^inlänglid) mit ben unterfd)eibenben
9lul6ricirungen öerfei)cn, ift burc^ bie fünftli(|e ßrfinbung, ju bruden unb a3uc^=
ftaben ju bilben o()ne irgenb eine ©c^rift ber ^yeber fo gemadjt unb jur 33cr=
e^rung @otte§ mit t^^tei^ ju ©taube gebrad)t toorbcn burd) Sfo'^ann ^^uft, 23ürger
äu ^Jtaiuj, unb 5|!>etcr ©d)5ffer bon ®ern§l)eim. ^m ^. 1457, am 9}orabenbe
ber .g)immelfaf)rt ^JJtariä (b. f). ben 14. ^Jluguft)". Stlg 33ertag§5eid)en folgen am
©(^lu^ bie an einem ^Banmjtoeig Itjängenbeu SBappen ber beibcn Jperau§geber:
f^uft'g 3ci<^en ift mit bem feine§ Sruber? (f. o.) öoEfommen ibentifd); ©d^öffcr
gebraud)t ebenfalls jttjei .^afen, aber in ber 5orm eine§ fi^arfen 2BinfeI§ unb
öon brei ©ternen umgeben. — 3)lan fielet, ba^ bie praftifdie i^irma bie ©(^tu§=
fd)rift mit großer ©d)(aut)eit abgefaßt "^at! ©utenberg, ber Urf)eber ber „fünft»
iid^en (Srfinbung (adinventio artiticiosa)", mirb einfad) tobtgefd)tt)iegcn ; bie SBcr=
leger fagen jnjar nid)t, ba^ fie etma§ erfunben traben, lenfcn aber bie 3tufmerf=
famteit auf bie blenbenben gttjeifarbigen Initialen unb auf bie (mit rotier ^axhe)
gebrudten 9tubrifen. 5lud) in biefem fünfte mar ©utenberg ^mar ber 33orgänger
feinet ©d)üler§ (in ber 423eiligen 33ibel), er ift aber ber ^auptfadje burd)au§
untergeorbnet. S)er beabfid)tigte ^mcd mürbe inbeffen auf eine Sat)r'£)unberte
lange S)aufr erreicht. — @ine neue 3Iuftage be§ officium divinum erfolgte ge=
nau ätuei S^o^re fpäter. ©cl)öffer legte fid) Ijier (ben 29. 9luguft 1459) jum
erften 9]talc ben Xitel eine§ „Älerifer§ ber S)iöcefc ''JJtainj" bei; öermutl)lid)
eine burd) fein crfte§ S)rudroer! ermorbene 5lu§3cid)nung. S)en 6. D''.tober 1459
ebirte man ba§ liturgifd^e 2öerl be§ 33ifd)of§ S)uranb (t 1296): „Kationale Divi-
norum Officiorum". '^u biefem S)rude benu^te ©(^öffer jum erften WaU eigene
2;t)pen; fie waren aber offenbar ®utenberg'§ 2lbla^= unb ßaf^olifonttjpcn (ögl.
u. ©utenberg^ nad)gcal)mt ; für bie ©(^tu^fd)rift mürben ©ntenberg'g 58ibeltt)pcn
öerwenbet. S)en 25. 3iuni 1460 folgten bie „Constitutioues Clementis V. Papae.
cum appaiatu Joannis Andreae" ; Xejt: ®utenberg'§ S3ibeltt)pen; ©loffen:
@d)5ffer'§ 2)uranbu§tt)pen. ©eine ^meite neue ©d)riftgattung fdjnitt ©d)öffer für
eine tateinifd)e (48äeilige) S3ibelau§gabe, erfc^ienen 14. Sluguft 1462. ^ier
nennt er fid) jum legten 5)lale einen Clericus, nad) biefem S)atum unb bor
1465 muB er alfo 3-uft'§ ©d)miegerfol^n gemorben fein (f. u. !3)t)na f^uft). 3^n=
beffen mütt)ete bie betannte ^ainjer 33iät|um§fel)be ämifd)en ©ief^er öon ^]en=
bürg unb 'ilbolp^ öon ^Jlaffau, unb beranlafete bie älteften gebrudten ©treit=
fd^riften in ber fjform öon (Sinblattbruden : 1) ein „39rieff" be§ Jlaifer§ gfrieb=
rid^ III., öom 8. Sluguft 1461, über bie ©ntfe^ung be§ (Sräbifc^ofS Stetiger
(regierte feit 18. ^uni 1459); 2) bie gntfe^ungSbulte be§ ^4?apfte§ ^iu§ II.,
öom 21. ^uguft 1461; 3) bi§ 5) lat. SBuden jur ßinfe^ung be§ mol|)l) öon
9laffau, öom 12. ©eptember; 6) beutfd^eS ^tanifeft ®iet§er'§, batirt au§ ^öä)it
ben 30. gjlärj 1462; 7) ©egenmanifeft molpt)'§. S)a§ erfte SSlatt ift mit
©d^öffer'g 5Bibeltt)pcn, bie ^Jtummern 2) bi§ 7) aber, foWie aud) ein ©enbfd^reiben
5piu§ IL, öom 1. ©ept. 1461 über bie Stüilenje'^nten, mit ©d)öffer'§ S)uranbu5=
ttjpen gebrudt morben. — Wam tourbe betanntlid) ben 28. ßct. 1462 über=
rum|)elt unb tt)eiltt)eife jerftört. S)ie £t)|)ograbl)en jerftreuten fid), unb erft am
17. S)ecember 1465 öerlegte ^•. toieber ein grö|erc§ Siöerf: .,Liber sextus De-
cretalium Domini Bonifacii Papae VIII. cum glossa; jEejt: S5ibeltt)pen; ©loffen:
mt 269
SE)uranbu§tt)pen. ®ie ©dilu^fc^iiit entölt ein tntjm^ ^ßtagtat au§ ©utenBerg'S
Catholikou 1460. ^m ^. 1465 lüurbe, ebeniaHs mit 3)ui;anbu§tt)|)en, aurf) ber
©tud Becnbet be§ ,,M. T. Ciceronis De Officiis Libri III., Paradoxa et Versus
XII Sapientium'', trieber'fiolt am 4. fyeBruar 1466. (^n ben gried^ifdien Sen=
ten5en ber ^atabojen ei;|rf)einen jtoar gi;ied)ifrf)e SSutfiftaben, e§ jinb bie§ abn
blo§ rol^e ipol^jt^nitte ; bie elften toir!ü(i)en gi-iec^i|(i)en %).)pen lommen im
Öoctanj öor, ber 1465 bon (5n)et)n"^et)m unb 5ßannav^ in ©iibiaco bei 9{om
gebrudft tourbe.) Tlit biejev, unb 'mol auä) mit anberen 2lu§gaBen, 50g ^y. nae^
^PariS, too er aBer in bemfelben i^a'fire ftarb. — 3Bir ^aben gefel)en, ba^ er
anfänglich tüeiter nichts toar, al§ ber @elbf($ie^er be§ @rftnber§ ber S3u(i)bru(ier=
fünft unb aud) fpäter bie getoötinlic^en ©igenjd^aj^ten biefer @ilbe nicf)t berleugnet
l^at. SBenn er f{($ nic^t auf ©utenberg^g Eintrag eingelaffen ^ätte, fo toilrbe
biefer — fo gut tt)ie nad) bem ^roce^ ben Dr. .J^umerl^ — ftatt feiner einen
onberen ©elbmann aufgetrieben !|aben. 9Jlit ber ©rfinbung ber 2:t)t)ograpl§ic
!^at 3^0'^ann 5uft gar ni(^t§ ju t^un! S)er in ber guft=©(f)öffer'fct)en, bem
©utenberg feinblic£)en Officin gebilbete erfte SSuc^brucfer Äötn§, Utrid^ 3^^ Qu§
^anau, ^at au§brü(flii^ berichtet, ba^ man „im ^a'^re 1450 ju brucEen begann,
unb jtoar junädift eine 58ibel mit einer groben ©ct)ri|tgattung" (b. f). bie 36=
zeitige fogenannte @($ett)orn'f(i)e 33iber). ©c^öffer ^ielt fiif) im ^. 1449 uod^
in $ari§ auf, tt)o er 33üd)er abfc^rieb für bie Uniberfität. 25on biefem Sü(^er=
f(^reiber ^atte ber TOeifter 3U ^Jtain^ 1450 felbftüerftänblidt) nid^tS mel^r ju
lernen! ^- t^^tt feinerfeit§ erft im 3luguft 1450 al§ @eIbfc£)ieBer (Sutenberg'S
auf, unb ein fo getüiegter ^raltifer mie er toäre gewi^ nid)t auf ba§ äöagni^
eingegangen, menn 65utenberg e§ \t)m ni(^t bereits gan^ unb bott ^ätte plaufibet
machen fönnen. Sntfdieibcnb aber ift, ba^ ^y. bie S^tfac^e eiblii^ unb geric^t=
üä) beurtunbet ^t: er f)at ba§ „Söer! ber 3Süd§er" fic^ fetBer ai)= unb feinem
Dpfer pgefifitroren. @egen biefen gef(i)tct)tli(^en Q^elfen jevfc^elten bie 5!Jtärd)en
fpäterer Seiten. @rft fein 6n!ei ^olann ©dfiöffer ^at i^n, mit fettcner S)reiftig=
feit, jum alleinigen ©rfinber ber 2;t)t)Dgrab^ie f)inaufgeIogen. ©eit bem borigen
i^a'^r^unbert fi^miebete man ba§ „i^teeblättcfien" : @utenberg, ^^uft, ©tfiöffer —
ber ®efd)i(i)te pm .^o'^n bargcfteEt auf bem 9to§mar!t in 3^ran!furt am Main —
mit bem bie Unmiffen^eit no(^ in unferen klagen Unfug treibt, ^^uft'g 3^ame
ift bejei^nenb für bie (SrfinbungSfabctn anberer 25ö(!er: Bei ben Sö^men, ;Sta=
lienern, ^ottänbern mu| ber g^uft (Sauft) t)er't)alten. ^n bem Bö'^mifdicn 5[Rär(f)en
ift e§ ber ®Iü(iti(i)e (5auftu§), ber in ©traPurg bie S3uii)brurferfunft erfinbet,
unb äur 6^re feiner (Seburt§ftabt .^uttenberg fitf) (Sutenberg genannt. S)ie
italienifcfie 5ßoffe lä^t i^auft bem ^amfito ßaftalbi 5U fyeltre ba§ @el^eimni^
ber .^unft entmenben. ^m .^arlemer Sügengemebe mac^t Sot)ann S^auft (2!öei!^=
nai^ten 1441 !) ni(f)t blo§ mit ber ©rfinbung, fonbern mit ber ganzen S)ru(ierei
ft(^ fo grünblic^ babon, ba^ bie gange (ärfinbung gu .^arlem bi§ auf 1560 — 70
in S5ergeffenf)eit gerietf) unb ba§ l^ollänbifi^e publicum bi§ 1870 ni(^t einmal
tou^te, toer ber eigentlidje 5tational|elb toar! ®ie ßofterlegenbe (toie fie aud§
oben in bem 5lrt. Softer, SSb. IV., ©. 515 f. gingang fanb) beruht auf ^rr=
tt)um. Soreuä So'^annSfo'^n, t 1439, toar ©c^enftoirtl) unb ©c^öffe, unb "^at
ni(f)t altein mit ber @rfinbung ber 33ucE|bru(ier!unft, fonbern auct) mit ber ^'par^
lemer Segenbe gar ni(^t§ ju f^un: ©criberiu§ l^at i'^n erft 1628 au§ 35erfel^en
untergefc^oben, unb bie fbäteren l^aben il)n au§ S5ered)nung feftgeljalten. 2or.
So^. (Softer bagegen toar, in ber gtoeiten <!pälfte be§ XV. i^a^i-'^unbertg, 2alg=
liditergie^er unb ©djenftoirtl), unb berlie^ hartem 1483, eine 3a'^re§3a|l, bie
f(f)on attein ba§ gange i?arten^au§ ber ßofterianer gufammentoirft. ^ein unter=
rid^teter ^oltänber glaubt bal)er aud) mel)r ein Söort bon ber ijartemer 5ln=
ma^ung. ^ud§ bie ßnglänber ^aben ben Softerfd^toinbel berabfd)iebet. 2lu(^
270 3^"^*-
bte oft MuW 9l6teitung bei- fvauftugfage öoti bem ^Jldnjer SSevIeget ift ein
2lnac£)roni§mu§ : man f)at, gerabe umgefet^rt, im I^^aufe bes 17. ^a()v:^unbert§
ben gauBerer Dr. ^-auft auf ben a3ud)brucfer übertragen. So'^ann ^•. tiintev^
lui folgenbe Äinber: 1) Äonrab ^•. @r folgte bem '-Datet im 3}ertag§gefd)äTt.
^ol^ann i^. toar 1464 bet erfte unter ben ^ttJölf Äirc^engefdiföorenen gcttiefen,
unb 1467 burd^ einen anberen erfe^. ^n ber betreffenbcn Urfunbe n)irb aud)
ßonrab genannt, unb baju öemerft: „unb ift ber ^unrabuS So^)anni§ fünften
feUgen 9iad)t)are". 'am 14. Januar 1468 erbitten „6onrabu§ 5uft, Bürger
in 5)lain5, unb ^etru§ [@d)öfferl, ber beffen 2;o^tcr [©(^niefter!] (jur ^rau)
^at", au§ ber 33iMiotljef be§ ^Jlainjer ©t. ^4>Pterftifte§ einen ßober ber Expo-
sitio IV. libri sentcntiarum be§ 2;'^oma§ bon 3lquin, um „met)re barau» ju
mad)en", b. 'f). bcnfetben ^u bruden. ©egen Quittung unb Unterpfanb mirb bie
33itte öom Kapitel genet)migt. Um 1470 ftiftet er, nad) einer Angabe im
9te!rotog ber 'itbtei ©t. 93ictor ju ^ati§ — mit feinem trüber ^ot)ann unb
feinem (5d)lt)ager ^eter ©(^öffer, foroie ifiren (Sattinnen, ©ö^nen k. — , feinem
35ater ein 3at|rgebäd)tni^ (Anniversarium); ^^etru§ unb 6onrabu§ l^aben bafür
ber genannten j?ird)e, gegen 12 ©olbfronen, ein (Sjemplar ber 33riefe be§ l)eil.
.'pieronl)mu§ auf i^ergament überlaffen. Saffetbe tt)at ^4-^. @d)üffer 1472 im
5Dominifanerflofter ju ^Jlain^ für ^oljann ^^uft unb beffen ©attin 5J[Uarga =
ret^a, unb gab bem J^tofter bafür ba§ foeben genannte 3Ber! unb bie (Stemen=
tincn. — Sie Js-ixma Sonrab ^^uft unb 5^eter ©d)öffer lie^ ben 53ü(^erüer!auf
in i5-ranfretd) bon .^ermann ©tatf)oen, au§ ber S)iücefe 'DJiünfter, betreiben. S)a
berfelbe ot)nc 'Juituratifation in ''J^saxi^ ftarb , öerfict ber 23üc^erborrat{) bem
©taat. ?tuf 3]ertt)enbung aber be§ Äaiferg fyriebric^ III. unb be§ 6rjbifd)ofö
bon ^ainj erlief ^ouig ßubmig XI. am 21. Slpril 1475 eine Orbonnans,
„Conrart Hanequis et Pierre Scheft're, niarchands hourgois de la cit6 de
Mayence en AUemagne" it)ren @d)aben, ju einem SSetrage bon 2425 ,^escus
d'or et 3 sols tournois" in jä^rlidien Serminen bon 800 2ibre§ ju erfe^en.
3u niebrig niar biefe ©d)ä^ung it)re§ 3}ertufte§ feitcn§ ber ^Dftainjer Äanfleute
tDol nii^t gegriffen! 5Der 5^ame Hanequis ift offenbar eine 25erftümme(ung au§
Henclüus (= ©ol^n be§ i^enne, .^end)in ober 3^oI)ann). ^m Slobtenbud) ber
5Parifer Slbtei ©t. 3}ictor I)ci|t e§: Anniversarium honorabilium virorum Petri
Schoeft'er et Conradi Henlif ac Joliannis Fust civium de Moguntia, impressoruni
librorum etc. ^m. ^rotocoE eine§ 3}er'f)ör§ aber, ba§ ber 9tat^ bon ^ühtd auT
@runb einer ^lage unferer ^yirma, Wegen unbc^at^Iter SSüc^er, gegen ben Sübedcr
SSürger ,!pan§ 33i^ bei beffen ßrben borne't)men Iie§, '^ei^en bie Kläger: ßonrab
Jpene!e§ unb ^eter ©d)üffer, Sud^brurfer ju 5)^en^. — 2) ^otjann. @r tourbe
@eifttid)er, erft ganonicu§ unb nad)^er (1491) ®ed)ant am ©tep^n§ftift ju
gjtaina, unb ftarb 1501. ^m S- 1477 (nad^ bem Sobe feine§ Sruber§ donrab 0
ber|)flid§ten „5peter ©d)öffer bon ©ernff^eim" unb „Sljna ftne eelidie c^ufefrautoe"
ftd^ bor bem melt(id}en ©eridjte ju 5Jlain3, 180 „Decretale (®rpgor§^IX. 1473)
bff Sapier, bnb 20 D. bff ^Pergament gebrudt" unb aur @rbfdE)aft feine§ ©c^magerS
So!§anne§ ^^uft gel^örig, für bcnfetben in feinem SSüc^er'^anbel ab^ufe^en unb
3U berfaufen. ^i-olglid) bpar and) i^o^ann bi§ bal^in toot @efd)äft§t:^eilf)aber,
unb bteEeid^t ift au§ biefer Urfad^e ber ^^iame ^uft nac^ feine§ ©d;n}iegeibater§
Sob gäuätii^ au§ ben Unterf^riften ber ©diöffer'fc^en S)rude berfditounbeu.
3) Sl;na (St^riftina) g. ©ie |eiratt)ete ben ^Jeter ©d^öffer um 1465, benn in
ber ©d^tuBfd£)rift ber beiben 1465 unb 1466 erf^ienenen StuSgaben be§ Sicero
(de Officiis) nennt \f)n ^o^ann guft, jum erften unb jum legten 5Jlale, feinen
©o^n (puer mens). 2lu§tönbifd)e ©d^riftfteHer, namenttid^ 3lug. 23ernarb unb
5Jlabben, be'^aupten, ba^ ^. ©ctiöffer nid)t mit einer Sod^ter, fonbern mit einer
@n!elin be§ iSo'^ann guft ber'^eiratt)et gemefen, ba^ nämlid§ S)l)na ^-uft bie
pterer. 271
2;oc^tei; be» Gonrab ö'uft geroefen |ei. 2(1» SSetneie lüirb ba§ unter Gonvab fy. er=
tüäl^nte @eju(i) öom Januar 1468 angeführt, tuorin e§ allerbingä ftei^t tote folgt:
Conradus Fust, civis Magunt., petiit Immiliter quod domiiii vellent sibi et
Petro qui habet filiam (ftatt sororem) suam, concedere etc. 3Senn toir nun
aber ertoägen: a) ba^ ^^^eter @c£)öffer f(f)toerü(i) in ^aris unb 9Jlain,i 3toei 2Inm=
öerjaria für feinen ©ro^öater, toot aber 'mit ben beiben SSrübern feiner ^^rau;
für feinen Sc^toiegeröater geftiftct l^aben toirb; b) ba| berfelbe in einer geri(^t=
iid^en Urfunbe öom S. 1477 ^o^ann {yuft jun. jtoeimal ausbrücltic^ feinen
©(^toager nennt; c) ba^ fein (5o|n unb 9ta(f)foIger i^o'^ann ©(^öffer, in ben
(5(i)tu^fcf)riiten feiner arutftoerfe, ^ot)ann g-uft feinen (ntütterüc^en) ©ro^bater
(ni(i)t Urgro^öater), unb feinen Spater 5]]eter ©. beffen ©i^toicgerfo'^n nennt, —
fo tann öon einem Umfto^en biefer X^atfac^e burc5^au§ feine Ütebe fein, ^m
5)3rotocoE be§ ©t. ^eterftüteS ift e§ um ben ßober be§ 2^oma§ 3lquino unb
beffen 3}erbleib, nid^t aber um bie 9ii(i)tigfteIIung ber f5rufffc^en @enea(ogie ju
tljun! Ser ^protocoEfü^rer l§at gan5 einfaii) enttoeber einen (S5ebä(i)tni^= ober
einen fytüc^tigfeitsfel^Ier begangen; öau))tfad)e toar i^m natürlich, baß (SonrabuS
f^uft, bamit ber i^m öertoanbtc ^etru§ benfelBen nac^brucEen fönne, bem ©tift
einen 6ober entließen l^atte.
(Sine 3iifammenfteIIung ber CueEen finbet fic^ in 21. b. b. Sinbe, @uten=
berg, ®efd)ic^te unb Grbii^tungen aus ben Cuetten nai^getoiefen. ©tuttg.
1878 :im 9tegifter v. f5fuft). b. b. S in bc.
gütercr: U(rt($ g., Siebter unb 5}la(er be§ 15. ^a^r'^unbertS. @r lebte
in 5Jtünc§en unb Sanb§§ut unb öerfa^te um 1487 (biefe ^ai)xe^a^ trägt bie
9Mn(i)ener .ö§. L'od. germ. 1) für -^er^og 2ttbred)t lY. bon Saiern (1475 — 1508)
ein ct)tüfcf)c§ 23}erf, toel(i)e§ bie ,^auptbici)tungen ber Jafelrunbe if)rem 3nt)atte
nad£) äufammenfa^t. ®r nannte e§ „^U(^ ber 2lbenteuer" unb bic^tete e§ in
ber @trobt)enform be§ jüngeren Sitmel. 21I§ Einleitung ju ben 2trtu§romanen be=
]§anbelte er junäc^ft ben trojanift^en 5?rieg unb ben Strgonautenjug al§ bie
älteften 2tbenteuerpge in mittetatterüc^em ©inne. S)aran fc^tieP fic^ bie ©age
bon 5JierIin; e§ folgt bie ^Parjiöatfage in öier 2lbt^eilungen : @aubin unb
©amuret, b. ^. hu @ef(^i(^te üon ^parjiöafS ©ropater unb 5>ater; bann
Sf(f)ionatuIanber unb ©igune, b. ^. ber ^n'^att ber 3:ituretbici)tung ; hierauf
5|}ar3iöaf, unb enbtic^ So!)engrin unb bie @(i)toanenfage. 2tt§ fiebente^ ©tüci
folgt: gloreg unb SBigalois; at§ aci)te§: ©iegfrieb bon 2trbemont; a(§ neun=
te§: giteleranä öon 5ranfrei($; al» je^nteS: ^toein; al§ elfteg: ^erftbein;
als 3toölfte§ : 5)3oiti5lier, unb al§ breije^teS : San^elot. Sie Cuellen finb t^eil§
beutfc^e, t^eit§ franjöfifd^e getoefen, t^eil§ in poetifc^er, t^eil§ in brofaifc^er gorm;
fo ift ber San^elot nic|t nad^ ber beutfdöen S)i(f)tung Ulrichs ö. ^Q^i^^oöen,
fonbern nacf) bem franjöfifclen ^^rofaroman bearbeitet, ben lUri(^ felbft and) in
^rofa überfe^t '^at {Tlmä)m, cod. germ. 573; S/Onauefc^ingen, Sarad ©. 141).
G-benTall§ auf franjöfifi^en ^rofaromanen berufen 5}lerlin, ^poitislier unb
5|5erfibein. — 2lu^er biefer Sichtung ^at U. ebenfalls tool für ben öerjog
Stlbred^t um 1480 (biefe ^a.^xe^ai)l tragen bie 9)tünc^ener |)anbfd)i*iften 43,
225, 227) eine Us, 1479 reic^enbe profaifc^e S^ronif „Sefc^reibung tiom ^er=
!ommen be§ §aufe§ SSaiern" berfa^t, bon toeli^er big je^t nur einige S3ru(^ftücfe
gebi-ucit finb. — £ie ^anbfdfiriTten feiner 2Ber!e befinben \\ä] in 5Jtüncf)en,
3Bien unb S)onauef(f)ingen. 2lu§3Üge au§ bem S5u(^ ber 2lbenteuer gab ^of=
ftätter in feinen altbeutfc^en (i5ebi(f)ten au§ ben S^^^^^ i>er Safetrunbe, 2 2!^Ie.,
äötctt 1811; 5Brucf)ftücfe ber bair. g^roni! gab SBürtl^mann im Oberbair.
2tr(^ib 5 (1844), 48 ff. l^eraug. Ueber g- cil§ ^a^er bg(. g. Äugler, öanb=
buc§ ber ®efci)id)te ber 53talerei, 2, 83. Ueber g. a(§ <g)iftorifer f. Mudi)of)n
in ben 5orf(f)ungen jur beutfc^. ©efd). YII. 210 ff. ß. 33artf(^.
272 5"t-
5uy: Sofiann ^ofep^ ?}., faijevi. ipoTcapettmeifter, iDurbe auj bem jur
Pfarre ©t. 5)tntein gehörigen SBeiler .«pittcnfelb, ettoa brei 5Jteiten öfttidö öon
@ra^ in ©teiermat!, al§ älteftcr ©o'^n einiacEier 35auer§Ieute tca'^rfdieinticf) um
1660 geboren. ^at}x unb 2:ag genau ju ermitteln, fonnte fclbft ben eifrigen
'Jtac^iorfc^ungen be§ bielöerbienten Siograp^en biefc§ 5Jlanne§, Dr. S. 9litter
öon i^öc^el, ntc^t gelingen, ba bie betreffenben älteften ^iarrbücfier ber Äircf)e,
ju ber ber SBeiler ge'^örte, tierbrannten unb bie neueren erft mit bem ^a^xt
1663 beginnen. (S)ie beiläufige Stnna^me be§ ®eburt§iaf)re§ grünbet fic^ auf
ben Söiener 2:obtenmatri!et, ber gur' ßebenSalter bei beffen 2obe 1741 mit
81 Sa'^re angibt.) (Jbenfo toenig mar ^öi^el im ©tanbe, über f^ur'S mufita=
üfd^e ßefirjeit unb über feine ßeben§öerl^ättniffe bi§ tn§ 36. ^a'^r 5Xuff(i)lu^ ju geben,
tooran äunä(f)ft ^^ fetber bie (Sd)ulb trägt, ber bie 5lufforberung S- 5)tattI)efon'§
um Öebenänad^ric^ten für beffen „@f)renpforte" in einem ^Briefe (12. 3fan. 1718)
mit ben äßorten ablegt: „^ä) funbte bütt t)ortf)eilt)afftige§ für mid^, öon
meinem Sluffommen, unterfc^ieblic^en S)ienft=3}erric^tungen überfd^reiben, man e§
nit toiber bie mobeftie märe felbft meine elogia ^eröorjuftreic^en : Snbeffen fe^e
mir genug, ba^ ic| mirbig gefc^ä^t merbc, Caroli VI. erfter ^a^jellmeifter ju
fein." ^ebenfalls muß f^. eine fel^r gebiegene mufüalifd^e 2lu§bilbung genoffen
^aben, mie fie nur an einem beöorjugten Drte mic SBien möglid^ gemefen fein
fonnte, unb mit tRe(^t bermutf)et äö^d naä) einer leifen '^Inbeutung in bem,
^aifer ^art VI. bebicirten Gradus ad Parnassiim, ba^ g. unter Äaifer ßeopolb I.
unb auT beffen i^often bon einem ber faif. ßapeUmeifter ober 33ice=6apettmeifter
gebilbet morbcn fei. S)a^ 5. feine ßel^rjal^re gemiffent)aft öermertl^cte, babon
geben fd)on feine früfieften ßompofitionen, fo meit fie eben borliegen, genügenbe§
3eugni§. Sf^nen äufotge mar er mit ber Jfieorie au§ ben 2Beifen ber beften
^Jleifter feiner ^dt bertraut unb l^atte nebftbci t)tn(ängli(^e j?enntniffe in ber
loteinif(i)en unb itatienifd)en ©prad)e. 3luc^ mu^te feine :praftifd)e 2;f)ätig!eit
bereits berart gemefen fein, ba^ fie bie 9(ufmerffam!eit auf i^n teufte unb if)m
enblid^, 36 ^a'^re alt, feine fobiel bi§ je^t befannt ift, erfte 9lnftettung im ^.
1696 berf (Raffte. 5}lit bem genannten Sfa^^'c fte^cn mir enhüä) auf feftem 5Bobeu,
auf bem mir bem ^ilanne nun (5(f)ritt auf Sd)ritt folgen fönnen. f^. mirb ba=
mal§ (1696) al§ mo^lbefteüter Drganift be§ 33enebictiner=(5tiite§ ju ben @d)otten
in SBien (auf ber ^-reiung) genannt, roo er aud) mo^ntc, unb am 4. ^uni be§=
fetben i^a^reS fid^ mit einer SBienerin, ber Jungfrau ^uliona ßtara, S^oc^ter
be§ nieber.=öfterr. 9tegierung§fecretär§ ^o^. Sof. ©(^niijenbaum bermä^Ite, mit
ber er big p beren 2:obe (1731) eine glüdlid^e, menn anä) finberlofe @^e ber=
(ebte. 5lm 1. ;2Jänner 1698* mürbe g. bom iTaifer Seopolb I. 3um .^^of=(Äom=
pofitor ernannt, ein 2Imt, ba§ erft jmei ,3af)re ^ubor mit ber gleid^en ^^nftettung
be§ ßarfo 9lug. S3abia bom Äaifer gefd)affen mürbe, ©er, mie befannt, mufi=
falif(^ tüi^tig gebitbete ÜJbnardt) folgte bei ber gruennung be§ 5- o^ne meiteren
Seiraf^ be§ i>fcapettmeifter§ (2lnt. Xrag^i) ober eine§ anberen Äunftberftänbigen
feinem eigenen ßrmeffen, ein 33emei§, bafe er mit ben Seiftungen be§ 5)tanne§
mol^l mu^te bertraut gemefen fein. 2)er ©e'^alt be§ g., anfangs monatlid^
40 Z'i)h. (= 60 ft.), mürbe 1701 al§ 3eid)en faiferl. 9lnerfennung auf 60 Jl^lr.,
unb im näc^ftfolgenbcn ^a^xe auf 80 Z^x. er^ö^t. ©in anbere§ 3ei(ien faifer=
lid^er ®nabe mar bie ©ene^migung, einen 6l)flu§ bon 7 ^Partiten bem ©rj'^eraog
unb römif(^en Könige ^ofef, nad)maligen .^aifer, mibmen ju bürfen. S)icfe§
je^t feiten gemorbene äöerf erfd)ien al§ opus primum im ^. 1701 p ^türnberg
im S)rud (gel§eder'§ ßrben) unter bem Xitel musico - Instrumentalis, ^m ^.
1705 mürbe ^. jum 2)omcapettmeifter hei ©t. ©tep'^an, im ^. 1713 jum
faiferl. SSicecapetlmeifter unb gleid)3eitig 3um ßa^iellmeifter ber bermittmeten
Äaiferin ilBil'^elmine 5lmalie, enbli^, nad) bem 2obe 5Jtarc Slntonio 3^ani'§
gfur. 273
(22. ^an. 1715) jum fatjerl. öoicapellmeifter ernannt. Sein 6e£)alt toai; 1711
aui jä^rüii) 2000 fl. geftiegen; 1713 bejog er ati Sßicecapellmeifter, eine |c^ein=
bare Serminöerung, 1600 fl., a[§ Gapettmeifter ber öcrto. .Raiierin 1500 (unb
obenbrein ben (Behalt al§ S^omcapellmeifter); im ^. 1715 trar unb blieb fein
@el)a(t atg erfter ^oicapeEmeifter 3100 fl- (ober 2500 fl. unb GOO fl. adj.).
S^in S. 1721 routbe i^m ein ©efud) betoilligt, nacf) bem feine eoentuelle 2Sitttoe
ftatt einer ^^^senfion Qin mr allemal 8000 fl. in öier 9iaten ausbejaf)!! erhielt. —
iie $ett)eife faiferl. öulb gingen aud) auf ßarl TL über, ber bie Sebication
ber im ^. 1718 comt)onirten funftDoüen Missa canonica entgegennaf)m. ßbenfo
bie S)ebication bc» auf faifcrt. Unfoften rcicE) auegeftatteten ßef)rburf)eg Gradus
ad Parnassum, ba§ 1725 im ajerkg bc§ !. f. ^ofbui^brurfcrS ^o'i). ^eter Don
Seelen erfc^ien. ßine ungewöf)nli(i)e ©unftbejeugung unb 23ürbigung ber 33er=
bienfte feines 6ofcapeIImeifter§ erttiieg i^m fein faiferl. -öerr im ^. 1723, alg
in '^^xaq, jur Krönung be§ ÄaiferpaareS gur' Cper Costanza e Fortezza {^ai)U
fpi-uc^ he5 ^aiferg tarl VI.) im ©i^IoB^ofe auf bem ^rabfc^in mit großer
»Pradtit aufgefü^^rt tDurbe, wo:^in er fy., ber f(i)on tange an ^obagra litt, öon
2öien au§ in einer ©önfte f)inbringen lie^, um ber öon bem 33icecapeIImeifter
gatbara birigirten 9}orfteIIung beimo^nen 3u fönnen. S3on ba ah machte bem
fo geef)rten ^J3lanne ^uneJimenbe (^ronifd^e gu^gic^t bie (Erfüllung feine§ 5Imte§
XDoi iixotx, bod) öerfa^ er feinen Sienft bi§ p feinem fieben§enbe unöerbroffen ;
er fonnte baf)er mit Oiec^t öon fid) fagen: mit Sc^merjen ^abe ic^ meine ipflic^t
erfüllt. 9la(f) bpm Sobe feiner f^rau toar bem finberlofen SBittroer bie (Segen^
mart äweier 3}erroanbten, einer 51i(i)te unb eine§ 5Zeffen, bie er f(i)on lange oor=
bem in jugenbüc^em 5tlter in fein |)au§ aufgenommen l^atte unb für i^re ßr=
jiefiung forgte, boppett mol^tt^uenb. ©ie brüdEten it)m benn auc^ bie müben
5tugen 3u, at§ fein lob am 13. gebr. 174:1 ertolgte. ©ein Seic^nam tourbe
auf bem 5rieb:§ofe ju ©t. ©tepl^an feinem SSillen gemäß in ber ©ruft neben
feiner „aUerttebften g^econfortin" beigefe^t. — %Vi bie öorjüglicfiften ©^üter
be§ %. nennt Äodtiet So§. 2^i§ma§ 3elen!a, ©otttieb Ü)^uffat, granj 2uma unb
@eorg 6:^riftop^ 2BagenfeiL Saß gur ein ausgezeichneter Öe'^rermuß geioefen
fein, bemeift fein fc^on ertt)ä'f)nte§ Se§rbud§ ber Gompofition, ba§ in gorm eines
Sefpräd§e§ ätoifc^en Seigrer unb ©cf)üler in lateinifc^er ©pra{^e unb in ^toei
5[bfct)nitt^n abgefaßt ift, bereu erfter ben t^eoretifc^en, ber ätoeite ben praftifc£)en
2'^eil ber ^luiit umfaßt. g§ erfc^ien in beutfd)er Ueberfe^ung burcf) ^L'orenj
^;)Tli^tern (Ceip^ig, 1742), itatienift^ burc^ Slteffanbro ^Jtanfrebi (6arpi, 1761),
franjöfifd) burd^ ^:pietro S)eni§ (^axns, o'^ne Saf)re§angabe, n)a:f)rf(^einlid£)_1773),
engüfii (Sonbon, 1791). ©pred^en fd^on biefe mannigfad^en SluSgaben für ben
2Bert^ biefeS claffifd)en SBerfeö, fo befräftigt benfelben nod^ ba§ Urt:^eil einer
9iei't)e ausgeaeidEineter 'Oilänner; unter ben öon ^ödcjti angeführten DZamen feien
^ier nur ertoätjut: ^:piccini, Surante, P. gi^artini, 5lbt Sogter, öiufeppe
i^aotucci, 2lbt (Serbert. ^Ilbre^tsberger in feiner 5tnmeifung jur ßompofition
(1790), 6t)erubini in feinem Cours de Contrepoint et de fugue (1835) folgten
ber 5ftet^obe bes Gradus. ®er junge mo^axt benu^te ba§ SBerf bei feinen
contrapunftifiiien Hebungen; Sof. ^atjbn ftubirte ba§ Sßerf toieber^olt unb (egte
e§ bei feinem Unterridt)t ju ©runbe. "^oä) in jüngfter ^e^t TQub e§ einen eif=
rigen 3lntoalt in öeinrid^ 3?ellermann in feinem 33udf)e „5)er ßontrapunft, ober
Einleitung jur ©timmfüfirung in ber mufifalifd^en (?ompofition (3?erlin, 1862).
— '^n§ unöergleic^lidEje ©tubie ift bie ertoäfjnte Missa cauonica ju betra_d)ten,
bie in allen it)rcn 2;t)eilen a capella unb bur(^au§ im 6anon in allen feinen
2lrten gefdirieben ift. g- ä^^Qt fi^ f)ier at§ eminenter Se^^errfcfier bes boppelten
(5ontrapunft§, unb obtoot nur bie eine giid^tung ber ©afefunft, ber (Sanon, bei=
aßgem. beutid^e SBtogratfjte. MII. 18
274 i?"^-
bel^alten tft, ftnbet man bod) barin bie mannigialtigfte 5l6lDeci)§tung unb, loie
^x. 2Ö. ^itai-^uig in feiner „?tb{)anblung öon ber ^-uge" in "iRüdffidit be§ S)o))=
petcanon im Christe eleison fagt, „bie präd)tig[te unb be§ @egenftanb§ gemäße
Harmonie". — x^. t)atie \iä) offenbar t)ier bemüt)t, att' fein SGßiffen tnie in einem
5örennpunfte ju bereinigen, um, toie er in feiner italienifd) gefdjriebenen 5Debi=
cotion fagt, feinem 5'ürften ben 23emei§ ju liefern, „ba^ bie alte 5Jtufif nod)
ni(f)t öerfd)tr)unben, ja ba^ il^r .im Saufe ber 3eit ein ©etoinn crtuadifen fei".
2Ba§ 1^. mit biefem „®eminne" anbeuten tüoEte, »irb burd) eine ©teile im
Gradus (©. 34) ftar, too er fid^ über bie nad) ^aleftrina erfunbene glei(^=
fd)tDebenbe 2em:|3eratur unb ben baburd) erft möglid^ getDorbenen erweiterten @e=
braud) ber ^nterüaCe äußert: „ba^ babur^ bie gegentoärtige ^Rufi! öon ber
früheren Slrmut^ ber Sfnteröalle mie au§ einem Werfer ertöft auf bem ungeljeuren
gelbe ber SJlobuIation auf ba§ freubigfte fid) betoegen fann, toenn nur 6om=
poniften unb Drganiften innerl^alb ber ©renken be§ S3ernünftigen fid) l^alten". —
5l5artitur=3lu§gaben biefer 5Jleffe erfd^ienen in Seipjig bei 5]3eter§ unb bei^ü"^nel;
in 2lbf(f)rift befiljt bie faiferl. .g)ofbibtiotl§cf in 3Bien ba§ ^prac^tejemplar mit
bem 2)ebication§fd)reiben an i?aifer iiarlVI. ; ferner eine 5tbfd)rift bon 5Jlidjael
^al}bn (1757) unb eine au§ .ß'iefemetter'g ©ammlung ; eine ^Ibfd^rift bon 3eicn!a
(1719) befinbet fid) in ber fönigl. «ibtiot^et ber lUufif ju 5Dre§bcn. - Äöc^el
fül^rt 290 Äird)enlDerfc bcs 3^. auf, barunter 50 5Jleffen unb 3 Requiem, 2 Dies
irae, 1 Domine Jesu Christe, 1 Libera me Doraine, 57 33e§pern unb 5Pf atmen
barau§, 22 Litaneien unb dompletorien, 12 ©rabuatien, 14 Cffertorien, 22
^J}lotetten, unb 106 ^l^mncn. ^^lu^erbem finb bei i?. anfge^ä'^lt: 10 Oratorien
in italienifc^er ©prai^e fau§ ben Satiren 1714—1728), aufgefü'^rt jur i5aften=
^eit in ber ipofburgcapeüe; 18 D:pern (1702—1735), 6 gro^e (Dramma per
musica) unb fleinere (coiiiponimento .per musica, per camera. t'esta teatrale per
musica) für giirtitienfefle hti .§of gefd)rieben mit eingefd)alteten Sicenjen unb
aufgefüfirt in ber alten ^yaüorita, in ben 5lpt)artement§ ber Surg unb auf bem
faiferl. St^eater (nad)'^ei*iger 9{eboute). S)ie ital. Xertbüc^er finb nod) öorl)an=
ben in ber gebrudten Sammlung be§ 6o§merobio, faiferl. ^ofbuc^bruder; bie
^anblung ju ben Opern ift tl)eil§ ^iftorifd^en Stoffen, tf)eil§ ber alten ®ötter=
mt)Ü)t entnommen ; eine einzige 2tu§nat)me bilbet bie 3<-iubcroper Angelica vin-
citrice d'Alcinda. lieber ben (Se^alt unb 2Bertl) ber berfi^iebenen SBerfe fpric^t
fid) ber SSiograpl) l^inlänglid) au§; in ben ^ird)encompüfitiünen, bie ben meitau§
größten S'^eil einnel)men, ift ftet§ ber (ärnft unb bie SBürbe bc§ Orte§ gemalert,
unb obiool x^. bie poll^b'^one ©d^reibart jur jmeiten 5^atur geloorben mar, lie^
er fic^ bod) faum in muffige Grübeleien ein. S)ie Opern unb Heineren brama=
tifd)en äöerfe genügten it)rer ^tit unb öerfd^tnanben raf(^, berbrängt burd) ben
med)felnben (Sefdjmad unb bie SBeiterenttoidclung ber bramatifd£)en 5Jiufif. 5lod)
finb äu erlüäl)nen 79 ^;|3artiten, barunter 38 ^irc^enfonaten (Sonate a tre),
Ouberturen unb 8 {Slabiertoerfe, im ©anjen 405 Söerfe, bereu größter Si^eil in
?tbfc^riften ober in ber Jpanbfd)rift be§ ßomponiften fi<^ auf ber faiferl. ^of=
bibliof^ef ju Söien befinbet; auc^ ba§ 2lrd)iö ber (Sefettfd)aft ber ^JJtufiffreunbe
bafelbft befiel eine gro^e 2ln3al)l berfelben; bie i^ofbibliotl^efen ju SBeiiin unb
S)re§ben merben ebenfatt§ genannt. 5Die fird)lid£)en äöerfe finb in ben geiftlic^en
(Stiften in Ober= unb '"3iieber=0eften;eid) jerftreut, mo no(^ lieutäutage bie fleinern
(Jompofitionen, Offertorien :c., in &tbxauä) finb. S)ie ermät)nten 38 Äirc§en=
fonaten finb in gefd)ricbenen Sluflagftimmen im Slri^iü ber f, f. ,g)ofcapel[e unb
bie 5luffd)riften betoeifen, ba| fie in ber Surgcapette l^äufig beim @otte§bienfte
benu^t mürben, i^öc^el fpric£)t fid^ namentlid^ über lefetere fe'^r rül)mcnb au§
unb l)ebt beren grifc^e, 9teid)t^um ber ßrfinbung unb ©legauj ber mannigfaltigften
S)urd§fül)rung l)eröor. i^-. fd^eint l)ier mit befonberer ßiebe gefd£)rieben ju l§aben,
gfi)en§ — g^ne. 275
tote er benn in feinem Gradus (@. 81) |e(6er lagt, baß ber breiftimmige ga^
ber öoUfommenfte öon aüen fei, bal^ei; ci beinafie ipric^rtörtlid) gerootben jei,
ba^ für denjenigen, ber biefe Äunftgattung in feiner ©eroalt ^at, ber 2Beg jur
me^rftimmigen ßompofition but^au« offen fte:^e, unb fpäter: „bei breiftimmigcn
©a^e§ 'i)abt id) mii^ ni^t fetten unb nii^t o^ne ©türf bebient". ©elbft iltatt^e=
fon, fonft ein @egner gux', fogt bei ßetegen^eit ber grforberniffe jur %nUibd-
tung unb ©rfjöni^eit ein"e§ Duetto ober Terzetto (Critica musica I. (5. lol):
„feiner geringen ^teinung nad) befielt eine§ ßomboniften rechtes 5Jteifterftücf
in einem fünftli^ mgierten Duetto me^r, benn in einem Dierftimmigen t^ontra^
:punfte ober Allabreve. ©o f)aben auä) bie Trio auf ^nftrumenten il^re ^ll^eriten
unb er'Torbern einen feften "^lann, toie barinnc ber faifer[icf)e Dbercapeümeifter
gur unö ergleid) ü(^ ift." — ga^t man Äöc^er§ mit unenb tiefem [ytei^e
öerfaBte Sarftellung bei Seben§ unb ber einzelnen g^aiafterjüge be§ g. 3U=
fammen, fo gibt fie ba§ Sitb eine§ 93^annc§, bem feine ^unft unb fein ^;!lmt
ba^ &ödi)iie im Seben galten, ber e§ aber auc^ berftanb, ficfe at§ "iJlmidtj attfeitige
Sichtung unb 2tnerfennung ju erroerben. ©einer if)m unterfte^enben ßapelle
gegenüber jeigte er ftetS ein Rumäne» ^enef)men, befonber§ auc^ in jenen gäßen,
too er f)i[febereit eintrat, fetbft toenn er bur^ feine 5Imt§pfiirf)t baju nirfjt öer=
anlaßt mar. 5Dur($ all' feine sa'^treid^en ©utad^ten über bie ,g)ofmufiEer bücit
nur immer ber eine ©runbjug bur($: Siüigfeit, 3Bof)troo(Ien unb Humanität.
%uä) in feinem im ^. 1732 eigen^änbig üeria^ten legten Söillen finben toir
benfelbeu rechtlichen ©inn. 3u feiner Uniöerfaterbin fe^te er feine ^JUi^te ein
mit ber 33ebingung, ba§ fie für ii)re§ ^Brubers, be§, toie oben errod^nt, ebenfallg
öon iy. an J?inbe§ftatt angenommenen Sleffen, geiftige unb (eibtic^e Sorge unb
^i-iftli($ et)rti(^e grjie^ung ju machen f)abe; ber dlt]\t fetber, bamat§ nod^
minorenn, er^ieÜ 10,000 ji., bie golbene i?ette fammt baran pngenber 5)bbaiIIe,
unb aüe mufifaüfi^en Sudler unb ^nftrumente. ^m 53i(be ift un§ 5. nur
bur^- ein eiu^igeS, fünftterifc^ too^t aufgeführtes Celgcmätbe (SSruftftüd im
ßoftüme ber 3eit) ersten, g. f)atte e§ feinem lieben ^reunbe, bem 6apell=
meifter ^o'^. 6§rift. Wertet, medCenb.^ftreli^er (£oncertmeifter, eigen^nbig_ al§
2lubenfen üere^rt; öon biefem gelangte e§' in bcn Sefi^ bes ^ot). ßtjriftop^
2Beftpt)at ju Hamburg, too eä Sof- ©onnleit^ner, feinerjeit Secretär ber @efett=
fd^aft b&r gilufiffreunbe in SSien, für biefen 5)etein erftanb unb too e§ nun im
gjlufeum beffelben aufbetoa^rt toirb. ßine 5lbbilbung liegt Äö^el'S ^iograp'^ie
at§ 2itelfupfer bei.
^ol)ann ^ofef {yur, öofcompofitor unb ^ofcapeEmeifter be§ Äaifer Seo=
polb L, ^ofef L, unb' tot YL, bon 1698 bis 1710. Tiaä) urfunblic^en
f5forf(^ungen öon Dr. Subtoig Ülitter öon Äöc^cl. äöien, 5tlfreb ^ölber (Sedl'=
fdie Uniöerfitäti=^ud)^anbtung). 1872. 6. §■ -^^ol)!.
gQcn»^: 2^0 mag fy. , So:^n bc§ Slrjtes ^o^. g. ju 5Inttoerpen , __tourbc
nad^ ^ollenbung feiner gröBtent^eils in Italien gemalzten Stubien ^^profeffor au
Sijtoen, erf)iett 1601 einen giuf nad^ 5Mnd^en ali Seibarjt bc§ .g)cr3og§ unb
na^maligen ^urfürften 5)krimilian I. @in intereffanter Sri^f gtjenS' (in
ip. 33urmann'§ Sylloges epistolarum, Leidae 1724. II. 79) ou§ biefer 3eit
fdtiitbert ba§ baierifci)"e ^ofleben. g. trat balb in gleicher eigcnfc^aft in bie
S:ienfte bc§ grj^erjogS llllbrei^t ju Srüffel, ging abermals 3um Se^rfadf) über
unb ftarb al§ Sßroteffor ju iJotoen 1631.
SBgl. g. ^.' Öipotosfi) in f. $ürger=5]tilitär=2llmanad^. ^itünd^en 1810,
(g. 27. -1pt)ac. Jpollanb.
gl)nc : ^ a f c^ i c r b e g. „Rauben 8taat unb ^xäjt il)ren Streit, bie 9Ba^r=
l^eitfanb au^ öelben, toie biefer toar", fo fc£)IieBt Dan ^Bloten feine 5)tonograpt)ie
über biefen :^öc5ft intereffanten 2)bnn, toeldier fi^ jtoar nid^t burd) gro|e @ele^r=
276 5>5ne-
famfett, too^I abn burcE) 5Berftanb , ©ifiarifinn , ®infid)t unb Unetjd^rodEenl^eit
au§5ei(^nete itimitten ber äa^(i;ei(^cn ©efal^i-en, toeldje itjn tocgen feinor ieuiigen
temonftmntifrfien ©efinnung bebrol^ten. @r toai- am 28. fyebruar 1588 ju Seiben
geboren, too^in feine (altern, ^afd^ier be i^. unb ^Jlaeife 6outoet§ au§ )i3elle in
fjtanbern, um ber 9teIigion mitten au^gemanbert maren, unb erhielt eine fromme
Srjietiung. ©(^on früfe Befc^äftigte il^n bie Seetüre öon 23uÜinger^§ .ipanbBud^.
2ll§ er aber S5eja^§ Sdirift öon ber c^riftlidien 9ieIigion fennen gelernt l^atte,
erregte ber barin ^errfii)enbe fi^roffe Salt)ini§mu§ feinen SCßibertoiEen unb c§
ertoarfite in if)m jener freie Söa'^r^citötrieb, al§ beffen $Borfämpfer er fid^ fortan
crmieS. ^n feinen 3^ugenbjat)ren in ber 2;u(i)meberei feineS 3}ater§ befd)äftigt,
fel)nte er fic^ balb na^ bem ^rebigeramte unb brat^te c§ meiften^ auf bem
äßege ber ©etbftbitbung bat)in, ba^ er al§ „ein junger ^ann größerer A^offnung"
im ^. 1611 bie '^prebigerftelle ju 3^aar§tielb in Jpollanb erTjielt. S(f)on bamalä
be§ 3trminiani§mu§ t)erbä(i)tig, blieb er bennoc^ unangefochten bi§ er, nai^ 93er=
bammung be§ 9temonftranti§mu§ , ben ßampf begann „miber ba§ caloiniftifdje
Sämmlcin ju S)orbred)t, mof)lgemäftet unb auggeftattet mit öörnern, momit e§
2lEe, bie feine menfd)Ii(i)en 6a^ungen nid^t für göttüi^e SBal^rl^eit erfennen
mollten, auB Käufern, ^^rebigtftül^Ien unb 5}aterlanb auyfto^en foEte". %uä) xijn
näm(i(^ l^atte ba§ Urf^eit ber 9lbfeijung getroffen, al§ er bie Unterzeichnung ber
,5U S)orbrec^t feftgeftellten Set)rfä^e unb ebenfo ber 3Icte, moburcf) er fid) ber=
pflid^ten foÖte, fi(i) be§ ^45vebigen§ ju entsaften, öermeigerte. @r öcrlie^ aber
ba§ Jöaterlanb nic£)t, jog üielme^r furd)t(o§ untrer, um bie öerfotgten ®tauben§=
genoffen überall burd) '^H-ebigt unb 93eifpiel ju ermuntern. 3lt§ Söanberprebiger
trat er ju 35Iaarbingen, öoorn, @d)oon^oben, 9lotterbam unb in ben umliegenben
^Dörfern faft tdglid) in§ ®ct)cim auf, fo auc^ im äöinter be§ ;3a'§re§ 1621 auf
bem difc, mo^er er ben '3iamen „ba§ @i§bi3glein" er'^ielt. Um biefc ^nt, aU
er fic^ in ßciben, mo feine }^-xau mof)nte, auffielt, traf er aud) mit ben fo=
genannten 9it)l)n§burgern ober ßoüegianten , me((^e in mand)er ^infid)t ben
fbäteren Ouüfern ä^ntid^ maren, jufammen, aber e§ gelang ii^m nid)t, biefe e^e=
matigen 'iRitglieber ber remonftrantifd^en ©emeinbe öon Söarmunb unb 3ft^^n§=
bürg für fie ju ert)alten. ^n ben nät^ften i^al^ren f)ielt er fid) im öaag, ju
Rampen, 3)offum, Seiben unb Oiotterbam auf unb mu^te fid) ftet§ burd) gro|e
Äüt)n'f)eit, oft unter allerlei 35ermummungen öcrftedt (ber befannte vitaler ^]tiere=
öelbt machte fein @efid)t öfter§ unfennbar) ben @erid)ten ju entjie^en. ©eine
frot)e Saune öcrtie^ i^n niemat§ unter fo mannigfaltigen !öefcf)merben. '^Mt
frö'^tii^em ^erjen fe^te er unermübet feine Söanberarbeit fort unb förberte 3U=
gtei(^ mit fd^arfer lieber bie ©a(^e feiner ®lauben§gcnoffen. ©df)on 1621 crfdf)ien
anont)m fein crfte§ Xractätc^en „De trouwhartige Vermaning", meld^cm balb
„De broederlijke Vermaniug", ,,Zilveren naald", ,,Nieuwjaarsgeschenk", ,, Klein
monstertze" unb „Derde octobersbankef' folgten. ®iefe f leinen ©i^riftcn
jeid^nen fic^ burd§ lebf)aften unb flaren ©tit, gro^e ^Popularität unb feinen, bi§=
meilen au(^ fd^arfen .»pumor au§, inbem fie ben unerhörten ©etoiffengjmang,
meldten bie 9iemonftranten au erbulben l^atten unb bie fpanifd^e 2t)rannei
fd^ilbern. 9tod£) fruchtbarer aber jeigte fid^ feine f^eber, nad)bem er 1634 bei'
ber ©emeinbe 3U .^aiiem eine fefte ©teile gefunben ^atte unb bort allmä^lid^
ungeftörter leben unb arbeiten burfte. 5ll§ feine ,,twaalf plompe vragen" miber
^rofeffor ^arl be ^laat^ 3u Utred^t eine Entgegnung be§ 5]ßrebiger§ ^acob t)an
,#ralingen ju 2Boerben öeranla^t l^atten, bot er biefem „een kruk voor den
zwakken broeder" unb toieberum „een tweede krnk" an. 3)em ^^rebiger ©trefo
im Apaag gegenüber trat er auf mit „Veenboers wegkorting", „Veenboers be-
scheid", „Veenboers winterturf" unb „Zieke Veenboer", in meldten ©d^riftd^en
er bon ber ^Präbeftination, 2lu§ermöl§lung unb SSertoerfung l^anbelte. ®in neueg
gft)ner - gi)t. 277
%xadätd)m „Zeeraanns Nieuwjaar" l)Qnbelte öon bcr Se!ef)i-ung ; bei* „Menniste
putliaak", ,,Emmer", „Diemermeersche Wandeling" unb ,,Oogwater" bon bei
aHöcmeinen ©enugf^uung. 2lt§ nod^ im 3. 1645 bie 6ontra=9i;emonftranten äu
^ani^en ficE) burc^ teibenf(f)aitlicf)e 3}ei-ioIgung lE)evbort^aten , hat ei biejem
STreiben mit großer @rf)ärie in feinen ©(i)riiten „Kampersteurtje" , „Witte-
broocl" unb „Frische dronk", entgegen, unb ber Sob be§ öon i^m menig geliebten
(Statthalters SBil^elm II. beranla^te 1650 bie |)erau§gabe feiner legten uitg
beJannten SIrbeit ,,Amsterdamsch Nieuwjaar". SJon feinen toeiteren ©(f)ic!faten
toivb un§ nur Wenig beri(^tet. 3lu§ feiner 1659 öerfa^ten Stutobiograb^ie er=
fal^ren toir, ba^ um biefe 3eit fein @eftd)t fo fel)r abnahm, ba§ if)m ein fünftiger
9tad)foIger at§ ©eplfe beigegeben tüarb. ©ennod) too'^nte er 1661 ber großen
9}erfammtung ber Otemonftranten bei. ^m October 1667 ]oU er 3U hartem gc=
ftorben fein, ©eine meiften ©diriften, Ujetd^en toir noc^ ,,Verhael van 't begin
en opkomen van de nieuwe Secte der profeten of Rhynsburgers" l^injuäufügcn
:§aben, finb gefammelt 1694 3u gtotterbam unb 1736 3U 3lmfterbam Ijerau§=
gegeben morben. ©eine SSiograb^ie t)erban!en tuir bem Dr. ^. tian SJloten
('s Hertogenbosch 1853).
SSgl. aud§ öan bcr 3la, Biogr. Woordenb. unb @laf{u§, Godgel. Nederl.
tjan (Siee.
g^ncr: ^onrab g., aud) g-et)ner, ou§ @ert)aufen, brucfte öon 1473 bi§
1481 3U (Solingen unb toar ber erfte unb einjige, toel(f)er jene Äunft im 15. Sal^i'*^-
bort f(|on ausübte, ©ein erfte§ äßer!, mag er bort in biefem 2faf)i-*e brucEte, mar:
,,Tractatus compendiosus per modum dyalogi" etc., Anno LXX3. ^-r War ber
erfte, ber tiebräifdie 2;t)pen gebrauchte, inbem er einjetne ©teilen in jener ©d)rift
abbrudfte unb Wanbte er biefelben 3uerft in ber be!annten ©dirift bc§ Dominicaner^
möndjS ^eter ©diWar^ (öliger) an, Worin er bie ^uben ju wiberlegen ]üä)it,
Weldie unter bem Sitel ,,Tractatus contra perfidos Judaeos" im S. 1475 in
golio bei i^^m gebrückt Würbe, ^m 3t- l-iSl 3og ev nad) IXxaä) im 3Bürtem=
bergifcf)en über unb brucfte bafelbft. ©ein bort ^uerft gebrudte§ SSud^ ift: „6i;n
plenari naä) Orbnung ber ^eiligen c^riftliciien fird)en in bem man gefcf)rieben
finbet att epiftel önb eöangelien" ic. , ftein ^olio, Wo e§ in ber ©(^tu^fc^rift
]§ei^t: „Discretus et industrius vir Conradus Fjner d'gerhusseu artis impressorie
magister". ^oi)anne§ ^ug bon ©öbbingen fc^eint fein Gorrector fowol in @^=
lingen al§ aud) in Urad) gewefen ju fein. Ueber fein Seben ift nid)t§ befannt
geworben. @r fci)eint in Uraci) geftorben ju fein, benn man finbet fein S)ruci=
Wer! nad) biefem ^a"§re , welches feinen 'Flamen trägt. S)ie fämmtlici)en Srude
bon i§m finb fe^r feiten geworben.
galfenftein, ©efc^ic^te ber 33uc^bruderlunft , ©. 173 u. 179. (SJe^ner,
S3u(i)bruder!unft IV, ©. 116 u. 225. ^apf, 93u(i)bruciergefcl)id)tc ©(f|Waben§,
©. 11 u. 19 2C. Äelc^ncr.
g-l)t: ^o^ann g. , geb. in SlntWerpen 1609, t 1661. 1629 in bie
©t. Suca§=@ilbe aufgenommen, reifte biefer auSgejeic^nete £|iermaler naä) ;2^tatien,
bon Wo jurücigefe^rt er 1650 in bie Ütomaniften=@ilbe oufgenommen Warb, ^.llan
weil nur wenig mel)r bon feinem Seben, at§ ba| er mit ben bamal§ in 9lnt=
Werpen lebenben größten 5)Mnnern feiner 3eit befreunbet War. ^it Otuben§ fott
er gearbeitet l)aben, wa§ jeboc^ nid}t erWiefenift; Wogegen man fidier wei|, bafe
er ;3^orbaen§' ^JUtarbeiter war. x^. ift neben ©nt)ber§ ber gröBte X'^iermaler
ber ©d)ule. ©eine energifc^e 3^^'^t^ii^Sr f^^n fräftige§ Kolorit unb ba§ 2eben§=
boUe feiner ©djilberung fici)ern il)m für atte ,3eit bie 23ewunberung ber Äenncr.
®ie ß5atlerien 3u 3lntwerben, ^Rabrib, ^Berlin, 3Bien , 5Mnd)en, ^aris unb
9iante§ befi^en bon feiner ^anb äÖerfe bon größtem 2Bert^. SlüeS Wa§ bon
%\)i'^ $infel flammt, Wirb mit ben l^öc^ften 5^reifen be^a^lt. ©r war aucä^ al§
278 9iQct)trag: geigeric — O^elgett^aucr.
giobierer bebeutenb unb feine 9labievungcn finb jet)i- ge|ud)t. 2)^an fennt i^rei;
16, oon benen Savtfc^ im Peintre graveur, 21)1. IV, ©. 205 eine SSe^teibung
gi6t. ©iret.
g-cigcrlc*): Ssnotiug g., »ifd^oj öon ©t. spotten, geb. am 7. SH^til 1795
3U 3?i§fiH3[tmo in ^Dläl^ren, t clwi 27. ©ept. 1863 auj bem @(i)loiie £)d)jenBurg
Ui ©t. 5ßölten. gr toui-bc 1818 jum ^priefter getDeit)t , muvbe 1823 ^roieffor
bei* Xt)eotogie am ^t)ceum in Dlmü^ (1827 elfter 9tectoi- bcv neuen Uniöcrfttät
bafelbft), 1830 ^Mofeffor ber 2:f)eoIogie in äöien, 1831 auc^ ©|3iritual be§ ^i-ie[ter=
33ilbung§in[titut§ jum ^eit. Sluguftin, 1840 Apot= unb Suigpfaner, 1851 jum
f8i]i^o] bon 6t. gölten ernannt unb am 25. 2IprU 1852 confecrirt. ©r öcr=
öffentlic^te einige 33änbe '^rebigten unb eine „Historia vitae SS. Thomae a
Villanova. Thomae Aquinatis et Laurentii Justiniani", SBien 1839.
Sitterar. ^anbmeifer 1864, 118. 9t.
^clnniljnucr**) : $aul i^.. rcligiöfer ©c^märmer, 3:l)eofop'^ unb ß'Eiiliaft be§
17. ;3al)vt)unbert§. — ©eine SefienSumftänbe toie feine (^um Zf)Z\i anont)men,
5um Slfieil ungebructten) ©(iiriTtcn finb nur unöoEftänbig Befannt. — (Seboren am
©d)(u^ "beg 16. ;3'af)r^. ju ^^utf^lüil^ in Söhnten, öon feinem Später, einem etian=
gelifdjen ^Pfarrer, jum 5prebigtamtc Beftimmt, ftubirte er eine 3^^* lang ^n
äöittcnöerg unb auf anbcren f)o'^en ©d)ulen, 30g fid^ bann aber, o^ne ein geift=
licfieS 2tmt anjune^men, in feine ^pcimattj jurücf. ©eit 1619 trat er al§ ©d)rift=
[teuer auf, berfünbete in feiner „G^^ronologie", auf feltfamc SSerei^nungen unb
3at)IencomBinationen geftütjt, ba§ ^'la'Eien be§ jüngften 2age§, trat bann 1620 in
feinem „^eitfpiegel" miber bic 9}erberBniffe ber J^ird^e unb ®eiftli(i)!cit auf,
mu^te aber Batb barauf in S^olge ber auSgebrodienen ißroteftantenberfolgungen
fein !6öl)mifcf)e§ 9}aterlanb öerlaffen unb tlüd)tete nun junä^ft eine ^fit lang
in ba§ bamatige gro^e 9lft)t ber äjertriebenen unb ber ©d)märmer, nad) Slmfter^
bam. 35on i)ier au§ lie^ er, gemeinfd)aftlid} mit einigen (S)efinnungSgcnoffen,
toie Qf)x. 9J[. Sfiafeliug u. 51., eine 9ieif)e öon fd)Wärmerif(^en ©d)riftcn (gebrudt
6ef. bei ^anfon u. 21.) ausgeben, 3. S. „9)torgenrötI)e ber 3Bei§t)eit" , ,.Pi-o-
dromus evangelii aeterni s. chilias sancta etc.'", „$ßortrab be§ emigen @öangelii",
„©enbbrief an^irten unb ©d^afe", „^Jlonard^enfpiegel", „(Se'^eimniB bom Scmpel
be§ ^errn", „©:pieget ber 3Bal^rf)eit unb Söeisl^eit". (5r bertüirft unb fd)mä'f)t
barin alle befte{)enben Äir^en al§ „ein fleifd)lid), menfc^Iic^, animolifd)eS ©ccten=
babel", i^re ©eifttic^en at§ „bud^ftäblid)e Pfaffen" ; er fclbft miE 3U feiner ^ird)e
unb ©ccte ge't)ören, aber and) nic^t felbft aU ©ectcnftiitcr, 9]!ifionär ober neuer
*:prop!)et angefel^en fein, fonbcrn al§ „Siener (5I)rifti an ber ©emeinbe ©otteS im
©eift 3U 5|^t)ilabel|3^ia" ; er miE 9lic^t§ ^u tl)un ^aben mit ben berberbtid^cn
(5)Iauben§artifeln unb ©ectenlel^ren , Ijei^en fie fat^oUfd), luttierifd^ , calbinifd^,
pl^otinianifd^ ober toiebertäuferifd) , fonbern mitt an 6:^riftu§ allein fid^ 'i)aiUn,
ber 33ibel glauben, bie £}uinteffen5 bc§ mal)ren (sl)ri[tent^um§, ba§ etoige ©bam
griium berfünbigen unb ben 2Bei§:^eitsfpiegel ß^rifti allen Ü3lenfd)en, au^ Subcn
unb 3:ürfen, borl^alten. S)agegen fe^en bie Ortl^obojcn in feiner ^e'^re (befonberg
in feinen Singriffen gegen bie fird)li(^c 6t)riftologie unb @nabenmittellel)re)
^lid)t^ üU ein (Semifdt) au§ allen alten unb neuen ^e^ereien, au§ ©amofotini§=
mu§, ©abeEiani§mu§, 93lanid)äi§mu§, 5pclagianigmu§, (5l)ilia§mu§, 2öeigeliani§=
mu§, furj einen „©t)n!reti§mu§unb entl)ufia§mu§" ber gefäl)rlid)ften 9lrt. i8eun=
rul)igt burd^ bie gro^e S5crbreitung, meldte biefe Se^ren unb ©(^riften ber neuen
^:prop:^eten, bie \\ä) felbft grleud^tetc ober Xf)to]op1)oi nennen, unter bem 9}olf,
*) 3u 3}b. VI ©. 602. 5licf)t bie ®d)ulb ber iöetfaffer, fonbern lütbvige 3ufätte t)er=
fd^tebcner %xt I)aben e§ öerfc^ulbct, bafe biefe unb bie folgenben a3tograpl)ien nic^t am ge<=
t)örtgen Otte gebrutft nierbcn fonnten, — ** 3u «Banb VI ®. 612.
giemming. , 279
aQmentIi(^ in yZorbbcutfc^tanb, yartben, traten berfdiiebene beut|(^e 2t)eoIogcn
äuevft mit einzelnen 3uf(^n|ten gegen itin an] (|o ein ^oiprebigev Ütoft in (Büftroto,
ein ^^rebiger .^tegel u. 31.), benen 3^. toieber ©egenf^riiten entgegenfe^te (3. 35.
., Examen tbeologiae Rostii" u. 21.); bann öexeinigten [icf) bie 5)hniftetien ber
brei ©tobte ^amButg, 2nbtä unb SüncBurg ju gemeinsamen ©(i)ntten, toanbten
ftcf) an ba§ ^Jtinifteiium A. C. in 5lmfterbam mit ber SSittc ber SSerBreitung
ber ©(^riften ^eli^tnliüuex'^ Sin^lt ju t§un, unb 16ejd)Iofjen auf einem ßonbent
3U WöUn im Wäx^ 1633, ba§ S5oIf bor fotd)en ©d)toärmereien ju marnen unb
bie ^ülie ber Dbrigteit batoiber in 3lnfpru(^ ju ne^imen. ^flicolau^ ^unn fcEirieB
im ^Jlamen ber lübecE'jcEien (Seiftücfifeit jeinen „auSjül^rlicfien 33eri(i)t öon ben
neuen ^rop'^eten", 1634, bem i^. eine „@rünblid)e SBerantmortung" entgigenfe^te.
tiefer lie^ \\ä) barauj ju 55eberlefa Bei SBremen nieber, tt)0 er 17 Sat)re leBte
unb ßonbentüel i)ielt, big ex toegen unbefugter ©acrament§öertoaltung mit SBeiB
unb .<?inbern au§getoiejen tourbe. 51I§ er fpäter ^u ©ulingen in ber ©raffc^aft
■6ot)a fein SBejen trieB, tourbe er auf Sejel^l ber t)annoöerfd)en ülegierung 1657
öerl^aftet unb im Slmf^aug ju ©t)!e gefangen gehalten, too im Sluftrag be§ (£on=
fiftortum§ öon Seite ber ©u^jerintenbent 9tübecEer, ein $aftor ^äfeBerg u. 21.
SSe!et)rung§tierfu(^e Bei i^m machten, ©einer .g)aft enttaffen ging er nad^ Jpam=
Burg, tüo er ©ermoneS üBer bie ©onntagSebangelien, eine „Schola passionis",
.,noYum lumen fidel", ,,nova cosmographia" fc£)rieB. Ort unb 3^^^ jeine§ Xobeg
(er[t nad) 1660) ift unB^fannt. —
6ine SSiograp'^ie unb 33eräei(^ni^ feiner ©c^riften (46 5lummcrn) l^at
Slbelung p geBen t)erfud)t in ber @ef(i)i(^te ber menf(^li(f)en ^lorr'^eit IV,
©. 400 ff.; ögl. auc£) &. 3lrnotb, ^ird;)en= unb ^e^er^iftorie , 21)1 III, 5,
©. 55 (2lu§g. t)on 1700); ©tariien'l SüBect^fc^e Äirc£)en^iftorie , ©. 790;
5ßertram öon ßüneBurg ©. 216 ff.; |)agenBac§, Ä.=®. 23b. Y, ©. 345, unb
in ^er3og'§ t|. 31.6. IV, ©. 348; ®. gfranf, ©efci). ber proteft. 2^eoI. I, 357.
2Ba genmann.
S-Icmming *) : .^ einrieb ^etno öon fy., gelbmarfc^aH, geB. am 8. ^ai
1632, ftarB in feinem ©c^Io^ SBufoto Bei ßcBu§ am l.mäx^ 1706. 2lu§gcrü[tet
mit gebiegener toiffenf(^aftli(i)er 23orBilbung unb in ^oEanb in ÄriegSbienft ju
SCßaffer unb ju Sanbe gefdjult, trat er in ba§ öatertänbifdie BranbenBurgifdie
.^eer. . Stßöl^renb ber J?rieg§paufen machte er anbcrtoeit ^^^elbjüge mit unb erhielt
tt)egen feiner J?lugl)eitl unb faltBlütigen 5ta|)ferfeit mannigfarfie 2lngeBote für
einen Sienftttetfifel. ^m 2Iprit 1682 trat er at§ gelbmarfdjaE^ Lieutenant in
bie furfä($fif(^e 2lrmee. ©d^on am 15. g^eBr. 1684 toarb iljm ba§ Gommanbo
üBer bie fäcfififd^en Siruppen üBertragen; ncnij bem Xobe be§ i5reli>ntarf(^all§
ö. b. @ol3 er'^ielt er am 8. ©ept. 1688 bie SBürbe eine§ getbrnarfd^aHS. 1688
unb 1689 commanbirte er unter ^urfürft @eoig III. bie fäd^fifc^en Siruppen am
9ll§ein, toar l^ier jeboc^ öielfad^en perfönlid£)en ^ränfungen au§gefe^t, inbem i'^n
bie faifertii^e Generalität ber 5Beftec£)ung Bef(f)ulbigte. 3lnfang 1691 Dom .^ur=
fürft öon SSranbenBurg reclamirt, öerlie^ er am 9. 2lpril jenes ^al^reS ben
fäd^fifd^en ©ienft; 3U feinem 2l6gang toirtten jebenfallg bie ermä'finten i^n tief
Derte^enben ©treitigfeiten mit ben öfterrei(i)ifd)cn ©eneralen mit. @r war je|t
an ©teile be§ in färf)fifd^e S)ienfte tretenben ^e^t'^cirfd^att^S^ieutenant b. ©d^öning
furBranbenBurgifd)er g^elbmarf d^att, ber brüte ber bamal§ im BranbenBurgifi^en
■Öeere öor^anbenen 4 g^elbmorfd)äI(e. ®er 2}ater beg „alten Seffauer", ^o^nn
@eorg II. bon Seffau, unb S)erfflinger Befleibeten biefe 2[Bürbe feit 1670; bem
bierten, g-rei^errn bon ©paen, mangelte fyelb^errengefd£)icf. 5ßIi'ni^^1cE)<^^ gtemming
entfpradt) ben ©rmartungen be§ ßurfürften burd£) glorrcid^e 2ßefe^l§fül)rung Bei
*) 3u 35b. VII ©. 117.
280 i^^od - g;iotttoett.
bell branbcnBurgtfcficn Sru^fcn in glanbern. 2)em9emä^ tourben i^m Bei jeinem
tüegen 3errüttetci- @efunbf)eit 1698 erfolgenben Sluetvüt qu§ bcm 5£)ien[t bte
|)ommcr](f)e ©tatt{)alteiii^ait unb 8000 ZfjaUx 3taf)te§einfünfte fietaffen. Uebrigen§
toar er jeit 1678 Ülu^nie^er bev 3o^cinnitev = 6omt'^urei (5ci)iebell6eirt unb toarb
1700 in ben 9leirf)§gmienftanb erl^oben. 9ta(^3Ui-ü^men ift it)m l^o'^e Sej($eiben=
l^eit. (Sri- Sippe. äÖinfler.
glorf*): ®i-a§mu§ ^., geb. gegen 1520, f am 21. 2^uli 1568 in 9lürn=
berg , ftubirte 9Jlat!§emati! (bei ^ot). <Bä)onex) , ^Jlebicin unb ^umaniora unb
war 1537 in äöittenberg bei Ol^ticuä. 3fm ä- 1543 tourbe er auf 9)lelan(^=
tt)on'§ (Smpje'filung, al§ 9tt)äticu§ in Seipjig bie ';|3rofeffur ber 'DJtatl^ematif ert)ielt,
äum ^4^rofef|or ber ^JJlatl^ematif in Söittenberg ernannt, bod) bet)ielt er bieje ©teEc
nic^t lange, fonbern ging, nai^bem er im .^^evbft 1545 Dr. med. geworben,
wieber nad) ^iürnberg, Wo er aber ntd^t mit (Slürf praüicirte. dr trieb ba^er
^at^ematif weiter unb gab 1550 eine neue 3luflage bon ^45eurba(^ unb 9tegio=
montan'S ,,Ei)itome Almagesti Ptolemaici" f)erau§. 1559 öeröffenttid^te er
@ebi(^te, Weldie auf .Soften ber ^arifer Slfabcmie herausgegeben Würben.
23gl. S)o|)petmat)r , ^kd^ric^t ö. b. Dlürnb. ^Jlaf^ematifern u. Äünfttern,
Ülürnb. 1730. Srui)n§.
JvIotttiJCÜ **) : Sbuarb |)einri(i) bon f5-, geb- ju ^nfterburg am 23. 3iuü
1786, ©D^n eine§ angefct)enen bortigen ^uftij = SommifjariuS unb 6riminal=
^irectorS, ftammt auS einer unter ben legten (Stuarts au? föngtanb nac^ i^annoüer
unb öon bort nad^ Sittf)auen überficbelten (5'Qniilie. 9ia(| S3oEenbuug feiner
wiffenfc^aftlid^en 3}orbcreitnngen auf bem @i)mnafium ju iLilfit bcjog er bie
Uniberfität ju itönigSbcrg, wofelbft er neben bem iuriftifd)en gadiftubium bie
SSortefungen bon Äant unb t^'tjriftian Sacob ,^rau§ t^örte, bie einen wefeutlid)
beftimmenben ©influ^ auf feinen ßntwicielungSgang belC)ieUen. ©(^on im 19. ^af)re
trat er am 16, f^ebruar 1805 junäc^ft unter ber Seitung feineS eigenen SSaterS
in ben praftifc^en ^uftiä^iienft. §larf) äurürfgetegtcm großen i^ufti^ej-amen arbeitete
er nod^ einige $^ni als 5lffeffor beim Tribunal in Königsberg.' ^m 3. 1808
ging er auf ben 2Bunfd§ feineS 35aterS nacf) ^nfterburg, wo er 4 3^at)re beim
DberlanbeSgerid^t bafelbft befct)äftigt Würbe. %ux6) ein eigenes 3ufammentreffen
gef(i)at) eS, ba^ er 1812 ^ugleic^ baS 5ßatent jum SlegierungSratf) unb alS Dber=
Ianbc§ = ®erici)tSrat^ ert)telt. S)er bamalige ^^^räfibent b. ©d^ön in ©umbinnen
'Ejatte nämlidE) feinen Uebcrtritt jur üiegierung geWünfd^t unb ju biefem ^wecfe
feine Ernennung 3um 9legierungSrat^e befürwortet unb erwirtt, wäl^renb glei(f)=
zeitig unb in entgegengefe^ter 2tbfici)t fein patent alS CberIanbeS=(5)erid)tSratl^
auf ben Eintrag beS bamatigen S^ftijminifterS b. ÄirdE)eifen bottjogen unb auS=
geftellt Worben War. @r 30g jeboct) bie erftere 2InSfid)t bor unb ging Slnfang
©ecember 1812 als 9tegierungSratl) nad) ©umbinnen, wofelbft er an ©teEe beS
erfranften 9iegierungSbirector§ ©d^utä bie 33erpflegung unb ßinquartirung ber
Gruppen übernel^men mu^te. Dtad) bem 2:obe feiner erftcn 3^rau (Januar 1813)
fc^Wer erfranit, beabfid)tigte er, faum genefen, fici) jum gintritt in bie 9lrmee
im Kampfe für baS 93aterlanb ju melben. 6r Würbe jeboc^ burc^ b. ©d^ön
beranla^t, biefen 5)3lan aufjugeben unb bem S5aterlanbe feine Kräfte auf anbere
äBeife nüpidl) ju madigen, (är Würbe auf 3 5)tonate nad^ S)an3ig jur Drbnung
beS bort fel^r in 9}erwirrung gerat^enen SJerpflegungSWefenS für baS ruffifd)e
ßorpS unter bem ^erjog bon SBürtemberg gefd^icEt. 5iadC) ber Seenbigung biefeS
l^öd)ft befd)Werlid)en (S5efd)äftfS !e'^rte er nad) ©umbinnen jurücE, Wo er als
^räfibialrat^ unter ©^ön arbeitete. 5Jlit ße^terem ging er 1816 nad^ Berlin
3ur 33erat:^ung über bie Drganifation ber J^anbeSbel^örben unb würbe fpöter, alS
*) 3u Sb. VII g. 124. — **) 3u 93b. YII ©. 135.
gtotttoell. 281
©d^ön bie ^rotiitij 9öeftpreu^en überna'^m , aU ©e^etmer 9tcgierung§rati) bem
Gottegium ju Sandig üBerlüiefen. ^m ^. 1825 tüurbe er — 39 ^a^re alt —
äum 9legierung§präfibenten in ^krientnerbci: ernannt. @ine gro^e JpungerSnof^
im ^. 1827 joföie bie in ^olge ber S)ei(i)burd)brüii)e entftanbenen allgemeinen
äBei(i)felüberj(f)Wemmungen beS S. 1829 gaben i^m @ctegenf)eit jeine jeltene
organifatori|{^e iße|äl)igung unb jeine l^ingebenbe Sütjorge iiir ben if)m anber=
trauten Sejir! in gtänjenbfter Söeije ju geigen, fo ba^ jein ^tame nod) je^t
unter ber 33eöölferung nid)t toergeffen ift. 3Sci einem Stuient^U in 3Beft:preu^en
lernte griebrid^ 2BiI^ehn III. i^n ^erjönlic^ fennen unb fa|te ein großes, fiif)
bei aEen j))äteren Berührungen ftct§ erneuernbe§ ^«trauen ju it)m. lud) ber
in feiner Segleitung befinblid^e junge ^prina äöill)elm, ber je^ige taijer, iül)lte
fid) burd§ bie irijd^e offene 5pcrfönli^_!eit ^lottlcett'S lebl)aft angezogen. ®iefe§
feltene 5ßertrauen feine§ Äönig§ berief il)n balb in eine lerOorragenbe Stellung.
5to(^ 5lu§brud) ber ^olnifclien ^teöolution im ^. 1830 Irurbe er jum Ober=
:präfibenten ber burd) biefe 2Birren ebenfalls bebro^ten ^roüinj 5]3ofen ernannt.
®urd) SSefonnen^eit, gtui)e unb ©nergie gelong e§ i'^m, jeben SJerfuc^ ^^y. ?^4^"
le^nung gegen bie ^reu^ifd)e Ütegierung abjutoenben, wenn ouc^ bie eifrigfte
©i^mljat^ie unb ber Bu^ug 3al)lrei(^er Snfaffen ju ben 9tetiolution§truppen nic^t
öer^inbert Serben !onnte. S)iefe ©timmung in ber ^roöinj unb ber gefäl^rlit^e
einflu^, ben ber |5olnifc^e 3lbel unb bie ebenfatt§ ganj Ijolnifc^e !att)olif(^e
@eiftlid)feit auf bie 33etiölferung ausübten, ^t\^im il)m ben 3Seg, ben er mit
uuerf(^ütterli(^er gonfequenj unb raftlofer ßnergie ^ei)n ^a^xt l)inburc^ in ber
3}ermaltung ber ^Proöinj ^^ofen öerfolgt l)at unb beffen Erfolge noc^ l)eutigen
Sageg 3U erfenncn finb unb feinen Flamen in banlbarfter Erinnerung in ber
^proöinä fortleben laffcn. @r felbft Vt bitfen äBeg in einer fpäter jur Dffent=
lid)en ^enntni^ gelangten S)en!fc^rift, bie er bem Könige ^-riebric^ Söil^elm IV.
einreichte, bal^in be^eic^net, bafe er bie innige SSerbinbung ber ^roüinj ^^ofen
mit bem :preuiifc§en ©taat baburc^ ju förbern unb 3U befeftigen ftrebte, baB
bie i{)ren |)olnifd)en ©inwol^nern eigentl)ümlid)en 9tid)tungen, @emol)nl)eiten unb
Steigungen, bie einer foli^en S3erbinbung toiberftrebten, aUmäljlic^ befeitigt, ba^
bagegen hie Elemente be§ beutfd)en Sebeng in feinen materiettcn unb geiftigen
5ßeäie|ungen immer mel)r in i^r öerbreitet toürben, bamit enblid) bie gänjlid^e
^Bereinigung beiber Slationalitäten als ber ©d)lu| biefer 2lufgabe burc^ baS ent=
fd)iebene ^erüortreten beutfi^er Kultur erlangt merben möge. Slm fräftigftcn
unb augleid) tDillfommenften glaubte er bie Bt^ede be§ ©taatS burd) bie ©orge
für bie materiellen ^ntereffen ber ^roöina 3U lieben. Sie ßntfeffelung ber
SSauern unb fleinen ©tobte öon ber gut§:^errlid^en ©emalt, bie freigegebene {Snt=
toidelung beS ©ewerbeflei^eS unb bie @rleid)terung unb 35erme^rung beS a}er!e^r§
fottjie bie öertrauenSboHe ©id)er'^eit in Sejug auf bie @erid)t§pflege unb bie
25erh3altung mürbe balb als eine Söo^lf^at ber ©taatSregierung öon ber 33c=
öölferung anerfannt. 5Ui^t minber mu^te bie gleid^^eitiS i"§ ße^^en gerufene
au^erorbentli^e a}ermet)rung ber Unterrid)tS= unb 33itbungS=9lnftalten felbft bem
bunfelen ®efü:^l beS |)olnifd)en SanbmanneS alS eine mol)lmollenbe 3?ürforge ber
preu^ifc^en ^Regierung erfd)einen. Sei ber zerrütteten finanjiellen Sage ber \)oU
nifdjen ©rofegrunbbefi^er mar eS enbli($ fein Seftreben, beutfd^e intelligente Se=
fi^er an ©teEe ber ju ©runbe gegangenen $olen in baS Sanb ju jiel^cn unb
fud)te er biefen Seftrebungen burd) eifrigfte Unterftü^ung beS ©taatS ju §ülfe
3u fommen. ®ro^e jur ©ub^aftation ober jum Serfauf fommenbe ©üter mürben
t)om ©taat angefouft unb im ©an^en ober in fteineren (Sütern je nac^ bem
toirtl)fd)aftli(^en Sebürfni^ an beutfd^e Sanbmirt^e unter biEigen 33ebingungen
beräuiert. äöenn ^■. aud) in biefen Seftrebungen ber bis ba^in :^errfd)enben
polnifd^en 9tid)tung entfd^ieben entgegentrat , f o war eS boc^ nur biefe 9tic^tung
282 gtotttoeH.
He er befämpjte unb loelt^e er mit Otet^t für unöercinfiar mit bem 2öo^te bc»
©taate§ ^ielt. ^JDlit ben $oIen felBft berfef)rte er öielfarf) frcunbfdjajtlid) unb ftonb
i;^nen nä|er, al§ bie§ unter ber jpäteren Ütegierung jtoifd^en 3)eut^en unb ^^olen
öorfam. 6r fdmptte mit offenem S3ifir unb ^eber mu^te, wie er mit i^m brau
war, tt)a§ auä) bie '^olen bcreitmiHig anerfannten. ^n g(ü(ilirf)|ter äöeife würbe
g. burd) ba§ ^^i'^'^iJ^ft^^i^'f^n mit bem if)m eng Befreunbeten commanbirenben
©eneral ö. ©rotmann in allen feinen 33eftrebungen unterftü^t. 5lac§ 10 crfolg=
rci(i)en Sfa^fl^'^i^» benen bie ^rotoin^ ^|>ofen ein?n ungeat)nten 3luff(i)n)ung öerbanft,
würbe i5f. ant 20. 2)ccem6cr 1840 al§ £)ber|3räfibent nad^ ber ^robinj ©acfifen
öerfetit , naii)bem er Bei ber ^ulbigung in ,$?önig§6erg am 10. ©e^jtember 1840
3um wir!tid)en @el^eimen 9iat| mit bem 2itcl ßycetten^ crl^oBen Worben war.
SBö^renb feiner bortigen SL'^ätigfeit fanb er burd) ben öer^eerenben i^Branb üon
Hamburg im ^. 1842 eine bentwürbige @elegenf)eit au(i) au^er'^alö feine§ preu=
|ifd)en 23aterlanbe§ fein organifatorifd)eg Talent unb rafttofe Energie ju geigen.
9U§ föniglid)er 6ommiffariu§ überna'^m er mit ben au§ gan^ S)eutf(l)tanb ^u»
ftrijmenben SJlitteln bie g-ürforgc für bie fdiWer bebrängten 23eWot)ner unb löftc
bie 3lufgaBe fo gtänjenb, ba^ .^amburg xi)m ba§ 61^renbürgerre(^t öerlie'^. 3116er
bereits am 3. 53lai 1844 würbe er öon griebric^ äöilljelm lY. jum ©taat§= unb
^inan^minifter berufen. 5Die (Eröffnung ber erften beutfi^en ®ewerbeau§ftettung
aEer 3oüöerein§ftaatcn im ^. 1844, bie er mit ben oft citirten 2Borten fdilo^
„SJorWärtS mit beutfd^er ^raft unb beutfi^em lylei^" , foWie ber (Jrla^ ber
preu^ifc^en SeWerbeorbnung im ^. 1845 ftnb B^UÖ^" feiner 2;t)ätigfeit in biefer
©teltung, au§ wetd)cr er jebod) nad) jwet ^al^ren Wieber auSfd^ieb, Weil er eine
9}eränbeiung ber Crganifation biefe§ ^inifterium§ (Untcrorbnung ber 6)elb=
inftitute , ^an! , ©eet)anblung , <Stftat§f^u(benöerWaltung unter ba§ f5inanä=
minifterium unb Trennung ber .Spanbel§=, ^crg= unb ©atinen = $iierWaltung bon
bemfelben) nid)t burd)fe|en tonnte , eine organifd)c Umgeftaltung , weld)e balb
barauf al§ naturgemäß unb notJ)Wenbig im ^. 1848 anertannt unb auSgefül^rt
würbe. 5tm 15. ;3uU 1846 übernal^m f^- bo§ £iber))räfibium bon 2Beftfaten.
©eine bortige Sfiätigfeit unterbrad^ ba§ ^al^r 1848. 33on fieben Söa^lbejirfen
5ur beutfdien ^lationatberfammlung gewäl^It, ging er für einen 3Bat)ltrei§ ber
^robinj (5ad)fen nadt) gi-'^nffurt a.DJl. , um bort eine ber ftaat§männifd)cn
©tü^en ber äu^erften Stediten ju Werben. 3^m f^ebruar 1849 bon einem 2öaf)l=
heife ber ^^>robinä ^ofen in bie bamalige grfte i^ammer gewählt, gab er ba§
grantfurter ^anbat auf unb trat in bie preu^ifd^e 6r[te Kammer ein. ^aä)
ber im ©ommer 1849 erfolgten Sluftofung ber ^Weiten unb 3}crtagung ber erften
Kammer Würbe il^m bie commiffarifdl)e 5ßerwaltung feiner lieimaf^lidien ^^robinj
^Jreu^en übertragen. S)od) War bie§ ßommifforium nur bon fur,^er S)auer,
benn fd)on am 21. ^uli 1850 würbe er jum Cberpräfibenten ber ^Jiarf 25ran=
benburg ernannt. S)iefe, bie fünfte ^'robin,^, Welcl)e ly. aU Oberpräfibent ber=^
waltete, brad^te il)n in bie näd^ften ^^erfönlidjen iBejicliungen foWol gum Könige
griebrid) SSil'^elm IV. al§ aud) 3um bamaligen ^^rinjen bon ^reu^en, beffen
l^ol^eä S5ertrauen er im boEften 5Jta^e geno^. (5r feierte l)ier om 16. ^ebr. 1855
fein 50jiäl^rige§ 2lmt§iubiläum , burd) feinen i?önig mit ben Srittanten jum
rottien Slblerorben gefd^müdt, bon alten 5 ^^robinjen, benen er borgeftanben liatte
unb bon jal^lreidien Sßere^rern in feltenfter, wärmftcr SQßeife geel)rt. S)a§ fefte
SBertrauen, ba§ ber 5)3rinä bon ^ßreu^en in feine patriotifd^e @infid)t fe^te, geigte
fid^ befonber§, al§ berfelbe al§ ^^ringregent bie 3{egierung übernal^m unb fofort
am 7. October 1858 §. jum ^Ulimfter be§ ^nnern anstelle be§ 5Jtinifter§ bon
aBeft|):^alen berief. 9tud^ nad§ Ütüdtritt be§ 5Jlinifterium§ 5Jknteuffel übertrug
ber ^^^rinjregent unterm 6, ^ob. 1858 i:^m biefe Stellung unter bem 5Jtiniftertum
ipol^enäollern. S)er nunmel)r 74jal)rige (Srei§ hxa<S)tt bie§ fd^Were D|3fer bem
Sricbtid). 283
bringenben 3Bunfd)e feineg föniglidien -^errn, trat aber, iiQ(i)bem ber ^ßrin^regent
in bei- ^^evjon be§ (Srafen (Sd^tcerin einen Ülai^iolgei; für i!^n gefunben ^atte,
am 3. ^uti 1859 toieber in feine frühere ©tellung al§ DBer^iräfibcnt ber ^robina
58ranbenburg 3urücf. 33ei biefem Stücftritt öerliet) i^m ber ^rinjregent ba§
©roBfomf^urfreuj be§ ipol^enjoEernorbenS unb Bei ber Krönung in Äönig§16erg
ben icfitoar^en 2lb(erorben, mit beffen SBefi^ er äugteic^ ben erBU^en 5tbel er'^ielt.
Sief gebeugt burcf) ben im 5)^ärä 1862 erfolgten Stob feiner langjährigen 2ebenl=
gefät)rtin 30g fy. ficf) am 1. CctoBer beffelben Sat)re§ in ba§ 5ßribatlebcn jurücl
unb na^m feinen 2öoI)nfi^ in Berlin. ?lo(^ brei ^a^re führte er "^ier ein burd^
mand^erlei Reiben getrübtes Seben , bi§ er 79 ^a^xc alt am 25. '^lai 1865,
am <!pimmelfa^rl§tage, feine tl)atenreic^e Saufba^n befcE)lD^, in ber er brei Königen
mit t)ingebenber 2:reue unb feltener ftaat§männif($er SSegabung faft 60 ^la^re
gebient f)atte. ©eine lautere, treue, eble 5catur, fein lycuereifer für alle§ SBa'^re
unb ®ute, mit bem er auc^ miberftrebenbe ©eifter mit ficf) fortriß, feine 5Renfd§en=
freunblic£)feit unb eifrige 5ßfIid)terfüHung , ber ^raftifd)e SticE, mit melc^em er
immer ben $un!t er!annte , auf ben e§ an!am , berbunben mit ber einzig ba»
ftel^enben ^enntni| be§ prcu^if(i)en ©taateS, bem er smeimal at§ 5Jtinifter unb
al§ Oberbräfibent in fünf ^probingen gebient "^atte, bie§ 5IIIe§ fiebert it)m eine
©tette unter ben SBeften be§ iGanbeS, beffen 2lnben!en aU eines ber erften 2räger
äd£)t |)reu^if(^en S5eamtentl^um§ nod) lange im preu^ifdien ©taate fortleben toirb.
b. gtottmell.
^rtebricO*), •!pei'*3og bon Defterreid) unb @t ei er mar! unb ^]}Urfgraf
bon 93aben, geb. 1249, l)ingericf)tet in ^leapet am 29. Dct. 1268, mar ber
(Sol§n be§ üilarfgrafen .^ermann YI. bon SSaben unb ber (Sertrub , %oä)tn
^erjog .^einri(f|§ be§ Öottlofen bon Cefterreicf) unb 5li(i)te unb ßrbin be§ in
ber <Bä)lüä)t an ber Seitt)a gefallenen l^er^ogg ^yriebriii) be§ (Streitbaren bon
Cefterreii^. Sf^ren erften ©ema^l, 3ölabi§lam, ben (Sol)n ßönig SBenjelS I.
bon 33ö]^men, l)atte fie im ^. 1247 berloren, ber jmeite, ^ermann VI., ftarb
1250, nac^bem er in bem il)m öon il^r gefdienften .^jerjogtlium Defterreicl) gegen
bie @rbanfprüd)e be§ Sö^menfonigS fcften gu^ gefaxt ^atte. 3}ergebene mar
barnad) ba§ Semü^en @ertruben§ , bem @rbred)t il)re§ unmünbigen ©olineS t^.
Geltung 3U berf(^affen, jumal feit Söenjela <Boijn unb ^lad^folger, .^önig Cttofar,
in ^-olge feiner Sßermäl)lung mit ^Jlargaret^a, ber ©cl)mefter t^riebri($ be§ (5trcit=
baren bon bem ^erjogt^um Oefterreid) S3efi^ ergriffen l)atte. ^fjx ©ol^n, ber
nur leere 2;itel führte, benn in 5ßaben regierte fein Cl)eim 9tubolf, berlcbte feine
^ugenb am ^ofe feine§ S}ertoanbten, be§ ^aiern'^eräogg Submig be§ Strengen,
in innigftem |)er3en§bunbe mit beffen gleiii) länberlofem ^Jleffen Äonrabin, ,^önig§
bon Sei'ufalem unb (Sicilien unb iperjogS öon ©(^toabcn. 5ll§ biefer enblid) im
^. 1267 nad) mieberl)Dlten D^ufen ber ©liibellinen fic^ jur ^ecrfal)rt gegen ^arl
öon Slnjou anf{$icEen fonnte, brad) ber frü^ bcrmä^lte ^^reunb mit il)m auf.
3tm 21. October jogen fie in SJerona ein. 31m 17. Januar 1268 empfing fic
ba§ jubelnbe Sßabia. <g)ier mie bort mar längere 9la|t geboten, 3U 53abo bei
©abona, ha^ man (Snbe ^Jlärj erreid)te, felbft äeittoeife Trennung. S)a 3U menig
bifanifd)e ©(^iffe erfd)ienen toaren, um ha§: ganje .^eer aufnel)men ju fönnen,
entfd)lo| fid) ^. mit einer ftarlen Ibt^eilung uad) ^^abia jurüd^ugei^cn , um
bon bort aul ben £ur(^marfc^ burd) xogcana ju erjmingen. 91m 2. 9Jlai, faft
einen ^Jlonat nad) ^onrabin§ 9Infunft, l^ielt aui$ er feinen ©injug in Pfa.
5lm 25. Sunt fd^lug er auf bem 2Bege nad) ©iena bei^:i3onte a 3}alle im 9li-no=
tl)al ben 5)larfd)all ^arl§ bon Stnjou, ^oliann be ^raifilDa, unb na'^m il^n
gefangen. S}arauf, am 24. ^uli , ritt er an ber ©eite Äonrabin§ mit ben
0 3« aSb. VII (5. 585.
284 Srtebtid) iSubtoig.
^äu|)tern ber ©^ibettinen in bog im geftgtana ^langenbe 9tom ein. Unb loieber
natf) einem 5Jtonat, nad)bem fie am 23. Sluguft Bei Jögliaco^ao ben ]d)on ei-=
tungenen (Bieg burd^ bie Si[t be§ ©egnerS unb eigene jal|d)e (5id)er!§eit mieber
üerloren l^atten, unb fie jatien aU gejagte fylüd^ttinge bie 2Bettftabt wieber, bie
il^ncn feinen ©d)u^ bot. ©icilia ift i^r S}^^', \^on l^aben fie nadf) glüdlid^er
f^tut^t burc^ bie ßampagna bei SlStura bie i)o^t ©ec gemonaen, al§ fie, öon
einem ©ctinellruberer einget)oIt, ©ejangene be§ ©rafen Sot)ann grangipani
nsurben, ber fie um i)ol§en ^Jßxd^ an Äarl bon Slnjou ausliefert, ^n beffen
©ematt xoax ii)mn ber Xob burc^ ^enfer§t)anb gemi^. Se|ttDiIIig t)erma(i)tc
f5f. am 2:age ber ^inricf)tung feiner Butter feine 9hcf)te auf ©teiermarf, ben
^erjogen l'ubh)ig unb i^einrid) öon S3aiern bie auf Ocfterreid^ unb empfal^l
il^nen @emat)lin unb ©d)mefter, ber le^te bitterfte ©c^merj gehörte feinem
fjfreunbe, ber i!§m im £obe öoranging.
Ütaumer, @ef(i)id)te ber .^ot)enftaufen, $öb. IV. (Sd)irrmac£|er, S)ie legten
^ol)enftaufen. (&c§irrmad)er.
g-ricbrid) lUlbmig*), -^eräog bon ©d)te§iDig = .^olftein = 58ec£, geb. am
6. 5IpTit 1653, t in Ä5nig§berg am 7. ^]äi3 1728. (5r gel^örte einem Stocige
ber iperjoge bon ^o(ftein = ©onberburg an, melc^er unter feinem 3}ater 3luguft
5p^ilipp bie .g)errf(i)aft ^ecf bei ^Rinben ermorben unb baburd) in engere S3e=
äietjungen ju bem Äurfürften öon Sranbenburg getreten mar, in golge beffen
mefirere 5Jtitgtieber im 17. unb 18. 3faf)r't)unbert im S)ienfte berfelben ju ]^oi)en
miütärifc^en Slemtern getaugten. 5lu(^ ^., ber ^toeite ©ol^n 2luguft ^s^ilippS,
gel^örte ju biefen. 9lad)bem er am 22. 3lug. 1676 öom großen Äurfürften jum
Dberften unb 1686 jum Generalmajor ernannt morben mar, errid)tete er ein
Infanterieregiment, ba§ nachmalige ö. ä>oB'fd)e, ba§ er bi§ 1721 commanbirtc
unb an beffen ©pii^e er md^renb be§ fpanifdien 6rbfotgefriege§ an ben ©(^ladjten
bei öubenarbe unb 5Ralplaquet fomie an ben SSelagcrungen üon 9ll)ffel, Soornif
unb ^^Jlong f^etlnatjm. @r geno^ bie ©unft .^önig 5riebrid)§ I. üon ^reu^en,
ber i^n am 17. San. 1701 burc^ bie Sßfrleit)ung be§ fdjmarjen '^lblerorben§
au§äeid)nete , balb barnad) äum (Statthalter öon 5preu|en unb ©ouöerneur öon
Königsberg erl)ob, unb- nod) in feinem XobeSjaljre 1713 il)m , al§ er fid) burd§
bie (Ernennung be§ -S^erjogS Seo)}olb öon ©effau jum fyelbmarfd)oE jurüdgefebt
glaubte, biefelbr Söürbe ertfieilte. 2lm 26. 3iuni 1719 trat er nad) bem 2obc
feines 5^effen, beS ^erjogS ^^-iebrid) SBil'^elm, in ben S3efi§ ber ^errfd)aft S3ed.
6r liegt neben feiner ©cma'^lin Souife 6t)arlotte au§ bem |)aufe §oIftein=©on=
berburg = 3Iugnftenburg im S)ome ju Königsberg begraben.
(ö. König), 33iograöl)ifd)eS ßei-icon k., %^l. II. 3^. ö. Krog"^, Beiträge
jur älteren @ef(^id)te beS i)aufeS <!p.=©onberburg. Zf). ^irfd).
*) 3« 3^b. VIII ©. 23.
©.
v2)oob: ^o^ann 5''-'^e^i-"i'$ öon @. , eöaugeüji^er x^eologe unb
Dtientatift, geB. am 10. Dctbr. 1761 3U Göppingen in SBürtembcrg , geft. am
2. Wäx^ 1832. 5)?acf)bem er in ben ^tofterfc^ulen ju SSlanbeuren unb 33eBen=
l^aufen für bie t^eologifdien ©tubien öorbereitet toar, trat er 1779 in ba§
tl^eotogijd^e ©eminar ju Tübingen ein, unb tourbe 1781 9Jtagifter ber ^^ilo=
fopl^ie. ^m. ^. 1784 na^m er eine ©teile at§ ^ofmeifter 5U ©peid^er im Ganton
Slppenjell an. ^n feine |)eimat§ jurürfgef e^rt , Ujurbe er 1787 Stuffel^er ber
©eminarbifiliot^^e! 3U 3^übingen, 1788 Ütepetent, 1792 au^erorbentlic^er ^ro=
feffor ber 5|31^i[ofo|)f)ie , 1798 orbentIi(^er ^roteffor extra Senatum unb 3nfpec=
toratSaffeffor be§ ©eminar§, 1806 3)litglieb be§ ©enat§ unb @p^oru§ be§ (5e=
minar§, baju 1814 UniöerfitätSBibliot^efar unb enblid^ 1815 ^J^rätat unb
©eneralfuperintenbent öon Tübingen; aud^ ernannte i^n bie Uniöerfität Xübingen
1817 3um Soctor ber S^eologie. ©eine ©tubien tagen l^auptfäcf)liii) auf alt=
teftametitü($=eregetifi^em unb fritifcfiem (Sebiete, auf meldiem er 35erbienftli(^e§
leiftete, bo(f) 3u ^äufig ofine (Srunb unb in gefüllter 2Beife öon bem Ue6er=
lieferten abttii^ , namentlich im 2(nf($(uffe an bie '^oHänbif(i)e ©(i)ute bie tt)iE=
fürtic^en Stbteitungen ^^ebräifd^er äöörter unb Sebeutungen au» bem 3trabif(f)en
tiebte. Sr fi^rieb : ,,Animadversiones ad loca quaedam Y. T.", 1792; „Beiträge
äur ©rüärung be§ fogenannten §ol^en(iebe§, ^of)eIet^§ unb ber .^tagetieber", 1795;
„ha^ 33u(^ Öiob bearbeitet", 1809; „Diiudicatio antiquarum Hoseae versionum,
P. 1. 2.", 1812; „Jpanbbuci) pm p^itofopifrfien S}erftef)en ber apotrtip^ifc^en
©(Triften be§ 2l(ten 2:eftamente§" , 58b. 1. 2., 1818—19. — 2lu(^ bearbeitete
er bie Ü)ef(i)i(^te, ^ir($en=, S)ogmen= unb 2iteraturgef(^i(f)te, u. 31. finb ju nennen
bie anonl)m erfc^ienenen „3lb§anbtungen jur S)ogmengefd)id)te ber älteren grie(^i=
f($en Mxäjt bi§ auf bie 3eit Giemen^ bon Slleranbrien", 1790. ©eine „3tpo=
logie @regor§ VII.", 1792 erregte 3luffe^en, fanb aber au(^ aU in einer
3eit, tt)el($e in ber SSerbammung be§ mäc£)tigen Äir($enfürften einig ju
fein f($ien, öiel Söiberfpruci). ^^erner berfa^te er einige ©c^riften jur Äunbe ber
morgenIänbif(^en ©prac^en: ,,Yersio carmiuum quorundam Arabicorum. quae in
Abiilphedae Annalibus muslemicis continentur" , 1810 unb 3luffä^e jur ft)ri=
fc^en Sitteratur in ^aulu§' 9leuem 9iepertorium für bibtifc^e unb motgentänbifi^e
gitteratur unb in ^aulus' ^emorabiüen. @nbti(^ toar er ou(^ Don 1793 bi§
1809 al§ .§eraii§geber ber Sübinger gete'^rten Stujeigen f^iitig.
236 ^^^^ — ©abefenh.
SSgl. ßifenbac^, Seji^reibung unb (Befc^ic^te bcr Uuiöerfität Tübingen
(5. 413. mtüid, &tl. %. II, 470 unb gtad^träge in S3b. 9. 11. 13. 17.
22. ^Zeuer ^Jlcfrolog 1832. I, 132. 9iebg[o6.
©aal: ®eovg öon @. , ein nic^t unangeje^encr D|tcrrei(^iicf)er Xic^ter.
©eboren am 21. 9lpri( 1783 ju '^reBbutg, erfjiett er eine gelef)rte Sitbung unb
ftubitte !pf)i(oio)3ie unb ^uvispruben-i ^u Grtau, ^^reputg, ^eftf) unb SÖien.
^}lad) Doüenbcter afabemiitfier Saufba^n trat er 1804 in bie Sienfte beö dürften
gftcrtiajlj bei befien 2)omänenregie in Sifenftabt unb 1811 atö beffen 33ibüo=
tt)efQr 3u äöien; al§ i'otc^er fo toie al§ (iJalleriebirector penfionirt, ftarb er ba=
felbft am 8. D^oöbr. 1855. 6. h)ar ein üor3Ügüd)e§ latent, mit (eb^arter
ßinbilbungsfrait, ScEiarriinn unb SBärme aulgeftattet , ba§ befonber» gtücflic^
in ber poetifctien 6r^äf)[ung jicf) öerjuc^te unb au|erbem bie beutfc^e ßitteratur
mit bortreffticf)en Uebertragungen aus bem Ungarijcfien berei^erte. Sin beion=
bereö ^erbienft f)at er fic^ burc^ fein „(5prüct)tt3örterbu(i) in jec^ö Spract)en"
(beutfcf), engüicf), tateinifd^, italienijc^, Tranjöfifti) unb ungariic^) erworben, bas
1830 ju ^ien erfd^ien. %it ©runbiä^c, tüetcfien er bei beffen 3tnorbnung
fotgte, ttjaren, jebeni bcr unter einer ^Inja^t atp^abetifrf) georbneter ^J)taterien
öorfommcnben beutf^en Sprü(i)roörter ein enifprerfienbes frembe ber genannten
Sprachen beijufe^en. Siabei richtete er fein 9Iugcnmerf juüörbcrft auf bie 2}er=
toanbtfd)aft berfetben unb bema^ feine SSo^t in Srmangetung einer ganj genauen
Uebereinftimmung , nacf) bem ©rabe nätierer ober ternerer 3ie^nüd)feit unb 28e=
äie^ung in ^i(b, ©inn unb Sebeutung fo, baB er, ba auf bicfe äöeife alle unter
einem Sct)lagroorte ftet)enben 8prü(i)mörter fi^ gegenfeitig fetbft erftären, öon
ber (ärtäuteruug einzeln fifimer ^u öcrftct)enber glaubte Umgang nehmen 5u
bürfcn. 3^te ©ammtung umfaßt 1808 beutfd)c ©prüctjmörter unb fprüct)toört=
lic^e 9leben§arten.
öoebefe, &x. III, 1. 16H unb 767 (ttofetbft feine fämmtli(i)en ©Triften)
unb ©uringar, Gralmus. Utrecht 1873. XCVI— XCVII. ^. ^francf.
©aasbcct : 3 a c o b öon ^Ibcoube, ^err ö. &., aus einer Utre(i)ter 2lbel§famiüe
tDQ§rfrf)einIi(f) 6nbe beö 14. ^ai)xi)ünhtxt'^ geboren , mar ein öaupt ber ^a6el=
jau'fd^en '^^artci in .öollanb, mo er au§gebe§nte ©üter befa§. (Sin au§ge,iei(i)=
ncter :)titterömann unb Ärieger, babei ein rücffirf)t»(ofer ^arteimann, mie bie
mciften feiner gfitS^noffen, warb er 1425 öon bem @emat)I ^acohäa^, ^o^ann
öon SSrabant jum ©tattt)atter über ^oUanb eingefe^t unb leitete at§ fotct)er bcn
Ärieg gegen bie .ipoefs bi§ 1428, mo ^$t)itipp öon Surgunb bie Dlegierung über=
na^m unb i^n in feinen 9tatf) aufnaf)m. ©pätcr fpiette er eine Bebeutenbe
9toüe in ben Utrec^ter 23irren , too er öon 2Bifrf)of 9lubo(pt) öon 3^icp^oÜ ge=
fangen, feiner meiften ©üter beraubt unb öerbannt, öon beffen 5iac^Totger jebod)
töieber jurücEgerufen unb in feine @üter eingefe^t marb. 2;a§ iobesja^r biefes
feiner ^dt roeit genannten ^artcif)aupteg unb Ärieger§ ift ungemiB, n)a^rfct)ein=
tid^ um 1459. ^4?. 2. mülltx.
ÖJabclcil^: .öani ßonon öon ber @., geb. am 13. Dctbr. 1807 in
Stttenburg (©o^n beö 1831 geftorbenen @ef)eimratl)§ unb Äanjters .spang Äart
ßeopotb ö. b. &.) , empfing feine ©ct)u(bitbung auf bem bortigen, bamal» öon
3Jlatt^iä geleiteten @t)mnafium, ftubirte 1825—28 in 2eip3ig unb ©öttingen
9tec^t5= unb 6amcraltt)iffenfct)aften, trat 1830 in ben '^erjogüct) attenburgifctien
©taatsbieuft unb begleitete öon 1831—47 bie ©teile eine§ Otegierung5= unb
^ammerrat§§. 1847 jum ganbmarfcf)all be§ ©rol^erjogt^umö Söeimar getoä^lt
öerlieB ö. b. &. mit bem ^räbicate eineö @e^eimratf)5 ben altenburgifcl)en
©taatebienft, ging 1848 at§ 93ertrauen§mann ber födififc^en güi-'ftent^ümer nac^
granffurt a. SIR. unb fungirte fpäter al& 33unbe§tag§gefanbter big jur Stuflöfung
be§ 58unbegtage§ (^uli 1848). :3m -itoöember 1848 tourbe er an bie ©pi^e
®abelen|. 287
be§ 5Jlinifterium§ in 3lltenbui-g beiufen unb nat)m all ^Jtiniftcr x'ijdi an ben
tejultattojen Gonfercnjen her t^ürinöi|d)=fä(i)ftf(^en Staaten jur ^erfteÜung eine!
33ei-banbe§ jür bie 3?e'^anblung gemeinfamev 3ln9ctegen!§eiten , legte aber im
Jluguft 1849 bie§ 3lmt nieber, tuie er aud^ furj tox^ex. beim (Eintritt beö neuen
Sßaf)tgefe^e§ bas njeimarifc^e ^anbmarfd)attamt nicbergelcgt fjotte; ^Tiläx] 1S50
touibe er öon 5Utenburg aU lltitglieb be§ Staatenljaufeö jum (Ji-furter 5))aria=
ment gefanbt, 1851 in ben ^lltenburger Sanbtag getoä^lt unb toax beffcn ^JUt=
glieb unb ftets miebergetüäfilter '^-^i'äfibent bi§ 1870. SSon ba an entfagte er
ben Liffentticf)cn @efd)äiten unb ftavb am 3. ©eptbr. 1874 auf feinem @utc
Semni^ im 3öcinmriicJ)en ('3teuftäbter Greife). 2It§ ©ele'^i-ter betoegte iid)
ö. b. ®. an] amci ]et)x öerfiiiiebenavtigcn @ebicten, bem bev ©pvacf)tt:)iiienid^aTt
unb bem ber ^proöinjialgefrfjidjte, unb gcfiört in bem crfteven ju ben l^erüorragenbften
Sjertretevn biefe§ O'fic^eS. Qx beja^ ein au^erorbeut(i(^c§ Talent jum ^(neignen
bon ©prad^en, bie er, mo e§ irgenb möglich mar, nid^t au§ ©rammatifen fon=
bern aui ber lebenbigen Ülebe öon Vierten ju lernen futflte, unb ^at fid)er oon
allen neueren ©prad^forfcficrn bie umfaffenbfte ©prac^fenntni^ befeffen (in feiner
(S(^riTt über ba§ ^^ajjitium finb 208 ©prod^en l^erange^ogen). 2;ie§ ^^alent war
aber mit ber Weit I^ö^eren 33efä'^igung öerbunben p jd^arfiinnigcr ®urdt)brin=
gung unb ftrenger miffenfd^aitlid)er (SrtenutniB be§ 33aue§ ber ©prad^en. IHit
beibcn auSgerüftet, tonnte fid) ba^^er ü. b. &. ba§ t)o^e ^iel fteden, |pradf)lid§e
6rfd)einungen mo mögtid) burdt) ba§ ©ejammtgebiet menid)ti(^er ©prad^e ju
öerfolgen unb fo allgemeine "Dtormen für bie 3?eurtl^eihing berfelben unb
bie menfdf)Iid)e ©prad)entmidlung überljaupt 3U erreichen; nat^ i'^m ift e§ nöttiig,
ba^ man ha^ ganje ©ebiet ber ©pradjen in allen i'^ren Sfieilcn überfie"^!, um
bie ©runblage ju einer allgemeinen ©prad^lel^re im magren ©inne bei Sßortes
ju geminnen, ju einem äöerfe, „hai bereinft bie .'i?ronc unb ben ©dytu^ftein ber
gefammten ©pradiunffenfi^att bilben mirb," Sn biefer IRid^tung fctjte d. b. ®.
bie i'^m al§ iBeijpiel öorji^lnebenbe Xf)ätigfeit 2B. b. .<pumbolbt'i fort, uub
fein ©treben mu^tc e§ il)m na'^e legen, meniger bie öiel bearbeiteten inbogermani=
]ä)tn unb femitijd^en ©prad)en al§ fernliegenbe, in il^rem SSaue bon biefen
beiben ganj abn)H(f)enbe unb öon ben ©pradfitorfd^ern oft menig bead)tete ©prad^=
tt)peu in§ 9luge ju faffen. 'Jtac^ ben ©prad)ftämmen ober =®ruppen georbnet
betreffen, feine 3lrbeiten mongoüfd)e, malaifd)e, melanefifd)e, finnifdt)e, afrifanifd^e,
amerifanifi^e ©prad)en. 2iuf mongolifd^e ©prad)en bejiefieu fid^ : ..Elemens de
la grammaire Mandchoue". 1832; 3Iu§gabe ber '*Blanbfc^uüberfe^ung be§ „Sse-
scliu, Schu-king unb Schi-klug mit SBörterbud)", 1864; „lieber bie 3lu§brüdEc
für „©terben" im 5Jtanbfd^uifd^en" (^eitfd^rift be§ 3}erein§ für ßrbfunbe ju
Seip^ig 1874); .,Exiiressions servant ä reudre l'idee de „pouvoir" en mand-
chou" (Mem. du congres international des orientalistes , T. I. Paris 1874);
„Seiträge jur manbf(^uifd^en 6onjugation§le!^re" (3eitfd)rift ber beutfd^. morgen=
iänbifdjen ©efeUfdt). Sßb. 18); „(S}efd)id}te ber großen !!3iüo, ou§ bem g,1hmbfd^ui=
fd^en .überfeljt, l;erau§gegeben bon ^. 31. b. b. ©.", ©t. ^^^eterSburg 1877;
„(jinige§ über bie mongolifdfie ^^poefie" (3eitf(^r. für bie ßunbc be» iltorgen=
ianbe§ I. 1837); „^'eiiu(^ über eine alte mongolifd^e .^nfd^rift" (ebenb. 33b. II);
„6^inefifd^=mongoIifd)e3^nfcf)riften" tSpitlii)^'- ^- beutfd^. morg. G)e[ellfd^_. Sb. 16);
„lieber bie ©prad£)e ber Hazaras unb Aimak's"' (3eitfdf)r. b. 'beutfdt)=morgenI.
©efellfd^. 23b. 20). — ^31alaif^e ©prad^en betreffen: „©rammati! ber £aiaf=
©prad^e :3eit|c^^"- i>- "beutfdf). morgenl. ©efellfdf).), 1852; „lieber bie Tormofanifdfie
©prad£)e unb i^re ©tellung im malaifc^en ©pradf)ftamme(3eitf(^r.b. beutfdt). morgenl.
©efettfd). a3b. 13). — S^a§ .Oauptmerf b. b. &■ „S>ie melanefifdjen ©pracjen"
(3lbl)anbl. b. fönigl. fäd^f. ©eVüfc^. ber 2Siffenf^. 33b. 3 unb 7, 1860, 1873)
bel^anbelt biefe ©prad^engruppe 3ugleicf) 5ur '^öfung be§ ^^xroblemi über ba§
Sy.eri^ältni^ ber poli)nefifdl)en unb melaneftfc^en '^acc. — fyii^nifd)e ©prad)en
288 ®aBIcn3.
Be^anbcfn: „©xunbäüge bev ft)riämf(^en ©vammatif" , 1841; „SScrjuc^ einer
movböinif(^en ©tammatif" (3eitfd)r. ']. b. Äunbe be§ gjlorgent. 11); „S^ie lt)ot=
jafifd^e ®edtnation" (Jpöfei'S 3eitf(^r. für bic 2Sifjenjcf). b. ©prad^e I, 1845);
„3]ergteid)ung ber Beiben tfdjercmijfifcfien S^ialecte" (geitfdir. ']. b. Äunbe beS
borgen!. IV) ; „lieber bie famojebiid^en <B^xaä)en" (Scitjc^r. b. beutfcf). morgcnl.
@efeEf(^. 33b. 5). @ine ajrifanifc^e ©prac^e betrifft: „lieber bie Sprache ber ©ua=
^eli" (3eitfc^r. b. beutfc^. morgent. ©efettfd^. I) ; amerif anifcfie : „@rammatif ber
^atota-<Bpxadc}t" , 1852; „©rammatif ber Äiriri=©pracf)e", 1852 (qu§ bem ^or=
tugiefifc^en be§ P. 5)tamiani); „^urje ©rammoti! ber 2fcf)erofefif(f)en ©prad^e"
(.«pöfer'S 3eitfc^r. III). 6ine auffer aller ©tnmmegoerbinbung [te'E)enbe (Bpxaäjt
beiianbett : „©rammatif unb Söörterbud^ ber ßajfia=(5prac^e" (SSeri^te ber f.
järf)j. ®efeEfd§. b. äöiffenfd). ^^il.={)ift. 61. 1858) Slllgemein fprad^toiffenfc^aft--
lic^en 3ieteii getüibmet ift bie ©cEirift, in ber ftd) ö. b. ßJabelen^ ^ennt=
niffe unb 53eftrebungen am bcften geigen: „Ueber ba§ ^affioum" (5lbl^. b.
f. fäd^f. ©efettfd). b. äöiffenfi^. ^^il.-^ift. Ql 8. «b., 1861). 3Xu§ ben bi§^er
genannten .^reifen fattt eine§ feiner .ipaupttüerfe, bie mit ^. Öoebe ^ufammen
unternommene au§geAei(i)nete 9lu§gabe be§ UtfilaS, gonj l^erau§: ,,ülfilas, Ve-
teris et iiovi testamenti versionis Gothicae fragmenta. Vol. I. textum continens",
Lipsiae 1843; vol. II: „(Sloffarium ber got^. ©pradf)e", I^etp3ig 1843, „Ö5ram=
mati! ber gott). <Bpxaä)e" , Seip^ig 1846. @ine ^)iacf)fcf)rift baju bitbet: Up=
ftröm'S Codex argentcus, 1860. — ^öcf)ft öerbicnft(idE) toar aud^ bie 2:l)ätigteit
ö. b. ®abelen|' auf bem @ebiete ber ©cfc^ic^te feiner engeren .^eimaff) unb ber
benai^barten l'anbfc£)aften ; 1838 raurbe , öon il)m mitbegrünbet, in ''Xltenburg
bie @ef(^id)t§= unb 5Utert^umforfd^enbe ©efellfc^aft bc§ Cftertanbe§ geftiftet,
bereu ^räfibeut er mit furzen llnterbred^ungen biä ju feinem lobe War, unb in
bereu ^ittt)eilungen er feine ^iftorifd^en i^orfdfiungen tieröffeutli{^te : „lieber ben
^piei^engau unb ba§ ^leiBentaub" ; „lieber bie ^luffiebung beS beutfd£)en Orben§=
^aufe§ in 3Htenburg", 33b. II; „3ur @ef(f|id^te be§ ^;pleifeen(anbe§ unter .g)cin=
xiä} bem 6rlaud)ten ic." ; „S)er beutfc^e Olittcr .^panS ti. b. ©abelen^, 23b. IV;
„3uv @efi$ic^te be§ 9tonnen!(ofter§ 9]^ariä ^J^agbalcnä in ^tlteuburg" ; „lieber
bie @ntftc^ung ber iJantiliennamen mit befonberer 9türffi(i)t auf ©a($fen unb
2^üringcu"; „lieber eine Urfunbc S)ictrid^§ ton Sei§nig", 33b. V; „Sie ©deuten
ber ©tabt 3(ttenburg bor unb n^a^renb ber 3fit ber ^Deformation" ; „lieber ben
limes sorabicus", 33b. VI; „lieber ben -^^(ei^engau im 10. ^atir'^uubert;
33eitrag jur ®efd)id)te be§ 23rubcrfricg§ unb 3lbe(§ 3)i^t^um", 33b. VII; „Sie
au§geftorbenen 3lbet§famiüen be§ CfterlanbeS", 33b. VI unb VII; ba^u mand^e
Heinere 3Iuffä^e unb ^itt^eilungen.
35gl. mtenburger 3eitung, 8. ^Ptoöember 1874; Sttuftr. ßeitg. 14. 5tob.
1874; Sa'^eim XI. m*. 3; 3Biffenfc£)oftlicf)c 33eitage ber ^eip3iger 3eitung,
4. gjlärä 1875; The Athenaeum, 12. Secember 1874 (^iefrolog öon 91. 9to[t;.
Se§!i en.
©ablcuj: Subtt)ig ^rei^err b. ®. , öfterreic^if(i|er (Seneral ber Gaöatteric.
@eb. ben 19. :^uni 1814 ju ^ena in ©ad^fen a(§ ber ©o^n eine§ fönigüd^
fäd^ftf(^en @eneral=Sieutenant§, trat berfetbe uad^ militärifd)er (ärjie^ung in ber
9'iitter=2ltabemic ju S)re§ben in ba§ "^eimat^Iiiiic ^eer ein. Ser S)rang {ebod^
einer größeren 9lrmee anjugetiören, toar bei if)m fo gro|, ba^ er 1833 Sienfte
in Defterreid^ na'fim. 2}on biefem ^al^re an biente ®. abtoecfifelnb bei ber
(SaöaEerie unb Infanterie fotoie audt) beim ©cneratftabe. S)ie (äreiguiffe be§
Sa^re§ 1848 boten i'^m bie @etegent)eit feine erften 2öaffent!)aten ju öerrid)teu,
inbem er ar§ Slbjutant ben ©eneral 3Balmoben nac^ i^tatieu begleitete, tüofelbft
er oor ber ©c£)tadf)t öon ©t. Öucia eintraf. ®on biefem 3lugenbtirfe an too'^ntc
@. allen <Bä)laä)ttn unb ®ef erfiten be§ ^^elbäugeS öon 1848 bei , töurbe öom
gelb^eugmeifter -^^B mel^rfadt) öertoenbet unb nadf) ßuftojäa äum 5!Jlaior im
&abkni. 289
@enera(fta6e ernannt. (Jnbe be§ ^a^rei warb @. in» Hauptquartier ber für
bie Dperotion naä) Ungarn Beftimmten faijert. 9Irmec berufen unb na!^m juerft
tl^ätigen 5tnt^eil an ber Crganifation berfelben in ©d^önbrunn, fpäter »arb er
a^t] bee ©eneralftabes beim (5(f)Iit!"ic^en (5orb§. Sßon biejem 3eitbunfte an
roax ber @lü(f§ftern be§ @)eneral[tab§=6^ei§ mit jenem feine» ritterlichen ^-üfircrS
öerbunben unb in 46 (2cf)(aci)ten, treffen, @efe(^ten unb (5cf)armü^e(n , metcfie
ba§ 6orp§ im Saufe ber beiben ungarifc£)en {yelb,3üge beftanb, fämpfte er an ber
Seite be§ roacieren @enerat§. 2lm 4. Januar 1849 erhielt @. in ^o^ge i'ei-*
ru^müollen S(f)Ia(i)t bei ^af(i)au, in welcEier bie ßaiferüc^en öierfac^er Ueber=
mac^t gegenüber geftanben, ba§ 3;]^erenenfreu3. 6r füf)rte bei biefer @e(egen^eit
ben rechten ö^tügel, ergriff nac^ ben erften eia'ungenen 9}ort^eiIcn, gegen alle ^e=
fet)te bie Cffenfioe , Warf ben linfcn Jtügel be§ O^einbe» 3urü(f, rollte beffen
Zentrum auf unb jcfinitt einen i^eil feiner 3(rtit(ei-ie bur(f) red^tjeitige 33eie^ung
eines Sefileeä in ber Stücfjugslinie ab. (Sommer 1849 »arb @. Dberftlieute=
nant unb Gommanbant bes Dragoner =9tegiment5 ^rinj 6ugen Don ©aöot)en,
fam bann in§ .öauptquartier be§ ruffijcfien (SenerallieutenantS ö. ©rabbe, mit
metcf/em er öor ^omorn rücfte, too ber le^te 3(ct ber ungarifcfien ßrfiebung au5=
gefpiett mürbe. 3I(» im öerbfte 1850 bie Sefa^r eines 3iii'it^^enftoBe§ 3roifd)en
Cefterrei($ unb ^^reu^en bro'^te, mürbe ber mittlertoeile jum Cberften öorgerüdfte
@. neuerbing» bem ©eneratftabe bei ber 9(rmee in Söf)men gugetl^eilt, jeboc^
balb in biplomatifc^en Stuf trägen nac^ Bresben entfenbet. 1854 gum 6enera(=
531ajor beiörbert, leitete er al§ ©eneralftab» = 6§ef bie großen ^.UanöDer bei
C'(mü^, fobann fommanbirte er bie leiciite 33or^ut=35rigabe be§ 1, (iaoaIIerie=
6orp§ unb rüctte mit fetber in bie Sonaufürftent^ümer, mofelbft er balb §er=
nac^ 3^ruppen=Sommanbant tourbe unb in biefer bis 1856 befteibeten (Stellung
fomol all Solbat tüie al§ Staatsmann fid) bie allgemeine 21nerfennung ermarb.
1859 commanbirte 6. eine ^rigabe beim 7. 91rm'eecorp§ unb na^m mit 61)ren
an Perf($iebenen Aktionen, namentlich an benen öon DJIagenta unb Solferino
i^eil. dlaä) ^eenbigung bes Äriege§ tnurbe er bem (Sommanbirenben Pon 35e=
netien al§ 91blatu§ beigegeben unb Pielfad^ Permenbet; brei ^a^re fpäter jum
5etbmarfcf)alt=2ieutenant ernannt, leitete er bie größeren ^anöoer auf bem flaffif(i)en
Soben Pon iRittoli. 2ll§ 1864 öften:eicl)if(^e Gruppen beftimmt maren in 3}erein
mit preu^ifcfien bie ^rage ber norbalbingifd^en ßer^ogtliümer 3u löfen, ba mürbe @.
3um 35efel)l5^aber ber erfteren, bes VI. 31rmeecorpi ernannt. Seiner gefd)icf ten (VÜl)rung
unb Japferfeit banfte man bie aücrbings nit^t unblutigen Siege Pon ©berfclf,
CePerfee unb 33eile, fomie bie fic^ baran fnüpfenben meiteren Erfolge. 1865 mürbe
(*}., ber für feine Seiftungen in ber (Kampagne ba§ 6ommanbeurfreu3 bei 2^ere=
fienorbenl erhalten l^atte, unb beffen 6orp§ bi§ auf eine 35rigabe in bie -öeimat^
3urücfgefe^rt toar, jum Stattf)atter -öolfteinS ernannt, in welcher Stellung er
fic^ bie allgemeinen St)mpatl)ien ber 35ePölfcrung 3u ermerben muBte, bie \i)n
in 5Bilb unb Sieb feierte. 3(li 3mif(f)en ben beiben früheren ^unbesgenoffen megen
ber 61bl§er3ogt§ümer ber ßonflict au53ubre(f)en bro^te, mai^te &. mieberfiolt ben
Eintrag, fic^ bie in öolftein nod§ jurüdgebtiebene öfterrei(^if(i)e Sefa^ung mit
bem Ijannöoerfc^en Sruppencorps bereinigen 3u laffen. Sa aber feinem eintrage
feine ^olge gegeben marb , mu^te er fic^ beim 2Iu§bruc^e be§ Kriege» Porbe=
bungener 5}la§en nat^ bem Süben 3urüi3ie^en. @. marb nun Gommanbant
bes 10. öfterreic^ifci)en 3trmeecorp§ , mit melcf)em er am 27. S^uni 1866 bei
xrautenau ba» 1. preußifdie 5trmeecorp§ unter 33Dnin, meiere! al§ Sldantgarbe
ber 2lrmee bei ßronprin3en burcf) ben ißa§ Pon 2rautenau in ^ö^men einbrang,
in lOftünbigem treffen f(f)lug unb über bie SanbeSgren^e 3urücfmarf. Sod^
marb biefe 2Baffentf)at burcf) bie an ben nädiften beiben Ziagen non bem preuBi=
fcf)en ©arbecorps erfo(i)tenenen Siege bei '•}ieu = 9logni^ unb Äönigin^of mieber
auigem. beutfe^e aBiograp:&te. VUI. 19
290
©abeÜotier.
aufgewogen. @. fo(i)t l^tei-auf 6ei ^öntggrä^ unb bejet^tc jpätev mit feinem
Sot|)§ bie f^eftunggtüevfe ui3vbli(^ 2Bien§. 5tacf) bem f^friebenSf^luffc lebte er
bis 1867 in S)i§ponibilität, in biefem ^aljve maib er Ieben§tänglid)e§ '»^Jlitgtieb
be§ ■§erren't)aufe§ im 9ieid)§ratl)e imb commanbirenbev ßJeneral bon ßroatien,
©tabonien unb ber gjtilitärgrenäe , 1869 conimanbirenber ©enerot öon Ungarn
unb 1870 ©eneral ber ßaüatterie. 1871 tpo'^ntc &. aU SßeöoEmäd^tigter be§
ÄaiferS öon Defterreid^ bem einjuge ber fiegreicCien beutfd)en Siruppen in Serlin
unb ber ßnt^üEung be§ ®enfmat§ g-riebrid) 2öilt)elm§ III. bei. ^m 9loöember
beffetben 3fa^re§ tüurbe @. auf fein cigeneg Slnfui^en in S)i§ponibiIität öerfe^t.
S)rei 3al)re fpäter, 28. Januar 1874, madtitc ein tragif^cr ^ob ju 3üric^
feinem ft)atenrcid)en unb bewegten Seben ein ©übe. 9IIö commanbirenber ®e=
neral wie at§ ^33Utglieb be§ iperrent)aufe§ öertrat er [tet§ bie öom Ärieg§mini[ter
33aron ^u'^n angeba'^nte Dleorganifation be§ öfterreit^ifc^en ^eerWefenS unb bie
9lrmee oerbanft i^m biet nu^bringenbe 6d)5pfungen. ?ln i^m öerlor £)efter=
rei(i) einen großen Bürger, ber ^aifer einen treuen Wiener, ba§ ^eer einen au§=
gejeicfineten ^ü'^rer.
€efterr. ^Mitär. Seitfd^rift 1874. II. Sanb. öon ^an^o.
(^Obclloücr : 0§walb ö., geb. 3U ^J^emmingen am 3. ©eptbr. 1539 al§
©ol)n be§ gleichnamigen ^IrjteS bafelbft, au§ einem alten urfprünglid) baiiifc^en
fpäter Dfterreid)ifc^en ^^Ibelegefd^lec^te ftammenb, geft. ju (Stuttgart am 31. S)ec.
1616. ßr ftubirte ju Slübingen unb ^Bologna, Wo er boctorirte, 9Jlebicin, würbe
im ^. 1563 öon ^erjog 6l)i-iftopl) öon 2Sürtemberg al§ einer ber öier Öanb=
ärate mit bem ©itie ju ©öppingen angeftettt, im ^. 15<s0 aber öon beffon <Bof)n
unb gtad^f olger, ".^erjog Subwig, al§ Seibarjt nad) ©tuttgart berufen, ^n
le^terer ©tcEung öerblieb er aud) unter beffen beiben 9tad)folgern bi§ 3u feinem
2;obe — äeitweife war er au^leid^ 23ibliotl)efar — unb fd^rieb in jener eigen=
fd^aft ein „3lr3neibuct)", welches im 3. 1594 f. in äWei Xi^ciltn erfd)ien. ©eine
33ebeutung für fpäterc 3eit unb nod) für '^eutjutage aber befam er al§ Wirtem=
bergifd^er ^of^iftoriograpl) unb al§ ber erfte bebcutenbe f^orfd^er über bie @e=
fd^i^te biefe§ !^anbc§. 33eina'^e ein l)albe§ Sa^vl)unbert fammelte er mit uner=
müblidiem Sleifee, aud^ auf Üteifen unb in ausgebreitetem 33riefwec^fel für bie
würtembergifdje unb f(^Wübifd)C ©efdjidl^te überl)aupt in bem fürftlid)en 9lrd^iöe
3U Stuttgart imb in ben 5lrd)it)en unb 9tegiftraturen ber 9teid)§[täbte, Älöfter,
Sanbftänbe unb be§ 5lbel§, bcnü^te aber aud^ altere ®efd)id^t§Werfe, 6l)roniten.
S)enfmäler, 3nfd)riften ic. S)at)er finb feine umfangreid)en 6otlectaneen, Weld)e fid^
meifteng in Stuttgart im fönigl. ©taat§ard)iöe unb ber !önigl. öffentlidien
Sibliot"§e! befinben, eine felbft '^eutautage no^ nid^t böllig erfd^öpftc ^^unbgrube
für öie ®efd)id)tc 2Bürtemberg§ in ben öerfd^iebenften 9tid)tungen, namentlid^
aber auc^ ber im Sanbe unb an beffen ^renjen angefeffcnen fürfttid)cn unb abe=
ligen f^amilien , unb t)aben biefelben inSbefonbere baburd) einen fo großen
Söertli, ba^ fid) in i^nen üicl 9)taterial üorfinbet. Welches balb nad) ber 33e=
nü^ung burd) it)n ^m 3eit be§ brei|igjäV*iößJ^ Krieges im Originale au ©runbe
ging, ©ein ^auptwer!, eine au§iül)rlid)e @efdl)id^te unb 2:Dpograpl)ie 3Bürtem=
bergg, ift freilid) nur aum 3;l)eit bon i^^m aufgearbeitet unb nie unter feinem
'Flamen gebrudt Worben; allein oT§ne ^lennung beffclben Würbe bev erfte 2:^eil
babon faft Wörtlid) bi§ aum S- 1525 Ijcrab öon ^ol). Ulr. ©teinl^ofer au§ge=
fc^rieben unb mit 3ufä^en al§ „5leue Wirtenbergifd)e ©Ironir', 2;übingen 1744
U^ 1755, 8., l§erau§gegeben. ©d)arffinn, genau prüfenbe, Iliftorifcje i?ritif,
2:aft in ber S)arfteEung unb eine einfadE)e gebrängte, aber immer beutlit^e
©d^reibart aeidinen &. au§. Unterftü^t würbe er in feinen gefdt)id^tlidt)en
^Irbeiten, beaiel^ungSWeife biefelben Würben Weitergeführt burd^ feinen ©ol)n 3^0=
liann Safob ©., Sibliotl§e!ar unb fpäter 2lrd§itiar au ©tuttgart, f 1635.
®a6el§berger. 291
3}gt. bie Seic^en|)i-ebigt t>on ßrasmui ©rüninger (Tübingen 1617);
^iaff, äBivtenbergijd^er ^^(uta^•d) 1, 79—82; SJerfcIbe, Cueüen ber älteren
trirt. ©efc^ic^te 21—24, ©tätin.
©abdöbcrger : ö-i^anj Xaöer @. , (Jrfinber bes naä) i^m benannten
(5^ftem§ ber ©tenogtap^ie unb SSegrünber einer nationat=beuti(^en Scfinellfdirift
übcr'^aupt, würbe am 9. gebr. 1789 ju ^Ründ^en geboren, roo fein 3}ater -öof^
bla§inftrumentenmad)er toar. 3Sereit§ im britten ^a^re öerlor er ben 3}ater
burc^ ben 2ob, unb ber mittellofen Butter fiel bie fc^njere 3tuigabe ju, i^n nebft
3 anbern unmünbigen .ßinbern ju ernä!§ren. S)er auigetoerfte, öon ber '3latur
mit GJeifteeanlagen unb Talenten reid) bebacf)tc Änabe fanb einen öätetüc£)en
greunb in bem (£l§orregenten unb Se'^rer ^(infi^arbt öon §aag, ber 1799 feine
Stuma^me in ba§ 23enebictinerf(ofter 2Ittel beteirfte. .^ier unb brei ^al^re fpäter
im 9teic^§ftiftc Dttobeuren empfing ber junge @abel§berger ben erften Unterricht,
auf ben i^n fein Gönner fd)on öorbereitet ^atte; in ber le^tgenannten SInftatt
ergab er fic§ mit 9}orliebe mufifalifcfien ©tubien. S}om ^. 1803 ab befu(i)te
er mehrere ^af)re ^inburd) ba§ ©tubienfeminar feiner Söaterftabt, um ben öt)m=
nafiatcurjuS buri^jumac^en; auf bie Uniöerfitätgftubien mu^te er, feinem fe^n=
tidiften 3öunfcf)e entgegen, t)er3id)ten , ba 9}^ünc^en 3u jener 3^^*^ ^°^ ^^ii^c
Uniöerfität beja^ unb er bie Ueberfiebelung nac^ einer auswärtigen ^o(^f(f)ule
niii)t ermöglii^en tonnte. So trat er benn 1807 au§ ber oberften Glaffe be§
©eminarS unb entfi^Io^ ]xä), 18 ^a^re alt, (ilementar(e§rer ju toerben. ?IIIein
üu^ ba§ f oEte i^m nici)t öergönnt fein ; eine unertoartete 3}erfc^le(i)terung feiner
35ermbgenaDerl^äItniffe unb june^menbe Äränfü(i)feit, bie bei feiner ni(f)t befonber»
fräTtigen Gonftitution 5U Seforgniffen ißerantoffung gab, nöt^igten i^n, atte meiteren
©tubien auT5ugeben unb äunäcEift für feine (ärifteuj p arbeiten, ©eine au§nef)menb
f(^öne ipanbf(f)rift bracf)te i^n in 25erbinbung mit 3Uot)§ ©enefelber , ber furj
Oor§er begonnen ^atte, feine junge ©rfinbung be§ ©teinbrucES in ^^Mnc^en au5=
^uüben. @r erlernte ba§ ©teinjeic^nen unb leiftete ©enefelber manc^fad^e |)ilfe,
nebenher ertl)eilte er ©pra(^= unb ©(^reibunterrici)t, Ser erlangten gei^tigteit in ber
.Kalligraphie unb •!3it'§ograp^ie Perbanfte @. im ^. 1809 eine Slnftellung al§ Siurnift
bei ber @eneral=2lbminiftration ber ©tiftungen unb ßommunen, unb bamit mar
feine fernere i3aufbat)n entfi^ieben. @r üerblieb im ©taat§bienft , tourbe 1810
befinitio- al§ i^an^elift bei ber -iMnc^encr Jlrei§regierung, 1813 in gleicfier
6igenf(f)aft bei ber dentral=©tiitung§caffe angeftellt unb 10 i^a^re fpäter 5um
@e^. 9JlinifteriaI=©ecretär ernannt. SSeim 9iegierung§antritte Subtoigi I., 1825,
tourbe er au§ DrganifationSrücEfti^ten ^xoax penfionirt, bereite im näcliften ^ai)xt
aber toieber al§ ©ecretär ine ftatiftifi^e 33iireau be§ 'D}linifterium§ be» i^nnern be=
rufen, ^n biefer ßtgenfcl)aft , foroie fpäter al§ 9}orfte§er be§ ftenograp'^ifc^en
S5üreau§, erfter Sanbtaggftenograpf) unb l'efirer feiner ^unft mirfte er bis 3U
feinem 2obe , ber am -l. Januar 184:9 infolge eineS ©(^laganfatl§ auf offener
©tra^e eintrat. ®. ^atte fii^ in feinen ^l^uBeftunben fi^on rrü^e fprad^lic^en
©tubien mand^fac^er 3lrt, foWie ber Sefcl)äftigung mit ^^afigrap^ie, ^rpptograp§ie
unb S;ecl)iffrirfunft ergeben, ^m ^. 1817 fam i'lim ber ©ebanfe, eine (Se=
f(^tt)inbf(i)rift ^u ermitteln, junäc^ft nur in ber Slbfic^t, fiif) unb einem ^ö^eren
53eamten burci) ^tufna'^me öon 2)ictatcn @rlei($tcrung ju fc^affen. S)er Umftanb,
ba^ ein ^al)r fpäter bie baierifc^e 2}eriaffung proclamirt tüurbe , trug nidit
toenig baju bei, i^n in feinem S}or^aben ju beftärfen. 2tl§ 1819 bie 2anb=
ftänöe ,5um erften '^ak jufammenberufen mürben, fonnte 6. bereite einige ju^
friebenftellenbe *4^roben feiner ©rfinbung ablegen, ^it unermübtic£)em gleite
arbeitete er nun fein ©t)ftem öon i^a^r ^u ^a'^r bur($, unb bie baierifd^en
Sanbtage öon 1822 , 1825 unb 1828 jeigten bie jortgefe^te 2}eröollfommnung
feiner .Kunft. 23alb erregten feine praftif(^cn Seiftungen unb bie einiger !^eran=
19*
292 ®abcl§b£tger.
geBitbeter ©d^üter attgemeine§ 3luijet)en. ^m ^. 1823 evf)ielt er eine üetne [taat=
ii(i)e Unterftü^ung , bie if)m abn einige ^di)xe fpätev infolge übeItt)ottenbei- @in=
flüffe roieber entjogen ttJurbe. 2>er ©ntttjurf feine§ ©(^nftft)ftem§ , fomeit e§
bamal§ gebiel^en toax, tourbe 1829 auf 33eran(affung bc§ ^inifterium§ be§ 3n=
nern ber 5Jlün(^ener 9Ifabemie bei* SöiffenfdiQften 3ur '4>^üfung borgelegt unb
ba§ Ih-t^eil fiel je^^r günftig au§, inbem ©abetSbergcr'S (5(i)rift aU „burdiauS
originell unb Bei ^inreid^enber i^ürjc geläufiger, juöerläffiger unb leäbarer all jebe
frühere" Bejeit^net tourbe. 33on noc^ größerer Sebeutung für bie äöeiterenttotcfetung
feine§ 2öerfe§ toax ber Umftanb , ba^ bie baierifd^e Otegierung i!^m 1831 auf
Eintrag ber 9(bgeorbneten!ammer eine jäf)rli(i)e Unterftü^ung bon 1000 Bulben
3U Xl^eil werben lie^, ttiobon bie eine ^älfte i'^m al§ erften ©tenograpt^en unb
Seigrer feiner ^unft jufiel, toä'^renb bie anbcre ^u Prämien unb Unterftü|ungen für
Befonbere Befä'^igte unb fleißige ©d)ütcr bienen fottte. ©rmutl^igt burd^ biefe 3lner=
fennung unb beru'^igt über ba§ Sd^irffat feiner ©d^rift ging ®. nun an bie
Bearbeitung cinel ^ef)rbud^§ berfetben, toä'^renb er nebenl^er auf ba§ eifrigfte
burd) Unterri(^tertt)eilen tt)ätig toar. 31I§ ^^-udit feiner 17jät)rigen unermüb=
(id£|en Slrbeit crfd^ien 1834, „feinem lieben SJaterlanbe 33aiern in Siebe unb
£)anfbarfeit getoibmet", bie „Einleitung jur beutft^en 9tebejeid^enfunft ober
etcnograpj^ic", ein Söerf, bem für alle 3"ten einer ber etften ^lä|e in ber
ftenograpi)ifrf)en Sitteratur gefic£)ert ift. @§ enthält nad^ einer fe^r intereffanten
Einleitung über ©efdiid^te unb SluSbilbung ber ©d^nellfd^rift eine neue i^eorie
ber Äunft, an toel^e ®. fein S^erfa'^ren anfd)lie^t unb burd^ |)raftifd^e SSeifpiele
für ben ©elbftunterrid^t erläutert, ^lac^bcm bie Einleitung , weldEje mit großem
33eifaE aufgenommen mürbe, 1830 neu aufgelegt morbcn mar, etfdC)ienen 1843
bie „5fieuen 3}ert)ottlommnungen in ber beutfd^en ^tebe^eidicnfunft ober ©teno=
grap^ie" (2. 3lufl. 1849), in meldten ber ßrfinber eine Elnaa'^l 3}erbefferungen
feineg ©t)ftem5 borfüt)rte, burd^ Elufftellung eine§ auf bie ©runbfäl^e ber alt=
römifd^cn ©tenograpl)ie , ber fogenannten „Sironifd^en Eloten" bafirenbcn Äür=
jungSberfa'^reng feine ©dE)rift für bie "^ödiften Elnforberungen ber 5prari§ geeignet
machte unb glei(^3eitig einige gingcrjeige für bie Uebertragung berfetben auf ba§
9tuffifd)e unb Sönifd^e gab. 3^ weiterer 5lu§bilbung für bie Sfünger feiner
Äunft t)atte er 1838 ba§ erfte .pcft einer „©tenograp'öifd^en Sefebibliof^ef" l)er=
ausgegeben; neben fonftigem Sefeftoff entl)ält baffelbe anä) eine g{eil)e form=
fc£)Dner, fc^mungöoHer 2)iftid§en, in melrfien ®. feinem für bie ©tenograpl)ie te^
geifterten ^erjen Suft maä)t. 58ei biefcn litterarifd^en Elrbeiten fam il)m feine
§ertigfeit im Sit'^ograp'^iren öon früt)er ^er fel^r jiu ftatten; bie mel^r al§ 400
Cuartfeiten be§ ftenograp^ifdt)en 2:l)eil§ ber „Einleitung", fomie bie „53efebiblio=
tl^ef" finb faft burd£)gängig öon, feiner eigenen Jpanb auf ben ©tein gefdf)rieben.
Heber ber Umarbeitung feine§ Se'^rgebäubeS überrafd^te il^n ber Xob, ba§ 2BerE
mürbe inbe^ 1850 in neuer Eluttage mit 33enu^ung '^interlaffener 5pa)3iere be§
S5erftorbenen burdf) ben ^ünd^ener ©abelgberger ßentralberein herausgegeben,
^n ber @efd§id^te ber ©d^neUfd^irift über^^aupt, mie in ber 5Deutf4lanb§ in§be=
fonbere nimmt @. eine ©teEe bon ^öd)fter Sebeutung ein unb bon feiner (5r=
frfieinung au§gel§enb mirb ber ®efc^ic^t§fc^reiber ber ©tenograpl)ie bie 2öid§t{g=
feit biefer Äunft für bie nationale unb geiftige ßntmidEelung unfereS 5ßolfe§ bar=
juftetten l)aben. ^an ^t il)n mit boHem 9ted)tc ben „beutfdC)en Xiro" unb
ben „3)ater ber beutfc£)en ©tenograp'^ie" genannt. 33oKftänbig unab'^ängig bon
ben S5crfud£)en feiner SSorgänger, bie franaöftfdE) = englifd^en ^etl)oben auf bie
beutfd^e ©prad^e anautoenben, fd^uf er ein burd^auS origineKeg, alle frü'^cren
überragenbe§ ©t)j^tem. ©tatt ber fteifen, in i'^rer Elnmenbung unlianblid^en
geometrifc^en Sinien benü^te er für fein 5llpl)abet ^anbgere(^te, flü(|tige unb
berbinbungSfffl^ige , ben Sauten unferex ©pradt)e angepaßte güge ; er tourbe ber
©abier. 293
©d^öpfer ber grQpf)ifd)en (Stenograp'^ie. S)a5 bon i^m aurgeftettte ©m'tem (ä|t
3tDat SJerbefferungen im ßinjelnen ju, unb ^at fie ja audi) im Saute ber ^^it^n
ev]üf)xen , ftef)t aber im Uebrigen in feinen ©runbprinjipien unerfc^ütterüc^ fcft
unb I)at \\ä) bi§ f)eute ben erften Ütang in £eutfci)tanb ju erf)alten gen)u|t.
2(u§er ©tolje , beffen ©dirift , öon anbcrn @e[itf)t§pun!ten au§gef)enb , bei i^rcr
©inia(i)t)eit , Gonjequenä unb 2öiflenj(^aftli(i)teit ber ©abeteberger'S ebenbürtig
3ur ©eite fielet, ja für bie ^xotät einer S5otf§= unb SBerfe'^rSfd^rijt i^r entfcf)ieben
öoräujie^en ift , unb in neucfter '^di 2Irenb§ mit einer toeit roeniger braud^=
baren, „rationellen J^urjfcfiriit" l^at feiner ber ja'^Ireii^en ^lai^folger neben feiner
geiftöoüen ßrfinbung auifommen !önnen. 3m 3. 1876 eriftirten 249 33ereine
mit mef)r als 9000 5Ritgliebern nac^ ©abeleberger'g ©d^rift; bie fonftige 3]er=
breitung berfelben lä^t fidt) barnacE) bemeffen, ba^ 1873: 14078, 1874:
18556 ^;i5erfonen ftenograpt)ii(i)en Unterri(i)t erhielten. S)a§ fönigl. ftenogr.
:3nftitut 3U S)re5ben, al§ Unteri-id)t§anftalt begrünbet im 3. 1835 unb 1839
3ur Staat^anftalt erhoben, joraie bie (Eentratüereine ju SJtünc^en unb Söien
enttticEetn eine bebeutenbe propaganbiftijcf)e J^tigfeit. S)ie beffeni ßef)rbü(^er
toeifen fämmtlici) ^ol^e Sluflagen auf , gegen 40 3eiti(f)riiten in ftenograpf)ifd^er
unb gen)öt)nlid^er S)rucfi(f)riit bermittctn ben S5erfef)r ber 2lnl§änger unter ein=
anber, unb eine bänbereidie Sitteratur bezeugt, xod6) reges gei[tige§ Seben
innerhalb ber «Schule l^enid^t. 5Jlit me^r ober toeniger ßrjolg ift hal Softem
big^er auf bie engüfi^e, franjöfifd^e, itatienifd^e, fpanifcEie, fd^toebifd^e, bänifd^e,
finnifd^e, neugriec^ifd^e, (ateinifd^e, ungarifd£)e unb bö^mifd^e (5prad£)e übertragen
Würben; nac| mehreren öon biefen Uebertragungen wirb aud^ partamentarifd^
gearbeitet. @. öerbanb mit ber @ebutb unb @rünbüd§feit be§ beutfd^en @e=
let)rten eine au^erorbentüd^e , faft übergroße Sef(^eibenf)eit. @rft nad^ neun=
maliger Umarbeitung trat er mit bem ©ntmurfe ber Ütebc^eid^enfunft öor bie
Ceffentlid^feit, unb big an fein Sebengenbe mar er unabtäffig mit ber S}erbeffe=
rung feines @eifte§finbe§ befd£)äftigt. £ie befte 6f)arafteriftif feine§ 3Befen§ unb
©trebeng bieten bie äöorte, meldEie ber Ütbgeorbnete Dr. 5[RüIIer nad^ feinem Sobe in
ber baierif(^en Kammer fprad^: „©., ber ^Jtann, ber bai 2Bort p firiren t)er=
ftanb, mar einer jener feltenen, befd£)eibenen, id^ möd^te fagen aEjubefdfieibenen
^Mnner, bie nur für )ia^ ^öi)ere i^ntereffe ber i?unft, ber f^öpfcrifd^en i^bee,
ber l^öl^eren Qrfinbung lebten. S;cn ebelften 2BitIen burd^ bie iieiTÜ^fte J^at
3U Vollbringen, crfüttte feine Seele. @r Verlangte ni(f)t5, er bat um nid^tg;
man mu^te x^vx aEeg anbieten, (är t)at in feinem ©treben, bem 9}aterlanbe ju
nü^en, nie auf feine ^ntereffen gefe^^en, nie gefud£)t, fiif) 9leid^tl)um aug feiner
^unft lu erroerben!" — Sie 9}aterftabt ^Mnd^en l^at i^rem treuen ©o'^ne ben
Tribut ber S)anfbar!eit gejottt, inbem fie 1862 eine ©trafee nad§ i^m benannte;
bereitg 1856 tourbe fein @rabmat burd^ banfbare jünger mit einem Sienfftein
berfe^en unb bie ©tabtgemeinbe er£lärte feinen SSegräbni^pIa^ 3ugteid§ mit bem
©enefelber'g für unt)eräu§erli(i).
3lnbei§, @. unb feine 35erbienfte um bie ©tenograbt)ie, ^Berlin 1851.
S- |). SBolf, granä .^aöer @., ©rfinber ber beutfi^en ©tenograp'^ie, 5Ründ^en
1849. 2(lbre(i)t, ©abelgberger'g Seben unb ©treben, Seipjig 1858.
6. Sauer.
Ooblcr: ©corg Slnbreag ©., geb. am 30. 3^uli 1786 in 3Utorf, gcft.
inSepü^ am 13. ©ept. 1853, ©o^n beg itieologen ^o^. 5|?t)il. ®. (f. u.), ftubirte
am ©rimnafium feiner SJaterftabt unb befud^te an ber bortigen Unioerfität p]^ito=
fop'^if^e unb juriftifd^e 2}orIefungen, bejog 'f)ierauf 1804 bie Unioerfität ^ena,
mo er öeget'g anf|ängüd§fter ©d£)üler teurbe unb big ju beffen 2lbgang (.1807)
öertüeiüe. 3)on bort ging er nad§ äßeimar, too er brei Sa^te l)inburdE) ben
294 ©ablet.
Untenirfit ber <B'6^nc ©(i)it(ei-'§ leitete, unb nadf) einem üovübevgefienben 3liiient=
t)alte in ^türnberg fanb er 1811 eine Slnftettung al§ ßel^rer am @l)mna[ium ju
9ln§bac^, öon ttio er 1817 al8 ^ßrofeffor an ba8 Saireutfier ©ijmnaftum fam,
beffcn 9tectorat i'^m 1821 übertragen tourbe; 1824 übernahm er bort neben ber
claffijc^en ßitteratur au(f) ba§ Sel)r^ac§ ber ^f)ilofot)'^i|(^en ^ro^^äbeutif , unb im
glei(i)en ^a!)re tuurbe er 3um ^rei§jc^otard)en ernannt. 5lbgefet)en t)on ®elegen=
^eit§|d)rilten („De regü imperii maiestatc ac sanctitate", 1824, unb jum 9lmt§=
Jubiläum be§ $rofefjor§ ^. ?5f- S)egen, 1826, unb „Carmen Sapphicum'^ bei
5IntT)cfen'§eit be§ Äönigg Subtoig, 1830) {)atte @. bexeitg 1824 in bem ®^m=
nafial^^rogramm „De disserendi ratione", fid) über bie Slufgabe ber ßogif in
au§fd^liep(^ ^egerjd^em 6inne geäußert, unb e§ jolgte '^ieraui „S)ie 5PrD^ä=
beuti! ber ^'^ilofop^ie" (1827, at§ erjter 33anb be§ ©^ftemeg ber tl^eoretifc^en
5ßt)ilofo:pt)ie bejcic^net, ein ätoeiter aber iolgtc nic^t nad^), »orin er lebiglid) eine
erKärenbe Umfdireibung ber erften -gjälfte ber „^"^änomenologie" ^egel'§ gab.
2)ie |)reu^ifi^e ülegierung era(i)tete e§, ba na(^ ^egel'S 3:ob ('Jiobembcr 1831)
bie ©pattung jeiner (Bd)uU immer fi(^tli(i)er ju Sage trat, nad^ mehrjähriger
Ueberlegung für ba§ geeignetfte, bem trodcnften Hegelianer ftricteftcr Obferbanj
ben erlebigten Se'^rftu'^l be§ 9}leifter§ ju übertragen, unb fomit lourbe ®. ju
Oftern 1835 nad) SSerlin berufen, ©ein 2lntritt§=^rogramm „De verae philo-
sophiae erga religionem christianam pietate" (1836), fnüpjte an jenei 33erfte(Ien=
jpielen an, mcld)c§ ^cgel mit ber c^riftlid)en 3:l)eotogie geübt l)atte, unb ent'^ielt
unter tobclnben SBcmerfungen gegen S)at)ib Strauß in crbaulid£)er 3ui-'^tuug
ben ^3Ja{^tüet§, ba^ bie mot)re (b. l). .^cgel'fdic) tppofop^ie [ic^ in frommer
Hebereinftimmung mit bem 6l}ri[tent'^um befinbe. 5iad)bem bie erften 33orlefungcn
(Sabler'S fo großen 3u|pi-"U'i) gefunben fiatten , ba^ fein ^örfaal bie ^u'^örer
fafete, fonbern bie 5iula benu^t werben mu^te, bef(i)rän!te fidf) in 33älbe bie
2:i^eilna^me auf einen fel^r engen ^rei§ öon fyreunben unb ©tubirenben, toetclien
®. fpäter nur me^r ©rflärungcn platonifct)cr S)ialoge oortrug. Sturer einigen
3}orreben p Section§=9.^er3ei(^niffen ber Uniüerfität öeröffentlid^te er nur nodf)
„S)ie .f)egel'fcE)e ^^^l^ilofopl^ie, Seiträge ju if)rcr rid)tigen Seurt^eilung unb 3ßür=
bigung". SrfteS (einjigeS) .^eft (1843), morin er e§ öerfu(i)te, bie fd§tDeimiegen=
ben 93ebenfcn ^u befämpfen , toetc^e Strenbelcnburg in feinen „ßogifd)en Unter=
fud^ungen" unb in ber ©c^rift „S)ie logif(f)e ^rage in .^^eger§ ©l}ftem" erl)oben
iiatte. ^prantl.
©ablcr: ^o1). ^^itipp @., 2^eologe, tourbe 4. Sfuni 1753 au ^ranffurt
alW. geboren, ber ©ol)n eine§ i^uriften, ber frü'^er Slmtmann in ber 5kii)bar=
frfiaH, bamal§ bie ©teile eine§ 3lctuar§ im ßonfiftorium befleibete. 2)er Spater
lie^ it)n burc^ ^^^^ribatle^^rer grünblid) Vorbereiten unb übergab it)n im 10. ^at)xt
bem ®t)mnafium, beffen 9tector ^purmann einen burdf)greifenben ©influ^ auf
ben i^üngling getoann unb beffen Unterrid^t ber Spater nod^ burd^ gemeinfame
Öectüre ber alten ßlaffifer unterftü^te. 3U§ ^ßrimaner repetirte ®. mit feinen
3!Jlitfd^ülern bie 2el)rftunbc unb l^ielt il)nen SJorträge über ßogif, metd£)e bamalS
mit p'^ilofopt)ifd)er unb tl)eologifd^er ^propäbeuti! fcEjon in ben i?rei§ be§ (5)l)m=
nafialunterrid)t§ gebogen mar. 5lud^ prebigte er bereite, ma§ bamal§ bie ©itte
geftattete, er felbft aber fpäter mipittigte. ^m ^erbfte 1772 bejog er jum
©tubium ber il^cologie bie Uniberfität S^ena. 6r t)in-te ^sl)ilofop'^ie, afigemeine,
europäif(i)e unb beutfdlje (Öefd^id)te, 9}latl§emati!, $l)t)fif, Kosmologie, tateinifd^en
©til, römifd^e unb gried)if(f)e Sllterf^ümer, 3lrd)äologie neben ben t'^eologifd^en
Sßorlefungen. ©er Uebergang bon bem Seibni^=2öolfifd^en ©t)[tem jur e!le!ti=
fd^en ^opularpl)ilofopl^ie öerflod^t il^n in eine ffeptifdtie ülid^tung, bie feinen @nt=
fi^lu^, fid) ber 3;i§cologie 3U mibmen, erfd^ütterte, erft bie 33orlefungen ®rie§=
iaä)'^ befreiten il)n bon ber Ungetoipeit unb fülirten il)n mieber in bie öerlaffenc
©obler. 295
S5a{)n äurürf. 3)^it txt}öi)itm ^fntereffe ftubirte er nun atte gäc^er ber ^ll^eologie,
]^e!6xäif(f)e 2lrd)äo(ogie, aial6ijc^e unb |t)vii(i)e ©^rac£)e (unter 6irf)^orn), übte fic^
im ^tebigen unb l^ielt 5ltd)tt^eotogen ^riöatöorträge über .ßird)engef(^i(i)te unb
^)laturre(^t. 5k(f) ye(^§jä{)rigem ©tubium unb ber Gttoerbung be§ 53lagi[ter=
grabe© fe'^rte er 1778 nad) feiner S}aterftabt jurücf, tegte ba§ f^eologijc^e
©ramen öor bem 5Jliniftertum ab,. bei toelctiem feine @ele{)rfamfeit ebenfo gro|e
S3etounberung al§ bie ^^reifinnigfeit feiner Slnfid^ten Sebenfen eia-egte, unb
prebigte ^ufig. 9tuct) lieferte er ^Beiträge in bie f^ranffurter geteerte Rettung.
'Rad) anberti)alb ^al^ren (1780) würbe er üte^etent in ©öttingen , ioo er bie
^ibliott)ef fleißig benu|te unb burcf) -Ipetjne it)m ungeahnte 23(ic£e in ba§ claf=
fif(f)e 5tltert^um unb feine Se^anblung aufgingen. 1783 würbe i^m ©etegenfieit
biefen Ertrag p bertoert^en, ba er al§ ^Profeffor ber ^'§iIofopt)ie unb ^rorector
an ba§ 2lrcl^igl)mnaftum 3u S)ortmunb mit bem -Jtuftrage berufen mürbe , biefe
Slnftalt auf bie ipö'^e ber 3citbilbung 3u erl^eben. 1785 erging an i^n ber
9luf al§ britter ^Profeffor ber X^eologie unb ©tabtbiaconug ju Sittorf. 5tuf ber
S)urct)reife burcf) bie 35aterftabt liefe er \iä) öom ©enior Dr. ^Jlofi^e orbiniren.
1787 promobirte er at§ S)octor ber 3:;f)eologie , ber le^e, bem biefer @rab an
ber §od)fd)u(e ju Slltorf ju X^txi mürbe, 1793 rüdte er in bie erlebigte ©tette
eines ^ineiten t^rofefforS unb in ba§ 9lr($ibiaconat ein. 1804 mürbe er an
$aulu§' ©tatt al§ jmeiter ^rofeffor ber 3;l)eologie nad^ ^ena berufen unb 1812
mürbe er nac^ feinet Sanb§manne§ unb 2el)rer§ @rie§ba(f)'§ 2;ob ^^rimariu§
feiner f^acultöt. 1804 erl^ielt er ba§ ^präbicat Äird^enraf^, 1817 marb er jum
®irector be§ tl)eologif($en ©eminar§, in bemfelben ^al)re jum geheimen 6on=
fiftorialrat^ ernannt , in feinen legten SebenSja^^ren norf) mit bem Drben be§
meinen ^^alfen becorirt. ®. mar ein 2Jlann üon eifernem t5rleifee, er arbeitete
täglich bi§ 5Jlitterna(^t, boc^ finb bie grüd^te baöon in erfter ßinie feinen 3JDr=
lefungen ju ®ute gefommen, bie er mit gemiffenl)aftefter Sorgfalt aufarbeitete unb
bie fi(^ über alle ^^äc^er ber 2;i)eologie erftrecften. 9lu§ feiner litterarifct)en
2;!§ätigfeit ift nur ein größeres Söerf ^eröorgegangen: er ^at feineS 3llteY§genoffen
unb £e^rer§ 6i(i)l^orn Urgefc^idite auf§ neue 1790 — 93 mit (äinleitung unb 2tn=
merfungen in brei 33änben ]§erau§gegeben. Um fo t^ätigere ^JtitWirfung ^at er
bcn tljeologifc^en 3citf(f)riften, ingbefonbere bem ton i^m felbft :§erau»gegebenen
„DIeueften tl)eologifcf)en .Journal" gemibmet, öon toelcfiem 18 ißänbe 1798—1811
erfc^ieiien finb unb ju meldjem er bie mciften Beiträge geliefert ^at. S)ie barin
niebergelegten 5lb^nblungen, fomie feine ^^rogxamme ej;egetifcf)en, biblifd)=l)iftori=
f(fien, ürc^en^iftorifdien unb !ird§enred§tlic^en ^n^altS, finb ^um %i)t\i ba^n=
bred^enb gemefen. S3efonbere§ 9}erbienft ^at er ficf) um bie biblifd^e 3:^eotogie
ertoorben, bie er al§ l)iftorifc^e SiSciplin ftrenge öon ber Sogmatif fcf)ieb , unb
um bie .^ermcneutif , in ber er bie ©runbfä^e ber grammatif(f)en , ^iftorifc^en
unb ;3'^itofo:|)|ifc^en 5Jiet^obe entmidelte unb jur Geltung brachte. 5U§ 5)ogma=
tifer fal§ er bie ©cf)rift unb bie SSernunft al§ 3ufammengel)örige @rfenntni^=
queEen einer unb berfelben göttlichen Offenbarung an , bereu ^n^alt unb S^ei
ta^ ftttli(^ gute unb felige 2eben ift. ^n 6l)riftu§ ift i^m biefe Offenbarung
unb biefe§ Seben jur gefc^ict)tli($en @rfcl)einung gemorben, ba§ Sl)riftent^um ift
il^m bie öollenbcte ©efc^ic^te unb bie öoEenbete S^ernunft. 2Ba§ in ben 2lu§=
fprüd^en ^t\ü mit ber SSernunft ^u ftreiten fc£)eint, mirb burc^ bie 2lnnal)me
einer Weifen unb liebreicfien Slccomobation befeitigt. £em Jpange feiner 3eit 3ur
natürlichen Siflärung ber S^atfac^en l)at er feinen Soti rei(i)licf) entricf)tet, boc^
fal^ er in ber 2lu|erorbentli(f)feit unb 9Jtenge biefer natürlid)en, obgteicf) mit
orientalifc^er 5ßf)antafie er^älilten 33egebenl^eiten mieberum einen jureidienben S3e=
weis für bie proüibentielle Seitung, bie über ^efu Waltete. @. war Ütationalift
in bem [treng t)iftorif(f)en ©inne biefer ^ejetdinung. 5!)tit -Jtact)brucE l§at er
296 föabler.
ncBen bem 5pieti§mu§, ben tx at§ Sud^ftabenglauBen d^arafterifirte, bie Sräumerei
bc§ „öi'olöen 9)h)ftici§mu§" befänH}it, befjen Söefen er aU einfeitige, öernunft=
öerac^tenbe @efü'^i§fd§tt)ätmetei, qI§ 35ermcngung ber Sleligion unb ber 5ßoefte 16e=
[timmte, öon befjen Ueberfd^ä^ung be§ 5Jttttetaltei-§ cv römiy(i)=lQt'^oU|(^e 2;en=>
benjen unb ©^m^at^icn befürd)tete , aU beffen Seiörbercr er bie romantijdie
©d^ute unb ba§ (Scf)eßing'fc^e 3bentität§ft)[tem , jotoie bie ^efuiten betracfitete,
ttjobei e§ i^m begegnete, ba^ er bie secreta monita et praecepta für autl^entifd^e
CrbenSjd^riiten gelt)alten i)Qt. 33ei aller !Jliid^ternf)eit , bie fid) in feiner t'i)eo-
logifd^en 9tid)tung nid^t üerfcnnen lä^t, toar er ein t)od^Qdf)tbQrer 61§ara!ter. 6r
fannte fein tt)eoIogifd£)e§ Siutereffe, bQ§ nidf)t in bem religiöfen ttjurjelte unb
giplette, öon ben 3;l^eoIogen forberte er neben einer bieljeitigen tt3iffenfd)atttid£)en
SSilbung irommc (Sefinnung unb tiefen, ba§ ganje i3eben in 9tmt, ipau§ unb
Umgang burd)bringenbcn fittlii^en ©ruft, toie er in feinem Seben ba§ alle^ felbft
muftergüüig barfteüt. Unbebingt toal^r^iaftig unb reblidf), n)ot)Itt)ätig bi§ jur
2lufo|)ferung, unermüblid) gefällig, ben ©tubirenben liebreid^ jugänglid^ unb mit
9tat^ unb 2;Vt fürbertict) , l^at er fid§ IcidE)t bie .^erjen gett)onnen unb cinflu^=
reid§ getoirft. 1822 ttjurbe er jum fünften ^Jlale jum ^Prorector in ^ena ge=
n)äf)tt ; bie ©(^toicrigf eiten, bie i^m unter ben bamaligen 35ert)ättniffen ba§ 3lmt
öerbitterten , unb bie ^ränfungen , bie il)n babei trafen, '^aben nad) ber 3ln=
beutung feiner ©öl^ne feine @efunbl)cit erfd^üttert, ba^u traf i!^n in bem Xobe
feiner ioc^ter ein empfinblidE)er Sd^lag. ^n ber trüben Stimmung, bie i!§n
feitbem bef)errfc£)te, fonnte er nur no(^ bie .g)erau§gabe ber „Opuscula academica*'
feines bereUDigten (^reunbeg ©rieäbadt) (1825) öoüenben. Um 3öeil)nad^t beffelben
^a^reg träumte i^m, äloei ßngel öerfünbigten if)m bie ^läl)e feine§ XobeS. 5luf
feine f?frage, ob er nic|t nodt) feine 3}orIefungcn über S)ogmatif ju 6nbe fül^ren
bürfe, geftanben fie Hjm. it)re Untoiffen'tieit in biefem ^^unfte. 2lm 16. g-ebr.
1826 gebadt)te er 5(bcnb§ nod^ ber Heimgegangenen ^'i-'^unbe penfe, @rie§bad£),
.Ipe^ne, ,^eil, 23ater u. 9t., au§ bereu Greife nur nod) ^. &. 6id)I)orn am ßeben
war. golgenben 2ag§ fd)lo| er am S}ormittag um 10 Uf)r feine Sorlefung
über Sogmati! mit ben 2Borten: „äöir leben ^ier im ©tauben, bort im
Sd^auen", 6ben t^atte er ermübet fein ©tubierjimmer betreten unb nod) feinen
Flamen unter eine 9(nmeifung jur Unterftü^ung eine§ 3lrmen gefd^rieben — ba
fan! er entfeeU jtuifd^en feinem ^e^nfeffel unb feinem ©d^reibtifd^e nieber.
58gl. 2Bitt'§ 'Jiürnberger ©elel^rtenlej. Y, 583. ©d^röter, Erinnerungen
an @abler. S)er neue DIcfrotog ber S)eutfdt)en, 1826 (öeben§ffijäe öon ^enne=
berg) unb toor aEem @abler'§ furje ©elbftbiogra^t)ie , ttoEenbet öon feinen
©ö^nen (abgebrudt in ber 2}orrebe jum II. Sanb feiner fteineren ©d^riften).
@. (5. ©tei|.
©abier: Siofef &., einer ber gefd)idEteften Orgelbauer be§ öorigen Sio^i-"
l)unbert§, Würbe geboren ben 6. i^uli 1700 ju Ddifen'^aufen (SBürtemberg).
9ll§ ©d)reinergefelte bie SBelt burdf)Wanbernb , fam er audt) na(^ 5)lain3. ,g)ier
trat er bei bem Orgelbauer ;3o{)ann ßber^rb 3iegen'^orn in 5lrbeit unb benu|te
biefe @elegen{)eit, fi(^ jum ))erfecten Drgelbaumeifter au§jubitben. ^aä} 3iß9en=
'^orn'g Stöbe (1726) fütirte er beffen @efd)äft fort, ^eiraftiete 1729 feine
l^interlaffene SBittWe, 5Igne§ geb. .^iller, unb tel^rte mit it)r nad^ Dcfifen^ufen
prüd. ^Ulaä) eigner ^tufjeidinung :^at @. „ju @otte§ Sob unb ^^x" 6 £)rget=
werfe gebaut. 2]on ben bebeutenberen feien angeführt: S)ie „grofee Orgel"
in Söeingarten, mit 4 5JlanuatdaDieren unb 66 9legiftern; bie „fteine" ebenba=
felbft mit 2 ^anualdaöieren unb 22 3f{egiftern; bie Drget in Odtifenfiaufen mit
4 ^[Ranuaklabieren unb 50 9legiftern. 3lu|erbem lieferte @. arbeiten für 3tt)ie=
falten, ©tetnbadf), 5)lemmingen unb OtaöenSburg. S)er ßebenSabenb biefe§ be=
gabtcn 'JDtannel War ein trüber; gänjlid^ berarmt fott er im (5lfa^ gcftorben
©abtfoben — ©abtiel. 297
jein. 91ät)etei über i'^n entl^ält ein Strtifel: „S)ie gvofie Drgcl in ber el^e=
maligen ÄIofter!ivd)e in SBeingarten" im ßöcilienfalenber (9tegen§Burg 1878)
öom 6t)orbirector Dttmar SDre^Ier. ^I^ürftenau.
©Oblloöcn: .g)an§ iöalf^afar ö. ©., ge6. am 1. 3lugu[t 1636 ju
.^elffenberg, t am 22. ^toöbr. 1716 3U ®otf)a, tourbe ju Oebenburg (Ungarn)
bei feinem S5ertt>anbten, Saron Senebict b. 5Jlo|^eim, erjogen, fam im ^a^re
1655 auf ba§ ®t)mnafium naä) Coburg unb bejog 1656 bic Uniöerfität 3u
;^ena. ^m ^. 1662 ernannte il^n ^er^og (Srnft ber fromme ^um ^oijunfer,
er bereifte bann 1663 unb 64 bie 5tieber(anbe unb Snglanb unb !ef)rte über (valai§
narf) ^ottanb unb burd) grie§Ianb na(i) ®otf)a ^urüdf. Unmittelbar barauf
tourbe il)m bie Slujfii^t über bie fc(^§ jüngeren 5)ßrin3en anbertraut unb 1666
ging er mit ben beiben 5prin3en Sllbred^t unb Sernl^arb aU -g)oimeifter nad)
Tübingen, öon too er 1668 mit i^nen burd§ bie ©cf)toeiä naä^ ®enf reifte.
1669 traf er mit ben ^prinjen lieber in @otf)a ein. ^m folgenben ^aijxt (1670)
bereifte er mit ^rinj 3Ubre(i)t S)änemar! unb ©d)toeben. 1672 bermä|lte er
fid^ mit Äat^rina 5JlargaretI)a b. .^opfgarten au§ ^tajja. 35alb barauf würbe
er Äammer=2tffeffor , 1673 gonfiftoriatrat^ , 1678 .g)of= unb Sfuftiärat^, 1680
9tegierung§birector unb ßonfiftorialbräfibent bei ^er^og Sernl^arb in 5)leiningen.
1686 trat er toieber in bie S)ienfte .^er^ogS 3^riebri(| I. ju ©otl^a unb rourbe
^ofratl^ unb Oberbormunbf($aft§=S)irector, f|)äter 1697 9}icepröfibent unb 1699
^präfibent im ßonfiftorium , 1705 aud) ©e'^eimrat^. S)ur(f) ben 2;ob Slbam
@et)irieb'§ ö. ©ablfoben (1702) tourbe er ©enior ber ^ö^^i^^^ unb erl^ielt ba§
2Rajorat. 6r l^interlie^ 2 ©öl^ne, @eorg 3llbred)t unb .^angSiegfricb.
Stemma genealogicum familiae Gablkoverianae. @ot§a 1709. ^ot.
(5. 105. Sed.
©abricl: Äarl (Sbuarb ©., au§geäeid£)netcr S5ol!§f(^uIIe^rer unb 5päbagog.
©eboren am 30. i^uli 1809 ju Jüterbog! aU ber ©ol^n eine§ jäc^fifct)en ^5^^^^=
toebelS, erfiielt er bie 9Iuinal)me in bie 5[RiIitär=(5r3iel§ung§anftaIt 5U 3lnnaburg,
trat mit 18 ^fa^ren in ba§ ©(fiuHefirerfeminar ^u ÜZeu^elle ein, too er 3 ^a'^re
bertoeilte unb toibmete fic^ bon 1825 — 31 in 35erlin bem ©tubium ber 5Utur=
toiffenfd)aiten , too er 3ugtei(^ bem 2aubftummen=Unterrid)te nöl^er trat unb al§
eines ber tptigften 5Ritgtieber ber bafelbft beftelC)enben päbagogifd^en ©efettfc^aft
angefjörte. ^m ^erbfte 1832 übergab il§m S)ieftertoeg eine ßet)rerftelle an ber
mit bem Seminar für 6tabt|(f)ulen berbunbenen berliner ©tabtfdjule, in toeld^er
@igenj(i)ait er hi^ ju feinem Sobe am 22. 3lpril 1841 berblieb. ®. toar nidit
nur ein auggejeic^neter ßel^rer, fonbern aud) ein toal)rl)after ©räie'^er, beffen ®eift
fo toenig an angelerntem äöiffen l^ing, al§ er ein ©t)mbotum befd)toor. ©eine
f(i)riftftellerif(i)en Slrbeiten "^aben ben Flamen be§ bormatigen Slnnaburger ©oI=
batentoaifenfnaben über alle Sl^eile S)eutf(^(anb§ berbreitet unb feine „3lnt'§ro=
pologie", fotoie fein „Seitfaben ju einem metl^obifc^en Untemdite in ber 50Renf(^en=
unb Sliierlunbe" Itiaben überall bie berbiente Stnerlennung gefunben. ^n allen
(SJegenftänben , bie er im ©eminar unb beffen ©d)ule geleiert, l^at er auSge^eid)^
neteö geleiftet: im ©d^reibtefen , im Oted^nen, in ber @eogra)}lf)ie, in ber 9iaum=
leijxe, am meiften aber unb mit 3}orliebe in ber 51aturgefd)i(^te, für bereu Unter=
rid^t er bie S5al)n brechen ]^alf. 2I(§ ein echter Slnl^änger ^peftalojäi'S unb at§
fold^er ein fraftbitbenber rationeller Seigrer toenbete er beffen etoige Unterri(^t§=
gefe^e, 3u oberft ba§ ber 5lnfd)auung, auf bie ütealien an unb erntete in biefcm
S3eftreben fel^r glüdtit^e ßrfolge. Unter feinen ©diriften ift bie borjüglic^fte :
„?lntl§ropDlogie ober gorm, 33au unb Seben be§ menfd^Iid^en ßörper§, für Se^rer,
eraie^er unb ßttern", 1838—39.
S)ieftertoeg, 9t^einif(^e Slätter 1841, ©. 142 ff. ^od^, ^äbagogifdE)e
2eben§bilber, ©. 53—57. ;5. tyranrf.
298 ©abebujc^.
©abcliultf): SD eistet) ö. ©., .^en Oon !eofi^, f 1249, gel)ött tüa^r=
f(i)einti(i) äu einer ©eitcnünie be§ rügi^c^en prftcn'^aufeg , ha er ebenfo, tote
bie urftmbUi^ aU Slgnaten beffelBett naditceiSBarett &c]ä)leä)tn öott ^utl6u§ uttb
tjon beitt 33ugt)e, eilten 3lbler üfier einer ©c^ac^taiet im Sßappen fü^tte, unb in
ben Urfunben ftet§ aU erfter 3euge mit ber S9ejei(^nnng ,,dominus'' nad) ben
regicrcnben ^errjd^ern erfc£)eint. ©r fd^Io^ jidE) in bem jrüfjeren 3eitraume jeine§
Gebens Bejonber§ na'^e an ba§ mecflenfiurgifd^e gürften^aug, welt^eS ebenfaü§
im t)ermanbtf(^aitli(i)en ^ufammen'^ang mit Slügen geftanben t)aBen folt unb
begleitete mafirjd^einlii^ ^einri(^_ Sortjin I. auf feinem 3uge gegen ßit^Ianb.
^laä) beffen Sobe im ^. 1227 iü^rte er bie 33ormunb|(^Qit über feine unmün=
bigen ßnfet S^ol^ann 1. öon tDtedlenburg, 5licoIau§ I. tJon 2BerIe, |)einri(^ 33or=
t)in III. öon 9toftocf uttb ^ribiSlab II. tion ^arc^im, in @emeinf(|aft mit an=
beren (Sblen be§ Sanbes unb ert)icU äugleid) ba§ angefet)ene 3tmt eineg S3urg=
grajen ober Saftettan§ bon ©abebufd^, jomie ben umfangreid^en ©runbbefiti toon
aSitenjee, fRofenom, 3ltt=5]3ofrent , äöofenftebt unb Äoffebabe. ?ln bcm bänif(i)en
Kriege öom 3. 1234—36, toelc^en Söalbemar IL gegen SübecE unb ^ommem
fül^rte, unb in bem .gjolftein, ^ecflenburg uttb 9tügen mit bemÄönig öcrbünbet
waren, nat)m 6. unb jein a}etter (consanguineus) , ber S3ijd)oT Srtinmarb t)on
<Bä)totx\n einen teb'^aften 3Intt)eil, biefer, inbem er bie ©renken feiner S)iöcefe
über bie ^u Gaittmin ge^örenben Sauber Sofi^, @ü|fon), Saffan unb Söolgaft
au§jubct)nen fud)te, jener, iiibetn er boS ßanb Sofi^ (£oi^) ätüifd^en ber Strebe!
unb ©cEiminge befe^tc, unb öon 5)tecf(enburg, fpäter öon^^otumern ju ßctju em-
pfing, ^n i^olge beffen n^enbcte er ben ©dilufe feine§ Seben§ ben potnmerfc^en
!Ganben ju, grünbete im ^. 1242 bie ©tobt J3oi^, erttjeiterte beren <5?eIbmarE
unb tjerlief) i^r ba§ lübifi^e Siedet, fomie nl§ ftäbtif(|e§ ©iegel einen S^eil feinet
3öappen§, ben 5tblerftügel , meldien er burcE) ä^ei ©äulen, refp. St^ürme, ju
beiben Seiten öerme'^rtc. ^n ber Solge erfd)eint er auä) al§ 23eiftanb ber
bommerfdien -^er^oge, SSarnim I. unb Söartiglam III. ti. 21. al§ 3euge bei
einer ©d)en!ung an ba§ ^lofter Sroba, unb ftarb balb, nact)bem er bem Sübecfer
S)om eine Üietttc berüe^en :^attc, am 9. 2fuguft 1249. 2)ie ^errfd^aft Sofi^
ging juerft an feine (Sö'E)nc 3ßerner unb .^leinridE) öon !i?ofi^ unb fpäter an
ba§ gitrftent^um 9tügen über, bi§ fie 1325 mit ^ommern t^ereinigt mürbe.
33on SJef^let) öon @abebufd^'§ Sruber, Apeittrid^ öon 33ü^on), [tatnmte S)etf)teb t)on
^arlom unb üon einem britten Sruber bie Ö)efd)tedt)ter öon S)ed^oto unb ber
@rafcn öon ^af)n.
ßifd), ^mecEtenb. ^a^xb. XIV, 83—94. %. @. ©^marj in S)ä!)nert§ 5pom.
33ibt II, 147. gabriciuS, 9lüg. Urf. III, 33—35. Cod. Pom. Dipl.
No. 399. 426. ^lempin , 5Pom. Urf.budE), ^Ir. 477. 500. 441. SübedEer
gjlcmorialbud^, gol. 183. ^edlenb. ^a^rb. XXI, 187. ^edlenb. Urf.bud^
gflr. 630. ^1)1.
®abcbujd): gi-'iebrid^ Äonrab ©., tiölänbifd)er ®efdE)ic^t§iorfd)er, mürbe
geboren p 2lltenfä^ren auf 9lügen 1719 unb ftarb ju S)orpat 1788. (5r
ftubirte 3U ©reifSmalb, fatn 1748 al§ §au§te^rer nad^ Siölanb, tt)irfte feit 1754
at§ Surift in Sorpat, mürbe 1766 (5t)nbicu§ unb 1771 SBürgcrmeifter ber ©tabt.
'Jleben feiner großen praftifd£)en ^Berufättjätigteit tuar @. ein unermüb lieber 2lr=
beiter unb f^orfd^er öon einer erftaunüd^en fd£)riftfteHerifct)en grud^tbarfeit. 5^ur
ber geringfte %^di feiner Slrbeiten liegt in ben gebrucEten 15 SBänben !§iftorifdf)er
Schriften öor, öiet me^r, über 130 33änbe, jumeift aud) gefct)id)tlid)en Snt)alt§
l)tnterUe^ er Vnbfd^riftli(^ unb barunter fel)r tüd^tige 9lrbeiten, toie namcntlit^
feine „®efd^ic£)te be§ liölänbifdE)en met§" in 27 SSänben. gür ben miffenfdE)aft=
ticken äöert^ feiner ©tubien mar e§ entfd^ieben öon günftigem ginflu^, ba^ er
öon ber attgemeinen (Sefd^id^te ausging, eine gro^e gteid§§f)iftorie öerfa^te, bie
ejabebufd^. 299
6erett§ big Ä. Äco^jolb gebieten raar, a(i fie 3um gi-ö^ten Jöeibtoefen i^re§
35erfajfer§ 1755 in einer ^^euerSfirunft unterging, ©eine bebeutenbe Äenntni^
ber :^iftotif(i)en Sitteratur 2Bcfteuro^a^§, toie ba§ jeine j^äteren 2Berfe Bezeugen,
ift au§ biefen altern ©tubien ju erüären. ©ein eigentli(i)e§ 3lrbeit§TeIb tourbe
fialb bie @ef(i|i(i)te ßit)lanb§. Üeber ben ungünftigften Umftänben l^at er biefe in
Eingriff genommen , in einer üeinen armen ©tabt , o'^nc öffentlid)e Sibüot^ef,
nad) Duetten, bie nur jum Ileinften Zl^txl gebrückt toaren, bic er \iä} öielfadE)
erft aBj(i)riftlid§ Befdiaffen mu^te. Um fo anerfennen§ttiertt)er ift, toa§ er geleiftet.
9lac^ einigen 3}orarl6eiten , bie fid) Bereits buri^ Äenntni^ unb ©orgiatt au§=
jeidinen — „Slb^anblungen bon Uölänbifdien @efct)i(^t§jc£)reibern", 1772, „Siöl.
33iBI.", 3 33be. 1777, „58erfu^e in ber liblänbif^en e5ef(^i(^t§funbe", 2 23be.
1779 - erfc^ien 1780—83 fein ^aupttoer!, „Siblänbifdje Sa^rbüd^er", 1761.
9 SSbe. in 4; 2;t)L @§ finb, toie ber iitel fagt, ^a^rbüc^er, bie öon ^a1)x ju
^a'fir bie einzelnen ©reignijfe erörtern; feine ^ufammen^ngenbe (Sefdjic^te joEte
geliefert toerben, fonbern 05. erlannte, ba^ bor attem ein fic^ere§ ©erüfte nof^
t^at, ba^ e§ galt, aufräumen unter einem Söuft, ber in ben 6§roni!en ber
legten Sal}r^unberte aufgef|)ei(i)ert mar. 2öa§ er lieferte, mar eine SSorarbeit,
aber eine bon ^ol^em Söerf^. ^^lur auf menigeS fonnte er fic^ ftü^en, nur für
bie (Sef(f)i(i)te feiner ©tabt S)or^3at, bie er fel)r au§fü^rlt(^ bel)anbelt, f)üt er ba§
tüchtige nad) bem borl^anbenen 3lr(i)ibmaterial gearbeitete äöer!, ha^ fein S5or=
ganger, ber SSürgermeifter ©al)men, ein 5}Jlenf(i)enalter früt)er im „alten ©or^at"
äufammengeftettt ^tte, in großem Umfange auSgenuttt. ^m übrigen finb bie
^a^rbücljer burcfiaug felbftänbig. äßenn aud) burc^ bie einmal gemätilte ^^orm
bie ©rää^lung fortmäl^renb ^erriffen mirb, toenn aud), fobalb ber ©toff bem 3}er=
faffer reicher 3uflo§, ßycurfc bon ftörenber Sänge borfommen, ber toiffenfc^aftlii^e
SBerf^ be§ 2öerfe§ mirb baburd) faum geminbert. 3um erften 5}tal ift ^ier ber
SSerfuc^ gemacht, bie @efd)id)te £iblanb§ in il^rem ganzen Umfange mit tritifd^em
Urf^eil burc^juarbeiten , unb biefer SSerfuc^ ift, menn man 3eit unb Umftänbe
berüdfiditigt , burd)au§ gelungen. „Unenbtic^ biel 5Jlaterial ift feitbem l)in3u=
ge!ommen, bie 5[Retl§obe ber l^iftorifd)en .ßriti! ift feitbem biet ftrenger gemorben,
im ßinjelnen "^at man feitbem 35iete§ beffer erfannt ober fc^ärier begrünbet, im
©ro^en unb ©an^en !^at deiner ber ©|)äteren bie Sa|^"&üd)er erfe^t".
iöJinfelmann, ©i^ungSber. b. gel. eftnififi. @ef. 1869.
ipau§mann.
ÖJabcbuld): £l)oma§ §einri(^ @., geb. am 11. Slug. 1736 ju ©totpe
in .^interpommern al§ ©ol)n be§ ßoren^ @., beffen früheren ©taub unb Seruf
id) nid)t f)abe ermitteln fönnen, ber aber f^äter (etma im ^. 1727) mit feiner
gamilie nad^ ©tralfunb überfiebelte, mofelbft il)m bei ber bortigen 5|3fanbfammer
bie ©teEe at§ äöarbein übertragen mürbe, fam im neunten ^ai)x^ in ba§ ©tral=
funber ©^mnafium, meli^eS er 1752 berlie^. 33i§ Oftern 1756 ftubirte er in
®reif§toalb, fobann in ©öttingen. 2ll§ Söttinger 5Jlufenfol|n fenbete er 1757
äur brüten ©äcularreier ber Uniberfität @reif§malb, feiner l)eimatl)lidC)en ^oä)=
fd)ule, al§ einen Semei§ befonbercr 2ln'^änglict)!eit unb .!pod)ad^tung feinen ®lüd=
munfdf) in einer „^[Runteren @ebäcf)tni^rebe" ein. (Sögt. ^. 6. S)ä:^nert, @efd§.
ber Subelfeierli(^!eiten ber 5l!abemie ©reifätoalb über il)r errei(^te§ 300jäl§rige§
Sllter, ©. 46 ff. ®reif§malb 1757. 4 «.) 5fiac^ SSeenbigung feiner afabemifc^en
©tubien in (Söttingen, !e^rte er nad^ ©reifsmalb jurüd, erlongte bafclbft 1759
bie ^Jlagiftermürbe , l^iett S5orlefungen unb bemarb fidC) um eine StbiunctenfteHc
in ber p^ilofop^ifd^en ^^acultät, ot)ne inbe^ feine Söünfc^e erfüttt 3U fe'^cn.
©emjufolge berlie§ er ©reifSmalb mieber, ^dt fi(^ einige 3eit ju ©tocE^olm
unb SBerlin auf unb felirte fobann abermals nai^ ©reifäroatb jurüd. 9Zadl)bem
er ]xä) l)ier at§ 5ßribatbocent l)abilitirt, mit bielcm iBeifall aufgenommene unb
300 ©abebujd).
öon einer ^al^treid^en 3ut)öi-crfc£)aft bejuc£)te f)tftori|(^e SJortefungen gefiaüen, ei-=
langte ex aunäd^ft 1773 bie ©teEe eine§ (Secretäri bei ber öon ber ©tocE^oImer
gtegierung angeorbneten afabemif(f)en 3}ifitationä=Sommiffion. SDanefien machte
er fic^ in ben ^. 1759—71 burci) nianrf)erlei Heinere ©c£)riiten jur pommerjdien
®ejcC)i(f)tc befannt. ©ein 2Bunf(|, aU UniöerfitätSle'^rer »ieber austreten jn
fbnnen, ging 1775 in ©rjüttung, in n)clc£)cm 3faf)re i'^m eine orbentlidie ^ro=
feffur be§ beutfc^en unb f oinmerifdien ©tQat§re(i)t§ übertragen tourbe. 22 ^at)rc
!^at er bie§ Sel^ramt öerfel^en. 5Die beutjd)e unb pommcrf^e ©taat^unbe, joiüie
bie ^roöincialgefd)i(f)te Don ^ommern blieben öon nun an feine f)auptjäd)ti(i)[ten
35orlefungen, für föclc^e er burc^ grünblirfie ^enntniffe unb einen ungemein an=
jiel^enben 33ortrag ftet§ ein fel)r gejülltcg 3lubitorium gewann. 1796 erfjielt er
ben (Sl^arafter eine§ ßan^teiratl^S unb ba§ folgenbe ^at)x 1797 brarf)te jeine
Ernennung jum 3JiitgIieb be§ pommerifd^en Serebning in ©totf^olm, b. ^. be§=
jenigen 6oItegium§, in weirfiem aUt auf ©d^n)ebif(i)=^ommern bcjüglidien 53ta^=
regeln unb SJerorbnungen bcrat()en unb jeftgefe^t würben, ©einer Ernennung ju
bem le^teren Slmte, neben toetc^em er aber bie ©reifgraalber ^rojeffur beibet)ielt,
tolgte bie Ueberfiebelung nad) ©tocf^olm auf bem 5u|e. 5lod) fieben ^al^re
"tjat er biefem tDid)tigen unb cinflu|reid)en SBirfungSfreije feine Sttiätigfeit für
ba§ SBol^t ber .^elmat^ gewibmet unb ift am 2. Slpril 1804 öerftorben. 9lte
©diriftfteller t)at er fid^ inSbefonbere um bie @efd)id)te unb ©taatäfunbe fcine§
35aterlanb§ berbient gemad^t unb im ganzen 15 S)rudfc^riften l^interlaffcn, unter
benen namentlich bie „Einleitung in bie @efd^id)te öon ^ommern unter feinen
eingeborenen ©rbfürften" (©reif^toalb 1759. 8''.), bie „@t)nd)roni[tifd§en jlabelten
5ur @efct)ic^te öon ^Pommern" (ebenbaf. 1762. gol.), bie „Sammlung ]^iftori=
fdf)er ©dtjriften aur SSefbrberung ber @efd)ic^t§funbe", ©tüd I. (ebenbaf. 1768.
4^), bie ©d^rift öom „2öenbifd£)=9tügianifd)en ßanbgebraud)" (©tratfunb 1774.
4:^,), „®runbri| ber pommerifd^en @efd)td)te" (©reifäroalb 1778. 4 ".), „©amm=
lung 3ur ^enntni^ be§ ^er^ogtl^umg ^^^ommern", 23b. I— II ((Sreif^walb unb
2)effau 1783—86. 40.), „^ommerifd^e ©taatSfunbe", a3b. I— II (©reifStoalb
1786-88. 4".), JJtaterialien jur @efd^idl)te unb ©tatiftif ber norbifdicn
©taaten, befonber§ ©df)ti)eben§", ©tüd I— II (Berlin 1791-92. 8".), fel)r an=
gefet)ene fd^riftftellerifd^e Seiftungen töaren. 2lu§erbem l)at er ÜJL ö. 5iorman'§
„3Benbifc^=9tügianifd)en Sanbgebraud^" bcrid^tigt unb neu f)erau§gegeben (©tral=
funb 1777. 4".), ferner ben „33riefn)ed)fet jtöifijen bem ^ronprinjen ©uftaö öon
©d)meben unb bem gteid)§grafen öon ©Keffer" (®reif§tt)atb 1772. 8 <^) ber=
offentlidit , fotoie ein l)öd)ft forgfältige§ 9legifter ju ^. 6. 2)ä'§nert'§ ©amm=
lung pommerifd)n-ügenfd)er 2anbe§urfunben (©reifStoalb 1786. gol.) angefertigt.
^Jlii^t minber l^at er mel^rere öortreff(idf)e bentfd£)c Uebertragungen au§Iänbifcf)er,
fdjttjebifd^er, franjöfifd^er unb englifd^er äöerfe, meift l;iftorifd^en 2^n^lt§, geliefert.
©0 überfe^te er: 1) 31. 2. ©d^lö3er'§ 9}erfud^ einer allgemeinen ©efd^id^te ber
C>anblung unb ©eefa^rt in ben älteften Seiten (9ioftod 1760. 8°.); 2) %. §affel=
quift'g Üteifen nad^ ^aläftina in ben ^a^xm 1749—52, bie öon ^arl ßinne
l^erauägegeben toorben toaren (Sioftod 1761. 8*^.); 3) ®efd)id^te be§ 9labir
^ä^aä), ^aifer§ öon 5ßcrfien, in perfifd£)er ©prad^e öerfafet öon 5)lol^ammeb
ÜJtol^abt Ä'^an ^Jiafanberani. 2lu§ bem ^Jetfifd^en in§ i^ranäofifdlie überfe^t öon
äBittiam 3fone§. '^laä) ber franjöfifd^en 5luägabe ins 5teutf(^e übetfe^t (@retf5=
toalb 1773. 4".); 4) @. Oticarb'S ^anbbud^ ber ^aufleute ober allgemeine
Ueberftd^t unb 23efd^reibung be§ <^anbel§ ber öornel^mften europäifc^en ©taaten;
au§ bem g^ranjöfifd^en öon %^. ^. (B. unb Sf)r. 31. Söidimann, S3b. I— III
(©reifätoalb unb Seipjig 1783-84), 2. 3lufl. (ebenbaf. 1791—1801. 40.).
©ein fe'^r toertf)öolle§ ßoHegienl^eft über bie @efd)id)te öon ^ommern, weld^eS
nad^mal§ im S3efi^ be§ ©reifSwalber 5profeffor§ ^0^. ©ottfr. Subto. ^ofegarten
©abenftebt — ©agetn. 301
geroejcn ift , roirb noc^ je^t unter ben , au§ bem ^ac^lafje be§ le^tgenannten
6)ele'§rten ^errü^renben unb bon i^m legirtcn, §anbf(i)niten bev beutfcf)en 5lb=
tl^eilung, in ber @rei|§tt)albei- Unit)erfität§=33t6üot^ef Quj6etüQf)i;t.
^Q,i. S)ieb. ^erm. S5ieber[tebt'§ ^lac^ric^ten tion bem Sefeen unb ben
©c^tiften neuborpommeiifc^n-ügenfdier ©ete'^rten. 3lbt^L I. @. 62 — 63.
@reti§tDalb 1824. 4 o. ^errmann gjlüUer.
®abenftcbt: SBart^otb ö. @., beutfc^er Sramatifer. ©o'fin be§ gräflid^
ftolfiei-gifc^en .^QUptmonn§ ju äBernigetobe , ftubirtc 1584 ^u ^elmftäbt, Totgte
feinen äüeven trübem 1619 in§ Se'^en, f 16C3. ©ein ©d^ulbvama ,.Tobaeus"
(^agbeburg 1605) ift ätoar nur eine äiemlid^ funftlofe Ueberfe^ung au§ bem
Terentius christianus bon ©($onäu§ mit toenigen 3^|ä^en (^um X^eit naä)
äöicfxam), feine fonftigen Uebettvagungen au§ bemfetben 3tutor finb toQ:^tf(i)ein=
lic^ nie t)eröffentlic£)t ; aber feine ^reunbe priefen it)n , ba^ er Ars unb Mars
bereinige, nod^ 1665 tt)irb er at§ ein „@ete§rter bom 2lbel" ^erborge^Cioben unb
audij un§ ift er merlroürbig aU ber einzige abeli(i)e S^ramatifer unter ben 3^^*^
genoffen be§ ^erjog^ ^einric^ ^uliuS bon Sraunfc^ttieig.
@. Jacobs, 3eitf(^riit be§ ^ara=35erein§, Sb. I. ©. 84—87; ©euerer,
2)eutf(i)e ©tubien III. ©(^erer.
®agcni: 5 rieb rief) 33albuin f^reifierr b. &., geb. am 24. £ct. 1794
3U Sßeilburg; t am 20. ^^^ril 1848. @. tvax ber ättefte ©o'^n be§ grei^errn
^an§ (£:^riftop]§ grnft b. @. (f. b.); ber Später ftanb an ber ©pi^e ber 9iegie=
rung be§ gürftent:^um§ 5^affau=aBeiIburg ; bie fe'^r auSgejeidinete 5Jtutter tt?ar
eine geb. g^-eiin b. ©augreben. 3II§ Söeftbeutfd^lanb 1795 jum i?rieg§f(f)aU'
^(a^ würbe, folgten bie @(tern bem naffauifd)en ^ürften'^aufe nadC) 33aireutl^;
erft 1800 feierten fie nacf) Söeitburg jurücf. @. befugte ba§ ©Qmnafium, be=
gleitete me'^rfac^ ben 3}ater auf beffen bipIomatifrf)en greifen; War ttjä^renb ber
^. 1809 unb 10 in 5pari§, um fi(f) bort ^um SSefuc^ ber ecole polytechnique
boraubereiten; ftubirte fobann bi§ 1812 in ©öttingen. S)er Sßater l^atte bamalS
ben naffauifd^en S)ienft berlaffen; er bratiite ben ©of)n nad) 2öicn unb lie^ i'^n
a(§ gäbet beim faiferl. S)ragonerregiment 9liefd§ eintreten. 3n biefem 3}er'^ält=
ni^ machte &. ben i^etbjug DefterreicJ)§ gegen gtu^lanb unter gürft ©c^mar3en=
berg mit; 1813 tourbe er Djficier; U)ä^renb be§ ^riegc§ gegen i^xanhtiii} ge=
^öite fein Ütegiment ^um ßorpg be§ ©rafen (Siutat). S)er Sßater toar mittler^
tDcile al§ @eneraIbeboHmäd)tigter in bie S)ienfte be§ ^ringen bon Dranicn
getreten; er 30g ben ©of)n nad) fid^; a(§ ber Sßrinj al§ .^önig SSil^elm I. bie
9tegierung ber nörblii^en 9tieberianbe übernommen "fjatte, tourbe @. (Januar
1814) al§ <g)auptmann be§ @eneralftab§ unb Crbonnan3=Dfficicr be§ ^rinjen
bon Dranien in ber nieberlänbifd^en 2Irmee angefteüt. 2lt§ folc^er fo(i)t er
1815 bei Cuatrebra§ unb 2Batertoo. ^n ^ari§ gelangte er burd) bie S5er=
binbungen bc§ 9}ater§ in bie bafelbft 3U jener 3eit maßgebenben poütifc^en
greife. DZa(^ bem ^rieben tourbe @. bom Sßater, ber ba§ |)er3ogt'^um 2urem=
bürg beim Sunbe§tage in gi^'inffurt bertrat, attad^irt; ftubirte gteii^seitig big
ßnbe 1816 in ^eibelberg. gr fe^rte bann nad^ ben Dliebertanben jurücf unb
arbeitete al§ @eneratftab§officier bi§ 1823 an ber großen ßanbe§triangutotion.
1824 bi§ 5J^ai 1825 mar er ber S8unbe§miIitär=(?ommiffion in fyrantfurt äu=
get^eilt; 1826 tourbe er il^ajor unb fanb bi§ 1830 berfc^iebene SSertoenbungen
al§ @eneraIftab§officier innerhalb ber belgifd)en ^probinsen. (Sagern'S bielfeitig
bcantagte unb fe^r fräftige ^>erfön(i(^feit :^atte butd) bie Einleitungen feineS
35ater§, burd^ rege§ ©elbftftubium unb burc^ bie «Dlannigfaltigfeit ber gefett=
fd^aftlid^en unb militärifdien Söelt, mit toelctier i'^n feine 5:ienft= unb Seben§=
ber'^ältniffe in Serü^rung gebrai^t l^atten, eine tocit über ba§ ©etoö^nlid^e ^n=
QuSragenbe gnttoicJelung genommen. ©ci)arier 35erftanb, 3lul)e unb objectibe
302 ©agcrn.
@ebtegent)eit be§ Uvt^eil§, gto^ev Xfiätigfeitstriefi unb unermübliciie 5tvBeit§fvaft,
©l^tgeij unb lebhaftes 3fntei:efje |ür bic politifd)en ©eftattungen ber ©egentoart
gaben ti)m gemetnjam mit einer ritterli(f)en unb bem i^bealen äugeloanbten Ö)e=
ftnnung eine xeic£)e, mannigfad) enttoicfelte S^nnerüc^feit. — Ülad^ bem 9Iu§6ru(^
ber belgifc^en ütcöolution 1830, al§ ber $vinj gncbrirf) öon Cranien genötl^igt
geroefen toar, ben 'Angriff auf Srüffel aujjugeben, mürbe @. 6t)ei bc§ @tabe§
beim ^erjog Sern^xb bon ©a(^jen=2Beimav ; e§ folgten bie friegevifd)en 3]or=
gänge, bie @nbe be§ 3ia^i:e§ niit ber 9läumung S3elgien§ ilfiren ju öoretügen
lHbiä)tu|^ fanben (Sombarbement ^IntroerpenS), unb bie im 3luguft 1831 ju bem
je^ntägigen, für bie Aöottänber fe'^r ct)renöoIIen, burd^ bie :^uteröention |}ranf=
reid§§ unb ©ngtanbä unterbrodbenen ^^relbjug (treffen bei ipaffelt) fic^ jufpit^ten.
3ln biefelben fd)to^ ficf) eine ftete ÄriegSbereitfd^aft unb Soncentrirung ber nieber--
Iänbifd)en ^ilrmee inner'^alb 5Zorbbrabant8 ; biefelbe t)'oxtt erft auf, aU 183'J bie
nicbertänbi}(i)=belgifc£)en S)ifferen3en 3um enbüdien 2lu§trag gelangt toaren. ©.,
1834 3um DberftUeutenant aüancirt, |(i)ieb nunme'^r aud^ au§ feinem 33er^ältni^
jum ^erjog 33ernt)arb; er trat jur ßaüaEerie über unb ertiiett bort balb ba§
ßommanbo cineS in 2)et>cnter garnifonirenben 2)ragoncrregiment§; er mürbe jum
Dberft beförbert. 3(I§ foldier begleitete er ben ^rin^en Slleranber bon Dranien
(©o'^n be§ ^^^rin^en öon Dranien) 1839 nad^ ^setergburg unb ^Bloätau. 18-42
würbe @. 3um 93rigabe=6ommanbeur unb ^robinjial^dommanbanten bon 9lorb«
JpoIXanb ernannt; er mar bamit nad) <§arlem öerfc^t. ^m Cctober 1843 gc=
langte ®. in ^^rotge einer burcQ bic nieberlänbifd)e ginanjiage aufgejtoungenen
attgemeinen Otebucirung ber 5lrmee in „'Jlonaftioität" ; ber i?önig 2öilf)elm IL
ernannte il^n ju feinem „berfönlic£)en ^itbiutanten im au^erorbentlidien Sienft".
"^aä) einer längeren ^Beurlaubung , mä()renb bereu er in ^ornau im gaftüd^ien
^aufe feines 23aterö, bem 5Jlittelpun!te eine§ überaus angeregten geiftigen
Sebcnä, öeriüeilte, mürbe @. al§ Generalmajor mit einer befonberen bertraulidtien
9Jliffion nadl) ben f)oEänbifd^en Kolonien auf ben (5unba=3fnfetn entfanbt puni
1844). 6§ f)anbelte fid^ um eine S^fpicirung be§ militärifci)en S:tenfte§ inner=
l)alb ber (5;olonien, cinfdE)lie§ü(f) ber öort^anbenen S3ertl)eibigung§mittel unb be§
aboptiiten 3)ertl)eibigung§ft)[tem§. S)er amtlid^e Stlieil ber 9teife erftredEte fidf)
auf Saöa, 3)iabura unb (Sumatra. ^in= unb ^lüdmeg gaben ®elegenf)eit, bort
ÜJtabeira unb Jörafilien fennen ju lernen, l)ier fid) einge'^enbere 9Infd£)auungen
öon a3rittifd^=Snbien unb öon @gt)pten ,]U öerfd)affen. S)te ©rpebition, beren
Dtefultate bie öollfte '^Inerfennung beS ÄonigS unb be§ 5«iUnifterium§ fanben,
na^m brei öoEe ^afjxe in 5lnfpru(|. '^Uä:} feiner 9iüd£el)r mürbe @. jum 6om=
manbanten ber 9teferöebrigabe (©arben) unb jum ©ouöerneur ber giefibenj er=
nannt. — 2)ie 9}orgänge be§ {ye'^i-'Uir unb Wäx^ 1848 beftimmten @., in feine
beulfd£)e ^eimat^ ju eilen ; in bem innigen 35er!ef|r mit feinem 25ater unb feinen
a3rübern ^einrid) unb 'OJlai- liatte er berfelben unb i^rer ßntmidelung ju bunbe§=
ftaatlid^er @inl)eit nic^t allein ein fel)r morme§ Aperj, fonbern aud^ ein mannig=
fad^ refte!tirenbe§ unb bie einfd^lagenben ftaat§redl)tlid)en unb realen 3)erl)ältmffe
abmägenbeg ^ntereffe bema^rt. Unter bem S)rudfe be§ ba§ Dberlanb überäief)en=
ben ipeder'fdljen ^^ufrul)r§ unb gegenüber ber 35ebro'f)ung burdl) fyreifdfiaaren , bie
öon 5-ran!reid) l§er erwartet mürben, berief xf)n bie 9tegierung bon SSaben an
bie ©pi^e i^rer Gruppen, meldte einen X1)nl be§ burc^ ben SBunbcgtag mobilt=
ftrten achten 33unbe§corp§ bilben follten. SSeftimmt burd) ba§ brängenbe 3}er=
langen be§ in jenen überaus fritifd^en Sagen bem 25nnbe§tage jur ©eite geftettten
Kollegiums öon 17 33ertrauenSmännern , folgte &. ber unterm 14. 2lpril auS=
gefertigten Ernennung jum „seitlid^en ©tettbertreter beS Somnmnbirenben", o:^ne
ba§ cS öorl^er ^u einer förmlid^en Söfung feiner nieberlänbif(^en S)ienftberbinb=
ltdl)teiten gefommen war. ©dlion am 20. Slpril würbe er bei einem ^ufammen^
©agern 303
treffen ÖabtfcEier unb groB'^erjogt. l^effifc^ei; Iruppenabt^eitungen mit ben Don
.^erfer geführten 3luTftänbifif)en auf ber ©d^eibegg bei Äanbern, nad)bem bie
SSerfuc^e , bie leiteten bur(i) UnterE)anbIungen unb münblid)e Slufforberungen
jum DUebertegen ber äöaffen ju beftimmen, mit ber an bie Gruppen gericf)teten
•JluTTorberung jum xreubruc^ beantmortet raorbcn maren, buri^ bie erften ©c^üffe
be§ öon ben 2luTftänbifcf)en begonnenen (Sciiü^enfeuers niebergeftrecf t ; er blieb
tobt auf ber ©teile, ^^m folgte tro^ bes eigent^ümlic^en (£§arafter§ feiner
legten 6ntf(^IieBungen bie anerfennenbe Xreue bee Äönige Jöil^etm unb bie 33e=
jeugungcn ber Jpo^ac^tung au^ ben ffteit)en be§ nieberlänbifd^en iÖeere§, jugleid^
aber bie patriotifc^e Älage toeiter Greife be§ beutfdien 2}aterlanbe§. öeinrii^
ö. @. rourbe ber 33iograp^ be§ 23ruber§ („Sag i^eben bei ®eneral§ griebricf)
ö. @.; öon öeinric^ b. ©., Seipjig unb ^eibelberg 1856—57, 3 Sbe.). 5Jtit
ber 33iograpt)ie ift ein tocrtf)boIIer Iitterarifcf)er '^ad)ia^ öeröffentlici)t toorben.
D. öart.mann.
©agcrn: |)an§ Gtiriftopl^ grnft, 5rei!§err b. ©., naffauifc|er ©taat§=
mann unb poütifd^er @(i)riftftetter , geb. am 25. S^anuar 1766 auf bcm reid^5=
ritterfd)aftli(i)en ©(i)IoB 3u ^leinniebe§f)eim bei SBorml, t am 22. Cd. 1852
äu ipornau bei Äönigftein. 21eltefter ©o^n be§ l^er^oglirf) bfatj^anjeibrücfen'fd^en
Cber^ofmeifters unb @el^. 9tatf)§ {yi-'ei^ei^^Ti -^arl ©ottüeb ö. 6. unb ber ©ufanne
©ft^er §arod)e b. ©tarfenfe(§, ert)ielt er 1775 — 79 in ber @ct)ule ber ßrjefuiten
3U 2Borm§ Unterridit fe^r gebilbeter 5)Htglieber be§ bortigen Somftifts,
mie be§ SompropftS SBeffenberg, bei nac^^erigen 6oabjutor§, .ßurfürften,
aßrima§ unb ©roB^eräogg 3u ^ronffurt, S)alberg, unb be§ fpäteren 2Bei^bif(f)of§
p -lllainj , .g>eime§. 6r befu(i)te t)ierauf bie S(i)ute in ^vseihxndm , bann
^45feffel'§ grjie^ungsfd^ule in Golmar, ftubirte 1781—83 in ^Oeibjig, 1783—84
in ©öttingen, »urbe 'Jlffeffor bei ber ^Regierung in ^toeibrüden unb, nacf)bem er
in 2Bien bie Ginri(^tung unb bie 9}ert) anbiungen be§ 9tei(i)§'^ofratI)§ fotoie ber
Steid^ifanjlei fennen gelerat, burd) ben mit feinem 2}ater befreunbeten ^räfibentcn
ober 3]linifter b. So^^eim in bie 2anbe§regierung bon 9Zaffau=2BeiIburg berufen.
91I§ 1786 fein Stubiengenoffe ^^i'ie^i^i'^ 2BiIf)e(m jur ütegierung gelangte, rourbe
(S. ber D^ad^folger ö. So|^eim-'§. £iefe ©tellung ^at er 25 ^a^re innegef)abt
unb fi(i| alle '^ni, namentlitf) aber gegenüber ben h-iegerifi^en 3}orgängen, vod6)t
am @nbe. be§ Dorigen ^a'^r^unberts ba§ Sanb 5^affau berüf)rten, al§ äd^t beutfc^er
■Dlann unb al§ gctoanbter Siplomat im beutfc^en ^ntereffe unb in bem t)er=
fdliebener fleiner beutfcf)er dürften erroiefen. 2II§ bie f^ranjofen unter Guftine
Vxi jum 5RitteIrI)ein öorbrangen, gelang e§ il^m burd^ (Stellung bon ©ei^eln
bie grmäd^tigung jur ferneren 2}ermaltung DlafjauS 3U erlangen. 5lm 4. ^an.
1793 bot er ficf) ber Königin 53tarie Stntoinette, als einer inipari§ toegen il)rer
beutf($en 5tbfunft berfolgten unb berlaffenen i^rau, jum ä^ertl^ eibiger in i^rem
5}}roceffe an. Söegen ber friere, toel(f)e er biefer'^alb an bie Königin unb an
ben fran3öfif(f)en 'Jktionatconbent in lllainj jur ^oft aufgegeben , brot)te x^m.
Gefangennahme; er entflof) unb mieberljotte fein Stnerbieten. 9ia(^ 5tbf($luB bei
Safeler griebeni erlieB er, unmillig barüber, toie man beutfd^erfeite fo menig
oerftanb, „ben ^eeren unb ber ^ugenb 5iac^brudE, ©eete unb geuer 3u geben",
als „ein beutf($er 6belmann an feine Sanbeleute" einen Slufruf jur ^itbung einci
engeren gürftenbunbei. 5ta($ ben Siegen bei ^erjogi bon Sraunfd)meig hd
^irmafeni unb 5Jlo]^rIautern fuc^tc er biefen für bie ©(Raffung einer r^einifd^en
Sanbroe^r ju geroinnen. Ser '^Uan fd^eiterte , toeil ei 6. nid^t gelang , ben
leitenben turpfälaifdfien 33tinifter ©rafen b. Dbernborf Dafür ju beftimmen. 1796
folgte er bcm naffauifdt)en |)ofe nacf) bem 3uflii(^t§orte Sd)loB Eremitage bei
33aireut^, mo er bii 1800 ben ®ang ber ßreigniffe in granfrcic^ mit 3Iufmerf=
jamfeit berfolgte unb auf bie 5)tögli(^feit fpälite, ju einer für S)eutfc^tanb
304 ©ogern.
günftigen Söenbung ber Singe Öeiptvagen. Seim Stufftonbe ber 35enb6c unb
auT bie jalfcfie 5^acf)rid^t öom ^lufftanbe in Belgien nnterfud^te et am 9il^ein,
ob e§ mögli(^ jei, biefem 33eifpiele ju folgen; er mu^tc jebod), franko fifi^erj ei t§
ftreng ü6ertt)ad)t , ot)nc 5lu§fi(^t I^ierauj 6alb ^uxMteijxen. %U in ^reu^en
griebiid^ SGßit^elm III. juv Otegierung gelangte, üeröffentüci)te @cn^ ein „©enb=
fcf)rei6en be§ Berliners an feinen Äönig". ^axin öermiBte @. bie beutfcf)=pattio=
tifcf)e unb fviegerifcfie Stimmung, beven ÄunbgeBung er bei jener @clegent)eit
am ^^la^ ^ielt , er ertoiberte ba|cr at§balb mit einer 5fug|(^rift: „Sobet be§
©enb|rf)reiben§ eine§ ^Berliners an feinen Äönig" unb im 2lnf(i)lu^ hieran bemog
er ben i^ürften öon 9laffau, perfönliii) in SCßien ben 35erfu(^ einer ©inigung
Dcfterreic^g unb 5Jreu^en§ äum Sd^u^e be§ 9tei(^§ gegen granfreic^ ;\u unter=
nel^men. 2)ie S)enff(f)rift , mctc^e er l^ierüber in Söien überreicf)te , mürbe bort
ni(f)t beachtet; ein ©djreiben StottetiranbS bom 21. Februar 1798 an äJonaparte
jcigte abex, ba^ biefe 53eiben eine foldie 33ereinigung fürc£)teten. 2tl§ ©efanbter
ber naffauifd^en gürften in ^^ari§ toar ®. 1801 eifrig unb mit ®ef(f)i(f für
biefelbcn t^ätig. ^Jtad)bem im Sluguft 1805 Defterreid) fic^ mit ©nglanb unb
Slu^Ianb üerbunbcn, erftrebte ^ranfreic^ ba§ Sünbnife mit ben fübbeutfc^en
Staaten. @. begab fid) micber nad^ 5|>ari§, mie§ aber Jlattel^ranb'g Slnfinnen eine§
5lnfd)(uffe§ ber naffauifct)en güvften on ^^franfreic^ entfct)iebcn ^urürf. %ud) 1806
l^ielt er fi(^ in ^4-^ari§ auf, um eine ©(f)äbigung be§ naffauif(i)cn ^aufe§ ab^u^
menben. S)ie 9i^einbunb§acte unter,^cic£)nete er (ebiglic^ in ber Ueberjeugung,
ba^bieteifefte Söeigcrung, bcmfelben beizutreten, bie 9Jtebiatifirung be§ naffauifc^en
f5rürftent)aufe§ jur ^^otge gehabt ^abcn mürbe, ^ugteid^ na^m er fid^ in ^^ari§
ber 3tntereffen t)ieter fleinen beutfc^en ^üi^ften an unb mu^tc namentlirf) bie öon
']la)3oIeon beabfiditigte ^Jlebiatifirung 3lnf)aU§ ju t)ert}inbern. 3in 50% öon
■OiapoIeonS 2)efret bon 1810, toonad^ fein auf bem linfen üt'^einufer (Geborener
in einem aufeerfranjöfifc^en Staate Sienfte (ciften bürfe, fa'^ \\d} &. 1811 ge=
nötf)igt au§ bem najfauifd)en S)ienfte ^u fd)eiben. (Sr begab fid^ nac^ 2Bicn. Stuf
bem SÖege ba'^in fuc£)te er in ^ünc^en bie baierifd^e Ütegierung günftiger für
Defterreii^ ju ftimmen. ^n 9öien trat er in S^erbinbung mit bem ©rjfierjDg
3fof)ann unb mit .^ormat)r; aud) gab er benen, metd)e bort einen neuen ^lufftanb
3;t)roI§ planten, gute 9latt)fdt)läge, in i^otge beffen er jebodf) , ba ber ^lan bem
ßaifer nic^t jufagte, au§ Defterreic^ öermiefen mürbe. 3>n einer 3ufc£)rift an
Ic^teren berma^rte fic£) ©., ba^ man 5)5Iänc getrabt, meiere Cefterreict)§ 5lnfe'^en
gefä^rticE) gemefen. ^n ber Sc^toei^ lebenb, begab er fic^, auf 3}eranlaffung be§
.gfürften DJtettcrnic^, in ba§ preu^if(^=ruffif(^c ^Hauptquartier, murbc auf ber 9teife
ba^in bon bem in ber 3}erbannung ju ^4^rag tebenben ^urfürften 2BiIl^e(m I.
bon .Reffen ju 9latt)c gebogen, f)atte in Sreälau ^Befprei^ungen mit ben au§
Äalifd) jurüdfe^renben ^onard^en, mürbe bann bom ^^ßrinjen Söil^clm bon
(9laffau = S)ie| ober 5teu=) Dranien, So^n be§ @rbftattVUer§ ber 5üeberlanbe,
aBilf)eIm§ V., an bie ©pi^e feiner 5(ngelegenl^eiten gefteüt unb bon biefem fomie
bem Äurfürften bon |)effen jum ^litgliebe bei 9}ertoaltung§rat^e§ ernannt,
meldten bie 3!)^onard^en bon 5ßteu|en unb 9tuf(anb burd^ @rla§ bom 6. Slpril
1813 äu ,^alif(^ für ba§ nörblid^e S)eutfd^tanb eingefe^t Ratten, um in bie
Xfeitung ber 3lngelegent)eiten biefer ßänber 6inl§eit, ^uf^ii^n^en^ang unb @leic^=
förmig!eit ber 9]titmir!ung aller Steile ju bringen, ^n biefer ©igenfd^aft fe^te
@. gegen ben iyrei:^errn bon Stein bie alSbalbige 2Biebereinfe^ung be§ Äurfürften
bon ^t]]en huxä). 5iacf) ben ©ct)lad£)ten bon ßü^en unb 33au|en (5Jlai 1813)
begab fic^ (B. jum ^pirinjen bon Cranien nadt) ßnglanb unb bann in beffen
3tuftrag pm ^erjog bon Sraunfc^teeig , um biefen jum fefteren 2lnfdt)lu§ an
.pannober ju bewegen, ein Sluftrag, beffen Erfüllung i'^m nur mit bieler ^Jlül^e
gelang. 2) er ^$rin,5 bon Cranien ^atte burdl) feine 2;l)eilnal)me am Kriege bon
©agern. 305
1806 füt ^reu^en auä) oHe feine beutfd^en gänbet öerloren. ?lt§ f)ö(f)fter
Beamter be§ ^^ptinjen tüurbe nun @. gegen @nbe be§ ^a!)re§ 1813 yür beffen
SCßiebereinfe^ung in ben ^ieberlanben tf)ätig, in§befonbere öermittelte er bie erfte
SSerfeinbung be§ ^pi-injen mit ben f^ü^retn be§ um ^itte ^loöember 1813 bort
au§geBvo(^enen 5luiftanbe§, in ^^olge beffen leitetet am 1. ^iecemBer unter bem
2:itel cine§ fouöeränen dürften ber SSereinigten ^iebertanbe im .gaag bie gtegierung
übernahm. 5tac£)bem burii) bie friegerifdien ßrfolge ber SSerbünbeten im Dctober
unb 5loöemBer 1813 bie üormalS oranifdien alten unb neuen ßanbe öon ber
fremben Sefitiua'time befreit luaren, mürbe ®. öom 5|3rin3en öon Cranien 16eauf=
trogt, fie in feinem Flamen in Sefi^ ju nehmen, bie 35erl6ünbeten aber liefen
biefe SSefi^na'^me nid^t ju ^infii$tli(| berjenigen beutfd^en Öänber, wetdie ber
aSater be§ grinsen 1802 al§ gntfc^äbigung für ben 33ertuft ber ^^iebertanbc
er'^alten ^atte. 1813—14 :§atte ®. in feiner Stellung 3U SiEenburg a(§
leitenber 5Jlini[ter ber bier oranifc^en gürftentpmer, toeldie er mit auSgebel^nter
(Semalt bermaltete, reidie 35efd)äftigung. namentlich forgte er für bie S3emaffnung§=
auftauen unb lie^ ficf) angelegen fein, bie @emüt£)er mit bem nunmel^rigen
©taub ber S)inge p öerföfinen. 5!Jteiften§ öou ®iüenburg au§ mar @. Serat^er
be§ ^prin.jen üon Dranien, al§ e§ fic^ auf ©runb bon gnglanbS 33orf^(ag um
bie ©rünbung eine§ gegen granfreid^ toe:§rfä^igen oranifd^en ©taate§ i)anbelte.
gr marnte ben 5prin,^en mit 9tücffi(it auf bie englifci)e ^olitif, junäc^ft bie
@ntf(^eibung abjumarten, ob Oefterreic^ feine 5lnfprü(ä)e auf SSelgien erneuern
merbe. S)er $rin3 bagegen erläuterte am 1. ^^ebruar 18U feinem Scrat^er
ben ^lan, ba^ momögtirf) bie oranif(i)en 53efi|ungen in Seutfiiilanb burd§ @r=
merb be§ ämifd^enliegenben (Sro^^erjogtl^umS Serg unb burd^ Sauf^ mit bem
neuen nieberlänbifc^en ©taate in ^ufammen'^ang gebracht mürben. Sagegen
macfite (S. ben ^rin^en barauf aufmerffam, ba§ er, ber felbft für bie gcmeinfame
©a^e ber 35erbünbcten nid^t biet 3u leiften im ©taube gemefen, felbft im gün=
ftigften gatte be§ ^rieg§au§gang§ nid^t eine SSergrö^erung in ^ollanb unb in
S)eutfcf)Ianb ermarten fönne; er bereitete i^n fogar auf ben ^att bor, ba^
$reuBen für feine gro^e ginbufee fidC) ba§ ®ro^^er3ogtf)um 5Berg jueignen unb
bie gefammten naffauifd)en Sanbe aud^ no(^ öer(oren ge^en tonnten. 3luf bem
erften ^arifer ßongreffe arbeitete @. für bie grmeitcrung ber ''Pdeberlanbe, für
3urüctna|me be§ eifaffe§ an S)eutfd^tanb unb für ^urücfgabe ber üon ben fran=
3öfifd)en ^eeren naij) 5parig gebrodtiten beutf(f)en l?unftmer!e. ^m Suti 1814
mürbe er ^um smeiten ©efanbten be§ foutieränen ^^-ürften ber 5HeberIanbe unb
3um erften (Sefanbten be§ naffauifd^en (Sefammf^aufeS am äöiener §ofe unb
beim Söiencr Songreffe ernannt, .^ier toar er ^unäd^ft tt)ätig hti ber enblid^en
Segrenjung ber SSereinigten ^lieberlanbe, in§befonbere für bie fd^on im ^^arifcr
g?rieben§f{^tuB öom 30. ^ai 1814 feftgefe^te SSergröfeerung ^ottaubS burc^
SSetgien; er t)atte am 27. Slpril 1814 bie 3utritt§acte be§ ^:prin3en bon Dranien
3um SSunbe gegen gflaboleon unb am 31. gjlai 1814 ben SScrtrag mit ben 35er=
bünbeten unterjeic^net , in meld^em ber ^rinj aU ßönig ber ^lieberlanbe unb
aU (Sro^t)er3og bon ßui-emburg, toelc^e§ ßanb er gegen 5lbtretung feiner @rb=
länber an ^H-eu^en erl^ielt, anerfonnt mürbe. (Sagern § Söirffamfeit auf bem
Gongreffe für bie SSerbinbung 5Betgien§ mit ^ollanb mar erfotgreiif) unb in ber
aötener ©dt)lu^acte mürbe bie gauje 5teugeftaltung anertannt. 2)er i?önig ber
5lteberlanbe berlie:^ it)m barauf bie ^oEänbifi^e ©taatSange'^örigfeit unb ernannte
i'^n 181G 3um ©taatSrat^. Sesüglid^ ber ^leuorbnung ber beutfc^en 33er]§ältniffe
mad^te fidf) &. feit bem 14. October 1814 auf bem 2Biener (Songreffe mieber
3um aSortfü^rer ber fleineren ©taaten. S5or Eröffnung be§ beutfd^en a3unbe§=
tag§ fbradf) er fid§ in einem ©c^reiben an ben ^-ürften gjietternic^ für einen
Mgem. beutfc^e SBiograptiie. VIII. 20
306 ©agevn.
beutid)en ^Bunbelftaat unb für ßrjüüung be§ t)tnfid^tli(^ ber Ianbftönbifd)en 33cv=
faffungcn gegebenen 3}erjpred)en§ ans. S3om ^önig tion .SpcUanb jum ©efanbten
ßuremburgS beim $öunbe§tage ernannt, in weldtient er anä) bie auj bem SBiener
gongreffc üon it)m bor 53lebiatifirung betoal^rte freie ©tabt ^^i-'anffurt a. 9Ji
öertrat, ]§ob er bei Eröffnung be§ 33unbe§tag§ in einer längeren ^Jtebe bie gan^c
33ebeutung be§ neuen beutfä) = ireunbli(i)en bataüifii)en 3tDij<i)enftQQte5 l^eröor.
S)urd) feine 2öir!|amfeit am SunbeStage tarn er bann batb bei ben bcutf(i)en
^öfcn in ben 9hii einer unliebfamen greifinnigfeit. ©o t)atte er namentlich bei
ber Srage über bie ©avantie für bie n)eima:rijc£)e Slerfaffung biefe al§ bie boHe
^rfüttung ber in 2Bicn unb in ber 23unbc§acte gegebenen ^öer'^ei^ungen be=
jeid^net unb jogar ben SluSfprud) bes S)an!e§ an ben ©ro^tjeräog beantragt.
3fn feinen 5lbftimmungen brang er mit greimutt) unb beutfd^er äJatertanbSliebe
auf weitere 6infüf)rung lanbftänbifd^er Serfaffungen. S)ie beutf(i)en f^ürften
fallen inbe^ immer mtl)x bon bem ©ebanfen ber ©rünbung eine§ [tarfen , ein=
]^eitlic£)fn 5Deutfd)Ianb5 ab unb @., ber am 17. ^uni lölT biefe SBenbung in
ber ^unbesücrfammtung für bcbauerlid) erftärt f)atte, füi)Ite fic^ "^ier öereinfamt
unb würbe am 13. 5lpril 1818 üon biefer ©teüung abberufen, ^m ^. 1820
in Üiul)eftanb öcrfel^t, tebte @. auf feinem ®utc ^ornau. @r mac£)te fid) fe^r
üerbient um ha^ 3iittanbe!ommcn ber U>erfaffung für ba§ ©rofel^erjogtfium ."peffcn
unb get)örte auf ben barmftäbtifd)en ü?anbtagen bon 1820 — 21, fomie öon
1823—24 al§ Slbgcorbneter be§ rl)einlt)effifd)en 33e5irf§ ^^febberS'^eim ber jmeiten
.Kammer an. ?lm 22. 'Ocoöember 1825 roanbte er fid) au§ .'pornau mit einer
S)enffd)rift an bae groPer^oglid) t)effifd)e ©taatSminiftcrium : er bat, am S3unbe§=
tage ba()in ju Wirten, ha^ bie Ceffentlic^feit öou beffen SJer'^anblungen Wieber
t)ergcfteEt würbe. 1829 Würbe er juni tebcn§ldnglid)en ^JJlitgüebe ber erften
Kammer in ©armftabt ernannt. — Sic Apauptpunfte feiner biplomatifdien
2t)ätig!eit 'fiat ©. felbft im ^Jiätjeren gefd)ilbert in f einem 2Berfe : „5Jlein 3tntf)eil
an ber ^^^olitil" (Sb. 1—4 ©tuttg. 1823-88, 23b. 5 Öeipaig 1844). greitiexr
t). Stein, mit weld}em &. öou 1813—31 in SSriefwed^fel über aEe wefentli(|en
curopäifdien , inSbefonberc bie beutfd)en lyragen ftanb , erflärte , nad)bem er bie
erften SSänbe jenes 2öer£e§ öou ©. gelefen, biefem mittelft Briefes bom 14. 5Jlai
1826 , ba^ fid) in @agern'§ politifdiem betragen burd)au§ ein feinbfeliger (Seift
gegen ^4>i-'eu|en au§fbred)e; er finbet bieg befonberg barin, ba^ &. auf bem
äöiener (Songreffe bie bon ^reufeen erftrebte ^inberleibung ganj @ad)fen§ äu
t)ert)inbern get)olfen l)abe. 5tnberWeit i[t gegen @. ber äJorwurf erI)oben, bie
SSergrö^crung ber 'Jtieberlanbe ju 2)eutf(^tanb§ ^3iad)tt)eil betrieben ^u ^aben.
hiergegen öerfticibigt itju fein @o!§n .söeinrid) t). (S. in bem Söerte: „S)aS
Seben be§ (5)eneral§ ^riebric^ b. (Sagern", a3b. 1, ©. 177—186. — (SJ. war
ticrmät)tt mit 6I)arIotte x^xtiin b. (Saugreben au§ 2)üffelborf, mit Weld)er er äef)n
Äinber liatte. 2ll§ ©(^riftftetter ift (S. and) fonft, namentlid) auf l)iftorif(|em
unb politif^em (Sebiete, öielfac^ t'^ätig gewefen. ©eine ©d)riften, foweit ni($t
oben erWäf)nt, finb : „2)er ©infiebter ober ^^ragmcnte über ©ittenle'^re, ©taat§=
red^t unb ^otitif", 1822-27; „Sie giefultate ber ©ittengefd^id^te", Sb. 1—4,
2. 3luf(. 1835—37, 93b. 5 unb 6 1. Stuft. 1822; „5lationatgef(^id)te ber
S)eutfd)cn", 2 S3be. , 2. 3tuft., f5fran!f. 1825—26; „Äriti! be§ mitexxeä^t^" ,
1840; „(Sibitifation", 1847; „Observations sur les articles secrets du traite
de paix de Paris", 1814; „Slnfprat^e an bie beutft^e Ülation über ben SSorgang
in ^ötn", i^ranlf. 1838; „3ttteite SCnfprac^e an bie beutfd)e 91ation über bie
fir(^ti(^en Söirren, i^re @rmä|igung unb möglichen 3tu§gang", Seipäig 1846;
„Stüocution an bie beutfd^e ^Jtation unb it)re 2en!er", äöien 1848. —
S3gl.: ^lein 2tntl^eU an ber ^:politi!, bon .^an§ 6^r. (5. b. (Sagern;
S^a§ Seben be§ @eneral§ f^riebrid) b. @agern, bon i^einr. b. Magern, 3 ^be..
®ait. 307
ßeipj. u. .^eibett). 1856 u, 57; ©(i)aumann, @efcf)i(^te be§ jtoeiten ^arifer
gtiebenS für S)eutjd^I., ®ött. 1844, <B. 120; ©egentoart, 58b. 1, Seipjig,
^xoäi). 1848, ©. 713-724; @erbinu§ , ©efd). beg 19. ^al^r^., 33b. 1,
Seipä. 1855, @. 192; ^^ei;^, S)a§ Seben ©tem^§, SBb. 4, ©. 31.
^. 2Btpp ermann.
®oU (®et)l, ©atiU): 5tnbrea§ ö. (S., Dr. juris, faifertic^er Ütatf) unb
fpätcr Äan^ter be§ gräftiiteS Äöln, geb. 1526 ^u Äötn unb geft. eBenbafelbft
1587. 6r war ein ©ol^n be§ 9tat{)§^errn unb ret(i)cn .Kaufmanns ^tiitipp @.
unb ber Äat^rina ö. t3tült)eim. ©iefem tourbe toegen feiner "^eröorragenben
S}erbienfte unt bie görberung ber ftäbtifc^en ^ntereffen unb um bie Grt)attung
be§ alten fat^olifdien 6{)ara!ter§ ber 9t'^einmetro)3oIe öon Äaifer ^art Y. am
15. Slug. 1532 bo§ äöappen unb am 12. gjtat 1545 ber 9lbel ertt)eilt. S)a§
2Bapben tear ein querget^eilter (5d)i(b, oBen in @olb ätoei ^tofen unb unten in
Stau eine rottie @Iebe, £an3enfbi|e, auf bem ^etm ätoei 3tblerftügel, auf benen
ber ©d§ilb toieber^olt ift. ©einen im ^. 1526 geborenen ©ot)n 3Inbrea§ 16e=
ftimmte ^pi^itipb Tür bie Saufba^n eine§ praftifc^en ;3uriften. Um bemfelben eine
tüd)tige ^umaniftifd^e 53itbung geben 3U laffen, fc^idtc er i!§n im 5ttter bon jef)n
Satiren auf bie bamat§ unter bem 'Jtectorate be§ tjoc^geBitbeten 5J^at^ia§ SSreben*
bacE) btü^enbe ©tift§fd}ute ju @mmertd§. S)iefe @(|ute erfreute \xä) in jener
3eit eine§ bebeutcnben Zulaufes bon ftrebfamen i^ünglingen au§ ber Scf^meij,
au§ ©üb= unb ''^lorbbeutfcfitanb, au§ i^ottanb unb namentlicE) au§ ber 9teid)»ftabt
^öln. 2ßäf)renb ber junge 5lnbrea§ nod) in ©mmeric^ Weilte , mürbe feine
53^utter im S. 1540 bon ber ^^eft weggerafft, meiere in bicfem unb in bem iolgenben
<3a^ve in Äöln gar biete Opfer forberte. ©obalb 5tnbrea§ ba§ 6)i)mnafium in
Gmmerid^ .abfotbirt ^atte, fa^ fid) ber SJater nac^ einer Uniberfitdt um, auf
metdie er feinen ©o^^n o'^ne ©efa^r für bie 9teint)eit feine» ®tauBen§ jur i5rort=
fe^ung feiner ©tubien f(i)irfen fönne. S)ie ße^rtröfte ber Kölner Uniberfität
waren mä)t äureidienb , um bemfelben bie ?Iu§bilbung ju geben , Wet(i)e er il^m
Wünfdite. 2;iefe Se^ranftalt, bie im 15. Sat)rt)unbert eine fo l^erborragenbe
©teüung eingenommen t)atte, War burd) ba§ 3u|ii^ntentreffen mannigfad)er
ungünftiger Umftänbe fo tief gefunten, ba^ bermögenbere SSäter e§ borjogen,
itjre itinber nad) au§Wärt§ aur g^ortfe|ung i^rer ©tubien ^u fc^iden. Stiele
wät)tten SBittenberg, ©trapurg unb anbere Iut^erif($e Uniberfitäten. ^^iiipp
b. ©. aber tonnte fi(^ nid)t entfd)tie^en, feinen ©ot)n in bie@efat)r ju bringen, an
feinem !att)oIifd)en ©tauben ©d)aben ju teiben. S)arum Wät)tte er bie burd^
i^re orf^obore 9iid§tung bei aüen 2lnt)ängern be§ alten ©taubeng in gutem
Stufe fte^enbe Uniberfität l'öwen. |)ier berWeitte ©. brei Satire; am ©ditu|
be§ S- 1546 teerte er nadi i?öln ^urüd unb tie^ fid) "^ier am 3. Sg^^- 1547
in ber juriftifc^en y^acuttät immatrifutiren. Andreas Gaill Colouiensis, fagt bie
^Jtatrifel ju biefem 2^age, ad jura, juravit et solvit. S)ie Rotieren ©rabe beab=
fiditigte ©. an ber berül^mten fran^öfifc^en Uniberfität 3u Drieang ju erwerben,
^aum tiatte er l^ier ein ©emefter berweitt, aU er bur(^ ben Job feines S3ater§,
ber im grütija^r 1548 noi^ bie ^rantfurter ^Jlcffe befudit l^atte, fidi jur 9tüd=
fe^r nadi ^öln genöt^igt fa^. ©obatb er f)ier bie ®rbfdiaft§angetegenl^eiten
geregelt unb fidi mit feinen ©efd^wiftern unb ©(^Wägern batiin geeinigt l^atte,
ba^ fein Sruber ^^ilipp ba§ bätertii^e ©efdiäft im Sntereffe ber g-amitie bor=
läufig fortfü'^ren foÜte, begab er fid) Wieber nad) !i3öWen. ßange l^ielt er ee
tlier nic^t au§ ; balb fetirte er nad^ Orleans 3urüd, Wo er in i^urjem bei feinen
ßanb§leuten ein fold)e§ 3lnfe]§en gewann, ba^ er jum 5procurator ber beutfc^en
DZation gewätitt Würbe, ^n f^olge be§ ,$?riege§ jwifc^en bem Äaifer ^arl Y.
unb bem Äönig r^xan^ I. bon g-^'ant'reid) fa^ er fid) beranket, Crtean» ju ber=
laffen unb fic^ ju feiner weiteren 2lu§bitbung auf eine anbere Uniberfität ju
20*
308 ®oU. ,
begefien. 9li(^t ]o felf)v ba§ ^ntei'ejje jür bie $ßorIefungen feiner alten Sef)rer
al§ bie iGieBe ju einer jungen, an ©eift unb Körper f)ert)Dr(eu(i)tenben 58val6antenn
30g i^n toieber nac£) Sötoen. @§ triar bie§ bie 2lnna Gtouöev. 33atb rei(i)te er
berfetben am 5lttare bie Jpanb. S)en Soctorgrab in ber 3iuri§|3ruben3 toolltc er
in 33ologna ertücrben. S)arum reifte er im ©eptember 1555 juerft nac^ 9iom
unb öon ha nad) 33otogna, mo er am 12. Secember jum Doctor juris promoöirt
würbe. SSalb nad) feiner ^Promotion '^olte er feine i^rau mit feinem ßrftgeBorenen
•JtnbreaS in Sötten ab unb liefe fic^ in feiner SSaterftabt nieber, um fid) ber
2lbt)öcatur ju toibmen. ipier tourbe er gleid) nac^ feiner ^tieberlaffung unter bie
?tmtleutc be§ 3Beil)erftrafeengerid)te§ auigenommen. S)er 3lut)m, ben er fid^_ balb
als burc^gebilbeter, flarer unb fd)arifi($tiger S^urift ermarb, erregte bie 2lufmer!=
famfeit be§ ^urfürften üon Srier, unb biefer übertrug i'^m bie ©teile eineö
5lffeffor§ beim ::)teic^§fammergerid)t ju Speier. ^m 3- 1566 befud)te er aU
juriftifdier ^eiratt) be§ Trierer Äuriürften ben 9ieid)§tag in 5(ug§burg. Sei ben
l)ier gepflogenen 3)erl)Qnblungen tl)at er fid) burc^ feine ^enntniffe, feinen ©d)ari=
finn unb fein 9tebnertalent in foli^er äßeife ^eröor, bafe ber j?aifer t^erbinanb I.
auf i^n aufmerlfam tourbe, il)n am 17. 3lpril 1567 in feinen S)ienft 50g unb
5um ^eid)§i)ofratt) ernannte, ^efet na^m &. fammt feiner Familie feinen ^of)n=
fi^ in SGÖien. Sei allen ^}liffionen, mit benen il^n ber ^aifer auf ben beutfd)en
•jReid^Stagen, ben bö'^mifc^en Sanbtogen betraute, bei ber Krönung be§ faiferlid^en
©rftgeborenen in '4>refeburg, bei ber ©eleitung ber 33raut be§ franjöfifdjen Äönig§
Äarl IX., ber üfterreic^ifd)en ^rinjeffin (Flifabet§, nad) granheid), bei ber Leitung
ber mit ben Belgiern angefnüpften ^^•iebenSunter'^anbtungen in öenf, bei ben
mit bem ^4>apfte angefnüpften Unter'^anblungen be.^üglid) be§ A^erjogS öon ©trurien
erfüllte er bie (Srmartungen be§ ^aifer§ im öoHften ^]}tafee. Sefonberen Uü^m
eritiarb er fid) burd) bie lateinifd)e 9tebe, meldie er in ber let3tgenannten 5ln=
gclegen'^eit 5U 9lom in ©egentoart üon 22 ßarbinälen l)ielt. S^x 2lnerfennung
feine§ perbienftüollen 2ßirtcn§ im 2)ienfte be§ ^aiferS mürbe er am 24. ^fanuar
1571 3um 9ieferenbariu§ be§ 9iei(^§!^oirat^e§ ernannt, ^n ^rag, mo^in er fid)
im ©ommer 1575 mit feiner ganjen f^amilie ,]um Sanbtage begeben l)atte,
mürbe il)m feine grau nad) längerer ^ran!§eit burd) ben Sob entriffen. ©ie
fanb i^re ^Kul^eftätte in ber 5luguftinerfird)e jum l)eit. 2;i)oma§ neben bem >^od)=
altar. ^m S)ienfte be§ ^aifer§ öergafe @. nie feine Saterftabt; ftet§ mar er
gerne bereit, nad^ Gräften bie 3fntereffcn berfelben ju Pertreten. 3f« i'^n Streitig'
feiten, meldje 1571 ^mifdjen ber ©tabt unb bem 6r3bifd)of toegen be§ im erj^
bifd)öilid)en ipofe beabfid)tigten ©ciängnifebaueg entbrannt maren, bejürtoortete
er beim ßaifer bie Pom Kölner ütattje in einer umfangreid^en S)enffd)riit ge=
ftellten ^^orbcrungen. ^n bem foftfpieligen SSac^procefe jmifd)en ber Stabt
^oln unb bem ^errn Pon <!parff ^ah er fic^ alle 5Jiü{)e, ein ju (Sunften ber
Äötner fpred)enbe§ ©nburf^eil ^erbei3ufül)ren, ^m ^. 1572 erfud)tc er ben
Äaifer, feinen ©inftufe beim Könige Pon Spanien ba'^in geltenb ju machen, bafe
berfelbe ha^ ©biet be§ ^^er^ogS Pon 3llba, burd) toel(^e§ aUen fpanif(^en Unter=
tfjanen ber Sefud^ ber Kölner UniPerfität Perboten mürbe, für unmirffam erfläre.
3lm 24. 5)Mr5 liefe i1)m ber 9tat^ auf ber ^vanfjurter 5)leffe burd) feinen Srubcr
^eldjior eine 9lnerfennung Pon 25 ©olbgulben überreichen, ©ür bie Pielen
©ienfte, meld)e (S. feiner Saterftabt erjeigt, Perel)rte i^m ber ütaf^ im ^. 1576
ein mertl)PoIle§ Meinob. „2)en ülentmeiftern ift befo'^len, ein jierlid) jlrinf=
gefc^irre ju laufen, bamit man ben S)octor @. Pon toegen feiner mittiglid^ erzeigten
S)ienfte möchte Perel^ren." S)urd) bie unabläffige, raftlofe X^ätigleit maren @air§
Gräfte in ^ol)em @rabe angegriffen; er l)atte eine längere 9tul)e unb @rl)olung
bringenb not^toenbig. 3"^^"^ füllte er ba§ Sebürfnife fii^ in au§gebel)ntcrcm
©rabe, al§ feine amtlidjc Stellung il)m bie§ erlaubte, mit rein miffenfd)aftlid)en
©ait. 309
S)ingeit ju Befci)äitigen. S)arum entft^Io^ er fic^ ben 9lei(^§bienft ju öevtaffen
unb \iä) in feine 9}aterftabt unb in bie Stille be§ ^riöatteBenä ^uvücfjuiiefien.
33ei feinem 3lu§tvitt au§ bem faiferücfien Sienfte ^atte er an rücfftänbigem Solb,
©nabengelb unb anberen @ebüf)ren bie Summe öon 13,437 rf)einif(i)en (Bulben
unb 48 Äreujern bon ber faiferüc^en Äaffe ju forbern. S)er ßaifer toie» i^n
an auf bie neue ^Jlünfterifc^e 9lei(^§l§ülfe ; e§ erfolgte aber feine 3a^(ung. ^m
^. 1601, too ber -Kölner 9iatl^ ben Äaifer fiat, bie ßrben boc§ nid)t länger am
bie Berichtigung biefer ©(i)ulb toarten ju laffen, ttjar ber Äaifer feiner 35er|}flid)=
tung nocfi nid^t nacfigefommen. Sie ruhige ßinfamfeit ^inberte ®. nid)t, fid)
für feine .!päu§li{i)feit nact) einer neuen Sä)affnerin unb für feine noc^ lebenben
öier .^inber nacEi einer neuen ^^Jtutter umjufe^en. 2tm 14. ^onuar 1578 führte
er bie S^riftina ."Kannegießer al§ jtoeite fyrau in fein .^aus. 5iu§ biefer (v^e
entfproffen nod^ fieben ^inber. 2lu§ feinem Stubium ber Äir(f)entiäter unb ber
Sef(^äftigung mit ber 5lu§arbeitung feiner juriftifct)en S(i)riften tourbe @. für
furje ^dt :§erau§geriffen, al§ e» fic^ barum |anbeite, ob ba§Äö(ner @r5ftift ben
!at^olif(^en (Blauben erhalten ober jum 5proteftanti§mu§ hierüber ge3ogen roerben
foltte. Stuf befonbere§ 2lnfu(f)en be§ ,^aifer§ begab er fic^ 1582 nai^ S3onn,
um ben Srjbifdiof ©eb'^arb 2ruc^feß ju beftimmen, ben 2öeg, ben er eingefditagen,
5U üerlaffen unb fid) toieber ber fatl§oIifc£)en ffirc^e an^ufd^Iießen. Seine 33e=
mü'^ungen toaren erfolgto» unb öotter .Kummer feiirte er nad) J^öln jurütf. ^luc^
in Streitigfeiten ber Stabt ,^ö(n mit bem ^oftmeifter ^afob öenot erlieft (S.
öom Äaifer ben 5(uftrag , neben bem faiferlic£)en 9tatf) ©raren ipermann öon
53lanberfd^eibt einen Sdiiebsfpruc^ naä) 9tecf)t unb Sittigfeit ju fätfen. ijange
foEte er fidE) ber i^m fo nötl^igen unb liebgemorbenen ^u^e nid^t erfreuen.
S)em inftänbigen S)rängen be§ an ®ebf)arb'§ Steße gemä^lten grjbifd^ofö (Srnft
Oon 3?aiern gab er nad) unb überna'^m al§ er^bifc^öftic^er ßanjter bie bornen=
* öotte Seitung be§ ©rjftifteS. %l% treuer 3tn^änger ber atten faf^oüfcfien 9le(igion
unb alg entfd^iebener 9}ertreter ber 9lömifcf)en 9iid)tung in ber Äird^e {)ielt er c§
für @etoiffen§fad)e, für bie 9te(i)te be§ 5Bifc|of§ einzutreten, ber bie günftige Snt=
fc^eibung ber l^ö(i)ften firdf)lic^en Slutorität für ficf) '^atte. Wilit feiner üoUen
Äraft unb ©txergie naf)m er fic^ in bem Streite 3tt)if(i)en grnft unb ©eb^rb
ber Sadf)e be§ erfteren an. ^m ^erbft be§ ^. 1585 begab er fid) natf) Äötn
unb trat mit bem ^aÜ) über bie 5(rt unb Söeifc in Unter^anbtung , mie ber
^tntiang ©eb^arb's innerhalb ber Stabt niebergef)atten werben fönne. S)em
UaÜ) erflärte er atte§ @tnfte§, e§ »ürbe fd)tt)er an ber Äötner Sürgerfc^aft
gerä(i)t ttjerben, toenn berfelbe nid)t SJorfc'fir treffen motte, baß jeber offene fyeinb
be§ rechtmäßigen grjbifd^ofS au§ ber Stabt gefc^afft »erbe unb bie bejüglid)
ber gremben erlaffenen ©biete mit atter Strenge ge^^anb^abt unb ausgeführt
tPürben. 6§ toottte i:^m aber nid)t gelingen, ben 9latl) ju einer anberen C^r=
flärung 3U beftimmen, al§ baß in ber Stabt genaue Dleutralität fotte geilten
unb bie i^rembenbolijei ftrenge ge^anb'^abt merben. oben l)atte er bei bem
^roceß, in toelcfiem ba§ ^oi)t meltlid)e ©eric^t ben erjbifdiöflid^en 6cneral=
dommiffar ^ieronimu§ ^Uti(^iel§ jum ^obe üerurf^eitt , fic^ alle ^Jlü^e gegeben,
bie ©refutiöe be§ Urtl^eil» 3u öerliinbern, al§ er öom Schlage gerührt unb ba=
burd) genötf)igt tourbe fein Äanjleramt nieberjulegen. Gr begab fic^ in feine
SJaterftabt ^urüd unb l^ier ftarb er in einem if)m eigentl)ümlic£) gcl^örenben ^aufe
auf ber ^erjogftraßc am 11. S)ecember 1587. @r mürbe in bie 5>^ai-'i-*'Eii-'(^e
bon St. Srigiba, bereu Slrmen er burc^ eine reiche Stiftung bebad^t ^atte , be=
erbtgt. S)ie ^nfdfirift tautet:
D. 0. M.
Viator quisquis es, siste gradum. quod scriptum est lege.
Hoc is, cujus causa scriptum, feri rogat. Andreae Gailio Agrippinati
Philippi filio juris consulto toto orbe celeberrimo, autiquae virtutis et sapien-
310
@atl.
tiae viro, qui exquisitorum in jure civili operum author, suprenii sacii
Romaiii imperii tribunalis in camera Spirensi adsessor annos XL Maximiliani
secundi VIII, Rudolphi secundi imperatoris YII consiliarius aulicus et referen-
darius multis laboribus et difficillimis legationibus Romae politiae conser-
vandae causa, morbisque defatigatus anno salutis MDLXXXVII, die XI Decem-
bris, aetatis LXI vitam excercitam et laboriosam placida tandem et quieta in
Christum raorte mutavit. Anna Klovvens I. et Christina Kannengiessers II.
uxor et haeredcs charissimo ac bene merenti conjugi gementes et moerentes
posuerunt. MDXC.
S)ei- yiaÜ} ber ©tobt i?ötn gaB jeiner t)o^en 3}eref)mnß gegen biefen inneT=
:^all6 ber [täbtifd)en ^kuevn tneitenben tjerbou-agenben 9ted)t§gete'^rten boburd^
2lu§bi-ucf, ba| er i'^m bie ©rlaubni^ ertl^etlte, jein in ber Sa^engaffe gelegene^,
Ipäter unter bem ilamen „3um ^ü|'fc^e§ Söetngut" 16e!annte§ ^au§ über bie
©tabtmauer ^inau§ ju Bauen unb ftci) ^ierburd) eine t)errtid)e 9lul[i(^t an] bie
©tabt unb bie anbere ai'^einjeite 3U fd)affen. ®Qir§ Porträt Ibefanb [irf) um
bie 9Jtittc bc§ borigen 3tat)r^unbert§ im 23efi^e be§ ©tabtard^ibar§ Dr. ^Jlarimi=
lian 2c\-). @§ ift bieg un3tDetiei:^aft baffelbe S3ilb , tneld^eS fid^ je^t im Sefife
ber ©ebrüber ^. unb 51. Sedfer in S)eui befinbet. ©§ ift 0,66 gjleter 'i)oä) unb
0,54 breit, ©ematt lourbe e§ öon bem Slnttnerpener ^JJtater f^ranj ^ourbuö
bem 5(eltcren, ber öon 1540 — 80 lebte. S)n§ 9lelief in feinem S)entmal im
Sefuitenburc^gong ift nadf) einem im 3. 1583 aufgenommenen ^Porträt an=
gefertigt. 5Der f)äuftger öorlommenbe Äupferftid^ (SaifS ift eine (jopic biefe§
gtelief§. 33on ©ail'ä 17 ^inbern maren 5 ©ö^nc unb 2 Xöditer bor bem
S5ater geftorbcn. 3^oI)ann C^., ber am 6. Slpril 1555 in ßölnen geboren mar,
ftc^ audf) ber 3iui.'i§pi'uben3 getnibmet, feine ©tubien in 9tom unb Bologna gemac£)t
unb be§ 3}ater§ h)iffenf(^aftlid)e 5lrbeiten in einer Oteil^e fi^ä^enSmerf^er latei=
nifc£)er ®ebid)te öer^errüd^t I)atte, ftarb am 3. 3(prit 1583 in i?ötn. „(ä§ ftarb",
frf)rcibt .pernmun Heinsberg, „^Doctor (Saiten ©o'^n auf ber |)er3ogftra^e an
ber ^eft, mar aud) Doctor juris, ein guter gele'tirter ©efell."
Gelenii Farraginis t. 14 m*. 681. — Kölner Statl^SprotofoEe, —
|)ar^^eim, Bibl. Colon. — 3Bein§berg, ©ebenfbuc^, 33b. 2.
2. 6 n n e n.
@ail'§ litterarifc^er 'Jiu'^m, ber it)m ben ^amen be§ „beutfd^en ^^apinian"
eintrug, grünbet fid^ auf feine 2t)ätigfeit am 9tei(f)§fammetgeri(i)t , bereu miffen*
f(i)aftü(^e i5i'Hdf)t bie „Observationes practicae" maren, ein 3Berf, burdf) lDeIdf)e§
er neben SoadE)im ^^nfinger öon ^^runbec! jum 2Ritbegrünber ber i?ameral=
^uriSprubenj mürbe. 5£)a§ äöerf erfdE)ien unter bem 2;itel „Practicarum ob-
servationum tam ad processum judiciarium praesertim imperialis camerae quam
causarum decisiones pertinentium libri duo". Colon. 1578. ^ol. 'O^euc 3tuflagen
1580. 1581. 1586. ^ladE) be§ 33erfaffer§ Sobe finb bi§ jum ©d)luffebe§ 17. 3at)rt).
9 5Iu§gaben in Äöln unb Slmfterbam erfd)ienen; bonn ^öln 1721 mit3ufä^en;
enblid^ in „A. Gailii opera praestantiora cur. G. F. de Buinink". Colon.
1771. i^ot. 3lud§ eine utd)t unbebeutenbe Sitteratur ^at fid^ an ®air§ £!b=
feröationen angefd^toffen. @inc beutfdE)e Ueberfe^ung erfdjien üon 2ob. Sanciug.
.g)amburg 1601. 1663. f^^ol. Bearbeitungen: 6raniu§, Controversiae camerales
ad G. observat. .^elmft. 1601. 4". 33. @reüen , Practicae conclusiones
juris observat. Gailii respondentes. 1611. f^ot. ®. SIntonii b. ^5f^*eubcnberg,
Adversaria s. notae in G. observationes. 5Jtarb. 1629, 4". 3Ö. ©. a. $Bor=
berg , Horologium camerale Gailiorum. 5Jtainä 1649. 12"^. @. ^abticiuS,
Repetitiones Gailii. Giss. 1655. Colon. 1662. 1727. 4». ß. Q. SljIIiug,
Annotationes etc. in G, observationes. 1694. Francof. 1713. 4". S)ie bciben
le^tgenannten ©d^riften flnben fi(^ auä) in Gailii Opera praestantiora. S)ie
©oiüngen. 311
CBferöationen finb, toie bev^tame fagt, „SSeobac^tungcn" ber fammexgeiiditlic^en
^u-ari§. 9tc(i)t§ii-agen, trelcfie bem Äammetgenc^t öovgclegen tjobm, werben
eröttext, i^re ©ntfc^eibung mitget^eitt unb begtünbct. 5}on ben ^i)nfinger"i(f)en
Cbferöationen, tt)e(d)e jcfjon l-i ^aijxe irü^er unb feitbem in me'^reren Stuifagen
etjd)ienm toaren, unteiidieiben ficE) bie (Sairj(i)en tf)ett§ buvci) bie Stnorbnung
narf) ^Jlaterien (lib. 1 ^^^roce^, lib. 2 Sontracte unb le^twillige 9^ei-fügungen),
t^eil§ huxä) bie breitere S5et)anbtung, rveiä^e ficf) ber f)erfömmticf)en "iJJtetfiobe ber
Italiener me^r anjdiüe^t. 2U§ 5)tt)nfinger im ^. 1584 feine Dbjerbationen mit
einer fecf)§ten Gfnturie öerme!)rt neu I)crau§ga!6 , erfannte er ®ai('§ 3}erbienfte,
namentlich) bie beffere Drbnung unb ben „Stilus pinguior" bereitmiüig an, er be=
fdltüerte ficE) iebocf) nic^t o'^ne ©runb barüber, ba^ @5. ba§ 2öer! jeincä S5or=
gängers, ba§ er metirfac^ benufet ijobi, gänjUc^ mit ©tiEf(^tDeigen übergetie; ba§
fei gegen bie gute litterarijd^e ©itte. @. ermiberte barauf in ber Sluigabe üon
1586, ba^ er 5Ji^nfinger nid)t benu^t, jonbcrn nur au§ gcmeinfamer Duelle
gefc^öplt t)üle; 5Jtt)nfinger bagegen i)a^e jür bie fec^Ste genturie it)n auggebeutet
unb nur, um e§ ju öetftecien , \\ä) auf ältere fammergerid)tli(f)e Urtt)ei(e berufen.
2lbgefet)en öon biefer gepffigen ^nfinuation, toclc^e ^tinfinger bem &. mo^t mit
größerem Oiec^t "^ätte gurücfgeben fönnen, ift bie ^otemif in bur(f)au§ toürbigem
2;Dne getialten; bie beiben (Begner überlebten fie nur fur^e 36it- 3Ba§ firf)
3toifrf)en fie gefteHt unb ®. bemogen ^aben mocf)te 5)t^nfinger'§ 2Berf ju ignoriren,
toar tDot nic^t perfönlid^e Ütiüalität, noc^ eine tiefere toiffenfc^aftlii^e Sifferenj,
fonbern bie firdilidie ©egnerfc^aft unb bie bamit in S^erbinbung fte^enbe S3er=
f(^iebeni§eit i't)rer SSejie'^ungen jum 3lei(^§fammergerirf)t. ^Jiacfibem ^Qnfinger 1563
feine Obferbationen publicirt §atte, moHte ba§ Äammergeri(i)t i^n a(§ braun=
fc§tDeigif(i)en S)eputirten jur SSifitation nictit julaffen, meil er gegen ben (Sib,
ben er feiner geit ati 33eifi^er gefi^tnoren, bie „^eimli(i)feit" be§ ®eric^t§ burc^
fein SBerf gebrocfien 'tiabe. 3^ar :^atten bie ^roteftationen feinen ßrfotg ; allein
bie Slerftimmung be§ in feiner ^l^lajorität fat^olifd) gefinnten ®eric^t5f)ofe§ gegen
'!nit)nfinger, ben ^iroteftantifclien Äanäter be§ .^eräogf^umS Sraunfd)tt)eig=SffiDlien=
büttel, mirb geblieben fein. 2ll§ bagegen @. im % 1578 mit einem gleichen
äöerfe in bie Deffentlid^feit trat, mar bon jenem S^ormurfe nicl)t bie 5Rebe, met=
me§r beeilten fiel) bie 5)titglieber be§ ^ammergeri($t§ in einem viritim unter=
.jeic^nete-n (5cl)reiben i^m, bem ftreng. fat^oliftfien einflu§reicl)cn ^Jtanne am ^ofe
9tubolf IL, S)anf unb 5lnerfennung au§äuf|)re($en. (Je ift ben fpäteren 2Iue=
gaben ber Cbferoationen öorgebrucft. ^n ber ©efc^ii^te ber Sßiffenfc^aft unb
iprari§ ftel^en bie 2Ber!e SBeiber gleicl)lDertf)ig nebencinanber unb ^aben le^tere
jtüci :3fa^rf)unberte lang inefentlirf) mit beftimmt. — SÖir befi^en bon ®. nod) brei
umfänglid)e3lb'l)anblungen(Tractatus), 1. „De pace publica libriir'; 2. „De pigno-
rationibus", 3. „De manum iujectionibns , impeclimentis sive arrestis Imperii".
S^ie beiben erften erfcl)ienen al§ 3lnl)änge äu ben Dbferbationen f(^on mit ber erften
3lu§gabe 1578; ber britte Sractat ift ber bierten 5tu§gabe 1586 beigefügt.
Slnbere (5cf)riften üon ®. finb nic^t befannt unb bie „Opera praestantiora",
Colon. 1771 i^ol. entfialten au^er ben Dbferöationen unb ben baju ge'^örigen
©(^riften bon f^Q'^i^iciuS unb 2:^t)tliu§ nur norf) biefe bret 2ractatu§.
©tin^ing.
©Qililigcn: gp^elein ö. &., ein mit ber ®ef(^icf)te ber Stabt ^iüinberg
oerfnütjfter unb burrf) Sieb unb (Sage öielfacl) gefeierter 9titter unb SSegelagerer
be§ 14. Sa^r^unbertS. (geboren um 1310, befa^ er au^er feinem (5tamm=
fc^loffc (Sailing in ber Ttä^e ütof^enburgg an ber Zauber, nodl) mefirete anbere
ißurgen, toie 2;ramet)fel (S)ramau§) im 33ambergif(i)en unb SBalb untoeit
(Sunäen^aufen. 9ta($ ber ©Ute ber bamaligen 3"t nährte fiel) aud) (S., beffen
3}ornomc aucf) al§ „5lpel" (3t|)ononiu§), „(Jp^ela", „Sleplein", „(Sffelein" unb
312 ©oiüorb.
bid^tertfcf) „Slpotto" eiidCieint, au§ bent Stegreif, t)iclt 3at)lmd)e ßncd)te unb
unternal^m mit anbeven geifern öom ii-änfi|d)en 3lbel, tüctdie, 18 an bei 3^1^)1^
ba§ ^lürnberger 3ld)tt)uc^ aui^ä'fiÜ (Söalbau 216), 'iRaubjüge naä) hm 9teid)ö=
ftäbten 9iot!§enl6urg, äöeiffenBurg unb 2öinböt)eim unb f(i)leppte beren ^Bürger unb
Untert^anen in bie 6)efangenjd)a|t. 5laci) allen ©rjä'filungen unb UeberUejeiungen
max er febod) ber größte geinb ber ^^ürnberger, weil biefe mel^rere feiner ^reunbe
aufge'^ofien unb l^ingeric^tct Ijatten unb öermutl^lid) aud), tneit bei ben S5e=
Ujol^nern biejer ©tabt unb tt)re§ (Gebietes am meiften 3u i)oten tcar, unb nod^
je^t finb bie alten Üteime nii^t öergeffcn: „6p))ela föaita öon S)ramau§, 9teit
alläeit 3um bierjclit an^" unb „S)a reit ber ^türnberger ^tinh au§, (Sppela
Öaita öon S)ramau§". 6nbli(^ ttiurbe er 1381 hei einem bicfer Staubjüge ju
5ßoftbauer gefangen unb nad) 9ieumar! in bie Oberpfalj gebrad^t, too il)m bie
(Stäbte 9lürnberg, 9tDtt)enburg, Söeiffenburg unb 3Binb§^cim furzen ^roce^
mad^ten unb il)n nebft jtoei gtittern öon Serntieim, beren einer fein (5d)n3ieger=
fo^n toar, bafelbft mit bem 9tabe Ijinriditen tiefen. (S. felbft ftjar bamals faft
70 S^a'^re alt. S)a^ er inbeffen ^u 91ürnberg unb jtoar auf bem Ülabenfteinc
geenbet ^abe, ift unl)iftorifd). Slber nic^t fotnol burd^ fein Ütaubritterf^um, al§
weit mel^r burct) feinen ^JJtut^, feine (Sntfd)loffenl)eit unb ganj befonberS burd)
feine SJerWegenl^eit unb 3;ollfül)n'^eit im Gleiten, bie it)re§ @leid)en nid)t l^atte,
unb bie aüerbing§ , toenn fic glüdte, SSemunberung unb (Jrftaunen, fomie auf
feiner ©eite t)öl§nenben ©pott gegen bie il^n üerfolgenben f^cinbe erregte, mad)te
fid^ @. bei feinen 3Eitgenoffen unb faft bi§ auf ben l^eutigen 2ag einen ^tarnen.
Unter biefen in Sieb unb ©age gefeierten 9ieiterfün[ten werben befonber§ fein
©prung in ben 9Jiain öon einem ^ol^en i^-d\m t)erab ,^wifd)en iJarlftabt unb
SBürjburg unb fein Suftfprung über ben 5lürnberger ©tabtgraben erwä'^nt. 5Die
erftere ©teile Würbe burc^ ein ©tcinfreuj be,^eid)nct unb blieb ^al)rl)unberte burd^
ein ©egenftanb ber SSerWunberung ber SJorüber^icl^enben unb bie Sf^at felbft
Würbe fpäter öon 3fol)ann Sorid) öon <g)abamar in feinem ,,Hodoeporicon",
Waxp. 1541, lateinifd), fowie ber le^tere ©prung in einem bcutfdl)en 33olf§=
liebe (2lug§burg um 1500) befungen, ba§ mit ben 9teimen fd§lieBt: „S)arnad()
filierten fie jn auff ben 9tabenftein, SjRan legt j^m ben i?obff jwifdjen bie Sein."
(iine 3uffl^i^6nftcEung ber Soften, Weld£)e 9Zürnberg für feinen Zl)dl auf bie
©efangenne^mung, ben -ißroce^ unb bie ipinrid^tung (äppelein§ unb feiner ©pie^=
gefeiten ju öerWenben l^atte, ftel)t abgebrudt au§ bem 5lürnberger 3lr(^iüe au§
bem ^. 1381 im Slnjeiger für bie Äunbe ber beutfd^en Sßoräeit 1860, ©. 237
bi§ 238.
®. e. aöalbau, 33et)tr. 3ur @cfd§. b. ©tabt giürnberg I, ©. 208-234
unb baju II, ©. 154 ff. ^Injeiger 1854, ©. 229, wofelbft aud^ bie Sitte=
ratur öeraeicEinet ift. ö. Siliencron, ^iftor. 3}olf§lieber I, ©. 92 ff. ©oebefe,
(Sr. I, ©. 253. 269. SöeEer, 3lnnalen I, ©. 248. 3lb. ö. Äeüer, gaft=
nadl)tfpiele 1473. grancC.
©Oillarb: ßarl &., ©d^riftfteEer, geb. in 5pot§bam am 13. ^an. 1813,
t am 10. San. 1851. 2luf einem ^Berliner @l)mnafium öorgebilbet, trat er
mit 16 Sauren aU Sel)rling in bie 61§altier'fcl)e 58ud)l^anblung in ^Berlin, beren
^Jtitin^ber er fpäter Warb. 3u9l^eid) fül)rte er öon 1844—47 bie 9tebaction
ber „^Berliner SJlufüjeitung" unb e§ erfd£)ienen öon il)m bie 3;rauerfpiele „£)t=
taöio ©alfagna" (1844), „2;^oma§ Slnieüo" (1845) unb „6ola ütienji" (1846).
5ll§ St)ri!er mad£)te er fidl) einen Flamen burd) bie mit ^pi^il. Kaufmann ^erau§=
gegebenen „S)ombaulieber" unb feine „Silber au§ S^fdierleffien". ©eit 1848
na'^m i^n ba§ öffentlid^e Seben gan^ in Slnfprud^; er warb ©tabtöerorbneter
unb :^at namentlidi) in ber 3lu§Wanberung§frage eine ad^tungSWerf^e S'^ätigleit
©aiRma^r. 313
entfaltet. S)a^in gel^ört jeine©d)nft: „2Bie unb roo'^in" unb treffüd^e 3(uT]ä^c
„Ueber ßolonifation" im ^Tcagajin iür bie Sitteratur be§ 9lu5lanbe§. 6in 33ru[t=
leiben iü{)i:te feinen Trügen 2ob l^erbei.
dl. Dlefrol. Sa^VQ. XXIX, 1851, <B. 92 ff. ö. ß.
Oai^niQljr: "Sliä^atl ©., ein .ßnappenfof)n au§ Sterjing in 2ivot, ber
al§ ©d)m6er be§ 8anbe§t)au|3tmanne§ , bann ©ecretdr be§ 33ifc^ofö öon Sriren,
3ule^t al§ 3DÜeinne§mer in ^laufen, fid^ eine genaue Äenntni^ ber Öanbe§üer=
^ältniffe evtoorben l^atte unb 1525 an bie (Spi^e bee „5ßauernre!6eII§" in 2iroI
trat. 6r war ein 5Jtann öon großer Älug]§eit unb rafttofer 3:"^ätigfeit, ber fid)
inbe^ lange jurücffiiett unb im ©titten teirfte, tod^renb feine ©efinnungsgenoffen
um fo fü£)ner roaren. 5Der '^lufftanb ^xad) am 10. 'dUlai in ber ©labt 33riren
au§, als 5t>eter ^^sa^ler, ein „3tbfager unfereS @(auBen§" auf ben 9ti(^tp(a^ I)in=
au§gefü]§rt Serben foEte unb gab ficf) in ber ^^(ünberung ber Sirirener ^^farr=
unb 3lbel5f)äufer !unb. S3on ba jogen bie 35auern nod) an bemfelben 5(benb
tior ba§ Älofter D^euftift, tt)etcf)e§ nur bie fluge 6ntf(i)Ioffen'^eit be§ bortigen
.g)OTricj§ter§ Äird)mair öor bem ärgften ©c^itifal bema^rte. 5Im näcf)[ten 2;age
»aalten bie 2luiftänbifc£)en @. jum Cberften. Unb nun üerbreitete fic^ bie ®m=
pörung ba(b über ba§ ganje Sanb. '^liren unb öiele ©(i)löffer unb ©tüter
:^atten bie 2lufftänbifd)en befe^t. Sn ber fürftlict)en Surg lag 6. fetbft mit
200 Äned^ten unb regierte öon ^ier au§ im ^efi^e eine§ aufgefunbenen (5itber=
fc£)a^e§. 6rft al§ in lyolge ber auf bem Sanbtagc ju ^nn^bruc! gefaxten 35e=
fdjlüffe (Srä'^erjog ^yerbinanb bie 9}ertt)altung be§ ©tiftes SSrijen an fic^ 30g,
legten bie Sauern in biefer @egenb bie SBaffen nieber unb nun wagten aud§ ©.
unb feine .^auptleute feinen toeiteren Söiberftanb. ©ie legten i^re ©teEen nieber
unb erfterer folgte einer 3}orlabung nact) ^nn^brucf. S)a aber bie f^^in^^e i>eg
9lufrul)r§ um Orient im Dlon» unb ©uljberge unb im 33alfugan fortloberte,
flol^ @. miber feine 3ufage au§ ^nnSbrud unb ftad)elte bie Sauern ju fort=
gefegtem Söiberftanbe auf. 5ll§ enblic^ aucl) ^ier bie 9tul)e mit äöaffengewalt
crjlDungen tourbe, entrann ®. nad) i^löfterlein in ber ©ditoeij, o^ne inbeffen
feine ^läne aufzugeben, öielmel)r gebadite er öon ber ©(^raeij au§ 2irol ju
erobern. S^ biefem ^tveät trat er mit ben SSenetianern unb gran^ofen in
Unter^anblung. Slber bie biptomatifdfien fünfte führten i^n ju langfam an«
3iel. -6r befc£|lo^, öertrauenb auf feine jalilreicfien 3ln^änger in allen Sanbe§=
t^eiten mit mel)reren Sauern au§ ^^rätigau unb bem ©(f)Wäbifc£)en nod^ im
grül^ling 1526 in xirol ein^ufatten. Sn einem öorau§gef(f)icften Slufrufe fprad)
er in 28 Slrtifeln feine gorberungen au§ , tDel(f)e toeiter aufgriffen al§ bie ber
Sauern, inbem er eine neue gefellfc^aftli(^e unb potitifcl)e Drbnung, bie 3tb=
f(^affung ber ©täube unb ber ^riefter§errfd)aft, bie @rrict)tung eineg Solf§ftaatö
in 9lu§fid)t ftettte. S)ie gtingmauern ber ©tobte unb ©ctilöffer foEten gebrochen,
nur offene glecEen gebulbet toerben, bie Silbftöcfe unb frommen g-elbjeidtjen öer=
fd)minben. 2BaIlfal)rten unb 5Jleffe ^ören auf. S)ie ©emeinben wät)len il)re
^Jtid)ter unb 5l5farrer. S)ie neue ütegierung nimmt i^ren ©i^ in Sxiren, »0
aud) eine .^ocfifc^ule für bie neue Se^re gegrünbet Wirb, lieber bie Sauernlaften
öerfügt bie „gemeine" Sanbf^aft. Sie 3öEe im i^nnern merben abgef(i)afft.
S)er S^fjtnt bient jur Unter'^altung ber ^fai-rer unb Slrmen. S)ie ^aufmann=
fc^aften werben abgefdE)afft, ein oberfter i^actor foll für ba« Sanb ben Sergbau
leiten, bai örträgniB öertcc^nen. gür attei Äauf= unb ©cwerbmefen Wirb ein
eigener Slmtmann beftettt. 3lu§ ben ©ütern ber öertriebenen ßbelleute u. bgl.
beftreitet man bie ßr^altung ber '^flemter unb @eiic£)t§foften; nur in befonberer
'Diot^ wirb ein 3^i^§^fennig er'^oben. S)en ^Jtangel an ©etreibe wottte @. burd)
9lu§tro(Inung ber ©ümpfe jtoifdien ^.Heran unb Orient, Wie burct) 3ufu^i-" aus
ber Sombarbei becfen. — S)o($ ber 5plan f(f)lug aud^ bie§mal fcl^l. S)ie Sriefc,
314 ©atama.
bie er mit jeinem Sruber <^an§ loecCifeltc, tüurben aufgeiangen unb al§ er 6nbe
2lpril feine Stn^änger ju einer 9}eiiammlung naä} Srogen befc^ieb , würben bie
meiften berfelben im Sluitrage be§ Srjtierjogä g^erbinanb gefangen genommen.
@r felbft entrann nur mit 'üoit) bem gleichen Soofe, 9l6cr ®. lief; au(^ ie^t
noä) nic^t feinen 5ptan fal^ren. 2Ba§ öon SÖeften t)er nid)t gelingen tooltte,
Oerfu(i)te er im Often auszuführen. @r 30g ben ©aljburger Sauern, bie fid)
Wiber if)ren @rjBifd)of ert)oben fiatten, mit brei f^ä^nlein ju ^ülfe unb tüurbe
Balb i^r 9lnfüf)rer. ^2ll§ bie ©atäburger Sauern auf§ |)au^t gefc^Iagen maren,
fül^rte er ben 9teft, bei 1600 ^ann, üBer ben Oiaurifer dauern nac^ 2;irol.
2116er er fanb ba§ Aufgebot an ber ©tfrf) fc^on in Sereitfct)aft unb mu^te, ha
au(^ (Seorg ö. ^^'i'unbSBerg gegen it)n ^eran^og , ben Soben 2:iroI§ toieber t)er=
laffen. Cbgteict) unau§gefe^t berfolgt, erreid)te ©. gtücEIi($ ba§ öenetianifcfie
@ei)iet, mo er mit feinen ©d)aaren nid)t nur eine gute 3lufnal^me fanb, fonbern
auäj einen fo reichen S<i^^'gef)alt befam, ba^ er fic^ bei ^abua ein Sanbgut
faufen unb „glän,^enb mie ein (iarbinal" leben fonntc. — Salb fottte er aud^
■^ier eine widitige 9toIte fpicien. S)enn ba bie 9tepubliE Senebig \iä) bem Sünb=
niffe öon ßognac (1526) gegen ben ^aifer angefd)ioffen ^atte, fo l^offte ©., ba^
e§ ii)m. mit ^ülfe fcner (Staaten gelingen werbe , über ben 5Zon§berg in Slirol
cin= unb big ©aljburg Dor^ubringen. ©od) ging biefe ©efa^r für Slirol in
f^olge be§ ^^riebenS bon ßambrat) (1529) öorüber. ®. manbte fid) nunmelir
neuerbing§ nad) ber ©ditoeij, um öon l)ier au§ bie 3lu§fül)rung feine§ einftigen
^$lane§ nod)mal§ ju öerfud)en. Sei ber (Erbitterung, bie bamalS unter ben prote^
ftantifd) geworbenen J?antonen gegen ^^^erbinonb tjcrrfc^te, weil er ben fünf
fatl)olif(^en gegen fie Sciftanb öerfprodien, würbe ber unermüblid)e Otebolutionär
fein Sor'^aben enblic^ bod) '^aben ausführen fönnen. Wenn nid)t fpanifd^e ^IReud^el=
mörber, burd) ben 5prei§, ben man auf feinen ^opf gefegt, angelodt, im ^ai)xz
1530 feinem Seben ein 6nbe gemad)t t)ätten.
Sgl. ®. .^ird)mair, S)en!würbigfeiten (Font. r. Austr. I, 473 ff.). —
©reuter, S)ie Urfad^en unb bie ©ntwirflung be§ Sauernaufftanbe§ im S- 1525
mit öor^üglidjer 9iüdfid)t auf 2:irol. Snn§br. (St)mnaf . = ^^rogr. 1856. —
gr. (5d)Wf^ger'§ 6l)roni! ber ©tabt ^att (f)r§g. öon S). (Sd)ünt)err, Snn§=
brud 1867), ©. 87. — %^. gj^air^^ofer, Srijen unb feine Umgebung in ber
9leformation§periobe. Srijen 1862 (®t)mnaf.=5progr.), ©. 18 ff. — S- @gger,
(Sefd^ic^te 2irol§, II. Sb., ©. 89 ff. — ©. 9tuf, im 5lrc^iö für (Sefd)id)te
unb 2lltert^um§funbe 2irol§, III. Sa^rg., ^nnSbrud 1866, @. 353 ff.
ö. 3eiBberg.
®alaina: ©jeerp ©., friefifc^er (ibelmann, geb. 1528 au§ einem alten
6lef(^led)t, ba§ fd)on im 12. ^a'^rljunbert genannt Wirb, unb beffen bamaligeS
^aupt &aU ^a,e^ &., Wie erjäljlt Wirb, bem ©rafcn glorenS II. öon ^oHanb
feine ^agben in ben friefifd)en Sßälbern ftreitig mad)te, Wäljrenb e§ fpäter unter
ben Set!oot)er§ eine einflu|reid)e 9toIle fpielte. ®. war ein eifriger ^Patriot,
ein .g)aupt ber Opbofition in Söeftergoo wä^renb ber 2Birren be§ ^. 1566 unb
wie fein Sruber Apartman, ber e§ 1568 mit feinem <^au^3te bü|en mu^te, 3Jlit=
gtieb be§ gompromi^. 5Da§ nädjfte ^at)x au§ bem ßanbe geflüd)tet, naf)m er
%t)til an be§ (Srafen 2ubwig§ öon ^flaffau Unternel)men in ©röningen unb ent=
fam au§ ber i^emgummer (5d)lad)t 1568. S)ie§ I)ielt il)n jeboc^ nid)t ab, mit
S)uco 5Jtartena (f. b.) im ^. 1572 ben angeblid)en ^lufftanb in g^rieSlonb ju
leiten; Wieberum entfam er mit Seben§gefa!§r nad^ 6mben. 1577 jurüdgefel^rt,
l^atte er al§ ©rietman (ipaupt einer (Srietent), Serbinbung mel^rerer Dörfer) unb
5!Jtitglieb ber Seputirten Staaten be§ 9legicrung§au§f(^uffe§ ber Staaten, nament=
li(^ am gintritt feiner ^roöiuä in bie Utredjter Union Slnf^eit. Salb nac^^er,
1581, ift er geftorbcn.
Sgl. Te Water, Verbond der Edelen, Sb. II. ^. 2. «Ulütler.
&aü. 315
©flu: f5fvan3 ^ojepl^ @., ber 3}ater bcr 5|3f)reno(ogie, geb. am 9. ^DOflärj
1758 3u itiefenbrunn , einem S)orie im Cberamt ^^^jov^^eim {bah. 5}titteU'f)ein=
freiS) , t 3U ^ontrouge Bei ^an§ am 22. 3lug. 1828, mar ber ©o'^n eine§
ÄaufmanneS, ber ber tomBarbif(i)en f^amilie (Sallo entj'tammt fein foE. Gr
ftubirte 5!Jlebicin in ©traPurg unb feit 1781 in SBien, mo inSBefonbere öan
©mieten unb ©tott feine Se^rer maren. ^n 2Bien Begann er auc^, nadjbem er
1785 bie Soctormürbe erlangt, bie är^tlidie ^raji§, 91eBen biefer Befd^öftigte
er fid^ fleißig mit anatomifct)en Untetfud^ungen be§ ^rLerBenft)ftem§ unb jmar
bor3ug§meife be§ (Se^irn§. S)iefeIBen follten i^m für bie Socatifirung ber Der=
f(^iebenen ©e'^irnt'^ätigteiten eine fixiere ©runblage üerfd)affen. 5ܧ er fic^
barin getäufctjt fa^, fucE)te er feinen 3wect auf anberc SBeife ju errei(f)en: Bon
ber S5oraugfe|ung auSgel^enb , ba^ jmifdfien ben öerfd)iebenen Sleu^erungen be§
@eifte§tiermögen§ unb gemiffen aliquoten (Se^irnt^eiten ein foIibarifct)e§ S5er^ätt=
m% Beftef)e unb baffetBe auc^ jur räumlichen @rfd)einung fommen muffe, fteEte
er Bergleid)enbe f^orfc^ungen mit ber äußeren 5Dccfe be§ @e^trn§, bem ©d^äbcl,
an. S)ie ©rgeBniffe biefer 3^orf(^ungen Bitbeten ben ©egenftanb jener SSorträge,
bie er 1796 in 2Bien 3U galten anfing unb bie feinen '"3iamen in gauj Suropa
Be!annt maditen, um fo me^r, al§ fie narf) einiger 3eit wegen ber materialifti=
fd)en 9tid§tung ber (5dt)äberie|re öerBoten mürben; fpäter erfolgte menigftenS eine
t^eitmeife 3luf§eBung biefe§ 9}erBot§, — ba§ gro^e ^puBlicum BlieB au§gefc£)loffen.
1805 tierlie^ @. SBien unb Befuc^te pnäc^ft bie größeren ©täbte, Be^m. llni=
oerfität§orte 2)eutf(^tanb§ , um l)ier gleidt)fall§ 3)orlefungen üBcr feine Se^re ju
galten; baBei öerftanb er fict) öortrefflic^ barauf, burdj eine getoiffe ^JlaiDetüt be§
3tuebrucf§ , burc^ 5Jlitt§ei(ung einer 'ÜJlenge merfmürbiger r^äUt unb 3lnefboten,
fomie burd^ ha^ SJorieigen Bon ©diäbeln unb @t)B§aBgüffen au§ feiner ©amm=
lung ha^ ^ntereffe ber gu^ver ju feffeln. S>er ©inbruii, ben 3. 33. |)ufetanb
üon ©. al§ einem „unBefangenen , Bon jeber S^arlatanerie , Unlüa^r!§eit ober
tranScenbentelten Sdtimärmerei meit entfernten, mit einem fettenen @rabe Bon
SeoBa(^tung§geift , ©d^arffinn unb ^nbuctionStalent BegaBten ^Dtann" empfing,
mar ber allgemeine, ^nbe^ fanb bie neue Se^re, bie in i^ren ©injeln^eiten
lieute al§ huxä) bie 6rfal)ntng toiberlegt anjufe^en ift, neBen 3al)lreid^en 3ln=
Rangern au(^ Balb ilire @egner. 51amentlidf) ftie^ @. auf eine ftarfe DBBofition,
al§ er \vi} 1807 in ^ari§ niebergelaffen ^atte. ©ort geftaltete fi(i) üBerbie§
fein 35er^ältni^ alg Braftifdt)er Slrjt ^u ben ßoHegen feljr unfreunblid^. 9}iete
ber legieren meigertcn fii^ , an einer (Jonfultation f^eil^unelimen, ju meldf)er ®.
jugejogen mürbe, unb ^mar nic£)t Blo§, meil er ein 3lu§länber mar; er öermieb
in ber 5prari§ nid£)t aäc^ , moburc^ er fid^ in ben ©(^ein eine§ ß^arlatanen
Bringen mufete; fo erfu"^ren 3. 33. feine 'Patienten ni(f)t, tüdäjt Slr^nei fie er=
!§ielten, benn jeber 5|3atient Befam öon i^m nur eine Beftimmte Plummer, mä^renb
ein StBof^efer, mit bem er fic^ BerBunben ^atte, bie numerirten Oteceptformeln
erl)ielt. 1819 mürbe ®. jmar al§ granjofe naturalifirt , bodt) BemarB er fid^
bann BergeBlic^ um feine 5lufnal)me in bie Stfabemie ber äöiffenfd^aften. 5lu(^
eine 1823 nai^ Sonbon unternommene 9teife führte nid)t ^u ben ermarteten @r=
folgen. 1825 jum SBittmer geworben (er §atte feine (Sattin fdt)on als ©tra§=
Burger ©tubent in einem ^Jläbc^en fennen gelernt, ba§ it)n toäljrenb einer f(^roeren
Äran!l)eit getreuüct) Bflegte), ^eirat^ete er alSBalb eine 5)ame, bie ii)m Bereits
12 ^al^re na^e geftanben. 5luf feinem ganbfi^e in ^Jlontrouge traf i§n am
3. 3lBxil 1828 ein ©dfitaganfaE ; ben folgen beffelBen erlag er. S)a| er in
feiner ©terBeftunbe ben S3eiftanb eineS @eiftli(^en aBle^nte, au(^ bie firdt)li($e
©infegnung feine§ Öeidt)nam§ unterfagte, Bringt man mit bem Umftanbe in 3)er=
Binbung, ba^ in 3ftom bie ©d[)riften @atC'§ auf ben ^nber öerBotener Sudler
gefegt morben Waren, ©eine 5Ru^eftätte fanb er auf bem '^^ere Sadtiaife, wo
316 ®aK.
biejelbe feit 1836 burcf; ein 16ejd)eibene§ S)en!mal Ibejeidinet lüirb. ©ein Äopf
übrigens, nad) ttietdEiem bei: mit ®. eng bejreunbcte Dr. gofjati auäj eine S)iagnofe
bei- eigenen ©eelenfväite @aE^§ gegeben fjat , !am in bie öon le^terem f)intex=
lafjene ©c^äbelfammlung , bie fpäter bem 5Jtufcum be§ ^parifer ^PflanjengartenS
einöerleiBt toorben ift. £>ie 3a'^I ber nnmittelbar bon @. felbft "^erauggegebenen
SBerfe ift nicfjt gro^. ©eine .g)aupttüerfc finb: „Recherclies sur le Systeme
nerveux en gönöral et sur celui du cerveau en particulier" (^lpan§ 180i>, 4 ^ ;
beutfcE) unter bem 3:itel: „Unterfui^ungen über bie SInatomie be§ 9terüenft)ftem§
im SlEgemeinen nnb be§ @el}irn§ inSbefonbere", 2 %f)U., 5|3ari§ nnb ©trapurg
1809 u. 12) unb „Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux en general
et du cerveau en particulier" (4 23be., 5ßari§ 1810 — 19, 4 ", mit einem 2ltta§
öon 100 tafeln; mo^Ifeile 2lu§gabe in 6 Dctat)=33änben o^ne 3ltlQ§, 1822—25).
2)a§ erftgenannte SBer! unb bie beiben erften33änbe be§ letzteren gab®. gemein=
f(i)aftlid^ mit ©pur5l)eim ^erau§, ber fid) \f)m fd)on in SBicn angefcf)toffen, il^n
auc§ auf feiner Oieife burd) S)eutfd)tanb unb nac^ ^^ari§ begleitet I;atte, 1813
aber fid) mit it)m ent^meite. Slu^er ben ongegebenen 2öerfen finb nod) (SaE'§
„^^'^ilofopl^ifdi^mebicinifc^e Hnterfuc^ungen über 9iatur unb .ßunft im franfen
unb gefunben 3uftanbe be§ ^Renfc^en" (1791. 1800) ju ermähnen, bie min=
beftenS l^öc^ft anregenb gemir!t !^aben. Sind) feine ^orfd^ungen über bie 5lna=
tomie unb 5^f)t)fioIogie bc§ @e^irn§ finb ätoeifelSo^ne für bie 2Biffenfd)aft ge=
minnbringenb gemefen, tnie fe^r man au(| bie 33ebeutung @att'§ feiner 3eit
überfd)ä^t f)at.
Ueber bie Duetten, mie über bie fct)r umfangreiche ßitteratnr, meiere
(Satt'§ ©d)äbel(e^re l^eröorgernfen ^at , unb näf)ere§ über bie Untere felbft
ftet)e 6rfd) unb @ruber"§ Mgemeine (Jncl)fto^äbie. — S3gl. aud^ S. ö.
2Qßuräba(^, iöiograt3l)ifd)e§ ßei'ifon be§ Äaifertf). Oefterreid).
©(^ramm = 5J^acbDnalb.
©all: .§ einrieb ßubtoig ßampert @., tnurbe geboren am 28. S)ecbr.
1790 äu ?llbent)0öen bei i^ülid) , f am 31. ^an. 1863 in Srier. S5on 1811
bis 13 mar er llntergcrid)t§fc^reiber in ßteöe unb S)üffetborf, meieren 2)ienft er
nac^ ber ©d)Iad)t öon l'eipjig mit einer (vommiSftette in ben Bureaux des
instructeurs aux revues im ©eneralftabe öon 5)tacbonaIb in ßteöe üertaufd)te;
nad)f)er mürbe er at§ (Seneralfecretär in ber öfterreid)ifd)=baierf(^en 9lbminiftra=
tionecommiffion p ßuremburg unb ßreupad) angefteüt, 1816 jum 9te=
gierungSfecretär in Syrier beförbert, too er fid^ toäf)renb ber Stl^euerung unb
«^ungergnof^ ber beiben ^JliBJa'^re 1816 unb 17 fet)r öerbient mad^te. Söon
je^t ab trat er aU Stedinifer auf. 1817 conftruirte er einen neuen S)ampfbrenn=
apparat, toeldier feiner SJorjügüi^feit "falber balb gro|e ^Verbreitung audt) au^er=
l^atb S)eutf(^Ianb§ fanb. Sind) ©aSbeleud^tung ridf)tcte er ein. 1818 mürbe er
Sommiffar einer 3Iu§manberung§gefettfc§aft in 33onn unb ging 1819 felbft nad§
9iorbamerifa , öon mo er aber bereits 1820 mieber 5urüdfel)rte. 1823 trat er
mieber in ©taatSbienfte, inbem er bie ©tellung eineS ^reiSfecretärS in Srier au=
nal^m. 1825 mürbe er in berfelben @igenfd^aft nad) 2Be^lar öerfe^t. 33on fe^t
ab befc^äftigte er fic^ mieber mit 2;ec^nologie. 6r erfanb 1826 bie berfd^loffene
(Bä^rnng hti ber äöeinbereitung mittelft @a§röl)ren , fomie einen 3lpparat jur
Sreftermeinbereitung , 1828 baS S3erfal§ren, bie überfc^üffige ©äure beg Slrefter^
toeinS burd^ äöaffer unb ^udtx ju befeitigen, 1831 einen S)ampfat))3arat jur
©rregung öon ©d)mei^ bei 6l)olerafällen nnb ein ^Berfa^ren pr ©d^nettgerberei.
1834 öerlieB er S)eutfcf|lanb ; er menbete fidf) 3unäd)ft nac^ ©ali^ien unb ging
bon ba 1836 nad§ Ungarn, mo er auf bem ®utc beS SaronS @l)ittant) eine
SSerfudl)§= unb ße^ranftalt mit äöerfftätten jur Slnfertigung öon 33rennereiappa=
raten errid£)tete. 1839 trat er in bie S)ienfte beS SaronS @ötöö§ als £)ber=
(Satt. 317
injpectoi- ber lanbtüirtt)|(^aitlid)en ©etcerbe, in toelcficr (Sigenfd^oit n 1842 einen
Sam^ftüafc^a^iparat etfanb. 1849 fe^rte er toiebei; narf) %xin jurücE nnb
toibmete fid) öon je^t ab nur ber Sedinologie unb ©d)riit[tellerei. @r crfanb
einen iyutterbäm|}japparat, einen tranSportatjlen S)amt)|ev3euger jum Podien,
^Reinigen ber ^^äffer, 2öaj(i)en, raud)t)er3e!)renbe S)ampifefjelöTen. 1852 trat er
mit ber Qrfinbnng '^eröor, au§ fauren SBeinen angeneljme SBeine ^u Bereiten,
unb fertige geringe Sßeine burci) neu erregte ®äf)rung n)eyentli(f) p üerBefjern.
S)a§ SSerfal^ren öerbreitete fi(^ Öalb unter bem ^flauten „(SaÜifiren". SBä'^renb
e§ aber SieMg al§ eine toiciitige Srfinbung Bejeirfinete, tarn ber ©rfinber 6alb
al§ 3ßeinfäl|rf)er mit ben S3el)örben in ßonflict, bie gattifivten Söeine mürben,
namentlid^ in ber ^']ali, confiScirt unb megge|d)üttet. Snjotge beffen tici)tete
@. ein offenes ©enbfc£)reil6en an ben .^önig öon Saiern , in bem er ficf) über
ba§ 33eria'f)ren ber 33el^örben in ber ^ial^ Befi^merte , meit e§ bie 2öiffenf(^Qft
16eeinträ($tige unb ben Söol^lftanb ber SBeinBauer ft^äbige. ^]31ittlermeile f)atte
fic^ @. na<i) (Stuttgart Begeben. @r mürbe bafelbft megen jencö offenen ©enb=
f(^reil6en§ auf Üiequifition t^fät^er SSel^örben tier{)aftet, entflol^ aber 1857 au§
bem (Sefängniffe. ©eitbem leBte er in Srier, @. toar ein fe^r frudtitBarer
(S(i)riftfteIIer. @r fcf)rieB: „5Jleine 3lu§manberung unb meine öeimfe^r", 2 3Sbe.,
1822; „%cä)n\'\ä)^ ^ittfjeilungen au§ bem ©eBiete ber grfa|rungen", 2 ^5be.,
1824 — 31; „^mmermä'firenbe betreib elagerung, um jeber Ütotl^ be§ 5]langel§
unb be§ UeBerfluffeS auf immer borjuBeugen", 1825; „Einleitung 3ur (2l)ru)3=
unb 3uderBereitung au§ Kartoffeln", 1825; „UeBer bie SSerBefferung ber 2Beine,
ber OBftmeine unb be§ SSiere§ unb @r^öi)ung ber S3ranntmeinau§Beute au§
Sreftern", 1826; „Sie ^öranntto einBrennerei mittelft SBafferbömtjfen", 1880;
„^fleuer unb eigentpmlic£)er ®am}jfbeftillira|3parat", 1830; „Darlegung ber
9}or5Üge be§ patentirten S)am|)fBrennapparat§", 1831; „5lnmeifung 3um i^rud)t=
maifd)en mittelft 2Bafferbam|)T" 1832; „S)er (Satt'fc^e ober rl)einlänbifcl)e S^ampf=
brennap^jarat in feiner ^öc^ften 23ereinfa($ung", 1834; „Sßorfc^läge jur 6r=
ri(f)tung Bon 9Serfucl)§= unb ßel^ranftalten für bie lanbmirt^fd)aftli(^=te(|nifcl)en
©emerBe", 1835; „S}erfa!§ren, bie ©äfirungSgefä^e bauernb gegen Säuerung ju
f($ü^en", 1836; „S)ic Sampfmäfd^e", 1842; „S)ie Srennftoff fparenben S)am)3f=
erjeuger", 1850; ,/:^sra!tif(^e Einleitung, fid^ gute ÜJlittelmeine au§ unreifen S:rau=
ben unb bortrefflidie ül^^eintoeine au§ ben ^reftern 3U Bereiten", 2 |)efte, 1854;
„9ta(^ri(^t üBer mein SöeinBereitung§= unb Söeint)erebelung§öerfal)ren", 1854;
„S)ie g-üllflafc£)e unb bereu 3lnmenbung al§ fid)erfte§ ^Jtittel, bie 3lu§Bilbung ber
äöeine 3U Beförbern", 1854; „SBerBefferung Oon ©tuBenöfen, moburc^ an S3renn=
ftoff erfpart toirb", 1854; „Sarftellung be§ (5t)ftem§ Bon raudiBerael^renben
S)am|)fapparaten", 1855; „®e§ ^JHnifterg ßJrafen S^aptal unb Dr. (Satt'S
2BeinBereitung§met^obe bor bem @efe^", 1854; „Sie öortl^eil'^aftefte ^Jlct^obe
ber SßeinBereitung", 1859. Elu^erbem gaB er folgenbe ^eitfi^^'^ten l)erou§: „S)a§
gteuefte unb Ülü^lidifte", Srier 1850 ff.; „^^raltifd^e ^IJtitt^eilungen jur ^örbe--
rung ber lanbmirtf)f(iaftli(^en ©etoerBe", baf. 1856 ff.; „Stltgemeincr beutfd^er
SlelegrapV'. «Stuttgart 1856 ff. SöBe.
®aU: So f. Slnton (S., geB. 3u 2Beil in ©c^maBen am 27. Wax^ 1748,
t ol§ Sifc^of üon Sin3 am 18. i^uni 1807, legte feine ©tubien in SlugSBurg
unb ipeibelBerg aurüdl, trat fobann in ba§ Bifi^öflii^e ©eminar ju 33ru($fal,
tüurbe 1771 jum ^:tsricfter gemei:^t, unb begab fid) jmei ^a'^i'e fpöter nad) 233ien,
um fic^ mit ber Unterrid)t§met^obe be§ um ba§ !at^olifd)e 35olf§fd§ulmefen t)er=
btentcn ^rälaten t^-elbiger befannt 3U machen. S)urd) ^^etbiger cmpfol)len , er=
langte er bie ©teile eine§ Katecheten an ber Söiener ^Jtormalfc^ule unb erl)ielt
bie (äntlaffung au§ bem Q}erBanbe ber ©peierer ®iöcefe, meld)er er burd) feine
äöei^e ongef)örte. ^m S- 1778 mürbe er .^ofcaplan, 1779 ^^farrer ju «urg=
318 ©aUabc.
jd^leinilj; 1780 tourbe er toieber nad) 3Bien Berufen unb pm Dbcraujjel^er ber
nieberöfterreic^ild^en 3}olf§f(^uten beftem. S)te in ben ^. 1780—89 burd^gc-- ■
fü'^rten 9iejormen be§ ©d)ultr)efen§ rüt)ren Oon if)m l§er; er i[t im befonberen
aud) ber Urheber ber fogen. focratifd)en ßetjvnietl^obe im 3}Dlf§f(^ulunterrid)te,
tDetd)c er in einer Bejonberen ©(^rijt ben @eiftlid)en für ben 9leUgion§unterrid)t
empfal^l: „©ocrateä unter ben 6£)riften in ber ^^erfon eine§ SorjpiarrerS", 1784
(3 33änbd)en) Äaifer i^ofep"^ II. e^rte feine 3)crbienfte, inbem er i^n 1787 jum
Som^errn unb ©d)otafticu§ be§ 5JletropoIitancaBitel§ ju ©t. (5te))^an in 3Bien
unb in bem barauf folgenben ^üi)xe jum 33ifd)of öon 2\n^ ernannte; am
1. 5)iär5 1789 {)iett er feinen feierlid)cn ßin^ug in ber Singer .^atl)ebrale. %U
Jßifc^of erraarB er fid) burd) fein "^umoneS, lieBreic^eS SBefen unb feine grofee
äBot)It^ätigfeit bie allgemeine ßieBe unb 33eref)rung feiner ©iöcefanen; feine 5ür=
fovge für bie ©tabt in ben ^. 1800 unb 1805 jur 3eit ber feinblid)en (äinfäUe,
folüie Bei bem großen 23ranbe 1800 fiebern ifiin eine BlciBenbe (Erinnerung.
2Iud) nod) toä'^renb feiner Bifd)öflid)en 3tmt§tt)ätigfeit toar er al§ päbagogifdier
©c^riftfteller tl^ätig: „Einleitung jur ßrfenntniB unb 35erel^rung @otte§ für
Äinber auf bem ßanbe" (1794); neBftbem öeröffentlid)te er aud) mand)erlei
©d^riften erbaulidien unb moralifd)en SnlialteS. S)ie öon i^ni auf feinen
Bifd)öftid)en 33ifitation§reifen gel)altenen Stufprac^en unb 9teben mürben nad^
feinem 2obe gefammelt ^erauggegeben (1808). dt)arafteriftif(^ für feine S)enf=
art unb @efinnung§ric^tung ift fein 3^reunbfd)aft§berf)äÜni^ 3u 5)h ©ailer unb
fein ä}erl)atten gegen 5Jh 5)3oo§ (f. b.) 3um ßrBen feine§ 3eit(id)en 5iad)Iaffeö
fe^te er ba§ ßinjer ßtericalfeminar ein, meldf)c§ unter il)m nad) ber Sluftbfung
ber jofe|)l)inifd)en ©eneralfeminaricn in§ S)afein gerufen morbcn mar.
35gt. äöuräbac^, SSiograp^. Sej-., voce @att unb bie bafelBft angeführte
ßittevatur. 2Berner.
(önÜQbc: ^^eter @., ganonift, geB. am 4. ©ept. 1708 au ßör($en (nid^t
ßord) , mie 58aifer '^at) , trat in bie C^efeEfdEiaft ^e\\i, madf)te feine ©tubien in
|)eibelBerg unb ißamBerg, leierte anfänglid) im Orben§"t)aufe ju ^ol§l)eim, er=
langte in .^eibelBerg bie juriftifc^e Soctormürbc unb Befleibete bafelBft öon
1754—69 bie ^Profeffur be§ 5\ircf)enred)t§ , mürbe Ijierauf ülector be§ ^efuiten^
coIleg§ unb ber Uniberfitöt 3U 58amBerg öon 1769—72, [tarB am 29. ^JioöBr.
1780. @r t)at t^eit§ BearBeitet, t1)eiU BearBeiten unb unter feinem SSorfi^e öer=
tlieibigen laffen, eine lange Dtei'^e öon Siffertationen im 5lnfd)luffe an •QueEen=
ftellen au§ ben öerfd^iebenen ÖeBieten be§ canonifd£)cn 9tedf)t§, öon benen folgenbe
]^erborgel)oben merbcn mögen: „Diss. ad cap. Hadriaiius 22 1). 63 cet.", JpeibelB.
1755. 4. (neu in ©d^mibt, Thesaurus I. 252). „De capitulatione episcopo
Germaniae electo a suis electoribus proposita et jurejurando confirmata", ib.
1758. 4. (©d£)mibt II. 767). „Insolubile vinculum matrimonii a iidelibus con-
summati contra judaeos, veteres romanos et protestantes etiam in causa for-
nicationis jure nat. et evang. stabilitum.", ib. 1758. 4. „Vinculum matrim.
rati auctoritate eccl. aliquando solubile", ib. 1759. 4. „Christi ecclesiae po-
testas in infideles", ib. eod. „Praescriptio obligationis et actionis cum scien-
tiae juris alieni ad normam canonum examinata", ib. 1760. „Matriraonium
conditionatum", ib. 1761. 4. „De matrim. civiliter inaequali sine et cum
pacto morganatico", ib. 1764. 4. „De usu concordatorum Grermaniae apud
catholicos et acatholicos in imperio", ib. 1766. 4. „De juram. iidelitatis a
cath. clero saecularibus dominis praestando cet.", ib. 1767. 4. „De advo-
catis ecclesiasticis", ib. 1768. „De autonomia privata per leges imperii haud
tolerata contra J. H. Böhmer et alios.", ib. 1769. 4.
gjleufel. ^öd, ^^ant^eon ©p. 297. SSader, Bibl. des ecriyains de la
Compaguie de Jesus IV. 255. ö. ©dt)ulte.
©alla2. 319
®aUflÖ: Sodann SBenjet ©rar ö. &., ^^er^og bon Öucera, geB. am
2S.mai 1669, t am 25. 3uU 1719. ©eine (SÜern luaten ^ran,^ gerbinanb ©taf
@. (t 1697), ättefter ©o^ be§ im iolgenben %xtikl genannten 5Jiattf)iae Ö., au§
befjen jtoeiter 6^e mit Sorot^ea Slnna, ge6. ©räfin Sobron, unb ^o^anna
ßmerentia, geb. ©räftn (S5a|(^in=9tofenBerg. 6r empfing eine fe^t forgiältige, oon
^e^uiten geleitete ©vjietjung , burd) bie er fic^ bie tDeItmännijd)e ^itbung ber
üornefjmen ^ugenb feiner 3fit ^^ f)ofiem Örabe aneignete. f^rüf)3eitig 3u öffent=
lieber ©teEung gelangt unb in biptomatif(^en 5tngelegen^eiten mit Sluijeic^nung
öertt)enbet, erhielt er Balb natf) 5lu§bru(^ beS fpanifcfien (frbfo[gefriege§ bie
efienfo toictitige at§ fi^toierige 5Jliffion eine§ faifert. ©efanbtcn am cnglifd)cn
,^ofc. S)ie Bebeutfamcn S5erl^ anbiungen ber GaBinete äßien unb !^onbon in ben
!ritifcf)en S- 1704 — 7 gingen burd) feine öanb. ©eine bipIomatifct)e 6orrefpon=
benj au§ biefer 3ett ift jmar öor ^a^ren ttieber aufgefunben, leiber aber nod^
immer nid)t öeröffentlid^t ttjorben. ©ie toirb öon if)rem ^iuber als „öon ganj
au§ne't)menber 3Bid)tigfeit" be^eic^net , in§befonbere bie 6orrefponben,3 mit ben
faiferlidien 5Jliniftern unb ©efanbten , in erfter 2inie bem dürften ©alm, ^of=
fanjler ifaifer 5ofept)§ I., unb bem trafen 2Brati§Iam, 33orgänger bes ©rafen
@. im 2onboner @efanbtfd)aft§poften. i^^nen jur ©eite ftef)en bie fet)r tt)eit=
läufigen fenntni^reidien Serid)te be§ ©rafen ®. felbft. „©ie finb forgfättig
n ad) all' ben 9lotijen gearbeitet, bie über ©panien, ^>ortugaI, -öollanb in Son=
bon eintiefen unb finb, abgefe^en bon ben 5]litt^eitungen über ben Fortgang bc§
Krieges, aud) für bie ^enntni^ ber Stngelegenl^eiten 6ngtanb§ öon ^o^em ^n=
tereffe". S)od) f (feinen eben biefe Serict)te bee ©efanbten „nid)t ol^ne 53tit=
miriung feine§ gefd)idten ©ecretär§ '^^rimoli entftanben" 3u fein. 5n§ (S. im
Stuguft 1707 Sonbon PerlieB, tourbe ^rimoli bafetbft öertiaftet, o'^ne ba| bie
eigenttidie Urfac^e biefe§ 6reigniffe§ jemals aufgeflärt toorben toäre. 6. über=
nal^m im Januar 1708 ben nid§t minber anfe^nlic^en ^^often eine§ !aiferlid)en
(Sefanbten bei ber nieberrdnbifd)en Dtepubli! im §aag. ©et^S Monate fpäter
erlangte er ba§ 9lmt eineä £)berftlanbmatfd)alt§ be§ ^önigrei(^e§ Sötimen. S)em
folgten im SSerlaufe breier ^'ai)xt bie 9}erteii)ungen be§ @ef)eimratt)§titel§, be§
Drben§ be§ golbenen 3}Hefe§, eine§ tierjoglidien 2ct)en§ in 9teapel, ber SBürbe
eines fpanift^en ©rauben ic. ')laä) .^^aifer Sofep'^^ I. Xobe, tDä:§renb ber ge=
tjeimen ^yriebenSöer^anblungen 3ttifd)en gngtanb unb fyranfreid), fc^eint @. abet=
mal§ in Sonbon getoefen ju fein, „atttoo er", ttie eine fonft Perlä|lic§e Cuelte
mittfieilt, „ben betrug be§ legten ^JJlinifterii unter ber Königin 5tnnae 9tegie=
rung ^eittii^ entbedte, au(f) beelüegen biet Slerbru^ au§ftet)en mu^te unb im
^. 1711 (na^ Stnberen im S)ec. 1712) ba§ ^önigreic^ gngtanb gar öerüeB".
@etoi§ ift, ba^ er „bei ben englifd^en 2;orie§, fonbertid^ bem öarlei), . . . nid)t
mof)l geftanben". 5lad) 2(bf(^lu^ be§ Utre^ter griebenä ging @. at§ 33otf(^after
beim päpftUi^en ©tu^le nad) 9tom, too er im i^anuar 1714 eintraf. S)ie
^^tuSfic^t £efterrei(^§ auf ben ©rtoerb ber fpanifd^en '»^tebentönber in Italien gab
ber neuen ©tellung ®alla§' er^ö'^te Sebeutung. S)od) ift über feine 3:^ätigfcit
in 9tom nid)t biet me!§r befannt, al§ ba^ er bort, mie in !;3onbon, fit^ „burd§
feine präd)tige 3tuffü{)rung unb reb(id)e iBe^al^tung bei jebermann in gro^e
SIeftimation gefegt, ha"^ feiner aüba aud) toiber 2öitten be§ ipofe§ allzeit in
Sf)ren gebac^t tourbe". D^ne 3toeifel erttarb er fi^ aud) {)ier befonbere 9}er=
bienfte um ben ^aifer, ber i:§n im ^. 1719 mit ber ßtjarge eine§ S}icefömg§
unb @eneralcapitän§ be§ ^ijnigreic^es ^leapel au§jeid)nete. 5tm 4. ^uli b. S-
äog er feierlid) in ^ieapel ein; bod^ fc^on nad) menigen Sagen erfranfte er ba=
felbft unb ftarb im 50. i^aljre fcinei 5ltter§. ^tit ungetreuerem ^^runf, ben er
im Seben fel^r geliebt ^atte, mürbe am 28. ^nü 1719 feine 2eid)e in 51eapel
beftattet. — lieber ©alias' öffentlid)e 2:^ätigfeit mu$ ein ßnburtl)eil füglid^
320 &aüai.
big auv 9)cvi)ffcnttid)iinö fciiicö fd)viftlid)cn '•lirtd)(ajicö ücvfpavt mcibfii. 5U8
.^en- einer 'Jliijal)l auögcbcl)iiter ^;U-iüntbcfil3ungeii entl)iclt ex \\d) lmmi)c jebcr
CSinfIiif5iia()mc an] bie 'i^evumttiinrt , bie er, \\un övofeen ^Jind)tt)eite tür ffi"«
„lliitertljaneii", bcr imlicfdiviinfteii iDvnniun bcfd)vänftcr \.^eiitc iilievticfj. ©ein
©ülju elfter (Jl)e (mit "iWiaria i^üljannn, geb. Öhäfiii 2)ietrid)ftein), ^iauienä ^;U)i =
Upp 3(ojcpt), [tarb finberloö aU bcr S^eljtc feineö ©tammeö am 2:5. Wai
1757. ^Jtamc unb äUn-mögeit übergingen an beffen ^Jieffen, 0"l)ri[tian ^^i^ilipp
Sr'^vn. non 6tam, ©tanunlmter ber ?\-amilic (stam^ÖniHaä.
'i^t. (5. C^öfler, 3)ie biplomatifclic pDrrejpünbenj beS ©rafen ^o% 2Ö.
©attaS. .^atttuid), :;)ieii^enbcrg unb Umgebung.
.»p a 11 m i ä).
®nUn«: g)tattl)ia§ (S5raf (ÄJ., t 1047. — 2öie lum faft allen militäri=
}d)en ®rü§eu .^mciten ^Haugeö anä ber :^;cit beg breifeigjäl)rigen A{riege§, ^^u
ti)eld)eu &. säl)U, ift nud) Pon biefeö .»pelben .s^erfunit, gr,^iel)ung unb erften
^Slriegöttjaten 16igt)er nur lueuig il^erlä|3lid)eö befannt geiuorben. 3)ag ®efd)led)t
bcr (i^allag ,iäl)Itc im 15. unb 16. 3^at)rl)unbertc ]u beut nicbercn \!ct)eugabet
3nbicarien§, tue eö baS ©d)ti)^d}cn (sampn Pon bem (^üv[tbifd}üie Pon Orient
^n Mc\)en trug, ol)ne jemalö grüf^cre 'i^ebeutnug ,\n erlangen. ^!)Jhttt)iaö' Später,
^ancra^^ &. , [tarb nad) ;?r)jäl)rigen .Shieg<jbienften in (Vlm'i^fvn , Ungarn unb
Italien im ilhmge eineo l)eutigen '!)3hiior^ am i2'J. 3i"ti 1(U2, Wattliiaö 65.,
am 16. (September 15S4 (uia()rfd)einlid) in Irient) geboren, jotgte, angeblid)
„nadi mandjcrlei Stubentenfd)idfalen," glcid^fally bem 3üancnl)anbU)crf, 3unäd)ft
in fl"iniglid) jpanifdjen 2^ienften in (Vlanbcrn unb (feit 161G) in Litauen. S)cr
Söeginn be<J brcifjigiäbrigen .ft'riege'f' raub il)n ^^u 9iiPa al8 .Ipauptmauu unb
Cunnmanbanten biefer ^iNcfte , in Uicldier juft am 30. ^Jiärj 1618 3it»t)anu
'anbringen Pon bem er,^I)er,uiglidKn „ A-elboberften in iirDl" 3ol)ann Oiauben,^
ivrciljcrru Hon 'Ilhibrn.vu ebcntan<$ ,^um .vpauptmann beförbert tinirbc. .pier in
Oiiim traten fid) (^). unb ber jUngere "Jllbringen (über meld)en mir l)ier auf urfunb»
lid)cr (Mrunblage ,^u ber im erften 'i^anbe eutl)altcncn i^iograpl)ic bcrid)tigenbe unb
ergän.u'nbe 'Eingaben nad)ptragen gcnötl)igt finb)*tüol jum erften ''33talc nätjcr,
um fpäter V\i \\{ beö 0inen lobe burd) ein in meT)r alö einer 33e,vel)nng mcif=
mürbig übereinftimmcnbeö <£d)idial nerbnnben ^u bleiben. 3iOt)auu ^Hlbringen
mar am 10. Siecbr. 1588 (nid)t 15'.»!) ,yi liebenbofen im luremburger \?anbe,
ber A^eimatl) ber -ilHinonen, alö ber 8ol)n einer, menngleid) nid)t permüg=
lid)eu, bod) angefel)enen, eblen (Vamilie geboren. ''Jiadjbeni er, mie eö bie 8ittc bcr
bamaligen :>eit mit fiel) brad)te, aXi ber '^Uigc irgenb einesj Dornol)men .^lerrn (feineö=
meg^ alö „S)ieuer" ober „ii3aguaig") größere 'Keifen burd) [s-ranfreid), ;^talicn unb
bie 'Oiieberlanbe unternommen unb fobann bie Unilierfitiit "Iniriö befud)t l)atte,
war er fd)ou 1606, mie Q^., aU „iDoppelfölbner" einer „abeligen ^Ifottc" in fpa=
nifd)e '3)icnfte getreten unb fünf ,'jal)re fpäter alö „(\-äl)nbrid)" nad) ;;^talien ge=
fommen. ^S- unb 'anbringen eilten nun, unmittelbar nad) bem "^Uager fyenftcr"
ftur3e, fid) gegen bie [s-einbe beö Afaiferö unb ber fatl)oUfd)en 'L^iga un'rben 3U
laffen. %n iluilfditiroter mie ber Söallone fanben bie beftc '^(ufnal)mc, jcncv
unter ligiftifd)er (Val)ue, biefer im faiferlid)eu .Speere. 3i)ieberI)oU mirb in beu
nielen blutigen (^Uied)ten unb (Sd)lad)tcn ber näd)ftfDtgenben 3iat)re ber ^Jlamen
beiber mit ',Muö,^eid)nuug gebad)t. 8o tf)at fid) ®. inSbefonbcre in ber (5d)lad)t
hii 8tabtlol}n ('Oluguft 1628) unb ber (5iunal)me non .sfrempe ('JlDliember 1628)
burd) ih-aüonr l)enior, mäl)renb '.Zubringen, fd)on 1624 üH .\>offrieg8ratl) unb
Öieneral=Ah-iegöeommiffär ju Per|d)iebeuen biplomatifd)eu Beübungen mit OUüd
Permenbet, bcfonbcrö in bem mcl)rtägigen eutfd)eibeuben Al'ampfe an ber Scffauer
iörürfe (11. — 25. 'ülpril 1626) ein glän,\enbe§ ^i'^'Q^iß pcrfbnlid)er ^apferfcit
unb .<?ricg§erfaT)rcnI)cit ablegte. ?lm 17. 2)cccmber 1627 mürben fomot (^). alg
©QÜas. 321
^Jttbtingen Dom Äaifet ^erbinanb II. in beti 3teicf;ö'tei^en-enftanb erl^oben utib
beten „littermäBiQC 233appcn gcbefiert unb gemef)rt". 3^ '3In^ang be5 o^^i^ei
1629 oertauic^te 6., burcf) '^Ubringen's ^Vermittlung, bie ligiftiicf)cn 2ienfte mit
einer faijerlic^en ^Beftallung. 5lm 24. ^~}Mx] (nicf)t 2)lai b. 3- beticfitet
SBallenftein au« ©iiftron? an 6oüa(to: „5^cr ©allae fc^teibt bem Cbriften %lt=
ringen , baß er ^u (Jnbe biefel 'iRonati geroiß roirb bei mir bat)ier fe^n ; er
roill in bairifc^en Sienften gar ni(^t bleiben." . . . Unb fc^on fünT iagc
jpätet eriucf)t ber faiferticfie Cberretb^err ben genannten .öoTfriegsrat^s=^;präi'ibenten,
„ber §err IBruber rooüe ben &. ^i)Xix iJtajeftät cor einen Öencra[=2isac^t=
meifter üorict)(agcn" unb bal betreffenbe 'JVatent allbatb überfenben — „e^er
benn'e 2?aiern t)inbern mirb." 65 mar SJöallenftein offenbar an ber (Besinnung
©aUas' Diel gelegen, ßö befd^roeite ficf) .ßurmrft "lliarimiüan Don ^^aiern in
\inem Schreiben Dom 7. "^Ipril über bie unge6ül)rl!C^c %xt unb SSeife, mit
roclc^er @. feinen "ülbfc^ieb begehre, ben er fid^ fetbft nehmen wolle, loenn er
i^m nic^t fogteic^ gemährt tocrbcn jollte. D3tan fpric^t Don einer empfinbtic^cn
Strafe, mit roelc^er &. feine Unart gebüBt. 9lm 11. 9lpril 1629 untcr^eidinete
ber .i^aifer jttiei „(Be^oi-fambriefe" , butc^ bie forool lllatt^ial @. ali ^o^ann
zubringen bem faifcrt. ÄritglDolf ]u ^}to§ unb Jyut aU „Cbrifte Jeli'-^'öc^t-
meifter" ©enecalmajore Dorgeftellt rourben. SBatlenftein übernahm eä, Srfteren
bei feinem bisherigen öenm 3U entf(^utbigen , toenn „bei 3?egel)rung feiner £e=
mijfion fein fotc^e 5]lanier, loie er billig gebraucl)en füllen, obferoirt toorben."
Gben bamat« mar '^Kbi-ingcn al§ SBatlenftein» Subbetegirter angelegentlic^fl
mit ben 33er^anblungcn befrf)äftigt , melrfie noc^ im ^Btai b. 3- ium ';!lbfc^[uffe
bee 'l^übccfer g^icbenS ''ü^rten , um beffen ^uftanbefommen er fic^ unbeftreitbare
SVerbienfte erwarb, (^egen SBallenftein'ä wieber^olt unb bringenb geäußerte i^e=
beulen na^m man faiferlictierfeits balb nacfi'^er einen ^ampf aur, ben foge=
nannten 'OJtantuanifc^en (ärbrolgefrieg, ber bie antiproteftantifc^en etreitfränc in
einem ber Dev^ängniBDoUften '^ugenblicfe, welche bem .^at^olicismus in Xeutfc^^
lanb jemals gcbro^t, berart ierfplitterte, baB einem 2Jlann roie SSallenftein
bie bebaueilic^ften Gonfequfnjen unauebleibüi^ erfc^einen mußten, „^itt", ber
jperr ^Bruber §elfe, bafe bal itatienif(^e {smex nic^t roieber aufgeblafen werbe,"
fc^reibt er an ü'ollalto; unb gleicl) bataur roieber: ,/-^itf, man laffe in ot>ilien
bie Sachen wie fie finb"; unb noc^ im September 1629 befd^Wort er ben DielDcr=
mögenben ^offriegsrat^ ©erwarb D. Cueftenberg : „S)er .perr fage ^^xex iiiajcftät
unb ben ministris. baß fie Don bem n3älfd)£n .ffrieg abtaffen, benn mir roerben
gewiß ben Äürjeren jie^en." . . . 2es ^aifers 23ille war nic^t ju brechen;
2ßallenftein fa^ fic^ gezwungen , feine beften (Generale mit einer auserlefenen
.Öeere#mad)t burd) Sdjwaben unb ©raubünben nai^ Stauen 5U birigiren unb
fur^e 3fi^ nai^^er — Don ber Äriegsleitung 'jurürf^utreten. 2;en 3}ortrab be»
■Öcereljuge» über hk ^Ipen führte Ö. , Wä^renb "illbringen mit bem @ro5 ber
ilruppen 'olgte; ber Cberbefebl war bem ©raren :Ttambolb i^otlalto als 6eneral=
!C'ieutenant cnDertraut. £ie Uebertragung biefer ßommanbo's war für bie 6e=
nannten ein neuer, beutlic^er 33eweil ber befonberen Zuneigung i^rcs Cberfclb^errn.
@. unb 3llbringen aber Dcrbanben mit bem ^riegs^uge nac^ ^titien noc^ einen
anberen, frieblic^en ^xocd. 'Selbe Teierten mitten im ^c^^i^^uge im Januar 1630
auf bem Ijerrlic^ gelegenen Schlöffe 3Irco mit ben Sc^weftem ^fabetla unb
S3iDia , iöc^tern be» Derftorbenen (Brauen Sigismunb Don 3lrco , it)rc .»ooi^jeit,
äu welchem '^llcte fowot ber iitaifer als auc^ 23allenftein eigene 9lbgeorbnetc ent=
fenbeten. — Sc^on im OtoDember Dornet ^atte doUalto burc^ \>llbiingen bie
^Belagerung bes feften "DJiantua eingeleitet , wä^renb &. nd) in 6oito ^eftfe^^te,
Don wo er ben öerjog Don ^iteDers unb balb batauf ein Dcnetianifc^e» Jpcer
Stttgetn. beutf^e aSiogtaD^ie. VIU. 21
322 ®alla§.
äurüdffrfitug. 6in jtoeiter ©ieg öei „^xUabtUa" (fo Be^eid^net ®. jelbft ben
(S(^aupIo| feines (Siegel, „ungelä^v eine itaUenifd)e ^eite öon (Soito" — lüol
Sfioöerbeüa) über bte öon ^ranjofcn unb ßotfen öerftärften 35enetianev am 29.
unb 30. 5Jiai 1630 befreite ba§ faiferUifie .Speer auf biefer einen ©nte gänslid^
toom geinbe, otjne atterbing§ ben S}ormarfci) ber ^ran^ofen unter bc§ (5arbinal=
(SJcneraliffimug 9ti(i)clieu gü^vung gegen ben öerbünbeten l^erjog bon Satiotien
tlinbern ju fönnen, bi§ ein fpanifd)e§ §eer unter (S;orboöa, ber fi($ bor Gafale
legte, bic SBieberaufna'^me ber ^Belagerung ^antua'S ermöglichte. Sorne^mlid^
^Ibringen'S 23emül)ungen gelang benn enblidf) auc^ (roäl)renb Sottalto Iran!
barnieberlag) burd^ Sift unb ©etoalt bie (Eroberung biefer überaus tt)ic£)tigen,
öorbem reidien unb blül^enben, nun burc^ bie 5peft entöötlerten, unglü(iliä)cn
©tabt am 18. 2?uli 1630. ^tai^bem in ber ^lac^t öor'^er eine Slnja'^l Srup^en
öon ber ©eefeite an ber Srürfe ©an ©iorgio auf S3arfeu gelanbet morbcn, er=
öffneten mit JagcSanbrud) bie 33etagerer an bem entgegengefe^tcn ^^^u^t^tc
ber 9}ertl)eibigung§n)erfc ein t)eftigc§ ©efc^ü^feuer , mälirenb beffen öon ©an
ÖJiorgio au§ ba^ 2l)or „be§ finftern ©ewölbeS" burd^ ^etarben geöffnet unb
nad) furjer ©egentoelir genommen würbe, ©in ©eneralfturm tl)at ba§ Uebrige.
2)er .^erjog öon ■)Zeöer§ 30g fic^ mit bem 9left ber ©einen auf ßafteE ^orto
prücf, unterseidinetc aber noc^ am fclben 2;age einen i^m öon Sllbringen öor=
gelegten 9leöer§, ber iljm ben Slbjug auf :päpftlid)e§ ©ebiet öerftattete. ^antua
tourbe allen ©djrecEen einer mcl^rtägigen allgemeinen ^^Nlünberung preisgegeben,
^an fd^äljt bie 33eute , bie ba gemad)t tourbe, auf 18 5JIillionen ©cubi. S)er
Sötuenantljeil fiel ^^Ubringen unb 03. ju, töeldje fid) namentlid^ ber öielen unb
großen .^oftbarfeiten unb i?unftfct)ä^e be§ lierjogli^cn ^alafteg bemächtigten.
Scibe (generale öerloren aber burc^ it)r Sluftreten in 9J^antua für lange S^it
bic befonbere @unft ber ^aiferin (Eleonore, einer mantuanifd)en ^priujeffin, toeld^c
ba§ ©d)idfal it)rer 3)aterftabt uiemalö öerloinben !onnte. Unb tro^ aEen
2Baffenerfolgen toar ber fd^lie^lid) nad) fe^r langtoierigen SSerlianblungen am
19. ^uli 1631 öereinbarte ^^riebe ^u 6l)iera§co nid^t geeignet, ba§ faiferlid^e
3lnfel)en merflid) ju lieben. 3ll§ @. unb anbringen nad) ®eutfd)lanb 3urüd=
!cl)rten, toar bafelbft bereits ber ©ame aufgegangen, ben man unbebad)ter SBeife
gefät t)atte. 6in neuer, fel)r gefül^rlidl)er g-einb, mit f^franfreid) eng öerbünbet,
ftanb im .^er^en S)eutfdt)lanb§ ; Äurfad)fen im Segriffe ju i^m überkugelten.
^Jlur mit ^ü^e öereinigte SLiÜl) einen öerl)ältni|mä^ig geringen 9fieft ligiftifd)=
taiferlidjer .^eere§mad£|t, bie nun bei Sreitenfelb (17. ©eptbr. 1631) öon @uftoö
^Äbolf in alle äöinbe jerfprengt tourbe. mitbringen toar bereits auf feinem 3uge
aus bem ©üben fo toeit gegen ßei|)äig öorgerüdt, ba^ er ben .$?anonenbonner
ber eben toüt^enben ©d)tadt)t beutlid) öernalpi, ol)ne bo(^ ettoaS anbereS
unternehmen 3U fönnen, als fid) mit feinem (ioxp§, red)t3eitig nad^ bem 2;i)ü=
ringer SCßalb ju retten. 6S ift nod) nid)t fidler gcftellt , ob @. an ber S3reiten=
felber ^Jtiebeiiage unmittelbar Stljeil genommen. 3lllerbing§ befanb er fid) balb
uad^'^er im (Sefolge SLiKl/S , ber il)n 5lnfang 2)ecemberS mit 10000 9Jlann
öon 2)onautoDrt^ burdt) bie Dbcrpfal^ nad) 23öt)men fdt)idte, auf toeld^em 3wge
feine Ütegimenter bie erbärmlid)ften ©etoalttl^ätigteiten öerübten. 9llbringen er=
!§telt öon SBien 33efef)l, bei SLiEt) jn bleiben, obgleid^ er fid^ toieberl)olt an ein=
ftu^reic^e $erfonen mit ber bringenben Sitte toanbte, ba^ er „nic^t öerftedt
bleibe fonbern toieber jurücflomme unb bei ^f)xa faiferl. 9Jlajeftät Soll gebraudt)t
toerben tonne." „^an l)at midE) meines ©rad^tenS" , fügt er l^inju, „nic^t
gern l)ier oben, toeil id^ Sl)rer faiferl. ^Jiajeftät 2)ienfte toegcn ettoa 3U öiel
rebe." ... 2ln bemfelben SLage, an toeldjem biefe 2Borte gefd^rieben tourbcn
(15. S)ecbr. 1631), ernannte Äaifer ^^-erbinanb 11. Sllbringen 3um „Cberften
(@eneral=)t^elb5eugmeifter" — eS ift bieS gleid^äeitig baS S)atum ber ätoeiten
®aaa§. 323
(intetimifti|d)en) ßr^ebung 2BaItenftein'§ jum „(Seneva( = 6a|)o ber faiferti(^cn
'äxmaba" . 3id)t Stage jpäter emt)fing ®., offenBar infolge bon 2öaüenftein'§ au5brüdf=
lid)em Stnbringen, ben gleit^en 33eftaIIung§Bnef tote Stlbringen. S)amtt fiel i^nen
bei ber oEgcmeinen Steorganifation be§ faiferl. ^eei:!ötpei-§ bie fpeciellc ^lufgabe
5U, ba§ arg barnieberliegenbe 5lrtilleriett)ejen tDteber^erpftellen , junädift in
Sö^men unb im beutfd^eu 9teid)e. Söot IBcjeidEinete ein iörmlic^e§ patent öom
faijerl. ^ofe S)on SSaltl)QJar ^Jlarrabog al§ 2anbe§commanbirenben bon 3Böl)men ;
tl)atjäd)lid) iüf)rte @. bie|e§ gommanbo, bon 5ßilfen ^er mä) 5ßeje^ung ber
Orte 3to!i^an, Äarlftein, Seraun ic. fid) immer mel)r ber |)aubt[tabt nät)ernb.
5lu§ 3naim, am 18. Januar 1632, empfing Sllbinngen bon Söallenftein „ba§
Gommanbo über alle im 3teic£) fic^ Befinbenben l)ol)en imb nieberen Cjftjicrc
unb fämmtti(i)e faifertic^e ©olbategca", bod) in ber äöeife, ba^ er „feinen 9tefpect
nad^ toie bor auf |)errn ©rafen bon Xitt^ ^abt." Wt großem äöiberftreben, n)ie be=
mer!t, blieb 3llbringcn bei ber ligiftifd^en 5lrmee. @r begleitete 2:ill^ bon 5i-"i|Iai;
nad^ 2lfd)affenburg , bon bort nad) giot^enburg, Slnfpac^ unb Nürnberg unb
be^og enblid) mit it)m um SBürjburg bie äöinterquartiere. @ben bamal§ fd)lt)ebten
bie Unterlianblungen jmifc^en @uftab 5lbolf unb bem Äurfürften bon SSaiern, bie
feinen anbern S^fcd !§atten al§ 93aiern burc^ einen 51eutralität§bertrag mit
g-rantreii^ unb ©c^meben ber !at|otifd) = taiferlic^en 'Bad)t abmenbig ju machen.
SßaEenftein beeilte fid) auf bie erfte ^laä)X\ä)t l)iebon mitbringen ben »efe^l ju
ertl^eilen, fofort alle§ taiferlii^e S5olf an fic^ äu ^iel^en unb o^ne SSerjug nac^
33öl|men 3u füliren. @§ mufe al§ ein Sf^t^en großer Umfid)t unb (Jinfid)t unb
jugleid^ bei bem befannten 6"^ara!ter 3Sallenftein'§ all ein 33en3ei§ feltener f^rei=
mütl)igfeit betrad)tet toerben, ba§ mitbringen in biefem 3lugenblide mit @nt=
f(^ieben§eit n)iberfpra($ — er fönne nic^t glauben, „ha% ber ^önig bon ©d)Weben
e§ ernftlid) meine." S)ie näc^fte ^folge beftätigte fein fd)arfe§ Urtl)eil, unb
zweifellos trug fein SJer^alten biet ba^u bei, eine ber fdimierigften Ifrifen, wenn
nid§t äu befeitigen, fo boc^ abäufürsen unb ben fd)man!enben ^urfürften in feiner
2:reue 3U beftärfen. — (S§ f(|eint, ba^ man in Söien bie§ fein 3}erbienft äu
toürbigen berftanb; er tourbe am 10. '^J^är^ 1632 in ben 9tei(^§grafenftanb er=
!)oben. Unb am felben 2:age berliel) man aud§ feinem ©djinager ©., tt)ol um it)n
nid)t 3U fränfen, eben biefe gtanger^ö^nng. — 5ll§ Stillt) Einfang mäxß gegen
ä^amberg aufbrach, toar mitbringen abermal§ mit il)m; fo auc^ bei bcffen
@eneral=9tenbe5bou§ um ^^eumarÜ. Scibe Wehrten bor Dtain am 13. — 15. mipril
bem fdiwebifdien Uebergange über ben 2tä). f^aft in bemfelben ^Jlomente, in
weld^em ^ier 3:ittt? töbtlic^ bertounbet tourbe, fiel aud^ mitbringen im IjeiBaften
©d)lad§tgetümmel, bon einer bic^t an feiner ©c^täfe borüberfa'^renben .^artl)aunen=
fugel ber ©prad)e unb ber S3efinnung beraubt, „^it bem örafen Zxü))^ Witt
Hoffnung erfc^einen, ba^ er motzte auftommen," fd)rieb 5)ta3;imilian bon m?aiern
an äßaEenftein bon ^ngolftabt (17. miprit), „aber mit bem bon mitbringen fte^t
e§ fe^r ^meiftic^." ZiUt) erlag befanntlid) feiner äöunbe, töä^renb mitbringen
aamä^lid) genas, mim STage ber ©dilad^t bei Ütain aber !am gürft (Sggenberg
bon ®ölter§borf nad^ Söien mit 2öattenftein'§ befinitiber 3uftimmung jur aber=
maligen minnat)mc ber SBürbe eine§ laiferlict)en @eneraliffimu§. @. ftie^ noc^
gegen (Snbe mipiil§ 1632 ju äBaHenftein unb bet^ciligte fict) f^ätigft an ber
3}ertreibung ber ©ad^fen au§ SSö^men. ©elbftberftänblic^ fehlte er ni(^t bei
2Ballenftein'§ ©injuge in ßger am 26. ^uni b. S-, wo'^in benn aud^ gleid^jeitig
mitbringen mit einem S3egrüfung§fd^reiben be§ Äurfürften bon 33aiern fam, beffen
Gruppen fid^ al§balb mit benen ^rieblanb'S bereinigten. 23eim miufbrud^e ber ge=
fammten §eere§mad)t befepgte mitbringen bie mibantgarbe, @J. ba§ .pauptcorpg,
äBattenftein bie Tiad^^ut. ^n bem großen taifeiiid^en Sager bei ber „alten SJefte" bor
21*
324 ®oEo§.
^Mrnberg ftanb toicber anbringen an lüi^tigftev ©teuf, ^f^m übevHe^ Sßalletiftein
Bei ben iriebert)oÜen ©türmen bei ©i^toeben am 2. unb 3. ©eptember, iuäl}rcnb n
jelbft „bie 3li-mee in Sataiüe geftellt unb bamit ben ganjen Jag unb 'yiad^t
im i^elb ge'^alten" , bie ä^erttieibigung be§ ßager§. @r \ä)\ug, bie n)üt{)enb[tcn
^Ingtiffe, inSbefonbeve auj ben „33urgftatt", Hutig 3urücE, 6i§ 3^evftärfung fam
unb bie 9licber(age ©uftab 9lboIi§ üottenbete. SBaüenftein, öon biefem ©iegc
33en(^t erftattenb, öcrfic^ert ben i^aifer mit feiner 6f)ve, ba^ „ficf) alle Dfficier^
unb ©olbaten ju 9to^ unb ^u^ fo tapfer ge'^alten ^aben, at§ er'§ in einiger
Dccafton fein ^L'eben lang gefeiten"; boc^ rü'^mt er eineö ©injigen 2;apierfeit
namentlich: „@§()at fici) anä) bei biefer Occafion mitbringen fe^r tapfer unb mol)l
geilten, benn i'^m berfetbige ^^^ofto ^uöor ift untergeben gemeft, unb alfo it)m auc^
gcbü'tiret, benfetben ju befenbiren." (5}(ei(^3eitige ©(i)rift[tet(er aller ^4>orteien finb bar=
über einig, ba^ e§ ^^llbringen'§ ^ift gemefen fei, bie ben .ßönig öon ©ctimeben bcr=
leitet , an jenem öerl^ängni^öoHen Xage feinen .spauptangriff öor allem gegen
einen 51]lunft be§ faiferlirfien $]ager§ 3u rict)ten, ber einem feieren juft am träf=
tigften miberfte'^cn tonnte, ©in fe'^r fc^mei(^el!^afte§ Aöanbfc^reibcn ATaifer 3^er=
binanbS II. üom 10. ©eptbr. 1632 anerfannte banfenb 9Ubringen'§ „Xapfcr=
feit, f5flei^ unb ^ürfii^tigfeit." ^Jlacl)bem fc^on ^JHtte ^luguftö @eneral .^olf
mit einer anfc^nli(f)en .'peereöabtlieitnng Don SBallenftein nad) DJlei^en beorbert
worben mar, um narf) bc§ ßeljteren '43cfef)l „bcm Äurfürften (Don ©ad)fcn) o^ne
einiget '.Uac^laffen fotd^c exercitia ju madjen unb il^n bcrgeftalt ju bebrängen,
ba^ er 3il)rer faiferl. ''JJtajeftät ^>.'anbe (©c^tefien) ju Dergeffen unb fid^ ber feinigen
anjune'timcn unumgänglich Urfad) l^aben möge" , meinem 23efe^le .spolf burd)
Eroberung unb t^eilmeife 3erfti3rung Dieler ©tobte unb glerfen unb Serl)eerung
be§ ftad)en ßanbeS big an bie ^Jlauern Don 2)re§bcn me^r al§ entfprodien
l)atte — tDurbe am 22. ©eptbr. @. mit 10000 'iJJtann nad) ©ad)fcn abgefd)idt,
um fid) mit Jpolf „ungefäumt ^u conjungiren", bamit „nac^ ^ufammengefc^ter
ÜDlac^t ber l?urfürft in feinem Sanb mit (Srnft angegriffen merben möge." 2Sol folgte
eine Söod^e fpäter eine geänberte, Diel milbere Drbonnanj, burc^ meldte &. angeiuiefen
rourbe, SBallenftein's „je^iger ^fntention jufolge in gebad)tc§ .j?urfürften l'anb
einen bcftänbigen ^uB Ju fe^cn, baffelbe ju conferDiren, bie Dov'^in angefteütcn
2)iDerfion§mittet mit ^lünbern, 33rcnnen, 33ie'^tDegtreiben unb anberem jufügenben
Schaben gänälid) abjufteEen unb e§ in Sflirer faiferl. ^Jlajeftät SeDotion ju ne'^mcn
unb äu er'^alten" . • .; boc^ fd^on in ber Dberpfalj begann @. ein gräuli($e§
3erftörung§merf. @an3 Obcrfranfen mürbe Derroüftet, ebenfo ba§ 3?oigtlanb unb
^Ulei^en. Uner'^örtc ©raufamfeiten mürben begangen. 3Iu§ ©uljbad^ na^m (S.
alte Dorlianbencn 5)tunbDorrätl)e unb baju bie angefel)enften ^Semol^ner mit fidf)
fort; ^Jlänner, Söeiber unb i?inber mürben erfd)(agen. 3Bunficbcl unb 9iebroil}
tie§ er Dottftänbig nieberbrennen, ^Ittenburg unb Diele anbere Orte branbfd^a^en
unb plünbern. 'Dlaclibem er 5^emnil3 eingenommen unb für feinen 2Biberftanb
„ge5Ücl)tigt" liattc, traf er mit ^olf jufammen unb nal)m mit biefem bac-
wieberijolt belagerte ^^reiberg, ba§ fid) nur burd) ©rlegung einer großen 0)elb==
fumme Dor gänjlidjer ^^^flöi-'ung retten fonnte. S;ie Dom 13. October 1632
batirteu 33e[tatlung§bricfe 5llbringen"§ unb @alla§' aU faiferlidt)er f^-elbmarfc^ätle
lo'^nte Seiber, atterbingg ungleid^artige ^^erbienfte in ben legten ^^elbjügen. —
@g mar ber Unftern ^aUenftein'S , ber e§ fügte, ba^, al§ er felbft nac^ bem
'^b^uge ©uftaD 2lbolf§ Don Ülürnberg aufgebrod^en unb über Coburg unb ä^^idau
in ©ad^fen eingefallen mar, gegen feine entfdljiebene 2öitlen§äu§erung toeber
anbringen , ben er mieber in ^aiern jurüdgelaffen , nod^ &., ben er inbe^ nad^
ber 8aufi§ birigirt l^atte , im entfdl)eibenben 5lugenblicfe bei feinen [val)nen er=
fd^einen fonnte. Xie 2Iu§fü^rung feiner Crbonnan,^ an anbringen Dom 20. Octbr.,
mit bem faiferlid^en ÄriegsDolf eiligft nocf) Söl^men p marfd^iren, um fid) Don
©atlae. 325
@ger l)er mit i^m ju öereinigen , üeveitelte tro^ i^nx bringenben oftmatigen
Erneuerung bie allju gro^e ©orge ''}3tajimi(tan§ bon ^Saiern für fein eigene^
Sanb. 9Il§ 3U 23eginn 9loüember§ fein S^tufet met)r auffommen fonnte, ba^
@uftaö 3lboIf (?) ni(i)t auf 23aiern fonbern auf einen Sufummenfto^ mit 2öatten=
ftein afegefe^en ^abc, mar für biefen eine 2}erftärfung burcf) Stlbiingen f(^on ein
2)ing ber Unmögtid)fett. Sine am 10. '^ioöember eingelangte ?lnfrage bes 2e^=
teren, ob er nun boä) marf(^iren jolle, öerneinte Söallenftein „allermafeen
nun jol(j§e§ ju fpat." . . . ^Jloc^ war e§ auSfü'^rbai, 65. an fii^ ju jie^en.
Eben am 10. ^loöcmBer ging ein Gouiier on biefen mit bem 33efet)le, fc^Ieunigft
nad) ^J^ei^en jurücfpf ef)ren , „barin mir bergeftalt bem geinb conjunctim ober
feparatim begegnen fcmnen." £er (Courier traf @. erft jmei 2age fpdter bei
S)uj in Sö^men, ba er „mit ber 9lrtitterie gleich mitten im ©ebirg geroefen."
(Sr öerfpracE) bie größte Site, obgteid) e§ „mit fo((^em 5Jiarf(^ fdimer juge^en
toerbe" unb „bie l^alben ^artt)üunen miebcr fo ^o'^e Serge jurücfjubringen"
gerabeju unmöglich). S)ie ©cf)ta^t bei Sü^en mürbe jum großen ^JlacEitleite
für bie faiferü(i)en unb bie baierif(i)eu 2Baffen o^e S. unb mitbringen gefcf)tagen ;
mit Wüljt unb ']Zot{) erreid)te ^appenl)eim'ö Infanterie ba§ (Sd^ladjtfelb , ben
mdm 2Baaenftein'§ 5U becfcn. Seu SBinter be§ ^^^xe^ 1632-33 ftanb @.
in ©(^(eften ber öon met)reren fc^roebifc^en ':}iegimentern öeiftärften fäcf)fifd)=
branbenburgifct)en 3trmee gegenüber. 6r öerftanb c§, tro^ ber feinbliii)en Ueber=
mad)t fid) ,^u behaupten, o^ne eine eigentlid)e ^Jiieberlage ju erleiben, obmot faft aUe
bebeutenberen ©tobte biefeS S3anbe§ unter feinen 5Uigen nac^ unb nad) öertoren
gingen unb feine Strtitterie gänslid) ju @runbe gerichtet tourbe. @r toufete fid)
öor äöaüenftein ju red)tfertigen, ber if)n nad) mie cor beö größten Sßertrauens
toürbigte. ßö ift nunmehr urfunblic^ fid)ergeftellt , ba^ ©. in alle „geheimen
ä^erl)anbtungcn" 3öaüenftein'§ mit ©ai^fen, SSranbenburg unb (5d)roebcn im
;^aufe be» ^ai)xe^ 1633 üoEftänbig eingemeif)t mar. S)ie meiften ©riefe, bie
gemei^felt mürben, gingen burd) ©alias' ipanb. Söeld)en (Srab bas 2}£rtrauen
fcine§ Cberfelb^errn gegen i^n errei(^te, bemeift feine am 16. ©eftbr. 1633
t)on SBaEenftein beim A^aifer beget)rte unb Don biefem f(^on am 25. beffelben
9]lonat§ öoll^ogene Ernennung jum SeneraUieutenant, pm ^öd)ftcommanbiren=
ben im faiferlid)en ipeere näd)ft bem ©eneraliffimuS. ^}tit furzen 2Borten no=
tificirtc aSallenftein bereite am 16. ©eptbr. 6atta§' Scförberung feinen @ene=
taten; für^er a[§ aüen mitbringen, mit bem 33eifa^e, bem neuen S5orgefc^ten
„ben gebüt)renbeu 9tefpeft ju bezeigen unb beffen Crbinanjen in Siltem. glei(^
at§ ben Unfrigen fetbft, unmeigertic^ unb unfehlbar nac^^utommen." anbringen
fuf)Itc fi(^ auf§ mteu^erfte gefränft, unb öergeben» ift er in feinen 5(ntmortfd)reiben
an äöallenftein unb ö. bemüt)t, biefe§ (Sefü'^l in einem 2Buft gefüllter SBorte
äu tjerbergen. ^^^ifdien it)n*unb ©. tritt eine unöerfennbare 53erftimmung, ja
S5erbitterung, bie nad) ^IJlonaten nur 3u fd)minben fd)eint, um it)ren ©tad)ct beiber=
feit§ gegen ßinen — SBattenftein — ju fet)ren. gä ift ^ier nii^t ber 3taum , bie
eigent't)ümtid)en , üielüerjweigten Umftänbe unb 35ert)dltniffe barjutegcn, weld)e
:§ierbei mitgeroirft. S)ie Suft am bairift^en i^ofe, mit metc^em mitbringen nun
fd)on 3at)re taug in birecten Sejictjungen ftanb, mar feine Sßaüenftein günftige.
mitbringen, burd) geraume ^^it in g-ranfcn, Saiern unb (5d)maben ber fd)me=
bifd^en Jpauptmad)t unter Sern^rb öon äöeimar unb ©nftat) .'pDi-""' ^^^^ ^^^
bem 9t^eingrafen Dtto Öubmig unb bem ^:]5fat5grafen G^riftian öon SSirfenfelb
gegenübergeftellt, öon SBalienftein mit ben ftricteften 33ert)altung5befe^ten — „nid)t5
3u ^ajarbiren" — öerfefjen öon ^}Jlarimilian öon Saiern fort unb fort ju großen,
tDeitau§fel)enben Unternef)mungen gebrängt, fat) fid) beim beftcn 3BiIIen unb
tro^ aufreibenbcr 2;f)ätigteit tängft in f^iefer ©tettung. dlnn mar öon Italien
l^er eine fpanifd)e mirmee unter ^erjog öon geria im minjuge naä) S)eutfd)lanb,
326 ©alla§.
um [ic^ mit ^Übungen, 3unäc£)ft jum @ntfa^ be§ f)artbebvängten Sreijad^, ju
üexBinben, ma§ SBaKenftein au§ guten ©xünben, bic ber .^aifer fetfeft al§ fd)loei-=
toiegcnb erfanute, fe^r ungern ]di) , bod) enblid) — nicfit of)ne man(^c§ ^arte
2Bort gegen anbringen — gef(i)e|en (ie^, üiclmcljr ge|(f)el^en laffen mu^te.
Sllbringen ertebigte fict) feiner mititärifd^en 5Iufgabe mit ^eifterfc^aft. ?Im
29. <Bepihx. mit i^ena öewinigt, eroöerte er im Saufe mcniger SBocf)en biete
größere unb fleinerc ©täbte in SSürtemberg , am St'^ein unb im (Sct)marätt)albc
unb entfette er am 20, Dct. SBreifarf), bie Oorberöfterreicfiifd^en ßanbe Beina'^e ganj
öom f^einbc fäubernb. 3iit3tDijd^en ^atte aui^ SBatlenftein nac^ ^Jlblbrucf) ber
jeitt)erigen ^^^riebcnSber'^anblungen toieber jum (5d)merte gegriffen. @. mar eben
mit bem e't)emat§ tf)oIf'fd)en 6orp§ öon @ger nad) ßeitmeri^ angelangt (11. £)ct.),
at§ ber @ieg öon ©teinau erfochten mürbe; nad) bem ^^alle einer Slnja'^t fefter
$tä^c in ©(^tefien unb ber Saufi^ tag gan,^ ©ac^fen unb 33ranbenburg bem
combinirten Eingriffe SöaEenftein'S unb ®alla§' offen. ®a mu^te 33ern'^arb
öon SSeimar burd^ einen überaus fü^nen, rafd^en 3ug an bie Sonau in ben
erften 2agen DioöemberS ba§, toie e§ fd)ien, bereite auf atten ^^unften öer=
torene (Spiel ber ©einen miebert)eräuftenen. ^ajimilian öon 33aiern rut)te
nit^t, bi§ äum ©diu^e feine§ t)artbebrot)ten 2anbe§ fomol SGÖaHenftein at§ 3ltb=
ringen fid) gteid)faU§ nad^ ber Donau gemenbet Vttcn. 9iur mit unge'^eueren
35erluften tonnte Se^terer mit g^eria feinen StücEjug gegen ©d^maben bemerf=
ftelligen. SBattcnftein , mit ®. faum gegen Sern'^arb öon SBeimar in§ f^etb
gerücEt, gab ben feT)r gefö'^rtidtien Söinterfelb^ug batb auf — ben ftricten faifcr-
lid^en 33efet)l ber eigenen befferen (5infid)t unterorbncnb. ®. mürbe nact) ber
ßaufi^ beorbert. — ^Jioc^ ift befanntlid) bie grofee t)iftorifc^e ©treitfrage ni($t
enbgittig getöft , bie 5rage nact) äBattenftein'S ©ct)ulb ober ^{id^tfi^ulb. 35on
biefer Söfung aber f)ängt in aUererfter I^inie ba§ befinitiöe Urf^eit über &)axat=
tere , mic @. , mitbringen unb öiele ?lnbere gän^^lid^ ab. .^ier folgen menige,
ftreng urfunblidtie 3lnbeutungen. ©dC)on im 5December 1633 mar in 2Bien, über
5lnbrängen ber niemals raftenben g^einbe Söaücnfteing, ber ©ntfd^lu^ ju beffen
3Weiter ^Ibfeljung gefaxt, unb SCÖallenftein, öon aßen 9}orfommniffen am faifer=
lidien |)ofe burct) feine S5ertrauten feber^eit genau untcrridt)tet , mu|te öon biefer
J'^atfadje. '•IJterfmürbigermeife ^at man auf biefen ausfd^laggebenben Umftanb in
ben bi§l)erigen ©(^ilberungen ber J?ataftropt)e SöattenfteinS fo öiel mie fein
©emic^t gelegt. 5ll§ im faiferlid)en ßabiriet bie SBürfel fielen , befanb fi(^
®. in ©dt)lefien; ein unmittelbares (Sinöernel^men jmifdtien i'^m unb ienem
(Sabinet tjt in biefem einen ^untt nidl)t ermiefen. IBol aber lä|t fidt) bieS in
aSepg auf anbringen be^upten. gr magt e§ fd)on im 5December 1633 3Bci'
fungen öon .^urbaiern im ©egenfa^ ju benen feines £)berfetbl)errn anjunelimen
unb burd^jufü^ren. Unb ber Äaifer lä^t fid) in 33eantmortung feiner bieSbe3Üg=
lidien 5Jlitt:§eilungcn öom 30. S;ecember b. ^. ben „auf fol^e beS Äurfürften
2b. Orbinan^ erzeigten @el)orfam unb fünften gegen biefelbe gebraud)te 2)iScretion
unb ütefpett gnabigft gefallen" unb fenbet an il)n ju weiterer ^nformotion in
ben erften 3;agen i^anuarS 1634 ben Jpoflammerratl) 9teic^arb öon Söalmerobe,
ber menige 2Bodt)en öor'^er öon 2Salten[tein eine berbe ^üd^tigung erfa'^ren
l^atte. — Sei bem ^:ßilfener SSanfet am 12. Januar mar mebcr (55. nod^ 3llb=
ringen sugegen. SSeibe miffen bereits fo gut mie 3Gßallenftein , maS man 3U
SBien im ©d^ilbe fü^^re, unb Seibe tragen fein SSebenfen, bie entftanbene ^luft
nidcjt nur nii^t auSpfüüen, fonbern fo öiel mie möglid) nodt) 3u ermeitern. dS
ift nid^t glaublich, ha"^ baS faiferlidie patent öom 24. Januar, mit meld)em
unter JpinmeiS auf bie SSorgänge in 5pilfen baS Dbercommanbo über bie faifer=
lidt)en J^ruppen an @. übertragen mürbe, nidl)t erft nad^ beffen S3efragung unb
QuSbrüdflid^er 3uftinti"ung erlaffen morben fei. 2Bä'§renb ber ßjpebition biefeS
@ona§.
327
5potente§ ]ä)xt\U SSifd^of Slnton ton äßten im ^tuftrage be§ Äai|ev§ an SUbvingen,
„ba^, auf ben goß ber ^etr ß5eneralijfimu§ ben ^enn ettra perfönli^ 3u fi^'
etforbem joEte, ber ^exx au§ getoiffen Uiiac^cn . . . unb au^er bero 9tefo(ution
fi(^ bott^^in nic^t Begeben foEe." ®te 9Jk!)nung tourbe pünfttic^ Befotgt. 2(m
26. Sanuai- f)Qtte Sllbnngen ju ^affau eine 3ufammenfunit mit bem bur^ ba§
Sßei-f|)rec£)en be§ 5)laiic^attftabe§ gleic^faEä bereits gewonnenen SSertiauten 2ßaIIen=
ftein'S, Octabio 5piccoIomtni — nid)t ju ©unften cine§ gütlid^en S3ergtei(^e§
ber einanber gegenüberftei)enben Parteien. 3BaEenftein'§ @rma{)nungcn, p
i:^m nad) ^^ilfen ju fommen, bi§ @nbe ^anuarS öiermal unb immer bringe'nber
toieber^ott, toeii^t mitbringen beftänbig ou§. Mit if)m unb ^^Jiccolomini fort=
tt)ä:^renb in intimfter ßorrejponbena, befanb fid^ unterbefjen @5. mitten in 3BaEen=
[tetn'§ Sager, beffen 5(bfe^ung§becret in ber 2afd)e. Unb bod^ mei^ er noc^ in einem
am 1. i^ebruar ^eimli(| au§ ^ilfen fpebirten 2löifo an ^iccotomini über bie
„:§o(^t)errät]^erifci)en" 9lb[id§ten äöaEenftein'§ nur ju berieten: äöaEenftein'ä
33cgct)ren ift „bie (äntfdt)äbigung für 5i)tecElenburg , feine unb unfer SIEer (Sic^e=
rung unb ntdjt ftatt biefer Selo^^nung unb Sefriebigung ber 5lrmee irgenb toetdie
Äränfung" (qualque afronto). S3i§ jum 13. gebruar bleibt @. iu näd^fter
Umgebung äßaEenftein'S, ber it)m enblii^ , ba Sllbringen in^hjifc^en öon ^paffau
aufgebrodien toar unb toirüid) nad§ $ilfen.3u fommen fc^ien, biefen um fo e^er
ein3ut)oten , feinen eigenen t)eräogIic^en äBagen überlief , in Welchem ®. na^
@ra^en (bei S3ubmei§) eilt, too er am folgenben 5lbenb mit mitbringen 3u=
fammentrtfft — na($bem er in 5pilfen einen Slrmeebefe^l auxücfgelaffen , ber bie
faifertic§e 2lrmee aEeiu an feine, 3Xlbringen'§ unb 5ßiccolomini'§ SSefel^te toie§.
^flun aber fäumte mitbringen nid)t, öom i^aifer befct)ieben, birect nac^ SBien ju
gelten. ®r traf am 17. gfebruar in ber <g)ofburg ein. 3lm anbcrn 5Jlorgen er=
fd)ien ba§ ^toeite faiferlict)e ^patent, ba§ 2BaEenftein'§ ©tur^ befiegelte: ©.,
milbringen, ?[Rarraba§, ^iccotomini unb ßoEorebo toaren hu erttärten felbftön=
bigen ßommanbanten ber gefammten !aiferUc£)en ©olbateSca. S3ei ^ofe beftanb
eine 3eitlang bie 2lbfic§t, 2BaEenftein burdt) Gefangennahme „unfd^äblidt) ju
madt)en." dloä) am 21. gebruar fnüpfte mitbringen an bie mibfid)t ^iccolo=
mini'§, 5pilfen ju überfaEen, bie .^offnung: „tonnte man jene ©lenben bort er=
greifen, fo märe ba§ (Bpid faft getronncn." 3)odf) berftanben ^piccotomini unb
@. biefeS „Bpkl" beffer. 9Jlan war fd^on biet au Weit gegangen, um fidt) ber
5Jlöglict)fcit einer |)erfönlid^en 9ted^tfertigung SBaEenftein'iä öor bem 3ogl)aften,
i'^m fonft fo ]cf)X geneigten ^aifer ausfegen ju bürfen. SöaS gefd)a^ bann mit
@., ^^iccolomini , ^J^larrabaS unb Wie bie mel)r al§ treuen S)iener it)re§ ^errn
aEe :^ie§en? — mim 18. Ö^ebruar fanbte SöaEcnftein feinen SSetter ^aj nad^
SBien, um. Wenn bie§ nodt) irgenb errei(^bar, eine 9}crfö'^nung anjuba^nen,
„Weil (fo fdireibt SöaEenftein) burdfi bergleid^en S)ifferen3en fowol S^rer ^JJtajeftät
3)ienft al§ ba§ bonum publicum leiben mu^." . . Sßieber am 20. gebruar
gel^t ein mibgeorbneter au§ SöaEenftein'S Sager, Dberft 5Jto:^r üom Söalb , mit
ber mSeftimmung, bem 5Jlonardt)en felbft miufttäruugen ^u überbringen. Unb
noc^ brei 3:age fbäter mu^ Dberft Sreuner, ber le^te ^ok 2öaEenftein'§ nai^
SBien, öon 5pilfen aufbred^en; .deiner bon miEen fam an§ 3iel. &. unb 5pic=
colomini fingen fie auf unb brad^ten fie in ©eWa^^rfam, big — teine @efa:§r
mel^r öorl^anben war. ^Jfad^ aEebem barf e§ faum SBunber nehmen, Wenn l^in
unb wieber unter ben „mib:^ärenten" 2öaEenftein'§ öerlautete, „ba^ bie Söälfctien
Seneg unb 2lnbere§ fälfdt)lidt) Vorgegeben unb ben frommen |)er3og öon 5rieb=
lanb unfd^ulbigerWeife um ba§ Seben f)ätten bringen laffen" u. bgl. m. ^od§
War SßaEenftein unter ben Sebenben , al§ g^erbinanb II. beffen ^ah unb @ut
al§ !^errenlo§ fammt unb fonberS confiScirte, mit bem merfwürbigen 93eifa|e:
„äu llnferm unb Unfrer mirmaba SBeften, al§ bie wir :^ierauf öertröftet." Unb
328 ®aüa§.
nun begann ein ©c^au^piel bei- unnatürlid^ften , tütbeiiid^ften Strt, "^Mt boben=
lofer ."paBfu(i)t griff lieber p, um in ber allgemeinen S^ermirrung fo tiiet mie
nur möglief) ju gewinnen. S)ie Bctväd)tli(^en ^Bcfi^ungen 3BaUenftein§ unb
jene feiner mit if)m ermorbcten 3lnt)änger 2;rcfa, .^inffl) unb 3^loiü reici)teti nid^t
t^in, fo tiiete ©d)amIoftgfeit ju Befriebigen. Unb hoä) ftreute ber ^aifer mit
öerfcf)tt)cnberifc^er |)anb ^JJtittionen auä , fo ba| if)m felBft fo tiiel raie ni(^t§
üon Mem übrig blieb — mit ?Iu§nat)me ber auf 'öen confiScirten (Sütern ^f=
tenben (5c£)ulbcn, bie fd)lieBli(^ feiner ber 23efd)en!ten anerfennen toollte. Man
t)örte nid)t auf, na(f) „öerbäc^tigen ^erfonen" ju fa'^nben, um fo ben eigenen
2;ugenbt)rei§ au erl^ötien. 2)em ^aifer loarb bange bei ber großen S^^^ biefer
„5öerbää)tigen" ; er manbte fid^ an ©• unb ^^Itbringen um ^Äat^. Unb biefer
zögerte ni(|t, ju anttttorten, @eneral=ßieutenant ®raf S. f)abe i^n fii)on er=
maf)nt, „bei .f)ofe bie gcbüfjrenbe (Erinnerung ju ffiun, ba^ man nit ju biel
barm'^eraig fein ttjolle." — @. erhielt üon gerbinanb IL, maS fein §erj be=
get)rte, barunter bie bebeutenbften .^lerrfd^aften be§ e'^emaügen iper3ogt^um§
grieblanb, g^rieblanb=9teid)enberg felBft; fobann ben ^^alaft bc§ (Srafeu Äinffi)
in ^rag unb aufier üier anberen , nid)t unbcbeutenbeii Gütern be§ @rafen
5lbam ©rbmann 3:rcfa beffen größeres SDominium ©miri^. Stibringen, bor fdion
öorlängft u. 91. bie böt)mifci)en (i)iiter ©ro^lipen unb ©tecfni^, fomie ^afc^i^
unb 9ieici)eiiau (ba'^er feine öftere, borf) fätfctjüdje ^ejeii^nung a(§ „^.Baron
öon Äafc^i^, ©raf öon ©ro^lipen" - Sitel , bie er niemals gefül)rt) , ebenfo
bie .^»errfd^aft Barberg in ^annoöer (1629) unb (für baare lOOOOU ©ulbcn)
bie ^45fanbt)errf(^aften 6nn unb ^albiö in 2;irol ermorben t)atte (1633), empfing
nunme'tir bie fct)r anfel)nlid)e Äinfft)'fc^e ipeirfd)Qft Jepti^ in SSö'^meii unb
ba§ 2rautmanneborf'fd)c $alai§ in ^rag. deiner ber ^]3Utf(^ulbigen an 3öaIIen=
ftein'§ ßnbe geno| bie i?früc^te feiner allju eifrigen 2;'^ätigfcit fo fur,^e 3eit
ttjie mitbringen. 6r eröffnete ben i^elb^ug beg ^. 1634, nad^bem bie faiferlic^e
'^Irmee faum böllig „reformirt" unb it)r in ber ^4^erfon be§ jugenblii^en Äönigg
f5ferbinanb III. ein neueg „J?rieg§§aupt" gegeben tnorben \oar. ^n SJerbinbung
mit ^ol)ann bon Sßertl) eroberte anbringen am 1. 9lpril ba§ fefte Straubing
unb bebrot)te er baburc^ ba§ wichtige Otegengburg , ju beffen formulier Selage=
rung bie ganjc taiferlid)e (Streitmad)t, beren SSor'^ut (^. befel)ligte, im 5Rai öon
23öf)men aufbrad). ^]tad) fur^cm ^lufent^alte in ^affau fet)rte anbringen ^um
Apeere bor 3legen§burg jurüd, um gegen bie angeftrengteften 58emüt)ungcn 33ern=
l)arb'§ üon Sßeimar bie ßernirung biefer ©tabt ^u üoltenben. Apicr traf il)n
bie ^JtadE)ri(^t , ba^ am 31. ^33tai ^u '-paffau feine @emaf)lin geftorben, nad)bem it)r
— of)ne (Srfolg — ba§ £inb, ba§ fie nic^t gebären fonntc, au§ bem 2eibz gefd^nitten
movben mar. ^lltit aufrit^tigem ©dtimer^e trug mitbringen bie Hoffnung fcineg
Xiebeng ju ©rabe; in ergreifenben äßorten gab er biefem ©d^merje 3tu§brud. —
U)on 9tegensburg 3ur ^Belagerung Akll)eim§ entfcnbet, nat)m er baffelbe am
26. 3funt ^ndE) miebert)oltem ©türmen , tro^ l)eftiger ©egenttie^r , moburd) bie
5ßofition ber Belagerer üon 9tegen§burg bebeutenb gefid^ert mürbe. S)ie mad§=
fenbe '3tot^ trieb aber audf) bie feinblidf)en ^ü^^'^i^ äu energifd)em >^anbeln.
33ernl)arb üon 2Beimar unb Suftaü §orn üereinigten fic§ am 12. Suli, nat)men
miic£)a(^ unb (^reifing, überfe^ten bie ^far unb eroberten ^ooSburg (17. ^uli).
3J^r näc^fte§ 3^^^ ^^i-" Sanb§l)ut. S)er ^aU biefer ©tabt bebrol)te neuerUd)
jeben (Erfolg ber faiferlid)en äßaffen üor ^JtegenSburg. mibermal§ tourbe 2llb=
ringen mit ber 2lufgabe betraut, bie (SJefat)r ju menben. mim 19. i^uli brad£)
er üon ^lofter SSruel, feinem ©tanborte im Sager, mit 13000 ^Jtann, meift
(SaüaHerie, gegen Sanb§l)ut auf, ba§ er naä) angeftrengtem '»UtarfdEje fd^on am
mibenb be§ anbern SageS errei(^te (bie 3Serfion üon einem „fünftägigen ^arfdtie"
Sllbringen'g üon 9legcn§burg nac^ Sanb§:§ut beruht auf feinbfeligen, gauj unbe=
ÖaEaa. 329
gtünbeten ^Behauptungen) — boc^ Ratten |>orn unb 23eimar 6creit§ aöe bie
©tabt bominheubcn Apö^en 6efe|t; er fam ju jpät. ^DJlit ^otf) gelang e§, eine
3)erftärfung in bie Stabt ju raerfen, bie, Don mitbringen perjönlid) commanbirt,
bcn tapTer|ten äöiberftanb (eiftete. Jro^ atlebem rourben bie ^Jlaucrn am
22. ,5uü erftiegen. 6in ©traBenfampT entbrannte, mitbringen , ber enti(^eiben=
ben aBic£)tigfeit be§ Kampfes fid) berauBt, toiberftanb mit roatjt^aft f)etben=
mütt)iger mtusbauer. Sireimat üon feinbtic^er Uebermac^t aus ber Stabt ge=
brängt, geroann er breimat bie öertorencn ittjore jurücf. 6§ fiilien, er ju(^e er
ben xob. 6ine feinbtic^e i^uget , burc^ öat§ unb Scfjutter bringenb , mad^te
bem SSiberftanbe ein 6nbe. mitbringen fiel in ber ^otlfrart feiner ^a'^re auf
bem „5etbc ber (?!§re." (2;ie ^abct, al» wäre mitbringen öon feinen eigenen iGeuten
getöbtet roorben , ift gegenüber ber beeibeten mtusfage eine§ miugcn^eugen un=
t)aitbai.) Srei läge fpäter unterjeic^nete @. ben miccorb ber capitutirenben
©tobt Stcgeneburg, tt)ä!^renb mttbringen'S Seiche in ber .^artt)aufe Jßruet „gar
eijxiiä) unb t)errti(f)" bcigefe^t rourbe, um fpäter an ber Seite feiner Glattin in
ber gi^anjiöfanerfirctje St. mtnna ju -^affau bie Bteibenbe 9iuf)eftätte ju finben.
@. übertebte feinen @eTdI)rten um mel^r at§ ein Seccnnium. Tcod^ einmal
läcEiette i^m bas @tüd, bas it)n bisher geführt f)atte. Suri^ ben großen blu=
tigen Sieg bei 5lörblingen (5.-6. Septbr. 1034) erreii^tc er ben ^ö§epunft
feiner friegerifcf)en ^<au?bat)n. Sie numerifc^ unüer^ättniBmäBige Uebertegent)eit
bev fpanifcf)=faifertidt)en Streitfräfte trug ebenfoOiet ju biefem Grrotge bei raie
bie fet)r gelegene Uneinigfeit ber feinbtid^en ©enerate (SuftaD ^orn unb S5ern=
^arb üon SBeimar. ^JJtan üerftanb es aber nic£)t, ben mit unget)eueren Cp'ern
erfocf)tenen 3}ort^eit auf bie Sauer ausjunü^en. "Jiun jetgte @. erft, baB er,
ber ehemalige Unterfetb^erx äöallenftein'«, beffen genialer Leitung beraubt, nic£)t
im Staube war, eine fetbftänbige ^ütirerroEe ju übernehmen, '^planlos ^erftreute
er feine ja^treic^en, jügettofen Gruppen über ganj Sübbeutfc^tanb unb eroberte
er bie eine unb tie anbere Stabt; er brang bie über ben )Ri)än üor, im i^uni
1635 fogar 12000 ^DJiann nadq ben 'Jtieberlanben entfenbenb. Saiür empfing
er bom fpanifc^en -öote ein beträchtliches ©etbtefien in 'Dieapel, ttietc^eS fpäter
für feinen älteften Sot)n in bas ^perjogt^um Öucera umgemanbett mürbe. —
^n einem Derfctiangten Öager 3u (ätfa§=3'i'^£i-"^ Pergeubete er in Sau§ unb iBraul,
jebem finnlicf)en ©enuB im UebermaB ergeben , foftbare 3e^l . tDä|renb feine
^lilannfc^aft allgemeiner äuBerfter illangel unb bie •^^eft becimirte. 53Zitten in
einer ^yaftnac^tjurüftung Pom geinbe überfallen, mußte er im gebruar 1636
eiligft bie f^lui^t ergreifen unb bie obere Sonau auffüllen, üon ber er gefommen
mar. 9^adf) einem abermaligen frudt)tlofen (Einfalle in g^-'^nfreic^ mit ben Xrüm=
mern feine§ leeres 3urücfgcfef)rt , entging er nur burcf) bie periönticf)e 3uter=
üention Äönig ^ß^'^i^anbs III. bem entet)renben Sßerbicte eine§ über if)n beru=
fenen Jlriegsgeriditeö ; ja ber neue Äaifer übertrug i^m mit ber SSürbe eines
Söirf liefen ®et)eimen 9^atf)e§ im i^uni 1637 mieber bie ßriegsleitung gegen
Sclimeben. ®. mar ber eminenten Äi*ieg§tüc^tigfett unb ©(i)lauf)eit eines Sauer
nidit entfernt getoac^fen. Siefer üerftanb e§, mit üer^ättniBmä^ig geringer
iöeereSmad^t jeben Schlag feines ©egner^ p parircn, besfelben !^in5ut)alten unb
burcf) Sdieinmanöüer ju täufd)en, bi§ beffen mo^lgerüftete , grofee mirmce,
nad^bem fie burd) gräutii^e , unfinnige SJermüftung be§ „geinbestanbeg" fid^
felbft um aüt Su6fiften3mittel gebrad)t ^tte, in üolter miuftöfung begriffen mar
unb burct) ben mitttertoeile anfet)ntic^ geftärften Öegner bis nadt) Sij^men
5urürfgetrieben rourbe. Sad£)fen, Sct)tefien, 93^äf)ren maren üertoren unb felbft
i^ö^men bis auf bie C'anbesfiauptftabt Dom ^einbe übcrfd^memmt. ^}lan nannte
@. fünftig nur nodj ben „.Ipeerücrberber". @r mürbe im ^Dtoüember 1639 „auf
fein minfud§en" ber SBürbe unb bes mimtes eine§ faifertit^en @enerat=2ieutenant§
330 ®aEü§.
in Ungnaben entl)ol6en. 2ovftenjol§n'§ ©ieg Bei Sreitenfelb öffnete neuerbing§
bie ö[tenei{i)if(i)cn @rblanbe bcn (5d)tDeben. S)ie SSertoiiTung bei ^ofe mu^
aüerbingS grol getoefen fein, ba| man bafelbft feinen anbevn finben fonnte,
um bie ^Jlof^ ju fiefc^toören, aU ®. „S^''^ i^i^eube ber ^einbe" übernal^m ber=
felbe ju SBeginn be§ ;3af)re§ 1643 abermals ben Oberbefef)!. 3Bäf)renb 2;orften=
fo'^n öon brei ©citen in 33ö^men einfiel, 5)^etnif eroberte unb 5Prag bebro^te,
bann in 6ilmärfct)fn nad) ^Jtä^rcn ging unb Dtmü| entfette, um enblicf) gar
bi§ an bie S)onaubrücEe öor SBien ^u rüden — tt)ät)renb ottebem ftanb ®. un=
belueglid) in feinem Hauptquartier ju Äöniggräj , um erft aufjubrect)en , al§
jtorftenfo'^n nacf) iöetoättigung atter feften ^^^tä^e in ipotftcin bereits toieber in
iSJüttanb ftanb. ©diroerjäEig tüie immer, begann nun (S. tDät)renb be§ 3Binter§
hk Belagerung einjelner Stäbte, bie nur jum 2:l)eil ©rfolg Ijatte; im ©ommer
1644 fetzte er fic^ nad§ ^olftein in Setuegung, erftürmte «Jliet unb legte fid) in
einem öerfd^anjten Sager Storftenfol^n gegenüber, ber feinerfeitS an it)m t)orbei=
marfdiirte unb fid) tnicber gegen ©üben toanbte. @. folgte nad) , burc^ ^ran!=
l)eiten aller 2lrt unb maffent)afte 5Defertionen fel§r gefd)lt>ä(^t, unb öerfdjanjte
fid) bei SSernburg, eilte aber balb nad) 5Ragbeburg, um nid)t gänjlid^ öon feiner
SftüdjugSlinie abgefd^nitten ju tcerben. Sin ^erfud), feine 3fieiterei nad) S3ö§nien
ju retten, mi^glüdte öottftänbig. @r fetbft entrann im Januar 1645 burd)
ein Ungejälir mit bem 9teft feineS f^u^öolfeS ben if)n umlagernben ©d)lüeben
unb .Reffen. S)er £)berbefei)l über ta^ faiferlid)e .^eer marb it)m jum älceiten
5Rale abgenommen. — 3llter§fd)lüa^ unb fränftid) , l)atte er bie Zljox^tit,
biefen S3efef)l nac^ faum jföei ;3a^^'en nod)mal§ ,5U übernetjmen; fo gefc^e^en am
11. S)ecbr. 1646. @r fanb nid)t me^r (Selegenf)eit, fid) in ben klugen ber
^JJlit= unb 9lad)tt)ett ju ret)abilitiren. 'ölaä) einem öergeblid)en 33erfud)e, bcn
ßurfürften öon Baiern, in beffen ßänbern @aEa§^ Gruppen mittlermeite un=
menfd)lid) l)auften, ju fernerer gemeinfamer Äriegfül)rung p betoegen, toarf er,
an Seib unb Bede gebrod^en, ben ßommanboftab bon \iä) unb ftarb in 3Bien
am 25. ^^Ipril 1647 nad^ fdimeren Seiben. 2)en letzten Söunfd), in feiner 2obe§=
ftunbe don Äaifer gerbinanb III. gef)i3rt ju toerben, erfüllte biefer nid)t. S)a§
2luto=ba=f(i einer 9Injal^l (roie man öermutljet, auf äßallenftein'S i?ataftropl)e
be^üglid^er) ©dt)riften begrub bo§ brüdenbe @el)eimni^ eineg troftloS ©ter=
benben. — @in fe^r nal)eliegenber Bergleicl) 3U)ifdC)en (S. unb mitbringen fann
nur äu be§ ©rfteren Ungunften ausfallen, gür 23eibe fprid)t, tro^ allen \pä=
teren ©ünben ®aUa^' ein getoiffeS, in Bejug auf Sllbringen fogar ungetüöi)n=
lic^c§ Wa^ militärifd)er 33efät)igung unb großen perfönlic^en ^]}tutl)c§, üor altem
aber unleugbarer Eingabe für einen beftimmten, p"^eren SebenS^tned. ^n
einer i^ext ber aEgemeinen ©efinnungSlofigteit unb Untreue ftanben fie uner=
fd)üttert 3U ber ^^aljue, ber fie einmal 3ugefd)tDoren Ratten, im ©egenfa^ ^u
9Jlännern toie 33ernl)arb öon SBetmar, ©eorg öon Lüneburg, 9lrnim, Jpolf unb
3al)llofen 3lnberen. ^m Uebrigcn ift ganj rid)tig, toal anbcrtoärts öon ®. ge-
fugt töorben : „bie ^et'toürfniffe unb baS Sßarteiroefen im faiferlid)en .^eerc ^aben
biefen ''ßlann ungleidl) mei^r geförbert als feine geringen Stalente." Bei loeitem
Ienntni§reid)er als ®., legte anbringen öon feiner l^o^en Bilbung in einer großen
^}Jtenge öor5Ügl{d)er , ftiliftifc^ öoEenbeter Berid)te , S)rudfd)rilten u. bergl. öiele
Betoeife nieber, hjeldje bie gebül)renbe äöürbigung nod) nid^t gefunben |aben.
©etoiffen'^aft in Erfüllung feiner ^^flid^t, öerlangte 5llbringcn bie gleiche unbe=
bingte ^flic^terfüttung auc§ öon feinen Untergebenen, bie er niemals rol)er, ge=
fe^ofer SBittfür überlief , toie bicS ®. mit gtedt)t un^ätjlige Wale öorgemorfen
mürbe, ßntl^altfam öon 91atur, toar mitbringen ftreng öon ©ittcn unb trän! er
aud), toie XiEt) , feinen Söein, toäl)renb ®. o'^ne S^<i)q,ela%t , ©pielleute unb
Sßeiberöol! nid^t leben fonnte unb befonberS in feinen legten 2ebenSial)ren bem
®QlIe. 331
2xun!e öollftänbig etgeBen toar. 6iner ßetbenfi^aft erlagen fic !6eibe, rote |a[t
bie ganje bamalige 3öett; ba§ wax bie ©ucf)t nact) ©rtnctb, bie .g)a6giev, toeldie
aEe ©(^t(f)ten ber 33cööl!erung , bom ^öd^ften I6i§ 3um ^JUeberften , eine entje^=
It(^e ©eud^c, 16e^enj(f)te. ©iefer unetfättliii)en ßeibenfc^aft, e§ i[t faum ein StDeifel
mei)i', entfprang bie böfe Sl'^at i^re§ ßebenS, ber jammeröotte ©tutä if)re§ gi-o|en
g^ül§reT§, bem fie fo biel öerbanften. S)od^ [ie |aben biefe Sfiat gefü^nt : ber
6ine bui-c§ ein fiü'^^eitigeS, oBgteic^ tielben'^afteS (Sterben ; ber 3tnbere burcf) ein
für feinen ^tai^ru'^m aEjutangeS SeBen.
91q(^ 5tr(^ibalien, inSBef. be§ f. unb f. Ärieg§ard)it)§ in äöien, fon)ie ber
3lrd)iüe ßlam^SaüaS ju ^^rieblanb unb 6Iart)=2llbringen ju %tpü^ in S3öf)men.
.^altiüic^.
©alle : ^upferfte(f)er= unb Äunftl^änblerfamilie öon ^Inttoerpen. ^I^ilipp ,
ber ©tammbater berfelBen (1537 — 1612), toar in ^arlem geBoren; Bei toem er
in ber ^unft unterrid)tet Juurbe, ift unbefannt, toie üBerl^aupt bie Biograp^if(^en
SlngoBen üBer aüe ^ünftler biefer S^amilie fel^r bürftig finb. 6r fiebette nac^
3lnttDert)en üBer unb ^ier Befaßte er [ic^ nid^t allein mit ber ^unft be§
Äu|)ferfte(f)en§, fonbern grünbete aucf) einen ^unftberlag, au§ bem im ßaufe ber
3eit fe'^r biele ©tid^e bon i^m unb feinen ^inbern tüie ouc^ bon anbern .^ünft=
lern t)erborgegangen finb. £)ie ©tid^e ^!^ili^f§ Be!unben eine geübte ^ünftler=
t)anb; e§ fel^lt tool äutoeilen an Harmonie, bie aber auf ben bon i^m co^irten
(Semälben alter nieberlänbifc^er ÜJteifter aud^ tool jubDeiten gefet)lt l^aBen mag.
^ür bie ^unftgefdf)i(^te !^aBen fie ben Befonberen äöertl) , ba^ fie un§ Som)3oft=
tionen alter 5Reifter erl)alten f)aBen, bie im Original meiftentl)eil§ berloren ge=
gangen finb. 5Jt. .§eem§fer!, ^x. ^5^lori§, 21. 33lodflanb, ^. 33rueg^el, 6trabanu§
toaren ^umcift bie Mnftler, nadl) bercn ©emälten unfer $^ilip|) feine ©tid^e
auSfü'^rte. gu ben gefud£)te[ten gel^ören bie ftgurenreidt)en 6om|3ofitionen nad)
^5lori§, ber Siem^^elBau in ^etufalem unb ber ^et"§le^emitifd£)e .^inbermorb.
©d£)ön ift aud^ bie Steige ber (5)efd)i(^te be§ berlorenen ©o'^neg, nodt) ^eem§fer!,
ber jLob ber ^aria naä) SSrueg'^el, bie @efd)id)te ber ^Jtebicäer nad^ ©traban.
5!Jlan mu§ aber oHe biefe SSlätter in borjüglidlien alten 5lBbrüc!en bor fidt)
l^aBen , um iljren 2Bertl§ mürbigen ju tonnen. ^^ili|3|) ftarB in Slntmerpen
1612. — ©eine Beiben ©ö^ne St^eobor (geB. 1560 in Slntwerpen) unb
6orneli§ (geB. eBenba 1570) toaren au(^ Äünftler, ©dl)üler be§ S5ater§.
S3eibe Bcfuditen Italien, um fidl) nadl) ber 5lntife aug^ubilben. ©rfterer 'i)at fiel)
aber na(^ feiner 'iR.Mtt1)x in bie 33aterftabt me|r mit bem .^unftberlag ol§ mit
bem @raBftid§el Bef(i)äftigt. f^lei^iger al§ augüBenber l?ünftler toar bagegen
beffen S3ruber 6ornelt§, ber \iä) audt) längere 3e^t ^n 9iom auil)ielt. 2ll§
guter 3ei(i)i^ei-* tonnte er auä) getoanbt ben (SraBftidliel 3U regieren, ©eine
©tid)e nadl) 9luBen§ unb bau S)t)(i tourben ftet§ bon .^unftfreunben gefdl)ä^t.
3u ben Beften gel^ören eine Subiti^ , eine ^laxia al§ i?önigin , bie 2lnBetung
ber äöeifen, bie bier ,^ir(^enbäter, ^rocne, Sob be§ ©eneca , 35enu§ bie ßieBc§=
götter fäugenb , fämmtlii^ naä) 9tuBen§ , bann bie j^reujtragung , ba§ 33ilbni^
bon 31. Söolfart nadt) bau S)t){f, bie 33erfünbigung an bie ^irten unb ber arme
Sa^aruS nad^ ^. S3affano unb anbere. 3)a§ ^ai)X feine§ ^obeS ift unbefannt. ©ein
©ol^n unb ©d^üler 6orneli§ (genannt jum Unterfd^iebe bom S5ater ber jüngere
1600—1655) :^at fi^ in ber ~@efd)id^te ber ßupferfted[)funft ben Beften 9tuf
unter ben (Sliebern ber f^amilie @. ertoorBen. 5tucf) er füljrte ben Äunftberlag
fort, l§at aBer ueBenBei bor^üglidtie i^unftBlätter geliefert. S)a auf ben mit 6.
©alle Bezeichneten blättern meift ber 3"!^^: junior fetjU, fo ift fd^toer, mit
öoKer ©id^ert)eit bie Söerfe be§ 33ater§ unb be§ ©ol)ne§ ju unterfdf)ciben. S)em
jüngeren 6orneli§ gehören unBeftritten biele fd^öne Silbniffe an, fo namentlid^
332 ®anci;mal)er — ©aUetti.
bte nad^ üan S)t)c£, bie er für bcffen ^^conograp'^ie gefto(^eii !§at, bann bie 'M=
gejanbten ^um ^rieben§fd)tuB ju ^})^ünfter mä) ^utte unb met)rerc einzelne,
bie fic^ alle bcr (Sunft ber ©ammicr erfreuen. ^. d. ÜB elf et i)-
(ioUcrmOQcr (aud) ©allmal^er, fein '-ßorname unbefannt), ^JDlerfianiEet
unb Sanfenbtünftler, geb. 1716 ^u ©ffing (bei ^ell^eim?), eine§ armen (5cf)U^=
mad^erS ©o'^n; fcf)ni^elte in früher ^ugenb au§ eigenem Siriebe giQuitn in
^olj, fanb bann al§ Trabant ber furfürftüc^en ßeibgarbe au ^Mnd^en ®e(egen=
f)i'it feine eminenten Einlagen ^ur 5Jte(i)ani£ unb ben it)r üenuanbten .$?ünften
3U entföiifeln. ^urfürft ^^lax ^o]ep^ III. fd)ütjte unb belohnte it^n unb fott &.
jum .g)ofmaf(^iniften ernannt tjaben. ®allermat)er'§ erfte§ 2öerf toar 1744 eine fünfte
lic^e Ut)r öon .ipotä, mit "ipianeten unb bettjegtic^en O^iguren, bann mad)te er geigenbe
unb tanjenbe Stutoniaten, 1748 einen „Globus coelestis", 1750 einen f|)ringen=
ben fingenben (ianarienbogel , bann 1751 al§ Öegenftürf jn S5aucanfon'§ gute
einen gleicfifallS '4^roben feiner S}erbauung gebenben unb bettenben ^Hopg.
2lu^er öetfctiiebenen Säften mit funftrei($en ©djublaben fertigte @. 1763 eine
au§ ^o(j gebref)te mit ^JJlcffing überjogene „f^-etbf(^lange", it)e(d)e mit „SBinb unb
eifernen ^arbätfi^enfugetn gelaben" auf gro^e (Sntfernung nod) hide @id)enbretter
burd)f(^lug. ferner eine ©äe= unb ißaumafdjinc , einen bon fetbft fat)renbcn
äöagen, au^erbem lieferte er fünfttid)e ©lieber für Slmputirte unb erfanb eine
9)]enge anberer 9Jlafd)inen für Jrodentegung öon (Sümpfen unb Mooren. @in
SSer^eidjni^ feiner 2Ber!e, n)e(d)en bcr befd)eibcnc 'ODtann nid)t einmal feinen
giamen beigefetjt, befinbet fid) im ^Jlünc^cner ^ntettigen^blatt 1779. ©. 273 ff.
S)fr feltfame 25}unbermaun , tt3etd)er natürlid) auc^ an einer 5lugmafd)ine
arbeitete, ftarb 1790 mit .spinterlaffung mef)rerer Söc^ter, öon benen bie ältcfte
loieber ein ftiüe§ @cnie, ben ^]3led}anifu§ .^iltl t)eirat^ete. 3fd) tjobt in 2öcfter=
maun'§ 'i)31onat§bIättern X, 663—68, 23raunfd)tt)eig 1861 juerft toieber auf
biefen berlorenen ^auj aufmerffam gemacht. i^l)ac. ^oUanb.
©nltctti: 3ot)ann ©corg ^^luguft ®., geb. 19. 3luguft 1750 au 5nten=
bürg, geft. am 25. 5Jlära 1828 ju @ott)a, war bcr ©o^n be§ gott)aifd^en Dpern=
fängerS ^ol^ann ^J(nbrea§ ©. , ber au§ bem Soätanifd^en ftammte , unb mürbe
geboren, al§ bie I^eraoglid^e Gapeüe bem .f)cfe auf einen ßanbtag iiad^ ?t(ten=
bürg gefolgt mar. @. er'^ielt feine erfte 33ilbung au &ot^a öon einem miffen=
fd)aftlid) befd^rönften ^priöatle'^rer. ©eine ©ttern bracl)ten i^m frül);^eitig Siebe
aur Xonfunft bei, aber iemet)r er ]^eranmud)§, befto me!^r gemanu er bie 2Biffen=
fd)aft lieb, unb grau Oberbibliottjefar ©d^läger, eine 5Dame öon ®eift unb 93il=
bung, öermtttette e§, ba| er bie Uniöcrfttät ©öttingen beaog, rtoau fie i{)m
einen greitifdl) öetfc^affte. ,§ier mürbe er burdl) '4>ütter unb ©^löaer jum ©tu=
bium ber (Sef(^idl)te angefeuert. 3im Vlmgange mit .g)öltt) mürbe feine ä[t^etifd)e
S3ilbung geförbcrt. ^ac^ Sotleubung feiner ©tubien (1772) fam er in ba§
,§au§ be§ Dberamt§l)auptmann§ öon ©d)tott)eim , bamat§ in ^Imen'^aufen,
fpäter in 2:onna, al§ .'pau§(ef)rer. ©c^on I)ier fing er an, fid§ a(§ ©d)riftftetter
au ^tig^tn. S)ie fleinen öon i^m ge|(^riebenen Söerfe (eine lateinifc^e @ram=
matif, eine Stntoeifung aur (Geometrie, eine @efd)ic£)te unb ^-J3efdl)reibung ber .g)err=
fd)aft Sonna), fe^te unb brudte er fclbft mit |)ülfe feiner ©d)üter. ^n biefer
©teltung blieb er, bi§ er am 28. ©eptbr. 1778 eine 3lnftellung al§ 6otla=
borator am @l)mnafium ]u ®otf)a erl)ielt. 3lllmät)lig rüdte er aum erften
^rofeffor auf, unb erliielt im 5. 1816 ba§ ^räbicat „.g)ofrat^ unb ■g)iftoriograp!^
gof^aifi^en Sanbe§." Söegen feines t)ot)en Sllter§ tourbe er 1819 in ben 9lu:^e=
ftanb Perfekt. (5r mar ein gutmütl)iger molilrooEenber ^ann unb fortmälirenb
tl)ätig al§ ©(^riftftetter. ©eit bem 3. 1804 machte er attjälirlic^ eine gieife
mit i^i-'euuben. ©eine Siebe aur ^ufit blieb i'^m bi§ ia fein ^ot)e§ 2llter. (kx
tourbe öon 2lEeu, bie i^n lannten, '^odigeaditet unb mar toegeu feiner ^eiterfeit
®allt bo SBibtcnna. 333
unb feine§ ^ro{)finn§ üBeraK BelieBt. ^n ben fpätcren 3fat)ren öerga^ er fid^
oft Beim UnteiTi(f)t unb berfljrad^ firf) oft. ©0 3. 58. gab er bie ^öl^e bc§
(S^^imBoraffo einmal narf) Quobrotmeilen an, fagte: „Ö)ott)a liegt an 2 ^^tüffen,
nämlid) an ber (5ifcnai^tfd§en unb (5r!urtif(i)en 6§auffee." Flamen fonnte er
nur f(f)tt)cr im 6ebäd)tnifie BeVUen. ©inft fa^en 5Bref)m unb Bertram in ber
©ecunba. Sre'^m fonnte er nidit merfen. 2)e§f)alB fagte er ju i'fim: „^(^ toitt
©ie SSertram I unb bm toa'^ren SSertram Sertram II nennen; ift bie ^rage,
bie iä) tt)ue, f(i)tt)er , fo antwortet Scrtram I , ift fie leidet , fo foE ^Bertram II
fpred^en." ©in nnbere§ Wal jagte er: „6§ giBt in ^ari§ 3öiegel, bie o^ne
@)Ia§ unb 9lal|men 10000 ^ranfen foften." Ober: „9ll§ iä) ©ie öon meitem
fommen ]at) , backte ic^ , Sic trärcn ^tir 53ruber; at§ Sie aber nä^er famen,
glauBte ict), ©ie feien e§; al§ ©ie aBer ganj na!§e ttjaien, fat) iä), ba^ ©ie bod^
^t)x 33ruber finb." ©otcfie ^Jtängel würben aber hnxä) ben 2lbel feine§ @eifle§
t)eibe(it. — ©eine ©cfiriften finb fe!§r jatilreic^, feine Sel^rBüd^er ber (Sefdiic^te
unb @eograpt)ie bie Beften ilirer 3e^t ' ba'^er fie oft aufgelegt morben finb. 3"
feinen tDertt)t)oUften ©d^riften gehören: ..(Seft^icfite unb 33efif)veiBung be§ .^er^og^
t^um§ @ot^a" (5 5Bänbe), bie „(Sefct)i(^te Springend" (6 33änbe), bie „i?Ieine
2ßeltgefd)ict)te" (28 2;^eite). 3"^^^^ ^^'^ arbeitete er an einer „Öeograp'^ie
für S)amen". ^euer ^Mrolog ber ®eutfd)en, 1828, Sb. I. 224.
Setf.
®altt ba SSibtCimo: i?ünftlerfamilie au§ i^tatien. Um bie gjlitte be§
17. ^af)rt)unbert§ Bilbete fid) an ber (?(ementinif($en 2l!abemie 3U SSotogna ein
eigener, granbiofer 9Ird)itecturftt)l au§, ber hm<i) feine fü'^ne Secoration ungemein
cffectboE mirfenb, Bolb bie ,g)Dfe ^ta(ien§ für fic^ gemonneu Ijatte, unb bann
unauf^altfam nad^ S)eutfc^(anb öorbrang. 2)ie Urfad^e biefer raf(f)en 3}crBrettung
ift nur barin ^u fud^en, ba^ fid) i'^r nid^t ein^ptne .^ünftter, fonbern gan(^e
^ünftteriamilien juwanbten. S)ie 5$urnacini, Quaglio, ^anti, unb Befonbeiö
bie ©alli raaren e§, toetc^e ^ufammen buri^ etwa 20 gi^^^Ii^nglicber ben neuen
©tt}I naäc) Defterreid^ unb in§ 'Stciä) trugen. 2öir l^eBen öier 9Jtitglieber ber i^amilie
©alli {)eröor: bie 23rüber ^^erbinanb unb ^ran^, bann bie Beiben ©öt)ne be§ (ärfteren:
5lnton unb iSof ef . ^5 e r b i n a n b @ a U i foll nad) Xko^]\'^ Dictionario ^u 5BiBienna,
unmeit 23oIogna, 1653 ober 1657 geboren unb 1743 geftorBen fein. 9lIIe meine
^31ad)Torfc£)ungen in SiBienna, ^Bologna, ^ailanb unb 233ien BlieBen aBer für it)n
mie alle jeine 5(ngel)örigen erfolglos, ma§ mol bie 9iid§tigfeit ber ®eBurt§= unb
©terBe=Saten fe^r unma^rfcEieinlid^ mad)t. ^erbinanb @. mar ein ©(^üler be§
ßarlo ßignani al§ 5}taler, be§ '»IJlauro ?llboBranbini unb ©iulio Xrogoli aU
3lrc£)ite!t. Äaifer i?art VI. Berief il^n al§ 2;i§eatermüter nad£) SCßien, Balb aber
trat er aud^ at§ 33aumeifter auf. ^al:j\xeiiijc ©ntmürfe für 2^eater=2)ecoratiDnen
unb ß^rengcrüfte, bie fid^ öon feiner ^anh erhalten, Befunben fein Salent, ba§
allerbing§ me§r in ber 3lr(^iteEtur=3eid)nung, al§ in ber =^Dtalerei ^u ^^age trat.
Einige feiner CelBilber in ben Valerien ju ©raj unb Jpermannftabt Beseugcn
biefeS ©efd^id unb Ungefc^id. ®. mar auä) S^eoretifer unb ebirtc eine fyolge
öon 55orlagen: „Varie opere dl prospettiva" (Bologna, s. a. F"m.) — f^ranj &.,
ber jüngere 35ruber be§ f^^erbinanb (SiBienna 1659, f 1737?) toar öom ^ai)xe
1710 ab al§ laiferlit^er ^oft'^eater=^ngenieur t^ätig, Baute in 2Bieu im 33ereine
mit ivei'^i^finbo ba§ faiferlid^e D|)ernl§au§ unb üBerfiebelte fpäter miebcr nad^
Italien, mo er in äJerono ein S^^eater erbaute. S5on feinen SBicner S;e=
corationen rül)men bie bieten be§ ^of--f^tnan3=9lrd^it)§ iuöBefonbere jene, toeldEjc
er 1711 jür C^onti'S Cper „S)er ©ieg ber greunbfd)aft unb i^ieBe" entmarf unb
auS'ü'^rte. — Slnton @., um b. 3f- 1700 ju Bologna geboren, erhielt öon
feinem Sater ^^erbinanb UnterridE)t in ber .^unft unb bilbete fid§ bann weiter in
äöien, Wo er mit feinem überlegeneren Sruber i^ofei, fomie mit bcm 5lrd^iteftur=
334 ®^I^i ^^ ^Btbicnna.
malet S^antt in ftetem SSerfel^i- Web. ©eine fünft (erifc^e SBefä'^igung tüar aUtx=
bing§ ntd)t fel)r bebeutenb, tote un§ berfdjiebcne feiner S)ecoration§ftubien in ber
SBiener Sifabemie fcetoeifen. ^m ^. 1732 enttoavf er ben ^tan für ben .!po(^=
altor ber $peter§fir(^e unb malte bafclbft ard^iteftonifd^e ^reäfen, im felbcn ^ai^xt
tourbe er aud) jum ätüeiten ^oft-^eater-^ingcnieiir ernannt, in toeldlier @igenfd)aft
er bie SDecoration ^u einer hptx ,,Caldarra" unb bann bie Snttoürfe für bie
bamal§ fo beliebten ©rnft= unb ßuftfeuerloerfSljroben augarbeitete. S)ocl) fein
©inn für berartige fpcctaculöfe Unternel^mungen ging fogar no(^ toeiter unb er
fanb e§ mit feiner ©teEung toie feinem fünftlerifcl)en Scrufe öollfommen öerein=
Bar, in (Scfellfdiaft einc§ fpanifi^cn ^uben unb be§ 23ilb!^auer§ Sorrabini, mit
meldiem er burd) feine grau, eine %oä)kx be§ funftjertigen ©tudatorä 58uffi
öerfditDägert loar, in Söien ein S^ierl^etjt^eater ju errid)ten. 5^ad)bem ba§
^pribilegium aum Setriebe beffelben abgelaufen tcar, ^atte er freilid^ längft feiner
!ünftlerifd§en 3:i)ätig!eit entfagt, unb balb barauf 30g er l;eimtt)ärt§, tt)o er 1774
in 5Jtailanb ftarb. — S)er bebeutenbfte au§ ber ^ramilie ber ©aEi toar ätr)eifel=
lo§ ©iufeppe ©.; geb. äu ^Bologna 1696 (?), gefl. ju 3Bien 1756 (? im
Söiener Xobten^rotocott crfd£)eint er öon 1750—1770 nic^t). ©ein '^ert)orfted)en=
be§ Talent für bie becoratitie Äunft entfaltete er f(^on al§ Äinb; in Stauen
fm^te er bie ^Jleifter bicfeS ©eure auf, um fid^ burc^ fie öoUfommene ?lu§bilbung
äu berfd^affen. ^iac^ Söien, too er bie iSfugeubial^re üerbrad)te, äurüdgetet)rt,
trat er im jugenblic^cn 3llter üon 19 ^di)xm in taiferlic^e S)ienfte al§ ^tüeiter
^oft:§eater-'3ngenicur. ßin trefflidjer, ftilfunbiger ^Irc^iteftur^eic^ner unb erfal)rener
■$?olorift, in granbiofcr gifinbung unb effcctöoEer 3lu6fül)rung brillireub, öerftanb
er e§ fel^r balb, fid) 3um üielbemunberten, biel ummorbenen unb öielbefd)äitigten
iJünftler emporzuarbeiten, fid) jum gjiittclpunfte aller fünftlerifc^en a3eftrebungen
auf becoratiöem ©ebiete ju geftalten. S)urd) feine Setl)eiligung an aüen geften
be§ .spo|e§ unb ber Slviftofratie in bie erftcn .^äufer ber Ütcfibeuä eingeführt,
burd) umfaffenbeg 3Biffeu unb einneljmenbe 53ianier auSge^eidinet, geprte er auc^
gor balb ju ben Sieblingen ber @efellfd)aft. S)o(^ bernad^läffigte er be§l)alb bie
i?unft nid)t im ^tinbeften unb er ftanb mit ber Slfabemie unb il^ren 3luget)örigen
in innigfter SJerbinbung; ja eg fdjeint au^er 3tt)eifel, ha^ er bor Sofd)er, toenn
aud) nur für furje ^eit, an ber 3lfübemie al§ ^U-ofeffor tl)ätig tcar. ^m ^.
1732 tourbe @. jum crften |)of=3lrd)iteften unb 2l)eater=3^ngenieur ernannt unb
bon biefer 3eit an entftanben in äöien e^ren=, 2rauer= unb ©d)augerüfte nur
unter feiner Leitung unb nai$ feinen ©nttüürfen. 5ll§ 2:^eater=;3ngenieur geno^
@. mit 9ted)t bebeutenbe§ 3Infe^en; fein erfinberifc^er Seift, feine @etoanbtl)eit
unb tec^nifc^e (Sef(^idlid)feit tDu|ten ber becoratiben i!'unft gaua neue Ztä^niUn
abäugetoinnen, fo fann er al§ ©rfinber ber tran§|)arenten S)ecorationen gelten,
ba er im ^a^re 1732 gelegentlich ber 3luffü^rung bon ^etaftafio'g L'asilo
d'amore fol^e Äuuftftüde ^uerft auf bie SBül)ne brachte. 9ll§ ©c^riftfteüer trat
er burc^ fein SBerf: „Arcbitetture e prospetti" (1740) auf. @§ tt)ürbe t)ier au
toeit führen, ®aEi'§ jalilreid^c S)ecorationen unb ©tubien aufau^ä'^len ; iljre 3a:^l
erleid)tert un§ bie ^ritil feiner ßunftweife. 3ßä^renb bie brei oben erloälinten
^ünftler nod) in bem SSanne jener entarteten, manirirten, gefe^lofen Slrd^iteftur,
h)ie fie bon SSurnacini gepflegt tourbe, liegen, ^at \iä) ^ofet ®. in eine beffere
©c^ule begeben, unb feine äßerle tragen aEe 25ortl)eile ber baroden ^unft an
fic^. @ine impofante granbiofe 3lr(^iteftur, bon trefflid)er ^4^erfpectibe unb reidier
(Srftnbung in boEfommen :^armonif(^er ©lieberung fid) auflöfenb, aeigt fi(^ in
aE feinen enttoürfen; babei :^at er bie garbe boEfommen in feiner ©eloalt unb
berfte^t el überbieS, ba§ einfaEenbe Sid^t, mie bie ©d)lagf (Ratten effectboE feft=
3ul)alten. ®. mar atoeifellog ber bebeutenbfte Söiener 3)ecorateur ber iBarodjett. '
©eme »ebeutung liegt aber nebft bem in bem mä(^tigen ©influB, tüelc^en er
®aHtciu§. 335
•
auf bic 3fugenb übte, unb wenn ftd^ aud^ über feine ©(fiule nocf) feine beftimm=
ten 9tQ(^ric^ten ergeben ^aben, fo müfjen bie fpäteren i^ünftter ©d^ü^, 2)anne
unb ^o'^enberg nac^ i^ren SBcrfen hoä) jtoeiTelioS al§ ©(i)üter ober Ütat^bilber
@alli'§ er!annt »erben; in§befonbere ^o^enberg ^at burcf) feine ^jrac^ttioÜe
©loriette in Sd^önbrunn Ö5aüi''§ ©tit, toenn aud£) gefc£)tt)äd)t, in bie SBirfüc^feit
übertragen, ^ofei ©alti'i gntttjürfe in ben Söiener ©ammtungen unb im ^riOat-
befi^e errei(i)en bie S^'-^ einel t)alben 2^aufenb.
3la^ ben bieten be§ ^of=5inan3=2lrrf)it)§ unb ben Sageinotijen g[ei(^=
aeitiger Söiener 3e^tungcn. ^äbbebo.
©aüiciuö: ^^^ilip:^ ©., geb. 1504, 1566 al§ 5]3rebiger ju ^m anber^^eft
geftorben. ©ein öäterlic^er Familienname toor ©atuj, fein ©tammort bie ©emeinbe
3lrbe§ im unterengacinifc^en (Serid)te ©teineberg. (SaüiciuS nannte er fid) nai^
feiner Butter f^amiüe, ma§ auf einen l^eröorragenben @influ§ ber 5)lutter am bie
Silbung be§ Knaben fdiüe^en lä^t; ein @ro^o^eim müttertid^er ©eit§, ber S)e!an
Surfeila in ßamogaft, !)atte fic^ feiner früf)3eitig angenommen. S)a§ 2id£)t ber
SBelt erblidEte ^t)ilit)|) in ^^ontmita, einem fteinen Sßeiler bei ber S3intfc|gaui=
fc^en ©emeinbe iauTers, mo fein 95ater 5tbam ©alu^ mut^ma^lic^ ein bifcf)öf=
lid^eS öofgut betoirtt)fc§attete. Söie bei ben meiften (gelehrten jener 3eit ift aud)
über be§ @. Sugenbbitbung toenig befannt. @§ bürfte aber üermut^et merben,
ba^ er M ben Senebütinern be§ benachbarten ©tiTtc§ 5)laTienberg jur ©d^ute
ging. S)a^ er jebo^ nid)t in ben ©(^ranten ftöfterlid^er @ete:^rfamfeit ftcl)en
blieb, fonbern auct) ben ^umaniftifc^en ©tubien mit großem (Sifer oblag, erl^ellt
au§ feiner ßenntniB ber gried)ifd^en unb :^ebräif(f|en ©prad^e, öon roetd^er er
fd^on al§ smeiunbjtoanjigjäfiriger Kaplan ausgiebigen Öebraud^ ju mad^en iDu^te.
©ein erfteS öffentlicf)e§ 3luftieten fällt in ben beginn be§ Sa'^ree 1526, toäl^renb
er bei bem obengenannten 5^e!an Surfella al§ Gaptan angeftettt toar. @§ t)an=
bette fid^ um bie Serf^eibigung ber eöangelifd^ gefinnten ^^rieftcr, gegen meldte
ber 23if(i)of öon Gfiur megen täuferifc^er ©efinnung bie Slntoenbung bürgerlid£)er
eenfurcn beantragt '^atte. £er Sunbe§tag geftattete ben 5lngef(^ulbigten eine
gtec^tfertigung mittels einer öffentlichen SDieputation. Siefe bot nun @., obfd^on
er mot ber Süngfte unter ben antoefenben 5]}rieftern mar, 9Inla^, fein glänjenbeS
Stalent, feine ©(i)rift= unb ©pradjfenntnifie gu beurfunben. S)a§ ßrgebniB be§
gieIigion§gefpräc£)e§ beftanb barin, ba^ ber SunbeStag ni(i)t 6anb bot jur ge=
münfd^teu Slntoenbung bürgerlid^er ßenfuren. @. tourbe inbeffen bod^ in golge
einer 5]3rebigt, bie er über ba§ Serbienft d'^rifti "^ielt, öon einem .3}erbannung§=
becrete betroffen, ba im Cberengabin bie @eri(^t§barfeit unmittelbar bem S5if(i)ofe
äuftanb. e§ mar biefe Sebanblung be§ jungen ßaplanS um fo auffälliger, al§
berfelbe big ba^in an ber mQftifc£)en ©eite ber 2ran5fubftantiation§le:^re feftge^^alten
liatte. 2ll3 Verbannter 30g er nun in bie ^Mt)c feine§ ^eimat:^§orte§ nadf) Öaöin
unb befd^äftigte fid^ mit ^riöatunterric^t. unb ßrjie'^ung junger Seutc. Salb
mürbe er jebod) al§ ^^Jrebiger nad^ SangtoieS berufen, toofelbft er fi(^ öere'^etidlite,
unb 'hiermit ben Sindl) mit ber ^ir($e öoUjog. ''Raä) ber ©d^lac^t öon Goppel
eben beel^alb ^ur f^luc^t gejmungen, feierte er neuerbing§ für eine ^eii)t Pon
iSa'^ren jum Sel^rerberufc jurücl. Semertengmerf^ ift biefe ^e\t nidl)t fomol
burc^ eine reformatorifd^c äöirtfamfcit, für melc£)e einfttoeilen fein 9iaum Por=
l^anben mar, al§ burdi) bie erften Serfucfie ba§ rl)ätoromanif($e ^biom au einer
©d^riitfprnd^e ju ergeben; in bem 5)3fatterium Pon (iampeE befinben fid) nebft
ber Sorrebe aud^ mel^rere Seiträge Pon ©atticiul' |)anb. ©ine neue ^:]5eriobe
fird^li(^er 2Birffamfeit begann für @. crft mit bem ^a'^re 1537. 2;ic ©rünbung
eine§ ©pnobalPerbanbeS, bie SiSputationen, benen er 1537 unb 15-44 als Ser=
treter biefe§ SerbanbeS beimol^nte, bie ßinrid£)tung einer ^ird^enorbnung für bie
italienifd^e ©julantengemeinbe in 6:^iaPenna 1549, bie 2lu§einanberfe|ungen mit
336
©aninariui
^:t5eter $au( SJergerio in Sejug aui ben Äircf)enüerbanb ber itatienifrf)en ©emein=
ben, feine sBerujung al§ ^rebiger unb ^^rofeffor nadj Q\)m an bie Seite 6oman=
ber§ bilben ben 3ia^men feiner immer bcbeutungäöoller t^eroortretenben 23egabung
unb äöirffamfeit. ^n letzterer ©teüung öerfloiten ficf) feine ^eftrebungen auc^
ins politifcfie ßeben, einerfeitS mit 9tücffid)t auf bie gen)ünf(^te unb fet)r beför=
berte 6äcularifation be§ Jpo(^ftifte§ 6^ur, anberfeitä ^infi(i)tlirf) be§ 33ünbniffe§
mit ber franjöfifc^en Ärone unb bie öon berfelben öon oeit ju 3cit auSge^enben
35erfolgungen unb Sefetjbungen ber Jpugenotten. S)a§ c^auptbenfmal feinet
SBirfeng unb (Strebend toar aber bie Confessio rhaetica öom .^atjre 1553, bereu
3luffteEung aU l^runbtagc für ben Stjnobatöerbanb %uptfärf)li(^ butcf) bie a^^
meid^enben ßet)rmeinungen ber ;3taüener erforbcrt mürbe. @g mar eine aufreibenbe
Sfiätigftit, bie i{)m oblag, of)ne au§rei(f)enbcn obrigfeitU(i)cn Sci)u^, tele i^n
mot bie meiften anberen ^Reformatoren genoffen, in eine ^Jtenge roeitau§einanber=
get)enber Slntc^'^ffen öerfettet ju fein, eine ausgebreitete (£orrefponbenj ju führen,
einem S)oppelamte obliegen, unb überbieS oon 'Jtaf)rung§forgen nie befreit ju
fein, ^t me^r feit bem 'Jlugsburger 9le(igion§frieben bie tut^erifdtie Ä?ird)e firf)
einer rut)igen ^Inerfennung erfreute, befto f(^ärfer gingen öon atten ©eiten bie
Singriffe auf bie reformirten Äirc^en bor. Unb £aum irgenbtoo ^ei^er mar ber
Äampf, at§ gerabe in G^urr^ätien, too bie S^nquifition öor ben 2;^oren lauerte
unb ein großer 2f)eil bes Ö)ebiete§ unter einem auämärtigen '-i3ifd)ofe ftanb, bcm
bie SnQuifition allen 3}orfd)ub Iciftete. 'S)ie ©intguiig ber reiorrnivten .^ircf)pn
beutfc^er S^n^t in bem l)eliietifc^en Sefenutniffe mar bal)er eine rettenbe I^ot,
unb eä mar @. gerabe noc^ üergönnt, biefe§ 2Bei-f 58ullinger§ feinen VUmtöbrübern
5ur Slnnal^me ju empfef)len, al§ auc^ er, öon ber $eft ergriffen, feiner 2öirtfam=
feit ein S^d gefe^ fal). 6r ftarb 1566 mit feiner Ö)attin unb ^meien feiner
©öljne. @. mar namenttii^ in feiner legten Slmtsftellung 3u fe^r praftifc^ in
'itnfprud^ genommen, um fcf)rtftfteEerifct) einn)irfen ju tonnen. 9}on i'^m felbft
erfii)ien nirfjtö im S)rucEe; ma§ üort)anben ift, t)at fein ©cl)üter ßampell üer=
offentlicf)t.
Ulrid) ßampett, 2 Söüc^er rl§ätifcl)er @efc^i(f)te, beutfcl) öon Mo^x. 6^ur
1853. — Petri Dominii Rosii de Porta liistoria reformationis ecclesiavum
rhaeticarum , Curiae Rhaet. 1771. — ^tih. -Dk^er, @efd). ber eöang. @e=
meinbe in Is^ocarno. 3ii^'icl)- — Seont)arbi, 4>^^^iP^ @alticiu§. 6l)ur. — ßinb,
in ber 3eitfd)r. für '^ift. S^eologie. 1868. III. ^cft. Äinb.
©altiliarillö: ^ol)anne§ @. (.^enlin), -pumanift, ju @nbe be§ 15. unb
im erften äJiertel be§ 16. ^a^rl)unbert§. Um ba§ i^a^r 1475 ju .«peibelberg,
na^ anberen ju Surlad) (B. Rlienanus Germania IIb. III. Budoris, unter
„Budoris" be^eidjncte man bamalS unb fo Xritl)emiu§ immer, fomol .^eibetberg
als auc^ S)urlad)) geboren — näl)ere§ über fein ®eburt§= unb 21obe§iaf)r lä^t
fid) nic^t ermitteln — unb ein SSermanbter, (5d)üler unb ^reunb SBimpfeling's,
erhielt er feine miffenfd)aftlid)e 33orbilbung auf ben ©d)ulcn Jpeibelbergg unb
mürbe an bereu Uniöerfität unter bem ätoeiten Slectorate be§ 'DJtarcuS äBenbalinuS
be Jpufen al§ „Joannes Henlin de heydelterga Wormac. dioecesis, prima die
aprilis 1495" immatrifulirt. §ier erlangte er aud) bie äöürbe eineS 5Jtagifter§
unb lebte unb lef)rte bafelbft, mie eä fdieint, bis jum ^. 1508, nad)bem er
fc^on in -Ipeibelberg nad) ber ©itte ber bamaligen ^eit feinen Familiennamen
„|)enlin" (^änlein) in @allinariu§ latinifirt t)atte. ^m ^. 1509 finben tt)ir
il)n äu ^öln, in bereu Uniöerfität§=53tatrifel er unter bem legten ^uni 1509
als „dominus et magister Joannes gallinarius de heidelberga ad Jura juravit
et solvit" öer^eidinet ftel)t. 3]on Äöln auS mibmete er als „5Jiagifter ber freien
Äünfte" am 10. Januar 1509 feine Ueberfe^ung beS Palinurus öon SufianuS
(SBetter, Repert. typogr. ©. 84) ber ©ib^Ua, geb. 9Jtar!gräfin öon 35aben unb
üJaßinanu». 337
©xäftit äu ipanau unb ßi(f)tenberg, unb Beianb [icE) bafelbft nocfi (ob a(g £'ef)rer
ber |)od)f{^uIc, ift mit unbefannt) im S. 1512 (@rf)arb, 6ef(i)id)te bei- 2Bieber=
]§erft. b. SSiffenfd^. IIL, <B. 328). Salb barauj er"f)ie[t er eine Ce^reiftelle ju
©(^lettftabt i. 6., too er mel^rere ^a^re lang mit großem 9lut)me ©rammatif
unb 9t^etorif unterri(^tete, unb toax bann (1516) ^rebiger ju 33reifac^ (jRö^xici),
@ei(^. b. 9{eform. im 6lia|, I, ©. 85), in loelc^er @igenj(i)aTt er tüa^rjcEietnlicf)
auiij bajelbfi geftorben ift. — 6in jef)r ge(e:§rter illann (2B. ^:t>irf^eimer bei
Söcfing, Hutteni Op, I. p. 158 ^<^) unb ein eifriger Stnl^änger ber £)umanifti|(^en
35e[trebungen jener 3eit (Hutteni Opp. III. p. 78), ftanb er bei feinen gleid5=
gefinnten 3eitgenoffen toie So^- 3afiu§, i^ac. ©türm (*^ß^ileftu§ (^lingmonn) in
SBimpfeling'ä Epistola excusatoria ad Suevos) u. a. in großem 3lnfe§en, unb
21^oma§ 2Botffiu§ ber jüngere toibmete if)m 1505 2öimpfeling'§ Suci) ,,De in-
tegritate", beffen jtDeite 2Iu§gabe (1506. XI. Kalendas Xouembris) ÖaIIinariu§
felbft burc^ ein tateinif($e§ ®ebict)t, fo toie ft^on früher 2öim|)feüng'§ gomöbie
<Bit)lp'i)o, in melc^er berfelbe bie Untt)iffent)eit ber @eiftücf)en mit @pott unb
(Satire gegeißelt l^atte, mit einem bebicatorif(f)en Sriefe öerfe^en, empfohlen l^atte.
Sängere ©teilen au§ feinen Sebic^ten §at auc^ ber Ulmer 33u(^brurfer £'ubn)ig
.^o^enmang feiner 2lu§gabe ber beiben quobübetarif(i)en ©dier^rebcn be§ ^acob
^arttieb au§ Sanbau unb be§ 5]3aulu§ Dleatiu§ bon öeibelberg (üergt. biefe)
um ba§ 3. 1500 beigefügt, ginselne feiner ©ebic^te ftel^en aucf) in ai>impfe=
ling'S ©ermania, mo er benfetben au§brücEIid) al§ feinen ,,praeceptor", unb
fi(^ felbft ,.Jo. Gallinarius H." (alfo Heidelbergeusis) nennt, in beffen Anuuntiatio
angelica (Strap. ^o:^. ^rü^, 1501, 4), bor be§ Phil. Beroaldus declamatio de
tribus fratribus, fotoie in mel)reren anberen, bamat§ gebrückten (ateinifc^en ©c£|rif=
ten feiner ö'reunbe. ©benfo finbet fic^ ein SSrief bon i^m au§ bem ^. 1503 in
be» Bapt. Mantuanus Bucolica, Argent. 1503, 4, unb ein anberer bor ber
Oratio in laudem civit. Heidelberg, s. a. 4 be§ ^et. 3lnt. be 61api§. Slu^erbem
beforgte er mieber^olt feit 1502 bie 9tu§gaben ber ..Adolescentia^- be§ 2Bimpfe=
ling unb öerme^ite fie nic^t nur fämmtüi^ mit anberlueitigen guttaten (..cum
novis quibusdam additionibus per Gallinanum"), fonbern aud) mit eigenen tat.
Siftidtien. Snbeffen finbet fid) iebe§mal ber urfprünglic^e 3nl)alt ber erften
^JluSgabe (1500) miebergegeben, nur ba^ allentl)alben mehrere 3lbf(^nitte in einen
Oereinigt finb. 5öergt. inSbefonbere über hk 5lu§gaben 1511 unb 1515 A. Asher
Catal. X'CI, 524 unb XCIIL 591, beibe ßrempl. au§ ber Sibliot^ef ber Srüber
©rirnm, je^t in ber f. Sibliot^ef ^u 33er(in. lieber fein Söirfen enblii^ all
Se^rer fd)reibt 2Solffiu§: „Tu aliquot iam annis hie apud Tribotes (Sletstadii)
in diui Petri templo Grammaticam, Rhetoricam et id genus alias disciplinas
non sine laude docuisti: quotidie tradens praecepta eloquentiae. " (S5erg(.
X^. ©inceruS, 9teue 'PiadC)rid)ten bon lauter alten SBüc^ern, I. ©. 28.) — 9Jlit
3fol)anne§ ©aüinaiiuS ift nic^t p bermedtifeln (Su(i)ariu§ ®attinariu§, über
beffen geben jcbod) fid) nur fel)r fpärtic^e ^lac^ric^ten finben, wie auc^ fein _G)e=
burt§= unb 2obe§iat)r unbefannt finb. ©ebürtig au§ SSretten in ber ^urpfatä
unb walirfc^einüd) ein Sruber ober 9}ermanbter be§ üorigen, fotnie gleii^foES
ein ©c^üler unb grcunb 2öimt)Teting'§, toar er (ianonicuS ju ©pet)er unb be=
tt)eiügte fid) für legieren in bem ©treue „De Germania." gegen 9Jlumer. ©ein
©tubium mu^ er inbeffen, obgteid) ein tepfät^er unb nid)t meit öon ^eibel=
berg geboren, nid)t auf biefer Uniöerfität betrieben l)aben, benn er finbet fid) in
bereu 9Jlatrifet meber unter bem 5^amen ÖallinariuS, nod) al§ „."penner" ober
„^aner", ober „^enlin" ober „^enel", ober einem ä^nli^en eingetragen. llebri=
gcn§ ift et toal)tf(^einticf) (Epist. 0. V. 273 '-. Söding) jenet ..alius doctor, qui
fuit artista de via modernorum, et cum aliis in hospitio coronae (äßitt^SVu^
SUtgem. beutfefie iBiogra^jTjie. \1U. - 22
338 G5aEi|tn.
jur Ärone) Moguntiae Magistris nostris et fratribus de ordine praedicatorum
faciebat sunimas nequitias" (.g)änjeleien unb ®rob"^ettcn). ^aä) Xritl^emiuS
(Opp. Francofurti 1601. Fol. P. II. pag. 483 ff.) Beftanb jlrtfrf)en btcfcm unb
bem @ud)ai'iu§ (S. „Nemetensis" (Spirensis) im 3f- 1505, unb fpäter ein 5Sne!=
werfifel, ber bi§ je^t nidit aufgcfunben ift. — Sin ©|)et)rer 2)ru(fev um 1480,
„@u(i)ei-iu§ ©.", beffen fonft bei feinem Sitevatur^iftorifcr ©rtoäfinung gefdiietit,
öegegnet in ben ©upptementen ju ^Jlaittaire'S tt)pograp'^. ^^Innaten öon ^. S)eni§
(äöien 1789. I. ©. 126) aU unter einer ©petjrer ?lu§gabe be§ ©tljl^'fio öon '
äßimpfeling befinblic^. 2)er 2}orname fc£)eint lebiglic^ auf einem ©a^= ober
S!)ru(Ifet)ler anftatt ßud^ariug ju 6eruf)en, meld)er 5tame öermuttjUd) auf bem
2;itel be§ S)ru(ie§ (ber mir nicf)t äugänglid) mar) gleidifaltS öorfommt, unb
beffen Präger allerbing§ „ex Spiris ad Bertholdum Kyrsniannum de Horb ;
philosopliiae magistrum, Stylphonem transmisit" unb bem SBuc^e 161d§ einen em=
^3fe!£)lenben Srtef ijaüt öoranbrudEen laffen.
35ergt. au^erbcm über beibe @aEinariu§ üliegger, Amoen. Friburg. p. 255,
183, 215, unb beffen Zasius, p. 391. — 58örfing, Hutteni Opp. Supplem.
IL p. 366, 765. — 2öi§fomatoff, ^al Söimpfeting (53erlin, 1867) <B. 39.
(SJaUi^tll: ^IbeUeib Slmalia f^ürftin bon ®., geb. ben 28. ^iuguft 1748,
entflammt ber a(tungarifc£)en, unter 3)iat^io§ (5oröinu§ in bie @raffrf)aft (Sla^
ber^ogenen gamitie öon ©(^mettau, bie feit ^Beginn be8 18. S^a'^r'^unbertS ben
Äaiferli(i)en mic ben 'ipreu^ifdien ©taat§= unb ^TriegSbienften jmei auSgeäeid^nete
©üeber gefteEt t)at. ߧ mar ber bebeutenbfte be§ @efci)le(i)t§ if)r 3}ater, ber
öreu^if(f)e g^Ibmarf d^aE unb 9teici)§graf ©amuel bon ©., it}rc Butter beffen
ämeite ©attin, eine 5^-ciin 5J^aria 3Inna öon Stiffer ober 9tuffor (9iuffert), biefe
faffiolifd), jener eöangelifct). ^Jiad) beö 5^ater§ jTobe am 18. 3lug. 1751 mürbe
2lmalia, mä'^renb bie Vorüber ber ßonfeffion be§ 2}aier§ folgten, öier ^a^xt alt
in ein tatt)olif(^e§ ^^enfionat nad^ 33re§lau gefd)icEt unb tro^ if)rc§ gemeinten
unb cmpfängtid)en 2öefen§ fo äu^crlicJ^ untermicfen, bafe fte na(^ adjt ober neun
Saferen, aU fie l^eimfef)rte, nur ungefd)icEt la§ unb fdirieb, ©tatuen ^eibnifd)er
©Otter für foId)C bon .^eiligen anfa^ unb fid^ ehrerbietig öor i^nen öerneigte,
©otd)e 33töien ber ©r^ie^ung fielen um fo unangenet^mer auf, al§ ba§ .spau§
ber 5)lutter ein gefuc^ter ^JJlittelöunft ber öorneljmften ^^rantilien öon Serlin mar,
unb 5lmalia mu|te nod^malS auf anbertl)alb ^al)re eine franjöfifd^e ©r^ie'^ungS^
anftalt ber 9ltefiben3 befudf)en, um ben gefeüigen gox'berungen be§ Jagcg gemä^
Xanjen, f^ranjöfifd^ unb 5JlQtl)ologie ju lernen. S)em ©tternliaufe jurütf gegeben
unb bann in§ ^ofleben eingejü"§rt, fül)lte fie fid) im S^^ange be§ 6eremoniel§
unb ber Sßergnügungen gar balb gelangmeilt, fel)nte fid) bafür nac^ geiftiger Tidij^
rung unb fu(f;te fie in ber tängft liebgemonnenen -33tufi!, in 9tomanen, mie fie
bereu öorfanb, unb in §elöetiu§' ©cC)ri|t „2}om (Reifte", obtool biefe, mangels
einer pl^ilofoö^ifdien SSorbitbung, i^re l)öd)fte Äraftanftrengung in ?lnfprud^ na|m.
^toeifeln unb 3Bal)r'^eit fud£)en be^eidjnen alfo bie crften 2lcte i'^reS fetbftänbigeren
ßeben§; ma§ fie errungen, äußerte unb öertlieibigte fie, unb ma§ babei i'^re
fül)ne S)i§cuffton öerftie^, begütigte gefc^idt il)re ^Inmuf^ im S3erfel)r. ©ine
1765 mit einem b. (SerSborf auf Setreiben ber 53lutter eingegangene S5erlobung
mürbe toegen beben!lid)er 33erl)ältniffe be§ 33räutigam§ mieber gelöft, 1768 be=
gleitete fie afö §ofbame bie ^rinjeffin ^^-erbinanb, ©c^mägerin t5i'"iei>i-"i<i)§ ^^^ ®i-'--
tu bie 35äber öon ©öaa unb Slawen, unb il)r ebenfo ^o'^eS mie beftimmte§ 5luf=
treten ermedte ba§ SBol^tgefalten be§ ruffifd)en (dürften S)mitrt) Sllejeiemitfc^
@aEi|in, ber bort feine .^eimreife öon 5pari§ unterbrochen l^atte. Seibe f($loffen
f(^neE, nod§ im Sluguft, ju Stadien ben el§elidt)en 35unb. Slmalia öerföradt) fid£)
öon i'^rem @ema'|l, ber ein ^^reunb ber äöiffenfd^aften, ber franjöfifd^ien $^ilo=
®alti|m. 339
jo:p^ie unb if)xti <^au)jtö ertretet tüar, eine erfolgrei(f)e Stü^e il^rer 3tu§16ilbung
unb Sluiflärung, unb glaubte \\d) ben geiftigcn 33e[trebungen um fo mel^r ^in^
geben äu fönnen, al§ il^re äußeren S3erf)ättniffe bel)aglicE), jetbft gtän^enb geit)or=
ben toaren. S)q§ @ef(|le(^t ber ©atti^in leitete ficf) ab bon ©ebimin, bem
©tammöater ber ^fageiXonen, rüfimte fid) tf)atenreic^er .^rieg§= unb ©taat§männer,
— unb i'^r @ema^l toar ©ünftling ber Äaiferin i?'at^arina, ^inifter, ©taat§=
rotl§ unb 3um (Sefanbten im ^aag au§erfet)en. S)ie 9leuöermdt)lten begaben fic^
über Srüffel, SBerlin nad^ 5peter§burg, fteEten [id) bem ^o']^ bor, unb nacfibem
ber 5-ürft jür ben ^aag förmlid) ernannt mar, traten fie bat)in (5nbe 1769 bie
gieije an, abermals über S3erlin. ^ier gena^ bie f^ürftin eine§ 2ö(i)ter(ein§,
5Jlarianne (3)limi), ein ^ai}x barauf im <!paag eine§ ©o'^ne§, S)emetriu§ ober
^IRitri. S)ie Q^ürftin feffette überaE buri^ it)re gefeEigen Talente, it)r gejc£)iiite§
unb anmutt)ige§ SSene!)men; fie fetbft gemährte in bem äußeren (Btanje it)re§
,^aufe§, ber ^o^en 33erbinbungen, ber ja^tlofen 58ergnügungen, bie fie an ber
©eite be§ @emal^l§ mitmad)en mu|te, eine brüilenbe Seere — unb bie§ 3lIIe§ um
fo tiefer, al§ ber ^yürft, bem fie me'^r au§ (SeifteS=, benn au§ ^erjenSneigung
an'^ing, bie (Brunbfö^e be§ ^elbetiuS befolgte, unb biefe i^re ©eele, ftatt ju
füllen, bermirrten. i5^-eunbf(f)aften, bie fic^ al§ falft^e :§erau§ftettten, Unbanf für
ermiefene äßo!)lt^aten, unb anbere§ 5[Ripet)agen famen fiin^u, i^r bie O^reube
an ber gefettigen Seite be§ fieben§ ju berteiben. 6§ reifte ba^er in it)rer Sruft
ber feltfame 5pian, ber äöelt p entfagen unb fo gut toie au§f(i)lie^li(^ if)ien
©tubien unb bamit jugleic^ ber ©T^ie^ung il^rer Äinber ju leben, toenn nur ber
g-ürft einmilligte. S)a erf d)ien auf einer Steife naä) Petersburg, im 5)tai 1773,
3um 33efud)e be§ dürften in it)rem ^aufe S)iberot, unb l^atte er früt)er eine un=
günftige ^Jteinung bon ber S^ürftin, fo ift er je^t, toie er naä) ^ari§ fiiirieb,
bernarrt in fie, berfe'^rt mit bem ^i)epaaxt toic mit guten ©efc^miftern, beja'tit
il^r bie 6rrei(i)bar!cit beru'^igenber i^enntniffe unb beftimmt ben ^üi-'fien, il^r für
i^re äßünfd^e freie .^onb 5U laffen. ©ie beginnt gleic§ mit i^ren ©tubien, ^ält
fie aber unter ben gefeEfcfiaftli(^en 35erl)ältniffen i'^reS ^aufe§ fobalb für erfotg=
io§, baß fie im näct)ften ^al^re 1774, too ber ^^^ilofopf) auf ber 9lücEreife mieber
bei i^r ein!et)rte, unter 3uftimmung be§ i5rüi-'ftei^ ^^lö^lic^ unb fo böHig mit ber
boine^men 2Belt bridjt, ba^ fie it)re 5]3runff(eiber ablegt unb i^r f(^öne§ .§au|3t=
!^aar fal)l abfii)eeren lä^. 9tun tourbe ftubirt unb mit bem 5P^ilofo|)t)en über
bie ernft^ften i^^ragen be§ ^Jlenfd)en unb ber Söelt biScutirt, ja, um il)ren geiftigen
Sebürfniffen nod) ungeftörter abjulielfen, berld^t fie, nod)mal§ mit ßinmilligung
be§ ^üi^fien, bie gtefibenj, bejielit ein einfameg 33auernl)au§ am äBege na(^
©diebeningen unb gibt biefem auf einem ©(i)ilbe bie ^nf(f)rift: Niethuys (b. i.
9ti(^t 3u <^aufe), jur Slbtoe^r jeben unberufenen 23efu(i)e§. Zutritt bef)ielten
nur, au^er bem ©ema^l, bie gürftin bon Cranien, ^riebeiüe <Bopt}it äöillielmine,
eine geborne ^prin^efftn bon ^reu^en, beren ©öl)nc^en, ber ft)ätere Äönig 3Bil=
^elm I. bon ^ollanb, 5Jlitri'§ ©efpiele mar, fobann ber eigenartige ^^ilofo^)!^
g-ran^ ^emfter§ut)§, unb bie Briefe il)rer auStoärtigen Setanntcn, namentlid)
@rimm'§ au§ ^ari§. §emfterl^ut)§, eine unf($einbare ©eftalt, beffen 5lnf(^auungen
ba^u er'^eblid) bon ben l)errf(^enben 2;l)eoremen ber f^ranjofen abmiiiien, mar ii^r
wol feit S)iberot'§ erftem SSefuc^e nal)e getreten, aber menig angefe'^en; balb
änberte fi(^ bie ©teEung : er tou^te i'^r für i§re ©tubien bie Salinen anjumeifen,
fü'^rte fie in bie griediifi^e Literatur, befonberS in bie ©c^riften $lato'» ein,
tboran fie ©efd^maä unb fefte f5uiii>amente ber ßrtenntni^ fanb. Seinogen bon
ber l)ol§en S)ame trug er nun im ©op'^iluä unb ?lriftäu§ — beibe in gorm be§
S)ialog§ — bor, ma§ beibe nal)e berbunbenen ©eifter in mccf)felnber Ütcbe al§
Gemeingut errungen l^atten. ^ener bel)anbelte bie '>Dtöglic£)!eit, 3Birflicl)feit unb
9totl)toenbigfeit ber Sbee unb bie i^mmaterialität ber ^)Jtenf(^enfeele, biefer be=
22*
340 ©aHi^in.
jd^äjtigte fii^ mit bem pl^t)fico=t!^eotogif(i)en SSetoetje t)om S)afein Sottet, bic
^üngerin toirb öon ben Se'^ren be§ ^Jleifterg n)of)ltt)ättg !6ei-üf)vt, geiftig beveii^eit
unb ju toeiterm Senfen angefpornt. — Um ba§ ^a|r 1776 erfct)ten im 'Xuf=
trage feiner ä)ater[tabt ©enf 2)anton im -öaag, unb üerfe^rt, eingeiü'^rt tion
tV^')em[ter'^u^§, mit ber ^^^ürftin; biefe tDÜnjd^t, um mit ben beiben ©eifteSraedfern
norf) enger unb auSfc^lie^tid^er öerfctiren ju fönnen, mit i'^nen unb if)ren j?inbern
ftott ^lottanb (Benf aufzufüllen, bann, al§ ber f^üi-'ft am genfer ©ee ba§ (^ut
ßatoignt) angetauft fiatte, bieg ju i^rem Stubien= unb @rjiet)ung§fi^ ju madfien.
SBieberum ertf)eilt ber ©ema'^l bie @rlaubni§. (B)c jebot^ ber Umjug in§ 2ßer!
gefegt tourbe, erf)ätt fie .^unbe bon ben epoc^emad^enben (5cf)utreformen, njeld^e
ber ^reitjerr }S-xan^ ^riebri^ 2Bil^etm Don g-ürftenberg (f. oben @. 237), al§
©eneralöicar unb ^inifter in bem abgelegenen -Jpoc^ftift 9Jtün[ter mit ben fdtiönften
©rfolgen anba'^nte, unb tüitt erft biefe, foinie i'^ren Urt)eber näljer fennen lernen.
3Em 'DJlai 1779 öermeitt fie 19 Sage in fünfter, 3U eng bemeffen, um ba§
(Softem unb bic ^^rincipien ber Srjietjung fid) anzueignen, fet)rt beSl^alb im
giuguft 3um jtoeiten 9Jla(e mit i^rcn ^inbern ^urücf, unb jttjar abfic^tlic^ auf
ein ganjeS 3^at)r; ba heimeln batb bic '4>erfönti(f)feit, bie SefienSanfc^auungen
5ürftenberg'§, bie tjoffnungäöoHen 3lu§fi(^ten auf eine toirfungSöottc ©tü^e bei
ber Äinberer3iet)ung, ha^ ibt^üifc^e ?lntti^ ber ©tabt, bie natürlict)e ßänbtic^feit
ringä'^er bie [5"ü^l"tii^ fo ^^' ^"B fi^ ^^ ^JJlünfter ein ,vöou§, ben fpäteren 9lf(^en=
berger .§of anfauft, bie .f)au^Jt[tabt 2Beftp^alen§ ftatt be§ @enfer ©eeS jum
bauernben 3lufcntf)att nimmt, um ungefannt unb ungeftort leben, ftubiren, crjiet)en
ju fönnen, unb nur ben ^^^erfonen 3ut^*itt ju geftatten, bic il)r babei t)itfrei(^
fein möd^ten. S)at)er öerfet)rt fie auä) erft nad) ^a'^ren, unb fpäter über^upt
mit nur menig f^fcimilicn bc§ 3lbe{§, unb bal^er mief^ete fie etma eine lüleile
öon ber ©tabt einen cinfamen 3Sauernt)of, ba§ .!pau§ 5lngcImobbe in ber "•)laf)c
be§ gleichnamigen S)orfe§, ai^ i3anbaufcnt^alt öom (Srafen Don ^JbrDetb, unb
empfing t)icr nur bie 33cfud)e ber ^]Jtünfterifd)en ^f^-'^unbe, unb auf mel)rerc
Söoc^en jene be§ f^rüi-'ft^^' ^^^ ^^ ©ommer me^rentl^eil§ zu 2lfd)affcnburg am
^Jlainjer A^ofe njcittc, unb i'§rc§ ölten (Stubienleiter§ .söemfter'^ut)§. — 3lnfd)einenb
beforgt um ba§ Scfinben ber ©emal^lin beftimmt ber g-ürft jcbenfatt§ ben großen
3lnatomen Gampcr, Don ^oHanb feinen 3iüdmcg über 'IJÜinfter zu ne'^mcn, voo
er bie f^'M^^i^ befuc^t, ^yürftenberg fennen lernt, aber an ^jtttem, ma§ er fa"^
unb ^örte. Diel SScrgnügen fanb. ipernfter^utje' Silb flärt fic^ ber entfernten
f^reunbin immer reiner unb ibcaler ab, fein brieflid)er ober pcrfönli(^er ©iuflu^
mirb immer n3ol)ttt)ucnber, feine ©(griffen, zumal ber neue Slialog „©imon, ober
Don bem Sßermögen ber ©eele", finbet bei il)r allen 2lnf(ang; fie beflagt, ba^
er in ^Jlünfter nic^t genug befannt fei, unb flirrt bieg barauf zurüd: ^JJtünfter
fei ba§ Jlönigreid^ ber ejacten 2Siffenfd)aften, fie, Siotoma, er, ©ofrateS, liebten
mel^r bie ^^itofopl^ie. 6§ mäf)rte nic^t lauge , unb bie |>-ürftin benft unb
plant fo felbftänbig, ba^ fie bem alten Se'^rer offen ^erau§ fcl)rieb: „3u lange
^abc id) mein Soo§ abl^ängig gemacht, fortan toiü e§ felbft regieren". S)amit
war bQ§ empfinbfelige ^anb, nid)t ba§ ber greunbfd^aft, bur(^fd§nitten, bie 3u=
bringlid)feit be§ ^4^l)ilofop'^en entfd)iebencr abgemiefen; e§ bleibt ber ?lu§tauf(^
Don ^been, bie Söibmung Don ©d^riftcn beftel)en, fo lange ber ^p^ilofopl^ (t 1790)
lebte. — Smmer imponirenber würbe if)r bie geiftige Sebeutung güi-'ftcn'öerg'S
unb feine rcligiöfc ^Infd^auung, obwol fie berfetben nid)t l)ulbigte; benn
il)re§ (Srac^tenS glaubte ?iiemanb an ba§ 6l)riftcnt^nm, al§ ber $öbcl, unb
i^ürftenberg, ein gläubiger Äat^olif, mu^te feinen ©tauben wol al§ ein 5ßor=
urt^eil au§ ber @rziel)ung überfommen l^abcn. 6ie Derbat fic^ glcid^ anfangs
jeben ^cfel)rung§Derfu(^, benn in 33ezug auf @ott fönne fie 9Zid)t§ in fic^ leiben,
toaS er nid^t felbft in i^r gefdiaffen; ßJott bitte fie um Sic^t, i'^m fei il)r |)erz
©aüi^in. 341
Offen. (Sin um ]o angenehmere^ 35anb l(i)lang um Beibe öeifter 5üv*ften6erg'§
Sntereffc Tür bie 2BiJienic^Qiten unb beren ^Verbreitung ; norjugsmeife bilbeten
bcn 33oben it)re§ (i)eii"te§t)erfet)r§ bie 53tatf)ematif, bie ^}laturroiifenfd)aiten, miti=
tärij(i)e S)i§cipUnen, *4?olitif, poütijc^e 6eicf)ici)te jumat ber 9tömer, ber neue 3(ur=
fd^mung ber beutfc^en Literatur. SSalb fte'^en ber ©eneralticar unb bie i5für[tin
inmitten eineg Äreife§ öon :^eimif(i)en unb oueroärtigen @e(ef)rten, ber üBeriprü^t
Don ©eiftelnrbeiten, öon bem 3af)lrei($e mnlen naii) au^en mirbetn, unb faft
ebenfo oielc jc^ie^en öon bort jurürf. 2;er brüte im Sunbe ift 3tnton ^Jtatt^ias
8pricEmann, feit 1779 ^rofeffor in 5]lünfter, ber geroanbte S)i6ter, ber eracte
Surift, in tieten 3;ingen gürften6erg"§ reifte .öanb, gefannt unb öere^rt Don
ben meiften (Stätten ber neubeutfd^en 'L'iteraturbtüt'^e, mit beren ^öauptDertretern
er engere ^-öesie^ungen :^atte, at§ Dierter ber groBe iß^ilofop'^ 5. 6. SacoBi 5u
Süffeiborf; fc^on feit 1778 mit gürftenberg befannt, nimmt er bur(^ 2Bort unb
(S(i)rift ben regften 2Int^eil an allen tDid)tigen fragen, toelcf)e ben ^^Mnfterifd^en
Äreiö bemegten, ftimmt ju ober tabelt ^erbe, fü^rt neue Äräfte f)ier ein, unb
fnüpft ein 33anb ämifc^en ^ier unb ben rl^einifdien unb t^üringifci)en ^DJtännern.
fyranj 33u^ol5, @utst)err ju SBelbergen, ber fein 3}ermögen jum SBeften ber
geiftigen @üter auSnu^tc, erf)ält burd) ©pricfmann 3uti-'itt pr gürftin, über=
mittelt if)r bie „(5o!ratifcf)en Senfroürbigfeiten", löft bie bebrängte i3age bee
aVerfaffer§ burd) ein fürft[i(^e§ 6elbgef(^enf, unb jie^t i^n bann nac^ ^DJ^iinfter
hierüber; e§ toax ipamann, ber S3ertf)eibiger bes pofitiDen ß^riftent^ums, er finbet
1787 gafttid)e ?lufnat)me in äöelbergen unb bei ber gürftin, unb nad) feinem
Sobe, am 21. ^uni bes näd)ften SaftteS, eine 9tu^eftätte in beren ©arten ju
gjlünfter. 1783 fam auf gürftenberg'S 9tuf ber Kaplan SSernfjarb Coerberg
bie ^31orma[f(i)uIe ju leiten unb ben 3}olf§unterricf)t 5U förbern, eine mitbe, reti-
giöfe, in ficf) ^armonif(fie 5Zatur. 5Inbere ^lotabiütäten, ber gläubige i^eotoge
äßi^enmanu, ber 3enba=3}eft=5orfrf)er Bleuler p Csnabrücf, jebenfaüS aud)
^Dtöfer, toaren bem ^-eife auf biefem ober jenem SBege nä^er getreten. __ S)ie
^Reifen, pmat ber i^ürftin, bc^nten ben Umfang Don Streben5= unb SÖiffens^
genoffen immer meiter au§, 1785 befud^t fie mit if)ren Ätnbern, ^ürftenberg,
ipemfter^ut)§ unb ©pridmann ba§ S3ab öofgeiemar, bann, um mufterf)afte Silbungs^
anftatten unb gefeierte ^l^tänner ju fe^en, äöeimar unb ^ena, baraut öalle, aur
bem JRüdroege mieber 2öeimar. ^erber tonnte gerabe Dor Äränf(id)feit wenig
um bie gi-'euiben fein, 6oet^e fanb fid) mit ben OJlännern ttio^l juredit, ni(^t
fo anfangs mit ber üfürftin, bie if)m ba§ erfte 5JtaI 3U meit aus it)rer 3eit unb
3öeibad)feit ^erau§trat, ba§ ^meite ^ai aber fo mit i^rem reichen (Seifte im=
ponirte, ba^ er offen geftanb : „S)iefe '^errtidie ©eele t)at un§ burd^ i^re (^egen=
rnart ju mand)ertei (Butem getoedt unb geftärft." ^n Jpaüe wirb_ba§ ^:t)äba=
gogium befu(^t, unb Don ber gürftin an ber Xafel ber ptjt^agoräifc^e '^c^rfa^
auf Derfd)iebene 20Beife betoiefen; i^re Äinber mettcifern mit ben Jpalloren im
8d)tt)immen, bie ^äbagogcn Tdemet)er unb @ber"f)arb finb bes !Gobe§ Doü über
eine fotc^" gemedtc @efeüfd£)aft. S)er Slnatom ©ommering fanbte i^r, Dielleid^t
öuf Eingebung (^ampe'g, Don feinen ©d^riften unb ^^räparaten. SSebor mir bie
23a^ncn ber ^o^en grau meiter Derfolgen, muffen ft)ir eines ©reigniffe§ im Öeben
ber gürftin gebenfen, ba§ für it)re ©eifteeriditung unb bie Erfüllung i^rer Seben5=
au5fid)ten nadf) aüen Diic^tungen ^in entfd^eibenb mürbe, ^aum ben St^uljatiren
entmacE)fen fudite fie mit it)ren ftaunenlloert^en 21nlagen nact) Söa^r^eit über
aUe fragen, bie bie ^Jtenfi^enbruft bett3egen, unb in ber Söa'^r^eit nac^ Ütul^e
für @eift unb ^era. 9tetigiö5 Dernad)Iäffigt in ber ^ugenb t)atte fie au» bem
3opfgemirre ber 2ef)ren, Soctrinen unb ^been, bie fie aul 3?üdE)ern, Oiomanen,
p^ilofopt)ifc^en Untergattungen burftig einf(^türfte, in ber Siere be« Sfnnern einen
^eim entmidelt, ber ftufenmeife neue Sproffen trieb unb aümälig bie atten
342 ©aHi^in.
3tDcige aU üerbortte abftiel, juerft ben rein pt)itofop^ifcf)en betiaftet mit ben
dornen be§ fi-an^bfifd^en 5Jlatei-iaIi§mu§, bann an ^em[ter^t)§' ^onb ben ibealevn,
f^eofopl^ifcEicn öerjtüeigt in bie @rf)ä^ung be§ @eifte§ unb be§ :|)cr|önU(f)en ®otte§,
bann unter bem @ett)oge öon aneinanberpIo|enben 3ibeen, tüie fie ©oeffie unb
^acoBi öon ber einen Seite, bie BibelgtäuBigen ^roteftanten SBi^enmann unb
,^amann, bie ^af^olifen f^üvftenberg unb Oöerberg anberjcitg burd) (Sc£)riften
unb Söorte auf fie einbringen liefen, ben 16i6etjreunbü(i)en ©pro^, ber enblid^
in ben faf^olifdtien ©taulben toipfelte. ©ie '£)atte mächtig gerungen, jeben 5ort=
f(f)ritt fi(^ felbft aBgetoonnen ; toie frül)er bie fflabijdje Leitung .^emftert)u^§\
jo fpäter bie ^^nfinuationen @oet^e'§ unb g^ürftenbergS abgetoiefen. 5Da§ ^id)t
üBer @ott, 2Sett unb 9Jlenjd) unb über atte bie 5)tenj(^enfeete aufregenben
5ßrobIeme toottte fie mit if)ren Gräften, ot)ne ©prünge unb, jo toeit ba§ möglich,
au§ eigener Ueberjeugung in ®ott fid^ auffteden, einen ^unft finben, ber it)r
giu'^e gebe im .^er^en unb im (Seifte, ^oä) aU fie 1783 öon einer fd^toeren
^t)pod)onbrie in eine Äranll^eit berfiel, ba§ am 12. Wäx^ bie legten Hoffnungen
für il^r Seben fd)tDanben unb f^ürftenberg feinen 58eic§tbater fd^idte, it)r bie
testen Slröftungen be§ @Iauben§ anjubieten, le'^nte fie ou§ 5Jtanget an lleber=
jeugung ab, gab inbe^ eine ben geiftlic£)cn g^-eunb toorerft beru^igenbe 3lnttoort.
■Jlnn folgten brci 3faf)re be§ 3^fUetn§ unb i5^orf(i)cn§, ba§ fie bei Xag unb 'Dtadjt
bann folterte, bann mieber erquidfte. Sl)te ^i^f^u^t ^jarb ba§ ©öangetium unb
befonberS bie ©teilen, ba^ e§ bon @ott auSgc'^e unb ber 2Banbel ber ©laubigen
bieg betoeifen toerbe; tröftli(^ unb anjiel^enb erfrf)ienen getoi^ ba§ Sebcn unb bie
Seifpiele be§ ®lauben§, mit benen fie fo nal^e öerfel^rtc: Cberberg in ^^römmig-
feit unb 5Demutl^ eine l)armonifcf)e ®rfd)einung, ^ürftcnberg, im pofitiben ©lauben
unbeängftigt unb boc^ fo frei benfenb unb l^anbelnb, ein ^atl)olif, unb fein
unbebingter greunb ber ßurie, ein ^einb be§ f^ebroniantSmuS mie be§ 9lnti=
febroniani§mu§, ein 5Jtäcen ber geiftigen SSeftrebungen, ein ©taatSmann erften
9tange§. 6§ toar an i§rem @eburt§tage 1786, al§ fie auf ba§ SBort DberbergS,
ben fie al§ ©eelenfül)rer tt)äl)lte, tro^ getoiffer 3ttJeifel, gläubig bie .^eilSmittel ber
^irc^e empfing, unb bamit einen reidien ©cetenfrieben erntete, ©in ^^a'^r fpäter folg=
ten bie J?inber bem 93eifpiele ber 5Jlutter. 2)iefer 9lct änberte aber aurf) i^re äußern
SSer'^ältniffe toie mit einem ©daläge. 3Bol)l ^og Dberberg naci) ^amannS 2;obe
^u ber i^i-'eunbin in§ ."pauS; bie§ toar für bie erften ^dijxe bie ©tätte ftitter
a§cetif(i)er 33efdl)aulid^!eit, nidit mel^r fo ber ©ammelpunft öon au§tt)ärtigen
ßapacitäten. ©elbft Sfacobi lä^t fic^ nid^t feigen, er öerfe'^rt nur brieflich), ob=
ttjot bie gürftin unb ber ©eneralöicor mieberl^olt in 5pempelfort maren, bie
^ürftin anfd^einenb fogar S3e!e^rung§öerfudl)e bei .S^acobi einleitete. 1787 befud^t
fie öon Süffeiborf au§ ben ßoabjutor öon S)alberg in 3lfd)affenburg. ^Jtur
Subtoig 9licoloöiu§, ein feingeftimmter S^eologe öon Königsberg, erfd^eint 1789,
um bie legten ßeben§fpuren feine§ greunbeS Hamann bi§ in§ ®rab äu öerfolgen,
unb ber „'^eil. f^amilie", toie @at(i^in§ Ärei§ ^ie^, f^reunb au toerben. 5Det
S'^eologe äöiggernmnn , überliaupt bie ßel^rer ber Kinber, bie brei ©ebrüber
Sirofte (@rbbrofte), tt)eldE)e mit bem jungen ^^ürften aufgetoad^fen maren, Äater=
famp, i'^r erfter geiftli(^er ©r^ie^er, bie 9tid^te 2lmalia öon ©di)mettau öerme'^ren
ober ergangen nadl) unb nad) bie fleine, aber treue 3a^l ^e>-' «^auSfreunbe, feit
1800 aud) bauernb ber (Sraf griebrit^ ßeopotb öon ©tolberg. Sie Srappiften,
toeldlie be^ufg 2Igriculturen öon g^ürftenberg in§ ©tift (Sarfetb) gebogen maren,
ge'^en öielfad^ bei i^r ein unb au§. ©eit 33eginn ber neunäiger ^a^xt beleben
^efud^e, Sriefe unb Steifen aud) toieber bie Sejie^ungen au auswärtigen g^reun=
ben unb @elell|iten; ber i^ürftin @eift unb 61^ara!ter übte eine öerlocEenbe 3ln=
aieljungghaft nad^ toie öor, unb mon mod^tc fid^, toie giicoloöiuS hzi einem
3Sefud£)e in aJlünfter übetäeugen, ba^ e§ nid)t einen äöeg be§ .^eiteg für alle
gebe, unb bal man ^ebrn jeinen ®ang unb fein S^el müjfe öerjolgen laffen.
1792 fömmt öon SDüffelboii <iu§ @oetf)e, ber bie „anjiefienbe" i^xau nt(^t öer=
geffen fonnte, bie it)m gleid^tüol lange au§gen)i(f)en mar, nun aber, tüie fpäter
nod) briejüd^ mit bem @afte aufrichtig if)rc Sbcen au§taufct)te. „@ine größere
®efettfc§aft mar öerfammelt; geiftli($e ^IRänner öon ©inn unb 33erftanb, '^eran=
ftrebenbe Jünglinge, mo^Igeftaltct unb toofilerjogen, an Gieift unb (Sefinnung
tjict öerf^ret^enb, tcaren gegentoärtig." Dleifen mai^te bie [yürftin au^er ben
SSabereifen nad) Hofgeismar unb Driburg feit 1791 toiebert)olt nac£) SSanbSbec!
(Hamburg) unb Holftein, fpäter aud) aU Segleiteiin ^^ürftenbergä nacf) ^\ihe^^
'i^tim. Sie erftc Holfteinet 9leife förberte einen näf)eren 2}erlel)r mit ©tolberg,
6(aubiu§, 3}o^ unb mit angefe'^enen ^^i'^i^^^^ Ho^fteinS, ein S3ertef)r, ber ju
ben gamiüen 6Iaubiu§ unb ©tolberg fe^r leb'^aft tnarb unb ba^u beitrug, bo^
ber ®raf fic^ in DJlünfter nieberlie^ unb jum faf^otifcfien ©tauben übertrat.
5ßo(itif(i)e ober toiffenfct)aftlici)e ^ntereffen ergaben perfönlii)e unb briefli(^e S5e=
äte^ungen gum 5preu^. Segationgraf^ öon S)ot)m, jum @efct)id)t§f(^reiber ^o|anneg
öon ^üUer unb öielen anberen ßa^acitäten, familiäre ^u it)rem @tammt)aufe
Don ©c^mettau, felbft ^ur Äaiferin .^attiarina, bie neuen ©taatggeftaltungen 3u
{)eröorragenben @taat§männern, nur nic^t jum fpätern 5Jlinifter öom (Stein, ob=
tool fie i5rnebritf)§ be§ @r. ^olitif mit aller Serounberung anl)ing. S)ie geiftigen
5rü(i)te it)re§ S5cr!e{)r§ tf)eitte fie münbtid) au§ ober legte fie in ben Sagebüdicrn
unb SSriefen, i^re begeifterten, jumal religiöfen dmöfinbungen aucf) tüol in
3Serfen nieber. ^tjxe 3;agebü(i)er enthalten fonft attert)anb 5tufäei(i)nungen über
gelDöl^nlidie unb ungeroö^nlidie Segegniffe unb ©riebniffe, namentlich über bie
etubien ber Äinber, it)r Sßefinben unb i!^re Jagesbefc^äftigung. S/ie 3^^^^^ iüi'
5lrbeit, 6rt)o(ung unb Unter'^altung marcn genau geregelt, bie 5lbenbe burii)
35efu(^e unb anregenbe ©efpräc^e öerangenct)mert, bie '!)3Uf)(3etten unb ber {Iom=
fort frugal, bie 2>er!el)r§formen fd^tid^t unb natürlid). ^^r 3Jer!el)r, i^re Steifen,
©tubien, 3(nftrengungen unb £)p]n foKten eben fo fetjr ben beiben Äinbern wie
ber ^Jtutter ju ®ute fommen, inäbefonbere auc^ ber 5lufent^alt in ^ürftenbcrg§
„2(tl)en". '^äe H'^^'^^^^S^^ für 5)titri unb ^Jtarianne burc^jittert ein ßlang
Ieibenf(i)aftüct)er SSeforgni^. ©ie foüten boc^ üorau§fid§t(i(f) einft f)0(^angefe^ene
unb einflu^reidie SebenäfteEungen einne^^men unb bal^er ni(^t fo fel)r eine getelirte,
aU eine gefettige Silbung (©|)racf)en), bemgemä^ auc^ @emanbtl)eit be§ Äörper§
unb geftis^eit be§ 6|ara!ter§ öon ^inbegbeinen ^er anftreben. 9lnbern bie 5luf=
ft(f)t überlaffenb, ert^eitte bie ^^Jlutter lange!§in ben auf bie anftrengenbften S}or=
ftubien geftü^ten Unterridit felbft, fpäter gelnann fie für bie gt)mnaftif(i)e 5lu§=
bilbung einen i5e(i)tnieifter (^Jtiquel), für (Beometrie, ^cii^ri^^ "i^^ ©enieWefen
einen Cffi^ier ber 5Jlünftertf^en @arnifon, feit 1784 für bie flaffifdjen ©prai^en
ben begabten @t)mnaftallel)rer Äiftemater, für bie beutfd^e G)efd)id)te ben fc^on
genannten ^^^i^ofeffor ©pricfmann — bie beiben le^teren jebot^ anfc£)einenb erft,
narf)bem Sacobi unb ©oetl^e über ^n^alt unb 'i)tetl)obe be§ frühem Unteni(i)ta
SBebenfen geäußert l)atten; benn ^acobi'§ (5ol)n (Seorg nal)m feit 1782, mie
fpäter bie ^Jlidite 3lmatia öon (5(f)mettau, an ber ©(fiutung ber ^yürftenfinber
jl^cil. S)ie i5üi;ftin erholte fic^ felbftrebenb öiel )päbagogif(i)en 9latl)§ bei fyürften=
berg, bann bei Oöerberg, mo'^nte be§ le^tcrn öffcntli(f)en Äated)efen an unb
fteuerte il)Terfeit§ mot mani^e 2el)ren bei ju feinen päbagogif(f)en (5(i)riften. S)er
9leligion§unterric§t fottte anfangt meber jum Unglauben, nocf) 5U einer beftimm=
ten ßonfeffion, bie fie felbft ni^t "^atte, unb bie .^inber f)3äter noc^ ©utbefinben
au§it)äl)len möcbten, anleiten unb beftanb beS'^alb in einem objectiöen 9}ortrage
über ba§ ßl^riftent^um. ^ac^bem fie jum Äat^olici§mu§ übergetreten, bie ^inber
älter geworben waren, ging ber Unterri(f)t nad) ber 5[l^utter Snftruction wot
ööHig an <!pau§le^ier über, unb bie ^leligion warb öon einem @eiftlirf)en (2Bigger=
344 ©alli^in.
mann) nad^ faf^oltfcCien ©runbfä^en gele'^rt; af^mete boii) ba§ ganje ,^au§
fortab einen burc£)au§ ürd^tidfien @eift. 5}titti, fc^on als .^nabe tion ber .^aiferin
^ati)artna ^um f^räfinridC) ernannt, fottte mit bem 20, SeBenSja'^re bie mitititrifd^e
unb ftaat§männi|(i)c !i3aufl6af)n antreten unb Begab fid^ be§!§alb 1792 nac§
3lmeri!a, naTjm iebocf) in ^Baltimore am 16. Wäx^ 1795 bie ^rieftertcei'tic unb
ttiirfte in ^en|'t)Iöanien unb im 5llleg^ant)ge6irge unter getoaltigcn Öietbopfem
für bie ©ad)e be§ @Iauben§ aU ^}]hffionär big in fein 70. SebenSjafir. ^tarianne,
anfd^einenb mef)r burc^ 23erftanb al§ ©emüf^ ausgezeichnet, bermä'^tte fid) faft
im 50. Saläre mit einem öerfd^ulbeten trafen öon (iatm=9{eifferfcf)eib=^raut]§eim
unb ftarb f($on 1823 in 2)üffelborf. Die ^]]lutter l^atte i'^re ^üglinge bem
^a'^rltiunberte, n^orin fie lebte, entfrembcn motten, um il)uen bie (Srunbfät^c an«
berer 3etten leidster einau^flanjen unb fie für bie Söcrbefferung ber 3eitgenoffen
ju befäl)igen. ©ie moEte ein (Srjie'^ungSibeal üerwirftid^en, baS namentlidf)
moralifd) fel^lfdtitug unb fei^lfc^lagen mu^te, meil eS meber mit ber ^inbernatur,
nodt) mit jenen f^orberungen ber (SJegentoart rechnete, bie fid) nic^t nad) 2;f)eorcmen
unb ool^fi^ gängeln laffen. S)a'§er bie fdt)tid)te, oft fd)ledt)te .J^leibung; ba'^er
l^äufte fie ^nftruction über ^nftruction, fd)ulmeifterte, nörgelte über bie fleinften
^el^lgiiffe, biö il^r (&ol)n, mie fie felbft f tagte, mit bem 18. 2eben§ial)re noc^
ein .^inb mar unb biefer toieber, nad) eigenem (Beftänbniffe, bie 'DJtutter erft er=
fennen unb lieben lernte, al§ er fie nid^t mel)r l^atte. Unb bodl) l)atte bie
9Jtuttcr e§ gut gemeint. — 3lbgefel)en öon ben gemaltigen 2öelt= unb ©taat§=
umtoäljungen flod^t fid^ um ba§ unruhige ^aupt ber "^olicn (^-i-'QU in ben f|)ätern
2eben§iat)ren ein Äranj üon aUer'^onb Unanneljmlic^teiten. 3il)r eigenes auf
(Sütern in ^ranlreit^ fte'^enbeS @rbtl)eit ging in ber Üieöolution öcrloren; alte
Seiben, .^üitentoel) unb ^Jlerüenretj , re^jetirten; als ber ©o^n in ?lmerifa
toar, lief öon einem ruffifd)en ©arberegimcnte bie Slufforberung ein jum Eintritte
in ben 3)lilitärbienft ; ber t^ürft :§atte fdl)on 1782, um einer SSerfe^ung nad)
Surin auS3un)cid)en, ben ©taatSbienft öerlaffen unb feinen äöof)nfi^ nad^ Sraun=
fcl)tt»eig öerlegt, immer nodt) miffenfdt)aftlid§en Slrbeiten unb Seftrebungen ergeben ;
aÜein geroiffc '.^Öffnungen auf bie Sunft feines neuen ©ouöeränS (^aul) erfüllten
fid^ nicl)t; unb als er am 16. Wäx^ 1803 ftarb, fielen ©e'^altc unb ^enfionen
für bie ^^futtilie fort. 2)ie @rbfd£)aft anzutreten, ftellten \iä) allerl)anb 4-)inber=
niffe entgegen, fogar bie üteöenuen blieben zeitteeife auS, unb eS mußten ^ro^effe
angeftrengt merbcn. Sni -gelbjuge 1812 tourben bie ruffifd^en SBefi^ungen öcr=
müftct; ber ©o'^n in ^merifa fd^rieb um @elb für feine Stiftungen, unb erft
fpäter errang bie Sod^ter i§r öäterlid^eS @rbtl)eil. ?llS ^^itri'S ©tiftungen fid§
mel)r unb met)r mit ©d^ulben belaftet t)atten, öer!aufte enblid^ Döerbcrg eine
Sammlung gefdlinittener ©teine, bie er öon ber ^yüvftin zu milben 3tt>eden, biefe
als 3}ermädl)tniB öon ^cmfter'^u^S erl)alten Tratte, an ben ^önig öon .^ollanb,
unb bei; ©rlöS ging menigftenS zum 2:l)eil über baS Wen. S)ie ''Ututter Ijatte
bie legten ©cenen biefer f^awilienleiben nid^t me'^r erlebt; fie toar ju ''DJlünfter
inmitten iljreS nätiern g^amilien= unb ^reunbeSfreifeS fd)on am 27. Slpril 1806,
im 58. ßebenSjalire, öerfd^ieben unb brei 2age fpäter nad§ i'^rem 2Bunfdf)c zu
^3lngelmobbc auf bem 3^riebl)ofc, bid^t an ber füblid^en ßangtoanb ber .^ird^e, am
gu|e eines ßreuzeS beftattct, beffen ©odel baS SobeSja^r unb eine ©teile beS
^:§ilip|)erbriefeS (III, 8) unb fonft bloS bie biograp^^ifd^e ''Jtadirid^t entl^ölt: „©o
toar gefinnet, fo lebte bie ^Jlutter ber 9lrmen unb 33ebrängten, bie gürftin
5lmalia öon ©alli^in, geborene (Sräfin öon ©d)mettau, beren ©ebeine öor biefem
Silbe in ber .gjoffnung il^rer glorreid^en 3luferfte"^ung rul^en." — JßJem nadt)
S3riefen unb 2:agebüd§ern mani^e i^rer 2leu^erungen ^u rücEt)altloS ober eitel,
i^r S3er!el§r mit ben gi'eunben frei öorfommen, ber bemeffe baS nod§ ben ©itten
unb emancipirten Umgangsformen ber 3eit unb ber großen 2Belt, tüorin fie auf-
et. ©attug. 345
JDUC^§, ni(f)t nac^ ben Urffieilen ber fpätetn 3eit ober einer fleinen Stabt, tootin
fie lebte. Jabetn laffeu jid) tf)re iitopifc^en ßrjie^ungsibeate unb mit ©oet^e
if)i; ^evau§ti-eten quo ber Söeibtic£)feit — aber icie öiel (Sbles unb ^Jlenjditid^ee
t)at fie bamt uac^ allen Seiten bis in bie unterften Sßotfectaficn 'hinein an^--
geftreut! 2Jße[d)" ein 2Seib mu^ ei gewefen fein, beffen 6eift burd) bie feinen
2{ugen, ja buvc^ alle ^-ihnn i^ree fdjtanfen Ceibc§ bli^enb, taft ^eben, ber i^r
na'^te, anjog, bie erfteii ©rößen i^rcr ^ext ju SoB, .(podiacfitung, ^Bemunberung
]§inri§. äöetd)' Seete unb ©emüf^ mu^te ba§ 233eien erfüllen, bae S;iefer „teut=
fetig", Sener „^otb", ein S)ritter „t)immeIöoII", ein 33ierter „unerme§li(^ fd)ön
unb gro^" nannte. Sie f)at, .fo ät)nlic^ urf^eitt !^. Siefebre(i)t, ber funbige
^erotb if)rer cutturgef(^idf)tti($en ^ebeutung, mitgctt^irft, ba^ neben (Boett)e'§
l)umanem 2Beimar {yü^ft^nbergs geiftticfjeS ^33tün[ter an bem geiftigen \"luff(f)tt)unge
unfereg 3}ater(anbc5 2t)eil befam, baß, als jenfeiti be§ ^^eine§ 6§ri[tent^um
unb öerfommcn gewattfam ju 58oben getoorfen ttiurben, f)ier fi(f) burd) Untere
rid)t unb ©rjie^ung in alten 3}otf5fc^i($ten fefte @runbfäu(en, gegen bie Grfc^üt=
terungen unb 2rot)ungen ber üteöotution, für ^Religion unb Söaterlanbsliebe
erhoben,
5ßgt. ben 5Irtitet griebr. 2Bit^. i^'^an] öon ^ürftenbcrg. — Schriften
unb Sriefn3ec^fel ^acobi'e, 6oett)e'ö, öamanne" u. 2t. — Xi). ^aterfamp,
Senfmürbigfeiten au§ bem ^'eben ber oürftin Stmatia öon @ani|in, geb. (Gräfin
öon Sd)mettau. "DIU befonberer '}tücffi($t auf if)re nädiften 3}erbinbungen . . .
53lün[ter 1828. 2. 21. 1839. — 2. Sc^üding, bie gürftin öon ©altifein unb
it)re iyxeunhe, im 3i£)eini|c^en ^a^rbud) 1840. — P. Jp. Semde, 2eben unb
Söirfen be§ ^linjen S)emetriue 2tuguftin ©alli^in, 9}lünftcr 1861. — Miss
Sarall Brownson. Life of D. A. Gallitzin, prince and priest, with an intro-
duction by 0. A. Brownson, LL. D. Xew-Yo'.k 1873. — ^3Jlittt)eitungen
au§ bem ^lagebud) unb 35rieftöed)fet ber ^yürftin 2tbel^eib 2tmatia öon @alli^in
nebft f^ragmenten unb einem Stn'^ange. Stuttgart, Siefd^ing. 1868. (2)er
2ln:^ang entt)ätt eine jeitgenöffifi^e „Olad^rit^t öon ben ^^ugenbja'^ren ber
^ürftin"). — QSrieTtoec^fet unb 2agebüc^er ber ^^fürftin 2(matie öon ©alti^in.
(änt^attenb bisfier ungt'brudte 33riefe . . . i-öeraueg. öon ß^riftop^ Schlüter.)
DMnfter 1874. — ^Dteue ^yolq^e. xogebüd^er ber gürftin au5 ben ^a^lten
1783 bi§ 1800 entfiattenb. (.iperau§g. öon bemfelben.) DMnfter 1876. —
Emile Grucker. Francois Hemsterhuis, Sa vie et ses oeuvres. Paris 1866. —
^erbft, mati)\a?, ßtaubius, ber äöanbebeder Sote. 4. 2(ufl. 6ot:^a 1878.
SerfeCbe, ^. ^. S3oB. 23b. 1-2. C'eip3ig, 1872—76. — 3- Sanffen, grieb-
rid^ Seopotb, @raf ^u Stotberg, 2Sb. 1—2. greiburg 1877. — 6. jRaBmann,
5la(^rid)ten öon bem Seben unb ben Sd^riften 5Rünftertänbifd)er Si^riftfteEer.
gjtünfter 1866. s. v. ^Jlorb^off.
St. ©Olluö, irif(^er Wönä) unö ©laubensbote im 7. :3a^rf)unbert. (Jin
S(^üler unb Begleiter be§ St. ßolumbanu« (f. b. 2(rt ), t^eitte &. bie S^idfale
feinee ÜJteifters bis 612 ober 613, mo ber Se^rer naä) Italien 50g, mätirenb
ber jünger am ^obenfee jurüdbtieb. @rft auf bem äßege öom ^ofe I^eube^
bert'g IL über ^ain,^ unb 3üric^ natf; Sßregenj tritt @. nac^ ben 9lad§ric^ten
jeineg iBiograp^en fetbftänbiger neben dotumbanuS ^eröor. Sie öon ^onas er^
ää'^tte unb Ö'olumban äugefc^riebene Störung eines öon tt)eitroeife früher gc=
tauften 2Uemannen bargebrad)ten ^öobaneopters roirb 3U einer öon ®. au§=
gefienben 3ei-'ftörung öon t)eibnifd)en peitigt^ümern ausgef^müdt unb bie Scene
an ba§ obere @nbe be» ^^ridlif^S nad) xuggen, roo atte xrabitionen allerbingö
auf ßotumban t)inroeifen. Perfekt. 6benfo fott ®. nad^^er bei ber ^Jteinigung
einer burd) atamannifi^e ©ö^enbitber entroeititen d)riftti(^en .^irc^e in ^regen^
ba§ 25efte getfian , aber aud^ bie 3}erfotgung burc^ ben üon ben <g)eiben angeru=
346 ®oEu§.
fenen ^erjog ßunäo bon UeBerltngen l^erbcigefü'^i-t ^abtn. 9l(§ Solumban nad^
iS^tatten 309, fiiett, toie bie 5öita erjä^tt, ein f^ieberanfatt ben <Bd}ü.Ux @. ,^uvü(f.
©erfelbe {|ielt ficf) juerft in Sltbon auj, too bie irifrf)en ^önd^e in bem alten
gftömcvpla^ einen c§inftti(^en ©eifttidien beutf(f)en 9lamenl getroffen f)atten, 16e=
grünbete bann aber, 613 ober bieÜeid^t erft 614, eine ©infiebetei im toilben
.^oc^tl^ale ber ©teinad^, tt)et(^e er 16i§ 3u feinem Sobe nur nod) fe'^r fetten not^=
gebrungen öerlie^. @r ftarb am 16. DctoBcr in einem nic^t ju ermittcinben
Sa"^re (tt)at)rf(^etnli(^ ettoa 627). S)ie legenbarifdien 3lu§f(i)mü(fungen ber
SSiograp^en erlauben blo§ fetir wenige fid)ere eingaben über @aEu§' ßeben nad^
6otumban'§ 2Beggang. 9lur fo öiel ftel)t feft, ba| ton einer 2'^ätigfeit be§=
felben al§ (SJtaubenSbotc, al§ „9Ipoftel 3llamannien§" !aum bie Siebe fein !ann.
S)cnn gerabe ba§ bebeutenbfte @reigni§ in ®allu§' ßeben, eine etma 615 ober
616 3U ßonftanj abget)attene ©tjnobc, betreift, menn biefetbe über'^aupt ange=
nommen merben barf, ba§ Ueberflüffige einer toeiteren ®tauben§prebigt in ben
SSobenfeegegenben, ba unter 33orfi^ be§ gteid^en furj t)ort)er noct) ßolumban unb ®.
fo feinbfeligen ßunjo ein ©c^üter ®aliu§', ber 2)iacon ^o'^anne§ öon (^rabg im
9ft|eintt)al , al§ 5ßif(i)of öon ßonftanj getoöl^It fein foH. ^lodf) ein 3ia^i-"§unbert
bi§ auf ben crften 2lbt Dtmar (f. b. ^irt.) blieb bie @aIIn§3eEe eine öon tüenigen
SBrübern betooi)nte ©infiebelei ot)ne llöftertic^e @inri(f)tung im eigentlid)en ©inne
be§ SöorteS unb o'^ne '^ö'^ere SSebeutung. 3u"Ä(^ft blieb neben 5tl)eobor
5[Raginalb, gleich jenem ein ©d^üler ®aliu§', Söäc^ter be§ Ö)rabe§: e§ ift jener
9!Jlagnu§, beffen 23ita, angeblid^ öon SLbeobor gefdjrieben, ^u ben |)lum|}ften
l^iftoriograpl)ifct)en gälfrfiungen be§ Mittelalters gehört (ögl. ^Rettberg, .^ircl)en=
gef(^irf)te ©eutfc^lanbS Sb. II. ©. 147—151). @allu§' Seben befd^rieb erft
nad) Dtmar fnr^ nad^ 771 ein alamannifc£)er Wöniij in ©t. (Satten, unter 5Be=
nu^ung ber 35ita (5;olumban'§ öon SonaS, bod^ mit bem 33eftreben, ®. auf Un=
foften bc§ ßel)rer§ tjeröorju'^eben , aud) in bem Söunfd^e, ©t. ®aüen fdt)on mit
meroöingifd)en .^errfd^crn in 5ßerbinbung erfd^einen ju laffen; ba§ öiele Iegen=
barifd^=miraculöfe 33citt3erf erfd^mert bie ^luSnütjung fel^r (2lu§gabe öom ©ntbeder
be§ Originals, 3i. ö. 3lrj:, fammt ben angel)ängten Söunberer^ä'^tungen bei
gleii^en anont)men SlutorS in ben Monumenta Germaniae, S3b. II. ©. 5—21;
neue 2lu§gabe - mit Kommentar öon Melker öon ,^nonau , Mitf^eilungen be§
"^iftorifdtien 5öerein§ öon ©t. ©allen, 12. .f)eft). Ueber @. ögl. neben 9tettberg
au(^ <&efele, @efct)ic^te ber ©infü'^rung be§ Sljriftenf^umS im fübtüeftlid^en
S)eutfd^lanb, unb ^^riebrid), ^ird^engefcl)i(^le 2)eutf(^tanb§, S5b. IL, fotoie Me^er
öon ^nonau, S)ie alamannifd^en S)enfmäler in ber ©dlitüeij (lUlittTjeilungen ber
antiquarifd£)en ©efeEfc^aft in Süxiä), 19, 33b. 2. ^eft); o|ne tt)iffenfd§aftlidf)en
aBerti) ift @reit^, ©efd^id^te ber altirifd^en Äirc^e.
5Jlet)er öon Änonau.
©alluö: öon beutfdier ?Ibftammung, giftenaienfer 3lbt öon 3lula 9iegia,
ßönigin^of in SBö'^men, mirb al§ ein in ber l)eiligen ©d^rift fe'^r betoanberter unb
berebter Drben§geiftlid£)er d^aratterifirt unb mu^ um 1350 — 70 geblü'^t '^aben.
2;ritt)emiu§ gibt leiber bie 3eit feine§ SebcnS nid)t genauer an. (£r f^rieb eine
©rbauungSfd^rift für Orben§leute mit bem 3;itel „©ranatapfel" (Melogranatum),
tt)eldt)e noc^ aur 3^^*- ül§ JritliemiuS lebte, ein beliebtes ©rbauungSbud^ für
OrbenSleute mar, au^erbem eine ©d)rift unter bem SSitel „Dialogi inter Patrem
et Filium" in brei SSüd^ern, über bereu Xenbeuä mir nidE)t näf)er unterrid^tet ftnb.
2rit^emiu§, De viris illustribus unb De scriptoribus ecclesiasticis.
Possevini, Apparatus sacer. ^. Kellner.
^attuö: :Sacob @., geb. ju ^rain in ©teiexmar! um 1550, :^ie^ eigent=
lid) .^ä'^nel ober ^äncl , im ©olfSmunbe ^anbl , ^aenbl ober |)aenbel , ^atte
alfo nad) bamaliger ©itte feinen Flamen latinifirt. Ueber feinen ßebenSgang ift
@aüu§. 347
toenig befannt getoorben. ©inige 3^^* ^^^ ß^* -^a^iellmeiftev be§ Sifd^ofg öoti
Dlmü^, ©tani§Iau§ ^atolotüäft) , foll bann in faiferüc^e 3)ienftc getreten unb
in '|h-ag am 4, 3^uU 1591 geftoxben fein, ^n bev lateinifctien Sebication an
ben ©enat öon 5)ßrag, triel(f)e in ben nacf) feinem 2obe 1596 I)erau§gefommenen
Moralia enf^alten ift, txtläxt ©eorg ^anbl, ba^ fein SSrubev ^acob 6ereit§ öor
4 i^al^ren (1592) geftorben unb buxcf) benSLob an ber -Verausgabe biefeS 3Berfe§
bert)inbert toorben fei. ßbenfo ^tDeifeftiaft ift feine 51nftellung in faiferli(f)en
S)ienften, tDenigften§ erluätint i^n Dr. ßubtüig 9titter öon ßöd^el nii^t in feinem
au^erorbentlid) ^uöerläffigen S3ud}e „®ic !aiferlid)e ■gofmufüfalJeUe in äBien öon
1543—1867". (S. tuar ju feiner 3eit '£)0(J)berü'£)mt, er tnurbe nac^ feinem J^obe
öielfact) befungen, fo ba^ SBenjel S)obr5en§!t) eine Sammlung biefer ©ebic^te
öeranftaltete. -hierüber fon)ie über einige SSilbniffe be§ ^JieifterS bericf)tet ©erbet
im neuen 2;onf ünftter = ßeiicon (II. 468). — .^aifer 3ftubol^3t) "Eiatte ®. burci)
beeret öom 19. Wäx^ 1588 ein 3ef)niä:^rige§ ^riöilegium 3ur |)erau§gabe feiner
äöerfe öerlie'^en. Siefeiben erfd)ienen unter folgenben, ^ier nur furg angegebenen
Titeln: 1. „Missarum IV, V, VI, VII unb VIII vocum über I" (^^rag 1580).
Söoßftänbige 6i-em|)tare biefe§ feltenen, in bier ZtjexUn erf^ienenen 3Berfe§, ba§
16 gjleffen enthält, befi^en bie !aiferlid)e Sibtiot^e! in SBien unb bie iSibliot^ef
ber ßanbe§fc£)Ule ju (Srimma. 2. „Tomus primus musici operis harmoniarum
4, 5, 6, 8 et plur. vocum" (^rag 1586). 2Son biefem SBcrfe erf^ienen nod)
brei X^eile (5prag 1587, 1587 unb 1590). Sn grantjurt a. m. unb ^lürnberg
tarnen fd)on 1588 unb 1590 ^adibrucfe ^erau§. ®. öerforgt in biefem Su(^e
mit 374 9lummern bie liturgifc^en SBebürfniffe be§ ganzen ^ir(|enjal)re§. ©rimma
unb bie Äatt)arinen!ir(i)e gu Sranbenburg a. b. ip. , fomie bie S5ibIiott)ef ber
3Jiuft!freunbe be§ öfterreid^ifdien taiferftaate§ befi^en üottftdnbige ®£em|)lare.
3. „Harmoniarum moralium" etc., erft^ien in ^rag öon 1589 — 90 in ad^t
S3ü(|ern. 23ort)anben in ber Sfiat^Sbibliof^ef ju ^t^iciau. 4. „Moralia 5 , 6
et 8 vocibus" etc. (5prag 1596). SSor^^anben in ßiegni^ (9tittera!abemie),
S)re§ben (.^önigl. ^ufüalienfammtung) ;c. ©erber ertoätint öon ben 6Dmpo=
fitionen be§ @. no(^ folgenbe: 5. „Harmoniae variae 4 vocum" (^Zürnberg
1597). 6. „Sacrae cantiones 4, 5, 6 et plur. voc," (^^rag 1597). 7. „Opera
motettarum" etc. (f^ranlfurt a. 'JR. 1610). 33 gompofitionen bc§ 5Jleifter§ er=
f(i)ienen in ber großen ^otettenfammlung öon S3obenf(i)a^ „Florilegium Por-
tense", barunter ha§i berü'^mte „Ecce quomodo moritur justus". %uä) in anberen
Sammelmerfen bc§ 16. Sa^r'tiunbertg fommen 3Öerfe öon @. öor. .g)ierüber
wie über neue 3lu§gaben öon 6om|)ofttionen be§ 3]leifter§ gibt 9i. ©itner in
feiner ^Bibliographie ber 5!JtuftE=©ammeItoerfe be§ 16. unb 17.Sa^i'^unbert§ unb
in feinem S5er3eirf)niB neuer 2lu§gaben alter ^BufÜmerfe 3lu§funft. 9Jlit Seo
^a'^Ux unb 2lbam ©umpol^tiaimer öertritt ©. am gtäuäenbften bie 5Jtufi!fc^ule
3)eutfd)lanb§ in ber jtoeiten .^dlfte be§ 16. :3a{)r:§unbert§. 56ti§ urt^eilt im
brüten %^nle feiner Biogr. univers. (^ari§ 1862) einge'^enber über ben 5!Jteiftcr.
gbenfo 2lmbro§ im britten Zweite feiner ©efc^ic^te ber mn]it (557 flg.). ißeibe
berichtigen bie ^JJleinung öon 9torf)ti^ unb @. 3Ö. gin! ba^in, ba^ ©. bei aller
33ebtutung unb 2:ü(^tig!eit boc^ nict)t ber beutfc£)e ^^Jaleftrina feiner 3eit genannt
roerben bürfe.
21. ©i^mib, Ottaviana dei Petrucci. ^. g. SaeglicfiSbecE , ^k mufifal.
<Bd)ä^t ber ©t. ßatl^arinenfird^e in Sranbenburg a. b. ip. T^. ''JH. -^eterfcn,
SSer^eictiniB ber in ber Sibtiot^ef ber $3anbe5fd)ute ,^u ©rimma öorf)anbcnen
^:)Jtufifalien. ^. müUtx , S)ie mufifatifd^en ©ct)ä^e ber Uniöerfitätgbibliot^e!
äu Königsberg i. "^x. @. ^fubel, 5)litt!^ei(ungen über bie Bibliotheca Rudoltina
ber gtitterafabemie p Siegni^. dürften au.
348 ©aEuS.
OaUilÖ: SfobocuS O^oft ^an), !ivc^lid)er .^umanift ju ®nbe beä 15.
unb Slnfang be8 16. 3fa'f)vt)unbert§ , gebürtig au§ 9tuffa(^ im (Jlfafe (rool^er
JftubeacenftS ober 9tubeaquenfi§) , ber 6)eburt§ftabt ^^eEican'S , be§ (Sf)roniften
«ölaternuS S3erteru§, ^onrab Sticoff^eneS (aBoli:^art) unb ^of). ^ugo. Um ba§
^. 1459 geboren unb mütterlic^erfeitS ein Cficim i?onvab 5ßellican'§, unter=
richteten it)n aU einen öielüerfpredienben tatentöoHen .Knaben unb jugleid) um
i!^n öor einer bamal§ gioffirenben peftartigen Ärant^cit ju fd)ü^en, juerft bie
9Jlinore§ 3U 9iuffad) (©(J)bpftin, Alsatia illustr. II. p. 82) in if)rem Älofter,
bann befuc^te er auf beren Soften mehrere i^a'^re lang mit ^. 23imptcting
(beffen Isidoneus Gerraanicus cap, 16. 331. 7), '^eter (Sc£)ott, 9tietJ)urg öon
6pet)er, ^o1). 3;orrentinu§ , 3ol). ^ugo u. a. bie Berül^mte Untcrrid)tganftaU,
bie Subroig ®ringcnberg furj juöor (1490) in ©d^Iettftabt erri(f)tet ^atte.
|)ieraui ttjurbe er öon ben Üluffac^er lyranciScanern nad) 33afel beforbert , um
bafelbft feine ©tubien ju öeriolgen {wo er bereits aud^ feinen Flamen latinifirte)
unb öon ba nad) .g)cibelberg, in beffen Uniöerfttät§matrifel er eingejeic^net ift al§
„Joducus gallus de rubea aqua basiliensis dioec. 22. die meiisis octobris 1476".
|)ier mar er burd) biefelbcn ber @aftfreunbfd)aft eine§ e'Eirbaren unb mo^ttjobenben
5Jtanne§, 5tamen§ 9{egen§purger, empfo'^tcn, ber jugteic^ ^4^rocurator ber bortigen
granciäcaner war. ^^luf biefer ^od)fd)uIe aber ^eic^nete fid) ®. fo fe'^r burd)
glei§ unb ^ortfdiritte au§ , ba^ er balb barauf ^ugleid) mit ben jtoei ©binnen
feines ©aftfreiinbeS nid)t nur bie 5Jta9ifterU)ürbe ftc^ erwarb , fonbern aud) in
ba§ goUegium ber Uniöerfität unb jum ^^jfjräfect ber Nova Bursa (Acta Univers. III.
367. 425b. Pareus bist. Ms. p. 95. ^Pfäl^. ßopiat. ^fot. 25. ^m ^arl§r.
?Ird)iö) ertt)ät)U tourbe. Sa^u tourbe er f^jüter 33accalaureu§ unb i^icentiat ber
Stticologie, au(^ „Doctor artium" unb beüeibete metjrmalS ba§ 5lmt cine§ SlectorS
ber Uniöerfität. 31I§ ßet)rer ber ^oc^fi^ule jeid)nete er fic^ bcfonbcrS burc^ feine
:pl)itofopl)ifd)en 33orträge über bie Sogif unb ^^t)fif be§ 9triftoteIe§ au§, War ein
beliebter -i^rcbiger unb feiner unter atten feinen 5Jlitlel)rern t)ielt met)r latdnifdie
Üteben an bie Uniöerfität unb ben (£leruS at§ er. ^ugleid) lebte er in ipeibel=
berg in freunbfd)aftlid)em unb raiffenfd)aftlid^em 3}erfe^re mit ^oi). ö. 2)alberg,
9tub. ^^gricola, ^leninger, 2öader u. a., unb aud) 5Jleland)tl)on gebeult feiner
(33ierte ©äcularfeicr b. 6rfinb. b. 33ud)bruderf. in Jpeibelb. ©. 50) noc^ fpäter
auf ba§ rüljmlidjfte mit bcm 23emerlen, ba^ er r^n at§ S^üngling gefannt l^abe.
®aB unter jenem „^obocuS (3foft)", ben (nac^ ©trobcl, @efd). b (5lfaffc§ III,
268) in ber fogenannten 3Bei^enburger (^e'^be (1468— 70) ^l^faljgraf g-riebric^ L,
um bie 5lbtei 2Bei^cnburg ju reformiren unb fte mit anberen ^3lün(^en 3u be=
fe|en, öon ^eibelberg au§ bal)in gcfenbet l)atte unb ber bafelbft in ber Äird)e
©t. Sol)ann mit großem Slufwanb öon 33erebtfam!eit ben wo^^lmollenben ßl^aralter
unb bie fromme 3)enlung§Weife ber neuen .^lofterleute rühmte — -ein anberer
3fobocu§ (etwa ;3obocu§ (äic^mann, berfelbe, ber aud) in bem im ^. 1480 in
^eibelberg öcrfa^ten „Manuale scliolarium" p. 11, 31 unb 14, 32, abgebrudt
in 3arnde'§ ®eutf^e Uniöerf. b. ^Jiittelalterg , ©. 1—48, al§ „^obocug" öor=
fommt? 3]gl. oben 23b. V ©. 471) ^u öerftel^en fei, erl^ellt au§ ber oben an=
gefül)rten ^eitbeftimmung ber ^fntmatriculation, bogegen unterliegt e§ nad) ben
UniöerfitätSaftcn feinem Zweifel, ba^ unfer ®. mit einer ä'§nlid)en ^iffion nad)
3ßforä:^eim, jcboc^ in fpäterer 3eit (1511) öon bem ©pel^erer Sifc^ofe ^l)ilip^3
öon 3^ofenberg betraut Worben War. ^ux l)atten fid) nämlid) „inter plebanum
(Seutpriefter , ©eiftlic^cr ber ©tabtlird)e) et monachos" (fratres praedicatores
et minores) Siiffibien erl)oben, äu beren ©djlid^tung er abgeorbnet Würbe unb
wobei aud) fein 5^effe ^^ellicanuS unb beffen ©d^üler ©ebaft. ^Mnfter gegen=
Wärtig waren, liefen Sluftrag erlebigte ®. jur öollen 3ufrieben'^eit be§ 23if(^of§
am 14. 9loöember 1511, inbcm er bie ^^arteien öerfö^nte unb ben 3}ertrag
®allu§. 349
j(^nftü(^ befräftigeu üe^. 'Dlarfibem @. (ängere ^a^re ju .6eibe(6evg getebt,
übernahm er bie '^farvet ,^u '3iecfar[teina(^. !©alb barauj, feit 1510, ftnben toir
i^n 3U ©pet)er at§ ^prebiger unb Slntifte» ber bovtigen Jtitc^en iotnie aU !6ijd)öf=
Ii(i)en '}iat^. ;5n ber SebenSbefc^reibung @e{[er§ ö. ^aijer^berg, tcetc^e 58.
5R^enanu§ beffen Xavicula sive speculum stultitiae (Argentor. 1513. ^ot-J Qii=
fügte unb bte unferem ®. bebicirt tft, nennt i^n jener „Doctorem, Theologum
ac Divi Mauritii apud Nemetes '^Spirensesl Canonicum". 'Ülbam in vita Pellicani —
9lacE)rtc£)ten, beren Duelle bie .^eibelbeTger UniüerfitätSaften finb — er^ä^tt öon
@. : „Cum parochiam nactus esset Steinachii supra Heidelbergam , et postea
Spirae in Cathedrali Ecclesia pastor et praedicator, familiam aleie cogeretur,
ancillas honestas habuit. Tolerabilius judicabat extra domuin concubinam
habere; quia facilius se continere posset, quam domi, quod impoeuitentiae
Signum esset. Alias vitae inculpabilis". @. geigte fic^ in biefer bon Bieten ber
55eften bainat§ gett)ettten ^luffaffung bei 6oncubinat§ eben nur aU ßinb feiner
3eit. g^ür bie 2öof)lia^rt feiner Angehörigen 5u 9tuffa(^ foroie infonber^eit hit
geiftige 2lu§bilbung feine! Steffen ^efiicanul liebeüott beforgt , lie^ er , obgtei(^
fetbft o^ne grofee ^Jtittel, bcn legieren öon 'Safel, too er fid^ fütnmertitf) burc^=
juf erlagen f)atte, ju ficti nac^ ipeibelberg fommcn, um '^ier feine ©tubien fort=
jufe^en unb ju Ooltenben. ®a§ ^^eßicanuS, nact)bem if)n ber O^eim ber großen
Soften tnegen 1492 toieber naii) .^aufe entlaffen t)atte, t)ier bei ben 9{uffa(^er
f^rrancigcanern in bie ^(ofterfutte froc^ , war ®. fef)r unangenehm. %i§> ber
D^effe auf beä Dfieim» Olmforberung, bas Älofter mieber ju Derlaffen, antwortete:
.,Yelle se deo servire in eo statu, quem arbiträre tur ipsi placere, in quo et
ipse speraret salvari", ertoieberte @. „Permitto lubeus pro me monaclius ut
sis, sed non ut pro me beatificeris in coelis." @. ftarb 3U ©pet)er in ben an=
gegebenen SBürben am 'Zl.^ärj 1517 an pobagrifi^en 'i^eiben. ©eine Sib liot^ef
fam feinem Seftamente gemä^, nadibem bie (Sö^ne feiner '^liäjk, einer oc^roefter
'$ettican'§, geftorben waren,, an bie i5^ranci§caner ju 'IRuffad). 5ein übriges
35ermögen ^atte (B. bem 3t. ©ermanifttfte 3U @pei)er öermact)t, in Welchem er
auc^ begraben rourbe. @. ftarb mit bem 9tu§me eine§ freimütljigen 'D3Unne§,
ber (3o§. ^af. Jpottinger, Apeloet. ."^ir(i)engef(f). lY, 3iMä^e o. 138) bie bamo=
ligen S}erberbniffe in ber ^Religion unb l?irct)e bitter beflagte unb nac^ Prüften
eine beffere ^eit anba'^nen l)ati , ^^^ ^r benn f(^on al§ ^Kub. Slgricola'l ;^u^
^örer ^u .^eibetberg beffen freieren t^cologifcl)en 3lnfi(^ten öottfommen beigepflichtet
^atte „assentiens doctrinae ejus de Religione , quam ipse Agricola ex Wesselo
hauserat et deiude illustrai'at" {^. 3llting, Hist. eccles. Palatin. p. 186). ©ein
©influfe at§ öumanift, feit mef)r benn brei ^a"^r^unberten ungemürbigt , fann
fidt) mit bem ber bebeutenbften meffen unb fein 33er^ättni§ ^u ben öeibelberger
3Sorgängern ber ^Reformation gibt il)m eine unbeftrittene Sebeutung. (S. ift ber
3}erfaffer einer jener föftli(f)en afabemifdtien ©dierireben, ber fogenannten „Dis-
putationes" ober „Quaestiones fabulosae seu facetosae", öon benen bi§ je^t fec^§
(fünf mit bem 'Flamen i^rer 5)erfaffer) befannt finb (ögl. bie Slrtüel (Bribu§,
^arttieb, ^. DIeariu§ unb <Bä)xamm) unb bie, obgteid) lateinif(^ abgefaßt, aU
eine O^unbgrube beutfcfien 2öi^e§ unb §umor§, al§ ein wahrer (5(f)a^ forool für
bie beutfd^e Öitteratur tnie für bie (Sittengefd)i(f)te einen unöergängtii^en SBerf^
behalten, (ßioä) g-ifd^art fte'^t unter il)rem Sinfluffe.) S)enn in biefen quob=
libetarifd^en Sieben Würben bie ®ebrerf)en ber ^ät auf bie fd^ärffte 2Beife gegeißelt
unb baburi^ finb biefe Sieben ein fe'^r tt)efentti(f)e§ 33eförberungamitte( ber 9iefor=
mation geworben, ßbenfo widl)tig aber finb fie aud^ für bie Sitterotur; fie
Waren ein jä^rlidl) öon bleuem unb frifd^ auffprubeinber GueE ber fomifi^en
ii^itteratur, namenttict) ber ^^rofa , unb fie geben un§ ein '^ilb öon ber bamati
im beutfc^en S3olfc lebenben Suft an fatirif^en 2)arftellungen. 2lud) bie fpätere
350 ®aUu§.
fomifd^e ßitteratur jotnol im ©onjen , in S^on unb ^laltung , tüic in einjetnen
©teilen, ift nici)t ööHtg ju üev[tel)en ol^ne eine genauere Äenntni| ber puobtil6e=
tifd)en Sieben , bui'cf) bie me'^xiac^ bie öerttidEeltften (Stellen ^u lebenbigfter %n=
fd)auung gebradit tnerben. Sine ber tüertI)öoE[ten bieder ©ctierjreben nun unb
jugteid) ber^eit nad) bie ältcfte berfelbcn ift bie be§ ®. ©ie upurbe im 3^. 1488,
irü£)eftcn§ 1487 unb ^ugteic^ mit jener be§ ®ril6u§ (bgl. ben Slrt.) an einem
2;age ju ^eibelberg geilten. ^t)r 2itet ift: „Monopolium et societas vulgo
des liechtschiffs" (ögl. 33rant'§ ^tarrenfdjiff , t)erau§geg. öon 3öi-""'^e- 33orrebe
©. LXVII ff.) , unb if)r S''^^'^ war biejenigen täct)erli(^ ju ma(i)en unb ju
öerfpotten, melc£)e blo^e Sitcl f)aben o^ne Slemter unb öon 3ßinbmad)erei fi(^
nähren. S)er 3^ame „£ied)tfd)iff" bebeutet ßeid)tfd)iff ober ein ©d)iff jur 5luf=
na'^me aüer IüberUd)en unb ruinirten (SefeEen unb e§ ift toot)l müglid^ , ba^,
ftiie aud) ^avnde (1. c.) öe§ äöeiteren au&fül)rt, gerabe biefe§ ßeid)tfd)iff 6eb. Srant
bie erfte ^bee ju feinem eigenen 5larrenfd)iff gegeben t)abe. 5präfe§ ber JRebe
mar ^ato'b äötmpfeling unb er mar e§ aud^ , ber fie ^um S)rud beförberte unb
fie mit einigen Sßortcn einleitet. S)ie erfte ?lu»gabe erfd)ien burd) bie Officin
be§ ^JlagifterS ^peter 9(ttenborn 3U ©tra^urg, eine§ ©dtiüler§ äißiinp|eting'§ in
beffen S)rude: „Directorium Statuum" o. £), u. ^. (1489) 4 (in 5ftünd)en unb
Berlin), morin aud) bie afabemifc^e ©d)er,^rebe beg @ribu§ „Monopolium Philo-
sophorum" enf^alten ift. steuere 2lbbrüde nad) beren Original finbcn fic^ bei
3arnde (1. c.) unb in beffen „^mt\ä)t Uniberf, im «Diittclalter" ©. 51-61.
@ine anbertt)eitigc lateinifd^e Ütebe be§ @. ift un§ in bem bejeid)neten burd)
Sittenborn gebrudten Söerfe (5BI. b6^— c5a) entl)alten (auä) tl)eiltoeife abgebrudt
in 3. gjt. ilönig'§ ÜteformationSgcfc^. b. ©tabt ©petjei 1834. 8. ©. 11 ff.),
©ie trägt ben Sitel: „Jodoci gallici Rubiacensis Oratio habita in sinodo Spi-
rensi Quarto ydus Maij Anuo, Mcccclxxxix presente Domino Ludovico eiusdem
Ecclesie inclito Episcopo Incipit foeliciter. " ^')atte in einer Ütebe, mcld)e biefer
gebrudt unmittelbar t)oranftel)t, unb meld)e ©eiler ü. ^aifer§berg ju ©traPurg
öor bem 33ifd}ofe unb bem (£(eru§ t)ielt, biefer mit 6ntfd)iebcn:^eit unb g^'^iinutl
bie ^^flid)ten eine§ S3ifd)of§ betont, fo erinnert in biefem öor bem ©|)et)erer
S3ifd)oie unb feiner ©eiftlii^feit gel)altenen S}ortrage ®. an biejenigen be§ 6leru§,
inbem er in einer 3tüifd)en ©acerboS unb 5Prc§b^ter bialogifd) gel)altenen S3e=
fdjreibung be§ 2eben§ ber S)ori= unb ©tabtpriefter beren feine§meg§ löblid^e
©itten 3ur ©prad)e bringt. $Bon anberen größeren 5lrbeiten au^er ben ätoei
ertDäl)nten mirb i^m, jebod) nid)t mit üoEer ©id)erl)eit, 3uge|d) rieben: „Nosce
te ipsum" (A^eibelberg 1480, auä) S}enebig 1489. 4), benn aud) ein anbere§
t^eologifdjeS äöerf be§ ^o^. gartl)ufianu§ , ^cibelb. 1489. 4. (^anäcr 2lnn. I,
458) beftel)t unter biefem 2;itel; aud) eine Slnjaljl lateinifd)c ^rebigten, l)anb=
fd)riftlic^ au§ bem ^. 1510, werben unter bem gleichen Sitel auf ber ©rlanger
UniöerfitätSbibliot^ef (3rmifd)er ©. 208. 9lr. 771) aujbcma'^rt. S)agegen ift er
mit öottfommener ©id)ort)eit ber 9}erfaffer einer anberen ©t^rift : „Mensa philo-
sophica", toeld)e (bgl. Theoph. Elychnius [@ottlieb ^aä)iln] Relatio ex Par-
nasso. ©traBb. 1619. 4. ©. 28) ^uerft 1489, bann mieber^olt o. O. u. ^.
(c. 1500) unb (Solu 1507 k. im 2)rud erfc^ienen ift. 6§ ift (nac^ 3BeIler,
^.älte§ unb 9leue§ I. 368) ein pl)ilofop:^if(^er Untetrid)t, mie man bei bem (äffen
feine ©efunb^eit unb fein 33ergnügen beförbern foE unb enf^ält eine gro^e 3^^!
Keiner ®ef(^id)ten, bie 3um X^tü nod) je^t befannt finb. Slufeerbem merben,
mie ®ad)tler a. a. €. beri(^tet, „beim 35. (Sapitul ben ^^riorn in ber SSettel
'^ünä) Orben, im 36. dapitul ben 5Jlünd)en in gemein, im 37. ben ^^rebiger
^Mnd)en, im 38. (Sapitul ben ^ßarjü^er 5)lünd)en, jebem befonber§, im 39. ben
angonben Orben§ ßeutt)en ober Novitijs . , . geringe laudes gefungen." Sa^
er ferner eben fo fidler ber SSerfaffer ber „Praefatio (epistola)" pSf. äBimpfeling'§
©allu§. 351
Carmen de laudibus ecclesiae Spirensis 1486 (.^ain, III. P. I. 511), bas er
au(^ burc^ ben S)rurf befannt mad)te, geiüejen jei, er'^ettt unjtoeifel^aft au§ ber
Unterft^xitt, batut ,,ex Heydelberga an. Dom. MccccLxxxVI", toorin er 2ßim=
t)ieling feinen Se'^rer iinb ftcf) befjen discipulus nennt. 5H§ 2>crfaffer eine§
„Tetrastychon" eifci^eint er terner in ber Adolescentia 2Bimpfeling'§ (Argent.
1500. 4. S3t. LXVIa), eines tateinijd^en (SpigrammS „Theologi Heydelbergensis",
in ber 2lu»gal6e 1515, 23(. Llllla unb oon 4 £)ifti(^en in ben „Memorabiles
Evangelistarum Figurae" (Phorce), 3:§. 2ln§'§elm 1504 (Serapeum 1861 ©. 119),
21^eitä naä) ungebrucEten , tf)eiU na(^ ben im Sejte genannten CueEen,
S5gl. 3arncie'§ S)eutj_d)e Uniöerf. b. ^33httetQlt. unb beffen Sluffa^ in Raupt'S
3eitfd)r. IX, 119 ff.; ferner M. Flacii Auct. Catal. Test. Verit. p. 251.
33. @. ©truöe, ^iäi^. Äirc^en^iftorie 1721. 4. ©. 7. ^anjer, Utr. ö. ^utten,
B. 49. 2öi§!otoatoff, ^af. SBimpfeling , ©. 24—25, 74—75. giö^rid^,
gjiitt^eil. a. b. @ef^. b. eöanget. Ä. b. @lfaffe§, I. ©. 92. ^äuffcr, 5lnf.
b. claff. ©tubien ju ^eibelb., ©. 47. ©troBel, @ef($icf)te bes @lfaffe§ III.
©. 557. g. 2öein!auff in b. Jenaer ßit. 3eit. 1878. 5lrt. 92.
S. 1^ r a n cf .
©flüuö: DiicoIau§ @., anc£) ©all, eigentüct) §an, lutl^erifc^er 2:§eo=
log unb eifriger @efinnung§genoffe be§ g-IaciuS 3ßi;)i.'tcu§ geb. ju äöiijcn in
9ln'£)Qlt 1516, t im SBabe ^eU in äBürtemberg 1570, entftammte einer in 3In=
l^alt unb fpüter im ipaüifc^en ©aalfreife angefeffenen fe^r angefe^enen gamilie.
©ein Später toar füiftlid)er ^ati) unb Sürgermeifter in Äötfjen. — (5r ftubirte
in Söittenberg, too er ßutl)er unb 5lleIan(^t{)on na'^e trat. 5tad)bem er nac^
beenbeten ©tubien an ber 5(u§brcitung ber et)angelif(i)en Se'^re im ©aaüreifc
unb ben benadiBarten Sanbfdiaften mitgelüirft ^atte, tourbe er ütector in 5)^oni=
felb. 2lber feine 2:t)ätigfeit bafelbft toar nur öon !ur^er S)auer. 2{I§ nämlid^
1542 naä) längerem ©c^tüanlen ber Dtatl^ bon 9tegen§burg bie ßinfü^rung ber
lutl^erifc^en ße'Eire in feinem ©ebiete befcf)Ioffen ^atte, tüurbe @. mit 5Jlag. ''Ro)ßp
ou§ SBittenberg, ber ba§ Slmt eine§ ©uperintenbenten übernahm, auf ßmpfe^Iung
Suf^er'S al§ S)iaconu§ bort^in berufen unb 1543 in fein 3Imt eingeführt.
i^oi). SSoptifta, Ratisbona monastica p. 540, ülegensb. 1752, berichtet, er !§abe
am 14. Oct. b. S- feie erfte 25e§|)er unb am 15. Dct. bie erfle beutfct)e ^effe
in ber Äirdie ber „©d)önen 5JJarie" abgefiatten.) ©c^on in biefem ober im
folgenben ^a^xt (ügl. ©emeiner, @efct). ber ^irctienreformation in 9tegen§burg.
giegenSburg 1792, ©. 141 u. 150) üer^eiratl^ete er fid) mit ber STod^ter be§
bortigen 9Ir3te§ @eorg |)obfinger unb öerfa^te feine erfte ©c^rift: „Sröftlid^er
Unterri(f)t für bie franfen, fterbenbe unb für f(^toangere gebä^renbe grauen",
aUegenSburg buri^ -!pan§ J?t)ol 1544, 8 '^. — S)oc£) au(| l^ier tuurbe feine 2öir!=
jamfeit balb unterbro(i)en. 3ll§ nad§ ber 35er!ünbigung be§ Interims ber 9iat^
öon 9tegen§burg tro^ feine§ anfänglichen tapferen 3Biberftanbe§ jur SSermeibung
öon ©etoatt bem !aiferli(f)en äöillen nai^jugeben ge^toungen würbe, öerüe^ @.
mit ben meiftcn übrigen ebangetifciien (Seiftüc^en bie ©tabt (Sunt 1548 unb
begab fid^ , noi^ für ^toei ^di)xz be§ @in!ommen§ feiner öerlaffenen ©tette öer=
fid)ert, nad) 3Bittmberg. §atte er gef)offt, l^icr toie in alten Sagen no(^ bie
fefte Haltung Sutl§er'§ gegen alten !att)olif(i)en oioöng ^u finben, fo l^atte er
]iä) getäufdit. S)ie Sßittenbcrger — ^telan(f)tt)on nid^t jute^t — ftanben fc^on
in leb'^after Unter'^anblung mit bem .Kurfürften 5[Rori^ bon ©act)fen wegen ber
?lnna^me be§ ^nterim§. Söä^renb ber erften ^Jtouate feine§ SBittenbergcr 3tuf=
entl§a(te§ Würben bie ßonbente bon ^J^ei^en, $egau, 5]Wnc^§=(SeIIe, ^^^üterbogf
unb Seipjig getialten. @r mu|te erfennen, Wie „ein finfter 2BöIflein be§ Un=
glaubenS ^eranna^te, wetc^eS ein gro§ Söetter in ber .ßirdje ei-regen wotttc".
S)em äu %xo^ er 2lmt unb (Semeinbe berlaffen unb bie fyrembe gewäf)lt ^atte,
352 ®aü«^-
bn§ faf) er tjin tion ben ^jäuptern unb bisherigen ©tü^en ber ^ird)e me'^r unb
mel^r gebulbet unb mit |ef)r 6eben!ücf)en (Brünbcn empfo'^Ien. Unter biefen
Umftänben toar e§ fein äöunber, loenn er fi(^ ^eIan($t^on, ^Jlaior, SSugen'^agen
allmäf)tid) entfrembet unb mit 3!)tattt). f^-taciu§, ber allein e§ ttjagte, gegen alte
3uge[tänbniffe feiner ßoÜegen im Sefenntni^ unb 6uttu§ ju proteftiren, t)er=
6unben füllte. Sßon biefer 3eit ^er rüt)it ber ^ufan^uien^anfl » in toelc£)em wir
beibe ^IRänner in ber 3ufunft feigen. — 2)a i^n nict)t§ an 3Bittenberg feffelte -
t^a^ '^^rebigtamt an ber ©dilo^fird^e l^atte er nur öertrctung§n)eife für (jruciger
geführt — öertie^ er bie ©tabt (Dftern 1549) gerabe ju ber ;^eit, al§ bie
ßcipjiger Slgenbe öom i?urfürften in Morgan bcfannt gcmad^t toerben fottte.
S3on ben jttiei '-Berufungen, bie an il^n gelangt waren, einer nacl) Wecttenburg,
ber anberen nac^ ^Jtagbeburg , nat)m er bie (entere an, Wot Bemogen burdf) feine
SPerroanbtfc^aft mit .»peinridt) Werrfet, bem ©ecrctdr ber ©tabt, ber (1541) feine
jüngere <5d)!i)efter 5)largaret^e ge'^eiratl^et l§atte. @r mürbe jum erften ^rebigev
an ber lUrid)§tircC)e bafelbft berufen, ber .^irciie, an toetc^er '^cicol. ö. 3lmgborf
ba§ eöangetifc^e ^^farramt nacf) ber 9teformation juerft öermattet §atte. ©e-^r
balb fanb fid^ biefer, au§ feinem S3i§tl^um 'iHaumburg öertricBen unb bom
j?aifer berfotgt, ebenfalls bort ein. ^atf^. ^-laciuS, ber fur^ öor 63. 2öitten=
berg öerlaffen unb fur.^c ;^cit in Ülieberfai^ien jugebrac^t l)atte, folgte bemfetben.
©0 maren bie l^cftigften tVeinbe be§ ^ntevimS unb ber Slbiapl^oriften bei cinanber
unter bem ©c^u^e einer ©tabt, bie, feit jmei Sfo^ren (27. 3^uti 1547) geächtet,
im 33egriff ftanb, für i()ren ©tauben einen ernften 2Baffengang mit bem Ataifer
unb bem Äurfürften üon ©ad)fen, bem 9lc£)t§boüftrec£er, (^u get)cn. 6ine feltene
ßinmüt^igfeit t)evrfct)te unter 'Jtatt), 33ürgcrfc^aft unb Ö)eiftti(i)feit. 2)uvd) Söort,
©ctirift unb ißeifpiel feuerte bie le^tere ^um .^Tambfe, in ben ©tunben ber "lUotl^
pm mutt)igen 3lu§l)arren an. kleben bem ungtaublid^ fd^ reibluftigen Wie bru(I=
fertigen 5'tflciu§ (er ftanb einer eigenen Srucferei bor), beffen Iebt)aft erregte
©ct)riften bie ^rcunbe au^er^olb ber ©tabt im 3^ntercffe für bie i^elagerten ju
er'^alten fud)ten, mirfte &. at§ ©eetforgcr unb 33erat'^er in ber @emeinbe, beibe
tjäufig oereint al§ SJerfaffer öon O'^ugblättern unb ©treitfc^rtften jur 3Jert^eibi=
gung unb ^nttage gegen boütif(f)e wie retigiöfe ©egner ber ©tabt unb be§ öon
i'^r öertretcnen '-öefenntniffeS (ogt. ba§ ©4riftenöer3eic[)ni^ be§ @. bei g^. @.
-Lettner, Clerus Ulrico-Levinianus . ^Jtagbeburg 1728, ©. 200 f. unb be§ |^-ta=
ciu§ bei 203. ':preger, 9Jtatt^ia§ ^laciuS ^lil)ricu§ unb feine 3eit, (Erlangen
1861, 33b. II. ©. 544 ff.), ©elbft auf bie mfüffung ber (Srlaffe unb „3lu§=
fd^reiben" be§ 3tatt)e§ frfieint ®. bei feinem intimen 33er^ältni^ jum ©tabt=
fecretär ^ercfel nid£)t o'^ne ßinflufe gemefen ju fein. ®. nimmt bamalS unter
ben ®eiftlidC)en ber ©tabt eine entfd^ieben ^eröorragenbe ©tellung ein. 3Bar er
audE) nid^t ©uperintenbent, mo^u i^n mehrere, 3. 33. S)re^'^aubt , madtien , fo ge=
toä'^rte man i'^m t)oä) me^rfa^ ben Jßorrang öor ben übrigen ©tabtgeiftlidien.
Unter bem „^efentni§ Unterrid)t unb öermanung ber ^^farrfjern unb ^rebigcr
ber gl^riftlidien Siirc^e ju ^Jlagbeburgf. Anno 1550. S)en 13. ^IpriliS", fte^t
bie Unterfd^rift be§ „'3{icla§ .s^an, ^farrt)cr ju ©. Ulric*", al§ bie erfte in ber
9lei^e ber übrigen (Seifttid^en fogteid^ :^inter ber be§ 5ßifc^of§ 3lm§borf. 3tl§
nad^ ber Sluf^ebung ber 33elagerung bie ^rebiger bon '»Dlagbeburg am 13. gfloo.
1551 roie bie Stoffe be§ J^urfürften Wori^ jur @ntgegennal)me einer ©rflärung
beffelben Wegen be§ gtetigionSftanbeS ber ©tabt unb ber .Spaltung i'^rer (S5eiftlid^=
feit in ber legten 3eit geforbert Worben waren, übertrug man ®. ba§ 3lmt eine§
©bred§er§, ^an gab it)m bamit bie ^ögtid^feit, feine 3lbneigung gegen ba§
Interim unb bie Slbiapl^ora fe^r merflid^ ju erfennen ju geben, unb er mad^te
baöon ©ebrauc^, o^ne ben .^urfürften p gtepreffion§maBregeln ^u reisen. — ®ic
SSelagerung war beenbet, bie ©tabt unb i^^e religiöfe grei:^eit gerettet unb ba=
©attuS. 353
mit ber ^Injang eine§ Umfd^ttjuuges gegeben, bei- 6i§ jum 3lug§öurger 9te(igion§=
trieben iorttoirft. @§ ift fein 3^fiÜ't: ^ie Beiben fo arg öerf(^rieenen unb ^rt
gefc^oltenen ^DJtdnner Ratten einen fel^r trcfentüc^cn 91ntljeit an biejen ßrfolgen.
@. Xük x^iadü^ f)atten ficf) itirer allgemeinen ^Uifgabe nid)t bIo§ mit großer
jpingebung unterzogen, fic ^tten e§ and) üermoii)t, in ber ©tabt eine ©inigfeit
unb greubigfeit aller ©lieber ber ftdbtifc^en ©emeinfd^ait ^n ertoecfen unb ju
erhalten, bie beu 3]orrour|, at§ ob i!§nen nur im Unfrieben too^l gemefen fei,
um ein bebcutenbei einfiiiränft. 9^ac^bem burd) ben ^^affauer S}ertrag bie 5rei=
t)eit be§ eöangetifd^en 58cfcnntniffeg auc^ in Cberbeutlctitanb toieber gefidiert
toorben toar, rourbe aud^ ®. öon bem ütat'^e ju 9tegen§6urg ju feiner ©emeinbe
^urücfberufen. @§ tourbe if)m fe^r fc^toer, au§ bem if)m lieb getoorbenen J^reije
feiner 9Jlagbeburger g-reunbe ju fd^eiben. @§ beburfte mieberl^olter bitten ber
9legen§burger, um ®. bie ^^fage ber 9tücffef)r ju enttoinben; unb, „al§ man eä
beinaf)e errungen ^atte, ba^ er ba§ 5|3iarramt annahm, prie§ man fic^ im Sefi^e
gtüdlelig" (Gemeiner, @e|(f)i(f)te ber Äitcf)enrejormation in ?Regen§burg <S. 268).
35a *Jlop^ toäl^renb feineg 2lufent^alte§ in 9iürnberg geftorben toar, tourbe @.
5uglei(f) 3um ©uperintenbenten ertoä^It. ©ein Söiebereintritt in feine alte @e=
meinbe am 12. «Sept. 1553 würbe öon berfetben mit großem ^ubel begrübt. —
@. fanb öiel 3U orbnen unb neu 3u fd^affen, wieWoI ^uftug 3ona§, ber üor
i^m adit 5Jtonate ^inburd^ 2Jerh)efer ber ©uperintenbentur gemefen war, fd^on
mele§ au§ ber 3eit ^^^ ^nterim§ befeitigt l^atte. @r begann mit ber Dtegelung
ber gotte§bienftIic^en fyormen unb @ebräu(f)e, ber ^rebigten, ^^eiertage k. auf
etiangeüfrfier ©runblage; barnad^ 1555 (ögl. 3of). SSaptifta, Ratisbona Mona-
stica ©. 450) Würbe ba§ ßonfiftorium ober ^tinifterium eingerid£)tet. S)ic
günftigen @rfotgs feiner SöirEfamfeit in fftegensburg gaben if)m balb einen be=
beutenben 9tuf in ber 9iad)barfct)aft. Oft Wenbete man fid) bon bort um 9iat^
an il^n. Sefonberg in Defterreicf) unb ©aljburg trieb bie "iloit) bie öerfolgten
©emeinben, feine .Ipülfe ju erbitten. 'iRic^t Wenige ber 1554 au§ if)rer ^dmatf)
öertriebenen ©at^burger fiebetten fid^ in 5Regen§burg an ; aud^ in Saiern naljmen
bie öerfotgten ©öangelifdien i^re 3uflud)t bort^in. ©ie alle fanben in (S. einen
freunbli(f)en ^5efdt)ü^er, ber e§ nid)t unterließ, auf bem granffurter ßonbent 1557
in feinen 9}oten bie bebrängten @[auben§brüber in ©at^burg ben ßonöentualen
an ba§ .fperj ju legen, unb e§ bewirfte, ba^ bie öerfammelten dürften unb
©tänbe fid) in einem ^nterceffion§fd^reiben (1. ^uni 1557) bei bem ßr^bifdiof
tion ©al3t)urg für feine öerfotgten unb tiertrtebenen Untert'^anen öerWenbeten.
9Iber aud^ in kegeniburg felbft gab e§ biet ju t^un. ®ic kämpfe mit bem
SBifcfiofe @eorg, ber auf jebe SBeife ^ufammen mit bem ©tabtclerug ba§ 2Bad§ö=
t^um unb bie grei^eit ber eüangetifd^en Äird)e gu ^inbern fudtjte, riffen nid)t
ab. Ülod^ 1563 war fo wenig ber triebe '^ergeftellt, ba^ ber fat:^olifd)e 2)om=
prebiger ^oi). 3Xtbved)t, ein SSarfü^ermönd^, @. in einer Schrift ju einem ®otte§=
gerid^t auf offenem 5Jtar!tp(a|e ^eraueforberte. Sicr fd)abIofe (Senu^ be§ 9lbenb=
ma^U^ fottte beweifen, auf welcher ©eite bie Sßa'^r'^eit ber Se^re fid^_ befinbe.
@§ zeugte öon @o{Iu§' 23efonnen^eit , ba§ er einer fo tactlofen .g)erau§forberung
nid)t golge Iciftete, wenn er auc^ fid) nid)t enthalten fonnte, 1564 eine jiemlid)
fd)arfe „9lpoIogia wieber ben J3äfter=^Jtünd^ , |)anB 5Ubred^t, unb wieber bie et
caetera, fo feinen ^a^^men nid)t :§aben, ipet^er unb ipelferS^öelfer" erfcfieinen
3U laffen. — ©aju fam feine ununterbrodtiene Sl^eitna^me an ben allgemeinen
2lngelegen!)eiten ber eöangelift^en ^ird^e. 5luf bem 9iegen§burger 9{eid)§tage
1556 f)atte er bie (Selegenl^eit benu^t, in ja^lreidtien unb wot fe:^r leibenfc^aft=
lid^en (?ontroöer§prebigten bie 2lbweid)ungen öon ber reinen Se'^re Sutf)er'§ in
ber bamaligen S^it öor g^ürften unb ©tönben ju geißeln. 1557 ju bem 5-ranf=
aiögem. beutfcöe Stoflrapljie. VIII. 23
354 ©attu§.
iutter ßonöent abgeovbnet , um eine ^^nfttudion tut bte edangelijc^en 'Z1)nU
nef)mer an bem aSormjer 9teIigton§gefpi-äd^ auSatBeiten ju l^etfen, tjerfa^tc er
^roei a}ota, bie ben tut^erifdfien ©tanbpunft jcftmtenb unb öov allem eine ftarc
©teEung ju ben in bie i?ir(f)e eingerifienen 3in-tt)ümei-n yorbernb, bie 3uftitninung
ber 5J^aioiität nii^t fanben. Original war babei ber in bem legten t)or=
fommenbe 35orfd)lag, bie Oberleitung ber cöangelifc^en Äirc^e in ben ein^etnen
ßänbern <Bpedah unb ®eneral=©uperintenbenten ju übertragen, über biefe aber
at§ oberfte Seiter einige „Ober^irten" au§ ben Stäuben Dber= unb '.Uieber=
beutjct)tanb§ ju je^en, bie jebod^ nur ba§ Slmt öon directores negotiorum t)aben
joEten (bgt. .speppe, ®cf(^i(i)te be§ beutfd^en ^roteftanti§mu§ I. <B. 146 ff.). —
@§ i[t natürlich, ha^ er in allen biefen 2)ingen in Uebereinftimmung mit gla=
ciu§ t)anbelte, ber it)m öon S^ena au§ fecunbirte. a3eibe, fo öerf(f)ieben fte fonft
waren, galten bamat§ nod) für gincn unb ®. bettiieä, ba^ bie§ ni(f)t bIo§ in
SSe^ug auf bie Se^re, fonbern auä) für ba§ Seben galt. 3ll§ 3ticiu§ überatt
öertrieben unb öon atten '^arteten öerfolgt, nirgenb§ eine guftucCit fanb, eröffnete
i!§m @. in 9tegen§burg eine 3ufluc£)töftätte (1562). 5Jlit 2;reue unb 33e'f)arrlid)=
!eit leiftete er bem g'veunbe Seiftanb, um feine ^^länc jur ^luäfü'^rung ju bringen.
gtaciu§ lt)atte bie 5(bfid)t , in 9iegen§burg eine 3lrt tt)eologifcf)er ?lfabemie ju
eröffnen, auf ber im (3)egenfa^ ju ben übrigen Uniöerfitäten bie reine lut^crifrfie
Sc'^re in feinem ©mne gele{)rt werben foüte. @§ mar ni(i)t bie ©d^ulb be§ ©.,
ba| bie Slfabemie ni(^t ju ©taube fam. S)er JRat'^ ber ©tabt ^egte frfion an
fi(i) ^Jti^trauen gegen i5ftaciu§ unb bieg tou(i)§ attmä^tid^ unter ben @inflüfte=
rungen ber ^a'^lrcic^en ©egner be§ SDerfoIgten fo fe'^r, ba^ G). tro^ be§ :§ot)en
Slnfe'^enS, beffen er bei ber SSürgcrfdjaft unb 'iRaii) geno|, ben grcuub nid)t bor
ber faft mit ©cmalt erj^mungenen Entfernung au§ ber ©tobt ju fd^ü^eu üer=
moct)te (2luguft 1566). @§ ift ba§ te^te, ma§ un§ bon ber 9legengburger 2Bir!=
fam!eit bc§'®. beriditet wirb. @r ftarb am 24. ^uni (?) 1570 im Sabe 3eE
in Sßürtemberg unb würbe in ber ^^JeterSürdie in Ütegen§burg beigefcl^t.
33ei ben naiven iöe]iet)ungen be§ (^. ju 3^laciu§ unb bei-" Uebereinftimmung beiber
in ßel^re unb (Stauben, ift e§ fein 235unber, wenn wie beibe aud) in ben meiften
kämpfen , bie bamats bie eOangelifd^e ^irc^e bewegten , nebeneinanber finben.
Stiele i^rer ©c^riften finb gemeinfd)aftUd) berfafit, WenigftenS öon beiben unter=
f (^rieben; mel)rere begleitet ber eine Wie ber anbere mit einer i^orrebe ober mit
^ufä^en unb Unterfd)riften. (5§ genügt beöl)alb in ^ejie'^ung auf bie Uttera=
rifd)e ^^^eilna'^me be§ ®. an ben kämpfen gegen ba§ ;3ntei-'inT, bie ?IbiapI)oriften,
^3Jtaioriften, Cfianbriften, ©d)Wenffelbianer u. a. m. auf bie ßitteratur bei 5-la=
ciu§ 3U öerweifen. ^^re ©nljeit jeigt fic^ ba burd) nid^tg getrübt. 6§ war
eine ©emeinfc^aft , gegrünbet auf ber Ucberäeugung , in Sutl)er'§ 2el)re bie fefte
unöeränberli(^e ©runblage ber .^ird^e für alle Reiten 3u befi^en, unb bal^er be=
ftrebt, alte anbers Senfenben ober 3lbwei(^euben wenigftenS auf ber ©eite ber
biä^erigen 2utt)eraner wieber unter bie lut^erifd)e ßel)vc ju zwingen. (S-§ ift
nid^t 3U leugnen, ba^ bicfe Slnfd^auung, fo fe'^r fte bie d)arafteriftif(^en 3ei<^en
it)rer ^JJlängel an \\ä) trägt, für bie gegenwärtige ^:^eriobe be§ J?ampfe§ um ben
33eftanb eöangelifd^en 2Befen§ überl^aupt burd) bie gegebenen a3ert)ältniffe il^re
Berechtigung erl^ielt. a3eibe 5!JMnner l^oben, al§ bie meiften nur öon S5ermitte=
lung unb SSerfö'^nung träumten, mit ^Mi^ unb 5lufopferung ba§ gcfäl^rbete
Sutlerf^um unb bamit aHerbingS bie meiften ber burd) bie üteformation erWor=
benen ®üter gegen ba§ neu gelräftigte 5papftt:^um, wie gegen bie fd)Wan!enben
unb weid)enben (Slaubengbrüber öertl)eibigt. @§ gebül)rt i^nen unb i^ren ®c=
noffen ber 9tu^m, burc^ bie 2Bud^t i!^re§ Eingriffes auf \)a^ Interim unb bie
öerfü^rerifi^e ßel^re öon ben Elbiap'^ora ben bebrängten unb öerwirrten geit-
genoffen ben 58lid auf bie bro'^enbe ®efal)r geöffnet unb ben ^Jlutl) ber 2lbwef)r
&aUü%. 355
tDiebergegeben ju f)abt\\. Unb tüie fie ^Jtagbebui-g getoannen unb burcE) 5lu§t)aneii
5um ©lege iüt)vten, fo gaben fie bamit ber eöangclifc^en ©adie in Seutf^tanb
einen 3lnif d£)n)ung , üon bem getragen, 9Jlori^ öon ©a(i)fen e§ unternehmen
konnte, ber !ai|erli(i)en äöittfür gegen bie @bangeli|d)en im ^paffauer 33ertrage
ein S^d 3U feigen. 5tBer inbem fie bie Üteinlieit ber Se^re mie bie @int)eit in
ber Äirdie üBerfd)ä^tcn unb in ber auSft^Ue^lic^en |)ingal6e an ben ^ampf Tür
Beibe aEmäl)üd) überreijt, jebe Se'^rabtoeid^ung toie einen SSerratf) empfanben
unb in i't)ren alle 3eit fertigen ©Triften be'^anbeltcn , l^aben fie ber ^irrf)e unb
ber gerabe üon ifinen erftrebten ®emeinfd)aft be§ @tauben§ bie fc£)n]er[ten ©cf)äben
zugefügt. SlHerbingä ift :^ierbei befonbcr§ l^erbor^utieben , ba^ bei ber ^Jtenge
übereinftimmenber §tomente im ßl^aratter beiber 5Jtänner, boii) im SlUgemeinen
bem ®. ein 5JtQ| öon 58efonnent)eit, 2:act unb 3urü(!^altung eignet, welches
f^Iaciu§ fremb toar. ©§ tritt bie§ befonberS beutlic^ l^erbor in be§ &. S3er=
Ijalten gegenüber bem nic^t 3U redjtfertigenben Sluftreten eine§ ©ggerbe unb ^e^=
l^ufiu§ in gjlagbeburg (ügt. 5preger a. a. O. II. 246 ff.). 2lu(^ öei (S. fi^toittt
bie 3ott^e§Qber mä(i)tig an, toenn er bie gtein'^eit ber ^ir(i)enle!§re 5prei§ gegeben,
bie aBaI)r^eit öertcugnet toä'^nt; er geräfE) bann »ol in eine ßntrüftung, bie
fi(f) fci)onung§lo§ unb bitter gegen bie geinbe äußert; aber er ift bod) Diel me^^r
al§ S:-laciu§ im ©taube, 3toifd)en geinb unb geinb einen Unterfd^ieb p mad)en,
bie ^4>ei;!on öon ber <Baä)t au f(i)eiben unb ben SJlotiöen eine§ Sieben geregt ^u
toerben. @r ift manct)em feiner ©egner, befonber§ einem 9Jlelan(^tf)on, an um=
faffenber ®elet)rfam!eit unb an äöeitc be§ S31icle§ nic^t geujadifen, aber an 2auter=
feit ber ©efinnung unb Dffenlfieit be§ ß'^aratterS fte^t er feinem berfelben nad^.
@§ ift öoEfommen unrid)tig, i)on i^m ju bet)au)5ten, er 1)a'be mit ect)t f(aciam=
fi^eni ©eifte bie gerlüürfniffe in ber ^ird)e 3U er'fiaUen gefud)t. ®r :^at, toie
wenige, bie ^ot:§ ber ü'ird)e im ^toiefpalt unb »Kampfe gefüt)It unb tool banat^
gerungen, fie ju enben; aber bie getoaltfame §erbeifüf)rung ber ßintjeit toar
ein ialfd£;e§ 5JtitteI, ba§ er toä^lte, nid)t jeboi^ ein SetoeiS einer friebelofcn, bos=
l^aften (Sefinnung. ©ein fdiarf au§geprägte§ ttieologififieä 2lmt§betou|tfein ber=
leitet if)n ju mancherlei ©d^roff^eiten , unb lö|t if)n um S)inge eifern, toelc^e
£)eute faum ber S3ea(i)tung toertt) ge"£)alten toerben; inbeffen toar man 3u feiner
3eit an ein bebeutenbeg 5Jta^ geiftlid)er ^errfdiaft auc^ in ber ebangelifrf)en
^trd^e getoö^nt, unb fein treuer (lifer für ba§ Sßo'^t feiner ©emeinben toog bei
bereu ©liebern reid)tid) bie gmpfinbung einer ju ftrengen ^ird^enjudit toieber
auf. ©0' l)aben il)n benn auc^ gerabe bie ©emeinben öon 531agbeburg unb
9tegen5burg, in benen er am längften toar, am meiften burc^ SJertrauen unb
3lu^änglicl)feit auggeaetctmet- S)ie erftere erbat fic^ noi^ öfter öon 9iegen§burg
feinen 9tatl) in frfjtoierigeu Sagen, toie 3. 35. bei ber ©infü'^rung ber neuen
Äirc^enorbnung bon 1554 (ögl. gtatl^mann, ©ef(i)i^te ber ©tabt ^agbeburg
IV. ©. 31) unb bie legiere el)rte fein ^.Jlnbenfen nD(^ in neuerer 3eit in @r=
innerung an feine fegen^reii^e äöirffamfeit (ögl. ©emeiner a. a. D. unb 9lnton
äöefterme^er , 2)ie 9teformation überl)aupt unb iljre @infül)rung in 9tegen§burg
in§befonbere, 9tegen§burg 1843, ©. 152 f.). — ©eine 2:f)eilna|me an ber M'
faffung ber 53Ugbeburger ßenturien befcfiränfte fid) tool nur auf bie ©ammlung
bon ©elbmitteln pr Seftreitung ber J^often (^reger a. a. D. 33b. II. ©. 429,
bgl. aber auä) gtat^mann a. a. £). ^b. IV. ©. 50). — eine 3U feinem 2ln=
benfen geprägte ^Dlünae mit feinem Silbe fannte Lettner (Clerus Ulrico-Levi-
iiianus p. 189); fein Silb in |)ol3fd)nitt, nad^ ber platte 2uca§ ^ranac^'S ge=
fertigt, gibt b. 5Dret):§aupt, SSefd^reibung be§ ©aal!ret)fe§ Sb. IL ©. 626. —
©in SJerjeid^nil feiner 3al)lrei(^en ©d)riften gibt g. ©. Lettner a. a. £).
@. 199 ff.; bie mit 5-laciu§ gemeinf(^aftlic^ :^erau§gegebenen fie:§e bei ^reger
a. a. £). 93b. II. ©. 540 ff. 3a:§lreid)e 3lnfül)ruugen berfelben unb längere
2.3*
356
©aCura.
3Iu§3Üge au§ benjelben finben fi(^ bei 6f). 21. ©alig, SSoüftänbige .!piftovie bev
3Iuö§16ursifd§en gonfeffion, S3b. II u. III; S. @. 3Ba(c^, .öiftovifc^e uiib t()eo--
logifc^e ginteitung in bie ^tetigioniftreitigfeiten b. eöangelif(|=lutf)cnfc^en Äitc^e,
S8b. II lt. IV u. &. ^. ^land, @efd)ic^te bcr ^rotc[tatitijrf)en Ideologie, 58b. I
6i§ IIL
S)a§ ergiebigfte QueEenmateriat liefern, a6gefet)en öon @atlu§' ©d^riften,
feine (unb 2Batbnev-§) ©ammlung öon ^IBfäiviften öon Sriejen, 23evi(^ten ic.
au§ feiner 3eit auf ber fönig(. ©taatäbibliot^e! in 5Jtüncf)en unb feine Dri=
ginatcorref^jonbenj mit O^IaciuS u. a. im ftäbtif(^en 3lrc£)iö in 3ftegen§burg.
ginc umfaffenbe 58iograpI)ie , bie, unpartciifd) abgefaßt, öiel jur Sluf^ellung
ber ®efd)i(^te ber 9teligion§ftreitig!eiten nadf) ßutt)er'§ Sobe Beitragen fönnte,
fep MS ie^t nod^. 33rec^er.
Oallira: 33ernl)arb @., geb. ju iper^otätieim im 33rei§gau am 21. 3tug.
1764, geft. at§ prftbif^of ju SSriren am 17. ^Iftai 1856. S)er @of)n f(f)(id^t=
bürgerlic£)er SItern, trat er nac^ beenbeten @t)mnafial[tubien in ba§ 5!)linoriten=
flofter 3U Slltbreifadt), öertie^ aber baffelbe in ber ,'^eit ber allgemeinen ^lofter-
auf^ebung unb trat (1783) in§ g^reiburger (Seneralfeminar ein, um ben tf)eo=
logifdjen ©tubien obpüegen , bie er mit (Erlangung beg ^^octorgrabeS abfd^io|.
S)en pra!tifc^=tI}cotogifc^en (^urS legte er (1787) im ©eneratfcminar ju 2Bien
jurücE, töofetbft er aucf) am 27. ^uli 1788 jum ^^riefter getoei^t öjurbe. 'lilnn=
me{)r tourbe er junäctift al§ ©tubienpräfect im ^^reiburger Seminar, fobann aU
Äatec^et öerroenbet, 1791 h)urbe er 'Pfarrer ju 3lttoberborf unb für,} barauf am
9Jlünfter ju i^reiburg, in metc^er ©igenfcfiaft er 1-t ^a^xc ttjirfte. .ilaifer x^xan^,
ber i{)n jum Xitularbomf)erin öon i3in3 ernannte, berief if)n at§ geiftüd)cn Ütatf) na^
©üujburg (1805). S)ie barauf folgenbeji poütifc^en Sjeränberungen aber mactiten
itin amtlog; erft 1808 mürbe er babenfct)er geiftUd)er Ütatl), 1815 aber öon
Äaifer i^^-'^^ä/ löei-' feiner nict)t öergeffen l)atte, alg ©ubernialrat^ unb gei[tli(i)er
Steferent naäj ^nnebrucE berufen. 3m 3i- 1818 mürbe er ©cneralöicar beg
SBripuer gürftbifctiofeg im 9}oraclbergfd^en , am 17. 2)ec. 1819 }um 33ifc^of in
partibus gett)eif)t, enblicf) am 7. 9lpril 1829 pm ^ürftbifcfiof öon Srij;en cr=
nannt, alg meld)er er 27 ^a^re mirfte, unb big in fein fpätefteg 3llter bie öoEe
@eiftegfrifcl)e bewahrte, ©ein SBirfen mar ein reic^ gefegneteg, öom ed)t ci)rift=
litten ®eifte unb fir(i)licl)en ßifer burct)brungeneg ; fcl)ücf)t unb einfad^ in feiner
!^ebengmeife , fpenbete er mit unerfc^öpf lieber i^reigcbigfeit unb ermieg ]iä) i)'ux=
burcl), mie burc^ eifrige ^ürforge um bag geiftlid)e 3Bol)( beg i^n Derel)renben
frommen SLiroler Sßolfeg ma^rfiaft alg ein öäterli(f)er ^^fi-'cunb beffelben. ']>xah
tifcl)eg, bolfgmä^igeg Sßirfen mar öom Einfang f)er ber befeelenbe ©ebanfe fcincg
ßebeng unb ©trebeng gefttefen, rt)el(f)er fic^ auc^ in feiner emfig betriebenen unb
fe^r fruchtbaren fd^riftfteEerifc^en 2;^ätigfeit offen augbrüclte. ©o l)anbelte eine
feiner erften ©d)riften über bie „©ofratif(f)e i?atect)ifirmett)übe" (2. 3lufl. 1796).
@in öon i§m öerfa^teg „Sel^rbud^ ber cl)riftli($en äöolitge^ogenlieit" erlebte eine
Üteile öon 3luftagen (5. 2lufl. 1841). ®r öerfcl)mä^te and) nicl)t, bie 3lrbeiten
proteftantifct)er ©cliriftfteEer für feine fatt)olifc^en ßefer nutzbar ^u maä)en:
„©turm'g Setradjtungen über bie SBerfe @otteg im Üteidie ber 5^atur unb ber
Sßorfefiung, bearbeitet für fat^olifc^e g^riften" (1813, 2 SSbe., 2. 91ufl.). mg
feine litterarifc^e Hauptarbeit ift feine „^Jteuefte J^eologie beg ß^riftenf^umg"
(1800 ff., 6 33be.) ju bejeidinen, meld)e bie biblifd)e i^bee beg @ottegreid)eg ju
i^rem gjlittelpunlte l^at, unb bie boppelte Senben^ öerfolgt, eine aug bem leben=
bigen 58orne ber ©d)rift gefd^öpfte Sarftellung ber d)riftlii^en .^el)re ju liefern,
unb biefe Sarftellung ber Serufgtoirlfamfeit beg ©eiftlid^en anjupaffen. S)er
33eröffentlid§ung biefeg äBerfeg ging eine neue ^luggabe öon Siuinart'g Acta
Martyrum jur ©eite. S)amit möd)te, abgefel^en öon 3af)lreid^en populären
©amani — &amh'ii)kx. 357
(Schriften praftifc^ tl^eologtfd^en unb erbautic^en ^nl^alteS ber (Beift unb bic
9tt(i)tung feiner reli9iö5=fii(i)ü(i)eu 3(i)riftfteIIetei Beietd)nenb angebeutet fein.
3u ben i^m geroorbenen 6f)vcn unb 9lu53ei(f)nungen ge"^ört au^er bet SOerlei^ung
be§ 6ommanbeurfreu5e5 bee babifdticn Crbene tiom ^ä^nnger Öötcen unb faifert.
öfterreicf)iict)en i^eo^olborbens, fottiie ber @ct)eimtatf)ln)ürbe, bie Ernennung jum
(J^ren^räfibenten bes ^^^arifer 3.^ereine§ 3ur 3l6olitton bee Sclat)ent)anbet§.
SJgt. Sin! t)aufer , Öeben unb Söirfen be§ gür[t6if(i)0Te§ @., i^nnsfirurf
1856. — 2öur5bad), 93iograt)f)if(^es ^'er. bei Äaiferf^umg Defterretc^, neBft
ber bofetfift angeführten Sitteratur. äöerner.
©among: ^o^anneö @., geb. ju 5(rroeiter im S. 1606, t ju 2Bürjburg
im ^. 1670, Sefuit, raad)te ficf) um bie ^llainjer 6efc^ic£)te öerbient burcf)
Sammlung üon älteren ';)tad)ric^ten unb ^nfc^riften. 3]on feinem ^^leiBe (2Bob=
mann, 9tt)eingau. 2t[tert§. I. 90. 111) jeugen bie nod^ crl^altenen §anbfc£)riften,
bon benen 3 33änbe auf ber UniDerfität§BibIiott)cf in SBürjBurg unb 2 Sänbc
in ^Dlainj im Sefi^e bes Dr. med. SBittmann fid^ befinben. 23a^rfc^ein(tc^ um
baö ^. 16-44 na(i) Saben Derfe^t, mai^te er bie (Bef(i)i(f)te ber 5[)larfgrafen üon
3?aben jum ©egenftanbe feiner ^orf ci)ungen , bie in einer um» S. 1067 t)olI=
enbeten , je^t nod) in adfi ^anbfc^rtTten öorliegenben SXrbeit niebergelegt finb
(..Serenissimorum priucipum marcliiouum Badensium et Hochbergensium pro-
genitores ab anuis mille recensiti .
^Jtone, Quellenfammlung ber bab. Canbeegefcf). I. 20 ff, fyür bie Acta
Sanctorum lieferte @. mehrere Sebensbeft^rciBuugen (Vol. I. p. 43). <Bä)nnl,
SSeiträge jur ^Jtainjer ©efc^. III. 402, 403. SBorf enl^eimer.
©ombi^Icr: Sofep^ ©-. ßeb. am 4. Wdx^ 1801 in ;Sgenf)aufen bei
^i(^a(^ (Cberbaiern), t am 30. 5Iug. 1847 in Dtürnberg, (Bo^n eines d't)irurgen,
befud^te bie (BQmnafien ju 9tug§burg (1815 — 18j unb Sillingen, tooraut er
(1821) äum ©tubium ber ^^j^itofop^ie unb ber ^tjitologie bie Unitierfttät äöürj^
bürg bejog, tDo er anä) promoüirte (1825), aber bei bem 2}crfu(i)e, fii^ als
^vviüatbocent ju "^abiütiren, auf eigentt)ümü(f)e .öinberniffe ftie^. hieben einer
Ueberfe^ung ber ScfiriU bes Gngtänber» Scubamore ..Essay on the blood"
(1826 , DeröffentUdjte er einen „3}erfu(i) einer gebrängten £arftellung ber '^3leta=
^)^i)fi! ber abfotuten 3}ernunftibeen" (1827), mobei er fitf) rool öielfati) an Äant
auLetjnte,. aber jugleicf) eine merf(i(i)e SBenbung ju 5i(^te'§ fpäteren 5{nfc^au=
ungen mac£)te. ©ein too^lgemeinter ^beaü§mu§ trar mit einer tebf)aften 5lb^
neigung gegen hie ginfterlinge unb potitifc^cn Dteactionäre berbunben, unb fo
gab er ben 3lnfi(^ten, tneld^e nicf)t o'^ne ^ufammen^ang mit ber ;Suli=9ieöDlutiDn
toeitere ^Verbreitung fanbcn, einen mannen 3Iusbruct burcf) feine „^^itofop^ie
unb 5j3otitif be§ Siberalismu§" 1^1831). i^n gleidier rreifinniger Xcnben^ öer=
öffentlic^te er in 5Mrnberg, mo'^in er 1831 umfiebette, bie 2Boc^enf(i)rift „S)er
^^olarftern, ein (^ober für äöa§rl)eit, f^rei'^eit unb 9te(^t" (1832, einjiger ^ai)x=^
gang . ^m ^. 1832 fanb er eine 3InfteIIung al§ öe^rer ber engtifi^en unb
ber franjöfifdien ©pradie an ber 9teolf(^uIe ju 'Jcürnberg, too er mit anerfanntem
(äifer toirfte. 2lu|er einer „2lnroeifung jur ^erfteHung artefifdier 33runnen"
(1833), f(i)rieb er ein „i'e^rbucf) ber pt)t)fifcf)en (Beograp'^ie" (1833) unb über=
fe^te bes ^llac QuUoä) S(f)riit über .«panbet unb ^anbelshei^eit (1834). SurcE)
fünimatige Oieifen nacf) 6ng(anb madt)te er ficf) mit ben bortigen 3}erl^ältniffen
fo Dertraut, ba^ er (1844) ein bamati fef)r gefc^ä^tes „.^anbbucf) mr Üteifenbe
nac^ Sonbon" üerfa^te unb (feit 1843} al§ 5Jlitarbeiter an ber Sonboner ^eit^
fcf)riTt ,.The Art Union" ©elegen'^eit fanb, ju (Bunften beutfc^er Äunft unb ^n=
buftrie ^u toirfen. Sein bielfeitiges ^ntereffe fü'^rte i^n auc^ pr 9J^ufif unb er
gab einige (Sompofitionen im älteren Äir(i)enftile l^eraul. Tiac^bem if)n f(f)oii
ggg ©ambä Jäger — ©angauf.
1845 ein ©(fitaganjalt getroffen '^atte, erl^oüe cv ficf) nur borübetge^enb unb
üei-fiel feit Stnfang b. ^. 1847 einer aufreibcnben Ärän!ti(^feit.
«neuer 51eh-otog ber S)eutfc£)en. ^a^rgang 1847, @. 588 ff.
^$rantt.
@aml)öjöncr: S^-'a^S aöii:^. 2lnton &., ge6. in .^cibelberg am 4. @ept.
1753, feit 1781 ^^Jrofeffor ber ^nftitutionen unb be§ Mirgerlid^en, fotoic be§
Äir(i)enrf(ä)t§ bafetbft, feit 1805 mit bem 2itet be§ !urfürftt. babifc^en Dber'^of^
geri(i)t§rat!^§ , t ani 6. Slug. 1816. ©ein „Jus ecclesiasticum in usum prae-
lectionum", 2 S3bc., ipeibelberg 1815, "^ulbigt ber gemäßigten freien fircf)li(^m
9li(i)tung iener 3eit; o^ne tiefer inSftefonbere 't)iftorif(^ ein.uige'^cn , ift e§ ein
6rauc^bare§ SBerf, ba§ namentlich burd) 33enu|uug aucE) ber neueren beutfd^en
Sitteratur Sßertf) t)at. UeBer feine toeiteren ©cE)riften ögt. Teufel, ®. 2.
ü. ©d) ultc.
©amcröfdbcr : |)an§ ©., lebte im 16. Sfa^F^^unbert al§ 33üi-ger ^u 58urg=
t)aufen in Oberbaiern; er bid)tete bie ^falmen in beutfd)e fiebenjeilige ©tro^'^en
um, „alfo, baß fid^ bie ^pfatmen aüe fein unb liebtid) fingen taffen",
tt)ie e§ auf bem Stitel ber juerft ^u 5^ürnberg im ^. 1542 crfc^ienenen ?lu§gabc
berfelben I^eißt. Mitunter fc^ließt er fid) an ältere beutfc^e Bearbeitungen an,
3. SB. an Sublüig Cetiter, an .§an§ ©ad|§, an 2utt)cr. Cb er mit ber 9lürn=
berger f^amilie gteid)en 5Mmen§ üertoanbt ift, lonnte nid)t ermittelt »erben; er
:§at feine ^falmenfammlung bem Äafpar ©anffen, Sürger ju 9lürnbcrg , ge=
toibmet. I. n.
©äm^crlili: ^Ibra'^am ©., War au§ ßonftanj gebürtig, fül^rtc mit feinem
?lffoci6 äßil'^elm W&^ bie Suc^bruderfunft in g^reiburg in ber ©c^mei^ ein,
unb jtt)ar um ba§ ^. 1585. 2)od) fennt man nur al§ erfte§ öon i'^m gebrudteS
23ud), tt)eld)e§ eine SiatiTeSja'^I trägt : „Psalmi Septem poenitentiales cum litaniis et
precibus ad opem aduersus haereticos proque aliis periculis auertendis. Friburgi
Helvet. apud Gemperlinum". 1590. 24.; unb ferner nod^: „Notae in lectiones
evangelicas, quae per totum annum in ecclesia catholica, diebus dominicis
recitantur." Friburgi Helvetiorum, apud Abraham Gemperlinum. 1591. 4.
6§ gibt jtoar no($ ältere in f^reiburg gebrurfte 33üd)er, meiere bie ^af)re§3al)l
1583 tragen, hod) fann nid)t mit öoKer 5Beftimmt^eit nad)gett)iefen merben,
boß fie bon 3lbral)am ©ämperlin gebrudt tourben. Ueber fein fonftige§ Seben
ift nid)t§ Weiteres belannt geworben.
35gl. Söegelin, S)ie 33ud)bruderfunft ber ©c^tüeij. f^otfenftein, @efd)id)tc
ber SSu^bruderfunft ©. 276. 2)e§d)amp§, Dictionnaire de Geographie ©. 531.
^eld^ncr.
®anga«f: Sl^eobor @. , geb. ben 1. ^fJobbr. 1809 3U Sergen bei 9leu=
bürg a. ®., ©iö^efe (5id)ftäbt, erl)ielt in ber S^oufe ben ^f^amen ^lid)ael. 3lm
28. Sluguft 1833 jum 5prieftcr getueil^t, mibmete er fid^ ber ©eelforge al§ 600=
^eratur^robifor in Fölling, trat aber fogleid) nad) ©rrii^tung ber 33enebictiner=
abtei ©t. ©tepl)an ju 5lug§butg am 5. 9lobbr. 1835 in biefelbe ein unb fanb
mä) Slblegung ber $rofeß am 7. ^obember 1836 feine nädjfte 3}ermen=
bnng al§ ^präfeft be§ fönigl. ©tubienfeminar§ ©t. Sofep"^, nebenbei aber
al§ ©u))plent im \^aä:^e ber t|eoretifd)en 5p'^ilofot)'^ie. ^m folgenbcn ©c^uljalire
1837/38 mußte er biefe ©teile mit ber IL ßateinclaffe B. bertaufd)cn. ^m
^. 1841/42 mürbe er 2)irector be§ obengenannten ©eminar§ unb ^^rofcffor ber
^'^ilofo^'^ie unb 5pt)ilolDgie am lönigl. öi^ceum, Welc^' le^terc ^rofeffur er aber
Wegen Ueberbürbung nac^ ^Wei ^a^ren wieber abo^ah. ^m ^. 1847/48 murbc
il)m ba§ 9tectorat ber gefammten Slnftalt unb bie ©teUung eine§ £rei§fd)olard)en
übertragen, ber )5l)ilofot)'^ifd|e Unterrid)t aber .bon i'^m beibe'^alten. Sei immer
3unel)menber ^ränlli^feit be§ greifen 2lbte§ 33arnaba§ würbe er 3um ©tift§=
®ang{)ofet. 359
befan unb naä) be§ 3l!6te§ 3;ob üom Sonöent jum Slbte ettDäf)lt am 20. S)ec.
1851. 3lu(^ in biefer jeinet neuen (Stellung Hieb et bem lieBgeroonnenen öe'^t=
amtc treu. @nbe Cctobet 1853 reifte er, auf Sßcranlaijung be§ 6arbinal§
üon Sditüarjenberg mit ^rofeffor SSal^er nacf) 9iom, um öor ber Snbercon=
gregation i)ie ^{)iIolo|3t)ie 3(nton (Süntf)ef§ 3u bert^eibigcn. 23eiber Strbeit be=
ftanb toeniger in münbli^en Sßer'^anblungen, bie Don bem ©cnerot ber (Serüiten,
spater ^IpatjcEieibcr , ^^sräfibenten ber ßommifl'ion, in meldte [ie eintraten, immer
Don ^teuem t)inau5gefc£)ol6en tourben, al§ in einer Icfiriittic^en SSürbigung unb
SßiberlEgung ber angeblichen ^rrt^ümer ®üntt)er'§, bie it)nen in jroei gebrucEten
cenfutirenben Quoten übergeben mürben. 6nbe 2(pril 185i mu^te ®. nac£)bem
er mit Satter met)rere fdiriitlic^e 2(u§arbeitungen, namentli($ über @ünt^er'§
Se'^rc öon ber 2:rinität , (Sreation unb ^ncornation , öollenbet §atte, mit ^nä=
\\ä)t auj lein ßlofter unb feine ^ßrofeffur, für tDeid)t er feinen Sßertreter ^atte,
3iom öerlaffen unb nad) 3(ugsburg jurürffel^ren. (5tu5fü^rlid)e§ f. ^. 35. 33at|er'§
Scben, SCßirfcn unb toiffenfäiaftlic^e Sebeutung öon Dr. ^eljer, SSonn 1877.
©. 120 u. ff.) fjfür i^n trat ^^roreffor Änoobt au§ S3onn in bie römifdie 6om=
miffion ein. 3Im 20. ^uli 1859 legte ß. fein 5(mt alö Slbt nieber , moburtf)
er in ben ©taub gefegt toar, bem i!^m lieb geteorbenen ^el^ramte feine unge=
tf)eilte 2;£)ättgfeit ju toibmen. Unb obgleich) er md^renb einer langen Oteifie
öon ^a'^ren mit fd)toeren förderlichen Seiben gu fämpien §atte , fe^te er bod^
biefe 2e^rtl§ätigfeit unau§gefe^t fort, bis il)n ber iob am 15. Sept. 1875 im
Sllter öon 65 Sfi'fli-'f^ abrief, ^n allen 9Irten feiner 2[ßirffamfeit machte ftc§
3Ibt X^eobor um ba§ @ebei!^en ber Stnftatt unb be§ ©tiiteg öerbient. 3ll§
5Rector fud)te er ba§ etfprie^tic£)e Söiifen aller Gräfte jum großen 3^^^^ ^(^^'
monif($ 3U öereinigen unb mu^te befonberS in ftürmifc^ erregter ^exi (1848)
bie jugenblii^en ©eifter auf bem SÖege ber Crbnung ,^u t)alten. Unb mie in
feinem 2tl)tn fi(S ftrenge ^teügiofität ju gebiegenem 2Biffcn gefeEte, fo f)atte er
ficf) üuä) aU p'^ilofo^i^ifctjer Se"^rer bie Slurgabe geftellt, ©tauben unb Söiffen
in freunblic^er Söedifetmirfung baräuftellen. S3ei bem S)range ber öielen Stemter
unb ©efc^äfte tou^te er hod) nocf) ,5£^t 3" litterarifdjer Sfjätigfeit auf p^ito=
fopf)if(^em ©ebiete ^u finben. ^m Srucf erf(i)ien Don i^m: „Ueber ©tauben
unb äöiffen." ^^rogramm. Stugsburg 1851 ; „n)letapf)r)f. ^^^ft)c£)oIogie be§ :^eiL
3luguftinu§", 1852; „S;e§ ^eit. 9tuguftinu5 fpecutatiöe 2ef)re öon ©ott bem
2)reieinigen", 1866. Sigi§b. 'fiebert.
(^ang^ofer : Sorg©, öon -p a f e I b a et) , 33aumeifter ber 5llün($ener 5rauen=
firdie, geboren auf bem ©ang^ofe ober ©anb^ofe ju ©irt .öafelbact) in ber
^Pfarrei ^nfofen. Db er in feiner ^ugenb bei ©t. ''Dtartin ju ßanbS^ut be=
tf)eiligt mar, ift ungetoi^, meil er ^u ^oüing ben (im 17. 3at)rt)unbert öer=
3opitenj ^ir(i)enbau leitete, aud) „mat)fter Sorg öon -^otting" genannt. Ural
am 20. Wcix] 1468 at§ ^laurer unb Saumeifter in ben S^ienft ber ©tabt; at§
Sotb erhielt er öierteljälirig jmei ^funb Pfennige (ni(i)t ganj öier ^arf nad^
unferer Siööfiiung), unb menn er in ber ©tabt 2;ienft arbeitete, im ©ommer 28,
im 3Binter 24 Pfennige al§ Xcgto'^n. 2lm 9. ^ebr. 1468 tourbe ber ©runb=
ftein jur ^rauenfirctie gelegt; im gi^ül^tinge 1470 ging unfer 5Jteifter, „etlidie
5|3ouc" ju befc^auen, nac^ 3lug§burg unb Ulm; im «öerbft 1473 mürbe ein
OJtaurertag nac^ ^Jlündien befd)ieben, toobei bie berüf)mtcften DJ^eifter au§ ber
5ladt)barfc^aft ^ufammenfamcn: aui ^ic^ftäbt 5)teifter 9]tatf)ei§ ber ©teinme^,
ßonrab gtoöi^er au§ 9tegen§burg , ÜJteifter gi^^e^i-"^ au§ Sngolftabt , 5}leifter
^ic^el öon ^iarrfirctien, ^Jlauritius Snfinger au§ Ulm. 1477 begann ber 2luf=
5ug be§ 2)ac£)ftu§l§ , 1478 mürbe ha^ gro^e ^reug auf ha^ S!aci) be§ ^resbt)=
teriumg gefegt. 2ll§ 9Jteifter Sorg öon <§affelba(^ am ^Jlontag nadj ©t. ^yi\ä:)tU=
tag 1488 (feine §au§irau 5Jlargaretl^a toarb i^m jur ©eite begraben) ftarb,
Joaren ßiriijen unb 2;'§ürme, Ic^tere bi§ jum SSeginn ber ©pi^en (met(^c nid)t
ggQ ©angloff — ®an§.
mit gotfiüc^en „i^elmen" jonbern im ©inne ber injtoifiiien aufgetaucfiten 9tenaij=
jance, mit ben fogenannten „tnelfrfien i^appen" ge|ct)toffen tourbcn) öoüenbet.
Sie i?ird)e i[t ein .^nllenbau qu§ Sadftein, breifd)iffig o^nt Quciic^iff , mit
einem ßopeEcnfranj q(§ 5tbf(i)tu|; burct) bie and) au§ !limati|d)en ©rünbcn
gebotene einjic^ung bcr ©tvebepiciter erl)ielt ber Sau in ungcjud^tcfter 2öeiie
eine ^tn^a^I GapeUen unb eine an fünifrfiiffigc ^Inlagc .gemat)ncnbe 33reite. S)ic
5rauenfird)e i[t tro^ i^ver fct)mucElD|en 6infad)f)eit bod) ba§ n)id)tig[te , tDeitt)in
bominirenbe (Sebäube be§ mittelalterlid^en 3Jtünc^en in bcn legten 3fa^i"3e^)nten
be§ ^ittetaltei'S. — 3lud^ ber gvo^e geftfial im alten 9latt)t)aufe mit feinem
in ,g)ol5Jprengti)er! 'fiergeftettten Sonnengcmölbe entftanb 1470—71 unter ber
l'eitung be§ ^J)lei[ter i^örg; bie ^t. Äreu5fird)e 1480—85 unb bie 1494 t)oE=
enbcte ©. (5atOatortird)e werben it)m tfieitraeife jugeji^rieben. — ©ein ^or=
trat ift an einem ^^lieiler ber ^i^'i^ucnfirdie erhalten , abgebitbet bei ©igt)art,
^latier ic.
a3gt. bie ^J3bnograpI)ien öon <5igt)art 1853. ^Jtuffat 1868. 5(nton
^at)cr 18(38 u. 1875 unb 9teber , Sauted)nifd)er ^5rüt)rer burd) '^3lünd)cn
1876. ©. 32 ff. Jp^ac. ^oUanb.
(^auglofl: Äarl Sßill^etm ©., ^Jlaler, geb. im % 1790 al§ ber ©o^n
cine§ ftäbtifd)en ^Beamten in ber obcrfd)toäbifd)en 9teid)§ftabt !^eutfir(^, t ben
16. 5Jlai 1814 in beut mürtembergifc^en S)orfe 'OJiertüngcn C3t. Sconberg, öer=
riett) fdjon frü^c eine ungetDö£)nli(^e .^ uuftb eg ab ung , mu^te aber bis ju feinem
23. SebenSja'^re al§ 6)et)ilfe feines 23aterö in ber ©d)rcibftube tierf)arren. ^m
2f. 1813 gelang e§ i^m enbtid§, nad)bem bie ^^^roben feiner felbfterlernten Äunft bei
ben ©tuttgarter Kennern leb'^afteg ^iuffc^en erregt I)atten, in ba§ SItelier be§ Sitb=
l)auer§ 2)anneder ju fommen, iDet(^er nad) 'Xuffiebung ber I)o^en (Sarl§fd)ule bei
fid) nid)t blo§ il^ilbljaucrn fonbcrn aud) ^3lalern (S)elegen^cit jur rrften §lu5bit=
bung bot. 2)anneder nal)m fii^ aud) @angloff'§ mit ber il}m eigenen Ijerjtii^en
^5rcunblid)feit an: üllein ber Ijerbe SBiberfprud) ^mifdien bem in bcr neuen Um=
gebung gefteigcrten ©d)affen§triebe unb bem langfamen Öange eines metl)obifd)cn
UnteiTid^teS brachte bem p^ntafieoollen jungen 5Jlanne f^were ^lufregungen.
6r feierte franf ^u ben nad) ''JJlerflingen übergcfiebelten (Sltern 5urüd unb erlag
einem ^Jleröenfieber. „Sie njeifen ^Jiänner in ©tuttgart traben meinen greunb
©angloff umgebrad)t," pflegte 3^uftinu§ Äerner ju fagen, mit tcidit erfennbarem
Soppelfinne auf bie toei^en 3lbgüffe ber ^Intifen in Sannecfcr'» Siteücr unb auf
bie meifen ©önncr jielenb , tDeld)e ben feurigen 2tüngling baran eine t)ietteid)t
atl5uregelred)te ©d)ule burd)mac^en laffen tooHten. ^od^ je^t finben fid) im ©tutt=
garter ^^riüatbefi^e bicie bon (Sangtoff'g '^öd)ft (^arafteriftifd)en giguren3eid)=
nungen nac^ ber §latur, toie aud) einige feiner gro^gebad)ten ßompofitionen au§
ber biblifdien ©efd^id^te, 2BaIIenftein'§ !^ager, bem ^Jtibelungcnliebe (Sl)riem't)itbe
an ber SSa^re ©igfriebä, rourbe im ^. 1821 öon ßrnft ^-xies, litl)ograpf)irt.i
unb au§ ber altbeutfd)en ©efd)i(^te. Siefer fünftlerif(^e 9tad)la^ ©angloff's
red)tfertigt öoEfommen bie '^ot)e 531einung feiner ^eitgenoffen, tt)eld)e einen Äunft=
geniuS erften 9lange§ in i^m begrübt t)atten , unb , ttjie Uf)tanb unb ferner,
feinen frühen -Eingang in rü^renben Sobtenftagen befangen.
S5gl. giagler, ^. a. ^ünftlerlerifon $8b. 5 unb bie ©ebic^te üon S.
Ul)lanb unb 3. i?erner. SBintt erlin.
®anö: S)aöib ®. , ^iftorifer unb 9Xftronom, geb. 1541 in SBeftfalen,
geft. am 25. Sluguft 1613 in ^rag. 9tad)bem er in Sonn unb in ^yranffurt
am 5)tain fid) talmubifd^e Äenntniffe ertoorben ^tte, begab er fi(^ nad) ^ra!au,
too er in ber ©(^ule be§ berül)mten 9t. 5}lofe SffertS feine eigentltd)e 5lu§bit=
bung er'^ielt. ©päter ^örte er aud) bie Vorträge be§ IR. Söwe b. Se^alet in
Sßrag unb be§ fenntniBreid^en 9t. ©inai, eine§ Sruber§ beffelben. S)urc^ biefe
Öane. 361
5Ränner, bie ^t^^ttojopl^ie, 93^atf)ematif unb Siftronomie in ben Ätet§ i^xex (2tu=
bien sogen, erf)ielt &. bie Slnregung fi(^ ernftlicE) auf biefe f^äd^er 3u öerlegen.
@ine ocit tang ^ielt er fiifi in ^totb^eim auf, too er ben ßuftib [tubirte, too^nte
bann Diele ^a^xt in feinem ^eimatetanbe unb madcjtt fid) nacf)ü)er für bie
Sauer in -l>rag anfäffig. Sie ^Jtcigung Tür ]§iftorif(^e Stubien, bie er fc^on aU
Jüngling in fid) trug, 6ra(i)le ^ier in i:^m ben Gntf(i)Iu^ 5ur 9teife, bie 6efct)id)te
ber üergangenen 3^^^^^ ' ^üi-' i>e^'en Äenntni^ bamate unter feinen 6lau6en§=
genoffen wenig 3inn Oor^anben toar, in einem l^eBräifd^ gefii)riel6enen SBerfe bar=
juftetlen, bas unter bem Xitel „Zemacli David" im ^. 1592 in ^^rag erfc^ien.
£er erfte J^eit beffelben entpit 3(nnalen bcr jübifdien , ber ättieitc fotdie ber
allgemeinen ©efc^idite öon ifiren 9lnfängen Bi§ in bie Qtxt be§ ä^erfaffer« i)tnab.
3n le^terem finb 3umeift l^iftorifd)e (Sd)riften öon (Spangenberg, SaurentiuS f^QuftuS,
^übertue ©ol^iui, @eorg (Saffiu§ unb 5)^artin 23ariof ausgesogen, tnie er l)ier
au(^ manches nad) münbtid)en 9lad)rid)ten unb perfönlid)er Srfa^rung barfteHt,
für erfteren benutite er bie jübifc^ = ^iftorifc^e Sitteratur, fotteit fie bamalä 3U=
gänglic^ ttar unb -lliitttieilungen öon 3eitgenoffen. Sine für biefe Qnt nid§t
gen}öI)nU(^e 2f)ätigfeit entfaltete @. auf bem ©ebiete ber 3lftronomie. @r ftanb
mit ben öon 9tubolf II. nad) ^rag berufenen Slftronomen Äepler unb Xpdjo
be 25i:al)e in lebl)aTteni perfönlid)en 2}erfel)re unb na'^m brei 2age l^inburd) in
ber ©terntoarte ju ^U-ag an iljren 5trBeiten 2l)eil. 3lud) mit i^o^ann 5Mtter
ftanb er in tt)iffenfd)üftli(^er dorrefponbenj. 9}on ben SBerfen , in toelc^en @.
^l^af^ematif, Slftronomie unb Äalenberwefen be^anbelte , ift nur ba§ ,.Nechmad
we-Xaim" betitelte 2el)rbu(^ ber maf^ematifd^en (Beograp'^ie (baöon eine Driginal=
l^anbfd)rift im ö^ransenSmufeum in Srünn aufbetna'^rt mirb) im S)rud erfd)ienen
t3e§ni^ l"i3), na^bem 1612 in ^ßrag nur ein Xi)ül berfelben öeröffentlid^t
tDurbe. 3^m foH auc^ ein unter bem 2itel „Zurät ha-Arez"' in Gonftantinopel
gcbrudte§ fo§mograp^if(^e5 SBerf angeboren , al§ beffen SSexfaffer S)aöib „Stbfi"
genannt töirb.
3un5, @efammelte Sd^riften I. S. 185, 186; Sieben, @rab)tein=
inf($riften bei^rager israclitifc^en iyriebl)of§ ©. 10; ©tö^el in 2öm'§ 3eitfd^r.
für jüb. S^cologie, Sa^rg. 8, (5. 601; SrüH, baf. S. 718 ff.
SrüU.
@anÖ: Gbuarb (S. , iRe(^t§gele^rter unb SJertreter ber öegeFfd^en 5p^ito=
fopiiie auf bem ©ebiete ber ^uriSprubenj, geb. am 22. ^Mrj 1798 (na(^ 2ln=
bern 23. Wdx] 1797) ju 23erlin öon jübifc£)en dltern al§ So^n eineS ange=
fe^enen ®efc^äft§manne§, ber ba§ 5]ertrauen be§ ©taatSfanstere fyürften öon
|)arbenberg geno^, geft. am 5. 5Jiai 1839 bafctbft. 3luf bem 6t)mnafium jum
grauen .fflofter öorgebilbet, bejog er Cftern 1816 bie Uniöerfität feiner S}ater=
ftabt, um bie 9ted)te ^u ftubteren , unb trat bereite 1817 gtoeimal ai^ @dC)rift=
ftctter auf mit ber anont)men 33rof($üre: „Urt^eil eine§ Unparteiifc^en über ba§
23enel)men ber ^uriftenfacuttät ju 93erlin in ber ^abi(itation§=2lnu,^legen!^eit be§
Dr. i^arl 9Bitte" (33erlin 1817), fottjie jur 6l)renrettung feine§ öerftorbenen
Spätere im äöeimarifc^en „Cppofition§=Slatt". ^n bemfelben Sal)re fe^te er
feine Stubien in Qöttingen fort, wo er burdC) eine ungebrudt gebliebene latet=
nif{$e 3lbl)anblung über bie ^nfel 9tl)obu§ ben a!abemifd)en ^rei§ gemann. ^n
^eibelberg, iro^in er fid) 1818 begab, fd)loB er fidt) an 2f)ibaut unb .^egel an,
|d)rieb öerfi^iebenc iuriftifcf)e 3luffd^e für X^ibaut's „Slrd^iö" unb promoöirte
6. 53Mr3 1819 mit ber Siffertation: .Jus poenitendi contractibus. quos vulgo
dicunt innomiuatos, re vera nou inesse" (^eibelberg 1819), beren ©egenftanb
er in ber ©d^rift : „lieber fRömifd^e» Dbligationenred^t , in§befonbere über bie
Seigre öon ben Sfnnominatcontracten unb bem ins poenitendi" (1819) toeiter au§=
362
@an§.
jüfirte. 1820 nad§ ißeiiin ^uxM^tU^xt , Begann er an ber Unitiexfttät mit
fteigenbem ©riotg feine Sef)rt^ätig!eit unb warb, nat^bem er 1825 ^um 6^ri[tcn=
tf)um übergetreten, ^um au^erorbentlicCien , 1828 jum orbenttic^en 5proieffor
ber Steckte ernannt. @in eifriger Sln'^änger ber .|)egerfdE)en 5ßt)ilofop'^ie , beren
ftarren g-ormaliSmuS er gciftig ^u Beleben öerftanb, toar er in SBort unb
©c^rift bemü'^t, il)re 9iefuttate für bie SiuriSprubenj frudfitbar p madieu.
®aBei gertett) er jcbod^ balb äu ber ]§errfd)enben l^iftorifc£)en 9ftcd)t§f(^ule in
fdiroffcn @egenfa|, ber 3unäc£)ft in ben „©rf)oIien jum ©ajuS" (1821) jum
SluSbrud fam, bann nod) bcftimmter in feinem bebcutenbften SBerfe: „S)a§
grbred)t in mettgef^irf)tlic^er gnttoicEcIung" (93b. 1-2 1824—25; 33b. 3 16i§
■i 1829 — 35, tl^eittoeife in§ gran3Öfifc£)e überfe^t öon 2. be Somönic, ^:J3ari§ 1845),
tDorin er ben ©runb ju einer öergleidienben 9ted)t§gef(^id)te gelegt l)at. 3" ^^'
fonberer Sd)ärfe gebief) ber ßonflict, al§ @. in ber feinem „©t)ftem be§ 'Jtömi=
f(f;en 6it)ilre(i)t§ im ©runbriffe" (1827) beigegebenen 3lb^anbtung ©aöigm)'§
iSefi^tl^eorie angriff, eine ^yrage, bie i§n noc^ fur^ öor feinem Sobe ju einer
S)uptif „Ueber bie @runblage bc§ $ßefi^e§" (1839) beranla^te. 2}on ©at)ignt)'§
©d)ülern mit .C'^o'^n jurücEgetoiefen, traf @. gleicfitool ben tounben ^^unft, info=
fern er ber Ijiftorifdicn ©djule ba§ 25erüeren in bie 6injell}etten ber gefd)id)tli(i)en
g^orfi^ung unb ''Bangel an p'^tlofopl|ifci)er 23ilbung unb fpeculatiöer SSegabung
5um Sormurf mac£)te. 'üJlag er öon tenbenjiDfer Uebertreibung ni(f)t frei3u=
fpred^en fein, mag perfönlidEic ©erei^tlieit unb üerlet^te ©itelfeit auf fein 9}or=
Qel)en gegen ©aöignl) nid)t o'^nc (5iuflu| gcmefen fein , fo bleibt i'^m bocl) ba§
unbeftreitbare 93erbienft , bie ^Bereinigung öon go^-icElung unb ©peculation ener=
gifd) angebal)nt ju l)aben. 3tu(i) in ben öon i'^m öeröffentli(i)ten „Seitlägen
pr gteöifion ber '4.U-eu^if(^en ©efe^gebung" (1830—32) öertrat er mit (Jnt=
fd§iebenl)eit ben ©tanbpuuft, ba^ ba§ „l)iftorifcf)e Moment" nur jur Erläuterung
3U bienen l^abe, unb bie rec£)t§pl)ilofopl)ifd)e Seurt^eilung ber „Sraud)bar!eit
ober Unbraud)barfeit" ber preu^ifclen @efe^gebung in ben Sßorbergrunb ju ftetlen
fei. S)ur(^ 53egrünbung ber 33erliner „^Jal^rbüdier für tüiffenf(i)aftlid)e ß'ritif"
(1827), bie borne'^mlid) fein 2Ber! toar, unb beren Xenbenj er in bem 2luffa^e :
„5Die Stiftung ber Sa'^rbüclier für tuiffenfc^aftlic^e Äritif" (1836) nöl^er er=
läuterte, fc^uf er ber .Spegel'frfien ^^'iljilofop'^ie einen ©ammet^unlt. Dlic^t minbcr
tft il)m ba§ 3uftanbeEommen ber (55efammtau§gabe öon ^egel'^ „äßcrfen" ju
bauten, öon ber er felbft ben 8. unb 9. 33anb, 1833 unb 1837, bearbeitete,
©eine Steformbeftrebungen für bie Degeneration be§ ^ubent^umg auf mobern
p'^itofot)'^if($er ©runblage f(f)eiterten an ber S^eilnalimlofigfeit ber ÜJle'^rja'^t
feiner (Stauben§genoffen unb erreichten mit ber ©elbftauflöfung be§ „S5erein§ für
Sultur unb äöiffenfd^aft ber i^uben", beffen ^Präfibent er mar, ii)X 6nbe. 93on
feinen ©d)riften finb nod) jmei Sammlungen tleinerer 2lbl)anblungen ju nennen:
„35ermifd)te ©d^rifteu juriftifc^en, l)iftorif(^en, ftaat§miffenfd)aftlid)en unb äftlieti'^
fc^en Snl)alt§" (1834, 2 93be.) unb „9iürfblide auf ^:i3erfonen unb ^uftänbe"
(1836). ©eine „S3orlefungen über bie @efd)id)te ber legten fünfzig S<il)re", in
9laumer'§ §iftorifc^em Slafd^enbuc^ 1833 — 34 finb nur f^^ragment geblieben.
@nct)!lo}3äbie öon ßrfc^ unb ÜJruber, 1. ©ection 53, 368. 5)tarl)einefe,
giebc am ©rabe be§ ^rof. ®au§, Berlin 1839. |)aEifd)e ^alirbüc^er für
beutfc^e 2[ßiffeufd)aft unb Äunft, 1839. 9lr. 132, 206, 207; 1840. %x. 113.
2. 5p{)ilit)pfon , 5iag. 3eitung bei 3^ubent^um§ 1839. 9tr. 73, 76. ©aint=
^arc=@irarbin, Notice sur la vie et les ouvrages de Gans, öor ber oben er=
tDät)nten Ueberfe^ung be 2omenie'§ (cf. 5J?agaäin für bie Sit. be§ 5lu§lanbe§
1845. m-. 105). 9t. ©tin^ing, g-nebri^ Sari öon ©aöignl?, Serlin 1862.
©. 48, 50. 31. ©trobtmaun, ^. i^eine'i geben unb 2öer!e. 2. 2lufl. (1873
bi§ 1874) 2, 444. ©t ef f enl)agen.
©ansauge — ®aen2bad)cr. 363
öian^OUge: perrmann ö. @. , tourbe am 21. 3lpnf 1799 ju ®ro^=
^ü^üngen bei ^D^agbeburg geboren, trat im Qtprit 1813 oI§ ^äger im 5ßommer'=
fc^en .öufarenregiment ein unb würbe im fotgenben ^a'^re (5ecDnbe = Sieutenant
im erften '^>ommer"|(f)en 8anbtDe^r = Äat)alXerie=9legiment; nacf)bem er 3U oer=
i(^iebenen Regimentern öerfe^t tnorben ttar, trurbe er 1822 äum 6abettencDrp§
commanbirt unb 1823 ^;premier=2icutenant im 6cbettencorti§; 1829 Ütittmeifter,
tüurbe er 1835 jum großen ©eneralftabe commanbirt unb im iotgcnben ^a!^tc
SDiitglieb ber 5)lilitärftubien = S^irection für bie allgemeine ^rieg§ic£)ule , too er,
1842 ^IJ^ajor getoorben, batb at§ Se^rer angeftettt würbe. Snbe ^Jlär^ tourbe
er in ba§ öierte Mraj[ierregiment öerfetjt, unb na^m an ben i^ämpren in ^^ofen
2f)ei[, in bem 6efe(f)te bei ^lliitoelaro foU jeine .^urjfiifitigfeit bie ungtücEüdie
3tttaque jtoeier gecabronS be§ Pierten ,^üraj[ierregiment§ öeranlaBt t)aben. 1851
tourbe er ßommanbeur bes ätoeiteu UIanenregiment§ unb , Cberft getoorben,
1853 Gommanbeur be§ erften ffürajfierregimente. 1854 erhielt er bie 15. 6a=
öaHeriebrigabe, tourbe 1855 @enera(major, in bemjelben Qa^re ßommanbant Pon
6öln, 1859 @enerat=?ieutenant unb 1861 mit ^^^enfion 3ur 5)i§pofition gefteHt.
©. ftarb am 15. ^är] 1871. Sr toar ein geiftreic^er, unterri(i)teter ^}Jlann Pon
Pielleitigem toi|feni(f)aftlici)en .^ntereffe. Gr ftammt au§ einer bürgerlichen ^Qtoilie
unb tourbe im Saufe feiner Sienftjeit geabelt. Slufeer manc£)en 3luffä§en in
miütörifd)en 3ettf(i)riTten ^at er „S)a§ branben5urg = preuBif(^e ^riegStoefen um
bie^a^re 1440, 1640, 1740" (1839) gefc^rieben, in toe((i)em er bie mtütürifd^en
Sßerf)ä(tniffe jener Seiten mit großer äöa^r^eit unb 2reue barfteüt; bie fleine,
geiftreicf)e S(f)rift ift für bie 9luffaffung ber triegerif(^en guftönbe an jenen
äjßenbepunften fe^r (e^rreid^ unb getoiffermaßen toegroeifenb getoorben.
ö. ^3teer^eimb.
®OCnÖbarf)Cr : So'^ann Saptift (S-, Äapeltmeifter am St. Step'^ansbome
5u Söien , tourbe ju (Sterling in 2;t}ToI am 8. 5Jtai 1778 al§ ber Sot)n be§
bortigen Regens chori unb @cf)ulmeifter§ geboren. S)er 35ater fucf)te if)n hü^=
äeitig fotoeit mufitalifd) aueäubilben, baß er fc^on in feinem fed§§ten ^a'^re auf
bem 6^or mitfingen fonnte. Äaum 8 ^af)re att, tourbe er ©ängerfnabe in ber
^^Pfarrfirc^e St. ^afob ^u ^nnsbrucf , fam ein ^af)r fpäter nad) ^aE ju bem
tücf)tigen Crganiften ^. -öol^mann, lernte ^ier 6[at)ier= unb 9}ioIinfpieI, macfite
bie erften ©pmnafiatflaffen burcf) unb ging nad^ toeiteren brei ^afjren nai^ S3o^en,
too er. bei bem toürbigen P. Steiner fid^ im ©enetalba^ unb Drgetfpiel noc^
OerPoEfommnete, fo baB er bereits ben Äiriiienbienft üerfe^en fonnte; genbt unb
5Rufitbirector Dieubaur forgten nir feine ^lusbitbung im 33iotonceII= unb 35ioIin=
fpiet, toät)renb eine ^jauste^rerftelle if)m fic^ereS ^rot ü er fcE) äffte. 1795 begann
er in ^nnsbrucf feine Uniberfitäteftubien , übte fitf) auc^ fct)on im Somponiren,
feinen Unterhalt untcrbeffen al§ 9}tufifte^rer getoinnenb. 9U§ 1796 ber '!janb=
fturm organifirt tourbe, biente er als 5'^-eitoiIIiger unb Gommanbant einer 3^ruppe
unb tourbe beim g-riebenefctiluffe mit ber gotbenen 2apTerfeit§=^]JtebaiIIe für
Dfficiere ausgejeirfinet. Sie 2e^nfu{i)t, 'ähbe SJogter'i Jonftiftem fennen ju
(erneu, fü'^rte 6. im ^erbfte 1801 nac^ 2Bien, too fein 2Sunfc^ erfüllt toutbc
unb too er fpäter aud^ bei 3Ubrec^t§berger feine contrapunftifi^en Stubien betrieb.
Seinen Unter^att öerfc^affte er ficb in biefer ,3f^t toieberum mit 'l^lufitunterric^t,
toobei i^m bie 33efanntf(f)aft mit ^of. .föatjbn, lReid)at)on-at'^ 6raT girmian,
3Ibbe 5-a(f unb @protoe^ fe^r forbertic^ toar. 2(uf gintabung 9Ibt iBogter'S,
ber ficf) einige 3eit in Sifenftabt beraub unb bort eine ll^effe Tür ben dürften
@fterf)a3p componirte , ging ©. baf)in unb toar na'E)e baran ÜJUtgüeb ber fürft=
tilgen ßapelle ^u toerben. 93og[er f(^eint bie§ getoünfc^t 5u l^aben, benn er
componirte eigen§ Lamentationen Tür @., bie biefer in ber G^artood^e fang, too=
6ei er bem dürften fo gefiel , baB er if)n all Xenorift engagiren tooEte. @.
QQA ©aensbadjev.
abev banfte, nal^m jebod^ ba§ 5lnerl6teteu an, für ben dürften eine 'DJlefie ju
fc^reiöen, bie anä) in gifenjtabt anigcfü^rt muvbc unb \\d) be§ lyürften toie
©alien's'nnb .s;-)ummer§ Sfitall erfreute. (9luci) eine ameite ÜJteffe , componirt
1808, nat)in ber Q^ürft entgegen unb t)onorirte fie glänjenb.) Wt ber eng be=
freunbeten ^-amitie ^firmian ging @. 1807 und) ^rag , too er forgcnfrei nur
ber Som|)ofition leben fonnte unb für bie ©räfin ^nna feine einjig gebliebene
©timptionie fd)rieb, bie auf brm ©^toffe 33runner§borf unb fpätet in 'DJtanntjeim
aufgefü'^rt lüurbe. 1809 reifte @. über Dreöben, ^eip^ig (n^o er mehrere 6om=
pofitionen an bie 35erleger öerfaufte) unb 3Iug§burg nai^ 5:i)rot. ©ein 2Sunfc^,
gegen ben i^cinb ju biencn, blieb bieSmal unerfüllt, &. Begab fict) ba'^er nad)
S)armftabt, ttio er im %\)x\l 1810 anlangte unb abermals unter 3lbt 3}ogler
gontrapnnft unb Ü'ompofition [tubirte, bieSmal in ©emeinfd^aft mit 6. 931. ü.
Söeber unb 53iel)erbcer , bie al§ greunbe eng berbunben blieben; namentüd)
Söeber blieb feinem „öiclgeliebten 33ruber" @. in bauernber öfvjliditeit 3ugetl)an.
i^n S)armftabt sollte e§ @. in gefellfd)aftlid)er ^Be^ieliung gar nii^t gefallen;
toeit beffer bctjogte it)m 93tannl)eim, föo er in SBeber'g Goncerten mittnirfte unb
tüo aud) feine ^cffe in B unb feine ©timp'^onie aufgefüljrt tt)urben unb beiben
.fünftem eine fct)r t)erjlid)e 5lufnal)me .ju Sl^eil mürbe @. blieb bei 33ogler
big 3^uli 1810 unb fcljrte mieber nac^ ^^rag jurüd. Sie ©teüung jugenblid^er
ßomponiften ju öerbeffcrn, bem maf)r^afr @uten aud) Dl)nc großen 'Jtamen 6in=
gang ju l)erfd)affen unb befonberä ben äft^etifd)en Xl^eil ber .^unft ju pflegen,
bemogen ©ottfrieb unö 6. 9}i. ö. 3Beber, ^el)erbeer, ^^lUeranber ö. S)uf(^
unb @. einen „-^armonifd^en 5ßerein" 3u grünbcn. (5ä mürben förmlid)e
Statuten entmorfen unb crfd)iencn in ber näd^ften ^-^eit in öcrfd^iebenen öffcnt=
lid)en Slättern bal)in3ielenbe 3lnffdlje unb ^Hecenfioncn unter ben Flamen ^Jlelos
(ö. SBeber), ©iufto (Öottfrieb 2Bebcrj, Philodikaios (^Jlel^erbeer) , Unknown
man (Stlej. ö. 3)ufd)) unb 2riote (®den§bad^er). ^m (Sommer 1812 befud)te
®. auf 6inlabung be§ Glarinettiftcn 33ärmann 9Mnd)en, mo er lieber mit
S5ogler unb 5Jtet)erbeer ^nfammentraf unb al§ im 5)ecember 6. '^l. ö. 2Beber
bie S)irection an ber Dper in ^rag angetragen mürbe, eilte anä) G5. bortl)in,
empfing feinen ^^reunb nnb öerlebte fonnige 2:age. S)ie j?rieg§ereigniffe be§
;C>al)re§ 1813 riefen 6. mieber in fein SJaterlanb , mo er fid^ unter bie ^iiger
einreit)en lie^, fid^ in meljreren Ifämpfen gegen 'DJlurat au§ieid)nete , in .^nr\em
äuni Hauptmann beiörbert mürbe unb beim 3lbfd)iebc bie gro^e golbene (St)ren=
mebaiüe erl)iclt. 1815 befud)te er ^4^rag, um bort im ^,!tuftrag eine 93tufifbanbe
3u organifiren; b. äBeber fd)rieb bamal§ feine Kantate „j?ampf unb Sieg",
mobei er @. mel)rere§ jur 3lu§arbeitung überlief, ^m näd)ftfolgenben ^al)re
befud)te ®. äöien, mo er u. 31. 33eet:^oben'§ 5öefanntfd}aft mad)te unb nid)t
a^nte, ba^ er in ilurjem bort feinen bleibenben 9lufentt)alt ne'^men follte, benn
mä'^renb er, nad) 3nn§brud jurüdgefe^rt, nur für ©ompofition lebte, überrafi^te
iTCin ein 5ßorf(^lag ö. SBeber'ö, um bie crlebigte ifapetlmeifterfteEe an ber fönigl.
Kapelle in S)re§ben p concurriren. ®. mar umfomel)r ba^u geneigt, al§ e§ i^n
brängte , fid) enblid) einen eigenen ^eerb ^u grünben. ®a aber gleidijeitig in
SBicn burd^ ben Xob be§ S)omfapellmeifter§ ^reinbt (t am 26. Dctober 1823)
beffen SteHe ju bcfe^cn mar, ben)arb fid^ @. um biefelbe mit (Srfotg unb be=
fleibete fie in @^ren bi§ ju feinem S^obe am 13. 2^uli 1844. ®. ^t fidf) in
feinen aa^lreidKn ßompofitionen ber älteren ©d^ule angefd)loffen ; feine ^aupt=
Iraft öerlegte er auf bie ^ird)encompofttion. 5Jtelobie flie^enb, einfad} unb l)er3=
lid), Harmonie, menn auc^ nid)t überreid), fo bod§ bott unb ätoedbienlid), 6ontra=
puntt ber ©df)ule 9Jogler'§ unb 3tlbrecf)t§berger'§ mürbig : fo mürben feine Slrbeiten
fetner 3eit beurtl^eilt. @§ toerben 216aBerfe öon @. naml)aft gemact)t, barunter
131 für bie Äir^e (17 Reffen, 4 Requiem, Te Deum. Offertorien K.) ; oben
©anölet. 365
erloä^nte ©t)nipf)on{e, ^}}Mi-f(i)e unb «Serenaben, unb biete .Iparmonieftüde ; 6(at)ier=
werfe mit utib oEine 33egteitung, Kantaten unb biete ein= unb me^iftimmige
©efänge mit Drc^e[ter = , (Staöier= ober ©uitarreBegteitung ; ferner bie 5Jtu[i! ju
Äo^ebiie'g ©cfiaulpiet „Sie Äreuäia'^rer" (auigefüt)rt 1813 in $rag), ein 8ieber=
f^iet „S)e§ S)id)ter§ ©eburtSfeft". Sm Srud ei-fct)ienen : „9tequiem op. 38"
(Spina), „gftequiem op. 15" (§a§linger); „5Jleffe op. 32" ((Spina), „5)leffe
op. 41" (,!pa§Iinger) ; „Te Deum op. 45" (Spina); „Dffertorium op. 33"
(Spina), „Dffertorium 35a§=Solo, öierftimm. ßtior u. Drd). op. 43" (§a§linger);
„(Srabuate op. 42" (.ipaStinger) ; „Ecce sacerdos magnus op. 39"; „2 Ave
Maria op. 34", 2 Salve Regina op. 35", „1 Salve Regina op. 40", „5töe
ülegina unb 9tt)e Waxia op. 36", fämmttict) bietftimmig (Spina). — „2)ie (Sr=
Wartung" (bon S(^itler) für Singftimme unb ^ianoiorte (Simrorf); „3 (San=
jonetten jür Sopran mit @uitarre" ((Sombart) ; „6 ßieber mit ©uitarre" {äui)nel) ;
„4 @efänge mit ßtabier" (Sct)tefinger); „3 Terzetti a 2 soprani e tenore op. 4"
(Sc^t€|inger) ; „6 ^efte Sßariationen für ßtabier" (Steiner in3Bien); „16 .^efte
Sonaten ic. mit Segleitung unb 6 do. ^u 4 ,g)änben" (berfi^iebene SSerteger);
„2 Sonaten für S3ioline unb ©uitarre" (SSreitfopf & gärtet); „Serenabe für
gemifcf)te Snftrumcnte' (."paStinger). — (Saen§ba(f)er'§ So'fm, Dr. ^o]. @.,
geb. 5u äöien am 8. ^lai 1829, ein fet)r ge|(f)ätjter (Sefangte^^rer , ift al§ ^ro=
feffor am ßonferbatorium ]üx 5[Rup unb bramatij($e ©arftetluug ju 2Bien an=
gefteEt. 6. g. ^o^t.
©augicr: Ütupert ®., geiftIict)=^umoriftif(^er Sc^riftfteHer, tburbe geboren
um ba§ S. 1658 ju ^nnSbrud. Später mbnä) be§ Mofterg St. 2lfra unb
Ulri^ in SlugSburg, voo er in ben ^. 1696 unb 1697 ße^rer ber ^p^itofop^ie
mar, ftarb er bajetbft ben 3. i^uni 1703. 6r ift SSerfaffer mehrerer ^u il^rer
3eit biet getefener jotbol geiftlicf)er al§ tüeltlict)er Sdiriiten, bie jeboct) je^t jämmt=
li(^ 3u ben jeltenften ge'^ören unb ^um Z^tii nid)t wieber autgejunben finb.
Unter biefen berbient Befonbere Srwö^nung: „Sügenfd)mib, S)a§ ift: Unter bem
Schein ber 2Sart)eit berborgener, anje^o aber entbeiiter 2öett=33etrug. . ." 9lug=
fpurg unb S)itlingen, . . . 1700. 3 f^eile. 4 (in meiner Sammtung unb einft
@igent^um be§ i?Iofter§ SBalbf äffen). 6§ finb bieg eine Sln^a^t Sractate im
Sefd^matfe be§ Slbra^am a St. ßtara unb faft ebenfo reic§ an 2öi^ , Saune
unb ^umor tote bie Sßerfe feineä SSorgängerS. 25eifpiel§meife finb bie 2lbt|anb=
tungen.beS brüten 2;t)eite§ betitelt: „ßügenfd)mibifi^e 2Bart)eit" (S. 1 — 47);
„3eit=55erfür^ung mit ber ^Jtufic" (S. 48 — 142); „Sügenfct)mibifc^e frümme
Sprung" (S. 143-221); „Öügenfc^mibifctie Ärieg§ = ga^ne" (S. 221-319);
„Sügenfdimibifclie Sc^a^gräber" (S. 320 — 403). lEe biefe Sractate, eine gro^c
'iDIenge bon .^enntniffen befunbenb , aber aut^ 2ltteä mit burteSfem 5lnftrid§e,
finb iebod) eine ^^unbgruÖe jum 3^l)eil ^öct)ft feltener Sprü(f)tDörter unb fpi:üd)=
raörtlic^er 9ieben§arteu (an ber 3<i^l 606), untevmifd^t mit lateinifdtien Sprüchen
unb Sentenzen. S)en brüten S^eil biefe§ 3Berfe§ bebicirte ®. ber „-g-rau 35erita§"
al§: „2)er 3111er- S)urc£)lauc£)tigften unb Unübertoinblict)ften ^^'ürftin unb grauen,
S^rauen SSevüa§, S)er ganzen Sßelt ©ro^mäc^tigften .^a^ferin, (5rb=^önigin be^
.»pimmlifc^en ^erufalem unb ^nfantin ber (Sottlic^en äöar'^ett". S)ie ,^uf(f)riit
felbft aber fa^t 5Vä Duartfeiten unb fc^lie^t mü ben Sßorten: „3^ro ^Jlajeftät
devotissimus Servus P. 9fiupertu§ @an§ter". 5}gt. ju folc^en Siebicotionen aud)
ben 3lrt. „©marinoniuö". Unter feinen übrigen Sct)riiten finbet fi(^ auc^ ein
alten 53ibliograp^en unbe!annte§ 58u(^ mit bem Xitel „Monsieur Scharxel
1696. 8. Libellus satyricus, curiosus ac facetus, quem seriis lepida intermiscens,
gravioribus curis et melancholiae pellendae edidit."
gr. 2lnt. 3^eit^, Bibl. August. 1791. VII. p. 144, wo feine übrigen
Sdiriiten ber3ei(f)net finb. S. ^^ ran ct.
366 ®ante§tt)etter — ©anj.
©aiitCÖÜJcUcr : :3o]^Qnn ^atoh ®. , geb. ju 33afel am 2. Stpvil 1631,
tDO fein 33ater 9iat^§t)eia- trar; feine ^Jlutter roax eine ßnfelin bes berütimten
OecolanipabiuS. 6r ftubivte 3u ^aufanne unb (Seni , iDurbe Soctor ber ^^V^ilo^
fopl^ie unb war fanm 19 ^a'^re alt, als er ju .'perbovn eine ßel)rer[tel(c über=
na^m. S^ei ^ai)xc fpäter tüurbe er ^um ^^rojejfor bcr praftifdjen ^:^!f)ilofop:^ie
an ber Uniöerjität bafetbft ernannt, ^m 3f- 1665 (nid)t 1655j folgte er einem
Diufe al§ Seigrer ber S'^eologie nac^ Apanau unb ^iett l^ier bie ^^^eftrebe ^ur (Sintr)eif)ung
be§ reftaurirten Lyccum Illustre. 1677 jog er in gleicher ©teEung nad^ S)ui§burg,
too er mit 2tuS,5eid)nung toirfte bis ju feinem 2;obe, am 25. 5)lai 1691. ^lufeer
feiner „Arena Christiano-Turcica" (Herb. 1662 [nici)t 1661] 4) l)at er eine
iebeutenbe Sai)[ 2)i§putationen, ^^ofitionen unb ^rogrammata gefd^rieben.
©trieber, M- (Selet)rtengef(i)ic^te , IV. 290, V. 381. 538, VII. 519,
äu ticrbeffern aui Henr. Chr. Henninii Laudat. funebr. Gantesvileri. 23afel
1783. 4. be 20 al.
(Bany. 5lboIf ®. , geb. am 14. October 1796 ju ^Jlain^, ert)ielt öon
feinem 3}ater, ber ^Jtitglicb be§ bortigen £)rc^cfter§ unb ^ufifbirector ber '^erjogl.
Äurfapelle in äöieebaben mar, ben erften Unterrid)t auf ber 9]ioIine unb in ber
2t)eorie. Söeitere ©tubien in ber letzteren machte er bei ©cbaftian -SpoHbufd).
^m ^. 1819 erijielt er ben ^4>often eine§ ^[llufifbirectorö am ©tabttl)eater ]u
5)lain3; 1825 mürbe er burd) ba§ ^Präbifat als grofefier^oglid) l^effifd)cr AlapeÜ=
meifter au§gejeid)nct. ^m ^. 1845 ging er al§ ^Jlufitbirector einer beutfd^en
O^^erngefcIIfc^aft nac^ Sonbon, mo er feinen bteibenben Sßo^nfi^ na'^m unb am
11. ''Jiotiember 1869 ftarb. 2}on feinen (^ompofitionen finb ein ^JJlelobram,
fomic einige ^Bärfd)e, CuDcrtüreu unb iC'ieber 3u nennen, bie iebod^ feinen 5ln=
fpru(^ auT iBebcutung mad)en fönnen. — 6buarb ©., fein ©o'Ein, mürbe geboren
am 29. 5[)3rit 1827 ^u 5Jlaiuj. g-rü^^eitig erl^ielt er trefflichen ßlaüieruntenic^t,
fo ba^ er fd)on al§ ^nabe öon 11 3iai()ven fid) mit SeifaE öffentlid) l)ören
laffen fonnte. ^Jlit feinem 2}ater ging er nac§ öonbon, mo il)n 2l)alberg untcr=
richtete, ^m 5- 1851 fiebelte er nad) 93erlin über, mürbe ein ^ai)x fpäter
23ratf(^ift in ber föniglid)en ÄapcEe unb mirfte befonber§ erfolgreid) als
^ianofortelel^rer. 3lud) al§ ^^-^ianofortebirtuoö errang er fid^ 5lnerfennung unb
begleitete feine Cl^cimc ''JSloxx^ unb Ii'eopolb 1856 nad) Sonbon, 1859 — 60 öeT=
onftaltete er mit bcnfelben in 23erlin ©oireen für .^ammermufif . 1862 grünbete
er bafelbft eine ©c^ule für '4^ianofortefpiel , bie balb 9iuf erlangte unb ber er
bis ju feinem am 26. Dtobcmber 1867 erfolgten Jobe üorftanb. S)a§ ^nftitut
beftel)t nodl) gegenmärtig, bon .^ugo ©d)manljer geleitet. 3)on feinen 6ompo=
fitioncn für ^^ianofortc finb ,^u ermäl)nen: „Souv. de Londres op. 1'' unb
„Gr. Valse op. 2" (^Berlin bei »ote & «od). dürfte na u.
©0115 : gbuarb ^JJiorili (^., geb. am 16. ©ept. 1806 ju ^JMnj, er'^ielt
mie fein «ruber Slbolf ben erften Unterrid)t in ber 53lufi! öom «ater unb jmar
auf bem SBiolonceE. 9la(^bem er fpäter auf biefem ^nftrumentc nocl) ©tubien
bei :Sot)ann ©tia§nt) p ^ranffurt a. ^Ji gemad)t l)atte, erregte er fd^on im
11. SebenSja'^re Sluffe^en burd) ben «ortrag eines 9iomberg'fdf)en (Soncerte§ öor
bem ©ro^^erjog Subroig. ©pol)r, ber i^n al§ 14iät)rigen .Knaben fpielen l)brte,
fteEte i^m ein fe^r günftigee S^ugni^ au§. 91ad)bem ber junge Äüriftler no(^
tl)eoretifd£)en Unterrid)t bei (S. äöeber genommen "^atte , marb er ^}Jtitglieb beS
X^eaterord^efterS feiner «aterftabt, mad)te mit feinem jüngeren «ruber Seopolb
(f. u.) einige i^unftreifen unb marb 1827 an ^3)tar «ol^rer'g ©tette atö Äammer=
mufifuS unb erfter «iotoncettift in ber föniglid)en Kapelle ju «erlin angefteEt.
®. tourbe fd^neE beliebt unb erregte bie 5lufmer!fam!eit be§ ^yürften 'JtabjimiE,
ber felbft ein tüchtiger «iolonceEift mar ; er erbte au§ beffen giad)la^ beS dürften
f(^Dne§ ^nftrument. ^uä) ber «icefbnig bon ^annober, i^eraog bon ßambribge,
©atbttiui — ©arcoeuS. 367
intereffixte ]iä) füt i^n unb ieinen 58mber Seopolb unb jörberte 'btiht Bei ber erftett
]ti)x eriotgrei(i)en gemeinfiäiaTtlic^en ßunftreije nad^ öonbon im ^. 1837. 1856
befu(f)ten bte Reiben jum jtüeiten ^alt bie englifdfie ^auptftabt. — 1836 Bercitä
i)aitt ®. ben Ziid aU fönigü(i)er ßoncertmeifter erf)alten unb ftorfi qI§ fotc^er
ben 22. Januar 1868 in Berlin, ©ein ©piel ^eirfinete fi(^ buti^ (yettigfeit.
©ic^er'^eit unb SIegang , foroie burc^ jc^önen 2;Dn unb reine i^ntonation au§.
©eine ^atjlreii^en gebrurften ßomipofttionen für iBioIoncell mit Crc^ej'ter, S^ioline,
^pianoforte ic. öerjeid^net Sebebur im Xonfünftier =Se5;icon 33erlin§ (©, 181).
@e fiefinben fid^ baiunter ßoncerte, mehrere $f)antafien, S)ibertijfement§, S)uo'§
21rio'§ , XranSjcriptionen k. — ©ein SSruber 2eo:polb Slleranber @. tourbe
glei(^Tatl§ ju ^Jlainj am 28. DIobember 1810 geboren, er'^iett toie feine beiben
öor"£)ergef)enben älteren SSrüber Den erften ^Jlufifunterric^t öom S5ater. ©päter
gaben i'^m 33ruber Slbolf unb ein treffüi^er ©d§ülcr ©pot|r'§, i^ri^ ^ßärmolf,
SJiotinunterrit^t. ©c£)on in feinem 14. ^a^xt unternalim er mit feinem iöniber
5Jlori^ ßunftreifen, bie if)m balb öerf(i)iebene @ngagement§anträge einbrachten,
tion benen er 1827 äugleiii) mit feinem Sruber bie ^Berufung al§ fönigti(^er
.^ammermufüug in bie töniglii^ preu^ifc^e ^apeÜe anna!)m. ^a er burii) Talent
unb f^fe^B i'ie 5tufmertfamfeit feiner 3}orgefe^ten auf ficf) 30g, ert)ielt er balb
bie ©teEe eineg ©infonie = 2)irigenten unb 1836 ben Xitel al§ Goncertmeifter.
^m ^. 1840, na($ ©eibler § ?lbgang , mürbe er ^um mirfli(^en ßoncertmeifter
ernannt. S)ie ^ntoefen^eit ^^aganini'S in Berlin 1829 Braiiite i^ mit biefem
in 3Serül)rung unb öeranla^tc i'^n p neuen ernften ©tubien. 3Iud) ju anberen
berül)mten (Seigern, mie Soud)er, SBeriot, Safont, ©po'^r ic. , trat er in |reunb=
f(f)aftüef)e ^Sejieliungen , totlä)t burc^ bie Äunftreifen mit feinem 3^ruber 9]tori^
wefentlii^ geförbert mürben. Ueberl)aupt öerbanfte er feinen 9iuf l^auptfäcf)lic|
bem ^iifiittimenfpiele mit biefem. 9ll§ 53lufifbirector be§ öon i'^m geftifteten
p'§il^armonif(i)en 3}erein§ in 33erlin feierte er am 25. ^an. 1860 ba§ 25jäl)rige
Jubiläum al§ fol($er. (Sbenfo beranftaltete unb birigirte er bie Goncerte, meldte
in ber öaterlänbifi^en @efeltfc£)ait gegeben mürben. @r ftarb am IS.^uni 1869
in SSerlin. ©ein S5iolinfpiel mirb Oon 3£^tSß^offen al§ nid^t gan^ tabeEog
bejetdCinet; Befonbers in Se^ug auf Ztä^nit unb Ütein'^eit ber Intonation. ©e§r
erfolgreid^ foE feine X^ätigfeit al§ Seigrer gemefen fein, ©eine jefet öergeffenen
ßompofitionen öer^eic^net ^ebebur a. a. C. (©. 224). dürften au.
®.arbitiuÖ: 5}tattl)ia§ ©., ein ^45^ilologe au§ ber 9leformation§3eit, au§
Sttt)rien gebürtig (Ort unb ^ai)x ber @eburt ift nic£)t befannt) , fam al§ armer
l)ülflofer ^nabe nad) D^ürnberg, Wo il)n ^oac^im 6amerariu§ aufna'^m unb in
ber gried^iftfjen ©pracfie unteriid^tete. @r ftubirte in .g)eibelberg unb 2Bitten=
berg, mo Sut^er unb 53lelan(^tf)on fii^ feiner annal^men, er jum ^agifter pro=
moöirt unb at§ ^^rofeffor ber grnecf)ifi$en ©brache angefteEt tourbe. 5luf 5Jle=
lan(i)tl)on'§ toarme (ämbfel)lung mürbe er 1537 na($ Tübingen berufen, mo er
bie ^rofeffur be§ @riedf)ifd^en übernahm unb 1559 ftarb. @r fdf)eint ber öon
i£)m geljegten ßrmartung nidf)t entfproi^en ju l)aben, benn bie UniDerfität§öifita=
toren bericfiten öon it)m: „er fei mo^l gelel)rt, ober er t)ahz nicf)t gratiam do-
cendi, fei au(^ ber tutl^erifd^en ßonfeffion ufffä^ig unb be^rrlid^ 3umiber".
Älübfel.
©arcacuö: Soac^im @., lut^erifdE)er X^eologe, f 1633, mürbe als ©o^
be§ ätoeitfolgenben, ^o^^anneS &. be§ jüngeren, in ber 5leuftabt ju .Sranbenburg
in ber Tiaxt geboren, mo er aud) geftorben ift. ©ein ®eburt§ial)r toirb nid^t
angegeben, bo(^ mu^ er um ba§ ^. 1565 geboren fein. @r öerlor feinen 3]ater
frül). 2lu§ feiner ^ugenb mirb nur berid^tet, ba^ fein ©tieföater, ber ?Rat^§=
Iierr 31icolau§ 5ßuii)otb, i§n unb feinen SSruber ^o^ann ®. ju xi)xtx 3lu§bilbung
l^abe meite Steifen maifien laffen. ^oai^im @. marb bann im ^. 1591 ^ro=
368 ®orcaeu§.
jeffor ber griedE)ifrf)en <Bpxaä)e: in g^ranfiurt aiD., am 8. 9ioo. 1593 S)octov ber
3;f)eoIo9ie. Oti(i)t lange baraui loavb er ^^aftor in 6agau unb bann evf)ie(t er ont
13. S)ec. 1597 einen 3iui al§ ©nperintenbent nac^ ©orau. .'pier ftanb er no<i), aU
am 10. <Bepi. 1611 ber bamalige j?önig 'DJ^attl^iaS mit bem ^ifrf)oi (fpäteren
(Jarbinal) ÄUfel naif) ©orau fam unb am 12. ©e^t. bie Jpulbigung ber 'Jtieber=
läufiger empfing; in ben „ßaufi^er ^erfraürbigfciten" (Oon ©amuel (Sro^er)
unb in ber „Jpiftorifc^en ^efdireiBung öon ©orau" (öon ^of)ann ©amuet
9Jlagnu§) mirb be§ ®efprä(i)e§ gebockt, meld^eg Me]d bamaB mit ®. gefüEirt
t)ahen foll, bei n)etc^em le^terer bem erftcren „ex patribus unb ex Unguis orien-
talibus gute ^Jlntiuort gab; mie benn Dr. @. fo gut (äbräifc^ a(§ feine ^JJiutter=
fpracJje öerftanb, fo ha^ liefet fic^ gemaltig über biefen grunbgele^rten Äe^er
öernjunbert I)abe". — 3im San. 1618 erhielt er einen Siuf alg ^^aftor unb ©uper=
intenbent au§ ber ''Jieuftabt in Sranbenburg, bem er um bie ^JJiitte be§ 3iat)i-'eä
folgte;, in biefer ©teÜung, meldte auc^ fein acuter früher bef leibet t)atte, ftarb er
2. ^uni 1633. 5l3alb narf) feinem 3lmt§antritt ^ier geriet^ er mit einem feiner
gollegen baburd) in ©trcit, ba^ er (anfangt 1619), o^ne gebeid)tet ju ^aben,
jum 'Jtbenbmal^t getjen wollte; Ujegen ber ungebüt)rtic^cn 33etianbtung, bie letzterer
bei biefer ©elegent^eit bem (Ö. ^u I^cil merbcii (ie^, fc^eint biefer ©treit, ber
an ba§ ßonfiftorium gebracht tt)urbe, für feinen ßoUegcn fc^limmere SolQen ge=
§abt 3U {)aben, a[§ für ibn. @. ^at in ben confeffionetlen ©treitigfeitcn, bie
bamaly im Äurfürftent^um iöranbenburg au§gebrocf)en ttjaren, ^u Dcrmittetn
gefu(i)t; ttjie fein S]ater unb fein ©rofeöater i)attc er in fc^n^eren ^fitf» Sreube
unb ßrquidung an gelehrten ©tubien. (är f)interlie§ eine bebeutenbe Sibliotl^ef,
bie nad) einer Eingabe au§ bem ^. 1753 bamatg no(^ in !öranbenburg oor=
t)anben voax unb fic^ bort bieEeid^t nod) befinbet. i8ert()eau.
C^arcacuö: äo^anneg &., ber ältere, lutljerif^er J^eolog im 16. ^a^\:=
l)unbert, aud) ©art^e, (^a^xcen^ unb anberö gefd)rieben, lourbe im '^luguft
be§ S- 1502 geboren, nad) ber gemö^nlic^en Eingabe ^n ©panbau, nad^ bem
3llbum ber SBittenbcrger Uniüerfität aber mat^vfc^etnlic^ 3u ^^ri^tüalf. ^m
Jperbfte be§ ^. 1521 mürbe er ju Söittcnberg infcribirt. -Söier f(|eint er fic^
längere ^eit aufgel)alten 3u l)aben, öiclleid)t ununterbrod)en big jum S- 1531.
S)a§ nä^fte befannte 2)atum au§ feinem !i3cben ift nämlid) biefe§, bafe i^m im
S)ecember 1530 jn Söittenberg fein ältefter ©o^n (f. u.) geboren rourbe. .pier=
burd) mirb bie aud) au§ anberen ßJrünben unma^rid)einlicl)e 'Eingabe, baB er
ft^on feit bem S. 1529 Sonrector am 3iol)anneum ,^u .sj)amburg geroefen fei, ^in=
fättig. äBann er nad) Hamburg gefommen unb meldte ©tellung er i)ier am
^olianneum einna'^m, lä^t fic^ big je^t nid^t fii^er angeben. 'Jhtr i)a% fdjeint
getoi^ 3u fein, ba| er überl)aupt öor unb biä 3um S. 1534 eine foli^e ©teEung
inne get)abt f)at ; mot ni(^t bag (s'onrectorat, menn nämlid^ Geling bamalS ßon^
rector loar (ögl. 23b. V. ©. 42); bie .^anbfd^riften beg ©tep^n j^empe, auf
beffen S^uönife e§ babei allein anfommt, nennen &. tl^eilmeife aud^ ©ubrector.
5lm Srinitatigfonntage 1534 ttjurbe er jum ^4>aftor (|)auptpaftor) an ber ©t.
5Petrifird§e in ^ambuvg ern)ä'^lt an ©teEe bes fc^on im ^. 1532 ium ©uper=
intenbenten ernannten 3lepin (Dgl. 53b. I. ©. 129). ^n biefer ©teEung öerblieb
er big jum ^. 1543 unb ftanb babei, mie greber (ögl. SSb. VII. ©. 327)
begeugt, in großem 3lnfel)en. ^m ^. 1542 begann guerft in Hamburg ber
©treit toegen ber Se'^re öon ber ^öEenjafirt ß^rifti, in meld^em ©. öon Slnfang
an auf ©eiten ber ©cgner 9lepin'g ftanb unb mol ber t^eologifdl) bebeutenbfte
unter i'^nen toar. Samalg fam ber ©treit nod) nid^t offen gum Slugbrud) ; aber
aEerlei Unonnel^mlic^teiten in ben 33e3iel)ungen gu feinen ßoEegen, ju benen
öermuflilid) aud^ bie ©pannung mit bem ©uperintenbenten gef)örte, finb eg
bod) tt)ol gemefen, toag i'^n öeranla^te, um 53hd)aelig 1543 plö^lid^ nad) ©pan=
©arcaeu». 369
bau 3U gefien , loo er eine ^InfteHung fonb. ^eboc^ fcfieint er jtc§ auä) f)ux
ni^t gtücflic^ gefül^tt ju i)übm, ha er fcEion nacf) 2^0 Saf)ren, um Cftern 1546,
einen abermaligen ^}iuf na(^ Hamburg, al§ ^^>aftor ^u St. ^acobi -Jtai^folger
l'eineg greunbes ^o^annee g^i^e 3u toerben, annahm, äöäfirenb feiner 3Ibtt)efen=
^eit au» Hamburg I)atte {yreber bie 9}ortefungen ^tepin's über ben 16. $fa[m
herausgegeben, au§ benen nun be§ legieren Stnfic^t über bie .'ipöUenfa^rt (j^iifti
aEgemein befannt mürbe; unb fc^on öor ber Otüdfe^r be§ @. nac^ ©amburg
märe e§ in (yolge babon, mot im -itnfange be§ ^. 1546, faft ^u öffentüdien
©treitigfeiten gefommen, mae aber bamall nocf) üer'^inbert mürbe. Um 2)lt=
diaetiä 1549 brac^ bann aber ber bi§ ba^in nieberge^attene ©treit unb .^mar,
mie e» jc^eint, burc^ ©arcaeus* SJerjd^ulben, offen unb fertig aus (ügL 23b. I.
©. 130). 3lepin'§ 2tnfi(i)t f)atte einen entfcf)iebenen S}ertreter in Sraconitel,
ber bamalS in Sübecf fi($ aufl^ielt, gefunben (ogC. Sb. Y. ©. 371); in Hamburg
mar ber bebeutenbfte unter ben 2^eoIogen, bie auf feiner ©eite ftanben, ^oad^im
Söeftp^^al. Unter feinen (Segnern traten neben G>. befonber§ bie ^^«irebiger .öö=
gelte, (Sppingf unb .öacfrott {)ert3or. 5J^an befe{)bete 5(epin t)aubtfä(f)tic^ , tro^
me]^rfad)en Verbotes bagegen, ouf ber ^anjel. ^eiberfeit» unb auc^ abfeiten
be§ ©enateö manbte man fic^ nacf) SBittenberg um @uta(f)ten ; aber bie SBitten^
berger t)atten felbft über biefen ije^rbunft no(f) nic^t entf(^ieben unb münf(f)ten
bringenb, ha^ p ben in ber lut^er. Äirc^e bama(§ fd)on öor^anbenen (Streitigfeiten
nict)t noct) neue f)in3ufämen; unb ^tianä)tt)on namentüc^, ber foroot mit Slepin
al§ aurf) mit @. befreunbct mar unb öon beiben biet l^ielt, riet^ öffentlich unb
priöatim immer toieber jum ^rieben. ;;n öamburg ftanb ber Senat auf Seiten
feine» Superintenbenten 9tepin, unb fo enbete f)ier ber Streit, of)ne ba^ es 3U
einer genügenben 3Iu3tragung ber Streitfroge fetbft gefommen märe, äu^ertid^
bamit, ba§ na(^ öielen öergeb(icf)en 5>erfuc^en, @. unb feine Senoffen jur -lia(i)=
giebigfeit ober hoä) 3um StiIIf(^roeigen ju bemegen, am Sonntage ßantate, ben
26. 2lprit 1551, @. unb ma^rfc^einlic^ an bemfelben 2:age (nac^ anberer 2ln=
gäbe freili(f) erft am 11. Cctober) auc^ Gppingf unb .üadrott megen i^rer Un=
botmä^igfeit i^rer Slemter entfe^t tourben. £oc^ burfte @. menigften» 'junäc^ft
in ^pamburg bleiben. Jßon bem 23ortourfe, ha^ er in feiner .Oeftigfeit unb
SBiberfe^lic^feit gegen bie SInorbnungen be§ Senates , burc^ meiere feine Ueber=
jeugung gar nid)t betroffen muxbe, ju meit gegangen, toirb er m(^t freijufpredien
fein , menn auc^ bie Sel^rentmicflung in ber Iutl§erifd)en .ffirdie fic^ fpäter mc^r
auf feine Seite, al§ auf bie feines @cgnerg gefteüt ^t. — ^m ^. 1552, fur^
box Cftern, 30g er mit feiner ^amilk nacf) @reif§roatb, too er balb, toeif grabe
fein Seigrer ber 2^eotogie anmefenb mar, jum '^rofeffor ber 2^eoIogie ernannt
tourbe. Slber auc^ ^ier fam er nicf)t jur Otuf)e. greber ftagt unter anberen
Singen, bie er i^m je^t öormirft, aucf) barüber, ha^ er ^eben in feinen öam=
burger Streit f)inein3U3ie^en fuc^e. 3(u^erbem fonnte er öon feinem färglic^en
(äinfommen feine gro^e gamilie nii^t ernähren, ^roai mürbe er am 29. 3tpril
1553 gum 9tector ber UniPerfitdt ernannt; aber um 9l^i(^aeli§ 1553 Tofgte er
borf) einem Ütufe nac§ 5leu=25ranbenburg, too man if)n 3um '31ac^foIger be» q,Uiä)
nad) feinem Stmtsantritt bafelbft berftorbenen Superintenbenten (Sra§mu» 9(1=
beru§ (ügt. Sb. I. S. 219 ermä^tt ^atte. 3tu§ einem Schreiben 9Jte(and§=
tfjon'ö an ben .^erjog, in toetc^em er fic^ bafü'r öertoenbet, ba§ bem @. ba§
©el^alt Don 200 ©otbgulben nii^t gef(i)mätert toerben mö(i)te, erfaf)ren mir, ba|
er bamalS fed^» Sö^ne unb 3toei xöc^ter f)atte unb fidf) in brürfenben Umftänben
befanb. ^n Üteu=5ßranbenburg ftarb er am 24. 5(ug. 1558, 56 ^al^re alt;
einer Berufung nad) ^Äoflorf al§ '4>^'ofeffor ber J^eotogie , bie im ^. 1554 an
i^n erging, ^atte er feine tyotge geleiftet. Sie Eingabe, baB er 3ulefet in Star=
StUgem. beutidfte aBicgra^j^ie. Till. 24
370
©atcaeua
gaib al§ ©uperintenbcnt geftanbcn l)abe, ift ]o ju erflären, bo^ bamit bic .C")eiT=
fcf)aft ©targavb, in tpelcfiei- 5teu=a3vanbenbuv9 liegt, nic£)t bet Dit bicfeS 9tamen§
geineint ift. @. nat)m in ber Üteifje ber erften ©eneration ber ©d)üler ber 9te=
formatoren einen e'^renttjert^en ^la^ ein, iriie namentlid) au§ bem Urtf)eil 5Jte=
lanc^t^on'S üöer il)n ertjeEt, bev öon feiner ©tubienjeit an il^n f)0(^fd)ä^te unb
forttt)ät)renb mit i^m in Si^crbinbung blieb. 3ln t^eo(ogifd)er 33ebeutung ftel^t
er einem 5le|)in, einem fyreber unb anberen, mit benen er in feinen berfd)iebenen
Stellungen in SSerü'^rung tarn, nid)t nadf); au^crbem foü aucE) er, maS bann
befonberS öon feinem ©ot)ne gcrül)mt toirb , ein tüct)tiger 'DJiatl^ematifer gemefen
fein. @r f)at menig brucEen laffcn, namentlid) nidjtä ausfüfirtidiercä. 2lu§
feinem :f)anbf(f)riitü(i)en ^Jtac£)la^ finbet fid) nod) ^ier unb ba in $öibIiotf)efen
einigcg; ein ^}lanufcri)3t öon i^m über bie 2el}re öon ber .'pöllenfa|rt , ba§ t)er=
mutt)li(^ für bie (Befd)id)te biefe§ ©treiteS noc^ nid)t benu^t ift , foE in
SSertin fein.
6ine 2eben§befd)reibung öon i^m tie^ 3i- •&• ö. 23alt^afar, ©reijötoalbe
1753, bruden; einen ?tu§3ug barau§ tl)ei(te 2)ä!^nert im 2, 23be. ber |)ommer=
fd^en Sibliottief , 10. ©tüd, @reii§nja(b 1753, mit. ^lu^erbem ift 3u üergl.
äÖi(den§ ^amb. ef)rentempel 1770, ©. 378 f. S)ie eingaben über it)n in
anberen ©d)riiten finb ungenügenb; ni^t fetten ift er mit feinem glei(^=
namigen ©o^ne oermedifelt toorben. 33rieie 5Jleland)tl)on'g an i^n finb im
Corpus Reformatorum unb aud) ft^on früher gebrudt. 33ertl)eau.
^arcacuö: 3io Cannes @., ber jüngere (@ar^e, ©ar^, 6at)rceu§
u. a. m.), ©ot)n be§ 33origen, luurbe am 13. ®ccbr. 1530 unb 3mar 3u 3Bitten=
berg fmd)t ju .^amburg) geboren. 3]or bem ^. 1534 befam fein Später eine
SlnfteEung in .g)amburg unb t)ier t)at ber (Sot)n bann tDal§rfd)cinlid), menigftenä
öon 1546 an, in meldjem '^aijxt fein Söater jum jtüeiten ^atc nad) ,s^amburg
!am , ba§ So'Eianneum befui^t. @r ftubirte barauf in Söittenberg, too er in ber
Stieologie fid) bcfonberö an ben feinem Später befreunbeten ^Hte(and)tlion an=
fc^to^; au^erbem trieb er eifrig matt)ematifd)e ©tubien bei j?afpar 5|3eucer. Sni
^. 1555 fam er aU ''JJtagifter nad) ®reif§tt)atb, mo er im 5toöember 1556
^^rofeffor in ber pl^ilofopf)ifd)en gacuÜät mürbe, ßnbe 1558 ober im Slnfange
be§ S. 1559 murlDe er ebenba aud) ^aftor 3u ©t. ^acobi unb 5|^rofeffor ber
2:{)eo(ogie; im ^. 1559 mar er 2f)ci(nef)mer an ber ©t^nobc, meiere ju @reif§=
matb getjalten tourbe unb auf meld)cr bie neue 0rd)euorbnung angenommen
marb ; im folgenben ^a'^re mar er S)ecan ber pl^itofoptjifd^en ^^acultät. S)arauf
cr'^ielt er 15G1 einen 9tuf nad) SSranbcnburg (in ber ^Jkrf) al§ ^^aftor unb
©uperintenbent bafelbft in ber ^Jieuftabt, ben er annaf)m; tjkx t)ielt er aud) noc^
t^eoIogifd)e SJorlefungen, metd)e er am 21. Dct. 1561 mit einer 9tebe über ben
ßtiangeliften £uca§ unb beffcn ©c^riften begann. %m 29. ^Jtai 1570 mürbe
er mit fünf anberen unter ©eorg ^Jlajor'ö S)ecanat in 2ßittenberg jum S)üctor
ber 2;t)eologie ernannt. ''Mdjt lange mar il^m bann nod^ geftaltet ^u toirfen;
er ftarb fc^on am 22. ^au. 1574, roenig über 43 ^al^re alt. S)ie 3(ngabe hä
^oUex unb anberen, ba^ er im ^. 1575 geftorben fei, fd)eint baburd) miberlegt
3U werben, ba^ nad^ @ottfd)ling'§ 3Jlitt:^eilung auf feinem 2eid)enftein ^a^x unb
Slag feineg 2;obc§ unb ba§ SebenSatter, ba§ er erreichte, mie angegeben, genannt
merben ; nur bleibt unbeuttid) , ba| nad) berfclben QueEe auf bem £eid)enftein
ftet)en foE, er l^abe ein Sllter öon 43 ^^al^ren unb 5 "iJJlonaten erreid^t, ba e§,
mie man meinen foEte, ftatt beffen 43 ^af)xe 1 ^onat unb 9 Sage :E)ei^en
mü|te. S)iefer jüngere @. l^at eine gro|e Sln^af)! ©c^riften l^erauSgegeben , öon
benen me^^rere aud) noc^ nad) feinem 2obe mieber^oUe 2tuflogen erlebten ; einige
Söerfe mürben auc^ notf) au§ feinem 9Zad)laffe öeröffentti^t. ©el^r biele üon
il)nen ^aben nur einen geringen Umfang; bie meiften bejubeln t^eologifd^e
©atbtng — ©ariOatb I, 371
©egenftänbe. 6in SOßerJ "oon it)m üBer bie ^räbeftination tourbe nocfi gu
feinen Seöäeiten in franjöfifc^er UeBetfe^ung l^erau§gegel6en. 2Ba§ if)n aBer 3u=
meift Befannt, ja in getöifjen Äxeifen Berü'^mt gemac£)t l^at, finb feine aftrono=
mif(i)en ©d)i;iften unb Befonbei-§ fein gvo^e§ a[trologif(f)eg äöerf, „Methodus
astrologiae", 3uevft 33afel 1570 in S^olio erfd^ienen mit einem ?Inf)ang öon
©(^i-ecEenfuI üBer bie i?alenber bei* Be!annteften S^ölfer. S)ie 5lftrologie toai;
ganj Befonberg feine ßieBl^aBerei , mie ja anc^ 3Jtelan(^tf)on unb biete anbere
Bebeutenbe 5DMnner bamalg öiel auf fie !§ielten; mit großem fylei^e öevtoanbte
er feine ungetoö^nlid^en mat^ematift^en unb aftronomifdfjen ßenntniffe, um für
ettoa 400 Befannte ^eitgenoffen au§ ber «Stellung ber ©eftirne Bei if)rer @eBurt
nac^ ben angenommenen aftrologifd^en Siegeln p Beftimmen, toaä üBer it)r 6r=
get)en au§ ben ©ternen ju entbeifen fei. 6§ mirb er^äl^It, ba^ ber Sanbgraf
Söitt)etm IV. öon Reffen, ber fetBft ein tüd)tiger ^Jtaftiematifer mar, a(§ er im
S. 1572 in biefem Sßerfe be§ &. Ia§, ba^ er im 2lprit 1579 fterBen merbe, an
ben Dianb be§ Sud)e§ fc^rieB: „Dens numeravit omnes dies vitae meae, ^falm
31, 16", — unb bann ben it)m öon (S. Beftimmten 2;obegtag tauge üBerteBte.
9lu(^ ein 2Ber! be§ ®. üBer 5[Reteorotogie fanb in mieber^olten Stuftagen gro^e
SJerBreitung.
5Jtotter, Cimbria litterata im II. 23be. (ßafpar (Bottfc^ling) ^iftor. 3laä)=
ric^t öon ben ©uperintenbenten in ber ^ieuftabt 5ltt=58ranbenBurg a. b. .g)atiet,
1726; ferner: ®a§ ^amBurgifc£)e ©ctiriftftetterteiifou im II. Sanbe. |)ier
unb Bei ^JJtotter finb feine meiften äBerfe angefütirt. — S)ie ©r^ä^tung öom
Sanbgrafen fiet)e u. a. in: gtub. Söotf, ®ef(|i(f)te ber Slftronomie, ^]Jlünd)en
1877, ©. 267. 33ert^eau.
QJnrbilig: 5tnbrea§ ©., aud^ ©erbtng, ßarbing, f 1556; beffen
@ef(^icl}te faft ftet§ fatfct) angegeben ift. ©eine i^ertunft ift ungetoi^ ; al§ f(i)on
Betoät)rter S^eotoge mürbe er unter Jper^og ^agnu§ öon SauenBurg öon beffen
Äan^ter ^o^. ö. @Mt)aufen jur Drbnung ber ^irct)enöert)ättniffe be§ ßanbe§
^abetn gebraucht, 1526, er toirb ba'^er an ber .^irtfienorbnung öon biefem
Sa^re toefenttic^ Bett)eitigt fein. ^Jtod) 1527 mu^ er bort bie ^irtf)enöifitation
gehalten "^aBen, ö^ofür bie ©emeinbe 3tttenBru(^ i^m 100 Tl. ^a^tte; 1581 Be=
rief i^n ber te^te fat^otifc^e 5tBt be§ ©t. ^ic^aeti§ftofter§ in SüneBurg megen
ber S)rot)ungen ber Iutt)erifc^en 23ürgerf(f|aft al§ erften tut^erifd^en ^räbicanten
mit 152. W. ©e^att an bie ^lofterürc^e. ^m. ^a^xt barauf fc^on tourbe ber
ßonöent felBft Iutt)erif(^. '^u ben ftäbtifc^en ^^^aftoren gehörte (S. nidtit, mirb
ba'fier auci) auf ben Sagen, itietctie bie @eiftti(i)!eit ber ^anfeftäbte aBl^ielt, nic^t
Qefunben.
gia^toeifungen in SSrönnenBerg'§ öatert. Strd^iö, 1840. I. @. 38; S. 9t.
(SeBtiarbi, ^ur^e ®efc§i(i)te be§ i?tofter§ ©t. ^i^aelig, ©. 68. .^abeter
etironif, @. 135. Traufe.
ölorciö: grana ©., gjlaler, geB. 1776 p 5Jlarientt)at in ber 9liebertaufi^,
Bitbete fic^ auf ber 5ttabemie 3U S)relben unter (^afanoöa'g Seitung unb 30g
frü'^ fcf)on burd) i^reibejeid^nungen unb ©emätbe, im ga(f)e ber S5itbni^=, @enre=
unb .^^iftorienmaterei, bie 5lufmer!famfeit auf fid). ©|)äter fe^te er feine ©tubien
in 5pari§ fort, mo eine§ feiner SSitber, „Ort)"^eu§ in ber Untertoett", Beifällige
Slufnafjme fanb. 3n bie §eimat^ jurüdgete'^rt , ging er öon ba 1803 ai^ fur=
fürfttid) fädt)fif(^er i^enfionär nad) 9^om unb ftarB , 3U frü^ für bie öoEftänbige
©ntraidtung feine§ ^latentes, ^ier Batb nad) feiner SInfunft.
5]teufer§ 9leue§ 9)tufeum. - 51euc S3iBtiotf)e! b. fdt). 2öiffenfd§.
etaui
(Sarifiolb I., ber erfte gefc^ic^tti^ öerBürgte 93aiern't)er3og (etma 560—90),
au§ bem öietteic^t e^er frän!ifc|en at§ Baierifctien ^aufe ber Stgitotfinger. 6r
24*
372 ©nvibalb II. — ©avt.
:^atte 3ui- ©ema'^Iin Söalbrabe, bie ^oc^tcr be§ fiangobarbenföntgä SBac^o, toeldic
öorbem mit ^önig Z^eohchalh öou 5Iu[ter unb nacf) beffen Jobe •,! 555) mit
(£f)Iotar I. bei-mäl)lt lüai*. SIIS Söitltoe cine§ 5ßetlt)anbten t)atk fie ber Ie|tei-c
naä) tüx^n @f)c gemä^ fiv(i)Ii(i)ei- 3}orjrf)riit öevlaffcn unb mit @. üerl^eivatl^et.
2lu§ i^rer @^e mit bem Söaicrnl^evjog criüud)§ 2:f)eobelinbe, toctc^e bie ©ema^Iin
be§ ßangobai'benfönigS 3Iutl^avi mürbe unb beren ©ifer jür bie fatf)oIij(^e 9tc=
ligion in SSerbinbung mit anbeven Umftänben ju bem ©rfiluffe !6ei-ed)tigt, ba^
au($ if)i; 35ater @. f(^on bem 6f)riftentf)ume lt)ulbigte. 3tud) eine ©d^mefter
2:i)eobelinben§ f)eiratl)etc einen ßangobarben, ben .^evjog @min bon Slrient, if)r
58tubet ©unbmalb marb bei bemfetbcn 9.^olfe jum ."perjog bon 3lfti evtjoben unb
be§ legieren ©olf)n, @aribalb§ @nfet, 5lnbert, grünbete fpätcr eine Iangobarbifd)e
Äönig§bl}naftie. 2öol tocgen feiner engen S3erbinbung mit ben Sangobarben foE
@. 3utc^t burc^ bie f^^-anfen bebrängt, naäj jüngeren 33ericf)ten üon fef)r 3meifel=
:§after @taubmürbig!eit fammt jeinen ©ö^nen burd) ben i5ri-'<in!enfDnig Ö'l^ilbebert
öerjagt morben fein. SJer langobarbifdie @efd)id)tf(i)reiber ^aul gibt i^m mie
feinem 9tad)|oIger Xoffilo I. ben ^önig§titet, fei e§, bafe bie beiben in ber Xl^at
glei(^ ben atten 5Jtarfomannen= unb Cuabenfürften fid) nod) Könige nannten,
fei e§, ba^ ^aul nur jum 3lu§brud bringen toiü, ba^ it)re |)olitifd)e ©tellung
biefe baicrifd)en .!perrf(^er mel^r bem langobarbifd)en rex at8 bem langobarbifdien
(lux nä'£)erte.
Paul, diacoii., Eist. Langobardor. I. 21 ; III. 10. 30. 33übingcr, Qm
Äritif altbaier. @ef(^. , ©il^ungäber. b. Söiener Slfab., 1857, ©. 368 ff.
äöai^ in ©i)ttinger @el. ^Jlad)r. 1850, ©. 342; 1869, ©. 137.
^tiejler.
©aribolb II. (etma beginn be§ 7. S^a^v^unbertg) , ber britte befannte
ißdern^erjog, ©o^n unb 9Zad)fo(ger Saffito'g L, in bem tüol ein ©ot)n , j;eben=
falls ein SSermanbter ®aribalb'§ L, ^u fud)en ift. ^u§ feiner 9{egierung finb
nur ,$?ämpfe mit ben ©taöen im ©üboften überliefert. S)iefelben fd)(ugen bie
33aiern bei 3tguntum (^funidien ober Sienj im ^puftert^ale?) unb üert)eerten
beren Warfen, mürben jebod) balb öon biefen befiegt unb 5urüdgebrängt.
Paul, diacon. IV. 40. Otiejler.
(Büxtijt: 23altl^afar &., ju granfenberg in Dberfieffen am 25. %px\i
1550 geboren, befud)te bie ©(^ute ju Gaffel, mo er am ."pofe be§ Öanbgrafen
^p'^itipl) 3UÖ^eit^ al§ (öorjügüdier) ©ängerfnabe fungirte, unb übernal^m, nad)=
bem er feine ffieotogifdien ©tubien ju ^Jlarburg beenbet l^atte, bie ©tettc eine§
^JlaiorS ber ©ti|3enbiatenanftatt bafelbft, morauf er 1578 bie 5pfarrei ju Äirtorf
in Ober'^effen unb bann 1583 bie crfte 5j3rebigerfteEe ju 9U§fcIb übertragen er=
^ielt, bon mo au§ er jugteid) bie Äird)en= unb ©d)u(t)ifitation§gef(^äite be§
gleid^namigen Se^irtS beforgte. @r ftarb ^lier am 30. Cctbr. 1598. Slufeer
melE)reren ßafualreben f)iHterIie^ er ein „Lexicon latino-graecum", tueld^eä 1602
3U g^ranffurt unb bernac^ nod) öfter erfdiien.
©trieber, .^eff. @ete§rtengefd)id)te, S3b. lY. ©. 296. ^.
@art: Sl^iebolb &. , Söürger 3U ©d)Iettftabt unb S)ramatifer. ©ein
„Sofepl^" (©tra^burg 1540, 2lug§burg 1542, Mrnberg o. ^., ©trapurg
1559) ge'^ört 3u ben bebeutenbften unb einflu^reidjften beutfd)en ©pielen be§
16. ;3a|x'^unbert§. gr folgt im allgemeinen bem 35orbilbc ber berül^mten
Comoedia sacra gleid)e§ ^Jlamenä bon bem 9lmfterbamer ©(^ulle|rer (Sorneliuä
Srocu§ (1536), ift aber im einjelnen gauj felbftänbig. @x fü^rt un§ jur Q^=
tJofition gleid) in bie böfe ©timmung ber Srüber gegen Siofepl) ein, ^eigt, mie
fie biefer burc^ eine unborfid^tige 2:raumer3äl)lung nod^ oerfdiärft, unb b erfolgt
bann bie ®efc^id)te feine§ gelben bi§ jum ßmbfange i^acobg unb feiner ©öl)ue
bei 5p:§arao. 2)er ©lanj^junft ift ber ätoeite 5lct, mo ©opl)ora, bie @attin ^oti=
• ©artner. 373
p^ax'^, in einem naä) bamaligem ^Jla^ftaBe auSgejeidineten ^Jlonolog il§ve (5m=
Ipfinbungen für ^ofe^"^, aßer aud) i^x innere» (5rf)lüanfen , i'^r 93en)U§tfein bee
Ünre(f)t§, if)v fd)am!)aite§ 3fl9fi^' 1^ ^^^ ©eüelbten ju entberfen, barlegt unb
fd)lieBHc£) burd) bie @unft be§ 3lugenl6tide§ unb bie ©etcalt ber 2eiben|(^aft ju
ben ©eftänbni^ f)ingeriffen toirb, toeIc^e§ bann immer tiefer unb tiefer in ©ünbe
fü^rt. 2)er S)i(^ter gibt toirftid) pf^d^ologifi^e ®nttt)icltung , er jeigt un§ ba§
SBac^Sf^um be§ Söfen in ii)xn ©eele, unb er bebient fic^ babei einer nidjt Ho§
äu^erlid) burd) Oteim unb ungemö'^nlii^ jorgfältigen SßerSBau, fonbern auc^
burd^ innere ^yorm ))oetif(^cn, überatt !na)3|)en unb in^aU§reid)en ©lirac^e. Stud^
5tebenper|onen tvei^ er mit ein ^aar «Stridien üortrefftid) ju (^aratterifiren ; faft
feine (Situation ge'^t öerloren, er toei^ etma§ ©mpfunbeneg ober 33eoBad)tete§
T^ineinjulegen. Ser 9tatt)fi$lu^ ber S^rüber gegen ^ofe^jf) folgt in toirffamem
Gontrafte auf ein anmut^igeS furjeS 5|}aftoraIe; aud) bie trüber unter ft(^ merben
contraftirt; nad)bem ^ofe^^ in bie @ruBe geworfen ift, jdimedt bem 3uba ha^
©ffen nidit („5Jlir ift fo tl^örlit^ unb fo bang"); ber bertaufte ^ofep^ mu^ „er=
laufen", tra§ S^mael, ber.$?äufer, reitet; 5ßt)arao rebet ben ^acofi „mein Sllter"
an unb fragt it)n, toie alt er fei :c. 6» fe'^lt nirgenb§ an fleinen 3ügen, meiere
bem biblif(^en ©toffe me^r geben unb ©egentoart berleit)en. Söenn 61^riftu§
mit ^rop'^eten unb 3I|3ofteln „in einem SBinfel" fte'^t unb gelegenttii^ ba§ SBort
ergreift, um biefe Begleiter 5parattelen 3u feinem eigenen Seiben unb 9tuferftel§en
^ie'^en ju laffen, fo getoö^nt man fid) Balb an fold)e bibactifd)e ^^lifdienacte,
bie toeit weniger ftören, al§ bie leibige ju jener 3eit fo gett)ö^nli($e 5Jlanier, bie
innere Söa'^r'fieit unb SSa'^rfdieinlidifeit ber ©efinnungen unb «ipanblungen ^u
bernic^ten, inbem man bie 5Perfonen bei S)rama§ felbft bon Sel^r^aftigfeit über=
fliegen lä^t. S)a§ ©tüd l§at fd)on auf 2lnbrea§ ©iet^er (f. biefen 3lrt. oben
5, 16-i) leife gett)ir!t, ftärter auf ßl^riftian S'^xl (1573) unb burd) biefen auf
:So^ann ©dyiat)^ (1593) unb ^ofep^ ©ö^e (1612).
Soren3= ©euerer, @efd). b. gtfaffe§ 2, ©. 265. 266. «Palm, Seiträge,
@. 97. <Bä)^x^x.
©artner: 5(nbrea§ ©. (Gartuerus) , au§ ^Jkrienberg in ©ad§fen
(Mariaemontanus), 33erfaffer einer in ber ätoeiten <!^älfte be§ 16. unb bem erften
3}iertel be§ 17. So'^rliunbertS in fe'^r großem 2lnfet)en geftanbenen ©|3ri(^n)örter=
fammlung. ©eine ßebenSber^ältniffe finb böHig buntel unb toir miffen nur, ba^
er in S)i_enften be§ 9ted)t§gele{)rten Dr. ^. ^nauft (Cnaustinus : ©oebefe ©r. I.
198) ftanb, toeld)er aud) ber erften 3lu§gabe ber Sammlung einige em^fefilenbe
Söorte t)orau§fd)idte unb ifm bei biefem Slnlaffe „puer (in fpäteren 2lu§gaben:
Xotarius) mens et Amanuensis" unb „boni ingenii magnaeque spei Juvenis"
nennt, ^nbeffen ^atte (S. , ber fic^ felbft in ber SJorrebe jur erften «Iu§gabe
feiner ©prid)tt)örterfammlung (581. A 3 b) „(Partner" unterfc^reibt, jebcnfaüg eine
getef)rte 33ilbung genoffen, iüie il^m benn auc^ Slgricola'S unb ©. fyi'cind'S
©pri(^mörter nid)t frcmb toaren unb fd^eint in feinen freien ©tunben mit
fd)riftftelterifd)en Slrbeiten fid) befd)äftigt unb fein Srobl^err il^n l^ierin ge=
forbert 3u ^aben. 9lac^ einem in ber 3lu§gabe ber ©pric^mörterfammlung bon
1619 (581. T 5 a) ent:^altenen lateinifc^en SSriefe be§ S3erfaffer§ lebten \^m amei
53rüber, ein „Georgius", fotoie ein anberer „Jobannes G. civis Annaebergensis" ;
hü^ 3}ortoort be§ Änauft unb eben fo bie SSorrebe be§ ®. jur erften 9lu§gabe
finb batirt: „Erpfordiae. Calendis Januarij. Anno 1566", in meld)er ©tobt
^nauft lebte. ®ie erfte ^u§gabe ber ©prii^toörter (e§ ift bi§ je^t nur 1 @rem=
:plar, auf ber 3lug§burger ©tabtbibtiof^e! , bon mir aufgefunben tt)orben) unb
ttielc^e fämmtlid) in rafd) aufeinanber folgenben Sluflagen, mit 3lu§nal^me ber
legten bom ^. 1619, in ^yranffurt „apud Haeredes Cbrist. Egenolpbi" in
fl. 8. erf($ienen finb, füt)rt ben Sitet: „Prover- | bialia Dicteria, | Yersibvs
374
©artncr.
Rhytmaticis, | . . • ©ttid) Sleutfd^e <Bpx\ä)- \ Wörter [ in Sateinifd)e 33er§tin |
gefaxt . . . Per Andream Gartne- | mm Mariaemontanum . . . M.D.LXVl"'
40 23t. S)iefc 3lu§gaBc enthält lebiglic^ gegen 1950 beutfd)=lateinijd^e ©^nd)=
ttjörtcf unb ©prü(i)e, fotoie bie scliola salernitana unb loci aliquot Phil. Melant.
in libro de Anima . . . Sie 2Iu§gal6e ift bebicirt bem D. 5)lattt}ia§ 9Jteinf)ci-
„Antigrammateo in Metallicis Annaebergensibus" unb trägt feinen Ort, ift aber
tu al^rfrf) einlief) gtei(i)fQH§ ein ©rjeugni^ ber 5preffe be§ (i'ijx. ^o^tnolp^. 33on
gvö|erer S3ebeutung [inb bie folgenben ^Inggafien; fie erfcfiienen: 1570. 1572.
1573. 1574. 1575 (.^oEc: UniberfitätS^SSibtiofticf) , 1578. 1582 («ÖMnd^en :
©t.=23iMiot^ef) , 1585. 1591. 1598 (3lug§öurg unb 5mün(i)en, m beicci)
unb 1619 Francof. Typis J. N. Stoltzenbergeii , impensis Vinc. Steinmeyeri
(©tra^urg : ©tabtbiBIiof^ef, untergegangen am 24. Slug. 1870), unb [inb fämmtlidi
mit beiid)iebenen nid)t unintcreffanten SSeigoBen „Extraordinaiia quaedam", unb
toelc^e legieren gerabe, toie e§ fd)eint, bem 58ud)e [eine S3eliel6t^cit unb gro|e
SJeröreitung berjc^afften, 16erci(i)eit toorbeu. S)iefe [inb: Marcolphus, Regulae
nuptiales, Sortilegiura rliytlnnaticuni, Prognostica seu practica perpetua, Prae-
cepta valetudinis et niorum unb Monopolium pliilosophorum. Unter bie[en
begreifen bie Praecepta bie siegeln ber [ogen. scliola salernit., bie Prognostica
bie 5prafti! ^enrict)monn'§ (bgl. b. 5h-t.) ööm 3. 1506 unb ba§ letzte ©tüd ift
bie afabemi[(|e ©d)erjrebe (quaestio t'abulosa) be§ 33artI)ot. ®ribu§ bon ©tra^^
Burg (ögl. b. 2Irt.)- 2ßa§ aber bie Iateini[(^=beut[(i)en ©^jridinjörter betrifft, [o
orbnet fid) in ben [päteren 2lu§gaben beren ^n^att unter 355 burd) ba§ ^Ilp'^abet
be[timmte Loci communes in ber ?Irt, ha^ jebcm beutfd)en ©prud^e, beren ®e=
[ammtjat)! 1731, fein finncntfprcd)cnber lateinifd) (öfters aud) beren jftei) bor=
au§get)t, toeld^e letzteren mit 9lusfd)tuB aller in ben „Extraordinaria" entt)attenen
auf 1702 fid) belaufen. S)er ä>erf affer beruft fid) in feiner 2)ebication an
ß^riftian, ben ©olE)n 9Iugu[t'§, Äurfürften bon ©ad)fen, ^ur @ntfd)ulbigung unb
9ted)tfertiöung feiner ^Ubeit auf ba§ 23eifpiel ßuf^cr'S unb 9Jleianc^t|on'§,
toeldje fi(^ nic^t gefcfieut l^ätten, in it)ren ©djriften öon foId)en altcrtt)ümtid)en
üteimen ©ebrauc^ ^u mad)en. 3" ber 3^^^ ^^^' älteren ©ammter, ttielt^e er=
miefenerma^cn bie „Proverbia Communia" (ögL über biefe berü'^mte ©prid)=
tobrterfammlung bon 1480—95 : ©uringar, Over de Proverbia Communia,
2et)bcn 1864. 4.) me'^r ober minber, fei e§ bircct ober inbirect aU (Gemeingut
angefel)en unb benu^t l^aben, ge'^ört auä) @. 9lad) ©uringar'§ Unterfud)ung
©. 105 finb bon ben 803 latcinifc^en S5erfen ber P. C. 570 unb felbft nid)t
toenige i^rer beut[d)en ©bric^mörter in bie S)icteria übergegangen. Cb aber
(B. unmittelbar ober erft burd^ ba§ 9Jlebium ber ,,Loci Communes proverbiales"
Basil. Opor. 1568. 8. be§ 93runo ©eibeliug (bgt. b. ?lrt.) au§ ber nieberbcutfd^en
©ammlung gef(^öbft I)abe, ift mit ©idier'^eit nidit ju beftimmen. 2!Benn mau
nun aber aud) in Setreff ber ^tagiate bomat§ anbere 5lnfic{)ten l)atte aU :^eute,
fo ift bo(^ in SBetreff einiger ^}iebenftüdc ber Dicteria @artner'§ S}erfa'^ren nid)t
mef)r ein 23enu^en ober (äntte'^nen, fonbern im ma'E)ren ©inne ein Plagium ^u
nennen, toenn fid) berfelbe erlaubte — abgefel^en babon, ba^ er in ber Einleitung
äu ben Prognostica fagt, er, @., Ijabe biefe au§ bem S)eutf(^en überfe^t, n)ä'f)renb
fie bod§ ein toörtlidier 2lbbrud ber be§ .^cnrid^mann finb — in bem botten
.^enric^mann'fc^cn Originaltitel beffen Dtamcn ju [treic^en unb bafür ben feinigeu
äu fe^en, unb ein fel)r grobe§ Plagium, menn er ba§ bon .^enric^mann felbft
feinem ©(^riftd)en borgefe^te Tetrastichon al§ fein eigenes, be§ ,,Andreae Gärt-
ner!" Carmen ausgibt unb betitelt — ein fel^r freie§ ^erfaljren, metdjeS er obcn=
brein aud^ für beffen ganje S3orrebe an ©d^martienberg unb 23ebel, mcld)e bort
mit_1508, l^ier mit „Erfordiae 1591" unter5eid)net ift, angctoenbet, ttüglic^er
Söeife aber bod^ nid)t bergcffen l^at, am ©c^luffe ber Prognostica bie im Ori=
©attner. 375
ginal fte'^enbeu Initialen „I. H." 3U ftreid^en. S)ie§ erregt fein günftigeS SBor=
urf^eil für ba§ lleBrige. SBie bem ater auä) fei; bie tneitauS größere ^tn^a^l
ber beutftfjen @|3rüc£)e (tüorunter fe'^r feltene) Bleibt bcnnod^ jein unBeftreitbareS
ßigenf^um. 9Iuc^ t)a6en feine S^rirf)lDörter unb @|)rü(^e einen nm fo grö^eien
äBerft) al§ fie , ettoa jur ^ätfte , ni(i)t tüie in fo bieten gteicfijeitigen (Samm=
lungen in '^arte 9teimc geätoängt finb, fonbern in guter fräftiger ^xo\a, trie fie
bem 16. Sal)rf)unbert in feinen Beften Sdiriften eigen ift, fic^ borfteHen. Saju
fommt, ba^ oud) il^re Sluetna^I unb SInorbnung eine fel)r gefd^icfte .«ganb jeigt,
inbem fie ju nic^t geringem 3:^eife burc^ |)umcr unb Sc^aÜ^aitigfeit ergoßen.
3luct) bie öcrfc^iebenen SBeigaben liefern einige beutfdfie <Bpxü<i)t in lateinift^em
(Setoanbe, ba^ enblid^ felBft ber lateinifcfie 5JiarcoIpt)u§ eine erfterflicfie Slnja'EiI
tueit 3urücfreicf)enber ed^t germanifcfier (Spridfitoörter Biete, ift Befannt; bgl. <Ba=
lomon unb 5]lorolf in .^agen unb 33üf(^ing, Scutfiiie (Sebic^te be§ 5)Htte(aIttr§,
Seiiin 1808, I. Einleitung ©. 1—24. @ine ^ortfe^ung ber S^jrüc^e be§ @.,
bie jeboc^ nur ^anbfd}riftli(i) al§ Unicum auf ber ^ünc^ener (Staat§BiBtiotf)e!
(Cod. lat, 10751 öortianben ift, öerfa^te 3(nt^oniu§ ^ufeman. 2:a§ ^anu=
fcript in 5!Jtön(^§fc^iift in f(. 8., 258 (gefd^r. 257) einfeitig Bejitferte SSIättcr
entl^altenb , füt)rt ben 2;itel: „Perpulchri aliquot versus Pthytmici: partim ex
vetustis manuscriptis Codicibus ; partim etiam ex familiaribus bonorum virorum et
Amicorum colloquijs, summo tum studio tum labore nunc primum conscripti, et
celeberrimo huic opusculo Proverbialium Dicteriorum Andreae Gartneri Tc. quasi
Appendicis loco adiecti. Per nie F. Antlionium Huseman Beckemensem, sacn.' Be-
nedictine Religionis apud Lisefontanos alumnum. Anno redemptionis nostrae
1575". ' 2öer unb ttaS ber Serfaffer mar, (ä^t fic^ burc^ bie Sitelroorte nur unöoII=
fommen, au§ bem Sn'fialte ber (Sammlung gar nic^t entnehmen. S)a| er aBer
jebenfallS ein 91ieberbeutfrf)er unb jmor ein Söeftfale mar, jeigt nic^t nur feine
©pradie, fonbern auc^ bie 3lngaBe feine§ ©eBurtSorteS ., Beckum", in beffen
Olä'^e aurf) ..Lisefontani''. bie 3$enebictineraBtei ÖieSBorn im münfterfcEien @|)renget
lag. ^ufeman fd^rieB nad) 331. 229b nod) im ^. „1580". 3öa§ ben SBert^^
biefer gröBtenf^eilS in niebcrbeutfd^er mit Stnflängen an bie !^oc^beutfdE;e 5}tunb=
art gef(^rieBenen unb fc^on öon ÜJlone (Stn^eiger b. german. Ö3tufeum§ 1838,
(5. 501 unb 5iter§) öorüBerge^enb Benu^ten .öanbf(^rift für bie ©pric^tt)örtcr=
funbe auBelangt, fo ift berfelBe ein nid^t ju unterfc^ä^enber. ©ie enthält eine
äuBerft ttid)tige ©ammtung beutfc^er unb Iateinifc£)er meift gereimter ©pi-id^=
mörter 'unb @prücf)e in äl^nlid^er äöeife unb jum 2Ijei( in berfelBen Crbnung
mie jene beö®., beffen 3luSgaBen Bi§ pm S. 1575 bem 35erfaffer Befannt maren.
Unter ben 253 beutfd£)en ©priciimöTtern finben fi^ fef)r gute fcltener Begegnenbe
33o(f§fprüdf)e, auci) fünf ^riameln, unb ma§ bie leoninifc^en 3]erfe (1023) Betrifft,
fo laffen fid^ aud) au§ biefen neBft S)enf= unb ©ittenfprüdfien, SSauern= unb
SBetterregeln u. bergt, eine nic^t unBeträ(f)ttidf)e 5Jlenge üortrefftidEier atter beutfcf)er
©tirit^mörter ^erau§tefen, bie, mie fid§ bie§ in ber Sieget Bei biefer S5er§art finbet
;fie finbet fiif) f(i)on in 6obice§ be§ 9. ^a'^r^unbert« , ögt. ©uringar a. a. O.
©. 21), in toeit entlegene 3eiten 3urü{ireidf)en 9tu(i) ber üBrige Iateinif($e ^n=
f)alt f^nur ein einjigeg ©tuet ift gan^ beutfcf) Bietet mam^eS fonft menig ober
gar n{df)t Befannteg , für bie ©ittengef(i)id£)te alterer 3^^^ ^^^^ ^^^^' merfmürbige
^Beiträge. ©0 finben fid^ SSI. 204 eine ©aufmeffe, S3t. 213 ein allerlieBfter
„Cantus de lepore", SSI. 214 ein (5fet§teftament unb SSt. 192 eine ^rebigt üBer
ben l). ..Invicem". 3]gt. bie 3tBbiücfe unb beren einge'^enbe SSefprerfiung burdE)
SßattenBa^ in feinen „(SeiftliÄe ©dierje b. 5Jlittetatter§" im Stnjeiger f. .^unbe
b. b. Sorjeit, 1868, ©. 38 ff.
S5gt. meine 2lBf)anbtung „3ur CueHenfunbe b. beutfd^en ©prid^mortö"
in §errig'§ 3lrdt)ib f. b. ©tub. b. neueren ©pr. u. Sit. «b. XL. ©. 99—116
376
GJärtnet.
y^ 140—42 unb meinen %u\]a^ im 2tnäeigei- 1867, @. 10—13 (2)ev iöer=
f äff er b. Loci Communes Proverb. Basil. Opor.). fotoie meine „9(ntiquai-ifd)e
aSemerfungen ju einet ©tubienorbnung b. lat. (Sd)utc ju fianbau öom Sa^l^-'e
1432", ©. 12. einen ^bbrutf bcr Apufeman'fc^en ©prücfic in beren €nginal=
fd)i-eibmeife unb mit boi-trcfflic^eu 3Bovt= unb Sac^erflävungen ^at ^yr. 2öein=
fauff beforgt in 9t. ^^^icf'g ^^Jtonatsfc^riit füv rt)einifcf)=meftiäafc^e (Se|djid)t§=
forfiung unb 9Utert{)um§funbe I. <B. 465—82 unb 576-91.
Partner: 3lnbrea§ ©., 53tec^Qnifer, geb. 1654 in Cuali^, untüeit Soul^en,
t am 2. g^ebvuQi: 1727, (&ot)n Don ©corg ©., einem ^^ad^tmann ju GbevgorcE,
l)atte p 23au^en ba§ ^lifd^lerljanbrnerf gelernt unb 1673 al§ Xif^Iergefelle ^u
toanbern angefangen, fcilbctc feine ®cf(^icfIidE)feit aber fpäter fomol nad) einer
fünftlerifd)cn otö einer ti)iffenfd)afttid)en ©eite ju großer 3}Dttfomment)eit au§.
6r '^atte 3u ^lugeburg eingelegte -^Irbeit gelernt, fid) mit ben 2et)ren ber 9Ird)i=
teftur unb ber Cptif befd)äftigt unb bi§ nad) !i?cnebig, Bologna, mo er ßollegia
Tjörte, 9tom unb ^Jicapel feine ^Keifen auSgebetjut, al§ er 1685 nad^ S)cutfd)Ianb
jurüdfc^rte unb im folgcnben ^a^xt fid) in Bresben nicbertief!. Sd§on 1687
iüurbe er Tf)ier jum ^of= unb Äunfttif(^ler ernannt, fpätcr iüt)rte er bie 2;itel
gjlobeHmeifter (aU fold)cr foll er für bie ^}}tci^ener -iJsorjeHannmnufactur gearbeitet
i)aben) unb Jpoimed)ani!u§. 6in langet 5l^erjeid)nifi 3ät)tt bie „^unft= unb freite
2Bunber=©ad)cn" auf, U)cld)e er in ben üier.jig Satiren erfanb, mät)renb beren er
bei bem furfäd)fifd)en .söofe in Sienft ftanb. 33efonbere ©d)riften berid)tcn öon
feinen neuerfunbenen t)öl3crnen ^arabolifc^en 23rennfpiegeln unb Don langwierigen
Campen. SUS .^erauSgeber ber ©d)rift über ben le^tercn ©egcnftanb nennt fid)
So'i). ®e. ©otttjelT ^übfd) (^^reäben, o. ^. 4^); bie anbcre Sc^riit (®re§ben,
1715. 4*^) ift mit einer S^orrebc X)zx]tt)tn, tüeld^e baöon t)anbelt, marum ©. „bie
3öat)rVfftigteit be§ bi^t)er ausgeruffenen Periietui Mobilis no(^ jur 3eit in
3tDeiffel äiel)e." ©eine 3lnfid)t, ba§ niemals „ein burc^ ^tenfd)ent)änbe gemad)te§
Perpetuum et per se Mobile pure artiticiale quoad durantem materiam" gefunben
morben fei ober fünftig gefunben merbeu fönne, üetanta^te ba§ @rfd)eincn
mel)rerer ©Triften über biefc g-rage, unb ift aud) bic§ bemer!en§mert^ , ba^ ber
a^ax ^eter L, al§ er 1711 5Dre&ben befud)te, mit i^m freunbf(^aftlid)en 3}erfel^r
anfnüpfte. 6r mar niemals öcrl)eiratf)et unb ftarb im 73. 2ebcn§ial)re.
fyelibien unb ^^. S. 53tavperger, |)iftoric ber berül)mteften 33aumeifter,
Hamburg 1711, ©. 455-463. S66anber (= grell), ©ä#fd)e§ ßron=
(if)ronicon, »b. 1 Seipj. 1726, ©. 444 ff., 460 ff., 581 ff., 23b. 2 2eip3,
1732 ©. 155 f. ^. 2f. 9}tarperger, (Särtneriana ober Stnbreä ®ärtner'§
Seben unb Äunft^aBerfe. S)reBben, o. ^. (1727) 4". (.öaf^e), aitaga^in
ber fäd)fifd)cn ©efd)id)te, %^. 1, S)re§ben 1784, ©. 161 f., 21)1. 2, ©. 658.
g^tagler, J^ünftlciiericon, 23b. 4, ^Dlündjen 1837, ©. 549. 3. 6. ^soggenborff,
Siograp^.^Iitter. ^anbmörterbu(^, 5Bb. 1, Seip^. 1863, ©p. 827 f.
g. ©d)norr öon ßaroUfelb.
©ürtncr: 33ern]^arb 2luguft @., Surift, geb. ju i?affel am 28. Cd. 1719,
t am 28. Sunt 1793, lic^ fid) nai^ beenbeten Uniüerfität§ftubien 1741 al§ 9ted}tö--
antoalt in Gaffel nieber. 1755 marb er jum Advocatus Fisci be§ Dberfürften=
tl)um§ 53tarburg ernannt, leitete mä'^renb be§ ftebeniäl)rigen Krieges '^auptfäc^lid^
bie Ärieg§angelegeul)eiten be§ Cb erfürftentl^umS unb tourbe bon ben ^yransofen
auf längere 3^^^ al§ ©eifel na($ ©tra^burg gebracht, ^tad) ^eenbigung be§
^ricge§ fteHte il)n ber ßanbgraf an bie ©))i^e ber Gommiffion jur Crbnung be§
zerrütteten ^tarburger Uniüerfitätö^au§l)alte§. 1780 tourbe er jum ©e^eimen
9legierung§rat^ , 1782 jum ©e^^eimen 9tat^ ernannt, ©eine ©(^riften betreffen
5-ragen ber praftifd)en 9ied)t§miffenf(^aft.
@ättnet. 377
{Sttieber, .öeff. @e(e^rten = ®ej($. IV, 286; YI, 515; YII, 519; YIII,
512; IX, 380. ^Jhujel, 2er. lY, 9. erjd^ u. ©ruBcr, enct)c(o^. ©ect. I,
Z^l. 52 @. 156. ?trt^ux ^t)%.
Partner: Goxlbinian (B., geB. am 14. ^uni 1751 ju Sc^toa^ in 3;t)Tol,
1769 33enebictinei- bei ©t. ^eter in ©atäburg, ftubirte l^ier bie 9lec£)tc unb
St^eologie, touxbe 1774 5|^riefter, machte noc^ eine ?fteiie nac^ SBürjBurg, 5)^ainä,
SBe^Iai, @öttingen unb 5)3ai-i§ jur toeiteren 2tu§bilbung mit P. ^. S. Jpoier
bii 3um <g)eibfte 1789, too ex Dr. theol. unb jur. utr. tourbe unb 3ug(ei(| bie
5)5rofeffur be§ canonifi^en 9te(^t§ erl^ielt; feit 1792 ta§ er auc^ über S)ip(omatif
unb beutfc£)e§ ?]3riöatred§t, 1804—1807 auci) über Siöilproce^ unb Se:§nrect)t,
tourbe im ^. 1805 toirfücEier öoigeri($t§rat^, iungirte bei ber oberften furfürft=
lid)en Suftijfteöe aU '^üt^ , unter bairifd)er ^errj(f)aft bei ber stoeiten i^nftanä,
toar Dom 16. ^Jki 1807 bi§ 3um 24. S)ecember 1810, too bie Unit) ei-jität (5ala=
bürg aufgelöft tuurbe, beren le^ter 9tector. 5lm 28. ^uni 1812 fe^rte er, nad§
D^eberlegung be§ l^eltjramti, in jein Stift ^urütf, tno er am 24. 9Jlai 1824 ftarb.
Seine Sd^riften finb (au^er ein |3aar anont)men agcetijc^er 2lrt unb öelegen^
l^eit§t!§efen , bie 33aaber angibt unb 2{uifä^en, toelc^e loegen ber 2(nont)mität
f(^toer nac^^utoeifen jtnb): ,.De iure capitulorum Germaniae condencli statuta",
1794. „Stfabemifc^cr S3erfuc^ über ba§ 2}ogtet)red§t im Slttgemeinen unter
Slnmenbung auj ba§ 1^. (Sraftiit ©aljburg", 1794. „Stpologie b. afab. 3}erf.",
1796. 4. „De iure s. Poutificis in erectione academiar. Germ, cathol."
^Programm jum 14. 3Jiär3 1795" (i^a^reetag berSBa^t be§ drjb. |)ieron. 6oI=
lorebo). 4. „Corpus iuris eccles. catholicorum novioris , quod per Germaniam
obtinet, collegit, rec. atque notis illustr." 2 Z1)U. 1797, 99. „@ef(^id)te unb
SSerfaffung be^ 1701 für ben faljburgijc^en Sanbabel erri^teten mititärifc^en
9tuperti=9titterorben§" k. , 1802. „5Da§ bejonbere öfterrei(f)ij(i)e ^irc^enredit in
2I|)^ori§men", 1807. „Saljburgg gele:^rte Untergattungen", 4 ■g)eitc 1812 fg.
„3}om 9]kngel fat]^o(ifcf)er 5t>rie[ter au§ ^Jlangel ber SBifi^öTe", 1818. „gin=
ieitung in ba» gemeine unb beutjd^e Äirc^enred)t mit befonberer ytütifi($t auf
^aiern unb Ce[terrei(^. ^laä) bem Softem be§ föniglic^ baierifd) geifttid^en
5Rat^§ 5)^auru§ SafoB 0. Sd§enf[", 2Iug§burg 1816; alle übrigen finb ju Sal3=
bürg erf(^ienen. — @r ift fein ^^eröorragenber ©(^riftfteller , befunbet jeboä)
großen fyleiB unb einen auf gefc£)ic^tli(^e ©runblegung geritf)teten Sinn, tooöon
namentlid^ au^er ben guten I)iftorif(^en Slbl^anblungen fein Corpus iuris eccles.
3eugt, tielc^eS juerft bie ßoncorbate nebft einer Stnja^t anberer Socumente für
S)eutf($lanb allgemein äugängticf) ma(i)te.
3auner, «iogr. Tiaä^x., ^la^^tr. S. 24 ff. 33aaber I. <B\). 362 ff.
getber, @el. Sericon I. ©. 252 ff. Sßerjeii^ni^ aEer afab. ^xo']. ju Sal3=
bürg K. , Saljb.' 1813. ö. Söurabai^ , Siogr. Sej. Y, 50.
t). S d^ult e.
Gärtner: S.ofel?'^ ©. , 33otanifer, geb. am 12. mäx^ 1732 ju 6atm in
äBürtemberg , t ebenbafelbft am 14. ^uni 1791. 3}erlor balb nad^ feiner @e=
burt feine ßttexn (ber SSater toar fierjogtic^er Seibar^t) unb erhielt feinen erften
UnteiTi(^t im §aufe eine§ D^eimg, ber if)n für ben geifttii^en Staub beftimmte
unb fpäter ju feiner toeiteren 3iu§bi(bung nac£) Stuttgart brachte. S)oc^ geigte
fic^ balb, ba| feine 'Steigung ber 5Jtat^ematif unb ben 5taturh)iffenf(^aften gehörte,
bcnen er alle feine ^JtuBcftunben toibmete. 1750 fanbte if)n ber Ct)eim auf bie
Uniöcrfität ju Tübingen, um bie 9ted^te ju ftubiren, toelc^eä Stubium @. inbe^
balb mit bem ber ^Jtebicin öertaufc^te. 5Zaci)bem er in 3;übingen brei Semefter
ftubirt, ging er nac^ (Süttingen, mo er bis 1753 öermeitte unb befonber§ in ben
S3ortefungen be§ großen "^Ih. Oon Rätter Slnregung fanb, beffen S^orbilbe folgenb
er fid^ gteic^ eifrig ber 5lnatomie, ^^tjfiologie unb Sotanif toibmete, ^laä)
378 (Särtner.
einem fuv^en Slufent^alt in ^nlto unb nad^bem er in 3;ül6ingen nac£) 35ert|eibi9ung
bei' Stffcrtation „De viis urinae ordinariis et extraordinariis" ben mebicinijc^en
Softorgtab emorfien, trat er eine größere h)iffenfcfiaitli(f)e 9leife nn , bic ilfin
3lDei ^dtjxe öon ber .^eimotl^ entfernt l^iett. @r Bereifte ^ftatien bis Neapel,
gian!iei(f), tüo er fic^ ein !§albe§ ^ai)x in ^ont^jeHier unb ebenfo lange in ^ari§
auffiielt , unb ßnglanb , too er jaft ein ^al^r betloeitte. lieber ^oriS , lüo er
nod) einmal me'^rere 5Jtonate blieb, le'^rte er 1756 nac^ feiner 35atcrftabt jurücf,
tt)o er fi(^ al§ 'iär^t nicberlie^. kleben ber ärjtlid^en ^rari§ fe|te er inbe| feine
njiffenfciiaftlictien Strbeiten fort, hjcld^e ficE) nun aud^ auf Opti! unb ^ec^ani!
erftredten. @r ftubirtc biefe äBiffenfrf)aften nirf)t nur in ber Sl^eorie, fonbern
bracl)te e§ bal)in, mit eigener .^anb ein gernro'^r, ein ^J^ilroSfop unb ein ©onnen=
5Jlifro§füp 3U conftruiren. 1759 "^ielt er fic^ öon ^ai bi§ ©eptcmber in ^oHanb
auf unb "^örte namentlich) bie 3}ortefungen be§ berü'^mtcn 93otanifer§ bau 9lol)en
in ßeljben, mit bem er eine innige ^reunbfc^aft f(^lo§. S5on bort ging er jum
jtoeiten 5Jlale nac^ (Snglanb , tuo er bei einem längeren 3lufentl)alt am ^eerc
einige auf feiner erften üleife begonnene Unterfuc^ungen über ©eef^iere unb
s^jflan^en jum Slbfdilu^ brac£)te, öon benen eine 3lb!§anblung über ^IRoltuSfen in
ben „Philosophical Transactions", eine über goob^ljten in !patla§' Spicilegia
zoologicca öeröffentlicf)t mürbe, mäl^ienb eine ©d^rift über bic i^ructiftcation ber
tilgen unb ^^farren 3[Ranufcript blieb, '^laä) 1 \/2iäl)rigem 9lufentl)altc in ©nglanb
!et)rtc er 1761 über 5lmfterbam nad£) S^übingen jurücE, mo er balb barauf jum
^rofeffor ber 5lnatomie ernannt tourbe. 1768 erl^ielt er einen $Ruf al§ 3lfa=
bemifer unb ^rofeffor ber 5taturgefd)id^te nac^ ©t. Petersburg, lüo'^in er im
^uni biefeS 3iat)re§ überficbelte. Um feine burd) bie ©trenge be§ norbifc^en
3öinter§ angegriffene Ü)efunbl)eit h)ieberl)er3uftellen, fd}lo^ er fid) 1769 einer Steife
an, bie fein afabemifd^er äoüegc Wraf Drloff im 9luftrage ber .^aiferin Äat^arina II.
na'd§ ber Ufraine unternal)m. 5Die miffenfcl)aftlic^e 3lu§beutc (vJärtnerS umfaßte
eine Slnjaljt neuer ^Pflan^enarten , beren SSefc^reibungen inbe^ in feinen ^anb=
fd)riften begraben blieben, ©o glän^enb inbe§ feine ©tcHung in ber norbifd^en
Äaiferftabt mar, mo i^m aud^ bie 3)irection be§ botanifd^cn ®arten§ unb be§
ÜtaturaliencabinetS übertragen mürbe, fo mürbe er bocl) berfelben balb überbrüffig.
2)ie auSgebe^nten ^^lmt§gef(^äfte liefen il)m feine ^eit für miffcnfd^aftli(^e 5lrbeiten
übrig; ba§ geräufd^öoüe treiben ber großen ©tabt fagte feinem befcl)eibenen
©inne nidt)t ju unb fo entfagte er bereits 6nbe 1770 feinem Slmte, baS er feinem
fyreunbe unb SanbSmanne ^ölreuter überlief, ©ine ^^enfion, bie man il)m
©eitenS ber 5lfabcmie auSfeljcn tooHte, fd^lug er in ebler Uneigennü|igEeit auS
unb !el)rtc in bic @infam!eit feiner geliebten 3}aterftabt jurüdf, mo er fid^ balb
barauf öer'^eiratljete unb in ber gortfe^ung feiner ©tubien fomie in ber ßr^iel^ung
feines einzigen ©o'^neS, ber ein mürbiger ©rbe feineS 9tamenS mürbe, bie SBe=
fricbigung fanb, bie er im ©ctümmel ber ruffifc^en ^aupiftabt öermi^t l)atte.
©d)on in Petersburg '^attc er ben $lan gefaxt , ein bis ba'^in faft gänjlidl) öer=
nadiläffigteS ©ebiet beS botanifd£)en SßiffenS, bie Seljre öon grud^t unb ©amen
ber ^l^flanjen, in einem umfaffenben 3Berle ju bel)anbeln; ber SluSfü'^rung biefeS
planes ^at er mit ber il)m eigenen Energie, bie fidE) burdE) fein $inberni|
äurücffifirecfen lie^, ben Sieft feines SebenS gemibmet. Ö5. '^atte auf feinen frül)eren
9leifen fd§on öiel auf biefen ©egenftanb SBepglid^eS gefammelt unb beoba(f)tet;
bod^ erfannte er balb, ba§ feine ^Jtaterialien nod£) lange nid^t öoHftänbig genug
toaren unb reifte, um biefelben ^u ergänjen, 1778 nod^ einmal nad§ ©nglanb
unb ^ottanb, mo namentlidt) jmei berühmte üteifenbe, ©ir i^ofepl^ ^anfS unb
3;i)unberg, i'^m bie öon i^en mitgebrad^ten ^rüd^te mit größter Liberalität jur
SSerfügung fteEten. ©rfterer überlief il)m nid^t nur alle S)ublifate , fonbern ge=
ftattete it)m aud^ bie unbefd^ränftc Senu^ung, baS 3erfd^neiben k. ber Unica,
©ärtncr. 379
tDdä)t &. an Ort unb ©teile !6ef($riel6 unb äeicfinete. ^n öet)ben tourbc nodf)
ba§ reiche ?iaturaltencal6inet lüv feinen ^^'mtä ausgebeutet, unb fo fe'^rte @.
i-ei(^ betaben mit tniffenj^aitlic^er 9lu§beute ^nxüd. Slüein n)enig je'^lte bavan,
ba^ bie f^rrüd^te jeine§ f^tei^e§ für i'fin unb bie SBiffenfdiaft öextoren gegongen
toäxen. S)ie Ueberanftrengung "^atte i|m ein f(^tt)exe§ nerböfeS öeiben jugeäogen,
ba§ i^n in bie äu^erfte ©efatir txadjtt , ba§ Slugenlid^t ju öerlieren. 3tt'<i^3i9
5Jionate mu^te er im öerbunfelten 3i^n^fi'/ w^^ft ^^ 33ette, pbringen, bi§ enb=
liä) bie f(f)tt)ere .^eimfu($ung öorüberging. S'^^ax blieb feine (Sefunb'fieit öon ha
an angegriffen, inbe§ bie ©diärfe be§ 5luge§ tcar mieber ba unb mit größtem
Qifer mat^te fici) @. an bie 3lrBeit, bei ber xi)\n bie frü'fier evttjorbene .^anb=
gef(^i(3ü(i)fcit unb ein ^eröorragenbeS gei'^nentatent ttefftid^ ^u ©tatten tarnen.
^laä) älceijätiriger rafttofer SL^ätigfeit toaxtn ^Jlanufcri^^t unb 3ei(f|t^ungen jum
erften 2;t)eile be§ äöerfe§: „De fructibus et seminibus plantarum" boHenbet.
^nbe§ genügte i'^m bie fertige 3Irbeit nodj nid^t; um \iä) bolle Unbefangenl)eit
Bei ber Oleöifion berfelben ju lüa"^ren, machte er eine ^aufe bon l'/2 ^a^ren,
tüä'^renb berer bie tafeln geftocfien tourben unb ®. fi(f) burcf) anbere 5lrbeiten
öon ben farpoIogifcf)en Unterfuc^ungen et'tiotte. ßr öerfertigte eine aftronomifcEie
U'^r unb fdjrieb eine 9)tonograpl^ie ber Compositae, bon ber ein 2lu§pg im
jtüeiten Z^eiU feine§ ^aupttuerteS mitget^eilt ift. 1788 erfc^ien enbtid^ ber erfte
SSanb feiner Äarpotogie, ben er auf eigene Soften §erau§gab unb bon bem, toie
er fic^ in ber 9}orrebe 3um sföeiten SSanbe bitter beftagt, in brei Sauren faum
200 @j:em:plare abgefegt tourben, öntf^ra(^ inbe^ ber buc^l^änblerifdie ©rfotg
ni(i)t feinen ©rtoartungen, fo toar ber tr)iffenf(f)aftli(|e um fo größer. Sie ^parifer
5lfabemie erttärte ba§ 2öer! für ein§ bon benen, bie bie SßiffenfcEiaft am meiften
geförbert I)atten , unb bon allen ©eiten gingen i^m 5Rateriatien für bie Sort=
fe^ung beffelben ^u. @r fütjltc föo^l, ba^ i^m nic^t metir biete Sa'^re be=
f (Rieben feien; bef'^atb machte er fic^ mit fiebert)after .g)aft an bie 5trbeit, bie
il^m gefpenbeten ©c§ä^e ju bearbeiten, nact) bem fdpnen S5ergleict)e feine§ fran=
3öfifc£)en 33iogra|3^en : „Ainsi le voyageur fatigue reclouble la vitesse de sa
marche lorsqu'il craint d'etre surpris par la uuit". S)iefe übermäßige 9lnftrcn=
gung unb geiftige Slufregung berge^rte balb ben 9teft feiner SebenSfroft; im
?IpriI 1791 mar ber ^toeite S5anb brucffertig, ben er felbft ni(i)t me'^r boüenbet
fe^en foEte. ^Ritten in ber angeftrengteften S'^ätigteit für einen britten ©upple=
mentbanb (meldten fein ©ot)n fpäter t)erau§gab), f(i)ieb er au§ bem Seben. Unter
feinen 3at)Irei(f)en l^intertaffenen .g)anbf(f)riften berbient ein SSörterbudf) ber ^Pflanjen^
namen befonbere Sea(f)tung, toeld^eS er in 5peter§burg berfaßt "^aite, ba er fic^
neben ber ^'enntniß ber gangbaren mefteuropäifdien ©pracfien aucf) bie be§ 9luf=
fifc^en ertüorben !^atte. ^nbeffen bon mie bielfeitigem Sateut unb Äenntniffen aucf)
®ärtnei"'§ fleinere 5tr6eiten jeugen , feine bleibenbe SSebeutung beru'^t nur auf
feinem farpologifdjen äöerfe. S)affelbe entt)ält eine x^iiUe bon neuen S^atfactien,
mit mat^ematifd)cr ^Präcifion bargeftcKt unb buri^ ebenfo getreue at§ elegante
Slbbitbungen beranf(f)auli(^t, meldte nod^ ^eute bon großem 'Olu^en für ben pra!=
tifct)en ®ebrau(^ finb , ba @. mol biete ßopiften unb ©pitomatoren, aber no(^
feinen ebenbürtigen ^]tad)fotger gefunben ^at, fo münfc^enSmert"^ eine neue SSe=
arbeitung be§ ©egenftanbeS auc^ märe, SBoI ebenfo merf^bott al§ biefe neuen
3;!^atfad§en finb bie neuen G)efic£)t§pun!tp, meiere ber SJerfaffer in ber im erften
Sanbe ent^Itenen (Einleitung für bas richtige 3}erftänbniß bon 33(ütt)c , gruc^t
unb ©amen eröffnet. 6r ^at 3.33. bie irrige 3}orfteIIung bon „narften ©amen"
bei Sabiaten, Sorragineen k. befeitigt , bie bon Sinne berfc^ulbete S5ermengung
be§ ©amenein)eiße§ mit ben .^'ottjtebonen berid)tigt, obtool er letztere noc^ nid£)t
ftar al§ Crgane be§ ,^eimling§ bargeftellt f)üt unb eine rid^tigere Sinf^eilung
ber gi^üi^te angeba'^nt. S)ie SBic£)tigfeit bon f^rudit unb ©amen für bie Staffi=
380
©ävtner.
fication 3- S. ßei 5^almen, UmbeEiferen jc. ^at er erfatint, lief) dbn öon bei
lleBerfiä^ung biefer 6f}ai-aftei-c fem ge'^alten, ha er, tuie jein großer ^eitgcnoüe
2t. 2. be M«"' f^ßi-" er!annte, ba^ ein natürüd^eä ©Ijftem übcrl)aupt md)t
auf bie SBctra^tung eine§ einjelneu Drganö begiünbet Werben förnte.
Seleuje in Annales du Museum National d'hist. nat. (an XI 1802),
p. 207—233. <Baä)^, @efd)id)te ber Sotanif, @. 132-135.
9U cf) e r f 0 n.
(Gärtner: ^yr. ö. &., 3{rd)iteft, geb. 5U Goblenj am 10. S)ecember 1792,
geft. 3u9]^ünd}en am 21. 9(pril 1847, ift berjenige 33aufünftler, n)cld)er Äicnje's
6laffici§mu§ in ber öunft be§ ^önig§ Öubtoig lange 3cit burd^ feine ^Tlomantif
öerbrängenb bie jweite gro^e SSauperiobe in ^JJtünc^en eingeleitet unb if)r ben
©tempcl feiner '';scrfünUd)feit aufgebrücft t)at. ^n ßoblenj at§ ber ©o'^n eines
|)ofbanintenbanten geboren, ber bon bort nad) SBüriburg unb 1804 nad^ 5JUind)en
berufen tnarb, mad)te er erft an ber bortigen 3lfabcmic, bann 1812 bei g-ontaine
in^^ari§ feine ©tubien unb befu(^te hierauf 1S14 — 18 ^italien, mo er fid) bcfonbere
beul ©tubium ber antifen 'älrdiitefturen in ©icilien mibmetc unb and) ein 2Berf
über biefclbcn, „2lnfid)ten ber mcift crljattenen '-JJIonumentc ©iciüeng" f)crau§gab.
1820 ging er bann nad) -S^oUanb unb ^nglanb , fttarb aber nod) im gteidjen
:3a^re jurüdberufen, um bie ^^^rofeffur ber 2(rd)ite{tur an ber ^Ifabemie jn über=
netimen. 33alb tuarb er and) jum oberften l'eiter ber ^:i?or,H'UanmanuTQctui,
bann nod) ber ß)(a§ma(ereianftaU ernannt. 6r[t um 1829 crijielt er inbe^ burc^
(Cornelius' 3}ern3enbung , ber if)n gefügiger ata i^Ien^e meinenb, bem .^ünige
empfa^^t, ben 93au ber SubmigSfirc^e unb bamit @elegen()eit fid) in bcm 9}er=
trauen bes ^)}lonard)en fo feft^ufelien , ba^ er biä ju feinem 2obe nid^t roieber
barau§ öevbriingt tüurbe. 5Jtan fann nid)t fugen, bafi er baffclbe fet)r gtiinjenb
gered)tfertigt '^ätte, im @egentt)eil »ar e« ein llngtüd für ben .^^önig, tnie für
bie ^ötündjener 33auentmidlung , am aUermciften aber für 6orneIiu§ fctber, mit
bem er nun batb in bie bitterfte ^^-citibfd^aft gerietf). S)en tt)anbelnben Üieigungen
be§ JlönigS gefäüig entgcgcnfommenb , beginnt T)auptfäd)(id) mit i'^m jeneg un=
feüge ^erumtappen in allen möglid)en ©titformen, ba§ in biefer jmetten <6älfte
ber fönigti(^en SSauf^ätigfeit ?llie§ ba§ wieber öerbarb, tüa§ illen^^e burd) feine
rid)tige (Sinfic^t, confequcnte§ SJorgc'^en unb übcrtegeneg Talent in ber erftcn
bereits errungen. 2)afür fjerrfc^te jetjt jener romantifc^e 2)i(ettanti§mu§, ber öon
nun an bie ''JJUind)ener Saufunft faft ein üoHeS 5Jtenfd)enatter (jinburd^ d)araf=
terifirt, unb ©ti(gefül)(, becoratibe ßunft mie ba§ .(ponbmerf gleid) fet)r |erunter=
brad)te. 6r t)at benn aucf) ber unteren .g)ä(fte ber SubmigSftra^e jeneS übe,
mönd)ifd) ro{)e (Gepräge aufgebrüdt, ha^ jebeä feinere i?un[tgefü(;l beteibigt.
©teic^ttjot fann man nic^t fagen, ba^ ®. ol^ne Slalent gen)efen, benn menn 3. 33.
bie ©il^ouette ber l^ubmigSüri^e einen fo nüchternen ©inbrud mac^t, fo liegt bie§
!§aubtfäd)ti($ am i^önige felber, ber au§ bem ^4^Ian bie ^rojectirte ^ubpel über
ber Söierung ftrii^. S)er .«pau)jtfef)ler (Särtner'§ tnar fein 5Jtanget an feinem
©efü'^l, ber iljut fetbft beffere (iombofitionen irie bie be§ 2^re|3t)enf)aufe§ in ber
SSibliot^e! berbarb , bie nod) mäfjrenb be§ 58aue§ ber 2ubmig§fir(^e ebenfalls in
einer 5trt bon fIorentinifdf)=romanifd)em ©til begonnen warb. S)affe(be gitt bon
ber fbäter burd) i^tenje tioHenbeten 33efreiung§t)ane in .^et)lt)eim, einer n)unber=
Xid^en ^7lad)al)mung be§ Sattifterium§ in ^ifa, in bereu i^nnerem 38 einen
9ling fd)lie|enbe S)ictorien ben bamaligen beutfd^en 33unb fijmbotifiren unb
bereu jünftlerift^er SBertt) allerbing§ bem ber S^nftitution felber entfpridjt. —
S^mponirt bie Sibtiot^e! tro^ i'^rer unert)ürten Strmut^ "»an tü'OWicn, bie eine
500 gu^ lange ^Ji-'oi^te boEfommen ungegtiebert lä^t, fo baute au^erbem &. in
ber Subn)ig§ftra|e no(^ hu Uniberfität , bie ir)r gegenübertiegenben beiben 6on=
biete, bie ©aIinen=5tbminiftration, ba§ S3(inben=:3nftitut u. 31. meifx ober weniger
©ättner. 381
in romanift^em ©til, aUe§, ©ebäube, beren 9lücf)ternf)eit unb finftere§ aSefen am
aüeriDentgftcii über i'^re UnjtoedmäBigfett unb JRaumöcrjcfitoenbung ju txöften
öermag , beren xec^ni! oBer einen flägtic^en ^tüdgang ber fo gtdnäenb öom
Äönig Begonnenen ^unftBeftreBungen bocumentirt. ^Befjer finb jene Beiben bie
©tiaBe aBf(^(ieBenben tnum)3§BDgcnartigen ©eBäube, bie ber Loggia dei Laiizi
bii-eft, aBer o^ne a}ei-ftänbni§ i^res malerif^cn (£inn§ nacf)geaf)mte f^-elb^ern^üe
unb ia% ben ßonftantinsBogen mit @ci(i)i(i miebergeBenbe Siegest^ov, bas attein
öon aHen ©ärtner'id^en S3nuten eine ttiitfüc^e ^inhz ber ©tabt genannt toerben
muB, beren .«pauptöerbienft mxliä) bem lebiglid) naiiigeBilbeten f(aii'ij(^cn 5Rufter
^uTättt. — ^-Bon weiteren Sauten ttjdre bann notf) ber ^Jtünc^ener Campo santo
jorcie ba§ jogenannte ^om|3ejaniic^e <§au§ in 2If(i)affenBurg ju nennen, eine 2]iIIa
in römifi^em ©efc^macf, unb bie Biijantiniidie übe g^efibenj in 2ltt)en. ^Tiaä)
6orneIiu§" 2Seggang öon 5]Uin($en crf)ielt &. auc^ bae Sirectorium ber 3tfabcmie,
•ba§ er öi§ 3U feinem 3:obe beüeibete unb bort bcnielBen ungünftigen (iinflu^
äußerte toie in ber 2{rd)iteftur mit feiner ßiie^ung ber 9tenaiffance bur(i) bie
armen unb menig etaftift^en romanifi^en ^ßautormen, beren unBe^ü(füct)e S)ürf=
tigfcit fic^ nun auä) alöBalb in ber 5priOatBautt)ätigfeit fortje^te, mo 6ärtner'§
@(^ü(er, Sürftein, Sipmann, ©reuter, fSoit u. k. eine tro^ atlen Talent« feiten
rect)t erfreuücfie S^ätigfeit enttoicfetten. Senn baB ber romanifd^e ©tit nur
burii) gefc^iiite Senu^ung be§ i^n Befeelenben malerifc^en 6tement§, farBiger
Secoration fomol at§ 5)3taftif unb 3Jlaterei angenefim ju toirfen öermag , ba§
Begriffen meber @. noc^ feine (2(f)üler, im 6egent^eil erlahmten monumentale
5JtaIerei unb ©culptur unter feiner ^errf^aft öoUftänbig, unb feine einzige feiner
i^auten (eiftet toeber in biefer, nod^ n^eniger oBer in becoratiüer Sejietiung irgenb
Gr^eBlic^es. ^m ©egent^eil ^at er felBft bie ^yregfen ber Submigefiri^e burd^
eine unpaffenb f(f)reienbe S)ecoration nit^t n)enig Beeinträchtigt. — 5ti(i)tebefto=
weniger mu^ ^ugegeBen Werben, ba| wenn ©ärtner» Sauten an 2Bertl^ unb
2}erftänbni| ber 3eit unb i^rer go^'bex'ungen nii^t entfernt an ba§ 'f)inanreic£)en,
was gleicf)3eitig Sc^infel unb ©emper fd^men, ober wag fpäter <g)anfen im
Bt),5antimf(^em ©tite leiftete, benno(^ bie mit i^m Beginnenbe Sauperiobe ein
ungemö^nücE) paffenber 3tuöbrucf für ba§ bamats jur <öerrf(f)aft gelangenbe
9tegierung§fi)ftem eine§ 3(Bet unb Söallerftein mar, Wie benn in Beiben fid) bie
romantiiije SÖillfür mit Bigott mönctiifct) finfterem 2Sefen öerBanben, ein 3lna=
c^roni§rau§ in unferer 3eit, bem ba§ ^afix 1848 alSBalb ein f[äg[ic^e§ ßnbe
Bereitete. -ipec^t.
(Siärtncr: So'^ann^P'^iHpp ßbuarb ©., 2lrd)itecturmaler, geB. inSerlin
ben 2. Suni 1801, ftarB bafelBft ben 22. ^eBr. 1877, kBte 1806-13 in Gaffel, Wo
er ben Unterri(f)t be§ 5]kter§ ^llüller, fpäteren S)irector§ ber 3eic^enafabemie in
Sarmftabt empfing. 1813 — 19 war er aU Öe^rüng an ber berliner ^^orjellanfaBrif
Bef(i)äftigt. 6§ folgte eine Dicife an bie "Dcorbjee unb nacf) äöeftpreuBen. Seit
1821 f(i)lD§ er fic^ ßarl (Sropiug an, unter beffen @infIuB @ärtner'§ fünftlerifd^e
Ütidjtung auf ardiiteftonifc^e ^^rofpectmalerei fidj) burd)Bi(bete. @in 3Iuftrag be&
Königs öerfc^affte it)m 1824 bie ©elbmittel ju einer ©tubienreife nac^ ^^ari§,
WD er brci ^a^^re lang BlieB. 1837—39 war er für ben ^aifer Bon ^tu^Ianb
in 93^oöfau unb 5}}eIerßBurg t^ätig. S<^1)ixeid)e feiner 9trBeiten Befinbcn fiif) im
Sefi^ beg beutfc^en ^aiferö. (SärtnefS ©igenart, bie fc§liii)te naturtreue 2Bieber=
gaBe be§ 9lrdf)iteftonifd)en Bei forgfättiger fauBerfter Surc^fütirung t)at f)eute
burd) bie l^f)otograp:^ie an ^ntereffe öertoren; einft waren feine ^orjellangemälbe
(in Ott i)at er wenig gemalt) fet)r gef(i)ä^t.
^at. ber !. Dtationalgaterie in Sertin. Sol^me.
(SärtUCr: Äart g'firiftian S. , 3)id)ter unb (Sc^riTtftetter , Würbe 1712
3U greiBerg in ©adifen geBoren. 5tuf ber gfürftenfdiute ju ^Jld^m Bereitete er
382
(Sättner.
ftc£) auf bie Uniöerfität öor; bort lernte er auä) @eEert unb 9ial6eiier fennen,
mit benen er fpäter 311 Seip^iö toieber jufaminentraf unb fitf) n^ie fie junäcCift
an ©ottfc^eb antrf}Io|. 6r bet^eitigte fid) nie:§r|arf) an bcn unter ©ottfc^eb'S
Leitung öeranftaiteten Iitterari|tf)en Unterneljmungen, ]o an ber Ueberfclumg öon
23al)te'ä „Dictionnaire historique et critique". 3lu(i) an ©d^mabe'ä „33elu[ti=
gungen be§ ^erftanbe§ unb 2öi^e§" arbeitete er mit; feine ^Beiträge 3U biefer
3eitf(f)rift [inb mit S* bejeid^nct. 5Do(^ eBenfo toie anbere 5Jlitarbeiter iüf)tte
auc^ er fid) abgefto^en ' burd) bie einfeitig cliciuen'^aite 3lrt , mit ber in ben
„53eluftigungeii" bie ^ntereffen ©ottjc^eb'ö »at^rgeitommen lourben unb burd) bie
immer größer ttjerbenbe 2lu§bet)nung, bie bie ^^olemif in biefer 3eitf(^riit getoann.
33on it)m ging aui^ ber 9lnfto^ jur 3?egrünbung einer neuen 3citf<^viit au§,
ben berühmten „^euen S3et)trägen jum Vergnügen be§ 33erftanbe§ unb SBitjeä",
an n)elc^cn fid) junädjft nod) Gramer, 3- 31- ©dilegel unb 9iabencr, bann aud)
ßbert, Äonrab 5lrnolb (5d)mib, 3a(^ttriä, ©ifefe unb üor a\itn i?Iobftod bet'§ei=
Hgten. 33on au§gebet)nteren 5trbeiten Uefcctc ®. nur ba§ ©c^äferfpiel „Sie
geprüfte 3;reue", ttie(i^e§ bie iöeiträge eröffnet unb ben 3eitgenoffen at§ ein
^Jhifter bon 3ifii''^icE)feit unb ©tegan^ erf(^ten; ba§ größte 3}erbienft ertoarb er
fid) jebod) burd) bie öon il)m geleitete ^^^rüfnng unb ©id)tung ber eingelieferten
Sltbeiten. S)ie 9iu1)e unb Älart)eit feine§ Urtt)eil§ mad)te it)n batb in bem
üeinen Greife ju bem angefe'^enften j^ritifer; aud) feinem Xabet unb feinen
3lenberung§borfd)lägen, bie er mit liebenSWürbiger Offenheit üor^ubringen Uju^te,
fügten fid) bie jüngeren S)id)tcr ot)ne aüjugro^eä SBiberftrcben. @. beiiie^
ßeibjig im ^. 1745 unb au§ ben ebetn, f)er3lic^en SBorten, bie il)m ^(opftod
nad)ruit („?(n meine greunbe", fünftel Sieb), tonnen mir nod) erfennen , mie
fe'^r bie ^füngerm ben treuen Seratf)er bermi^ten, ber in it)rem Ärcife eine fo
bebeutenbe mie eigenartige ©tellung eingenommen t)atte. ^n feinen meiteren
ßeben§fd)idfalen jeigt fich mand)e Stnalogie mit bem Sebengtauf anberer ^it=
glieber be§ i?reife§ ber „Seiträger" ; aud^ i^n fet)en mir balb in eine geregelte
5lmt§tl)ätig!eit eintreten, ber er fi(^ in treuer '4>Pti<^terfüttung Eingibt, inbem er
bie 3eit ^e§ Seib^iger 3ufamnienmirfen§ al§ ben ^öl)ebunft feincä ßeben§ in ber
Erinnerung feftl^ält unb an ben großen geiftigen .kämpfen, bie bie i^'otgejeit
brüd)te, feineu tt)ätigen 5lntl)eil mel^r nimmt, ^m^. 17-46 mürbe (B. in 35raun=
fd)meig, mo er fic^ al§ ßef)rer jmeicr junger (Strafen öon ©c^önburg aufl)ielt,
auf ^erufalem'ä 3}orfd)lag mit bem Unterrii^t be§ S)eutfd)cn an bem furj jutJor
begrünbeten Gottegium Garolinum beauftragt; 1748 erl)ielt er an berfelben 2ln=
ftalt bie ^^^i'ofeffur ber 93erebfamfeit unb (Sittenlehre, daneben la§ er aud^ über
^oraj unb S5irgil. 1761 gab er bie „(Sammlung einiger 9teben" l^erau§, bie
er für (Sd)üter be§ SarolinumS jum SBortrag bei feierlid)en (55elegenl)eiton an=
gefertigt l)atte. 5Jlit ben anberen IDtitgliebcrn be§ Seip^iger ^reifeö, bie in
SSraunfc^mcig angeftellt mürben, blieb er in freunblid)em SJerfel^r; in @emein=
fd)aft mit 3od)ariä beranftaltete er eine Ueberfet^ung bon ßinguet'ö „Theatre
espagnol" (S5raunfd)meig 1770—71, 3 SSbe.). 2ll§ er 1775 aum 6anonicu§
be§ @t. S3lafiu§=(Stifte§ ernannt mürbe, rid)tete Äonrab Slrnotb ©d)mib an i'^n
ein längeres fomifd)e§ @ebid)t „S)e§ l^eiligen 33lafiu§ ^^ugenbgefc^ic^te unb
SSifionen", meld)eg er jeboc^ erft neun S^a'^re fpäter öoltenbete. (5lbgebrudt im
beutfc^en 5Jiufeum 1784, II. <B. 97—136.) 1780 marb &. ^um l)eräogli(^
braunfc^meigif($cn Jpofratl) ernannt, dr ftarb am 14. Februar 1791.'
5ßgl. Sorbens II. (5. 3—9. Äoberftein III. ©. 55 f. (Sein »ilbni^
finbet man bor Sanb XI ber 5^euen SBibliotl^e! ber fd^önen 2Biffenfc^aften.
äö. ßreiäenad).
©ärtlicr: i?arl grieberic^ b. 6., SBotanüer, geb. am 1. ^ai 1772 p
Salm in äßürtemberg, t ebenbafelbft am 1. ©ept. 1850. @rl)ielt ben erften
©ärtner. 383
Untemc£)t öon jeinem ©ater, ^o]tpf) &. (f. o.), beffen 23eif:t3iet für jein ebeniaÜS ber
^laturforfdiung getoibmeteS SeBen ma^gebenb tüurbe. 51ad)bem er al§ |)0§^c§
bie niebere Ä(ofterj(f)uIe in SeBen^aujen öon DctoBer 1787 an befuc^t, unb
3tDei i^a^re a(§ Sef)vüng in ber ^eraoglid)en ^oja^jotfiefe ju Stuttgart angebracht
|atte, Begann er feine mebicinifd)en ©tubien an ber ^ol^en ^artefd^ule, unter
beren Setircrn Befonber§ Äielmet)er if)nt na^e trat unb nac^ bem 1791 erfolgten
jlobe Sofep^ Partners einen um fo toii^tigeren @influ^ au§üBte. 2(uf beffen
9lat^ Be^og 6. 1794 bie Uniüerfität Sf^na unb Begann bort Bereite feine Unter=
fud^ungen üBer bie ^f)t)fiologie be§ |)arn§ , 3u üpeläient 3tt'ec£e er mit |)ufetanb'§
Unterftü^ung cf^cmifd^e ^InalQfen in bem ßaBoratorium öon ©öttling augfü^rte.
1795 ging 65. na^ ©öttingen, tüo Befonber§ bie S^ortefungen be§ ^§t)fifer§
(unb .^umoriften) Sic^tenBerg anregenb auf it)n toirften; öon bort au§ Befuc£)te
er mit einigen feiner bort ftubirenben SanbSleute ben -par^ , namentlid^ um bie
SSergmerfe fennen au lernen, ^m ^erBft 1795 in bie ^eimat^ äurücfgefel^rt,
tourbe er im 9)tai 1796 in SüBingen naii) 25ert^eibigung ber S)iffertation :
„Observata quaedam circa Urinae Naturam" ^um S)Dctor ber 5)tebicin |)romo=
öirt unb üe^ ft^ ali Strat in feiner S3aterftat)t ßalm nieber. S)ie öratlic^e
^^rai-i§ in einer fleinen ßanbftabt, mel(^e in ben nun folgenben brei ^a^rae^nten
einen großen 2;^ei[ öon ©ärtner'S 3eit w Slnfprud) nat)m, fonnte feinem raft=
lofen ©treBen nit^t genügen. 2lnfang§ fe^te er bie |3:§t)fioIogif(^=c^emif(^en
©tubien fort, bie fici) Befonberä auf bie c^emifc^en Seftanbt^eile ber Äno(iien
Bei 9Jlenf(f)en unb 3;§ieren, je nat^ S5erf(i)iebeii|eit öon 3IIter unb @rnät)rung,
Belogen, toorüBer inbe^ nur 5tnbeutungen in bem 1805 erfc^ienenen erften ^anbe
ber „S)enff($riften ber öaterlänbifc^en @efellfd)aft ber 3ieräte unb 5taturforfc£|er
©cfitoaBenS", ©. 74, öeröffentlit^t finb. ©Benfo ift nur eine fur^e 5^oti3 über
feine Unterfu(i)ungen üBer ba§ Sendeten be§ mobernben ^ol^eS in ©cfierer'g
Journal für S^emie 1799 öeröffentlidit. ©päter manbte er fid^ me§r ber 23o=
tanif 5U, inbem er bie fd^on in feinen ©tubienja^ren BeaBfi(i)tigte .^erauSgaBe
ber Botanifc^en 5Jlanufcri|jte feine§ 3}ater§, namentlich be§ (5uppIementBanbe§ ber
Äarpologie (ben Srurf be§ ameiten 33anbe§ l^atte er nod) ai^ ^arl§fd£)üler ju
üBerma(i)en ge§aBt) n)ieber aufnafim. Um für biefe StrBeit neue§ 5Jlateria( äu
geminnen unb fid^ üBer^aupt in ben großen miffenfd)aftüd^en ^ittelpunften
3öeft=@uropa'§ tneiter au bitben, unternat)m er 1802 eine einjährige Steife nacf)
fyranfreid^, ßnglanb unb .^oUanb. UeberaE eröffnete if)m ber 5lame feineg
3)ater§ ben 3iitritt au ben Bebeutenbften ©ele^rten; er arBeitete in 5|3aii§ Bei
(Juöier unb 21. 2. ö. Suffieu, öerfe^rte mit 2)e§fontaine§ , 3)e(euac (bem er bie
5JtateriaIien für bie öon biefem BearBeitete SSiograp^ie ^. @ärtner'§ lieferte),
SBentenat, SaBiEarbiere, 5perfoon, ß. 6. 9tidf)arb ic. 5lud) in Sonbon fanb er
bei S)rt)anber, SamBert unb S3anf§ bie roo^tmoEenbfte 2lufna|me. ße^terer,
fomie 2;l§unBerg, meldte Bereite ^of. @. bie mert^öoEften 9Jlaterialien für feine
^arpologie geliefert I)atten, unterftü^ten ouc^ ben ©o^n mit nid^t minberer
SiBeraütät, fo ba^ ber erwähnte ©upplementBanb be§ ^er!e§ „De fructibus et
seminibus plantarum'', bie öon ^ofep!) &. l^interlaffenen unb ao'^ti^eidie eigene
Unterfud^ungcn ^arl ^Jriebrid^ @ärtner§ ent^^altenb, 1805 erfd^einen fonnte. 3ßie
feinem 3}ater, aog aud^ i^m ber an^altenbe (BeBrauc^ be§ 5Jlifro§foB§ ein l§art=
näclige§ Slugenleiben au, ba§ i:^n nöt^igte, biefe gorfd^ungen gana aufaugeBen. ^n
ben näd^ften ^a^^ren Befd^äftigte if)n ber ©ebanfe, nad§ .^aEerS 3}orBilbe ein
umfaffenbeS äöerf üBer ^fIanaen=^^t)fiologie au öerfaffen. S5iele§ :^atte er für
biefen 3^^'^ Beo6adl)tet unb gefammelt, Befd§rän!te inbe§ nai^ mefireren S)e=
cennien feine Unterfucf)ungen auf einen 3toei9 biefer S)i§ciplin, bie Seigre Don ber
©ej;ualität unb ber 33aftarbBefrud§tung im ^flanjenreic^e, beren 5lu§6au er öon
1825 an ben 9teft feine§ SeBen§ getoibmet i)at; goi-'ff^ungen, bie feinem Flamen
384 ®^^^'
einen unbevgänglic^en «pia| in bev CvJefdiidite bei- SÖiM^ait fi^ern. S;ie 5ßer=
anlaffung m biejen Unteifucf)un9en tüar 3unäd)[t eine äußere. S)ic 2ei)xt öon
ber ©ci-udität ber ^flanjcn, Ibegiünbet buvd) bie genialen Unterfuc^ungcn öon
5Rub. ^ac. gameratiug, allgemein bevBveitet buit^ bie ?lutovität Sinne'S, ber auf
biefelbe fein ©Aftern begmnbete, nod) toeitev befeftigt burc^ bie langjäf^rigcn
SBevfuc^c unb 5ßeobad£)tungen bon i^ölrcutcr nnb e^r. Gonvab ©prengel,
f(i)ien :t3lö^ü(i) bur(f) ben breiften aiUbeiipruc^ bon ©djelber unb .^enfrf)el
ei-nftlid) erfd)üttert. 5Die 3?erlinex 5lfabemie fteüte 1819 eine ^reiSaufgabe :
„(Sibt e§ eine Sa[taibbcfvucJ)tung im ^^iflauäenreidie", meiere in ber geje^ten
grift bon bier ^afiren feine 33eantmortung unb erft 182G bon 2öiegmann
eine ungenügenbe ßojung ianb. Ö. janb fic^ burc^ biefe ^eitfrage ber=
anlaßt, bie ^l)l6ribation§berjud)e i^ötreuter'g, ben er al§ einen greunb feineä
35ater§ ^jcrjönli^ fcnncn gelernt '^atte, ttjiebcr aujjunel^men unb nad) einem er=
raeiterten ^4.V(ane buri^juiü^ren. S)icfe Unterfud)ungen feffettcn if)n bon nun an
an fein ."pau§ unb an feinen ©arten; mit beifpieKofer @rünbtid)feit ttiurben aHc
SBebingungcn ber normaten unb fünftlid)en 23cfruc^tung unb alle möglid)en
ge^ilerquellen in (Srtüägung ge-\ogen unb ber ©egenftanb in einer 9teit)e bon
3}erfud)en, beren gal^t 9000 übcrfticg, jum ^Ibfftlu^ gebracht, lu^er ber=
fciiiebenen fleineren 9Jhttt)ciIungen in 3eitf(^riften unb auf 9iaturforfd)er=U5er«
fammtungen beröffentlid)te ÖJ. über feine 3hbciten 1838 eine bon ber Nederl.
Maatschappy voor Wetensch. bon ^aartem gefrönte ^rei§fc^rif t : „Over de Voor-
stelling van Bastard-Planten ane Bidrage tot tlc Kennis van de Bevruchting
der Gewassen", fotoie ein gröfiereS jWeibänbigeS äöerf: S^etl I unter bem 2;itel
„35erfuc^e unb Beobachtungen über bie 23efrud)tung§organe ber boÜfommencn
@ett)äd)fe unb il^re natür(id)e unb fünjtlid)e 33eTrud)tung burd) ben eigenen
^Poüen" erfd)ien 184-1 unb ber II. „93erfud)e unb 58eobad)tungcn über bie 93a=
ftarbäeugung", 1849. 3Sie mand^eS in feinem 8eben§gange an baö ©d)idfal
feine§ ä)ater§ erinnert, fo l^atte fic^ bieg epot^emadienbe Söerf eine§ fo geringen
bud^flänblerifc^en grfoIgc§ ju erfreuen, bai er fid) für bie S3eröffenttid)ung be§
jmeiten 2;{)eile§ bei ben ungünftigcn 3eitbert)ä(tniffen be§ „toEen ^ü1)xe^" gum
Selbftberlagc entfd)Iief3en mu^te; bod) mar i^m, mie feinem SBater, aud) ber=
gönnt, ba^. |)auptn:icrf feineS l'eben§ an feinem 5eben§abenbc jum 2lbfd)lu^ gu
bringen. S)ie 23ebeutung beffelben mürbigt (Bad)^ (ö)efd)id)te ber 33Dtanif,
©. 462) mit folgenben äöorten: „Seibe 2öerfe aufammen finb ba§ grünblid)fte
unb umfaffenbfte , ma§ biSljer über bie erpcrimentelle Unterfuc^ung ber (5ei-uali=
tätSber^ltniffe ber '^flanjen gefd)rieben Sorben ift. ©ie bilben einen gton:eid)en
3lbfd)Iu^ ber nad) ^ölreuter mit ^tt^eifetn «n ber ©eruatitdt beginnenben
^^eriobe".
giora 1851, ©. 135-43 (nad^ 9B. bon Säger erfc^ien biefer ^efro=
log eines ungenannten a5erfaffer§ juerft in ber ©(|mäbif(^en (£()ronif bom
28. S)ec. 1850). b. 3?äger, in ;3at)re§^efte be§ SiereinS für batcri. 9toturf.
in 3!ßürtemberg, 8. 3fa^rg. 1852, ©. 16—33. Slfc^erfon.
©ort): S. 6. ®., ^mat^ematifer, geb. am 1. 3uni 1792 ju ^Jtagbeburg,
t am 16. gebruar 1864 ju .^alle, tt)o er ber Uniberfität feit 1823 al§ au^er=
orbentIid)cr ^^rofeffor anget)örte, ot)ne nennenSroert^c Erfolge feiner öel^rf^ätigfeit
aufmeifen 3U fönnen. '^lehtn einer „9lügemeinen ©röBenle^re" (.^atte 1820)
berfa^te er befonberS eine ^Jlonograb^ie in lateinifd)er ©pradic über bie ara=
bifd)en Ueberfe^er unb ©rftärer be§ ßuflib {^aUt 1823), metd)e bon bleibenbem
großem 3öertf)e ift unb fei)r bebauern lä^t, ba^ ß). nid^t feine, in ber 5ßorrebc
gegebene 3ufage erfüHenb , meitere 9lrbeiten auf gleid)em ©ebiete folgen lie^.
äßir fennen bon \i)m nur nod) eine ^Injaf)! bon 33eiträgen ju @rfd) unb @ruber'§
@nct)cIopäbie, toeld^e ben getoiffen'fjaften unb geleierten ^iftorifer ber ^Jtatljematif
(Sjai^c — ®arüe. 385
erfennen lafjen. 53teKeici)t l^äitgt mit btejer bem etjuHten 9taume nad^ fo 9e=
ringeti tt)iffenf(i)a|tli;^en X^ätigfeit bie öerbrie^lic^e 5latur bon (B. 3ufammeti,
ber al§ gricggrämiöcr ^unggejette ein|am in einem S)Q($ftül6(i)en feine testen
^ai)xt öei-trauerte. Untex ben Erinnerungen an ben ©onberling, bie gegenwärtig
no(^ in ^aEe bor'^anben finb, ntöd^te folgenbe BefonberS fenn^eidinenb erfct)einen.
2II§ @. einmal lebenSgefä'^rlitf) erfranfte, Ite^ er ficf) au§ ber Uniöerfitätebibliotl^ef
fämmtti(^e 5Büci)er über bie Unfterbtii^feit ber ©eele ^oten. äöieber l^ergefteEt
fd^idte er bie SSü(i)er äurüd unb lie^ baju fagen, nun braud^e er fie nic^t me^r.
SSei feinem Xobe öermacfite er aber biefer S3ibIiot^ef qKc feine 3?üc£)er, barunter
mel^rere tnerf^öoHe ältere (Sd)riften. ßantor.
®ar^c: f. ©arcocuö.
®aröc: ßl^riftian ©. , 5]}opularpl,ilofopl) , geb. am 7. :3anuar 1742 in
SBre§lau, t ebenba in ber 9la(i)t öom 30. 5loöember jum 1. Seaember 1798.
6r gel^ört gu benjenigen ^[Rännern be§ borigen ^a'^rl^unbertg, tceld^e bie 3Biffen=
fd^aft in§ Seben äu füljren fid£) müßten, bie mit meltmännifdfier SSilbung öertraut,
öoE 3ld£)tung bor il)rer ^J^utterfpradie, im ßJegenfa^e p ben gelehrten 5)]ebonten
beutHd^ unb fa^lic^ fd^rieben unb baburdf), U)ie ©oef^e bon (Saibe unb ^lenbel§=
fo^n fagt, attgemeine 2:i)eilna]^me unb 35etounberung erregten. SSebor j?ant in
feiner ganzen Sebeutung geb3Ürbigt mürbe, galt &. nebft bem i^m befreunbeten
5Jtenbel§fo'§n für ben bebeutenbften $]ß:§ilofo|)|en, unb ^ant felbft utt^eilt fo in
^Briefen an 5[Renbel§fol)n bom S- 1783. — ®. ttiar al§ Ueberfe^er, 6ommen=
tator, ^ritifer tt)ätig; feine ^ft)ci|ologifc^=mDralifdf)cn 9lb^anblungen befunben
alte ben feinen Genfer: im getoiffen ©inn ift er auä) ber 9!>orläufer ber fpäter
fo gef(f)ä|ten S5erf affer bon „@ffat)§". — @ine georbnete (Sammlung feiner
3a!§lreidf)en Slbl^anblungen l^aben ioir nid^t; mit 9tedf)t beflagte ba§ fd^on 5Bouter=
meE (1819): „berbienen" , fe^t er ^in^u, „biefe gemeinnü^igen ©df)riften nic^t
bor oielen anberen in einer 9iei!^e pfammengeljörenber SSänbe einen ^lo^ in
jeber guten 35ibliot^e!?" — 5ll§ Ueberfefeer mad^te (S. fid^ frü^ befannt: im
^. 1772 berbcutfdE)te unb commentirte er „9(bam f^evgufon'g ©runbfä^e ber
5Jloratt'^ilofot)l)ie"; in bemfelben ^a1)xe erfd£)ien bie ^roeite 9lu§gabe be§ bon
gjlein^arb überfe^ten 2Ber!e§ bon ^. §ome „örunbfä^e ber ^riti!" burd^ &.
unb ßngel beforgt in ^mei SSänben , balb barouf ha^ für bie öitteratur unb
^!pt)ilofo|i]§ie im bortgen ^a^rl)unbert toidt)tige SBud) bon (Jb. 35urfe „Ueber ben
Urf:prung unferer ^Begriffe bom ©r'^abenen unb Sd)önen" (1773 anont)m), ba§ auf
Seffing, ^erber , Äant 6influ§ übte. Seffing unb ^erber tDoHten ba§ 3Ber!
überfe^en, führten i^ren 5ßlan aber nid§t au§; au§ einem Briefe äöei§e'§ an
^erber bom ^. 1768 ge'^t '^erbor, toie biel Söertl) barauf in litterarifd^en
Greifen gelegt tourbe. 1776 erfdt)ten (Sarbe'S Ueberfe^ung bon 3llej. ©erarb'g
SSerfud^ über ba§ (Senie, bie au($ ©dritter eifrig la§. S)urdf) griebric^ IT. mürbe
@. äu einer Ueberfe^ung be§ ßicero bon ben ^fli(^ten aufgeforbert, meiere er
1779 in ßbarlottenbrunn begann unb 1783 mit 3lbl)anbtungen unb 2lnmer=
lungen beröffentlid£)te ; 1788 erfd)ien bereits eine britte, 1792 bie bterte 5luflage
mit ber h:)idf)tigen aud^ befonber§ (^uerft 1788) l^erauSgegebenen 2tbl|anb(ung
„Ueber bie SSerbinbung ber 5Jtoral mit ber ^politif". !Sie Unterfud^ungen „3fo=
■^ann 9Jtacfarlan§ , ^rebigerS in Sbinburg , über bie 2lrmutl)" überfe^te er
unb begleitete fie mit 3wfä^en unb Slnmerfungen 1785; ebenfo ^11. 5^)at)let)'§
„(Srunbfä^e ber ^oral unb ^olitif" 1787 (2 33be). — ®a§ ^ntereffe für
nationalofonomifd^e fragen fu(f)te er aud^ befonberg p förbern burc^ eine neue
ißerbeutfd^ung bon Ibam ©mitl)'§ 3Ber! „Ueber ben 5ktionalreid^tl§um", mobei
ein ©eptfe il)n unterftü^te (1. unb 2. 2;:^eit 1794; 3. Xl)eil 1795; 4. 2§eil
1796). S}on 9lrtftotele§ überfe^te unb erläuterte er bie @t^i! (1798, 1. 3;^eil);
Sragem. beutftfje SSiosra))'6te. VIII. 25
386 ®""'^-
bic ^t^otitif eiid)ien mä) feinem SLobe l^etauSgegeben öon @. @. ^üllebotn
(1. 2:]§eit 1799; 2. lljeil 1802). — SSon jeinen ^ritifcn finb bie Bebeutenbften :
bie 9lecenfton ber fritifd^en äöälber don Sperber in ber 9^euen 33161. ber |d).
äö. 1769, IX. 1. u. 2, in toetd^er er ben äiejfinn unb bie Äenntnijie |)crbei-'§
tü^mt, üicx üon bem „öortrefflid^en ^o^te" n)ün|d)t, ba^ er mit minbcrer ^ef=
tigteit feine eigenen grörterungen burdibenfe unb bovtrage. OBglcid^ (S, für
^crbci-'§ tiefe Intentionen, '•Jlatürlic^feit unb Unmittelbaifcit be§ ®efül)l§ in ber
5)3oefie ju förbern, nic^t ba§ not:§tocnbigc Organ mit6rad)te, njünfd)tc fid) .g)er=
ber „Uiete fold)er ßefer" (äöerfe öon @upt)an II, 83). S)ie bortrefftid^e 9lecen=
fion öon Seffing'§ ßaofoon 1769 in bcrfelben 3eitfd)rift; toieber aBgebrudt ift
fie in ber jtöeiten 5luflage ber ©ammlung einiger 5lM)anbIungen au§ ber neuen
SBiöl (1802, 2. Zijdij. 3n mani^en ^4>unften glaubte ®. ^effing miberfpred)en
äu muffen; fd^arffinnig f)at er aber fd)on bamal§ bie ßigenart Seffing'S in ber
Sße^anblung tt)ilfenfd)aitlidf)er fragen unb feine unöcrglei^lid)e Äunft ber S)ar=
fteüung ju föürbigen unb ju d)arafterifircn gemußt. Seffing, ber ben SJerfaffer
übrigens nid^t !annte, war allein mit biefer Äritif „fe^r tt)ot aufrieben", mie er
5lico(ai fd)rieb. — S)ie ^DJlängel ber 33arben= unb ©falbenpoefie erfannte @.
tt)ie ©oet^e; bie 9tecenfion erfc^ien 1771 in ber genannten geitfd^rift. S)oct)
öju^te er bie $emüf)ungcn .^erber'S nid)t genügenb ju toürbigen , ber eine au§
bem nationalen 23oben ^raft unb ©tärfe 3iel)enbe 5£)icf)tung erftrebte. - S)ic
Äiiti! ber reinen Sjernunft enblicl) öon Äant recenfirte @. in ben (Söttinger
getel)rten ^njeigen 1782; feine 3lrbeit tourbe jebocE) öon f^eber in öerftümmelter
©eftalt öeröffcntlid)t. — ^el;rere feiner '^lbt)anblungen fammclte unb orbnete
@. felbft, fo gab er 1779 l)erau§ bie „(Sammlung einiger 2lbl)anblungen" ;
„SBermifd^te ^luffäl^c", 1796 1. 2:^eil, 1800 2. i^eil. — 2)ie „a)erfud)e über
öerfd)iebene ©egenftänbe au§ ber ^Otoral, btr ßitteratur unb bem gefettigen ßeben"
erfd^ienen 1. Xljeil 1792, 2. Xljeil 1796; ber 3. 2:§eil (1797) entl)ält bic
©palbing geöjibmcte größere (5d)rift „lieber ®efettfd)aft unb ©infamfeit", metd)e
il)ren 3tbf(^lu| im 4. 2l)eil fanb, ber ebcnfo tou ber 5. nad) feinem 2;obe öon
^anfo unb ©d^neiber Ijerauägegeben mürbe, ©eine ^^uffä^e über griebric^ IL,
bie äum St'^eil, nad) feiner eigenen ^Dtittlieitung, burcl) feine Unterrebungen mit
bem Könige öeranla^t maren, fammelte er unter bem Sitel „g^ragmcute 3ur
(5d£)ilberung be§ @eifte§, beS ß^aratterg unb ber Otegierung griebridE)§ be§
3mel)ten", 1798, 2 23be. — @ine toid)tige Duette für @aröe"§ geben finb feine
^Briefe: tüer mic^ nur au§ meinen ©c^riften fennt, fd^reibt er einmal feinem
t^reunbe aBei^e, fennt midi) toenig. ^Jleine ^öriefe enthalten öietteic^t mel)r gute
@eban!en al§ meine 58üd)er. S)ie mid^tigften finb: ,3evtraute Briefe an eine
gfreunbin", 1801; „^Briefe an feine ^3Jlutter", l^erauSgcgeben öon ^. 31. ^Jteujel
1830 (für bie 3eit öom i^anuar 1770 bi§ ©e|)tcmber 1772); „Briefe an 3otti=
lofer" bi§ jum SobcSja^re 3ottifofcr'§ 1785, 1804; „Briefe an Söei^e", 1803;
„SSriefe öon ^^riebrid^ @en^ an @aröe", 1857 öon ©d)önborn l)erau§gegeben
(für bie S^a^^re 1789—1798). — ©aröe'§ SSater , Sefi^er einer gärberei in
SBreSlau, ftarb frü'^e; ben fd^mäd£)lid^en Änaben erjog bie treuefte 5Jlutter, mit
meld^er er zeitlebens im fdjönftcn S}erl)ältniB ftanb. 9ln be§ ©ot)ne§ Silbung
'^atte bie trefftidl)e ^^rau öielen 3lnt^eil; bie Sricfe an fie jeigen, ba^ fie bei
attem einfad^en ©inn ba§ größte ^ntereffe für äöiffenfd^aft unb S)idl)tung ^atte.
S)e§ ©o'^neg nid)t leichte ^;!lbl)anblungen la§ fie. Sl)re gr5mmig!eit war öon
leinem .^ang ju ungefunber ^IRt^ftif ober ju fanatifd^er Sfutoleranj getrübt;
Seffing $at fie t)erfönlid^ gelaunt unb gee'^rt. 1762 be^og @. bie Uniöer-fität
granffurt a. £). ; nad) SSaumgarten'S Sobe, ber balb barauf ftaxb, ging er jebod^ nad^
.g)atte, mo er fid^ ber ^P^ilofop^ie unb 5Jlat:§emati! mibmete; bie bort l§errfdl)enbe
^ietifterei ftie^ i'^n ab. ^Jlac^bem er 5)lagifter geworben, begab er fid^ 1766
©arüe. 387
nacf) Sei^jtg. ^ier tt>o!§nte er auf 3Bun|(^ ber ^Jluttev Bei Vettert, ber il^n
äärtlid) IteBte unb fein 2;alent öalb eifannte. ^Jtc^^rei-e ^Briefe ©eEert'S an
@ai-t)e'§ Butter unb an i"^n finb er'fialten. S)ex ängftltd)e ©eEert, bem ba§
trete 2e6en§gefüt)l ber S)id)ter ber neuen 9iic^tung jremb toar, toirÜe in
mancher SSe^ieiiung üieEeid)! nid^t günftig auf t^n; in Seipjig lernte ®. aöer
tüie Sngel ein ^^^l^ttofo^t) für bie SBett 3U toerben. S)a§ ©treben ber Seip^igcr
nac^ ©rajie iou^te er fo ju öertocrf^en , ba^ feine Ii(i)tboIIe ^45rofa toeber on
Söürbe nod) an @inbringlid)!eit einbüßte. 5[Rit &). S^elij Sßei^e tourbe er Be=
freunbet; efienfo mit goHi^ofer, einem freiftnnigen 5]3rebiger an ber reformirten
Äirc^e 3U Seipjig, ber ac^tunbjtean^igiä'firig au§ ber ©d^mei^ bort^in berufen
toarb; mit ^[Ric^ael ^uber, Oefer, öor aEem mit bem ^tiilotogen Steij, bon
bem er f agte : nie !^at ein 5}lenf(^ mi(f| aufrictitiger geliebt. — 3luf ben SBunfd)
ber 5Jlutter öerlie| er Mp^ig, f(^on 1767. S)en ©ommer ftubirte er fe'^r
fleißig in 33re§lau, feine !ör^erlid§en Seiben begannen f(i)on bamal§. 3}om
^at biefe§ :3a!)re§ an liegen in ben ^Briefen an eine ^^i-'cu^bin 5^a(^ri(f)ten über
i^n unb feine bamaligen ©lubien bor. Sie 3ßit ^^^ ©elbftbeobac^tung unb
©elbftber^ätft^elung tritt auc^ au§ biefen ^Briefen un§ entgegen, ^lur ber 3Sor=
name ber }^xan , ^il^elmine, ift mir Be!annt; fie toar an einen Slbbofaten in
Seip^ig berf)eirat^et, bon bem fie \xä) nid^t genug geliebt unb berftanben füf)lt.
©ie erfdieint, au§ ben SSriefen (Sarbe'S an fie, feinfühlig, etU)a§ bcrtoölint, bi(J)=
terifc^ beanlagt , ber Umgang mit ben tribiaten f^i-'auen SeippgS &el)agt i^r
nici)t. ^^ür ®. "^at fie gro^e Steigung, ift gelegentlich felbft eiferfüc£)tig , tüenn
er eine anbere f^-rau lobt; bei i"^m, ber al§ ein ^Jlann o|ne alle jugenblic^e Seiben=
jd^aft erf(i)eint, fteigert fid) bie l^er^lidie 9ieigung nie jur Siebe; er rebet bon
il)rem „lieben ©atten", ift beforgt, fie mit il)m in Harmonie ju bringen, ©eine
ängftli(^e, aber audf) jugleid^ getoiffen^^afte unb reine Statur offenbart fi(^ über=
all. — ®arbe'§ Seetüre bilbcn me'^r bie @nglänber unb Italiener al§ bie 0^ran=
jofen; bon beutfc£)en S)id§tern errt)äi§nt er unter anbern SBei^e, befonber§ fein
SErauerflji'el „fftomeo unb ^ulie"; ben 5Ragifter Äant ertoä^nt er bei @elegen=
i^eit ©mebenborg'g ; in ber ^liilofop^te jeigt er fic§ er al§ ©d^üler SocEe'S unb
ber ^P^ilofop'^en, bie Sodfe'S 6mpiri§mu§ folgten. — dlaä) @ellert'§ 2obe tourbe
@. 1768 au^erorbenttidier ^rofeffor ber ^^ilofop^ic in Seipjig; er la§, toie bie
Briefe an bie 5)tutter le'^ren, über Sogif, 9ilat|emati!, -i^etorü, &ti)\t. ^m.
ß^oEeg -über le^tere l)atte er wenig ^n^öux, „unb ba§ ift gerabe bie 5lrbeit,
bie id) am liebften unb, toie id) benfe, am beften t^ue." ®er 3lufentl)alt in
Seipäig jeboc^ tourbe i"^m nii^t blo§ burd§ feine fd^toäd^lic^e ©efunb^eit ber=
leibet: unfere Unibcrfitäten l^aben einer Ütebolution nöf^ig, fc^reibt er. S^=
nel^menbe .^ränflid^leit 3toang il)n enblidt) 1772 in feine 25aterftabt 5urüdäu=
feljren. ©eine ja'^lreidien 3lbl) anbiungen bon biefer 3cit ^^ machten i'^m in
S)eutfdt)lanb balb einen berü'^mten Flamen; frei bon jebem Slmte, lebte er nur
leinen 3lrbeiten. f^ür gefeKigen Umgang l^atte er ftet§ bie größte 33orliebe;
fein für bie ^''-'eunbfd^aft fe'^r empfänglidC)e§ , fanftgeftimmte§ |)er5 lie§ il)n mit
fernen f^reunben in regem 33rieftoed)fel bleiben, ^m fd£)lefifd)en SSabe 6!§ar=
lottenbrunn befanb er fid^ oft jur (är'^olung ; feltener mad^te er Steifen, fo 1781
nadf) SB erlin unb SSeimar, too er ®oet£)e fprai^ , aber bon i'^m in 23riefen
leiber nid)t S3erid)t gab. — S)er ärgerlidf)e ©treit , ben ^flicolai unb Siefter
gegen i^n erhoben, al§ er gegen bie i£)m übertrieben fdt)einenbe 3^urd)t bor ben
Sfefuiten fiel) auSfpradt), tourbe balb beigelegt: 53iefter, ber bietteidt)t fd)arffid^tiger
"hierin al§ @. toar, lonnte be§ 9}tanne§ e'^rlid^en unb milben ©inn nid^t lange
berfennen. — Sm „©(^reiben an ^errn Q^riebrid^ ^flicolai" (1786) jctgt ©.
übrigens beutlidE) , bat er auc^ über ben englier^igen ^roteftantiSmuS !^inau§=
gellt. „@r ift mir tl)euer unb toertl§ al§ 5Jiittel, al§ ein gebahnterer 2Beg ju
25*
388
©oröe.
bcnienigen Untetfu($ungen unb Äenntniffen; toelrfie irf) öor allen anbevn liebe.
5Diefe jclBft abn finb e§ eigentlich, rtaS ic^ jcf)ä^c: unb Bei toelc^em 9Jlenjrf)en
iäi fte finbe, ba finbe id^ einen (S5tau6en§genofien unb einen greunb." — ©in
h-el6§artige§ ßeiben am 3luge lam ju ben übrigen Uebeln 'fiin^u; eine Üteife nac^
S5erlin im ^. 1790 brachte i^m feine 9lettung. ^aä) beni 2obe ber ^tutter
(1792) füt)Ite er tief feine ^ereinfamung , aber er ertrug feine ßeiben mit jener
@ebulb, tt)etc^e (5cE)iIIer in beni be!annten .^enion rü^menb tierbor'^ebt gegen bic
„frömmelnben ©ditDät^er". f^ür @. toar e§ eine fctjöne ©enugf^uung, ba| einer
ber 2füngften unb 58egabteften ber ^S^it, ber mit feinem 2)enlen unb 2:ra(i)ten in
unfer ^a^rl^unbert I)incinrei(f)t, ba| griebrirf) ®en^, ber bamal§ feine gro| unb
frei angelegte ©eele ber üteaftion no(^ nic^t berfauft %tte, bi§ 5u ©aröe'S
2;obe il)m mit größter ßiebe unb 3>ere^rung anl)ing. 2)ie feit 1857 erft bcfannt
getoorbenen SSriefe, in benen aud) über rec£)t§pt)itofopl^ifi^e S^-'^Ö^t^ i^iU'iS öf^=
lanbelt toirb, geben baöon ein f(i)öne§ 3ßwgni|. @aröe'§ unab'^ängiger ©inn
oerbiente ba§ 2ob @en^en§, ber il^n anfforberte, ba er hen ^Regenten fo trefftid^
i'^re ^^flidit getet)rt, aud) einmal für bie 9tec^te ber Sijiter mit feiner „burc^
feine (SJunft, feinen ^a^ entttjei^ten g^ber" einzutreten. — SDie ^4>eriobe 2ßöllner=
3Sifcf)of§merber in ^sreu^en öcrurtfjeilte &.; er raupte aber: „feine ßenfurebifte
werben bie bi§ .^u einem gemiffen @rabe ber 3lufflärung gelangte 35ctnunft ber=
bunfeln unb jurücf in Slbergtauben treiben." ^m ©eptember 1798 mibmete er
ßant bic te^te ?lrbeit , meiere er felbft noc^ befannt mad)te : e§ tnar ber
1. 23anb feiner Ueberfe^ung ber 6t^if be§ ?lriftotete§ mit ber 3lbl^anblung
„Ueberfidit ber öorne^mften ^priujipien ber (Sittenlel^re". 3Bät)renb ber grau=
famften Äranf^eit, burcE) Ujeld^e bic ^latur langfam it)r ÖJefc^öpf ^erftört, mie
eg im ©(^reiben an Äant l)eif}t , l)attc er fie öerfa^t. SGßenige 2öoc£)en bür=
auf tt)ar ft tobt. — 2Ba§ ®. geleiftet? — 2)a§ ift nic^t tei(i)t in ^ürje öon
biefem ©d^riftftetler ju fagen , beffen grö|te§ 2}erbienft in ber 3lnregung unb
i^^örberung Slnberer ju fuc^en ift, meiere firf) oft bem beftimmtcn ^Jlacf)mei§ cnt=
zielten. 6r felbft fagt einmal mit ^.}(nfpielung auf öoroj, er glaube nid^t gauj
unnü^ al§ 2Be^ftein für 5(nbere gemefen ju fein, menn er aud) at§ fct)neibenbe§
;3nftrument nur toenig au§gert(^tet l^abe. — Sein ß^rgeij mor, ber beutf(i)e
^umc 3u fein, ^m Sluffat^ „S)ie IPunft ju benfen", rü'^mt er i^n, tt)eld)er fic^
al§ ungeeignet ermiefen "^abe ber Urlieber eine§ neuen ©t)ftem§ in irgenb einer
SSßiffenf^aft p fein, ba^ er fel)r mo'^t öerftanben, in ben ©l)ftemen ?lnberer
öerborgenc Sücfen unb ©(^tt}ä(^en ju entbecfen ober auc^ au§ i^ren ©runbfä^en
unertoattete golSc^'unQ^n unb neue 3Bal)r^eiten p 3iel)en. ,g)ume fei nie treff=
lid)er, al§ toenn er über Sl^atfac^en au§ ber ©efc^ic^te ober au§ feiner eigenen
@rfal)rung gef(i)öpft, p^itofop^ire unb feine ©ebanfen unmittelbar an ba§
aSirflii^e unb (Sinjelne fnü^jfe. „^äj geftel^e bat)er, ba^ unter allen t)^ilo=
fot)l)if(^en ©(^riftcn feine finb , tijclc^en id) meine eigenen 5}erfuc^e ül)ntid) äu
feigen me:^r münfd^te al§ bie feinigen." — ^reilic^: fö öiel ba§ englifdje Seben
bamal§ bem beutfd^en an äöürbc unb ©elbftbetouBtfein, fo biet .«pume felbft ®.
an Energie be§ ^yorf(^ung§geifte§ überlegen mar; fo biel mochte ber englifd)e
ben beutfd^en Genfer an äöirffamfeit auf feine unb anbere ^Jlationen übertreffen,
äöie ^ume burc^ feine Unterfud)ung be§ (JaufalitätibegriffeS ba§ SSerbienft "^at,
^ant nac^ beffen ©eftäubni^ au§ bem bogmatifd)en Schlummer gerüttelt ju
l^aben, fo ^at @. immerl^in biefeS : 33ei ber ©rfenntniB, ba^ bie ©ittlic^feit un=
abtiängig fei bon ber üteligion, fud^tc er menfc^lii^e 9}cr§ältniffe unb 3uftänbe
nic^t nad) bem l^ergebraditen ^a^ftab ber S^eologen ober ber S)ogmatifer au§
ber äöolfifc^en ©c^ule ju beurtl^eilen , fonbern mie 2lriftotele§ , mie ^^-ergufon,
toie ^ume felbft bemü'^te er fid^ , bie 3lufgaben be§ ^^lenfc^en au§ feiner ^fiatur
p begreifen, fo ba^ bie ©tttli(^feit nic^t me'^r al§ etmaS bon au^cn 5öefo{)lene§,
©attie. 389
Unl6egxeif(i(i)e§ ^Eingenommen vomht. -hierin mar @. bei* SSoraröetter ßant'§,
bcr fid) burd^ il§n gejörbert fü^tte, obwol ev in feinem 5JloraIt)vincip üon il^m
abteid). S)arum au(^ bie befonbere S^orlieBe ©aröe'S iüx bie ßt^if, auf melcfie
er. al§ einer ber ßrften in S)eutf(^lanb natfibrütfüc^ '^inrtiieg; für S'i-'aS^n na<i)
bem Söefen ber Sugenb, ber ^^reifieit be§ menf(^li(i)en SöiÜenS, bie er fcfion in
ben 2lnmer!ungen ju ^yergufon ju beanttoorten fid^ müt)te. ®. mar e§ aud^,
ber mit ^^iftorifd^em ©inn für bie ©ntmitftung ber ^^ilofopf)ie begabt, öott (Sifer
für bie toä^renb langer 3eit ganj öernai^läffigte @tf)i! be§ ?lriftoteIe§, burci) feine
Ueberfe^ungen juerft mieber ba§ ^ntereffe für alle ©cEiriften bc§ ©iagiriten in
S)eutfd£)Ianb ermedfte. — ®ie 9ti(^tung, melciie er in ber i^ugenb erfjalten, ^^ielt
@. im mefentlic^en feft. (Gegenüber ben ©c£)ütern ^ant'§ — bem ^eifter felbft
na'Ete er immer mit .g)oc£)a(i)tung — nennt er fid§ in ber in feinem %ohe§)\a1)x
erf(i)iencnen ©d§rift „Ueber bie attgemeinften ©runbfö^e ber Sittenlehre" iro=
nifc£| „einen :j:)oi)nIären ^'Eitofo|)l§en im fd^timmften ©inne be§ 2öorte§ ober t)icl=
mel^r einen ^rebiger be§ allgemeinen ^Jlenfd£)enfinne§ , be§ fjeinbe§ aller ed§ten
^:§iIofo|)lEie." 6r berjic^tet baranf, abfolut erfte, a^obiftifd§ gemiffe ^ßrinäipien
3U l^aben : tüie man bon finnlic^en Söa'Erne^mungen au§get)en muffe, um p ben
f)öd)ften SSernunftmal^rlieiten , fo muffe man bon finnlid^en ßmpfinbungen unb
trieben au§ge"Een, um äu ben biefe einfrf)ränfcnben fittlii^en SSorfc^riften ju ge=
langen. S)ie 2;riebfeber ber fittlicf)en ^anbtungen ift i^m mie 5lriftotele§ bie
(SlücEfeligfeit. S)em toal§rl)aft fittlidC)en ^enfdien foE ^toar feine eigene 35ernunft
©efe^geberin fein, aber gegen Äant fucEit er auäjufü'^ren , ba^ bie 9}ernunft
biefe 9tege(n ber .!^anb(ungen nid^t au§ fic^ fetbft fonbern au§ ber @rfa^rung
T^erne^men muffe. 3öa§ bie fittlic^e ^^rrei^^eit betrifft, fo mu^ ber ^]Jtenf(f), toenn
tx, um fittlid^ fein 3U fönnen , frei fein f oE, bief e§ in ber ©innenmett fein ; bie
"f^rei^eit be§ SJlenftlen, meint er, berul^e nid^t bIo§ auf bem ©tauben an bie
©itttidt)!eit, fonbern auf @rünben, au§ ber 5latur be§ 3[RenfdEen unb ber
Singe l)ergenommen. — 2tu(^ @. l^at !ein neue§ ©t)ftem aufgeftettt; ber fpecu=
latiben ^Bktap^t)fif toar er abgeneigt, ^lud^ er '^atte ba§ 23ebürfni^ , überatt an
%^at'\'dä)liä)e§> an3u!nü|]fen. ^erborgegangen au§ bem bamal§ engbrüftigen
Seipjiger ®eIe'Ertentl§um, lernte er öon ben Snglänbern ben ©inn für SBelt unb
5)lenfd£)en fi(^ fdE)ärfen; in feiner 3}aterftabt 33re§lau, too bie ©ele^^rfamfeit
feinen günftigen 35oben fanb , l)atte er (Selegen'Eeit , mit erfahrenen unb gebit=
beten ^Mnnern , meldte bie ^ebürfniffe be§ praftifd^en Seben§ fannten , genauer
gu öerte'^ren. — S)urcE §ume empfing er aud§ bie Siebe jur SSefd^äftigung mit
ipolitifdCien unb öolf§toirt^f(f)aftlidEen (Segenftänben. S)ie Ueberfe^ung be§
©miti) follte bie frü'Eeren öerbrängen, bie er einmal elenb nennt. Söie toenige
S)eutfd)c jener 3eit mu^te er ba§ 5^ad)ben!en über 3uftänbe be§ 33aterlanbee,
über bürgerlid^e 9}erl§ältniffe in teeite Greife p öerbreiten , meldl)e bi§l)er aEen
fold^en ^Betrachtungen gänjlidl) entfernt getuefen. Sei ber einfeitigen 5lbmenbung
aller 3eitgenoffen bon ben ^yoi-'^ei-'uttgen unb S^ntereffen beg öffentlict)en Seben§
toaren 5Ränner tote ^Otlöfer, S^orfter unb er, i^eber in feiner Slrt berfc^ieben,
für il)r 3}olf bon Sebeutung. ©0 fd)reibt ®. „Ueber ben gl^arafter ber
Stauern", „Ueber bie Urfadl)en be§ S5erfaEe§ ber fleinen ©tobte" k. , mie er
über bie ^Pflid^ten be§ Sfiegenten hti Sel^anblung ber 9ftegierung§meife ^yriebridti^
rebet. @. galt barum al§ ein ©d^rif tfteEer , ber aud^ ganj befonbereg Salent
für S^ragen ber 5politi! l)atte, ein 23rief ©d^iöer'g bom S- 1795 an i^^n jeigt
ba§ 3. 35. ©eine ^b!§anblung „Ueber bie SSerbinbung ber 5Jtoral mit ber
5Politi£" gab Äant offenbar 3lnla^ ju feiner ©c^rift „3um emigen ^yrieben", in
ber Äant aud^ in ber ^Politif nad) feiner 5lrt burdCigreifenber ju 2Ker!e gcl)t,
gerabe fo toie in feinem 3Jloralprincip. — ©eine ^leigung, bie 3)inge in i^rer
5ßeäie^ung auf "ta^ Seben ju betrad^ten, beliütete @. bor bem S^^ler, meldten
390
©arüc.
gjienbelgfol^n j(^on 1762 in ben ^itteratuiBriefen rügt, \)ü^ man in Seutfcf)Ianb
immer nodf) getoo'fint jei, enttüebcr für ^H-ofeiJoren ober für ©d)n(fnaben ^u
fd^reiöcn. ©ein JiBeftreben rvüx, bcn OJUnncrn öon 2Bett unb ©teüung bic
Söic^tigfeit unb bcn SBertl^ t:^eoretif(i)cr nnb geleierter ^ßejd^äjtigung begreiflich
3U ma^en. SBenn e§ un§ gelänge, jrfireitit er einmal, unjern g-ürftcn einen
beutf{i)en 5)lonte§quieu in bie i^änbe p gelben , öielleiclit würben fie bann auc^
unjere Ätopftocfe unb Seiner unb fiejfiuge unb ^kfe§ lejen. 2)er SBeijall unb
bie Sluimerffamfeit , bie ber groBe f^riebrid^ il^m joEte, seigten ®. , ba| jeine
33emül)ungen nidjt umfonft lüaren. 2lu(^ jür 33erl6efferung be§ ©tit§ unb ber
9lein^eit ber beutfd)en ©prad)e tt^ar er beforgt, n)obon bcfonber§ ber Slulfat^ „Ueber
ben (SinfluB einiger bejonberen Umftänbe auj bie 83itbung unjerer ©pradje unb
£itteratur" 3euö"iB ßi^t. @r beflagt, ba§ toir un§ um bie 53öller ju tt3enig
be!ümmcrt l)aben, bie unfere eigene älteftc Sprache ober einen 3)ialeft berfelben
reben ; er toci^, bafe .ftlobftocE unfere ©prad)e burc^ malerifd)e au§brud§öolle
„äöörter bereichert unb gel^oben , bafe Öeffing niand)e§ mit Unred)t berad)tete
SBort, manchen 3lu§brurf gerettet ^^at." Unb in ben in ber ^Berliner 9lfabcmie
öorgelefenen „5lllgemeinen 23ctra(^tungen über ©pradiöerbefferungen", bic offen=
bar huxä) i^xxchxiä)^ befannte ©c^rift De la littärature alleniande öeranla^t
tourben, ift er überzeugt, ba^ nur bie großen ©i^riftftellcr bic ©brache auebilben
fönncn , ba§ ©rammatifen unb SBörterbüc^er ben bi§ je^t erreid)ten ®rab bet
9lu§bilbung ber ©prad)e nur angeben unb allgemein befannt machen, aber nic^t
erl^öl^en. 3}on bem Ißerfud^, ber ©pradie burd) ©rlüciterung ber öeralteten ober
^ßroöinjialtuörter feine ©d)attirungen ju geben, öerfbrid)t er ftd) nur jföeifelliaften
©rfolg. Heber ben 9tutjen cine§ 2öörtcrbud)e§ rebet er nur gcmäB ben ^ynten=
tionen 3lbelung§ (f. b.), „beffen 5lrbeit in i^ctradjt ber ©c^inierigfcit, weld^e fie
für ben erften Untcrne'^mer i)at, burd) it)re 33otltomment)eit in (Srftaunen feljt."
5Jtangell)afte6 unb Unrid)tige§ bei il^m toerbc bie ^^Ifabemie bcrid)tigen; aber ©.
ttill nid)t, ba^ ba§ SBörterbud) unfere ©brache firire, l^art unb fteif mad^e: er
Witt, ba^ fie unter einer „bemoh-atifd)en 3]ern)altung" ftcl)e ; bic Oiaf^fdilägc
ber ©elel^rtcn müfjten erft bic ©anction ber 33olf§ftimme crl)alten, el)e fie 3u
toirltid^en ©pradigcfeljcn Werben. ©el)r bebeutfam ift aud) fein Söunfcf) am
©d)lu^, ba^ e§ gcwöl^nlid) Würbe, bcn Zöglingen ber äÖiffeufi^aTten 9}orlefungen
über einige unferer beften ©d)riftftellcr ju Italien. — ©arbc'S Ucberfclicrt^ätigfeit
War nic^t Wie bie üieler 3fi^9fnoffen eine rein jufättige ober med)anifcee : er
tt)at mit O^ergufon einen ebenfo glüdlid)en ®riff, Wie mit feiner oben erwäl)nten
Ucbcrtragung be§ 2Berte§ öon sBurfe. 2öä|renb bigt)er im Söefentlic^en eine
rein äuBerlid)e ^unftbetrad)tung , welche abftracte 9tegcln aufftettte, ge^errf^t
l^atte, fud)ten bie englifc^cn ^:i>fQd)ologcn ba§ äBcfen unb ben Urfbrung unferer
SBcgriffe öom ©d)önen unb ©rl)abenen 5U erraffen. 2Bic man fic^ bemül)te öon
ber 9ieligion bie 5^oral ab,5ugrenjen, fo ücrftanb e§ aSurte, bie äftf)etifd)en em=
bfinbungen öon ben ^Jlcbenerfc^einungen ^n trennen. ©0 wenig er aud) bic
Siefe ber fünftlctifd)en Sonception 3U erfaffen im ©tanbe War, bic jerftreuten
58eobad)tungen burc^ einen umfaffenben ©ebonfen ju binbcn, finbet fic^ bo(^ bei il)m
fd)on ba§ @efü^t be§ ßrl^abcnen im Söcfcntlic^en wie fpäter bei Äant erflärt;
unb einbringlid^ ^ebt er beim ©d^önen bie öoEfonimcn unintcreffirte 33cfd)auti(^=
feit ^eröor. S)ie 2öid)tigfeit beg i8ud)e§ erfannte man in S)eutf($lonb. 1757
crf(^ien Surfe'S Suc^; 1764 Äant'g „58cobad)tungen über ba§ @efüt)l beg
©(^önen unb er^^abenen" , bie burc^ a3urfe'§ offenbar angeregt waren. Seffing
nennt in einem «rief an ^enbel§fo§n (1758) Surfe'S 2öa^rnet)mungen fe^r
braud)bar; er ^abe 5Jtaterialien ju einem guten ©t)ftem gefammelt. 2öie an=
regenb auf i:§n ba§ ^uä) gewirft , bcjcugen aud) feine SBcmcrfungen über ba§=
jelbe au§ ber Seibaiger Seit, wo er 2)efinitionen öom grl^abenen unb ©d)önen,
@arbe. 39 1
bon ber Siebe, bem öaffe, im 9tnfc^fu§ an Surfe gibt. 2!ie Ueberfe^ung
Satbe'S »urbe um fo me^t begrübt, aU man lange auf eine öergeblii^ ße^offt
^atte: ßarüe's 3Iuiia| „lieber ba§ ^ntereffirenbe" unb anbere bezeugen, toa§ er
ielbft üon Surfe gelernt. — @o »enig ferner @erarb"5 Suc^ über ba§ (Senie
über eine äu^erlid)e 3ergtieberung ^eraugfam, fo regte bo(^ bie Ueberfe^ung in
Seutjd^Ianb ju tieferer Segrünbung an. (Sc^itter öerlangt ba§ 33uc£) 1782 üon
Üteintoatb; man toeiß, toie eifrig er fic^ fpäter im 3tnfang ber neun5iger ^a^re
mit bem Segriff be§ Öenie» befc^äftigt l^at. ^n bemfetben Sriefe öerlangt
(Schiller aud) öome"g SSerf : bie 2. 3lu§gabe, toie oben gefagt »urbe, l^atten ®.
unb (Snget beforgt. ^n me^rfac^er Se^ie^ung toar ba§ Sud) öon Sebeutung:
über bie Sef)anb(ung§tDcife be§ fünffüßigen ^ambuS gab er ben beutfc^en
S)id§tem erft ba§ gel^örige Sid)t, fo baß |)erber, ber ^ome ^oc^l^ielt, in ben
Fragmenten über bie neuere beutfdöe Sitteratur entfd)iebener aU alle für ha^
„miltonif(^e Sergmaß" eintrat. S)aB Seffing ^ome unftreitig gefonnt, ja i'^n
für feinen Saofoon benu^ :^at, — ^Reij ift Sc^ön^eit in Semegung' — i)at ©u^rauer
perft auegefproc^en : man fe§e aber no(^ 2effing'§ Semerfungen „Unterbrecfiung
im ©iaiog", too er fict) auf ^ome ftü^t (äöerfe Don Sac^m. Tlal^ai)n 11, 1,
202). Su toenig beachtet ift ferner, ba^ bie Ueberfe^ung be§ 2Berfe§ üon §ome, ber
auf 9^aturtoa{)r^eit gegen bie franjöfifi^e ^tüangSjadfe brang unb ber in feinem
Sud^e toieber^ott Seifpiete au§ S^afefpeare genommen unb auf feine ©c^ön=
l^eiten , menn aud) in gan^ allgemeiner Söeife noc^, aufmerffam gemacht, baß
biefe Ueberfe^ung bie Sefanntfc^aft mit S^afefpeare in Seutfc^tanb mefentüd^
förbeiTt mußte. — ©o roar 6aröe'§ 2§ätigfeit at§ Ueberfe^er aud^ t)ier fe'fir
förberliii): Seffing , §erber, ßant mußten bie 3tt)nungen unb 3Inregungen ber
©ngtänber mit fünftierifc^em ©inne unb p^ilofop^ifd^er 2:iefe ju abfcf)tießenber
.ßtar^eit ju bringen, ^n ben 2luffä^en über äftt)etif(^e ©egenftänbe hluh &. bei
ber in ber ^ugenbjeit empfangenen 9ti(i)tung. 9luffä^e mie „Ueber Saune unb
Öumor", „3öarum fid) ber (Bef(^macf — mir mürben l^eute fagen ber äftl^etifi^e
Sinn — im Srnftf)aften früher als im i?Dmifcf)en lautre", fc^ienen tool in ben
neunziger ^af)ren ben ^ritifetn ber romantifc£)en ©(^ute Deräc^ttii^. ©ie, befonberö
©(^leiermac^er ^aben &. mit Unbanf gefof)nt : ber neuen 9lic^tung in ber ^ß^itofop^ie
toie in ber Sitteratur l^at er ben Soben ebnen l^elfen. — ^urc§ bie Slbl^anblung über
bie 9ioIIen ber äöa^ntoi^igen in ©{)afefpeare"§ ©c^aufpieten, unb „über ben (£t)a=
rafter öamlet'g in§befonbere" (im II. 2^eil ber Sei-fuc^e) §at @. 3U tieferer
äftl§etif(|er Söürbigung bes großen Sii^ters unb befonbers feine» ^umtet mit=
getoirft. 2Sät)renb ber fieben^iger 3a'§re ^atte er @elegenl§ett ge!)abt, über bai
9tac£)äffen ©^afefpeare'S in 2öa^nfinn§fcenen Setracfitungen anjufteEen: er milt
im Stuffa^e ben Sßertf) be§ 2Öaf)nfinn§ „al§ bicbterifdie ^lafdjine" unterfuc^en
unb fommt baburc^ auf eine Seleuditung öon öamtet'ä ß^arafter, bie nadf)
©oef^e unb if)m oft unternommen tourbe. — 6§ barf nidjt unbeadjtet bleiben,
baß ber größte S^ramatifer Seutfi^tanbä üon i^m bie bebeutenbfte 2(nregung
erfahren ^at. ©c^iEer Ia§ feine 2lb^anbtungen nic^t bIo§ in ber ^ugenb ; feine
Öodiac^tung für i§n bejeugen mehrere Sriefe unb 'ba^ befannte -^enion, ba§ fid)
auf @aröe'i ©c^riU „Ueber bie @ebulb" be^ie^t. S;ie 3(nmerfungen ©arOe'S
3U gergufon, toelc^e ©d^iücr, toie Carotine SBofjogen erjä^tt, austoenbig toußte,
benufetc er 3U feiner erften größeren Slbljanblung ; no^ in htn 9täubem füngcn
bie ginbiürfe aus @aröe'§ SIrbeit toieber. 3" bem berüf)mten 9(uffa^
„Ueber naiüe unb fentimentalif(^e Siditung" er'^ielt ©djitter bie 'Anregung buri^
®art)e'§ „Setrad^tung einiger Serfc^ieben^eiten in ben SBerfen ber ätteften unb
neueren ©c^riftftetter, befonberä ber 2;id)ter". ^n mel^reren Stuffä^en berühren
fid) Seibe, fo baß 3. S. ©dritter, at§ er mit einer 3{rbeit über ben äft^etifd^en
Umgang unb Sertoonbte» befd^äftigt toar, in einem Srief an @. üom ^. 1794
392
©atöe.
äußert, er betrai^te [tc^ geiöillevinalen aU feinen ^Jiac^bar in biefeni ^ac^e.
Unb (Saröe'g 23emerfungcn „Uebfv jtoct) SteEen be§ .^erobotä" im II. Xtieil
bei- „23erfud§e" gaB bem Siebter bie Sjevanlafiuns ^ui- Saltabe „S)ei- OUng beg
5ßoItjfvate§". — 33iele ber 33oi-,^üse unb (5d)wäd)en bev en9lifd)cn S)entev iener
3eit finben fid) aud) bei ®, Sie gejuubc unb uorurtt)eiIetreie 5öeobQd)tung be§
SebenS; jein ©djaiifinn in ber iöetraditung be§ %xnhen^ ber bcrfd)iebenen
©tänbe toie in ber Sfurt^eitung (Jpod)e mad)euber 2BerEe; bie 33ern3crtf)ung
feiner mannigfachen i?enntnijfe mit beftänbigem .j^inblid auf ba§ ßeben, auf '43e=
förbcrung freieren S)enten§ unb milberer Sitten finb feine Stärfe. 3i^m fct)Ite
c§ an 2:iefe unb Originalität im S)enten; i^m fet)Itcn bie frifdje (Sinnlid)feit,
bie betoeglic^e ^4>()antafie, n^elc^e ben ©rö^en unter bcn ©eletirten immer eigneten,
barum aud^ ber ©dituung unb ba§ ^^euer ber 2)arfteIIung, luenn aud) feine§loeg§
bie übcrjeugenbe Äraft, toeldje tt)at)r()eit8liebenbcr ©inn jeber 3eit auszuüben
termag. 6r felbft fagt treffenb, nur aüju befd)eiben, an einer toenig betannten
©tette in ben S3ctrad)tungen über 5JkcfarIan'§ 58ud), ju aücn feinen i^been
braud)e er SJeranlaffungen, tDeld)e bie ©ebanten 3tnberer, bie er ^jrüfe, gegeben,
^m @runbe 1)aht er immer frembe SBerfe commentirt. 5lber mel)r ober iDeniger,
tröftet er fid), ne!^meba§ S)enfen aller ^JJtcnfc^en biefen (*>)ang. 2fnbeB „id) magttjeniger
@enie I)aben l^erüor.iubringen , aU gcfunbe ^-i^ernuuft ju beurtt)ci(en unb au^u=
bilben, trag fd)ou gefunben ift." ^Jiit !^effiug unb Äant t)erglid)en tritt un§
fein 2Befen nod) bcutlid)fr entgegen: tüäl^renb @. ber .g)auptfad)e nad) al§ ein
freilid^ fet)r fdiarffinniger, feiner, oft aud) geiftöoüer ßrtlärer be§ 3Ingebeuteten
ober bereits S)aTgclcgten fid) ,^eigt, benuljt !!3effing bie Sbeen ?Inberer für bie
2:i§corie ber S)id)ttunft in ureigner fi^öpferifc^er 3Beife. Unb gerabe fo ragt ®.
aud) in ber ^.«'^ilofoptjie über ben ©tanbpunft be§ Iodifd)cn (Smpiri§mu§, be§
gefunben ^enfd)enöerftonbc§ nic^t tjerauS; aud^ er bleibt, Ujie einmal !^effing
öon £ode fagt, auf t)albem 3Bcge fte'tien; bie ^Inregungen ber ßnglänber tiiei^ er
uid)t 3um 3(u§gang§))un{te eigener 33etrad^tung unb burdjgreifenber Äritit ju
mad)cn; biefe gro^e Stufgabe mu^te er itant überlaffcn. — ^n litterarifd)en
unb ä[t^etif(^en fragen ftanb er in ber 5)titte jtuifdjen jtDci ^4>arteien; ebcnfo
toie \pätn in ber ^4>^i'ofopt)ie 5toifd)en bem ttjiffcufd)aftlid)en 9tabtcati§mu§
Äant'§ unb bem gefüt)Iöfcligcn ®lauben§ftotj ber i^acobi, Satoater , i^amann.
föoetf)e'§ unb Sdjiller'ö bic^terifdje @rö^e fonntc er nie gan,^ rid)tig erfaffen,
obtDot er bie 3)id)tungen 23eiber oft rüt)mt, benn nid)t gauj rang er fic^ öon
ber Sluffaffung Stbelung'ä, feines ^^-reunbeg, lo§, ber in ©ettert ben eigentlichen
Älaffifer S)eutfd)lanb§ f a^ ; ebenfo leugnete er ^mar, el^rlii^ tt)ie er n)ar, nie ba§
©enie ^ant'§, aber er empfanb üor ber Ummäljung, bie in allen 3Biffenf(^aften
burd^ bie tritifdje 5|>ljilofopl)ie l)eröorgerufen ttjurbe, im ©runbe hoäj ftet§ ein
unbe:^aglid)e§ ®efül)l. 3ll§ ©elel^rter , als ©d)rif tftetter , alS ein fetten ebler
5Jlenfd) loirb ®. immer berbiente 2ld)tung genießen.
Sorbens. — 5Jteufel. — ©. &. 2)ittmar, Erinnerungen auS meinem
Umgang mit ®aröe, SSerlin 1801, mit einer (nid)t gan^ boEftänbigen) Uebcr=
fid)t ber ©(^riften öon unb über ®aröe. — <^. S)öring bei @rfc^ unb ©ruber,
1852. — @d)iller unb ©aröe, eine Unterfud^ung öon S). ^. im 3lrc^it) für
^itteraturgef(^id)te VII, 1. S)aniel3facob^.
®arÖC: i?arl SSern^arb @. , 5)3rebiger ber Srübergemeine , betannt als
S)i(^ter unb ©(^riftfteller, tourbe am 24. ^an. 1763 ^u Seinfen bei ^annobet
geboren, too fein Später, früher ,g)auSl)ofmeifter beS 5)linifterS öon ^Jtünd^'^aufen,
als !5niglid)er 9lmtmann lebte, ©r rtiurbe öon feinen Eltern, toeldje mit ber
SSrübergemeine in nal)er 23erbinbung ftanben, im Sllter öon 5 3?a'§ren p feiner
Eräiel)ung nad) ^^ift ^^ |>ottonb gebrad)t, bon lüo er fpäter, ha er grofee Za=
lente jeigte, in baS ^äbagogium ber SSrübergemeine au 9liSfl) unb bann in
baS t!)eDlogifd)e ©eminat ju Satbt) berfe^t tüurbe. @r ftubirte mit fo biel ^ylei^
©atöe. 393
aU ^Begabung unb ertoatlb fid^ unter ber Settung tüd)tiget Seigrer einen retd^en
©c^a^ Oon i^enntniffen. Oleben ben tf)eologiic£)en ©tubien befi^äftigte ev fic^
biet mit ber atten daffijd^en unb ber neueren poetif(^en ßitteratur unb öerfud^te
fid^ auc§ fd^on in eigenen ©ebid^ten, beren einige etmaS fpdter öon feinem
greunbe üon Srinfmann, nad^maligem fönigt. f^toebift^en (Sejanbten in Berlin,
l)erau§gegeben tourben. Olacf) öottenbeten ©tubien ert)iett er jeine erfte 5tn[teEung
al§ Se|rer au bem ^^äbagogium 1784 unb fobann 1789 aU ^ißrofeifor an bem
©eminar. S}on biefer 2;^ätigfeit fagt er jetbft: ^ä) jieEte mir in meinen
I)iftorijd^en unb |)^ito|opt|iidt)en SJortefungen bie Slujgabe, toätirenb bamatS in
ber tl^eotogifc^en SÖelt eine l^alttofe $t)itofop^ie p ftad^em Ungtauben führte
unb bie allgemein Devbreiteten ^ht^n ber franjöfifcfien S^lebotution in moratifd^er
.g)inl'idt)t fdt)äbtic^ mirÜen, ba§ emptängtid^e ©emütl ber ©tubirenben burd^ 2ln=
regung itjre§ @fifte§ ju ernftem ©treben öor jenen ßinflüffen ju öema'^ren. 2)o|5
iä) mid^ babei ber neu aujtretenben Äant'fi^en ßriti! anfd)to^, gab jebodE) nad^
manrfjen ©eiten :§in 3ln[to§. ^m S. 1797 mürbe er al§ 2Ird£)ioax nadf) 3eift
berufen , mo fid^ bamals ba§ 3lr(^iö ber Srüberunität beraub , in metd)em er
mit brübergef(^iii)ttidt)en 5trbeiten au§ ben CueEen fid^ eingel^enb befd^äftigte,
bi§ er feine toeitere Slnftellung at§ ^^rebiger einer fleinen öemeine in
Stmfterbam befam unb fobann 1801 in gleidt)em Stmt in ©bersborf im 35ogt=
lanb. |)ier bur(i)tebte er 1806 bie Q^'ü be§ S)ur^3ug§ be§ crften franaöfifc^en
,§eere§ mit bem i^aifer Otapoteon I. an feiner ©pi^e, einer 3eit öieler ©d^rerf»
niffe unb Srangfate für bie ©emeine in ßber§borf unb bie ganje Umgegenb.
Uebiigeng mürben it)m bie bafetbft öertebten ^ai)xt burd^ bie Siebe feiner @e=
meine, \>a^ ©ebei^en ber unter feiner Seitung ftel^enben @r3icit)ung§an[iatt unb
ba§ freunblid^e S5erf)altni^ 5u bem ebten dürften be§ 2anbe§, §einrid^§ LI.
9teuB fe^r angenef)m gemadf)t. ^m ©ommer 1810 mürbe er nai^ Sertin at§
^prebiger ber bortigcn Srübergemeine berufen. -Italien v)Intl)eil nat)m er an ben
fro^^en unb fd^mer^Iii^en ©reigniffen be§ ^•ieg§= unb Sefreiung§ia'^re§ 1818, in
bem er ben bebrängten OJlitgtiebern feiner (Semeine beijuftel^en unermübet tt)ätig
mar, mäf)renb er fidt) felbft in oft !ümmertid§en SSer^ättniffen befanb. @r ^atte
l^ier ©elegen^eit mit mand)en berühmten ®ctelt)rten ju berfe'^rcn unb geno^ it)re
5(nerfennung. S)ie it)m angebotene ^^^rofeffur ber 5teft^eti! an ber Uniöerfität
le^te er ab au§ treuer 3tnt)ängtid^feit an bie SSrübergemeine , in beren S)ienft
er ftanb.. 33on Srinfmann fc^rieb i^m : Terque quaterque beate, tu, qui Mini-
sterio Magisterium postponis! mitl^in ben etuigen Se'^rcrgtanä im ^immelreid)
(jDaniel 12, 3) bem 5Dteteorgtanä auf bem ^arna^ unb am Ol^mp öorge=
jogen l)aft! 3}ou 33erlin erhielt er 1816 ben SIbruf na(^ ^^teufatj an ber
Cber in gleid^em 5tmt. .^ier ^at er 21 ^aijxt at§ 5ßrcbiger gctoir!t. ©eine
bereits bielfadf) anerfannte bi(f)terifd£)e IBegabung mar 3}eranlaffung , ba^ xi)m
bie Umarbeitung be§ in ben ^ßrübergemeinben fird£)ti(i) gebrauc£)ten 2i=
turgieenbu(^§ auf einer ©t)nobe in ^tnii^ut, meldt)cr er al§ S)eputirter bei=
mot)nte, aufgetxagen mürbe.' Sie öon it)m öerbeffcrte neue 5tu§gabe erfi^ien im
^. 1826 unb ift im &ebxauä) gemefen bi§ 1872. Sine ©ammtung feiner ©e^
bid^te mürbe 1825 unter bem 2::itel: „6t)riftlid^e (Befänge" gebrudtt, bei oobet
in ®örli^ , au§ toeli^er ©ammlung mani^e Sieber in öerfd^iebene ebangetifdtie
©efangbüdier aufgenommen morben finb. ^t§ 2lnt)ang fotgte eine fleinere
©ammtung: „SSrübergefänge ber eöangetifd^en Srübergemeine gemibmet", ©nabau
1827. ^m ä- 1836 fa^^ ^"^ \^^ ^urdt) 3lbna^me ber Gräfte aur 9Hebertegung
feines 5lmte§ bemogcn. @r 30g nad§ öerrn'^ut, mo er bie testen ^a^re in ber
9tu§e öertebte, bi§ er am 21. ^uni 1841 im Sitter öon 78 Satiren entfdt)ticf.
6r mar 3 ^Jtal öermä^tt, mit ber erften ©attin, geb. ^oojema 1794, meldte
fd^on 1799 ftarb , mit ber ätoeiten, geb. Siebemann 1802, meldte 1826 langen
394 ©ajpati — ®a§.
Ävan!{)ett§tciben ertng unb bann mit ber brittcn, öertoitthjctc 3ä§(ein, gc6.
ßitienba^t, tueld^e i'^u übeilcbt ^at. 5Bon feinen (Sd)riiten feien al§ bie 6ebeu=
tenbcrcn t)ier no(^ ei-tt)ät)nt: „5Dev bcutfd:)e 35er5ban", Sertin bei ^Heimev 1827;
„S)ie 3;:^emi§ bcr S)id)tfunft, ein 2cl)rgebid)t in 8 befangen mit bem ©rief be§
|)oraj über bie ®i(i)t!unft in Uebei-fe^ung" , 33erlin bei 9leimer 1828; „2)ie
Dbcn be§ CuintnS ^ora^iuS 5k"u§ , beutfcf; mit ')(nmer!ungen" , Sertin bei
gteimer 1831. — ©eine ©ebic^te jeidinen fic^ mef)r burcf) ßorrecf^eit ber f^rorm
at§ burc^ (Genialität unb Dviginalität au§. 9(l§ ^:]3rebigei- folgte er treutid§
unb au§ eigenfter Ueber^eugung ber auf bem 33oben ber l^eiligen ©c^rift rn!§cn=
ben 2e^re ber Srübergemeine ^u großem ©egcn für bie t)on il§m bebienten @e=
meinen, at§ Siebner weniger populär unb berebt all gcbanfcnreic^ unb grünbüc^.
@ine befonbere 33egabung l^atte er für bie üturgifd^en @otte§bienfte ber 33rüber=
gemeine. @r mor im 2teu|ern eine n)ot)Igebitbcte unb mürbige ßrfd^einung, in
ber Unterl)attung bclel^renb auS bem reidjen ©dEjatj feines 2ßiffen§. S5on feinen
Äinbern finb ^Xon ©öl^ne Öeopolb unb 3lbolf ebenfallg ^^^rebiger ber S3rüber=
gemeine gcmcfen. gtömer,
©afpari: 5Xbam Gljriftian (S. , 5öerfaffcr tiieter gefd)ic^tli(^er unb geo=
grapt)ifct)er äöerfc für grö|ere j?reife, geb. ju ©c^teufingcn am 18. 9iobbr. 1752,
^Jlagiftcr ber ^-Pf)i(ofop'§ic 1790, aufeerorbentlic^cr '|U-ofeffor ber ^fs'^itofop'^ic an ber
Uniöerfität m 3tena 1795, ^^rofeffor am ÖQmnafium ju Dlbenburg 1797,
1803 ^^rofeffor ber ®efd)ic^te, @eograpl)ie unb ©tatifti! a\\ ber Uniöerfität ju
2)orpat, 1810 orbenttid)er ^^Profeffor ber ©eograpliie unb ©tatiftif an ber Uni=
tierfitöt in i?önig§berg. Gr priöatifirte unb reifte jttiifc^en biefen öerfd^iebenen
©tetlungen unb ftarb 1830. Unter feinen 3af)trei(|en 2Ber!en finb 2eT)r= unb
§anbbüd)er "^erborjutieben, bie ju il^rer ^eit öiel gebrandet tt)urben : „©tatiftifd)e
2;abeEe über bie tiornet)mften eutopäifc^en Staaten", 1778; „lieber ben Unter:
rid)t in ber ©eograp'^ie auf ©d)ulen unb bie .'pülfgmittel ba.^u", 1789; „Sc'^rbut^
ber @rbbefd)reibung pr (Erläuterung be§ neuen met^obifc^en ©d^ulattaffe§", I. (5ur§,
1792 (15. 5lufl. 1826), II. (>ur§ 1793 (11. ?tufl. 1826); „SßoUftänbigcS ,§anbbuc^
ber neueften ©rbbefc^reibung", 2 Sbe., 1797 — 1802 ; fpäter neu herausgegeben 3U=
fammen mit .Raffet, ßannabic^ unb (5)ut^§mutl)§, 5 23be., 1819-26. „9mge=
meine§ ^afirbud) ber Coeograpliie unb ©tatiftif für ba§ ^aijx 1800. 9Jlit
6'^arten,'iptänenunb Tupfern", 1800 ; „Mgemeincr geneatogifdier 9tegentenatmanac^
öon Europa für ba§ ^a\)X 1800", 1800. Slufeerbem öerfa^te er einige geo=
grapl)ifd)=ftatiftifd3e 5lrbeitcn jur 3eitgefd)id)tc , beforgte 1792—95 bie |)erau§=
gäbe ber ,X Mg. ^eut. ^Bibliot^ef" unb 1800-1803 bie ber „Slüg. (Seogr.
@pt)emeriben". — (S. toirfte al§ ^^opularifator bcr (5rb= unb ©taatenfunbe ju
feiner ^t\i auf meite Greife unb feine fe'f)r breite ^^robufUon "^alf ben 33oben
öorbereiten für bie fpätere ^ßlüt'^e geograp^ifc^er ©tubien unb Seiftungen in
S)eutfcf)tanb. ^n feinen pöbagogifd^en ©d^riften ftrebt er bereits bie Belebung
be§ geograpf)ifd)en unb gefd)id)tlic^en Unterrid)te§ im @egenfa^ ju ben '^Oi1:)itx\.=
lernern an. gta^el.
@tt|: Soat^int S'^riftian @. , eöangel. S'^cologe, geb. am 26. ^ai
1766 ju 2eopolb§'f)agen bei ^Inflam in ^^ommern, unterrichtet auf ber Älofter=
fd)ule p SSergen, ftubirte in ben ^al)ren 1785 — 89 in .^aHe unter ©emler'§
Slnregung Si^eologie unb allgemeine Sitteratur unb mürbe 1795 ^elbprebiger
be§ giegimentS öon SBorfe unb (SarnifonSprebiger in ©tettin. '^m gelbjuge bon
1806 begleitete er fein 9tegiment nad) .Spotte unb mürbe nac^ beffen 3lupi3fung
at§ 5tffeffor im ßonfiftorium ^u ©tettin befd)äftigt. 9lber fd)merc ßeben§erfat)=
rungen öeiieibeten il)m ben längeren 3lufenti)att bafclbft ; er begab fic^, bamal§
ünberloS, am 6nbe be§ folgenben ^a^reS nad) 23erlin unb fanb al§ ^ßrebiger
an ber ^arienfird)e nad) toenigen 5Jlonaten eine ©tellung, meld)C i^m ®elcgen=
®öfe- , 395
^eit 6ot, jÜT einen nid)t f leinen Ärei§ jegensreicf) ju toirfen. SSaib foüte er
inbefjen ber ^anjel, für bie er burcE) religiöfe Söärnte unb natürliche 3Serebt=
famfeit trefflid) auSgeftattet toar, toieber entfogen. Sc^on 1810 fül^rte if)n eine
e^renöoüe Seruiung nac§ S3re§tau, tnofelbft er al§ Sonfiftoriatrat'^ unb 5)litglieb
ber ^irc§en= unb Sdiulbeputation in ba§ Gonfiftoiium ber 5|3robin3 Sd^tefien
eintrat, im jolgenben ^a^re aber auä) nac^ ber Sierlegung ber Uniöerfität au§
g^ranffurt naä) SreSlau bie orbentüc^e ^rofefjur für ftiftematift^e unb praftifcfie
2^eotogie bafeI13ft überna'^m; unb biefer bDt}t)elten Söirffamfeit ift er mit Girer
unb immer gteic£)er O^reube an feinem 2?eruf aucf) treu geblieben, mä;§renb eine
5lnftellung al§ UnioerfitätSprcbiger, für bie er gieii^faßs in 3tu§fi(^t genommen
tourbe, niii)t jur 5tu§fül^rung !am. gür eine miffenfcf)afttic^e 2^ätigfeit mar er
allerbing§ nur unöollftänbig öorbereitet; inbeffen ein ftet§ fortgefe^teS 5pribat=
ftubium fam il^m bod^ fomeit ju ©tatten, ba§ er aU tüd)tiger S^enter unb
guter S)ialeftifer 2Ran(^ee erfe^en tonnte, toa§ i:§m an ftrenger Öete^rfamfeit
abging. SEa^u fam, ba§ feine fc^on 1803 angefnüpfte, na($'§er immer öertrauter
toerbenbe unb burd) einen fortbauernben Sriefroec^fel gepflegte (5ri-'eunbf(f)aft mit
(5($lcierma(^er auc^ na($ ber toiffenfd^aftlii^en Seite l^öcfjft anregenb auf \i)n
mirfte; feine 2Infid)ten nahmen eine beftimmtere @eftalt an. ©c^teiermac^er
^atte it)m feine ©c^rift über ben erften Srief an ben Simot^eug 18(J7 öffenttid^
gcroibmet. (5tet§ tjatte er fit^ gu benen ge^äl^tt, meiere im Unterfc^iebe öon bem
in ber 2^eotogie :^ei-rfcf)enben 'DJ^oraligmuS bie religiöfe Sigent^ümüc^feit be§ S:^riften=
tt)um§ ftdrfer ^erüor^cben tooEten. ^n biefem ©inne trat er je^t feinen ö'ollegen 2;.
e^ulä unb S). öon dölln (f. Sb. IV ©. 391) jur ©eite, ni(^t"al§ ©egner, fonbern
im ^ntereffe einer ergänjenben 9fii($tung, meld§e§ i^n bemog, ba§ 5pofitiDe entfd)ie=
bener ju betonen. Söenn er a{§ S)ogmatifer öon (&($leiermac^er abt)ängig blieb,
aber aui^ jur Söürbigung beffelben unb 3um befferen 35erftänbni^ feiner
S(i)viften mefentlicf) beitrug: fo t)at er in ber 6t"^if übermiegenb au§ eigenen
©tubien gefc£)öpft unb für bie :pTaftifc^en ^^äcEier feine frü'^eren amtlichen Sr=
fa§rungen öertoertfiet. 3ln gu^örern i)at e§ if)m niemals gefet)lt. 3unöc£)ft
mußten bie ferneren £rieg§jat)re überftanben toerben; nac^'^er ^at (B- im felb=
ftänbigen unb frieblid^en 5}erfe!^r mit ben 53htgtiebern feiner gacultöt unb im Ieb=
t)aften Umgange mit ^affoto, ©djueiber, ©teffen§ unb mit anbern nic^t afabe=
mifd^en gi-'eunben mie ,^arnifi$ unb ber Staatsrat^ öon 9tet)biger bie erfte fd^öne
33Iüt^e - ber bortigen Uniöerfität crtebt unb an feinem 2:t)eite förbern Reifen,
^m ßonfiftorium ift feine SÖirffamfeit buri^ ha^ mac^fenbe 25ertrauen feine§
2}orgefe^ten , be§ Cberpräfibenten üon 5Jterfet unterftü^t toorben; er toar be=
mü^t, met)r ©trenge in bie firc^Iic^e SJertoaltung ju bringen, unb ba er aurf)
ba§ ©(^uUet)rerfeminar ju leiten unb naä) bamatiger @tnri(f)tung bei jalilreid^en
3lbiturientenprüfungen ber ©pmnafien a(§ fönigli^er GommiffariuS 3U fungiren
l^atte: fo tonnte er nac^ mehreren ©eiten eingreifen, inbem er nai^ unb nacE)
in bie 9tei^e ber betannten unb allgemein gead)teten $ierfönIicE)feiten ber '^ro=
t)in3 eintrat. iBei ber ©taat§regierung fanben feine Sßerbienfte SInerfennung;
allein bie 3eiten mürben fc^mierig, ber @ang ber langmieiigen S}er!^anblungen
über ^irc^enöerfaffung unb Slgenba entfpradl) feinen 2Bünfd)en nic^t; fo mürbe
auc^ er in bie Cppofition gebrängt unb blieb ni(i)t o'^ne Slmeifitung, entfc^lo^ fid^ aber
boc^ na(^ fdimeren kämpfen ber neuen Liturgie öon 1829 burci) Unterfd^rift ber SSor=
rebe feine 3uftimmung ju geben, 2)amal§ mar feine 6efunbl)eit fc^on angegriffen;
na(^ einem mü^eöotten, aber rüftigen imb ötelfad^ aud^ mülielo'^nenben Sirbeiteleben
erlag er einem Sungenleiben unb ftarb am 19. g-ebruar 1831 mit frommer gaffung.
35on feinen meift Heineren ©d^riften ^eben mir ^eröor: S^ü ©ammlungen
öon „5prebigten", 1801 u. 6, „^al^rbuc^ be§ proteftantifdEjen Äirc^en= unb ©c^ul=
roefen» öon unb für ©dE)leften" , 55b. 1 u. 2., 1818 u. 20, „Ueber ben d§rift=
396 ®if^el — Söffet.
lid^en (Iultu§" , 1815, toetcfie leitete ©d^rift Dielen Slnflang gejunbeii unb ju
einer grünblic^eren unb geiftöoHeren 5Iuffaffung be§ ©egenftanbeS ben SlnftoB
gegeben ^at.
93gl. bie 3}oiTebe ju <B^Uinmaä)n'§) S3vieiraed)fel mit 6a^ unb ben
Slttifel in §eqog'§ ©ncljflopäbie, beibeg bon jeinem ©o{)ne, bem Untei-=
äeii^neten. 3B. (Sa^.
(JJaffel: Suca§ &., niebevtänbifc^ci- 2anbf(^aft§mater be§ 16. ^^a^r'^unbertä,
gel6. ju .i^elmont. 3)q unfer ßünftler in ben S^evfen be§ ©elcl^rten unb 2)id)tci-s
i?ampfoniu§ (f. unten) ein @rei§ (senex) genannt wirb, fo i[i feine ©eburt \\ä)cx
im 15. 3fal)rt)unbert 3u fuc^en. @. tcbte ju SSxüffet. ©ein Silbnif^ lüurbe im
^. 1529 (nict)t 1559j öon i^acob ißinct, bem trefftii^en 5Jlaler unb ©ted)cr
au§ ^öln, in i^u^fer ausgefü'^rt. 58inc£ mürbe faum einen obfcuren ^ünftler
beremigt t)aben, unb au^evbcm erficht man aud) au§ ber 2)eöife be§ ^latte§:
Hoiios alit artes, ba^ ber Äünftler j(i)on bamalg ein angefeTjener ^Dlann mar.
ffiinif^S ©tidt) mürbe einige ^Jlale copirt, unter ?tnberen bon .^ieront)mu§ 2Bierj;
für bie bon Ap. 6ocf bcabfid)tigte Verausgabe bon SSilbniffcn nieberlänbifc^er
j[?ünftler; 6od'§ 2Bittn)e lief; biefelbe im 3- 1572 ju Stntlrerpen erfd^einen.
S)em bctreffenben iMatte fügte l'ampfoniuS ad)t lateinifd)e 33er|e (S)lftidf)cn) bei,
au§ bencn mir erjel^cn , ba^ @. nic^t blos ein tüd)tigcr ^ünftter , fonbern aud)
ein ad)tungsmcrtt)cr 5)tenfdt) bjar; !iampfoniu§ gibt an, ba^ er bon bem 5Raler
juerft Siebe jur ^unft gelernt unb it)n mie einen Später berel)rt I)abe. 33ilber
bon @. jinb feiten; bic§ fommt ba^er, ba| er, trie ^. bau 2)tanber, ber 5Bio=
grapl) ber nieberlänbifd^cn i?'ünftler, in feinem ©d)ilber6oef angibt, menig gemalt
l)at; bau ^JJtanbcr lä^t itju in Ccl unb SBafferfarben arbeiten. Sine Sanbfd^aft
mit bem au'i L unb G jufammcngefel^tcn 'OJtonogromm unb ber 3»fll^vc§,^a'^l
1539 ermähnt ^Jlagler im britten 33anbe feiner „''j;)]onogrammiften" ; 23rulliot
anbere beSgleic^en bon 1539 unb 1542; ^iret fal) ein 23ilb bon 1544. £iie
faifeiiid^e ©alerie in äöicn beji^t eine Sanbfc^ajt, mit i^ubaS unb 2;^amar
ftaffirt, bon 1548. ©in ^aar Sanbfd)ayten, mit Saulidjfeiten unb anbereni 2)etail
überlaben unb mit religiöjer ©taffage berfel)en, erfd^iencn in Tupfer geftod)en im
SQerlage be§ Ap. (^oä. &a\\d'^ ,^unft fd)lie^t fid) an bie ^:patenier'§ an, gleid)
tiefem orbnete er — bomal§ nod) ein berl)ültni^mä^ig feltener ^-ati — bie
Veiligengefd)id)te bem lanbfcE)af tlid)en 2l)eile unter unb überlub feine 2)ar[tet[ungen
mit @inäeli)eiten, "i^-d^cn ic, furj er tonnte nod) feine red)te @int)cit ju geminnen.
©ein Golorit ift einförmig buntelgrün, feine Sel)anblung etma§ fteinli^ unb in
ben x^txmn ju au§gefüt)rt. 5Der Äünftler bürftc um ober balb nad) 1550 ^u
SSrüffel geftorben fein. 2öill)elm ©(^mibt.
©affcr: ?l(^illc5 ^Urmin &. (@atfaru§}, mürbe 1505 am 3. ^ob.
äu Sinbau am Sobenfee geboren, ©ein Später Ulrid) @. (t 1517), auf ber
Ütomfaljrt beS^a'^reS 1508 2lnfü^rer be§ au§ 24 ^ann beftc'^enben !Ginbaufc^cn
Kontingents, l)atte fid^ bem ^aifer ^Bkjimilian bemerlUc^ gemacht unb in beffen
S)ienften eine ©teEe al§ ß^irurg erlangt. 3)er ©o^n, in ©Bringen unb in
©eligenftabt erlogen, geno| 1522 ben Unterrid)t feines SanbSmanneS UrbanuS
DtT^egiuS ju Sangenargen unb ftubirte bann ju SBittenberg, mo er Sutl^er unb
9Jtelanct)t^on l)örte. ^Jlad)bem er 3öien, mo ©imon Sa^iuS fein ße'^rer in ^Jlc=
bidn unb TOaf^ematif mar, 9)lontpeEier unb ?lbignon befucfit unb am le^t=
genannten Orte 1528 bie 2)octormürbe erlüorben t)atte, lie^ er fid) als ©tabt=
ar^t in ^elbfirc^ nieber. 1546 berlegte er feinen 2öol)nfife bon l)ier nad^ 2lugS=
bürg, unb biefe ©tabt ift feine ämeite ^eimat^ gemorben- gelegentlich einet
im S. 1563 auSbred^enben ^ßeft mürbe er als befonberer Slr^t für ben Olotl) unb
beffen 5lnge^örige mit einer monatlid)en Sefolbung bon 100 @ulben angefteEt.
©c£)on lange mar er eine burd^ it)re biclfeitige 33itbung toie burd^ i^ren @ifer
&a\\ex. 397
für bie ©Qcf)e ber Sieformation ^orf)ongefef)ene ^erfönticfjfeit, bie mit ben !^ert>or=
ragenbften ^lännern in= unb au|ert)alb ^tugSburgS, toie 6{aubiu§ ^iu§ ^$eu=
ttnger, Xt)ftu§ SBetulejuS, ^ieront)mu§ 2öoti, 5Daöib .<poe|d)el, mit ^onrab
®e§ner, 6t)riacu§ ©pangenBerg, ^attiia^ 3=laciu§, ©ebaftian 5Mnfter u. a. in
le&'^attem Söcrfel^r ftanb. @§ "^at ficf) ein iÖrief er'Eialtcn , ben ^urfürft ^o§ann
griebricC) au§ feiner ©efangenfd^aft ju :^nn§l6rucf 1552 ben 6. Januar an i^n
richtete. S)ie 35e,üe'^ungen 3U ©eb. ^JJlünfter iüt)rten 05. gu ber ^'^ätigfeit, bie
feinen Flamen anf bie ^;)tad)tt)elt gebracht l^at. S).te für fünfter'» .$?o§mograpt)ie
öerfa^ten ^iftorifc^en 5ßefd)reibungen öon ßinbau, ^^elbürcf), &)ux unb 3lug§burg
regten in it)m ben @eban!en an, ber ®efd)i(i)tfc£)teiber 2iug§burg§ ju loerben.
Xlnterftü^t öon 6(emen§ i^äger, einem 53eamten be§ ^atf)§, ber felbft eine bi§
jur 5Jlitte be§ 16. ^at)rl§unbert§ reid)enbe 6f)ronif ber ©tabt berfa^t l^atte, unb
^o^ann ^-Baptift ^ainjel, ^itgtieb be§ geheimen 9tat^§ unb eöangelifd^en £)ber=
^ird)en|)fleger, bollenbete er 1572 bie ,, Annales civitatis ac reipublicae Augs-
burgensis", eine @ef(^i(i)te ber ©tabt tion i'^ren erften 5lnfängen big jum ^at)X
1561, bann auf -öatnaefS Uaif) fortgeführt bi§ 3um ^. 1576. :3e me^r er
\xä) ber ^di nä'^erf, für toelc^e er ft(f) auf brauct)bare (S^ronüen unb Urfunben,
eigene grtebniffe ober ^itt{)eilungen ber ^eitgenoffen ftü^en fann, rairb er ein
auSfü'tixliiiier unb too'^tunterriditeter ©arfteller, ber in lebhafter ©prai^e unb
toarmer ^arteina'^me für bie ©tabt unb bie eöangelifdie Seigre erjä'^tt. \!ln bie
£>effentlici)!eit gelangte ba§ bem Staf^e überrei{^te 23uc^ nic^t fobalb. Sin in
^anau 1593 begonnener 5)rucf mürbe auf Slnfudtien be§ SlugSburger 9tatt)§
in{)ibirt. S)o(^ getang e§ ätoei ^alire fpäter in SSafel bie Ö)affer'f(^en 3lnnalen
in berbeutfc^ter ©eftatt nl§ jmeiten unb britten S^eil ber 2Qßertid§'f(^en ß^roni!
bon 2lug§burg 3U öeröffentlid^en. ^n it)rer originalen lateinifc£)en g-orm 'tjat ftc
erft ^0^. 35urf. Hernie 1728 in feinen „Scriptores rerum Grerraanicarum tom. I'^
publicirt. — 9lu(^ um bie beutfd^e Sitteratur unb ^l)ilologie l^at fidt) ©• ein
5Berbien[t ertoorben; unb bafür fommt feine SSe^ie^ung 3U ^Jlaf^iaS ^^-laciug in
SSetrai^t. S)em großen SBer! ber ^IRagbeburger (Senturiatoren l§atte ®. bei ben
2lug§burger ^atri^iern Unterftü^ung berfdiafft; unb banfbar ^aben bie 35erfaffer
feinen Flamen neben bem ^ainjerg unb einer Stei'^e bon 9türnbergern an bie
©pi^e ber octava centuria (1564) geftettt. S^ie Unterftü^ung beftanb nic^t blo§
in Öelb , fonbern aud) in litterarifdtien .§ülf§mitteln. ^n bem Catalogus
testinm yeritatis fü'^rt ^^laciu§ feit ber ätoeiten ?lu§gabe (1562) aniS) ba§
ßbangetienbuc^ be§ Otfrieb bon SBei^enburg an, bon bem (S. im ^. 1560 eine
3lbfcE)rift naci) einem bem Ulrid^ ^ugger ge'^örigen ßobej, ber je^igen ^eibelberger
§anbf(i)rift, angefertigt l)atte, bie fid^ no(^ ie|t im ©(|otten!tofter ju äöien bor=
finbet. 2Bie @affer'§ (Sorrefponbeuj mit ®e§ner ^eigt, backte er felbft eine 3eit
lang an bie Verausgabe be§ Dtfrieb; fie gefd^a'^ bann huxä) 3^laciu§ 1571 na(^
(Saffer'§ Slbfc^rift unb mit einer gteid^fatl§ bon il)m l)errüt)renben „ßrllärung
ber alten teutfdien äöorten". 35i§ jum S- 1726 mar biefe "erfte 3lu§gabe be§
Otfrieb auc^ bie einjige. — S)ie legten SebenSja^re (Saffer'g mürben burd) bie
flacianifdien Raubet getrübt, ^n alter Streue l^ielt er ^u glficiuS, gemäl)rte
bem bertriebenen St)r. ©pangenberg ein 5lft)l in feinem ^aufc, gerietl) aber
burd) biefe ^Parteinahme in Sonflict mit ^ugSburg toie mit feiner SSaterftabt
Sinbau. ®. ftarb ju Augsburg 1577 ben 4. S)ecember.
i^acob Sruder, De vita et scriptis A. P. Gasseri (in öeffen Miscellanea
[1748] p. 409-443). — g^ronifen ber beutfc^en ©täbte, S3b. IV, 2lug§burg
ißb. 1 (l^erau§g. b. 5. f5fren§borff), ©. XLIV. - 9t. b. 9taumer, (Sef^. ber
german. ^ß^ilologie , ©. 33 ff. — Dtfrieb, ^erau§g. b. J?eEe ©. 124 ff.,
b. ^. ^iper ©. 270. ff. — ^preger, 9Jiatt^ia§ ^laciug Sllt)ricu§ II, ©. 471 ff.
^. gren§borff.
398 ®"^^"-
(Koffer: §an& ©., 33ilb:^auer, gel6. am 2. Cdoficv 1817 ju eijentratten
Bei ©münb in i?ärnt^en, f nm 24. Slprit 1868 in Jöubapcft, toav ein fcl^r 16e=
gabtei- unb eigenartiger, in ber erften ^^eriobe jeineS (2d)affen§ ju bebeutenben
ipoffnungen Bere^tigenber Äünftter. ©ein SJater S'acob &. lebte alg 2:ifd)ler
unb .g)ol3|c^ni^er in bem fleincn ^lörfrficn ßifentratten unb l^atte au|er .Span§
nod) iolgenbe fünf ©ö^e: ©ebaftian, ^atoh , S^ofef, ^Jlaj unb grana , mithin
eine fo ja^lteicfie ^-amilie, ba^ er für bereu 2lu§6ilbuug nur nott)bürftig ju
forgen öermoc^t ^atte. SBenn ber iüngfte ©o'^n .^an§ au§ ber S)orffc£)ute tarn,
mu^te er ba§ 3}iet) auf bie Söeibe treiben ober fi(| in ber Söerfftätte antt)enben
laffen. 5ßlötjlic^ ertt)ad)te aud) in ^anä bie ßuft am Silbfdjuiljen unb er er=
langte barin eine fol(^e f^ertigteit, ba^ er bie 3tufmerffam!eit weiterer .Greife
auf fid) teufte. Siner ber ®önner, ©raf ßobron, in Kärnten begütert, gab i'^m
bie Mittel jur Steife na(^ SBien, mo bereite jtoci feiner Vorüber, granj al§
^^orträtmaIer unb 9Jtai; al§ 2Birtt)§päd)tcr in befd^eibenen 5öer^ä(tniffcn lebten.
3m fyrü^ia'^re 1838 betrat Ö). bie ^aiferftabt, mit ©mpfetituugeu an .^ünftter
unb .^unftfreunbc t)erfet)en, tüeli^e fein einfad^cä ungejmungeneS, aber öon einem
regen (Seifte 3eugni| gebenbc^ 2Befen unb feine eble, poctifd) angef)aud)te äußere
(Srfc^einung liebgewannen. Sic reichen i?unftfd)ä|e unb bie intereffanten gcfelligen
greife, in meldte er trat, mad)ten aber auf beu Sllpenfo^n uii^t jenen ßinbrud,
ben mau üorau§fet^cn foHte. „%n 5)lenfd)cn unb ^unftroerfen", fd)rieb ber
^ünftler bamal§ einem ^yreuube nad) ©münb , „tjült iä) mid) orbentlid) fatt
gefeljen; biefc -33lenge in ber Siefibeuäftabt ift fd^auber'^aft." ^m^toüember 1838
begann ®. feine afabemifc^en ©tubien. ^'^ucrft naf)m er 3/i<^n'^"unterrid)t bei
®feIlt)ofer, fpäter fam er in bie 33ilb]^aucrfc£)ule ber ^rofefforcn ^tueber unb
Ää^mann unb erl)iclt fd)ou in ben 3fal)rcn 1839 unb 1840 erfte 53itbl)aucrpreife.
2Qßie gro^ aud) bie ^^lufmunteruug War, meldte bem fid^ rafd) entmicfelnben
Talente p Xt)eil geworben, wie anrcgenb auf if)n aud£) ber 3}ertel}r mit Ätünft=
lern unb Äunftfennern wirtte, befricbigt war @., in beffen ©eelc fid) ein ©eignen
unb 93erlangen uad£) anberen Sfbealen funbgab , aU fie bie afabemifd)en Greife
fannten, feinc§weg§. ©eine Sude lenften fid) naäj 'iDlünc£)en, Wo ^önig ßubwig
burdC) ben um if)n öerfammelten Äreiä ^od)bcgabter j?üuftler ber beutfc^en J?un[t
neue 93al)nen eröffnete unb e§ gelang it)m aud), ba§ er 1842 al§ !aiferlid)cr
5ßenfionär anftatt in 9tom, wie bamalS üblid) , in ber beutfd)en i?önig§ftabt
feine !ünftterifd)e 2lu§bilbung fortfeljen burfte. 2)er 3ttuber feiner ^erfönlic^feit
unb feine entfc^iebene Begabung erloarben i^m aud^ in ^J)lünd)en rafd§ greunbe.
@r trat in nähere 33eäiet)ungen ju i?aulbad^, ©d£)norr ö. 6arol§felb unb Subwig
b. 3;f)ierfd), bem ©ol^n be§ .g)etteniften, Männer, an bie i^n bi§ an fein Seben§=
cnbe bie Wärmften iBanbe ber i5f^-eunbfd^aft fnüpften. Slngeregt bon il^nen be=
müf)te fid) ®. in ber 9lu§bilbung feiueä 2;alente§ 3^ortfd)ritte ju mad^en. 3luf
3lu§flügen uac^ Ttürnberg, 5lug§burg, g^'^if^^Sf 9iegen§burg k. entfaltete fid) fein
romantifdier ©inn in ber 3tnfdE)auung mittelalterti(^er ^unftwerfe, ol)ne ba^ er
bamatö noc^ bie Sebeutung unb bie 6igeutt)ümlid)feit berfelben begriff. Söiewol
öorWicgenb mit ©tubien befd£)äftigt, entftanben bodf) Wäl)rcub feine§ ^ünd)ener
3lufentl)alte§ eine 9teil)e gelungener ©tatuetten unb Entwürfe. Unter ben erfteren
erregten iene öon ^aulbad^ unb ©ctinorr, eine ©ruppe öon ©d^norr'§ Slöd^tern,
burd) i^re 5tel)nlid)feit gro^e§ ^ntereffe; unter ben übrigen 3lrbeiten jeigte @.
in ber lebensgroßen 'Q\Q,nx eineg gauftfömpfer§ , l^eute gigentl)um ber 3lfabemie
ber bilbenben l^ünfte, bereits feine -Hinneigung ju bewegten, lebenSüollen @eftal=
tungen, in ber f^igur eine§ 6ngel§, eine§ ^ßorträtmebailtonS Pon i^xi^ ^auihaä)
unb eines ,$?inberporträt§ au§ ber gamilie be§ ^^rofeffor 3lrnbt§ feinen feinen
©inn für ß'^aratteriftü. Ungead£)tet ber angene'^men 3}ert)ältniffe, in welchen @.
in 5Jlünd§en lebte, litt e§ il)n bort nid)t auf bie Sauer. @r fel)rte im 3. 1846
©Qfier. 399
totcber naif) 3Bien prücE, tjn^liä) Begrübt öon feinen alten fyteunben, ju toelcEien
öorjüglicE) 5- 5lmei-ling, 5t. ^ö|m, 9t. ö. 6iteI6ergev, 6. Ütabtoi^ft), SSüd)ei; 2C.
ää'^Uen, unb neue 9}er'6tnbungen anfnü^jenb. S)urc^ bie ÄunftauSfteHungen ge=
langten feine 51rieiten in Weitere Greife, bie ba^ frifcfie latent betounberten
unb au§ toetc^en if)m üeinere Slufträge jugingen. 5Iber nid^t auf biefem 2Bege
toax e§ möglici) , ba^ (Saffer'g Talent 3U einer fünftlerifc^en 9teife gelangen
lonnte. @r beburfte grö^ever plaftifc^er 3Iufga!6en, ttJOju jebocE) unter ben bama=
ligen S^er^öltniffen in SBien feine 3lu§fi(i)t öor"^anben ttar. (gelang e§ bo($ ni(f)t
einmal 2öiener Silbl^auern öon anerfanntem ütufe folc^e 9tufträge ju erhalten.
S3e{ bem bamat§ geplanten unb aud§ jur 5lu§fü!§rung gelangten großen S)enfmate
für .Saifer ^^^ranj entfi^ieb bie ©taatgraifon für ben Italiener ^JlarcEiefi unb
bei bem Srunnenbenfmale auf ber f^i-'^ii^ng toä'^lte bie ©emeinbe @d^tt)ant£)aler,
einen 5)lün(^ener Äünftler. SBie bie übrigen jüngeren SBiener Sitbl^auer mu^te
ftc^ ba^er au(f) @. mit 3tufträgen bon ^priöaten für SSüften, Statuetten, G)rab=
benfmalen begnügen. 3}on ben SSüften mad)te jene ber i^ennt) Sinb, au§gefül§rt
im grüfifal^re 1847, für toelc^e ber i?ün[tter fid^ begeiftert l^atte, in ber i?unft=
loelt Sluffe^en. S)ie einzige bebeutenbe Slufgabe toax bie 2lu§fü^rung öon aEe=
gorifc^en g^iguren an ber fyaeabe be§ öon ben 3lrd§ite!ten Dan ber TiüU unb
©iccarbSburg im ^. 1847 neuerbauten 6arltf)eater§, toeldie burd) if)re Slbmeidiung
bon ben antifen S3Drbitbern, i^re Originalität unb 3inmut^ einen fo großen
9iei5 ausübten , ba^ fie burd) üiele ^a^re in fleinerem ^la^ftabe nai^gebilbct
würben. — ßrft nact) bem 3^al)re 1848, an bcffen politifi^en ßreigniffen (B.
Iebf)aften Stnt^eit nal^m — fo ftanb er im Cctober unter ben Kämpfern auf
ben SSarrifaben in ber Seopolbftabt — brad) aui^ für @. eine neue Slera an.
3fm S)ecember 1850 trat er al§ i^e^rer in bie 9J^obettir = 35orbereitung5f(i)ute ber
Stfabemie ein, o!^ne aber an biefem 93erufe ©efaEen gu finben. ®r öerüe^ bereite
im Dctober 1851 biefe SteEung unb toibmete fi(^ boüftänbig ben i!^m in reii^er
3a^l 3u Zf^tii geworbenen 2Iufträgen. 6r führte ©tatuen für ba§ Sltfenal unb
ba§ SBaffenmuf eum , ha^ neue 33an!gebäube, ben ©i^ungsfaal be§ @emeinbe=
rat^e§ (1852) au§. ^m ^. 1853 öotlenbete er ba§ 3Betben = 5Jtonument für
G)ra|, um biefelbe 3eit entftanb ber (Snttourf jum 2Bictanb=S)en!mal für SBeimar,
Welcher (1857) gur Stuefü^iiing fam. 35alb barauf folgten bie (yis^i-'e^ äum
|)en^imonument in Dfen (1852), ba§ S^enfmal im Slol^barfenate in 2rieft, bie
©tatuen.an ber gagabe be§ ©ebäubeS ber (Srcbitanftolt (1857), ba§ @rab=
benfmal 53to3art'§ auf bem ©t. 5J1arrer=5riebf|ofe (1856), ber lebensgroße
(^:§riftu§ ber Sobron'f(^en ©ruft 3U (Smünb (1858), ba§ (i§riftallnigg'fd)e (Srab=
monument ^u 8t. 5Jli(i)el im 3oIlfeIbe (.1859), ba§ SSrunnenbenfmal im ©tabt=
barfe (1865), bie ©tatue be§ ^. ö. ©onnenfelg auf ber ßlifabetprüde (1864),
ba§ 5!Jlaria=2:i^erefien=5)tonument im 3lfabemiegebäube ju SBiener=Dteuftabt (1862),
ba§ ©tanbbilb ber Königin glifabetl^ im Söeftba'^n^ofe (1860), bie g]tonu=
raental=93runnen beim neuen Opernfiaufe (1867) unb anbere Heinere ©tanbbilber
für ^ir(f)en unb ^ribatbauten unb @rabben!mäler für abelige ^yamilien. SJon
ben 5a^treid)en ^orträtbüften finb 1^ erb or^u^ eben jene be§ .^arl 9ta'§I, be§ Sanb=
fd^afterS 9)tarfo, be§ ©rafen ©teplian ©gec^entii, be§ ®efc^ic^t§forfc§er§ {yrei^eiTU
b. 3lnfer§l§ofen, be§ (E{)emifer§ 2. ©d^rotter, be§ (5::^irurgen ^rofeffor Dr. ©d)U^,
ber 3JlaIer ©d^roperg, ßrie^uber unb Single, ber ^^rofefforen Dpt^oi^e-c unb
S5erre§, be§ ©d)aufpieter§ S)atoifon, be§ ©eologen ^aibinger, be§ ^änanäminifterS
fdxuä, fein eigenes ^ilbniß k. S5on gr. ©d£)iüer fü'^rte er eine Äoloffalbüfte
au§. S)iefe außerorbentlid£)e fyrud)tbar!eit War aber feinem Talente nid^t förber=
li(^. SBenig geübt in ber 9lu§fü^rung bon größeren plaftifc^en 2Berfen, gebrängt
burdf) bie um be§ ©elbetWerbeS wiEen 5u eifrig gefud^ten unb übernommenen
Slufträge bertoenbete er auf bie ^tf)x^af)l feiner fböteien Slrbeiten nid^t bie ge=
400 ®'^^i"-
l^örige ©orgfalt unb üBergalb fie mit beutlicfien 5Jkrfmaten bev f^Iüc^tigfcit unb
bei- fd^aBIonenmä^igen Set)anblung. ^n ber inbuftuellen 5Iu§6reitung jeineä
35eruie§ ging er ojt fo toeit, ba^ er o^ne eigentliches .^ilfSniobett arbeitete.
3n3i|d)en bem finnigen unb reijboE gemachten ©nttourje unb bem auSgefütirten
Söerfe lag nict)t feiten eine ft)eite ifluft. 'Jtur in ben roeiblidfien ^Brunnenfiguren
be§ ©tabtparteä unb beim Cpernf)aufe — ben legten 2lrbeiten — entfaltete
@. noc^ ben ganzen Steij ber 9lnmut!^ unb ©c^ön^eit feiner i^ugenbgcftatten.
2ln biefer 6rfd)cinung trug wefentlict) feine leibenfcf)afttic^e fiuft an ber 6rtt)er=
bung 'öon Äunfttcerfen au§ älterer unb neuerer 3^^^ (5d)ulb. .^aum in btn
35efi^ eine§ tleinen Kapitals getaugt , taufte er fii^ int 3Siener (Bemeinbebejirfe
^argaret^en ein Jpanö mit fc^önem ©arten. S)ort baute er mit gro^n J?often
ein ^Jttelier in mittelalterlid)em ©tite unb ein mit ja^tieidien (Semädjcrn au§=
geftattete§ 2öot)nl)au§, tDel(i)e§ er mit ben au§ aEen .'C'änbern crtüerbenen 5Uter=
t^ümern anfüllte. i?oftbare Silber, barunter bon ^^(nbr. ?lc^enbad^ eine fd)önc
äöalblanbfdiaft, Sc^ränfe, glügelaltäre , ßimoger @mait§ , 2;e|jptc^e , ©ticEereien,
^etall=, @la§= unb J^ongefäfee, aller 5lrt j?upferftid)c , toaren bort bottftänbig
ungeorbnet trie bei einem iröbler aufgel)äuft SRä^ig in feinen leiblid)en 58e=
bürfniffen fanb er feine gan^e 2uft unb ^reube in ber Sctrad)tung feiner .^unft=
fd)ä^e unb opferte benfelben nid)t nur fein reic^eS (Sinfommen , fonbern feine
33crmögen§öerl)ältniffe gerietljen in gemaltige Unorbnung. ©c^on tief öeifdiulbet
unb bon äöuc^ereru in ©diulbenarrcft getrieben, mollte er fid) bod) nid)t bon
feinen i?unftf(^äljen trennen , bi§ enlDlid^ eine ^In^al^l bon ^unftfreunben feine
?lngetegcnl)eiten orbneten unb ben größten ll^eil feini§ 93efi^e§ berfauften. ^aum
l§atte er bie fyrei'^eit be§ ^anbc(n§, begann er neuerbing§ ju fammeln. 5Iad)
feinem Sobe famen au^er 3V)7 Cbjecten , meld)e. bon feiner eigenen .^anb l)er=
rührten, 834 Äunftgegeuftänbe atter 5lrt 3ur ^erfteigerung , bon benen mand^e
in öffentli{^e Sammlungen übergingen. 2Benn aud) biefe Steigung ®affer'§ au§
einem eblen ^JJtotibe entfprang, fo mar fic bod) entfd)ieben nad)t'^eilig für ben
f(^affenben Äünftler. (ir ftrcbte nad) leidstem unb loljuenbem ©rmcrbe, um al§
5lmateur feine Sebürfniffe befriebigen ju fönnen unb bie ©orgen feiner ©djulben
raubten i^m bie ru'^ige @emütl)§ftimmung unb bie bolle ,<pi'iget)ung an feinen
lünftlerifd)en 5BeruT. — 2Bie fd)on ermiilint ermerfte @affer'§ ^^.krföntic^feit in
feinen Jüngeren Sal)ren ein befonbere§ Sfntereffe. 'Diad)bcm er fd)on eine geraume
3lnäal)l bon ;3al)ten in größeren ©tobten gelebt, blieb er fid) treu in feiner
fd)lid)ten @infad)l)eit unb feiner unbefangenen 3(uffaffung ber 5[lhnf(^en unb
focialen 33ert)ältniffe. ^m 5ßefil3c einer geringen 33itbung füf)tte er fic^ angezogen
bon geiftig "^erborragenben 'Männern unb ftrebte , mit i^en einen engeren 3}er=
fel)r an3u!nü|)fen. S)abei blieb er ber 5laturfo^n, metdier mit fdiroörmerifdier
^Begeifterung an feiner ipeimatt) '^ing unb eine gvünblid)e 5lbfd)cu bor ben ©itten
unb (Semo^nljeiten ber ©täbter '^atte. ßr erftredte bie§ bi§ auf feine äußere
ßrfc^einung. @in 33ilb förperlid)er ©djönl^eit mit ber fc!^lanfen ©eftalt, ben
fräftigen, eblen @efi(^t§3ügen, bem bunflen 9luge, bem l^erabmallenben fdimarjen
i^iauptl^aar unb bem eigentt)ümli(^ gepflegten 33oEbaTt, trug er bi§ an fein ßeben§=
enbe eine bunflc 33loufe, einen fpi^en .^ut nad) 3lrt ber ®ebirg§bcmo^ner au§
bem Ob^rammergau unb legte biefe %xa<i)t felbft bann nid)t ab, menn er in
bie l^öi^ften unb feinften (SefeEfd^ajtSfreife eintrat. 2)aburd) mar (S. eine ftabt=
befannte ^perfönlid^feit gemorben. ^n fpäteren ^al)ren, al§ fi(^ in feinen Bügen
Plummer unb ©d^mermutl^, in ber .«paltung unb ber Äleibung ©puren bon 25er=
nad)täffigung ausprägten, unb bie ibeale !!3eben§auffaffung fid) in einen gemiffen
6t)ni§mu§ umgemanbelt "^atte, mad)te ber Äünftler einen traurigen ©inbrud.
S)aäu fam, ba^ in ben legten brei Sat)ren an it)m ein förperlid)e§ ßeiben 3el)rte,
mel(^e§ i:^n in ber ?lu§übung feiner ^unft '^inberte. S5ergeben§ fuc^te er in ben
©aijer. 401
Dfener SSäbcxn Rettung. 3}on treuen ^^veunben gepflegt, in feinem inneren
öerfiittert, l^offte er öergeBen^ qu| Rettung. Sc^on bem 3:obe nofie üe| er an
fein ÄranfenBett au§ feiner (Sammlung eine ^ronceftatuette , 5Jlineröa t)or=
ftcllenb , unb bie Bemalte ^oläftatuette ber @ba au§ ber 3eit S)ürer§ fommen,
um fi(^ \t)xc^ %nUiäe^ 3U erfreuen. S)er Sob be§ Äünftteri rief in SBien unb
feinem ^eimatt)Ianb fd^mer^üc^eä 5luffe^en :§erbor. S^ie 33erfteigerung feine§
5flac^Iaffe§ öerfammeltc in SBien ^um testen 5Rale feine f^reunbe; jeber berfetben
tjotte fic^ eine iMiquie. S)er ßeic^nam mürbe im ^. 1870 na(i) SSiEact) üt)er=
fü'Ört unb bort feierlt(^ beerbigt. 6eine ^ärntnerfreunbe errichteten it)m in
te|terer ©tabt ein S)enfmat, beftefienb au§ bem Stanbbilbe be§ Äünftterg,
meld^eS, Oon bem 58itbt)auer 9Jle^mer au§ ®münb gemeißelt unb am 6. Tlai
1871 enthüllt, ben ©afferpta^ fcf)mürft. ^m SanbeSmufeum in Ätagenfurt mürben
@t)p§abgüffe Oon Statuetten be§ .^ünftlerS aufgefteltt unb in einem §aufe ju
@münb bie Sugenbarbeiten be§ Äünftler§ gefammelt, aU Xnbut ber Slnerfennung
feine§ ^eimat^lanbeS — nadö feinem Stöbe.
9{. ö. gitetberger, C^ang @affer'§ biografifdie ©ftj^e mit 5lbbitbungen in
Sü^om'g 3eitfc^rift für bitbmbe Äunft, ^. 1871, ©. 281. — Älagenfurter
Leitung ö. 27. Januar 1871. ^. äßeiB.
©afjer: ©imon 5p et er @. , Gameralift, geb. am 13. Tlai 1676 ju
ßolberg in ^^ommern, too fein SSater (Seorg ®. furfürftltd^ branbenburgif(f)er
Sanbrentmeifter getoefen, f am 22. 5lobember 1745 3U ^alte. S)ie (Stabtf(i)ule
befud)te er in feiner 33aterftabt unb ftubirte fobann bie ^umaniora an bem
©ijmnafium ju (Stettin, ba§ bamat§ unter ber Leitung be§ berühmten 9lector§
^:pom|3eiu§ ftanb. ^m ^. 1694 be^og er bie Uniberfität Seip^ig , um fid^ ber
3uri§prubenä ^u mibmen unb toanbte ]iä) bon ba 1696 nad) ^alle, tool^in er
befonber§ hnxä) bie Se:^rmirffamfeit <Btxt)V^ ge.^ogen tourbe. Stuf beffen @m=
bfet)lung '^in tourbe er im 3. 1700 ^ofmeifter be§ jungen Saron bon @nben,
mit toeli^em er U^ äum ^. 1704 in ^aüe bertoeitte, um il^n fobann ju toeiterer
2lu§bilbung auf berfd^iebenen Steifen 3u begleiten. 3uei.'ft toanbten fie fic^ nad^
<g)oltanb, too ®. in Utred£)t ben berühmten 9te($t§gele!)rten 6orne(iu§ ban (5c£,
fotoie anbere ©ele'^rten gu ^ören @etegenl§eit fanb. dlaä) ^aäe jurücfgefel^rt,
bi§butirte @. im ^. 1705 unter Sobinu§ ,,de beatitudine juridica", unb ertoarb
fid£) bamit 'ba§ ßicenciat. '^aä) einer ätoeiten 3ieife, toeld^e er barauf mit feinem
3ögting burd^ Seutfd^lanb, Oefterretd^ unb Italien mad£)te, traf &. im ^. 1706
toieber in ^aUe ein, unb fing nun an ^ribatiffima 3U lefen unb 3ugteid§ ficf)
ber 3lbbocaturbrai-i§ ^u toibmen. ^m ^. 1710 tourbe er S)octor unb no(^ im
gleid^en ^a^re au^erorbentlii^er ^profeffor ber 9iedt)te an ber Uniberfität .«paüe,
balb barauf auc^ .^ammerconfulent unb 1711 Slffeffor be§ (SdE)öbbenftu^l§,
mu^te aber, al§ bie Olegierung unb 5?ammer bon §alle nad) DJiagbeburg berlegt
tourbe, berfetben bort^in folgen unb tourbe 1716 jum ^ammcrrat^e bafetbft be=
förbert. Siner <2beciaIcommiffion nad^ Gtebe, um bie bort entftanbenen (5ct)toierig=
feiten ber S)omänenbertoaltung ju begeben, enttebigte er fic^ mit fo biet (Sefd^icE
unb fo gutem Erfolge, ba^ ifm jur ^Beto^nung, auf feinen befonberen 2Bunf(^,
im ^. 1721 eine orbentlid^e ^rofeffur ber 9ted^te in ^alle bertiel^en unb er 3U=
gfeii^ a(§ ^rteg§= unb S)omänenrat| in bie neu eingerid£)tete 60(5= unb 5Berg=
toerfebebutation eingefe^t tourbe. ^m 3f- 1727 tourbe er burc^ ha^ befonbere
SJertrauen .ßönig griebrid^ Söil^etm I., ber ]\ä) fogar berfönlid^ mit i^m barüber
beriet^ , auf bie neu errid^tete Se^rtan^el ber „Defonomie" berufen, burdt) toeld^e
„benen studiosis bie principia ber Sanbtoirt{)f(^aft , toie auäj bie ^oti^ei, in=
gteii^en bie 6inrid^tung ber 9lnf(${äge bon 3temtern unb ©ütern nid£)t toeniger
guter 9}erfaB= unb 9legulirung ber (Stäbte" beigebrad£)t toerben foltten. ^u=
9IEgem. bcutfcfte Siogratllie- "^^^• 26
402 ©aßmann.
gteid^ abn Be'^ielt er, auf SBunfd^ bc§ .^öntgS, yeine ©teile im ©c^öt)penftul^I
ju ^aUe Bei, tüie er aud) tt)i|fenfd)a|tli(^ immerfort neben ben ßamcralien auf
bem ©ebiete ber ^urigprubenä tfjätig Blieb. (Sin flarer, aöer fe^r nüd^terner
33erftanb, eine erftaunlid)e S)etait!enntni§ in toirtljfd^aftlid^en 5Dingcn, aber icg=
Iicf)er Klange! einer f)öt)eren ^f)ito|o:pT)ijd)en, etl^ifc^en unb ]^i[torijd)en ^luiioffung
treten al§ (^aralteriftijd^e 5Jtcr!maIe biefe§ ®eifte§ qu§ feiner einzigen (Sd)rift
über ba§ neue i^ad) „Einleitung ju ben öfonomifc^en, ^jolitifd^en unb 6amerat=
lüif|enjd)aften", .^alle 1729, i)erüor. 6§ ift au^ ba§ einzige beutfd)e äöert
feiner f^eber. Sn feinen ja'^lreidien Iateinifd)en ?Ib'^ anbiungen unb 5Differtationen
über aEerlei (Scgenftänbe ber ^furiSprubenj erl^ebt er fid) nid)t über bic trodnc
5Jlanier feiner ^^itö^noffen. S)ie „Praelectiones ad codicem Justinianeum
ejusque titulos qui in digestis non contincntur", Hai. 1727, unb bie „Selectae
observationes forenses", ib. 1738, finb l^icrunter bic bebcutenbften. Slber aud)
in feinem cameraliftifdien C^aupttuerfe ift er feiner ßeit nur burd) pofitiöe§
SOßiffen, nid)t burd^ bic liefe unb Originalität ber ©efammtauffaffung überlegen,
^a e§ fte"^t feine „Einleitung" in biefer SSe^ieliung entfd)ieben l)inter 35. 2.
ö. ©cdenborf'g „5Deutfd)em gürftenftaat", ben ©. fclbft al§ ©runbtage feiner
cameraliftifd)en 33ovIefungen benutzte. S)cnn n)äl)rcnb ©edenborf c§ wenigftenS
3U einer ©efammtauffaffung ber ©taatßöermaltung brad)te unb bamit eine |)rin=
cipiell luiffenfc^aftlid^e ^Bc'^anblung i^rer ^4>robleme ermöglid)te, ift bei @. ba§
SBetüu^tfein bom inneren 3ufnnnncnVng ber öfonomifdjen, focialen unb poli=
tifd)en (Srfd^cinungen n^ieber gän,ili($ berloren nnb jene cafuiftifd)e, l^alb juriftifd^e,
l^alb tec^nifc^=Dfonomifd)e $Bel)anblung aEer einäclncn 33ermaltung§fragen ein=
gebürgert n)orben, n3cld)c bi§ über bie TOitte be§ öorigen Sal)r'§unbert§ '^inauS
ben 3lnfängcn camcratiftifc^cr 3Biffenfd)aft in S)eutfc^lanb Söert!^ unb ©influ^
auf bie 9lu§bilbung ber ^Ptationalöfonomie unb 33ermaltung§lel^re fo toefentlid)
gefd)mälert f)al Uebrigcn§ ift öon feiner „Einleitung" nur ein einziger 2:^eil
bcröffentlid)t morben, lueld^er bie 33eimaltung brr ©taatSfinauäen (SDonmnen,
9legalien, ©teuer-- unb ^1ied^nung§U)cfen) be'^anbelt.
S)rel):§auijt'§ SBefc^reibung be§ ©alfreifeS, 2. 2ljeil ©. 619, too aud)
30 Schriften angefüt)rt finb ; ebenbort fein 33ilbni| in ^u))ferftic£). — Elogium
Gasseri, Hai. 1746. - grfd^ unb ©ruber s. v. - giofc^er, ©efc^id^te ber
^Jlat.=Def. ©. 372 ff. Snama.
©O^momi: f5^lorian Seo^otb (B., f. l .g)ofcabellmeifter, mürbe am
4. gjlai 1729 ju Srüj in 9?ö^men geboren, ^m :3efuitenfeminar ju ^omotau
erhielt er bie erfte @d)ulbilbung, bie aud) bie mufifatifdien 3lnfang§grünbe um=
fa|te. S)a er Stalcnt jur gjtufif öerüetl§, nal)m fic^ ber 6l)oia-egent be§ 33rüjcr
^ir(^fbiel§, ^o'i). äßobor^il, feiner befonber§ an unb unterrid)tete i^n mit Erfolg
im ©efang unb auf berf(^iebenen Sfnftrumenten , unter benen er für bie §arfe
befonbere§ @efd)id geigte. Sie Slbftc^t feine§ 23ater§, eine§ ÄrämerS, i^n 3U
bemfelben ©efd^äft aufäujielien, mar mä)[ mä} be§ Knaben ©inn, beim bie Suft
3ur ^ufif :^attc bei i:§m bereits bie Cber^anb gemonnen. Um fi^ i§r gan^
mibmen 3U fönnen, fa^te er, !aum amölf Sa^re alt, ben Entfc^lu^, auf§ @rabe=
iDol)t fein ©lud in ber 2öelt ^u berfud)en. Er entmid) ^nmliä) au§ bem Eltei-n=
l^aufe unb manberte, bie lafd^en leer, aber im Sefi^e feiner ^arfe, f(^nurftraf§
nac^ i?arl§bab, ba§ gerabe ftar! befud^t toar bom reid^en Isolieren 5lbel. ©eine
angenelime ©timme unb fein fertiges ©^iel ertoarben i^m l)ier in taum aioei
Bodden bie erftaunlid^e ©umme bon 2000 Zf^aUx. ©o romantifdf) auc^ fein
erfter ©d^ritt in bie Söelt ausfiel: er fottte nod| meit überboten mcrben. ©eine
^'^antafie mar burdt) ben unertoarteten Erfolg erl^i^t unb ftrebte lyö^ex unb
l^öl^er. ©einen ©d^ullenntniffen öerbanlte er aur 'üoVt) bie ^enntni^ bon Italien
unb ba| nur bort bie redite 9Jtufi! äu erlernen fei. S)a^ ber 3öeg bort^^in ein
(3a%mann. 403
toeiter, ba^ ev ber Sanbeefprad^e nidjt niärf)tig fei unb unter gtemben altein ba=
ftef)e, tarn \^m nicE)t in ben «Sinn, ^ath er bod) cinftttciten @e(b unb bic ^oft
ftanb 3ur ^anb. ^i)x öertroute er fi(^ an unb langte eine§ ^ages ricE)tig in
Sßenebig an. ^t^t erft n^urbe er fic^ feiner .spütflofigfeit betonet; feine 2!^ater
l^atte bie Steife faft t)er|rf)tungen , ^ebermann ging giei(^gü(tig an i^m oorüBer,
9liemanb Oerftanb feine ©pra^e. 5tuf einer ber öielen Srücfen fte^enb, bie über
bie Sagunen führen , ni(^t toiffenb , too aul unb ein, überfam if}n fo rei^t ba§
^erjeteib be§ Stlleinfeing. S;ie ©onbeln fu'^rcn an i^m Dorübex, aber f(i)on
fonnte fein SlicE i^rem Sauf nic^t folgen, benn er toeinte bitterli(f) unb öerga^
feiner Umgebung. Sa na'£)te fein ütetter: ein^riefter fam be§ SöegeS, 1)idt ftitt,
rebete it)n an unb öerna!^m in gebrochenem ©c^uUatein bie Sc^itberung feiner
Sage. 3}on Sl^eitna^me ergriffen , na^m er i^n mit ixä) naä) §aufe unb f)ier
beburfte ee nic^t lange , um ^u entbecfen, tüetcf)en ©c^a| an 2öiffen§brang unb
3:atent i§m ta^ Schief fat äugefüfirt. 6r forgte üäterti^ für feine oEfeitige 9(u§=
bitbung unb fd)icfte if)n bann naäj SSoIogna, um bei P, 53tartini feine mufifa=
lifi^en ©tubien ju öolienben. 9lu§gerüftet mit bem n5tf)igen SJÖiffen, fe^^rte &.
nai^ 33enebig jurücE, too er burd) feine§ 2So^It^äter§ Semüf)ung eine Drganiften=
fteüe in einem Oionnenfloftet et^ictt. ©ein ©piel ci-regte 51uTfe"^en unb eine ber
^Rönnen, Dertranbt mit bem reichen funftfinnigen (Srafen Seonarbo SSeneri, lenfte
beffen 3lufmerffam!eit auf ben ^Jtufifer. Sie iBefanntfd)aft toar rafc^ gemad)t
unb ber @raf öon ©. fo eingenommen, ba| er i§m in ioa^r'^aft Oerfi^tDenberif(i)er
SBeife feine 3^"2i9U^S bemieg. @r räumte if)m in feinem 5|>alai§ ein ganjeS
©torftüer! at§ äöo'^nung ein, fteÜte i^m feine S)ienerfd)aft p ©ebot, toieS t^m
bie foftbarften Äleiber ju unb gab it)m freie ^iafel mit ber ßrlaubni^, nac^
SBelieben @äfte ^u (aben. 9}on oHebem machte ber Uebergtücflic^e nur ben be=
fi^eibcnften ©ebrauc^ ; fein 5Iugenmerf tcar unb blieb bielme§r feine Äunft, in
ber er fo gtücftict) t)ortoärt§ fc^ritt, ba^ fic^ balb bie bebeutenbften Äir^en unb
Sweater um feine Söerfe betuarben. ©ein 9tuf brang rafc^ über Italien :^inau§
unb balb aud) nai^ 2Bien, bon too er 1763 für ba§ faifert. ^oft!§eater öer=
f(^rieben tourbe, um 33aHetmufif ju comboniren. (Segen 6nbe 1764: tourbe er
an ©teile ®tu(i'§ jum Gabellmeifter ber Dper unb jum ipofcombofitor ernannt,
©eine erfte für Söien gefcf)riebene £ptx toar .,L"01impiade" (iert öon 531eta=
ftafio), meiere nebft ^toei großen 35aIIet§ am 28. £)ct. 1764 im 2f)eater näd)ft
ber Surg in ©egenmart be§ .^ofeg jur 3Xuffü^rung fam. &. ertoarb ftd) bie
3uneigung A?aifer ;3ofeb'§§ II. in fo l^oliem @rabe, ha^ il)n bicfer am 2:obe§=
tage be§ ^ofcabettmcifter§ Seorg ö. Üteutter, 13. ^Mr^ 1772, ju beffen 9lo(^=
folger ernannte, ©dion borbem fid)erte fic^ berfelbe ein unöcrge^lic^eg 3Inben!en
buv(^ bie im f^rvü^jalire 1771 erfolgte ©rüubung einer 9BitttDen= unb Söaifen^
2;onfünftter=©ocietät, ju bereu O^onb bie .^aiferin 5Jiaria J^erefia unb i^ofep^ II.
bie erften ^Beiträge äufteuerten; auif) tourbe bem 3}erein geftattet, aEjä^rü(^ 3U
i^rem SSeften jtoei Sobbelauffü^rungen öon 2I!abemien im 2^eater Deranftalten
3U bürfen, beren erfte im grü^ja^r 1772 ©tatt^^atte; @. felbft fd)rieb ju biefem
3tDecfe fein Oratorium „La Betulia liberata", Sej-t bon ^Jietaftafio. S)ie 2;on=
!ünftIer=©ocietät !^at fic^ im ^. 1862 neu conftituirt unb legte fid) ben Flamen
„§ai}bn" bei in bantbarer Erinnerung ber enormen ©rfolge, bie i^nen bie 3luf=
füt)rung bon ber „©^öbfung" unb bon ben „Sa^reSjeiten" eintrugen. S)a§
5penfion§au§ma^, anfang§ 100 ©ulben, beträgt gegentüärtig (1877) 500 Bulben,
ber (e^te 3<i^i-'e§au§wei§ für ^enfionen betrug über 21300 ©ulben, ba§ 3}er=
mögen felbft ift jur 6ö^e bon über 700000 (Sulben in 3Bertl^bapiei-'f" geftiegen.
— @. toar e§ nur furje ^zii bergönnt, fic^ feiner l^umanen ©c^öpfung ju er=
freuen. 2luf feiner legten 9tüdfal)rt bon Italien er tcar im ©pät^erbft 1769
nad^ DHom gereift, um bafelbft für ben fommenben (Sarnebat eine Oper ju
26*
404 GJafetnann.
fc^reiBen) tüurben bte 5P|erbe jd)eu unb f erteilten ®., ber aii§ bcni Söagen ge^
fprungen toax, fic^ afier in bev Äctte öeiyangen f)atte, eine weite Strecfe iort,
trobei bem llnglü(iti(i)en mel^vere Diippen gebogen tt)utben. ©eit jener S^xt
fränfelte et, tourbc enblic^ gan^ bettlägerig nnb [tarb an ber 3Baf|erfud)t am
21. SSanuar 1774. ©ein ßeidinam tourbe auj bem bamatigen ^JJtontjerrat
(©c£)n)ar3fpanier=) 5i-'iebt)of öor bem ©diottenffior jur 3iu§e beftattet; fein un=
getDötinlid^ großes .^erj aber, an bem fi(i) ^oll)pen angefe^t l)atten, tourbe bei
ben barm^^ei-jigen SBrübern aujbetoat)rt. @a|mann'§ Jffierfe errangen fid) all=
jeitige 3tnerfennung. .spal)bn geftanb , ba^ beffen ©efangmufif ben meiften @in=
fluB auf i'^n ausgeübt ^abe; 5)lojart äußerte fiii) nod^ in Seip^ig 3u bem 3tt)ei=
felnben S)oIe§ : „2Benn @ie nur erft aEe§ fennten, lDa§ toir in SBien öon i^m
~^aben; fomme \ä) je^t t)eim, toiU id) feine .ffirc^enmufif fleißig burc^ftubiren unb
l^offe öiel baraug ju lernen." — %U &. im ©eptember 1770 mit ben faiferl.
Dperiften narf) 5[Jlä^rif(^--'Jieuftabt reifte, too Sfofept) II. mit griebrid) b. ©ro^en
3ufammen!am, Ujurbe ßJa^mann'S £pcr ,,La Contessina" aufgeführt, an tt)eld)er
ber i?ön{g, für ben @. bann nod) me^rere^ für bic f^löte componirte, fo groBe§
äöo^lgefaÜen trug, ba| er ben i^aifer bat, ii)m ben 5)lann ju überlaffen, „ber
fo gan3 nad) feinem öer^^en fd)riebe". — äöie fel)r ber itaifer ®. fdiäijte, beluieS
er noc^ bei ber Slubienj , tüeld)e bie SBitttoe bei il^m naf)m, um feinen ©d)U^
anäuflelien. ^-euditcn 3luge§ fagte er ju xijx: „3^d) ^abe nid)t nur einen großen
Äünftler, fonbcrn aut^ einen ber rr^tfc^affenften ^Jtänner öertoren". — ©eine
Quartette aber t)ielt ber .^aifer immer öeifd)loffen unb lie§ fic nur fetten al§ be=
fonbere ®unft ^emanb "^ören unb al§ er fie bem ©ro^fürften öon üiu^tanb, ber 1781
auf33efu(^ in 2Bien lüar, ,^eigte, fagte er mit 2Bcl)mut^ : „S)ie§ finb noc^ SSlumen
öon meineg @a^mann'§ ©rab". — 5ttö (Somponift gel^ört ®. jenen an, bie fid)
eine§ mel)r ern^eiterten unb öeröoHfommneten $eriobenbaue§ unb einer reid^eren
3lu§ftattung ber :3ri[tvumentalbegteitung beim ©efange befleißigten. (Sr fd)rieb
©l^mp'^onien, ©treid)=2rio§ unb Cuartette, faft burc^gel^enbä in ber [trengen ge=
bunbenen ©c^reibart. ^m S)rurfe erfd)ienen: „Six quintettes pour deux violons,
deux violes et basse", '4>cn-'i^- ^Six quatuors pour violon, flute, alto et basse",
$ari§.- „Six quatuors pour deux violons, alto et violoncelle concertants",
?lmfterbam. ,,Six quatuors pour deux violons, alto et basse, chacun avec
deux fugues", 3Sien 1805 (oeuv. posth.), 15 ©l)mp^onien für £)rd)efter blieben
^anufcript. gür bie ilirdie l)aben fid^ in 5Ranufcript erl)alten ein 9teiiuim
C-moll, mehrere 53teffen, ^Malmen, ^Jlotetten, ein Stabat mater unb Dies irae.
Oben ermä'^nteS Gratorium , ba§ nod) ftar! im @efd)mad jener ^^eit mit au§=
gebe'^nten Strien unb Üiecitatiüen überlaben ift, tourbe in ber 2:onEünftler=©o=
cietät im ^. 1776 mieberl)olt; bei ber SOjä^rigen Jubelfeier be§ 2}ercin§ vl821)
l^atte e§ ©alieri äeitgemäß umgearbeitet, bie ^iecitatiöe unb 2lrien gefür^t unb
brei neue &)'6xe ^injugefdirieben mit Sßenu^ung bon @aßmann'fd)cn 6ompo=
fitionen. (2)ie jpartitur in biefer ©eftalt befinbet fid) im 3lrc^ibe ber (5jefetlfd)aft
ber gjlufiffreunbe p Söien.) 3}on ben burd^auS auf italienifdien ^ejt compo-
nirten Dpern, bereu größere 3q'^1 JU ben fomifd)en (giocoso, buila) gel)ört, l)at
@. mel)rere ätnei ^al componirt. S)rei tourben aud) bentfc^ gegeben unb bon
biefen :§at ftd^ ba§ oft gegebene ©ingfpiel (italienifd) bon Solboni) „S)ie ßiebe
unter ben -t^an^tberlgleuten", am längften erhalten unb fanb aud) im 2lu§lanbe
SJerbreitung. 3ll§ ba§ ©tngfpiel im J. 1790 auf bem bamaligcn 2;l)eater ber
3}orftabt ßanbftraße gegeben tburbc, '^atte ,g)at)bn brei 2lrien baju componirt.
Jm 3(. 1801 tourbe baffelbe im ilärnt:^nettl)or=2:i)eater bon f^. ^. Sipbert neu
bearbeitet gegeben, bie Wu^it „bon berfd)iebenen ^eiftern". (ginteitung, erfteg
5-inale, ein 2:i^eil be§ jtoeiten finale unb bie 3lrie be§ f5rangoi§ tourbe bon
®. beibel)alten.) S)a§ SSer^eic^niß aller Opern bon @. ift folgenbe§ : „Merope"
©aBtnann. 405
(Statien 1759) — „Issipile" {^ialitn 1760) — „Ezio" (^talun 1761) —
„Catone in Utica" (2ftQlien 1761) — ,.L'01impiade" (2Bien 1764) — ,.I1
mondo della liina" (Senebig 1765) — ,.I1 trionfo d'amore" (Sc^önbrunn, jur
SBermäl^lung Sojcpl^g IL, 1767 in 25enebig) — ..Amor e Psyche- (2Bien 1767)
— rGli Uccellatori'- (Sßenebig 1768) — „11 filosofo inamorato" (3}enebig 1768,
SDßicn 1771) — „La notte critica" (2öien 1768, beutfcE): „2)ie unruJiige ?iad)t"
1783) — „I viaggiatori ridicoli" (2Bien 1769) — ..Un pazzo ne fä cento"
(SBenebig 1769) — „La contessina" (5Jtä^nfc^=D^euftabt 1770, 2B{en 1771;
beutjc^ öon .filier: „S)ie junge (Sräfin") — ..L'anior artigiano" (Ütom, äöien
1770; beutfcE) öon Dlceje: „S)ie 2iebe unter ben <g)anbtt)erföleuten", 2Bien 1779)
— „Le Pescatrici" (2Bien 1771) — „I Rovinati" (2Bien 1772) — „L'amore
e venere" (2Bien 1772) — „La casa di Campagna" (SSien 1773). ^m '^n^
feum ber ©efeHjc^aft ber 5Jlufi!freunbc ju 2öien befinbet fic^ (Sa^mann'g öt)p§=
tüfle, ein auSbrudsöoHer |cf)öner Äopi unb fein in Dei gemaltes 58i(b. 2)et
^at)bn=2}erein befi^t fein nad§ einer 3ei<|nung öon 3lntoniu§ .^idel in Tupfer
gefto(^ene§ ^orträt öon ^. iBaljer. @. t)atte firf) im September 1768 mit 39ar=
bara S)amm, ber 2o(i)ter eineS gebitbeten, au§ abeüc£)em ©efc^ted^t entfproffenen
6emerbimanne§ öermäfilt. S;iefer @^e entfprcffen ein ©o^n unb 3n)ei Xödjtex.
S)er Sol^n ftarb im erften ßeben§iaf)re ; bie jtoeite Zcäjtn fam erft nacf) be§
S3ater§ xobe jur äöelt. fyür le^tere erbot fid) bie Äaiferin fetbft a(§ xauipatl^e
unb forgte überfiaupt für bie gamitie mit faiferli(i)er örofemut^. 2)ie xödjttx
töurben juerft öon Äarl g^ribert:§, ßapellmeifter am ^efuiten=6ottegium im Sefang
unterric£)tet , fpäter aber öon Sfofep^ IL ©aüeri ^ur {)öf)eren 2Iu§bitbung ju^
gemiefen. ©alicri, ®a^mann'§ roürbigfter Schüler, mürbe fomit ©elegenl^ett
geboten, bie Siebe feine§ Se^rerS, ber i^m in ^taüen lC)ülfrei(i)e öanb geleiftet
unb für fein fünftlerifd^eä äöirfen öäterlirf) geforgt tjattt, auf bie fc^önfte Söeife
an beffen Xöäjttxn ju entgelten. 33eibe tourben im ^erbft 1790 am öoft^eater
für ficinere ©ingpartl^ien angefteEt; bie ältere, SJtaria 5lnna, blieb f)ier bi§
1807 in einer me'^r untergeoibneten Stellung, öere^elidite ficf) mit bem 5}ioli=
ntften, .^ofmufifuS ^>eter gux unb ftarb am 29. 5lug. 1852 im 81. Seben§ja§rc-
Xt)exe\t, bie jüngere unb begabtere, fang gleichzeitig in ber italienifc^en unb
beutf(i)en Cper, erlangte einige SSebeutung aber erft bei ber erften ^luffü'^rung
ber ^fluberflöte in ber inneren «Stabt (Äärntl)nert^or=2§eater) am 24. gebruar
1801. .Sie fang bamal§ mit ßrfolg bie „.Königin ber 'Dcac^t" unb trat bann
in noc^ mel^reren großen OtoUen auf, al§ „©räfin" (oigaro'g ^oc^jeit), „ßtöira"
(2on ^uan, Dpferfeft), „5}^aria" (DJIaria öon ^TJlontatban), „3}itettia" (litus;.,
fang aui^ in ©c^uppan3ig^'§ Stugarten-ßoncerten unb tourbe öon ber l^o^cn
Striftofratie unb ber Äaiferin üielfad^ ausgezeichnet. S^a^ öar)bn fie nii^t in
feinen beiben großen Oratorien fingen lie^, fonbern i^re ÜZebenbu'^lerin, 5Dtlle.
Saal, unb bei ben fürftlidfien '5^riöatauffül)rungen 2Jtlle. @£|eratbi öorjog, tonnte
fte nic^t öerfc^mersen. ^^r Stern glänzte nur fur^e 3eit; fie fang bi§ 1808
in ber Cper, bann aber noc^ ab unb ju in (Eoncerten. Sie l)atte fiii) am
11. ^uni 1800 mit ^of. ^tofenbaum, ßöjter^azQ'fc^en Beamten, öcrmä^lt.
dlü<S) bem mft glei(i)3eitigen Xoh ber beiben ©atten jogen fi($ bie Sc^roeftern
gäuäli^ in§ ^:priöatteben aurüd unb pflegten bie Äunft mit gleii^geftimmten
a}eret)rern. I^erefe ftarb am 6. Cd. 1837 im 63. SebenSjafire. Sie SBittme
@. überlebte i^ren 5Jlann öolle 39 ^alire unb geno§ burc^ biefe lange ^eit ai^
eine ber erften bie Segnungen be§ öon i^rem ^anne gegrünbeten Unterftü|ung5=
öereins. 6. 5. ^po^L
©QBtnaun: ^:i}olt)^romiu§ &., S^cotog, geb. 3U il^inj am 21. ^^tuguft
1740, t nad) 1822, legte am 30. Slprit 1758 zu 3tnbernaci) bog Crbensgelübbe
M ben ^ranciScanern ah, befleibete öerfc^iebene 2Iemter in feinem Orben, war
406 ©aßner.
Big jui; ©äculonjation fiector bev ^l. ©diviit uiib be§ canonifd)en 9teii)t§ tu
Stadien, wo ^intetim fein <Bä)ükx war, pnoatifirtc bort ieitbeni. (Sr i[t befannt
hüxä) eine Slnja'fit I)iftorijc^er unb ejegetijcEier ©c^rijten, nod) mct)r burrf) bie
:^etti8e .^poleinif gegen bie jreifinnigen Ifjeotogen Sutogiuö ©d^neibfi, 2:l)abb(iuä
S)erefer unb ben danonifJen ^ebbcridC) an bcr eTjemaligen furjürftlid^en Uniöcr=
fität p S3onn. 33on feinen ©c^riftcn jeien "^eröorge^oben: „Vetus ecclesiae
circa jejunium discipliua a paradoxis F. Phil. Hedderich minoritae conveu-
tualis commentis vindicata", Colon. 1782. S)icfe Slbl^anbtung Würbe in foft
allen @j;emplarcn auf i^cbberid^'g betreiben conftScirt, we§'£)alb crfd)ien „Ed.
nova praefatione aucta ab Ubaldo a duobus fratribus, librorum censore",
Dusseld. 1783. ,,Meditationes hist.-cauonico-crit. in quatuor prima oecume-
nica in Oriente habita ecclesiae universalis concilia", 1786. ,,Diss. bibl.-cano-
nica de eo, quod in casu adulterii alterutrius coniugum circa vinculum matri-
monii ex lege divina justum est, contra academicum Mogunt. et P. Hedderich
aliter sentientcs'", 1788 (in ber CoUectio Sinterim'g Üx. 3). ©eine „5te^=
mütl^ige ©efpvät^e ^wifdicn einem Sanbwirtf)e unb bonnifd)en ©tu^cr" (6ul.
©djueiber), 1791, mögen al§ ^^roBe feinet berben c^umov§ erwä'^nt werben,
gelber, ®el 2e^. III. 161 ff. t. ©d)ulte.
©n^ncr: Dr. ^^erbinanb ©imon ©., geb. am 6. Januar 1798 ^u
Söien, fam früti^citig mit feinem Später nad) Äarläru^e, eri)ielt boxt guten
33ioIinunterrid)t unb befnt^te ba§ ©tjmnafium , um fi(^ jur Uniöerfität öorju=
bereiten. 5Da fic^ febod) fein Talent juv ^ufif immer mcrfHd)er entwidelte,
wät)Ite er biefclbe at§ !Ceben§bcruf unb trat al§ 3(cccffift in bie gro^^crjogltdie
>^ofcapeIIe ein. S)ur(^ feine ßompofition einer Operette „S)er @d)iprud)", er=
regte er bie ^ufmerffamfeit Sranbt'ö, S)an3i'§ unb g-e§ca'§, bie it)n mit ^^att)
unterftü^ten. 1816 fam er al§ ^öiolinift an ba§ neuerrid)tetc ''Jtationalt'ticater
nad) ^Rainj unb aüancirte naä) fec^g 3Bod)en jum (^Korrepetitor unb ©teüt)er=
treter be§ 5Jtufitbirector§. ©ottfrieb 2Beber fanb ÖJefaEen an it)m , warb i^m
Se'tirer unb ^reunb unb übte großen 6influ| auf feine weitere ßunftbilbung
au§. Einige ^a^xc fpäter ging ®. at§ Uniüerfität§=^Jlufifbirector nad^ ©ie^cu
unb erwarb bort bie pt)ilofop^if(f)e 3^octorwürbe; 1819 promoöirt, trat er nun
in bie Otei'^e ber ^Jsriüatbocenten unb f)ielt wäf)renb fec^ö 3af)rcn mit Seifatt
SSorlefungen über 2i)eorte unb ©efc^idite ber 9Jtufif, gab aber babei feine 2;Kätig=
!eit al§ Dirigent, @efangle()rer unb ßomponift md)t auf. 5Durd) ©rünbung
eines ©efangöereinS unb )i3eitung großer 5[Rufiffefte auc^ in ^J^arburg erwarb er
fid) befonbere SSerbienftc. 1826 fef)rte @. al§ 9Jlitgüeb ber .^ofcapeÜe nac§
ÄarlSrul^c surüd, Würbe 1827 (Sefanglel^rer am |)oft5eater, 1830 9Jlufi!= unb
ß^orbirector, Wirfte aber, Wenn er nid)t birigirte, ftet§ aU S^iolinift mit. Jlranf=
l^eitSVlber trat er 1850 in ben erbetenen 9tut)eftanb unb ftarb nac^ wiebert)otten
©d)IaganfäEen am 25. f^ebruar 1851 in Äarl§ru~£)c. ®. f)at mand^eS compo=
nirt , bod) ift er in biefer Sc^ie^ung bereits ber 3}ergeffenf)eit ant)cimgefallen.
33efonbere 33erbienfte I)at er fid^ um l'itteratur unb 3:t)eorie ber 2Jluft! erworben.
@r war bcr a]eranlaffer ju ber fpäter öon ©ottfrieb SBeber gegrünbeten 3eit=
fd^rift ,,Caecilia" unb rebigirte 10 Sia^^gänge be§ bamal§ beliebt geworbenen
„gjtuftfalifd^en ^auefreunbeS" (1822—31). ^n ber testen ^eit feineS Seben§
fd^rieb er folgcnbe SBerfe: „'^sartiturtenntni^, ein Seitfaben jum ©elbftunterrid^t
für angei^enbe 2;onfe^er k." , (ßarlSruf)e 1838, 2. 3lu§g. ebb. 1842); „Se{)r=
gang beim ®cfanguntenid£)t in '^mufitfdtiulen" (^arlSru^e 1843); „Dirigent unb
9lipienift" (^fortfe^ung ber ^artiturfenntni^, Äarl§ruf)e 1847). S)aneben Tebi=
girte er bie „3eitfdKrift für S)eutfdK(anb§ ^Jiufifüereine unb Sifettanten" (1840
bi§ 47). ^uä) einen Slugjug au§ ©d^itting'g Uniberfallei-icon ber STonfunft,
bearbeitete er 1849, nad^bem er ju biefem 2Berfe fd§on 1842 ein ^)lacKtrag§=
©aßncr. 407
'^eft l^erauSgegeben. 5öon Jemen 6ompo[ttionen finb me'^tere ßieber füi" eine
©timme unb üier 5]Mnnerftimnten ^u ern)äf)nen, bie bei (5(f)ott in ^ain^ ei-=
|(i)ienen. Sine gröBere Kantate: „S)ie ^ufertoecfung be§ 3füngüng§ in «^flain",
würbe mit SeijaE öfter aufgefütirt. Einige Sattette, fo „S)ie ^JtüEer", ma(^ten
in Äarl§ruf)e unb anberwärtg &IM. 9Jon feinen D^jern, toobon eine „S)a§
©tänbdien" ^ei^t, ift ni(i)t§ befonnt getoorben.
ö. 2öee(^, aSabifd^e SBiograp§ien I. 277. ^ürftcnou.
©tt^licr: ^0^. So f. @., (Sjorcift unb Seufelgbanner, geb. 1727 im 2iotfe
S3ra3 bei Slubenj in äiorarlberg , ftubirte ^l'Cieotogie 3u ^nnSbrud unb ^rag,
ttjurbe grüt)meffner ju S)alt)§ unb 1758 ^Pfarrer ju .^(öfterte, einer f (einen Ort=
f(^aft am f^u^e be§ 3lrlberge§. .^ier begann ®. Ieiblid)e Uebet an franfen
ßeuten, bie p i'^m öertrauenSbott bie 3uflii(i)t na'^men, burc^ @rorci§men unb
(Segnungen gu Reiten, ba er bef)auptete, fet)r biete j?ranf^eiten fommen nid^t öon
natütlictien Utfaci)en, fonbern feien SCßirfungen be§ 2eufet§ unb in biefem ^yalte
fönnten atfo ^trjneien nidjtS t)etfen , mot aber ©ebete unb 33ef(^n)örungen. Cb
eine ^ranf^eit natürli«^ ober biabolifd) fei, t)abe ein erleud)teter ^riefter ^u ent=
fdieiben; i£)m muffe ber Seibenbe unbebingt folgen. S)er ?Ruf ber @a§ner'fd)en
SBunbercuren mu(j)§ fo rafcf), ba^ ba§ ftitle ^löfterle ber ©ammetpimÜ großer
6c^aaren S3ot!e§ au§ benad^barten unb entfernteren ©egenben tourbe. S)a§ äu=
ftänbige Dtbinariat tion ß^ur unterfucf)te bie ©adie unb erflärte ficf) im ^^>rincip
mit bem 3}erfat)ren @a^ner'§ einöerftanben. S)ocf) äußerten man^e @eiftli(^e,
befonber§ im 33i§t^_um Sonftauj , mo @. 3U ^örSburg feine 'äöunber'^eitungen
f^eittoeife o^ne ©rfolg öerfud)t t)atte, i^re 5Jli|bittigung. ©inen mä(f)tigen
(Sönner fanb ®. am bamaligcn ^ifc^of öon 3ftegen§burg, Slnton i^Qn. Ö)fn. ö.
gugger, ber i'^n ju feinem ^ofcaplan unb geiftlid^en 9tatf) er^ob unb, ba ber
genannte ^^exx au(^ $propft äu @IImongen toar, il^n ba'fiin berief, too ®. alSbatb
an fogen. SSefeffenen unb anberen toibernatürlidien .^ranfen, bie plö^Uc^ in gan^
erftaun(i(^er Slnjal^l ju 2:age traten, burc^ Sencbictionen, ^anbauftegung unb
@j;orci§men, Teilungen borna^m. S)er ^utauf ber auf einmal üon ben felt=
famften 9}or!ommniffen bebrängten ©laubigen mar fo gro^, ha^ attein im S)e=
cember 1774 bie 3^^I i'^i-' ^Patienten über 2700 ^^erfonen betrug, ^n bem=
felben ^alire gab @. ein SBüc^lein ^erau§: „'üü^liäjtx Unterricht toiber ben
Teufel 3u ftreiten" (1774), tt)el^e§ in ber f^^olge unb nod^ im ßaufe be§ ^a1)xt^
1775 unter bem befonberen 5titel: „Söeife, fromm unb gefunb ju leben, nü^=
li(f)er Ünterricfit", elf 5luftagen erlebte. 3lfö bann in 5ilüncf)ener unb 3lug§=
burger SBlättern abfällige Urt^eile über (S. erf(^ienen, bert^eibigte er fidC) in
einer eigenen ©c£)rift: „3tntmort auf bie 2lnmer!ungen, melcf)e in bem ^ün(|ne=
rif(f)en ^nteHigen^blatt bom 12. 51ob. toiber feine (Srünbe unb Söeife ^u eror=
ciren gemacht morben", 1774 (1775 in 3 3lufl.). ^m folgenben S^W m®.
na(^_ gtegenSburg, aud^ '^ier ftrbmte biet S5otf bon allen ©eilen ^erbci, hi^
^aifer Sofeb'^ 11. bem ^if(|or bon ^egen§burg auftrug, ©a^ner'n ben gemeffenften
5Befel)l 3u ert^eilen, fiel) biefer S^ätigleit inSfünftig gänjlii^ äu entt)alten; bie
baierifc^e Olegierung berbot beffen ©d^riften unb bie ßr^bifd^öfe bon ^rag unb
©aljburg marnten in '4>aftoralfd^reiben it)ren 6leru§. ^toax menbete fic^ ber
58if(i)of bon 9legen§burg nai^ ';}tom, allein ^iu§ VI. fprai^ fid^, obrool ben
@i-orciömu§ im ^rincip nidl)t negirenb , bod^ tabelnb bagcgen au§, bafj &. ben=
felben mit folc^er £)ftentation betrieb unb babei bom römif(^en ^Ivituale abmic^.
(S. 30g fid^ gel^orfam jurücE, er'^ielt bon feinem (Sönncr bie ^^farrei SSenborf (in
ber S)iöcefe 9tegen§burg) , mo er 1779 gana berfd^oKen ftarb. ©ein '^tuftreten
ift buT(^ einen SBirbelminb bon SBrofd^üren begleitet, fteldfie fein mal)re§ SBilb
bielfad) ber^üEen; 3u feinen ©laubigen gel^örten ber faifett. I^eibor^t 9lnt. b.
.^aen unb Sabater; bagegen fd^rieb (aber o'^nc feinen 5^amen) fein unberföbnlidlier
408 ®«^* - ®°*^^-
3lntt|3obe gerb, ©teräingcr: „S)ie aujgeberften (Ba^nenfd^cn aSunbeixuven au§
aut:§enttf(^cn Utfunbeu beleud)tet unb burd) Slugenjeugen betüiefen", 1775. 339l. bog
toeita-e 9J^atenal in ber (oon (S. 2Ö. 3apt anonlpt tierauSgegebenen) „3aul6ei;=
UUiot^d", Stugglb. 1776. ^n neuem- 3eit nahmen il)n efrf)enmQt)ev, 6nne=
mofev unb 3fuftinu§ ferner infoierne in ©d)U^, ba^ &>. unbctou^t im SSefi^c
magnetifd^er j^räfte 9en}ffcn (tDo^u |cin ganjeS ©eba^ren äiemtid^ ju paffen
fdjeint); bagegen öeife^te it)n 6. ©ievle in bie übetfte ©efeEfc^aft bei* „©d^toärmer
unb ©Äwinblet ju ßnbe be§ 18. ^atirl^unbei-tä" (Seip^ig 1874, ©. 222—287).
©ierfe {)ätt freilid) 3lIIe§ filr ^ocu§pocu§. 2Iber @. glaubte an fid^ unb feine
SGßunberfraft; i{)n aB albftditlic^en Setvüger l^injuftellten , i[t unpfljc^otogifrf).
(S. t"^at alle§ au§ uneigennü^iger ^Jlenfd^enliefie ; „ba| er für feine Suren 23e=
lotinungen ober gar ^Be^a'^Iungen empfangen t)abe, toirb i'^m fetbft nid)t bon
feinen |eftigften (Segnern jur Saft gelegt" (©icrfe ©. 272).
S3gl. äÖurabad), 23iogr. ßeji!. V. 99. 2. giapp, ^erenproceffe, ^nnSBr.
1874, ©. 130 ff. K. ^W- ^ollanb.
@aft: ^JHd)eI bc (S., malte Sanbfc^aften, 9tuinen ic. (Sr foE 1509 in
Stnttüerpen geboren unb 1564 geftorben fein. @ctt)i| ift nur, ba^ er in 3tnt=
toerpen 1558 in bie ©t. 2uca§gilbe aufgenommen marb. ^Jlan nimmt an, ba^
er ;3ta(ien befud)t "Eiabe , ba Perfc^iebene italienifd)e 5lnfid)tcn öon il)m befannt
finb. ®. toar ein guter ^fiä^ner ; toir f)aben 3eid^nungen mit feinem ^tonogramm ;
wogegen man !eine Oelgemälbe öon itim tcnnt. 2Bat)rfc^cinlid) finb beren auf
ben Siamcn 3(nberer übertragen worben, ttjie 3. 33. 2anbfd)aften be§ SucaS @affel
für äßer!e üon ^atenicr gelten. ©iret.
©nftritj: 5Jlattl)ia§ @. (Castricius), ein beutf^er ßontrapunftift be§
16. Sal)ri)unbert§, gab folgenbe SBerfe ^erau§: „Novae liarmonicae Cantiones et
piae ita etiam suavcs et jucundae, quinque vocihus concinnatae, et nunc pri-
mum in lucem editae", Norimbergae, 1569. „Carmina latina quatuor vocum",
ibid. 1569. „Jeutfc^e unb lateinifd)C Sieber mit 4 ©timmen", ibid. 1569.
„Äur^e Pub fonberlid)e ^^leroe ©t)mbota etlid)er dürften önb ^errn, neben anbern
mel^r fd)önen ßiebtein mit fünff Pub Pier ©timmen". Mrnberg 1571. @.
botirt bie 3uf(^rift biefe§ letzteren 2öerle§ öom 14. fyebruar 1571 au§ ?lmberg
in ber Oberpfalj, teirb alfo 3U jener 3eit tool bort gelebt tjobm. 3n ben
Symbola fte'^t al§ 5^r. X unter ben „anbern mel)r fd)önen ßieblein" ein fünf=
ftimmiger Jonfo^ be§ Pon ^Jlartin ©diaüing gebic^teten Siebes : „^erjlid^ lieb
i)ab id) bid), 0 .^err", beffen ÜJlelobie nac5^ bamaliger faft nod^ allgemein be=
folgter ©itte in ben ^cnor gelegt ift. (Söicber abgebrudt bei SBinterfelb,
.^ird)cngefang I, SSeifp. 109.) ®erber t'^eilt bie Eingabe eine§ 9tecenfenten in
ber ^enaifd^en 2itterat.=3eitung mit, ba^ ein „9Jtid)aet ®., ßomponift unb £)r=
ganift ju 5lnibtrg, bie ^Jtelobie ju bem Siebe: „.g)er3lid) lieb f)ab id^ bid), 0
-JpeiT" iz. gefi^rieben" '^abe. S)od) bemerft er liierju, ba^ „biefer 5Jlid)ael blo§
burd^ eine 33evtoe(^felung be§ 3Jornamen§ entftanben unb bamit ^bttl)ia§ @."
gemeint fei. äöinterfelb fpric^t in feinem fd)on öor'^er angebogenen SSui^e (I.
©. 418. 511. 514) immer nur Pon 9!)latt^ia§ @., todlirenb er beffen al§ S3ei=
fpiel mitgetlieitte i?ir(^enmelobie mit „5)lid)ael @." bejeidinet. @§ ift bieg jeben»
faE§ ein ©d}reib= ober 5£)rudfel)ler.
9)lonat§l)efte für ^ufifgefd^id^te. Berlin 1873. 1874.
5 ü r ft e n a u.
(Sa%: 3luguft ®., geb. am 14. gjlai 1800 (1804?) 3U Süttid^, erhielt
feine (Srjie'^ung unb 23ilbung in Seutfc^lanb. (Segen feine 5^eigung mu^te er
äuerft al§ Sel^rling in eine Hamburger ^udti'^anblung treten, brachte e§ aber
balb ba^in, fi(^ gan^ ber Slonlunft toibmen unb toäfirenb ber S. 1828 — 30 bei
S- ©ctineiber in S)effau feine mufifalifi^en ©tubien madien ju bürfen. SJon
®attenl)of — ©atterer. 409
1830—41 lebte (55. in .g)amBurg, lebigüte ein „^]3tuftfalifd§e§ gonberfationgWatt,
^ufüfreunben unb .^ünftlern getoeifit", ha^ 6ei Sdiubertf) unb ^JciemetieT er=
festen unb gab im QJetein mit ^Inberen ba§ betannte fui-^ gejagte „^ufifalifc^e
6onöer|ation§(ei-ifon" (.^amburg 1835, 2. 3lufl. 1840) :^exau§. (Sine britte
5luflage bieje§ äßer!e§ eiid)ien 1870 in 33erlin, f)erau§gegeben bon %, 9tei^=
mann. 5lu(^ al§ ^Jtitarbeiter an bev öon 9t. <Bä)nmann gegvünbeten „5^euen
3eitfd)rift für ^Jlufi!'' toar @. tf)ätig , toie er fid) benn aud) SSerbienfte um bie
5Jiufi{5u]'tänbe 5iorbbeut|d)lanb§ , befonber^ .^amburgS bui-(i) ©rünbung öon
^Jlufüfeften unb 5Jtu[ifgefettfd)atten erwarb. 1841 fiebelte ©. nac£) ^^ari§ über,
too er fid) unauSgefe^t litterarijcf) befd)äitigte. ©eit 1849 toar er in ^ari§ ]ii)x
t^^ätig für bie jct)le§trig='^olfteinif(i)e ©ac^e. ^n ben legten 3a^i-*en feine§ 2eben§
befrf)äitigte er [ic^ öiel mit 5Jtagneti§mu§. @r toar g]flitgtieb ber unter Leitung
be§ SSaronS ö. £)u|)otet ftel^enben @efeEfd)aft unb ^Mitarbeiter be§ Journals, ba§
unter befjen 5)tittüir!ung in ^ari§ erfd)ien. ßinige ^Jlonate öor feinem 3:obe
fi^rieb er bie SJorrebe ju bem SSudie ,,Uistoire diplomatique de la crise Orien-
tale" (SSrüffel 1858), bie er au§ |3oUti|d)en Otüdffit^ten nur mit ben 5tnfang§=
buc^ftaben jeineS 5tamen§: A. G. d. L. (de Liege) unter^eidinete. @. :^at in
^^ari§ einen Chant patriotique ,,Les Polonais" öeröffentlii^t , mie er benn bie
6om:po[ition mel^rerer frauäöfifi^er unb beutfdier ^loman^en 2C. im 5Jlanufcri)3t
f)interlaffen :§at. 6r mar 5JHtglieb ber 5Jtufifge|eEfc^att au ^^repurg unb ber
^oÜänbifd^en @efeE|ct)ait in 9totterbam. ©. ftarb ju ^ari§ am 8. ^tpril 1858.
g-eti§, Biographie univers. des Musiciens. T. III. (^ari§ 1862). g]tu[i=
falifc^eg 6ont)fi1ation§=Sejifon. IV. S3b. (Berlin 1874).
i^ ü r ft e n a u.
©attcn^of: ©eorg 5}Uttf)aeu§ @„ Str^t, 1722 in ^ünnerftabt (im
2Bür5burgi|d)en) geboren, [tubirte juerft in (Söttingen (unter Rätter), f^äter in
äBür^burg bie 2lränei!unbe, unb erlangte I)ier im ^. 1748 bie ©octortDÜrbc
35alb tourbe er jum 5p§t)ficu§ in S3rud)fal ernannt, fiebelte ein ^ai)x fpäter in
gteidier ®igenfd)aft nad) @ern§t)eim über unb er^^ielt im ^. 1750 einen 9tuf
al§ ^rofeffor ber 2lnatomie* ria^ J^eibelberg; fpäter beüeibete er bafelbft ben
Se£)rftu{)I ber 5p:^t)fiologie unb 5})at:^ologie, feit bem ^. 1767 ben ber t)ra!tifi$en
9Jlebicin unb 33otani!, unb öerblieb in biefer ©teEung bi§ p feinem am 19.
(nad) anberen eingaben am 16.) Januar 1788 erfolgten 2;obe. ^n 2lnerlennung
feiner a!abemifd)en unb fi-'altifc^en Seiftungen toar er bom Äaifer jum S^icefan^ler,
öom gürftbifc^of öon ©t)et)er jum Seibarjt ernannt morben. — 5]tit feiner litte=
rarifc^en 2;|ätig!eit :§at fid) &. über faft aUe ©ebiete ber |)eil!unbe erftredt,
fic^ aber tebiglic^ auf bie 35erDffenttid)ung Heiner a!abemif(^er ©d)riften befd^ränft,
meld)e Setoeife feiner umfaffenben Silbung geben unb mand)e intereffante ^it=
f^eilungen, befonberS au§ bem (Sebiete ber ^jraltifi^en .^eilfunbe entlialten. —
3}on ber nac§ feinem 2;obe bon %abo-c beranftatteten Sammlung biefer ©d)riften
ift nur ein Sßanb (Collect, dissert. et programm. etc., ^eibelberg 1791.
©eutf^ bon a}arren:^agen, S)üffelborf 1794) erfd^ienen. 21. -^irfc^.
©ttttctcr: (S^riftob^ Sßil^elm Sa! ob @., (Sameralift, geb. 2. S)ecbr.
1759 äu @öttingen, ©oi)n bon ^o^^. (S^rift. ©. (f. u.) , f 11. ©ebt. 1838 ^u
,g)eibelberg. (Sr ftubirte ßameralia in (Rötungen, bi-'omobirte bafelbft unb crt^eilte
l^ierauf eine geit ^<^H naturmiffenf(^aftlid)en ^^ribatunterrid^t. 1787 mürbe er
al§ ^rofeffor ber 6ameraltoiffenfct)aiten unb 2;edt)nologie nad) .geibelberg be=
rufen; 1790 jum mir!lid)en SSergraf^ ernannt, 1797 auc§ nod§ ^:)]rofeffor ber
S)iblDmati!; 1805 erl)ielt er ben Stitel: Dberforftrat"^. @. toar ein anwerft
bielfeitiger , frud^tbarer ©d^rijtfteHer; er fd)rieb — toie bie mciften 6ame=
rauften ber bamatigen ^^it — über bie :^eterogenften ©egenftänbe: Zoologie,
S3ergtoefen, f^ovfttoefen, ^anbel§toiffenfd§aft, S^edlinologie k. ©ein <f)au|)tberbicnft
410
(Satterer.
befte'^t in äufammenftellung unb fritifc^er SSeleud^tung ber forft-cameraUftilc^cn
Sitteratur ; unter ben ©(^riftftettexn biefe§ ®el6iete§ gebü^i-t i^m ein bauernbcr
(^1)xtnpla^. S)a§ öon äötlf)e(m ©ottfrieb ü. ^^Jlofer 1788 begonnene „g-orftai-d)iti
pr (äi-toeiterung ber f5oi-'ft= ^inb i^agbrniffenfi^ait unb ber iorft= unb iagbtt)ijfen=
fd§attli(^en ßitteratur", öon toetd^em Bi§ 1795 bereits 17 SBiinbe öorlagen, fe^te
er im 33erein mit mehreren ©eletjrten unb criat)renen ^^orfttoirt^en unter bem
2;itel: ,/}ieue§ gorftard^ib" 2C. bi§ aum XXX. 23anbe Tort (1796 — 1807) unb
lieferte fetbft im XYIII. unb XIX. 33anb biefeS umfaffenben 2öcrfe§ , in
weld^em namentlirf) bie ältere ^orftgcje^gebung unb i5orftgefct)id)te bcrüdfic^tigt
ift, ein „allgemeines Stepertorium ber iorft= unb jagbntiffenfcfiaTtlic^en 2itteratur
neb[t fritifc^en 3?emer!ungcn über ben Söertf) ber ein^etnen ©c£)riiten" (1796
aucf) befonberS abgebrucEt). S)iefe§ 9tebertorium ift bie erfte fritifc£)e Ue6er[i(f)t
ber aui forftlid)em ©ebiet bamalS öortiegenben ©rfc^einungen. ©päter ebirte er,
gemeinic^aitli(^ mit 6. ^. Sourop bie erften jwei 33änbe ber „^Innaten ber
|5orft= unb Sfagbu^iffenft^aft" (1810—12). 3}on yorfttii^en Sdiriften (iejerte er
au^erbem : „Sluf^entifiiie ^o(i)ri(i)ten öon bem im ©ommer 1800 im lt)ürtem=
bergifd)en ©(^toar^walb auSgebrod^enen SSranbe" (1801) unb einen „3otft=
falenber" (3. ^lufl. 1798). ^u öon S3urgSboif§ 5lbtjanblung öom Ummerjen
ober '^luSroben ber äöalbbäume (1801) unb ju öon S)rai§' 9(b^anbtung öom
8erct)enbaum (1801), gab er einige 3ujä^e. 3}on feinen fonftigen 3al)lreict)en
äöerfen finb namentlich ermäf^nenSmerf^ : „?tbf|onbtung öom Tiutjen unb ©cf)Qben
ber 2;^ierc, bie ^^angorten" ic. (2 S3be. 1781 — 82); - „3)om ,^anbcl§rang ber
^Jluffen" (1787-89); — „Jec^noIogifc^eS ^IJ^agap" (179(T 94); — „Sc=
fd^reibung be§ ^ar^eS, bej. Einleitung, benfelben mit 9lu^en ju bereifen" (1792
bi§ 93); — „33om ^et^^^anbcl" 3c. (1794); — „ElttgemeineS 3iepertorium ber
mineralogif(i)en , berg= unb faljtoerfSmiffenfcfiaftlidien Öitteratur" (2 S3be. 1798
bis 99) unb bergt. met)r. — @in ©efammtöer^eii^ni^ feiner ©c^riften befinbet
fid^ im neuen '•Jiefrolog ber 5£)eutfd£)en (1838, ©. 1143).
ö. l'öffell)ol5 , 6l)rci"tomat^ie I. <B. 162, "Jh. 319, Sem. 153; baf. II.
@. 173, 9lr. 352. 23ernl)arbt, (S)efd^i(f)tö bc§ qBalbeigent"§umS 2C. II. ©. 155
u. 180. ö. Söeed^, 33ab. Siograp^. I. 1875, ©. 278. §e^.
(Battcrcr: Sodann (5l)riftop^ (B., |)iftorifer, geb. am 13. S^uli 1727
in '^icl)tenau bei '!)Iürnberg, t 1799. 2)er 'ilRann feiner eigenen X'^aten, mar er
in jiemlid) bürffigcn 3]erl)ältmffcn geboren; e§ mürbe bem lernbegierigen Knaben
fdltoer, ben äöiberftanb, ben fein ikter — S)ragonerunteroffiiier in nürnbergifc^en
2)ienften — feinem leb^ften 2}erlangen nad^ Ijö^erer EluSbilbung entgegenfebte,
äu befiegen. ^it Unterftüt^ung ber ''JJiuttcr unb 2)anf feiner eigenen ^uSbauer
gelang ba§ aber bo(^, unb er t)at bann bie nieberen unb ^ö'^eren (Schulen feiner
35atcrftabt mit einem i^lei^e unb (Erfolge, bie über feinen Seruf feinen 3^eUet
übrig liefen, ber lÄei^e nad) befud^t. ^Jlamentlicl) feine 'D^eigung ju t)iftorifd^en
©tubien ift f(^on in biefen ;i^a^rcn unöerfennbar l)eröorgetreten. "^m S- 1747
bejog er bie Uniöerfität 9lltorf, ^unäd^ft um X^eotogie ju ftubiren, fiel aber balb
ab unb gab fii^ ganj feiner 9}orliebe für bie pl)ilologifc§cn unb nodl) me^r bie
gefdl)ic^tlidl)en SiSciplinen :^in, juglcidl) gejmungen, feinen £ebenSunterl)alt burdf)
(Srt^etlung öon Unterricht fi(f) im mefentlidtien felbft ju ermerben. 3)ie Uni=
öerfität 3tltorf bot i^m allerbingS feinen ®efd^i(i)t§le^rer , an ben er fic^ '^ätte
anlel^nen fönnen; über 6^r. ®. ©d^marj, ber bie bej. ':]3rofeffur öertrat, '^at fid^
®. fpäter (in feinem 35ormort jum XXXV. %^le. ber „Elllgemcinen 2Beltl)iftorie")
gevingfdE)ä^ig genug au§gefprod)en ; „berfelbe fei .]tDar ein guter ^l)ilolüge, aber
ein f(i)ted^ter ^iftorifer geroefen" ; er f)abe bafier fein eigener Sc'^rer fein muffen.
2)a5 fd^lie^t aber nidfit auS, ba^ ber nal^e 53crfe^r mit ^o^. .«peumann, bem
befannten Se^rer be§ ©taatSred^tS , beffen 5Xrbeiten im ©ebiete ber beutfd^en
©atteter. 411
©^jecialbiplomatif gefdiö^t traten, jüi- il^n in t)o'§em @rabe anregcnb unb Tx-U(i)t=
bar geworben ift. @(i)on \t^i trug er \iä) mit bem ^^^tane eine§ umiaffenben
3öer!e§, einer Germania sacra, unb feine ipaBilitation§f(i)ri|t au§ bem ^. 1752
(„Dissertatio praevia de adornanda in posterum Germania sacra medii aevi"),
fonnte al§ ein ^Programm bafür gelten. Slfier fein @ntf(i)lu^, ber afabemifdien
2auf6af)n fein ©(^idfal auäuüertrauen , erfulir noii) in bemfelfien ^ai)xt eine
toefentlid^e Stenberimg. ®. erhielt nemlit^ einen 9tuf an ba§ @t)mnafium in
9lürn6erg, bem er, ttjie e§ f($eint, ot)ne S3ebenlen na(f)fam, toat)rf(i) einlief mit
au§ bem @runbe, meil burd) benfelBen feine noc^ fo ungen)iffe ©tettung mit
einem Male fi(i)er gefteEt ftjurbe. ^m ^erBfte 1752 trat er in ben neuen
3öir!ung§!rei§ ein unb fieben i^a^^re l^at er in bemfelben at§ Se^rer „ber @eo=
grap^ie, -ipiftorie unb ber bamit öerbunbenen Söiffenfdiaiten" au§get)alten; ba=
neben toar er feit 1756 al§ ^profeffor ber 9teicf)§^iftorie unb ber ©i^Iomati! am
Auditorium Aegidiauum — eine 2lrt öon £t)ceum — angeftellt. @ntfct)eibenb
für feine ^w^unft ift bie fdiriftftellerifdie 2;t)ätig!eit geworben, bie er in biefer
3eit enttoicielte. ^n biefer SBejic^ung ift in erfter ßinie feine ,,Historia genea-
logica dominorura Holzscliuerorum etc. etc." (51ürnberg 1755) ju nennen, bie er
im Sluftrage be§ gebadeten @efc^le(^te§ abgefaßt unb bie i't)m mit einem ©d)lage
ben 9tuf eine§ gewiegten gorfd§er§ unb Ur!unben!enner§ eingebra(f)t l^at. S)ie
S)arfteEung reicht bi§ in bie ätoeite .^älfte be§ 16. i^a'^r'^unbertS l)inein, unb
bürfte e§ auf einem 5[Ri^öerftänbni^ beruf)en, Wenn in neuerer '^nt be'£)auptet
ttiorben ift, ba^ ein ^toeiter, tueit toirfitigerer Sl^eil unb mit einem reic^'^altigen
Urtunbenbuc^e üerfcl§en au§ unbefannten ©rünben ungcbructt tiegen gebiieben fei.
'^laä} SSoEenbung biefe§ 2Bertc§ loar @atterer'§ ^Ibfic^t, für§ erfte eine fd)on
feit einiget 3eit begonnene 5lrbeit, bie ®ef(f)id§te ,^önig $einri(f|§ VI., (So^ne§
B. gtiebri(^§ II. 3u f (^reiben unb ^kxüu] feine unget^eilte-^xaft ber S[u§fü'§=
rung be§, mie etftiä^nt, ft^on in 5Utotf geplanten, umfaffenben Söer!e§ einet
„Germania sacra medii aevi" ^uäutoenben. S)iefe ^läne toutben abet burcl) eine
öon (B. fdiWerlic^ öorauSgefel^ene Söenbung in feiner öffentlichen ©teEung unb
feines S5erufe§ ein für aEe ^Ml bei ©eite gefct)oben. @r er:^ielt nemlic^ im
i^al^re 1759 butc^ ben l)annöbetfct)en Miniftet ü. 5Jtüncl):^aufen al§ Äö'^let§
5Zad§folger einen 9luf al§ ^rofeffor ber @efc^ici)te an bie Uniöerfität ©öttingen,
bem er ol)ne Weiteres S^olge leiftete. ©ein einige 3cit borl)et erfd)iencne§
größeres 3Ber!, au^erbem bie 5lbl)anblung „De Gunzone Italo", unb feine 2ln=
trittSreb'e „De artis diplomaticae difficultate", bie il§n auf bem beftcn SBege
3ur ^öt)e bet l)iftorif(^en Sßiffenfdiait, Inie man ba§ gerabe für (Böttingen liebte,
erfd^einen tiefen, Werben nebft @mpfe|lungen öon biefer ober jener ©eite au§=
gerei(f)t l)aben, biefe§ für i^n fo e^renöoEc ©rgebni^ ^erbeijufü^rcn. g-ür jeben
gaE fa'^ er \xä)- je^t auf einen toeitl}in fid^tbaren ^unft unb in einen großen
2öirfung§!tei§ mitten in bet iungen auffttebenben Georgia Augusta gefteEt.
33ietäig Sa^te 1)at et nod^ in ©öttingen lel)tenb unb f(i)tiftfteEetnb ^ugebrac^t,
unb mau !ann nidC)t umt)in, biefe feine 2:l)ätig!eit al§ eine bebeutenbe unb
frucl)tbare an^uerfeunen. 2ll§ Sel)rer ^at et, mit einet feltenen SltbeitSfraft au§=
gerüftet, fiel) fofort be§ ganzen @ebiete§ ber ©efifiic^te, ber beutfc^en, ber mittel^
alterlic£)en unb bcfouberS ber aEgemeinen ©efd^id^te bemächtigt. £)er 33eifaE,
ben er al§ folc^er fanb , war gro^ , bis ©dl)lö3er unb nodf) mel)t ©pittlet il)m
gefä^tlidl)e Soncuttenj macl)ten unb ilm aEmät)lirf) nöf^igten, fiel) auf baS ©ebiet
ber ^iftorif(^en ^ütfSWiffenfc^aften, für ba§ er in ber S^at befonbere 23e|ä^igung
mitbrachte, äurücfäujielien. 5ll§ ßel^rer l^at er namentltdl) auc^ but(^ baS öon
i^m im ^. 1766 gegtünbete „^iftotifc^e ^nftitut", ha^ man annäl)ctnb mit
ben l^iftotifdien ©eminaten neuerct ^^^t öetgleictien mag, antegenb gewirft unb
©cljüler gebilbet; bie beiben 3eitf^riften, bie ba§ ^nftitut ber 9teit)e nad^ ^er=
412 Satterer.
ausgab, bte „SlUsemeine fiiftovifd^e Sibliot^ef" (1767—71 in 16 Sänben) i
ba§ „ipiftonjc£)e i^ournal" (üon 1771 — 82, tu eBeufo öieleu Säubeu) fiub, lil
unb
litte-
tartiiftovifci) gemeffeu, aud) l)eut ju Stage nod^ üou äöertl^ uub geU)ä£)reu eine
S5orftettung bou bem Reifte uub ber 23eftimmung jener 5luftalt. 6§ ift fein
3U)etfcl, ta^ ß). |el!6[t an biefeu Bcibeu 3fitf(i)nitcu ba§ befte getrau t)at.
d}lanä)c ber bon if)m l^errüi)rcubeu 31b^anbluugcu ober i^'ritifeu bürjte uod) je^t
gelefen 3u tt)erbeu öerbieneu. Ucber'^aupt enttoidEelt ®. in feinen fleiueren 21uijä^eu
ein öiel größeres f^orm= uub SDarfteüungstatent , al§ in feinen umfaf|cubeu, ber
Uuiöerfalgefd)i(^tc getoibmeten Söerfen. 2)ie|e feine 16e3. arbeiten Rängen enge
mit feiner 2ef)rtf)ätigfcit jufammen. S)a§ S^erbienft, ba§ it)nen in aöal^rlicit 3U=
!ommt , ift jebod) gerabe aud) in ueuefter 3cit , )X)tnn uu§ nid)t aÜeg täufd)t,
ül6erfd)ä^t ttorbeu. @§ ift im eigentlichen ©iun retatiöer uub borf) befrfiränfter
5latur. ®. f)at ficben öerfcEjiebene 33earbeitungen ber 2Bcttgefd§i(i)te begonnen,
aber feine boHeubet; fd)on bie mittlere Ö)efd)i(i)te toirb überatt empfinblirf) öer=
für^t uub bie neue fommt fo gut aU gar ni(i)t ju i^rcm Otecfite. ©ine füuftle=
rifd^e 58ef)anbluug ift fdEiou burci) bie ^^orm be§ ßompcnbiumS au§gcfd)loffen.
S)er (5"0i'"tf^''-"itt, ben 6). auf biefem ©ebiete gcmad)t l^at, liegt tf)eil§ in ber 5öer=
öollftäubigung uub rationelleren ©ruppiruug be§ unit)erfatgcfd)id)tlid)eu Stoffc§
uub in ber jutreffenbereu ßonftituiruug ber Spod)en ber ®efd)i(^te , tf)eit§ in
ber |3riucipietten .C-^erbeijiefjung ber 9teIigion§= uub 6ulturgefd)id)te , toiemol eine
lebenbige Söcrbiubung berfelbeu mit ber ipolitifdieu ®efd)id)tc nid)t einmal öcr=
fud)t njirb. 2Bag ba§ fritifd)e Talent 0)attcrer'§ anlaugt , fo fauu man i^m
ein fold)e§ uid)t abfpredien, aber e§ ftiirb 'Dtiemaub be'^aupteu motten, ba| feine
©tärfe gerabe auf biefer ©eite liege ober ba^ er fid) in biefer 9lid)tuug etUia
mit (5d)t5ier bergleid)en lie^e. .^äufig ift er gerabe l)ieriu conferöatiuer, al§ ha^
Söefeu ber (5ad)e c§ müufd)cu§mert!^ mad)t. Sfm übrigen ift e§ i^m überatt nur
um bie (5ad)c, b. Ij. um bie !^iftorifd)e 2Bal)rl)eit felbft ju tljun uub lä^t er fid^
nirgeub öon ^tebcngebanfen leiten. @atterer'§ bleibeubeS Söerbienft liegt auf
bem ©ebiete ber :^iftorifd)eu .^^ülfömiffenfdiafteu, ber Diplomatif, .^icralbif, &ema=
logie, ©eograpl^ic, bereu ^4-^flege ba§ fd)on ermätintc „l)iftorifd)e ;5nftitut" in erfter
ßinie mit getoibmct loar. 2)ie genannten 5£)i§cipliueu fiub jum guten Zijdl
hüxä) (S. U)iffenfd)aftlid) in 3)eutfd)lanb begrüubet ober bod) eingebürgert uub
an ben Uuioerfitdteu eiugcfüt)rt ttiorbeu. 6iu ^Xn^al^l üon ßcl)rbüd)eru !^at er
über biefelben grfd)riebeu. 2)ie (Genealogie, al§ ®efd)led)tergcfc^id)te uub eigene
5)i§ciplin betrad)tet, fauu man it)n al§ ben eigentlid)cn S3egrünber berfelbeu bei
un§ mit 5'ug uub 9ted)t aufe^en. ©eine U^erbicnfte um bie 6t)rouologie !§at er
burc^ beu Umftaub beeinträd)tigt , ba^ er fic^ bon ber ^ö^^ung ber ^a^xe bon
@rfd)affung ber Söelt an uid)t trennen fonnte. ©eine 5ßerbienfte um bie pl)^=
fifdje ©eograpljie mürben in feiner 3cit mit 9ted)t '^od) gef(^ä|t unb fiub aud) in
ueuefter ^eit uod) gcmürbigt toorben (bgl. €). '|^efd)el, (Sefdjic^te ber ßrbfuube,
©. 687). S)a§ littcrarifd)e 3lnfel}eu @atterer'§ toar lange ^dt ungett)öl)nli(^
groB- 6r berbanüe bie§ bor attem aud^ ber Unermüblidjfeit feincg 2lrbeiteu§
unb bem roeiten Umfang feiner Äenutniffe uub ©tubien. 9}on feinen Sel)vbüc^eru
abgefe^^en, 'i)üt er in feinen beiben eigenen gebadeten 3fitf<i)^iTten uub au^erbem
in ben (Böttinger gelel)rteu ^In^eigen, in ben Sommentaricu ber (Böttinger ©ocietät
ber SBiffeufd^aften uub in ber 9lttgemeinen beutfc^eu Sibliotlie! eine lange 9tei:^e bon
9lb^ubluugen uub ^lu^etgen bon SSüd^ern niebergelegt. 33ead^ten§U)ertl) fiub anä)
bie ginleitungen, bie er einer Slnjalil bon 33änbeu ber attgemeineu "^attif^en 3Belt=
^iftorie bom 32. Sanb an borauegefd^idt :^at, nad^bem ber SSerleger burd^ ba§
@emid)t feine§ 5tameu§ ba§ Unternehmen in ber neuen ©eftalt:, bie au§ ber Ueber=
fe^ung eine felbftänbige Bearbeitung mad^t, bem beutf^en ?Jublicum empfel^leu toottte.
Sm 6:^ara!terifti! ®atterer'§ barf e§ übrigen? nid)t uuterlaffeu werben, l)erbor=
©a^cit. 413
3U^eBen, ba^ feine fortgefe^te SSefc^äitiguiig mit Umt)etfQt= unb 2öeltgefd)id^tc
nic|t t)ermod)t ^t, fein leb'^afteg ^ntereffe für bie beutfdCie ©efc^ic^te ju beein=
trärfjtigen. @ine .^auptnufgaBe feines I)iftonf(^en Snftitutel fottte bie Sammlung
unb ,g)erau§gabe bei- beutfdien Cuellenfdiriften be§ ^iittelaltet§ fein. @r f)Qt
3U biefcm ^Xütdt in ber Xf)at bie einfeitenben ©c^ritte get^an, gntroürfe ge=
mad)t, 33er6inbungen angefnüpft ; unb e§ toar nid^t feine ©d^ulb, ba^ ba§ Unter=
nehmen jute^t bod) in§ StocEen gerietf). SaS äußere Seben (Satterer's feit feiner
Ueberfiebetung nad) ©öttingen ift mie ein fpecififcfieS 6e(e^rtenteben öerfaufen.
yiaä) allem, ma§ man mei^, l^at er fi(f) , anfprud^a(o§ mie er mar , grunbfä^li(^
äurüdgetialten, unb aU ein jüngeres @efd)Iec^t i§m ben Äranj beS (Jrfolgeö all
löel^rer mirffam ftreitig machte, ganj auf fi(^ unb fein ^au% ^urücfgejogen. Unb
tüie e§ auf ber einen Seite fict)er ju biet gefagt ^ei^t, loenn man öon feiner
angeblic£)en ©teid^giltigfeit gegenüber ben (aufenben gpit^^'^is^iffett fpric^t, fo
fc^eint auf ber anbern ©eite jugegeben merben ju muffen, ba^ bie großen er=
f(i)ütternben 25orgänge, tnetc^e ber franjöfifcticn OteDotution auf bem gu^e folgten,
einen jurürffto^enben unb nieberfc^Iagenben ©inbrucE auf i^n matfiten. ©ein
Sroft jebod^ bi§ jute^t mar bie ununterbrochene Sefc^äftigung mit feiner 2öiffen=
fi^aft unb feinem 33erufe. @r ift i^r , man barf e§ fagen , Big an§ Snbe treu
geblieben. 5to(^ am 3[Rorgen feines ©terbetage§ §at er fic^ auf feine SSortefung
öorbereitet. ^n ber ^laäjt öom 4. jum 5. Slpiit 1799, in feinem 72. Seben§=
ja^re, ift er geftorben. i^n ber Ütci'^e berjenigen, bie bie neue gro^e ©foc^e ber
beutfcCien ©efdjii^tfdireibung öorbereiten Ralfen, fte^t er mit oben an. 9}on
feinen Mnbern '^at fid^ fein ©0% ß^riftopf) Söit^etm ^afoB (f. 0.) al§
$rofeffor ber ßameralmiffenfc^aften an ber Uniüerfitöt ^eibelberg unb feine 2oc^ter
9Jtagbatene ^^ilippine nachmalige ßnge^arb (3Bb. VI ©. 136) alS
S)i(^terin ^eröorget^an.
©. <!pet)ne, Elogium J. C Gattereri in ben Commentatt. Soc. Gott. Vol.
XIV. p. 399. — ©c^ürfitegroE, ^Jtefrolog auf ba§ ^. 1799, (Sot^a 1804. —
5pütter, SSerfuc^ einer afabemifiiien ®ete^rtengefrf)i(f)te b. Uniöerfität ©öttingen,
23b. I, II u. in. passim. ... — beeren, ^ift. 3Berfe III, 450—68. — fy. %
t). 2)tald^u§ in ben ^eitgenoffen I, 2. ©. 177 — 97 (Seip^ig unb 3lttenburg
1816), too aud^ bie ©d^riften @atterer'§ jiemtid^ öonftänbig ber]eid^net finb.
— erf(^ unb ©ruber, Stttgemeine ßnct)f(opäbie ©. I, x^i. 54. ©. 376—83
(5lrtifel öon 35. Üiöfe). Söegete.
©a^crt: 61)riftian ^ artmann ©amuet grei^err ö. &., gro^^erjogl.
f)effif(f)er ©taatSminifter, 5Regierung§= unb CberabpettationSgeric^tSpräftbent, mar
geb. am 4. ^unt 1739 ju 5Reiningen, mo fein 3}ater 'OJiäbd^enfd^utte^rer mar.
S5i§ äum 3f- 1756 befu(l)te er ha^ Stjceum feiner 3}aterftabt, bejog bann 1757
bie Uniüerfitöt ©öttingen, mo er neben '^iftorifdEicn unb pt)i(o(ogifä)en anfangs,
ba er fid£) ber ^Jlebicin p mibmen gebadete, naturroiffenfd^aftlid^e unb mebi=
cinifdie SoIIegia befuc^te, bann aber, atS er fid^ für baS 9te(^tSftubium ent=
fd§ieben "^atte, bei ©ebauer, 2It)rer, ^^ütter, ©eId)on) u. a. m. juriftififie 3}or=
tefungen befuc^te. ^m ^. 1761 übernahm er eine ^ofmeifterfteüe bei .sperrn
ü. USlar, gab biefelbe aber mit bem 6nbe beS ^. 1763 mieber auf. 51arf)bem
er im ^JJlärä 1764 bie juriftifc^e S)octormürbe erf)a(ten ^atte, mürbe er im
Cctober beffetben ^af)re§ au^erorbentlic^er ^rofeffor ber 9ted£)te in ©öttingen.
9tac^ gele'^rten Üteifen in ^oHanb unb (änglanb folgte er im ^. 1767 bem S^luf
als orbentüt^er Se^rer ber 9ted§te unb ©QnbicuS ber Uniöerfität Sieben. (Sr
mibmete fic^ feinem neuen SSaterlanbe mit marmer ^In'^ängtirfifeit , öon metd^er
mehrere fe^r öort'^eil'^afte auSmärtige ©ienftantröge i'^n ab^u.^ie^en nidf)t öer=
mochten, ^m ^. 1779 mürbe er öon ben ©rafen beS oberfäc£)fifc^en ÄreifeS
jum 9teid^SfammergeTi(^tS=58eif{^er präfentirt, unb öom i?ammergeric^t mit großem
iBeifatte pro receptibili erflört; ba inbeffen über bie 5t?räfentationSbefugniB felbft
414
(Sau.
unter beu ©täuben be§ o6ei;fäc^fifd)cn ÄreifeS (5ti-eitig!eiten entftanben, ]o erfotgte
einige ^a^xt uat^f^er eine neue Präsentation öon ©eiten be§ preu^ifd)en 4^ofe§,
tnelc^e ba§ Balbige ginrüiicn in bie Sljfeiforftclie ^ur f^folge gel)a!6t falben toürbe.
;3ebo{^ ber ßmibgraf öon .s^enen=3^armftabt ernannte i^^n äum ^Jtitglieb be§
©taat§mini[terium'§ unb in ber f5fotge jugleic^ jum 9tegierung§= unb £)bcrappel=
lation§gcric^t§prä[ibenten. 91ac§ bem 2;obe be§ Sanbgrafen ^ubnjig IX. tourbc ®.
auf ®mptef)tung tion befjen ^tad^jolger im ^. 1790 öon i?ur|)fal3 al§ bamoligem
giei(^§t)evn)efer, in ben 9leidt)öfrei^errnftanb ert)oBcn, im ^. 1797 at§ au^er=
orbentlidier ©efanbter an ben SBiener ^o\ unb öon ba aU ©ubbelegirter jur
9ieicf)§irieben§be))utation nati) 'iHaftabt aBgefenbet. 'üaä) 33eenbtgung be§ 9ta=
ftabter ßongreffeg bat er um jeine 2)ien[tentlajfung unb crt)ie(t biefelBe mit einem
anfel^nli(^en Stu'^ege^alt unb mit 58eibet)altung aller mit bem befleibeten 5Jh=
nifterial^joften üerbunbenen ^tuSjeicfinungen unb S}or3üge. (5r pribatifirte hierauf
jeit bem S- 1800 ^u ©ie^en in p^ilofo^)t)ij(i)er 3urücfge3ogent)eit unb enbigte
bafelbft jeine tt)ätige unb rut)mt)ot[e Sauibal^n im 68. £eben§|a^re, nad)bem er
33 Satire bem ^effifcfien Staate in ben mid)tig[ten 5tngetegenf)eiten bie cr|prie^=
li(f)ften Sienfte geleiftct t)atte. — 2lu^er feinen, in ben ^^üttev'jd)en, 5]leufer=
|c£)en unb ©tricber'fct)en Öitteratur= unb ®ele^rtengcjd)id)ten öer^eidineten geleierten
©c£)riften ift er SJerfaffer utef)rerer gebrurfter ©taat§|d)riiten, metc^e üon 1790
16i§ 98 erfc^ienen finb. äÖalf^ei.
(Sau: 2lnbrca§ ®., fat^olift^er 3:^eologc, geB. am 2. gjlai 1800 ju
t^tcrjfieim, i?rei§ 5R^etnBa(^ in ber ^t^^einprobinj, t am 5. 5^ot). 1862 in 5lad)en.
%ü] bem fatt)o(ifd)en (jetjt ^Jtar5clten=) ®l)mna[ium in Äöln öorBereitct, [tubirte
er 1820 — 23 ju S3onn 2;t)eDtogie, mürbe 1823 proöijorifc^ ßeljrer ber !^el6räijd)en
©prad)e an ben beiben ®t)mnafien in ^öln, 1825 jum ^4-^riefter gemeil^t unb
3um 9teIigion§tet)rcr am Sarmeliter= (jetjt i^^'if^^'ic^^SßiltielmS^) @l)mnafium in
Äötn ernannt. 1827 mürbe er 9tepetent, 1831 ©ubrcgcn§ im ßlericaljeminar
in ^öln (1832 in ^Bür^burg Dr. theol.). @r gef)örte ju ber ^ermefijd)en
©c^ule, untermarj fid) aber nad) ber Ernennung @eifjet'§ jum ßoabjutor be§
@r3bijd)oi§ öon ^öln 1842 ber päpftli(^en 3}erurttjeitung be§ .'permefifdien ©t)=
ftem§. 5l(§ ©eijfel fid) entfd^tofjen ^atte, jeinem Seminar eine ftreng römifc^e
Ülic^tung ju geben, tourbe (S. 1850 jum 6anonicu§ be§ ßoHegiatftijtce in ?tad)en
ernannt, ©eine öon ber :preu^ifd)en 9tcgierung beabfic^tigte (Ernennung jum
©om'tiertn in Äötn tourbe burd) ©eifferg aSiberfprud) öer^ögert, burd) (Sau'§
SLob öereitelt. ^n ben fünijiger 2fat)ren mar (B. 3)Utglieb ber ßtoeiten .Kammer
für ben 3Bat)lfrci§ 33onn=9i'£)einba(^ ; er get)örte ber faf^olifd^en graction an.
%U ©ubregen§ be§ 61erica(feminar§ t)atte (SJ. bie Siturgif ju Iel)ren, — er t)atte
in biefem fVad)c ausgebreitete unb grünblid)e ^enntniffe, — unb bie religiofen
Söorträge für bie ©eminar=5tlumnen ju l^alten. 5Dem entfprid)t auc^ feine
fd§riftftetterifd)e Stt)ätigf eit : „.g)iftorifd)=bogmatifd)e Unterfuc^ungen über bie Dtatur
be§ 'i)Jle§opfer§", 1830; ,,De valore manuum impositionis atque unctionis in
sacramento confirmationis", 1832; ,,Preces quotidianae in usum Seminarii Co-
loniensis^', 1839 (2. 9lufl. 1851); „?l§cetifd)e SSorträge", 1851; „Äurje 33e=
trad)tungen", 1852; einige ^uffäljc unb 9tecenfionen in ber Sonner 3eitfc^rift
für ^ppofopl^ie unb !at^oI. Sfieotogie (7. 8. ^.). 9leufc^.
(BüW: ^5-i-"an3 6:§ri[tian @., 33aumei[ter, geb. 15. ^uni 1790 3U Äöln,
t 31. ©e^br. 1853 ju 2ßari§. äöä^renb fid^ ber gemedte, talentöoüe .^nabe
auf ber Kölner ©ecunbärfd)ule "^auptfä^lii^ mit mat§emat^if(^en, p^^^fifalifd^en
unb funftp^itofopl^ifdien ©tubien befc^äftigte, er^^iett er 3ugleic^ öon bem öiet=
öerfpredienben 5!}laler Sojep:^ ^offmann Unterrid)t im freien ipanbjeic^nen unb
in ben 2lnfang§grünben ber 5lrd^iteftur unb ber S)ecoration. SSalb boten bie
«^unfifd^ä^e feiner SSaterftabt Jeine 3Iu§beute mel^r für feinen ftrebfamen @eift.
©au. 415
@r fiegaB ftd) nacf) ^aris, iitn bur(f) ba§ ©tubium ber bortl)in äufammen9ef(^le|):|)=
ten antifen unb neueren j^unfttüexfe ben ©runb p einer ruhmreichen outunit 3U
legen, ©eine gtänjenben f^ortld^ritte unter bem 23aumeifter le SSq§ lenften fialb
öon üielen ©eiten bie 2lu|merfiam!eit auf ben talentboEen jungen 5Jtann. S)ie
9lü(ifi(^t auj bie it)m ju ®e!6ote fte{)enben !6e|d)ränften ©elbmittel Bewog if)n,
feine ©elb[tänbigfeit auj^ugcBen unb bei bem Sau be§ ^aifergrabeS in ber
Xobtengruft ber Könige öon granfreicf), im 2)ome öon ©t. ®eni§, eine Unter=
injpectorfteEe mit 2000 (yranfen jäl^rlic^ an^une^^men. 5£)a§ Söer! joltte aber
erft am 1. Januar 1813 begonnen tnerben. ®. {)atte aljo noc^ 3eit, fid) für
feinen neuen 2Birfung§!rei§ )3ra!tifd) au§3ubitben. 5j[u| 2lnratt)cn feine§ 2ef)rer§
ja^te er ben Sntf(i)lu^, ba§ |übli(i)e ^^ranfreid) mit aU feinen SBunbern ber
5latur, Äunft unb bes ^tterf^umS ju befuc^en. 9ieic£) an ©tubien unb 3eic^=
nungen aücr Strt fet)rte er gegen @nbe S)e3ember 1812 nac^ 5pari§ ^urücE. „S)er
^aifer ift ^ier," fd)rieb er unter bem 25. S)e3br., „unb id) !§offe, ba§ er balb
$Be[et)l gibt, bie arbeiten anjufangen, für bie iä) angeftettt bin." S)o(f) ba§
©d)irffat, toeld)e§ ben Äaifer auf ben ruffifcEien @i§felbern ereilte, trat bem 33au
ber Äatfergruft f)cmmenb entgegen, ©ine 6ntf(^äbigung für bie l^ierburd) ber=
urfad)te xäufci)ung feiner turnen Hoffnungen fanb @. in bem erften greife, ben
er unter ben ßoncurrenten einer 2lrd)ite!tur=^ret§aufgabe ber SSrüffeler Slfabemie
baöon trug. 1814 entfd)Io^ er fid) ju einer Sfieife buri^ Sftatien. ©ein ©c^toager
%u^ bot baju für ein ^al)X bie ^Jlittet. ;^n 9iom trat ®. ju gorncliuS, £)öer=
bed, 2}eit, ©d)abotD, Ütöfel, Siman unb ben anbern beutfc^en ^ünftlern, toeld)e
fid) bamal§ in 9iom bie Sßieberbetebung beutfdier i?unft mit l§eitiger Segeifterung
angelegen fein liefen, in engere Sesie^ung. 5lm |)reufeif(^en ©efanbten, @el^eime=
rat^ öon 5Ziebu"^r, getoann er balb einen treuen ^yreunb unb gro^müf^igen 5ßc=
fd)ü^er. ^liebu'^r füllte fid) '^inge^ogen ^u bem fd)lic^ten 2Befen, ber Offenheit
unb @erab!^eit bc§ jungen ÄünftlerS. 2Bo guter ^att) nic^t mel)r angreifte,
unterftü^te er i^n fotool burd) g-ürloort mie burd^ eigene 35orfd§üffe. 6§ tuar
auf ^tiebu'^r'e 3}orfd)lag, ba^ er im ^pril 1818 ben |3teu§ifd)en ^ammer^errn
SSaron öon ©ad auf beffen Steife nai^ ©riei^enlanb unb 3legt)pten begleitete.
S)ie @intrad)t ätoifdien bem freigefinnten Äünftler unb bem !§oc^faljrenben Saron
toar nic^t bon langer S)auer. (^. moHte lieber auf bie (Selbmittel feineg 33e=
gleiter§, al§ auf ha^ 6igentl)um§rec^t an feinen 3eid3nungen unb Slufna'^men
öerjidjte.n. @r brad) boltig mit bem SSaron bon Bad unb begann bon 3tlejanbria
au§ gauä allein, bon aüer Sßelt berlaffen, aller .^ilfSmittel bar, ol^ne ßenntni^
ber ©bi*ad)e be§ Sanbe§ unb felbft o^ne (Selb, feinen abenteuerlichen 3ug burcfi
ba§ äöunberlanb ber ^$l)araonen l^inau§ über bie ^ataraften be§ 51il§, l^oc^
l^inauf nac^ 'Jiubien. ©in !paar ^iafter, toenigeS afteifejeug, einige ©fijjenbüd^er
maren feine ganje öabe. ©o üollenbete er unter 5Jlü|feligfeiten alter 2lrt unb
aufregenbften ©tra^jasen eine Üteife, bie mand)en 2id)tftra^l in ba§ S)unlel biefe§
ßanbe§ fallen lie| unb ben f:päteren fyorfd)ern ben SBeg in biefe mertloürbigen
©ebiete bal)nte. 'Otad) ätueijd^riger ^Ibtoefen^eit fe^rte @. über 5llei'anbria, wo
er ]iä) im S)e3ember 1819 einfd)iffte, nad) 9tom jurüd, um bie fyrüc^te feiner
muffeligen f5forfd)ungen ben f^reunben ber Äunft unb be§ 2lltertl)um§ 3U übergeben.
„Herr 3Ird)itett @au," fc^rieb 5Ziebut)r am 23. 5Rat 1820, „ift bon feiner nac|
3legt)^ten, ^lubien big an bie stoeite ^atarafte unb ^paläftina unternommenen Üteife
mit einem ©d^a^ bon 3£ict)^ungen ber merfmurbigften, bor il)m entttjeber nod)
gar nid)t, ober fel)r unbott!ommen bargefteEten 3lltertl)ümer ^urüdgefe^rt, loeld)er
bie au§nel)menben'^ü'^felig!eiten unb Sefc^loerben feiner 9teife l^errlid) belol)nt.
S)ag Urtl)eil SlKer, toeldje biefe feine 3lrbeiten im Orient gefel)en l^aben, ober
l^ier fe^en, bon meld)er Dlation fie auc^ fein mögen, unb toie gro| fonft bie
SSerfd^ieben'^eit i^rer .^unftanfit^ten fein mag, ift einftimmigeg Sob. Siefe gieife
41G '5a"ö.
ift bie erfte ber 'äxt, rodd^t ein Xeut|(f)er auegerüfirt ^at, unb bie 6^re 2;eutfcf)=
lanbä ift, toie bie bes Qusgejeidinetcn Äünftlers babei intcrcfftvt, ha% itjxe iRe=
fultate baih öffentlich erfcfieinen mögen. 2;ie fe^t ac^tungstoürbigen 'ÜJtänner ju
6ö(n, beren ebetmütf)iget Unterftü^ung öerr 6au bie Ttüfjeren ©elegen^eiten
3U feiner 21u56ilbung Devbanft, trerben fic^ burcf) bcn 5Inbücf beffen, ttjae et
gcleiftet, tüürbig be[of)nt finben." 'Tladj tiielen 33emü^ungcn gelang e§, Gotta in
Stuttgart mr bie Uebernat)me be§ 9}er(ag§ feines großen SReiferoerfes ^u geroinnen.
S^as SBerf erfcf)ien öon 1821 biö 1827 in fran^öfifcfier unb beutf(f)er Sprache
in 13 Lieferungen mit 6n 5lbbilbungen. 63 führte ben litel „Antiquites de
la Nubie, ou monumens inedits des bords de Nil etc. dessines et mesures en
1819." — ^nr 3i- 1822 erf(f)ien bei (Eotta: „'"}2eu entbedfte £enfmä(er öon
5lubien an ben Urem bes ^ils, tjon ber erften bis ^ur ^toeiten .ffatarafte, ge=
äei(i)net unb üermcffen im ^ai)xc 1819 unb a(§ gortfc^ung be§ großen fran^ö=
fifc^en QSerfes über 3Iegt)pten herausgegeben öon ^. (S. @au." 9(l6 3Inf)ang
roar biefer Jottfe^ung beigegeben: „l^nfc^rirten in -Piubien unb SIegijpten, ab=
gejeicfinet Pon 5. 6. 6au, fritifcf) bearbeitet Porf 35. @. ^JUebu^r". 3Im Sc^tuB
mar beigefügt: „^nfc^riften, rcftituirt unb überfe^t Pon -öerrn Setronne". 9lad)
beni lobe ^Jla^ois" gab ©. bie (c^tc ^älfte be§ brüten Sanbeg pon beffen
iprac^troctf „Les ruines de Pompeji" :^erau§. 3n biefem SJÖerfe ^ob er befon=
ber§ ben fortlaufenben ^ufanimenfiang jroifcfien ben 6po(f)en ber 3lrct)itettur
unb ben Stabien ber Kultur bei ben alten 33ötfern ^erPor. ßange trug fic^
@. mit ber .öoffnung auf bas Stabtbaumeifteramt in feiner 93nterftabt; bie
3Sntriguen aber, burrf) roelc^e biefer ^lan pereitelt rourbe, beftimmten if)n, feinen
bleibenben 2Bof)nfi^ in 5]lari§ ^u nel^men. gr ließ fic^ naturaüfiren unb trat
1821 in fönigüc^e 2)ienfte. Unter feiner Leitung mürbe bie Äirc^e St. Julien
le 5paupre reftaurirt; bas ^resbyterium ber Äircf)e St. Seperin tourbe pon i^m
erbaut, ^m 3. 1831 übernahm er bie ßrric^tung eines neuen @efangenen^aufe§
bei ber SBarriere b'gnfer. 1a^ 2öerf, metcftes feinem ""Jiamen nac^ ^a^r^unberten
nocf) et)re madjcn roirb, ift bie pra^tPoüe gotf)ifc^e fiirc^e St. ßfot^itbe, im
Jaubouvg St. Sermain, ßs ift bies fein bebeutenbftes, aber auc^ fein te^te§
aCßerf. ^Jiod) nic^t gan^ mar biefe ,ftircf)e PoUenbet, al§ ber 5)kifter felbft, am
31. Se^br. 1853, in bie ßroigfeit abberufen mürbe.
äBaEraf, Dlac^ric^ten über ®au in ben ^Beiblättern ber ÄöIh. Seitung,
1820, ^Ix. 17. — aöeiben, ^e% .Rö(ner§ ^r. (£t)riftian ßJau $Reifen, in ber
Äötn. Seitung, 1856, ülr. 314 ff. — ©nnen, ^eitbitber. — ^nerlo, Oiacf)=
rieten Pon bem geben ^ötnif^er .ftünftler. ßnnen.
(Saub: .öieron. 5)aPib &., %x]t, ben 24. ^ebruar 1705 in -öeibelberg
geboren, genoB ben erften Unterrictit in einer Sefuitenfc^utc, in roetcf)cr'fic^ feine
natürüc^en 2(ntagen in g(än5enber Seife entroicfetten ; aüein bie Seforgnii ba|
er, ber einer proteftantifrf)en Familie angehörte unb in bem Glauben berfelben
erlogen mar, fic^ unter bem Ginfluffe feiner Se^rer bem Äat^oücismug proenben
fönne, PerantaBte feinen S3ater, i^n biefem ßoUegium ^u ent,^ief)en unö be^uf§
roeiterer 5tusbilbung ber Leitung bes berüt)mten ^ietiften unb ^päbagogen fyrancfe
m .paüe .^u übergeben. — %k ftrenge ^uc^t in bem f^rancfe'fc^en -öaufe, über
roe(cf)e ficf) ®. lebf^aft bef tagte, unb bas ungünftige Urt^eit, roe[ct)eg ber rigoröfe
Se^rer über bie geiftigen gä^igfeiten feines Scf)üters fäUte, tiefen e§ feinem
33ater geratfien erfd^einen, i^n ,^urücf^ururen unb feinem 53ruber, einem renom=
muten 9(r,5te in 3(mfterbam, jur er5iet)ung ,^u übergeben. S^ic är^ttic^e It)ätig=
feit be§ Dnfels crroecfte in bem jungen ©. bie ^Jieigung, ftc^ bem Stubium ber
5Rebicin ^ujuroenben; mit Seroilligung feineö 3}aters ging er junäc^ft nad^
^arbermi)! unb ein ^a^r fpäter narf) Serben, mo er bei 23oert)aaPe bie freunb=
tidifte Slufna^me unb bie Poüfte Stnerfennung feiner geiftigen gät)igfeiten fanb.
©oiib. 417
^m 5. 1725 pTomoDtrte er unter 9?ert^fibigung feinet ..Dissertatio qua idea
generalis solidarum corporis humani paitiom exhibettir"'. in toett^er er in ge=
toanbter SSeiic gegen ben 8tQl^rf(^en ^Inimismul unb bie präftaBilirtc Harmonie
polemintte: nad) Erlangung ber ^octortoütbe ging er nad} i^ari», roo et nc^
ein ^aiß [ang mit flinift^en Stubien beid^ä'tigte, roanbte hd) oon bort nac^
Strasburg, toc et jcboc^ nut tux]t 3fit Dfttreilte unb ^übilitirte \xd) fobann,
auf -Jtatfi feines Cnfel*, al» irraftifc^fr Olrjt in aeOenter, Ire er jum Stabt=
pl§l)ftfu§ ernannt tDurbe. — 5^er Oluebtucfi einer mörberiicfjen (Joibemie im 3-
1727 in 5lmflerbam DerantaBte bie iBe^orben, S. büfjin lU berufen, unb l^icr
fanb er Selegen'fieit, feine praftifdie unb mifienidfiantic^e Begabung ine DoÖfle
Sic^t 5U fteüen unb hal- Den bcr iläbtifd)en 3>eTtra[tung in i^n geie|;te 5?ertrauen
QUT'g g[änjenbfie ju recf)t^ertigen. — Snjniifc^en fiatte SBoerl^aaDe feinen Oon
i^m ^o^gefcf)ä§ten SAüler nicfit au§ ben Slugen Dertoren unb auf feine 95er=
anlaffung ttiurbe 6. unter ^erüdffidhtigung ber Jöerbienfic, toelc^e er fic^ in
2Imfterbam crroorben l^atte, im 3. 1731 auf ben Sel^rflul^t ber G^^emie na^
:Öei)ben Beruren, ben bis ba|in Q?oerfiaaoe inne gefiabt. gehäufter iPefc^dTtigung
toegen aber ausgegeben ^atte. 3"^^^ ;5afire fpäler irurbe er auc^ jum -^^rp^efior
ber 2)lebicin unb 1760 jum !i3eibar3t be-s i^rinjen Don Cranien ernannt, unb
in biefer Stellung oerbtieb er all f)0(S gefd^ä^iter Üe^rer unb gefucf)ter ?(r}t bii
jum 3. 1775; bie ?lbnafime ber .^örperfräHe be« l^cc^ Betagten •rtannci öer=
anlasten i^n in biefem ^ai}xe feine afabemifd^e unb praftifd)e 2^ütigteit auT=
jugcben unb ben 'Äefl feiner Jage in 3urücfgeiogenl^eit ju Derieben; fein Xob
erfolgte am 29. ^looember 1780. — ^Rit feinen wiffenft^attlid^en '^eiftungen nimmt
@. unter ben iir3tlid}en ©ele'firten feiner 3^^^ f^ne efirenfoÜe Stellung ein.
3n ber efteftifc^en Schüfe '^oer^aaöe'l erjcgen unb mit um^affenben c^emifd^en,
p^nfifalifdfien unb mebiciniidien .>?enntniffen ausgeftattet , l^ielt er nä) öon ben
Sinfeitigfeiten ber animiftücljen, d^emiatrifd^en unb pfinfiatrifrfjen ^3e^ren Der6ält=
nifemöBig frei unb bcn)af)rte fidi — atg ein ..nr cautus et in recipiendis opüii-
onibus difficilis'". toie Roller it)n bejeic^net — ein möglidftft unabtiöngigeÄ unb
eigenes Urt^eil: er war einer ber eilten, ber bie .f»allfv'fd)e Üe^re Pen ber 3tri=
tabilitüt mr bie Deutung pfiiificlcgifc^^patticlogifc^er 5?orgänge oera-ertfiet Bat. —
35on feinen litterarifd^en 5lrBeiten Derbienen bie Sdf)riTt über tReceptirfunbc
(„Libellus de methodo conciunandi formulas medicamentorum". 1739 u. D. ?!■,
franjöufc^ 1749) unb bal \?eBr6ud) über allgemeine i}.>atf)otcgie (..Institutiones
pathologiae medicinales". Lugd. 1758, in jal^freid^en ^Imfagen, "i)Zad^brücfcn
unb lleberfe^ungen eifdjienen, nad) bem Jobe bes 3?erniffers Den 9tcEermann
1787 unb in bcutfdier Ikbei-fe^ung Pon ©runet 1784 unb 1791 Berausgegeben)
all bie bebeutenbften genannt 3U ttierben. — ^n ber evften SdiriH, nieldie mit
großem 33ei'aIIe auTgencmmen touvbe unb ben ttiifien^'dia^tlidien 'Itu' ©aub's be=
grünbet Bat , TüBvte er diemifdje unb pBarmafotcgüdie ©i-unbiatse in bie i^el^re
Don ber 3^'Qnimenfeftung ber 3tr5neimittel ' ein. .^n bem 3nieiten QBerfe, ber
erflen felbftänbigen ^Bearbeitung ber allgemeinen '^«ati^otogie, '^at (B. ben 3}erfudi
gemad^t, eine Sarfteüung ber i^el^re Don ben !Qeben§= unb .^ranlBcitSprcceffen
auf (Srunb ber bcmals Berrfc^enben Sd)u[antldf)ten ju entirerTen. — Tic 2i5=
pofition bes Stoffes, meldte ber 3}erTaffer biefer 3(rbeit 3U (Brunbe gelegt l^at,
ift Dovtrefflidf) unb Bat aüen fpiiteren 'Bearbeitern biefes ©egenftanbes bis auf
bie neuefte 3"t 3"'" -l^^ufter gebient , bie Slus^üBrung ber "ührgabe aber läfet,
fetbft Dom Stanbpunftc feiner 3fit beuvtBcitt, oieles 3U wünfdien übrig. 3II8
(ifleftifer oom reinften 23affer benu^te er 3ur ßiflärung ber pBiifiologifdben unb
patl^otogifd)en i>orgänge animiftifc&e, diemiatrifd^e unb iatromatBematifdf)e 'l^rin^
cipien unb bie, Don i'^m jubem fe^r unftar unb Deridjroommen be^anbette, :5rri=
Mgem. beutid^e ajwgrap^ie. Till. 27
418 ®au6ijct).
taBilitätSlcl^Te , ol^ne jebod§ ^u einer SBerniittelung aller biefcr ®runbjäl5e ju
gelangen ; mit feinen ©rlänterungen unb grflärungen belegte er fic^ jumeift auf
ber £)berflä(i)e, fo ba^ bie inneren Unflar'fieiten unb Sßibcrfpilidie öerbedt blieben,
unb fomit Wufite er beni ©an^en ben ©d^ein einer Slbrunbung unb SBoüenbung
3U geben, ber um. fo 16eftecf)enber auf bie 5}laffc wirfte, al§ ber SJerfaffer allen
(Sd)ulen unb ^id)tungen 3(ted)nung getragen Ijatte. ©o erfreute fid^ biefe 5Irbeit
großen Seifalle unb i[t für 3föi)r3ct)nte ba§ gefc^ä^tefte SBerf iiber aEgemeine
5pat^oIogie geblieben. — 93on feinen übrigen 5trbeiten (ein öoüftänbige^ 3}er=
3eid)ni| berfelben finbet fid) in Biographie mödicale IV. p 358) finb eine fleine
Slb'^anbtung über ben 6influ| förderlicher ßeiben auf bie ©eele („De regimine
mentis quod medicorum est." Sermo I. II. Leyd. 1747. 1764), (i)cmif(^=
p'^armacotogifd)e Unterfud)ungen über 5)leertt)affer unb einige anbere .^eitmittel
(in Adversar. varii argumenti über, Leyd. 1771. S)eutf(^ Siena 1772) unb
eine lateinifd^e Ueberfeljung berSibel ber ^Jiatur bon ©toammerbam (2ugb. 1737
in 2 Voll.) crlDäI)nen§wertl^.
lieber fein Seben ögl. .Tan Bleuland, Oratio qua memoria H. D. Gaubii . . .
commendatur. Harderovici 1792. ©eutfrf) ©tcnbal 1794.
51. ^ix]d).
®öuM[d) (®ubifiu§): Urban ©. , mürbe ^u Drtranb in ©ad^fen, im
Greife ber ©tabt '»Dtei^en 1502 geboren, ©ein 9}ater l)ie| 3ltej;iu§ ®. ; feine
©ttern l^iclten il)n ju fleißigem ©rfiulbefuc^ an, ba aber ber Später frül)c ftarb,
fal) \\ä) bie 5Jtutter balb genötl}igt iljrcn ©ol^n in ba§ Sluguftinerflofter ju
^ain 3U tl)un, mo er bi§ 1539 blieb. Um biefe 3^^^ fi"Ö ^iß 9ieformation 3U
9Jtei|en an unb (^. flol) mit einem anberen OrbenSbruber au§ bem Älofter. S)o
fügte e§ fiel), ba^ Sutljer i'^n fennen lernte unb i^n mit naä) 2t\p^iQ nal)m. .^ier
trat &. auf £utl^er§ 9}eranlaffung in bie 3)rucfrrei t3on S^acob SÖermalb (f. Sb. II
©. 554) ein, um bie 33ud)bruc£erlunft fennen äu lernen. (5r begriff biefe ^urtft
fel)r balb unb ging, nad)bem er fic öoUftänbig ausüben gelernt l)atte, auf Steifen.
Um bie 3ßit ber ^JJtagbeburgifd^en ^Belagerung, alfo im 5- 1551, Verfügte @.
fid) mieber nad) ßeipjig, mo er Uon 1551 — 55 brudte, unb feinet Seljr'^erren
Sacob 5Sertoalb'§ ©d)mägcrin, ^Jtargaretl)e Dlieberfteter , el)elic^te. 93alb barauf
erl^ielt er einen 9luf öom ©rafcn unb |)erren öon 5]tan§felb, fid^ nad| @i§leben
3U begeben unb bort eine 23ud)bruderei ju errichten. Unterbeffen toar feine erfte
S^rau geftorben unb er l^ciratl)ete im S. 1566 eine 2o($ter be§ ©imon @a|mann,
eine§ 9tat]^e§ ber ©tabt Drtranb, feiner @eburt§ftabt. ^u§ biefcn beiben 6]§en
lliatte er 9 ©öl)ne unb 4 Söditer. §ier in ©igleben blül)te feine 33ud)briiderei
ganä befonber§. @r brucEte unter 9lnberem bie beiben erften £t)eile ber G)efammt=
ausgäbe bon !!3utl)er§ ©d)riften (1564. 1565), foloie 1566 bie erfte 5lu§gabe
bon £utl)er§ Sifd^reben. ©d)on bei ßeb^eitcn übergab er feine 33ud)bruderei on
feinen ©ol^n :3acob. 3lui^ ju ^aüe a./©. tiatte er um ba» S. 1578 eine
fjilialbruderei errichtet, bod^ fcfieinen au§ berfelben feine bebeutenben 2öerle
^erborgegangen au fein, au(^ l^at fie nidl)t lange beftanben. ^aä) bem ?Xug§=
burger 9JteBfatolog, ^erbftöcr^eidinii 1578 ift aufgefül)rt: „2)e§ l^el^ligen 6ate=
c^iSmi ober Salden Sibel, nul^ bnb l)ol)eit. 2lui ben @ei[treid§en Süd)ern S).
Martini Sutl)eri be^ 5Jtane§ (SotteS, in grage bnb 3lntft)ort berfaffet burd^ 5R.
ßonrabum 5porta , ^faxa-l^eren 3u gi^leben. 8. ju ^aE in ©ac^fen be^ Urban
(Saubifd^. 1578." @r [tarb im 90. 2^a^re feinet 3llter§ im ^. 1592 f)o^
gcad£)tet unb gee'^rt
35gl. (Seiner, 25ud^brudEerfunft I, ©. 97. 98. f^alf enftein , ©efc^id^te
ber Sud^bruderfunft , ©. 182. ©c^leupner, ßeid^enprebigt k. ©d)toetfd)fe,
5ßud^brudergefd^idl)te bon ^aEe, ©. 50, 51.
@aubt). 419
;Sa!o6 ®. ((SuBiftuS), ©o^n be§ borgenannten UvBan ®., toav 23uci)brucEcr
au Seipäig, tüo ei- öon 1^00—11 bie Sertoalb'fcfie 33u(f)bru(fei-ei foi-'tfe^te unb
bann na(| @i§leben ging, um bie jdjon feit bem ^. 1592 mitbefeffene S5u($=
bruderei feine§ 3}ater§ auf eigene 9ted§nung nad^ beffen 2;ob tDeiterjufüfiren.
Ueber fein Scben ift ni(f)t§ 3u berichten, aud^ fd^eint feine 2::^ätigfeit üon feinem
gxo|en SSelang getuefen ju fein.
3)gt. ©m^e, ße^rbud^ ber 2ittei'aturgefd§id§te , III. SBanb , I. Slbt^eit.
©. 172. Äelc^ner.
^aubt): grana ^^reil^err ö. 6)., toui-be am 19. Slprit 1800 in g^vanf^
fürt a./O., too ber Jßater (f. u.) aU '^iaiox ftanb, geboren. S)ie 5)tutter toar eine
(Sräfin ö. ©d£)mettau. 2)er 9}ater tüurbe etlua 1810 ^um ©ouberneur be§ .^ron=
:prinaen ernannt, unb nun tourbe @. oft jum Äronprin^en berufen; in ^Berlin
befud^te er ba§ fran^öfifd^e @t)mnafium, unb al§ ber Später 1813 @eneraIgout)er=
ueur öon ©ad^fen lourbe, ©d^utpforta, bag er 1818 mit bcm S^ugni^ ber 9(teife
tiertie^. @r foEte ^ura ftubiren, trat aber auf be§ S5ater§ 3öunf(^ in ein
©arberegiment ein unb tourbe 1821 nad§ 23re§Iau öerfe^t. 1823 [tarb ber
SSater, bie Familie öerlor if)r SJermögen unb ®aubt)'§ äußere SSer'^ältniffe ge=
ftalteten fidf) ungünftiger. S)urd^ be§ ifronbrinjen SSermittelung erfiielt er 1833
ben me'^rmalg umfonft erbetenen 5lbfd£)ieb , fein 1)o1)a ^ugenbfreunb unterftü^tc
i'^n unb fo fanb er ^Jtittel, um feiner 9)lu§e unb ber S)id§tung leben ju tonnen.
@. lebte in SSeiiin, t)er!et)rte mit ß^miffo, SBilibalb 3IIeji§ unb Äo^ifc^ unb
ge'tibrte ber fogenannten ätoetten romantifd£)en ©(^ule an. 5lud^ .^eine toirÜe
bielfadt) auf i'^n ein. 9iadC)bem er me'^rmalg nad^ Italien gereift ftarb er am
5. gebr. 1846 in SSerlin. ©ein-e toert^öolleren Sßerfe finb 1853 in 8S5änb(f)en
tjon Slrtl^ur ^TtüEer bei .g)ofmann in SSerlin herausgegeben tüorben. SSanb 1
entölt (Sebic^te, gro|ent^eiI§ t)umoriftifd)er 5latur, am betannteften ift bie
Sieutenant§!Iage „g^orbere niemanb mein ©d£)icffal p l^ören", eine ^^arobie be§
2tebe§ öon ^^oltei; bann Ütoman^en, S^er^inen unb poetifd£)e 6r3ät)lungen , für
bie er, mie ß^amiffo in meit f)ö'§erem @rabe, befonberS begabt toar, bie meiften
in 9libelungen[tro)3l§en. SSoIt 2Bi| unb Saune ift ba§ „Siagebud^ eine§ n3an=
bernben ©d^neibergefeEen", ber nac^ Italien reift, aber e§ ift nic^t toie 2öagner'§
6onferüation§=2ejicon meint, eine ©atQre auf 3Zicotai'§ Steife narf) Italien, ^m
atoeiten unb brüten SSanbe ftet)t „9Jtein äftömer^ug", eine Steife nadf) Italien,
toie bie- meiften feiner :profaif(^en ©d^riften im ^^uilietonftil. S)er öierte 5Sanb
entf)ält bie J^aiferlieber , er^ä^lenbe Sid^tungen unb öermifd^te @ebid)te. S)er
frühere ^reu^ifd^e Dfficier begeifterte fid^ mie 3^^^^^ unb ^tint für i?aifer
^tapoleon, befingt Slrcole, bie '^t)ramibenfd£)ta(^t, ^arengo, SSorobino , S)re§ben.
bie Stüifte'^r öon @lba unb anbere 5!Jtomente ber ßaufbafjn be§ ^aifer§. gin^elne
biefer toie anbere (Sebidt)te jeigen ein ^übf(i)e§ ^^oi'mtalent. Sanb 5 unb 6 ent=
t)atten fteine Stoöeüen unb ßr^ä'^Iungen, meift öon geringer 5Bebeutung, einzelne
finb frif(^ unb lebenbig er5ät)lt, bie .§umore§!en ettoa§ froftig unb forcirt. ^n
ben ätoei legten 33änb^en fielet ba§ @ebidbt „®er Siebe ßoo§", in 9Zibelungen=
ftropt)en, „$ortogatti" (Steife = unb ßeben§bilber au§ ber ©d^toeij unb Italien)
unb öenetianif(f)e 5^oöetten. ^n feinen beften (Sebic£)ten erinnert (S. an Sfiamiffo,
freilid^ ol^ne beffen tiefe unb jarte ^mpfinbung unb ol§ne beffen 35ortiebe für
büftere ©toffe. ö. diteer^eimb.
©aubl): griebr. äöit^. ö. @. , ^rjtittämpfer unb ©efd^id^tSfd^reiber be§
fiebenjätirigen ^riegeg, tourbe geboren am 23. 2luguft 1725 ju ©jpanbau unb
ftarb am 13. 3)ecember 1788 al§ fönigl. |)reu^ifdf|er ©enerattieutenant, 2;ruppen=
inf^ecteur im ©eneratat SBeftpl^aten. @inem altablid^en, urfprüngli(^ fd^ottifd^en
@efdt)led^t ange'^örig, toetd()e§ feit mel^r al§ 100 i^a^ren ben branbenburgifdjen
?^ürften gute S)ienfte leiftete, trat @. 1744 au§ ber Uniöerfität .Königsberg
27*
420 ®aubi) — ©oucrmann.
unter bie %a1)nen eine§ ^sotSbamer ^njantenevegimentg. 9lm 2. Sluguft 1756
mixte er .sjauptmann unb föniglicfier lylügclabiutQnt. 3tlg geiftig be'^enber unb
förperltd§ miermübtid)cr ©enerolftabgoificier be§ tiod^betogten , aber öoHauf
energifc£)en ©eneraUieutenant ö. ."pütfen roä()renb be§ getbjugg 1760 cttttarb \\<i)
®. ben Pour le niärite unb ba§ ^Jiaiorspatent. %m l.Wäx^ 1763 jum gfü|i=
lierrcgiment§=6ommanbeur in 3Beicl ernannt, ftieg er "^ier ju ben Weiteren mili=
tärifd^en 2Bürben. ®. ftarb ftet)enben i^uBe^ in ben Firmen be§ Äammer=
präfibenten, mit racicfiem er im <Bä)lo^ ju (?(eöe bie Ser'^anblungen megen @in=
ric^tung ber Diefrutirungebe^irfe Joeben beginnen inollte. — Unter bcr|c£)iebenerlei
©efiditSpunften I^eröorragenb al§ g^örberer eineg einfid^tgöollen 3^ienftbetrieb§, [tiftete
©. ficf) im mititärlitterarifdien Sereid) ein 2)enf mal fonber 6)Ieicf)en : fein im föniglid^
preu^i|d)en @eneral|tabgard)it) aufbemafirteö „lagebud) Domfiebenjäl^rigenil'riege",
ein 10 t^olianten umiaffenbeg, bur(f) '^läm erläutertes ^anufcript. da ift (Srgebni^
eine§ 22iä!§rigen '^sriöatflei^es. lieber alle üon preuf[ifrf)en StreitMften mälirenb
7 fyetbjügen auggcyüf)rten Gperotionen erftattet Ö). un§ genauen 23ericf)t, tt)eil§ auf
@runb be§ ©e(bftgefel)enen, t^cilö au§ amtüd^en ©rf)riftftücfcn unb fc^lic^lid^ in=
folge öietfältiger lUnfragen unb 3ufenbungen. @. fammette unb fcf)rieb „für
\iä)" ; er ging tief in§ ©injelnc ein, er jeit^nete babei au(^ 53tan(^c§ auf, toaS
nur i'fim perfi3nlic^ öon befonberem 2Bertl) ; er erforfi^te unb erörterte — manc^=
mal in rücffid)t§(ofer ©djärfe fritifirenb — ben ©runb ber 5£)inge ober ba§
Söalten be§ 3uiaܧ. @. nannte, fe{)r befcf)eiben , feine 1778 abgcf(f)Ioffene
3lrbeit : „^Jkteriaüen, au§ benen eine .i?rieg§gefcf)id)te gef(i)riebcn merben fann/' —
^l)r SBertl^ mirb jur üollen ©eltung fommcn, ftienn man fid) — unter 3ut)ülfe=
na^me neuefter ^^(urfd^tüffe über bie potitifd)cn S3egcbenl)inten roäfirenb jeneS großen
Äriegel — ber banfen5mcrt()en ^üf)e unterjietit , biefem fo reichhaltigen ©toff
in "^iftorifd^ umfaffcnber unb mititärifd) bclef)renber 223eife gerecht ^u merben.
2)od) mirb bei feinen f)äufig fef)r ungünftigcn Urtt)eilen über bie ilriegfül)rung
immer in 3lnred)nung gebvad)t toerbcn muffen , ba^ @. ju bem .Greife üon
Officieren ge'^örte, al§ bcffen ^ittclpunft man ben ^prinjen .5)einrid) be^eidinen
fann unb ba| er bie Sßerftimmung biefe§ ÄreifeS gegen ben ,^önig tt)eilte. ')laä}
(55aubt/§ 2obe taufte ^önig {yriebri^ 2!Bitl)eIm II. ba§ ^Dtanufcript für 12,000
Jf)aler öon feiner SBittme. ^e^t befinbet e§ fid) im 3(rd)iü be§ großen (S5cneral=
fta6e§. 5lu^er bem 3iiefen = Dpu§ — metd)eö ®. fe'^r fauber eigenl)änbig ju
'Rapier brachte, meit er e§ Dlicnmnb fe^en taffcn Wollte, fo (ange er lebe —
fc^ricb ®. u. 3t. einen 1767 in SBefel ber 3}eröffenttid)ung übergcbenen „9)erfuc^
einer 3lnmeifung für Drficiere öon ber Sfnfanteric, mie f^elbfdjanaen angelegt
unb erbaut merben fönnen. . ." S)iefe§ 33u(^ erlebte 6 hinflogen, bie te|te 1817.
6in 5Jte^rere5 über @. in bem am 31. '>}Jlai 1872 ^erauSgegb. S3eif)eft
be§ berliner 5Jlil.=aSod)enblatt§. ®r. Cippe.
©ailb^: griebric^ SBilfielm ßeopotb 0. Ö)., ou§ Dftpreu^en, mar
1806 Wlla\ox unb (Sommanbeur eine§ ®renabier = 35ataiIlon§, mürbe 1809 al§
Dberft, bonn al§ Generalmajor ©ouöerneur be§ Äronprinjen ^riebric^ 3Bill)elm.
@r gab 3)eranlaffung , ba^ beffen biet)eriger ©r^ie^er S)etbrüd, an beffen ©teEe
SlnciKon trat, entlaffen mürbe. — 6. '^atte geglaubt, ba§ bie bi§l)erigc gr^ieljung
be§ .Kronprinzen einen ju menig militärifd)en 6t)arafter getragen ^ahe. 1814
mar er ©eneralgouberneur öon (5ad)fen, 1815 mürbe er crfter ßommanbant öon
S)an5ig, 1817 (Senerallieutenant, unb [tarb 1823. d. 5)1.
daucrmami : gvtcbrid^ ®., maUx, geb. ju ÜJliefenbad) näd^ft ®utcn=
ftein in ^}lieber-Defterreid) am 20. ©eptbr. 1807, f ju äöien am 7. 3^uli 1862.
©ein SSater ^acob @., ein renommirter Sanbfd^after, beftimmte ben älteren ©o:^n
i^acob ber ^unft, ben jüngeren griebiid) ber Cefonomie, meld)e le^terer auf
feiner 3Sefi|ung in gjliefenba^ unter ber Einleitung be§ (SroBöater§ praftifd^ er=
©auermann. 421
lernen jottte. @. folgte ber gegebenen 5{nregung 6t§ jum xobe bes (Bro^öater^,
o'^ne für bie Äunft ein befonberes ^ntereffe gezeigt ju f)aben. Grft nad) bem
©inhitt biefe§ greignijfee öoltjog fic^ eine Söanblung in bem @eifte§(eben bes
öiexjefiniätingen Knaben, ^m 2}erfef)re mit ben Äunftgenofien feine§ Sruberl
9{au(i) unb ^öger, weiche im ©ommer nad) ^iefenbai^ famen, um ©tubien
nac^ ber 51atur ju marf)en, erwachte audj in ®. bie Siebe jur ßunft. Cf)ne
einen befonberen Unteni(f)t genofien ju l^aben, ^eid^nete er naä) ber 'Dtatur unb
gteid) ber erfte SSerjuc^ gelang berart, baB fein 33ater bem einbringen be§ ©o'^neS
ni(^t miberftanb , au(^ i^n jum Äünftler fieranbitben ju talfen. Unter ber ^n=
leitung be§ S5ater§ machte @. feine erften lanbfd^aTtlitfien ©tubien nac^ Oiu^sbaet,
^otter, bu Harbin unb ütofa, auf »eldie i^n erfterer ^intoiee. ^Rit auBer=
orbentlicf)er 5Be^arrti(i)feit unb ^lei^ copirte er mieber'^ott ütabirungen biefer 2Jleifter
in bei öofbibliot^ef unb in ber Sibtiot^ef ber 3lfabemie ber bilbenben Äünfte
unb gleichzeitig au(f) bereu Ci*igina(tt)erfe in Cel'arben, üon melden inSbefonbere
bie gräftic^ Gjernin'fdie ©allerie in äöien eine reid)e Slusma^I befaß. 2Bie im
3ei(f)nen blieb er au(f) in ber ßunft ber Cetmalerei 3{utobibaft unb geigte feine
Suft in bie afabemift^e ©cf)ule einzutreten. @§ mar ein mü^famer unb baf(^roer=
lidier 2Beg, welchen @. getoä^It 'fiatte, aber feine auBerorbentücfie Begabung,
fein geübtes ^iluge für bie (Srfc^einungen ber ^^atur unb feine Eingebung für ben
gett)ät)tten ©eruf l^alfen i^m bie ©d)mierigfeiten übertoinben. Stnbererfeite bra(i)tett
fie i^m ben großen S3ortf)ei(, ba^ ficf) feine fünftlerifc^e ^nbiöibualität tjoll unb
frei entfalten founte. @auermann'§ erfte felbftänbige Söerfe fallen nacl) feinen
eigenen 9luf5eid)nungen in bas S. 1822; fie beftanben aus tolgenben x^ierftüifen:
„6in alter ÜJIann, ber ein paar Cci)fen über eine SBiücfe treibt", unb „S/a§
SBe^r öom ^oftelbamm mit barübcrft^enben 9flef)en". ^n ber 23iener Äunft=
ausftellung bes S. 1824 trat er bereits mit ^mei lliierftücfen neben ben Söcrfen
feineg Saters auf. SBeld^en ginbrucf biefelben machten, baoon gibt eine 33e=
fprecf)ung in |)ormai)r'§ ?lrcf)iö ^eugniB, toorm e§ ^eißt: „93al)re 3}crmunberung
erregten in biefer 3lu5ftellung bie beiben X^ierftüdle feine» adtitje^njäl^rigcn
griebrid), gut componirt, öon öerbienftli(f)er gärbung unb in ber 3eicf)nung unb
G^rafterifirung ber 2^iere trefflid^ ju nennen", ^n ben ^. 182-5 unb 1826
ftnben wir 6. bereits mit 5lufträgen be§ y^ürften 5]letternic^ unb bes franjöfifi^cn
©efanbten Garaman befd)äftigt. 51ac£)bem er im ^. 1827 eine Üteife nad^
9l^ün(i)en unb S^regben 3u bem 3roe(Ie unternommen, um in ben bortigen ©allerien
©tubien ju machen uiib als eiujelne feiner 3lrbeiten ben Äunftfreunben befannt
geworben , erhielt er aud] SefteEungen aus Bresben, Seipjig unb Berlin. 5Jlit
bem Silbe „@emitter" im 3. 1829 begrünbete ö. feinen 9luf bleibenb. 5Bon
biefer 3eit an tourbe er ein öiel bcfd)äftigter unb '£)0(f) geachteter Äünftler. gaft
alljäl)rli($ brad^te bie afabemifc^e Äunftausftellung in i^ren 5(u§fteIIungen
SBerfc @auermann'§, meiere öon öffentlii^en unb 5t>rit)atgaüerien be§ 3n= unb
?tu§tanbe§, insbefonbere Pon ben Söiener ^unftfreunben mit S5orliebe unb ju
öer^tjältni^mäBig ^ol^en 5preifen ermorben mürben. 5Jlit ^üt)xiä), S/onl^aufer,
Söalbmüller galt er für eine ber 3^erben ber Söiener Äunftfcf)ute. 3tls ber eng=
Iifd)e Ifiiermaler Sanbfcer 33ilber öon @. fa^, fanbte er bemfetben, o^ne früher
feine Sefanntfc^aft gema(f)t 3U l)aben, feine fämmtlic^en ^Rabirungen , roelc^ei
©efdienf ber Äünftter mit einer 'i^aturftubie erroiberte. ^n ©efettfd^aft
feines ^reunbel ^öger, eine§ tücf)tigen !i?anbf(i)afters , mai^te @. im 3f- 1838
eine fReife nacf) 9}enebig , in jener be§ ^aler§ @. 9leinl)olb im ^. 1843 eine
jtoeite üieife nadl) S5enebig, '^abua, 'Verona, IRaitanb unb xirol. 2)ie übrigen
;3at|re öerbra(i)te er einen großen 2^eil bes 3a"^re3 t^eil§ auf feinem ödterlicfien
6rbe in ÜJ^iefenbad), t'^eilg auf ©tubienreifen in ben ofterreid^ifd^en ^Jllpenlänbern.
S)ie ©inbrüdfe ber großartigen ^D^atur unb ber @igentl)ümticf)!eiten i^rer SSeroo^ner
422
©auetmann.
fotoic ba§ ^Bclaufd^en ber %f)iextDdt boten bem ^ünftter einen unetfdiö^jflid^en
(Stoff für feine Söerfe, unb fein 9}ertrQutfein mit ben (Jrf (Meinungen ber 2llpen=
h)elt reifte in itjm, toie ©itelberger djarafteriftifd^ ^lertior^ebt, fein .^auptftrefien,
bie Sonbfd^aft mit bem St'^ierleben ju einem lebenbigen ©anjen 3U berbinben.
^n ber 3Iuffaffung ber Xtjiertoett tag feine üorjüglidie ©tärfe unb barin liegt
auc^ feine "^eröorragenbc fünftlerifc^e SBebeutung. (S. gibt un§ md)t ein St'^ier^
ftürf al§ Staffage be'tianbelt, fonbern ba§ Seben ber Sf^iere in ber Statur. Satb
ift e§ ber 3luftrieb ber Äü'^e auf bie ?ltpe ober auf bie Söeibe, balb bie .'peim=
!e{)r öon ber Srnte, ba§ pflügen auf bem Q^elbc ober bie Sßirfung bon '^eran=
na^enben ©etnittern auf bie Z^exe, tuelciie er un§ in effectöotter ga^'^entoirfung
barftettt. S)ann brücft er un§ ba§ Seben ber Sfjiere im Kampfe um if)r 2)afein
in Silbern au§, xoxt beifpie(§meife ben tauernben, über bemoofte f^etfen etnfam
f(f)Ieic^enben Sündig, bie gcl^e^tc @emfe, ben 3lbler ober SSären einen 9laub er=
greifenb ober üerf^eibigenb , einen au 3:obe bertnunbeten .^irfd^ , ber fid) in ba§
bumpfe 2öalbe§bicEi(i)t gcflücfitet , umfreift bon beutegierigen 3lbtern. 9ltterbing§^
ift bei einzelnen ßanbfd)aft§bitbern ein 3ug naä) ftar!en ßi(^t= unb 5arben=
effecten bort)anben, toeldier bereu ©efammttüirfung beeinträi^tigt, aber bie meifter=
"fiaft auSgefü'^rten ginjet^eiten fidlem bcnfelben bleibenben 3Bert!§. S)ie borjüg=
Iict)eren 5öilber @auermann'§ finb: „SQßMfe unb S3ären" (1831), „f^elfengegenb
mit 33ären" (1831), „ßanbfd^aft mit einer Äol^lenbrennerei unb ^oläbjägen"
(1832), „®eicr mit einem .^irfc^" (1832), „S3ärenfamitie um i|re S3eutc"
(1832), „^arforcejagb", „Sänblid)e (Sd^miebe" unb „@ber bon 3öötfen angefaEen"
(1834), „S)er SlderSmann", „©türm am ©ce" unb „SBöIfe mit einem .^lirfd)"
(1835), „(Srntefcene", „Umfpannen be§ ©ilmageng" unb „SBilbfd^meine" (1836),
„SBerenbenber ,^irfcE) mit bem mter" (1837), „3}ie^marlt in Salzburg" (1838),
„SBöIfe mit 3iungen auf t)o!^en getfen" unb „Srntetoagen bei ©emitter" (1839),
„3^agbfcene im .sjoi^gebirge" unb „S)a§^affet)rert^or bei 5Jteran" (1840), „©dieiben-
fd)iefen in Sirol" (1841), „ßänblid^c (5d)miebe au§ ber 9lamfau" (1842),
„^arf^ie bon 3eE am See" (1843), „2)er Sad^ftein unb ©ofauerfee", „ßanbfd^aft
mit einer Sagbfcene" unb „©aumtoeg bei 5Jleran" (1844), „@in?Ibenb", „®emfen=
jagb" unb „2Bitbf(^ü^cn am See" (1845), „S)ie bier3faf)re§äeiten" ri847), „(Sine
mpe" unb „ein ©(^iffpg" (1848), „©cmfeniagb 11" (1850), „Sauernpferbc"
(1850), „gtücCfe^r bon ber .^irfi^jagb" (1850), „9lu^enbe beerbe" (1852),
„eber mit.^unben" (1852), „9Im 5ltterfee" (1858), „^ül^eunb ©cjafe" (1858). —
eine %niaf)l bon ®auermann'§ Silbern mürben, meift bur(| Vermittlung be§ SBiener
unb öfterrei(^ifct)en .^unftberein§, bon ©anbmann, ©d^röbt unb ßb. Äaifer lif^o^
grapf)irt. Sin paar Sitber au§ älterer 3eit mürben bon ^affini gefto(^en. ^^unf^e^n
Slötter feiner S^ierftubicn finb bon ir)m felbft (1821—25) rabirt toorben. — dlad)
feinem Sobe bcranftaltete ber öfterreic^ifc^e Äunftberein (September 1862) eine?lu§=
ftellung bon 53 Silbern be§ .<?ünftler§. ^n feinem Dlad^taffe fanbcn fid^ 1034
Oelbilber, 569 ^anb3ci($nungcn , 6 Oelffi^jen unb 15 begonnene Oelbilber,
mel^e äur Serfteigerung gelangten, ßinaelne Silber tourben 3u au^erorbentlid^
l)ol)en greifen ermorben.
91. b. eitelberger, ^riebiid) ©auermann in ©c^mibl'S ijfterr. Sl. für
Sitteratur unb Äunft. - (^. ö. äöur^bad^ , Siogr. ßejifon V, 104 u. XI,
•il4. ^. SBeife.
©aucrmaim: ^a!ob @., gjlaler, geb. ju Oeffingen in Söürfcmberg 1773,
t am 27. 5Jtär3 1843, mar ber ©o^n eine§ Sanbtif(i)ler§ au Oeffingen unb fam
naä) bem 3;obe ber 5Jlutter im 2ltter bon 13 :3a'^ren au einem Setter, mel(^er
ba§ @efd)äft eine§ ©tein^auer§ betrieb, bei ftielc^em er fid) in feinen freien ©tunben
im Seidenen übte, ©ein ©treben ging ba^in, in ber ^arl§a!abemie feine 5lu§-
bilbung fortfe|en au fönnen, loa§ i^m auc^ auf fjürbitte be§ !unftftnnigen Kammer-
@out)e. 423
^errn bon 35öl§nen gelang, ^aä) breijäl^rtgem 5tufentl^alte in biefer ^Ifabemie
fanb er bom ^. 1793 an fein f^ortfommen in ben S)ienften einc§ ©ele^rten,
mit toetc^em er Steifen mai^te unb burd) beffen SSiBIiot^e! er feine ^enntniffc
ertoeiterte. ^^tac^bem er biefen S)ienft öertaffen, reifte er 1798 nat^ 2jßien unb
friftete fein g^ortfommen it)exU mit 5Ir6eiten für Äunfttjänbter, t^eil§ at§ 3^^^^^^^=
iel^rer. S)ur(^ bie 3Sefanntfd)ait mit bem Sanbf(i)aft§maler 5!JtoIitor, ttiel(f)ei
fein latent ft^ätjte , 16rad) er fic^ enblic^ SSa'^n unb feine 33ilber fanben burd^
il^re treue Sluffaffung ber ?latur, i'^ren ru'^igen, ^armonif(^en 6!)arafter gro^e
2lnerfennung. &. tourbe ^itglieb ber 3l!obemie ber Bilbenben .fünfte unb im
S. 1818 Äammermaler be§ drjliersogS So'^ann, in beffen 3luf trage er toieberl^olt
Steifen in bie öfterreii^ifi^en ®ebirg§gegenben unternalim. 21I§ SSebutenmaler
ertoarft fic^ (S. einen felEir geachteten 5^amen. ^n feinen ©tubien prägte \iä)
feine S3orticl6e für bie Dtiebertänber unb f^i'^n^ofen au§, metd)e er at§ unüber=
troffenc ^Jteifter ber SanbfdiaftSmaterei Betrat^tete. S)ie meiften feiner SBilber
finb in Söafferfarben au§gefül^rt. ^n toeiteren Greifen tourbe er bur(^ feine
Slabirungen be!annt, bon meieren eine ©uite üon jel^n SBIättern Sanbfc^aften
nac^ ^ouffin barftellen. S)ie legten ^ai-)xt feine§ SeBen§ berbracfite er in ftiller
3urüiige5ogenf)eit auf feiner S3cfi|ung in 5)liefenBad) Bei @utenftein. (5r liattc
ätoei ©öi^ne, ^afoB unb ^riebri(^, Beibe ^aler. 3)er erftere ftarB in jungen
Sa'^ren (1829), ber ätoeite tourbe ber Berühmte 2:^iermater (ögl. oBen).
Stuttgarter ^unftBIatt, 3?. 1821 ^]tr. 57. — S. ö. SBuräBac^ , 5ßiogr.
ßejüon V, 107. ^. äöei^.
®ailÖC: ^o'^ann g^icbrid) @., l^iftorifc^er ©d^riftfteHer, geB. am 15.
(nac£) Dettinger'S Moniteur des Dates T. 2. <B. 111 am 12. nid^t 15.) ^äx^
1681 äu 3öatter§borf Bei Sucfau, t am 29. ®ecBr. 1755 p .^elBigSborf. ©ein
S5ater, ^o'^ann @., toar erft @^mnafialtet)rer in 33erlin, bann Pfarrer in 2BaI=
ter§borf. S)a biefer xf)m fd^on 1689 burd^ ben 2ob entriffen toorben toar, toarb
er 1691 einem SlnBermanbten, ber ßonrector in SudEau toar, jur ßrjie^ung üBcr=
geBen. S)arauf toarb er 1697 ©c^üler beö cöttnifd^en @t)mnafium§ ju 35erlin
unb ftubirte öon 1700 an in SGßittenBerg, too er 1701 unter 3)eutfd^mann De
Unitate essentiae divinae unb 1703 unter 2ßern§borf De Termine vitae non
fatali bi§)3utirte. '^laä) SSeenbigung feiner ©tubieujeit toor er einige ^di)xt <g)of=
meifter, bann Befam er 1715 ba§ ^ßaftorat au 0Ber=9leufd§önBerg, toarb öon
Iflier oB'er 1724 al§ ^^aftor nad^ .gjelBigeborf berfep. ^m ^. 1716 ^atte er fid^
mit ^uftina OJlaria ©ieBer ber'^eirat^et , bie it)m elf ^inbcr geBar. ^n ber
toiffcnfd^aftlid^en ßitteratur ift fein Ülame Befannt getoorben bur^ „®e§ ^. 9t.
gteii^§ genealogifd£)--l)iftorifd§e§ 2lbet§tejifon" (2^1. 1, 2. Slufl. 1740, 5t|l. 2,
1747), an beffen gortfe^ung nod^ 1820 gebaut toarb (man ertoartete eine foldlie
öon bem Pfarrer &^n. ^xhx. WöUex in 3il3fenborf Bei 3ei|, f. Slltgemeiner Hn=
jeiger ber ©eutfd^en, 1820, ^flr. 242, ©p. 2595 f.), toie e§ aud^ noä) :^eute ju
ben gangBarcn 58üd^ern gel^ört. 9lu{^ toar ®. 5JtitarBeiter an ben „Unf(f)ulbigen
^JtadE)rid)ten". S)a§ ^Ranufcript einer ungarifd^en unb fieBenBürgifd^en .ffirdf)en=
unb 9teformation=.^iftorie , bie er berfa^t f)atte , fott il)m unb feinem 35erlcger
@lebitfd£) ber faiferli(^e ^Bgefanbte am !urfäd£)ftf(i)en ^ofe ettoa 1723 toiber=
red£)tlid§ genommen '^aBen.
gl). (SJ. SöilifdE), Äird£)en=Wovie ber ©tabt ^re^Berg, 1737, 4«. ©. 376
Bi§ 78. ^0. ^ac. ^ofer, 23et)trag ju einem Lexico ber je^tleBenben 2:l)eo=
logen, Sütticfiau 1740, 4». ©. 219 ff. ^. (Sj. ®ietmann, ®ie ber 9lugfp.
Sonfe^ion jugetl^ane $iriefterfd§aft in ©ad^fen, S)re§ben unb Seipjig (1752),
35b. I. ©. 584—590. ^Jteufel, «ei'ifon.
g. ©d^norr bon SaroUfelb.
^24 ®^^^ — ®a«trap.
®aul: gfi-anä @. , ^lebaitteur unb S)u'ector ber l t @raöeur=2lfabemie,
ael). 3U 2öicn am 27. Sunt 1802, t bafclbft am 22. Oct. 1874. ®. 3äl)lt ju
ben bebeutenbcren ©tempctfi^neibern ber ^ieuäeit; feine ''mebaillen [inb ftitüott
geaeti^net unb mobeÜirt, feine Xed^nif i[t fidler unb haftüoE. gr fannte ba§
^^Jlünaprägewefen in aÜen Zweigen, öevftanb fid) eBenfogut auf ben ©djiiitt al^
bie ^tägung unb ^at \iä) buv^ feine SJcrüotüonimnungen ber 2:cd)nif biefe§
©cbieteö unter feinen O^a(|genoffen einen bcbeutenben ^Jiamen gemai^t: fo ift
namentüd) feine 3]eröielfättigung§met^obe ber ^mün^prägeftempel je^t in aEen
^ünäämtcrn eingeführt. 05. I)at in äöien feine ©tubien begonnen, trat aber,
tjom fünftterifc^en ^rieb öormärtö gebrängt, fd^on im 3^. 1818 al§ 3ögling in
bie Öraöeurfdiule ber äöiener 3lfabemie, too er nun unter ^^rofeffor ©eorg $ein
ben 3eid§nen= unb unter ^4^rofeffor Suigi ^id^ter ben ^IRebaitten= unb ©tein=
fd)neibeunterrid)t geno^. 33oEftänbige fünftlerifd^c ^luöbilbung erlangte er aber
erft burd§ Sofef ^lieber, ben 2)irector ber ©raöeurafabcmie, mit tteldiem it)n
balb ein feftes g^reunbfd)aft§t)eri)ä(tniB üerbanb. äßä^renb feiner ©tubicnjeit
errang er fic^ fed)» ^^reife, barunter aud) ben erften ^ofpreis, mit toetc^em bie
2tntt)artfd)aft auf ein 9teifefti))enbium öerbunben toar. ©o fel^r e§ nun ben
ftrebfamen, für fein gad^ begeifterten jungen ^ann auc^ berlangte bie claffifd^en
Stätten 3U befud^en, fo öer^iditcte er bod) auf bicfe SBegünfttgung, meit fid^ i^m
fo frü'^ bereite eine gcfid^erte 2eben§[teIIung eröffnete, inbem er ben ""Eintrag er=
i)iett, in bie ©rabeuratabcmie beö t. f. ^auptmün^amtes fofort einjutreten. (S.
trat am 26. ^TRär^ 1829 feinen 2)ienft an, borläufig aU unbefolbeter ^rattifant,
bom 17. ^uni 1833 an aber al§ tt)irfüdf)er ©rabeurabiunct. 2)amal§ ftanb
bie ^ünjfd^neibefunft nid^t auf attau t)of)er Stufe; fie ^atte bon bem (Stande,
ben i'tir bie 2)onner, SomonödE, SBürt^, 2;oba k. gegeben, biel eingebüßt; bie
§of!ammer für ba§ ^ün3= unb 93ergtbefen fud^te biefem SßerfaH burd^ eine
5Prei§au§fc^reibuug etnjut)atten. ®. er'^ielt t)ierbei bie erften 'greife, u. a. für
ha^ 3eid^nen, für ba§ Soffiren unb für ba§ (Srabiren. <So rang fic^ ber junge
gjlann pm angefe'^enen jadimann embor; feine 58eftrebungcn, bie ftittuibrigen
formen au§ ben gangbaren '•JJlüniforten ju berbrängen, "Ratten ebenfalls griolg,
unb befonber§ feine 58emü£)ungen, t)cralbifd^ rict)tige unb ftilreine S)op))etabIer
in ber ^Jlünje einjuf üt)rcn , fanben auf bem ^Dlünjcongreffe bom 3. 1856 2Bür=
bigung. @r ertjielt banadt) ben 9luftrag , für fämmtli^e ^Jlünjfovten bie 5lbler
in ber borgefc£)tagenen 5leugeftaltung ju grabiren. ^Jlacf) bem lobe ^o]. 2)an.
S3öt)m'§, be§ bi§t)erigen S)irector§ ber ÖJrabeurafabemie bc§ .g)auptmün3amte§,
tourbe ®. im S. 1866 an biefe ©tctte borgerüdt, bie er aber, nad^ jurüdEgelegtem
40. Sienftja'^re im ^. 1874 berlie^, um bie gveubcn be§ 9tut)e[tanbe§
faum einen ^onat ^u genießen, ©ein 2JlebaiUenlüerf beläuft fid£) auf circa
10 ©tüd; feine ^Mnjftempcl fallen in bie ßeit bon 1848—57. Sefonbere
©c^ön'^eit entfaltete er in ber ®rinncrung§mebaifl.e auf Scannt) ©I^ter unb bann
in feinen köpfen be§ j?aifer§ auf ben laufenben ©etbforten. Ääbbebo.
^flUlraii: ©r'tiarb (S., ^aler be§ l^er^ogS So'^ann ^Mbret^tg I. bon
^Jledlenburg , toar ein ©ot)n be§ 2te^er§ $8enebict @. , meld)er um 1563 ju
©dimerin ftarb. ßr'^arb (S. ift in 5]ki^en, too ber SSater bi§ 1553 lebte, ge=
boren, lernte auf fürfttid)e Soften juerft bie ?Ie^erei, bann bei Suca§ ^ranad§
bem jüngeren bie ^Jlaterei, bei bem er ju ®nbc be§ ^. 1561 ausgelernt Ijatte
unb nun in ben ^ofbienft be§ ^erjogS trat, ©päter mirb er na(^ -JJlei^en ge=
gangen fein, too er nadt) einem ©direiben feine§ Sruber§ ßuca§ 1572 lebte; er
berfdfitoinbet barauf au§ ber @ef(^id)te. Sin S3ilb be§ Jper^ogS SfO^inn
2tlbred£)tä I. unb feiner ©ema^Un 3lnna ©opl^ia auf ^ol^ , im ©d)loffe p
©df)toerin, fott bon ßr'^arb @. gemalt fein unb ift bieEeid^t ba§ einzige bon
it)m borl)anbene.
SifdE), ^a^xb. XXI. ©. 299. ^romm. ^
©aupp. 425
©QU^J^J: (Jrnft J^eobor &., toutbe geb. ben 31. 5}lai 1796 3U Äleitt^
gaffron Bei 9laubten in S(l)te[ten, lüo fein fSattx ^aftot raar. S)ie gamilie @.
ftgmmt, i'id^eren "Jlad^iiditen juiotge, au5 Sinbau am 33obenfee. 5Der ©ro^öater
@aupp'§ mar um bie ^Mtte be§ öovigen 3at)rt)unbert§ öon bort, al§ Kaufmann,
nac^ «^itfc^berg in Sd^lefien üBergefiebett , ttto bamals ber 'i'eintoanbtianbel in
f)o\^ex Slütl^e ftanb. Seine erfte (5(i|ulbi(bung empfing @. auf bem @t)mnafium
in @logau unb fpäter auf bet 9titterafabemie ju Siegni^. 35on bort eiüe ber
lejö^rige ^üngting, bem Slufrufe feines .^önig» folgenb, unter bie Söaffcn. @r
toar mit einem älteren trüber einer ber erften in ber 9tei!^e ber f(i)tefifd)en
^^reimilligen ; er fo(i)t mit in ben btutigften ©d^laciiten, Befonber§ in ber großen
3}ölfcrf(^lad)t Bei Seipjig unb 30g am 31. ^Jlärj 1814 mit ben üerBünbeten
5(rmeen in i]}ari§ ein. ^m ^uli beffelBen Sö^^c§ !ef)rte er in ba§ 6Iternf)au§
äurürf unb mad)te Dftern 1815 ba§ 5lBiturientenej;amen. 2l{§ er eBen im Se=
griff toar, bie UniDerfität ju Be5ie"t)en, erfolgte ber jtoeite Siufruf bc§ .^önigö.
@. trat aBermalö in bie Strmee unb na'fim, al§ Lieutenant im fediften fi^Iefifc^en
Infanterieregiment, an bem äweiten ^y^tb^uge nad) ^ranfreicE) %^dL @r mad)te
mit feinem ütegimente ben toeiten 2öeg öon Syrier bi§ ^Rontbibier in ber ^^^icarbie
unb eBenfo toteber nact) ©trieften ^uxüä. ^m S^eBruar 1816 le'^rte er glürflidE)
öon feinem ^toeiten gelbjuge in ba§ elterlidie ^au§ ^eim unb Bejog Dftern bie
Uniöerfität 33re§lau, wo ^Jteifter, 5Jlabit)n, Unter^oläuer, ©prirfmann unb götfter
feine erften C'et)rer in ber 9le(^t§toiffenfc^aft tourben. ^tu^erbem toirften befonber§
ber ^p^itofopf) Steffen^ unb ber Jpiftorifer 2Bad)ler auf it)n ein. 53U(^aeIt§
1817 Bejog er bie Uniöerfität Berlin. %mä) eine gemonnene $rei§aufgaBe trat
er in nätjere Se^ie^ung ^u ©aüignt) , in beffen clafftf(f)en 3}orträgen if m 3uerft
ein tiefereg S5erftänbni^ für äöefen unb SSebeutung be§ römifc£)en 9te(i)te§ aufging.
2lui^ (5(i)teiermo(^er'§ 3]orträge üBer ^ft)c£)oIogie unb ©laat§lel)re regten i'^n
mäcfitig an. Cftern 1819 t)ertaufd)te er ^Berlin mit ©öttingen, too, au^er .^ugo
unb ^lanf, Befonbers J^art griebri^ 6id)^orn einen Beftimmenben GinfluB auf
i^n gewann. i)ier entfd)ieb fid) feine 'Steigung für bie beutf(f)e 3ied)t§gef(i)icE)te.
Somit Befeftigte fic^ ber ßntfc^tu^, bie afabemif(^e ßaufBat)n ju berfolgen, toeld^e
i§m bie fd^önfte i^eBeneaufgaBe 3U Bieten fcf)ien. 6r fet)rte 1820 nacf) Berlin
3urü(i, Beftanb am 18. ^uli ba§ Soctorejamen mit Stusjeic^nung unb promo=
üirte am 16. ©ept. unter bem 9}orfi^e öon S3iener. 2)er (Segenftanb feiner
S)iffertation toar bem römifd)en Üiec£)t entnommen, i^r Xitel lautete: „De no-
minis pignore , dissertatio juris Romani-'. iUic^aeli» 1820 l^aBilitirte \{ä) @.
al§ ^riöatbocent ber ?litä)ie ju Sreslau, mo^in aucf) fein SJater al§ 6onfiftorial=
rat^ öerfe^t toorben mar. bereits im DctoBer 1821 mürbe er äum ouBer=
orbentlid)en ^rofeffor ernannt. 3}on @nbe ^uli 1822 Bi§ aum mai 1823
untcrna'^m er, mit einer Unterftü^ung öon Seiten be§ ©taate», eine 5Reife nac§
Stauen, mobei er fic^ länger in 9iom unb 91capel auffielt. 531it rei(^er tt)iffen=
f(i)aftli(f)er 2lu§beute fel)rte er in bie .peimatf) jurürf; namentlidl) machte er auf
eine fef)r alte <!panbf(i)rift ber ^^anbeften aufmecffam, toeldje er ju Dteapel auf=
gefunben ^atte unb bie einige ©lüde au» bem je'^nten Suc^e ber S)igeften ent=
!§ält. @r gab biefclBe i^erauö unter bem xitel: „Quatuor folia antiquissimi ali-
cujus Digestorum codicis rescripta Xeapoli nuper reperta nunc primum edita",
1825. 3tac§ feiner 9tüclfe{)r ail§ ^^talien öer'^eiratl^ete er fic^ ju Leipzig mit ber
jüngften 3:ocl)ter be§ 6cl)ulbirector§ (Sebife unb fc^lo^ mit il^r 1823 ein 6^e=
Bünbni^, meld)ee auf tiefer UeBereinftimmung unb fcl)öner Seelen'^armonie
ruf)enb, bie ©runblage cine§ glüdli(^en unb Begtürfenben Familienlebens murbc.
S}on 2eip3ig au§ befudE)te @. mit feiner jungen ©emal^lin im 3t. 1824 Söeimar
unb ^ena. ^n bem befreunbeten „."paufe grommann", biefem ^Uttelpunfte
reichen geiftigen S}er!el)r§ unb bel)aglicf)er ©aftfreunbfiijaTt, lernte er @oett)e per=
426 &anpp.
fönlic^ fennen, bcn er bon S^ugenb auf fdituärmerifd^ Betüunbett "^atte. ^n
SOßeimar 1)attt er ba§ ©lücf, tion ©oef^e fetbft auf§ munblic^ftc aufgenommen
3U Werben. S)iefe ^Begegnung mit bem greifen 5Dic^terfür[ten teurbe !6ebeutfam
für fein ganzes ßeöen, ©oetl^e tt)UTbe öon nun an fein ausfc^lie^lidjcr Öie'6üng§=
fc^riftfteHer. ©anje ©eiten au§ @oetf)e'§ Söerfen fannte er augroenbig ; für iebc
SebenSbejie'^ung mu^te er einen ©oef^ifc^en ©innfprurf) ju citiren, fein ©tubir=
jimmei toar mit ©oetl^eBilbern aller 3lrt gefc^mücEt. ^m ^. 1826 n)urbe @.
jum orbentlic^en ^^rofeffor an bcr Uniberfität 5Bre§(au ernannt; ju feiner .«pal6iti=
tation at§ fotdfier fc^rieB er eine 5l6'^anb(ung : .J)e professoribus et medicis
eorumque privilegiis in jure Romano", njetc^e er am 24. Wäx^ 1827 ber=
tl^eibigte. 35on nun an Beginnt für &. bie 3eit ber intenftbftcn litterarift^en
Sl^ätigf eit , me((^e mcfentlid^ ber grforfc^ung bc§ beutf($en 3te(f)te§ gemibmet
war. 3)ie neuere germaniftifd^e SBiffenfi^aft in (^)efd)i(^te , 9ted)t unb Sfradje
ift fo rec^t au§ bem ßieifte ber ^rei^eitäfriege geboren. Ueöer bie fo§mopotitif(i)e
S5erf(f)n)ommen:^eit be§ öorigen Sa't)rf)unbert§ toat ein fur(i)t6are§ ©trafgerid^t in
ber napoleonifcl^en ©emattj^errfc^aft f^ereingeBroc^en. ^n ber 3eit ber '^lot^
appellirten unfcre Beften ©eifter toiebcr an bie .^raft be§ beutfificn ^ßolfSf^umS ;
man fud)te ba§ @roBe ber 3?ergangen^eit ni(f)t me'^r Bto§ in .^clta§ unb 9tom,
fonbern in unferer eigenen Ö)ef(|i(^te, in bcn klängen ber altbeutf(f)en ©pracfie,
in 5]3oefie unb (Sagen, in 9tec^t unb Söerfaffung unfere§ eigenen 25otfe§. ^n
biefem ©inne Begann in trüBfter 3eit ßarl griebri(| @ic^f|orn feine epoc&ema(i)enbe
beutf(f)e ©taat§= unb 9ted)t§gef(^i(^te. S)urct) beutfd^e Cv^efd^id^tc tooltte man
ba§ beutfc^e 35ot£ jum Semu^tfein feiner fctBft ,iurücffü'^ren. ©prad^forfd^er,
Äunft= unb ßitterar^iftorifer arBeiteten einanber rüftig in bie .^änbe. 2)ie
beutfd^e 9ted^t§gefd^id£)te BlicB ni($t iurücf. 2(n ei(i)t)orn fc^loffen fid^ aa'^treid^e
jünger unb ^litarBeiter. ?Iu§ ber Söergangen'tieit unfereg 33oIfei feine @egen=
wart tiefer ju berftetjen unb feine jutünftige SntwidEIung , auf ber @runblage
nationaler ©taat§= unb fRed[)t§bert)äItniffe , borjuBcreiten, War i'^re gemcinfame
Öofung. ^m Segeifterung für ein gro^eg 3iel fam ber auSbauernbe beutfd^c
i^Ui% 9lur mit biefem ^^tei^e, ber aud^ ben tleinftcn ^Beitrag jum großen
SCßerfe nidt)t berfd^mii^t, war eiwa§ ju förbern unb p erreid[)en. S5or allem
Beburfte cg einer genauen ^ebifion ber Duellen, alg ber fid^ern ©runblage alleg
9iec^tgftubiumg. ©erabe t)ier griff ®. mit rüftiger .t^anb ein. 2)ie größte 2ln=
3a§l feiner ©d^riften Be3ief)t firf) auf grforfd^ung unb ©id^tung beutf^ret^ttii^er
Guellen. S)ie erfte gtaffe biefer SlrBeiten ift ben Quellen beg eigentti^en ^ittel=
alterg, bie jweite glaffe ben 33olfgre{i)ten ber älteften 3eit gewibmet. ^n bie
erfte (Staffe gehören „5Dag alte magbeBurgifd^e unb l^affifc^c ^eö)t" (1826) unb
„Sag fdtjlefifd^e 2anbredf)t" ober eigentlidE) „Öanbred^t beg prftenf^umg 33regtau"
(1828). 9Iuf Beibe 9lrBeiten Würbe (^. burd^ bag ^^ntereffc ^ingefüf)rt, Wetd^eg
biefe 9ted[)tgqueIIen für ©d^tefien ^aBen, inbem aud) SSreglau mit magbeBurgifdf)em
9ted§te Bewibmet War. CBglcid^ bie SIBbrürfe ber Quellen fetbft ben 9tn^rü^en
ber mobernen Sertfriti! ni^t burd^Weg entfprecfien unb bie fe^r augfüiirli^en
Einleitungen mannigfad^ alg antiquirt erfc^einen , fo l^aBen bod^ biefe SlrBeiten
3u i^rer 3eit jum fixieren SßerftänbniB beg 3ufammen^angg ber fd^lefifd^en
9ted^tgentWidfelung mit bem 9ted£)te beg ©ad^fenfpiegelg wefentlid) Beigetragen,
Welcher gerabe in biefen öftttd^en giegionen einen fo ma^geBenben ßinflu^ aug=
geüBt ^^at. 3u ber aweiten glaffe ber (Saubb'fc^en QuellenarBeiten ge'^ören bie
3luggaBen unb Erläuterungen ber „Lex Frisionum" (1832), „2)ag alte ©efe^
ber 2^üringer" (1834), „5S)ag giedEit unb bie 5ßerfaffung ber alten ©ad^fen"
(1837). 2Senn aud^ biefe @aubb'f(^en 9luggaBen burd^ bie neuern 9lrBeiten
9lic^tt)ofen'g unb ^. ^exUV^ üBer:^olt finb, fo waren boc^ biefelBen ju i'^rer
Seit ein Bebeutfamer ^ortfcliritt in ber Wiffenf(f)aftlid£)en ErfenntniB ber 35ol!g=
(Saupp. 427
redete, tDeI(^en fein Billig benfenber öerfennen raitb. 2Im biefem ©tubium ber
5BoIf§rec^te unb ber @e|(f)ic£)t§quellen ber älteften germanifd)en (Spodie ru'^t eine
felöftänbige re(i)t§= unb fulturgef(f)ic^tli(i)e 5lrBeit: „3)ie germanijt^cn 9tn[iebe=
iungen unb öanbt^eilungen in ben '^roöinäen be§ lueftrömifdfien 9tei(f)§, in ifiret
öölferre(f)tli(f)en gtgent^ümti($feit unb mit Slücfficiit aui Derroanbte 6rjd§einungen
ber atten SBelt unb be§ jpätern 'üJtittelalterS bargeftettt" (1844;. .§ier ift eine
^D($tDi($tige ©eite in ber 6ejcE)i(i)tc ber 35ötfertoanberung, bie erfte Einrichtung
ber germanifc^en ©tämme auj römifc^em ^roöin^ialboben , Befonberg bie 2anb=
tt)eilung mit ben römifd^en ^offejforen, ^um erften ?Utal flar unb erjdiöpfenb
bargefteEt. Ser 3}eriafier jeigt, mie bie öerfdiiebenen ©runbfä^e Bei ber erften
Stnfiebelung Beftimmenb auj bie gange fpätere ©ntmidfelung in 9te(f)t unb Staat
eingewirft :^aBen. @r dtiarafterifirt ba§ 5}crfa'^ren ber SangoBarben unb 35an=
balen in feiner 33erf(f)ieben'§eit üon bem ber Dft= unb SBeftgot^en, ber O^ranfen
unb SSurgunber. 5H(|t Btoä au§ ben 9te(^t§quelien, fonbern auc^ au§ S)i(f)tern,
®eic^ici)t§fc§reiBern unb Äin^enjc^riftfteEern fd^öpft ber Söertafjer fein rci(^e§
■iiDUteriat. UeBerl^aupt liefert biefe§ S3u(^ einen tDicf)tigen Seitrag jur @cfc£|i(^te
ber (Senefig ber romanif(i)=germamf(i)en ^Nationalitäten im toeftliclien Europa.
9Jlit ßifer ergriff @. auc^ bie ^bee ber @rünbung einer 3eitf(^rift iür beuti(^e§ 9fiec^t
unb lieferte, nacf)bem biefelBe unter 9iel)fc^er'§ Seitung in§ SeBen getreten tüor,
berfelBen eine Üiei^e bon ^Beiträgen. 3n bem erften Sanbe berfelBen (S. 86 — 143)
öeröffentlicf)te er einen Slurfa^ üBer „5£)ie Setnere", toelcfier gur Sßiberlegung h}idf)=
tiger fünfte be§ Berü'^mten 2tt&re(i)t'fc^en 2öerfe§ Beftimmt xvax: öieEeid^t fü'^lte
ber S5erfaffer felBft, baB er biefer f(i)iDierigen Aufgabe juriftifd^ nicl)t geroai^fen
mar unb fe^te bie angefangene Slrbeit ni(i)t fort; bagegen lie§ er im britten
SSanbe beiielBen 3fitf<^i-'i^t e^"^ gefd)ic^tticE)e 9tBl)anblung üBer „2;a§ beutfc^e
9Nc(f)t in ©d^lefien" erfc^einen. ßine bantenSraerf^e SlrBeit lieierte &. ferner
hmä) feine Verausgabe ber beutfc^en ©tabtrei^te be§ ^]3littelaltcr§, tooburd) er
biefc mid^tigen 9ted^t§quellen aud) ber afabemifc^ten Sugenb jugängüd^ ]u matten
fud^te. S3erbienftlic^ ift Befonber§ bie Einleitung ju biefer 2(u§gaBe, tuorin er
auf bie f^amilien ber ©tabtrec^te unb auf bie ^auptperioben ber ßnttoirfelung
ber beutfc^en ©tabtöerfaffung aufmer!fam mad^t. 3m ^. 1855 öeröffentlid^te
®. feine 2Iu§gaBe ber ..Lex Francorum Chamavorum", tneld^e öon ^er^ fälid^=
lid^ al§ „lantner ®auredt)t" Begeiclinet njorben toar. (S. öerBreitete ^uerft üBer
biefe§ räif)fer^afte 9lec£)t5bfnfmal Cic^t, mie§ i^m ba§ öamatanb, einen @au auf
bem redf)ten Ufer be§ 9Üeberrt)ein§, al§ .öeimatl) an unb üinbicirte it)m bie 9latur
eineg S3Dlf§redt)te§ ber (f)amatiifdt)en ^raufen, tt)elct)e§ bie 2lBroeic^ungen be§ bDr=
tigen !i2ocalred^te§ öom Ueä)te ber übrigen f^rtanfen enthält. S)ieie @aupp'fdf)e
gntbedung fanb bie geBü^renbe Slnerfennung. S)ie beutjc£)en ^cc^tS'^iftorifer
aboptirten im »efentlic^en bie ©aupp'fdlie 2tuffaffung ; ^aut ÖaBoula^e üBerfe^te
bie ©c^rift in§ a^ransöfifd^e. ^m ^. 1832 trat @. in ba§ OBerlanbeSgerid^t
5U SSreölau unb arbeitete al§ ^itglieb beffelben Bi§ ju feinem Sobe. 'Buxd)
biefe praftifd)e X^ätigfeit »urbe er aw ba§ ©tubium be§ preuBifc£)en 2anbred§t§
^ingefül^rt, metdfieS er auc^ in ben ^rei§ feiner 5}orlefungen jog. ^m SSejug
auf le|tere§ brang er barauf, baffelBe ni^t lo§3utöfen com gemeinen Uedjtt,
fonbern üBeratt ben engen 3ufammen^ang beffelBen mit feinen l)iftorif(i)en SBurjeln
im ri3mifct)en unb beutfd^en 9tedf)te nad^gumeifen. ^it Befonberer 3}orlieBe fud^te
er bie jalilreid^en ©puren germaniftifd£)er 9lerf)t§ibeen im preuBiJcE)en ^^^anbred^te
aufjufinben, mel(f)c man früher lebigtidf) auf naturred^tlii^e ^Infd^auungen gurürf^
geführt l^atte. Ser eigentlid^e ©c^merpunft feiner 2Birffamfeit BlieB aBer feine
afabemif(|e X'^ätigfeit. 6r 30g eine gro^e — öietteicfit eine ]u große — 3^^^
Pon f^äd^ern in ben Sereid^ feiner 95orlefungen, namenttid^ bie beutf(^e ©taat§=
unb 9lede)t§gefci)id^te, beutfd^eS 5priöatrecf)t, 6anbel§red§t, ^el^enred^t, Äirc^enred^t,
428 ©au^jp.
SBötferrec^t, ®nct)Ilo)3äbic unb |)reu^if(i)e§ ßanbvcc^t. lyrcilid) toax naä) ben ba=
nmtigen pveuBifrfien Uniöevl'itätSbevl^ättmffen bie S<^1)\ ber äfutiften, loeld^e bic
S5orIefungpn pflii^tgemä^ Belegten unb berev, toeld^e bie S^orlejungen toirltid)
bejud)ten, auc^ Bei i^m fet)i- öetjc^ieben. 5Da§ juriftifc^e ©tubium ^attt in biejen
;3at)ven auf ^reu^ifc^en Unibctfitäten vool feinen tiejften SBarometerftanb eneid)t.
(gelbft ein gtäujenberer S)ocent, al§ ®. e§ Irav, »üibe bamatö feine SBenbung
3um 33ef|eren l)erbeigefü'§vt fjoben. SDennoi^ ]ei)lU e§ i'^m niemals an 3ut)örern,
toetdjen er ein ^{ntcreffe für germaniftifd^e ©tubien abgen^ann unb bie feinen
Jßorträgen rei(f)e ?Inregung für ba§ gan3e ßeBen betbanften. „2Ber njiiftid)e§
^änteveffe an ber SBiffenfc^aft jeigte — fagte einer feiner tüd^tigften Schüler —
lonnte bei Ü). fieser auf freunbf(|aftlid)en 9tatt) unb auf juüerläffige O^örberung
red)nen, unb mand)er l^at gemi^ in einjelnen Unterrebungen 3lnla^ unb 3lnregung
5u ©tubien erhalten, bie i^m fonft böEig fern geblieben tüären". 9Jtit Ujarmer
^fieitna'^me ergriff ®. aud) bie Sfbee be§ ®ermaniftenbcrein§, er befuc^te bie
SSerfammlung ju i^franffurt 1846, tvo fein 33ortrag über ba§ 35er'l)ältni§ ber
germanifc^en unb romanifc£)en Sßötfer ju einanber großen Seifall fanb; auf ber
Gjermaniftentierfammlung ju 2übed 1847 ujurbe er burd) Unnjoljlfein ^ur ^afft=
öität üerurtt)eilt. ^n ber Balb barauf ausbred)enben 53ett)cgung be§ 3f. 1848
nal)m &. eine leibenfc^aftölofe unb unparteiifdie ©tellung ein. 3lud) er fjatte
ein n>arme§ @efü'f)l für 5S)cutfd)lanb§ @int)eit unb @rö|e unb mu|te , feiner
ganjen 9tid)tung nad) im mefcntlic^en mit ben ^tännern ge'^en, toeldie in 5ßreu^en
bie einigende Äraft 2)eutfd)tanb§ erfannten. ?lber unmittelbar trat it)m gcrabe
in SSreSlau ber Unberftanb ber ^Jlaffen , ber fd)mul^ige 5lbf(^aum einer rot)en
©tra^enbemolratie fo üerlet^cnb entgegen , ba^ fein maljrljiait conferöatibeS ®e=
mütf), biefem 3;reibcu gegenüber, bor allem 6fel unb 5lbfd)eu empfanb unb er
felbft bistt)eilen ungered)t gegen bie großen ^been toerben fonnte, roeld)e tro^
aller 33erunftaltung , aU innerer Äern, ber 33en)egung be§ ^. 1848 ju @runbe
logen. ®. toar al§ ^^reu^e unb alter ©otbat ^lotialift im boUen ©inne be§
äÖDrte§; fern üon allem ©ertiililmu§, mar er feinem ^önigS'^oufe treu ergeben,
aber aud) bei i^m ftanb bie Ueber^eugung feft , ba^ ber blo§ büreaufratifc^e
©taat unfät)ig fei, ben @eift ber ^)Zation ju ^thtn unb politifd) ju bilben, ba^
öor aEcm bie ßntmidlung ^eutfd)lanb§ unb ^^reu^enS auf öerfaffung§mä|iger
©runblage jur ^)tott)n)enbigfeit geroorben fei. ©eine warme 2:t)eilnal)me für bie
großen ^^itfi-'aöen legte er burc^ me'^rere potitif(^e gtugft^riftcn an ben Sag,
öon benen mir nur jmei ermä'^nen: „S)a§ beutfd)e 25olf§tt)um in ben ©tamm=
länbern ber preu|if(^cn 5Jlonard)ie" (1849) unb „2)ie SSilbung ber crftcn Kammer
in ^^^reu^en" (1852). 5Die erftere ©c^rift [teilte fid^ jur ^lufgabe, tenben^iöfen
5lnfeinbungcn gegenüber, gefd)id)ttid) bie beutfdinationate ©runblagc be§ |}reu^i=
fd)en ©taate§ nai^jumeifen unb 3U jeigen, ba^ in feinem beutfc^en ©taate meniger
bon ©tamme§partifutari§mu§ bie 9iebe fein fann, al§ in ^Prcu^en, meld)e§ Sänber
ber berfi^iebenften beutfc^en ©tämme in fid^ fa^t unb ba^ gerabe in ben öft=
tid^en, früher flaöifc^en ^robin^en '|sreu|en§, baS reine S)eutfcl)tf)um, o'line 3Sor=
miegen einel beftimmten beutfd)en ©tamme§, juerft 3ur ©ettung gefommen ift.
2fn ber ätneiten SSrofdf)üre mad)t &. 35orf(^Iäge für bie 33ilbung ber erften
Kammer, meldl)e barauf l^inauSgel^en, nur bie ma^r'^aft ariftoIratifcl)en Elemente
in 5ßx"eu^cn — mit 3lu§fct)lu| be§ ^unfertt)um§ — jur ©runblage be§ .g)erren=
l^aufc§ 5U madl)en; eine nobility im englifdl)en ©inne ift ba§ ^beal, meld^e§
nad^ ©aupb'g 2lnfid^t ben beutf(^=)DreuBif(^en 35er:§ättniffen angebaut merben fott.
2Bie meit biefer 33orfd§lag bi-'oftifd) buvd^fül^rbar gemefen märe, ift freilii^ eine
anbere i^rage. Uebert)aubt mar @., oBgteidl) er in SSort unb ©d^rift gern fein ^n--
tereffe für bie öffenttid^en Singe bartegte, fein eigentlid) politifd^er .^obf unb
l^anbelte ganj feiner Snbibibualität gemä| , ba| er \id) öon jcber IpraftifcE) boli=
&aupp. 429
tifc^en Sl^ätigfeit , Befonbcre öom parlamentarifdien Ü?e6en , fern l^ielt. SCßer in
Betoegten 3^^^^!^, ^u§ 33orfid^t ober peinlid)er (SetDiffen^aftigfeit ficf) feiner ^Partei
an3ui(^üe^en öeratag, öerjicEitet bamit öon üornl^erein aui jeben poIitifdEien @in=
fluB- 6. t^eilte in biejer Se^iefiung bae ©c^idfat ber meiftcn Slnl^änger ber
'^iftorijd^en Srf)u(e, bercn ^eifter felbft es niemals ju einem flaren politifcf)en
•jjrogramm Brad^ten, jonbern, tro^ flaren 33Iide§ in bie i^ergangen^cit, nie felbft
öorurt^eileirei ber ©egentüart unb if)ren Seftrebungen in§ ©efic^t jn fetien
ttjagten, toie man felbft au§ Ä. ^yr. (5i(^f)om'§ Sc£)riTten feinen burdiid^lagenben
9ieformgebanfen für bie beutfdje ©taatSgeftoItung ber '3leu3eit entnehmen fann.
S^re ,ßritif be§ feierten fran^öfifrfien Liberalismus, i§re '^olcmif gegen ben
fc£)a6lonen^a|ten conftitutioneüen S^octrinarismuS ift öollfommen bered)tigt, aber
ju pojititien fc^öp'erifcf)en ©ebanfen finb fie nie gelangt. 2)05 mar ein UnglüdE
für £eutfc^(anb unb '^reu^en, in beffen officiellen Greifen biefe <Bdqult einen
ma^gebenben SinfluB befa^. Sarin unterfcf)ieb fic§ aber 6. öon ben meiften
3Inf ängern biefer Üti(f)tung , ba§ er jeber 9tomantif auf firci)ücf)em ©ebiete fern
ftanb. Sn religiöfer ^Bejiefiung ftanb er nod) gan^ unter ben ^nfd^auungen ber
5luff(ärung§periobe unb feine Haltung ber S'^eofogie gegenüber toar mefentfic^
eine poIemifcE)e. (Seit bem ^. 1857 fing Öaupp'S @efunb^eit an fc^mantenb ju
merben, er fränfelte unb litt oft an fertigen Seflemmungen. ^m 3Iuguft 1858
feierte er noc^ ba§ UniDei-fitätSjubiläum ju ^ena f)eiter mit, machte bann eine
JReife nad) .^oEanb unb mar bi§ jum ^cbruar 1859 in getoo^nter 2öeife t^ätig.
Sa marf i^n eine fd^merc .^ranf^eit nieber, bod§ fefbft auf feinem ^ranfenlager
mar er nocf) tfiätig ; feine beiben festen 2rbf)anbtungen mußten if)m jur Goncctur
ans ^ett gebradjt ttierben. Sie eine be^og fid§ auf bie fogen. professiones juris
unb bie StammeSred^te unb ift in ber 3e^tf<f)i-'i^t ^ü-^ Seutf(i)eS Steigt öeröffent=
lid)t, bie anbere enthielt eine auSfüf)r(i(i)e Ueberfic^t über bie Seiftungen ber
franjöfifdEien „Revue historique de droit" unb ift in ben --Oeibelberger ^atjrbüc^ern
(1859, Dh. 37 u. 38) erfc^ienen. 91ad) einer oorübergegenben ^üefferung feineS
3uftanbeS trat bie Äranf^eit im ^ai mit erneuter Äraft auf. (S. ertag ber=
felben am 10. .^uni 1859 im 63. 3a:^re feines 9lfterS. ^n i^m öertor bie
UniDerfität Breslau , toelc^er er faft 40 ^a^re angehört ^atte, einen unermüb=
liefen l'el^rer, bie germaniftifc^e Söiffenfcfiaft einen fleiBigen unb gemiffenl^aften
^orfc^cr, bem fie manage mert^üolle ^Bereicherung üerbanft. @. ift nie ju ein=
ge^enben- bogmatifd)en 5(rbeiten gefommen. Seine ganje Begabung unb @eifte§=
rid^tung toar me'^r eine l§iftorif(^e, als eine eigentlich juriftifcfie. '!)iidf)t bie
iuriftif(i)e gonftruction beS gegenroärtigen 3tecf)te5, fonbern baS S5erftänbni§ beS=
felben burd^ bie 3}ergangen^eit galt i^m aU 3iel feiner roiffenf(i)aft(i(^en ^e=
ftrebungen. „2öir toollen eS nicf)t öer:^ef)Ien", fd)reibt er einmal, „ba§ mir einem
gef)eimen ^ng^t be§ ^erjenS folgen, toel($er e§ liebt, felbft bei ben flü(i)tig ba^in
raufc^enben ßrfc^einungen ber ©egentoart red)t oft in eine entferntere 3}ergangen=
^eit jurücf jugreifen , um bort bie Löfung fo macf)er fcf)einbarer 9tätl)fel aufju^
finben". Sarum fällt ber ©cfimerpunft feiner miffenf(f)aftli(^en X^ätigfeit in bie
beutf(^e Staats^ unb 9te(^tögef(^i(i)te. Sc^on bie gro^e S'^^^ ^^i^ Strbeiten
@aupp"S äcigt öon feiner umfaffenben unb mannigfaltigen i^ätigfeit. ^ei allen
feinen litterarifc^en Strbeiten ift bie ungemeine Sorgfalt in ber fyeftftellung felbft
ber geringften ©injcllieiten ju rül)men. ©eine (Beroiffen^aftigfeit , bie i^n al§
9J^enfc^en au§3eicf)nete , maä)tt i^n aui^ als @etel)rten in allen feinen eingaben
unb 5Rittl)eilungcn in ^of)em ©rabe juberläffig. Seine^ meiften 5lrbeiten finb
5luSgaben , 6rläuterungeu unb gefcl)i(^tli(f)e 33etra(i)tungen üon ^edjtSquetten.
Sei ben 5ßolfSre(^ten, wie bei ben Stabtrec^ten legte er befonberen 3J5ertl) auf
bie ©enefiS unb ben 3ufiinmenl)ang , gemifferma^en bie ©enealogie ber iRerf)tS=
queEen. Sbenfo fucfite er bas allen beutfd^en Stämmen ©emeinfame üon bem
430 ^'^"fe-
aSejonberen be§ einaelnen ©tamme§ tiax au jonbern unb bie bevfci^iebenartige
©eftaltung einzelner 9tec^t§inftitute au§ ben SSejonbertieiten in ber @nttt)i(ftung
bei- ©tämme au ei-!läxen. Söenn i'^n UmdUn Qete^vte Siefi'^aberei ju fe^r in
bai !teinli(^e detail liierte, |o !ann i'^m boi^ im (Stoßen unb ©anjen ein toat)r=
l^aft i)ifton|d)er ©inn nic^t al6gefpi-odt)en toerben. SBenn feine 3lu§ga6en ber a}ol{§=
i-e^te unb 9ted)t§Bü(^er aud§ nic^t rm1)x ben ftrengen 5lniovberungen ber (Segen=
tüart entjljrec^en, fo barf bod) bie ttejentlid£)e ^örberung nid^t öerfannt toerben,
toddit biefe 5lrbeiten äu it)rer 3eit ben ve(^t§:^i[torifc^en ©tubien getoäl^rten.
Unter ben ©d^ülern unb giad)ioIgern @ict)^orn'§ ftet)t ®. mit in erfter ßinie.
3ßie er biefem jeine au§gefproct)ene Steigung für bie beutj(i)e giec^t§gcf(^id)te,
feine Mett)obe, bie gan^e 2lrt feiner ^orf^ung berbantte, fo blieb er 16i§ aum
legten 5It:^em3ug ein ed)ter ©o^^n ber grei^eitgfriege. 2lu§ bem großen 5lu|=
fc^toung jener Sage l)atte er fic£) jene reine SScgeifterung erhalten, tocli^e aEen
ibeaten 33eftreBungen ein offeneg ^n^ entgegen bringt, welche hie SBiffenfc^aft
um i^rer felbft treibt unb liebt, bor allem aber ben nationalen ®eban!en ^oä)-
tj'dlt unb al§ eigentlichen ßeitftern aller 33e[trebungen betrachtet, ©elbft
bei allen feinen mü^famen S)etailforfct)ungen auf bem Gebiete ber beutfd^en
giecl)t§gefcl)ic^te arbeitete @. nic^t nur mit bem tlaren ^o^fe be§ fleißigen
@etc!^rten, fonbern aud§ jugleicl) mit bem marmen iper^en be§ beutfc^en $a=
trioten.
aBro(il)au§, 6onb.=2ejifon, Sb. VI. 3lrt. @. 3ur Erinnerung an Dr.
grnft Xljeobor &., t ^e^. ^uftiaratt) unb ^rofeffor ber gted)te in SSreglau in
ber 3eitfc^r. für beutfc£)e§ 9ied)t, SSb. XX. ©. 108—17. (3}om llnteraeic^^
neten.) gur Erinnerung an Ernft 2:l)eobor ®. ©cparatabbra^cf au§ ber fc|tefi=
fd)en 3eitung. (SSon ^:profeffor Dr. granflin, je^t ju Tübingen.)
^ermann (Sd)ulae.
@au^: ^arl griebrid) ®., ajlatliematüer, 5lftronom unb 5pl)l)fifer, geb.
ben 30. skpiil 1777 in Sraunfdimeig , f ben 23. f^ebruar 1855 in ©öttingen.
@erl)arb S)iebri(^ ®. mar ein einfacher ^anbmer!er, ber, burd^ tüd)tige ®eifte§=
gaben unterftütjt, huxä) reblidjen ftrengen glei^ feiner gamilie eine gemiffe,
menn aud) niebrig ju bemeffenbe SÖßolill^aben'^eit berfd^affte. Er '^atte jmei
unter einanber fel^r ungleicl)e (5öl)ne. S)er ältere, (Seorg, ber immer ein
fd)lid)ter, bielleidl)t fogar ettt)a§ befd^räntter 2lEtag§menfd^ blieb, ftammte ,au§
einer erften E^^c. Ä a r l g- r i e b r i dl) , meldl)en biefe ßebenSbef d^reibung au f dl)ilbern
^at, mar ber 6ol)n ber atoeiten, i^rau, SDorot^ea SSenae. 3)er SSater ftarb 1808.
Sn ben legten ßebenSja'^ren l)atte er neben ber Gärtnerei '^auptfädlitid) ba§ 9ted§=
nungSmefen einer großen Siobtenfaffe gefül)rt. S)ie ^Jtutter erreichte ba§ ^oi)t
2llter bon 97 ^al^ren unb ftarb 1839 auf ber ©öttinger ©ternmarte, too fie bie
legten 22 ^al)re bie treue Pflege i^re§ großen ©ol)ne§ gcno§. ®. mar ein ßinb
bon munberbar frül^reiier Entroidlung. 9tid£)t oft mag e§ borfommen, ba| ein
i?inb ba§ Sefen bon felbft erlernt, inbem c§ bie Sebeutung ber einaelnen 5Bud)=
ftaben balb biefem, balb jenem ^au§genoffen abfragt, ^^^aft unglaublidl) erfd^eint
bie gut berbürgte ®efdl)id£)te , ba^ ha^ breijd'^rige i?inb 3ul)örenb, mie ber Spater
Sagtöl^ner für ftunbenmeife Strbeit ablo'^nte, bie Slugaa'^tung mit bem 3urufe
unterbrach, bie ©umme fei nicl)t ridl)tig, e§ betrage fo biel, unb ba| feine 3tn=
gäbe bei mieberl^olt angeftellter 9tedl)nung \\ä) al§ bie rid£)tige ermie§. Ein
!teine§ Ereignis bon für ben SSilbung§gang bon @. bebeutenbfter 2:ragtoeite mar
folgenbe§: Er mar eben 9 Sci'^re alt, al§ er 1786 in bie 9ted^enf(i)ule fam.
S)ie erfte 5lufgabe, toetdl)e SSüttner, ber toegen feiner Strenge gefürd^tete £el)rer,
ben (Sd£)ülern borlegte, betraf bie ^Ibbition bon 'S<^t)Un, meldte eine arit^metifdl)e
9iei"^e bilbeten. ,^aum l)atte ber Änabe ben Söortlaut ber Slufgabe ge'^ört , fo
fd^rieb er juerft bon allen ©d^ülern ol)ne jeglidl)e 3toifd§enred)nung bie Enbfumme
ßauß. 431
auf feine 2afet unb legte fie, toie es eingeiüf)rt trar, umgebre'^t auf ben S(f)ut=
ttfd) in bie ^JUtte bes ^^ninicil. 5t(§ afie 2;üfeln fo abgegeben toaten unb üer=
güd^en rourben, mar bie S(^^^ ^^^ fleinen boreiügen Scf)veibers eine öon ben
toenigen ri(i)tigen. 6r entging fo nic£)t b(o§ ber i^m für feine Seic^tfertigfeit
3ugcba(f)ten grünbüd^en Sefanntfc^aft mit ber 9leitpeitfc^e be§ ile^xex^ , Süttner
lie^ fogar felbft ein befferee Ote(^enbucf) au§ Hamburg fommcn , um e§ bem
Knaben ^u geben. 2(u(f) ben Sßater üe^ entroeber Büttner ober ein geroiffei
SSartels gu fic^ rufen, i^m bie forgfamfte (Srjief)ung be§ jungen @eniu§ an ba§
^erj 3U legen. S;cn (Sinnjürfen, tt)ot)er bie bittet jum Stubium ju nehmen
feien, luurbe mit ber 2}erfici)erung begegnet, bie Unterftü^ung l^oc^gefteüter ©önner
toerbe ficE) geminnen laffen, unb fo tourbe bem mibertoillig ^lad^gebenben aud§
no(^ abgerungen, ba^ ber ßnabe nid)t me'^r »ie fonft aEabenbüc^ eine beftimmte
9?^enge ^^tac^s fpinnen muffe. (S§ l^ei^t @au§'§ 9}ater l^abe, öon ber Unter=
rebung nacf) ^aufe fommenb , ber 3Ibma(^ung getreu fog(ei($ angeorbnet, ba^
bas fleine ©pinnrab in ben ^of getragen unb ju Äü(^enf)o(ä gefpaltet tturbe.
©tatt be§ Spinnrabeg tourbcn je^t matl^ematif(f)e 23ü(i)er bie 3tbenbbefd§äf=
tigung öon @. ^üx i§re ^tnfdjaffung forgte, bei i^rer 6inprägung unterftü^tc
ber bamalg ISjäfirige ©etjilje ^üttnerS, ber oorgenannte ^ol^ann Ü)lartin G^riftian
SSartetS. Partei«, in 33raunf(i)tt)eig am 12. Stuguft 1769 geboren, toibmete fic^
fetbft ber 2Ratt)emati!. 6r befui^te fett 1788 ba§ Gollegium ßarolinum feiner
3}aterftabt, fam bann als ^profeffor ber 531atf)ematif erft na(^ Sieid^enau in ber
Sc^tnei^, fpäter nac^ Äafan in ütu^lanb, enblic^ rxad) ^orpat, tt)o er penfionirt
am 19. Secembcr 1836 geftorben ift. ©eine xoi^ter öerf)eiratf)ete fid) mit bem
2i[tronomen ©tiuöe. Stls ©diriftfieller trat Bartels mit gefammetten 9Ib^anb=
lungen über gunftionenle'^re (1822), mit einem Stuffa^e über anattjtift^e @eo=
metrie be§ 9taume§ in ben ^eri(i)ten ber ^4>eter§burger 5Ifabemie (1831) unb
mit 35oiIefungen über mat^ematifd)e 3lnall)fi5, SSanb I (einziger 1833) auf.
Slu^erbem überfe^te er S3aiIIi)'5 Sefct)i($te ber 5tftronomie in§ Seutfd)e. ^n
bemfelben ^ü^xe 1788, in toetdiem Bartels bie ^itfSlel^rerfteller bei 33üttner
aufgab, um in ba§ Gotlegium (SaroUnum ju treten, fam @. au§ ber ß(ementar=
flaute in bo§ @i)mnafium. S)ie bem 3>ater ert^eilte 3ufi(^erung toar 2öal)rl§eit
geiDorben. §oc^fte!^enbe ©önner, befonbere ber ©efieime ©tatsratf) öon 3intmer=
mann, toaren @. gemonnen, l^atten fid) für i^n bei ^crjog 5arl 3öi(!§elm 5er=
binanb öon 33raunfd)n)eig öertoanbt. 1791 rourbe @. al§ ^U'imaner bei |)ofe
öorgefteHt, unb öon biefer 2}orftcIIung batirt eine bleibenbe ^ürforge bes dürften
für hü^ auffcimenbe, fid^ immer beutlit^er enttoicfetnbc Talent. 3luf Soften be§
.^erjogS burfte 6. junärfift feit 1792 am ßoUegium Garotinum, bann in @öt=
tingen fertig ftubiren, auf feine Soften fid^ nact) beenbetem ©tubium ber 3Biffen=
fdiaft al§ foId)er toibmen, of)ne einen eigentlicf)en Seruf ju toasten, ©er ibm
ausgefegte ^aiireegel^alt betrug f(i)on 1801 bie bamals jum Unterhalt au§reict)enbe
©umme öon 400 2^üUxn unb tourbe ju Stnfang 1803 nod) öor ber 27. ©e=
burtetaggfeier bes nun bereite n)eitberüt)mten ©etel^rten abermat§ ex^öl^t auf
600 2;i^a(er nebft freier 2Bof)nung.
@. toar 1795 jur Uniöerfität ©öttingen abgegangen. 5lber ber 9(bitur-ient
l^atte fd§on in ^raunfi^roeig in aftronomifcfien 9tect)nungen fic^ geübt, l^atte im
legten Satire feine§ 2Iufent^alte§ in ber 5}aterftabt bie „93tet]^obe ber fteinften
•Cuabrate" erfunben, jene 9Jtet^obe Seobadjtungen fo in 9ted^nung 5U bringen,
bafe bie unöermeiblidt)en Seobad^tungefe^ler bem ßrgebniffe möglid^ geringften
©d)aben bringen, ba| üic(met)r bie '^Ibtoeidtiungen ber fd)tieBlic^ geroonnenen
3Bert^e öon ben erfal^rungsmä^ig gefunbenen im (Sanken unb im ßinjelnen fo
flein als mögtid^ augfallcn. 3" berfelben ÜJ^etfjobe fd)eint audt) Saniel ^uber
in 93afel gef ommen ju fein, ©benfo erfanb fie f etbftänbig 3tbrien ^larie Segenbre
432 (3au^.
(1752 — 1833), unb biejet t»er5ffentlirf)te fie 1805 in feinen Nouvelles m^hodes
pour la dötermination des orbites, toäl^renb bie @au^'f(i)e ^(bteitung evft 1809
im jDrucfe etfd^ien. So ertoaxb firf) narf) ber üt)tid)en Sitte ba§ S)atum ber
35eröffentli(i)ung einer ©ntbecEung al§ ba§ ber ©ntbecfung feibft gelten ju lajfen
Scgenbre aüerbingS ba§ Grftting§recf)t , mogegen ®. unter allen Urnftänben ba§
^erbienft jufommt burd^ 3nfa^a'6^anbtungen au§ ben jtoanjiger ^at)ren , bie
5[)tett)obe gegen alle ©intnänbe ge)icf)ert unb jür ben (Sefcraud) fo bequem 3U=
gerichtet 3u |aben, ba^ fie jeljt erft il)re öoüe 9iu^barfeit entfalten fonnte, unb
ba^ feit bicfer 3eit an eine Slntoenbung irgenb einer anberen (5onibination§tt)eife
üon S3eoba(i)tungen nicf)t met)r 3u benfen ift.
@lei(^faE§ auf berSc^ute 1792 ober 1798 ^at ®. aud^ bereite bem ©efe^e
ber 5primja^(en, b. t}. i'^reg immer fciteneren 5(uftreten§ in ber Mei^e ber natür=
üd^en S'^l)Un nad)geforfd)t. %u] ber ©d^ulc t)at er bie ©d^riften eines Suler,
eines ßagrange, cineS ^Jlettjton in fid^ aufjunef)men gewußt, ben Grfteren fid^ jum
5!Jtufter für ben S^n^alt, ben Öetjteren für bie grorm ber eigenen 'ilrbeiten mätilenb,
ienem alfo nad[)eifernb in Unterfuc^ungen über bie fogenannte l)ö^ere ^al^tenle^re,
biefem in ber (Strenge ber ^Beweiefütirung , welche nur meiftcnS leibcr ben 2öeg
öer{)üttt, auf tt)eld^em bie großartigen GntbecEungen urfprüngüd) gen3onnen h)urben.
@. be^og alfo bie Uniöerfität , auSgerüftet mit einem äöiffen unb ju einer
@eifte§reife gebiet)en gteict) benen, mit ft)el(f|cn biete beim 2}ertaffen ber .'podt)fc^ulc
fict) begnügten. Rubere ©c^üIcr bebürfen anberer 2et)rer. 3)ie mat^ematifrf)cn
Sßoricfungen eines ^aeftner öetmoi^ten ®. ni(^t ju feffetn. 5iidf)t a(S ob toir an
ber faft gett:)o^nl§eit§mäßigen Unfitte tt)ei(nat)men in ^Ibra'^om 6ott^elf .ffaeftner
(f. b.) eine tt)iffcnf(^aftlid)c ^ull ju erblicten, aber einem ®. gegenüber tnar ba§
breite am Siebftcn {einerlei Äenntniffe borauSfe^enbe Serweilen bei jiemlict)
niebrigen S)ingen, tt)elc£)eS wir auS 5?aeftncr'S @c£)rif ten fennen, nirfit am ^la^e.
i^^m toaven bie elementaren ©cgenftänbe, melcl)c in ben (Böttinger 35orlefungen
über 5)tatl)ematif allein jur Spract)e famen , unb tt)etd)c mct)t etwa eine @igen=
tljümlid^feit (SöttingenS Waren, fonbern für ba§ mat^ematifclie ©tubium an aücn
beutfd)en Uniberfitäten um bie 3Benbe unb in bcm erften Sliertel unferes Sal§r=
l^unbertS ben gleichen feierten Staub barftetlten, bereits überwunbene Singe.
S^ebe 5]orlefung mußte (S. mit ber Ueber^eugung erfüllen, baß er t)ier nid^tS
mctjr lernen fönnc, unb tjergtid) er biefeS il)n übertommenbe @efü^l ber @ering=
ji^ä^ung mit ber öerf)immelnben SeWunberung, bie man bon anberer Seite J?äftner
entgegenbracl)te , fo mußte Wo^l ein 3tt)eifcl in i^m Wad) werben, ob er felbft
jum ßel)rer ber 5Jlatt)ematif , biefer 9Jiatt)cmati! fidt) auSbilben folle, fo mußte
ein SöiberwiHe gegen matl)ematifd^en Untcrrid^t überl)aupt bei i'^m entftel)en.
S)iefer SöiberwiHe gepaart mit ber t5fi-"eube, welcl)e it)m bie gleict)3eitig ge=
l^örten, i^n geiftig anregenbcn SSorträge ^el)ne'S bereiteten, l)ätten @. faft ber
ganzen 5natt)emati! abtrünnig gemodE)t unb ber ^4-^^ilologie jugefü^rt, für weld)e
er ftetS audE) in fbätercu ^al)ren eine wa'^re Steigung befaß, wenn nidfjt bei ben
ar-itl^metifd)en i5forfdf)ungen, benen er felbftänbig fidf) |ingab, il)m ^yunb auf ^yunb
geglüdt wäre, fo im ^^drj 1795 ber Sa^, baß — 1 quabratifc^er 9fieft ber
^rimjal^len bon ber ^-orm 4 n + 1, quabratifcl)er ^Tlid^treft ber '^rimja^len bon
berf^orm 4 n + 3 fei unb ein ^a^r fpäter, am 30. 'i}]Mrj 1796, bie ßntbedung
ber Sin^eid^nung eineS regelmäßigen SiebjetinedS in einen gegebenen J?reiS. S)aS
war eine unerwartete 2Sereid)erung eines niel^r als 2000 ^a'^re für abgefd^loffen
gespaltenen gapitelS ber Geometrie, beS ß^apitelS bon ben mit ^ilfe öon S'x^tel
unb öineal couftruirbaren regelmäßigen 53ielerfen, als Weldt)e man bis ba^in nur
S)reiedc, 33ierede, f^ünfede unb foldf)e SSielede bermutl)ete, beren ßd^al^l burd^
fortgefe^te SSerbopplung ber 3'i^ten 3, 4, 5 entftanb. Unb bie Sercii^erung
fam bon einer Seite ^n, wo 5^iemanb fie ju fud^en gebad£)t ^atte. 6in ganj
©aufe. 433
neue§ oritfimetiici) = geometrii($e§ ©ebiet roar auTgefcf)Iof]en , bie 8cf)Te öon ber
Ärei§t^citung, tüie man f)eute fagt, roar begrünbet. 3}on biefer ©ntbecfung toar
GJ. in "^ötiiftem @rabe Befriebigt , unb nun war e§ für if)n entfc^iebcn , ba^ er
bei ber ^atf)emati! bleibe. 9Zi($t Seigrer aber @e(e^rter .ya fein , bas war ba§
8eben§3iet, toe((^e» er fic^ fteÜte, unb Wenn bo(^ eine äußere 33erui§t^ätigfeit
baju nöt'^ig träre , bacf)te er fiii) am Siebften at§ 35orfte§er einer ©temtoarte.
Olidjt at§ ob er iema(§ fonberlic^e g'-'eube an eigentlich beoba(i)tenber 2lftronomie
gejü^It f)ätte , aber in biefer ©tettung burfte er fic^ öerfpret^en am Söenigften
mit Se^töorträgen feine 3eit ^erfpüttern, Dergeubcn ju muffen, mie er e§ auffaßte,
unb auf bem tfieoretifdben ©ebiete tnar für ii^n 9]lan(f)e§ ju t^un , biefe Ueber=
3eugung batten ii)m feine Unterfuc^ungen über bie SSerec^nung üon SBeobad)tungen
l^interlaffen.
(Boläje Söünfdfie im ^erjen berlief, @. im .!perbfte 1798 (Böttingen unb
feierte na<i) 33raunf(i)tt3etg ^urürf, bort junäc^ft fc§riftfteEerifc§ tfiätig äu fein unb
bie ©ebanfen in 2Borte ju faffen, bie i^m fo Derfdiiebenartig , fo mäditig 3u=
ftrömten, ba^ e§ i^m nac^ feiner eigenen ft)äteren ^luefage gerabeju unmöglitf)
trar alle, auä) nur in flüditigen Umriffen, ju 5]3apier ju bringen. 2In @öttingen
badete er babei mit geringer 9lnl)ängüd§feit äurücf. 9Zur ^ttei Gommititonen
f)atte er bort gefunben, fütldfe er fic^ ebenbürtig erachtete unb mit benen er im
perfönlic^en S5erfe'§re ©ebanfen über bie ^^ödiften ^Probleme ber ^^^ilofop^ie ber
^Jlaf^ematif au§äutaufd)en liebte: Sodann Sofep^ 2Inton ^be au§ 33raunfd^n3eig,
ber fidt) in ben aftronomifi^en SBiffnifc^aften einen gead)teten 9tamen ertoarb,
unb gan,3 befonber§ Söoligang 3?o(t)ai. S)er 5kme biefeg ^Jtannes, ber in 5Jtaro§
S}äfärf)elt) in Siebenbürgen ein lange unbcfannte§ ftiüeg 2)afein geführt ^at, ift
gegentt)ärtig für alle ^^it^n mit bem ber abfotuten Öeometrie öerfnüpft. @§ ift
niäit mögtic^ je^t noc^ ^u ermitteln, toie biel 2{nt§eil @. an bem SebenSroerfe
feines (yi-"£unbe§ gebü!f)rt. ©i(^er ift, ba^ fdfjon in ©öttingen bie ©runblagen ber
©eometrie einen ©egenftanb i^rer 6efprä(f)e bitbeten. Sicf)er ift, ba§ @. öon
ber 9Jlögtic^feit einer antieuf(ibif(^en ©eometrie (biefeg toar fein eigener 2(u§bru(f)
neben ber euf(ibifd)en überzeugt toar, b. i). einer fotc^en, in toe(($er bie befannten
Sä^e über grabe ipaTallettinien in einer ßbene unb bie SBinfet, toel(^e fie mit
einer gteirfifaHä graben Sc^neibenben bilben, @ä^e, toe((^e unbetoiefen, mögli(^er=
toeife unbetoeiebar batb in biefer, batb in jener {yorm, hei 6u!lib in ©eftatt be§
berüchtigten XI. 5triom§ erf(f)einen, nicfit alg rtd^tig anerfannt toerben. S)a^
jeneg 5triom nicf)t öon felbft einleuc£)te, ba^ es ein ^e^rfa^ fei, ber betoicfen
toerben muffe, fjütte man fd^on öielfoc^, 'ijaüt fi^on ber gro|e Stftronom $toIe=
maeu§ in ber ^Jtitte bes ^toeiten ^al^rl^unberts eingefel^en, aber öon biefem
3toeifel an ber 3utäffigfeit eineg ajiomatifdöen 2(u5fpred§en§ bis 3u bem 3toeifet
QU ber not^toenbigen Sßa^r!^eit be§ (go^eg lag ein (£d§ritt öon erfcfirecfenber
^üt)nl)eit , ben öor 33ott)ai unb @. fein ^Ttatl^ematifer toagte , unb tüel(i)en noct)
l^eute gar 5)ian(i)e fcf)eu öermeiben.
2Sir fagten, baB @. für (Söttingen bamal§ !eine 3lnl^änglid^!eit befaß, unb
fo mag nic^t bto§ bie geringere ©ntfernung ber Uniöerfität ipelmftäbt öon Sraun=
fc^toeig bie SJeranlaffung geboten l^aben, ba§ ö. bie bortige Sibtiot^ef bei feinen
3(rbeiten 3U Otaf^e 30g, ba^ er fogar 1799 für einige 3fit feine 2öo|nung bort
auffd)(ug unb ätoar in bem ^aufe be§ tücf)tigen 5Jlat§ematiferg Sodann ^riebric^
g?faff, ber feit 1788 ber bortigen ^^rofeffur ber 53Iatf)ematif öorftanb. ein 2}er=
IlältniB öon Öe^rer ju ©dt)üler bilbete fid^ jtoifd^en ben beiben ^Jtännern nic^t
au§, e|^er ein fo(c^e§ öon greunb ju greunb, toenn cg au(^ feinestoeg? unroa^r=
fc^einlid^ ift, baß @. bei ben anregenben 6efprä(f)en auf i^ren gemeinfamen
Slbenbfpajiergüngen — mag er immerl^in l^äufiger ber @ebenbc als ber 6mpfan=
^Jttgem. beufcöe aSiograJjl&ie. Vm. 28
434 ®""^3-
genbe gclucfcii ](ui — Bereut i)ai)m bürjtc nicf)t jofort boii bev ©(i)ulc au8 nad)
■^■)clinftiibt gcflangiMi ,ni fein, wo er einen feiner 6ieiftegricl)tun9 meljr ^ufagenben
2d)xn gefunben t)ätte aU in Ciüttingen.
S)ie Sriid)te be§ A^ehnftiibter 'JlnfcnttjalteS umren manuid)faltig. ?U§ erfte
fd)icfte Gl. , nad) 33raunfd)iüeig ,^uriicfgefel)rt , uod) im g(eid)en 3^at)rc 1799 eine
*?Xbl)onbInng an bic pl)itofüpl)ifd)e ^-acultät in .Ipelmftäbt ein, auf n)etd)e I)iu
it)ni ber 5)octürgrab in 5lbn)efenl)eit ertl)eilt »uurbe. SBar yetjtereS aud) feineä=
iücgö ein irgenbiuie ungetuür)nlid)cö ßrcigni^, bie 'Jlbljanblung felbft luar eg im
t)öd)[ten Wrabe. 2)octovbiffertatiüneu and) ber größten ®elet)rten l)atien nur feiten
mct)r aU üorübergeljenbcn äBertljeS fid) ertuiefeu , gan^ anbcrö bie Don @, S)ie
©runblage ber ganzen M)re üon ben ®leid)nngen luirb bnrd) ben Satj gebilbet,
bafj jeber aU Summe Don 'i^oten^cn einer nnb berfelben Uubefannten mit pofi=
tiüen goni^aiyiigen (^jponcnten georbncte 'ülugbrnd in reelle (^actorcn elften ober
(^n^eiten ÖJrabeä be,\iiglid) jener Unbefannten «^erlegBar fei, 2)iefe§ i5uubamental=
tl)eorem ber ^llgebra uuir liingft bemertt morben. äJiele ©diriftftcflcr I)atteu ber=
meintlid) [trenge '-l^emeife beffelbeu üeriH"fentlid)t. W. >^eigte nun in einem erften
ütieile, einem 'jjhifter l)iftorifd)er nnb fritifd)er 2)arftellnng, bafj aEe jene frnl)eren
Jöelueife nur ©d)einbeUH'ife, nur mifjglüdtc iüerfud)e Uiaren, uub in einem ^meiten
Slieilc feiner Differtation üon tabellofer bogmatifd)er ©d^ärfe liefe er bann
einen unau!ed)tbareu iöeiuciä bcö lüid)tigen ©atjeö folgen. (^5. l)at fpätcr im
S)ecember 1815, im ^ii'iuni'" 1^1<^> einen jUieiteu nnb britteu gleid) [trengeu, Don
bem erften burd)au6 Oerfd)iebenen iöemciö geliefert. Qx ift lsi9 bei ber (^eier
feineä 50iäl)rigen Doctorjubiliinmö uiieberl)ült in einer 5lbl)anblnng, ber leljten,
bie er iiberl)au).it felbft bem Xrude übergab, auf ben ©cgenftanb ^^nrürfge!ommen.
S)cr 4^etuei§ üon 1849 ift im aBcfentlid)eu nur bie '.Jluöarbeitnng eineö in ber
2)octürbiffertation fd)ün angebeutetcu (MebanfenS. 3Beld)er 5i3elüeiö aU ber eigen=
tl)ümlid)fte , alö ber fd)önfte angefcl)en werben foü, ift tMef(^macffad)e , nnb e§
fprid)t getüife für fämmttid)e, Wenn üon bcrfd)iebeneu ©d)riit[tenern balb biefem,
batb jenem ba^i l)öcl)fte ^oh gefpenbet wirb. 2Ba§ nbrigenö ^en erften iöemeig
betrifft, fü mufi, oljue ben auberen ,\n nü()e treten ,^u motten, l)erüorgel)üben
werben, bafe in il)m bereite eine Vluffaffnng ^u läge tritt, weld)e feitbem ben
SBertt) einer ''JJietl)übc erlaugt l)at: bie '^Ibgreujung gewiffer 2l)eitc ber ^'^',eid)eu=
ebene bnrd) eine Sifliii-' unb bic Uuterfd)eibung bon ^4-Uinftcn iuuerl)alb uub
aufierl)alb be§ abgegrcu^ten ©tüdeg.
äöeit umfangreid)cr ali bie 2)octorbiffertation war ein anbereS 3Berf , au
bem ®. feit bem i)erbfte 1797 fd)rieb, Weld)eö wäl)renb bc§ .Spelmftabter '^Infeut^
t)alteS fertig geftettt Würbe, aber Uerfd)iebeuer 2)rnrfl)inberuiffe Wegen crft 1801
mit einer 3Bibmnng au ben fürftlid)en C^)bnner, ben <C'>er,^üg Don 33raunfd)Weig,
unter bem litcl bev ,J)is(iuisitioncs arlthnieticac" bie '|sreffe üerliefe. äöir l)aben
bie Ah-eiötl)eilnng fd)üu oben als ein ganj ueueS üon C^. gefd)affene§ (>apitel ber
'i)Jtatl)ematif be^^eid)uet. Sie finbet fid) in ben 2)i§finifitionen (wie mau ba§
mcr!würbige '-i3nd) gew5l)ulid) in abgefürj^ter 33eueunuug bei^eid)net) als fiebeuter
uub leljter '?lbfd)uitt bcl)aubelt. 'Jlber fed)§ aubere xnbfd)nitte gel)eu öorau§, in
welchen gel)änft erfd)eint, waS öiele 3iil)vl)unbertc Don 5Diopl)ant bis ®. auf
bem (SJebiete ber 3ö¥f»del)re ju fd)affeu bermod)ten, WaS aber tl)atfäd)lid), aud^
wenn e§ frül)ereu Sd)riftftcttcrn nid)t entgangen War, gril>fjteutl)eil§ üon ÖJ.
felbftäubig nad)erfnnben würbe, ber erft l)interbreiu mit ben i>eröffeutlic^ungcu
ber '4-^eterSburger uub ber 33erliner 'Jlfabemie befanut Worben War, bie it)m als
Duetten Ijätten bicuen fönneu. .^lier ift uii^t ber Ort auf ben ©egeuftanb ber 2)iS=
iiuifitionen ober au(^ nur auf bie ,^al)lreid)en (Jiu^elllfiteu , weld)e C»). Wirflid)
augel)öreu ober bou it)m in gan^ neuer 2)arfteÜung beljanbelt würben , eiu5u=
9el)en. gaft ^ufättig l)cben Wir aus bem reid^en ©d)a^e jwei 2)iugc l^erauS:
®au&. 435
bie 2ti)xe öon ben quabmtifdjen fyoi-'nien, unb ben Flamen bei; S)eterminQnten,
bei- juerft bon @. eingefül^i-t toorben i[t. 5tnbcvc§ toirb nod) bei anbcrer (5Jelegen=
I)eit 3u ertoäl^nen fein. „S)ie ^Raffiematif", äußerte fic^ ®. einmal, „fei bie
Königin bcr ^iffcnfd)aften unb bie ^ü1)lmU1)xt bie J^önigin bev ^atl^ematit."
SBenn bieje§ 3Bort toal^r ift, |o fann man e§ ba'^in fortfe^cn, ba^ man bie
®i§quijitionen bie 5:)tagna ßt^avta bei- 3a'§tentel}i-c nennt. S)a§ toai bei 93üi-=
tt)eU, ben bie 9öijfcnfd)ait auä bei* noc§ I)äufig ju beftagenben att^ujögernben
93ei-öffentli(i)ung§tt)cije öon ®. gebogen f)at; itiag tr in S)i-ud gab, ift t)eute tüa'fii-
unb tüirfjtig tt)ie am erften 2:agc; f§ finb ©efe^büc^ei, bavin ben menjct)U(^en
3lnorbnungen überlegen, ba§ nie unb nivgenb ein 3^e{)lev barin nad)gett)icfen
tuorben ift. @o fann man aud) ba§ ftolse Urtl)eil üerfte'Eien unb billigen, ttield)c§
®. am 5lbenbe feine§ SebenS übeu bie erftc größere i^ugenbarbeit lältte: „S)ic
Disquisitiones arithmeticae gel^ören ber ©ejc^id^te an!"
®. blieb ben 3al)lentl)eoretifd)en Unterfudjungen, luenn aud) mit langjäl^rigen
Unterbred)ungen, getreu. 5lbl)anbtungen über bie biquabratijc^en 9te[te erjdjienen
1817 unb 1831. 2lu§ feinem 9lad}laffe finb tcertlibolle 33i-ud}ftüde eine§ ad)ten
2lbfd)nitte§ ber S)i§quifitionen, fogeuanntc dongruenjen l^ö^erer (Srabe bel)anbelnb,
i^erauSgegeben. 5U§ bie S)i§quifitionen 1801 t)ei-au§!amen , fanben fie auf bem
ja'^lentlieoretifdien (Bebiete bereits ein SBer! ebenbeffelben SJerfofferS öor, ber be=
äüglic^ ber 5Jletl)obe ber fleinften Quabrate fd)on al§ ^Jiebenbul^ler bon®. genannt
toerben mu|te. £egenbre'§ Theorie des nombres tüar ITüO crfd)ienen. ©ie
toar fran^öfifd) gcfd)riebcn , bie @au|'f(^en S)i§quifitioneu bcbienten ftd) , glei(j^
ben meiften 2lbt) anbiungen beffrlben 23crfaffer§ , bcr lateinifd)en ©bvad)e. _ (ä§
toar ein claffifdieS ßatein , 3u bem 3lu§fbrud)e @elegen!§eit gcbenb , ßicero, faE§
er ^atljemati! öerftanben l^ätte, toürbe an ber ®au^'fd)en Satinität nid)t§ au§=
pfe^en gefunben l)aben, al§ öieHeic^t einige 5Jlatl)emati!ern gemol)nte fbradjlic^e
Unarten, beren ®. fi(^ öoütommen bctDu^t bebiente. 5lber e§ mar immer Satein
unb barum nur einen engeren A?rei§ bon ßefern anmutt)enb. S)ie S)i§quifitionen
geigen ferner bie @igent'^ümlid)!eit in l)öd)ftcm ®rabe, tt)etd)e tuir oben al§ burc^
ba§ (Stubium ^Jletüton'» '^erborgerufcn ju erflären fuc^ten: fie finb bei ber größten
©trenge nur in geringem 5Ra|e burd)fid)tig. ©ie laffen einen ßinblid in bie
@eifte§tt)erfftatt be§ 93ei-faffer§ nid)t ju. ©ie geben nid)t 3u erfennen, toie^bie
einzelnen ©ät^e getoonnen tnurben, beren 33ert)eife unter Umftänben nad^ fünf
unb mel)r 'iJJtetlioben gefü'^rt ftet§ neue äBa'^r'^eiten aufbeden, aber bereu Urfprung
nur um fo mel^r in S)un!el Ijiitten. ©o begreifen U)ir, ba^ ber @rfolg ber S)i§=
quifitionen ein nur fel)r altmäl)tid)er tüar, faft aufammentreffenb mit bem 6rfd)einen
ber fpätercn 3al)lentt)eoretifd)en Slbl^anblungen. %ü]t nur bie ßonftruction be§
©ieb^el^nedS ermarb fid) rafd)e, attgemeine Setounberung, ba§ Uebrige blieb burc^
i^alirje^nte für bie meiften ^att)ematifer ein S3u(^ mit fieben ©iegeln. ^JtaterieEe
23ort^eile toaren für ben 33erfaffer ber 2)i§quifitioncu mit bem 6rf(^einen berfelben
nur fo meit berbunben, al§ bie Petersburger 9l!abemie i'^n unter bem 31. Januar
1801 äum correfponbirenben ^Jlitgliebe ernannte unb C"'ev5og 6arl 2Bilf)elm
gerbinanb feinen S)an! für bie Söibmung in bie ©etoöl^rung be§ fd)on etmäl)nten
Sa'^i-e§gel)alte§ bou 400 Z^aln fleibete, meli^e @. 3U ber feine S3efd)eibenl)eit
fenn^eidinenben 2leu^erung öeranla^te: „Slber id) "^abe e§ ja nid^t berbient, id)
tjübt nod) nid)t§ für ba§ Sanb get'^an."
S)ie fieiftung, meiere feinem Flamen bie größte Se!anntfdC)aft in @ele:^i-ten=
tote in Saienfreifen fiebern foHte, ftanb bor ber S'^üre. S)er ficilianifd)e 3lftronom
5pia35i Ijatte am 1. i^ounar 1801 unb an berfd)iebenen barauf folgenben Sagen
be§ gleiten 5Jtonat§ einen ©lern beobai^tct, ben er juerft für einen Kometen
l^ielt, bann al§ ^:planeten er!annte. ߧ tüar 6ere§, bie erftentbedte ber je^t
(1878) in einer ^Inja^l bon weit über 150 befannten 2lfteroibeu. 3ur 3[Bieber=
28*
436 ®«"fe-
aufftnbung bf§ neuevbingl unftcf)t6at getuorbenen ffeinen ,^imniel§för:pct§ mufetc
au§ ben Wenig ^aiyireidien SBeoBaiiitungen ^"ia^^i'S eine muttima^üc^c ^;pianeten=
hafjn hexeäjmt tüerben , tt)et(f)e bie 4''ini"ift§9f9fni> » innerl^alb bereu man beu
glüc^tling Bei bem näd^ftcn SGßiebereiidieincn autjujui^en ^aben würbe, an=
näl^erungStceife jum 33orau§ beftimmte. S;ic bamalige tf)eoreti|cf)e 5t[tronomtc
war nur im ©taube unter ber i^orau§fel3Uug einer frciSjörmigeu, ober einer öon
ber ÄreiSform fe'^r wenig jid) euticruenbeu eHiptifd^en 33a{)u ber ^lutgabe 3U
genügen, ©olrfje 5Baf)ueu würben bere(i)uet. 3lber e§ jeigte firf), ba^ bie meiften
iBeobaciituugeu '^^iajji'S biefen öermutt)etcu 93a^ueu [id^ nid^t einfügen tiefen.
Statt nun ben ^e'^ter in ben S3at)netemeuteu ju fud)en, befd^ulbigte man lieber
^piajji fd^led^t beobad)tet ju tjaben. ®. aüein frfilug ba§ entgcgengefe^te 33er--
fa'^ren ein. 6r f)atte jd^on neue t^eoretijc^c ^ef^oben jur Soflimmung einer
eliiptifdicu ^a^n au§ Wenigen 2?eobac^tungeu , ^attc fdE)ou jene ^etl^obe ber
fleinften Cuabrate erjounen , Wel(i)c bie Wa^rfcf)einli(i)[te 35erbinbuug unb S}er=
Wert^ung ber ttieoretifrf) über3ül)ügen 93eobac^tungeu ermögürf)te. S)a§ biefe
beiben unerlä^tid^en 93orfeuntuiife bamali in feinem 33efiije Waren, glauben Wir
nii^t nur feinem SBorte, WieWo^t auc^ biefc§, ba§ Söort eine§ ber Süge uufäl^igen
@f)renmaune§ , öoUauf genügen würbe, wir glauben e§ inöbefonbere ben 2;t)at=
farf)en. ®. erfut)r erft fpät öou biefen S)ingen, unb fobalb er im ©pätfommcr
1801 burd^ ^Vermittlung öon f^e^. StatSraf^ 3iwmermann ^iajji'g 93cobadf)=
tungcn ert)ie[t, befd)Iofe er auf ®runb feiner eigenen ^let^oben bie '^Uanetcnbaf)n
3u ermitteln. ®a§ Snbergebni^ wieberf)oIt üorgcuommcner 3(nuä^erungen öer=
öffentUd)te &. im 2)ecember 1801 in ber ^JJlonatlic^eu Gorrefponbenj ^ur 33eför=
berung ber 6rb= unb .spimmefSfunbe , weld^e gvei'^err granj öon S<^ä) bamat§
f)erau§gab. @§ waren eüiptifc^e 3?a^etemente ber 6ere§, welci)e fämmtlic^e
SSeoba^tungen '.^jiaaji'S al§ wirftii^e 33a^npuufte in firf) fct)(offen , öon ben
anbcren 33erecf)nungeu aber fid) ungemein weit enfernten. 3" biefer £'eiftung
War, aud^ mit 3lnrec^nung einer riefen^aften 5lrbeit§fraft, nur ber 93eft^er nod^
ungetannter ^ct^oben befatjigt, nur ber 33efi^er berjenigen Äuuftgriffe, welche e§
i^m ermögtidf)ten binnen einer ©tunbc eine ifometcnba^n ju ermitteln, ju bereu
3lu§i-edE)nung 6uler nad) ben alten 5Jtetf)oben brei üolle Sage gebrandet t)atte,
bereu 2(nftrengung i^m bie '3ef)fraft eines ^^tuge§ foftete. „gfveilid)", fagte bann
@., „Würbe id) auc^ wot blinb geworben fein, wenn id^ brei 2age taug in biefer
Sßeife "^ätte fortredf)uen Wollen".
3)er ^ü'^e be§ i^ered)ner§ Würbe ber ßol^n. Dtberg in Sremen faub am
1. Sffinwai; 1802 ben öertorenen ^;planeten genau an ber ©tette be§ ipimmet§,
an wet(^er er nadf) ber S3eredf)nung Don &. fid) bcfinben mu^tc, unb crHärte
öffenttid), unter 3Senu|ung ber tion 9lnbeien bercd)neteu Salinen würbe bie 5luf=
ftnbung gerabeju unmöglid^ geWefen fein. ©0 war mit einem ©d)tage ^iajji'g
S3eoba^tung§fun[t gered)tfertigt unb bie pra!tifc£)e äöertt)probe ber neuen S^eorien
geliefert; ber 5Zame i^re§ (Srfinber§ lebte in aller ^3lunbe. ^e^t gelaugte an
@. ein gftuf au§ ©t. ^^^eterSburg , wo man if)n mit einem (Seilte bon 2400
Dtubel bei freier SBotinung al§ S)irector an bie Sternwarte Wünfd^te. ^e^t
bradC)te Dtber§ feine Ernennung jum S)irector ber freilid§ erft geplanten neuen
©öttinger ©ternWarte in 3)orfc^lag, unb bie barauf^in mit @. angefnüpften
Unter'^anblungen beftimmten benfelben, bie ^^etergburgcr Slnträgc, Welcf)e o^nebieS
ben .Oerjog uon Sraunfc£)Weig fel)r öerftimmt Ratten, abjule^nen. ^ep trat
auc^ in 33raunfd^Weig jene Weitere ®el)alt§erl)ö'^ung auf 600 S^aler ein. S)er
'll^lan au einer in 53raunfd)Weig ^u errid^tenben ©ternWarte Würbe gefaxt. ®.
füllte fid) anerfannt unb ge'^oben.
@ine§ fehlte no^ feinem (^IMi. @r ^atte bie 33efanntfd^aft eine§ Wol)l=
erlogenen Sürgermäbd)en§ öon ^raunfc^weig, ber „S>emoifette ^ol^anne Dfll)off "
©auß. 437
gema(f)t. 5llonate fang öere'^i-te er fie ftttl. Sei; 35neT t)om 12. ^uü 1804 ift
ertjatten, in roetdjem er i^r jeine Steigung geftanb. 2)ie ßinTa(i)f)eit , Me ^n=
jpru(i)§longfeit, lüeldje in biefem friere laut raerben, recfitiertigen einen 3l6brucf
ber ^aupt[teüe. ©. fd)rteb: „^(f) fann ^^nen jraar jc^t nic^t 9teicf)t^um, nic^t
©lanj anbieten. %o<i) ^i)mn, @ute — icf) fann micf) in 5t)rer fd^önen (Beete
nicfit geirrt ^aben — finb ja 9tei(^tt)um unb @tan5 eBenjo gteidigüttig wie mir.
2t6er ict) §abe mef)r atö id) für mic^ allein brauche, genug um jrocien genügiamen
5Jlenid)en ein iorgenireiel , anftänbigeS Öeben ju bereiten, meiner ^tuöfic^tcn in
bie 3ufumt gar nic^t einmal ju gebenfen. %a^ ^Befte, roa» iä) ^f)nen anbieten
fann, ift ein treueS Jperj Doli ber innigften Siebe jür Sie." ^afcf)e ßr^örung
fanb inbeffen @. nic^t. e§ rodt)rte bii 5um 22. 'Jtoöember bi§ bie 3)erlobung
ftattfanb, unb faft ein meitereS ^a^x öerging , et)e am 9. Cctober 1805 ber
gtücf(ict)e (ä^ebunb gef(f)tDJfen mürbe.
Snjmifdien t)atten bie Unterl^anbtungen mit bem Kuratorium ber Uniöerfität
(Böttingen 3u einem eiiprießtic^en ©rgebnifie 3u m^ren nic^t öermod)t. Ge ift
freili(^ nid)t unma^rfd) einlief), baß ber .öer5og, eiferfüi^tig auf ben 3iu:^m ben
jungen 6ele§rten feinem i-anbe ermatten ju f)aben, raie bei ber 5peter§burger
SSerufung jeine Unjufriebentieit mit einer Söfung bes bisherigen 2)erf)ä(tniffe§
!unbgab , unb ba§ man in ^annoöer auf biefe fürftüdie SSerftimmung 9tüclfi(f)t
nalCim. 5}lan(^e§ anbere !ann mitgemirft ^aben. So war oielleii^t bie ^e=
merfung, metc£)e Clber» in feinem gmpfe'^Iungöbriefe ber SBatir^eit getreu aui=
gefpro(i)en t)atte, „&. 'tiege entjdEiiebene 5lbneigung gegen eine mattiematifd^e 2e^r=
ftelte" übet aufgenommen morben. 3}ielleicf)t f)offte man and), nac^bem bie
SÖettbeWerbung ^:t>eter§burg§ nicf)t me^r bro'^te, &. hoä) jur Ueberna^me Don
Se^rDerpfli(f)tungen nött)igen ju fönnen. Ätargeftellt ift ber 3}er(auT ber^Unter=
^nbtungen feineemege, unb fieser ift nur, ba^ 1805 ni(f)t (S., fonbern §arbing
at§ auBerorbentUi^er '^^rofeffor ber ^ftronomie na($ ©öttingen berufen mürbe,
ba^ bie Ernennung Don &. jum Sirector ber Sternwarte unb jugteid) jum
orbentüd^en ^ßr'ofeffor ber 9}^att)ematif erft 1807 nad) bem xobe be§ -J^erjogs
ßarl äöit^elm g^erbinanb erfolgte.
@roBe politifc^e 5}eränberungen l)atten ftattgefunben. Sie Scl)lac^t üon
Sena war gefc^lagen, ba§ preuBift^e öeer Dernicf)tet. Ser Öerjog üon 33raun=
fc^weig, ber unglüdlic^e 33efe'^l§^aber bes gefc^lagenen öeereö, war töbtli(^ Der=
wunbet.in feine öauptftabt ^urüclgefe^rt. ßr l)atte in trauriger g-lud^t öor
fdinöber ©efangenf^aft fic^ weiter retten muffen, er war am 10. 'Reo. 1806
in Cttenfen feinen 2Bunben erlegen. Ö. f)atte üon feinem O^enfter aus bem
SBagen nac^gefe^en, ber langfam unb büfter einem Seii^enpge gleii^ feinen un=
glüdlic^en Söo^lt^äter aus 33raunfcl)Weig entfül)rte. tiefer Stfimerj bemächtigte
fiel) feiner, jugleid) (Srott gegen ben ^^efieger Seutfi$lanb§, in welchem er aud^
ben \yt\x\h beö geliebten dürften IjaBte. ^^perfönlic^e ©rünbe jur Erbitterung
gegen -Dkpoleon traten balb tjinju. @. war eben erft in ©öttingen angeftellt
unb ^atte noc^ feinen 'Pfennig iBefolbung eingenommen, aly ber Stabt eine l)o^e
5i3ranbfc^a^ung auferlegt würbe, weld)e, unter bie 6inwof)ner oert^eilt, S. mit
2000 granten betraf. So fi^wer i^m bie ^tufbringung einer für feine i>er^ält=
niffe fo i)oi)en Summe fiel, wie§ er bod^ eine Senbung be§ ^Betrages Don £)lber§
banfenb 3urü(f. gjlit Stolj lef)nte er ab auf bie ^Jlittf)eilung öon Öaplace fi($
3U berufen, bie öon i^m geforberte Summe fei bereite in $ari5 einge^a^lt. (Sin
o^ne -Jiame be§ ^Ibfenbers if)m juge^enber ©elbbricf — man ^at nacl)mal§ er=
fal^Tcn, ha^ er üom gürftprimaS üon- gtanffurt flammte — machte erft ber 23er=
legen^eit ein ßnbe. Sie (Erbitterung , Weldlje &. im inneren empfanb , mußte
Wd^renb ber folgenben ^ai)xe üerftummen. (vJöttingen geprte nunme'^r 5um
^önigreid^ 2Beftp^alen, unb ba§ (Sebei^en ber Unioei-fttät, insbefonbere ber
438 ®'^"^-
©tetntoai-te , bie no(^ 5u erlbaueu war, l^ing üoUftänbig öon ber guten Öaunc
be§ ero6evev§ aB. 2(I§ aBcv in ben SeTreiungSfviegcn ba§ ^oä) a6gc|d)ütteU
tombc, Begrüßte @. mit Jaufenben iuficinb bie 3Biebeifet)i- bc§ ottcn 9tegimente§.
^n ben Söorten eineg @efcf)id)tejd^i-eibei-§: „'^i( S)eutfrf)en mußten juerft ber
g?remb^enic^a|t im eigenen Sanbe firf) erme^ven , mochten auä) bie poütifc^en
Set^ältniffe baburc^ nod) öicl !6eflagen5tt)ei-t()ci- mevben, a(§ fie nadi bem ^4>arifev
gerieben tt)irf(id^ gettjorben jinb", fanb ev jeinc eigenfte 5Infid)t auggcfpioi^en.
ßntbel^rung öettei^t einen gtänjenben ©cf)ein, ber ba§ 5Iuge filenbct unb für bie
2lbn)e(^§Iung ton 2i(^t unb £)unfet unempfinbtid) mac^t. 3)a§ luar ber Utjprung
]o mancher me^r a(§ conferöatiöen S^entart, toeli^e in S^cut^d^tanb in ben beiben
etften ^afirje'^nten unfereS :3a^r^unbert§ ber in mand)cr Se^ie^ung ireil'iniiigeren
unb gerabeju beffeven 3}ern:ialtung ber einbnnglinge gegenüber fid) bejeftigte,
unb bnf)er ftammt and) mol bie poIitifd)e ^}vid)tung öon &. , ber er ju aEcn
geiten treu blieb unb bie i^m iegUd)er Unbill öon Seiten eine§ 'i)}tonard)en bie
gntj^ulbigung beifügte, e§ fei bod) ber redjtmäBige gjlonarc^, bem man \\ä) füge.
3tnmitten ber Unrut)e ber Ucberfiebelung naä) ©öttingen lourbe bie Slieber=
fc^rift ber neuen l'^eorie ber SBeved^nung öon $taneten= unb .^ometenbaf)nen au§
brei 33eobad)tungen unter 5(npaffung an beliebig öiele Weitere 33eoba($tungen
fertig. DlberS bot ba§ SBud) in ©au^' ?tuftrage bem bebcutenbften Sjerleger
ber bamatigen 3eit g^-iebrid) ^ertl)e§ in .spamburg, an. ^^^crtt)e§ antmoüetc erft
abfd)lägig, aber einige 2Bod)en fpäter fam er auf ba§ ^Inerbieten jurüd. 3lnbere
Unternet)mungcn, auf bie er fein Kapital ju öertoenben gebadete, feien ber ^üt=
umftänbe wegen öerfd)oben „unb it^ entrive nun gern auf ba§ 0)au^"fd)e 2öerf.
aBollen ©ie bie (Süte ^aben mic^ näl)er mit bem SÖerf in Apinfid^t be§ 3)rude§
ju unterrichten (mir ettna ein S3ud) ju nennen , mit melc^em e§ gleichförmig
gebrudt toerben foE); mir ^u fdirciben, ob ber lejt lateinifd) ift, toag id) für
.gut t)atte unb enblii^ toie bie SSebingungen be§ .'perrn Sßerfafferg finb?" S3on
le^teren miffen mir nid)t§, fo intereffant nad) mandjer ^Äid)tung eine folc^c
^enntni^ märe. 2Bol aber miffen mir, ba^ bie aBemegung§lc^rc in bcutfdier
©prad^e öerfa^t mar, ba^ fie öermutt)tid) ber ^^llnbeutung be§ i?erleger§ folgenb
erft in bie tateinifd)e ©prai^e übertragen merben mn^te — ju einer franjöfijdien
.•perauSgabe, bie W. jugemutljet morben fein foE, mar er nid)t 3u bemcgen —
unb ba| baburi^ eine Ser^ögerung bis 1809 eintrat, "^ad-) ben 2lnfang§morten
bee Siteig nennt man ba§ Söcrf bie: „Theoria motus." Sie gilt al§ f)eutc
nod) ma^gebenb für bie red)nenbe Slftronomie. ©ie '^atte fid^ ben 5ln|prudl) auf
biefe Geltung fd)on öor bem 6rf(^einen ermorben, benn nidl)t blo§ bie ^a^n ber
6erc§ , au(^ bie ber 5palla§ , ber i^uno , ber 33e[ta , jener Safd^enplaneten , um
einen 3lu§brud ?lleranber§ öon Apumbolbt in einem ^Briefe an ®. öon 1837 ju
gebraudien, öon meld)en '^saUa^ unb 33efta 1802 unb 1807 burd) Dlber§, 3funo
am 1. (September 1804 burd) .Oarbing entbedt morben maren, mürben ben 3]or=
fdjriften biefc§ aSerfcS gemä^ burdö ®. felbft, bem fämmtlid)e übrige 3l[tronomen
biefe 2Irbeit al§ g'^renpflic^t überliefen, bered^net, unb il^re SScredljnung t)atte
umgefef^rt mieber ben ©rfolg bie Sl^eorie ju flären unb ju öcröoEfommnen.
S)er Öalanbe'f(^e '^xe\s> ber ^ßarifer 3lfabemie, ben ®. fid) jebodl) nid)t au§=
üa'^len lie|, fonbern, öermutf)lid^ um au§ f^ranfreidl) fein @elb annel)men ju muffen,
jum 9lnfauf einer parifer ^penbüle öermanbte, eine 2)enfmün3e ber Js^onboner
?lfabemie, bie Ernennung 3um auSmärtigen ^itgliebe ber berliner ?lfabemie
befunben ba§ Urt^eil ber gele'^rten äöelt über bog in feiner SSebeutfamleit fofort
erfannte 2Ber!. ^Berlin fud^te ben aSerfaffer perfönlid) ju geminnen. S)a§ amt=
lid^e @d£)reiben, melc£)e§ SBillielm öon ipumbolbt im Flamen ber ©ection für ben
ijffentlid^en Unterricjit im 2Rinifterium be§ Sfnneren unter bem 25. 3lpril 1810
an (S). rid^tete, bot il^m 1500 Jliater nebft ber SteEung at§ anmefenbeg orbent=
(Saufe. 439
Ii(^e§ ^Jlitglieb ber 3lfabemte. „(Sie toerben jum Sefen ton ßottegten auf feine
SCßeife terftinblii^ gema(i)t, nui; erfucf)t werben, ber t)ier ju ftiftenben Uniberfität
^firen tarnen al§ orbentlicCier ^profeffor ju leifien unb, jo biet e§ ^§re 5Jlu^e
unb (Sejunbl^eit julaffen, öon S^\t p 3eit eine S}ortefung ju Italien. " Sfn
einem begleitenben ^Priöatfiriefe fügte äBil^elm öon ^umfiolbt noii) auSbrücEIid^
ilinju : „SSei ber Uniöerfitöt entBinbe i($ ©ie, tüie ©ie e§ toünfc£)en, jeber S5er=
t)flicf)tung, unb e§ gibt ba^er ni(i)t§, toaS <5ie auf bem Söege ftiller, abgejogener
unb ruhiger fyorfc^ung aufhatten fönnte." 2Be|£)alb ®. auf biefe feinen tt)iffen=
f(i)aftUc£)en Steigungen fo fef)r entfpredfienben 35orfc§täge nid^t einging, ift
ättieifel^aft. 3Bar bie S5er(o(iung, bie ^ertigfteßung ber ©öttinger ©terntoarte
leiten 3U bürfen, für toelc^e bie toeft^l^ätifi^e Ütegierung eben erft eine ©umme
öon 200,000 granfen ausgeworfen l^atte, überwiegenb? ^atte er ettoa binbenbe
S3erpfli(f)tungen übernontmen toäl^renb be§ SSaue§ (Böttingen nic^t 3u öertaffen?
Sißar eine mit SJti^trauen gegen bie preu^ifi^e ütegierung gepaarte Slbneigung
gegen ben33erliner 3tufentf)alt bei il^m öor'^anben? ."patte er perfönti(f)e GJrünbe
©öttingen gerabe je^t ni(i)t öertaffen gu toollen? ?lEe biefe SKomente fönnen
äufammengemirft l^aben. Unter ben perfönlic£)en Siünben t)erftelf)en mir fotgenbe :
i^ol^anna @. , bie i^rem (Satten bereits ätoei Äinber, einen ©ol§n ^ofepl^
(geftorben 1873 at§ Oberbaurat^ in ^annober) unb eine Soc^ter 5Jlinna
(geftorben 1840 in Tübingen al§ g""-"«!!! be§ berüi^mten Crientaliften ^einiii^
@tt)alb), gef(i)en!t l^atte, ftarb am 11. Dctober 1809 in f^otge ber @eburt eine§
©ö^nc^eng, metcfjeS bie 5)lutter nur ettoa 5 3[)lonate überlebte. S)a§ frifi^e
G5rab be§ Äinbe§ mo(i)te bie ©orge um bie beiben Ueberlebenben erl§öl)en, mod^te
@. bie Dlotl)tDenbig!eit , biefen eine 93tutter ju geben !tar öor 3lugen fül)ren.
5lm 1. ?lpiil 1810 öerlobte, am 4. 3luguft beffelben ^a^reS öermälte ftct) @.
mit 5!Jlinna SSalbecf, einer na^en greunbin ber S)at)ingegangenen , toel(i)e il^re
übernommenen 5pflicl)ten auf's ©(i)önfte 3u erfüllen unb (S. auf's ^leue ben
grieben einer g(üd£lid§en §äuSlid)feit ju bereiten tou^te, bis aud^ fie nadf)
21jäl§i*iger @l^e im ©eptember 1831 ber tief trauernben gamilie, 3u ber je^t
auä) Äinber ber ämetten @l^e gef)örten, entriffen mürbe. (Serabe in bie 3eit ber
^Vorbereitungen jur jmeiten @|e fättt aber ber Srief äßil^^elmS bon ^umbolbt,
mie bie S5ergleid^ung ber Säten fofort ergibt.
S)aS mar übrigens nid)t ber le^te 3}erfu(^, ber angefteEt tourbe &. für
Berlin 3U geminnen. 31eue 35er"^anblungen begannen 1821. gi^au .^ofratl^
SöalbecE, bie ©cfimiegermutter öon &. , fc^rieb unter bem 14. 5Jlai 1821 an
OlberS einen l^öc^ft eigentümlichen 33rief: „Unfer trefflidjer (5)au| ift in feinem
l^iefigen S5er^ältni| fo unglücfticE) tnie möglit^, — t^eitS burd^ feine cottegialifd£)en
35ert)ältniffe , mit bem ber i^m fo nal)e ift, toeil er nid£)t bie fteinfte §ilfe l^at,
unb ba ©ie mein tl)eurer §err S)octor miffen — ba^ tiefeS Senfen unb Otecfinen
fein SieblingSftubium ift, fo fül)lt er fi(^ fct)on baburd^ ni(^t an feinem ^^la^;
nun fommt baS Uebrige baju, "öa^ er ^l)nen aufrid^tig gefagt — megen ber
3ufunft gro^e ©orgen ^at." S)ie offenbar ettüaS f(f)tt)a^^fte , in ber Sßal^I
il)rer 3luSbrüdfe meber attguöorftdE)tige nod^ logif(i)e grau |at gerni^ ftarf über=
trieben, immerhin gel^t auS ben angeführten SBorten ^eröor, ba^ ein 2RiBöer=
^ältni| ämifd^en @. unb §arbing obmaltete. §arbing mar, mie mir unS erinnern,
1805, alfo nidfit lange nac^ ber ßntbecEung ber Suno, nadt) (Böttingen berufen.
Sias ^al^r 1812 brachte feine (Ernennung 3um orbenttid^en ^rofeffor. ©id^erlid^
erfolgte biefe Seförberung unter ber SSeiftimmung öon ®. , mie aud^ beffen 5ln=
äeige ber erften Siefeiiing bon ^arbing'S neuem |)immelatlaS in ben (Böttinger
2ln3eigen bon 1809 im motilmoltenbften Seifte gefd§rieben ift. .^ür3er unb faft
gcf(^äftli($ gel)alten finb bie 9ln3eigen ber fpäteren Lieferungen eben biefer ©tern=
farten, bieKei(|t eine mittelbare Seftätigung ber Slnbeutungen bon ^^rau äöalbedf,
440 ®''"^-
baB -gjavbing, tote er nii^tS in bie ßettung bei- ©tevniüarte ju vebcn "^atte, aud^
Strbcitcn für bie ©ternirai-te aU \oiä)t üevtpeigerte iinb baburd^ ober über irgmb
toeldje 23etugm^fragen Bei &. ^öerftimmung erzeugt i)atte. ClberS tl^citte ba§
xijm anüertraute GkI)eimniB, (*>). jci je^t geneigter al§ Trümer Ö)öttingeti ^u Oer=
laffen bem (V)e'^eimenrat^ öon öinbenau, bomalö ©ad)fen=(V)otf)aer ^Jlinifter, irüt)er
®irector ber ©terntoarte auf bem ©eeberge, mit. 2;iefer toanbte fid) an Weneral
bon ^^lüffting , ben befünber§ um Örabmelfungen l)oc^öerbienten , einflu^reid)en
6^ef bc^ großen ©eneralftabä in S5erlin. ^Jtun begannen Unterf)anblungen. fö.
»erlangte bei ']xmx 3Bof)nung einen 3^al)re§ge^alt öon 2400 ll^alcrn. 5Jlan
mad)te i^m nad) faft bierjäfirigem fyeilidien unb ^fluttf!-'"' nac^ ©d)reibereien ot)ne
@nbe, im 91oüember 1824 folgenben an fid) annel^mbaren @egenöorjd)Iag : @r joüe
1700 2::§a(er al§ orbenttid^cä ^itglieb ber 3ifabemie bejiel^en, 300 2^1cr aU
©ecretär i'^rer matt)ematif(^en ittaffe, 600—700 Sl^aler öon (Seiten be§ i1Uni=
fterium§ für (S)utad)tcn in allen auf ba§ matt)cmatifc£)e ©tubium be^üglidien
gragen. Söir glauben nidf)t, ba^, toie gejagt toorben ift, gcrabe bie leiste Glaujel
unangenehm auf (S. mirtte. S)a§ 3(nerbieten eine§ fo gut toie unbebingten 6in=
fluffeS auf bie Ernennung öon Is^etirern feinet \?ieb[ing§fad)e5, auf 5lnorbnungen,
tteidfie ba§ ©tubium beffelben , ^^^rüfungen 2c. betreffen , a(§ 5lbfd)redung§mittel
auf^ufaffen, baju reid)t unfere ^fi)($otogie nid)t au§. 3Iud) ber 33crmeigerung
freier 2Bot)nung tonnen mir ein cntfd)eibenbeö (^3emid)t nid)t beilegen. Un§ ift
am OJtaublid)ften, ba| ®. burd^ ba§ lange .s^-)inau§3ie()en ber 3lngelegenl^eit fid)
öerte^t füt)tte. ^^m gegenüber märe ^inifter 5lltenftcin, „bei bem '^llle§ etttjag
langfam ge1)t", n^ie 5}iüffling bei biefcr (^)etegent)eit gefd^rieben t)at, bod) bcffer
roeniger bebäd)tig gettjefen. ^Jiid)t ben, Eintrag alö folc^en, ben öerfpäteten 9ln=
trag lehnte 03. ab unter 9]orfd)ü^ung ^meier Setoeggiünbe, bereu jmeiter menig=
ftcn§ ben ©tempel be§ bloßen 3}ormanbe§ an ber ©tirne trägt : bie t)annoöerfct)e
Stegierung nämlidl) "ijobi il)m felbft eine bebeutenbe ^^i^^^S^. feinem ülteften ©o'£)ne
ben Eintritt in baö 2lrtiUeriecorp§ betoiEigt. 2)amit mar aud^ in 33ertin bie
Öeneigt!§eit , (S). ju berufen, öerfc^munben, trotjbem ^Itejanber öon .^umbolbt.
mie au§ ^Briefen beffelben an ©d)umad^er t)eröorge'^t, in ben ^. 1828—36 ftdl)
unöerbroffen bemüt)te neue llnterl}anblungen in 3u9 Ju bringen.
3Bir {)aben mit ber ßvjä^tung ber 3}orgänge öon 1821 — 2-4 ber S)ar=
ftellung berjenigen gorfd^ungen, burdl) njclc^e @. feit 1809 feine fd)on fo be=
beutenben 93erbienfte um bie aBiffenfd)aft bermel^rtc, öorgegriffen. äöir muffen,
ot)ne fämmtlid)e (Srgebniffe aufjä^len ju bürfen , um n)etdf)e er bie reine
toie bie angemanbte 5Hat^ematif bereid)crte, ba§ 23}icf)tigfte nunmehr nad£)=
^olen , njobei mir tl)eil§ d)ronoIogifd) tl^eilS bem 3^nt)atte nad^ ^ufammen^
gel^örigeg bereinigen tüerben.
2)er 3eit nadli ftetjt in erfter ßinie bie aud^ if)rem ^fn^alte nad^ t)öd^ft be=
beutenbe 2lb^nbtung, toeldje 1811—13 entftanben unter bem Ütamen „Dis-
quisitiones circa seriem" jebem ^Jtaf^ematifcr befannt ift. 9ticolau§ 33er=
nouEi I. l^atte fd)on äu Slnfang be§ 18. ^Q^i-'l^unbertS gefunbe 5infidl)ten über
bie fogenannte ßonöergenj ber 9lei'l)en geäußert (ögl. Slllg. beutfdE)e Siograp'^ie
Sb. II, ©. 476 — 477). 3Iber and) er unb feine übrigen großen ^^itgenoffen,
bie ßulcr, b'9llembcrt , Sagrange loaren , fofern e§ fiel) barum ^anbelle ju ent=
fcl)eiben, ob eine gegebene unenblid)e 9{eil^e conöergire ober biöergire, über aE=
gemeine 9ieben§arten ober über grabe^u irrige Behauptungen nit^t f)inau§ge=
fommen. @emeiniglid) batirt man bie auf biefem gelbe @enüge teiftenben llnter=
fud)ungen öon 6au(^t)'§ 1821 erfd)ienener Analyse algebrique. 5Jlan fottte bie
um 10 ^a1)xt ältere 9lb^nblung öon @. nidl)t öergeffen , in njeld^er aum
erften 5Jtate eine ftrenge 3lbleitung öon ßonöergeuämertmalen gegeben ift, bie
atterbing§ äunäd)ft nur eine einjige befonbere 9teit)enform betreffen, in toeld^er
©auß. • 441
aBer faft fämmtüd)e in ber 3tna(t)fi6 üorfommenbe ffteifien entl^atten finb , jo
ba^ eg uns nidjt me£)r a[§ billig erfi^iene, loenn bem getDölf)nIid)en öebraud^e
entgegen in ben Se^rbüc^ern ber 31nalt)fi§ ben ©auB'fc^cn Kriterien Dor benen
6aui^9'§ unb nocf) jpäterer @(f)riit[teller ein '$ta^ eingeräumt mürbe. S)ie 6on=
üergenjunterfucfiungen ietbft bitben erft einen S^eil unb ^roar ben fteinften 2^eit ber
Disquisitioues circa seriem . beren übriger Snt)alt jebot^ in einem furjen ^u§=
äuge ni(f)t (ei(f)t öerftänblirf) gemact)t »erben fann.
S;em @ebiete ber 3(nalt)fi§ get)ört ferner eine 3t6f)anb(ung bon 1S14 übet
nä^erungsraeife '^{usmert^ung Don integralen an unb eine Slnjat)! öon ©d^en
über ba§ jogenannte aritl§metifc^=geometiijc£)e ^DJtittet , toeli^e le^terc au§ feinem
9ta(f)[a|ie jum Srucf beförbert nod) man(i)em 93tat^emati£er 3tnla| ju jc^toierigen
Unterfuc^ungen bieten toerben. Oben bal§in gehören auc^ bie 5ltbeiten über
elliptif(^e unb (emniecatiid^e integrale. ©ine ©tette be§ 6inleitung§para=
grapsen jum 7. Stbfi^nitte ber Disquisitiones arithmeticae betoeift, ba§ @.
fd^on 1801 bie lemniscatifiiien integrale ber Unterfui^ung unterioorfen l^attc,
ba^ ex in einem befonberen 2Berfe barauj jurücEjufommen , bie Semm§caten=
tl^eilung ber Ärei§t^ei(ung gegenüber 5U fteEen gebad)te. ©ine 3lb^anb(ung bot
@. ©etegenfieit eine jeitbem na<i) x^m benannte Umformung cttiptif(l)er ^ntegrate
äu öerijffentticiien , unb nac^gelaffene Fragmente aus bem ^at)re 1808 be[tä=
ttgen, toaS gefprddiSroeife fi^on roätjrenb be§ Seben» öon ©. Perlautet l^atte,
toa§ er aud) 1828 brieflich gegen Sc^umac^er äußerte, ba| er -Xbel unb ^acobi
um ein 3]iertelja^r^unbert juüorgefommen war, unb ba^ nur feine Stbneigung,
trgenb Stmas ju öeröffentlid)en, was iljm nid)t nac^ i^oxm unb Sn^alt ab gef(i) [offen
erf^ien, i^m ba§ SrftUnggredit in biefen fä)mierigen Xi)eomn geraubt bat. 5i;er
ütu^m felbftänbiger ©rfinbung bleibt @. unter allen Umftänben, unb fein 33io=
grapl§ ^at ba§ Oted)t, rael(f)e§ ber Sefd)ic^tf(i)reiber ber mat^ematifc^en 2Biffen=
fc^aften nid^t l^at, in ben Sorberfranj feine§ ©eiftes^elben aucf) bie SStätter mit
einjufted^ten, meldte bie 2luffct)rift ber eliiptifi^en integrale führen.
Surften mir foeben be§ erften ^^^aragrap^en be§ 7. 5tbfdE)nitte» ber Xi§quifitionen
gebenfen , fo ^at bie !^eutige ^Jiatfiematif bem britten ȧaragrapl^en bcffetben '^h=
f(^nitte§ ben ^ud^ftaben i al§ ^eii^en für V—L entnommen, met(|er ungemö§nlic§
rafd^ in Uebung fam. Ü). gehören aud) bie Flamen comptere unb laterale 3a^I
an, unb menn bie geometrifc^e S^eutung berfetben if)m gemi^ nid£)t juerft eigen=
l]^ümlid^. mar , fo batirt eben fo gemi^ bie SJerbreitung biefer 93etrad§tungömeife
öon einer jener ©elbftanjeigen in ben (Söttinger ^tn^eigen Pon 1831 , mie fie
@. fo gebrungen unb in!§aItPot( ju fdf)reiben mu^te.
Sine beim iRed^nen mitunter ©rtett^terung Perf(f)affenbe Sabelle ber 5lbbition§=
unb ©ubtractionSlogarit^men t)at man mit Unred^t nadt) bem ^Jlamen öon (B. be=
nannt. @. l^at jmar eine fot(^e Jafet l^ergefteltt unb in 3^<^'^ 5}^onatü(i)er 6orre=
fponbena 1812 öeröffenttid^t. @r be^iei^t fic^ aber mit gemo^nter @emiffent)afttg!eit
auf Sconelli, meldt)em ber ©ebanfe angei)öre, unb ber in ber 21§at fc^on 1802
?le:^nlidf)e§ Verausgab.
^n ben Satiren 1821 — 25 ianb bie ^annööerifc^e SanbesPermeffung ftatt,
meldte @. (Selegentieit gab, mät)renb aEer ©tabien ber 9}orbereitung unb 9tu§=
arbeitung in ber taugen 3eit Pon 1818 bi§ gegen 18-48 Unterfud^ungen ber piel=
föltigften 2Irt an^uftetten, bie i^n jum erften ©eobäten ber SBelt mai^ten, i^n auä) in
perfönlid^e ^Bejie^^ung ^u ben gat^Senoffen 3. 23. p bem oben genannten
©eneral Don 5JtüffIing brad£)ten. ^Dtan ift in ber 2eben§gefd^i(^te Pon 6. fo oft
in ber Sage fein ^ebauern auefpreiiien ju muffen, ba^ biefe§ ober jene§ in
5(usfid^t genommenes 2Ber! gar nid^t ober nur in ^rudf)ftüiien ^ur ^luSfü'^rung
!am, baB mir faum miffen ob mir ^ier ol^ne einförmig ju merben be§ @au^'=
fd)en nid§t ertüttten 9>or^aben§ gebenfen bürfen, ein jufammentiängenbee gro^eS
442 ®fl"fe-
geobätifd^e§ SBerf ju fcfireiben , in tceldiem aUe bie ©egenftänbe im ©t)fteme
öDvfommen fottten, toelc^e, naci)bem ®. öon jenem 9]orf)al6en leiber abftanb,
in 3ufammenf)ang§Iofen , bem 2lnfd)cine nad) nic^t einmal jufammengeliörigen
ßinäelaB^anblungcn [ic^ äerfpüttcrten, bem 2:f)eoi-etifer faft mefjr SSele'^rung I)ie=
tenb al§ bem $vaftifer, toie ®. felbft bie ^^l•al•i§ ber Sanbeäüermeffung ^toax
mit öor i^m nie gefannter ©enanigfeit leitete, jie aBer hoä) f)auptfäct)li(^ al§
9lu§gang§|)unft eigentlich mat^emati|(^er g^orfd)ungen Betrachtete. 5i)er Ö)eobät
fteüt bielieic^t bie (ärfinbung bei .^petiotropS (1821) am ipöd^ften, toelctie
übrigenl auc^ ®. mit geredetem ©tolje erjüllte. ©eit ©emma gi-'iftuS 1533 bie
Verlegung ber ju öermeffenben (^iegenben in S)reiecfe lehrte, met(^e ficf) anein=
anber anfrf)üc§en unb firf) gegenseitig )i(f)ern, l^atte bie Triangulation gro|e iyort=
fd^ritte gemai^t. 5Jian mufete bereits, ba^ e§ öortl^eil^aft jei bei umjaffenben
Sßermefjungen ein ©runbbreiedE mit möglid) großen ©eiten fid) ju üerjrfiaffen.
Sei einem jol(^en 2)reiccEe maren aber bie unmittelbaren SBinfelmeffungen baüon
abl)ängtg, ba^ man ein gernrol^r aur einen ^üleilen toeit entfernten ^^^unft ein=
fteEe, ber mirflid^ al§ ^unft gelten fönne, nii^t al§ i?ör|)er, ttiie 3. 33, eine
i^irc^tljurmfpi^e ober bergleidien. (Sinen foldjen '^Ißunft beuttic^ [id)tbar ju
mad)en, bilbete bie gro^e ©d)n)icrigfeit, bereu man nur in geringem Ma^t mit .spilfc
ber öerfc^iebenartigfteu Sampen bei näd)tlicf)er Beobachtung .sperr tocrben fonnte.
2)a fiel e§ &. ein, ba§ ©onnenbitb auf einem tteinen ©piegel al§ bei J^age
fid^tbaren ßid^tpunft ju öermcnben, unb biefen Öebanfen fertig im Äopfe tragenb
erfannte er an bem 33lit)en ber gp^ftfi^i'^eiben eine§ .Spamburger 2:t)urme§,
tt)eld)e§ er auf bem 5)tid)aeli§tl)urme in Lüneburg mal)rna^m, bie ?lu§fül^rbar=
feit jeineg ©ebanfena. @o tourbe ba§ befannte Äinberffieltoerf ungefe'^en unb
au§ ftdjerer ^erne X'tnbere mittels cineS ©piegelftücEd)en§ 3u blenben, bie 6jruub=
läge be§ Slpparateg, o^ne meieren feine größere ^Bermeffung mel)r ftattfinbet.
S)a§ |)eüotrop ermöglid)t auf eine Entfernung öon 70 Kilometern aBinfelmef=
fungen öon einer (sjenauigfeit, bie man fonft nur für aftronomifc^e Seobad)=
tungen in 5tnfpru(^ 5u nehmen magte. 9lllerbingy mar jeljt aud^ eine um fo
genauere Kenntnis ber J'^eoric ber 5ernrö|re, ber brcdjenben äöirfung öon
!Öinfenfl}[temen not^menbig. .3^r mibmete ©. feine Dioptrifd)en Unterfud)ungcn
(1843), au§ toelcl)en mir nur bie @infüf)rung ber fogenannten ^auptpunfte unb
,'pauptbrennmeiten nennen moüen.
S)er ^JJkt^ematifer mirb mit gröfierem SJergnügen bei ben 9lbl)anblungen
öon 1821, 1823 unb 1826 über bie 5)^etf)obe ber fleinften Cuabrate öermeilen,
bei ber öon ber ^open'^agener 5lfabemie gefrönten 2lb'^anb(ung öon 1525, über
S)arfteEungen , bei toelct)en bie 9lbbitbung bem 5lbgebilbeten in ben fleinften
Sl^eilen äf)nlid^ mirb , conforme 9lbbilbung , wie man Ijeute mit einem öon &.
gebilbeten Flamen fagt. ör mirb ben Unterfud^ungen über ©egenftänbe ber
Pieren ©eobäfie öon 1843 unb 1846 feine 5lufmerffamfeit fd^enfen. ßr mirb
inSbefonbere eine 5lb^anblung öon 1827 Disquisitiones generales circa superficies
curvas ftubiren, unb füllte babei ja nidf)t öergeffen, ba^ eine allgemeine 2ef)re öon
ben gläd^en, inSbefonbere ba§ KrümmungSma^ berfelben, öor jener 3lb:^anb=
lung für bie äöiffenfdtiaft fo gut mie nid^t öor^anben toar.
Söieber eine anbere ©ruppe öon 3lrbeiten bilben folc^e, meldtie ber 5Jled^ani!
angepren. 3lu§ il^r fei ber furje 3luffa^ über ein aügemeincS ©runbgefe^ ber
^e^anif genannt, melc^er 1829 erfdiien. 2)er grfinber ber gjtet^obe ber
fleinften Cuabratc äeigte l)ier, ba^ auä) bie g^atur biefer ^Hetfiobe ^ulbigt, ba^
bie ©leid^ungen , meiere bie 33emegunggerf(^einungen unfereS aBeltaES regeln,
burd) analt)tifc^e Umformung in eine ©eftalt gebrad^t toerben fönnen, bereu
Uebertragung in ein ®efe^ ba^in lautet, bie ©umme gemiffer quabratifd§er (Srö^en
muffe immer fo flein al§ möglid) merben. S)em'@ebiete ber 2ned§anif gehören
®au^. - 443
au(^ bte Unterfuc^ungen ubtx bte ßo^jittarität (1830), bie Sel^rfä^e „Uel6ev
bie im umgefef)i-ten Cuabrate bev ßntyexminQen tüirlenben Äräite" (1839) an.
Se^teie Bitben jüi* unjere S)arftellung ben Uebergang 3u ben gemeinfam mit
3!Bitt)etm SBeöex* in§ SBer! gefegten gto^attigen StrBeiteu übev ben @rbmagne=
ti§mu§. 2)et Einfang berjetBen fältt in eine iüx ®. bejonberS fdfittjere 3eit.
2Bii- toiffen, ba^ ev im ©eptemBer 1831 bie ätoeite SeBenSgefä^rtin burif) ben
Sob öon feiner ©eite geriffen fa'^. ®. fui^te in ert)öt)tei- geiftigev 2;^ätig!eit
ein (yegengen)icf)t gegen bie etf($taffenbe Söirfung gemütt)ti(f)ei- 3^^"^'üttung.
Ärt)ftattogxap:§ifd)e ©tnbien be§ ©ommei-§ 1831 tourben ^toar , ]o auSfic^t^öoIt
fte n)aren, unterBroci)en; öieltei(^t evinnerten fie ju fe"^!- an bte 33ertoi-ene, tüä^renb
beren testen ßranf^^eit fie entftanben toaren. '^htx neugefiiiaffene ^loBteme ei-füttten
ba§ S)enten ber fditaftojen 1Jiä(i)te, nnb an biefen ^roBtemen l^atte ber an ©teÜe
be§ ßnbe Dlobember 1830 berftorBenen 2;oBia§ ^at)er eBen in (Söttingen einge=
ti'offene neue ^Proiefjor ber ^^#t, Söit^elm SCßeBer, feinen :^älftigen Slnt^eil.
„S)er <Bta^l f(^tägt an ben ©tein." 5Jtit biefen Söorten Bezeichnete ®. fpäter
fein ^erfönlici)e§ 3uf<iwmentt)irten mit SBeBer, unb toaf)rtiii) niemals f|)rü§ten
gtänjenbere gunten be§ (SeifteS, al§ bie tt)el(^e bte 6 SBänbe bur(f)teu(i)ten , bie
unter bem äiemticf) unfc^einBaren Flamen: „Üiefultate au§ ben 25eoBacf)tungen
be§ magnetifc^en S5erein§ öon 1836—1841" erfd^ienen finb. äöir magen :§ier
nic£)t an^ubeuten, toelc^e 3}erbienfte bie @rfinbung be§ a3ifiIar = 5[Ragnetometer§
ber äöiffenfeiiaft geteiftet f)at, inSBefonbere feit ^^oggenborff bie @|)iege(aBIefung
an it)m einrict)tete. Sßir nennen nur im 3}DrüBerge!§en bie attgemeine S^eorie
be§ @rbmagneti§mu§, toelc^e bie 5Jlögtic^feit getoä'^rte, alle Big^^er nicfit ju ber=
einigenben @igenfd)aften ber ^agnetnabel, it)re S)eciination, i'^re ^ndination,
i'^re nad§ 3eit unb Ort fi($ änbernbe @(^toingung§bauer , au§ einer Cuettc
mat^ematifc^ l^erjuteiten. 2öir Bemerfen, ba^ bie @ä|e üBer bie im umge=
feierten Cuabrate ber ßntfernungen toirfenben Gräfte ben 9tefultaten ange'^ören.
SBir Betonen am Sauteften ba§, h)a§ tt^eoretifc^ ni(i)t ba§ 3öict)tigfte praftifc^
bie l^öc^fte SSebeutung getoonnen Ifiat: ®. unb äöeBer legten im SBinter 1833
auf 34 3toifc§en ber ©ternwarte unb bem :p'§t)fifatifd§en ßaBinette ben erften
eleltromagnetifc^en ^elegra^'^en an , beffen in na'^eju alle Ser'^ältniffe be§
ftaatlid^en toie be§ Bürgerlichen 2eBen§ tief einfc^neibenbe 2öir!ung§fä^i gleit &.
fofort erlannte unb toürbigte.
S!a§ ©(^irffal f^jielte graufam mit (S. S)en ^^rcunb , ben er gemonnen,
mit bem er ^anb in ^anb gegangen mar auf gemeinfam geBa^nten SBegen,
foEte er öerlieren. ^xn ©e|)temBer 1837 mar no(^_ ba§ lOOjä'^rige Sefte'^en
ber Uniberfität ©öttingen mit großem ©lanje gefeiert morben. Sltejanber
tjon <§umBolbt mar unter 3lnberen jugcgen, fo einen S3efucf) aiemlic^ fpät er=
toibernb, ben i^m &. 1828 Bei Gelegenheit ber in Berlin ftattfinbenben 5tatur=
forfcfieröerfammlung erftattet l)atte. ®. unb SBeBer gehörten ju ben gefeiertften
3ßerfDnli(i)feiten Bei jenem ^^efte, toeldieä bie ©eorgia Slugufta fid^ felBft unb ben
Selirern gaB , bie xi)x jum 9tul)me gereid)ten. 9lur jtoei 5Jtonate fpäter Brad^
üBer ^annoöer jene :politifc§e ßrife au§, melcfie in ber SSiograp^ie S)at)lmann'§
(3ltCg. beutfd)e »iogr. S3b. IV, ©. 697) gef^ilbert ift , unb meiere ©öttingen
fieBen feiner '^eröorragenbften ^^ßrofefforen loftete. Unter ben ^IBgefe^en mar 6malb,
maräöeBer, ber©(^miegerfol|n, berfyreunb öon®. @au| felBft, eine burd^ unb burd^
conferöatiöe ^^iatur, toie fd£)on !§erborgel)oBen tourbe, mar Bei ben greigniffen, bie ju
jener (Setoaltma^regel fül)rten, niä)t Bef^eiligt, mit i'^m üBrigenS bie gro|e
2Re'^r'^eit ber (Söttinger ^rofefforen. ^n einem Sriefc an ^leranber öon ^um=
bolbt erBat &. beffen 25ermittelung Bei bem Könige öon ipannoöer, um ben
Beiben i^m fo na^e fte'^enben 5Rännern ba§ SßleiBen in ©öttingen ju ermög=
lid^en. 2lÜe 5ßemül)ungeu toaren frud^tlo§, unb mä:^renb ßmalb Bereite 1838
444 ®ou6.
in ÜLüBingen eine neue Stellung fanb, fitieB 2öe6n- biä 1843 öon jeber ^lofeflui'
auSgefc^Iüfjen.
äötr t)abeu noii) eine ^ixBeit ju emät)ncn, burd^ toelt^e Ö). 1845, man
möi^te jaft fageu, bie 50j ädrige (Erinnerung an bie ©rfinbung ber ^3Jletl^obe ber
f{cin[ten Cuabrate beging, ©eine erfte Gntberfung ^atte ber 2Baf|rfd)einli(f)!eit§=
xec£)nung angehört. S)emietben ©ebiete entftammte bie 9lb^anbtung öon 1845.
S)ic ^roiefforen=3Bittlt)en=6affe ber Uniöcrfität Ööttingen luar burd) ^3tangel=
l^aftigfeit ber ©tatuten, tuelc^e nur eine allmät)li(^e Steigerung ber ^enfioncn
üorfa^, o§ne babei bie 5Jiögti(^feit ,^u berücEl'id)tigen , ba| bei 3unat)me ber
Söittloenjall beren 3iat)re§gef)a{t ficf) einer ©dimälerung tücrbe unterroerjen
muffen, in bebenflic^e 3u[tönbe gerattjen. &. tvax ber geborene Seric^terftatter
in biefer arg öerfa^renen ^^Ingelegenlieit , unb er l^at mit benjunberunggluürbiger
,^larf)eit ben ©egenftanb na^ allen ©eiten fo beleud^tet , ba^ er aud) für ben
9lii^tmat|ematif er üoüftänbig burdjfic^tig toerbcn mu^te, unb ba^ biefer au§ brm 'Jiad)=
laffe 3um 5Drurfe gelangte ißerid^t aU l'eitfaben für attc fünftigen 6inrid)tungen ä'^n=
Iid)er Äaffen bienen fann, toeli^e gteid^ ber Ööttinger ben boppettcu ß^arafter
einer auf ^Beiträgen berut)enben @enoffenfd)ait unb einer auf S3ermäd)tniffe ge=
grünbeten mitben Stiftung tl)ei(en. 2)em S3erid)te finb geluiffe Tabellen beige=
fügt, beren .g)er[tellung frciUd) an anberlueitig gegebene ftatiftifd^e ?luf3eid)uungcn
anfnüpft , h)eld)e aber eine ^ylille öon 2lrbeit , öon 3<i^^en^'cc£)nung erf orbcrten,
beren in feinem 68. !Qeben§iat)rc nur ein ^Jiann fällig Wax, rceld)er inie Ö5. aud) bcm
9ied)nen eine ]§öt)ere ©eite abjugelüinnen ttju^te, inbem er ber mannigfaltigften
Äunftgriffe fic^ bebiente. (ää mar i'^m baburd) ein ilergnügeu ma§ ben meiften
5)lenf(^en eine oft unabmei§bare aber ftet§ iangtneilige ^4>flic^t bilbet, unb e§
tuar einiger ©ruft in ben fdier^tjaften Söorten, bereu luir felbft un§ au§ einer
23orlefung öon ®. über bie ^et^be ber fleinftcn Cuabrate entfinnen, ba^ eine
getöiffe $oefie in ber Serec^nung öon ^ogaritf)meutafe(n tit-ge. S)enfelbeu SBor=
lefungen getjört bie Erinnerung an, ba^ @., ber überatt, aud) in feinen
33ergnügungcn, al§ SIRann ber 2Biffenfd)aft fid) füllte, bei iat)relang fortge=
festem regelmäßigem 2J}:^iftfpieIe mit ben gteid)cn gi-'^unben ftetä auf^ufdireiben
pflegte, tüic öielc 3Iffe ^eber bei jebem ©picle in ber .«panb gehabt 'fiattc, um an
biefen ^tufjeidinungen eine erfat)rung§mä|ige Seftätigung be§ fogenannten ©e^
feiges ber großen 3flt)Ien in ber 2Sa^rfc^einli(^!eit§re(^nung ju gemiuncn. Sle'fin^
Iid)e§ bc^medten o^e 3^'^ii£l^ K'i^e ^luf^eid^nungen ber tagtid)cn 6our§f(^man=
fungen gertiffer ©taatSpapiere an ben ^auptbörfen, loenn auc^ nid)t in 3lbrebe
geftettt luerben lüiU, baß ba§ nädifte ^inlereffe beim 53erg(eic^en ber C^ourfe über=
f)aupt ein perföntic^ finanzielle^ gemefen fein mag, ba bie ©etüanbffieit , mit
tt)eld)er &. fein 3}ermögen <}u öeriöalten toußte, faft fpric^lüörtlid) tüar.
3Biffcnf(^afttid)e ßeiftungen jtoeier 9lrt fönnen bei ben meiften ©ele'^rten
unterfd^ieben tuerben , il^re ©d)riften unb it)re ßef}rtt)ättgfeit. SJon ber ©d^eu
©auß' gegen le^tere :§aben mir f(^on fprec^en muffen. 2Bir f)aben fie 3um
S^eit burc^ ben ginbrud ju begrünben gefuc^t, ben ^aeftner'§ 35orträge auf i^n
gemad^t I)atten, burdf) bie lleberjeugung, bie er an fid^ felbft gewonnen tjotte,
baß 5^att|ematiE aud(i au§ 23üd)ern o^ne feben ßet)rer ftubirt werben fönne.
©pötere (Srfal)rungen mußten ben öorgefaßten äöibertüiüen fteigern. Söenn man
toeiß, mie fe'^r bi§ etU)a ^um ^. 1830 ber mat^ematifd^e UnteiTidjt an beutfc^en
^od^fd)uIen barniebertag, in öpie bürftigcr 35orbereitung ©tubirenbe aud) l^ö^erer
©emefter bamalä ben SSorträgcn folgten, fo finbet man ba§ fonft Unbegreifliche
natürlidE) : baß ein &. 23orlefungen, bie er feiner felbft unb ber 2ßiffenf(|aft für
töürbig '^ielt, faum öor einer §anböoll junger Seute ju ©taube brad)te, mal)-
renb menige ©traßen baöon entfernt ein I^ibaut öor mcl)r al§ 100 3ul)örern
über a3ud)ftabenre^nung la§. ©o tonnte unb mußte eine ettüo öor'^anbene
ÜJautier. 445
2e?)vfveubigfeit ocrfümmern. Später al§ bie waä) fväftigevev .ffoft Dei-(angcnben
Stubirenben bcn 5}or(eiungen eine§ @. gern gefolgt tüören, war er beven bereit»
jo entraö'^nt, ba^ man i^n gteitf)iatn nötf)tgen mu^te, ab unb 5U einmal bic
^orlefung föirflit^ 311 f)alten, bie er mit geringer 2t6tt)ed)»(ung in ben G)egen=
ftänben anjujeigen pfiföte. ^atte er ein ßoüeg einmal Begonnen, fo fcfiien e§
i!^m felbft 23ergnügen ju maciien, aber mit bcm ©(^(u^ be§ ©emefterg ^örte
biefe furje i3uft »ieber auf. Sie }^oiq,t baöon n)ar, ba^ man t)on einer 6auB^=
fc^en <B<i)uU in ber 5Jlat^ematif nid)t reben fann. äöot ^aben ^eroorragenbc
^at^ematifer unfere§ ^at^v^unbertg in allen Sänbern an ben @cf)riften Don @.
gelernt, aber in ba§ perfönüc^e 33erp(tni^ be§ näf)eren Sd^üterS jum Sefirer
ift faum (Siner eingetreten, unb biefer @ine mar ein fotdier, ber a(§ Schüler
fc§on ^Jleifter mar: Seinl^arb ^Riemann. S)agegen bar| man bie Se^eidEinung
einer 6auB"i(i)en Sci)ule in ber '^tflronomie allerbingS für eine gemifje ^eit aui=
re(i)t ermatten. ®(^uma(i)er eröffnete 1808 ben ^rei§, bann tnaren e§ 18.10 bie
Snife, (Serling, ^JiöBiu§, Nicolai, toelifie an ber 6öttinger ©tcrnmarte t§eore=
tifc^e unb t)ra!tifc^e 3lu§bilbung juchten unb fanben. 3tber aud) biefe 2cf)i=
t^ätigfcit l^örte atlmaf)(ig auf, unb e§ ift faft at§ öercinjelteg S5orfommcn ju cr=
md'^nen , ba^ 2Binnecfe (gegenroärtig Sirector ber Sternmarte in Strapurg im
ßlfa^) 1853 — 56 in ©öttingen ftubirenb bem greifen Slftronomcn auf Stunben
fi(^ nä'^ern burfte.
Um biefe ^tit na'^m bie Äranf^eit, meldte @. lange mit fic^ lierumfi^leppte,
ein .iperjleiben, fo ju, ba^ er ficE) enbliif) bequemte in bie bisher bon i^m
ftete 3urücfgetoiefene ^ujie^ung eine§ ^Ir^teS 3U tüilligen. Sie forgfamfte ^^^flege
fonnte ba§ @nbe feiner 2eben§laufbal)n nic§t l)inau§f(^ieben. @r ftarb ben
23. gebruar 1855 faft 78 ^ai)xe alt.
Sie 100. Söieberfe^r feine§ Ü)eburt§tage§ am 30. ^prit 1877 gab ©ete^rten
unb ^aien ber ganjen 2Selt Setegen'^eit ju einem ©au^ftanbbilbe beiäufteuern,
toelc^eg in S?raunfcf)meig errii^tet merben mirb. Sie ©öttinger föniglit^e @efelt=
f($aft ber Söiffenf($aften l)al ein anbere» Senfmal fcf)on früf)er öollenbet, bie
fiebenbänbige @efammtau§gabe feiner Söerfe. Slu^erbem finb ßorvefponbenjen
Bon &. mel^rfad^ herausgegeben: fein „Sriefmed)fel mit Sc^umacEier" in 6 ^än=
ben (2lltona 1860— 65^, mit 5llei-anber bon -öumbolbt (ßeipjig 1877), mit
91tcolai (^arl§ru^e 1877). Sie S3eröffentü(^ung be§ 58riefme(i)fel§ mit Seffel
ftel)t betvor. @ine biograp^if($e Slrbeit „SauB 3um ©ebädjtni^" (ßeipäig 1856)
öeröffentlit^te f^on im ^al)re nad) bem Sobe be§ groBen ©elei^rten einer
feiner nä(^ften g^'^^^^^ > ^- ©artoriu» öon SöalterS^aufen. 6benberfelbe
l^atte aucf) bas @^renre(^t in 5lnf|jruc^ genommen, feine i8iograpl)ie für
biefeg Sammeltoerf fi^reiben ju bürfen. 5lur beffen Job öor (Jinfenbung be§
jugefagten Beitrages ^at bem Unterjeiifineten bic unermartete aber angene'^me
^flic£)t auferlegt, be§ ^^ocfiöere'^rten 51^anne§ ^ier 3U gebenfen, ber firfierli^ mä^=
renb feine» 2eben§ unb no(^ lange barüber '^inaug bae mar, als loa» i'^n eine
1856 p feinem 6ebäd)tniB geprägte ^Jlünje preift: Princeps mathematicorum.
9}gl. au|er ber Schrift Don <Sartoriu§ Don 2Baltetöl)aufen unb ben
iöriefmecfifeln eine gro^e Slnja^l Don hieben, 2luffä^en unb bergteic^en, meldte
jur Jubiläumsfeier 1877 erfcl)ienen finb. Uns bienten eine 9tebe Don Stern
(ßJöttingen 1878', eine 35rofd£)üre Don Söinnecie (33raunfcl)mcig 1877 unb
jtoei Oluffä^e Don 8iirotl§ unb bem Unter.jeidineten felbft in ber 9lug§b. allgem.
3eitung (SBeilagen ju dlx. 55 unb 156 be» Jaf)rgang 1877). ©nbtic^ fonnten
mir noc^ ganj jule^t bie intereffante SdEirift: ^arl ^yriebric^ @au§. 3^01?
•Kapitel ouö feinem Seben Don Öubtoig ^änfelmann, ©tabtarcliDar in Sraun=
fc§meig 'Seipäig 1878) bcnu^en. Gantor.
©QUticr: 2;^oma§ &., am 2. Wäx^ 1638 in bem SBalbenfertVle Glufon
ober 5][^ragela§ al§ Sol^n eine§ fönigli(^cn ']lotar§ geboren, ftubirte auf ber im
446 ®^^^-
S)elpt)inat gelegenen 3Ifabemie S)te ^l^itofop'^ie unb Serebtfamfeit unb jeit 1661
ju ^en\ Sl^eologie, toovauf er aläbalb ^um ^prebigev in (^'^'i^fti-eüeS beftcttt
tourbe. <g)icr ^atte er nun öom ^tnyonge be§ S. 1674 mit ben brutatften
a^ejationen unb 5JlQd)inationen ju fäml^ien, mit benen e§ auf bie 5lu§rottung
be§ 5Proteftnntiäniu§ im Sanbe abgefet}en toax. 5)lonate lang mu^te er toegen
ftrafbaver ?leii§evungen , bie er getf)an ^aben follte, mit ben gemeinften 3)er=
16rerf)ern in einem iTerfer fd)ma(i)ten. S)a§ t)ielt i'^n ober ni(i)t aB, qI§ er nac^
^eneftrelleS ^urücfgefe'^rt U)ar, öon bcr ^an^et t)erab bie ©cmeinbe jum ta^jferen 2Iu§=
l)arren im ebangelifd)cn a3efenntni^ unobläffig ju ermuntern. S)a bie S^erfotgungen
ber ©emeinben nic^t aujfiörten, begab er fid) felbft nac^ ^^sari§, um öon bem Äönig
unb befjen ^iniftern bie 5lb|teIIung berfelben ^u erlüirfen, jebod) ol^ne Srfolg.
^m ^. 1678 ,50g er jum großen Sdimcr^e feiner ©emeinbe nact) S)ie über, too
er ^rebiger, ^^^rojeffor ber Sfieotogie unb 9iector ber ^tfabemie toarb. 5lber
1684 toarb bie (70 ^atjre alte) 3lfabemie ju S)ie unb 1685 lüarb ba§ ßbict
öon 9lQnte§ aufgeljoben. 6. irrte nun mit ben ©einen im Sanbe um^er,
überatt berfolgt, ein ^tal aucl) ttert)aitct unb fd)lie§lid) nod) ju einem 9leligion§=
gefpräcf) mit bem i8ifd)of üon örenobte, bem nachmaligen Garbinal la 6amu§,
geätt)ungen. S)a er [tanb^ajt jein Sefenntni^ öerf^cibigte , |o tourbe er au§
granfreid) berbannt. 6r mauberte nun uad) ^üvid^, blieb ^ier 14 Monate nnb
iolgte bann 1687 einem Ütufe uad) 9)larburg in Apclfen , roo er eine tl)eologifd)c
^ßrofeffur unb ba§ 6pl)orat ber Stipcnbiatenanftait übertragen erl)ielt. ?lud)
übernat)m er bie ä^cr^füc^tung , iür bie in 5Jiarburg cingemanberten ^^anjofen
an jebem 8onntag iranjöfijdien @ottc§bienft ju l)alten. @r ftavb t)ier am
27. ÜJtai 1709. 5£ie bon i^m Ijinterlafjenen ©c^riften finb faft jämmtlid) S)ig=
:putationen bogmati|d)en ^nl)alt§.
35gt. |)ar|d)er, Oratio de vita et morte Th. Gauterii, ^arb. 1709.
(Bütjt: ^o'i)ann äöill^elm @., ,^un[tfd)ri|tftelter , geboren 3u Sonning im
6d^lc§migf(^en am 8. Ttobbr. 1804. (Sr be^og 1819 bie ©d)ute ju 5Jlelborf,
ging 1822 auj ba§ ©ijuinafinm ,^u ©d)tesmig, Einfang 1824 an bie Uniberfität
p ^iel, mo er ^4.sl)ito|opl)ie unb öefd)id)te ftubirte. 5lui ber 33erliner Uniberfität
ftubirte er nod) Sittcratur unb Äun[tgej(^id)te, bi§ er 1829 in bie .g)eimatl) 5U=
rüdging unb am 14. 5tobbr. be§ ^a^xt^ aU S)octor ber ^^ilofop^ie mit ber
S)iffertation : „Disquisitionis de vita Desiderii Erasmi specimen ab anno uat.
usque ad annum 1517", (Kilon. 1829) ^jromobirte. i^m ^erbfte be§ folgenben
^üi)xe^ ging er nad) Italien, um e§, mit ^^uSna^me eines furzen 9luTeutl)alte§
in ®vied)cnlanb, nid)t mel^r ju bertaffen. ^m äöinter 1831 fam er nad) 9lom
unb bereifte bann aüe %^nU ©übitalieng; 1832 ging er auf einige ^JJlonate
nad) @ried)enlanb. ^m 3. 1834 fam &. nad§ SoScana, brad)tc mehrere mo'
nate in ©icna ju unb begab fid^ im 5lpril 1835 nac§ gloreuj. .^ter blieb er
nun ftänbig, mit 3lu5na'^me einer 9ieife, tüclc^e il^n im ©)3ätfommer 1837 nad)
Bologna, 5Jtantua, SBenebig, burd^ bie 9iomagna unb bie ^Jtarfen nac^ 9iom
unb bon ba im «mai 1838 burd) Umbrien nad) glorens aurüdfüljrte. Sn 2o§=
cana begannen feine regelmäßigen gorfc^ungen in ben 2lrd)iben, bie il^m bie
Ütegierung mit größter 3uborfommenl)eit jugänglic^ mad^te. ^m ^obember
1839 erfd^ien ber erfte Sanb feine§ „Carteggio inedito d'artisti dei secoli XIV.
XV, XVI", im gjlai 1840 ber smeite, ber britte erft nad) bem 2obe be§ begabten
unb überaus fleißigen mannet; biel ju frü^ für bie 2öiffenfd)aft ftarb ©. ben
26. Stuguft 1840 äu gtorenä an einer .^Bruftfranf^eit. 3u einem größern 2Ber!,
einer bergleid^enben ^unftgefd£)id^te ber to§canifc£)en ©deuten ift ®. nid^t mel^r
gelommen, bod^ :^at er au$ in feinem Carteggio burd) bie SSeröffentlid^ung bi§=
^er ungebrudter Urfunben ber ^unftgefd)id^te tDid)tige S)ienfte geleiftet.
©at)ltng. 447
359I. Mg. 3t9. öon 1840, SSeilage ^x. 305 u. 306. Äunplatt 1840,
^■c. 81. gieua- Dlefrolog ber S^eutfc^en XYIII., 2. X^L, <B. 914 f. ö. 9teu--
mont, 25iogr. S)enf6Iättev, Sei^äig 1878. mi^. ©c^mibt.
@ai)Iilig bon SlItlieiTn: 6!^xtftian |)eim;i{f) greifen- @. öon 21.,
geb. p 33ue§tDeiter im @I|a^ am 11. Cct. 1743, f ^u Äarlsru^e am 13. San.
1812. @. gel^övte gu ber au§eiiefcnen 3^^^^ tüchtiger unb f)uman gefinntei:
©taatgmännex, treidle bie toetjen unb tootjIiDottenbcn 2lbfici)ten be§ bamaligen
SJiatfgrafen, na(^t)erigen ©ro^l^erjogs Äarl fynebrid^ bon SSaben in if)i;er 3}et=
toaltung bcrwirfliciiten. 3?ung in babifd)e S)ienfte getreten , erioarb er fict) bie
fiefonbere 3iif^"ieben^eit feine§ Sanbe§!^errn, ha er am Jpoje ber ^aiferin Äatf)a=
rina bon ^}tu^tanb in ben ^. 1772 ff. bie ^ntereffen feines .^ofe§ p öertreten
]§otte, bie burc^ bie übeltooEcnbe öefinnung ber öfterreic£)if(f)en ^Äegierung bebroiit
»aren. S)enn biefe gab ben ^ntriguen ber ^efuiten unb i^re§ 2lnl^ang§ in ber
an 33aben=S)urIad) gefallenen ftreng fatf)olifd§en 5)larfgraff(^aft 58aben=Saben
einen für bie neue ßanbe§!§errf(^aft ni(^t unbeben!li(f)en 9flücEt)aIt. S5on 5^}eter§=
Burg 3urüiige!ei)rt, biente @. feinem ^yürften in berfi^iebenen toid^tigen ©teltungen
at§ äJicepräfibent be§ ^of= \:nb Äirc^enrat^eS, al§ $räfibent ber Ütentfammer
(^inangminifter), als ©efanbter Beim fd)mäbifc^en .Greife. S;ie SSiograp^en Äarl
^riebrict)§, b. S)rai§ unb ^JieBeniuS, rüf)men Öatjling'g @efrf)äft§fenntni§, Üte(i)t=
Iid)feit unb Drbnung§liebe eBen fo fe^r toie feine 5Ritbe unb S3illigfeit. 2lEe
biefe Sigenfc^aften aBer reid)ten nid)t au§, in ben Babif(f)en ginanjen ta^ er=
n)ünfd)te ®[eid)gemicf)t ju erfiatten, al§ nad) bem Eintritte 33aben§ in ben
Ütf)einbunb , bie unerfrf)n)ingli(^en gorberungcn an ba§ Sanb l^erantraten , bie
9iapoteon an feine S3erBünbeten 3u ftellen pflegte. 91i(^t geneigt, mit einem Be=
ftänbigen deficit 5U fäm)jfen, erBat 6. 1807 feine Ocntlaffung al§ g-iuanjminifter
unb übernahm bie Seitung be§ ^ufti^minifteriumS, 1810 and) ben SSorfi^ in
ber 53Knifterconferenä. 3lo(f) einmal tourbe im iS- 1811 bon feinem ^^atriotie=
mu§ ba§ Cpfer bertangt, an bie ©pi^e ber in bie größte SJermirrung gerat^enen
fyinanäbertoaltung ju treten, bod) bjar i^m nidEit mel^r bergönnt, ru'^igere 2:age
5U erleben, bie il)m bietteicl)t ermöglitiit l^atten, ba§ 5JH^ber!§ältni§ in ben @in=
nal)men unb 3lu§gaben be§ (Staat§l)au§^alte§ ju befeitigen. @in 9terbenfd)lag
nmcfite feinem ttjätigen Seben ein ptö^lic^eg 6nbe. 5}on feinen Beiben ©öl^nen
toar ber ältere, ß^riftian, nat^bem er in ber öfterreic^ifc^en unb ruffifcf)en
2lrmee gebient t)atte, feit 1806 Äammerl^err ber ßrBprinjeffin ©teplianie, feit
1816 £)Berl)ofmarf(^aH , feit 1825 and) S}icepräfibent ber erften Kammer unb
ftarB am 2. 5lobBr. 1832, toäl)renb ber jüngere, 2Bill)elm (f om 13. DctBr.
1861), in ber mititärifctien £'aufBal)n Bi§ jum ©ouberneur ber S3unbe§feftung
DfJaftatt borrütfte.
SSab. ^iograpliien II. 558, bgl. I. 279. 280. b. Söeerf).
©aijlilig: Sol^ann ©., 2;^eolog, geB. in ^ISfetb Bei -^eilBronn, geft. in
(Sro^Bottwar am 27. gebr. 1559. ^f^imatriculirt 1515 in SöittenBerg, 1520
in Tübingen, berü'^mte er ]iä) fpäter „ber attererft 5]knfc^ geloefen 3U fein, ber
ba§ |eil. ©bangelium in äöirtemberg — tool in feinem @eburt§ort — geprebigt".
S)urc^ bie öfterrei(f)ifc^e ütegierung c. 1522 berjagt, burd^ Sietric^ bon Ö)em=
mingen bem bertriebenen ^er^og Utric^ nad^ 2Jlömpelgarb empfol^len, marb er
■^icr Kaplan, l^ernadf), al§ er bafelbft nid^t me'^r fidier toar, bom .^perjog nad£)
.ipol^enttoiel berfe^t unb bon ba, ali Ulrict) feinen -^of fel^r befd^ränlen mu^te,
in furpjäl^ifc^e 5Dienfte nad^ ^eibelberg gejogen. 1525 ift er unter ben 53ren=
tianern, n)eld^e ba§ Syugramma suevicum unterfc^rieben. Später finben niir
if)n in 2ln§ba^ unb ^^euc^ttoangen. '^laäi -^er^og Ulrid)§ Söiebcreinfe^ung 1534
n)urbe er ^^farrer in 2öein§berg ; burd§ ha^ i^nterim bertrieBen, erhielt er Unter=
448 ®al)Iin9 — ©aasnniga.
fünft in ßötoenftein, 1551 bie ©tabtpfarrei 5BeiI|tein, 1552 bie in &xo%=
fiotttoar.
gif^lin, Mem. theol. I. 1 ff- ©troBet, gUiScettancen III. 172 ff.
(Sd^ön^ut^, Sodann ©a^Iing, Suttlingen 1835. ©tälin, Söivt. ©efc^. IV.
241. 244. ^. §ai-tmann.
Ö^QQling öo'n ^ItVii": ^^itipt' Gtiriftopf) (Sl, Jpanau=öid)tenl6erg'=
fc^ev gtegienmgSpräfibent unb Dberüogt 5U SCßittftätt, geboren ju ^iebermobein
a. 1654, t bcn 25. 3uli 1705 ju ©trapurg, toarb ju Sud)§tt)eiler beftattet.
©ein ^amilicnjtoeig reidCit 16i§ a. 1350 {)inauf; in biefem ^a^x ift ein ,^ieinric£)
@. öon 5lltt)eim .ipofmarft^att bc§ S5ifc^of§ tion ^Jlainj. Sin ^^einrict) Gltifto^j"^
@. bon 3ltt!^eim, ^txx bon ^auenftein unb 3?o6enl)aufen ift, toälrenb be§ btei^ig=
iäl^rigen ^ieqß, ^liijobn eine§ ^üraffierregimentS; t 1650. Steffen ©o'^n, geb.
, t 1679, ju S3u(i)§n)eiler al§ ^Qnau=Öi(^tenbei-g'f(i)er 9{egicrung§pi-äft=
bent. Obengenannter $T)itipp 6f)riftop]^ (M. t^eitt mit einem ©ruber bie üäter=
Ii(i)en @üter bie§= unb jcnfeitS be§ 9{f)ein§. @r grünbet bie (Jtfäffcr Sinie; ift
immatricuürt in ber unmittelbaren freien 9{ei(i)§ritteif($aft öon Untcr=@Ifa| unb
Ortenau. — Unter bem ^Jlarfgrafen L'ublüig ttqn 58abcn unb bem ^prinjcn
Sugen öon 3öürtcmberg bient er gegen bie dürfen. 5lniang§ 16S3 befinbct er
fi(i) im belagerten Söien. — 6r toax öermäl^lt mit 3lnna SBurmfer öon 93enben=
^eim. ?luf feinen 2ob , ber it)n a. 1605 in .!panau=Sicf)tenberg'f(^en S)ienften
ereilte, trurben melirere beutfc^e unb tateinifd^e Slegieen gebic^tet, unter anbern
ein Öeid)cncarmen öon feinem ©d^roagcr Söurmfer öon SBenbenl^eint öctfa^t; ein
anbere§ öon feinem ^Irjte Dr. (Spfid).
©. 5lu§ bem 2eben be§ [yi^ei^f^'i"ii ~- ß- -peinric^ ß)al)ling öon 9lüen"^eim,
groPer,^ogl. babifc^em mirf litten Öetjeimratl). ^i-'ei^urg im 3?r. 1864 in 8.
S)ie Slegieen unb biograpl^ifd)en ßeid^eureben finben fitf) ^ufammengel^eftet in
ber ©ammlung öon 3tlfatici§ öon §er^; feit einigen ^a^ren ber f. Uniöer=
fttät§bibliott)e! einöerleibt. ßublüig ©päd).
®a33ailiOfl: ^eter C6., geb. ju Sergamo am 3. ÜJlär,] 1722, t ju iöicenja
am 11. 2)ecbr. 1799, mürbe fd)on in feinem elften i^cbenöja^re in ben 3)omini=
canerorben aufgenommen unb le'^rte nad) bcenbetcn ©tubien in me'^reren .^ilufern
feines £)tben§, big er an bie Uniöerfität ^Bologna fam, toofelbft er ^'^ilofop'^ie,
Äird)engefc^id)tc unb gried)ifd)e ©prad^e öortrug. ^m ^. 1760 erlangte er bie
tl)eotogifd)e ©octorroürbe unb töurbe in bemfctben SJa^re nad) SBien berufen,
um eine ber t'^eDlogifd)en Se^^rfanjeln ju übernel)men, meld)e burd) SSefeitigung
ber S^efuiten öom Uniöerfität§lel)ramte erlebigt öjaren. 6r oblag bem il)m über=
tragenen £ef)ramte bi§ in§ ^ai)x 1782, in meli^cm if)m bie l)ol)c 9lu§,^eid)nung
ju Sljeil mürbe, ben in 2öien roeilenben ^^^apft ^^iu§ VI. al§ 3u§örer tei einer
feiner 53orlefungen ju empfangen, fotoie fi^on frül^cr einmal bie gro^e j^aiferin
'ODlaria Sl^ercfia unb bie ßarbinäle ^Dligajji unb Warampi. 'i)]ad)bem er auf
fein 2lnfud)en öon Äaifer ^ofepl) II. feinc§ ^^lmte§ entl)oben morben mar, fel)rte
er in ein ^loftcr feineö Drben§ nad) Sologna jurüd unb lie^ fic^ öon ba, no(^
größere 3ui-"üdgeäogenl)eit fuc^enb , in ein anbere» £)rben§t)au§ ^u 5]icenäa öer=
fe^en , bi§ an fein 2eben§enbe ununterbrod)en mit ©tubien befd)äftigt. 6r öer=
öffentlid)te mäl^renb ber 3eit feiner Sßiener Öe^rt^ätigteit ^mei größere Söerfe,
beren eine§, unter bem ©efammttitel: „Praelectiones theologicae", bie feit 1763
in allmäl)lid)er ^olge erfd)ienenen -^auptpartien . ber fir^^lic^en ölauben§lel)re,
fomeit er biefelben p be'^atibeln "^atte (bie ergän^enben ^^^artien ju bel^anbetn,
mor bie 2lufgabe eine§ neben ®. lel)renben S^eologen au§ bem 9luguftiner=@re=
mitenorben — fiel^e ben 9trt. ©eröafio), entl)ielten, toä'^renb bie ,,Theologia po-
lemica" (1778, 2 35be.) bie ©teEe einer allgemeinen SSegrünbung be§ firc^lid)-
t^cologifd^en Se'^rftanbpuntteS öertritt. (Sine furje 6'^arafterifti! be§ ;3nt)alteg
©ebauer. 4-49
beiber Söerfe bei SÖerner, öcjcf). b. fat^. S^eol. Seutfd^IanbS @. 146 f. unb
198 T.) 3}on bem elfteren ber 6eiben SBerfe, tcelc^eS a(§ r^)an3e5 noc^mat» in
T'ünf Sänben gebrucft rourbe (1770 — 79), erid^ien ne6en§er ein 5tu§3ug: ..Tlieo=
logia dogmatica in systema redacta" in ^toei Steilen, beren te^teter üon 35er=
tieri abgcra^t ift. S)et Don &. eingenommene Se^rftanbpunft ift jener ber tra=
bitionellen 2el^ranf($auungen feine§ Crben» unter Seiieitelaffung ber f($otaftiic^=
peripatetifdien ßinfleibung ai§ übertebter Se'^rform , beren Srfe^ung burrf) eine
äeitgemäßere bereits in ber S^erefianifd^en ©poc^e jowot in Cefterrei«^ a(§ auc§
im übrigen fatf)otijd)en 2eutjcf)[anb gemeinhin angeftrebt tourbe. äöerner.
©cbouer: 6f)ri[tian 2tuguft &., mit feinem S(f)riTtfteIIernamen <^einri(^
Die bau, äuBerft rrucfitbar al§ Siebter, 33oIfl= unb ^ugenbf($riitftelier, tourbe
am 28. 2luguft 1792 in Änobet§borf (^önigreic^ (5acf)fen, ^rei§ ii^eipjig, bei
SBalbl^eim) geboren; bie gürftenfcfiule in 5JteiBen beherbergte i^n juerft a(§
Schüler, fpäter ate Se^rer; t)ierauf »urbc er ßrjietjer ?ine§ jungen i^ürften
Söittgenftein , roetd)e§ 2(mt i^n mit bem Üitet eines ruffifd^en 6ofrat^§ lol^nte,
1818 ujurbe er ^profeffor ber 'ip^itofopf)ie an ber neugegrünbeten Uniöerfität
Sonn, 1823 gab er feine ©teile auf, unb führte öon bort ein (itterarif^eS
Sßanberteben, ba§ i^n juerft nacf) ^DJUnn^eim , 1825 nad^ Stuttgart, 1831
nadt) .^artörufie, 1848 enblidt) nacf) Tübingen fül^rte. ©c^mere '^lal^rungSforgcn
trübten feine legten öebenSja^rc, beino^e öergeffen ftarb er am 15. 'Dtoti. 1852
in Tübingen. ®eitbem (S. 19 ^a^re a(t mit einer Sammlung (Sebic^te:
„33eil(^enfran5", 1811, amgetreten luar, rotgten feine litterarifcben ^^''-'obucte in
ununterbrodiener )\tni)t beinaf)e bi» ^u feinem Jobe. 6§ finb tf)eit§ ßrjeugniffe
ber eigenen bic^terifc^en ''IJ^ufe, mie „©eiftüc^e unb me(tti(i)e @ebi($te", 3. 2lufl.
1818, „3(u§er(efene S)icf)tungen", 1835, „Gli-iftacf)e ©ebid^te", 1843, „2eben§=
bitber ober profaifd^e ©d^riften", 1. 2., 1825 — 26, t^eit» Sammlungen, toie
„2ie 5]lorgenrött)e", 1. 2., 1819, „3(urora. xafc^enbu^ auT has> ^. 1823",
„Silienbtätter", 1831, „Seutfc^er S)id^ter?aal Don Öut^er bi§ aut unfere 3eiten",
5ßb. I — IV. 1827—28. S)ie @ebic^te ^eic^nen fic^ Weber burc^ Siefe noc^ (Be=
banfenfüHe au§, befunben aber neben ^übfif)em gormtalent einen feinen Sinn für
bie St^ön^eit ber^Jlatur; bei ber '2lu§roa§t für feine Sammetroevfe geigte er gro^e
S5clefen^eit unb guten xaft ; eine retigiöfe Färbung gc^t burc^ fein ganje» bic^terifd^e»
unb (itterariid)e§ Sd^affen; noc^ mel^r ^at er biefer 3lnid£)auung§n)eife SlusbrudE
gegeben in: „9lationaIbibIiot^ef ber Seutfd^en. S)a§ raic^tigfte aus Suf^er'S
S^iiften ent^attenb", 1830; „Gine Defte 3^urg ift unfer Sott, ©rbauungebuc^",
i8b. I— lY, 1843; „S^rifttid^e öauSbibtiot^eE", Q?b. I— VI, 1845-46 (3Iu§=
jüge aus ^. 5JlüIIer, Spee, 3(ngetu» SitefiuS, ^oöaliS, Saiter, Xerfteegen,
^ingenborf enf^altenb). Sbenfo frud^tbar ift feine I^ätigfeit atS ^ugenbfd§rift=
ftcEer: „Sugenbbibüot^et", a5b. I— III, 1831; „5)er beutf(^e ^ugenbfreunb",
„S)er f(i)roabif(i)e .ßinberfreunb", 1835. 9lber bebeutenber als bieS finb feine
populären naturtt)iffenfcf)aftli(^en Söcrfe, metcfie burd^ bie ©runbfä^e, auf xoeld^e
fte bafirt finb , burc^ bie ftare , tilgte Stnorbnung , anf(^autidf)e unb (ebenbige
Sprache f)eute nod^ SBert^ unb @eltung '^aben; ju nennen finb: „-]iaturgefc^i(i)te
für bie beutfc^e ^ugenb", 1827, in ber ^Bearbeitung öon §od)ftetter me^rfai^
aufgelegt; „S)ie merfmürbigften Säuget^iere", 1841; „S($mettcr(ingSbud^",
1843; „Ääferbüdt)Iein", 1849 unb fein befteS Söerf: „3}oIfSnaturgefc^id§te",
1838, unter bem xitet: „'3taturgefcf)ic^te für Sd^ute unb .pauS" in 7. ?luflage
herausgegeben unb bearbeitet Don @. ^äger, x). Söagner, C. ^raaS, 1877.
Sd^ott.
(Vicbauet: ©eorg 6f|tiftian @., 9ierf)tSgelet)rter unb .^iftorifer. @eB.
1690 ben 26. Cctober ju 33reSlau, genoB er ben Ilnterri(f)t beS bortigen @Iifa=
bet§=@t)mnafium§, an bem fein SJater (t 1704) Se^rer war, unb ftubirte feit
aagem. beuffd^e Siogra^j^ie. Yin. 29
450
©elmuet.
1710 in ßeipäig <^umaniora, jeit 1712 bie Ütec^te in 2((toi-| unb in ^atte.
%u] ben Ütui bc§ Süvgeumeifter§ ©ottir. ©räöe, beffen So^n @. fd)on früher
unterrichtet l^atte, fe'^vte er 1715 nad) ^eipjig in beffen ^au§ jurücC, tt)urbe
1717 gjtagifter unb 1721 23eifi^er ber pI)i(ofop|if($en fyacultät. 1723 in (5r=
fürt jum Doctor juris promoöirt , ert)ic(t er 1727 in Seipjig bie (Stelle eine§
orbentlict)en ^rofeffors be§ gemeinen unb fä(f)fif(fien Se]§nred)t§ unb tourbe 1730
Seifiger be§ bortigen O6er;§oigerid)t§. 2)ie Notae 5U (Sd£)itter'§ Sinftitutionen
be§ 2el)nre(f)t§ , bie perft 1728 üeröffentlid^t unb nadj^er noc^ ^tüci 5Jlal auf=
gelegt würben, öetn)iiielten il^n, ha er in einer einleitenben ^itbtianblung bie
©djtfieit ber constitutio de expeditione Romana 16ef)auptet unb it)re Ur^eberfdiait
^aifer .ff onrab II. ^ugemiefen t)atte , in eine liejtige , S^a^re lang fortgefe^te
^polenüf mit bem {)allifd)en .^anjler, ^ot). ''Jßetn b. iiubetoig, ju bcm ®. als
ein ©d)üter öon 2f)omafiu§ unb ©unbting fd^on in nQtürlid)cr Op^jofition ftanb.
3)ie litterarifd)c I()ätig!eit biefer Seip^igcr 3eit ift fonft nicbergclegt in einer
9leif)e öon Slbtianblungen au§ bem ©cbiete ber römifd)en 5lttertt)ümer unb be§
römifc^en 9tec^t§, be§ !L'ef)nred)t§ unb ber beutfd)en ®ef(^id)te, jtuifdienburd^ aud)
in einer neuen Slusgabe beö !!3ot)cnfteinfd)en ?lrminiu§ m üier ftattlid)en !Cuart=
Ibänben (l'eipjig 1731 , bie er mit einer ben l'anbgmann, ben ©c^riftftcHer unb
ben Patrioten öerl^errlid^enben Sorrebe Derfa^. 3n feiner afabemifd^en 2;i)ätig=
feit öermenbete er bie ©tunben , n)eld)e @olb im 5Jtunbc fül^ren, jur ßrftärung
ber 9ted)te, bie \X)xm föftüd)en Äern in gar Gittern Sd)alen bergen; bie Tiaä)=
mittage njibmete er ben @efd)id)ten, in ber Jpoffnung, bie 9lnnet)mlid)fcit be§
t)iftorif(^en 3}ortrage§ merbe ben fd^on einigermaßen befd^toerten @eift ju er=
meden unb auf,5umuntcrn Dermögcn. ©in 1733 erfdiienener unb nai^t)er nodt)
ätuei 531al aufgelegter „Örunbriß ju einer umftänbtid)en .piftorie ber t)orncf)mften
europäifd)en Oteic^c unb Staaten", gemä'^rt einen ©inblirf in bie 9trt feiner
f)iftorifdPjen 2}orlefungen. S)ie genaue unb untrennbare Sierbinbung öon ^uri§=
prubenj unb ©efc^id^te, in ber (ä. feinen 33eruf fanb, öerfd^affte i^m bie 33e=
ai^tung @. 3L ö. ^]JIünd)'§aufen§, al§ e§ i^m obtag, bie ßcf)rer für bie ju be=
grünbenbe Uniöerfität ©öttingen ju geluinnen, @r erl^ielt ben erften 9tuf an
bie neue ^tnftalt, mürbe pm Professor juris Primarius mit bem 2itel eines
.!pofratf)e§ ernannt unb burc^ 9iefcript öom 9, Octbr. 1734 jum föniglidfien
6ommiffaviu§ beftellt, ber bie Functionen maljrne^men foÜte, toit fie nac^ befini=
über @inrid)tung ber Uniöerfität ein gemä^lter ^^^rorector auszuüben t)aben
toürbe: ein Stmt, ba§ er bi§ Dftern 1735 öermaltete. 2lm 19. Dctbr. 1734
lam er nad) ©öttingen unb lub burd^ ein ^^rogramm „De comparatione litte-
rarum studiosorum cum militibus" öom 31, OctoBer jur ßinfd^reibung in hie
5Jlatri!eI ein. @r ftanb nid£)t bloß officiett an ber SCßiege ber neuen Uniöerfität.
(Sine rcid^e (Sammlung öon ©riefen 9}lündt)^aufen§, bie Ütößler in feinem öer=
bienftöoEen 33ud)e au§ ben papieren ber ©öttinger S3ibliot:^et mitgetf)eUt ^at,
belehrt un§, mie ber große Kurator fid) in aEen 9lngelegen§eiten, bie ba§ SBo'^l
ber tüerbenben .^od)f($ulc betrafen, mit @. berieft), über (S(^arma^e unb ^^>o=
lijeitöefen, über ^^ud^^nbler unb 33uc^binber fo gut mie über Berufungen öon
^profefforen unb (5inrid)tung ber Sßortefungen. 5flidt)t fetten fal) fid) 53lünd)f)aufen
babei genötl^igt, ßrmal^nungen jur (Sinigfeit at§ ber ©eete be§ afabemifd^en
Seben§ einfließen ju laffen. Ülei^bar unb l^odtifa'^renb , mie @. tuar , luar er
gar balb mit feinen ßottegen in mani^erlei Sonflicte geratl^en, fo mit SBrunn=
quctt, ber al§ Drbinariu§ beö ©prudt)colteg§ i'^m öorgejogen luar, fo mit ^Jlaf=
coö, mit beffen ©ruber, bem berül^mten Apiftoriler, er fc^on öon Seipjig })tx öer=
feinbet toar. Sa^u famen frü^^eitig Unanne'^mlidtifeiten mit ben (Stubenten,
benen er bie jenaifd^e unb ^attif(|e ^obe, bie ^üte toä^renb ber ©orlefung auf
bem .^opfe ju bel^alten, abgemöl^nen looEte, toaS fie bann mit einem „tiarten
©ebouet. 451
Strumpf" auf ben ferneren 58efud) ber ©eBauer'fc^en ßodegta Beantworteten.
5Jtoci)ten fid^ audf) bie 3uftänbe aEmä^tid) fotoeit gebelfert ^abtn, ba| 5Rüu(^=
l^aufen 1739 @. unb 9ieint)art qU bie einäigen unter ben ©öttinger ^uriften,
bie applausum "Ratten, nennen fonnte, fo toar @. bod^ nod^ im ^. 1741 feft
entf(^Ioffen, Äönig ©eorg II. Bei fetner 3lnmefenl§eit in ^annoöer um feine (5nt=
taffung ju Bitten unb mürbe nur burci) bie ^nterüention einzelner feiner GoEegen,
ingBefonbere i^oEmann'S, öert)inbert, ba§ barauf Be5ügli(f)e Memorial aBjufenben.
1747 erf)ielt er ben Sitel eine§ gel^eimen ^uftisraf^S unb 1755 ba§ Crbinariat
in bem (5pruci)coIIegium ber juriftifc^en ^acuttät. ©eine S}orIefungen marcn
na(i) 3(rt ber 3^^* äaljlreiif) unb mannidtifaltig. @r ta§ (Sefci)ic§te be§ 9ie(^t§
(Historia juris uiiiversi), Üiec^t ber 'Dlatur nad) ©unbling, europäifi^e Ö)efc^ici)te
nad^ feinem ©runbri^, ^anbecten naä) Subobici, über ben 2ejt ber ^nftitutionen
nad) feinem ,.Ordo institutionuni" ((Böttingen 1752) unb 2^f)nxeä)t naä) bem
öon i'fim l^erauSgegeBenen ©d§iÜer'fcf)en ßompenbium. 9lo(^ größer ift bie 5Rei^e
ber miffenfct)afttid£)en ©eBiete, bie er fd^riftftellerifd^ angeBaut f|at, mie ba§ 3}er=
jeid^ni^ Bei ^piitter I. S. 126 unb II. <S. 32 ^eigt. Unter feinen ^iftorifd^en
^rBeiten feien ^erborge'^oBen : eine Steige Bon SlB'^anbtungen jur ßrftärung
Bon Sacitug Germania, meiften§ Programme ou§ ben öierjiger Sa'firen, fpäter
al§ „Yestigia juris Germanici antiquissima in Cornelii Taciti Germania obvia"
((Söttingen 1766) gefammelt; bann at§ ^lugfü'^rung feine§ gebacf)ten ©runbriffcS
eine „^ortugiefifdie d)efc£)icf)te" (1759), ber fid§ eine !^anbfc^rifttid§ auf ber @öt=
tinger S3iBliott)e! er'^altene „©panifc^e (Sefd^icfite" anfc|tie§t. Sie üerbienftüoEfte
unter feinen ^iftorifd^en Schriften ift „SeBen unb bcnfmürbige Stiaten |)errn
9li(^arb§, ermäl^Iten römifi^en ^aiferg" (Seipjig 1744). 5tuf bie§ 2;:^ema huxä)
bie S^erbäc^tigung einer Urfunbe .Sinnig 9lic^arb'§ gefü'^rt, t)at er ficf) in bie
(Befd^ic^te biefe§ g^ürften, ber hmä) ben Sufammen'^ang mit bet cnglif(f)en (Sc=
fc^id^te ben ^rofeffor ber (i^eorgia 3lugufta Befonber§ interefftrte , meiter f)inetn=
^ie^en taffen unb Bemüht fid) namentlicf), ben Ungrunb ber Slnna^me eine§ fog.
Interregnums in einem Befonbern „(BraB be§ ^nterregni" üBerf(^rieBenen
^(Bfc^nitte barjut'^un. 2)urd) bie umfaffenbe unb einfid^tige $8enu|ung ber eng=
Ufd£)en unb beutfdt)en Cuetten unb burd) bie Sammlung ber Urfunben be§ ÄönigS,
bie i^m burd) bie SSertoenbung ^ünd)t)aufen'§ Bei ben beutfd)en 5lrd)ioen mög=
lidt) mürbe, ift ba§ Sud^ nod^ t)eute ben beutfd^en @efd^id)t§forfd£)ern Bon ^o^em
Sßert^e. 5teBen biefem Söerfe finb e§ bie 3lrBeiten für ben Xejt ber ^:panbecten,
benen (ä. ba§ gortleBen feineg ^DtamenS in ber äöiffenfc^aft öerbanft. 2Bäf)renb
er mit einer neuen StuggaBe ber 5]3anbecten für einen ßeipjiger Suc^^nbter Be=
fd^äftigt mar, erfutjr er au§ bem SSer^eid^ni^ ber Bon ^t)n!er§^oe! (f 1743)
l^interiaffenen SiBIiot^ef, ba^ in biefelBe bie t)on |)einridt) Srencmann 1709—13
gefammelten (EoEationen ber ^^^oi^entiner ^anbfd^rift ber ^anbecten üBergegangen
maren. @§ glückte i:^m, bie SBrencmann"fd^en Rapiere auf ber 5luction int §aag
um 1050 (i)ulben p erfte^en, unb er Begann nun mit biefen unb anbern .g)ülf§=
mittein eine neue 5lu§gaBe ber iuftinianifd)en 9ted§t§Büc§er. ^m ^. 1764 gaB
er in ber ©d)rift: ..^arratio de Henrico Brenkmanno, de manuscriptis Breuk-
mannianis etc.", öon bem ©taube feineg Unternel)menl '^aäjxiä^i; bo(^ ift e§
U)m nid^t mel)r gelungen, ba§ Sßert felBft ^u puBticircn. ^3tad) feinem 2;obe
gaB &. ?l. ©pangenBerg biee fog. @5ttinger ober aud£) ©eBauer'fc^e ,.Corpus
juris civilis" in ben ^. 1776—97 :^erau§. S)ie 33rencmann'fd£)en Rapiere gingen
in bie ©öttinger iöiBliot^e! üBer. &. mar öerliciraf^et mit ber äßittme feinet
ßoHegen 9teinl)art unb ftarB !inberlo§ ju ©öttingen 1773 ben 29. ^fanuar.
^etine, Memoria Gebaueri. 1773. ^^Jütter, (Bel.=(Befd§. I, ©. 126;
II, ©, 31. m^Ux, ©rünbung ber Unio. (Söttingen, ©. 43, ©. 78 ff.
(^ottmann) S^ragment einer ©efd^id^te ber (Seorg=5luguftu§=UniB. ju (55öttingen
29*
^52 ©cbauer — ®ebel.
1787 (mit l)anbfcf)nfttid§er ^rortfe^ung auj ber ©öttingcr i8ibIiott)ef). Ungev,
©öttingen unb bie (Georgia ?lugufta <B. 79. 193. g. ^ten^borff.
©ckucr: ^otiann ^uftinug ©., geb. ben 19. md 1710 ju aöatter§=
Raufen im ^enne!6ergifc£)en , tüo fein SSater 2)irector be§ bortigen f5felbmef|er=
goUegiumS tDar. @i* tüar jum ©tubium Beftimmt, ahn ber irü'^^eitigc Job
feinet SBatei-g ^inbertc it)n baran. Sin feinem 13. SJafire ging er fcf)on in bie
grembe unb äloar juerft narf) ^ena ju feinem bortfelbft jtubirenben 35ruber.
^m ^. 1724 trat er in bie 23ud)t)anb(ung be§ g-rancigcuä SSudien bort al§
!^e^rUng ein, um ben 23u(^t)anbet ju erlernen, aber aui^ jugleic^ bie 33u(i)brucfer=
fünft ficf) anjiueigncn. 9la(i)bem er 1730 ausgelernt l^atte, fam er al§ gactor
im S. 1732 in bie 33u(i)bruderei üon ©tept)an DrBanS in ^palle unb nad)bem
er biefelbe circa ein ^atjx berwaltet l)attc, taufte er ba§ ©efd^äft, um e§
für eigene ^tcdinung n:)eiter ju betreiben. 3^ vlnfang beä:^- 1734 öerl)eiratt)ete
er fi(^ mit ^arie @opl)ie 33crtram, be§ 9lpotl^efer§ Sof)ann 9(bo(p'^ Sertram
Sodtitcr 5U Dueblinburg. 3lu§ biefer @l§c gingen neun i^mbcr ^^eröor. @r
öerlegte unb bructte eine anfcl^nlictie ^i^t öon (5(i)riften , nid)t aEein in
beutf(i)er, fonbcrn anäj in lateinifdjer , böt)mifc^cr, potnifd)er, menbifdier unb
ungarifd)er ®prad)e. @r brudte aud^ bie erften '.)lu§gaben ber 6anftein'fd)en 58ibel=
ausgäbe, bi§ ba§ {)attifd)c 2Baifenf)au§ felbft eine Sruderei anlegte, ferner er^
fd)ien bei i'^m bie „!!3utl)erifd)e ^irc^enpoftille" unb öor allem bie 5lu§gabe öon
„ÜJut^er'S ©diriftcn", welche 3fol)ann ©eorg 23}al(^ beforgte. S)ie befannte unb
feiner 3^^^ berüt)mt gemefene „^lügemeine 2Bcltgcfd)id)te" in öielen Cuartbänben
ging au§ feiner S)ruderei l)erbor unb erfd)ien in feinem 53erlage. ®r ftarb am
6. äau. 1772 ju ^alle.
S)gl. (5>'iefener, 33u(^brurferfunft, II. ©. 54 — 56. S)ie üorne'^mften fieben§=
umftänbe unb ber perfönlid^e Gbarafter be§ fei. 3o_^ann 3^uftinu§ f^ebauer,
Sud)bruder^errn§ unb 33ud)l)änbler§ k. in .'oallc, aufgefegt im Üiamen feiner
gfreunbc. ^aUc 1772, ^olio. ^ ^eld^ner.
@cbcl: ©eorg &., ältefter @o^n be§ ju Breslau 1750 öerftorbenen Dr=
ganiftcn (S., geb. ben 25. Cctbr. 1709 in Sricg, t ben 24. ©eptbr. 1753 aU
ßoncertmeifter in 9tubolftabt. ©ein au|erorbentlid)e§ mufifalifd^eö Stalent,
toeldjeS fid) bei il)m fd)on in frül^er Sugenb jeigte, mürbe ausgebilbet tl)eil§
burd) ben tüchtigen Unterrit^t feine§ 3}ater§, al§ einzigen ^e^^rerS in ber 2;on=
lunft, tl)eil§ burd) feinen eigenen, eifernen ^lei^, t^eilS enblid) burd) ben Um=
gang mit l)eröorragenben a>irtuofen feiner 3eit, mie x^ehde, ^^offmann, Traufe,
Äropfgang u. 91. , mie nid)t menigcr burd) bie bamal§ in 33re§lau oft öor=
fommenben 9luffül)rungcn italienifd)er Dpern. 2)al)er tonnte er fd)on in feinem
12. ^al)re ein fertiger ^ünftler auf Drgel unb Slaöier genannt mcrben unb
erntete bei feinem öffentlidien 5tuftreten ftet§ ben reid)tid)ften SeifaE. 9tad)bem
er längere 3eit fit§ (Subftitut feinel fränflid^en 93aterg getoirft unb baneben al§
beliebter ßomponift fic^ einen 'Otamen ermorben ^atte, mürbe er bom -O^^'^OÖ^
3U Del§ 3um (japellmeifter ernannt unb 1735 al§ fold)er in bie gräfl. S3rü'§rfd)e
6at)ette nad) S)re§ben berufen. .g)ier erlernte er auc§ bie Seljanbtung be§ öon
.s^ebenftreit erfunbenen ^kntaleon§. 1747 folgte er bem ülufe be§ funftfinnigen
dürften Sfo'^cinn ^^riebrid) öon ©djmarjburg nad) 9tubol[tabt aU dapettmeifter.
9lu(^ l)ier ,toar er unermüblid) in feinen 9lrbeiten unb bie 3al)l feiner beliebten
geiftlic^en unb meltlid)en ßombofitionen meierte fid) in auffallenber äöeife. Seiber
legte er burc^ ba§ ru^elofe Söirfen auc^ ben Äeim ju frü^^jeitigem 2;obe in
feine oljnebie^ fd)mäd)lic§e ^ör|3ercon[titution, foba^ er tro| aEer freilid) 3U fpät
angemanbten ©tär!ung§= unb ©r'^olungSmittel f(^on ben 24. <Bept. 1753 ftarb
mit bem 3eu9ni^r in ben if)m angemiefenen Greifen öiel jur allgemeinen 33il=
®ebt)arb II. - ®ebf)ai:b III. 453
bung, 3UV ©rl^otung, tüie jur (SrBauuiig in§Bejonbere Beigetragen ju f^abm. 2)te
3at)t feiner nD($ befannlen Gom^ofitionen ift eine fe^r gro|e; üon gei]'t(id)en
jinb 5u nennen: jtoei ^Najfton§muiifen , mehrere 2Bei^nac^t§cantaten, jlnei t)oIt=
[tänbige ^atirgänge tion Äirc^enmufüen unb jloar rüx je einen @onn= ober geier^
tag jtüci ©tücfe, „@rbauU(i)e cfirifttic^e Se'firen", „^bfttidie 000= unb S)anfopfcr",
ßomlpofttionen für ©eBurtärefte fürfttidicr ^erjonen; — al§ welttid^e: mef)r aU
12 £)|)eretten, öon benen fünf ton ber fürftt. ßapeEe toirfüc^ aufgefü'f)rt tourben,
üöer 100 „(Sinfonien unb ^:]3artien" für ben g^ügel, ßoncerte für Gtabier unb
ljerfd)iebene anbere ^nftrumente.
S5gt. 5. SB. ^arpurg'g .öift.=frit. 2Sel}träge jur ?IuTnaf)me ber DJlufif,
1. 33b.; @er6er'§ ^iftor.^Biograp^. Serifon ber xonfünftter, öttere (I. 25b.)
unb neuere (II. Sb.) 9lu§gabe; ^üizx'l SeBenSBefcfireiBung Berühmter ^uitf=
geteerten; S)öring, in @ifc^ unb ©ruber'g gnctiflopäbie, 1. ©ect., 55. 33b.;
2. ^. ^effe, 25er5. fc^warafiurg. ©ele^rten au§ bem 3Iu§lanbe, 3. @t. 1833.
@d§ut|)rogr. StnemüUer.
(VJeb^arb IL, 5Bifct)of öon Sonftanj, geft. 949, f am 27. ?luguft 995
(tt)al§rfd^einliii)er al§ 996;. @. [tammte au§ einem ber angefe^enften |)äufer öon
ber öftlicS^en unb norbö[tti(f)en Seite be§ 23obenfee§, öon ben Ubatric^ingern,
a(§ ber jüngfte So^n be§ ©rafen U(ri($ VI., toetc^er mä) urfunb liefen Seweifen
burcf) bie (Srmerbung ber ©tettung in Ütätien ober^lb , fpäter au^ unterhalb
ber Öanbquart feine ererbte ©etoalt er^eblii^ öerme^rt "^atte. S)er ^^eterS^aufer
Wönäj nennt ben 53ater in feiner Stammbaumtegenbe Uojo öon SSregenj, bie
über ber ©eburt be§ @of)ne§ öerftorbene ^Jlutter Sietpurg. 6. fam unter
S3if(f|of ^onrab (f. b. 5trt.) auf bie (Sonftanser S)omfc^ute unb erf)iea, at§ ^on=
rab§ 9ta(f)folger ©amtnolf (976—80) geftorben mar, öon ßaifer Otto II. 9iing
unb ©tab. S)a§ bebeutenbfte, toa§ ber neue Sifdiof öoEbrai^te, mar bie SttT=
tung be§ Ätofterä ^:peter§^aufen , auf einem burd) i'^n öom Softer Üteid^enau
eingetaufcf)ten, ßonftan^ gegenüber auf bem recfiten 9t^einufer liegenben @runb=
ftücfe, 983. 3u ber reichen 3Iu§ftattung be§ neuen ®otte§^aufe§ trug ®. mit
einem großen Steile feiner Erbgüter bei, öorjügtiii) im Umheife be§ 23oben=
fee§. ©0 mürbe nid^t nur be§ @rünber§ Seben l^ier in jeiner Stiftung, aüer=
bing§ erft im 12. Sa^r'^unbert, befc^rieben; fonbern ber gleiche ^önc^ gab auc£)
in feiner 1156 begonnenen Ätofteri^romf , in ben fultur^^iftorifci) intereffanten
3(bfcf)nitten über bie 5Infänge öon 5l}eter§^aufen, eine ©efd^i^te be§ ©tifter§ unb
feines '^aufe§. @. fanb feine 9lu'^eftätte in ber mit großem dki^t burd^ i^n
errichteten unb öer^ierten Äircf)e be§ ^I. $apfte§ ®regoriu§ ju 5|}eter§f)aufen,
morauf fi^ 1134 an eine erfte gr'^ebung ber (Sebeine bie 23eref)rung be§ Sifd^ofS
a[§ eine§ .öeiügen fnübfte. Ser DUme beffelben, bie (Erinnerung an tf)n unb
feinen ^ultu§ öerbinbet ficf) öoran mit bem burc^ feine 5lu§ft^t berühmten
©eb'^arbSberge ober^tb Sregenj, mo ficf) in ben 9tutnen ber burd^ bie ©(^meben
^erftörten alten ubatrid^ingifd^en gefte, ber Segenbe nad^ ber @cburt§ftätte be§
33ifd§of§, feit 1723 bie @. gemeinte fleine 3BaafaI)rt§fird^e erl^cbt.
Sie Tita Gebehardi, ed. Wattenbacli. ftef)t in ben Mon. Germ., Script.
Sb. X. @. 583—94; aber ebenfo mi(f)tig finb bie Dlad^rid^ten öon Lib. I.
ber Casus monast. Petrishus.. 58b. XX. @. 627—39 (ögt. ^DZeugart, Episcop.
Constant. 33b. I. 8. 297—306, fotoie über bie Sautf)ätig!eit in ^eter§^aufen
bie Slb'^anblung ^efl'S im greiburger ®iöcef.=m-d^., 25b. IL ©. 345 ff.).
^et)er öon ßnonau.
®cb^orb III., Sifd£)of öon 6onfton3, f am 12. g^oüember 1110. ßtn
©o'^n 23ertoIb§ L, «ruber 5ßertolb§ IL öon Boxringen (ögt. 33b. IL ©. 535),
mar ®. einer ber ^cftigften 3}orfecf)ter ber firc^ti(f)en ^^jsartei in ©d^maben gegen
^einrid) IV. — 3BoI öor ber 5J^itte be§ 11. 3a^rf)unbert§ geboren, "^atte ®.
454 ®ebf)otb III.
juerft bie äßüvbe ctne§ ^ß^'opfte^ äu Ä"anten befleibet, a(§ er in ba§ unter beni
2t6te Söit^elm jett 1069 ju fo ^ofier 35cbcutung emporgeftiegene Äloftei- .g)iif(i)au
aU Wönd) eintrat; e§ roax bie gleiche ftreng bie S3ejief)ungen jur fiegreicf)
fänipfenben römifc^eu ^ir(^e auitocifcnbe 6e[innung in i^m leBenbig , bie 1073
feinen SSrubev, ben ^Jlarfgrafcn Jpermann, ju Glugni) ein ^a1)i bor feinem %oht
in ba§ ^lofter filierte. (5(i)on 1079 luar ^^üapft ©regor VII. nad) bem lobe
be§ ©r^Bifc^ofS SGßerner Bemül)t gelüefen, ben (^egentönig Üiubolf auj (55. aU an]
einen 5!Jtann t)in juweifen , ber für bie erlebigte 2)iöcefe 9Jlagbe6urg in ^i^age
!ommen fönnte. 1084 aber würbe nun ®. 33if(^oi ^u Sonftanj, baburc^, ba^
ber päpfttic^e Segat Sijc^oi Otto tion Dftia (feit 1088 al§ ^:papft Urban II.
@regor'§ ^toeiter 'Jlac^folger) it)n „ber fd^on tauge öernnttmcten ßonftaujer
Äir^e" at§ „fat^olifc^en .^irten" gab (22 S)ecember). «ernolb (ügl. a3b. II.
8. 469 u. 470), tüdä^ex bergeftatt über ©., „einen 5JIann, ber ebet burrf) feine
©eburt, aber ebler burd^ möndiifi^en äöaubet ift", in feiner ß^ronif beri(i)tet,
öertfieibigte bann in einer eigenen ©c^u^ft^rift bie Drbination bcffelben at§ eine
ftreng canonifrf)e gegen ergangene Singriffe. Stud^ ju ßonftan^ mar nämlid),
h)ic anbcrgujo, feit ©regor VII. gegen ben 1071 burrf) .f^einrid) IV. eingcfeliten
Sif(f)of Dtto I. in ber I^eftigften SÖeife Oorging unb benfelben 1080 förmlich
mit bem 5(natl§cm belegte, eine ööEige Stnardiie ausgebrochen. S)er öon ber
@egen))artei gegen ^einri(^§ IV. |)erjog f^^riebrti^, ben ©taufer, erI)obene @egen=
Iier^og S3ertoIb, ber ©ol^n be§ 1080 üerftorbenen ©egenfönigS Otubolf, ftellte
gegen 33ifc£)of Gtto ben Sertolf al§ ©egenbifc^of auf; bod^ blieb berfelbe gänj»
li^ ma(i)tto§. 6rft ®. nat)m nun, tliatfräftig, foit er war, unb geförbert burd^
feine in ©ct)toaben fo mäd^tigcn 33ern)anbten, ben .^ampf in na(^f)attiger SBeifc
auf, ju beffen anfangs nur feT)r ungerne übernommener 5üf)vung it)n n)oI f)aupt=
fäd)Ii(^ fein 2t6t Söitl^etm auSertüäl^tt ^tte. ^tüax geftaltete fid^ gtetd^ anfangt
bie ßage für ben neuen S5ifdt)of nic^t günftig, inSbefonbere baburd), ba^ ,^peinri(|,
mit ber ^aifertrone gefc£)mücft, nad^ ber (Sinfe^ung fetne§ ^^papfteS 2ßibert au&
^tolien äurücE unb tt)iebcr auf beutfd^em 3?oben toar, npaS feiner ^^artei gegen
ben ©egenfönig Jpermann äur Scfeftigung bientc. @. mürbe nebft anbcren S3i=
fd^öfen im ÜJiai 1085 burd^ eine faifertidtje ©pnobe ju ^Rain^ ejcommunicirt,
Otto at§ ber red)tmä^ige 23ifd^of für gonftana erflärt. 53efonber§ aber fa^ er
ficf) gteid^ öom 2lnfang an in ben ©treit über ba§ Ätofter ^Keidienau tiermicfelt,
für n)etd)e§ ber eifrig faiferlid) gefinnte 3(bt lUric^ III. öon ©t. ©allen (f. b.
5lrt.) 1079 burd^ ^einrid) IV. al§ »orfte^er, gegen ben wirflid^en Slbt mt-
t)arb, eingefe^t toorben xoax, unb beSfialb mu^te er nun ßonftauj auf furje S^it
öertaffen. SlEein im Slnfange bei ä. 1086 ftarb fein ©egner, 33ifd§of Ctto,
unb ©. öermod^te fo fidd ber Slngclegenl^eiten feine! ©prengetS anjunelimen,
befonber§ bie ©tiftung ©eb^arbl IL, ^letere^^aufen , burd) bie ^Berufung bon
.g)irf^auer 5Jlönd^en ju reformiren, fo ba| ba§ ^lofter jc^t unter feinem neuen
3lbte S^eoberic^ (1086 — 1116) ungemein emporblü'^te , unb ä^ar unter reger
2;i^eilnat)me be§ SSifd^ofö Doraügtic^ an ben Sauten; aber auc^ an feiner 1052
Sufammengeftüraten S)omfird^e baute @. fort, fo ba^ 1089 bie Jpauptmei'^e beö
ganzen ^Jleubaue§ ftattfinben fonnte, unb 1085 ^alf er 9lbt SBitl^etm bei ber
neuen ©rünbung einer |)irfd£)auer Sotonie ju ©t. ©eorgen auf bem ©d)tt)ar3=
toalbe. S)od) 1089 befteHte nunmel^r ein ©d)reiben 5papft Urban§ II. @. grabe=
3U 3um f^ü^rer ber päpftUd^en ^Partei für 2)eutfd^Ianb , junädift natürli^ für
©d^maben: er tüurbe am 18. 2lpril neben 23ifd^of Slltmann öon ^:paffau mit ber
ä)onmad£)t eincS päpftlic^en ßegaten für „©ad)fen, ©d^maben unb bie übrigen
©egenben" auSgeftattet. 2)ie 9tntrt)ort :^ierauf mar bie erneuerte ßrtiebung eineS
@egcnbifd^of§ gegen ©., in ber ^^Jerfon be§ ©t. ©aßer 3«önd§§ 2lrnolb, ^BruberS
be§ ©rafen ^einrid^ Pon ^eitigenberg , meldtien Äoifer ^einiid) in ber Ofteräeit
®ebt)Qtb III. 455
1092 5U 93lantua an] 3lbt UIri(i)§ SBetveitjen :^in Bejeidinete. UWif) gebarf)te,
Stxnolb mit (Betnalt einjujelen; aBer bex SSerfu^ ic£)eiteTte fuT3 öor äBeitinaditen
1092 buxd) ben entfd^lofjenen Sßiberftanb ber gonftanjer SBürger. ^tiätoifd^en
jeborf) Vtte bie ^äpftli(i)e faxtet in @(^lt)a6en 1092 naä) bem 1090 eingetretenen
Jobe 33ertoIb§ öon 9if)einielben ben Araber be§ 33ifd^of§, ^Bertolb II. Don 3ä'^=
xingen, jum ."perjog ertoä^It, nnb 1093, in tt)el($em ^at)i-e au(^ ein neuei;
2Jtitte(t3unft firä)li(i)er ^eftrebungen burd^ |)ei'3og SSertotb im ^loftcr ©t- 5peter
im ©d)tt)avätt)albe gef(^affen nnb t)on ®. eingett)eit)t mürbe, f)ielten Beibe SBmber
mit ben meiften üBxigen fdimäbifd^en ©ro^en im ^loöemBer eine SSerfammlung
3U Ulm ab, mo fie ot)ne 3^^^!^^ ^^^ iVÜtirer be§ (Stammet gegen ben Ädjer
^etöortraten. 6ö mürbe befdjloffen , ba^ ®. allein at§ bem )3äpftli(^en ©teE=
öertreter in allen geiftlidien Singen 3U ge^orc^en fei, toäl^renb man 5BertoIb
bagegen im Söettlic^en f)oIb unb gemärtig fein muffe; anbererfeit» jebod^ ^tte
aSertoIb bem ^ßruber in bie ^anb ben 55afaEeneib für ben §(. 5petru§ förmtic^
gefc^moren. Stber auä) auf 58aiern erftredften fic^ biefe ©inmirfungen, fo ba^
ein in Ulm aufgefteltter Sanbfriebe, Don metc^em einzig ber (Begen!6ifä|of Strnolb
unb feine '^Inpnger au§gef(^toffen blieben, burdf) ^erjog Sßelf IV. bortf)in öex=
pflanzt mürbe; ebenfo na^m an einer ©t)nobe 3U ßonftana, mett^e ®. Dftern
1094 berief, äöelf abermalg 5(ntf)eil. Sine förmlid^e }3äpftli(^e 9tegierung f(i)ien
fic^ um bie 5)ßerfon be§ Segaten mit 5tu§f(^lu| ber faiferlic^en (HeWalt in biefem
Steile öon Dberbeutf($Ianb bilben 3u follen. 1095 mo^^nte @. ber großen
^irc^enöerfammlung ^u '^^iacen^a hti, unb e§ ift nicf)t untoatirfi^einlici), ba^ ba§
@uta(^ten be§ gelet)rten 2:^eotogen SSernoIb, be§ S^roniften, über bie ©ültigfeit
ber öon eixommunicirten (Seiftliiiien gefpenbeten ©acramente, met(^e§ üon @.
befteEt toorben toar, al§ berfelbe eine nä(^ften§ beüorfte^enbe ^ird)ent)erfammtung
na($ päpftlic^er Berufung befucf)en moEte , eben auf biefen SlnlaB fid) bejog.
■patte :§ier ©. an einem ber größten Sriump^e ber rafc^ emi}Drfteigenben S5or§err=
f(i)aft be§ $apfttl)ume§ fidf) betf)eitigt, fo fa:^ er fi(^ bagegen in ben näd^ften
3^at)ren al§ S5erfe(f)ter ber ^läpftlic^en ©a(i)e in ©c^maben fe|r eingeengt. <^er=
30g Sßelf üexfö^nte fic^ mit bem Äaifer unb fogar be§ SifdiofS eigener SSruber,
SSertolb IL, erfteUte tmä) ben 5(u§glei(^ mit iperäog S^riebricE) I. bie 5!)lög(i(i)feit
eineg frieblirf)en ']tebeneinanberbeftet)en§ ber 3at)ringifct)en unb ber ftaufif(^en ^n=
tereffen, fo ba^ jefet bon 1097 an bie Söaffen ruhten unb &. al§ 2Int)änger
Urbang II. aEein ftanb. a5on felbft ergab e§ fi^, ba^ naä) Urban§ Sobe ber
neue *^5a:pft ^:]3afc£)ali§ II. ben S3if(i)of in feiner „aJpoftoIifi^en S5ertretung in ben
beutfc£)en Öanben" 1100 beftätigte. 3lber bie Sage beffelben mürbe eine immer
unerpuirflidiere ; naä) einer 3ufd)nft be§ ipa|)fte§ meiere mol bem nä(i)ften ^a^xt
(1101) angel^ört, fdieint fogar @., „um ben 9)erfe'^r mit ßrcommunidrten ju
nermeiben", mit bem *^tane auSäutoanbern umgegangen ju fein, fo ba| ^4^afd)a(i§
bei aEem Sobe bes religiöfen @ifer§ biejenigen tabelt, „meldte mitten in einem
öerfe'^rten unb f(f)Iei^ten Sßolfe ni(i)t auäfiarren fönnen". äßirftic^ mu^te ®.
1103 öor einem burct) ben trafen ^einriiii öon -Ipeiligenberg unterftü^ten 2ln=
griffe be§ @egenbifii)ofe§ Slrnolb auf einige 3"t aus ßonftan^ meidien. %m
8i(i)tme|fefte be§ Sat)re§ mürbe SIrnotb in ben S)om eingefül^rt; au(f) ber @.
getreue 5lbt 2;t)eoberic^ mic^ au§ ^eter§f)aufen f)inmeg; umfonft entfanbte $a=
f(^ali§ am 10. gebruar 9tunbf($reiben an bie 2Betfen unb 3%'inger (ben
58rubcr unb Steffen be§ SSif^ofg felbft) unb bie übrigen „bem öerfe^rten .giaupte",
Slrnolb, an^ängli(i)en f(f)mäbif(i)en ^^ürften, ba^ fie ®. ge^^orfam bleiben foEten.
@rft bie Sreigniffe, meldte im 3ufammen'^ange mit bem 3lbfaEe bei jungen
Äönig§ ^einriä) öon feinem faiferlic^en 33ater ftanben, füt)rten &. au§ feinem
@jil prüd (in ber 3toif(^enäeit fdfieint er fic^ in ©t. Slafien, fomie im SreiSgau
aufgehalten ju ^aben, mobei (Sgino, ^önd^ unb f|)äter, 1109, 3lbt öon ©t.
456 &thi)axb III.
XUric^ unb Slfra 3u Slugsburg, in jeine 2)tenfte trat, faum jebod^ bei jeincm
aSruber Sertolb II.)- 511^ bev jüngere ^einrid) nad) bem 3Iüsbrurf)c bcv 9)ei-=
fd^hjörung gegen ben S)atev 1104 im 2)ecembev hai Säger beffelben öerlaffcn
unb naä) 33aiern fid^ Begeben ()atte, |c£)icfte er gleid) nad) bem aBei^nad)töicfte
33er[i(^erungen feiner Unterroerfung an ^4^afd)ali§. 2)ie Slutträgc be§ ^4>nPflcö an
ben i?önig eröffnete nun C^). im ^Jlnfangc be§ ^. 1105 perfönüd^, ba§ ^4-^afd)ali5,
„in ber Hoffnung, ba^ ber Stt'iefpalt jn)ifd)en 3}ater unb ©of)n üon (^)ott ge=
fommen", ben apoftotifd)en (Segen unb ii^öfung au5 bem ißanne ertt)ei(e. Jpeinric§
felbft fd^eint ben G)cgcnbifd)of au§ (5on[tan3 öertrieben unb 05., foroie i'^eoberid),
ben er ju feinem 33cid)tüater madjte unb xeid) befd)enfte, in if)re 5(emter tt)iober
eingefe^t ju l^abcn. 2ltö ßegat begleitete nunmehr (i>. ben Äonig nad^ (£ad)fen,
n30 fie im^ai 1105 ju '3torb"§aufcn jum S3e^ufe ber burdigängigen llmgeftattung
ber fäd)fifdE)en Äirdf)e im ©inne ber römifd)en ^ntereffen eine ©t)nobe abl^ietten,
nadibem fc^on ®. allein ben Sifd)of Söibelo öon 931inben alö einen ?lnf)anger
be§ .^aiferg öertrieben tjatte. %i)e\i§> allein, t^eit§ gemeinfd^aftlidf) mit bem
^Jtainjer ©r^bifd^of 9tutf)arb feljte barauf 03. au(f| in (Bo§Iar unb ^Jtagbeburg,
mo er hen Don ber päpfttic^en ^krtei jum ßr^bifd^of erwäl^tten <!peinrid£) in einer
'i)tmad) bom ^^^apfte felbft mipittigten überftürjtcn Apaft meiste, feine 3tnorb--
nungen fort, i^üx brn aui ba§ aBei:^nadE)t§feft nadf) 9)lain^ angefagten 9teidj§tag,
tDel(|er über ben 33efi^ ber 9teid)ggett5a(t angefid)t§ bes nid)t gefdilidtiteten Streitet
ätoifd)cn SBater unb ©ol^n entfd)ciben fottte , mar 03. neben bem ßarbinalbifc^of
9lid^arb tjon ?lIbano, einem geborenen 'iiot'^ringcr, als !i3egat bejeid^net ; nacf)bem
bann ber Äaifer burd) ben Äönig überliftet unb gefangen genommen morben
mar, bet^eiligte fidC) Oj. in Ijeröorragenber Söeife an ben SBerl^anblungen ber öon
52 ©roBen be§ Üicid£)eö, baruntcr mol aucf) feinem Vorüber i^ertotb IL, bef netten
glänjcnben SSerfammlung. äöenn aud) 9iid)arb bei ben bieten 5U :3ngeU)eim,
meldfie in ben erften Sogen üon 1106 ben Äaifer üöUig bemüt^igten, in crfter
Sinie l^eröortrat, fo na'^m bod) @. an ber .ßönig5meit)e ^einri(^ö V. ^u 53iain3
unb an ber S)urd)füt)rung ber romifdjen 93egel)ren auT bem 5Reid)§tage ebenfalls
einen großen 5lntl)eil, unb e§ oerftanb fid^ öon fetbft, baB neben einer großen
(s3efanbtfd^aft beutfd()er ^irdt)enfürften aud) @. mit einigen 33egteitern nad) iKom
abgeorbnet mürbe, für beffen ©ieg er Ooran feit 3^a:^ren unb in ben Iel3ten ^}Jlo=
naten in erl)öl)tem ^a^e gerungen i)atte. 5IIlf in ein5ig ®. gelangte jum ^^^apfte ;
benn bie anbercn Öefanbten fc^einen burt^ bie if)nen im gf^ruar 1106 3u Iricnt
§u 2;t)eil gemorbene gemaltfame 33el)anb[ung öon ber ^oitfe^ung ber IHeife db--
gefd^rcdt morben 5u fein, unb ebenfo f)inberten bie in 2)eutfc£)tanb neu t)eröor=
tretenben Söirren ben ^4>ipft, ber ßintabung, toetd^e an it)n ergangen mar, ju
folgen unb ^u ■g)einrid^ Y. bortt)in ju fommen. S)agegen i)ielt nun 5pafd)ali§
3U ©uaftaEa im October 1106 ein Ö'oncil, an roetd)em einige beutfd^e 33if(^öfc,
barunter aud) &., \iä) bef^eiligtcn : ie|t moEte ber ^apft ber erneuerten 51ut=
forberung be§ Königs g-olge leiften, al§ er plö^tid^ mieber anberen @inne§ mürbe
unb ftatt nad) 9lug§burg , nad^ fyranfreidf) ging. 4-)ierburcf) unb burd^ bie Er-
neuerung be§ ;3nöeftituröerbote§ loderten fid§ bie engen Se3iet)ungen jmifd^en
^afcf)ali§ unb ^einric^ V.; aber aud^ für ®. toar bei biefen öcränberten U}er=
I)ältniffen ein ^e[tf)alten ber bi§t)erigen SJertrauenSfteEung bei beiben ©emalten
nid^t me^r mögli^. ^laä) Sonftans aurüdgef el^rt , l^ielt er fi^ in feinen legten
ßebenSja^ren, befd^äftigt mit ber ^ßeforgung ber 9tngelegent)eiten feine§ S9i§t^um§,
öon anbertoeitigen Singen, im ftarfen ©egenfa^e gegenüber feinen frü'^eren ^al^ren,
3urüd. äöol im ginüange mit ben Sntereffen ber gfamiUe — bie 3ä:§ringer,
öoran S3ertolb II., :^ielten fid^ ju ^einrid) V. — magte e§ @. nid§t, bem
Könige fid^ ju miberfe^en. äßa!§rfd£)cin{id5 gleich anberen beutfc£)en ^ifd^öfen
burd) ^einrid£)§ Y. 3ßin! äurüdgelalten, fanb ftd) ©., tro^ feiner ©teEung aU
®ebf)arb. .c-
Quc§ attereS^inge^eröorm^te, hit ma^hchnx^ex unb bie üJlinbena- 3tngertgeXit
um &. mit itavfen ^ertöeiten ju beftrafen: nur bie (5vinnerung an feine fmlm
ä^erbienite unb bte ^ürbitte bev üerfammeüen 9}äter - t)ern(^erte ber l^a\)ft -
^rr s.'^"/^^'^^^*'^' ®- ^'"^ ^"'^^ 3U fuspenbiren. @. fd^eint üon ba an
Sr?Lv"I.S TT^\^ "."^'^ r^? ®^''"9^^ 9^^^^"^^^ 3U Mafien, 6i§ er im
^at)re üoi 23extoIb II. itarö. - @. ijt, wie einer ber fieröorragenbften SJertreter
ber gregorianilc^en ^^olitif unter ben beutfd^en Sifd^öfcn, fo au^ mi^ ber üro=
mnctalen Äirc^engefc^i^te Sc^toakne, befonber« mit ber gntitehuna ober önt-
toKftung .etnei^jltei^e^ öon Älöftern (fo tvax er aufeer bei ben genannten no^
l p-J'' .^J^^^^^^^^^^ 10^3, bei 9IIpirgba<^ 1095 mitratfienb unb toeibenb)
1'%''^^ ^HL..^"- ?Ö^^' öerbunben. S)ie ^erDoi-ragenbe Begabung, befonberg bie
enb £ot ''^ ^'' ^^^''"Ö'' *'^* ^" ®- ^"^ ^^"^ tiy:mä)tn {yetbe glän-
ßine im Codex Hirsaugiensis rü^menb ermähnte Vita Gebehardi ift leiber
öerforen leboc^ naä) @iefebred^f§ SJermut^ung möglicher qSeife in ben Casu<^
monast Petrishus, Lib. III., benu^t. ^n na^en perfönlic^en Seaie^ungen 3u
^^^r-- ^i!?^^'^^,"^' ^'^ »i^ ine^^-iad^ fa^eu, ber Ö^ronift Sernolb, fo baß
au(^ bellen Stnnalen 1084-1100, fotoie bie hei Uffermann: German. Sacrae
Prodromus hh. U gefammelten Streitfd^riften manches bieten. S)ie aU=
gemeinen ^eid^sgelc^id^ten, ebcnfo fpecieH itk Continuatio casuum s Galli fo=
toie Tur 3a§nngifd)e 3)inge ber Rotulus Saupetrinus (bei C^eicfjtlen- Sie 3äb=
ringer, (5. (30— yl) für ipirfcfiauif^es unb ©t. «(afianif^es ber Codex
Hirsaugiensis («ibl. b. htterar. ©erein§ in Stuttgart, 33b. I) unb baä Chron
Burgelense (ed. 0i. ^eer: Anonymus Murensis denudatus, ©. 365-84) für
©t ©eorgen bte ^otitiae fundationis s. Georgii (ed. «aber: gjtonc'g 3tf^v.
•• ^^?- t -^^^■^.^l^"^' ^^- I^- ®- 194-225) u. a. m., tommen au^erb^m
m ^eti-ad^t^ — 3ulammen^ängenbe Sc^ilberungen geben Dieugart: Episcop.
£h rk ?n- -.fn^^'-^^-' "^^ '^'^^-^^"' ini grciburger S)iöcef.=Wü
»b. I. ©. 300-404). 5;tet,er Don Änonau.
©cböarb: 23. bon eicfiftäbt: f. Jßictor IL, ^auft.
G)Cbto: Irm^feB Don Söalbburg, grjbifc^oT unb Äurfürft öon Äöln
''"^~ ' J" '^J"^ "'^'" ""^ '^^^^^^ ^"^ "^e Tcac^Totgcr ma^gebenben Sio=
?i'°i V "'f ?¥' ^'J""'^ mmä)en ©egnera gefunben. datier mirb ein enbgüttiges
Zt "^ !' ^^^^'«^^^ ""^ 3:^aten bes gj^anneS erft abgegeben »erben fönnen
na^ 3:eenbigung ber üon berfc^iebenen (Seiten in 2Ingi-irf genommenen ari^iba-
Iil^en üoricflungen über bie ©efc^it^te be§ fötnifc^en Äriege«. @. itammtrau§
ber alteren, ^acobimfd^en ober 2raud^burgifd§en Sinie be§ jur fc6mäbifc6en
ÖraTenban! gehörigen trei^errtid^en ©eft^Iec^teg ber, grbtrud^feffen öon 2ßalb=
f^' -i^fl'"" T}^- '^°^'' ^^--^ ^Jböember 1547 at§ 3rteiter So^n bee in
Dlterreic^ifc^en unb fatferlic^en S)ienlten me^rfac^ bermenbeten öerrn aBitfielm
^ruc^fe^ unb bei^Sräfin ^o^anna bon fyürftenberg mürbe®, in jungen ^a^ren
3um getitlic^en ©taube beftimmt. ^m S- 1558 übernahm, aus ItnIaB ber
-J^uatot)nung nad^ längeren @rbftreitigfeiten , feineg S5ater§ berühmter ^\-uber
Otto eai-bmal öon Slugsburg, bie ©erpfli^tung, ben Knaben „3ur ©eifttid^feit
unb bem etubtren 3u_er3iet)en unb 3u geiftlic^en »eneftcien unb Söürben 3U
beTorbern. S:ie,el _9}eripre^en erfüllte Garbinat Otto. &. mürbe, nad§ ber
&itte ber 3eit, aur öerld^iebene beutfd^e unb auSmärtige Uniüerfitäten gefd^icft
(S)imng_en, ^ngotltabt unb Jörnen merben genannt), unb ermarb fid^ tüd&tiac
i^'"."^?K s.?"^ ?■ ^^^" ^^9"^ '' i^^ "^'^ St'^ti^"' ^0 er namentlich bie
Untöerfttat ^;>erugta eine 3eitlang befuc^te, - öielleid^t aud§ ^Bologna, dagegen
458 @et)t)arb.
tüirb bei- 33ei)aiiptung, er fei in 9lom jelbft, glcic^jam unter ben ^(ugen beö ^4Japfte§,
erjogen worben, fc£)on öon 3eitgenofjen tDiberjprodjieu. 5lo(f) n3ät)renb ber ©tubien-
3eit eriolgte feine 5ßeförberung ju geiftlid^en SBürben. (Sd)on im ^. 1560 toar it)m
eine S)omf)errnpfrünbe in 9lug§6urg, 1561 ein (£anonicat im Kölner S)om[tift üer=
Helfen toorben. 1567 tourbc er, nacf) ßmpfang ber ©ubbiaconatStoeilje, 6anonicu§
im 2Iug§burger Somtapitel unb etma gleid^jeitig andt) ßapitutar im ipocf)[tift
©trapurg. 5Im 21. ^ai 1568, mä^renb ®. noc^ in ^^erugia meilte, würbe
iijm. ber burcf) bie 2ßa!)t ©alentin§ bon ^fenburg jum Srjbifrfiof erlebigte %^ia^
im Kölner Somfapitel öerlie^en, üon toeIrf)em er im (September 1570 perfönlii^
Sefi^ na"£)m. 6r ^atte injtoifdien, nadf) ber 9{ürffunft au§ Italien, in 2lug§burg
fid) auiget)atten , aber anfangt fein gciftlic^e§ geben gefül^rt. ^n Briefen an
§erjog ^llbrei^töon SSaiern au§ bem ©pätjatjr 1569 ftagt (iarbinal Otto, ba|
fein fonft nic^t ungefd)ic£ter junger fetter, nad)bem er eine ^eittang „gar ein=
gebogen, geiftücf) unb gotteSfürditig" gelebt, fid^ je^t fo „unpiäififd) erzeige, in
be^aniict)e 93i3Eerei, weltliche ilteibung, rciterifd^eu unb ungeiftU(f)en 3ßanbet
begeben i)abe unb f)in unb toiebcr in ber ©tabt fdjtoärme, — tl^ue wie ein un=
beftimmter ^enf(^." ^i'^i^^ trieben eg bie ablid^en S)oml)erren bamal§ attgemein
nid^t biel anber§. 2)od) tonnte .'per^og '")(lbred^t ben ßarbinal batb banac^
mit ber SJerfic^erung berutjigen, @. ^alte fi(f) auf feine 6rmat)nung unb bei
2)ombect)ant§ Unterfagen f)in mieber eingebogen unb wol^t. ?lu§ ben folgenben
;ijat)ren öertautet nid^t biet über C^. S)od) fc£)einen fomot 3tom Wie feine Wit=
capitutaren jufineben mit it)m gemefcn ^u fein, ba if)n im ^. 1574 ba§ ©tra^=
burger Kapitel jum S)ombe(i)ant tt)ät)Ite, unb im ;3- l^'ö ^ei-* ^apft 3um 3lug§=
burger S)omprobft ernannte. 3in i^ötn öerweitte ©. in^Wifc^en nur feiten; e§ fam
fogar bor, ba^ er feine jät)rti(^e Ütefiben^pflidit berfäumte unb bamit aud) bie
*Präfenäein fünfte einbüßte. ,3n {yolge bcffen na^m er aud) an ben langwierigen
unb erbitterten ©treitigfeiten 3Wifd)en bem .ßurfürften ©atentin unb bem S)om=
fapitel nict)t mel)r al§ formalen 2lntt)eil. 2ll§ fid) im ^erbft 1576 f)erau§[teüte,
ba^ e§ nunmel;r bem Äurfürften mit feiner fd^on oft geäußerten Slbfid^t ju
refigniren Srnft fei unb barauf^in berfdt)iebene ^Bewerber um ba§ Sräftift Äölu
auftraten, wirb 6)cb^arb'§ 'Jiame unter i^ncn faum genannt. 3ei>odt) bet^eiligte
er fid) bou je^t ab eifriger an ben ^JJiaßregcln , weldie ba§ .ß'apitel ergriff, um
feine SCßa'^lfreiTjcit gegen bie bon ©alentin geplante ßoabjutorie ju bertf)eibigen.
3ln feiner gut !at^olifct)en ©efinnung jwcifelte bamalS -Jiiemanb. ä)ielmcl§r
redE)nete i^erjog 3llbredt)t bon ^aiern, a(^ er auT Erlangung ber (ioabjutorie für
feinen ©of)n ©ruft ber^iditen unb aU ^^cWerber um bie ©timmen ber einzelnen
Sapitularen auftreten mußte, namentlidl) audl) auf @eb^arb'§ ©timme. 2)urc^
feinen 5Bruber ^arl, bamal§ ^ammergerid^t§präfibent ju ©peier, ließ ber .^erjog
i^m borfteÜen, Wie biel 5ur 6r^altung unb Erweiterung ber fat^olifd^en Sieligion
an 6rnft'§ 2Bal)l gelegen fei. 5lußerbcm machte er bie freunbfd)aftlic£)en
SSe^ie^ungengeltenb, in weld^en @eb^rb'§ Sßater unb Dl^eim jum bairifdl)cn
<^aufe geftanben liatten. 9ll§ man aber im 5rüt)iaf)r 1577 erful)r, baß fid^
neben bem ©traßburger Sifdfiof ^ofiann bon 5)ianberf(^eib , bem 6^orbifdi)of
.^erjog (yriebrid§ bon ©adlifen = Sauenburg unb bem S)ombed£)ant Slnton bon
©dliauenburg aud^ &. Hoffnung auf bie Sßa^l mad^e, erfannten bie SSaiern unb
i'^re Slui^änger, barunter auct) ber päpftlic^e ^^luntiuS Öraf ^porjia, im 2:rud)feffcn
fofort i'^ren gefä'^rlid^ften 5Jlitbewerber. S)enn @. galt allgemein für !lug unb
gefcl)ictt; bei ben gapitularen, (äbell^erren Wie '$riefter = Sanonid)en War er fe^r
beliebt unb [taub felbft mit ^urfürft ©alentin nod^ auf gutem f^uße. 3lud^ ber Kölner
9tat:^ unb bie Sanbftänbe ließen beutlii^ merfen, baß il)nen ©eb^arb'S SBa'^l biel ge=
nef)mer fei ai^ bie eine§ bairifd^en dürften. Um fo gefäl^rlidier War biefer Soncurrent,
al§ audf) bie ganä ober ^alb proteftantifd^en ^itglieber be§ Kapitels, ba fie fid£) auf
&ibl)axb. 459
bie 3Sa^l eineg bev i^ren feine Ü^ec^nung machen fonntcn , iiebex einen Biofeen
f^rei^ertn a(§ ben So:§n bey mäc^tigften fat^oüicf)en (VÜrften ju i^iem «spauptc
roottten. SBermut^üc^ f|at i^nen @. jubem mr ben gaü feiner 3Sa^l ba§ 33er=
fpre(^en gegcBcn, fie nad^ ^Jlöglic^feit gegen etwaige 5(u§f(^üeBung§öevfu(^e ju
fd^ü^en. Unter ben 3(gitatoren für®, ift feit bem ©ommer 1577 feiner rü'^riger
a(§ ber offen catüinifdfie 6raf ipermnnn 5lbo(T öon @olm§. 6r Beftimmt auc^
ben lutf)exifrf)en Sr^Bifc^of öon "Sremen , öerjog .g)einric^ öon ^auenburg unb
beffen 5lnf)ang @. i^re Stimmen ]u geBen. Snbliil) trat biefem aui^ noi^, wie
c§ f Geeint burcf) Törmticfien GompromiB, ber bama(§ noc^ (au fatfiolifc^e '-iHfcfiof
öon ©traBöurg mit feiner '^partei bei, fo ba^ Bei ber 2ißa§( am 5. 5^ec. 1577
jmölT Stimmen auf @. unb nur je'^n auT ^erjog ©ruft öon ^Baiern fielen. 6§
waren im ©an^en 24 2öä^(er: 16 ßbet^errn unb 8 ^riefter-- Sanonic^en;
jWei Stimmen gingen aber öerloren, meü fid§ nad) bem .g)erfommen bie Beiben
ganbibaten nid^t felbft i^re Stimme geben burften. 2)a§ 2Sa§(öerfaf)ren mar
ba» Bei ben Kölner ßapitelma^ten geBräud)ü($e ler viam scrutinii et compro-
missi mixti sive determinati. Xemnac^ galt ein urfpvüngticf) nur mit ^Jiajorität
getoäf)Iter huxä) bie 3lcceffion ber 5Jiinorität unb hu ^roctamirung burc^ bie
Scrutatorcn al» ber @rmäf)Ite be§ gan3en Äapitef». Sas orficielle ^^rotofoE ber
Mai)i @eB^rb"§, roel(i)c§ öon allen gaBituIaren au^er öon ."p. Srnft unb einem
(Brafen öon ber ^ytaxt unterfc^rieBen unb jum iBe'^uf ber (Konfirmation na($ 9{om
gefanbt rourbe, ermähnt barum gar ni(t)t§ öon Stimmen, bie auf -öcr^og 6rnft
gefallen mären. Sennocf) er^oB biefer gletcf) naä) ber Söa^l ^^roteft unb appellirtc
na($ -llom, unter bem 5}orgeBen, hat mehrere pretif(^e ober irreguläre ^^crfonen
an @cbl)arb"§ SBa^l I^^eil genommen Ratten unb barum nic^t biefer, fonbem er
felbft öon ber major et sauior pars Capituli gewählt fei. ^n 9lom mar man
Don öorn^erein bem 'Dleffen bei in beftem einbeulen fte^enben 6arbinal§ Dtto
roo^lgeneigt, f($eute auc^ ha^ Cbium eine§ öorausfiditlicf) crrolglofen ^roceffeS.
2^od) mo(|te man ha^ ungeftüme drängen be§ mächtigen Kaufes Saiern nic^t
gerabeju abmeifen. £ie öon 6. unb bem S)omfa|)itel fofort erbetene ^eftätigung
ber ^ai)i rourbe bal^er öerf(i)leppt unb ift erft im ^Jlcir^ 1580 erfolgt, nad^bem
bie entgegenfte^enben Sd)roierigfeiten burc^ jroei Umftänbe befeitigt toaren. 3u=
näc^ft burc^ Sebfiarb's entfi^ieben rom=freunbli(^e Haltung. Sc§on am 2-1. 3lpril
1578 ^atte er in bie öänbe bei Srjbifctjofä ^acob öon Srier ben @ib auf ba§
fogenannte tribentinifcl)e ©laubensbefenntniB abgelegt, bamals bereite unerläfelirfic
35orbebingung , um bie burcf) bie Soncorbate ber beutf(i)en Station geiorberte
päpftlicfie SSeftütigung ju erlangen, ^m folgenben ^ai)xe na^m er bann al§
faiferlicl)er ßommiffar beim i?ölner ^^acificationscongreß ^^artei für ben Äönig
öon Spanien unb mar inebefonbere beplflicl) bie religiöfen5lnfprüd)e ber (i5eneral=
floaten abjutoeifen. ^n ber Umgebung be§ beim 6ongre§ anroefenben ^untiu§
ßaftagna fpracf) man bamal§ öon @. al§ öon bem ^orromäug öon S;eutfcE)lanb.
3um SSeroei§ fir(f)li(i)er ©efinnung lie§ er fic^ fogar, roas feine öier legten 2Jor=
ganger öerfäumt Ratten, bie ^^riefterroei^e öon feinem 3Beif)bifc^of erfreuen. 2)ie
■Kölner ^efuiten fanben bei i§ren 33emü^ungen, gegen ben SSillen eine§ großen
2:l)eil§ öon fRatl) unb Sürgerfcliaft @igentl)um in ber Stabt 3U erroerben, an
(S. einen eifrigen görberer. — ^aS ^roeite öinberniB feiner Seftötigung fiel l)in=
roeg burrf) ben im Cctober 1579 erfolgten Job be§ alten ^erjogS öon SSaicrn,
roelcljer bie Surd^fü^rung bc§ römif^en ^$roceffe§ al« eine (ä^renfac^e feineS
.Öaufes angefc^en ^atte, roäl^renb ber unterlegene SRitberoerber felbft be^ Streites
längft f(f)on mübe mar. — 2lm faiferlitfien §of mar man öon 3lnfang an über
(Seb^arb'i 2Baf)l erfreut, obrool man formell für ■'perjog Grnft intercebirt ^atte.
^enn all^u groBee 2Öac^§t§um ber bairifc^en '^'Radjt roar auc^ bem itaifer un=
bequem, malirenb man^inen öfterreid^ifc^en Sel)en§mann, beffen SSrüber in faifet=
460 ©eb^atb.
licCien SDienftcn ftanben, gerne auf bem ^uriürftenftu^^l jet)en mu§te. Sc£)on fuv^
naä) ber ^ai)l ^atte beg^lb Äaifer Ütubolp^ bem grioä'^Ucn &IM rt)ünf(^cn
laffen; auä) .^önig ^|^^iüp^3 rouxbe nur bur(^ 9iürf)ic£)t auf Saiern üeranta^t bte
fpamf(^=Burgunbif^e (Sratulotton etttjaS ju tierj(i)ieben. ^m 5lpri( 1578 erfitelt
@. in ßrroartung ber pä|)ftlicf)en Konfirmation ein faiferUd)e§ ^nbult jür bie
SJerwaltung ber 2emporaIien unb tt)urbe in bie Äuriürften = Einigung auf=
genommen, ^m Mai na'^men ungeadjtet öairifi^er ^rotefte jeine @efanbten
neben benen ber anberen J^urfürften an bem SBormjer S)eputation§tag f^eit. S)er
^erjog bon ^üücf) janb fid) mit bem neuen 'Dladibar bejfer jurectjt al§ mit beijen
cigenfinnigem S^orgänger. dagegen erfaltete bie gi-'^unbfi^aft mit ben protc=
[tanti|d)en äBetterauer Oirajen, benen @. gutent^eil§ feine ^a^l öerbanfte, öer=
mutt)ti(i) balb na^ bem Äötner Gongre^. 2)ie mit Dranien unb ben ®eneral=
ftaten angefnüpjten 33e3ief)ungen f)atten iebcnfaEö gegenfeitiger 9}erftimmung
^la^ gemacht. Ueber ©ebl^arb'S fitt(icf)e§ 33er()atten in bicfen erften 9tegierung§'
jal^ren fehlen jutiertäffige 9tad^ric£)ten ; ni(f)t unwa^rfi^einlid^ ift , ba^ aud) er,
gleich bieten feiner bamaligen @tanbe§genoffen , ein 3iemtii^ freies ßeben füf)rte.
31I§ „jerlic^", ba§ ift at§ fd^tec^ter öaustialtcr, t)atte @. fd)on bor ber 3Ba"^l
gegolten unb mit ©c^utbcn bclaben fein ?lmt angetreten. Sffett tt^iÜ burcf)
Älatfc^ üu§ ber ^43ebicntenftube toiffen, fc^on im Ajcrbft 1579 f)abe fid^ 6ebl)arb'§
2iebf(i)aft mit ber fdjönen 5lgne§ öon ^JianSfelb, Xo(i)ter au§ einem finberreid^en
unb berfc^ulbeten proteftantifc^en örafentjoufe, bamat§ ©tiftSbame ju @erre§'§eim,
angefponnen. ^efteren ^In'^attgpunft gemährt eine öertraulidtie ^Jtelbung be§
trafen Sot)ann öon ^Jkffau an Dranien au§ bem ^oüember 1581, ba| 0). fein
bisher geführtes unc^riftlic£)e§ unb unjütiitigeg öeben bereue unb baran benfc ab=
jufte'^en unb fii^ ju Per'^eirat'^cn , um fein C^jemiffcn nicf)t länger alfo ju be=
fd^toeren. 2;amit nun nic^t ein fd^ümmerei (Segner ber '4>i-'oteftanten , etwa ber
S3ifd)of bon O^reifing, -"per^og Srnft öon Saiern nact)foIge, foü 6. bewogen
toerben, tro| einer .'peirat'^ ba§ (5r,^[tift auf SebenSjeit ju behalten, (©einem
SSorgänger ©atentin ^atte man biefen 3}orfdt)lag öfter gemad)t.) .söierauS lä^t
fic£) fd^tie^en, ba^ ba§ SJerfiältniB ^u 3lgncg bamal§ fd^on beftanb. Söie biet
tt)aljre§ an ber grjä^tung ift, bereu Srüber t)ätten Einfang 1582 bem ■R'urfürften
ba§ @]§eberfpredC)en abgenöf^igt , lä^t fid) jur 3cit ntdt)t conftatiren. ®. felbft
geftanb fpäter, er l^abe 9lnfang§ !;1tefignation beabfid£)tigt , fei aber burd) feine
guten ^reunbe baPon abgebrad)t morben. S)iefe ^reunbe I)aben toir namentlich
in ben SBetterauer (trafen in unb au^er bem Kapitel ju fud^en : in ^ermann
Stbolf bon ©otme, (^eorg unb ßubmig öon 2Bittgenftein, iSo'^ann bon SBinneburg,
ferner in ©raf ?lbolf öon ^euenar, fomie in bem felbft l)eimlidf) mit einer Kölner
^Bürgerst ödster berl^eirot'^eten gr^bifd^of bon 33remen. £h ®ebf)arb'§ Ucbertritt
3um 5ßi:oteftanti§mu§ nodl) anbere ©rünbe l^atte al§ feinen Söunfd), 9lgne§ öon
^Rangfelb in ®l)ren ju befi^en, mu^ ba!§ingeftellt bleiben. Sie greunbe fd^einen
il^m ben 9lat^ gegeben ju |aben bei ber (Sinfü^rung ber gteformation im ßrjftift
ßöln nad^ bem in ben ^Heberlanben gegebenen dufter ju berfatiren. S)ie prote=
ftantifc£)en ßinWoliner öon ^öln würben öeranla^t , mieber einmal, wie f(f)on
frül^er, beim 9latt)e um ©eftattung freier 9teligion§übung ju bitten. Um bie
ei-regung in ber ©tobt beffer in g-lu^ ^u bringen lie§ (Braf 5(bolf öon ^leuenar
auf bem öor hm Sporen öon Äöln gelegenen -^aufe ''DIedlitern an einem 3^uli=
©onntag bcS ^. 1582 öffenttid) prebigen, Woju fd^on au§ ^teugierbe bie Kölner
SSürger ^erbeiftrömten. 3ll§ bittet Unorbnung p öerl)üten :^ätte e§ fid§ bann
empfol^len beftimmte 5piä^e in ber ©tabt für ben eöangetifd^en (SotteSbienft ein=
präumen. 2luf foldl)e äöeife t)atte man in ben ''^ttcberlanben wieberl^olt mit
gutem ©rfolg bie ^roteftantifirung ber ©täbte begonnen. 2lber ber orbnung§=
liebenbe. öorwiegenb nod^ faf^olifdie ©tabtraf^ öerbot nidlit nur fectirerifd£)e
©eb{)Qrb. 461
3ufQtnmcnfünTte unb '^^rebigten in bei- Stabt, fonbetn auc^ ba§ 2luilau|cn naä)
^eä)ttxn , unb lie§ , a(§ biee ntc^t genügte , bei bei- britten ^lebigt üon ben
äöälien au§ auf ba§ .\pau5 fc^ie^en. 5^un mad)te ber .ßui-mtft ben 33ei-mitt(er
unb Beraog ben ©raten iüv je^t ba§ ^rebigen einfteEen ju (äffen. Sie Äötner
-^roteftanten aber toanbten fic^ an bie auf bem ^teic^etag ]u 3Iug§16urg t)er=
fammelten proteftantifc^en ©tänbe unb ertangten ^nterceffionen an ben Äaifer,
an ben Kölner 9tatf) unb an ben ßr^bifc^of felbft. öierburi^ unb burc^ 33itt=
fd^nften, bie man unter ber 9litterfd)aft unb in ben Stiftöftäbten anregte, foEte
(S. eine §anb^abe befommen, juerft bie „i^reiftellung" unb bann eine allgemeine
Äircfienreformation ein^umtiren. ^m 3Iuguft begab fic^ biefer fetbft nac^ aBeft=
Taten unb fc^eint l^ier me^rfadie 3ufammenfünfte mit ben Söetterauer ©rafen
unb bem Srjbifdtiof öon SBremen getiabt ju tiaben , auf benen ©enaueree über
bie Sluöfül^rung be§ '^-^'fa^f^ beraf^en tturbe. 5t6er inämifd§en waren aud) @e=
rückte oon feinen 3tbfic^ten bem S)om!apiteI ju Ct)ren gefommen. S)iefe§ toar
f($on 5uöor mit bem ßurfürften toie mit feinen 3]orgängcrn über beiberfeitige
(Sinfünfte in Streitigfeiten gerattien. Sie 3tu5fi(i)t ©eb^arb'ä ^ilac^fotger ju
roerben bcmog nun ben G^orbifc^of ^5er3og griebricf) Don @acf)fen = Sauenburg,
SSruber bee Bremer @r,}bifd)0T5, fid^ an bie <5^i^e ber bem ^urfürften feinbfeligen
Gapitutaren ju ftellen. SSeit biefer bie 5lu53a|tung gcmiffer Dienten eingeftellt
^atte, occu^jirte ^er.jog ^^riebrid^ ben furfürfttii^en 3ott ju ^ow^. Sie§ bot
bann mieber bem ßrjbifdiof 2Inla^ ein paar t)unbert ^Jtann ©olbaten in S)ienft
5u nehmen, mit benen er am 4. DIoöember öor Sonn erfd)ien. SBiberWillig Iie§
man fein 6efotge in bieStabt; einmal barin fe^te e» fid) attmä'^üi^ mit (Bettjalt
unb Sift feft. 9Iuc5^ in einige anbere Drtfc^aften unb Käufer, toie ^^poppetsborf
unb @obe§berg , legte ber J?:urfürft 33efa^ung. ^u§ Sdito^ S3rü^I lie^ er bie
(5tift§f(i)ä^e ^eimtic^ nac^ 33onn bringen, ©ein ,§of(ager in 33onn fturbe nun
pgteid) fein unb ber 2Betterauer ©rafen Hauptquartier, öon too au§ ^ße^ie^ungen
ju ben proteftantifcfjen gieic£)5ftänben angefnüpft mürben. 3luc^ mit ben 3af)l=
reichen ißroteftanten unb anti = jefuitifc^ gefinnten ©tementen unter ber Äötner
Sürgerfcfiaft fanb ein reger Serfe'^r ftatt. Sagegen traf ber Kölner 9tatt) ^^}ta§=
regeln, um gegen einen Ueberfall öon (Seiten ©eb^arb's gefi(i)ert ju fein. ^n=
3tDif(i)en mürben 3}ert)anblungen smifc^en ®. unb bem Äapitet gepflogen, um
eine 5(u§g(eic^ung ^erbeijufütiren ober auc^ um 3eit ju gewinnen. 33eibe 2^eile
fu(f)ten fic^ ber 3uftimmung ber Öanbftänbe ju öerfidiern. Sabei ftettte fid)
at^batb eine öauptfc^mäc^e ber Sadie ©ebl^arb'S l^eraue: ni(^t einer öon ben
furfürftüd^en Ütätl^en trat auf feine Seite ; er mu^te öon feinen neuen ^reunben
geteerten 3?eiftanb öerlangen unb perföntic^ einen großen 21^eit feiner Soi-re=
fponben^ führen, Wobei ei ©elegentieit erhielt feine @efcf)id(ic^feit mit ber lyeber
an ben 2ag ju tegen. 3^9^^^'^ %^^ ^^' V-^ 5)lü^e in ben ©taubenele^ren feine§
neuen Sefenntniffes fid) 3u unterrichten. 3tm 19. Secember trat er enb(id§ offen
mit feinen 3(bfid)ten l^eröor : er öeröffentlid)te eine grflärung, toorin er fic^ felbft
Dom ^apfttl^um (oefagte unb aud) anberen bie Uebung ber reinen öef)re unb
Sacramente freiftettte, jeboc^ öerfpi-a($ 9liemanben Wiber fein (Setoiffen ju befd^Weren,
fotöie bie g^rei^eiten be§ ©r^ftift» unb bal 2öalötred)t bes Äapitele ju aditen. —
^n einem gebrurften '^(afat (Dom 16. Januar 1.583 batirt) mieber^otte er fpäter
au§fü^rli($er biefe (Srf(ärung mit fpecieEer Berufung auf bie ^tugeburger 6on=
feffion unb mit einer Slnbeutung auf beabfi(^tigte 9}ere^etic^ung. — -llad) @.'§
(Srftärung Dom 19. Secember Iie§ aucf) baeSomfapitel, Dom ^aifer, Don Sarbinal
^abru33o unb öon 9((eranber 5<^T-"nefe jum Sßiberftanb ermut^igt, bie bi§t)erigen
'Jtüdfic^ten fallen unb befd)ieb auf ben 29. Secember bie furfürftlicf)en Statine unb
einen 3lu§fc§u^ ber ©täube, mit bereu 3uftimmung alSbann auf ben '27. ^an. 1583
ein allgemeiner Sanbtag nad) ßöln ausgcfdirieben mürbe, ©c^on e'^e biefer äu=
462 ®ebt)arb.
fammentrat, 'i)atte ber (l{)Drl6i|(i)0T bcn Ävieg eröffnet, inbem er am S)rciföni9ötag
mit betoaffneter §anb bie ©tabt 5BercC (Otl^einfeerg) einnal^m unb bie 3dH=,
gelber bcm i?'a:|3itel überlieferte; am 14. i^anuar fing er fobann bQ§ furfürft-
lic^e ^üdjienfc^iff mcg. — Slber aud^ @ebl)arb'§ 3Int)änger waren ni(i)t mü|ig-
^4Jfal3graf Sof)ann bon 3n)eil6rücfen ncbft ©efanbtcn ber ^fatjgrafcn Soljann
gnfimir unb 9iei(i)arb unb einem 3tu§fcf)ufe ber SBetteraucr Örafen erfcCjicn am
29. S)ecember bor bem Kapitel unb bem 9Iu§fd)u^ ber Stäube, bann auc^ öor
bem Kölner ©tabtrat^, um @el6^rb'§ ©adCie ju öcrtreten. 3unt Sanbtag fclbft
orbnete eine ganje 9teif)e öon ^roteftantif(i)en f^ürften il^re ©efanbten ab; an
ber ©pi|e ^urfürft ßubttjig öon ber t^falj, n)ä^renb bie Äurfürften öon ©ad^fen
unb Sranbenburg burd) ein GoIIectiöfc^reiben bor Slnn^enbung bon (^ielttaÜ unb
in§t)cfonbere bor ^(nrufung fpanifc^er <g)ilfe Kärnten. ©eB'^arb"^ greunbe waren
bama(§ boll 3uberfi(i)t auf ben grfolg it)rer ©ad)e. ^n Äöln felbft regten fid)
bro'denb bie protfftantifd)en ©l)mpatt)ien , begünftigt bon ber 9lbneigung gegen
bie jüngft o^ne @cnel)migung be§ 9tatt)e§ in ben 33efi^ eines i?lofter§ gelangten
Sfefuiten. 5Ran fc^meid)elte fid^ mit ber Jpoffnung, ber .J^urTürft bon ^Jiainj
unb ber mit ®. befreunbete Sifd^of ^uliu§ bon SBüräburg Würben feinem S3ei=
fpict fotgen. 9lber aud) auf ber (Segenfeite fet)Üe e§ nic^t an ©rmuf^igungen
bon ©eite be§ ^apfte§, be§ ilaiferS, be§ ^-Jer^ogg bon i^ülid^ unb be§ Äönig§
bon ©panien. 58eim ßanbtag lag bie (Sntfd)eibung über ©eb'^arb'S ©djidfal am
Sft'^ein. ' ©ie fiel gegen it)n au§. 5Die gro^e 5iRet)rl)Cit ber brei Weltlichen Sanb=
ftänbe , ©rafen , 9{itterfd)aft unb ©täbte erflärtc fid) für ba§ 2)omfapitel. Sm
3f. 1463 war 5Wifd)en Kapitel unb ©täuben eine grbtanbe§bereinigung abgcfd)loffen
unb feitt)er me'f)rmal§ erneuert worben. S)ie neugewät)lten ßr^bifdjöfe mußten
bereu ^ßeobad^tung geloben. 3n i'^r War bem i?apitel ein bebcutenber 3lntt)eil
an ber Sanbe§regierung eingeräumt; il)m unb nid)t bem ßanbe§f)errn follten bie
©tänbe gel)ord)en, fall§ letzterer fid) gegen bie Bereinigung berginge. ^Jiun fonnte
ba§ .$?a|)itel auf mel)rere 3lrti!cl l)inWeifen, in Weld)en ®. bie Union berieft l)atte,
namentlid) auf ben 21. ^rtifel, ber in feiner Raffung bom ^. 1550 befagte,
ba| fein Äurfürft ^Jleuerungen Wiber bie allgemeine Drbnung ber fatl^olif(|en
ÄirdCie bornel)men bürfe. 3ln biefer 33eftimmung l)ielten bie weltlidien ©tänbe
feft. ^n bem 2anbtag§=5lbfd)ieb bom 1. g-ebruar erflärten fie, @cbl)arb'§ a]or=
ne'^men fei ber 6rblanbe§bereinigung nid)t gemä^, ba§ Kapitel bal)er 3ur ^Berufung
be§ Sanbtagg befugt geWefen. 5lud) fie wollten bei ber ^Bereinigung in aEen
fünften ftel)en unb bleiben. S)iefem 33efcl)lu^ traten binnen .^lurjem anä) bie
©tänbe be§ ^^efteS 9{edlingl)aufen bei , wäl)renb bie weftfälifi^en , weldje ben
21. ?lrtilel nur in feiner älteren Weniger beftimmten ^orm fannten, fi(^ jWar
bon ben rl)einifc^en ni(^t trennen wollten , aber bodt) il^reS 2reueibe§ gegen ben
.^urfürften nid£)t lebig l^ielten. 3}on ben .^apitelebefd^lüffen l)atte fid), au^er
ben reformirten ßapitularen i^ermann 3lbolf b. ©olme unb ^oljann b. 2öinne=
bürg, nur nodl) ber biS'^er !at^olifdt)e fyreil^err Stomas b. ßriedC)ingen abgefonbert,
Wä'^renb fiel) ber l)alb4utl)erifd)e S)ombecl)ant 5lnton bon ©d^auenburg unb einige
anbere bi§l)er jweifeltiafte je^t ber ^llajorität anf(^loffen unb ber ßrjbifdiof bon
33remen feine 9ieutralität erllärte. — ^e^i erft bradl) &. boEenbS mit ben
römifd^en 2;rabitionen : am 2. gebruar lie| er in SSonn feine |)eirat'^ mit 2lgne§
bon '»IRanSfelb bur^ ben 3tt5eibrüd'fdl)en ©uperintenbenten ^antaleon ßanbibuS
äufammenfpred)en unb beftätigen unb l)ielt ein feierli(^e§ ^od)3eit§mal)l. ?lnbern
Zaqß 30g er, nad^bem er 3Ubor bie Wid)tigften Ur!unben au§ bem ©lift§ard)ib
genommen unb bem ©rafen bon 9ieuenar jur f^oi-'tfi^flffnng übergeben Tl)atte,
bon Sonn nad^ S)iEenburg 3U ©raf i^oliann bon ^laffau, bon ba nac^ 5Rarburg
3u ßanbgrof 2Bill^elm unb bann nad) bem !ölnifdC)en ^erjogt^um 2Beftfalen, wo
ber '^roteftanti§mu§, namentlicf) unter bem 9lbet unb in ben gegen 5'taffau, Reffen
©eb^atb. 463
uttb Söalbetf ju gelegeneu ©tobten Otet tiefere Söurjeln gefc^Iagen l^atte aU am
gi'tiein. — 5tad)bem burcE) allgemeine SSerbreitung be§ gteifteEung§ebi!te§ öom
16. i^anuar bie ©emittier gcnügenb öorbereitet maten, beviey @. auf ben 10. ^tär^
einen meftfälifc^eu Saubtag na^ 3li-n§bexg unb erlangte am 15. öon ber großen
SRajorität uameutlid) bc§ 2lbel§ einen öon bem r^eiuif(f)en fe^^r üerfi^iebenen
Sanb§tag§ab|(^ieb ; Oiitterfdiaft unb Sanbftänbe banlteu bem ^urfürften für bie
BetoiKigte greifteltung unb baten il^n unb aÜe 9tei(^§[tänbe fie babei ju er'^alten.
^nx ein paar 3lbliii)e, bann bie ©täbte ber ©raffc^aft 3lrn§berg unb bejonbcr§
bie !urfürftlicf)cn 9tät!^e toiefen für fid^ biefen Sefd^lul ab; bie le^teren unb
einige anbere eifrige ,^att)olifen öerlie^en batb banad) t^eil§ freitoittig, tt)eil§
gejmungen ba§ Sanb. Olun begann ®. bie öffentlid^e 2lu§übung ber eöangelifdien
Sfteligion im .gierjogtlium in§ Söer! 3U fe^en. 53i-"äbicanten famen öon allen
©eiten ^crbei, tl)eil§ lutl)erijc£)e , tl)eil§ reformirte ; nid)t atte erfreuten \\ä) , toie
e§ bei foldien ?leugeftaltungen gu gel)en pflegt, be§ Beften 9iufe§. Sien in ^ol^e
be§ goncorbienbuciieg fe'^r l^eftig gemorbenen ©treitigfeiten atoifc^en 9teformirten
unb Lutheranern fud^te @. möglic^ft fern ju bleiben. (5r l^atte jtoar, ^um 5ßer=
bru^ eifriger ßalbinifteu, gleich 2lnfang§ fid^ al§ Slnl^änger ber 3Iug§burger 6on=
fefftou betannt, aber bie Unter^eictinung ber 6oncorbienformel abgelel§nt. 5ßcr=
bä(f)tiger mürbe er ben 2utl)eranern burd) feinen öertrauten S3er!e!§r mit notorifd)en
Salöiniften unb ben 9tieberlänbern; aut^ nahmen ^Jland^e an bem 5Jtotit) feiner
35e!e!^rung großen 5lnfto^. ©inftmeilen fc^ien ®. in Söeftfalen mit ber berfprociienen
^reifteltung na($ beiben ©eiten ©ruft macE)en 5u motten, ^n mel^reren ©täbten
lie^ er in berfelbeu ^irct)e ben fat|olifcE)en @otte§bienft neben bem eöangelifdien
fortbefte'^en. 2lnbertDört§ begnügte man \\6) mit ber ©infü^rung ber Kommunion
unter beiben (Seftalten. 2lu(^ ba§ „5lu§f (^reiben", meldt)e§ mit bem ©atum öom
10. Wäx^ aber erft nact) bem 18. Slpril äu @ebl)arb'§ Ülec^tfertigung im ©rucE
erf(i)ien, |ält fic^ noc£) ganj auf bem ©tanbpunft feiner beiben (Srflärungen öom
19. S)ecember unb 16. Januar. 5ll§ aber ba§ .Kapitel auf bie römifd^e 5priöa=
tion§butte l)in eine 9teumal)l auSgefd^rieben l)atte, öerfd^toanben in äöeftfalen bie
9tefte toirtlidt)er 6ultu§frei^eit unb fing (S. ba§ bei feinen reformirten greunben
üblid£)e Silberftürmen an; e§ fe!§lte babei nid^t an ben rol^eften ©ntel^rungen
beffen, toa§ ben Äatl^olifen l^eilig ift. — äöä^renb er in biefer äöeife reformirenb
in ben toeftfäliftfien ©täbten uml^ergog, 3uglei(f) aber burd^ (är^ebung öon 0"on=
tributiönen unb burd§ Söerbungen feine ÄriegSmad^t öerftärtte, '^atte jtd£| am
W)t\n ber !leiue j?rieg o§ne befonbere ©rfolge l^inge^ogen. ^m ^iieberftift f(^lug
fid^ feit Einfang f^ebruar ber ß^orbifd^of mit bem trafen 9lbol| öon keuenar
^erum, erfterer burd^ fpanifdf)e .^ilfSöölfer au§ ben ^lieberlanbcn unter bem ge=
fürfteten ©rafen öon 2lrenberg, le|terer burd^ ftatifd^e ©olbaten unterftü^t. 33er=
geben§ forberteu bie rt^einifd^en Ärei§oberften (äntjernung be§ fremben £rieg§öolfe§.
^m Oberftift fanb @raf ©alentin öon Nienburg, ber öorige Äurfürft, jep ®e=
legenl^eit al§ ßapitelgfelbl^err für frül^ere erfal^rene Ärän!ungen fid£) ^u räd^en.
SSonn, ber ü3idt)tigfte 5pia|, ba§ „^erj" be§ ©rjftiftg, tourbe öon darl Xrud^fe^
(ber mit bem jüugften 35ruber f^^erbinanb fidt) für ®. er!lärt ^tte, mä|renb
6'§i-iftopl§ äur !atl)olifd^en spartet :^ielt) in S3ertl§eibigung§3uftanb gefegt; einige
glü(Ilid£)e 2lu§fäüe mürben gemad£)t. SlHgemeine äöid^tigfeit erlangten aber biefc
!ölnifd^en S)inge erft mieber, al§ anbere 9teid§§[tänbe offen in ben Äampf ein=
traten. 5lnla^ fanbeu fie burc^ bie über (S. au§gefprodf)ene ©ixommunication
unb ^riöation unb bie barauf erfolgenbe SBa'^l eine§ neuen @rjbif(f|of§. — i^n 3fiom
l^atte man ben @erüdt)ten über @eb:§arb'§ beöorftel^enben 3lbfaE 2lnfang§ faum
Glauben f(^enfen moEen. 9^od^ im Secember 1582 l^offte ber ^apft burd^ ein
öäterlic^ marnenbe§ ^Breöe unb 3uveben ber anberen geiftlid^en ^urfürften @.
öon feinem ^Beginnen abbringen ju Tonnen. Slber ba» 33reöe begegnete nur bitterem
464 ©cbl^arb.
©pott unb bie beiben Äurjürften fanbcn es nidit me!)r an ber 3eitr i'f» Pöpft=
ticken Sluftrag au§3uiüf)ren. grft al§ man burdC) ben nacC) ^ötn abgejanbten
©ecretär be§ SarbinalS ^tabrnjäo, ''}3ttnutiu§, (Senauerel erfat)ren ^atte, 6eh-aute
Tregor XIII. jttJet Segaten, bie ßarbinäle 5Jlabi'U3jo unb 51nbreag öon Defterrcid^
mit 3}oIlmad)ten jur 23ejcitigung ber ber römifd)en ßirc^e am l;R{)ein brof)enben
©ejal^ren. 5Der junge ßarbinal 3lnbrea§, ©o^n beä Gr^^erjogä gerbinanb unb
ber ^^ilippine SBeljer, foEtc firf) fetbft nac^ i!öln begeben. ?tl§ 33eratf)er ttjurben
il^m atoei 91untien, ber ^aniuefe öon 5RaIa|pina unb ber SBifd^oj öon SBerceUi
beigegeben. 6§ fiet)t au§, aU f)ättcn 9tom unb ba§ ^an^ Defterreii^ ben ßarbinal
Slnbrea§ al§ ^lad^totgcr @ebf)arb'§ augerje'^en gel^abt, in ber .Jpoffnung, ba^ ein
2ru(^fe| öon SBalbburg it)m öielleiciit e'^er a(g einem anbern freitoittig ben i)3(a^
räumen mürbe. 9lbcr biefe Hoffnung ft^tug fe^L 5)3ia(3groi 3ioVnn Safimir
öertöet)rte bem C^arbinat ben Surdijug. "^Raä) langen 3Bo(i)en öergebtic^en
|)arren§ ]ai) fid) biefer genötf)igt mieber p jeinem 9}ater nad) ^nnSbrud 3urüdE=
juJel^ren. 3iC*it mußten aud) ^^apft unb Äaijer feinen geeigneteren ^Jiai^iolger
für @. al§ ben -Oerjog 6rn[t öon 58aiern, bamal§ bereits iöijd)oi öon Süttid^_ unb
baneben 2lbminiftrator ber ©tifter g^reifing unb |)ilbe§t)eim. 6rnft jeigte ^InfangS
toenig Suft, [id) au§ feinem geliebten greifing lüegjubcgeben unb nod)maI§ ben
Unanne'^mlid)feiten eine§ i?ötner 2öa^tfampfe§ auSjufe^en. 6rft auf öietcS Sü=
reben mad)te er fid) SInfang ^Jlär^ öerf leibet auf ben 3öeg nai^ .^ötn, mo er
am 10. eintraf unb öon ben römif(^ = geftnnten freubig al§ Üinftiger ©r^bifd^of
begrübt mürbe. Snbe 5tprit fam enblic^ aud^ ber 33ifc^of öon 35ercelli bort an
mit ber bom 1. 2lpril neuen Alalenberä batirten ^45riöation§buIIe. ©ie mürbe
fofort pubticirt unb auf ben 23. Wai alten ©til§ bie ^euma^t au§gefd)rieben.
@§ fanben fic§ au|er -Sper.^og ßrnft noc^ jmei 93emerber um bie Sif(^of§mürbe
unter ben ßapitutaren: @raf 3lrnoib öon illanberfd)eib, SSruber be§ ©trapurger
33ifd)of§ unb ber ßfiorbifdiof -Oerjog 5^-iebrid) öon Sauenburg, ©ie [tauben
jurüd, jebenfattS nid)t oI)ne Entgelt, fo ba^ >^erAog ßrnft , ba @ebf)arb'§ 3ln=
ganger natürlich nid)t erfd)ienen, am feftgefel^ten 2age angeblich einftimmig (öon
17 3lnmefenben) jum neuen ßr^bifc^of unb Äurfürften ermä^tt mürbe. Salb
nad) ber 3Ba!)I fprad) ber 33ifd)of öon 25ercelti über bie beiben (Sapitularen ^er=
mann 9lboIf ö. ©otm§ unb S^o^aun ö. 2Binneburg bie ^^^riöationSfentenj auS,
etma§ fpäter and) über ben Slompropft @eorg öon 2Bittgenftein unb ben ßapitular
j:^oma§ öon ^ried^ingen. — 5Bon nun an fieC bie anfet)nlid)c ^}3tac^t be§ ;^aufe§
Saiern gegen ®. in bie 3öagfd)aale, mät)renb ein anberer 2Bittet§ba(^er, ber
nimmermübe ^faljgraf ^of)ann ßafimir at§ fein 2}orfiimpfer in bie ©d)ranten
trat. S)er neue Kölner ßr^bifi^of tie^ in feinem an friegstüdjtigen Seuten reid)en
Stift Süttic^ SBerbungen aufteilen unb ernannte feinen älteren trüber ^erbinanb
(ber ieboc^ erft im October am gff'^eine eintraf) jum Dbeifelbf)errn. ^lei)x noc^
lag bem regierenben ^^per^og SBilfielm bie @l)rc unb ""Dlacfit be§ i^aufeö S3aiern
unb ba§ 3öol§t ber rümifd)=fatf)olifc^en .^ird^c am .'perjen; für beibe§ [türmte er
fein eigenes ßanb in gro^e ©df)ulbenlaft. 3000 ^}}lann g-upolf unb 1000 Üteiter
mürben in SSaiern gemorben. S)a ^erjog 2öii:§etm§ ^JJlittel nic^t reichten, fd£)icEtc
^^apft (Tregor auf beffen bringenbe SSitten roieber^oU reidie ©ubfibien. — ?tuf ber
©egenfeite ^atte ^fat^graf ^ol)ann ßafimir feine SBerbuugen öon beutfd^em,
franjöfifd^em unb fd^mei^erifd^em 33olf begonnen, fobalb ber 2lu§brud^ be§ Krieges
gelöi^ mar. ^Ibma'^nungen be§ .ßaiferS beantmortete er mit fedcm Seugnen. @in
paar 9teidl)§ftäbte (2lnfang 5[Rärä in .gjeilbronn) öerfprac^en ein S)arlel)en unb
eine 33erfammlung proteftantifd^er ©tänbe unter bem S}orfi^ be§ ßurfürften Öub=
mig öon ber 5pfalä bemittigte gnbe ^ärj in äöormS ^Beiträge au (Seb"^arb'§
Unterftüfeung. ^m 3lpril fam (S. felbft au§ aSeftfalen in bie ^falj unb fd^loB
l^ier am 14. ^u i^riebels^eim mit i^o^ann Gafimir einen SSertrag, morin er biefen
©eb^arb. 465
p jeinetn ©cneralfclb^erxn ernannte, toeldiem @taf 5IboI| üon ^euenar unb ßarl
Sruc^fe^ untei-jlel^en follten. ®. öerjprad) bie Stäbte unb feften 5ßlä^e am SH'^ein,
Welche noc^ ober, toic 9t{)einBetg, toieber in feinem Sßefi^ tnaren ober barein
fommen toürben, bem ^sfalägrajen einjuräumen unb öer^iänbcte i^m a(§ Garantie
für bie SSefolbung be§ Ärieg§t)otf§ ba§ ganje ©räftift fammt att' feinen 6in=
fünften. — 3öät)renb Sodann Safimir rüftete, liefen firf) bie brei meltlic^en
Äurfürften nac^ beutfci)er ©itte in einen weitläufigen Sc^riitennjedifel mit bem
.^aifer ein, rteldier am 12. 3lprit bamit cnbete, ba^ ber i^aifer auf bie bereits
erfolgte ^äpftlic^e ^^riöation @eb^arb'§ l^inmieg. (Später tt)urbcn jebocf) bie 3tu§=
gleidiSbemütiungen öon ben ßurfürften hjieber aufgenommen. — 3m SuU erfc^ien
5uer[t 3of)ann 6afimir'§ ^ati), 2)octor SÖeutteric^, mit einem 2rup|3 gran^ofen unb
©d^toeiäer; im 3luguft folgte ber ^Pfal^graf felbft mit bem öau^jt^eer, jufammen ettoa
7000 5Jlann Üteiter unb ^u^öolf. 3^1' 9le(f)tTertigung biefer .ß'riegSexpebition erlief
er ein öom 7. Sluguft au§ Sautern batirteg StuSf^reiben , Ujorin er al§ feine
^auptmotiöe bie „5Ibtreibung ber 2:t)rannei be§ 5ßapfte§" unb bie „(Srl^aÜung
ber beutfcf)en Siöertät" bejeicfinete. i^nSbefonbere beftritt er als SBortfü^rer ber
äöetterauer örafen bie SSerbtnblic^feit be§ gegen @. f^jrecfienben geiftüc^en 9)or=
Be'E)aIte§ unb tt)iebert)oIte bie in ben testen ^a^^r^e'^nten oftmals öorgebra^ten
Slrgumente für bie ^i'^iftfHnng. ^it großen grmartungen faf) alle 3Be(t feinem
Stn^ug entgegen, ^n Äöln regten fid^ bie proteftantifc^en (5t)mpat^ien toieber
(ebt)aft unb mact)ten fic^ befonberS Suft, a(§ ein po|)u(ärer ^rebiger, ber ^fai*rer
Bttptfan i^faaf an ©t. 5]kTien=9IbIa^ gegen bie 5Jtipräucf)e be§ fiötner §eiligen=
cultu§ prebigte. ®. , ber Beim Jperannaf)en ^ol^ann 6afiniir"§ au» bem bereits
ganj proteftantifirten Sßeftfalen toieber an ben Si'^ein getommen mar unb auf
bem ^aufe SülSborf ^of ^iett, fc^ürte bie ©rregung in ^öln burd) offene 3?riefe
an 9tat:^ unb ©affetn (3ünfte), toorin er gegen bie ^pfaffen, gegen bie ©panier
unb befonberS gegen ben ÄapitelSfelb^^errn ©alentin öon i^fenburg 3trgtoof)n fäte,
Dr. SBeutteri(^ erütt öor Unfel eine ©ditappe,- eroberte unb üerbrannte aber bafür
bie ?Ibtei S;eu|, im 2(ngefi{i)te ber ©tabt Äöln. S;amit toaren inbe^ au^ bie
ÄriegSt^aten be§ pfalsgräfüi^en öeereS ju @nbe. @S fe'^tte an @elb, um baS
meuternbe 3}oI! ju beja^Ien. ^o'^aitt^ gafimir befd)toerte fic^ bitter über ©.,
ber feine ^ufagen nic^t gel^atten t)ahe, toeber @elb f(i)affte no(i) feine feften $plä|e
bem ©eneralfetb^errn öffnete. 3}on ^bel unb ©täbten in SBeftfalen unb im geft
gtecfling'f)nufen :^atte @. ^toar anfe^nüi^c (Kontributionen, t^eitS freitoiliige, f^eilS
er^toungene, erl^alten , aber baS reichte ntc^t aus unb bie im StuSlanb , bei ben
Olieberlänbern, ^ü i?önig §einri(^ öon 'Jlaöarra unb bei ßtifabetl^ öon
(Jnglanb erbetene Unterftüfeung fonnte fo rafrf) ni(f)t 3ur ©teEe fein, ^n
feiner 9}er(egen^eit fuc^te ^o^nn ßafimir fogar Bei ber ©tabt Äötn um ein
S)arte]^en nad^, toaS f)öfli(^ abgelel^nt tourbe. S)er Kölner 9tat^ öerftanb eS öor=
trefflich jtoifc^en beiben Parteien ben 3teutraten ^u fpieten. S)a§ !^atte ben 3}or=
tt)eil, ba^ bie Sürgerfcfiaft au§ bem ^anbelSöerfe^^r mit Beiben fic^ einigermaßen
für i'^re fonftigen @efd)äft§öertufte entf(i)äbigen fonnte. %xo^ allen ©elbmangetS
follen aber in biefer 3eit fotool ®. toie fein (^retb^eia- unb gleich i^nen natürti(j^
aurf) auf Soften ber SSauern i§re UntergeBenen in ©auS unb SrauS geleBt
f)a&en. 2l(§ fic^ ba§ ÄriegSbolf enblic^ auS ber ©raff^aft @at}n, too gemuftert
toorben toar, rf)einabtoärt§ in iBetoegung gefegt f)atte, tourbe e§ öon J^önigStointer
unb bem S)rac§enfel§ mit blutigen köpfen toeggefi^icEt. S;anad) fct)einen ^o'^.
ßafimir'ö ©d^aaren ein paar Söodien ^uerft bei SSonn, bann bei ®eufe unb
50tüt^eim, ^ötn gegenüber, gelagert unb baS bergifc^e iGanb auSgepIünbert
äu l^aBen, toaS ernftlid^e 35efd)toerben beS ^erjogS Don ^ülicf) juv Orolge l^attc.
91nfang GctoBer finben toir ben '^fal^grafen wieber Bei (SngerS unb 9ftommer§=
Mgem. bcutfc^c Siograp^ie. VIII. 30
^QQ @ebt)arb.
boi1, untertialb @t)renl6ieitftein , ot)ne ba^ man ubtx ben 3ufammen^ang biejer
3Jläi'f(^e tiax tDÜrbe. ■!pier tx]ä)\tn ein faijerltc^er .<perolb in jeinem Öagcr unb
fovbcrte i£)n unb jeine Dbevften bei ©träfe ber 2ld^t äur yiiebevlegung bev 3Baffen
auf. 5aft gleid^^eitig ext)ielt ber ^talsgrai bie 5tQC^rid)t üon bem am 12. Dcto6er
erfolgten 2;obe feineg 23rubcrg , beö Äuriürften. 5Daä cifte bot i^m einen \mU=
fommenen 33orwanb, ba§ ätncite einen ©runb fein unbotmä^ige§ .^eer aufjulöfen
unb felBft in bie ^4Jfal3 jurürf jueilen, um ni(^t üon ber ^ormunbfc^aft über ben
fünftigen ßurfürften au§gef(i)toffen ^u werben, gin 2^eil feiner Solbaten öertief
fic£), anbere fc^Iugen fid) burc^ bie 23ert)aue ber S3auein im 33ergif(i)en nad^ bem
^eräogt()um äöeftfalen burc^ , um bort bei &. ©olb unb neuen i?rieg§bienft 5U
finben. — S)er 2;ob be§ Äurfürftcn bon ber ^fatj mar für 0). ein großer dlaä)Ü)eii,
ba biefer fid^ «feiner <Baä)c mit mirftii^em (Sifer angenommen ^atte, mä^renb ber
Äurfürft öon iöranbenburg ben rt)einifd)en 5£)ingen ferner ftanb unb Äurfürft
5luguft öon ©ad^fen , ftetä friebtiebenb unb üon öorn^erein an ber Ütec[)tmä|ig=
feit öon 03eb§arb'ä beginnen jtoeifelnb, wegen beffen älerbinbung mit bem |)aufe
giaffau unb ben 9leformirten nod) 3urücft)aUeuber geworben mar. 2lud^ i?urfürft
3luguft t)atte, wie 'üanbgraf 3Bill)eIm, bie rafc^e .^eiratt) (sjebl^arb'ä unjeitig
gefunben. 3ubem gab firf) .Öer^oq 2Biü)elm öon 33aiern gro^e 5Jlü^e, il)n burd^
bie (Erinnerung an bie aüe f^reunbfc^aft ber beiben Käufer üon 6. ab^u^iel^cn.
2lud^ bie nieberlänbifd)en S)inge t)atten fid) für biefen ungünftig geftaltet: 5ar=
nefe'§ SÖaffen waren feit bem borigen Sa^re überalt im fiegrei(|en 33orbringen;
bagegen t)attc fic^ ber .sj>er3og bon ^^njou burd^ feinen ttjörid^ten 5infd^Iag auf
Slntwerpen (17. Januar 1583) bie (*»)emütt)er ber Oleformirten cntfrembet.
Oranien gab fid) lange bergebli^ ^)lüt)e eine Sluöfö^nung mit bem ^erjog ^u
©tanbe ^u bringen, benn in ben ^3tieberlanben tioffte man je^t beffereä bon einer
Söerbinbung mit ©• unb bem ^-Mötjgrafen ^ol)ann b'afimir. SJon biefen aber
öerlangte man ipitfe, ftatt fle it)nen ju bringen. 2öat)renb ber ^:pfal,^graf am
9lieberrf)ein berweilte, erfdf)ien bc§l)alb bei it)m eine eigene (S)efanbtfdt)aft ber
glamänber. @eb'^arb'§ (V)egner t)aben it)m gleict) 3lnfangä SSe^iel^ungen 3U bem
|)er5og üon Slnjou üorgeWorfen ; er felbft wiberfprac^ wiebcrl^olt ber 33el§aubtung
unb eä finbct fidt) wirfüct) fein $Bewei§ bafür. dagegen war ber ©efanbte ilönig
^einrid)§ üonütaüarra, <^err üonSegur, we[d£)er im i^uli 1583 nad^ ben 'Jiieber=
lanben, nad) ßnglanb unb 5Deutfd)tanb abgefd&icft Würbe, um ein gro^eg anti=
^)äpftlid)e§ iSünbni^ ju ©tanbe ju bringen, unter anberen and) mit einer &dh=
unterftü^ung (Beb^^arb'ä beauftragt, bie aber ücrmutf)lid) nie jur Stugjafilung
gelangte. — (S. felbft fdt)eint im |)erbft 1583 nic^t abgeneigt geWefen 3u fein
gegen eine 5ßenfton auf fein^mt ju üerjidtjten. Sei ben 3)ergleidf)§üerl)anblungen,
Weld)e üon ben fünf anberen Äurfürften im October unb 3lnfang ^Jbüember ,^u
fjranffurt gepflogen würben, ging üon feinen eigenen ^eüollm.äc^tigten ber abfurbe,
aber ber augenblicElid)en ©ad)lage entfpred^enbe 33orfdf)lag au§, ^erjog Srnft
folte bie eräbifd)bflid)e Sßürbe mit ben rf)einifc£)en Slerritorien, (^). aber bie Äur=
würbe lytb ha^ ^erjogtlium Sßeftfalen erl)alten. SSon ©eite be§ neuen (Srjbifd^ofg
fträubte man fidt) gegen jebc ®elb»@ntfd£)äbigung , Weil eine fold^e einen ^l^^if^^
an ber 35erbinblid)feit be§ geiftlid)en Jßorbc'^altg in [id^ 3u fd^lie^en fd^ien. Sin
glüd£lidC)er äBaffenerfolg im ^Jlieberftift t)ob um biefe g^it (Sebljarb'g 5Jlut]§ üon
neuem, .»pier war au^er Ül'^einberg unb Uerbingen audf) nod) ber fefte ^^lerfen
^ül§ (äWifd)en ßrefelb unb Wöx^) in @raf ^euenar'g Sefi^, Woraus i^n ber
@^orbifd£)of, in 2}erbinbung mit ^. Srnft'g äöaEonen, ju üertreiben fudite. Sa
fd^idte ^5. in (5ile au§ SBeftfalen unb bem ^^eft Ütedling^ufen Jfteiter unb
^ne(^te unter bem SBaftarb @itel ^einrid) üon 33raunfd^Weig jum 6rfa^ ^erbei;
ilinen ju .!pülfe famen gelbrifi^e Sruppen. S)ie ^Belagerer würben am 9)lartin§=
abenb (a. ©t.) überrafi^t unb erlitten ftarfen a)erlu[t. 9ieid£)e Sßeute fiel ben
(Seb^arb. 467
(Siegern ju. 2Bext§öoIIer nod^ tDar ber moraüfc^e ©eroinn für @. Siefer fing
bamal§ aud) an auf bie innere Crbnung ber fir(f)tid)en 35ert)ältniffe in 2Be|"t=
iaten ißebac^t 5U nehmen, nad^bem er fid) hiii}ex faft nur mit bem 51ieberreißen
bes alten Äirci)entf)um§ befc^dttigt ^atte. 9iber ba& 6nbe bes ^. 1583 unb
ber '3tnTang be§ neuen ^a^xt^ brachten ft^roere ^Ziebettagen für @. (Sd)on am
4. ^Jiooember (a. ©t.) t)atten ®ra| 9irenberg unb fein (5d)tt)ager ©alentin oon
Sfenburg ba§ Sc^Io^ ^op^eteborf befe^t. 3Jtit il^nen ging nunmef)r ba§ jüngft
eingetroffene baieiifcfie öütf§cor|3§ an bie enge Sinft^Iießung öon Sonn. 3(m
7. /IT. 2)ecember rourbe bie tapfer öert^eibigte S3urg ©obeeberg öon ben Saiern
mit ftürmenber <öanb genommen. Um ben bro^enben 3}ertuft öon 35onn ju t)er=
lauten, fanbte @. auö SÖeftfalen burc^ bergifd^e§ @ebiet unter (äitet ^einrid) etroa
5000 ÜJtann Änecf)te unb ^Reiter nebft ^tunition unb Sebensmittetn an ben
9tl)ein. Slber it)r SInjug toar bem bairifd)en (^elb^errn längft Berrat^en. @r
erwartete ben i^einb in einem 6interf)alt untoeit Siegburg , überfiel i^n unt)or=
fe^enbö (am 23. S>ecember 2. Januar) unb fprengte einen großen X^eit fcine§
SJolfes in bie l^oc^ge^enben gtut^en ber 3Igger unb ber ©ieg. Sen Saiern fielen
alle S]orrät^e in bie ßänbe. 9iun begann bie 33efa^ung bon Sonn gegen i^ren
Cberften Gart Jruc^feB 3U meutern. i8efte(^ung§öerfu($e ber gerabe bamate mit
neuen päpftü(^en Subfibien unterftü^ten bairifd)en Slnfü^rer l^alfen baju, ba^ bie
Sonner Äricgsfned^te fd)liefelic^ i^ren £berften mit feinen jroei .^auptleuten gefangen
nal^men unb gegen ^a^lung öon -4000 fronen, unter bem Jitel rüdftänbiger Se=
folbung, am 19. /29. Sanuai: niit fammt ber ©tabt ben Saiern überlieferten, ^ux 35e=
fd)önigung i^reg Serratt)s gaben bie Äriegsfnedjte öor, fie Ratten big^er niäjt
geteuft, baB <!peräcg Srnft ber rei^tmä^ige ^urfürft öon J?ötn fei. Sie er^ietten
freien ^tb^ug mit äöaffen unb ©epärf, tt)ä£)renb eine ^tn^a^t ©eb^arb'fc^e Seamte
ober Ueberläufer ^um Strang öerurtt)eitt unb jtoei ^^röbifanten im 5Ri^ein crtränft
tourben, öon benen aber ber eine, ^kg. 9lort^aufen, ttiie burc^ ein äöunber
fi(^ rettete. 6arl xrutfife^ faB längere ^ät auf Sd)lo§ <g)ut) an ber i^laaS
gefangen: am 3. gebruar 1586 tüurbe er, auf öielfadie gürbitten unb gegen
Kaution, feiner ^aft entlaffen. — 5U(i)bem noi^ @raf Dteuenar'g fefte» Schloß
SSebburg am 9. '>5Räx?j a. St. gefatten mar, ging -^er^og O'ti-'binanb baran feinen
Gegner au($ au§ 23eftfalen ju öettreiben. Siort f)atte noc^ am 23. £ecbr. a. St.
ein ;C'anbtag ju Sriton eine allgemeine Sanbe§=S)efenfion befc^toffen; in ber 3:§at
aber fanben bie bairifd)en Xruppen je^t faum 33}iberftanb im Jsianbe. @. felbft
50g ficf) beim |)eranrü(ien be§ bairifd) = fpamfcf)en -^eeres gegen Söefel äurücf
unb öon bort ^um 3(nfd)tu^ an bie ftatifi^en Gruppen in bie @raffd§aft
Sütptien. Slber bie @egner folgten il)m bort^in unb überraf($ten bei Surg
(Verborg) an ber atten ^^ffel am Cfterabenb, (31. ^Rärj neuen Stitö) feine 3}or=
l^ut unter Sitet öeinrid), fdjtugen fie unb naf)men ben öermunbeten gü^rer fetbft
gefangen. Sarauf 5ogen @. unb @raf ^]leuenar mit etwa 1000 9teitern weiter
rüdmärtS. 51euenar trat al§ Statthalter öon ©eibern in ftatifi^e Sienfte , ©.,
felbft fein ^riegsmann, fanb mit feiner @emal)lin ein 3lft)t in £elft bei Dranien,
beffen Seii^enbegängni^ er balb banac^ beigemo^nt l^at. @an3 SSeftfalen fiel nun
unerwartet raf^ bem Sieger in bie -öänbe. ^Jlur ein paar fefte %^lä^e im ^eft
DiecEling^aufen mußten burcf) Slnbro^ung öon @emalt .jur Uebergabe ge^mungen
töerben. (3ule^t, erft am 6. Dböember, capitulirte @r. DZeuenars Sd^lo^
<g)o^en=2imburg.) 2lm 5. ^uni (n. St.) tourbe ber neue Äurfürft felbft an ber
Sanbeggrenje beim Sirfenbaum untoeit Söerl öon ben au§ ber Verbannung
5urüc£gefel§rten toeftfdlifi^en 'Käthen feierlid) empfangen. 6ine Stabt na(^ ber
anberen leiftete il^m Jpulbigung. ütocl) im ^uni fonnte ßrnft auf einem in bem
bisher proteftantifc^ gefinnten 6efecfe abgel)altenen meftfälifc^en Sanbtag bie Oleftc
ber öeb'^arb'fc^en Äirc^enreformation öernid^ten unb 3uglei(^ bie allgemeine fat^o=
30*
4gg ®cbf)atb.
IifcC)c gieftauration beö ßanbeS Beginnen. — D^acf) fotc^en ©riotgen toax nid^t baran
3U benfen, ba^ er fi(f) mit bem niebcrgetoorfenen ©egner aui tüeitere 33evgieid)§=
f)anb(ungen einlaffen tt)ürbc, toie folc^e im 5lptil unb ^J3tai 1584 tion Öcfanbten
öeifc^iebener faf^oltfd^ei- unb protc[tantifcf)ev ^N'^f" 3^ 3iotenbuvg a. b. %. ber=
jud^t njurben. ©d^on am 27. 9luguft (n. ©t.) louvbe (Jrnft au Süttid) öon bem
Äurititften üon Jrier in ba§ .Slui-iürftencoüfg aufgenommen, nad^bem auöor 5luguft
öon ©ad^fen auf pei-föntic^e§ 3"!-'^^^" ^^i-' Iifiben Äuvfürften öon ^^Jlainj unb
Stier feine 6intt)illigung gegeben ^atte. S)ie 3u[timmung be§ .^urfürften Don
^ranbenBurg erfolgte erft im Tolgenben S^a'^re. 5Die pfäljifdtic ©timmc ru'^tc
roegcn ber 5J^inberjaf)rigfeit be§ .f^urprinjen. — Ö. Brad^te ben nieber(änbifdf)en
(Staten jtrar meber ßanb nocf) @etb mit, n)ol aber einen merf^boüen '}ted£)tö=
titel, auf Örunb beffen bereu .ffrieg^tiölter bon nun an ^al)xe lang in bie nodl)
nid^t au§gefogenen r^einifd^ = tt)e[tfätifc^en 2anbfdt)aften ©trcifpgc mad^en unb
ißeute barauS t)oten fonntcn. Dlid^t minber frof) über biefe 9Ut§bet)nnng be§
Ärieg§terrain§ mar auc^ ba§ fpanifdl)e .i?rieg§öoIf. &. perfönlic^ öerfd)n.nnbet
faft au§ ber allgemeinen 0)efd^id)te ; nur feineg ^amenS bebicnen fid) bie ftati|dl)en
Gruppenführer ©raf '^Ibotf oon 'OIcucnar unb 9]lartin (2cl)en! öon '"Jit)beggen, um
in ben folgenbeu 3iQf)tcn balb biefe balb jene ©tabt be§ ©r^fiiftö ju erobern
unb 3U branbfc^a^en. ©o fällt it)nen im ''Mai 1585 ^teu^ in bie i^aub , um
nadf) me^r al§ Sfn^i-'eöfrift burc^ ?lterauber tion ^arma im 'Diamcn be§ .ffurfürften
©ruft ttiieber erobert unb entfetjlidt) für feinen ?lbfall gepc^tigt ju merben. ^m
9Jlärj 1586 mirb bie meftfälifd)e ©tabt 9Berl tion @d)enf auSgeplünbert; öor
SBei'^nadlitcn 1587 Bemäd)tigt er fi(^ fogar be§ ©i^ee ber furiürftlid)en 9legierung,
ber ©tabt 58onn, bie erft uad^ fec^emonatlid^cr ^.Belagerung ^n ^33iid)aeIiS 1588
tion ben ©paniern für ^urfürft @rn[t lüieber eingenommen mirb. iR'lieinberg
taufd^t in ben ^a^ren 1584 — 1606 nic^t meniger al§ fecl)§mal fpanif^e ^ot=
md^igfeit gegen nieberlänbifd^e unb umgefel^rt. i^. felbft fc^eint bi§ fur^ tior
bem (am 11. 51ugu[t 1589 öor 'Jtimmegen erfolgten) lobe fcine§ angcblid^en
gelbmarfc^atlg , bc§ Dberftcn ©d)enf , in ben 'Jiiebertanben öerU)eiIt ju '^aben,
:^atte aber toenig 33ortt)ciI tion beffen Eroberungen. 2)ic Ginfünfte, bie er aug
9tl)cinberg unb ^Jteu§ ^ütte aietjen fönnen , mad)tc @raf 'Jteuenar i^m ftreitig.
3Il§ 6tifabetf) tion @nglanb ^u ßnbe be§ ^. 1585 ben trafen tion Seiceftcr ben
9tieberlänbcrn ju -öülfe fanbte, fc^lo^ @. fid) bicfem auf§ engfte an, biente i^m
al§ Siaf^geber unb S^ermittler td feinen tiiclfad)en ^fvrungen mit ben ftatifd^en
2tnfü{)rern. 2)agegcn unterftü^te ßeicefter ben Srudlifeffen , ber am ^öt^igften
5Jtangel litt unb tior ©orgen au Körper unb (*»)cift tief gebeugt mar, mit (^oelb
unb anberer 9totf)burft unb empfal^I ifin miebert)ott, aber roie e§ fd)eint üergeben§,
aud) ber (vJnabe feiner Königin, ©in fef)r unauöerläffiger öemä'^rSmann er^ä^lt,
3lgne§ tion ^an§felb fei einftmal§ felbft ju ßlifabef^ nadl) ©nglanb gefommen,
um .^ülfe 3U erfleljen, aber fdfinöbe abgemiefen morben. ^m ©ommer 1587
madtjte @. bei feinem eigenen f^elbmarfdEiatt ©d)enl eine 5lnleil)e tion 6000 6Qrol§=
Bulben, tool auf ^3iimmermiebergeben. — ^m ^. 1589 begab er fid) mit feiner
®emaf)lin nad^ ©tra^burg. 2;ortf)in l^atte fidf) , jieboc^ D'f)ne fein perfönlidt)e§
Sut'^un, bereits im ^. 1584 ber Kölner ©treit über bie t^reifteltung tierpflaujt.
&. toar aud^ at§ ©rabifc^of 2)ombed^ant 3U ©trapurg geblieben, brei anbere
tion bem SBifd^of tion SSercetti grcommunicirte, bie ©raren C^eorg tion 2Bittgen=
ftein unb .gjermann Slbolf tion ©olm§ unb ber ^V^ei^err Sofjann tion SSinne^
bürg fafeen ebenfalls im ©trapurger Äapitel. 9lun behaupteten bie fat^olifd^en
,<^apitel§:^erreu , bie päp[tlidl)e ^ritiation gelte anä) für ©trapurg, tDäl)lten ben
■Kölner S^orbifd^of .^erjog fyriebrid^ al§ neuen S)ombed^ant unb fdl)loffen bie
anberen gebannten tiomJ^apitel au§. 2)iefe aber bemäd)tigten fid), mit 3uftim=
mung be§ ©tra^urger 9fiatl)e§, ber bortigen ©tiftSl^öufer unb ginfünfte unb
©eb^arb. 469
bel^aupteten fi($ barin mit Söaffengetuatt. Sluc^ @. büefi Bis ju jeinem iobe
in bei- £e(i)anei. Äranf Reiten unb ^Jtanget trübten jeine legten Sebeneja^re.
©ebrängt öon feinen ©täubigem au§ bem fötnifc^en Kriege, mu^te er ftatt fie
ju be^atiten, noc§ immer neue Sd^utben mai^cn. '^atb naä) feiner SBer'^eirat'^ung
|atte @, 3u S)iüenburg ein Jeftament erricf)tet, ttiorin er rür ben i^aU feine»
finberlofen 5tbfterbenö feine S3rüber Gart unb {yerbinanb ju Uniöerfalerben ein=
f efete , feiner @emat)tin aber eine fieibrente beftimmte. 5lun tcar gerbinanb
bereits im ^. 1585 hti bem öerungtürftcn UeberfaE bon öerjogenbufd) um=
gefommen, 6orl im ^. 1593 in ©traPurg geftorben. S)e5^atb tie^ @. furj
bor feinem 2obe ein neues münbticf)e§ 2eftament aumetimen (im 3f- 1601 am
15. Wäx] ü. @t.), tDorin er, jum S^anf für empfangene äöol^ttl^aten , ben
regierenben <!per3og Don 2Bürtemberg ju feinem @rben ernannte unb mit ber 33er=
f orgung feiner SBittme gemäB feinem früheren 3;e[tament betraute. Ser ^er.jog
na^m mirfüc^ bie @rbfd)aft an, morau§ fi(^ bann tangtoicrige ©treitigfeiten mit
ben @rbtruci)feffen öon Söatbburg enttoicielten. Ueber eignes' meitereg (g^icEfol
ift ni(i)t§ befannt. @. ftarb am ^immetfal^rtstage 1601 (21. 2)^üi a. St.) unb
fanb feine 9lu]^eflätte im Jllünfter neben bem borangegangenen trüber daxi. Sa
er fi(f) ber lut§erifc§en Öefire menigftens ni(^t feinbfelig gezeigt t)attc, fo Oer=
anftaltete i^m bie tut^erifcfie 6eiftüci)feit unb bie Uniöerfität eine e^renöoKe
2eicf)enieier. ©ein ©rabmal , bas fpäter au§ bem 3Jtünfter entfernt roorben ift,
rühmte be§ 5]knne§ ä^erftanb unb SSiffen, feine treffticfie 5}ertt)altung f)o^er
@t)renftellen, öor allem aber, ba^ er bie reügiöfe 3Ba§rt)eit ber t)ö(^ften äöürbe,
bie .^eitigfeit ber @t)e einem unreinen (Zölibat öorge^ogen , bann mit gaffung
ben Sc^aaren feiner f^einbe getoic^en , unb enblic^ förbeiiic^ aber ni(^t geiftig
gebro(^en , feine (Seele @ott , ben Seib ber @rbe , feinen 9iuf guten 5Jienfc^en
befef)(enb , öerfi^ieben fei. — S)a§ allgemeine Urtt)ei( öon 5Jlit= unb ^lac^tcett
ift nict)t fo günftig ausgefallen, boc§ manchmal aü^u l^art. Söeber im öuten
ncdf) im 23öfen ragte 6. über feine 5Jlittebenben ^eröor. Seine iöauptfet)ter —
Steigung jum Xrunf, jur 35erfd^tt)enbung unb ju ^tugfäimeifungen — maren faft
attgemeine geiler feiner Qnt= unb Stanbeggenoffen , toä^renb er an öielfeitigen
Äenntniffen über ben meiften berfetben ftanb. S)a^ er öon 9latur gutmüt^ig
unb leutfelig mar, gefielen aud^ feine gfi^be. ^ä'^jorn unb Uebermutl^ im GJtücf
lagen aber, toie fo mantfimat, hxä)t neben biefen guten ©igenf(i)aiten. %n^
potitifc^em (Gebiet mar fein fd)limmftcr ^ti)kx ber 5)^anget an richtiger S($ä^ung
feiner -Gräfte unb ber feiner ©egner. D^ne alte SSorbereitung, o^ne Selb, o^ne
SBaffen unb 5)knnf(^aft, o^ne äuöertäffige t>-i.'eunbe unternahm er ein meitau5=
fel^enbeg, unfet)tbar ^um Kriege Tü§renbe§ 2öerf. 9taci) ber erften "Dtiebertage
legte er bie ^änbe in ben S(i)oo^ unb martete ab, ob ni(^t anbere feine Sac^e
mit ber allgemeinen bes ^?roteftantiemu§ öerfedjten mürben. Jagegen ift e§
unbillig, entmeber feine anfänglich fat^olifc^e Haltung ober feinen Ütetigionsmec^fcl
at» löeuc^etei 3u beseicfinen. ^n römifcf)=!at^otif(f)en 5tnfc§auungen aufgemac^fen
öertvat er fie auc^ nad^ au^en, ot)ne fie jebocf) 3ur 9lid§tfd)nur feine» ganzen S)enfen§
unb JpanbelnS ju machen. 2ll§ bann bie folgen feiner Neigung ju 3tgne» öon
^Ransfelb i^n in bas 9tom feinbfelige Sager getrieben l^atten, aU alte feine ber=
föntid)en ^ntereffen mit benen be§ '4^roteftantigmu§ ^ufammen fielen, mürbe er
naturgemäß ein eifrigerer 3}ertreter beffelben al» juöor eine§ btoB gemD'^nt)eiti=
mäßigen ^at^olicismus. 2)er ©egenfa^ jtoifc^en Ütom unb 2Bittenberg ober
@enf mar ja fein bloß bogmatifc^er. ^^olitifdfie @egner 9tom§ unb be§ mit ii)ni
öerbünbeten Spanien gab es in '2}^enge, benen bie bogmatifcfieu Streitfragen
gleic^gittig ober unöerftänblic^ maren. 3^ biefen beuten l)at mol auc^ 6. Sruc^feß
geljört. — Seine äußere @rfcl)einung ragte, fomeit ]{<£) au§ einem bei Ä^eöen^iller
befinb tilgen §ot3f($nitt nad§ .g)ogenberg'?; fdi)ließen läßt, fo toenig töie feine geiftige
470 ®cbf)atb HL, 25. ö. OtegenSbutg.
ubex bie ^ütelmäBiöfeit l^eröor: toeber ©diön^eit unb äöürbe, aber aucf) nt(f)t
ba§ (Segentt)eil ft)i-e^en au§ ben trüben |d)taifen ©emtSjügen. S)od) mad)te
er noc^ na(^ feinem ©inr^e auf ben jtoaT eitlen, aber ftugen unb n)cltetiaf)venen
(Srafen öon ßeicefter ben ©inbrucE eine§ öoEfommenen (Sentleman§.
5D'.e 2lu§f(itrei6en &^^ax'a'^ unb So'^ann 6afimir'§. — ©i^inger'ä ^toei
erfte (anonl^me) Oielationen: Kelatio historica, .^erbftmeffe 1583 unb ipiftorifc^e
5Sef(i)reibung , Cftermeffe 1584. 33on bemjelben: Rerum vaticiniis accomo-
data historia bi§ @nbe 1584 unb Leo Belgiens (1588) mit @d)tac^tenbitbern
Don .!^ogenberg. — SfHt: De Bcllo Coloniensi libri IV, 1584. @in liber V.
in ber ?lu§gabe bon 158<3. — Äteinjorgen, Sageburf) bon ®ebt)arb 3:rud)fe|,
5Jlünfter 1780. — 5lu§3üge au§ biefen Quetten unb weitere Sitteraturnac£)tt)eife
bei .f)äberUn, % t. 9t,'®., 13. Sb., unb in ß^roni! ber Sruc^feffen bon
SBalbburg, 2. SSb. 1785. — ßinjelne toeitere @rgän,^ungen bei ^laffei, Annali
dl Gregorio XIII., ülom 1742. — Slretin, «majtmitian ber (5r[te, 1842. —
SSruce, Corresp. of Leycester in ben 5>ubl. ber Camden Society, '»Jlr. 27,
1844. — ©roen ban ^rinfterer, Archives. — ©adiarb, Corresp. de Guillaume
le Taciturne. Y. — jtfjeiner, Annales Ecclesiastici , tom. III. 1856. —
(gerber), @cjd)i(i)te ber gai^^itie ©rfien! bon ^t)beggen 1860 k. (5inige§
anä) au§ 3lrc^iben. .hoffen.
(^kbl)0rb III., m]ä)o] bon 9{egen§burg, t am 2. 5December 1060, ift
Wa'^rfd^eintid) im erften ^a^v-jetint bc§ 11. 3t<if)rf)unbert§ in £)ftfran!en geboren.
«Sein Sßater toar ein un§ bem ^tarnen nad) ni(^t befannter fränüfi^er ©raf, ber
in ber 6)egenb bon Det)ringcn angefeffen mar, feine 5!)tutter ^Ibet^eib bie SBitttoc
bc§ rt)einfränfifd)en (^irafen -Speinricf) , bie fid) balb nad^ beffen SLobe mieber ber=
mät)lt "^atte, fein ©tiefbrubcr atfo ber nad)matige ^aifer ^onrab II. @. mar
in feiner Äinb'^eit jum geifttid^en ©tanb beftimmt unb einem mürjburgifdien
Ätofter jur @r(iie!)ung übergeben; aber fein t^atenburftiger unb hiegerifc^cr
8inn "^iett e§ hinter ben engen ^loftermanern um fo meniger au§, at§ er buri^
ben 2ob feiner bäterlid^en ?lnbermanbten, mie e§ fd)eint, ber aUeinigc @rbe ber
33efi^ungen be§ ;g)aufe§ mürbe, ©o entflo'^ er bem .^tofter unb übte fii^ in ben
2Baffcn, bie er bereits moI)l ju fü'^ren tonnte, at§ i^n ber 33efd)tu^ be§ unter
bem SSorfi^ feineS faiferlid)en ©tiefbrnberS ju granffurt berfammelten 9teid)§=
concitg am 23. ©eptember 1027 nött)igte ©d^mert unb ©d)i(b nieberjutegen,
fid) fd)eeren jn laffen unb ba§ gering gefc^ä^te gciftlidie ©etoanb mieber an=
jutegen. ^an "^at bie Söermuf^ung au§gefprod)en , bafe biefer (Soncit§befd)lu|
hnxä) eine Setl^eitigung (^eb'^arb'S an bem 3Iufftanbe (5rn[t§ bon ©d)maben
gegen ben ^aifer I)erborgerufen fei; boc^ lä^t fid) ba§ nid)t ermeifen, unb mir
|ören, fo lange Äonrab II. lebte, niemals ettoa§ bon 5Jli|t)ettigfeiten ^mifdien
biefem unb feinem Sruber, ben J^onrab, nad)bem im ^är^ 1036 ber $8if(|of
(SJeBI)arb II. bon JRcgenSburg geftorben mar, ju beffen 51ad§folger ernannte, ^nbeffcu
einen mirftid) gciftlii^cn ÖebcnSmanbel ^at 25ifd)of @. niemals gefü'^rt unb feiner
iSugenbneigung jum äöaffen'^anbmer! ift er alle 3eit feines Seben§ treu geblieben;
faft bie einzige eineS 35ifd|of§ mürbige X^t, bie mir bon il^m fennen, ift feine
1037 in @emetnfd)aft mit feiner ^IJtutter Slbel'^eib boll^ogene ©rünbung be§
ßoüegiatftifteS Det)ringcn in ber S)iöcefe aBürjburg, baS er au§ feinem SBatererbe
botirte. S)efto mel^r mei^ bie botitifd)e Öefd^ic^tc mä^renb ber Dtegierung ^ein^
rid)§ III., feines 3^effen, bon bem unruhigen 35ifd)of ju ersä'^len. S)a 3itegenS=
bürg in biefer 3"t ^^r gemö'^nlid^e Ort ber ©ammlung beS ^eereS unb beS
^lufbruc^S 3U gelbäügen nad) 33öt)men unb Ungarn mar, mirb (^. mal^rfc^einlid^
f(^on an ben erften berartigen Unternehmungen .g)einri($S 5lntt)eit getiabt 'E)aben ;
auSbrüdtic^ "fierborge^oben mirb feine Xfieitna'^me an bem f^elbauge bon 1044,
ber nad) bem ©iege an ber Staab bie 2Biebereinfe|ung beS bon .fieinrid^ hi'
günftigten, bon ben ^2}tagt)aren bertriebenen ÄönigS ^eter bon Ungarn ermöglichte.
Ci)ebf)arb III., 2?. ». SRegcniburg. 471
1046 Begleitete ^. feinen Steffen auf beffen fRömeräuge , unb einige '^z\i banod^
erl^ielt et öon bemfetfien bte ?flei(^§a!6tei .^em:pten al§ Scf)en, bie in biefem '^<x^x=
l^unbert tüiebexl^olt ba§ ©efc^icf ^atte öon ben .Königen fienu^t ju »erben, wenn
biefelBen Befonbere ©unftbejeugungen erloetfen ttoEten. i^n Ungarn war in=
^toifd^en burd) bie S5erbrängung Äönig 5peter§ fcf)on feit 3al)ren ber beutfrfie @in=
flu^ toieber befeitigt toorben; bie ©tellung, bie fein 9ia(i)fo(ger 5tnbrea§ I. bem
9leic^e gegenüber einna{)m , toar minbeften§ fe'^r ätoeifell^aft , toenn ni(^t offen
feinblid). ^ro^bem toar e§ fc£)tt)er ^u red^tfertigen , ba^ @. , al§ er fid^ im
äöinter 1049 auf 1050 an ber ungarifcijen Öjrenäe auffielt, einen ^taubjug
in ba§ magt)arifd)e (gebiet unterna'^m, auf bem er rei(i)c SSeute mai^te. .^aum
toar er I)eimgefef)rt , fo fielen bie Ungarn rac^eburftig in bie bairifd^e Oftmarf
ein unb rid^teten gro^e S]er^eerungen an ; ^J^a^regeln gegen fie öon S^eic^SWegen
Waren burc| ®eb|arb'§ S5orgel^en unbermeiblid) geworben. 5tuf einem üom
^aifer p ^iümberg abget)attenen bairifc^en Sanbtage Würbe ber DIeubau ber
§ainburg, bie al§ ÖJrenjtiefte gegen bie 5Jlagl)aren bienen foltte, befd^toffen;
.^erjog ^onrab bon SSaiern, ^arfgraf 2lbalbert öon Oefterreid^ unb @. Würben
bamit beauftragt unb löften bicfe Slufgabe, freilief) erft nad) längerem Kampfe
mit ben Ungarn, bie ben 35au 3u l^inbern füllten (©eptember 1050). ^eröor=
ragenben 9(ntf)eil na!§m @. an bem unglüdElicfien Ungarnjuge be§ Äaifer§ im
.g)erbfte 1051 , inbem er mit ben ^er^ögen Söelf öon Äörnf^en unb 35reti§laö
öon S5ö{)men bie am Iin!en S)onauufer operirenbe <g)eere§abtf)eilung fü'^rte;
Wäl^renb ba§ §au)3t^eer unter bem :|3erfönlid()en ßommanbo be§ Äaiferg wenig
au§ridf|tete, erfüUte biefe 9torbarmee it)re in ber 35erWüftung Ungarn^ befte"^enbe
9Iufgabe unb !e{)i-te gtütfüd^ ^eim. ^e'ld^e 9lotIe %. auf bem ^weiten ungIücE=
li(^en ^yelb^uge .Ipeinrid)^ 1052 gefpielt f)at, wiffen wir nid^t; bagegen erfa'firen
wir, ba^ e§ in biefem Sat)re au§ un§ unbefannter SSeranlaffung ^Wifd^en i^m
unb bem .^erjog Äonrab öon ^Saiern ^u t)eftiger ^el^be fam, bie ba§ 6infd£)reiten
be§ ^aifer§ nöt^ig mad£)te, nad^bem ber |)er5og eine SSurg @ebl§arb'§, ^arfftein
in ber Cberpfal^ , in 2lfc^e gelegt l^atte. 3tuf einem 9teidt)§tage 3U 5[Rer-feburg,
ben ^einricE) im Slpril 1053 abl^ielt, würbe bie 2lnge(egenf)cit unterfud^t unb
^onrab feineg §er3ogtt)um§ entfe^t, eine 5}laBregeI, bie um fo allgemeinere 5[Ri^=
biöigung fanb, ba man bem Äaifer bie ^efriebigung perfönlidt)er '^aö^t an
Äonrab beimaß unb audC) ®. fdf)Werti(^ ganj of)ne ©d^ulb geWefen fein wirb.
2[Bä{)renb nun .^onrab nac£) Ungarn flol) unb baburi^ neue ^a^regeln be§
.^aifer§ gegen fi($ ^eröorrief, öermittelte @. g^-iebenSunter^anbtungen mit ^önig
Qlnbrea§, beffen ©efanbte auf bem 9teid^§tage 3U Sribur im October 1053 weit=
ge^enbe gugeftänbniffe maditen, bie ^einri(| annal^m. ^nbeffen Wu^te Äonrab,
ben ^ilnbrea§ gern aufgenommen ^atte , ben 5lbf(i)tuB be§ ^riebenS 3u !§inter=
treiben; nod^ in bemfelben Satire fiel er mit ungarifdE)er ^ülfe in ^ärnt^cn ein
unb wu^te au(^ in Saiern Unru'^en gegen ben .^aifer imb ®. gu erregen, ^it
Wü^t gelang e§ bem SSifdt)of ©ebl^arb öon ®id§ftäbt, einem 9}erWanbten unfereg
6., beffen Ernennung jum Sif(i)of ber le^tere 1042 eiwirlt l)atte unb ben nun
ber Äaifer für feinen 5um -^erjog öon 23aicrn ernannten breijäfirigen ©o^n
^einrid) mit ber 58erWaltung be§ Sanbe§ beauftragte, t)ier bie Crbnung wteber=
'^eräuftellen ; auc^ au§ ^ärntf)en Würben bie Ungarn allmäf)lid£) Wiebcr öerbrängt.
3luf bem jweiten ^uge .§einrid^§ nadf) Stalten 1055 begleitete @. ben i?aifer,
erlangte aber balb mit bem .^er^og SBelf öon ^ärnt^en bie ©tlaubni^ 3ur 9tüdE=
f el)r in bie ^eimaf^ , Wo ingwifd^en einige i§rer SSaffoHen fidf) , wie @. unb
Sßelf beliau^teten, o^nc i^^r SBiffcn, gegen .öeinricf) emt)ört t)atten. SSalb nac^
i^rer ^eimfe^r aber geigte c§ fid^, ba^ bie beiben ^üi^ften fd^nöben SSerraf^ gegen
ben ^aifer im ©inne l^atten. 23eibc traten an bie ©pifee einer befonber§ in
SSaiern unb Defterreid^ WeitöeräWcigten, aber wal)rfdC)einlid^ audf) nadti Sot^ringen
472 ®ebt)arb, 6. S3. b. ©atjbutg.
unb fjlanbern l^inüberreid^cnben äJerfditDörung, beten ^^tüerf e§ getoejen jcin joö,
bcn ^aifer au evmovbeti unb ben nac| Ungarn entflot)cnen iperjog .^onrab auf
ben 2;i^ron ju ert^eÖen. 3öa§ @. ju biefem ül6en-aid)enbcn ©efinnungstoed^jel,
bem 23errat^ an feinem fai|erli(i)en 9Zeffen , mit bem er furj juöor in öeftem
ßinöerne'^men geftanben Itiatte, unb ber ii3erföf)nung mit feinem bitterften g-ctnbe,
^erjog Äonrab , t)eranta|t ^at, ift ni(f)t fict)er; möglicE) ift e§, tüa§ man öer=
muftiet l)ot, ba^ fein bei ben legten 3}orgängen in 23aiern nidit befriebigter
(Sl^rgeij, öieEeid)t auct) hk 6iferfu(i)t auf feinen früheren (Sd)ü^Iing ©ebtiarb üon
ßic^ftäbt, ben be§ Äaifer§ föunft inätoifdien auf ben pä^jftlict)en ©tut)l crt)ol6en
l^atte, tt)n feinem ^Jteffen entfrembet ))at. ©lücEüc^erttjeife toarb ber öerbrec^erifc^c
^-J3lan bereitelt. ^erjog Äonrab ftarb in ber SJerbannung eineg jämmerlidien
SobeS; noc^ in bemfetben 3ta^i-"e 1055 tnarf ben ^per^og Söelf eine fd^toere Äran!»
l^eit auf's 2obtenIagcr ; bor feinem @nbe entbedte er bem i?aifer bie Serfd^toörung,
äeigte feine 5Jlitfct)ulbigen an unb bat .speinrid^ um SJerjei^ung. 6. würbe nun,
nac^bem ber ilaifer im Dloüember 1055 au§ Stalten l)eimge!ef)rt mar, öor ba§
(gerieft ber gü^-'ftfi^ geftettt, tro^ anfänglid)en ßeugneng feine§ 9}erbred§en§ über=
fü!§rt unb crft ju 2Bülfüngen im li^urgau, bann p ©tofeln im -Spegau in <^aft
gehalten. 23alb aber entließ i'^n ber in feinen legten Sagen burc^ fo biel 9Jtt^=
gefd)icE jur Wüte, geftimmte Äaifer feiner .^aft; im 3uli 1056 fd^enfte er it)m
3U 2BDrm§ feine ©nabe mieber unb f e^te i^n in fein 33i§t]§um mieber ein. ©cf)on
im October 1056 ftarb ber itaifer ju 33obfclb im ^axy, (^. war zugegen unb
ba fdt)eint e§ noc^ einmal ju einer ööüigcn ^Xu§föt)nung be§ fterbenben ilaiferS
mit feinem unbotmäßigen £)I)eim gefommen p fein, -änii) be§ le^tcren ^raft
fd)eint aber butct) biefe Greigniffe gebrod)cn getoefen ju fein ; in ben öier 3fat)ren,
bie er noc^ unter §einrid| IV. tDät)renb ber Otegeutfd)aft ber .ff'aiferin 2tgne§
lebte, tritt er nirgenbS mei)x bebeutenb l^erbor; am 2. S)ecembcr 1060 ftarb er,
if)m folgte Ctto, S)oml)err ^u ißamberg. — (So toid^tig @cbl}arb'§ Jll^ätigleit
in ben 9leid)§angelegen'^eiten ift, fo wenig 33emer!en§Wertl)e§ l)at er in feiner
2)iöcefe getl^an. S)a§ bie Älöfter unter einem fo geWattt^^ätigen iperrn feine
guten 2;agc Ratten, lä|t fic^ benfen ; unb in§befonbere in bem reid)en ©tif tc öon
©t. ßmmeram wuBtc man öon feinen 6r)3reffungen unb Seraubungen fd)timme§
3U erääl)len. @rwät)nt mag nur nod^ werben, ha^ unter ®ebl)arb'§ 9tegierung,
unb alfo wol nidt)t ol^ne feinen Slntl^eil, im ^. 1052 öon ^-t^a^ift Seo IX. bei
beffcn SSefud^ in SdegenSburg bie feierlid£)e ^Inerfennung au§gef)3rod^en Würbe, ba^
bie ©ebeine be§ l)eit. S)ionl)ftu§ öon ©t. S)enl)§ nac^ ©t. @mmeram übertragen
feien, lieber bie an biefe f^abel fid^ fnüpfenben Slrugwetfe ögl. äöattenbadt),
@efd§id)t§queaen II, 292.
Vita Godehardi prior, Herim. Aug. Ann. Allah., Lambert, Bertlioldus,
Chron. Wirzeburg. — S5gl. Ciief ebred)t , Äaiferjeit, 23b. II. ©teinborff,
3fal)rb. <^einrid£)§ III. SSre^tau.
ÖJcbllori), ßrjbifdiof öon ©aljburg (1060 — 1088), flammte au§ einem
öornel^men fd)Wäbif(^cn @efd)led£)te , angeblidt) au§ bem ber ©rafen öon ^elffen=
ftein. ©ein S5ater l)ie^ 6:§abolb, feine 5Jlutter Sljala. ©eine ©d^Wefter S)ietl)=
bürg War bie G)emal)lin iene§ 3öerner§ öon 9teidt)er§berg, ber feine Surg in ein
Älofter reg. ßl^or'^erren öon ©t. 2luguftin öerwanbelte. @. , Wol fd)on al§
.^nabc jum geiftlic^en ©tanbe beftimmt, geno| feine ^ö^txc 2lu§bilbung nad^
aUerbingg nid^t ganj öerbürgten 3lngaben ju ^4^ari§ (ögl. 33ubin§äfl), bie Uni=
öerfttöt ^ari§ unb bie S^remben an berfelben, ©. 115) ober p ^^^aberborn
(ögl. ©d^effer=23oid^orft, Annales Patherbrunnenses, ©. 69). 2ll§ feine ©tubicn=
genoffen Werben bie fpäteren SBifd^i)fe 2lltmann öon ^ßaffau unb 3tbalbero öon
äßürjburg be^eidlinet, mit Weld^en il^n nad^mal§ bie ®leidC)^eit ber (SJefinnung öer=
banb. 2lm 4. 2Jlai 1055 würbe er öom ßrabifd^ofe ^albuin öon ©aljburg
Seb^arb, 6. S. d. Saljbutg. 473
äum ^Priefter gcroeifit. ^n ben testen 3"ten Jpeinric^s III. biente er in ber
föntgli(f|en Gapelle uub 6tie6 aucE) nacf) bem Xobe b£§ Äaifet« bis ju feiner
(5ttDät)lung jum Grjbifd^ofe am fönigtic^en öofc, roo er öom 13. ©eptbr. 1058
bis 1. S)ccbr. 1059 a(ö Äan^ler fungirte. S5ermut^üc^ in biefc ^eit Tällt feine
@e|anbtfd§aTt§reife an ben griec^ifdien ^of, loo er ein Äinb be§ ^aiferS taufte,
toofür er ein foftbares iRationate jum (Sefd^enf erf)iett. 3unt ßrjbifdiof bon
©aljburg öom J?teru§ unb ben 5Jtinifterialen erffiäfiÜ, erl^iett er am 11. ;3uli
, 1060 ]u 6f(f)niege an ber 2Berra bie fönigli(^e ^nOeftitur mit 9ting unb
©tab : am 21. ^uti tDurbe er burc^ feinen ef)ema(igen (ioüegcn Slbalbert öon
Söüräburg eingefe^t unb empfing am 30. ^uli in (Begentoart bes ^ifdiois Sunjo
öon ©ic^ftäbt unb feiner ©uffraganen bie bif(i)öfü(i)e 2öei!^e. 5im 22. g-ebruar
1062 erf)ielt er öon ^apft ?tteranber II. bas ^^^allium, 23on biefer ^e^t ai^
töar &. bi§ 1075 faft nur in feiner Siöcefe tf)ätig. £ie alljugrofee 3Iuöbe]^=
nung be§ er3bif(f)öf(idf)en (Sprengeis, in ^yoio^t beffen ber ^Jktropoüt nic^t überaß
feinen Cbliegenf)eiten nac^fommen fonnte , bemog Cd. mit pöpftüc^er unb fönig=
lidjer 3uftimmung ba§ ^iSt^um 6urE ju errichten (1072), ba§ er mit fal3=
burgifc^en Äammergütem unb mit 6ütern bee bafelbft beftet)enben 5ionnen=
flofter§ botirte. £o(i) ertrirfte er jugleicf) , ba§ ba§ neue 23i5t^um mit bem
Grjftifte enger at§ bie übrigen Suffraganbi5t{)ümer öerbunben blieb. Sie
präcJ)tige ^irc^e ^u ©ur!, gteid§ jenem Dlonnenftoftcr üon ber l§eiügen .ipemma,
©rafin öon lyriegac^ unb :^tit\ä:)aä:) gegrünbet , tourbe jux Somfirdie erl^obcn.
Siefetbe i^xau §atte fci)on unter 93albuin ©eb^arb'e 9}Drgänger auf bem erj=
bif(^öfli($en Stülpte i^re ausgebe^nten 33efi^ungen im 6nns= unb 5paÜentt)aIe jur
(Srünbung eine§ ^enebictinei-ftifte§ beftimmt. ^eboc^ erft 6. fe^te öemma's
SBitlen in§ SBerf, inbem er ba§ ÄXofter Slbmont 29. ©eptbr. 1074), bas er mit
fd^mäbifc^en 5}tönc^en au§ ©t. ^Btafien befe^te, grünbete. @r felbft fügte ju ber
uifprüngtic^en (Stiftung öiele ©(fienfungen ^inju, unb eirertc burc^ fein Seifpiel
anbere, »ie namentüd) ben 5Jlarfgrafen Gttofar öon ©teier jur "iitac^afimung
an. 2lud^ ftattete er ba§ Älofter mit f oftbaren ^^riefterornaten , pradEitöoIIen
^tiä)tn, fc^öngef{f)riebenen 33üc£)ern, mert^öoßen Üleüquien u. bergl. reid)ü(i)
aus. Gr brachte e§ ferner bal^in, baB ba§ ftaöifc^e 9}otf feiner S^iöcefe fid) ju
bem big bal§in gar nici)t ober nur täffig entrichteten ^^^i^t^^ öerftanb. Ginen
%tieii baöon tt)ie§ er bem Ä'Iofter 9(bmont ju. ^n ben großen Slngetegen^eiten
beö 9tei(i)e§ unb ber Äirc^e trat 6. bamals uod) menig f)eröor. Sen Sreigniffen am
fönigü($en .pofe ftanb er, tt)ie e§ f(i)eint, ferne. 3Iuf ber ©t)nobe ju ÜJtainj,
tütl<i)t im Slug. 1071 über ben ber ©imonie befc^ulbigten 58ifcf)of ^art öon
Äonftan^ ,5U ©erid^te fa^ , töar er neben Ubo öon Zxin als pdpftli(i)er Segat
anraefenb. 1074 mo^nte er ber eilten [yift^J^l^^o^e ©regors VII. in 9tom bei,
auf toel(i)er hie ©efe^e gegen ©imonie unb ^;|3riefteret)e erneuert mürben unb au^
ber er felbft jum erften Mak in enge Serü^rung mit jenen 3Infcf)auungen
trat, bereu eifrigfter 2}ertl^ eibiger er in ber t^oiQ,t toerben follte. ^m 9lo=
öember 1074 erft^eint er am föniglic^en ^ofe ju ÜiegenSburg unb nad^
ber (Bä^iaäjt an ber Unftrut (9. ^uni 1075; toar e» neben bem .öerjoge
ßottfrieb öon Sotl^ringen, bem Gr^bifdEiote ©iegfrieb öon ^Jlainj unb ben
33if($öfen 3IbaIbero öon Söür^burg unb @mbri(i)o öon StugSburg unfer ©.,
toetc^er bie Untertoerfung ber ©adifcn unter ben ^önig öermittette (25. Cctbr.
1075). 5Big 3um 2Iu5brud)e be§ ^nöeftiturftreitce ^idt alfo &. treu ^u bem
Könige unb f)at gerabe in ber legten ^^it- ^^ ^i^ ©ac^fen in SBaffen ftanben,
fic^ für i^n t^ätig ermiefen. (Srft ate ^einric§ IV. (24. ^an. 1076) ben ^^apft
(Tregor VII. abfegte, unb biefer bagegen über ben Äönig ben Sann öer^ängte
unb feine Untert^anen be§ 2reueibe§ entbanb , ftellte fic§ &. auf bie ©eite ber
(Segner be» Könige. (5nbe Cctober 1076 nal^m er an ben 33efci)lüffen bes
_j.74. ®eb()atb, 6. 33. ö. Saläburg.
f5ürftentage§ ju 3;vi6ui- f^eit. ßr föt^nte [ic^ aud) nad^ ber Söjung beffell6cn bom
SSanne mit bem Äönig nid^t au§ unb jc^to^ jic£) t)ielmet)r ber 5]ßartci be§ (S)egen=
fönigä Ülubolf an, obtool c§ ätDcifeI|ait ift, oB er ber 3Ba'f)l be§ le^teren öeige=
tüo^^nt :^at. Um bem ,$?önige beffer SBiberftanb leiften ju fönncn, legte er bic
SBurg über ©t. ^etcr unb bie ^eften ju SBerfen unb grie§a(^ an. S)o($ auf
bie 5Daucr öermod^te fid) ß). nict)t ju Be'^aupten. S5ergcben§ bemül)te fid) .^önig
§etnri(^, ben grjbifd^oi, ber i^m jute^t allein öon allen 33i|cf)öfen S9aiern§ notf)
»iberftanb, ju gewinnen. Ö). crf(|ien ^toax, al§ il§m freiet ©eleit ^ugefidiert
mar, in 9tegengl6urg , bod^ getang e§ ^einric^ nid^t, il)n bon bem @egen!i3nig
3u trennen, "äU &. nad^ ©atjburg jurücEgeiü'^rt mürbe , entfam er f)eimli(|
feinen Begleitern unb eilte nad) feiner fd£)toäbif(i)en .^eimaf^. ^n biefem Sanbe,
ba§ bamal§ unter bem ßinfluffe 2BiU)etm§ bon ipirfi^au unb anberer gefinnung§=
bermanbter 5Jlänner ein ^auptfi^ grcgorianifd£)er 3lnfd£)auungen mürbe, fdt)eint er
fid^ junäd^ft ru'^ig öerl^alten ju l)aben , bi§ i'^n bie Erneuerung be§ iBanncS
über .^peinridf) IV. unb bie 2Ba^t 2öibert§ jum (yegcn|)a:pfte neuerbing§ auf ben
fird^li^en Äampf|)la^ füt)rte. 3"nä(i)ft fud)te er burd^ 33ef^red)ungen e§ ba'^in
ju bringen, ba^ bie S3ifdf)öfe ber (Gegenpartei fid£) für ben ^ßapft erflären foUten
unb be§megen öerlangte er ju toiebcr{)oIten ?Olalen eine Unterrebung. Sm
^. 1080 ober 1081 rid)tete er an ben Sifd^of ,'permann bon 5Ue^ ein ©enbfd^reiben
(gebrucft bei 2engnagel , Monum. adv. scliismaticos , pag. 7—29; mieber'^olt
bei C^retfer, Opp. YI) , in meld)em er übrigen^ in ma^boHer äÖeife bie ®runb=
fä^e feiner ^Partei bartegte, ben S3ei!et)r ber Gegner mit ben (5j-communicirten
unb ba§ 3?orget)en berfelben miber (S)regor VIT. tabette, bagegen ba§ 5ßerfal^ren
be§ le^teren bcrt^eibigte. 5ßalb nad^ biefem ©(i)reiben fam e§ ju ber getoünfdf)ten
3ufammen!unft. 5Der Äv'önig moHte nad) Italien jielien , feinen Apauptfeinb
ftürjen, ben ©egen^japft einfe^en unb fid£) frönen laffen ; er motttc 't>^n 9lücEen in
S)eutfdf)lanb gefid^ert f)aben. ©o fam e§ benn im gebr. 1081 in einem Söalbe bei
Häufungen ju einer :^efprec^ung , bei meldier bon «Seiten be§ ÄonigS bie @rä=
bifd^öfe bon i?i3tn unb Srier , bie SSifdt)öfe bon SSambevg , ©peicr unb Utred^t,
bon ©eite ber ©ad£)fen bie ßrjbifd^öfe bon 5)tainä, Salzburg unb 53tagbeburg
bie S3ifdf)Dfe bon ^aberborn unb Jpilbe§t)eim zugegen maren unb im iUamen ber
©ad)fen &. ba§ 3Bort ergriff, ©a er aber in feiner 9tebe berlangte, ba^
bie Sßerfammtung über ipeinrid^ä 9led)t jur 9leid^§regierung entfd)eiben möge,
anbererfeit^ bie ©ad)fcn ben Söaffenftittftanb mit bem Könige aud) auf ben
^papft au§gebet)nt fef)en toottten, fo löfte fi^ bie SSerfammlung unbetrid)teter
2)inge auf. 2lu§ ben nä(^ftfoIgenben ^lO'fli-'en fel)(t un§ jebe ©pur bon @ebl§arb§
poIitifd)er Sßirffamf eit. 6§ unterliegt tool feinem ^ioeif el, ba^ er fiel) an ber 2Bal)l be§
neuen ®egenfönig§ ^ermann bon Sujemburg betl^eiligte, aber ernjä'^nt mirb
babci fein Flamen ni(^t. 3lm 4. 3^uli 1083 meil^te er 3U ©inbelftngen mit
5lba(bero bon SBürjburg eine ßird£)e ein. @ben bamal§ toibmete il^m 5}lane=
golb bon Sautenbadl) bie gegen äöenrid) gcridt)tcte ©treitfdjrift. 1084 ridE)tete
@. neuerbing§ ein fur3e§ ©dt)reiben an ^ermann bon ^e^, in toeld^em er bie
©ültigfeit ber ^:]3apftn}eit)e Söibertg beftreitet (bei Hugo Flavin. M. G. SS. VIII, 459).
@rft auf ber 3}erfammlung ju ©erftungen (20. ^an. 1085), auf mel(^er eö fid^
neuerbing§ um bie Unterhierfung ber ©ad^fen l^anbeltc , treffen mir @. mieber
al§ 3Bortfül)rer berfelben, ben SJertretcrn ber faiferlidt)en Saä^e ©rjbifdCiof äBe^ilo
bon Mains unb 33ifdE)of ^onrab bon Utrecht gegenüber. 5)er ©treit betraf bie
©rcommunication §einridf)§ IV., bon toeld^em SBeäilo behauptete, ba^ er mit
Unred)t gebannt toorben fei, morauf @. ermiberte, (Gebannte muffe man meiben,
ob nun ber 3Sann gerecht fei ober nidt)t. S^be 5|3artei tooEte bie (sjegner be§
Unrc(^te§ übermeifen unb fte baburd^ Urningen, in il)r Sager überpget)en. 3^1-*
Ueber,^eugung reid)ten bie borgebrad£)ten 2?etDeife beiberfeitg nid^t au§. 'öUemanb
mottle aud) nur ba§ fleinfte 3ugeftänbni§ mad)en. S)ie 35erfammlung löfte
©eb^atb, 5B. b. aSüraburg. 475
iiä), o'^ne ba§ eine Sßetftänbigung tx^idt tüorben tüäre, au|. 311 Cftern fanb fi(^
®. 3u GuebünBurg auf ber öon bem |3ä|)ftti($en Legaten S3i^oi Ctto Don Dftia
öeranftalteten ©t}nobe ein, an] tüdä)tx ber 35ann über .öeinticf) unb bie i'^m
an^ongenben 33ifd)5ie auf ba§ feiertii^fte auggefproc^en njurbc unb bie 0)runb=
jn^e, bie @. 3U ©erftungen bargelegt, i'^re SSeftätigung erhielten, hierauf ant=
tDortete |)einri(i) mit ber SSerufung einer ^Dtainjer ©^nobe , aui tt)elcf)er 6eB=
'^arb^g ©uffvagancn ^J^egintcarb bon fyreiftngcn unb Ctto öon 9iegen§!6urg fi^
einfanben unb bie gegnerift^en 33i|d)öte ercommunicirt , i'^re Si§tt)ümer für er=
lebigt erfldrt unb neu beje^t Ujurben. 5tucf) @. traf bieje§ Urf^eit. 5(n feine
SteÖe foEte ber ftraf SSert^oIb oon 5)lo§16urg gelangen , rtieli^er namenttid)
(Be6{)arb'§ ÖieBüng§f(i)öpfung ^bntont mit furchtbaren '^slünberungen fieimfuc^te. 9n§
aber .^einrid) lY, im 2lugu[t 1086 16ei SBüräburg eine f(^n)ere ^iieberlage erlitt,
fc^lug enbüci) au(^ für ben fcf)tü ergeprüften (S. bie ©tunbe ber Srlöfung. @e=
leitet öon ben S5ifd)öfen 5lttmann öon ^jßaffau unb 5]leginn)orb öon {yreifingen,
tt)eld)er bie Partei be§ ßaifer§ toieber öertaffen "^atte, bem ©rafen ©ngelbert
öon SSafferBurg unb öielcn 5JlinifteriaIen fe'^rte &. naä) neunjähriger ?lbtDefen=
!§eit nüä) ©aljburg jurücE. 2)0(^ überlebte er ni(f)t longe biefen legten ©rfolg.
@r ftarb am 15. ^uni 1088 unb tourbe feinem 3öunfd)e gernä^ ju 9(bmont beigefe^t.
6ine ^niitra unb ein ßrummftab, gegentoärtig no(^ im SSefi^e be§ Ä(o[ter§ 2lb=
mont, merben auf (B. jurürfgefü^rt , botf) gef)ört nur ber te^tere bem 11. 3^at)r=
^unbert an , toä^renb jene ^unftöerftänbige an§ @nbe be§ 14. ^a^r^unbertS
öertoetfen. @benfo ift bie 53e]§au|)tung, ba^ (*). is^egatenrec^te für ganj S)eutfcf)=
tanb mit beren 33ererbung auf bie ^tadifotger befeffen i)übe , falf(f). — 3^ 3lb=
mont tDurbe fc£)on ju Einfang be§ 12. ^al§r:§unbert§ ein furjer ?lbri§ öon bem
Seben @eb'^arV§ gefcfjrieben, toeldfier gegen ©übe beffelben ;3af)r^unbert5 ebenba
eröDeitert unb au§gef(f)mü(it tnurbe. S5eibe Seben§bef(^reibungen finb enthalten
in Mon. Germ. SS. XL
2. ©(^mueb, ©eb^arb öon ©atäburg (1060—1088). SSicn 1857.
(5progr. b. £)ber=9leatfc£)ute am ©c^ottenfetbe). — ^, 2iBi(f)ner, ÜJefc^ic^te be§
35enebictiner=(5tifte§ 3lbmont, 1874. 1. 33b. 3eiPerg.
©Cbtiarb, 33ifd)of öon Sßürsburg (1122 — 1127 unb 1150—1159).
@r ftammte au§ bem Sefctitec^te ber (trafen öon .penneberg; a(§ 3eit feiner
@eburt barf man ben Uebergang öom 11. jum 12. ;5a^i-"^unbert annehmen.
3um ^mde toiffenfd)aftli(f)er 2tu§bilbung meiltc er anfangt ber ^toanjiger
3^al^re-be§ 12. ;3a^i-''^u^^crt§ p 5pari§; ba traf it)n, ber nod) feine firc^lic^e
SBeil^e empfangen , au§ feiner ^eimat^ ein 9tuf , burcf) ben er fic^ unöermutl^et
mitten in bie bamatigen !ir(^enöoIitif{^en .kämpfe ^ineingejogen fa^. S5if(^of
(Srtung öon äBür^burg toar am 28. S)ecbr. 1121 geftorben. Äurj öorl^er "fiatte
Äaifer ^einricf) V. in SBür^burg mit ben ^^ürften ein 3(bfommen getroffen, ba§ 3ur
Sißieber|erfteEung be§ ^i-'i^^^^^ jmifi^en ©taat unb Äird^e führen follte , ein
9tb!ommen, ba§ bor altem in ber ^nöeftiturfrage äunäc^ft gro^e 33orfid^t unb
3urü(i^altung auferlegte. Slro^bem benu^te ber ^aifer bie ßrlebigung be§
SBürjburger ©tu^g, um ^ier fofort eine Ü^eubefe^ung öorjune^men. S)ie toa!§r=
fcf)einli(^ im f^ebruar 1122 unter feinem @inf(uffe öorgenommene 3Baf)l fiel
auf ben jungen &., ber, mie e§ fcf)eint, einf[u§rei(i)e f^ürfpredfier am öofe l^atte,
unb unbebenftid) ertl^cilte i^m 6einri($ fofort bie ^nöeftitur. ^m @efo(ge bc§
.f)of§ begab ftd) bann ber 'Jieugemä^lte nac^ 33reitungen im ^ennebergififien,
mo eine 3ufcimmenfunft mit ßrjbifc^of 3lbetbert öon ^Jtainj ftattfanb , ber i^m
al§ 5Dletropolit bie 3Bei:^e in 9lu§fi(f|t fteÜte. Unterbeffen batte fitf) aber in
Sßür^burg rafd) eine öegenpartei unter gü'^rung be§ S;omprDpftc§ Dtto gebilbet,
bie ben danonifer Sftubger jum 33iicl)of mä'^lte. %uä) biefe ^^?artei fe^te ftd^
algbalb mit ©rjbiftfiof 9lbelbert in SJerbinbung, unb bei einer 3ufammcn!unft
an ber äöerra, roo anä) bie bamal§ mit bem ^aifer auf gefpanntem ^u^e fteljen=
476 ©eb'^atb, SS. U. SBür^burg.
ben ©taufer f^viebrtd^ unb Äontab, jotüie Segaten be§ ';^apfte§ ftd) einfanben,
tourbe 9tubgei-§ 2BaI)t beftätigt. S)amit tüax ta^ 3ei(i)en 3um Kampfe gegeben.
Söüraburg ex-fc£)cittt, loie fo oft im 11. Sfal^rl^unbevt, je^t aberma(§ in jtoci feinb=
lid^e Heerlager gefpalten, unb nid)t etwa blo§ bie engeren 2Bür3bui-gi|i^en 3^ntev=
effen, fonbern eben^ojefir bie großen ba§ 9teid) betoegenben Ojegenjä^e tuaien e§, bie
auf biefem Äam|)tpta^e aufeinanbevftie^cn. 3unä(i)ft fa^tc @. in SBürjbuvg, tüo er
bie Sürgerjifiaft jür ftc£) gewann, ieften ^yu^. @§ tarn im ©ommer 1122 mit
ber ö)egen))artei ju ßämpyen, bie e§ le^terer räf^Iirf) erfct)einen liefe, öorerft öon
tüeiteren ^^Ingriffen auf bie ©tobt abjuftetien unb bie äöcif)e Stubgerg im ^lofter
Bä^'max^ad) öorjunc^men. (^j. behauptete fic^ in ber ©tabt unb Umgegenb, 9lub=
ger§ (Seloalt erftrecEte fic^ über ben om 9lecCar liegenben %1)ni be§ ^öigf^umg.
33alb barauf gelang ber 3lbfd)tufe beö Iangcrfet)nten (^ricbenettJcrfeS jtuifctien ^aifer=
t^um unb ^^apftt^um ; aÜein in bem Würzburger ©(i)i§ma wollte baburcf) nod) feine
Söfung eintreten. 6inen %1)nl ber ©d^ulb baoon trug iebenfaE§ bie eigent'§üm=
tid)e, me^rfac^ fdiwanfenbe Haltung be§ @rzbif(f)of§ 3lbetbcrt, ber ?tnfang§ unter
bem 2)rurf ber Gegenwart be§ ^aifer§ ®. 35erfpre(i)ungen gemacl)t "^atte, um fid)
l^intert)er auf bie anbere ©eite ju f(i)Iagcn; im ©eptember 1122 üerwenbete
er fi(^ beim '^sapftc in einem ©dtirciben auf ba§ 6ntfct)iebenfte für Ütubger.
2)iefer ungewiffe 3u[tanb wät)rte , wie e§ fct)eint , o£)ne wefenttid)e 3tenberung
bis jum ^. 1124, Wo bann bie ©c^Iidjtung be§ ©treite§ auf§ neue in Eingriff
genommen Wirb. ^ap[t Galirt II., feit bem i5fnei>en§f<^lufe ftet| jum (5ntgegen=
fommen geneigt, fd)ien ®. all bem ßanbibaten be§ ÄaiferS nic£)i abgeneigt, (är
entfanbte t)auptföci)Iid) Wegen biefer ?lngetegen()cit ben ßarbinalbifc^of SBif^elm
öon ^^räncfte nacf) S)eutf($lanb. 2Iuf einer be§I)alb [tattfinbenben 9}erfammiung
ju 3öorm§ im ©ommer 1124 gewann, Wenn mon ®ebf)arb'§ eigenem 93eri(^t
©tauben fd)enfen barf, beffen <Bad)t erT)cblid} an XHugfic^t. ^^llein aud) 9tubger
war unterbeffen uid)t untt)ätig. 3Bol gerabe ?Ingcfid)tö jener für i'^n bebro^=
lidien Söenbung eilte er uac^ 9tom; er fanb bort gute 2lufnat)me, aber, wie e§
fd)eint , feinen beftimmten Sefc^eib ; unb alSbalb nad^ ber 9{ücffet)r würbe er
ba§ Opfer einer gerabe ^errfd)enben dpibemie im ^. 1125. 3)amit trat ®eb=
^arb'§ ©ad)e um fo gewiffer in ein neue§ ©tabium, at§ ber im uämlid)en Sa'^re
erfotgenbe Slob be§ ÄaiferS über'liaupt einen großen llmfd)Wung I)erbeifül)rte. @r5=
bifd)of ';}lbelbert war je^t 5lngefid)t§ biefer beränbertcn Sage nid)t abgeneigt, für ®.
fid) ju erflören, um, wie er felbft fagt , eine böüige 3ev'rüttung ber Würzburger
kixä)t ZU öeri)üten. Sine ©t)nobe, bie er auf ben 18. Dctbr. 1125 nad^
5Jiain3 berief, foüte barüber entfd)eiben. Tiaä) Web'fiarb'S 2)arftettung , ber ein=
jigen , bie wir barüber befi^en , würbe it)m bort bie 2Bei^e in 5lu§fid)t gefteüt,
Wäf)renb nad) einer anbern aÜerbingg fc^Wer ju l^^grünbenben 5.?ermutt)ung ber
^Propft ©mbrico öon Erfurt bereits bamal§ zum ^Jtat^folgcr auSerlefen Worben
Wäre. SSalb barauf, Wie e§ fdieint, fam e§ jebod) in SBürzburg felbft zu einem
neuen :^eftigen 3ufammenftofe ber beiben 5]3arteien. 2)en ©egnern (Sebt)arb'§
unter 3^ü"l)i;ung beS S>ompropfte§ Dtto gelang e§, bie £)berf)anb in ber ©tabt
ZU gewinnen; aber (B. unb feine 2lnf)änger antworteten barauf mit @inäf(^erung
ber 35orftabt, SSefe^ung be§ 0}krienberg§ unb SSerWüftung ber ©tiftSgüter.
©erabe biefe S^^at f)at inbeffen (B. unb feiner nod) in ber Bä^wtbe befinblidien
©ad)e me^r gefd)abet al§ genügt. 6rzbifd)of ^Ibelbert '^atte wal)rfd)einlid^ fd)on
gleid) nad) jener Mainzer ©t)nobe bie 2lngelegenl)eit bem 5pap[te üorgetragen.
^cbod§ iponoriuS IL, ber 9iad)folger Galijt IL, war einer öon jenen Se=
gaten, bie e'liebem ber 2öei^e ÜtubgcrS beigewotint "Ratten; er mo(|te bal^er
öon öorne 'herein @. wenig geneigt fein. S)ie ©ntfc^eibung ber ßurie fiel benn
aud) entf (Rieben zu Ungunften @eb'l)arb'§ au§. @ine öom 4. 5Jlärz 1126 batirte
5lntWort be§ 5ßapfte§ gebot feine Entfernung, ^ebod) &. I)atte fid) unterbeffen
©eb^atb, 33. o. aCßütjburg. 477
an Äönig ^ot^ar geiticnbet. 5}tan t)ef(^ieb it)n am einen 5Reicf)§tag nad) (£trQB=
butg, Öer6[t 1126, \do aud^ ber mit SJoüfttecfung jenet päpftlirf)en Sentenj hc-
traute ßarbtnattegat 6ert)arb zugegen toav. -Jto^ einmal f(f)ienen iidf) f)ier für
@). 3luincf)ten ju eröffnen; ©r^Bififioi 5tbelbert ertf)cilte if)m ben 3tat^ , feine
@ad)e in 9tom perfönüc^ ju tiertreten. S!a fü'^rte ein neuer ©emattftreicf) feiner
Sln^nger in Söürjburg a6ermat§ eine ungünftige 3Benbung ^erbei. 6. befam
burc^ benfelben bie ©tabt in feine Weroatt, aÖein bie, mie es jc^eint, fe^r raf(^ bem
no(^ bcrfammelten 3teicf)§tag jufommenbe ßunbe baüon fül^rte nun bie 3}er=
l^ängung ber ßrcommunication über @. 'gerbet. Äaifcr Sot^ar unb ßrjbifcEiof
5lbelbert erfc^iencn barauf fetbft in äßürjburg, too ber Sann gegen 6. tt)ieber=
{)oIt tourbe. 3;ie <Baä)i blieb immerhin ungefähr no($ ein ^a^x lang in ber
(Sc£)Ä)ebe, unb 5lbelbert fi^eint no(f) einmal Unter^anb(ungen mit &. angefnüpft
3U "^aben; nacf) be§ legieren SIngabe ^ätte e§ ficJ) babei fogar um einen 33e=
ftecf)ung§t)erfu(f) ge^anbelt. 6ebf)arb'5 Sage in ber Stobt mar aber bocf) in
g^otge jener Sßorgängc eine un'f)altbare gemorben, fo ba§ er e§ öorjog, fici) auf
feine i^amiliengüter jurücf^ujie^en. 23ei einem teeiteren ^itufent^atte 2ot^ax^
unb 2Ibelbert§ in JlBürjburg im folgenben ^a^xt 1127 fanb enbliä) ber lauge
(Streit feine entf(^eibenbe Söfung, inbem um äöei'^nai^ten ber 5propft 6mbrico
öou ©rfurt (f. b. 9t.) jum Sif(i)of gemäf)(t unb fofort auä) inöeftirt unb gemeint
würbe. 9to(f) ein ^jaar ^at)re lang i)at ß. bie gortfe^ung eine! jebocf) erfotg»
lofen 2öiberftanbe§ berfu(^t. 6ebt)arb"e Ütotte mar inbe§ mit biefer 5tiebertage
in bem toürjbutger S3i§tt)um§ftreit ud($ feine§tt)eg§ au§geft3iett. 5U§ es fic^ im
3tpril 1131 um bie Dteubefe^ung be§ Trierer ßr^ftul^IS §aube(te, ba taucht fein
Diame pB^ticf) lieber auf; eine mächtige Saienpartei ma(f)t il^n ju i^rem (Ian=
bibaten. 5lber aud^ f)ier t)ermo(i)te er nii^t burd^jubringen, inbem balb barauf
bie fS^at)l be§ 2l(bero öou 5[}tontreuit erfolgte. (I§ mar aber @. bot^ noc^ be=
f(^ieben, am 3lbenb fetne§ Seben§ ba§ 3W 3u errei(^en, um ba§ er ^a'^re lang
öergebticf) geftritten l^atte. @egen 6nbe be§ ©ommerS 1150 ftarb ^u 2Bür3burg
6mbiico'§ 3^ac^foIger, Sift^of ©iegfrieb öou Jrufienbingen, unb noc^ im näm=
liefen ^a^re erfolgte bie äöat)t ©eb^arb'g für ben ertebigten ©tu^t. ^a^ biefer
^Tieugemä^Ite bem ^aufe ber (trafen bon .öenneberg anget)örte, mirb in einigen
Urfunben flar au§gefpro(f)en ; unb ber weiteren 2Inna^me, bafe er ibentifd^ fei
mit jenem früheren gleichnamigen Siyf^umgcanbibaten — eine fcf)on öou bem
2öür3burg'fc^en ßt^roniften 2. y-rie§ öertretene 3(nf($auung — ftet)t fein irgeub=
wie ti-iftiger (Brunb entgegen, um fo Weniger, wenn man ba§ bei jener
frül^ereu ftreitigen fBat)l noi^ fe^r jugenbli(f)e 9Uter (Seb^rb'S in 35etrad§t
äiel^t. lieber bie inmitten liegenben ß^^^punfte aber (1131 — 1150) finb wir
freilidf) bejügtic^ feiner ©(f)ictfale faft gan^ im Unftaren; urfunblic^e eingaben
fül)ren auf bie 35ermuti^ung , hü% er in bem ^weiten ^a^rje^nt ju äöürjburg im
S!omftifte, bielleic£)t aud^ im ßoEegiatftifte ^Zeumünftcr eine Sßürbe befleibete;
au(^ fc£)eint er ben bifcfioflidien Sitel nodt) längere 3eit ^at^ feiner l'lbfe^ung
geführt ju l)aben. — 2Bie bem aber fei, au§ 5lltem, wa§ Wir nun öon biefer
fpäteren 9tegierung @eb]§arb'§ wiffen, tritt un§ ba» Sitb eine§ encrgifdEien , be=
fonberg auf Erweiterung ber politif(f)en Üied^te bee 6o(^ftift§ eifrig bebadf)ten
.^ir(^enfürften entgegen. 2öir bürfen i'^n al§ ben erften unter jenen Sift^öfen
öou SBürjburg betradf)ten, bie es Perfud^ten, jene bem SßÜTjburger ©tul^l angeb=
lidj über Oftfranfen öerlie^ene ^ersogSgeWalt t^tfäd^tid^ geltenb ju machen. 6r
wollte ba§ u. a. befonberS bem |)0(i)ftift ^Bamberg gegenüber burc^fü'^ren, allein e§
fam barüber ju einem -^l^roceffe, in bem balb nac^ @eb^arb"§ 2;ob, im ^. 1160
bur(^ faiferlid^en Sprurf) ju Ungunften jener wür^burgifd^en 33eftrebungen ent=
f(^tebeu würbe. 9lber aud§ fein bif(f)öflic^ee 3lmt l)at 6. gewiffen^aft Perwaltet,
Wie ba§ au§ einer 9iei'^e öou Urfunben für ftr(^tidf)e Sfnftitute lieroorge'^t.
^7g ©ebl^atbt.
gnblid^ ^at ©. aud) feine ^ftic^ten al§ 9tet(i)§iürft mit eiier eviüttt. ©cf)on
bei ben S^oibeveitungen juv Söatjl Äaifer ^friebrid) I. fc£)eint er &et{)eitigt ge-
toefen ju fein, unb toir begegnen i'^m in bcr x^oiQ,t f)äufig am ^ofe biefeS Äaiferg.
©0 begleitete er i'^n im ^. 1158 auf feinem jtoeitcn ,-^uge nad) S^talien unb
na^m nod) an bem gicid)§tag auf ben roncalifd)en gelbern im 5lobember biefes
;3at)re§ %t)nl; ba erfaßte if)n bort, föot im S3orgefüf)l feineS na't)en ©nbee,
bie ®ct)nfud)t nad^ ber .»peimat^. ^it bes ÄaiferS 3iiftimmung begab er \\ä)
noc^ mitten im 2[öinter 1159 auf bie |)eimreife, aber fd^on 7 Sage nad) feiner
Stnfunft inäÖür^burg enbete fein lüec^felboüeS Seben, am 17. ^Jlärä (1159). —
S)ie an ®. gerid)tete 2Bibmung be§ berüt)mten Codex Udalrici im ^a^^re 1125
fptidjt bafür, ba^ er aud) ©inn für litterarifd)e ^gcftrcbungcn befa|. S)a^ er
felbft bie t^eber gettjanbt 3u füt)rcn tou^te, jeigt feine ber genannten 33rieffamm=
iung nad)t)er ebenfalls einberteibte 5üert'^eibigung§fd)rift au§ bem S- 1127, eine
^auptpuettc für jenen toürjburger 33i§tt)um§[treit, wcnngteic^ alg ^^arteifd)rift nur
mit SJorfic^t ju benü^en.
Uffcrmann, Episcop. Wirceburg. ©. 60 ff. 66 ff. ©d)ulte§, S)ipIomat.
@ef(^id)te be§ gräfl. ^aufe§ ^enneberg. S3b. 1. ©. 39 ff. 35. -^cfete, ©er
«Streit um ba§ 23i§tti)um SGÖür^burg in ben Sa'^ren 1122—27 im 5lnäeiger
für Äunbe ber beutfd)en ^or^eit. 9. 3al)rg. 9tr. 1 — 5. ©icfebrec^t, ^aifer=
5eit ii3b. III u. IV. Renner.
®cl)l)arbt: 5lbam ©ottlieb @., gelehrter Sd^riftfteKer, geb. ju ^Jtaum=
bürg au bcr Saate am 5, 5Jtai 1761, t ju S)rcöben am 15. ^Jloti. 1831, ttiar
ber ©ot)n eineg ttioI)[I}abenben Kaufmanns, ber in 9laumburg ba§ 9tmt eine§
9tatf)5fämmcrera befteibetc. 6r empfing feine 3}orbilbung auf ber bortigen @tabt=
fd)ule, ftubierte barauf ju !c'ei^3jig »ä^renb ber ^al^rc 1781—1785 bie 9ted)te,
unb jWar mit befonberer 3)orliebe ©taat§= unb 9}öl!erred)t , baneben ®efd)id)te,
©taatentunbe unb neuere ©prad)en , unb lie^ fi(^ bann , faft unmittelbar nad^
33eenbigung feiner Uniücrfität§ftubien, in ®re§ben aU ^Pribatmann nieber. 3im
3f. 1790 begann er fid) biplomatifd)en 6)efd}äften ^u toibmen, inbem er fid) im
©cfotge ber furfäd£)fifd)en 3Bat)Ibotfd)aft ju ^yranffurt am ^Dtain an bereu
Slrbeiten bet^eiligte. $erfönlid)e 23e5iet)ungen , bie er bei ®elegcn|^eit eines ^e=
fud)e§ in Sonbon mit bem bortigen furfäd)fif(^en ©efanbten Ö)rafen ^Jlori^
SSrütyt anfnüpfte, I^atten bann 3ur golge, ba^ er mel^rere ^a^xtt in fionbon al§
fäcf)fifdf)er !^egation§fecretär fungirte. @rft in reiferem Seben§a(ter öermät)Ue er
fid). S)ie 3cit öom Secember 1815 bi§ 3luguft 1820 brad)te er in ^franffurt
al§ ?egatiou§ratt) bei ber töniglic^ fäcS^fifc^cn 33unbe§tag§gefanbtf(^aft ju, nad^=
bem er ficf) mätjtenb ber tiorljergegangenen ^riegi^eit borübergef)enb aus bem
©taatäbienfte jurüdgejogen ^attc ; in bem ^ule^t genannten ^al)xc aber marb er
3um 6t)ef be§ (Bet)eimen (5,abinet§ard)ib§ in S)re§beu ernannt. Unter ben üon
xt)m beröffentlic^teu fd)riftftetterifd)en 3Irbeiten ftaat§red)tUc^en, gefd)id)ttid)en unb
ftatiftifd^en ^nt)ott§ finb öiele Ueberfe^ungen au§ frcmben ©prad)en. 2Inont)m
gab er T^erau§ : „Lettre d'un Saxon ä Mr. le Comte de Mirabeau contenaut quel-
ques remarques sur son tableau de TElectorat de Saxe qui se trouve dans
TAppendice de POuvrage intitule : De la Monarchie Prussienne sous Fre-
deric 11" (0. €. 1789. 132 Seiten. B».). S5on feinem ©prad)finn geben 3eug=
ni| feine 5(uffä|e über „gran^oftfdje ^leologie" (in ber 5}tinerba öon 3Ird£)enl§ol3,
1793. 5tuguft. @. 230 ff. 1795. gjlalj. ©. 234 ff.). 3tl§ ©d)riftftetterin
befonber§ Sßerfafferin öon ^ugenbfd^riften ift au(^ feine g^-au 6ora Dl at alte,
geborene ^leumann (nid)t Diaumanu) (geb. 12. 2lpril 1782, t 26. Ddober
1827) l^ier nodt) befonbcr§ ju nennen.
9t. @. @ebt)arbt'§ »riefe au ^. %. Söttiger (in ber S)re§beucr 33ibtio=
t^et). So^. @. 3lug. Ätöbe, ^euefteg gelehrtes S)re§ben, Seip^ig 1796.
@ebl)arb. 479
<B. 37 [. men]d, '^as, geleierte 2eut|(i)(anb. 6^n. griebr. «ülöEer, g5er=
3ci(^nt^ ber in 3ei^ unb ':)iQumBurg gebol^raen .^ünftler, öetel^rten unb
Sd^riftfteller, 3ei^ 1805. ©. 30 f. bleuer 9tefroIog ber S)eutfd)en. Sal^tQ. 5.
1827. 2;^. 2. '©. 909-911. i^al^vg. 9. 1831. 2^. 2. ©. 968—973.
Ä. 21. Söttiget'i praefatio öor: Catalogus librorura quos coUegit Ad.
Theophilus Gebhardtius, S)re§ben 1833. 8«.
©(^norr öon GarotSfelb.
(b*cbl)Ori): Sacob (^anu§) @. , ^P^olog, geb. am 8. ^^ebi. 1592 ju
<Bä)tDaxi1)o']en bei 'Dteunbui-g öor bem 2BaIb in ber CbertifaCä, ge[t. am 3. Cct.
1632 5u öröningen. 2}orgebitbet aui ber (Schule ju 2tmberg, bejog er 1612
bie Unioerfität ^u ^eibelberg, tüo er unter (SruterS ßeitung jo trefftidie 5ort=
fcEiritte maci)te, ba^ er jd^on nad§ brei i^a'^ren mit einer feiner bebeutenbften
Slrbeiten, ber „Crepundiorum sive juvenilium curarum libri III" (Hanuoviae
1615. 4^.) fi($ in bie gele{)rte äBelt einführte, ülafd) folgten auf biefe 6rft=
lingSarbeit feine „Animadversioues iu Catullum, Tibullum, Propertium" (Fraucof.
1616. 4*^'.) unb ..Antiquarum lectionum libri 11" (Francof. 1618). 3Bie @.
in einem ungebrurften 23rieie an 3of). UIricu§ in 2lmberg (bat. au§ §eibel=
berg 18. Septbr. 1617) mitfreut, fo ^atte ei; bur(^ @ruter'§ 33ermitttung eine
^Bearbeitung be§ ßatuttuS, SibuIIuö unb 5]3ropertiu§ , ein 5[Ranufcin|)t öon 70
SBogen an Saniel ,!5einftu§ gefrf)i(it, bamit e§ auf beffen 6mpiet)tung burd) bie
@l3eüir§ gebrucit n^erbe , aber ba§ 5)^anufcript tnar tro§ mel^rfac^er 5Jla'^nung
ni(|t me^r jurücJgefommen. ^n bemfelben SSiieje fpriä)t er auc^ öon einer
Ütecenfion be§ Siöiu§ mit 3lnmertungen , bereu erfte £ecabe faft öoUenbet fei.
Siefe auc^ aus anbern ^J3Uttf)eitungen befannten 3(rbeiten @eb^arb'§ über Siöiu§
gingen mit feiner 23ibliotf)ef unb fonftigen ^a^t bei ber ^lünberuug ^u ©runbe,
bie cP)eibeIberg 1620 burci) 2tt[t)'§ ©otbateSfa erlitt. S)ur(i) bie ßrieg§ftürme
tourbe aud) ©ruter aus ^eibetberg öertrieben, toorauf @. für i^n bie 3}eTn)al=
tung ber S3ibliot§ef übernal)m, aber balb (1621) mu^te au(i) er ben 2Banber=
ftab ergreifen unb iia*te mel)rere ^a'^re öon einem Drte jum anbern um^^er,
ol)ne in jenen fcfimeren Stiten fid) eine fidlere Stellung ju erringen. 6ine
2lu5ftd)t , bie fic^ if)m für eine ^^^rofeffur in U|)fala eri3ffnet l^atte , füljrtc il|n
1625 in ben ^ol)en 'Jtorben, aber al§ 2lu§länber unb (^^alöinift brang er mit
feiner 35emerbung nicl)t burd^. Sarauf begab er fii^ nac^ Sioftocf, mol)in er
auf feinen ^xffa^rten fi^on 1622 gefommen mar, unb l)ielt al§ ^^riöatbocent
3)orlefungen über römifd^e ^iftorifer mit fo gutem ßrfolge, ba^ er 1627 jum
^Profeffor ber ©loquenj öorgefc^lagen tourbe; aber and) ^ier fd^eiterten feine
Hoffnungen burdt) ben 3eloti§muS ber lut^erifd^en S^eologen unb tuxä) bie
ßriegeftürme, bie balb über ^Dterflenburg l)ereinbro(i)en. (Snblidl) fanb ber ^art=
geprüfte ^ann ein 2lfiyt in |>ollanb. ^urj öor feinem Sobe l^atte ©ruter
einen 9iuf naii) ©röningen at§ 51ad^folger bee berühmten Ubbo (Jmmiu§ er'^alten ;
auf fein 3lbleben erl)ielt ®. bie ertebigte ^rofeffur ber (i)efd)i(i)te unb griedl)i=
f(^en ©^rad§e. &iM unb 9lu^e !^at er auc^ l)ier nid^t gefunben. ^aum
l^atte er einen eigenen ^äu§lid)cn ^eerb gegrünbet, fo öerlor er 1630 feine
grau an ben i^olgen i'^rer erften ßntbinbung; ätoei ^a^re barauf erlag er felbft
einem Slnfalt ber (£t)olera.
Jani Gebhardi Exilium sive libri II carminum in exilio scriptorum,
Groningae 1628. 6ine Yita öon feinem trüber 3lnbrea§ in 'Wittenii me-
moriae philosopliorum etc. Dec. III. p. 332 sqq. Specimeu lüstoriae
litterariae de Jauo Gebbardo auctore Joanne Henr. Audreae, Heidelbergae
1768. 40. uni, bebeutenb ertoeitert 1780. 4°. ipalm.
^gQ ©ebljatb — ®ct)f)arbt.
©ftiÖorb: ^axl &., f^orftmauu, geb. am 4. mai 1800 ,ju (Stuttgart,
geft. am 4. Siuli 1874 ju ßannftabt. 9ia(^ erlangter ®i)mnajiall6ilbung ^u
3;ül6ingen beftanb er 1815 — 1817 bic ))raftifcf)e f^otftlefire im 9teöier Böblingen
unb befuc^te 1817—1820 ba§ ^or[tin[titiit in Stuttgart, um alebann auf
me'^reren 9ieöieren unb bei ^^orftämtern (Tübingen, SÄottmeil) ju |)rafticiren.
3fm ^at)rc 1822 mürbe er nac^ gutbeftanbener erfter Prüfung aU 3lffiftent
beim gorftamt üiottmeil angefteEt, mofelbft er faft ein ^a'^rge^nt lang mirfte,
inämif(i)en aud) einmal al§ 35ermatter üon @emeinbe=, ©tiit§= unb ^^riöatjorften.
1831 mürbe er nad) erjotgter (fef)r guter) 3lbfoIt)irung ber jmeiten 3^orftbien[t=
:prüjung (1828) — jmeiter 'C'e^rer an ber gorftaf abernte Äpo^cnl)eim. S)er
äußere gorftbienft jog it)n jebod) balb mieber fo mächtig an , ba§ er
f($on 1883 ben kafticber mit bem Söalb , feinem frütjeren 2öirfung§frei§ t)er=
taufd^te. Sn btefem ^di)xc trat er al§ Cberforftinfpector (in |)üfingen) jur
fürftlid^ gürftenBergifdJien ^orftüermattung über, in tüeldtier er burrf) öcrfcf)iebene
S)tenftgrabe f)inburd^ (feit 1851 Dbcrforftratl^) unb an berfc^iebenen 3Bo^norten
(fpäter in 5^onauefrf)ingcn) bi§ ju feiner Serfe^ung in ben 9tul§eftanb ^1861)
eine ^^ertiorragenbe Söirffamfeit entfaltete, ^cn 3ieft feiner Jage berbrac^te er
in Gannftabt, mofelbft er fidj nod^ im f^ö'^eren Filter megen junel^menben 9lugen=
Ieiben§ einer Operation untermcrien mu^te. ©eine ßel^rborträgc in .f)o'^en§eim
erftrecEten \\ä) auf f^orftfctju^ , ^^orftbenu^ung , S^orftted^notogie , Q^orftbotanif,
gorftgeftfiäftSprayiS unb ^ton^eidtinen. ©eine fi^riftfteHcrifc^en ?lrbciten finb
nur in Sfournalartifeln niebcrgelegt , befonber§ in ber forftlid^en ^^»ettfdfirift für
S5aben, melcfie er mäfjvenb beä ;3fiti^iume§ 1838 — 1842 in ©emeinfd^aft mit
bem i5forftrat() ^arl 3lrn§perger l^eraulgab. @r ift ferner S3crfaffer gan^ t)or=
3üglid)er 5Dienftinftructionen für ba§ fürfttic^ f^ürftenbergift^e f^o^f^ferfonat
(1840) unb leitete ben babifc^en ^^orftöerein at§ 95orfi^enber etma 20 ^a'^re
lang in l§öd)ft erfolgreicher 2Beife.
oon Söebefinb, 31 ^a^xh. ber gforftfunbe, 26. ^eft , Einlage V au
©. 165. .^o'^enl^eimer ^Programm bon 1859, @, 31. 'iDlonatgfc^rift für
3forft= unb Sagbmefen, 1869, ©. 6. Scrn'^arbt, ^orftgefc^ic^te, III. SSanb,
©. 368 u. 398. §e^.
©Cbljarbi: @eorg ßl^riftop'^ C^., ^^rofeffor in öreif§malb unb al§
^][)latt,ematifer bon SSebeutung, geb. am 9. ^an. 1667 in 25raunfct)meig , mar
ber ©ol)n be§ bortigen ^^rebiger§ an ber 5!)tartin§fircf)e 3lnbrea§ (33., ben er aber
fdion in feinem ^meiten Seben§j[a'§re burd^ ben Zoh berlor. 2luf ber ©i^ule ju
33raunfd)meig gebilbet, ftubirte er ju 3^cna unter |)ebenftreit, SSec^mann unb
S5elt^em 2:f)eologie unb ^^itofopl^ic , fomie unter Csa§par ^ofncr unb ßrl)arb
2öeigel bie matfematifd)en unb pl)t)fifalifrf)en 3öiffenfcf)aften. äßeitere 9lu§bil=
bung in biefem x^-aä)e erlangte er buri^ feine 3}crbinbung mit ben betreffenben
@ele!^rten auf ben Uniberfitäten ju Wichen , öeibelberg unb Strasburg ju ber
3eit, al§ er bie ©ö'^ne be§ berül)mten 2^eologen 5lbra^am ^indelmann, bamal§
©uperintenbenten in Sarmftabt, unterricf)tete , bem er aud^ 1688 nad^ ^am=
bürg folgte. 9luf 6mpfel)lung feine§ älteren 39ruber§ .^einrid^ SBranbanu§ &.
(f. b. 5lrt.) mürbe er barauf 1689 al§ au^erorbentlid^er ^rofeffor nad) @reif§=
malb berufen, um ben orbentlid^en ^profeffor ber 5}latl§ematif Sfoac^im Ütofenoto,
ttJelc£)er bamal§ fdt)on ein bejalirter ^Jlann mar, in biefem 2lmte p unterftü^en.
.^ier enttoicfette er eine fo au^erorbentlid)e Sptigfeit al§ afabemifdier' 2el)rcr unb
©(^riftfteller , ba§ er in ber turjen ^eit bon ^obember 1689 bi§ 3U feinem
Sobe am 19. S)ec. 1693 nicf)t nur 52 Jßorlefungen ^ielt, fonber aud) 25 ©d^riften
berfa^te, bon benen 22 im 'S)xnä erfd^ienen unb 3 im 5Jianufcript ftdt) in ber a3iblio=
tt)ef be§ @en.=©u|). ^. gr. 9Jiat)er befanben. ©ie finb in i'^rer ''Jflt^x^at)i
matt)ematifd§en unb aftronomifd§en ^nl)alt§, jum %1)ni aber bejie'^en fid^ bie=
®ebt)axbi. 481
felfeen auf ^ommerfdie @cfd)id^te, u. 21. „De Vineta et Arcona", 1691; „De
Gryphe Pomeranorum", 1692; „De veterum Rugianorum religione" , 1693.
f^ür bie @ef(f)t(i)te ber Uniüerittät ©reifglüalb finb öon Sebeutung feine f)anb=
fd^riftlit^en 5trbeiten „De origiue" unb „De reformatione academiae", fotoie
ein ^rogtamm ,,Mem. mathematicorum Gryph.", 1693, tt)eld^e§ bie 58iogra=
p'^ien fämmtli(f)er matl^ematifd)er 5]ßrofeffoi'en Bi§ gum 3f- 1658 entl^ält. ©ein
9iuf toat fo toeit ö erb reitet , ba^ bie Uniöerfität .^atte i^m eine orbentli(f)e
^pi'ofelfuv ber ^at^ematif an6ot. Uebergro^e ^tnftrengung Bereitete i'^m aber
einen fo frühen Xob, ba^ fein greif er @enoffe OiofenotD liju noc^ 16i§ 1701 ü6er=
lebte, worauf ^ex. '^apU fein ^Jladfifotger tourbe.
©ä^nert, 5pom. 33tbl. III, 377. ^öc^er. ^ofegarten, @ef(^. b. Unit).
I, 269. Sä^nert, dat. ber Uniü.=WM. ^^i.
©cbl^arbi: ^einrid) 35ranbanu§ @., geb. am 6. 5^obbr. 1657 in
SBraunft^toeig , f am 1. S)ec. 1729 at§ erfter 9}ertreter bon ©pener'§ ©(i)ule
an ber @reif§tDalber Uniöerfität bon SBid^tigfeit. 33on feinem 25ater, 2lnbrea§
@., 5)Saftor ber '»IRartinSfirdie, unb anberen jL^eoIogen, namentlich bem fpäteren
^aftor an ber ^etrifirc^e ju ^Berlin, S. ^. S^enng öotgebilbet, ftubirte er
feit 1676 in ^ena befonberg unter ^Jatentin Söelf^eim unb griebemann SBeci)=
mann ^fjitofop^ie unb X^eotogie. i^n ber f^rotge mibmete er fid) , mä^renb er
bie grjietiung ber ©ö§ne be§ ^an^lerS ^. 9t. bon j?ielmann§egge in Hamburg
leitete, ebenbafetbft unter bem berüf)mten Drientaliften ß. (Sbjarbi unb fpäter
in Äiet, too er auc^ Äort^olt, ^^randE unb Opi^ i)örte) unter äBaSmuf^ bem
©tubium ber orientalifc^en ©praifien; aU bie ^rofeffur biefeg f5fa(^e§ in ®reif§=
toalb burc^ 2äfern)i^' Slbgang pr 5)5räpofitur in ßoi| 1685 erlebigt tourbe,
erhielt @. biefe burc^ ©bjarbi'S ©mpfe'^lung unb trat fie 1687 mit einer 9tebe
„De usu et scopo literaturae hebraicae" an. 1699 jum ^Ragifter unb 1702
äum S)octor ber 2;^eologie promoüirt , erl^ielt er , obtool bie brei ^rofeffurcn
ber X^eologie befe^t tearen, bennoi^ bur^ 5öermenbung be§ (Beneralfuperinten=
beuten ^. ^i. 5)lat)er, toelt^er feine 5af)ig!eiten befonberS t)0(^f(f)ä^te , eine
4. ^profeffur unb 1705 nad) ^ennig'S Jobe auc^ ba§ ^^aftorat an ber
@t. ;3acobi!ir(i)e. ©d§on in ipamburg bon ben Slnfi^auungen be§ älteren ^ie=
ti§mu§, toeltfier ha^ SBefen ber 9teligion in bie g^römmigfeit be§ @emüt^c§ unb
9lein:§eit ber ©itte legt, ergriffen, lernte er auf einer Steife, toelc^e er nac^ bem
2:obe feiner erften ©attin im ^. 1691 aur 9Iufric^tung feiner ©eele unternalim,
5p§. ^ac. ©pener in ^Berlin fennen unb fd)loB mit bemfelben ni(^t nur eine
perfönlid)e ^^-reunbfd^aft , fonbern unterjog auc^ , bon i^m angeregt , bie ße^ren
be§ $ieti§mu§ einer genaueren Prüfung, toelcfie fie it)m niii)t nur mit ber bi§=
t)er in Sreifgtoatb unter 9tango unb i^. f^^r. iRat)ex "^errfi^enben Ort^obojic
al§ gteid^berec£)tigt, fonbern oft audl) benfelben überlegen erfdieinen liefen.
©0 lange 5Jlat)er lebte, bermieb er e§ au§ 2)an{bar!eit gegen feinen @önner,
mit feinen gegnerifdien 5tnfc^auungen l)erborjutreten , naä) beffen Xobe iebod)
im S. 1712 lel)rte er fie offen in S5orlefungen unb ©(^riften unb geriet:^ ba=
burd^ in l^eftigen ©treit mit feinem 5lmt§genoffen Söürffel. S)ie mä^renb beö
norbifd^en Kriege? bon 1712—21 eingefe^te bänifc^e 3{egierung begünftigte
aber ben ^ieti§mu§ in fo 'i)o^em @rabe, ba^ fie @. 3um ©eneralfuperintenbenten
an ^at)er'§ ©teEe ernannte, '^aä) ber t^eittoeifen 9iücEfe:^r S5orpommcrn§
unter fi^roebifc^e |)errfc^aft im ©totf Volmer ^^rieben 1721 mürbe ieboi^ bie
Drf^oborie mieber ^5^er gef^ä^t unb 3llb. Sfoai^. bon ^racEeWife an @ebl|ai-'bi'§
©teile berufen, i^nbe^ biefer führte fein t^eologif($e§ Öe^ramt fort unb gerietl^
auf§ neue in l^eftigen ©treit mit bem ^rofeffor ^er. ^apfe , melc^er noc^ nacf)
feinem Zohe im ^. 1729 fortbauerte. ©eine jalilreidien bon S3ieberftebt
Slllgein. beutfcöe Siograij'öie. vm. 31
^32 ®eb!)arbt.
(iJlv. 1 — 65) Qufgeääl^üen @ci)riiten Betreffen namentlid) bie 6jegefe be§ atten
2;eftamente§. — ©ein ©o^n , SranbanuS (B-, "geb. 1704, t 1784, ftubirte
in @reii§tt)alb unb i^ena, Ijidt anfangs 23ovtefungcn in ber |)'f)iIofo^'^ifd)en ^a=
cnltät ju ©reifgtoalb, ttjurbe bann 1733 Siacon in ^Bergen unb fpätcr (1737)
^aftor unb ©uperintenbcnt an bev 5Jlarien!irc£)e in ©tralfunb. — ©ein ßnfel,
58ogi§Iott) .^T einrieb ®. , geb. 1737, f 1818, toar ^aftor an ber 9licoIai=
ürc^c ju ©traifunb.
35. ^. @eb^rbi'§ ßeben in SSalt^afafg (Sr. Sodienblatt ©. 227—37.
— 25altt)afar, ©ammtungen jur $om. Äirciien'^iftovie II, 823. — ^ofegatten,
@ef(^id)te ber Uniocrfitüt I, 269, 278. — 5^1)1, ^^Jom. G)ef(^i(i)t§=5i)enfmäler
V, ©. 39 ff. — 33ieberftebt'§ 9Ud)nd)ten bon bem Sebcn unb ben ©d)niten
neuüorpommerifd)=rügenfd)er ©ele'^iiten. 1824, ©. 63 ff.
.^ä der mann.
©ebliarbt: Sfo'^cinn Subtoig Seüin @. , 6ef(^ic£)t§foi-id)er , geb. ju
33raunfd^tt3eig ben 19. 931ai 1699, befud^te .^uerft bie geleierten ©deuten feiner
Saterftabt, bann bie Uniberfitäten bon ^elmftebt unb ^ena, fpäter aud) ^aüe.
Wo er ©unbling unb Subemig l)örte. ©eine ©tubien l§aben eine pol^l^iftorifdje
atiditung eingefc^Iagen, aber fid^ bod) auc^ früt), nur nic^t au^fdilie^lid^ ber
@efc^id)te äugewenbet. ^n 3^ena l^attc er fic^ befonber§ @. 33. ©truüe ange=
fd^Ioffen unb im 3-. 1720 unter beffen 3}orfit^ feine rrfte 5(b!)anblung: „Facta
serenissimorum ducum Brunsvicensium heroica" üert^eibigt. ^m ^. 1727 er=
tjielt er einen 9luf an bie 9littera!abcmie ju Süncburg ; bort l^at er berfd)iebene
f^ädier, aber feit 1746 fpeciell and) @efd)i(^te borgetragen, ^n biefer ©tellung
ift er big 3u feinem am 10. ^Jiobember 1764 erfolgten Zoht berbtieben. — &.
geno^ bei Js^eb^eitcn in ben geM)rten Greifen eine§ jiemlidien Slnfel^enS, ba§
er feinen t^iftorifct) = gcneaIogifd)en ^.Jlrbeiten berbanftc. 5Diefe umfd)reiben
ftofftid) einen Weiten i?rci§, fd)lie§cn aber aud^ Wieber forgfältige ©|3cciatuuter=
fud)ungen, wie über bie nieberfäd)fifd§en ©rafen bon ©berftein u. a. nid^t au§.
(i}efd£)äljt finb feine „^iftorif(^ = genealogifd)cn 'Jlb'^anbtungcn", beren ^wei le^te
ZtjtxU erft fein Bo'f^jx Subwig 5lIbredE)t ®. '^erauSgegeben unb mit eigenen Unter=
fuct)ungen berme^rt f)at. Uebertjaupt fliegen bie 2Irbciten be§ 3}ater§ unb be§
©o'tineS auf bem geneatogifdt)en ©ebiete unberfennbar in einanber. 2Bie befannt,
"^at ber ©ol^n ba§ nod^ f)eut ju Sage braud^bare 2Ber! , „S)ie @efd)idf)te ber
erblid)en 9teidt)§ftänbe in Seutfdjtanb", 3 58bc. nad^ feiner eigenen 5lu§fül§rung
unb mit wcfentlid£)er 23enu^ung ber nacfigetaffenen 35orarbeitcn unb ©ammlungen
feines 35ater§ p ©tanbe gebrad)t. S)cr günftigc ©influ^ bon 5Jlännern Wie
©unbling. Subewig, ©trübe auf bie h'itifdic i5orfd£)ung, bie gerabe ©egenftänbe,
wie fie bie ©eneatogie ju bejubeln l§at, am Wenigften entbehren !önnen, ift in
ber 3:t)at beutlidt) p berfpüren. 3um ©dE)luffe mag übrigens erWaf)nt werben,
baB ber S^eröffentüd^ung ber 3lrbeiten ©ebfjarbi'S bie Stieilnal^mSlofigfeit be§
^ubtüumS wieber^^olt empfinblid)e ©d)Wierigteiten , bie mand)en anbcrn ent=
mutl)igt l^ätten, bereitet t)at.
S)ie beften 5ta^ri(^ten über S. 2. S. (B^^axhi'^ Seben unb ©d^riften
fte^cn im 3. Steile (©. 201 ff.) ber bon feinem ©o'^n l^erauSgegebenen
<g)i[torifd^=genealogifd)en Slb^^anblungen unb beffen ßinteitung jum 1. S3b. ber
erbUd^en ütei^Sftänbe. 3u bgl. 2lbelung unb ^JJteufel. aSegele.
©cb^arM: Äarl 3luguft @., beutfd^er Sitterat unb 3Xuf!lärer be§
18. :3a:eri)unbert§. 3)on feinen SebenSumftänben ift nid^tS ^flö^^ereS befannt.
@S ift nidt)t einmal fidler, ob er X^eotog ober i^urift geWefen: für ba§ erftere
f^3rid£)t bie ^Jlefir^af)! feiner ©d)riften, ba§ le^tere tonnte man au§ einer bon
if)m l^errül^renben ^Ibl^anblung „über ba§ SSer^^ältni^ ber ^'^ilofop'^ie jur
afied^tsgelal^rtieeit" (SSeluftigungen beS 35. u. 2ö. VII, 352) fc^lieBen. (5r felbft
(Seb^atbi. 483
nennt ficf) ein ^Jlitgücb bet 2BeiBenfelfii(i)en alet^op^iHfcficn öefettfc^aTt, toaS
auf einen 3u)ammenf)ang mit bem ju äöeißeniets geborenen Slufftärer Sbel=
mann ^intüeifen fönnte. ©onft eiicf)eint er Qt§ ©cfiüler unb Slnl^änger ber
2ei6ni^=2Botfif^en ^p^ilofop^te , muß ahn and) mit ben SctiriTten engüic^er
2)eiften, S. ©pino^ag unb ^. Seffer'§ fic^ genauer befd^äftigt §aben. ^n ben
SfO^ren 1742—44 ftnben totr feinen -Jtamen unter ben ^Ritarbeitern ber unter
;3. ^. ©cfitoabe'e .Rebactioi in öcip^tg erl"(^einenben 33e(uftigungen bes S}er=
ftanbei unb 2öi^e§, Don benen Sanb III. IV. VI. VII. poetiicfie unb profaifi^e
^Beiträge bon i^m entt)alten 5. 23. „£ie unberiolgte 9teligion", „5}om 93^angel
ber (Srünblic^teit in ben Söiffenfc^aften", „SJorjüge ber SBa^r^eit unb Zu^
genb" :c.). @rö^ere§ 2luife!^en al§ bteje jiemlid^ matten unb fat^tofen bibafti=
fd^en ^Poefien erregten üier in bemfelben ^a^xt bon i^m anont)m l§erau§ge=
gebene naturaliftii(|e unb auTftärerijd^e ©c^rtiten unter bem Xitet: 1. ,.Cogi-
tatioues rationales de usu methodi scientifici in theologia revelata". 2Imfter=
bam 1743 (ttal^ter S)rucfort: 93er(in bei <Rübiger); 2. „SJernünftige ©ebanfen
öon bem ©ebrauc^ ber ftrcngen Se^^rart in ber 2;]^eoIogie bon %. X." (beutftfier
3tu§äug au6 bem 9}origen); 3. „9}ernunftmä|{ge 93etrad)tung ber übernatürtid^en
5Begebent)eiten" , 2Imfterbam (Berlin) 1743; 4. „S^rei ©efpräc^e über tr)icf)tigc
SBa^r^eiten (1. 9}on ber llnenbliciifeit ber Söelt, 2. g>on ber ßtoigfeit ber 2Bett,
3, SBon ber göttlichen Eingebung ber <Bä)xi]t)" , 33erlin 1744. S)er 6inf(uB ber
^olfifdien !|]t)itojopt)ie jeigt ficf) 6efonber§ in ben brei ^^oftutaten , toonad) ber
Sßerfaffer ben tt)iffenf(^aTt(i(^en öottesgelc^rten prüfen toill: 1. in einer S)emon=
ftration barf fein jum S(^(uB erforberlictier <Sa^ fehlen; 2. man barf ficf) nic^t
auf f)iftonfc£)e 23etüeife grünben, bie eine ©acfje nur toalrfd^einüc^ machen,
3. Sen)eggrünbe bürfen nid^t mit 58emei§grünben öertDect)fe(t n^erben. SSon biefen
6eficf)t5punften aus njitb nun polemifirt gegen i^nfpiration , Söunber , ben
©tauben an biabotifd)e Söirfungen, gegen bie 3InnaI)me bon aüteftamentüc^en
£t)pen , gegen bie ßc^re bon ber 5Jtenfct)tt)erbung k. , niä^renb er ben Si^^a^^t
feinet religiöfen ^Befenntniffcö in bie äßorte jufammenfa^t: „@ott unb bem
Äönig treu!" S^iefe @d)riften erregten bamat§ burcf) i^ren unberf)üttten beifti=
fd§en 5latura[i§muö , burcf) bie offene Seugnung aller Offenbarung unb :)teli=
gionegefieimniffe , burd^ i^re Seftreitung ber Scf)riftinfpiration unb i^re t)a[b
rationaliftifd^e '^atb mt)tl^if(^e äöegbeutung ber biblifc^en Söunberer^äfilungen
nid^t geringe^ 2luffe^en, unb festen nid£)t bIo§ bie ge^^^'^ ^e^ tt)eologif($en 5tpo=
logeten -in ^Betcegung (©egenfi^riiten bon ^t^twarbt , ipofmann , (5df)ubert,
Grid^fon, Söeicfmann, fyörtfi^, Siüentbat k. erfc^ienen gegen if)n), fonbern jogen
auc^ bie Singen ber ^foli^ei auf fidC} unb n)urben fogar in ber bamaligen 5}te=
tropole ber Stuft (ärung , in bem Berlin {yriebrid)§ be§ ©roßen, potijeitid^ ber=
boten unb bcfc^tagna^mt; audE) auf ber i3eip3iger 5}leffe foto'" bon ber @öt=
tinger tt)cotogifrf)cn gacuÜät tourbe ber öffentti(^e S)erfauf biefer ©d^riften
unterfagt,
S. Seluftigungen be§ f8. u. 20., Seipjig 1742 ff. ©öttinger ©et.
3tg. 1743. @. 724. 829. Unfc^utbige 9"tac^rid^ten 1743. @. 782 ff.
Acta bist. eccl. SBb. IX. 1745. <B. 441 ff. 2Batc|, Bibl. theol. I, 777.
SIbelung, ^oi^tf- bon ^öd^er. irinius, 5reibenter=8eri!on, 1759. ©. 287 ff.
unb 3ugabe 1765. S. 34 ff. S^otud, ®efc£)ic^te beö 9laticnati§mu§, 1865.
<B. 144. Sßagenmann.
©cb^arbi: Subtoig SUbred^t ©., geb. am 13. SIpr. 1735 ju !^üneburg,
©o'^n bee ipiftoriterS unb ©eneatogen ^o^. 2ubm. Sebin ©., ftubirte an ber
9titterafabemie (Gymn. illustre) 3U Lüneburg, bann in ©öttingen, tt)urbe 1765
brttter Se^^rer an berfclben Slitterafabemie, erhielt 1787 ben 3:itet eines fönigt.
©roprittanifd§=^annöb. ütat^e§, tourbe 1799 Sibliot^efar, 2lrd)ibar unb -ipof^
31*
484
©ctler.
l^iftoriograpl^ ju ^annober, t am 26. Cct. 1802. ©einem 35atcr nicf)t eben=
büi'tig nl§ ©eneatog toax er boc^ ein tücfitigev ^iftorifev iüv feine S'^it, fpecieü
für bie ©efc^idjte be§ 9totben§ unb Often§. ^üx bie ^allifcf)e „^ittg. 2ScIt=
gef(j^icC)te" lieferte er 2)änemarf unb Dtortoegen, Ungarn unb bie 16i§ f)eute noc^
nidit un6rau(^bar getüorbene „@ef(f)i(i)te aller lDenbifc^ = ftat)ifcf)en (Staaten"
(1789—97). ?lud^ in ber lünel6urgifif)en ©^eciatgefdjii^te folgte er ben ©puren
feines S3ater§. ©eine ,ßnx^t &e]ä)\ä)tt be§ 0o[ter§ ©t. ^Rii^aeliS ju fiüneburg"
mürbe erft 1858 auf Soften ber Süneburger 2anbfd)aft burd) 6. ö. Sent^e ^er=
ausgegeben.
^m 3lllg. ift 5[Jleufel unb 9lotermunb, @el. ."pannoöer ju öerglei(i)cn.
Äraufe.
®cMer: SobiaS 5pt)ilipp i5i-'eit)err öon &., ©taatSmann unb ©d)rift=
fteüer mürbe 1726 ju Scu^en^-'o'öa im 9teu^'f(^en geboren al§ ©ol^n be§ Äanätei=
birector§ S^obiaS @. (Sr ftubirtc in 3ena, @öttingcn unb S^iaUe bie Med)k unb
unlemal^m bann größere 9teifen. 1748 ert)ielt er in Söerlin bie ©teile eines
^oHdnbifd^en Öegation§=©ecretär§. 1753 trat er in ben öfterrei(^ifcf)en ©taatg^
bienft über, in meli^em er rafc^ cmporftieg, nac^bem er jur faf^oüfc^en Äir(f)c
übergetreten mor. (Sr bcfteibete öcrf($icbenc !§öf)ere ©taatSämtcr; 1782 murbc
er äum mirfüdjcn gel^eimen 9tatt) unb JBicef analer ber bö^mifct)=öfterreicf)ifd)en
|)of!an3lei ernannt. 1763 mürbe er in ben Ütitterftanb, 1768 in ben 5i-"ei^ei''i'"n=
ftanb erlauben. 3n feiner amtlichen S^tigfeit t)at er fid) namentlid) um ba§
©d)utmefen unb ba§ ^^oti^eimefen ^erbienftc ermorben; bie 2)cbuction§=©d)riften,
bie er gegen bie fdjmäbifdien ';}{etd)5ftänbe ju fünften ber öfterreid)ifd)en 2)omi=
nicalftcuer abfaßte, merben al§ gelet)rte unb gebiegcne 5(rbeiten gerühmt. Söeit
me'^r at§ burd) bie !^eiftungen in feinem 33crufSfa(^ ift er jebod) babnrd^ befannt
gcmorben, ba^ er in Oefterreid^ eine regere 2^eilnal)me an ben gciftigen Ü3e=
ftrebungen be§ übrigen S)eutf(^lanb madj^urufen fuc^te. @r mirtte in biefer
9flid)tung in ät)nlid^em ©inne mic ©onnenfclS , inbem er \\ä) namentlid) aud^
bcmü'öte, feine vcrfönlid)en 33erbinbungen in 2)eutfd)lanb jur ^erftettung eineS
leb'^afteren (SebanfenauStaufd^S 3mifd)en beutfd^en unb i.iftcrreid)ifd)en ©d)rtftftel(ern
3U t)crmertl)en. f^freilid) beging er ebenfo mie mand)c anbcre Söiener ben 5e^ler,
ficf) mit ber ^totyfi^en Partei ju tief einjutaffen; er compromittirte fidf) burd)
bie 33egünftigung be§ ^toijianerS Sfiiebet , bcffen ;:öerufnng na^ 2Bien einen fo
Übeln 3tu§gang ne'^men follte. Sen f^rcmben, melc£)e äBien befud^ten, mar er
ein freunblid^er ^^ü'^rer unb ^erat^er; in biefcm ©inne marb er aud) in bem
^riefmed)fel ämifd)en Seffing unb (5ba ^önig ermäljut, menn aud) Seffing an
ber 9teinl)eit unb Uneigennüljig!eit feiner 9lbfic^ten jmeifelt unb meint, ba§ bei
feinen 33emü'^ungen aud) bie Sorge um ben eigenen 9lul)m eine grofee 9iotte
fpiele. 2}or allem mar @ebler§ S'^ätigfeit auf bie ßinfü^rung be§ „regelmäßigen"
2;i)eatergefdE)mad§ in Söien geric£)tet. ©eine eigenen 3}erfud£)e auf bem (Gebiete
ber bramatifcf)en 5]3oefie (gefammelt unter bem %itd: „S)e§ greil^errn üon @.
t:^eatralifc^e 2Bex!e" 3 S3be. 1773) tourben ju i^rer 3eit mit 33eifaE aufge=
nommen; me:^rere mürben in§ g^ranjöfifdje übcrfe^, ba§ berül)mtefte „S)er
5DHnifter" fogar au^ in§ Stalienif(^e. Seffing ^ielt fel)r menig bon biefen
©tüden; für unfere 3eit finb fie nid^t mel^r red^t genießbar, ©ie finb gan^ in
ber 5[Ranier ber S)ramen ber fedE)3iger Saläre geljalten, ol)nc eigentlid£)e Drigina=
lität, ol^ne Ö5efd£)icf im Slufbau unb in ber S)urc^fü^rung ber ßtjaraftere. ^n
manc£)en ©tüden aeigt fid^ &. al§ 5iad^a^mer S)iberot&. Sei altebem öerbienen
fie 5lner!ennung al§ Se^gniffe be§ regen (5ifer§, ben ber öielbefc^äftigte ©taat§=
beamte auf bie ^erftellung toürbigerer S3ül)nenber'^ältniffe bermanbte. &. t 1786
im fe(^5igften ßebenSjal^r.
©cMatteL 485
lieber @eb(er'§ Seben unb (grfiniten öergL Sorben^' Öericon beutfc^cr
S!i(f)ter unb -^rolaiftett Sb. 11 unb Söurjba(^'§ biograp^ifc^cg Sericon be§
Äaiiert§um» Deftevreic^ 33b. Y, Ueber feine 9}erbinbungen mit beutf(i)en (Se=
leierten finbet man tntevefjante 9la(i)roeife in ö. 53^. Ütic^terö'ä „®eifte§l"ttö=
mungen" (SSertin 1S75). ßreiaenac^.
^ebfattcl: Sof^at Slnfetm gtei^err ü. @., ßrabifcfioi öon g)lüucf)en =
t^reifing, geboren 3u äöürjburg am 21. 3(anuar 1761, ftammt au§ bem
alten fräutifcfien 6efc^(ecf)t, ba§ feine Stbftammung öon bem Crte ©ebiattet
3tDif(^en Otot^enburg unb 5eud)twangen herleitet, n)0 e§ biö in§ 14. ^af)rf)unbert
begütert toar. (Bäjon 1180 tritt ein ©otje be ©ebefibel urfunb(icf) auf. ©eine
9tad§fommen erfdieinen ot§ 33urgmannen bea Stfiloffes ©tolberg bei ©erota^oien,
at§ SSefi^er einer ^urg ju Uffentjeim, a(§ 5[Rarj(|äIIe beg öoc^ftijteS äöürjburg.
ßine ^erüorragenbere ^olle fpiette ^o'^ann $^iUp|) ü. 6., feit 1599 (yürft=
bififiof öon Bamberg, einer ber toleranteften ^ircfienfürften feiner 3fit/ i^^^' ^^t
ben i^urfürften öon 33ranbenburg unb Sadifen unb mef)reren proteftantif(f)en öe=
le'^rten in öertrautem 93erfe!^r ftanb. @r rief baburc^ ben 3(rgwot)n tvad), aU
beabfic^tige er felbft ju conöertiren unb fein 33i§t§um in ein toetttid^eS fyürften=
t^um 5u öerraanbeln. ^nSbefonbere ber gtauben§eifrtge ^erjog 53larimitian öon
SSaiern ftiiee wieber^olt bei Äaifer unb ^^apft auf biefe defa^r t)in unb erreichte
enbtif^ , ha^ ein förmlicher ^^roce^ eingeleitet mürbe. (5f)e e§ iebo(^ ju ernft=
liefen (gcfiritten fam, ftarb ^o^ann ^f)itipp. — 2ot§ar 2Infelm ö. 6. mar
ber ©ol^n be§ ^rei§geri(^t§birector§ '^f)itipp -^onrab ö. @. ju ©d^meinfurt.
9lac^ S5oIlenbung feiner ©tubien trat er in ben geiftlic^en Staub unb mar bei
©äcutarifirung ber geift(id)en 5-ürftent|ümer Sombec^ant ju äöürjburg. 3U§
SBürjburg an bie ^rone QJaiern überging, mürbe er jum SSifc^of jener Siöcefe,
fpäter aber ^um ei-ften (ärjbifc^of öon 5)tüncf)en=5reiftng au§erfe^en. ^^iu§ TL
beftätigte i:^n al§ fotc^en am 25. gjlai 1818, am 1. DloObr. 1821 erfolgte bie
Gonfecration. ©ein erfter Jpirtenbrief öom 6. ^Jtoöbr. 1821 betont baS i^e=
bürfni^ einer grünbticf)en 3teftauration ber Üteügiofität unb ^iri^enjuifit, moburc^
uic^t nur bie ©eftatt ber Äiri^e im (Gebiet ber ueubegrünbeten Siöcefe mieber
befeftigt , fonbern au(f) ber @eift ber ßirc^e im ©aujen unb in ben einzelnen
Steilen neu belebt toerben foEte. Saju feilten öor 3lüem bie fcf)on öom triben=
tinif(i)en ^irdienrat^ öorgefc^riebenen Gtericalfeminarien beitragen, ber (Srjbilc^of
ift ber ©tifter ber cteiicaten Si(bung§anftatten in fyreifing. £er 6ei[t aber,
ber fpät'er l)ier auflebte, ift nicf)t berjenige be§ ©tifter§; @. mar ein milb ge=
finnter ßircl)enfürft unb gleii^ feinem 5ll)n^erin Sodann ^$§ilipp ö. 6. öon
fünfter Sulbfamfeit gegen anbere 9ieligion§öerroanbte. 3^<i^ bro^te e§ gelegent=
li($ bes ©treite§ megen be§ 25on;ang§ öon Goncorbat unb 9ieligion§ebict 3U
gefäl)rli(f)em ßoufiict jmifi^en i^m unb ber ©taatSregierung ju lommen. 6r
fottte al§ erfter .^ird^enfürft be§ Königreiches in ben 9leid^§rat§ eintreten unb
l^atte anfänglich an ben ^ßräfibenten, gelbmarfi^att ^yürft Sßrebe, ben 3}erfaffung§=
eib eingefdl)icft, na^m jeboc^ — ol)ne ^toeifel auf 33efe^l ber Gurie — ben 3U=
crft bebingung§lo§ geleifteten @ib jurüdE, inbem er i^n nur mit allen möglidlien
S5orbe^alten ju (fünften be§ 6oncorbat§ ablegen toollte. 2ll§ jebod^ bie 9te=
gierung auf i^rem ©tanbpunft be^arrte, legte er felbft eine neue gibeöformel
öor, monac^ ber (5ib ju ni(i)tg öerpflid^ten foUte, tt)a§ ben ©laubengle^ren ober
ben ©efe^en ber !at!§olif(i)en Kirdt)e toiberftreite , eine gormel, meiere jeber J^eil
naii) feinen (Srunbfä^en auflegen fonnte. 5tudE) gegen ben Sefd)luB ber 2epu=
tirtenfammer öom 30. 93tai 1831, monad^ bie fat^olifc^e ©eiftlid^feit jur 3lu§=
Übung il)re§ 'Zimtes bei gemifc^ten S^en, felbft menn bie ©rjie^ung aller Äinber
in ber fatt)olifdl)en Äirc^e uii^t jugeftciiert märe, nöt^igenfallS öom ©taat ge=
^mungen toerben foHte, erliob ba§ erjbifd^öftid^c Drbinariat energifd^en ^^^roteft.
486
©ebtüiter.
^n bei- ^vai-i§ würbe aber, fo weit ber (äinflufe be§ ©rjbifd^ofS rddfite, gvo^e
g^arfigieBigfeit Ibewicfen, Wenn aud^ ba§ fh-rf)ü(^e ^tinctp gewai)vt btciften mu^tc.
ßbenfo würbe in einem 9lu§f(i)reit)en üom 19. Dtoöbr. 1841 an bic 2)ecanQte
unb 5piarrämter getegentlid^ ber ©requien für bie öerftorbenc ^roteftantifd^e
,^önigin=2SittWe Caroline au§brüc!lid) ^eröorgetjoben, man erwarte jutoerfidittidC),
„bn| mit ^arf^eit SlÜeg öermieben Werben Wirb, wa§ in bie|em Slugenblirfe bie
2Bunben be§ föniglicf)en .öaufeS norf) fc^mer^tidier ma(f)cn Würbe". Sefanntti^
würbe biefe ^a'^nung nic^t aUfeitig 6cac£)tet unb ber 3fIoti§niu§ einiger ^an3el=
rebner I)atte jur 'Soia,^, ba| in ber ,^ird)enpotitif be§ fiaierifdicn 5Jlonard^cn öon
biefem S^itl^u^ft fi^ ßi"^ entfdiiebene Söenbung eintrat. (B. [tarb , wä^renb
gerabe eine ^ubetfeiex be§ 25iäf)rigen Sßirfeng be§ Äirc^enjürften öortereitet
würbe, gelegentticE) einer girmungSreije im ©täbtd^en 9Jlüt)lborf am 1. October
1846.
311. <&d£)mib, 2raucrrebe ouf ben .g)intiitt fiof^ar 5Jnfetm b. @ebjatter§.
— ©eneralienfammlung b. ©rjbiöceje ^ünc^en=f5^reii'ing, I. 93b.: Dbert)irtlt(i)e
SBerorbnungen k. 1821 — 46. — (Srfc^ unb ©ruber, 1. ©er., 55. Z'i)!.,
©. 308. -geiget.
@cbU)ilcr: ^ieront)mu§ @. , ein ."pumanift ber ^tejormationS^eit, ber
Sdeformation aber, Wie bie meiften |)umamften am CBerrt)ein, cntfdiieben al6=
geWanbt, geboren im (5täbtd)en ^orburg bei Gotmar c. 1480, t in .^agenau ben
21. 3^uni 1545. — (Sr mad)te feine ©tubien an ber Uniöcrfität 58afet unb
würbe at§ norf) iunger ^lann ^ur Leitung ber (Sd^ule in ©dilettftabt berufen,
bie burd) S)ringenberg ju großem 9{nfef)cn getommen war. Dtine burc^ @e=
biegen'fieit bc§ 3Biffen§ ober burc^ «S^ärfe be§ Urtt)ei(§ befonberS I^erborjuragen,
fd)eint er bocf) nidjt geringe Öeltung gewonnen unb namentüi^ auij burä) Wo'^l=
wottenbe ©efinnung feine ©cf)üter fic^ öer|3fltcf)tet 5U '^aben. Unter biefen nennt
man 33eatu§ 9lt)enanu§, Sol^anne§ ©apibu§ unb Seo 3iub. ©d)on im ^. 1509
ertjielt er, wa^rf(i)einli(f) auf SSeranlaffung ®ei(er'§ unb 3Bimpt)eting'§ , einen
iliuf an bie mit bem 5}iün[ter in Strasburg fic^ toerbinbcnbe lateinifd^e ©(i)ute.
an Wctdier bann ber ^oet Cttomar "Jcactitigatt (SuSciniue), ein in -pariS, SöWen
unb SCßien gebilbeter ^ann, it)m beigegeben würbe {(§,^. ©dCimibt, Yie de Jean
Sturm, 21 f.). ^ier f(i)lo§ er nun an (Leiter, SBimp'^eling, SSrant, aurf) al§
^Ritgücb ber litterarifd^en ©efetlfc^aft, enger fit^ an, unb Wie er bie @cf)ule
emporjubringen fi(^ bemü'^te, fo war er aud^ at§ @(i)riftfteller fe'^r f^ätig.
Ueber feine (Stellung in bem Kampfe, in Wetd^en fein atternber (Vreunb 2öimpf)e=
ling burd) möncfiifctie ©egner tierwidfett würbe, ftnb Wir nidf)t genauer unterri(i)tet.
5ll§ aber bie auf bem tirdt)li(f)en Gebiete einbringenben ''Jleuerungen au(^ in @traB=
bürg immer mä(i)tiger würben , trat er entfc^ieben für bie Wanfenbe ^^>artei ber
alten Äirdie auf. ©roHenb berüe^ er 1524 bie fe^erifd£)e ©tobt unb überna'f)m
ha^ 9lectorat ber ©d£)ule in .!^agenau, feitbem faft Ieibenfcf)aftlidC) bemü'^t, ben
neuen Söo'^nfi^ gegen bie luf^erifdEien ße^ren ju berWa^ren, Wä^renb bod) bie
bortigen 33u(i)brucfer in jener 3eit mandt)e§ pr ^-örberung ber neuen Sßeftuebungen
in bie Deffentlid^feit brachten. 9(ud) al§ <g)umamft füt)lte er gegen bie 5'leuer=
ungen fidE) erregt, mit benen grobe S5ernarf)täffigung ber (Brommati! unb Wit[=
fürlid^e ©rüärung ber t)l. ©^rift geWö^nlidf) ju werben fdE)ienen. ^n ^agenau
blieb er bi§ an feinen 2:ob. @ine feiner erften fd£)riftftetterifd^en ßeiftungen War
bie 3lu§gabe ber 3333. be§ ^olt)boru§ 5Bergiliu§ unb ©abellicuS de inventori-
bus rerum (©traPurg 1509). ^m ^. 1512 beranftaltete er eine 3lu§gabe
ber bon 6odt)laeu§ für bie 5^ürnberger ©d^ulc bearbeiteten Iateinifd£)en ©rammatif,
bie er feinem ^^reunb SQßimp'^eling bebicirte. Slnbere ^^lilologifd^e, t)iftorifd^e,
f^eologifdtje Slrbeiten bienten meift bem Sebürfniffe be§ 2;age§. ^a§ er al§
Iateinif(^er S)id£)ter ju leiften bermod^te, jeigt bieÜeicEit am beften feine „Pane-
©ebife. 487
gyris Carolina", mit toeläjn er 1521 ^axU \. Eintritt in S)cutf(^tanb feiette;
au§ i^r fpric^t noc^ ein freierer ©cift.
©. 'M^xxä), 2)ie ©c^ule ju ©(^lettftabt , in ^ügen'§ Seitfc^Titt für bie
^ift. x^toi. IV, 2 (toieber aBgebrucft in feinen ''Ulittl)eilungen au§ b. Öefd^.
be§ eifaffeg I, 78 ff.), ©troöet, SJaterlänb. 6efc^. be§ (5tfaffe§ IV, 130 f.
c'poratt)!^, S5eatu§ 9t:^enanu§ 11 f. ^aemmel.
®ebifc: i^ rieb rief) G). — unter ben ©rf)utmännern , tt3et(f)e im (e^ten
drittel be§ üorigen ^a'^rt)unbert§ aud^ ba§ l§ö^ere Unterrit^t^mefen in neue
iBa!§nen tenften, einer ber f)ert)orragenbften, — geB. ju SoBerom in ber 5ßi.'ieg=
ni^ ben 15. ^an. 1754, t in 93erlin ben 2. mai 1803. Sein 25ater, ^Pfarrer
bei Drt§, unter ber 9lot^ bei ,ßriege§ niebergeBeugt, fc£)cint ben fräftigen Änaficn
o^ne geiftige 9tnregung getaffen ju ^aben , unb fo gaB biefer aucf) nac^ bem
2obe be§ Spätere fcinertei Hoffnung auf erfreu(i(i)e @nttt}icflung. ^n fotdjem
3uftanbe fam er, nacf) fur^em 3tufent§alte in ber <Bä)nk ^u Secfiaufen, in ba§
^aifen^auä p 3üllicf)au, tr)e((^e§ bamate Steinhart leitete. 3I6er fein geiftigee
Seben regte fxd) auc^ fe^t nur langfam, unb erft nad) feinem Eintritt in ba§
neben bem Sßaifenf)aufe bamols begrünbete ^äbagogium begann ber Unterricht
i|n 3u JüecEen. Um fo rafc^er miüä) ging feitbem bie (Sntmidlung, in toenigen
i^a^ren fiatte (3. bie meiften ^Olitfc^üler überholt, ^m 9(lter üon 16 ^at)xtn
be^og er bie Unitierfttät ^ranffurt aD., um 2:^eoIogie ju ftubiren. Slucf) ^ier
arbeitete er raftIo§; äu|erti(^ unterftü^t unb innerlid) geforbert burd^ ben ^ro=
feffor Zöllner, bem er bann fort unb fort l^erjüiiie Sanfbarfeit bewatirte, bei
einer .^ranf^eit anä) baburd^ unterftü^te, ba^ er fein ßollegium über 5Retap^t)fiE
fortfe^te. @. ^ätte bann felbft bie afabemifdie Saufba'^n ertoä^lt, ttienn nid^t
2DlIner-§ 2ob if)n entmut^igt f)ätte (1774). 5tuf 6mpfet)(ung Steinbart'§, ber
JoUner'S 9tac§fo(ger geworben mar unb ben früf)eren ©d^üter in fein 6au§ auf=
genommen f)atte, ging er bereits 1775 na(^ Serün, um bie Seitung ber <B'ö'i)m
be§ ^^ropfte§ ©^jolbing 3U übernef)men. <Bä)on im näc^ften ^a^re empfa'^I i^n
biefer für bie ©teile be§ ©ubrectorg an bem tief gefunfenen 5iiebridE)§toerberf(^en
©Qmnafium , toetd^iem burd) eine frif^e Öe^rfraft neue§ Seben 3ugefül^rt toerben
fottte. &. ex^idt bie (Stelle unb naf)m, obtool junäc^ft no(| in Spalbing'S
Öaufe bleibenb, an ben SSemü^ungen um eine Dteform ber 3Inftalt unb an bem
Ünterri(f;te ber oberen Staffen ben leb^afteften 3tnt^eit, feit 1777 at» ^rorector.
3ܧ bann 1770 ber fränfli(^e Dtector JpeiniuS, beffen 9Imt er jute^t mit 3U Der=
fe^en f)atte, in ben Stu'^eftanb jurücfgetreten irar, »urbe er S^irector. Sereits
t)attc er aud^ al§ ScfiriTtfleller fid^ terfud£)t. ^m S- 1777 ^^atte er „^nnbar'g
otrimpifc^e ©ieges^t)mnen" Derbeuif(^t erfd^einen (äffen; 1779 folgten „^inbar^S
piltf)ifd)e ©iege§f)t)mnen". Unb tnie nun bie Ueberfe^ung, obmol in ^^rofa,
»eiteren Äieifen al§ eine fel^r lelbare \t)n em^fa^l , fo legitimirten i^n bie ßin=
leitungen unb 9Inmerfungen audf) bor ben goc^ii^önnern , benen nur ^ie unb ba
bie etmaö fü^^nc ^ritif Sebenfen ertoecEen tonnte. 2t(§ ftrebfamen <B^ulmann
aber jeigte if)n au^er einigen 5Iuffä^en bie tief eingreif enbe (gd^rift „ 9lriftoteIe§
unb ^afebom ober Fragmente über @r3ie^ung unb Sdflutoefen bei ben 3ttten
unb bleueren" (^Berün 1779), Site praftifc^er (5d)ulmann beroä^rte er ]\d) an feinem
@i)mnafium in ungemö^nlidfiem ©rabe. @r füt)rte in ben entfrf)iebener au§ein=
anber gehaltenen unb berme^rten (Slaffen ba§ gadt)fr)ftem burd^, toar felbft im
Unterrid^te tote in ber Seauffid^tigung unermübli(^, führte neue Sc^ulbüd^er ein,
forgte für £'e^rmitte( öerfdiicbener 3trt, grünbete eine $ib(iott)ef für (5d)ü(er;
aud) burcf) Ginrid[)tung öon öiertetjätirlid^en denfuren für bie unteren, öon ^alb=
iä^rlicf)en für bie oberen O'Iaffen brodele er 53eben unb JHegfamfeit in feine
(5(f)ute. hieben bem Sateinifdien gelangte auc^ hai 6ried)if(f)e , neben bem
(5pTadf|lid£)en aut^ ba§ (Sad)Iid^e ju öoüem 9ied§t; immer toieber tourbe mannig=
488
©ebife.
}ad}^ S5crl6inbung bei* ßectionen erftreBt, eine feejonbcre 5Iuftnerffamfeit ahn bem
1)äü^l\d)en ^^Ici^e ber ©(f)ü(er jugetüanbt. 6ntf(i)ieben in allem n)Qi* er tiieüeid^t
meiix gefürrfitet aU getieft; ober er I)atte ^Jlomente, too Otüt)rung i^n über=
mannte, tt)0 er weicf) tourbe, „too ber Sötoe faft mit [id^ fpielen lie^". Sie
reiferen <Bä)nUx fat)en in il^m ftet§ eine bebeutenbe, ntäditig anregenbe ^erfön=
lid^feit, bie bei mand)en ©onberbarfciten auc^ bie SBiberftrebcnben pr 2(ner=
fennung äWang, unb n)a§ er tl^at unb fagte, ba§ prägte ficf) bi§ in bie fleinften
3üge jeinen 6d)ütern für bie ßeben§jeit ein (9t. S^öpU, Öubteig Xuä, I, 16,
22, 46 '].). 2Ba§ SSunber atfo , ba^ ßltern atter ©tänbe it)m if)re (5öf)ne 3U=
iüt)rten, ba^ er enbtid; öon nief)r al§ 300 ©c^ütern fid) umgeben fat), ba^ fein
®t)mnafium ba§ blüt;enb[te in Berlin murbc. <Bo gefdia'^ e§ nun aud), ha^ er
bei bem 5Rini[ter ö. ^^^»J^iti» ^^"^ eifrigen görberer öon ©d^utieformen , in ganj
befonbcrc @unft fam. S^f^m Ijatte er fein Sud) „5triftoteIe§ unb 33afebon)" 3U=
geeignet; it)m trat er bann bor allem baburd) na'^e, ba^ er i'^n in bie alte
gitteratur cinfül^ren unb befonbcrS in ber gried)ifd)en ©prad)e unterridjten burfte,
tt)ie er benn aud) junädift für ben ^Dtinifter eine 3lu§gabe be§ ^|^f)iloftet bon
©opt)ofle§ bcforgt l^at (1781). S5gl. Srenbelenburg, griebrii^ b. ®r. unb fein
5[Rini[ter f^reitierr ö. 3p^ti!}/ 1859. S)er ausgezeichnete ©taat§mann crfannte
batb, ha^ ®. aud) Leiter reid^euben 5lufgaben geiüad^fen fei. @r tourbe 1784
Dberconfiftorialratt), unb al§ brei ^aljxc fpdter ba§ Dberfd^utcoÜegium cingerid)tet
lourbe, fonnte fein Eintritt in biefe§ nid)t jttjriieltiait fein, ^n beiben 3lemtern
aber entfaltete er eine betounberenSiDÜrbigc 5I()ätigf cit , wä'^renb er bod) aud^
jel^t feine 4>flic£)t feine§ ©d)utamt§ öerfäumte. ©ein fdt)arfer äJerftanb fanb in
ben aufgc'^äuiten 5tcten ba§ ttjefenttidtje fc^nell "^erauS unb beinä^rte fid£) ftet§ in
ben 6ntfd)eibungen unb (Srlaffen, bie öon iljm ausgingen; in feiner 2Bir!famfcit
für ba§ )3reu^ifd)e Untcrricf)t§tt)efen !am nur ^Jlcierotto , fein 9tmt§genoffe, if)m
gleii^ , unb beiber 5öerbien[t »ar aud^ ba§ @bict über bie Maturitätsprüfungen
öom 20. S)ecbr. 1788. 2Bie mo^ttf)ätig @. bei 33ifitation§reifen in ha^ ßeben
ein^etner ©d)ulen eingriff, baöon gibt ein Seifpicl @dt)tt)aräe, ®efd£). be§ el^emal.
©tabt=Sl)ceum§ ju granffurt a^Q. (1873), 62 f. ^n engem ^ufammen^ange
mit feiner fo erweiterten S^ätigfcit ftanb aud^ ba§ 1787 Don it)m begrünbete
©eminar für geleierte ©d^ulen. 6r bereinigte barin anfangs fünf, fpäter ac^t
Mitgtieber, bie fämmtlid^ anä) fdt)on al§ Se^rer t^ätig inaren, unb bereitete fo
für baS t)ö^ere Unterrii^temcfen eine ateil^e tüdE)tiger Männer bor. S^x görbe»
rung gcreifterer ©dt)üter bienten nebenbei, ebenfalls öon il)m eingeridt)tet, eine
päbagogifd)e unb eine pl^ito(ogifdt)e ©ocietät, bie ju beftimmten ^eü^ri» unter Zi)nl-
na1)xnt bon (Sl^mnafialletirern, Serfammlungen f)ielten, in benen 3lbf)anblungen
ber Mitgliebcr ber 9iei^e nad^ eingef)enber bcfproc^en tourben. ^n jüngeren
3^at)ren tcar ®. öoU ©l;mpatt)ic für y3afebon)'S ©runbfä^e unb 35erfudC)e getoefen.
;^n ben S)effauer päbagogifd^ien llnterl)altungen loaren einjelne Seiträge öon
il^m erfd^ienen, unb feine befonbere S^eitna'^me Ijatte e§ erregt, atS auf Setrieb
beS MinifterS ö. 3cbli| bon bem nad) s^aUe berufenen Jrapp baS Sr3iel^ungS=
inftitut jur Silbung fünftiger ©d^uUe^rer errid^tet toorben töar. ©päter freilidE)
eriannte er bie ©dE)tt}äcf)en bcS 5)3]^itantt)ropiniSmuS fel^r töo'^I, unb über bie
2eid§tfertig!eit ber bieten päbagogifc^en bleuerer l^at er gelegenttid^ fet)r fd^arf
fid) auSgefprod^en (©dt)ulfd£)riften I, 75 f.). 2lber mit 9tefetöi^ toar er bod§ ber
2(nfid)t, ba| bie lateinifd^en ©d£)ulen ber Heineren ©täbte in 9lealfd^ulen (33ürger=
fd)ulen) umgefd^mol^en toerben müßten. — SltS ©c^üler Söttner^S tüie als Ser=
el^rer ©patbing'S gel^örte er einer S'^eologenfdljule an, bie öon bem lird^lid^en
Sel)rfl)fteme l^intoegftrebte unb mit bem S^riftenf^ume nod^ in ööEiger Ueberein=
ftimmung ju [teilen glaubte, toenn fie für „3lufflärung" arbeitete. Slber 5u bem
beutfdben 9ieformator blidte er mit Serel^rung auf; tt)ie er öon Sut^er'S päba=
gogifd^en Serbienften bac£)te, baS betoieS er in feinem ^Programm öon 1792:
©ebife. 489
„Sutl^efg ^äbagogif ober @ebanfen über ©rätel^ung unb ©d^utmefen aui 8utf|er'§
(5(^ri|ten gefamtneü". gür ben 9)^imfter 0. SBöUner fonnte er freiUc^ ntd§t
ebenfo tüie für 3^^^^^ ©egenftanb be§ SertrauenS fein; hoä) i)at er if)m ben
erften SSanb feiner „©efammelten ©t^uljc^riiten" (1789) geroibmet, tod'^renb ber
^toeite 23anb (1795; bem gan^ anberS gearteten ^ropft 2eIIer bebicirt i[t.
UebrigenS bieten biefe ©djutjc^riften eine ^üUe päbagogifc^er ^Belehrungen in
ferniger, oft fc^öner ©prad^e, burc£)au5 frei üon metf)obo[ogifd)er ^(ügetei,
bie er bei feinem ©ringen auf fft)(i)otogif(f)e 33egrünbung be§ gmpfotilenen in
i^rer Jpol^l^eit leicht erfannte. ^ber a[§ ^^^^''i^^^^^i^ 1°^^ "^^^ fo öiclfad) Sefd)äftigte
aucf) no(i) 3eit jur Ülbfaffung einer 9teit)e bon Sefebü(f|ern unb ß^reftomat^ien
für ben fpra(i)ü(^en Unterrid)t, bereu mandfie in immer neuen 2luftagen nü^lid§
geworben finb. 6§ erfdjienen ein griect)ifd^e§ Sefebui^ (1781), ein Iateinifc^c§
^'efebud^ (1782), eine lateinifcfie 6f)reftomatt)ie 1792), ein fraujöfifc^eg Sefe=
bu(i) , eine franjöfifcfie 6£)reftomat§ie, ein englif(i)e§ i?efebud§. S)a§ Gigentf)üm=
Iici)e biefer (Ec^ulbüc£)er lag bo(f) öor allem in ber 3}erbinbung öon 'Bpxaä^^ uub
©a(i)unterri(i)t. SBeit if)m aber in päbagogif(^en Singen nicf)t§ flein erfd^ien, fo
tierfa^te er 1791 aucf) ein „Äinberbuc^ jur erften Uebung im Sefen o^ne 5(33(i
unb Sud^ftabiren". Um fo me^r fann es überrafd)en, ba^ er aud^ no(^ für ge=
le'^rte 5Irbeiten ^Jlu^e fanb. ,^ieri)er red^nen toir „3}ier SDialogen bes ^laton:
5J^enon, Triton unb beibe 3l(Eibiabe§ überfe^t" (1780), „M. Tullii Ciceronis pliilo-
sophiae autiquae ex omuibus illius scriptis collecta" (1782); ,,Pindari carmina
selecta" (1786). 'DJtit feinem gi-'^unbe Siefter l^atte er fd^on 1783 jur ^erau§=
gäbe ber „^Berliner 'DJ^ouatSfcfirift" fi(i) berbunben. ©pöter Iie| er „Slnnalen bes
preu^ifdf)en ©c£)ut= unb Äirc^enlüefen»" erfdjeinen (1800 f.). 5Iucf) all ®i(f)ter ^at
er fid^ berfuc^t. Seine bielfeitige unb erfolgreid£)c 2;^ätigfeit t)atte it)m attmät)lid)
ein fo l^ofieS 2tnfe^en ertoorben, ba^ e§ !aum at§ befonbere 3Iu»3eid£)nung getten
fonnte, al§ er 1791 neben bem greifen Süfd^ing '*)]litbirector be§ berlinifd§=!öl=
nifc^en ®t)mnafium§ (3um grauen ^(ofter) würbe, wä^renb et äugleidE) notf) bie
Sirection be§ ^-riebridfjroerberfd^en @t)mnafium§ fortführen foEtc. @rft naä)
Süf(f)ing'§ Xobe (1793) legte er biefe§ 2lmt nieber, um ber größeren SInftalt
unb if)ren ']tebenf(i)ulen bottere S^^eitna^me roibmen ^u fönnen. (Sr ^atte f)ier
mit ausge^eid^neten 51Mnnetn pfammen 3u toirfen unb geigte fid§ rafd^ aud^ ben
neuen Slufgaben getoac^fen. 9}on ben (Sinrid)tungen SSüfd^ing'ä behielt er ba§
meifte bei. Sa§ ©eminar für gete"t)rte ©dfiuten, ba§ ei; mit ^erübergenommen
^atte, "blieb ©egenftanb feiner treueften ©orgfalt. — (5e War i^m einft fd^wer ge=
toorben, bie Öeüebte feines iperjenS al§ ©attin in fein .!^au§ 3u fü'^ren (1784 ;
aber bie Gf)e war bann eine fe'^r glücfüi^e, Wie aud^ feine @ebidf)te geigen. S)ai
ber ftraffe ©(^ulmann audf) im .!^aufe ein fe^r beftimmt auftretenber ßrjielier
toar, bari man of)ne Weiteres anne|men unb ergibt fid^ aui^ au§ bem SSer§ä(tni|,
in Weld^eg ©pillefe ju ibm trat (SBiefe, ©|). 28 f.). ^m ^. 1797 mad&te er
eine Steife nai^ Italien, wo er in brei 531onaten 2urin, Q^torenj, 9lom, Üleapel
unb Sßenebig fa§. 3Uö er aber in ber jule^t genannten ©tobt bie DUd^rid^t
bon ber geiä^rüd^en Srfranfung feine§ ^^reunbeä unb ©teÜbertreterg 5JtidE)eIfen
erhalten l^atte, eilte er, ol)ne fid^ unterwegs 9tul)e ^u gönnen, nai^ Berlin 3U=
rürf. ©eitbem begann feine bor^er feiten bebrol)te ©efunb^eit ju wanfen. ^n-
be§ fonnte er fid^ nid^t entfd^tie^en , eines feiner 5lemter aufjugeben. 9^od^ im
©ommer 1802 bereifte er unter Slnftrengungen bie neuen '^^lobinjen ©üb= unb
üteuoftbreu^en. Slber noc^ in bemfelben ^a!^re berfiet er in ein l^eftigel !Rerben=
fteber. Gr raffte fid£) no(f) ein 9Jtal auf im Slpinl be» folgenben Sa'^reS, um
bie öffentlii^en Prüfungen ju Italien; aHein bie faum wicbergewonnenen Gräfte
fanfen jep bötlig bal)in; mit i^nen erlofd^ bann and) bie hi^i jule^t genäl)rte
-Hoffnung, mit föniglidier Untei-ftü^ung bie ©dfiweia befud^en unb bort 5Pcfta=
490
©cbite.
lD33i'§ ßraie^ungSanftaÜ fe{)eu ju fönnen. — S)ic. burd^ feinen Sob entftanbcne
SücEc fonnte junädift ol§ unangiüttbai* evjd^einen. 2Ba§ in feinem 6t)ai-a!tcr
unb 35eria^i-en 1)axk^ unb üerteljenbe§ gctocfen Wav, ba§ fc^n^anb jeijt öoi* bcn
fingen berer, bie i'^n ge!annt Ratten, im Si(i)tc unbei-gänglic^er 33ei-bienfte.
©. ü6er it)n 93, ^. ©rfimibt, ^x. @cbife, eine fitogr. ©fijje, Jöcvün
1803. t^-rana ^orn, gv. ®ebi!e, eine SSiograp^ie, Berlin 1808. S)öi-ing,
in bei* (5nct)ttopäbie öon @rj(^ unb ©ruBcr, ©ection I, 33b. 55 (mo reictie
littei-arif(^e ^Jiod^tüeifungen). ißonnell in ©d^mib'g 6ncl)!topäbie. .^eibemann,
©ejc^ic^te be§ grauen i^Iofterg ^u 33evlin, 1874.
.^. i? a e m m e I.
®cbltc: ßubtoig ^riebrtd^ @ottIob @rnft ®., ein (Sci)ulmann, bev,
h)Q§ bei- ältere Sruber al§ bringeub nöt^ig Be3ei(f)net l)atte, unter \et)x gün[ti=
gen SSer'^ättniffen organifirt i)Qt: bie öon ber lateinifdien Sd^ulc gelöfte beutfd)e
•ißürgerfct)ule. @r toar ben 22. Oct. 1760 ju a3oBeroto in ber ^^riegnii^ geb.;
er t ben 9. ^uli 1838 ^u 58re§Iau. — Sereit§ brei ^ionatc naä) ber ©eburt
burcf) be§ 5}ater§ %oh eine äßaife, gab er um fo inniger ben (Sinlüirfungen ber
5Jlutter [id) {)in. 'Jlad^bem er bie elften SfHgenbja^re in ^^ertcbcrg Oertebt l^atte,
tt)urbe er, 10 ^a1)xe alt, bem ©d)inbler'f(i)cn Söaif entlaufe in SBerlin, bann aber
bem @l)mnafium jum grauen ^ftofter jugefü'^rt. 3ll§ f)ierauf ber '4^ro|)ft <Spal'
bing 1775 ben älteren 33ruber in fein i!pau§ berief, erT)ieIt er burd) biefen neben
©))albing'§ ©öf)nen bie erfte ^^(nleitung ^^u n)iffenfd)aftlic^er 2f)ätigfeit unb bejog
nad)f)er, au§ bcn 5Rittetn be§ ©d)inb(er'fd)en 2öaifent)aufe§ unterftüljt, 1780 bie
Uniberfttät >^alte , um 2f)eologic unb ^äbagogif 3u ftubiren. 9lber f($on ju
«Dftcrn 1782 übertrug if)m SBüfc^ing at§ S^irector am grouen Älofter eine 2e^rer=
ftette an biefer 5lnftalt, bie it)n felbfi gebilbct '^atte, unb fo fam er aud) mieber
in bie 5lät)e be§ älteren Sruber§, ber bamal§ ba§ g^riebric^gmerberfc^e @t)m^
nofium leitete. 2öol ouf 35ermittetung beffelben öeranla^te ber 5Jtinifter öon
3ebli^ feine Berufung an ba§ @Iifobetl§=®t)mnafium in 33re§(au, too er al§
britter ^rojeffor an bie ©eitc be8 eben fo geleierten al§ berben y{ector§ 3lrletiu§
trat- 5Zeun ^al^re l)at fr bort treu unb mit Grfolg gearbeitet, beglürft burd^
eine öon toa^^rer Siebe gelnüpfte 6l)e unb burc^ bie ireunbf(^aitlid)e SSerbinbung
mit 2ieberfül)n, bem 5lad)iolger be§ 3lrletiu§, mit (Saröe, 5Jianfo, ©treit u. 31.
(5r toar in biefer ^^it Qu«^ neben (5d)ummel mit ber päbagogifd)en Prüfung ber
3u ©c^ulämtern berufenen Ganbibaten beauftragt, toie er bie 3luffid)t über ba§
fönigl. ©eminar für Sanbft^ulle'^rer ^atte unb an ber örganifation ber für bie
ifraelitifc^c Sugenb begrünbeten 233il'^etm§fd)ule 3:t)eil na^m. 3n§ (Sd)riftftelter
öerfa^te er „Einige (Sebanfen über ben jetzigen 3uftanb ber alten Sitteratur in
unferen geleierten ©d)ulen" (1787) unb ein ^ebräifc^eS ßefebud) (1788); eine
fyteunbfdjaftgpflidet erfüHte er burd) bie Verausgabe öon Sieberfüt)n'§ lateinifc^er
Ueberfetjung beg gtobinfon (1789) unb (in 5Berbinbung mit ©truöe) öon £ieber=
fülin'g fleinen ©d^riften nebft beffen SebenSbefd^rcibung unb ^Briefen (1791).
3im October 1791 übernal)m er bie Seitung beg (St)mnafium§ in SSau^en, ber
^auptftabt ber Obertaufi^. @r hxaä)k in ben Unterrid)t biefer 3lnftalt rafd^
feftcn 5pian unb ftraffe Orbnung unb toirfte jugleid^ in toeitere -Greife anregenb
'hinein burd) feine Programme, öon benen toir nur ^toei nennen: „(Sebanfen cine§
(Sd)ulmann§ über eine bem ©c^ultoefen in J?urfac^fen beöorfte|enbe 9}eränberung,
mit befonberer ^Se^ie^^ung auf bie Dberlaufi^" (1795) unb „'i)tad)rid)t öon ber
gegentoärtigen SSerfaffung be§ (St)mnofium§ ju 35." (1796). ©päter erfc^ien
feine Sd^rift „Ouintitian'g ©cbanfen über bie bffentlii^e unb l)äu§lid)e 6r3iel)ung"
(1803). S)ur(^ fein 3!Birfen in 35re§tau mit ben 'OJlängeln ber bamaligen 2el)rcr=
bilbung belannt getoorben, forbertc er fe^t nai^brüdüd^ für ©ad)fen ßel)rerfemi=
narien; einfttoeilen aber fud^te er an feinem @t)mnaftum junge Männer für bie
@eeraxt§. 491
2;f)ätigfeit in 35olf§f(^uten botjuBereiten. ^^öteii^ rviitU er, toic im aKgemeinen,
jo 3unäc^[t jür bie Dfierlauft^ barauf '^in, ba^ bie lateinifdien (Si^uteti bei;
kleineren ©täbte in S3üi-gei-f(f)uten umgeloanbelt , in ben größeren ©tobten neffen
ben ®t)mnaften jetBftänbige 58ürgerf(i)ulen eiTicf)tet ttjürben. <Bo Wax er au§=
reic£)enb für eine nod) einflu^reicEiere ©tettung au§gerüftet. ^m ^. 1803 tourbe
er äur @inri(i)tung nnb ßeitung einer großen i8ürger|d)ute nad) Seil^^ig berufen
unb fd)on im ©ept. b. ^. übergab er bem ^Ragiftrate „(Srunblinien be§ ^Iane§
ber neuen 33ürgerfii)ute", toorauf eine für bie ©Itern beftimmte „Ütad£)ri(i)t" er=
f(i)ien, bie fel^r geeignet toar, biefer Slnftalt bie ^;>n^m ber S3et!)eiligten äu ge=
minnen. Unb er erfiob biefelbe rafd) ju einer ^Jtufteranftalt für bie tneiteftcn
Greife, ^n einer ©tobt, bie al§ @i^ einer Uniöerfität, al§ 5)3flegeftätte be§
regften geiftigen Seben§, al§ ^ittelpunÜ eine§ großartigen §anbel§öer!ei)r§, au(^
bon i^m ungettiö'^nti($e§ erwartete, fanb er balb ba§ attgemeinfte SSertrauen.
5lber er ^attt ouä) große ©rf)rt)ierig!eiten ju übertoinben. S)a§ ^praditgebäube,
ba§ man fofort für feine ©t^ulc aufäufü^ren begonnen ^atte, fam in O^olge ber
ÄriegSunru'^en nur langfam ber SSottenbung nä§er, unb bie großen Soften be§
S5aue§ öerjetirten bie Mittel für genügenbe 5tu§[tattung ber ßef)rerftellen. S)ie
furcfitbaren Octobertage be§ S- 1813 bro'Eiten ber ©c£)ule ööttige§ S5erberben, ba
ba§ @df)ull)au§ in ein ßoäarett) öertoanbelt tourbe unb bie klaffen in atte SSiertel
ber ©tobt üerffieilt toerben mußten. 9lber mit um fo größerer ^^reube fül^rte
®., ber in aEer SSebrängniß ben großen 33efreiung§!am|)f mit ^atriotifd^er @r=
'fiebung begleitet l^atte, im nädiften ^a^re feine i?inberf(^aaren ju ben i^nen
ge'^örenben Dtäumen äurüci. f^aft jtoei ^atirje^^nte nod) l^at er ber Slnftatt bor=
geftanben unb ju il^rem 2lu§bau nacf) Gräften beigetragen. 3Ba§ fie in biefer
fpäteren 3e^t getoorben toar, geigt bie „9leuc 5ta($rid)t bon ber je^igen 33ef(i)affen=
^eit ber Seibaiger S3ürgerf(f)ule" (1826). 5lt§ aber bie SSetoegungen be§ ^. 1830
unb bie bann t)erbeigefü^rten Umgeftaltungen aui^ für ba§ öffentlidEie Unterric£)t§=
toefen neue @efid)t§bun!te getoinnen ließen, neuen 9lnforberungen Oted^t unb
fRaum getoä'^rten, ba erfannte ©., ber im ^pxxi 1832 fein öOjä^rigeS 2lmt§=
jubitäum feiern fonnte, baß feine Äraft ben neuen 5lufgaben nic£)t me'^r ge=
toad)fen toäre. (är legte be§f)alb noc^ im ^erbfte jencS ^a'i)X(^ fein 3lmt nieber
unb 30g fi(f) nac^ S3re§lau ^nxM , too er, bon ©attin, Äinbern unb (änfeln ge=
bflegt, bie legten i^a'^re feine§ Seben§ pbra^te. ©er gtat^ bon Seibjig ^otte
if)m ben boHen 31mt§gc§alt gelaffen unb feiner SBitttoc eine bebeutenbe 5ßenfion
beftim'mt. S)ie umfangrei(i)e 2:t)ätig!eit , ju ber in Seibäig fein 2Imt i'^n ber=
bfliditete, "f)atte i:^n 3u fcEiriftltellerifdier SLfjötigfeit nic^t me^r fommen laffen.
S)o(^ ^at er 1810 mit Äeil bie ©(^ulreben ^x. 5lug. ©d^toar^e'^ {)erau§=
gegeben.
©. 6. SSogel, ^Beiträge gur (Sef(i|. ber 2dp^. 33ürgerfc£)ule (1853. 4.).
^aemmel.
dJccrortÖ: 5Jlarcu§ @., ®t)ecraert§ ober (Serarb, ber ältere, geb.
au Srügge im SInfange be§ 16. Sol)v'§unbert§; malte Sanbfd^aften, Slrc^itefturen
unb 5porträt§. ßr toar ©c£)üler be§ 9Jlartin S)ebo§ unb befleibete 1558 in ber
©t. ßuca§=@ilbe au SSrügge bie ©teile be§ ^)X)nUn „23inber" (©efd^toorenen).
1577 finben toir i'^n al§ freien SJteifter in ber ©t. Suca§=®ilbe in Slnttoerpen
cingefc£)rieben. 1585—86 begalilte er bafelbft feine 33eifteuer al§ ^itglieb ber
9tebert)fer=^ammer „La Yiolette". @r foE in ©nglanb geftorben fein, too er
fid§ nieberließ unb 1571 Hofmaler ber i?önigin @lifabet:§ toarb, bod^ muß be=
merft toerben, baß @. ficf) 1586 in ^Inttoerpen befanb. ^ebenfalls ift er bor
1604 geftorben, benn S5an ^Jlanber, ber in biefem ^a'^r fein SBerl :^erau§gab,
beftagt \\ä) , über biefcn ^unft feine beftimmten 5tad)ri(i)ten bom ©ol)ne bc§
Äün[tter§ erl^alten au können. Söeber @eburtg= nod^ 2:obe»ial)r ^aben bisher
492 ®eefteranu§.
|i(fier feftgeftellt toevben fönnen, inbem bie bon ^itfington angegeBencn 2)aten
auf einem Sfrrt^um Öevufien. 2ßir fennen öon ®. "einen ic^öncn 9ii^ ber ©tabt
23rügge (tior 1566), ber fid) in 23vügge befinbet, unb ^toei ^^ottvätS, ^Jtonn unb
g^rau, bie in bev SSiener ©atterie finb. ^Man erfennt in ben t)erfc£)iebenen
^unft^Weigen (Seerartä' Talent, ^it ^4-^atenier, bringt anä) er in feinen
Sanbf(i)aften eine nieber'^orfenbe ©eftalt an , bie ein natürli(i)e§ 33ebürini^ t)er=
tid^tet. ©eine 33ilber finb allgemein gefdjä^t. @. gab ein „.<panbbud) über bie
3eid)enfunft" ^erau§, ba§ in ^-Brügge bertegt unb fpäter in§ 6ngUfc£)e überfe^t
njarb (1674 in 4°). 1567 erfcf)ienen bon i^m in Srügge .^u^jferftic^c ju 6fop'§
i^abetn, fon^ie auc^ anbere @tic[)e, über bie jebocf) eine geluiffe Unflarlieit I)errfd^t,
bie, fo gut tüie anbere ^^eifet über bie SebenSbaten (Seerartä' offenbar baf)er
rü^rt , ba^ fein gleichnamiger (5ot)n i^n no(^ (Sngtanb begleitete unb bort in
feine g-it^ftapfcn trat. S)er Sater @. matte ebenfalls auf ®ta§-, auct) ftammt
bie 3eic£)nung ju bem ©rabmat ^art be§ Äü^nen in SSrügge bon it)ni. — ^n
ber 3ln§[tettung bon ^Dknct)e[tcr 1857 (ber iJatatog nannte i^ 5Jiarcu§ @arrarb)
toaren brei bon i^m ^errütjrcnbc ^^Jorträtg ber Königin ßlifabett), unter bcnen
fid^ baSjenige nomenttid) au§3eid)uet, auf n)eld)em bie Königin in ^^^roceffion
i^ren S}etter öorb .ipubfou befud)enb , bargeftcllt ift. -ipiernac^ fertigte 3}ertue
feinen berüfimten @tid). S)a§ tounberbolle iöifb ge()ört t)cute bem 2orb 5Digbl).
^]Jtarcu§ &., Öt)eeraert§ ober ©erarb, ber jüngere <Bol)n be§ ä3or=
{lerge^enben, ttiarb ebenfalls in 33rügge geboren. '^Jlan bermuttjet , ba^ er
(5d)üler be§ 2uca§ be .^cere getuefen fen; .^ramm gibt intt)ümli(^ an, ba^ er
1577 in bie ©t. ßuca§=(SiIbe eingefd)rieben fei, toaS bie „Liggeren" nid)t er=
toä'^nen. @§ tuirb angenommen, ba| er 33i[ber für ßtöfter in 23rügge malte.
(5r arbeitete mit feinem ib'ater in ©ngtanb unb marb, n)ie bicfer, Hofmaler ber
Königin (Slifabetl) , fpäter ber Königin 3lnna. Sier jüngere @. mar an bem
englifdien ipof ein feljr gcfud)ter ^JJtaler, toa§ inbe^ me^r auf ^JJiobe berul)t, atö
hü^ er ein auBergemöl)ntid)e§ Talent gel)abt Tratte, ©eine SBerfe finb l)aubt=
|ä(^lid) burd) bie bargeftettten ^erfcmlic^fcitcn intereffant. S)ie ,'^,eid)nung, fotoie
ha^ Kolorit finb oft fd)ma(^ unb bie ßompofition ift mittelmäßig, aber er ber=
[taub feinen giguren biet £eben unb ©eift einjü^audien ; feine 23ilber leiben
an einem getoiffen 5Jkngel an .^armonie. ©iret.
©CCftcrainiö : Sotjann @. , gel)ört einem (Sefd)te(^t an, au§| meld)em
me"^rere ^itglieber in ben remonftrantifd)en 3^iftigfeiten Ijerbortraten unb il^re§
^rebigeramte§ entfep tnurben, j. 58. bie ©ebvüber 6orneliu§ unb ^rnolb unb
il)re S3ettern $eter unb ^JtanniuS ®. S)er bebeutenbfte aber mar 3fol)ann (^.,
feit 1609 ^rebiger im 2)orfe SJreelanb unb bem 9iemonftranti§mu§ ganj er=
geben. 1610 folgte er bem 9iuf ber ©emeinbe ju 3Hfmaar, too er im ^. 1586
geboren tt)ar, unb prebigte bort mit großem SSeifaH. 3ll§ fi(^ jur '^di ber
nationalen ©t;nobe bon S)orbre(^t ein 3lufrul^r in 5llfmaar er'^ob, führte bie§
1619, ttjieUJol bie ©taaten bon .^^oHanb i^n bon aüet SSet^eiligung baran frei=
fpradien, bennoc^ feine 3lbfe^ung l)erbei, nid^t nur meit er al§ 9temonftrant ben
calbiniftifdien ©iferern berußt mar, fonbern and) toegen feiner Hinneigung jum
©ociniani§mu§. SCßirflid) entl)ielt feine ßonfeffion, mel(|e er, jufammen mit feinem
ebenfaÜg abgefegten SSruber ^peier, ber ©t)nobe überreid^te, eine fid) in man(^er
Hinfidt)t bom 3^emonftranti^mu§ entfernenbe üteligionSauff affung , inbem er bie
9lttgegentt)art @otte§, bie ^)xiä ^Jcatnren S^rifti unb bie ©rbfünbe leugnete, fid^
babei ben 2lnfid)ten ber Staufgefinnten bon ber Dbrigleit unb Äinbtaufe an=
fd)loß unb bie Seigre bon ber 9ted)tfertigung ganj eigenartig erflörte. S)iefe
©efinnung fü'^rte il)n balb ben ßottegianten bon 9flt)t)n§burg ju, für bie er
eifrig t^ätig mar, big er fid^ im ^. 1620, um ber '^i^igen 35erfolgung au ent=
ge'^en, nadt) bem Dtorben £)ft=i5f^ie§lanb§ jurüdf^og, too fein SSruber 5ßeter unb
©effcfcu. 49g
bei* Bekannte ^an^^fiuljjen fi($ fd)on aufhielten. (5tn i'^m noc^ im leiben ^alive
angetragenes ^voiefforat lel)nte n ab unb leibte in ftiller 3ui"ücfge3ogenl)eit öon
feiner .^änbe SlrBeit, 16i§ bie ^eft it)n mit 3^rau unb ,^inb 1622 njegraffte.
S5on ü)m erfc^ien eine „Predicatie over "t ontset van Alcmaer, gedaen a*^
1618, 8 October ovei' Act. IX: 31, Mitsgaders 't Examen over hem gehouden
in 't Consistorie a^ 1619, 11 en 12 Maarz 4'^", unb ein lateinifd)e§ ®ebid)t
„Idolelenchus", melc§e§ öon Äamp'§ut)aen überfe^t tnorben i[t.
95gl. 5)3aquot, Mem, III. p. 174. Historie der Rhynsb. Vergad. door
Faschier de Fyne. ©lafiuS, Godg. Nederl. unb S5an ber 2la, Biogr. Woor-
denb. 33 an ©lee.
©effd'cn: .^ einrieb @,, ©enotor ber freien ©tabt ^amBurg, geb. bafelfift
am 24. Dctbr. 1792, trug bo§ (Gepräge eine§ ed)ten l)anfeatifct)en 93ürger§ unb
©enotorg. — Söäl^rcnb Steigung unb S3efäl)igung il)n auf ba§ ©tubium Ijinju»
meifen fi^ienen, mar er burd) ben früljen Slob feineg 3}ater§ öeranla^t tüorben,
fid) bem Äaufmann§ftanbe ju toibmen. ©c^on in feinem 14. :3at)re mu^te er
bie ©(i)ule öerlaffen unb al§ ^anblungSle'^rling in ba§ |)raftifd)e Seben treten,
aber er mu^te eine fo frül^e unterbroct)ene miffenfc^oftlidie Silbung au§ fid^
felbft tueiter auSjubauen. f^^reilirf) mu^te er baju bei anftrengenber SogeSarbeit
bem ©cfilafe bie frül)en 5)lorgenftunben abgeminnen. Oftmals tnurbe i!§m bie&
redit fdimer unb ber alte §anblung§biener , öon bem er fid) meden lie^, mu|te
ilim 9lbenb§ berfpre($en, i:^n jebenfaHS ^um 5luffte'^en ju smingen, au(^ toenn
er ilin am anbern 5Jtorgen biefe§ S5erfpre($en§ entbänbe. 5lu§ ber mit gliefen
ge^jflafterten Kammer , in toeldjer bie 2el)rtinge bc§ @efd)äft§ fd)licfen, eilte er
bann in ba§ nod) einfame ßomptoir, um ben ©tubien obzuliegen, bie il)n eine,
aucf) bei .^aufleuten großer ^lanbelSftäbte ungemölmlic^e, miffenf(±)aftlict)e 33ilbung
geminnen liefen. ©effden'S ^fünglingSja'^re fielen in bie gro^e 3eit, in toelrf)er
S)eutfd)tanb ba§ ^od) ber g^rembl^errfc^aft abfcfiüttclte. S)er lurje ^ubel über
bie erfte 33efreiung .^amburgS (5[Rär3 1813) mar berraufc^t, bie befreunbcten
9fiuffen l)attcn bie ©tabt berlaffen unb bie f^^ran^ofen zogen mieber ein. &., ber
tüxä) feine injtoifdien an ben 3;ag gelegte beutfctie ©efinnung fid) gefälirbet
mu^te, ging nad) ©djmeben. ®er @ang ber ©reigniffe beranta^te il)n aber
balb, na^ Deutfd^tanb zurüdjufel^ren, um fid) bem (JorpS ber freimittigen Säger
anäufd)lieien , 'mtid)t§i in 2Bi§mar ou§ geflol)enen unb bertriebenen -Hamburger
^Bürgern jur 5Jtitl)ülfe an ber 33efreiung il}rer S^aterftabt gufammentrat. '»Dtit
biefem -6or))§, in beffen 3R\tk er au(| bei einem 9]orpoftengefed)t bertounbet
mürbe, naiim er 2;"§eil an ber Belagerung unb ßntfe^ung .^amburgS bon ben
g^ranjofen unb mit bemfelben jog er ein in bie jum ^meiten 5]tolc befreite
©tabt. 9lad) biefer .^riegSe^ifobe unternal^m ®. eine abermalige 9teife nac§
©darneben, auf ber er faft ein ^üi)x zubrachte, unb trat bann am 1. Januar
1816 al§ Sl^eilne'^mer in ba§ eltertid)e §anblung§l§au§. f^ür baffelbe bie fidiere
gefd)äftlid)e ©runblage 3U geminnen, mar jel^t fein Bemühen; nur jeitmeife,
namentlid) ©onntag§, erlaubte er fid) eine iBefc^äftigung mit 5]}oefie unb äßiffen^
fc^aft. @r mu^te aber mol finben, ba^ er fi(^ biefer SSefc^äftigung , für bie _er
bie größte 9leigung :§atte, ou(^ in befc^ränttem 5^a^e nid)t :^ingcben bürfe,
menn nid)t bie 3lrbeit feine§ Berufes barunter leiben fottte. ^n einem ©ebic^te
na^m er bon ber 5Jtufe, „ber er bod^ tein ed)ter ©ol^n", förmlid)en 2lbfd)ieb
unb Inibmete fobann feiner gefi^äftlic^en 2;i)ätigfeit feinen ganzen S'^^i^ ^^^ äu
bem 5lbfd)nitt feines SebenS, ber i'^n 3ur SBirffamfeit für baS ©emeinmo^l berief.
S)ie bürgerlid^e Bermaltung in ben .g)anfeftäbten refrutirt fidt) auS ben meiteften
Greifen; bon benen, bie l^erange^ogen meiben, gelangen biejenigen, meldte ftd^
olS befähigt unb als o|)ferbereit in Eingabe i^rer 3^^^ unb Gräfte ermeifen, ju
ben mid^tigeren Slemtern. 2llS ein 5Jiann ber le|tgenannten %xt mürbe ®. er=
494 öeffrfen.
fannt. ä)evbient mac£)te er jic^ namentüd) a(§ ^JHtglieb ber 93et)üi-be ber ^am=
burger @iro=Sanf, bereit au^gebilbete (Sinriditungen (bie bem jpäteren ÖJiro=33er=
fe^r ber 9tei(f)§!)Qn! al§ ©rimbtage gebient Ijaben) toeiter ju üerüotttommueu er
\\ä) beftrebte; fobann al§ ^Jlitgüeb ber (^ommerjbeputation (-•panbelsfammcr) unb
nad) bem großen 33ranbe al§ lltitgUeb ber ';}tati)§= unb ^Bürgerbeputation üou
1842, tDc{d)e beu äÖieberaujbau ^'^aniburgS leitete. 2Bäf)rcnb er an ber 23au£=
öerlüaltung tt^eilna'^m, 30g er ba§ gan^e 93anfJüc|en in ben SSereid) jeiue§ (5tu=
bium§, fpäter bie 3oli= unb Söefteuerungsjrageu unb anbere ©egenftänbe ber U}oIfö=
lDirtI)fd)ait unb .^anbclspolitif. S" biejen i^ää)exn, in benen er bie proltifd^en
mit 'bm f^eoretijdien .^enntnijfen öerbanb , mürbe er eine ©Ijeciolität unb eine
2lutorität , bie meitt)in Geltung erl)iett. 2(u(i) litterarijd) mirfte er burc^ feine
t)anbeI§potitij(i)cn Srofd)üren: „2)ie ©teUung ber cS^anfeftäbte" unb „3ur 33ant=
jrage". ^m 3- 1Ö45 mürbe 6). jum Senator ermä()tt unb trat nunmel)r in
einen nod) größeren äßirfung§frei§. 6r ^atte u. ^^(. mcjcntlii^en 2lntt)eil an
ber S)entid)riit be§ .»pamburger ©enatS über bie SDiffcrcntial^oHe, meldte bie
^rin^ipien be§ freien ^'^'^^^'^^^ bertl)eibigt unb ber bie 6f)re miberjutir, bei
3lufl)ebung ber englifd)en ^JtaöigationSacte für t>a^ ''^ailanmü in baä 6nglifd)c
überfetjt ^u merben. 23ei ben S3crütt)ungen über eine 3olI= unb ^onbelöeinigung
2)eutfd)(anb§, bie 1848 in J^-ranfjurt unb 1851 in '2)re§ben unb i^ranffurt ftatt=
janben, mar @. ber ^eüoümädjtigte be§ -Hamburger ©enatS unb mu^te bie
l^omburgifd)c i5-reil)aienftellung für alle ßbentualitäten ju maf)ren. ^n ber
großen Jpanbel§trifi§ bon 1857 gc()Drte er ju benen, bie einen flaren S3tid be=
t)ieUen unb glüdüd) öerljinberten , ba| ©taat unb 6ef ei^gebung , loie bon bem
aufgeregten .s^ianbelSftanbe gcmünfd)t iinirbe, in ben fid) natürlid) enttuidetnben
®ang ber 23erl)ä[tniffe eingriffen. @. t am 3. Cct. 1862.
|)einrid) ®. , ein 5tc£rolog, im .^amb. ßorrefponbenten bom 9, Januar
1862. gmil b. 531 eile.
©cffdcil: ;3oi^anne§ &., tut^erifd)er ®ei[tlid)er, mürbe am 20. gebr.
1803 äu Hamburg geboren, mo fein au§ 5teul)au§ an ber Dfte ftammenber
5ßater Äaufmann mar. ©eit b. 3>- 1816 befu(^te er ba§ ^ol;anneum unb im
©ommerfemeftcr 1822 ba§ afabcmifd)e @l)mnafium feiner 33atcrftabt. S)arauf
ftubirte er in ©ijttingen, in Jpalle unb bann mieber in (V)öttingen Sfieologie.
^Jlad)bem er an ber legieren Uniuerfität ben pt)i(üfopIjif d)en Soctorgrab ermorben,
!el)rte er gegen Oftern 1826 nad) ^-jomburg ^urürf, luo er am 13. Suti 1826
nad) beenbetem ßjamen unter bie 'Sai)l ber 6 anbibaten bc§ geiftUc^en 5[llinifte=
rium§ aufgenommen mürbe. (5r befd)äftigte fic^ l)ier au^er mit feinen ©tubien
mit @rtl)eilung bon ^^M-ibatunterrid)t, befonberg an ©d)ulanftalten für 5Jtäbd)en.
@d)on al§ ©tubent l)atte er auf größeren 9ieifen faft ganj 2)eutfd)lanb , bie
©(^tüeij unb Dberitalien fenncn gelernt; al§ ßanbibat bereifte er im S. 1829
Stalten unb ©idlien unb Mjrte burd^ bie ©d^meij ^urüd. ?lm 29. 9tob. 1829
marb er jum 5Diaconu§ C^srebiger) an ber ©t. 5]iid)aeli§firc^e in .s^amburg ge=
toäiyit, in toeldjcr ©tellung er bi§ au feinem Sebengenbe berblieb. ^ei ber ^eier
be§ 300jäl)rigen ÜteformationSjubiläumS in .g)aEe tourbe er honoris causa jum
Soctor ber 3::§eologie ernannt. 9iac£) einer ettoa ad)tmonatli(^en ^-anf^eit,
bon toelc^er er nodj in ^iffingen Teilung gcfm^t l)atte, ftarb er toenige 3:age,
nad)bem er in bie ^eimat^ aurüdgefelirt tuar, am 2. Oct. 1864. @. l)atte eine
ungetoö^nlic^e m-beit§!raft. 2rot3 einer faft unglaubli^en, angeftrengten 3:^ätig=
teil in feinem 3lmte, mar er bod) im ©tanbe, nod^ fortUjä^renb x^ii\ä)t unb
Äraft für feine miffenfc^aftlid^en m-beiten fic§ ju erhalten, ^n] f^olge biefer
le|teren, liernac^ bann auc^ burcf) feine Sl^eilnal^me an ben SSe'ftrebungen be§
®uftab=?lbolb:^--8}erein§, mor er mit einer großen Slnjal^l bon ©ele^rten, nament=
lid^ bon £l)eologen, befannt unb ftanb in einem reichen litterarifc^en SSerfel^r,
©egenBauv. 495
bei; jeinen eigenen ©tubien bann aud) toicber öielfad) ^u @ute fam. ©eine 58e=
reittoittig!ett , anbern ju bienen, fei e§ buri^ 9tad^iorjä)ungen in ben l^aml6urgi=
]ä)tn 33ibliDt^efen , fei e§ au§ ben <Bä)'d^tn feiner eigenen 33iHiot{)ef, tuurbe
xe\ä)liä) in 3Infpru^ genommen, ©eine eigenen 5lvbeiten feetoegen \iä) I)aupt=
fä(i)lic£) auf bem @el6iete ber j?ird)engef(^ic^te feiner Söaterftabt, ber <^t)mnologie
unb ber Äated^etif. ^n erfter .^infid^t ift au|er an feine bieten n)ert"^t)oEen
Beiträge jn ber 3eitf(i)riit be§ 33erein§ für Jiamfturgifiiie @efd§i(^te t^auptfäi^lid)
an feinen „^o^ann äßinüer", 1861, ju erinnern, in toeld)em SBerle bie burd^
ben ^ieti§mu§ in ipamburg erregten ©treitigfeiten ou§ meift ungebrucJten Quellen
gefc^ilbert toerben. ©eine '§t)mnologif(f)en Äenntniffe 16ereid)erte unb öertoertl^ete
er äunäc^ft in feiner longjätirigen 53^itarl6eil an bem bann feit bem ^. 1843 in
ber lut!§erifd)en Äircfie S^amiuxa,^ eingefü'[)rten (Sefang6uc£)e. ^m ift e§ i^^m be=
fonberS gu bauten, ba^ eine rei(^ere 5Iu§toal)t älterer ßieber toieber in biefe§
©efangBucf) aufgenommen tourbe. 2ll§ er im S- 1852 bon ber ßonferenj ber
beutfdien eöangeliftiieu gtcgierungen in 6ifena(i) 3um ^Ritgliebe ber ßommiffion
für Slnfertigung eine§ aEgemeinen ebangelifc£)en @efangBud)e§ ernannt morben
»ar, gab er, toeit er nict)t mit ber 5)Uiorität in ber ßommiffion p ge^en ber=
mod^te, felöftänbig einen ©nttourf 5U einem „?lllgemeinen eöangelifc^en ®efang=
öu(^e", .^amliurg 1853, f)erau§, ber noc£) immer S3eact)tung berbient. 3}on ent=
fd^ieben bteifienbem äßert^e ift feine 5trl6eit üBer bie „,^amBurgif(^en nieber=
fäd^fifd)en ©efangbüd^er be§ 16. i^al^r^unbertg", 1857, bereu fämmtlid^e Sieber
er in i^ier urfprünglid^en (Seftalt mit einer l)iftorif df)en Einleitung ^erauSgaÖ.
S)em fatect)etif(^en ©ebiete ge'^örte fein erfte§ grö|ere§ äBer!, „UeBer bie
berfd£)iebene @int:§eilung be§ SefaloguS", 1838, an; bor oUem aöer baSjenige
äBer!, auf beffen |)erftellung er jafirelangen an'^altenben f^^lei^ unb au^erbem
auä) gro^e Soften geiuanbt t)atte, „S)er Silbercated)i§mu§ be§ 15. ;^a^rt)un=
bert§ unb bie cote(|etifct)en ^auptftüiie in biefer 3^^* ^^^ ^^^ Sutl^er", bon
toel(^em äöerfe leiber nur ber erfte %^dl, bie ^e'^n ©ebote umfaffenb, 1855 mit
12 Silbertafeln, l^erau§ge!ommen ift; toä^renb ber 5lu§arBeitung be§ ätceiten
2:i§etle§, äu tüeld^em fd^on bie .Silber gebrudt toaren, ftarB &. @r ^atte l§ier
ein @ei)iet betreten, ba§ bor il)m ^Jliemanb aud§ nur annä'^ernb mit fol^er
@rünbli(i)!eit bearbeitet :§atte; „e§ lam barauf an", wie er felbft fagt, „eine
berlorene, jebenfaltS bergeffene ßitteratur ©d^ritt bor @d£)ritt ttiieber ju entbecfen
unb im 3ufammenl§ange ju begreifen", gür bie (S5ef(^idt)te be§ Iirdt)lid^en £eben§
namentlift) in S)eutfd)lanb , bor ber Oieformation ift ^ier eine in bor'^er un=
geal^nter äöeife reid^lidt) flie^enbe Quelle eröffnet, unb toenn e§ aud^ immer fe^r
3U bebauern bleibt, ba^ ba§ äißerl ui(i)t boltenbet ift, fo ift bod^ gerabe in ber
genannten iJinfidCjt ber erfc£)ienene Sll^eil be§ Sßer!e§ tool toid^tiger, al§ bie fol=
genben borau§fict)tlid§ geworben toäten, bpeil gerabe bie ^elin ©ebote in ber 3^^*
unmittelbar bor ber 9fteformation für bie 2el)re unb ^^rebigt eine Sebeutung ge=
iDonnen liatten, tnie äu feiner anberen ^^it- ®- l)interlie^ eine ungemein gro^e
unb rei(i)l)oltige Sibliotl^e!, bereu i^atalog gebrückt ift; einige 2lbtl)eilungen
berfelben famen auf bie Hamburger ©tabtbibliotlief, ba§ übrige irurbe leiber in
einer 3luction jerftreut. ©ine gro^e Slnsa'^l i'^m für feinen „Silbercated^i§mu§"
l)ö(i)ft »idfitiger 5[Ranuf!ripte unb 3?ncunabeln l§atte er felbft befeffen.
Ueber il§n ift ju bergleidien au^er ben eingaben im Seiilon ber l)am=
burgifd[)en ©d^riftfteEer : (©engelmann) Dr. ;^o^anne§ &., 9te!rolog in ber
3lllgem. Äird^euäeitung, 43. Sa^^'Saug, Darmftabt 1864, 9lr. 82.
SSertlieau..
©cgcubaiir: Sofep^ 5lnton (bon) ©., gjtaler, geb. ben 6. Wdx^ 1800
äu SBangen im 5lttgäu, t al§ lönigl. toürtembergifd^er Hofmaler ju Ülom ben
31. 3fan. 1876, tourbe auf (Srunb bon bielberfbred()enben autobibaltifdfien S5er=
496 ©egenbaur.
fudfien fünijel^niäfing üom 5profe||or 9tot)eit ö. ßanger in bie 3eicf)enjrf)ule ber
5Jlün(i)ener 2lfabemie aufgenommen. @r frf)(oB bort (5-rcunb[(^att mit ^. (5.
3^acol6§ au§ @ot§a unb 5t. ütiebet qu§ 33nireutl§, tüetrfie beibe, h)ie ev fetbft
fc^on al§ ©dtjüler me"§i- eine coloviftifd^e Sftid^tung öeriotgten. 3fm ^. 1820
fam et mit einem Delgemätbe , einem „t)t. ©ebaftion" (je^t in ber .lpauptfirct)e
feiner 33aterftabt) unb mit ben 33i(bnifjen feiner ßttern nad^ Stuttgart , too
2)annecler jid^ feiner, tote fo bieler aubercr jungen Talente, annahm unb i!^n
bem Äönig äöil^elm empfahl, tiefer bemiHigte i^m eine Unterftü|ung für brei
weitere ©tubienja^re in 5Jlünd)en unb ließ i:^n auä) narf) 3l6tauf biefcr 3cit in
Sftatien reifen. 6. f)ielt fid) in ^Itom , obttjot burdö bie 6mpfet)tungen ßanger^§
unb S)annecEer'§ mit ^od) , Seit, ©dinorr, DöerbecE unb anbcren beutf(f)en
Äünftlern in SSerbinbung gebrarf)t, neben ber 'Jtatur, toeld)e er in Sanbfdiaft,
3lrd)iteftur unb (Figuren fleißig ffi^jirte, borne^mlid) an 9iafaet. SJon feinem
grüublid^en ©tubium biefeS Söorbilbeä ^eugen jmei bamalg in bie ^eimatl; ge=
f(f|icttc öelbilber (je^t im Stuttgarter ©d)toffe) „S)ie erften ßttern nad) bem
5ßertufte bc§ ^^5arabiefe§" unb „5Rofe§, feinem S}olfe Söaffer au§ bem Jydlm
fd)Iagenb". ©ein erfter 5Berfud) im greSfomaten, „,^erfuie§ unb Qmp^alt" ,
roe(d)en er im ^. 1826 auf einer 2Banb feine§ 5ltelier§ gemad^t ^atte, würbe
öon 2;t)orn)albfen angefault unb befinbet fic^, allcrbing§ nid)t fet)r gtüdlic^ abgelöft,
jcljt in beffen 'OJlufeum 3u ^opentjagen; eine etma§ fteinere d'opie in Öel befi^t
bie ©tuttgarter ©taat§gaEcrie. ^Jiod) in bcmfelben ^a^re !am ber burd) biefe
5lrbeit fc^nell ^u einem fd)önen Un] gefommene J?ünft(er nod) ©tuttgart äurüd
unb fd)müdte in ber fotgenben Seit im Stuftrag ^onig 3Bitf)eIm§ einige 9täume
ber bamalS im 33au begriffenen 93iUa ^Jtofenftein bei Ganftatt mit f^i-'e^fcn au^ :
bie Äuppet be§ |ycftfaa(e§ mit ©cenen au§ „Vtmor unb ^4>ft)d)e" naä) 5lpu(eiu§
unb ba§ 93ibIiot^ef,^immer ber Königin mit ben öier Sfatjres^eiten in ber (Scftatt
uon fd)tüebenben ^Jtäbd)enfiguren. 'Jiad) 33oüenbung biefer 5lufträge ging @.
wieber nad) ^taüen unb erfanb in 9tom eine 5trt bon beWegti($en ^5fre§fen, in=
bem er ipoljra'^men mit S)rat)t überfpannen unb bie barüber gezogene l'einwanb
ftüdweife mit ^atf, ©anb unb @t)|)§ grunbiren tic^. (Sr wät)Ite für bie fo
t)ergeftcttten ©emätbe t^eilS reügiöfe, tl)eil§ mi)tt)o(ogifd)e ©toffe unb fanb balb
©önner unb Käufer genug, fo baß i^m ein neuer 3tuftrag feinc§ ilönigS, ber
it)m bei einem 93efuc^e in ber ■'peimatt) im S. 1835 <^u 2:^eil Würbe, faft un=
gelegen fam. ®. fottte einige ©äle be§ ©tuttgarter ©c^{offe§ mit greifen au§
ber älteren Würtembergifd)en (S}cf(^id)te jieren unb erl^ielt baju eine fcfte 2ln=
ftettung al§ .g)oimaIer. ^aft äWan^ig ^a^xc lang blieb er, inbem i'^m immer
wieber neue ©äle überWiefen würben, in biefem ©ebäube befd)äftigt unb erWarb
fid) namentlich burc^ biejenigen 23ilber, in Weld^en er bem ©toffe nac^ mit ben
befannten Würtemberg.23allaben bon S. Urlaub jufammentraf, einen '^öd)ft populären
Flamen in feiner .^eimat^. 6ine fpätere, im ^. 1860 boUenbcte Stuf gäbe, bie
5DecEe be§ fogen. Weisen ©aale§ in bemfelben ©d)toffe mit ©cenen aug ber grie=
d^ifd)en 5!)lt)t|ologie au§pfd)mürfen, führte ii}n ju einer neuen 2;ed)ni! für 2Banb=
bilber. 6r malte fie auf SeinWanb in £)el unb überwog fie , na^bem fic an
Ort unb ©tette gebrad)t waren, mit einem 3Bacf)efirni§, ber il)nen ba§ 2lnfe'^en
bon Snfauftif gab. Slu^er biefen großen SBerfen malte (S. t^eit§ in ©tuttgart,
tl^eilä in 9iom, wo er in feinen fpäteren Seben§ial)ren regelmäßig ben 2öinter
äubra^te, auc^ ©taffeleibilber in größerer Slnja'^l: gute 33ilbniffe, al§ Äir(^en=
bilber gefc^ä^te 5Jlabonnen unb nU;tl)ologifd)e ©cenen, wie fie befonberS ^önig
2öilt)elm liebte. @r aeigte fi(^ in allen feinen ©d^öpfungen al§ einen ^öd)ft
gewanbten 3eicf)uer, beffen immer flüffige, aber oft aud) alläu glatte f5formen=
]pxaä)t an bie bon 2öilt)elm ^aulbac^ erinnert. 3ln feinen '^iftorifd^en ^reSfen,
toelc^e jebenfoll§ al§ ba§ §auptwerf feinc§ Seben§ 3U betrad)ten ftnb, ift neben
&tl)t — ©el)len. 497
frifdier Stfinbung, tiaxn ßompofttion unb flotter S3etoegung ber f^iguren,
namentli«^ eine für feine !^tit ungetüöfinlid^ fräftige unb reic£)e garbe lu
rühmen.
S5gl. bie ^ünftlerteyifa ; ®rimm, ®efd£)id)te bon 2Bangen i. 31. unb
meinen 9ZetroIog in ber ©c^toäbifd^en ß'fironif bon 1876.
2Ö i n 1 1 e r H n.
(Hc^C: ©buarb ^ einrieb ©., S)i(^ter, geb. 3U S)re§ben 1. gebr. 1793,
t bafetbft 13. gebr. 1^50, ©o^n bon 6t)riftian Samuel ®., .^of- unb ^uftia=
tatl^ in ®re§ben, er'^ielt mit S^eobor .^örner jufammen l)äu§li(i)en Unterricht,
befu(f)te 1808 — 12 bie Sanbe§fcl)ule ju ^forta unb ftubirte bann in Seibäig
9te(^t§tt)iffenf(^aft. ^n feiner 33aterftabt lie^ er ft(^ barauf al§ 3lböocat nieber,
bo(i) gab er nie feine SSefcfiäftigung mit ber 3)i(^tfunft auf, unb ba§ l^atte für
i'^n bie go^ße, ba^ er foft loöl^renb feine§ ganzen Seben§ mit 5!Jlangel ju fämpfen
:§atte, auc^ no(^ nad^bem er 1832 aU genfor für bie nic^t in bie gacuttät§=
miffenfd^aften einf(f)Iagenben Süi^er bei ber Ärei§birection 3u S)reäben angeftellt
morben mar. @r ftarb im S)re§bener ^ranfen^aufe. ©ci)on 1817 gab er bie
2:ragöbie „@uftab 5lboIp^ in 5)eutf(^Ianb" l^eraug. Slu^er biefem unb anberen
S)ramen toerfa^te er aber au(^ 9tomane unb 5floöeIIen (Sammlung tiermif(f)ter
©d^riftcn", 3 qSbe., SSunalau 1836—37) unb ju <Bpo^x'^ Optx „^effonba"
lieferte er ben 2ejt.
gjleufel, @. %. gieuer «Refrolog b. S)eutf(^en, ^ai)x%. 28, 1850, 2^. 1,
1852, @. 116 ff. Si-ümmer, S)eutfd§e§ S)ic§tertejifon S3b. I, 1876.
©c^norr bon 6arol§felb.
©e^emo: ^oT^onne§ Slbral^am a (S., auä) ©el^ma gef(^rieben, pol=
nif(f)er ©betmann unb reformatorifdier ©(^riftfteller auf bem (Bebiete ber beutfd^en
^eere§fanität§cinri(^tungen, geb. ungefähr 1662 unb f 1700. @. mibmete fic^
nac^ bem frühen 2:obe feiner ©Itern ber 2anbtoirtl)fc§aft unb bann bem ^ilitör,
bei toelcf) te^terem er öon ber ^Jife ouf U^ jum .t)aubtmann borrüdte unb fid^
an 11 gelbjügen bet^eitigte. ©bäter entfagte er ber Dfftcier§fteEung, um 5Jte=
bicin äu ftubieren unb bie le|tere al§bann in ^olftein, .^amburg, SBerlin ic. mit
ben günftigften Erfolgen au§püben. ©eine mititärfanitären Drganifation§t)or=
fd^täge, bereu mefentli^e im ßaufe ber^eit bermirltid^t toorben finb, legte er in
folgenben ©d^riften nieber: „SBotöerf eigner gelb=5Jtebicu§ SSegreiffenbe bie 5Ri§=
braüd^e, meldte bi^^ero fotool^l in 5lnftettung ber ^n. gelb=50'lebicorum, al§ gelb=
fd^erer, mie aud) bei @inrid£)tung ber alfo genannten gelb=Äaften bergangen finb,
fambt @inem unma§gebli(i)en mo'^lmeinenbem ^^roject, toie unb auff ma§ meife
fold^eg oHe§ fönne remebiret toerben", 1684. 91. „S)er Dfficirer tooleingerid^tete
gelbabot^e!", 1688. „Krauler ©olbat, fammt einer gelbabot^e!", 1690. „S)er
franfe ©olbat, bittenb, ba§ er möge l^infül)ro beffer conferbiret, mitleibiger trac=
tiret unb borfic^tiger curiret toerben", 1690. 99.
Molleri Cimbria literata, tom. II. pag. 218 — 20, — SlEgemeine m{litör=
ärätlidCie Bettung 1869, gir. 19 u. 20. ^ermann grölid^.
®C^Icn: Slbolb^gerbinanb ©„g'^emüer. Geboren juSSütoto in 5ßommern
1775. 3uuäc^ft ^Ibof^efer, ftubirte er in Königsberg, too er al§ Dr. med. bro=
mobirte, arbeitete bann unter Älabrot^ in 33ertin unb l^abititirte fid§ in <^alle
al§ S)ocent ber ßl^emie. 1807 ging er nai^ ^üni^en, bon ber 3lfabemie ju
ilirem 5!JZitgliebe ernannt, too er 1815 fd§on ftarb unb ätoar an einer S5ergiftung
burdf) 3lrfeni!toafferftoffga§, mit beffen Unterfud^ung er fid^ befd)äftigte. y3efannt
ift 65. al§ |)crau§geber' mehrerer d§emifd^er i^ournale: be§ „dienen altgemeinen
Journals ber ß^emie" (1803—5, 6 SSbe.), be§ „Journals für (5^emie unb
^^l^fif" (1806—10, 9 Sbe.) unb be§ erften 35anbe§ be§ „gtebetitoriumS für
bie ^^rmacie", bon 55ud£)ner toeiter fortgefe^t; ferner al§ Ueberfe^er bon S5er=
Mgein. beutfdöe SStoßrotiDie. VIII. 32
498 ©et)ler.
tt)oKet'§ „Elements de l'art de teinture" unb bonSerjeltug' „^ex]u^ .... ein
©l)ftem ber iütineralogie ju öegrünben". — eine fteinc 6(i)i;ift öon ®. „5afe=
lidie Slnleitung jur ©r^eugung unb ©etoinnung bc§ ©atpcterS", tDurbe ju feiner
3eit oiet benu^t. (SJcl^ten'S eigene Unterfuc^ungen finb Weniger befannt , er
roieber^olte 16efonber§ 3}erju(^e Slnberer unb Brachte baburc^ oft erft .^lar'^ett in
fcf)on öor if)m beoBac^tete Srfc^einungen, jo toibertegte er bie öon i^ourcrot) unb
2}auguetin öertretene Sel^auptung, ba^ ?tmeifenjäure nur ein ©emijd^ au§ @fj'ig=
fäure unb ^lepfelfäurc jei, n)a§ übrigen^ ©uerfm jd)on jrü'^er für unrid^tig ge=
iialten fiatte. S)ann ift @. einer ber 6r[ten, öieüeici)t fogar ber @rfte, rodä)tx
bie ©iitigfeit ber Slaufäurc erfannte. ®e^ten'§ früher jEob al§ Dpjer feiner
2Biffenf(^ait erregte allgemeineä unb tiefet ^itgcfü'fil. Sabenburg.
(^ti)Uv: ^of)ann ©amuel 2;raugott ®., geb. am 1. ^oö. 1751 ju
@örli|, ftubirte in Seipjig anfangs ^at^ematif unb ^Jtaturtt)iffenfd)aften, bann
bie 9te(j^te, tiromotiirtc al§ Doctor juris unb 'fiabititiite fidE) 1776 al§ ^ribat=
bocent ber ^JJlattjematif. ©päter (1783) tourbe er ütat^ö'^err unb 1786 33eifi|er
be§ Dber^ofgeri(^t§ in Seip,yg unb ftarb bafelbft am 16. Od. 1795. ®. be=
fci)äftigte ficf) eifrig mit p'£)t)fifalif(i)en ©tubien, gab eine „©ammlung jur ^^i;ftl
unb ^Jtaturgefd§i(i)te" (4 5J3be. , 1778—92) l^erauS unb überfe^te aSerfe öon
S)etuc, ©regort), 2tbam§, f^ourcro^ u. 31. ^n tüeiteren Greifen n)urbe er be=
fannt burc^ fein „$t)i)fifalif(^e§ SBörterbud^" (5 S3be., 1787—95), beffen fpäter
öon 35ranbe§, ©mclin, Sittrott», .g)orner, ^unrfe unb '4>iaff beforgte ^)ieubearbei=
tung (11 S3be., 1825—45) nod^ l^eute ^odigefd^ä^t tnirb. (93gl. «üleufel)
ß 0 m m e l.
(Ski}\tx: ^ot). Äarl &., m-jt, ben 17. mai 1732 in (Börli^ geboren,
jeigtc f(^on in früi)cr ^iugenb eine au§gefprod)ene ^Jleigung für bie a3efd^äftigung
mit ben 'Otaturtt)iffenfd)aften. '»Jtad) Säeenbigung feiner @t)mnafialbilbung föaubtc
\xä) @. be'^ufS beS ©tubiumg ber ^kbicin nac^ fieipjig, iro er auf 6mpfet)lnng
feine§ a3ater§ eine freunblid)e 5lufnat)me bei ßubtoig fanb unb, nad) SSeenbigung
feiner ©tubien im ^. 1758 bie S)octortDÜrbe erlangte. 25on ben ^aturrt)iffen=
fdjaften ^atte öorjugSmeifc bie ^Mineralogie feine -ilufmerlfamleit gefeffelt; f(i)on
ein 3^al§r öor feiner ^Promotion tjatte er eine f leine mineralogifd^e ^Irbeit („De
characteribus fossilium cxternis") öeröffentlic^t unb nad) 5lbfolöirung feiner Uni=
öerfitätSftubien begab er fid) nai^ gi-'^iberg, mo er fid) längere 3eit auSfd^lie^lid^
mit biefem ©egenftanbe befd)äftigte. S)ann mad^te er eine miffenfc^afttid)e 9ieife
burd) bie ©dimeij unb S)eutf(^lanb unb ging jule^t nad^ ©trapurg, um t)ier
be§ geburt§l)ülflic|en Unterridi)t§ in ber eben bamal§ in '§ot)em 5lnfef)en ftel}en=
ben f^rieb'fcEien ©d^ulc tl)eilt)aitig p werben. — '^ad) ßeipaig jurüdgeteljrt,
'^abilitirte er fic^ bafelbft al§ Soccnt ber ^Jlineralogie — unb jtoar al§ ber
ßrfte, ber in ßei^jig 3}orlefungen über biefen ©egenftanb '^ielt, gleidfijeitig aber
befd^äftigte er fid^ mit ärätlid^er ^^rajiS, fpecieE mit @eburt§l^ülfe, unb erlangte
alSbalb einen fold)en Stuf, ba^ er, al§ einer ber gefud)teften ^raftifer, fd^on im
3f. 1759 öon ben ftäbtif(^en Sel^brben 3um ©tabt=@eburt§l)elfer unb 1762 auf
Eintrag ber mebicinifd£)en g^acultät jum Prof. extraord. ber $8otanif ernannt
tourbe. ^m ^. 1773 tourbe i:^m ber orbentli^e Se^rftu^l ber $^l)fiologic,
1780 ber ber Slnatomie unb ßl^irurgie übertragen, unb 1789 rücfte er in bie
©teEung be§ 5profeffor§ ber ^raltifd)en 5Jlebicin ein. 3lm 6. 9Jlai 1796 enbete
er fein tl§atenreidi)e§ ßeben, l)0(^gee:^rt öon feinen greunben unb Mitbürgern,
toeldie er nidl)t nur burd§ eine umfaffenbe ©ele'^rfamfeit unb feine l)eröorragenbe
är^tlid^e, befonberS geburt§]§ülflid£)e, Seiftungen, fonbern au(^ burc^ bie §er5lid^=
feit unb Milbe feine§ Qtjaxatki^ , burd) toa^rc ^^ilant^ropie an fii^ gefeffelt
l)atte. — ©eine litterarifcf)e S'^ätigleit befdiränft fid) au§fd^lie^lid^ auf eine
gro^e 3a^l Keiner a!abemifd§er @d)riften (ein öoEftänbigeg S3er3eid)ni| berfelben
©e'^ren — (Se'^ttnger. 499
ftnbct ficf) in Biogr. m^d. IV. p. 374), bon toelc^en bie geBurtSplflic^en, au§
ben S. 1760 — 92 ftammenb, gefammelt unb in§ S)eutfd^e überfe|t, unter bem
Xitel „Äleine Sd^riften, bie (äntöinbungSfunft betteffenb", öon Äü^n (in ^ttiei
Sänben, is^eip^ig 1798, !§erau§gegeBcn), bie erfte ©teile einnehmen. Stiele feiner
in biefen ©d^riften niebergelegten 2et)ren [te'^en auc^ f)eute nocE) in üoEer ®ül=
tigfeit unb fidiern i'^m einen toürbigen ^ta^ unter benjenigen Sterjten, toeld^e
bie ©eöurt^^ülfe in 2)eutf(f)Ianb 3u @"^ren gebracfit ^aben. ^. ^ix\ä).
©e^rcn: Äarl ßl^riftian ö. ®., — tange 3^^t e^^e ^kxte. ber refor^
mirten ®eiftlic£)!eit Äurt)efjen§ — toar am 8. Dct. 1763 ju Harburg geboren.
^a(i)bem er bafelbft feine ©c£)ulbilbung erl^alten unb feine (fünfjä'^rtgen) a!a=
bemifd)en ©tubien beenbet, erhielt er 1787 bie jtoeite ^rebigerftette ber 2llt=
ftäbter ^iri^e ju Ototenburg in 5^ieber§effen übertragen. 6ine ©aftprebigt, bie
er 1789 ju 5JlarBurg '^ielt, teufte bie befonberc 2lufmerffam!eit be§ 5proieffor§
3Jlieg ju ipeibelberg auf i^n, beffen Smpfe'^tung i^nl790 auf bie gtoeite 5prebiger=
[tette ber beutf(i)=reformirten ©emeinbe ju Jio|)en§agen hxaäjte. 5lac^ bem Xobe
be§ elften ^rebiger§ (1801) ern)ät)lte i^n bie (Semeinbe unter ben öort^eii§af=
teften SSebingungen ju i^rem einzigen ©eelforger. Slüein tcenn f(i)on fid§ nun
@. ber glüc£ti(f)ften 8eben§ftettung unb ber gefegnetften äöirtfamfeit in ^open^agen
erfreute, fo entfc^Io^ er fic^ hoä} 1805 (auf ben 2Bunfc§ feiner @attin, geb. ©laim
au§ 9lotenBurg) bem ^ufe be§ 2anbcommentI)ur§ 3u ^Jtarburg folgenb , auf
bie (unter beffen ^atronat fte^enbe) ^Pfarrei 3U g^elSberg in ^Ueber^effen über^
juge^en. S)er S)örnBergif(i)e Stufftanb toä'^renb ber fran^öfifdien ^rembl^errfc^aft
trug i^m, bem treuen beutfc^en 5Jiann, eine breimalige SSer^aftung unb eine
t)iermonatli(i)e Sinfperrung in 5)lain3 ein. 2lu§ feiner ^paft entlaffen, feiste @.
xüi)\% neben feiner paftoralcn Söirffamfeit feine tüd)tigen fc^riftftellerif(i)en 2lr=
beiten (bie er f(i)on in ßopen'tiagen begonnen) fort, ^n gere(i)ter SBürbigung
ber legieren berlie^ i^m bie t^eoIogifcE)e gacultät ju Äiel 1817 bie £)octor=
mürbe. ®er gtüdlid^ften (Sefunbl)eit fid§ erfreuenb, berrid^tete er atte £)bliegen=
l^eiten feine§ Serufe§ mit größter Sreue bi§ fur^ bor feinem (burct) ben S^ertuft
einer inniggeliebten Xod^ter befd)(eunigten) Slob, ber am 6. }^ebx. 1832 erfolgte.
— @. gab eine beträ(i)tlic^e kn^aijl feiner 3eit gern gelefener ©(^riften (Äinber=
fc^riften, Äatec^iSmen, ^rebigten, Safualreben) |erau§. %uä) ^x^idt bie reTor=
mirte ©emeinbe ju Äopen'^agen bur(^ il^n ein neue§ (bom ^reSb^terium appro---
birte§) ©efangbud), fomie einen neuen .ffatedt)t§mu§ unb eine berbefferte Siturgie.
9Iu^erbeTn beröffentlid^te er mehrere Söerfe l^iftorifc£)en ;^nl)att§ (3. 35. eine @e=
fct)ict)te ber 9teformirten in £>änemarf), ebirte Üeberfe^ungen au§ bem 3)änif(^cn.
2lu^erorbentIic^ ^a^lreidt) finb bie 3Xb^anblungen, Otecenfionen unb fonftigen SÖei=
träge, bie er at§ Mitarbeiter ber (Snct)f[obäbie bon (Srfct) unb ©ruber, ber ^oaUi'^
f(i)en unb Jenaer Sitteratur^eitung , ber allgemeinen .^ird^enäeitung unb bicler
anberer 23lätter lieferte.
S5gl. ©trieber, ^eff. (Selel^rtengefc^., 23b. XVIII. ©. 168-82 unb bie
eiligem, mrd^en^. 1832, "Rx. 68. -ipeppe.
©erringet: Sofepl) ®., fat§otif($er J^eologe, geb. am 10. 3lbril 1808
p Unter!odt)en bei 5lalen in Sßürtemberg; befud)te ba§ ®t)mnafium 3U ^U=
toangen 1816 — 22, ftubirte ^^ofop^ie unb 3:^eologie al§ 3ögling be§ 3Bil=
:^elm§ftift§ in Tübingen 1822—26, tourbe im i^alire barauf nai^ ber üblichen
©eminarSborbereitung in 9iottenburg pm ^riefter gemeint unb erl)ielt feine erfte
bienftlic£)e S5ermenbung al§ 23icar in ^}^eul)aufen a. b. 3^. ^m folgenben 3al)re
fd^on al§ 9tepetent in ba§ äöil^elmSftift (fat^ol. (Jonbict) nadt) 3:übingen be=
rufen, berlie^ er biefe ©teile 1831, um bie Pfarrei '»Jj^ögglingen anautreten.
S3on bem Slnfe'^en, toelc^eS er fii^ '^ier ju ermerben tnu^te, ^eugt e§, ba^ er
1839 bon bem angreujenben DberamtSbejir! 3lalen jum ?lbgeorbneten für ben
32*
500
®ei — ®ctb.
hJüvtembergifd^en ßonbtag getoät)lt tourbe, ein fatlfiolifc^ei- ©eiftlid^cv in einem
3Ui- ^älfte |iroteftantifd)en SSejivf! Um bieje 3fit fingen auä) in 21Mirtcmbevg
gettJijfe fivd)lid)e t5rragen an, brennenb jn merben nnb fd)on toax bie fönigtic^c
gflegiernng gegen ein 5Jlitglieb ber fQtt)olif(i)=tt)eotogifc£)en f^acuttät, ^4>^'oief|o^
5)lai-f, öovgefcfinttcn , inbem fie bcnfelben auf eine l'anbpjanei öerje^te. 3ln
^axt'^ ©tette nun marb öon bcr üiegierung 65. augcvfel^en unb nad) längeren
2}er'§anblungen mit f^acultät unb afabemifd^em «Senat auä) mivÜid) ernannt,
na(i)bem er bie 3^1^19^ gemacht, fein ^)tanbat at§ Slbgeorbneter nieberjulcgen,
um fid) ganj feinem atabemifdf)en SBerufe , mctc^er i^m bcn ©ortrag ber ^}Jtorai
unb ber 6j:egcfe be§ ^Jteuen 2:eftamente§ , fpäter and) ber ^aftoralt^eologie auf=
erlegte, mibmen ju tonnen. 6r trat fein 3lmt an am 12. Dct. 1841. 3lltein
er fonnte ^ier feinen red)ten Soben gcminnen. ©einer ©eiftfäric^tung nad) ge=
l)örte er 3U jenen 9Jlännern öon tool^lmeinenber @cfinnung , aber oberfläc^lid^
rationaliftifdier S3ilbung, mcld)e bie üteformibeen 3>ofepl)§ II. in bie ^ixä)t ein=
äufül^ren, für i^re Sluigabc anfa'^en; aber fold)e§ 33eftrcben mar bamal§ Bereite
ein ^i[nad)roni§mu§, al§ 9Jlänncr mie 5£)rei), Äulin, A^efete, Söclte ber gacultät
il^re 9tid)tung gaben, unb nadjbem fd)on ein WöfjUx, Jpevbft unb ^irfdier t)oraug=
gegangen maren. (S. befa^ mebcr jene geiftige Energie unb Ueberlegcnlieit, noc^
jene perfönlidie 3ln3iel)ung§trait, um einen ^,!lnl)änger£rei§ ju geminnen unb ju
jeffeln, öielmet)r brotitc ttjxii eine förmlid)e ©eceffion feiner ^ul^örer, fobalb biefe
mit bem ^. 1848 unter anberen ^-reil^eiten aud) bie erlangt l^atten, bie t)or=
gefd)riebcnen 9}ortefungen bei ben il)nen beliebigen a!abemifd)en S)ocenten ju
|ören. 2)aburd) fat) fid) @. öeranla^t, fc^on 1848 um S^erfeliung ober jeit^
meilige @ntl)ebung t)on feiner ©teile nac^jufuc^en, 1849 aber fid) um Ueber=
tragung ber ^4>ifli-'4tclle ^od)ertl)ürn ju bcmrrbeu, auf meldie er am 20. ©ept.
b. ^. inöeftirt mürbe. — 2;l)eil§ ein 3)rang feine§ frommen G)emütt)§, f^eilS
ba§ ^ntereffe für biblifd)c ©tubien bemog il)n nod^ in öorgerüdtem ?lttcr ^u
einer Sfleife nad) ^atäftina, t)on meld)er er nic^t meljr 3urüdfel)ren foHte. @r
ftarb 1857 ju i^evufalem. — 9ln ©diriften ^interlie^ er: „©t)noptifd)e 3"=
fammenftellung be§ grifd)ifc^en SejteS bcr öicr ©bangelien nad^ ben ©runbfätjen
ber auf^entifdien -Harmonie", 1842, 4". — „Siturgif. 6in Seitfaben ju ala=
bemifd^en 33orträgen über bie diriftlid^e ßiturgie nac^ bcn ©runbfäljen ber fatl)o=
lifd)en Äird)e", 1848. — „Sl^eorie ber ©eelforge. @in ßeitfaben ju a!abemif(^en
SSorlefungen" ic, 1848. ßinfenmann.
@ci . . . f. aud§ : mti .. .
(^eib: .^arl (Suftaö @., fe'^r l^crborragenber ßriminalift, geb. 12. 3lug.
1808 ju Sambs^eim in ber 9ll)ein)3falä (3?aiern), mar ber ©oi)n be§ @ut§befi^er§
@eorg *33alentin ®. unb ber 31effe be§ S)id)tcr§ unb Literaten Äarl (B., einc§
in ^cna unter ^^riditc k. gebttbeten ^anne§, meld^er feinem ^Jleffen ben erften
Unterricht ^u Sl^eit merben lic^ unb bie erften ßeime miffenfd^aitlid^er Steigung
unb 9tid)tung in bie ©eele be§ Änaben fentte. ^3iamentlid) fd^eint burc^ biefen
Dl)eim ber ©runb ju ber ®. burc^S ganse lieben begleitenben Siebe 3um claffi=
fd)en Slltertl^um gelegt tnorben ju fein. 35on feinem 12. bi§ jum 19. ^ai)xe
würbe ®. auf ben ®t)mnafien äu ©rünftabt unb SttJe^'^v-üden meiter gebilbct.
Sm ^. 1827 bejog er bie Uniöerfität unb ftubirte bi§ 1831 in g^ünd^en, |)eibet=
berg, 33onn unb mieber in opeibclberg, mo er 1831 promobirte. 6r l)örte t)or=
3ug§tocife bei Salier, 2öening=^ngenl)eim, gjtaurer, 2;:§ibaut, Qaä)axiae, 9Jlitter=
maier, 9Jlorftabt, bem ipiftorifer 5Jtittler unb äöalt^er unb mürbe namentlid^
bon 5Rittermaier unb 5Jlittler beeinflußt, bon 5)littermaier nid)t in ber 3Seife,
baß er auf @cib'§ miffenfct)aftlidl)c 9ti(^tung bon Einfluß gemefen toäre, aber
bod) fo, baß er ben ftubirenben ®. am meiften ergriff unb jur SBol^l feine§
&tib. 501
fpäteren ©)3ecialfa(^e§ , be§ ©hafred^tS , ben Slnfto^ %ab , bon ^Jlittler butd)
ma^gebenbeg ßingreiien in @eib'§ jlpätere £eÖen§f(i){cIfaIe. 9lad)bcm ®. lurje
3eit in f^i^anfent^al 16ei Saml6§{)eint pi-afticirt ^tte, folgte er 1832 einem buv^
ben (Staatsrat^ ö. ^Dtaurer in Wünäjtn tievmittelten 9tu[e, mit ber für ben
jungen Äönig Otto ernannten 9tegentfrf)aft al§ 9fiegentf(^aft§fecretär nac§ (Srie(f)en=
lanb äu ge^en. ®ort öerlblieb @. t^eil§ aU ße'^rer be§ langen Äönig§, tl^eil§
at§ SJlinifterialratl^ im ^uftiäminifterio (tooau er Bereite anfangt 1833 ernannt
tDurbe), !6i§ 1834, tt)o er jugleii^ mit bem abberufenen ^laurer nacf) S)eutfct)=
lanb äurü(ffe!§rte. (5r ging nun an bie 5lu§fül^rung feinet fcE)on bor ber gried^t^
fc^en Steife feft gefaxten 5piane§, fid) al§ aEabemifct)er Seigrer ju liabilitiren, unb
^tvax entfc£)teb er ft(^ fd)lie^lid§, na(|bem er urfbrünglic^ an 9Jlünc^en unb ^eibel=
berg gebaut Ijatte, auf 5Jlittter'§ 35eranlaffung für 3üi;i(^- ®i: bereitete \iä)
äunäctift t^eil§ in feiner 9}aterftabt ßamb§^eim, t^eil§ in S^^^'^ HW auf fein
ßel)ramt öor unb Ujurbe 1836, o'^ne borl^er ^riöatbocent getoefen ju fein, ^um
au^erorbentlict)en 5Profeffor in S^xiä) ernannt- @r la§ bort juerft im 2öinter=
femefter 1836—37 (Sef^ic^te be§ ©trafrec^tS. ^m gebruar 1842 tourbe er
3um orb entließen ^rofeffor für ©trafredit unb @traf= unb ßiöilbroce^ ernannt,
föinen 1844 an i^n ergef)enben 9iuf nai^ @reif§tt)alb lehnte er ab, folgte aber,
nad^bem er fic§ 1846 mit einer na'^en SÖertoanbten feine§ i^adfigenoffen Slbegg
fel)r glüdlic^ t)erl)eiratl)et ^atte, im ^erbft 1851 einem 3tufe nac^ Tübingen,
.^ier n)ar i^m nur noc^ eine 12|ä"^rige 2;l)ätigfeit bergönnt, inbem er bafelbft,
nad^bem er fd^on lange bor^er ge!rän!elt, am 23. Wäx^ 1864 im 56. ßeben§=
ja^re unb im 28. feiner S)ocententl§ätig!eit ftarb. 25on 1862 auf 63 l)atte er
ba§ 9iectorat belleibet unb 1862 ben toürtembexgift^en ßronenorben erl)alten,
ol}ne ba^ er ben mit le^terer 2lu§3ei(^nung berbunbenen berfönlidtien 2lbel ge=
fülirt f)&tk. @. toar mit ganzer ©eelc (Sele^rter, ^ox]d)n unb atabemifd^er
ßeljrer. ^n le^terer iBejie^ung n)ir!te er mit boEer ^pingabe unb ganzem 3fn=
tereffe. 3ll§ ©dfiriftfteEer "^at er, tro^ ber eben ertoä'^nten , feine litterarifd^e
jT^ätigfeit bielfad^ erf(i)toerenben unb unterbtedt)enben Äränflidt)!eit , bie 9ted^t§=,
namentlid^ bie ©trafre^tStoiffenfd^aft burd) fel)r toert^botle 2Ber!c geförbert. S[t
bie Sln^a^l ber legieren nidt)t gerabe übergroß, fo ^eidtinen fie fid^ bafür fämmt=
lief) burd^ befto größere innere SSebeutung au§. ©ie beruljen o'^ne ?lu§na^me
auf ber jubertäffigften unb getoiffcn'^afteflen ®rünblid)!eit unb ben auSgebel^n«
teften unb eingel^enbften überaE ganj felbftänbigen gorfd)ungen. St'^eilrceife ftnb
fie bon bal)nbre(|enber S3ebeutung unb eine bleibenbe gunbgrube toiffenf(i)aftli(^er
SSele^rung unb Slnregung. (Seib'§ 9ti(^tung mar eine ftreng unb entfdt)ieben
!§iftortfdt)e , fo ausgeprägt, ba^ er anbere 9ti(f)tungen unb bereu SSertreter tool^l
unterfdC)ä^t l^at. ©eine ^auptwerfe ftnb bie „(Sefdtjidjte be§ römifdC)en 6rimi=
nalbroceffeg bi§ jum 2obe ;3uftinian§", 1842 unb ba§ „ßel^rbuc^ beö beut»
fc^en ©trafrecf)t§", erfter SBanb ((Sefd)i($te) 1861, ^toeiter Sanb (©t)ftem:
SlÜgemeine 2el)ren) 1862, ber britte, befonbere 2:^eil ift leiber nidt)t me^r er=
fcl)iencn. S)a§ erftgenannte äöer! ift burt^ neuere Slrbeiten tl^eiltt)ei§ überl^olt.
33ei feinem @rfdt)einen aber toar e§ ba^nbred)enb unb bie erfte ^b'^eren 2lnfbrüd)en
genügenbe umfaffenbe SSearbeitung be§ römifd^en SriminalproceffeS , ^erbor=
gegangen au§ ber grünblid^ften i^enntnife unb getoiffen^afteften, fa(^ber[tänbig[ten
S)urdt)forfd£)ung be§ gefammten in SSetrad^t tommenben Materials, namentlid^
audf) ber nid^tjuriftifdfien alten ©dt)riftfteEer ; e§ toirb aEe^eit ein ^erborragen=
be§ S)en!mal beutfc^er äßiffenfc^aft unb 333iffenfd^aftlid)feit bleiben. 5Daffelbe
gilt bon bem „Se'^rbudfie be§ beutfdf)en ©trafredf)t§", meldf)e§ ebenfaES au§ ben
umfaffenbften S3orarbeiten , grünblid)fter unb bielfeitigfter gorfd^ung unb lang=
jätiriger unb liebeboEer Eingabe an ben @egenftanb l)erboTgegangen ift. 5lament=
ti(f) ift e§ an l^iftorifd^en unb litterarifd^en eingaben überrei(| unb eine uner=
502
®cier.
f(^öpjlic£)c f^unbgi-ul6e bcutjd^ct @elet)i-famleit, bem ®elct)rten unb bem 9ted)i§=
leieret unent6c'f)rlic^ , für bie erften ftubentifdjen Sebüiinijfe Irenigcr geeignet,
üuä) (nadf) bem ^tane unb 3Bitten jeine§ SSei'jafjerS) mef)v (Srunbxi^ al§ au§=
grfül^rteS 2e1)xbviä). 3luf bie (5ti'airc(^t§tf)eonen gelit eS nicf)t ein. ^^luBerbem
öerbanfen mx ®. bie folgenbcn ©cfiniten. ©ein, burd^ ben ^lufeutl^att in
©ficc^enlanb t)eröovgerutene§ ©vfttingäwert tüav bie „5DavfteItung be§ 9ied)t§3u=
ftaube§ in ©riedienlanb Wä'^vcnb bet türfifdien ^'^enfcfiQft unb 16i§ jur ^Infunit
^önig Dtto'S I.", 1835, eine geiftöoüe, t)0(i)intei-efjante, über itircn ©cgenftanb
Icl^vreid)ft aufflärenbe, ©eib'g gan^c tt)ifjenjd)aftUd)e ?üt bereits erlennen laffenbc
©d^rift. Sn ben i^atirgäugen 1836, 37, 38, 39, 40, 45 unb 47 be§ 3trct)it)§
be§ (kriminalreditS öeröffcntliditc er im ©anjen |e^§ ?lb'£)anb(ungen , lüeldje
jämmtlid) burcf) bie '^eröorget)oftenen großen Sorjüge it)re§ S3erfaffer§ auSgejeic^net
finb. ©ie t)anbetn namentUd) über bie 5lott)tDenbig!eit einer öerglcidjenben S3e=
rüdfid^tigung bcr neueren ©trafgejepüdier bei 2)QrfteIIung be§ gemeinen beutfdien
ßriminalred^t§ , über ben (Sinflufi be§ Srrtt)um§ in S3epg auf ba§ Cbject im
©trafred^t, über bie ©renje ätüifdjen ciöilred)tlic^em unb criminellem 23etruge,
über bie „33ef)altung" im 5lrt. 159 ber Carolina, jomie über anberc midjtigc
f^^ragen be§ ©trafrec^tä. ß5elcgentli(^ be§ 9lntritt§ feiner au^erorbentIi(^en ^rü=
feffur in 3üric£) öeröffentlic£)te &. ein ^^^rogramm: „De confessionis effectu in
processu criminali Komanorum observationcs aliquot" (Turici 1837), todäje^ bereite
feine SSertraut'fieit mit ben ^ltertt)ümern, feine S3elefen't)eit in beren juriftifdien
unb ni(i)tjuriftifd)en ©d)riftftellern offenbart. 2)urd) bie SBetregung be§ ^. 1848
ttjurbe "^eröorgerufen: „2)ie 9fleform beS beutf(i)cn 9led)t§leben§", 1848, meldic
©(^rift fic^ über alle ©ebiete be§ 9te(i)t§ unb il)re üteform öerbreitet. 2)ie
SluSfül^rung anberer Utterarifc£)cr 5}3täne, ju betten 3um %t)di fcl^r tueit angelegte
3}orarbetten bereite gemad)t tüaren, ift (ciber burd) ben ju frül) eingetretenen
2:;ob öereitett luorben ; e§ fann be§'f)alb nur nod^ auf einige fleinere 5lrbeiten im
'illeuen 9iefroIoge ber S)eutfd)en, 12. ^ai)xq,. 1834, in ben Äritifd^en 3fflt)rbüd)ern
für beutft^e 9ted)t§n)iffenfd^aft bon 9ftid)ter unb ©d^neiber, 8. ^fo^Mong 1844
unb ein 9te(^t§gutadC)ten in Unterfud)ung§fad)en gegen Seobegar O^raalb, betr.
Seleibigung , SJerteumbung , SSetrug, 5tufreijung 1850, aufmerffam gemad^t
toerben.
£ueber, (Suftab ®eib. ©ein Seben unb 2öir!en, Scipäig 1864, (Sngel=
mann. (©^letter'§ Saf)rbüd^er ber beutfd^en 9ted^t§tüiffenfdf)aft, X. a3b. 2. ^.
©. 171. 2)er (Scridt)t§faat 16. S^ot^rg. [1864] ©. 319. 5Jlünd)ener frit.
Siertelia^r§fd)rift VI. ©. 321. Oefterreid^ifc^e SSiertelja^rfd^rif t , XV. S3b.
1. ^.^ Sitteraturblatt ©. 5). Sueber.
®cicr: glorian ®. , ftammte au§ einem au§geftorbenen fränüfd^cn
3lbel§gefd^Ied)t , ba§ eine S3urg in ©iebelftabt bei SBürjburg befa^. ©eine
^ugenb liegt im S)unfel. @r mar unter-benen, meld)e &'6^ bon 33ertid)ingen
1519 3U 5[)födEmüt)t gefangen nat)men. S)a|[ er ein ©enoffe ber ©ictingen'fd)en
Unterne'timung gemefen fei, ift nur S5ermut^ung. 3U§ ber Sauernfrieg ^^f^-anfen
ergriff, übernatjm er bie f^ütirung ber SSauern ber 9totenburger Sanbmet)r, bie,
untermifc£)t mit einem f^ä^nlein angemorbener ßanb§!ned)te , unter bem 9Zamen
ber „fdimar^en ©d)aar" burcE) friegerifd)e 3iic£)t ^^^ 9lüftung fict) auS^eidineten.
Sie fd^marje ©dE)aar, toie biejenige ^fädlein 9torbad£)'§ bon 3?öcfingen, fct)lug fid^
ju bem „l^eEen, Iid)ten .Raufen £)bcnmalb§ unb 'Jlecfarf^alS". 3In beffen ©piije
ftanb ©eorg ^e^ler, ein l^eruntergelommener SBirtt) au§ bem furmain^ifd^en
i^teden Battenberg , toä'firenb 23}enbel ^i^ler , e'^emaliger ^an^ler be§ trafen
bon <g)o'f)ento{)e, ctjrgeijig unb gemanbt, al§ geiftigeg ^aupt gelten tonnte. 3fl)m
fam e§ barauf an, ben 5lbel für bie Semegung ju geminnen, inbe^ f^'forian ®.
e§ atten an ^a^ gegen feine ©tanbe§genoffen äubortliat unb gelcgentli(^ bafür
®eter. 503
]pxaii}, aUt SSutgen ju Brecfien unb onäufirennen. @§ toaren bieje ©(^aaten,
tüetdie nm 16. 5lpxil 1525 bie Xtiat öon 3Bein§t)erg boÜ!6rad)ten. ©ie jagten
ben ©xafen Subwig, |>elitei(i) öon .^elfenftein, Cberöogt be§ Drte§, bev fid^ crft
jüngft bei Stuttgarts 3}ext^eibigung gegen .^er^og Utricf) tapiex betl^eiligt ^atte,
unter ^Jßieiienftang in if)re ©pie^e unb mipanbelten jeine 6emal)tin, eine
natürtid^e Zodjtn 5Jlaj;imilian§ , bie i'^ren äweiiä^rigen ÄnaBen auf bem 3lrm,
um ba§ SeBen be§ ©rafen Bat. ^aä) ber ©inna^me |)eiIbronn§ jd^eint fid^
(B. mit feiner fd^tüarjen ©d^aar öon ber übrigen ^affe getrennt ju tiaben,
bie, toot auf ^ipIer'S 9iat^, ®ö^ öon 35erli(i)ingen jum g^^^^auptmann wdijiU.
SSeibe 5tbt^eitungen fanben fid) Einfang ^ai , öerftärft bur(| anbere fränfif(i)e
(Sd^aaren öor äöürjBurg äufammen unb mai^ten fic^ an bie S3elagerung be§
fyrauenbergeS. 2;amal§ trat @. gegen bie ^ei^fporne im Sauernrat^ bafür
auf, ba§ man fid^ mit ben ^ugeftänbniffen ber Sefa^ung Begnügen möge, brang
ober gegen bie rabical gefinnten ©enoffen , bie er in ber ^i^e eineS ©treiteö
„be§ Teufels SSruberfd^aft" nannte, nidf)t burd^ (9}tittt)eilung öon ^. Dr. .Renner
nad§ bem 5)ianufcript öon 2. 5rie§). Söä^renbbe^ beriet^ in ^eitbronn ein
3}erfaffung§au§f(^u^ fe^r merfmürbige ßntmürfe einer burd^greifenben 3teid§§=
reform, ^ipter »ar gegentoärtig. S5on einem (Sefinnungägenoffen, ^^riebrid^
Söeigant, furmainjifdiem i?eller öon ÜJlittenberg , öparen Sßorfd£)läge eingelangt.
3n§ aber ba§ ^eer be§ f(i)n)äbifd£)en SBunbeg unter bem Xrudjfeffen öon 2Ba(b=
bürg gegen bie Sauern I)eranrü(ite , löfte fic^ ber S5erfaffung§au§f(i)U^ auf.
.^ipler fu(^te im 9^ecEart^aI bie 3f^'[t''-'ciiten ju fammeln unb eilte bann nad)
SBür^burg, um bort |)ülfe 3u fu^en unb für bie ^erfteüung ber S)i§ciplin ju
loirten. ^ribeffen fe^te ber Srudife^ feinen (5iege§3ug fort, Um 20. 5Jlai tourbe
bei 5fifdEargartad§ ber gefangene ^. Sflorba^, an einen Saum gebunben, tangfam
öerbrannt. 3Im 2. ^uni erfolgte bie ^Jtieberlage ber Sauern bei Äönig§f)ofen.
^e^ler unb ^ipler entfamen, mofern ber le^te nidfit, toie 6öfe öon Serlid^ingen,
ft^on früljer ba§ ^eer öerlaffen t)atte. ;3n3n)ifd^en mar G)., abgefdiicft ^um Sanb=
tag öon ©d^meinfurt, alSbann gu Serl^anblungen mit bem ^Jlarfgrafen ^afimir
öon Sranbenburg, in§ Sager äurücEgefe^rt. 5)^it ber fc{)r 3ufammengef(^moIäenen
fd)tt)ar5en ©dC)aar na'^m er am 4. Suni an bem blutigen J^ampfe bei ©uljborf
unb i^wgotftabt S^eil unb mu^te fidE) au§ bem ©diloB Sngolftabt in ein @e=
tjöl^ 3U retten, unb i^ier umftettt 5flac£)t§ mit ein 5paar (Setreuen burdtijufcfitagen.
ßntfd^toffen ben ^ampf ni(i)t aufzugeben, manbte er fid^ nad^ bem Malier @e=
biet. 5lBer am 9. ^uni mürbe er auf bem ©pcitid), untoeit bei ©d£)(offe§ 2im=
bürg, öon feinem eigenen ©d§mager, SOßil^elm öon ©rumbad^ überfaÜen unb
mit feinen legten 5(nf)ängern getöbtet. 3)te^ler blieb öerfdEjoHen. ^ipler trat
nod^ im ©eptember 1525 öor bem ^ofgei-ic£)t in Stotmeil auf, um einen alten
$Proce^ gegen bie ©rafen öon ^olientol^e meiter ju öerrolgen, mu|te aber, ber
i'^cilna'^me am Sauernfrieg Beft^ulbigt, entfüe'^en. @r foll toäl^renb be§ 9teid^§=
tagg öon ©peier 1526 „mit öerfteflter 5tafe unb ^leibung" bafetbft erfd^ienen
fein um feine <Baäjt 3U fü'^ren, tourbc aber in pfal^gräflid^e @efangenfd^aft nadt)
5teuftabt gebrod^t unb fdieint in ber §aft geftorben ^u fein.
Ced£)§Ie, Seiträge 3ux @efd)i(^te be§ SauernfriegcS, 1830. Senfen, @e=
fdE)idf|te be§ SauernfriegeS in Cftf raufen, 1840. 2ß. 3immermann, ©efd^ictitc
be§ großen beutfd^en SauernfriegeS , 2. 5t. 1856. Sriefe .^iplcr'S in ber
@efct)id)te @b^ öon Scrlid^ingen (3lu§g. 1861), ©. 413-16, 774, 775.
©t ern.
®Cter: ^o1). S)aniel @. (@et)er), Dr. med., geb. 10. 5loöbr. 1660
äu gtegensburg, geft. (?) 1735, mar ^uerft $t)t)ficu§ in ^tl^et), in beffen 5^äl)e
er bei 2Beint)eim bie fpäter fo mid^tig gctoorbene 2lblagerung mitteloligocänen
3Dleere§fanbe§ mit ben barin eingefdiloffcnen , öortrefflid) erl^attenen 2:t)ierreften
504 &eitx — (Seier.
entbecfte. 2)arüber l^anbett jein 2öerf ,,De montibus conchiferis et glossopteris
Alzeyensibus", Frauc, 1678. äöiv finben U)n jpäter aU ©tabtarjt in ^]Jtann=
l^eim. ^ier qabtn i^m bie Öenacfibarten Slblagerungen tertiärer ©äugett)ierrefte
Wt ©ppelS^eim, in bem jpäter öielfaci) bef(f)rie6encu S)inotf)erienfanb reidjlict) (Stoff
5U ©tubien , aU beren ßrgcbnife Ö). bie »ertl^DoUe yibl^anbtung ,,De variis
ossibus lapidefactis auiiuantium ac gigantum" (Mise. Ac. uat. Curios. 1687) fd)rieb.
SSor^er ging eine fteinc '*Jloti5 ,,De aqua petrificante in tacta Eppelheimensi
et museo petrefacto" (baf. 1686). 2lu(f) jd^rieb er me'^rere fleinere mebi=
cinif(i)e 3lui|ä^e: „De inembrana per urinam excreta; de raira sympatbia patris
et filioli in paroxysmo febris tertianae ; de calculo vesicae ; de abortu etc. ;
de mira antipathia et exinde de anirai deliqui corto, de variis naevis'' ic.
(baj. 1686). @. tüutbe bann ^etbarat unb enbüc^ furiäc^fifd^er Seibarjt. 2lt§
SJlitglieb ber faifert. fönigt. lUfabemie ber ßeopolbina Sarotina t)atte er ben 33ei=
namen Daedalus erl^alten.
^^oggenb. S3iog. 1, 867. Süc^ner, Acad. s. imp. Leop. Carol. nat.
cur. historia 474. @ um bei.
©cjcr: Äarl (yrtebrid) Otto ®. , fönigl. fäd^fifd^er Defonomierat^
unb 9tittergut§beft^er , öerbient um (Sinfü'^rung ber tünftüdjen 3)üngemittel,
insbefonbere bc§ ^^eruguano unb beö .ßnoc^enmel^tö , fotoic um 3}erbefferung ber
23auernlüitt^fd)aftcn im fäc^füd^cn (är^gebirge, ttjar geb. am 7. ^Jtob. 1705 ^u S)re§=
ben, mo fein Sater '^vofcffor am fönigt. ^4^agent)aufe toax, t ani 4. 3^unt 1872
in Cber^obet bei '4>ßnjig. ©einer "Dieigung folgenb erlernte er im 15. SL'eben§=
jat)re bie ^anbroirtl)fc^aft in S^angrnrinne hti 5^-eiberg , benu^te- jebocf) bie
2Binter ber crften brei ^a\-)xe ^u fernerer miffenfd^aittic^er 5lu5bilbung in S)re§=
bcn. ipierauf überna'^m er eine Sermalterftellr auf bem .^ammergute 2öenbel=
ftein bei ^33h'rfeburg , fe^rte aber 1816 nac^ einer lanbmirt^fc^afttict)en üleifc
jur Sermaltung nacE) ?angcnrinne ^urücf unb evtoarb einige ^at)xe fpäter
biefe i^m liebgetoovbene 2öirfung§ftätte ju eigenem ^eruf. ^iS'^er mar
biefeg (5)ut nac^ ber gcn:)ö'^n[id)en gebirgifcfien 2Birt!§fd^aft5meife eingerichtet
gemefen. ''Mit Üaxcm 331icE crfannte er bie ^Hänget berfelben , unb mit fieserer
©rfenntniB unb fluger S3orfict)t üerbeffcrte er bie 6inricE)tungen unb t)ob er bie
Erträge fo, bafi i^angenrinne ba(b einen 9tuf al§ ^3Jtufterroirtt)fd)aft aucf) nad^
au^en erroarb. Selbft au§ ber ^erne famen S3cfud)er unb lernbegierige, um
fidE) unter ©ejer'g Leitung ju bitben. ©eit 1849 fe|te er feine äöirffamfeit in
Oberjobel fort. 3ll§ ©dE)viftftfüer trat er mit ber öon ©c^mei^er unb ©dt)u=
bart^ '^erauggcgebenen gefrönten ^^rei^fd^rift „Heber 3}erbefferungen ber 23auern=
tDirtf)fdiaTten im fä^fif(Jen grjgebirge" 2. Stuft. 1840) ^eröor. m^ 9]litglieb
ber öfonomifc^cn ®efellfd)aft im Äönigreid^ ©act)fen l^ielt er feit 1828 üiete
äJorträge in bcn S3erfammtungen biefcr (SefeEfdtiaft , bie e§ als eine ^öxberung
ber fäd)ftfd)en Sanbmirtt)fd^aft ertannte , jene lehrreichen arbeiten äu fammeln
unb in einer befonberen ©ct)rift t)erau§3ugebcn: „3tu§ ber @rfat)rung. 3}orträge
unb 23emer!ungen über tierfd^iebene ©egenftänbe ber S5otf§= unb 2anblt)irtl§fcf)aft
mit befonberer 23eaief)ung auf ba§ j?önigreid§ ©ad)fen unb bie bafetbft übtidf)e
@ebirg§mirtt)fc^aft" (1866).
5ßgt. Sfa^^i-'^üc^ei' füi: 5}ot!g= unb SanbtDirf^fd^aJt ber Defonomifd^en @e=
fettfdtiaft im Äönigreidt) ©ad£)fen. X. SSanb. 4. .g)eft. Söbe.
©cicr: DJlarttn @, , at§ attteftamenttidt)er (Sjeget unb crbautid^er ©c^rift=
ftetter befannt, war am 24. Slprit 1614 ^u ßeip^ig geboren, tourbe 1643 ©ub=
biaconu§, 1645 2)iaconu§ , 1647 5trdt)ibiaconu§ , 1658 ^paftor an ber Zlpma^--
firc^e ju Seipjig, crt)iett al§ fotd^er 1661 nod^ eine orbentlid)e ^rofeffur an ber
Uniöerfität fomie bie ©uperintenbentur bafelbft übertragen, ging aber 1665 auf
®eiet — (Setger. 505
bie einflu^ret(f)e ©teile eme§ Ober'^ofprebigerg unb ^ix^enxaÜ)^ ju S)re§ben
über; t am 12. ©eptbv. 1680 ju ^-reibei-g. jp.
(b'cier: 5p et er ^4>^tlipp ö., irü^et öfterrei^ifd^er Oberfelbarjt, bann5ro=
fejfor ber 6ameratencr)cIopäbie, ber g-orfttoiffenic^ajt, 33ergfunbe, ledfinologie unb
^anbelölüiffenit^ait an ber Uniöerfität Söüräburg , foioie l'et)rer ber iGanblüirt!^»
jdEiait am 6IericaI= unb ©d^udetirerfeminar bajelbft, mar geboren 1773 ju
^^riffen^aufen in 33aiern, t am 2. ^lUti 1847 in SBürjburg; fc^i-ieb „lieber bie
9tationaI^ unb f^inanjmirt^fd^aft ber ö[terrei(i)ifd§en 53tonar(i)ie nad^ bem ^y rieben
bon ^U-eßburg", 1806; „3ßie ift ba§ gabrifroeien in ben 9ti)eingegenben am
mirfiamften ju beleben", gefrönte ^^^^-'eisft^i'iit, 1809; „Ueber Ianbftänbif(i)e 33er=
fidierung ber ©taatibebüriniffe in S)eutf(i)Ianb" 1819; „Ueber 6nct)f[opäbie unb
^et^obologie ber 2Birt^fd^ait§Ie^re" , 1820; „Ueber ben ^au§^tt unb bie
Sec^nif", 1820; 35erfucf) einer ßfjarafteriftif be§ i^^anbetg", 1825; „Se^rbu(^
ber 2anbmirt£)l(i)ait unb tanbmirtf)jrf)aitli(i)en 2;ed^noIogie", 1828, le^tere (5cf)ri|t
auf 3}eranlaffung eine§ fönigl. 9tefcript§. Unter feiner 5)litroirfung crji^ten
auct) bie bon SabigeS rcbigirte „^lllgemeine 3citf'^^'iit l'üi' Sanb= unb ."pauS^
mittt)fc£|att." Söbe.
(feiger (ober na($ bem toed^fetnben (Bt^ä^mad ber 3eit auc^ ©etjger), ein
fiegetmä^ige§ 23ürgergef(^Iec^t ju 9tofen^eim in Saiern , ba§ burd) gro^e 2ei=
ftungen in ber ß^irutgie unb 5)lebicin fid) l)erüortl^at. S)er örünber biefex*
tyamitie ift .g)an§ Starob @. , meld^er 1574 öon ber 9teid^§ftabt Uebertingen
nad) 9tofenf)eim 30g unb bofetbft in feiner ^unft be§ Srud)= unb ©teinfc|neiben§,
and) ©taarftec^ene , fammt allerlei äöunb= unb Stugenar^neien großen 9^ul)m
getoann. ^Jtübe ber bielfacfien ^äcEeleien mit bem el)x'famen 9latl)e bafelbft,
fünbete er 1598 fein 23ürgerred)t unb 50g 1601 nad) Sluggburg, mo er fid)
1614 ein SrbbegrdbniB errid^tete, aber bod^ 1616 ju 9lofenl)eim geftorben ju
fein fd^eint. Unter feinen 20 Äinbern ragt Zohia^ ®. l^eröor, geb. 1575,
metd^er im <öaufe be§ S3atcr§ praftifd^ lernte, fd^on 1594 bei bem 3[llarfgrafen
öon Surgau auf feinem 3uge nad) Ungarn al§ ^^elbfd^eerer biente, 1598 bie
^Jleifterprüfung al§ SBunbarjt ju 9tofenl)eim beftanb, bann aber nad£) 3)lünd§en
ging, too er 1601 al§ ©tabtmunbar^t in Slnfe^^en ftanb unb ju Operationen
nac^ 3iofenf)eim unb 2;irol gerne berufen tourbe. 9n§ gelbmunbarjt mact)te er
bie 3üge gegen 3)onaun)ört'^ 1607, ©al3burg 1611 unb ^rag 1620 al§ Dber=
felbarät ber baierifd£)en 3lrmee mit unb mar jur geit ber *^eft 1625 fel)r t^ätig.
S)a er -bon |)au§ au§ nidt)t ftubirt, fonbern nur bei feinem 2}ater gelernt l)atte,
]§olte er ba§ 2}erfäumte mäfjreub feiner 5praji§ 14 Sfa^re lang im '^^riöatunter=
ri(^t nadt) unb erlangte nad^tröglid) am 16. 5lpril 1614 ben 2)octorgrab ber
5Jlebtcin. ®r ftarb um 1658, nadf)bem er in einem 3llter bon 82 ^a^^ren bi§
3ute^t nod^ eigenl)änbig operirt l^atte. 2obia§ @. maäjtt juerft auf ba§ 3}or=
■^anbenfein unb bie Sebeutung be§ Hüpferlings aufmerffam unb mürbe fomit
1615 ber Sntbeder beg !^eute nod^ florirenben S3abe§ Üiofenl^eim. S)ie ©d^idfalc
feineg 1620 ju ^Dlünd^en gefauften ^aufeä erjäl^lt 23eba ©tubcnüoH in feiner
„@efdE)id^te bei föniglidf)en grjiel^ungSiuftituteg" 5)tünd^en 1874. <B. 357.
Saniel Ü5. (ber jüngfte Sruber be§ SobiaS) , geb. 1595, ftubirtc ju 3tug§=
bürg unb Tübingen, ptomobirte al§ S)octor ber ^Jlebi^in 3u ^^sabua, 30g 1629
nad) ^repurg, eri)ie(t bon .^aifer t^'ei'binanb III. ben 3lbel, mürbe X.'eibar5t
be§ Honigs öon Ungarn, ging 1657 nad^ StegenSburg, luo er am 14. gebr.
1664 ftarb. — 3mei ©öt)ne be§ iobiaS: 93taU(^ia§ (geb. 1606) unb ®faia§
(geb. 1607) mibmeten fid) gleid^faöS ber ^ebi^in; beibe bejogcn bie ^odi)fd^ule
5U 2ömen (mo ©faiaS bor öollenbeten ©tubien ftarb). 5tad)bem ^JtaladtjiaS in
^ari§ nod) Stnatomie get)ört, ging er nad^ 5Mnd)en, mürbe Is^eibarjt be§ Bux-
fürften ^ajimilian unb ftarb bafelbft am 23. ©eptbr. 1671. ^talad)ia§ toar
506 ^"a^'^-
ein gfreunb be§ S)i(^tei-i Salbe, trelc^em er 1647 in fieftiger i^ranfl^eit boä
SeBen rettete (2öeftermQt)ei- 1868. S. 85). gJlalad^iaS @. jd^rieb „33oi[ic^t§ma^=
regeln gegen bie !:pe[t" , eine ©i^rift über ©emüf^Sfranftieiten , au^erbcm eine
„Fontigraphia ober Srunnen=Sefd)reil6ung be§ ^eilbronnen§ bei) 5Benebict=
Beuren" , ^Jlüni^en 1636 unb ,,Margaritologia sivc dissertatio in qua demon-
stratur, margaritas Bavaricas in usu medicinali aequivalere orientalibus et oc-
cidentalibus", Monachii 1637.
SBgl. S)enf=2eB=2öürbig!eiten sur gfortjü^rung be§ fog. ^arnaffi SBojci, 1737.
II. mit ben brei in Äupjer ge[to(i)enen ^portrötmebaillen bei 2)aniel, STobiaä
unb 3!Jtala^ia§ 63eiger, u. D. 2;. üon ."peiner: Stironif öon 9iofent)eim, 1860.
S. 176, wo bag ^:tiorträt be§ Zohia^ &. unb beffen 2Bappen in .g)ol3fd§nitt.
.g) t) a c. .^ 0 U a n b.
©cigcr: t^ranj Xab. @., t)iftorijd§er unb S5oIf§fd^riit[telIer , geB. am
7. S)ec6r. 1741» au ^Jlurnau, ftubirte au ettal unb i^nnSbrud, 1773 ^ßriefter,
9leIigion§le'^rer unb (55ejc£)i(^t§^)tofeffor am 6abettencor|)§ ju ^JSlünä)tn, bann
Pfarrer, f am 14. Octbr. 1841. Unter feinen ©diriften fei erloälint: „$aftoral=
Iei)re", 1789; „Unterrid^t in ber SBaumgärtnerci", 1795; „£el6en§gej(i)ici)te bei
guten unb bernünitigcn 33auer§manneö Söenbelin", 1791 (in 3 3luf(agen);
„(Solbcne Segenbe ber 2öcltgejd)irf)te", 1792; „9leuefte8 @itten= unb Q^mpd-
bud)", in öier Stuft.
35gt. ©. SSaumann, ^Jlnrnau 1855. ©. 195. ^t)ac. |)otlonb.
GJcifier: ^ranj Ö5. , fatt)olifcf)cr 2;t)eotoge, geb. am 16. ^ai 1755 ju
.^arttng bei 9tcgen§burg, gcft. am 8, SIRai 1843 ju Suaern. ©ein Saufname
mar i^otiann 'Jtepomu!, fein DrbenSname grana SliburtiuS; in feinen ©ctiriften
nennt er fid) S^^ana- ö. ma(i)tc feine ©tubien a^erft bei ben Sfefuiten, bann int
©eminar ber Senebictiner au 9tegen§burg, 1772 mürbe er au Suaern 5ranci§=
caner (1805 trat er mit päpfttidier @rtaubni| au§ bem Drben au§). ^fladibem er
1773 bie ©etübbe abgelegt t)atte, fe^te er au 9tegen§burg unb 3Büraburg feine
©tubien fort. 1779 aum ^riefter gemeit)t, mar er einige ^^eit ßetirer ber |cbräi=
fd^en ©prodje au 9tegen§burg, bann öier ^Ja'^re ^profeffor ber ^oetif unb 9tt)etorif an
bem Ö^mnafium feine§ CrbenS in Dffenburg (mo er einige ©c^au= unb ©ingfpielc
bi(i)tcte unb le^tere auä) in ''Ulufif fe^te), bann ßector ber ^^ß'fiitofopl^ie in 5rei=
bürg in ber ©c£)meia. 1788 mürbe er Sector ber Sütjcotogie im Ätofter unb
©tiftSprebiger au ©otott)urn, mo er ficf) nac^ bem 5tu§bru(i)e ber franaöfifc^en
gtebolution in ein Komplott aut Söiebertjerfteüung be§ Äünigtt)um§ burrf) bie
©d^meiaer = 9tegimenter einlief. 1792 mutbe ®. at§ ^U-ofeffor ber 5Dogmatif
unb Äitc£)engefdt)i(^te nad) Suaern berufen, 1808 auc^ aunt ß^ortierrn an bem
©t. Seobegar=©tift im .^of ernannt, (©ein SBruber ©mmeram mar ^rofeffor
ber ^l^ilofop^ie in Suaern, geft. am 2. 2^an. 1805.) 1819 mürbe &. feiner
^profeffur enf^oben. ^n Suaern mar @. Sl^eotoge ber ^iunciatur unb ein ein=
ftu^reid^er 9tatf)geber ber ^Jiuncien. @r öermittette aud^ öietfadf) ben 35erfel)r
beutfd£)er SSifd^öfe unb (Seiftlidtien mit ^Jfom unb ert)ielt miebertiott mid^tige 5luf=
tröge bon ber päpfttid^en Surie. S)ie bem „©dtimeiaer Stieologen" öon 9lom
au§ angebotenen Iir(^tic£)en 3tu§aeic^nungen (ßeo XII. fott i'^m fogar ben 6ar=
binat§t)ut angeboten t)aben) let)nte er ab. StucE) at§ ©dtiriftftetter mar &. uner=
mübet für bie fatt)otif($e ®ad)t in ftreng !ird£)li(i)em ©inne tt)ätig. @r "^at fein
größere? tt)eotogif(|e§ Söerf t)eröffentlid£)t, aber eine gro^e 9lnaaf)t öon fteineren,
meift apotogetifdt)en ober potemifd^en ©d)riften über bogmatifä)e, !ir(i)engef(^ict)t=
lid£)c, fird^enred^ttid£)e unb potitifd£)e ©egenftänbe.
gr. ®eiger'§ fämmtlid^e ©d^riften (t)er ausgegeben öon Sfof^P'^ SGÖibmer),
8 58änbe, 1823 — 39 (ber 4. SSanb entt)ält Ueberfe^ungen , meift au§ bem
granjöftfi^en). — ^. SCßtbmer, S)er fei. S^orl^err gr. ©eiger, ßaute au§
©eiger. 507
beffen ßeben, 1843. — 91. ^flcholog XXI (1843), 1, ©. 381—390. —
2öe|er unb 2öelte, ^ivc^enlei-ifon IV, 354. — Söerner, ©efc^id^te bei- fatl^ol.
2;^eoIo9te <B. 360. 9teufd).
feiger: ^o^ann «urfarb @. , ^uvift, geö. am 5. ^ebx. 1743 in
^^üxnbcrg, geft. am 13. ©et)t!6r. 1809 in Erlangen, toarb, nadibem ex jeinen
Söatei-, ben 2öalbf(i)reiber ^of)ann 6. 1752 oertoren, in bem ^oufe feine§
müttciiid^en ß)ro|üater§ @d)unter in feiner Sßaterftabt erlogen unb bejuc^te ba§
bottige Gymnasium Aegidianum unter ©olger. 1759 be^og er bie Uniöerfttät
©riangen um Surigpruben^ ju [tubiren unb toarb fdt)on am 11. 5lobbr. 1762 jum
S)octor promoöirt, im ©ecember beffetben Sci'§i-*e§ äum au^erorbentlid)en ^Projeffor
ernannt unb ein ^a^r borauf jum orbentüdien 5profeffor in ber juriftif(i)en 3^a=
cultät befbrbert. 3)ie ungetoötinlid) irü^^eitige 5lnfteHung, meldte er, tüie man annalim,
bem ©iuftuffe feinet ©(^toiegeröaterS , be§ ^ofratl) ©eibel, QuäftorS ber Uni=
öerfität, unb ber (Sun[t be§ ©el^eimraf^ (Brafen bon ©Ilrob öerbanfte, erregte
tuie bie 5ßerfonatacten ergeben, großen UntoiEen. S^nbe^ gelang e§ i^m burd)
tüi^tige gü'Eirung feine§ 2lmte§ ben ©inbrucE be§ ettcaS anomalen 6rtDerb§ ju
übertoinben. @r toarb '2Jlitglieb be§ (5pruc£)coItegium§ unb be§ ©enati, er'^ielt
1770 ben ^ofraf^Stitel , toarb 1777 Don ber |){)ilofo^pd)en S^acuttät mit bem
S)octortitel bee'^rt, 1778 <Bä)olaxä) be§ Srtanger @t)mnafium§ unb rürfte aUmä'^Iig
in bie befjer befolbeten ^^rofeffuren feiner ^^acultät öor. 2)a§ S)ecanat beüeibete er
jtoauäigmal, oft ba§ ^mt be§ ^rocanäter§ unb fünfmal ba§ 5prorectorat. @r
toirb un§ gefd)ilbert al§ getoanbter unb beliebter ße^rer, begabt mit bem glü(i=
lidEiften @ebäd)tni^, öon eifernem S^tei^e, ber fein ©tubieräimmer nur berlie^ um
\id) äu feinen SSorlefungen ju begeben, toelc£)e er 3 bi§ 4 ©tunben täglii^ mit
größter Streue l)ielt, iebod) auSjufe^en ^pflegte, toenn ein ©etoitter im Slnjuge mar,
beffen 3lu§bruc£) i^ feit feiner ^inbl)eit mit unübertoinblid)er Stngft erfüEte.
©eine Se^rt^ätigfeit umfaßte bie @nct)!lo|)äbie , ben ^^roje^ , ba§ Äird)enre($t,
allgemeine 9^ed)t§gefc£)i(^te unb @efd)i(^te be§ beutfc^en ?ftei(i)§. ©aneben l^ielt
er bva!tif(^e Uebungen unb mar in fo au§gebel)ntem ^Dfla^e al§ 3fle(i)t§confulent
unb 5Jlitglieb be§ ©|}ru(i)cot[egium§ tl)ätig, ba^ il)m für umfaffenbe litterarifd^e
arbeiten feine 3eit blieb. 5lu^er einigen S)iffertationen Ainb (Butac^ten fotoie
einigen SSeiträgen für bie 3eitfc£)rift „S)ie neuefte iuriftijc^e Sitteratur" (Erlangen
1776—84), :^at er mit feinem ©d)toiegerfol)ne &)x. ^x. &IM f)erau§gegeben :
„^erftoürbige 9ted)t§iälle unb Slb^anblungen aug allen Steilen ber 9fted)t§=
gelel)rfam!eit , mit beigefügten Urtl)eilen unb Öutac^tcn ber @rlanger Suriften=
gacultät", Erlangen 1792—1806. 3 Z^dU. ^Zai^bem i^m im S. 1808 ein
©d)laganfatt bie linfe ©eite gelä~§mt, ber S^ob if)m feine ^^rau nad) 46jäl§riger
Sl)e im t^ebruar 1809 entriffen l)atte, ftarb er öon Kummer gebeugt, aber
tl)ätig bi§ jum legten ^age feine§ £eben§, an toeld)em er nod) 4 ©tunben lang
35orlcfungen gel)alten l)atte. 2)ie ^erfonalacten ergeben, bafe feine 23ermögen§=
ber^ältniffe bei einem (Seilte bon 1200 g-l. fe^r mi^lid^ getoorbcn toaren, toä§=
renb er frül)er ein au§!ömmlid)e§ SBermögen öon feinem SBater ererbt ^atte.
S)gl. Memoriam J. B. Geigeri — Prorector F. Th. Loschge — com-
mendat, Erlangen 1809. 4. ©tin^ing.
feiger: Sa^aruS ©., geb. am 21. gjtai 1829in i5rran!furt a. 5Jt., geft. am
29. Sluguft 1870. ®. , ber ©o:§n einc§ jübifc^en 5priüatgelel)rten, erhielt bi§
3um 14. 3a!§re feine Silbung auf ber fatl)olif(^en ©etectcnfc^ule feiner SSatcr=
ftabt , tourbe , gegen feine Steigung bon ben (Altern jum ^aufmann^ftanbe be=
ftimmt, 58ud)l)änbler, berlie^ aber biefen Seruf fel)r balb, um fid) auf bem
(S^mnafium 3U ^ranffurt ju einem geleierten Serufe öor^ubereiten, ftubierte in
^onn, Jpeibelberg, Söür^burg namentlid^ !|3^ilofob'^ie unb ©prac^toiffenfc^aft.
5Bon 1861 bi§ 3U feinem 3:obe toar er 2et)rer ber beutfdien ©prad^e, inotl^e=
508 ®fi9i)-
tnatifd^en ©eograp'^ie unb be§ Jpebmifcfien an bev ifraeütif(f)en 9teal= unb 35olf^=
fc^ute in g-ranffurt. (Beigei-'§ .'QauptWexU : „Uiipvung unb ßnttüicfetung ber
menf(^li(^en <Bpxad}t unb äJevnunit", 1. ;öb. 1868, 2. ^b. 1872 (tierauggegeben
bon silfreb ©/> unb „2)er Urfprung ber ©pta^e", 1869, ^eicEinen fid) tnnert)al6
ber fprQ(i)pf)Uofop'§ifc£)en ^yorfdtiungen ber neueren '^ext burc^ einen eigentf)üm=
liefen, mit ©d)avi[inn, p:§ilofopt)il(^er Sicje unb reicher @prad)fenntniB öer=
tretenen ©tnnbpunft au§: „S)ie <Bpxaä)z i[t in intern anfange ein t|ieri|d)er
©c^rei , lehoä) ein foId)er , ber auf einen ßinbrucf be§ ©eficfitSfinneg an fic^ er=
folgt" (Urfpr. u. ßntto. I, 22); „2)ie (Spract)e ift 6ntn)icEeIung, nii^t @nt=
Ortung, fie beginnt ni(i)t mit 9iei(^t^um, 'DJlannigialtigfcit unb S3oiIfommen^eit,
Jonbern mit bem gevingften, unfdieinbarften 33e[i|. ^f)r gebührt unter alien
menf(i)lirf)en @ei[te§oermögen gefd)ici)tlic^ ber erfte Ütang; fie ift bie Cueüe ber
SSernunit. 2lu§, an unb in if)r f)at \id) bie äJernunft jetbft, nad) ben atten=
ttialben im Uniöerfum '^errfc^enben ©ejc^en ber ßaufalität, langfam unb
naturgemäß enttoicfelt" (Urfpr. b. ©prac£)e XXVIII). — kleinere 3lrbeiten @ei=
ger'§ entt)ött „^ur @ntmi(ftung§gefct)i(i)te ber ''})kn|(^^eit", 1871 (t;erau§gegeben
bon 2ltireb ©eiger.)
6. $ejd}ier, SajaruS Seiger, ©ein ßeben unb 2)enfen. 2tug§b. 2lIIgem.
3tg. SSeitagc 30. 2)ec. unb 31. 3)ec. 1871. — S)erj. unter bemjelben
3:itet, ^ranfjurt 1871. ^'eStien.
(^kigl): Äarl @. , Äaurmann, geb. 11. 3funt 1798, geft. 27. 3^an. 1861
in SSafet. 5ll§ attefter (5of)n einer ja'^treidjen ^amilic mar i?arl @. fd^on
frült)e jum bereinftigen Eintritt in ba§ bätcrUd^e 2)rogueriegeid)äft beftimmt.
Tcad) forgfältigcr Sluebilbung in ben öffentlid)en ©deuten ^afetä unb bem treff=
Ud^en ^nftitute be§ iprofeiforä 6f)ri[topf) 3?ernouüi, ba§ bamalä ben tüd)tig[ten
Äbpjen iöafetö bie fpäteren ^jteatgt)mnaiicn erfel^te, madt)te er bie faufmännifdie i^etirc
unter ber Seitung feinet 5i3ater§ burd) unb ert)ielt l^ierauf eine \!(nfteäung in
einem ^tarfeiUer Jpaufe. ^lllein ^uneljmenbe ^ränflic^teit be§ äJaterö nöf^igte
i^n balb jur 9lürffef)r, um fd^on mit 23 3^at)ren an bie ©pi^e bcö ®ejct)ätte§
3U treten. 5Rit ebenfo biet Sejonnen^eit at§ Energie iüf)rte ber junge ^JJlann
ba§ Ucbcrnommeue juerft mit geringen 'DJlittcln fort unb bef)nte mit ben mac^=
jeuben ^räjtcn feinen 2Birfung§!rfi§ immer mciter au§. 3öät)renb ber urfprüng=
lic^e ipanbel mit SDroguen unb 3{pott)efermaarcn naä) unb nact) auSfdt)Ue|lidt)
einem Slffociö übertaffen mürbe , marf fid) ®. felbft mit beftem 6rfotg auf
ben Raubet mit S^arbmaaren unb bie ©pecutation mit ©tapelartüeln (SSaum=
motte unb Solonialmaaren) im @rü|en in 35erbinbung mit anberen 33afeler
|)äufern. S)aneben crfannte er mit mertmürbigem ©djarfbüd, ma§ immer auf
bem ©ebiete bon S^nbuftrie , Apanbel unb ajertef)r bie 3eit bertangte unb fudt)te
biefem 33ertangen nad^ .ß'räften entgegen^ ober juborjufommen. ©o bett)eiligte
er fid§ lebt)aft an ber ©rünbung einer baSterifd^en 33aummott=©pinnerei unb
aBeberei im babifd^en Söiefent^ate (1836) unb geigte bamit bem 5abrifanten=
unb Jpanbeigftanbc ber fdtimei^crifdien (Brenäptä^e ben aSeg, mie er fidt) über bie
^aä)tt)e\U be§ fo gcfürd)teten unb bi§ jute^t befümpften ^^nf(^luffe§ bon 58aben
an ben beutfd)en 3ottbercin ni^t bloß ^inroegfc^en, fonbern fie fogar in ^or=
f^eile ummanbeln fonnte. ^m S}ereine mit ©dimiblin unb ©peifcr unb an*
bern einfict)tigen j^aufleuten rief er bie ^an! bon a3afe( in§ ßeben (1845)
unb tourbe jum ^räfibenten berfelben ernannt, toie audE) 3um ^^räfibenten
be§ ^aufl^aufe§ in Safet. S)ann arbeitete er mit attem difer für bie: fSex-
tüirflid^ung ber fdEimei^erifd^en ßentratbal^n — bon . Safel nadt) Sern unb
?larau — , bereu Scitung ü)m bi§ ju feinem £obe anbertraut blieb. SBeld^e
ßinfid)t man bem ^J^lanne auf biefem ©ebiete atigemein zutraute, ge^t aud^ bar=
au§ t)erbor, baß ber 33unbe§ratt) il)n neben bem berbienten Topographen S^e%Ux
©euer. 509
in Söintert^ur im ^. 1851 um ein befonbereS Cjutacf)ten üBer bie i^rage: ob
©taatSbau, ob ^riöatbau ber fc^tpeiäcrifdien ©ifenba^nen? erjiid)te, Ö. fp^ac^
fi(^ entf(i)ieben für ben ^pnüatbau qu§ , o'f)ne 5l^nung ber StuSfd^teitungen,
beten fic^ bet jonft fo nü(ä)terne fd^toeiäerifdie 5!)Qrafter im £auie htx 3^^^ hei
biefem ©t)fteme iät)ig erlDeifen jollte. kleben bem Tillen befteibete @. au(| lange
^ai)xc bie ©teile einc§ ^itgtiebe§ be§ 9iegierung§i-at^e§ oon 5Bafel=(5tQbt unb leitete
al§ foldjet mit großer Um[i(f)t bie ginanaen be§ ^")aIbfanton§ unb bie 2;f)ätigfeit
be§ <g)anbeI§CDnegium§ ober ber oiticiellen bailerifc£)en |)anbcl§fammer. $ßon bet
ottetgrö^ten SSebeutung ]üi bie ©eibeninbuftrie Sajel§ unb bie neuere ^ätbetei
unb S)ru(Ierei überl^au:pt foHte ein Unterne^^men »erben , ba^ 6. noci) tDä'£)=
tenb leinet legten ^ran£f)eit in§ Öeben rief, inbem er einem ftü'^eren 2lnge[teEten
in bem <g)au|e jeine§ 6(i)tt)ager§, bem öerrn 5RuIIer=^a(i , bie nötf)igen 6api=
talien pt Einrichtung ber erften Slniüniabri! gut 3}etiügung fteEte. 5Die öoÖe
Jtagtoeite biefe§ Unterne'f)men§ modjte @. mot a^nen, aber faum üar bor klugen
"^aben. S)aburc^, ba^ biefe 3eitti(^ erfte ^tnilinfabrif ber ©d^meij ba(b nad£)
it)rer ©rünbung an feinen So"§n überging unb bon biefem auä) butc^ i^te l'ei=
ftungen auf ben etften ^la^ in biefet fpeciellen i^abrication unb in berjenigen anbetet
i^atberttacte gel^oben unb bi§ f)eute auf i^m ert)alten mürbe, baburrf) bleibt bet
^Jiame &. tool füt immet mit einet bet mic^tigften ^etioben bet SBa§(et ^n=
bufttiegef(i)i(^te üetbunben. äöattmann.
(heiler: :3o:§anne§ &. bon ßaifet§betg, fo genannt nacC) bem 2öo:^n=
Ott feines @ro^öatet§, bet i^n erjogen l)atte, mat geboten am 16. Wdx^ 1445
3U @c^affl)auf^n. ^n biefet ©tabt, bie bamal§ noä) untet öftetrei(i)if(^et ^etr=
fc^oft ftanb, toar fein Später So:^anne§ @. at§ @eplfe be§ bortigen 91otar§ be=
fc£)äftigt. 1446 al§ Stabtf(^reiber nad^ 5(mmer§tt)eil)et im eifa| übetgefiebelt,
ftatb bet 25atet @eilet'§ fdion 1448, inbem et bei bet 9}etfotgung eineS S3äten,
bet bie äöeinberge be§ Dtte§ öetmüftete, eine töbttii^e 2Bunbe et'^iett. S)ie
^uttet, 9lnna 3ubet, lebte bi§ ju il)rem ^o^en Filter mit bem ©ope jufammen.
®en Knaben na'^m fein trefflidfier ©ro^öater ju fid^ , lie^ i^n aber bie ©c^ule
im benad)batten 5lmmet§raei!§et befuct)en. 1460 ging ®. auf bie eben etöffnete
Uniöetfität ^^reiburg über unb toarb :^ier 1462 baccalaureus artium. 1463
TOagifter. 1465 la§ er über bie Smnma be§ Sllejanber ^ale§, 1466 übet bie
33üd)et de anima unb befleibete 1469 unb 1470 ba§ ©ecanat bet ptjilofop'^ifc^en
gacultät. 1471 fiebelte et an bie ebenfoHg bot Äutjem begtünbete Uniöetfität
23afel 'übet , too et 3uglei(^ in bie pl)ilofob^ifd)e unb t^eologifd^e g^acultät auf=
genommen, an bet leiteten al§ ©tettöetttetet be§ SitulatptofeffotS S3otlefungen
^ielt. 1474 marb et Secan bet |j^ilofop:^ifd)en ^facultät unb S3accalauteu§ bet
Sll^eologie, 1475 S)octot unb otbentlid^et 5]ßtofeffot bet 2;I)eologie. 1476 fel)tte
et auf einen burd) bie ^reiburget ^ürgerfd^aft beranla^ten 3fiuf an biefe Uniöet=
fität äutüd unb toatb l)iet füt ha^ näd^fte Söintetfemeftct äum 9lectot etmä^lt.
3lltein fd^on im folgenben Sa^i'e betlie^ et greibutg unb übetl)aupt bie 2e^x=
tliätigfeit an ber Uniberfität. SBürger öon Söür^burg, bie i'^n in Saben bei
einem ^utaufentl)alt ptten |)tebigen :§öten, etmitften feine ^Berufung al§ 5|>rebiget
in il)te 33atetftabt, inbem fie butct) eigene SBeittäge il)m ein (Se^altöon 200
©olbgulben fid)etten. ®od) e§ gelang anbeten il)n öielmel^r für bie .^auptftabt
feines ^eimatl)tanbe§ ju getninnen. Sll§ &. bon Söürjburg nad^ 35afel reifte,
um feine 23üd)er abjuT^olen, fteEte i'^m ber 5lmmeifter bon (Stra^urg, ^eter
@d^ott, bie S3etpflid§tung gegen feine elfäffifd^en Sanbgleute fo lebl)aft bot, ba|
et fid) bemegen lie^ in ©tta^burg 3U bleiben, ^^eter ©c£)ott unb feine ^freunbe
etloitften butdf) et^eblic^e ©elbopfet (jä^tlid^ loaten 30 ßjolbgulben an ben
aSifd^of 3U 3at)len; bie ©efammtjalilung toitb auf 500, felbft auf 1200 @otb=
gulbcn angefd^lagen) , ba^ @. al§ ^tebiget bet Sotenjfitdfie unb al§ Kapellan
510 ©eitet.
be§ S3if(f)of8 im ^Jlünfter ju t'vebigen beauftragt Warb. @rft 1489 tüarb bicfe
^Infteüung enbgiltig feftgeje^t, nad^bcm 'Einträge bon au§toärt§ ]§er ba§ SJerbleiben
@ciler'§ in f^rage geftellt t)atten. ^amentU(| '^atte ber 1486 erloäl^lte 33i|c^oi
t»on SlugSburg, gi-'i^i^i-'iii) bon ^o'^enjoUern, ber in ^^^reiburg (S5eiler'§ ^Ud^folger
im Ütectotat getoefen mar unb in ©tra^urg al§ S)ecan ber j^af^ebrale fid)
innig mit i^m befreunbet 'tiatte, ben leb'^aiten Söunfd^ ®. in feiner 5lät)e ju
befi^en. (B. fuc£)te mit anberen ©traPurger ^^reunben no(^ im 3^uli beffelben
3fat)re§ 33, griebricf) in 2)iIIingen auf; im ©eptember 1488 fam er nad) 5lug§=
bürg, um bort ju prebigen unb te^^rte erft 5tnfang 1489 nad) ©tra^urg jurücf.
^Jlod^ einmal befud)te erSSifc^of griebrid^, aU er bom ^aifer ^kjimiüan 1503
nac^ ^ü'^tn im bairifd^en (Gebirge berufen lourbe jur Sefbred^ung toic^tiger
9lngelegen^eiten. Äaifer ^Jlajimilian I^atte f(^on frü'f)er bei feinen tjäuftgen 33e=
fud)en in ©traPurg 65ci(er^§ ^Jircbigten gern gef)ört unb i!§n 1501 jum faifer=
iid)en i^aplan ernannt. i5ür @. mar an ber ©trapurger ©teüung befonber§
angenel)m, ba^ er t)ier jum Seidjf^ören meniger berpfliditet mar, ba feine über=
gro^e ßJemiffenljaftigfeit bieg ?lmt i^m unb ben )Beict)tcnben befd)toerli(^ mad)te.
^Jlud) füf)tte er fet)r mot, ba^ feine Begabung i'^n auf ein 2Bir!en in größeren
Greifen l)inmie§. @r prebigte aEe ©onn= unb f^efttage, in ber f^aftcn^eit tägüd^ ;
unb jmar nid^t nur im ^lünftcr , fonberu überbieS in mef)rcren Ätöfteru , be=
fonberS bcm ber Oteuerinnen in ber ^Ragbalencngaffe, in meld)em er bie reformirtc
Drbnung cingefüt)rt t)atte. ©elbft au^ertjalb ©trapurgS prebigte er, befonberö
an Äirdimei^tagen , toor attem in ber geliebten oberlänbifd^cn ,<peimatf). 31I§
^4irebiger be§ ^Jtünfterä f)atte er namenttid^ aud) bie ©l;nobalreben unb bic
ßeid)mprebigten beim 2obe ber S3ifd)bfe ju f)alten , unb 1)kx mad)te er feine
üteformbeftrebungen mit aller i^raft geltenb. ^IRit einem ^^reimutt) ol§ne (^irenjen,
ber am Ö^rabc ber berftorbonen Sift^öfe felbft aU .f)ärte erfd^einen mod)te, fd)alt
er bie SJerberbffieit be§ föleruS, mie§ er auf bic ^Jiof^menbigteit ber Scfferung
l^in. ©0 am 17. 9loöember 1478 am @rabe 35. 9lobert§, fo bei ber Eröffnung
ber ©t)nobe 3u ©trapurg om 18. ^Iprit 1482 (bie erftc gebrudte ^prebigt
@eiter'§), fo in ber 9tebe auf S. ^Ibrec^t am 14. Octobcr 1506. ^a% 33.
5llbrec^t bie papftlidie ßrtaubni^ in ber i^afteUiieit Sutter unb @ier 3u effen
aud) für ©traPurg ermirtte unb fid) freilid^ bamit eine neue (Sinna^^mequeHe
eröffnete, t)at @. il)m immer mieber pm iBortourf gemad)t. ^id)t minber ent=
fd^ieben aber trat @. ben bürgerlidtien 6inridC)tungen unb (vJemo^n^eiten ©traB=
burg§ entgegen, mo biefe gegen feine ftrengen f^orberungen berftie^en. 5lud) in
biefen Äceifen bertrat er bie Firmen unb Sßcrlaffenen. 1481 bei einer .^unger§=
not^ fottte er nad^ ben gtatf)§brotofoIlen aufgeforbert '^aben mit (bemalt bie
Äornborrätt)e ber 9iei(^cn ju netimen unb fie 'tiinterbrcin ju be^atjlen. Unb
1502 fanb er in feiner ^anjel einen fettet, er möge ben 3fiat^ ma'^nen ba§
^olt mit feinen ©teuern ntd^t ju erbrüden, ßrfotgreict) mar 1485 feine 3Be=
müt)ung ben ^um Sobe S5erurtl^eilten bie Sommunion ju ermirten, freilid^ erft
nad§ :§arten kämpfen gegen ben ^Blagiftrat unb bie biefem jur ©eite tretenben
^önd^§orben, unb erft nad^bcm @. unb feine greunbe eine 6ntfd)eibung ber
|)eibetberger Uniberfität ju i'^ren ©unften erlangt unb ben päpftlitien ^Jtuntiu§
um 33ei[tanb angegangen l)atten. SBeniger glüdlid^ mar ®. ben (Befe^en gegen=
über, toetdf)e Sleftamente ber ®eiftlid£|en nid)t anliefen unb ben in ba§ ^lofter
tretenben bie ©rbfäliigfeit abfprad^en. @in SSorfaE bon 1493, in meld£)em er fid§
gegen bie erfteren auflehnte, jog i:§m l)eftige gfeinbfd)aften su. 33itterc 5leuBerungen
über fold^c ©rfa'^rungen — er follte gefagt l^aben, ba^ bie ftäbtifd^en S5e^örben
mitfammt il^ren 33orfa!§ren unb yftadjfommcn alte be§ 3;eufel§ mären — jogen
itim 1500 eine Unterfud^ung au, meldte if)n 1501 beranlape feine Sefdimerben
in 21 ^rtüeln aufammenauf äffen (je^ gebrudt bei S)adt)euj f. u.). Slu^er ben
©eilet. 511
fd^on genannten Singen finb e§ namentlid^ bic öffentlid^en Spiele unb btc baöon
ben ©tabtöeamten äufallenben (Sinfünfte, übet bie er fic^ beftagt ; ierner bie 5öer=
toaltung ber Spitäler, toeldie fid^ toeigerten bie an ber bamat§ einxeilenben
£uitfeud)e ßrfranften aufjunet)men; enbticf) bie (SnttDei^ung ber firci)lid^en geftc
bur4 alier^nb unjd)icf(ic^e Spä^e , befonber§ burc^ ben 9ioraffen, eine ^^S^r
an ber .i?an,iel, au§ ttjeld^cr 3U ^Pfingften ben 3U ^proceji'ion unb ^J^effe 5ßcr=
fammelten ^ö^ifc^e, oft unjaubere Sieber unb 2Bi^e cntgegengejungen tourbm.
S)cr toeitere 8}ertaui biefer 3lngelegenf)eit ift unbefannt. 3}ieüei(^t, baB ber ^ati)
biefe 33e|c^toerben ftiEfditüeigenb fallen lie^. @r mochte glauben mit früt)eren
3ugeftänbnifjen genug get^^an ju §aben, burc^ bie 2l6i^affung bes au§ uralter
3eit ftammenben Umjugeg be§ n^itben 2öeibe§ öon @ei§potb§t)eim p ^^raftnac^t u. a.
e§ ift begreifUi^, boB biefe 33olf§[uftbarfeiten boc^ auc^ tf)re ^In^änger Ratten
unb ba^ biefe bie 3a^t ber ^einbe @eiter'§ berme'^rten. @an5 befonber§ toaren
e§ aber bie geiftü^cn Crben , ttelc^e fi^ @. feinbfelig entgegenftellten. 2öar
hod) f(^on feine 2tnfteIIung gegen fie geiicfitet. Um nic^t ben Drben bie ^ßrebigt
gana ju überlaffen l^atten ^eter ©d)ott unb feine fyreunbe bie ©tette ©eiter's
geftiftet, toeld^e nur öon einem Söeltpricfter eingencmmen toerben foUte. Sann
?atte @. felbft bie l^ärteften 5tu§brücfe über bie nic^t reformtrten fitöfter gebraudit.
S)od§ nii^t atte Orben öerurf^eilte er: bie fiartt)äufer unb bie ^ot)anniter am
grünen SBörb — bie§ freiüd) auc^ eine Stiftung frommer Säten — Ratten feine
öolle 2(ner!ennung unb üi-'e"nM<^<ilt- 1^80 :^atte er auf einer 2öallfa§rt nad)
©infiebeln auc^ ^]ticolau§ öon ber tytüe befuc£)t; einen SSatbbruber in ber •Jiät)e
feiner ^eimaÜ) , 9tamen§ ©eboftian, ^iett er 5oc^. &. felbft füllte ju Reiten
in fid) ben Srieb fid) öon ber Söelt prüdäuäietien unb föar 1501 im SSegriff
fid) mit Söimp^eling unb G^riftop^ öon Utentjeim in bie ginfamfeit 3U begeben,
at§ burd) bie Söal^l be§ ße^tgenannten jum Sifd)of öon Safel ber_^^tan öcreitelt
tDarb. Sn biefen freunbf(|aftlid)en 33er^äÜniffen geigte &. , baB ^^ ^^t ^2^
ftarften grfenntniB ber ^Jlipräud^e in fiird)e unb ©efeEfc^aft unb mit bem
ftärfften 2Bitten , fie ju befämpfen , aud) ein (Semütl^ öerbanb , ha^ frieblic^eren
Ütegungen fi($ öffnete. 6§ maren nid^t nur '^od|fte:^enbe Männer, benen er al§
geiftlic^er 9lat^geber biente : fiaifer 5Jlarimitian, bie 33if{^öfe griebric^ öon 3Iug§=
bürg, e^riftop^ öon SSafel, fpäter ^t)ilipp öon fiötn. 5ßor allem nal^e trat i^m
bie gamitie Schott. 5ßeter Sdjotf § (Sattin :§atte ben erften Slnfto^ äur Berufung
@eiler'§ gegeben; fein gleichnamiger <Bo'i)n tt)U(^§ unter @eiler'§ Cb^ut tjeran
unb öettaufc^te, bem 2öunfd)e bes 3}ater§ entgegen, bie mit gtäujenbem ßrfolge
begonnenen juriftifd)en Stubien mit ben t^eologifc^en. 6r gab bie öon ®. mit
großen Äoften auf 9ieifen nad§ St)on unb gjlarfeille 1483 gefammelten SBerfe
©erfon'g 1488 ^erau§. "äl^ er 1490 faum SSjä^rig ftarb, fammette ©.feine
SSrtefe unb (Bebii^te, meiere unter bem 2:itc[ „Lucubratiunculae" 1498 erfd)ienen.
®er Herausgeber mar ein anberer g-^-'^unb @eiter'§, ber ^umanift SBimptieling.
Sem ^umani§mu§ geneigt jeigte fidl) @. au(^ burc^ bie Slnerfennung , bie er
©ebaftian Srant joüte. Seffen Berufung nad§ Strapurg 1501 trauen leb=
■^aft befürtoortet unb rechnete auf if)n für bie 23egrünbung be§ 6t)mnafium§ ju
StraBburg, toetc^e 2Bimpl^e(ing bamalS betrieb unb meiere burcf) beffen 3ögHng
Sacob Sturm, ben Urenfet ^:peter Sc^ott'§, fpäter öertoir!lid)t mürbe. @. fannte
unb fd^ä^te bie ]§umaniftifd^en Stubien; feine 93ibIiot^ef, obmot übermiegenb
tl^eologifc^ , umfaßte boc^ auä) 5poeten unb ^iftorifer. Sie ju benu^en, neben
ber au§gebe^nten 5ßrebigert^ätigfeit, mad)te er burc^ ben forgfältigften ©ebraud^
feiner 3eit möglid^. Sei Xifd) ücB er fic^ baraul öorlefen, menn er fic^ ni(^t
mit greunben in mi^iger Unterhaltung erging. S^m einfadiften 2cben nöt'^igte
t:^n fd^on feine äöof)ttt)ätigf eit , meld)c it)n auc^ bie ©efc^enfe feiner greunbe
nid^t fd^onen lic^. Seine ©efunb'^eit tnar jule^t burd) ein Diierenleiben geftört.
512 ©etlcr.
1505 ma(i)te er fein Sleftament, ba§ un8 erl^atten ift, unb fügte 1507 öov einer
3fteife noc^ einen ^Jtad)trag l^inju. 6r ftarb am 10. ^är^ 1510. 6r toarb im
fünfter Ibegraben, ju gü^en ber «^an^el, toct^e 1486 ^^^eter Bäjott für it)n
f)atte !unftrei(^ t)erftellen laffen. ©ein £eben bef(^rie!6 in eleganter .^ürje SBeatuö
gif)cnanu§. SDiefe vita, 1510 erfd)ienen, ift bann mcl^reren 3lu§gaben GJeiler'fdier
Söerfe, j. 33. bcn lateinifd^en ^ßrebigten über bag ?Jiarrenf(|iff , angeljängt
roorben. 2lt§ ©rgönjung bient bie ebenfalls 1510 erfd)ienene 6(^rift äöimt)^e=
ling§ ,Jn Joannis Keiserspergii mortem planctus et lamentatio cum aliquali
vite sue descriptione", toeld^er eine gan.^e 5lnjal^I öon 3^rauergebi(^ten anberer
SSerfaffer angehängt finb. ©in 33ilb öeiler'S finbet fic^ auf bem Xitel me'^rerer
3öer!e, bie ^H'cbigten bon it)m entl^atten, fo öor bem beutf(^en ^aternofter unb
ber beutfd)en ^affion in ©eftatt eine§ fiebfuc^enS, tüo er auf ber ßaujel ftef^enb
bargeftem ift; am Beften aber ift ba§ «ruftbitb öor ber ^oftilte 1522, toeld^eS
neuerbing§ öfter toieber^olt morben ift, unter 2lnberem bei S)ac^euj. (5§ jeigt
ba§ ernfte 6)efi(f)t be§ ^rebiger§, mit ftarfer 9tafe unb fierabge^ogenen ^unb=
tüinfeln, mit locEigem ^aax. ©eine ©eftalt mar gro^ unb mager.
^on ©eiter'ä rebnerifc^er Segabung unb 2Birffamfcit geben bie ,^a'f)lrei(i)en
unb umfänglid^cn Sßerfe, bie unter feinem ^Jlamen gebrucft finb, hoä) fein boIl=
ftänbigeS unb fein juöeriäffigeS ,'-i3iIb. @r mar eben Ütebner, ni(^t ©(i)riftfteller.
Unbefümmert um littcrarifcEien 9tacE)ru'^m, ftrebtc er mit atter ^raft nad) ber
ticfften Söirfung auf feine 3u^örer. Söol fanbte er äumeilen einzelne ^rebigten
aufgearbeitet an befreunbcte ^Jßerfonen; aber nic^t einmal ba§, ma§ er au§=
gearbeitet l^atte, liefe er o'^ne befonbere SJeranlaffung in ben S)ru(f fommen.
Unb bie m.eiften ^ßrebigten finb niemals beutfc^ bon il^m ausgearbeitet motben.
SCÖenn SeatuS 9il)enanu§ rül)mt, bafe er fi(^ ouf ba§ ©orgfältigfte üorbereitet unb
bie ^prebigten mürtlici), menn au(i) o'^ne ftiliftifcf)e ©orgfalt, aufgcf(i)rieben l)abe,
fo bestellt fi(^ bic§ auf bie lateinifcE)en ©runb^üge, meld)e jum Jl^eil aüerbingS
nod§ in ben te^en Sfa^ren (Seiler'S, aber bon anberen beröffentlid^t morben finb.
5lber fclion frü^jeitig begann man feine ^rebigten na(^3uf(^reiben unb biefe
3^ad)f(^riften in ben Srucf ju geben. S)abei mußten natürli(^ biefelben Sieben
bei fpäterer 3Bieberl)olung , 3. 58. bie in ©trafeburg gelialtenen bei nod^maligem
3)ortrag in 5Iug§burg, in fel)r brrfc^iebcner äöeife aufgefaf^t merben. Unmittel=
bar nac^ @eiler'§ Xob entmidEeltc fi(^ eine förmlidie ^nbuftrie in ber S3cröffent=
lic^ung feiner Sieben unb ©d)riften. SSefonberS tl)ätig ermie§ fitf) bie ©rüninger'fdie
Siruderei in ©trapurg unb ficlierte fid) burd) bie ©rmirfung faiferlid)er ^^ribi=
legien, toie fie f)ier jiemlic^ juerft auftreten, gegen 9iad)brud. £)ie .f>erau§geber
normen überbieS bielfad) bie bamal§ fo blü^enbe ^oljfc^neibefunft ju .^ülfe unb
fo erfd^ienen bie 3lug§burger 5lu§gaben mit .»poljfc^nitten bon ^an§ Surtmair,
bie ©trafeburger mit folc^en bon ^an§ Salbung @rün, 5Jlentelin, UrfuS ©raf u. a.
gefd^müdt. 2Jian(^e ber t)ierl)er gel)örigen ^^affionen finb mel^r Xeitt 5U §ol3=
fd)nitten, al§ bafe biefe ^ttuftrationen 3U nennen mären. 6§ ift nun leitet ju
erfel)en, mic ouf biefem SBege eine fe^r berfd)iebcnartige ßitteratur entftanb, bie
@eiler'§ Flamen trug; unb bie ^Jiac^läffigfeit neuerer ßitteratoren l)at bie S5er=
töirrung nod) berme^rt. Sm golgenben foll berfut^t toerben biefe SSertoirrung
aufjulöfen, toefentli^ auf ®runb ber reii^en ©ammlung bon Söcrfcn @eiler'§,
bie bie g^rciburger Uniberfität§bibliott)e! befi^t. .!^ülfrei(| finb babei atterbingS
befonber§ bie bibliogra|)l§ifc^en 'Jtotiäen unb Ueberfiditen bon S)a(^euj. — S5on
einer felbft:|)ublicirten ©c^rift fprid^t @. („Arbore huraana" 1521 fol. 173 a):
„3Ba§ man aber ein fragen fol an bem totbet, ermanen unb betten, al§ ©erfon
leret, ba§ l§ab ic^ juo tütfd) gemacht unb laffen trudfen, e§ foft ein |)fenning,
ba§ fauff." @r meint ben furzen 2;ractat (I) : „3Bie man fic^ 'galten fol bt) eim
fterbenben menfdien" (o. £). u. ^r, bann 1482). 3u ©runbe liegt ©erfon'§
©eiler. 513
opus tripartitum, ba§ @. fpäter öoHftänbig überjefet ^at (IV\ ^m .,Introduc-
torium in spec. tat. ir* ftellt er, tnte es f(f)eint, bie§ 33ü(i)[ein jufammen mit
(II) einem 33eici)t&ücf)(ein , bejjen 5^eubrucf Sadieur in 3iu§ii(f)t geftellt ^t.
SSermutfjlicf) ift eS ein anberer 2:t)eil be§ .,Opus tripartitum" ; eine 33ear6eitung
baOon jc^eint ba§ jolgenbe Oteimmerf: „®i§ büc^tin teifet mie fid) ein Qegltc^ei-'
criftenmenfii) jc^icfen foll juo einer ganzen öot!omnen ünb gemeiner bet)cf)t. önb
ift gebrebig önb corrigieret toorben burd§ boctor Äeifer^berg ,3uo Strasburg"
(^afel, DticotauS Sam^tarter, o. ^.). £)ann ^at @. gemi^ ben Srucf bejorgt öon
ber tateiniic^en (Si)noba(rebe be§ ^. 1482 (III) ..Oratio liabita in Sinodo"
(o. 3. (gtrapurg, ©cfiüret; micber'^ott u. 21. in XXX; überje^t öon 2öim^f)e(ing,
f. u. XXXI). 2It§ ein (IV) Söerf, ba§ er felbft öeriJffentücEit f)at, ift hk Samm^
(ung bon fieben 2xactaten ju bejeiiiinen, meiere fic^ nä^er ober freier, (e^tereg
namentlii^ in ben Ginteitungen , an ScfiriTten @erfon''§ anfdilie^en : „S)a§ iiTig
f(^af", „®er t)elliic^ tem", „Sie friftenüA fünigin", „S;er breiecfei^t fpiegel",
„S)er efc^engrübel", „S)aö f(appermaul", „S)er troftit)ieget" (0. O. u. ^. bei
'5(^ürer, alfo ju ©trapurg gebrucft; bann ©trapurg, ©rüninger 1514). Ser
breiecfedjt fpiegel (auc^ al§ „fpieget ber feelen" bejeti^net) ift 't)a^ Opus tripartitum
@erfon"§, morau§ (I) unb mol aucf) (II) aU ßin^elfi^riiten @eiter'§ f(^on früher
geftofjen maren; in ber ©efammtübertragung merben bie einzelnen £f)eite be=
3eic£)net at§ „3}on ben gebotten, öon ber beidjt, ünb öon ber fünft be§ tool fterbene".
©0 mar aud) bereite irü^er einzeln, aber ni(^t üon 6. felbft in ben SrucE ge=
geben, er^ienen (V) „S;er ^roftfpiegel", 0. D. u. ^.; 53afet, Olpe 0. 3f- ;
Strapurg 1503, 1511, 1519; 2lugsburg 1505, 1507, 1508, 1513; auc£) in
fpäter 3eit toarb bieje ©d)rift öfters mieber^olt. ©leid^fallS öon @. abgefaßt,
aber nid)t 3um S)ru(fe beforgt, finb (VI) „(Sin ^et)lfame (ere unb prebig" 0. D.
u. S.; 0. D. 1489, 1490; unb unter bem Site! „S)er bamm ber feien §eit unb
ber feligfeit", ^ranffurt a. £., maxün Bretter 1502, nad^gebrucEt ; (VII) „^.
@. ö. Ä. , Sin lenbtbrieff get^on an bie toürbigen ^yraumen 5u ben Oieutoeren
3U greiburg im 23rei5gau", ©trapurg 1499. Sicher burd) anbere, aber mit
@eiler'§ 3uftimmung, öeröff entließt finb: C^T^II) ..Epistola elegantissima J. K.
de modo predicandi domiuicam passionem et de nuditate crucifixi"'. in 3öimpl^e=
ling^ö ©c^rift De integritate 1505 aufgenommen; (IX) ..Passionis Christi unum
ex quatuor evaugelistis textura'', tooäu &. bie iBibelmorte ^ufammengefteEt unb
9tingmann ^^itefiu§ bie ^orrectur unb bie 3}erbeutfcf|ung übernommen '§atte
(tatetnifd) 0. ^. ; bann ©traBburg, ^nobtod) 1508 u. ö., beutfd) 1506 u. ij.);
enbüd) ebenfo mie bie§ me^r ein 33i(bermerf mit bi6Iif(^em 2ert: (X) „S)er
^-pajfion ober bj Iet)ben ^. Q,. noc^ bem tert ber ft)er (Söangeliften mie jn bann
ber ^odigelert ^. @. öon Ä. ^u ©trapurg jäxlii^ geprebiget f)att" (f. u. ju
XXVIII). 2Bi(^tiger finb bie 5piubücationen , mit benen in ben legten Sauren
©eiterig unb nac^ feinem Sobe fein -öauggenoffe, ber 5priefter am Ätofter ber
9teuerinnen i^acob Dtt^er am ©peier mel^rere 5prebigtfammlungen @eiler'§ be=
f annt machte : fie enthalten bie {ateinif($en Stuf^eii^nungen tc^ $rebiger§, smifc^en
benen einzelne beutfd)e 2(usbrüde erfc^einen. ©0 (XI) ,.Fragmenta passionis
sub typo placente mellee'", ©traPurg , ©d)ürer 1508. 1510. 1511; (XII)
„De oratione dominica"'. ©trapurg, ©d)ürer 1509. 1510. 1515; (XIII) :,Xa-
vicula sive speculum fatuorum" 0. C. u. ^., 1511, ©traßburg, ^noblod^
1513; (XIV) „Xavicula penitentie'", ©trapurg, ©d)ürer 1511. 1512. 1513.
1517. 1519; 2tug§burg, Otmar 1511; unb fc^on 1512 öon Dr. ^. _ö. (Jd
3U einem ©d)iff be§ .6eit§ umgearbeitet; (XV) „Peregrinus", ©trapurg,
©djürer 1513. Stu^erbem gab Cttl^er no(^ folgenbe beutfd)e ©amm.Iungen '^er=
au§: nad) ben Slufjeidinungen ber Sfieuerinnen in ©trapurg, bereu xert ®.
Stügem. beutfc^e SSiograp^ie. VIII. 33
514 ©eilet.
noci) felbft burdigefel^en t)atte (XVI) „S)er feelen parabi^", ©tra^burg, ©rfjürer
1510; unb „iiac^ ^JJieinung unb Untcrtreifung eigener Jpanbtdirift" bei SJer=
iaf|er§ (XYII) „(i^riftenlict) bilgerfrf)atft" , Safet, 31bain 5ßetri öon Sangcnborff
1512, wobei Ottl^er jrül^ere SDrudfe unöoUfommen unb ungerecht unb ol)ne 3u=
t^un ©eiler'l i^m jugefd^iieben nennt. S)amit i[t offenbar gemeint ^XYIII)
,,5Der ^Pilger" , 1494 ju Sluggburg erfd^ienen; roieber'f)oIt in (XIX) „^^^i-'^bigen
teutfcf) unb öil guetter leeren", Slugsburg, |>. Ctmar 1508 (1510), toel(i)e
atterbiugS nacf) bem Si^tu^roort of)ne (Beiler'S 3Biffen unb o'^ne fein ^utl^un
gcbrudt finb. oben ba erfd)ien (XX' „Sias bucf) ©ranatapfel . . mitfampt . .
ausgangs ber finber Sf^i'fl^el • • • bei-' gaifttic^en fpinnerin . . öon bem Isafen im
Pfeffer . . öon fiben fc^toertern unb f(i)al)ben", 1510, wieber^olt ©trafeburg
1511. 1516; ferner (XXI) „^a§ fc^iff ber ^Penitcn^", überfe^t au§ XIV, 1514;
nad)gebrucft in (Strasburg, bei i^üpfuff 1515. Söie in 5lug§burg, fo ^tte man
aucf) in Strasburg fd^on bei ©eitert Scbäciten feine ^4>rebigten ol^ne feine @r=
taubnil öeröffentlid)t. ^ufvft befaßte ficf) befonber§ bamit ber mit ber Ö)rünin=
gerfd)en Srudferei in 23erbinbung ftel^enbe Slrjt unb iHtterat 3iol)ann '^Ibetpl^uö
3JlüIing. Qx lief; in einer ..Margaiita facetiarura'" 1509 aud^ eine ©ammtung
öon teigigen Söemertungen ©ciler's unter bem Sitcl „Scomata" brurfen, moburct)
er (SJ. in nidit geringe G-ntrüftung öcrfe^te. (Sr lie^ fic^ aber nicf)t abf(f)recfen.
6r überfegte XI unter bem 2;itel (XXII) „Soctor ^eiferöpergl ^4^affion . . in
ftürfcöwci^ eins fü|cn 5;^ebfud^en", ©tra^burg, ©rüninger 1513 unb 1514; unb
XII all (XXUI) „£. Ä. 5paternofter", ©trapurg, .püpfuf 1515. Sagegen l^at
S)ad)eur mit Unrerf)t auf ®. jurücEgefütjrt tia^ öon :3- 3lbe[pl)u§ öeröffentti(i)te
33itbern)ert „S)a§ ift ber *4>flffion i" 5oi-ni ein§ geric^t§t)anbcl§ barin mifftöe
Äauffbrieff Urtelbricff unb anberl geftett fein furtsmeitig unb nü^ juo lefen" o.
€). u. ^., bann ©tra|burg 1514, IHüncficn 1516 unb l^ier aücrbingS mit
(Seilers Atomen gebrucft. 2IEein abgcfet)en öon ber läppiftfien , gar nii^t für
bie ^^>rebigt geeigneten ©infteibung ber '^^affion§gefdC)i(^te in juriftifcfie i^ormen,
iDeld)e (B. nid)t jugetraut werben barf , ift fein 'Jtame öom ^JMncficner <!perau§^
geber nur burcf) ^]JU^öerftänbni| ber Zueignung gebraud)t morben, in treldfjer
^^bclpl)u§ fagt: „2Ber t)unger I^at, ber mag e§ ttiol nüpid) lefen, bi§ unb anber
ü^legung be§ ^eiligen paffion§, bereu mir bau auc^ ein ie^o ö^ latinifcf)er jung
in teutfd) fprad) transferiert, fo ber burd}lüc£)tig l)err 3fot)ann ©eiler öon
^aiferfpcrg boctor unb prebicant ber toblidl)en ftat ©trapurg feinen ünben
ba fetbft {)at geprebiget önb ö^gelegt , welcöe iefeunb in trud aud) nütolid)
ift ö^gangen." J^ier fpielt melp^uä beutlic^ auf XXII an. Tiaä) ^;?lbelp]^u5
mar e§ inSbefonbere ber 3?arfü|er 3^ot). ^^^auli, ber fid) mit ber 3teprobuction
@eiler'fd}er '-l^rebigten abgab, ©o gab er IjerauS (XXIV) „S)a§ döangelibucf),
. .aus ©eiler'ö 9Jiunbe öon 2Bort ju SBort gcf(^rieben", ©trapurg, (Srüninger
1515, mieber^olt alS „göangelia mit öfelegung" 1517, — al§ „ßöangelia baS
ipienarium'- 1522, in ben ©(^lufetoorten aud) bie »)5oftiII genannt, ^ei-'ner
(XXV, „S)ic 6meiS, jufammen mit .'per ber tüng id) biente gern", ©tra^burg,
©rüninger 1516, mieberl)olt 1517: fo roie eS ^4>ault „öon ieglid)er ^.U-ebigt bf=
^Iten in feinem .^aupt, banai^ abgefd^rieben" ; bann (XXVI) „S)ie Sröfamlin
boct. JleiferSpergS öffgclefen öon frater :Sot)ann '4saulin . . unb fagt öon t)tn
funfftjel^en .g)pmelfd§en ftaffeln bie DJkria öffgeftiegen ift, unb gancj öon ber
öier Seumen gefd^rei, aui^ öon bem toannenfromer" , ©trapurg, ©rüninger
1517; enblic^ überfe^te er XIII unter bem 2itel (XXVII) „S)eS i)od)töirbigen
boctor .^eiferSpergS narrenfd^iff", ©tra^burg, ©rüninger 1520. 6in SDritter,
ber in ©trapurg t^rebigten ©eiler'S „nad^ feinem ^lunh nad^gefd^rieben" f)er=
ausgab, war ipcinrid^ SBe^mer, ber (XXVIII) „£octor ^eiferpergS ^oftilt:
über bie ft)er euangelia bur(^S jor, fampt bem Cuabragefimal , önb öon ett=
©eiler. 515
liefen öetjligen , netolirf) begangen", ©traPurg bei Sdfiott 1522, eiid)cinen
Iie|, mit Silbern bie }\ä) jum 2^ei( auä) in X öorfinben. Segen bal 3}er=
fat)ren öon 21belpf)u§ unb 5|}auli fprad) fid) nun naifibrücflic^ au» ber Qxbe
unb 3Imt5na(i)foIger ©eilers , jein Üleffe ^^^eter SBicfram. ^n S3eii^ ber 6eiler=
jrficn ^anbfct) ritten gelangt, jud^te er bieje gegen jeine Goncurrenten 3u tier=
tDertl)en, Blieb aber nic^t \ük Ott^er 6ei einer einiadjen SBiebergabe ber l^anb=
|(firiitlici)en 9^otijen ftef)en. ©o erfc^ienen mit einer SJorrebe öon ^acoB Sict^en
(XXIX) „Sermoues prestautissimi doctoris J. G. K. fructuosissimi de tem-
pore et de sanctis accomodaudi". babei auc^ „De arbore humana, de XII ex-
cellentiis arboris crucifixi , de XII fructibus spiritus sanctj , de XXIII cou-
ditionibus mortis, de morte virtuali sive gratie'". enblii^ ein 2ractat ..De dis-
positione ad mortem per modum alpbabeti'', (Strasburg, ©rüninger 1514.
1515. 1519; ferner (XXX) ..Sermones et varii tractatus Keiserspergii".
©trapurg, Srüninger 1518. 1521, morin, namentlich lateinijcfie gafiungen ber
in ber Sammlung „tprebigen teutfcE)" (XIX") ji^on pubticirten ju finben finb. -öier
i[t aud) bie Sijnobalrebc (III) auigenommen, meldie injmifc^en äöimpl^eling 1513
unter bem Xitel (XXXI „gin ^eiljam troftlidie prebig boctor ^. @. ö. ^."
überje^t ^atte. (5d)liepic^ finb noi^ mehrere Stra^burger ßinjelauegaben in
beutjc^er 3pracf)e ]ü üerjeic^nen , bereu -öerauSgeber unbefannt finb : (XXXII)
„^rebig ber ^imelfart marie , . . öon feinem 5Jtunb abgefc^i-ieben" , (Strapurg,
©rüninger 1512; (XXXIII) „fSon ben Sünben be§ munbs, babei 2llpl)abet in
XXIII prebigen", om <B<i)hii aucf) „XXIII prebigen öon bem bäum be« eroigen
lebcn§" genannt, Strapurg, ©rüninger 1518; (XXXIY) „i>on ben bri)
Filarien mie fie unfern :^ern 5- 6- holten falben", „öon einer e'^rfamen 3ii"9ii-'au
angefd)rieben", Strasburg, (Brüninger 1520; (XXXY) „£a» buocf) Arbore hu-
mana'", eine Ueberfe^ung aui XXIX, Strapurg, ©rüninger 1521.
SBill man nun auf ©runb eines fo öerfc^iebenartigen ii^aterialö fid^ ein
SBilb öon ©eiler'g S)enfart unb Ütebelneife machen , fo mirb man 3unä(i)ft bie
menigen öon i()m felbft herausgegebenen ober bod) auegearbeiteten -^rebigten
unb ^^lbl)anblungen burdige^en muffen. Sabei ift freilid) in Setrac^t ju jiejen,
bafe @. für ben Sefer fid) offenbar anbers barftellen moUte aU für ben Jpörer.
(grfterer follte nur ba§ empfangen, ma§ öor jeber Äritif befielen tonnte, roäf)=
venb ber ^^^rebiger auf ber A^anjel fid) freier ge'^en lie^. Gben bes^alb finb
aud) bie Iateinifd)en ^:prebigten , bie £ttf)er unb '^eter äöidram öeroffentlic^ten,
ntc^t ha^ öolle ©piegelbilb feiner 9teben, fo auffientifd) fie an fid) auc^ fein
mögen. 3lm genaueften bürfte (Seiter's gefproc^eneS 2Sort in ben öon 3ut)örein
unb 3u^örerinnen nactigefi^riebenen ^4>i-'ebigten öorliegen, namentlid^ in ben
5lug5burger Sammlungen „'^^rebigen teutfd)" unb „©ranatapfel". Sagegen f)aben
bie geringfte (Bemäl)r bie erft fpäter aus bem .i^atein in§ Seutfc^e 3urüdübcr=
festen ober nacf)trägli(^ au§ bem ©ebäc^tni^ :^ergefteEten -^^rebigten, meldte
5lbelp^u» unb ^pauli öeröffentlid)t ^aben. gwlid) finb gerabe ^^auli'ö •4>ubli=
cationen befonbers untcr^altenb, reic^ an oügen aus SJolfeleben unb 2}olf§=
glauben, an SBenbungen aus ber S^olfefprai^e. Slber fie enthalten auc^ Un=
f d)idlic^!eiten , bie man bod) öergebens in ben elfteren Schriften fui^en mürbe,
©eiler'g 5Irt freimüt^ig, 5uroeilen berb bie fittlid£)en @ebred)en aller Stäube 5u
fd)ilbern unb ju rügen, ift boc^ nod) toefentlic^ öcrfdiieben öon ber ^^^auli"» fid^
mit 58et)agen baran ju mciben- .pier ftreift 5|}auli bie alte '^Irt ber 5l1önd)5=
prebigten an, ber ftd^ gerabe ®. am ba» entfc^iebenfte unb mit bem größtem
ßrfolge miberfe^te. @eiter'§ -^rebigt mar auf ba§ forgfältigfte üorbereitct: er
fagte ba^ frifcf) aus bem 6i gefd)lüpfte ipü^nc^en nid)t fd^mad^aft mären. Ueber=
boten fid) bie früheren *;|3rebigev mit ber Sänge il)rer blieben, bie bü ju 10 Stun=
ben bauerten, — nac^ ©eilefs ?Iu§brud, wie ein Äufud ben anbern überfcf)reien
516
©eilet.
jj,m^ — fo fd)lo^ er ^)ünftlic^ mit ber ©tunbe; \a et tou^tc bie§ 3(6bi-erf)en
Junftöott ju öerluertticn, ©icQ jelbft unb beu .^övern madite et 9luffaffcn imb
a3ef)alten (eichtet buti^ ben fttengen (5(f)cmati»mu§, bet befonbetS bie S(^i)i fieben
bcüotäUfltc. 6t btef)t unb loenbet bie ©egcnftänbe, bie et befianbelt, i)in unb
fiet, getoinnt i^ncn abet immet neue ©eiten, übettojc^enbe 5öetg(fid)e ab. @etn
fnüpit et babei an S)inge be§ gen)ö^nti(f)en 2eben§ an unb fini^et auc^ im
SStbettDOtt meift itgenb einen ^unft, bet i^m etlaubt an ^lütäglitfieS, Mbe=
fannteg ju etinnetn. ©o nimmt et 3. 58. au§ ben plagen (5g_t)pten§ (©job. 9) bie
SStafen bot, bie am l^iunbe bet ©glj^tet entftanben, at§ "»^JlDfe^ ©anb auSftteute:
et etinnett an bie äf)nli(i)en eben in ©tta^butg au§gebtorf)enen ©eud^en, unb
betgleic^t mit it)nen i'ünfunb^toanjig ©ünben, bie man mit 9teben, obet auc^
— bie§ ift bie le^te — mit ©d)tt)eigen beget)en finine. ©0 gel^t et aud)
fonft bon gleirfijeitigen ßteigniffen au§. S)a§ ^ubeljalEit 1500 loitb i'fim jum
5lnla^ eine $i(getia|tt ^u fä)itbetn unb geiftlid^ ju beuten, bon bem ©ad
be§ ®Iauben§, bem ©tab bet .g)offnung, bon bem ^Jtantel bet ßiebe ju teben,
3Uid^ fi^etäljaite 2tn^alt§bunfte öet|d)mä!^t et nidit. 91I§ jut 5}lejjeäeit in ©tta^*
butg ein lebenbiget ßötoe ge3eigt lüitb , ptebigt W. bom ^öEifdien unb einigen
anbetn aEegotifcfien Sötoen. S^ie ^^affion ju etjä'tilen, fam i^m fo oft miebct:
ba üetjudite et bem ©egenftanb eine neue SBütje ju geben, inbem et fie einem
ßebfudien öetglid), ben et jut (vafteu^eit feinen 3u^öi-'ei-"Ji auSf^eite. 51orf) feltfamet
etfd)eint e§, toenn et ben Tonnen bie Untetmcifung jum flüftcttid)en Sebcn al§ einen
.g>afenbfeffet batfteHt, it)nen ba§ fi^cue, öetaditete 3:()iet at§ 3}otbiIb fd)ilbett:
feine langen C^ten foHen fie mat)ncn föotteS Sßott fleißig ju ^öten, fein beftän=
bige§ Is^ibpenbemegen if)nen ba§ ©ebet anfd)auli(^ mad)en. 5)lan toütbe aber bem 5]3te=
biget Unted)t t^un, toenn man bicfen 2on füt ben il^m am meiften eignenbcu Ijielte.
3Cßie et fid) ^iet ^u benen l^etablä^t, bie in S)emutt) unb ©ntfagung teben
fotten, fo ftellt et fid) fü^n unb ftolj bem Sifd)oi, bem ©tabttegiment entgegen,
©to^attig läftt et bag Sobtengetidit übet ^ifd^of ütobett au§ feinem eigenen
in bet ®tabe§nad)t tebenben 5Dlunbc ertönen. Unb bet 2;ob ift i^m eine öet=
traute 9}orfteEung, bie er feinen U3eid)lic^en 3u^)örern jum 3;ro^e immer mieber
bringt : feine menigcn eigenen ^;]3ubIicationen bet^anbetn t)aubtfäd)tic^ bie§ S'^ema,
batb jur ^ufee ma^nenb, balb tröftenb. 3(ber et get)t nic^t auf in bet glu(^t
tiot bet Söelt. 33etü^mt ift feine ©c^itbetung bet guten @t)eftau in bem 33ud)e
Arbore humana; in ben ©ünben be§ 53tunbe§ etinnett et an bie ©otgfatt, mit
bet bie Apau§ftau bem 5}tanne bett)eimlid)t , ba^ fie i^m ba§ !!^eibgeri(^t fodje,
bi§ fie e§ it)m auf ben %\\ä) feijt. gut bie 3;^orT)eitcn ber 5)tobe t)at er ein
offenes 5tuge: mie fie atte natütlt($en Untetfd^iebe öctmifi^t, ben f^tauen bie
Barette ber 5Jlänner, ben 5Rännern 5'T-'i^ucnl^auben auffegt, »ie fie in ©tra§=
bürg 2Bälf(^e unb S3öt)men, Ungarn unb granjofen jugleic^ ju fel)en geftattet,
tüie fie, toaä bor ein paar 3Saf)i-*en noc^ al§ fein gegolten l^at, je^t in ba§
©egentl^eil um!e'f)rt. ®ern legte er ba'tjer aud) fo(d)e Se^te ju ©runbe, bie ii)m
33Iicfe auf ha^ gemDi)nlid)e Seben unb treiben na^t brad)ten. 1494 loot
S3tanf§ 5tattenfc^iff etfd)ienen: 1498 f)ielt &. feine ^^^tebigten batüber, bie tool
unter feinen SBerfen bie größte 23erü'^mtl^eit erlangt l^aben. 6§ mar aber, mie et
Introd. IIT. bemettte, nid)t ba§ etfte 5Jtal ba§ et an beutfdic S)ic^tung anfnübfte.
@t l^atte fd^on ftü"§et ba§ @ebic^t eine§ 58auetn fo bel^anbelt : bermut^lic^ ift baffelbe
gemeint mic fbäter (Turba XIII, Nola XXVIII), mo öon einem ©pottlieb einel
35arbier§ auf bie Siebe bie Siebe ift, nid)t aber, mie 3avnde, 51arrenfd)iff ©. 262,
öermut^ete, ber 9ldermann au§ Söl)men. S)enn bie§ Söerf ift ja fein föebid^t,
unb bie bei ®. baneben öotlommenbe (ätinnetung an bie ^tebigten übet ben
2;ob be^ie'^t ftc^ öielmel^t auf bie ©ammlung Arbore humana, beten (Eingang
gerobe ba§ 2tbfd)tedenbe biefe§ SLl^ema'g bel)anbelt. ©inern Äinbetfpiel ift bet
©eiler. 517
5Prebiöttej;t entlet)nt in XXY. güv bie meiften ^rebigten m^m üBrigen§ @.
bie SBevfe ber !ir(i)tic^ angeie{)enften ^lebiger jum 3Jluftei; unb 3ur QueEe.
^nSfiefonbete legte er bie äöerfe ©erjon'S ju ©runbc , lüie namentüd^ mv bie
fieBeti 2;ractate (IV) bemevft toorben tft. 2l6er aud^ anbete 2:^eologen toevben
benu^t: fo im 8eelenparabie§ SttBertuä 531agnu§ unb .^umBertu§, in ber (Jmei§
£)Dctor X'^omaä Srabantinu§, in anberen 9licotau§ öon Sira u. f. f. 6ine
grünblidie Söürbigung @eiter^§ würbe natürlicf) bie aSefttmmung biefer ent=
lehnten ©ebanfen unb 53ilber öorau§fe^en. ©etbft ba, too man am meiften
■Driginaütät öermutl^en möc£)te, in ber ©diilberung unb Sefämpfung be§ 5lber=
glaubend an -iperen, Sßerttiötie u. a., toeld^e bie ©meis entf)ält, le'^nt er fid) an
a}orgänger an: j. (Seffcfen, SSiIbercate($i§mu§ ©. 53 ff. Dtiginat bleibt feine
2(u§bruii§raeife, feine ^el^errfc^ung ber beutfi^en Spracfie, bie fi% in einer ^-üüe
öon ©)3ric^tt>ürtern unb fprid^toörtlid^en 9teben§arten, in ber 2uft an äöortfbieten
unb äöorterftärungen !unb gibt. ^Jlanc^mal ge^t er freiließ ju tüeit, wenn er
ä- 33. bie ^^xfltc^t be§ Sifc^ofS, feine S)iöcefanen nic^t m öei'taffen fi^on im
5ftamen finben toiE : Sifc^off fei „bi f(f)of", bei ben ©d)afen (Scomata,, ober menn
er künig öon künnen ableitet (6mei§). 2lud) bie S)eutung ber einzelnen 33u(f)=
ftaben eine§ äöorte§ toirb un§ nic£)t befonber§ erbauen; ebenfo bie mel^rfad) unb
fd^on in VI angenjanbte 5Xuf3ä'£)(ung ber Slugenben nac£) bem %ip1)abtt. ^ier
jeigt fid) ein ^ang, ben fpäter 2tbral)am a ©. Glara noi^ toeiter au§bilbetc:
äWifcEien \f)n unb SSruber Sert^olb ^^at SBacEernagel mit 9te(i)t ®. geftettt. S)ie
tieifte Äluft aber trennt 6. öon ber mt)ftif(i)en 9tid)tung, bie im öier^el^nten
5a^r{)unbert in ©trapurg felbft burd) (Scfl^art unb Sauler öertreten mar.
3ft)rer ®eiül)leüberfd)toänglid§!ett fe^t er feinen Sinn für ba§ äöir!licf)e entgegen,
fein ^Ritgefü^t für ba§ SSotf, feine gorberung ber ftrengften (5ittlic£)!eit im tägliä)en
;^eben. SBeil er öon biefem ©tanbpunft au§ ganj befonbet§ bie SJerberbf^eit ber
Äiri^e f(i)ilt, l^at man i'^n öielfad) unb f(i)on frü| für einen SSorläufer ber 9te=
formatoren ertlärt. ^n ber xl)at trifft er mit biefen in öieter S^ejieljung über=
ein. (Sr ift mit bem 3lblaBl)anbet nidjt einöerftanben; aufgeforbert SSeiftcuern
p einem Jürtenäug ^u fammeln, bemerft er, ba^ biefer 9tuf fd^on fo mi^a(^tet
merbe, mie ber be§ ^irten, ber lügnerifdf) bel)aubtet l)atte , ber äöolf fei ba.
S)a| äöunber oft betrüglid) erfunben toerben, nur um burd^ Söattfa'^rten einer
Sanbf(i)aft ober öielmel)r il)ren geiftlidl)en unb meltüc^en i^erren ^elh 3U3un)en=
ben, fagt er ungefd^eut. ®ie öielen S^efte finb il)m eine S3ef^merung bes ge=
meinen 5Ranne§. @r tabelt bie frü^e 93eftimmung Unmünbiger jum Älofter,
bie beti Altern nur bie {ylüd)e il)rer ^inber p^ielie. S)a§ getoattfame 93er-
fahren be§ Äe^ergeridl)te§ über ^ol^ann öon Söefet mipiEigte er bur^aus.
ßine Üteformation fagte er al§ unausbleiblich öor'^er:. ei mu^ bred^en , ruft er
einmal öor Äaifer 53^artmilian au§. Slber biefe ^Jlt^timmung ift freilidf) öer=
bunben mit einem unerf(^ütterli(^en glauben an bie fird)lid^e £e§re. 2Bat=
benfer unb S3rüber öom freien Reifte befämpft aud^ er. Unb fo gehört er, an
ber «Sdimetle ber neuen Sdt , hoä) bem 531ittelalter an: tnie burdl) bie 3lrt
feiner äÖirffamteit, bie münblid) , nid)t fd^riftftellertfc§ mar, fo aud) burdC) feine
gefammte @eifte§rict)tung. ©ein SSorbilb ift ©erfon, ber ^arifer Äanjler, ber
Xräger ber ^ht^n ber Soncilien ju 6onftan3 unb 33afel: nur boB biefe Sbeen
bei @. burcl)au§ öotf§tl)ümlic^, burc^auS beutfc^ ausgeprägt finb.
(^. 21. be 9tiegger), Amoenitates literariae Friburgenses fasc. I. II.
Ulmae 1775. — S)er Seutfc^e ^merfur, 1783, SSanb IV, ©. 121—144.
193—212. — S. g-. Sßierling (öielme'^r ^er. Sac. Ob erlin , De Johannis
Geileri Caesaremontaui scriptis germanicis , Argentorati 1786. 4''. — 5.
2B. ^^. öon 3tmmon, ©eiler öon Äaifer§berg'§ Seben, Seiten unb ^^rebigen,
erlangen 1826; recenf. öon S. ®rimm, @ött. öel. Slnj. 1827 (Äl. ©dfjr.
5, 13—18). — 2lug. ©toeber, Essai historique et littöraire sur la vie et les
518 ®etlf)Ot)en.
sermons de J. G. de K., ©trapurg 1834. 4». — 2tm. SÖil^. 9tö^n(^,
2:eftament ^o^. @eilev'§ ö. ^. in ^Hgen unb giiebner, 3eitfc^i-iit jüi- '^ifto=
vif(^e X^eotogie 1848, ©. 572—586. — a^ol). ©effcfcn, S)ei- 5ßitbercate^i§=
mu§ be§ funtjel^nten ^a^r:f)unbcrt§ I, Seipaig 1855, ©. 10-12 u. 5. 2ln=
{)ang 29—47. — 5lug. ©töBer, 3ui- ®ej(|i(^te be§ 3^olf§aBevglauBen§ im
5InTange be§ XVI. ^a^r^unbevtä. 2Iu§ Dr. 3fo^. @eilex'§ ö. ^. (5mei§,
33afel 1856. — S)etf. , Sur le lieu de naissance de G. dit de K. in bei*
Revue d'Alsace, 1866, p. 59 sqq. — €). Sorena unb 2Ö. ©euerer, ®efrf)i(^te
be§ ßljafjeg (Berlin 1871) 1, 149—153. — 33ii'lingev, ?l(emannia 3, 1 fg.
129 ig. (1875). — 3Ö. SBacfernaget , 9lltbeutjct)e ^$vebigten (1876) ©. 441
6i§ 444. — L'abbö L. Dacheux, Un reformateur catholique ä la fin du
XV® siecle, Jean Geiler de Kaysersberg, Paris et Strasbourg 1876. —
(2)erj.), S)ie älteften ©d^rirten ®ciiei;'§ öon Äaifer§16ei-g I, gveiBurg i. 33. 1877.
6. gjlaxtin.
@ciII)Ol)ClI : 3U*no(b 0). öon gtotterbam , nimmt unter ben ge(ef)rten
^DJtännern, welrfien ba§ regutitte Äloftcr ©rünentt^al bei Trüffel im 14. unb 15.
^at)vt)unberte feinen guten 9tuf öerbanfte, eine l^ertionagenbe ©teile ein. 51ac^
tioHenbetem ©tubium ju 33ologna unb 5pQbua , ttjo er ben Sioctortitet be§ !a=
nonifdjen 9tec£)t^ erl^iett, !ef)rte er in bie ©tiftung be§ ^o^nn 9lu^§broect ein
unb lebte bort, mit jd^riitfteÜerifd^en ?Irbeiten bcfi^äftigt, bi§ 1442. 33icttei(^t
toax if)m aud) ber Unterridit an ber i?Io[terf(^u(e ju ©rünenf^al übertragen,
mie ein öon it)m öerja^teg, päbagogifd)e§ 2ef)rbud) für 2:f)coIogic, 5)lebicin unb
fanonifc^c§ 9trd)t, ba§ ,,Sopnium doctrinale" öermutt)en Iä|t. 2!iefe , nur
!^anbfd)riftli(^ ei;iftirenbe ?lrbeit , entt)ält toi($tige ^Jiac^ric^ten über ba§ ©d)ut=
toefen jener ^fit. 2)ie Örammatif, ba§ l^ei^t bie .^enntni^ ber Iateinifd)cn
©prad)c, war if)m „bie ^Pförtnerin aller 2Biffenfd)aft, meiere bie taüenbc 3unge
reinigt." @§ fann bat)cr nic^t föunbcrn, ba| (*•). aiemtid) genaue 33efannt=
fdiaft mit ben ©diriften ^^tato'ö, äiergil§, .pippofrateä', Jerentiu^' unb anberer
glaffifer ^eigt, toetdie jum Unterricht in ber ^?iofterfd)uIc ju (^rüncntt)al benü^t
tourben. 5£)ie ßogit, lehrte er weiter, fei nid)t im 3)ienfte ber ©op'^iftif ^u be=
nützen, fonbern nur ein Mittel jur reineren ©rfenntni^ ber SBa'^rl^eit. S)ie 9lt)e=
torif empfat)l er be|onber§ ben i^uriften unb (obte ben ^eitfamen (äinflu^ ber
^}}lufif, toietcol er ernff^aft baöor Warnte, „ha^ bie Äird)e nid)t jur 33üt)ne
Werbe." ^Irif^metif, Öeometri! unb ^ftrologie wu^tc er ju fd)ä|en, fprad^ aber
bem ©tubium ber ©etbfterfenntni^, mit ber man ben „innerlichen ^Renfd^en
meffen" lerne, ben SSorrang ju. 3)iefe mt)[tifd)e ©cfinnung trat befonber§ '§er=
öor in feiner ©d)rift „Gnotosolitos i. e. Nosce te ipsum" , Weld)e öon ben
iSrübern be§ Gemeinen 2eben§ ju Srüffel 1476 burd) ben 5£)rud öeröffentlid)t
warb. S)iefe au§fü!§rti(^e 3Ir6eit f)anbelt Befonberg öon ber ÜJtoral unb ber
@lauben§le'f)re , aber aud) öon mand)em ©egenftanbe ber firc^lic^en 2)i§ciplin,
wie unterbiet, ßjcommunication unb anberen. ipauptfäd)lid) auf biefem ©ebiete
be§ fanonifc^en 9ted)t§ bewegen fid) feine weiteren, in .g)anbf(^rift öieüeid^t ^ie
unb ba noc^ öortjanbenen ©djriften, wie au§ i§ren Sitein, Welche wir bem
Necrologio monasterii viridis Vallis Marci Mastellini enttef)nen, ju fd)tie§en
ift. S)iefe Slrbeiten [inb fotgenbe: „Liber visitationum Viridis Vallis", „Remis-
sorium juris civilis et canonici", „Lectura super constitutionibus Benedicti
Xll", ,,De contractibus usurariis", ,,Recollectio conciliorum Joannis Calderini",
„Speculum collationum", ,,Vaticanus s. speculum pbilosophorum", ,,Confessio-
nale", ,,Tractatus de electione" unb „Moralizatio cursus triumphalis".
35gl. 5Jla[teflinu§ in bem genannten 5tecrologium. ^paquot, Memoir.
litter. moU, Kerkgesch. van Nederl. II, 2. st. bl. 242, 262—268,
288, 368 unb 6§r. äöeiB, Biogr. Univ. Suppl. LVI. p. 455.
öan ©tec.
©etfe — ©eis^üttner. 5^9
®ci)c: ^o^anneg @. , geiftli^er ^^ic^ter bee 16. ^a^r^unbertS; au§
^TJicIfungen in 9lieber^effen. @r öeraBte in bem öielbeliebten ■g)itbebranb§ton
ober „in bem 2on tüie man finget ben Sergreien in bem ^oa(f)im§ 2:al" fein
„fd^öncs üaft tröftlii^ neue§ ßieb in c^iiftlid^cm greuj unb 2rübfalen burd^ öit
^eilfame 35ermanungen , <Bpiüä} unb Seifpielen k. a(te§ unb neue§ leftamcntS,
umb rechte @ebulb unb gnebige griöfuug, mit Sefenntniß ber Sünben, in Älagc
unb Sittioeig fierätic^cn gelungen" , in 39 (Stroti^en , beren ^tniangsbuc^ftoben
bie Söorte „3fof)anne5 @eife üon 931elfungen mad^tS Öieb nero" ergeben, moran
ft^ nodE) 3mei ©tropfen al§ „3?efc£)tuB" m „bem c^riftentic^en gutherzigen C^efer"-
anfc^üeBen. Siee Sieb, ba§ einzige, ba§ rair Don i{)m fennen, rourbe 3U 93lar=
bürg 1547 „burd^ Stnbreag Äotben" gebrucft. Söiebergebrutft bei 'J^f)\lipp
äöacfernaget, ba?> beutfd^e i?ir(^enlieb 3, ©. 964—967. ß. SSartfc^,
GJctfcr: f. (b'e^fer.
©ci^^aim: ^ol^ann 6aT( Söitl^elm ©., Ii)rifc§er 2)i(^ter unb ^umorift,
rourbe geb. am 6. September 1784 ju S3re§rau, erhielt feine ißilbung aur bem
@t)mnafium 3U (5t. 6Iifabetf), ftubirte Don 1803—6 ^^itotogie 3U ^alle^ trat
bann al§ Öe^rer an ber Ce[5ner"f(i)en , fpäter 9teic^e'fcf)en Unterri^tganftalt ein,
rourbe 1811 ad^ter 6oüege am ßlifabetf)=6t)mnafium unb ftarb at§ erfter Cber=
leerer an bemfetben am 29. Januar 1847. (5r toirfte al§ populärer ©c^rift^
fteller burc^ feine aSod^enfc^rift „Ser $au§freunb", bie Pon 1821—32 :§eraui=
fam unb mit „bem ^pumorift" 1832—33 enbete, auf einen groBen Öeferfreig.
Slufeer fleinen ©etegen^eitsfdiriften Perfekte er eine Ueberfefeung oon brei ©att)ren
be§ ^ora.j in |)erametern (1829) unb Perfuc^te fid^ au(^ im Srama, menn au^
nic^t mit gleidtiem Q)IM, tt)ie im 2prifcf)en. Srei fteine Suftfpiele : „5)ie ^oä)--
3eit Pon 5]3öpelmi^", „©c^lag fieben" unb „S)a§ alte ^au§'', erftere in ©ubi^'ä
^affxhuä) , fanben nur gettieitten Seifall, ©eine |)auptt§ätigfeit war ber Öt)iif
äugetoenbet. ^n ber 1839 SSreetau bei ^. 93^ar in 2 33änben erfdE)ienenen
Sammlung feiner „(Sebid^te" erfd)eint er Porne^müc^' a(§ f^örberer fetterer @efeaig=
feit, ats tatentpoller @elegen^eit§bi(^ter im befferen SBortfinne. @emütf)a^feit,
geiftreid§e_ ginfätte unb ©angbarfeit ^ei^nen fie Port^eil^aft aus. Sie 6om=
poniften feiner Saterftabt ^abm einen großen 2^eit baPon componirt unb nod^
^eut_ erfüngen manche in Siebertafeln unb ©efangpereinen au^ be§ meiteren
beutfc^en 9}aterlanbe5 (3. 25. „^Diur frö^licf)e Seutc" k.); piele finb ^erftreut auf
Flugblättern unb in 3eitfc^riften, Piele nod^ gar nic^t gebrucft.
- ©cl)lefifd^e ^ProPinsialblätter 1848, ©. 475 ff. Programm be§ @pmna=
ftumö 3u ©t. eiifabet^ 1847, ©. 16. ^alm.
^ (Heic^^iittner : ^ofef @., geb. ju Smunben in Dberöfterreic^ 1764, f am
5. Januar 1805. 3hmer Sltern ©o^n ^If er fiel) öjä^renb ber 3eit feiner
@t)mnafialftubien fümmerlid^ bur^, trat Jobann in ben geiftlic^en ©tanb, oblag
im ©eneralfeminar 3u SBien ben t^eologifc^en ©tubien unb begann fobann feine
feeIforgerli(^e 21mt§tl)ätigfeit auf einer länblicl)en ^^pfarrei ber Öinjer Siöcefe.
©Pater tourbe er al§ Ji?atec^et an bie Jpauptfcl)ule 3U Sina berufen ; unb ba naä)
31uf^ebung ber ©eneralfeminarien eine t^eologifd^e Öe^ranftalt in Sins erri(f)tet
mürbe, erhielt er an berfelben ba§ gekramt ber 53toral= unb ^^aftoraltl)eologie.
einen jRuf jur Ueberna^me be§ Sel)ramte§ ber Sogmatif an ber äöiener UniPer=
fität lehnte er aus Siebe jur ^eimat^ ah. Slafür übertrug i^m ber Sinaer
5öif(^of @aE (f. b.) W Scitung be§ 61ericalfeminar§ unb aeid^nete i^n
bur(^ ben i^m Perlte^enen Jitel eine§ Sonfiftorialrat^ee au§. 3}on ©eite ber
faiferli^en ^Regierung mar i^m bie Ernennung jum 9tegierung§ratf)e fotoie
3um eteferenten in geiftli(^en unb genfur=3tngelegen§eiten für Cberöfterreic^
angebaut, bie in ber X^at auc^ erfolgte; e^e er aber ben neuen S^ienft antreten
520 ®ei§mat — ©cijfct.
tonnte, raffte i^ unbermuf^et ber Sob :§inn)eg. 6r öeröffentUc^te iin legten
^üi)xt fetne§ !2el6en§ eine „S^eotogifc^e ^orat in wiffenf^aftli^er ®avfteUung",
3 2;t)le. (9lug§b. 1804), toeld^e i'^in einen e'^renboUen $la^ in ber (V)ef(^i(Jte
ber t^eotogif(5en Sitteratur be§ fat^otifd^en S)eutf^lanb§ fiebert (ögl bie fur^e
SBürbigung berfell6en in 3Berner'§ (sjefdiicfite ber fat^olifrf)cn S^eologie S)eutfc^-
tanb§ ©. 265); au§ feinem litterarif^en 9lad)ta^ öeröffentüdite i^. X. ®cl)er
einen %M^ ber fir(f)Iicf)en WlaubenStel^rc unter bemSitel; „3)erfu(i) einer iuiffen=
f(i)aftlicj)en unb :|)Dpulären :5)ogmatif, ^unädjft für fat^olif^e 9leagion§let)rer",
•SBien 1819.
äöurjfiad) , Siogr. ßei*. be§ ^aif. Defterreid) unb bie bafelbft angefül^rte
Sitteratur. SB er n er.
(^kiömar: f. (bljcijörnar.
(SJcifo: |. im\o.
ökiffcl: 3of)anne§ öon ©., ßarbinal unb ©rjbifrfiof öon Äöln, geB. ben
5. gelbruar 1796 3u ftimmelbingen an ber .starbt unb geft. ben 8. Sept. 1864
3U Äöln. 6cf)on in irüt)eftcr S^ngenb üerrietf) er l^o'Eie Einlagen unb ein benad)-
öarter Pfarrer Beftimmtc bie einfac£)en, aber nicf)t unbemitteüen (Sttern, ben ge=
mdkn, lernbegierigen ÄnaBen ftubiren ju (äffen. 91a(i)bem ber junge ®. auf ber
lateinifd^en ©cijule ju ßbeel^eim I}inreiä)enb öorbereitet werben , begab er fid^
1813 in einem 'Filter bon IT^fat^ren nac^ 5)lainj, wo er am faiferlic^en Sl)ceum
feine p^iIofop§ifd)cn ©tubien beenbete. ^m Jperbft 1815 trat er in bae öon
Siebermann geleitete ©eminar unb er't)ielt, nad)bem er 3um ßicentiaten ber
2;t)eotogie |)romobirt worben, am 22. 5luguft 1818 bie ^priefterwei^e. j^aum
ein :^albe§ ^a^x wirfte er in ber praftifd)en ©eelforge ai^ Kaplan unb ^^^fan^
öertoalter; fd)on im Einfang be§ S. 1819 würbe ber ftrebfame junge 5Jtann,
ber balb bie Slufmerffamfeit ber geiftüd)en unb Weltlirf)en 33e'§örben auf fid)
gelenft unb ba§ pt)itotogifd)e @j;amen beftanben l^atte, ^um ^Profeffor unb 9leU=
gion§tet)rcr am Wt)mnafium in ©peier ernannt, ^ier f)attc er ©etcgentieit feine
auägcjeid^nete Seljrgabe ju bewähren unb Weiter 3u entwideln. @r Oerftanb e§,
fid^ an biefer gemifd)tcn 2lnftalt bie '^ödifte 5(d)tung feiner goUegcn unb bie
innigfte Siebe feiner ©djüler 3U fid)ern. i?aum 26 ^a^rc att Würbe er am
22. Suni 1822 jum ''3Jlitglieb be§ neuerrid^tetcn 2;omtapitet§ berufen. Dtoc^ in
bemfetben 3fat)re würbe it)m bie ©teile eine§ ©d)ulrat^eg für bie baierifd^e '^falj
übertragen. S)a§ 9(mt eine§ ^{eligionStel^rerg am ©ijmnafium bet)ielt er üorläufig
bei. 33ei feinen öielfad£)en amtlid)en S3ef(^äftigungen wufitc ber f^ätige unb
gewanbte junge Som'^err ^^it 3^ ben mannigfad)ften littcrarifd)en 9lrbeiten ju
gewinnen. S)iefe 3lrbeiten waren t^eotogifdt)er, [taat§red^tlid)er , t)iftorifd^er,
poetifdt)er unb bettetriftifc^er 3(rt. 0). War einer ber fruc^tbarften unb '^erüor=
ragenbften ^JJlitarbeiter an ber in Wain^ erfd)einenben , bie römifd£)e 9tid^tung
öertretenbe unb bie t)ermefifdt)en (Mrunbfd^e befämpfenben 3eitfdE)rift „2)er ^atI)olif ".
©eine l^iftorifd^en 3lrbeiten „3)er i?aiferbom ju ©peier" (1826—28), „S)er
Äird^enfprengel be§ 58i§tl^um§ ©peier" (1832) unb „S)ie ©d)tad)t am -.^afenbü^l
unb ba§ ßöniggfreuj bei ©ölltieim" (1835) öerbienen ben befferen ^iftorifdf)en
5lrbeiten bamaliger S^'xt an bie ©eite gefegt ju Werben; fie jeidtinen fid^ auä
ebenfo burd^ t)iftorifd)e ^xitxt wie burd^ einen blül^enben, fd)Wungt)oEen ©til.
SSon feinen Ülobeüen unb S)id)tungen finb ju nennen: „S)ie ©tiftung be§ .^lofterS
Simburg", „®ie ßarmagnoten in ber ^pfalj 1793", „2)er ©tabt ©pet^er SSerratt)
unb 9tettung im ^aijxt 1330", „S)a§ ^o^anniäfeft ju^M^bad) in ber ©onnen=
wenbe be§ ^a1)Xi§, 1310", „S)er ^aftnad^t ?Jlontag in ber 3lbtei ^ornbad^ im
Satire 1447", „9}erWüftung ber 5lbtei Simburg burd^ ben ©rafen @midt) bon
ßeiningen im ^ai^xt 1504", „S)er ßeid^enjug be§ Äurfürften f^riebrii^ V. jn
fjfrantenffial im Sa'^re 1632", „S)ie ^Belagerung bon S)eibe§^eim im brei^ig=
©eiiiel. 521
jährigen Kriege", „3)ie äßUberer am ^aarbtgefiivge im ^a^re 1782". 2tt§
©tilift war ©. ^5(f)[t fiebeutenb. ©eine (5jebid)te namentü(^ lüaren e§, toeld^e
bie 5Iufmerfjamfeit be§ fiaievififien Äönig§ Subwig auj bieje§ gtönäenbe latent
l^inlenften. ©er guneigung feine§ ^önig§ ^atte ®. e§ ju öerbanfen, ba^ er 1836
an bie ©teEe be§ OerftorBenen f5fi-*i"3 S)onat äöerner jum S)ombec^anten ernannt
würbe. Äaum brei ©tunben toar er in biefe Söürbe inftattirt, a[§ SSifc^oi
9ti(^ar3, ber öon ©|3eier na(^ 2lug§Burg berfe^t Werben, in feierüd)er ^apitel§=
fi^ung ein fönigli(i)e§ 5De!ret öom 20. ©e|)tem'6er öorlefen lie^ , Woburii) bem
neuen Sombei^anten bo§ erlebigte SSiSffium ©peier öerlietjen Würbe. 5)ie 5Diöceje
befunbete it)re unöer^o^tene ^-reube barüber, ba^ ein ©ol^n be§ Öanbe§, ein
■»JlJtann, bejfen 2;ü(^tigfeit unb X'tiatfrait allgemein befannt war, ber bie ©itten
unb digent^ümlii^feiten ber S)töcefe au§ langjähriger ©rfa^rung fannte unb a(§
^riefter wie @e(e^rter eine gteicf) ^o^e 2I(i)tung geno^, an bie ©pi^e ber [peierer
Äirdde geftellt würbe, i^m 6'onfiftorium üom 20. 5Jlai 1837 würbe @. üon
*^a|3ft ©regor XYI. |)räconijirt, am 13. 5tugu[t in Slugeburg conjeErirt unb am
30. beffelben '>)Jlonat§ in ©peier eingejü^^rt. @. übernat)m bie Leitung ber SÜöcefc
in einer ^üt, in Weld)er fic^ auj fird)Iic^em ©ebiete ein Umt(f)Wung im ^ntereffe
be§ ftreng römifciien ©Q[tem§ öorbereitete. 9Jttt ber freifinnigen 3ti(f)tung,
welcf)e auf bie nationalen ©igentpmtit^feiten, bie protiiujieEen 2;rabitionen unb
bie @eje^e be§ ©taate§ bie gebü^renbe 9tücfl"i(i)t na^m, o^ne bem ©tauben unb
bem 5|5rincip ber fird)li(i)en 6in|eit im ©eringften yii na"^e ju treten unb in
conieji'ionell gemifi^ten ©egenben eine liberale, rüii[i(i)t§t)otte 33ef)anblung ber
^3Jhfd)elE)en öevlangte, o^ne bie 5Red)te unb öejütile be§ fafEiDÜjctien 2;f)eile§ ju
Deiic^en, foKte gänälid) gebroc£)en werben. 2)er ßinflu^ be§ ©taate§ auf bie
äußere S}erwaltung ber Äircfie, auf bie 23efe^ung ber geiftlic^en ©teilen, aui bie
S)i§ciplinargewalt ber Sifd)öie, auf bie ©r^ietiung ber 6eifttirf)en , auf bie fir(^=
ü(f)en ^nftitute, auf bie äußere 93etl)ätigung be§ firc^tic^en 2eben§ foEte ööttig
beseitigt Werben, ^m ganzen fat^olij(i)en S)eutf(i)tanb begann e§ jicf) 3u regen.
@§ würbe eine Bewegung öorberMtet, beren S^d ba't)in ging, bie burcf) eine
ütei^e üon Goncorboten unb bijc^öfüd^en 3}erorbnungen geregelten fird)en = poti=
tifd^en S^er^^ättniffe im ©inne be§ ftrengften Ultramontani§mu§ umjugeftalten
unb bie t^eoIogijrf)en unb p^i(ojopf)if(^en 2ti)X]tixi)U an Uniüerfitäten unb ©emi=
narien in bie .!pänbe üon 5pro|efforen 3u bringen, welcf)e in ber ^Verbreitung bee
jejuitif(^en unb Iigorianif(^en ße'^rftiftemS bie ^5d)fte Slujgabe ber !ir(i)ti(^en
i3e§ranftalten erfannten. Sie Otuntiaturen unb eine ni(i)t unbeträc^ttidfie '■IRengc
öon ©eiftüc^en, weld^e i'^re Silbung im Collegium G-ermanicum er!)atten l^atten,
waren e§, burcf) beren rührige S^ätigfeit biefem ©t)[tem eine immere größere
SSerbreitung gegeben Würbe. SieSiid^öfe unb S)ocenten, Welche ^Bebenfen trugen,
bie SSeftrebungen ber i^eiuiten mit atten Äräyten ju unterftü^en , würben unter
geheime Gontrote geftettt unb bur(f) 95erationen aller 5trt eingejcf)ü(i)tert unb in
jebem äöiberftanb gelät)mt. ©(i)IagWörter, Wie „9ie(^te ber fiird)e, 3öe(!=
ung be§ fir(f)U(^en Seben§, SJert^eibigung be» @lauben§, -öanbfiabung ber S)i5=
ciblin, 2(ufirif(f)ung be§ fird)tid)en ©inne§" würben baju benu^t , bie ^(t)x^ai)i
be§ fatI)oIifcf)en 3}oI!e§ für bie ultramontanen Seftrebungen ju gewinnen. ®.
gef)örte Weber feiner Sr^ie^ung no(^ feiner 51eigung naä) 3U ben fanatifd^en
SSorfämpfern ultramontaner ©runbfä^e; aber al§ S3if(i)of ber !atl)olifc^en Äirc^e
l)atte er bem 5]3apfte ©e'^orfam gefcf)Woren unb er fannte feinen ©runb, warum
er nidC)t bem ©t)ftem, weld)e§ in 9tom für ba§ allein faf^olifdie galt, baö Söort
reben follte. ®ut römifcf) ju fein lag in ber ©trömung ber S^^^ ^^^ ^^^' ^^
ber !irdC)lic^en Jpierardjie ficfi nidit l^intangefe^t feigen wollte, burfte ber 9tid^tung
ber 3ett fi(^ nid^t entgegenftelten wollen. %üxä) @rünbung eineä ^nabenfeminari
bewieg ©., ba^ e§ i^m @rnft War, ft(^ ftrenge nac£) ben alten fird£)lid§en 3}or=
522 ®eiffel.
fd)niten, namentlich nacf) benen be§ SErientev 6ondl§, ju i-id^ten. 2)ur($ biefe
©tiitung errei(i)te ev ben boppelten S'^^ed: einmal eine bur(f)au§ firdilid^e @r=
jiel^ung be§ jungen 6(eru§, Jobann bie ©rünbung einer ^sflanjftätte für eine 3u=
reid^enbe 2lnjat)l junger Öeiftlid^en. .^önig Öubmig ertt)eiUe bem tliatfräftigen
unb fegen§retd)en SBirfcn be§ 35if(i)oi (5). baburcC) feine 9lnerfennung, ba^ er bem=
felbcn ben ^lerfönlidien ?lbet öerlief) unb i'^n burd^ anbere @t)renl6e5eugungen
au§äci(^nete.
9tur öier ^ai^xt füf)rte @. ben freierer Sifc^of§ftal6. ©o lange bie in
S)eutfd)Ianb immer me'^r fiel) öer&reitenben ftreng ultramontanen ©runbfä^e fi(i)
tebiglirf) auf tl)eoretifc^cm (S)cl)iet fiemcgten, nahmen bie Staaten feine 9}eranlaffung,
i^re baburcl) öielfad) bebro'^ten 9ted§te mit (Energie ^u fcl)ü^en. ^n ^öln i)atte
ber ßrjbifiiiof glemenS ^uguft ben erften entfrf)eibenben (Sci)ritt jur (Sinfül^rung
be§ ultramontanen ©l)ftem§ in ba§ is^eBen be§ 3)olfe§ gemagt. ©eine Entfernung
üom er^Biftfiöf tilgen (5tul)t mar bie ^^olge gemefcn; ber preu^ifd^e ©taat l)atte
geglauBt fic^ felbft aufzugeben , menn er bie tt)atfä(^lid)e S)urc£)fü{)rung ber öon
ber ßurie bertretenen C^runbfätse ol)ne äBiberfpru(^ gefc^e'^en laffc. 5Der neue
Äönig i^riebrid) SBil^elm IV. glaubte feinem ganbc, namentlid) aber feinen
fatl§Dtifd)en Untertl^anen, e§ f(i)ulbig ju fein, ber römifc^en ^urie bie i^anb ber
SJerfö^nung 3U reidien. ^ad) längeren Unterl)anblungen mürbe tro^ be§ 2Biber=
fprucl)e§ einiger unt)erföt)nlid)er Garbinäle im ©eptember 1841 eine ßonöention
ätoifclien ber ^jreu^ifd^en 9lcgierung unb bem rDmifd)en (Stul)le gcfcf)loffen , too^
burc^ bie J?ölner Errungen ba^in beigelegt mürben, ba§ ber @rjbifci)of 6lemen§
Sluguft einen Ö'oabjutor er'^alten fottte. (Siemens Sluguft t)atte fic^ um be§ lieben
griebenS mitten in fein ©cl)icffal ergeben unb bie 3ufid)erung ertl^eilt, ba§ er
atte§ bereitmittig ber 6ntf(^eibung be§ ^4^at)fte§ überlaffe. 2luf ben SBorfc^lag
be§ J?önig§ Submig öon iöaiern mürbe (*>>. mit 3uftimmung ber preu^ifd^en
ülegierung jum (ioabjutor be§ gr^bifc^ofg öon .^öln mit bem 9te(f)te ber ^ad)=
folge unb jum 9lbminiftrator ber ßr^biöcefe ^öln ernannt. 6lemcn§ ^luguft,
ber im Secember 1841 ben S5efu($ feine§ 9lac^folger§ in 5Jtünfter cm|jfing, über=
manb balb feine anfänglicl)e ?tbnrigung gegen ben ßoabjutor unb münfd^te bem=
felbcn glüdtidien ßrfolg in ber 2)urd)füf)rung feiner ^o'^en 3lufgabe. 33on
5Rün[ter reifte Ü5. nac^ ^Berlin, mo er mit l)o'^er 2lu§5eid)nung empfangen tnurbe
unb am 9. Januar 1842 bor bem öerfammelten 9Jlinifterium ben @ib in bie
ipänbc bc§ Äönigä ablegte, 3lm 4. 5Jlär,^ trat er, burd) ein furjeS .§irten=
fd)reiben be§ ©rjbifdiofs 6lemen§ 5luguft eingefü'^rt, bie 35ertoaltung feineS
fd^micrigen 3lmte§ an unb mürbe am 15. ^ai öom ^ßapfte jum @r,ibif(f)of bon
Sfconium präconifirt. 3utn Semeife, ba^ bie preu^ifdie 9legieruug ben ernften
SCßiÜen ^ahe, für bie golgc ^xieht mit ber Äird)e ju 'galten, erlief biefelbe eine
SSerfügung, monac^ fie ben S3erfel^r ber 5ßifd)öfe mit bem päpftlid^en Stul^le frei
gab , für bogmatifd)e ßiiaffe lebiglic^ eine ^Uttl)eilung an bie ©taat§regierung
forberte, bei allen anberen aber, falls fie aud^ nur mittelbar ben ©taat unb
bie bürgerlichen 35erl)ältniffe berührten, bie SSerfünbigung unb 3lnmenbung bon
ber öorgöngigen ^uft^t^i^^nug ber meltlid)en Seliörben abhängig mad)te, bann
bie einrid)tung einer eigenen fatl)olifc^en 51bt!^eilung im SultuSminifterium,
meli^er aud) bie Sßal^rung ber ftaatlid)en JpolieitSrec^te übertragen mürbe. ®a§
^Kinifterium glaubte feinen ©infprud) erl^eben 5U foHen, al§ ber neue Dber^irt
in feinem erften |)irtenf($reiben bie fird)li(^en ©runbfä^e be§ @rabifc^of§ (£lemen§
Stuguft unbebingt aud^ für bie feinigen crftärte. ßine 5lenberung in ber !ird§en=
politifd)en Haltung ber neuen S)iöcefanPermaltung ftanb bemnad) nicl)t p ermarten,
nur mar ber neue Seiter ber S)iöcefe feiner in ber fyorm unb nachgiebiger in
unmefentlicf)en S)ingen ; er mu^te gefc^idt unb gemanbt bie gefäf)rlicf)ften flippen
p umgeben unb bie betreffenben gtatligeber ber Ärone ganä für feine ©ebanlen
©etfjel. • 523
unb Slnfi^auungen ju gcioinnen. 5J^an jaf) Te(i)t balb ein, ba^ ba§ ©teuer ber
Kölner S^iöcefe fxc^ in öänben befanb , tDetc^e ben ^^-rieben mit bem Staate
aufrecht ju ermatten raupten, o^ne im @ering[ten ben Stmorberungen ber ßutie
entgegenzutreten. Slm 19. DctoBer 1845 ftarb ber erjbiidioT 6temen§ 3(uguft
unb ber feitl^erige (ioabjutor beftieg ben erjbifcfiöTlic^en Stu'^t. 5tm 2-i. 'Dloöbr.
beffelben Sa'^reS erhielt er ba§ ^^attium unb am 11. ^an. 1846 mürbe er im ^o^en
2;om feiertief) int^ronifirt. Sie attgemeine X^eitna^me an biefer geier gab
jpre(f)enbe§ 3fii9ni§ ^on ber Siebe unb 9Ict)tung , meiere @. fic^ bei ben 6eift=
liefen wie Saien gefiebert ^atte. Seiner Ä(ugt)eit, 6ett)anbtt)eit , Umjicfit unb
geftigfeit toar e§ gelungen bie huxä) bie Befarmten Söirren auf's Xieffte erregten
©emüf^er ju beru|igen, ba§ firc^üd^e Seben in jeber Sejie^ung ^u {)cben unb
ftdt) bie 9iegierung be§ i^m perfonlid) mo'£)(toolIenben i?Dnig§ f^riebrii^ äßilfielm lY.
5U befreunben. 2öaf)renb in aüen beutfd)en Staaten bie fattiotifc^en SSe^örben,
benen bie firc^Iicf)en ^tngelegen'^eiten anöertraut maren, mit ben Sifc^öfen megen
ber übertriebenen ^srdtenfionen berfetben in Streit geriet^en, mu^te bie !at^oüf(f)e
Slbt^eitung be§ 6ultu§minifterium§ jeben ßonftict ^u öermeiben unb ben ^rieben
3tt)ifd)en Staat unb ^irc^e aufrect)t ^u ert)atten, Sem ßr^bifc^of tag baran, bie
^ermefifcfjen Streitigfeiten 3um 5lbf(|tu^ ju bringen. Sen (Gegnern be§ ^erme=
fiani§mu§ mar e§ gelungen in 9tom ein öerbammenbeg Urt^eit gegen biefe§
St)ftem p ermirfen. 9Iuf 6runb biefe§ Urt!^eit§ untermarfen fic^ öiete 5ln^änger
hei St)ftem§ , mehrere aber erflärten , fie feien erbötig ba§ 3}erbammung§urt^eit
quoad tidem anjuerfennen , glaubten aber bie quaestio facti geltenb mad)en 3u
muffen. &. bermari biefe ßinrebe unb er mu^te e§ burdijufe^en, baß ^^iu§ IX.
am 25. 3uü 1847 bie üon feinem 33orgänger au§gefpro(i)ene 93erbammung ein=
fac^ beftätigte. DZun l^atte er @runb ben 5In^ängern be§ öermefianismuS bie
SQai)i 3u laffen , ob fie fi(^ eimad) bem Spruc^ be§ 5|}apfte5 untertoerfen ober
fic^ jeber meiteren öe^rt^ätigfeit an ber Uniöerfität SBonn enthalten mollten.
^}Jtit biefem Si^ritt be§ ßrjbifdliofs mar ber ^ermefif(^e Streit gef(f)li(^tet, aber
auc§ bie g^-'^i^eit ber tf)eologifd)en SJßiffenfc^aft gebroct)en. ©. , ber üon ^au§
au§ nid^t al§ ein ^einb freier {yorfc^ung angefe^cn toerben tonnte, ^atte e§ über
ftd) gebracht im ^ntereffe be§ t)errfc^enben St)ftem§ ben ©eift ber freien Söiffen^
f($aTt in Steffeln ju fd^lagen. Sa^ er mit ^eftigfeit unb 6ntfd^iebenf)eit ber
beutf(f)=fat^oltfcf)en Semcgung entgegentrat, liefe fid) of)ne Sdimierigfeit begreifen.
S)afe er aber ben Ciegnern öjünt^er"» nad)gab unb ben @ünti)erianigmu§ tür eine
©efa^r für ben fatf)olifd^en ©tauben erflörte, machte i^m unter ben beutfd)en
öetet)tten öiete fyeinbe.
oben ^atte fid) bie burd) bie ^ermefifc^e unb güntfierifc^c i^rage angeregte
SSemegung etma§ berul^igt, al§ bie politifc^cn ^Tiar^ftürme über ha'Q Sanb l)in=
brauften unb alle ©eifter in fieber^arte 2(ufregung festen. Sn biefer milbbetuegten
^eit be§ .S. 1848 bemätirte fid^ @. al§ einen fat^olifcl)en S3ifd)of, ber bem ^aifer,
n)a§ be§ Äaifer§, unb 6ott, ma§ 6otte§ ift, ^u geben gcfonen mar. ^n mehreren
•s5irtenfd)reiben ermaf)nte er bie ©laubigen ^u ^xitht unb 6intradl)t, jur '^ti^tung
ber bürgerlichen mie firdilic^en Crbnung unb @efe^Iid)feit. Sie '^^artei , meldte
bie politifd^en Sßerfammlungen in ^^ranffurt unb Berlin aud) auf bae fird)en=
politifdl)e i^etb gefdl)oben .ju fe^en roünfcf)te, ftetlte ben @rjbifd^of ^o^anneg jum
Sanbibaten für bie conftituirenbe )3reufeifd)c ^ationalüerfammlung auf unb mit
großer 5;)tajorität mürbe er gemä^lt. '^n jener tief bewegten 3^^^ ^^^^^ ®- Mt
unb entfdjieben für ben ^önig, beffen ^aus unb X^ron, babei entmidelte er aber
anä) eine rührige X^tigfcit für bie ßrmeiterung ber fird)li(fien 9?ec^te im Sinne
ber fatl^olifdien *$artei. ^^m unb feinen )3oIitif(^en [y^-'eunben unb ©efinnung§=
genoffen gelang eö ba§ 9Jtinifterium jur Sarangabe unb 33efeitigung aller 6au=
telen, meiere bi§ bal§in ber Staat pr ^Ser'fiütung aller Uebergriffe öon Seiten
524 ©eiffet
bei- ^hä-)t in bie Sejugniffe be§ ©taate§ für not^iüenbig cvad^tet Ijatte, fotüie
füx bie 3lnertennung einer fird)ti(i)en ©elbftänbigfeit 3U Beftimmen, lüeld^e eine
9tei^e öon Sauren ^inburd^ ber fatf)oIij(i)en i?ivif)e eine ireie, unge^inbci-te (änt=
jaltung be§ fivd)ü{^en SeBenS unb bie @ntiüicE(ung !ird)li(i)ev Sfnftitute ßi§ ju
bem fünfte geftattete, tüo foti^e ßntj^altnng unb gnttoirftung bem ©taate be=
benftic^, ja gefät)i;Ii(^ toerben ju toollen fd)ien. 2)a§ iveunbfi^flitüc^e 3jerl)ättni§
älüifc^en bem {Si-jbi|d)oi unb bem ^Jtinifterium fc^ien fic^ ettt)a§ trüben ju motten,
al§ bie ©taat^regierung öon atten föeiftlii^en, rt)eld)e ein ©taatSamt befleibeten,
einen iinbebingten gib auj hit S^eriaffung öertnngte. W. erllürte, ba^ er all
„bcruiener |)üter unb S^ert^eibiger ber 9tec^te ber fat^olifd)en Äircfie, überein=
ftimmenb mit ben unüeriätjrbaren Cik-unbfci^en berfelben", ben @ib auf bie 3}er=
jaffung nur infomeit jür betbinbenb unb re(i)t§£rä|tig erad)ten fönne, aU er
salvis ecclesiae juribus geleiftet merbe. ®a§ ^Jlinifterium Ien!te ein unb na'^m
t)on ber f^orberung eine§ unbebingten @ibe§ ^Xbftanb. (S)ccbr. 1850.) gine
onbere ©)3annung trat fpäter wegen 9lu§iertigung ber S3e[tattung§urfunbe für
ben 5Dompropft ein. Sel^arrüd) meigerte jid) ba§ ^Jtinifterium bie öon 5Kom
auf ben 5yorfd)lag be§ t)reu|ifd)en ^UlinifteriumS genetjmigte Ernennung bei .sperrn
Dr. SJlünc^en ju bottjieiien. @. meigerte ftd) in ^yolge befjen bie .s^auD ju irgenb
einer anberen Ernennung eine§ 2)om(jerrn ju bieten. @r[t 1863 gelang e§ bie
S)i|ferenjen beizulegen. 3)ie Urfunbc für ben S)ompropft mürbe anSgeftcttt unb
zugleich erl^icUen öier mirElid^e unb jluci (5^renboml)erren it)re Seftattung. 9to(^
e]§e (^). nad^ S3erün gcn)ät)lt mar, '^atte er feine ©uffraganbifdjöfe p. einer 6on=
ferenj nad) j?ütn eingelaben. @§ mar bie§ bie (Einleitung ju einer 3u[ß'nn^en=
fünft fämmtUdier (Srjbifd)öfe unb Jöifi^öfe SDeutfc^lanbg , meldte im ^erbft in
SBür^burg ftattfanb. %m 19. October Ujurbe bie ä^erfammlung , toeldie au§
einem Sarbinal, 3 ßri^bifi^öfen, 15 33ifd)öfen unb 5 bifdjöflic^en iBebottmäc^tigten
Bcftanb , in ber genannten ©tabt unter bem 3)orfit5 (skiffel'ä eröffnet. S)ie
©i^ungen bauerten bi§ jum IG. ^ioöember. 2)ie auf bie ßvmeiterung ber firc^=
liefen 9ted)te unb bie blütl)enreid)ere Entfaltung be§ !ird)lid)en l'ebenl Ijin^ielenben
S3erl)anblnngen unb 5öefd)lüffe biefcl fijnobaten 6ongreffe§ lel)ntcn [ic^ an eine
bon il^m abgefafite umfangreiche S)en£fd)rift an. ."pierin mar gefagt , ba| bie
^ifdjöfe S)eutf(^tanb§ jufammengetreten feien, um üereint fid) über bie ©tettung
auSjufbrec^en , meld;e bie .ßird)e ber neuen Drbnung ber Singe gegenüber ein=
ju'^aüen fjobe. S)ic Xrennimg ber .H'irc^e bom ©taat liege nid)t im SBitten ber
Äird)e. 3)iefc nel^me aber für i'^re ^iffion öotte g^reil)eit unb ©elbftänbigfeit
in ?infbrud), in§befonbere aber für tt)r oberfteS, göttlid)e§ 9ted)t ber Seigre unb
Erjiel^ung ber ^Jbnfdi'^eit. ßbenfomenig fönne bie ,^ird)e auf i^re ütei^te, bie
leibli^e äöo'^tttjäterin ber ä^ölfer jn fein, unb i^ren 6uttu§, bie 3lu§fbenbung
ber ©acramente unb atteS auf ben @otte§bien[t SSejüglii^e ungel)inbert unb felb=
ftänbig ju orbnen, berjit^ten. S)ie 33ifd)öfe müßten für bie geiftlii^en 9}ereine
ba§ gteid^e ^aa^ ber 5lffociation§frei'^eit in ^Infprud) nel)men, me(d)e§ bie 35er= '
faffung be§ ©taate§ aUtn 33ürgern gemöt^re. ©nblid) f)abe bie Äird)e ba§ Ueäjt
ju beanfprudjen, xtjx mo£)(ern)orbene§ ©igent^um frei unb felbftänbig ju üermalten
unb ju bermenben. 6§ muffe feierlich Söermal)rung gegen ba§ ^i^trauen ein=
gelegt merben, Ujornit ber S^erfe^r ber SSifc^öfc unb ©laubigen mit bem Dber=
faupt ber Äird)e Übermacht merbe. S)er niebere 6leru§ tonnte fid) nid^t über=
zeugen, ba^ feinen Sfntereffen auf biefer S}erfammlung in irgenb einer 3Beife
9ted)nung getragen fei. S)erfelbe t)atte fürchten ju muffen geglaubt, ba^ au§
ben ber ^ird)e in ben ©d)oo§ gefattenen ^yrei^eiten nur eine größere 9lb^ängig=
!eit bon ber bifc^öfüc^en äöittfür ermad)fen merbe, menn ba§ 9}erl)ältni^ 3mif(^en
S3ifd)of unb ©eiftlidjfeit nid)t auf altfanonifi^er Oirunblage neu geregelt merbe.
eine ^Inja^l bon 372 öeiftlic^en l^atte ben mui^ in einer c^rfurc^täbott ge^al=
©eiifet- 525
tenen 3lbveffe bcu ßrjbifc^oi um bte ^ul^lfung bes niebeven 6(evu§ ju feinem
9^ecE)te, um bie burd) ba§ canonifd)e 9^ed)t öorgefefiene befinitiöe 5lnftettung ber
Pfarrer, um bie ©infe^ung geiftlitfier ©etic^te ju Bitten. 5luci) unter ben in
biefet -Petition entt)altenen onberen ^Punften bejanb fict) !ein einziger, ber nic^t
bui'c^ ßoncilieuBefc^Iüffe ober canonifdie SSoxfdinrten begrünbet merben fonnte.
S)o(^ biefer @(i)ntt bei* 372 G)eiftlid)en , in lDetd)en baS jeit ber na|)o(eonij(f)en
3eit f^ftematijc^ unterbrürfte ©elbft= unb 9tec^t§betou^tjein in feinem 2:obe§!ampf
p einer legten Seben§äu§erung aufjuringen fidE) bemüt)te, fci)ien bem ßr^bifdiof
eine 2lnma^ung unb ©elbftüBerl^efiung , gegen meiere nid)t ernft unb ftrenge
genug eingefd£)ritten tt}erben fönne. @r i)atte Mittel genug in <g)änben, um bie
llnterjeid^ner cinjufcfiücijtern unb jur 3uvücJna'^me il^rer Unterfc£)rift ju smingen.
3tEc big auf einige toenige gaben bem Sirucfc nad) unb erf(ärten i^re UnterfdE)riit
jurücEjie'Eien ju tooüen. deiner mürbe beförbert, fo lange er nod) auf ber Sifte
ber 372 ftanb, @§ fcfieint, ba^ bie ?lb reffe bocE) in einem ^^unfte ba§ üjemünf(f)te
errei(i)t ^at. (B. fat) fid§ nämlici) öeranla^t f(f)on im Secember 1848 ein eigene^
er3bif(^öfli(^e§ Djficialat mit einem 5p«äfe§, einem lauster, einem Promoter,
einem defensor matrimonii , jmei 9iät^en , ^mci 'Ölffefforen unb einem 3(ctuar ^u
erricfiten unb bemfelben eine beftimmt begrenzte 6eric^t§barfeit äupmeifen. 5luf
6runb ber au§gcbe!)nten 9ie(i)te, toetcEie ber ähäji öerfaffungSmä^ig ^ugefproc^en
maren, öerftanb e§ &. bie günftigen SSer'Eiältniffe ju einem rafdien, Iebf)aften
Sluffi^toung be§ gefammtcn ürc^lic^en Seben§ ju benu^en. DIeue Pfarreien tourben
errid)tet, neue ^ird)cn gebaut, neue 2tnbac^ten eingeführt, Änabenfeminare ge=
grünbet, berfdJiiebene Orben in bie S)iöcefe l^ineingejogen, 53liffionen unb ßrercitien
gel^alten. ^n rafc^er ^^otge entftanben eine ^ei^e öon flöfterlid)en 9Infta(ten
unb Öenoffenfdjaften in ber ©tobt unb ßrjbiöcefe Äöln. 3uerft tiefen fid) bie
'Mffion§bi-*iefter öom '^eiligen S}incen3 toon 5paul, aud) Sajariften genannt, in
i?öln nieber; il^nen tourbe fpäter bie Seitung ber ^nabenfeminare in 531ünftereifel
unb 9leu^, fomie be§ Semeriten'^aufeS ^u 5}^arientl^al überlaffen. 3luf bie 2a=
3ariften folgten bie ^efuiten, bie 3}äter ber 3}erfammlung be§ allerl^eitigften @r=
(öfer§ unb eine ^tei'^e toeiblid)er ©enoffenfd^aften jur ^^^fii^e be§ bef(^au(id)en
Seben§, für Unterricht unb ©räie^ung ber meiblidien i^ugenb, für Hebung ber
d)riftli(^en ^Barm'^erjigfeit an öerloffenen Äinbern, äöaifen, l?ran!en, SIrmen unb
9}ermal§rloften. @. gab mieberf)oIt feiner ^o^en S5efriebigung über biefe frifc^en
SebenSäu^erungen auf fird)ti(^em ©ebiete unb über ba§ neuermad)te firc^Iid)e
Semu^tfein freubigcn S(u§brud. Ob er aber auc^ in gteid)er 2Beife burd) ba§
@ebaf)ren ber fid) rafd) ju einer l^o^en Scbeutung auffd)mingenben !atf)olif(^en
33ereine, (Jafino'g unb ^otfSüerfammlungen erbaut mar, ift 3toeifel^aft. 2;i§at=
fad)e ift e§, ba^ er ben in fotd)en SJerfammlungen unb S5ereinen fid) breit mad)enben
(Elementen gegenüber eine gemiffe 3urüd]^altung beobachtete. @§ fcfieint, ba^
feinem fc^arfen 33lid bie (BefalEir nici)t entging, melci)e ber alten l^ierardjifc^en
Drganifation bro'^te, menn bem Soienelemente in f^i-'flSen, meiere naturgemäß
lebigticf) jum 9teffort ber !irci)Iid)en Se^^örben geborten, ein 3u großer Einfluß
unb eine 3lrt ric^terliciien ©prud)e§ über bie !ird)lid)e (Beftnnung bon 23ifc§öfen
unb ©eifllic^en eingeräumt mürbe.
©eiffePg SSebeutung für ba§ Mftige Stufblü'^en be§ fat^olifdjen 8eben§ in
S)eutf($lanb mußte in 9iom 3Xner!ennung unb S)anf finben. 3unt 2(u§brud
biefe§ S)anfe§ unb jur S8eIo!§nung feiner großen 2}erbienfte mürbe er am 30. <Btp=
tember 1850 öon 5|3abft ^iu§ IX. ^um ßarbinalpriefter ber riJmifciEjen ^irc^e
ernannt, ©einen Sitet ertjielt er bon ber uralten ^irc^e be§ l^eiligen 2aurentiu§
auf bem SSiminal. S)er a^joftolifc^c 91untiu§ am !. !. §ofc 3U Söien, 5}lfgr.
9]iale=5prela, überbracf)te il^m bie i^nfignien ber neuen ^ürbe unb überrei(i)tc
if)m am 12. D^obember 1850 unter großen ^^fiei-'tic^^eiten im l^o^en Som ba§
526 ©eiffel.
6arbinat§6ivet. 5Dte iüävmfte Zi)t\inüf)mt bei- S3ürger ber ©tabt Min unb ber
ganzen ©rjbiöcefe geftaltete bieje^eier ju einem toatiren 2Jol!§ie[te. 6§ bauerte ober
norf) jaft (3 ^at)xt, e{)e er fid) naä) 9tom begaB, um pevjönlicf) ben 6arbinal§t)ut
in Empfang ju ne'fimen. 6r l^atte biefe 9teije jo lange f)inau§gefd)oBen, lueit e§
if)m an bem ©elbe iet)lte, tt)elc£)e§ bie ©intü^vung in ba§ 6aibinal§ = (EoIIegium
unb bie 33efi^nat)me öon jeiner Äirc£)e !o[tete. ^n 9tom rouibc er mit ber
^(^tuug unb SJerc'^rung aufgenommen, me(d)e einem 53knne üon feiner f)oI)en
perjönlic^en 23ebeutung unb feinen SBerbienften um bie i?ir(f)c ge&üt)rt. 5Der
überaus glänjenbe ©mpfang, ber i^m bei feiner ^lüctfetir in feine S)iöcefe bereitet
war, beU)ie§ einerfeit§ bie ^ol^e S3eret)rung, tt)elc£)e er in ber ganzen S)iöcefe
geno§, aubererfeitS gab fie .^unbc t)on ber großen f^reubc, mit weld^er man att=
gemein bie ber «Kölner ^ird)e fomol wie bem guäbifdiof perfönlid) erwiefcne
?(u§3ei(^nung begrüßte. ^Roä) e^e @. üom ^apfte mit bem ^4^urpur befleibct
tüurbe, mar er öom ^önig griebrid^ 2Bi(f)eIm IV., ber bem iBlncr ©rjbifdioi
feine befonbere Zuneigung jugemenbet l^atte, mit bem t)öc£)ften Crben be§ Sanbes,
bem be§ fctimar^en 9tbter§ gefctimücft worben. 3Son i}{om jurürfgete^rt ua'^m
er ben bereits auf ber oben berüf)rten SBür^burger 23if(^of§t)erfammlung angeregten
©ebanfen, ha^ alte ;3n[titut ber ©Ijuoben toieber in§ Is^eben ^u rufen, in ernftüd)e
©rmägung. 33alb ftanb bei it)m ber ©utfc^tu^ feft, bie 93ifd)öfe ber Jl'ölner
Äird)euproljin3 ju einer ^robinjiatfQnobe jufammenjuberufen unb burc^ biefe
3}erfamm(ung befd)üe^en ju laffen, ma§ in ©ad)en beS ©taubenS unb ber S)i§=
ci)3lin ben il^ebüifniffen ber 3t^it 5U entfpredjen fd)ien. S)ie Sitzungen mürben
gel^alten öom 29. 'Jlpril bi§ 17. 53lai 1860. ^n ber üorbereitenben ßommiffion,
roeldje fämmttid)c 33efd)tüffe, bie gefaxt Werben fottten, bem Söefen Wie ber Sform
nad) feftfteEte, räumte ber Garbinal .^ögtingcn bes 6ermanifum§ unb ^ifuiten,
weld)e in ber 5Diöccfe wirtten, einen überwirgenben ©influ^ ein. @§ fam fo ein
äöert ju ©taube, weld)c§ ben ftreng ultramontanen (Srunbfäl^en meljr Gonceffionen
mad)te, at§ e§ mand)em ©eiftlidien gut fd)ien. S)aS 6oncil felbft gab einfad)
fein placet ju ben öortier formulirten 23efd)lüffen. S)cr römifd^e ©tul^l erf^eitte
gern feine 3uftinimung ju ben S)efreten, Weldie unter bem ßinflu^ feiner eifrigfteu
3tnt)änger gefaxt Worbcn unb ben curialiftifc^en ^i?Xnf($auungeu über ben ^4>apft
unb beffen Stellung ju ©tauben unb SiScipIin entfprad)en. ^tubcrtt^alb ^ai)xe
nad) biefcm (ioncil Würbe ber Garbinat jur 3:t)eitnat)me an ben .!puIbigungS=
feierlid)feiten be§ neuen i?ünig§ 2öilljelm I. nad) Königsberg berufen. ®ro§c§
5luffet)en mad)te bie bei biefer ©elegenl^eit get)altene 9iebe, Worin ber Garbinat
als 93ertreter beS preu^ifc^en @:piScopateS unb ber preu^ifdien Kaf^olifen eben fo
]tt}X ber Streue gegen ben .^onig unb baS tönigtid)e .^^au§, wie ber ©orge für
bie ©a(^e ber itird)e unb xl)x bebrängteS Dber'£)aupt berebten SluSbrucf gab. ^n
einem SBviefe an ben 33tfd)of ÜticolauS öon ©peier über biefe Otebe fagt @. felbft :
„Einige ^4>vin3en äußerten, ba^ eS iljnen befonbevS gefallen I^abe, ba| id) fo frei=
mütf)ig ben ^^^a|)ft t)ineiugebrad)t Tjätte; „fo wäre e§ Würbig, fo wäre eS würbig".
S)a^ aber bie Siberaten unb Siemofraten in i'^ren blättern meiner 9tebe 93eifaE
fpenbcten, I)at mid) überrafd)t. @S gefd^a't), weil id) ben 9Jlut^ t)atte ben König
an bie S5erfaffung ju erinnern". Sei bem jwei ^alire fpäter erfolgenben
25iäl)rigen ^ifc^ofSiubiläum erfuT)r ber Garbinal abermals, weldje Öiebe unb
33erel)rung Öeiftlic^e unb Saien il)m entgegentrugen unb weld)eS 3lnfel^en§ er fid)
beim KönigS^aare wie beim 5papfte erfreute. S)er fel^nlic^e Söunfcfe, Weidjen
ber ßräbifdjof bei biefer ^^^eier äußerte, ben 2:ag nämUd) ju erleben, Wo bie 2lb=
fdjtu^mauer jWifc^en Apoc^c^or unb ßangfdjiff beS Kölner S)omS niebergelegt unb
ber Siom öon ben Slprmen an frei in feiner ganzen ^^rad^t unb ^Jlajeftät bem
erftaunten iBlide fid£) jeigen werbe, würbe il;m erfüttt. 9Jlit großer Slt)eilnal)me
War er bem 9luSbau biefeS äBunberWerleS, ber faft gleidijeitig mit feiner ^Berufung
©eifetev. 527
on bie ©pi^e bei* ©vjbiöcefe mit xü^tiger ^raft begonnen toorben, gefolgt unb
im 3f- 1863 ftanb ba§ @otte§f)au§ Bi§ auf bie Stürme öotlftänbig auigefiaut
ba. S)ie ©c^eibemauer fiel unb am 15. DctoBer feierten ^öln, bie (Sr^biöcefe unb
bex ßrjbift^of in ©egentnart öieler lofjen geifttid)en unb toeltUi^en SBürbenttöger
ba§ geft ber 25oEenbung be§ S)ome§. ©., ein fdiöner, ftattlic^er, imponirenbei; ''Dlann,
in beffen ganjem SBefen eine natürlidie SBürbe unb ^o'^eit lag, fü'^lte fic^ ba=
mal§ fd)on öon fc^tocren förpertitfien Seiben l^eimgefui^t ; .Krampf aufäße ber
!^eftigften 2lrt ma(i)ten i^n mand)mal ju !ir(^lic^en fyunftionen, bie ju ö errichten
er fic^ oorgenommen l)atte, gänälid) unfäl)ig. Jro^ feineg ernften Unniot)lfein§
orbnete er für ben ^uli 1864 eine adittägige ^eiei' 3um 2lnben!en an bie Ue6er=
tragung ber Üielipuien ber l)eiligen brei .Könige in ben Kölner S)om an. Dl)ne
SSebenfen l)atte er feine 3uftin^nTung ba^u gegeben, ba| bie genannten ^Reliquien
Bei biefer ©etegen^eit öon einer eigenen Gommiffion unter 3iiä^£^ii^9 einiger
fact)öerftänbiger ^lerjte unterfuctit toürben. ©ein 3une^menbe§ Seiben geftattete
i^m ni(^t fi^ an ber ^-eier ^u Bet^eiligen, lüie er e§ getoünfc^t l^atte. 3öenige
2:age nad^ ber 3l&reife ber ju biefem f^efte ge!ommenen SSifi^öfe legte er fid^ auf
ba§ ^ranfenlager , öon bem er fii^ nid)t lieber ergeben fottte. ^lad^bem er
Stabt unb ©r^biöcefc n)ieberl)olt gefegnet ^atte, öerfd^ieb er am 8. ©ept. 1864.
©eine öertt3e§lid§en tiefte fanben i^re Dtu'^eftätte im 6^or ber l^o'^en Somlird^e.
ßölnif(^e S5ol!§äeitung, ©e^t. 1864. Äölnifc^e ßeitung, ©e|jt. 1864. —
9iemling, (Earbinal bon ©eiffet im SeBen unb 2Birfen. — ©ci)riften unb
Sieben öon Sol)anne§ ßarbinal öon (Seiffel, "^erauSgeg. öon ^. Ti). Sumont,
4 33be. S. ennen.
©eitler: ^ einrieb (B-, toar 93u(^bru(ier in 9tegen§Burg unb toa^rfctieinlid)
@efeEe Bei bem Befannten 35u(i)brutfer §an§ ^o^t (Carbo), tt)eld)er toegen be§
®ru(ie§ öon ©(^riften, mid)e bie @rumBad)'fd)en ipänbel jum Sn^alt Ratten,
9legen§Burg öerlaffen mu^te. 2Bol)er &. flammte unb too er geBoren tourbe, ift
unBefannt. ©ic£)er ift, ba^ er Bon 1558—63 öerf(i)iebene äöerte brurfte, bie
feinen 9?amen unb fein Sudjbrucferäeid^en (ein üerBotener Saum, öon meldiem
eine (Seife SSlätter fri^t, 3ur ^ei^ten fte'^t ein 6ngel mit einer (Beifei unb jur
Sinfen ein (Sngel mit einem 23ud)e, an bem 93aume felBft ftelien bie Söorte:
„Lignum vitae") tragen, ©eine 3)rucferei toar bon bem Bi'oteftantifd^en ©uBerin=
tenbenten '3Zifla§ (Salt, beffen ^yreunben Sllt)ricu§ jc. in 2lnfprud5 genommen.
Söenn au(^ biefe Sraftate oft ol)ne ^ai)x^ai)l unb ®ruiiort erfd^ienen finb, fo
oei-rat^en bo(i) bie Settern ben Urfljrung au§ jener SBertftätte. S)er S)ru(f biefer
©dl)riften üBertrifft an '3lu§ftattung meit bie ^ol)rfct)en 3lrBeiten an 9teinl§eit
unb g^eftigleit. (S. bructte bie 2:itel feiner 23ü(J)er mit rotten Su(^ftaBen, U:)enig=
fleug in ber erften 3e^l/ bagegen fe'^ten ,g)ol3fc£)nitte unb 2itel= fottpie ©eiten=
Sorburen gän^lic^. SBann ®. geftorBen, mar nicl)t ^u ermitteln, boc^ brucEte
um ba§ ^. 1567 ©eorg &., toetd^er mol ber ©o^n üon i^m getoefen, ba er
ba§ gleii^e Sudf)brucleräei(^en fü^rt, nur in ettt)a§ geänberter fyorm, n)orau§ fit^
folgern lä^t, ba^ er bie SudibrucEerei feine§ 2}ater§ fortfe^te. Ser erfte ®ru(f
Don §einric^ Ö). ift: „S}om ^rrf^umen unb ©eilen: theses et hypotheses. b. i.
gemeine ©|)rücl)e k. huxä) Kicol. Gallum 1558" unb ba§ le^te Belannte Söerf
1562: „Brevis responsio ad confessionem theologorum Wittenbergensium de
libero arbitrio auth. Zach. Praetorio".
SSgl. ^t^en^lofer unb ©c^uegraf, @ef(^ic^te ber S5u(f)brucfer!unft in 9tegen§=
Burg, ©. 28 ff. (Seiner, Suc£)brucferlunft III. ©. 353, 354.
^elc^ner.
^*ciplcr: «Henriette aBil^elmine &., geB. am 1. ©e^tBr. 1772 ju
DZaumBurg, t am 25. 91oö. 1822 ju S)re§ben, mar bie Soc^ter be§ Kaufmanns
Sorena §olberrieber, unb Ber'^eiratl^ete fidf) mit bem t)np%üd) fad§fen=got^aifd£)en
528 ©eitler — ©cift.
3flegierung§ratf)e ;3ot)ann ©eotg @., mit weld-jcm [ie im ^. 1793 narf) (^ot^o
-jog' unb nad) 'Dtiebertcgung feiner ©teEe im ^. 1816 naä) S)ve6ben, bann im
;^. 1819 auf bQ§ öon {"^m erfauite öut Otabibor bei 23ubtjfin in ber Obevlnufi^.
;3!^ven ebten Gfjaraftev unb \i)xt eblen ÖejüI^Ie Bcnjeijen if)te ftebic^te, bie evft noc^
i^rem 2obe oon bem ^ofratf) unb ObevBibliottiefai- f^^iebric^ Jacobs gebammelt
unb l^erauSgegeben ttiurben (1823). „5)iit jarter tnciblic^er ©d)eu" — fagt
^acol6§ — „öetbarg fie bie Slüttjen if)re§ (V)ci[te§ unb ber gtütf liefen ©tunben
i^rer ßinjamfeit. @ie fannte bie (Sitclfeit nirf)t, ba^er I)at bei il^rem ßcben
'Itiemanb babon .^unbe bcfommen".
ö. ©c^inbel, 2)ie beutj(i)en ©d^riftfieüexinnen bc§ 19. 3ia^)v'f)unbert§,
geipjig 1825, %% III. ©. loi. Secf.
©eitler: 3fol§ann (Bottfrieb (B., geb. am 14. ^uni 1726 äu Sangenau
in ber Cberlau[i|, t am 2. (Bept. 1800 ju ßot^a, roax ber ©olEin be§ $iarrer§
Sfol^ann S)aniel &. ju Öörli^ (ge[t. am 7. jyebr. 1760). 6r er'^ielt feine erfte
23ilbung ju ÜJörlit^ , ftubirte bann feit 1744 ju ^eip^ig, mürbe bafelbft 93acca=
(aureus (1747), bann ^Jtagiftcr (1748) unb trat nad^ 93oIIenbung feiner ©tubien
a(§ ^auSle'^rer in ba§ ©tieg(i^'fd)e .pau§ ju S^eip^ig. 1751 mürbe er al§ 6on=
rector nad) Öeipjig berufen. 3(uf bie na(^brüc£lici)e ©mpfetjlung 6rnefti'§ murbc
er 1768 S)irector be§ öl)mnafium§ ju 6ott)a unb erf)ie(t at^ fotd^er ben Xitel
Äiri^enratf) (1772). Cbgleid) ber •'per^og ©ruft II. i^n feiner befonberen Ö)e=
mogcnl^eit unb 5veunbfd)aft mürbigte, fo folgte er bod) im 3. 1779 einem 9tufe
al§ ütector nac^ ©d)uipforta, metd)e ©teile er bi§ jum ^. 1786 befteibete, mo
i^n ^erjog (Srnft IL al§ .gjofrat'^ unb Sirector ber 33ibtiott)ef jurüdrief. 5lt§
fold)er ftarb er. ©eine großen 9}erbienfte um baö Wl)mnafium f)at (£f)r. gerb,
©c^ut^c in feiner (V)efd)id)te be§ OJijmnafiumS ,^u föotI}a, bie um bie 58ibUot|ef
gi'iebrid) Jacobs im erften 93anbe feiner „^3eiträge" gefd)ilbeit. ©eine mert§=
öoÜen ©c^riften beftefien mcift au§ Programmen.
©. mmid, ßejifon. »ed.
(^Ci^mar: 3fuUu§ ©., 58uc^bruder in |)ilbe§^eim, brudtc öon 1650—52.
Ueber fein Öeben ift menig befannt gcroorben, nur foüiet, ba^ er im ^. 1650
bon ben Wöffel'fd)en (Srben eine Sruderei in ^ilbc§t)eim übernommen ^atte, ifin
aber fc^on gegen (Jnbc bc§ ^. 1652 ein früher 2ob bem faum begonnenen 63e=
fd)äfte entriß, ba§ bon 1653 an unter ber {yii^ma: 3itliu§ ^^)- fei. Söittme bi§
1656 fortgefe^t mürbe, mo bann @ric^ 9tamm bie S5ud)brurferei übernal)m , ber
öon 1656—66 brudte. 3Baf)rfd)einIid) fam 9tamm burc^ .^^eirat^ ber SBittme
®. in ben Sefi^ ber S)ruderei, bie unter ber (^irma: (Srid) 9lamm fet. Söitttüe
in ben ^. 1666 unb 67 borfommt, ha ^icr bod) mo^l biefelbc ^perfon auftritt,
toeld)c mir al§ i^uliuS föei^mar'S SEßittme fennen (ernten, aKein e§ mu^ bei einer
35ermutl^ung bleiben, ba ein SemeiS barüber nid)t erbracht lüerben fann, nod)
aud§ barüber, an men bie 2)ruderei im ^. 1667 überging.
S5gt. ©rotefenb, (Befd)id)te ber 33ud)brudereien in ^annoberfc^en unb
braunfd^meigifc^en Sanben, .«oannoücr 1840. ©raffe, Sel^rbud^ ber 8ittcratur=
gefi^id^te III. grfte 2(bt^. ©. 193. Äed^ner.
(^eift: 2(uguft (g^riftian) ©., Sanbfc^aftgmaler, geb. am 15. Oct. 1835
3U aöür^burg, er'^ielt bie erfte Einleitung bon feinem Später 5lnbrea§ &., einem
trepd^en X^iermaler; befud)te bie t)oü)ted^nifc^e ©d)ule bafclbft; ficbelte 1853
na(i 5Jtünd)en über, mo er al§ ©c^üler Don fyri^ 58amberger fein fd)öne§ lalent
fo rafc^ entmidclte , ba^ er fc^on nad) jmei ^a'^ren al§ felbftänbiger ^ünftler
auftrat. 1854 burc^jog (B. ba§ 9il)öngebirge, 1857 Unterfranfen, beffen male=
rifd^e ,,33urgruinen" er in einer ©ammlung geiftreidjer ütabirungen miebergab,
©eitner — ©eijfofler. 529
meidjt mit 2ert Don Gongen burc^ i^. 3Ibelmann in Sßürjburg 1858 !§erau§=
gegeben tourben. 1859 |üf)tten \i)n jeine Stubien in bie ü-änftfc^e (5cf)tDei3 unb
nad^ ßarl»ruf)e 3u ^teifter Sc^iTmet; in ben jofgenben ^a'^i'cn buT(f)[treifte er
bae 6aienfdE)c ^oc^lanb; im -iperbfte 1866 begann er eine größere Dieije naä)
Italien, üBerrointerte jeiner angegriffenen ©efunb^eit toegen in 9lom, öon roo
er ßnbe l^tai 1867 jc^wer leibenb jurücEfe'^rte ; am 15. 2:ec6r. 1868 öer^aud^te
er jein nur ber Äunft getoei^teg Seben. ©. toar ein S;icf)ter, ber bie 9^atur in
i^ren tierften Stimmungen be(euci)tete unb, o^ne ber äöa'^r^eit ju na^e ju treten,
mit bem (5tf)önf)eit§geTü!§t feiner ^3inien ttiebergab. SSettJunberungstoert^ ift fein
5tei| , toomit er nicf)t nur eine gro^e 3^^^ ^on CelBilbern ausfül^rte, fonbein
aurf) einen 2($a^ öon ©tubien fammelte , meiere ex mit getoiffen'^aTtefter Sorg=
fott wahrte, fe(6e c§ronotogif(^ orbnete unb barüber fojufagen ^uä) ^ielt. 2^a§
meifte baöon iDuxbe teiber am 20. 5}tai 1869 in einer Stuction Derfteigert.
3}g(. @mft görfter'S 'ilac^ruf in ^ei(. 56 3lIIgem. 3^9- (9iug§b. üom
25. gebr. 1869. Sonn 8ü^onj"§ ^unftt^ronif 1869, S. U2—U. 2(nbrefen,
S^ic bcutfc^en gjta[er=5}tabirer bes 19. ^af)x^.. s^eipjig 1869, III. 207—21.
9legnet, üJlünt^ener Äünftlerbilber , Seipjig 1871, I. 148 — 58 unb beri. in
^ü^oto'ö 3tf^i-ft. 1872, S. 197—99. 2)taiEinger, SSilberd^ronif ber Stabt
5Jliinc£)en, 1876, III. S5b. 9tr. 1408—1520. ©. 'Jßortr. gemalt oon ^. 3Bein=
gartner 1862. ^tjac. Jpottanb.
Wcitncr: Gmft Sluguft &., geb. 1783 ju 6era, Dr. med. 3(nTang§
praftifci)er ^Ir^t ju Öi^Bni^ im S(f)önburgfc^en , begrünbete er eine c^emifdie
gobrif bafelbft unb fpäter eine jmeite in Scf)neeberg , too er 1852 ftarb. @.
öcrbiente jicf) einen 9iamen ali (5'^emifer burcfi bie ©rfinbung bes 9{rgentan§
(;]teufitber). 3Beiter beft^äftigte er fic^ ^auptfäct)Iic^ mit ber Färberei unb ent=
beifte babei bai färben tf)ierifc^er unb pflan3ticf)er Stoffe burcf) c£)romfaure
©alje; bann öeröffentüi^te er fleinere Sc^rüten, Don benen bie bebeutenbften
über bie ^abrifmä^ige Bereitung bc§ Srauben^ucferS unb St)rup5 aus ^artoffeI=
mef)l unb über 3>erfu(^e, bag Slaufärben moÖner S^uge o§ne Snbigo betreffenb.
6r gab ]^erau§ jtoei Sänbe: „33riete über bie ß^emie" unb ba§ ebenfalls 3tt}ei=
bänbige äöerf „Sie gönritic 2Beft ober Untert)attungen über ü'fiemie unb xedi)=
notogie". 5IIIgemeiner befannt ift @. burc^ bas 0(n(egen bon Üreibgärten über
htn unterixbifc^en Äo^tenbränben ^u ^ptanife bei 3^i'iflu.
^oggenborff, S3iogr.=Iitter. .öanbtDörterbu(^. Sabenburg.
Gicijfoficr: Suca§ ©. öon 9teiTTenegg, geb. am 18. ^Bärj 1550 ^u
Sterjing in Üirol, ftubirte in ^lugeburg, (Strasburg unb -^arie 1572, roo er ein
Slugenjeuge ber 58art^otomäu§nac^t mar, ging bann Gnbe 1572 über SrotjeS
unb SSefancon nac^ Sole unb Strapurg, 1575 nac^ ^^abua. 1577 treffen mir
i^n am 9teicf)efammergerirf)t ^u Speier, 1578 in Sole, mo er aU Doctor juris
utriusque promoöirte. .'pierauf (ieB er fic^ in 3{ugöbutg a(ö Otet^tSantöalt,
inibefonbere im Sienfte ber gugger nieber, t)eirat!^ete bafetbft 1590 unb ftarb
auä) bort 1620. Seine nad) allen Seiten ^öd)ft U\)udä)t Selbftbiograp^ie ift
herausgegeben öon SIbam Söolf, 2Bien 1873. öt)ac. ipoltanb.
(b'ci^toflcr : S^^^'^^O-^ ®- bon ©ailenbacf) unb öaunSl^eim (1560
bi§ 1617), geb. in Sriren, ^roteftant, ftubirte in Strapurg unb SBafet, lebte
in 3Iug§burg , mürbe fönigt. 9lat§ , ülei(f|§ritter unb gi-'^i^ei-'i-'- 6eneraIproöiant=
meifter Tür bie faifexlidie 2(rmee unb 1597 9leicf)§pfennigmeifter; er ftiftete 1607
ba§ ^ab auf bem 33renner in ürol unb t 1617.
Slbam äöolf, Suca§ ®. ic. (f. o.). 3Bo(f.
Singent. beutid^e IBiograD^ie. vni. 34
530 ©elbfe — ®elbenf)auer.
(^elbtc: 3iD'^anu ^einrid) (i>., gott)aijcf)er .^iftovüev, geb. ju 33enecCen*
ftein in ber cl^ematigen l£)annot)erf(i)en ©vatJdiQtt ^o^nftein am 15. ^uni 1746
(nQ($ ber SlngoBc feinet 2ei(^en[tcine§), t ju 63ot|a am 26. 5lug. 1822, tüurbe,
naci)bcm er i^t^fti^uctor be§ ©rbprinjen (ärnft t)on ©ad)|cn=ßoBurg=©aalieIb gc=
toefen, am 13. S)ec. 1779 gonfiftorialoffeffor in Öotl^a unb am 8. See. 1783
Oberconfiftorialratl^ ; jute^t toar er äJicepräfibent be§ £)bcrconfi[toi*ium§. ©ein
^aupttoerf ift bie „Äir(^en= unb (5d)utent)eriaffung be§ .sperjogttjumS öotl^a"
(3 %tjit. in gr. 4^ 1790 — 09), eine öottftänbige actenmä^ige Umarbeitung be§
öom £)ber{)ofprcbiger Srüdfner l^erauSgegebenen „^irct)en= unb (Sd)uten=©taate5
be§ ßcrjogt^mS @ott)a". 3)ieje§ mit großem ^^lei^e au§geTüt)rte Unternehmen
(ber 1. %^l. ent]E)ält 318 (Seiten Sejt, ber 2. %^. 733 unb ber 3. %^. 824)
toar um jo berbienftlidier, al§ bie öon ßrnft bem frommen '^errü^renbe jad)jen=
got|aifd)e j^ircf)en= unb ©d)ulöerfaftung , luie Ö. in ber 5Borrebe mit 9led)t be=
merft, bon iel)er faft in ganj S)euty(i)lanb für mufterT)ait galt. Ucber il^ren Ur=
lieber !£)at @. aucf) eine gute, au§tül^rtid)e 53iogra)3'^ie berfa^t: „^erjog (Srnft,
genannt ber fjfromme, ju ©ot^a, al§ ^knfd) unb 9tcgent; eine t)iftorif(^e 5£)ar=
[teüung, au§ ^^(cten unb betuä^rten Srucffdjriften gejogen unb mit einem Ur=
funbenbudie !^erau§gegeben" (3 S3be. 1810). 5Iu|erbem ift öon i'f)m t)rröffentlid)t
morbcn: „S)er 9laumburgifd)e ^-ürftentag, ober mid)tige Urfunben unb Steten,
ben megen erneuerter Unterfd^rüt ber SUig§burger Gonfcffiou unb 33efd)idung be§
Goncilii ^u 2::ribcnt bon ben proteftantifd)en ^^ü^'f^^t^ i'^^ Stänben in jleutfd)=
(anb 1561 3u ^Jiaumburg an ber ©aale gel^altenen Cvonbcnt betrcffenb" (1793).
© d) r a m m = ^ a c b 0 n a t b.
C^clbcnljaucr : C^)erT)arb (SS. ober nad) feiner ©eburt§ftabt ^limtoegen
9lot»iomagu§ genannt, öerbient unter bie ^ieiormatoren ber ^Uebciianbe ge=
ja^lt ju mcrben. 9}on nteberer .^ertunft, geboren 1482, ert)ieU er, unterftüljt
bon Stbrian 6orbatu§, Somt)err ju ^3iibbclburg, feine miffenfd)aftli(^e 6r5ie't)ung
an ber ^^raterfdjule be§ SUeranber .6egiu§ unb ^ot)anne§ Coftenborp ju S)ebenter.
^a6) i^ollenbung feiner T)umaniftifd)en ©tubien bejog er bie §od)fd)uIe ^u Sötoen
unb er'^ielt bort, unter @ra§mug, ben ^Jkgiftertitel. SBalb aber trat er in ben
Orben ber ^reujbi-über ein unb ermarb fid), nad) empfangener ^rieftertocil^e, bie
(Sapellanftettc am ^ofe ^arl§ bon Defterreid) ju Srüffel, too er ein !reunbfd^aft=
lid)e§ 3]erT)ättniB mit bem ]^ottänbifd)en Stbmiral ^p^ilipp bon S3urgunb an=
fnüpfte. Sil§ 6rj't)er5og Äarl 1517 nad) ©panien abreifte unb ^ptiilipp bon
SSurgunb injmifdien auf ben 33ifc^of§ftul)l bon Utred)t er'^oben mar, folgte er
biefeni atö ©ecretär nad) feiner 5Diöcefe. %\% ^reunb unb 3}crtrauter be§ 33i=
fc^ofe§ na'^m er balb an ben Und)tigften ©taat§angelegenf)eiten 2{)eil, böEig
etnberftanbcn mit ber -Hinneigung be§ Sifd)of§ jum ,'pumani§mu§ unb 3ur 9le=
formation, mie fid) aus ber bon i'fim berfa^ten Siograp^ie be§ ^^ifd)of§ na(^=
meifen lä^t. Tiad^ ^:]3^itipp'§ Sob 1524 trat er in ben S)ienft ^J^ajimitianS bon
Surgunb, 9Ibte§ au ^Jlibbelburg. 5ll§ biefer burd^ baSjenige, ma§ er burd) ben au§
Sänemarf bertriebcncn .^önig (i^riftian II. bei beffen 9luientl)alte 3u ^ibbelburg
erfufir, ein Iebenbige§ ^ntereffe für bie SSemegungen auf bem (Gebiete ber .^ird)e
unb ©(^ute in ©adifen gefaxt l)atte, fd)idte er @. nad^ Söittenberg. S)iefe im
■^erbft 1525 unternommene Üteife toarb bon entfdieibenbem 6inf(u| für feine
meitere (Befinnung. "^(xö:^ einem furjen Slufentl^alte im -^aog, nur 3toei Sage
nad) ber |)inric^tung be§ 5}tärt^rer§ So"§cinn $iftoriu§, metd)e er in feinem
„Itinerarium" at§ eine f(^änbtid)e grebett^at berurtl)eilte , begrüßte er ju
S)ebenter .g)inne 3flobe, ju Bremen ^acob 5]ßraepofitu§, ju öraunfd^toeig i^ol^ann
5pelt unb 3u 5Jlagbeburg 5ZicoIau§ ♦3tm§borff ; ju SBittenberg traf er mit Sutl^er,
5)letan(^tl§on unb ßarlftabt jufammen. SSalb fc^lo^ er fid^ gana ber 9tefor=
mation an unb bezeugte nad) feiner |)eim!ef)r öffentlidt) „bie neue gteligion§auf=
©elbovp. 531
faffung fei bem apoftolifc^en ©tauben bm-d)au§ genm^". ^e|t U^xk ex aUx
nic^t naä) ^ibbelbuvg ]uxM , fonbern txxoaxb fid^ bon feinem gveunbe, ©teöen
)aan 3ut)Ien öon 9ii)eöe(t, domment^ur be§ beutfdjen <!paufe§ ju Uti-e($t, bie
^paftorfteüe ber 5?tai-tinifitc^e "au Z\ti in ©elberlanb. Seine reformatorifc^e
ÜBiiffamfeit raadite i^n öalb ber .öeteroborie ücrbä^tig; ber 3?if^oi öon Utrecht
unterfagte i^ni nac^ toiber i:^n er:§ol6ener 5lnflage bie freie ^rebigt, unb als auc^
^ei-^og ^Q.x[ öon Seibern fid^ jur Sefämpfung ber Äe^erei aufmat^te, entzog fic^
@. 1526 ber brofienben ©efal^r. ^m folgenben Sa|re ^ielt er fic^ ju äöorm§
auf, tüo er ficf) öerl§eiratf|ete, unb ju ©trapurg, loo er fii^ mü^fam bur($
5)3riöatunterric^t ernähren muHte. S)a§ 9iectorat an ber St. Slnnaf^ute ju
3(ug§burg, welches er 1531 er:§ie(t, bra(i)te feinen Sebensurnftänben nur geringe
53effevung. 2I(§ er aber öom Sanbgraien ^^iüpp öon i>ffen a\\ ber ^Jkrburger
Uniöerfität 1532 jum ^profeffor ber (Beft^i^te unb 1534 bei 2^eologie ernannt
toar, fing eine beffere 3eit für i^n an. — (BroBen 2Intf)ei( ^atte er öon je^t
an an ben 9tetigion§üngetegen^eiten S)eutfc§(anb§. 1537 ujo^nte er ber 3u=
fammenfunft in S^matfalben unb 15-10 bem eöangelifc^en ßonöent äu ^agenau
Bei, tuar au^ unter ben Unterzeichnern ber ^efftfc^en Äirdienorbnung öon 1539.
Srrig ift bie graä^Iung, fein STob fei bie golge ber ^i^^anblungen geWefen,
iDe(($e er auf einer Üieife in ber 5H^e öon 55raunf($tocig öon Ütäubern ^u er=
leiben I)atte; benn bicfer 3}orfatt ift unftreitig fd^on in ba§ ^. 1525 ju fe^en,
al§ er au§ äBitteuBerg nad) ipodanb :^eimfe:^rte. S^ielme^r raffte bie ^eft i^n
1542 äu 5Jtarburg l^in, n^o ficf) feine 9tu^eftätte in ber St. düfabetpr^e be=
finbet. (B. 3ei(^nete fic^ in mancher ipinfi^t burd§ gro|e ©ete'^rfamfeit au§.
^efonber§ aber |at er SSerbienfte at§ .^^iftorifer. Scriöeriug ^_at un§ in feiner
Batavia illustrata mehrere fteinere Schriften ©elbcn'^auer'S aufbcwa!)rt, ro'xt bie
„Historia episc. Ultrajectineusium", „Historia Batavica", ,.De situ Zeelaudiae-,
i,Pompa exequiarum Catholici regis Hispauiorum Ferdinaudi" unb anbere.
äöi^tiger ift fein ,Jtiuerarium^', öon ^ift unb 9tot)aarb§ (Arcbief Dl. IX.
bl. 509 ff.) abgebrucft, ti)elcf)e§ feine 9ieife nac^ Söittenöerg er^äl^tt. Seine
|)au|)tarbeit ift jebocf) bie „Vita Philippi a Burguudia episc. Ultraject." ju
©tra^burg herausgegeben, aud§ öon f^re^erui unb Struöiuö, Rer. Germ. Scrip-
tores unb ^IJtatt^aeuä , Analecta I, tt)ieber abgebrudt. äöietoot feine 5Be=
urtf)ei(ung biefeg i^m fo natje befreunbeten Prälaten nic^t gan^ unpart§eiif(^
ift, aei^net fic^ biefe 5trbeit bodf) burc^ (ebenbige S)arfteIIung, wichtigen Sn§a(t
unb gro^e Sai^li^teit au§. — 2tud§ al§ 5lpologet öerbient @. 9?eac^tung, in=
bem fein Uebertritt jur 9teformation nic^t nur einen Sruc^ mit feinem greunbe
<Sra§mul, fonbern auc^ einen (yeberfrieg mit biefem f)eröoiTief. SlIS @. nemüc^
in feinen „Epistolae Erasmi" unb ..Annotatioues Erasmi" . toetc^c 1529 ^u
Strapurg erfd^ienen, einige Steüen au§ gra§mu§' Schriften anfüt)rte, meldte
ben ^e^ermorb tabetten, crmerfte er babur^ ben heftigen Unmillen bc§ 9totter=
bamer'Ä, toclc^er befannttid^ ben 9}erba($t ber öeterobojie ängfttirf) fürifitete unb
bat)er mit einer fi^arfen 6egenfd§rift ..Contra pseudo-evangelicos" antmortete.
Ueber bie Duellen äu feiner Siograpf^ie ögt. öan ber 2la, Biogr. Woor-
denb. unb SdE)ut^ ^acobi in: De Kalender voor Protest. 1862. 3u öer=
gleichen finb toeiter De Hoop Scheffer, Gesch. van de Herv. in Nederl. II.
S. 178 ff. u. 5öa^(e, Dict. bist, et erit. öan SIee.
©elborV @or^iu§, 5J^ater, mar nad^ öan ^Jlanber, ber i^n (Bualbrop
@or^iu§ nennt, geboren ju Sötoen in Trabant im ^. 1553. ^Jlad^ bem 33eiicf)t
beffelben Sd)riitfteaer§ fam 6. in feinem 17. ober 18. ^a^re nad^ Slnttoerpen
in bie ^Ralergilbe au %xm^ grancfen bem SIelteren, fobann au bem ^:porträt=
mater Srans ^^ourbuS, ber bama(§ eine§ großen 5lamen§ ficf) erfreute. Slud^
6. !am in 9luf, unb ber i^erjog öon 2:erranoDa na^m i^n in feine S)ienfte.
34*
532 ©clbotp.
3n§ bctjetbc im ^. 1579 ttegen fjfiiebenäunterl^anblungen nacf) ^öln tarn, i)e=
gleitete i^n unfet ^laler unb jcitbem blieb ber testete bi§ an feinen 1616 ober
1618 erfolgten Xob bafelbft anfäffig. 6. toar l^auptfä^tid^ ^Silbnifemater, bod)
matte er auc^ 'f)iftorifrf)e S?ortt)ürfe ; fo ertüäfjnt Dan ^anber einer Siana, einer
©ufanna, eineä (Süangeliften , ber (Befc^ic^te bon Öftrer unb 3l^aöüeru§, jmcier
SSruftbitber öon 6f)riftu§ unb 5)laria. S:ie beiben (enteren, n)ie eine Sufanna
(öieUeidit na^ bem bei 'oan 5Jtanber ermä'^nten 3?i(be , bie öicr ßtiangetiften,
eine Sßerfünbigung ^ariä, eine ^Dlagbatena unb anberc ^Blätter tourben bon bem
befannten dri^piaen be ^a^ in i?upfer geftoc^en, anbere Stattet führte '^^. ;3ffel=
bürg au§. S)ie .g)iftorien öon Ö)., bie o^nebem einen me^r ober njeniger porträt=
artigen G^arafter '^aben, finb in ber Söeife ber niebertänbifi^en ^Utanieriften ge»
galten. 2)ur(i)au§ erfreutid) iebocf) ift &. in feinen Sitbniffen; biefelben finb
uon 2lffectation frei, treu nad) ber ^catur au^gefil^rt unb jei^nen fitf) burd^
eine angenef)me ^yarbe unb gettjiffen'fiafte 3<^i^nung au§. 35on ber fprü^enben
5Ranier, ttjetd^e bie fpäteren ^liebertänber fcnn5eid)net , ^ben fie norf) nirf)t§, fie
erinnern nod) an bie Sitbniffe eineS 91. ^oro, ^yr. ^;pourbu§ unb anberer ^leifter
be§ 16. :Sa^r'^unbert§. 3?efonber§ f)äufig finb fie in ^ötn, boc^ fommen aud^
anbertüärtS (fo in ber ':|>inafotf)e! ju 'JJtün^en unb in ber faifertit^en r>)anerie
ju äöien) Söerfe öon i^m öor. Sein 3et«^cn toar ein öerfcf)lungenc§ ULI. mit
beigefügtem F. (b. f). fccit).
5)letct)ior W., ^Jlater, ju Äötn tt)of;n^aft, ift bermnt^ücf) a(§ ©of)n beS
Obigen ^u betrachten. 2Benigften§ matte er in beffen Stit ^öitbniffe, bie jeboc^
ben bitten nicf)t erreichen. ^Jlerto in feinen '3iarf)ric^ten öon bem Seben unb
ben Söerfen fötnifcf)er ^ünfttcr filtert Silber ^tnifi^en 1615 unb 1637 öon it)m
auf. .»pier ift übrigen^ ju bemerfen; ba§ ^IRerto bie ^Jlonogrammc mit einanber
öertaufc^t ^at unb in feiner t)inten angefügten Xafet bie be§ (>)or^iu§ bem
9J^etc^ior unb umgcfe^rt gibt — o^ne ^toeifet in golge eine§ btofeen ^rrt_^um§
ber 5eber. 3t. ^ogenberg ftact) nad) 5)tctd)ior ba§ '^eiterbilbnife öon Söotfgang
3Bit^elm, ^fatjgrafen bei ^'^ein unb ^lerjog öon Saiern.
@corg &., Waitx, ma'^rfc^eintic^ ebenfattS ein ©o^n be§ öor^iuS (5J.,
fommt im 9tntmerpener Siggere CilJIater.^unftbud)) öon 1610—23 öor. 1636
fam er auf ber S)urd)reife öon i?ötn nad) ^^^onbon, too er öielteic^t fc|on früt)er
fic^ aufget)alten , burd) ^tntöjerpen unb befteüte für einen „(^reunb in Äötn"
(ber 'Dtame ift teiber unbefannt geblieben) bei ^KubenS bie gro^e unb berüt)mte
Äreujigung 5|3etri, bie fic^ in ber 8t. '^>eter§fird)e bafetbft befinbet. öeorg btieb
nod^ in ben ^. 1637 unb 38 mit Stuben^ in 2}er^anbtung über ba§ Sitb.
@e§r fonberbar ift, mag ©anbrart (leutfdje ^Jlaterafabemie) öon &. berichtet;
öpir fe^en ben ^affu§ ^ier'^er: „Ö. tnar ein guter (iontrafäter ju öonben, atttüo
er fe'^r öiel 2eben§=groBe 9lngeftd)ter unb motgteidienbe Gontrafäte gema'^tt:
.^ingegen toar er ein fo fi^te^ter 3ei($uer, ba^ i^me faft unmögtii^ gefallen,
ein 3lngefid)t öon fret^er -S^^ianb auf ba§ %uä) ober Rapier ju bringen: S/iefem
Übel öorjubiegen, '^atte er 6 ober 8 tootgefteltte 3tngefid)ter öon einem anbern
93leifter auf ^apir, fo mit 9labetn burd)ftoc^en maren: Son biefen fud)te er
5)a§ienige, fo \xä) jum bäften auf ba§ unter Rauben {)abenbe fd)idte, au§, bur(^=
baufd)te fetbige§ mit gefd)abener .treibe auf fein 2u(^ unb formirte fobann naä)
bemfelben fein ßontrafät. C^)teid)tt3ol brad)te er bei) fo überaus f(^ted)ter Sei<i)en=
Äunft gar ä'^ntidie ßontrafäte jutoegen unb fic^ fetbften barmit toot '^in". ^laä)
äöalpote befa^ 6. in S)ruvt)=Sane ein prad)töotte§ ^au§ mit ©arten, wo bie
Sornet)men gufammen ju fommen unb Äabaten ju fd)mieben pflegten. Seiner
öanbiteute, bie nad) ©ngtanb famen, naf)m er fid) an, unb fetbft 2t. öan S)t)d
mo'^nte eine 3eit taug bei it)m. 2luc^ ge'^örte er 3u ben 2luffel^ern ber Jbnigt.
(^emdtbefammtung. ^m ^. 1653 be^og er ein A^au§ in ber Archer-street.
©elboip. 533
ßeorg ©. unb 6. @ox^iu§ finb öfter mit einanber öertcedijelt tüorben. 9kd§
@eorg ©. ftoi^ ber in Sonbon (efienbe 9t. üan 35oerft bie 33ilbnifje öon ^.
©tetoart S)u!e o] Senor unb 9t. Sartt) (Eount oj ßinbjet).
Dtoif) erroäfinen tniv, 'ba'^^ ein fyranj ßelbrup 1644 all 5)teifter in ha^
Kölner ^^taterBud^ eingcjctiviclben ttjurbe. 2B. @(f)mibt.
(V)cli)0rti : iöeini-iii) 6. (fein fj^amilienname ift 6aftritiu§) , ein niebcr=
länbifii)er (S(i)utmann au§ ©elborp, föeldfien bie mormatorifciien 33etoegungen in
ben Dliebevlanben nac^ S^eutfd^tanb getvieBen "^aben. 2Bir finben it)n üU ülectov
bei- @d)ule 3U ©neef in g^-ieslanb, fpäter in gleicher (5igenf(i)aft p S)clft, tt)o
et ©egenftanb inquifitorifci)er 9}erfoIgung, inSbcfonbere burcf) ben Befannten 9tu=
arb Sappev öon ßncfiufen tt)urbe. g§ waren Befonberä fleine fatirifd)e ©d^ritten
©elborp'S , teeld^e Slnta^ 3u biefen Sßerfolgungen gaben unb ben 9}erfaffer
notl^igten, fid^ bur(^ f^tud^t benfelBen 3U entjie'^en. 5tad§bem er \iä) huxä) eine
pfeubontjme Schrift an lapper gerächt ^atte, fam er al§ ütector na(f| Duisburg
am 9t:^ein, luo man unter 5Dtitmir!ung be§ berüt)mten i?o§mogtap:§en ©er'^arb
"ODtercator 1559 ein @i)mnafium grünbete. S)ie Eröffnung erfolgte taut ber
S)ui§burger (5tabtred)nung am 18. Cct. b. ^., an toetc^em Xage „bem rectori
Gelclorpio al§ er bie lectiones angefangen unb feine oration getl^an l^atte, mit
8 Cuart 3Bein§ öere^ret" mürbe. 5tIIein 6. tonnte fid) mit einem feiner
Öe^^rer, bem au§ SBremen nac^ S)ui§burg berufenen nieberlänbifi^en Sanbgmann
:^o'^ann 5Jtotanu§ nid)t üertragen. mes'tialb er nad^ ämeijätiriger aBirffamfeit feiner
©teile enf^oben mürbe. @r fe^te feine S^ätigfeit jeboct) in S)ui§burg unb anberen
bena(^barten Crten burdt) grrid^tung einer geleierten !|}riDatfdf)uIe fort. 6in
für i'^n als ausge^eid^neten i3et)rer begeifterter ©d^üler ift ber al§ ©dfiriftfteller
nid^t unbetannte SSeftfale .g)einrice P. ^öPel, ber i^m in bem (nod) ungebrucEten)
„Speculmn Westphaliae" ein Senfmal feiner 2)an!bar!eit fe^t. ©in ©önner
unb a3efd£)ü^er Selborp'« toar audt) ber berül^mte @raf ^ennann Pon 9tuenar
3U 2Jleur§. @r blieb au^erbem mit gele^^rten unb angefet)enen 5tieberlänbern in
33erbinbung, mie 3. ^. mit ^;^t)ilipp ^Jtarnir, i^anuS Soufa, ^oad^im ^opperg,
eber^arb üteibanus 2c. ^m ^. 1578 befud)te i^n ber nact)mal§ berühmt ge=
morbene oftfriefifd£)e @efdt)id^tfd)reiber Ubbo 6mmiu§. ^m ^. 1582 follte er al&
^rofeffor nad) Seiben beruren merben, ma§ fidf) aber jerfdtitug. @r teerte übri=
gen§ nac^ 3öeftfrie§Ianb prüdE, mo er na;^ bem 3eugniffe feine§ ©d£|üterö .!pöPeI
im ^. 1585 Perftorben ift. ©ie öon ben belgif(^en S5iograp:§en ©toeertiug unb
3lnbreä Perseidineten ©d^ulfd^riften (3. 33. ,.Iiistitutio rei literariae in Schola
Delfeusi". Antverp. 1556; „Xomothesia; sive de Legum latione ad constituen-
dum vitas moresque studionim ad S. P. Q. Duysburgeusem", 1561. 4. „De
institutione Scholaruni ex monasticis opibus facienda" (an ben (trafen Pon
^uenar) k., fomie feine meift fatirif(f) ge'tialtenen unb anont)m erfc^ienenen
latcinifd^en ©ebid^te finb Perfd)oüen. Sin ©o^^n @eIborp'§, £)nia§ &., ftubirte
1577 3U (^enf (? „Onias Flausemus Frisius" im livre du Recteur, catalogue des
Etudiants de l'Academie de Geneve, 1860, ©. 22), tourbe fpäter Sodor ber
gietfite.
Henricus ab Hoevel, Speculum Westphaliae (f)anbfdf)riftt. äu 5Jtünfter).
Gabbema, Illustrium et clarorum virorum epistolae. Editio altera. Har-
lingae 1669, mo im ^Inl^ange ©riefe Pon unb an @. Reitsma, Houderd
jaren uit de geschiedenis der Hervorming en de Hervormde Kerk in Fries-
land. Leeuwardeu 1876. ^Briefe bes '^0^. ^itotanuS im ©tabtard^iP 3U
- SSremen. Äöt)nen im ^^rogr. be§ S)ui§burger 6i)mnafium§ 1860, ©. 14 ff.
.^ö^nen, Ütebe 3. 300jä^r. Jubelfeier b. @pmn. 3U S)ui§burg 1859, ©. 3 f.
6. ^ rafft.
534 ©ctccn — @eleniu§.
©clceil: ß)ottjxieb ^ul)n ÖJrai bon &. unb 5lmftetab, furbaieiifdicr,
bann fai|erli(f)er ©encrat im SOjä'^i-igen Ä'viegc, tvax in glanbevn geboren unb
txat im 3»- 1^'15 bei ben faiferli(|en Srup^jen in Italien aU x^uiiüxUx^n ein,
begab fid) jcboc^ 1618 in baierij(^en 2)ienft unb rüdEte im ^Regiment 9Int)oU
bi§ jum Dberft bor, 5!)lit biefem Ülegimente na'^m er unter SiÜt) an bcffcn
gelbjügen in Söl^men unb am 9lt)ein, bann an bcr Belagerung bon ^agbeburg
unb an ber ©c^tad)! bei ßeipjig Slt)ei(. 9kd)bem er [ii^ 1632 buri$ bie 33er=
t^eibigung bon SBoIienbüttel gegen ben .^er^og bon Lüneburg ausgezeichnet t)atte,
er'^ielt er im ^uni 1633 ein jetbftänbige§ ßommanbo in Söefttalen. 5Jlit ^iüd
unb 6)ef(f)irf jü^rtc er in biefem unb im fotgenben ^a^xt bie i^m anbertrauten
10000 5Jtann ligiftifd^er Gruppen gegen bie jerftreut aujtretenben §eer^auicn
be§ Sanbgrajen bon -Reffen unb be§ |)er3Qg§ bon Lüneburg , fotoie gegen bie
©(^toeben unter (5tat)l]^anb§fc. 1636 al§ (Seneraln)ad)tmei[ter in faifetlictien
S)ienft übergetreten, !ämbjte er im 23erein mit bem faijerlic^'baierijc^en .Speere
unter ipa^jelb unb G)ö^ mit (SylM gegen bie (S(f)U)eben unter 33aner unb i)aV\
biefen big an bie Cftjcc jurücCbrängen. 5lnfang§ 163i» tjatte ber ßaifer bem ©rajen
(5). ba§ Gommanbo am 9t'§eine übertragen; nai) 33ereinigung mit ben Baiern unter
9Jierct) übevyd)ritt er im October bicfe§ 3tal)re§ bei ©beider ben Üt^ein, mu|te
jebod^ balb toicber jurüctgel^en, um ben (Gegner au§ bem 9t!§eingau ju bertreiben.
3^ad)bem er im iolgenben ^ai)xc Bingen belagert unb eingenommen '^atte, ber=
einigte er fic^ im ©eptcmbcr mit 4000 ^ann ju f^n^ unb 2000 ^jerben bei
f^ri^tar mit bem Iaijerlirf)en |)eere unter Seobolb Söil'^etm, trennte fidf) jebod^
mieber bon bcmjelben, um (Vi-'iebberg ju belagern, unb bedfte fobann toäl^rcnb
be§ 3Binter§ bie |)0(^|tiite SBürjburg unb Bamberg gegen einen beabfit^tigten
©infaE ber ©(i)meben. 5tmang§ 1641 t)üli er Baner au§ ber Cber^DJalj ber=
treiben unb marfd)irte bann im 3tprit an ben Dil^ein, too er im näc^ften ^ai)xt
im ^ölnijd)en unter -^at^felb an bem entf(^eibung§tojen gelbjuge gegen (Buebriant
%1)exi nal^m. Balb barauf fct)eint (^). bie ^Irmee bertaffen unb fid) a[§ 8anb=
comt^ur bei beutjcf)en Drbenä auf bie Baltet) ?lltenbic|en jnrücEgejogen 5u l^aben.
Bom ^aijer mit bem ©eneratat im n)cftiälif(^en ilreife betraut, erjc^eint er
1644 tüieber auf bem ÄriegSfciiauplatj. 91ad)bem er mit feinen Gruppen bei
5lf(^affenburg ju bem <g)eere unter ^ercl) gcfto^en, folgte er bemfelben naä)
©(^toaben unb befet)ligte in ber unglüdEUc^en ©(i)ta(^t bei 3lEer^eim ben recf)ten
f^lügel. .g)ier gefangen genommen, mürbe er nad) furser 3eit gegen ben fran3ö=
fifdien Ö^eneral Örammont au§gemecf)felt unb fobann an ©teile be§ bei %\in=
1)tim gefallenen ^ercl; an bie ©pilje be§ baierifd^cn .^eere§ geftellt. Unter ßeo=
polb SBit^elm al§ Dberbefc'^Igl^aber naf)m &. 1646 an beffen jiemliii) tliaten^
iofem f^elbjuge gegen 2:urcnnc unb SOßrangel S'^eil unb im Wäx^ be§ folgenben
3{a'§re§, uad)bem ber i?urfürft bon Baiern Söaffenftiüftanb gefd^Ioffen, er'^ielt er
ben erbetenen Slbfd^ieb. @. ftarb 1657 ju g)kftrid^t ober ju 9tltenbiefen, mit
feinem Steffen ging fein 03ef(i)(ed)t ju 6nbe.
9ib in. 3Intiquariu§ III, 4. 1857. ipeitmann, ÄriegSgefd^. bon Baieru
u. f. f., 1868. Sanbmann.
©clcnillö: afol§anne§ ®. (1585-1631) unb 3Iegibiu§ @, (1595 bi&
1656), beibe§ Kölner ^iftorifer. Unter ben Kölner (5Jefc^id)t§freunben be§ 16.
unb 17. ^al^r'^unbertS , tDeId)e fic^ mit ]^i[torifcf)en 9lrbeiten befci)äftiget ^aben,
finb äu nennen: ^lermann b. Dteuenar, @raf |)ermann bon BIan!en§eim, 5JleI=
d^ior Braun, ©tep'^an Broelmann, i^oiejann gtin!, 6onft. b. S^gfirc^en, Sodann
.^arbenrat]^ , &^x))l Bofiu§", ^atf^iaS Bofiug, Sorenj ©uriu§, 2lrnotb g3te§:§ob,
|)ermann grombadt), Sfo'^ann unb 3legibiu§ ®. S)ie beiben le^tgenannten neJimen
unter aüen ben erftcu 9tang ein. S)er ältere bon i'^nen, So'^ann, mürbe am
17. Dct. 1585 unb ber jüngere, 3tegibiu§, am 10. ^uni 1595 geboren. S)em
©elemug. 535
älteren tcurbe toegen feiner feebeutenben SlnCagen frf)on in irü'^efter S^Öfi^i) öon
jeinen Se^rern eine gtänjenbe 3ii^wnft öor^ergefagt. ^tac^bem er im S. 1610
bie priefterlic^en äöeil^en er^^altcn l^atte, ftieg er xa]ä) ton ©tufe 5u ©tufe.
5^01^ im Sahire feiner äöei'^e überna'fim er bie 9iegentie be§ 5)tontanerg^mnafium§,
1612 tourbe er S)ecan ber ^Pof ot)^ifc^en , 1618 ber f^eotogifcfien gacultät,
1621 ^itglieb be§ S)omcapitel§, 1624 Sec^ant be§ ©tifte§ üon ©t. ?(pofteIn
nnb 1626 ©eneratöicar ber gr^biöcefe ^öln. 9lu(^ fein SSruber 9(egibiu§, ber
bei ben Sefuiten in ^JJtainj ben®runb 3U feiner wiffenf^aftüdien Silbung legte,
entf($loB fiel)," feine Gräfte unb gäl^igfeiten bem Sienfte ber ^ixä^t ju toibmcn.
3lm 10. ^ot). 1614 trat er ju 9fiom in ba§ Collegium Germanicum ein, too er
ungefähr fünf ^di)xt mit grnft unb ßifer Ij'^ilofopliifc^e , fir(^enrecl)tli(^e, bog=
matifd^e unb ard^äologifdie ©tubien trieb. 2lm 19. ^ärj 1619 erl)ielt er in
ber Sateran!trd)c öom garbinal i^o^ann (Sarjia bie 5prieftertoei:^e. 5Jlit ben
beften geugniffen berlie^ er 9tom, um in ^Perugia, too bie ^Promotion geringeren
ßoftenaufrtanb erforberte, einen l)ö'f|eren @rab in ber 3:"^eologie äu ertoerben.
31m 15. ©e^jtember würbe er in @egentt)art beg (Brafen SrucfifeS bon äBalbburg
unb öieler anberer beutfdl)er abelid^er -Sperren pm SSaccalaureug ber 2;^eoIogie
promoöirt. 5lm 16. October langte er »ieber in ^öln an. ©leic^ nai^ feiner
diüdk^x tourbe er ^um ülector ber jum S)om gel^örigen 5Jlargaret^encapeIle am
^:pfaffent:§or ernannt, ^m ^. 1621 erhielt er eine ber unter bem plamen
secuüdae gratiae ber Uniüerfität überlüiefenen ^räbenben; e§ mar bieg ein (Ia=
nonifat am ©t. 5lnbrea§ftifte. 3mei ^jalire barauf, in feinem 28. SebenSja'^re,
promoöirte er im .spörfaale ber tl)eDlogifcf)en gacultät pm ßicentiaten ber %1)to=
logie. ©ein ©inn ftanb me^r auf eine fegenSreic^e 2:l)ätig!eit in ber praftif(i)en
©eetforge, al§ auf ben 9tul)m, ben i^m bie Seleljrtenlauiba'^n öerfprat^. 2)arum
betoarb er fi(^ 1625 um bie bamal§ jur ©rlebigung gefommene ^Pfarrei pm
^t. 61)riftop'^. 31n biefer wegen i^re§ geringen ßinfommen§ ftarf bernacl)Iäffigten
unb felir öerfommenen ^ßfarrei fanb ber feeleneifrige (B. eine Sßirffamfeit,
welciie gon^ feiner 5leigung entfprac§. 2)ie Jpfarrei aäflte 1600 Snfaffen, meift
bcbürftige Gärtner unb 31ifer§leute, S)er Pfarrer beäog öom ©tifte ©t. ©ereon
131/2 5JtaÜer Oioggen, 2 50^alter 2Bei3en unb 20 gjtalter ^afer. Safür mu|te
er öerauggaben für ben gaptan 30 Später, für 3öol)nung§miet'^e 36 Sljaler,
für äÖad^g unb 2i($t 40 (Bulben, für DJte^mein 45 21)aler, für befonbere f^eft^
li(^!eiten 50 @ülben, für bie ßantoren beim 40ftünbigen ©ebete 3 @ulben, für
bie Santoren in ber l)eiligen SBodfie 3 2:^ater. gür i^n felbft blieb fonac^ faft
gar mcf)t§ übrig. S)em ^^ßapfte fomol mie bem öorfi^enben Sarbinal ber ^ro=
paganba ftettte er bie ööllige Un3ulänglic£)feit ber ^Man-eieinfünfte öor unb t)er=
banb bamit ba§ 3lnfu(^en, ber ^Pfarrei ©t. g^riftop^ ebenfo , mie fotc^eä im^.
1580 mit ben meiften anberen Pfarreien ber ©tabt gefi^e^en toar, ein ßanonifat
eines ber benac£)barten ©tifter ©t. (Bereon ober ©t. Urfula ju incorporiren.
^Jlur in fotoeit ging man in 9lom auf biefeg 3}erlangen ein, al§ man eine 3Si=
carte öon ©t. (Bereon mit ber ^farrfteEe ^um ^1. 6'^riftop:^ öereinte. 5ta(^=
bem ©. fec^§ ^a^xe lang ta^ genannte Pfarramt mit bem glänaenbften ßrfolgc
öermaltet ^atte, fa^ er fic^, um einen befonberen äöunfc^ feine» 33ruber§ ^0-
^anne§ ju erfüllen, genöt^^igt, öon feiner ©teEe ^urücEjutreten. ©fin SBruber
^o'^anneg nämlic^, ber e§ fi$ 3ur ßeben§aufgabe gemacht l)atte, fämmtli(^e auf
bie (Befc^ii^te be§ Kölner @räftifte§ be3üglic£)en Urfunbcn, CueHen unb ^iotiaen
äum 3mect einer erfcl)öpfenben fritifcfien Bearbeitung in 3lbfcf)rift ju fammeln,
mar plö^licl) im rüftigften 9}tanne§alter auf ba§ 2;obe§bett gemorfen toorben.
3legibiu§, in beffen Firmen fein 35ruber öerfd)ieb , _^atte bem ©terbenben öcr=
fpred^en muffen, ba§ äßerf, an bem er bi§ bal)in fc^on nad) Gräften firf) be=
t^eiligt ^atte, mit aEem gleite fortäufe^en, feiner SSoEenbung äuäufü:^ren unb
536
©elenius
\o bie ö)ej(f)ic§te her Äötner Äitd^e in tlaxe^ Ötc^t ^u [teilen. Um baö 9}ev=
fpred^en, tt)el(i)e§ er feinem 33ruber gegeben, eijüHen 3u fönnen, mu|te er jein
^Pfarramt niebertegen. 5)iit rafttofem ßiier liefe er fid) nun bie SSoüenbung ber
i^m öon feinem S3ruber '^interlaffenen ^lufgabe angelegen fein. „Seinatje iünT=
3e'§n ^a^xt long", fd^rieb er felfift im ^. 1645, „nüd^ Sag unb 9lad)t mit ber
mir übertragenen 3tu|gal6e befd^äftigenb , l^abe icf) bie .g)anbf(f)riften alle mit
großen Soften unb ^ü^en au§ otten Sfripturen, bie mir l^ier bereitwillig, bort
nur mit S^^ang au§ ber ©tabt unb S>iöcefc mitgetl^eilt n^urben, biö jum
breifeigften iBanbe fortgefetit. ^eber Sanb ift einem einzelnen }^ad)e, 3. 93. ben
Äir(i)en, 3lrd)it)en, 5!)lün5en, ©cmätben, .^oftbarfeiten, ber UniOerfität k. be=
ftimmt. 3lttf§, ma§ id) an S^it erübrigen tonnte, öermenbete id) auf biefe
(Sammlung; entroeber überjeugte \ä) mi(^ fritifd) üon ber 9le(^t^eit ber eingaben
ober \ä) befaßte mid^ mit 5Iusarbeitung unb X^eilung be§ fierauS^ugebenben
^au|)twerEe§". Seim xobe bee ©eneratöicarS @. umfaßte bie (Sammlung fedf)5
SSänbe. Slegibiuö bradjtc fie bi§ auf breifeig. 93on ben it)m überfanbten Gopten
Derglict) er einen grofeen 2^ei[ felbft mit ben originalen. SBenn auc^ bie meiften
Gopten, bie bon ungeübten 3lbfdl)reibern genommen mürben, fel;ler!^aft unb un=
correft [inb, fo bel^alten fie boc^ immer al§ Grfal^ Hir bie in.^mifdien berloren
gegangenen Criginale einen l^ol^en 2Bert^. 93on gröfeeren 3lrbeiten, bie er in
biefe (^ammlung auinal)m, finb ju nennen : eine Öefd^tdite ber iperjoge öon
(Beibern, bon Sleöe, ber (trafen öon ber 5)larf, bie „Chronica piaesulum", bie
„Historia Richezae-', bie „Vita Brunonis", bie „öimburger 6f)ronif", bie „@e^
fd§idl)te öon ©tcinfelb", bie „6efd)i(^te ber 3iacobe üon 5öaben", bie „ßl^ronif
ber Sanbgraien Pon Jljüringcn" , bann intereffante Urfunben jur 6efd£)ic£)te be§
Äurfürftcn @ebl)arb Irud)fe^, ber Kölner Unioerfität, be§ Sttfteä St. (Kunibert,
be§ ^omftitteö, ber Slbtei 2)eu^, be§ Quirinu§ftifte§ ^u ^Jieufe. 2)ie ganje
©ammlung nannte er „Farrago diploniatum et notationum pro historia", unter
melc^er S3e3eid)nung fie noc^ je^t in ber litterarifd^en 2öelt befannt ift. S)rei
^aiju na<i) (^kleniug' iobe, 1695, ermarb ber Kölner 9latl) biefe fdf)ä^en§tt)ertt)e
©ammlung burd§ Äauf Pon ben Ü)eleniu§'fd)en @rben. 53ei einer im ^. 1744
burd^ ben 9iegiftrator ^ßtanfen'^eim Povgenommenen Otepifion iel)lten bie 23änbc
12, 19 unb 23; 12 entt)ielt ba§ ^Jtanuffript ju ber Sd)rift „De magnitudine
Coloniae", 19 ein ,.Chronicou Coloniensium antistituni" unb 23 bie „Vita Bru-
nonis, Mathildis, Ezzonis", bann Uifunben, bie .ßlöfter unb (Stifter be§ 3}efteö
9lectlingl)aufen betreffenb. (äiner biefer Pernüfeten Sänbe befanb fidl) im 33efi^
be§ 2)omt)errn Pon ^illee^eim, bie beiben anberen in bem be§ ^;^^aftor§ P. ^üt§.
S>er 19. unb 23. Sanb feilten nodt) immer, ebenfo ber 12.; ftatt be§ le^teren
tourbe fpäter au§ bem 5Befi^ be§ Ganonifue Pon .^iües^eim ein Gattular be§
2lpoftelftifteö al§ 12. 5ßanb in bie Sammlung eingefc^oben. ^Jland£)ei StücC
pjurbe nadt) bem ^. 1645, too @. bie a3änbeja'§[ auf 30 angibt, 'bi^ jum 3»-
1653 in bie einzelnen 93änbe eingefügt. '>ilaä:j feinem ÜRüdtritt Pon ber G^riftopt)-
Pfarre t)atte inbefe ®. feinesmegä fopiel 9iu^e unb ^JJtufee ju feinen t)iftorifd^en
9lrbeiten gewonnen, toie er gel)offt i)atte. 9)on ben Perfd£)iebenften Seiten mürben
fein @ifer unb feine ^eixntniffe in 5lnfprud§ genommen, fobafe er auf feine ge=
fd)idf)tlic^en (Stubien einen guten %t)eii ber '^lafijt Pertoenben mufete. S)arum
nannte er bie bei näd)tlid£)er äöeite entftanbenen Sdfiriften „Lucubratioues".
3)om ^erjog Pon Sülid), mie öon Perfd^iebenen anberen ^yürften, erl^ielt er
mand)en auf bie <£">pbung be§ fatl)olifd^en Seben§ be^üglid^en 3tuftrag. Snt S-
1645 mürbe er Pom ^ex]OQ äBolfgang 2Bii:^elm erfud£)t, im ."perjogtlium iBerg
fämmtlid^e ^$farr!ird)en , ßapellen, Jpofpitäler unb 3lrmen{)äuf er , bereu Okbäube
Pielfad) fel^r Perroal^rloft unb bereu itePenüen grofeen 3;^eil§ Perfd£)leubert toaren,
3u Pifitixen, atte ^Bifebräucfie unb 5Jiifeftänbe abjuftetten unb (Sorge ju tragen,
©elen. 537
ba^ bie einjelnen Sanbbed)anten mitgetf)eiüen neuen 9teformpunfte getüiffenl^aft
fieforgt inütben. 3}om (Stifte (5t. 3lnbrea» tourbe S. am 2. Stuguft 1647 jum
(5d)oIafter gettiä^tt, Balb barauf auc^ jum ^ßropft öon ßranenburg ernannt.
gräBtj(i)oi gerbinanb Betraute if)n am 4. ^ult 1650 mit ber «Stellung eine§
erä6if(^öfü(^en Gommiffars jur 5IbfteHung ber im oBerr'^einifd^en J^eile ber 6r3=
biöcefe eingeriffenen 5Jtipräu(f|e. 5)ie jur Srfüttung biefeS 6ommiffarium§ unter=
nommenen ^ieifen boten 6. toillfommene @e(egen't)eit , in ben ^. 1651 unb 52
ba§ fct)ä^en§toert^efte ^Jlateriat jur 2luiflärung ber öefcf)ici)te aBeftfa(en§ unb bes
.^od^ftiitcg C§nabrücf ju jammeln. 3}om päpftüc^en Oluntiuö (Sanieliciu§ tturbe
er am 25. Sept. 1653 jum 2tubitor ber Äölner Tiuntiatur ertodt)tt. ^m ^.
1655 beftimmte i^n fein ^ugenbfreunb unb (Stubicngenoff e , ber £§nabrü(ier
i5fürftbif(^of granj Sßit^elm ö. Söartenberg, ju feinem 2Beit)bif(i)ofe. Ser öom
Kölner 5hintiu§ gefü:^rtc SnformatiöproceB mürbe am 16. 5lu_güft gefc^toffen
unb an ben ^apft ging bon D§naBrü(f au§ ba§ 2(nfu(^en, ben für bie 16ifd§öf=
lic^e SBürbe burc^aus geeignet Befunbenen &. ju präconifiren. (änbe '^äx^ 1656
mürbe er ^um episcopus Aureliopolitanus confecrirt. .^aum aber toar er nad^
£)§nabrüc£ üBergeftebelt unb l^atte fein '^o'^ei 2lmt angetreten, fo ereilte i^n im
Sluguft beffelben ^a^reS im 62. Seben§ja^re ber 2ob. 6r fanb feine 9tu^eftätte
im Some p C§nabrü(f. Sie (Schriften, bie @eleniu§' Dlamen einen i)ttoox=
ragenben ^(a| in ber '^iftorifc^en $3itteratur fid)ern, finb: „Yiudex libertatis
ecclesiasticae et martyr s. Engelbertus"' etc. SiefeS bon ^ol^anne§ @. be=
gonnene 2öer!, eigentlid^ ein ßommentar jum geben be§ l)i. Engelbert bon
Caesarius Heisterbaceusis, tourbe öon 2Iegibiu§ ®. öollenbet unb 1633 ^erauö=
gegeben. Sin ^af)x barauf, 1634, erfi^ien bie „Pretiosa Hierotheca duodecim
unionibus historiae Coloniensis"; tnieber ein 3a§r fpäter bie „Staui'ologia Co-
loniensis". ^m ^. 1636 ber „Canon canonicorum Enfridus eleemon insignis
s. Andreae Colon, decanus et canonicus"; ^toei S^a'^re barauf, 1638, bie „Hi-
storia et vindiciae b. Richezae comitissae Palatinae", 1639 bie ..Supplex Co-
lonia sive processio anno 1634-', im i^. 1640 ,.Par ss. Suibertus et Plectrudis''.
^m ^. 1645 erfi^ien @eleniu§' ^auptmer! „De admiranda sacra et civili mag-
nitudine Coloniae Claudiae Agrippinensis augustae Ubiorum urbis". Seim
giat^c ber (Stabt !am (S. im ^uni 1644 um bie grlaubniB ein, biefe§ Sud^
brutfen ju bürfen. 6§ tourbe befc^Ioffen, „ba^ bie Syndici ba§ ^anuffript
cjaminiren unb bemnöd^ft, roenn bie übliche Genfur erfolgt, bem ,g)erfommen ge=
mä^ berfa'^ren toerben foüe". S^ax üermag biefe§ SSudt), toel(^e§ ben (E^aratter
feiner abergläubifctien Q^it unb eine allju toeit gel^enbe 9tomanifirungöfuct)t ni(i)t
berleugnen fann, bor einer ftrengcn Äritif nit^t ©taub ju 'galten; ni(i)tö befto
toeniger be^ätt e§, ha^ Söerf eine§ eifernen 5IeiBe§, für aüe Seitm unleugbaren
SBert^ unb l^o'^e Sebeutung. @§ ift gleic^fam eine Ü^egeftenfammlung aus ben
ftäbtif(f)en Urfunben, bie in einer fpäteren 3eit öerni(^tet unb öerfc^Ieubert
worben finb, unb e§ bleibt eine rei($e gunbgrube, au§ toeti^er ftet§ atte 33earbeiter
ber Äölner @ef(^ic£)te toerben fct)öpfen muffen.
^ar^^eim, Bibl. Colon. — grombad), Ann. — S)e ©red, Sie beiben
©eteniui. — Gelenii farrag. tom. 29. — ^anbfd^riftü(^e§ im Kölner ©tabt=
ard)iü. S. 6nnen.
0)Clcn: ©igmunb &. (Seelen), 5)3:^i(olog, geb. ju ^rag 1497,
gcft. 5U Safel 1554. ßr ftammte au§ einer abeüd^en gamitie, bie für eine
ftanbesmöBige ßr^ie'^ung be§ begabten (5o^ne§ befte gürforge traf. S'^ feiner
toeiteren ?Iu§bitbung tourbe er 13 ^a^xt alt unter einem -^oimeifter naä)
Stauen gefdjicEt, too er in ^^abia unb 33oIogna ftubirte unb l^ierauf einen
längern 3luTentl)alt in 9}enebig na^m unb unter ber Seitung be» berüt)mten 5Jlar!c§
538
©den.
«niujui-o§ bai @i-ie(5^if($e grünblic^ erlei-nte. 35on 33cnebig au§ untevna'^m er
längere 9tcijen noc^ ben Snfeln be§ griecE)ifc^cn 5lr(^ipclagu§, bur^ gnii^ Stauen,
gfranfrei^ unb 2)eutf(^tanb. 2)er Zoh feine§ 3)ater§ notfiigte it)n cnblicf) jur
^ücffe^r mä) '^xa^, wo er fidE) entfc^to^, ba fein 33ermögen burd^ feine langen
gieifen ftar! gelitten "fiatte, \x<i) ganj ber geteerten Öaufbat)n ju toibmen. ^^iad)--
bem er eine 3eit lang ^Priöattorlefungen ü6er grie(f)ifd}e Sitteratur in ^^rag gc=
:§alten t)atte, ging er 1524 mä) 33afel, too er mit 6ra§mu§ betannt rturbe
unb \iä) beftiminen lie|, in bie S)ienfte be§ bcrüljmten ^ud)brucfer§ 5i-"ot>en at§
gorrector für bie grie(^ifd^e , tateinifd^e unb f)e6räifcE)e Sitteratur einzutreten.
^n biefer ©tettung üerbtieb er bi§ ^u feinem 3:obe, miemot er met)rere öortt)eit=
l^afte Einträge jur UebernQljme öon Sel^rftellen , mie 3. 33. ber bc§ ©ried)ifct)en
an ber ©c^ule ju 9türn!6erg auf ^JteIan4tt)on'§ (Smpfe'^Iung, ert)atten ^tte. 3In
ben großen Sßerbienften, meld)c fic^ bie g^robenifc^e 2)rucferei burct) bie Sßeröfffnt=
li(i)ung befferer ober ungebrudfter Sei'te um bie alte Sitteratur ermorben {)at,
l^atte @. ben toefentlidjften 3lntl^eit, unb entwirfelte eine Xljätigfeit , bie an bie
großartige cine§ .£^enricu§ ©tep'^anue erinnert. 6r öerfaßte bie jafilreid^en
9}orreben ber unter feiner Leitung gebrurften äÖerfe; aU i^ritifer teiftete er bei
feiner umfaffenben ©clel^rfamfeit unb großem 8d^arf[inne fel)r SSebeutenbeS, menn
ouc^ bie Ml)n^eit feiner Ätitif mand^en jtabel erfa'^ren l^at. Um bie gried^i=
fdf)en ©djriftftetler ju übergeben, beren S)rucf er o'f)ne neue '^anbfdiriftlidfie ^Ulittcl
beforgt t)at, fo gab er einige fteinere geograp'^ifd^e ©dt)riften (,.Arriani periplus
ponti Euxini etc.'') au§ ber .s;-)cibelberger .«panbfdtirift ^Jlr. 398 mit lateinifd^cr
Ueberfe^ung 1)nan^ (1533), unb l)atte an ber erften 9(u§gabc be§ griec£)ifd)en
XejteS be§ ^labiuS Sofep^uS (33afet 1544) toefentlic^en 5lntl)eit. Söon 3al)lreid)en
griedl)ifd^en äBerfen fomol ber toeltlid^en al§ ber geiftlidien Öitteratur lieferte er bie
bamalS unentbet)rlid^e tateinifd£)e Ueberfe^ung, mie öon 5lp|)ianu§, ben 10 erften
SBüd^ern ber r5mifdl)en 5(rdt)äotogie be§ 5i)ion^fio6 bon .'paiicarnaffo§, ben SBerfen
be§ Suftinu§ ^artt)r, be§ ^uben ^l^'^ilon, ber ©c^rift be§ DrigeneS gegen
6clfu§ K. 3Iuf bem ©cbiete ber lateinifd£)en I^itteratur finb au nennen feine
3lu§gabe be§ 9lmmianu§ 5JlarceIlinu§ , ben er burd^ 93enü^ung ber beften,
je^t berfdl)oIlenen ^anbfd^rift be§ Älofter§ -Spergfetb bebeutenb öerbeffert unb er=
gänät :^at (33afel 1533), eine 5lu§gabe be§ 2iöiu§ mit SeatuS 9t^enanu§ (1535),
bie on treffenben 93erbefferungen reid)c ^Bearbeitung be§ fd^tyierigen 5lrnobiu§
(1546) K. 5luc£) als Sejifograp:^ l)at fid) W. öerfucE)t burd) ein bergleidl)enbe§
äöörterbud§ t)on 4 ©pradl)en (gried)ifd), lateinif(^, beutfd) unb böl^mifdE)) mit
bem 2itel ,,Lexicon symphonuni, quo quatuor linguavum Europae familiarium . .
concordia consonantiaque indicatur", 33afel 1537 unb 1544. @iu ^öerjeidiniß
ber (Stämme flat)ifd£)er 3u^9^ :M^^ liugua Illyrica utuntur" '^at er bem berü'^mten
gonrab ®e§ner geliefert; f. beffen Mithridates fl555) fol. 54 sq.
3lu§fü'^rlid)fte SSiogra^jljic öon 35. 9iöfe in ber §aHe'fd£)en Sncl)flot)äbie,
too audf) bie frül^eren Cuellen angcfül)rt finb. .^alm.
(iJclcn: SBictor @., au§ Srier gebürtig, ber einzige nam'^afte 35ertrctcr
ber quietiftifd^en 3[Rl)fti! in 2)eutfdE)tanb , 't)atte fdE)on im ad£)ten ßebenSja'^re bei
ben .R'apuäinern 5profeß gctl)an, rourbe bann 'Jtoöijenmeifter , Ijernad) föuarbian
3U Syrier unb fd^ließlid) ^^roöincial ber r'fieinifdlien ^ßrobin^ feine§ OrbenS , al§
meldier er am 14. ©eptbr. 1669 ju Xrier ftarb. S)erfelbe öeröffentlid)te (mit
ja'^lreii^en 3lpprobattonen) im ^. 1646 ju Äöln eine (üon i^m mätirenb
eine§ 3lufent^aite§ in .^öln aufgearbeitete) <5(^rift unter bem 2itcl ,, Summa
practica theologiae mysticae", meldE)e al§ bie öoUftänbigfte unb genauefte 6obi=
fictrung ber quietiftifdi)=m^ftifd^en Ueberlieferung ber !atf)olifd£)en Äirdf)e angefeljen
Werben fann.
gjgl. ^eppe, @efd^. ber quietift. gni^flif, 33erl. 1874, S. 102-104.
^-
©ele^ti — ©eümer. 539
(^clc^ti: :So^anne§ 6. (aucf) ©ele^flj), toai; „S)iencr be§ l^eiligen
Stjangelü" , tnic er ft(f) felbft nannte, l)ei ben niäf)vif(i)en Srübern; er (ebte ju
^ulnerf unb jpäter ju @röbti^ in ißö'^men, tt)o er 1568 geftorben fein fott.
5!)lit 5Jtid)aeI Sfiam unb ^^etrug §ubertu§ ^at er bal gro^e beutfc^e SBrüber=
gejangbuc^ 'herausgegeben, über toelrfieS Söacfernagel in ber SBibliogra^'^ie
©. 336 ff. auSfü'^rlic^ beri(i)tet. Sie erfte 2(u§gabe erfc^icn im i^a'^re 1566
unb ift toa'^rfcf) einlief) 3U 5]3rag gebrurft; bie atneite erfd^ien 9lürnberg 1580.
^n biefeS ©efangbucE) 1)at er eine ^Inja'^I eigener Sieber aufgenommen , öon
benen SBarfernagel im 3. 33anbe feine§ „Seutfc^en Äircf)enliebe§" 21 f)üt ab=
brurfen (äffen.
9}gL ^oä), ®ef(^i(^te be§ ^rc^enliebS, 3, 3lufl. 2. »b. @. 411 u. 414.
i. u.
©climcr: Ie|ter ^önig ber 5ßanbalen (530 — 534 nad^ 6^v.), au§ bem
(i)ef(^Ieci)t ber 31§bingen , ©ol^n be§ (SelariS , 6nfel be§ ©euäo unb ber tömi=
f(i)en ^aifertoci)ter ©ubocia , Urenlet be§ großen S5egrünbev§ be§ öanbalifdien
SHeic^eS in ?Ifri!a, ©enferid^ (f. b. 9h-ti!el). S)ie fü^ne ©ci)ö^fung eines @er=
manenreid)e§ in Slfrifa, getrennt öon jebem 3ufammen^ang mit anbercn (Sermanen=
ftämmen, bon 9tom unb 23t)3an3 ^er gleid^ bebro'^t , l§atte n)enig Hoffnung auf
2)auer. S3alb natf) bem 2;obe be§ gefürc|teten @eefönig§ (Senferii^ seigten fic^
Spuren bon ©c^toäi^e unb Spaltungen im Staat: ha^ f)ei§e Älima, bie üppige
SebenStoeife in 5tfrifa öer^e'^rten, entneröten bie Äraft be§ S5oIfe§: bie t^öric^te
SSerfotgung ber Äatf)oIifen burd) bie arianifcf)en 25anba(en mu^te ben .^a^ ber
römifctien -probinäialen gegen bie ^Barbaren unb ^e^er, bie Se'dnfucEit nac^ S5e=
freiung buvd) bie faiferlic£)en äöaffen auf ba§ (Sefä^rlidifte fteigern. Sci)on ber
So^n unb ^ladifolger @enfericf)'§ , ■^unerid^ (474 — 484) mufte gegen Spjana
bie nachgiebige Sprad)e ber S(i)mä(^e füf)ren unb er toie fein 9lad)fotger (Bunftia'
munb (484 — 496) bermoditen tuxä) mieber'Ejolte S($Ia(^ten ni(f)t bie einge=
borenen 5Jlauren Don immer fecferen . Streif ^ügcu in ba§ banbatifctie (Sebiet
jurüd 3U fdjreden. S)er nä($fte .^önig 2'^rafamunb (496—523), burd) ®eift
unb Silbung auSgejeidinet, ^ob ba§ ytexä) toieber, befonberS burd) bie einfi($t§=
DolIc 3>erbinbung mit Sl^eoberid) , bem großen Dftgotf)en!önig in Italien,
mit beffen Sditoefter SImalafriba er fidi bermäf)Ite: in ber 3;t)at mar bie ^Jtac^t
ber Oftgof^en bie näd)fte natürliche Stü^e be§ bebenfüc^ ausgefegten 3}an=
balenrei(|§. 6S mar bal)er eine ^öi^ft üerberbüdie ^anblungSmeife öon
3:'t)rafamunb'§ 9iad)fotger, ipilberic^ (523 — 530, ^unerid)'§ unb (fubocia'S
So^n)', bie erfprie§Iid)e g^reunbf($aft mit ben italifd)en ©oftien in offene 5einb=
fd)aft äu öermanbeln. S)er fd)mad)c ^yürft, ber So^ ber ütömerin, mar mit bem
(fpöteren) Äaifer ^uftinian naf)e befreunbet unb fud)te ftatt bei ben natürtid)en
f^reunben, ben Sotten, Oiüdfialt bei bem natürtid)en f^einbe, — bei 35t)3an3 —
9tüdf)alt wiber ba§ eigene 9}olf. ^Imalafriba ftarb im Werfer megen angeb=
lidier 35erf($raörung, bie erlefenen (Sotten, toeld)e fie begleitet 'tiatten, fielen im
Kampfe für ii)xz ^ürftin — baS ÄönigS^auS ber £)ftgotl)en mürbe baburd) in
einen rac^efudienben y^einb öermanbelt. 5ltt' biefe £)inge: bie ^riegSuntüd)=
tigfeit beS ÄönigS, ber burd) bie ^Zauren mieberl^olte 9^iebertagen erlitten, ber
^xüä) mit ben ®otl)en , bie öerbädjtige unb bemüt^igenbe -ipinneigung 3U S3t)=
janj, aud^ mol bie getinbere iöel^anblung ber ^atl^olifen machte ben ^önig bei
ben eisten S}anbalen öer'^a^t unb öeräd)tlid) : an bie Spi^e ber nationalen,
patriotifc^en Partei trat nun (S. — 6r toar nad^ <g)ilberid) ber dltefte 53lann
beS ipaufeS ber 2t§bingen: alfo nadf) bem öon ©enferid) eingeführten, )X)a^x=
fdf)einlid) öon ben 2Jtauren entte^^nten $.rincip beS SenioratS ber 3:^ronf olger :
er, ber tapferfte Krieger feineS 3}olf§, jugleid) ein ^arfenhinbiger SDid^ter , be=
gnügte fid^ nidf)t mit ber SrlDartung ber ßrone: er gemann ben 9lbel unb bie
540
®etimer.
Slüc^ttgften ber S5anba(en Tür feinen ^tan, ben untiiegerifiiien ^önig ju ent=
tl^roncn: er bet)auptete bieüeidit nic^t o(}ne ©runb , bcv üon ben iBl^iantinern
gana ab'^ängige ^^üift ge^e bamit um, ba§ Oieid) feinen lyreunben ^uftinu^ unb
3^uftinian in bie ^anbe ju fpielen: er gönne bie Jperrfd)aTt nid)t it)m, ber einem
anbern 3tüetg be§ ApaufeS ber 2l§bingen angehörte unb al§ ^eri1d)er fräitig
gegen Sl^janj auftreten würbe. ©. unb feine Partei festen ben Äönig, beffen
n)affcntüd)tigen 2}etter unb 5etbf)erin ^oamer unb beffen 53ruber euage§ ge=
fangen unb @. beftieg ben 2;^ron. ^roEop, ber @efd)ici)t§fc^reiber bcs finfenben
3}anbalenrei(^e§ , nennt freitid) @. toie ben erften .g)elben ber ä>anbalen (neben
jenem ^-^oamer, bcm „3(d^itteu§ ber 3}anbalfn") einen gefäI)rUd}en ^knn öon
böfem 6f)arafter, habgierig unb neuerung§füd)tig : aber biefer Oom ©tanbpuntt
be§ S3t)3antiner§ fet)r begreiflid)e 2;abel üert)üüt bod) aud) in ^^^rofop'S S)ar[te[=
lung nid)t bie 3;:^atfad)e , ba^ mit bem el^rgei^igen ^Jiad)foIger bie l^eften feine§
5ßolfc§ gegen ben f(^n)ad)en ^önig unb bie bt)iantinifd)c ^^politif burd) bie fetjr
notl^tDenbig geworbene 2Jertt)eibigung ber nationalen (5l)re, [y^'^i^^it unb öriftenj
berbunben maren. S)cr SBerlauf ber S)inge geigte balb , lt>ie bringcnb bie öon
bem oftrömiid)en Jpofe broljenbe ®efaf)r Ujar. 3tufti"icin< i^aifer feit ^^(pril
527, griff fofort mit beiben ipänben nad) ber toiEfommencn 0)elegent)eit 3ur @in=
ntifd)ung in ba§ 9]anbalenreic^. S)ie gan^e ^enbeuj bon Suftinian'§ "Dtegierung
fül^rte au§ mef)r aU einem @runbe jnm ''Eingriff auf ba§ 9ieid) ber 33anbalen.
^bgefetjen bon bem ©treten, bie berlorenen 2()eiie beä ftieftlii^en Oteid)e§ raieber
unter bie iperrfd)aft be§ öftiic^en ju berfammetn, mar eö bie i^bee bc§ ftrengen
Äatf)olici§mu§ , meiere i:^n al§ Sef^üljer unb Befreier ber 9{c(^tg(änbigen au§
bem 2)rud ber arianifc^en !öarbaren gegen Ü). auftreten tjie^. Sofort gab er
bem ©treit eine retigiöfe gärbung unb fnd)te bie nationale Safie feine» 5einbe§
babutc^ ju erfd)üttern, ba^ er it)n a[§ 3lnmafecr barftellte. %tx Äaifer ber
^anbeftcn berleugnet feine juriftifirenbe 5Jknier aud) in ber biplomatifd)en
ßorrefponbeuj mit ®. nid)t. 6r f orbert biefen auf, fid) mit ber tf)atfäd)Iid)en ©ewatt
be§ Äbnigf^umS ju begnügen, mit ber '^lnnaf)mc ber Ärone aber bi§ 3um iobe
|)ilberid)'§, bei nad) @enferid)'§ ©enioratgefel^ red)tmüBigen ^önig§, ^u märten,
©tatt aller ^(ntroort lie^ @. ben .spoamcr, beffen friegerifd)e .^raft er am
mciften ju fürd&ten Tratte, blenben, unb naf^m A'-)ilberid) unb @uagc§ in noc^
engeren rv)emat)rfam. 3iuftinian , beffen ^eer nod) fern in 9lfien im '^^^erfertrieg
befd)äftigt unb 3u einem Selbjug gegen hie. meergemaltigen 23anba(en fel^r un^
luftig toar, fut^te 3unäd)ft ^)dt ju gewinnen : in einem jmeiten ©d)reibcn erflärt
er, Üi möge bie einmal ergriffene §errfd)aft bel)altcn, feine Wernngenen aber
freigeben unb nad) SSi^^anj fd)irfen. S)Dd) allju burd)fid)tig war bie 5tbfii^t
biefer ^^orberung: ^uftiriia" wottte in ber ^erfon bei 6nttf)rünten ftetl einen
lebenbigen S}orwanb jur bewaffneten 6inmifd)ung in ba§ 9>anbalcnreid) an
feinem ^ofe f)aben , um bei befferer ©elegen^eit ber ni($t all red)tmä|ig aner=
fannten .'perrfd^aft (Selimcr'l unb bamit ber Unabl)ängigfeit fcinel 53oltel ]u=
gleii^ ein gewaltfamel @nbe ju bereiten : bal ©d)reiben fd^lo^ mit ber 2!ro=
|ung, im ^-aU ber Steigerung Werbe ber .$?aifer mit ben Söaffen einfd)reiten
unb l^ierbei bie mit ©enferid^ gefd)loffenen 3}erträge nid)t beriefen , fonbern
bielmefir erfütten , benn er werbe baburd) ben Äönig ber 3}anbalen nid)t ht^
friegen, fonbern rächen, b. ^. nid)t Ö). , fonbern .'pilberii^ fei ber rcd^tmä^ige
^bnig ber 3}anbalen. i^n feinem fe^r felbftbewu|ten 5lntwortfd)reiben weift
(B. ben Q}erfud) , il)n bon feinem S}ot! ju trennen unb all 5lnmafecr barju^
ftetlen, fräftig jurüd: bal SSolf ber Söanbalen l)abe in geredeter 9iot^we^r
.^ilberid^ entf^ront, Weil er wiber bal ^anl bei 6enferid) böfe ^}ieuerungen im
©c^ilbe geführt (gemeint ift Wol ber ^'lan, bie .^rone einem anbern all @. ju^
juWenben) unb i'^n nac^ bem ®efe| bei ©eniorati auf ben leeren 2'^ron ge=
©elimer. 541
rufen. 2BoIIc ber Jlaifer ben ^^fneben 6re(i)en, fo toürben ficE) bie 33anbQ(en naä)
Gräften xoQ^xm unb jene @ibe anrufen, mit ltie(d)en 3^"^, fein SSorfa^r, bcn
griebengöertrag Befdimoren. ^uftinian erfannte , baB burd^ 3]erf) anbiungen
ni(f)t§ ju errei(i)en mar, er befd^toB ben ^rieg unb ntai^te mit ben i^erfern
triebe, um bie Xruppen unter Sßelifar nac^ ^tfrifa p fenben. §of unb ipeer
bangten aber fo fef)r öor biefem ^elbjug, jumat bor ber ^^^otte ber Sßanbalen,
— alle Trüf)eren Singriffe öon S^jana raaren atterbing§ unter großen 55er*
lüften geft^eitert — ba§ erft ein Xraumgefirfjt eine§ orientatifctjen 35ifct)of§,
tt)eld)em ©ott ben Sieg be« .^aifer§ öoröerfünbete , ben Gruppen ^ut^ mad^en
mu^te. S)er J?rieg mürbe offtciett at§ fat^oliic^er Äreujäug gegen bie arianifc^en ^e^er
beseid^net: ber Sifd^of bon 3?l)5an3 betet für ba§ |)eer unb bringt jum günftigen
SBor^eic^en einen eben erft ©etaujten auf ba§ 51bmiralfc^iff. 5(n ben Sßanbaten
aber rädfite ficf) nun auf ba§ (Sd^merfte bie graufame 3}erTotgung ber fatf)o(if(^en
^robinciaten unb bie t^örige 5ßcrfeinbung mit ben @otf)en : g(eidl) 3U Slnfang be§
.Krieges mürbe bie midf)tige Stabt 2ripoü§ bon einem ^robincialen an bie ^ßij^antiner
berrat^en unb ber Öottie 6oba§, ber ©tatt^atter ©elimer's auf ©arbinien, em^Jörte
fidf). S^er ^önig fd^icfte unter feinem SSrub er Sja^o ben,^ern feiner ^ac^t, 5000
erlefene Krieger auf 120 @(f)iffen gegen ©arbinien. S)a§ gotf)ifc£)e ©icitien aber, bie
notürüdfie Srücfe ju einem Singriff auf Stirifa, marb bem gelbl^errn be§ ÄaiferS mit
aüen feinen ööfen unb 5^orrät^en erfc^loffen, unb in jeber SBeife unterftü^ten bie £ft=
gott)en Setifar in feinem Unternehmen : fie berrief^en if)m in§befDnberc, ba^ bie
gefüri^tete banba(ifct)e g^Iotte, ftatt Stfrifa ju becEen, gegen ©arbinien gefegelt fei.
oo tonnte Selifar o^ne Söiberftanb in Stfrifa (anben(SInfang September): erforberte
in einem 9Jlanifeft ^fiömer unb 3}anbaten am, it)n a(§ SBefreier aufjune^men:
bie ^robincialen förberten benn aud§ feinen grfolg in jeber 2Beife, bie S5an=
baten aber t)ielten treu ]u i'ijxem ^önig , ber fic^ al§ ni(f)t unmürbigcn ©egner
be§ 33eafariu§ ermie§. ^n ber l^ai, e§ ift faft nur ber ^önig unb feine Sippe,
@enferi(^'§ 6efdl)(e(^t, meiere fräftigen Söiberftanb leiften: ha^ S3o(f ber 35an=
baten mar frü^ unter bem ginftu^ be§ |)immel§ unb bc» üppigen 2eben§
in Slfrifa erf(i)Iafft: ba^er gelang e§ bem ^elbtierrn ^uftinian'S, mit nur
16,000 9Dlann in furjer 3eit unb o^ne gro^e ^Jlü^e ba§ einft fo gefürc^tete 9lei(^
(Senferi(^'§ ^u ^erftören , mäf)renb bie Cftgot^en i^re ungef(f)mä(i)te ^raft_ in
Smanjigjätirigem öelbenfampf bemäl^ren. &. Iiatte einen ^riegsplan entmorfen,
melier na^ bem" Slugen5eugen ^rofop, ber Selifar aU 9le^t§rat^ begleitete,
beinat).e bie 5Bernid)tung be§ !aifer(idf)en §eere§ jur Solge ge'^abt I)ätte: er
f(i)eiterte an bem Ungeftüm ber a§bingifdt)en güx'ften unb an ©elimer'g eigener
aCßeidE)^erai_gteit. 5)er t)art am ^eer, ber Äüfte entlang bon Dft nad) 2Seft auf Äar=
t^ago marfd^irenbe getnb fotlte an günftiger Stelle bon ben brei ^anbfeiten jugteic^
angegriffen unb in bie See gemorfen merben unb jmar bon Slmmata, 6e=
limer"§ .^ruber in ber g^'ont, bon ©ibamunb , öelimer'S '^leffen in ber linfen
glanfe, bon bem Äönig felbft mit ber .öauptmacf)t im Ütüden. Stber im gifer
^ei^er Japferfeit greift Stmmata ju frü§ an, bor bem Eintreffen ®ibamunb'§,
er ftö^t bei Secimum auf bie ben S5ortrab 3Setifar'§ bitbenben 5Jlaffageten unb
fällt, nad^bem er 3mölf ber beften Krieger im @in3elfampf erlegt: feine flie^enbe
Sdl)ar reiBt bie bon Jlart^ago nacfirücienben Gruppen mit fic^ fort , unb mirb
bon ben ^Reitern S3elifar'§ bi§ an bie X'^ore ber |)auptftabt berfotgt. ^Ütunftie^
©ibamunb in feinem ^lanfenangriff , o^ne Unterftü^ung bon ber ^-ronte be§
geinbeS f)er, auf bie ^unnifc^en Äerntruppen 33elifar§, marb gefcfjlagen unb ge=
tobtet. S^em Äönig aber gelang e§, jmifi^en ber «pauptmad^t 23elifar'§ unb
einer borau§ marfdl)irenben Slbtfeitung einjubred^en unb biefe in milber gludl)t
auf erftere jurüciäumerfen. Unb je^t, fagt ^^^rofop, ^ätte ®. entmeber bie ^af=
fageten auf bem äßege nad^ Äart^ago rafdt) ein'^olen unb erbrücEen ober fogar
542
©elimer.
S3etifar'§ tievloivrte 9teif)en fpvengen !öimen: aber er tl^at fein§ öou beibeti: bie
ßei(^c |eitic§ topfern ^ruberä Slmmata ^ielt i]f)n auf: mit aBe()fIagen uiib ber
(Sorge für bie ißeftattung öertor er ben nie toieber fel^renbeii ^lugenblicf: q(§=
6atb tion ber neu georbneten ^auptmac^t 5ßeUfar'§ angegriffen unb gefd)Iagen,
flo'^ er auf ber ©tra^e mä) 5htmibien, feine |)auptftabt i?art^ago , bereu un=
öerläffigen $8eh)o'^nern unb 5}tauern et fic^ nic^t anöertrauen mod)te, 53elifar
5prei§ geBenb. 3}on bort fü^irte er ben {(einen Ävieg gegen bie 2fntiafion§armee
fort, inbcm er burc^ feine reicf)cn (5d)ä^e unb burii) ^]3litbe bie Sanbl6eöi3Iferung,
toelcfie weniger a(§ 2tbe(, ©eiftlidie unb ©tobte unter bem 2)rurf ber 33anba(eu
gelitten, für fid^ 5U geminncn fud§te : er bot ein ©olbftücf für jeben 33^3antiner=
Mop\ unb rief eilig feinen 93ruber l^a^o mit ben ©einen ]müd, tüetd)er einft=
ineiten ®oba§ auf ©arbinien öernict)tet ^atte: oEe ^ann()eit, Wagt ber .^önig,
fei plüljüd) toon ben tiertt)eid)[id)ten 53anbalen getoidien , burd) beren ©c^ulb
kmmata unb ÖJibamunb gefallen unb 9ftoffe, ©djiffe, Äarf^ago, faft gan^ 5lfrifa,
an bie geringe ^Iruppenjal^l 33elifai§ öerlorcn gegangen fei. ^n ber 2t)at
fämpft nur ber Äönig unb fein ^au§ energifd) tuiber ben 'Jlationalfeinb an :
ba§ ^olt abn ift jujar nid)t treu(o§, bod) jienitid) fraftlo§. 3ScrgeMid) be=
mül)te fid) ®. um 33unbeggenoffen : bie .£)üu)5tlinge ber ^Jlauren traten auf
©eite Söeüfar'S unb ber äöeftgott)en!önig 5:if)cubi§ bertoeigerte bie erbetene
2öaffenl)ülfe, al§ er ben ^-aU öon ^art^ago erfut)r. 5tad) ber 35creinigung mit
bem 5urüdgefet)rtcn I^ajo in ber ßbene üon S3uIIa 30g @. auf i?art't)ago: er
l^offte, jebod) irrig, bie '^(rianer im romifc^en ^eere toürben ju it)m übergeben.
5ßei 2;rifameron tarn eä jur ©c^tacfit OJJIitte S)ecem6er). Ser Äönig fpornte
auf ber ganjen i3inie bie ©einen jur 2apferfcit, hen alten 9iut)m ber33anbalen,
äumat 6)enferid)'§, 3U n)at)ren: in biefem ©inne befa()t er bie ©pcere abzulegen
unb nur mit beut ©c^tnert ^u fämpfen. ^\vd ".Hngriffe a3elifar'§ würben friiftig
5urüdgefd)tagen : aud) bei bem brüten ftanb bie ©d)Iad)t, bi§ Sja^o fiel —
ber britte ^^tebinge in bem furjen ßricg — ba flo'^en bie S^anbalcn in it)r
Sager, in n)etd)e§ bie ütömer nad)brangen unb ungeheuere Söeute mad)ten: 0).
War mit wenigen ^Begleitern nac^ ^lumibien, bann in baö ^appnagebirge ent=
flot)en, Wo it)n atsbalb x^axa mit einer ©d)ar öou -S^crulern im taiferlic^en
SDienfte, nad) öergebUd)em ©türm auf ben fteiten i^tU , au§3uf)ungern begann.
Obwol !)ier @. mit feinen ^leffen unb anbern cbetn äJonbaten bittere
51ott) litt, wif§ er bod) bie ilufforberung jur @igebung unter günftigeu S3ebin=
gungen in tiefem Ü)efül)l be§ bljjantinifdien Unred)tg mit föniglid)en SBorten ah
unb erbat nur üon bem germamfd)en ^einbe brei S)inge : ein ©tüd 33rob, beffen
er lange nid)t getoftet, einen ©d)Wamm für feine trauten klugen unb eine ^^ax']e,
ein Sieb baju ju fingen, ha^ er auf fein unglüdlic^eS ®cfd)id gcbid)tet l)abe.
gara gewäl^rt bie Sitten , aber bie @infc§lie^ung ftcigert bie .^ungergnott) :
enblic^ wirb bie ^raft be§ ilönigS gebrod)en, ba er fei)en mu^ , wie einer feiner
jungen Steffen fid) ntit einem ^Jtaurenfnaben um ein ©tüd elenbeften (SkMdc%
f(^lägt — bicfe Statur ift Weither, Wenn man will, ll}rifd)er angelegt al§ aEe
anbern (S)e[talten jener 3fit , öon Welchen Wir wiffen. ()l ergab fid) nun mit
ben ©einen gegen eiblic^e Söerbürgung 58etifar^§ für eljrentiolle Sel)anblung t)on
©eite be§ ^aiferS. 3ll§ er gefangen in Äartl)ago eingefül)rt würbe, brad) er in
fd^attenbea ®eläd)ter au§: man l)ielt e§ für ein 3f'4)fn be§ Söa'^nfinneö.
©eine greunbe aber erllärten e§ al§ ba§ bittere ^o^ladien über bie ßitetfeit
attcr menfd)lic^en S)inge, ba| er, bon !öniglid)em iölut unb-felbft ein ,$?önig,
fo(d)en Umfc^lag be§ ß)lüd§ erfahren. — i^n bem glänjenben Xriump'^ Selifar'S ju
SSljjanj Würbe aud) &. im ^^urpurmantet mit feinen (Befippen gefangen aufge=
fül)rt. ?ll§ er bei bem Eintritt in ba§ ipippobrom ben Äaifer auf '§ol)em Slirone
fal) unb bie ganje Siefe be§ eigenen f^oÖeg ertannte, ba Weinte ober flagte er
Seltnef. 543
ni($t, jonbern rief immer tnteber ben Spruch Sa(omon'§: „ßitetfeit ber 6itel=
feiten. 2(lle§ ift eitet." 35or bem S^^roti legte et ben 5purt)ur ah unb toax]
itd§ öor ^uftinian jur Srbe. 6r er'^ielt mit feinen SSevmanbten reiche @ütev
in (Balatien, abei ni(i)t ben öetf|}to(^enen '^atnciat , loeil er jic^ meigerte, au§
bem 3lrianiömu§ jum Äatt)oti<:i§muö überzutreten.
5Jlarcu§, Histoire des Yandales. 5Pari§ 1836 (unjuöerläffig). ^apen=
coxbt, @e|c^irf)te ber t)anbaU|(i)en ^eiTJd^ait, 33erün 1837. S)a^, Könige
ber ©ermanen, I., 3)tünd)en 1862. Sial^n.
GJcIine!: § er mann 3tnton @. , geb. ju ^oräeniotoeg in Söl^men am
8. Sluguft 1709, trat 1728 in ba§ ^rämonftratenferUofter in (Seetau ein unb
mürbe, nai^bem er bie ^Pricftertoei^e erl^alten ^atte, nad) 2Bien gefc^icft, um
bort bie ülec^te ju ftubiren. '^laä) ber 9tü(ifet)r in jein Älofter toarb er jum
^;profejfor ber allgemeinen Sejc^ic^te unb 3um Sirector ber Äiri^enmufif ernannt.
Sit» gejc^ioEter 33iotinift unb Drganift errang er batb ioIct)e 5Inerfennung, ha%
in i:^m ber Söunfi^ entftanb , ju reifen. @r ging junädift naä) ^arii , wo er
\\ä) mit biet ßriolg aud§ öor bem Äönig pren Iie|. ^n ^leapet, too er einige
;3a^re blieb, na^m er ben Ttamen (Seröetti an, gleidifam ba§ italienijc^e S;i=
minutit) Don Cervo (öirft^) , mie ba§ bö|mij(^e Gelinek ober Jeliuek
ba§ Siminutiö öon Jeleii (^irjc^) ift. @rf(^ unb ©ruber nennt il^n irrig
ßerretti unb S. iilei)er§ @r. " ßonberf. Öerifon gar goröetti. Sn§ .ßlofter
prücEgef et)rt , ging @. mit SrlaubniB feiner Dberen einige 3eit iiQ'^ '^^'^Ö, K)o
er fi(^ beim bamaligen ©ro^prior be§ 5Jlaltl)efer=Crben§ auffielt. S}on t)ier
mieber nad) ©eelau äuiücEberufen , ertoaiiite bie Suft jum Steifen abermals fo
mä(f)tig in i^m, ba^ er 1779 jum brüten ^])lale ba§ ^lofter bertie^ unb mieber=
um nac^ Italien ging, tno er in 2)^aitanb am 5. S)ecbr. 1779 ftarb. S5on
feinen Gompofitionen foÜen einige Goncerte unb ©onaten für ä^ioline gebrucft
morben fein. 2lnbere Sßerfe für .^irclie unb Drgel foE ba^ ^lofter ^u Seetau
bema^^ren.
:^o:^ann ©etinet, fein ^Bruber, tcar Crganift bei St. Sßenjel am ber
ßleinfeite in 5]}rag unb fott ein trefflicher l'autenfpieter gemefen fein. 6r ftarb
1780 in 5prag. 3tt)ifc^en biefen beiben Srübern unb bem nac^folgenben 5tbbe
©eline! fc^einen übrigen» feine Dertoanbtf(f)aTtlicf)en SSerbinbungen beftanben ju
^aben. \ {^ürftenau.
©clinct: ^hht Sofe|)^ @, , geb. ju ©elej in Sö^men am 3. 2)e'
cember 1758, befuc£)te bie Sefuitenf(i)ule ju ^Pr^ibram, bann bie Uniöerfität
äu ^^rag, mo i^m ber rü§mli($ft befannte Crganift Segert £)rget= unb
6ompofition§unterri(i)t ert^cilte, mobur($ fein fc^on frü^ erroac^te§ Talent für
5Jlufif fe:^r geförbert tourbe. 1783 trat &■ in§ ©eneralfeminar 3U 5|3rag ein
unb er:^ielt 1786 bie ^i-ieftertDei^e. Um biefe 3^^* ^^"^ 5:)b5art nad^ ^^rag,
um bort feinen Son ^uan aufzuführen. S)er 5Jteifter lernte @. beim 6rafen
5ß:§ilipp .ßinsft) fennen unb empiafil i^n biefem, fo bap berielbe i^n ju feinem
i)au§caplan unb Glabiermeifter ernannte. 9tacl) ungefähr 2 ^a^ren begleitete
®. bie gräflid)e Familie naä) SBien, tt»o er in bie S)ienfte be§ güi'ften ^o'itp'i)
ßinSfQ trat, in beffen .^aufe er 13 ^a^xe lang Sel)rer ber gamitie blieb, ^n
SBien na^m er noc§ t^eoretifc^en Unterr-i(^t hei 5llb red) tsb erger unb l)atte ba§
©lud in noc^ engere freunbf^a^tlii^e SJerbinbung mit ^J^ojart 3u treten. 6r
fing feine f(^öpferif(^e Saufba^n juerft mit ^Variationen über 2l)emen bes großen
9Jteifter5 an unb fam balb ai^ ßom^Donift fold) leichteren ©enres unb aud) al§
^ianift unb ße^rer ju großem 9tuf. S^iefe für il)n glänjenbe ßpodje bauerte
bi§ ungeTä'^r 1810. S;ie 3a'^I öon @eline!g Sompofitionen , unter benen fic^
fe^r biet 35ariationen beftnben, ift au^erorbentlic^ gro§. 9Jtan fcf)ä^t bie 5Renge
ber gefdiriebenen unb gebrudten SBerfe auf natje^u 1000. ©d)immer nennt i^
ben „3}ariationen=§ero§". S)er 9taum berbietet, feine ßompofitionen l^ier fämmt»
544 ^eüett.
lid^ aufjujä^ten; c§ Ibefinben fid) banmtcr 2 %x\o'§> tut %siano unb @tvcic^=
inftrumente (op. 10. u. 25), 3 ©otiateii ]nx '^^ianofovte mit otTci(i)in[tru=
mcnten (op. 11. 13. 35), öiele (Sonaten, 5pi§antaften, 9tonbo'§, 5)}otpounf § k. \üx
51.Uano aÜetn; gegen 125 öarUrte Xi)emen, gebrucft in ben öci'fc^iebenften
©tobten öon nur einiget SBebeutung. 33ei ';)(nbrö in Cffenborf) ift ein tf)e=
matijd^et Katalog biefer 51>ariationen evfdjienen, ber bi« ^u Plummer 100 gel)t.
2lu§erbem finb aber toiel berartige 6onipo[ttionen unter bem Flamen @etinef'§
er|d)ienen, bic gar nic^t öon i{)m finb. 2)ie ^parifer ^Jtufifatienl)änbter l)atten
^jiu[ifer im ©olbe, tt)elci)e für fie „5)tufif öon ©elinef" iabriäirlen, bie einzige,
tttelci)e bamalS bie ^Robenttett fpielen UioEte. Ucbrigen§ entbehren biefe 6om=
pofitionen ücineren ®enre'§ nid)t einer gert)iffen ©leganj unb Seirf)tigfeit : @igen=
j(f|a|ten, Welche bem Gomponiften fo ra|d)en, n)enn aud) jc^neE öerblaffenben
aiu'^m öerfc^afftcn. @. ftarb am 13. Stprit 1825 in Söien unb :^intcrlie^, ob=
n)ol er bei Sebäeiten einen Zt)nl feine§ S^ermögenS eingebüßt, ben bürjtigen
3}ern3anbten, bie er jeitlebenä unterftü^t f)atte, nod) ein 33ermögen öon
42000 ©ulben, n)elct)e§ er burd) feine ßompofitionen ernporben l^atte.
SQßur^bad) , Siogr. Jsjerifon 5. %t}t\{. getiS' Biogr. univers. des Musi-
ciens. T. III. ^4)ari§ 1862. ^ürftcnau.
®CÖert: 6I)riftian fjürditegott &., mürbe ju ^^ainid)en im fäd)ft=
fc^en ©rjgebirge am 4. ^uü 17 Ib aU ber iünfte <Bot)n eines unbemittelten
4Jrebiger§ geboren unb tt)ud)§ unter bem ftrengen S)rurf äußerer 3}erl}ältniffe
t)eran, öon bem gleid) ba§ erfte (Slüdtt)unfd)gebid)t be§ .Knaben ^eugt. 9(ud) ber un=
|rifd)e Unterrid)t in ber güi-'ftenfd^ule ju ^JJleiBen 1729, mo er mit feinen litte=
rarifc^en (<i)enofffn 9tabencr unb ©ärtncr 5i-'eunbfd)ait fd)lo^, fonnte feinem
fränftid)en äöefen feinen jugenbüdien 3tutfd)tt3ung öcr(eit)cn. Ui'a armer ©tubent ber
Jtjeologie ju ßeipjig (173-4) 50g er, gemi^ öon Wottfdieb angeregt, bie fc^önen
3Biffenfc^aften in ben iheiä feiner i^ntercffcn , unb , mä^renb if)ni feine fd)tDad)e
33ruft ben 33cruf be§ ^an^elrcbnerS balb öerfagte , bilbete er fid) 3um bele^ren=
ben unb erjietienben ©dirififteHer l^eran. 1739 |)ofmcifter ber ©öl^ne beö §errn
öon C'üttic^au, t)at er nod) mel)rerc ^atjrc al§ ^Jlentor junger Seute feinen
Untertiatt gefunben. S)er jtoeite Seipjiger '^lufentt)alt fc^Io| il^n bem litterari=
fd)en llreife (Mottfc^eb'S enger an. 3Bir finbcn if)n 1741 unter ben '^eröor^
ragenbften 5Jiitarbcitern ber öon ©dittiabe 'herausgegebenen ,,©ctuftiguugen bc§
35erftanbe§ unb 3Bi^e§" , bi§ bic ©pattung ber ^^^artei if)n mit ©ärtner, ben
©(^ieger§, gramer ic. öon ber immer meljr in einer unprobuftiöen ^otemi!
aufge^enbcn'GIique trennte. 6r ift an ben „iBremifd)en Seiträgen" bett)eiligt unb
bamit äu^ertid) ein ?lntigottfd)cbianer. ©(^nell burt^ feine erften ^^abeln populär
geftiorben, 't)abilitirte fi(^ ®. 174 5, ein ^a^x nad) feiner Promotion jum 'DJIa=
gifter an ber !Qeipäiger Uniöerfität mit einer l|iftorifd)en unb ffieoretifdien 516=
!^anblung ,,De poesi apologorum et eorum scriptoribus". fSon irgenb einer
fclbftänbigen loiffenfd[)afttid)en 5:t)ätigfeit ift nid)t§ ju öerseid^nen; um fo toeiter
erftrcdt fid^ bafür fein ginftufe al§ Sef)rer. @. lä^t fid) nad) mancher ^Jiic^tung
mit bem 3^ttauer 9iector 6t)riftian äöeife öcrgleidien, ber bie jungen fäd)ftf(^en
3lbligen ju „poIitifd)en" ^Jlännern ^eranbilbete. S)er fränflid)e, milbe , ge=
fällige «Hiann mar nic^t nur ein fdtjüd^ter aufrid)tiger (Sf)rift, ber bie bürger=
üd)en 3eitgenoffen burd) feine ©c^riften, bie ©tubirenben burd) leife gefproc^ene
äöorte erbaute, fonbern aud^ ein gemanbter, urbaner SBeltnmnn, ber mit rcb=
feiiger fäd)ftfd)er ^öflid)!eit unb feinen Umgangsformen ba§ ^-rauenjimmer unb
ben 3lbcl gewann, ©eine ^^abeln mußten aEe großen unb !leinen Äinber au§=
toenbig, ^riebrid) ber ©ro^e berief it)n ju jener bcnfwürbigen Unterrebung, bie
©eUert felbft un§ mel^rfad) berid)tet :^at, pveu^ifd)e ^rinjen l^ulbigten ii)m, öon
ber 33erel)rung auc^ ber bärbei^igften ©olbaten be§ fiebenjätjrigen Äriegel er=
©eüext. 545
^ä^Un ber „.^ufarenbiief" unb anbete frieblicEie Stattet au§ unruhiger ^e\t,
(Senexat Soubon unb ber i)o1)e öfterreid^ifc^e 5lbel ttug if)n in ^avt§6ab auf ben
Rauben , mätirenb in ©a^jen bie Sc^önielb'S , SBünau'g , Srüf)r§ k. fic^ ben
Srieftoec^jet mit i'^m 3ur ©tire fc^ä^ten. S)er 'tjogere 5Jiann mit bem feingc=
fd§nittenen @eft(i)t, ber ^iblernaje, bem flaren SBlicE, ttie i^ ©xaff' § öoitreffücties
'^Porträt öeretoigt, mar bei ^o^ unb 5liebrig gteict) BelieBt, am 5pult einen
in'^attlofen, aber fiüfjigen ^tauberbrief an @rbmut^e öon ©d^önfelb ober feine
bürgerliche Sufenfreunbin f(i)reibenb , ober auf bem berühmten ja^men (5c^im=
mcl au§reitenb. ^^Wofe 5lncfboten geugen üon biefer allgemeinen öot^ac^tung.
kleine unb gro^c, öietfac^ anontjme ©efd^enfe erleichterten i"^m ba§ !^eben, ha^
er öon feinem fargen 5profefforenge'^att (feit 1751) nii^t ^ätte friften fönnen.
©ein Sob am 13. Secember 1769 rief eine beifpiellofe 5Jienge unbebeutenber
poetif(^er unb iprofaifd^er 5le!rotoge an§ 2xä)i. fyrifc^ere, auffliegenbe @eifter
fonnten nie mit il^m füllen. Seffing, obtool in feiner erften ^eriobe unber=
fennbar öon ©ellert beeinflußt, blieb xi)m. fern, ^lo|5ftodf rü'^mt feine (5ittlid)=
^ feit unb 5Jlilbe, um fpäter mit ben ©öttingern bie marflofe ©cf)toä(i)e feiner
©ebanfen unb Sprache ju berpönen , unb ber junge ©oetl^e le'^nte bei aEer
'^Pietät ©etlert's ganje 9^id)tung ab. Sie ängftüd)e gebrüifte Stimmung mar
aEmä^lig immer meinerlii^er unb unft)m|)at^if(^er getoorben. 5^mmer frf)on §atte
felbft fein Sdierj unb ^^^ro^^finn etma§ 2öe^müt'^ige§ an fic^, bann raubte \\)m
bie ftete Ärän!üct)feit bie le|te SebenSfrifc^e. Wan "^alte feine „Sroftgrünbe
miber ein fte(i)e§ Seben" gegen bie l^errlid^e 9tebe (Brimm'g „Ueber ha^ Sllter" ;
ni^ti al§ matt^er^ige, religiöfe 3ufpi-'ürf)e, moralifc^e 3[)ta^nungen. 2)a§ „2;age=
huä)" au§ bem ^at)xe 1761 ift ein gerabeju miberüdier S5emei§, mie ber arme
Öeibenbe fi(i) aurf) feelifrf) jermarterte unb fein @cmüt^ burii) bie übertriebenften
grunblofeften ©crupel über Unglauben, ^arte, 23er|tocEtl^eit, Sinnlid)feit unb hk
^erfnirfc^teften ©ebete, ein trauriger ;^eautontimorumeno§, fafteite. S)iefe§ unge=
funbe gül)len, biefe fleinen 3^^^^^ ^^^f^ ängftlid) abgejirfelten Sßege fonnten
einen innerlii^en i5'0i-'tfc£)i-"itt in unferem geiftigen Seben nic^t erzeugen. Slber
@ellert'§ erfte ^eriobe jeigt nur bie Äeime be§ fpäteren unleiblid^en 2;rübfinne§.
^mmer ftitt in fc^lounglofen Betrachtungen mebenb , fc^ließt er bo(^ au§ feinen
fabeln unb ßomöbien einen fi-ifc^en, fd^nippifc^en, ja einen galant friöolen 2on
ni(f)t gan3 au§. ®r ift bamal§ nic^t nur ber gute 6§rift, ber fluge Se^rer, fon=
bern eben fo felir ber „polite" Äleinparif er , ber mit einem feinen Säckeln um
fic^ fdiaut; freiließ ni(i)t eben toeit. S)aß er fogar 33at)le'§ Dictiounaire histo-
rique et critique al§ ^Diener (Sottfc§eb'§ überfe^en :^alf, bürfen mir nur al§ eine
bur(^au§ äußerli(f)e {Fronarbeit betrachten. — @ellert'§ erfte gabeln bebeuten einen
feltenen, burc^f(^lagenben (Srfolg. dlaä) hen groben in ben „Seluftigungen"
fd)reitet er überrafc^enb f($neE öor, 1746 bie erfte, 1748 bie jtoeite (Sammlung
ber ^yabeln unb grjälilungen. S)ie ^a^i ber 3luflagen unb Ueberfe^ungen ift
bann Segion. S;ie elenben 9leimer öom ©erlöge ber^2:riller unb ©toppe öer=
fc^toanben mit einem ©(^lage; @leim, auc§ Sid^tmer unb ^feffel, muffen na<i)
iöm meit 3urücfftel)en. gr t)at nicfit bie fnappe Sßeife ber Sllten, bie fit^ Sef=
fing nac^ geEertifirenben SSerfuc^en mä'^lte, fonbern bie blumigeren ^fabe 2a=
fontaine'§ gefuc^t. S)ie 33ereinigung fran^öfifc^er causerie mit ber ein^eimifd)en
Umftänblic^feit unb einem beutfc^bürgerlii^en @ebanfeninl§alt erlaubten i^m ftc^
griebric^ II. gegenüber al§ „iDxiginal" ju bejeii^nen. ©eine ©toffe ftnb ben
üerfi^iebenften Cuellen entlel)nt. &. liat au(^ ältere beutfd^e gabuliften ge=
fannt. ^Jle^rfad^ gab biefelbe 95orlage fomol^l ein geftredteS Suftfpiet, al§ eine
f5fabcl 1)n (Setfc^toefter , franfe g^rau). Sie eigentti(f)e 3:^ierfabel trat jurüdf.
S)ie (Sattung mar öor 2effing"§ .^ritif mit öielen fremben, f(i)äferli(^en unb
5atgent. beutfcöe SBiograD^ie. YlII. 35
)46
©eUevt.
ana!i-eontif(^en ©leinenten t)ermi|d)t unb ber poetifd^en grjätilung jugejelttt.
«öteleg an ^otiöen unb ©timmungen i[t bei ©eEevt lebigüc^ poetiid^c Obfer-
bana. 2Ö0 er mit £aune einiad^e 3üge be§ gen)öi;)ntid^en 3Betttreibcn§ auigveift,
ift er tro^ ber langaf^migen ^Jlorat |o glüdfüd^ tüie deiner, ©ein grüner ßfel
ober franfer ^unb", fein „S)ie 5ßrürfe fömmt" ober ba§ föftlid^e „^a, Sauer,
bQ§ ift gan^ lt)a§ anberä" finb unöergänglic^. ®. toar toiel njeltftüger unb pfiffiger,
at§ man wol benft. ®r lonnte öiel met)r abmalen, ma§ fein 93IidE feft I^iett,
aber er traute fid) nid)t. Gin bortrefflid)er Seobad^ter fleiner 5>er^attniffe meife
er alitäglid^e ©efd^id^ten, g'^efccnen, bie fleinen ©c^mäd^cn ber fonft öon i'^m fo öer--
etirten S)amen, S)umm^eiten ber ^Bauern ober ^lacfereien burd^ ^funfer unb
$öögte u. bgl. realiftifd) mit einer leidet ironifdjen Färbung abjubilben, aber ja
red)t be^utfam, bi§crft unb mit üiel SDebotion gegen fpo], 9lbcl unb SteUgion.
S)er angencl^me gabutift unb er3äl)ter , toie it)n (SoetTje genannt ()at, teilt nid^t
ben (SJete'^rten bienen, fonbern „ben bernünftigcn, tlugen Frauenzimmern bon ge=
funbem $ßerftanbe", unb noct) tiefer fteigt ber let)reifrigc Sln'^änger einer nü^=
iid^en Sid^tung, iüeldje ridendo castigat mores, für it)n gilt e§, „bem, ber
nid)t biet 3]erftanb befi^t, bie äöal)rt)eit burd) ein iöilb ^u fagen". S)ie ßefer
begriffen ot)ne biet geiftige 3lnftrengung feine ^bfd) auf ebener (5rbe getienbe ^Jtanier.
©erabe ba§ (^emifd) öon :^armtefer SS^onie, 55hittcrn.n^, ©pie^bürgerlid)fcit unb
©ittente'Eire mar i'^nen ein miUfommcneS 8df)au um bid^, fd)au in bid^. 5}tan mottte
bama(§ „bemoratifirt" fein. S)ie abfotute6)nneinncrftänbIid)!eit, ein fraglid)e§ poeti=
fd)e§ S^beal, mad)te WeHert'^ ivabeln jum 9}olfßbudE), ba§ fortan ftatt ber Sanife ic.
neben Sibet unb '4>oftiIle ftanb. — Sid) fetbft unb feine guten Sefannten fanb
ba§ mittlere publicum aud£) in ben ßomöbien. 3)ie erften bramatifd^en 93erfud^e
finb ©d)äferft)iele für bie „Seluftigungen", „©l)töia" unb „5Da5 Sanb", in ben
^Jlotiben trabitioneü, ot)ne Semeglidf)feit, aber fprad£)lid) unb metrifdE) ber ®ott=
fd)eb'fd)en ^^Irt überlegen; gemanbt ift aud) ha^ ftngfpiclmäfeige „Drafel" nadf)
@t. Soii" gearbeitet. ß)eltert'§ ßuftfpiel ift eminent bürgerlid^, im titterarl^iftori-
fd£)en ^ufammen'^ange unb culturl)iftorifd) al§ 3lbfpiegelung beutf(^en £eben§
t)on großer 55ebeutung, aber fo unbramatifd) , mie felbft bei ben Spitö^noffen
menigeS. Sie Cirunblage ift gegeben burdt) bie eigenen unb angeeigneten 3}or=
arbeiten ber (■^)ottfd^ebin , bie fran^Dfifd^en Originale unb ein paar |)olbergfd^e
©cenen. Obenan ftet)en bie öraffign^ unb 'DUücÜe be ta 6t)auff6e, beffen
comödie larmoyante ber gerül)rte @. begierig erfaßte unb in ber a!abemifd)en
5lntritt§rebe Pro comoedia commoverte (1751) üertrat. S3gl. Seffing 4, 117 ff.
®. ift beutfd)er, al§ bie meiften gleichzeitigen ßuftfpielbid)ter. ^n feinem 23ürger=
t)aufe fel)len, nid)t jum 3}ortl)eile be§ bramatifd)en £eben§, jmei franjöfifdEie
itipen: ber fede valet unb bie bormi^ige intrigante Qo']e !öifette. „6l)er mit=
leibige S^'^ränen, al§ freubige (^eläd)ter" erregt ju l)aben, mar für it)n „ein
fcf)öner 33ormurf". 5llfo 9tül)rung unb 33ele^rung ba§ mefentlid^e; be§^alb
fallen mand^e fonft ftereott)pe Fattoren , obgleid) fid£) be§ 3:i)pifdf)en nod) iiber=
genug finbet. S)ie ^erfonen finb fe'^r über einen ßeiften gefd^lagen : bie 53iäbd)en
jung, l^übfd^, nid^t ol)ne S5ermögen, fromm, l^äuSlid) , tugenbl)aft, bod) „ein
paar 9Jtäul(^en" nidt)t abgeneigt, ^l^re fleinen gertigfeiten auf Glabier unb
ßaute, in ^üä)t unb Sanjfaal, ein biSi^en fyraujöfifdl) , natürlid^ ein guter
Srief, i'^re ßectüre (SSibel, @efangbud£), 5]5amela, 3ufd)auer, Jüngling, Sremer
SSeiträge) jeigen ba§ 5libeau mittlerer 93ilbung. 33iel fjötjex ftedt @. feine
Sbeale aud) in ber $8üd£)erfd^au für 6rbmutl)e nid§t. S)ie jungen ^J^änner ent=
hjeber el^rfame, langtoeilige ©efetten, bie auf i^r ßrbe ober 2lmt l^in ol)ne biet
-^i^e in bie (51^e treten motten, ober ^eud^ler unb ©tu^er, nad^ geläufigen 9}or=
bilbern. Sie eilten pebantifc£)e SSiebermanner, bie ©atten ^4>antoffel^elben , bie
SJäter unbebeutenbe dupes. Sic grauen gutmütl^ige ^au§mütter, ober gemäfe
©eüett. 547
ben tyabdn pu^jüd^tig, fofett, bigott, ©ruppen unb ßonttafte finb beliefit;
überetnftimmenb mit bem Otoman ein finniges, ernftes, ein munteret, Io|e§ 5Jtäb(i)en.
5Die GtiQvafteve enttoeber trofttoö geroö^nlid) unb langtoeilig, wie Sottd^en, i^xau
Samon, ber 9Jtagi[ter, bie fü§en ^Imanten, ober ol^ne jebes fomif(f)e 3}ermögen
carifirt, raie ber pt)legmatif(i)c Crgon unb feine fofette (yrau, ber franjöfirte
&td Simon (ög(. ^can be {yrance , S)ie öaulfranjöfin) , ber at§ gi'^i'öenfer ge=
toiffe Käufer bejui^t, ober bie an einer 9(nbrienne erfranfte grau. ©eHcrt-S
6efte giQut bleibt bie üerlogene filjige 33eti(^n)efter lyxau iRid^arbinn. Siefe- in
bie übli(^e 9}erIobung5geicf)ii^te mit einem je'^r teibenfc^aftglojen Srauttaujd)
übers Äreu^ eingctoicfelte Sf)arafterftubie entbehrt fogar einzelner füt)nerer 3üge
ni(i)t: bie fec^jigjd'^rige grau bittet no($ tägti(^ um ,$?euf(f)t)eit. Uebrigen» ^t
j(f)On Seifing auf bie leifen ^^fviöolitäten ber ÖeEerffc^en Suftfpiele, iä) erinnere an
bas „Sooe", ^ingetoiefen. Sag Streben na(^ Tieuem miBglürft jumeift flägüct);
man fe^e Suld^en, bie „bejäfimte Söiberfpenftige" Sellerfs. ^I1tit ber Satire gegen
Safter unb Sc^tt)ärf)en öerbinbet fic^ bie rüt)renbe S}er!^errlic^ung einfacher 2u=
genb, 3}iel 3Inftanb unb ßbelmut^, aber mögli($ft toenig Seibenfc^aft; man
l^eirat^et unb erbt. 2Ber burd) einen Betrüger, ber auc| auf un§ anfangt
einen ^octift etirenwertfien (Jinbrurf mac^t, enttaufc^t ttiirb , behält feine golfung
unb fud)t fic^ üerftänbig einen 6rfa^. Sinige ^auptmotiüe ber „3ärt(i(i)en
Sc^toeftern" mödite ic^ auf ben Ingrat be» Sestouciieg jui-ücffütiren. S!en S^orjug
ber 6ellerffd)en Suftfpiele ais> „toat)rer yamiüengemälbe", bie „ba§ meifte urfprüng=
Ud) beutfctjc" fiaben, ^at f(i)on Seffing Cöamb. Sram. 2B. 7, 93 ff.^ buvd^
feinen fd)neibigen Säbel ber flachen ^!)lanier eingef($ränft, meldte platte Starren
in i^rer fc^mu^igen, nac^läffigen Sintagsfleibung auf bie S3ü:^ne bringt; „fxe
muffen ni(^t§ bon ber engen Sp'^äre fümmerlicl)er 3uftänbe öerratl)en, aus ber
fic^ jeber "herausarbeiten toiC." ©eüert sollte fein ^^^ublicum nie aus ber oben
3fämmerli(^feit bes fäd)fif{^en ^s'^iliftertl§um§ l)eraus3iel^en. S)ie fd^öne ütainetät
ber ©tubenmäbc^en 3U Seipjig, bie teigige ßinfatt fagt in iljrer alten -^^rofa,
was fie beult unb gebockt, au(f) toa§ ber Sefer ]\ä) beult (Sc^iEer, „^eremiabe").
S)as tuar bie @ottfd)eb=Sellert-2BeiBifi$e SBafferfluf^ (6oet:^e). 91ic§ts ift im 6in=
blicf auf bie lebenbige 33ül)ne gebacl)t, alle» leblofe ©tubenarbeit ; (ärpofition, ■)Jloti«
öirung, ßntroiiielung immer öerfe^lt ober ganj üergeffen, ba§ Dlebenfä(f;li(^c
ftet§ am breiteften, manche g^Qur ober Scene ööllig überflüffig, jeben 3lugenbli(f
ein Stittftanb ber öanblung burd^ enblofe gef(|mä^ige (Erörterungen. Sie
Sei^nil mel)r als linblid), unb jebe Spur Pon Spannung, Semegung, braftifd^en
2Birlungeu, lomifc^en Situationen toirb öermi^t. Ser Siatog f(i)lei(^t covTect,
aber la^m einher. 9tebfelige 5)}erfonen gel)en ab unb ju. Sie 6inl)eit bes
Ortes feftjulialten , fällt bem ungelenlen Sramatiler offenbar fel)r fdjffier; er
fud^t fid§ in ber täd^erlic^ften Unbel^ülflic^feit burd) ein beftänbigeg 23arten,
Slbrufen (3. 33. jum Kaffee), 3}orau§ge]^en u. bgl. 3U retten, bamit bie Seute
nur ju ober au§ einanber fommen. Ser ralfi^e moralifirenbe unb reaüftifd^e 3^9
er'^ielt biefe aud) an 9Iad)folgern nid)t armen Stüde lang auf bem -Repertoire. „Sic
3?etfd)tt)efter" ift juerft in ben ^Bremer Seiträgen, bie erfte (Sefammtausgabe ber
Suftfpiele 1748 erft^ienen , mä'^renb bie S(^riften erft 1757, unb meiter Pon
17i39 an '^äufig sufammengefa^t morben finb. Sie SCßenbung jum ^Bürgert^um
boüjog ft^ aud) im ^Romane. (B. fd^tnärmte für Samuel ^id^arbfon. 3}on
öielen ^Belegen fei nur ber munberlid^ aufgeregte 33rief an 23rü^l ,8, 119) feinet
fieber'^aTten 6nt^ufia§mus toegen genannt. 3wifdl)en ^ameta unb Glariffa fällt
„Sa§ Seben ber fd^njebifdl)en ©räfin @***", 1746. Sie 9ta;^a^mung Sftid)arb=
fon's ift unPerfennbar , (F^riftlid^feit unb 5Jloral fauftbid aufgetragen, aber ba§
Perroorrene (Betriebe ber greigniffe burd^ ©etlerfs Sd^eu Por energifd^en Sö=
jungen fo unfittüdf) unb peinlicf) geworben, baß Slutfd^anbe unb Soppel^ei=
35*
548
©cUctt.
tattert at§ tceife SüQung bev SSorjefiung erjcf)einen.^ ^etauggeviffene ©teilen fönneu
leicht einem 6^el6i-U(^si-oman entnommen fi^einen, bie ,|panblung ift ftarf üBcvtaben,
'öit (£l§ai-Qftei-iftt! fc^a6tonent)a|t ober abgefd^macft : leibenbe Sngenb, ficfe^vte %u^=
filtüeijung, öiel 9ieblid)feit, ein ibealer (5c^a(i)eriube, eine pirifc^c Dkiüe, öerfetittev
^umor. Unb atte§ fo ^armlog unb el^rlid^ gemeint ! 2)ei- SSeifatt büefi nid)t au§, benn
ba§ publicum toar ebcnfo naiö, mie ber 3Jtoralift. „S)ic^ joll ber jd^önften Butter
getiebtefte unb fc^önfte Soditer tefeu" (Älopftorf). äßenn Ijier öiete Stellen über
gtcügiou, Sebengauffoffung, 93ei-geljen met!mürbig unttieotogifd^ flingen, \o ift äu
bebeufeu, ba| ®. überf)aupt lein ftarver Ortf)obojei- mar, ba^ aud) feine reü=
giofen 5(uf(^auungen einen rationaliftijd^eu 33eigef(f|marf traben. 33eU)ei§ finb gleii^
feine „(Seifttic^en Dben unb Sieber" 1757, me(d)e gar ni(i)t§ öon gereimter
Slogmatif, fonbern {)üd)ften§ teleotogifd^e i8etrad)tungen bieten, im übrigen cin=
fac^e ©ebete eine§ gtäubigen ©emüf^eS, toetd)e au^er ber gro|en ©emcinbc aud) ber
aufgellärtere (Sebitbete gern nadjf^rad). „®ott beine ®üte reid)t fo meit", „^})lein erft
(Sefüt)t fei ^rei§ unb 2)an!" , „2öie groB ift be§ Slttmä^tgen ©üte" merben
immer unter ben beften proteftantifdien ^ird)cnüebern genannt merben, unb
Sßcet^oöeng 2öne fid)ern mand)en, mie „2)ie .stimmet rü'fimen be§ 6migen @^re"
eine mächtige äßirfung. ®. , tangc ^ai-jxt ber ^opulärfte ©d^riftftetter , ^at
güebrid^ bem ©ro^en ein gnäbige§ Söort enttodt, er Ijat öor Söictanb ben 3lbel
^^erangeruien unb Cefterreid) getoonnen, er l^at ba§ ganje 58ürgertf)um mit
geiftiger Speife öerforgt, aber nic^t mit ber .^raftbrü^e, bie ber öerfümmerte
•iDIittelftanb fo nött)ig "^atte. 6r fo menig mie ber, immert)in Diel jrifdiere,
3tabener, Wagten e§ einen Son anjufd^tagen , bem man nid)t ben bämpfenben
S)rud be§ 33rüf)lfd)en Regimentes, bie f(äglid)en '4>i-*eB3uftänbe, furj bie gan3c
!^eu(meierlid)e 5)tift're be§ bamaligen Sad)fen§ anmerfte. 2)a§ ift bag matte
2empo ber Scip^iger ^agifter ju ber 3fit, mo mit bem ©teigen ^rcu|en§ eine
neue lugenbyrifc^e Sitteratur if}re (bd)tt)ingen ju regen begann. ©leic^mot nennen
mir @. einen ße'^rer unb faffen barin öieleä ^ufammen. Set)rer mar er fd)on
äu^erlid^, anjangg .^ojmeifter, bann ^rofeffor. @r ta§ über ^JJloral, über
9tt)etorif unb Sitteratur. ©eine „Woralifd)en 93or(efungen" (1. ^^tuSgabc 1770)
wirften entfd)ieben met)r burd) bie meiere, freunbüdie ^4>fi-iönlic^teit biefeg ©eel=
forgerä auf bem Äatt)eber, aU burd) i^re Originalität, benn fie geben im ®runbe
nur feid)te retigiöfe 33rtrad)tungen unb Slnmat^nungen. (Setegenttid) läuft eine
Strt i^obegetif be§ afabemifd^en Seben§ unb ©tubium§ mit unter. 6§ mar 2;on,
bei bem guten, berütjmten ^;)]lanne ju ^ören. '^rin^en fa^en mit im ßoEeg
ober hörten ein 5)3riüatiffimum. 2!ie R^etorif unb bie ftiliftifc^en Hebungen
maren ebenfo ibeenIo§ unb beruhten auf einem unmanbelbaren , bat)er fd^nell
üeralteten ©tanbpunft ber (Jorrectlieit. Gicero, Ouintilian, ^opc, 23oiteau liegen
3u ©runbe. 9luc^ bie ©d)(u§rebe (5, 116) „äBie meit fid) ber 'jhi^en ber Siegeln in
ber Serebfamfeit unb ^oefie erftrcde" öerrat^en bei aller ^olemif gegen bie Ütcceptc
unb bie reguläre 21rauerfpielmad)e ben atten @ottfd)ebianer , bem , mag er au(^
anbcre§, toie 9Jlitton, '^eran^ietjen, bie Otiten unb „bie guten franjöfifdien ©d)riit=
fteÜer au§ bem Submigifc^en 3^iitttter" al§ f^üfiver gelten, unb ber in 3)eutf(^=
taub ni(^t über 9Jlo§^eim, ipageborn unb ©d)(egel ^inauegetommen ift. ©o
mar e§ im 2Befentlid)en rid^tig, toenn jtrei Unberufene, ^aubitton unb Unjer, if)n
in ben „^Briefen über ben 2Bertf) einiger beutfd)er S)iditer" einen „mittelmäßigen
S)id)ter ol^ne einen fyunfen öon ©enie" nannten unb @oett)e'§ berüf)mte 'Äecen=
fion in ben i^ranff. gel. Stnjeigen (jpempet 29, 13 ff.; ögl. Sichtung unb SBa'£)r=
i)eit 21, 32 ff.) fonnte ii)m au(^ nur ben Ru'^m eine§ broud)baren Bel-esprit
laffen, ber Pon loa'^rer ^^oefie feine 9t^nung "fiattc unb in feinen Söortefungen
3llle§, mag feit 1748 in S)eutfc^lanb errungen mar, ignorirte, meit er e§ nic^t
3U faffen bermod)te. @in ßefirer mar &. auf bem ©ebiete ber ©pralle burc^ birectc
©ettert. 549
Anleitung (33orträgc, UeBungen, 2tbt)anblungen) unb feine ganje ©c^tiftftelleret.
(5)ettert'§ Sriefe finb bajür 1)ö<i)it fiebeutfam. Seine gett)i§ ^erjtic^ unBebeutenbe
Gorxefponbenj mit SemoifeHe !Quciu5 ift Iitterai-f)iftorii(^ ein ©eitenftüd ju ben
Sriejen ber Seöigne. ÜJlan brängte ftd^ an i^ {jeran. ©ein ©rief toar 3U=
gteic^ ^itf^eitung unb ^JJlufter; ein Srief bamal§ üBer'^autJt ein gartä anber
2)ing al§ l^eutc, ein ©rabmefjct bev Sitbung, be§ ieinen 3tu§brucf§. ©o Iang=
toeiüg uns bieje weitjd^tüeifigen ipöflid)! eiten , ©c^erje, ©alanterien unb 5Re=
fiejionen üorfornmen unb fo wenig un§ :^eute bie i)aI16poetif(i)en fvanaöfirenben
©piftetn iodm fönnten, bamals ftreuten fie feinte einer öerfeinerten (S(^riit= unb
Umgang§fprQdf)e über ba§ Sanb. @(i)Dn 1742 fc£)viel6 @. feine „(Bebanfen tion
einem guten beutfd^en Sriefe", um 1751 f^eotetifd^ unb parabigmatifc^ burd^ feine
„SBriefe nebft einer pra!tifd)en SlB'fianbtung tion bem guten @efc^macfe in
aSriefen" ben elenben 2:alanber, ^unfer, Dleufird) ben ©arauS ju mad)en. —
^6er öiet allgemeiner: bie .^ogeborn unb &. 1)abtn mieber 'Diatürlic^feit unb
ßeid^tigfeit in unfere ©prad^e gel6rad)t. ®etterf§ emftge§ SSemüfien, feinen ©tit
au§3ufeilen, BlieB nic^t of)nc grfolg. 9)lan lefe boi^ bie gro^entt)eiI§ tierroorfenen
33etträge in ben „Seluftigungen". Sie polirte gelbitbete 3}er!e^r§fpra(fjc, ba§
„Ungeätoungene", „5}tunterc" „fd^öne Siatogifd^e" follte aud^ im S)icf)ttDer! pr
©ettung fommen. Diefe mortreid^e, gern al6fdt)tt>ei|enbe (FontierfationSmanier ift
!ein ftiliftifd^e§ ^beal unb in anberer ^inft(i)t @ottfd^eb"§ te^r'^after ßat^eberton
nur burd^ einen lel^r'^jaften ^^ßlauberton erfe^t, alber e§ fü'^rt tion (Seüert unb
feinem ^tn'^ang eine ßinic 3u Söielanb 2C. — @. toar anerfannt al§ 9latt)geber
in ben loiditigften ^jrragen ber 2eBen§iü^rung , ber (Sräie^ung, ber Serufötoa^I.
ßin Seigrer unb 35orBereiter, inbem er ba§ ütterarifc^e Sfntereffe in S)eutfdf)tanb
3tDar !eine§tt)eg§ tiertieft, aBer ungemein ausgebreitet f)at. S)iefe, man barr
fagen, gro^e päbagogifd^e St'Eiätigfeit fam ben f^olgenben ju (Bute. @ine Oor=
urtl^eiläfreie 931onograp^ie über ©ettert ift ein bringenbe§ Sebürfni^.
lieber bie älteren 3Iu§gaben ber 2Berfe unb SSriefmed^fet f. i^örbenS
2, 69 ff., @oebe!e 578. S)ie @efammtau§gabe burdt) ^(ee 1839 (unb
öfter) 10 aSbe., ift leiblich öottftänbig, ent^ätt auc^ bie meiften SSriefe unb
Sramer"§ Siograp^ie. ©ettert'S Seben tion S)öring, 1833, ^abrifarbeit.
fftttter, ®eEerf§ Seben unb äöirlen 1870. 2Benig in giaumann"§ (Settert-
bud) 1854. ^Briefe an grt. (ärbmut^e tion ©cf)önfelb, 1758—1768. {^a^--
lener 5lntiquariu§ I) 1861. (SeEert'S xagebud^ au§ bem i^a'^t 1761,
Seipaig 1862. Heber 6eIIerf§ ©til tigl. @ri(f) ©(^mibt im ^Injeiger für
beutfd^eg 2Ittertt)um unb beutfd)e Sitteratur, 2, 38-79.
6ric^ ©d)mibt.
ÖJcUcrt: G'firift. g^regott ©., ein "^od^gefdEiä^ter gj^etatturg, geb. am
11. Slug. 1713 äu ^ainic^en bei greiberg in ©ad^fen, geft. am 1. ^lO^ai 1795
3U greiberg, toar ber ©ol^n be§ 5]3iarrer§ ßl^riftian @. unb älterer 33ruber be§
6erü:§mten S)id§ter§ 6f)r. g?üri$_tegott ®. ^aä) bem SSefui^e ber ©tabtfd^ule
feiner S5aterftabt unb ber f^ütftenfi^ule in 5)lei^en be^og @. 1734 bie Uni=
öerfttät Seipaig unb fud)te bann 1736 fein toeitere§ g^ortfommen a(§ Se'^rer an
einem @t}mnafium in Petersburg, ©c^on nad) SScrtauf eine» ^a1)xt^ mürbe _ er
5um Slbjunft ber Sltabemie ber 2Biffenfd^aften bafelbft ernannt unb toibmete fid§
nun bort mä'^renb eineS lOjätirigen SlufentV^teS unter bem ©influffe be§ großen
gj^af^ematiferg guler bem ©tubium ber S'^emie unb $|t)fit. ©eine erfte
^ublication, eine Ueberfe^ung tion 6ramer'§ 3lnfang§grünben ber 5probii=
!unft, fällt mit bem (5nbe feines ^peterSburger Slufenf^alteS jufammen. 3JnS
9}aterlanb äurücfgefe'^rt fe|te er 1746 unb 1747 in f^reiburg feine ©tubten ber
e^emie unb 5p^t)fi! neben jenen ber ^üttenproceffe eifrig fort unb ertt)eiUe
Unterrid^t in biefen gäd^ern. (3. erhielt bamalS tiom Äurfürften eine !leine
550
©ettius
«Pcnfion. ©eine crftc telBftänbige ©d)tift: „5lnfan9§grünbe bev metatturgifdfien
g^^mic", Seipjig 1750, jeidinet fici) burd) (MnbH(i)teit au§ unb öcrf)att
il^m 1753 au einer bejolbeten 5ln[tettung al§ ßommijfionSratt), in toetd^er ©tel=
lung er mit ber Sluffid^t ber 58ergn)erf§maf(i)inen, mit ber ^Prüfung bcr ©rfimetj^
t)roceffe unb c^emifd)en Untcrfudiungen ber ©r^c Betraut Inurbe. 5)tet)rere Heinere
Slb'fianblungeu au§ biejer 3"t, tt}ie: ,,De tnbis capillar. prismaticis"; ,,De
phaenomenis plumbi fusi in tubis capillaribus" ; .,De densitate niixtorum
ex metallis et semimetallis factorum" erj(i)ienen 1750—51 in ben ©ci)riiten
ber 'Petersburger 5lfabcmie S3b. XII unb XIII. ^n biefer Stellung Befd)äitigte
@. fic^ aud) in praftifc^er Sdic^tung eifrigft mit 33erbefferungen ber 33erg=
maj(i)inen unb be§ .(püttenproceffeS. (5(i)on 1755 iotgte ein atfciteS grö^ere^
äßer! „?lniang§grünbe ber ^probirfunft" , tnelc^eS gteicf)fam ben 2. 33anb jeinet
crften ^ubliilation bitbet. Seibe tnurben in§ 5ranaöfifc£)e überfe^t unb erlebten
eine jteeitc 2luflagc. @. galt bamat§ al§ einer ber beften 5Jtetatturgen unb jein
^uf 30g öiele, fclbft au§länbifd§e gac^teute nac^ ^yreiberg, um fid^ bei i'^m
priöatim meiter auSjubilben. 3im ^. 1762 mürbe ®. ^um Cber'^üttenbermatter
bejörbert unb al§ 1765 bie SSergafobemie gegrünbet mürbe, erl^ielt er bie 'iproj^effur
ber mctaÜurgifd^en Stiemie. 5ßi§ menige ^a^xt öor feinem Xobe feljte er feine
Sßortefungen in biefcm i^ad^e, bie er burc^ 3a{)Irei($e, mit größter (Sorgfalt iiber=
machte @j;pcrimente unb Sßerfuc^e jroccEbienlid) unterftü^te, fort unb bilbcte eine bor=
jügüd^e ©(^ule, au§ bcr eine gro^e Sln^at)! tüditiger Apüttenmänner "^erborging
unb burc^ mclcf)c ba§ färfjfifd^e ipüttentoefcn jn ^oljer SBIüt^e gelangte. Später
übertrug er feine 3}orlefungen feinem ©d)üter i^ampabiuS , fe^te aber big ju
feinem ^ol)en Filter bie 3}erfuc^e jur Serbcfferung ber .spüttenproceffc fort. 6r
erlebte bie gro^e ^^'eube , ein ncue§ 9}erial^ren , bal fogenannte falte 9lmalga=
mircn ju entbedfen , melct)e§ gegenüber ber in Ungarn gebräuc^licfien ^Jtetl^obc
mefentlicfie 5ßortl^eile unb ©rfparniffc gemalerte. ^IRit Sei'^ülfe 6t)arpenticrg
tüurbe biefe 9)lctl)obe 1790 in ©ac^fen eingefülirt. 3ui' Seto'^nung feiner
großen S^krbienfte mürbe er 1782 mit 33eibcl^altung feiner Stellung jum mirf=
lid^en 33ergratt) ernannt, ^n fpäteren 3al)i-"en publicirte @. nur mel)r menig
wie 3. 33. „33erfud)e, ba§ in 2>ünfte auigelöftc Söaffer beim Sd)me(,5cn ftatt bcr 35la§=
bälge aujumenben" ; „lieber ein fünftlidieg rotl)e§ßupferglo§"; „2;ie 35erfertigung
einer guten, bauert)aften garbe au§@almct)" u. f. m. 2)iefe ^tuffä^e erf(f)ienen in
.»^ötiler'g bergmännifdt)em Journal 1789—1791. ®. crrei(i)te rüftig unb tl)ätig,
babei allgemein geel)rt unb gef(^ö^t ba§ l^ol^c 5llter öon 82 Sal)ren.
Äö^ler"g Stanbrebe am ®rabe ©eßert'g. Scl)li(f)tegroll, ^^lefrol. für ba§
^. 1795. IL S3b. ©ümbel.
©CÜillÖ SnecanuS ober ;3^elle ^o^e§, einer bcr 9teformatoren ^rie§=
lanbg. Sd^on al§ ^priefter im 2)orfe ®ie!erf bei ßötoarben neigte er fidl) ber
9teformation ju; nadf) crllärtem Uebertritt aber mu^te er 1567 naä) (ämben
fliegen. Sd^on im nödfiften ^a^re ^ielt er fid^ ^eitmeifc mieber ju fibtoarben
auf unb förberte in jenen ©egenben bie 9ieformation. S)ie Sömarbener @e=
meinbe l)ätte it)n gerne gleidf) bel)alten; bod^ Dermeigerte ba§ Gonfiftorium ju
(ämben feine ©ntlaffung. Seit 1570 ober mirfte er al§ ^h'ebigcr bauernb ju
öömarben, unangefod^ten öon bem bort refibirenben neuen S3ifd^of 6uneru§ ^^etri.
9tl§ e§ jebod^ 1573 ben Sbaniern unter ßagpar be 9ioble§ gelang il)re 6errf(i)ait
in 5rie§tanb mieber^erjuftcllen, erneuerten fid) bie ä>erfolgungen miber bie ?ln^ängcr
ber üleformation unb 6. manbcrte nadti ßmben au§ , bi§ f^i-'i^^^a^b ber @enter
^^acification beitrat unb baburdt) um 1577 eine öötlige Umfe^r ber firdE)lidf)en
Sßer{)ältniffe ^crüorrief. 'üaä) ßömarben jurüdgefelirt , leitete ®. 1578 bie erfte
öffentlid£)e 3Serfammlung ber (Semeinbe in ber ^acobinerfird^e. 2öie lange er
(3tlpU. 551
fid^ je^t bort auffielt, lä^t fid) ntcf)t nacfitoeijen. 1583 treffen toir ii)n
al§ S)eputu-ten ber 6(aifi§ üon SSolätoarb auf ber grane!er ©l)nobc, tüo er um
feine @nt(affung öom 5ßrebigtamt Bat, um fic^ burc^ fc^riftfteüerifdie StrBeit
ganj bem S)ienfte ber .^irc^e au toei'^en. S)ie ©t)nobe bemittigte biefe Sitte
unb bie Staaten 5rie§Ianb§ crtf)eilten \i)m eine auSreic^enbe ^^enfion. Söietoot
er bem @eifte 3toingU'§ ganj jugetl^an Ujar, gelang e§ bod) bem catöiniftifc^
gefinnten 33eja nic^t, i^m bie ^o(|a(^tung feiner Mitbürger ju ent^ietien, beren
er fid) öielme^^r big an feinen gegen ba§ @nbe be§ 16. ^a^r^unbertä erfolgten
Xob in lo'^em 9Jla^e erfreute, mit ben üorne'^mften 6ef(^te(f)tern ^^riegtanbg
in greunbf(^aft Derbunben. ©eine Iateinifii)en S)i(i)tungen , me^r aber no(^
einige je^t fe^r feiten gemorbene ©diriften öerbürgen i'^m unter ben 2:^eo=
logen feiner 3eit eine el^renöoHe Stelle. S)ie öorjüglidiften biefer Slrbeiten finb
bie „Methoclica descriptio de gratuito foedcre Dei , sacramentalibus signis et
baptismo", 1584, audi) in ^oIIänbifd)er Ueberfe^ung 1588, „Methodica descriptio
de christiaiia correctione et excommuuicatione", 1584; „Commentarius brevis
in quo demonstratur : non minus in ecclesia Christi nunc sub N. Test, esse
posse ac debere magistratum quam olim sub vetere" , 1584; „Legitima ratio
interpretandi et ad ecclesiae aedificationem proponendi S, Scripturam", 1588;
„Commentarius de artificio dial. et rhetor. ad scripturam recte accommodan-
dum", 1588; unb ,,Isagoge in Caput IX epist. Pauli ad Romanos'".
2!öeitere§ über i'^n finbet ft(i) bei (SIafiu§, Godgel. Xederl. unb in ben
bort genannten Quellen. öan ©tee.
(BtlÜiiU: 3luguft §einri(^ ßliriftian &., geb. ^u 5Braunfd)roeig am
21. 3fan. 1769, geft. ebenbafelbft am 20. 5tpri( 1842, mar ber ©o^n eine§
Se^rerS in 33raunfd)meig unb mürbe nad) abgelegtem ©ramen 1794 juerft 8ef)rer
an ber äBaifen^auefc^ute , bann ©ubconrector be§ 5[Rartineumg i®t)mnafium),
bem am 18. ge'^iuar 1802 3}ortefungen am ,$?aroIinum über populäre 3lftro=
nomie unb @ta§fd§leifen übertragen tourben, 1811 ^^rofeffor an ber ^Jtilitärfc^ule,
1814 Sef)rer ber Slftronomie unb be§ ©lasfc^teifenä am ÄaroUnum unb 1821
aud) 51>rofeffor ber "Diaturgefdiidite unb 5)lat:§ematif. (5r er'^ielt 1829 ben
S:^ara!ter eine§ ©^ulratbä unb marb auf fein 3lnfud^en am 1. Cctober 1835
mit öoEem @e'^alte in ben 9luf)eftanb öerfe^t. Seine SSorlefungen toaren popu=
lärer 3trt unb benu|te er bei benfelben neu erfunbenc ^Planetarien unb Sunarien
unb anbere 3Jeranfd)aulid)ung§apparate. Seine Söerfe be^ielien fi^ auf @Iementar=
matf)ematif unb populäre 5tftronomie. ^m S. 1805 öeiöffentlid)te er eine
„SlEgemein fa^lid)e 33etrad)tung über ba§ gro^e Söeltgebäube" (5. 5lufl. 1825),
1811 eine „^^IHgemeine Sarftellung ber Cberfläd)en ber äöelttörper unfere§
Sonnengebiets", unb ber ^omet Uo'm ;^. 1811 tieranla^te i^n eine „5^eue 3lnfi(^t
über ben merftoürbigcn ^iaturbau berÄometen, befouberS be§öonl811" !^erau§=
jugeben, toeld^eg Su(^ bi§ 1829 brei 5tuflagen erlebt :^at. @r betrad)tet bainn
bie Kometen tl^eilS al§ noc^ flüffige, tt)eil§ al§ fefte .Körper mit 5ltmofp^äre umgeben,
an xodii)t fid) ber Sd^meif, al§ au§ bem im äöeltraum überaE öerbreiteten Öi(^t=
ftoff befte^enb, anfd^liefet. S)ie ^auptöeränberungen auf ber örbe fd^reibt er bem
Stufftür^en großer Waffen au§ bem äßeltraume ju. ^m ^. 1809 erfd)ien eine
furje 2)arftellung bc§ 2ßeltgebäube§, 1815 ein Sel^rbud) einer populären ^immelg=
funbe, 1817 eine Einleitung jur populären öimmelS^ unb ßrbfunbe, 1825
mieber eine „S)arftettung be§ großen 2öeltgebäube§". %n matl)ematifd)en SBerfen
ei*fd)ien 1809 — 12 in 2 5ßänben „öemeinnü^ige Einleitung ju grünblid^em
9te(^nen", eine „@rünblidE)e Elnmeifung pm 9fle^nen", 1821, 2. Eluflage, 1818
ein „Sel)rbud) ber 6benen= unb Äörper=(S)eometrie" unb 1824 ein „Cef)rbud^ ber
ebenen Trigonometrie", Sudler, meldte er bei feinem Unterrid^t anmanbtc.
552 ©etpf"; — ®e^tct)-
^0,^- ^- S- Sjc^enburg, ©nttourf einer (5}ejd)id§te be§ Collegii Carolini
in SSraunfd^tüeiQ , Sevlin unb Stettin 1812; 9Jleu|eI @. Z.; Slnnalen bei-
^upt= unb Ütefibenaftabt 33raunjc^toeig 1831, ^r. 28 unb 29.
58 i- u ^ n §.
®cH)!c: (5 ruft fji-'iebrii^ @., orbentlic^er ^rofcffor in 33ern (geb. am
8. ?Ipril 1807, t am 1. ©e^t. 1871), toutbe Bei 33egninbung ber ferner .»podi^
fcElule (1834) au§ feiner |ä(i)[ifd)en Jpeimatl^ bortl^in berufen unb l§at big ju feinem
3:obe bafelbft ununterbrod)en gen)ir!t. ©eine frü'^eren ^Irbeiten l^atten fid) t^eilg
ber ejegetifii)en, tl§eit§ ber ft)ftematifd)en Sll^cologie jugetüanbt (bgl. feine „S)og=
matit" 1834, fein „©cnbfd)reiben anSac^mann über bie 3lnorbnung ber ßrjäl^Iungcn
in ben ft)no|)tif(^en ©öang." 1839, unb feine „^ugenbgefd^id^te be§^errn" 1847).
©^äter concentrirte er fi($ auf ba§ l^iftoiifd^e gac^ unb '^at !^ier burc^ feine
ßir(i)engef(i)i($te berSc^toei^ (I, 1856; II, 1861) .!perüorragenbc§ geleiftet. ®a§
(leiber unboÖenbet gebliebene) Söerf, eine toürbige ^Jarattele ju 9lettberg'§
ßirrf)engef(i)id)te S)eutfd)lanb§ unb SSRoW^ Kerkhistorie van Nederland, i[t eine
f^unbgrube treuer, rebli($er, ftreng objectiöer O^orfd^ungen. Dbg(eid) l^inftd)tli(^
mancher Segenben tuol etwa§ ju conferöatib , fe^tt e§ 6). bo^ feine§toeg§ an
Iritifc^em ©djarfblidfe , unb fotool ber erfte 33anb, mlä)n bie ^eit ber 9tbmer=,
S9urgunber= unb 5ttemannent)errfc^aft umfaßt, at§ ber jtoeite, ber bie fränüfd^e,
neuburgunbifd)e unb ^nieite alenmnnifdie ^eriobe be'^anbelt, ttjerben für alle 3eit
bie förunblage weiterer Unterfud^ungcn bilben. S)a| ber ^iftorifd)en ßJeleI)rfam=
!eit @etp!e'§ aud§ eine finnige poetifdie 3luffaffung jur ©eite ftanb, belpeift ba§
ftcinere SGÖer! über bie d§riftlid)e ©agengefd)id)te ber ©ditoeij (1862).
9H)j|)oIb.
(^Cltar: |)err 05. ein ll^rifdier 5Di(^ter be§ 13. ^fa^rl^unbertS au§ 9leibl§art'§
©c^ule, nur bie ^arifer ^anbfd^rift lC)at toenige ©tropl^en ertjalten. S)ie
.^erren öon 5Jlerger§borf , tüeld)e ber 2)id)ter ermähnt , gel^ören Wol ^u bem in
5lieberöfterreid) nad)tt)ei§baren @ef(^ted)t (Fontes rerum Austriacarum, 2. 5lbtt).,
4. a3b. ©. 307).
S3on ber >^agen , ^JHnncfänger 4 , 485. 3Sartf(^ , ßieberbid)tcr @. LI.
3a(^er bei Qx]ä) u. ©ruber 5lbtt). I, 93b. 57 ©. 80. 2B. 2BiImann§.
dJfltd): Solf)ann griebrid^ @. , poUtifdier St)rifei-, geb. am 18. f^ebr.
1815 3U ^Jlü'^lbac^ in ©iebenbürgen, abfolöirte bie ©t^mnafialftubien in .^ermann=
ftabt, bejog barauf al§ stud. theol. bie Uniöerfität «erlin (1836—38) unb fanb
nac^ feiner 9iüd!el)r in bie ^eimatJ) Slnftettung juerft al§ 9tector ber (yramma=
ti!alfd)ule in 58roo§, feit 1848 al§ Pfarrer in 9lume§, Wo er jung am 7. ©e|)t.
1851 ftarb. ©ein ^tarne ift mit ben politifi^en .kämpfen ber fäd)fif(^en Station
tüöl^renb ber ^cit öon 1840 — 50 eng öerflod)tcn. @r biente feinem SJoIfe gegen
magt)arifd)en 6^aut)ini§mu§ mit SBort unb g^eber unb jtoar nac^ ber if)m eigen=
tpmüdien, poetifd) angelegten Slatur öorjüglic^ al§ politifdier S)id)ter, nad)
bem S3orbilbe ber :politifd)cn Stjrifer S)eutfc^tanb§ , inSbefonbere ^naftafiug
ß)rün'§ unb ^ertoeglyg. ©d)on 1841 erfd)ien bon il)m ein «änbdien „ßt)rifd)e
@ebtd)te", unb feitbem lie^ fic^ feine ^Jtufe ftürmifd) bernelimen, fo oft fid^ ein
öffentli($er 5Inla| baju bot. ©ein bebeutenbfteS SBer! ift ba§ „Sieberbuc^ ber
fiebenbürgifc^en S)eutfd§en", 2 .§efte, 1847 unb 1851, ßigeneg unb f^rembeg
fammelnb , morin bie gute , f atriotifd)e ©efinnung nid^t feiten ben 5Jlongel ber
^^Poefie erfe^en mu^te. 5ll§ bog ^a^x 1848 ben ©adifen in ©iebenbürgen ben
^ampf um i'^r nationaleg S)afein aufatoang, fa'^ @. e§ alg eine ^flid)t S)eutfd§=
lanbg an, fic£) ber bebrängten ©tammeggenoffen aujunel^men. @ine 9lbreffe an
bie gran!furter 9iationalberfammlung (abgebrudt in ber 9luggb. Mg. 3eitung
tj. 18. 5luguft 1848, Seilage) gibt biefer Ueberjeugung Slugbrud. ®leid§äeitig
ging @. alg SBote ber fäd^fifcEien 3^ugenb ©iebenbürgeng mit brei anberen per=
GJemeinet. 553
fönüd) nad) Seutfciilanb unb fud^te öefonberS in33re§tau, SSevlin, ßeip^ig, §alle,
granffutt a./^. unb äöien für bie ©ac^c feinet SBolf§t^um§ ju toirfen. 2t(§
litterarijcfie t5'i-'ii<i)t ^ielei-' SBanbexung gaB er noc^ 1848 :f)erau§: „2)eutjd§lön=
bit(ä)e§ 5lbrefTen = 2IIbum an ha§> StebenBürger S)eutfc^tf)um". 5Da§ ^a^r 1849
hxad^tt ben ^i-'ieben, 1850 it)m unb öieten Sfnberen fo manche 6nttäufd)ung.
§in|ort JDanbte fid) @. teöl^aiter al§ ftütier ben fird§li(f)en ^fntei-effen ^u; ba§
ipoütifc^e 2;e|tament ©tefan ßubtoig gflct:§'§ (f. u.) bevanla^te i:§n bie .§erau§=
gaöe einer „(5d)ul= unb Äirctjenseitung" ju betreiben, an toeld^er tänger t^äU
äune£)men inbeffen fein frü'^er Xot ü^n l^inberte.
5ögl. Xraufi^, ©(^riftfteEer=8ei-ifon II, 2 j. ^JlüUer.
©emcincr: ^arl 2;:£)eobor ©., geb. am 10. S)ec. 1756 3U 9tegen§burg,
geft. bafelbft am 30. 51ot). 1823, toar berS^roffe eine§ alten S5ürgergefcE)te(i)te§
jener Sfieic^Sftabt unb ©ol)n be§ bortigen Senator^ 0)eorg S^eobor (1. , beffen
@attin, eine 2;od)ter be§ furfäd)fifd)en 9teid)§tag§fecretär§ <^errid§, mütter(id)er=
feit§ au§ ber ^ßrebigerfamitie ©erpiliu§ ftammenb, ben al§ 58ibIiogra|}lf)en be=
fannten ©uperintenbcnten biefe§ ^amen§ jum ©ro^bater l^attc. S)a^er fottte
unb tüoüte [tcE) aud) &. junädift ber ß^otteSgete'^rt^eit toibmen, betrieb bereu
©tubium 3U ßeip^ig 1775—78, bad)te aber fobann, toeil für ein geiftlidie§ Stmt
in ber §eimatl§ nur entfernte 3lu§fi^t beftanb, auf einen anberen ^rotertoerb.
gr forf(^te im (Eommunatarc^iöe über bie (Sef(^id)te ber i^uben in 9tegen§burg
nad) , öerfa^te eine (ungebrudt gebliebene) 51bt|anblung biefe§ 2Setreffe§ unb be=
toog burd) bereu Ueberreii^ung bie 5Jla(^tf)aber, i^m ben Eintritt in ben ftäbtt=
f(^en Sßertt)altung§bienft, öorerft ba§ 9tegiftratur = unb 5trd)ibh)efen 3U geftatten.
greilii^ mu^te fid) @, für biefen neuen 33eruf erft juribifd)e§ unb bipIomatif(^e§
Söiffen auf ben Uniöerfitäten ^ngolftabt unb (Srlangen, bann ^raftifd^e i?ennt=
niffe in ber S)ipIomatif loäl^renb eine§ brein3öd)entfi(^en 2lufent^a(te§ bei bem
baireut^ifdien 3Ird)it)ar ©)jie^ auf ber ^taffenburg unb toä^renb eine§ ad)ttägigen
bei (Sranbibier unb Dbeiiin ju ©tfa^jabern aneignen. S)ann aber tourbe er
(1781) al§ ©t)nbi!u§ = 2Ird§it)ariu§ ber gieid^§ftabt 9tegen§burg angefteEt, balb
aud) mit ber S5ermaltung t^rer SSibtiof^e! betraut unb bi§ jum erften ©ijnbüug
unb ©tabtfd)reiber (Äauäleibirector) beförbert, tuobei e§ if)m erlaubt toar, burc^
23ertretung einiger ©tobte, barunter SSremen, am 9teid)§tage fein ©infommen ju
er'^ö^en. S)er Uebergang 9tegen§burgö an bcn,^urerä!an3ler öon Salberg (1803)
brad)te il)m al§ @rfa^ für bie ftäbtifc^en 3lemter unter Selaffung öon 3lr(^iü
unb SSibliot^e! bie ©teEe eine§ 2anbe§birection§rat!^e§ ; ferner tcacb i'^m aud)
ba§ biS'^er fürftbifd)öftic^e 3lrd)ib anbertraut unb, bamit er be'^ufs feiner gefd)i($t=
lid)en gorfc^ungen freien 3utritt liabe, unter ber SSejeic^nung „®eneralar($ibariat"
ein £)berauffid)t§red)t über bie anberen (meift !löfterlid)en) 2lrd)ibe in Ütegensburg
ertl^eilt, bereu bebeutenbfte bon bem SBenebictiner 3ii-'^9^'öt bertoaltet tüurbcn.
5Die baierifd)e 9iegieruug fteEte (1810) ben Sanbe§birection§rat]^ Ö). 3ur S)i§=
t)ofition, lie§ it)m bagegen bie 2SerU)al)rung ber reid)§ftäbtif(^en fotoie fürftbifd)öf=
tid)en ärd)ibe unb 9tegiftraturen, au§ benen (1816) ein eigene§ 5lrd)ibconfer=
batorium gebilbet toarb. 2ll§ (1820) organifatorifi^e 5Jla^na'^men beffen
^luflofung nötljig maditen, burften bie reid)§ftöbtifd^en Slrc^ibalien jener 3^^^^"'
meiere @emeiner'§ 9tegen§burger ßl^ronif nod) ni(^t errei($t t)attc, bi§ fie liier^u
benü^t wären, in 9legen§burg bleiben. ®. l^atte bereits al§ 35ibliogra^l§,
namentlich burd^ SBefd^reibung bon ^nlunabeln unb ^anbfc^riften ber 3flegen§=
burger ©tabtbiblioti^ef (1785, 1791) 2lner!ennen§toert]§e§ geleiftet, al§ er ft!^
auf beutfc^e, befonberS baierifd)e (Sefd)i(^te be§ 9Jlittelalter§ toarf. .^ier errang
feiu ©treben feinen bleibenben Erfolg. Sie Urfac^en lagen tl§eil§ au|er i'^m —
no(^ toar ja bie beutfc^e 9lec^t§gefc^ic^te nid^t gefd)affen — t^eil§ allerbingä in
feinem ju tüenig umfaffenben unb eingelienben CueHenftubium, wobei er ftet§
554 ©emeinci;.
neue ßntbedCungen ju maä^m glaubte, an feiner öorgeio^ten ^Heinung aber tto^
atter SBibeilcgungen mit ©igenjinn unb bem ©egner leicht ^jerjönücfie ^Jlotiöe
jufc^reiBenb , teftfjielt. Unter fold)en Uel6el[tänben litt aud) bie befte feinet
@(i)riften au§ biefer ^eriobe, bie „@ef(^ic^te be§ ^erjogt^umS Saiern unter
,^aifer ^riebrict) be§ (Srften 9tegierung" (1790). 2ßoI fein größter 3intt)um war
bie f(i)ün l^ier auftauc^enbe, fpäter noä) wiebei^iolt, inSbefonbere in ber ?ibf)anb^
tung „Ueber ben Uifprung ber <5tabt 9iegen§burg unb aller alten greiftäbte,
noinentlic^ ber ©täbte 33afel, Strasburg, ©pcier, äöormg, ^ainj unb SöUn"
(1817) berfo(i)tene 3Infi(i)t, e§ t)abe im ?OtitteIalter ben 9teict)§ftäbten gegenüber
eine eigene J?(affe öon „greiftöbtcn" mit gan^ aufeerorbcnttid)en ^^^rärogatiben
gegeben. (Semeiner'§ ©tärfe war nun einmal nidjt fritifc^e 5oi-1(^un9 unb
mett)obif(i)e ©ntmidfelung , üielmetir frei au§ bem 23oIIen fc^öpfenbe!, ungebunben
referirenbe ©rääl^lung. ©o get)ört fcf)on bie — teiber nur bi§ jum3ial)i-'e 1669
bearbeitete — „@efd)ic£)te ber öffentlict)en ^öer'^anblungen be§ ju ::)tegen§burg
norf) fortmä^renben 9tei(^§tag§" (3 ^änbe, 1794 — 96) ju feinen gelungeneren
2Berfen. @ine ben Einlagen unb SJer'^altniffen föemeiner'g entfprec^enbe 3(ufgabe
mar enbüd^ bie ©(f)ilbcrung ber 23ergangentjeit feiner 3Saterftabt. @r ba(i)te an
feine topograpl^ifc^e (Sef(i)i(|te, tooäu toie jum SSerufearc^iöare i^m bie unöer=
broffene Stfribie gemangelt, fonbern er mäf)lte fic^ ctn^eitlid^e S)arfteltung in
annaliftifcC)er S^orm. 5£)o(^ nur bi§ ^um S- 1^25 öermocf)te ®. feine „5Reic^§=
ftabt 9legen§burgif(i)e Q.^xom(" , bom brüten Sanbe on mit bem 'Jiebentitel
„©tabt 9(tegen§burgifd§e 3iöl)tbücf)er" noc^ ju fül)ren (ber erfteSSanb mürbe 1800,
ber ätoeite 1803, ber britte 1821, ber öierte nac^ feinem Jobe, 1824, im S)rucEe
üottenbet); jum 2l)eile al§ ©upptcment fann bie öon itjxn (1792) anonl;m
l^erauSgegebene „ßJefc^ic^te ber ^irc^enreformation in Stegensburg" (bi^ 1555)
gelten. 23ebürften nun aUerbingä jene ^4^seriobcn ber 9tegen§burger (^)cf(^i(^te,
womit fic^ bie erften SSänbe ber „O'^ronif" bcfrf)ä|tigen, bei bem ledigen ©taube
ber beutf(^en S3erfaffung§gef(i)icöte unb CueUenfunbe grö^tentl)eil§ einer neuen
SSearbeitung, fo finb bie ^wei legten 33änbe (1430 — 1525) — faft ganj au§
ungebrucltem ^ateriale gefi^öpft, ba§ jum 2l^eile (wie bie OiatljSprotofoEe) je^t
öerloren fd)eint — nad) (vietjalt unb ©eftalt bauernb !^od)f(^äpar , benn fie ge=
Währen ein reid)e§ unb flauet 33ilb communalcn 2eben§ unb äußerer SSorgänge,
baju eine f^ülle lulturgefd§id§tlid}er 9iad)ri(^ten. 6t)arafteriftifd) für @emeincr'§
politifd)e S)enfart ift eine ©d)rift, bie et im ^. 1810, al§ fein Uebergang an
SBaiern beöorftanb, »erfaßte, ^n ber „Gjefc&id)te ber altbaierifc^en Sauber, il)rer
3legenten unb Sanbeöeinwo^ner" wollte er an ber ^tgilolfingerjeit (biefe allein
ift bel)anbelt) bart^un, wie 33aiern, ein „2}orlanb" be§ fränfifd)en 9teid)e§ bilbenb,
fc^on einmal unter „fraujöfifdiem ©cepter" geftanben, biefe§ 9]erl)ältni| aber
nid^t fo fd^meralid) gewefen fei al§ bie Dftgotl)en§errfc^ait. S)a§ bereits gebrudte
©laborat legte er 53tontgela§ bor, unb wa'^rfdieinlid^ auf beffen 2Bin! unterblieb
bie ^Verbreitung. Ükdibem aber ^aiern üom ^tl^einbunbe ^urücfgetreten , foUtc
bie nämlid)e ©i^rift al§ eine ^3Jlal^nung jur Xl)atlraft Wirten, auf ba^ jiene§
nid^t no^ einmal in eine fo bebenflid^e ßage fomme wie bie barin gefd)ilberte.
3u biefem SSe'^ufc mu^te freiließ ber 9lu§brud l)in unb Wieber geänbert, beS^alb ein
bebeutenber 3;l)eil umgebrudt Werben (2lnfang§ 5Iot)ember 1813); gleid)Wol ift bie
wenig erbauliche erfte Senbenj noc^ fennbar genug; ba§ wiffenf(^aftlid)e (ärgebni^
ber gerabe nid)t unflei^igen Slrbeit :§aben Suc^ner'S, 3flubl)art'§ unb S3übinger'§.
5orfd)ungen toöüig antiquirt.
Äieff)aber'§ 35orrebe jum öierten Sanbe öon ®emeiner"§ JRegenSburgifd^er
6t)ronif, biograp^d^e 5kcf)rid)ten über benfelben ent^altenb. 3lften be§ f.
baierifd)en allgemeinen 9lei(^§ard)iöe§. ö. Oefele.
®cinnia=5tiiiu2. 555
©cmmo = (yriÜUÖ : 6otncIi§ @. , 3lftronom, geb. am 28. .gebr. 1535 ju
Sötoen, t am 12. Cctofier 1577 eBenba, ber ireniger berühmte So^n be§ l^ier
nad)Tolgenben Otainer @. Sr ertcarb fic§ 1570 bie mebiciniftiie SloctortDÜtbe
unb erhielt nod) in bemfelben i^a^re bie ^profen'ui; bieler äöijfenfc^aTt, toeld^er
einft lein 2>ater botgeftanben '^atte. 58ei bietem SSiffen toar er angeftecEt öon
aftrotogijclen ^rtf^ümern, toetc^e er in bem SBerfe ..De iiaturae divinis charac-
terismis". Slnttoevpen 1575, bei 6e(egenl^eit bes Stuttaudiene be» berüt)mten
neuen <5terne§ in ber Sajfiopeia laut inerben Iie§. .^n bemietben 3Berfe finbet
fi(^ auc^ eine burc^ ben 6rfo(g beftätigte Sßerfünbigung eines beüorfte^enben
SrbbebenS. @. "fiatte nebft feinem Sottegen ipeter 33eau|arb b'eu 2Iuitrag erhalten
ein hnxä) '^ap)t ©regor XIII. öon ber Uniüeriität Ööroen erbetenes ©utac^ten
über bie ge|3lante ^alenberreform au§3uarbeiten , al& beibe @elc!^rte in furjer
3iDifdE)enfrift öon ber %'t]t baf)ingerafft tourben. DLacf)tTäg(i(^ tanb fic^ ba§ öon
^^eiben bereits unterjeicfinete ©diriftftüd in ber Se^aufung bes ßinen öor unb
fonnte an feinen ^cftimmung§ort gelangen.
Quetelet. Histoii'e des scienc. math. et phys. cbez 1. Beiges. — ^oggen=
borff, 33iogr.=litt. 6anbtoörtcrbu($ I, 872 für bie £;aten, tneld^e bei Cuetetet
burct) mel^rfacfie 2)rucff eitler , bie fic^ fonjol auf ben ©o^n aU auf ben 3}atcr
begießen, entftellt finb. — Ant. Favaro, Xuo\a studi intorno ai mezzi usati
dagli antichi per attenuare le disastrose conseguenze dei terremoti. Tenezia
1875. pag. 29. (Santor.
(^Cinina=tyrif{llÖ : Üiainer @., 2Iftronom unb Slrjt, geb. am 8. S)ec. 1508
ju 2)odEum in giieSIanb , too^er i^m ber 33einamc grifius ftammt, t am
25. 5)^ai 1555 aU .^^rofeffor ber 5Rebicin an ber Uniöei-fität Söioen. Sein
!s3eben§Iauf toar ein fet)r einfai^er. Sr öertor jung feine ©ttern, empfing feinen
erften Unterricht in Groningen, befud)tc balb barauf bas ©roninger Gottegium
in $3ött)en unb mibmete fid^ bem Seruie nac^ ber ipeilfunbe , toä^renb er au§
"Steigung 5Jtat^emattf unb befonber§ Slftronomie trieb , benen auc^ feine fämmt=
tid^en fd)i-iftftetterifc^en öeiftungen angehören, ^n feinem eigentlichen iyaä)t roirb
nur eine 1592 burc^ ©aretiuS in (Vvonffurt f)erausgegebene Sc^riH über bie ©ic^t,
.Xonsilia quaedam de arthritide". mittelbar auf i'^n jurücEgeTü^rt. ©eine äußere
Stettung mufe, tote aus feinem Sriefroec^fcl mitSo^anne§ £antiicu§ (gtarbinber)
^eröorgel^t, mel^riacfiem 2öed)fel untermorfen gemefen fein, ^^^^'f^ ^^^^ ^^'5* toar
er feit ben öier,3iger 3(a!)ren ^rofeffor ber "DJ^atliematif in Söroen, fpäter unb
jebenfaüs öor 1553 ^rofeffor ber 5J^ebicin cbenbafetbft, ßngftc f5fi"eunbfcf)aft
öerbanb il)n mit einem (iottegen iriöetiuS, ber eben fo ftattlic^ unb frärtig auö=
]a^ loie @. 3art unb f(i)mäd)tig (ögt. bas ^öilbniB bes 6. bei Foppens. Biblio-
theca Belgica) , fo baB man bie ^^eiben nur ..Lovaniensium medicorum par
impar'' nannte, ^n ber Stftronomie ift @. al§ geiftiger @d)üter unb Olac^fotger
be§ 5tpianu§ (f. 0.) ju bctrad)ten , toenn auii) ein ^jerfönüd^er ^ufammen^ang
nici)t nac^jumeifen ift. ©emma'g erfte 3jeröffenttic^ung 1529 toar eine (Srgänjung
ber 6o§mograp'^ie bei Slpianul. ©leic^ biefem befc^äitigte er fic^ biet mit 3}er=
befferung aftronomif(i)er ^nftrumente , unter toelc^en ber „aftronomifc^e 9ting"
befonber§ genannt fein mag. ©leic^ if)m gab er eine neue ^etf)obe jur i8e=
ftimmung ber geograp"^ifc^en C'ängc an. ^n bem 1547 in '$ari§ gebr-udten
33uci)e ,.De usu globi" fc^reibt nämtic^ ©. au§brücEfi(^ öor, man foüe auf Dieifen
eine öon ben fleinen genau ge'^enben Utjren mitne!§men, bie man gegentoärtig
anjuTertigen miffe unb bie öor ber 3Ibreife nad) ber 3eit bei 'ülbgangiortei aftro=
nomifi^ gerii^tet toerben muffe; untertoegi fotte man alibann bie ^tit nacf) ber
U^r mit ber burc^ neue Seobacfitungen ermittelten roaliren ä^it Dergleichen; ber
Unterfc^ieb beiber ^eiUn beruhe auf ber Sängenbtfferenj , meiere rücEmärti aui
if)m ermittelt toerben fönne. S;iefe 2lht:^obe gilt il^ren ©runbjügen nacii bü
556 ©emmel.
auf ben l^eutigen Sag aU bie einfadifte unb tnirb auj (Sd^iffen ftet§ angelüanbt.
Sa"^nbve^enb tnaren aucf) bie geobätijrfien 2}oii(^nften , tueliie @. in bem
„Libellus de locorum describendorum ratione", ^Inttüerpen 1533, bevöffentlid)te.
SOßinfetmcffungcn an jtoei Drten öon betannter (Sntiernung angcftettt , ge[tatten
bie öon beibcn Seobac^tungSorten au§ einöifirten 5)}unfte aU 5Dui-(i)jd)mtte öon
öeraben ju er'^atten unb gett3ät)ren bei gortfe^ung be§ 9}eria"^i-en§ eine n)at)i-e
3;rianguIation. 9Jlit biefcn ^Jtaftifd) fo lüicfitigen ßel^ven ttitt ®. an bie <Bpi^t
einer nieberlänbifdjen geogro^jl^ijd^en ©diule, bcren bebeutenbfter SJertreter, ^er=
cator, unmittelbar (Bemma'§ Untervid^t geno^. Sind) bie „Charta sive mappa
mundi" be§ C^. felbft', Söwen 1540, ent^ätt f(f)on eine ^eltbefdireibung nai^ alten
unb neuen eingaben, ^arl V., bei tt)elcl)em (S. |et}r in Öunft [tanb, tuie^ool
ber befd^eibene Öetel^rtc fid) bom ^oje jern ju Italien ^jflegte , mact)te ben 9}cr=
faffer auf einen ^ii-'i-'^lium in biefem SSuc^e aujmerflam , tüelc^cr bann in einer
neuen bem ^aifer jugeeigneten 2lu§gabe öerbeffert i[t. Um biefelbe :^ext trat
&. al§ arit^metifd)er ©cl)rijtftetter auy. ©ein fletnc§ !i3e'§rbucl) biefer Sßiffenfdiaft,
toelc^eS feit 1540 in häufigen hinflogen erfd)ien, ift nja'^rfctieinlid^ ba§ erfte, in
it)eld)em ^um ^toedc ber 3lu§fprad)e öieljiffrige S^'tfUn burd) fenfredite ©triebe
in ©rupfen t)on je 3 3ifff^'n abgetl^eilt merben. i^^erner ift barin bie .^unft
gclel)rt reine quobratifd)e (Gleichungen burc^ bie Regula falsi, b. f). huxä) bie
9Jtet!^obe jtäeicr jalfdier '^(nfät^e 3U löten, toaö ß^riftop^ 9lubolpt) für unmöglid)
l)ielt unb tüojür 9Jiid)ael ©ti|el bem ®. gro|e§ Sob fpenbet. S)urdC) alte bieje
ßeiftungen mu(^§ ©emma'ö Stu'^m unter ben 3fit9e"offen fo 1)oä} , ba^ nal)e=
liegenbe SKortfpiele mit bem ^Jtamcn „ßemma" tt)iebcr'^olt erroä'^nt lüerben, ja
ba| berfelbe fogar in „ßbelgeftcin" öerbeutfdlit tnurbe. @. foll in ber S)omini=
fanerürc^e ju x^öttjen begraben fein. Söann er fid) mit feiner S'vau Sarbara
öerl^eiraf^ete , ift unbefannt. 5Die 6l)e fd)eint nid)t glücElidt) gctoefen ju fein,
lieber feinen ©o"^n 6orneli§ @. f. o.
5ögl. Ääftner, ©efd). b. ':mat^em. I, 129 unb II, 334, 573, 579 flg. —
Quötelet, Histoire des sciences mathematiques et physiques chez les Beiges.
Bruxelles 1864, pag. 78 flg. — (Jur^e in ©run. 3lr(^itJ LVI, 313 flg.
6 a n 1 0 r.
(^cmmd: .§ er mann @., 9lr($ite!turmater, geb. 1814 ju 33arten in Oft»
preufeen,. öerlebte feine ^ugenb auf bem !Qanbe, er'^ielt feinen ©c^ulunterric^t in
Königsberg i. '4^r. unb befud)te bann, toeil er bon Sfugenb auf gro^e Tteigung
für bie SSaufunft gejeigt i)atte, nad)bem er ba§ gelbmeffen erlernt, bie föniglidl)e
Sau=§l!abemie ju 33erlin, malte gtei(^3citig aber in bem 3ltelier be§ ^rofefforS
fertig, ^ad) neunjäl)rigem ?lufentl)alte in 33erlin fiebelte 6. mit 9tofenfelber
nad^ Königsberg i. %sx. über, tuofelbft ber xietjterc im 3f. 1845 eine Kunft=
5l!abemie, bereu S)irector 9lofenfelber mar, organifirte. ®. mürbe ^Profeffor an
berfelben, übernal^m ben Unterrid^t in ber ^perfpectibe , 2lrd)iteftur unb Kunft=
gefd^id^te. 3^ Königsberg l)at 03. feitbem, ^toei in ben So'^^'en 1850 unb
1855 auSgefü'^rte üteifen nad) i^talien ausgenommen, o'^ne Unterbredl)ung getüirlt
unb gearbeitet. @r malte biele meift gröfere 9lrd^ite!turbilber, meldte ju ben
beften feiner 3^^^ gehörten. S)ie ^otiöe baju entnalim er i^txl^'^ialxtn, tl)cil§
2)eutfd£)lanb , t:§eilS aud) feinem eigenen S3aterlanbe. @r machte burd) feine
2lrd§itefturgemälbe auS Oftpreu^en eigentlich juerft auf ben l)of)en SBerf^ ber
mittelalterlidl)en i8auben!mate biefer ^robinj aufmerffam. ß). Ijatte ein offenes
5luge für atteS ©d)öne, fanb bie maleiifd^en Partien überall leidet !§erauS. ßr
l^at unenblicl) biel ©tubien gemalt unb ge^eidinet. Singer 33ebuten mirflid^
bor^anbener Saulid^feiten l^at er 5lrd£)itefturbilber aud§ bielf ad^ componirt, l^at
aud) berfd)iebcne ©nttoürfe jur SSerfd^önerung bon Königsberg, au einem neuen
S)t)m für ^Berlin k. unb manche (Joncurren3 = (5ntmürfe für größere iöaulbcrfe
QJemmingcn — (Semmtngcn=^otnberg. 557
gefertigt. 9lu§geiü^rt oon feinen (SnttDÜrfen ift nur roenig. ((Jinige§ auf bem
(gute Seijnu^nen in Sitt^auen.) 6. ftarb am 22. ^Jlätj 1868 ju Königsberg i. ^^^r.
gt. Sergau.
^cmmingcu: ©fier^arb 5i;iebri(^ grei^err öon @., öon ber ^Bürger
Sinie be§ alten narf) bem Stammfi^ ©emmingen bei Springen in ber babiicf)en
*;|3fal3 Benannten @efct)Ie(i)t§ , in tt)el(^em ficf) im 16. ^af)r^unbert äöotj unb
2;ieti-i(f) at§ 23eiörberer ber üieformation, im 17. i^a^t^unbert Slein^arb ol§
Öiftoriograp^ '§eröortf)aten, gel6. in ^citBronn am 5. 5tot). 1726, geft. in (Stutt=
gart am 19. ^an. 1791. ^urbe 174:8 mürtembergij(i)er 5Regierung§ratt), 1758
tituürter, 1767 wirfüc^er ®elt)eimer 9tat^, 3tegierung§rat^5='^räfibent, 2e^enprot)[t,
and) ^räjeä be§ 2öec^ielgeric|tö unb ber 6ommercia(= Deputation. 5üö reiner,
unaÖt)ängiger G^arafter mar @. Bei feinen SanbSteuten ^o(f)geac^tet, inlBefonbere
meit er feinen bertrauten fyreunb, 9legierung§rat^ .ÖuBer, bem ^a| be§ öer^ogä
Äarl nit^t prei§gaB. @ebic£)te, toeld^e an feinen Söttinger Ce^rer datier erinnern,
in ben ©diriften: „5poetifd)e 33ti(fe in» SanbleBen" (öoniöobmer 'herausgegeben),
1752. „SSriere neBft anberen poetift^en unb profaifc^en Schriften", 1753. i^um
35erbru| be§ SSerfafferS aud) öon ^^c^ariä §erau§gegeBen , 1769.) 3Inbere§ in
ben ©öttinger 5]^ufena(mana(i)en öon 1771 unb 1774. 5(ucf) Glaöier^Sonaten,
CffenBa(^ 1786. 3}iele Briefe SllBrec^t D. Jpalter§ an®, auf ber fönigl. öffentl.
33iBliott)ef in Stuttgart.
Äajner, ■JDtateriatien ju einem Sienfmat be§ . . . . @. t^^-'^nff. 1791. —
2)enfmat f. @. g. ö. (Semmingen. 9}on ^. 2. ^uBer, 1793. — $faff,
2Bürt. tpiutar^ I, 90 ff. — (gtorfer, e^ron. b. gam. b. (Semm. II, 2,
51 ff. — 9}gt. auc^ ^licotai'S Steife X, 36 ff. ^. ^artmann.
0)Cinmingeu = ^pornBerg: Dtto greitieva- öon ®., geb. in ^eilBronn am
8. 5toö. 1755, ftubirte ^ura , ^at auc^ einige ftaatsraiffenfdiaftlic^e Sc^riiten
berfa^t. 51I§ .^ojfammerrat^ in !)Jlann^eim mar er ein eifrige» 'DJtitgtieb ber
furpfätjifc^en bcutfc^en ®efettfd)aft, ögt. bic ütt)ein. Seiträge jur @ele!^rfamfeit.
-IRit Satberg Befreunbet, felBft Siebter, intereffirte er fic^ leB^aft für ba§ iltann=
Reimer 3;^eater, au(^ für ©c^iller'S erfte Sramen. Seine SemiramiS moHte
^IJto^art componiren (nic^t erhalten), ©pöter üBerfiebette &. nacf) Söien, mo er
1799—1805 at§ Babifd)er öefanbter toirfte, lebte bann auf feinen ©ütern, 3U=
(c^t in öeibelBerg; geft. am 15. ^äx^ 1836. ©eine fcfiriftftellerifc^e J^ätigfeit
Beginnt öer^ättniBmä^tg fpät unb f(f)(o^ frü§ mit bem roä^renb feiner Söiener
3eit ^erau§gegeBenen „^^Jtaga^in für Söiffenfd^aft unb Sitteratur" '1784 f.) unb
ben paar „QBiener @p^emeriben" aB. ©(f)on Dor'^er, 1782 f., ^atte er bie
2öo(^enfc^rift „Der 2Be(tmann" öeri3ffentü(ä)t. ©eine S)ramen, UeBerfe^ungen
unb journaüftifc^en Unternehmungen gef)en beut(i($ öom 53^ann§eimer il^eater
au§. 2(ud§ er f)at 9touffeau"§ „^tjgmalion" 1778 übertragen; bie ^iemüc^ mitt^
fürüc^e 5profabearBeitung be§ ©^aiefpeare'fc^en 9ii(^arb II. ift o^ne febes Serbienft.
Sa§ fünfactige Srauerfpiel „©ibnet) unb ©illt)" nennt er in feiner Siramaturgie
einen moraüfc^en ©(^(eifftein , bem au^er ber Stügrung alle§ fe^le, unb fpri^t
öon ^i^ei^errn ö. ©ugler al§ Serfaffer. 2)en mir ma^rfc^einlic^en 3ufammen=
^ang ber „(grBfd)aft" (1779) mit „S)er junge ©einige ober bie grbfc^aft" (auc§
nur „S)ie 6rBf(^aft" genannt) öon SranbeS, ber fein 2Ranufcript in 5Rann^eim
^intertaffen f)atte (•)Jteine SeBen§gef(f)i(f)te 2, 274), fann iä) ni(f)t erörtern, x^nx
bie 2f)eatergefc^ic^te ift no(f) je^t rcd^t toid^tig bie S)aIBerg getoibmete „5Jlann=
Reimer Dramaturgie für ba§ ^a^r 1779" (1780). Die einjetnen ©türfe m'^ren
un§ toarm, nur manchmal ju fe^r au§ ber „gülle be§ .^erjeng", bie neuen ©tücfe
unb bie ^Jhtgtieber ber ©et)ter"f(^en Gruppe, befonber§ ^i-'^u ©egter unb Sor(f)er§
üor. Die 5luffaffung ift bie eine§ noblen geBilbeten 5Dlanne§, ber feinen Seffing
gelefen |at, aber gern smift^en entgegengefe^ten ©tanbpunften öermitteln miK;
558 ©emufaeul — ®enäT)r.
bie altaemcinen ©rcutfe o"^ne tiejere Sebeutung, im dinaelnen ötel treffenbeg,
manches, tüie bie ÜBej^red^ung be§ „5Jlac6etf)" dxmlic^. @emmingen'§ littevar=
i)iftorif^ ^evt)oa-agcnb[te§ äöer! ift „S)er beutfd^e .^au§öatei-, ein ©c^aufpiel",
1782 (etfte 3lunü^vung unter bem Sitel „S)er beutjd^e ,spau§öater obev bie
Familie", imS)eceml6ei- 1780; umgearbeitete 3lu§gal6e 1790). ©in ^Banntjeimet
9lecen|ent tü'^i-'t ben 3lu§gang auf einen gjlünc^ener S3orfaE ^urütf. S)al
©d^aufpiel le^nt fict) in einigen 4-)auptmotiöen an 5£)iberof§ Pere de famille
an, ber nac^ Sejj'ing meber iranäöfiid^ no($ beutf(i), yonbern bto§ men|($U(^ toar.
3)ie 5)urct)jü'^rung i[t grunböerjcfiicben. ^arl, ber ©o'^n be§ .SpauSöaterS ©raien
SBobmar, liebt Sottt^en, bie STod^ter bc§ ^ater§ Seborf (ögl Minger'§ Dleue Slrria).
S)iefe fielet benn and) it)rer ^lieberfunit entgegen. S)a§ I^ema be§ i?inbe§morb5
tt)irb berü'E)rt. S)a3tt3ijct)en brängt ^iä) bie ©ejatir einer ^jciraf^ Äarig unb ber
ftarfgeiftigen ©räfin ?Imalbi; ßottdien fucE)t fie auj. 5Jtan benierft bie %ti)n-
lic^teit mit „^abate unb Siebe". 5lber ber ^au§t)ater gibt jeinen ©cgen, öer=
jötjnt nebenbei feine Xoditer ©o^I)ie mit it)rem all,^u n)eltmännifct)en ©atten,
unb bringt feinen guttjersigen, aber ettoaS leidjtfinnigen jüngeren (SoI)n gerbinanb
auf gute SBege. .^art unb i^erbinanb toerben natürtid) beförbert. S)iberot nennt
„bie 3)erforgung eine§ ©ot)ne§ unb einer Xoditer" bie |)au^3tftütjen feineS S)iama§;
t)ier t)abcn tuir jtoei ©öl)ne unb eine 2:o(i)ter. 5)a_| le^tere, mit ©intoittigung
be§ .söaiigtiaters, of)ne ßiebe ge^eirat^et I^at, fällt auf. @r ift eine leblofe mora=
Iifc£)e ©lieberpuppe. S)a§ ganje ©tuet toimmelt üon ben abfic£)tü(^ften 9teben
über jtugenb unb 5ßfli(i)t ; nur ßeborf fpric^t lieber öon feinem ßoüegen 9lapt)aeL
35on ben Gonflicten S)iberof§ unb feiner bei alter Se'[)rVftigfeit fo feinen Sedjnif,
befonber§ in ber i^ütjrung bc§ ®iatog§, feine ©pur. 3lüeö ift conftruirt,
marionettentjaft. A'Mftorifdt) getjört ha§i ©ct)aufpiel in eine Ütei^e mit ben ©tücfen
2Bagner'§, ©prictmann'S , ^J)t5Ilcr'§, @ro^mann'§ (bor aüem „^Jlic^t melt)r al§
fe(i)§ ©Rüffeln"), unb ©(i)iEer§ „ßabale unb Siebe".
a^gt. t). 2Beec^, Sab. SSiogr. (S)ie ®eburt§= unb Sobcgbaten in ®oeb.
©runbri^ finb irrig.) 6ric^ ©(iimibt.
(^cmufacuö: .§ieronl)mu§ ©. (latinifirter ^lame für ©müe§), würbe
1505 ju ^ü^I'^aufen im (5tfa^ geboren unb er'^iett bort feine 58ilbung bi§ jum
^. 1523, too er nad) 53afel übeifiebelte unb bie Uniöerfität bafelbft bcfuc^te.
9la(^bem er, ein eifriger 3ut)örer ©larean'§, im ^. 1525 bie SBürbe eineS
5Jlagifter§ erlangt '^atte, 30g er nad) ^^ranfreid) unb befd^äftigte fid^ neben p'^ilo=
fopl)ifd)en ©tubien öor^üglid) mit ^Jiebicin. ätn ^. 1533 tüurbe er in 3;urin
pm S)octor ber "OJlebicin creirt unb ein Sfa^r fpäter al§ ^rofeffor ber '^t)).)\\t
an ber Uniöevfität SSafel angefteHt, meld)e§5lmt er 1537 mit bem einer ^Profeffur
ber ariftotelif(^en Sogi! üertaufd£)te. 3m 'i^erbft 1542 erfranüe er auf einer
gteife nad) Italien unb ftarb am 29. ^an. 1543. @r überfe^te bie @eograpl)ie
©trabo'§ in§ Sateinifd^e (25af. 1539; 2. ?lu§g. 1557), ebenfo einige ©d^riften
be§ 3lriftütete§ , fd)rieb eine „Censura de Aristotclis dogmatibus", einen 6om=
mentar ju ben „Analytica posteriora", einen SebenSabri^ ©alcn'S ac.
®cnätir: i^evbinanb 6., rl^einifd^er 5Jlifftonar in ßl^ina, flammte oui
©d^lefien unb lüurbe 1846, nad^bem er feine S5orbilbung im 9}tiffion§feminar ju
58armen empfangen, nadt) bem fübli(^en 6t)ina gefanbt. (5r tt)ar ber erfte
r'^einifdie ^iffionar in ßl^ina. SSeranlaffung ju feiner 5lu§fcnbung gab ber 'ouU
]aä) aU 3lpoftel 6t)ina'§ be^eid^nete Miffionar ©üpaff, toeldlier ben ©a^ auf=
geftcUt l)atte, 6l;ina muffe burd) 6'^inefen befe'^rt werben. S)emgemä§ l^atte er
eine gro^e ^enge 6l)inefen getauft unb al§ 3Sol!§prebiger in atte ^rotiinjen
gefanbt. Sa er felbft burd^ feine amtlid)e ©teUung aU ©olmetfd^er bei ber
englifd^en 9tegierung auf §ong!ong ftar! in 5lnfpruc£) genommen war, üerlangte
®enaft. 559
et öon 5ßQJel unb SSatmen junge ^ifftonare, bie er aU 2lufjel§ev (©uperinten=
benten) feiner d)tneftfd)en 3}ol!§prebiger gebrauchen fönne. 6iner öon benen, bie
it)m p biefem 3tt>e(i gefanbt tourben, toax @. (5§ bauerte einige 3eit, 16i§ er
ber (i)inefifcf)en ©praci)e mäd^tig tt)urbe. ©oBalb er aber anfing mit eigenen
klugen ju je^en unb mit eigenen Dt)ren ju ^ören, erfannte er, ba^ bie fogenannten
(^incfif(|en 9}olf§^rebiger faft bur(i)gc{)enb§ untüürbige ^Jtenjc^en feien unb nur
barauf ausgingen @elb ju mad^en unb bie äöei^en 3U betrügen. ®. 30g fi^
be§^alb ööttig öon bem (Sü^taff'fc^en Unternehmen jurüd unb begrünbete felbft
eine fleinc (Jöangetiftenfc^ute in 2;ai|)ing, bie er \päin nac^ ^oau üericgte im
©anon ^rei§ in ber ^roöinj Ämangtung (Ganton). S)ie Pflege biefe§ fteincn
Seminars blieb feine liebfte Sefdiäftigung big an feinen Job. gür feine jungen
ßbangeliften öerfa^te er me'^rere djinefifciie Sel^rbüd^er unb Sractate, unter
anberen eine altteftamentlidCie @ef(i)i(i)te in 33erfen, S)oneben 30g er al§ %x^t
unb ^pvebiger burc^ bie (^ineftfd)en ©tobte unb ©örfer, Ijieitte unb :prebigte, lie^
auc^ bie älteren (äüangeliften ^rebigen unb getoann in toeiten .^reifen ba§ 3"=
trauen ber Reiben. 3ll§ il)m 1849 ^iffionar Ärone (geb. 1823, frül)er ©emi=
narift in ber 5lltmar! unb .!pau§lel^rer in 9tu^lanb) ju ipülfe gefcEiidt toar, über=
na'^m btefer, fobalh er bie ©pradie erlernt l)atte, öor^ugSmeife bie 9tunbreifen,
bie ©traienlJrebigten unb .^eilungen. SSeibe 9JHffionare l)atten toürtembergifd)e
5pfarrer§töd)ter ju ^^-rauen, weld)e fid) ber (i)inefifd)en Leiber annal)men unb
^Räbcfienfctiulen anlegten. 3lt§ aber aEe§ im beften @ange toar, bra(^ ber ettg=
lifc^=($inefif(i)e Ärieg au§ 1856, unb öeranla^te eine faft bieijä"§rige Unterbrect)ung
aller miffionarifc£)en 2;i)ätig!eit im Innern be§ Sanbe§. ®er aufgeftaiiielte
51ationalftol3 ber Gl^inefen , weld^er bie toei^en ^Barbaren für S5errätf)er unb
9täuber anfa'^, unterf(i)teb ni(^t 3toif(^en (änglänbern unb S)eutfd)en, unb mad^te
^agb auf bie ^öpfe aEer 2öei|en. @. unb Ärone flüd^teten mit il)ren 5pfleg=
lingen nac§ ■g)ongfong, fuc^ten bort ha^ Heine ©eminar iort3ufü'^ren, betl)eiligten
fid^ an ben l^umanen Seftrebungen ber ©nglänber 3ur Stellung ber Staufenbe
öon ©lenben in bem eroberten ßanton, bie in .junger unb 3}ertoa'^rlofung ju
©runbe gingen; fud^ten audt) in ^Jlacao unb in ^ongfong (Sute§ 3U tl)un unb
baö (äüangelium 3U berbreiten too unb toie fie lonnten, bis enblidf) 1860 ber
t^riebe öon Sientfin i^nen geftattete toieber in§ 2anb 3U gel)en. Sie 6öangeli[ten=
fd§ule tourbe toieber nad^ .^oau öerlegt unb beibe ^Jliffionare toaren im Segriff
bie frül^ere 2^:^ätig!eit toieber 3U beginnen, al§ eine fdt)toere drfranfung ber t^i-'^u
Ärone .feine S^üdfel^r nac^ (Suro^a nötl^ig madE)te. @rft nad^ 3toet Sfo'^ren toar
bie ^ran!e fo toeit '^ergefteltt , ba^ ßrone e§ toagen fonnte nad) 6l)ina 5urütf=
3u!el^ren, too @. fd[)on auf i'^n toartete. Senn aud^ biefer felbft beburfte einer
längeren Slugfpannung, ba aud^ feine ©efunb'^eit auf'§ äu^erfte gefd^toäd^t toar.
5lber Ärone !am nirf)t toieber nad^ ß^ina, er ftarb auf ber Dtücfreife in 9lben
(^oöember 1863) unb @., ber fid§ fd^on jur 5lbreife nad^ Suropa gerüftet "^atte,
entfdf)lo^ ftd) auf biefe 9lad^rid£)t i)in, nodf) 3U bleiben unb einen 9'?ad^folger unb
ßrfa|mann ^rone'§ ab3utoarten. S)a bradt) in §oau bie Spolera au§. Sie
ipeiben flüdf)teten öor ben @r!ranltcn au§ ben .g)äufern ober toarfen bie ©terben=
ben auf bie ©tra^e. (S. na'^m ein fd^toer!ran!e§ Sßeib , ba§ '^ütfloS öor feiner
Z^ixx lag, in fein |)au§ unb pflegte e§. 2)a§ SBeib gena§, aber bie ganje
5Jlifftonarfamilte toarb angeftecft. S)ie übrigen f^otoilienglieber tourben gerettet,
aber @. felbft mit 3toei feiner Knaben ftarb, ein Opfer feiner Sarmlierjigleit,
am 6. 5luguft 1864. b. 9tol§ben.
©Cliaft: Slnton @. , toar 1765 3U Srad^enberg in ©d£)lefien geboren, too
fein SSater beim g-ürften öon §a^felb ba§ 2lmt eineg |)au§f)ofmeifter§ belteibete
unb nidt)t ©enaft , fonbern Ätjnaft '^ie^. ®r ^atte noij eine ^Jtenge ©efd^toifter
unb tourbe al§ ber befä^igtefte unter ben ©öl^nen ganj gegen feinen SBillcn in
560 ®f«"f^-
bie 3Jefuitenf(f)itle mä) ßrafau gefdjidt unb bcm geiftüd^en ©tanbe gelDibmet.
^n feinem 20. 3af)ve fef)vtc et reicE) an toiffenfi^aittidien unb ©^va^fenntniffen
in feine |)eimatt) jurüd, tDo et nad) beni Sßitten feine§ 5ßatet§ als Kaplan ein=
tteten foÜte; aW fein SBibetfiteBen unb feine a3itten ^tfen if)in nichts, unb fo
fa^te et fid^ ein ^etj unb öetlie^ mit menigen 2:^aletn in bet 2:afc^e :§eimli(^
bet ettetn ^au§. @t Wottte ©d^aufpietet metben unb ging äunäc^ft nai) S3te§=
(au; bott n^utbe et a6et abgemiefen, motauf et fic^ naä) Suuälau »anbte, mo
eine teifenbe ßomöbiantenttuppe i'^t äöefen ttieB unb lüo et nac^ einigen ^tobe=
toEen mit toöd^entlic^ einem 2^alet (S)age engagitt tüutbe. 3luf bem gefc^tiebenen
S^^eatetjettet etfc^ien fein ^amc bott jum etften ^}Jta(c al§ ©enaft. Uebet biet ^at)X
ttieb et fi^ nun bei folc£)en ©efettfi^aften t)etum, fang unb fpielte in aEen
möglichen f!?äc^etn, bi§ i'^n im ^. 1786 fein gutet ©tetn naä) '^xü% ju Söal^t
fü'^tte, bet bott SDitectot be§ beutfd^en ©c£)aufpiel§ tt)at. 2Bat)t, felbft ein tüd^tiget
©d^aufpielet , na^m fid) feinet an unb untettic^tete itjn in Jßlafti! unb S)ecla=
mation. S)a ®. bet itaüenifi^en ©ptad^e mä(i)tig toat, mai^te et audE) balb
33e!anntfd)aften mit ben ©ängetn bet italienif(^en €ptx untet ©uatbafoni;
butc^ SBaffi, jüt ben bet S)on 3^uan gef(^tieben ift, tetnte et fogat ^Jlo^att fennen.
®. befa| eine fet)t ()übf(^e Xenotftimme , m^alh il^n 2öal§t l^auptfäc^lid) im
beutfct)en ©ingfpiel at§ 3:enotbuffo , tooju et bag meifte Xalent mitbtat^te, be=
fc£)äftigte. gut bie§ garf) etf)ielt et aud^ im^f. 1791 einen Stnttag nadt) Söeimat,
t)ott)et abet fe'^tte et nod) einmal in feine |)eimat^ jutücf, um eine 3)etföt)nung
mit 9)atet unb ^3Jtuttet t)etbeijufü^ten, roa§ i^m aud^ gelang. &. toutbe ]^aupt=
färf)lic^ babutd) befaunt. ba^ et untet @oet^e'§ Leitung öon 1793 — 1817 al§
9tegiffeut (,3Bö(i)net) am .spofttieatet 3U Sßeimat toitfte. 3)te 3}etbienfte, »eIdC)e
et fid^ auf biefcm Soften etmatb, routben öon ©oetl^e unb ©dt)illet fe^t ^oä)
angefd^tagen unb gcfd^ä^t. „^n bie Intentionen beg (Stfteten, beffeii unbebingteg
aSetttauen et befofe unb fic^ unauSgefe^t et^ielt, Ijattc et fid^ fo f)ineingebad)t
unb eingelebt, ba| et getoö^nlicf) ettiet^, toag bet SJteiftet tüollte unb toünfdfite,
nod) el)e fein ^33iunb e§ augfptac^." (2B. &. ©ott^tbi, Söeimatifd^e 2t)eatet=
bilbet aus ®oeti)e'§ geit.) (5). ge'^ötte bem SÖeinuitanet .spoffticatet big ju feinet
^penfionitung am 1. Slptil 1817 an, genau fo lange algföoetl^e felbft. ©t ftatb
am 4. mäx^ 1831.
ßbuatb ©enaft, ^ug bem 2;agebud)e eineg alten ©d^aufpieletg. @. 5pa§=
que, ©oet^e'g 2;t)eatetleitung in SBeimat. i^ütftenau.
^Ctioft: ©buatb gtanj &. , ©o^n be§ üotigen, geb. ju äöeimat am
15. ^uli 1797, etletnte na^ feinem 3tugttitt au§ bet ©ä)ule bag (ionbitot=
Ijanbtoetf unb btadl)te eg in biefem 5Jletiet big pm (^eplfen in bet gtoBl)etäog=
lid^en JpoTconbitotei. g-tül^jeitig enttüidEelte fi(| feine "^übfdje Satitonftimme,
tteg'^alb et Öefanguntettid^t beim ^JJlufübitectot (iatl Sbettoein et^iett, ttjobutdl)
fid^ feine ^}teigung füt Zfjtakx unb 5Jlufi! fteigette. 'Jiad^bem c§ it)m gelungen
mat beg SSatetg äBibettoitten gegen bie S3üt)nenlaufba'^n ju befiegen, bebütitte er
untet (Boef^e'ä fpecieEet Seitung in Söeimat am 23. ^Äptil 1814 al§ Dgmin in
'ÜJloäatt'g „(5.ntfüt)tung aug bem©etail". ^m S 1816 ging et nad) ©tuttgatt,
um nod) @efangguntettidt)t bei ^äfet p nct)men, ttotauf et im folgenben i^al^tc
in S)tegben, bann in cSpannobet, 5^tag unb Seipjig Engagement anna'lim. 1828
big 1829 fül^tte et bie S)itection beg ©tabtf^eatetg in 'iDlagbebutg unb ttat im
5lptil beg leiteten i^aljteg ein lebenglänglidl)eg Engagement am |)oftl)eatct ju
äßeimat an, n)o et 1833 — 51 aud^ bie £)t)etntegie füt)tte. ^m ^. 1860 etfolgte
feine ^enfionitung ; öon bott ab etfd^ien fein 9Zame nut noc^ alg ©aft untet
bem Sitel eineg Etjtenmitgliebeg auf bem Slieatetjettel. 'Jladl)bem et am 17. 9lptil
1864 untet aEgemeinet Sl'lieilna^me fein SOja^tigeg i?ünftletiubiläum gefeiett
:^atte, ftatb et am 3. Sluguft 1866 in SBiegbaben im ^aufe feinet mit bem
©enaft. 561
6om)3omften ^. gtaff bermälC)Uen 2:o(i)tei; 5Dori§. ®. toar ju feiner 3eit fel)r
gefdiä^t aU tüditiger ©änget unb ©c^auf^ieler. Äüftner Beuxt^eitt i^n in feinem
35u(f)e „Sfiücfblicf auf ba§ Seipjiger ©tabttf)eater" fe!^r eingef)enb. @enaft'§ 33ie(=
feitigfeit toar ei-ftQunU(^. 51id^t nur, ba^ er im recitivenben ©(^aufpiele toie in
ber Oper toirfte , leiftete er im Grüften toie im ^omifcfien , in älteren loie in
jugenblidien Ütoßen be§ @c^au= unb ©ingfpiele§, im poetifc^en 2)Tama enblid^
lüie im 6onöerfation§ftü(fc S^or^ügtic^eg. 6ein Oiepertoir in ber Cper umfaßte
fämmtüc^e erfte S5a^= unb ^aritonpartf)ien, toa§ auf einen großen Umfang feiner
©timme f(^lie|en lö^t: er fang ben ^ampa unb aud§ ben ©araftro. Sind) im
©cf)aufpiel trat er in ben bcrfc^iebenften Ütotten ouf; fo fpielte er ben 2BaIIen=
ftein unb ben ^unfer öon 9llp (3eitgeift) , ben @ö^ unb So^Qi-'iö^ *5tt)¥ (i^ic
feinblii^en Srüber) , ben ^önig 5|3|ilipp (£on 6ar(D§) unb ©d^ufter (Sumpaci
3}agabunbu§). ^n ben fpäteren 3^iten feiner S3üf)nent^ätigfeit tüirfte er nur
noii) aU ©c^aufpieler unb Blieb boBei ben S^orBilbern ber fIoffifc£)en Jl^eaterjeit
treu. — 3luc^ al§ ßomponift rourbe @. Befannt, namentlid^ BlieBen feine in
Seipjig unb Weimar aufgeführten Dpern „2>ie ©onnenmänner" unb „2)ie 33er=
rätl^er in ben 5llpen" ni(f)t o'^ne Seifatt. Slu^erbem finb einige Sieber öon i:^m
erfd^ienen, fotoie ein grö^ere§ ©efangsftücE: „Sie le^te ©tunbe be§ öaufe§" öon
©ap^ir, für eine ©ingftimme mit Orc^efter ober ^ianoforte. 2tu(^ ^Jtemoiren
gaB @. l^erau§ unter bem Jitet „3(u§ bem ^^ageBuc^e cine§ alten ©(i)aufpieler§"
(Seipäig 1861 — 66, 4 Steile), öon benen namentüct) bie erften 58änbe intereffante§
3!Jtateriat 3ur ©(i)iIIer=(S)oett)e3eit in 2Seimar entl^alten. 2ll§ gef(i)i($tIi(J)e Cuelte
freiließ bürfen fie ni(f)t o^ne ^ritif Benu^t Werben.
Caroline 6t)riftine 65., geB. S^ö'^ter, feine ©attin, geB. ju Gaffel am
31. Januar 1800 (nidEit, mie getoö^nlict) angegeben toirb, am 20. g^eBr. 1804),
toar bie ältefte Xoiiiter öon SBil^elm S5ö§Icr au§ 5[Rannf)eim , ber , urfprünglid^
^urift , öon ^fflanb beraogen tourbe , \iä} ber Jöü'^nc 3U mibmen unb in t^ran!=
fürt Bis ju feinem frühen 2;obe im i^aä) fein fomif($er unb G^arafterroIIen fi(^
bie ©unft be§ 5puBIifum§ erloarB. 6l|i-iftine (S, erl^telt eine treffliche Gr.siel^ung
unb trat äuetft in ^^ranffurt 1815 al§ ßlaöierfpielerin öffentlid^ auf. S)e§
35atere £ob Beaog fie, 1816 ein Engagement am ftänbifdjen X^eater in ^srag
an^unel^men; 1818 trat fie mittlrer jüngeren ©c^toefter 2ori§ (fpäter bie (Battin
Smit S;eörient'§) in ben S5erbanb be§ bama(§ unter ber Seitung ^üftner'S
ftet)enben ©tabttl^eater§ in Seipjig. S)ort lernte fie @. fennen unb üermä^Ite
\\ä) mit if)m am 14. mai 1820. SBeibe erl^ielten 1829 IeBen§IängIict)e§ @n=
gagemetit am ^oftfieater p Weimar, mo d^riftine, '§o(i) gee"^rt unb gelieBt,
am 15. 5Ipril 1860 ftarB. — Soet^e toor i^r fe^r geioogen unb toie er fie aU
ßünftlerin f(i)ä^te, Betoeift ba§ (Sebic^t, ba§ er i^r am 31. 3Jan. 1822 toibmete:
Jreu tDÜnfcf)' iä) Sir ju Seinem geft
Saö Sefie tüa§ fid) tDÜnfd)en lä^t ;
2)od) toünfc^t' ic^ mit jum Sebenafranse
®id} anjiifc^au'n in Seinem (SIan;^e;
SDic^ felbft m .^anbeln, Söorten, 33IidEen,
SRir unb ben §teunben 3um Sntjüden.
3luc^ i^r ^at Äüftner im „'MidUiä" ic. ein el^renöotteS Senfmal gefegt. 9Im
f)ö(^ften ftanb fie im feinen Suftfpiel, in Stollen toie Sonna Siana, 5Rinna öon
SSarnl^elm k. , ober aud) in foI(i)en Stollen be§ Iraner = unb ©d^aufpiel§ , bie
me^r ^nnigfeit aU Seibenf(f)aft , me'^r ru'^ige innere ^ot)e«t unb 3Bürbe, aU
eine natf) 3lu§en fic^ Sa^n bret^enbe c'peftigfeit unb einen 9Iuftoanb öon ^raft
erf orbern. Sa^in ge'^örten bie gürftin in Glife 3}alberg , bie Königin in S)on
ßorIo§, bie ^rinjeffin in 2affo, 2Balburg, Gorbetta, Tlaxia ©tuart k. ^n
atten biefen Stollen geigte fie eine fo imponirenbe ."po^^it, eine fo 9ld)tung ge=
^tagem. beutfd^e SBtDgTai)l)ie. MII. 36
5ß2 ®^"f ~~ ©eneHi.
Bietenbe SBürbe unb ]o öiel 35ev[tanb unb fyeint)eit, ba^ man biefelben ju ben
öov^ügliciiften Seiftungen biefer 2lvt ääl^len butite. — S)ic iBniftBilber öon ßbuavb
unb ßl^riftine @. befinben ficf) im g^ol^er be§ neuen 2;f)eatei-§ ju ßeip^ig.
gütftenou.
®cnc: Slnbreag @., brudte ju ^agbeburg öon 1566—93. lieber fein
ßeben tft ni(i)t§ nä'^ereg betonnt gctüorben. Sluf feinen S)ru(Itt)ei-fen mirb
lein 5tame öielfarf) öevfd)ieben gefdCineben, benn man finbet: @ene, @ena,
®:§ene k. ©ein er[te§ 33ucf), n)eld)e§ er mit feiner <5'iifma brudEtc, mar: „.^oh.
Garcaei ma'^rtiaffter ©ebraud) be§ l^eitigen 6atec^i§mi, 1566", 8. unb ba§ le^te,
im S. 1593 bei if)m gebrückte äöert: „©d)neiber, Seid)=^^rebigt auf SBolffgang
trafen ju 33arbt) (Semat)lin". 4.
3)gt öeBner, a3udt)brudfer!unft IV. ©. 173. (SJräffe, Se^rbud^ b. Sitte=
rärgefd^ic^te Sb. III 2tbt^. 1 ©. 175. Äeld^nex
C^kllcUi: 23uonaöentur a @., .g)iftDriemnaler, geb. in Serlin 28. ©ept.
1798, t in 3Beimar 13. ^o\). 1868. 6iner alten au§ Italien eingettianberten
Äünftterfamilie angel)i3renb , (5ol)n eine§ mittelmäßigen 5Jlaler§ unb 'Jieffe bc§
Oietgenannten ^Jlrct)itetten ipanS 6l)riftian ®., tl)eilt er mit biefcm bie ©igeufdioft
bur^ eine in febcm ©inne bebcutenbe ^erföntid^leit nod§ mäcf)tigcr auf bio 3eit=
genoffen gemirft ^u t)aben, al§ burcf) feine J^eiftungcn. — ^n biefen gel)ört er
jenem abfoluten ^beali§mu§ an , ber babur(^, baß er ben ^Jlenfdjen öon allen
33ebingungen ber 3eit^ ''Jtationatität , ®efrf)i(^te unb S^rabition loätöft, i{)n ber
©intbnigfeit, bem "intangel an eigentüdier ^nbiüibualität berfaÜen, jebcn S3oben
öerlieren läßt, ba bie (5terblid)cn ja gerabe ba§ ^robutt biefer ^^acto^i^/ feine
abftratte Söefen finb. — S)icfe ?lnfc£)auung, meiere fid) balb an ein felbft 5U=
red)t gemad)tc§ ®ried)en^ ober 9lbmcrtt)um anfd)ließt, balb öon einer ibcalen
^eit träumt, unb nad) ^rt ber ^ntife ©ötter unb 5Jtenfd)en, perfonificirte 5öe=
griffe unb '§iftorifd)e ^erfonen mengt , l)ängt eben mit bem ^beali§mu§ aufö ge=
nauefte jufammen, ber bie äroeite A^älfte be§ toorigen Sal)rf)unbert§ be!^errf(|t.
gr^eugte fie boi^ in S)aöib unb glajmann ganä äl)nlid)e @rfd)einungen , mie in
5Jleng§, 3;l)ormalbfen unb ßanoöa ober 6arften§, biefem abfoluten ä^orbilbc
unfere§ ®. ''}3lan ift belanntlid^ übcreinge!ommen, fie im ©egenfa^ jur naja=
renifd)en be§ Oöerbed unb nationalen be§ 6ornetiu§ bie antififirenbe ju nennen,
eine ißejeidinung , bie aücrbingS nur in fet)r befd)eibenem ^taße auf biefelbe
paßt, ba fie burd)au§ fubjediö, bem ©eift ber 5lntife im @runbe meit meniger
öertoanbt ift al§ bie Ütenaiffance. — ©o ift benn aud) il^r geiftiger 35ater ganj
unb gar nid)t .^omer, fonbern 9louffeau. — ^'i)x Eintreten in ber .Iflunft mar
bie not^menbigc ^^olge ber Uebertreibung be§ malerifd)en 5princip§, meld)e§ bie
©eele be§ Sarof= unb 9tococoftilc§ gewefen unb fid^ im 3opf aufgelebt l)atte,
wie fie nun il)rerfeit§ burd^ bie Uebertragung bc5 ptaftifc^en in bie ^JUlerei nod§
meit mel)r fünbigte, meld)e§ ben eigentti^ formal greifbaren i?ern il)re§ 3Befen§
au§mact)t, mäf)renb ber ^ntjalt, ber in biefe ^-orm gegoffen marb, ein fe'^r öcr=
fct)iebener mar. Sei (SJ. nun ift berfelbe im mefentlid)en eine ''^Irt 55ergötterung
ber eigenen fct)önen ^erfönlid^teit, bie, mie bie @oetl)e'§, burd) beffen Sichtungen,
fidE) burd^ feine ßompofitionen 5iel)t , unb öon i'^m in eine 2lrt ^erfuleS um=
getoanbelt mirb , in alt feinen ^ßilbern balb al§ foldf)er ober Jupiter, balb al§
Dbt)ffeu§ ober al§ „äöüftling" auftritt. — 5ln ber berliner Slfabemie unter bem @in=
fluß feine§ £)l)eim§ gebilbet, ber benfelbcn 6ultu§ ber eigenen ^erfönlidf)!eit
trieb , Welcher für ta§ @nbe be§ öorigen, mie ben 2lnfang be§ je^igen ^a1)x=
■^unbert^ fo be^eidtinenb ift, bann 1820 mit bem (Stipenbium einer preußif d^en
^rinjeffin nad^ 9tom gel^enb, entfaltet er bort unter bem Sinfluffe be§ 6arften§,
ber it)n fd)on in 33erlin burd£)au§ be^errfcE)te, bann ^od^"§ unb 2^ormalbfen'§ al§=
balb biefe 5lrt bon 5lnfd£)auung, bie bei ilim baburdE) einigermaßen gerechtfertigt
©eneEi. 563
cTJcfieint, ba^ bieje 5pei-jönli^!eit eine in jeber 93e3ie'^ung geiftig unb Uxptxlid)
t)od)Begabtc toar. — 91i(i)t§beftotüeniger f)at e§ gerabe bicfer (?.uttu§, ben er mit
ftd) jelber trieb, öer|c£)ulbet, ba^ (S., bem e§ tüeber an ^p^antafte, nod^ an @e=
ttaltung§!raft fe'^lte, um ben I;öct)[ten 3lufga6en ber -^unft getoac^fen ju jein, fo
gut toie gar !eine ©nttoicElung unb 33ertiefung be§ Patents im Saufe ber ^at)xe
äeigt,. in feinen testen 9trl6eiten genau berfetbe erf($eint, ber er in feinen erftcn
ift, f)inter aE feinen Berühmten 3eitgenDffen, 6orneIiu§ unb OöerBei, ÄaulBac^
unb gü^ri(^ , ^PreHer unb ^ä^nd 3urüiibleibt , oBtool er burc^ angeborene 33e=
gabung ben meiften gleic^ftef)t , unb audi öon i'^nen fo gead^tet toirb. ^a ba|
er jene§ grünbli(f)e ©tubium ber Statur, burd^ ba§ fie allein 3U gewinnen, t)er=
f (fimä'^enb , nic^t einmal eine eigent^ümMje f^otmenfpradie erringt , f onbern bie
be§ 6arften§, bie er fid) in frü'^er Sfugenb angeeignet, beibehält, of)ne fie irgenb
ex^tblid) meiter auSjubitben. SBie biefe, ift fie ein ©emifdC) bon 9temini§ccn3en
an bie 2lnti!e, nod) toeit mel^r aber an ^iä)el Stngelo unb bi§n)eilen aui^
ütafaet, mie toir it)n in ber f^arnefina treffen, otjue aber jemals bie (^•ein'^eit be§
©tubiumS biefer 5Jleifter ju geigen, fonbern bietme'^r in nur ^u bieten S)ingen
in eine eintönige 9Jtanier auSartenb. S)enn @. übertreibt no(f) 6arften§ unb
begnügt fict) meift mit bem bloßen (Sontour, öerfdimä^^t jebe§ ernfttiafte «Stubium
ber 5!Jlaterei nict)t nur, bereu S^edjui! er fi(f) niemat§ bemä(i)tigt, fonbern felbft
bex <5(i)atten= unb Sid)tU)ir!ungen, ber (Settiänber k. @r inbiöibuatifirt niemals
feine ^öpfe , bie fidE) auf ein Su^enb immer toieberfel^renber 2;t))3en, bei ben
g-rauen eigentlich auf eine einzige 5Ka§!e befd^ränten, bie in alten möglichen
SSariationen beftänbig toieberte'^rt. — 2Bie fel^r feine Stnfdiauung ber i?unft ftcf)
öom Seben lo§gelöft, jeigt fic^ am beften in feiner 2leu|erung : „ber ^^^ifct) geljört
in§ Söaffer, ber i?ünftler naä) 9flom!" Unb obrool er nur 3e§n i^al^re bort
öertoeilte, fo ift er bod^ mit feiner (Sebantentoelt aud^ tüirttic^ ben ganzen übri=
gen üteft feineg 2eben§ au§fc^lie^lidt) bort geblieben, ba§ feine geiftige ^eimatfi
getoorben. — S)iefer boEftänbigen inneren (Sntfrembung "falber ^at er aud§ in
feiner 9lation niemals 3Soben faffen tonnen, l§at nur auf einzelne Äünftter, mie
^äl^ncl, 9ial)l, ^Berbette, ^rugger u, 31. getoirft, einen eigentlichen ©dtjüler aber
niemals gel)abt. Unb ba§, obmol feine überaus ja'^lreic^en dom^jofitionen inner=
"^alb beS 9ta^menS jener 6infdt)rän!ungen, bie man übertreibenber Semunberung
gegenüber feft^altcn mu^, in ber burd^auS ibealen Söelt, in bie fie unS fü'^ren,
oEerbingS eine güHe bon @dt)önl)eiten, eine gro^e, freie unb eble, einfa(i)e %xi
menfd^lictie ©efd^icfe unb 9}erl)ättniffe, baS Seben überl^aupt auäufeljen enttoidfeln,
bie an bie antife ©implicität gar oft Ijinftreift, toenn aud^ @. niemals naiö,
fonbern im (Begent^eil burc^auS reflectirenb unb bemüht ift. — 2)a er feine
ct)clifc^en Som|)ofttionen unb berü'^mteften ©inäelbilber faft alle in jener frü'^eften
römifd^en Seit fd^uf ober bod§ conci)}irte, in ber ^toeiten größeren Hälfte feineS
SebenS, bie er nad^'^er in 2eip5ig, ^Mncfien, Weimar öerbrac^te, nur Uienig
eigentlidt) 9leueS ^robucirte, fonbern meift baS 3llte nur mieber:^olte , fo fann
man bei 3luf3äl§lung feiner 5lrbeiten nur annä^ernb (fironologifd) öerfaljren.
©eine ©tofffreife fu^te er faft aKe inner'^alb beS .^omer, ber SBibel unb bei
S)ante, bie er aber ganj felbftänbig bel)anbelt, fpeciett bie antue @öttermt)tl)e
um eine 5Jtenge neuer Kombinationen bereidt)ert, Slüegorien aller 5lrt unb enblid^
ein il)m gauj eigentl)ümli(^eS romantifdö bämonifiiieS ©eure fdtiafft. 2llle abei'
toerben genau in berfelben , jeber 2lrt bon ©etoanbung , bie i'^m feiten gelingt,
aus bem SBege gc'^enben, nur baS ^ladCte mit toir!li(|er 33irtuofttät unb gro|=
artigem ©tilgefü^l '^anb'^abenben ßarftenS'fd^en f^ortnenfprad^e be^anbelt. ^\i
ben frü^eften unb fd£)önften antifer 5Jlt)t^e angebörigen jä^lt jene (Sefd£)ic^te beS
®ant)meb, bie anfangs für ben ©peifefaal eineS für Dr. .^ärtel in ßeipjig er=
bauten römifd^en ^aufeS beftimmt mar, unb bie mit U)xtx bem Seben ber 5pft)ct)e
36*
5(54 ®cneQi.
in bfr fyarnefma entnommenen %xi ber ©int^cilung, an ©d^önfieit bev ©vfinbung
unb Otliljttjmif ber ^^inie fel^r tt)o!^l ftd^ neben jenen göttüd^en ßompofitioncn fe'^en
laffen barr. iiHt ber (Jinfd^ränfung fveilid^, bafe un§ Ütafael mit großartiger
Üiüiüität mirfüc^e lebenbigc ^Jlenfd^en, burd)gebilbete 6^ara!tere gibt, n>üt)renb
bie ©eneHi'fc^en , toie alle bloe reflectirte ßunft, immer etroae fi^emcn'^aTte^
bel^alten, unb bie 23}al^tl^cit be§ ^lulbrucfö nur ju oit ber Sd)ön^eit ber ^Ginie,
einer |3laftifd^ too'^tgeTänigen Stellung autgeopiert toirb, fo ba^ feine fyiguren
nod^ mel^r ati bie (Iar[trn§"fd^en ober ^Dtid)el ^;!IngeIo"jc^en po^ren, feiten ganj
bei bem finb , mag fie tl)un. — Unter biefen bie Sünettcn fültenben <£cenen
finbet man bann all .ipauptbilb @encüi felber al§ ^erfules ^ufagetf§ unter einer
^üul^e, bcren Sad^ üon ben üier ^fö^i^cgjeiten getragen mirb, am Otanb einei
Springbrunnen» gete'^nt, ber öor il)m fi^enben Cmp^ale öon feinen 5l^aten t)or=
fingenb. 'Dieben bem gelben ber il)n begeifternbe '4>l)antafus. 2;er Königin
föd^elt 3cP^i}i^ J^it feinen St^mingen ^ü'^lung ju , ^an , ein Sat^r unb 9lmore
umgeben fie. 5(ul bem hinter ber Saube ftel^enben '^aum , um ben fic^ ein
3Beinftocf fc^lingt, lf)at fic^ bie ^Betoo^erin t)cröorgcma(^t, neben ber 'Qaufd^enben
ift i?omu§ in ben ^meigcn. ^lut ber anberen Seite ber 'i^aube, £)mpl)ale gegen=
über fifet '^a(f)U5, bei il^m ein 5lmorin, ^ad^antinnen unb eine ßentaurin, an=
geblic^ ebenfüll» bem ©cfange juliörenb , in 2Bir!tic^fcit aber faft alte fid^ in
fdf)ünen Stellungen berounbern laffenb. S;a| eine foldf)e fünftlic^ combinirte
ßompofitionsmeife, mit toie öiel Salent fie aud^ au§geTül)rt fei, immer erfättenb
mirfen muffe, teud^tct ein, um fo me^r, als bie ^iguven wenig üon jener gött=
lid)en Oiaioität unb ^yi-'iidEie ber Slntife jeigen , fonbern faft fämmtlidt) fe^r mo^l
miffcn, ba^ fie bafi^en, um betrad)tet ju merbcn. — 3nnerl)alb biefer engen
@renje fann man aber an bem '^ol^en Sc^önl^eitögefü'^t, bem t)errli($en rf)t)t^mi=
fd^cn Sinn, meldten ber 5Jtaler jeigt, fidE) um fo mel^r erfreuen, al§ er fid^ fic^t=
lidE) fo in biefe mntt)ifc^ allegoiifd^e 2Belt t)ineingclebt l^at, baB it)i'e Figuren
menig|len§ i'^m toirflid^ lebenbig geworben finb , menn er aud^ toeit entfernt ift,
uns biefe ^üufton aHcmal audf) beibringen ju fönnen. 'Geltere» ift it)m ent=
fd^ieben beffer gelungen bei ber als ^^jjrebelle unter biefem .Ipauptbilb t)inlaufcn=
ben ,porf)3eit be§ ^adiuS mit ber Olriabne, einer (Fompofition öoH fmnDoll übcr=
mütt}iger ©rajie, mie bie präd)tigen @ant)meb=Scenen, obmol aud^ ^ier mic bei
biefer ganjen ctafftciftifc^en Sd^ule nur ju oft ber S(^önl^eit ber ^inie bie
aöalir'^eit be» 5lusbrud§ jum Cpfer gebrad)t mirb. 6., ber fid) in ben legten
15 Sialiren feinet Seben» auf bie Cetmalerei toarf, bie er biif)er faft ganj öer=
nadfilaffigt, !§at biefe Gompofition aud^ für ©raf S($acf auigefül^rt, tuo fie aber
ob feiner lidf)t= unb reijlofen [yäi-'&ung, mie ber ungenügenben •Dlobcllirung l)alber
roeit mcniger wirft als im bloßen ßontour. Unter ben öielen rein aHegorifcEien
(iompofitionen , bie er gemacht, fei l)ier aud) eineS ibeaterOorliangl gebockt,
beffen 3nf)alt burd§ bie 25erfc aulgebrüdt mirb :
„S)er i^eibenfd^aften müile» ^eer bem Sd^ooß ber alten "Dcad^t entflammt,
„S;ie ftiüe Sd^aar ber lugenben Dom Öidt)t geboren, Öii^t umflammt,
„2^er "üiemefis, be§ Or<itut"^ aöalten, ^^x fd^aut fie l)ier in xraumgeftalten",
mae er nun BudiftäblidE) ausführt , bie Ülad^t mit ben Seibenfd^aften unten , iia§i
!^id^t mit ben Jugenben oben, "Diemeft« unb gatum redfits unb linf» fteüt, unb fie
mit anberen Scenen einral)mt. S^aß Silber, beren 3?ebcutung man erft mü^fam
entziffern muß , niemals ben (Jinbi-udE mad^en fönnen , wie fold)e, mo ber 2}or=
gang beim erften 5Btid flar toirb , ift fclbftoerftanblid), inbeß ^at ber Mnftler
burd) bie gefd^idtc ©ruppirung unb ß^arafteriftif feiner meift fdE)ön unb he-
beutenb gcba(^ten Jigui'^n nid^t nur allcl getlian, um un* ben ©ebonfen beutlid^
ju mad^en, fonbern aud§ un§ mit ^ol^er 3ld^tung Dor fold) erhabener 3lnf(^auung
©eneEt. 565
3u erfüllen. 5£)a§ gleichfalls 6ei ©diacf Befinbtid^e ©ernätbe iüirtt freilid^ nodf)
toenigei; als ba§ eben Befd^rieBene burcf) feine trifte i^ärBung. Unmittelbarer
öerftänblid^ unb barum tjadcnber finb bie figurenreid)en ßompofitionen beS
9tanbe§ ber Europa unb bie ©c^lad^t 3toifd)en 33acl)u§ unb ß^furg, beibe aud§
fd)on frül) componirt unb in fpäteren Sa'^ven für <B<i}ad in Del au§gefül)rt.
^ier ift bie toonneboHe |)eiter!eit ber ©cene auf ber einen, ba§ toilbe ©ehJÜ'^l
ber ^ämpfenben auf ber anberen mit großem 2;alent unb au (Beftalten über=
rei(i)er 5pi)antafie auSgefül^rt, obtool aud^ l^ier fofort auffättt, ba^ bie S^iguren
meit öfter pofiren, al§ ha^ mirllic^ unb glaubtoürbig t^un, toaS fie fotten. 3u
feinen fd)önften ©inäelcompofttionen gehören bann ber feine (Sefänge ben Sanb§=
ieuten öortragenbe <^omer unb ber ben 5}litfflat)en ^abtln erjä'^leube 3lefo)3, njo wir
auc^ am l)äufig[ten Söa'^r'^eit be§ 5lu§bru(i§ mit ©c^ön'^eit ber (Sruppirung üer=
einigenbe (Sjeftalten finben. — Unter ben, ber il)m unftreitig am meifteu 3U=
fagenben griec^ifdicn Tlijfi^t entnommenen ©toffen, finb bann aud§ noc^ bie
6t)clen ber 3^lia§ unb £)bl)ffee aufäufü^^ren , bie ebenfalls gro^e ©(f)önl§eiten
Seigen. — SlucE) eine Sln^alit biblif(|er ©ujetS l)at @. be^^anbelt, fo bie bei
<Bä)aä auSgefü'^rte 23ifton be§ Sjedtiiel unb 5lbral§am, bem bie Geburt eines
@ol)neS öerfünbet toirb. |)ier ift bie 3lnlel)nung an ^ic^el Stngelo fe'^r auf=
faltenb. ©inb bie öorgenannten ßompofitionen faft otte in 9tom entftanben,
toeld^eS ber ^ünftler 1831 mit Seipjig t) ertauf d)te , um jene erftbefc^inebenen für
Dr. ^ärtel auSjufü'^ren, fo ge'^ören eine 9tei^e anberer f^jäterer 3eit an, als in
f^olge öon ©treitigfeiten mit ^ärtel, bie iljren legten (Srunb mol im Unber=
mögen beS ÄünftlerS 'Ratten, in ber it)m gänjlidC) fremben ^^•reSco=3^ect)ni! fortäU=
lommen, jene 3lrbeit inS ©totfen geriet"^ unb unauSgefül)rt blieb. &. öertoeilte
nun einige ^alire in ßeipjig unb jog bann, ftetS in 9lotl^ unb ^Irmut"^ lebenb,
toenn aucE) ob feines SlalentS , mie noc^ me'^r ob feiner burc^auS l^armonifcJjen
unb ibealen, c^aralteröoEen 5perfönli(^!eit ^ocf)gea(i)tet, um 1837 nact) ^ünd^en,
tDO eS il)m inbe^ tro^ feineS 9lufeS unb ber eifrigen SSermenbung fo l)od§ftel)en=
ber O^reunbe, toie Cornelius unb Otottmanu, eben fo menig glücfte, ju großen
monumentalen 2lrbeiten ju gelangen, toie fie boc^ öiel toeniger ^Begabten in güKe
3u 2;l)eil tourben. ^a ber i'^m abgeneigte Äönig ßubtoig lie^ bie £)bt)ffee fogar
lieber nad) leic^tfinnigen ©c£)toant'^aler'fd)en ©ü^äen in ber Ütefibenj uod^ fc^mäi^er
auSfül^ren , als fie i^m ju übertragen. ßJ. bearbeitete nun ben S)ante in einer
ütei'^e öon (S^ompofitionen , bie er 1846-50 felber rabirte unb Verausgab.
Unter ben bielen ^ttuftrationen ber göttlid)en ^omöbie nehmen biefe nad^ ttn
ßorneliuS'fcfien fid^erlict) ben erften *$la^ ein. äöeit bebeutenber unb felbftänbiger
finb aber noc^ bie beiben großen romantifd£)en 33ilbercl)clen, baS Seben einer
^eje, 10 23lätter, bann beS nacf; Strt beS Son i^uan aufgefaßten SöüftlingS in
20 ^Blättern, tüo ber ßünftler eine gütte öon großartiger 6rfinbungS!raft,
mand)eS ©elbfterlebte unb äugleic§ ein fo mäct)tigeS bämouifi^eS 2Befen ^eigt,
baß er in biefem faft einzig baftel)t. Unb baS, obtool er feine @eftalten, ob er
nun .^omer, bie 33ibel ober baS ^Jlittelalter barftelte, laum je aud^ nur coftüm=
lid^ öeränbert, immer öor aEem er felbft bleibt, nur feiten bie ©intoirfung ber
i^n umgebenben äßelt jeigt. — @S ift ein öottlommeneS Traumleben, baS er
uns tiorfüt)rt, toie eS nie unb nirgenbS ejiftirte, aber bott l^ol^en, freien unb tief=
finnigen ©eifteS, unberftänblid^ unb ungenießbar für bie 5Jiaffe unb anjie^enb
tro^ feiner ©införmigfeit für ben Kenner, — ob ber burd^auS eigentpmlid^en
unb ungett)ö^nlid§ möd£)tigen lünftlerif d^eu ©ubjectibität, bie fid^ barin auSfpridit.
3lber ©eneüi'S ©eftalt ift unb bleibt in ber Äunftgef(i)id^te ber nur halbfertige
5torfo eines 3ftiefen. 3ulc^t "^at er unS aud^ fein eigenes Seben in einer 9teit)e
üon gompofitionen gefd^ilbert, bie inbeß toeniger toerf^öott finb als feine frül^eren
Strbeiten, menn fie au<S) intereffante ßinblidCe in bie 3lrt gemäl^ren, toie er baS=
56(5 (Senctli - ©engenbad).
fetfie auffaßt unb il)m ect)t lünfttenjd) aEe abfhaften SSegiiffe fi^ joiort jur
tebenbigen @eftalt bexbic£)ten. — ^m 3. 1858 toavb er butc^ ben @ro^l)eTäOQ
nad^ Söeimai* berufen, too ev fid), tote fd)on tange öot^er, faft nur ber 2Bieber=
l^olung feiner S^ugenbarÖeiten wibmete, aber bod) toenigftenS nic£)t me^r mit
^otl^ unb Slrmut^ ju fäm|}fen "^attc, tt)ie in feinem ganzen 5)tanne§aUer, ein
^am^jf, ben er aber mit fo ftoifd^em |)elbenmutt) führte, ba^ er nie bie antife
.^eiterteit unb ©djaffenStuft be§ merftüürbigen ^anne§ ju trüBen üermodjte, bev
an echter ©eetengrö^e feine meiften ^^itgenoffen meit überbot- ^ec^t.
®cncüi: |)an§ S'Eiriftian ©., ^Ird)ite!t, t am 30. 2)ecember 1823 im
5ltter öon 60 3af)rcn, @r i[t me'^r Stijeoretifer unb feine JTenntniffe umfaßten
nid)t attein bie 33ou!unft, fonbern aEe Gebiete ber i?un[t. @r begleitete feinen
lungeren SBruber, ben ^akx 3anu§ ®. (9}ater be§ Suonabentura ®.) nac^ 9toni,
um fid) I)ier al§ ^ünftlrr ^u bollenben. ^urädgele'tirt, ^idt er fid) meift in
^abii^ im ^^intenftein'fd^en .'paufe auf. 9ll§ 3lrd)ite{t lüar er nur ttjenig ffjätig,
bagegen toor fein SBiffen auf bem Gebiete ber 3lttertl^um§toiffenfd)aften um=
faffenb, toie er aud) aEfeitige 23ilbung mit bem feinften ©efc^mad öeieinte. 3luf
bie fünftterif($e 6nttt)idlung feine§ ^fleffen SSuonabentura @. naf)m er ben ent=
fd)iebenften unb glürflid)ften ßinflu^. ©. toar aud) al§ .^unftfd)rift[teEer tt)ätig ;
^eröor^u'^eben ift in biefer ^infid^t feine ©d)rift: „Sbee einer 3lEabemie ber
bitbenben fünfte", Sraunfd^Ujeig 1800. S)ann gab er ba§ 2f)eater ju ?ltl^en,
nad^ 2Ird)iteftur, «Scenerie unb SarflettungSfunft mit Tupfern 1818 ^erau§.
SBeffet^.
©cncrfid): S^o'^ann ®., geb. am 15. 3lug. 1761 ju Äe§marf in Ungarn,
mad)te feine ©tubien am S^ceum ju 5pre|burg unb unter ®ric§bad^, S)öbeiiein,
(Jidi'^orn in i^cna. 5iad)bcm er bon 1788 — 1821 bie ^rofeffur ber ^iftorifd£)en
unb f ^iIofop'§ifd)en SBiffcnfc^aften am 2l)ceum ju ßc§marf befleibet t)atte, tourbe
er al§ erfter ^rofeffor an bie am 25. <Se:ptbr. 1819 gegrünbete |)roteftantifc^=
t^eoIogif(^e ße^ranftatt in äßien für bie ^äd)ex ber j?ird)engefcf)id)te unb be§
Äirc^enre(^t§ berufen, toofelbft er nac^ ^Ujeijätiriger 3Birffam!eit am 18. 3!Jlai
1823 geftorben ift. Sr war einer ber üerbienfttiottften ö[terreid)ifd)en (Sd)u(männer
feiner 3^^*» Ö^d) ad^tungStoert'^ toegen feiner ou§gebreitetcn Äenntniffe, al§
loegen feine§ moralifdjen (J^arafterS. ^. ®. SBenrid^, fein SoEcge an ber Sßiener
eöangeüfdC)=t"^eoIogifdC)en ßei)ran[tatt , befennt bon if)m, nie me'^r ,g)eräen§güte
unb finblic^en ©inn, unb fetten foli^e 3;t)ätigfeit unb fold^en 2lmt§eifer bei fo
öorgerüdtem ^tter gefunben ^u '^aben. 6r entfaltete eine frud)tbare fd^riftftene=
rifct)e St^ätigfeit auf f)i[torif(^em („®efct)ic^te ber öfterreidiifd^en ^lonarc^ie",
8 33be., 1815—17. „Srajan, ein biogra^ifc^e§ ©emälbe" 2 S3be., 1811),
)}äbagogifd§em („^Beiträge ^ur ©dtiutpäbagogif", 1792. „Ueber bie je^ige S3er=
faffung bex proteftantifd)en ©d)ulanftalten in Ungarn", 1803) unb ^3ra!tifd)=
tl^eoKogifc^em („9teben über toict)tige ©egenftänbe ber 9teligion", 1817. „@ufe=
bio§, für greunbe ber gieligion", 2 S3be., 1824) (Sebiet.
Sßurjbad), 33iograpt)ifd^e§ Sej-ifon be§ Äaiferf^umS Defterreid^, Zf)l. 5,
©. 133, too fid^ aud) bie übrige biograp^ifct)c Sitteratur berjcid^net finbet.
©. grau!.
©engeitbnd): %^ampl)\iu§> ®., 2)ic^ter bc§ 16. Mi:^unbert§. ir lebte
in SSafel, n)o er atoifctien 1509 unb 23 bidjtete unb at§ 23ud^bruder eine fel^r
xege 2;t)ätig!eit enttoidelte. Ueber fein ßeben miffen mir tro^ ber äa^lreid^en
©(^riften, bie tüir bon ii)m befi^en, fo gut tüie gar nic£)t§. ©eine ©t^riften
finb äiemlid) mannigfaltiger 5lrt. 3unäd)ft 5Jleifterlicber, bon benen eine§ eine
®efd)i(^te bon fünf ^uben betianbelt, bie ba§ 33ilb 5Jlaria'§ befc£)im|)ften. ^ier
jeigt fid) ®. noc^ al§ eifriger Äaf^otif, mä^renb er fpäter ein ebenfo eifriger
3ln^änger ber Deformation tourbe. ^n einem nnberen ^eifterliebe erjä'fiU er
©engenbacC). 567
ba§ <Bä)dmm]iM , ba§ bi-ei ©ejeEen 1517 in SSerün QU§fü'§rten. 3Iu(^ ^ifto=
i-if(^e ©reigniffe t)at er in nte'fiv öoIfSmä^ig gil^attenen ßiebern baigefteHt.
©0 ben Äricg jwifc^en g^i-anfreidC) unb 35enebig nnb bie ©diladjt Bei SlgnobeEo
(am 14. mai 1509; bgt. ßitiencron, ^iftorifd^e S5olf§üebei- III. 28 ff.), bie
©(^lacfit Bei 3;ei-ouenne (j^ertoan) ätt)i|(i)en 5[RQrimilian I. unb ben gi-'a^äofen
am 22. 3luguft 1513 (ßilienaon III. 100 ff.); inbe^ Beruht Bei letzterem Siebe
bie 5lutoi-f(f)alt ©engenBacE)'^ nur auf SSermuf^ung ; ba§ g(eitf)e gilt Bon bem
Siebe auf bie <S(^ta3)t Bei ^^loöara (bie 9latDerrenf(i)(a(i)t) am 24. 3uni 1513
(ßiliencron III. 92 ff.). (Sin anbereg :f)iftorifii)e§ @ebi(^t „S)er alt g^bguo^"
(1514) enthält eine 9JZat)nung eine§ alten ©(^tDei5er§ an einen jungen, fid^ nidit
auf bie (Streitigfeiten ber f^ürften einjulaffen, unb ift Irbt mit burc^ bie (5c£)tad)t
Bei 5loöara Beranket, in tt)elc£)er 1500 @d)n)ei3er im 5Dienfte öon 5Jiai-imilian
©forja gefaEen toaren. — i^ann Berfa^te (3. eine Slnja^l gereimter unb ^ro=
faifctier 53üd)lein BoHtifd^en unb moralifdien ^n'f)aU§. ^er 3eitgef(^i(i)te get)ört
barunter an „Der toelf(i) i^lu^" (1513), ba§ auf bie italienif(i)en i^uftänbe ju
jener Sät fid^ Be^ie^^t unb bie f^orm be§ ,^artenfBieI§ äur ©inüeibung mä'^lt.
gerner bie „;^iftort) Bon einem ^Pfarrer unb einem @eift unb bem ^urrner",
eine fd^arfe ©atire gegen S'^omaS 5!Jturner, ber bie ^Reformation Befc^mören
toiU , aBer Bon bem ®eifte berfelBen Berfc£)Iungen toirb. 6uttur'f)iftortfc^ am
intereffanteften ift ba§ „Liber vagatorum", eine ©cfiilberung be§ SreiBenS ber
SSettler auf @runb öon SSerpren berfelBen in SSafel. ©el)r BelieBt unb Ber=
Breitet touxbe bie ^rofaauflöfung biefeS 33uc^e§, tt)el($em ein 33er5ei(^ni^ Bon
rof^toälfctien SBörtern BeigegeBen ift. 3n ^rofa öeröffentlid)te @. unter anberm
„S)er S3unbfii)uc£)" (1514), toorin er ben UtfBrung be§ 33unbfd)U(^§ , eine§
SBauernaufftanbe§ im 33rei§gau, er^ä^lt; öorange'^t ein ®ebicf)t at§ Einleitung,
in toelc^em unter 3lniül)rung ^a^treicCjer BiBlif(i)er 33eifBiele @el)orfam gegen
OBrigfeit, Slbel unb (Beiftlic^feit emBfol)len toirb. — 5luc£) l)at @. mehrere
ältere @ebi(^te in erneuerter unb umgearBeitetcr ßieftalt "^erauSgegeBen ; fo ba§
„gieB^ängtin", eine !§üBfcf)e «Sammlung Bon Söeingrü^en unb äBeinfegen, unb
bie anmut^ige Segenbe Äunj .^iftnerS Bon ben Beiben ^afoB§Brübern. — 3lm
Bebeutenbften ift jeboi^ ®. al§ bramatifdier S)i(^ter. ©eine brei g^aftnad§t§=
fBiele finb nic^t Blo§ beS'^alB litterarifi^ tt)i(^tig, toeil er ber ältefte S)rama=
tifer be§ 16. ;3al)r^unbert§ ift, fonbern aud^ megen i'^rer 2:!enben3. ©ie
!önnen red^t eigentlii^ al§ S^enben^ftücfe im Beften ©inne Be^eid^net merben. @r
fteEt barin bie ^uftänbe ber unmittelBaren ©egentoart bar, mit ber 2lBfid£)t
moralifd^en ^u|en baburd^ ^u ftiften. ^n ber Einlage finb bie ©tütle meift
einfa(^ , unb toietool fie Beftimmt toaren , in ber luftigften 3^^^ ^^§ 3a^re§ ge=
fBielt 3U merben, tragen fie bod^ einen bur(f)au§ ernften 6^ara!ter. S)aburd§
unterfd^eiben fie fid^ mefentlic^ bon faft allen gaflna(^t§fBielen jener 3^^^- ^^^
eine bon ben je'^n 3l(tei"n ber Söelt, mürbe ma^rfdfieinlid^ 1515 öon ben ^Bürgern
in 3Safel ^u ^aftnaii)t aujgefül)rt unb in bemfelBen ^ai)xe gebrückt, bann auc§
in ja'^treidien 2)rucfen im 16. unb fogar nodf) im 17. i^a^r^unbert aufgelegt.
S)ie jel^n Berfd§iebenen SeBenealter be§ ^enfd£)en merben barin borgefü^^rt unb
emBfangen, naiiibem jebe§ fein ©Brüd^lein "^ergefagt, Seiiren öon einem @in=
fiebler. S)ag.- ^toeite ift bie (Soud£)matt ber 23afeler, 1516 eBenfatt§ Bon
33a§ler SSürgern gegeBen unb 23afel 1516 gebrückt, aBer nur no(^ ein 5Jtal
(1586) mieber^olt. @§ ift gegen 6"^eBru(^ unb Unfeufdf)l)eit gerid)tet, nid^t
gegen 5Jlurner'§ ©ebidit, fonbern gegen ein anbereS, ba§ bie Unfeufd^l^eit für fünb=
lo§ ertlärt |atte. ßnblid^ ber 5tolll|art, 1517 aufgeführt unb gebrucft, bann
nod§ mel^rfad^ jum jt^eil mit i^nterBolationen aufgelegt, ^ier finb e§ bie Ber=
fdf)iebenen ©täube, toeld£)e (^araÜerifirt toerben, inbem jebem BejeidEinenbe S5erfe
in ben 5Jtunb gelegt tcerben , tüorin er nac^ ber 3ufunft fragt, Vorauf fie
568 ©engtet — ©ennato.
bann bie Betreffcnben Söciffagungcn aU 5lnttt)ort erf)atten. Sine burc^auS
ernfte unb tüd^tige ©efinnung äeidinet atte§ aug, tt)a§ &. gefd^rieben unb t)ei-=
teilet \f)m ein eigentt)ümüc^e§ fsjepräge.
$amp'§Uu§ &., t)emu§gegeben üon Ä. ©oebefe, ^annoöcr 1856.
©cngicr: 3lbam (S. (fpäter, al§ 9iitter be§ 6ibilüei-bienftorben§ ber 6aieri=
fdien Äxone, mam b. @.), fat^olifdier S^eologe, geö. am 26. ©eptbr. 1799
in S3am6erg, f am 1. Slprit 1866 ebenbajelbft. ßr mad^te jeine ©tubien
am ö^mnafium unb Stjceum feiner 5ßaterftabt unb tourbe bort am 19. Dctbr.
1822 3um ^^riefter gemeint. 1824 toufbe er jum ^^proieffor ber !s3ogi! unb ';}le=
UgionSle'^Te an ber neu errichteten Sticeaktaffe ju Sanb§!f)ut ernannt, ging aber,
et)e er biefeg Imt ontrat, mit 6rlaubni| ber 9tegierung nod) ein ^a^r jur
f^ortfe^ung jeiner ©tubien nad) Slübingen; bie bortige tiieologifd^e ö-acuUät
^)romobirte \i)n aud) jum S)octor, 1828 mürbe &. ^rofeffor ber ^irt^engefd^id^te
unb be§ ^ird)enre(i)tg am S^ceum in Bamberg, ^el^rere Berufungen an
Uniberfitäten , lliün(^cn ic , lehnte er a1). 1842 rourbe er 3um S)omcapituIar,
1848 pm 2)ombecan beg Samberger ^Jletrobolitancapitet§ ernannt, ©eine
^Profeffur legte er im gebruar 1849 nieber, mar aber oom Februar 1850
bi§ Februar 1862 hüiioris causa 9tector be§ 8t)ceum§. 1858 ^atte i^ Slönia,
Saiai 11. aum ßräbifd^of bon Bamberg au§er|e'§en; Ö. weigerte fic^ aber, bie
Ernennung an3unet)men, meil er in 9iom eine ^u^ücfmeifung iürd)tete (g^riebrid),
Ö)ejd)id)te be§ bat. (£onciI§ I. 452). — ©diriften: „lieber ba§ 33er§ältni^ ber
S^eologie ^ur ^:pi)iIo|op^ie", 1826. „2)ic i^beale ber 2öiiienfd)ait ober bie
@nct)ftopäbie ber x^eotogie", 1834; me'^irere ?luijä|e in 3eitfd)riiten, namentlid^
in ber Xübinger Stieol. Cuartalfc^r. 1827—35, u. a. „über eine angeblic^ .^u
f)offenbe 3in^iffei-"en3irung be§ ^atl)oliciömu§ unb ^^roteftünti§mu§ in einem
l^ö^eren ©ritten", 1827; „lbl)Dri§men über ba§ Bert)ältni^ ber i?ir(^e jum
©taatc", 1832.
Sögt. SBerner, Wejd). b. fat^. St^eotogie, ©. 565. 9t.
(icnuöro : 9lntonio 'JJtaria be 03., Scgrünber ber äBiencr 0)rabeur=
?lfabemie unb faiferlidier gjtebaitteur, geb. 3U 'Jteapel im ^. .1679, f ju SBien
am 3. Oct. 1744. Sita Äaifer ÄarC VI. ben 2t)ron beftieg, erftattete i^m bie
A^otfammer ben 23eridjt, ba^ ba§ öfterreid^ifd^e ^Dlün,5n)efen auf einer ©tuje [tet)e,
bie meber bem ©taate, noi^ ben ©taatgbürgern pfage, meil in ber 'JtuSprägung
ber ^ün^en feine (S)leid)mäBigfeit einge'fialten loerbe unb fetbft bie Öolbmünjen
in ©dt)rot unb .^orn bifferiren. 2)arau|^in befcf)(o| nun ^arl eine öoüftönbige
9teorganifation be§ ^Mn^mcieng. S)ic ^Jlünjämter ert)ielten burd^meg§ neue
©inrid^tungen unb für ba§ Söiener 9}tünjt)au§ mürben brei befanntc ^DlebaiÜeure
unb ^ünjeifenfdtineiber l^erbeigejogen , meiere bie ^Jtutterftöde für bie currenten
^ünjen .^u liefern 'Ratten, bie ©darneben 9ticf)ter unb 23eder, bann ber 9Zea)3oIi=
taner Ö. 35om 3f- 1725—30 mar er al§ 'i)Jlün3eifenfd^neiber im ^Mnjamte
f^ätig, bann gelang e§ Ü^m, ben ^]!)tonard)en pr Begrünbung einer eigenen @ra=
beuratabemie ju bemegen. S)iefelbe tourbe im S- 1734 eröffnet unb foCte ftetg
bier ©d^üler auSbilben. S)ie erften ©d^üler maren bie ©ebrüber ^Ratt^euS unb
©ebaftian 5Donner. ^atf^eug aber, ber bamatg bereite ein 'DJtebaitteur üon
Sebeutung mar, ücrfdjmä'^te ben Unterricht be§ mälfd^en ^eiftere, unb al§ Ö).
bennocf) naä) 9lblauf Don brei Sia^ren, bie i'^m für bie 2lu§bilbung iebe§ ©d^üter§
3ugefbroct)ene 9iemuneration öon 300 öulben forberte, fam e§ p ©treitigfeiten,
bei meldt)en Öennaro'§ "^abfüd^tige (ScfinnungSart nur 3U beutlid) ju SLage trat.
&. mar el^rgeijig, felbftfüd^tig unb t)abfüd)tig bi§ 3um f)öd^ften ßJrabe, babei
tou^te er burcE) t)interliftige .^anblungen ftet§ fein S^tl ju erreichen. 31I§ Äünftler
berbient @. immert)in Seadf)tung , miemol feine Sll^ätigfeit feine befonber§ l§od^=
ftelienbe mar, unb er mit bem ^J^ebaiEeur S)onner einen Bergleid^ nic^t au§=
®cnoeI» — (Senjerid^. 569
l§ätt. ©ein Söerf Belauft fid) auf ca. 15 9JtebaiEen; bie beften ftnb jene auf ben
f^üeben bon ©panien unb bie auf -^eraeug. S)er .ßünftter leitete 6i§ an fein
6nbe bie öraöeuraf abemie , bo(| Bitbeten fi(f) fämmtlic£)e ©c^üter , nad^bem fte
ba§ 5(Bfotutonum er^tten Bei 2)onner, ber au(^ 1744 bie 5Direction ber @ra=
öeurafabemie übernahm. 6. ^at einen Sinftu^ auf bie Söiener 5JlebaiEeur=
(Schulen ni(i)t ausgeübt.
'üad) ben 3lrd)iüalien he^, |)offammerai-d)it)e§ Bearbeitet. — 2:obtenproto=
fotl ber ©tabt 3Bien. ^abbebo.
(^Clioclö : Slbra^am @. ber jüngere, ^^ür feinen S5ater gilt Slbra'^am
@. ber ältere, geb. 3U ^Inttuerpen, ber 1636—37 al§ freier ^eifter ber 2uca§=
gilbe erfd^eint; ein ©d^üler Bon @ abriet Strand ober ^^rantfen. 5ltan toei^ öon
biefem älteren nic^t einmal, ob er ein bebeutenber ^]31aler toar unb ob 2lrbeiten
öon il^m ert)alten finb. &. ber jüngere, geb. 1640 ^u Slnttoer^en, l^atte at§
erfte Seigrer Satfcreel unb f^iertantS. Sladt) Beenbigter Se^rjeit ging er nac^
5Jari§, too er al§ 2anbfd)after rafd^ Slnerfennung ertoarB. @r arBeitete für
2ouöoi§ unb getoann fid) bie @unft 2e&run'§, ber öon i^m bie lanbfd)aftlid§en
.^intergrünbe feiner 5tteranberfd)la(^ten malen lie^. %üä) öan ber 5Jtcuten Be=
biente fid) feine§ Salent^. 1665, nod^ nid)t 25iäl)rig , tcarb 6). in bie ^arifer
2l!abemie ber fc^önen J^ünfte aufgenommen. Salb barauf fel)rte er nacf) 3lnt=
tt)erpen ^urüii unb toarb 1672 freier 3[Reifter ber Suca§gilbe. ^wti ^dijxt fpätcr
ging er nai^ Italien unb lie^ fiel) für einige ^ai)xt in fRom nieber, too er ben
33einamen 5lrd)imeb£§ erhielt, ^laä) einem nod^maligen 3lufent:§alte in ^ari§
fe'^rte er fobann 1682 in bie ^eimat^ 3urüct, too er nac^ rul)ig frieblicfiem unb
gead^tetem Söirfen 1732 geftorben ift. Sie n^o^ltl^ätigfte ©orge toanbte er bem
p Slntnierpen gegrünbeten .^of^jij für arme 9leifenbe p; ber Sßorftanb Bezeugte
ifjm feine S>an!bar!eit bafür, inbem er feine ^üfte öon bem trefflidt)en S3ilb=
Iraner öan ber S5oort anfertigen lie^. SSei feinem erften 3lufentl)alt in ^ari§
unterrict)tete er feinen SanbSmann ^^^an^ ITliüe ober 5)Uttet in ber 5perj^3ectit)e.
— ©enoers Befte ißilber finb: 5]Hneröa unb bie ^ufen in einer Sanbfd^aft
(in ^InttoerBen) unb eine Sanbfc^aft (in Sraunfc^meig). @r porträtirte aud^,
o^ne fid§ ^^ieiin jebod^ üBer bie ^Mttelmä^igfeit ^u '^eBen; toar audt) Äupfer^
ftec^er. ^^. 2e iötanc giBt fein 2öer! auf 73 giummern an; Sartf(f) fprid^t
groar öon 75, fü^rt aBer nur 73 auf. 5)tariette fdt)reiBt i^m in feinem 2lBe=
cebario fünf ©ticfie öon ßanbfd^aften 3U, bie aBer nid)t öon i§m , fonbern nur
öon S^tiEon nad§ if)m geftoc£)en ftnb. S)ie i^m im 2lbecebario getoibmete
^lotiä ift unöottftänbig unb unrid^tig. UebrigenS ift bie 3af)l feiner ©tid^e
nod§ nid^t mit ©idfier^eit feftgeftettt. ©ein ©rabftid^el ift breit unb leidet, bie
$erfpectiöen finb ba§ befte babei, ba§ übrige ift !att. 3ll§ ^Tcaler öerftanb er
ftdt) öortrefftic^ auf bie Sid^teffecte unb i^rc SBiebergabe. ©ein 6o(orit ift natür=
lid^, feine 3eid^nung öoll SJerftänbni^. ^n ber fe^ler'^aften unb conöentioncHen
gompofition er^ob er ftc^ nidt)t über feine 3eit. ^n ber ^luction ^oet 1760
tourben 4 Silber öon il^m, „S)ie öier ^a^re^äeiten", um 105 fl. öerfauft.
©iret.
©cnftft (61^riftopl§) f. Sreiteimu (S^riftopl) (SJ. ö.), SSb. III. ©. 287.
(^kn)eri(ij, Äönig ber SSanbalen, SSegrünber be§ S5anbatenrei(^e§ in 2lfrifa
(iid)tiger al§ „©eiferte^": öon bem 2öilbgQn§=.^a'^n, „ba§ 3lltert^um liebte e§,
SSenennungen öon ^elbtn ftarfen mut^igen Spieren p entlel^nen" [^ac. @rimm]),
unedt)ter ©o^n be§ 5>anbalenfönig§ ©obegifel, au§ bem -^aufe ber 2l§bingen, ber al§
i5fül)rer feine§ 35olfe§ a. 406 auf bem Quge öon '^^annonien nacf) ©aüien im
.^ampf gegen bie granfen fiel: i^m folgte ein e^eli(^er, aber nod^ nid^t waffen=
reifer ©ol^n ©unt^erid^, für toeld^en ber ältere SBruber @. t]§atfäd£)lid§ ©cl)toert
unb ©cepter führte. (Ueber biefe ^Bereinigung ber toiberftreitenben CueUenberid^tc
570 ©enjerid^.
f. 2)at)n, Könige ber ©ermonen I., 5)^ünd^en 1861, @. 143. 144.). Tcocf) bm=
jälingem öeil^eei-enben Umtieväiel^en in ©aÜien gelang im .g)ei!6ft 409 bei- fc^on
einmal gef(i)eiterte SSevfurf) bei- beiben banbaüfdien 33ölfei-|(i)aften ber 5löbingen
unb ©ilingen, mit il)i-en 2Banb eigen offen, ben Allanen unb einer ®i-u^}pe fuebi=
fi^ei (5d)aai-en, buic^ bie ^^st)i-enäenpäffe in Spanien einjubringen: ba§ 2oo§
tf)eitte ben a§bingif(i)en 35anbalen unb ben (Sueben ^^ufanimen bie ßanbfcfiait
(Salläcia im Dtoibmeften , ben filingifc^en bie füböftli«^ fjieian gienjenbe ^ätica,
ben 'Allanen Sufitanien im ©übtoeften ju: at§ im ^. 416 bie ©itingen, im ^.
418 bie Allanen it)i-en ßönig im Äampf gegen bie SBeftgotl^en öerloren, fc^iloffen
fid^ bfibe 33ölfeif(f)aften ben 21§bingen unter (yunf^ciid) an, toeldiei-, toie feine
5^a(i)io(gei , öon ^a ah ben Jitel „Äönig ber S}anbalen unb Allanen" füf)i-te:
al§ biefer im ^amp] gegen bie ^^ranfen gefallen (427), folgte it)m (^), auf ben
X^ron unb fül^rte ben f(f)on bei Seb^eitcn @unt^ericf)'§ gefaxten ^4>tan au§, mit
feinem 33oIf (Spanien ju öeilaffen unb in bem frudjtbaien römifdjen ^Jioibafrüa eine
neue ^eimat^ ju fud^en: ber faiferlid^e ©tatt^atter Sonifaciuä f)atte bie 3}an=
balen felbft herbeigerufen , \iä) ber bro^^enben 3lbfe^ung unb Seftrafung ju ent=
jie^en, n^eli^e ber meftrömifc^e .^of, angeblid) in Solge einer ^intrigue feineä
^ebenbuf)Ier§ 3K'tiu§, gegen i^n befc^toffcn ^atte: öielleid^t Ijatte (^3. bie 33e=
äiet)ungen ^u S3onifaciu§ angetnüpft al§ ^efef)I§!^aber ber t)anbalifc£)en 'Kaub=
fc^iffe, Weld^e fd^on feit ber 6innal)mc öon ©eöiüa unb Äart^agena (425) bie
SSalearen unb aud) bereite bie iüiften 'JtoibafrifaS f)eimgefud)t l)atten : e§ war
für bie ^ac^tentroirftung ber SJanbalen öon t)öct)fter 33ebcutung, ba| fie fo frü'^
aud^ auf bie S3cl)erifct)ung ber @ee il)r 3(uge rid)teten. S)er SBertrag mit S3oni=
faciuä l)atte ba§ i-ömifdt)e ?lfiifa in brei 2;^eile gegtiebeit: 0). foltte, obätoar
i&i§t)er nid)t ^önig, eine felbftänbige |)eri-fct)aft ei-t)alten. ^JtadE) bem Sobe
@unt^erid)'§ fül^rte nun (^). bie Ueberfiebelung auä: bor ber ßinfc^iffung ber
5tr)ifd)en 50 unb 80000 köpfen fc£)lDanfenb berechneten ^Jienge, manbte ficf) @.
noddmal rafd) in bie aufgegebenen (Si^e jurücE unb fdC)lug bie nadtibrängenben
©ueben, bie alten O^einbe bei ^Jleriba auf§ ^aupt: üjr Äönig eitrant auf ber
g^luc^t in ben ^lutl)en beä 9lna§ (ber Öuabiana). — ^n Slfrifa entfaltete nun
©. aUe .Gräfte feiner großartigen ^erfönlidjfeit : er ift eine ber gemaltigften ©6=
ftalten ber l)elbenreid5en 3fit ber SJöltermanbcrung : nat)c liegt bie 9}ei-gleic^ung
mit bem toeifen Dftgotl^enfonig , bem großen 2t)eobericl) : aber ber teilbe
SSanbale fte'^t i^m gegenüber, toie bem milben Xag bie blutige ^Jlad^t: ein 0)6=
xüd§t belüftet it)n mit bem 3}oitourf be§ 33i-ubei-moi-be§ : er toar lurj öon ö)e=
ftalt, feit einem ©tur^ mit bem )^]cxt>e l)infenb, üerl^alten, mortfarg, abge'^ärtet,
jäliäornig, l^abgierig, liöd^ft gefd^idt, unter bie «dürften unb 33ölfer ben ©amen
ber 3tt'ietrad)t ju ftreuen — ein 3ug, ber an £)bt)in gemal)nt — rafc£)er mit ber
2;t)at fertig, al§ feine (^^einbe mit bem ßntfdjtuß- 5Jtit Slrglift, Sreubrud^ unb
SSerratl) entreißt er ben Stömevn feinet 3ieid^e§ ."pauptftabt, i^'artliago : bie Söätte
ber anberen ©täbte werben meift gefdf)leift, jebc fünftige @rt)ebung unmi3glid^
äu mad)en: o^ne geregelte X^eilung nimmt er fobiel Sanb al§ er braudjt für
ftdf) unb feine SSanbalen ben (5inmo!§nern ah, todä)e ei-fdt)lagen, öertrieben ober,
wenn fie bleiben, öon bem arianifd^en ^errfd)er um i^re§ fatl)olifd)cn 58efennt=
niffe§ mitten graufam Perfolgt werben: Empörungen im eigenen 35olf fd)lögt er
blutig nieber, aEe erreidjbaren j?üften unb ßilanbe be§ 3Jtittelmeer§ toerben ge=
plünbcrt : fliegt fein gefürd^teteg 9taubfct)iff in ©ec, fo bc^eid^net er bem fragenben
©teuermann lein beftimmteg 3iel, fonbern läßt fid) „Pon 2öinb unb Söette ju
foldjen ^Jtenfc^en tragen, benen @ott jürnt" — ein ed^t fagenl)after 3ug — :
wie fein fd)redli(^er Sunbc§genoffe, ber l)unnifd)e 5lttita, auf bem gefttaiiö' ^^^"^
ber Panbalifd^e ©eelönig ein ©d^reden ber 33ölfci, eine ©eißel meeranwo'^nenber
5)lenfd^en. 22ßie ein ©türm braufte feine bemalt über üüe 5kc^barn f)in, ber=
©cnferic^. 571
berfilic^ , ^erftörenb , ni(i)t erf)altenb , unb baö 2Sevf jeineö Seben§ , ba» al6en=
teuei-(i(i)e ?ftetc§ blonber ©etmanen im ^ei^en Sanbe 3lfrifa'§, roax Oon tux^n Sauer.
3unä(^[t mufete 6. fic^ in Sljnfa gegen ben 5Jlann toenben, bet i^n ^erbei ge=
rufen. 33oniTaciu§ !§atte ii(^ mit bem n)e[trömiicf)en öof mieber au§geföf)nt unb
fu(i)te nun juerft auf gütUcfiem 2Sege , bann mit ©etoatt bie gciät)rli(i)en *3}er=
Bünbeten, toeti^e er '^erbei be|c^moren, raieber fort ju fc^affen. ■Jtacf) ^toei t)er=
lorenen ©ci)[aci)ten (a. 430. 431) mu^te er bie 5}}rot)inj ben 3}anbaten über=
laffen unb &. eroberte eine ßanbfii)aft nacE) ber anberen; nur bie brei Stäbtc
Äarti)ago, Jpippo unb ßirta raaren nod^ in ber @ematt ber Dtömer: ein im ^.
435 gef(i)Ioffener g^riebe Beließ ben S}anba(en i^re Eroberungen gegen eine 216=
gäbe unb eib(id)en 9}er3ic^t auf toeitere Sluebreitung. 5lber @. befann ficf) nii^t,
Bei guter Gelegenheit biefen 6ib unb 9}ertrag gu bred)en: mitten im gerieben
nal^m er (Dctober 439) ^art^ago toeg unb bon biefem feften ^unft au§, feiner
neuen ^auptftabt , begann er alebalb mit feinen rafct)en 9taub]d§iffen jene üer=
!§eerenben go^^'t^i^ ^^.ä) allen Äüften bc§ ^JJtitteImeer§, metdie feinen unb ber
S5anbalen 5tamen jum (gdirecfen ber 35ötfer machten. Sm ^. 440 marb ba§
meerbei)errf(^enbe ©iciüen angegriffen, Silt)bäum erobert, ^anormu§ belogert,
barauf llnteritalien bebrot)t, eine oon Stj^anj ju ^ülfe gefanbte g^otte (441)
ri(i)tete ni(^t§ au§ unb 9tom erfaufte burcE) neue ^Ibtretungen in 5lfrifa un=
fidiern ^i^ieben (442). 5lber bie emige ©tabt foltte ben fü|nen 93teerfönig in
ben eigenen ^JJlauern fe^en: bie SJermirrung unb ^artf)eiung, in toeld^e bie {5r=
morbung 9}atentinian§ burc^ beffen Olad^folger i^^arimuä Otom geftürjt §atte,
benü^te 6., angebtid) bon ber (Jubojia, äßittme 5^atentinian§ unb gcjmungenen ©attin
be§ 5Jtörber§ herbeigerufen — er f)atte toenigftenS 445 mit 3}atentinian über
eine 9}erfc§toägerung ber^anbelt — , in ber -^afenftabt ^^Drtu§ mit feiner 5'totte ein=
äulauien unb in ba§ miberftanbslofe 9iom einju^ie^^en. Sanj unbegrünbet ift
bie frül^er l^errfd^enbe unb immer nod) nid)t ganj öerbrängte ^öorftellung, bei
biefer ßetegen^eit fei bie eigentlidie „^erftörung Ütome", b. fj. bor aEem feiner
5pra(f)tgebäube, Sentmöler unb 33ilbfäulen gefi^e^en. Saju Ratten bie 33anbaten
in i^rem furjen 2(ufentf)alt bon 14 xagen tt^eber 3Ibfic^t, noc^ 53httel, no(^
3eit. S)ie 2}anbalen jogcn nad^ ^(ünberung ber ©tobt mit ben faifertid^en
©(^ä^en, barunter ben 2empe(gerätf)en öon ^erufalem unb bieten Gefangenen, bar=
unter (Suboria unb i^re beiben 2ö(i)ter, nact) .ß'art^ago ^urücE: ®. ^atte bie
(5d)ttiäd§e 9tom§ erfannt: er eroberte nun ben 3teft ber^^roDinj Stfrifa unb ber=
toertfiete bie @efangenfcf)aft ber brei ^^^'üuen ber faiferlid)en gi^milie jur (Jin=
mifd^u'ng in bie römifctje IfJoIitif. 9}ergeben5 forberten bereu greilaffung unb
<&(i)onung ber römifd^en Äüften bie <)perrfc^er öon 9iom unb bon ^ti^an^. 23ei
ben neuen S}er^cerungen öon ©icilien unb Unteritalien marb ^toax ber fyül^rer
ber ütotte, ein ©c^mager @enferic^'§, überfallen unb getöbtet, 439, nad)bem
fcf)on im ^. 436 ber gewaltige 3Jtann, xodä^n ti)at]ä.ä)i\<i} ba§ 3lbenblanb
regierte, ber Äaifermadier ütifimer, ein Suebe, bei ^Igrigent ein Sanb^eer ber
SSanbalen gefc^Iagen, aber bie 9taubfa'f)rten bauei-ten fort unb als im ^. 460
Äaifcr 2Rajorian s^ei gro^e g^otten gerüftet lf)atte, um öon (Spanien au§ in
Slfrifa p lanben, fam bem &. juöor, überfiel bie glotten auf ber 9i^ebe öon
Äarf^agena, na'öm einen 2^eil berfelben meg unb erjroang fo ben fyrieben, aber
nur um i^n balb toieber ju bredlien unb abermals ^ai)x um ^a^r ©icilien unb
Italien ^eimjufuclien. S;er oftrömif(^e ßaifer Seo l)atte enblic| ßuboria unb
bereu eine Socfiter ^lacibia um f(^roere§ ßöfegelb frei gefauft, aber bie ätoeite,
@uboria, ^atte &. mit feinem ©o!)ne öunerici) öeimäl)lt unb benü^te biefe 3}er=
fdimägerung mit bem .öaufe S}alentinian§ III. ber '4>otiti^ feinc§ bebeutenbften
geinbe§, 9iifimer§, entgegen ju mirfen: er öermarf ben öon biefem neu erhobenen
^aifer ©eöeru§ unb öerlangte bie oftrömif(i)e Äronc für £lt)briu§, ben Gatten
572 ©enjeric^. „^^
jenet ^tacibia unb ©dötoagcr feinet @ot)ne§ : audj bem öon Olüimer unb ^aifct
ßeo gemeinfam erhobenen 'Jiaiiifotgcr be§ ©eöeruS, Vlnt^emtu§, öerhjeigerte (467)
05. bte 2lnerfennung unb griff bann aud^ bie b^janti.iifc^en j?üften an. ©nblid^,
nad^bem 9tifimer'§ ifolhte ^nftrengungen , bann gemeinfame (Sefanbtfcfiaften
md£)t§ gefxuc^tet, ticibanben ftd) bie beiben ^aif eueict; . ju einer großen combi=
nirten Unterne'^niung ^ur Söerni^tung be§ 9iaub[toat§, it^tcfier nun feit t)ier,^ig
;3a!§ren bie mäd^tigften Ütcidie ber 6rbe ungeftraft auf ba§ graufamfte gejjeinigt
iiattc, Äaifer 2eo betrieb bie 9tüftungen im größten ^JJla^ftab : Stj^an^ bemannte
über taufenb (5d)iffe mit mel^r at§ l^unberttaufenb erlefenen Äriegern: brcijc'^n
Zentner ®olbe§ betrugen bie Soften, ^eine äl^ntid^e 5lrmaba l^at ba§ Dftreid)
fpäter melir aufgebrad)t. S5on brei ©eiten äugleid^ foHte %. angegriffen werben:
S8afili§fu§, be§ i?aiferö ©c^toager, foHte al§ Oberfetbl^err bei Äartl)ago lanben,
ein ätoeiter f^-ü'^rer, ^erofliu§, bei 5S:ri|)oli§ unb ju Sanbe gegen bie bann mit
ben bereinten ^eeren p erobernbe ^auptftabt jie^en, tt)äf)renb bie Söeftrömer
unter 5UarccEinu§, üerftärtt burd) SBtijantiner, bon Satmatien au§ ©arbinien
ben iöanbalen entreißen foHten. S)ie§mal tt)arb e§ ©ruft unb ber 3lnfang be§
Eingriffs gelang. ^larcettinu§ eroberte ©arbinien, iperafliuS bie ©tobte bon
2;ripoli§ unb marf(f)irte auf i?artf)ago, in beffen Dläl^e bei 5ap ^JUrcuriu§, 280
©tabien öftlid} bon ^arf^ago , Safi(i§fu§ bon ©icilien au§ gelanbet mar unb
bereits einige günftige ß)efeci)te geliefert I)atte : am ©tranbe ber S3uct)t, in meld)er
bie ©(^iffe anterten , mar ber 23t)3antincr befeftigte§ !!3agcr gefd)lagcn. (^ro^
tnarb bie (Befatjr. S)a erbat %. eine SBaffenruI)e üon 5 3!agen, meldte it)m
tl^brigerloeife bemittigt mürbe, — man flüftertc aud) öon 9?efte(i)ung ober ä^erratt)
arianifd) gefinnter ^^'f^^erren — , ber ©cefönig roartcte nur auf ^xx^ Eintreffen
günftigen (3Beft=)2Binbe§, rüftete Sranber, bemannte alle feine Ärieg§f(i)iffc unb
überfiel, al§ bie erfe't)nte ^rife einfprang, mol jur ^ladit, mit fylammen unb
©iä)mert bie fdimerfälligen, bid)tgcbrcngten 2;riremen ber 33i)jantiner : tro^ tapferen
2öiber[tanbe§ einselncr gülirer ging bie ftolje 2lrmaba in geuer unb 33lut äu
©runbe: 33afili§!u§ rettete bor bem '^mxi beg .^Taifer§ nur ba§ 9lfl)t ber ©obl)ien=
fird)e unb bie (Vürbitte feiner ©d)tDefter. 'Jtun mu^te aud) .Speraftiu§ fid) mieber
einfd)iffen unb unb ba ^)larcettinu§ auf ©arbinien üon feinem ^itfelbl^errn mar
ermorbet morbcn , ging auc^ biefeS ©ilanb mieber an bie 95anbalen üerloren,
meld)e nun ärger al§ je gubor 7 ^at)re lang bie fd)ul}lofen .lüften beiber 9tei($e
berl)eerten. ßnblid) im S. 475 fd)lo^ ©. mit Sl^^anj ben fogenannten „emigen
^rieben" ; e§ mar ber auSgejeidineten ^erfönlid)feit be§ ©efanbten j?aifer§ 3^^",
bem ^-potriciuä ©eöcrug, gelungen, ben ''JJteerfönig pm 9lbfd)lu| bicfeS 3)ertrag§
äu beftimmen. (S. mar alt gemorben , er berlangte nac^ 9lul)e unb moEte fein
gteid) unter feinem minber fräftigen ^fiad^fotger §unerid) nad) Gräften fidler
ftetten. S)iefer SScrtrag bilbete bie 9ic(^t§grunblage ber 3]erl^ältuiffe jmifdien
35t)3anj unb ^artl^ago bi§ jum Untergang \ii^ 9}anbalenrei(^e§. W\i bem abenb=
länbifc^en ^aifertl)um unter bem ^atriciu§ £)refte§ marb 475 ebenfalls ^^friebc
gefdfiloffen unb al§ balb barauf Dbobafar bie .i^errfct)aft über Italien gemann,
berftänbigte fid^ auc^ mit biefem @. in ®ütc, inbem er i^m gegen ;3al)reStribut
einen großen 2:f)eil bon ©icilien ^urüdEgab. S5on ben ^Jta^regcln @enferid)'§
in ber inneren Sßermaltung ift au^er ber üleorganifation be§ ^eere§ nad^ ber
Sanbung in 3lfrifa unb ben graufamen S3erfolgungen ber fattjolifd^en Äirc£)e
nod£) etma ^u ermäl^nen fein fogenannte§ „Xeftament", ridl)tiger ©rbfolgegefc^,
burc6 toeldieS er ben ©eniorat al§ i^olgeorbnung im ÄönigS'^aufe ber 3l§bingen
einfüfirte : unter alten ©liebern ber S)t)naftie foEte ftet§ o§ne 9{üdftd^t auf ßinie
ober ©rabnä^e ber 23ermanbtfc£)aft ber ältcfte 5Jlann auf ben 2t)ron folgen.
@enferidl)'§ ftaat§männifdl)er 58lid l)atte bie ®efal)ren mol erlannt , melci)e ber
5Rangel fefter golgeorbnung für bie germanifd^en Äönig§gefdf)ledl)ter entl}ielt:
@en5jd)ebel — ©etiBter. 573
jeber el^rgeijige Sßrinj fonnte Bei ber aBfotuten Söal^lfvei^eit be§ 33oIfe§ ben
@rtff nac^ ber -Üxom tttagen unb , fanb er 3ln^ang, ben 33üTgerfrieg entjünben.
(S. lernte ben <Seniorat bei ben 3Jtauren fennen, mit icetc^en er in Ärieg unb
{yriebe in ftetem fSexU^xt ftanb unb toä^lte gerabe biefei '^rincip, weit el mel^r
aU jebeä anbere bie 3?erufung eine§ SBaffenunfäfiigen auf ben 2§ron unb bie
5tot!^ttenbigfeit einer 9iegentf(i)ait au§f(i)tie^t. (B. ftarb im Januar 477. (Sein
5^Qme n)ar nod§ 60 ^aE)re lang ber @tan3 unb ber ge^ürctitete (S(f)itb be§ öon
ii)m gegrünbeten Üteic^es.
Sie Literatur f. bei ©elimer; baju ^ermann ©(fiutje, De testamento
Genserici. ^ena 1859, unb t)icrü6er 2)a^n, in ö. ^öjt'S 5)Mnd)ener Ärit.
3}ierteljat)retc^rift 1860. 2)at)n.
ÜJcn^)d)CbcI: 5?ur(^axb @., S^eriaffer einer toert^üollen Sammlung öon
@^ru(i)gebict)ten au§ bem erften SJiertel be§ 17. ^a'^rl^unbertS. lieber feine
Sebensumftänbe i[t nicfjtö meiter befannt all ba§ menige, mas er jelbft auf bem
xitet feinc§ S5ucf)e§ angibt: ba^ er au§ ©(^meiniurt gebürtig mar ober bod^
bafelbft als ..Ecclesiastes" unb .,Philologus" lebte; bie 9)orrebe feineS 33uc^eg
aber fc^rieb et 1618 in Söarmbrunn bei .öirfc£)berg in S(f)(e[ien. Seine S(i)rift
ift betitelt : „Ethica Cliristiana Rhytlimica. @in c^riftlic^e» fcfiönee Üteimbuc^ . . .
3(u§ bieten guten nü^Iidien S5ü(^ern sufammengetragen . . . S)urc^ M. Burg-
hartium Gensschedelium Suinphordianum Osterofraucum : Ecclesiastem et Phi-
lologum". Sei^^ig 1619. 8. 2Bie er felbft in ber S^ebication bemerft, toaren
bie Cuetten für feine ^pxüä^t unb !Spri($mörter bie St^riften ber Oteformatoren,
ältere ®bru(^bicf)ter , fomie B?fonbera StammBüdier unb er !^ött fie Tern öon
allem 3tnftöBigen , Jto'^en unb (Semeinen , tooburc^ gerabe f o Oiete 3}o(f§Büct)er
feiner 3eit ftc^ '^eroort^un 3u muffen gtauBten. Gin anberroeitige§ 2Berf @en§=
fc^ebefs, beffen er in ber Zueignung be§ genannten als Bereite '^erauSgegeBen
Grtoäl^nung t!^ut unb mo^u ba§ Sefpro(i)ene ben toetttidien x^eil bitben foHe,
finb (SßeHer, SInnalcn II. @. 190): „g^riftüc^e ©ebett in Xeutfi^e Otet)men ge=
fa^t . . ." gret)Berg 1619. 8.
^offmann ö. ^yaüexUehen, ©penben ^ur beutfd^en Sitteraturgef(f)i(^te,
@. 21 — 26, mofelbft aud) 19 ber Ethica Christiana abgebrucEt finb.
S- gl-' an (f.
©cn^Ier: 3fof)ann 3Inbrea§ @. , Ideologe unb ,6iftoriter , geb. am
12. ^ai 1748 ju ^itbburg^aufen, t am 19. ^ai 1831.^ 2;en erften Unter=
ri(^t eiupfing er in feiner 9}aterftabt unb auf bem @t)mnafium ju doBurg,
moran fi(f) bann ba§ gac^ftubium ber x^eologie auf ber Jenaer <g)0(i)fc£)ule
fdfllo^. 1768 teerte er nac^ feinem ©eburtSorte jurücf, um ^ier Bi§ ju feinem
2obe in öerfrf)iebenen Stellungen j^u mirfen; fo u. a. 1777 afs «e^rer be§ 6rb=
bringen gi-^e^i^^'^ Don §itbBurgf)aufen. Um ßirtfie, Schute unb Staat ^at er
fic^ roä£)renb biefer S^^^ mannigfache 3}erbienfte ermorben, befonbers feit i^m
1790 burc^ Ernennung jum ipofbrebiger jugleic^ ber Eintritt in bae Gonfiftorium
eröffnet mar. 1707 mürbe er jum Gonfiftoriatrat^ unb CBer^ofprebiger, 1800
3um gel^eimen Äircfienratt), 1819 jum öeneralfupeiintenbenten beförbert. Gifrigc
iitterarifd^e 2t)ätigfeit out gefc^ic^tticf)em ©ebiet ift e§ aber bor allem, hk 6.
einen bauernben ^^iamen fiebert. Sc£)on Don feiner fiü^eften Stubienjeit an trieb
er neben bem gac^ftubium mit 33or(iebe @ef(^ici)te unb (Beneatogie, unb ^a1)U
reiche StrBeiten feigen, ba^ e§ il^m an 33egabung unb 6ete()rfamfeit in biefer
Oiic^tung feineemegS fehlte. Seine öeiftungen bemegen fit^ befonberS auf bem
©ebiete ber oftfränüfd^en @efc^id§te, unb man barf i^n ba neben jene g(ci(^=
zeitigen i^ox'iä^tx , toie Sd)ulte§, Sprenger, Stumpf u. 31. ftelten, bie bie Gr=
forfc^ung ber @ef(^id)te biefer ^^probinj auf fotiber iiuettenmäBiger ©runblage mit
©rfotg anftrebten. Sein .^auptmerf ift bie „@ef(f)i(^te be§ fränfifd^cn @aue§
574 ®^"^ — (^fnt^s-
©raBfctb", (5cf)teufingen 1802, 2 S5be., \e1)x Breit in ber SMagc unb mitunter
mit etlüaS getoagten genealogifd^en ßomBinationm , im @an3en aber bod) eine
^eute nod) nid)t entwcrt^ete ^^Irbeit. ^Ö^e'firere genealogif($e 3}erjud)e t)aben it)m
SluSaeid^nungen bon Seite auSmärtiger ^-ürftenperfonen eingetragen , toälirenb er
fic^ um bie Äunbe feineS engeren $öaterlanbe§ burd^ eine „Sefdireibung be&
f5ÜTftentt)um§ ^ilbburg^aufen" (5ßb. VII. ber in äöei^enberg l^erauSgefommencn
Sammlung geograpt)., t)iftor. unb ftatift. S^rijten) öerbient mad)te. ©nbüc^
fei noc£) eine fleine ©d)riit ertt)ät)nt: „5£)ie 23anbalen be§ 18. Saf)rf)unbert§ ober
®e|(i)id)te be§ franjöfifiien ßinfall§ in einen Sanbftricf) in granfen". .g)ilbburg=
l^aujen 1796, bcrfa^t al§ ?lufrui pr Unterftü^ung ber öom ®urä)5ug ber
^ran^ofen fd)mer getroffenen SSetoo^ner be§ t)iIbBurg^ufenf($en 9lmte§ Ji'önig§=
Berg i. g. 9}on 9lu§3eicl^nungen, bie @. in 9lner!ennung feiner h)iffenf(i)aftlid)cn
St'Eiätigfeit jutamen, mag noci) genannt merben bie ©rt^eilung ber V^üofop'^ifc^en
S)octortDÜrbc üon Seite ber Uniöerfität Söürjburg in g^olge be§ 2öerte§ über ben
©rabfetbgau, foiuie bie (Ernennung jum correfponbirenben 3!Jlitgtieb ber Slfabemie
ber 3Biffcnfd)aften in ^)Uind)en.
3}gt. eine 16iograpl)if(^e Stijäe über &. na(^ beffen l^intertaffenen auto=
biograpWen papieren im ^Jt. ^Dlefrolog, 9. ^a^^rg. 1831, 1. 2t)l. ©. 432 ff.
mit ^Berjeidini^ feiner fämmtlid)en Schriften. .g)enner.
(Skllt: Suftu§ ober Söffe (3^obocu§) b. @. (®:§enb t), ,Spiftorien= unb
^sorträtmater um 1470. — ®. fd)eint einer ber üorjügtidiften Sd)üler öan
6t)d'§ gemefen ju fein, ber mit biefem jufammen an ber Slnbetuug be§ !i^amme§
in ®ent gearbeitet I)at. 1468 — 74 malte @. an einem auf 9Inregung ^riebrid^ä
t). ^ontefettro, ^eriog§ bon Urbino, au? — tüie Safari angibt: Sub=
fcription befteEten Silbe. '3jer ^er^og fclbft ift auf biefem Silbe bargeftellt,
fotoie ber, mit einer Senbung be§ S(^ad)§ öon ^crfien betraute ©efanbte ^cno.
Sn ben gted)nungen ber „Orronleic^namSbrüberfc^aft" finben mir aber, ba^
biefe 1474 ba§ Silb mit 250 ©olbgulben bejal^lt 1)ahe unb bie Safari'fd)e
Eingabe märe bemnad) unrid)tig. ''Mä) bicfer 3eit ift fein ^Jtame in S^talien
berfd)otlen. 6§ mirb nod^ ein jmeiter ^uftuS b. ®. genannt, ber Schüler be§
fjranj 5tori§ gemefen fein foU, boc^ möd)ten h)ir glauben, ba^ beibe ein unb
berfelbe finb, benn man mei| fo menig bon biefem ^aler, ba| er aud) 3Juftu§
Sneeboet, meld)er 1461 3lettefter ber St. Suca§=@ilbe in (Scnt mar, genannt,
fomie aud^ mit Suftu§ unb S'o'^ann be ^llemana bcrwcdifelt toorben ift. Die
Slrbeiten obigen @ent'§ ^cic^nen fti$ burd^ il)re fc^öne unb breit angelegte 6om=
pofition an§ unb df)ara!teriftifd) finb feine ,^'öp']t unb bie 3eic£)nung ber .^änbe.
S)ie 5leifcl)farbe ift ungemöi)nlid^ gefättigt unb burd)fid)tig. 2)ie i^^m 3ugefdt)rie=
benen 2Berfe finb: „®ie Serfünbigung", ein in ©enua gcmalteg f^reScobilb, ha^
freilid) auc^ bem ;2(uftu§ be 3llemana beigelegt toirb, ba§ Silb ift im Älofter
bon Sta. ^aria bi (lafteHo forgfättig er'^alten; ba§ „5lbenbmal)l" in Urbino
in ber 2lgatl)enfirdl)e. 1763 eyiftirte bon i'^m nod) in ®ent in ber Sacob§!irdE)e
eine „ßreujigung be§ 5petru§" unb eine „6ntl^au^)tung be§ ^kulu§". 5lnbere
Silber f (feinen i|m mit Unredl)t jugefctirieben. Sir et.
d^CHt^C: griebrid) 3öill}elm &., Sc^riftftetter unb Sdjulmann, mürbe
am 28. x^tbx. 1805 p ^Jlagbeburg geboren. Sein Sater, ^o'^ann ©ottfrieb
@. (t 1825), ein in ben fran^öfifdfien 9iebolution§!riegen gefd)ulter SBunbarjt,
l)atte fiel) 1802 mit .^etnrid^ 3!<i)o'f^e'§ ältefter Sdtjtoefter G^riftiane, bermittm.
^audl)er (geb. 1765, f 1837), berl)eirat^et. Son ben beiben biefer 6t)e ent=
ftammenben Sö'^nen enttoidelte ber jüngere ^^riebrid) ©., anfangt im ^aufe unb in
ber S(^ule toenig bead^tet, fpäter im Serfel^re mit anberen Schülern be§ Älofter§ U. S.
f^rauen 3u 53lagbeburg, u. a. ß. üiofenlranä, ß. ^mmermann, ®. Solf (b. fpäter.
6onbertiten=Sd^riftfteEer 6laru§), rafd^er i^erbortretenb, bielfeitige ©aben, bie il)n
©enttje. 575
bon bem 1825 Begonnenen ©tubium ber Xl^eologie in ßaHe mel^r ju belletnfti=
i(f)er ©(^riitftellerei unb Iitterarge|cf)icf)tlicf)en ©tubien fü^i-'ten- ^0(| e^e er am
5. ;3an. 1828 in .öalle bie p^i[ojop'^ifc£)e ©octortoürbc ermarb (,,Diss. de poesi
macaronica"). Iie§ n ben sioman „Son Enrique öon 2;oIebo" f;i827) brurfen.
&xo%t SSeiä^igung für ©prad^en, leichte 3(nfTaJiung, fid)ere§ g^ormgefü^t, bi(^te=
ri|(^e§ 2ln= unb ^lac^empfinben micfen ben bamalä ©cJitrianfenben in bemfelben
@rabe auf bie ^ai)n bee t'itterar^iftoriferS unb Ueberfe^erS, toie i'^n leicht ein=
tretenbe 3Befangent)eit beftimmte, ber .ffan^el ^u entfagen unb aud) ben %ylan,
iid) aU S;ocent ^u ^bilitiren, aufjugeben. @r ergriff ba§ ©c^utfad^ unb trat
£ftern 1829 al§ "^^robanbuS am ^^äbagogium U. 2. grauen in 9JI. ein. 9ta(^=
bem er fid^ bort im ^erbft 1830 mit Henriette Ütofenfran^ (t 7. '^lai 1877),
ber einzigen ©(^mefter be§ ^f)itofop^en Äarl ^ofenfranj, öer^eirat^et {)atte,
folgte er einem 9iufe an ba§ @i)mnafium 3u 6i§Ieben, an toeldiem er bi§ .ju
feinem 2;obe mirfte. — SeIIetriftifd)e 2lrbeiten '„S)on fyernanbo öon Solebo",
S)oppeInoöeIIe, 1829. — „@raf ©unbotf", 9toman, 1831. — „Sonnette unb
gtegien" öom 3}erfaffer be§ „S;on (Snrique", 1833) traten baih gan^ in ben
^intergrunb gegen Iitterargefc£)id)t(ici)e Unterfucf)ungen unb Ueberfe^ungen : „S)er
ät)tiop5 be§ guripibee. Ülebft äftf). 2lb^. üb. b. @atl|rfpiel", 1828. - „5}erfud)
üb. b. ßpigramm", illagbeb. 1829 C^rogr.) — ®ef(^. b. macaronifc^en $oefic
unb Samml. if)rer öorjügtid^ften S)enfmate, 1829 (2. 21. 1832). — 3}irgir§
belogen. ^Jlit eint, über S5irgir§ Seben unb gorttcben al§ S)i(i)ter unb 3au=
berer", 1830 (2. 21. 1855). — „ßanbbuc^ ber &e]ä)iä)U ber abenblänb. 8ittera=
turen u. ©pradien". 1. %i)l 1832 (ital. ^;^rofa); 2. 2^1. 1834 (ital. Sicf)ter) ;
8. %^l 1834 (frana. ^^rofa), (mel^r nic^t erf^ienen). — „guciiö' t)eroif(^=!omi=
fd)e§ ©ebicfit „ber 5Jlüc£enfrieg" mit 3}arianten u. ginl.", 1883. — „De im-
postura religionum". 2;ertrecenf. mit litterar^ift. öinL, 1833. — ^^Jlaria be
3at)a'§ gioüellen, überf. tjom ©erfaffer be§ S)on gnriciue", 1833. _— - „©ee=2lne=
monen. ^toöellcn eines Unbefannten, f)erau§gegeben bom 3}erfaffer bei £on
gnrique", 1886. — „2lnberfon'§ Umriffe einer Steife öon ^opent)agen nad) bem
^arje, ber fä(^ftfd§en ©(fimeij unb über Serün jurüd. 2(u§ bem S)änifc^cn
überfe^t öom 3}erfaffer ber See=2hiemonen unb "herausgegeben öon ^. 2B. &.",
1836. — „Xempel freier @otte§öere^rung. Betrachtungen ber S)ic£)ter unb
£en!er über Sott, Statur unb ^llcnfc^enleben", 1837. — ©aätoifc^en ^tte @.
einige unbebeutenbe päbagogifc^e 8(^riften öeröffentlicfit: „Einleitung jum Ueber=
fe^en in bas Soteinifc^e unb ®eutf(i)e für 2lnfänger", 1831. — „S)ie ricf)tige
fran^öfifctie StuSfprac^e md) Suöiöier", 1835. — „^anbtoDrterbu($ beutfdE)er
©t)nont)me", 1835 (2. 21. 1838). — ,.L"art poetique de Boileau-Despreaux
avec des eclaircissements litteraires^', 1839. — „S)a§ breu^if(i)e '3tegenten'§au§",
1889 (2. 31. 1840). — Seine eigentliche fc^riftftetleiif^e X^ätigfeit fc^loB ah
mit einer größeren 2lrbeit über Sutlier'e Seben, 1841. 4., unb ber Verausgabe
unb ßrflärung öon Seofito gotei^go's ^loscaea ober ^Mcfenfrieg, 1846 unb brei
5öänben „S^eutfc^e S)ic^tungen be§ 5]litte(alter§ in öoUftänbiger 2lu§gabe unb
Bearbeitung", 1841—46. — Seitbem öeröffentlid)te er au^er einem Banbe „®r=
innerungen an Slf^otU" (1850, unb einer „Unterfucf)ung über bie ßöangelien
unb Söunber ber Jungfrau ^Jlaria" (1852) nur norf) Äleinigfeilen. — 5)a§
3erreiBen ber gefeEfd)aftli(^en i?reife feit 184S, amtlic£)er BerbruB, manches Seib
in ber g-ani^lie/ i^aju Seifüge Bereinf amung , läl^mten feine bi» ba'^in neben
gemiffen:§aftefter 2lmt§fü^rung fo rege I^ätigfeit. — gr ftarb al§ jtoeiter Dber=
tefirer beö ©timnafiumi am 9. 2lbrit 1866, langfam öer^ungert in f^olge eine§
2Jlagengef^müTe§, nac^bem er mit p^ilofop^ifc^em @leid^mutt)e fein Seiben über
brei 2Jtonate ertragen unb felbft beoba(i)tet :§atte. ^ermann ©entiie.
576 ©entili?.
ÖJcntiliÖ: ©cipio ©., ^urtft, geB. 1563 ju GafteEo @an--®enefto in ber
9Jlarf Stncona, iüngfter (Sotin be§ 3h-h)te§ 9JtottlC)aeu§ ©., folgte, faum bem
^naftennlter enttDad)|en, feinem 3}atet unb feinem älteften 33ruber S(I6ertcu§, alö
biefe if)x 5Satertanb öcvlie^en, um unbef)inbert bem eöangelifd^en Sefcnntnift
leöen ju fönnen. ^n ^rain fanb ber 5ßatev für längere 3fit eine geficEierte
(SteEung. ^Ibericu§ (B., ber bereits 1572 in Perugia jum Doctor juris ;)ro=
moöirt \oax unb ein ricf)terli(i)e§ 3lmt Öefteibet l^atte , jog nad) (Snglanb, wo er
al§ ^rofeffor ju Drforb feinen 9tu^m auf bem (Sebiete be» öffentlichen 9le(i)t§
erwarb, ©ci^io &. mad)tc feine ©tubien in Tübingen unb SSittenberg, Wo i^n
1586 fein 33ruber au§ (ängtanb befuc^te. 9U§ ber 35ater nac^ ©nglanb über=
ftebelte, be^og @. bie Uniöerfität 2et)ben, um unter ^. 2ipfiu§ feine pf)iIologi=
f(^en unb unter .§. S)onettu§ feine juriftifd^en ©tubien fort^ufe^en. S)a aber
S)onettu§ 1587 feiner ^^rofeffur entfe^t würbe, ging &. nad) ^eibelberg, wo
bamalS ^ipp. a ßottibuS unb 3fuliu§ 5paciu§ a ^geriga bie 9ted)te tetjrtcn. @.
öerfud)te fid) '^ier. Wie e§ fd)eint, mit ßrfolg aU SDocent unb e§ eröffnete fid)
il^m bie 2lu§fid)t auf eine ^Infteüung al§ ^rofeffor ber ^nftitutionen. ^^xc
33ereitelung fd^eint @. ber ^ntrigue be§ 5paciu§ jugefd^riebcn ^u l^aben. 3In=
geblic^e S)ro^ungen, bie ®. au§geftoBcn unb beteibigenbc 'Jteu^erungen, welche in
einem an .^. a 6oIlibu§ gerichteten (Bebi(^t (^eibelberg 1589. 4'') gegen '^Naciuä
entl^atten fein foEten, üeranla|ten biefen, ®. beim afabemifc^en ©enat an5U=
flagen. 5£)a§ Öebid^t warb conftScirt unb ®. mufete berfpredien , wät)renb
fd)webenben ^roceffc§ bie ©tabt nic^t ju bertaffen. S)emungead)tet ging &.,
inbem er jur ^ro^'tfe^ung be§ ';j5roceffe§ einen t).srocurator bcftcllte, feinem üoil^er
gefaxten ""^ylan gemä| nad^ 33afet. (vr fanb t)ier i^ranj .söotomanuS, ber fd^on
burd) ^Utifegefdöid unb i^ranf^eit gebeugt, fid^ nod^ in feinem Ictjtcn l'ebenSjafire
an bem Talente bei jungen ©elel^rten erfreute unb it)m bie gtäujenbfte 3u^unft
öer^ie^. 5lm 16. 3lprU 1589 Warb &. unter 23afiliu§ 'Jlmerbad)'i S)ecanat
3um Doctor juris promoüirt. @r fet)rte nodE) einmal auf fur,ie 3eit nad^ Jpeibel=
berg jurüd, blieb bann ben Söinter in 33afel, unternatim mef)rere Steifen in (S5e=
fd^äften bc§ englifdlien Ö5efanbten unb lam im g^rü^jal^r 1590 al§ 33egleiter
einei trafen öon Drttenburg nad§ 'Jiürnberg unb 3lltorf. i^ier fanb er feinen
alten 2et)rer S)onetlu§ wieber, ju bem er in bie öertrautefte SSejie'liung trat.
6r übernafim interimiftifd) bie öacant geworbene S5orlefung ber Sfnftitutionen
unb bie ©(^olard£)en waren auf S)oneEu§' (5mpfef)lung geneigt, itim bie burdl)
(Sipl)aniu§ 5lbgang crlebigte ^rofeffur ber 5)}anbecten ju übertragen, al§ war=
nenbe unb befcf)Werenbe ©d)reiben öom ^eibclbergcr ©enat unb öon "it-^aciui ein=
liefen. 2)er $roce^ nämlicf) t)atte unter bem eifrigen ^Betreiben be§ lotteren tro^
ber Sefd^Werbefc^riften , Welche ®. an ben .^urfürften gericl)tet, unb gütlictier
9}erfud)c in contumaoium feinen Fortgang genommen unb ^u einer (Sntfd^eibung
ber ^33iarburger ^uriftenfacultät gefüljrt , welcl)e über @. bie Stelegation au§=
fprad), ein ©rfolg, ben ^|saciu§ f(^teunigft nadl) ^:)lürnberg metbete. @. ap|3el=
lirte bagegen on ben Äurfürften, ber bie bieten einfenben unb in ber ßanjtei
begraben lie^. 2;ie ©d^olard)en aber fanben, nad£)bem fie fid^ genauer über ben
Hergang informirt :^atten, fein Sebenfen, ©., beffen ^öortefungen fid^ bei größten
^eifalli erfreuten, befinitiö anaufteHen. ^'^m Würbe bie 5ßrofeffur ber 5nftitu=
tionen, bann ber ^ponbeften unb nad^bem ©oneüui' ^^ad^folger, 5ß. SöefenbecE
1598 3lltorf Wieber öeiiaffen :§atte, bie erfte ^profeffur in ber juriftifdlien ^acul=
tat, fowie ha^ 2lmt einei (Jonfulenten bei 9iürnberger 9tatl)i übertragen. (5r
blieb in biefen ©teüungen bii ^u feinem 2;obe. Unter ben 3a§lreid)en SSe=
rufungen, bie er ablegte, ift bemerfeniwerf^ bai ^Bemü'lien ^:papft Slemeni V.,
i^n, unter 3nfid^erung üoEftänbiger aieligionifrei'^eit, für 33ologna 3U gewinnen.
@. , Weld^er me:^rmati bai Slectorat ber Uniöerfität befleibete, übte burd) bie
(*5en^. 577
geiftüolle ^n|(^e feiner ^erfönlidifeit in ungelDöf)nlicf)em ©rabe 3ln3iet)ung§!rait
unb ßinflu^ auf bie ©tubenten au§. ^Dagegen ]tf)iie e§ au(^ in 5lItori nidEjt
an ßonflicten mit ßoHegen, toie bem ^iJJ^ifofop'fien unb 5!Jiebiciner 2:aureIIu§;
unb tPteber^lt entf)alten bie SIcten ben 35oitt)urf, ba| @. ein Iei(f)tTei-tige§ SeBen
fü^re unb \\ä) in ber 2;runfenl§eit gtobe ßjceffe ju ©(^utben fommen laffe.
^nbe§ Wax bie S^xt getoo^nt, folc^e S)inge je^r nad)[i(^tig ju Beutt^eiten;
©entilig' 2lnfe!§en beim 9tat^e in ^lürnBerg unb auf ber Untüer[ität erlitt feine
5Rtnberung. @rft in feinem 49. SebenSjal^re öerl)eiratl^ete er fid^ mit ^Qgba=
lena , be§ reichen ßäfar ßolanbrini qu§ Succa , ber at§ «^auj^err in 91ürnBerg
lebte, gelehrter Slocfiter. 3^^^ Äinber gingen au§ biefer Qf)t l^eröor, bie id)on
nad) 4 Satiren fein %oh löfte. @. ftarb am 7. 2(ug. 1616. S)ie Seic^enrebe,
toeliiie if)m fein College ^Dt. ^JJiccart l)ielt, ift bie, ni(f)t gan^ correcte, ©runbtage
ber fpäteren SSiograp'^ien. 6r marb an ber ©eite feine§ großen Sel^rerg unb
f^reunbeS ^ugo S)oneIIu§ Beftattet. ®a§ innige SSer'^ättniB , in melc^em er mit
biefem (f 4. ^ai 1591) nocf) ein ^a^x lang gelebt l^atte, entfiielt für i!^n bie
Slufforberung , beffen ^interkffene ©d^riften I)erau§pgeben. 3!Jtit ber ^bition
be§ faft öoHenbeten britten S5anbe§ ber „Commentarii juris civ.", l^attc il^n ber
S5erftorbene felbft beauftragt; bie beiben folgenben 33änbe ftetttc er aus '£onettu§'
S}orarbeiten mit @inft(i)t unb @efdt)icf (1595 — 97) jufammen; 2)oneIIu§ Opuscula
posthuma, ein fleiner Dctaöbanb, erfc£)ienen „ex bibliotheca Sc. Gentilis", 1604.
^n feinen 2}orieben unb ßrgäuäungen befunbet er ba§ öoHe 35erftänbni^ ber
ft)ftematifcf)en ©ebanfen S)oneIt^§; er fetbft aber, ebenfo fe^r $t)iIoIoge al§
^urift , ]§at bie ^uriSiprubeuj öor^uggujeife in ber p^tloIogifc^^antic|uarif{^en
9ii(^tung angebaut, toie namentliii) feine am meiften öerbreiteten SBerfe „Par-
ergorum ad Pandectas libri IL" unb „Originum liber singularis", 1588.
1664. 8^^., (Dtto, Thesaurus, Ed. 2. Vol. 4. p. 1269 s.) geigen. 9iei(^c§
SCßiffen , feine§ Urtl^eil unb gef(^macEöoIIe 5Dar[teHung finb i^m eigen. Sine
Sammlung feiner 3a!^lrei(i)en pl)tlologif(^en, juiiftifdien, t^eologifclien unb ^oeti=
fc^en ©(^liften, ju toelcl)er ©enfenberg, 33ceermann unb 3eibler Seiträge lieferten,
erfdiien Neapel. 1763—69, 8 SSbe. 4^ ©ie ift inbe^ nid^t öoEftänbig, »ie
bie 3}etäei(^niffe bei ^^^bler, SBitt unb Sugler ergeben.
S5gl. Piccarti laudat. funebris Sc. Gentilis. Slltorf 1617. 4*^. ^Bitten,
Memoriae Juriscons. ©. 25, QexhUx, Vitae Jctor. Altorfin. I. 105, III.
148. Sugler VI. 146. SBill = 5ftopitf (^ , Mrnberg. @ele^rten=ÖeE. I. 522.
V. 398. ©tin^tng, ^. S)oneItu§ ©• 40, 44 f. 63. 69. (5tin|tng.
®Cll$: 5i"^ebri(^ ö. &., tourbe im ^. 1764 (am 8. (5e|)tbr. nac^ ben
eingaben feiner ^-amilie, am 2. 5}lai feinen eigenen 3luf3ei(i)nungen 3u golge)
in 33re§lau geboren, ber ©o'^n eine§ :pteu§ifd)en 5)lün5beamten unb einer ge=
borenen 9lncitlon aus SSerlin. 2Beber auf ber ©c^ule feiner S5aterftabt, nod^
auf bem ^oac^imgf^aler (St)mnafium in Serlin, mol)in fein Spater al§ ■'Dtüngbirector
öerfe^t toorben mar, öerrietl) ber .^nabe bebeutenbe Ö)cifte§anlagen; erft fpät ent=
micEelten firf) jene Talente, roeldie bem DJlarwe in ber ^olge eine !^erüorragenbe
©tellung öerfiliafften. S)er unbebeutenbe ©tubent reifte toä^renb feine§ ^^ufent=
^altee in Königsberg , ttio er feine juriftifcfien ©tubien Dottenbete , p einem ge=
manbten unb geiftOoEen 5]^anne. 2Bie öiel baju bie Kant'f(^e ^^sl)i(ofop^ie bei=
trug, lü^t fid) nic£)t genau feftfteHen; gemi^ ift nur, ba| ber gro^e i?önig§berger
2)enfer ben Jüngling mäi^tig aufrüttelte unb anregte, jebocl) mel)r auf bie
Silbung be§ @eifte§ al§ auf ben ß^arafter feineg ©c£)ülerg öon tiefgreifenbem
ßinfluffe mar. ']Jlit bem tategorifcfien ^mperatiö ftanb @. 3t'it feine§ Seben§
auf gefpanntem gu^e unb feine ganje ^^aturanlage mact)te il)n gu einem ^füngei-*
©pifurä geeigneter. S)ie Steige ber ©egentoart, ben @enu| be§ Seben auSgufoftcn,
Stllgem. beutfcfje SBtoflvaJj'tiie. VIII. 37
578 ®«n^-
toar unb Blieb il^m |)QUptätr)ect, ofigletrf) er aud) eblen ^tntoanblungen fid§ nict)t
unjugäugüd) jeigtc unb ber Söfung großer 9tuigaben feine ^raft 5Utt)Qnbte.
^m ^. 1785 nad) Serün äuxürfgele'^rt, trat er in ben ©taatSbienft, tüurbe öon
©ciiulenburg qI§ gel^eimcr ©ecrctär bei bem fönigüdien ©eneralbirectorium an=
gefteEt unb ftieg balb jum Ärieg§rat!^ empor. 5Die preu^ifc^e Siefibenj !onnte
jür einen 5Jtenfd)en öon ber ^laturanlage üon @. nur öerberblid) njerben.
S)a§ fittenloje unb Oerberbte Seben in ben tonangebenben ßtaffen ber ®efettfd)aft
füfirte i!)n in eine ©enu^toelt ein , bereu ^^rreuben er bi§ auf bie .Spefe foftete
unb bie für bie ganje ßnttoicflung feineg 6'§ara!ter§ ber'^ängnilöott werben fottte.
Sßie er felbft jagt, jat) er ftd) feinen eigenen ©cEirtiadi^eiten unb Seibenfd)aiten,
ben glül^enben 5)5l)antomen feineg unru^^igen ^opte§, ben 2;i^or^eiten feiner @e=
feEfdiaften, bem 5Drange unb ©eräufcf) ber SBelt übcrtaffen. ®ie g-reubcn ber
Xafel unb be§ 23ec^er§, ber Umgang mit gi'Quen fd^memmeu alle SJorfä^e fid)
bem finnlic£)en Taumel ju entroinben t)inn)eg, bie ^.Jlnflüge bc§ .^ant'fc£)en Üligo=
ri§mu§, n)oöon angefiaud^t, er öon Königsberg l^eimgefe'^rt tt)ar, berbuften um
fo met)r, ba aud^ bie perfbntic^cn SSe^iefiungen, toeld^e er mäf)renb feiner ©tubien=
äeit mit ßlifabef^ @raun angefnüpft, ficf) löften. ©ine .^ranf^eit bringt it)n
jur 33efinnung; genötl^igt, ba§ 3intmer 3U t)üten, befdiäftigt er fi(^ mit ben
äöiffenfd^aften unb lernt mit befonberem ßifer fran^öfifd) unb englifd), toeld^e
©prad)en er fid) in einem für bie bamatige :^dt feltenen 5Jla^e ju eigen
mad^te unb woburd) er fid) bie 5JiDglid)feit eröffnete, in biptomatifd)en j?reifen
eine t)eröorragenbe ©tettung ein]unet)men. SDie fran5öfifd)c 3teöoIution rüttelte
\i)n au§ feinem ©inneSleben empor. S)ie gro^e politifd)e 53en)egung erfd^ien it)m
ber erfte pra!tifd)e Sriumpt) ber 5pt)ilofop'^ie, ba§ erfte Seifpiel einer 9iegierung§=
form , bie auf ^^rincipien unb ein 3ufamment)ängenbe§ ©l)ftem begrünbet mirb.
S)ur(^ bie ©reigniffe im Söeften @uropa§ angeregt , entftanb auc^ fein erfter
fd)riftftetterifd)er 35erfud) „Ueber ben Urfprung unb bie oberften ^^rincipien be§
9ied)t§", metd)er im 5IpriI 1791 in ber 33iefter = ©ebite'fc^en ^Jlonat§fd)rift er=
fc^icn. 9iod) öon G5runbfä^en erfüllt,, bie er in ber ©d^ule Äant'S eingefogen
i)atte, wirb er pm 5lpologeten ber franjöfifdien 9teöolution, bereu ent^ufiaftifd)er
^In'^änger er blieb , bi§ bie 3lu§fd§reitungen berfelben il^u belel^rten , ba^ bie
9)ertt)irflid)uug feiner i5"i-'ei^eit§ibealc nid)t 3u erloartcn fei. 3lu§ einem begci=
fterten 2lnt)ängcr mürbe ein eutfd)iebener (Begner ber großen SBemegung unb ein
greunb unb ä}ertl)eibiger ber englifd)en @inrid)tungen. S)a§ SBerf 33urfe^§, „Se-
trad)tungen über bie fran3öfifd)e 9tcöülution", melc^e§ er überfe^te unb mit 9ln=
mertungen unb größeren 3ufät;en öerfal) , l^at an biefem 'ülnfid)t»toed)fel l)eröor=
ragenben 2lntl)eil. S)ie Ueberfc^ung ift ein 5)leifterftüd unb öcrräf^ ben fünftigen
5Jleifter be§ ©til§; bie ja'^lreic^en 3inmerfungen ünb bie fünf beigefügten 5lb=
l)anblungen betunbcn gro^e SBelefen'^eit unb eine genaue Äenntni^ ber englifd)en
@efd)i(^te. S)iefe 5lrbeit machte ®. alg geiftöotten (5d)riftftelter in toeiteren
Greifen befannt, aud) an 3lngriffen fel)lte e§ nid)t, bie i^n al§ ©ölbling ber
©emalt barftettten. @in ^ai)X barauf erfd)ien bie Ueberfel^ung be§ SBerfeS öon
haltet bu $an: „Ueber bie fran3öfifd)e 9tet)olution unb bie Urfad)en il)rer
S)a)ier" (1794), gleid)fatt§ mit gufä^en, 5lnmerfungen unb SSortoort. äJon bem
gleid)faü§ überfe^ten äßerlc '';)Jlonnier'§ „(Erörterungen über bie Urfac^en, warum
bie 9iebolution nic^t äur ^^'i'ei^eit gefü^^rt f)aW' , erfd)ienen im ^. 1795 nur jtuei
X^eile be§ öierbänbigen Originalmerfeg, mit ^a^lrei^en 3lnmerfungen unb 3ufä^en
Derfel^en. ®. tourbe burd) biefe 5lrbeit aum Stubium ber gefc§i(^tli(^en Urfac|en
ber Umwälzung angeregt unb trug fid) auä) mit bem ^lane, eine öoUftänbige
®efd)ic£)te ber franäöfifd)en 23erfaffuug 3U liefern, ©leii^seitig war ®. aud^
publiciftifd) öielfad) t^ätig. Sine ^Ibljanblung ,^ant'§ im ©eptemberlieft 1793
ber 33crliner gjionat§fd)rift „Ueber ba§ SJert)ältniB 3wifc^en S^corie unb ^:prai-i§"
&mk. 579
öeranla^tc einen Sluffafe im (5(f)(u§^efte biefev ^eitfc^rift, hjorin „eine 6e=
fc^eibene Ü^eöiüon" ber ^Qnffcf)en Säfee öeriuc^t ttuvbe. 5lnbere 3irtife( Ratten
bic iran^öiijdie Steöolution unb i^re 2tueicf)reitungen jum ©cgenftanbc. ^m
3, 1795 grünbete @. bie „9teue beiiti(i|e ^onatöjciinTt", bie ei fünf ^a^te lang
rebigii'te unb mit einer Steige öon ^tuTfäfeen, pmeift ^iftDrijdi^poütifrfie Ueber=
ficf)ten ber |)auptbegcBenl^eiten , öerja^. ^m ©egenfo^e ju granfreic^ betont er
jumeift bie gofgeri^tigfeit ber engUf(f)en 6inri(f)tungen, unb unter ben Derfc^ie=
benen ßonftitutioneftjftemen gibt er ber engtifi^en 3ßerfaffung ben '$rei§ ; baneben
maren es {yinanjTragen , bie feine Äraft in Slnfprurf) nahmen. &. war in ber
bamaügen 3fit einer ber Söenigen, tneldie bie Sebeutung berfelben Tür ba§
ftaatli^e Sefien erfannten unb feine ^enntniffe ber fran^öfifc^en unb engüfd)en
ginan^üer'^ättniffe finb npa§rf)ait [tauncnSioert^; bas äBerf be§ @enTer§ b'^üernois,
©efdii^tc ber rranjöfifd^en ginanjöertoaltung bi§ 1796, gab er im -ilus^ug im
?luguft§eft feiner 3fitfcJ)rift ^erauSunb entft^top fi(f) S)an! ber Slufforberung engtif^er
Staatemänner, ju einer öollftänbigen Ueberfefeung, tneldie im 3. 1797 erfd^ien.
Slußer biefen SIrbeiten öeröffentlic^te er in biefer Truct)tbarften ^^J^eriobe
feiner fct)riftftellerifd)en X^ätigfeit au(^ noc^ fetbftänbige £)riginatf(i)riften,
toelc^e buriiimeg einen gemäßigt liberalen (Beift at^men, "iloä) glaubte er an
bie fortfcEireitenbe ßntroictlung unb SJerüoIIfommnung ber menf(i)tic£)en @efell=
fc^aft unb gab feiner Ueberjeugung einen lebenbigen unb niefit feiten begeifterten
^(uebrucf. öier^er gef)ört fein -3luffa^ über bie ^yotgen ber ßntbecfung öon
5Imerifa unb feine Sarftetlung be§ englifd^en Staat»f)au3'^alte§, toelcE)- lefetere
3lrbeit er im ^. 1800 in franjöfifcfier Spradie Verausgab (..Essai sur l'etat de
radministration des finances de la Grande Bretagne", London 1800). ©anj
mi^glücit ift eine gefc^ictittic^e 5lrbeit über ^aria ©tuart im SBerltner Jafc^eu'
burf) für 1799. 5lm befannteften würbe fein berü^mteg ©enbfc^reiben an ben
ßönig griebrid^ SBil^elm III. öon ^ßreuBen bei beffen Sfironbefteigung (1797).
Sie i^atfactie, baB ein preu^ifcfier SBeamter e» toagte, feinem .Könige n3ot)t=
gemeinte Ütat^fc^täge ju ert^eiten unb mit befonber§ ftarfem 5Iccentc ju be=
tonen, ba§ bie neue 5Kegierung unbebingte ']t>re||reif)eit getnäfiren fottte, erregte
faft allgemeines 3luife^en. llloc^te @. üieHeid^t an bie 3}eröffentti(^ung feiner
Slrbeit Hoffnungen gefnüpft ^aben , au§ feiner öer^ättniBmäBig untergeorbneten
©tettung au^ einen feinen Äenntniffen unb {yä^igfeiten entfprec^enberen ^^often
geftellt ju toerben, fo fa^ er fic^ atlerbingS in feinen (irraartungen getäufc£)t: in
ben 3Iugen be§ Äönig§ ^atte 6. einen i^tl^in begangen, baB ^^ ^us feiner
©p^äre herausgetreten toar unb fi(^ erfü§nte , fic£) an ben -IRonarcfien , wenn
au(^ in ber fcE)icfIi(^ften Oform, 3u wenben. @. war mittlerweile jum 5|}olitifer
^herangereift , ber ni($t blo§ allgemeine 5lnfi(i)ten au§fprec^en, fonbern auf bie
©eftaltung ber Ser^ättniffe einen maBgebenben (JinfluB aueüben wollte. Siefe
äweite gpoc^e ber f(f)riitftellerif(i)en :^auiba^n fe^te ®. in bie Steige ber ^eröor=
ragenbften politifctien Senfer unb errang if)m bie $alme be§ erfton beutfc^en
*$ubliciften, ber bieder wenigften» öon '3liemanb übertroffen worben ift. Ütic^t ber
^ampf gegen bie Tranjöfifc^e Bewegung, fonbern bie 3Ba^rung beutfc^er 3nter=
effen War für i§n nunmehr ha$i leitenbe ^Jtotiü. Sr^'ü^^r ale irgenb ein 3^^^=
genoffc !^atte er bie Senbenjen ber bamaligen ^Jlac^t^aber erfannt unb feinem
ftaatSmännifc^en Stirf würbe e§ ftar, baB "^ie t^atenfi^eue ^Jteutralitdt '^U-eufeen§
unb beffen ■;)H(^tbeti^eiligung an ber europäifi^en (Koalition für S)eutfd)lanb öer=
berblic^ werben bürfte. Um bie öffentlidie -Bteinung aufjuElären unb ju leiten,
grünbete er ta^ „|)iftorif(^e Journal" (1799—1800), ein politifcl)e§ Drgan
erften ütangeä, in Weldiem er bem ÖJebanfen einer 35efämpfung 5ranfreirf)5 leb=
]§aften Stusbrucf gibt, ^m ©egenfa^ 3u ^ranfreic^, beffen 9}erfaffung5ejperimente
einer oft gerabeju bernic^tenbeu ^ritif unterzogen werben, erfc^einen bie eng=
37*
580 ^cn^-
lifd^en S3erl^ältniffe in einem um ]o ru'^igeren 53i(f)te, al§ ami) bie öfonomifrfien
^ujlänbe bei- bvitifcfieu ©ilanbe ein bevebteä 3^"3"^B '^^'^ @efunbf)eit bieten.
S)ie ipolitif ©nglanbS ^at nivgenbä einen getoanbteven, fenntni^rei(|eren S3er=
tretex gefunben. <Bpxaä) jeboi^ trü'^er au§ feinen ©ctii-iiten bev 33ett)unberer eng=
lifi^er 3uftänbe, jo je^t ber 3lntoatt be§ englifd)en ^;)Jiinifterium§ ; bie 3eitfc^i"i!t
fonnte at§ Organ englif^er ^oütif angejet)en tüerben. @. tourbe feinen Uel6er=
jeugungen nid)t untreu, aber fein 2Bir!en f|ätte bei ber ÜJtittoelt eine größere
3tnerfennung unb bei ber 5ia(i)tüelt eine unbefangenere Söürbigung gefunben, tuenn
er fid) nid)t mit bem ''SlaM ber Ääuflidifeit belaben l^ätte. 3lUein f(i)on längft
ftüfterte man fidt) in SBerlin ju, ba^ &. für feine im englifd)en i^ntereffe ge=
i^altenen ?lrbeiten be3at)lt Ujorben fei, unb fein %a%ehuä) beftätigt f§, ba^ feine
finanziellen unb t)äu§li(^en Ser'^ältniffe, bie ma^Iofen 33erf(^tt)eubungen unb 3Iu§=
fc^toeifungen feine§ ^pribattebeng i'^n jur Stnna'^me öon ßntto^nungen öeranla^tcn.
i8ei nüchterner @rttiägung mu^ jebod^ jugeftanben tuerben, ba^ @. fein gemeiner
Jpanblanger in ber 33ertf}eibigung einer ^lolitif toarb, bie feiner innerften Ueber^eugung
lüiberfprad). @r war unb blieb ber 5tnmatt 6nglanb§, nid§t ineil ifjn bie britifrf)en
^Jtinifter gtänjenb entlo'^nten, fonbern meil feine ^olitifd^en ^Infid^ten mit ben
il^ren übereinftimmten. S)er Umgang mit ben l^eröorragenbften ^Diplomaten in
ber Ijreu^ifdien Apauptftabt, mit ©tabion, 6ort;§fort u.a.m., erweiterte feinen (Se--
fi(i)t§frei§ unb gemäf)rte il^m einen tiefen ßinblirf in ben @ang ber europäifi^en
^^olitif; fein Urt^eil tourbe fieserer, tiefer, ftaat§männif(f)er. 2)ic äJerpflidjtung,
aümonatiid) ein <!peft feineg 3owi"not§ ju tiefern, mürbe i{)m täftig unb er ent=
fd)tof! ficE), feine 3eitf(f)rift in äioangtofen ftärferen .^peften unter bem 2;itel:
„Seiträge jur @ef(i)idjte, ^olitif unb politifc^en Defonomie unferer ^^it" er=
fc£)einen ju laffen. ^m ^. 1801 erfc^ien at§ erfte goi-'tfe^ung feine ©rfirift:
„Ueber ben Urfprung unb 6()arafter be§ Krieges gegen bie fran^öfifrfie 9tetio=
lution", morin er ben ^JZad)ti)ei§ ju liefern fud}t, ben bie neuere ®efd)iditfd)reibung
nur erl)ärtet "^at, ba^ bie einjigcn Url)eber be§ ^riege§ bie 'Jtationalöerfammlung
unb bie Sfatobiner feien unb ber unglücffeligc "-^luggang bcffelben burc^ hie elenbe
^rieg§füt)rung öon ©eiten Der SSerbünbeten öerfd)ulbet mürbe. S)iefe 3trbeit gef)ört
unftreitig ju bem beften, ma§ ber (Veber biefe§ ^anneö entquoll, unb nie ^at
er fpäter in feinen (2d)riften eine foli^e tiefe 5luffoffung, eine äljutic^c Steife be§
Urf^eitS, einen ed)teren f^^-eifinn entmirfelt. 2]on bemfelben Seifte burc^tränft
ift bie 3lrbeit, meiere er unmittelbar nad) 3}eröffentli(^ung ber ermäl^nten ©d)rift
in Eingriff nal)m: „S5on bem |3olitif(^en 3ul'tan^e öon Europa öor unb nad§
ber 9teöolution", eine ^^rüfung be§ 55udf)e§ öon ^auteribe: „De l'Etat de la
France a la tin de l'an YIII".
^Politifc^ unb focial mar feine Stellung in Serlin unhaltbar gemorben.
©eine 2lnfi(^ten ftanben im ©egenfo^ mit benen ber mn^gebenbften .Greife
5preu^en§, ba er fii^ ^um 35ert:^eibiger ber ^^oliti! @nglanb§ unb Defter=
reic^g aufmarf. (55. bürftete nad) einer ftaat§männifc^en S^ätigfcit, meldte
feinem 3:alente eine cntfpred)enbere Söirffamfeit eröffnete unb fal^ alle
3lu§fic^ten, in ^ßreu^en 3u einer günftigeren S)ienftlaufba^n ju gelangen, öer=
eitelt; feine :^äu§lic^en SSerpUniffe maren jerrüttet; feine @^e mit ber Sod^ter
be§ Dbcrbaurat^eS ®itnt) mar meift burd) feine ©d)ulb eine traurige; feine
grau fc^ritt jur ©d)eibung, @. miHigte ein. S)iefe ^ipriöatöer'^ättniffe mögen
feineu ©ntfc^luB, -^reu^en ju öeilaffen, gezeitigt ^aben. ©c^on feit bem ^al^re
1799 ftanb er ja aud^ in SSerbinbung mit bem ^Jlinifter ber auswärtigen
pingelegen'^eiten Oefterreid)§, bem greifierrn ö. 2:f)ugut, unb ^atte aud^
für bie Ueberfenbung feiner politifc^en ^eitf^rift ein gnäbigeg faiferlid^eS @e=
fd)cn! er'^alten. ©ein Umgang mit bem faiferlicl)en ©efanbten in 23erlin, bem
(Srafen ©tabion, eröffnete i^m bie 9lu§ficl)t ju einem Unterfommen in Ocfterreic§.
%m 21. ^uni 1802 feiert er feinem 3Saterlanbe ben 9tüden, öertoeilt mel^rere
®en^. 581
SBodfien in S)re§ben, tDo er in Se^ie^ungen ju ^Jletternid) trat; ®nbe ^uli 6e=
finbet er [ic^ in ber Äaijerftabt an ber 5Donau. 3Bic e§ jd)eint, l^aöen ©tabion
unb ^Jtetternid) lijm bie SBege geebnet unb feine SBe!Qnntfd)ait mit ga^Benber,
ßottorebo unb ß. Sofienjl Vermittelt. 2luf Stnraf^en ^^-a^benber'S ül6erreid)te @.
ein 9Jlemoire, njorin er feine 5Dienfte anbietet; eine ^lubienj bei bem Äaifer
bleibt jebod§ erfolglos, bi§ e§ ben SSemül^ungen feiner (Sönner gelang, bie S3e=
benten be§ 5Uonar(f)en ju jerftreuen. 3lm 6. @e))tember eröffnete il)m S. 60=
ben^l, ba^ ber ^aifer il;n in ?lnerfennung feiner fettenen @infid)ten, fotoie „feine§
rülimtic^en @ifer§ für bie ©r'^altung ber 9tegierungen , ©itten unb Drbnung"
mit 4000 ©ulben al§ 9iat^ in feine Sienfte nel^me. 2lnftatt fd^leunigft jur
Orbnung feiner 3lngelegenl)eiten nadEi SSerlin aurütlauf e'^ren , öertoeilt er einige
SBoc^en in S)re§ben unb lä^t fi(^ beftimmen, öor feiner Ueberfiebelung nadj
2Bien nai^ ßnglanb ju gelten, um ben britifd^en @taot§männern aud^ tjerfönlii^
nä^er 3U treten, ©eine Steife nac£) ßonbon brockte il§n mit 5pitt unb (Sranbitte
in innige SSerbinbung; bie englifd^en ©taat§männer aller ©c^attirungen be=
tounberten ba§ Talent unb bie Äenntniffe be§ 5}lanne§, ber bamalg al§ ein
^l)änomen toegen feiner tiefen S5ertrautl)eit mit ben Einrichtungen be§ ^nfel=
lanbeS erfd^ien. §atte @. fdjon biS'^er ber ^oliti! be§ Snfellanbeä feine geber
geliehen, fo fielen il^m nun bie g^rüd^te in ben ©d^oo^, inbem er fid£) bie be-
träd^tlid£)en (Selbbortljeile nidfjt entge^^en lie^ unb bie 3ufid^erung eine§ beftimmten
^a'^reSgelialteS erl)ielt. ©eine ©teEung in äöien mu^te i^n ben 35ertretern ber
antireöolutionären ßontinental^^olitif um fo bege^ren§mert^er mad^en. S)ie
^^oliti! ber ßobenjl unb ßottorebo l^atte ein entfd^ieben frieblic^eg (Bepräge unb
geigte fid^ !riegerifd§en Slnmanblungen gang unaugänglicf). ®a§ ©treben @ng=
lanbl unb Stu^lanbä, Cefterreic^ 3U einer (Koalition gegen ^Jtapoleon ju ge=
minnen, fanb lange feinen 5ln!lang; bie 33emü^ungen üon (B. in biefer 9tiä)=
tung auf hie öfterreid^ifd^en ©taatämänner ßinflu^ 3U nehmen, blieben ol^ne
©rfotg. ©eine ©tettung mar eine böttig untergeorbncte. S)er SBicefangler 60=
bengl fanb tool an htn tlaren unb berebten S)en!f(^riften , toeld^e @. öon 3eit
3U 3eit überreid^te, äft:§etifd^e§ 23e:§agen, bie 9lid§tung feiner ^oliti! tourbe ba=
burd^ in feiner SBeife beeinflußt. @r f^eilte nidl)t ben unerbittlichen .^aß,
n)eld£)er ®. gegen ben Imperator an ber ©eine befeelte. Sie Slrbeiten, toeli^e
biefer ^eriobe ber ®en^'fdt)en S^tigfeit entflammen, gehören 3U ben fräftigften
unb f(i)mungboEften feiner f^eber. ^n feiner ©d£)rift „3Jon bem politifdien 3u=
ftanb bor unb nac^ ber 9tetJolution" (^Berlin 1801 — 2), befämpfte er in energi=
fd£)er Söe'ife ba§ ©t)ftem einer allgemeinen frangöfifd^en Uebermadl)t, mel(i)e§ feile
fiebern üer^errlidl)ten , unb auf ©d§ritt unb Sritt trat er ben frangöfifd^en 5ln=
maßungen entgegen; mit ©pott unb ipol^n geißelt er bie „neröenlofe ^olitif
ber ^öfe, bie ba§ Untoürbige mit @rgcben]§eit bulbe". (S5. gel^ört au ber fleinen
Slnja^l öon 5!)tännern, bie in berebter Söeife für ba§ fefte 3ufammenge^en mit
^Preußen eintreten, o:^ne jebod^ bie Söiener ©taatgfünftler anberen ©inne§ 3U
malten, bie fid^ erft biel 3U fpöt baau entf(^loffen unb fid^ l^ierju me:^r burd§
bie 23emü^nngen 9tußlanb§ al§ huxä) bie toa'^rliaft ftaatSmännifd^en 9lu§einanber=
fe^ungen il^rer S3eiratl^e§ beftimmen ließen. @r befämpft in fdl)arfer SBeife in
einem 5)lemoire öom 6. ^uni 1804 bie 2lnerfennung ^ftapoleong al§ ^aifer.
S)ie Sßereinigung @enua§ mit granfreid^ brücft i:^m abermals bie lieber in bie
|)anb. ©eine gan^e fd^riftfteEerifd^e S^ätigfeit toä'^rcnb biefer ©pod^e atf)met
,g)aß gegen 9lapoleon, Äampf gegen bie maßlofen Uebergriffe f^ranfreid^S. Äeine
®elegen:§eit bleibt ungenü^t, um feinen @ebanten 3lu§brucE ju geben, fei e§, in=
bem er eine ©eclaration SubtoigS XVIII. gegen bie Ufurpation be§ ÄaifertitelS
öon ©eiten Napoleons entmirft, fei e§ in einem @lüc£munfd§fdl)reiben an
©uftab 3lbolf bon ©tfitoeben bei Gelegenheit ber befannten £)rben§3urücffenb=
582 ®f"^-
bung. S)ei- 2lu§16i-U(^ be§ ßnegeg beleBte jeinc Hoffnungen für fuvjc '^tit, oB=
glei^ er in bie ^^ä'^igfeit ber öften-ei($if(f)en ©taatSmänner ein gi'o|e§, nur
äu fe'^r 16egrünbete§ 5Ri^traucn fe^te. ©ein Urtl^eit über bie bamatg ma^geben=
ben ^er|i3nlid)feiten an ber S)onau ift ein Seleg burc^bringcnber ^luffaffung
unb fd)arfen Urttjeils. 35eim ^Beginn be§ Äriegeg öerfcnfte er fid) in eine 3lr=
beit, tt)eld)e bie 9Jlittet p SBieber^erfleüung be§ europäijci)cn ©teic^getoid^teS
angeben unb einem fünftigen dongreffe öorarbeiten foEte. i^nntittcn ber Strbeit,
at§ er gerabe ba§ ä>er!^ältni| 5loif(i)cn Deftcrreid) unb ^i-'iitf^'ßic^ 16eleud)tete,
trafen ifin bie 5lad)rid)ten über bie geioaltigen Unglüdsfötte an ber S)onau.
5licmanb tnnrbe burd) ba§ ©dieitern ber Koalition fo t)art getroffen al§ ®.
Seiber feilten bie 2lnt)att§punfte jur S3eurtt)ei(ung , in tt»eld)er äöeife er in €)U
mü^, too^in er bem .ipofe gefolgt njar;, auf bie ßJeftaltung ber :potitifd)en 33er=
^ältniffe ©influ^ ju ne$mfn fud^te. S)ie if)ni burd) ben 5riebcn§fd)tu| geworbene
5)ht^e öcrloenbete &. jum ^Ibfc^luffe eine§ 3Serfe§, tt)el(^e§ ben ©lanj unb bie
Äraft feiner ©arftettung im gläujenbften ßid)te jeigt: „^luffientifdie £>arfiettung
be§ S3ert)ättniffe§ ^tüifd^cn ©ngtanb unb ©panien bor unb bei bem 2lu§bru(^
beg Krieges 3n)ifd)en beiben Zaditen", ^Petersburg (Setpäig) 1806. bitten
unter inneren unb äußeren ilämpfen öoHenbete er feine im 5)lai 1806 öeröffentlid)te
leiste fclbftänbigc ©d)rift : „f^i-'agniente au§ ber neueften ®efd)i(^te be§ potitifc^en
(S(etd)gewid)tc§ in ßuropa" (J^eip^ig 1806). ©d^ärfer tonnten bie f5et)ler ber
^tegierungen , bie SBerirrungen be§ öffentlid)en ©eifteg ber SSölfer nid)t gegeißelt
toerben, at§ e§ in ber umfangreid)en SSorrebe, bie faft äu einem felbftänbigen
3BerIc aufdilooll, gefd^a't). 9lur au§ einem SBunb „ber ©tarfen, Steinen unb
©Uten" fönne nod) eine ^Jlad)t ertoadifen, bie 33ötfer ju befreien unb ber SBeU
bie 9tut)e ju fid)crn. S)nrd) S)eutfd)tanb fei ßuropa gefallen, burdt) £)eutfdt)tanb
muffe c§ lieber emporfteigen". 6ine 33erebfamteit feltencr xHrt befunbet biefe
SSorrebe mit faft prop^etifi^en Slusbliden in bie 3ufunft. Üreffeub bemerft ^Jto'^t:
©. l)at ^ier eine politifctie i^Iug= unb 33ranbfdt)rift gefd£)rieben, wie bie ®efd)id)te
faum eine jlreite aufjumeifen |at; fie toai eine fte'^enbe ÄriegSerflärung gegen
ben i^einb unb loirfte audt) aU foIdf)e in ben ©emüf^ern fort unb fort, ©eine
realiftifdfie 5^atur finbet jebod) fein Se'^agen an bto^en tt)eoretifd£)en @rörte=
rungen, bie unmittelbare ©egentoart mit itiren .^toingenben gorberungen bilbet
ben 5Rittetpunft feineS ^ntereffeg. Sie Sefd^äftigung mit ber ^otitif ift if)m
grimmiger (Srnft, unb roät)renb er in S)re§ben in mand)en ,5tugcnbliden ganj
im 3ln^ören ber 3)ortefungen 3lbam TOüHer'g ^u fi^tDetgen fd£)eint, arbeitet er
Sag unb 5^adt)t an einem Q^riebengproicd. 2)ie Sfiüftungen 5Preu^en§ nalimen
feine ganje ^(ufmerffamf cit in ^Infpruc^ ; ein neuer ©eift fdt)ien in ber preu§ifc£)en
ipauptftabt feinen ßinjug ju f)atten, öielleidt)t, ba^ öon l)ier au§ ber eintrieb gu
einer üöttigen Umgeftaltuug be§ europäifd)en ©taatenft}ftcm§ ausging. (S. blieb
feinem praftifd^en ©runbgebanfen einer SSerbinbung Defterreid)5 mit ^reufeen
treu. 5tur bie beiben beutfdt)en ©ro^aaten ^anb in ^anb mit ©nglanb öer=
mod)ten ba§ Uebergett)idt)t 5ranfreid)§ ju erfd^üttern. Um in biefem ©inne ju
roirfen, begab fidt) ©., öon |)augtoi^ aufgeforbert, in ba§ preu^ifd^e ipauptquartier
nadt) ^laumburg unb folgte bemfelben nad^ Erfurt, ©eine 33efprect)ungen mit
ben ©taatSmännern unb 5Jlilitär§ 5Preu|en§ fonnten febod^ auf bie ©eftaltung
ber SSer^ältniffe feinen (äinflu^ getoinnen, ba bie Äataftroplje öon i^ena unb
3luerftäbt bie ^lieberlage ^reu§en§ öiel frül^er entfd^ieb, at§ felbft bie gröbftc
©dtimarjfelierei erwartet Ijatte. ©eine 3lntt)efenl)eit im .«pauptquartier jeitigte nur
eine ^^rui^t, fein Sagebudt), eine ^yunbgrube für ben (S}efdt)idt)tgfd)reiber, für bie
Seurtt)eilung jener 2^age gerabe^u unentbel^rlid^. S)ie ^lar^eit unb Ütul^e ber
©r^ä'^lung ift betöunbernSlöertl^. Sie Slufjeic^nungen (Sen|en§ geliören unftreitig
m ben föftlid£)ften perlen beutfd^er 5Jlemoirenlitteratur. 5Jlit Unred)t :^at man
®en^. 583
@. at§ einen ©pion ©tabion'g Beseic^net. 3Iu§ ben bi^^er 6efannten 2lcten=
[tücfen bev Sßiener ©taatSfan^tei ift bux($au§ nic£)t etfid^tlid^,. ba^ bie 33ei-tct)te
öon @. irgenblüie auf ben (Bang bcr ö[tetrei(^tf(^en ^potitif öon au§f(i)(aggeben=
bcm (Stnflu^c waren; in ben ja'fih-eid^en Sentfd^riften be§ öJi-afen ©tabion
über bie öon Cefterreic^ einjune^menbe .g)altung finbet fic^ aiic^ nic^t einmal
ber ^lame be§ berühmten $]ßubliciften , unb e§ jc^eint nid)t, baB @. in
^yotge eine§ oificietten 3luftrage§ fid) im preu^ifi^en ^au^jtquartier einyanb.
3Bal^rf(^einli(^ lie^ er fiä) einzig unb allein hnxä) bie ©inlabung öon |)augn}i^
beftimmen, burd§ eigenen 9(ugen|c£)ein bie S5erf)ältniffe ju prüfen, um barnad§
äu beurtiieiten , ob irgenb ein ginflu^ auf bie äöiener ©taat§männer 3u üben
fei. Dbgleicf) ©tabion fc^on toäfirenb feine§ 5lufent^alte§ in SSerlin al§ (S5e=
fanbter mit (B. in Serül^rung getreten toar, fcfieinen bie Sejie^ungen ber beiben
9]länner rtja^renb ber Jptigfeit ©tabion'§ al§ 5Jlinifter be§ Steu^ern ni(i)t innig gemcfen
5u fein, ©eit bem äöinter 1806 lebte @. in ^^rag, im ©ommer gemährten bie
bötimifc^en 33äber, ^arlSbab unb Sepli^, 3erftreuung unb 5lnregung im Um=
gonge mit ben ©pi^en ber @efeEf($aft. S)ie Greife ber ^öi^ften Striftofratie toaren
i^m jugönglid) unb :^ier fnüpfte er 3um Z^til jene S5erbinbungen an, bie i^m au(^
fbäter für bie ßeit feine§ bauernben Slufenf^attS in Söien ni(f)t of)ne dingen tourben.
5Jiitten im Sebenägenuffe blieb &. fi^riftfteEerifc^ ni(f|t untl)ätig. ©c^on
fein 5lbfagebrief an ^o^ann ^Jlülter öom gebruar 1807 befunbet beutlic^,
ba^ feine politifdie Ueber^eugung burd) öie großen Srfc^ütterungen , meli^e
ber 5lu§gang be§ ruffifd§=preu§if(^en Krieges in ber europäifct)en ©taatenmett
l)erborrief, eine 3lenberung nic^t erfahren :^atte unb feine ©egnerfc^aft ju
bem 9Iapoleon'f(^en ©t)ftem ungebro(i)en blieb. ®iefe feine UeberjeugungS^
treue mu| bei ber enbgültigen Seurt^eilung be§ 5}lanne§ beträc^tlicf) in bie
äßagfc^ale foUen. 3lu§ biefer [Spoc^e flammen eine ^In^a'^l umfaffenber S)enf=
f(i)riften, bie erft öor lur^em in bie Oeffentlidifeit traten unb flar geigen,
ba§ er mit offenem 3Xuge unb einbringenbem S^erftänbniffe ben politifc^en @r=
eigniffen folgte unb fe^nfüd)tig ben SlugenblicE l^erbeife^nte , in toetcfiem e§ ge=
lingen fönnte, ba§ frauäöfifc^e ^od^ ju bred^en. ®a§ 5)temoire: „Sur les mo-
yens de mettre un terme aux malheurs et aux dangers de PEurope et sur
les principes dune pacilication generale-', 3tDifd)en bem 25. ^uni unb bem
15. ^nli 1806 abgefaßt, foltte öem Söiener ßabinet einen 2Beg jur Crbnung
ber beutf(i)en 2lngelegenl)eiten unb jur 33egrünbung eine§ bauernben ^^i-'iebenS
äeigen. S)ie |ier entmicfelten ^läne tourben burc^ ben 5lbfd)lu^ be§ 9t^einbunbe§
tiereitelt-. „9}ier 2Ö0(f)en arbeitete \ä) Sag unb 9lad)t an einem g^riebenSproiect
— fcfireibt @. an 5. ö. ^Ulüüer am 4. 2luguft 1806 — öon bem ift feit ber
gottlofen ßonfoberation ber beutf($en ^^ürften nun teiber laum ein ^^e^en melir
brauchbar. 3ll§ l)iftorifc^=politifc^eg @ebi(i)t »erben ©ie e§ immer mit einigem
:3ntereffe fe'^en." 2luf eine 9teugeftaltung S)eutf(^lanb§ mu^te nunmel^r S^erjid^t
geleiftet merben; Cefterreid) allein touvbe unb Uuh ber .port aüer 3}aterlanb§=
freunbe. 3öa§ @. öon einer 5teugeftaltung ber ^l^onari^ie erwartet, t)at er in
einer bi§:^er unbelannten S)enffd)i-ift auSeinanbergefe^t, Sn bie legten 5Jlonate
be§ ^. 1808 fättt bie 9lu§arbeitung einer weiteren S)enff(f)rift, weldie ber
jüngere ^rofefdi-'Cften 1868 herausgegeben f)at: „@ebanfen über bie ^-rage,
toa§ mürbe ha^ |)au§ Defterreid^ unter ben je^igen Umftänben ju befct)tie^en
^aben, um S)eutfä)(anb auf eine bauerl)afte äöeife öon frember ©emalt p
befreien", eine Slrbeit, Welche bur($meg§ ba§ Gepräge eineg feltenen ®eifte§ an
fid) trägt. @§ ift jebod) ni^t erfid^tlid), ob ®. biefetbe bem öfterreic^ifd^en
3Jlinifter mitget:^eilt l)at. S)ie SSeurt^eiler öon ®. :^aben faft au§fd)lie^tic^ nur
feine 2:l)ätigfeit nac^ 1815 im 2luge unb öergeffen, ba^ er jur 3eit ber tiefften
ßrniebrigung S)eutfd)lanb§ mit 9J]ännern Wie ©tein in einer Sinie foc^t. 2)ie
584 ®^n^-
oBen ertoä^nte S)en!f(f)nit ift jum Zf^eü eine fjftud^t be§ ^Scrfe'^rS bcr fieiben
gjlännev unb bie 'fiter cnttoideltcn ^läne ftimmen mit jenen, bic ©tein 1809
enttüorfen ^at, ounattenb üöerein. @rft feit bem 23eginn be§ ^. 1809 natjm
®. tätigen ^nt^eil an ben ©efd^äiten. ^tac^bem ber .ß'rieg gegen 2fi-anfrei(f)
fiefc^tofjene ©a(i)e toax, tourbe er bon ©tabion nad^; äöien Berufen unb mit ber
2lbfaffung öerfd)iebener ©c£)riftftücfe betraut. S)a§ am 15. 9(pril in ber äöiener
3eitung öeröffentlic^tc ÄriegSmanifeft tüurbe öon i^m Ocrfa^t unb erlitt öor
feiner tpuBUcatiou nur einige geringe ^lenberungen. äBät)rcnb be§ i?riege§ war
feine puBliciftifdie unb gefd)äitti(^e T^ätigfeit [tarf in 9lnfpru(^ genommen; allein
feitbem ba§ faiferlic^e Apoftager in %oti^ Weilte unb ©tabion zeitweilig in Wäh-
ren ober 33öt)men fic^ auftiielt, BlieB @. unBefd^äftigt unb tonnte fict) barauf
Befd)ränfen, al§ unBefangener ^ufc^aucr bie SJorgänge in ben öfterreic^ifd)en
.^reifen einer fritif(i)en Prüfung 3u unterbieten unb in 2ageBud)Blättcrn ba§
@rgeBni| feiner ßrfa'^rungen äu fijiren. 5lu(f) t)ier Befunbet er feinen fdtiarfen
SBlirf, feine ttare oBjcctiüe SarfteüungögaBe. 2)a§ Bon S3arnt)agen I)erau§gegeBenc
SageBud) ift für ben ^^iftorifer eine gunbgruBe für bie ©(f)ilberung jener 2;age
geworben unb t)at felBft in S)etait§ burc^ ^eranjictiung ber officieEen ?lctenftücfc
öotte 33eftätigung erfatiren.
Ter 3lBfd)tu^ be§ ^rieben§ traf if)n '^art, oBglei(^ er öon ber ^Jiott)=
wenbigfcit beffelBen burc^brungen war. Sei feiner genauen i?cnntni^ ber
maBgeBenben ^^U'rfönlid)feiten erwartete er öon ber O^ortfe^ung be§ i?ricge§
burd)au§ nid)t§ unb unter ben gürfpredjern be§ |^-riebcn§ war er ber
eifrigfte, Berebtefte. 2)amal§ Bott^ogen fid) in feinem äöefen jene 2lenberungen,
Wctd)c in bem ÖeBen üou ^Jldnnern einjutrcten pflegen , beren .i^offnungen öiet=
fad^ ©d)iffBrud) gelitten l^aBen. 2)ie aSetämpfung 3^ran!reid)§ unb feiner .^eere
'tiatte Bi§t)cr feinen ©eift unermübtid) Befd)äftigt, öon ber Sr^eBung Oefterreid^ä
unter einem fraftöoüen ©taatamanne , wie e§ ©tabion unftreitig war, erwartete
er bie SBerWirtüc^ung Iangjät)rig genährter SBünfdie. S)iefe waren in bic 33rü(^e
gegangen, toa^ SBunber, ba| fid^ in ^otge beffen in feinem ganjcn 3öefen eine
tiefe 2ßanblung öoK^og, bie, burd) 'Jttter unb förpcrlid)e ßeiben unterftü^t, it)m
jene 9tic^tung gab, woburd^ er fid^ nunme'^r öon ber SSergangenticit fcfjieb.
„|)öttifd) Btafirt" ift bie öon i^m geWät)(te Sejeidinung für feine bamalige ©ttm=
mung; e§ War ein ^uftanb ber 3lBfBannung unb iSnbifferen,^ ber ^J}tadt)tIofig!eit
unb öeere. ^tur baB eine anber§ geartete 'Jtatur alle Slnftrengungen gemad)t
lyätU, um ba§ ©teii^gewid^t ber inneren Gräfte wieber ju gewinnen, o'^ne fid)
öon äußeren $ßert)ä(tniffen ganj Beeinfluffen ju laffen.
^etternic^, ber nadt) ©tabion'ö OtücEtritt mit ber Seitung be§ auswärtigen
3lmte§ Betraut worben war, ftanb , wie e§ fdt)eint, in ber erften o^it feiner
minifterieUen 2;f)ätigfeit nur in lofen SSe^ietiungen 3u @. 2)iefer l^attc fid^ naä)
bem Kriege wieber nadt) ^rag jurüdge^ogen unb Iie| fid§ nur ungern Beftimmen,
feinen 9lufentt)att in ber öfterr. ^tefibenj ^u netimen. 5lod) unter ©tabion t)atte ®. für
feine ©teltung feine Beftimmt umf (^xieBene üt^ätigfeit ; er War me'^r ober weniger
3>oIontär geWefcn, ber in felBftänbigen frei geWät)tten ©taat§fd^riften feine 3lnfid£)ten
bai'legte. ^etternid^ gegenüber Befanb er fid^ anfangt in einem gewiffen 3luta=
goni§mu§ unb fein Urt^eit über ben ÜJhnifter be§ 5lu§Wärtigen war gerabe fein
fdf)mei(^etl)afte§. 6rft feit 1812 f(^eint eine Slnnä^erung jwifd^en Beiben ftatt=
gefunben ju t)aBen, bie attmä^Iid) eine regelmäßige SJerwenbung öon @. in ber
©taatgtan^lei l^erBeifü^rtc. ^Dletternid^ öerftanb e§, i^n ^u Benu^en unb feine
treffltd^e g^eber (^u öerwert^en. ©§ entwidelte fidt) feitbem ein freunbfd£)aftlid^e§
Sßer^ältniB, Weld)e§ namentlidö für bie ^^olge^eit BebeutungSöott würbe, inbeat
(§. felBft einen maßgeBenben ©influß auf bie 9tid£)tung unb ben ®ang ber öfter=
rcid£)ifd^en ^olitif gewann, ^n feinen ?lnfid)ten öottjog fid) ein Bebeutfamer
Umfd£)Wung: fein ©tanbpunft in ber $Beurtl)eitung europäifd^er aSerl)ältniffc
®en^. 585
iDurbe ein öfteiTetd)if(i)ei- ; er ibenttficii-te \\ä) ganj mit bem ©taate , in beifen
©ienften er ftanb. ©eine 5)^ittDirtung an ben großen ©reigniffen ber ^a^rc
.1813—15 lä^t ficE) na^ bem öortiegenben Material ni(^t ganj ficf) er [teilen.
6r begleitete ^ettemidE) auf allen Üteifen, blieb in öoüfter ^enntni^ aller 6r=
eignijfe , tnar in bie 33erl)anblungen ju @itf(i)in , 9teid)enberg , Sftatiboräic,
£)|)Dcno eingetoeifit , unb Befanb ji^ aud§ in ^rag, al§ ber le^te SSerfucE) ge=
madjt ttiurbe, 5^apoIeon jur 9lnnat)me ber ö[terreic^ijcf)en f^riebensbebingungen
3U beftimmen. Sr tfjeitte ganj bie 2lnfic^ten 9Jletternid)'§ , ba^ ber ^^riebe bem
Kriege öor^uäielien fei, unb ttiürbe e§ mit ^reube begrübt fjobtn, toenn S^aboteon
bie D[terrei(i)ifd)en 5öorfd)läge angenommen l^dtte. S)ie Aufarbeitung öon biplo=
matifcfien ©c^riftftücEen fiel il)m gauj ju unb er löfte bie il)m übertuiefenen
Slufgaben mit ben)unbern§n)ertl)em ©efdiid. £>a§ ^J^anifeft Defterreid)§ , melc^eg
om 19. Sluguft in ber Sßiener 3eitung erfd)ien, entflammte feiner ^eber; !ül)t
unb glatt in ber gorm jeigt e§ beutlidE), bai fein .^opf einen größeren 2lntl§eil
baran f)atte, al§ fein ^ixy. öon jenen ßmpfinbungen, rodä^e bie beutfdtien ^a=
trioten bettjegten , aud) ni(^t eine ©pur. 9lt§ ber Ärieg begann, blieb @. in
^rag, „eine 9lrt bon oberfter Senfur= unb öon geheimer ^oli^eibel^örbe". Tlit
5)tetternic^, öon bem er autlientifc^e 'Jladirictiten öon bem ^rieg§fd)aupla^ erholt,
ftc^t er in innigfter 35erbinbung , er leitet bie ^^^rager 3eitung , fd)reibt 3lrtifel
für biefelbe. Söeld^er 5lrt bie fonftigen bon i^m öerfa^ten S)enff(^riften unb
©utai^ten toaren, ift nid^t befannt.
2)er SBiener (£ongre^ bot feinen 5^eigungen unb fyö^igfeiten ein gro^e§ fyelb.
S)a§ ®efettf(i)aft§(eben feffelte i§n; in bem S}erfel)re mit (Staatsmännern unb @lü(iä=
rittern, bie fid§ in ber S)onauftabt jufammenfanben, füt)[te er fict) in feinem ßtemente.
2)ie potitif(f)e 2:l)ätigfeit gewann tro^ feiner 33lafirt'^eit neuen 9iei3 für i|n. ©elbft
feine @egncr erfanntcn fein felteneg publiciftifc£)e§ Talent, mel(i)e§ i^n, mie fonft
9Hemanb , für bie ©teKung , bie er ^ugemiefen erhielt, befähigte. S)ie fyü^rung
be§ ^4^rotocon§ fiel i§m bei ben meiften 25erl^ anbiungen gu. gefte unb S5ergnüg=
ungen raei^fetten ab mit ernfter anbauernber 2:t)ätig£eit ; (S. gel^örte ju ben menigen
emftg arbeitenben 5Jlenfd)en in SBien. SGSie meit fein Slnt^eit an ber ilteugeftaltung
ber Drbnung rei(^t, mirb ficE) töol fcl)tt)crli(^ fieser feftfteEen laffen, feineSfalll
toar er unbebeutenb; feine 33emü^ungen 3ur ©(^li(^tung ftreitiger 5ßunfte
mürben 3umeift öon Erfolg gefrönt, ©ein ©tanbpuntt ift ein fpecifif(f) öfter=
reict)if(i)er , unb bie preu^ifi^en 3;enben3en fanben feinen energifc^eren ©egner.
S)ie meiften officieEen Slctenftücfe jener 2;age rühren öon i^m l§er. S)ie ^Mtef)t
'Napoleons öon 6lba fct)re(ite i^n au§ feiner felbftgefättigen 9tul^e empor, unb
e§ ift nid)t unmal)rf(f)einli(^ , ba^ @. ju ben f^fürfpret^ern einer frieblid)en 2lb=
finbung mit ';)lapoleon gehörte. 2)ie friegerifd^e Stid^tung trug ben ©ieg baöon
unb führte nad^ menigen 2Bo(^en bie öerbünbeten ^Speere naä) 5]3ari§. 9lud^ @.
fanb fi(^ bafelbft ein, um bei ben 2Jerl)anblungen feine ©teile al§ ^^rotocott=
fü^ver anjunelimen. S)er ©d)(u^traftat fam unter feiner ^Mtmirfung ju ©tonbe,
unb fpöter lie'^ er feine S^eber ben Diplomaten , um il^re 2öei§f)eit unb il)rcn
9tu"^m au§3upofaunen unb ber SBelt in l)od)tönenben Söorten ^u öerfünben, ba^
ber Qlugenblid gefommen fei, mo bie 3lu§fi(i)t auf ein golbeneg 3eitalter in
ßuropa nid)t me^r unter bie leeren Slräume gehöre. 9Jlit befonberem SSel^agen
übte er ba§ griebenapoftolat unb öertl^eibigte bie 9iul)e um jeben ^rei§.
9kc^ ^erfteEung be§ ^yrieben§ nal)m ®. an ber 91euorbnung beä öfterreic^.
©elbtoefeng leb^ften ?tntl)eil. ©eit bem 23eginn feiner litterarifc^en Sliätigfeit
l§atte er fic^ namentlid) mit bem ©tubium bei englifdfien unb fran^öfifdtien S5er=
l^ältniffe einge^^enb befd£)äftigt unb burd^ Ueberfe^ungen öerfcf)iebener äöerfe, benen
Einleitungen unb Slnmerfungen hinzugefügt maren, nid^t feltene i?enntntffe bc=
funbet. S)er ^offommerpräftbent O'bonneÜ jog it)n öielfadE) au 9latl)e unb ob=
586 ®«nfe-
gteid) &. mit ben im ^. 1810 jut 53efeiti9ung bev ^l^apiertoirttifc^aft exgiiffenen
5)JtaBna^men nic^t einöerftanben toax unb feine aBtoeid)enbeit 9lnfi{i)ten münbtid)
unb f(^ri|tli(^ betonte, berfagte er bem ßeiter bei* 5fteneic^if(f)en ^inan3üertt)at=
tung, ben er perfönlid) ^od)fcC)ä|te , feine Unterftü^ung nid^t unb griff öielfac^
publiciftifd^ ein, um bie bem patente bom 20. f^efir. 1810 ju ©runbe liegenben
@efid)t§pun{te tlax ju legen unb ti}eitmeife auc^ p öerf^eibigen. Sie 3lug§=
Burger Leitung bradite bamal§ me^^rere ^^irtüel au§ ber ^^reber üon @., bie fid^
burS) J?lorl)eit unb Ueberfic^tlidifeit au§.5eic^nen. ^it ©tabion, ber im 3^a^re
1814 an bie ©pi^e ber S^inanäöertüattung geftettt tuurbe, ftanb ®. feit me^r
al§ einem ^al^raelint in inniger a}er6inbung , unb er ^atte nun ©elegen'tieit,
feinem (Sönner bie wefentlid^ften S)ienfte ju teiften. SCßie meit ©. Bei ber g^eft=
fe^ung ber öon ©tabion in 5lu§ficC)t genommenen ^a^na^men mittoirfte, tä|t
fict) ätt)nr nic£)t actenmäBig nac^tüeifen : au§ feinen SLagebüdiern ge'Eit jeboc^ t)er=
öor, ha% er öiclfac^ p 'dtattje gebogen tourbe unb au(^ eine atei'^e hierauf be=
äüglid)er Strbeiten lieferte. S)ie§mal ftanb auc^ feine publiciftifc^c 2{)ätigfeit mit
ber eigenen UeBerjeugung im ©inttange unb bie in ber ?Uig§burger 3eitung
öeröffentticfiten ^Irtifel geben getreulich feine 2tnfic^ten toieber. S)ie ttpefentlidiften
S)ienfte leiftete ®. jebod^ bem trafen ©tabion, al§ bie S)urd)fü^rung be§ $lane§
in i^olge einiger ^i^griffe ju fi^citern bro'^te unb in ben ma^eBenbften Greifen
erl)eBliS)e ^toeifel erwa(^ten, oB auf ber aboptirten ©runblage bie ijerfteltung be§
metattifdien ®elbttiefen§ üBertjaupt ^u erreicf)en fein tDÜtbc. 2)urd^ @. lourbe
gjlettcrnid) gewonnen unb biefer t)ielt ben toanfenben ^Ütonardien feft unb tt)el)rtc
ben getoidjtigen ßinflu^ ber (siegner ©tabion'ä oB. S)ie ^^lugSßurger 3eitung
entt)ält im ^. 1818 eine ganje 9iei^e öon ^^Irtifctn, beren S^erfaffer &. toax.
S)er Bebeutenbfte 3luffa^ mar ber „UeBer ba§ öfterreid^ifctie ®elb= unb 6rebit=
mefen", ber \iä} in ber Beilage Dom 21. :3^uni 1818 finbet. &. l)atte öott=
fommen 'üitä^t, loenn er biefe Arbeit al§ ein fleine§ i^unftftücf be^eitfinete unb
fic^ barauf öiel einbilbete. 6r überfe^te biefclbe mit großer ©orgfalt in§ Sran=
jöfifc^e unb lie^ fie in biefer ©pradje al§ ^Brofc^üre crfc^einen. 3lu(^ fpätcr,
na(i)bem bie öfterreid)if(f)en ®elböerl)ältniffe längft georbnet toaren, feffelten %i=
nanjfragen fein ^ntereffe unb bi§ tief in bie jmaujiger ^ai)xe öerfolgte er mit
gefpannter 9lufmerffamfeit bie finanziellen 33erl)ältniffe ber ^eröorrageubften euro=
^3äifc^en ©taaten, namentlid^ granfreicfig unb @ngtanb§; erft feit bem ^luftaud^en
ber orientalifdien ^^xao^z feierte er biefen ©tubien ben 9iüdfcn.
©eit ber 9tü(ifet)r öon ^^ari§ l)atte @. auc^ einen ma^gebenben (äinflu^ auf
bie 9lid)tung ber öfterreid). ^4^olitif erlangt. 5£)ie früt)er nur loderen Se^ie'^ungen
5ur ©taatäfan^lei mürben inniger unb fein perfönlidieS 35er^ältni§ 3u bem Seiter
berfelben ein intimeg. ^n ber Xliat taud)te nun feine einzige gi'oge auf, an melc^er
6J. nid)t mittelbar ober unmittelbar toefentlic^cn ^Inf^eit na^m, unb t^eil§ im per-
fönlidien S5er!e^r mit 5Jtetterni(^, t^eilS fdiriftlid) in ©riefen unb 3[Remoiren f)at
®. auf bie .^altung be§ 6aBinet§ Beftimmenb eingemirÜ. ®. tourbe ber äJer=
trautefte ber 33eitrauten be§ ^^üi'fien 5)letterni(^ ; er er'^ielt öon aÜen Vorgängen
3uerft bie genauefte ^unbe , bie p ergreifenben ^Jta^na'^men mürben i^m juerft
mitgetlieilt, feine ^Jteinung unb fein '^att) einge'^olt. 2)ie SlBänberungen, toelc^e
3toifd)en (^^onception unb 2lu§|ül)rung nid^t feiten eintreten, finb jum großen
2;^eile auf feine 5}titmir!ung gurüdjufü^ten unb bie ungemein flaven unb px'cL=
cifen 3lrBeiten öon (S. ^aBen feiten auf ^etternic^ @inbrud ju mad)en öerfe^lt.
3fn öielen x^äUtn ift e§ fdl)mer ^u fagen, öon roem bie erfte Slnregung ausging, oft
lie^ ftd) 5Jtetternic^ Beftimmen, einen fd)on gefaxten '^ian auf^ugcBen ober um3uän=
bern. S)er 9ieftauration§gebanfe mar mit bem äöefen ber öfteia-eidf). ^oliti! innigft
öertoad)fen. S)ie liBeralifirenben Hinflüge be§ ©rä^erj. .ßarl unb ©tabion§ !^atten
\iä) ber 33illigung be§ 5}tonard)en nid)t erfreut. @inen geeigneteren SSertreter
@en^. 587
fonnte bic S)urd)iü'^i-ung be§S8et)ormunbunö§ft)ftem§ unb ba§ @i-l§Qltun9§jt)ftemnic^t
crl^olten, aU ^etteiniä), beffen ©teHung eine um fo fiejeftigtere tourbe, je mti)x
er fid) bem ©ebanfenheife feineg (Sel6ieter§ anbequemte unb nac^ au^en jene
(Svnnbfä|e öex-trat, beven Sefeftigung naä) innen S-ranj at§ einen 6arbinal=
punft an'iaf). S)ie ^ittüii-fung bon ®. in biefev ^tic^tung toar umfaffenb; ba^
namentli(f| ben 3Iu§tDÜ(i)fen ber ^outnatifti! unb ^uölicifti! ber ^rieg etflärt
metben mü^te, wmht öon (B. eifngft öexioi^ten, unb er ift ber geiftige Url^eber
ber meiften ^jla^nal^men , bie fpäter mit größerem ober geringerem Srfolge in
©cene gefeljt mürben. 2lu§ icbem gegen bie 9ie[tauration§tenben5en gerichteten
i^outnalartifel grinfte i'Eim ba§ ©efpenft ber 9tebotution entgegen, in ieber un=
f(f)ulbigen 9tegung jugenblid)er SBraufelöpfe toitterte er gro^e ©eja'^ren für bie
neue Drbnung ber S)inge. ©er „£)efterrei(^ijc£)e SSeobadjter" würbe nicE)t mübe,
bie 2lu5[c£)reitungen ber öffentli(i)en ^IJleinung auf Seben unb Sob ju befämpjen
unb bie 35et)auptung über bie !§eröorragenbe 5Jtittt)irfung be§ SJolfei in bem
3Setreiung§!amp|e äurürfjumeifen. ^n ben 2lu§f(i)reitungen ber treffe erblicJte
(5). eine unge'Eieuere ©efa^r, meiere bie 3^1'^^^!^ be§ euro|)äij(i)en @taatenft)ftem§
bebro^te unb ber energijd) entgegengetreten Werben mu^te. Sauge juüor, e^e
aui bem 6arl§baber ßongreffe eine Einigung über bie ju ergreifenben ^a^na^men
bemerfftettigt Würbe, fann &. auf ^Jlittel, Wie bem Uebel ^u fteuern fei unb cr=
fann S3orj(f)Iäge, bereu unmittelbare SSerWirflid^ung jeboc^ auf ©c^Wierigfeiten ftie^.
3u Stachen ftanb bie Sefämblung be§ 3f^töfi[if§ ebenfalls auf bem 5]3ro=
gramm. SBie @. ber SBelt öer!ünbigte, werbe „Sr'^altung, nitfit 3luftöfung ober
UmftuTä" jeben ©d^ritt ber öerfammelten Wä<i)tt be^ei^nen. ©. fungirte al§
^rotocoIIfüf)rer unb '^atte aucf) an ben gefaxten Sßefd^tüffen ben ^erborragenbften
Slnt^eit. S)er biplomatifd^e ^^^elbjug jener 2:age war feinen eigenen Steu^erungen
3U f^fotge ber ftrengfte unb arbeitSöoÜfte , augleidf) aber auc^ ber glüdtidifte,
ru^mlidifte unb befriebigenbfte; nie Würben i^m ä^nlict)e ßorbeeren 3uer!annt;
jeben Slag Würbe it)m ba§ f(^mei(^el^afte Sieb öorgefungen, o^ne i'tin fönne e§
feinen Songre^ geben, -jleben bem ßobe ber ©taatSmänner unb i^M^^^ ^eimftc
er aber auä) reicfie ^etofinungen ein ; öon allen ©eiten ftrömten i'^m reiche @elb=
gefcf)enfe 3U. ®eftäf)lt unb geftärft fef)rte er l^eim, um ben ^ampf gegen bie
^JU'uerer fort^ufe^en unb bie 3Ibmacf)ungen ^u 5la(^en gegen aEe Angriffe ju
berttjeibigen. S)te 2lug§burger 3fiiw"9 brachte im ^^ebruar 1819 eine 2[rtifel=
ferie gegen ba§ franjöfifcfie i^ournal "DJünerüe unb bie SBiener ;Sat)rbü(i)er be§=
jetben ;:3al^re§ ben großen 5tuffa^ gegen be 5ßrabt'§ „©em.älbe öon ßurotia nac^
bem ßongre^ öon 9locf)en". (S. unb fein ^eifter träumten öon einem bipto=
motifd)en ^^ubeljafire, Weld)e§ nunmef)r über 6uro|)a l^eranbre(i)en Werbe.
S)iefe 5p^anta§magoiie würbe balb ju nid^te. S)ie ©rmorbung ^o^ebue'g rief ba§
üerf(^eu(i)te @ff)3en[t einer beborfte'^enben allgemeinen UmWäläung wieber Wac§;
man Witterte überall 5!Jleutf)elmörber unb 35erfii)Wörer unb t)ielt e§ für not^=
wenbig, ben ®eift ber Unruhe, ber Neuerung unb be§ 3^ortfd)ritte§ ju bannen,
a^on Stauen au§, Wo \iä) 5Jtetternid§ befaub, würben bie einleitenben ©c^rittc
gemacfit, bie ^u ben ß^arlSbaber Konferenzen führten. ©§ lä^t \iä) nun bocu=
mentarif(^ nadiweifen , ba^ @. bie 9tid}tung, weldie ber leitenbe öfterreic^ifd^c
Staatsmann einfd)tug, in ^erboiragenber SBeife beeinflußte. ^Jletternid) fdiwanlte
lange über bie ju ergreifenben 5RitteI; ®. unb 5lbam ^Dlüller, bereu Briefe i^n
in 9iom unb dleapd trafen, brai^ten bie etwag unflaren ^been bf§ 5Jtinifter§
pr Steife. ?li(^t in ^^ranffurt, wie 9Jtetterni(f) anfangt geplant l)atte, fonbern
in öertraulid^en SSerat^ungen ber an ber ©pi^e ber ©efc^äfte fte^enben ©taat§=
männer fottten bie ''IRaßregeln gegen bie bemagogifdjen Umtriebe befprod^en
werben. S)ie 3Sorfd)läge entfprangen nur 3um 2:^eil bem ^opfe 93tetterni(^'§;
äumeift @. l^at i^nen bie ^^orm gegeben, in wel(|er fie ben in 6arl§bab öer=
588 ®^"^-
fammelten 5Utni[tern bovgetegt rtutbcn. S)er fJelbäugSJjlan gegen bie Uniöei-ji^
täten ift faft au§fci)Iicp(^ jein äöer!, tt)eld)e§ er mit Unteijtüliung 5)lüEer'§
feinem ©ebieter munbgevcc^t machte, ©eine gorrejponbena mit ^JJIetternic^ im
f^fvü^ja'^i- 1819 f)at nur bie Unitierfität§angetegen{)eit ^um ©egenftanbe. ®ie
©vunblinien eine§ S3ejii)lujfe§ sur S5er^ütung be§ ^3JliBbraud)e§ ber treffe beruhten
ani einem Elaborate, roeld^e§ fdpn üor M^ ""^ 2;ag aU ©rnnblage bon S3e=
xaf^ungen gebient !)attc, bie in äöien jmifi^en &., ^avbenberg , Sforban unb
^ettci-nici) gepflogen wovben toaven. ^Jiebft ber ^43reffe marcn e§ aber ou(^ bie
lanbftänbifd^en 3}erfaffungen ber beutfcf)en Älein= unb ^Jlittelftaaten, gegen toelc^e
bur^ eine entfpred^enbe 5tu§Iegung be§ 3lrtifel§ 13 ber 33unbe§Qcte angeftürmt
mürbe. Sie 33unbe§acte üerr)eiBe „tanbftänbifd^e", aber mit nii^ten „3tepräfen=
tatiOüerfaffungcn", toax ber Stn'^att eine§ 9lctenftücEe§ , tueld^eS ber lieber üon
@. entftammte. ^lit großem SBe^agen merben bie burrf) bie giepräfentatiö=
öerfaffungen bro^enbcn @efat)ren gefc^ilbevt; bie im ©efolge berfelben auitreten=
ben 3lttnbnte berfelben at§ 5)liniftcrberantluortli(^feit, £)cffentlid)feit ber 23er[)anb=
lungen, unbefd)rän!te ^^re^Tveiljeit unb unbefd}ränfte§ ^ctition§red)t feien mit
ben erften 23ebingungen einer monarc^ifd)en 9tcgierung§form unücrträglic^. Tiaä)
58eenbigung ber ßonferenjen mar feine f^eber nnermübtid) tt)ätig, um bie 93e=
beutung berfelben ^u beleud)ten unb alle 1'lngriffe ab^umel^ren. i^e l^eftiger bie=
felben maren unb je fd)roffer ber 2Biberfprud) 3mifd)en feinen nunmef)rigen 2lu=
ftd)ten unb ben frü'^eren, namentlid^ über bie treffe ju Sage trat, um fo
met)r '^atte @. ba§ SSebürfniB, feinen ©tanbpunft 3U rechtfertigen. 6§ toäre ein
3^rrt^um anjunetjmen, ba^ ®. nur at§ befolbeter .^anbtangcr ^Jlctternid)'§ fprad^
unb fc^rieb. S)ie autt)entifd)eften ^euQi^iife liegen bor, ha'^ bie au§gefprod)enen
5lnfid^ten öon i^m getl^eilt mürben. 2)ie f^urdit bor bem UmficSgreifen bev
tebolutionären Sibeen "^atte fic^ fd)on längft feiner bemäd)tigt unb it)n in ba§
Sager ber 9ieaction t)ineingetrieben. „S)ie 9{ul)e um jeben ^4^rci§", lautete ba=
mal§ bie ^^.^arole unb ba§ unfdfieinbarfte Äreignifj genügte, um il)n in bem neuen
©ebanfenfreife ju beftävfen. (Sanj riditig mürbe bemerft, ba^ auc^ eine ge=
miffc m^ftifdje 9lid)tung, meldte fic^ ^citmeitig feine§ fonft Haren Äopfe§ be=
mäc^tigte, baju beigetragen l^at, ba^ er in bem ^oliäeiftaate ba§ |)eil fuc^te. ©o
ablel)nenb er fi^ fonft gegen bie 2:^eofopl)ie ^bam 'OJiüIler'g berljielt; in mand^en
Momenten fdjien er ganj bie 3lnfid)ten fcine§ ^yveunbeg p tl)eilen unb feine
i-eceptibe Statur gab fid) ben ßinflüffen berfelben l)in. 5Damal§ fd)ien e§ if)m
faft gemi^, ba^ feine moralifd^e unb folglid) aud) !cine politifd)e SBeltorbnung
beftel)en fönne, tt)enn fid) ntd)t ^DJtittel finben liefen, bie SJernunft eine§ hieben ju
bönbigen; ber ^roteftanti§mu§ fd)ien ifim bie erfte, ma^re unb bie einzige Qucüe
aEer ungel)euren Uebel. Snbem \xäj bie Ütegierungen beciuemten, ben ^4^roteftan=
ti§mu§ al§ eine erlaubte xeligiöfe ^orm, al§ eine ©eftalt be§ 6^riftentl)um§, ein
5Jtenfd)enred)t anjuerfennen, mit i^m ju capituliren, i^m feine ©teUe im ©taat
neben ber eigentlid)en magren .^ird)e anjumeifen , mar fofort bie religiöfe, mora=
ltfd)s unb politifd)e 2Beltorbnung aufgelöft. S)ie fraujöfifd^e 9tebolution unb
bie nod) fc^limmcre in ®eutfd)lanb beöorftel^enbe , flcffen au§ ber nämlid)en
Quelle. S^eber ^^cubaliSmuS , felbft ein fet)r mittelmäßig georbneter, toax it)m
toittfommen, toenn eine S^efreiung bon ber .^errf(^aft be§ 4>öbel§, ber falfdien
(gelehrten, ber ©tubenten unb befonberg ber 3c^tung§fc§reiber baburd) erhielt
toerben !onnte. Üta'^el l)at ganj ri(^tig bemerft: (i). ergriff ba§ Unmal^re mit
3Bal)r^eit§leibenfd)aft , unb für feine 6pod)e feiner SBirffamfeit ift ba§ äBovt
3utxeffenber al§ für bie bamalige.
3ln bie auf ben SBienergonferenaen gefaßten Sefc^lüffe fnüpfte®. "^od^gefpannte
©rmartungen. S)ie großen 9}erl)ältniffe, jubelte er, fte'^en alle bortrefflid); bie
franjöfifd^e 9legierung mirb au§l|elfen , fo biel fie bermag, aber ficl)er unb 3n=
öerläfftg nid)t fdiaben. 2)ennocl) gab gerabe granfreid§ ju 33eforgniffen Einlaß
Ö)cnt3. 589
unb bie ^Borgänge in ber iranaöfifc^en '^eputixientammn forberten bie ^Polemif
im S3eol6ac^ter i)erau§. S)ie @rmoi-bung be§ -ip^^-'^og^ ö. SSerrt) fc^rerfte bie in ber
Dften-ei(^i|c()en Ote[ibenä öerfammelten Diplomaten auf, unb <5d)tag auf Schlag
folgten bie üieöolutionen in ©panien, Steapel unb ^oi-tugal. 3Jletternic^ blieb
bei ben S5orgängen auf ber iberifc^en ^albinfel fü'til unb rul^ig unb ma^ ben
ßreigniffen feine gro^e SSebeutung bei. Söeit fc^örfer unb jutreffenber beurtl^eilte
@. bie @ac£)tage unb fein ftaat§männifct)er Slici erfaßte bie 2;ragtt)eite. ^Jtur
bie 9(taf(^'^eit , mit toeld^er Cefterreicf) in Italien ein^ufi^reiten ^iene mad)te,
gab i'^m bie Verlorene 'Stu^e tuieber unb feiner @influ§na{)me ift bie .^altung
bc§ öfterrei(i)if(f)en 6abinet§ 3Uäuf($reiben. 5Jlit ben ßongreffen 5U 2:roppau, Öoi=
bai^ unb IBerona l)at &. feinen 5kmen bauernb t)erfIo(i)ten. 2)ie tDic£)tigften
©djriftftüde mürben öon if)m öerfa^t unb er übertoanb feine rf)eumatifc§en Uebel,
bie it)n ungemein plagten, um feinem 9lmte al§ ^protocoEfü'^rer gerecht ju mer=
ben. S)aneben fanb er no($ Wu^e unb £^uft p 5lbfd)lüffen alter unb ju 2lbfaffung
neuer 5lrbeiten. @in ©jpofe über bie öon ©tabion ergriffenen i5^inanjma^nal§men
tourbe bamal§ öorbereitet, unb im öfterretcl)if(^en SBeobaditer prangte ein 5trtifet
gegen ben ^ü^xtx ber Dppofition in f^ranfreict), Benjamin Gonftant, Sie rafd^e
'Jiiebertoerfung ber Siebolutionäre in Italien feuerte i^n an, bie @efd)i(^te be§
neopotitanifd)cn fyelb^ugeS in überaus l)umoriftif($er SBeife ju er^ä^len. 5£)ie
greube über bie errungenen drfolge ^alf \i)m über bie förpexlic^en Seiben, bie
er tro^ SSäber nicE)t bewältigen fonnte, l)inmeg, unb fein ©eift fanb ©pannfraft
genug, um bem SSerfaffer beg ^anuffriptS au§ ©übbeutfi^lanb fd)lagfertig ent=
gegenjiitreten. ©0 oft e§ galt, gegen ben ßiberali§mu§ ^^ront ju madien, fanb
man i^n am $(a^e unb Mne ©d)rift, fein ^ournalartifel öon einiger ^ebeutung
blieb unbeai^tet.
@ine ftittere, aber eingreifenbere SBirffamfeit entfaltete @. toä^^rcnb bie
griec^ifdlie S^rage auf ber 3;age§orbnung [tanb. SBä^renb biefer S^it leuditete
fein ftaat§männifd)e§ Talent im l^ellften (Stande. Sn ber SSeurt^eilung ber
potitifdjen 33erl^ältniffe unb ber ma^gebenben 5]3erfonen fteEte er ben ^^ürften
5Jletterni(^ in ben ©ct)atten. 2)er SSrieftnedifel mit feinem SBorgefe^ten au§ biefer
3eit liefert bie Selege, ha^ fein fd^arfer SSlicf bem @ange ber ©reigniffe öoran=
eilte unb bie ©tettung ber europäif(^en 5[Räc^te ri($tiger erfaßte al§ 5Jletterni(^.
S)iefer lebte nid^t feiten in bem Söa'^ne, burrf) feine Haltung einen beftimmenben
(Sinflu^ auszuüben unb ben 3Xu§bruc^ ber SBirren t)erl)inbern ju fönnen unb
nur fein felbftgefäHiger ©inn l)alf il)m über mannigfache 2;äuf(^ungen ^inmeg,
inbem er auc^ bort fiel) einen ©ieg öorfpiegelte, mo er im (Srunbe eine gemaltige
^fiieberlage erlitten l^atte. S)er SBal^n, ha^ man bie türfif(^=grie(f)ifcf)e grage
„in aller ©tille begraben t)abt" , bauerte bei (S. nur furje 3eit; feit ßanning
ba§ 9tuber in ©nglanb fül^rte, erfannte er, ba^ ficf) ©nglanb bon bem SSunbe
ber ©roBtnädite loS^ulöfen anfc^ide; bie franaöfifcfie ^olitif fofettirte mit ben
^eEenen; 3fiu§lanb§ Unauberläffigfeit mar ebibent. ®. erfaßte bie ©ac^lage
unb bejeicfinete bie 9ti(^tung, meldte bie öfterreidl)ifd)e ^olitif einfc^lagen mü^te,
um in ben orientalifd)en Slngelegenlieiten eine ma^gebenbe Stolle ^u fpielen, unb
nur bie ©egenbemerfungen Metternidl)'§ machten i^n in feinen meift richtigen
(vombinationen 3eitmeilig irre unb bemerfftettigten e§, ba^ er feine eigene 2luf=
faffung jener feine§ 5Jleifter§ unterorbnete. S)ie jalilreic^en gebrudlten unb un=
gebruiJten S)enff(^riften öon @. au§ biefer @poc£)e fpiegeln nii^t immer feine
eigenen 3lnfi_cl)ten ab. S)ie meiften finb auf 5lnregung be§ leitenben ©taat§=
mannet abgefaßt, um ben öfterreic^ifd^en ©efanbten mitgef^eilt 5U merben. @.
allein erfaßte öon oEen ©taatSmännern teenigften§ jeitmeilig bie gro^e l)iftorifd§e
ÜJliffion , mel(^e Defterreic^ naturgemäß ^ufiet. ®. ließ fidl) bei feiner @egner=
fd^aft gegen bie „entorteten 9lamen§genoffen öon ^^inbar unb @paminonba§" ni(^t
bon feinem unau§löfdt)lid§en 9teöolution§l)affe leiten, fein §auptgefid^t§punft für
590 ®«n^-
bie Seurffieitung bev ovientalifc^en ^vage tpor, tüic richtig bemerft touvbc, nidit
ber antireöolutionäve , fonbetn ber antirujfijc^e. ^n biefev SSejietiung tüittcrte
er inftinctib bie gro^e &e']di)x, toeldie bem öiteneid){f(i)en Staate bon bem üBer=
tjanb ne|menben ^influffe be§ norbifrfien ^olo[|e§ brol}te. ©etbft jui- 3eit bes
innigften ©inöerftänbniffeS jtDifdfien Oeftcvrcii^ unb 9tu|tanb empjanb er gegen
bie ^^olitif biejer ^adft eine faft unbesiegbare 5tntipatt)ie, unb man füt)lt gteid)=
jam bie 3(n[treugung, bie e§ i^m foftete, feine Ueber^eugung ber feine§ ^JJleifter^
äum Opfer ju bringen.
@. fticilte bie 2^ubel'^t)mnen uidit, bie er auf SBunfd) feine§ 3}orgefe^ten
nad) gefc^toffenem Q^rieben anftimnite unb toorin er ber 2ßeÜ öerfünbigte,
ba^ Defterreid) allein ben ©runbfä^en be§ 9led)t§ unb ber gcfe^Iid)en £)rb=
uung treu geblieben toar. SSielfac^ überfd)lid) it)n bie ©mpfinbung , ba^ ba§
©t)ftem, bem er feine ganje ^-aft jugeltienbet, eigeutlid) ein öerIorene§ fei. ^di)
tvax mir ftete bettJu^t, fd^rieb er in biefen üageu, ba^ ungead)tet atter ^ajeftät
unb ©tärfe meiner 3)ottmad)tgeber uub ungead)tct ber einzelnen ©iege, bie mir
erfochten, ber^eitgeift jule^t mäd)tiger bleiben mirb, al§ mir; ba^ bie treffe, fo fe'^r
id) fie in i^ren 3tu§fd)reitungen öerad)tete, it)r furd)tbare§ Uebergemidit über alle
unfere Söei§f)eit uid)t üerlieren mürbe unb ba^ bie Äuuft ber S)iplomaten fo
menig aU bie ©emalt bem ÜBeltrabe in bie ©peic^en ju fallen bermag. ®ie faft
munberbare ßlafticität fcineg @cifte§ unb i?ürper§ ^alf it)m über ben Söiberfprudti
feine§ ßebeng ^inmeg unb er fud)te fid), mie fo oft, burd) ben ®enu^ f(^ablo§
5U t)alten. ©ein ®efunbt)eit t)atte fid) burd) ben Sßefud) @aftein§ gebeffert unb
gehäftigt unb er empfaub uad) feiner !:)\üdfet}r au§ ben 'illpen ein lebi)afteö
@efüf)l bon 2BoI)(fein. ^iod) bor Äurjem fd)ien er unter ber Saft be§ 5llter§
ganj niebergebrüdt , alleg erfd)ien i^m leer, matt unb abgefpanut, ba§ l'eben
^atte für il)n jeben Sfteij berloren. Tiuu fud)te er bie lange ^a1)xc gemiebene
@efellfd)aft mieber auf, ber Umgang mit f^rauen erfreute i^n unb ber ©reis
l^eimfte Xriump'^e ein, toie in ben fd)önften Ziagen feiner ^ugcnb. S)er 65jä'^r.
93tann berliebt fid) teibenfd)aftlid) in eine blü^enbe faum Utjä^r. S^än^erin unb
finbet an ben Steigen berfelben ©ntfcl^äbigung für mand)e ^Jtieberlage auf püli=
tifd)em getbe. S)ag 58ud| ber !^iebcr bon .steine ma(^t i'^n feinen fonftigen
ernften ©tubien abfpänftig unb mit innigem 33el)agen babet er fid) ftunbenlang
mit feinem f^reunbe 5profefd) „in biefen melanc^olifd)en ©etoäffern". Slud) in
feinen politifd)en ?lnfid)ten bottjog fid) eine merfmürbige 2Banblung. S)er ener=
gifc^e 9}ertreter be§ l?egititnität§princip§ fe^rt ^u ben freifinnigen Slnfdiauungen
feiner -Sugenb jurüd unb befreunbet fid) faft mit bem conftitutionellen ©t)ftem.
Legitimität unb 9]olf§fouberänetät erfc^ienen i^m nid)t al§ feinblid^e ^ole,
bie einanber betämpfen muffen, fonbcrn al§ ©egenfätje, bie red)t gut neben ein=
anbcr befteljen fönnen. ©einem (äinfluffe ift e§ jum %t)nl jujufdjreiben, mcun
ber leitenbe 9Jlinifter Defterreid)§ fid) mit ber S^ronänberung in granfreid) fo
rafd) befrcunbete. S)ie ßr'^altung be§ grieben§ mar ba§ fel)nfüd)tige 3iel, i>eni
(S. 3ufteuerte, nur bejüglic^ Stalieng mad)te er eine ^uSna'^me unb bert^eibigte
ba§ gted)t be§ bemaffneten @inf(^reiten§. ©o xeid) an SBiberfprüdien ift bas
Seben biefeg 3!)tanne§, ba^ er bie polnifd)e 9tebolution al§ eine bered)tigte aner=
fannte unb ba§ Gelingen berfelben raünfd)te. ©ein realiftifd)er ©inn berfannte
nic^t, ba| eine neue (gpod)e anbred)e, mit bereu 9tid)tung man fi(^, fo gut e§
eben ging, au§einanberfe|en mu^te. SBol rebete ex aud) je^t nD(| ben alten
(Srunbfä^en ber ßrljaltung ber 3iul)e unb Drbnung ba§ Söort, aber ol)ne ©d)roff=
l)eit unb ©d)ärfe bertl)eibigte er bie conferbatibcn ©runbfti^c unb um eine brennenbe
g-rage, meld)e bie Üiul^e ßuropa§ gefät)rben lonnte, au§ bem Söege äu fd)affen,
befreunbete er fid) fogar mit ber 23olf§fouberänetät. ©o in ber belgifd^en i^-xaQ,i,
Ibo er entfd)ieben Partei gegen ben ^önig ber ^^ticberlanbe na'^m. S)er e'^emalige
©egner ber SSerfaffungen in Deutfc^lanb meinte nun: eine ?lnfeinbung be§ con=
©eng. 591
ftitutioneEen (5l)ftem§ fönne feineStoegS in ber 5IBfid)t berjenigen liegen, toelc^e
in bem monav(^i|(^en ^rincip bie fic^erfte SSürgfc^ait jür ben iöeftanb ber €)xb=
nung ev!ennen. ^n Uebcreinftimmung mit bem @eiftc bee Sa!f)i;f)unbert§ muffe
man beroeifen, baB ba§ ©i^ftem regelmäBigen |yortf(i)ntt§ mit bem (5t)ftem ber
(Sr'^Qttung nic^t not^ttJenbig in 2Biberfpru(^ fielen muffe. S)a5 toe^mütl^ige
©efü'^I mürbe bem '»Dlanne nic^t erfpart, bie 5Jta(^t feine§ Salenteg einer öer=
(orenen ©ac^e ^ugemenbet 3U l^aben, unb' in trüben ©tunben fproi^ er offen ben
Söunfii) au§, aU ©(iiriftfteller üergeffen ju toerben.
S)ie oftmalige Trennung bon feiner (Beliebten, bie auf öerfcl)iebenen ^ii^ncn
©aftroEen gab, erl§öl)te feine niebergefdilagene ©timmung; @elböerlegen§eiten famen
feit 1828 liinju, nact)bem bie ßorrefponbenj mit ben öospobaren ber SSallacCiei
aufgeprt l)atte, unb obglei(f) ö^ürft 9J^etternid) feinem f^^'euribe ju ßülfe fam unb-
aud^ 9totl)f(f!ilb in ^^aris feinen ßorrefponbenten entlo^^nte, floffen bie CueHen bod)
niä)t fo xt\ä)i\d). mie in früfieren Sagen. S;a§ 5lbleben ber f^reunbc, befonbers
ber %oh 9Ibam 5)lüller"§, fomie bie ^Ibna'^me feiner förderlichen .ffräfte riefen ben
@ebanfen an bie SJergänglic^feit toaä). (Srf(f)ütternb mirtte ber S^ob @oet^e''§
unb feitbem bereitete er fi(^ jur legten ©tunbe öor, orbnete feine 3lngelegen=
l^eiten, ber fonft 9]^ut:§lofe, ben i^urc^t bei bem ©ebanfen an ben Sob befct)li(f),
äeigte fi(f) entf (floffen unb mut^ig. ©c^mer^toS entf erlief er am 9. ^uni 1832.
@. mar ein 5J^ann Don ungemö'^nlidien @eifte§anlagen. Älarl)eit unb
©elbftänbigfeit be§ Urt^eil§, Surc^fic^tigfeit ber Sarfteüung, ein feltener @e=
f(f)ma(i in ber formellen Se^anblung, machen bie Sefung feiner ©(i)rtften 3U
einem @enu^ unb nur in feinen älteren Slrbeiten finbet fiel) eine getoiffe S3or=
liebe für r^etorifc^en ^omp. 2Bol teenige bcutf(^e ©diriftfteEer l)aben ber gorm
ein berartige« uneimüblic^eg ©tubium jugemenbet; Söodien, ja 531onate lang
feilte er an einer furjen Einleitung; felbft ben minber bebeutenben 3lrbeiten
toanbte er eine große ©orgfalt p. S;ie wichtigeren SBriefe mürben ni(f)t im
erften Söurfe abgefenbet, fonbern mannigfach umgearbeitet, ^n öielen ©c^inft^
ftücfen ift ber @runbgeban!e nic£)t fein (äigent^um; er mürbe if)m öon DJletternic^
gegeben, bie ginfleibung if)m jebocl) gänjlici) überlaffen. Siele Sluffä^e im öfter=
reici)if(i)en Seobac^ter unb in ber Slugeburger allgemeinen Shilling finb auf biefe
äöeife entftanben. @. befa^ eine feltene ßlafticität beS @eifte§ unb erfaßte mit
großer öeic^tigfeit bie fd^toierigften ^Probleme be§ ftaatüc^en 2eben§. 3>on ^aufe
aui eine conferöatiüe 'Olatur , mürbe er in ber stoeiten -öätfte feineg Sebens ber
^eröorragenbfte 3}ert^eibiger ber Segitimität, ber SJorfec^ter ber 9leaction, ber
@egner freiheitlicher ßinrit^tungen. ^n einem Sanbe, mie ßnglanb, mürbe er
feine Talente ben Sort)-'^ geliehen §aben, in Cefterreic^ mürbe er ein SSemunberer
ber 5Jtetterni(i)'fif)en ©taatefunft, ein S^ert'^eibiger jener Sftegierungsfunft, bie in
ber ßr^altung ber 9lul)e unb Dtbnung, in ber Sefämpfung jeber frei^eitlicl)en
Stic^tung ba§ ,§eil erbliiite unb jeben Slerfucl) an ben einmal eingebürgerten
formen 3u rütteln , al§ eine @efal)r für bie 5Jienfci^l)eit bejeic^nete. 33efonber§
feit bem Söartburgfefte l)at ©. bei allen öon Defterreic^ ausgegangenen reactio=
nären 5Ra§nal)men nic^t blo§ lebhaft mitgetoirft, fonbern öielfad) aui^ ben 2ln=
ftoB gegeben unb feinen Giebieter in energifc^er SBeife baju gebrängt , bie be=
rüd)tigten 33ereinbarungen mit ben beutfci)en ©taat§männern an^ubalinen. 6§
ift nicf)t richtig, menn behauptet mirb, ba^ er im ßinjelnen oft toeiter gelten
mu^te, al^ feine eigene innerfte Steigung gemefen märe, irgenb eine '')tötl)igung
t3on au^en lag für i^n ni^t Oor, gegen cie treffe unb Unioerfitäten fo ma^tog
aufjutreten, ®ie l§ierauf be^ügücfien Slrbeiten lieferte er nicfit auf ^efel)l, fon=
bern au§ eigenem eintriebe, ©ein ©elbbebürfniB war ein au|erorbentlic^e§, oft
befanb er fic^ in @elbt)erlegenl)eiten , aber eigentlich fäuflic^ ift er nie gemefen.
3ur ^dt ber 6arl§baber unb Söiener gonferenjen floffen i^m bie Cuetten rec^t
592 ®e4-
veicf)tic^; feine ßortejponbenj mit ben .«poSpobaren bev SBoÜacfiei, bie ^etternid^
Dermittctt I^atte, brachte it)m getoaltige (Summen unb evft feit 1828 befanb el-
fte^ öielfad^ in finanäieÜen 5löt^en unb mu^te in feiner SSebrängni^ ni(f)t feiten
ju ^Jietternicf) feine 3uflu(i)t nehmen, um für bie 33efiicbigung feiner mannig=
fachen 93ebüi;fniffe bie erfotberlid^en 5Jlittel ju erlangen. 6eine ?Irbeit§fraft
war eine feltene; oögleirf) fein (Sele'^rter, t)atte er fiel) ein umfaffenbeS Söiffcn
in faft üUcn 3lDeigen ber l)i[torifc^=politif(^en S)i§ciptinen erworben unb feine
bebeutenbe Slrbeit entging feiner ?lufmerffamfeit. 3luf bem ©ebiete ber 33olf§=
mirtl^fc^nft [tanb er für feine ^^it faft ein,yg ba unb über @elb= unb Srebit=
fragen ^at er einige gerabeju meifter^fte 5lrbciten geliefert, bie mag it)nen öiel=
teid)t an Originalität abgel)t, burcl) Ätarl)eit unb Ueberfid)tlid)feit ber 2)ar=
ftellung erfe^en. 2öic fd)arf man aud^ bie ©c^roäd)e feiucö 0'f)arafter§ fabeln
mag unb e§ bebauern mu§, ba^ eine fo reid) angelegte 'Jtatur mit großen fittlic^en
3Rängeln bel)aftet War: bie 3tnerfennung al§ erfter ^^^ublicift 5Deutfd^lanb§ fann
i!^m nid)t öerfagt werben. i8ief)er ift er fd)led)terbing§ öon 91iemanb errettet
worben.
©ine üoEftänbige Sammlung fämmflid)er (Schriften ift big'^er nid)t bor=
fianben; üon feinen 3al)lreid)en bebeutenben ©riefen ift nur ein f leiner Sljeil
in jüngfter 3eif öerDffentlid)t Worben, öon feinen größeren :pülitifc^en ^^rbeitcn
au§ ben ^. 1813 — 32 finb einige <Stürfe gebrudt. S;en erften 33crfu(^ einer
^ufammenfteEung ®en|'fd)er <Sd)iiften machte 3B. 23}eic£. S)ie öon bemfelben
herausgegebenen 3lu§crwät)lten (5d)riften öon fy- ö. ©., (Stuttgart u. ßeip^ig
1836 — 38, laffen ungemein öiel ju wünfc^en übrig. 233eit entfpred)enber ift
bie öon ®. (Sd)lefier beforgte (Sammlung: ©d^riften öon t^-. ö. ®., ein 2)enf=
mal I— V, ^JJiannf)eim 1838—40. Sefonber§ wert^öoü für bie SBürbigung
be§ ^}Jtanne§ ift ber ^ßriefwec^fcl mit 3iot)anne§ ö. ^J}lütter unb baö meifter=
■^afte Sagebuc^ über ben vUufentlialt im preu^ifd)en .^auptquortier öor ber
(Sd^lac^t öon ^cna. Memoircs et lettres inedits de Chev. de Gentz publ.
par G. Schlesier. ©tuttg. 1841. ^n neuefter ^eit famen f)in5u: £)ie 2;age=
büd)er öon (S. au§ bem ^Jiad)laffe öon 3}arnl)agen'§ l^erauSgegeben, 6 S3be.
S3efonber§ wertl^öoll jeboi^ finb bie 9lufjeid)nungen au§ bem ^. 1809, eine
fyunbgrube für bie (Sl^arafteriftif ber öfterreid)ifd)en ^4-^olitif im ^. 1809;
©riefwed)fel mit 5lbam '3)tüller, (Stuttg. 18.57 ; ^Briefe öon &. an ^ilat, ^er=
ausgegeben öon 9Jtenbelgfof)n=©artf)olbt), Seip.^ig 1868, 2 Sßbe. 9lu§ bem
'^tad)laffe ^^tiebrid)» öon Ö). (öon ^4>rofefd)=Dften, bem ©ol)ne be§ befannten
Diplomaten), 2 5Bbe., 2Bien 1867, befonber« ber jWeite 33anb Wid)tig. De-
peches inedits du Chevaliei- de Gentz aux Hospodars de Valachie pour
servir ä l'histoire de la politique europäenne 1813 — 28, publ. par le Comte
Prokesch-Osten fils, 3 Vol., ^:psari§ 1876. 3ur ©efc^id^te ber orientalifd^en
grage, S3riefe au§ bem 5tad)laffe t5ri-*iebri($§ ö. ®., 1823 — 29, l)erau§gegeben
öon 31. ö. ^rofefd|=Often, Söicn 1877. 33on feinen ja^lreid^en öfonomifd)en
Sdiriften finb nur 33rud)ftücfe öeröffent[id)t. Defonomifd)=politifd)e fv^'asniente
in ber beutfd)en 3]iertelial)r5fd)rift 1840. 6ine red)t intereffante 3lrbeit öon
&. üb. ^^apiergelb 3. SS. bei Seer: 2)ic ginon^en Cefterreic^S im 19. S^a'^r^.,
^rag 1877, lieber ®. ift bereits eine ftattüd)e Sitteratur öor^nben. S)ie
öon ®. (Sd^lefier l^erauSgegebene Sammlung entf)ält in ben (Sinleitungen ^u
ben ©en^'fc^en (5d)riften manchen wid)tigen ^Beitrag ,^ur SBürbigung beS
Cannes ; befonberS intereffant ift ber 33rief tßrofefd)-Dften'S an ben .i^erau§=
geber; 9}arnl)agen ö. @nfc, 2)enfwürbigfeiten unb biograpt)if(^e S)enfmale.
,g)at)m'S 5lrtifel ®. in ber ©nc^ftopäbie öon 6rfd) u. ©ruber; ^Jtol^t, ®efd).
unb ßitteratur ber ©taatswiffenfc^aften, Sb. II. S. 488—511; gjlenbelsfo^n--
a3artf)otbt), ^r. ö. ®., ein ^Beitrag jur @efd)id)te DefterreidjS im 19. 3al)rl).,
©en^foto. 593
2tipm 1867. IWbex ba§ Set^äünife Oon Ö. ju ^Retternicf) : St. 3Beei-, f^üvft
^JIctterntcE) im ^Jleuen '^^lutaici) , fieiauSgegeBen öon ßiottfcfiaU, 33b. V.
©c^mibt=äöeiBenie(§, f^r. ö. @., 2 S3be., ^rag. SSeer.
(\icnö!oU) : ']H!olau§ @., Dr. jur. unb xed)t§gete'^x-ter 33ürgermei[tev bon
Stratjunb unb al§ G^ronift iür bie pommei-^e (Bejc^ic^te tDid)ttg. 6r ftammte
Oielletc^t au% ^ecftenburg, ieboc^ fef)Ien ung über feine Sugenb unb 31u§6i[bung
beftimmte 5kd)i-ic^ten, unb bermögen teir nur au§ ber Ueberficf)t ber in jeinem
%üQ,thuä) öon i'^m ertoä'^nten SBüi^er, fotoie au§ bem Umftanbe, ba^ er feine
ga'igenoffen unb bie 5RitgIieber ber ftäbtifd)en gc^ule mit Iateinifc£)en gteben
begrüBte, ben Sctitu^ ju ^ie^en, ba^ er eine bielfeitige :^umaniftif(i)e ^ilbung er=
f)ie(t, meiere fic^ au^er feiner 5ad)tDiffenf(i)ait auf bie lateinift^e unb grie(i)ifc^e
Sprache, fotoie auf (^efd^ic^te unb ^atl^emati! Be^og, unb bie i^n auc^ ein leb=
fjaftes i^nteteffe für mufifalift^e 9Iuffü^rungen empfinben lie^- ©enauere 3^ad)=
ricijten erf)atten wir erft, feitbem er im ^. 1540 ha§> ©ijnbicat beim (Stra(=
funber ^att)t ert)ielt, unb neben bemfelben eine ousgebe^nte 5|}rQri§ at§ 9ted)t§=
anmatt führte, äöenn mir i^n a(§ fotd^en ^äufig bie |)er3oge öon ^Jledtenburg,
bie 5üi-ftin=9tebtiffin öon 9tibni^, fomie bie ©tabt 9^oftod öertreten fe^en, auä)
mä) einer- 5tacf)ridE)t öon ©aftrom , bei gjto^nife III, p. 43 feinen $Ian öer-
nehmen, in bie 2)ienfte be§ $erjog§ ju treten, fo fc^einen biefe Umftanbe gteic^=
fall§ auf feine mec£tenburgif(|e l'lbftammung (jinjutoeifen. ^n ©tratfunb fanben
iebo(^ feine Süi^tiglcit unb öerbienftöoUeS SBirfen eine fo f)o^e Stnerfennung,
ba^ ii)m ber 9tat:^ am 5. Sluguft 1544 ba§ .ßir(i)ente'§n ju ^:prot)n öertie'^, beffen
@enu^ i^m eine forgenireie Stellung unb einen angenehmen 2tufent!^att Iänb=
tiefer 6rt)o(ung gemährte, ^m ^erbfte 1555 mürbe er, nad^ bem Sobe ber
Sürgermeifter ^JtifotauS ©teöen unb g^rtftop^ Sorber, mit Stnton Sefom ,^u
bereu Dkc^fotgern gemät)tt, be'^iett aber, ba er nac^mie§, ba^ tia^ ©t)nbicat it)m
größere ginfünfte gemä'^re, auä) biefe§ 2tmt, jebo^ mit ber 6rleicf)terung, ba^
i^n ber rect)t§getet)rte unb fe^r gefcf)äft§gemanbte ^^rotonotarinS sßart^otomäuS
©aftroto (f. b. Strt.) in beffen gütirung unterftü^te. ^n feinem neuen äBir=
fung§freife '^atte er, Befonberg feit 1559, in mefcfiem ^d)xe fi(^ ber ältefte
Sürgexmeifter granj Söeffet in fyolge eine§ ©c^laganTatteS öon ber ^tljx^ü^
ber ©efc^äfte jurürf^og, ©tralfunb fomot am '^er^ogtirfien Apoie ju SBotgaft unb
Stettin at§ auf ben ;Ganbtagen unb ben 9}erfammtungen be§ .g)anfabunbe§ ju öer-
treten, na^m au^ teb'^aften 9tnt:^eil an ber ßntmirftung ber ftäbtif(f)en ä)er=
faffung, an ber 2lu§übung ber ®eri(^t§Bar!eit unb (Sinfü^rung ber neuen J?ir(^en=
orbnung, in ^o^ße toelc^er Stralfunb eine ürc^tictie Setbftänbigfeit unb ein be=
fonbere§ ftäbtifrf)e§ Sonfiftorium erhielt, ^n bem 3toif(i)en 5'i-"iebri{^ II. öon
2)änemart unb (arid) XIV. öon ©c^meben auggebrod^enen Kriege öon 1563 Bi§
1568, in metcfiem SüBecf burc^ feine 5ßereinigung mit S)änemarf fo auBer=
orbenttid^ gro^e 2}erlufte erlitt, na"^men ©tratfunb unb (SreifSmatb, mcfenttidö
burct) ben Sinftu^ i^rer älteften Sürgermeifter , 51ifoIau§ ®. unb Sertram
©mitertoft) , eine neutrale ©tettung ein unb legten bamit bie erfte ©runbtage
3U ber engeren SSerbinbung, toelc^e in ber ^yolge mit ©c^meben angefnüpft
tüurbe. @. TOuBte namentlich bie ^;)leutra(ität ber rügif($*pommerfc^en Äüfte
burd^ bie 35efct)ü^ung fdtjöjebifc^er ©c£)iffe , me((f)e bie Spänen im ©tralfunber
■Öafen ju fapern fudt)ten, aufrecht 3U erf)alten unb fe^tc auä) bie geftungSmerfe
unb SBe^rfraft ber ©tabt, bei ben ©efal^ren, metc^e ber 3u9 ^^^ •'pe^"3DS§ ß"i<^
Don Sraunfc^toeig naif) Siötanb im ^. 1563 für 5ßommern öerantaBte, in guten
©taub, öereinigte fid^ aud) mit ben '^erjogtid^en 'Käthen in £'oi^ 3U bemfetben
^meiJe. (Sin BefonbereS 9}erbienft ertoarb firf) (3. im 3ufammen^ange mit ber
neuen .^irdtienorbnung burc^ bie ©tiftung ber fttibtifi^en ©c^ule im ßat^arinen=
^tßgem. beutfc^e aSiogratoliic. YIII. 38
594 ü)enl^toiu.
!to[ter, beren evften Ütector, M. Sorenj 2Bt)beman au§ Königsberg in bcv ^)lcu=
mar!, er am 20. Slpril 1560 mit einer latcinifcljen Ütebc ciniüt)rte. S)urd) feine
eigene öielfeitige SSilbung unb ba§ ©tubium üon ^elancf)tt)on§ ©(^rijtcn an-
geregt, npibmcte er biejec Slnftalt, fotoie ben fird)Ii($en ä3erl)ältniffen aud) in ber
g^olgc eine leW)ajte gürforge, jonjol burd) ßinjd^reiten gegen ben ©d)n)ärmer
^4^cter ©utefe unb bie Unbutbfamfeit ber rcd)tmäBigen ©eiftli^en al5 burd) @in-
iü^rung bon ©diulgefetjen unb beren 9lntt)enbung namentüd^ hei ©treitigfeiten
5tt)ijd)en ben ^ie'^rern unb 5lnfteIIung öon neuen tüd)tigen ©d^ulgenofjen. ^n
feinen legten ÖebenSia'^ren trat bie ^IReinung§üerfd)icben:§eit ,^tt)ifc^en il)m unb
feinem jüngeren 3lmt§ge|ä:^rten Sartt)otomöu§ ©aftrom fc^roffer f)erüor, fo ba^
er bei 3unet)menber !ör^erlid)er ©($toäd)e attmäfjlig bon ber gül^rung ber ftäbti=
fd)en 2lngelcgenf)citen ^urüdlrat, bi§ er am 24. ^ebruar 1576 im 74. 2eben§=
jatire ftarb/unb ©aftroto, 1578 ^um Sürgermcifter erluäl^It, ben Sßorfi^ im
MaÜ)t übernahm. — 23ett?egt fid) @en^folü'§ |)raftifd)c 2:l)ötigfeit, roie foId)e nad)
feinem eigenen Sagebud) unb anberen d)ronifa(ifd)en '.}Iuf^eid)nungen feiner ^^^it
gefd)ilbert ift, borjugStueife in bem ©ebiete feiner engeren i^^eimat, fo wirb er burd)
bie genannte t)iftorif(^e Quelle, meldje bon 3ober in ^anb III ber ©tralfunber
g'^ronüen beröffentlid)t ift , aud) für weitere Greife unb namentlid) für bie aU=
gemeine 6utturgefd)id)tp unb nieberbeutfdie ©prad)forfd)ung mid)tig. ®a§ un§
erhaltene Jiagebud) , bon i^m fclbft in 2 Streite gcgliebert, umfaßt bie ^di)xe
1558 — 67, jebod) lä|t bie erlüäl)ntf ^tnfü^rung bon ©aftrow III, 43: ba^ er
in medtenburgifd)e S)icnfte treten woHte, unb bie, fofcrn ©aftroto (ber fid) bi§=
weiten in ber S)atirung irrt) lt)ier juberläffig ift, auf eine ©teile bon (Sen^fow'S
S)iarium bon c. 1558 Sejug nimmt, bie 5}ermutl^ung ,]u, ba^ nod^ ein früt)erer
SBanb, ber auc^ 9lufäcid)nungen au§ feiner Sugenb entl)alten "mochte, borI)anbeu
gewefcn fei. ^u§ ben ert)altenen 3:'£)cilcn erfahren Wir nur (III, 203), ha'^ er
am <>. Sccember 1562 in fein 61. ^ai)x getreten ift. 2)agegen unterrid)tct un§
ba§ Xagebud) , abgefet)cn bon ben bereite erwär)nten wid^tigen (Sreigniffen über
feine (^-amilicuber'^äUniffe, über feine Kinber au§ brei 6t)en, über feine juriftifc^e
^^rajiS , ftäbtifd)e 3)erWattung unb ©treitigfciten mit ^ImtSgcnoffen , über arjt-
li(^e unb törperüd)e ^^flege, 5llc^emie unb 3iu'^e^"fi. ßunft unb 3öiffenfd)aft,
fowie über ein regeS gefelligeS Stieben, ba§ fid) in feftlic^en Belagen mit dürften
unb ©tanbeSgenoffen , im ,g)aufe unb (^u *45rot)n be^aglid) erget)t. 5Rit ^Kec^t
bemerft ^^abriciuä in b^n ■Spaufifd)en @efd)id)t§blättern I, 1871, ©. 178, baft
un§ Ö)., in Uebercinftimmung mit feinem im Sürgermcifterfaal be§ ©tralfunber
9lat'^t)aufe§ aufgefteltten ^^^orträt, in feinem 2;agebud)e al§ eine „berbfräftige,
pra!tifd)e ^Jcatur be§ 16. ^al)r'^unbert§" erfc^eine; wenn er jebod) jebe ©pur
„bon tieferem ©emütl) unb f)öt)erem ©d)Wung" in ben 5lufäeid)nungen ber=
mi^t, fo ift bagegcn ^u erinnern, ta^ biefer -iJtaugel be§ S)iarium§ feinen ©c^Iu^
auf feine ^4>''^|di^ 5ulä^t, benn aud^ ber gemütl)boII[te ber beutfd)en TOaler,
3Hbred)t Sürer, erfd)eint in feinem 9ieifetagebud)e trodener unb realiftifd)er wie
G). 2}ielmel)r glaube id) au§ einer ']iac^rid)t bon iBerdmann (©tralf. (£t)ron.
I, 86) fowie au§ einigen furzen 'Jtad^rufcn beim Sobe feiner g^'eunbe (III, 37s,
386 u. a.) fd)tie^en p bürfen, ba^ ®. mit 2eben§frü^lid)feit ein freunbtid)e§
2öo'£)lWotten unb tieferei (Scmütt) berbunben ^ahe, Wä^renb bei ©aftrow, unge=
achtet berfetbe fo ja^treidje 33ibetfprü(^c unb 5Dloralborf(^riften feiner ©elbftbio=
grap'^ie eingefügt I)at, me!§r ber 2]erftanb unb ein l^erbere§ @emüt^ Ijerbortritt.
^n ^xan^ Söeffel unb ''3lifolau§ ®. treten un§ geWifferma^en bie legten 9te=
präfentanten be§ 5Jtittelalter§ in ben SJor^ügcn unb ©d^wäc^en beutfdjen @e=
müt!§c§ entgegen, Wa"^renb ©aftrow, obWol er fie an ^ebeutung überragt, fdt)on
mel^r burdf) bie 33ilbung ber ütenaiffancc beeinflußt erfc^eint.
OJeotg ilL, {y. ü. i'lttt)Qit. 5y5
5ti£olQU§ ®en|folü'§ Sagebuc^ öon 1558—67, auf bev ©tralf. 9tat:^§=
bibüot^e!, ^. b. 3ober, ©half. 6f)romton III, 1870, mit ©en^folp'S ^ov^
Mt. mot}mte, ©aftroto'g ßeBen III, 1824, mit 3lnf|. ®. Sröge, ßeben
gi-anä 3öeffel§. 3Jlot)ni!e .unb ?>oUx, ©tialf. (^^xonifen, 23b. I, 1833,
<5. 86, 145; Sb. II, 1843, ©. 12 ff. yJlot)mfe , ^o§. ^teberug Seben,
1840, mit Söapben unb gacfimilie ©en^fotD'S. 3ober, @efc^. be§ ©tratf.
@t)mnafium§ I, <B. 15—46; II, 18; III, 90. S)innie§, Stemmata Suiiclensia.
@COrg III., güift bon Sln^alt, mar ber britte ©o^n be§ f^ürften (ärnft
Uon Slnl^alt (f 1516) au§ beffen @:^e mit 5[)tai-garett)a , einer Soc^ter be§ ^er=
3og§ |)einri(^.I. öon ^Jiünfterberg. @eboren am 13. Sluguft 1507, öerlor er
ben 5öater in frül^er ^ugenb unb feine toie feiner SSrüber ©r^iel^ung fiel ba^er bor=
3ug§meife feiner frommen unb '^auSliälterifc^en ^tutter ju, meiere mit ben ,^ur=
fürften Sllbrec^t bon ^ainj unb ^oai^im öon S3ranbcnburg fotoie mit bem
.^er^oge Öieorg bon @a(f)fen bie S5ermaltung be§ £'anbe§ unb bie SSormunbfdiaft
über bie jungen dürften bi§ 3U beren (Sro^iä^rigfeit führte. S)em geiftüd^en
©tanbe beftimmt, marb ®. 1518 S)om:§eri: in 5)^erfeburg unb bejog bann 1519
in (Semeinfdiaft mit feinem SSruber So§ann bie llniöerfität Seip^ig, too er \\ä)
unter ßeitung feine§ ^^räceptor^ @eorg |)elb au§ ^^o^'c^^eim eine geleierte 33il=
bung öon einer %uie unb einem Umfange erlnarb, mie fie felbft in jener 3^^^
ber töieberauflebenben ©tubien, menigften§ in fürftli(f)en 5?reifen, ju ben @eüen=
t)eiten get)örte. 2Bie faft alle f)eröorragenben (Seifter jener xage töarb auc^ er
öon ben bie 3eit faft au§f(^liepi(^ be'^errfcEienben religiöfen fragen auf ba§
^nnigfte berütirt, bo(^ blieb ber ginflu^ ber eifrig fat^oiifd^en 5)luttcr für i^n
no^ lange 3eit mafegebenb. ^m S- 1520 toarb er ßoabjutor ber Sombrobftei
^Rerfeburg unb 1524 mir!lid)er S)omprobft bafelbft. (Sarbinal 2(lbrec^t, @r3=
bifd^of öon Tlain^ unb 5Jlagbeburg, ber feine ausgebreiteten ^enntniffe, nament=
lid^ auf bem Gebiete be§ fanonifd^en ^tei^teg, ju fd)ö^en tnu^te, ernannte if)n
1529 3u feinem 9tat^e in ber gtegierung be§ graftiftS ^JJlagbeburg. 9ia(^bem er
an S3i§t"^um, ba§ man i^m antrug, au§ (Srünben, bie feiner (5infi(^t mie feinem
(J.l^aratter gleich fe'^r 3ur ßl^re gereicliten, abgele'^nt, toarb er nacl) feiner 9}^utter
£obe (t 8. _Suni 1530) burd^ eifrige Söef^äftigung mit Sutl)er'§ unb ^eland^=
t^on'§ ©(^riften allmä'^lic^ für bie lut^erifd^e Se^^re getoonnen. ©o langfam,
ja faft fc§üc^tern fii^ biefe Sißanblung in feinem ©eelenleben öolt^og, fo be=
ftimmt unb entfd)icben l)at er an i^r, nadjbem fie eine jEliatfai^e gemorben, feft=
gehalten. @ine milbe, öerfö^nlicfie, aber in ber getoonnenen Ueberjeugung feft=
murjelnbe ^:pevfönli(i)feit , blieb ^^ürft ®. gegenüber ben 5)jta'^nungen feineg frü=
I)eren 33ormunbe§ , be§ ^erjogS ©eorg öon ©a(^fen , ber i^n in ber !at^olifcl)en
Ätr($e feft5ul^alten bemü|et mar, ebenfo unerfcl)ütterli(^ mie er anbererfeit§ Sut^er
megen feiner oft all^u lebhaften unb berben ©d^veibmeife freimüt^ig tabelte. „i^d^
mei^, ertoieberte iftm biefer, ba^ 6to. gürftlid^e (Snaben e§ (^riftlicEi , roo'^l unb
gut meinen, fo toiH id) mii^ auc^ mc£)t bunten laffen, ba^ it^ aÜein ben l)ei=
ligen (Beift "^abe, mitt meine f(^arfe ^yeber be^ meinem ©(iireibäeug legen unb
beten "Reifen." Unb ein anbere§ ^Jlal äußerte et: „^^ürft @eorg ift frömmer
benn id^; wo ber ni(f)t in ben ^^immel fommt, merbe iä) too^l l)erau§bleiben."
©elbft bem megen ber eifrigen ^arteina'^mc be§ ^^ürften Sßolfgang im f(^mal=
falbif(^en Kriege gegen bas 5ln|altifd^e ^au§ anwerft feinbfelig geftimmten
Äarl V. mu^te @. burd^ feine ftitte ©eelengrö^e unb feine fefte, überjeugungS^
öolle <Bpxaä)e eine faft an ©^mpatliie grenaenbe 3lcf)tung abjugetöinnen. Unter
allen dürften be§ giei(^e§, meinte er, fei feiner, bem er ben gürften ©eorg an
grömmigfeit öergleidl)en ober öor^ie^cn tonne, ßr l^offte burd^ ij^n öor anberen
nod^ in 9teligion§fad§en ettüa§ M^id^eg au§auri(^ten. 3:ro^ feine§ Uebertritt§
38*
596 ©corg ^riebtic^, 3R. ü. S?aben=3^ur(ad^,
5um 2ut'i)ext^nm entfagte @. bem geift(id)en ©tanbe md)t, tie| fid) öictme^v,
nac^bem er 1544 auf bringenben SöunjcE) bc§ ^um '^(bminifttator öon 5)teiicbmg
poftutivten ^er^ogS 9(itguft öon ©ac^jen jum ßoabjutoi* befjetben ertoä^It ttjorben
tDor, feierlid) aU folcf)en öon J^utl^er im S)Dme p ^Jtcvjeburg oibiniren, tüorübev
if)m ^JiBlandif^on ein 9ltteft QUgfteEen mu^te. ^n biefer ©teEung arbeitete er
jum großen i^eile bie Äirc^enorbnung bon 1544 auö , tücld^e cSperjog ITtori^
tion ©adCifen für feine j^anbe erlief. Salb aber nötl)igtc i'^n bie ^tieberlage ber
eöangelifdien fyiii-'ftei^ int fc^maltalbifrfien i?riege, auf ba§ ßoabiutorat öon
ÜJlerfeburg äu öer^id^ten. ©eit biefer 3eit (1548) njanbte er feine 3;l}ätigfeit
faft au§f(i)lie^lid) ben 2tnf)altifc£)cn Canbcn ju, in tt)etd)cn bereits früt)er burd)
it)n unb feine vorüber 3i0^aiin unb 3foad)im in @emeinfd)aft mit bem Jvürften
äöoifgang bie 5;^ut]^evifd)e Se{)re eingefüfirt morben toar. 33ei ber i]anbe§tt)eilung
mit feinen Srübern im ^. 1546 Waren if)m bie ^lemter 2öarm§borf, ^^Uö^fau,
«Spar^gerobe unb @üntl)er§berge jugefaüen , unb biefcm befd)eibenen 5öefi^t|umc
wibmete er mit aufo^jfernber .^ingebung bie letjten Satire feine§ Öeben§. S)ur(^
Derftänbige 3)erlt)altung§ma^regeln fud)te er ben äÖo'^tftanb feiner Untertanen
5U '^eben , bor 2(IIem mar er aber aud) '^ier bemütit , burd) bie Umgcftaltung
ber JHrd)e im eöangclifc^en Sinne unb beffere Einrichtung ber Schulen für i'i)x
geiftigcS äBoljl ju forgen. 6r berfd)mäf)ete eä nid)t, bie ^^^farrer feineg !^anbe§=
tt)eite§ felbft ju untcrrid)ten , prebigtc ^dufig in ben ^ird)en ju S)effau unb
2Sarm§borf unb fud^te ben religiofen ©inn in feinem ^axite nad) allen 9td)=
tungen I)in ^u beleben unb ju förbcrn. (är ftarb 47 ^a^xt alt unöermiU)tt, am
17. Cctbr. 1553 ju 2)effau, mo er aud) begraben liegt. — ©eine 3at)Ircid)en
©d)riften, metd)e bon feinen ^fitgcnoffcn ben ©djriften Suffier'S unb 5)letand)=
tf)on'§ gleidigefteüt mürben, finb au§fd)üefeüc^ tt)cotogifd)en ^nVIteg. ©ie finb
äuerft 1555 ju SBittenberg in ^^olio mit einer ü^orrcbe 5Jlflan(^t^on'§ , bann
in mieberI)oIten 5Ibbrüden erfd)icnen, '^(u^er einer 3{eit)e öon 5prcbigten tt)eit§
in Iateinifd)cr , tt)äi^ in beutfc^er ©prad)e unb öon ©cnbfd)reiben an fürftlid)e
unb anbere l^erborragcube ^^erfonen feiner 3eit bürfte bie ganj in i3utf)er'§
©eiftc gefd)riebene ©(^rift: „Unterridit, mie bie ^^farrljerren baä 3}oIf jur Sgu^e
unb @ebet ermat)nen foHen" , eine befonbere @rmäf)nung öerbienen. 3(ud) ^at
er eine erbaulid)e ©d)rift feiner ^hittcr (3}on bem iC'eiben, ©tcrben unb ber
3luferftet)ung 6t)rifti , öerfificirt) !)erau§gegeben , fomic er eä aud) liorjugSiüeife
mar, ber 33rotuff jur ?lbfaffung feiner 5lnl)altif(^en (5I}ronifa öcranta^te.
ö. kleinem ann.
®COrg gricbri(ft, illarfgraf öon iB a b e n = ^ u r I a c^ , ber ©tamm^alter be§
babifd)en §^ürften'^aufe§ , ift einer ber bebeutenbften ^yürften beffclben. ©ein
Später mar ber 9teiormation§fürft .^^'arl II. , ber fic^ buri^ eine ernfte 3{id)tung
feines SebenS auSsei^nete ; unb feine ^JJtutter , bie ':t^falägräfin 3lnna gilt mit
9ie(^t als ein ma|re§ Meinob ber ^ürftinnen i{)rer 3eit. Einer it)rer '4>rin,')en
ift ein ©^3ätling, eben @. ^., geboren am 30. i^anuar, nad) anbern am
10. ;5anuar 1573 in ber ^atlSburg ju S)ur(ad). ©d^on 4 ^a^re nad^'^er ftarb
ber Sater, er l^atte burc^ Seftament fein 2änbd)en feinen brei ©ö^ncn 3U ge=
meinfc^oftlic^er 9tegierung I)intertaffen. 2)ie Butter toar nebft 3 dürften jur
Sormunbfdiaft ber Äinber berufen. ©d)mäd)Iid)en ÄorperS öon Äinb auf er=
^olte fid) @. Of. mit 3unel)mcnbem 3Uter. Süchtige Se^rer bilbetcn ben be=
gabten ^:prinäen , fo ba§ er mehrere ©prnd)en fertig rebete. ^n Strasburg
mad)te er feine ©tubien unb ging mä) Italien, nod) nid)t 17 ^al^re alt. Um
jene 3eit trat fein trüber ^atoh pr r5mif(^=fat:§olifc^en Äird^c über, mau mad)te
Söerfuc^e, aud^ il^n auf benfelben 2Beg ju bringen, er miberftanb entfd)ieben.
Eben ging 9}larEgraf ^afob bamit um, ben 2f)eil ber ^Jlarfgraffd^aft 33aben,
ber i^m jugefaEen mar, in bie fat^olifc^e ^ird^e jurüdjufütiren , ba ftarb er.
©eorg fyriebricf), 5Jt. ü. 33Qbcn=S;ut(acf). 597
3luc§ jein anbever S3ruber 6rnft griebrid^ , ber in S)urta(^ reftbirte , öertie^ bie
luf^enjd^e Äirdie unb ^ulbigte ber re|ormtrtcn. (^tiatt toollte er bie i!^m in
fir(^üc£)er iBejicfiung lüiberipenftige (gtabt -4>forj!^eim mit Gruppen bemütf)igen,
ba ftarb er untertDcg§ an einem Sc^Iagftujie. DJlit bem iobe ber Beiben iBrü=
ber n)ar @. 5. , ber im jogenannten marfgräfler Sanbe , bas if)m aU @rbe 5U=
gefaEen toar, refibirte, in ben SSeji^ ber ganjen ^arfgraf^aft gefommen. ^n ber
5llitte ber neunziger ^ai)xt — er mar erft 22 Saf)re a(t — trat er bie 5Regie=
rung feines oberen X.'änb(^en§ an. Sei ber Sinfü^rung bes (Seneralfuperinten=
benten 2Beininger ^atte er felbft in ©egentoart ber fämmtüc^en Öeiftlii^en feiner
<g)errfc^aft ba§ Söort ergriffen unb bie SSic^tigfeit i^res 58eruf§ it)nen an ba§
|)er3 gelegt. Ueber'^aupt nal§m er ben teb^afteften Sintl^eit an ben ^^Tarrft)no=
ben, bei benen er nid§t bto§ erftfiien, fonbern fiif) auc^ an ber S)i§cuffion 6e^
tf)eiügte. SBeit er mit 3te(i)t bie Oteligion al» bie einzige ©runblage be§ 9}olfi=
tüoi)lt^ anfa^, tl^at er alles, um fie 3U förbern. Sa« fie^t man au§ ber üon
i^m aufs neue ^erauggegebenen Äird^enorbnung feinet SSaters, in beren S5orrebe
er au§fprid)t, ta% „bie Untertl^anen ju emfigem Äirc^gang unb ■öörung gött=
lic£)en 2Sort§, au(^ Sefud)ung unb ©ebraucf) ber fettigen Sacramente angetrieben,
unb hingegen üon ben ärgerti(^en, ftrafbaren Saftern mit 6rnft abgetoiefen tDer=
ben foEen." 23a§ er öon feinen Untertt)anen Perlangte, ba§ mar für iiin f eiber
^erjenlangelegen'fieit. 5Jtan befi^t Pon if)m no(^ feine Jpanbbibel, bie er tägtitf)
im ©ebrau^e ^atte. i^^r ^n^alt tnar fein Xroft, befonber§ in ben Seiben§=
tagen, bie i'^m in reidiem SJtaBe aufgelegt maren. SBenn er bie SSibel bur($ge=
lefen i)atte, fo bemerfte er e§ in berfelben. ^n feinem @terbejai)re 1638 l§atte
er fie 58 ^ai burdigelefen, ober toie er fd^reibt „u^getefen". 5Jlan Perftel^t biefen
gürften ni(^t in feinen .öanblungen , toenn man fie nii^t Pon biefem (5tanb=
puntte ou§ betrachtet, ßs mar i^m bes^atb auci) barum ju t^un, ba^ eine beftimmte
Drbnung im ütetfitstoefen l^ergefteEt toerbe. 6r Ue§ aEe bisherigen ^tei^te unb
@efiräu(i)e feine§ Sanbes burcf) feine tftec^t^gete^rten jufammenfteEen. Saraug
entftanb bie „Sanbe§=JCrbnung" unb ba§ „8anb=9te(i)t" , bie im ^a^xt 1622 in
S)urta(^ gebrucft tourben. 6rft fein @ot)n unb ^]la($fotger ^yiiebric^ Y. fixierte
fie gefe^lict) ein. ^larfgraf ®. %. präfibirte felber feinem ©taatSrat^e, benn
er mottte 3lEes mit eigenen 9lugen fe^en, unb t§at oft felber nacf) ben ©efe^en
ben 2lu§fpru(f). S)arum liebten i^n auc^ feine Untertf)anen , meil fie feinen
9te(^t5finn fannten. 6§ gab nici)t lei(f|t einen leutfeligeren unb gütigeren
dürften. Söo e§ aber galt, Grnft ju gebraucf)en, lie^ er fiel) nic^t laffig finben.
grül^c fcl)Dn jeigte fiel) bei xi)m eine 'Jieigung 3um ÄriegSbienfte. S)amal» l^atten
bie Surfen einen großen 2beil Pon Ungarn in Sefi^ genommen unb waren
brauf unb brau, fic^ meiter in Oefterreid) feftjufe^en. S)a 30g aud) @. g. mit
Gruppen, bie er felbft aut feine Äoften unterl)ielt, bem ungarifc^en Äriegs^eere
äu §ülfe unb mar namentlich bei bem (äntfa^e pon ßanifi^a anmefenb. Ueber=
|aupt gehörte er 3U ben augge^eicfineten x^eoretifern im i?rieg§mefen feiner
3eit, mie fein noc^ in brei 35änben Por^anbene§ 3Ber! bemeift, melc^eg grünb=
lid) Pon il)m felber burd^gearbeitet ift. 6r fing es am- 12. ^uli 1614 an unb
mibmetc e§ feinen Söhnen. 6r fagt im Eingänge: „Ser Ärieg ift ein gefä^r=
lic^, 2lu5gang§ ^Iben mi§lid§ unb an fiel) felbft ein bö§ Perf)a^t 2Berf, melc^eS
man nit leid^tticl) foE Por bie öanb nel^men , e§ fei benn bie äu^erfte 'JloÜ),
fo fein ©efe^ leibet , Porf)anben , ober man muffe folcf)e§ jur 9iettung feiner
6^re unb 33erfi($erung Sanb unb Seute not^roenbig t^un." @r foEte bie§
felber ju feinem unb feiner ^arfgraffc^aft Schaben unb Siijmerj erfahren.
^Jtan mag ben SOjä^rigen Ärieg betrachten, mie man miE, bie le^te Urfacf)e
beffelben ift bie 9teligion. Sa» 3^^!^ ^^s i^efuiti^muS , ber an bem ijfterreic^i^
fcj^en 6ofe befonbers feit 5etbinanb§ II. ütegierung einen burc^greifenben @in=
598 ©eorg gtiebrid), EH. ö. Saben^Turlad).
flu§ f)atte, loar bie ^)lu§rottung be§ ^rote[tanti§mu§. 2)avum fdilofjen bic
eöangelifc^en f^ürften uub inef)rere 9teid)§ftäbtc ein 35ünbni|, befannt unter bem
^tarnen Union, 3ur Sßertt)eibigun_g toibev 65ett)alt, bie man i^ren i)led^ten antt)un
njoHe. ©. 1^. nQt)m ben lebl^aiteften 5lntl^eit baran, unb lie| fidE) nidjt, toie
^urfacf)fen unb Äurbranbenburg baburc^ ftören, ba^ bcfonbevS öon bem refor=
mivten ^uijüi-ften öon ber ^fal^ bie SJereinigung betrieben würbe. 6r l^attc
iiä) in bicfer ,<pinftd)t einen ttjeiteren 33(idf bett)a^rt. S)a6 bic fatf)OÜf(^en ©täube
einen ©egenüerein, bie fogenannte ßiga, ftifteten, ift befannt. Sieje beibcn ^^^Qr=
teten [tauben fii^ mit gebauten ^^-äuften gegenüber, unb e§ beburfte nur eineg
§uufen§ in ba§ ^Pulöerfa^, fo mar ber Ärieg ba. S)iffer ^^unfe mar bie fBai)l
be§ Äurfürften ^tiebrid) V. t)Ou ber '^']al] jum Könige öon SSö^men. 2)ie
.^ataftroptie auf bem meinen 33erge befd)teunigte ba§ ©d)i(fjal ber Union. 5lbet
gerabe je^t bemäf)rte fid) bie Streue unb ber ©belmutt) be§ ^JJlarfgraien ß. |>-
3Bät)renb bie anbern ©lieber ber Union iat)uenftü($tig mürben, l^ielt ®. 3'- »^ug,
unb mar entfd^Ioffen, tro^ ber 5Xbmaf)uungen feiner 3iät^e unb einzelner feiner
angefe'^enften Officiere in ben Äampf einzutreten. Um fein «ipau^ öor ber 'Staä)e
be§ ^aifer§ ju fd)ü|en, legte er fc^on am 22. ?tprit 1622 bie ^üegierung in bie
Apänbe feiue§ ©o'^neS nieber. @§ fd)toffen fid^ mel^rere dürften, unter anbern
ber uad^'^er fo berühmt gemorbene f^elb'^err 33ernl^arb öon SBeimar feinen ^^ruppen
an. 2)a§ ,^eer be§ ^Diarfgrafen mar bebeuteub, unb ba ®raf ^J]lan§fetb, in beffen
■»^rmee ber mit ber ^X(^t belegte ^önig i^riebrii^ öon 33öt)men fid^ befaub, auf bem
-^lanc ftanb, fo mar ju t)offeu, ba^ %iil\) gegen ba» öcreinigte .'peer unterliegen
merbe. Unb mirflid) mürbe er aud) jmifd)en 9JlingoI§'^eim uub 2öie§lod^ ge=
fd)lagen , unb ^mar nid)t o'^ne einige 93eil}ülfe be§ ^Jlarfgrafen. @. i^. rüdte
mit feinen Gruppen bem ügiftif(^en .Speere bi§ gen SBimpfen nac§. Unb "^ier
füllte ft(^ fein ©d)idfat , unb man mu| t)in,5uf eljen , ba§ feine§ 2anbe§ entf(^ei=
ben. 6§ ift ein noct) nic^t gctofteS iRätt)feI, marum bie !Irubpen 5Jlau§=
felb^§ \xä) öon ben ^arfgräflict)en trennten. 3}ereint t)ätten fie o^ne 3^^'!^!
bie 5lrmee Stillt)'^ gefd)tagen. 2ßar e§ bic @iferfud)t ^JJlan§fetb"§, ber überfiaupt
unöerträgtid) mar unb gern attein operirte, um ben 3tu^m eineä ©iege§ attcin
ju genießen , ober glaubte @. ^y. o^c ben ©rafen mit %\Ui) fertig merben ju
fönnen, ha^ ift ehtn gefd)id)tlid) nid)t aufgeftärt. %m 26. '^Iprit , nadt) je^iger
Üici^nung am <>. ^Jtai 1622 ftanb ber ^Jtarfgraf mit einem mol)lau§gerüfteteu
.§eerc öon etma 20000 ^Dtaun bem ligiftifc^en ebcnfo ftarfen .öeerc bei SBimpfen
gegenüber. S)cr 33eginn ber ©(^lact)t mar für ben 5)larfgrafcn fe^r günftig,
Stillt)'^ 2;ruppeu mußten mcidE)en. Jillt) fürd)tete einen ^meiten 2ag öon 5Jlitt=
gol§t)eim, unb bat ben ^arfgrafen um einen äöaffenftiEftanb öon nur jmci
©tunben. ®. 3^. bcmittigtc i^n gro^müt^ig, ftatt ben geinb ,^u öernic^ten. 2)a3u
öeränbette ber DJtarfgraf uugünftiger Söeife feine ©teüung. ^Raä) ein Ul)r fam ber
fpanifc^e @eneral ßorboöa mit einem ,^eere ben öigiften ^u ipülfc. Sfe^t entfpann
fid£) ber ^eftigfte Äampi, bie (S^ronif fagt, c§ t)abe gebonnert unb gepraffelt, al&
menn Jpimmct unb Srbe ^ufammenbredtien mottten. ©i^on mieten bie Sigiften,
ber ^Berluft auf beiben ©eiten mar bebeuteub. S)a entpnbete ein ©d)U^ einen
^ißulöermagcn be§ marfgräflid^en Jpeere§ , e§ entftanb eine mirre 5lucE)t. @egen
4 U^r mar ber ©ieg 2;illt)'§ entfd^ieben, uict)t o^ne ba^ namentlid^ ba§ foge=
nannte mei^e Ütegiment, unter bem fid^ fel§r öielc ^forjt)eimer befanben, fid^ auf§
Japferfte geloe'^rt unb baburdf) bie gludit be§ 9Jlarfgrafen begünftigt l^ätte.
@§ l)at fid§ fpäter^in bie ©age öon bem ßelbentobe ber 400 ^.pforj'^eimer gebilbet,
eine zmeite 3luflage ber ©partaner bei 3:|ermopt)tä , aber fie lä§t fid§ gefd^id)t=
lid^ nid^t feft^alten. S)te i5folgen biefer 9Keberlage mar für bie 5Jlarfgraffd)aft
entfe^lid), benn baicrif(^c uub faifertid£)e ©olbaten fud^ten ba§ Sanb burd^
©engen, ^Brennen, glauben unb ißtünbern graufam l^eim. 2öa§ litt ba§ jarte
(Seorg griebric^, ÜJI. o. sBaben--£ur(ac^. 599
öemüt^ be§ ^Dlarfgrafen burc^ folcfie greöett^aten ! Qx f)ielt iidj je^t auf bem
Teften Sd^loffe öorfjburg eine 3eit ^fins auf. Sas toar aber nic^t ba§ etnjige
llngtüd, ba§ i^n betroffen ^tte, er öerlor nun aurf) bie gDtarfgraffcfjaft 3?aben
bur(^ fatferlic^e§ Urt:§eil, obtoo^t fein Sruber 6inft griebritf) fie neun ^a^re
unb er felber ac£)täe!^n " ^a^re befeffen tjaiit. 6r begab fid^ no(^ im Cctober
nac^ @enf , aber fein (Seift fann aufi Dleue au? friegerifc^e 2^ätigfeit, um bem
tief gebemütf)igten ^önig ^riebric^ auf^ul^elTen. (ix brachte mit eng(if(^er Unter=
[tü^ung eine ^a^treic^e '»IRannfd^aft an ben ©renaen ber (5cf)iDeii 3ufammen unb
führte fie bem Könige Oon S^änemarf 3U, ber ber Sa($e ber '^roteftanten bei=
fte^cn toollte. ^m 5Jlai 1627 übernal^m er al§ bäntfc^er ©enerattieutenant
ta^ Cbercommanbo , aber in bem unglücEIicfien 3£itpunfte , a(§ XiüX) unb
äöaüenftein bie norbbeutfc^cn ^]roteftanten befiegt Ratten. &. ^. eilte mit feinen
Gruppen bem bereit! gefc^tagenen .öeere nad) , jeboc^ bei Aöeiligen^afen in bem
norböftIi($en Söinfel öon .üolftein rieb ©raf Schlief am 21, 8eptbr. 1627 fein
Öeer faft gan^ auf. "Jtad) biefer Äataftrop'^e 30g iid) ber ^J^arfgra^ über iooU
(anb nac^ ©traBburg in fein bortigeS ^au5, 2)rac^enfe(5 genannt, in bie 8tiIIe
jurüdE. öier bra(^te er bie meifte Qtit feine§ no(^ übrigen Gebens o^ne peT=
fönlid^e 2^ei(na^me an ben öffentlichen ßreigniffen ju nehmen , mit erbauHc^en
S5etracf)tungen ber ^eiligen Schrift unb anberer guter ^ü(f)er gu. SaB er 5U=
meilen feine .öeimat^ befuc^te, ift befannt, befonber§ menn bie Sc^meben fiegten,
morüber er fic^ fe§r freute, aber baB er au^ @enf nic^t öergeffen ^at, betueifen
brei ^Briefe, bie er öon bort au§ im ^al^re 1631 an ben ^aifer, bie beutfc^en
dürften unb ben ^urfürften öon Sac^fen gerii^tet ^at. 2:ie fteine 3Brof(i)üre
f)at au§ <Bixa<ij 4, 33 ba§ ^Jtotto: „35ert^eibige bie 235a^rf)eit bis in ben 2ob,
fo toirb @ott ber ."perr für bi($ ftreiten." S)er ,ffaifer g^i-'binanb II. I)atte i^n
auf bem Gonöent ju Ütegensburg einen 9iebellen genannt unb bie (Süter feiner
Cfficiere eingebogen. £a§ tonnte @. fy. mii)t auf fic^ fi|en taffen. @r erftärte
in feinem Schreiben an ben i?aifer , baB er iiä) öor ©ott bem .»per^enifünbiger
unb in feinem ©ewiffen unfcfiutbig tüiffe. @5 fönne bieg nur Don i§m ÜJli|=
günftigen mit Ungrunb öorgebrac^t toorben fein. 6r möge '^ehi)i erti^eilen,
feine Dffictere bei bem ^tirigen ru'^ig öevbieiben ju laffen. 6r fiabe fic^ jeber
Seit äur 3}erantroortung erboten, e§ fei aber ni(f)t§ geft^e'^en. S)ic dürften
Bittet er, nid^t ju.^ugeben, ba§ fo oiele taufenb e'^rlict)e Seute unge'^ört öer=
bammt, „unb mit folgen unferer (of)ne ettetn 9ftu^m ,5u melben nio^I^ergebrac^ten
9teputation unteibentic^en , e^rrü^rigen Jitetn erft in unferm 'bitter unbillig be=
f(^tDcrt-tDerben." Sen Äurmrften Don Sai^fen ermaf)nt er, nicbt ru^tg 5U3U=
fe^en, ba^ fo oiele 2:aufenbe megen i^rer -Religion öerurt^eilt merben. 6§ ift
ein entfd^iebenee , tno^If^uenbeS ^eugnife eine§ dürften, ber touBte, an wen er
glaubte unb ber mit Äönig S^aöib fagen fonnte: „SdE) glaube, barum rebe xä)."
Söä^rcnb 6inige o^ne ©runb Dermut^en, ba^ er in @enf geftorben unb begraben
fei, ift e§ öiet ma^rfc^ein(id)er, baß er in StraBburg f)cimgegangen , unb roie
Sc^öpflin be:§üuptet, im 5[!tünfter beigefe^t fei. Sein lob ertolgte ben 14. Sept.
1638. S;rei ^Jilal l^atte er fi($ Dermä|tt, unb erfreute fid) an ac^tjefin Äin=
bern. ©eine erfte @emaf)ün mar bie 3Bi(b= unb Üi^eingräfin ju 5alm, ^u=
tiana Urfula, eine ftuge, bemüt^ige, ma:§rt)aft fromme ^ürftin. ^^x erftee .ßinb
mar ^at^rina Urfuta , eine reid^ begabte ^^ainjeffin , bie fid5 mit bem Sanb=
grafen £)tto Pon ^effen=6affet Permä:^Ite. S)er (ärbprinj ^riebfid^ folgte bem
9}ater in ber Oiegierung. ßin anberer %^xm^ mar ^arl, ber ficf) frül^e burd^ auBer=
orbentlit^e 5äf)ig!eiten au§3ei($nete. 6r mar ein tapferer <öelb , ber nur ju
balb öon biefer (frbe fdf)eiben muBte. gbenfo erging ee bem ^rinjen 6f)riftop]§,
ber neben bem ^önig ©uftaö 3Ibotf öon Scfimeben ritt, at§ berfelbe bie S5e=
tagcrung öon Sngolftabt in 3tugenf(^ein na^^m. 6ine ^uget liB bem ^rinjen
gQQ ©eorg, ^. t. ä}aietn--Sanb§t)ut.
ben 'falben Bop] t)intüeg. 2)ev Äönig äußerte in feinem ©dimerje: „3($ ]§abe
3000 ^rin^en in bicfem einzigen berloren." ©o nal^e bem ^Jtatfgrafen biefer
2;ob ging, fo äußerte er bod), er jei aufrieben, weit ber Äönig unüerle^t geblieben
fei. S)ie ^^^rin^effin Sibt)Ea ^tagbatena würbe bie ©ema^lin be§ ©rafen 3fO=
^ann öon 5taffau=3^bftein. S)ie erfte ©ematilin t)atte if)m übertjaupt 15 ^inber
geboren. 21I§ fie im 9tpril 1614 geftorben War, trat er noc^ im ©pätf^erbfte
beffelben ^af)xt^ in ben e^eflanb mit ber ©räfin 9lgat^a öon ßrbad). ©ie
geöar i^rem ©ema'^le brei ^rinjeffinnen, bon bencn jwei, 3lnna unb eiifabef^,
fi(^ burd) it)re reiche 93egabung unb l^intertaffene Iitterarif{f)e 3lrbeiten t)erbortt)aten.
%U if)m aurf) biefe ®emal)Un im ^ai)x 1621 burd^ ben 3:ob üon ber ©eite
genommen Würbe, öer^eiratf)ete er fid) ^um brüten ^Jlale mit ßtifabett) ©tolj,
bei Sloc^ter eine§ 2lmtmann§ bon ©taufenberg. (Sin Stoditerlein au§ biefer
6^e [tarb in früt^efter i^ugenb. Sie pflegte it)n treutid) in feinem ^^Uter unb
überlebte i|n um 14 ^a^xt. 'üoä) immer fel)lt eine au§iül)rlid^e , auf arc^i=
balifc^e Duetten geftütjte ;öiograp|ie bicfe§ bortrefflid^en ^^üi'ften.
Sebber^ofe.
@eorg ber 9lcid)e, <g)er5og bon 33aiern = Sanb§1^ut, geb. in Sanb§l)ut
am 15. 9lug. 1455, warb bi§ jum 13. Seben§jal)re unter 2luffid)t ber 5;)tutter,
3lmalie bon ©ad)fen, in 33urgl)aufen eijogen. ©eitbem er '»IRartini 1468 feinen
ßin^ug in £anbgl)ut ge'^alten, warb er bom 3]ater, Öer^og Subwig bem 9leid)en,
bereits ju ben 9l{cgierung§gefd)äften, befonberS jur Seratl)ung ber neuen Sanbe§=
orbnung, ^ugejogen. ©eine SJerlobung mit ßubmilla, 2;o(^tcr be§ 33bl)menfönige
®eorg ^^.'iobiebrab, würbe au§ potitifc^en förünben rüdgängig unb eine 3}erbinbung
mit J?aifer ^\-riebrid)§ 2:od)ter bcrgebenä angeftrebt; am 14. ^lobbr. 1475 ber==
mä'^lte er fid) mit .Spebwig , Joditer be§ i?önig§ .ilafimir lY. bon ^^olen. ^aft
aEe g-ürften be§ füblid)en unb mittleren 2)eutfd)tanb mol^nten ber ipodijeit bei,
wo ber ßanbS^uter ,^of, burd) ytei(^tt)um unb 5t>runtliebe berül)mt, einen atte©
überbietenben, oft gefdjilberten ^^ufwanb entfaltete. ?lm 18. ^fanuar 1479 folgte
@. bem 2}ater in ber ^tegierung bc§ Sanbeliuter unb be§ bamit bereinigten
Sngolftäbter ?lntt)eilö ber bairifdien l^anbe. 6iner feiner erften ßrlaffe berbot
atten Slmtleuten unb ^^^fiffl^^"'^ 6)efd)enfe ansune^men; anbere rid)teten fid) gegen
Söalbberwüftung , l)ot)en 3i"§luBf .^leiberprunf ; 1501 würben feine fämmtlid^en
jal^lreid^en äjerorbnungen in ber fogenannten großen 2anbc§orbnuug .iper,^og
@eorg§ berbunben. ^m 95erein mit feinem Sßettcr 'Jllbrec^t bon 33aiern=^]Jlünd)en
liefe @. burd^ eine C^ommiffion ba§ 2anbred)t ,f?aifer Subwigö umarbeiten; boc^
fd^eitcrte bie beabfid)tigte Üteform bamalg no^ an bem SJßiberftreben bei !L'anb=
ftänbe, bie mit ':)3hfebergnügen bemerften, welc^' breiter ©trom römifd)en 9ted)te§
in ben neuen ©efe^en it)re altgewolinten ^^Infc^auungen ju bur(^bred)en bro^^te.
^Jlid)t minber nai)m e§ bie 3titterfd)ait bem iperjoge übel, bafe er bei ben @r=
nennungen feiner '45fleger unb 9tic^ter weniger bie ^uge^örigfeit ^um einl)eimifd)cn
2lbet al§ ^enntnife be§ römifdien 9ted)te§ bcrüdfidjtigte, äOie in 9ted)t unb
SSeamtenWcfen mad)t bie Ütegierung be§ ^er^ogS auc^ in militörifdicr üRiditung
einen entfd)iebenen ©d)ritt au§ mittelalterlid)en gegen mobeune 3^1't'inbe l)in.
S)ie @efat)r, bie bom f(^wäbifd)en Sunbe brof)te, beranlafete il)n 1488 ein ftel)enbeö
^eer ^u werben, für bcffen Unterlialt bon ben Untertanen eine ^riegSfteuer ge=
forbert Warb. 5Do(^ !am e§ nad^ biefer ©eite ju feinem ^ufammenftofee unb
über'^aupt unter @eorg§ 9tegierung ju feinen bebeutenben friegerifd^en ßreigniffen.
''ÜU er 1480 über ein Söierteljalir in SBien berweitte, wo er bom Äaifer bie
Se'^en empfing, l^atte er jwar ein wol)lgerüftete§ ,§eer bei fiel) , ba§ er gegen bie
dürfen 3u füliren gebadete, liefe jebod^ auf ben 9iat!§ be§ i?aifer§ feine !riegerifcl)en
^iäm fallen. ißergebenS bemül)te er fid) bamal§ eine 2lu§föf)nung 3Wifdl)en
f^riebrid) unb 5Jlatt)ia§ bon Ungarn l^erbei3ufül)ren. 2)a§ Slnfinnen auf Ärieg3=
©eorg, ^. b. S3aiern=2anb§^ut. 601
!^ülie gegen ben Ungamfönig aber, ba§ ber .^aifer ftettte, tüatb 1482 öon ben
^aiern^erjogen ^ui-ütfgeiüiejen. 2Bieber^ott geriet!^ @. mit Äaifer ^^ebrid^ in
^loiejpatt. ©0 unterftü^te er 6ei ber ^4^afjauer 53if(^oT§iDa^( gegen ben öom
Äaifer Begünftigteu ©eorg ^ä^ter feinen j^anjter gi-'iei'i-'i'^ ^Jlauerf irdener , lie^
burcf) feine Xruppen öon ber (yefte Cfcer^ul nu§ bie ^affauer ^tjftabt in 33ranb
fc^ießen unb jroang ^ä^ter äum XKbjug. ^ei ber [treitigen ^lugsburger S3if(i)of§=
toat)I 1486 bagegen jog ®eorg§ ©(|ü^üng unb 5öetter, ^o^ann öon ber 5ßiat3/
ben für^eren gegen ben faiferlicfien (£anbibaten gi-'iebrit^ toon Qoiiem. 3lud)
fe^tc e§ ber Äaifer burd§ , baB @. bie öom gr^^erjog ©igmunb an 3(ug§6urg
öerpTänbete, bann öon i'^m um 36000 ^^l. ausgelöfte 5Jiarfgraff(i)aft 2?urgau
gegen ©rftattung ber ^^^janbfumme mieber aufgeben mu^te. ^m ©ommer 1490
führte 6. bem Äönige ^i)3tarimilian 500 9ieiter gegen Ungarn ju, na^m S^eil
an ber Eroberung öon (Stein am 3tnger unb öon ©tut)[tt)ei|enburg unb empfing
nacE) ber le^teren St^at öom Könige ben 9ftitterfcf)(ag. 33atb trat er ju DJtajimilian
a(§ Jpofmeifter feiner öcmal^ün in ein engereS 3Jert)ättni^, folgte feinem .!poftager
nad^ S^nnebrud, greiburg, auf bie 9ieid)§tage öon 2öorm§ unb 2tug§burg unb
30g 1499 als föniglicfier ßrieg§^auptmann nacf) ©eibern. Stuf eigene S^auft
!^atte er 1485 einen gelb^ug gegen DBrblingen unternommen, al§ beffen Bürger
auf bem (Sebiete ber öon i^m getauften @raff(i)aft Äirdf)berg einen it)rer f^reinbe
gefangen genommen; bod) tie^ er fic^ no^ fect)§roö(i)enttici)er Belagerung bie
Sßermitttung bee 33ifct)of§ öon 6i(f)ftäbt unb eine 3Ibfinbung mit (Selb gefallen,
©egensreid) erioieg fic^, nad)bcm bie 3tt)ietrad)t ber loittelöbai^ifdien 33ettern fo
öiel Unheil über it)re ßanbe gebrad)t l^atte, lange Sat)re @eorg§ gute» SBert)ättni^
äur ^Mndiener Cinie. Söie ätoifct)en ben ^erjogen 2llbre(^t lY. unb ßfjriftopl^,
öermittelte er met)rmal§ anä:) 3tt)if(i)en 2tlbrect)t unb bem ^aifer, gmifdien bem
erfteren unb bem Öömlerbunbe. 6in 1487 gefct)toffene§, 1490 erneuertes 23ünb=
ni^ gur iBeförberung ber Gf)ren unb SBürben be§ ,g)aufe§ Saiern öerbanb atte
brei ttittet§bac^ifct)en ßinien, bie 2anb§^uter, bie 5Jtünc£)ener unb bie pfä(3ifd)e.
Sltbrec^t t)atte, al§ er nod^ finberto§ mar, für ben S^all, ba^ er ot)ne männlitfie
^tlocfifommen fterben mürbe, @. 3um ßrben beftimmt. ©päter aber erftuififen
Sllbred^t ©öl^ne, toät)renb bie ©eorgi öor bem ißater ftarben, fo ba^ nun nat^
ben ^auSgefe^en Ülieberbaiern öielme^r an 5Ilbrec^t fallen ju muffen fdt)ien.
S. aber öermot^te fic^ ni(i)t barein 3u finben, ba| bae Öanb feinen ^taciifommen
entzogen toerben fottte; er öermä^tte feine 3;oc£)ter ßüfabetl^ 1500 mit 9tupredt)t,
bem ©o^ne 5l]§itipp§ öon ber ^^falj unb feiner ©ctimefter ^Jlargarett)c , unb öer=
fdirieb -it)r unb i^rem ©ema^t feine fämmttid^en Sanbe. @§ mar ein unfeliger
unb roiber attee Ueä^t öerfto|enber 6ntf(f)(uB, ber Saiern unb bie ^4>ialä noc^=
mal§ ben 23erf)eerungen be§ 58ürgerfrieg§ au§fe^en unb um t)errU(i)e Sanbftric^e
öertür^en follte. 35ergeben§ fpract) bagegen (Beorg§ ^an^Ier, 2Bolfgang ßotberger,
5Rauerfird)ner§ Dlac^f olger; ber -^er^og marf auf it)n, mitUnrect)t, mie es fd^eint
(öergt. @ei| im Cberba^er. ^^tri^iö, XI, 206 f.) ben 3}erbad£)t, feinen ^Uan öor^eitig
an bie Oeffenttid^feit gebrai^t 3U t)aben, unb lie^ it)n jur Jpaftfe^en. Söie öoraus^ufel^en,
ert)oben fomot ber beredjtigte ßrbe, 2I(brecf)t IV. öon 3^aiern=''}}^ünd^en, mie Äaifer
^Jtarimitian entf(^iebene @infprad^e gegen be§ ^erjogg eigenmädt)tige ßrbfotgeorbnung ;
biefer aber lie^ fidf) nict)t irre mactien, berief feinen ßibam al§ ©tattfatter nad^
aSaiern unb rüftete ^um ,^-ieg. ^nbeffen toud^S feine Ärdnf [idE)feit , an ber fein
Sebensmanbel, roie e§ fc£)eint, nidf)t ol^ne @d£)utb mar. ^m ©eptember 1503 trat
er auf äratlic^en 9tatt) eine Sieife naä) bem Söilbbabe an, erreichte aber nur mefir
Sfugolftabt, mo er am 1. S)ecember fein Öeben enbete. @teid^ barauf fam ber
Ärieg um bas Öanb§t)uter 6rbe 3um 2tu§bru(^. Zxo^ einer fo öert)ängni^öotten
2tu§faat unb tro^ ber 6innaf)me be§ preifingifd^en SBoInjadC), momit (S. ebenfalle
ba§ 9ted§t öerle^te, glaubt 5lbt Ütumpler, ein 3eitgenoffe, bem öerjoge ba§ Sob
ber griebcneliebe unb Ü)ered£)tig!eit nidl)t üorentl^alten 3U muffen. Dlid^t minber
g02 ©corg, Si. b, iöö^men.
xüt)mt beijetbe ©eorgS ^Jiitbe , ben ©(i)u^ , ben cv beii '.Hvmeu getüät)i-te , bie
3)et)otiou, tDobiiid) ev bie ®eiftliif)feit erireute. 'Rod) ^enk beftei)! 511 ''JJiüii(i)en,
nac^ bcm -iper^og benannt, ba§ ©corgianum, ein .^lerifatfeminav, ba§ er 1495
an feiner ßanbe^nniöeijttät i^ngotftabt ftijtete. SSegievig nac^ ©elb nnb Bdjä^m,
glänzte er, im grellen (^egenja^e ^u bem ftetä fnirferifc^en i?aijer gri-'iebrid), bod)
aud) wieber gern burcf) i^reigebigfeit. Sllä 1491 |(f)tt)ere 2;f)euerung eintrat, gab
er auy feinem ,$?aften ^u ßanb§t)ut ha'i .$?orn um billigen ^4-^rei§. ßljclic^e Sreue
ge{)örte nid)t ju feinen 2ugenben; auc^ tnenn er baf)eim toar, fafe feine botnifc£)e
■!pau§frau oft öerlaffen. ©benfotoenig l)ätte man il^m 93iä^igfeit im Strinfen
na(i)rüf)men fönnen. 2;urnieren unb ber ^aq,h tüax er eifrig ergeben unb in
bel)aglid)em ^ü^iggang üerfäumte er oft aud) ©taat^gefd^äfte. 2)o(^ fi^affte er,
al§ ber Sanbtag Wegen be§ 3Bilbfcf)aben§ 23efrf)tDerbe er^ob, tuenigften§ für einige 3eit
feine ^fagb^unbe unb ^-alfen ab. 2öa§ Siumpler bon feiner Siebe jur (Sinfamfeit
unb Ungefti3rtl)eit berid^tet — toie er, um nid}t erfonnt ju loerben, oft eine ©tabt
in örmlid)er ^leibung betrat unb Wie fd^toer ber Zutritt ju iljm ,^u erlangen
war — gilt wol me^r bon ben frül)eren ^al^ren, Wo er nod) nid)t aU |)of meifter
am föniglidien .ipofe waltete.
SJon ben bairifd)en 6:i)roniften befonberg 50eit Slrnpcd, ?lbt ütumpler öon
i^ormbad^ , 5}etter öon ßanb§l)ut; Ärcnner, Sanbtag§t)anblungen. — ^äutlc,
©enealogie be§ .s^")aufe§ SöittelSbad^ ; .^lud^otju , \?ubwig b. i}tei($e; 33uc^ner,
(5)efd)id)te b. iöaiern, VI; ^fd)offe, Saier. ©efc^. II. 9t iejler.
dJcorg öon .<?unftatt auf ^4^obiebrab, gew. ®. öo^ $obiebrab genannt,
So'^n 23ictorin§ bon Äunftatt unb 3luna'§, Xoc^ter ;3oI)ann'§ bon Söartenberg,
würbe am 23. 3lbril 1420 ju ^^^obiebrab in iöötjmen geboren, ©ein (Sefdylec^t,
obwol in 53tä^ren unb iööl)men anfäffig, war Weber eine§ ber ältcften, nod) fel^r
begütert; boc^ war @. mit ben erften 3lbel§familien 33öf)men§, ben 9iofenbergen
unb ©ternbcrgen nat)e berWanbt unb berfdiwägert. . S)ie ^unftatt waren ^uffiten,
fo lange e§ foldje gab ; @eorg§ 33ater War mit 3i^fa befreunbet ; eine lieber^
lieferung mad)t biefcn p ©eorgg 2:aufbatl)en. 2lu§ (Seorg§ i^ugenb bringt burd^
ba§ ©etümmel ber ipuffitenfämpfe feine ^unbe 3U un§. S)od) riefen fie il)u in
^arter Suflcni» 5"^' erften 3ßaffentl)at auf ba§ ^^^elb bei Sipan (1434) , Wo mit
ben beiben ^^rofopen 13000 Krieger niebergcmad)t, bie !^uffitifd)e S)emofratie für
immer gebrod)en würbe. 2luf {)uf|itifd)--natioualer ©eite erfc£)eint er bann ebenfo
in ^önig 3abred)t II. llämpfen bor Xabor (3tug. 1439). 9tac^ 9llbrec^t II.
2obe begann für ^ö^men hk „föniglofe" 3fit/ ein Wirrei, Wüfte§ !^arteigetriebe.
^atl)oUfd)e 93arone, bie unter Ulridl)§ bon ütofenberg gülirung religiös unb
potitifcl) iu ben SJer'^ältniffen bor ber großen ^Bewegung jurüct^ufornmen [trebten,
Utraquiften unter 'iDtein'^arb bon ^fieutiauä, bie au§ bem .$?eld)e tranfen, fonft
mit jenen ein§ Waren, bie grofee utraquiftifd)e ^^Partei, bie unter ^^taief bon
^4^ir!ftein unb üiofi^jana ßompactaten unb errungene politifdl)e fyreit)eiten ju be=
l^aupten trachtete, enblid^ bie 9tefte ber rabifat=bemofratifd^en Xaboriten rangen
burd^einanber. Sei allbem fte^en baronialc ^Wede l^ier Wie bort im 3}orber=
grunbe, f)ört febe einl^eitlid}e 3]erwaltung auf, berfd^Winben ®erid^t unb 5tbgaben,
ftoden .'panbel unb Raubet. S)er jugenblidl)e ^^obiebrab, ju 5ptai-ef ftel^enb, tritt
jWar noc^ bor biefem geadl)teten ^^ütirer jurüd, aber feine 3Bal^l 3um .<paubt=
manne be§ 33unjlauer Äreifeä (1440) unb nod) mel^r feine (är'^ebung äum ge=
mcinfamen ^^^arteil^aupte (stäfi) ju ^uttenberg (1444) nadj ^^stacefS Jobe
bezeugen, Wie fet)r er burd) ^Begabung l)erborragt, im S3enel)men fid^ ©eltung
äu berfdl)affen Wei^. 3lföbalb wirb ®. ber i^üt)rer oEer, bie unter billigen 23e=
bingungen na(^ ^^riebe unb Drbnung bertangen, ba§ .^aupt einer ftet§ wadtjfenben
^^artei. So wie bie Sloboriten au§ rcligiöfen ©rünben fid) it)m unterorbnen, fo
nöf^igt er burd) energifdf)e§ Streben no^ feften ^idm bie „?teul§aufer" '^^artei
Seovg, J?. t). mtjmin. 603
,3um '^(nfc^tul au bie „ÜtofenBerger". ^pobiebrab'S S^ede ftnb einmal Te(iQiö§=
nationale: bie Sompactaten , J?. ©igmunb'ä 3}eriprec^ungen , ben „©üfinbrief"
üon l-i-iO autrec^t ju ermatten, bann poütifc^=6avoma( : mit SJßa^rung ber freien
Äöniggma^t 5Ubrec^t II. ©ö^n Sabiatam inö 2anh ju befommen , bamit bei-
S}or^enf(f)ait ber @egner, bie im SSefi^e ber erften Canbegämter ftnb, ein (Snbe
gema(l)t werbe. Scf)on ^t au^ Otot^^ana erreicht, baB burc^ SSejcfituB bc§^]irager
2;reifönig§(anbtage§ ber rec|t(ic^e ^eftanb ber iaboritenjectc öernid)tet i[t; au§
©eorgS engem Sunbe mit i'^m ermäcf)ft bie meitere 3tufgabe, 9toft),jana'§ S5e=
ftätigung a(§ ßr^bifcfiof ju errei(i)en.
5Jlit Sift unb ©eroatt ringt ^obiebrab mit feinen ©egnern, benen er an
J?[ugf)eit unb 5ßorfic§t, @ebu(b, ^i(rBeit§frait unb 2f)ätigfeit, 3äf)igfeit unb
©nergie übertegen, an ÜtücEfic^tgloiigfeit unb ß^rgei^ gleich ift.
Statt na^ ^rag jum ©aöitanbtage 1444 p fommen, tagt ^^obiebrab mit
ben ©einen 3U Dtimburg, bringt bann burcf) rürf^attlofe ©pradie bie rv)egner auf
bem nadfitotgenben g^meinfamen öanbtage (1. '3toö. 1444) ju Qugeftänbniffen in
allem bi§ auf bie Äönig§irage. Sabietam foH a(§ öerr unb ^önig „angenommen"
unb gefrönt toerben; fönne er nic^t bi§ ju beftimmter 3e^t ^"5 ,Öanb fommen,
fo foÖe „fid^ bieg fetbft öeriorgen". ^^obiebrab unb ber bon ^afenburg f ollen
tradjten, ba^ -Koftijana gemeint merbe. 3Iber feine ber ^^arteien ^äft it)rc ^ufagen.
ßat^oüfi^e Ferren, unter if)nen -ßaienburg ieihit, jprecfien bei (äugen IV. gegen
'Koft)3ana'§ ^^eftätigung unb erloirfen einen auSmeid^enben ^ef(i)eib. 5tnberfeit§
betonen @. unb bie Seinen nac^ mie üor bie 2Ba^f be» Äönig§ unb bie ^oÜ)=
roenbigfeit, i§n ra|(^ nad) ^Jö'^men ju bringen, ©egenjeitige 3}orn)ürie , frud)t=
lofe ßrflärungen unb 3}eif)anb(ungcn »aren bie f^otge. Seit &. mit ütoftjjana
bie Utraquiften nac^ jeften fielen feitet, ift e§ moglid) feine Sac^e ju ber be§
ganzen Stoffes 3U machen. Scf)on gerät^ e§ nacf) unb nac^ in Srregung. S)ie
aifgemeine Erbitterung gegen ben Sifc^oT Don iltei^en, ber bie bö^mifc^en 5Jlagifter
unb Stubenten, weif fie aus bem ^tfcfie trinfen , ungewei^t entlaffen , gibt bem
ffugen '^^artei^aupte erft rerfjt bie ^tögfic^feit , fic^ jum retigiöfen S}orfämpfer
5U machen. Saburc^ geminnt er eine fo bro^enbe Steifung, ba^ bie in^mifc^en
in SBien öerfianbefnben ©cgner in einen eifigen Öanbtag ,5U ^4>ifgram (^uni 1446)
wilfigen , beffen Sefc^tüffe i^re Sorge öor ^^obiebrab beutfid) öerratf)en. 2)ie
SiuTü^rung ,^abi§fatt)"5 bi§ Snbe 1447, roibrigeniaffö man ju nichts weiter üer=
pfficfitet fein moEc, bie Sßa^f eine§ ÖanbeeöermeferS wirb neben ben 2}erein=
barungen üon 1444 befi^foffen. 3tber elfterer miberftrebt O^riebric^ III. , Sabi§=
fatti'ö 3]ormunb, feiere f^eitert auf bem ^Präger 'DJtartinilanbtage ber ganzen
.y?rone 1446 an bem SBiberfpruc^e ber Stäbte, mefc^e Ütofenberg, ^$iobiebrab'§
3Ba§f beforgenb , im (Be^eimen auiftac^eft. ?fu§ 9tü(ific£)t auf ben i^aifer unb
bie eigene ^ad)tftelfung im Sanbe arbeitet ütofenberg ber ßinfü'^rung be§ ßönig§,
afe ^at^olif ber SSeftätigung 9ioft),5ana'§ , entgegen. 5£;a bermt &. auf ben
11. Ototiember 1447 feine g-reunbe ^u firf) naif) i?uttenberg: bie fc^feunige 9fuf=
fteffung eineg <öeere§ wirb bef(f)foffen. Sie faft unauf^örficf)en ©ren5fef)ben mit
Äurfa(^fen, ba§ 64 bö^mifiiie Stäbte unb Sc^föffer noif) au§ bem großen Kriege
f)er befi^t unb eben je^t wieber ben im 9leici)e fämpfenben bö^mifc^en Söfbnern
fc^weren 2fbbru(^ getrau §at, bitben ben äJorwanb. ^n unbegreiffid)er 9}er=
bfenbung fä^t fic^ Ütofenberg burc^ 5pobiebrab'§ 9}ermittfung in feinem Streite
mit ben 2aboriten buri^ neue S3otfii)aften unb S3er§anbfung enttäufdfien. Sefbft bie
3Öarnung griebric^ III. (Secembcr 1447) bfeibt erfofgto.i. Sagegen erftären
bie SSö^men am 3. Wäx\ 1448, fie wofften unb fönnten nicf)t länger o^ne
Öerrn fein, f($eitex-t Garbinat 6arOajaf'§ ^Dfliffion, ftatt 3ioft)3ana ju beftätigen
bie Summen in ben S(^oo§ ber Äirdie jurürf^ufüfiren , in ^rag ööffig. 3toar
treten bie „9Zeu^aufer" nun förmfid^ jur äffen .^irt^e über, bafür fd)fie|en ficf)
604 ©eotg, Ä. ö. SBö^men.
mit bem größten Z^tiU ber jRitterjd^ajt bie ^rager bem ^obiebrab = 5Buubc an,
bem Bereite aud) bie !atl§oIifd)en ©tevnbetge mit i^vcn f^i'eunben an%e^öxm. 2lm
11. i^uni 1448 toirb bmct) feieiiid^eii 5Befd)lu| bei- 33ÜT9erfd)ajt qu§ ^-Prag t)er=
tüiefen, traS nid§t sub utraque communicirt. S)a fa^t ^obiebrob am 24. ^uni
3U .Jluttenberg bcn Sefdtitu^ Io§5ufct)tagen , rücEt unter bem SSovluanbe cinc§
3uge§ gegen ©ad^fen üor ^4^rag unb nimmt e§ burdt) einen Jpanbftreid^ (^tadit
öom 2. auf ben 3. ©eptemfiev).
5Rit einem ©d^tage änbert fi($ bie ©tettung ber ^krteien. S)ie oberften
2anbe§ämter fommen in utraquiftifd)e ^änbe, 5Jl. ö. ^Jleuf)au§ loonbert a(§ ®e=
jangencr auf ba§ ©d)Io^ ,^u '^Jobiebrab. S)a§ S)om{apiteI cnttoeid^t nac^ ^Uljen,
toäfirenb 9toft)3ana jurücff etirt ; bie beutfdf)en ^JJiagifter unb Stubenten üeiiafjen
äum jtoeiten ^Blate bie ©tabt mit aUen , bie nid)t ben .^eld) sollen; ^^rag ift
miebcr .^au^tfi^ be§ |)uffitentt)um§ , jel^t jugleic^ ber 5Jtad)t unb be§ 3lnjet)en§
5ßobiebrab'§. ^Jtun gilt e§ ben entfdieibenben ßampi um bie 3)ormac^t im ßanbe.
©rft. treibt ba§ ©c^idfal be§ 33ater§ Utric^ öon ^Jieu()au§ in bie aBaffen; au§
biefer gelobe erttDäd^ft ber Äampi be§ ©trafoni^er ^unbe§ (ge[t. om 6. g^ebr. 1449)
gegen ^ßobiebrab. ^n ber ©rfenntni^, ba§ biejen perjönüd)e unb politifd£)e,
nid)t religiöse ^Jtotibe leiten, treten bie 2;aboriten öon it)m jurüd; ioä) fte^t
nur ein I^eil ber ^1)xen ju ben ©tratonit^ern. ^^^obiebrab bel)auptet fidE) in
feiner übermädtjtigen ©tellung im Äampje, ben ein SöaffenftiÜftanb bi§ jum
23. 9J(pril 1450 enbet, 'Jlun bcrbeden 3}er'^anblungen bei beiben ^^Parteien ge=
l^eime üiüftungen unb .S^")ülfemer6ung aud^ im 3(u§Ianbe. 2)ie ©:paltung ber
beutfd^en ^^ürftcnl^äufer burd^ ben großen jäd^[ifd§=branbenburgifd^en i^'rieg 1449
bi§ 1450 erleichtert biefe Seftrebungen. S)er i^aifer unb (am 13. Steril 1450
3U .^aaben) Äurfürft griebrid) öon ©ad^jen fagen ben ©trafoni^ern Jpütfe ju;
bie ^;pobiebrab'|d)e 5|3artei ftnbet (27. Wdx,] 1450 ju 2Bunficbel) engen 2lnfdf)Iu^
an |)er3og 2BtIf)eIm öon ©acf)jen unb bie Sranbenburger. ^ilber nadt) Erneuerung
be§ ^ompie§ öon if)ren 33ünbnern im ©tid^e getaffen, ertennen bie .Sperren fd)Ue^=
lid^ (SBitfteiner SJertr. ö. 11. ^uni) 5pobiebrab'§ Uebergemidfit an, morauf biefer
nad^ rafd^er S^eftrafung be§ fäd)fifd^en .^urfürften unb ber ©innal^me (Sera'ä auf
bem großen ^^riebenSlanbtage ^u ^4^rag (25. 'Jioö. 1450 bi§ 6. ^an. 1451) bie
3uftimmung ber Sarone p feinem ^Programm erreidf)t unb fidf) mit feinen
©egnern audt) ^erfönlid) au§föl^nt; Utrid^ öon 9lofenberg mar bereits öon aKen
öffentltdt)en ®efdf)äften jurüdgetreten. Stro^bem lie^ ^sobiebrab, bie (Siferfucfit ber
S3arone aud^ ber eigenen !:partei f(^euenb, bie 5ßermeferfrage nod) ungelöft. 3(ud^
in ber ÄönigSfrage tritt ein Umfdfittjung ein. 5Zun finb e§ bie fat^olifdt)en
SBarone unb ©egner ^obiebrab^S, bie ben .^önig im ^anbe ju l^aben münfdt)en,
um buri^ itm gegen jenen mieber ^u (Geltung ^u fommen; anbcrerfeit§ neigt
fid^ ^obiebrab, nun felbft im iöefitie ber ^ad^t, bem mit ber ^luStieferung
äögernben .Jlaifer ju. Sl^atfäd^tid^ n^irb fein ftar!e§ unb bod§ milbeS äßalten
für ba§ zerrüttete !i3anb in ben nad^folgenben Sal)ren jur unerme^lidjen 2Bot)t=
f^at. ©(^on öorbem {)atte er ben f^el^ben nad£) .Gräften gefteuert; je^t, nact)bem
er fid^ aud£) mit ben©^lefiern (21. Stuguft 1450 5u ^önigingrä^) jur ©rl^altung
bc§ grieben§ geeinigt, l^ören {yauftred£)t unb (Srensfriege ööKig auf, öerfd£)töinben
bie Ütäuberbanben , ^iel^en bie ©ölbner, ju .spaufe o^ne 33efd^äftigung , au^er
öanbe§. S)a^ bie äöege frei toerben, 9ted£)t unb (Seridf)t buvd) bie äöieberl^erftettung
ber „.ßrei§rect)t§^3flege" jurüdf e^^ren , lä^t <^anbel unb .g)onbn)er! crblüf)en, ben
materiellen 3Bol)lftanb ottmäl^lic^ fid^ ^eben. @§ toaren (Seorg'§ fdt)önfte ^ai)xt,
^ai)xc ber f^-ürforge für fein 4">eimat^lanb , mälirenb nod) ^ö'^ere !^idt bem
©trebenbcn öorfdC)tt)eben. Tiaä) 'äu^tn befc^äftigen neben ber fädl)fifd)en S^e^be
©• bie fird^lid^e unb bie .^önigSfrage. ®ie Burie, feit 1448 gefräftigt unb öoll
©iegeS'^offnung , fe^t il^re Uniongbemü'^ungen fort, njö'firenb bie lltraquiften
Seotg, Ä. ö. S3öf)men. 605
jcf)tt)arf)e 5Berjud)e marfien bui-(^ ben 9Infc£)Iu§ an bie ©riechen au§ i^rei- 2^)oüiung
^erau§3ufommen. ^Pteben Ülicot. ö. ßueS , ;jof). ^apiftran 6emüt)t fii) 6nea
©ilöio, jugleid^ a(§ faijerüd^er ©efanbte toegen ^. Sabi§laiD untertjanbelnb, iüt
^om (Sutt l-iSl ju '-J^enefc^au). 3fn öet^ängniBöoIIer ^iDeibeutigfcit läBt ^obie=
bvab f)onen, i!^n jelbft ju geluinneu unb crflävt fid) Bereit Ütofijäana aufjugebeu.
(&rf)on üetftänbigt fid) Äaijei- gnebrid) III., tt)ie juDor mit ;3. Jpuni^abi, ]o mit
^^obiebrob über !Gabi§Iatt)"§ '^luStiereiung ; er überträgt i§m beim Eintritte feinet
^tömerjugee üortäufig bie Öanbe§öermejung (Cctober 1451). 9Im 27. ''Hpxxi 1452
oon ben ©tiinben feiner ^^artei jum ©ubernator a,mät)Ü, jtüingt er unter fluger
33enut;ung ber äJer^dltnifjc bie laboriten unb fat^olifdien 33arone ((September
1452, roäl^renb bie Jpauptniad)t ber Ütojenberge gegen ben Äaifer fämpjt), it)n
an^uerfennen. 9tun ttiatjäd^Uc^ 6errjd)er ^öf)men§ erreid)t er burd) feine 5eftig=
feit Don bem je^t öon lUric^ P.ßittp geleiteten Sobislan) bie ^emittigung aller
feiner gorberungen (3naim, 5lpril=5)]ki 1453), toei^ aber bann burc!^ gefällige^
Setragen bie Steigung bee jungen Äönigl äu gewinnen. «Seitbem aie^t ®.
Ungarn unb bie ö[terreid)ifd)en «Iperjogt^ümer in bie Atreifc feiner ^^^olitif.
3m ßinöerftänbuiffe mit ben autonomen ^^^arteien unter .'öuni)abi unb ßijinger ift
er bem ©turje Ulr. P. 6itlp, be§ öaupteS ber ipoipartei, nid)t fern unb f^lie|t
mit jenen am läge dor ^abiSlato'S Krönung in ^^prag (28. Cctober 1453) einen
feften 5Bunb. 5}er Äönig beftätigt i^obiebrab auf 6 ^aijxt in feiner @ubernator=
mürbe unb geneljmigt feine bebeutenbcn (Süterermerbungen : ba§ 5ürftentf)um
53^ünfterberg, bie ©raff^aft (Sla^, bie Jöurgen 9llbred[)tic unb ^4>ottenftein unb
roaljrfdieinlid) aud) Äolin. S)afe 5J}obiebrab mr atle§ forgt — aud) ba§ große
C'anbrec^t toirb am 13. Wdx^ 1454 erneuert — , nur nid)t ben utraqmftifc^en
grmartungen entfprid)t, erregt bereits SSebenfen unb öffentli^en 3;abel, ben er
nur mit 5M^e unterbrüdt. ^^^obiebrab ^eigt fid) nun bemüf)t bie ^Jiebenlanbe
mieber fefter an bie i?rone ju fnüpfcn. ®te§ gelingt mit ben ^]Jtäl)rern, obmol e§,
meil fie ben ^önig bebingungsloe aufgenommen, jum Streite fommt, mit (5d)leficn,
roo i^abielato in SSreelau felbft bie .»pulbigung empfängt, mä^renb ^vobiebrab
fid) bie Sürgerfc^aft Tür immer entfrembet, nid^t aber mit ber 'Jtiebetlaufi§,
.Öuremburg, ben in fä(^fif(^en ipänben befinblid)en :Qe^en, berentmegcn bie 5et)ben
fortbüuern. ^^obiebrab fielet fid^ burc^ bie (ireigniffe im Drbenelanbc unbben
projectirten lürfenfelbjug immer mieber gel)emmt, erntet aber felbft für feine
(srbietungen ju 2Biener=^]teuftabt {^Mx^ 1455) reichen 33eiTall. Sie Otürfberufung
(£illt)'§ be,5ei($net bas Uebergemic^t ber ^ofpartei, mit ber fid) '^^obiebrab (3lprit
1455) fing oerbinbet. Sie Perfui^t nad) ^. .ipunpabi'S lobe in Ungarn jur
^-)errfc^aft ^u fommen unb wirft nac^ diüt)'^ Sobe bort not^mals bie nationale
'i^artei nieber, toorüber e§ jum 3lufftanbe fommt. ein C^leic^eg in Oefterreid)
unb Söf)men, mo ':i>obiebrab wegen Ungel^orfamg in ber fäd^jifc^en (^irenjfe^be
unb bem Streite ^önig :iiabi§lam'§ mit bem ^aifer über bie (Sinp'fc^e (Srbfc^aft
mit Sabi§lalD in Spannung gerat^en mar, ju öerfui^en, öcrfjinbert ^obiebrab'S
i?lugt)eit, ber ftatt in baS bem Könige ergebene äBien ju fommen, biefen ^mingt
fic^ nac^ -4>rag unb bamit unter feine Leitung ju begeben, too ber Äönig am
23. Dtoöember 1457 ptö^li^ ftirbt. ^tlibalb bereitet ^ßobiebrab mit auBer=
Drbentltd)er ,ßlugl)eit unb Unifid)t feine eigene @rl)ebung öor.
£ie iHitterfd)aft unb feine alten greunbe au§ bem iperrenftanbe, ütofpjana unb
große ä^erbienfte um ha?) 2anh finb feine Stufen. Stetg bemütjt gute Sejieljungen
,ju Otom ju erl)alten, begegnet er nun oereint mit 9toft)3ana jebem äöiberftanbc oon
bort^er bmd) Erregung gefteigerter Union5l)offnung , ^ilft in Ungarn bem mit
feiner Iod)ter perlobten ^THatt). .^puntjabi jum 5:^rone, bemirft burd) 5.^er=
fpred)ungcn unb @elb , S;rol)ung unb Ueberrafd)ung bie 3iiftimmung auc^ ber
fat]§olifcl)en Marone ju feiner 2Baf)l am 2. Wäx^ 1458. S)ie ipaböburger,
goß ©eoig, Ä. i). Sö^meit.
^ei-,^og 2[öilt)clm bon ©ad)|en , bie Könige öon ^4^olen unb f^ranfvcid^ finb bov
il^m erlegen. SBi§ 3U feiner Ärönung geiuinnt ©. nocE) ben größten 2:t)eil 9Jiät)rcn§
für feine 9lnerfennung , erlangt aber bie .^rone (6. Max) an§ ber i^anb jioeier
ungarifc^er 33ifc^öTe nur unter ben fon ßarbinal darüajal öorgefciirieBenpn 33e=
bingungen feine§ eigenen fofortigen UcbertritteS jur ölten ^ird)e, bann ber cib=
liefen Sufage ber Union, rüofür il)m jebod) S^rift getüäl^rt lüirb. S)er neue
.^önig ift 16emül)t, in ber äBeife ber SJorfaliren ^u I)errfd)en, in bie 2fürftcn=
!f)ierarcf)ic feiner 3eit einjutreten. 6in raf(f)er ^-elb^ug (3uni) untertüirft ben
9teft ^3iät)ren§ au^er ^glau ; bie unmittelbar anfcl)lie^enbe f^el^be gegen ©rjlieräog
3n6rec£)t unb ben .»^aifcr iül)rt ben fiegreid)en iiönig !6i§ an bie S)onau unb
berfd^afft it)m bereu ?lner!ennung. (Sd)lefien aBer — bie 23rc§lauer öoran —
unb bie ©cc^Sftäbte berweigern bie ,s^-)ulbigung , wäl^renb iiurfac^fen mit feineu
33unbe§genoffen ben offenen ^rieg anbrotjt. S)iefen öerl^inbert bie gro^e ^^ar=
teiung ber 3i3ittel§bad)er unb ^otjenjoüern im Oteid^c, bie ftd) ,^tt)ar einen 'iltugen=
btid (Dctober^2)ecemBer) näl)ern unb 93i3'^men mit gcmeinfamem Eingriffe l)ebrol)eu,
bann aber nad) neuem Sft'iftc (53eginn 1459) genötl)igt finb, beibe ben 9lnf(^lu§
on ben S3LVl)mcn!önig ju fud)en. 2)er ßgerer %aa, (5lpril= 'O^ki 1459) bringt
bon ©eite ©ad)fcn§ 33er3id)t auf bie 6rbanfprüd)e , .§crau§gabe ber bieffeitS bc§
(Erzgebirges gelegenen bo'^nüfdjcn 2et)en, 33erlobung ber föniglid)en unb '^er3og=
lid)en ^inber unb ©inung beiber -Käufer, ßbenfo berbünbet fi(^ @. mit
Sßranbenburg unb ivviebrid) bon ber ^falj, tttcift aber bie CEiming mit .^er^og
ßubwig bon 33aiern = 2anb§l)ut unb ben 33orfd)lag ^Jiartin ^air'g, ftd) 3um
römifd)en Könige mäljlen ju laffcn , ,^urüd. S)ie fieunblid)en Se^ieliungen mit
ben Äurfürften be§ 5Heid)e§, ber tt)eitn)eifc ?lnfd)tu^ ber ©d)lefter unb" ber 8au=
fi^er bringen inbe^ ben Äönig auf biefen ^Uan jurüd. S)cr Mnxg, berpfltd)tet
fid), um ben Haifer ^^u geminncn (33rünn 3uli=9iuguft 1459), il}m ba§ ilönigreid)
Ungarn im ^rieben ober burdi @emalt einzubringen, fud)t nun oud) miti^erjog
ßubtrig 9tu§g(eic^ung ber ©treitigteiten unb ^ünbni^ (©eptember unb Dctober
1459 3u SauS unb ^^ilfen) unb get)t bann bereint mit 'OJtartiu ÜJlair auf bem
Zttjeiten (ägcrer Sage OJlobember 1459) unmittelbar an bie 5£)urd)fü^rung be§
5projecte§. 6r felbft tl)eilt fid) ^}ar!graf ^llbrec^t bon 33raubcnburg mit, ber
feine Unterftülsung an bie 33iEigung be§ J?aifer§ fnüpft. ^Jlartin ^33lair gel)t
(35eginn i^atiuar 14()0) nad) ^aitanb , bort ®elb für ben 5pian aufzutreiben,
inbem er bem .^erzöge ©forza bie Sfnbeftitur burd) &. berl)ci^t , ^\n§i 11. , ber
auf bem ^Rantuaner C^ongreffe unb burc^ allf eilige ^yriebenSfliftung einen 2;ürfen=
Zug ermöglid)en mill, bringt and) bie 23re§tauer zum ®el)orfam unb ^u bem
23erfpred)en, ©. nad) brei 3>o^ven zu Ijulbigen. S)er ©treit be§ ÄaiferS mit ben
öfterreid)tfd)en ©tänben bietet ®, ©elegen'^cit, feine 23ermitttung anzubieten unb
um bie ^uftimmung zu feiner äöal)l zu bitten (^3Mrz 1460). äbgemiefen fuc^t
er bicfe bergebeuö bem aud) über bie ^Jtid)terfünung ber 3Brünner S3erträge er=
zürnten iTaifer abzubringen. 5£)ie auf ben 5lürnberger unb 3Bicner 3icid)§tag
(berufen auf ben 3. unb 28. Wäx^) gefegten .!poffnungen bereitelt ber z^ifd)en
beiben i5ürftengru|)|)cn auäbred)enbe Äricg. äöä'^reub beffen berbinbet fid) ^önig
®. enger mit ^erzog Öubtüig (8. Mai) zu 35ermittlung unb 2Baffenl§ülie; bie§
befd)leunigt bie „9?otI)et" = 9li(^tung, bie il^m bie @ntfd)eibung über bie nod)
fdjtüebenben ©treitpunfte übertoeift. S)aburd) unb burd) bie in 3lnregung ge=
brad)te SluSlöfung ber ^iicberlaufil} l)offt @. bie Sranbenburger gefügig zu mad)en.
9ll§ ber ©e))temberreid)§tag zu SBicn bie Dppofttion gegen ben 5)3apft unb
(Vriebric^ III. bjieber in g-^uB bringt, redinet ber ^onig auf biefe, bereinigt fid)
zu ^Nrag mit .g)erzog Subtoig (8. Dctober) zu feiner, toenn nött)ig getoattfamen
©rl^ebung auf ben beutfd)en S^ron unb fenbet 5Jkrtin Mak zu Unterl^anblungen
mit ben Äurfürften in§ fReid), mäljrenb er ^atl)ia§ bon Ungarn zu berfö'^nen
(SJeorg, ß. ü. *öf)men. 607
unb fi(^ äu tierlbünben loei^ (25. 'iJtob&r.) unb ftc^ auä) mit ^alen (28. 9loöbr.)
QU§9tei(i)t. ©(i)on 5uöov l)at @. and) öon ?Ubred)t toon Sranbcnburg allgemein
bie 3ujase jeinei; Untevftü^ung bei ©ad^jcn unb 3?ranbenburg erlangt, ju gleicEier
3eit fuc^t ^erjog ^nbtüig bnicf) einen engen Sunb mit bcn Surften jciner ^^artei
3U 9lürnberg (11. ^loöemberj ben .ßönig 3U förbern, bann geminnt M. 5]tair
BebingungStoeije ^Jlain^ unb ^jatj. 2lber be§ ^önig§ Haltung 9tom gegenüber
aui bem 33amberger Sage (13. 5)ecember) mad)t feine SBünbner fd^manfenb, auf
ber ßgerer gürftenöerfammlung (2. gebruar 1461) l^inbern hu 53ranbenburger
bie beabfii^tigte 2Ba:^I, bie bon ben j^urfürften ju gtürnberg (ßnbe gebruar)
Qbgelet)nt tuirb. ©eit 1460 ma^^nt bie .^urie immer bringenber bie Union enb=
lid^ in Singriff p nehmen, ^e^t (DJMrä, 3lpril 1461) öerfud)t berÄönig biefelbe
roirflid^, um bie ^uftimmung be§ ^a|3fte§ gu feinem in momentaner ©rregt^eit
gefaxten tßlane, \xd) burd) eine 25uEe einfad^ jum römift^en Könige ernennen 3u
laffen, 3u geminnen. 2)ie ungel)eure Slufregung be§ bon 9toft)3ana nun gegen
05. geleiteten utracfuiftifdien S}oltc§ jeigt aber, ba^ bie Union je^t unb nie mög=
lici) fei unb jmingt ®. am 15. gjtai ju öffentlicJ)er feierlid^er ©rttärung für bie
ßompactaten. @§ ift ber äöenbe|)unft in ©eorg'ö !Ceben unb ^önigtl)um.
©egen 9tom unb fein ä>ol! in unbereinbarer Söeije berbflic£)tet, l)at er felbft bas
Ungemacl) feiner fpäteren 9tegierung mitberfi^ulbet; nur bie ^^riebenSbebürftigteit
ber Äurie, be§ Äönig§ fing bere($nenbe 5|}oliti! bermag ba§ 2}erl)ängniB :^inau§=
äufdiieben. ©e gilt borerft bie üblen SoiS^n ber mißlungenen .l^önigg^jrojefte ju
tragen. äöäl)renb i§n bie 23ünbner brängen, gegen ben Äaifer bor^ugclien, muß
er i^ al§ fünftigen gürfpredjer in ^om fc^onen unb ber^inbert bodfi ntd)t,
baß man il)n al§ ^DUttetpunft ber @egnerfc^üft gegen ^apft unb Äaifer bejeicimet
(Sommer 1461); am 25. ^uU mirb aud^ gegen @., al§ Reifer ßei'äog ßubmigS,
ber 9iei(i)§frieg er!lärt. gür ben ^ampf gegen ba§ 'Eingehaltene 9tom fui^t @.
einen moralifd^en ipolt in neuen iprojecten unb gerät'^ in bie |)änbe biploma=
tifc£)er Slbenteurer, je^t be§ g^rangofen Slnton 9Jlarini. Dbmol &. für f^riebric^ III.
auf beffen Sitte am 6. September einen Sßaffenftittftanb mit atten feinen ©egnern
bermittelt, bermag er bod) ber 9tac£|e an ben Sranbenburgern ni(i)t 3u entfagen
unb fagt am 1. September gjtarfgraf 2llbrec£)t, am 14. October J?urfürft fyriebri^
ab. 3}on gftom bebrängt fteEt er aber balb feinen Streit mit 3llbre(i)t auf ben
abmal)nenben ^aifer, äiel)t feine 2:ruppen au§ bem Sfteic^e, bermittelt auf bem
^Jrager ^ynebenScongreffe (5. 5^obember — 7. 2)eäember) einen allgemeinen 2ßaffen=
ftiüftanb, seigt fiel) aud^ betreffs ber 9tieberlaufi^ einem Sluggleid^e geneigt unb
jubem gefd)äftig ben Ärieg smifi^en ^olen unb ^^reußen ju bermitteln. 3ll§
ber griebenSftifter in Europa, toie er fidE) in ^om barftellt, unb burdf) ba§ 5ln=
erbieten eine§ SürfenfelbjugeS fud^t er ^iu§ IL günftig 3u ftimmen unb feiner
enblict) abgefertigten ©efanbtfd^aft ben Soben boräubereiten. @r ift fanguinifdf)
genug, ba§ 5ßefte ^u l)offen, fogar bie ßrlangung ber bt)3antinifd)en i?ai|erfrone
fdfjmebt feinem ßl^rgeije bor. 2lber ber ,^rieg bauert in ^reußen fort unb be=
ginnt in ber Saufi^ unb im gteidfie auf§ 5teue, bie .»^ui-ie fte'^t unberrücft auf
ben 3ufagen bon 1458. 2;ro^bem bie 65efanbtfd)üft ben (Sel)orfam im 9Umen
be§ ganzen ^önigreid^ee geleiftet, antmortet ^^iu§ II. auf bie SSilte um bie Se=
ftätigung ber Sompactaten mit beren feierlid^er Sluf^ebung (31. Wäx^ 1462).
Sofort änbert ber 5?önig feine ^politif, fie ftü^enb auf bie SSefriebung mit ben
"Dtad^barn (6. i^uni triebe mit SSranbenburg gegen 9lücEgabe ber 5^ieberlaufi^er
^fanbfc^aft) unö 5}larini'§ ^rojeft eine§ europöifi^en gürftenbunbeS, ber loSgelöft
bon ber 3}ormunbfdt)aft beg ^:papftt'Eum§ unter ^erftettung internationalen DiedbteS
unb @eri(^te§ ®. einen feften 9tücfl)alt bieten, beffen SBilbung burdl) ben bDr=
geftettten 3^edt eine§ Sürfen^ugeS erreidf)t toerben foü. Ser erfte :Ealbgetungene
SdCiritt ift ber Slbfc^luß eineg S)efenfibbunbe3 gegen bie fürten auf ber 3ufammen=
(508 ®eotg, Si. b. 2Bö()mcn.
fünft @eorg§ mit ßaftmir bon ^4^oIcn ^u (^ko^glogou (18. 5)tai 1462). 5E)eä
J(?öni9§ unfluge ^cftigfeit gegen ben mit bev Ö)efanbtfrf)QJt nadt) ^45i*Qg gefommenen
!i3egaten gantinug be SSatte, ber gefangen gefegt tüirb, maä)t ben S3ru(^ mit Ütom
noct) grelier C^oftag bom 17. Sluguft 1462); feine 33emüf)ungen ju ber eigenen
unb ber utraquifti[(f)en ©tänbe = grflänmg für bie ßorn^iactaten anä) bie ber
fat§oli|c£)en SSarone unb (am 18. ©e|3t.) ber faf^olifctien @eiftücf)feit ju erlangen
finb eitel. 2)ie§ ift aud§ f^äter ber gatt (2ag öon Srünn 3^uli 1463); bodt)
bleiben fie norf) treu unb fud^en 3U öermitteln, n)ä'§renb ber bebrängte .^aifer
bie au(^ fonft öom Könige gereifte .^urie jum 3utt'arten nötl^igt. S)ie ^tettung
be§ in feiner Surg p 2Bien belagerten J?aifer§ bringt®. t)0(|tDidf)tigen @5cminn :
3Jie^rung ber böl)mifd)en ßanbe§|)ribilegien , OtüdEgabe ber l^abäburgifct) = lujem=
burgifd^en (ärböerträge , ßrl^ebung feiner beiben jüngeren ©öl)nc in ben üteid^§=
fürftenftanb k., befonber§ ha^ 23erfpre(^en nad)brüdElidt)fter S5ertoenbung in Ütom.
Sfnjmifdfien roiih ber i^ütftenbunb , öon S5enebig unb ^i-'^nfreidt) gebilligt, an
5!Jlatl^ia§ bon Ungarn jur Unzeit unb ungcfdt)icEt gebrai^t, öon Surgunb, wie e§
fd^eint, in Üiom öerrat^en ; er mirb buri^ gefdt)icEte 9(ftion bc§ 5papftf§, ber fid) mit
33enebig unb Ungarn ]ü einem ©onbcrbunbe bereinigt (October 1463), bereitelt ;
ber angeftrebte engere 93unb @eorg§ mit ^-ranfreic^ fül^rt nur ju einer be=
bcutung&lofen ©inung. ;3'n Öcfül^le ber na^cnbeu ©efaljr me'^rt ber .ßönig
biefe burdt) feine 3!Jia^regeln gegen fie. (Ex berfiei^t bie Surgen in Sötimcn mit
.^riegSborrät^en unb ©etreuen, mad)t feinen Solju !i?ictorin pim Öanbc§t)aupt=
mann in ^)Jtät)ren, fudE)t fid^ bie ^aufitjen unb ©djtefien ju ftdf)ern unb mel)rt
baburd) bie 9lbneignung ber otine^in über fein perfönlid^e§ 9tegiment mi|mutt)igen
Marone. (5d)on lä|t fidC) bie Äurie auc^ bon ^aifer griebridf) ni(^t länger t)in=
Italien unb ift (15. ^uni 1464) bie (^itotionSbuHe gegen &. ouögefertigt , a(§
^^iu§ II. ftirbt unb fein 5^ad^folger ^^aul II. nodjmalö 9tuffcf)ub unb bie ©enbung
cineg Legaten bemiÜigt. 2)a aber @. beffen unbilliges Serlangen, bon ber 23e=
lagerung 3o^'nfteiu§, ba§ bem meuterifc^en aber bom ^apfte in 8dt)utj genommenen
^t)ne! b. Söttau geljört , abjuftel^en, abtoeift, erfolgt am 28. i^uni 1465 bie
ditation @eorgö binnen 180 Jagen unb ber 5luftrag an ben Legaten, gegen
ßJeorgä Reifer mit (Jenfuren boranäugel)en. ^Jiun nimmt ';l>aul II. bie SrcSlauer
in feine Qbl)ut, fünbigt ben i^af^olifen 23ö^men§ ®eorg§ beborftcljeube Ibfe^uug
an unb mat)nt bie ^^^ürften bom Serfe'^re mit biefem ah. S)ic böl)mifdl)en Saroue,
audf) in religiöfem burd^ ba§ 9ieligion§gefpräd^ auf bem ^ebruatlanbtage 1465
, gefdl)ärfteu ©egenfa^e ju @., berat§en fii^ (©ommer 1465) ju ©rünberg, ©tra=-
foni^ unb Ärumau, um bom iiönige bie 9lbl^ülfe ^aljlreidlier, mirtlii^er unb ber=
meinter, Verlegungen it^rer 9ledt)te unb ber ßanbegfreil^eiten ]u berlangen, merben
aber bon ©. unter bem Seifaüe ber Dtitter unb ©täbte (|)erbftlanbtag, 23. ©ep=
tember 1465) miberlegt unb abgetoiefen unb treten barum ju @rünbcrg (28. 9tob.
1465) jum „.^^errenbunbe" ^ufammen. ©., millenS feinem ©ol}ne Sictorin bie
5^adl)folge ^u fidf)ern, übergibt feinen iöefi| ben beiben jüngeren ©öljnen, appettirt
gegen bie (Station am 21. Dctober unb menbet fid) an aEe g^ürften um S}er=
mitttung , toä^renb er in 3tom burdl) Submig bon Saiern unb Ungarn auf bie
^erftettung ber S)inge bor 1462 lautenbe Einträge unb Serfprec^ungen be^ügUd^
eineg Äreu3juge§ tl^un lä^t. ©d^on ^at fidC) 'D)kt^ia§ bon Ungarn (2. Dct. 1465)
9tom gegen®, erboten; beffen Einträge merben abgen)iefen, fd)on am 8. S)ecember
1465 — nod^ bor 9lblauf ber grift — @eorg§ Untert^anen bom Sreueibe ent=
bunben. 5lun fielet ^ilfen auf, ficf)t fid) ©. genöt^igt mit ben Ferren nac^
Unter^anblungen in SSubmeiä unb Otaubni^ einen förmlid)en 2Baffenftillftanb ju
fc£)lieBen (bi§ ©aEi 1466). S)a§ Bögern ber ^urie gibt bem Äönige 3eit.
3Cßät)renb bie fäd£)fif(^en «Iperjöge mit ben Inegalen in 33re§tau ber^anbeln , ber=
• fudC)t ber Äönig mit Unterftü^ung (Tregor ^eimburg'§ nod^malS feine <Baä)t ju
®eorg, Jf. ö. SBöf)men. 609
einer oÜgememen 2lnge(egenf)eit bei* toeltlicfien Wää)ie ju machen. ?Ii&et toenigei*
burc^ ^eimfturg'S ©dlvetBen nad) Ungarn unb i^ormutare für bie 5ürftent)er=
mittlung, Qt§ burd) bie iöerwenbung ^Jtarfgraf 2ll6re(i)t§ unb ba§ QrBieten einer
großen .g)eere§rüftung gegen bie dürfen fommt e§ auf bem '•JiürnBerger ^)iei(i)§tage
1466 ju bem SBefc^Iuffc, öon $aul II. einen %aQ für bie gemeinfame 3tu§=
g(eid)ung ber böf)mif(i)en f^rage ju Verlangen. 2)agegen toä^lt ber ^errenlbunb
in 3^ttau (12.— 18. ©ept.) 3bene! ö. ©ternberg ^um ^au|)tmann unb befcfilieBt
burd^ bie -iperein^ie'^ung aller ^af^olÜen ber i?rone feine Umtüanblung in eine
!at"f)olif(^e Siga, toilligt aber bann in SSertängerung ber 3Baffenru'^e bi§ 23. 5l|3rit
1467 unb neue SSer^anblungen in 5'leu'^au§. äßö^renb ber .^önig burtf) un!luge
.'peftigfeit gegen ben .^aifer, bie un^eitige SSelagerung bon 5^am§Iau unb feine
Sßerbinbung mit ben „SSrübern" feine Sage t)erf(^limmert , belegt ^aul II. am
23., S)ecember 1466 i!§n unb feine ^^amilie mit bem SSann, fprid^t il^m ben
S^ron, feinen ©ö^neu bie 5ta(i)folgc ab. S)ie ©prüc£)e ju öoEftreden rechnet bie
.^urie auf bie Siga , bereu faft fci)on gelungene S5ert)anblungen ju 9leu^au§
nun erfolglos bleiben unb bie fic^ toittig erbietet, unb auf ^ßolen. Stuf bem fjebruar^
tanbtage (24.-27. ^^ebruar 1467) ift ®. ju fpät gegen bie ^erren nachgiebig
unb toirb nochmals auf bie ßompactaten öer|)flic^tet. S)ie S5erfuc£)e, in 9tom
neue SSerl^anblungen an3u!nüt)fen , einjelne ber sperren ^u geminnen, fcfieitern.
"■Jlai^ ©ternberg'§ SSeftätigung burd§ ^aul II. am 20. Wäx^ einen fi(^ bie Sigiften
fefter 5U ©rünberg (14. 3lpril), am felben Sage apljellirt ber ^önig aud) gegen
bie SSannbuEe unb ber.ßrieg beginnt, in ^atillofen ©in^etugefeciiten unb ^urgen=
belagerungen befte'^enb. ,3uS^c^'^ [treitet man mit ber lieber, ^tac^bem ber
"Mrnberger 9ieid)§tag (^uli — Stuguft 1467) umfonft bie S3ermittlung berfu^t
§at, toobei bie toeitere ßntfrembung be§ Äaifer§ unb auä) ^er^og Submigä öon
®. t)erbortritt, bermittelt Äafimir öon 5]3oIen, an ben fic^ beibe Parteien mit bem
3lnerbieten ber bbtimifd^en tone unb ber 9ta(^foIge geU)enbet, einen Söaffen=
[tiKftanb üom 30. ^flobember bi§ 25. Sfanuar 1468 jum S^^'^^ e^"e§ f5^'ieben§=
tage§ in iBrieg. @r bringt, ba ber ßegat auf @eorg§ 3}ernic£)tung befielt, nur
bie Kräftigung ber Gegner, bie toäl^renb be§ burc^ bie ^olen bi§ jum 26. Wäx^
öerlängerten äöaffen[tiEftanbe§ fi(^ an 9}tat!^ia§ Don Ungarn menben. S)a 3u=
gleid^ ouc£) bie :bäpftli(i)en Soten fic^ bon 5}}oIen nad^ Ungarn begeben, ber
Kaifer , bem ^^rin^ S5ictorin am 29. S)ecember abgefagt l^at unb in§ Öanb ge=
brodien ift, um ^ülfe ruft, crttärt 5Jtatl§{a§ am 31. Tläx^ 1468 ben Krieg,
ben er na.d^ rafd)er umfid^tiger ülüftung am 12. 9tpril aufnimmt, ^aul II.
unterftü^t i'^n mit neuen (Senfuren (20. 3l|3ril) unb ber Senbung eine§ jmeiten
Legaten, 9toöareIIa'§, mit größeren 3}ottma(i)ten. König 5Jtatt)ia§ nöt^igt 35ictorin,
bem ®. äu ^ülfe eilt, jur 9ftäumung Cefterreic£)§, fte'^t beiben unterl)anbelnb bei
Saa gegenüber, erobert nac^ (Seorg§ ^Ib^ug ben größeren S^eil 3!Jiä^ren§. Un=
ausgefegte Kämpfe, fruc^ttofe S3ermitttung§t)erfuif)e erfüllen ba8 ^. 1468; bie
„aä)t Unglüdsmod^en" (Quitte 9luguft bi§ ^itte October) bringen @. fd^toere
S5erlufte, bocE) menbet fid) ba§ SöaffenglücE unb ft^lägt aud^ bie 33ol!§ftimmung
im 9leid£)e ju feinen fünften um. 2tber fd^on finb felbft ©ac£)fen unb Sranben=
bürg willens, im äu^erften f^atle au ^apft unb Kaifer p fielen unb mirb in
9iegen§burg (gebruar, ^Jlärj 1469) über ben 9leid^S!rieg gegen Söl)men öer=
§anbelt. ®a bie Ütarf)ridf)t, ba^ triebe fei. — König 53tatl)ia§ :^at, beim ßinbrud^e
in Sö^men öon 65. bei ^itemotö (25. /26. t^ebruar) eingefc^loffen, einen 3Baffen=
ftiEftanb bi§ pm 3. 3lpril 1469 abgefdl)loffen unb öerfprodl)en , 65. auf (Brunb=
läge ber ßombactaten mit 9tom au§aufö^nen, toogegen il)n btefer entläßt unb
Unterftü^ung bei ©rlangung ber beutfd£)en Krone jufagt. ^ber auf bem Dlmü|er
griebenStage (7. 5lpril bi§ 1. ^JJtai) üer'^inbert ^Jloüarella alle»; loä^renb bereits
gtagciii. beutfcöc Siograljfiie. VIII. 39
QIQ ©eorg, ^. b. SBö'^men-
üJtatl§ia§' 3öat)t jum ^önig toon ^öljmen geplant tüivb, evreicfit @. 6ei mandiei-lei
^erfönlic^er ©emüf^igung burrf) polnijdie SSermittlung 16to§ bte 3}er[ängevung ber
äöaffenrulie 16i§ l.^fanuav 1470 unb bie 3ufage, 5Ratt)ia§ tüerbe in feinev (5ac£|e
nad) Sfiom |(^i(ien. 5Durd) 5Jtatl§iQ§' ^önig§tt)at)t unb bie nac^tolgcnbe ^^ulbigung
in Olmü^ unb S3re§lau ü6ev jeine Stäujc^ung betefirt, brid^t ®. fofort mit öer=
^tüeiteltcr Energie (o§. 2Bät)renb ber i¥ai|ev, über ^JJlat{)ia§' ungeftümeS «Streben
erjd^retft, öon biefem äurürftüeidit , ebenfo 33ranbenburg unb ^4>oIen, jud)t ©.
burcf) ©ac^jen 3}erfö^nung mit f^riebrid) III. , läfet , an 5|3oIen ficfiern 9tüdt)aU
ju finben, auj bem 5^rager Sunilanbtage bie ^lodiiolge be§ ^^rinjen äBlabiSlalt)
befd^lie^en, arbeitet im 9ieic£)e toie an ben ^öfen öon ißnrgunb unb gran!reid)
^at'fiiaS' beutfdicn .^önig§plänen entgegen , tritt enblid) in ä^erbinbung mit ben
unpfüebenen ungarifctien ©ro^en unb iül)rt ben ^rieg tro^ 3)ictorin"§ (5}efangen=
nannte (27. 3^uli 1469) ]o glüdlid), ba^ ein Xfjdl ber Sigiften nur burd^ @r=
ftärung it^rer ^Neutralität ][ä) bor gänätid)em 9iuine ju fd)ü^en öermag. 2}er|agt
aud) ^önig ^afimir tro^ @eorg§ 33emüt)ungen, unb fein brot)cnbe§ 5)tani|eft an ba§
9ieid§ toom 1. i^anuar 1470 äöaffen^ütie, ja felbft eine befinitibe @r!tärung, ^o
geftaltet fid) ®eorg§ Sage bod) immer günftiger. S)ie 53iIIac^er i5ürftenberjamm=
lung (19. Suli bi§ 1. 5Iuguft 1470) bei bem Äaifer erflärt \xä) bafür, @. auf
bem Xl^rone p ert)alten, toät)renb 5Jlat^ia§' rafd)er ©iniall in Söf)men (3luguft
1470) mißlingt. 5Da fic^ in iBöl^men n)ie im <)ieid)e bie Stimmen |ür @. mel)ren,
in Ungarn über ben fd)lDeren langbauernben Ärieg fic^ fteigenbeS ''XUi^bergnügen
funbgibt , bietet 5Jtatl^ia§ burd) ©ternberg in $otna ben f^rncben unter 5öebin=
gungen an , bie &. ben 5tt)ron , il)m bie ''Jiad)foIge fid)ern. 9lur bie Otüdfid^t
auf ^^olen , ba§ baburcE) p rajd)er ©rflärung gebrängt wirb . t)inbert (B. an=
3unet)men. %xo^ Äirdienbann unb i?e^erglauben erfolgt (gafc^ing 1471) bie
S3ermät)lung bon @eorg§ jüngftem ©ol)ne ^t)x\d mit ^af^arina öon Sadifen.
2)ie fäd)fifd)en ^Sperjoge , öoni ^aifer unterftü^t , ftimmen enblid) aud) bie J?urie
milber unb fd^on l)at C^arbinat ^ranj öon ©iena , ber bie ©ac^e ber Äird^e
auf bem iKegenSburger 9teid)§tage füt^ren joK, S3efe!§l erVIten, aud) bie böl)mifd^e
Streitfrage in Unter^anblung ju nelimen, al§ @eorg§ Zoh gemelbet mirb.
S)ie äöafferfud)t , bie feinen in ben testen Satiren fel)r ftarfen Äörper bi§
pr Unfenntlid)!cit entftettte, l^atte am 22. Wäx^ Uli be§ Äönig§ 2ihen ein
Snbe gemad)t.
Äein ^obiebrab nal)eftel)enber ä^i^ßenoffe ^at un§ feine ^^erfonlidifeit , fein
Sinnen unb ©mpfinben menfd)lid) näl)er gebracht. 3ll§ einen ^Jtann öon turpem
gebrungenen i?ör|3er, weiter ^''autfarbe, bli^enben Singen unb gefelligen 'üJlanieren,
„augeftedt ^töar öom |)uffiti§mu§ , fonft aber red^lfd^affen unb ebel", fd)ilbert
lijU äur 3eit' feiner 35ertt)eferfd)aft (Jnea Silöio. Slu^erbem laffen fid() marme
Siebe 3u ben Seinen unb ju feinem Sanbe, Sparfamfeit, bie fpäter faft in ©eij,
rege§ Streben, ba§ ju ö erb erb ti et) er (5l)rfud)t ausartet, Sebl^aftigfeit, bie leid)t ju
ungeredjter .!peftig!eit toirb, ni(^t öerfennen. ®eorg§ Sluftreten in ber @efd)id)te
ift je nad) bem ^^arteiftanbpunftc öerfi^ieben beurtt)eilt töorben. ©id^er ift : ber
^ärt^rer ber freilieitlid^en ^hnn, ber überäeugungSöoIle Utraquift ift ber .^önig
nie getoefen. Slber er gel)ört ju ben gcbietenben ßkiftern, bie felbft o!^ne be=
fonbere ^)erfönlidE)e SSilbung — ber .^ünig fprad^ menig beutfd^, nur bö'^mifdl) —
3eit unb ©elegenl^eit mit flarem 93lide ju erfaffen, mit fiegreid^er (Energie p
benü^en öcrftel)en. So forgt @. erft öäterlid^ für fein Sanb unb leitet mit
überlegener j^lug'^eit beffen ^olitif. 9lber bie tleinlid^e 3eit, in bie er gleid^
50Nar!graf Sllbred^t geftellt, geftattet nid^t, ba§ fid^ bie trefflidt)e 5laturanlage
pm Rollen unb ©bleu entfoltet. ®eprg§ biplomatifdt)e fünfte öermögen nii^t
if)m toalire ^^reunbe p öerfdjaffen; öon ß^rgeij unb @lüd öerblenbet ge'^t er
©eotg, 2Jl. t). 5Branbenbut9=3ln§bad^. 611
in gutem ©lauben, nber aüju füt)nem SBertvaucn 3}erptli(i)tun9en ein, beren lln=
crfüübarfeit ben 2lBenb ^eineä Öeben§ in Ükc^t unb Trauer f)üllt.
(}. ^atacit), ©efcf). SBoiim. IV, 1. u. 2. Slbt^l. ^. maxt^xaVi jec^§
3I^anbIungen über Ä. @. unb feine 3eit. 6. Sßoigt, ©eorg öon SBöf)men ber
^ujiitenf önig , öift. 3ti^r. 1861. ©. 3}oigt, Enea Silvio de' Piccolomini.
3 a3be., Berlin 1856 — 63. ^. ®. S)i-o^!en, &t]ä)\ä)k ber ^reu^. ^^oUtif II,
1. 2Ibt()l. m. Sorban, S5a§ ^ömgtf)um @. üon ^^obiebrab , ^eipjig 1861.
21. 33aimann, ein ^a^r bö^mijdier ®ejc^id)te, 2trd). f. öftetr. ©efcfiid^te,
LIY. ^b., 3Bien 1876. ?l. Sac^mann, SSö^men unb feine >Jlad^bar[dnber unter
@. öon ^:pobiebrab 1458—61, ^rag 1878 u. a. 2Ö. 58 ad) mann.
(Ijcorg ber fromme, ^)31arfgraf öon Sranbenburg = 5Inip ac^ , geb. am
4. mäx^ 1484 als Sot)n be§ ^]]krfgrafen yriebric^ bes Slelteren, atjo (Fntel bes
«marfgraien 9übrec^t Sl^iües , unb ber potniicf)en ^rinjeifin ©op^ia, einer
Sc^roefter hti> Äonigs äölabi§Iatü öon Söfimen unb Ungarn, jomit ber 35etter
be§ leiten bD^mi|c^ = ungarii(^en ^ageEonen. gr i[t ber ^Begrünber ber :^_o^en=
äoEerni^en ^errjd^ait in bem ic^(efifd)en iyür[tentf)um ^ägernborj unb ein eiiriger
prberer ber JReiormation, fotoie ber örö^e jeineg §auje§. ©ein S)ater, ber fid)
einer jo'^treic^en ^amiüe erfreute, Ijatte i'^n anfangs für bie getftlicf)e Saufbatju
beftimmt, id)icfte i^n aber 1506 ^umS^ienft an ben^of feines ©d^tnagers Äönig
äßtabislaro, ber meift auf feiner ungarifc^en ÄönigSburg in Dfen reftbirtc. ^pier
ermarb fi^ ber junge gürft bie ©unft feineS Cl)eims in betn 5Jtaa§e, ba^ it)n
biefer bei feinem 1516 erfotgenben 2obe jum ^itgtiebe ber für Ungarn cin=
gefegten üormunbfc^aftüd^en ütegierung unb jum (Srjic^er be§ erft 3e:§njät)rigen
2:^ronerben Submig einfette. Der gleidiaeitige bö^mifd^e @ef(i)ic^t§fc^reiber,
a3ifci)of ®ubraöiu§ öon Dlmü^, fäüt bei biefer @etegen{)eit ein fe^r ungünfttges
Urt^eit über i^n. iöättc ber ^^rinj Subwig, fagt er, einen tü^tigen ßrjiefier
ermatten, ber nid§t allein auf bie SeibeSpflege , fonbern auc^ auf bie ß^arafter=
entraicElung gefet)en, fo UJäre bie gute ^3(nlage, bie ber Änabe jetgte, nic^t erfticft
ttorben. ©o aber tnurbe nad) bee 33ater5 äÖiüen fein graietier unb .«öofnieifter
gjtarfgraf @., jttjar ein guter ^err, bem aber ^efte, ©^aufpiele unb Sanjenfte^en,
(Spiet unb 3:an5 me:^r am ^perjen lagen at§ ernfte 25efd)äftigungen. Cbrool bie
bij^mif^e unb ungarifd^e @ef^id)tfd)reibung biefeS Urt^eit fic^ angeeignet ^at
unb ben gjtarfgrafen @. für bie in Äönig Öubtoig, ben übrigens bie ^ä)iaä)t
bei 'JRoi)aq fd^on im 20. SebenSja'fire t)inraffte, fpäter ^erPortretenbe ©enuBfuc^t
unb Unroirtt)f(iaftac^feit öerantmorttic^ mad)t, fo mill hoä) ber 3}ortt)urf man=
gelnben .ernftee ju bem , toaS toir f onft über feine ganje öerftänbige 2ebeni=
fü^rung erfat)ren, für it)n felbft in feiner äÖeife paffen ; et)er bürftc eine ungered)t=
fertigte ^kc^giebigfeit gegen bae 91aturet beS jungen dürften unb bie lodere
SebenSmeife beS 6ofe§ , öon ber er auc^ nad) anbern 3eugniffen ni^t mof)[ fret=
äufprec^en fc^eint^ it)ren ®runb in bem 33eftreben gehabt t)aben, fic^ bie it)m atS
Stuelänber öietfad) beneibete ©unft be§ Königs ju fiebern. 2Iuc^ mar es ben
a3Dt)men ärgerlid) genug, ba| er feinen (5influ| bei beiben gutmüt^igen Königen,
Spater wie ©of)n, ju feinem ^Bort'^eit auSjunüfeen ftrebte. Cbmol er burc^ feine
freiließ nur fur^e e^e (1509—10) mit SSeatrij, ber 2Bitttoe beS ^otianneS Ö'or=
öinuS, geb. ©röfin ^rangipani, in Ungarn bereits gro^e ^efifeungen erlDorben
^atte, fud)te er boc^ eine ^Betofinung für feine Sienfte in ben bequemer gelegenen
<iänber-n ber böt)mifd)en Ärone, namentlid) in ben 5a^lreid)en fc^tefifd)en 5ür[ten=
tpmern, über bie biefetbe gebot, ^uerft , t)ei^t eS, l^abe er feine 3tugen auf
baS gürftent^um ©logau unb bann ebenfo öergeblid) auf baS ß^gertanb , baS
■ freiließ für feine frönfifc^en 33efi^ungen biet ^^InjiefiungSfraft t)atte, geworfen,
(änbti^ getang eS it)m in Cberfdjtefien 5uB 3u faffen, inbem er 1512 juerft
^toifc^en öeräog 2?o^ann öon Cppeln unb ^craog S^atcnttn öon Dtatibor einen
39^
(;]^2 ©eorg, Tl. ö. S3tonbenbui-9=3ln§bad).
iBertrag 3u Stanbe 1)Tcaä)U, in toeicfiem ftcf) biefe fieiben ^^ürftcn gcgenfeitigc
SeerBuitg aufic^erten; loäre ^ol^ann bev Uebevlebenbe unb ftüxBe er ot)ne örben,
fo foüe fein ganzes ßanb an 9Jlatfgraf ®. jatten. f^ür ben i^ratt, i'^B ^^^o%
^ol^ann juexft ünberloS fterbc, tarn ®. mit >g)ei-äog 33atentin bai)in überein, ba^
le^terer mit i^in fd)on bei feinen Seb^eiten bie Oon erfterem tiinterlaffenen fönig=
li(|en Seilen tf)eilen tuoEte. Dbttjot biefe SSerträge bem öon Äönig 2ÖIabi§tatt)
erft 1510 gegebenen 5Jta|eftät§brief miberfprad^en , in hjetd^em Qu§brüc£tid) feft=
gefegt toar, bo^ fein 3lu§tänber in ben ßänbern ber bö'^mifi^en Ärone föeber
burc^ @efrf)enf, nod) Äanf unb 5Ber|)fänbung irgenb toelc^e ©üter erlange, bamit
biefe Sefi^ungen ni(^t bereinft burct) einflu^rei(^e ßeute öon ber Ärone 33öf)nien
abgetrennt toürben, trug gIeid^h)of)l bcrfelbe ^önig lein 33eben!en fie al§balb 3u bc=
[tätigen, l^atte er boc^ injtDifdien 1511 bem ^jerjog i^o^iann bereite ba§ öoU=
fommen freie 25erfügung§red)t über feine Sanbe eingeräumt, ma§ eben ber
^aje[tät§bricf öerl^inbern fottte, tea§ aber bem ^erfommen in ©d^tefien entfprad).
21I§ bann 1521 bie contra'^irenben dürften bie früf)eren 25erträgc no(^ einmal
beftätigten unb im Dctober beffetben Saf)reg .^erjog Sßatcntin ftarb, feine 33e=
fi|ungen alfo 5unäd)[t an ^Jerjog ^o^ann fielen, beftätigte aud^ Äöntg ßubUJig
atte biefe 23erträgc unb fügte auSbrüdtüct) liinju, e§ foÜe bem 93tar!grafen nict)t
jum ©cl)aben gereidien , ba^ er fein ©inmol^ner ber böl)mif(i)en ^rone fei. Sic
bö'^mifd^en ©tänbe braditen nun aEerbing§ bei ber barauf erfotgenben ©efd)n)örung
be§ "ilRaicftätSbriefeS butd) Äönig i3ubtoig auSbrücflirf) bie Älaufcl ^^inein, baf
er bie beiben 5ürftentl)ümer Op:peln unb 9iatibor nac^ -'per^og 3ot)ann§ 2obe
^iemanbcm, „tt)elcf)e§ (5tanbe§, 9Mnge§ unb 25olfe§ er and) fei", berfc^reiben,
fonbern fie ju eignen Rauben nel)men folle, aber bemungeac^tet crflärten fie bod)
auf bem nä(i)ften Sanbtage au§ 9tüdtfi(^t auf „ben S3lut§freunb ©r. ©naben" it)re
(SinttjiHigung jum Slnfall berfelben an ^Bartgraf ®. unb befcl)loffen benfelben, fo=
batb i^m bie beiben (VÜvftentf)ümer anl^eimfielen , al§ fd)lefif(^en ^yürften an^u^
erfennen. ^o^ann öon Oppeln geftattet it)m hierauf ben 2itel eine§ ^eijogS
öon 9tatibor ju füt)ren unb räumt i'^m ©tobt unb (Sd)lo^ Dberberg ein; öon
Äönig Submig er'^ält er noc^ bie .^errfd^aft 33eut^en auf ^njei Seibeäerben.
2)erfelbe ertf)eilt il^m 1523 and) bie 5öolImad)t 2et)en unb anbere @üter in
©d)lefien an fid) , feine 23rüber unb il)rc Srben ^u bringen , nur foEe er öon
foldien Jsie^en i^m unb ber ilrone gleid) anberen fcl)tefif^en ^^üi-'ften öerpflid)tet
fein. S)arauff)in erlauft ®. nodl) im felben Sal)re öon @eorg ö. ©d)ellenborf,
bem ©ol)ne be§ bö^mifd)en .^auälerS unb bamaligem 3tnt)aber, ba§ fdilcfifi^e
gürftent^um ^ägernborf mit ben beiben ©täbten ^ägernborf unb ßeobfd)ü^ unb
erlangt bie ^ßele'^nung öom Äönige bamit, foba§ er fi(^ fortan ^exx öon ;3ägern=
borf unb ülatibor nennt, ^nbem er 1525 in ^weiter 6l)e fid^ nod^ mit |)ebn:)ig,
ber S^oc^ter be§ -'perjogS ^axl öon 5}lünfterberg, öermätjUe, ber bamalS an ber
©pi^e ber böt)mifd^en ülegierung ftanb unb für ben ^aU ber -äbtt>efenl)eit be§
Äönig§ ßanbeSöermefer mar, tt)äf)renb feine ©c^toefter ©opl)ia feit 1519 ben
mäi^tigften ber fdl)tefifdl)en .gjerjöge, ^^riebric^ II. öon ßicgni^ unb 33rieg, eine
anbere, 2lnna, ben ^erjog 3Bcnäel öon Jefd^en, feit 1518 ^u 5)tännern '§atten,
fc^ien @. feine ©teHung in ©d)lefien nac^ ^öglidifeit gefiebert ju '^aben. S)od)
fal) er fic^ bereits im nädl)ften ^a'^re, al§ fein junger S^etter ben dürfen erlegen
mar, e'^e er mit feiner .^ülfe fjatte p i^m flogen fönnen, einem neuen böf)mifc|en
.sÖerrfc£)er gegenüber, ber e§ mit ben üted^ten ber Ärone crnfter nal^m al§ feine
^^orgänger ßubmtg unb 2Blabi§lam , unb ber menig geneigt toax ein 53Wglieb
einc§ fo mäd^tigen ^aufe§ ö?ie ba§ ber ^ol^en^ottern im 5öefi|;e fo auSgebe^nter
^errfd)aften innerfialb be§ böf)mifd^en 3fieidf)e§ ju bulben. ^n ber SL^at nötl)igte
^erbinanb fdt)on 1528 ben finberlofen ^o^nn öon Op^Deln il^m feine ßanbe
al§ ^eimfatt p öerfi^reiben , 3unä(^ft nodl) mit bem 3Sorbel^alt einer red^tlidC)en
®eorg, 3Ji. ö. 93tanbenburg=5tn§bac^. 613
©ntfc^eibung über bie ©ültigfeit ber frü'£)ereti 33erf(i)tet6ungen ; unb at§ bet 5RQrf=
graf gettenb machte, baß er 183,333 Bulben qut bic gürftentf)üiner fielen 1^ ab e,
tarn e§ 1531 ju einem 9}evgteid), toonac^ ©. nur ber ^Tanbbeft^ in ben beiben
fyürftentpmern unb ben -öetrfdiaften ObevBerg unb Seufzen, in biefer aui jioci,
in jener auf brei !0ei6e§erben, für bte genannte ©umme oerbüeb. ^m ^. 1532
nac^ 3^o^ann§ Jobe trat ^arfgraf ®. biefen 5)}Tanbbefi^ an. ^n ^ägernborf,
baö geibinanb feine ,!g)anbl^abe !§atte anjutaften, bef)auptcte er jein iürftUc^eä
9iec£)t ungefcf)mä(ert ; am l.i^uni 1532 beftätigte if)m gerbinanb bie Trüfjer öon
Subtoig empfangene ißelc^nung. 35i§ an feinen Xoh l^at er biefem 33efi^e eine
eifrige Sorgfalt jugewanbt , nocE) 'heutigen 2;age§ erinnert ba§ SBappen an bem
ni(^t eben ftatttit^en ©d^tojfc, ba§ er Don @runb au§ neu gebaut ^at, an bie
gerabe f)unbertjät)rige branbenburgifc^e §errf(^aft bafelbft (1523 — 1623. @o
lange fie bauerte, war Sägernborr ber Srcnnpunft be§ !l>roteftanti§mu§ in Cber=
j(f)Iefien, mit i^rem ^luf^ören im 9lnmng be§ brei^igjä^rigen Krieges toarb aud^
er lieber getoattfam befeitigt. %i^ görberer ber ^)teformation öerbient &. noc^
eine befonbere ^Betraifitung. ^mx]t fanb er in feiner einflu^reidtien Stellung am
bö^mifd^en -^o^e ©etegenfieit fi(f) al§ Sef(f)ü^er ber öon Is^ubroig» Ütegierung t)er=
botenen firc^(i(^en Steuerung ju jeigen, fein 93ertDenben ^inberte 1522 unb 1523
ein @inf(^reiten gegen bie eigenmdd^tige Üteformation in Sd^tefien , namentlid)
in ^ßreslau. ©eine jn^eite @^e mit ^ebirig öon ÜJ^ünftcrberg mad^te i^n jum
©(^miegerfo'^n be§ erften fct)lefif(^en dürften , ber fid^ offen jur neuen Se^re be=
fannte. 3Iu(i) in feinem (Srbtanbe ^raufen, ba§ er nad£) be§ 3}ater6 er^toungenem
■O^ücftritt Don ber ülegierung mit feinem älteren trüber ^afimir gemcinfdtiafttid)
be§errf(^te, mar er e§ , ber ben reügiö§ inbifferenten , burdt) feine baierif(^e @e=
ma'^Iin unb perfönlidEie SSejiel^ungen p gerbinanb jur 3utücEl^attung geneigten
Sruber DormärtS trieb, foba§ bereits am 1. Cctober 1524 ein Sanbtag§abfdt)ieb
bie ^rebigt be§ reinen @Dangetium§ Tür ba§ branbenburgifc^e gvanfen Derorbnete.
^la<i) be§ SruberS ff 1527) Xobe fü^rt er bie ^Reformation entfc^toffen meiter,
befeitigt bie ber atten Ce^re an'^ängenben Öeiftlid^en, ^ätt eine ,ffircbenDifitation
üh unb fü!)rt in 3}erbinbung mit ber Stabt 9lürnberg 1528 eine rein eDangelifd^e
Äirrf)enorbnung ein, bie 1533 reDibirt unb Derbeffert mirb. Sein jüngerer
33ruber K'ar Sltbred^t, ber |)od§meifter be§ beutfdien CrbenS in ^reufeen. ^^n
beftärfte er in bem 3}orfa^ , ben 2Iu§meg au§ ber 3tt"ing§lage, in ber er unb
ber Crben ftc^ befanben, burd^ 3}ermanb(ung beffelbcn in eine wettlicfie öerrfd^aft
3U fudfjen. @r reifte perfönüdt) mit bem Sema^t if)rer beiben 8ii)tDefter, bem ßerjog
fyriebrid^ IL Don ^iegni^ , an ben potnif(^en §of , roä^renb 31tbred£)t in bem
obenertoä^nten 33eut^en blieb, unb Der^anbelte jenen Ärafauer 3}ertrag Don 1525,
in bem .^onig Sigi§munb feine ^uftimmung jur Grri(f)tung eine§ in ber branben=
burgifc^en g^amiüe erblid^en ^erjogt^um» ^freu^en gab. ^n ben bann fotgenben
Satiren ber Ärifi§ i[t er ftet§ entfcf)ieben auf ber Seite Sut^ere. 6r unterfd^reibt
1529 bie Speirer ^roteftation , er gelf)t nad^ bem ^Jtarburger 9teügion§gefpräd^
mit J^urfürft So'^ann Don Sadt)fen ^ufammen, auf Srunb perföntid^er 33erat^ung
in Sc^Iei^, er befennt fid^ p ben 17 Sd^roabadt)er Slrtifeln, er ift bann in
9tug§burg unter ben äöortfü^rern ber ^rotcftanten unb erftärt bem ^aifer, e^e
er Don 6otte§ äöort abftel^e, motte er lieber auf biefer Stette nieberfnieen unb
]\ä) ben ^opf abl^auen laffen; er unterjeid^net enblid^ bie ^tugsburgifdEjc (Fonfeffion.
(gegenüber ben Semüf)ungen bes ßaifer§ unb beffen 35ruber§ ^erbinanb i'^n bei
feinen fc^tefifct)en ^ntereffen ju faffen unb bem ©rängen feine§ furfürftlid^en
SSettere 3ofl(i)inx I- blieb er ftaubfiaH; er antwortete auf be§ festeren f^rage,
ob er aucf) bebenfe, ma§ i^m auf bem Spiele fte^e : 5Jlan fagt, id^ fott au§ bem
Sanbe Derjagt »erben, idt) muß e§ @ott befef)Ien. S)a§ mar fein Stanbpun!t,
toeiter ging er nii^t, att^en iöefd^lüffen fid§ gegen gemaltfame ^aBregeln bei
Ql^ ®cotg griebri^, 3)1. b. 35ranbcnburg j. 'Jlnöboc^.
^aijer§ 5U tüetiren öeiiagte n feineu SSeitritt. S)er %oh be§ Äurjürfteu 3^oad)im I.
gab it)m ©elegentieit aurf) auf jcine 35crn)anbten in ber '^Raxt im et)angeli|(f)en
©inn 3U mitten; ol§ ^oad^im II. fid) ber Üieformation geneigt geigte, fanbte et
feinen |)otptebiget ©ttatnet nacf) Sötanbenbutg , um an bet 3lu§atl6eitung ber
mätfif(i)en Äit($euöetiafjuug mit^umitfen , unb in bet 2f)at finb bie Öe'^tattifet
betfctben faft butiiigängig au§ bet öon i^m ftü^et etlaffenen itänfifdien i?itd)en=
otbmtng entnommen. 3lu(i) füt bie politifi^en 3^ntereffen be§ gedämmten ^aufeg
unb bie 33etbinbung bet täumtid^ \o toeit augeinanbetfttebenben einzelnen Linien
untet einanbet bemieS et jottttjä'^tenb eine t^ätige 2:t)ei(naf)me. ©o gel6üt)tt
i^m aud) ein mejentUd^et 3lntt)eil an jenet ßtbbetbtübetung öon 1537 jmijd^en
bet Äutünie unb bem ßiegni^ = Stieget Aöet^og ^^tiebtirf) IL, feinem ©d^Waget,
bei bet ba§ Äutt)au§ fteitid) ni(i)t einmal fobiel ©tücf t)atte al§ et in Dp^eln
unb Statibot, bie et menigftenl aU ^fanbbefi^ bef)auptet l)atte. .^n ^^tonten
felbft tebte et mit feinem I)etanma(i)fenben 9leffen 9llbte(i)t 3ltcibiabe§, bem '^intct=
iaffenen ©otine ^afimit§, alletbing§ ni(f)t in ©inttad^t, bet müfte, junge <lpett
befd}ulbigte ben D^eim ba§ 35atet[anb Optanten ju ©unften feinet fd)Iefifc^en
35efi^ungen ju ftatf befteuett 3u t)aben. Stuf bem 9legen§butget 9leici)§tagc öon
154i, bem testen, ben (S. befu(^te, t^eitten fie fi($, mobei i^m ba§ untete
f5ütftentt)um Slnfpad) öetblieb; jtoei ^atjte batauf, am 27. 3)ecembet 1543,
ftatb et im 3lÜet öon nod) nid)t 60 Saf)tcn. ^Ulaä) bem Jobe feiner fc^on et=
n)ät)nten 3n)eiten (V)ema^lin ipebmig öon 3Jlünftetbetg, beten 35tiefc ebenfalls ein
eiftige§ SteligionSintetcffe öetratl)en, 1531, mar er noc^ einmal mit ©mitie, ber
^oct)ter .'peinticf)§ öon ©ad^fen, öetmäf)U, bet 5Jluttet be§ einjigen ©o]§ne§, ben
et f)intetlie|, @eotg ^tiebtid^.
2)a§ biogtap|ifd)e ^Jtatetiat übet ÜJIavfgtaf 5llbterf)t ift äiemlid^ jetftteut.
S)ie Utfunben in ^ejug auf bie fcf)Iefif(i)en Stmetbungen finben \iä) im Cod.
dipl. Sil. VI unb eine 2)atfteEung batna^ bei Sietmann , ©efd). öon 3;top=
öau unb SföQei-'nbotf. — Uebet feine ©teliung jut ^tefotmation fpticl)t ©d)U=
linu§' Seben u. (Sefd^. be§ m. ®eotg , Qxanf]. u. ßeipj. 1729. S)ie S)iffet=
tation öon H. Cuers De Georgii m. Br. in aula Vladislai et Ludovici IL
Ung. et Boh. reguni vita et cousiliis politicis, 33etlin 1867, ift nut eine
particula prima, gibt inbe^ mef)tfad) gan^ neue ?lu§funft.
5Jt a t f g t a f.
®COrg ^-ricbtit^: ^^Jktfgtaf öon Staub enbutg ^u ?ln§bac^ unb
33aiteutl), geb. ju 5lnöbac^ om 5. 31ptil 1539, einjiget ©of)n be§ ^at£=
gtafen @eotg (be§ gtommen) unb feinet btitten ®emal)lin (Smilic , geft. am
26. 2l^3til 1603 ju ^^tnSbai^ ; jmeimal öetmä^lt, ba§ etfte 'DJtal ben 26.
(28.?) S)ecbt. 1558 mit ßlifabet^, Xocfitet bc§ 5Jtat£gtafen ^o'^ann öon
^tanbenbutg=Ü'üfttin (geb. 1540, f 1578), jum jmeiten 9Jtale am 3. SlJlai
1579 mit ©op'^ie , Socktet bc§ §et-iog§ 3Bill)elm öon S5taunfd)meig=;Günebut9
(geb. 1563, f 1639). S3eim Jobe feines Satet§ etft 4 ^afite alt, nad^ tefta=
mentatifd^et SSetfügung beffelben untet bet Obetöotmunbfdfiait bet ^utfütften
öon ©ad)fen unb Stanbenbutg, fomie be§ ü^anbgtafen öon .Reffen, roeldien alS
Untetöotmunbet eine Slnja^l an§bad)et Sftäf^e beigegeben toat, übetnal^m et,
öon feiner ^]}^utter fotgfältig erlogen, 1556 bie 5Hegietung beS i}ütftent:^um§
3ln§bac£) unb mutbe balb batauf auc^ mit ben fd^lefifc^en SSefi^ungen feineS
Sßatet§, bem g^ütftentf)ume ^ägetnbotf fammt Obetbetg unb 33eutl)en bele{)nt,
jeboc^ ftanben il^m bie leiteten jmei $ettfd)aften nut pfanbbefi^meife ju. 2lm
8. Januar 1557 ftatb ju ^^fotj^eim bet ^aiteutl)et ^Jktfgtaf, ^llbted^t b. ^.
C^IIcibiabeS). ©ein Sanb, öetl)eett unb au§gefogen, lag unter faiferlic^em ©e=
queftet. @. g., unterftü^t öon öetmanbten unb befteunbeten .'pöfen, machte mit
@tfoIg; nid^t nut feine ®tbanf|)tüdf)e batauf geltenb, fonbetn mu§te auc^ butd^
®eorg griebtid^, 3)i. ü. SBranbenburg 3. SInsbod). 615
gejcf)icft Qejüjii-te Unterfianbtungen öon ben Sunbesftänben OtütnBerg, Samberg unb
äöür^burg eine ßntjc^äbigung öon 175,000 ©ulben tcegen ber öon i^^nen ^n=
ftörten ^piaffenburg ju erlangen unb ebenfo bie {^orberungen au§ bem ©cf)ulben=
roejen bes öerftovbenen 2l(6re(i)t gegen i§n mögücfift ju befeitigen. @in neuer
^IRad)t5utDad)§ tDurbe ii)m, al§ bem nädE)ft6ere(i)tigten §(gnaten unb ^Jlitbele^^nten,
burc^ bie 35ormunb|c§a|t über ben blöbftnnigen ^er^og öon ^^reu^en , ?l(brec^t
griebric^.
Sei einer joldien S}crf(i)ieben^eit ber Sage unb SSer^Itniffe ber @ebieti=
f^etle be§ ^Jtarfgrafen ift e§ um |o nöt^iger, eine allgemeine 6f)arafterifti£ feiner
Söirffamfeit ju geben, al§ man nur baburc^ in ben ©tanb gefegt njirb, if)m
ööüig gerecht 3u »erben.
innige 9teügio[ität im Sinne ber bamaligen ftrengeren (utf)erij(^en 3licf)=
tung bilbete einen .!paut)t3ug feine§ (^^arafter§ unb man fann jagen bie @runb=
tage ber 5tutfaj|ung feiner Sftegentenpflid^ten. @§ tcaren nici)t Otebenearten im
Stite feinet 3^italter§, menn er baöon fpricf)t, ba^ er t)er^)f(i(i)tet fei, „i^riftüd^eö
iürftli(i)e§ 6infef)en p l^aben, gute Drbnung ju erequiren" , fonbern biefe unb
ä^n(i(f)e 3Borte entfpra(i)en feiner Ueberjeugung unb innerftem Söefen. @r f(i)IoB
bas 2Berf ber 9teformation in feinen fränfifd^en Räubern ah , inbem er nad)
Sinken ber Äirc^e eine Drganifation gab , nac^ i^nnen burc^ 5^öt^igung jur
Untcrfd)riit ber Goncorbienformel ben Streit über bie öel^re beenbigte; Ie|tere§
nid)t o^ne fo mand^e l^arte 5}ta^reget, aber immer noti) mitber, al§ in anberen
beutfci)en Staaten. S)en Äir(i)enbann ftrid^ er au§ gurdit öor 5)HPraud) au§
ber Ö'onfiftorialorbnung. ^m ^er^ogt^um ^preu^en, too gleichfalls bie 6on=
corbienTormet unterjeidinet mürbe , bef(i)n)i(f)tigte er jum S)an! ber fonft i^m fo
fet)r miberftrebenben Stäube, ben Ätrdt)enftreit. ®. ^y. mar üon ben bi-'oteftanti=
frf)en (dürften S)eutf(^Ianb§ einer ber eifrigften, meiere bie Union betrieben, unb
mürbe auä) al§ einer ber bebeutenbften bcrfelben betracf)tet. Unter ben 3eitge=
nöffifct)en 3^egenten be§ branbenburgcr ^aufe§ mar er, hti allen ^yragen, melifie
bie Stellung ber ^^>roteftanten im '}teic^e betrafen, ber entfd)iebenfte, tuenn er
aucf) bei bem engen 3iifttmmen'§ange , ber bamals 3mif(f)en ben fird)tic^en unb
ftaatli(f)en '^ngetegen'^eiten beftanb , e§ nicf)t Oerfäumte bie ^ntereffcn feine§
!^anbe§ ober feine§ ^aufe§ babei im 3Iuge ju behalten : fo in bem Strapurger
SBifdiofgftreite, fo in bem jüüc^'fcfien ©rbfolgeftreite. ^^ür Strapurg geigte ftc^
ber ^JDIarfgraf tfjätiger , at§ ber eigene S}ater be§ 2lbminiftrator§ ; er roirfte für
if)n bei Den 5ürften6eratt)ungen , Dcrmaltete für i^n bie etfä^if(^en 3lemter unb
unterftü^te t§n bur(f) (Selb unb Gruppen, ^n ber jütid^'fdien SacEie 1599
murbc bie 33unbe§erecution gegen bie Spanier, bie freiüä) flägtict) genug enbete,
eifrig Oon i^m betrieben unb teiftete er bebeutenbe 35orf(^üffe jur Untergattung
ber Gruppen. 3Bar jmar aud) bei ®. g. , mie übert)aupt bamal§ im beutfc^en
9leid)e, baS pm Jummetpla^e frember ^rieg§fned)te unb für ba§ ^uetanb ge=
morbener Sötbtinge gemorben, ber nationale Sefict)t§punft in ben ^intergrunb
getreten : fo beätoedte er bodg burd) atte biefe 35eftrebungen nur ein S(^u^=
bünbni^ gegen ba§ 3}orfd)reiten ber fatt)otifd)en 'Partei. 33efonber§ teb^ft mar
fein iöcrüe^r mit 5i-"anfrei{^. @r fanbte in ben Straßburger 2tngelegent)eiten
feinen 9tat^ 2Balbenfet§ nad) *4^ari§. |)einri(^ IV. nennt fic^ feinen So^n unb
fd^enfte if)m fein 33itbni^ in f oftbarer Raffung. Songar, ber befannte (Uefanbtc
biefe§ Jlönig§ bejeid£)net i^n at§ einen princeps laudatissimae menioriae. — @§
mof)nte it)m ein teb§aite§ ©efü^t feiner ^ürfttid^feit inne, aber nic^t bto§ burcE) ben
©tauä feines öofeä unb feine imponirenbe (Srfd^einung — ^fatjgraf 9teint)art
fd£)ricb i^m, er freue fic§ mieber einmal feine Sc^ön^eit 3U fc^en — fonbern
aud) burc^ bie Energie feiner Stnorbnungen bet^ätigte er biefe§ @efü^t. @ing
er ^iebei, namenttit^ in ben 3Jert)anbtungen mit ben Stäuben, jumeiten rüd=
QIQ ®eotg Q^ticbrit^, 331. b. iBranbenbutg j. SinSbod).
|i(^t»to§ t»oi- unb fd^oB alt^ergeBi-acfite 9led§te unb ^Piibitegien 6et ©eite, to
gefc^at) bie? in bem leblic^en, mit (Srfolg Begleiteten S3e[ti-eben, S8effere§ an bie
©teile ber 3}ou-ec£)te ^n fe|en unb ju ©unften be§ 2öo'^t[tanbe§ unb ber ©i(^ev=
tieit be§ ßanbeS , jumal bcv Bäueiiid^en 33eööl!evung, ju t)anbcln. 6v j(iui
faft auf attcn ©ebieten be§ öffentlichen ßebcnS „neue Drbnungen" , BefonberS in
i5^ranfen f)at er Stecht unb 9}ev'tt3aUung unb baBei ben ganjen 33eamtenorgani§=
mu§ wefentlid) unb förberlicf) umgeftaUet. ApieBei Bebiente er ficf) mit 3}ortieBe
im ©egenja^e 3u ben abetid)en 9lätt)en, ber Bürgerliciien, „ber ©(i)reiBer." Sll§
@. 5- i>a§ oBergeBirgif(i)e ^^ürftenttium üBerna|m, mar baffelBe in bem tro[t=
lofeften ^^f^'^^^''' öermüfiet , auSgerauBt, ot)ne SSeamte ober bod) mit fold^en
ber fd)Ied)teften 5lrt ; al§ er bie SBormunbfdiaft üBer ben ^erjog SIlBred^t x^xieh-
ritf) crliielt, mar ba§ ^er3ogt()um öiele ^atirje^nte l)inbur(^, unter ber SBcrmaltuug
meniger öorncf)mer ütätt)e , ber £)Ber= unb StegimentSräf^e , auf ba§ äu^erfte
l^eruutergefommen : Beim Zoht be§ ^arfgvafen mar ber f^finanj^uftanb in feinen
fämmtli^en 93efit3ungen ein root)tgeorbneter unb gebeit)lid)er, mic benn üBer^u|jt
biefer 3ttJfiö ^f^-' ©taatSöermaltung mit 93oiiieBe , ©ad)fenntni^ unb großer
@enauig!eit öon it)m gepflegt würbe. 3öa§ if)m am ^JJleiften jur Js^aft gelegt
mirb , ift feine teibenfdiaftlic^e 3agblieBt)aBerei , bie mebcr burd) bie Etagen ber
©täube, nod) burc^ bie 9lBmat)nungen ber ®ciftlid)!eit geminbert werben !onnte, aBer
bemungeac^tet war er mit einer für feine 3eit feltenen ©orgfalt auf bie Kultur unb
9iu^ung be§ äBalbe§ Bebad)t. %uä) feine gro^e greube an ©tanj unb prun=
fenbem ^lufwanbe Bei A^ofe wirb i'^m öorgeWorfen, oBer er lie^ fd)öne SSauWerfe
errii^ten : p ^laffenBurg , 33aireutl^ , ^3ln§Bad), Äönig§Berg , 30g be§"^alB italie=
nifc^e 5}leifter in ba§ ßanb unb war ein ®5nner ber 2öiffenfd)af t , ber ''JJtufi!
unb be§ (S5efange§. S)abei war er freilid^ wie fo biele bamaligen dürften ber
2lftrotogie unb 5nd)emie ergeBen unb ber .g)oft)rebiger 6aefiu§ ^ugleid) ^of aftrolog unb
^alenbermad)ev. 2ro^bem , ba^ er fid) gern mit einem großen ^offtaate
umgaB unb Bei fürftlidien 58efud)en bie üornel^mften (Srafen unb .^erren feine§
Sanbe§ in bie Sftefibenj Befat)t, lie^ er bennod) aud) t)ier bie 9tüdfi(^ten auf
©parfam!eit nid)t au^er 3luge, fd)rieB fogar öor, Wie öiel an 3e^'''ui^9 ^^
©d^loffe felBft unb in ben 3öirtt)§i)äufern für bie .!pof(eute au§gegeBen werben
bürfe. — 6tne anbere i?tage, bie fid) in f5^ran!en, wie in '4>rcu^en fortWät)renb
Wieber'^olte , War t)ie üBer f)äufige SlBwefen'^eit be§ 5Jtarfgrafen, ein 5Jli|ftanb,
ber freiüd) Begrünbet , bem aBer , Bei ber Sage ber Berfd)iebenen ©eBiete, nid)t
aBgcl)olfen Werben tonnte.
9teit)e ic^ biefen attgemeinen S3cmerfungen nod^ bie Bebeutenbften @inäet=
l^eiten au§ ber 9{egierung§gef(^id)te be§ ^Jtartgrafen an, fo ift, wa§ f^^'anfen Be=
trifft, nadijutragen, ba^ er bort eine Drganifation ber proteftantifd^en Äirc^e burd^
Sinfüt)rung einer (Sonfiftorialöerfaffung unb jeitweifer SJifitationen gefdiaffen
l§at. S)ie ßonfiftorialorbnung öon 1594 ent{)ält Seftimmungen , bie nod^ (Set=
tung '^aBen. S)ie ßoncorbienformel unterfd)rieB ber ^artgraf 1577; bie ^ömpfe
Wegen ber Sel)re — ber (Seneralfuperintenbent unb S}erfaffer be§ ^Jln§Bad)er
Äated)i§mu§ ,^arg würbe aBgefe^t, nad) erfolgtem SBiberruf wieber eingefe^t,
felBft bie ^Jtutter be§ ^Jlartgrafen wegen ^rrgläuBigfeit Derbädl)tigt — würben
Balb Befd)Wid^tigt. — 5Jtit ben fräntifdien ©täuben fam e§ ^War ju leBl)aften,
aBer boc^ nid^t ju fo lieftigen S)eBatten al§ in ^Preu^en unb ©(^lefien. SBie
üBer^aupt im ^oleujoÜern'fdfien graulen bie ftänbifd^e Waäjt nie einen redeten
SSoben fanb, fo Betradlitete ber felBff^errüd^e ®. g., nad§ feinen eigenen SBortcn
\i)x 58eWiIIigung§red^t nur al§ Blo^e Formalität. S)ie iJtitterfd^aft , weld£)e
üBrigenS feit 1560 bon ben ßanbtagen WegBlieB, fanb in if^m einen energifdE)en
©egner il)rer 3}orredl)te unb il^rer UnaB^ngig!eit§BeftreBungen. 23ei ber lln3U=
länglicf)!eit il^rer J?rieg§bienftleiftungen, griff er jur .g)eranäic!^ung be§ Bürgerlidt)en
®eorg fjtiebrtc^, Tl. t. Sranbenbutg 3. 3ln§bad^. 617
(5tement§ jum ÄriegSbicnfte „^ufterungen" unb jur Slntoerbung öon 2artb§fned§ten.
©einer öortreffUd^en 5inan3tDtrtf)fc^aTt tourbe f(^ou gebadet unb ebenfo, ha^ babei
eine geicifje Sorgialt für bürgerliche, geroerbtici)e unb bäuer[icf)e ^nterefjen fid^
jeigt. ©0 bef)ütete er 3um 2^cit fein Öanb unb ben iränfif(f)cn Äreig üor ben
9}ern)üftungen unb ^piünberungen ber burdfijie^enben Sölbner. Sem oberfränfi^
jc^en Sergmerfebetrieb war er, raenn aud^ irucf)t(o§, autju^elfen bemüf)t. 2)ie
..Brandenburgensis", toenig abgeänbert, tourbe neu f)erau§gegeben unb jroar in
einer im Sanbe felbft, nämlic^ in .poj errichteten 2)rucEerei. S)ie 9ted)t3pflege
toarb in ber fpäteren 3^^^ feiner fRegiemng menfc^üc^er. 3i^^^£i'f)e ^^oti3eiücr=
orbnungen erfd^ienen. Stiele jeigen bei ber ernften retigiöfen Stimmung ber
3eit , bei 2;ürEennot!§ , 9teIigion§berfoIgung , ^^eft unb -J^lacEerei , eine büftere
!l?eben§anfdf)auung unb mahnen jur Stnfe^r in fid^ jelbft. f^ür @d£)u(en gefc^a^
man(^e§ ; bie gü^T^c^f'^ule in ßeit^bronn , ba§ contubernium pauperum in
^Inöbadt) tourben gegrünbet. 3fn aÜen 2:§ei(en be§ 33eamtenorgani§mu» erfolgten
burdtigreifenbe, organifatorifdEie 3}eränberungen unb ßontroHma^regetn. S3ei ber
l^äufigen 5tbmeyen^eit be§ gü^lt^n mar jebod) gegenseitige 3tDietrad^t unb ^n=
trigue, bie in bie f)öl^eren SSeamtenfp^ären ^inauf, ein jorttüä'^renber Uebelftanb.
^mmer'Eiin blieben i'^m bie fränfif(^en Beamten bie liebften unb oertrauteften ;
]o mar in ^Insbad^ eine eigene ^an^tei für preu^ifdEie (Sachen, ber ."poirat^ @.
ü. SBambact) tnurbe in 5t>reu§en unb Sd^Iejien Dtelfac^ üerroenbet unb tro^ atter
Cppofition lie^ ®. fy. feine Trän!ifd)en ^tät^e nid^t fallen. S)ie ^öd^ften ^Beamten
f)olte er fic^ gern au§ ben öorne^mften Stäuben. (Sine S^it lang füf)rte fogar ber
^^fatjgraf Äarl öon ^irfenfelb = 3^e^'^i-"ücf^ri' ^£^" Stammoater be§ baieiif(^en
Äönig§f)aufe§, fteHöertretenb bie Sanbesregierung im 3^ür[tentf)um (1587 bi§ etroa
1595, »efolbung an @elbge{)alt 1500 ©ulbcn, bann 8 9teiffige, 16 5]3ferbe,
8 Äutf(^en ic). — 3}on Grtoerbungen mä^renb ber Jftegcntenjeit @eorg fyriebrid^S
finb bie @cf)arnedE"fd^en 2e'f)en befonbers 3U ermäßen unb al§ ein bebeutenbcS
Greigni^ ift nod^ l^crborp^eben , ba^ ber fogenannte DZürnberger 5raifd£)proce|,
ein jReic^Sproce^ über ben llmrang ber 9te(i)te, toelc^e 5iürnberg burd£) ben Äauf
ber 33urggrafenburg erworben l§at, nad) ettoa fed^jigjä^rigem 55erlaufe unter
i'^m glütflicE) beenbet, wenn audt) uic^t öoKjogen würbe. — @r war mit 23am=
berg au§f(f)rcibenber fyürft be§ fränfifd^en Äreifeg unb äeitweiliger Cberft beö=
felben. Sei ben (Srumbad£)"fdt)en ^änbeln trat er, jeboc^ nur ^ögernb, auf bie
©eite feiner @egner.
5luf bai .söer^ogt^um ^reuBen muBtc fidt) natürtid^ bie 5Iufmer!famfeit
öeorg i^riebri(^§ wenben , at§ nad§ bem 2obe 3llbre(f)t§ beffen unmünbiger unb
nac^ erlangter ^l^lünbigfeit btöbfinniger ©o't)n an bie tftegierung fam unb bie
^errfd)aft üon einer £tigar{^ie ausgeübt würbe. 2Bir fe!£)en he^alb auc^
f(^on im ^di)xt 1573, al§ ber ßönigsberger Sanbtag mit ben Cligardt)en, ben
9^egiment§rät]^en , in 3^^ft ^^'i< ^^^ ÜJ^arfgrafen , al§ ben näd^ftbered^tigten
5}titbelc'^nten, im Canbe, fowo'^l um fid^ über ben 3uftanb 9llbre(|t griebric^g
3u öergewiffern, al§ aud§ bie Ueberna^me ber 3}ormunbfd^aft über benfelben an=
jubafinen. 3)od^ gelangte er erft 1577 unter bem ^^olenfönig ©tepl^on 5Ba=
t^ort} unb tnxä) benfelben , ben DberIe!^n§!§eiTn ^reu^en§ , tro^ be§ 2Bibcr=
ftanbeS ber ©tänbe unb 3tegiment5rät{)e jum öer^ogt^um. 5tm 27. y^bruar
1578 leiftetc er in SBarfd^au ben Se'^enieib. Samalg war e§, ba^ feine
erfte ©emal^Iin, eine anwerft milbf^ätigc S)ame , bereu ^tnbenten nodt) l^eute
eine 9lei^e öon Stiftungen bewahrt, in einem S)orfe bei 2Barfd§au ftarb. @r
30g nun in ':^>reu^en ein unb lief at§batb bie Stäube jufammen, mit benen er
öon ba an in fortwä^renben 3si*^iii-'f'^iffeii i^S; '<^(^^ fti''itt über bie 5luf=
bringung ber an ^4>oIen ^u reid^enben Subfibien, ber Summen 5ur 3'i^iiii^9 "^cr
Sdtjulben , über bie ©eneralöifitation , ben i^ian (Seorg gnebric^S an bie
518 ©eorg griebvid), 3Ui. u. 2ßvanbenbuvg 3. ^Jlnabad;.
©teEe bei; Sij(i)öfc ein (i^onfiftonum ju fe^cn, unb üorjügüd) evf)oben iirf) bie
Stönbe gegen bie iränfijcfien 9tätf)e. ^m S- 1582 war bie gegenfeitige 6i'=
Ibitternng |o f)oc^ geftiegen, ba^ bie ©tänbe gegen ben ^erjog S?e|d)tDcibe beim
5po(enfönige iüf)i-ten, ttelcEie jebod) nic^t 3U ©unften berfelben entf(^iebcn tuurbe,
6ine anbete S)iffei-enä ergab \iä} mit bei* ©tabt ^önigS&erg, bie geftü^t auf
i!^re ^priöilegien, bie ^ifitation be§ iper,}og§ ni(^t bulben toollte. (Sv Belegte fie
mit einer ©träfe öon 20,000 ungarifrf)en ®utben , bie er aBer fpäter jurüdE^u^
netjmen \xä) öeranta^t fonb. 2)er ^erjog=3Sormunb fonnte tro^ aller biefcr
3ertüürfniffe in einem UeBerBlicEe üBer feine 3}errt)altung ben ©tönben gegenüber
\id} riü^men, bafe er ben Äirdienftreit beigelegt, um bie ^tfabemie fict) bemüht,
eine georbnete ^^inan^bermaltung , unparteiift^e 9te(^t§|)flege unb gute Orbnung
im ßanbe ^ergeftettt f)aBe.
£)affelBe ©diiaufpiet ber erBittertften ^wiftigfeiten mit ben ©täuben mieber-
f)olte fid) aucf) in ^(ägernborf. 2)ovt !§anbelte e§ fid) 'f)auptfäct)Ii(^ um ben
©c§u^ öon SBauern unb 23ürgern gegen bie 3(uif(^reitungen be§ |^eubalabet§
unb um bie ©infü^rung eine§ anberen 9ied)te§ an bie ©teile be§ mangelt)aften
unBittigen unb in feiner Stnmenbung unöer[tänblic|en ßanbred)te§. CBtool er
bie @infü!^rung eine§ neuen 3{edjte§ ni(i)t burc^fe^te, öerroaltete er bod^ im
übrigen ba§ iianb fo gut, ba^ bie ©tabt SeoBfdjü^ i^m nad)rüt)men fonnte,
man filie im d)rift[i(f)en Billigen 3tegimente o^ne alle 3luflage unb iBefct)toerniffe,
roie fonft nirgenbSwo. — ^m ^a^xt 1574 na'^m er einen mei)Tmonat=
lic£)en 3tuf entf)alt in ©d)(efien ; er fd)rieB bamalö nad^ 5ln§Bacf) : er feiere feine
©tunbc.
^n ben legten !i]eBen§iaf)ren be§ finberlofen dürften Befc^äftigtc i^n mannig=
fad) bie ©orge wegen feinet ^Jtac^(affe§. 5)urc^ einen in Sera öeraBrebeten,
in 5JlagbeBurg bolljogencn 3}ertrag, fielen bie fränfifd)en f^ürftent^ümer an bie
©tiefBrübcv be§ Jlurfürften 3ioad)ini ^'i-'^ebrid^ , ßfiriftian unb Sioai^im @rnft,
bie nad) bem Soofe fid) äu tt)citen tjätten (1598 unb 1599). ^ägernborf '^atte
er Bereits 1596 öon Jobeätoegen bem ßurfürften felBft gefc^enft, ber e§ 1606
an feinen stuciten ©o^n ^o^nnn (Beorg eigent^ümlid) übertrug. S^ejüglic^
^4]reu|en§ Beftimmte &. 5- in feinem 2e[tamente öon 1600 , ba^ bie 'Oiad)fotge
burdE) bie polnifc^e ^fnöeftitur fdt)on geregelt fei. ^n biefem ^afire Befiel ben
^3Jiarfgtafen eine fo 'heftige Ä?ranff)eit, bafe fid£) ba§ ©erüi^t öon feinem 2obe
an ben .ööfen öerBveitete. S)ic ^urfürftin ©lifaBett), Stiefmutter be§ Äurfürftcn
unb ^rmtter öon ß^iiftian unb ^oad^im ßrnft Beeilte fid) eine ©efanbtfc^aft, bar=
unter ben fpäter im 58aireutl)ifd^en fo mächtigen SSarell, an öerfc^iebene (^-ürften unb
aud^ nacl) 2ln§Bad) Behufs ber ©id^erung ber @rBfd^aft§anfprüd)e i^rer ©5t)ne
aBäuorbnen, fogar ba§ „?lu§fd£)reiBen be§ 93tarfgrafen 6§riftian an bie ©täube
im ßanbe ^u g^ranfen" (öom 23. S^uli 1600) war Bereits gefertigt Worben.
2ll§ nun bie übereifrige J?urfürftin=2Bitttt)e erfu'^r, ba^ ®. g. noc^ lebe, fc£)rieB
fie einen @ntfd)ulbigung§6rief an benfelBen, in meld^em fie fagt, ba^ fie burdt)
ba§ (SJefd^rei öon feinem Jobe jum l)eftigften erfd)roden unb ^^erjüdf) BetrüBt
gemefen fei, e§ aBer für nöt^ig erad)tete „au§ mütterüdjer ©orgfalt auf 'DJlittet
unb 2öege 3U benfen, toie il)ren armen Äinbern ju Reifen fei".
2)er 50tarfgraf erlag einer me'^rtägigen Äranf^eit. 9lm 1-4. ^uni 1603
raurbe feine 2ei(|e in ber ©raBfird^e feiner 9t|nen , p .^eilsBronn, feierlid) Bei=
gefegt, ©ort erf)eBt fiel) audt) ba§ öon i^m felBft nod^ Beftellte ^IRonument mit
feinem ©tanbBilb. ©ein 'Porträt, fomie ba§ feiner Beiben (5rrauen ^ängt eBen=
faE§ in ber bortigen Äiri^e.
äöerfen wir nod} einen 33licf auf ben 5)loBttiatnad§ta^ @corg i5fviebrid)§, fo
finben mir in bemfelBen einen reidl)en (B<i)a^ öon ®efd§meibe unb ^utoelen, bar=
unter nodl) eine Erinnerung an ben ©d)tt)anenorben „ätöei @efettf(^aften mit
©corg aStll)c(m, Ä. ü. Sronbcnbutg. 619
Äetttein", eine 3Jlenge präd^tiger Äletber, nid^t toeniger aU 35 foftbarc 5)länte(,
öiete ©etoe'^re unb jafitreit^eS anbereS ^agbgerätfie, ©eine 33iMiot!^ef umfaßte
ungejä^i; 200 SBänbe, mcift t^eotogifc^en ^n^ltes.
SauBmann (ein S(i)üler bet ipeitSbronner ^ürjienic^ule) , Oratio fuuebr.
1603; gtentfd), 5ßianbenburgifc£)er ßebernf)ain 1682; S^urr, ©eorg g^iebrid^
1684; (yatcfenftein, 9loi-bgaii'f(f)e ^Utettpmer III, 1743; Sang, neuere 6ef(^i(i)te
öon 33at)reut^, III. 1811; ipolle, ©eorg gi-'^ebtidC) im Cberfiänfiicf)en 3lrd^ib
SBb. VII ; 2oeppen, S)er lange ^önigSberger i'anbtag im 9fiaumer"jct)en 3:af(f)en=
Surf) 1849; Serfelbe, S)ie preu^ifc^en Öanbtage unter (Seoig gi^iebtid), 3 @t)m^
nafiatprogramme 1865 — 1867; 33ievmQnn, ^ägernbori unter ben .^ofjenjollern
im XI. SBbe. ber 3"tf(f)ri|t be§ fi^tefifcfien Ö)e)(i)icf)t§öerein§. ^jaocjofin,
@ejcE)icöte be§ preu^ifcfien 33eamtent^um§ IL 35b. S. 13 — 18. öaenle.
(Scorg ÜiMlHni: -ßurmrft öon 53ranbenburg geb. 3. 13.(?) ^Jlob. 1597,
t 1. 3^ecbr. 1640. @rbe ber ''Iflaxt 3?rQnbenburg, ber c(ebif($en Öanbe unb be§
iperjogt^umS ^^i^reu^en fo roie ber ber 5Berroirfücf)ung na'fien 5Infprücf)e feine§
|)auje§ auT ba§ ^er^ogtlum ^ommern befaB ber 24ia§rige gürft bei feinem 9te»=
gierunggantritt (23. £)ccbr. 1619 materielle Wad)t genug, um in ben großen
j^ämpjen, me((f)e bama(§ in S)euti(^Ianb jum 2tuöbru(f)e gefommen waren unb im
Cften ätüifc^en ^^olen unb ©d^roeben fi^ öorbereiteten, Tür feine ^ntereffen fräftig
einzutreten, [yreiüc^ tcar ein öoIXer unb erfo(grei(f)er ©ebrauc^ jener 5Rittel batoon
ab'f)ängig, in mie toeit er im <5tonbe tnar bie 6igenma(^t unb ben partifulainft^
ifi^en ©inn ber Stäube jener brei !^anbf(^aften feinem .öerrfcfiermiüen gefügig
ju madjen, ober in mie meit er (Sinfic^t unb Energie bcfa^ in ben entfd)ciben=
ben ÜJ^omenten jener SBettfämpfe unter ben ^ßii^'teien unb 3}erbinbungen , bie
burd£) fie gefc^affen »urben , biejenige ju erfennen unb berjenigen fid) anäu=
fdf)Iie^en , bie feiner Stellung am erfprie^üdiften erf(^ien. 3lber auf bie Sö=
fung folc^er Slufgabe war bie Ülatur @eorg äÖil^elmS nid§t angelegt. ^Jloi^ten
ben mitben unb leutfeligen i5'ürften l^in unb mieberbie '^Jla'finung an feine .perrfc^er»
pflicE)t, bie gurd^t öor bem Urt^eit ber 5ia(i)toelt ober fetbft Stegungen be§
g^rgei^eg befd^äftigen , fo toaren bo(^ öor£)errfc§enb feine ©ebanfen ben f(ein=
liefen ^ntereffen be§ bamaügen -öoflebenS, 2rinfgelagen , Sagb unb äußerem
2anb jugelranbt; too e§ galt einen ernften @ntfdE)(u§ 3u f äffen , fc^toanften fie
unflar unb unfetbftänbig 3tüifdf)en entgegengefe^ten Steigungen. @inerfeit§ ^atte
er f(i)on at§ ßurprinj mäfirenb feiner ©tatt^tterfdiaft in ben ütl^einlanben
(1614 — 17) einen bort eingeborenen ßbelmann , bem ©raten 2lbam öon
Sdiroar^enberg feine befonbere &nnit gefd^enft, weit ber getoanbte 'Biaxin fd^on
bort ntdf)t toa^(erif(f) in feinen 5Jlitte(n bei ben ^ufigen (Eonflicten mit ben
Stäuben unb bem 2Riterben, bem ^fal^graren öon 5tcuburg, über alle 3}erlegen=
tjtiUn ieiä)t ^inmeggefiolfen fiatte, auä) be§ Äurfürften Seöotion öor ber 9Iuc=
torität be§ beutfd^en i?aifer§ in öoUem 5Jla^e tf)eilte. äBenngtcid^ ber @ünft=
ling öon @. Sß. jum ^räfibenten be§ @ef)eimenratf)e§ erhoben unb mit
ben toi(i)tigften Staategefdfjäiten betraut feinen ^errn mit faft bämonifdier @e=
malt an fid£) ju fetten öerftanb , fo tonnte biefer bennod^ fid) ber @r!enntni^
ni^t öerfd£)tieBen, ba^ ber burd^ feinen ©igennu^ unb feine £)abfud^t ben Unter=
tränen öer'^afete 5]tinifter nic^t nur al§ Äat^otif fonbern aud^ huxä) 33egünfti=
gung ber am faiferlic^en ipofe bamat§ öerfolgten ^^^olitif bie i^ntereffen feines
Staates unb be§ furfürftü(i)en §aufe§ auf§ empfinblidtifte öertcfete. Siefe @r=
fenntni^ in if)m ma(^ ju ertjaUen, waren feine näd)ften Umgebungen anbauernb
bemüfit: feine Sema^Iin Süfabct^ (F^arlottc, bie Sc^toefter beS ^urfürften
griebrit^s V. öon ber ^Ißial^ unb i^re längere 3fit ^^^ O^lüdEjtling bei i'^m öer=
loeitenbe Butter, ßouife Juliane, bie 2^odf)ter Söit^^etme öon Dranien, ber größte
I|cil feiner .^ofleute, mit loenigen 9tu§naf)men fein ©e^eimeratl^. 3lIIe biefe
g20 ©eorg SDBil{)em, Sl. b. 2?tQnbcnBurcj.
gleicf) @. 3B. Hfeft 2lnt)ätiger bev rejonnu-ten ßon^eifion tüaven öon bcv Uel6ev=
äeugung evtüllt, ba^ Äatfer ^^erbtnanb II. ^anb in ^anb mit ber fat^oti=
fc^en Sfteaction in feinen bamaligen autofratijd^en unb fanatifc^cn ©etüften 3u=
näd)ft e§ auf bie Unterbrücfung ber 9lei{i)§[tanbc caltinifcfien @tauben§ abge=
fe'^en t)abe, unb ba^ nur fefteä 3ufaniinent)aüen mit ben gleid^ fiebro^ten 9tei(i)§=
ftänben ober mit au§märtigen ^arteigenoffen bie reid)§[tänbifct)en 9le^te unb bie
gieIigion§freit)eit be§ i?urfürften unb feiner Xlntertt)anen öor 5ßernid)tung ]u
nja'^ren im ©tonbe fei. ^^r J?ampf jeboci) gegen bie nad) it)rer ?lnfid)t üer=
berMic^en Senbenjen ©d^marjenbergä , menngleid) nur feiten unb öorüberge^^enb
tion (ärfolg Begleitet, t)crmel)rte nidjtS beftomeniger bie Unfid^eri^eit be§ fi^madjeu
^errfd)er§. ^fn^ieni biefer gejmungen ben mäd)tigen 3ettereigniffen gegenüber, in
Ujetdie er l^ineingeriffeu mürbe, ©teüung 5u nel)men, in feinem äöanfelmutl)
meber naäj au^cn nod) bei feinen Unterf^anen fid) Geltung unb Vertrauen
ju erringen berftanb , fonnte e§ nid^t fehlen, ba^ bie oberfte ßeitung allgemad)
feinen unb feiner 9tätl)e <^änben entglitt, ba§ ©djidfal ber brei i^anbfd)aften, in
tDel(^e ber furfürftlid)e ©taat au§cinanberfiel , toefentlic^ burd) bie ©täube unb
bie auämärtigen ^J^äd^te entfd^icben mürbe, mä'^renb ba§ fläglid)e äöalten ber
oberften 9legierung in iebcr Sanbfd)aft in befonberer öcftaltung fid) funb gab. ^n
ben r 1^ e i n i f d) c n !G a n b e n , bereu 25ermaltung öorl)errfd)enb in ©ditoarjenberg e
Rauben lag, war, feitbem ber ^Jlitcrbe be§ ^urfürften , SCßolfgang 3öii:^elm
bon ^Jleufcurg jur tatl)olifd)en ^artei übergetreten mar, ber frühere 3;l)cilung§ber=
trag 3U .Tanten (12. ^^oöbr. 1614) burd) bie ^^einbfeligfeiten beiber gürf^en gegen
einanber tl)atfäd)lid) au^er Äraft gefegt morben. S)er ^i^faljgraf namentlid) I)otte,
fobalb ber 9{eligion§Meg in 23ül)men 1619 auSbrad}, fid) ein fpanifd)eg |)ülf§'§eer
üerfd)afft, meld)e§ unter faiferlid)er ^lutorität (5lug. 1620) in bie clebifd^en Sanbe
einbrang. 2)ie .^ottänber boten al§balb bem .^urfürften i^re .^ülfe ^ur S5er=
treibung be§ au(^ i'^nen geiäl)rlid)en ^einbeg an. SIber ©d)mar,Knberg, ber pix=
fönlid) '^erbeüam , mic§ fie jurüd, ba mau bem X^aifcr, ber biefen ©ebieten
5teutralität 3ugefid)ert ^aht, feinen ?lnla^ jum 33erbad)t geben bürfe. 3ll§ aber
tro^ biefer ,^ufid)erungen bie ©panier unter argen 35ermü[tungen bi§ in bie Ö5raf=
fd^aft 5)tarf öorbrangeu, ba ]af) and) ©d^maräenberg feine anbere 9iettuug al§
bei ben ^oHönbern. SDicfe aber mi^trauifd) gegen ben „!aiferlid)en ^enfionär"
unb nur auf il)ren eigenen 3}ortl)eil bebad)t , öerftanben fid) ba^u nur unter
ben '^ärteften 3?ebingungen unb geftatteten ben ^^eeren, bie fie nad) ßleöe
f(^idten , gleid)fatt§ gemalttl)ätige 5lu§fdC)reitungen. ^nbem nun aud) ber
j^urfürft unb ber ^fal^graf jur 3?el)aubtung il)re§ i8efi^e§ bie Unter=
flauen mit ©teuern bebrüdten , fo manbte fid) ber Untüille ber babei menig
bead^teten ßanbftänbe junäd^ft gegen jenen al§ ben Ur'^eber atte§ Un'^eiB
unb mürbe in biefer 5luflel)nung üon bem .^aifer unb öon ben .^ollänbern
ermutl)igt. 5^ad£)bem fold)er 3uftanb- 7 ^a1)xt angebauert l^atte, gelangte ber
^Pfaljgraf allgemad^ pr ©rtcnntniB, ba^ ber Äaifer e§ audf) mit i'^m nid)t
e^rlid) meine; al§ bal)er beim SSorbringen ber taf^olifd^eu |)eere in ^fiorbbeutfdj^
lanb %iUl) ben Sluftrag erl)ielt, jene rl)eiuifd£)en Gebiete für ben ^aifer ju
fequeftriren , ha einigte fid) (9. ^Jlärj 1629) ju S)üffelborf äöolfgang SBill^clm
mit @. 2JÖ. 3U einer borläuftgen 2;i^eilung i^re§ gemeinfamen @rbe§ auf
25 Sa'^re ; beftimmten jugleidt) if)re 3Sunbe§genoffen, bie .^oEänber unb ©panier,
ber .^urfürft nid^t o'^ne fd^toere Opfer, ba§ Sanb <5U berlaffeu, unb aud§ ber
Äaifer bequemte fid^ baju, al§ ba§ 2luftreten ©uftat) 9lbolf§ in S)eutfd£)lanb il)n
in 93ebrängni| hxa^tt. ©eit Slprit 1631 l^atte ba§ Sanb nad^ au^en ^in
^^rieben gemonnen. ©ofort entlub fid^ bie Erbitterung ber ©täube, ganj befon=
ber§ angeregt burdt) bie unlautern ^Jtittel , meiere ©dt)marjenberg in ben 3^^^^"
ber ^Jtotl) gegen fie angemanbt l)atte, in f)eftigcn 5lu§brü(^en gegen bie furfürft=
©eorg 2Bitf)cIm, Si. ö. 3?raubcnburg. 621
üd^e ütegierung; in t^i-em 3;ro^e nic^t nur au] i^re '^ergel6rad)ten , fon=
bern auc^ bie über bcn o'^nmäc^ttgen ^enfcfier angemaßten 9tec§te fietrad^teten
iie it(^ al§ eine felb[tänbige neben ber Sanbeövegtcrung f)errf(^enbe SRacEit. S)te
•JpoIIänber t)atten in ben legten 20 ^a^ven iüv bie ©elbcr, bie fie bcm Äut=
mrften Doxgef(^offen t)attcn, ni(^t nur mefjrere fefte '^iä^e feineä ®ebiete§ fic^
angeeignet jonbern au(^ einen S'^eit ber 2)omänen ftcf) öerptänben (äffen , 3u=
gleich aber burc^ bie i)o^en 3^i^i^" > ^i^ 1^^ Ü*^ berec£)neten , ben Setrag ber
@(^ulb aEjd'^r(i(^ anfef)nticf) öerme'^rt. SUe nun Si^roarjenBerg 1632 burc§
periönli($e Unterfianblungen im ipaag eine Jii'ii-'ung berfetben baburc^ ausjuroirfen
iic^ öemü^^te, ha^ er .^u einer 3Xb3af)(ung berfelben in beftimmten Triften fi(^
erbot, fo glaubten bie ©tänbe, ba biefe ^Q^^ungen nur burc^ bie Steuern ber
'^anbf(i)aft geteiftet toerben fonnten , fi(f) bere(i)tigt , fid) burd) i^re 3lbgeorbneten
in jene S5erf)anbtungen ein.^umifcfien unb fnüpften auc^ ba^eim an i^re Unter=
ftü^ung Sebingungen , burd) bereu 3Iuna^me bie ßaubeSregierung gu einer
S(i)atten'^errf($aTt ferabgefe^ loorben todre. S)er ©treit fjierüber toar noc^ nac^
brei ;3af)ren nic^t au5gegli(^eu , at§ bie -öoüänber am bie 9tad)rii^t , baß @.
3Ö. burc^ Seitritt jum '4>T-'a9ßi" i5rneben auf bie faiferli($e (Seite übergegangen
war , in feine ^eitigften ^^einbe ficE) umroanbetten , unb ftiä'tirenb fie in
Serbinbung mit ipeffen unb anberen Sunbe§genoffen ber ©d)tDeben bie cIeDifrf)en
'^anbe auf§ neue ^um ©d)aup(a^e i^ree Äriegeg gegen bie Äaiferlic^en unb bie
Spanier mad)ten, ,^ug(eic^ auc^ unter ber Sro^ung, bie üerpfänbeten Somänen
einjujie^en , bie SSefriebigung if)rer (Selbiorberung Dertangten. -Jtoc^ im iobe§=
ja^re bes ^urfürften (1640) befanb fi(^ ha^ 2anb unter bem S)ru(f ber ,^rieg§=
leiben, öon .öollanb au§ Würbe ^ur ßin^ie^ung ber 2^omdnen Dorgefdivitten ; ber
furfürftlic^e itat"^ öon SStument^al aber, ber narf) bem ipaag gef(i)i(it mürbe,
um burc^ feine SorfteEungen fene (Stn^ie^ung rücfgdngig ju macEien, befanb fici)
^ier einer ®efanbtf(^aft ber clet)if(i)en Stdnbe gegenüber, roetd)e burc^ Sefte(f)ungen
unb ^ntriguen bie .g)olIänber jur Slusfü^^rung i^te§ Sor^abens aufftac^eüen.
Söeniger bie ©ng^er^igfeit ber Stdnbe als bie Unfi(^erf)eit be§ J?urfürften
in feinen @ntf(f)Iüffen bra(i)te ba§ Stammlanb , bie ^arf Sranbenburg
in§ tieffte Stenb. 2Bie foEte man ^ier Vertrauen ju bem dürften geminnen,
ber g[ei(f) beim Seginn feiner ^eri-fdiait feiner ^Jtutter ni(i)t ju mehren öer=
mochte, als fie öon ^etotifc^em Sifer für ba§ 2ut^ertt)um erjüEt, eigenmdc^tig
i^re 2:o(^ter ol^ne 2Biffen beö So'^neS mit bem Könige öon Schweben öermäi)(te
unb in Serbinbung mit bem Äurfürften öon ©ad^fen ben '^tan betrieb, bai
.per^ogt^um ^Preußen unb bie 9^^eintanbe in bie .g)dnbe lut^erifc^er ^ipringen ju
bringen, für biefen ^rocd hmä) einen au§ SOßittenberg fjerbeigeiuTenen 2§eoIogen
ÜJteiBner bie berliner Seöölferung gegen bie 9ieformirten aufreihte unb i^re
5(bfid£|t erft aufgab, al§ it)r ^meiter ©o§n, Sod)ini SigiSmunb, bie it)m babei
juget^eilte ütoHe jurücfiDieS? — ©einerfeite ^atte ®. 2Ö. beim 3(u§bruc^e be§
böt)mifc£)en ^riege§ (1619'^ al§ ©lieb ber broteftantifd)en Union bie Partei feinet
3um bö^mifc^en .Könige gerodelten ©c^roagcrS gi-'^ebric^ T. Don ber ^falj er=
griffen unb auc^ bie mdrtifc£)en ©tdnbe Ratten jur Sert^cibigung bee 2anbe§
i^m bie ^Jiittel ^ur SInroerbung be» Ärac^t'fcfien Dtegimentee hergegeben- 3lber
rod^renb er f(i)roan!te, in roie roeit er in biefe gefdl)rlic^en .pdnbet fi(^ ein=
(äffen foEte, f)atte bie ©(i)(a(^t am roeißen Serge (8. Dioöember 1620) bie
bö^mifc^en unb f(^(efifc^en ^roteftanten ber 9ta(|e be§ Äaifer§ preisgegeben,
fein D^eim ^o^ann 6eorg roar gedditet unb feines ."öerjogt^ums 3dgern=
borf beraubt roorben; an @. 2B. aber erging bae Serbot bie flüd£)tigen
@(auben§genoffen bei ficf) aufjune^men unb bie [vorberung , ju ben Äoften h^%
öom Äaifer in Serbinbung mit Äuxfac()fen gegen ©(^(efien unb Sö()men ge=
fü()rten Krieges beizutragen. 2;er ^urfürft fügte fic^; nur unter fd^roeren
Slengften geftattete er ber ftüi^tigen .Königin öon Sö()men in Äüftrin i^re 91ieber=
622 öJcorg 22ßUI)eIm, ß. ü. ^ranbenturg.
!untt aB^utüarten ; bie mär!tfc£)en ©tänbe aber erfannten in biejen Söovgängen
nur ein ©trafgeri(f)t ®otte§ über bie (Satüiniften unb nötljigten itiven dürften
bufd) 25ern)eigerun9 be§ ©olbe§ ba§ ^rai^t'fdie ^tegiment bi§ auf 130 '»DUnn
3U enttajfen. 3II§ barauf ber Äaifer mit ttiad)|enber ^üt)nt)eit über bie ilteid)^^
orbnungen ftd) Ijintüegfeijenb , f^riebricf) V. ädjtete unb bcv .^urtoürbe beraubte
unb burd) Uebertragung ber le^teren an ben -^crjog bon 33aiern (1623) bie
^Jtajorität im ^urfürften = (Kollegium an ben !att)otifd)cn 2t)eil brac£)te, ba ge=
toannen bie ä^orfteEungen ber reformirten @et)eimenrät^e jo öiel ^Jlac^t über (S.
äö., ba^ er nic^t nur in 9}erbinbung mit Äurfat^fen biefen ©d^ritten feine 9ln=
erfennung bertoeigerte , fonbcrn aud) , at§ .^urfad^fen im 3funi 1624 fid£) bem
faiferlidien Sßilteu beugte, feinen 9ftat^ 33ettin au§fanbte, um nadibem bie frü'£)ere
proteftantifdie Union, ber er anget)ört ^atte, unter ben ©türmen be§ böt)mifd)en
^liegeg aufgelöft morben föar, für ta^ ^n^tanbetommen eine§ neuen ^unbeg
norbbeutfdjer dürften mitjutDirfen , wetdiem 2)änemarf, ©darneben unb be§ i?ur=
fürften ©c^mager ^etf)Ien @abor üon ©iebenbürgen fid) an^ufdilie^en , (Jngtanb
unb g^ranfreid) Unterftüfeung in ©elbniittetn öerf)ie^en. fieiber gemann Sellin
bie Ueberjeugung, ba^, betoor nid)t bie ©Haltungen, meiere S)änemar!§
6t)rgei5 unb ©iferfudit auf ©d)lt)eben t)erborgerufen I)atle, befeitigt feien, au§
biefem i^unbe fein <f)eit 3u ermatten ftünbe , unb fonnte bem .^urfürften nur
ratt)en, ftd) bortäufig parteilos ju t)alten. 5ll§ nun 1625 ber .<^rieg in 9lorb=
beutfd}Iaub unter ß'^riftianS IV. non S)änemarf Leitung auSbrad), unb üon -Jtor-
ben ^er bie .^eere bon S)änemar! unb beä ©rafen ''33^an§ielb , t)on ber anberen
©eite über ^JJkgbeburg unb 25raunfd)tt)eig bie 3BaIIcnftein§ unb ZillX)'^ fid) ben
9JlarIen nät)erten, ba erftärten fid) atte friegfü£)renben Zi)nlt geneigt bie '-Ularten
a(§ parteilofen Soben anjuerfennen , mofern ber ^urfürft bie Eingänge feine§
SanbeS an ber ^aöcl unb Ober mit !^inlänglid)er 2;ru)5penmad)t bettjad^te.
9lber toa^renb ©. 3B, mit feinen ©täuben über bie 9lufbringung ber bafür
nött)igen ^Jlittet feilfd)tc , rüdten 3[Ran§felb§ ©ötbner^orben üermüftenb in
bie ^riegnitj, ber bänifd^e ©eneral ^-udEjS öermüftenb in bie 5Utmar! ein; tDor=
auf bann aud£) 2BaIIenftein , nai^bem er (15. Ipril 1626) an ber ©effauer
SBrüde ben 5]tan§fclbern eine ^ieberlagc beigebrad)t ^atte, fjinter it)nen ^er fid)
in ber ^arf einlagerte. ''Jiacfjbem 33ianbenburg fo miber feinen Söitten in ben
Äambf Ijineinge^^ogen U^ar, [teilten bie calüinifd)en $Hätt)e bem i^ürften ben offenen
5lnfd)lu| an bie ebangetifd^en 23unbe§genoffen al§ ba§ einzige 3iettung§mittet
bar ; fie tonnten i'^m nad^meifen , ba| in äöien bereiti feine 3lec^tung geplant,
ba^ man bie 5^cumarf einem {)o^en5oEerifdt)en .i^onöertiten , ba§ iperjogt^um
•preu^en bem ^od)mei[ter be§ beutfd)rn Orbcn§ , felbft ba§ ^eimfall§red£)t
auf Sommern an SBaiern ju übertragen gebenfe. 3lber ©(^toarjenberg'S (Segen=
bemült)ungen, ®. 9Ö. £)ierüber ju berutjigen unb feine ^inn)eifungen auf ben
bem ^aifer fdt)ulbigen ©e'fjorfam raaren um fo mirffamer , ba aud^ bie mär!i=
fd)en ©täube biefe S)eöotion tl^eitten. S)ie 9tac£)rid£)t , ba^ ^önig ©uftab Slbolf
bon ©dt)meben eben bamatS ben erneuerten ^ampf gegen ^olen mit ber SBefe^ung ber
S^üim be§ '^eraoglid^en ^^^veu^enS (^uli 1626) eröffnet t)atte, l-ourbe bon bem
fd^lauen ©ünftlinge, iDer fie feinem ^errn al§ eine bemfelben perfönlict) miberfal^rene
33eleibigung barfteEte, baju benu^, nid)t nur ®. 3Ö. ju offenem S5ru(^e mit ©d)tDe=
ben 3U treiben, fonbern i'§n aud^ mit 3lrgtt)o^n unb ^i^trauen gegen feine
calbinifd^en 9latl)geber, benen berröt^erifd^e Serbinbung mit bem ^JlanSfelbifdtien
t^eere unb ben ©c^toeben borgetoorfen tuurbe, ju erfüllen, ^fnbem ber ^urfürft felbft
nadt) ^$reu|en ging, um „buri^ bie S^t ^u jeigen, ba^ er be§ ©d)meben!önig8
i^einb fei", überlief er e§ ©d^maraenberg bie angefe'^enften 9^itglieber be§ gel)eimen
9tat^e§, ®ö^e, äBinterfelb, ^rudmann u. ?l. burd^ §od)berrat^§prDceffe unfd)äblid)
3U matten ober einjufd^üd^tern. 9Jlit foId)en Sürgfc^aften für feine ©efinnung
©eorg Wilijdm, ff. ü. S^ranbenBurg. 623
trat (S). 2Ö. jut Partei bee .Qaifers über, erfaimte (22. 'iJJlai 1627) bie 6aicnjdf)e
^ui'tDÜrbe an , öerbot feinem 2lbel im bänifcEien ^eere ju bienen unb fanb
eine Stec^tjertigung biefev S)emüt^igungen in bev (Srmägung: „2öa§ ge'Ejt micf)
bie gemeine Sacf)e an , menn iä) alle meine (Sl^re unb ,5eitli(^e 2Bo!^lTal§vt öer=
lieren joE?" S)ie|ei: @ntj(i)Iu^ trug f(f)limme fyrü(f)te. siUe ■Hoffnungen, tneld^e
©c^lDar^enöerg if)m auf bie ^^urücigoBe öon Sfögernborf , auf 3tmneftie für bie
geästeten ^yürften ober auf bie Sßeftätigung be§ 9{nrect)te§ auf ^^ommern öorgefpiegelt
l^atte, ermiefen fidC) al§ nii^tig; ein barauf geri(i)tetf§ @efu(^ mürbe Dom .^aifer
feiner Slnttoort gemürbigt. 2öol aber mürbe bie '»D^ar! in ben nä(^ften öier
^a'^rcn mit 2lu§na^me einiger feften ^lä^e, ju beren SJert^eibigung bie ©tänbe
ben Unterl^alt für einige .g)unbert !urfür[ttiä)er J^rup^jen Betoittigten , faft an=
bauernb öon S^urd)mörfä)en unb 6in(agerungen faiferüc^er 2rupt)en, nament=
lid) ber gegen 'lltedtenburg unb ^^ommern fäm|)fenbcn 2öaIIenftein'§ ]§eimgcfud)t.
Unb 3um So'£)ne für bie bafür geBracf)ten Opfer erfolgte 6. f^tbx. 1629 ba§
faiferlii^e @bift , meiere» bie 9teformirten tiom 9ieIigion§frieben auöfc^Io^ unb
if)re 2}ertilgung al§ ben SSeruf be§ Äaifer§ Derfünbigte, barauf am 9. Wdv^ ba§
9teftitution§ebitt , auf @runb beffen ba§ ©r^Bietl^um ^RagbeBurg , au§ beffcn
S5efi| ber C^eim be§ .ffuifürften dl^riftion 2öi(f)elm fcfjon 1626 öertineBen mar,
einem !aifertirf)en ^rinjen üBergeBen unb bie 3 BranbenBurgifcf)en SBi§t^ümer neb[t
i'^rem (Jrtrage feit 50 ^a^ren ^urücfgeforbert mürben; bie Sefi^na^me ber
pDmmerfct)en i'^üfte burd) ba§ 3BaIIenftein'f(f)e -öcer unb bie eBen baburi^ öer=
anlaste 5Hufnaf)me einer fc^mebifc^en ^Befa^ung in ©tratfunb erroetite bie
fi^limmften Seforgniffe für ben -^eimfoll 5)3ommern§; öom Äaifer, ber in berfelBen
3eit eigenmä(i)tig bie donfiScationen ber (Süter BranbenBurgifc^er Safaßcn Derfügtc
unb ben .^urfürften mit miütärifi^er SSefe^ung 3Serlin§ Bebrol^te, mofern er e§
]\ä) erlauBe , fein preu^if(f)e§ SeiBregiment nac^ ber 5Jtarf ju Bringen, toar nur
(a(i)Iimme§ ju ermarten. 2ro^ aUebem , ja tro^ ber gan^ entgegengefe^ten
^^olitü, mel(|e 6. SB. im -öerjogtl^um ^4>«u^en ju Befolgen burd) bie Umftänbe
gejmungen mürbe, öermoc£)te er fic£) ni(f)t baju ju ermannen, bie rettenbe «öanb,
meldte ©uftab Stbolf ben eüangelifd^en dürften 9iorbbeutf(^{anb§ barBot , für bie
•)3larf anjunefimen. 2Iuf bie Tia(i)riä)t öon ben 3lBfi(i)ten be§ Sc^mebentönigl
f(^i(fte er if)m ©efanbte nad^ SJanjig entgegen, melc£)c gegen ba§ 9}erfpre(i)en bie
Äaiferlic^en 5ur Otäumung öon ^ommern unb £an,^ig ju Beftimmen 9teutratität
für biefe Sanbfc^aften forbcrten. S)er ,^önig antroortete, unb jmar erft nac^bem
er fi(f) in Sommern feftgefe^t l^atte , ber Äurfürft muffe aufl^ören ©tattl^alter
eine§ faiferlic^en SienerS ju fein, unb fic^ entfd^eiben, oB er fein geinb ober
Q^reunb fein motte, im le^teren iyaUt erbiete er fid) , e§ ba'f)in p Bringen, ha'Q
ber «Öeräog öon ^^ommern fc^on jefet ba§ Sanb bem .^urfürften üBerlaffe, 5lu(^ je^t
magt biefer fo menig feine Sr^ff^ii^ aB^utoerfen, baß er öietmc^r ben au§ ^^omment
öertrieBenen .ffaiferüc^en ben ^a^ Bei ßüftrin öffnet unb ifinen baburi^ möglid^
mad)t, fid^ um ^ranffurt unb 2anb§Berg ju fammeln unb öon ba Bi§ üBcr bie
.§aOel eine 53ert^eibigung§fctte einjurid^ten, burd§ metd^e ber .^önig brei 53lonate
lang ge:§inbert mirb, bem Bebrängtcn 'öJlagbeBurg (5ntfa^ 3U Bringen. 511» enb=
lid^ felbft bie Srftürmung öon granffurt unb SanbäBerg (16. Slpiil 1631)
burd§ bie ©c^toeben auf ben .^urfürften feinen ßinbrurf mad^te , ritt ber .^önig
an ber (Spi^e öon 10 ^Regimentern auf Serlin 3u. ^t^i erft entf(^lieBt fic^
ber ^urfürft (4. 5Jtai) , jebod^ nur Bi§ jum gntfa^e ''IRagbeBurgS — ©panbau
äu üBerliefern , f orberte e§ aBer fd£)on nac^ menigen Sagen, ati bie .ßataftrop^c
jener @tabt gemetbet mirb, gurücf. @uftaö 2IboIf räumt bie geftung , fe|rt
aBer fogtetd^ auf§ neue feine Söaffen gegen SSerün unb (äßt bem f^ürftcn feine
2Ba^t at§ fic^ unBebingt ju fügen. S)ie am 11. ^uni unb 31. Stuguft 1631
mit il§m gefd^Ioffenen SJerträge öerpfUd£)ten ifin neBen ©panbau aud^ ^afe unb
524 ©eorg 2ÖtlI)elm, i?. ö. löranbcnbutg.
f^eftung .^üfttin bcn ©dilreben ju öffnen, bei einem Eingriffe be§ ^aifcrg an ber
3}ert^eibigung unter bcm Oberbefe:^! (5(^tt)eben§ t^eil3iine:^men , monatlich 30=
unb jpäter 40,000 Z^aUx ^nm Untevt)alt üon 10 fditoebifdien iReiteiTegimentern
beijutragen, geftatten i{)m abex 3ugteicf) 3ui- ©rfüUung bev auf bem Seipjiger
gonOente (Wäx^ 1630) gegen bie eöangelifä)en 9tei(^§ftänbe übernommenen SSer=
pfli(i)tung fid) ein felbftänbigeg ,g)eer üon gtcitern unb ^-uBboIf anjumerben. (55.
2Ö. "^atte nid)t Urfac^e barüber, bo^ er ju biefem ©d)ritt gezwungen tnar, fi(^
ju beflagen. 5lüerbing§ entfernte fid^ Sdjwaräenberg nad) ^^Jrcufeen, toöfirenb
bie reformirten 9tätf)e mieber ©influfe gewannen, unb bie (5d)tt)ebcn fid)erten fi($
burc^ S3efe|ung ber feften $Iä^e in Sranbenburg unb 5|3ommern bcn Ütüden;
bagegen ftanb er je^t einem 33unbe§genoffen jur ©eite, ber junädjft ttjenigftenä
für bie i'^nen beiben gemeinfamen ^ntereffen fäm^fte unb geh)ann bemfelben
gegenüber eine toürbigc (Stellung, inbem er mit feinem angeworbenen .ipeerc in
Sßcrbinbung mit bem glei(^fall§ ju biefer 33unbe§genoffenfd)aft übergetretenen
ßurfadifen gefonbcrt öon ben ©dimeben bie ©übgrenje beiber Sänber gegen
3öaIIenftein'§ §ecr öertt)eibigte ; unb Wenn gteid) in bem ;g)elben!önige im S5er=
laufe feiner ©iegc ©ebanfen gemedt mürben, tnetdie anbcrn beutfd)en ©tän=
ben beben!(id) crfd)einen burften, Wenn namentlid) bie ©rünbung eine§ eöan-
gelifc^en Äaifert^um§ mit fc^mebifc^er ©pi^e il^n crnftlid) befc^äftigte , fo er=
öffneten gerabc biefe ßntmürfe bem .^urfürften glänjenbe 3lu§fid)ten, ba bie
im (Februar 1632 über bie 9jerf)eiratf)ung feiner ein,^igcn Soditer mit bem Äur=
prinjen öon Sranbenburg eröffneten Sßcr^anb hingen bcutlid) funb gaben, ba§
ber ßönig jene§ ;^iet nur bann für erreii^bar ^ielt, menn e§ i^m gelang, burd)
bie engfte SJcrfnüpfnng ©c^roebcn§ mit Sranbenburg eine ben .'pabSburgern ba§
Öleid)gemic^t bictenbe -öauömadit 3U grünben. 3tud) nad)bem ba§ ©d)tad)tfelb
bei .'s^ü^en fotd)e .g)offnungen öernic^tet fiatte, t)tett 6. 2Ö. nod) 3 ^a^ve an ber
f(^mebifd)en 3}erbinbung feft unb mieä namentlid^ bie Slnerbictungen , huxä)
metc^e 3BaIIenftcin il^n auf feine gefährliche 5öat)n f)inüberjutoden fud^tc, ent=
fd)ieben üon fid^ ab. ^^ÜS aber bie Uebeiiegcnf)eit ber ©d)meben im ^velbe burd)
bie ^Ptörblinger ©d)tad)t (6. ©eptbr. 1634) gebrochen fd)ten, unb i?urfad)fen fid)
,^u 5prag (30. ^Rai 1635) mit bem 5?aifer unter 33ebingungen einigte, ,^u bereu
3lnna'f)me auct) bie übrigen eüangetifd^en O^ürften unter firmeren S)ro^ungen aufgefor=
bert mürben, ba tourbe @eorg 2Sil^elm§ ©tanb^aftigfeit auf eine tiorte ^^^i-'obe
geftellt. SlHerbingä tonnte mand£)e§ i'^n gegen ©d)meben bebenflid) madE)en: be§
fd)n)ebifd)en ')teid)§fan3ter§ üormiegenbeS SSeftreben für bie Opfer, meldte ©d^tDe=
ben in biefem .Kriege gebrad^t ^ttc , ©vfalj auf beutfd)em 33oben ^u gewinnen,
ba§ offentunbige 5öemüt)en ber fdtitoebifd^en l?ricg§befe^(§()aber nad^ bem ^öeifpiele
3BaIIenftein'§ fid) für i^re ©olbforberungen mit beutfc^en Sanbfd^aften bejafilen
.^u laffen, unb ber ben beutfd^en ^ntereffen üerberblid)e ©influ^, ben 9'iid)etieu feit
ber 9törbtinger ©c£)Iad^t auf ©darneben ausübte. ^et)r nod^ at§ biefe allge=
meinen Momente ängftigte ben ^urfürften ba§ 33erf)alten ber ©dt)meben in
■45ommcrn, tt)eld§e§ ßanb, nad£)bem e§ üertrag§mä§ig i^nen bi§ jum f^rieben über=
geben war , fie nid^t unbeutlid^ aU bauernbe i?rieg§beutc betradf)teten. 2lber
wartn bie Stnerbictungen be§ j?aifer§ bap anget^an bie fd£)Webifd)e S3imbe§=
genoffenfc£)aft entbel^iiic^ ju mad£)en? S)a§ 9teftitution§ebift würbe, aber nur
für je^t, fugpenbirt, über bie red^ttii^e ©teEung ber 9teformirten würbe ge=
fd)Wiegen, bie 3led^tung branbenburgifd^er ^rin^en unb be§ furpfäljifdt)en .^aufe§
nic^t jurüdgenommen , bie 6üangelifd)en in ben !aiferlidf)en Sanben blieben ber
Söiüfür be§ J?aifer§ preisgegeben. S)a§ 9tcd^t 33ünbniffe ju fdilie^en, fowie bag
Steigt ber ©elbftüertl^eibigung be§ ^urfürften Wutben ftar! beft^ränft, ü)m. ba=
gegen Seiträge für eine 9teic£)§armee aufgenöttiigt , bereu ßommanbo au§fd)tie^=
Uä) bem .IJaifer unb bem ^urfürften öon ©ad^fen äuftonb. 2Ber ben 6f)arafter
®eorg 2Bilt)e(m, Ä. ü. 93ranbenbutg. 625
be§ Äaijerg unb bie 5l!6fi(^ten ber an feinem .g)oie öor'^etrlc^enben ^Partei fannte,
fonnte nid^t 5n}eife(n , ba^ er al§ ©icger aUt jene SSebingungen jum 33erberben
be§ ^urfürften umbeuten lüerbe. 2)ie refoi-tnirten 3iätt)e, bei* Äanälev ©ölje,
Seud^tmar, Änefebecf ttJtefen in einbtingüc^en SSoxfteßungen it)m bie 91ot^tDen=
bigfeit bei (5(i)h)eben jeft^ul^aUen naci), Djenftietna gab bie na(^brü(füd)ften
SSerfic^erungen fotc^en iyall§ bie ^ffieinlanbe äu befreien unb ^ommern narf) bem
(^rieben für SSranbenburg ju räumen; felbft unter ben niärfifd)en ©täuben er=
flärte jid) eine ftarEe ^Partei für biefe ^politif, au(^ in ben übrigen J?reifen ber
märfifdien Seöölferung offenbarte fic^ tebl^afte (St)mpatf)ie für bie fd)tt)ebifd)en
@Iauben§brüber. 2lber ©c^maräenberg, ber feit 1632 an ben furfürftlic^en .öof
jurücfgefe'firt, narf) mie öor ben fdimad^en f^ürften in feinen SSanben I)ielt, wanbte,
aU ^urfac^fen jur @ntf(i)eibung brängte, ben ©e^orfam gegen ba§ 9teic^§ober=
^au|3t, bie ttarnenbe ^intoeifung auf ba§ ©d^idfal be§ .^urfürften öon ber ^Pfatj,
bie menig gere(i)tfertigte SSorliebe für .^urfodifen , öor allem bie 5lu§fic^t , mit
ipülfe be§ ßaiferS unb Äurfac£)fen§ ^ommern üon ben ©d^weben ju befreien al§
toirffame <^ebel an, um feinen ,^errn auf bie faiferlic^e ©eite l^iuäubrängen ;
bie ©d)tt)cbcn, ^ielt il^m ©ditoaräenberg öor, tonnten i^m Sanb unb Seutc öer=
berben, ber ßaifer aber fie il^m böttig nel^men, i^n „entred)ten" unb ächten.
Ütact) f(^toeren 33ebenten beboEmäd^tigtc i^n ber i^ürft ben ^rager i5"rieben an=
äune{)men, boc^ nur gegen bie beftimmte 3iifi'^c''-*ui^9/ ba^ ©d^meben gütüd) ab=
gefunben, eine attgemeine Stmneftie ertaffen merbe unb J?urfa(f)fen feinen 2lnfprü(^en
auf bie ctet)ifd)en (Gebiete entfage. 2lber ber (Sünftling benu^t eine (ilaufel
feiner ^nftruction, bie il^m in befonberen 9^ott)fäKen freie ^anh tie§, um tro^=
bem ba^ bie 3lu§fi(i)ten für ©c^toeben fic^ gebcffert Iiatten (5luguft 1635), menn
au(f) ni(i)t formeE fo boi) t^atfäcEilic^ (mittelft ber Sßiener ©egenerflärung Dom
11. ©eptbr. 1635), ben i5r'*-ieben mit bem ^aifer ofine jene Sicherungen ab3U=
fd^lie^en. S)ie branbenburgifi^en Siruppen traten unter fäcfififc^en £)berbefe{)l
unb am 6. Januar 1636 erfolgt bie Ärieg§er!tärung gegen ©(^mcben. 2)ie
burc^ ba§ anfänglic£)e SBaffenglütf ber neuen Sßunbeägenoffenfc^aft erraerften ;^off=
nungen toerben nod) in bemfelben i^a^re burd) 23aner'§ ©ieg bei SBittftocE
(24. ©eptbr. 1636) niebergefc^tagen ; am l^ärteften toarb baburd) bie 5Jlarf be=
troffen, meld)e bi§ auf bie 3 geftungen fid§ ben ©iegern ergeben mu^te. 3luf§
neue boten biefe bem nac^ ^ei^ geflüchteten Äurfürften ^rieben an; bie @e=
i^eimen 9lätl§e unb bie ©tänbe brangen in il^n nad^^ugeben. 2lber beffen ©inn
mar einjig auf 5Regen§burg gexnd)tet, too ©c^toaräenberg für bie 2Bittfäf)rigfeit, ber
äBal£)[ be§. ©ol^ne§ gerbinanbäll. pm beutfc^en Könige ^usuftimmen, öort^eilfiafte
33ebingungen forbern fottte. greitid^ bie begetirte 9lmneftie tourbe ii)m bermei=
gert; bennorf) mie§ ber Äurfürft nidtit nur bie eintrage ber ©(^toeben äurüdf,
fonbern lie^ au(^ toie öor 10 ^a^ren bie calöinifc^en jRätl^e feine Ungnabe füllen,
(Sö|e, 5pfuel unb Seuc^tmar öerloren i^r 2lmt. ©c^roaräenberg Ifiatte bie§ baburd)
errei(i)t, ba^ er feinem Jperrn, obgleii^ berfelbe loegen ber ©d^mäd^e feiner gü^e nid^t
mel§r ju ^Pferbe ju fteigen öermoct)te, ba§ ^Patent jum faiferlidt)en (Seneraliffimu§
au§ 9tegen§burg mitbrad£)te. S)er ©ünftling mar fortan ber alleinige ßeiter ber
9tegierung. S)ie nädf)fte ^^o^S^ ^'^^ '^^'^ S5ertuft ^^ommernS. 5U§ am 10. 5)iärä
1637 .^eräog S5ogi§laü XIV. ftarb, münfditen feine ©tänbe bie 2}ereinigung mit
SSranbenburg ; ba aber bie ©darneben ti^atfäd^Iic^ ,g)erren be§ l'anbey eine 33eft^=
na|me beffelben bur(^ ben ßurfürften nid^t ä^laffen tonnten, fo glaubten bie
^Pommern ba§ äu^erfte für i^ren fünftigen ©rb^errn getrau 3u l^aben, toenn fic
öon beiben Gegnern ha^ S^Q,t\tänhm% öerlangten, ba^ ein f(f)on hei Öebjeiten
be§ ^erjogä eingefettet 9tegierung§cottegium bi§ jur erfolgten Einigung bie '}tc=
gentfd^aft fortfüi^re. Slber baöon moEte @. 2B. nidl)t§ toiffen. 25ietme^r
«Httgem. beutfdie aSiograp'&tc. VIII. '^ 40
526 @eorg SBiltjelm, il. ü. 33vanbcnburg.
]at)xm ie^t in it)n .ffne9§= unb ©volbevungögcbanfen. 6inc ^Injat)! bienfttojer
mäi-{i[c[)er ÄlriegSoBei-ften, tneld^e in Söien 5i3cfd)äjtigung fud^en, toeiben unter
^ermittelung ©d)niar3enl6erg'§ in ben Slienft beö ßuvtütften genommen um
6000 5Jtann ju g-u^ unb 1000 9teiter aur ©roBerung ^|>ommern§ an^uwerlben ;
bie ^Jtittel jur 3lntt)erl6ung unb jum Untert^alt ttjurben anf(^einenb öom ^ai]ex
l^ergegeben, tt)at|äd)lid) jum größten Stf)eit au] bie ©ummcn ongetoicjen, tDeld)e
bcr Äuiiüift iür bQ§ 9teic£)§^cer f)atte ^a'^len foüen. i^ür bieje Untexftüljung
leifteten bie Obexften bem .^ai|er unb bemnä(i)ft bem Wutiüi'ftcn at§ befjen ©tell^
öertreter ben S^xeueib unb befe^ten bie brei ßanbeSfeftungen. Siejer i?rieg§eifer
nal^m jebocf) balb eine traurige äöenbung. ^mc Dberften benntjten i^re S)oppet=
fteliung ^u ßrpreffungen ^ttJeitactier ^itrt. Sei ber ?inmerbung unb 5i3efolbung
ber Xruppen betrogen fte ben dürften unb beredinctcn ben ©olb für öott^ätiUge
9tegimenter, wätirenb öou ben 7000 ^JJlann, \üx bie fte fid^ bejatilen liefen, nur
2000 im S)ienftc ftanben. 31I§ !aiferUd)e ©fficiere aber betrachteten fie fid) mic
in irembem ^anbe, fdirieben Kontributionen au§ unb geftatteten if)tcn 5ud)t(o|en
Gruppen jeben greöel. ^m SBetteifer mit ben ©ditoeben, meld)e il^re ©infätte
in ^ommern mit ^^^^ünberungö^ügen in bie ^IRar£ öcrgalten, tjaben fie über
beibe l'anbe namenlofcö ßlcnb gebracht. ®er ^urfürft aber, neuen ^^(anen 3u=
gett)anbt, entzog fid) bem 5lnblid biefer ©reuel, inbem er 1638 ©dimarjenberg
bie Seitung 33ranbenburg§ überlaffenb , nac^ ^Preu^en überficbelte.
3im ;g)erjogtt)um ^^ reuten I)aben fid^ bie 5lngetegeni)eiten @cor'g 2ötl=
l)clm§ nod) am günftigften geftattet. 5E)a5 alleS ^ia^ unpatriotifct)en SLreibens
unb nicbrigcr G:igenfud)t übcrfteigcnbe @ebaf)ren beg ftänbijd)en 5lbel§ unter
Äurfürft ipan§ ©igiemunb tjattc aügcmac^ nidt)t nur bei ben ©täbten fonbern
aud) unter ben ©beUeuten felbft äBiberfprud) ermedt. 3}on ber auf ^^olonifi=
rung beö 2anbe§ offen au§get)enben ^45artei ber Cuerulirenben fd^ieb fidC) ber
gri)^te Xt)eit be§ ^Jlbel§ al§ bie ^roteftirenben ab, meldt)e jufricben mit ben ge=
wonnenen 9ledt)ten eine weitere ©d)n)ädt)ung ber 2anbe§t)errfd^aft mi^bittigten.
2ll§ (S, äö, ba{)er 1G20 ^ur ^ulbigung na^ .Königsberg tam, unb bie Cucru=
litenben erft nad) ©emäl^rung neuer gorbernngen fid) berfelben unter,ye!§cn tuolltcn,
gelang e§ i^m insbefonbere, inbem er ben 33orurtl)eiten ber üon ben lutl)erifdt)en
©eiftttdjen gegen i()n aufgereijten ^öeöötfernxng barin 3iect)nung trug , ba^ er
fclbft öor bem ^ßejuc^e be§ üor it)m gel^altenen reformirten (^otte§bienfte§ ab=
mal)nen Iie§, fd£)on auf bem erften !s3anbtage 30, Cctober 1620 neben ber Jpul=
bigung aud^ bie ßrtaubni^ beä reformirten ^^riöatgotteSbienfteS burdEijufe^en.
©röteren SäJiberftanb bereiteten itjm bie ^olen bei ber äiete^nung. SBie in
einem l)errenlofen Sanbe erfdt)icn im gebruat 1621 eine polnifdtje föommiffion
in Äöniggbcrg , meldje oI)ne jebe 3]eranlaffung eine Untcrfud^ung angeblid^cr
33 efctjU) erben öornai)m , in bie ßanbeSregierung eigenmädt)tig eingriff , für ben
2;ür!enfrieg eine au^erorbentlid)e 3:;rubpent)ülf e , öor allem abmedCifelnbe Sefe^=
ung ber oberftcn Sanbeefteßen mit £utl)eranern unb Äatl^olüen öerlangte.
5lber gcrabe i^r unOerfd)ämte§ "Sluftreten, ba§ aud^ bie ©täube um il^re
eigenen 9ledE)te beforgt madt)te , bestimmte biefe ben f^fürften pm äßiberftanbe
ju ermut^igen mit fo gutem (Srfolge, ba^ nad^bem ber Äönig tion ^4>oien burdt)
ein @clbgefdC)enf unb burd^ bie Uebertragung be§ £)bcrmarfdE)attamte§ an ben
öon ben $oIen geforberten ßanbibaten jufrieben gefteEt mar, nid^t nur bie 6om=
', miffion abgerufen marb, fonbern audE) (S. 3Ö. , aU er im September 1621 fid)
^^}f .?'*' 3Barfd£)au begab, of)ne 2Öiberfprud§ mit ^reu^en bele|f)nt würbe. ^n=
^mfür beä oi-.ot aud£) |ier bie ^-xa^t, oh für ober miber ben ^aifer mit fdiWerem
9ted^t ber ©elbftbertv,..(?urfürften fjeran. Sae bringenbe (Sefud^ be§ greifen §od£)=
gegen SSeiträge für eine Ütetu^öon äöefternai^, ^reu^en bem beutfc^en Orben unb ber
lid) bem .Kaifer unb bem Äurfür|iftstlen , t)aitt Äaifer gerbinanb IL im grü^ja^r
©corg ilöil!)clm, Si. b. 58raiibenburg. 627
1625 beijällig auTgenommen unb jum ©egenftanb gefjeimer Untet'^anbtungen
gemad)!; man berietf) in 2Bien, oB bie SBtebereinfe^ung burc^ ein faiferli(|e§
.^eer ober burd^ bie ^^olen erfolgen foüe. 9}on ber anbern ©eite öefrf)lofe um
biefelbe 3eit -^önig ©uftaü 9Ibolp!^ ben ©d^auptat; be§ mit ^oUn erneuerten
Krieges Oon i^iülanb nat^ ^reu^en ju öertegen, um baburc^ ben ©renken S!eutfd^=
tanb§ notier gebracht auf bie Gntic^eibung be§ bort getü'^rten Äriege§, ber aud§
leine ^nterefjcn nat)e Berütirte, ßinfluB äu gewinnen. S)ie öier fteinen ge=
miet^eten Sd^itfe, mit benen man im ^erjogttium bie ^ü[te gegen eine ßanbung
fidlem ^u fi3nnen meinte, Ieicf)t üBertt3ä(tigenb tanbete ber .ßönig 5. ^uli 1626
in 5piIIau, Bemü'^etc fic^ buri^ bie freunbüd^fte 33el^anblung bae Öanb unb
feinen f^ürften auf feine ©eite p jiel^en unb lic^ ber l^erjoglidfien ütegierung
3cit, inbem er in bae polnifdtje ^^reu^en einfiel, be§ abmefenben ^urfürften Se=
fet)le einju^olen. S;a biefer , bamal§ burcf) ©dtinjaräenberg auf bie faiferlid^e
©eite ^ingejogen, jeber ßrttärung ausmicf), fo ^atf ficf) ba« ^anb felber, inbem
bie ^au^jtftabt Königsberg Bebingung§lo§ , bie übrigen ©tänbe unter 3}orbe]^aIt
ber furTürftIicf)en @cnef)migung 6nbe ^uli 1626 mit ben ©darneben auf 5^eu=
tralität abfdt)Ioffen. Slbev ®. So. öon 2Bien l^er aufgeforbert, feine 2reue 3U
betoätiren, rütfte am Stmang be§ Sa!^re§ 1627, jene 5}erträge für nicfittg erflä=
renb , mit 4600 ©ölbnern , met(i)e er in ^^pteu^en mit 600 Wann Sanbmilij
öerftärfte, aU ^einb ben Sd^treben entgegen , erlitt jebodE) als er nod^ öor 916=
lauf eine§ mit jenen gefd^loffenen StiÜftanbe^ einen 2^eil feiner 2:ru^pen jur
^Bereinigung mit ben ^otcn auefanbte, 6. ^uli 1627 bei -^reu^ifi^marf eine
cmpfinblidtje ^Keberlage, inbem bie ganje 2l6tl)eilung bie SBaffen ftrerfte. Selbft
bie @roBmut§, tt)el(f)e ber Äönig gegen bie (befangenen übte, änberte ben Sinn
be§ Äurfürften ni(f)t, big jener burd) einen öerf)eerenben ©infatt in ba§ ^er5og=
t:§um i§n am 6. 3lug. 1627 jur Unterjeidlinung eine§ S}ertrage§ jtDang, in ber er
fid^ öerpflid^tete, ben ^^olen feinen Seiftanb p leiften. S^a er aber für bie @ic^e=
rung ber ©renjen feine 2}orforge trug, fo mürbe fein ©ebiet öon ben :polnifct)en
Gruppen in ben näct)ften jmei 3fl'^i-"fn al§ ein feinblid^eS Öanb mit Sranb=
fd^a^ung unb ^ptünberung fieimgefud^t, tcaS bann aud^ miebcr fifimebifd^eg
Kriegsüolf l^erbeiäog. Siefer unglücflid^e 3uftanb nötf)igte bie preu^ifd^e 9te=
gierung auf eine frieblid)e Beilegung bes polniidt)=fdt)tt)ebifcf)en i?riege§, in ben
fid^ inäloifc^en auä) ber Kaifer eingemifdtit l)atte, '^inparbeiten. S;ie 5^iebcr=
länber unb Gnglänber au§ faufmännifd)em ^ntereffe, öor allem g^-'Qi^'^i'Eiff),
meldl)e§ bem säirtiebenfönige oolle örfi^^^t ju öerfd^affen beftrebt loar , feine
<&eeresmadt)t auf ben beutfd)en Ki-ie^§fd)aupla^ 3U füliren, begünftigten unb
unterftü§ten biefe 3>er^anblungen mit fo gutem Grfolgc, ba^ am 26. ©eptbr.
1629 ju 9ritmarf ein ffdl)5Jäf)riger ©tittftanb bem Campte ein @nbe mad)U.
^md) ben l)ier abgef(f)loffenen 33ertrag , namentlid^ burcf) bie Seftimmung be»=
felbcn, toeldtie bie Sd^meben für biefe ^a1)xe. im 33efifee ber preufeifdl)en .f>afenfüfte
lie|, bem Kurfürften aber einen 2;!^eil ber polnifd^=preu^ifdi)en '^Iproöinj übertrug,
mürbe ber Kurfürft in bie munberlic^e Sage öerfe^t , ba^ , möl^renb er in ber
^Jtarf bie ütolle eine§ faiferlidt)en ^unbe§genoffen fpielte, er al§ ^erjog Pon
^sreuBen nicfit nur einer gegen ben Äaifer geridi)teten Xlnternef)mung ber S(^we=
ben mefentlid)en 33orfd)ub leiftete, fonbern aud^ um ben über ben polnifd^en
Dber^eriTU gemonnenen 9}ortf)eil 3U bel^aupten, bie engfte SSerbinbung mit
©dfimeben ju unter^^alten ge^mungen mürbe, ^ebenfalte bract)te ber ©tiUftanb,
jumal al§ er naä) 6 ^afjren (12. ©eptbr. 1635) buxä) ben ©tul^mSborfer 3}er=
trag um neue 26 ^afire öerlängert tourbe, bem .perjogf^um einen bauernben
äußern f^rieben. 2öie fe'^r aud^ bas Öanb in ben näcfiften ^a^ren unter ben
5ladf)toe^en be§ -ßriegcö unb burd^ bie Üteibungen , bie jtoifd^en bem Äurmrften
unb feinen ©täuben fortbauerten , litt, fo erl^olte e§ fidl) bo($ allgemadt) Pon
40*
528 ®corg Wiltjdm, Ä. D. Sronbenbnvg.
feinen 3)Tan9fQlen unb geloann neue Äräite üotne^müc^ burd) bie ^a1)lxdä)m
5Iü(^tHnge aÜer ßonfeffionen unb ^Parteien, toetc^e in ben nä(i)[ten 3at)ten qu§
ig{f)Iefien, Ungarn, S)eutf(i)lanb , (ängtanb unb @(i)otttanb öertrieben ^ier ein
%\t)l fu($ten. 2lu(i) jür ®. SB. eröffneten fid^ günftigc 33er{)ältniffe babuK^, bofe
nad^ bem 3:obe ^önig ©igiSmunb TU. öon ^oUn (1632) fein <Bo^n äötabi§=
(aö IV. 3ut .f)eiTf(^aft gelangte, ein fräftig aufftvebenber ^üxit, tt)el(f)er Bemül^t
gegen ba§ 5pfaffen= unb 2IbeI§tegiment, toeld^cS fid) in ^polen aUer ©en^alt be=
mäc^tigt l^attte, em^iotjufomnien, auc^ in ^^reu^en bem Äurfüi-ften gegen feine
Stäube freiere S3etDegung ju öerfi^affen fu(i)te, um i'^n bafür für feine S9eftre=
bungen benu^en ju fönnen. ?fu§ freien ©türfen t)ob er ba'^er bei ber neuen
SSeletinung, bie er ®. 3Ö. am 9. Mäx^ 1632 ertl^eitte, aEe bie 33efd)ränfungen
auf, toelc^e ben preu|ifd)en Aper^ogen feit 1609 bon ^^olen auferlegt toorben
toaren unb gab aucf) frül^eren eine mitbere Sebeutung. ^yreilii^ öerlangte er
bafür aurf) ©egenbienfte. (Seit 1636 mit einer 2;oc^ter Äaifer i5ei."binanb§ II.
t)ermät)tt unb in bie ^Vläne beg fpanif(f)=öfterreid)ifrf)en .g)aufe§ hineingezogen, toetc^eS
feit in SfO^ven bie ^jroteftantifc^en Seemächte aud^ in bem Oftfeeüerfe^r ^u fc^ä=
bigen bemüht ttiar, ging aucE) er barauf au§, bie obcrfte ©etüatt über bie Dftfee
üon ©cJ)tt)eben an fein Stteid) 3u übertragen unb bie Mittel jur 33e^auptung ber=
fclben burd) Sefe^ung ber preu^ifc^en Seel^äfen ^u getoinnen, in benen er burd)
Erneuerung ber bon ben ©c^toebcn aufgebrad)ten .^anbelljöHe unb burd) 3tn[tet=
(ung ber fc^on bon jenen erprobten 3ot(bäd)ter, ber ©piringe, reidien ^oÜQctoinn
ju erzielen ^offte; ba§ 3tnerbieten einer Sl^eiCnat^me an biefem ©ctoinn erfd)ien
it)m t)inreid)cnb , um ber Unterftü^ung @eorg 3Bil|eIm§ getoi^ ju fein. 3lber
bie (ärfcöeinung einer poInifd)en ^(otte unb ber 23nu ber äö(abi§tab§burg in ber
Sandiger 33ud)t fotoie bie 'Jcad)ri(^t bon ber atüdfe'^r ber f)abfü(^tigen ©piringe
erwedten in allen Dftfeelänbern, bornet)mIid) aber unter ben Se'^örben , ©tän=
ben unb ©eeftäbten be§ tjer^ogtic^en ^reufeen§ eine fold)e Erbitterung unb @nt=
fd^toffenljeit jum SBibcrftanbe, ba§ aud) ®. 2B. fic^ ba^u ermannte, bie i5orbe=
rung ,^önig SBtabiSlato'g jurürfäumeifen. 3U§ bie ©piringe mit einem j?rieg§=
fd)iffe bor ^^illau crfd)einen , werben fie mit öettiatt an ber j^anbung get)inbert
unb jum Slbjuge gczmungen. S/ie ®änen l^atten injtoifdien bie polnifd)en
Schiffe abgefangen, ^ie 6ntfc^Ioffent)eit be§ ^urfürften ^ätt iebod^ nic^t lange
bor. ©eit er jum faifcrlid)en ®eneraliffimu§ ernannt mit ^^^rojecten ^ur Erobe=
rung bon ^sommern fid^ trägt, würbe e§ ©d^toarjenberg unb bem öfterreid^ifdt)en
.pofe nid^t fd^toer, il)m in ber Untcrftü^ung be§ Könige bon ^4^olen ba§ geeignetfte
^Jlittel jur Erreichung jeneä ^itU^ nac^^uweifen. Tioä) ef)t er 1638 bie 5Jtarf
bertäfet um nad^ ^preu^en über^ufiebeln , einigte er fidE) (29. ^uni) in Äöpenif
mit polnifd£)en ©efanbten bal)in, bie ©eejölle mieber einzuführen, bie Eintreibung
berfelben ben ©piringeu ^u übertragen unb ben Ertrag mit 5]3olen ju tlieilen.
^n ^reu|en angelommen, tjat n am Slnfangc be§ S- 1639 in ©robno mit
bem Könige eine 3ufantmenfunft; e§ toar auf ein combinirteS Unternehmen ab=
gefe'^en. Um jene 3eit fegelte bon ©panien eine mädf)tige 2lrmaba gegen bie
Oftfee ^in au§. @leid)zeitig erfc^eint in ^reu^en ein faiferlidlier Oberft, ^er=
mann Soot^, mit einem *)ßatente ®eorg 3öill)elm§ berfelien, ba§ it)n beboE=
mädt)tigt, ein ."peer für ben ^aifer in $reu|en jur äJermenbung gegen bie
©dimeben in ßiblanb anjutoerben; gleid^jeitig begannen bie ©piringe in ^^^ittau
unb ^cmet i^re ©efd^äfte, um pnäd§ft ©elbmittel jur Eroberung 5Pommern§
ju befd)affen, unb ber SSruber Äönig 2BIabi§lab'§ , 5prinz 3^ol)ann Eafimir, be=
gibt fi(| auf ben 3Beg naä) ©panien. 5lber nod£) in bemfelben Sal)re erleiben
alte biefe ^länc fdt)mät)li(^en ©d^iffbrud^. S)er ^rin^ toirb in g^ranfreid^ ange=
galten unb bleibt ein ^at)x gefangen, 33ootl)^§ Unternehmung gegen Siblanb
fc^lug Enbe SfuU boEftänbig fef|l ; bie fpanifc^e glotte toirb an ber englifd§en
®eorg gfttebrici), 5Ji. b. 3tnlbad^ — ©eorg, f). c S8taunjc^Wetg=8ünebutg. 629
^fte bei ben 5)oron§ öom t)oIIänbijc^en 5lbmiral 2;rom^3 gefd^tagcn unb jur
Umfe^r gejtoungen: ber ginanjptan enbücf) jc^lug in bas öotte @egcnt^eil um.
2)a bie ©tabt Sandig bie ßinfü^rung bes neuen 3oIIe§ gtücflid^ bon fid) abge=
wel^rt :§atte , ]o 30g fi(^ ber ©eeöerfe^r üon '^^iüau unb Kernel narf) 2)an5ig
l^in; bie Qbüe trugen toeniger ein al§ frül^er, ber ^anbel lag barnieber; bar=
über er'Eiebt fic^ allgemeiner Unwillen, bie Stänbe toerben autfä^iger als je;
aber @. 2B. be'^arrt babei, ba^ ber Boü er'^oben toürbe unb bie gpiringe
bleiben joHen. dlxä)t^ bejeidinet ftärfer ben @rab ber ©(i)n)ä(i)e unb ^nboten^ be§
dürften, aU ba^ er, unbefümmert barum, ba§ ber größte 2^ei( feiner 33e[i^ungen
am 5Rf)eine unb in Sranbenburg in ü-ember ©elnaÜ unb in tieicm (Jlenbe
fc^mad^tet , unb in 5)3reu§en bie Untert^anen i^m aurfä^ig finb , nac^mieDor am
jeinem ©ci)loffe 9leut)aufen hei Königsberg ben fyreuben ber 3fagb unb 2:rin!=
gelage fid^ mibmet unb in if)nen öoHe SSefriebigung finbet. ^m 1. S)ec. 1640
ift er in Äönigsberg erft 45 Sa'^rc alt geftorben.
S)rol)fen, ©efc^. ber ^^reuB- '^>olitif III. 1; (Jrbmannöbörffer, Urf. unb
2lft. 33b. I; t). ApaeTten, Urf. unb 9Ift. 58b. V; 33acafo, Öef(i). ^:}}reui 33b. Y.
2^. öirfd^.
ÖJCOrg gricbrij^, ^Jtarfgraj üon Stnsbad), geb. am 23. 5lpril 1678,
t am 29. Wdx^ 1703. S)er ^toeite <Bot)n be§ gjlarfgvaTen So'^ann ^riebrid),
begleitete et feinen älteren feit bem 22. Mäx^ 1687 unter 33ormunbf(^aft
regierenben SSruber 61§riftian Sübrec^t im ©ommer 1692 auf einer Gabalierreife
burc^ ©nglanb, -öotlanb unb bie fpanifc^en ^iberlanbe, toorauf er in Gleöe am
!ur=branbenburgifä)en öofe fici) am^ielt. SBenige 2age nad) feine§ ^rubere Sobe
(6. Cctober 1692 übernal^m er Tür münbig erftärt bie Regierung bon 3ln§ba(f),
unterbrad^ jebodl) feine 9iegententl)ätigfeit , inbem er balb wie in ben S. 1695
unb 1697 als SJolontair in ber 9teiä)§armee an bem Kampfe gegen granfreid^
t^etlnalim, tl^eilS Oteifen nad^ S^talien unb granfreid^ unternal)m ober am ^Berliner
Öofe lebte. 6rft beim 2lu§brudl) be§ fpanifd^en grbfofgefrieges wibmete er fidfi
ernftlid^ bem Äriegebienft, tcarb als (S5eneralfelbmai-fdt)all=^ieutenant in bie faifer=
lidfie 2lrmee autgenommen unb jeii^nete fid^ im ^^anuar 1702 in Dberitalien
bei ber felbftänbigen ?lu§fül^rung eine§ Eingriffs auf bie ^eftung SerfeEo aus,
n)cld£)e er ^ur ßapitulation nötl)igte, leitete, nodl) in bemfetben ^a^xe nad)
S)eutfd^lanb jurüdgefel^rt , bie ^elogerung öon i^anbau unb commanbirte im
^. 1703 in bem f^elbjuge gegen ben Äurfürften öon S5aiern, burd^ ein 9tcid^§=
befret 3um ©eneral ber 9teid§5armce ernannt, ben linfen ö^lügel be§ ü-än!ifd^en
6orp§, tourbe aber, inbem er an ber ©pi^e öon 800 Üteitern in ber 9iä^e öon
9tegen§burg einen X^a^ über bie iMl§ gegen 11 (JScabrons Saiern mut^ig öer=
t^eibigtc, öon einer ^itugfctcnfugel getroffen, nad^ Äuttenfee gebrad^t, too er,
nod^ nic^t 25 ^af)x alt, ftarb. %f). ^irfd^.
©corg, ^erjog öon 5Braunfd§tDetg=2üneburg (dalenberg), toar ale
ber fed^ete (5o|n .^erjog 3Bil]§elm§ öon Lüneburg am 17. fvebr. 1582 geboren,
t 1641. 33on 1591—96 toibmete er fidt) toiffenfd^aftlid^en ©tubien auf ber
Uniöerfität ^ena , befud^te bann bie näd^ften Sa^re öerfd^iebene beutfd^e .ööfe,
big er im ^. 1604 fidi) ber militärifd^en C'aufba^n ausfd^lie^lid^ l^ingab. 3"
ben D^ieberlanben, suerft im <§eere be§ ^^rinjen 5Jlori^ öon Oranien, bann in
bem feineg ©egners 3lmbrofio ©pinola, lernte er l^ier ben Ärieg praftifd^ fennen.
S)a§ 3lnerbieten ©pinola'i, in fpanifd^e 2)ienfte ju treten, le'^nte er ab aus
OlüdEfid^t auf bie ben .öollänbern befreunbete ^olitif feines 33ruber3, be§ regierenben
^erjogä (Srnft II. öon gelle. 3ln biefe erften Ätieg§bienfte fd^loffen fid^ längere
9leifen nadf) 3fi;an!rei(^ , ßnglanb unb Italien, öon benen i^n ber Job ^er^og
Grnft§ II. 1611 nadl) §aufe tief. (5d£)on am 3. S)ecbr. 1610 l)atten bie ^öbne
Öerjog Söil^elmS unter 3uftimmung ber ßanbfd^aft befdEjloffcn, ba§ ^yürftcntfium
630 öJeotg, ^. ü. SBraunfd^lüeig^iJünebuicg.
Lüneburg mit ben ba^u geüjörigen ©vaffdiQiteii unb fünittgen 5ln|äUen joUe un=
getrennt unb unget^eilt bei «i^erjog ßvnft unb bejfen cttDaigm ''Jia(^fommen in
bcr 9tegievung, unb alfo [tet§ unb atte geit bei 6inem vegierenben dürften bleiben.
9taii) bem lobe @vnft§ übernatim ber ^toeite 5önibev, ß^riftian, bie Ütegievuug,
toeldier jenen Untf)eilbai-feit§öertvag njieber^ottc , ber aud^ Dom jlaifer am
29. Dctbr. 1612 beftätigt toarb. Um jcber 3ei1plitterung be§ üäterüt^en irbe§
üorjubeugen , famen bie Vorüber ferner überetn , ba§ nur ßiner bon it)nen t)ei=
rattjen unb ben für[tli(^en ';)iamen Tort)3fIanjen bürfe, unb bo^ ha^ ii'ooS t)ier=
über entf(f)eiben foEe. S)a§ £'oo§ beftimmte .^er^og &. ,^um (Stammljalter be§
@ef(i)lec^te§. ^)iad^ 3?eenbigung jeiner Steifen trat @. in bänifct)e j?rieg§bienfte.
Sim bänif(^=fd)n)ebi|c^en Kriege (1611 — 13) t^atte er q(» dommanbeur beä
Iüneburgifd)en ütegimentS me^rjad) ©etegenl^eit, \iä) at§ tapferen unb umfi(J)tigen
5üt)rer ^u betoeifen. 31m 30. 2)ecbr. 1612 öerlie^ ®. ben bänifc^en S)ienft,
na^m jebo(^ 1614 auf 3lntrog Äönig 6t)riftian§ IV. ba§ patent eine§ Cbcrften
in ber bönifc^eu SIrmee mieber an unb bejog öon biefer 3eit an ben bamit
öerbunbenen @el§att. 91a(i) 6ette jurürfgefe^rt, toibmete &. bie näd^ften ^ai^c
auyfc^Iie^Iid) ben 3fntereffen feinet SruberS 6t)riftian, namentüc^ in beffeu Streitig^
feiten mit «Iperjog ^^i^icbrict) lUrid^ bon 58raunf(^meig=äBolfenbüttel wegen ber
@ruben'^agen'f(^en (Srbfd)aft. -^er^og ®, gelang e§, öom ^aifer ^JJtattt)ia§ ein
Urtf)eil ^n ermirfen , monad^ ba§ ^ürftent^um ©ruben'^agen in bem ^uftanbe,
tüie e§ ber te^te .Sperjog ^pfjilipp befeffen, ber Iiineburgifct)cn ßinie übergeben
meiben foÜte (1617). 3tu§ 2)anfbarfeit übermie§ i^m ."peraog (£t)riftian öon
6eüe ba§ ©d)to§ unb 5(mt |)er3berg am Aparte, beffen ©infünfte it)m bie ^tög=
licf)feit gaben, eine j^föinitie ftanbe§gemäB 3u untcrijatten. S)em frü'^eren 33e=
frf)iuffe ber SBrüber gemä| bertjeiratljete fid) je^t @. unb jtüar mit 3tnna 6leo=
nore, 3;ocf)ter be§ Öanbgrafen iGubmig V. öon .Speffen=2)armftabt.
5Die balb fic^ fotgenben ßneigniffc be§ breifeigiä'^vigen Ärtege§ gaben -^erjog
®. einen größeren 3!Birfung§frei§ für bie (Sntfaltung feiner militärifd)en unb
poütifd^en 33efä:^igung. 2)ur(^ bie unbebac^ten, fü^nen 3üSe bc§ (Brafen ^Jtan§=
felb unb be§ .g)albetftäbter S9ifd)of§ (If)riftian§ b. ^. mürbe naä) bem 3ufannnen=
bruc^ ber .s^errfd)aft be§ äöintcrfönigg ber ifrieg aucf) nad) 'Jlieberfad)fen üertegt.
2ll§ ber ^önig öon Sänemarf immer offener banad) ftrebte , in ^Jiieberfadjfen
feften gu^ ^u faffen, fud^te .spcrjog (S. feinen 33vuber 6f)ri[tian öon SeEc ju
beftimmen, fid) für eine bemaffnete ^Jteutratität ju entfd)eiben. 5lber biefe ^Jleu=
tratität tonnte au§ ^Jlangel an Selb unb Gruppen bem einbringen ber bänifd)en,
ber faiferlid^en unb ligiftifd)en ^(rmee gegenüber nur in ungenügenber Sßeife
burdigefü^rt merben. 2)ie ßntfrembung ätoifc^en ^er^og ®. unb 6l)riftian IV.
marb immer großer. 9lm 9. g:ebr. 1626 erhielt @. auf feinen 2Bunfd| bie
©ntlaffung au§ bem bänifc^en i?rieg§bienfte , unb burd) 3}ermittetung feines
@d)n)iegeröater§ mürben einteitenbe ©döritte ju feinem (Eintritt in faiferlidie
2)ienfte getrau. 3ll§ ber .spcrjog förmlid) in bie faiferlic^en S)ienfte getreten
mar, betl)eitigtc er fid) am f^elb^uge gegen öeraog ß^^riftian b. ä. unb ben
^önig öon 5Dänemar! (Slpril 1626) unb gel^t bann nac^ ber 3Betterau ^u bem
i^m beftimmten äBaffenplat Sfnä^'ifc^en mirb i?önig 6f)xi[tian IV. öon 2111^
bei ßutter am ^Barenberge (27. 5luguft 1626) öoUftänbig gcfd)tagen unb jie^t
fic^ nad) ber @lbe jurüd. ^er^og ©., ber im (September nad§ ^iieberfa^fen
t)eimgefe{)rt mar, befehligte ein 6orp§ ber 3SaUenftein'fc^en 5lrmee unb nimmt
an ben meiteren Operationen gegen ^'önig gl^riftian in ber 5Jlarf 33ranbenburg
unb ^olftein rü'^mlidjen Slntl^eil. ^Jiod) ef)e ber triebe mit S)änemart fbrmlii^
abgef(^loffen mar, berief il^n ein faiferlid^er S3efef)( nac^ Sftalten. S)a§ 6orp§
beg ^erjogS ®. bilbete einen l'^eil ber faiferlic^en 5lrmee in bem um bie 6rb=
fd)aft öon 3!)lantua unb 5!Jlontferrot jmif^en Deftcrreid^ unb gronfreid^ 1628
®eorg, .§. ti. SraunjditDetg^Sünebuicg. 631
entbrannten Kriege, .^ier in Sftalien etTut)v er Äränfungen unb gurürffe^ungen
mannigfacfier 2lrt. 3)ic gftürffid^t, toetrfie bie faiferlic^'e gartet früfier auf i§n
genommen f)atte, fc£)icn jie je^t, tt)o bie ©egner be§ ^atfcrg niebetgemorien
toaren, au^er ^Ääft laffen ju fönnen. 3l6er öor attem nat)men bie 9.?er^ältnifje
in ber .^eimatf) je|t eine @e[talt an, bie ba§ ferfönlid^e ©rfc^einen @eorg§ at§
be§ einzigen entfc£)iebenen (51§arafter§ be§ braunf(^n)eig=IüneBurgi|c£)en ^auje§ jur
^ot^n)enbigfeit mad)ten. Xitit) ftrebte barnad), ba§ gürftent^um (Salenfeerg an
ficE) 3U bringen, ^n äBien ging man bamit um, .g)er3og griebric^ Ulrich in bie
2ld)t 3U erftdren, um |o einen S^ortoanb ju finben, ütitCl) ba§ ?yürftentf)um
ßalenberg p übertragen unb aurf) ^4-^a|))3en'^eim mit einer ö^nlt(i)en S)otation
3u bcbenfen. Sn biefem frittfrfien Moment trat ^arimilian für ben unglücf=
Ii(f)en SCßolfenbüttter ^erjog beim J?aifer ein. S)er Äaifer lentte ein, aber ba§
mitttermeite üeröffentü(|te 9ieftitution§ebict (16. mai 1629) bebro^te bag ßanb
mit ben l^erbften 35ertu[ten. yiod) et)e ^aifer ^erbinanb II. bem ©rängen be§
9{egen§burger 9teicf|§tage§ nadjgab , bie Weitere 2lu§fü^rung be§ 9teftitution§=
ebicteg ju [iftiren unb SBaHenftein be§ £)berbefel^l§ ju entfe|en, mar bereits
©uftaö SIbolf mit feinem ^eere an ber |3ommerf(^en Jlüfte getanbet. ^ex^oa,
@. mar einer ber erften beutfdCien i^fürften, bie mit bem fiimebifc^en Könige in
33erbinbung traten. S)ie Unter'^anblungen ämifc^en beiben fct)einen f(^on 1629
eröffnet ju fein. 5lm 25. Suli 1630 gab @. ben faiferliien 2)ienft auf; bie
Otü(ffi(i)t auf feinen SSruber, ben .^er^og 6f)rtftian öon 6eHe, öer^ögerte etma§
ben 5lbf(^tu^ eines S5ertrage§ ^mif^en if)m unb ©uftab 9Ibolf, ber au^erbem
23ebingungen enf^ielt, bie @. Vorläufig jebe§ energift^e .^anbeln unmöglich
machten. S)er ^erjog ber^jfüc^tete fid), falls ber Äönig öon ©i^toeben in einen
^rieg gegen benad)barte "IRäcEite öertoictelt toerben foltte , bemfetben einige
Ütegimenter ju errid^ten, auct) mit feiner '^t^erfon felbft ÄriegSbienfte leiften ju
moUen, mofür er einen ;3at)re§ge^alt Don 5000 3;^alern bejie^^en foÜte. S)a=
gegen ^atte fiif) ber ^er^og auSbebungen unb mar if)m in bem tönigt. patente
öom 26. Dctbr. 1630 auä) äugefic^ert, ba§ er nid)t ge'^alten fein fottte, miber
ha^ römifc^e 9tei(^ beutfdier ^^tation ju bienen. S)er fReüerS ÖeorgS batirt öom
21, 3lpril 1631. ©eit biefer Unteräeid^nung fal) fic^ ®. als in fc^mebifdien
5£)ien[ten ftefienb an unb bejog crft öon biefem S^age an bie i:^m ^ugcfagte i8e=
folbung. 3lber fo lange 9tieberfad)fen nod^ öon faiferli(^en Sirup^jen befe^t mar,
mu^te ber ^er^og feine 9tüftungen fet)r ge'^eim betreiben, jumal fein SSruber
®:^riftian i'fim feine Söerbeplä^e in feinem ßanbe geftatten moEte. ^m October
begab iiä) ®. naä) SCßürjburg ju .^önig @uftab Slbolf, mit bem ein weiterer
Mionabertrag abgefd^toffen mürbe. ®r trat gmar alS fd^mebifctier ©eneral in
beS SlönigS S)ienf^te, be'^ielt fid^ aber boct) eine gemiffe ©elbftänbigteit öor; in
ben braunfct)meigifd)en ^ü^'ftent^ümern unb bem ©tifte ,<pilbeS^eim fottte er
minbeftenS üier Sftegimenter merben unb bamit ben nieberfäc^fifilien ÄreiS öon
ben .^aifeiiid^en fäubern. 5Iu^erbem mürbe i:^m öom Äönig f)ülfrei($e ^anb
äur Erwerbung beS ßid^SfelbeS unb bcS 23i§tl)umS ^JJlinben öerf|)ro^en. 5tuf
beiben ©eiten mar man aber ni(f|t gefonnen, ben SJertrag feinem äöortlaute
nac^ 3ur 2luSfül^rung ^u bringen, ^eber fuc^te bem Slnbern im eigenen ^ntereffe
auSjubeuten: ber .^önig moüte ben ^er^og als gefügiges Söerf^eug feiner 5^^(äne
benu^en, ber iperjog t)cnbelte nur fo meit alS fd^mebifi^er ©eneral, alS bamit
fein unb feineS ^aufeS ^ntereffe nid)t in ßollifion fam. 3(bgefe^en öon menigen,
nid)t fe'fit !§eröorragenben Unternehmungen gegen bie J?aiferlic§en in ÜlieberfacEifen
ift öon ben friegerifd)en Unternetimungen ^er^og ©eorgS biS 3um SLobe ©uftaö
StboIfS nichts befonbereS p melben.
^lad^ ber 2ü|ener ©d^lac^t brad^ ®. öon Sorgau auf S5erantaffung beS
f(^tDebif(f)en Üteic^SfanäterS Djenflierna, an ben er fic^ in ber nädiften 3eit eng
532 ©eorg, ^. \). Syxaunfd^hJeig^Süneburg.
Qnf(^to§, naäj Söeftfalen auf unb bonn nad^ ^fliebei-fac^yen , ba§ öon ba ab ber
auifcf)lieBü(i)e ©d^aupla^ jetner Iriegerifc^en Sfiätigfeit blieb. 5Bon bem fd6tt)e=
bifdien getbmai-jdiall S)obo bort ^n^p'^aujen unb bem Dberften ©tatjl^anfd)
untei-ftü^t, begann er am 14. ^är^ 1G33 bie Belagerung tion .^ameln. S)a§
a3elagerung§l§eer tourbc nod) öergrö^ert burc^ bie unter Silo ^Jllbred^t Don U§Iar
ftel^enben 2öol|enbütterfd)en Otegimenter unb bie ©treitfräfte beö Saubgrajen
SBit^elm bon Äaflel. 2Bäl§renb (55. Hameln nod^ cinfd^Iofe, fiattcn [ic^ bie öon
^öln bi§ 5Jltnben jerftreut liegenben faiferlid^en Ütegimenter bereinigt unb brol^ten
Hameln ju entfe^en. ^erjog &. Iä|t ben ©eneralmajor bon U§Iar ^ur Ue6er=
toad^ung <g)ameln§ ,^urüc£ unb tritt bei ,!pej|"if(f)=Dlbenbori mit bem l^elfifdien
®cneral ^Jlelanbcr unb bem ©rafen ,^nl)t)'^auien bem iJeinbe gegenüber. @, er=
ringt über bie Äai|erti(^en einen boEftänbigen ©ieg (28. ^uni 1633). SBenige
Sage barauf capitulirte Jpameln (3. ^uli). Sie 33ürger bon Hameln mußten
fofort für ^erjog ß^riftian bon Lüneburg ben JputbigungSeib leiften. 2lu5
^Jlangei an 'iJJtannfdiaften fonnte (B. feinen ©ieg nid^t au§nü^en, benn bie.g)effen
jogen nact) Söeftfalen , Änt)p^ufen nad) D§nabrü(f , unb Ugtar bracf) jur SBe=
lagerung nacf) Ißeine auf. 5Iuc£) Djenftiern roottte bie ^ac£)t be§ fü^nen ^er=
äog§ nicf)t attju gro^ werben laffen, beibe mißtrauten einanber. S)ur(^ ben
Stob feineö 5ßruber§ 6t)ri[tian§ b. 9le, bon Seile, bem ber Göjätirige -C^er^og
5luguft folgte, ein 5Jlann, ber aCen energifdien 6ntf(J)lie|ungen feinb \vax, bcfferte
ftd) bie i3age @eorg§ aud^ nid)t. 3luf bem jum 27. i^anuar 1634 naä) .^alber=
ftabt au§gefd^riebenen i?rei§tage tourbe jmar ®. ,5um .^reiSgeneral ernannt, aber,
mt um feine ©clbftänbigfeit ju l^emmen, fe^te Ojenftiern il^m 33aner pr
©eite. äBälirenb bie ©ifferenjen jtbifd^en il)m unb Dj-enftiern immer größer
bjerben, fd)eut er fi(f) bod) jeljt fct)on, Uiic feine äJertuanbten U)ünfd)ten, bon ben
©ci)toebcn ficE) ju trennen, ©eit ber jjtoeiten ^älfte be§ ^. 1634 lädielte bom neuen
bo§ ©lud bem ^aufe .^abSburg. 'Jtod^ bem £obe 2ßaEenftein'§ ^tte ©r^ticräog
f^erbinanb ben Dberbefef)! über bie fat|otifc^en ^ecre übernommen, Defterrei($
unb 33aiern Ijatten ben früheren 3toift beigelegt unb bon Sitalien ftieß unter bem
(£arbinat=3^nfanten eine fpanifd)e ^rmee bon 10000 ^lann ju ben Äaifertid^en.
S)ie ©ditoeben toerben bei Oiörblingen am 6. ©e^jtbr. 1634 jum erften 5Jtale
bcfiegt. S)ie näc^fte f^rolge biefe§ ©iegeg ber Äaifertid^en ift, baß ©adifen mit
bem .^aifer in f^riebenSunter^anblung tritt.
^n biefe ^eit fäüt ein für bie fernere ©teEung .^per^og ®eorg'§ mid^tigeg
ßreigniß. 5lm 11. 3luguft 1634 ftarb ofine @rben in Sraunfc^toeig ^erjog
f5fnebrid) Ulrich , ber te^te 9!Ranne§fproß be§ mittleren ^aufeg '^raunfd)tt)cig.
©ofort ließ .sperjog 3luguft b. 2te. bon 6eEe bom 5ür[tentl)um 93efi^ nehmen,
am 22. 5lugu[t erfdC)ienen SeboIImäd)tigte bc§ ^er^ogS @. in bem furj jubbr
burd^ bie Srup^jen ^^^^'ic^^'ic^ Utridf)§ wiebcr eroberten .lpilbe§!^eim unb ergriffen
in bcffen Flamen bon ©tabt unb ©tift SSefi^ unb ließen für .^er^og &., fobann
für bie ^erjöge Sluguft unb ^^riebridE) bon 6eHe, '^iernad^ für bie beiben ^ax=
burgifd£)en 33rüber unb enbüc^ für ^uliuS 6rn[t unb 3lug[t b. ^. bie ^ulbigung
leiften. S)ie beiben t'pauptprätenbenten bejügtid^ ber toolfenbüttelfd^en Grbfd£)aft
ibaren ^er^og ©. unb ^erjog 5luguft b. ^. bon S)annenberg, benn bie Srüber
@eorg§ , Sluguft b. 2le. unb ^yriebrid^ , Ibaren o^ne legitime Srben , ebenfo bie
trüber Söil^elm unb Otto bon ber .g>arburger Sinie; unb 3^uliu§ Srnft bon
ber ©annenberger Sinie, ber gleid£)fatt§ o!^nc männlid^c 9lad^lommenfdt)aft tttor, Ijattc
alte feine 6rbred§tc gegen 100000 2:t)aler feinem jüngeren Srubcr Stuguft b. ^.
abgetreten. 2ll§ aber ber 35efel^l§:§aber ber faiferlidt)en 39efa^ung in 2öolfen=
büttel bie Sänber ^^riebric^ Ulrid^§ für eröffnete faif erlidie 8e§en erltärte, näherten
fid^ bie ftreitenben ^rätenbenten, unb am 5. ©eptbr. 1634 fd^loffen bie Stätte
@eorg§ unb 5luguft§ ju 5Reinerfen eine borläufige Ucbereinfunft , toonad^ bie
föeorg, ^. ti. 33taunic^toetg=Sünebutg. 633
SSefi^ergreifung o^ne ^^räjubia bet 9ie^te einjelner, atö Tür ba§ ©efammt^auS
gefdie'^en, angefet)en unb bie 9legierung einfttoeiten burcf) Äanjter unb iRat^e
be§ öerftorbenen l'anbesfierxn fottgefül^vt werben foüe. ^njroifd^en geftaüete fid)
bai Sßer'^ättniB 6eorg§ ju Cjenftiern immer unfreunbüd^er; ber fd^mebifc^e
.^an3ler entt)o6 ben iperjog be§ Dberbefe^^lg über hie fd^mebiji^en ^Regimenter in
•Jücberfaiiifen unb übertrug biefen auf ben ©enecat ©perreuter. S)iea toar bie
SSerantaffung , ba§ @. je|t fii^ üon ber fcf)»ebijc^en ^^artei trennte unb bem
^rager ©eparatfrieben beitrat (31. ^uli 1635). %[% bie SJerl^anbtungen megen
iReguürung ber SBotfenbüttter ßrbjc^aft ju feinem erireuli(^en (Snbe fommen
looÖten unb bie ©equeftration bes Sanbe§ burd^ ben Äaifer ju bejürd^ten [taub,
traf @. ptö^Iic^ am 23. ^Jtoüember in SJraunfc^roeig ein unb berantaBte bie
ftänbifc^en 3lbgeorbneten aur Stbfaffung einer ©(iirift, roeld£|e 3(uguft b. ^. auf=
fotberte; fid^ innerhalb jroeier Jage unumlnunbeu ju erftären, ob er aujrid^tig
nad§ einer 3}ereinbarung [trebe. ©. toittigte in bie Unt^eitbarfeit ber 5ürften=
tl^ümer Söolfenbüttet unb Galenberg unb in bie Sciriebigung ber ^arburger
Öinie buri^ 2ibtretung ber (Srarfd^ajten §o^a unb 33(anfenburg. 2Im 14. S)ec.
mar ber öottftänbige 3:£)eilung§rece^ entroorien unb unterjetd^net. 2>ic ^arburger
Sinie erl§ie(t bie genannten GJraifd^ arten , bie S)annenberger ba§ f^ürftentf)um
äßolfenbüttel , bie geüild^e Galenberg mit ben meift an ^pilbe§]^eim öerfe^ten
Öomburg-etjerftein'fdtien ^^pianbftücfen. 3(m 27. ^an. 1636 f^lofjen bie brei
Srüber 2(uguft b. 9{e., griebric^ unb öeorg einen neuen 9}ertrag, monad^ @.
ba§ ^ü^fte^t^um (Fatenberg als jelbftdnbiger Staat mit ber neuen gtefibenj
■Öannoöer eingeräumt mürbe. Sfn feiner G^igenjc^ait ale regierenber fyürft fonnte
d. feinen ^tan, bas gcfammte C^au§ ^raunfd^meig^Süneburg ju einer beroaffneten
Neutralität gegen fc^roebifdie unb faiferüd^e ^^nfprüd^e 3u öermögen, enblid^
burd^fe^en. 2(m 14. 93tai 1636 famen bie brei regierenben ^erjogc in ^cine
jufammen unb fcEitoffen l^ier einen 3tece§ ab, monad) in ben brei |)er3ogt^ümern
]tä)^ Ütegimenter angemorben, biefe üU ^riegimad^t be§ @efammtl§aufe§ öon
ben brei ,g)erjögen unterl^alten unb bem Oberbefehle ^erjog @eorg§ unterftettt
merben foüten. 2It§ am 1. Cctober @eorg§ SSruber, 2lugu[t b. S}ie., ftarb, be=
[tätigte beffen ^iadiiotger ^riebrii^ bereite am 6. Cctober ben 9}ertrag Dom
27. i^anuai-"- Un^ noc^ e^e »^aS Sa'^t 3u ßnbe ging, ftfilojfen bie brei öerjöge
ju Seüe am 10. S)ecbr. einen gamilienbertrag, in bem fie für bie 3u!unft ein
einmütf)ige§ ^anbeln unb Stttianaen mit fremben ^Jläd^ten nie einjuge'^en öcr=
fprad^en. 3tud^ fonft enthielt ber SJertrag nod§ mant^e toic^tige Seftimmung,
wie 3.. SB. über bie ©ucceffion beim etwaigen 2tu§fterben ber einen Sinie ic.
S)ie feinbfelige (Stellung, welche ber Äaifer in ber näd^ften 3eit gegen &. ein=
na^m, trieb biefen wieber aut bie fcfiwebifd^e ©eite. ©teid^jeitig, al§ er fi(^
Sauer näfierte, f(^[o^ er auc^ ein Sünbui^ mit ber Sanbgräfin %maiu glifabetl§
öon Reffen (1639), beibe X^eite Derfbrad^en fid) gegenfeitig ©c^u^ unb ^ülfe,
@. öerfprad^ 5000, bie Sanbgräfin 4000 5Jlann jur Surd^fü^rung biefe§ 9Jcr=
t^eibigung§bünbniffe§ ; fpätere üteoerfe öermetjrten noc^.bie 3;ruppen3a'§t. ^la^
ben 3Wif(|en @. unb Saner getroffenen SJereinbarungen fd^toffen fid§ bie braun^
fd^weig=(üneburgifc:|en Iruppen bem fc^webifd^en ^eerc an, mit bem fid^ bereite
im 5Jiai 1640 bie franjöfifd^en unb bie einft üon 33ern^arb Pon 2Beimar be=
fel^ügten beutfd^en Otegimenter unter bem ^eraog oon Songueöiüe Pereinigt
Ratten. S)ie Uneinigfeit ber gü^rer trug bie ©c^utb, ba^ tro^ ber großen
ÖeereSmaffen feine miütärifd^en ßrfotge errungen würben. S)ie jwifd^en ben
gfü^rcrn befte^enben ^J^iB^eüigfeiten follten auf einem 2;age in ^ilbt^eim
(Dctober 1640) auSgeglid^en Werben. Nadf) biefem großen „öilbeSl^eimer
Sanquet" ftarben mehrere ber angefe^enften beutfc^en x^eitnel^mer, aud§ ^erjog
@. fing an ju fränfeln, ein ft^leid^enbes fyieber Perlie^ i^n nidbt mel^r. 6r
ß34 ®corg aBilf)elm, ^. ö aJtounjd^lDctg«ßüneburg.
ftarb am 2. Stprit 1641. — -Ipevjog @. gehört ^u ben t)ert)oi*ragenbften ^ütften
in ber S^^^ ^^^- oOjäi^ngen Äriegeg. ^JZid^t nur ein tücf)tiger ^elb^err, mef)r
no(^ ein gewiegter S)ipIomat , toei^ ex fein <5d)n)ert unb feine ^Jtad^t auf bie=
jenige ©eite ju werfen, bie i^m augenl)Iirfli(i) am meiften 33ortt)eil bietet. 3fe
nad) ber poUtifd^en Gonfteüation ergreift er ^cute biefe, morgen jene Partei, be=
ftimmenb für i{)n ift in erfter ^inie ba§ eigene unb bann ba§ ^ntereffe be§ 6raun=
fc^tt)eig4üneburgif(f)en @efammtl^aufe§.
ö. b. S)e(ien , .'perjog @. öon SBraunfd^tüeig unb ^^üneburg. .^annoöer
1833, 4 Söbe. ^atiemonn, (S)rfc^i(i)te ber £anbe Sraunfc^toeig unb Süneburg.
©bttingen 1855, II. 33b. ©cfiaumann, 3)a§ Seftament ber iper^og§ ©. bon
5Braunfd)n)eig=ßüneburg 1641 in: 9ta(^ri(i)ten bon ber fönigl. (Sefellfc^aft b.
äßiffenfd^aften u. b. @.»3l.=Uniöerfität ju ©öttingen, 1877, 5lr. 8, ©. 145 ff.
^. ^anirfe.
@corg SSil^cIm, 'f)er,pg bon 33raunf(^h)eig = ßüneburg, geboren am
16. ^an. 1624 p ^erjberg at§ ^toeiter <So^n be§ .^er,iog§ 65eorg, [tubirte ju
Utred)t unb unternahm bann bie gett)öf)nlirf)e Dteife burc^ ©nglanb , ^^-ranfrcid^
unb 3(talien. 5Der am 10. Secbr. 1648 erfolgte xob feine§ C^eim§, beg ^er=
5og§ griebrid) bon Süneburg unb 6ette, brad)te it)m bie Oiegiernng ber 2anb=
fd)aften (i'atenberg unb ©öttingen, inbem ber ältere ißruber St)riftian Subtoig
nad) ben SBeftimmungen be§ bäterlidien JejtamentS unb beg S5ertrage§ ber
S3rüber bom 10. 3funi 1646 bie SrbfcEiaft bee €l^eim§, Süneburg, gette unb
@rubent)agen, für fid^ ertoät)Ite. &>. 2B. naf)m fic^ anfängücfi ber 9tegicrung
feiner Sauber mit boüem Stufte an , jebod^ crfaltete ber (Sifer balb, bcfonberg
nad)bem bie Oteifeluft il^n faft jebeg 3at)r ju einem au§gebe^nten ^lufenf^altc
nad) Litauen füt)rte. 3Jm ^. 1656 berlobte er fic^ ju .^eibelberg am ^ofe be&
.^urfürften Äarl Subttjig mit ber ^Prinjeffin ©opl^ia bon ber ^pfat^, beut jüngften
Äinbe be§ ct)emaligen i8ö^menfönig& griebrid^, geboren om 14. Cct. 1630.
2;ic S3e(]ie'^ungen Würben aber fd)on 1658 getöft unb ©opl^ia bem jüngften
33ruber ®eorg 3©ilt)elm§, bem fpäteren Äurfürftcn 6nift 3luguft, ber 1660 ba§
33i§t^um Denabrüd erhielt, berlobt; @. SB. berpflid)tete |id), nid^t 3ur S3er=
mät)lung p fd^reiten unb nad) bem jlobc ber finbeilofen 23cüber (£^ri[tian Sub=
mig unb ^o^nn griebrid) (Salenberg unb 6eHe an ©ruft 3luguft abzutreten.
5)er 2ob bcö ätteften 3?ruber§ Sl^riftian Subwig am 15. Mäx^ 1665 füfirte
nad) ben SSeftimmungen be§ Seftamentg be§ |)er3og§ @eorg Seränberungen in
ber 33ertf)eilung ber melfifd)en ^yürftenttiümer ^erbei, bie nac^ S3eilegung ber t)ier=
über äWifc^en ben iBrübern entftanbenen ©treitigfeiten burd) ben |)itbe§t|eimer
SSergteict) bom 2/12. ©ept. 1665 enbgüttig feftgefe^t tourbe. ©. 2B. ert)ic(t
burd) ben ä)ergteid) ßette mit S)iept)ol3, Apot)a, SL^alfenrieb unb ©d)auen; ^o--
^ann i5fi:iebric^ , ber im 5((ter nädt)ftfoIgenbe Sruber, (5alenbcrg, (Bruben^agen
unb ©öttingen. S)urd^ perfönncE)e Üieigung geleitet, fc^Io^ fid) @. 2Ö. enge an
feinen, if)m geiftig überlegenen jüngften ißruber ©ruft 2luguft, bon Weld)em er
aud) in politifc£)er SSe^ie^ung böüig beeinflußt mürbe, befonber§ nad^bem biefer
hmä) ben Zot bon ^o'^ann ^riebric^ am 8. S)ecember 1679 in ben 33cft^ bon
(Salenberg gelangt mar. ©emeinfam mit @rnft 2luguft ftanb er in politifcl)er
35eäiel)ung auf ©eiten be§ Äaifer§. «mit ßrnft Sluguft fteüte er bem Äaifer
1674 beträd^tlid^e .^ülfStruppen für ben 9ieid)gfrieg gegen ^tanfreid^, an welchem
er perföntid^ %1)äi nai)m unb am 2. Dd. 1674 bei ßnfigl^eim fein Kontingent
mit Erfolg gegen Surenne commanbirte. 3f^'*i^i^i'"Ii^iffe mit bem taiferl. £)ber=
felbl)errn ^ournonbitte, foWie bie brol^enbe Spaltung ©d£)meben§ beranlaßten i'^n,
na^ Seile äurüdäulef)ren unb ben SSerWidlungen ^Wifd^en Äurbranbenburg unb
©cf)meben aufmerffame 2;l)ätigfeit ^ujumenben. ©eine ^olitif führte if)n ju=
fammen mit ßrnft Sluguft auf bie ©eite be§ großen ^urfürften, mä:§renb ^o=
©eoxg, ^. D. Sraunfc^tücig, 2lbm. 3. ÜJlinben. 635
^ann fynebrid) eine Slütana mit ©(^toeben abfc^Io^. ^m fotgenben ^af)xe finben
wir if)n unb ©rnft Sluguft toieber bei ber &{^einarmee, too fein peiföntid^cr
gjlutf) am 16. Stuguft bie (S(f)Iacf)t bei ber ßonaer SBrücfe entfc^ieb unb ba(b
baraui and) bie ^inna'^me öon trier ^erbcifüJirte. 95on 2rier au§ rief if)n ber
frf)n3ebifc£)e Ärieg in bie .f)eimatf) 3urürf, nocf) im ^. 1675 unternahm er ali
Äreiöoberftcr 9tieberfac£)fen§ nad)bem ^ofiann ^riebrid^ öon ber Slttianj äurü(f=
getreten toar, mit bem ßönig ß^riftian V. bon Slänemarf unb bem Sifc^ofe
(itiriftop'^ ^Bernarb öon 5Jtünfter ben Sp^i>3U9 9^9^^ ©(fitoeben, eroberte S5urte=
f)ube unb belagerte ÄartSbutg unb ©tabe. S)ie gemeinfame ^oütif ber metfi'
f(^en |)äufer toä'^renb biefe§ Äriegel toar ba§ Olefultat feiner 3?emü^ungen. &.
2Ö. ^atte fid^, toie fc^on erwähnt, bei 9lbfc^lu^ ber S^epacten feinet 33ruber§
(Srnft 5lugu[t unb ber ©op^^ia öon ber ^']aU öerpfli($tet, nict)t pr 6t)e fd^reiten
p trollen. 6r f)atte fpäter, bei einer Üteife in ben ^^tiebertanben, ein burrf)
auffolienbe ©(^önl)eit au§ge5ei(^nete§ gräulein (äteonore b'DIbreufe, einer 6mi=
grantenfamilie angefiörenb, fennen gelernt, ju ber er balb in' naivere 33eäie^ungen
trat, ßleonore b'Ctbreufe fam 1665 naä) Seile mit einem (Se^alte öon
2000 S'^alern unb ber 3ufid)erung öon 6000 3:t)alern nac^ bem Sobe be§
i^erjogg; ©ruft Sluguft unb feine @emü"t)ün beförberten nacf)mei§lirf) biefe§ eigen=
t:^ümlic^e unb nid^t äu redjtfertigenbe 3jer§äUniB, wol in ber 3lbfi(i)t, bem .^er=
joge (S. äö. f)ierburd^ bie Singe^ung einer ftanbeSgemä^en @^e unmögticf) ju
mad)en unb fid) ben bereinftigen Einfall öon SeEe ju fid^ern. 5ßon ben Äinbern
Seorg 2öil^eim§ unb ber Stconore b'DIbreufe blieb nur eine Jod^ter, ©opl)ie
2)orotI)ea, geboren ma'^rfi^einlid^ im ^erbfte be§ ^. 1666, bie burc^ if)r un=
glüdEIid^eS ©d^icEfal befannte ^prinjeffin öon 3lf)Iben, am Seben. Steonore
b'OIbreufe ttiurbe 1674 ^ur 9teid)§gräfin öon Harburg unb 3BiI^eIm§burg
(einer für fie gebilbeten ^lUobiaf^errfdiaft) ert)oben mit ber SScftimmung, ba|
i^rc Xodcjttx, menn fie fid^ in ein attfürftli^eg i^au§ öermäfilen mürbe, beredt)tigt
fein foüe, Sitel unb äöabpen einer .^erjogin öon ^raunfi^meig ju fül)ren. ^m
fotgenben ^a^^re öermä^Ite fic^ ®. 2ß. mit ber ^uftimmung ber übrigen ßinien
be§ .'paufeS mit Eleonore b'DIbreufe, nac^bem er für feine Segcenbenj au§ biefer
ßl)e 3U fünften feineS S5ruber§ ©ruft Sluguft auf bie ©ucceffion in Seile öer=
jid^tet fiatte. S)a§ ungtücflic^e ©df)icEfat ber ^Prin^effin ©op'^ie S)orot^ea, bie
burd) i'^re Xodtjttx ©op^ia S)orot'^ea, @emal)lin ^önig f^-riebridl) 2öil^etm§ I.,
©tammmutter unfereg ßaifer^aufeS mürbe, ift betannt. 3unäc^ft mit bem
'^riujen §luguft i5fi-"ie^^'i<^ öon äöolfenbüttel, ber 1676 an ben i^olgen einer bei
^^itippSbutg er'^altenen äöunbe ftarb, öerlobt, tnurbe fie 1682 mit bem ßur=
prinjen ®eorg Subtoig , nad^matigem Könige ©eorg I. öon Snglanb, öcrmä^Ü.
2)ie Äataftrop^e be§ ^. 1694 (2lffaire ÄönigSmarf) ^attc bie ©d^eibung ber
@^e unb bie gefängtii^e 3lbfü^rung ber ^rinjeffin nad^ bem einfamen ©(^loffe
2l^Iben, too fie am 13. ^oöember 1726 ftarb, 3ur ö'olge. @. 3Ö. ftarb ju
3BienI)aufen am 28. Sluguft 1705; mit feinem 2obe fiel Seüe an bie ^urliuic.
© a u e r.
®eorg, „Sonfirmirter ber Srj= unb ©tift Bremen unb Sterben, 2lb=
miniftrator ju finben", toar al§ öierter ©oI)n Jpeinrirf)§ b. 5te. öon S3raun=
f^toeig=aBolfenbütteI geb. 22. ^oö. 1494. Sr ift ber le^te fat^otifc^e ^exx öon
^Bremen unb SScrben getoefen, in ^Mnben blieb ber Äaf^oticiSmuS öorl^errft^cnb.
©(^on 1527 toar er nadf) bem 2obe So'fiannS YII. jum Srjbifi^of öon 9liga poftu=
Itrt, refignirte aber no($ im felben ^a^re gegenüber ber gei'tbfetigfeit be§ ^eer=
meifterg äöatt^er öon ^ptettenberg. 1534 tourbe er 5]5robft be§ 'i)l. ßreujcapitelg
unb ju ©t. 5^ori| in ^ilbeS^eim, 1535 Sompropft ju ^öln, 1536 2)ompropft ju
SSrcmen, ^atte auä) noc^ Sanonicate 5U ©t. (Sereon in Äöln unb im S^omcapitet
p ©trapurg. Sei fold^en Sinfünften tonnte er al^ ein fürftlidt)er, feingebil=
636 ®eotg, §. f. SBtaunjd^loeig, 2lbm. j. 9Jiinbett.
beter ßeBenmnn, ber ben Umgang @elel)i-ter liebte, fic^ in feiner goftfreien nnb
njo'^ttl^atfpcnbenben .^"^fluS^ttung too'^liüljlen , n)eld)e aud) be§ treuen gamilien^
Ie6en§ nid^t entfiederte, obtool er ni(i)t öer'fieirat^et loar. ©eine SebenSgenojfin
war eine ßlfafjerin, Dttitie Sojima, jeine attjei Söl^ne, Söilt)elm unb §ein =
rid^, toaren Belannt unter bem Flamen S)uj ober S)ur tion (Sl^rftein, 5Pfanb=
Befi^er öon SBeften, beibe fielen jung; fie l)atten 16i§ bat)in in it)re§ S5ater§
bifdlöflic^em .'pofI)alt ju Söerben eine angefe'^ene ©teEung , tlpeinrid) begleitete
1564 eine ©efanbtfdiatt an @berl)arb D. |)oHe uacf) Süneburg. ^lud) ben el)e=
Ii(|en 2lu§f(^reitungen feine§ 5Bruber§ öeinrid)^ b. ä- öon SSraunfi^tüeig gegen=
über fef)en Ujir il)n fel§r nad)[icf)tig ; ber beliebten beffetben, ©tia ö. 2:rott, unb
il)ren .^inbcrn räumte er 1558 jeine ^ropfteicurie ju .^ilbe§l)eim ein, rtio fie 1567
[tarb. Söie feine beiben .g>ilbe§l)eimer ^propfteien au @öa'§ brittcn ©o^^n, |)ein=
rid§ Äarl öon J^ird^berg, fanien, i[t nicf)t böllig f(ar. ^m Dctober 1554 tourbe
®. S5ifd)of öon ^inben, unb ba§ S3i§tl)um !am unter i^m fid^tüd) toieber ju
dtü1)e unb Gräften; 5lm 4. 5lpril 1558 warb er pm grjbijdjioi öon ^Bremen
unb am 14, 5lpril gum 39if(^o| öon SSerbcn nacf) Uebexein!unjt beiber ßapitel
poftultrt, um ba§ ©d^utbentüefen jeine§ 3)orgänger§ unb S3ruber§ 6f)riftop'^ in
Qrbnung ju bringen, ©eine frieblid)e ütegierung , todä^e an ÄriegSf^aten nur
bie Sßiebereroberung be§ ftiitijd^en Dtter§berg jal) , brad)te ben ^art mitgenom=
menen ©tiftern ©ebeil^en; tüunberbor i[t, ba^ er tro^ ber 2lbn3eid)ung öom
SlugSburger Dteligiongfriebeu nid^t tt)enigften§ bie beiben ©tijter Bremen unb
3}erben feinem ^'^aufe ju erf)atteu fuc^te. @eft. 4. S)ecbr. 1566, ujurbe er im
S)om 3U Sterben beftattet. S)ie Oieformation im ßr^ftift Bremen toar ju föeit
öorgcbrungen , aU ba^ er fie l)ätte ^inbern fönnen , felbft Wenn er töoKte ; im
33i§t^um Sterben l§at er if)r fclbft erft bie ^fabe eröffnet unb fie feft eingebürgert,
al§ er im 3Uter fid) ii)x felber zuneigte. Sro^bcm er tt)al)rfdf)cinli(^ burd§ feinen
lut^erifdien Äanjler .^einrid) ^ßord^olt erft ben reformatorifd^en 3i^een jugefülirt
tourbc, unb ber tüegen ber ^arbenbergifd£)en Unrul)en au§ 33remen gen3id£)ene
33ürgermeiftcr S)etmar Äenfel fid) bei i{)m auffielt, 30g er bod^ bie milbere
:pl)itippiftifdt)e 3luffaffung ber ßonfeffion augenfd()einlid) öor unb fütirtc 1563 in
fein 93i§t^um Sterben bie i^ird^enorbnung ber reformirtcn ©tabt Bremen ein ;
öiettcidt)t be§'§alb I^ielt er \id) in ben ©omliänbetn audf) faft |)affiö, obtool
SSremen feiner burd^ !aiferlid£)e§ beeret öom 12. ^uti 1562 beftimmten @nt=
fd^eibung \iä) mäjt unterwarf , unb er auf bem 9leidt)§tag ju ^^fi-'ai^fiurt am
5. 2)ecbr. 1562 wieber in bie SJergteid^Scommiffion ernannt tt»ar. S)a er nun
einmal bie Steformation eingeführt, fud^te er fie aud£) tro^ ^affauer 33ertrag unb
9lug§burger 9teligion§frieben fidler 3u ftellen, unb naf)m be§l)alb ben lutl^erifdien
23ifdE)of öon Sübed unb 9lbt ju ©t. ^)iidf)aeli§ in Süneburg, ßber'^arb ö. -C^otte,
als ßoabiutor öon 35erben an, 1564; für 35remen fdl)eiterte biefetbe 2lbfid)t an
bem S)omca|)itet , in ^Unben fd)eint er gar feinen 3}erfudf) gemad)t ju l^aben.
@. war nie confecrirt, auf feinem Stobtenbette lie^ er fid^ ba§ 9lbenbmal)l in
bciberlei (Seftatt reid^en. 5piu§ V. liatte il^m noc^ im felben ^al)re aufgetragen,
ben 9teid)§tag ^u 3lug§burg, Wo ^ayimiüan II. ben 9leligion§ftreit öergeblid)
au§jugleideen fudf)te, im ^ntereffe be§ fat{)olifd£)en @lauben§ perföntid^ ju be=
äiel^en; Wa§ er inbeffen nid^t tf)at.
SBgl. ^fanfudEie, ©efd^. be§ iBi§t^. SSerbcn IL ö. Äobbe, ^Bremen unb
Sterben. SBiebemann, ©efd^. öon SSremen. ^eue§ öaterl. 5lrd£)iö 1832, I.
©. 194. 3tfd£)r. be§ :§iftor. S5erein§ für ^lieberfad^fen 1854, ©. 281 f. unb
399 f. SDie rid^tigen S)ata bei 5öoigtel=6o^n unb ^ottl^aft. ®ute Silber
öon i^^m bei ^erm. 3fungf, S)ie bremifd£)en ^TJlünjen, SSremen 1875, Slaf. 9.
Ueber bie SJer'^ältniffe S3remen§ unter feiner ^iegierung f. Slttg. b. 33iogr. III,
©eorg, e. 83. ü. Sriren. 637
582, 3trt. 2;ame( ö. S3üven. S^ie tf)m burc^ faiievl. ^Jianbat tiom 12. ^uU
1562 übertragene (Jntfc^eibung ätoifcfien bem alten 9tatf)e unb ber ©tabt Iet)nte
biefe ob. Ar au je.
©corg öon Cefterrei^, 1525—39 ^i]d)oi öon 33riren, bann @r3=
bi|(^ot oon SJalenc ia, feit 17. 3tug. 1544 33ifci)oi öon Öüttirf), toar ein natür=
(id§er <5ol§n beg i?aifer§ ^Jlajimiüan I. öon einer ©atjburgcrin. 2)a 3Jlaji=
milian bie|em einzigen unter feinen unetjetic^en ^inbcrn erlaubt t)atte, ben 2;itel
öon Defterrcict) ju führen, fo ttjurbe er mit Äart unb gerbinanb in ben 5lieber=
tanben erjogen unb fam öon bort nati) ©panien, too er eine ^^^enfion aus ben
bifdiöfli^en (SinEünften bon Jotebo unb 2arragona geno^ unb tt)o er ficf) ehen
aufl^ielt, al§ er unmittelbar nacf) ber UnterbrücEung be§ 2iroter ißauernauTftanbeg
auf SBunfc^ ber Sanbelfürften ^um SBif(^of öon 5öriren poftulirt tturbe. (5r
war bamalä 21 ^a^rc alt unb :§atte bie f)öf)eren SBeitien nocf) nid)t empfangen.
3lm 8. 3lot}. 1526 !am er fetbft nac^ SBrii'en, boc^ t)iett er fi(i) meift nii^t '^ier,
fonbern in Italien unb in ben ^liebertanben auf. 5tm 28. 3lug. 1528 '^ielt er
eine S)iöcefanfi)nobe ju SSriyen ab, im Januar 1529 mo{)nte er bem Sanbtagc
3U ^nnSbrud bei, auf toetcfiem er im 35erein mit bem SSifdiofe üon Orient bie
3luf^ebung ber gegen ben ßleruS gerici)teten ßanbe§otbnung bon 1525 erroirfte.
Sie Sürfengefal^r üeranta^te i'^n, ']\ä) ju Sf^nebruii einen fc^marjen ^arnifc^
fd^tagen ju (äffen, ba er 3öiüen§ mar, felbft in§ ^^felb ju jie^en. Saju fam e§
jebod^ nit^t , fonbern er eilte dielme^r in 33egleitung faiferli(f)en ftriegsDolfei
ßarl y. nad) Italien entgegen, mit metc^em er ju ^^piacen^a jufammentraf. @.
begleitete benfelben nacf) Bologna unb mo^nte aud) am 24. i^ebr. 1530 beffen
Äaiferfrönung bei. S)ann eilte er narf) SSrixen öorau», um f)ier alle§ für ben
Smpfang be§ .^aifer§ bor^ubereiten, ber i()m bafelbft am 2. 5Jtai bie 3iegatien
Derlie^. 3lm 9. 5Jtai wohnte er bem Sanbtage bei, ber ju ipalt oon Srjtieräog
gerbinanb eröffnet mürbe unb begleitete fobann ben (enteren auf ben 9teid^6tag
3U ?lug§burg. %m 25. ^tot). !et)rte 6). naci) Sriren jurücE , begleitete aber im
^ebr. 1531 bie öertoittmetc Königin Tlaxia öon Ungarn na^ ben 5Uebertanben
unb füll erft nad) einem Sa^i^e fei't 33i§t^um mieber (23. ^ebr. 1532), S)od§
fc^on im Dlobember be§ folgenben ^a^reg er^^ielt er üon bem ^aifer ben 2luf=
trag ju einer neuen Steife nact) ben 9tieber(anben an ben ^of ber ©tattl^alterin
5Jlaria öon Ungarn, bei ber er bie§mat bi§ 1535 Ukh, wä^renb er bie «Sorge
für ba§ 33i§t§um 5ßrii-cn feinen ©tatt^ltern überlief. 1534 ging er im 3luf=
trage ber ©tatt^altcrin ber 'O^iebertanbe als ©efanbter nac^ Hamburg unb na(^
Sänemar!, um bie gartet be§ Äönig§ ß^riftian II., ber mit ^}laria§ ©d)toefter,
^fabella, öermä^Ct mar, ju unterftü^en, ma§ fict) jcbod^ at§ üergebüc^ erloiel,
ba bie S)änen öietme^r Sl^riftion III. auf ben S^ron ert)oben. 9ta(i)bem er fo=
bann no(i) bem ^^pfatsgrafen hn 0tl)ein griebrid^ feine bänifrfie 33raut jugefü^rt
^atte, reifte er über 33riren bem Äaifer in @efet[fcf)aft ber 33rüber, grtebrid^,
S)ompropfte§ p äBürjburg, unb ^of)ann 3llbred)t, 531arfgrafen öon 33ranben=
bürg, bi§ 91eapel entgegen unb too^te am 17. SIprit 1536 ber berühmten
9tcbe bei, toeli^e ßarl V. ju 9tom in bem gonfiftorium ber Garbinäte l^iett.
@r begleitete hierauf ben Äaifer nact) CberitaUen, fet)rte aber, al§ biefer feinen
3ug nac^ granfreic^ fortfe^te, nadt) 53riren jurüd, ha^ er am 3. Dctbr. 1536
für immer öerlieB, um neuerbing§ fid^ nad^ Srüffet 3U begeben, ^n Xirot mar
man bamit fel)r unaufrieben, mie man auö ben bitteren JBemerfungen Äirc§mair'§
jum ^. 1538 erfiefit. S)enn in ber 2^at müt^ete smar bie geiftlic^e Ütegierung
in SBriren, namentü(^ gegen bie 3Bibertäufer, mit i^euti unb ©c^mert ; aber für
bie fittlic^e |)ebung be§ 6(eru§ gefd^al^ faft ni($t§. @. felbft öerfiet ju 33rüffel
al§balb in eine fdfitoere Äran{|eit, bie i^n brittt)olb ^a^re an Rauben unb
gü^en lä'^mtc. Site junetimenben Etagen über feine ftete 3lbmefen^eit au§ lirol
ß38 ©eorg I., Ä. ö. ©rofebrittonnien «. Stlanb.
fieloirften enblidC), ba^ @. auf ba§ 39i§tt)um SBvixen xefignirte, noc^bem \i)m bcv
Äaifev auf 23itteu bev ^önigiu Waxia ba§ 6r5l6i§tt)um 3}alencia in ©^anien,
ba§ ber im ^. 1538 berftovÖeue ßarbinat öon Süttid) in absentia geliabt, ü!6er=
tragen ^attc. 1539—4:1 tüeilte ®. in (Spanien. 9lüein aucf) t)ier tüat nicfit
feines 33teiBcn§. 3)enn bev Äaifev, bem e§ bei feinen Äxiegen mit S^ranfreid)
barauf anfam, bog SBiSf^um öüttidE) in juöerläffigen .^änben p tüiffen, belüivfte,
ba^ ®. 1540 jum S/oml^errn, fialb barnad) gum G^oabjutor, 1544 jum 5ßifcf)of
Don ßüttid^ evt)Dbcn würbe, tüoBei betfelbe jugteid) auf S5alencia refignirte. ^il§
@. 1541 au§ Spanien butc^ i^ranfveicE) nad) Süttid) reifen moüte, tüurbe er ju
l'tion auf SBefe'^l be§ Äönig§ S^ranj I., ber \iä) tnegcn ber Öefannten ©rmorbung
feiner Untertjdnbter ^u einem neuen Kriege iüiber ben ^aifer öorlbereitete, an=
gciialtcn unb feftgefetjt. @rft nad) 22 9)^onaten lüuvbe er gegen ein f)o!)e§ ßöfe=
gelb freigelaffen unb traf 1543 in Trüffel ein. 3lud) al§ 33ifd)of öon Süttid^
eiferte @. gegen bie SBibertöufer, U)ät)renb fein ^yürftenttjum unter ben S)urd)=
pgen ber !aifcrüd)en 2;ruppcn unb ben Eingriffen üon ©eiten ^yranfreidig üiel
3U leiben i)attc. S)ie ^eftuug ^Bouillon fiel (1552) burd) SSerraf^ ben 5ran=
jofen in bie <!pänbe, ttjö'^renb ber .^aifer unb fein ©oljn bie ^veftungen 53^arien=
Burg, C^t)arlemont unb ^^^t)iüppebille auf lüttid)fd)em 6e6iete erbauen liefen.
@. ftarb am 5. ^3ki 1557 unb luurbe in ber ©omfirc^e ju Süttid) beigcfe^t.
(Sögl. ^eergott, Xapl^ograp'^. I. 291. gjlünaen @eorg§ al§ 23. üon Süttii^ bei
^eergott, Nummotheca P. I, T. II. 61.)
33gl. ©innadier, S3eiträge jur @efd). ö. ©äben u. ^örijen VII. — 6f)a=
peauitte, Qui gesta pontitioum Leodiensium sciipserunt , Leodii 1616.
p. 342 SS. 3ei^bcrg.
®COrg I., feit 1698 Äurfürft Don .^Tannoöer unb üon 1714—27 Äönig
üon (SJro^brittannien unb ^^rtanb, tnar bex ©o'^n be§ Äurfürften ©ruft
Sluguft üon ^annoüer unb ©opl^ia'e, 2od)ter bes SöinterlönigS griebrid) üon
ber 5pfal3, (Snfelin be§ Äönig§ ^afob I. üon englanb. 2ll§ @. am 28. ^ärä
1660 geboren tourbe , toar nod^ Wenig 9luafid)t für bie gebadjte glönjenbe 3U=
tünftige ©teEung ; fein 3}ater War bamale nur ein apanagirter ^rinj oi^ne ßanb
unb Seute. @rft nad) bem 2:obe jWeier älterer ol)ne männüi^e ©rben üerftor=
bener SSrüber 1665 unb 1679, gelangte er in Sefi^ be§ fyütftentl)um§ 6alen=
bcrg; jebod) für bie ^^i^unft l)atte er unb fein tCiauS fd)on bamal§ Weitere 2lu§=
fid)ten. ©ein älterer im gürftentljum Lüneburg regierenber SSruber, @eorg 3öil=
l)elm, l^atte nämlid), burd) fjantiüenrürffic^ten bewogen, fd}on früher, 21. 5lpril
1658 , einen 9tece^ auSgefteltt, ba|[ er fid) nid^t ftanbe§mä|ig üermäl^len, unb
fomit feinem 93ruber unb beffen 5kd)fommenfd)aft nad) feinem Sobc bie @rb=
fd^aft feiner !!?anbe jnfidjern wolle, — ein ^aU , ber and) im S. 1705 Wirllid}
eintrat. 93tit bicfer üorau§fid)tlid)en SBieberüereinigung ber oft unb üielma(§
get^cilten Welfifi^cn Sefi^ungen in ber .Spanb 6rn[t 3luguft§ mu^te fein OInfel)en
al§ ba§ einc§ bebeutenben dürften fowcit wad)fen, ba^ ber Äaifer nid)t anftanb,
il)m auf fein 5Infud)en 1692 bie Söürbe cine§ neugefd^affenen neunten Äurfürften
5u üerleil^en. ?luf bie @räiel)ung be§ jungen -prinjen l^atte feine geiftreidf)e
Butter ©opljie, bie befannte ^rreunbin ßeibni^', mit il)ren 3lnfidC)ten unb 3}or=
urtt)ei(en ben größten @influ^, ber in fpäteren ßebenSjal^rcn, namentlidE) in feinen
gamilienüer'^ältniffen , nur ju feftr ^crüortrat. @in SSerfud) ber ^lütter, i^n
mit einer englif(^en '5)lid)te ^u üer'^cirotl)en , fd)lug fel)t. 6inc anberc wirfti(^
eingegangene dtjt warb ber ©rnnb unenblidjen Unglüdg in ber g-amilie. ©eorgs
D'^eim nämlii^, ber gebadE)te ä^ruber feine§ 23ater§, ^erjog ©eorg 3ßilf)elm üon
6eEe=ßimburg, "^atte üon feiner ©eliebten, einer 3[Rarquife b'Clbreufe, eine einjige
Slod^ter, ©opl)ie ©orot^ea, geb. ben 16. ©ept. 1666. S)er Äaifex l^atte biefe
fd)on frül)er, im galt fie fid) mit einem ^rinjen fürftlid)en @eblüt§ üetmäl)ten
®eorg I., Ä. b. ©roBbrittannien u. 3rlanb. , 639
toütbc, jum Klange einer 16rQunfd)lüetgijd)en ^ßrin^effin erl^oben. ©päter tjer=
1)äxai^tk firf) ÖeorQ 3BiIt)eIm toti-fIi(|, ganj im (jinöerftäubni^ mit jeinem
Srubei- 6rnft 2luguft, mit feiner ©elieBten, nad^bem ber Äaifer aud) bieje S)ame
äum 9iange einer ^crjogin bon Sraunfc^toeig^ßünefiurg erhoben liatte. 2)ie
Beiben SSäter, um bie ^Bereinigung it)rer Bciberfeitigen !siönber, au^er jenem 9le=
nunciation^rece^ nod) fefter ju madöen, befc^lolfen bie ^Bereinigung il^rer .^inber,
unb ®. tparb 1682 ber ©emal^l feiner ßoujine ©op^ie 2)orott)ea. 2(u§ bicfer
(5^e entfproffen jmei Äinber, ©eorg IL, naci^'^er ^önig öon ©roPrittannien,
unb ©ot)t)ia ©orotl^ea, (Semo'^lin .^önig g^riebrici) SBil'^elmS L öon ^reu^en
unb fomit ©tammmutter ber fpäteren :|)reu^if(^en Könige. @o tauge Ü)eorg§
fSatn lebte, Iie| biefer ben ©o'^n ju feiner Sticilunl^me an 9tegierung§gef(f)äfteu
äu. 233ot aber toirb beffen 91ame t)äufig in ben Kriegen be§ ^aifer§ genannt.
S)er gtücttid^e SluSgaug be§ berüt)mten ©turmeS ber ö'^ftung 5teu§äufet in Ungarn
1685 n)irb ber SLa|)fer!eit be§ jungen 5|3rin3en jum .größten Z^ziU ^ugefdirieben.
@r[t nadibem ^urfürj't ßrnft 3luguft feit 1694 p fränfeln begann unb im Sauf
ber näct)ften ;3a'^re föi;:|3erli(^ bi§ ju tiöttiger Unfä'^igfeit abnahm, trat ber (Sot)n
in bie 9tegierung§gefd)äite ein unb warb nad^ bem 2;obe feine§ 3}ater§ 1698
Äurjürft bon .^annober. ©eit ber 9iebolution in ßnglanb im ^. 1688, toelc^e
bie !att)olif(i)en ©tuart§ bom Sl^rone ftie^ unb bie ^jroteftantifctien Xöt^ter
3Ja!ob§ IL, 5Jlaria ncbft it)rem (Sema'^l Söiltjelm bon Oranien unb nadt) if)nen
3tnna auf ben engtifc^en 2;^ron ert)ob , galt e§, nac^bem fämmtlid)e Äinber ber
Ic^teren geftorben Waren, eine neue ©ucceffion§=Drbnung l^er^uftelleu. S)ie mit
bem ^^^arlamente bon 1701 bereiubarte Succession - Act , berief bie Äurfürftin
@op{)ie bon ^annober unb bereu ^JtadjfommenfdEiaft , Wofern fie ^iroteftantifd^,
nac^ bem Sobe ber Königin ^nna auf ben 3;^ron bon ©roprittannien. S)rei
anbcre ©efe^e, bie fogen. Security-Act unb bie beiben Acts of naturalization
bom 11. Stprit 1706 follten bie obige Seftimmung noct) met)r befeftigen.
3lttein bi§ äum wirtlichen 2;obe ber Königin 5lnna, 1714, fd^ien fid^, tro^ biefer
Seftimmungen bie 2lu§fid§t auf ben englifd£)en jt^ron nod^ mand^mal trüben ju
wotten. Sine nidt)t geringe ^Jartl^ei in @ngtanb badjte ben ©oT)n be§ toerftor=
benen Äönig§ ^atob IL, i^afob III., auf ben englifd£)en Sll^ron 3U er'^eben unb
namentlidti nad§ bem ©tur^e 5Jlarlboroug^'§ unb ber äöt)ig§ 1710 fd^ien bur(^
Xergiberfationen be§ 9Jlinifter§ Sotingbrofe beftrirft, bie Königin 9tnna nur ju
fet)r geneigt, i^ren SSruber ^atob III. ^u begünftigen. S)ie finge ©tellung,
weld^e bie ^urfürftin ©opl^ie, bon Seibni^ unb ergebenen euglifd^en ^^reunben
beratl^en, bei biefer fdf)Wierigen ©ituation einnafim, inbem fie bie ©id^erung it)rcr
^Jted£)te ni(^t au§fd£)liepid^ in bie -ipänbe einer ber ]§errf(^enben poütif(^cn 5par=
freien beräöt)ig§ ober 2;ort)§ legte, fonbern ftüglitf) nur bon einer "^annoberfd^en
'^artt)ei ber @efe^IidE)feit rebete, in Wetd)er 5[Ritgtieber bon beiben obigen' ^^ar=
tt)eien firf) fanben; — inbem fie ferner ben ^ortbeftanb ber proteftantifd^en
Üteligion in ©nglanb unb ^e^'n'^altung ber „popery" al§ an it)re ^^erfon unb
an eine prote[tantif(^e ©ucceffion gefnü^ft barftettte; — atte§ ba§ ^atte bodf)
enblidf) ben @rfotg, ba^ nad-j bem Sobe ber ^urfürftin ©ob^ie am 14. ^uni
unb bem ber Königin 3lnna am 12. Sluguft 1714 ber SBefi^ergreifung be§ eng=
tifctien 2;^rone§ bon ©eiten ®eorg§ al§ 6rben feiner 9Jtutter, feine er^ebli(^c
©d^wierigfeiten entgegen ftanben, S)er t)annoberf(f)e ©efanbte b. SBot^mer in
öonbon orbnete, o^ne 3Biberftanb ^u finben, aEe§ an, toa^ für bie 2:l)ronerl^ebung
feiueg ^errn nötl^ig war unb bor'^er flüglid^ bebadt)t unb actenmä^ig nieber=
gelegt War. ©d£)on feit 1706 nämlid^ War eine berfiegettc Urfunbe in ©ngtanb
beponirt, mit ber Stuffdirift: „gleid^ nad) bem Sobe ber 5?önigin Slnna ju er=
erbredt)en", in Welcher 7 probiforifdt)e äiegenten, nebft einer ^injat)! Sorb Dberrid^ter,
ernannt Waren, Weldtie fofort für bie Äurfürftin ©op^^ie in if)rem Flamen 39efi^
640 ©eorg I., Ä. ü. ©lOBbrittannicn u. Srlanb.
üon ber ^Regierung evgveiien joEten. ^nbem b. SSot^mer ievner öon bcii t)or=
gefunbencn get)eimen ^^apicren einen großen Jfieil ungelejen öerbvannte, unb ba=
burc^ eine ^enge öon ^JtotaBilitäten einer unongenelimen ßompromittivung ent=
30g, gewann er folc^e äugleid) für ben neuen Äönig. 2)er bi§f)erige 9Jlinifter
Soüngbrofe, im öoEen ©eiü^l feiner ©traibarfeit , entflog nadi) i^ranfreic^, um
einer ttjegen .^ocf)berratf) gegen x1)n angefteüten Unterfuci)ung ju entgegen. S)enn
bie 35ett)etfe, ba^ er bie Königin ?lnna beftänbig getrieben, bie Succession - Act
umpfto^en unb i'^ren äJruber ^afob III. jum S^ronerben 3U erflären, lagen ju
f(ar Dor. ©0 fonnte @., geleitet öon einer flotte öon 22 ßrieggfdiiffen, am
1. Oct. in Sonbon eiujie'^cn, unb am 31. b§. Tilt^. bie Ärone ber bereinigten
Äönigreidie ©roPrittannien unb Urlaub empfangen. (Sofort naljm er in jeiner
Umgebung bie umfaflenbften Seränberungen bor. S)ie ©raren ^Jtotting^am unb
Xotonjl^enb mürben nad^ 5>erabj(i)iebung be§ alten 5Jtini[terium§ bie neuen 5Jli=
nifter. 2)er alte au§ 84 5)3erjonen befte^enbe gel)eime 9lat^ warb burt^ einen
neuen öon 40 5Jtitgliebern erfe^t. (Später traten bann bie 'Jiamen (5tant)ope
unb SBalpolc at§ 9iatl)geber für bie englijc^e ^olitif in ben iüorbergrunb. Slber
ber '-^rätenbent S^afob III. moüte naä) bem Jobe jeiner ©(^mefter nidlit fojort
alle ipoffnungen auf ben cngtifd^en 3:'^ron ausgeben, bie in it)m bon allen ©eiten
gemedt unb bon (yranheic^ befonberö begüuftigt mürben. Sine bebcuteube ^^ax^
tl)ci in ©(^ottlanb unb ©nglanb trat offen mit ben äöaffen in ber öanb für
i^n auf. ^eborf) ber -öer^og bon Slrg^le ^erftreute bie 5lufrüt)rer in ber blutigen
5(i)lad)t bei S)umblein ben 24. ^ob. 1715. 2)iefer Unfall f)inberte jebod)
;jafob in. nid^t, fclbft am 22. S)ec. in ©c^ottlanb 3u erfcl)einen. 6r fcl)lo^
fid) einem bom ©rafen ^^aiT gefammelten -Speere an unb lie^ ftd) jum .Könige
bon @roBbrittannien proclamiren. ^^Xber nur ju batb überjeugte er fid^ bon
ber .!poffnung§lofigteit feiner fiage unb fe'^rte nad) grantreic^ äurüd. S3on nun
an mar @eorg§ rut)ige ."perrfdiaft im ,;5ni^ern gefid)ert unb er burfte nod)
einige folgenbe äJerfdimörungen ju ©unften ber ©tuartg in ©nglanb leid)t unb
blutig unterbrüden. f^ür feine ^annoberfd)en Staaten '^atte @. ein 9iegierung§=
Steglement bom 21'. Sluguft 1714 ^urüdgelaffen. ^in gel^eimcr 9latf| foUte bier
öerfd)iebene i^üä)n ber ©efc^äfte, Publica, Cameralia, Juridica unb Consistorialia
felbftänbig erlebigen unb nur bie fpecieüe (ärlcbigung ber Militaria behielt fid^
ber J?önig bor. SDer geheime ';}tat^ berief bie ßanbftänbe unb unter'^anbclte mit
ifjuen über bie nöf^igen Steuern unb 3ufdl)üffc. 3llle§ marb ftiU unb ru'^ig er=
lebigt; ba§ ßanb mar aufrieben; e§ ging wenig (Selb nac^ ©nglanb unb fclbft
bie ©infünfte ber furfürftlid)en S)oumincn mürben ^um 23ort£)eil be§ SanbcS
bertoanbt. S)a§ f leine Jpaunober, nunmet)r burc^ ^-Perfonalunion mit einer
europäifd^en ®ro|mad)t bereinigt, mu^e natürlidl), mic e§ bei folc^em 2}er^ältni^
nidf)t§ anberc§ fein tonnte, im allgemeinen ber '^politif @nglanb§ folgen. Sin
Wid^tigeS ßreigni^ für ba§ !^anb mar bie Erwerbung ber .sperjogtf)ümer 33remcn
unb Sterben, meiere, feit bem meftfälifdl)en f^rieben S^meben juftänbig, im
norbifd)en i^riege bon 2)änemarf erobert maren. l!3e^tere5 mod^te biefer (Srobe=
rung faum re^t trauen unb trat fie bal)er in ber ilopenl^agener ßonbention
bom 26. ^uni 1715 für 695,773 ZtjaUx an Jpannobcr ab. 3b3ar proteftirtc
Sd)meben bagegen, entfagte jebod^ im Stodl)olmer ^rieben bom 20. ^Jtob. 1719
gegen eine @ntf(^äbigung bon 1,185,476 2;^aler atten meiteren 9lnfprüd^en. 3lud§
marb in bemfelben ^a^xe ba§ 5Imt 3öilbe§f)aufen burdl) Äauf ermorben. 3Ser=
fcl)iebene S3ünbniffc mit norbifc^en Staaten im folgenben ^a'ljre befeftigten jene
Srtoerbungen nod^ mel^r, S^ermidelter brol^ten bie politifdl)en 23er'^ältniffe im
^. 1724 3U werben. @§ Warb berraf^en, ba| ber i^aifer bon Defterreid^ mit
bem .Könige bon Spanien ein t)eimlidl)e§ Sünbni^ gefd)loffen f)abt, in meldl)em
festerem berfprodl)en mar, it)m toieber jum SBefitie bon ©ibraltar unb ^Jlinorto,
ÜJeotg L, Si. o. ©toBbrittannien u. ^tlanb. 641
bic üon ben ßnglänbern erobert iraren, ju öerl^elfen. 2)em ^uf^te @, burcf)
ißerfitnbungen mit .spoUanb unb i^xantxää) entgegen ju toitfcn, toä^renb £)efter=
reidt) ^tu^tanb, Portugal, Sarbinien unb berf^iebene beutf(i)e Staaten ju 33er=
fiünbeten ^atte. %m 3. Sept. 1725 fi^to^ &. mit '^reu^en ben SBertrag bon
^erren^aujen , ber biejen Staat für bie fieborfte'^enben grcignifje mit Gngianb
berbanb. 2lu§ biejer allfeitigen 5ßart^eina^me gef)t ^erbor, ba| ber .^rieg, menn
er äum 5tuöbruc^ gefommen ttäie, ein europäifd)er !^ätte beerben müf|en. 3tu(^
.^annober mu^te ruften unb nod) ein befonberer Sßertrag berbanb «peffen iur
3luifteEung bon 12000 ^JJlann, bie jur S)ec£ung ,g)annober§ berbjanbt merben
fottten. Sttlein eg fam ni(i)t jum J?riege; ber ßarbinat i^r^eurt) bermittelte ben
grieben, beffen Präliminarien gegen 6nbe be§ S- 1726 gu 5pari§ eröffnet wux=
ben. Sen boUen 5tbfrf)lu| erlebte @. nid)t me'^r. 6r ftarb mä^renb einel Se=
fuc^§ feiner beutfc^en Sänber aut ber ^eife in ber ^tät)e bon D^nabrücf am
22. ^uni 1727. @. 1)üt fic^ niemat» in ba§ englifc£)e 2Befen einleben fönnen,
jo nidjit einmal ber Sanbesfprac^c marb er boEfommen mäditig. Dbmot er
]d)on in feiner ^ugenb ficf) in brei ©prallen fertig du§brüc£en tonnte, mu^te er
\\ä) mit feinen englifd^en 5}tiniftent oft in fc^ted)tem Sateinifd) berftänbigen.
äJor allem toaren bem an beutfd^en unnaf)baren 3IbfoIuti§mu§ getoofinten ^Jürften
feine 5lbt)ängigfeit bom ^Parlamente unb bie fid^ über i^n TÜcffx(^t§lo§ äuBernbe
'^preffe ^utoiber. 6r nannte fiel) oft einen bom unabl)ängigen dürften jum fönig=
licl)en Settter Segrabirten. S}on Geratter toar er berfdiloffen, »enig mitt§eil=
fam, ja fi^roff. Seine (Fouftne, bie «^erjogin ßlifabet^ ß^arlotte bon Orleans,
nennt tl)n „froid", fpric^t auc^ einmal bon feinem „n)unberlicl)en öirnfaften" !
(Segen feinen So§n war er abfto^enb, ja fogar fo feinbfelig gefinnt, ba^ er öfter
bie 3lbficf)t :^atte, i^n ju berleugnen unb bon ber Sucreffion au§juf(f)lic^en.
Seine Uebfte 6rl)olung toaren 9ieifen nati) ^annober, bie er aud) in ben Sal)ren
1716, 1719, 1724 unb 1727 ausführte. Uebrigen§ getoann er burc^ treue (5r=
lebigung feiner 9tegierung§gefc^äfte üuä) bie 3l(|tung ber Sefferen in ßnglanb.
9lnber§ war es mit ben S5erf)ältniffen feine§ ^Jribatlebens. S)ie fd^mä^liclifte
5Jtaitreffentt)irt^fc^aft, f(^on begonnen at§ er no(^ Äurpi-in^ toar, toarb n)ä:§renb
feine§ ganzen 8eben§ fortgefe^t, pm Sl^eil mit ^erfonen, bie i^m fct)on bem
SSlute nadt) nä^er ftanben. Sein unglücftic^eg e^elic^e§ 9}er:^ältni^ unb fein
3Serfaf|ren gegen feine @emal)tin Sopf)ie S^orot^ea, meldje al§ berfto^ene @e=
fangene toegen eine§ angebtii^ ftrafbaren SSertiältniffee mit bem ©rafen Äönig§=
mar£ bi§ p i^rem 2:obe 1726 im Sd^loffe 3tf)lben i^re Jage zubringen mu^te,
l)at eine gan^e Sitteratur ^^erborgerufen , in toelcl)er ^tnflagc unb 3Sert^eibigung,
bigl^er bei fd)tt)anfenbem ©nburttieil, abtoec^feln (in ben ^aupttoerten angefül)rt
unb befprodjien bei .öabemann, ^annob. @ef(^id)te III. 451 ff.). 9}or aEem
:^at bie ^lomantif bie§ ganje 23erl)ältni^, über toeldjem ftet§ ein gel^eimnifeboHer
no(^ ni(i)t aufgel^obener Sii)leier lag, ausgemalt unb entfteüt. S)ie einfache
t)iftorifc^e aSa'^rf)eit, ber ©runb , auf bem bie 5p:^antafie i^re ©ebilbe baute, ift
folgenber: 2)ie fpätere Äurfürftin Sopl^ie mar juerft mit bem ^erjog @eorg
2Biri)etm bon Gelle bertobt unb biefem au§ ^leigung unb bon ganjem |)erjen
5ugetf)an. Si^roff toarb fie bon biefem megen geheimer nid^t fe^r eiirenber Ur=
farf)en feinem Sruber ßrnft 2Iuguft abgetreten unb übertoiefen. 5lle il^r unber=
geffener el^emaliger beliebter fpäter anbere ^erjengber'^ättniffe anfnüpfte, warf
fie auf bie grau beffelben, me^^r noc^ auf bie f5frudl)t ber Siebe ißeiber, jene un=
glütflid^e ißrinjeffin Sopl)ie S^orof^ea, ben töbttid^ften ipa^. Zxo^ bereu ßegitimation
burd^ fpätere 61^e unblüiferlid^e S^erfügung, fa'fi Sop|ie in i^r ftet§ nur ba§ au§
nieberem Staube ftammenbe, mit ber levis notae macula bet)aftete une'^elii^e ßinb;
unb ba fie bon it)rer Butter ganj unb gar ba§ übertriebenfte ©efü'^l be§ Stoljeg
giltgcm. beutf^e aSiogrojj^ie. ^^II. 41
642 föeorg IL, Ä. b. ©roPrittannien u. Srlanb.
auy bie ©rclufttiität be§ !önigli(i)en 33lute§ geeiBt !§attc, fo falf) fie bte oon ben
SJätei-n öermittette ^eiraf^ al§ eine 9}li^^eii-at]§ mit einer be§ fürftlidien 9tange§
UntDüxbigen an. ^t)xt öertraute ^id^te, jene genannte «^erjogin öon CrleonS,
]px\ä)i in if)rer ßorrefponbenj gan,^ im ©eifte i^xn Spante, üon biejer ^eirat^
at§ tüie bon einer „©d^anbe ber gamilie". 5Der Äurprinj, öon Äinbe§beinen
an ganj in fotdien 5ln[id^ten ber Butter aufgelebt unb baöon erfüüt, \af) fid^
bei ber il^m gebotenen ^eirat^ ftet§ aU ba§ leibenbc Opfer einer politifd^en
(Kombination an. Wit perfönlid^em SöibertoiHen trat er in bic @f)e ein, unb
öon Slnfang an gab er biefem burcf) bie brutalften ©jceffe gegen feine @emalC)ltn
9laum. ^lac^bem fie atoei Äinber geboren, l^atte fie il^re ©d)ulbigfeit gett)an.
(S(^on 1691 bei ©elegen'^eit ber 5)loItte'fcj§en S^erfd^toörung fud^te man fie au§
ber gamitie auSpftofen; bamat§ fc^Iug e§ fe'til. Keffer gelang c§ 1694, in=
bem man jenes ^er^ältni^ mit bem ©rafen Äönig§marf öorfd^ob, SDenn man
mu| ttiol bebenfen: bie 21rennung ber @]§e erfolgte nicf)t toegen einer ber ^rin=
3effin ertoiefenen ©d)ulb , im ©egentl^eil, feine Äunft ber Unterfud£)ung, feine
2)ro^ung gegen bie zugezogenen beugen fonnten ben geringften iöeh)ei§ einer
fol(i)en erbringen; fonbern nur auf ben @runb ber malitiosa desertio, inbem
fid) bie ^rinjeffin ftanbl)aft tocigerte, naä) bem 33orangegangenen toeiter mit
i^rem ©emaf)! ju leben, toarb J5ie (5f)e getrennt. <^ätte ber Äurfürft (Jrnft
?luguft länger gelebt, toäre er namentlid^ nid^t burd^ beftänbigc ^ranf^eit feit
1694 förperlidC) unb gciftig gänjlid^ ruinirt gett)efen, öieHeic^t märemand^eä anberä
geiüorben; feitbem aber alle SSlaä)t unb aller 6influ§ in bie ^änbe ©opl)ie'§
unb i'^reS ©o'^neS gelangten, war für bie UnglücElid^e nid^tg mel^r ju l)offen.
S)ie in ßunb öerma'^rte angebliche Gorrefponbenj 3tt)ifc^en ber ^urprinjeffin unb
Äönig§marf , ift meljr tt)ie malirfdlieinlii^ , fpäter gemad)t, um bem ^ilnbringen
ber ^^amilie ÄonigSmarf mit fotd^en angeblidCien 23eioeifen ber ©d^ulb eine§ ber
S^l^rigen ben ^Jlunb ju ftopfen. Rubere 5Documente gab c§ in äöal^rl^eit nid^t.
© d^ a u m a n n,
©corfl II. (2luguft), Äönig öon ©roBbritannien unb ^rlanb,
Äurfürft öon .^pannoöer, geb. am 30. Dctober 1683, (Sol^n be§ SJorigen unb
ber unglüüElid^en ^ßrin^effin 8opljie S)orot'^ea öon ßette , fdE)on feit 1706 jum
^erjog öon ßambribge in ber englifd^en ^^^eerage unb 1714 al§ i^ronprinz zum
^Jßrinzen öon 2Bate§ erforen. (Jr toarb im Söerein mit feinem SJetter, bem fpäteren
^önig i^riebridt) 2Bi(^elm I. bon 5^U-eu^en , öon il^rer gemeinfdl)aftlid^en @ro^=
muttcr, ber Äurfürftin ©opf)ie in ^errenl^aufen erlogen, ßine frül)zeitige gegen=
fettige Slbneigung, meldie fct)on bie i?naben fern l^iclt, l^at aud^ fpäter fid^ bie
gjlänner nicl)t perfontic^ nähern laffen. @. erhielt unter bem l^erzog öon 5)^arl=
boxougl^ toälirenb be§ fpanifd^cn 6rbfolgefriege§ feine militärifd§e SluSbilbung,
unb namentlicE) trirb bei ber (Sefd^id^te be§ g^elbjugeä öom ^a^re 1708 fein
^amc oft mit 9lu§jcid)nung genannt. @r mar feit 1705 öermäl^lt mit 3öil=
Ifelmine (Caroline, Sod^ter be§ 5Jtarfgrafen öon 9ln§badl). S)iefe geiftreidl)e S)ame
mar ftet§ öom mol)ltt)ätig[ten ßinflu^ auf il^ren @cmal§l. ^n glüdflid^er @]§e
gebar fie i^m ad^t .^inber unb ftarb nur zu frü:§, fd^on am 1. S)ecember 1737.
Seiber entftanb — eben fo toie bei feinem S3atcr — balb ztoifd^en ®. unb feinem
älteften ©oline ^Jriebrid^ ein unglüdlid§e§ gefpannte§ SJerl^ältni^ , tt)a§ nie
ganz au§geglid)en loorben ift. gaft märe ztoifd^en i^m unb bem ^bnig griebridt)
aOßil'^elm I. öon 5]3reu^en ein Ärieg au§gebrod§en , öeranla^t burd^ aSerbungen
be§ 2e|tcren in l^annoöerfc^en Sanben, toeld^e im ®eifte bamaliger Seit ^W-
ol)ne räuberifdie (Setoalttl^ätigfeiten unb Ungerec^tigfeiten abgingen, ^lid^t allein,
ba^ ©. am 14. S)ecember 1731 ein (äbift erlief gegen „bie preu^ifdlicn unb
fremben Söerber§"; er zog öielmelir zum (Sd)u^c feiner Untert^anen ein ^tn
an ben Ufern ber 6lbe zufammcn, Wogegen ^riebridi äöill^elm I. 40000 5Jlann
©eotg II., Ä. ö ©roBbttttannien u. ^rlanb. 643
3U ^agbeburg fcfitagTertig ^ielt. Sie -öerjöge öon ®ot^a unb Sraunjc^meig
öermittetten jeboc^ flügltc^ bic Sßerjöl^nung ber geveijten ^onarrfien. 5}on
Sternen eriDarb @. gegen ?(6tretung bes i^iedtn 33egefarf ba§ 3Imt 33(umrnt^at
unb bai 6eri(f|t ^leuenfiri^en. Ser Staber S}evgteicf) öom 23. 9Iuguft 1741
beftätigte fpäter biefen Jauft^. SBäl^tenb bie allgemeinen poütifc^en .5ßerf)ä[tnijie
bi§ je^t fi(i) jienUid) iriebürf) georbnet l^atten , breiten bie ßreigniffe feit bem
^. 1740 berttjicEeÜev unb friegerifcfier juraerben, ^n^ern '^fi bem beöorftef)enben
?(uö[tev6en be§ fiabeburgiid^en 5Jlannsftamme§ Äaifer .ftart VI. butcf) bie io=
genannte pragmatifcfje Sanction feiner 'Xoä)tn 5Jlaria Jl^erefia bie 9la(f)fo(ge in
feinen C'anben 3u fict)ern raünfd^te, fuc^te er allenthalben bie europäifc^en ^^JtäcEite
für biefe Slnorbnung ju gerainnen. @. l^atte fc^on 1731 al§ Äurfürft öon
^annoöer feine 3u[tin^i^ung 3u biefer 9tnorbnung gegeben. 91a(^ bem iobe
Äart§ VI. trat 3unä(f)ft ber Äurfürft 2ll6red)t öon SSaiern al§ @emat)l einer
Sod^ter ^ofep:^ I. aU ^rätenbent unb Grbe auf, raä'^renb gteidijeitig g^fi^i^i*^ H-
bon ^reu^eu feine fd)(efif(^en .Kriege gegen Defterreic^ begann. 5lu(^ granfreid^
unb Spanien ftanben auf 3II6rec^t§ ©eite. @. feiner ^ufage treu ergriff für
9)taria 2:f)erefia bie 2Baffen. (Sein Sieg bei 2)ettingen, bcn ;er am 27. ^uni
1743 f)auptfä(^tic^ mit ^annoöerfc^en unb 9leict)ltruppen gegen bie in Seutfcf)^
lanb eingebrungenen g-ranjofen erfocht, toar bon großer Sebeutung; ber Jpaupt=
frieg fpielte fic^ fpäter in bie öfterreii^ifc^en 5iieberlanbe hinüber, rao er öon
,§annooeranern, .pottänbern unb Ceftei-reic^ern nic{)t eben gtücfüd^ gegen granf^
reii^ geführt tourbe, bi§ er am 18. Cctober 1748 mit Slnerfennung ber präg-
matifdien Sanction burc^ ben fyi-iebcn bon 9lacf)en beenbigt raurbe. 5tod^ raä^renb
biefeg Krieges raar ber junge Stuart Äart gbuarb, Sot)n ^acoB IIL, in S(i)ott=
lanb erfd^ienen. Sofort rieten i^m bie für bie atte St}naftie begeifterten @in=
rao^ner 5U unb prottamirten if)n al§ if)ren Äönig. Scfineü raar ©binburg ein-
genommen; mit einem gefammetten öeere brac^ ber ^^prätenbent in Sngtanb ein,
rao er nad^ met)reren f leinen Siegen fogar ^]}tand£)cfter einnahm. &. begab fid^
auf ber Stelle öon ^oKanb nad) (ängtanb, um bie geeigneten lllaBregeln gegen
biefen gefäl)rli(i)en 3lufftanb ju treffen, ^n berSc^lad^t bei Gulloben, 27. 3lpril
1746, raarb bas §eer ber Sc£)otten burcf) ben öetjog öon ßumberlanb, jraeitcn
©0^ bes .Königs, öernic^tet unb bamit bie ftuartifdl)en 3lnftrengungen , bem
§aufe ^annoöer bie ,^rone ftreitig ju madtjen, für alle 3eiten befeitigt. '^tur
JU blutig raarb nac^ bem Siege bie Seraegung unterbrücEt. Scr ^rötenbent,
nad^ ^0(^fdl)ottlanb fliel)enb, rao er feine begeiftertften 3ln^änger l)atte, fanb,
öerfolgt .unb öerfe^mt burdl) eine 3ßrämie öon 30000 ^funb Sterling, racl(^e
auf feinen Äopf gefegt raar, oft in öö^len öerborgen unb unter ben abenteuer=
lid^ften 33ertleibungen Sd^uö, bis enblid^ i^n ein franjöfifc^ee Sdl)iff naäj 5i-'ön^=
reic^ 5urü(ifüt)rte. Qu gteicier 3eit hjarb bae jur ©rlebigung gefommene 5ürften=
f^um Cftfrieglanb ein neuer 3afifapTel jraifd^en Jpannoöer unb ^;]3reuBen. Sias
alte ,g)au§ ber dirffena raar am 26. ^Mrj 1744 mit bem ^üi^ften Äarl (Sbjarb
erlofd£)en. Sd^on fein ©ro^üater ü'^riftian @berl)arb l^atte am 22. ^Mx^ 1691
mit feinem "iliad^bar, bem Äurfürften bon >!pannoöer, einen ßrboerglcid^ ba'^in
gefd^loffen, ba^ nad^ bem 3lu§fterben ber oftfriefif(^en f^ütften beren Sanb an
^annoüer, bagegen bei 3lu5fterben beg .|)aufe§ öannoöer bie ©raffc^aften <6ot)a
unb Siep liolj al§ 6rbe an bie friefifd^en {dürften falten foUten. Sagegen |atte
ber nad^malige Äönig gne^vtcf) I. öon ^ßreu^cn am 10. Secember 1694 bom
^aifer Öcopolb einen ©rpeftanjbrief auf ^elel)nung mit Cftfrieölanb nad^ 5tu§=
fterben be§ bortigen fyürftenl^aufes erl^alten. hierauf geftü|t, na^m na<i) gintritt
biefeg @reigniffe§ griebriif) II. fd^nell bom :Ganbe Sefi^^ 3llle '^H-otcftationen
unb Berufungen auf 9lec^te älteren Satum§ bon Seiten ^annobers Ralfen nid^te;
5prcu§en blieb borcrft im SSefi^ feiner ßrraerbung. 'Diad^ löngeren ru'^igen ^ai)xm
41*
644 ®eorg II., i?. ü. ©rofebtittannien u. ^x(anb.
warb &. feit 1756 jur 2'^eUna^me an bem fieBenjäfinQen Kriege betrogen. @in
5tnfu(^en nämüd) öon feiner Seite an bie Äaiferin ^URaxia il^erefia für aüe
güüe eine Garantie für bie Integrität feiner beutfd^cn Sanbe ju übernehmen,
roarb abgelehnt; bagegen üBerna'^m O^riebric^ II. im SSertrage öon Söeftminfter
am 16. Sfai^uar 1756 öereittoiEig eine folrfie. 2)amit loar auc^ ^ugleic^ bie
33unbe§genof|enf(^aft @nglanb§ unb ^4^reuien§ in bem auSbred^cnben .Kriege au§=
gefproc^en, um fo me^r, ba aud) bem auf Defterrei(i)§ ©eite [te^enben granfreic^
au§ üerfc^iebenen Urfad^en bon ©eiten ßngtanbö ber Ärieg erflärt Sorben war.
2)er .^erjog öon Gumberlanb raarb an bie ©pi^e eineS -iOOOO 5Jlann ftarfen,
au§ t^annoberanern, .Reffen, Sraunfc^toeigern unb Öotlianern 16eftef)enben ."peereS
gefteHt; aÜein befiegt am 26. 3fuU 1757 Bei .gjaftenbef öom franjöfifdien ^Jlar=
f^att b'@ftr6e§, fd)to| er am 8. ©eptemfier bie f(^impflicf)e Sapitutation öon
Älofter = 3^öen ab, (aut loeld^er ba§ gan^e 93unbe§^eer f)ätte aufgelüft Werben
muffen. ^ebod^@. gene'^migte biefelbe nid^t; baö öeer befam t)ielmef)r in bem
|)eräog ^evbinanb öon S3raunf(f)toeig (f. o.) einen fälligeren 3Infüf)rer , unb bie
geinbfetigfeiten begannen öon -Jteuem, unb ^War mit fo glücflidjem Erfolge, ba^
ba§ norbmeftüciie 5£)eutf(i)tanb "baih öon ben 3r^-an3ofen befreit würbe. "Oiod^
wäf)renb ber wcd)fe(nben (Srfotge ber erften 3^at)re beö großen Äriege§ ftarb ®.
am 25. Dcfober 1760 in feinem ^afaft öon .^enfington. 65. War fein 53knn
öon "^ol^er geiftiger 33egabung unb f)eröorragenben ÜicgierungSfäl^igfeiten , wo(
aber f)atte er einen ftaren gefunben 'i)JZenf(i)enöerftanb unb ©inn unb 5ßerftänbni§
für alieS ^^raftifc^c. ©o fonnte e§ fct)r Wo^t fein, bafe ©ngtonb wä^renb feiner
langen 3tegierung brei glücfü^e S)ecennien burcf)lief. 66en jener praftifdie ©inn
(ie| i^n in ©ir 'Olobert Sßalpole (t 1755) ben red)ten ^ann finben, ber wä^renb
einer langen ^inifter.^eit bie ^Jlac^t unb ben 9teic^t^um ©nglanbl burd) öcr=
nünftige ^BerWaUung ber ^^inanjen auf eine bebeutenbe .söö^e ^ob. S^reilid^
mo(^te unter einem 'lötanne , Wie biefer War , ber öon ^Jlenfc^en überhaupt feine
beffere ^t)et ^atte, al§ ba^ ^eber um einen gewiffen ^srei§ fäufUt^ fei, manäjt-i
ber 9Jloral SBiberfprei^enbe in ber 33erwaltung mit unterlaufen, inbe^ im Öanjen
f)at ficj§ ©ngtanb nid)t fd)te(^t bei fotdjcr ^4^t)i(ofopf)ie gcftanben. 5Bei bem eigen=
wittigen, eigenfinnigen 6[)arafter beä ^önigg, ber gern wiberfprac^ , aber öon
3(nberen feinen SBiberfprui^ leiben fonnte, mu^te 3Salpo(e ftüglid) aüe SJorfd^lägc
fo einritzten, ba^ e§ fc^ien, at§ gingen fie au§ ber ^nitiatiöe be§ ÄönigS t)eröor.
Sie Königin unterftüljte bann ben ^Rinifter babei auf bewunbern§Würbig ffuge
Sißcife, 3Etn gewöl)nlid)en ßeben War (^. ber größte '4>ebant. ^aäj ©tunben,
ja nad) ^]3tinuten War bie o^ne 5}eränberung tägfid) wieberfel^renbe U^r ber
2eben§orbnung abgemeffen. ^n Äleinigfciten war bic§ ftet§ Iäd)erlid) ; attein ba
bie ^ÄegierungSjeit eben fo feft unb ot)ne Unterbrechung i^r jugefc^ricbcneS 5pen=
fum in ^^Infprud^ na^m, fo warb biefe (äigentl)ümti(Zfeit be§ .1lönig§ nur eine
2Bol)tt^at für ba§ ßanb. fyaft nod) größer wie bei feinem 33ater war bie liebe=
öotte 3tn^änglic^feit an ba§ Sanb feiner ©eburt. 2öar er ermübet öon feinen
englifd)en ®efd)äften unb bem ßampf mit bem Parlament, langweilte i'£)n bie
©efettfi^aft in Sonbon, fo war eine 9ieife nad) bem kontinent feine liebfte 6r=
f)olung. 3Som ^a'^re 1728—55 finb nid)t Weniger al§ 3Wölf ^Reifen in feine
l^annoöerfd)en ©taaten unternommen , öon benen er ftet§ Wie neubelebt jurücf^
fe^rte. 9luf bie @rtebigung ber l)annoöerfd)en ^Ingetegen'^eiten, bie öom Könige
bireft im 23ereine mit ben bortigen ^JJtiniftern ausging, Ratten fold)e Steifen ben
Wo^Itl^ätigften SinfluB- Sttteä ert)ielt fid^ in frifd)em 2ihm unb bei fotc^er
J'^eilnai^me be§ i?önig§ fonnte nid)t§ einfd^tafen, wie bie§ teiber unter ber
fotgenben ^Regierung nur 3U balb gefc^a'^, — '^lud^ biefer Äönig ^atte feine
^Dtaitreffen , benen iebodl) in feiner SSe^ie^ung ein öerberblid)er (Singriff in ben
(Sang ber ©taat§gefd)äfte geftattet War. S)iefer Umftanb l^atte aber auf ba§
GJeorg III., Si- t. ötoBbrtttanmen u. 3r(anb. 645
innige 9}et'£)ältni^ mit jeiner ©ema'^Iin feinen ßinfluB, um fo toeniger, ha biefe
geiftric^e unb finge grau bae in ben 3f^töft^ä(tmnen üegenbe UnDermeibüc^e
mit 9tuf)e unb of)ne jänfifc^e (Jiierfuc^t auinafim unb refignirt ertrug. @. üer=
ef)rte baf)er and) törmtid) feine @emaf)fin unb t^at nad^ feiner Seite l§in 3Bid^=
tige§, ol^ne fie Oorf)er ^u f)ören. 21(5 fie auT i^rem legten ^ranfentager bem
Stöbe entgegenfa'^, wid^ ber Äönig nid)t öon i^rer ©eite; man erjö^It, baB, af§
fie i§n bat, fid) mieber .^u öer'§ciratf)cn , er bcforgt unb in öollem Seöjufetfcin
ber Unerfet((id)fcit beffen, ma§ er öerliercn foUte, im l§öci)ften Sct)mer5 ausgeruren
l^abe: Jamals. Jamals, je n'aurais que des maitresses! Se« traurigen 53erf)ält=
niffe§ 3mif(^en @. unb feinem ätteften @of)ne unb mutf)ma§ü{f)en 2t)ronfolger
oriebricf) Öubmig, ^rinj öon 2Bate§, geb. am 13. ^uni 1707 ^u öannotiev,
ift fd^on gebadet, ^m ^. 1725 für öoltjä^rig erftärt marb er, mit 2lnroeiiung
feines äöol^nfi^es in ipcrren^aufen, jur J^eitnafjme an ber f urfürftfid^en ütegierung
in .^annoüer jugelaffen. ©ine Siebe jur $rinjef|in Söil^elmine öon ^reu^en,
Sd^mefter fyriebridf) IL , toarb bei ber Abneigung bc§ S5aterl gegen -^reuBen
nid^t gutgeheißen unb if)r entfc^ieben entgegen getreten. S)ie§ ^at ber ©of)n bem
9}ater nie öergeffen unb bie perfönüd^e Söerftimmung jmifc^en Seiben ift nie
ganj roieber beigelegt, ^^^ar öermöf)[te fic^ fpäter, 1736, ^riebridl) aui Söunfii)
fcine§ Spätere mit Slugufte, ^^riujeffin öon @otf)a, aber bie 23eigerung beffetben,
nunmel^r ba§ 6infommen bes <5of)ne§ bi§ auf eine ftanbe§mäBige <^öf)e ju Der=
mehren, f(^ürte ba§ ^^feuer notf) mel^r an. @ine abermalige S}ei-föi)nung im
3- 1741 mar nur fdieinbar unb a(§ ber Äronprinj 9 ^a§re barauf am 20. 93Ui
1751 ftarb, mar ber Unfriebe no^ ehen fo menig beigelegt al§ am 2age feine«
@ntfte^en§. 6in fo bur(i)au§ nüdt)terner unb praftifd^er (£f)arafter mic ber ©eorgs,
ber mebcr öon @efül)ten nod^ öon irgcnb einer 3lrt be§ ^bealümuS beT}errf(^t
mar, fonnte menig Sinn für i^unft unb 2Biffenf(f)aft l^aben. Seboc§ mar er auf
ber anberen Seite mieberum gerabe in ber i3infid£)t praftifcf) genug einjufe'^en,
mel(^en ^Jtu^en beibe für ben Staat l^aben fönncn. 6r gehörte ba^er nid^t ju
ben 9Jtonar(f)en feiner 3eit, we(dE)e Äunft nnb SBiffenfd^aft öeradt)teten , ja fie
fogar läd^erlidf) machten, nur aus bem ©runbe, tocit fie felbft fein 5}erftänbniB
bafür !^atten. S3emei§ bafür finb jroei Stiftungen, bie unter feiner Sftegierung
entftanben. 3unäcf)ft bas in Sonbon 1753 errichtete brittifc^e ^Jlufeum, ein
i^nftitut, ma§ öon feinem gteid^en in ber äöett übertroffen mirb ; fobann in feinen
f)annoöerf(i)en Staaten bie :§auptfäd^tid) naä) ben 2}orfcf)lägen be§ ^Jlinifters
©erlad) 5Ibotp:§ ö. ^tün^^aufen geftiftete Uniöerfität Söttingen — nad^ i^rem
Stifter (Georgia 3Xugufta genannt. Sd)on feit bem ^. 1730 begannen bie 9}er=
l^anblungen bieferf)atb; 1734 fonnte bie eigenttidf)e Stiftung unb am 17. Sept.
1737 bie förmlii^e 6inweif)ung erfolgen. S;ie Societät ber SBiffenfd^aften toarb
1750, auäj nodt) bei Seb3citen @eorg§ gegrünbet. 3luf bem großen allgemeinen
gelbe ber 23iffenfc^aft ift mol fein, au(i) nidf)t ber geringfte 3toeig, ber biefer
großartigen Stiftung nid£)t praftifd£)e unb bauernbe ©rfotge ^u öerbanfen gehabt
I)ätte! Sd^aumann.
©COrg in. (2Bii:^elm fyriebrid§), Äönig öon öroßbrittannien
unb Si'lunb 1760—1820, unb bi§ 1815 ^urfürft, nac^bem Äönig öon
^üunoöer, ber ßnfcl be§ SSorigen, So'§n be§ 1751 öerftorbenen j^rinjen griebrid^
öon 2öalel unb ber ^^rinjeffin 5lugufte öon (Bot!^a, mar geboren am 4. 3|uni
1738 in einem ^$riöatf)aufe au Sonbon am St. ^ameepla^e. Unter ber langen
BOjä^rigen 9legierung biefee ^J3lonardf)en toarb baejenige europäifd^c Staatenföftcm,
bas fi(^ au§ ben griebeneft^lüffen p fünfter unb Dsnabrüdf 1648 unb 3U
Utred^t 1713 mü^fam losgerungen l)atte, öötlig über ben Raufen geworfen unb
an beffen Stelle ein anberes t^eils fd^on befinitiö gegrünbet, tl^eiU für weitere
Slusbilbung in fünftigen ^^^ten öorbereitct. ^an brandet nur an folgenbe Sr^»
646 (Seorg III., ^. ü. ©ro^btittonnien u. ^i^'ani'-
eigniffe ju evinnern : 'üaä^ S3eenbtgung be§ fiebenjäfingeä Ävtege§ tritt ^ßfcu^en
in bie 3fteit)e ber europäifd^en @vo^mii(i)te , wä^renb .^ottonb gäiiäüc^ öon bev
bebeutenben ©teüung jurüdtritt , bie e§ fic^ tDäl)venb ätoeiet SQt)rl£)unbcrte fo
mül£)fam unb fo ru^möott enungen. 9tuf[(anb, t)i§t)et nuv im Dften unb in ber
Xürfei befd)äftigt , tritt 3U gleidier 3^'* ^ud) jür ben SBeften ©urcpal aU mit=
beftimmenbe |)auptina(i)t ein. ©in jünfter äöelttl^eil, Irenn auä) nid^t ^um erfteu
5}ht entbecCt, lüirb eigentticf) erft befannt. ^n ben 3}ercinigten (Staaten öon
Dtorbamerifa, nad^bem fie fic^ öon (Snglanb to§gerifjen, ent[tef)t ein neuer äBelt=
ftaat , beffen SSebeutung im 33öl!eröerfet)r firf) öon 2:age ^u 2age bi§ ^u einer
je^t no(i) !aum ^u ermeffenben .!pöl)e fteigert. S)en 6rfa^ für ßnglanb bilben
bie ungef)euren ßrobevungen in Slnbien unb feine übrigen neuertoorbenen Kolonien
in atten 3Cßi'lttt)eilen. S)ann folgt ber fijrmlict)c Umftur^ oEer älteren auf 9lb=
foIuti§niu§ ber .s2)errfrf)er begrünbeten ©taatöanfctjauungcn unb ©taat§formen mit
feinen bi§ t)cute fortbauernben i^olgen burd) bie franjöfifd^e 9teüolution ; unb
enblic^ bie ^eittoeife Umfel^rung aller äußeren europäifcCien ©taatSöer'^ättniffe
burd^ 9lapoleon. äBoHte man erörtern, meieren 5lntf)eil bie 9tegierung (SeorgS
unb feiner großen 5Jlini[ter, 23ute, i^orb 'üoxtl), ber beiben ^$itt'§, ^^oj u. 31. on
biefen ©reigniffen l^atte, fo fönnte e§ nur gefc|ef)en, tuenu man bie öottftänbige
2Bettgefcf)i(i)te jener ^eit erjälilte. äßol aber foll \xä) bie ©egentoart baran
erinnern, bafe in bem jule^t erloälinten großen ^Ringen ber unterbrücEten 5)öl!er=
freit)eit gegen ben 2;errori§mu§ 91opoleon§, ©nglanb unter feinem Äönig ®. bie
tüüi)ie treibenbe 3Jla(i)t toar. 9ti(^t allein, ba^ c§ attenf^alben jur ©ee, ju
ßanbe öorjüglid) auf ber ^jQrenäifd^en ^albinfel felbftänbig ben ,^ampf gegen
ben Ufurpator aufnat)m, ber biefem mand^e§ ^unberttaufenb feiner beften Ärieger
unb ungejä'^lte 5JliEionen foftete, tooburcl) 3uer[t an bem ©tauben an feine un=
tt)iberfte|lic^e 5Jta(i)t unb folgemeiS an biefer felbft gerüttelt tüurbe; mel)r noc^
fud^te e§ alte feine ^^einbe, rocnn fie befiegt unb entmutt)igt ^rieben gefd^toffen
f)atten, öon '"Jleuem aufzuregen unb burc^ ungetjeure ©ubfibien, bie tt)ot)t ^JJtitti=
arben betragen l)aben, ju untetftü^en , bi§ nad) langem ^ampf cnblidt) ber 2ag
bc§ ©iege§ anbradl). S)ie ©orgen , tnelc^e bie Sfieilnatime an jenen großen
2öeltbegebenl)eiten einem .Könige öon ©roPrittannien öerurfac£)te, l)ätten jur '!)tot'^
tool allein fi^on ^ingereidt)t biefem ein fleine§ in ®eutf^tanb äuftänbigeS ©ebiet
ettoaS in ben .»pintergrunb ju rüdEen. S)a^ folcl)e§ aber bei ®. ganj abfonberlic^
gef(^al), ^atte einen nod^ öiel tiefer liegenben @runb. S)ie erfte 9tcbe, tt)eld£)c
er im Parlament l)ielt, fd^to^ mit ben äBorten: „3tn (5nglanb geboren unb er=
jogen rü^me irf) midi) be§ 5tamen§ eine§ 33ritten!" S)amit ift 3llle§ gefagt.
©eine beiben 23orgänger, öon (Beburt .ipannoOeraner, il)rer bcutfc^en ^eimat^
unöergeffen, blieben 2)eutfdöe auf bem englifct)en Jliron. :^nbem fie i^r ®eburt§=
lanb öfter befudf)ten, erl)ielten fie jugleidt) ha^ ^^ntereffe für baffelbe ftet§ xoai^
unb lebhaft; fie intereffirten fiel) für bie 23ertrialtung beffelbcn unb fannten fie,
inbem fie Ztjeii baran nahmen. ®, mar ber erfte in @ngtanb geborne .^errfdi)er
ber S)t)naftie ^annoöer, 3uglei(^ ber erfte im dultug ber englifd^en j?irdl)e (5r=
3ogene; ber erfte ferner, ber öon ^ugenb auf nid^t§ al§ engtif(i)e§ Seben unb
englifdl)e ©elüo^n^eiten unb @igentl)ümtid£)feiten gefeiten l)atte. @r toar bal)cr
audC) in feinen 3lnfd^auungen nur ©nglänber. S^n fümmerten tüenige ou§märtige
Cuabratmeilen nid)t, unb er ^ielt e§ bal)er nid^t ber ^3Jiül)e mertl) foldt)e buri^
eigene 2lnf(f)auung nä'^er fennen ju lernen. 2öäl)renb bi§l)er bie y^ermaltung
ber "^annoöerft^en Sanbe nadl) bem 3teglement @eorg I. unter beftänbiger berfön=
lidfier 3;l§eilnal§me be§ 5!Jtonarcl)en ge^anb^abt tourbe, warb e§ nunmel^r anber§.
6ine fogenannte „@nglifd)e Äan^lei" mit einem l)annoöerfcl)en 3}linifter an ber
Spi^e, bie in Sonbon il)ren ftetigen ©i^ l)atte, toarb erridt)tet. %n biefe gingen
bie Sleferate unb Einträge ber ^inifter in .^annoöer , benen bann öon jener
©eotg III., St. b. ©lofebrtttannien u. Stkni*- 647
Äanäfci, gteic^tam al§ \)öäj)kx entf(f)eibenber ^Se^ötbe, bie angeblid^cn ^öc^ften
(Sntfd^eibungen Bi. ÜJlajeftät jurücEgejcfiicft tourben. 2;ie fyorm iDatb bebet
aüerbingS getoa^tt; bie ßntfcfieibungen famen mit Untei-fc^rift bc§ ^önigi unb
ßontxafignatur be§ ^iniftei-§ ^nxM. 3tllein @., fcf)on genug bon ber großen
engüfcf)en ^olitif in ^^nfpru(^ genommen, ^atte toeber ^^it noif) Öuft [t(f) um
ba§ fteine ^annoDer öiel p fümmern. ^a er fc^on ber beutjcfien Sprad^e,
öielmef)r aber no(^ aÜer inneren 2anbe§ber!^ältniffe bort tiollfommen untunbig
mar, roax jolgemeife in ber 9(rt, mie ba§ 3teferat geftellt toar, jcfion im 33orau§
bie fönigUcf)e @ntf(f)eibung präjubicirt. ^nbem nun ber abürfie ^]Jlinifter ber
A^aujlei in Öonbon nur ein Setegirter jeiner abliefen 5l]iniftercolIegen in
.spannoüer mar, fo folgt barauS öon felbft, bo^ ber 2lbet überhaupt in Apannooer
ber f)errj(f)enbe, aüe§ beftimmenbe ©tanb ioerben raupte. S;iefer beburite jebod^
für beftänbige gü^Tung ber laufenben (Seid)äite oft berjenigen ^(rbeitsfrajt unb
^ntelligenj, melciie me^r im bürgerlichen 6tanbe ju finben mar. äöoUte biejet
babei auf gemiffe 9leu|erlic^feiten öerjit^ten, fic^ nic^t anmaBenb öorbrängcn,
rooHte er namentü^ bei feinen Slrbeiten 3tnberen bie @^re laffen unb fid^ mit
materiellen 5Bortt)eiIen begnügen, fo fonnte er ol^ne Cftentation nac^ 3(u^en oft
3U großem 6influ| gelangen. S)od) trat bei foldiem 2]erl)ältnife fofort aucf) im
bürgerlichen ©tanbe ein gemaltiger 'PiepotiSmuS lierüor. 6§ mar ein gefc^toffenex
Ärei§ öon beöorjugten ^^amilien, meiere foldje iBort^eile be§ t)öf)eren ©taatg=
bienfte§ au§fc§lie|licf) in Slnfpru^ nahmen, unb mer nicf)t burcf) 3}ermanbtf(^aft
ober protection baju gel^örte , brang fi^toer in biefen 9ting ein. S)er öanno=
öeraner fonnte bat)er mit Stecht öon einer „bürgerlid^en 5lriftofratie" reben,
beren öortl)eilt)afte ©teÜung im @taat§bien[t in oielen ^yamitien oft gerabejn
erblich geworben ift. 5^er patriardialifdie 3uftanb, in roelc^em bei ben 3lemtem
:jufti3 unb 2lbminiftration öerbunben mar, i]t ort gerügt unb at§ ^annoöerf^e
@igentl)ümli(f)feit l^ingeftellt; bie (Sinmol)ner bamatiger ^ett, anfpruc^IoS unb
wenig öermöl^nt, l^aben ficf) bamat§ nid)t ung(ü(flic^ babei gerü'^tt. 9lber ein
SBortl^eil, ben öannoüer öor allen beutf(^en Staaten üorau» l^atte, mar ber:
ba^ im i^anbe fein 6ot mar. Sßenn man bebenft, ba^ gu jener S^^^ be§ 5(b=
foluti§mu§ in Se^ieliung auf bie ^inaujcn für ben Sfegenten fein ^Jlaa^ ber
SBejc^ränfung unb feine ßiöilliften beftanben, baß fie oielme^r nac^ SSelieben in
bie Waffen eingreifen tonnten, um bem öuru§ unb ber '^>rac^tüebe ju frö^nen,
um il)re 5}tiütärgelüfte ju befriebigen, um bie (Selber für SBautcn öon (Sc^löffern
unb für ii)xt DJtaitreffcn ic. lierbei^ufi^affen , fo befommt man leicf)t eine ^bee,
melc£)e ©ummen ein S^üiften^of bem Sanbe attjäfirlirf) foftete unb meld)e ©teuern
bie Hntertl^anen me^r aufbringen mußten, um foldien 2luftoanb ju befriebigen.
S)iefer ungeheure ^often ber2(u§gabe fiel in.öannoöer ganj meg, über ein öoUeä
3faf)r^unbert ift er bem Sanbe erfpart unb '^at pm inneren 3Bol)(ftanb ber 23e=
mol)ner nidit wenig beigetragen. Senn Wenn aucf) Don öerfd^iebenen Seiten
auägefproc^en ift, ba§ ^eimlid^ au» bem Öanbe öiel Selb nac^ (Jnglanb gefloffcn
fei, fo ift bie§ ein großer 3Jrrtl)um. SBenn öielmelir öon ©eiten @nglanb§ im
eignen ^ntereffe öon .spannoöer befonbere ^eiftungen geforbert würben, 3. ^. au^er=
gewöl§nli(^e ^riegSteiftungen , fo erfolgten ftet§ l^ierfür nod) englifc^e ©ubfibien.
■Jiur fo ift e§ ertlärlid) , baß ba§ Sanb bie ungel^euren (Srpreffungen ertragen
fonnte , welche öon öerfcfiiebenen ©eiten in bemfelben im Slnfange biefeg ^a^x=
l)unbert§ auggerü^rt worbcn finb. 2)ie legten ^afire bes fiebenidlirigen J?riegeg
brachten für ba§ ^urfürftent!^um nod^ manrf)e f(^Were ilage, erft feit bem f^rrieben
öon 1763 gelangte eg enblicf) ju einer langen wo"^tt^tigen 9tu^e. S;enn ba^
einäelne 2ruppentf)eitc öerwanbt würben, bie 33efa^ung öon Gibraltar ju öcr=
ftärfen, anbere pr 5Jtitbefe^ung öon 5t?ort = 5Jlal^on auf ber 3nfel 5)lallorfa,
anbere in £ftinbien ber bortigen ßompagnie bienten, ^atte auf innere SBer^ältniffe
648 ®eorg III., Ä. ti. ©to&brtttannten u. ^rlanb.
feineu ©influ^. 3>m norbamerifanifd^en grei'^eitShnege foi^t jebodE) , toie oft
iälf(i)li(i) angegeben ift , fein ,g)annobexaner unter ben übrigen ba^u gefauyten
beutfc^en ^üli§truppen. — @r[t bei bem 3[öicberaufleben be§ ^roie!t§ Defterreid)§,
nad) 2lu§fterben be§ 2Bittel§bac^'j(^en ^Jtann§[tamme§ in 35aiern ba§ £anb p
erwerben gegen Ueberlaffung ber ^Jtieberlanbe an ben näd)[ten ßrben , ^art
SL^eobor bon 3*^eibrücfen, tt^arb ^annoder toieberum mit in bie euro^3äifci)e
5|5olitif '^ineingcjogen. 9iad)bem befannt(i(i) ^ofepf) II., tro^ ber ©tipulationen
be§ Sejrfiener ^^riebeng öom 13. 9Jtai 1779, jene alten päne wieber aufnatim,
fe^te \iä) ^reu^en unter ^^riebrid) II. bagegen unb ftiftete äu biefem ^toed am
23. ^nü 1785 im 9}erein mit ^Badj^n unb .g)annober ben fogenannten 5ür[tcn=
fiunb. S)er l^annoberfdje abgeorbnete ^inifter ö. Seulmi^, War bei ben 9}er=
Itianblungen bieferl^alb bejonber§ tt)ätig , unb [tctö auj flare Darlegung ber 3lb=
ftd^ten be§ S)erein§ bringenb, öer^inberte er bur(^ feine 2öirffam!eit bamalige
anbere Union§beftrebungen ^reu^eng, bie mat)rfd)eintic^ nebenbei mit berfolgt
Werben fottten. 33alb folgte bie gro^e fran^öfifdie Sieüolution. 2lm erften 9leid)g=
friege gegen gi-'öi^fi'tid) na'^m ^annoöer feinen birecten 5lntt)eil , fonbern jatilte
nur feine Üieid^gfteuer. 6rft nad)bem nad) ber .^inridjtung ßubwigg XVI. @.
ber auSbauernbftc .Kämpfer gegen ^yi-'fliifi^eid) geworben war, warb -S^annoOer
glei(^fatt§ in bie folgcnben j^riege berwidelt. 6in ''Jlrmee=ßorb§ öon 13000 ^Dtann
unter bem 5eJ^i)'^a''1'i)ßtt b. tyrcitag, bei weld^em fic^ aud) bie ^erjöge Don
ßumberlanb unb (Sambribge (f. o.) befanben, tiereinigte fid) in glanbern mit
bem großen .^eere ber 6nglänbcr unter bem 23efet)Ie bei ^crjog§ öon 'llorf.
S)er i^elbjug nat)m bcfanntlid^ feinen glüdlid^cn 3lu§gang. ^^^reufeen fagte fid) lo§
bon ber (Joaütion unb fc^tofi einfeitig unb feine bi§t)erigen 9}crbünbeten btog=
fteEenb am 5. ?Xbrit 1795 mit granfreic^ fyrieben ^u Safet. 6ine 2)emar=
f ationStinie , Welche bie füblid)en (Staaten SDeutfc^lanbö bon ben nörblid)en a'b-
fonberte, — ^u weldjen legieren aud^ ba§ i?urfürftentt)um .g)annober gel^örte, —
gewährte biefem eine bottftänbige 9leutralität unter ber Garantie ^reu|[en§. ^it
ben bamit berbunbenen fc^weren Cbfern glaubte ^annober fid§ bie ©teEung
eines bon ber englifdien ^oütif unabhängigen beutfd)en Staates erfauft ju liaben
unb War aut^ bieg äJer^ältnife im ^afcler ^^riebenginftrument feftgefetjt unb bon
5Preu^en anerfaunt. S^eboc^ foltte fid) ^Ätteg bieg balb alg 2;äufd)ung t)eraug=
fteEen. 2)ag Jsianb mu^tc jum S)emarfationgf)eere ein (Kontingent fteEen, weld)eg
Wäl)renb ber ^dt}xt bon 1795 — 1801 einen .ffoftenaufwanb bon 8 ^JJlittioncn
Zf)aUx berurfac^te. ^nt le^teren ^a^xt fiel bag ©l)ftcm beg Safeler f^riebeng
burd) bie anberweitigen SSeftimmungen ber griebengfdjtüffc ju ßunebille am
9. Februar 1801 unb Slmieng am 27. ^ärj 1802. ^:tjreu|en, fc^on ganj
franjöfifi^em @influ§ berfallen. War gezwungen ber bon ^iapoleon unter Z^eiU
naijxnt bon 9lu^ianb unb S)änemarf gcftifteten fogenannten „bewaffneten ']leu=
tralität" beizutreten. Welche ben 3^bccE ^aben fottte ©nglanb jur Stnerfennung
eineg anberen ©eered^tg in ißcjie^ung auf bie neutrale ^I^^iöSp ^^ bermögen.
,3lnfängli(^ ignorirte le^tereg biefe feinblid)e ©tettung ^^reu^eng; alg fie jebod§
3U oftenftbel würbe, fa| eg fid) gezwungen einige pi:eu|ifd)e (Sd)iffc Wegäune'^men.
^reu^en bagegen befc^lo^, unter bem 2}orwanbe bie 'üJlünbungen ber @mg, 3Befer
unb &ht f(|ü^en ju muffen, alg ütcpreffatic bag ganje i?urfürftent^um i^annober
in SSefi^ ju nel^men, obgleich cg eben nod^ bei ©rünbung ber Semarfationgtinie
anerfannt l)atte, ba§ ^annober unb ßnglanb alg ^Wei ganj berfd)iebene (Staaten
mit berfd^iebener ^politif an5ufef)en feien, unb ^a^ ^ßreu^cn bie ©arantie für ein
fol(^eg politifdjeg ©t)ftem übernommen l^atte. ©in preufeifctjeg Jpeer unter bem
@eneral b. itleift rüdte in ^annober ein, bem fein SGßiberftanb entgegengefe^t
Werben fonnte, weil ^Jtiemanb barauf borbereitet war. 9lm 22. Stprit 1801
fam ber ^linifter bon ©d^ulenburg unb berlag im @e^eimen Statine bie bon
ßeorg UL, Ä. d. ßrofebrittannien u. S^tanb. 649
^augtüil untetjd^riebene 3)ectaration Dom 30. Wäx^, laut toeldier .^annober all
crofierte« Sanb Qn,}ufe]^en fei, toa§ ^infort ben Äönig üon 4-^reu^en all jeinen
^ernt anjuerfcnnen ^aBe! ^tllein bie ßrmorbung be§ Äaifere ^;paut m 5peter§=
Burg, jolüie bas 33ombarbemenl Äopenf)agen§ burc^ '^tclfon jprengten Batb bie
S3erBinbung ber bewaffneten ^ieutralität. Snbem bamit äugteict) jeber (Svunb
für eine preupcfie £)ccupation ^annoöeri tnegfiet, öetlic^en bie Stvuppen fc^on
im DctoBev beffelben ^al^re§ mieberum ^annoöer, too Balb bie alten S3er{)ättniffe
toiebev J)evgefteÜt tüurben. ^eboi^ no(^ öor ßrtaffung bes 3iei(i)ebeputation§=
^pau^tjiiituffel befe^te ^Preu^en, ba§ immer öon einer ©ntfd^äbigung megen bee
aufgegebenen ^annoüerS rebete, eigenmächtig ,g)itbesf)eim unb ©oelar unb (ie|
fid) biefe ßrtüerbung am 25. 5e^i-"uii^ IS'^'S burd) jenen 3tct befinitiö ^ufprei^en.
3lt§ im S. 1803 ber ^rieg jtoifdien ©nglanb unb ^^rrcinfreicf) Don bleuem au§=
brad^ , rüdftc unter 9Jlortier bie fogenannte Armee d"Hanovre in ba§ S3anb ein,
ba§ , auf fo ettoa^ nict)t üorbereitet , in feiner S3ejiet)ung gerüftet mar. S)ie
9Jlinifter o'^ne 9latl^ fu(i)ten foldjen öergeben§ untereinanber unb bei ber .^anätei
in Sonbon. ®a§ .öeer unter bem 5elbmarf(i)aE ö. SBatmobcn, unöollftänbig
auSgerüftet, befam bie nidjtsfagenbftcn tounb erlief ften 3}er!§altung§ma^regeln.
Salier jogen ftrf) bie öor^anbenen, auf ber 2Beft|eite be§ ^anbe§ aufgefteüten
Gruppen nac^ ber Gapitulation Pon ©ulingen am 3. ^uni 1803 !^inter bie
@lbe 5urürf. ^ber auc^ l^ier erfolgte nac^ ber (JIb=6onPention Pon Strtteneburg
am 5, ^uü bie PoIIftänbige Sluflöjung ber '^annoPerfd)en ?lrmee, beren gan.^c
2lu§rüftung mit ^ferben, Kanonen unb übrigem Kriegsmaterial in ben -öänben
ber tyranjofen Perblieb. Tiur bie ^ebingung, ha^ bie Gruppen in il)te ^eimaf^
3urücEgef(f)i(!t toerben follten, marb t^eilmeis, jeboi^ l)eimlici) nici)t ei-füllt. Cfficiere
unb ©olbaten eilten nad^ ben an ben ^Jtünbungen ber Glbe unb 3Befer
Pon bem 3Jtajor P. b. Seien eröffneten SBerbeftcHen, um in englifdie Sienfte ju
treten. Sc^on im ^. 1804 maren gegen 4000 ^pannoPeraner nad) ßnglanb
übergefü'^rt unb aus if)nen eine englifd)=beutfd^e Segion gebilbet, bie fid^ im Saufe
ber 3^at)re ftets burd§ neuen ^iifl^^^ öom 9}aterlanbe Perme^rte. 2)iefe Segion
marb Pon (Jnglanb in feinen Kriegen gegen granfreic^ in Spanien, Italien unb
3ule^t in 35elgien Pertoanbt, tno fie ]id) ftet§ mit fold^em Sftul^me bebedte, ba^
2Bellington bie l)annoPcrfc£)en Gruppen oft al§ 5Jlufter für feine englifd)en l^in=
geftettt ^at. @§ folgte nunmehr bie franjöfifd^e Sefi^ergreifung öannoPerl,
meldte bem Sanbe me'^r als 50 5)HIlionen au^er ber Saft ber täglid^en 6in=
quartirung geloftet l^at. (Sie bauerte bi§ 3ur Sllitte be§ ^. 1805. 3lt§ um
biefe 3^^* ber i?rieg ^apoleon§ gegen Defterreidl) au§brad), muBte nämlid^
bie Slrmee Pon ^annoPer unter Sernabotte burd§ ^^ranfen über 2lnfpad§ mar=
fdl)iren, um ben bi§ Ulm Porgebrungenen Cefterreidl)ern in ben^lüden ju faEen.
©ogleid^ mad^te nun ber 53hnifter @raf 5Rünfter ben 33orfdl)lag, ha^ Sanb rafd§
mieber in 58efi^ ju nehmen, unb fc^on am 4. Secember fonnte in .l^annoPer
unter ungel)eurem ^ubel bie 9iüdfe^r ber alten S}er^ältniffe Perfünbet toerben.
^ebod^ bie^reube mar Pon lurjer Sauer. 5)]reu|en, toaS unentfd£)lDffen gezaubert
f)atte ber öfterreid^ifd^=ruffifd^en Koalition beizutreten, mu^te, nat^bem jene Soa=
lition nad) bem ©iege Pon 3lufterli^ jerfprengt mar, jc^t allein ftet)enb , !raft=
unb miClenlol ben 33eftimmungen ÜlapoleonS fid§ fügen, mit biefem ein Cff= unb
S)cfenfip = Sünbni^ am 15. Secember 1805 abfd^lie^en, tt)cldE)e§ furj befagte:
^Preu^en er^lt bie Staaten be§ Äönig§ Pon Snglanb in Seutfd^lanb mit Pott=
fommener ©onPeränctät, tritt bagegen 3lnfpad^, iöaireutt), dtebe, Ütemd^atel unb
93alengin an ^^ranfreid^ ah ! 5llle ^^^roteftationen ©eorgs :^alfen nichts ; er fonnte,
ber 5)lad^t unb bem Unredlit toeid^enb, in einem päterli^en 531anifeft Pom 18. 5Jlai
1806 nur feine getreuen Untert^anen auf eine beffere ^ufunft Pertröften. 23ereit§
am 26. ^f^nuar 1806 pjar ein preu^ifd^el .^eer unter bem ©raren Pon Sd^ulcn=
ß50 ©eorg IH, Ä. ö. ©ro^Btittannien u. ^rtanb.
Burg in ^annoöer jur Sefi^ergteifung ber neuen Srtoei-fiung eingevüdt unb juni
jtueiten 5[ilalc toarb ^annoter preu^ifc^. '^lEein aud) biejer neue gewaltsame
3uftanb foüte öon fuvjer S)auev jein. ^tadibem in bem balb barauf folgenben
Kriege ätoi|d)en 9la|)oleon urib 5Pteu^en, te^tereg naä} ben @(i)Iad)ten öon S^ena,
@t)lau unb ^tiebtanb , jotüie nad} bem Xilfitev ^^vieben faft ^ei-trümmert toar,
roufben bie ^annoberfd)en ßanbe al§ bon ^^^^reu^en eroberteä Xenitorium angejei)en
unb ^JJtoi-tier mu^tc ben .^annoberanern ertlären, ba§ fie fortan yi'anäüfijd^e Unter=
tfianen feien, äöeiter rief bann baö S)efret tiom 18. 5luguft 1807 ba§ neue
Äönigreid) 2öeftpl)aten, aU Dotation für ben jüngften 5Brubcr ^J^apoleong, S^erome,
:^ert)or, äu beffcn Territorium bog e^^emalige Äurfür[tentf)um Jpannober gefd^lagen
tDurbc. 5J)er 9tt)cinbunb, 3U tDeI(i)em 3Beftpf)aIen geprte, gab ftet» SSeranlaffung
p neuen ßeiftungen unb Sontributionen, bie frf)on feit ^-al^ren auf ba§ üon t)er=
fd^iebenen |)erren occupirte unb au§gefogene ßanb gebrüiit l^atten. S3ei bem im
^. 1809 öon £)efterreid§ gegen ^Jtapoleon unternommenen neuen Kriege blieben
fteine Unternet)mungen gegen ba§ itönigreict) 2öe[tpf)alen , mte bie S)örnberg§,
fotoie ber 31*9 ^^^ •^ei-'äogS 2Gßtlt)elm öon 25raunf(i)tt)eig = £)el§, aU ju öercinjelt
unb fctitoad), ol)ne Sebeutung. ©nblid^ mürben fpäter no($ bie ©egenben ber
5)lünbungen ber (Sms, Söefer unb @lbe al§ neue S)eportement§, bireft jum fran=
jöfifc^en .^aiferreid) get)örig, erflärt, um ba§ öon ^Jtapoleon erfunbene 6ontincntal=
|t)ftem au(^ l§ier im ganjer Strenge !^anbt)aben ju fönnen. 5Jiitten unter ben
ungeheuren ißemegungen , meldtie in ben folgenben ^ö^i-'cn @uro|3a burd^^ucften,
enbigte fid^ , toenn aurf) nid)t ba§ Seben , bod) bie 9tegierung§tf)ätigfeit Äönig
(S5eorg§. 58ereit§ 1765 l^attenfid) bei it)m bie erften ©puren öon ©cifteöjerrüttung
gezeigt; beunru'fiigenber traten meitere 2lnfäEe im S. 1788 auf, fo ba^ fd)on
bamatS ber ^Utinifter ^.ßitt bem ^^^arlamente ein @efe^ öorlegte loegen Uebertragung
ber aUegierung auf ben 3:t)ronfotger; ba jeborf) ber ßönig fc^on im ^^ebruar be§
näc^ften 3^at)re§ mieber genag , fo marb einftmeiten jeneS @efe^ jurürfge^ogen.
Slllein narf) mieber^olten förmti(i)en 2öal)nfinn§ = ?lu§brü(i)en unb bei gänjti(|em
6rtöfd)en ber 33ernunft im ^. 1810 mu^te man auf ben 3^n^tt beg gebadeten
®efe^e§ ^urürffommen unb burd) $arlamentgaftc öom 2'J. Januar 1811 marb
ber ältefte ©o'^n @eorg al§ ^prinjregent an bie@pi^e ber 3tegierung gefteHt. —
■Jceun 3t<i^)i-c noä) bauerte bei fonft eiferner (Sefunbljeit ha§> traurige Ji'eben be§
''IRonard^en. i^n ^of)en luftigen ©älen, in benen , um jeben möglid)en 6dC)aben
äu öerl)üten, alle 2Bänbe gepolftert maren, loanbelte er, jute^t aud) ööttig erblinbet,
tröumenb unb gebanfenlog einher, big am 29. Januar 1820 ber Job feinem
Seiben ein @nbe machte. — Stlg naäj bem SLobe feineg SSatcrg ^^nebrid^ fidt) für
@. bie ''Äugfidit auf ben brittifcfien 3:^ron eröffnete, mar er nod^ ein ^nabe öon
13 3fal)ren. S)ie ©rjieliung in nid^t smedmä^iger 9lbgefd£)loffent)eit blieb faft
augfdtjlie^lid^ in ben ^änben feiner ^J^utter unb nur fie mar eg öorjüglid),
fcinegmegg einige unpraftifdfie unb pebantifd^e Seigrer, meldE)e auf bie Sntmidelung
feineg ßtiarafterg ben größten (Sinflu^ l)atte. 2Bar biefer bal^er in mand)er ^in=
fid)t fdiroff , toenig bicgfam unb l)artnäcEig eigentoiEig , namentlich in ber .g)tn=
fid)t, ba| \\ä) fbäter ber ^Jtann nid^t gern 3lnberen unterorbnete , namentlid^
nid)t in politifd£)em Seben — mie fid£) bag gerabe ein ÜJlonard^ in ©nglanb öor
aEen Slnberen oft mü^ gefallen laffen, — fo toeifen englifd^e (Sefd)id£)tgfc^reiber
l)ierfür alg (Srunb ftetg auf bie Butter l)in, bie, alg bie ^rinjefftn eineg Ileinen
beutfdien ^ofeg, bie Sbee ber abfoluten ©emalt beg 6perrf(^erg, bie gerabe bei
jenen fteinen ^'ö\m in l)öc^fter S3lütl)e ftanb , mit nad) ©nglanb gebrad^t 1)abe.
2)iefe ^bee marb burd) ©corgg fpäteren .^ofmeifter, ^inifter, nadfi'^er S3ertrauten,
ben Sorb S3ute, nod£) met)x genäl)rt unb führte fd^on in hm erften i^al^ren feiner
Ütegierung ju ben aufregenbften , bag politifdje Slnfel^en ©eorgg tief ^^inab»
brüdenben SSorfätten. Unter biefen fei nur furj ber äßilfeg'f d^en ©fanbale im
@eorg IV., Ä. D. ©rofebtittannien u. Stlaub. 651
^ai'tament, ber fulminanten ^umu§6rieie u. %. gebarfit. S)ie Unpoputarität
be§ ^önig§ fteigerte jic^ fo tt^eit, ba^ aufeer '•4?öbe(eicef|en fogar öerf(i)iebene
3lttentate auf fein Seben ftatt l^atten. S)er fc^roffe SBiberftanb, ben feine ^oüti!
bem Stnfinnen ber norb=amenfanif(^en (Sotonien entgegenfe^tc, bic ber politifciien
greifieit be§ 5JiutterIanbe§ t^eit^aftig ju toerben n)ünfrf)ten, füt)rte ,^u bem un=
gtücEtic^en {^rieben öon 17S3 unb bem S5er(uft jener fc^önen Sänber. 3tuf ber
anberen (Seite '^at e§ aber aurf) in (Snglanb tool 5liemanb gegeben, ber ben
großen Sugenben be§ 93ionarrf)en, meli^e neben jenen ^^efilern ^ert)or(eud)teten,
nic^t bie '^öd^fte 9lrf)tung gejottt l^ätte. @. ttar ein rerf)tfrf)affener ^Jlann in ber
öoEften Sebeutung be§ 2ißortc§, ma^r^oftig, treu, unb öon innigfter, toa^rer,
nirf)t f)eurf)Ierifrf)er unb fd^cinbarer g'i-'ömmigfeit burc^brungen. ©ein i)äu§tirf)e§
Seben mar ein dufter in jcber Sejie^ung bon 5türf)tern^eit, i?'eufrf)'^eit unb 6in=
fac^'fieit. ©eine liebften ßr^olungen maren 3lu§flüge auf feine tdnbtid^en @üter,
mo er firf), ganj ber 'Jcatur lebenb, gern mit Ianbmirtl)f(^aftli(^en 33erfuc§en bc=
frf)äftigte. ©an^ gegen ba§ Sßeifpiel feiner beiben 33orgänger lebte er, bie e'^etit^e
Sreue aud^ nic^t in @ebanfen öerle^enb, mit feiner (Bema|tin ein gtücflic^ ^äu§=
(irf)e§ Seben. @r toor öermätjlt feit bem 8. (September 1761 mit ber ^rinjeffin
6!§arIotte öon ^ecEten6urg = ©treli^. SBie erjätjÜ toirb, fo foK ein 33rief ber=
fetben, in melc£)em firf) ganj if)r ebler G'fiarafter unb i^r gute§ meid£)e§ .!perä
au§gefproc^en l^abe unb ber äufäHig ^ur ^enntni^ bei ^önig§ gefommen fei,
biefen fogteid^ bemogen t)aben, um bie ^^rin^effin au toerben. (Sieben ©ö'^nc
entfproffen au§ biefer glücflic^en (k^t: @eorg, ^Prinjregent unb 51arf)fotger,
g^riebricf), Jperjog üon 'Ojorf, Söif^elm, -^er^og öon Gtarence, fpöter öon
1830—37 ^önig öon ©ro^brittannicn unb ^annoöer, ©buarb, ^er^og bon
Äent, ftarb 6 Sage öor feinem S5ater, eine einzige Sorfiter, Sßictoria, je^t .Königin
öon ©roPrittannien , t)interlaffenb , ©ruft .Sluguft , ^erjog öon 4umber(anb,
öon 1837 — 51 ^'önig öon ipannoöer, Sluguft O^riebrirf), .^er^og öon ©uffer,
unb 3lbo(pl^, öer^og öon ßambribge, unb au^er i^nen fe(|§ 2;ö($ter. 6ine
©c^mefter be§ ^önig§ mar jene unglürflic^e (Caroline ^[Ratl^ilbe, Königin bon
3)änemarf, bie in O^otge ber am Äopent)agener ,g)ofe entftanbenen 5patoftreöotution,
bie ben @rafen 5Branb unb ©truenfee ba§ ßeben foftete, unb in melrf)e man
bie Königin gern at§ 5Jtitfcf)ulbige öermirfett l^ätte, öon i^rem @ema^( getrennt,
gteit^fam öerbannt, in Gette ein frül^e§ (Snbe fanb. ©c^aumann.
®eorg IV. (Stuguft {yi-'iebric^), ^^rin^regent unb Äönig öon (Sro^=
brittannien unb ^rtanb, ^önig öon ipannoöer öon 1820 — 30, ber ältefte ©o'^n
be§ SBotigen, marb geboren am 12. 2luguft 1762. 53on ber 9iatur mit ben
g(ürftirf)ften Einlagen au§geftattet , furfite man biefe burd^ bie forgfältigfte (5r=
jiel^ung meiter auSjubilben. 9(ber man öerfaf) e§ mit berfelben in manrf)er ^in=
fi(^t. @anä ben ftreng toriftifd£ien 9[nfic^ten be§ 35ater§ angemeffen, ^ielt man
ben ©o^n ftreng abgefrfjloffen öon 2tnberen unb getöäi)rte il^m toeber 3Ibmed^§=
(ung nodt) ba§ geringfte unf^ulbigfte U^ergnügen. 9)^and^e ©d^madC)f)eit ber
^)Jiutter, bie fie fid& gegen it)ren Siebüng§fof)n ju ©d^ulben fommen lie^, mag
üud) übel eingetüirft l)aben. S)ie ^^-olge öon aÜem biefem toar, ba§ &., al§ er
im S- 1783 für majorenn erflört tooiben mar, um fi(^ für ben biäfierigen ^toang
3u entfd^öbigen , fid^ fofort bem auSgelaffenften Seben f)ingab. 3uf^"ft i^diiä)
frf)ien e§, al§ menn e§ l^auptfödfilidt) bie ^olitif fein folle, melctie il)n befc£)äTtigen
mürbe, inbem er mit ben genialen Männern ber äö^ig = Gppofition , ©^eriban,
$urfe, ^0? u. 31. in genaue 3]erbinbung trat; allein batb geigte firf), ba^
fi^limmere Seibenfrf)aften über il^n jur ^errfd^aft gelangen mürben: 33erfd^mcn=
bung, ©piel unb jebe anbere 2lu§frf)meifung in finnlid^en ©enüffen. Unter ben
öielcn ©eliebten feiner frü^eften ^ai)xt toirb namentlid^ eine 5Jlrg. 9tobinfon
g52 ©eotg IV., ß. b. ©rofebrittannien u. 3fi:Iattb.
genannt — toetd^e fpäter aud) einmal mit unangene'^men gnf^üEungen au§
jener 3eit gebro^t Ijat. 5Jlit ßiBertinS, unter benen ber nichtsnutzige ^Jlr.
58rummel obenan [tc^t, tnurben 2;age unb 5lädt|te mit garofpiel unb anberen
2lu§f(i)ir)ciiungcn bur^gebrad^t, — ein S)ert)ättni|, n}a§ lebtiait, tüenn man füni
berjeinernbe ^atir'^unberte mit in 5lnf(^tag bringt — an ba§ be§ späteren ^önig§
^einric^ V. öon ßnglanb äu fetner noblen $Banbe erinnert, aur geit aU er nod^
Äronprin^ mar. 2)a bie ginfünfte be§ ^rinjen 3U bem berj^menberifdtien 3lui=
manbe be§ crften ©entlemanä bon gnglanb, mie fid) ® gern ufuncn lie^, balb
nid)t met)r 3ureid)ten , jo tjäuften fid) ©c^utben auf 6d)ulben, unb al§ er fi(^
fogar ^eimlid^ au^er )eanbe§ burd§ einen fat^olifd^en ^^iriefter mit einer !att)o=
Ufd)en 3)ame, ber fd)5nen unb liebenäwürbigen äöittme gii^tjerbert, trauen liefe,
|üt)rte bieg SSer'^ältnil a« gänaUc^cr 3}erfeinbung mit feinen ßttern, meld)e bei
foId)er ot)ne i^re einmilligung eingegangenen S3erbinbung nur eine prin^lid^c
gjtaitreffe in jener S)ame erfennen moEten. S)a ®. enblic^ feiner get)äuften
©c^ulben megen nirgenb einen ?tu§roeg \ai) unb nur eine Serföljnung mit feinen
gltern it)m bie Mittel ju bereu Xitgung bot, fo fam e§ jur Trennung jener
33erbinbung unb jur ßinge^ung einer anberen, meld)e ben 2öünfd)en ber ©Itern
unb bem eignen fronprinalidien ©tanbe gemäfe mar. 5Im 30. S)ecember 1794
toar bie SSerlobung @eorg§ unb am 8. Stpril be§ fotgenben S^at)rc§ bie Sßer=
mät)lung mit ber ^^Prinjeffin Caroline bon SSraunfdjmeig , Sodjter be§ C^erjogä
ßarl äöiUjelm gerbinanb unb ber ^rinjeffin 2lugufte bon ßngtanb, @d)tüefter
@eorg III. ©ine Ql)e, meldte mie biefe, nur ju bem 3med gefc^loffen mar , bie
5}littet äur 5Beäal)lung bon 682000 ^:pfunb (Sterling ©d)utben tjerbeipfd^affen,
tonnte feine glüdlit^e fein, ©c^on 1796, nac^ ber ©eburt ber ^rinjeffin 6i)ar=
lotte, trennten fid) bie beiben ßtiegatten, roorauf bie ^^ronprinjeffin gteid)fam aB
Sßerftofeene juerft in einem 2anbt)aufe p Slat^eaf^, fpäter auf Üteifen, jule^t
auf einer S}itta am (Somerfee if)r Seben anbrachte. 6ine eljenmlige ©eliebte be§
^rinjen, 9Jlr§. Werfet), fott burc^ ^to^i'^enti-'äsereien ben erften ©amen be§ 5Jlife=
t)erl)ättniffe§ gelegt unb üeranlafet ^aben, ba| ]ä)on im^. 1806 Unterfui^ungen
über ba§ Setragen ber Ävonprinseffin eingeleitet mürben, meld)e jebod) für biefe
nur red)tfertigenbc Ütefuttate ergaben, '^taä) biefer Trennung begann @. bon
gteuem fein au§fc^toeifenbe§ 2eben unb aud) jene ^h'§. gi^'^erbcvt foE il)m
toieber nät)er geftanben "^aben. ©eit bem 29. S)ecember 1811 mar ®. jum
^Prinärcgent bon ßnglanb für feinen ber 3iegicrung unfäljig erflärten S3ater er=
nannt morben. @r tierfolgte nun unter Seituug ber bamaligen ^Jlinifter ben feit
S^a'^ren eingefd^lagenen ®ang ber englifd^en 5politif. Semgemäfe naf)m er aud§
an attcn großen ßreigniffen ber fotgenben ^al)re iL^eil: an bem ©turjc 9Zapo=
leon§ unb an ber neuen 2lnorbnung ber pDtitifd)en 9}erl)ältniffe @uropa§ auf
bem SBiener ßongreffe unb ben beiben i^ricben§fd)lüffcn ju ^ari§. 3ln ben
Kriegen, meld)e ßnglanb für jene großen 3mede gefül^rt l;atte, t)atten aud)
'^annoberfi^e Gruppen, befonber§ in ©panien, ©übfranfreid) unb juletjt bei
Söaterloo ben rü^mlid^ften 2Intl)eil genommen. 3ll§ cnblic^ &. nad) bem 2;obe
feine§ 5ßater§ mirtlid)cr .J^önig bon ©rofebrittannien , ^i-'lanb unb |)annober
gemorben mar unb feine Krönung für fol(|e Söürben ftattfinben foEte, traten
25erlegenl)eiten ein, bie ^u ben ©Eanbalen ber ärgften 3lrt fü'^rten. 5Die Königin
Caroline, über bereu SSetragen, namentlid) über i^re ©teEung ju bem Italiener
SSergami, meldier auf i^ren 3fieifen it)r fteter 33egleiter unb fpäter i'^r ©ünftting
gemorben mar, feit 1813 fernere Unterfu^ungen ftattge'^abt l)atten, erfd^ien plö^=
lid) in ©nglanb, um i'^re 9led)te al§ Königin geltenb ju mad)en, mit bem 35er=
langen, jugleid^ mit il)rem (Sema'^l gefrönt ju meibcn. S)er ärgerlid£)fte ^rocefe
mit ben ärgerlic^ften 3)erl)ören angeblid^ beftod)ener S^usert "-i^^ anberen Unter=
fud)ungen bradt) bon 51euem au§. S)a§ fSoit ftanb entfd^ieben auf ©eite ber
©eoxg IV., Ä?. 0. ©toBbrittannien u. ^itlanb. 653
Äönigin imb bro^te mit ben fm'ci)tBaTften ^emonftrationen. 2I(§ bte Königin
jur 2^ei(naf)me an bet Krönung in bie Äircf)e bringen n3olIte, )^3axh fie buvcf)
bic firutatfte ©etoalt • bavan Oer^inbert. äBenige Jage barauf erlöfte i'^r Job
i^ren (Bema'^t ^loar öon ^anbgreijtic^en 23erlegcnt)eiten , allein auf ber anberen
(Seite tau(^te ber 5)erba(f)t eine§ fd^toeren SSerbrecfienö auj. öatte bod) bie Jobtc
öerorbnet auf i^ren©arg bie i^nfc^rift ^u je^en: (Carotine, -öer^ogin tjon 5öraun=
fc^lüeig, ermorbetc .Königin öon ßngtanb ! 5la(^ ben 33e[timmungen be§ Söiener
6ongreffe§ fielen , außer bem angetretenen ÖaucnBurg , bie atten ^^roöinjen be§
^urftaatg .^pannoöer, öerme^rt mit §itbe§^eim , Cftiriestanb , C'ingen, '^epptn
unb bem nörbti(J)en ßic^sfelb it)rem legitimen ^errn tüieber p, ber biefe üer^
einigten ^efi^ungen feit 1814 jum -ßönigreii^ ^annoüer ert)o6. 2!er öftere
Uebergang biefer ^s^änber in frembe |)änbe ^atte §ier fc^on man(f)e§ 3ttte burc^=
einanber geroorfen unb neue 33er^ä(tniffe geftf)affen. 2;ie 3eit ferner ^atte ganj
anbere ©taat§anf(f)auungen ^ertiorgerufen ; fo tonnten bie Ser^ättniffe eine§ con=
ftitutionellen ^önig§ Oon gngtanb ju feinen beutf(^en Staaten, bem nunmehrigen
Ä^önigreic^ ^annoüer eigenttid^ nicf)t mo^t tit bisherigen abfotutiftifc^en bleiben,
fonbern auc^ §ier bertangte ber ^eitgeift 51eue§. 5Jlan hoffte ba^er l^ier ber
3ufage bes § 13 ber 3?unbe§afte gemä§, auc^ auf eine 35erfaffung, in melc^er
\\<i} ettoag bon bem freifinnigen engtifi^en Seifte tüieberfpiegette. 2) enn bie übrigen
poiitifc^en Schritte @nglanb§ in ber großen eurobäifc^en ^olitif, Söeigenmg
jum ^Beitritt ber ^eiligen ^tlliauä, '»IRifebilligung öon allen .^anbtungen unb
(Srunbfä^en, metc^e auf allen ben fotgenben eurobäifc^en Gongreffen aulgef^rocfien
tDurben, tDet(i)e jur -öebung unb ^^eftfteÜung be§ 3lbfotuti§mu§ abget)atten rourben,
üe|en für bie innere ^JerfaffungSenttoicfelung be§ Äönigreic£)§ ^annober etroag
ertoarten. allein man faf) fii^ babei fe^r balb getäufdit; bie neue nunmehr
entftanbene ^annoöerfcfie 3}erfaffung ^atte trenig 9te^nti(^feit mit ber englifd^en,
fie blieb bie beutfi^ = monar(i)ifct)e. S)er @ang ber (änttoicietung in biefer Sc=
jie^ung ift ettna' folgenber: 3unä(f)ft tourben al§ Ö)runblage toeiterer ?Iu5bi(bung
für ^annoöer naii) ben Sefreiungshiegen alle bie alten 3}er[)ältniffe öon 1801
broflamirt. S;a§ ^Jlinifterium in ^annoöer mit allen feinen alten Steckten warb
toieber eingefe^t, ebenfo bie englifc^e ^an^tei in Sonbon, je^t unter bem Sorfi^e
be§ Örafen 5Jlünfter, ber wä^renb ber franjöfifi^en 3eit niit mehreren DJ^iffionen
betraut unb baburc^ bem föniglidien ."paufc befannt gemorben unb nä^er getreten
tnar. ^n biefer «Stellung toarb er bie erfte politifdie, ber <Baii)t nac^ auct) faft
bie allein ^crrf(^enbe ^evfontic^feit in bem neuen ilönigreid^. Unter ben neuen
Slnorbnungen, meiere in bemfelben nötf)ig waren, tcar ber roid)tigftc ßJegenftanb
bie ftänbifc^e 53erfaffung. Sie 33eftanbtf)eite beö atten ^urfürftent^um§ bitbeten,
abgefel)en öon fteineren ^^arjellen, a^t öerf(^icbene güi'ftent^ümer unb @raf=
fc^aften, 3u benen 1803 Dsnabrürf unb 181-1 ^itbeg^eim unb bie anberen 6r=
Werbungen beg SBiener 6ongreffe§ ^injufamen. ^^aft alle Ratten i^re befonberen
Stäube, bereu 5Red)te unb (Einrichtungen firf) aber fämmtlic^ nur auf ':partifular=
31ngelegenl)eiten einer jeben ^roüinj belogen, i^ebe Sanbfd^aft ^atte i^re eigene
Drbnung unb einen für ficf) abgefonberten .öau^fialt ; febe beforgte if)re befonberen
proöinäietten 3tu§gaben, fo ba§ Steuergrenjen ba§ Sanb na(^ allen Seiten ^in
buri^f^nitten. S^ie einäige (Semeinfd^aft aller ^^roöinjen war ber gemeinfrfiaftlic^e
Sanbe§^err. 31tlgemeine :^anbe§angetegen"^eiten liefen fi(^ mit i^nen nici)t traf=
tiren, ba^er war eine ^eränberung im @eifte ber Qtit not^wenbig. S^er ein=
äuf(f)lagenbe äöeg tonnte nicf)t jweifet^aft fein. (Sine SJer^anbtung mit ben
einzelnen 2anbfct)aften war au§fi(^t§lo§. Äraft be§ Souöeränetät§rec^t§ ging
ba^er bie 3fiegierung einfeitig öor unb berief burd^ ein gteffript be§ ^^riujregentcn
d. d. (Sarlton=§oufe öom 12. 5(uguft 1814 eine allgemeine Stänbeöerfammlung
für ben S)eccmber beffelben Sa'^reS, weld)e aud^ in§ Seben trat al§ proöiforif(f)c
654 &eox% IV., Ä. ü. ©ro^brittannien u. Srtanb.
allgemeine ©tänbeöerfammlung. S)ie ütedite berfelbcn luaten bov atten S)ingen
33eftimmiingen über bie 3trt unb bie 3<i^^^- in toeläjm bie t)ci;j(i)icbenen lanb-
[tänbifd)cn ^övpevfdiQiten an jener allgemeinen ©tönbeberfammlung 2:]§eil ncl^men
joKten, bancben 9leglement über ©efd^äftaorbnung. ©i? tagte in ©iner 33erfamm=
lung. 6ine 5Xenberung be§ 35erl)ältniffe§ jtüiji^en 9lcgenten unb Unterf^anen ift
bamtt im Slügemeinen nid^t getroffen, benn e§ i)ieB au§brüiilic^ : „S)ie big^erigen
altftänbifc^en gie(i)te fottten fortbauern". @o mufetc c§ äurS^it ber ®ntftef)ung
be§ il'önigreic^g bleiben. S)er SCßiener 6ongre| t)atte nod^ nid)t über lanb=
[tünbifd^e ^)led)te in beutfc^cn ßinjelftaaten entfd^ieben , überbem I^iefe e§ : „man
müfje erft bie grfa^rung maücn taffen". (35gl. ßuben, S)a§ J?önigreid) ^annoüer
nad) feinen öffentticfien 33ert)ältniffen jc, 1818, unb: ^;ur ®efd)id)te be§ Ä5nig=
rei(f|§ ^annober in ben erften ^^a'^rcn nad) ber ^Befreiung. 5lnont)m, jebod) üon
giel)berg.) D'^ne 3^eifet l^at biefe iprobiforifc^e allgemeine ©tänbeüerfammlung
maudC)e§ @ute geleiftet. 5luf bie alte Drbnung geftcitt unb öcrtoirfen, fd)onte
fie bie 6igentt)ümtid)feiten bcrfetben möglic^ft; bennod) mufetc unbermeiblid) ein
großer 2;t}eil babon aufgeobiert tüerben unb ba^ fie fid) l)ierp l^erbeilic^ tvax
ba^ (Srgebni^ be§ ftüglid^ öon ber 9tegierung getoä^^Itcn (5infammerfl)ftemä. 5£)cm
©lunbbefi^ mar in biefer l^ammer ein übertoiegenber 9lntf)cil an ber 9}ertretung
be§ Sanbeg ^ugemiefen. S)ie§ lag in ben alten l^unbertjä^rigen 3lnfd)auungen
ber Untertt)anen. Unter 102 Sieputirten maren 55 SiJertreter be§ ©runbbefi^eä
unb unter le^tercn mieber 47 Titterfd)aftlid)e 2;^eilnc'^mer. 3ll§ bann im :3\ 1819
bie Ütegierung ben 3ntbun{t jür gefommcn ^ielt, ha'i big'^erige ^roöiforium auf=
anheben, mar bem äu fd)affenben 2)efinitit)um bie in 2)eutf(^lanb l^errfdienbe
politifc^e Strömung uii^t günftig. ߧ mar ba§ i^a^r ber Äarl§baber )Befcl)lüffe
unb ber ?lu§legung be§ 2lrt. 13 ber Sunbe§afte im ©inne beä ftreng monar=
d)ifd)en ^rincipS. 3)er ®raf gjlünfter "^atte mätjrenb feine§ langiäi)rigen ?lufent=
l)alt§ in (Snglanb unb feine§ SSerfe'^rg mit englifd)en ©taat§mönnern mäl)renb
ber Dccupation§3cit einige freifinnige 3tbeen unmillfürlid) in fid) aufgenommen
unb fam mit fold)cn nad^ bem äBicner ßongreffe. 2)iefe temporären freifinnigen
Slnmanblungen toaren jebod) bafelbft burd) bie continentalen 9lnfd)auungen unb
ba§ , ma§ er öon ©eiten ber übrigen föro^mäd)te fa"^ unb l^örte , balb ööllig
öcrbrängt. S)a nun aber einmal fcft befd)loffen mar ba§ ^:)3roöifürium burd)
eine neue S5erfaffung ju erfe^en, fo galt e§ nunme'^r eine fold)e jeitgemä^e p
entmerfen. @§ mar bieg <Badcjt be§ ^inifteriumS in ^annober, bor allen Singen
aber miebcr be§ bamaligen faft allmäd)tigen unb einflu^reid)ften ÜJlitgliebe§
beffetben, be§ ^Jlinifterg b. 33remer (f. o.). $erfönlid) meniger ba^u bcfäl)igt
geriet^ bie Slrbeit in bie |>änbe feine§ ^t1). C^abinet§ = ©ecretär§ ^}let)berg, ber
eigentlichen ©eele ber l)annoberfc^en ülegierung; biefer, ma§ ftaatSmännifd^e 2^n=
tettigenj angel)t, al§ bie befäl)igtfte 9{egierung§ = 5lutorität , boUenbete aud^ bie
Slrbcit. ©ein (Sntmurf erljielt in ^annober unb bemnäd)ft in Sonbon bie @e=
ncl)migung unb mürbe mit menigen unb unbebcutenben Slbänberungen aU fünftige
l^annoberfd^e ßanbe§berfaffung proHamirt burd) ba§ patent bom 7. S)ec. 1819. —
^n bicfem @efe^ ift ba§ 3mci!ammerft)ftem eingefül)rt. ^n ber erften Kammer
fa|en bie ©tanbeS'^erren, bie ^Prälaten unb bie 9litterfd)aft. ^n ber atoeiten
l^atten unter ben übrigen SDeputirten bie ber ©tobte ba§ entf(^iebene Uebergemic^t.
Sie Steinte ber ©täube übrigeng mürben im 5lllgemeinen nic^t er'^öljt, fonbern
blieben mefentlid) bie ber probiforifd)en ©tänbeberfammlung nnb biejenigen,
meiere borl)er fd^on ben 5)ßrobin3ial=ßanbftänben jugeftanben "Ratten, nämlidl) 33e=
milligung ber ©teuern unb 9)litbermaltung berfelben unter £)berauffid)t ber
ßanbeS'^errfd^aft. Sei ber attgemeinen Sanbeggefe^gebung :^atten bie ©tönbe nur
ba§ 9f{edf)t ber 3urat^eaie:^ung , ber gutad^ttid^en ?leu§erung unb ba§ Üted^t ber
SJorfteltung , !eine§meg§ aber ba§ gied)t ber eingreifenben St^eilna^me. ©old^e
©eorg IV,, SL b. ©roßbrittannien u. 3tlanb. 655
25et|af|ung§gi-unbfä^e, toeldie ben oBigen Sefttmmungen entgegen geftanben l^ätten,
öerwivrt ber § 6 beg ^^atentg auebrücfüd^, unter bem 5öortoanbe , „ba| fte nod^
nic^t betoäf)rt feien", toic fotc^ergeftatt fc^on irüf)et öon ber 9legicrung ben
©tönben 3)Wt{)eilungen gef(i)ef)en feien. ^Mt biefer SJerjaffung toarb ba§ Äönig=
reict) bi§ jum ^. 1833 regiert unb ber ©taat bamit notfibürftig in Crbnung
ge'^atten. 5£)ie '^errfdienbe ablicf)e ^:partei fuc^te fic^ noct) fefter gegen jebe ^Kegung
gegen ftcf) au fiebern, burci) ba§ ^Princi^), ba^ jebe 5tnftet(ung eine§ ©taatSbieneri
mit bem 35orbet)aU ber j?ünbigung, — natürlid) einer uriHfürlidien , gefc^el^e.
^nbuftrie gab es fo gut wie gar ni(i)t; man moUte fie auc^ nic^t; man rooEte
nur einen 5lrferbauftaat, meit bie 5}litgtieber beffelben genügfamer unb nidf)t um=
blicEenb finb. S^a§ einjige gute toar, ba§ bie ginanjen in normale Crbnung famen
unb ber ßrebit be§ Sanbeg feft unb unerfc^ütterlic^ ftanb. ©rft ba§ ^. 1833
brad)te nad^ manchen ©türmen ein jeitgemä^eS ©runbgefe^. ©eit bem 3. 1816
toar ätoar ber |)eräog üon ßambribgc (f. o.), ein jüngerer trüber be§ ^önigg (B.,
al§ ©eneralgouöerneur be§ ^önigreic£)§ nad^ |)annoöer öerfefet. StIIein biefer
gute unb braöe ^:pNrin3 toar nt(i)t ber 5}lann bamac^, in irgenb einen S'^^^% ^e^"
9iegierung felbftänbig orbnenb ober änbernb einzugreifen. @r biente nur baju,
ba§ töuiglidie |)au§ in ben beutfc^en Staaten öu^erlict) ju ret)räfentiren. S)er
©d^toerpunft ber Üiegierung blieb ftetS bie englif(^e ßauätei unter bem ©rafen
«»lünfter. allein felbft jeneg ^patent öon 1819 fc^ien gjtanc^em in feinen 3u=
geftänbniffen f(i)on ju toeit ju ge'^en, namentlid) lag ber ?lbel bieferl)alb bem
trafen 5Jlünfter in ben D^ren. 9Jtan :^atte erfahren, baB fein S3erfaffer, ber
©e^eime ßabinetgraf^ 9tePerg, no($ S}erfaffung§pläne ^abt, um toeiter aui^
bie gfJed^te be§ 9lbel§ me'^r in 2Iu§glei(^ mit benen ber anberen ©tänbe ju bringen,
gjlan fritifirte bal^er einzelne 5]3unfte be§ ^:patent§, in toeldjen man Sln^lt er--
blidtc, um baran fpäter 3Beitere§ 5U fnüpfen unb lie^ es an SSortoürfen gegen
ben ^inifter Sremer, ben oftenfiblen 3}ater be§ ^:patent§, nidlit fehlen. S)iefer
ftatt ba§ 2Ber! , toa§ unter feinem Flamen erfc^tenen toar , ju üert^eibigen , gab
bie @enugtl)uung, \)a% er ben toir!li(^en Serfaffer, ben ©e'^. gabinetSrat:^ 9tef)=
berg aufopferte, unb i'^n au§ bem S)ienft entfernte, toä'lirenb er felbft rul)ig im
Slmte üerblieb. S)er 35erluft Die^berg'i, jebenfaEg ber geiftreic^fte ©taatämann,
ben ^annober in neuerer 3eit gef)abt '^at, toar ein nicf)t ffoä) genug an3U=
fd)lagenber Serluft. 3m ^erbfte be§ ^. 1821 befucl)te ^önig @. feine beutfdien
©taaten. S)er Ü)runb ber Ütetfe toar aber fc^toerlit^ ber , biefelben burc^ eigene
Slnfd^auung fennen au lernen ; bielmel^r toar biefe gieife f otoie bie eben üoÜenbete
irlänbifcl)c nur eine politifc^e 5lnorbnung, um ben ßönig auf längere 3eit bon
ßonbon ju entfernen, too bie Slufregung gegen if)n, namentlich toegen ber f!an=
balöfen ©treitigfeiten mit ber Königin, auf§ ^ödiftc gefticgen toar. ^Jlan ll)offte
mit dieä)t, bafe ficf) folc^e toä^renb einer längeren ^eit legen toürbe, in ber man
ben ©egenftanb berfelben nid^t bor 9lugen ^aU. S3ei fol(i)em 3}er^ltniB erflärt
ftc^ leid)t, ba^ eine folciie ^Jteifc für §annoöer gar leine bleibenbe Sebeutung
f)aben fonnte. S)ie 3eit ging l^in in nie enbenben raufc^enbcn gcftlid^leiten unb
Suftbarfeiten, miäjt angefteHt toaren, um bie '^olien Säfte ju öergnügen, toeld^e
öon allen ßnben :^erbeigeftrömt toaren, um einen Äönig öon ©nglanb ju begrüben.
®. felbft, fd^on lange !ränflid^ , förperli(i) faft unbetoeglicl) burd^ gi(i)tifc^es
Seiben, fonnte an ben toenigften jener ^efte f^eilnetimen unb öermodt)te nur mit
äu|erfter 2lnftrengung ftd^ feinen Untert^anen einige 5)^0 le öon 2Beitem ju geigen,
^it if)m toar fein ^inifter Sorb Gaftlereag^ gefommen, ber mit bem gleid^faüs
crf(f)ienenen f5fürften ^etternic^ ettoc§ grofe europäifdl)e ^^olitif getrieben :^aben
mag ; innere ßanbcgangelegen'^eiten finb nid)t jur ©pjcai^e gefommen. S)ie ßr=
lebigung einiger ©nabcnfa^en fotoie bie 2ßo:^lt|at ber 9luf^ebung ber abcnblid^cn
S^orfperre für bie ©tabt ^annoöer finb bie einzigen bleibenben 9tefultate ber
656 ®eoicg IV., j?. ö. ©roßbrittannien u. ^J^lanb.
Slntüefenl^eit ©eorgS in feinen beutfdjen Staaten. Salb nac^ feinev Ütüdfel^r
nac^ gngtanb tüovb fein ^ame noif)mal§ in einer ävgevli(f)en ^Ingelegen^eit ge=
nannt. ©eit bem 2obe be§ .^erjogS f^riebnc^ 2Gßilt)elni öon 33raunfrf)n)eig-Del§
in ber ©(i)Ia(^t Bei QuatrebraS 1815 toar bic 25oi*mnnbjct)aft feiner beiben ©ö^ne
auf ®. übergegangen. @raf fünfter l^atte (Special = SSoIImac^t , bie biefer'^alb
nöf^igen 5lnorbnungen ju treffen , beren 2lu§füt)rung auf bem kontinent bann
bem ®ef). Oiat^ ©(^mibt = ^$Metbet jufiel. 9lt§ mit bem ^. 1823 bie fSoU--
iätirigfeit be§ ^rin^en Äart unb ber eintritt feiner ülegierung erfolgte, fott @raf
■»Dtünfter öor^er öergeblic^ gen)arnt unb geratl)cn Ijaben , fotc^en ^^itpunft noc^
roeiter l)inau§3uf(i)ieben , inbem er ben '^riujen für ein l)ol^e§ 3ftegentenamt nodi
nid^t für befähigt l)atte. S)er ©rfolg reditfertigte nur 3u fel^r fotrf;e 93eben£en.
2)ie mi($tigften 3lemter in 23raunfd)lt)eig tourben öom .^erjog ^art mit ben
jmeibeutigften Kreaturen befe^t unb ber bi§l^erigc ?Jtitüormunb , ö. ©c^mibt=
3ßl)ifclbe! mu|te, um fein Seben ju retten, au§ bem ßanbe fliel^en. .Iperjog ^axi
rii^tete barauf eine @rf)ma^fcf)rift gegen feine bisherigen SSormiinbcr mit ber 2ln=
flage , feine ©rjie'^ung abfirfjtlit^ fo geleitet ^u ^aben , um tlju unfähig ^ur
Ülegierung ju machen. Sraf 5)lünfter üert^eibigte \\d) unb feinen Äönig mit
ber ©d^rift: „Sßibertegung ber ef)tenrü'^rigen 33cfcl)utbigungen, meli^e ©eine
3)ur(^taud)t ber .Iperäog üon Sraunfc^meig fi($ gegen i^ren erhabenen Sßoxmunb
erlaubt ^aben", unb let)nte eine perfönlidtie ^erauSforberung jum ®ueE, bie er
öom .f)er^og empfangen l)atte, ab. 5Da§ Seben beffelben, üon feiner 9tegierung
unb SSertreibung öon Sraunfd^meig an big ,^u feinem Seben unb 2:reiben in
^ariä imb enblirf) in @enf, bilben bie befte ^ted^tfertigung für Äönig @. unb
ben trafen ^Mnfter. — ^n feinem ^ribatteben betraf ben ^önig (S. nmni^er
§orte ©(^lag; ber traurigfte mar ber Job feiner einjigen 2;ocl)ter d^arlotte.
S)iefe licbenSmürbige ^rinjeffin, berStolj ber englifc^en 'Station, geb. am 7. ^an.
1796, ^atte fic^ au§ perfbnlii^er Steigung mit bem 'iprin^en öeopotb öon ©act)fen=
Soburg, bem fpäteren ^önig öon SSelgien, ben fie bei Gelegenheit feine§ 58efud^§
in ßnglanb lennen gelernt t)atte, am 2. 'üJiärj 1816 öermä^lt, aber fc^on am
5. 9toöember 1817 ftarb fie im etften Äinbbette. ^m S- 1827 ftarb ferner
ber Siebling§bruber be§ .^önig§, ^^riebric^ -^erjog öon 9)orf, in feinem 64. ^atjxe.
ÜJiit i^m öerlor ber i?önig feinen bemät)rteften greunb unb immermäfirenben
SSegleiter. Sommer einfamer marb ba§ Seben be§ ,ilönig§. S^m. legten 5Jtalc
jeigte er fid^ öffentlid) am 20. 3luguft 1829 bei ©elegen^eit ber ®runbftein=
legung be§ S)entmal§ für feinen 35ater ©eorg III. Unter ben erfdf)recfü(i)ftcn
©d^mer^en unb Seiben enbete ber 2:ob am 24. 3?uni 1830 ba§ ßeben ®eorg§ IV.
(5r l)at alte ©labten ber 33olf§ftimmung burd^gemadl)t. ^^opulär bi§ jum
^leu^crften im 3lnfang feiner ßaufbal)n !am e§ bal)in, ba^ ba§ 3}olf i^n ftcinigen
mottle. ,Spöl)er mie je ^ob fid^ unter i'^m bie Sebeutung @ng(anb§ al§ europäifd^c
©ro^mad^t, einerlei roclc^cS ©t)ftem im Innern be§ Sanbe§ öexfolgt muvbe, ob
ba§ be§ Sorb§ (iaftlereagl^ ober ha^ folgenbe (Sanning'§. S)em .g)annoöeraner
ftanb bei atter innigen unb ^äljen ^tn'^änglid^feit an fein ^yürften|au§ im 9ltt=
gemeinen bie 5perfönlid£)feit biefe§ „engtifcf)en" ßönig§ fern unb eine gemiffe
@teid^gültig!eit gegen i^n lie^ fti^ ni%t öertennen. @§ luar nid^t attein bie
nationale 9]erfd)iebent)eit — benn ®. fud^te feinen l§üd£)ften 9lut)m barin, ber
erftc ©nglänber mit atten feinen ©igent^mlid^reiten äu fein, — aud^ bie poli=
tifd^c ^Ibgefd^loffen'^cit toar ©tunb fold)er ©rfdieinung. 6in Ärei§ öon Männern
au§ bem beöorjugteften ©tanbe "^atte ]iä) ^mifi^en ^önig unb ba§ 35olf geftettt,
gleich einer ehernen ^auer, in mel(i)er e§ nur ein IteineS ^förtd^en gab, an
bem ber ©raf 9Jlünfter forgföltig äöad^e :^ielt, über Wittes ma§ liinein unb :^erau§
ging. Darum feierte fid^ aud^ ber .g)a§ be§ SanbeS '^auptfäd^lid^ gegen il^n al§
bie Duette atte§ Uebel§ unb trieb il§n öon biefer ©tettung in jener 3^^^/ ^^^
©cotg V., Ä. ü. ^QnnoDer. 657
nac^ bem 3t- 1830 bie großen europäifc^en SSeiDcgungen begannen. 6e roaxen
f(f)n)ere unb rool nicf)t unberechtigte ^efrfiulbigungen, bie man if)m öoiroavi.
2;agegen f)atte ber öerjog Don ßambribge in feiner Stellung aU (^eneral=
gouDerneur be§ Äönigreicf)§ toäf)renb ber 3. 1816 — 37 burc^ bie !2iebenöroürbig=
feit ieiner ^^erfon unb acfjtungöroürbigeg S3er^alten bie Jöerjen aller £)annoüeraner
gewonnen unb bne i^anb fa^ if)n allgemein trauernb fc^eiben , als anbere ^et=
lältniffe feine roeitere ^tnroefenfieit unmöglicf) macfiten. 5Jtit 3tecf)t fann man
iDo^I fagcn: er mar es, ber nacf) ben roecfifetOoIIen Saf)ren üon 1810 — 14 bie
9ln^ängli(i)feit ber ^annoüeraner an i^re 9tegentenfamilie öon 'Jleuem belebte
unb ftetö im 3Sact)fen eri)ie(t. ©et) au mann.
(gcorg V., f^i^if^ttii) 3Uejanber Äarl 6rnft 2luguft, fünfter unb
te^ter Äönig öon ^annoDer, töniglicf)er $rin3 Don @ro|6rittannien unb
^rlanb , .^erjog Don Gumberlanb , aus bem ^erjogücf)cn öaufe ißraunfcf)tt)eig=
i^üneburg, urfprünglic^ 2Belf=6fte, einjiger ©of)n ßrnft Slugufts, ,g)er,^og5 Don
(Sumberlanb, nac^f)erigen Dierlen .Königs Don .^annoDer, unb ber in bintter @^e
Dermä^ltcn ^^rinjeffin ^yrieberife Caroline Don 9JtecfIenburg=(5tre(i^ , geboren am
27. 5Jtat 1819 in SSerün, t am 12. ^uni 1878 in ^:paTis. Unter forgfältiger,
^auptfä(f)tt(i) Don ber 3Jlutter geleiteter ßrjic'^ung, Derbrac^te er bie ^ugenb^eit
t^eii» in ßnglanb , tf)eits in ^Serlin , tt)of)in ber SSater, in 5Jli§mut§ über bie
•Jinfna^me, melrfie fein potitifc^eS 9luftreten in ßnglanb gefunben, 1819, furj
Dor ®eorg§ @eburt, ben SBo^^nfi^ Derlegt ^tte. 5Zac^bem bas cngtifcfie ^^ar(a=
ment im 3uni 1825, auf bie Buf^ge einer engüfd)en ©rjie^ung ©eorgs, einen
3ufc^uB 3U ben .Soften berfelben bemilligt , fe'^rte ßrnft Stuguft mit bem So^ne
1828 nac^ Gnglanb jurücf, mo biefer bie 6lbonf(f)uIe befucf)te. Sijiefier be§
'^ringen roaren: Slbjutant, fpäter Cberforftmeifter D. S)üring, Dr. !^er unb 23or=
(efcr öofratf) Sobe. S)iefe übten jeboc^ entfernt nic^t ben Ginflu^ auf i!|n aus,
roie bie in potitifrf)er öinfidjt abfolutiftifc^ gefinnte DJlutter. 'änd) beren SSruber,
bem '^rin,jen .^art Don iltecflenburg , ftanb (5j. perfönliii) naf)e unb foE bem
3}erfef)re mit bemfelben feine erften eigentf)ümlic^en Sßorftellungen Don Äönigs^
roürbe entnommen ^aben. ©eine erfte miütärifd)e Umgebung bitbeten 'Jtittmeifter
D. .pebemann unb 3lbjutant @. D. lyxtie. ^n ber 5Red)t6n)iffenfc^aft unterrichtete
if)n Gonfiftorialrat^ ^Bergmann, fein fpäterer Gultusminifter. S;ie größte ^3lei=
gung jeigte @. Don frü^ an 3um Stubium ber ©efcf)i(^te, namentliä) auc^ ber
©efd^ic^te feines öaufe§. Seine ©tubien mürben jeboci) f(i)on ba(b baburc^ er=
f cuttert, ha^ bie ©efjfraft feines linfen 'ituges Dertoren ging; jttar gefc^a^ bies
3unä(^ft .in (volge einer .ßran!f)eit, es liegt aber auc^ bie SJermut^ung nat)e,
baB e§ auf einem erbli(i)en ^e^ler berul)te, benn nic^t nur f)atte ber ©ropater,
ber erfte l)annoDerf(^e .König, ©eorg III. Don ßnglanb, in :^öf)erem 911ter bas
9tugenlicf)t gan^ Derloren, fonbern auc^ ber 53ater mar auf einem ^iluge erblinbet.
6in unglü(flici)er S^^'^^ führte 1833 bie DöIIige ßrbünbung f)erbei. ^itä^eres
hierüber ift erft nad) @eorg§ Sobe 3um erften 5Jtale glaubf)aft allgemeiner be=
fannt geworben. 6in Slugenjeuge, Jy. 9Jlacfarlane Spong ju ßarlom in ^rlanb,
Deröffentlic^te unterm 22. ^uni 1878 in bei „2ime§" etwa g-olgenbe§: Söäl^renb
Ud) @. mit i^m unb bem ^^rin^en @eorg Don Gambribge im iölumengarten be^
S(f)loffe§ 5u 2Binbfor unterhielt, fcf)mang er me^rmal§ eine lange grünfeibene
33örfe mit großen golbenen Cuaften in ^orm Don Gi(i)eln an beiben 6nben in
ber C'uft f)erum unb ^ätte beinahe fein @efid)t fcfion einmal getroffen; ermahnt,
Dorfic^tig wegen feines 51uge§ ^ufein, lai^te er über fold)e ^^engftlic^feit; im 3tugen=
blicf barauf aber, als er bie 33örfe wieber ^erum fc^wang, fcf)tug er fie t)eftig
in fein recl)tes 2luge. 3Ier3tticl)c öülfe würbe folgenben 2:ag§ gefu(f)t , al§ Der=
mehrte 3ii)meräen feine 21)eilnat)me am xurnen ^inberten. ^m wefcntlic^en
StUgem. beutf^e »iogta^J^&ie. vm. 42
558 ®eorg V., Ä. ü. ^aitnoöer.
übereinftimmenb 'hiermit ift eine ^ittl^eUung öon £). Älopp in bei „S)eutfd)en
35o«§-3eitung" öom 25. SuH 1878, nur fott ^iernac^ (SJ. ju ©diloB i?ett) ben
35eutel in Ipielenber i5fi'"eube über ein eben öerabjoIgteS 9lImo|en gefdjttjungen
^bcn. ©ruft Sluguft, tt)eld)er \xä) um btc ©rjictiung beg @ol)ne§ toenig befümmerte,
iDoHte ftct) öon beffen toöttiger Srblinbung ni(^t überjeugen laffen, entließ jogar
bie Slerätc, toeld)c üjin bie äöa'f)r'f)eit gefagt, ungnäbig, lie^ burd^ ^eiltünftter
öerj{i)iebener ?lrt .g)eilöerjud)e anftelien unb reifte im ^txhit 1833 mit &. nad)
^Berlin, um biefcn ber 6ur be§ älteren ©räfe ju übergeben, Bei bem er jelbft
f(i)on 1827 eine folcf)e burt^gemadit. S)ie (Srblinbung im 3Ilter üon 14 i^a'fli.'en
würbe- für ben (S^araÜer unb bie ©c^idfale ®eorg§ unb in 5oIge befjen für ba§
®ef(i)ic£ beö Königreichs ^annoüer, öon ber größten Sebeutung. @§ War natür=
ü(^, bafi bei ber nunme'^r eintretenben SluSbilbung be§ ÖJel)ör§ (S. fi(^ me'Eir ber
''Dtufif ^utoaubte ; öon i5fi;eunben tnerben it)m fogar 6om))ofitionen nat^gerül^mt,
D. Kto^)p in§befonbere fagt in ber „S)eutf(^en 5öolf§=3eitung" "»Jlr. 1611 öon
1878, feiten l)abe jemanb eine fo reine, er'^ebenbe ^^reube an ber 9Jlufif gel^abt,
auf beren ©ebiete ®. eine fd)affenbe Kraft getoefen fei „burc^ eigene 6ompo=
fitionen unb burd) feine 5Jlebitattonen über bie äöirfung ber 9Jlufif." @§ war
aud) nid)t auffäEig, ba| fid| bei bem rein inneren Seben be§ 35linben in§befon=
bere religiöfcr 6inn enttüidelte; eigentljümlid) aber mar bie ©ntfte^ung einer
getoiffen 2)en!weife, meld)c immer melir ju Xage trat, nad)bem ber 35ater 1837
burd) ben 2;ob 2Bilt)elmö IV. öon ©nglanb auf ben SL^ron be§ nunmelir ]^ier=
öon getrennten Königreid)^ öannoöer Berufen War, in beffen .f)aupt[tabt @. mit
ber Butter am 15. ^uli, jWei Sßoc^en naii^ bem 3>ater, ben ©in^ug l^ielt.
3)urd) S3linbl)eit öon ber Söelt ber ti)irf(id)en Sl^atfad^cn abgefd)loffen, baute
fid) nämlid) ®. eine ganj eigene @eban!enmelt auf, in meldte er fid^ mit immer
größerer ©tarrl)eit l)ineintel)te unb beren (Srunblage eine ma^lofe, bie gegebenen
25ert)ältniffe , namentlid) .§annoöer§ unb S)eutfd)lanb§ unberüdfid^tigt laffeube
Ucberliebung bilbete, in metc£)er er ba§ ©ouöeränetätSgefül^l berart auf bie
©pi^c trieb, wie fein anberer ber beutfd)en i^-ürften, ja e§ mad£)te faft ben Sinbrud,
als ob er, geftütjt auf ba§ ^-l^orbilb feineS ftoljen, l)errifd^en, gemaltfamen S3ater§,
auf biefe 2lrt au(^ gegen bo§ ©d^idfal, n)eldf)e§ i'^n !örperlic^ getroffen, ju
opponiren gebäd£)te. 5£)er öor allem it)n be]^errfd£)enbe @ebanfe War ber öon ber
SSebeutung feineS ®efd^led^t§. 2)effen aUerbingS nad)Wei§6ar l§ol)e§ 3llter unb
bie 9lotte, weldf)e ba§ 2öelfentl)um öor ^fa^i-'^unberten in ber ©efc^id^te gefptelt,
fd^ienen il)m bie SJorfteüung gewedt ,^u |aben, e§ fei ba§ welfifd)e (Sefd^led^t
öon ber 3}orfcl)ung aud§ fernerl)in ju großen Singen beftimmt. S)a§ ßanb
^annoöer fd)ien er nur al§ 2lnfa^ 3u bem großen Söelfenreid^e ju betrad^ten,
ju beffen Silbung e§ burd^ einen x^etjin ber @efd)id§te öor 600 Sfal^ren nid)t
ge!ommen. ^^annoöer War i'^m audf) , burd^ feine Sage , Weil brei größere
glüffe be"^errfdf)enb unb wegen einer au§gebet)ntercn ©eefüfte ber norbifd^e ^n=
funftSftaat, bem äugletd^ bie iBel^errfdf)ung ber ^Jtorbfee pfaüen muffe. S)a§ @.
über'^aupt wagen lonnte, biefe an 9Jlanie grenjenben 5pl)antafien geltenb 3U
madtien, ba^ er e§ fpäter ba'^in bringen !onnte, einem ganjen ©taatäWefen im
@rnfte juäumutlien, benfelbeu nad^juleben, ha^^ war junädift öeranla^t burdf)
bie öon ©ruft ?luguft aufgefteltte, bann mit (Eonfequen^ unb fdf)arf burd)gefül)rte
f^iction, ba^ ®. fe^enb fei, inbem beffen Umgebung i'^m aEe§ fo barftellen
mu|te, als fel)le f^m nidCjtS an ber |^äl)ig!eit, bie S)inge äu^erlii^ ju erfennen.
Sie @rBlinbung beS Kronprinzen, öon weld£)er baS publicum amtlii^ ba§ @rfte
erft nad^ feiner 22. ^uli 1838 ftattgeliabten Konfirmation erful^r, fdE)ien audf)
für @rnft 3lugu[tS 2Bunfd^, bem Sanbe ^annoöer bie eigene D^naftie ju erhalten,
Bebrol^lid^. S)ie Sßerfaffung öon 1833, weld^e bie eigene 2luSübung ber 9ie=
gierung burdt) ben König öcrlangte, logifd^erWeife alfo einen SSlinben öon ber
®eotg V., Ä. 0. ^annoöer. 659
Sl^i'onfolge auS^ufd^Iie^en ]ä)xen, l^atte ßrnft 3iuguft gteicf) imc^ jeiner il^ron^
befteigung umgefto^cn unb bamit fetbft bte ^Jtögli^feit einer Dtegentfdiatt feines
jüngeren 3Bruber§, bee ^erjog§ öon Gambribge, befeitigt, toeld^er au§ ber ^txt
feiner früheren (5tattt)atterfc^ait .^annoöerg t)ier beliebt toar. @5 fam nun norf)
auf eine gcteifje 'Jtegetung ber einfügen 9tegierung be§ Slinbcn unb au^ beffen
batbige 9}crt)eirat^ung an. 3" erftcrem Qroed fe^te @rnft 5tuguft am 3. ^iuli
1842, o'^ne @int)otung ftänbifd)cr ßJene'^migung, einfadE) burd^ ^^atent feft , bafe
bie Unterf(i)rift be§ einfügen Äönig§ , n)enn er bünb bliebe, burc^ Saugen feft=
geftellt toerben foEte. 3*^01? eiblic^ ju berpflicfitenbe ^[Jerfonen tourben bejeid^net,
öon benen ^toei ju jebem Stete, roetc^er eine Unterfd^rift be§ Äönigg erforbere,
angezogen toerben unb bejeugen foüten, ba^ bcm btinben ^donardien bie 3Iu§=
fertigung in i^rer ©egentüart boüftänbig t3orgetefen unb Don i§m unterjeicfinet
fei, S)iefc (Sinrid^tung bot offenbar feine (Sidt)er^eit für eine eigene genügenbe
Äenntni^na^me bes fünftigen .^önig5 bar unb auc^ ber @influ§ jener ^toötf
5Jlänner erfdf)ien nid^t of)ne 23ebenfen. @§ fef)tte aurf) ni(^t an ftaat§red£)t(id^en
©d£)riften jum ^lad)tt}eife, baß bie feit ben 3eiten be§ bi^^antinifd^en 9teid^c§
ttirgenb§ jugetaffenc Otegierung eine§ 33Iinben unftatt^aft fei; jebocf) man frfieint
ftdf) bei ipofe mit ber Sluffaffung begnügt ju !§aben, toeldfic in D. Ä'Iopp'g 'Jie»
holog @eorg§ in ber „S)eutfd)en 35olf§=3eitung" üom 25. ^uli 1878 mieber
'^erö ortritt , too e§ '^ei^t: „2)a ber ^rinj nid^t blinb geboren toar, fo loar ber
Mangel be§ 9tugenti(^t§ für i'^n nidit ein ^inberni^ ber S^ronfolge" unb e§
l^abe fid^ berfelbe an<i) über feine 58(inb^eit feinegmegs unglütfUd^ Ö^iü'Eitt. 3^
einem eigentlid^en SBiberftanbe gegen bie fettfame @inri{f)tung fam e§ nidf)t, ba
bie ©täube feinen SBiberfprudt) erf)oben. äöie e§ fc^ien, um ber äöelt ju jeigen,
ba^ @. tro^ feiner 33tinbf)eit wirflief) regieren fönnc, übertrug if|m ber S3ater
1843 für bie 5)auer feiner 3lbtDefenf)eit in ©ngtanb bie ©tellöertretung in ber
ütegierung. Siefelbe war freilidE) fo befi^ränft, ba^ gteid^too'^l ßrnft 3luguft
au§ ber ^^^rne ba§ ^Reifte, felbft Unbebeutenbeg anorbnete. ^m '2tpril 1842
f)Qtte fid§ @. mit ber ^rin^effin -DJtarie, ätteften Xod^ter be§ ^erjogS Sofepf)
öon ©adf)fen=3Iftenburg unb ber |)er5ogin 3tmalie öon 2ßürtemberg, öerlobt.
£)iefelbe mar geboren am 14. SIpril 1818, alfo etwag älter at§ ®. S)ie 33er=
lobung mürbe im i^uü 1842, in Sfbtoefenl^eit 6rnft 3tuguft§, amtli(^ befannt
gemacht; bie Söermä^tung fanb am 18. gebr. 1843 ftatt. S)ie ^ronprinjeffin
neigte jum ^sieti§mu§, einer bem Könige nid^t äufagenben ütid^tung. 2)a§ galt
al§ einer ber ©rünbe, au§ Welchen ber iöof bee Kronprinzen, roetd)er ba§ ^^alai§
in ber 3lbolfftra^e ju .^annoöer bewohnte, üom fönigl. -ipofe auffatlenb gefd^ieben
mar. S}on ben ©tänben mit einer au§reid£)enben Slpanage bebad^t, Tüf)rte (B.
ein fo äu fagen jurücfgebrängteg, faum jur Deffentlidifeit getangenbe§ Öcben, fo=
ba$ ba§ publicum if)n mot bebauerte, öom SSater fo ftreng unb abgefi^ieben
gelialten äu werben, ^an pflegte öon il^m in weiteren iheifen "^ödfifteng burd^
feinen jäl)rlicf)en 8ommeraufent^alt in Tiorbernet) ju l^ören unb burd^ feine 3luf=
fc^en erregenben offenen Sleu^erungen be§ 9Jh^TaIlen§ gegen Slüe, weli^c ber
9tegierung aud^ nur bie geringfte Dppofition mad^ten. 5lu§ ben ^Jtärjtagen
öon 1848 ift ein be^eid^nenber 3lu§fprucl) aufbewahrt: auf bie Oiad^rii^t, ba§
ber .^önig ber S3eöötferung 3u9eftänbniffe gemacfit, bemerfte @. : „§at benn
,25ater feine Kanonen?" 9luf ber anberen Seite war ba§ ^lUnifterium öom
^ära 1848 ba§ erfte, weld^eg fein Programm aud§ ®. öorlegte, obwot berfelbe
bi§ baf)in öon 3legieTung§gef(^äften fern gehalten war. 6r geigte benn aud^
grofeeg Sßertrauen jum 5)linifterium ©tüöe unb gab am 9. Sept. 1848 utfunb=
ü(^ ba§ 3}erfpred^en ab, bie am 4. ©ept. 3u ©tanbe gefommene 8anbe§öerfaffung
in allen ^punften getreutid§ aufreiht 3u lialten. ^n leb!§afteren 3}erfe:§r würbe
er crft feit Sluguft 1850 gebogen, Wo e§ mit ben .^örperfräften be§ Äönigg ju
42*
tjt)(j Opcorg V., ^. D. ipannoDer.
@nbe ju get)en ^c^ien uiib ber 5(bel bc§ ßanbeö ftcf) mit ®. me{)r in 3Scrbinbung
je^te. 2lm 18. ^loö. 1851 ftarb (Srnft Sluguft unb &. bcfticg im ^Jlltcr öon
32 ^a^ren unangefoditen ben Sl^von. @r legte ftd^ bie ^Q^l i>e§ fünften .^önigS
bie?e§ ^Jtamen§ bei, obmot bie erften bciben ©eorge al§ Äuviüi-ften .Ipannoöev
be^err|rf)t Ratten, it)m aljo nad^ ber jonft übtidien ^edinungSweife bie 3at)l bcö
dritten gebührt ^ätte. S)ur(^ biejen Otegiexungötüec^fet erfcfiien norf)mal§ bie
grage auigetoorjen, ob bog Sanb L^^")annot)ei- ber befferen ^agc fid) ttjerbe ei-freuen
fbnnen, toelc^e it)m eröffnet toorben, feit eS nii^t mel^v bIo§ ein üon ber 9te=
gierung loenig bead^teteS, ber 2öiUfür be§ einfieimifc^en 5lbel§ übertaffene§ 3ln=
längfei eine§ fremben ßanbe§ bilbete. S)aB @rnft Oluguft, ber erft im 67. ßeben§=
\dt}Xt ben 2;i§ron beftiegen, ben 3lu§länber ni(i)t Ijattc abftreifen fönnen, war
am @nbe no(^ erftärticf) gewefen; ®. bagegcn ^atte feine ^ugenb jum %^t\l in
5E)eutfd)(anb ücrbracfit unb 19 ^atjxt a(§ .^ronprin^ in .'pannoöet gelebt. 2Senn
bennocE) fein ^}tegiernng§antritt mit lebhaftem ^i^trauen angefe^en tüurbe, fo
lag ber ®runb eben in feiner f)inrei(^cnb betannt genjorbenen ganj eigentf)üm=
Ii(|en Senfweife, in toelcEier man bie QueEe neuer '']Jti|ftänbe erbliiite. i^reilid)
getobte er in einem atsbalb ertaffenen 'ipatentc, melc£)e§ im ^ird^iöe ber (5tönbe=
öerfammtung feine Slufbewa^rung fanb, noc^nialä bei feinem „föniglic^en 3Borte
bie unberbrücf)ticf)e ^efttiattung ber SJerjaffung" ; aud) ma^te bie ^^tnfprad)e,
weldje er am 20. ^Uoö. hei ber Apulbigung be§ ^}Jlagiftrat§ ber ^Jlefibenj t)ielt,
allgemein ben beften ©inbrud. @r fagte u. a. barin: „^d) erflet)e täglid) Oon
®ott unb id) tt)unfd)e nichts mc^r, atg ba^ alle meine Untertt)anen if)re Q^chde
mit bem meinigen öercinen mögen, ba^ er mir Äraft unb !s3id)t gebe, mein
fdiwcreg 3lmt jum ©egen meine§ 33olfe§ ju Oerwalten. (äg wirb mein 33e[treben
fein, mein 33oIf unb mein Sanb, foweit e§ an mir ift, gtüdlid) ju feigen".
S)iefe fd)i3nen SBorte Waren jeboc^ nid)t im Staube, bie weit öerbreitete 58eforg=
ni^ wegen ber 9lbfid)ten @eorg§ ju befd)Wic^tigen. S)iefelbe grünbete fid) auf
bie befannt geworbenen eige.ntt)ümlic^en 93orftettungen be§ ißtinben unb bie^ um
fo me^r, atä bie ^eittage für eine ©eltenbmai^ung abfotuti[tifd)er aBüufd)e ganj
au^erorbentlid^ günftig festen. @§ War gerabe bie ^^it, in we(d)er bie IReaction
gegen bie 5ßemegung§ja^re in i^re ooüe 33(ütf)e trat. @rft am 23. 3lug. 1851
t)atte ber S3unbe§tag gan^ allgemein fotd)en Jenbenjen bie äöege ju ebnen ge=
fud)t burd) ben iBefd)lufe, ba^ in ben ©injelftaaten alte bem 33unbe§re(^t Wiber=
ftreitenben S3cftimmungen au§ ber ©efe^gebung entfernt werben follten. S)arauf
£)in I)atte in ber 2^at bereite unter 6rnft ^iluguft ber 5lbet eine reactionärc
Bewegung eiujuteiten üerfuc^t, unb in ben testen 2Bo(^en feincö 8eben§ ^atte
benn aud) biefer .^önig ben Oou i^m bem 53anbe feiertid) Oer^ei^enen, üon ben
©tänben f(^on genehmigten S3erWaltung§organifation§=®efel3cn bie 3uftintmung
öerfagt, weit fie angeblid) bem monard)ifd)en 5|}rincib wiberfpräd)en. Unter
biefen Umftänben lag bie Sefürd^tung fe^r nat)e, @. Werbe foId)en 33eftrebungen,
ju welchen i^n aEe§ ein^ulaben unb wetd^e faft f(i)on angeba'^nt ^u fein fd)ienen,
fid§ balb öottftänbtg tiingeben. ^lan fa|te e§ bal)er aud) al§ erften (Sd)ritt :§ier=
äu auf, al§ @. fd)on am 22. ^Jioo. 1851 an ©teile bc§ ^ini[terium§ 9Jtünc^=
i^aufen=2inbemann ba§ of)ne ^^rogramm in§ 9imt tretenbe ^JJlinifterium <Bä)nU
ernannte. S)a§ ^i^trauen Würbe aud) nidjt baburd) geminbert, ba| ®. am
2. S)ecbr. ben ©tänben bie 35oU,5iet)ung feinet ®elöbniffe§ mittelft befonberen
©d^reibenS anzeigte, in Welchem abermals (Sott angefle'^t würbe, ba§ 33anb ber
Sintrac^t jwifd^en ^i3nig unb 93olf ju feftigen unb unauflciglid) ju wahren.
3)er ©runb iebodt). Warum er fid^ nid)t fojort ber üteaction Eingab, tag tebigtid^
bai-in , ba^ gerabe fein f)od^ au§gebilbete§ ©ouüeränetätggefü^l fidt) gegen @in=
mifdt)un9en be§ S3unbe§tag§ in bie inneren 2lngelegenl§eiten be§ Canbe§ fträubte.
^Jiur beö^alb wiberftanb er ben Seftrebungen be§ ?lbel§, bef)uf§ aCßiebererlangung
©eorg V., Ä. ü. .^annoöet. 661
feinev )jroötnaia((anbf(i)aftIi(i)en ülecfite auf jenen 2Beg ju brängen. Sic ^tnifter
33ome§ unb ö. b. S)erfen ttjaten ätoar iür öerfteÜung be§ 3Ibelöfammer, tüdä^Q
6i§ 1848 beftanben, @. aber iDOÜte, ba§ auc^ biefes gtement bev Äronc nic^t
toieber über bcn i?o^f ttjad^je. Slügemeine SSeji-iebigung erregte aurf) eine Ülei^e
öon 9ieformen, toett^e 1852 in§ Seben traten. 33atb jeboc^ gemann ba§ @igen=
f^ümtidje unb 3BunberIi(^e in @corg§ SSorftettungen öon ber 58ebeutung feine§
Äönigtt)um§ bie DBer^anb ü6*er alle jeine 6rtt)ägungen. Wan toiti tDa^r=
genommen ^aben, ba| ben 3lnftoB ^icrju feine 3ujammen!unft mit bcm Äaifcr
öon Defterreic^, jotoie ben Königen öon Saiern unb SBürtemberg gegeben "^abe,
Xüdä)t gelegentüc^ feiner nad^ Äirdi'^eim jum Sefuc^ ber ©ro^mutter feiner
©ema'^Un, ber ^rin^effin -Henriette öon äBürtcmberg, unternommenen 9leife er=
folgte. Unter bem ©influffe ortt)oborcr @eiftti(f)en toud^g immer met)r ber
äöal^n be§ S3ünben, bafe er gauj befonber§ öon Sott begnabigt unb ougge^eic^net
befähigt fei, alle§ felbft ju prüfen unb au entfc^eiben. S)emgemä§ begann er
fici) um eine ^enge öon Sinjeln^eiten ber SöerttJaltung, namenttid^ im Gebiete
ber iperfonalfragen, ju befümmern unb entfd)ieb in biefen S)ingen oft 'hinter bem
9türfen be§ 9teffortminifter§. ^n ^yolge beffen fa'^ ]iä) ein I'^eil ber Seamten=
töelt unb be§ ^ublicumS, namentti^ in ber ^auptftabt mit i^rem großen
©d^maro^erf^um be§ ^ofe§, jiemlidt) meit in ba§ (Sebiet ber l§crrf(i)enben @taat§=
lüge hineingezogen, ^la^ einem 2)organge ju !Geer würbe e§ feit 5tnfang 1853
unter ben 35eamten Sitte, bei feftlid£)en ©elegen'^citen , menn bie @efunb!^eit be§
^ömg§ getrunfen mürbe, beiäufügen, ba^ „in beffen Ärone SSerfaffung§treue ber
t)ö(^fte ;^umel" fei. ©olt^e ©dtimeii^eleien unb Säufdfiungen fielen, bie Neigungen
be§ Äönig§ nur ftärfenb, gerabe in bie 3eit, in Ujelciier berfelbe öom (Hrunbfa^e
ber 51id)teinmif(^ung be§ 93unbe§tage abjugelien begann. ^]ht 9tüiifi(i)t l)ierauf
l)ättc bie II. Kammer ben am 25. Slpril 1853 ben ©täuben öorgelegten ©efe^entmurf
loegen Slenberung ber 33erfaffung, in§befonbere ber 33eftimmungen über bie 3u=
fammenfe^ung ber J?ammern, au§ ©rünben ber Älugl)eit, um »eitere 3lnfprüc^e
be§ 2lbel§ abjufc^neiben, ju genehmigen fid) tool entfc^loffen, toenn fie nid^t in
nod£) ^ötierem ©rabe megen @eorg§ fdliloanfenben <Sinne§ befürd^tet ^ätte, ba§
berfelbe gerabe alSbann fid^ angetrieben fül)Ien fönnte, ben Söeg be§ 9tüdffd§ritt§
nodt) meiter ju öerfolgen. 3tuf ber anberen ©eite mürben aber burd^ biefe 9tb=
letjunng bie nun ou(^ öon ©eiten anberer beutfd^er i^öfe genährten abfolutiftifd^en
?lbfid£)ten @eorg§ gereijt. ^m ä^ertrauen auf le^tere fomie auf bie ©cf)mäc^en
be§ blinben ßönig§ festen e§ fid§ bie reactionären Elemente jur 5lufgabe, einen
2ßeg 3u bereiten, auf bem fid^ @eorg§ obige 33ebenfen umge'^en liefen. 9ln
feinem ."poie 3u ^otenfird^en mürbe im 3lnfang ^J^oöember 1853 öon 5lbeli(^en
ein ba^in ab^ietenber ^lan entraocfen. S)er .^önig felbft gab ftci), nad^bem er
am 21. ^Jloöember ba§ ^Jlinifterium Sütfen ernannt, ganj bem Sinfluffc be§
frü'^eren 5lrcf)iöfecretär§ @. 3intmermann t)in, ber, au§ bänifd^en Sienften al§
'Dber=9tegierung§=9tat'^ unb 9teferent be§ (SJefammtminifteriumS in Ijannööerfd^e
S)ienfte prücfberufen, in einer S)entfdt)rift au§fü^rtc, ba^ bie a3eftimmungen ber
SSetfaffung öon 1848 über bie proöin^iallanbfc^aftlid^e SSerfaffung unb bie 2luf=
■^ebung ber ©tanbfc£)aft ritterf(^afttidf)er S)eputirter in ber erften .Kammer, ja
ba§ überhaupt bie ganje 9}erfaffung eigentlid^ bunbe§iiiibrig ju ©taube gefommen
fei. 5l(§ nun ber S5unbe§tag am 12. 5lpril 1855 bie ^annööerfd^e giegierung
pr S3efeitigung jener ^^iunfte aufgeforbert unb i^r am 19. ^Äprit gar eine no(f)
umfaffenbere ^lufgabe roegen ^Iprüfung ber anbermeiten ©efe^gebung natf) if)rer
!Bunbe§mäBigfeit gefteEt ^atte, fäumte man im Sanbe nid^t, in jatjlreid^en 58itt=
fc^riften ©• an fein roegen ber 3}erfaffung gegebenes 2öort unb ben öfter öon
tl)m gcbraud^ten 9tu§brucE öon bem ^önig unb 95olt umfdf)liagenbcn 33anbc,
roeld^eS ni^t jcrriffen roerben fotte, ju erinnern, foroie barauf tiinjutoeifen, ba|
QQ2 ©eorg V., Ä. o. ^onnoöcr.
e§ je^t bie 3ßaf)vung feiner ©ouöerainetät gegen ben ^unb gelte. IMn jic^ ent=
]pxad) e§ ganä bev 'iJteigung be§ Äönigg, 3U allen 3eiten in unmittelbarem 33er=
fef)re mit ber SeüöÜerung äu [te'^en; in§be|onbere ift e§ nic^t redit glaublid),
ba^ er, gan^ fid) jelbft übertaffen, für jene SCßarnungSftimmen au§ bem 33olfe
ööÜig unempfängliii) geblieben märe; t)ermutt)lid^ aber l)at ber blinbe .^önig
niemals ^enntni^ öon benjclben erl^alten. ©eine Umgebung bel^anbelte i^ f)in=
firf)tli(^ be§ ateactionSplanS fe'^r öorjici)tig; bai ^inifterium üerfünbigte bie
33unbc§befc£)lüjje , berief aber bie ©tänbe junäc^ft nur megen ber 33orlage jur
.perftettung ber ^Äbeläfammer. S)ie ©tänbe l)inmiebevum legten bagegen toeniger
(5Jemi(i)t auf iljre gegen jenen ßntmurf an ba§ ^inifterium gerichtete Senffd^rift,
als öiclmc^r auf i^xe Slbreffe an &., in melcfier er mieberum an fein megen ber
35erfaffung atoeimal frei ert^eilteS 2öort erinnert unb um 'iJJta^regeln jur 6id)er=
ftettung feiner ©ouöerainetät, folüie ber ©elbftänbigfeit be§ ßanbeS gebeten mürbe,
^n^miftfien mar bie ßage ber gitianjen be§ Äönig§ öon ma^gebenbcr 33ebeutung
gemorben. 2)em ^ßUnbcn mar u. a. auc^ ber 5!Jla|[tab für ein @leic^gemi(^t
jmifd^en feinen @innal)men unb ausgaben ab^anben gefommen; ber befonbere
©lauj ber Sßelfenfrone mu^te fi(^ aud) in bem gemad)ten ?lufmanb geigen, unb
je fpatfamer ber fronprinjlic^e ^of gelebt, um fo berfd)menberif(i)cr mürbe je|t
gemirtlifdiaftet. Öj. mar fe'^r freigebig, faft fein 93ittgefuc^ um Unterftü^ung
blieb unberücEfid)tigt. S)ie bei ^orbftemmen für bie Königin gebaute ^arien=
bürg unb ber großartige ©d^lo^au, melc^er in ^ontbrittant au§gefüt)rt merben
foütc, er^eifd)ten bebeutcnbe ^DUttel bei fc^on erfc^ijpfter Äaffe. ©eorgä Um=
gebung crftrebte bal)er ^ugleid) eine iöefferung ber föniglidien ^^inanjen, nad^bem
i^r .Ipaupt^ict burc^ ben 33erfaffung§umfturä unb bie Cctrot)irung öom 1. 5lug.
1855 erreidit mar, bon meld^ Ic^terer auffälliger 3Beife nac^träglicf) bel^auptet
merben tonnte , ba| auä) liierburd) „nur ba§ 33anb jmifi^en 9tegenten unb
Untertl)anen nod) inniger gefnüpft morben" fei. ©. ging mit befonberem
(Sifer barauf ein , jenen ^\ün burd) ©infül^rung eineS bie ftänbifrf)en (&teuer=
bemittigung§re(i)te gän^lid) abfcE)mäd)enben ginanjcapitelS , fomie burd) 3lu§=
fd)eibung öon Romainen an <5teüe ber Äronbotation ju erreichen. '^aii)=
bem bie ©tänbe öon 1856 biefeg 9lnfinneu abgelet)nt, erging bie fönigl. 33er=
orbnung megen 2öieberl)erftetlung be§ f5infl"3ca|)itelS öon 1840 unb ®. be=
t{)eiligte fid) fclbft an ben (äinlüirfungen feiner 9iegierung jur Schaffung einer
biefer Slenberung juftimmenben jmeiten Kammer. @r öerbot bem @i;minifter
ö. ^Jlündjliaufen nebfl @ema{)tin ben >^of, meil fic^ berfelbe in ber (Sommiffion
ber öorigen Kammer ber projectirten ^rt ber 2)omainen=3lu§fc^eibung miberfefet
t)atte; er na'^m gegen anbere W)diä)t, meiere mit 9Jiünd)'§aufen öerf ehrten, ein
"^ödift ungnäbigeS 2Befen an unb befd^ieb jmei ©öttinger ißrofefforen ^u fid),
um bie 3Bal)l öon ^eier unb 33raun ju öer^inbern. ^n ber .^auptftabt, mo
9i. ö. S3ennigfen al§ danbibat aufgcfteEt mar, erhielte ®. baburd), baß er fid)
einige Sage öor beräßa^l, am 14. ;3an. ls57, unter bie f^reimaurer aufnetjmen
ließ unb in bereu Greife Steben l)ielt, ben ©ieg be§ ÜtegicrungScanbibatcn mit
@iner ©timme ^e'^rtjeit. 9lad§ ben äöal)len unterfagte ®. fed)S gemä!§lten
©jminiftern, meld)e 1856 bei ber 3lblef)nung be§ ^^inanjplanS eine Stolle ge=
f)}ielt, auf (Srunb einer ä^üei Sage öor ben 3öal)len octrot)irten SSerorbnung, bie
©ene'^migung jum Eintritt in bie Äammer. 5tac^bem bie burc^ fol(^e ÜJlittet
ju ©tanbe gefommene ^meite Kammer 1857 ben ginaujplan beS 9}oria^re§ ge^
nel)migt, fpradC) fid) ©. bei einem ben ©täuben 1858 gegebenen 5Jlat)le bal)in
au§ : S)er Staub, ben bie freöetnbe i^anb ber Slebolution fcf)on einmal unb leiber
abermall 1848 an bem ©igentl^ume be§ ^errfd^erl^aufeS geübt, fei gefül^nt. Unb
ber mclfifd)e (5)efd)ic^t§f(^reiber D. Mopp erläutert in ber „S)eutfd)en S3olf§=
©eorg V., ü. ü. .^annoDer. 663
Leitung" Dom 26. ^nü 1878 bie, bie ©emüt^er bemÄönige in ^o^em @rabe
entTrembenbe S)omainenauäf(i)eibung au§ „bem ©runbjuge feinet 2!Befen§", näm=
lid^ ba^ berjelbe, „toic er ^ehem fein ^iec^t gab ober lie§, fo and) ba§ feinige,
ba§ Üie(f)t feine§ ^önigf^umS forberte." @r ^abe baburc^ aud) (e^tere§ unab=
l^ängig ]f)aben tooHen Oon ben toec^felnbcn 5!Jlef)rf)eiten in ben Kammern unb fei
fern baöon gett)efen, ba§ 9ied^t feines ßönigtf)um§ als ein abfoluteS ju be=
tra(^ten, aber er ^abt im. ©egenfa^ geftanben ju ber 2lnfi(i)t Dom Staate als
ber Cueüe aUeS 9tc(i)t§. ^emx ba§ Sanb fcti^er f($äbigenben 5(u§f(f)eibung tag
ber dJebanfe ^n ©runbe, ba§ in ^annoöer baS S^omanialbermögen öon ben
retd^en 3lttobia(befi|ungen ber ^illunger, SSrunone, Ütorb^eimer unb Suppüngen=
burger ftamme. ^n biefen 3?orftettungen fonnte ficf) &. nur beftärft fügten,
njenn fogar Slbgeorbnete , öoran ber ^ofbefi^er Ütubotpl^ , i^n besüglid) jener
3Ra^regel in einem bie ^ebenfen ber ^uriften öerl^ö^nenben ©ebid^te al§ @runb=
befi^er befangen unb i^m biefeS feiertid^ übeneict)ten. S;ergteid)en üe^ ficC) &.
nur ju gerne gefatten, unb aU ba§ 5Jtinifterium 33orrie§ barauf ausging, bie
nod) übrigen neueren ©efe^e in einer faft jebe 9legung üon ^^reÜ^eit unb ©elb=
ftänbigfeit benel^menben SSeife 3u befdiränfen , öerfel^lte eö nirf)t, bieö als S5er=
ftärfung Don (SeorgS föniglic^er ©etoatt ju bejeid^nen. 2lu(^ ber leitenben ^het
beffelben bejüglic^ be§ SBelfen^aufeS fc^meid^elte baS 5Jlinifterium babur(^, ba^
e§ in amtlichen ©rlaffen ben 3tusbrucf „2Belienl)au§" einfül)rte. 2!a§ 35orrie§'fc§e
9tegierungsfl)ftem mar über^^aupt bem Söefen beS ^önigS angepaßt unb loirb ^u
nid^t geringem J^eile ge!ennäeid)net hnxd) ba§ ni(i)t erfolglofe, bie @efinnungS=
lofigfeit fel)r fteigembe Seftreben, mittelft ©unftbejeigungen unb 3"Wenbung öon
3}ortl)eilen ber ^Regierung Stn^önger ju öerfc^affen , bie ©egner aber burd§ @nt-
jiel^en Don 3}ort^eilen p fi^recEen. Sin ßin^elnlieiten foltfien SJerfa'^renS be=
t^eiligte fic^ Ö. 3umeilen felbft burd^ ben ®eneral=5poli3ei=£irector SBcrmutl).
„2Ber ©eorgS ^been", fagt iBufrf) ff. u.), „als buri^ irgenb etttjaS bebro'^t bor=
äuftetten Derftanb , ber üermoi^te i'^n, einerlei toie Diel ober mie menig @runb
feine 2)ai-[teltung ^atte, ju aEen, aud^ ben ungere(i)teften unb tl)öridt)teften 5Jla^=
regeln ju geminnen unb galt i^m als treufter S^iener". SBiberfprud) gegen baS
9legierungSft)ftem fafete (S. als :berfönlid^e ^eleibigung auf. @in ^erDorragenber
gaE biefer 3lrt begab fid§ am 7. ^uli 1857, too ber i?önig bem ^agiftrat ber
9iefiben3 fagen licB , er mürbe ber @inlabung ^um Sc^üfeenfefte , nac^bem bie
fd^mar5n-ott)=golbene ^yal^ne bort befeitigt, gefolgt fein, menn er nidf)t ^abe be=
für(i)ten muffen, mit bem 5[Ragiftrat unb ^ürgerborftel^ercoEeg äufammenjutreffen,
meldie bei aßen toic£)tigen 2lngclegenl)citen eine grunbfä^li^e D^jpofition gegen
feine Ütegierung gezeigt l^ätten, obwol er fic^ boc^ in jeber SBeife gnäbig gegen
bie ©tabt ermiefen, fo nod^ für^lid^ burd^ 9lbtretung Don Serrain nac^ ber @lodE=
fee. SllS fiel) bie ©tabt gegen bie il^r fo beigemeffene ©efinnung öertoal^rte, fa|te
bieS (S). als 3fif^en mangelnber ßl)rTurc^t auf. gia(i)bcm bann bie ©tabt=
bel^örben in Slbmefen'^eit i^rer einflufereidiften 5Jlitgtieber eine grgeben^eitSabreffe
an ben ^önig geridf)tet, erbielten fie Don biefem bie Slufforberung, biefe (Sefinnung
bzi ben DZeutoa^len i^rer 2)lttglieber burc^ bie Z^at ju betoä^ren; babei toar
Dorgefül)rt, mieDiel SJerbienft bie ©tabt Dom <^ofe t)abe. 2)ie ©tabt rt)al)i-te jc=
bod^ bei ben 2Ba:§ten il)re äBürbe. 3llS bagegen baS ebenfaES in Ungnabe ge=
faEene 6öttingen eine ©rgeben^eitSabreffe an @. rid^tete, [tattete bie föniglid^e
gamilie alSbalb einen SSefud) bort ab, toobei @. Don ber ©tabt als „beS ÖanbeS
treuefter 9}ater, 5ürften=95orbilb, ^ann beS SöorteS, .öannoDerS (SlücE unb greube"
gefeiert mürbe. 9ln bem in Ungnabe gefaEenen CSnabrücE ful)r @. auf ber
Steife Don unb nadl) 'DZorbernet) ol)ne anjulialten Dorbei, obmot auf bem $o]^n=
^ofe üEe S?e!^örben in Uniform Derfammelt toaren. ©eine eigentl)ümli(^en 3}or=
fteEungen lamen burc^ feine Dielen öffentlid^en hieben im Uebermafe jum 35or=
664 ®eorg V., Si. b. ^^annoüer.
fd^ein. @§ nal^men babei fogar getnö'^nltd^e ütegentenacte tei(f)t ben G^atafter
be§ pra'^Iertfc^en unb gcjudit comöbtenl)aiten an, 3. 5ß. al§ er am 20. Cctbr.
1857 gjlijfionaren , roeldie nac^ ^Jleufatebonien abgingen, erftätte, ba^ bie Sage
yeineS 9teid)e§ ben SBitten @otte§ befunbe, ba| ba§ welfifdtie ipaul unb :^anb
mit öoüer Äraft t^ättg fei, jein göttticf)e§ 2Bort in fremben äöeltt^eilen au§äu=
Breiten. (S§ erregten joli^e 3Ieufeerungen in weiteren IPreijen ojt ein gcrabeju
t)ein(ic^e§ (Befühl barüBer, ba^ an fold)er ©teile bie ^ürftenmürbe bi§ jur Säd)er=
ii(^!eit tjerabgefe^t tourbe. @igentt)ümli(^ loar auc^ ®eorg§ ^lii^f^^flutragung
großer grömmigfeit, wie bie§ 3. 5ß. in feiner ^rebigtä^U(i)en Ütebe Bei @runb=
fteinlegung ber ß^riftugürd^e 3U ^annober l^erüortrat. Sei allen amtlid)en %n=
täffen mürben @eorg§ SBorte immer gefachter, ja proöocirenbcr in ber 2(rt aU
wenn er öermöge eigener S3efid)tigung fein Urf^eit abgebe. Unter fold^en Um=
ftänben fu(^ten ^Unner öon G^arafter ben .^ot ni(f)t auf, an bem üielmei)r
5ßerfonen wie grifeur 53ü4)re(i)t unb Suc£)brucEer ^^ocfroi^ 3U er{)ebti(f)em (Sinflu^
getaugten. 5ltä bie miüfät)rigen iTammeru 1858 bem 3öunf(^e ©eorg§, „biete
(Befe^e, bie bag f(f)Ieci)te ©epräge ber ;^eit on fi(i) tragen", 3U änbern, na(^=
gelommen Waren, fc^ien ba§ .^önigtt)um ®eorg§ auf bem .Ipöl^epunfte angetangt
3U fein, ^n biefem Stugenblitfe evftanb il^m fein gefüf)rti(^fter ©egner : bie au^
^reu^cng 5ßorget)en bere(i)nete ^Bewegung für bie beutfd^e Oteform. 2)ur(^ ben
Umf(i)Wung in '^i^reu^en tie^ fid^ ©., bei allem überlieferten ^]Jli^trauen gegen
baffetbe, anfängtidt) nict)t beirren; at§ aber biegrage eine§ beutfdt)en ^artamenl§
mc'^r t)eröortrat unb ;^annoüer gar bie 2Biege beg '.UationatöereinS würbe, gerietf)
@. mit ben f^orberungen ber S^xt in fd§ärfften SBiberfprud). Sie ^bee ber un^
lö§lidt)en SSerbinbung be§ t)annoberfd^en 3}otfe§ mit bem äöetfentiaufe füUte fo=
fet)r fein ganjeg ©ein unb äÖcfen au§, ba^ bei il)m feine ©pur eine§ äÖunfd§e§
auftaud)te, fid^, fo gut ei get)e, mit ber nationalen 33eWegung ab.^ufinben. 3öic
tief er fidt) burdl) bie 3ut"utl)ung ber 5lbtretuug einiger ©ouöeraiuetät§redl)te ge=
Mn!t füt)ltc, trat unter größtem ^31uffet)en I)eröor, al§ er am 26. 31uguft 1859
einer Deputation au§ @mben er!lärte, ba^ er, Wenn bie (bem 9lationatöerein
angel)örenben) Bürger i^m ferner entgegenträten, „nid^t mel^r an ba§ Stufblü^^en
ber ©tabt benfen, namentlich fein Slugenmer! md)t auf bie fo nof^wenbigc 3>er=
befferung ber ©cf)leufie lenten fönne". ^yerner, als ^3tinifter 53orrie§ im 9lpril
1860 in ber 3Weiteu Kammer äußerte, bie beutfc^en Jyürften würben auf jebe
SBeife i^re ©ouüerainetät 3U wat)ren fuct)en unb fönntcn burd^ bie 'Jtotf) fogar
ba3U gebrängt werben, bie 2tllian3 auswärtiger ^Jtädl)te 3U fud)en, ba würbe
bieg, gegenüber ben patriotifdt)en 35erwat)rungen, weld^e in gan3 2)eutfdt)lanb ba=
gegen laut würben, öon @. burdt) bie @r^ebung 23orrie§" 3um ©rafen in ber l)eraug=
forbernbften 3öeife beftätigt. Unb fo würbe mit bem goi'tfd^teiten ber nationalen
S3eWegung bie ©timmung am Jpofe nur gerei3ter. ^an gefiel fidl) l^ier in .^ianb=
tungen, wetrf)e ben größten ®egenfa^ 3ur beutfd^en Üteform fdl)ienen augbrücEen
3U füllen. 2)a'^in gehörte aucf) bie pompt)afte 21rt , wie @. bie 6ntl)üEung bes
9leiterftanbbilbeg feineg SJaterg 3U .^annoöer feiern lie^. "Dtod^ Weiter entfrembete
fidf) @. üon ber Seöölferung burd^ (Sinfüt)rung eineg fet)r beralteten ^atedE)igmua,
Woburd^ er fidt) eine befonberg l)eilfame äBirfung auf bie @r3ief)ung ber Unter=
flauen 3U tot)oIer ßiefinnung öerfpradf). S)ie 51enberung war wegen ber öoraug=
fid^tUd^en l^lbneigung ber Seöölferung öon ortf)oboren ©eiftlid^en mit äöiffen
unb SBitten ©eorgg f^on feit 1857 l)eimtidl) öorbereitet. ^n ber 3}erorbnung öom
14. 3lpril 1862 fprad^ er 2)anf aug gegen @ott, „ha^ er biefcg aSert, Wetc^eg
wir öon ganjem §er3en bittigen, ^at üotlenben laffen". Sfebodt) faft Wie im
S5orgefüt)l beg auffteigenben Unwittcng ber 33eöölferung fud§te er fid^ im ©ommer
1862 in aSolfgfreifen perföulic^ beliebt 3U mad^en. (är befudite bie i3anbe fabeln
unb Sßurften unb erfd^ien, atg auf feinen SBunfdf) getegenttid^ beg ©d^ü^enfefteg
©eorg V., ^. \>. ^anm'otx. 665
in ber Sieftbenj ba§ 25jä'^rige ^uBiläum jeineS (SinjugS ai% Äron^^nnj geleiert
lüutbe, auf bem ©d^ü^en^jta^e, wo er ^dt für S^tt öefud^te. 33aib jeboc^ er=
iutjx er bie erfte gro^e 6nttäu|(i)ung, qI§ in ben Oöationen für 5t?a[tov S3auer=
|d)mibt in ßüd)0tt3, ben SSetämpfei-* be§ alten .^ated)i§mu§, unb in bcn folgenben
Unruljen im ^uguft 1862 pgteici) ber ganje angesammelte UnmiKen über bie
3R;egii'rung§toei|e eine§ Ä5nig§ lieröortrat , ber, jum 2;^eil in ^^olge Berufung
fat^olifdier ^tinifter, jogar in ben 35erbad£)t fat^olijirenbcr ©efinnung gcrietl^.
3um erften 5Rale erlebte er je^t, ba^ bie ^Jtinifter bereit maren, bem S3ol{§=
toiEen nadijugeben; jein ©inn blieb aber jelbft bann unerfd)üttert , al§ be§
(Srafen 23orrie§ tt)ieberl)olte 23Beigerung, in ®o§lar, bem (Xurorte ber Königin,
beim frülieren <Bä)ut)mad)ex „Dtaturboctor" Sampe, ^u erfdieinen, öerriet^, ba|
bie Sfiatten 'öa^ jinfenbe ©c^iff be§ 2öelfentt)um§ p üerlaffen fid^ anfc^icften.
^^lud) ba§ am 10. 3)ec. 1862 ernannte ^IRinifterium |)ammerftein mar ni(i)t fel6=
ftänbig genug, ®. über bie S^^tlage auiäuflären. S)erfelbe ful^r fort, fid^ um
bie fteinften S)inge ^u befümmern unb iolgte Weniger bem 9tat^e ber ^inifter,
al§ bem be§ ®eneral=^:i5Dft=S)irectDr§ 33ranbi§, be§ ^olijei=5Director§ 2öermut:§,
beffen 9^a(i)iolger§ ü. @ngelbrec£)ten unb be§ 9tegierung§=9{atl§§ ö. 5Jlebing. ©anj
mefentlic^ üermöge ber 9ti(i)tung ®eorg§ !am ipannoöer mit öerfc^iebenen, burc^
bie nationale Oleiormbemegung lierborgerufenen (Srfdieinungen in SBiberftreit.
S>ie öon beutfdien Staaten feit 1859 unternommenen ©d^ritte 3ur ©d^affung
eine§ beutfd)en ßüftenfd£)u|e§ mürben im ©runbe fämmtli(^ öon ^annoöer tjer=
eitelt, oblüol bod§ gerabe beffen SSeftimmung al§ ©eeftaat mit ber i^bee be§
3Belfenreid^§ äufammen£)ing. S)er (Srunb war ber, ba^ 5ßreu^en iebe§mal, felbft
am 93unbe, bie ©ai^e in bie .^anb befam. @. ging l^ierin aber aud§ nid^t
felbftänbig tior, obrool noc£) 1864 bie Meinung auggefprod^en morben ift:
„ßinjig unb allein ift e§ ^onnoöer, öon bem jDeutfd^Janb S)a§, ma§ i^m
in biefer 33eäiel)ung not^ tl)ut, erlnarten !ann unb barf" unb ®. l^abe tool
bemiefen, ba| er S)a§, ma§ ein l)ö'^ere§ (Sefd^icE bem SSaterlanbe öer^ei^t,
jur mirflid^en Srfüttung bringen merbe. ^m 5lnfang ber 1860= er ^a^re
bemcgte fid) (B. in aEen S^ragen ganj auf bem ©tanböunfte ber um il)re
©ouöerainetät beforgten ^DUttelftaaten unb öerftanb fidf) in ber S3unbe§reform
nur äur Unterftü^ung be§ öon öornl)ercin au§fid^t§tofen ^laneS ber ßon*
ftituirung einer S)elegirtenöerfammlung ber bcutfd^en Kammern am ^Bunbe.
5Jlag audt) bie au§fd)lie|lid§ melfifdt)e ^:t5oliti! nid£)t eigentlich auf unbeutfd§e ^klt
geriä)tet gemefen fein, fo mürbe fie bod^ burdt) bie Umftänbe ju einer ööttig unnationaten.
©0 befonberS in ber S'^-age ©c£)le§mig=.g)olftein§ , mo ®. loeber auf bie äBünfc^c
beg beutfd^en 25olf§, nodt) auf bie Otiöalität ber beutfd£)en (Sro^mät^te StüdEfid^t
nal^m, fonbern ju ©unften be§ englifd£)en 35orfc§lag§ ber @rl^altung ber Snte=
grität ber bänifd^en -}Jlonarc£)ie, fomie be§ 9led^t§beftanb§ be§ ßonboner ';|3rotocolt§
auftrat unb für ben S5unbe§bef(i)lu| öom 10. Dct. 1863 megen ber @i-ecution
in .g)olftein bie ©ntfd^eibung gab. 3lud^ tro^ ber traurigen gioHe, meldte feine
Gruppen bort fpielten, blieb ®. babei, ba^ fein 5)linifter ®raf 5pioten eine ric^>
tige ^olitif öerfolgt, unb füllte fid^ tief baburd^ gelränft, ba| feine Gruppen in
golge be§ 33orge|en§ ber beutfdC)en ^äd^te §olftein mieber öerlaffen mußten.
2)a§ 3exlDÜrfni| ätoifd^en ^^^reu^en unb Oefterreid^ mu^tc 1866 bie melfifdfie
^bee auf bie l)ödt)fte ^robe fteHen. 9iadt) bem preu^ifdEieu 9leformöorf(^lag öom
24. Sffläx^ lie^ ®. militärifd^e SSorbereitungen treffen, toar aber bem preuBifd)en
©efanbten gegenüber auf Sefeitigung aEen ^i^trauen§ bebad^t. 3tud§ nadt) ber
mieber^olten Jpinmeifung 5Preu^en§, ba^ jene Slnorbnungen bod^ eine bebenflid^e
Senbenj öerrietl)en unb eine bewaffnete ^leutralität Wegen ber l^age be» 2anbe§
nidt)t gebulbet werben !önne , bel)ielt ®. bie frieblicfie ^Btiene bei. 2)iefe Würbe
jebodt) auffattenb beleud£)tet, aU er am 5. 5Jlai beim 9tücfmaiidt) ber öfterreid^ifdien
566 ®eotg V., Si. o. .^annoter.
JSrigabe au§ Jpolftein brei ;jat)i'gän9e ber ^Beurlaubten einberufen unb im ^unbe
für einen Eintrag gegen ^^preu^en ftinimen Iie|. S)ie pveufiifcfie 'Dtote öom
9. 9Jiai fteEte il^n Oor bie @ntfd)eibung. 33ei fortgelegter (^-einbfeligfeit toerbe
ber Äönig öon ^reu^en jebe anberc 9fiü(ffi(^t, and) bie auf einen itjm fo na^ie
ftel)enben 53tonar(i)en mie &., bem SSebürfni^ ber (2elbftert)altung unterorbnen.
S)ie (Srflärung alier feiner Generale, ba| ba§ ^nx nid)t fcf)lagfertig fei, fd^ien
ein feinbüdieä SSer'^alten gegen 5preu§en au§3ufd)Iie^en. @o fam el ju ben
'JieutralitätSber^anbtungen , in toe^en 5preu|en (am 20. 3Jiai) unter öier S3e=
bingungen , burd) tt)eld)e e§ ber (Souüerainetät ©eorgö nicfit ju nol^e treten
rootttc , bie ©eroäfjrleiftung ber Unabtiängigfeit ^annoüer§ anbot. %U @.
jögerte , fam öon 33erlin bie äBarnung , nid)t auf ^reu^enS 'Otieberlage burd)
Deftcrreid) ju rechnen. 2)a rourbe Ö). burd^ bie ©enbung feineS i^albbiiiberg,
be§ öfterreic^ifc^en @eneral§ ^rinäen ^arl ju (Sotm§=35raunfeI§ , belogen , offen
auf bie Seite Oefterrei^g ju treten. SBie ®raf Siömard am 11. Wäx^ 1867
im norbbeutfd^en 9leid)§tag erüärte, l^atte 8oIm§ bem Könige 33ertrauen ju
800000 Cefterreidiern eingeflößt unb in Sotge beffen I)abe man in .Ipannoüer
„Ärieg gewollt mit offenen 3tugen", fei aud) cntfd)ioffen getoefen, im ^alle be§
©iegS preußifd)c ^probinjen ju nel^men. 3lm 13. '^ehx. 1869 bemerfte @raf
iBiSmard meiter im 9tei(|§tage: „SCßären mir befiegt morben, ic^ gtaube, baß
bog äBelfenreid) , bie .!pcrfteEung beä 9teidj§ .g)einrid)§ be§ Sötoen in ber öoEen
51ugbet)nung tic^ nicberfäd^fifc^en ©tamme§, menigftenS auf ber linfen ©eite ber
61be, ben bamaligen |)errfd)erberec^nungen nid)t fo gan,^ fremb mar". 2)te
,poffnung auf fold^e ßrfüEung feiner füfjnften 4>Iäne fd)eint für @. fo öertodenb
gemefen ju fein, baß er il^r ^u Siebe .^rone unb Sanb auf§ 6picl fe^tc. S)a§
©emagte beffelben liegt fo fef)r auf ber §anb, baß fctbft D. ^lopp in feinem
'Jlefrologe @eorg§ bie (Srläuterung geben p muffen glaubt, bie Unfunbe be§
preußif(^=itaIienifd)Bn JBünbnißbertragg üom 8. 9(pril 1866 jiel^e fid^ burdt) ba§
gan^e 35erf)alten @eorg§, unb @raf SiSmard beutete am 11. Mäx^ 1867 im
norbbeutfd^en 3ftci(^§tage an, le^terer l^abe fid£) in bem ©ruft ber ©ac^e getäufd^t,
„ob in bemjenigen 2)ünfel, mit bem @ott öfter§ bie dürften fdt)lägt", laffe er
bat)in gcftellt. Unb bie 3teußerung be§ ©rafen Siämarrf im 9leid)§tag an
bemfetben Jage: „mir finb t)ingef)altenmorben mit J^ergitierfationen", fd)ien fid) nid^t
bIo§ auf bie 'JleutralitätSücrl^anblungcn , fonbern auf ba§ ganje 9)er^aUen ber
^annoöerfd£)en 9tegierung feit Wäx^ bejiefien 3u foEen. Jlönig ®. fonnte aud^
in biefem 3lugenblide nod) öon ©lüdfagen, ba it)m, felbft nadf)beni er 14. ^uni 1866
für Oefterreidf)? Eintrag auf 5}tobiUfirung be§ 25unbe§f)eer§ ^tte ftimmen (äffen,
oon -^reußen nod^malg ein Sünbniß mit ber 3ufid)Pi"iin9' i^ biefem ^^aEe bie
'Jiedtite unb ^ntercffen @eorg§ maleren ju moEcn, angeboten murbc. S)ie öon
biefem felbft bem preußifdf)en (Sefanbten mitget^eilte 3lbtet)nung grünbete fidti
fe^r bejeidjnenb barauf, baß in ^preußenö 9tcformöorfdt)[age feine SBürgfdt)aft für
feine ©ouöerainetät§redf)te ^u erbliden fei. Unb babei fann bodf) nur bie öoEe
@infid)t ber ©efa^r x1)n bemogen l^aben, bie SSert^cibigung be§ 2anbe§ aufäu=
geben unb ben fdf)leunigften ^Ib^ug be§ |)eere§ anjuorbnen. 3tod) in ber 9lad^t
äuöor fu^tc eine Deputation ber ©tabtbe^örben ®. jur 3lenberung feiner ^olitif
3U bemegen, er blieb jebod) unerfd£)ütterli(^, fe^te fel^r auSfül^iiidC) bie 3luffaffung
feiner üled^te au§einanber, erftärte, „a(§ 6f)rift, ^[Ronarcf) unb SBelf" nid^t an-
berS f)anbeln ju fbnnen unb empfahl bie mit ben bciben XödC)tern jurüdbleibenbe
Königin bem ©dfiu^e ber 33ürgerfdf)aft. ^n einer 2lnf|)rad)e an biefc erflärte er,
er begebe fid^ „mit bem ttjeuern Äronpriujen" jur 5Jlrmee in bie füblid)en 3;f)eile
feinei .ffönigreid)§ unb öom Hauptquartier (Söttingen au§ ließ er am 18. ^uni
burd^ @raf ^4>Iciten eine SSermal^rung gegen, bie am 16. erfolgte preußifd^e 33e=
fe^ung <^annoöer§ rid^ten, mobei fid^ auf bie öom gefammten Europa oner=
©corg V., Ä. B. .^annober. 667
faitnten ©ouöevainetät§recf)te @eorg§ berufen tüuvbe. 2Im 21. ^uni bmc^ er
mit bem ^ttu öon ©öttingen auj, um \\d) über (SofEia mit ben Saiern ju Der«
einigen, unb jagte in einer 3tnfpra(f)e an bie ^annoöeraner, er öerlaffe ben
fieimifi^en S3oben, „um bie <Baä)e be§ angegriffenen 9terf)tg ju öertf)eibigen".
Söäl^renb be§ 5!)tarf(i)e§ tie| if)m Äönig 2Cßilt)eIm burii) ^erjog @rnft üon ßo=
Burg ben ©urdjjug nadt) S3aiern anbieten, toofern er eine ^Zic^tbetl^eitigung feiner
3;ru^3)3en am Kriege gegen ^reu^en für ein^a^r berfiürge; @. tef)nte jebod) mit
bem Semerfen ab , ba| er öon 3}erVnblungen lf)ierüber eine Sßeräögerung ber
militärifd)en Operationen ni(^t abt)ängig madien fönne. 3um öierten 5Jlale
!am U)m Äönig SBil^elm entgegen , inbem er am 26. ^uni burcf) Dberft ü.
2)öring gegen ein unter Slnerfennung be§ fteu^ifd)en S8unbe§reformt)orfc£)tag§
öom 14. :3uni einjuge^enbeg 33ünbni^ eine el^renbolle ßapitutation für ba§ ^eer
anbot. 2lud§ bie§ te'^nte @. ab unb er füllte firf) burcf) einen bei ßangenfatäa
üorüberge!§enb erlangten 33ortl)eiI f(i)on fo fel^r gef)oben, ba| er am 27. ^uni
fofort eine pomphafte Infpradie an ba§ ^eer erlief. Sie ßapitutation , ju
tt)el($er er fid^ jebod^ in t^olge ber »eiteren bortigen i^ämpfe am 29. ^uni ent=
fd^Iie^en mu^te, geftattete if)m unb bem ©ol^ne, nad) freier äöa^it ben 2(ufent=
i^ait au|erl)alb |)annoöer§ ^u nelt)men. @r begab fid) ju feinem ©c^toiegerüater
nac^ beffen ^agbfcC)Io^ 3U ^ummel§f)ain im attenburger Söeftfreife. ^ier em=
pfing er 3lbreffen ton ^^itgliebern ^annoberfc^er 3ftitterf(i)aften unb ber §ot)a=
S)iepf)olä'fd§en Sanbfdjaft, toelctje babon ausgingen, ba| im x^aUt ööüiger Um=
fe^r aurf) je^t bie Ärone für i^n nod) nid^t berloren fei , unb Dergeblic^ um ein
neues 9Jiinifterium baten. %m 17. ^uli begab fidE) ®. nad) äßien unb Pcr=
fud^te öon §ier au§, gerabe al§ bie ^reu^en öor äöien [tauben, f5T;iebcn§unter=
^anblungen an3u!nüpfen, fein 33rief mürbe jeboc^ nidt)t angenommen, ©in S5er=
fu(^ ber ©tabtbeprbe öon .^annober öom 2. 2luguft, @. äur Slbbanfung ju
©unften be§ ©ol^neg 5u bemegen, tourbe öon if)m in ^ie^ing, n)o er bie äJitta
S5raunfrf)toeig betoo^nte, abgetclint. @egen bie preu^ifdic (Sinöerleibung .g>an=
noöer§ er^ob ©. 35ertoa'§rung bei allen europäifd^en ^öfen. @r worf ^^reu^en
öor, it)n abfid§tlid^ getäuf(^t ju f)aben, inbem e§ fd^on längft beffen Slbfid^t
getoefen fei, fid§ §annoöer§ ju bemächtigen. „Söir übermeifen bem Unmiüen ber
ciöiliftrten äöelt biefen Singriff, üerübt im öotten f^rieben gegen ba§ £anb eineS
befreunbeten, öermanbten unb öerbünbeten dürften". 2)ie ©inöerleibung nannte
er einen „öerbred§erifc£)en 9taub", rief alte Tläiijtt ju ^ülfe an unb erflärte,
niemals auf feine 9tedt)te ju öer^id^ten. ^n einem ©rlaffe an bie ^annoöeraner
fagte er gar, er l)abe anä) nadf) ^reu^enS ©iege bie <§anb 3um t^rieben geboten,
fie fei aber äurüdfgemiefen morben. S)ie Untertanen unb 33eamten entbanb ^r übrigens
öorläufig beS ßibeS, Gegenüber atten ©(^ritten ^reu^enS, bie alten mit ben
neuen 35erl)ältniffen p öerföl)nen, öerl^ielt fidt) ®, forttoäfirenb ablel)nenb. S)ie
.Königin mu|te pr @rl)altung ber melfifd^en Stimmung in |)annoöer bleiben
unb na<i) i^rer Ueberfiebelung nadt) ber ^Jlarienburg mürbe biefe eine ^^^t ^^"0
ein Jpeerb preu^enfeinbtid^er 3lgitationen ; bie preuBifd)e 9tegierung mad^te jebodt),
nadt)bem ein ©d^reiben beS .^önigS 3öil§elm an bie j?önigin SJlarie auf ©eorgS
äöeifung erfolglos geblieben, bem treiben ein (5nbe unb bie .Königin reifte am
2o.;3^ulil867 ab. ®ef ä'^rlict)eren ß^rafterS fdtjien bie 33ilbung einer fogen. „2Belfen=
legion". 1400 l)annööerfdE)e ©olbaten jog man nadt) ^oHanb unb Defterreid^,
öon 'i)m begaben fie fid) als gefd^loffener Körper burcf) bie ©d)tt)ei3 nad^_ gi-*on!=
reic^. ®iefe ununterbrodf)ene 9lgitation beS Jpie^inger ^pofS War einer ^efeftigung
ber neuen beutfd^en 3uftänbe t)inberlidE). S)ie preu§ifd£)e 9tegierung mar baljer,
nadt)bem Slgenten auS Jpie^ing bie erfte Slnregung gegeben, ju 93erl)anblungen
über einen 33ertrag mit (B- bereit, moEte jebod^ erlangen, ba| berfelbe auf eine
unfrudt)tbare ^^Jrätenbentfd^aft öeräid^te, ol)ne ba| bieS übrigens mit SCßorten ju
668 ®eorg V., ß. b. .^annober.
gcfd^e'^en Bvaud^te. S)ie 3]ert)anbtungen ftocften, at§ ®. antä^tid) be5 8urem=
Bürger ©treit§ loieber auj ba§ 3Iu§tanb ju l^often begann, führten aber am
29. ©ept. 1867 ju einem 25ertrage , toonaci) ©. fein in engüjd^en ©tocfä an=
gelegtes Kapital öon 600000 2. ©terting, fein ©ilbergerätt), feinen :3uroelen=
fc^a^ unb anbereS bett)eglicf)e§ ^riöateigentt)uni be^^alten unb jur @ntf(^äbigung
für S)omainen, goi^f^en, ©dilöffer, ©arten 11 ^Wittionen %i)lx. in 4V2 % preu^.
(Staatspapieren jum ^lenntoertf) , fotoie 5 9JtiIIionen Xf^lx. haax er'^alten, audf)
ba§ ©d)(o| in ^errent)aufen unb bie Romaine ßalenberg i[)m, jebod) fo lange
unter preu^ifc^er 3}ertüattung öerbleiben fottten, bi§ er für fid) unb feine @rben
auSbrürftic^ auf bie l?rone toerbe öer^id)tet tjoBen. dMi ber Unter^eictinung biefc§
35ertrage§ üerjiditete er , nacf) ber öon ber preuBifc^en Otegierung bem )i3anbtage
öorgctrageneu 3luffaffung, „mit boHem Sewu^tfein" auf feine ^Itei^tSanfprüc^e au^
bie ^rone, tüoran au^ feine fpäteren gegentl^eiligen 3leu|erungen nict)t§ mel^r
änbern !onnten. Söä^renb bie 5lu§fü^rung biefe§ 3}ertrag§ fid) orbnunggmä^ig
beräögerte, fe^tc @. unb fein ^of in i^ie^ing bie preuBcnfeinbü(i)e 2lgitation fort,
^ci ber filbernen ^od^jeit, toeläje er am 18. gebr. 1868 im ^aiferftörf(=^:i>a(ai5
am sparte öon ©(f)i3nbrunn feierte, fprad^ @. 1200 feiner ^(n'^änger, toetc^e auf
feine Soften auS <g)annoöcr angelangt maren, nad^ großen tt)e(fifct)en Äunb=
gebungen berfelben , bie .spoffnung au§ , in furjer 3^it aU freier f elbftänbiger
Äönig nad) .g)annoüer jurürfjufe^ren. ^it feinem @elbe mürbe ]n ^ariS ein
SStatt „La Situation" gegrünbet jur SBa^rung ber Steinte ber Entthronten unb
3ur @d)ürung öon ^;t>reuBen^aB. 2)ie preuBif(|e 9tegierung ]di) fid) barauf „ou§
9iott)mef)r" öeranta^t, burd^ 9}erorbnung öom 2. ^äri 1868 bie ^efd^tagnaljme
be§ in obigem SJcrtrage ermähnten, foroie alle§ fonftigen in ^reu^en befinbti(|cn
3]ermögen§ @eorg§ unb bie ©inftettung ber öertragömä^igen 3i"ffn3a'^lung ju
öerfügen. ^n einem Seric^te bes ©taatSminifteriumS an ^önig 3Biti)elm mar
als @runb angegeben, ba§ bie '^öorauSfe^ungen unb 33ebingungcn beS ilertragS
öon ®. nid)t erfüllt feien, bo^ er inSbefonberc bie Söetfenlegion ]n unter^tten
fortfa^Cire mit ber au§gefprod)enen ^Xbfid^t, fie bei günftiger ©elegenfieit ju feinb=
liefen .!panb(ungen gegen '•^reu^en ju öermenben. S)cr bienfttidie 5öer!ef)r biefer
^Truppen mit ber .öofbienerfd)aft in v*pic^ing fei amtlid^ feftgcftettt. 9tud) ^a^^
&. bie Sreue preu^ifc^er Untertf)anen ^u erfdjüttcrn öerfu(^t. ©(eid^jeitig mürbe
(SeorgS „IRinifter" @raf Opiaten ju öietjing megen Seitung ber Umtriebe ^ur
Drganifation eineS auSmärtigen Eingriffs öom prcu^ifd^en (5taatSgerid)tSl)ofe ju
15 ^a^ren 3u(^tf)auS öerurt^eitt. 3öie Ätopp in (SeorgS ^lefrologe (2)eutfd)e
Sßolf§=3eitung m-. 167 öon 1878) bcri($tet , ^at \\ä) &. über bie ©efc^tag-
natjme gefreut, meil er „gerabe baburd) rein unb ftar öor alter 3Belt bajuftet)en"
glaubte unb barin, namentlich in ©raf 5Bi§mavd'S ^Berufung auf bie "Olotl^mel^r
bie gtäuienbfte 3tnerfennung feineS 9led)t§ unb ber ^331ad)t feine! ^rincipS er=
blidt t)abe. 2)ie preu^ifc^e IRegierung legte bie 3}erorbnung öom 2. Wdx^ 1868
bem öanbtage öor unb bei ben Sßerlianblungen beS Jperrenl)aufe§ erflärte ©rat
23i§mard am 13. f^ebr. 1869, bie ^tegierung fel^e fic^ in bem ^öertrauen ge=
täufd^t, mel(^eS fie in fürftlid^eS 6^rgefül)t gefegt. S)ie ®enel)migung ber S5er=
orbnung burd) ben ßanbtag mürbe am 15. Jebr. 1869 befannt gemaif)t, 3U=
gleit^ mit ber 3}erfünbigung eines ©efe^eS, monadt) bie 2öieberaufl^ebung 'jener
33efdC)lagna^me nur burd^ (Sefe^ folle erfolgen fönnen. S)iefe ßrlaffe riefen einen
neuen ^^roteft ©eorgS ^eröor; in einem 33riefe öom 30. ^Jlära 1869 marf er
bem .ß'önige öon ^^reu^en öor, bie Erfüllung feiner SJertragSpflid^ten i^m gegen=
über burd) jene (Srlaffe öon einem fremben Söillen abt)ängig gemad£)t ju laben;
äugleidl) manbte er fidt) gegen bie öom @rafen ^BiSmard bei legieren 5öer|anb=
lungen im Sanbtage erhobenen Inflagen unb beftritt namentlid^ , ba| öon i^m
felbft bie ^Jlitgtieber ber Söetfenlegion l^erangejogen feien; unterftü^t ^be er
©cotg V., ü. 0. .f)Qnnoi)er. 669
biefelben nur tregen if)xex Oiot^. 2)er Sluegang beg beutjc^^franjönfc^en i?rieg§
Oon 1870 fcf)ieu ©eorgg .s^offnungen ']üx immer ju äerftören. SJton l^orte ni(|t
mej^r Diel Don i^m als juttjeiten ben (Smpjang f)erüorragenberer 3lnf)änger.
8eit 5TÜ{)iaf)r 1868 öetlebte er bie 2Binter im 2otf)ringerpalQis ^u ^^^cnjing
bei äöien, rco er reichen ©enufe in ber ^^Jiufif janb , bie Sommer bogegen in
ber 5)itla 9iebtcn6a($er ober 2f)un bei (Smunben in Dberöfterreid^. 1873 unb
1874 befudite er wegen eineg 2eiben§ ba§ Seebab Siarri^, unterwarf ficE) einer
fcf)mer,5^Qiten Operation beim SBirner 6f)irurgen 5Jlo|etig o. iltoorf)oi, nat)m
feit ^erbft 187-1 bauernben Jlufent^alt in i^xantxeiä:) unb benu^tc 1875 ba§
28ab 3u 33arregei im franjofifcfien ^Departement ber oberen $t)renäen. 5(m
27. Sept. 1876 fprac^ fi(^ ber ^nnööerfcEie ^^roöin^iatlanbtag einftimmig für
SBieberauf^ebung ber SBefd)Iagna^me öon 6eorg§ 33ermögen aus, bie preu|if(f)e
9tcgierung war aber, toie au§ ber ^Beantwortung einer Stnfrage im -penen^ufe
am 5. ^c^x. 1877 l^eröorging, wegen nodt) fortbauernber welfifci)er 31gitation
ni(f)t baju geneigt. Um biefe 3eit öerfdiUmmerte fic^ ®eorg§ Öciben, er öer=
brachte ben Sommer 1877 in ©munben, Siarri^ unb 33arregc§. äÖenn^cmanb,
ber if)m nä^er ftanb, i^n üerlieB, Pflegte er i^n ju fegnen, inbem er im 9iamen
ber 2)reieinigfeit ba§ A?reu3e§5ei(f|en über bie Stirne jog. Seit gebruar 1878
wieber in '^ari§, rue de Pressbourg 7, wo^nenb, unterzog er fi(^ abermat§ einer
fc^Wierigen Operation unb ftarb plö|üi^ am 12. ^uni, nact) ber Cbbuction in
golge Verfettung be§ ^erjen». ^n fünf Äird)en ber Stabt Jpannoüer fanb am
15. ^uni unter großem ^ubrange 2raucrgotte§bienft ftatt. S)ie SeileibSabreffc
au§ ber früf)eren Ütefiben^ an bie Äönigin ^JJtarie war üon 43700 ^^^erfonen
unterfd^rieben. ?lm 18. Suni würbe ju ^^^ariS in ber Iutt)erifd)en Äir(^e de la
Redemptiou in ber rue Chauchat, unter X^eilna^me be§ ^^riujen üon 2öate§
unb Dieter anberer 5ürftticE)fciten ha^i 2ei(^enbegängniB gefeiert. S/ie Don ber
Königin Don (Snglanb erbetene Srlaubni^ jur Veife^ung in ^erren'fiaufen würbe
Don ber preu^ifc^en Diegierung alSbatb ert^eitt. S)er Sot)n (Beorgs, Srnft
'ituguft, fteEte bann beftimmte Sebingungen auf, wel(i)e bie 2tu§f(f)lie^ung
jeber ÜJtitwirfung ber . preußifi^en 33e^örben, 5Jii(itär§ ober ^potijei be^wedften.
Cbwot bie preu^ifc^e ^Regierung, nac^ ÜDlitt^eitung ber .Königin S3ictoria, biefe
SSebingungen nidf)t beanftanbete, entfcf)icb fici) ber '4>rin3 auf bie Siebenten feiner
S^iat^geber, pto^lid^ für bie 33eife^ung in ber St. ©eorggcapeUe ju 2Binbfor,
wo fie am 24. ^uni ftattfanb. 53ie§rere gri3§ere engtif^e unb Diele ^arifer
33(ätter bradjten warme D^ac^rufe, Don größeren beutfiien blättern nur bie
„Germania" unb bie wetfifd^en 33(ätter in -^annoDer, auc^ ba§ SBiener „35ater=
lanb". S)iefe nannten i§n einen eblen, ritterlichen .g)errfc£)er , einen großen
2)utber unb feine Otegierung eine gefegnete. „^orning=5ßoft" fagte: Seine
Sorgen unb S(^wäc^en ertrug er mit ejemptarifd^er Seelengrö^e. 'ütuc^ bie
„Simee" jottte feinen perfönüc^en Sigenfc^aftcn SlnerEennung, Derurt^eitte aber
feine ^Jolitif. „lltorning SlbDertifer" meinte, @. fei ein »grand gentilliomme
jusqu'au boiit des ongles" gewefen. £). Ätopp nennt it)n im 9hfroIoge ben
„9Jlann be§ üted^ti" ; bie .^nfd^rift feine! 2öappenfc^i(be§ „@ott unb mein
9teci)t", fei in i^m g^eifd) unb Slut geworben; biee Dor allem fei „ber l§aupt=
fäc§ii(^fte Sc^Iüffet feincS ganzen SebenS".
Sein Sol^n, Srnft 5luguft, geb. am 21. Sept. 1845, ertie| am 11. ^uli
1878 au§ ©munben an atte beutfdjen f^ürftcn unb freien Stäbte bie (Erflärung
unb an ben ,^önig Don ^reu^en noct) eine befonbere „"illotificatiün", ba^ er atte
auf if)n übergangenen 3ted§te feineS 33ater§, inibefonbere biefenigen, welche bem=
felben in SBejug auf bae Äönigreid) JpannoDer juftanben, „DoE unb ganj auf=
re(f)t ermatte" unb Dorläufig ben Jitel „^crjog Don Gumbertanb unb ju 23raun=
fcf)Weig unb Lüneburg" annet)me.
670 ©eorg, ®rf. b. ^ennefa(;tg:9iom'^itb.
Oppnmann, S^x ®efd§. |)annoöei-§ bon 1832-66, 2. 3Iufl., 3 58be.,
S3erl. 1868; S. 2Bale§tobe, Scmofr. ©tubien, 5ßb. II, .^amB. 1861, @. 313,
auc^ unter bem 2:itel „.g)ie SBelf!" evf(f)ienen ; ©d^aumann, |>anbl6. b. @efd^.
b. ßanbe ^annobev u. Sraunfctitüctg, §ainl6. 1863; ^veu^. 3öod)enl6I. 1852,
©. 55; ©tüöe im ©taatStoörterBud) 35b. IV, ©. 729; ©egenlüavt X (8eip3.
1855), @. 645; Unfeve 3eit, erfte ^olge, «b. VI (ßeipa. 1862), @. 721
(„|)annoöer unter ^önig ®. V.), 33b. VIII (ßeipj. 1864), ©. 202 u. 642,
neue golge: Sb. III (ßeipj. 1867), ©. 721— 754 („^annot)er§ te^teXoge"),
S3b. VIII, ©. 33; 5öl. 33uf(^, S)a§ Uebergangiia^r in |)annober (ßeipä- 1867)
6ap. 1 u. 2 („S)ie legten äBetfen auj^annoöerS S^ron"); ©up|)l. 3. 11. 5tufi.
b. 6ont).-ßei-. («rocff. 1872), 93b. I, @. 774; über b. Seije^ung : «Ulorning^
$oft ö. 25. i^unt, ®eutjd). 5ßoIf§--3tg. m-. 1594 b. 4. ^uli 1878. 9tefrD=
löge: 9Zat.=3tg. ö. 16. S^uni, 5)eutf(^e S5ol!§-3tg. ^Ir. 1581 ö. 19. ^uni,
D. ÄIopp bafelbft ^Ir. 1610 big ^r. 1624 (erfd^ien aud^ felbftänbig u. b. %.:
„Äönig @. V.", §ann. 1878), 2öefer=3tg. 9lr. 11284, gjlagbeb. 3tg. "Hx. 279 ü.
19. ^uni, ^öln. 3tg. ^Ix. 163, 2. ^ ö. 13. ^unt, SimeS b. 13., Saili)
Set. b. 13., 19., 20., ©aturbal) 9teb. b. 15. Sfuli 1878; „S}a§ ©d§iff(ein
6:^rifti", ^parifer 5JionQt§f(i)rift b. '':)Jlenegoä, 1878, Tix. 7; „(Erinnerungen
an (B. V., ^önig b. .^annober", bearbeitet b. C 2::^eobor, SStemerl^ab. 1878;
„(5f)rengebä(^tniB <Bx. 5)1. b. ^önig§ ®. V. b. ipannober" (^annob. 1878; ;
6. b. 2Bet)r§, SSiogr. u. öebäd^tni^fc^riTt auf ^önig @. V. (^annob. 1878);
2). aItI)annob. Äatenber \. 1879 b. 2. ©rote; Discours et Prieres funebres
prononces aux obseques de S. M. Georges V, roi d'H. le 18 Juin 1878
pour M. M. les pasteurs Kuhn, Appia et Lods de Feglise de la rödemption.
9jß i p :p e r m a n n.
(^corg, @rai bon §enue6erg=9löm^ilb, geb. 1395, toax ber ©ol^n
?Srriebrirf)§ I. bon ^enneberg-gtömtiilb unb beffen ®emat)Iin ©lijabett) bon ^enne=
berg=©(^teufingen ; in i'^m erreid)te bie ßinie ,^enneberg=9löm'§ilb (1274 — 1549)
il^ren l)Drf)ften ®Ian3. 5ll§ einziger männtid)er ©tammt)alter ber Sinie Würbe
er bereitg 1402 mit Äat^rina, Jod^ter be§ ©rafen ^ol^ann bon 2Bert:^eim
berlobt; er ber^eiratt)ete \\ä) mit i^r 1412, nac^ il^rem aber bereite 1419 er=
jolgten ünberlofen lobe mit S^o'tianneta , Xod^ter iJJ'^ilippS bon ^Jlaffau. 9ll§
9legent jud^tc er bor allem bie äußere (5id£)erl)cit feiner Sanbe feftäuftetten, er=
rid^tete be§^alb 1424 mit bem ^JKarfgrafen SBil^etm ju «meinen al§ Sefi^er
bon Coburg eine gemeinjdt)aittidf)e 8anbtt)et)r 3tt)ifd)en ben beiberjeitigen Säubern,
berbanb fiä) 1430 mit bem 93ifc^oT So'fiann bon Söürjburg unb äöil^elm III.
bon ^enneberg=©cf)leufingen jur gemeinjd£)ajttid)en Untcrf)altung bon ^teifigen
gegen räuberif^e ^ad^barn unb fd)Io| 1436 mit SBil'^elm bon ©d)leufingen unb
Jperjog ©iegmunb bon ©ad)fen einen ©ertrag auf äetoä^rung bon ©diut^ für
t>ie ^^flege Coburg, giamcntlidf) aber erridf)tete er 1436 mit äöit^elm bon
©dt)leufingen ein 3lufträgalgerid^t jur ßntfd^eibung ber atoifd^en if)nen felbft ent=
fte^enben ©treitigfeiten , ju n)eldf)em jeber 3:§eil brei feiner 9iitter al§ 33eifi|er
unb ber .Kläger au§ ben Ülittern be§ ®egner§ einen Dbmann ju beftimmen
Vtte. daneben forgte @. für bie ßrtoeiterung feine§ Territoriums : fo erlüorb
er inSbcfonbere biele mür^burgifd^e , jum 2t)eil frü^^er f)ennebergifd£) geroefene
33efi^ungen, toie ba§ ©tammfd§to§ feiner Sinie ?Ifd^a, ferner ba§ 3lmt M1)n--
borf unb nebft anberen fulbaifd)en 33cfi^ungen bie ©tabt ©aljungen, bereu
©atine er it)re bi§ jur ^Zeu^eit gültig getoefenen 'Steäftt berlie!^. ©oweit bie
9töm'§ilber unb bie ©d^Ieufingcr 93efi^ungcn bermengt toaren, fud)te er burd)
gegenfeitigen 2lu§taufd§ ben Sefipanb 3U bereinfa^en. ®eorg§ 33ebeutiing unter
feinen 3eitgenoffen ert)ettt baraug, t)a^ mau if)m fo oft bie ^Vermittlung bon
©treitigfeiten übertrug. 1440 berglic^ er ben S3ifd£)of ©iegmunb bon SBüraburg
mit beffen S)omcapiteI unb tourbe in gotge biefe§ 3>ergleid)§ mit ber neu ge=
©eorg Srnft, ©rf. to. ^ennebergsScfjleuitn^en. 671
fd^affenen Söürbe eines tDÜt^feurgijc^en Stiititiauptmanng befletbct; 1442
fd^Ud^tete er bcn (frbfolgeftrcit jtoifd^en •gjeinricf) XI. üon ^enneber9=©d§teu=
l'tngen unb belfen 9}ettern; 1449 tourbe et jutn [tänbtgen ©c^iebsric^ter ^iDtjd^en
SBürjbuvg unb Sac^fen ernannt , 1450 öerglic^ er ben GrjbifcfioT S)ietrid^ üon
ÜJlainä mit ben 9tci(^§ftäbten gtotenbutg a. X. unb öaüe a. Ä. u. a. m. @.
t 25- 3^uli 1465 auT bem od^loffe Battenberg unb tt)utbe in bet Äirc^e be§ öon
i'^m gegrünbeten unb reic^ auSgeftatteten ß^orl^errenftift§ ^u ^löm^ilb begraben.
3}on jeinen Sö^en fe^te nur fein Dtac^folger griebrid^ IL ben ©tamm fort,
bie anberen ftarben unoerfieiratl^et, baDon einer, ^^ilipp, al§ 33if(^of üon 33am=
berg; bet jüngfte ber (£öf)ne njor bet betütimte @t;\bijd)0T Settolb oon ^ainj
(Sb. IL <B. 524).
©d^uIteS, Diplom, ©efd^. b. gräfl. <öauje§ öenneberg, Z% I. .öitbburg=
^ujen 1786, (5. -356 ff. " ' ©er Unb.
(^eorg (Srnft, ber Ie|te @raf öon Benncberg = <Sd^leuftngen, tourbe
am 27. 5Uai 1511 ju (Sc|teufingen geboren, ©eine 6ttem maren Sßil^elm VI.
öon §enneberg = (5c^(euftngen unb Stnaftafia öon Stanbenbutg. @ine feiner
(Sd^toeftern toax bie befannte Äat^arina öon ©(^tearjburg, bie auf i!^rem ©d^loffe
^Hubotftabt fogar einen %i!ba gittern mad^te. 6r geno^ ju Sc^leufingen nad^
ben ^Begriffen bamaUger 3^^^ ^^^ beften Unterrid^t, fowie eine öottteffürfie unb
ftteng retigiöfe Sr^iefjung. ^((S Jüngling befuctjte et bie 6öfe öon S^ütid^ unb
Königsberg, bereifte ^Ru^tanb, $o(en, (Sc|toeben, Sänemarf unb bie ^^iiebertanbe
unb fam 1530 an ben ^of be§ Sanbgrafen *$§ilipp be§ Sro^müt^igen öon
.peffcn, ber feit 1521 mit öenneberg erböerbrübert war. $^ilipp fanb öefaEen
an (S. @., toeifite i^n in aÜe feine ''^läm ein unb nai)m it)n alebalb mit am
bcn ■ Üteid^Stag ^u 3(ug§burg, tt)o ö. 6., md^renb feine gteid^faüö anmefenben
SSrüber nobeln ^^affionen !^u(bigten, bie 23e!anntfd^aften öieter bebeutenber '^er^
fönen machte unb namentlich ber ptoteftantifd^en ße^re na!§er trat. 1584 fod^t
er aU 9tittmeifter im ^eere ^^ilipps be§ ©toBmüt^igen , meldte! lUtic§ öon
Söürtembcrg roieber in fein Sanb einfette, bann mai^te er in faifert. 2)tenften
1536 ben erfolglofen Krieg Kart§ V. nad^ @übfranfreid§ mit unb iod^t 1542
a(§ Dberftet ber fränfif(^en Kreistruppen gegen bie dürfen, ^n biefem i^db^
juge jeid^nete er fi($ al§ 9teiter unb Krieggmann au§ unb rettete bem fpäteren
Kurfürften DJlori^ öon Sad^fen, meldten hit dürfen bereits öom ^$ferbe geriffen
Ratten, ha^ geben. 3um £anf ertoirttc 2)lori^ nad^ fiegreidE)er 93eenbigung bei
f(^malfatbif(^en Krieges, baB Karl Y. feine ^tbfid^t, bie ©tobt ©cf)malfalben ]u
jerftören^ aufgab unb ba§ f)ennebergifd^e @ebiet öon Surifimäi-fd^en befreite.
'^aä) feiner 9tücffe:^r au§ Ungarn öer^eiraf^ete fi(^ @. @. bem 2J5unf(f)e feines
35aterS jufolge 1542 mit ßlifabet^, Jod^ter beS .^erjogs ßrid^ öon ^raunfd^meig
unb 2Bitt)elm TL trat i§m bafür 1543 bie ^Regierung in ber ©raffet oft öenneberg=
(5d)Ieufingen ab, meldte ^errfd^aft 1549 bur(^ 3Iu§fterben ber Sinie ^enneberg=
9iöm^ilb fid) über bie gefammten l^ennebergifd^en 'staube au6bef)ntc unb @. 6.
ben ?ftang eineS fyürften gab. 51IS Ülegent mibmete @. @. feine 2;|ätigfeit öor=
jugsüpeife brei g^ecfen: ber ©infül^rung ber Üteformation in feinem Sanbe, ber
35etbeffetung bcS ©d^uImefenS unb , ba et feine Hoffnung auf 9^adf)fommenfd^aft
^atte, alfo mit if)m baS .^auS .^enneberg auSftarb, ber Drbnung ber 2}ett)ältniffe
feines iS^anbeS nad§ feinem Jobe. S)utd£) feine öielen 35etbinbungen mit t)etöot=
tagenben ptoteftantifc^en ^ürftenl^öufetn fd§on lange füt ben 5j}toteftanti5muS
gemonnen, befannte et ftdf) alSbalb, nad^bem et an bie Otegietung gelangt »at,
offen äur augSburgifdE)en donfeffion. ©ein ißater toat bamalS noc| ftteng faf^o^
tifd^ gefinnt unb rourbe erft merfroütbigctnjeife butd£) ben ©icg beS Kat^oliciS=
muS im fi^malfalbifd^en .Stiege füt bie Oteformation gewonnen, ber er aber nun
um fo fefter anl^ing. &. @. fonnte beSfialb bei ber ©infü^rung ber 9teformation
672 ®eorg (Srnft, ®rf. ü. ^ennebet9=®(|leuiiu9en.
nur fc^vitttDeife öorgc^en. 3unäc^ft betiei er auf 2ut{)er'§ Sm^fe'^lunQ ben Dr.
tbeoL ^o^onn f^örfter öon Söittenfierg al§ (SJeneralfuperintenbenten uacf) ©d^Ieu=
fingen unb geftattete, ba^ man üBeraE eöangeüfd) prebigen bürfe. 2)a aber fein
35olf burd)gängig ber ebangelifc^en Sc^re jugetfian icar, fo öerfereitete fi^ biefc
fo rafd) im ^penne6ergifrf)en , ba| ©eorg (^rnft§ Sßater fid^ 1543 bereits au§=
brücCUc^ öorbel^alten mu^te, ba^ er unb fein ^offtaat faf^oUfd^ Hieben. 6inc
1544 abge{)altene ©eneralöifitation ber Äird^en be§ ßanbeg ergab unter ben
(SJeifllidien, üon benen mgndie neben i^rem geiftlic^en 3lmte norf) ein ,!panbtt)er!
betrieben, gre^e llntoiffentieit unb in ben ©emeinben bie ärgften Unorbnungen.
(5§ tourbe be§t)alb eine ber 3lnfteIIung ber (S)eiftti(i)en öorau§ge^enbe ^^srüfung
eingeführt, 3ini)t in ben ©emeinben gefci)afft unb ein ßonfiftorium unb @l^e=
gerid)t ju ©ci)leufingen errid)tet, meldfieS fpäter öon ba nad) ^Jta^felb, (Beorg @nift§
gehjö'^nlid^er Stefibenj, unb enbtic^ nad) 5Reiningcn öertegt tourbe. S)en ^löftern
öerbot man Slufna^me neuer 5!Jlitglieber , nur foI(^e ßonöente, mel(i)e fid) offen
ben ^Jleuerungen miberfe^ten, mie bie 5Jlinoriten in ©d^leufingen unb bic Sene«
bictiner in .Iperrenbreitungen tourben al§balb aufgelöft. ®. 6. t)ulbigte ber üer=
fö|nlic^en 9tid)tung 'DJIeland^t^on'S unb fud)te überaE bie getrennten JReligion§=
Parteien 5u bereinigen, mie benn aud) bie ber ßoncorbienformel unb ^aul=
bronner f^ormel ju (Srunbe tiegenbe, öon 3Inbreae unb 6§emni^ öerfa^te 6ini=
gungSformel auf einer Slnregung @eorg grnftg berul^t. .statte fid) nun fd)on
görfter burd) fein fd)roffe§ 3luftreten gegen ba§ am '^ennebergifd)en ^ofc
^errfd}enbe IQeben unmöglich gemotzt unb 1555 feine ©teüung aufgeben muffen,
fo fanb (S. ß. nod) öiel größeren äBiberfprud) bei feiner ®eiftlid)feit , aU er
feine liberalen 9lnfd)auungen in bie ^rajig umfe^en tooEte: er woüte äal)lreid)e
geiertage befeitigen, felbft bie .'pauptfefte foEten auf einen Sag bef(^ränft löer=
ben, e§ ftörtcn it)n bie ©teEung ber Elitäre unb ®eifttid)en nad) Dften, bie
öieten Zeremonien, iiai Äreu^fdjlagen , ber 6j:orcigmu§. @r entmarf ba'^er eine
neue Slgenbe („2)ie ^enncberger i?ird)enorbnung"), bie gefammte ©eiftüc^feit bi§
auf einen 5|3farrer (i5ifd)er ju ©d^malfalben) lef)ntc fid) bagcgen auf, beftritt il^m
fogar ba§ ^)iec^t jum (5rta^ einer folc^en Crbnung; er aber gab nic^t nac^,
fonbern fe^te ei burd), bafe bic aEerbing§ in il^ren ftrengften SBeftimmungen
mobificirte ^ird)enorbnung 1580 auf einer ©l)nobe förmtid) anerkannt mürbe.
2)ie burd) ?luf^ebung ber geiftlid)en Stiftungen flüffig geworbenen (Sinfünfte
öertoanbte er nur p ^roeden, loel^e man bamalä mit ju ben fird)lid)en 3äl)lte,
3ur ©rünbung öon äöol)lt:^ätigfeit§anftatten unb namenttid) jur Stiftung öon
Sd)uten. UeberaE, öorjugSlneife in ben Stdbten, mürben ©d)ulen eingerid)tet,
in§befonbere aber mibmcte er feine Stufmerffamfeit ber :^ennebergifd)en Sanbeg=
fc^ule, bem jetzigen ®i)mnafium ju Sc^leufingen, me(d)e ^Inftatt er 1577 grünbete,
mit ben reid^ften ^JMteln auäftattete unb mit einem Sllumnat, ber fogenannten
Kommunität öerbanb. S)a ©lifabet^, ©eorg (SrnftS (5}emat)lin, 1566 finberlo§
ftorb, fo öerel)elid)te er, auf beffen 9lugen aEein ba§ f)ennebergif^e ^au§ berul^te,
fid^ 1568 nod^molS mit ©lifabetl), Sod^ter be§ C^er^ogS g^riftopl) öon äöürtem=
berg; al§ aber audt) biefe @l^e finberlo§ blieb, mar feine gan^e Sorge barauf
gerid^tet, für feine Sänber nac^ feinem Sobe ju forgcn, er f)atte ja au^ ba§
materieEe Sßoljt berfelben ftet§ im 2luge gebabt. 3um ^toecEe ber Slbtragung
öon Sc^ulben l^atte er ba§ 9lmt ^Jtainberg an Söür^burg öerfauft unb bafür
bie Stabt ÜJleiningen ermorben, er l)atte forgfam regiert — felbft auf Dteifen
nol)m er Sefd^merben feiner Untertl^anen entgegen, unter i^m mar ber SSergbau ju
:^lmenau unb anberen Drten neu aufgeblü:§t, bennod) aber laftete nod) eine
fd^toere Sc^utb auf feinem gürftent^ume. ®iefe mu^te öon feinem 3Sertrag§=
erben übernommen merben, bamit er burd) bie Sd^ulben unbeirrt bie ßinfünfte
be§ 2anbe§ für beffen 2öoP öertoenben fönne. @in 2t)eil feines 2erritoi-ium§,
©corg I., 2. ü. §efjcn=^orm|"tobt. 673
ben er mit A;-)cffeii gemeinfc^aftlic^ feefa^, fiet öertragSmäBig an ^cffen^^aflet
unb für biefeii Brauchte ei; nid)t ju Jörgen; er fd)to| nur 1575 mit 2ißitf)etm'IV.
üon .Reffen einen SBertrag bat)in ab, ba^ fie in biefem iSiebiete nicf)t mel)r neben,
fonbern gemeinfrfiaitlict) mit einanber regieren ttJoHten. SBcgen feiner übrigen
J3anbe jud^te er juerft mit Äurja(i)fen einen ßrböcrtrag ab^ufc^üe^en; ba it)m
aber f)ier nid^t bie genügenben BuQcftänbnifie geroätirt tourben, fo töenbetc er
fi(^ on bie ^öufer ber @rneftinif(i)en Sinie, unb e§ fam mit biefen am 1. ©ept.
155-i ju ^o^Ia ein ©vbfolgetiertrag ju ©tanbe, in ^olge beffen bie .^perjöge ber
@rne[tinif(^en ßinie gegen fof ortige Uebernat)me ber :§ennebergi|d)en 2anbe§f(i)ulb
üon 130474 ©ulben 6 @r. bie nic£)t an «Reffen fattenben ^ennebergifcfien Sanbe
nac^ @eorg @rn[t§ %oh erhalten fottten. Sa e§ nun ^tt)eifell)aft war, ob bie
l^er§felbif(^en fielen (bie 35ogteien >g)erren= unb i*fVQuenbreitungen) an Reffen
ober (5act)fen faEen mürben, fo öermittette @. @. jtoifctien beiben <^äufern ben
fogen. Äafimirianifd^en S5ertrag öom 31. 3luguft 1583, nac^ melc£)em biefe Sef)en
get^eilt toerben foEten. Äur^ barauf ftarb (S. 6. : er befud^te im 2)ecember beS
genannten ^af)re§ feine (Stammburg |)enneberg, bort erfranfte er unb ftarb am
27. 2)ecbr. 1583 im ^aufe feine§ 33urgmann§ ^ermann 2:rott, ber te^te |)enne=
berger am gu^e feine§ im 33auern!riege äerftörten ©tammfdf)Ioffe§. S)ie im
Ätofter SSeffra beerbigten Stirnen t)atte er fcfion felbft im Erbbegräbnis ber Äirc^e
SU ©d^teufingen beife^en laffen; bort fanb aud; er feine le^te 3iu^eftätte unb
über feinem ©arge marb ber ^ennebergifd^e ^elm unb (5dt)ilb äerbrodien.
©d^utte§, S)iplom. ©efcf). b. gräfl. .g)aufe§ .»penneberg, %^. IL (.g)ilbburg=
f)aufen 1791), @. 193 ff. ülüiiert, ©. ®., ber Ie|te (Sraf öon ^enneberg,
Sena 1873. Söcicter, geftfd^rift äur g?eier be§ 300iä^rigen ^ubitäumS beS
ä. ^r. ^enneberg. @t)mnaftum§ ju ©d^teufingen. ^IReiningen 1877.
©erlaub.
@COrg I., ßonbgraf öon |)effen = S)armftabt, genannt ber fromme,
oierter unb jüngfter (Sof)n ^l^ilip^j§ be§ ©ro^mütl^igen, mar geb. am 10. ©ept.
1547, mä^renb ber (SJefangenfd^aft feine§ 9}ater§, unb mürbe mät)renb biefer
öäterüd^en @efangenfd^aft am ipofe feine§ ©t^roagcrä 5Rori^ öon ©ad^fen , bann
aber mit 10 jungen 3lblt(i)en feine§ 2llter§ in 3ieSfi^^<i^^ erlogen, bi§ er 1562
nadf) ^Jlarburg gerufen mürbe, mo mäl^renb ber .<perfteßung be§ ©cf)toffe§ ^u
ßaffel ber Jpof fic£) auffielt, ^aä) bem Stbleben be§ Sanbgrafen ^ßl^iü^p be§
©ro^mütl^igen im ^. 1567 öoHjogen feine ©öt)n? bie öon i!^m angeorbnetc
l'anbe§tt)eilung. S)er iüngfte berfelben, @., be!am in ber S^ieitung bie obere
©raffd^aft Äa^enelnbogen, na'^m feinen ©i^ in ©armftabt unb toarb fo ©tifter
ber barmftäbtifd^en Sinie. 3)er ©taat mar bamal§ öon fel§r geringem Umfange
unb beftanb nur au§ ben 5(emtern S)armftabt, 3tuerbadt), ©ornberg, 2ici)tenberg,
9tein^eim, 9fiüffet§l^eim , -^omberg unb einem %^dU be§ 2lmt§ iBuparf); fpäter,
nad§ bem STobe ßanbgraf ^:t>pip|)§ öon ^effen-gif)einfel§ (1583), fiel, ba biefer
feine 5tadf)!ommen l)attc, nod^ ^omburg öor ber .!pöl§e nebft ben Slemtern ©(Rotten
unb ©tornfelg i^fim ju. 5tn ber ©teile be§ 1546 burd^ ben ®eneral ißeucrn
ober SSüren jerftörten ^a^enetnbogener ©d§Ioffe§ erbaute ftd§ @. ein neue§. 3tl&
er bie 9tegierung antrat, mar er nodC) ni(i)t gauj 20 i^a^re alt, altein er geigte
ficf) beffenungeo(|tet al§ üuger unb traftöoller Otegent unb leitete mit öiet ©org=
falt, @infid£)t unb St'^ätigfeit bie 9tegierung§gefdt)äfte felbft. ^ebem, ber in eigenen
ober fremben 9lngelegen^eiten if)m etma§ öorjutragen ^atte, gab er ®et)ör, unter=
fud^te aEe§ felbft unb mufete feinen Meinungen unb 9Infid^ten bei Seratl)ung mit
feinen ^Beamten burc^ Ätarl)eit unb ©rünblidifeit ein fold^e§ Uebergemid)t ju
öerlei!§en, ba§ rool nid£)t leirf)t anber§ ai^ nad) feinem Urt^eite entfdiieben
rourbe. ^it einer für bamalige ^ät feltenen 9tufmerffamteit forgte er für 35er=
aiEgem. beutf(i&e Siogratiöie. VIII. 43
g74 föeotg IL, ß. D. ^efjen=S;atmftabt
bcjjetung unb 3}crbreitung bcr 2anbtDirtf)|(^aTt unb Dbft6aum3U(i)t unb f)alf ba=
burd) feinem burd^ bie legten Kriege etloaS Oerarmten 2anbe wieber empor.
2)uti) 21nlegung eines ^anal§, be§ fogen. Sanbgrabene, mad^te er einen Biäl^er
roegen ©ümt)fen unBraudibaren SanbftridE) 3U frud)tbaren Sefilben, unb eröffnete
ben 33ctt)Dt)nern feine§ 2anbe§ baburdC), ba| er ben Söeinbau anfangen lie^, eine
neue Quelle be§ ßrUjerbS. ©ctbft 23erfud^e jum ©ctbenbau, bie er begünftigte,
gaben tt)ei(n3eife einen ertDÜnfd)ten Srfolg. Um bie @ett)erl6e auf atle SBeifc in
9Xufnat)me ju Bringen, ertl^eilte er einigen Orten 5Jtarftgerec^tigfeit unb anbere
©erec^tfame, unb bermel^rte burd§ 3lnlegung üon ißcrgtoerfen nid^t attein bie
@taat§cin!ünfte, fonbern öerfd)affte baburd) jugteid^ tiieten 5)lenfd^en it)ren ßeBen§=
untertialt. 5tud^ für bie SJolfsbilbung forgte er burd^ ©rric^tung öon 5rei=
fdt)ulen, füt)rte 1582 ben ©ebraud^ be§ gregorianifd^en i?atenbcr§ ein, unb toenn
er tüegen Söertreibung ber Sfuben auö feinem Sanbe getabelt toirb, fo mufe man
ju feiner gntfd^ulbigung anfü'^ren, "Oa^ nidtit religiöfe Unbulbfamfeit fein 53eroeg=
grunb war, fonbern ha^ &i-bai)xm ber ^uben im ^anbelSöerfei^r mit ben 6t)riften.
2CÖat)r'^afte $öett)unberung üerbient feine georbnete unb fparfamc ■g)au§'^altung,
bur4 toeldtie eä il^m, tro^ feiner Befd^räntten ©inna'^me, möglid) tourbe, o^ne
ba| man i^m fleinlid^e 6infrf)ränfung, ^Hanget an S^reige6ig!eit ober 5}erle^ung
be§ fürftUct)en ?lnftanbg jum 25ormurf madf)en fonnte, nic^t nur Bebeutenbe 35e=
fi^ungen, at§: ©torfftabt, äöolf§!e'^Ien, Sifd^oföl^eim, @eI)aBorn, ©en§felb, Ära=
nid^ftcin u. a. m. burd^ Äauf an fid) ju Bringen, fonbern aud^ foftfpielige ®e=
Bäube, wie ba§ ©d)lo^ in 5Darmftabt, ba§ ;3agbfc£)Io| Äranid^ftein aufführen ju
laffen. ^ud) bie ^anbeSüerBefferungen, baöon mir ©rmä'^nung get^n, erforberten^
nid)t unBebeutenbe 5Iu§goBen; er Bemerfftelligte atte§, o'^ne ba§ Öanb mit 316=
gaBen ju brüden unb o'fine ©d)ulben ju I)interlaffen, ja er l^intcrlie^ fogar einen
für banmlige ^^^ten gemi^ Bebeutenben ©d^a^ üon einer l^alBen 'OJUttion ©utben.
®. Befa| üiele .$?enntniffe , Befonberg in ber ®efdf)id£)te , in atten unb leBenben
Spxaä^m unb War boBei fe'^r retigtög unb tt)at)rl^aft frommen @emütf)§. 5Hit
järttid^er ©orgfalt Wibmete er fid) ber ßrjiefjung feiner j?inber, unb bie 9lcfultate
bicfer ßr^iel^ung toaren bie günftigften. Unterftüfet mürbe er baBei burdf) feine
trcff(idt)e @cmat)tin, 9JlagbaIene, eine geBorene ©räfin öon ber ßippe. ^u frül§
für fein ßanb, beffen S9efte§ xijxn Warm am Jöerjen tag, ftarB er, 49 ^at^xe alt,
am 7. geBr. 1597. " äöaltl^er.
©corg IL, Sanbgraf öon |)effen = S)armftabt, ein burdt) Stiarafter,
grömmigteit unb @ele^rfam!eit l^eröorragenber ^ürft, ©ot)n beä Öanbgrafen
^ubmigs Y. unb feiner (Bemal^Iin ^ogbalenc, Sod^ter be§ ^urfürften ^fo'^ann
@eorg üon SranbenBurg. @eBoren am 17. ^Jiärj 1605, f 1661, ertiiett er
bie forgfältigfte ßrjie^ung , in religiöfer ^infid)t, Wie in Se^iel^ung auf ba§
SBiffen. ^n feinem ad^tje^nten 2eBen§ia|re l^atte er Bereits fieBen ''JUa.l bie
SiBel in üerfd£)iebenen ©pradC)en gelefen, bie er grünbüdC) fannte, unb ta§ fie
Bi§ äu feinem Xobe nod^ 28 ^al burdf). Unter Seitung bc§ ©rafen 3fot)ann
ßafimir üon 6rBad^ bur(|reifte er ben größten 2;t)eil üon guropa unb erlebigte
an ben üerfd^iebenen .^öfen bie üäterlidt)en 2lufträge mit großem ®efdt)id. 33ei
feiner ^eimfef)r er'^ielt er bie 9lad)rid^t, ba^ fein Später, ber in bem gro|en
Kriege ber <Baä)t be§ ÄaiferS treu geBtieBen War, in @efangenfd^aft be§ •Äur=
fürften griebridt) üon ber 5|}fal3 gefallen fei, al§ er au§ feiner üon ben ©egnern
Befe^ten Stefibenj flüd^ten Wottte. ®en Später au§ ber ®efangenfd)aft ju Be=
freien. Bot &. alle bittet auf. dr Befanb fid) im ^. 1626 Bei feiner Sraut
in 3)re§ben, a(§ er bie 5kd)rid£)t üon bem iobe 2ubwig§ V. erf)ielt. 9lm 9.
^uguft tam er in S)armftabt an, um bem Später bie legten @l§ren ju erweifen
unb bie |)ulbigung feiner Untertt)anen entgegen ju ncl^men. ©eine ganje 9fle=
gierungSjeit ift eine 3eit ber Seiben unb ber S)rangfale aller 3lrt geWefen. S)er
®eotg II., 8. b. ^effen^^arrnftabt. 67.?
SOjä^rige .^ricg (aftete am bem Sanbe mit allen feinen Sd^recfen. Sieje toaren
für bas S3anb um fo größer, weil @., anrangl ^njar im eigenttid^en i?ampTe
neutral , bod^ ein ^Inlfjängcv ber faiferUc^en i^^olitif toar unb ai% fo(cf)er ben
ßroll ber ©egner bei jeber ©eiegenr^eit ^u empfinben {)atte; bann ahn aud^,
toeil er megen ber 'DJtaröurger @rbfd)aft b. t). toegen ber ßrbfc^aft bes Sanbei
£'ubtoige öon ÜJtarburg, ber finberIo§ geftorben mar) fic^ im (Streite mit Äafjet
befanb, beffen ^orberungen öon Sc^toeben unb ^tantxnd), auf beren Seite ce
ftanb, unterftü^t mürben, ©länjenb mar ber Einfang ber 9tegierung ©eorgs II.
Gr eroberte furj nad^ eintritt berfetben St. @oar unb fft^etnfetS, öoUenbete bie
33efi^naf)me ber fämmttic^en Sanbe§tt)eite , meldte ber Äaifer feinem 93ater 3u=
gefprüd§en '^atte, unb nöt^igte Raffet im ^. 1627, in hk 9l6tretung bicfer
Sanbe§tt)ei(e 3U miüigcn. Sßö^renb er fo mit gtücflidiem Srfolg feinen Staat
3u tergrö^ern fud^te, mar er aber nic^t meniger bemüht, burc^ nü^lid^e ?ln=
ftalten unb 6inrid^tungen bai 2Sof)[ feines Sanbes ju beförbern. @r begrünbete
1627 ein @t)mnafium ju S)armftabt, Derbefferte bas ,^ir^en= unb Sc^ulrocfen
unb erl^iett mit Sorgfalt bie Crbnung in 5t>oüiei= unb ötegierungsfad^en, menn
gteid^ manche Störung barin eintrat. S)o(^ alle biefe löbüd^en SInftrengungen
öermoc^ten ni(i)t bie 2Bunben ju Reiten, bie bem :i3anbe burd^ feine S3erbünbeten
gefd^Iagen tourben , benn ma^rlid^ ebenfo f(f)recflicf) al§ in geinbeS 2anb !§aufte
bas faifertid^e unb ligiftifc^e ^eer in bem itjnen oerbünbeten ^effen=S;armftabt.
2)e§ Äaifers ^J^ac^t mar ju jener Qdt auf ben ^öc^ften @ipfel geftiegcn, unb
l^anbgraf @. mu^te nun erfahren, ba^ i^n feine Stn'^änglid^feit an benfetben
nid)t öon ben brürfenben ^Jia^regeln befreite, metc^e ber Äaifer, im 6efü^t feiner
'Mgemalt, über bae gan^e proteftantif(^e Sieutfd^Ianb öer^dngte. 6§ erfc^ien
ben 6. ^läx^ 1629 bas 9teftitution§ebict, me((i)e5 ben '^roteftanten befat)( , ben
.ßatf)oIifen alle geiftüd^en @üter, bie fie feit bem '^affaucr S5ertrag in Sefi^ f)atten,
äurücfjugeben unb au(^ öeffen=S)armftabt mußte fitf) i^m unterwerfen. S)effenunge=
ad§tetbet)arrteÖeorg nid^t nur banmls in feiner 5tn^ängti(^teit an ben ^aifer, fon=
bem auc| felbft bann nod^, at§ @uftaü 2IboIpf)ö iiegreidC)e SSaffen ben 35unbel=
genoffen be§ ^aifer§ gefäl^rüc^ 3U merben anfingen; er roeigerte fic^, bem '^unbe
beijutreten, roe(dE)en bie übrigen proteftantifc^en dürften ^eutfdilanbl im 5-
16-31 mit ScJimeben fc^loffen, mu^te aber baiür aud^ 6alb M^m, benn mit
^ülh ber fc^mebifc^en 2Baffen gelang es bem i3anbgrafen Don ^peffen^Äaffel, bie
i:^m entriffenen l'anbeSt^eite mieber ju erobern. ©., beffen Canb »on feinbUd^en
Einfällen bebrol^t mürbe, eitte bem fiegreid^en ^önig öuftab ^^bolpt) bi» i^xant=
fürt entgegen unb üerfud^te bie bro'^enbe ®*efaf)r burci) Trieblid)e Uebereinfumt
abjumen'bcn. @5 gelang i^m bie§ aud^ , miemo^t e§ anfangt ni(f;t ben Schein
f)atte, ai^ moüte Suftaü 9tbotp^ bon ber Sebingung, baß ®. bem SSünbniffe
ber proteftantifc^en dürften beitreten folle, jurücfftetien. ©uftaö ?lbotpf) begnügte
fic£) mit Uebergabe ber ü'^ftung 9tüffelsf)eim unb mit ber ^ufage, eine ftrenge
ÜZeutratitöt in biefem Kriege beobarf)ten ju mollen. S)iefe 3>crgünftigung — bie
immer noc^ ni(^t üollftdnbig mar, meil §effen=.ftaffe( feine SBaffen gegen i)effen=
Sarmftabt ^u braud§en fortfuhr — mürbe bem öanbgrafcn t)auptfä(f)lid| nur
megen feiner S5erroanbtfd§aTt mit bem ßurfürften Pon Sac^fen, ben @uftaP 3lbo(p^
ju fct)onen Urfad^e l^atte , unb in 33erüdEfid)tigung bes jammerooüen ^ufto^^es
feinei Sanbeg, gemährt. 2;enn !§atte aud^ bis je^t bas 5)torbfd£)mert be« Äriegel
noc^ nii^t fo , mie fpöter es gefdtiaf) , gegen bie friebtid^en 5>3eroo"^ner geroütbet,
fo mar bod^ nid^t allein atleö Canb raft gönjtid^ öeröbet , fonbern 91ot^ unb
(jtenb Ratten aud^ rürd^terlic^e ^ranf Reiten erzeugt, bie oiele 'D3tenfc{)en ^inmeg=
rafften. Sd£)on im ^. 1629 jeigten fid^ bie Spuren öon ipeft, unb f(i)icn es
aud) ^umeiten , a(§ moHten biefe Derfc£)minben, fo fe^rten fie boc^ roä^renb
mehrerer ^a^xe mit erneuerter Äraft iurücf unb büeben bis ^um ^. 1635 im
43"
Ö76 ©eorg IL, 2. ü. |)efjcn=2armftobt.
3une]^men. 2)tefc fürchterliche ^ptage, öerbunben mit bent graujamen 2öütf)cn
ber Krieger , l^atte jute^t , befonber§ in ber ©railc^oft ^a^enelnbogen , tüo bie
Äranff)eit am t)ejtigften toar, Bei toeitem bie '^ef)x^ai)i ber SSeööIferung f|intoeg=
gerafft, ©er ßanbgraf fellbft "^atte firf) mit feiner gamilie nadt) ©ci)to| l'ic^ten=
berg flücf)ten muffen, tDot)in fic^ aud§ ba§ (SJl)mnafium 30g. 5Da feine ätjtlidie
.^ütfe ben gortfiritten ber ^ranf^eit ßinl^alt ^u tl^un öermoct)tc, unb ber
^enfd^en |)offnung aüein nod^ auf unmittelbaren 33eiftanb be§ .!pimmet§ ge=
rid)tet mar, fo mürben mel^rere 33u§=, !öet= unb Safttage anberaumt, bie att=
jätirlid^ gefeiert merben fottten, unb e§ ertönte ba§ ©locfengelöute ju mehreren
beftimmten ©tunben be§ 2age§, meld)e§ allgemein jum ftiEen @cbet aufforberte.
3fm 3f- 1Ö36 nat)m bie Äranff)eit ab unb ^örte 1637 enbli^ auf. 3lIIe biefc
entfe^lic^en ßeiben I)atten ba§ ßanb bergeftalt entöölfert, üermüftet unb öerarmt,
ba^ bie ^rieggüöffer faft nid)t§ melir 3U i^rem Untert)alte fanben, mic biet
meniger bie S8emot)ner be§ Sanbe§, benen ber ©olbat norf) ba§ mit ©emalt
na^m, tDa§ ettoa aufäÜig nod) ju finben toar. S)en l^ödiften ®ipfet tjattt ba§
gtenb 1634 erreicht, al§ ber(5d)roeben |)eer, bei ^brblingen (6. ©ept. 1634) gefd^tagen,
ba§ Sanb burcf)jog unb mit aller ©raufamfcit gegen bie toel^rlofcn 3Setoot)ner öer=
fu^r. 2)o(i) faft graufamer noci) l^aufeten bie oerbünbeten faiferlidl)en Sruppen;
nid^tS blieb bem armen !^anbmanne. 5Balb brad^en ©d^toeben au§ ^JJtain^ ^eröor
unb öerjagten bie Defterrcirfjer, balb lehrten biefe ^urücf, bie ©dliroeben öor fi^
^crtreibenb, unb beibe ^^arteien toctteifcrten in 9lu§übung ber fdt)amlofe[ten ent=
fe^lidliften ©raufamfeiten. l^anbgraf @. lie| bmä) ein öffcntlii^eS patent bie
6intool)ner feine§ l'anbeS aufforbern, ben ©olbaten mit SBaffengetoalt äöiber=
ftanb 3U leiften, unb berfpracf) il)nen 33ciftanb. 6nbli(^ gab aud^ @aHa§, ber
£)berbefel)l§l)aber ber faifertidf)cn Sru^pen , ißcfel^l , .i^effen=3)armftabt üon @in=
quartierung unb ieber i?rieg§laft ju befreien. SlHein nidljt lange tourbe biefer
95efe^l befolgt; e§ famen bie 58al)ern im ^. 1639 unb öerful^ren eben fo f)art,
wie bie erbittertften ^einbe; e§ lamen bie Gruppen be§ .^er^og^ Sßern^arb öon
äöeimar nad^ Oberl)effen unb in bie Söetterau unb festen bie ©räuet ber 33at)ern
fort. Unter folcl)en Umftänben tourbe e§ ."peffcn^ÄTaffel ni(^t fcf)toer, fidl) mit
©etoalt toieber in 33cfi^ be§ it)m frül^er cntriffenen Sanbeäbe^irfä 3U fe^en. Sanb=
graf ®. fucl)te jtoar Söiberftanb ju leiften, icboi^ feinc§ ©egner^ ^adl)t toar
hmä) ©d^toebenS unb fyranfrei(^§ -^ülfe fo übertotegenb getoorben, ba^ biefer
ot)ne ßrfolg blieb; er mu^tc au§ 2)armftabt flieljen, ba granjofen bie ©tabt
befehlen, unb faum fcl)ien fein 9lufentl)alt ju Sieben il)m ^inlänglidl)e ©icf)erf)eit
äu getoä'^ren, ba ber ©ieg ben 2Baffen ^effen=i?affel§ folgte. S)er toeftfälifd^e
triebe, am 6. Sluguft 1648 ju ^Jlünfter unb am 8. ©eptember äu DSnabrücE
unterjeid^net, madjte enblid^ ben 2)rangfalen ein @nbe. ipeffen=2:;armftabt mu^te
bie Sanbeät^cile, bie ber .fiaifer im .3\ 1622 bemfelben 3ugefprodE)en l)atte, toieber
an .»peffen^^affel abtreten, fi{f) auf feine früheren ©renken befd^ränfen, unb er=
l^ielt bagegen eine @ntfd^äbigung§fumme öon 60000 ft., bie freilicl) ben S3ertuft
an ßdnbern fe^r toenig erfetite. — 2)a§ ©lenb toar im Öanbe ju einem entfe|=
lid^en @rabe geftiegen, ©ctoerbe unb 9IcEerbau lagen ganj barnieber, öerarmt
toar bie nodl) übrige fd§toadl)e S3eöölterung, äöüften lagen ba, too frü^^er fleißige
9Jlenfdl)en tool^nten. — 5^a(f)bem enblic^ ber triebe '^ergeftellt toar, bemül/te fic^
Sanbgraf (B. mit toa^rl)aft öäterli(i)er i3iebe unb ©orgfalt, bem unb efd^ reib lid^en
61enb abjulielfen unb feine SScmül^ung blieb nidl)t ot)ne tool)ltt)ätige folgen.
Um bie ^Betreibung beS 31dlerbaue§ ju ermuntern, lie^ ®. betreibe unb S3ie^
aufkaufen unb e§ öert^eilen , lie^ öiele Obftbäume pflanzen unb ertoedfte fo bie
!!3uft äur 2lrbeit hei ben Sanbleuten. @r fteHte bie brbnung in aüen g^oeigen
ber ©taatäöertoaltung toieber l^er, traf poli^eilidlie Inftalten 5ur ©id^erung be§
(5igent!§um§ unb öerbefferte ba§ ßird^en= unb ©d^ultoefen. @ine toeife ©|jar=
©eotg III., 5. So. ü. Sabant. 677
lamfeit fc^te if)n in ©tanb, bmd) ben StnfauT me'^vevei- ni(f)t unbeträd^tlid^er
@üter bon ben ^^aniitien |)eufenftQmm , granfenftein unb ©d)önBovn feine {Jin=
fünfte äu öeime^ven. SBol^ttfiätig in i^ven i^olgen mar bie ©orgiaÜ ©eorgl,
aliein ^iotl) unb ^Irmuf^ ^ervfd^ten noc^ , aU ber 2;ob bem ©treiben be§ ^>.'anb=
grafen ein ^iel fe^te; er ftarlb am 11. ^uni 1661 in einem 5ltter öon 56 3^at)ren.
@. II. tüax ein trefflirfier 9tegent, burc^brungen öon ber 9luigaBe eine§ Sanbe§^
iürflen unb begabt mit einer feÜenen Älart)eit be§ (BeifteS unb ©ncrgie bes
^anbetn§. ©runbpg jeine§ 6f)arafter§ mar eine ed)t menfd^enireunbtic^e 5römmig=
!eit. ©eine tägli(|e SSejc^äjtigung mit ber t). ©cfirift unb jeine mec^felöolle
ßeben§bat)n ^atte i'^n irü^jcitig baran gemö'^nt, atte Seben§= unb ©taatatoeiä^eit
auf ba§ S^ec^t unb bie äöa^r^eit äurüdjuiüfiren, lt)eld)e öor ©ott gilt. Unb mit
biefer religiöjen Ueber^eugung öcrbanb er eine genaue .^enntni^ ber ^füct)ten
unb ©erec^tfame fcine§ ©tanbe§ unb S3eruie§ unb ber jeitgemäBen ^Bebürmiffe
einer n)ot)ltooIIenben unb gereiften Sanbeäregierung. S)abon legt ba§ in ^ex^^
lidEier ©prai^e öon i'^m felbft öerfa^te Seftament ba§ fcf)önfte 3eugniB ab.
S)arin Betel)rt er feinen 'i)tact)ioIger über aüe ©egenftänbe ber SanbeSöertDaltung,
ber j^inan^tn, ber |)au§= unb ©taat§öerfaffung, empfiel^tt il^m ein einträchtige^
3ufommeni)aUen mit ber älteren Sime be§ fürfttidicn ^aufe§ 3U .Gaffel, (S^r=
furdit unb ©el^orfam gegen ba§ £)bert)aupt be§ beutfc^en 9{ei(^§, o^ne 5^ac£)tl)eil
ber 5reit)eit unb äBo'^liatirt feine§ Sanbe§, gleii^e ©erec^tigfeit gegen 3lrme unb
9leict)e, fluge§ ßinüerftänbni^ mit ben ©täuben be§ 2anbe§, befonberg Serücf=
ft(^tigung ber ftet§ ju treuer 5lufopferung bereit gejunbenen ©täbte, unb gibt
i^m bie äöarnung, ba^ 2:reue unb ©laube met)r at§ ©djä^e unb i?iieg§ma(i)t
3ur Sefeftigung ber i^errfc^aft bienen. @§ f(i)liefet mit ben ]^'öntn Söorten:
„^Jte'^rgemelter unfer ©o!)n unb ©ucceffor joE jcbermann gern bienen unb fict)
„bemül^en, öiel ^ü|lic£)e§ unb @ute§ aufzurichten, einen ieben Xag bor öerloren
„'galten, an bem er ni(^t§ 9te(f)tfd^affene§ au§gerid§tet, foE fid^ befleißigen, bem
„iBaterlanb eine ©ante, unferem ^auß eine @^re, atten unferen fürftli(i)en ä}er=
„manbten unb ^Inge'^örigcn ein 2;roft, i'^m fetbft eine 9iut)e, ben 9tät^en unb
„S)ienern ein gütiger, frommer unb er!ennbli(i)er SSater, ben Untertanen ein
„6ron unb ©c£)u^, männiglid^ eine ^ufluc^t fein." ^ Söalttier.
@COrg in. ©tobaeu§ 0. ^almburg, gürftbif^of öon Saüant
(1584—1618), tourbe 1532 geboren. Ueber feinen ®ebutt§ort finb bie %n--
fi(i|ten get^eilt. S)ie ißorrebc 3U feinen SSriefen be^eid^net 5leiffe in Oberfc^tefien
al§ folrfien; aEein ba§ äeitgenöffifd^e 3eugniß be§ gabianug QuabrantinuS
mad^t e§. maf)i-fc§einli(^er , ba| ®. öielme'^r ju 23raun§berg im ehemaligen pol=
nifdien 5lntl)eile be§ <g)erjogtl)um§ ^reußen geboren lüurbe. ©eine Sitbung er=
l^ielt er im beutfdien ßoEegium ju 9tom, too garbinal SeEac nun fein Seigrer
toar. ®. toar ^Pfarrer ju (Sra^ unb 2)ombec^ant ju 33riren, al§ i^n ber 6r5=
bif(^of üon ©al^burg am 19. October 1584 jum SBifc^of bon Sabant ernannte,
©eine SDiöcefe fanb er fel^r jerrüttet bor; benn Suf^er^S Sel)re :§atte aud) im
ftiEen Sabanttl^ale Eingang gefunben unb faft ber ganje 3lbel be§ 2anbe§, bor
aEem bie grei^errn b. Ungnab, fingen berfelben an. 2)a§ SiStl^um felbft toar
faft 12 ^al)re ^inburd^ unbefe^t gemefen unb bon bem ©edauer gürftbifd^ofe
@eorg 5lgricola al§ 3lbminiftrator bertoaltet roorben. 3lurf) bie mirtl)fd)aftli(^e
Sage be§ an fid) nid^t reid§ botirten Siät^umS war nid£)t günftig. @. mibmete
feine 3Iufmerffam!eit ^uerft ber Oieform feine§ eigenen 6leru§. S)ie ©teEe eine§
$robfte§ an bem 6§or:§eu-enftifte ©t. 3lnbreä, ttjeld£)e§ ä^gleid^ ba§ bifd)bflic^e
ßapitel bilbete, tourbe fortan ftatt burd^ 2Ba^l bon il)m felbft befe^t. Sßieber-
l^olt »urben fird^lic^e ^öifitationen im Sabanter ©prengel angeorbnet. ginen
toid^tigen äöenbepunft im 2thtn be§ gfürftbif(^of§ bilbete feine Ernennung jum
©tattl)alter bon 3^nneröfterreid^ burd^ grjl^eräog gerbinanb (ben fpäteren ^aifer
678 ^fo^Q III-/ 5- 35. t). Saöattt.
f^erbinanb IL), tt)e((i)e im ^. 1597 eriofgte. 3fri btejev Stellung, öon her n
erft 1608 auf fein eigene^, bringenbeS 2lnfuc^en entf)o6en tourbe, übte er auf
bie öon bcm ©r^^evjoge Betriebene ßJegenvcfovmation ben größten @inf[u| au§.
33on le^terent aufgefoxbert, ]pxad) n fid) in einem längeren ©d)rei6en (©t. 9ln=
breä, 20. 3luguft 1598) ilfier bie 3fit, ju ber unb über bie 5lrt, tt)ie man ba§
2Berf in Singriff ne'^mcn foUe, au§. 9Jtan muffe, erflärte er, fogleid) Beginnen
unb bürfe |i(^ nicl)t burd) bie borgeBraditen (Jintoenbungen be§ Jürfenfriege§,
einer tea^rfiieinlid^en Sm^örung ober gar einer ,!pcrBeirufung ber 3:ürfen ein=
fi^üc^teiTt laffen. 5luffci)ub toerbe ba§ UeBel nur größer unb beffen 33ertilgung
fdimerer mad)en. Söon öffentli(i)en Unterrebungen xäÜ) er ah] benn foltiie feien
nur fd)äblic^. S)a§ Bcfte 5)Kttet fei bie ftrenge Slu§fül§rung eine§ allgemeinen
@bicte§, burd^ ba§ anBefol)len toerbc, enttoeber fatt)olif($ ju toerben ober au§=
juwanbein. 3"St^^<^ muffe man aBer ba§ 33olf burc^ gererf)te ^uftijpflegc unb
gute Jßermaltung ju geminnen fuc^en. ©taatSllug, toie er mar, riet^ @., ni(i)t
fofort gegen aKe 5ßroteftanten einjufdireiten , fonbern üor altem bie ^räbicantcn
abpfc^affen unb audl) biefe ni(i)t auf einmal, fonbern juerft in (Sra^, naäj^tx
bie üBrigen, burc^ ba§ 33eifpiel gefd^rerft, öon felBft ficf) entfernen mürben,
©egen bie am -Sjofe geplante @rri(^tung einer ©lauBenSinquifition fprad) fic^ ®.
au§. ^}Jtan muffe ba§ aBfi(^tlict)e Wärtt)rert'^um ber ©ectirer öcrmciben. ^ux
grö|eren ©icf)ert)eit tonne man üBrigen§ eine [tariere Sefa^ung nadt) &xa^ öer=
legen. ^J^erbinonb befolgte im ©ro^en unb ©aujen biefen ütatl^. ®. ert)ielt p=
nä(i)|t ben Sluftrag , bie lutl)erifcl)en ©tabträf^e öon @ra3 , bo(^ ot)ne 3luffc^en
5U erregen, ju entfernen unb burd) fat^olifd^e p erfe^en. ®. lub bie bisherigen
©tabträtl)e 3u einem freunbf(i)oftli(^en ^JJla^te ein, mfl(i)e§ o'^ne öerftimmenbe
9leibung t)eiter öerlief. 'üaä) bem 5Ra§le na^m er jebcn bei Seite unb t^eilte
i!§m ben 2Bitten be§ ßanbegl)errn mit, ber i^nen bie SBal^l liefee, bem ^4^roteftan=
tiömu§ ober i'^rem ^^often p entfagen. '^ad) einem 2age Sebenf^eit erflärten
fie fi^ für ba§ jmeite. 2)en SSürgern mürben unbefugte SSerfammlungen fortan
unterfagt. S)urd^ ein S)ecret öom 1;5. September 1598 mürben bie lut^erifd^en
^räbicanten au§ ©raj unb aUen lanbeSfürftlic^en Orten öerbannt. hierauf
folgte ber S3efel)l, ba^ bie 33ürger ber lanbe§für[tii(i)en Stäbte fat!§olif(^ merben
ober nad) ä5erfauf i^rer unbetoeglic^en ©üter unb 9lbgabe eine§ 3et)nten au§=
manbern müßten. 2)ie bagegen er'^obenen ftänbifd^en SSefc^merben mürben abge=
töiefen. S3emaffnete ©taubenScommiffionen ^ogen öon Ort ju Ort, um allent=
l)alben ba§ Söerf ber (Segenreformatton burc^äufül^ren. ^ei bem inneröfter=
reid)ifdl)en ^tegenten'^aufe ftanb ®. in l^ol^er ©unft. (S§ gibt in bcmfelben mä^=
renb jener 3^at)re faft fein ^amilienereigm^ öon SSebeutung, ju meld)em nirf)t
auc^ ber SBifd^of öon iL'aöant jugejogen morben toäre. 1594 reifte er ou§ 3ln=
la^ ber Sermä^lung ber Sd^mefter ^erbinanbS Slnna mit SigiSmunb III. öon
$olen al§ SSegleiter ber ©rä'^erjogin^äöittme 5)kria naä) Profan, 1595 begleitete er
biefe an ben ^o] be§ ^^ürften öon Siebenbürgen Sigmunb Sat^ori, be§ SrdutigamS
il^rer jüngeren Stodtiter Waxxa ß^riftina. Slm 24. Sept. 1598 fcl)ioffen &. unb ber fpa=
nifd£)e ©efanbte 3U ©roj al§ Sßeöoümädtitigte bie ß^epacten jmifd^en 5fi-'i>infltt^^
Sd^mefter ^J^argaretlia unb ßönig ^4>l)ilipp III. öon Spanien ah. hierauf be^
gleitete er bie Sraut unb bereu ^J^utter bis na(^ ^Dlailanb. 58ei ber 33er=
mäl)lung ^^erbinanbg mit ber bairifd^en ^^rinjeffin ^aria Slnna, bie am 23.
Slpril 1600 äu (Braä ftattfanb, l)ielt ®. bie irauungSrebe. 2)er (är^lieraogin
^aria 3)lagbalena, Sd^mefter ^e^"i>inatti>§/ tt)<ir er ^^irmpaf^e. 3ll§ J?önig Sig=
munb öon ^^olen, nai^ bem Slobe ^Jlnna^S, fi(^ um beren Sd£)mefter ßonftantia
bcmarb, l^ielt (22. October 1605) ®. äu ©raj an bie 3lbgeorbneten beffelben
eine Slnrebe, morin er bie greube ber @r3l)er5ogin = Söittme über bie abermals
auf i^re Sod^ter gefallene äöal^l beS Königs auSbrüdfte. 2lud^ bieSmal begleitete
@eorg, Q. f8. ö. Tlaini. 679
er bie Sraut unb bereit Ü3tuttcr, erioiebcrte an ber äöeic^fel Ükmenl berfet&en
bic SSegrü^ung ber polnifc^en ©efanbten unb :^ielt am 12. 2)ecember auf bcm
gelbe öor Ärafau an ben -ffönig felbft eine feierüc^e ^tnrebe. %n<i} ju 5crbi=
nanbe SSrübern, ben drjl^erjögen Ceopolb unb .^arl , toelc^c Beibe für ben geift=
lidfien Stanb Beftimmt toaren, befonberä ju bem (enteren ftanb @. in naf)en S3c=
3ie^ungen. 6r ert^^eilte ,29. Sluguft 1595; bem gr^fierjog ^arl im Cratorium
ber öerroittroeten (är^^erjogin ^u ©raj in ©egcnmart aller '^rinjen unb '^rin=
äejfinnen bie nieberen SScil^en, 2Im 1. 2Jlai 1604 riii)tete er oon ^salmburg
au§ ein au§iüf)rli(i)e§ unb (ef)rreid)e§ (S(f)rei6en an ben ©rstier^og, in roclrf)ent er
einen öiücfblicE au! ben 6i§f)erigen SSeriauf ber ©egenreformation mari. 5lte
ber iunge ^xin^ jum SBifc^oT üon SSreSlau poftuürt rourbe , begleitete i§n @.
r\aä) feinem öorläufigen Si^e 'Jleiffe unb ftanb bemfelben in ber ©igenfc^aft eine§
SBcrraoLterö unb Cberft^ofmeifterä (1609—1611) bcrat^enb 3ur Seite. Cbgteid^
bem ^roteftanti§mue aus ganzer Seele abgeneigt, unter bcffen ©egnem i'^m
neben liefet, 5^ietrirf)ftein u. a. eine ber erften Stellen gebül^rt, tonnte er hoä)
im gemö^Iid^en Seben§oerfef)r auc^ ben '^>roteftanten rücffic^tsooll ju begegnen.
Unerbitttii^ ftrenge gegen öffentliche 3iu^eftöre^;, jeigte er fid^ ^uroeilen mitb bei
23eftraTung ber Sc^utbigen. ßr übte gerne öaftfreunbfdiaft. ^n \!lugenb tiefen
ber '»Blu^c eilte er auf irgenb eine 33efi^ung, fa^ ben Sd^nittern ju ober be=
fe^nitt fetbft bie 3fieben. 2)ie ©uc^t naä) ß^renfteüen toar i^m fremb. '"Jtie
öerrief^ er ben Söunfc^ , ben .^irtenftab feinet fteinen 5Bi§tf)um5 mit einem
Belferen 3u üertaufc^en. 2l(ö i^m grä^^erjog gerbinanb ben Garbinats^ut t)er=
|(i)affcn motite , le'^nte er bie§ bef^eiben ab. Seine Sriefc befunben it)n al§
einen miffenfcfiaftlic^ gebitbcten 2)lann. S)iefe Briefe — bie ^aut)tquelle für bie
@efc|i(^te feine§ SBirfenö — ftnb u. b. %.: „Georgii Stobaei de Palmburg epi-
stolae ad diversos" ju S3enebig , 1749, 4'\ fobann (at§ 5lact)bru(f) ju SSien,
1758, 4*^^', öeröffentli^t toorben. S)rei ber mi(i)tigften — eigentlid^ 2;enfj(^riften
an ßrj^er^og [yerbinanb unb an ßr^tierjog ^art — mürben u. b. X. : „Historica
religionis reformatio penna theologica 111. et rev. d. d. G. Stobaei de Palma-
burg" oon i^. Sapolcfani 5U 2t)rnau 1714 ebirt. Siefeiben unb einige anbere
25 riefe auc^ bei .öanft^, Germania sacra II, 676. 713. 736. Sin fleineg S(^rift=
c^en: „De clericorum meorum iiistitutione", ba§ @. (1614) Srjtierjog 5erbi=
nanbä ätteftem So^ne ^ol^ann ^art mibmetc, fif)eint Dertoren gegangen ju fein.
ÄUT3 Dor feinem Jobe fü^tte @. fic^ gebrängt, in einem fe(bftoerfa§ten »Pro-
memoria- bie Summe feine§ iSebenö p jiefien. ^nbem er bie» t^at, fonnte er
nicf)t otine ©enugt^uung auf eine 45|ä^rige 9lmt§t^ätigfeit 3urü(ibüd!en. Tenn
wenn er aucf) nicfit me^r ben öollftänbigen Sieg feiner Sac§e erleben follte, fo
toar boc^ berfelbe bereite angebaf)nt unb eine bur(f)greifenbe 3(enberung ber
Sacf)tage ju ©unften bei J?at^oIicilmui bereits eingetreten. (3. ftarb balb nad^
ber 3Ibfaffung biefer Sd^rift im Sd^toffe 2)cEerberg bei 3}ö(fermar!t am Sa/tag=
fluffe (23. Cctober 1618). Seinem SBunfd^e gemä§ rourbe er in ber S)om!ird§e
gu St. 3tnbreä na^e bem .g)oc^a(tar beftattet. 3lbbilbung feine§ ©rabmatei mit
bem 2Bat)lfprucE)e : .,Isoli vinci a malo, sed vince in bono malum" in ben beibcn
3tu§gaben feiner 53riefc. (Sbenba fein 93ilbnife nad§ einem "im Ütefectorium ju
St. 5lnbreä befinblicfien ©emälbe. S)a§ '^jßräbicat „ü. ^^atmburg" füf)rte ber=
felbe na^ einer ipei-rfc^aft biefeg ütameni in llnter!ärntt)en.
ß. 2angl, 'Mei^e ber ^ifd^öfe öon ^^aoant, Älagettfurt 1841, S. 230 ff.
— gr. ^urter, (Sefd^. .^aif. j»fcrbinanb§ IL, IV. S. 17 ff. — ;i5- Stepifc^neg,
@eorg III. Stobäu§ ö. '^almburg, fjürftbifc^of öon !i3aöant (5lrd§. t. k. ö.
&.-£.., XY. 33b.). ö. 3et|berg.
(^eorg ü^i^^ci>i-'^c^ b. @reiffcnftau, geboren am 8. September 1573,
im Collegium Germanicum jum Ideologen au»gebilbct, Warb 1601 Somfc^olafter,
680 ©eorg, ^. b. 5JtedlenBurg — ®eotg, ®. Ap. ti, 5Jlccftcnbutg=©treli^.
1 604 S)om^ropft in «Ulaina, 1616 33if(i)ot öon2Q3oim§ unb am 20. Dct. 1626 ©rafti^oT
bon ^ainj. 33ei feinem Dtegierungiantritte toar ba§ ei(^§fclb bon 2öatten=
fteinä Xruppen jd^toer t)eimgefuct)t , toorüfeei' er auj bem SßunbeStage in äöüvj=
öurg (22. Februar &i§ 18. «üläi-j 1627) j?lage er^ob, inbem er 2ßaüenftein mit
ei^riftian bon ^alfierftabt auf eine Sinie fteEte. ''Roäj im felben ^al)re, at§ er
im October mit feinen ßollegen in gjtü'§tt)aufcn aufammen fcun, erneuerte er
feine SBef^merben unb Brad^te bie ^IRittel unb Söege jur .gierfteüung be§ grie=
ben§ in Setatl^ung. 2lt§ er[te§ Mittel hieran Beaeid^nete er auf bem gonbentc
in Singen (S^uti 1628) bie 3liiberufung Sßattenftein'S öom 6ommanbo. Me
biefe SSeraf^ungen unb 23ef^lüffe iiit)iten au feinem Siele, ba SBattenftein ben
Äaifcr au täufd^en berftanb. S)ie ^Jlü^l^aufer Verätzungen tourben baburd^
beriiängnifeboll, ba^ fie ben 3lnftoB a" ^^^ i)ieftitution§ebict üom 6. ^ära 1629
gaben; wie in ^Jtül^ll^aufen .©. bereits fid^ für bie 23ßiebererftattung ber ben
^otfiolifen entriffenen @üter au§gefprodt)en , fo biüigte er and) ben gntlourf a«
bem erlDÖ^nten ©biet, ber it)m, gteidE) feinen geiftlic^en 'DJlitfurfüvften, bor ber
Söeröffentüd^ung aur ißegutadt^tung n^ar mitgef^eitt tborben. S)en SJottaug biefeS
@bict§, au Neffen 2)urd^füt)rung in ben r'§einifc£)en greifen ®. nebft bem ^lllbte
bon ^^ulba unb bem ©rafcn bon 9}lanberfdf)eib beftimmt mar, erlebte ber .ßur=
fürft nid^t me'^r. Unter @. begann ber Sau be§ l^eute nod£) fte'^enben furfürft=
ii(^en (5cf)lofjeö.
3foanni§, Script, rer. mog. , I. 933 — 040. SocEcnfjeimer.
ÖJcorg, C^eraog bon «Die Nienburg, geboren am 23. gebruar 1528, ge=
ftorben am 20. ^nü 1552, mar ber britte <Bol)n be§ .^eraogg 2llbrfd)t VII.
bon ^e(iIenburg=®üftrDtt). @r mürbe, jebeniallS fd)on feit 1537, am |)ofe ber
.^eraogin (Jlifabett) bon Sraunfd^tbcig mit bereu ©ot)ne gridE) b. ^. (II.) gemein=
fdtiaftlid) eraogen, unb ging mit biefeni 1546 unter bie .^ülf§ti:up))en , metdC)C
«Dlori^ bon (5ad)fen bem Äaifer aufü^rte. 3öal)rfd)einli(| na'^m &, an bem
3uge be§ ßcljteren gegen ben ^urfürften bon ©acfifen unb an ber ©d^tad)t bei
^üfilberg 2;|eit, genannt mirb er jcbüd^ erft 1550, in wetd^em Sat)re er ftdf)
mit ^toril3 bei ber Belagerung ber wegen bertoeigerter 3lnnat)me be§ i^nterimS
in 9l(^t erftärten ©tobt ^Jlagbeburg befanb. Salb nad) bem Scginn ber Se=
lagerung, melc£)e bom 16. (September 1550 bi§ a^'u 9. ^Hobember 1551 bauerte,
würbe ®. ^ noc^ im ^. 1550 — bei einem ^Uu§faII ber ^agbeburger ge=
fangen genommen unb fam erft nad^ ber (Kapitulation biefer ©tabt mieber frei.
6r blieb nun bei ^ori^, trat mit biefem bem Coc^auer Siinbni^ gegen ben
Äaifer bei unb l)atte a« Einfang be§ ^. 1551 bie ©tabt Söolmirftäbt inne.
^it ben übrigen g-ürften be§ So(^auer Sunbe§ toar er bor 9lug§burg, Ibo fie
ftd£) berfammelten , moi)nte ber Belagerung biefer ©tabt bom 1. — 5. 9lpril bei
unb aoQ bann mit it)nen nad£) 5tt)rol, mo er am 19. Wai bie bon ben ^aifer--
lid)en gut befeftigfe Sl)renberger Ätaufe crftürmte. S)urd) feine 2:opferleit trug
er toefentlid) aur fdf)nellen Seenbigung be§ gelbaugel bei, tbeld£)en ber ^affauer
Sertrag befd£)lo^. hierauf na'^m er an ber am 17. i^uli beginnenben Belagerung
ber ©tabt ^ranffurt a. 5Jtain Ztitil ^m 20. 3^uli traf i^n eine au§ ber
©tabt abgefeuerte ^anonenfugel unb ri^ it)m ba§ redf)te Bein meg, in t^o^QC
Weld^er Bermunbung er am felben iage ftarb. ©eine Seid^e mürbe am 7. 5luguft
in ber ^eiligen Blut§=6apelle be§ S)ome§ au ©d)toerin beigefe^t.
2ifd^, medknh. Sal)rb. a. berfd^. D. ^romm.
Qjcorg griebrid^ .^arl i^ofep^, ©roPeraog bon ^edlenburg =
©trelil3, geboren am 12. 3luguft 1779, geftorben am 6. ©eptember 1860,
toar ber ültefte ©o'^n be§ nad) bem SLobe feinet finberlofen Bruber§ Slbolp"^
griebric^ IV. am 2. ^uni 1794 aur 9legterung gelangten (Sro^^eraogS ^arl,
toeldfiem er am 6. ^Jlobembcr 1816 fuccebirte. @r tüar au .»pannober geboren.
©cotg, «. t). aJie^. 681
too fein 33atei- bamat§ al§ gropritannifd^cr unb Braunfd^toeig = lüneburgif (f)er
f^elbmai-fd^all leBte. ©eine ^Jlutter, be§ 3}atcrö erfte ©ema^tin, war ^rteberife
Caroline ^uife, ^rinjcffin öon ^effen=2)armftabt ; feine ©rf)weftern toaren 6^av=
lotte, @emat)Iin be§ .'per^ogS f^riebricE) ju (5ac£)fen=.§i[bBurgf)aufen, X^erefe, @e=
maf)lin be§ ^yürften Äarl ^tejanber öon Xi)üxn unb Xarie, ^uifc, (Sematjün
be§ ^öntg§ g^riebric^ Söil^etm III. öon ^reu^en, unb grieberife, (Bemaf)lin be§
^^tinjen Subtoig bon ^^^reu^cn, in jroeiter 6^e be§ ^^rin^en {ytiebiic^ SCßi(t)e(m
öon ©oIm§, in britter be§ ^önig§ ßrnft 5(uguft öon Aoannoöer. Sein 8tief=
öater UJor bcr als gelb^eiT unb ©taatämann t)0(i)gce^rte C>erjog Äart, geboren
am 30. ^lobember 1785, geftotben am 21. September 1837. .g)eraog ©. lebte
nad^ einer forgfältigen 35orbiIbung mef)rere Sa{)re am |)ofe ju Berlin, barauT
üon 1802 — 1804 in Italien. 1806 ging er 3u S}erf)anblungen mit bem fran=
jöfifd^en Gabinet nac^ ^ari§ unb na'^m 1814 an ben Sßer'^anblungen be§
^5ürftencongref|e§ 5u SBien X^eil; jpäter l^ielt er fic^ "bti feiner SdiWefter in
ßnglanb auf, bis er burd^ be§ 35ater§ Xob ^ur 9tegierung gelangte. S)ie 9le=
gierungs^anblungen be§ @ro^^er,iog§ mußten fid^ bei ber ÄIeint)eit be§ Sanbei
auf bie Crbnung ber inneren 3]erfä{tniffe beffelben befd^ränten; nai^ mand£)er
Otic^tung l^in maren fte jebod) 3lu§flüffe ber eigenen .^nitiatibe be§ ^Jü^'ftei^-
2)te§ ift befonber§ in Se^ug auf ba§ Sd()ulwefen, ba§ Slrrnen^ unb 2öo^ttt)ätig=
feitStoefen unb ba§ ' ^ird^enmefen bcr gall. 3lud^ SSiffcnfd^aft unb fünfte,
namentlidE) bie 5Jlufit unb bie Saufunft, förberte ber {)od^= unb feingebilbete
gürft nad^ feinem 23ermögen audt) baburi^, ba^ er jungen Xatenten gern bie
5}littel 3u if)rer SluSbilbung rei(f)te. Seine 2Bo^It§ätig!eit mar fprid)mörtli(^,
feine f^rrömmigfeit ernft unb tief; bie ^irdE)en be§ 2anbe§ fudE)te er ju ber=
fd^önern unb mo erforberlid§ ju reftauriren. ^uf feinen religiöfen ?Inftd£)ten be=
ru^te ber ßonferbatibiSmuS in poIitifdt)en unb botf§mirtf)fdf)aftti(^en S)ingen,
metd)er i'^n u. 21. antrieb , fid^ fd^on bor ber ^ublication be§ fpäter burd£) ben
^^teienmalber Sdl)ieb§fprudE) aufget)obenen Staatsgrunbgefe^eS bom 10. Cct. 1849
bon ben 3]er'^anblungen über bie mecftenburgifd^e 3}erfaffung§änberung jurürf-
äujie^en. — @eorg§ @ema'§lin mar feit 12. 2luguft 1817 ^JJtarie, ^ninjeffin
bon ^effen=^affel, geboren am 21. ^uli 1796.
«iogra^j^ie im 2trdE)ib f. £'anbe§f. b. ©ro^^. ^ecflenburg, ^atjrg. 1860.
2. i^romm.
ÖJcorg, 58if(^of bon 5Jle^, geboren 1433, mar ein jüngerer Sof)n be§
9Jlar!grafen Sßfob I. bon 33aben unb ber ^ßrin^effin ^at^arina bon Sotf)ringen.
3um geijttid^en Stanbe beftimmt, ertjielt &. am 23. ^Jtob. 1445 in Saben bie
Xonfur; 1451 roieS if)m ^mar fein Später S)urlad£) at§ ^arfgrafen bon 53aben
3U unb 1453 beftimmte er bie§ bon neuem im Xeftamente, ®. aber moüte
feinem Serufe nid^t entfagen unb berjidEitetc auf S)ur(ad£) 1454 ju ©unften
feiner älteren SSrüber Äarl unb S3ernf)arb. ©. mürbe S)om{)err äu Äöln unb
am 5. Cctober 1457 Goabjutor, ''Uiainburn unb 5lbmini[trator be§ 5öifdf)of§
bon ^e^,' ^onrab bon 33opparb. @in treffüd^er ^ird^enfürft , mürbe er ^on=
rabS giac^fotger am 20. %pxii 1458 unb ergriff am 27. ^uli 1461 Seft^.
9Zod§ 1461 beräu^erte er Saarburg. 1461 30g @. auf 33efel)I bc§ Äaifer§ unb
be§ §papfte§ mit feinem 23ruber .^arl unb anberen .sperren gegen ^urfürft
griebrid) I. bon ber ^falj, ben Sefc^ü^er be§ ^Jlainjer grjbifc^ofS 3)ietl^er bon
^fenburg, aber bei SedEenf)eim am 30. 3iuni 1462 fiel er fciiroer bermunbet in
pfäl^ifd^e ®efangenfd£)aft, fam erft nad^ ^eibetberg, bann nadf) ber 33urg @id^ol§^
'^eim bei illann|eim , mürbe jiemlid^ milbe be'^anbett, mu^te aber geloben, nie
mel^r gegen i^urpfalj ju ftreiten unb ben ^urfürften mit ^Uu§ II. auS^ufö^en,
— auf SJermenbung be§ lotl^ringifd^en ^aii(^an§ ^^ol^ann bon 3}inftingen er=
'^iett er am 22. Januar 1463 gegen 60000 ©ulben i^öfegctb , bon benen man
gg2 ©eovg, öJrf. t. 9laiJou=S3eitftein,
]p(Xtex 10000 abliefe, jcine ^vetl^eit. Um fic^ für bteje ©umme jd^abloe ju
galten, Beftcuerte ®. mit ))äpfilidE)er grlaubnife jein f(i)utbIofe§ S3i§ti)um; ha
ile| unb bie 2)oml)evren ©egner S)ietl)ev'§ öon Sfenburg toaren, öeriolgte @.
fie gi-aufam — e§ fam enbtid^ auc^ äut öoüen «Spaltung ätoijdien ber ©tabt
unb ben ©om^erren, bodE) legte @. ben ©tveit am 31. 3^anuar 1466 bei. 1473
njollten bie ßotl^ringei- 5Jie^ überrumpeln, bocf) ji^lofe ®. 1474 ätoiji^en bem
neuen ^erjoge iÄene unb ber Stobt gerieben. 1473 fottte @. in Girier ^ar( ben
jl'ül^nen aum Könige öon SBurgunb frönen, al§ ber ^aijer plö^Iiii) abreifte.
1477 erbat er in faiferlidiem 3luitrage in ®ent iür ^arimitian bie ^anb
5Jlaria'§ öon 33urgunb unb feiner 2)ermittlung gelang bie glänäenbe 53erbinbung.
3jn Erinnerung an biefe 2)ienfte mottte il^m gjlarimiüan ba§ S3i8tl)um Utrecfit
äutoenben, aU @. am 11. October 1484 in ÜJlot)enüic ftarb. 6r ru'^t in
2Jleuriffe, Histoire des evesques de l'c^glise de Metz, 9Jlc^ 1634. ^a=
comtn |)uffon, Chronique de Metz (1200—1525), public par Michelant,
5Jle^ 1870. ©(^öpflin, Historia Zaringo - Badensis.
^leinfd^mibt.
©corn, Ö5raf öon ^aff au = 33eilfteitt, fpäter ©illcnbutg, geboren
ben 1. (September 1562, britter <Bo1)n be§ trafen Sodann VI. be§ kelteren
(t 8. Dctober 1606), au§ beffen erfter ß'^e mit ßlifabef^, ;^anbgräfin öon
ßeuc^tcnberg. 6r ftubirte im ^. 1576 ju ^eibelberg, toorauf er fi(5 1578 in
bie ^ieberlanbe begab , um bafelbft unter bem ©rafen (Süntl^er öon ©(^marj^
bürg -^riegSbienfte au net)men. 3)ort taud)te ber ®cban!e auf, i'f)n auf ben
bifd^öflid^en ©tul^l ju Utrerfit au beförbern, getaugte jeboi^ ni(i)t jur 9lu§=
fü^rung. Söon 1580 an finben mir i'tin am .^ofe be§ ^arfgrafen ©corg griebridti
öon 2ln§ba(i) unb 33aireutf). 5^acf)bem er bereits im ^. 1604 burc^ ^auf öon
feinem 5ßater mit 3lmt unb ©tabt 3)ricborf fic^ ein Jerritoiium ermorben ^atte,
crtiielt er na(^ bem Sobe beffetben in ber mit feinen Srübern Söittietm ßub=
mig, Sodann, ©ruft gafimir unb SfO^ann Submig im ^. 1607 getroffenen ©rb«
t'^eilung bie ."perrfctiaft 33eitftein mit bem Söeftermalbe, bem ©runbe 33urba(^
unb bem ^icEengrunbe. jDiefen 33efi| öcrmelirte er 1611 burc^ ben ?lnfauf bc§
feinem SBruber ^^o'^ann augefattenen ?lnt^eite§ an bem mit Äurtrier gemeinfamen
2lmte Söe'^r^eim. 33i§ jum ^. 1612 refibirte er in S)ittenburg, um für feinen
in .»pollanb abmefenben SSruber 9Bilf)elm i^ubmig bie Stegierung be§ Sauber ju
übermalten. S)ann aber fiebelte er nac^ bem ©ct)loffe 23eilftein in fein eigene^
Serritorium über, ^m ^. 1618 öereinbarte er mit feinem 23ruber ;3o^ann
einen S5ergteic£), bemaufolge i'^m biefer fein i)ted)t abtrat, nac^ bem Jobe be§
ötteften SBruberS 2öil{)elm Submig in bie ^errfd^aft über S)iIIenburg aufaurücEen.
5)emaufoIge übernaf)m er auif) 1620 nac^ bem Slbfterben 3Bilt)elm 8ubmig§ bie
.'perrfd^aft S)iÜenburg unb mürbe fo ber Stifter ber neuen S)it[enburgifd^en
Sinie. S)ie |)errfc^aft Seilftein fam aur SSert^eilung unb er bet)ielt nur ben
®runb SJurbad^ unb ben .Ipirfengrunb. 3n feinem !Ganbe mirftifd^aftete er
mufter'^aft. 9lamentlid^ fei ermälint, bafe er glei(^ feinen Srübern eine ®eric^t§=,
ßanbe§= unb 5potiaeiorbnung ertiefe, ©r ftarb 1623 ju 2)ittenburg. @r mar
jmei ^at öeri^eirat^et : 1) mit 9tnna Slmalta öon 9laff au = SaarbrüdEen (öon
1584—1605) unb 2) mit 2lmatia, ©räfin öon Sal)n=2Bittgenftein (öon 1605
an) unb 55ater öon 16 ^inbern, öon benen a^ei Sö^e !iJubtoig .s^einridl) unb
mbred^t ba§ ßanb f^eitten. 5lber fd^on 1626 beerbte ber grftere ben Sedieren.
e. Ap. ö. gtaufd^arb, 5toff. @efd^te^t§tafel b. Dtton. Stammes, S)tlten=
bürg 1789, tianbfd^rifttit^. ß. 5). Jßogel, 33efdt)reibung b. öeraogt^. 9iaffau,
äöieSbaben 1843. ^oad^im.
®eotg ^(uguft Samuel, g^. ü. 5Joffau=3'bftein — ®corg, ''^x. ö. Clbenburg. 683
i^toxq 3luguft ©antuet, (Braf, feit 1688 fyürft üon 5t äff au = :3b ft ein,
geboten ben 26. gfbi-""^!-" 1665 , (5oi)n be§ ©rafen Sof)ann öon Üiaffau=3ibftein
(t 23. mai 1677), (Stifterg biefet ßinie, qu§ beffen attJeiter e^e mit 'Unna,
Gräfin üon Seiningen=2)ac^§6urg. 5tad^bent ev fid) a(§ junger Wann auf iKeifen
begeben, evtiielt ev 1684 öom ßaifet bic fogen. venia aetatis unb übernal^ni bie
Regierung. (Jinem feiner U^orfa'^ren, bem (trafen :3ot)ann I. öon yiaffau=
SBeitburg, tüar am 26. (September 1366 üon ^aifer ^art IV. bie evbUc^e 2Bürbe
eine§ gefürfteten ©rafen erfreut toorben, boc^ fiatte bi§ baf)in feiner ber naffaui=
fc^en trafen ben (^ürftentitel gefül)rt. ^e^t baran anfnüpfenb erneuerte ^aifer
^^eopolb I. am 4. 9luguft 1688 ben naffauifct)en ©rafen Söatramifc^en ©tamme§,
@. %. ©. bon ?laffau«^ftein unb 2öalrab öon 5flaffau = Ufingen, biefe Bütbe,
inbcm er i'^nen 9tang unb mittel öon f^ürften be§ 9(iei(^§ öerlie^. 5Diefer
®tanbe§eT!)ö|ung fud^te @. 51. ©. aud) äu^erüif) einen geföiffen ^^lac^brucf ju
öerleif)en, Woju it)m namentlich feine Siebl^aberei für 33auten 91af)rung gab-
@r erneuerte ba§ ©c^Io^ ju ^bftein unb öerfat) c§ mit einer ©c^to^fapelle,
baute einen Söitt^umSfi^ 5u 3Bie§baben unb erri(i)tete ba§ ©d^to^ 33iebric^ am
3*l^ein, toot^in er aud) öon ^bftein ou§ feine Sftefibenj öertegte, fc^uf .ipöfe unb
'»Dteiereien in feinem Sanbe unb grünbete ba§ nac^ if)m benannte S)orf @eorgen=
born, ertoeiterte unb öerfd)önerte aucf) feine ©tobte ^bftein unb 2Bie§baben.
®erüt)mt toirb au^erbem feine burd^auS n)ot)tgeorbnete Regierung. Söer^eiraf^et
mar er feit bem ^afixt feiner 6rt)cbung in ben ^^ürftenftanb mit Henriette 2)o=
rotf)ee, ^rinjeffin öon Dettingen (1672 — 1728), mit metc^er er 12 .ffinber ge=
toann. Xro^bem ^interlie^ er feinen ©of)n jum ^ac^fotger unb fd)(oB fomit
ben 5Rann§ftamm ber Sinie 5laffau=Sb[tein am 26. October 1721. (Srben ber
.^errfd)aft tourben ^riebrid) Subloig öon 5taffau = Otttüeiler (^bftein) unb ^art
ßubmig öon 5^affau=©aarbrüden (2öie§6aben), bi§ biefelbe 1728 ungetf)eitt bem
SÖßil^elm .^einrid) öon 5taffau4lfingen juftel.
^. ®. ^agetgan§, ütaff. (Sefc^Ied)t§tafet be§ äöatram- ©tammeS, ^franff.
u. J^eipjig 1753, unb 6. S). SJogel, SSefi^reibung b. Jperjogt^umS 5taffau,
2öie§baben 1843. ^oac^im.
©COrg 5}5eter ^^^'^ebric^, ^^rinj öon Olbenburg, jtteiter ©ol^n be§
.(perjogg 5peter §riebrid) Subtöig öon Otbenburg unb ber ^ßrinjeffin ^^^rieberife
@Iifabetl§ 31malie Stugufte öon äßürtemberg, geboren ju gtaftatt om 0. 5Jlat
1784, erf)iett, nad)bem er feine 5Jlutter fd)on im ämeiten ^al^re öerloren t)atte,
in ©emeinfc^aft mit feinem um ein ^dijx älteren SSruber, bem nadimaligen
©roPerjog 5luguft 'f. b.), unter ber einfid)t§öoIIen Seitung fcine§ 33ater§ Unter=
xiäjt unb ©r^ie^ung buri^ ßl^riftian ,^rufe, ben fpäteren, burd^ feinen ^iftorifc^en
3ttla§ befannt geroorbenen ^rofeffor ju Seipjig. 3m ^i-'ü^ifi^i; 1803 belogen
bie springen bie Uniöerfttät C'eipjig, fefirten im grü^ja^r 1805 nad^ Dlbenburg
prüd unb bereiften bann big jum 3luguft 1807 (Snglanb unb ©d)otttanb. ^m
g^rü'^ia'^r 1808 begab fid^ ^^rinj ®. an ben faiferUdC)en ^of in ^-|}cter§burg, um
in 'Jtu^lanb einen paffenben SCßirfung§frei§ ju finben. 5)tit befonberer aiu§3eid^=
nung aufgenommen, tourbe er 3um Öouöerneur öon 'Diotcgorob, Jtter unb ^aroslaU)
ernannt, folöie in bie 5Direction ber gefommten äöaffer= unb !^anbcommunication
berufen, unb öermäf)lte fid^ am 30. 3lprit 1809 mit ber @ro^fürftin j^atl^arina
^^aulotnna, ber ©c^roefter be§ j?aifer§ 2tteyanber. ^n feinen mid^tigen 5lemtern
mit |)ingebung unb Erfolg t^ätig , n)ibmete er fid^ feit bem 9lugbru($ beg
ruffif^=fran3bfif(^en .^riegeg ber ^ürforge für bie ipofpitäler, bereu 33efudE) if)m
gerabe in bem ^.y^ugenblid , alg er ber (Setoä^rung feineg bringenben 2Bunfd^eg,
an bem .Kriege t^ätigen 9lnt^eit ju nel^men, entgegenfaf), eine .ßtanf^eit äujog,
an weld^er er nad§ töenigen Jagen am 27. S)ecember 1812 ju Jroer ftarb. —
3loei ftcinc ©ammtungen öon @ebic^ten, „5ßoetifdC)e S}crfud£)e", bie, mit 3cic^=
684 föeotg, ^. ö. <Baä)]en.
nungen feiner ©ema'^ün gegiert, ^u ^o§fau 1810 gebrucft, aber nic^t in ben
Sud^^anbel gefomtnen finb, legen 3fugni^ afi öon ber ©mpfängUd^feit unb ber
.Siebe bc§ ^^^rinjen für bie ^^oefie. — @r l^inteiiie^ ätt)ei©öt)ne: f^i-'i^bricE) 'i^aul
^tleranber, geb. 30. Stuguft 1810, f 16. giobember 1829, unb ßonftantin
gciebrid^ ^tttx, geb. 26. Sluguft 1812. ©eine Söittwe öermdtilte fid) nati)nujl§
mit bem i?önig 3BiIf)etin I. öon äöüvtemberg. ^u^enbec^er.
ÖJeorg, .^etjog öon ©ac^fen, ber ältefte ©of)n 2l(bre(^t§ be§ ^e^er^ten
Qu§ jeiner 6^e mit ©ibonie ^obiebrab , geb. am 27. 5lugu[t 1471, geft. nm
17. ?tpril 1539, öermätjtt am 21. 'Jiotibt. 1496 mit ^orbara, ber Zoä)ttx (iafi=
mitä IV. öon ^olen; baöon, ba^ er feit beren 2obe, 15. g^ebr. 1584, ^um ^eic^en
ber Sraucr fi(^ ben Sart nid)t mcl^r fiiieren lie^, ertiielt er ben ^Beinamen be§
33ärtigen; au(^ toirb er tt)ot ber 9tei(i)e genannt. Urfprünglid^ bem geiftlid)en
©tanbe beftimmt, erl^ielt er eine bem entfprec^enbe, jebod^ nid)t über bie f(i)o=
laftifcfie Silbung ]^inau§gel)enbe @r^iet)ung, bod) gab fein 9}ater biefen 5pian
balb mieber auf unb fteÜte i^n fd^on mit fiebjel^n ^^a'^ren mätjrcnb feiner eigenen
^tbmefen'^eit an bie ©pi^e ber ^tegierung , beren ^4>Pic£)ten fid) ber junge ^ürft
mit 6ifer unb ©emiffenfiaftigfeit unterjog, fo ba^ er baburc^ frütjjeitig @elegen=
{)eit fanb fic^ ju einem tüd)tigen 9tegenten au§5ubilben. ^m ^.1500 begleitete
er feinen 3}ater auf bem 3wge gegen bie aufftänbifd^en fyriefen unb al§ biefer
bort Dom Sobe ereilt worben mar, trat er auf ©runb be§ öon Sllbrec^t 14. ^ebr.
1499 ju ^Jtaftrid^t ju 3}er'^ütung meiterer !Gänbertf)eiIungcn mit feinen ©binnen
crrtd^teten ©rböertrogö felbft bie 9legierung ber attatbertinifd^en Öanbe an, ma^=
renb fein Sruber .g)cinri(^ g-rieSlanb er'^ielt. S)od) übertrug it)m biefer fd)on
1503 bie ©tatf^alterfdiaft über baffelbe, trat e§ if)m bann ganj ab unb tourbe
bafür in bem bvüberlidien ä^ergleid) ju fieip.^ig, 30. 5Jtai 1505 mit ben Slemtern
greiberg unb äöolfenftein unb einer Sfal^reärcnte abgefunbcn. ?lber aud) 0),
öermoc^tc nid)t ^rieSlanb ^ju bef)aupten ; nac^ öergebtid^en 3In[trengungen, bie ber auf=
gebrungenen lyremb'^errfc^aft i)artnädig miberftrebenben f^riefen ^um ®et)orfam ju
3toingen 30g er e§ öor feine 3lnfprüd)e barauf für 200000 xt). x^l. an ben @r3=
i^erjog Äarl öon Defterreic^ abzutreten, ^n ber 9f{egierung feiner ©rblanbe be=
tüäl^rte @. ©infic^t unb SBo^ÜDoHen, fo bo^ Sutl)er bcfannte, .»peraog @. l^abe
öiele f(^öne Xugenben unb fei gefd)idEter jum Stcgieren benn mand)er fromme 9te=
gent- ^xn ^. 1503 Tü'^rte er bie ©inf^eilung in neun Greife ein, fd)to^ 1505
mit SabiölauS öon Sö'^men ju Ofen eine (Einigung miber bie f5el)ber unb
5ptader, regelte 1506 bie ßomtjetenj ber Cber= unb Untergerid)te unb burd^ bie
<t)oforbnung öon 1508 ben fürfttid)en öof^att unb bie 3lmt§t]§ätig!eit ber ßanjlei,
bor aEem aber ftad) fein mol^Igeorbneter ^auö^alt öon ber ftetcn ®elb=
notf) ber ©rneftiner, öon bcnen er fid) aud) in ber ^Jlünjpolitif gänjlid)
trennte, öorf^eil^oft ab, menn fd)on er aud) baburc^ nid)t öerl^üten tonnte,
ba^ fid^ bei feinem 2;obe neben einer 33aarfc^aft öon 128393 g-I. ©c^ulbcn
im Setrage öon 500000 fyt. öorfanben. 3Befentlid§ beftimmenb für ©eorge
politifc^c ©tellung mürbe fein gefpannteS 33ert)ältni^ 3U ber erneftinifc^en
^urlinie, ba8, au§ ber S^eilung öon 1485 l^errü'^renb , fid) feitbem burd£) man=
dE)ertei ^iB'^elligteiten , nit^t ^um toenigften aud^ burd^ bie ©iferfui^t aut
bie miffenfc£)aftU^e S3Iütf)e ber Uniöcrfität äBittenberg, öon metc^cr ba§ fd)o=
laftifd^ gebliebene Öeip^ig gan^ öerbunfett tourbe, erweiterte, ©d^on ba^ @. in
bem ©tteite ber SBettiner mit ber ©tabt Erfurt ben Äurfürften 3unädt)ft tool,
toeil it)m burd^ bie friefifdf)en Jpänbel bie ^änbe gebunben toaren , o'^ne bie
nbtl^ige Unterftü^ung lie^, bann, ba^ ber ©treit über bie t)efftfd^e 5ßormunb=
fdt)aft nid^t o^ne fein 3ut'§un, inbem er bie Sanbgräfin=2Bittme begünftigte unb
balb barauf il)re 2;odt)ter ©lifabetl) feinem ©o^ne .^o^ann öerlobte , jum 'üaäj^
tl^eile beä ,$?urfürften ausging, fteigerte bie Sntfrembung ; bie ipauptfad^e aber
war, baB, toä^renb gi^iebrid) bev SSeife an bei- (api^e bev oppofttioneücn 5ütften=
Partei ftanb, 6. bei- if)m Oon feinem 33atei- Dorge.^eic^neten ^Hic^tung, nämlic^
bcm engen 5(n|(i)(ujie an ba§ ^au§ ^abibuvg getreu blieb. Siefee 5RiBöer^ä(tni§ 3u
ben (Jrneftinern ^at aurf) bie TeinbfeUge Stellung ©eorg'g ]ur lutt)erifcf)en )Rt=
iormation bebingen ^elyen, roie umgefe^rt jeneg burd) le^tere öerjc^ärTt werben
ift. %n fi(f) toar 6. nid)t§ roeniger als blinb gegen bie ©ebrec^en ber Äird^e;
er miBbittigte 2e^e(§ 2tl6(aBf)anbe( entfc^ieben unb jroar nid)t btofe aus finan=
jieüen @rünben ; bal oon bem 33ijc^oT Don ^llterieburg gegen bie Öeip^iger 2;il=
putation angefc^Iagene SBerbot UeB er abreißen unb fc^rieb i^m unroillig: „baB
uniere ÜfieoCogen jotd^e SiSpution fliegen, bünft uns fei roiber it)r ^profeB, benn
if)nen aU 2ti)xtxn ber ScfiriTt foüte eine ^yreube fein, bamit fie bas an ben 2ag
brä(^ten, barüber fie piel gute prandia Perjetirt ^aben. können fie fotc^er Siöputatton
nid)t roiberftel^en unb i)aben ©orge, fie möd)ten confunbirt Werben, aisbann wären
uns lieber alte äöeiber an if)rer ftatt , bie fangen uni unb fpännen uns um§
X^o^ti." 3)er Disputation, burc^ bie er wot aud) ben ©lan^ feiner Uniperfität
3u fieben gebad)te, wof)nte er in 5)3erfon bei, aber ber (äinbrud, ben er banon
empfing, ftimmte it)n für Öut^ers Badcje feineswegs günftig. SBar if)m fd)on
bie $rebigt, bie biefer am 25. ^uli 1517 Por i^m in Bresben ^ielt, um bes=
willen, weit fie bie !;3eute ruc^tog unb gegen gute SGÖerfe gleichgültig macfien
muffe, bebenflid^ erfc^ienen , fo na^m er ie|t nod^ Piet größeren 9lnftoB an
Öutl^er"» SiKigung etlidier «sä^e ^uffen's. 2^enn Pon einem Eingriff auf ba^
befte'^enbe S^ogma wollte er nid)t§ wiffen; unter SfteTormation Perftanb er 3U=
näd)ft unb If)auptfäc^(id) nid)t§ a[§ bie SSefferung bes geifttid)en Stanbeg, bie
aber nur Pon ber Äirc^e fetbft unb ben georbneten ©ewatt'en , nic^t Pon einem
Ginjelnen , ber fid) Permeffe , al§ fei er aüein lux mundi . ausjugetien t)abe.
^n biefem ©inne gef)örte er auf bem iUeid^stage ^u SöormS ju benen, bie am
entfd)iebenften auf 21bfteIIung ber fird)lid)en ÜJliBbräudie , unb jwar burd) ein
c^riftlid^eä don^il brangen; neben ben 101 Sefd^werben ber ©tänbe übergab er
noc^ iwölf befonbere gegen bie 3lnnaten unb ben 3lblaB. ^eftanb er in 3Borm§
auf 3fiefpectirung bes Sut^ern jugefagten fiesem ©eleitei, fo im 'Tteid^sregimente
auf energifd^er Surc^fül)rung bes 2Bormfer Qbicts, weit er eben in ^uf^er'g 9luf treten
PorjugSweife nur bie '^tufte^nung gegen bie gefe^lidie Drbnung fal^ , brang aber
bamit gegen ben furfäd^fifd^en ©efanbten .öan§ Pon ber '^piani^ nic^t burc^. 5)tit
bem fic^ um biefe 3eit Poll^ie^enben 33ruc^e jwifi^en bem Äaifer unb bem .ilurfürften
üon Sac^fen würbe aud) ba§ 33ei-l)dltniB ber beiben isettern ju einanber ein
immer beben!lid£)ere§. 2;aB ®. an bem 1522 juerft oon 5lleanber ausgebrüteten
'^Uane, griebric^ ber ^ur p entfe^en unb biefclbe auf if)n ju übertragen , 9ln=
ti^eit gehabt i)ahe, ift allerbings Weber erweislich nodf) wal)rf(^einlid); wenn 1523
fein ißcrfe^r mit 'i>^iüpp Pon Reffen ein auffallenb intimer war , fo ^atte ba»
barin feinen 6runb, baB biefer bamall, 11. S)ecbr., fein @ibam würbe; baB er
aber um jenen '4?tan wu^te, o^ne fid) birect ablel^nenb bagegen ju Pert)alten,
beWeift eine 31euBetung, bie i^m bei biefer ^oc^jeit im (Sefpräc^ mit gr. P. 2]§un
entfiel, ^n SBittenberg fa^ man nid)t o^ne ernften Slrgwo^n auf i^n. 3^od^
reid)ten fic£) bie Q}ettcrn nod) einmal bie -Ipanb jur ^efämpfung beö 5}tün3cr'=
f^en 3tufru^r§. &. na^m an ber ©d)la(^t bei granfen^aufen J!§eil unb ^ielt
bann in ben tt)üringifc^en 'ütcmtern unb in ^l^erfeburg ein ftrenge§ Strafgericht,
au(^ im ßr^gebirge l)atte er Unrul)en ber ^Bauern ju bämpfen. ^t^t, nad) 33e=
fiegung ber dauern unb bem iobe O^riebrid)! be§ SBeifen, glaubte er ben ^eiU
punft JU energifd)eren ■'Dlaferegeln gegen bie fird)Iid)en Steuerungen gefommen.
(Sr fäumte ni(|t nod^ ju •]Oflül§If)aufen bei bei bem nunmehrigen Äurfürften 3fo-
^ann auf emftlic^es ©infc^reiten gegen 2ut!§er ju bringen unb lie^ eg an 2öar=
nungen bei feinem Sc^wiegerfol^n fid) ber (Sad^e beffclben anhängig 3U mad)en
686 ®eorg, §. X>. gad^ien.
nt(f)t festen. %U 6eibe§ nid^tS |rud)tete, |d)to| er 3^uni 1525 ^u S)c|jau
mit ben ^uviürften öon 5)lain5 unb öon 23vanbenl6urg unb ben |)ei'jögen öon
33raunf(f)n)eig einen 33unb jum SBibeiftanbe gegen bie etoangeüjcfie ße^xe unb
gab bamit ba§ ©ignat jur ©pattung beö ütei(^§ in jftiei Teinblid)e ßager. ©eit=
bem galt 65. al§ ba§ ^au|)t unb bie ^aupt[tü|e ber altgläubigen Partei unter
ben Saien. S)en il)m öon feinem flü(f)tigen Äanäler D. ö. ^aä ongcbid^teten
3lnjd)tag eine§ gewaltjamen Sßorget)on§ gegen bie ©bangelifd^en jebocf) [teEte er
entfc^ieben unb tool mit (Srunb in Slbrebe, ^n feinem eigenen Öaube fud^te @, bem
Einbringen be§ 6öangelium§ au§ allen i?räftcn ju fteuern. 5lber freiltd) madlite
fd)on ba§ i^neinanbergreifen erneftinifd)er unb albertinifc^er ©ebiet§tt)eile feine
Slnftrengungen unwirffam. ^n ben S3ergftäbten, n?o ber Äurjürft bie 5Jlit^ol)cit
l^atte, griff ba§ ©üangelium äuerft um fid^ unb bon ba au§ tüeitcr. 5}lit ber
SScrgeblid^feit ber 33erfolgungen fteigerte fidt) i^re öeftigfeit , ein ^Bürger bon
5Jlitttt)eiba bü^te fogar bie 33efreiung einer ^ionne mit bem 2el6en. ^n ^JJIei^en
Ite^ er 5U SBcieftigung be§ alten ®lauben§ 1524 mit großem (Sepränge ba§ ^eft
be§ eben erft l^eilig gef^3rod)enen 5Bif(^of§ S3enno öeranftalten. ßeiber trug
Sutl)er§ eigenes 23er'^alten nid)t toenig baju bei ben .^erjog in feinem 3öiber=
voHim gegen bie Steformation unb bamit audl) in ber S^crfolgunggfud^t gegen ab=
trünuige Untertl)ancn ju beftärfen. ©ein jLroftbrief an ben öertriebenen .^art=
mutl^ öon ^ronberg tcurbe ber 3lnfang ,^u einem au(^ öon Sutl)er§ ©eite mit
ungered^tfertigter .g)eftigfeit, oft mit ma^lofer !i3eibenf(i)aftlidl)feit gefül^rtcn 5eber=
frieg ^Uiifd^en beiben. 9iad)bcm (S. ju ber öon it)m beranla^ten Ueberfe^ung
be§ bleuen Seftaments burd^ ^. Smfer 1527 eine gel)arnif(f)te ä^orrebc gefd)rie=
ben l)atte, lie^ er im folgenben ^^a'^re unter 6oc£)läu§' ^Jiamen „3luf Sutl)er'§
©d)anbbü(i)lein Sin bie ßt)riften bon ^aUe eine Slnth)ort", unb 1529 eine „93er=
tt)eibigung be§ bifdf)öfli($en 5Jlanbatö ju ^JJlei^en tüiber beffen ©df)cltn)orte" unb
1531 unter bem Ütamen be§ 5pfarrer§ f^-ranci§cu§ Slrnolbi (f b.) eine „Slnttoort
auf ba§ S3üdt)lein fo 2). 2uit)n tüitn Äaif. 2lbfd£)ieb l^at au§gel)en laffen", er=
fd)einen, wogegen Sutl)er fein 5pampl)let „Sßiber ben 5Reudl)ler ju S)re§ben"
ridljtete. Sluf bie ^acE'fd^en .^■)änbel be^og fid^ £utl)er'§ i5lugfd)rift „93on f)tim=
lidE)en unb geftol)lenen ^Briefen famt einem ^falm ausgelegt toiber ^erjog
(iJeorgen ju ©. 1529", toetdtje bie Entgegnung t)eröor-rief : „Ein fur^er 93erid§t,
©0 toie (S. b. @. @.^er(^og ju ©. auf e^tid)c neue rafenbc Sügen, bie ^Jl.
Sutf)er in einem S)rucE tt)ibcr unfere Entfd£)ulbigung be§ getid£)tcn SBünbni^
l^alben l)at auggel^en ju tt)un berurfad)t". 1533 folgte ßiitl)er'§ „Söerantwor^
tung ber aufgelegten 2lufrul)r öon |). ©eorgen fammt einem ^roftbrief an bie
Eliriften öon il)m au§ Scipjig unfd)ulbig öerjagt" , unb auf Eod^läu§' 6rnji=
berungen beffelben „steine 9lnttt)ort". Unb bod^ fonnte berfelbe ßutt)er fd£)reiben : „e§
l)at mid) gefdimer^et, bafe biefer treffliche unb fromme g-ürft fid^ berina^en ein=
treiben läffet öon feiner Umgebung, ben id^ ja bod) al§ einen foli^en anerfannt
unb erfaf)ren fjobt, ba^ er faft mo'^l fürfttidf) rebte, roenn er feine§ .iperjenS
©prad£)e rebte". ,g). Emfer, S- Eod^läuS, feit 1527 be§ al§ öerbäd^tig entlaffenen
§of:brebiger§ Erogner 9tad^folger, ®. 3Bi|cl, ber S)re§bner ^^farrer ^43- ©t)lüiu5,
ber granciScaner Sltöelb , ber 2tbt p Slltjette iß. 35ad£)mann bilbeten nac^ bem
SluSbrude be§ ^türnberger ©tabtfd^reiberg Saj. ©pengler „bie @eorgifdl)e Ean^let)
unb ©d^mibte", bie be§ iperjogS ^a^ gegen ba§ Eöangelium immer öon neuem
f(^ürte. ^amentlid^ feitbem @. burd^ ben 2ob be§ ^urfürften ^fo'fiann ^er
Sleltefte be§ ^aufe§ getoorben ioax, äußerte fidl) biefer .^a^ in ber junefimenben
A^^eftigfeil ber S5erfolgungen. „Sieber", erflärte er, „tt)oEe er mit feiner (Semal)lin
iiadt unb blofe, ben <Btab in ber .^anb, inS Elenb gel)en, al§ feinen Unter=
flauen erlauben, ba^ fie nur im fleinften Stitel öon ber fatl^olifd^en Seigre ab=
toid^en, beöor nidl)t auf einem Äonjil anberS befdf)loffen märe." S)od§ aber er=
©eorg, §. ö. ©ad)^en. 687
jd)üttei'te attee bie§ feineötüegS jeinc aniänglidie Ueberjeugimg öon bcr ^bf^^
toenbigfeit einer Üteformation , öietmetir not^igten i^n bie unauifjaltfam iort=
jc^reitenbe 2lui(öjung be§ alten ÄiT(^enh)e|en§, bie allmät)lic^e ©ntteerung bev
Älöftet unb bie einrei^enbe Söerfd^leubctung i'^rer Öüter jetbj't Jpanb an biefelbe
3U legen. S)ie bon i^m 1524 au bem breiiadien ^^^ecfe ber Slu§fc^(ie|ung bei-
neuen Seigre, ber SBefjevung bev Übeln §au§Vltung unb .öerftettung ber geift=
Udien 3u<it U"i> Orbnung angeorbnete 5ßifitation burct) bie Söijc^öie bon ^ei|en
unb gjlerjebuvg unb etlidie Ütät^e beftätigte nur bie Jrofttofigfeit be§ aUgemeinen
3uftanbe§, o^ne ben SJerfatt t)emmen au f önnen , ja inbem @. fid) bas 9tec^t
beilegte,' bie Uebei[c^üffc au§ ben ^loftereinfünften ^u gemeinnü^igen Braerfen
au Demenben, inbem er bie Urfunben unb Äleinobe ber .^(öfter in äJernja^rung
nal^m unb jule^t fogar einzelnen ©tobten, 3. 33. Sei^^jig ba§ üted^t öertie^,
tierlaffene Äloftergüter an \\ä} ju faufen, tl)at er ot)ne e§ ju toollen, jelbft ben
etften ©t^ritt jur ©äculariHrung ber Ätöfter. 6§ ift eben ba§ 2ragif(^e in
©eorgS ßeben, ba^ er ben unmöglichen Äampf gegen eine mit gefc^i{i)tti(i)er
^^lotl^toenbigfeit fict) üoUaie^enbe ^leugeftaÜung unternommen '^atte, unb bie ßr»
fenntnil tjieröon berbüfterte bie legten ^a^re |eine§ 2eben§. (är fetbft mu^tc
noct) borauöfelien, ba^ mit jeinem Stöbe fein £anb fid^ ber ebangelifdien Seigre
offnen merbe, benn bur^ ben ünberlofen 2:ob feiner ©ö^e, 3äot)ann§ 11. 3^an.
1537 unb be§ tro| feine§ SSIöbfinn§ erft am 27. 3fan. mit etifabet^ b. g)lan§=
fetb bermät)tten f^riebri(^§, 26. g?ebr. 1539, njar fein Sruber ^einricf) , beffen
Uebertritt ^m gteiormation er 1537 bergeblid) au ^inbern gefu(i)t t)atte, fein
nädjfter ßrbe gemorben. Umfonft fuc^te (S. einem fotdien ^uigange burd) Sßer=
^anblungen mit ben güangelifc^en ^u ^Dlüfitberg unb ScipaiQ, bann mit feinen
ßanbftänben toegen eine§ 5tu§glei(^§ in ©adien ber ^Religion, umfonft burd) ben
«Borfdilag einer SJermä^lung feineg ^Jceffen gjtori^ mit feiner bertoittn^eten
©d^miegertoditer boraubeugen; a^lp^t falte er fogar ben 5ß(an bem römifd)en
Könige gerbinanb bie 5fla(|folge im albertinifc^en ©ac^fen auautoenben, aber bie
bestiatb nad) 9)lei|en berufenen ©täube lehnten benfelben ab unb fein 2;ob am
17. ^;«|)ril 1539 erfparte ii)m ben ©d^mer,^ über bie abfc^täglid)e 3Intttort feine§
Sruber§ auf fein Söerlangen, fid^ im iperaogt^um jeber 5^euerung in ©ac^en ber
gteligion au enthalten. 3tn i^m berlor juglcid) ber im ^unt 1538 bon bem
Söicef analer |)elb aufammcngebrac^te ^eilige 23unb feinen l)aubtfäd^lid)ften 9lürf=
^alt. er ift ber le^te ber im S)om a" ^eifeen beftatteten äßettiner. 23on
feinen ae'^n Äinbern überlebte il^n nur feine an ^p'^ilipb bon Reffen bermäpe
Xoc^ter 6l)riftine. ©einen Ü^amen trägt ba§ 1534—37 erbaute 9tefibenafd)lofe
in S)reöben, bon bem jebod) in bem fe^igen S3aue nur noc^ wenige Ütefte bor=
l)anben finb. ^m S- 1516 l)atte er auf bem Äönigftein ein Söleftinerflofter ge=
grünbet, ba§ aber balb einging. (Sin Sieb bon ibm toiber biejenigen, fo bon
SSifc^off au Reifen erbid^t liaben, al§ folte er bie Slöorte augftreid^en laffen
„@otte§ Söort bleibt en^ig" , fotoie ba§ Sennolieb bon 1524 „SSenno , bu biel
:§eitiger 5Jlann", unb ein ßieb wiber ben 6^. |)er|og ^yriebridl), bo er ime riett)
er folte nid^t in grie^laubt aie'^en, bie n)a'^rf(^einlid^ beibe cbenfall§ bon i'^m
:^crrü:§reu, fie:§e im 3lrct)ib für Sitteraturgefd)ic^te bon ©d)norr bon ^arolsfctb
III, 45.
©palatin, De Alberti Ducis Saxon. liberis bei 5!Jlende, SS. II, 2127 ff.
©edenborf, Historia Lutheranismi I, §. 80 sq. 33erfd)iebene§ über @. bei
©eibemann, 5Die gteformation§aeit in ©ad)fen 1517 — 19. 1876. eine er=
fd)öpfenbe Siograb£)ie @eorg§ mie er fie tto^l berbiente , ift noc^ nid)t bor=
Rauben, ©eine gt)renrettung ^at juerft berfud^t ©d^utae, ©eorg unb «ut^er,
1834. fylat^e.
688 ®eotg, 33. b. ©amlanb — ©corg Sßil^elm, 3f. ,v (Scfiaumburg^^Öippc.
©corg ü. ^:t5oIen3, S3i|ci)oi öon ©amianb: ]. ü. 'iPoIcnj, @eorg.
®COrg ilBiUjelm, regierenber 5üi;ft p©c^aumburg = Ötppe, geb. am
20. 3:ecl6r. 1784, geft, am 21. ^fioöbr. 1860. ©t mar ber ©o'^n be§ ©rafcn
ipf)ilipp 6vn[t, mit bem nad§ bem Sobe beg finbeiiofeti ©rafen SBütielm, beä
berü{)mten portugiefifc^en i5etbmari(J)aE§ , im ^. 1777 bie jüngere 9tebenlinic
3tlöerbiffen jur ^Regierung gelangt mar. ©eine ^Jluttcr Juliane, Xoö^itx be§
Sanbgrajen 2ßil!^etm öon .g)effen=5|3i)ilipp§tl)at , gebar i^n i^rem (Sema^le, ber
nad) bem Söerlufte breier @öt)ne unb einer JodCiter au§ feiner erften @f)e bereits
iieb2nunbiünfäigiät}rig, fiii) mit i^r öermät)tt t)atte, jur (Vreube be§ Sanbeä al§
erften unb einzigen ©ot)n. If^aum brei ^a'^re alt öertor ®. fd^on ben 93ater, unb
bie 2Rutter übernahm nun bie öormunbfc|aitüd)e iJtegierung, bie i^r gteic^ im
3ln|ange fc£)mere 23ebröugni^ bracfite. Unmittelbar nacf) bem Jobe be§ ©rafen
!:p{)ilit)|} ßrnft occupirte nämlidE) ber Öanbgraf 23il{)elm öon ^effen=Äaffel mit
gemaffneter .Sj)anb bie 6raffii)aft ©(Naumburg = Sippe unter bem 33ormanbe, ha^
fie i^m al§) ßel)n§f)errn l)eimgeiallen , weit ®raf ^l)ilipp ©ruft au§ ber uneben=
bürtigen ^t)e feine§ 55aterö (5fi-"ifi>i"i(^ ©rnft mit ^^{)ilippine bon f^J^ief^n^aufen
entfproffen fei. 2)ie ©riifin Juliane tonnte jtoar bie Dccupation be§ SanbeS
nic^t l)inbern unb ,flü(i)tete mit i^ren. Äinbcrn auf preuBifci)e§ ÖJebiet nai^ ''IJlinben,
mu^tc c§ aber l)ier bnrd^^ufe^en, ba| in i^olge eine§ öon it)r ermirtten 9lei(^§l)ofratl)§=
fpru(f)e§ ber ßanbgraf bie ©rajfd^aft mieber räumte. 'Jiad^bem fo bem jungen
trafen fein bätertic^eg @rbe gerettet unb ^u Mftigerem ©diut^e beffelben bie
faiferlic^E 33eftätigung eine§ ^itüormunbeS in ber '^^erfon be§ ^annbücrfc^en ®e=
fanbten in SBien ©rafen bon 3GßaEmoben=(5)imborn ermirft mar, brachte bie
@räfin Juliane il)ren ©ol)n im ^^rüljjal^re 1788 nad) Saufanne unb lie^ if)n
bort bi§ (^um folgenben 3al)re, too er unter Seitung eineg ^ofmeifterg in ba§
©al,^mann'f(i)e 6räiet)ung§inftitut na(f| ©(^nepfenttial gefanbt mürbe, ^m ^di}-c
1794 fe^rtc er nad) SücEcburg jurüdf, um !^ier unter Leitung beg Dberften
öon .ipaafe am mütterlichen ^ofc feine weitere 3lugbilbung ju finben. ©d^on
im 3. 1799 aber öerlor er bie ^JMter, unb Würbe nun nad) .sponnoöer ge=
fanbt, wo er be^ufg feiner ^^ortbilbung unter ben 9lugcn beg 33ormunbe§ ©rafen
SBattmoben fic^ auffielt, bi§ er Dftern 1802 bie Uniöerfität Seip^ig bejog.
.spier war il)m neben feinem biSl^erigen ©ouöerneur bem Dberft öon ^aate, ber
nad^malg al§ ^^piftorifer rüfimlic^ft befannt geworbene g^riebrid^ äöilfen at§ Sn=
ftructor beigegeben. ^Jlebcn feinen wiffenfd)aftli(^cn ©tubien fanb er in Seipjig
im ^aufe be» ^Jlaterg ^ol^. g^r. -Xug. Sifc^bein, 2)irectorg ber bortigcn Äunft=^
afabemie, ®elegenl)eit , feinen ©inn für jei^nenbe fünfte au§jubilben. 3Jm ^.
1805 begab er fidl) einige ^ät naä) SSerlin unb trat bann mit feinen beiben
©d)Weftevn eine Steife na(^ Italien an, öon ber it)n aber balb fein unterbeffen
nad) 35üdeburg übergefiebelter ii)ormunb ^urüdrief , um i()n in ben in^wifdjen
eingetretenen ©türmen ber ^^it feinem Sanbe nal§e p t)aben. 2tm lu. Sfuni
1806 erl)ielt er. Wenige 2öod)en öor 3luflöfung be§ beutfc£)cn 9teid)e§, bie faifer=
lidC)e (Srof[jäl§rigfeit§erflärung, tie^ jebodt) feinem SJormunbe einftweiten nod^ bie
Fortführung ber 9(legierung§gefd)äfte unb öer!ünbete erft am 8. 'üJlai 1807,
unter 2lnna^me beg gürftentitelg , feinem Sanbe ben felbftänbigen eintritt ber
Stegierung, nodE)bem fur^ öorl)er, am 10. 3lprit, mit ^ül)e ber ©intritt be§
Sanbeg in ben 9tt)einbunb bei 'i)lapoIeon erlangt war. Um eine 6rleidt)terung
be§ f^üi'fterit^uing öon ben Soften beg 3t!§einbunbeg, namentlidi feinen militäri=
fdt)en Seiftungen 3U erwirfen, begab fid) ber ^^ürft im 9luguft 1807 perfönlic^ nad)
^^arig. 2llg bag öerl)ängni^öotte i^a^r 1813 ^erangerüdt war, fd^lo^ anä) 6J.
SB. am 3, S)ecbr. 3U gi'anffurt a. W.. öom 9tl)einbunbe jurüdEtretenb , fid) ben
jur 33e!ämpfung 5^apolcon'g öereinigten ÜJläd^ten an. ^od) ber erften @innat)me
Don $arig begab er fid^ auf einige ^}Jlonate bort^in unb öon ba, nur auf fur^e
©cotg II, ^. b. Sd^Iefien^aStieg. 689
3cit in jein C'anb jurücfgefc^rt, im Dctbt. 18U narf) SBien, um au^ bem ^ier
jufammengetretenen Gongreiie jeine 3tec^te tüofiräunel^mcn. örft im 3iuli 181.")
fe^rte er Don äöieu, mo jeine (&(i)toeftet SBit^elmine am 7. «Roöbr. 1814 bem
©roien (Jrnft öon ^IHünfter if)re |)anb gereicht l^atte, nad) Sücfebutg jurücf unb
öermä^tte ft^ mä^ iDieber^ergeftelltcm ^rieben am 23. ^uni 1816 mit Der
^rinjejfin ^ba öon äßatbecf, hie i^m am 1. 3(uguft 1817 ben ©rbprin^en,
je^igen dürften 'Jlbolt ©eorg gebar. 9}tit großem ©iier toibmete ber gürft öon
ba an [id^ ber inneren 33ertt)altung l'eineS Öanbe§ unb toor barauj bebacf)t, für ba§=
fetbe bie ^o^ficn ber .öeimjud^ungen ]o langer Ärieg§ja^re ju beseitigen. S)ie
<!pebung ber Sanbtoivtl^fc^aTt unb ber ©etnerbe , fotoie ba§ @rjief)ung§tt)efen üe^
er fid^ bejonberg angelegen fein, 'lloä) im S. 1806 ^atte er bem Öanbc eine
auf ä^ertretung öon 9titterfc^aTt, ©tdbten unb 3lmt§untcrt]^anen beru^enbe (anb=
ftänbij(f)e 35erfaffung gegeben, unb auj bem !^anbtage öon 1818 fam eine gie=
gulirung beö 5inana= unb Steuerraejenä 3u Stanbe. ^m 3. 1837 trat ba§ C'anb
bem »ssteueroereinc unb mit biefem im ^. 1854 bem beutjcfien ^oUöerein bei.
S^ie ßröffnung ber ba§ ßanb burc^jd)neibenben (^ijenba^n im ^. 1847 brachte
bemjelben toefentlic^en ©etoinn. SDie grüd^te be§ im gürftent^um öer]^äItniB=
mäBig ruJ)ig öerlauienben ^at)xe§, 1848 toaren ein neues äöa^Igefe^ unb ein
@cje^ über bie S}erantmortüd)feit ber 9tegierung§mitgüeber. 2)ocf) blieb bie
Otegterung beö jeiner ganzen ^leigung nacf) ben 'Jieuerungen abgemanbten dürften
aud) jcrner eine me!^r patriarc§alijc£)e. Slber aud^ fo ertearb er fic^ burd^ feine
raftlofe J^ötigfeit für ba§ 2Jßof)i bee 2anbe§ , feine mol^lmoUenbe ©efinnung,
feine ^ugängüd^feit unb iJeutfeligfeit bie 3ldt)tung unb Siebe feiner UntertJ)anen.
geinb aÜeg 3ßvun!eg unb für ficf) felbft fparfam, f)atte er ftet§ eine offene .ipanb,
mo e§ galt, bei 9(nberer 'Dlotf) unb 35erlegenf)eit einzutreten. 2luc^ bei feiner
öoräugstoeife ben Üiegierunggfotgen getoibmeten S^ätigfeit Bema^^rte er ©inn unb
2}erftänbniB für bie fd^öncn fünfte unb mar ..Kenner unb ©ammler öon 6e=
mälben unb Äu^ferftid^en. @r ftarb , nad)bem er im ^ai)xc 1857 fein fünf3ig=
jäl^rigeS SiegierungSjubiläum gefeiert ^atte , am 21. ^Jioöbr. 1860, fd^on feit
mel^r al§ ^mei ^al^rjetjnten ben ')tcgierung§ja'E)ren nact) ber ältefte ber eurot)äi=
fd^en (Souöeräne.
iBgl. bie 5Biograöf)ie in SSoigt's beutfc^em ütegenten=5ltmana(^ auf ba§
^. 1829 unb ben 91efroCog im fc^aumburg=(ippifd)en Äalenber für 1861.
ip r e u fe.
®COrg II. ber Sc^marje, Jperjog öon 33rieg, einer ber bebeutenbften
dürften 'au§ bem §aufe ber fd^(efifdt)en 5piaften , öon ben ^eitgenoffen ^nclt)tu§
genannt, mürbe am 18. ^uü 1523 geboren unb ftarb in ber "Itadfit öom 7.
3um 8. DJlai 1586. ©eine ©Item Waren gnebridf) IL öon ^Brieg^Siegnilj unb
beffen ^toeite ©ema^^Un ©op^ie öon Sln^badt). Sie ßrjiel^ung bee jungen ^:)}rinäcn
leiteten Dr. Öembad^ , griebricf) öon i^nobetsborf unb ^ol^ann öon SBen^ft);
au§ biefen Xagen feine§ geiftigcn 2Serben§ mirb öor allem feine grofee @emanbt=
^eit im öJebraud^e ber (ateinifd^en ©prad^e l^eröorge^oben. Steifen in§ 2lu§Ianb,
meldte bamal§ al§ Slbfd^tu^ einer too^tgeleiteten fürftlid^en ©rjie^ung ju gelten
pflegten, fd[)eint er nid^t gemacht ju "^aben. 2^agegen mürbe er öon feinem 5}ater
frü^ in bie ^olitiE eingefü£)rt unb lernte aud^ ben @ang ber inneren 5BeriDal=
tung be§ !Ganbe§ fennen , über toe(d^e§ einft ju "^errfc^en er berufen mar. ^m
15. gebr. 1545 öerl)eirat!^ete er fid^ mit 33arbara, lod^ter ^urfürft .3oa=
ii)im§ II. Don SSranbenburg, an bemfelben 2age, an bem feine ©d^mefter ©opl^ie
ftd^ mit bem branbcnburgifd^en Äurpiinjen :jof)ann ©eorg öermö^lte. 33eim
3IbfdC)luffe biefer 2)oppeI^od^3eit mürbe bie fd£)on 1587 jmifdEien ben -Käufern
Srieg=5iegni^ unb 5ßranbenburg öerabrebete ßrböcrbrüberung öon bciben 6on=
SlUgem. beutid^e SSiogroti^ie. VUI. 44
690 ©eorg IL, iQ. b. ©c^lefien=93rieg.
trat)enten Befräftigt. 2tEein Äönig i^evbinanb öon 39öt)men benü^te bie ®unft
ber SSer'tiältmffc üor 5tu§6i-uct) be§ fd)malfalbifct)en i?nege§ unb crftätte bie 6r6=
öereinigung am 18. Wai 1546 für ungültig. (55. erhielt nac^ bem am 17. @ep=
tembev 1547 criolgten %oht feine§ 3}ater§ bie SSeftätigung jeinet ^priöttegien
unb bie 23elel)nung mit bem ^er^ogttiume (7. ^äv^ 1549 in ^4^mg) in ber
jt^t nidit e^er, al§ bi§ et burd^ einen giebevS bev örböerBrüberung jeine§
S5ater§ mit Sranbenburg entfagt t)atte. ^arf) bem öätcrtic^en 3;eftamente mur^
ben bie Jperjogtf)ümei- S3i-ieg=2iegni| fo gett)eilt, ba^ ®. 33rieg=2öol^lau, fein ättefter
S3rubei' ^xiebridf) (III.) ßiegni^ erl^ielt. Se^tever iüt)lte \iä) entmeber burti) bie
Stjeilung benad)tt)eiUgt ober ^atte bei feinem lounentiaften 6!§ara!tei- au§ irgenb
hjeld^en ©xünben einen i^xoU auf feinen 33ruber gemorfen, fo ba^ bon 1549
16i§ 1550 ein l^eftigev ©treit jtoifc^en ben Srübern auSbiadf). ^önig f^erbinanb
!6ef(i)ieb Öeibe al§ ßel)n§'^evr bor feinen gleid)namigen ©ot)n nad^ ^vag, tt)eld^ev
ben 26. ?lprit 1550 bie ^Brüber ju einem fncblid^en ^bfommen jwang. Sie
fpäteren ©d^irffate ^^^i^brid)© III. bon ßiegni^ beineifen genugfam, ba^ unfer
ijfüift nid^t ber fd^utbigc SEtieil gemefen fein toirb. ®. naf)m im @egentf)eil
auä) in ber 3ufunft ben größten 2lntt)eil an ben unglücftid)en 5öer^ältniffen be§
liegni|er |>ofeä ; fein 9ieffe — ber burd^ ©d£)toeinidE)cn'g S)en!tt)ürbig!eiten bcfannte
§einridf) XI. — t)at me^rfad^ 3ufludf)t am 'örieger |)ofe gefud^t. 5lm 16. ^3lai
1558 fd^reibt biefer feinem 23atet: er fei nur au§ Suvd^t bor beffen Sräuen unb
©treidt)eu bon Siegni^ nai^ SBrieg geflo'^en unb toeil er bei ber fd§led)ten , il^m
tt)ibcrfat)renen ®el)anb(ung aEe @efunbt)eit unb ^^farbe berloren l)abe. ^m ^e-
bruar 1585 fanbtc @. feinem dtteften ©o^e 3foad)im lyriebrid^ bon 33re§Iau
ein S5er5eid)nifj beffen, ma§ fidt) bor länger al§ 200 ^a'^ren mit jmei SSrübern,
^erjögen bon Siegni^ jugetragen, bamit er barau§ erfet)en fönne, „mie fie ein=
anber aud) um Sanb unb Seute brad)t, tt)eldt)e§ biefem je^igen SBefen gar fel^r
gleidC) unb ä^nlidf) gefet)en." ®. '^at bei ben ©treitigfeiten .!peinrid^§ XL mit
Sßater unb 23ruber f o biet at§ mögtidf) ^u bermittetn gefudfit ; ba^ ber (5rf olg 'bä
bem eigen gearteten Ttatureü ber Uegni^er Jöermanbtcn nur gering toar, barf
nid£)t Söunber netjmen. @. II. t)atte bie Stegierung feineS proteftantifd^en öer=
5ogtI)uni§ in einem fritifc£)en 53lomente , in ben Sagen naä) Äarl§ V. ©icge
bei ^)Jlüt)tberg übernommen. 6r l)at ei inbe^ berftanben, fid^ mit (Sefd^id au§
ber ungünftigen politifd)en ßage 3U jiel^en. ^erfönlid^ ftanb er mit ben ^ab§=
burgern im beften 33ert)äÜniffe, er mar bei ber Krönung ^Jlajimiliani in ^^rag
unb i^repurg zugegen. 1565 mar er unter ben 20 dürften, meldt)e bie ßeid§e
Äaifer ^Jerbinanbi bon ber SBurg in Sßien nadE) ber ©tept)an§firdt)e trugen.
Siubotf II. übexnad^tete 1577 mit feinen 3Srübern ^atf^iai unb '^lai im
SSrieger ©d^loffe. ?ll§ bei ©olimang biertem (Einfalle in Ungarn 1566 bie ®e=
fa^r aud^ für ©dt)Ieficn mud^g, 30g @. am 2. 3fuli an ber ©pi^e bon 2300 ^ann
fdE)lefifdE)er unb läufiger 3;rup))en bem .^aifer nad) Ungarn ju ipütfe. S)a aber
©oliman fdf)on im ©eptember bor ©^igett) ftarb, fo tamen bie ©d^Iefier nid)t
in§ geuer. S)a§ !^ol)e SSertrauen, metd^eS man am faifertid^en ipofe auf ba§
9lepräfentation§taIent unb ben politifd^en Sact ®eorg§ fe^te, bemeifen bie biel=
fad^en ßommiffionen, 3U meldten er bon Söien au§ nominirt tourbe; fo 1558
bei 9fiegu(irung ber polnifdE)=fdf)lefifd)en ©renje , 1574 jum (Smpfange be§ neucr=
n)äf)lten ))olnifdt)en Alönigi ,speinrid) bon SßaloiS :c. Söenn ®eorg§ politifd^e
2:i^ätig!eit troibem eine im ©ro^en unb ©anjen nidE)t bebeutenbe mar, fo tag
ba§ in erfter ßinie baran , ba^ bie fteigenbe ^ad^tfültte be§ <g)aufe§ -g)ab§burg
bie fleinen Sel^nifürften, fo eiferfüd^tig biefc fonft auf i^re Siedete l^alten mod)ten,
bod) tief l^erabbrüdEte unb in enge (Srcn^en bannte. S)a§ 5öer]§ältni§ ift l^äufig
fd^on ha^ 3mifdt)en ^errn unb Untertan. S)ie 2?riefe @eorg§ an ben .^aifer
beroeifen ba§ aufS S)cutlid^fte. 1549 bittet et il^n, fein allergnäbigfter Äönig
®eorg IL, ^. ö. ©d)tefien»33rieg. 691
unb ^txx ju bleiben ; ein anbeve§ Wai nennt ev i^n feinen allcrgnäbigften Äbnig
unb ©rb^errn; 1573 öevfpnd^t er bem Äaifer auf beffen Slufforberung fcf)(eunigft
^laä)xiii)t nad) äöien ju fenben , jaES er in bem (Streite 5n)ifct)en ben liegni^er
SBrübern etroas bem Äaijcr ^tad^tfieingeß erra{)ren foüte. S;ie§ ©efutit ber llntcr=
tüüifigfeit roirtte lä'^menb qut bie eigene Söerffibeurt^eitiing bes dürften ^urücf.
©eine legten SebenStage füllte bie ©orge qu§, ba§ fein 1562 jum Goabjutor beä
6r3bifcf)of§ Don IRagbeburg ertt)ät)Iter ©ol^n bem Stnbrängen ber fat^oüftfien
9leaction unb ben ^^U-ätenfionen ÄuttöInS auf ^^Ragbeburg ni(^t ttjerbe roiber=
fte'^en fönnen; benn gegen Äötn, fo frfireibt @. eigen^änbig an 3oa(f)im 5i^ieb=
rid^, feien beibe bod) nur arme, unöermögenbe Öefellen. Ungtci(^ bebeutenber
a(§ in ben politifc^en ^änbeln ber 3ett tritt nun ®eorg» 2;§ätigfeit atl i'anbeö=
f)txx l^erüor. Site ütegent feine§ ^erjogtt)um§ 23rieg gel^ört er ot)ne 3^5^^!^^ 3^
ben trefflic^ften i^ürften, toeldje ba§ 16. 3fa^i-"f)unbert l^etöorgebrac^t :§at. S)a
fommt jener faft allen ^4-^iaften eigent^ümlict)e nüchterne ^ufl- j^ne praftifc^e
9ti(f)tung auf bie fteinen ^ntereffen bee täglichen Sebene fo rei^t jur ©eltung.
S)er 9)tangel an ©c^ioung unb £'eibenfd)aft in ©eorgs 3Befcn ift feinem 53anbe
el^er getoi^ jum ©cgen , als 3um 5^a(^t^eil gemefen. S)ie roo^ttl^ätigen folgen
feiner 9tegierung l^atte Dornemüd^ bie ©tobt ißrieg ju empfinben, meti^e G). jur
9tefiben5 tDät)Ue. S)en Üleigen ber nufebringcnben 3)erorbnungen be§ dürften er=
öffnet bie ©tabtorbnuug öon 1550. ©ie betrifft bie Setoerbe ber Säder,
ivteifc£)er unb 33rauer, tt3el)rt ber äJert^euerung ber unentbe^rlic^ften 9la'^rung§=
mittel unb entl^ätt ©trafbcftimmungen gegen bie auf ben ©trafen ^errf(f)enbe
Unfauberfeit. 1561 erfc^ien eine Crbnung ber 5Raurer, ^in^nterleute unb lage^
löt)ner, nad) meldier „^raei Siiener ben ganzen 2ag burd) bie ©tabt gel)en unb
bie in ben 2Birtt)§f)äufern ©i^enben x\aä) xi)xex ^a^rung fragen folien. 2Ser
nic^t arbeiten will, foll in ben ©torf gefüf^rt ftjerben." 6§ folgten balb eine
5euer=, 3Bäd)ter=, ipoc^jeitöorbnung u. a. , foroie ^eftftellung ber oon ben '^ür=
gern ju leiftenben 5tbgaben. ^n gleicher 2Beife forgte ber .perjog für bie 33erbeffe=
rung unb Erweiterung ber fürfttic^en Äammergüter, er t)at n)äl)renb feiner 9tc=
gierung für mtifx al§ 150000 X\)ix. (Süter ba^u gefauft. 2>ai ^^ntereffe (Beorg§
für 2anblDirtt)fc^aft , ^^ifdierei unb i^agb ge'l)t au« allen feinen ißriefen l^eröor ;
ber größte i^eil feiner (iorrefponbenj toar lanbrairt^f($aftlid)en ober out bie
^agb beäüglid)en 3tngelegenf)eiten gemibmet, unb es mad^t feinen Unteifd^ieb, ob
fid) ber üfüvft aur Sfteifen ober in ber ipeimat^ befanb , faft au»nat)mSlog ht=
f(^aftigen fid§ feine SSriefe mit (fragen ber angeregten 5lrt. 93on X^xa^ aus
orbnet er an , ba^ bie fürftlid)c 5ftüf)le in 93rieg mit jnjei ©teincn öerfel^en
toerbetx fott. Slus S3ab ^3anbed befief)lt er bem iBrieger ^Jlagiftrate, ba§ Dber=
t^or toötben ju laffen. 2}om .Könige non Sänemarf, bem er feinen S;anf au6=
fprii^t , bafe er feiner alö bei untnürbigften SsienerS nid^t ganj öcrgeffen tfobt,
taufd^t er gegen ilöd)e, UngarttJein, ^irfi^geroei^e unb gefd^ni^te Äöpfe 3^§länber
©tuten unb Äüf)e, ©imbeder 23ier ein. Siem ßrj'Eierjog ^e^-'^ino^^ ö"^" Defter=
reidl) tiere'^rt er einmal 2 2urnierroffe, 3 Goppel 3iQgbf)unbe unb 3 ©c^od grofee
.Karpfen. @in befonbereä 3tnben!en ^at fid^ @. II. in 33rieg burd^ bie 1574
erfolgte ©tiftung ber ©dl)ü|engilbe unb burd^ feine SSauten errid^tet. }ya]i alle
monumentalen ^Bauten 33ricg§ ftammen oon i^m, e§ ift faum ein ©tein in
biefer ©tabt , ber nidl)t an i^n erinnerte. S. mar ber ©(^öprer bee ^errUd^en
^iaftenfc^loffes in 33rieg , bae ein§ ber frü^eftcn unb beften 2Serfe ber tRenaif=
fance in S^eutfd^lanb mar; berühmte italienifd^e SSaumeifter, bie er mit üielen
Soften 'l)atte fommen laffen , ^aben bas ftattlid^e ©ebäube errichtet , roel(^e§ bei
ber ißelagerung Kriegs burd) ^riebridl) ben ©roßen 17-41 leiber ein Otaub ber
{ylammen würbe. @rf)alten geblieben ift nur ba§ fd^öne ^portal mit ben 33ruft=
bitbern ber h-üt)eren ^^iaften unb ben nift lebensgroßen ^ifluven ©eorge unb
44 ^
592 ®eorg IL, .&. b. ©d^Ieficn^Stüg.
feiner @cmat)Iin, toetc^e norf) t)eute ftotä auj it)rc ©diöpfungen l^inaBje'ficn. 3)er
.«peräog war ferner gunbator unb (Jr&auer bei „jditofeartiQen" 33rie9er ®t)mna=
fiumS, ber .spebwigSfird^e mit ber borunter fieftnbli^en ^^ürftengruit ic. ®en
33au be§ ftattlic^en 9lat'^'^au|e§ :^at er jefir gcjörbert, bie Jl^tirme ber ^icotai=
firdie, ]o unboüenbet njie fte ^eutc no(^ fte'fien, finb fein 2öerl. 2öq§ feine
Stellung äu ben {irdE)Iid§en ^^ragen ber 3eit betrifft, fo mu| '^ier 5unäc£)ft er=
TDd^nt ttjerben, ba^ ®. mit ben lat^olifcfien Sif(i)öfen öon 33re§lau, bie augteid^
DbertanbeS^QUptteute öon ©d^lefien »oren, ununterbrod)en im beften Serfe^rc
geftonben 'fiat. S)ie 2lrt, in toetdier ber proteftantifd)e ^erjog mit ben fatt)oli=
f(^en 33ifd)öfen tjer!ef)rt, ^at ettoaS gerabe für un§ ungemein 5JBo^lt^uenbe§.
1552 f^reibt SSifc^of Salttiafar bon ^romni^ an ®eorg§ ©ema'^lin: er l^abc
fic^ gegen il^ren &ma^l atte 3eit al§ befonber§ guter f^^rennb unb ^Ua(^6ar er=
•Riefen unb fi(^ be§'f)alb eines fo öerle^enben iBricfeS, ttjie er if)n jüngft er'^alten,
ni^t öerfe^en. ®. t)abe i^ einen alten |)errn gefd)olten unb bei feinem f!rrauen=
jimmer ganj unangenet)m gemadit. QBenn unter bem (^TCfluenjimmer ein SSödlein
fei, ba§ it)n bcS^alb ni(|t ungefto^en laffen fonne, meit er aU SBifc^of nid^t
:^eirat^en bürfe, fo tüoUe er firf) burd) bie üBerfanbte 33utte guter 2öein=
trauben aller ^eirat^ abgefauft l^aben. 33arbara antmortete gleiä) fc^erj^aft:
fte ^offe, ba^ \\ä} ber 33ifrf)of, lüa§ baS .»peiraf^en betreffe, nod) eine§ SSefferen
beftnnen toerbe. 2ll§ bie ]proteftantifc£)en ©rofegtogauer fic^ mit (bemalt einer
^irc^e äur 3lu§übung if)re§ @otte§bienfte§ bemöditigt t)atten, Ujar unfer .^erjog
jugleicf) mit bem SreSlauer S3if(f)ofe in ber bom .^aifer ernannten ßommiffion,
unb feiner öermittelnben 2:t)ätigfeit ift e§ t)or attem jujufdireiben, bafe bie @lo=
gauer im 93efi^e i^xn Äircf)e öerbüeben. S)a§ Silbnife Martin @erftmann'§
(1574-85), mit tt>elrf)em ®. in befonber§ freunbfc^aftlic^em SSer'^ältniB ftanb,
fling ftetS in feinem ©c^taf^immer ; Sifc^of ©erftmann öermad^te it)m teftamen=
tarifd) feinen beftcn 9iing unb einen foftbaren , rot'^fammetnen mit 3obet ge=
fütterten ^elj. ^U ber erfimabe 5lnbrea§ Sterin 1585 33ifd)of geworben mar,
fdjrieb er ben ^erjoge: er motte i^ in SSrieg befudien, um mit it)m über aU=
gemeine S3atcrlanb§= unb ;3uftiäiQ<^en ju reben. S)er i?aifer {)abe i^m bie
Dbertanbeg^uptmannf^aft übertragen, unb er moüe ge'^ord)en, fü'^le fid^ inbe^
fel^r unfidier. (S)., ber ältefte unb erfat)renfte i^ürft be§ ßanbe§ ©d^tefien, möge
it)n nic^t öerlaffen , fonbein mit feinem guten Siattie unteiftüijen. 31I§ ^:prote=
ftant er{)ebt fi(^ @. meit über feine gtei($jeitigen , gtaubenSöermanbten O^ürften.
@r f)at jmar feinen ?tugenblicC baran gebac^t, auc^ nur einen Sud^ftaben feineS
proteftantifd[)en 5öefenntniffe§ tjinjugeben unb ift al§ eifriger ßuf^eraner geftorben,
aüein fein ganjeS religibfe§ i5üt)len unb Senfcn bur(i)toet)t ein .g)aud^ ber
neueren 3eit. (är l)at ben Är^btocalbiniSmuS 3eit feines ßebenS auf§ "^eftigfte
befämbft, er mar, menn aud^ nid)t bem 2Bortlaute, fo bod^ bem @eiftc nadt)
ein ?lnt)änger ber Soncorbienformel; eine öon bem ^erjoge ^fuliuS öon 93raun=
fd^meig üorgefdt)Iagene SSertieiraf^ung feiner Sod^ter mit einem ^faljgrafen öom
3lf)einc fd^lug er auS, meit „am fetben Drte bie catbinifd£)e ßcl^re nit menig ein=
geriffen fein foüe." SaS toar iebod^ nur bie ^ntoterauä be§ S)ogma, ni(^t bie
beS ßebenS. 5tid^t§ mar iinferem ^^ürften öert)a^tcr, atS menn i'^m ein ^ßrebiger
3u ©efaüen rebete. (5r tiebte e§ im @egentt)eil, menn bie ■g)oft'^eologen i'^re
Meinung freimütt)ig äußerten, unb einem Pfarrer, ber nid^t ^ofgeifttidfier merben
wottte , meit er einem fo t)ornet)men Imte nidf)t gemadifen fei , antwortete @. :
3)ie Surften get)5ren in benfetben .^immet mie bie Sauern, id^ Witt baffetbc
Söangetium '^ören , baS ben armen ßeuten geprebigt mirb. 3^^^ ^aftoren , bie
einem tieberticfien , auf bem Sterbebette tiegenben Sergtnabben baS ^benbmat)t
öermeigcrt tjatten, fe^te er o^ne weiteres ab ; jwei Superintenbenten, Wctd)e fene
geiflti^e 3JntoIeranä berf^eibigten, mußten i'^nen fotgen. äöiber bie Äird^cnbu^e
&eox% Dtubolf, C- ^- ©c{)lefien=Siegnt^. 693
eiferte @. ÖejonberS bes^alb, toeil fie nur bie Firmen, nic^t aber SIbel unb @eift=
U{i)fett träfe, „bie bod^ anäj ftarf ftraudietten". ®. toar unbeftritten ber größte
f^ürft unter ben Srieget ^iaften: „er t}at ba§ gürftent^um in einen ©tanb ge=
fe^t , ba§ man ba§ alte Sanb nid^t met)r erfannte unb bae neue ni(^t of)ne
S3ett)unberung anfef)en tonnte." Unb ni(i)t blol für ©tobt unb «öer.jogt^um
SBrieg mar feine ütegierung öon SBebeutung : ber tiefe ßinbrucE feiner großen
^Perfönlic^feit mad)te fid) auf ba§ ttjo'^lt^ätigfte für bie gan^e ^Probin^ gettenb.
©ein <^Df tDor, tuie 21ilefiu§ fagt, ba§ 9tatl§f)au§ öon gan,5 ©d^tefien.
33re§I. ©taat^arc^iü ; ©c^öntoälber, 5J3iaften 5. S3r. 11; 6(an)nig, 53rieger
3Bod)enBl. öon 1790. Ärebs.
©corg iHuboIf, ^eräog öon Siegnife, geb. ben 22. Januar 1595 in
O^lau, t am 14. Sfonuar 1653 in 5öre§tau, Dberlanbe§f)auptmann öon
©cf)lefien 1621 — 28. ©eine Altern waren |)eräog :3oac^im g-riebricE) öon
Srieg = ßiegni^ unb 2lnna 5}laria, SlodCjter 3oaä)im 6rnft§ öon 9tn^alt. ^lad)
teftamentarifd^er 33erfügnng füfirte bie ^Jtutter @eorg Ülubolfä big ju i^rem
1605 erfolgten Jobe bie ^Regierung über bie .^er,iogtpmer , bann übernahm
9{egiment unb S}ormunbfd£)aft über bie öier !§interlaffenen Äinber ber ^er^og
Äarl öon 3[Rüni"terberg=Del5 , ein ©dtintager be§ öerftorbenen ^oa(^im griebrid^.
@. 9t. tourbe jugtcict) mit ben ©öl^nen feinet 2}ormunbe§ unter Seitung bei
Dr. jur. Äonrab Raffelt am .^ofe ju Det§ erlogen, ^m ^. 1610 ^atte er eine
gefäl^rlid^e ^rantt)cit 3U überftel^en, öom 3. ^uni 1611 bi§ ^um 26. ^J^är^ 1612
bejurf)te er bie megen il^rer Drf^oboj-ie bamale öietgerü'^mte Uniöcrfität i^xanU
fürt a./£). @r ftanb toäfirenb ber furjen 3cit fcine§ bortigen Slufentpltes unter
2luffid£)t einei Dr. ^otiann ^lud£ öon ^;)lucfenborf unb lebte mit bem gleid^fattl
in granffurt antcefenben branbenburgifd£)en ^ur^rinjen in öertrautem Söer!e!§re.
1609 erfolgte bie ^ünbigfeiteerftärung feinei älteren :Sinber§ ^ol^ann ßl^riftian;
fie bebingte jugleid) eine Xl^eilung ber ererbten 33efi^ungen, loeli^e am 11. ^äx]
1611 proöiforifi^ unb öom 8.— 11. DJtai befinitiö ftattfanb. 2ln S. 9t. fielen
Siegni^, @olbberg , ©robiperg', Süben , §at)nau , 5^ard^toi| , SBo^tau , ©teinau,
Söinjig, ^errnftabt unb einige fteinere Orte. Söol^lau mar jum ^^ürftentpm
Siegni^ gefd^lagen toorben , meil le|tere§ burdl) ben 3}erfauf ber Äammergüter
unter ber öerfd)menberifd§en 9tegierung ^einridt)§ XI. fe'^r entraerttiet toar. S^er
9litf{^ener Sßalb bei Dljlau blieb ben Srübern gemeinfd^aftlidE) jur Sluiübung ber
S^agb. 9lm 20. 9tug. 1612 napi ^aifer 5)tatt^ia§ öon ^ßrag aus @. 9t. nad^ er--
langtcr 5[Rünbig!eit „jum 9}afatlen" an unb befreite ben 23ormunb öon feiner
5(5flid^t, am 1. Cctober 1612 leiftete ber §erjog öor bem faiferli(^en Dberamte
3U Sreilau ba§ ipomagium, ben 5. 3luguft 1615 beftätigte ber Äaifer ,ju 5prag
beiben SSrübern bie gefammte Sepspnb. 3lnfang§ Sfuni 1613 l^ielt @. 9t. in
SBcgleitung beö älteren ^ruberö feinen feierlid£)en Sinjug in Siegni^, ben 2ag
barauf na^m er bie -l^ulbigung ber ©täube, unb ber 23ürgerfd^aft entgegen
„opc befonbcre ©olennitäten , öon benen ber ^erjog fein greunb war". 9tad^
Ernennung eine§ Sanbe§put)tmann§ txaä} er ben 2. 3uli 1613 in Segleitung
öon fieben feiner .^ofbeamten, barunter ^ol)ann ö. ^reifelwi^, So^^ann 6rnft
ö. ^oftij, 6l)riftian ö. ©c^licE, ju einer größeren 9teife öon Sicgni^ auf. S)urd§
bie £aufi^, ha^ 5Jtei^nifc£)e, 5ln'§altifdl)e , burdt) 2:pringen , grauten , @dE)waben,
SBaiern gelangte ber gürft an bie 3l(pen , nad) bereu Ucberfteigung 53taitanb,
^loren^, 9tom, @enua, Succa, 2}enebig befud^t würbe. S)urd^ ®raubünben'§
^Jäffe nad§ ber ©djWei^ jurücfgelangt , burd^ftreifte ber ^erjog nun in rafd^er
f^olgc i5rranfreic^ , ipoÖanb , gauj 9lorbbeutf erlaub unb raftete 3ulefet Wieber bei
feinen SJerWanbten in 5lnplt. ^iex fa^te ber neunacpjä'^rige fyütft eine Steigung
3U ber ^^l^rinjeffin ©opl^ie @lifabet§, xodt)ter S^ol^ann ©eorgl öon 3lnplt=S>effau,
unb öermäl^lte fid§ am 4. Dtoöember 1614 mit ibr. ©d^on am 14. 9toöember
ß94 @covg Slubolf, -g). ti. Sc^tciicmSiegni^.
ttjor ev in Siegni^, um bie ^Sorbereitungen ju ber öier Sage haxan] ftattfinbenben
feier(trf)en 6int)olung feiner ®emat)Un ju treffen. 93alb naä) feiner 33erf)eiratf)ung
trat &. 9t. jum reformirten 93efenntni| über, bocf) tourbe ber Uebertritt erft am
14. Siecember 1616 öffentlid) in ben Siegni^er ßirdien öerfünbigt. 6§ hjar
biefelbe 3cit, in toelc^er ber bertoanbte Äurfürft öon Sßranbenburg fein luf^erift^eS
SBefenntni^ mit bem (valöin'S Oertaufc£)te. SSieüeid^t ift bQ§ ^öeifpiet 3ot)Qnu
Sigi§munb§ nic^t o't)ne ßinftu^ auf ®. 9t. gemefen; am meiften n)irb i'^n aber
ol^ne 3^eifel ba§ S)rängcn feiner eifrig reformirten @emat)tin beftimmt t)aben,
obgteirf) er fdion 1621, alfo noc^ öor it)rcm 3;obe, jum Iutl)erifd)en SSetcnntni^
jurürffe^rte. ütod)bem bie f(^lcfifd)en ^^ürften unb ©tänbc ©rä^erjog ^e^binanb
öon ©teiermarf qI§ ^tadifotger be§ ^atffiiag äum .^erjoge getoä^Ü l^atten, nat)m
ber tünftige .sperrfcfier über ©(^lefien am 24. September 1617 t'eriönlid) auf
ber S5re5lauer SSurg bie .ipulbigung ber ^yürftcn, unter benen fid) aurf) @. 91.
befanb, entgegen, ^m öctober 1619 ujurben 20 S^efenforen be§ Sanbe§ ©djleften,
unter il)rer ^ai)i aud) unfer ^erjog, ernannt. S)en in rafd)er f^otge fid) änbernben
3eitumftänben gemä| faf) 8iegni| je^t öerfd)iebenc O^ürften in feinen dauern:
am 7. unb 8. i5rPbruar 1620 ben neuen 33öf)menf5nig ^^riebric^ V. , im ©pät=
fierbft 1621 ben Äurfürften öon Sad^Jen, bem @. 91. —feit bem 27. Stprit 1621
an ©tette feine§ Sruber§ ^ot)ann 6!§riftian Dbertanbe§f)au^3tmann öon ©d^lefien —
am 22. Dctobcr 1621 jur feierlichen @inl)o(ung öon 33re§Iau au§ entgegen=
geritten mar. ^n ben ^. 1621 unb 1622 machten bem neuen C)berlanbe§=
laujjtmanne bie S5ertt)idelungen in Dberfc^Iefien , namentlich bie kämpfe be§
^arfgrafen öon Sfögernborf gegen bie ^aiferlid)en unb ber Söiberftanb be§
jüngeren Xt)urn in ("dIo^ öiel ^u fdiaffen. ©eit 1626 begannen bie Ärieg§leiben
fid) aud) in Oberfd)(efien füt)lbarer ^u machen, in 65eorg 9lubotfä ©ebiet juetft
bei ben ®urd)3Ügen ^JtanSfelbS unb 3fot)ann Srnft§ öon 3Gßeimar. @. 91. erlief
mefirere £)beramt§patente gegen ^tan§felb unb beffen 9lnt)änger mit bem (Sr=
mahnen, i'^nen teinen 3}orfd}ub 3u Iciften unb bie ßanbe^mitij miber fie auf=
jubieten. S)en gegen biefe§ 5ßorget)en proteftirenben bänifd)en ^riegScommiffar
g)til3laff lie| er in ?lrreft ne'^men. ^^Im 19. i^uti 1626 öeröffentlid^te er aur
^bmet)r gegen 'i}Jlan§felb§ ©infaü ba§ befannte ^lufgebot be§ jefinten 5Jtanne^
für ganj ©d)lefien, eine ^a^regcl, öjelc^e bei ber ©d)ncEigfeit be§ ^an§felbifd)en
2)urd^marf($e§ unb ber ßangfamfeit, mit tt)eld)er bie fd)Iefifd)en Xruppen au»
fammenfamen, freitid) o'^nc 2Birfung mar. 3i'9t^'<^ mu^te er gegen ben päpft=
lid)en J^egaten ßaraffa , meld^er fid) bamat§ unter bem SSormanbe einer Ä(Dfter=
reöifion, in Söa'^rl^eit aber jur ^Vorbereitung ber balb nad)foIgenbcn Gegenreformation
in @d)lefien auff)ieU, öielfac^ mit @ntfd)ieben'^eit auftreten. S)a§ ^. 1627
brachte neue ilämpfe. S)ie auf ber S3erfolgung ber 5)tan§felber unb S)änen be=
griffene Slrmee 2öallenftein§ na'^m äBinteniuartierc in ©d)lefien, unb (55. 91. t)atte
(5d)tt)ere§ burc^3u!ämpfen, um bie unter Dberft Jpebron in feinem eignen 2anbe§=
gebiete .paufenben unb unter anberen i^ü^i'^i-'n i^n 9tei§e'fd)en, ißre^tauer, Srieger
©ebiete, fotoie in ben ^^ürftentpmern (Sdjtöeibni^ = Stauer lagernben "habgierigen
©ölbner jufrieben ju ftellen. 3fl^'t^'eid)e 5BerfammIungen ber Stäube, in benen
öiel gef))ro(^en unb menig erreidjt hmrbe, fanben ftatt, bi§ bie SGÖallenfteiner
enblid) im 2luguft au§ bem gän^lid§ erfd)Dpften ©djlefien nad) 'Jtorben aufbrachen.
3}on ber SBrutatität, mit meld^er SSattenftein gegen bie ^iaften auftrat, ber
ömporfömmting „gegen bie @rbfn eines atten 9tamen§ unb 9tu]^me§", jeugt
eine aüerbingS nid)t ganj öerbürgte ^itf^eitung : %U @. 9t. einen feiner Untere-
t^nen jum 3;obe öerurt^eilt tjotte, obgteid) ber S5erbrecf)er , um fein Seben ju
retten, SCßaKenftein'fc^e 2)ienfte ju nehmen begel^rte, foll ber f^riebtänber bem
.perjoge erflärt ^aben, er möge i'f)m 200 gjtann ber Siegni|er SSefa^ung fd)iden,
ober er merbe ein S)u|enb öom Siegnifeer 3(bcl beim Äopf net)men unb nieber=
^ Seorg SRubolf, §. ö. «c^lefiemSiegni^. 695
^auen lajjen. Sa^ ^. 1628 toat ba§ ^al^r ber (^egenrerormation in Sc^lefien.
Xer ^Burggraf |)annibal öon So^no unb ber i^anbcSfiauptmonn Bon Cpperiborf
äogen mit bem ^o1)xiü"]ä^en 9icgimente, ben berüchtigten Setigmoc^em, öon
Stabt äu ©tabt , um bem alten ©tauben neue 2lnt)änger ju geminnen. @. 91.
faf) bic^e 9}orgänge mit tiefer 3?etrübnife. ^I§ it)n ber Äaifer in bie ßornmiflton
berier , roelctje ben ©togauern i^re einjige eüangetiicf)e .^itc^e entreißen joüte,
lel^nte er nac^ öort)erigcr iHücfjprac^e mit feinem SBruber 3o^ann 6t)riftian biejcn
Sluftrag ob. Umionft marfite er 5ßorfteIIungen am Äaifer^ofe; nacf)bem fic^ auci)
bie angerufene fä(i)ftfdt)e 2)ermittelung roirfungiloe jeigte, gab er bie 2Bürbe
ber CberCanbe«^au|)tmannici)aft miebev in bie ^änbe be§ ^aifere ^urücf, roetc^er
fie nun ^mar auc^ einem proteftantifc^en, aber gefügigeren 'QJianne, bem öerjoge
öon Cel6=33ernftabt, übertrug. @. 3t. mibmete firf) öon je^t ab faft au5fcf)lie|=
lid) ben ^nterefien feines ^er.jogt^^ums is^iegni^. 2ie (Sorge für ba§ äBo^t feiner
Untertf)anen naf)m i^n um fo mef)r in '3tnfprud), al§ fid^ ber ^rieg balb mieber
naä) Srf)[efien jog. ^\t 5Mf)e roa^^rte @. 9t. feine ^Jteutrolität, öietfac^en '3(n=
forberungen um Uebergabe ber fyeftung ^^iegni^ unb 3lufnaf)me einer faiferlirf)en
ober fd)tt)ebif(^en 33efa^ung muBte er fid^ gefd^icft ju entjiel^en. S;ie i^eftigteit,
mit roetd^er ber ßerjog bamalg feine Unparteilic^feit ju bet)aupten fuchte , öer=
bient in ber 2f)at 9tnerfennung. 6§ wirb er3äf)(t, ba^ 1632 bei einer 3ufammen=
fünft ätoifcfjen @. ?R. unb einem bie 9tufnat)me fä(f)fxfc^er Gruppen forbernben
-feerjoge Pon 'JlÜenburg bie fürftU(f)en ^ierfonen „^^art aneinanber geratt)en" feien.
^lad) S:uöa(5 am 29. Stuguft 1632 bei Steinau über bie Äoiferlid^en erfcc^tenen
Siege muBte ftcf) ber öerjog inbe^ baju entfd^üefeen , -4<'iOO 3Jtann SluOat'fc^er
Gruppen in feine ^rftentf)ümer C'iegni^ -- SSo^Iau aufjunefimen. Unb um ber
S^ermüftung p entgegen, mit ber ^aiferlic^e, mie Srf)tt)ebcn, abmed^felnb bie näd)ftc
Umgebung oon Siegni^ ^eimfu(^ten, bradjte ®. St. fd^lie^ticf) aurf) bie 'Dieutraütät
feiner Otenben'j jum Dpfer. '•Utitte ^uli 1633 na{)m er ben faiferüd^en Dberft
)Ginfet) in bie Stabt auf. 3t(6 ber fäc^ftf($e @eneratiffimu§ (nad^ 3lnberen ^art
griebric^ pon Ce(§) hit fc^tefifrfien f^fürften unb Stäube für ben 27. ^uni 1634
3U einer ^ufammenfunft nadf) 33re§lau berief, um für ben ^Infd^tuB ber SdE)Iefier
an bie fädt)fifc^=fd§mebif(f)c Partei ju mirfen, trat ouc^ @. 9t. bicfem 33ünbniffe
.bei unb nat)m je^t fä(f)fif(^e Gruppen in Siegni^ auf. 3Iüein nac^ 3Baüenftein'§
Siege bei Steinau (11. Cctober 1633j über 2^uöal mu^te fid() ber .^per^og ber
t)arten 9iotf)roenbig!eit fügen unb am 14. Cctober abermals eine faiferli^e 33e=
fa^ung unter ßraf S(^afgotf(^ in öiegni^ aufne^^mcn. &. 9t. erfanntc nun, ba^
alle feine iBemü^ungen 3ur &rf)a(tung feiner Selbftänbigfeit öergebtic^ maren.
(5r Perlte^ feine 9tefiben3 . oerringerte feinen öofftaat unb Dertebte bie meiteren
^riegsjatire mit feiner Si^tocfter Üitaric Sop|ie in bem fürftüc^ (iegni^if(i)en
^aufe 3U ^Brestau. ^ier ciireute er fi(^ junäd^ft perfönlic^er SidE)ert)eit unb
t)atte hodf @e(egen^eit, feinen unter ben furdf)tboi-ften jJriegefaften feufjenben
Untert^anen ^ie unb ba ©rteid^terung ju oerfc^ äffen 2er 1635 jmift^en bem
Äaifer unb ^urfact)fen abgefc^loffene gi-'if^e berüf)rte auc^ ®. 9t. Sißie bie
.perjöge Pon Srieg unb Cell nebft ber Stabt iSre§(au mufete er ben Äaifer
fc^rift(icf) um 3}er3ei^ung bitten , aßen aufgerichteten Sünbniffen cntfagen , aud^
bie S)Dcumente barüber aueliefern unb bem -^aufe Ccfterreid^ auf§ 9teue burd^
.panbgelöbni^ Jreue fcl)roören. Xafür oerfpradE) il^m ber ^aifer feine (Snobe
unb Sc^u| ber *4>riPilegien unb ber 9tetigionlfreif)eit. 33on 1641 an befleibete
®. 9t. 5um jmeiten iUale bie Stelle einel £)ber(anbe§^auptmann§ Pon Sd£)leften.
Xoc^ tritt feine QBirffamfeit bei ber allmä^lid^en iöerroilberung ber friegenben
^Parteien, bie gegen ^^reunb unb geinb gleich übel ju l^aufen p^egten, nid^t be=
fonberl in ben 55orbergrunb. 9tadf) Seenbigung bei Siegel fe^en wir ben
dürften auf alle Sßeife bemüht, bie feinem i^anbe gefc^lagenen Söunben ju f)eilen.
ß96 ®eorg 2Bill)elm, §. ö. ©(i)lcfien=Stegni|.
^m (Sinne jener 3eit jeigte tx jid^ üBcr'^aupt al§ ein teditcr 33atet feiner Untere
tränen; fo petitionirte er unter Slnberem 6ei @etegcnt)eit bei großen, öiegni^
im 'Jloöember 1648 öer'^cerenben SBronbei mel^rfac^ um Unterftü|ung 6eim
Ädjerl^oje unb erlangte in ber %1)at eine ©uBöention öon 3000 2:|atern unb
eine (Steuerermäßigung. 5ll§ '^erborrogenbe ßeiftungen jeiner ^legentenf^ätigteit
werben noc^ angefütirt ber 1614 begonnene großartige 33au bei ßiegni^er
©dllojfeg, bie gegen 1628 erjoXgte gertigfteltung ber ßanbcäorbnungen be§ gürften=
t^umS ßiegnit^, ber logenannten Constitutiones Kudolfinae unb bie 1646 mit
WenigftenS 100000 itialern unternommene ^^unbation be§ 3^o'§anni§[tifti ^ur
ßr'^attung ber Äird^en= unb @(i)u(biener an ber ^fo'^anniäfirrfie in Siegni^.
XJeiber War bie 3eit, toel(i)e i'£)m für eine jo fd)öne 2:i)ätigfeit Bemefjen mar,
nur fur^. ©d)on 1637 mar er faft immer fräntüd^ gemefen unb fonnte Wegen
gittern ber ©lieber nid^t fd^reiBen. 1639 beüagt er [id§ in einem 35riefe über
feine „baufällige !3eibe§öermögen^eit". @r ftarb in einem bitter üon 58 S^al^ren
am 14. Januar 1653, ^orgen§ jwifc^en 8 unb 9 U'^r in 33re§Iau am Sd^Iage
unb würbe am 14. ^ai in ber ^fo^annigfirdie öon Siegni^ beftattet. 5lad^
bem am 9. gebruar 1622 erfolgten 2;obe feiner erften ©ema'^lin l^atte fid^
@. 91. am 25. ^floü. 1624 mit «)}lagbalene (Stifabet^ bon «münfterberg = £)et§
(t 1631), ber 2od£)ter jeneg ."perjogS Äart öermä^lt, ber fein 23ormunb gewefen
war unb feine erfte (Srjic'^ung geleitet '^atte. S3cibe ßl^en blieben finbcrlo§.
2fn Siegni^ l)at fidC) ber fyürft üer^ltnißmäßig wenig aufgel^alten, meift Wohnte
er bei feiner ©d^wefter in '^^ard^wi^ ober in ^Breslau. 5£)ie 6t)roniften rülimen
öor Willem bie ^^römmigfeit (Beorg 9tubolf§; er ftanb mit ^ot)ann ^rnbt, bem
bekannten 3}erfaffer be§ „wahren G^riftent^umi", in brieflidE)em ^erte'^r, bon
feinen Scrwanbten in ^nl)alt erbat er fid§ ^^^rebigten öon bortigen GJeiftlid^en,
um fie burd) bcn 2)rucE in ©(^lefien ju öerbreiten. ^Jlad^ ^J^len^el foü er bie
Äatljolifen begünftigt unb in ber ©dt)loß!apeUe üon ^Jard)Wi^ bisweilen ^effc
im ^ontificatl^abitc gelefen l^aben. Segen 6nbe fcineS ßebenS ließ er fid^ öon
feinem .^aufe in öiegni^ einen öerbecEten @ang nad^ ber 3iol)anni§fird£)e bauen,
um ba§ @otte§f)auä, fo oft er WoEte, befud^en ju tonnen. (Seine f^römmigteit
war übrigen^ nid)t frei öon 3eloti§mu§: S)iaconu§ (Süntl^er an ber Dbertird^e
in Siegni^ öerlor 1627 nad^ einer ^^rebigt, bie bem gürftm mißfallen ^^atte^
feine Stettung. "äuä) bie gepriefene @ered^tigfcit§liebe ®eorg ^iubotfi erbält in
bem ö. Stangc'fcf)eu ißroceß öon 1625 eine eigent^ümlid^e Färbung. 5Jtit ber
Öinie ber Srieger ^iaften ftanb ®. 9t. im 2BiberfbrudE) mit ber l^äßlid^en 2;ra=
bition be§ ßiegni^er 9tegenten!^anfe§ au(^ nad) bem Jobe feine§ 33ruber§ in
freunbfc^aftlidt)ftem SJerfe^re , er ^at feinen '•Jieffen mand£)en guten '^aÜ} erf^eilt.
Äraffert, ßl^ron. ö. Siegni^ II, 2. Sd£)bnwälber, ^^Jiaften j. Sr. III.
Äön. StaatSard^iö in 23re§lau. ^reb§.
®COrg IsföiUjcIm, ber le^te Sproß bei 5?iaftenftamme§, geb. ben 29. Sept.
1660 auf bem Sd^loffe ju G:§tau, t am 21. ^Jtoöbr. 1675 ju 33rieg, war ber
einjige überlebenbe ©ol)n be§ ^er^ogg 6'§riftian öon S3rieg = Siegni^ unb ber
f^ürftin Suife, geborenen ^rinjeffin öon 2lnl§alt=S)effau. 2)a bie @eiftlidC)!eit ben
35orf(^lag, il^m bcn 'Jiamen ^-Piaft beizulegen, mißbilligte, weit berfelbe nidt)t im
d)riftlid^en ^alcnber ftel)e , fo würbe er nact) feinen l^aufpat^en , bem großen
Äurfürften unb ^erjog ®eorg III. öon Srieg genannt. SdC)on in bem frül^en
Sllter öon 5 Sa'^ren Würbe ber ^rin^ üon bem erften §ofprebiger feine§ Söaterä
in ben Se'^ren be§ reformirten SSefenntniffeS unterwiefen, feine wiffenfd^aftlid^cn
Stubien leitete ber ^ofmeifter 5luguft ^riebridE) 33o|ne unb ber ßeibarjt be§
•ÖcräogS .^einrid^ ^Jlartini, ber aud£) eine 9il^etorif für ben ^riujen aufarbeitete.
S)er junge i^ürft jcigte öon S^UQf"^ a^f ein ftarfe§ ©ebäc^tniß unb fdf)nette
iJaffungSgabc , er üerftanb e§ fid^ in ber italienifd^en unb fpanifd^en Sprad^e
©eorg Sßil^eim, |). ö. Sd^tefien^Siegm^. G97
jd^riTtüc^ ausäubrücEen unb fprad) Cateiniid) unb H-anjöfijc^. Sturf) bie übrigen
«Seiten feiner ©r.^ie^ung würben ni(^t öcrnac^läüigt, er lernte reiten, tanjen unb
fechten unb t)ielt ju jeiner Ufbung oft fleine Sl^orträge öor feinen gttern unb
öor Säften am .Oore. <B<i)on Trü§ Bewies ©• 3Ö., roie faft alle feine 3}orTa{)ten,
eine gro^e 'Jieigung ju ben SSergnügungen ber ^agb ; am 23. 3tuguft 1672 '^at
ber ^mölfjätirige !|]rinj bei einer ^a%h im 3;t)iergarten ^u 5ßrieg fogar einen
S^ägerorben „be§ gotbenen ipirfc^es" geftiftet. 2lm 27. gebruar 1672, bem xage
öor bem lobe feines 2)ater§, fc^icfte bie 5)lutter ben jungen -^rinjen mit feinem
|)ofmeifter auf bie Uniüerfität g^^anffurt a. C S)ort würbe i'^m ein eigenes
Jpau§ gemiett)et unb ein fleiner öo^'taat eingeri(i)tet , bie nöt!^igften ;^eben6=
bebürfniffc würben öon ©teinau unb Srieg au§ ^u SÖaffer ^ingefcf)icEt. 33on
granffurt aus mac£)te @. 3S. auc^ 23efu(f)e am turmrftüc^en ^oh ju 33ertin.
3lüä) feiner 1673 erfolgten ^timUi)x würbe erwogen, ob man ben ^^rinjen nid^t
3U feiner Weiteren ^lusbitbung aur Steifen fd^iden foEe; bie Butter fprad) firf)
inbe^ bagegen au§ unb fo unterblieb es. 9iac£) ben teftamcntarif(f)en 23eftira=
mungen be§ öerftorbenen Jperiog§ f)atte bie 9Jlutter be§ 5)3rinäen bisl^er bie 9tegent=
fd^aft über bie «öer^ogttiümer unb bie 9}ormunbf(^aft über ben So^n gerüfirt.
Ob bie gürftin nun burcf) i^re etwas frauent)afte 3trt ju regieren 3tnfto| im
Sanbe erregt f)atte, ober ob bie 3}ormunbfd)aTt§rüt'^e größeren ßinfluB ju erlangen
Ijofften , genug , le^tere trugen plö^Iit^ am Äaifert)oie auf ^Jtünbigfeitserflärung
be§ dürften an, unb &. 2Ö., obwot er ben SBiberwitten ber'lUutter gegen biefen
2}organg fennen mu§te , ftimmte ^^u. 2Im 14. 53Urä 1675 l^atte er in SBien
Slubienj bei i?aifer £'eopolb unb leiftete bie ipulbigung. Slm 30. 5)lär3 ^ielt
ber neue Sanbesfürft feinen feierti(i)en ßin^ug in '^rieg, am 26. Sluguft in Öiegni^,
etwas fpäter in äöo^lau. ^m ©eptember wo'^nte ber junge ^erjog einem öanb=
tage in Öiegni^ bei unb fef)rte bann nacf) 33rieg jurücf, um bie .öirfc^jagben im
CberWalbe ju beginnen. (Bd)on waren einige ßbelleute an t)erfd)iebene 5ürften=
f)öfe abgefanbt worben, um eine paffenbe SSraut für ®. 3Ö. auS^ufuc^en, fct)on
t)atte er ben öollftänbigen Entwurf einer SJeriaffung 'ür bie öerjogtfiümer aus^
arbeiten laffen, als er fid^ am 15. 51oOember auf einer Sagb in ben 2öälbern
ber redeten Cberuferfeite plö^Iii^ unWo^l fül)tte. Um fidl) 3u erwärmen, trat er
in 6roB=Tteuborf in ein Sauernf)au5, in welchem btatternfranfe ,j?inber gelegen
l^aben fotten. Sie Sler^te erfannten junädlift feine Äranft)eit nid^t, bis enblid^
bie ^^ocEen in gefä^rti(^fter 2Beife ausbrad£)en. S)ie gerabc auf einer Üteife nadl)
Söien begriffene ÜJlutter beg -^perjogs tonnte bem Sofne feine 'Pflege angebeil^en
laffen. "Jcad^bem ®. 2B. ben ^aifer nocf) in einem eigcnt}änbigen 5?riefe gebeten
l^atte, feine „lieben Untertl)anen bei i^ren ^^riüilegien unb il^ren bigberigen
©taubenSübungen" ju belaffen, tierfd^ieb er unter l^eftigen Sd^merjen am
21. ^loöember Mittags, 15 S^^i-'e/ 1 ^3tonat unb 23 2age alt. Sie über=
treibenbe öefcl)i(f)tsfcl)reibung i)at i^m ben OUmen ^ncomparabilis beigelegt; bod^
ift es natürlid^, ba^ bem ö'ürften bei ber furjen Stegierungsjeit üon 9 Ültonaten
Wenig (Gelegenheit ju l^cröoi-ragenbcn Xl^aten gegeben War. ^lls Seweig rür
feine ©eifteSgegenWart fül)ren feine 23ewunberer bie Slntwort an, weld^e er bem
Äatfer Seopolb auf bie ^rage, wetdlies bie befte Oteligion fei, gegeben i)abe : bie,
©Ott unb bem Äaifer getreu fein! Sine gleiclijeitige 33ef i^reibung , weldbe auc^
burd^ ein in ber 9tula bes et)emaligen ©^mnaftumi in C^Iau befinblid^es ©emälbe
beftätigt wirb, fi^ilbert ben Jperjog als einen ^^üngling Don blüt)cnber @cfid^t§=
färbe, blonben 3lugenbrauen, geraber 'Jtafe, großen 3lugen unb etwas Dorfte!^enben
Sippen; bie lodEigen ipaare fielen i^m big auf bie Si^ultern l^erab. ^Ht (B. 2Ö.
ftarb bag Jpaus ber ^^iaften aug , „nai^bem eg 900 ^al)re geblül)t, t^olen
24 Könige, ©cl)lpfien 123 ^jerjoge, ber Äird^e 6 (ärjbifdliöfe unb Sifd^öfe unb
einem großen %i}tiie beg öftlid^en ©uropa üteligion unb Guitur gefd^entt l^atte".
698 ®corg ßubmig, $. ü. ©ct)(e«iD.=.^olftein''@ottorp — ©eotg, 33. ö. ©Ijctjer.
2)er ^aifet jog ba§ eviebigte Se'Eien ein, ot)ne bie branbenburgifrfien , an] bic
@tböerl6iüberung üon 1537 fidE) [tü^enben Slnfprüc^e ^u berüdfiditigen.
©taronig, Krieger äöod^enblatt bon 1790. ©diöntoälber , ^:^Ua[teu ^um
SSriege III. .^mffcvt, S^ron. bon Siegni^, II, 2. ÄrebS.
©eorg Öubtoig, ^crjog bon öol[tein = ®ottor)), geb. am 16. ^ärj
1719, t am 7. September 1763. ©ein 35ater, 33i|d^oT bon ßiiberf, ftarb 1726.
2)ie ^ijtuttex, eine geb. ^Prinae^ bon ^aben=5i)uvla(^, fc^eint i^ren jüngften ©ot)n
®. Ö. ettoaS bei-jogen 3U t)aben, benn bct ^reu^enfönig, in beffen 2)ien[t betjelbe
1741 al§ 93oIontait unb im näd^ften gelbaugSjal^rc als Äüraffier-Dberftlieutenant
trat, |at) fic^ genötf)igt, bem iungen ^errn nod) al§ S)ragoner=Oiegiment§(i)ei in
^iejenburg einige militär=moralp|ilojop'^ifc^e Ütügen briefUc^ angebeil^en au laffen.
(33gl. Militaria au§ f5friebri(i)§ be§ ©ro^en 3eit, ^Berlin 1866, ©. 64.) 3»c
länger unb je entfd^tebener jebod^ ber ^erjog einen rcrf)tfd)affcnen 2)tenfteiier ht^
tf)ätigte, befto met)r befeftigte ficE) in il^m — bem ©rabfinnigen unb nie nad^
eitetm 9ftuf)m ßüfternen — ber Söunjct), al§ „e'^rlict)er .^erl" anerfannt ju merben.
((5, 58, 122, 16ü ber 1867 in Clbenburg aus guten Quellen bearbeiteten, aU
2Jlanujcript gebrühten 33iograpl^ie.) ©enerallieutenant im f^rebruar 1757, 9iittcr
be§ '^olfteinifd^en 2lnnenorben§ feit 1737 unb be§ ruffifc^en 3tnbrea§orben§ feit
1745, txtjidt ber .^erjog d. d. iBre§lau 14. Januar 1758 ben ©rfitnaräen
Slbterorben pr 33elo|nung tü(^tiger Seiftungen unter geIbmarf(^aE b. Sc^malbt
(Militaria @. 113). 2)emnä(i)ft jeid^nete fidt) ber ^erjog au§ aU 5lbantgarbe=
iüt)rer beim „aüiirten" ."peere. t}ür ben t^elb^ug 1760 ^ur .^auptormee berufen,
traf it)n nad) ber Xorgauer S<i)iaä)t bie Ungnabe be§ ÄönigS t)art megen einer
Sangfamfeit (Oeuvres IV, 89; gie^ott) II, 297 u. 300). S)er -Öeraog bat am
8. 2)ecember 1760 um feinen 2lbfc^ieb, erf)ielt fold^en aber erft ben 27. «utärä
1761. ßjar ^^eter III. 30g i'^n aU feinen D^eim in ruffif(i)en S)ienft unb cr=
nannte i'^n am 21. gebruar 1762 jum ^^elbmarfdiall. i)er .pcrjog, bon 9tad)=
fud^t fern, fudt)te in ^^etereburg bie(5ad)e 5Preu§en§ beftenö p förbern; er l^ätte
als S)anfbarfeit§bemci§ griebrirf)^ be§ (Sro^en je^t beffen .!pau§orben§ftern jum
^meiten 5Rale er'^alten, rocnn ber mit ©efdiäften überbürbete ^rieg§fürft nidt)t
nodt) rec£)taeitig auf biefen ^jrrf^um aufmerffam gemad^t morben toäre. Slui
30. Sfuli 1762 mu|te ber .^■)er3og bie 9{efibena ber „©emiramiS bei ^JtorbenS"
bertaffen, um — mit ftnrf gefd)mäterter SSefolbung — al§ ©tattt)alter in
.poUtein ju amtiren. 3Im ®eburt§tage ber ßjarin, ben 2. ^Jlai 1763, liefe er
in ^iet bie UniberfitätSfcftrebe nid^t im übtid^en l'atein, fonbcru beutfcC) I)alten.
S)en 33erluft ber ©attin (geb. ^prinjefe bon .g)olftein=33edEj bermodt)te ber o^ncliin
burdt) UnglüdE tiefgebeugte ^erjog nidtit ^u überleben. @r ftarb am 2;age il)rer
33cife^ung. ©ein 1755 ju 9iiefenburg geborener ©ot)n 5|ßeter fuccebirte 1823
al§ regierenber „«l^erjog" bon Dlbenburg. @raf Sippe.
©COrg, SBifd^of bon ©pe^er, ein jüngerer SBruber ber Äurfürften Sub=
mig V. unb'iVnebridt) II. bon ber ^Pfal^, mürbe in ^eibelberg am 10. ^^ebruar
1486 geboren, g-rülie fd^on ert)ielt er ßanonifate in 9Jlaina, Äöln, Strier unb
©pet)er, mürbe 1499 S)ompropft in ^Jlainj, treidle äßürbe er 1506 ablegte,
10. ^lobember 1502 ^ropft ju ©t. S)onatian in S3rügge, bann 5|3farrer in ^of=
l)eim unb Sord^, 12. i^'^bruar 1513 enbli(^ 33ifd£)of bon ©pet)er unb burfte
buri^ päpftlidl)c 9?ergünftigung (22. 3funi 1513) alle feine ^frünben beibel)alten.
^Jiadf)bem er 1514 in ^cibelberg ftubirt, empfing &. am 10. ^uli 1515 bic
^U-ieftertoei'^e unb am 22. ^uli bie bifcl)öilidl)e SBeilie. ®. ftanb ftet§ gut mit
feinem 3)omfapitel. C^ne feiner langen ©treitigfeiten mit ^urpfalj ju ermäl^nen,
mö(i)te id^ nur ®eorg§ ©teüung aur 9ieformatton betonen. Söä^renb er fid^
reblid) bemü'^te, ber eingeriffenen ©ittenlofigfeit be§ (Elerug unb ben berfdE)ieben=
artigften 5Jli|bräud^en ju fteuern, berbot er ben @eiftüd£)en Sutl)er"§ ©dtiriften,
©eorg III., *. d. itient. 699
bie aufeerorbentüif) oerfireitet iraven, immer bei fid) ju füfiren unb befc^icEte im
;3uni 1524: ben '^egenSburger ßonöent, an] bem bie enbgültige ÄiicJ^enipattung
erfolgte — fein 2öeipif(^of (Sngetbrec^t t)ingegen fc^to| fid^ ber neuen Ce^re an.
@. fonntc tro^ atten Semü^ene ben ©cift bes ^^ptoteftantismue nic^t bannen.
Um Dftern 1525 begann aurf) im 33i§tf)um ber befannte 33auernaufftanb , bie
25auern in ^HalfcE) im SBrur^ein ftürmten bie bif(i)öfUrf)en Heller, öeiftärftcn fic^
bmä) 3ujug, 6. flo^ nac^ .speibelberg, bie 23auern nat)men bie 6c^Iöffer .^ißtau,
Stoltenberg unb '-Brudifal , festen eine prot)iforifcf)e ^Itegierung ein, überflut^eten
ba§ 2tmt Ubenfieim unb bebro'^ten ©peijer fetbft. 3tm 29. 5Ipril ritt ©., mut!^=
Doli mie er mar, begleitet öon 2)iet^er o. j)alberg unb i8ernf)arb o. ©ölcr, ju
ben gtebeüen nacf) .öerienalb unb üerfprad^ it)nen, fie bürften naii) SBeliebcn
^^Jrcbiger be§ @öangeüum§ annet)men; in Uben^eim eröffnete er bann Unter^anb=
tungen mit l^nen unb liefe fiif) ^n einem 33ertrage am 5. ^J)tai 1525 ^erab —
tf)euer erfaufte er ben g^icben. ^ber nur burcf) Sßaffengemalt fonnte btefer
buri^gefül^rt merben, Äurpfalj mit anberen dürften jog gegen bie Ütebellen, unter
SBlulOergiefeen mürben if)nen i^re (Eroberungen entriffen unb am 26. ^Jtai "^utbigle
ber SBrurl^ein bem Äurfürflen üon ber ^falj, ber ii)n an 6. jurüdmieg, melcfecr
nac^ Uben^eim äui^ürflel^rle — im "Kugutt mürbe ®. öon Üleuem ge^ulbigt.
^il 5Rilbe unb ©erecfiligfeil fucf)te @. nun bie SBunben au§ biefen flürmifc^en
Jagen ju Reiten unb ha^ jeitlid^e 2Bo'§I feiner Unterl^anen ju förbern. 1529
mo^nte er norf) bem berü'^mten @pet)erer 9teid)§tage an, aber am 27. September
erlag er auf Sc^lofe Äifelau ber al§ „engtif(i)er ©d^meife" bejeii^neten großen
geudie b. S- 6ein @rab ionb er im 2)ome ^u Spet)er, fein 2)en!mat 3er=
ftörten bie gran^ofcn 1689.
afiemling, ®efct)ic^te ber SSifdiöfe ju ©perier, 5Jlain3 1854, 2 33be. —
.^äuffer, C^ef(i)i(i)te ber r^einifd)en ^^falj, .»peibelberg 1845, 2 35be. — 9ian!c,
S)eutfc§c ©efc^id^te im ßeitalter ber gteformation, 6 5ßbe., ^Berlin 1839—47. —
Süierorbt, @ef(^i(f)te ber eüangeüfcfien Äir^e in bem ©rofelierjogt^um Saben,
Äarl§rut)c 1847—56. Äleinf cl)mibt.
@COrg m. (»on Sied^tenftein) , SSifc^of öon Orient (t 1419); biefer
SpröfeUng be§ mächtigen öfterreid^ifd^^mä^rif^en 3lbel§^aufe5 2ied^tenftein=%ifol§=
bürg, war ber ämeitgeborne (5o^n Jpertniba III. beö älteren. S)er geiftlid£)en
Öaufbaf)n beftimmt, gewähren mir i^n fc^on 1381 aU brüten in ber 'Stntjc ber
SBicner 3)ompröpfte unb all ^n^aber be§ mit biefer ©tellung öerbunbenen 3Imte§
eine§ Uniöerfität§tanäler§, in meld^er ßigenfc^aft ®. feinen ftreitluftigen G^arafter
nid^t öerleugnen fonnte. 1390 am 29. Septem.ber gelangte®, jur äßürbe eine§
gfürftbifdjoT§ öon Orient burcl) ^apitelwal)l. S)ie neue Söürbe foUte i^m fc^limme
ü3eben§prüfungen befd^eeren. 3^enn ber unruhige, Treil)eit§luftige 6inn ber Bürger
öon Orient, ber Iro^ unb bie ©emaltt^aten ber bifd)öiti(i)en S5afatten , bie fidE)
mie bcifpielStoeife bie 3lrco, Saftelbarco, Sobron u. %. nie gerne bem bifd§öf=
Ii($en Öe'^nglierrn fügten, unb öor 5ltlem ba§ unflare, roiberfprurfi^DoEe S5e_r^lt=
nife ber ^ifd^öfe öon Orient al§ unmittelbarer iKeid£)§fürften ju ber „©raffd^aft
2irol", beven ^uriSbiction ba§ 33iätl)um§gebiet burd^freujte, bereu politifd^e Öanbee^
grenze, S^talien gegenüber, ba§ Irienter 23i§tl)umölanb einfd^loB, — all' bieg
mufete naturnot^roenbig bie Stellung ber 3Bifd)öfe fef)r fc^mierig geftalten, be=
fonberö aber bann, menn ein fo ^ervifcf)er, ftreitluftiger G^arafter, mie biel ®.,
ber öied^tenfteiner, mar, jur .öerrfc^aft gelangte, unb in ber 5et)be mit ben 35iS»=
conti'ß öom ^. 1404 um xenno unb Sobro, onbererfeitö in bem longen Streite
mit beren 5lnl)ängcrn, ben 21rco'§ — feine !riegerifdf)e Einlage irü^ genug öerrief^.
Sein parier, f)errifcl)er Sinn unb bie (Geltung ber ©ünftlinge, unter meldten ber
35icar öon Orient, 5rance5d£)ino öon 93al be 'Pton pJloneberg), ben Stabtbürgern
am meiften öer^afet mar, öeranlofeten im gebruar 1407 bie folgenfdtjwerc
700 ©eorg, SJ. ö. Orient.
Empörung bcr Srienter 33ürgevj(f)ait , beren Ucbevrafc^enbee ben Sifc^oj jur
91arf)giel6igfeit unb jum 95evj;)red^en a«^an9- ^i^ 9tc(f)te unb gveitieiten ber ©tabt
fürber adjUn ^u toollen. S)a^ fid^ @. ben Umftänben nur geätoungen iügte unb
in bem 2lujtreten ber Xrienter eine gtebellion fa'^, weldie ber ^eräog ^ricbricf) IV.
aus bem ^auje ^ab§Burg (f. bort) al§ ßanbesjürft lirolö auSnü^en tüolle, be-
ttjeift ba§ tt)eitere ^luftreten be§ S5i|d)of§, anbererjeitö jein ablel)nenbc§ 33ert)altcn
gegen ben Eintrag be§ ApabeburgerS auf Söcrinittlung unb ipülfe. 3lt§ nun aber
®. ben toeljd^en ßonbotticre, Dttobon be 2;orcilii§, ju einem @eh3altftreid§e
gegen bie Srienter in ©otb nat)m unb bie 23ürgerjc^a|t , üon it)rem crften
©Jretien firf) ermannenb, mit ßift ben 33if(^oi gefangen fe|te unb einige feiner
©ünftlinge ermorbete, — war bie 3eit "^^^ 2)emütl)igungen für &. gefommen.
3)enn ^erjog g^riebricf), öon ben Xrientern 'herbeigerufen, erfct)ieu mit feinen
9tät^en unb ftarfer 3Baffenmad)t , bcmül^te fic^ anfänglid) aEerbingS um ben
S3erglei(^ ättjifd^en ben Jrientern unb i^rem geiftlic^en |)errn, mat)ntc aEe 2:rientcr
Untertl^anen (\um @et)orfame, f^iette aber ^ugleici) bie 9ioEe eine§ Dberl^errn
unb bemäd)tigte fid^, buri^ eine ©ctoaltt^at ber bif(i)öfü(^en -öauptteutc ju 9liüa
unb Xenno gegen feine S5oEmac^tträger gevciat, ber ^4^erfon be§ Äird)enfür[ten,
fü'^rte it)n mit fid) na(i) ^öruned unb nöf^igte it)n 'tiier jur Unter^eid^nung eineg
25ergleic£)e§, bemjufolge ^ergine, Otiüa, l'obro unb Stcnno bem -^erjoge übergeben
toerben foütcn. ®. erfc^eint bann in 2Bien unter ber ^Jluffid^t ^erjog iCeo^Jolb IV.,
be§ äÜeften .g)erjog§ ber (eDpoIbtnifd)en !iiinie, beä SruberS ^-riebrid) IV. unb
öormunbfd)aftli(^en 2}ertt)efer§ bee £anbe§ Oefterreic^ im tarnen fcincS '!)Jtünbet§
.^er^og ?nbred)t V. ^n^o% Seopolb IV. l)atte ben ^ifc^of burc^ ben Unit)erfität§=
^jebett berfiaften laffen. ?IÜe 93eifu(^e ber äöiener ^rcunbe ©eorgö, inSbefonbere bie
3tnftrengungen ber aSiener Uniüerfität , il^ren gcmefenen Äanjler au§ feiner
3mang§Iage ^u befreien, blieben frud^tlo§. ^erjog Öeopolb bel^anbettc ben
Strienter 33if(^of al§ S5crtrag§brü(^igen. S)ic SBiener Stabt^errn, ot)ne'^in gegen
Seopolb IV. eingenommen, t)atten nod£) einen anbcren Seweggrunb , fict) barüber
bei beffen Sruber unb poütifd£)em @egner, .ipev^og (Srnft bem (Siferuen (f. bort),
ju befd^meren. 5lad) fird)lid^en ©a^ungen traf uämlidt) ben Ort, atttoo ein
Äirc^enfürft gefangen ge'^alten würbe, ba§ ^nterbift. S)ie ^nteröention (5rnft§
War nidE)t fonberlid^ ernft gemeint unb änberte nid)t§ an ber ©adC)Iage. ßrft im
3t. 1409, nac^bem 23ifd)of (S. wä^renb feiner äöiener S^nternirung at§ Dbmann
ber ©d)ieb5rid)ter ben ©treit ber .^erjögc @rnft unb Seo^olb um bie öfter=
reid^ifd^e 5öormunbfd)aft unb 2anbe§berwefung ju begleidfien fic^ bemüt)t Ijattc,
erlangte er burd^ ben ©d^wa^er ©c^iebgfpruc^ ber ^irct)enfürften öon ©al^burg,
Srijen unb ßaöant unb jweier ©d)ieb§männer be§ 53aienftanbe§, — bie gi-'ci'^fit
ber 9lüdfel)r nad) 2;rient in fein a3i§tl)um unb einen 9lu§gleid^ mit |)er3og
griebrid^. S)od) nid)t lange Wäl)rte ba§ faum geftiftete gute ©inöernelimen.
S)enn nad^ ber 3ufammen!unft mit bem SBifd^ofe ju 9iiba befdiutbigte .^erjog
t^riebridl) IV. ben Sedieren eine§ S3ergiftung§tierfud£)e§ unb woEte aEe Weiteren
SSer'^anblungen abbred^en. @. na'^m nun ju ber 23ermittlung ^er^og 6rnft§
feine 3uflu(|t unb biefer führte aud) eine neue 3lnnäl)erung l^erbei. 5ll§ iebodl)
auf bem 33o^ner 2;age bie rüdfid£)t§lofe ©infprad^e be§ mäd^tigften SanbeSl^errn
Tirols, ^einrid^S öon 3ftottenburg, alä ßanbeSl^auptmanneg an ber @tfd§ unb im
SBi§t^um, gegen 3lnna'§me ber l^er^oglidien g'Orberungen , ben neuen S3rud£) unb
ba§ engere 33ünbni^ bc§ 33ifd£)of§ mit bem 3tottenburger "^crbeifülirte , fam e§
erft jum redl)ten äöirrfal. S)er ^Jtottenburger überfiel Orient, lie^ ba§ ^aupt
ber SSürgerpartei '^inridl)ten unb bie ©tabt gräulid^ öerWüften. ^Jlun eilte -^erjog
griebridt) l)erbei (1410); ber Siottenburgcr entwii^ nad) Saiern, 35ifdf)of ®. nacl)
3Bien. 2ll§ bann ber genannte übermütt)ige Sanbegl^err bie 23aiernl)er3öge gegen
ben l)ab§burger griebridf) aufgellest, begab fid^ neuer -Hoffnungen öoE ber Slrtenter
©corg gttebtic^, g. ». SBalbecf. 701
S3t|rf)of naä) Sirol jurücE. Sein SBerbünbeter lourbe jeboc^ Bolb gebemüttiigt unb
geiangen Qefe|t, @. aber ju einem neuen ^Sertrage gejtoungen (141(i, 4. S)ec.),
bemauiotge ex auj ba§ 33i§t;^um§tanb , mit iBorbe^alt feiner geift(irf)en @erec^t=
famen, Oerjic^ten unb fic^ mit einer S^a'^reSrente toon 5000 2)ufaten begnügen
mufte. S;er -öerjog öon 2:irot na'^m ba§ i8i§tf)um§(anb in eigene SßermaÜung
unb beftellte für boö geiftlid^c 2Bejen einen ©uffrogan unb Sßifar. @. »ar aber
niäjt gefonnen ben ^ampf mit bem .§ab§burger aufjugeben. 5ßon ^Jlifotöburg
in ^ä^ren, attmo er bie 3eit feiner freimiKigen SBerbannung anbrachte, belegte
er ^n^oQ, g^riebritf) mit bem großen Äird^enbanne unb etflärte ben 2:rienter
©uffragan unb S5ifar at§ abgefegt (1411, 10. ?lug.; , forberte feine S5i5t^m§=
leute jum Söiberftanbe gegen ben 3Itroter ^erjog auf unb fanbte eine au§Tü^r=
ücf)e ^tagefc^rift an ben ^apft Sof)ann XXIII. , ber if)n bann jum Garbinale
ernannte, '^(uc^ auf ^önig ©igi§munb , ben ©egner ber '^abeburgifdjen Seopol=
biner , glaubte er jäl^len ju !önnen , ba er an bem föniglicf)en ,öofc bie bcfte
3lufna^me fanb unb bie beften 33erfpred)ungen etl^ielt. S)ie Urfunbe See genannten
öuremburgerg (1412, 25. 3uni, Dfen) festen auc^ bie tioCte öönnerfc^aft @igi§=
munb§ äu bezeugen. ©. fe^te auf ba§ Sonftan^er ßoncil feine beften 'öoffnungen.
2lber tcar fd^on ba§ SSünbni^ 3^ol)ann§ XXIII. mit ."per^og (Vi-'i^brii^ feiner
©ac^e ni(^t günftig, fo f)atte aud) bie 3(bfe|ung be§ genannten ^^apfteg bie Üiic^t=
anerfennung ber Garbinalgmürbe @eorg§ jur S^olge. Sagegen bewirf te bie
Slec^tung be§ <g)ab§burger§ 5-ic^i-*i<i) (f- '^oü) eine günftige SBcnbung, inbem
nun Äönig ©igi§munb (1415, 8. ^uli, donftanj) ben ^if(|oi öon Orient t)olI=
ftänbig reljobilitirt crflärte. ^erjog ^yriebric^ proteftirte bagegen unb öom
12. 3luguft 1415 begann nun im Q,ondU ber ärgerliche ^^roce§ um baS S5il=
t'^um Orient, meldier ben 21. ^tobember jum 35ortl^eile @eorg§ erlebigt tourbe.
^XlS aber ^erjog (yriebrid^ au§ ber ßonftanjer |)aft enttoicf) (1416) unb ben
.^ampf um Sirot mit macfifenbem ßrfolge aufnatim , tonnten toeber bie 5Iu§=
fprüd^e ber ,^irc£)enöerfammlung noct) bie erneute Slei^tung unb SSannung be§
vöer^og» burd§ ben J?önig unb ba§ (?oncil bie ©ac^e (Beorg§ günftig entfd^eibcn ;
b^^0Q, i^xitönd) ttjoltte ba§ SSiSf^umSlanb nic^t aufgeben. (Snbtic^ öcrmittelte
ber neue ^papft Martin V. (10. ^])tai 1418) einen 9Iu§gleic^ ätoif^en ben (^iegnern
unb Sifc^of ®. feierte nun öon 5lug§burg mit firfierem (geleite nad^ Orient
jurücf, beffen 33ürger ben ber'^aBten Äird^enfüi-ften nur unmutbig, eingefc^üd)tcrt
burd) bie 3)ro'^ung ber ffteid)§ad)t , aufna!^men. 3IIlein bem frieblofen Sifdiofe
mar fein ruhiger $cfi^ feine§ ©ebieteS befcfiieben. @r gertctl) al^balb in neue
Öänbel mit bem .öeräoge griebrid), Derbanb fic^ mit beffen 2Biberfac|ern, ^eter
öon Spaur unb ^ari§ tion Öobron ; — mä^tenb ber §ab§burger an ben ^erren
Don 5ßillanber§ unb ben ©rafen öon Slrco 3Serbünbete fanb unb fi($ mit ben
5Scnetianern öerftänbigte. @in äöaffenftillftanb (5. 2lprtl 1419) follte neue
griebenSöer^anblungen anbal^nen. ®. erlebte ni(i)t mcl)r i^ren 2lu§trag; erftarb
auf bem ©dfjloffe 'Oieu^Spaur im |)oct)fommer 1419; — ein Äirt^enfürft , bem
ber Streit im 33lute ftaf unb ber (Sinn für ben ^rieben§beruf geiftlic^en ijeben§
Teilte, aber ein ^ann öon ©eift unb Unternef)mung§luft , ber mit aller @nt=
fc^iebenl)eit feine reicf)§unmittelbare Stellung 3u magren fiel) beftrebte.
33gl. bie Öitt. ju bem 3lrtifel .gjcrjog griebrid^ IV. 0. Jirot; bie 2itt.
be§ Sonftanjer (?oncil§ (.starbt, Söeffenberg, Xofti); Sonetti'§ Cuellenmerfc 3.
@ef(i). ber .^trc^e tion 2:i-ient; Sinnad)er, ^.i3eitr. ä. @efrf). b. b. ^irci)e Säben=
Si-ijen, 6. 5ßb ; 9lfc^ba(^, @efc^. b. Slöiener Unitierfitdt im erften 3{a^r:^unbert
i^re§ 58eftanbe§ (SBien 1865); [?atfe, ®efd^. be§ rürftl. .'paufes i^ie^tenftein
(2öien 1868, I. 3$b., meift naci) 53ranbi§). Ärone§.
@eorg ('yricbnd), erfter gürft tion 2SatbecE, ©rar tion ^^^rmont unb
(Sulemborg, toarb am 31. Januar 1620 geboren al§ ätoeiter Sot)n be§
702 &eoxii ^riebttc^, ??. ö. SBatbecf.
ÖJrafcn 3öoh-ab§ IV. öon 2Balbec{ = $t)rmont unb ber ©räftn ^nna bon S8aben=
©uvlarf). Se^tere ftammte mütterlii^eiieitö aus bem nteberlänbtfc^en @efd)le(^t
^Pattanbt, bem bie ©rajjdiajt (Julembovg gehörte, todä^e barum nad)f)ei- ber
3BalbccJ'f(^cn ©vafeniamtlie an'^eimfiel , ^n feiner i^ugcnb mad)te er in jcinem
armen ^änbd)en bie @reuel unb ba§ @(enb bc§ brei^igjä'^rigen Krieges mit, h)a§
feiner ©r^iel^ung öfter jum ^ai^tt)eil gerei(i)te; e§ bot if)m aber @elegen't)eit,
jd^on at§ Äinb mit 35 efd)tt) erben unb ^lül)en tämpfen ju lernen. 1639 öon
feinem 9}ater nad) ^atis gebradtit, um feine 6aöalier§bilbung ^u öoEenben, trat
er na(^ beffen balb eingetretenem Zoh 1641 al§ g^reitoittiger mit ättjei feiner
aSrüber in ben S)ienft ber (Seneralftaaten. S)er i5ftb3ug bon 1642 trug it)m
3ur SBelo^nung feiner Siapferfeit eine ^Jteitercompagnie ein unb ba^u f(ä){o^ er
eine öorti)eil^afte .^eirat^ mit ©tifabetf) 6t)artotte, 2:oc^ter be§ ftaatifc£)en ^^elb^
marfd)an§ (trafen 2Bilf)elm öon 'Diaffau=S)ilienburg. S)rei ^a^re f^äter, 1645,
toarb er burd) ben 2;ob feineg SBruber§ '^i)ilipp jl^eobor ba§ ^anpt feiner f^Q'
milie, jugleid) ber 35ormunb feiner minorennen 9^cffen. 3lt§ fold^er na'^m er
aucf) bie ^^bminiftration ber ©raffdjaft (Sulemborg in bie §anb , ma§ ju bieten
neuen SSe^iet^ungen mit ben ^Ueberlanben fü'^rte, roie bie Drbnung ber 3}er]f)ält=
niffe fcine§ §aufe§ in 9iorbbeutfcf)tanb i^n bie perfbntiii)e !öefanntfct)aft mit
bem nac^f)erigen Äönig Äarl ©uftat) öon ©d^toeben machen lic|. 5)iefe 33c=
3iet)ungen ju ber antiöfterreic^ifdjen ^^^artei in Europa unb namentlid) jene ju
bem oranifct)en -^aufe t)eranla|tfn 1651 ben i^urfürften ^^riebiicf) Söilt)elm öon
SSranbenbuvg, at§ ber jülic£)'fd)e Ärieg mieber au§jubred)en brot)te, ifim bie
©tette eine§ ©eneratmajorS anzubieten 5Ug jcbod) ber triebe gefd)toffen tourbe,
beöor ber ^rieg red)t angefangen, öerlie^ er biefen S)ien[t töieber, aber nur um
balb nad)t)er einen neuen 9tuf nad) SSerlin ju erlialten. Mit bem 9iang eine§
@el)eimen 9latl^§ unb ®eneraUieutenant§ trat er je^t 1652 in ben branben=
burgifd)en 5Dienft. S)er ^urfürft übertrug i'^m balb bie toid^tigften @efd)äfte
in ber 5Rilitär= unb ^inanjöertualtung , f^eilmeife auc^ bie auSmärtigen 5lnge=
Icgen^eiten unb lie^ äule^t feinem 6influ§ auc^ in ber großen ^olitif freien
Vauf. ®. 5-. t)alf eifrig an ber öom j?urfürften unternommenen Umgeftattung
ber 33ertoaltung, tt)eld)e jebod) junäc^ft tpegen be§ 2Bibcrftanbc§ ber Sanbftönbe
aufgegeben merbcn mu^te. Seffere ©rfolge erhielte er in ber großen ^olitit.
^toar '§atte ber Äurfürft fd)on ben früf)er öon 33urg§borf öertretenen 3(nf(^lufe
an Defterreic^ aufgegeben, bod) fein ©efanbter in 9tegen§burg, ber fällige SSIumen=
t§al, t)atte noc^ fo öiet @influ^, ba^ er ein felbftänbige§ Sluftreten gegen Defter=
reid) öer'^inberte. ®a§ marb je^t anber§. «Seit äöalbed in ber Sftegierung bie
"fieröorragenbe ©tettung eingenommen, meiere er nid)t aÜein feiner {)o'£)en @e=
burt unb feiner 35crmanbtf(^aft mit bem Äurfürften, fonbern anä) feinen i^ät)ig=
feiten öerbanfte , öerfud)te ber Äurfürft fid) an bie ©pi^e ber beutfd)en 5Pro=
teftanten ju [teßen unb töar bie "^adit be§ ^aifer§ im 9teid)§tag, toeldie auf
ber 6rgeben{)eit beä ÄurfürftencoIIegiumS beruhte, gebrochen. 1653 reid)te 2Qßat=
bed beim .$?urfürften eine merfmürbige S)enffd)rift ein; in berfelben mar ber
ßntmurf einer neuen Union atter beutfd)er ^roteftanten , au^er ber ^falj unb
^urfad)fen enf^alten, meldie unter ^ütirung 33ranbenburg§ in erfter 9lei]§e gegen
Defterreid), in ber jtoeiten gegen ben ©inftu^, meinen ©c^toeben unb 3^ranf=
reidi auf bie ^ßroteftanten feit bem ^rieg übten , gerid^tet mar. Sm großen
©an^en 3eid)nete er ben äöeg üor, melct)er fbäter burd) ^^reu^en eingef(|lagen
marb. ©er ie|t jmifdien 5polen unb ©dimebcn auSbrec^enbe .H'rieg, in tüeld^en
ber Äurfürft öon SSranbenburg a(§ SSefi^cr $Preu^cn§ öermidelt marb, öereitette
eine meitere 2lu§bilbung biefer neuen ^olitü, bereu einzige f^rudtjt bie Söfung
ber ^emmenben S5erbinbung mit Oefterreid) mar. @. 5- übernal^m ie|t bie
i^ül^rung ber in ^|5reu^en ^ufammengejogcnen Gruppen unb fu(^te öergebeng bie
®eotg griebrirf), 5. ü. 2Balberf. 703
2luirecf)teri)Qttung ber ^leutralität gegen ©c^toeben bur(f)3ufe^en. 6r trübte nocf)
nid^t, in »eichen jcÜfamen SJßenbungen ber .ffurfüvft fic^ gefiet, ber im ^fflnuar
1656 im Äönigsberger Iractat ben S(i)n)ebenfönig q(§ l'e^n§f)errn anerfannte,
— bie erfte 9tieberlage , bie 65. g. am öoie erlitten. ®oc^ gettiann er 6alb
jeinen ©influfe roieber, als er ben Jractat t)on ^Jlarienbutg burc^iuie^en toaste,
unb bamit bie 3l6tretung öon '^ofen unb .ßalifc^ Reiten ©(^toebenö gegen eine
Dffenfiü= unb SLeienfiöoIIianj gegen ^olen ertaubte, ^m 'Qei'be njenig glüdfUd^,
l^atte er einen fd^n3eren Stanb ben übrigen furfürftlid)en @eneräten unb (5taat§=
männern gegenüber, bie er burd) feinen über alle öinberniffe t)intt)egftürmenben
6iTer, jeine rücffic^telofe 3lrt, auä) bie älteften Siiencr be§ Staatg ju be^anbetn,
ticT Derte^t ^atte, tt)äf)renb fie jugleic^ in ganj anberen SSerf)ä[tnii|en aufge=
toai^fen ujaren. ©eine Stellung am .öofe toarb me^r unb me^x untergraben,
nur bie Äurfürftin unb bie Ic^ttjebijcEje ^lllianj, bie er je^t toieber feinen '4>Iänen
gegen Cefterreic^ bienftbar ju matten fud^te, hielten itin. Site jeboc^ ber .ffrieg
bee ©(fitoebenfönigs gegen S)änemarf 1656 ju einer DöHigen Umgeftattung ber
S)tnge führte unb ber Äurfürft , ber je^t Sommern ju geminnen l^offte , ber
SlEiauj gegen ©darneben beitrat, fonnte (S. ^., ber fid^ gegen biefen jä^en '4^artei=
toed^fcl ernftlicE) fträubte, nidit lönger in SSranbenburg berbleiben. de toar ifim
bamalS nodt) nidt)t flar, ba§ bie alte 2tnfd£)auung, in ber er nod§ befangen, bie
2BeIt tl^eile fid^ in eine fat^olifd^ = :§absburgifci)e unb eine proteftantifd^e Partei,
nid§t mef)r galt, ©einem ©tanbpunft getreu, oertie^ er 1658 ben SDienjl
be§ Äurfürften unb trat in benjenigen ©d^meben§, jebod^ p fpät, um no(^ einen
glänjenben 3tnt^eit am Kriege nel)men ju fönnen , ber 1660 mit bem Io>
Äarlö X. ein (5nbc na^m. 6r !§atte nur auf ben unfein unb ben jütifd^en
Äüften ben fteinen ^rieg ju führen gefiabt, unb marb öon ben je^t bie 9tegie=
rung leitenben 3teid)lrät^en al§ ein über3äl§liger 6enerat geäwungen, feinen 2lb=
fd^ieb 3u nel)men. S}ergBben§ fud^te er eine feinem Otang unb "iteigungen ent=
fprec^enbe ©teile in {yranfreid^ unb ©ngtanb. Dtamentüd^ bie 2Q5eigerung Öub=
toig'§, ber i^n mit einem (Selbgefdtienfe ^eimfdE)icfte, toie fein Siograp^ 9taud§bar
fagt, „toeil er ein allju patriotif(^e§ ©emüt^ an i^m öerfpürte", fd^eini i^n ge=
fränft äu ^aben. ß^^Ö^^^^ bietteidf)t ^t fie ii^m auc^ bie 2(ugen geöffnet über
ben politifd^cn ^i^ftQ^'ö, roenigftcnS öon je^t an fam er ju ber 0^rfenntni§, bie
©era'^r, ha^ SeutfdE)Ianb feine f^r^'ei'^eit unb Unab^ängigfeit einbüßen toerbe,
bto^e nid^t meljr Don Cefterreidt) t)er, noc^ meniger öon bem ganj oi)nmäd^tigen
©panien, fonbern öon ^i-'Q^freid^. @§ toar eben bie 3eit , in roetd^er ber ba=
malige 9i^einbunb in f)öd§fter Stütl^e ftanb unb fran^öfifc^e Gruppen bie Drb=
nung f)erftellten , ale im 3fteid§ ein franjöfif(^er ^lüiirter gefrönft toarb. (Sin
5)lann öon äöalbecf'ä (ärfa^rung unb ß^infid^t mu^te 3ugeben, baB ei je^t nid^t
tote öor bem roeftfälifd^en ^^rieben religiös politifc^e, fonbern rein poUtif(^e 3Jlo=
tiöe luaren, bie bie SCßelt betoegten. C^ne fid^ je Defterreid) an3ufd^liefefn, beffen
befd^räntte •§au§po[itif öon itjm immer befämpft roarb , lid^tete er öon je^t an
feine ^olitit gegen granfreic^. S^^effen mar er burd^ ben lob feine« 'Jleffen
.^einrid^ Sßotrab ftatt 5Ibminiftrator ber .»öerr öon beffen ©ütern geworben unb
je^t Sefi^er breier fouöeräner @raffd^aften , bie ficf) aber alle in fe^r ungeorb=
netem 3uftanbe befanben. 3)ie ^4>oIitif [ie§ aber nid^t 3U , ba^ er fic^ bamit
öiel befd^äftigte. 9U§ 1664 ber Sütfenirieg au§brad§, toarb il^m bie ©teile einei
gelbmarfd^atllieutenante ber 3lcidf)§armee übertragen , unb ati fotd^er nat)m er
an ber ©d§tarf)t bei ©t. ©otf^orb xlieit. 2öie geroö^nlid^ ^iclt er ein xage^
bucfi über bie militiirifdjen ©reigniffe, mit ^emerfungen über bie ^riegfüf)rung
angefüllt, ttieli^e be3eugen, mie crnftl)aft er benÄriegftubirteunb jugleid^, roie etenb
bie beutfd^en gelbfierren, namentüd^ bie ber 9teid£)öarmee benfelben 3U führen Der=
ftanben. ®. g. trat je^t in ein fe'^r öertrautid^eS S^er'^ältnil 3U ^iltontecuccoti
704 ©eoxg f^xicbxid^, fj- ö. Söolbccf.
unb bem .'perjog tion Sotfiringen, '•Mä) beirt gtiebeu öon 3}aibär trat er 1665
in S)ienft bc§ .^erjogS Oon 33raunfcf)tt)ei9=2üneburg=C?eIIe unb leitete bie i8elage=
rung ber ©tabt SSraunfc^tueig , tt)eld)e bem 16raunf(i)tDeigifi^en gürften'^aufe firf)
m(i)t untertoerjen tDOÜte, fonbern eine rei(^§ftäbtifc£)e ©teEung beanfpruditc. S)ie
^üneburger g-ürften, nac^ bem SSranbenburger bie bebeutenbfte ^Jtac^t ^]torb=
beutfci)tanb§, im 33cfi^ jafilreid^er, gefdiuUer S^ruppen , waren öon f^ranäojcn
unb ,'pollänbern umtoorben, bereu SBetteifer ft(^tbar toorb unb nad) bem 3)eöo=
tutionSfrieg unb ber Siriple = ^lHiauä in ^^einbfeligfeit umf(i)Iug. Obgleich eng
mit ber oranifct)eu gartet öerbunben, trat 6. 5. aud§ mit S)e 3Bitt unb bem
bama(§ ^errfd^enben 9ttegeuten in fe^r öcrtraute Söe^ietiungen unb fd^Io^ eine S)e=
;enjiü=5lEian3 ber Süneburger dürften mit ber 9tepublit. Sind) näf)erte er fid^
ttjieber bem ^urfürften bon SSranbenBurg, in bem er noc^ immer ben berufenen
5ül)rer ber beutfdien ^roteftanten erfannte, namentlich at§ bie fat^oüfd)en fi(^
bem 'i^rotectorat g^ranhcid)§ untermarfen. S3on biejer 3^^* (166ft) finbet man
if)n überall, too e§ gilt, bem franjöfifc^en @influ^ entgegen^umirfen. S)o(^
yd)eint er auct) öon ben für reid^Sftänbifi^e Q^reificit jd^wärmenben fteinen ^üiTt^J^
al§ ein Söortämpier angekl^en morben ju fein; mit ben t^ürftenbergen, ben
treuen ©ftaöen ber franjöftjrfien ^^otitif, blieb er in pcrfbnlici) freunbfd^ait^
tilgen SJejie'^ungen , obgleid^ i^n bie franjöiifd^en ßJefanbten in 2)eutj(f)lanb
öffentli(^ at§ ben erbitterten (Gegner öon Submig XIV. be3etd)netcn. 3ll§ ber
Ärieg ätt)ijrf)en ^^-antreirf) unb -Oottanb eine ®eh)i^f)eit toarb , war ^3tiemanb,
ben faiferU(^en ©efanbten Sifota etwa ausgenommen, tt)ätiger al§ er, in 2)eutfd^=
(anb ju agitircn für ein Sufammengel^en ber S)eutf(^en mit ©panien unb
^ottanb. Xk 9lttianj 23raubenburg§ unb ber 3{epublif warb öon niemanben
eifriger unterftüijt. ©eine befannte ©efinnung, fein Stuf at§ ^Dlilitär unb feine
$ßcrwanbtfct)ait mit bem naffauifcf)en .Oaufe finb e§ mol gemefen , metd)e 2öit=
f)etm III. öon Dranien, gteid^ nat^bem er bie Söürben feineS 9}ater§ befommen,
öeranta^ten, if)m bie ©teile eine§ getbmarfc^allä unb militärifd^en 33eratl)er§
anzubieten. ®. t^. äwetfelte feinen 5lugenbtidE, biefelbe anjuncl^men imb legte
©eptember 1672 ben (Stb in bie |)änbe feine§ neuen ®önner§ in beffen .^aupt=
quartier ju Sobegraöen an ber ]^oIlänbifcI)en Utrec^ter ©ren^e ab. ^it gc=
mo'^ntem @ifer unb mel^r al§ gewohntem Srfotg mtbmete @. f5- f^ feiner neuen
'^(ufgabe. Son bem erfat)renen unb gefc^ultcn 5adE)mann unterftü^t, gelang e§
3GßiU)e(m, bie nieberlänbifd^e SIrmce ui(^t allein an S^^, fonbern auc^ an @e=
'^att bebeutenb 3U ert)öf)en. 3)ie ni(f)t glänzenben, bod) foliben ©igenfc^aften
2ßa(bc(i'§, ber namentlich bem Dienft, ber Uebung, ber Organifation, ber ^n=
tenbantur unb S^ertoaltung ber Strmee, inSbefonbere aud^ bem geregelten 35er=
pflegung§= unb ©anitätsmefen feine ©orge mibmete, tarnen auf einem 2;errain,
roo e§ feine ©etegen^eit ju einer brillanten ^riegfül)rung gab, ju if)rem 9led^t,
unb allgemein mar bie '^Inerfennung feiner SJerbienfte bei ber 'Äeorganifation
be§ .^eere§ unb ber 35erti§eibigung , wie aud£) ber 5Iit unb SBeife , mit ber er,
at§ er 1673 ba§ Dberfommanbo in |)olIanb bei Stbmefenl^eit 9Bi(^eIm§ er'^ielt,
mit ben ©taaten unb bereu ^Se'^örbeu ftd^ ^urecfit fanb. ''IRit aBitf)elm trat er
batb in ein intime§ SSer'^ältni^ , ba§ namentlid^ in ber @emeinfd^aft öon poU=
tifd^en Sbeen, bod^ audl) in einer beiberfeitigen Slnerfenuung murmelte. 3)er reij^
bare (S^arafter 3Batbecf'§ unb bie etWag fc^roffe 3lrt 3Bitt)etm§ brol^ten bann
unb mann biefe§ @inbernel)men ju ftören, boc^ at§ 2Bitt)elm feinen treuen (Bc=
fährten rec^t erfannt ^atte, mu^te er il^n mit einer 9lüdEftdf)t unb 3äi-'tlid^'^eit ju be'§an=
beln bie bei bem öftere fatt gefdE)ottenen 5Ranne SGSunber '^ei^en mag. ©ie tf)eilten
öon je^t an @ute§ unb 33öfe§. 35ei ©eneffe, 1674, Warb Söalbedf fd^wer öer=
wunbet unb barum öer'^inbert, anber§ al§ öon feinem Äranfenbette I)erab frei=
üc^ öergeblidf)e 9tatI)fci)Iäge für bie äöeiterfü'^rung be§ gelbaugg ju ert^eiten.
©eotg grtcbvirf), g. ü. Sßolbccf. 705
Sa§ nä(i)[tc ^ai)x reifte er al^ ©ejanbier nad) SJÖien , um ein 6efjei-c§ (SinOer=
net)men ber 5l[Iiirten be^ügtici) be§ gelbäugsplanS ju ©tanbe f,n bringen, roa^
ben gett)ö^nlic£)en ©ejanbten unb Dtefibenten ber ©taaten , |)eemgferf unb ^amel
iSrut)ning, nidfit gelungen. S)o(i) am 2Siener Jpoi fonnte man nocf) nii^t ben
9lrgtoof)n gegen ben alten ©egner üBerwinben. ^^n ©anjen benu^te er je^t
jeinen nic^t geringen ßinflu^ in 9lorbbeutfcf)tanb 3um Diu^en ber ^Ittianj, bie
aber immer mel^r gelodert unb immer unfätiiger marb, ben ^ran^ojen ^u »iber--
[tel^en. ^Jlamentlid) ba§ ^. 1676 jeigte biefe§ unb brocl)te ®. 5. mancherlei
S5erbrufe. 3uer|"t iül)rte feine SBeigerung, eine ©c^ladit gutjul^ei^en , al§ ber
^rinj im ^lai 3Sou(^ain ju entfe^en fucf)te, ^u einer 33erftimmung jroifc^en
i^nen, tceldie bei SöalbecE nod^ lange nacf)flang, unb bann warb il)m bie un=
lösbare Slufgabe ^u 2;i^eil , mit ' einem fleinen 3lrmeeforp§ bie ^Belagerung öon
^]!Jtaftri(f)t gegen ben ^arfdl)aE (5d)omberg p becEen. Ueberl^aupt mar er unp=
jrieben mit ber bamaligen ^riegSjü^rung unb fam es namentli(i) mit ben wenig
an 2t)aten — toä) um fo me^r an Söorten unb ^4>rätcnfionen rei(f)en fpanifi^en
©eneralen ju fortmätjrenben ßonflicten. ©eine (Befunbl)eit fing an fiel) ju üer--
fc^leii)tern , fein (Seift, huxä) allerlei 35erbru^, ^J^Bö^fi^icE unb f)äu§lid^e§ Un=
glüd (er öerlor 1678 feinen einjigen noc^ lebenben ©o^n unb einen fet)r ge=
f(f)ä^ten ©cl)miegerfü{)n) l^eimgefnc^t, öerlor an ßlafticität unb Energie, ^toar
na'^m er einen l)eröorragenben 2lntf)eil an ben ©c^laditen Don 5)tont=(Saffel unb
©t. S)eni§, 1677 unb 78, bod) aud) 'liier warb er meiften§ ni(^t üom @lüd be=
günftigt, mäljrenb bie fel)r engen Sejieliungen mit 2öilt)elm, ber große 6influ|,
ben er i)atte, it)m ben 'Dteib öieler i«pötlinge, ben ^a'Q öieler :;1tcgenten eintrug.
S)enn feinem (Stirgeij, feinem ©treben, fid) im gelbe unentbel^rlid) ju machen,
warb bie .^artnädigfeit , womit ber ^^rinj fid) bem 'JU^mmeger gi-'ie^en tt)iber=
fe^te, bon üielen 3ugefd)rieben ; er War in bem toiele SSeforgniffe erroedenben
.Öanbet, um ben gelbern'fc^en .gjeräoggtitel bemfelben anjubieten, üerfloc^ten unb
galt überliaupt al§ ber ^üf)xex einer ber greil^eit gefäl)rlid)en ^ilitärpartei.
greilid^ unterließ er nid)t, tl)eil§ burd^ Unter^anblungen an fremben ^öfen unb
ba§ Jtufgebot jeineö ganzen perfönlid)cn @influffe§, 2ßtlf)elm ^u unterftü^en,
tf)eil§ benfelben bmd) f^lugfdjriften ^u oertl^eibigen, wol ber erfte beutfc^e gürft
ber je ^ampl)letift geWefen. ^laä^ bem fyrieben in feine (Braffc^ait äöalbed
äurüdgef e^rt , mo er meift ben äöinter. Wenn er nid)t im g^elbe ober im .&aag
üerweilen mufete, 3ubrad)te, um fid^ ju erl)olen unb feine fe^^r jerrütteten 9}er=
:§ältniffe ju orbnen, feuerte i^n ba§ glenb, ba§ fein arme§ ßanb öon ben freien
Quartieren ber armirten i^ürften, namentlid) ber ^Dlünfterifc^en , erlitt (er war
feit öiete'n ^a^ren perfönlid) mit feinem mäd)tigen 'Diad)bar ißern'^arb ö. @alen,
bem ^aupt ber ^att)olifd)en in ^Jlorbbeutfd)lanb unb i^einb .gjottanbS, ^erfaßen)
3U neuer 2f)ätig!eit an. @r plante eine Union ber fleinen Üteid)§ftänbe ^u be=
Waffnetem Sßiberftanb gegen biefeS Unwefen; merfwürbiger Söeife war e§ ber
::Bifd)oi öon ©trafeburg, ber ^ürftenberger, ber i^n auf ben ßebanfen gebrad^t,
ber fid) in biefer Union, einen neuen ©onberbunb, ein neue§ SBerfjeug für
granfreid^ gegen ^aifer unb 'Sttiä) erfa'^, wäl^renb &. 0^. im Gkgent^eil bataii§
eine SBaffe gegen ^^franfreid^ fd^miebete. S)en ginflu^ beffelben gefd^idt benu^cnb,
gelang e§ i^m im ©eptember 1679 äWtfd^en ben dürften unb (^hajen ber 3!Bet=
terau, ber (Jifel unb be§ 3Befterwalb§ ein Sünbni^ 5u ©tanbe ju bringen,
ba§ als bie „Union ber öorberen Oieic^Sf reife" bcfannt ift. ©in S)irectorium,
bem eine öon fämmtlid^en Unirten gefteHte fleine 5lrmee nebft Öanbwc'^r unb
Äricg§f(^a^ ge^ord^te, follte bie i^ntereffen ber Unirten öertreten unb namentlid^
öer!)inbern, ha'Q in bem ©cbiet berfelben freie Cuartiere öon ben fogenannten
„armirten dürften" (bie Gruppen unter{)ielten jur 5öermietl)ung an ben $öc^ft=
SlHaem. beutjd&e Siogra$)'6ie. Vin. 45
706 ©eorg Sfiiebrid), g. ö. SBalbecf.
btetenben) genommen toüiben. S)er 3tnfc^tuB ,^urfö(n§, ba§ jcbod) batb touhtx
austrat, »ie mel)rere unter ^ürftenBerg'S Sinftu^ ftel^enben fteine 9{eid)§ftänbc,
unb namcntücf) >^efjen=^afjel§ , üerIielC)en ber Union 6alb ein getoiffeS 2tnjcf)en.
2)er Sanbgray .^atl öon ^effen=^afjel , ein feiir beutfd^gefinnter ^ürft unb eif=
riger f^reunb SBalbecf'g toarb , aU er eine Dften[io= unb 2)eienfit)aIIian5 mit
ber Union gef(i)loffen , ba§ oftenfible Apaupt be§ 3Sunbe§, beffen ©eete jebodt)
äöatbeci blieb. Ütad)!§er traten nod) ^effen=S)arm|tabt , ^Jlaffau unb mel^rere
fleinere ^^ürften bei, jujei ^a'£)re fpäter ber SBifd^of öon Bamberg unb SBürjburg
unb ber iränfijdie ^rei§. 6r roax bamal§ ft^on eine ^ad^t im Steid) getoorben,
wellte beftimmt gegen i^ranfrei(i) gefel)rt lüor, ber aber öon ber bef(f)ränften
^^oliti! Defterreict)g ungern gebulbet ttiarb , wel(i)e benfelben a(§ gefäl^rlic^ für
Äaifer unb 9leid) anfat). S)ie S5eriaj|ung be§ S3unbe§ toollte SBalberf ber
9leid)§armee anpaffen, über beren Olcorganifation er metjrere 5Denffd)riften ^inter=
laffen unb namentlich) burcE) feinen i5f«unb, ben ^Bifd^oj bon Santberg^SBürjburg,
bem 9ieid)§tag öorlegen liefe. So lange er namentlid) an ber @rrid)tung unb
33erftörfung ber Union arbeitete, liefe 2Bilt)elm öon Dranien il^m bic freie ^anh.
bann al§ bie ."^eit getommen war, au§ berfelben ben ©runbftein eine§ beutfd^en
Sünbniffeg gegen granfreid) ju mad^en, fotnie au§ bem 5lffociation§tractat ben
eines europäifd^en, nal)m er bie Oberleitung in bie ^anb, febodf) fo, bafe 2Bal=
bedf'S Slction eine üöttig felbftänbige blieb, nur bafe beibe 'OJlänner fo üiel mie möglich
it)re ^Itaferegeln öereinbarten unb bamit bie (&df)ritte beS einen in 2)cutfcf)lanb nidit bie
bee anberen in ^ottanb unb ©c^toeben , (Snglanb unb Spanien gegenüber nid^t
burd^freujten. @§ war bie ;^eit ber 9teunionen, al§ ßubwig XIV., auf einfcitige
'Auslegung bes ^Ujmtoegcr i5fi-"ieben§ unb beS £ef)nred^teS fid^ ftü^enb, fortwätirenb
fotüol in SSelgien , al§ in 2)eutfd)lanb ju neuen ?innejionen fd^ritt , bei jebem
äöiberftanb ÖJewalt braud£)enb, WaS er al§ ^Jlotl)tDel)r entfd)ulbigte unb mit fri=
öolen 9tebenSarten unb fe^r ernftt)aften S)rot)ungen ben 9ieid£)§tag, foWol wie
Spanien unb ben Äaifer l)inl)altenb , wäl)renb er ben ^eftig entbrannten Streit
äWifdCjen 2Bilt)elm unb 5tmfterbam benu^te, um bie ^Itcpubli! im Sd£)ad^ ju
Italien. 3Bie befannt ftanb it)m bamalS ber grofee Äurfürft auf's ©ifrigfte bei.
2)er 3wed 9Bilt)elmS unb 3Balbect§ war, eine Partei beS äBiberftanbeS ju organifiren
unb Öubwig burd^ fräftige Haltung in bie Sdfiranfen jurüdjuWeifen, waS, £)offten
fte, bei einiger ©inigfeit auä} o^ne .^rieg gelingen würbe, dagegen rietl^en
Sranbenburg, 5lmfterbam unb bie fyranjöfifdfigefinntcn im Üteidt) jum ^flad^geben
unb befd^ulbigten fie, Europa auS perfönlii^em Slirgei^ unb ^afe gegen ^ranf=
reid§ aufS neue in einen auSfidjtSlofen Ärieg ju ftür^en. @S ift "^ier nicf)t mög=
lid^, ein Silb ju geben Pon SöalbecE'S mannigfaltiger 2;f)ätigleit in ben ^ifl^^i^
1681 — 83. @S gelang i'^m nad) unfäglidt)er ^üt)e , aud^ ben atgwöl^nifdien
unb faft unjugänglidicn Äaiferl)of unb ben gröfeten ^'^eil ber beutfdtien füllten,
aufeer ben r'^einifd^en , Äurfad)fen unb 33ranbenburg ju einer gewiffen Ueber=
einftimmung ju bringen, unb im ^. 1682 ben gröfeten 2riumpt) feines SebenS
äu feiern, inbem er ben Saienburger 9tecefe ,^u Staube brad£)te, eine ®efenfiü=
^Ittianj 5ur ©r'^altung ber Unberle^bar!eit be§ 9{eid£)eS ^wifd^en bem ^aifer,
^urbaiern, bem bairifd)en, ober'^effifd)en unb frän!ifd)en Greife, bie fid£) jur
Stellung zweier Slrmeen am 9tt)ein öerpflidf)teten , Woju er eine britte Pon ben
lünebuiger unb fonftigen norbbeutfdien 9{eidf)Sftänben ju fügen l^offte. @r War
je|t eine persona gratissima beim .^aifer geworben unb ber f^ürftentitel fottte
il)n belolinen, ber feinen So"^n l)atte, um fein (Sefd^led^t fortaupflanjen. S)er=
felbe lam barum nad^ feinem ^^obe an bie anbereSinie beSSBalberfifd^en @rafenl)aufe§.
■iJlod) immer War @. f5- ^it ber 5lu§rüf)rung ber Stipulationen beS ßa5en=
burger, ober, wie bie Sßelt bamalS unb namentlid^ bie l)eftig flagenben ^er=
liner S)iplomaten fagten, 3öalbedifdf)en 9teceffeS, befd^äftigt, alS ber Sürfenfrieg
®cotg ^Ttebric^, 5. ö. 2Ba(bec!. 707
be§ 3. 1683 ^ein Söerf über ben Rauten [tie|. aiüe ^äfte mußten gegen
Cften gefenbet, ber aSeften entblößt toerben. äÖalbecf felbi't m^rte bie Iruppen
ber Stüianj bem Ädjer ]n -öütre unb na£)m an berert Spifee unb al§ miütä^
lifc^er 33evatf)ei- bf-s «öcv^ogs t>on Öotl^vingen unb bev Äurrürften öon ©ac^fen
unb 33aiei-n, ber lyüijXfc ber beutid)=öfterreici)iic^en 3Irmee, einen ef)renDoIlen
Slnt^eil am gntja^ Don SÖicn burc^ ben ^:|}oten!önig unb bie üerbünbeten
Seutjd^en. 2;ie üon if)m ^intertafjene iöejd^rcibung ber (Sc£)lac^t jeigt, teie
Ujentg bie gewöhnliche Sgetiauptung begrünbet ift, al§ »äre bieg nur ba§ 2Betf
^o^ann gobiesfi'ä geroejcn. aöalbecf'* äöerf in ®euticf)(anb roar jebocf) jer^
ftört. 2ro^ aüen oerjtoeifelten ^^Inftrcngungen 2Bi(f)elmö unb Söolbecf's gelang eä
lüeber in S)eutfd§lanb, no(i) in öollanb eine ^nterDention ju SBege ju bringen,
all Öubwig Surcmburg belagern' tie| unb \o bie 3}erbinbung jtDijc^en 33e(gicn
unb S)eutic5(anb abjc^nitt. 3m öegent^eil bei bem im (Spätja'^r 1084 gejdjloifenen
jloanäigjä^rigen 2Baffen[tiIlftanb roarb it)m ber ractifc^e SSefi^ jeiner tüiberrec^t=
lidien Eroberungen juerfannt. i'iur bie Hoffnung aui spätere Seiten blieb
ber ^ctionepartei unb if)ren ^äuptern äöil^eim unb Söalbecf. ^reiüc^ biefe
famen e^er al§ jemanb erwartete. Sjer 2ob ^arti II. öon (Sngtanb, ber ben
:Cauf ber engli^en 9teDotution befcf)teunigte, ba§ unertoartete @tücf bei^ Äaijere
im Jürf enfrieg , bie ^3JliBf)anbtung ber TranjöfifcEien '^^roteftanten , toeld^e im
äöibenuf bes SbictS öon Alantes gipfelten, bie nac£)maligc Umfel^r be§ großen
;ffurmr[ten unb bie a}eTJö^nung ber ^sarteien in .^oüanb bewirften einen gänj=
licJien Umjc^wung ber Singe. SBalbed tonnte batb feine 5tction roieberauTne|)men
unb, nac^bem er 1685 all jWeiter Sefe^ls^aber unter bem .öersog bon Sot^ringen
unb bem Äurmrften öon ^aiern ben Xürfenfelbjug in Ungarn mitgemacht, neue
*4?läne jur EBerroirfti^ung bes alten ßiele icftmieben. ^n engem (Jinüerftänbnife
mit äöil^elm, ber jefet burct) feinen Ctiplomat (Jf^arb auc^ perfönlit^ roirfen liefe,
:^ali er 1686 ben berüljmten 9tuglburger 9leceB p Söege bringen, ber eigentlich)
nur eine grtteiterung bee Sarenburgeri mar. Siefeö SünbniB genügte bamals
Subtoig öon neuen ^luej^reitungen jurücf^u^alten, o^ne bafe bie in golge beö=
felben unter Söalbecf'Ä ^eiel^l auigeftellte Slrmee ini ^elb ju rücfen brauchte.
SBö^renb ber ac^tjiger 5at)re mar SÖalbec!"e Stellung in |)olIanb eine je^r
unftiere gemejen, bie 31mfterbamer Ütegenten unb if)re greunbe fuc^ten ben
europäifdien ©törenfvieb , roie man it)n mol nannte, aus bem [taatijc^en Sienft
3u öerbrängen. Sebod^ SBit^elm ^ielt uneridf)ütterli(^ Stanb. ^geöor er ben
aus bem £ienft tafic, müiie man il)n felbi't megjagen, jagte er. ^e^t trat er
mit öielen frülieren Gegnern in ein beüeres SerftdnbniB unb feine Stimme tiatte
wicber einflufe in ber Ütepublif. W\t ben Otat^spenfionärcn gagct , a?entinct
unb Stjföelb, gehörte er ju ben menigen eingeroei^ten in 2öill)elm§ ^^töne in
a^e.iug auf (Snglanb. ßr arbeitete eifrig mit am Slbfd^luB ber erft ftreng geheim
gehaltenen Unter^anblungen mit 33ranbenburg, ben lüneburger dürften unb mit
Öeffen, melcJ)e ber Ütepublif bie nac^ önglanb abge^enben Gruppen crfe^en unb
e'ine beutfd^e öüliearmee an ben ^Ti'fiein bringen foüten. ßbenfo mar er el,
welcher bie aÜcrgetjeimften Untert)ünblungen aöilt)elm§ füt)rte, um ben 2Biener
ÖOT 5ur (Sut^eiBung be§ allen bort gehegten ißrincipien roiberftreitcnbcn Unter=
ne^menö ju jmingen. S^cr ^effenfaffeffcfie l^hnifter ö. ©ovo war unter feiner
Oberleitung mit biefer fc^töierigen 9}liffion, bie faft öon ^liemanb geahnt toarb,
beauftragt. Unb als enblid) äBil^elm naä) (Snglanb aurbrac^ , liefe er ©^ §.
ba§ Cberfommanbo über fämmtlic^e Iruppen ber Ütepublif, nicf)t al^ 5elb=
marf(^all, fonbern als fteüöertretenber ©eneralcapitän , ber ba« i)tec^t ber ^^5a=
tente , ber ^lusgabe ber 53cTe^le jum Öarnifonmeiifel , and) innerfjajb ber *^^ro=
öin^en, :^atte, freiließ 3um grofeen a3erbrufe bes Staat§ratl)ö, ber oberften Unioni=
bel^örbe ber 5RepubliJ, ber aucf) ba§ Äriegsrocfcn unterfteüt mar, trelcl)cr biefe^
45*
708 QJeotg gtiebrid^, f^. ü. SSatbccf.
3fiedf)t in Slbtoejen^eit be§ (SeneralcQ))itän§ für fi^ in 9lnjpiurf) na^m. gilr
aOßalberf, ber feine 9le(^te mit einiget ©cfiroffieit toa^vtc, eine Cuelle öon unenb^^
liebem S5ctbru^, of)nc tt)eld)e alber feine ©etoalt ööüig illuforifrf) geblieben tt)äre.
3(n ber Spi|e ber wenig ja^lrcii^en nieberlänbifd^en 3lrmee, beren Äern in @ng=
lanb war, unb einer %n^ai)l aEiirter, meift beutfc^er Xmppen, leitete @. f^.
je^t im ßinöerftänbnil mit bem Äurfürften griebric^ öon SBranbenburg unb bem
fpanifd^en ©eneralgouöerncur ©aftanaga, einem ©ranben, beffen llnfäl^igleit nur
öon feinem ©tolj übevtroffen Warb, fo gut e§ eben ging, bie SJerf^eibigung be§
9Heberrl§eine§ unb S3elgien§, 1689 gegen ben unfät)igen ^umiereS nicf|t oljne
(Srfolg ; betfelbe Warb bei SBalcourt auf§ .ipoupt gefd^tagen unb gewann nirgenbS
Xerrain, ol)ne ba^ iebodf) Söalbecf, beffen ^ang jur metljobifc^cn Ärieg§füf)rung,
beffen 5lbfd)cu öor allen 2Bagniffen burd^ fein 9llter, feine .^ränflidifeit unb ba§
nieberbrücEenbc ©efüljl feiner S3erantWortlid)feit an ber Spi^e einer innerlid^
fd)Wa(^en ?(rmee, welche bie einzige übrige be§ @taat§ war, mef)r at§ öerboppelt
würbe, irgenb etWaö unternal^m. 3)o(^ im nädjften ^dtjx, 1690, jül^rte gleich
ber 5lnfang be§ x^elh^n^^ jur blutigen ©dilad^t bei ^^f^euruS, in Welrf)er er
öom 5)flarfd§all 2uj;emburg gön^lid^ gef erlagen warb. S)ie 2lrt unb SBeife aber,
wie er aEc fonftigen S}erluftc, au|er bem öon 6l)arleroi, ju öet"^inbern Wu^te,
beWeift, ba| er bcn (Spott unb 2abel nicE)t öerbiente, wetd)en bie 3ßitgenoffen
auf ii)n {)äuften. 3lber e§ ift nid^t ju leugnen, SöalbecE ^atte niemals ©lücE im
gelbe. S)ie beiben näd^ften ^atjxe trat er Wiebcr in feine frül^ere Stelle jurütf,
bie ftaatifc^c 9lrmee unter Söill^elm 3U commanbiren unb beren (S}eneralftab§=
äjt] ju fein. 9lber feine läge Waren ge^äl^tt. .^urj nadC) ber blutigen <Bd)laii)t
bei ©teenlerte, Welche äöil^elm 3luguft 1692 gegen Sujemburg öerlor, Warb er
bur(f) feine überl)anb nc'^menbe ^-anflieit (er litt fc^on öiele ^a'^re am '4>obagra
unb bamit öerWanbten Dualen) gezwungen, bie 'Xrmee ju öerlaffen unb in @m§
Sinberung 3U fud)en. 5Dann reifte er nodt) nad^ feiner Ütefibenj Slrolfen, wo er
meiftenS ben SBinter 3ubradl)te, aber ^ier öerfd£)ieb er am 19. ^loöember 1692,
faft 73 ^ai)x alt. ©eine ©ema'^lin überlebte il^n, wie mel^rere Jöd^ter. 1)oä)
ber gütf-^ntitcl ui^^ feine fämmtlid^en beutfd^en Sefi^ungen fielen feinem SSetter
on^eim, weil er feine männlichen -Icad^fommen l^interlie^. @. g^. ift unter ben
beutfcl)en güi^ft^tt be§ 17. 3ia^i^^unbert§ eine fcl)arf abfted£)enbe ^^^erfonlid^feit.
5-ür i^otlanb nur aU 5)tititär öon Sebeutung, wät)renb er feine ftaat§männif(^e
5äl)igfeit feinem 9}aterlanbe allein wibmete , war er einer ber crften , ber in
ber ^üt)rung SSranbenburgS ba§ einjig jutreffenbe ^littel erfannte, S)eutfd^lanb
au§ feinem politifd^en 6lenb ^erau§5uf)eben, einer ber erften, ber an einer 9}er=
befferung ber 9leid£)§öerfaffung, namentlich burcli 9ieorganifation be§ 9ieicf)§l|ecr=
Wefeng gearbeitet ^ot. Sr t^at biefe§ mit einer Energie, welche namentlid§
Staunen erregt. Wenn man in feinen SSriefen feinen leidet erregbaren unb nieber=
gcfcl)lagenen 6'^arafter tennen lernt. (Sin guter ©enerat, bodl) !ein Jvelbt)err im
loderen ©inne, in erfter Sinie Staatsmann unb ^Patriot. 2lu^er 2öill)elm öon
Oranien t)at 3^ran!rei(^, at§ e§ 2)eutf^lanb im 17. ;3ol)r^unbcrt ju unterjodfien
fu(^te, feinen "heftigeren unb unermübtic^eren ©egner gefunben. ©eine 2;i)ätigfeit
War beifpiello§, bie ^Dlaffe feiner l)interlaffenen S)enff(i)riften, i^ou^'nale, 6orre=
fponbenjen, öon Weldlien noi^ öiele , namcntlicf) au§ feinen legten S^a^^ren öon
168-5 an öerloren gegangen ober noc^ in 3lrd)iöen öerftecft liegen, ift enorm.
2)ie unerfdl)ütterlicl)e (Vreunbfdf)aft eines 5Jtanne§ wie 3öil|elm III. legt ein
^ol^eS 3eiigniB feineS Söert^eS ab , ber namentlid^ feine Dteblii^feit unb Xrcue,
feine Sonfequenj in feinem QJor'^aben, bem betragen ber englifd£)en ©taat§=
männer entgegenjufteHen pflegte, unb ber i^n aufridfitig betrauerte, Wie ein u. a.
öon 9{anfc, @ngl. @efd£)id^te, mitgetlieilter 33rief an §einfiu8 ^cigt, '»IRit Seib
unb ©eele feiner 3lufgabe l)ingegeben, War er mitten im 6'^aoS be§ 17. ^al§r=
©eorg, ©rf. — ©eorg, §. ö. S33üttember3=ÜJJömpeIgatb. 709
:^unbert3 ein auirid^tiger Patriot, ein e(f)t beutfd^er (Etaatemann , rote bic
beutj(i)en gürftenttiümet bamolö feinen auijutüeiien ^aben; öieücid^t fein groBer
^ann, boct) einer, ben bas beutt'c^e 2}olf ^oc^ f)alten iottte, rocil er nad) bem
großen ^uiiürften Dieüeid)! ber befte roar, ben 2:eutf(^lQnb bamatö ^atte.
©eine Don feinem (Se^^eimratl) ^o^. Üieorg ö. Ütauc^bat ^u einer Öcben§-
gefc^ic^te aufgearbeiteten Journale finb als Seben unb 2f)aten be§ dürften
(SJeorg griebrid) oon SJÖatbecf Don Dr. ßur^e unb 6at)n 1867—72 in Sttotfcn
erjc^iencn. Gs fet)ten nur bie nie gan^ aufgearbeiteten ^a^re 1688—89.
lieber jein 2Bir{en in 5iranbenburg : @eorg griebrirf) öon SBatbecf , ein preu^i^
l'c^er (Staatsmann im 17. ^a^rj^unbert, SBertin 1867, bon ^roi- (Srbmann§=
börffer. Ucber fein ^ufammenrairten mit Söit^etm öon Cranien: aöitf)etm_ HI.
öon Dranien unb ©eorg ^i-'i^bind) oon SBalbecf, Apaag 1873, öom 5ßcr^aficx
biefeö 3lrtifell, in wetdiem SBuc^e ber 33rieTWec^iet beiber ^^itänner bie ^auöt=
ia^e ift. 2tuc^ 2:rol)fen , ^reu^ifc^e ^^olitü, III. 3, gibt mand^ertei ^äiv--
fd^lüffc über ben hu^ex ganj öergejjenen ^itann unb jeine I^ätigteit 5um
heften 2euti($(anb§ unb ^:preuBens. V- ^- 5)lüller.
(Vjcorg, @raf öon SBürt emberg= ?)lö mp e tgarb , geboren ju 6o]^en=
ura^ am 4. gebruar 1498, geftorben ^u Äirfel bei 3roeibrücfen am 17. ^uü
1558, aroeiter So^n bee (Brauen |)einric^ öon 2öürtemberg = ^lltömpelgarb. 9}on
jeincm älteren 3?ruber Ulrid) , meld^er 5ur ^^tad^rotge im ^erjcgt^ume 3öürtem=
berg felbft gelangte, ert)iett er ben 22. ^uni 1513 für ben JyaU bes Jobc^
feines SSaters (r 1519) unb feiner ?ftutter (t 1521), bie biefen te^teren einge=
räumten etfäfiifd)en 33efi^ungen bes mürtembergif(|en öaufeS ^orburg, 9leid)en=
meiner unb ^ilftein jugemicfen. i^iacf) ber S3ertreibung feines ^rubers aul
äöürtemberg burd^ ben fdjroäbifc^en 5ßunb im S- 1519 f)ielt S. fi(f) meift ju
©trapurg au? unb toar eimg bemüht, bie Otec^tc feines öaufes ju magren,
befam übrigens ben 2. September 1526 öon Utrict) 9JfömpeIgarb mit 5ugef)örigen
^■»errfd^aften in ^orm eineä ©c^einöerfaufS unb unter 9Jorbe^aIt ber aöiebei=
lofung eingeräumt, rourbe aud) , nad)bem ber |)er3og im 3. 1534 fein Öanb
toieber erobert, beffen Statthalter in ^Dlömpelgarb , bi§ if)n UIri{$§ So^n
6f)iiftop^ im 3- 1542 in biefcm 3tmte ablöfte. Um§ 3- 1530 jur eöangelifd^en
Gonfeffion übergetreten m^m er 5)ienfte bei ben fc^matfalbifd^en Sunbelgenoffen
unb öerfiel besbalb nad) bem rür bie le^teren ungtücfüc^en 5Iusgange be§ Kriegs
öon 1546-47' in bie faiferüc^e 3lc^t, aus mi^n er erft nac^ mehreren ^a^ren
toieber befreit mürbe. ®urc^ ißertrag öom 4. gjlai 1553 übertieß it)m öeraog
eiiriftop^ namentli^ bie ©raffd^aft ^J^ömpetgarb nebft ben ba^u ge'^örigen unb
ben f^'on genannten etfäflifd)en ^^errfdiaften als Secunbogenitur unb öeranlaBte
aud) ben bereite 57jät)Tigen (Srafen im 3. 1555 3ur 3}ermä^tung mit ber
19iä^rigen Barbara, 2o^ter bes iC'anbgraTen ^:p^iüpp be§ ©roßmüt^igen öon
Reffen. 2: er jtDeite Sof)n aus biefer 6^e, ^riebric^ (f. 33b. S S. 45), pflanzte,
nai^bem öeräog (i^iiftop^'s Sof)n unb -DladiToIger , iperjog öubroig, finberlos
öerftorben" allein ben mürtembergifd)en ^Jlannsftamm fort. — ©rat ö)., ein
frommer gürft, mar felbft geiftlid)er 2)i^ter.
g}gl. 6f)r. 5r. ö. Stalin, Birtemb. ©efc^ic^te, 4. (5. VII. 90. 199.
324. 334. 382. 484 ff- 490 ff. ^^'- Stalin.
@eorg, ^er^og öon 9Bürtemberg = ^^Jiömpclgarb , geboren am 5.
Cctober 1626," geftorben am 1. 3(uni 1699, Urentel bes öorigen unb jiingerer
©o^n bes -Öerjogs ^^ubwig [ynebrid) öon äöürtemberg = 9]lömpelgarb. ^m 3.
1662 folgte" er feinem älteren 33ruber öerjog «eopolb griebridi in ber 9tegie=
rung ber mürtembergifd^en ©ecunbogenitur ^llömpelgarb mit baju get)örigen
iperrfdiaften. 3m 3}erlauTe ber Kriege Äonig i3ubmigs XIY. mit bem beutfd^en
9teid)e mürbe ju ßnbe bes S- 1*376 ^IJlömpetgarb öon ben granjofen befe^t,
710 ©cotge.
rooraui ®. ba§ Üanh Derüeji. ^^ai-' tt^urbe tf)m im ^. 1684 bic ^3Jtögtid)feit ber
gflüctfe^v äu 2;{)eil, ba er ficf) jebod^ toeigettc, bie iranäöftjc^e Dber(c^cn§^en;li(^=
feit onjuerfetinen, mu^te er tüiebcr toeicEien unb fein SÖetter, ber .s^erjog 3lömi=
niftrator griebri(^ ^axi öon SöürtemBerg iüt)rte bie 35eriüa(tung ber @ra!f(i)aft
in feinet (&ot)ne§ 9tamm, bi§ @. felbft im ^. 1698 mieber jurücffe'^rte. ßr
war ein fonberbarcr , ^ur 9legierung unter ben bamaligen j(i)h}ierigen 3}erl^ält=
niffen burc^au§ ungeeigneter ^lann unb t)interliefe aus feiner 6t)e mit ^nna,
%od)Ux da^pax^ ö. ßotignl) , ^]larfc£)aE§ öon ^ranfreid) , einen ©of)n, -Ipetjog
lijeopolb ßber^arb, tt)elrf)er, ic£)led)t erjogen, ein äufeerft |^(imnie§ ^eben fül^rte
unb im ^. 1723 biefe !iJinie be§ mürtembergifdien §aufe§ befd^Io^.
©tdtin.
©COrgc: ^ol^ann griebrid^ Seopotb ®. , üerbienter '^Jäbagog unb
5pt)i(ofop^, geboren 3U SSerün am 14. 2lugu|t 1811, t am 24. mai 1873, toar
ber ©o'^n eine§ gefd^icEten «^upferftec^erS. S)en erften Unterridit er^^ielt er in
einer 5paroc£)ialfct)u(e feiner 93aterftabt, trat 1821 in bie Cuinta be§ 5riebric^=
äöerber'fcfien ®t)mnafium§ ein, toeti^eS bamal§ unter ber JGeitung beä S)irector
Zimmermann ftanb, unb öerlie^ baffetbe naä) acfitjä'^rigem 58efu(i)e mit ben öor=
trefflidiften ^^usnifl^" al§ primus omnium, um in Berlin S^eotogie ju ftubiren.
3luf bie Uniöerfität bradite er einen burd^ baö Sefen ber alten ?lutoren für
atte§ <Bä)öm geöffneten ©inn unb einen burc^ bas ©tubium ber ^Jtatfjematif
frcigetüorbenen nnb gefd^ätften S5er[tanb mit , ber nur f(ar unb beutlid^ S8etDie=
feneg anerfennen tooHte, mäfirenb bie bamatige 2^eo(ogic, toic fic im ^f^tereffe
frommer ^Ueditgläubigfeit gelehrt marb, öor 5(IIem unbebingte Untermerfung be§
@eifte§ unter ba§ 2)ogma üerlangte unb auf ba§ daffifc^e ?Utertt)um mi^a^tcnb
t)erabfa^. @r ^orte t)orne]^mti(^ ©c^teiermadt)er unb ^Jtcanbev; üon nac^Vltigem
6influfe auf feine geiftig fitttic^e ßntmidfelung, roeldie fcfimcren inneren kämpfen
jutrieb, mar bie innige 33ertraut^eit mit bem .!poBbad)'fcf)cn .»paufe. S)urd£) bie
ungebüt)rti(^e ^u^iutlung einer ^etotifc^en !Ottt)oborie abgefto^en , warb ber
ftrebfame (Beift ^um anbern (Sjtrem i)ingebrängt , menn auct) bie in ber Sugenb
getoccCte ^^ömmigfeit ni(i)t ganj in Unglauben umfdl)lug; aber enblofe S^^eifet
ftiegen in i'^m auf, unb e§ gab Reiten, in meieren ba§ jerriffene ®emütf) untei=
liegen ju motten fdjien. 2)e§^lb gebact)tc er ber 3;t)eologie 3u entfagen, manbtc
\iä} auf @runb be§ -fpebräifd^en , meldieg er auf ber ©cl)ule mit 33ortiebe unb
@rfolg betrieben, bem ©tubium ber orientalifcl)en ©pradien ju unb öcrbanb mit
bem 5trabifd)en, ©t)rifd)en, ^^Jerfifi^en unb 5lrmenifd^en bai ©anätrit. 91uc^ bie
@efd)i(^te be§ '>J]torgenlanbe§ jog er in ben Äreig feiner ©tubien unb trieb t)er=
gleid)enbe ©rammatif, um au(| auf bem Gebiete ber ßinguiftif ben orientati=
f(^en (Seift im ©egenfa^ ju bem occibentatifc^en infonbert)eit bem claffifd)en 3U
erfaffen. S)ie§ füt)rte il^n 3ur forgfamen !Gecture ber alten (itaffifer jurüd unb
aucE) ^^ribatftunben im ©riei^ifdien unb 2ateinifdl)en mochte er biefem ^toedt
bienftbar. ©ein n)iffenfd)aftlidl)er @ifer beftimmte i^n balb nac§ 3lblauf beä
afabemifd)en 2riennium§ ju b^'omoöiren : er ermarb burd) Serf^eibigung ber ^n^
auguralbiffertation : ,,üe Aethiopum imperio in Arabia felici" am 14. 5luguft
1833 bie 5)octorniürbe unb '^abilitirte fid) am 25. 3tuni 1834 in ber p^ilüfopt)if^en
f5^acuttät ju 33erlin. 5Jlittlermeile öotljog }iä) in it)m mef)r nnb me'^r eine
geiftige Umraanblung. ^atte i^n ©d)leiermad)er , bem er fid§ mit ber gan.^en
@tutf jugenblic^cr Segeifterung angefd)loffen unb beffen ))t)ilofo|)t)if(^e unb
tl^eologifd)e 33orlefungen er nie öerfäumt , in ben ^afen be§ ©eelenfriebenS ge=
rettet, fo trat it)m immer ftarer unb beftimmter bie ©elbftaufgabe öor 31ugen,
ber 3Serföf)nung öon äßiffen unb ©tauben atle feine Gräfte ju mibmen unb au(^
Slnberen ein 5ül)rer auf biefem SSege ju merben. 5tun manbtc er fiel) bem
alten 2eftamente 3u, um ba§ SSer'^ältni^ beffetben jum neuen in§ \i\ä)t ju fe|en :
George. 711
QU§ biefen Stubien ging bie (Sd^riit: „S)ic alten jübifd^en i^t]it" ^eröov.
S;a§ eben bamals etj^einenbe Strau§"f(i)e SJBerf: „2)a§ 2then 3du" Deranta^te
bie ^Ibfajfung ber ißrojdiüre : „5)ii)tt)u§ unb ©age" (1837), in roetc^er er bie
33egnffe bcs 'DJli)tt)ui unb ber (Sage wiffenfc^aTtlicf) ^u entoicfeln unb auf i^r
SBer^ältniB jum d)riftti(i)en ©tauben ^injutreijen fu(i)te, in ber feften Ue6er=
jeugung , ba| ber toatire c^ri[tti(i)e ©taube nic^t ^inbere , fetbft in bem neuen
Üeftamentc 5Jli)tt)ijcf)e§ im ricf)tigcn ©inne bei 2öorte§ anjunelinien. äöeit i^m
jeboi^ Sicherung jeiner äußeren Sage an ber Uniöeriität in ief)r ferner Otuöfidit
ftanb , beid)lo| er eine '^Inftellung at§ ©t)mnafiattet)rer ju fuc£)en. 2}on allen
roeiteren examinibus biepenfirt , trat er pietätöott bei bem üon Dr. 9lib6ecE ge=
teiteten 2fnebri(^=2öerber'i(^en ©tjmnafium ein, bem er jeine Si^utbitbung öer=
banfte, unb abjotöirtc fein ^H-obejafir öon ^Ulicfiaetis 1836 — 37. 'ka^ ©riei^ifctie,
^pebrdifc^e, j^ateinifdie unb (^ranjöfifc^e bilbeten bie Hauptfächer feine§ Unter^
ri(f)tc§ in oerfd)iebenen Ätaffen. Später trat er in ba§ College francais über,
ertt)eitte i)ier bcn toteinifd)en Untei-rii^t unb teitete bie ftitiftifd^en Hebungen
barin; um [ic^ aber in ber iranjofifctien ü'onOerfation ju üeröoUfommnen , er=
f)ielt er ein Stipenbium unb batnit eine ^nroartfc^aft auf eine Stubienreife
nad) ^^aris. ^n ber franjöfifdien .öauptftabt gemann er mä^renb einjäf)rigen
'^ufentf)attee (1840 — 41) ben teicf)ten unb freien ©ebraud) ber Sanbeifprad^e
unb ^örte nebenbei l^öc^ft intereffante naturroiffenfc^aftlic^e 3}orlefungen, melt^e
if)n fpdter ju ät)nti(^en Stubien öeranta^ten. Ueber ^^on, 5)tarfeitle, üleapel,
Stom, 5toren3, bie Sdjweij fe^rte er mit rei(f)en (ärtal^rungcn ^urücf, blieb iebod^
auc^ nac^lier' mit franjöfifc^en greunben , befonber§ ©eiftlicfien , in fortlaufenber
ßorrefponbenä. '^lad) bem Xobe bee ":l>rofeffore ^tgen am grauen ."^tofter unter
2}teinecfe"§ S^irection, fpdter am 3oacl)im5tl)al befc^äftigt, marb er fctiliefelid) am
Äölnifc^en ©l;)mnafium a(§ öülfelelirer, feit 1847 alö orbentüc^er 2el)rer ange=
ftellt; eine 3eit lang gab er auc^ am ßabettenliaufc Untcrrid)t. S;ie 3Bemebi=
gung, meiere i^m ber ©Ijmnafialunterric^t geraä^rte, mirfte ermut^igenb unb
förbernb auf bie afabemifct)cn SJorlefungen ein. 2)en früljeren altteftamentlic^en
Kollegien gefeilte er nunmehr pliilofop^ifc^e ^inp, toic j. 5B. über ©lauben unb
SBijfen, über bie Seweife oom 2)afein ©otteS, in benen er ben Hegerf(^en 5or=
mali§mu§ mit Sc^leiermacl)er'fcf)er ^nnigfeit unb 2iefe ju butc^bringen fuc^te.
5Zeben ber angeftrengten Öe^rt^ätigfeit im ©(i)ulfa(i)e la§ er regelmäßig brei (loU
legten privatim unb eine publice unb gab au^evbem öiele 5]}riDatftunben. ;jn=
jtoifcljen t)atte er burcf) 3}ermä^lung mit 2lugu[te Sü'^rig 1844 ben eigenen
Öerb begrünbet unb trat in einen reicfjen gefelligen SSerfe^r. Sßcrtrauten , toie
unau&gefe^ten Umgang pflegte er mit bem 3fona§"f(i)en unb !pifci)on'f(i)en .^oufe,
war aucl) mit 2tt)eften, 2renbelenburg, SepfiuS u. %. eng befreunbet. S;cr fort=
fcf)reitenben 3fit warb er geiftig , mie fc^riftftelterifii) gerecf)t. 5)ie eöangelifd^e
donferen^ ju ^Berlin ocranlaßte bie Verausgabe ber fleinm 5lbl^anblung : „9ti(^t
®ct)rift, nid§t ©ei[t, fonbern ber ©eift ber Si^rift." Ungetf)eilten 3Seif all fanben
feine tiefgel)enben [yorfcf)ungen über bie fünf Sinne, met(i)e buxd) 3ufammen=
faffung ber neueren Srgebniffe ber ipt)i)fif unb ^^^t)fiologie eine ©runblage ber
'^fqd^ologie ju geminnen fu(^ten. ^n weiterer i^oiQ,t fc^rieb er 1854 feine
„lpft)(f)otogie unb "lltetap^pfif", roeil er jcbocf) in beiben einen felbftänbigen unb
neuen 2Beg einfi^lug, blieb bie 33eförberung au§, obmol il)m ber 'lltinifter 6id^=
l^orn bei einer Berufung nacf) Äaffel al§ '^kin^enerjie'^er mit ber 9Iu§iic£)t auf
eine $rofeffur in ^J^arburg biefelbe jugefidliert. Sag ]^errf(f)enbe Ütegiment mar
feiner freien fyotfcl)ung ungünftig geftimmt , unb er gelangte frü^^er beim ©i)m=
nafium ^28. ^uli 1854), als an ber llniDerfität jur '^^rofeffur. ^lact) langem
^arren ttiarb er am 10. Januar 1856 @rtraorbinariu§ unb am 1. 5tooember
185S al§ Crbinariu» na($ ©reifSWalb berufen. &xex Deröffentlid^te er all 5Jtit=
712 ®eorgi.
t)cvau§ge!6et bc§ <Bä)lmxmaä)n']ä}en 9Zadt)laffeS beffen „^$fl)(i)oIogie" (1862 unb
gab 1868 fein ^aupttoer! „S)te Sogi! aU 2Biffen|(^Qit§let)i-e" l^evau§. ©eit
1860 5)]itglieb ber lüiffenfc^aitlic^en ^^xülungScommiffion für ba§ 5i-'an3öfi|(i)e,
bte ^|iIofopt)ie unb ^äbagogü, Befleibete er ba§ S)ccQnat ber |)l§iIofopt)if(^en
gacultät 1865 — 66 unb toar Rector Magnificus im ^. 1868. 9iod) einer biel=
Zeitigen unb reidigejcgneten SBirfjamfeit ftarfi er in einer .g)cilanftalt, in welrfjer
er @ene|ung tion f(i)tt»erer @emütt)§fran!^eit gefudit.
©el6ftbiogra|)i)ie im ^anuffript, burd^ g^amitienmitttieilungen, lotüu auö
ben ^erjonalacten unb bem SUbum ber Uniöerfität ©reifSwalb ergänjt.
ipädermann.
ÖJcorgi: etiriftian ©iegmunb @., eöangetijc^er Z^tolo^e, geboren im
^uti 1702 3U ßurfou in ber 9cieberlau[i^, tt)o fein 33atcr OberamtSabtiocat toax,
t am 6. (geptemBer 1771. @r fiefud^te bie ©c^ute juerft in Suctau, fobonn
üon 1720 an in g^Jidau unb bejog 1722 bie Uniberfität Söittenberg. ,<pier
mibmete er \\<i) bem ©tubium ber 3:^eologie, ber claffifd^en unb ber morgen^
länbi|(^en ©Ijrac^en, tourbe 1723 5!}lagi[ter ber ^>'^ilofDi)t)ie, I)abilitirte fict) 1726
mit ber üDifferation : „De Chaldaeosyrismis, Rabbinismis et Persismis dictioni
Novi Foederis immerito affiotis", tourbe 1727 ^tbjunct ber b^itofopl^ifdien ^0=
cultät, 1736 au^erorbentlii^er ^^^voiejjor ber ^4>t)ilotogie, 1743 orbentüd)er ^ro=
fejfor ber %1)eolog,\e , enblic^ 1748 3)octor ber J'^eologie. @. i)at \\ä) befonber§
um bie Äritif unb ßjegefe be§ neuen Seftamenti öcrbient gemad)t, ging aber ju
meit in bem 33eftreben, toelrfiem öor^ugglneife feine literarifci)c 2:f)ätig!eit getoib=
met toar, nämlici) bie ©pradie bee neuen 2;eftaments aU ööllig frei öon bem
6influffe anberer ©prad)en, befonber§ be§ <g)ebräifc^en unb be§ Satcinifi^en, '^in=
aufteilen, womit er namenttid) gegen bie in entgegengefetster 3fiid)tung ju meit
gei)enben 3lnfi(f)ten öon 2t)om. ©atacfer, ^o^. 'i^orft unb ^ot). DIcariu§ in
3Biberfprud) trat. ©(i)on in feiner oben ermäljuten .^abilitation§fd^rift öerfo(f)t
er biefen ©tanbpunft, unb eben barauf fielen ab bie fpäteren ©d^riften: „De
Ebraismis dictioni N. T. immerito affictis", 1726 — 27. „De puritate Grae-
corum N. T. fontium Attica a Dorismis, Boeotismis atque poetismis aliena",
1731, namentlich aber „Vindiciarum N. T. ab Ebraismis libri 3", 1732, meldte
©c^riften Diel äöiberfprud) '^erborriefen , unb i^u in eine literarif(^e 5et)be mit
3io|. (Sri), ^app unb ©igi§m. griebr. 2)refig öermicfelten. @r trat biefen in
ben ©treitfc^riften : „De Latinismis Graecae N. Foederis dictioni immerito af-
fictis'", 1731. „Apologia dissertationis de latinismis etc." unb „Apologia dis-
sertationis de latinismis . . . vindicata", 1732, entgegen, unb fü'^rtc benfelben
©egenftanb in bem 1733 crfd^ienenen „Hierocriticus N. T. sive de stylo N. T.
libri 3", tüoran fid^ in bemfelben ^a1)xe „Pars 2. sive controversiarum de La-
tinismis N. T. libri 3" fdf)lo^ , nocf) meiter an§. 35on fpäteren 9Bcr!en ift ju
ertüät)nen eine ©ammlung feiner über einjelne ©teilen be§ neuen 2eftament§
l^anbelnben Disputationen unb ^Uogramme unter bem Sitel: ,,Appavatus pbilo-
logico-tbeologicus ad Evangelica, Domini festisque diebus dedicata", Yol. 1 — 4,
1745—57. 2Iu|erbem beforgte er 1736 eine forgfältige 3lu§gabe be§ neuen
j^eftamentö mit SInmerfungen unb 1737 eine gleidt)e mit ber lateinifc^en lieber^
fe^ung be§ Arias Montanas. @r fc^rieb aui^ eine ^tn^a^l S)i§putationen unb
Programme pr Äriti! unb (Syegefe be§ neuen 2cftament§ , fotnie bogmatifd£)en
Snf)alt§. 6nblid) !am noc^ 1775 au§ feinem "Diacfilaffe l^erau§: „Aunales Aca-
demiae Yitebergensis 1655 — 1755, usque ad annum 1772 continuati ab E. G.
Cbr. Schroedero".
5BgI. melung. ^Jleufel, 2er. ^tat^Iet, ^e^tleb. ©ete^rte, Y. 64. mo]ex,
^Beitrag ju einem Sej-ifon bei je^tleb. Sl^eotogen, ©. 221. ©trobtmann, 33e^=
©eotgi. 713
träge jur öiftorie bei ©ela'^tt^eit , IV. 265. S)effctben 9leuc§ gel. Europa,
I. 273. Döring, 2t)eoIogen %eut]ä)iax\h?> im 18. unb ly. 3a^r^., I. 489.
9teb§lo6.
®COrgt: .!ptei-onr)mu§ 6., geboten ben 13. 5Jki lii59 3u Königsberg,
routbe ben 26. 5(prit 1685 bafelbft ^Jlagifter unb 1694 ^rofeffor ber *:poefie,
f)at au(f) einige pf)i(oiopt)ijd^e unb äft^etifd)e Scf)riTtcn Ifjerauegegeben. (Sr er=
toarb naä) bem 3:obe ber SBitttrc be§ Suc^brucferS Siegmunb C'ange, bie in
beffcn 5Befi^ gefommcne nteici)'id)e 33u(^bru(f erei , fc^te fie jüt eigene 9te(f)=
nung rort unb er'fjielt bafür unterm 26. ^uti 1701 ein '^^riöitegium. 3n bem=
klben ^at)re mact)te bie SBefi^eriu ber Dieu^ner'ic^en ^ud)brucEerei , bie 2Bittn)e
6atf)arine Üteu^ner, einen ^rocefe gegen if)n on'^ängig, angeblict) wegen ^n=
le^ung itire^ ^:psriüilegium§. S^ie gntjdieibung bieje§ 9tec^ts[treite§ aber fiel nadi)
bem öom König beftätigten Urtl)ei(lfpruc^, d. d. 1703 ben 27. September, ba=
'^in aus, ba| „alle in ben gemeinen 8anbe5= unb ^^soüjeifac^en , mie aud) bei
ber 2Itabemie üorrallenbe ^mprimerie, unb teomr ha^ 2;ru(ferlol§n ex aerario
publico geja!)lt luirb , allein in ber 9teuBner'ict)en Sruäerei gemacht merben
foHen ; loenn aber au^erbem ^emanb cttua» , e§ feien afabemifc^e ober anbere
(Sd^rirten unb ^ü(^er ausge'^en laficn moüte, fo i'te'^t bem, ber bicfelbcn brudEen
(ä^t, frei, felbige, in melc^er DrudEerci er loill, brucfen ju laffen, o^ne baB er
fo roenig ju ber einen, al§ ju ber anbern Cfficin präcife fi^ ju Ratten öerbunben,
^rofeffor @eorgi bürre feinen 3}er(ag frei öerfaufen ober anbern überlaffen. 2er
a^ertrag ^mifc^en ÜteuBncr unb :l>vofeffor Uexä) fei nid)tig, weil ber König nicf)t
gefonnen fei, nur eine Suc^brucferei galten ]u laffen unb bcrfetben gleic^fam
ein ^JJlonopol ju geftatten, fonbern fotiiele ju conceffioniren, al§ er für bienfam er=
ac^te." 9leuBner ^tte mit Oteii^ einen 3}ertrag unterm 14. Cctober 1675 ge=
fd)loffen, tDornad) 5Reic^ bem ÜieuBner ben S;rurf alter S(f)ulbü(i)er unb afabc=
mift^en Sd^riften überlief, o^ne i:^n je in biefem 9ted)te becinträt^tigen ju
wollen. Ö. brucfte jeborf) nic^t lange, ba er fcf)on 1709 feine Cfficin an bie
eöangelifrf) = reformirten Kirchen Sit^auens Derfaufte. 6r mibmcte fi^ ganj
miebcr feiner ^^^rofeffur unb feinen ©tubien unb ftarb am 12. 2fuli 1717 ju
Königsberg.
a3gt. (gieinfe) ©efc^ic^te ber ^uc^brndEercien in Königsberg, ©. 18. 30.
Strnolbt, |)iftorie ber Königebevgif^cn Uniüerfität, IL ©. 403 u. 404. ^i-
fan§fi, ^ijireuBifc^e :^iterärgefcf)i(f)te. Keld^ner.
©corgt: ^ol^ann ®, eiTic^tete im S. 1664 ju Seipjig eine Su^bructerei
unb leitete fie bi§ jum ^. 1701, worauf fie an So'^ann Gaspar illüUer im 3-
1702 überging unb im ^. 1717 uon SSern'^arb ß^riftop^ Sreitfopf au§ 61au5=
t^al, ber bie Söittwe 1719 ge^eirat^et l^atte, fortgefe^ Würbe (fie^e ben 91rtifel
58reittopf u. gärtet Sb. III. S. 296 , fo baB f^e unter anberer girma ^eute
noc^ befte'^t. lieber bas Seben oon @. ift weiter nichts befannt.
§affe, @efc£)ic^te ber Scipsiger SBud)brudEerfunft, Seipjig 1840, ic.
K e l d) n e r.
" ©COrgi: Sodann ©otttieb @. , geb. 1738 ju Golberg in ^:pommem,
t ben 13. DZoö. 1802 ju <Bi. ^:peter§burg. i^n feiner feeimat^ ^Ipot^efer, reifte
er 1769 nai^ 5|ßeter5burg , wo feine üielfättigen unb praftifd^en Kenntniffe i^n
fo empfal^len, ba§ er fc^on im ^uni 1770 einer ber Wiffenfc^aftlid^en (yrpebitionen
unb 3War ber fogen. Crenburg'fd^en, bie bamalS unter ^4>rofeffor galcE arbeitete,
beigefeilt würbe, ^lit biefem reifte er in ber Kirgifenfteppe unb äÖeftfibirien.
1772 würbe er^^'attas beigegeben, mit bem er 1772 — 74 gro^e Il^eile bee mitt=
leren Sibiriens bereifte. (5ine feiner Hauptarbeiten war ^ier bie Umfdjiffung
bes Saifal unb bie Slnfevtigung einer Karte beffelben. 1775 ernannte if)n bie
?lfabemie ber SBiffenfc^aftcn ju Petersburg ju il)rem ?lbjunften. 1783 würbe er
714 ©corgii.
^Mfeffoi- ber ß^emie, 1799 goEegienvat^. S)ag .^aupttoerf ©eovgi'S i[t bic
„@eogrQp'^tj(i) = f^t)fifaUjd)e unb nQturt)iftoi-ifci)e SSejdireibung be§ tu|[tf(i)en
9f{eid)e§" (5 S3be. unb ^Mc^tr. 1797—1802). 3)ic bebeutenbfte feiner gieifen
!§at er in „SSemerfungen auf einer Oieije im ruffi|rf)en Üteid)e im ^af)xt 1772"
(2 23be. 1775) befd)rieben. SSemerfenSnjertt) finb ferner: „33cfrf)rcibung aller
^Jlationcn be§ ruffif(i)en 9teid)e§, i^rer ßeben§art, Üteligion, ©ebräudie ic." (2 SBbe.
1776) unb ^al^lreidje ted)nifci^e unb t)oIf5mirt^fcE)aftlici)e 3lb'^anbtungcn, toie bic
ipreigfdiriften „Ueber bie öort^eil'^Qften ^Nebenarbeiten berSanbleute be§ ruffifd^en
gftcid)e§" unb „äJon ben ^üdienfalaen rufftf(i)cr ßanbfeen unb ber beften 5lrt it)rer
Steinigung" (^bl^anbl. ber Petersburger ofonomifdien ©cfeüfd^aft, 33b. I. u. II). —
@. tnor einer ber öcrbienftlidiften unter ben ^atilreirfien beutfrfien @ele!^rten, toeldtie
an ber ©rforfd^ung be§ ruffifd)en 5Kei(i)e§ unter --paEaS 2;^eil genommen. ^Jtit
praftifdiem 33licC, ©c^arffinn unb öielfeitigen ^enntniffen auSgeftattet, founte er
©r'fieblidieS Iciflen in einem Sanbe, ba§ bem gorf(i)ung§trieb be§ ©elel^rten el6cn=
fobiel 9lnregung bot, tt)ie bem 2}erbcfferung§tricb be§ ^raftifer§. ©eine 3lrbeitcn
ge^en aUe auf ben ^unft, finb frei öon 9lbfd)meifungen unb *^^rafen unb bur(^
bie äat)treid)en fclbftänbigen 23eobac^tungen, bie fie umfcf)lie^en, norf) immer öon
äöert^. ^Ka^el.
^5cor(jii: 6berf)arb (^riebricf) ©., öcrbienter toürtembergifdier ©taat§=
mann, geb. am 18. 3fan. 1757, f am 13. Slpril 1830, @nfel beS folgenben unb
©ot)n be§ tt)ürtembergif(^en ©eneralmajorS ®. 3luf ben Uniöerfitäten Tübingen
unb ©bttingen gebilbet, mürbe er im ^. 1780 für furje ^eU iprofeffor ber
Oted^te an ber berü'^mten ÄarI§fcC)ute , fpäter gtegierung§= unb ßonfiftorialratt),
audj ^ird^enfaftenSaböocat, in ben ^. 1797 — 99 tanbftänbifd)er (Sonfulent unb
in biefer ßigenfd^aft ftänbifdier 3)eputirter auf bem Gongre^ p ütaftatt. Stad)=
bem er mieber in feine früheren 5lemter ^urücfgefefirt, erfolgte ju Snbe be§ ^.
1805 ber Umfturj ber alttoürtembergifd^en 9}erfaffung burc^ ^önig ^^riebrid^.
^n ^olgc biefeg @reigniffe§ öermeigerte @. aug (55eiDiffen§pfIi(i)t ben, ben S3e=
omten [tatt beg ücrfaffungSmä^igeu S)ien[teib§ nunmel^r abbeiiangten unbebingten
©ib unb 30g fid^ batier in8 ^riöatleben jurücE. 'iJlad) einiger 3ett ieboc^ uneber
in ben ^ufti^bienft eingetreten , mürbe er im Serlaufe einiger ^al^re ^räfibcnt
be§ mürtembergifc£)en Dbertribunalg. @r mar aud) im @ebiet beg (£iöi(rerf)t§,
fotoie fpeciett beg mürtemb. Äird^cnrec^tg fdf)riftfteHerifc^ fEiätig.
5Bgl. ©c^mäbifd^e 6t)rDnif Don 1830, ©. 439 f., 443 f., ©ammlung
öon ßebengbefc^reibungen k, betr. bie ©eorgii'fd^e f^amiüe , ©tuttg. 1876,
@. 81—92. ^. ©tälin.
©corgti: Sfo'tiann 6ber{)arb ®., l^cröorragenbcr toürtembergif^er ©taatg=
mann, geb. ju Urad) am 21. S)ecbr. 1694, t ^u Stuttgart am 20. ^uni 1772.
^n ber .^lofterjd^ule ^u SSeben^aufen unb auf ber Uuiöerfität Tübingen gebilbet,
trat er im S. 1716 atg ^ubiteur unb ©ccretär in bag öfterretdC)ifi|e gtegiment
^^Jriuä Sot^ringen, melcfieg in Italien, befonberg in ^Jleapel, berti)ai|bt tDurbe.
;^m ^. 1722 ging er öon ba in ben milrtembergifdicn S)ienft über, junöd^ft
alg 3lcgicrunggratl) , bann atg Äammer^irocurator unb Ifammerbiredor. -ßr
l^atte ingbefonbere bie ^JJlömpelgarber Slngetegen^eiten 5U beforgen, tourbe aber
aud^ öielfact) ju S3ert)anbtungen mit anbercn ©taaten, in ©taatg=, 'Qlnan^-- unb
.'panbelgangetegen'^eiten öermanbt. Sltg er bem .g)er3oge Äarl 3l(eyanber öon
^ürtemberg bie 33etrügereicn beg berü(^tigten ^uben ©ü^ öormieg , öerftel er
ber gtad^c beg (enteren, weict)er @nbe beg 3f- 1736 feine S)emiffion unb eine
Unterfud^ung feiner Slmtgfü'^rung öeranla^te. ^adt) bem Xobe beg genannten
.«perjogg mürbe er, jumal feine llnfd£)ulb fid^ ttar ertoieg, mieber mit bem Äammer=
bircctorium betraut unb augleid) ©e'^eimerratl^. ^n ben 3, 1741 — 44 toor er
au|erorbentlidt)er ©efanbter am ^ofe griebrid^g beg @ro^en öon 3ßreu|en, tlieilg
öJeralb — ©etbl. 715
um bte Oberaunic^t üBer bie @väief)ung ber brei naä) 33erlin gejanbten tt)üi-tem=
bcrgifcfien '^H-in^eii, barunter be§ 6rB|)rin3en Äart ßugen, ju leiten, tt)ei(§ um
bie ^ngelegenl)eiten be§ j^erjogttiumö , bejfen Otcgierung fid) bamalS nä^er an
5]ßreu|en anfdito^, attba ju beforgen. ^m ^. 1755 mürbe er Gonfiftoriatpräfi^
beut. 31I§ iebod^ jur 3eit ber gemattf^ätigen öetjc^roenberifd^en 9tegierung .^er=
30g ,^arl @ugen§ ber aümäc^tige ^inifter 5Jlontmartin einen neuen ©teuerptan
entmorien f)atte unb ftc^ @. bemfcll6en als einer iÄec^tömibrigfeit im get)eimen
Oiat^e miberfe^te, rourbe er pm jmeiten ^Jlale jcineö Imtes entladen (1764),
erl^iett jmar öon bem Jperjoge, melc£)er jein UnredEit balb einjat), bie 20ßiebcrein=
fefeung angeboten, na^m fie aber nii^t met)r an. (är mar ein fenntni^rei(f)er
unb gemanbter «Staatsmann öon unmanbelbarer 9tec^t(i(i)feit unb tier reügiöfem
8inne.
33gl. ipiaff, SBirtenberg. ^:t5lutar(^ II, 1 — 5. (Sammlung a. a. D.,
©. 17 — 58. ^. ©tälin.
®cralb öon @t. ©allen, im alamannijdien 2)ialect .^erolb , Äer^^o Ib
genannt, toirb in ber öon ©ffetiart IV. öer|a|ten ^tofter(i)ronif al§ einer ber
^eröorragenbften ße'^rer mä^renb ber SBlüt^e^eit ber .^lofterfd^ule im 10. ^ai)x=
^unbert gemeiert. @in @d)üler ^^totferS be§ @tammler§, ber 912 geftorben ift,
joll er öon Einfang feine§ ©ubbiaconateS an ununterbrocfien ber ©diule üor=
geftanben t)aben, bi§ er noc^ jur 3eit £)tto"§ I. in '^o'^em 9lltcr [tarb. @r war
aber au(^ al§ ^;priefter ein gcmaltiger ^rebiger unb öcrmaltete aVi Pfarrer an
ber @ti|t§fir($e bie ©enbgericE)t§barfeit. Singer einer @rmäl)nung im iobtenbuci)
5um 10. 5Rai, mo er at§ ^})lönii), ^^Jriefter unb Slrjt bejeirfinet mirb , fommt er
- nur nodt) öor in ber äöibmung be§ ©ebid^teS öon 2Baltt)ariu§ an ben Sßijc^of
@r^amboIb, aller 2öat)rf(^einli(^feit nad) ben Si|ct)0T öon ©trapurg öon
965 — 91. 2ll§ !Ge^rer l)atte er bem jungen gfteliart I. biefen ©toff au§ ber
altbeutfdien ^etbenfagc 5ur Bearbeitung gegeben, rael(f)en fpäter @!fel)art lY.
überarbeitet ^t. Sft bie gorm unb ©prai^e be§ unter feiner 2luffi(^t ent=
ftanbenen @ebicl)t§ aucf) mangelhaft, fo ^eitfinet e§ fic^ borf) burd^ eine gro^e
grifd^e unb Öebenbigfeit ber Sarftellung au§, unb legt öon bem ireien, ber
9l§cetif abgeneigten ©eifte ber bamaligen 5?lo[terf(^ule ein merfmürbige§ 3eug=
ni^ a^.
mi oben Y, 790 u. 792 bie Slrt. güc^art I. u. (5ffet)art lY.
äß. äöattenba^.
©cracrt, granciScaner öon ©. Ironb, bic^tete im 14. ^a'^r^unbert nad)
bem X^aternij^en be§ 2^oma§ 6anttmpratenfi§ bie SebenSgefd^id^ten ber l). ^xi-
ftina öon ©. Jronb (herausgegeben öon S- •&• Normans, (Sent 1850; unb ber
f). öiutgarb öon Tongern (l)erau§gegeben öon bemfclben in 2)e S)ietf(i)e 2öa= ,
raube III, ?lmftetbam 1857). lieber bie beiben ^eiligen ögl. ^$reger, ©efdl) b.
beutfd^en 5Dftt)fti! im ^M. I, 60 ff. — (gin anberer S)ic^ter ift «ruber (S. ö a n
8ienl)out, ber au ©ent im ©tile 9]laerlant§ ein aftronomifc^=meteorologifc^e§
^el)rgebi(i)t öerfa^te (:§erau§gegeben öon ^. dlariffe, Seiben 1847, Niemve Reeks
van YVerken van de Maatschappv van nederlandsche Letterkunde lY).
5)lartin.
(Btthl: Sorenj ©., ^itiffionär, geb. am 25. ^uni 1830 ju 2öafferburg,
ftubirte 1841 in ©d^eiern unb 1844 in 5Ründ^en Sotanif, ^W\^l (J^emie,
mürbe ber gjlittetpunft einc§ fteinen ftrebfamen ÄreifeS öon i^ünglingen, mibmete
fid^ bann ber Jl^eologie, mürbe 1855 $riefter unb begeiftertc fidt), burc^ bie per=
fönlid^e 25efanntfd§aft mit bem ^roöicar Änobledier angeregt, für bie central=
afi-ifanif^e ^Jtiffion. 'Rad} grünblid^en iöorbeteitungcn, (Erlernung öon ©prad^en
:c. in IRom, ging @. im 3tuguft 1856 öon Srieft über Slleranbrien mä) ^at--
716 ®«bl — ©erbeliu».
tum, too ber öielöerfprei^enbe, eble, ganj ibeal angelegte Jüngling nur 3U 16alb
j(f)on am 11. S^uli 1857 bem g^ieöer erlag.
33gl. ben Diefrolog üon ^. ^Ji. ©c^netber im XX. Sfal^reöberid^t be§
Woi-ijc^en 3}erein§ öon Cöerbaiern für 1857 (1858), ©. 89—94.
,^t)ac. ,g)onanb.
©erbt: ^t)iUpp @., geb. am 21. ^an. 1719 ^u Sraubenbac^ in 23aiern,
Sfejuit, Seigrer be§ canomfd)en ^eäjt^ an ben (Sottegien ju ©ttmangen, 2lug§burg
unb f^^reiburg im 5Br., nad) ber Sluffiebung beä Drbenä 33eneficiat in 2lug§burg.
©rfiriften : „Diss. can. de impedimento clandestinitatis , an ex const. apost.
Bened. XIV. pro acatholicis foederati Belgii provinciis de eodem edita soli-
dum pro Germaniae quoque nostrae locis acatholicis argumentum deduci possit.
Aug. Vind.", 1761, 4. „D. can. de fraudulenta legis declinaiione", ib. 1760.
De Backer, Bibl. IV. 270. ö. ©dE)uUe.
©crbeliu^: 9lifotau§ ©., geb. in ^ßfor^tieim {^af)x nid)t betannt), t in
©traPurg 15G0. 6r ftubirte 1506 in .fföln, ber |)0(i)fd§ule, bie, tro^ i^re§
fd)Iimmen 3lufe§ fo mand)e tüchtige 9]länner bamal§ auSgebilbet ^at, üon mo
au§ er mit ^o1). 2;rit^emiu§ einen iJ3riefroed)fe( untert)ielt, bann 1507 in äßien,
roo er fid) in 6elti§ collegium poeticum ben Seinamen 5Jtujop^itu§ gab, in
Söiener S)ruc£ereien al§ geleierter ßorrector fEjätig mar, u. 0. bei ber burd) 33ern=
!§arb ^erger neu herausgegebenen lateinifd^en ©rammatif be§ 5Zif. ^ßerotto,
anbere ©d)riiten, 3. S3. Albertus Magnus: „De natura locorum" (@tra|burg
1515) mit empfe'filenben 2)ifti(^en begleitete, Don bem .^iftorifer 6u§pinian be=
fonber§ unterftü^t würbe, bem er jeittebenS feine Sln^^änglid^feit bema^rte, au(^
mit feinem gro|en 2anb§mann ^teud^lin in Sejiel^ung trat (9teud)lin"§ S3rief=
mec^fel, Stuttgart 1876, ©. 173 u. 299). 9leuc|lin'g 2ob |at ®. fjjätet in •
mand)en 23riefen l^erjlid) betrauert, 6u§pinian'§ ©(^riften: „De caesaribus at-
que imperatoribus", 1540, „Cassiodori chronicon", 1552, i§at er forgfältig
l^erauSgegcben , ber erfteren eine Siograp^^ie 6u§pinian'§ beigefügt. Sei biefen
2lu§gaben ift er blo§ ©bitor, nid^t etma aud) Kommentator; bie Siograp'^ie 6ug=
pinian'S ift mef)r ber begeifterte ^anegt)rifu§ eine§ enf^ufiaftifd^en ©djüter§, al§
bie frittfd)e SBürbigung eine§ ."piftoriferS, mel^r ber bantbare Tribut für cm=
l^fangene SBo^^ltl^aten al§ eine miffenfd^aftlidje 5lrbeit. Sauge beüor er biefe
Siograp^ie fd)rieb, ^atte er SCßien öeilaffen. 1513 treffen mir i^n in Bologna auf
ber itatienifd^en ©tubienreife , bie not^menbig 3ur ?lu§bilbung be§ .'pumaniften
gel)örte, mo er fid) bie juriftifc^c Soctortuürbe ermarb, bann in Safel, mo er in
bem @elel)rtenl)erein fid) befattb, ber in einem ©ebic^te be§ @ra§mu§ gepriefen
mirb, feit @nbe 1515 in ©ttaPurg. S)en 2;itel jureconsultus beljielt er bei, be=
mü^te fid) aud) in ber erften ^eit, mic er f(^rcibt .,in curiis ecclesiasticis causas
agere", l^at aber öon feinen j;uriftif(^en ©tubien nur ein 3engni^ t)interlaffen, bie
„Vitae jurecousultorum" (Safet 1537), bie mir freilid) nur bem ititel nad^ be=
!annt finb. ©päter mürbe er in ©tra^urg , too er fic§ am 11. 2)ecbr. 1525
öer^eiratl^ete. Seigrer unb ^ßrofeffor ber ®efdl)idete unb mar, ebenfo mie früher in
SBien, at§ gelehrter ßorrector einiger ©tra^urger unb benad)barter ^agenauer
S)rudereien tl^ätig. 2lu(^ ba§ t)äterlid)e Talent ber "DJtalerei fc£)eint er au§ge=
bilbet 3U ^aben. 2Benigften§ ift eine ^Jtad)rid)t erhalten, ba^ er 1540 bem auf
bem Stagc 3u ^agenau anmefenben fran3Dfifceen ©efanbten 2a3aru§ 23aif ein
üon i^^m gemad^teS (SJemälbe, bie ©tobt (Senua üorfteüenb, gefdC)irft l)abe. 5tu|er
mit ben genannten Söiffenfd^aften unb fünften bef^öftigte er \\ä) aud§ mit ber
Sll^eologie. S)enn , mie feine g^reunbe be^uptetcn ,' begcl^rte er 3uerft bie ©tette
eine§ @eiftlid)en in ©tra^urg, tonnte fie aber nid)t erlangen unb na^m fie
bann nidt)t an, at§ fie i^m 3U fpät angetragen mürbe. ?lber menn er aud) fein geift=
li(^e§ ?tmt belleibete, fo bett)eiligte er fid£) boc^, mie bie meiften ©elel^rten jener
@erbeltu§. 717
3eit, an ben leligiöfen .<?ämpicn unb jtoar a(5 eifriger !Qutf)erancr in einer
©tabt , in roelc^er ^l^itgüeber aller neueren SteligionSparteien aurtraten unb bic
9tciormirten batb bie .!perrjc^aft erlangten. 3u biefer («Definnung rourbe er ]ü=
öörbcrft burc^ Treunbfc^aft(i(i)e S3ejie^ungen gebrängt, roclcf)e er Don hui) an mit
2utf)er unter{)ielt. Öutf)er l^atte [i^ fc^on Oon ber 3Bartburg aul an if)n ge=
roenbet, if)n fpäter ^um *4>at^en feine§ älteften Sohnes gemacE)t, if)m 1528 ein
glänjenbes Scugni^ au§geftellt; baiür untcrri(f)tete @. i^n üon allen t^eologi«
f(i)en 3}orgängen in ©trapurg, ni(i)t of)ne geltjäfiige 33einertungen gegen bie
leitenben Männer, öeröffentlicf)te 1522 ^^ut^er's Derle^enbee ^djxtxben an 6apito
in beutfc^er Ueberfe^ung, roünjd^te aber später eine Söcriöl)nung 3tt}ifcf)cn Sut^er
unb ben Dberbeutjcf)en anjubafinen unb ermaljnte erfteren, öjeniger ^ejtig in
leinen 3d)rirten gegen bie (enteren aui^utreten. Unter ben Öuf^eranern tierfe^rte
er aufecibem befonberl mit 5}lelan(f)tl)on, mit bem er burrf) Ianbemännij(f)e ©efinnung
eng öerbunben mar unb burc^ ben er öon ungered)tfertigten ?lnflagen befreit mürbe
unb aud^ mit 58ugenf)agen ; unter ben 3teformirten mit 33uccr unb -öebio,
melcfier le^tere mit i^m in manchen religiöfen 3(nfic^ten übereinftimmte. (5r
fd^rieb au^ einen „©enbbrief bem flaijnenn i)eufflin ju ^Jßfor^^aim burrf) 91ico=
laum Öerbellium", 1523, ber bem „Sermon ^oi^. <Bd)'toehei'^" oorangeftellt ift,
in welchem er feine ßanblteutc unb @efinnung§genoffen jur ©otteöfurc^t ermahnt.
%u^n mit ben (Benannten mec^felte er Briefe mit Wxä). öummelberger IRündjen,
^ofbibl.) unb ^o^. (5rf)Webel (^toeibrücfen 15^7). ^in Beugniß feiner t^eo=
logifrf)en unb :^iftorifd^en Tieigung ift feine ©c^rift: ,.De anabaptistarum ortu et
progressu", bie aber gänjlid) Derf(i)oIIen ju fein f(i)eint. 2)agegen finb mef)rere
3eic^en feiner '^ifiorifc^^geograp'^ifc^en 2:l)ätigfeit erhalten. 3""ft bie fteine
3lrbeit „X. G. in descriptionem Graeciae Sophiaui praefatio" (juerft 33afel
1545, c. 90 <B. in gol.). S)ie ©d^rift ift feine§roeg§ blo§ eine 5ßorrebe, fon-
bem eine üoüfommene Sdiilberung ber einjelnen Sanbfc^aften unb <5täbte be§
alten @ried^enlanb§, meldte &. im 31uftrag be§ Su(f)^änblcri Cporinul, bem er
auc^ einjelne Cuetten, 3. S. ben bamale nodl) ungebrudften 2lelian, öerbanfte
unb auf 3lnregung be§ 3^oad§im damerariuS oerfaBte unb al§ Gommentar ju
ben ©täbtebilbern be§ X. S. ^in^ufügte. 2)ic 9lrbeit, ben (Brafen 2Bitl)elm unb
Ctto ü. dberftein, bereu 53ater unb Cnfel &. berpfli^tet toar , geroibmet, .^eigt
eine fe^r ^übfd§e 3}erbinbung geograp^ifdf)er unb ^iftorifdE)=antic|uarif(f)er 5)lit=
tfieilungen, unb beftel^t ^umeift in einer ?lneinanberrei:^ung öon stellen au§
römifc^en unb gricc^ifd^en Sdiriftfteltern. 'Iber aud^ bie mobernen, toie grmotao
$8arbaro merben nid^t öergeffen; befrcunbetc bcutfdE)e 3eitgenoffen, mie ber ^at^e=
matifer (S^riftmann öerlinuS, ber Apiftorifer Gaspar |)ebio, ber ^f)ilologe 3trnol-
bu5 5lrleniu§ unb ber |)ebraift ^^paul (yagiu§ merben gerühmt, bie Stabt 'Jlugs^
bürg gepriefen, meit fie foftbare .^aubfcliriTten aus @rie(i)enlanb unb Italien
ermorben unb ©traßburg jum dufter oorge^alten; SttapurgS ^agc au5Tü"§rti(^
mit ber 6orintt)§ üergli(f)en. (Belegentlid^ fommt bann aud^ bie beutf(^_=patrio=
tifc^e Stimmung jum %u^hxnä), fo ba^ er hei ber Sßermüftung Oon xljeffalonien
traurig unb ftagenb ber 3erftörung Ungarns burc^ bie dürfen gcbenft, mäbrenb
er fonft, al§ echter .ipumanift, gern ben 3tut)m unb bie 9}ortrefflic^feit ber 3"t
oerfünbet, in metct}er er lebt, ^er Sefcfireibung ber einzelnen Stäbte unb öanb=
f(^aften folgt eine 31ufää^Iung aller geogtap^ifc^ roid^tigen ^^unfte mit "Eingabe ber
geograp^ifcl)en ^änge unb SBrcitc. liefen all Söorläufer üoraufgefdl)icften Sc^rirten
folgte 1550 ba§ A^auptmerf: „X. G. Phorcensis pro declaratione picturae sive
descriptionis Graeciae Sophiani libri septem" (c. 300 [yoliofeiten mit Oicien
.harten). (5§ t^eilt bie 9}or5Üge mit bem ooraufgel^cnben ©cf)rif tcl)en : e§ ift ein
ooIlfommene§ Se^rbud) ber p^tjfifd^en unb politifc^en (Beograp^ie bee alten
(Brie^enlanb§ , alfo felbftöerftänbtic^ ni(^t bie Sefd^reibung biefel iGanbei nad^
718 ®erber.
etgenex ?{nf(i)QUung , jonbevn ftreng noc^ ben 9JUttt)ei(ungen bei alten ©(f)nTt=
fteUev, 5Dieje toeiben in i^ret Uebexeinftiminung mit ober 3ibn)eict)ung üon bcr
3eic^nung bc§ ©opf). aufgezeigt, mit fritifc§)en SSemertungcn begleitet, bie
nid^t leiten eigene p'^ilologifdie ßonjccturen enthalten obev bie Slnbeter betrachten.
Slu|er ben geograpt)i|(^en 23emer!ungen finben fid) aud) gefc£)id)tüct)e Slbjd^nitte:
ein furjcr Slbri^ ber griedf)ifd)en (S5efcl)i(i)te über!§aupt, Erörterungen über 6nt=
ftetjung unb 5tu§16ilbung ber griediifd^en ©pradie, über bie ©itten ber @ried)en.
S3ei ber iöe|(i)reibung eine§ jebcn einzelnen SanbeS werben bie Slutoren aufge=
füt)rt, bie barüber gefd)rieben :^aben, nidit feiten aud^ foldie citirt, bie nur ll)anb=
fdiriftlicl) öortianben waren, bie @. aber hod) beuu|t ober öon bercn ßjiftenj er burcf)
greunbe gel^brt l^at. Sei jeber ßanbjcl)ait unterfd^eibet er regiones, montes,
tlumina, urbes, insulae, bie er alle einzeln burdige'^t, oft mit großer 3lu§fü'£)r=
Iid)!eit, Wenn er firf) audl) '^äufig genug beSwegen entfc^ulbigt, ha^ er fürjcr fei
al§ bie 2ßürbe be§ ©cgenftanbeg erforbere. ©nblid^ mu§ ®. al§ ,sperau§geber
cineg Ijiftorifd^en äöerf(^en§ genannt werben: ,,Icones imperatorum et breves
vitae atque rerum oujusque gestarum indicationes: Ausonio, Jacobo Micyllo
Ursino Yelio authoribus", ©tra^urg 1544, bem er eine SSoirebe tiorangcfd^itft
I)at. S)a§ 3Cßerfdl)en felbft, mit übermäßig fcl)leci)ten 23ilbniffen, fügt ju bem
23ilbe fine§ jeben i^aiferä (nur feiten fel)len bie 23ilber) je brei S)iftid)en t)inju,
öon benen je ein§ für aHe ^aifer bon Urfinug 23eliu§ geliefert ift, Wäl^renb bie
beiben übrigen bi§ ^u 5llerauber SeöeruS bom 2lufoniu§, Don ba an bi§ 'Qtx^
binanb 1. bon i^af. 'J}Hcl)llu§ f)errü^rcn.
5ßgl. bie fc:l)r fcltenen im ä^orfte'lienben be'^anbelten ©d)riftcn be§ @. ;
ferner ^eld^. 5lbam, Yitae jurecons. .speib. 1620, <B. 133 ff. Ütö'^rid), @efd).
ber Üleform. im ßlfafe I. u. II. passim. 9lfdl)ba(f), ®cfc^. ber 3Bieuer Unib.
II. (1878), ©. 316—18. ^orawil, Slnaleften 3. ®ef^. beg .f)umani§mug
in ©diwaben (SBien 1877), ©. 49 ff., 55 ff. ßubwig (feiger.
ÖJcrbcr: gl^riftion @., lut^erifdi)er Pfarrer unb ©d)riftfteller, Würbe 1660
äu ©örnilj unweit S3orna bei Seipjig geboren. 5tacl)bem er 1679 3U Seipjig
unb 1684 3u Söittenberg , Wo er aud) bie ^JlagifterWürbe erWarb, Xl)eologic
ftubirt '^atte, würbe er 1685 ^^Jrebiger au 9iotl)fd)önberg , 1690 3U ßodwi^
in ber 2)regbener i^nfpection unb ftarb bafelbft ben 25. 5Jtai (nid^t am
24. gnära) 1731. gr ift 3}erfaffer be§ j?irdl)enliebe§ : „2Boll)l bem, 'ber ©ott
3um (5rreunbe ^at". 3ll§ ©dl)riftfteller "^at er fidl) burcl) met)rere 2Ber!e be=
fannt geniad£)t, bereu infonbert)eit eine§ für bie beutfd^e ©pridl)Wörter!unbe, fo=
wie bie ©ittengefdfc)ic^te be§ 17. Sat)r§unbert§ bleibenben äöertl) Myäli. ^n
biefem, Weld)e§ ben 2;iiel ']üt)xi: „Unerlanute ©ünben ber Söelt . . ." S)re^ben
1690. 8. (britte gbition: 3 X^le. 2)reBbcu 1699. 8. [äöeimar. ^a^rbb. lY,
299]; bierte gbition ebenb. 1701, 8), ergel)t fid^ ber 35erfaffer (©. 1267-86)
über bie „undl)riftlid)en ©)3rü(^wörter", Wcld^e§ .^abitel er mit ben fotgenben
äöorten einleitet : „^Jtun werben etlid£)e fel^r grobe unb unflätige ©brüd^Wörter
folgen, ba mir grauet, felbige fürjuftellen , weil fie aber hoä) fo gemein fet)n,
tan id) nid)t für über. S)ie groben ©äun, bie bon ber 6rbar!eit Weber in
SBorten noc^ 3ßerfen uidl)t bil ^Iteu, pflegen p einem ^JJlenfd^en, ber il^ren
©ebandcu nad^ ^ur Unjeit rebet, au fagen: 2)u folft uic^t et)er reben, bi§ bie
Äul)e uiefet, algbcnn folftu fagen : .!pelfe bir (Sott, liebe (BroBe=^utter ... 61
fömmet aber uod^ gröber unb ärger. S3iele fpred^en au§ Unwillen unb Sßer=
adl)tung au bem ^Jted^ften: X^nc mir Wa§ anber§: £)ber red^t beutfdl) ..." (bgl.
@oet^e'§ ®ö^, erfte 3lu§g. 1773). 2)a§ 24. Äapitel fprid^t bon ©tocE= unb
©d^ald§=^Iarren, ba§ 26. „bon ber 3;runcEen^it" unb enblid^ ba§ 74. „bon
©ntblöffung ber SSrüfte". Sgl. über äl)nlicl)e 23et)anblungen fogen. gotttofer
©brüd^Wörter: 6. ©pangenberg, Elegantiarum veteris Adami decades sex,
eiöl. 1562. 8. (gjlünd^en: ©taat§bibl., bi§ je^t unbefannter erfter S)rud); ^.
(Serber. 710
^Mxt ©c^ameliu^, ©piid^tüövtct , . . fBdä)t S^m SDecfel bei- ©ünbe . . . t)or=
gef(i)ü^et toexben . . . ßeipaig o. ^. (1716), fl. 8 (in S)re§ben); 6. ^et^ner,
©ottlofe (5^nd)tt)örter , i^ena 1705, 8.; ^, @. ©diul^e. De abusiono quorun-
dam prouerbiorum, 9laum6urg 1740, 4. 6ine ^toeite proöerbiali^e (Sd)riit:
„Sylvula sententiarum ... Dresdae ... 1700% 12. («Ulünc^en: (5t. = S3i6I.)
enthält 1983 tateinifc^e unb gvied§ij(^e meift pi'ofai|c^e unb alpt)abetif^ ge=
orbnetc (Sentenzen, bie iebod^ burcf) 1969 beutfc^e @ä^e loiebergegeben finb.
S)ie|e Sylvula. ju beten ^erauSgaöe, me aud) bet öotigen Sammlung ®. burd)
ba§ 3m*eben bcö 2:^eologen 6t)r. ©ciiücr (t 1693) Bcftimmt ujurbe, ift nun
atterbtng§ öoüfommen Trei üon afl jenen übel öevmerften anftö^igen unb „in=
ciöilen" ©prüi^en, aber fie ift aucf) frei öon iebem öott§mä^igen Äernfprud^c,
gieimc ober g{eben§art, unb nur mit mixijt toerben 400 beutj^e ©prirf)tDörtcr
gejunbcn, bie ju bie|em Atomen bered^tigt [tnb unb felbft bieje get)örcn au ben
getDöi)nliii)ften.
i^öc^er, wo aud^ fummarifd^ feine übrigen ©d)ri|ten angegeben finb.
SSaur, |)anbtt)örterbu^ II. ©. 417—18. 2riniu§, (Sefd^ic^te b. @otte§geI.
I. ©. 269 ff. S)u^teffi§, Bibliographie Parömiologique 1847, ©. 338,
^. ^rancE.
®crbcr: era§mu§ 65., ein bifdiöflic^ ftrapurgifc^er .g)interfaB au§ 9}lol5=
l)eim, erfd^eint im t^i^ü^ja'^i-' 1525 al§ ^ü'^rer eine§ ^aufen§ unterelfäffifc£)er
33auern, ber im Stifte ?lltorf fein äöefen trieb. Söcreint mit ben |)aufen öon
©tep'^angfelben unb 9leuenburg tub er bie ©traputger ^^räbicanten ju einer
®i§putation nad^ Sittorf ein; ba§ (Sefpräd) blieb ot)ne ßrfotg unb noc^ am
f eibigen 2;age (18. Slpril) toarb ®. jum oberften i^auptmann ber öereinigten
Raufen, cttoa 20000 ^ann, ertoäl)lt. 9ll§ fold)er fü^rt er eine lebl)afte 6or=
ref^onbeuä mit ben Sauernliaufen unb mit bem 6trapurger üiat^e, toeld^er
3tDifd)en iperrfdiaften unb 23auern üermittelte. Siefelbe jeigt in &. ben ge=
fd^idten ^ül^rer, aber aud^ ben pfiffigen Sauern, wenn er 3. S. bie ben SSauern
geneigten Elemente in ©tropurg, bie ^e^ger unb ©ärtner, an fid^ m ^odm
fu^t. S)uxd£) fold^e Unäuüerläffigfeit toarb bie 5)i5glid)feit einer friebli(^en
ßöfung öerfd)erat, bie Sage Don Obere^n^eim unb ^oBl^eim blieben erTolglo§.
©eit bem 28. Slpril ift ©erber'l Hauptquartier in «ntauerSmünfter ; üon bort
au§ bominirte ber „t)elle ^aufe" in ' ben geifttic^en ©tiftern ber Umgegenb, bie
geplünbert tourben , o^ne ba^ fid^ babei bie äöilb^eit be§ fd^toäbifdien «auern=
friegeg gezeigt :§ätte. S)em tjeran^ie^enben .»peraog Slnton Pon Sot^ringen gcgen=
über gemannen bie SSaucrn einen ©tü^punft (13. ^ai) an ber bifc^of liefen
©tabt 3abern, bereu 33ürger fid^ bem 5lufru:§r anfcf)loffen. äBä^renb ®. nod^
mit ber «efa^ung be§ nahegelegenen ©d^loffe§ ^oljbarr um llebergabe unter=
iianbelte, !am am 15. ^Jlai ba§ i^eer be§ Herzogs Oor ber ©tabt an, unb nad^
refultatlofen ©d§armü|eln 3toifdt)en ber ©tabt unb bem angreifenben ^eere mürbe
am 16. ein 53auernl)aufe bei bem S)orfe ßupfftein untoeit ,3abcrn burd^ bie
Sot^ringer öernid^tet. Unter bem entmut^igenben giubrud bicfer 9Ücbertage he=
gann ba§ 23auern^eer 3U fc^mel^en unb &. untcrlianbelte über freien Slbjug ber
©einen. 2)ie (Kapitulation fottte am 17. gjlai au§gefül)rt toerben, aber bie ab=
aietienben Raufen tourben treulos überfatten unb nad) ber geringften Eingabe
16000 aSe^rlofe niebergeme^elt. 9tad)träglic£) fud^ten bie 2otl)ringer bie§ ba=
burd^ 3U red)tfcrtigen, ba^ fie bem (B. ^interliftige 3lnfd)läge auf ferneren 2öiber=
ftanb unb boppelte§ ©piel beimaßen. ®. toarb gefangen unb am ^;>lbenb be§
SlutbabeS aufge^enft. @r ftarb in '^erau§forbernbem £rot Sllbred^t.
(icrkr: ©ruft ßubtoig &., geb. am 29. ©ept. 1746 3U ©onberä^aufcn,
t am 30. Suni 1819 bafclbft. ßr mar ber jüngere ©ol^n üon >^einrid^ ^5tic.
®. (f. u.). Untet ben 35ater§ Seitung unb geförbert burdf) ba§ bama(§ in
720 ©erbet.
©onberSl^aufen f)en*f(f)enbe rege ^Jlufifleben , befi^äjtigte er ]iä), o^nc bie tt)ifj[en=
fc^aftlic^e 9(u§bitbung ju Oerjäumen, frül^ fcf)on praftifd^ unb tf)eoretifd) mit bei;
^ufif. 6v toutbe im 6tat)iev= unb £)i-gel=, tüie aud^ im 33iotonccttfpiel tüd)tig
unb componivte aud); früt) |c£)on trat 6ei if)m eine entfd)iebene Neigung jum
©tubium ber 9Jtuii!gefc^ict)te ^eröor. 3tui ber ©d^ute ju ©onber§{)au|en öor=
Bereitet, ging er 1765 na(^ fieipjig, um ^nxa ^u ftubiren; bod^ »onbte er fid^
Ipäter faft au§|cf)lie|Ud^ ben fd^önen SBiffenfd^aften 5u. ©eine mufifaüji^e S3il--
bung ianb in ßci^jig bie mannigfad^fte unb gebiegenfte 9lal§rung unb <55Tbe^
rung unb gewann it)m bie bauernbe f^reunbjd^aTt be§ ßapettmeifterg :3o^-
2lbam Ritter, ©eine fd^önften ©tunben maren bie, in benen er bie auSgejeidtinetc
©ängerin ©Ujabef^ ©df)mef)iing (jpätere 'DJlara) auf bem dlaüier begleitete, ^jtad)
breijäl^rigem ^lujentiialt in Sei^j^ig ging er nad) ©onber§f)aufen jurücE. @r
würbe Wufifte'tirer ber jürftlic^en ^inber, ^ammermu|ifu§ , unb atS fein 55ater,
ben er in feinem '^(mte fdE)on unterftülst ^atte, 1775 gcftorBen toar, .s^oforgonift.
(5)Iüdlid)e ^Ibteed^Slung boten it)m ^Reifen nad) SQßeimor (177-2 unb 1776), nad^
Öeipjig (1780), wo .f)iller if)n freunbtic^ aufna'^m, nad) (Jaffcl (1786), Wo bie
Dper bamal^ in f)o|er SBIüf^e ftanb , unb öon bort auf ber .^eimrcife nad)
Rötungen, wo er ben öon it)m "^odigeetirten i^orfet befudfite. S)a bie ^JJ^ufif am
fürftlid)en .§ofe fid£) ber frü'^eren ®unft unb ^4>f^^Sc nidC)t me^r erfreute, fo wib=
mete er faft alle feine ^eit bem ©tubium i'^rer ßitteratur unb @efdE)id^te ; eine
©ommlung öon Jonfünftterbilbern fü()rte i'^n in§6efonbere auf ba§ biograp^ifd^e
©ebiet. ^n ©onber§f)aufen befanb fidf) feine öffentliche 3Sibüot^eE, bie if)n ba=
bei ^ätte unterftü^en f önnen ; jum 2}erftänbni^ mandf)er 9Bcr!e unb ^ur gü^rung
beS ^riefWed^fetS war bie grünbUdt)i' (Erlernung neuer ©prad^cn nott)Wcnbig.
(S)erber'§ S^tei| unb ^^u^i^^Uc^ übcrwanb biefe unb anbere |)cmmniffe unb ge=
wann it)m jugleic^ bei feinen ^trbeiten mand^e llnterftü^ung, für bie er ftetö
banfbar war. 6r rü'^mt inäbefonbere bie 35eit)ü(fe eiuc§ ©onberS^aufcr 5«unbe§,
be§ ."pofmufifuö unb ,^ammerregiftrator§ ^of). 2Bit^. (V)üntl§er ©pect (geb. am
6. ^uU 1751, t am 8. 2)ec. 1797), ber unermübüd^ für i^n fammette unb
ercerpirte. ©o entftanb aümäljüd) ßerber'S 2Bcrf: „^iftorifdf)=6iograp^ifd£)eg
!!2ejicon ber Jonfüuftter, weld^eg ^Jiad|vidf)ten öon bem Sebcn unb SBerfen mufifa=
lif^er ©d)riftfteüer, berül^mtcr (^omponiften, ©änger, ^Jteifter auf ^^nftrumenten,
S)itettanten, C)rget= unb ^inft^-'umentenmad^er entt)alt" ; e§ erfdt)ien in 2 Jfieilen
1790 unb 92 in ßeip^ig, bem ^Weiten 2:t)ei( ift ein 9ln^ang beigefügt, Weld^er
^Jtad^rid^ten öon Silbniffen, ©iC^ouetten , 33üften unb ©tatuen berüijmter Sou'
leerer unb Jonfünftter , bon großen Drgelwerfcn unb ein ^nftrumentenregifter
enthält. 2)a§ 2Cßer!, welc^eg ®. felbft aU gfortfelmng be§ 2Balt^er'fd)en Seji=
fon§ bejeii^net , fanb bie öerbiente ^ilncrfennung (1810 erfd)ien ju $ari§ eine
üon (J^oron bcforgte franjöfifdtie Ueberfe^ung), unb erWarb bem 3)erfaffer Diele
greunbe unb ^Diif^elfer bei ben unermübtid^ fortgefe|ten 31rbeiten jur (Srgänaung
unb ^-Serid^tigung beffelben. ©eine SSüc^erfammlung war feebcutenb gcWad^fen ;
5Wei Steifen, öon benen bie eine, 1793, il^n über Sraunfdiwcig nad^ -öamburg,
3lItona, 93erlin, ipaße unb Seip^ig, bie anbere, 1797, wieber nadt) ^Berlin führte,
erweiterten ben ^rei§ feiner ^efanntfd)aften unb Äenntniffe unb gewä'f)rten i^rit
geiftige @rfrifd)ung; in 33erlin entjüdte it)n befonber§ ber ©efang ber gefeierten
©d^id. — 1795 er'^ielt er ju ben bi§6erigen '^temtern aU i^oforganift unb
.^ammermufifug au(^ ba§ eineä .öoffecretärl, ba§ mit ^eitraubenber 9tedf)nung§=
tüf)rung öerbunben war; baneben t)atte er Unterric£)t im (5tatiier= unb Crgcl=
fpiet unb im (5)cfang ju geben. @r etjäl^lt felbft, ba^ er nad^ unb nadf) bi§
98 ©infonien aEein öon ipat)bn, ben er befonber§ liebte, für ben .!pof angefd^afft,
burc£)gefe^en, öon S)rudfel)lern gereinigt unb in ben ^ofconcerten aufgefül)rt l£)obe.
©päter fpielte er in ben .^ofconcerten öftere SSioIoncett. @in ^Jlufter ber Crb=
©cxbcr. 721
nungötiebe unb 2()äti9feit , raupte er ben amt(icf)cn *$flic^ten ftxeng ju genügen
unb jugleic^ feine n)iffenjd)aft(id)en Slröeiten iottjuiüfiven. 3(lä ergän^ung, nidit
aU neue "3luf(age bei erften äBeifei, etf^ien, toie bie brei Sßovmoi-te oon 1802,
5 unb 10 bettjeifen, buxcf) bie .^riegSunru'^en öet^ögert, ba§ ;\tt)eite SBeif unter
bcm ettriQö öeränbetten Ziid: „9leue§ ^iftonjd)=biograpt)ifd)e5 Cerifon ber 2:on=
fünfttet , tt3e(rf)e§ ':)tac^ncf)ten öon bem Seben unb ben SBcrfen mufifaliidjer
Srfiriitftellei;, bevüt)mter (iomponiften, (Sänget, ''Uteiftet auf ^nftrumenten, fun|"t=
Dotier S)ilettQnten , ^Rufiftierleger , aud) Crgcl= unb ^nftrumentenmacf)er, älterer
unb neuerer 3^^t, au§ allen Diationen entfiätt"' in 4 X^eilen, Seipjig 1812,
13 u. 14; ber te^le %1)eH wieber mit füni!acf)cm ^In'liange, fotoie mit $erid)ti=
gungcn unb -Raditrägen. @. mar 53litarbeiter an me{)reren 3eitfc^riften , in£=
befonbere an ber .'^eipjiger mufifatifc^en Leitung, in met(^er fic^ u. a. eine in=
tereffante Sd)itberung bei großen ^ufittcfteS in i^ranfentjaufen 1810 finbct.
6r|reulic^ war e§ iür feinen i^ebeniabenb , ba^ bie ^Jlnfif unter bem dürften
©untrer griebricl) Äart I. einen neuen ^tujfd^raung gewann. (Jin Dor^ügIi(^ei
Jparmoniecorpi würbe eingerichtet, jür mcl(^e§ 6. mam^erlei componirte; fpäter
auä) ein 21)eater mit guter Dper. ©o '^atte @. mand^en ÄunftgenuV, an ben
55orttägen bei Gapellmeifteri .spermftebt, eine§ ber erften ßtarinettöirtuofen feiner
3eit, crjreute er fid) immer öon neuem; frembe .ßünftter, ,3. S. ©pof)r, gaben
roieber^olt Goncerte in ©onber§t)aufen. 5Die lebenbigfte 3:^eitnaf)me für alles,
tDol feine ^unft betraf , blieb i^m bis in fein ^o^ei 311ter. Unbefangene, ^er5=
Ii(i)C I^eilna^me an allem @uten unb ©djönen, war ein Örunbjug feinei
äöefens; fie fpri(i)t fiel) überall aud) in feinen Sdjriften au§. S;er treffliche
9)lann, in weld)em man ni(^t nur ben Äunftgele'^vten , fonbern aud) ben fittlid^
tü($tigen (S^araftcx öertf)rte, ftarb f)ocf)betagt , nad)bem er ^wei Sage juDor fid^
noci) an einer Dpernöorftellung erfreut ^atte unb ali er ^ur Sln^örung oon
(J^erubini's SBafferträger eingelaben werben foEte, ganj plö^tid^ in ^^olge einei
Scf)laganfall§. ©eine ©rabftätte ift Pon einer 25erwanbten, bie fein öauiwefen
gefül)rt unb it)n beerbte — er war nid)t üer^eirat^et — mit einem einfad^en
S)enfmale oerfefien worben. ©eine mufifalifc^e ^üd^er= unb 53ilberfammlung
fam burd) Äauf fofort nac^ feinem Jobe in ben 33efi^ bn ©efeüfc^aft ber MniiU
freunbe in äöien; feine wid^tige OJlufifalicnfammlung unb feine umfangreidf)c
gorrefponbenj finb leiber jerftreut worben unb wol jum groBten Xijdi bcrloren
gegangen. Sine Partie ber öon i§m unb feinem ^ater gefertigten ^Ibfd^riften
älterer gompofitionen , öon S5urtef)ube, ^. '^ad^elbel, ^. ©. 58acl) u. 91., fam
üor Äurjem au§ einem granffurter 3lntiquartate in ben 3Scfi| bei ^rn. Dr.
ßrid) ^^Jiieger in 5ßerlin.
5Jian fe£)e ©erber'i Slutobiograpfiie in feinem 'ü. 2. ber lonfünftler,
2. x!)I. ©p. 293—305. Sftmifcf).
®crber: §einrid) ?iicotaui ©., geb. am 6. ©eptbr. 1702 in bem
fdjWar^burgifc^en Slorfe SBenigen=6^r-icf) , wo fein 35ater Sanbmann unb 6e=
ft^Worener war; t am 6. 3tug. 177.5 p ©onberi^aufen. 6r befud)te bie ©d)ule
3u 'OJtüt)lt)aufen unb feit 1721 bie 3u ©onberi^aufen , erlangte unter tüchtigen
Sel)rcrn frül) fcl)on eine bebeutcnbe gei-'tigfeit im @laöier= unb Orgelfpiel unb
mad)te im ßomponircn glürflicl)e 3}erfud)e. ^m 5Jlai 1724 bejog er bie Uni=
oer-fität iJeip^ig, um ^ura ju ftubiren unb fid^ unter ©ebaftian 33ac^ in ber
ÜJlufif auijubilben. S5on bem ^Jtetfter fc£)on aui lanbimannfc^aTtlid^en gtüd=
ftd)ten Treunblidl) aufgenommen, geno§ er ben Unterricl)t beffelben 3Wei Satire
lang mit folc^em Erfolge, baB er ju beffen ßiebtingifd^ülern gef)örte. 1727 ini
ßlternl)aui 3urü(fgefef)rt, würbe er 1728 in bem ©täbtct)en .geringen bei ^Jtorb=
l^oufen Crganift, gab aber bie ©tettung in golge einer großen geueribrunft
aiHgem. beuticfte Sio9rm3f)ie. VIII. 46
722 ©erbet.
|(i)on im näd^ften ^af)xt auf, 3Begen jeiner anfe'finüdjen ©rö^e fteEten it)m bie
2Ber6ev toieber^ott nad^. S^ ®ni>e be§ 3. 1731 berie? if)n ber gürft ©üntljev
at§ ^oforganiften nad^ Sonbevll^aujen, too er, ba ber fyürft ein guteS Drc^efter
unterhielt, ba§ geeignete gelb für feine Jlunft fanb , unb nad)bem er fid^ 1734
Ocrt)eiratl)et ^atte, in jnjar einfachen, bod) gtüdflirf)en SJer^ältniffen lebte. 1737
befuct)te er feinen ßel^rer 23acf) in ßeipjig. Unter bem f^^ürftcn §einrid& erljieÜ
er 3u feinem bisherigen ^Jlmte 1749 ba§ eineS Äetterfd)reiber§, tt)elc^e§ feine 3eit
felir in Stnfprud^ na^m. @r ftarb, nad^bem er tux^ juöox auf feinem (£laöier
ben öariirten 6t)oral: 5JlQd^'§ mit mir, ®ott, nad^ beiner ©üt', gefpielt, in
golge eines ®dt)laganfalt§. 6r War ein öorjügtidtier 6tabier= unb Drgelfpieler
unb ein trefflicE)er ^ufiflel^rer. 6r fct)rieb eine 6eträc^ttid)e 3lnsat)l öon 2öer!en
für Ö'laöier unb Drgel; fe't)r gefd^ä^t unb nodt) in biefem ^atir'lmnbert öielfadf)
bcnu^t tüurbe ein (l)anbfd)iHftlic^ üerbreitete§ 6l)ovalbud) mit be.iifferten 33äffen.
3ll§ gefdl)idter ^]Jled^anifer öerfertigte er einige mufifalifd^e ^fnftrumente üon eigen=
tt)ümlid)er ßonftruction.
3Beitere§ in 6. 2. ©erber'S |)iftor.=biograpt)ifdE)em Sej;ifon b. Sonfünftler
2^1 1. (Seipj. 1790), <B. 490—98. 2t). ^rmifdl).
©crbcr: 3iot)ann ßl^riftian ©., trefflict)er ©dtiaufpieler , au§ge5eid£)net
burdt) eine Sielfeitigfeit, bie i'^m nidt)t nur gcftattete SSieleS, fonbern gleidfijeitig
1ßor5ügtid)e§ ju teiften, geb. am 19. 9iobbr. 1785 ju öannoOer, t am 3. 5Jlai
1850 in Dlbenburg. &. 6efa| für feinen ^eruf fe'^r günftige 5)Httel, bie fidf)
fclbft fcl)on in ben Aufführungen fleiner ©türfe geigten, mit benen er fid^ unb
feine ©pielgenoffen tjinter bem 9lücEen ber ©Itern erfreute. 5Diefe iGe^teren motttcn
nämtid^ burd^auS nic£)ts ^ören öon feiner t^eatralifd^en Sieb^aberei unb öerneinten
fe'^r na(^brüdti(^ feinen Sßunfd^, bem Xlieater fid^ mibmen ju bürfen. @o er=
griff ®. benn ba§ ©tubium ber (It)irurgie, bem er unter Leitung be§ ^of=
6f)irurgen ©tromeljer in ^annoöer aud) Don 1800— 1802 oblag, bann aber einen
3luguftfonntag benu^te, um '^eimlid^ nad^ Sraunfd^meig ju entflie'^en, roo eine
franjöfifdtie unb bie ©efettfd^aft öon 5)lagbeburg ^orftettungen gaben. S)er ^lutf),
bie iJtuc^t ju ergreifen, ^atte bem 2füngling nid^t gefehlt, mol aber mangelte
er if)m fid) bem 9tegiffeur i^xieh. 2ub. ©dimibt üorjuftellen unb als ba^er
feine fleine 5ßaarfd)aft jur Üleige gegangen, fe^rte er ju ben ßltern unb in feine
erfte i8erufSfpf)äre jurüd. 23on befferem Srfolge begleitet, begab er fid) 1803 mit
einem 3tuö^i^^H"fii"^ 3^ S)irector i^oumla in Semgo , bei bem er al§ @raf
@d£)mettcrting in äöeiffe'ä S^agb bcbütirte, engagirt rourbe unb mit ber öefellfdl)aft,
ba§ gan3e 6lenb manbernber ^Eruppen fennen lernenb, nadf) !!3ippftabt ^og. Sfe^t
na^m fidl) ber ^nnt)öOerfdl)e 9legiffeur 9t:^einl§arbt feiner an, auf beffen @m=
Pfeilung er al§ 2cnorift in ^agbeburg engagirt tourbc, öon mo er fid) 1806
nad) (Stettin manbte — in ber Dper mie im ©d^aufpiel gleidt) befdf)äftigt —
unb bann, 1807, mit feiner gi-'flu (geb. äöarnid) einer ^Berufung an ba§ @tabt=
tiieater nadl) Hamburg fyolge Iciftete, mo er im 3lbril al§ ^einrid^, feine ^xau
aU ®I§bctt) in bem i?o^cbue'fd^en @rafen öon Surgunb juerft auftrat unb big 1812
bafelbft öerbtieb. S5on Hamburg ging @. ju i?lingemann nadt) i^annoöer, öon
^ier au§ in Sraunfd^weig, 2)armftabt, granffurt a. W.. unb 6arl§ru!§e beifällig
gaftirenb , bann in Srcmen unb bi§ 1881 in ßaffel engagirt, überna'^m er
1831 bie 2)irection be§ S'^eaterS p Srem&n, gab 1832 aud§ 3]orftettungen in
Olbenburg , mo er naä) ber 3lufgabe feiner 33rcmer S)irection erft als 2)irector
unb beliebtes ^JJlitglieb, feit 1842 als ^^enfionär beS 1833 eröffneten ^of=
tl)eaterS öerblieb unb 1850 öerftarb.
^einridl)'S ?llmanac^ f. gi^eui^i'e ber @d£)aufpielfunft XV. ©. 159 — 162.
;^ofep§ ^ürfd^ncr.
©erberga. 723
©crbcrga, ättefte Joc^ter beg beutfc^en Königs ^eitirid^ I. aus feiner
e^e mit 3Jlat)t^iIbe , irutbe um bas ^at)x 913 ju Dtorb^auien geboren
unb nad^ i^rer gleid)namigen ©ro^tante, ber ^lebtifi'in öon @anberäf)eim 6c=
nannt. Äaum t)erangctt)aci)fen reid)tc fte nac^ bem 2BitIen beg 58ater§ 928 ober
929 i^re .?panb bem ;!3otl)ringert)erjoge ©ijetbert, ber jeiner Sibfunft unb Stellung
nad^ i^rer nidjt untoürbig jc^ien , mit reict)en 'Jlntagen aber einen je'^r unbc=
[tänbigen ©inn unb altju raftlofen Unterne^mungSgeift Derbanb. 2)iefe 6f)f
tourbe mit jmei itinbern, .üeinricE) unb ^,!Ubraba, gefegnet. So lange .^cinrirf)
am Seben mar, ber ben feurigen S(^miegeriof)n lieb gewonnen l)atte, blieben bie
33eäie^ungen be§ Iotl^ringifci)en jum beutjd)en £)0Te ungetrübt. 9^icf}t ]o nad^
feinem 2obe unter ber Diegierung Dtto'§, Don bem ©ifelbert, obgleich) er it)n mit=
gemäl^tt l^atte, bennoc^ nad^ furjem fiif) (oSfagte, um mit feinen ©egnern,
^einrid^, bem SBruber be§ Könige, Jper^og (Jbert^arb öon ^ranfen unb bem meft=
fränüfc^cn .iperrfcf)er in 2.^erbinbung ju treten. Seine freöel^afte ^iluflef)nung
bereitete it)m buri^ feinblid^en Ueberfatt im Sommer ober ^erbft 939 bei
3lnbernadE) einen früt)en 2ob : füe^enb ertranf er in ben Sf^ut^en be§ ^t^eins
unb feine le^te 9tuf)eftätte fannte man nict)t. So rourbe ®. in jungen 3af)i-"fn
3ur SCßittme burc^ ein 3>er^ängni^, an bem fie felbft, menn aurf) ein fpäterer
Sd^riftftetter fie auflagt , fidE)ertid^ o'^ne S(f|ulb toar. ^1)xen Sruber |)einricf)
tDenigften§ toie§ fie, Dtto'e @rimm fürc^tenb, oon i^rer fjefte ß^eöremont
jurücE, in melc^er er eine ^i^f^uc^t fu{^en rooüte. ^^x eigenes 8oo§ aber naf)m
rafd^ eine unoeri^offte SSenbung , benn um i!§re <^anb , bie eben erft frei gelDor=
ben, betoarb fid^ ber junge meftfränfifdie Äönig , ber Karolinger Subtoig , ber
S^erbünbete ©ifelbert'S, ber fie in öott)ringen auffucl)te. C^ne out^un if)reS
Sruber§, ber fie ober it)rc J^oi^ter bereite bem ^aiern^erjoge 33ert{)oIb jum
ßo'^ne feiner streue jugebac^t ^atte , fdE)(o^ fie biefen 33unb mit bem fc^önen,
um minbeftenS fieben ^af)\e jüngeren fyürften unb mürbe öon bem (5r3=
bifd£)ofe Slrtolb öon Üleimi jur Königin ber 5i-'an!en gefalbt. S)iefe 6^e, bie
fünf Söf)nen unb ^mei iöcfitern bas !i'eben gab , mar eine glücCüi^e unb
an ber ftugen unb millen§ftarfen @emal)lin raub Submig in Dielen i^ä^rti(f)=
feiten eine treue unb äuöerläffige Stü^e. 2fn Söibermärtigf eitcn , an S)rang=
falen unb Kämpfen aber mar feine 'Jtegierung nur aüju reid) , ba er , ftatt ein
3Berf5eug in ben <g)änben be§ 3lbet§, namentUi^ feines Sd^toagerS, be§ ^erjogs
^ugo öon ö'i-'ancien ju fein, öielmet)r mit ungenügenben Kräften banad^ ftrcbte,
i^nen felbftänbig bie Spi^e ^u bieten. 9Iuf Slnftiften jene§ gefdt)a^ e§, ha^, als
er fiel na(^ bem xobe be§ 9tormannen!f)erjog§ 9Bil^elm nad) :Äouen begeben
I)atte, um bae Sanb in a3efi|; 5U nehmen, er bort am 13. ^uli 945 öon ben
2)änen öerrätt)erifd| überfallen unb Teftge^alten mürbe. 5^urc£) bie SluSlieierung
be§ jroeiten erft in biefem ^a'^re geborenen -^^rinjen Karl ^offtc S. bie ^Befreiung
be§ @emaf)lg ju erfaufen, allein er ging burcl) bie§ Cpfer nur au§ ber nor=
mannifc^en @efangenfcf)aft in bie ,&ugo'§ über, feine» gefäfirlid^ften 'lteben=
bu!§ler§. 3)a richtete bie Königin i^ren ipülferuf an Dtto, ber bisher met)r bie
©egner begünftigt l)atte, jc^t aber ^DDtitleib mit ber ßrniebrigung feinet trüberen
9Biberiad)er§ ju faffen begann. 2;ennoc^ mufete Subroig Taft ein ^a'^r lang,
hi^ jum ^uni 94:6 , in unmürbiger |)aft f(^madl)ten unb fonnte bie Jyxex^^
{)eit enblidl) nur baburdl) erfaufen, ba§ er bem übermächtigen 33afallen
bie f^efte ßaon, feine le^te ^uflud^tSftätte , burd§ 6. überliefern lie^. '3alb
barauf erfüllte Ctto bie 3ufcige, bie er ber Sd^mefter gegeben unb rüdfte als
SJerbünbeter i'^rel ©emal^lg mit einem gemaltigen ^eere in bas meftfränfifd^e
@ebiet ein, um bie auffäffigen ^i^afallen mieberum ber Krone ju beugen, ^teims
mürbe nacl) breitägiger Belagerung eingenommen — bie Königin blieb bafelbft
3UTÜdl, big nad§ ^ouen brangen bie 2)eutfd^en öor, mcitere Eroberungen aber,
46'
724 ©exberga.
namentltd) bie üon 2aon glüdften nic^t, jo bofe bie§ grolaitigc Untexnet)men
borf) nur einen ]t^x unöoüftänbigen ßi-jolg auiäutoeifen f)atte. Sßon 6efon=
berem äöex'tf)e Hieb inbeffen für bie ^^folgejeit bie offene ^arteina'^me Ctto'ö
für bie ©o(i)e be§ bebrängten toeftfränfifrfien Äömgtt)uni§ : fie ju er'^altcn
unb 3U beleben War oorne'f)mIi(^ bie 5lufgabe @erberga'§, bie toir ju
jDftei-n 949 am beutfdien |)ofIager in 9Iarf)en in folrf)er 2lbfi(^t finben. ^it
bem 33erft)re(^en fcine§ Seiftanbe§ fe^rte fie l^eim unb unter beutfd^er S5er=
mittelung »urbe enblid) 950 bev i^riebe jn)if(^en <^ugo, Subwig unb ben übrigen
SßafaEen l^ergeftettt, ßaon bem Könige ausgeliefert. S)ie bortige 5Jtarienabtei,
früt)er (Sigenti^um feiner 5}lutter, fdienfte er feiner (5Jemaf)lin. 5^eue 5Jlife'^eüig=
feiten, iuetdie biefen ertt)ünfrf)ten 3uftanb nur fur^e 3cit unterbradt)en, tvu^U (B.
953 burdi eine perfönlid)e ^ufcmtmenfunft mit bem |)er3oge glücfüd§ beijulegen.
Scf)on aber toaren bie Jage if)re§ öielgeprüften 0)emal^I§ ge^ä^lt, obgleid) er
faum ba§ 5llter öon 33 3^at)ren überfc£)titten ^atte: ein Unfall auf ber Sfagb
ber bie farolingifc£)en f^rMten (eibenfd^aftlii^ nad^ju'^ängen pflegten , madite
feinem ßebcn am 10. ©eptbr. 954 ein" üor^eitigeg @nbe. 65. , jum ätt)eiten
5JJiale in äöittttjentrauer öerfenft, begrub ben (hatten in ber ^(ofterfir(|e öon
St. 9temi ju 9teim§ , fogleic^ aber ttjanbte fie fi^ aud) , um il^rer ^^amitie
bie ^Jtad^folge ju fid)ern, an ben frül^eren @egner, ben .^erjog t)on 5i-"flncien, ber
fie ef)rent)ott anfnat)m. 9Jlit feinem 33eiftanbe fomie burd^ bie ©unft be§ @r5=
6if(i)of§ SSruno öon Äöln , be§ jüngeren S5ruber§ ©erberga'S , mürbe ber 5tt>ölf=
jährige Sot"^ar, ein fräftiger unb öielöerfprec^enber Änabe, am 12. Üioöember
öon bem (är^bifdiofe 3htoIb öon 5Reim§ jum Könige gemeit)t. Unter bem
6(^u^e be§ öerf(^toägerten unb befreunbeten fäct)fif(^en i?aiferl§aufe§ friftete fic^
fomit bie .!perrf(^aft ber Karolinger im meftfränfifdjen 9tei(i)e, 5u bereu ©i(i)e=
rung ba§ enge ©inöerftänbnife fe^r oicl beitrug, ba§ jmifdfien @. unb it)rcm
33ruber 35runo a(§ ^cr^og öon Öott)ringen beftanb. (5rtei($tert mürbe bem Ie^=
tcren feine ^Jtittterrotte baburd), ba^ bie ®emaf^tin ^ugo'e öon branden (ber
am 16. 3>iini 956 ftarb , nac^bem er fid) jule^t bem Äönig§t)aufe treu be=
miefen) .!patl)tt)ibi§ eine jüngere 6c^n)efter ber Königin mar. S^on 956 legte
35runo eine ^e^bc be§ jungen König§ unb feiner ^Jtutter mit bem 6)rafen
Steginar, bem ©dimager ber le^teren bei unb ^mang if)n bie ®üter im ?)taa§=
gau l)erau§3ugeben , bie ®. einft öon @ifelbert jur ^Jlitgift erl)atten '^atte.
©egen benfelbcn 9teginar, ber mie fein 23ater ben Seinamen 2angl)al§ fü'^rte,
teiftete 957 ber junge König mit feiner Butter bem Grjbifdjofc 33runo Seiftanb
im 6)au öon Kamerif unb fo fonnte enblid) feinem mitben unb gefe^tofcn
treiben ein dnbe bereitet merben. 3u längeren 5Jerl)anblungen mit ®., ^'gatt)=
mibiS unb iliren ©binnen jog 58runo an ber ©pi^e eine§ lot^ringifd)en ^eerei
dnbe 958 nac^ Surgunb, 959 mürben biefelben fortgefe^t unb mit bem @r3=
bif(^ofe öereint feierten Sot^ar unb @. ba§ Dfterfeft in Köln. ©d)on 960
unterftü^te S5runo micberum ba§ föniglic^e .Speer auf SSttten ®erberga"§ bei ber
^Belagerung öon 2)ijon unb 2rot)e§, bereu ©raf Stöbert, einer ber ©öt)ne .^ugo'§,
fi(^ bemäd)tigt l)atte. ."pernad) !am e§ benn aud) enblid) ju bem 35ergleid)e
3tDifd)en ben legieren unb bem jungen Könige, ber unter ber 33ürgf(^aft be§
großen @räbif(^of§ bem toeftfränfif(^en 9teid^e für längere 3eit ben inneren
^rieben fid)crte. 2ll§ im ^. 962 ba§ (Sr^biSf^um 9teim§ neu ju befe^en toar,
fud)te @. abermals ben betoäl^rten 'Itat^ be§ 33ruber§ unb nac^ feinem Urf^eile
iDurbe biefe 9lugelegen^eit entfd^ieben. Sei ber glorreii^en .!peimfel)r Dtto'S be§
@ro|en öon 'feinem Dtömerjuge , fi^arte fid) im ^uni 965 ju Köln eine glän=
jenbe Söerfammlung um i^n, in ber öor allem bie ©lieber feine§ .i^aufeS ein
frb^lid)e§ SBicberfe^en feierten. 9lud) ©. mit iliren ©öt)nen Sotl)ar unb Karl
na'^m an biefem (^-amilientage Xljeil, bei meld)em fie ol)ne 3tt3eifel tool jum
testen ^ale il)re e^rlöürbige Ü)tutter 5Jla^tl)ilbe erblidte. ^^in mal)rfc^einlic§
©erbert. 725
tDurbe eine üfiniiüenöerbinbuiig jtoifcfjen ben Äarotingern unb bem jödfirijc^en
ßaifcrl§au|e beiabrcbet unb bem jungen Könige ?otf)ar @mma, bie Sticttod^ter
Otto'ö , jur grau beftimmt , bie er im näc^ften ^a^xe f)eimfü!)rte. 5}lit ber
mäd)tigen Äaiferin 2lbel^eib, ber ^Jlutter biefev jungen .ß'ömgin, trat @. nod^ in
eine jroeite 'i^erfcEiroägerung , inbem [ie i^re 2:oc^ter ^^3laf)tf)ilbe ctma um biefe
3eit bem Surgunberfönige ^onrab , bem ii^ruber 3lbe[f)eib§, .^ur rv)ema"^lin gab.
S)em münbig gemovbenen (5of)nc unb ber ©d^miegertoc^ter gegenüber fd^eint fict)
&. üom öftentlictjen ^,^eben me^r unb me^r jurüdEgejogen ju f)a6en, in toelcfie«
fie big ba^in at§ Leiterin bee jungen .^önig§ jo oft beftimmenb eingegriffen. Sie
erlebte 967 ben 2ob i^rer ^Jtutter, ber fie furj jutior nod^ ein golbgeftirfte»
©etoanb jugefaubt t)atte. (5§ bedEte nun bie 9lu'öeftätte i^rer ßüern in Cuebün=
bürg. 5lm 4. gebr. 968 fd£)enftc @. für ba§ !5ee(en|cil ©ifelberts unb feiner
Gltern ber Äir(f)e öon ©t. %emi , in ber fie bereinft auö befonberer SBerc^rung
für ben ^eiligen 9temigius ru^en tooHtc, i!§re 33efi^ungen ju 5Reerfen im ^3laa§gau
unb an bcnad^barten Orten im Umfange öon 82 ^ufen. 'Md)t fe^r lange
ü&erlebte fie biefen 3lct ber '^Hetät , benn fie mirb nad^ 9G8 überhaupt nic|t
me^x ertodl^nt unb ftarb ba^er ma^rfd^eintidf) in biefem ober bem nöd^ften ^a1)xe
am 5. 5Jlat. ^^xe ©d^ön^eit unb ©tttenreinl^eit mürbe gepriefcn , fie jeii^ncte
fid^ burd^ fird§lid£)e gi'ömmigfcit au§ unb i^r at§ einer eifrigen Sefcrin ber t)ti'
iigen ©d^rift mibmete ber gelet)rte Wönä) ^bfo öon 3!)er fein merfmürbige§
iBurf) öom 3(ntid)rift. 2}on ben ^inbern i'^rer erften @^e überlebte ber Sol^n
,6einrid^ ben ^i^ater nur um wenige ^a^i'^, bie iod^ter ^tbraba mürbe mit bem
meftfränfifdt)en ©rafen 9tagenolb öon Oioufft) öermä^tt. ^on ben Äinbern jmeiter
(Jt)e folgte ber im ^. 941 geborene SotVr feinem Sater öon 954—986 in ber
9tegierung nad^. ^arl (Äarlmann), 945 geboren, ber al§ Säugling ber 9}luttcr
entriffen mürbe , ftarb öielleid^t in normannifd^er (Bei angenfd£)aft , ßubmig , 948
geboren, enbete gleidl)fatl§ frül§,-öon ben (Jnbc 'OJMrj 953 geborenen S^iU
lingen ^arl unb Apeinrid) überlebte ber (entere bie Jaufe nur furje ^txt , ber erftere
muc^s fräftig ^eran unb fpielte als ^erjog öon 5liebertotf)ringen unb (Begner ber
ßapetinger nadjmats eine wenig e'^renöolle Atolle in ber franjüfifiiien- @efdf)id^te.
3}on ben beiben 2öd)tern ©erberga'g, bie in ben Sfa^i^en 943 unb 948 ba§ 2idE)t
ber 3BeIt erblicEten , bie eine eine '^at^e ^ugo'§ öon grancien , bie anbere be«
^er^ogS ^onrab öon Sot^ringen, würbe (Serbcrga an ben (trafen 3Ibelbert öon 9}er=
manboig öermäl^tt, ^Jta'^t^itbe an ben ^önig j^onrab öon 55urgunb. 9lu§ ber
erfteren (äl)e ging ber Sifd^of öiubolf öon 'D^ol)on 'fieröor, au§ ber te^teren 6er=
berga, ,bie ''lllutter ber Äaiferin 6ifela.
@. ©ai^, ^a^vbüd^er be§ beutfi^en 9tcid^§ unter Äönig §einrid^ I.
Üleue Searb. 33eiiin 1863. — ^opfe unb S)ümmler, .^aifer Otto ber ©ro^e,
ßeip^ig 1876. — Ä. Don ÄaWftein, ©efd^id^te be§ franjöfifd^en Äönigtl^um«
unter ben erften Gapetingern, I, Setpäig 1877. 6. S) um ml er.
©erbcrt: Martin 6., au§ bem @ef%(c(f)te ber Sblen öon ipornau ftam=
menb unb eine ber öorne'l)mften ^iei-"^^" be§ Senebictinerorbene im 18. ^(x^x=
^nbert ,- mürbe am 13. ^Jtuguft 1720 ju ^orb am ^Jledfar im ©(^marjmalbc
geboren, ©einen Tvü!)efteu 3ugenbunterridf)t empfing er in ben ©(^ulen ju
6§ingen, greiburg i, 5Br. unb ju ^ungenau in ber ©d£)Wei.j; im ©tüte ©t. 33(aften
im ©dfiroarjmatbe ftubirte er ^4>^itofop!^ie unb Ideologie, .^aum 16 Satire alt
legte er jU ©t. Slafien bie DrbenSgelübbe ab; im 3. 1744 mürbe er 3um
5J>riefter gcmei'^t , unb unmittelbar barauf jum Se'^rer , juerft ber ^l^itofopl^ie,
fobann ber 2;:^eologie beftettt, al§ meld£)er er bi§ ju feiner (Fr^ebung jum 5lbte
mirfte. 9^ebftbei mürbe if)m bie ';>luffidl)t über bie ©tiftÄbibltotl)ef anüertraut ; aud^
auf Üteifen nad^ g^ranfreidl), ^^talien unb in beutfc^en i;?änbern mürbe er öon feinem,
in Diiterlidlier '^iebe i^m juget^anen 3lbte ^Jleinrat gefenbet, moburd^ fein (5lefid^t§=
freie öietfältig erweitert, unb aud£) bie ?tn!nüpfung öon 53e3ief)ungcn ju 531än=
726 ©ctbctt.
nem ber (Seletjrtcmuelt gcförbevt rourbe. ^n bie ^a^ve 1754— 64 iäüt eine
^}ieif)e na(i)einanbei- erfdjienener !^ef)rfc^riften ß)erbert'§ (6t)arafteri|tif berfeltieu
in 2öerner'§ @e|d). b. fat^. ^tjeologie <B. 181-89. 101 f. 204 ']. 207 ].),
roeli^e [i($ fo jiemüd^ über bQ§ gejammte ©eBiet ber Ie'^i'{)QTten J^l^eologie öei-=
breiten, unb bie um bie 3Jtitte be§ 18. i^aMu^^^^^'^^ öor fid) gef)enbe Uinbil=
bung ber t)crgebrad)ten t^eDtogij(^=fd)otaftifd)cn Setirlueife im Senebictinerorben
c^arafterifiren. äöie in ben .^(öftern 2öc[tbeutj(f)lanb§ unb ^Jlittelbcutfc^lanbS
regten fiii) 5Be[tre6ungen foldier 2lrt aucf) in Defterreict) , unb l^otten bie in bie
f^erefianijrfie S^it jattenbe ©tubienreform jur f^olgc, beren ^4^Ian burd) bcn
SSenebictincrabt 9tauten[traurf) ausgearbeitet tüurbe. ®. befennt, ba^ it)n bie
^unbe öon bcn in Defterreirf) fid) üorbereitenben 9fteiormen nic^t loenig ermu=
t^igt '^abe, mit feinen eigenen, benjelben öerlüanbteu 35orfd)(ägen tjcröov^utreten,
unb bicfelben in fuccejfiüer ^Durcharbeitung aller S'^eile unb jDi§ciplinen ber
(et)r^aiten 2:t)eoIogte (bogmatijd)e, moratifc^e, liturgijdie It)eoIogie) ju erproben.
2)ie SSerbienfte ber ©c^otaftifer um Die (5t)ftemiiirung ber 2t)eologie würbigenb,
roitt er (entere bo($ 3unäd)ft aU fird)Iid)=pofitit)e Söifjenfc^aft, mit jpe^ieüer 33e=
äiet)ung auf bie patriftifc^ = augu[tinifd)e ße'^rtrabition , unb mit finniger S3er=
ttcfung in ben ®eift be§ fird)Iid)en ?tttertl)um§ be^anbelt feljen. 5J3efonbere§
3^ntercffe {)atte für i^n bie facramentale unb liturgifd)e 3:t)eoIogie; biefer S5or»
liebe üerbanft bie f^eotogifd^e äöelt feine umfangrfid)en 5|>ubticationen über bie
attalemannifd)c l'iturgic , tueldie übrigens , mie jene über bie j?ircf)enmufif, einer
fpöteren (Jpod^e feiner 2Birffam!eit ange'^ören. S)cr neugegrünbeten baierifc^en
5lfabemie ber 3Biffenfd)aTten , loetd^e il)n unter it)re Witgtieber aufgenommen
f)atte, toibmete er feine ©d^rift „De radiis divinitatis in operibus naturae, pro-
videntiae et gratiae'' (1762\ eine ^Ärt fpecutütiber S^eobicee, beren 3lu§fü^=
rungen t)ornct)mIid) gegen ©pinoja unb Sat)te gerid)tet finb, unb augenfdieinlic^
auguftinifd^e Sfbecn ju il^rer Unterlage t)aben. 5DaS ^. 1764, in roeld)em er
üon ber (Kongregation feines ©tiftcS jum ?y-ürftabte beffelben gemäl)tt mürbe,
inaugurirt eine neue (Spod)c feiner SBirffamfeit. @r trat burc^ bie auf i^u
übertragene SlbtStoürbe aud) in bie ©tellung eines Sanbc§l)errn unb 9leid)S=
fürften , unb als öftcrreid)ifd)cr Untertt)an jum i?aifert)ofe in 2öien in nöljere
SBejie'^ung. 2Bie er als ©tiftSabt feinen ^fli(^ten muftertiaft nad)fam, unb
burd) feine getoinnenbe, eben fo leutfelige als mürbcooÜe "^^erfönlic^feit ber leben=
bige Ii)puS beS unter feiner Seitung im ©tifte f)errfd)cnben trefflid)en ©eiftcS
mar , fo tt)u|te er aud^ feinen ^tufgaben als 2anbeSt)err buri^ ^medmä^ige
5Jlaf5nat)mcn unb 3lnorbnungen für bie öffentliche ©id)er!§eit, Q^örberung beS
länblid)en 2Birtt)fd)aftSbetriebeS unb ber ^nbuftrie, burd^ @rridt)tung gemein=
nü^iger 3lnftalten unb ©orge um ben S3olfSunterridE)t ju entfpred^en. 6^orat=
teriftifd) für feine ©tettung alS geifttid)er SanbeSl^err ift feine ©d)rift: „De
dierum festorum numero minuendo, celebritate augenda" (1765). Sßier 3^al)re'
^alire nac^ feiner ©r'^ebung jum 5(bte mürbe baS Älofter ©t. Slofien fammt
ber Äird)c , bem 33üdt)erfaalr unb anberen ba,^u gel)örigen 9iebengebäuben burct)
eine geuerSbrunft ^erftört; mit 5Mf)c mürbe auS bem SSranbe ein 3;t)eil ber
,33üd)cr= unb Urfunbenfd^ä^e unb baS '^^Mnäcabinet gerettet. Semjufolge nal)men
bie näc^ften i^a'^rc ©erbert'S ©orge für ben SBieberaufbau ber Slbtci in ^n=
fprud^; biefer 2tngetegenl)eit fomen feine frül)eren Steifen ^u ftatten, auf toeldjen
er feinen ard^iteftonifdt)en ®efdt)mad 3u bilben (Gelegenheit gefunben "^atte. 6l)r.
fyr. ''Jiicolai, ber baS Älofter nat^ beffen üoEfommcner aBieber:§evftellung be=
fud)te, gibt in ber ©(^ilberung feiner OJeife hnxä) S)eutfc^lanb unb bie ©d)tDeiä
(S3erün 1783 ff.) eine 35efc^reibung bon bem SluSfe^^en unb ber inneren (5in=
rid)tung beffelben, unb befennt, bon bem ©tifte fotool mie bon beffen 33emo]^nern
bie öort^eii:^afteften (Sinbrüde mit fid) fortgenommen ju ^aben. ^m Saufe bon
©erbctt. 727
bxei 3af)Ten roar ber ^Bau je weit öorgtfc^ntten, baß bie jerftreuten Ü3lönc^e tüieber
im ^(ofter ^ufammenn)of)nen fonnten ; bie pvQrf)tDoüe .^ixd)c, nacf) bem 5)lui'ter ber
rÖmiicf)en Maria della rotonda erbaut , mit einer ipegen it)rer Gonftiuction unb
coloriftiic^en 2;ccotation oielbelDunberten -Kuppel, rourbe a. 1783 Poüenbet unb
icierüc^ eingcroei^t. Unter bie ben lagen ber Ginroeifiungg^eierlic^feit (20. bi§
28. geptbr, 1783j geroibmeten 6rinnerung5|cf)riTten gcf)ört ©erberfg ..Historia
Nigrae Silvae, ord. i>. Bened. coloniae (©t. SStofien, 1783 ff., 3 S3be. 4".), im
erften Sanbe mit einer ^bbitbung ber neuen c"?ir^e Derfet)en. ^u ben Sorgen
um ben 23ieberaufbau ber ^ilbtei famen jene, roctc^e i^m bie ilbminiftration bc§
StiHe§ unb bie burrf) ^ntriguen if)m aurgebrungene ^Jtötl)igung, bie iBenörec^te
beffelben ju roatiren, bereitete. (Jin ehemaliger ftiftiicf)er öoirat^ mad^te
ju Einfang ber fipb^iger Safere in Söien bie eingebe , ha% bie_ angebüi^ pon
Äaifcr Ctto II. auegefteüte etiftungsuvtunbe bei .i^tofter? unterfc^oben fei unb
beffen gefammter ^Befi^ auf Ufurpation unb örid^teic^ung berul^e. £iefe 2enun=
jiation foroie eine öfterreic^ijcf)^ lanbeö^evrtii^e 3}erorbnung über bie *:i}rofe§ab=
legung in ben Ätöftern PcranlaBte 6. ju einer ^roeimaligen ^}leife nac^ iSien ;
c§ gelang i^m, bie Otät^e ber .^aiferin 'i)31aria 2:^erefia Pon bem gutem ^Red^te
feines Stiftes 3U überzeugen, unb bie Äaiferin felber entließ i^n beim ^roeiten
3Jtale auT ta'z ^utboollfte, befc^enfte i^n mit einem felbftgefticften Ü)le§gcn)anbe,
nnb liefe if)n noc^ überbiefe nacf) feiner öeimfuntt huxd) ein ©efcfjenf Don 3Siener
^:i}orceüan überrafdien, roeli^el Pon einem burcf) bie ßaiferin bictirten n-eunblic^en
Si^reiben begleitet mar. @. icar bem öfterreic^ifdien 6Tjl)aufe treueft ergeben.
6r fü^te bie Pon bem St. SSIafianer 5]krquarb .perrgott bearbeitete Tapho-
grapliia Principum Austriae ]n (£nbe (C'inbau 1772), unb roünfci^te bie neuer=
baute StiHefir^e .ju einem SRaufoleum ber auBerf)alb Ceften-eic^ unb S:eutfd§=
lanb , namentlii in ber Si^rceij ju ^afel unb Äonigifclben beigefeötcn ^aU-
burgif(^en {vürften gcmad)t 3U fe^en. ^IRaria Ifierefia nal)m biefes JÖor^aben
mit 2öof)lgeTallen au'; fi^on a. 177<) mürbe burcf) il}ren 3tefibenten in ber
Sd^roei^ bie Uebergabe ber !L'eicf)en an bal .fflofter St. ^laficn ertüirft, mofelbft
fie nad) SSoüenbung ber neuen Äircf)e in ben rüx fie beftimmtcn neuen 6rü!_ten
feierlii^ beigefet^t mürben. 'M^ ein SBeroeis feiner 9ln^änglic^feit an tah Äaifcr-
^au5 barr auc^' bies gelten, bafe er noc^ in feinen legten -eebeniia^ren für eine
britte oerbeferte Sluegabe ber erften jmei iPänbe üon öfvrgotfe Monumenta
domus Austriacae Sorge trug. £urc^ ben in ber sBenebictinerfi^ule^ ju
St. ©ermain gebilbetcn öen-gott mar ber met:^obifd^e betrieb f)iftorifd^er Stu=
bien na(^ St. 5i?lafien perpfknjt morben; @. fa^ bie (Fr^altung unb ermeiterung
biefer 5Irt Pon literarifrf)er 33etriebfamfeit als eine ber Hauptaufgaben be§
pon i^m geleiteten StiUee an. (Jr faßte ben ':i>lan einer nac^ bem 'JiluiUx ber
Gallia sacra angelegten Äirc^engefc^ic^te aüer beutfcf)en iC'änber, unb faf) ftc^
in unb auBerf)alb bes Stirtel nad^ ben beften unb gccignetftcn ^DWarbeitern an
biefem Unternehmen um. 2er -:)}robromu5 beffclben, Don bem St. :plafianer
Uffermann abgefaßt, trat in ßerberfs porlcßtem \?eben3Jaf)re ans Üidjt : über
ben loeiteren Fortgang biefes bur^ ungünftige ^eitöerböltniffe gef)cmmten unb
enblic^ oöllig 5um Stiüftanbe gebrachten Unternehmens nef)e s. v. Uffermann,
^ilmbrofius gicf)^orn, Irubbert -}teugart. ^n lebenbiger 23ecf)felbeiief)ung mit
jenem Unternef)men fottte auc^_ bie ftaatlic^ = politifd^e @efc^id)te £eutfc^lanb§
urfunblid^ cr^orfc^t unb in befonberen SBerfen bargefteüt morben; ber^ ^;!lnfang
baju liegt in ber Don bem St. 3?lafianer jvranj .^reuter perfafeten ©efc^id^te
ber öfterreic^ifc^en ißorlanoe Dor (1790). 05. felber ebirtc einen .Codex episto-
lariä Rudolph! I. Rom. Regis"* (1772), foroie eine Sc^ri't -De Rudolphe Sue-
vico comite de Rhinfelden . duce et rege, deque ejus t'amilia- (1785). _®et=
bett'§ litcrai-ifc^e .spauptleiftungen, melcfje i|m, über baä (liebiet ber arc^ipalifd^en
728 ©eibett.
unb antiquarifd^en f5foi1«^ung l^inau§greiicnb, in ber allgemeinen ßuttuTgefd^id^te
einen unöergänglidjen 'iJlamen [idiern, betreffen bie ®efd)i(i)te ber 5Ruftt.
®., n)eld^er mit ®Iucf SSejiel^ungen unter'^iett, liebte bie ^Jlufif öon S^ugenb an,
unb l^atte auf feinen Steifen 3af)Irei(^e mufifalifd)e ^Jlanufcripte gefammelt ; mit
bcm f5rtanci§caner P, ^Jtartini in Bologna l^atte er bie 5Beröffentti(i)ung einer
erften umjaffenben ©efd^idite ber ^Iflufif bcrabrebet, tD05U ^Jlartini ben generellen
%i)txi, ®. aber at§ fpe^ietten S^eil bie (S}efc£)id)te be§ Äird)engefange§ liefern
fottte. ©cl^r öiel öon ben ^Jtaterialien, mctdie ®. für biefe§ 9)or^aben in öiel=
jäf)rigem ©ammeln müf)fam ^ufammengebrac^t t)atte , tourbe in bem Älo[ter=
branbe 1768 ein Oiaub ber f^Iammen; glücEüd^er äBeife loar bajumal ber erfte
58anb bee 2Berfe§ „De cantu et musica sacra a i)rima ecclesiae aetate usque
ad praesens terapus" fd)on gebrurft, unb befanben fid^ bie ^Ibfd^riften ber mid^=
tigeren 9Jtanufcripte, xodäjt er für ben jnjeiten 2t)eit ju üerttjerftien J)atte, aufeer=
Ifialb be§ ^lofterg in anberen .g)änben, namentlid^ feineS ^yreunbe^ 5}lortini. S)a§
SBerf erfc^ien a. 1 7 74 ju ^L'inbau in ^mei Ouartbänben. Sine anbere nidfit minber tt)idf)=
tigetiterarifd^e^ublication mar bie bon 65. beranftaüete9(u§gabe ber alten firci)Iid§en
JRufiffc^riftftetler aus beutfdtien, franjöfifd^en unb italienifd^en -SpanbfdE)riften in
3 Cuartbänben (©t. 33Iafien, 1784). @. mar übrigen§ nic^t blo§ tl§eoretifrf)er
^ufiffenner unb ^ufiffd)riftfteüer , fonbern öerfud)te fidf) fclber aud^ in mufi=
!alif(^en Sompofitionen. 5iatürlid^ mar it)m barum ju tl^un , bie ^^ftege ber
lird^lid§en ^Jiufif in feinem eigenen ©tifte jum möglid£)ftcu ®rabe ber 5^ott=
Iomment)eit ju erl^eben; ber altfird^Iidf)e ernfte (vf)oralgefang, meld)en er in ^om
fenncn gelernt t)atte, tourbc burd) i^n in ber ^ixä)e ju ©t. 33lafien eingcfül^rt.
'Jtidlit blo§ eine ernfte ebte ^ufif, fonbern aud^ anbere .<?'ünfte unb ^^i^tigfeiten
mollte er in feinem Älofter betrieben fe'^en, unb lie^ ben l)ierfür öerantagten
5Jtönci)en unb ßaicnbrübern beffelben jebe 3lrt öon ^örberung angebei^en; fo
lie| er 3. S. einen berfelben bie ®la§malcrei erlernen, unb bie erlernte Äunft an
einigen f^enftern ber neuerbauten ©tif tSfird^e erproben, ß. mar, ol)ne ber Sreue feiner
Iirdf)lid£)en Uebcrjeugungen irgenbmie ju öergeben, ein Wann tjon humaner, milber
Senfart, meld^er aud^ öielfadf) mit '4Jroteftonten literarifdf) t)er!el)rte, ju ein.^elnen
berfelben fogar in einem nähern 5reunbfd^afteüerl)ältniB ftanb; bem .spiftorifcr
3f. 2)an. ©df)öpflin füllte er fid£) für bie ^ör'berung feiner ©tubien über bie
Liturgia alemannica ju immermä^renbem 3)anfe Oerpflid£)tet, meld^em er "bei üer=
fdfjiebenen Slnläffen ben fierjlid^ften 5lugbrudE gab. (£r geljörte feiner @efinnung§=
rid£)tung naä) ganj ber tljerefianifd^en 6pod£)c an; in bem, ma§ barübcr f)inau§fdt)ritt,
fa^ er bebenftidf)c D^euerung, bie er um fo meniger billigen fonnte , je fid^tlidt)er
fidf) biefe gegen baSjenige !el)rte, momit fein gauje^ perfönlid^es ©ein, 5£)enten
unb (^•ü'^len, fomie feine berufli(f)e Seben§ftellung auf§ cngfte öermad^fen mar.
^rül^jeitig ^atte er fd)on ale 3tnl^änger einer gemäßigten 9Jlitte bie innerf)ütb
be§ ^atl)olici§mu§ l)erüorgetretene ©pannung jmifcfien ^^^apaliften unb (5piö=
copalen, Ultramontanen unb GiSmontanen betlagt (bgl. feine ©d£)rift ,.I>e com-
munioue potestatis ecclesiasticae inter summos ecclesiae principes, Pontificem et
Episcopos", 1761); ba§ ^luffommen be§ t^ebroniani§mu§ mürbe öon il)m al§
f(^toere ©c()äbigung ber .fiird^e empfunben, unb er fd^mcid£)ette fidt) jum nad)=
träglidjcn SBiberrufe feine§ f^i-'^unbeS 3- '^t- öon Jpontl^cim @inigee beigetragen
p !^aben. S)ie mit bem ö'e'öi-'onianiSmug üerfdt)mifterten Xenbenjen beö ^0=
fepl)ini§mu§ feierten fid^ unmittelbar gegen bie Ätöfter, für beren )Hed£)te er al§
$räfe§ be§ brei§gauifd^en 5t>rälatenftanbe§ tämpfenb einjufteljen |atte. 3n feiner
„Ecclesia militans" (1789) feierte er fidf) birect gegen ba§ 3fofepl|inifc^e ©taat§=
!ird£)ent^um , inbem er au§ ber @ef(i)idE)te ber bergangenen Sat)rl)unberte nac^=
äumeifen fui^te , ba| bie (Sinmifd^ung meltlid^er ^erren unb iVürftcn in inner=
firc£)lid^e 33er'§ältntffe ber ^ird§e jeberjeit ©droben gebrad£)t f)abe. ©ofern ber geÖi^O'
©erbtet. 729
nianiemue aus bem ßatticaniSmui unb ^anfenilmus '^erauggeteac^fen toar, ba
ja ber ^anfenift Dan ßepcn §ont|eim§ 'xitf^xn geiDefen toar, gla-ubte er in feinen
legten SeBen^ia^ren aud^ bie f^eologifd^e (Srunblage be§ ^anfeni^mus einer
t^eologifc^en ^^rüiung untcr^ie'^en ju joüen („Jansenisticarum controversiarum
ex doctrina S. Augustini retractatio" , 1791). ^orf) tierer mußte @. felbfb
öerftänbtici) burd^ bas UmfidigreiTen be§ 9}ottairiani6mu§ , bes Freimaurern unb
^ttuminatenioefenS fid^ berütirt Tüllen; leine klagen ^ierüber [inb in feiner
Ecclesia militans niebergelegt. 3lef)nUd£)en ^xi\)aiW^ , toie biefe ©c^rift ift fein
Opus posthumum mit bem 2;itel: .,De sublimi in Evangelio Christi juxta di-
vinam verbi incarnati oeconomiam" (1793). ®r fci)ieb am 13. SOlai 1793 au§
bem irbifdf)en Seien ; feine Seid^e mürbe in ber öon it)m erbauten neuen <Stiit§=
lird^e beigefe^t, einer feiner öertrauteften greunbe, ber StiftScapitutar ^o^-
S3apt. 2öei^ :C)iett bie im 5)rucEe crfi^ienenc Xrauerrebe auf i£)n (@t. SBlafien,
1794, 4".). 5lad)ruie unb biograp^ifd^e ©fijsen über if)n finben fid^ öer^eic^net
in ber öaüe'fi^en ©ncDctopäbie s v. ©erbert; eine neuefte, in bie ©efd^ic^te bei
©t. ^Blafien öcrmobcne S)arftettung feine§ 2eben§ unb 2öirfen§ nebft einem
d^Tonotogifd^ georbneten S5er3ei(i)niB feiner gcEiriften gibt ^of. Sober: S)a§ e:^c=
matige ßlofter ©t. 25lafien unb feine ©ete'^rtenafabemie (©eparatabbrurf
au§ bem ^yreiburger S^iöcefanard^iö Sb. VIII) ©.94—111; ebenbaf. ©. 99
bie '^totij Don ber3erftörung ber nad^ Sluf^ebung bes ©tirteS nod^ cr^Uen ge=
büebenen fi^önen Äird)e, bie ®. erbaut '^atte, burcE) einen SSranb am 7. gebr.
1874. aSerner.
Verbiet: S5alti)afar ©., ^hniaturmaler , geb. ju ^Jtibbelburg 1592,
t 1667? (ögt. Äramm'e ©upplement ju feinem: Dictionnaire des artistes hol-
landais;. ®. befd^äftigte fid^ mit ^lalerei, 31rd^itectur, 3)iplomatie unb ©taat2=
ö!onomie. ©ein geben mar ebenfo unruhig toie mit ^ntriguen eifüüt. 6t
entbedfte u. a. ber ^nfantin Sfabella gegen eine SJergütung öon 20000 3:f)alem
eine, Don bem ^önig Don ßnglanb , bem ^rin3en Don Cranien unb 9tidt)etieu
angebettelte 35erfd^mörung gegen ©panien. 1613 reifte &■ nai) ßngtanb , roo
er junäd^ft in ben S^ienft bc§ A^eräoge Don 33udfingf)am trat, ber it)n mit nad)
©panien na^m. ©päter roarb @. ber (Sünftting Äarl L, tt»eld£)er i^n mit mid^=
tigen Slufträgen betraute unb i^n jum Üiitter f^lug. (Sr roarb in biplomatif^c
llntert)anbtungen mit ^ineingeaogen unb auc^ mit Ütubens Der^anbette er im
5ftamen feine§ ^errn, bee ^önig§ Don gngtanb. S)ie ^meite i^m anDertraute
5Jliffion 1631 gej^af) f{^on unter officieüerem 6f)arafter. ßr mar bei ber Sp
fantin gut angefc^iieben unb l^iett fid£) roä^renb einer Dtci^c Don ^a^ren in
Srüffel auT, unb eben in biefe ^eit fallt bie oben erroa^itte i^erfc^roörung, roie=
root fdfiroer ju begreifen ift, ba^ Slaxi I. roie bie f^franjofen i^m banac^ il^re
Unterftü^ung ni^t entzogen f)aben. 3Iber 1641 ert)ält er Don Äart I. eine
^taturatifationiurfunbe unb 1643 in granfrei^ bie 3}ergünftigung Seii)f)äufer
roiebcr einfül)ren ju bürfen. S^od) l^at er roenig greube an biefem i^m ^om
^önig Don gi-'anfreid) Dertie^enen *:)}tiDitegium gehabt, ba man il^n mit Cuä=
(ereien Deriotgte unb ibm feine 9tu^e liefe. (Sr 30g ba^er roieber nad) ©nglanb
jurücE, roo er fid) nieberliefe unb balb ati ©d^riftfteEer , ba(b a(§ mala tf)ätig
roar, bod£) getane; ei i^m roeber auf bem einen nod) auf bem anbercn 3Beg
beffer al§ in ^oüanb, too^in er fc^üefeüc^ überfiebelte unb roo er neue SBerfe
'^erauigab. ©.' beroo{)nte längere ^eit S)elft, boc^ 30g er 1653 nac^ 93UbbeI=
bürg. Sias ftäbtifd^e 3tegifter fü^rt i'^n auf mit „feiner grau ©ema^ün, .^crrn.
©o^n unb gräulein locfeter". Um 1657 fiet i^^m ein, in ©urinam fein
©d^irffat 3u üerfud^n. (Jr giünbete bort eine Sotonie jum 3tnbau bee Sanbel
toa% x\)m jeboÄ nic^t gtüdte , unb fo , Dom ©c^idEfal Derfolgt , fe^rte er roieber
l^eim. ßnbtid^ f(^ienen beffere 2age ju fommen, bie mit ber ^)tüdfel}r ber
©tuarfg unb ber X^ronbefteigung Äar(§ II. anfingen. @erbier"§ ^^tngetegen'^eiten
730 ®"t)l — @crbc§.
orbneten ]ic^ unb er befd^äftigte fi(^ au§f(i)(ie^li(^ mit Sccoration unb %xd)i=
ttttux. Ueber Ic^tere gob er S(i)riiten f)erau§. @r ftarb in ßonbon, nadjbem
er, toie e§ getoi^ j(i)eint, au§ bcr fattjolij^en^irc^e au^gef (Rieben trar. Üiad^
getüiffen 3)ociimenten luäre ®. 1572 geboren. .g)iernad) mü|te er beinal^e
lunbertjälirig gettjorben fein unb mit 85 ^a'^ren bie 'Steigt nac^ SCßeftinbien
unternommen tjahen, tt)a§ boc^ jet)r unroal^rfi^einlid) ift; au^erbem finb .'R'romm'ö
^Jiact)rid)ten un^n^eifet^it. ®. f)nt nur menige ''JJlalereien '^intcrlaffen, iebcnfaü§
finben fi(f) bereu nur menige, aber er t)at öerld^iebene 3lrbeiten über 9lrcf)itefur,
ben 5prei§ be§ ^Jlatevial§ ic. IjerauSgegeben. SSan 2)t)cf 1)at jein 33ilb ge^eic^net,
ba§ al§ ©tid) in ßorneilte bc 33ie ju finben ift. ©irct.
©crbl f. ®crbcl.
©crtfcn f. (Werten.
(Serben : S)aniel ®. , au§gejeid)neter 2!^cotoge bcr reformirten Äird)e,
namcntlid) auf bcm ©ebiet ber 9leiormation§gefc^i(^te. @r mürbe ben 19. ?lprit
1698 ju 33remen geboren, au§ einer angefe'^encn ftäbtijd)en fvon^ilif- -^iac^bem
er QU| ber ftäbtijd)en t)o]§en ©d)ule ju SSremen jid) für eine juriftifd^e Saufba^
öorbereitct aber aud^ babei orientatift^e unb gried)ifd)e ©procfiftubieu getrieben tjatte
— im ^. 1716 bigputirte er j. 35. über ben *^^tuto§ be§ ^riftop^ane§ gegen 9{id)arb
58entlet)'S ^nfidjten — manbte er fidE), angeregt burd£) au§geäeid)nete !öremijdt)e
2{)eologen, namenttid^ burd£) ben berühmten ^^riebridt) 3lboIi ßampe unb I^eobor
.»pafe ber ^'^eologie ju. Sfm ^. 1719 ging er jur ^^ortfe^ung feine§ StubiumS
nadf) Utrcdt)t, mo^in aud^ fein ßef)rer !iJampe 1720 berufen tourbc. 1722 rourbc
er ßanbibat be§ ^h-ebigtamte§ im .^aag, moraui er eine Oteijc burd^ JpoIIanb,
S)eut|dE)Ianb unb bie ©d^meij mad^te, auf ber er mit mand^en (Sele'^rten, nament=
lidt) mit .^iftorifern in 5öerbinbung trat, ^m ^-Begriff jum ^roiefjor bcr 2;^eo=
logie nad^ ,^anau ernannt ju merben , mä'^lte i'^n bie rejormirte ©emeinbe ju
äöageningen in ^ollanb ,^u i{)rem ^rebiger, mel(^e ©teile er im 3. 1724 an=
na^m unb 2 ^a^re lang befleibete. 1726 mürbe er an bie Uniöerfität ju
3)ui§burg al§ ^^-^rojeffor ber Sl^eotogie bcruien , nadf)bem er öor^er t)on Utredt)t
bie tl^eologifd^e 2)octormürbe erholten l^atte. 1728 mürbe it)m aud) ba§ i^aä:}
ber ^ird)engefd)id^te übertragen. 9U(^ neunjäl^riger SBirtfamfeit in ®ui§burg
fam er at§ '^-'i-'oi^ffoi-' '^^^ 2t)eoIogie nadt) ©röningen, mo er audf) fpäter bie ©tcüe
eine§ UniterfitätäprebigerS übernat)m, unb bafclbft am 11. ?Vebr. 1765 ge=
ftorben ift. ^n 5Be,^ie^ung auf feinen tl^eologifdf)en ©tanbpunft im 5tllgemeinen folgte
®. bem ©l;ftem be§ berü'^mten ßocccjuS unb feine§ 2e{)rer§ Sampe, beffen nad£)ge=
laffene ©d)rijten er auc| ebirt l^at. S)iefer ©tanbpunft tritt in feinem (iom=
penbium ber bogmattjd£)en Sl^eotogio '^eröor, h)eld)e§ er 1734 =;u S)ui§burg unb
äel)n 3fat)ve fpäter nod^ einmal tiermel)vt !^erau§gab. ©eine ^auptt^tigfeit
liegt aber auf bem '^iftorifd^en Gebiete. ^Jtad^ bem S5orbilbe ber bibliotlieca
Bremensis gab er öon 1732 an bie „Miscellanea Duisl^urgensia" (2 25änbe),
unb öon 1736 an bei feiner Ueberfiebelung nadl) Groningen bie „Miscellanea
Groningana" al§ gortfe^ung ber S)ui§burger 9Jti§cellaneen (4 33änbe 1736 bi§
1743) :^erau§, in meldt)en 3eitfd^riften bie ejegctifd^en 3lrbeitcn nod) ba§ Ueber=
gemid^t über bie t)iftorif^en '§aben. 35on 1744 — 52 erfd^ien in 4 Cuartbänben ba§
midt)tige unb nod^ immer gefud)te unb tücrtliöoHe 2öerf „Historia reforniationis sive
annales Evangelii seculo XVI". ;^n einer fef)r Haren unb grünblid£)en äöeife be=
fd)reibt er ben ®ang ber reformatorifd^en Semegung bur(^ Europa, unb fügt
unter bem SLitel „Monuiiienta antiquitatis" jebem Sanbe einen urfunbticl)en
Xtjtil ^um, in meld^em er mand^e biSl^er unbe!anntc S)ocumente unb SSriefe,
namentlich öon bem ©trapurger ^Reformator ßapito mitt^eilt, meIdC)e Ö). au§
bem ^tac^laffe be§ .speibelberger Il^eologen ^einrit^ 9ltting empfangen l^atte.
®cibc§. 731
(Sin umfangreic^eteg Utfuiibenbud^ t)aupt^ärf)ürf) Tür bie 3^^^ ^^"^ Deformation
gab @. öon 1748 an bi§ 1763 unter bem Jitel: „Scrinium antiquariuni sive
miscellauea Groningana nova"' in 8 SSänben f)erau6, worin eine gro^e IDtenge
tDid)tiger Urfunben, 2el6en§befc^rcibungen k. mitgef^eitt roirb. ©. ^at tür feine ^tii
für bie iReformation§gef(f)i(^te9lu§ge3ei(i)nete§ geteiftet, was um fo mef)r an.juerfennen
ift, ba er firf) bie Xocumente nur mit 5Rüf)e oerfctjoffen tonnte. 'Dkc^ feinem Jobe
erfrf)ien auc^ ein Sßert über bie ^Reformation in Sita^icn unter bem Jitet : „Spe-
cimeii Italiae reformatae. f)erau§gegcben Don ^oÜebecf", öeibcn 1765. 4. S)ie
umfangrei^en '^iftorifcfien 5tu^eid)nungen be§ 2Befc(er ^aftor§ 5lnton »an S)ort'^,
metdie je^t im Staateardiiü ju ^üffetborf aufbema!§rt werben, finb bem ausge=
äeid)neten 'IJlanne tro^ feiner 33emü!§ungen teiber nid^t 5U ®eficf)t gefommen.
£>ie 33erbienfte tion @. würben übrigen^ f(^on ju feinen öebäeiten üietfad) aner=
fannt, fo warb er j. SS. ^Jtitgtieb ber '3lfabemie ber 2öiffenf(f)aften ju SSerlin.
lieber fein '^eben f. eine autobiograp'^ifdie ©fiäje in ben Miscell.
Duisburg. I, 126 ff. unb eine Erweiterung berfelben in ben Miscell. Gro-
ningana I, 178—184. 6. ^rafft.
dcrbcg: @eorg @uftaö @., geb. am 8. ^an. 1709 ju 20i§mar, geft.
1758 ju ©tettin, Botjxi be§ 1725 geftorbencn <Secretär§ beim fd^webifc^en 2ri=
bunal ju 3Bi§mar, ^oad)im Henning @. @r ftubirte nid)t, wie fict) angegeben
finbet, äu ^toftocE, wol aber ju ^etmftäbt , wofelbft er auf @runb ber -Disser-
tatio inaugur. pragmatica de debitis ex feudis praecipue Pommeraniae sol-
vendis", Helmstadii 1732 ^octor ber 'Tiec^te würbe. "Rod) in bemfelben ^ai^xt
trat er bie Stböocatur unb ^^^rocuratur bei bem Tribunal feiner Sßatcrftobt an,
würbe 1743 Senator unb ging ba§ ^ai)x barauf ali fönigt. preu§ifct)er 3ufti3=
rat^ unb ©tabtftjnbicuS nad^ Stettin, ^n ben ^aijxen 1736—44 gab er ju
SGßismar tjtxauS) „51ü^(icf)e (Sammlung oerf(f)iebener guten %^e\l^ ungebrurfter
Sd)riften unb Urfunben, weld)e bie ^Jtecflcnb. 2anbe§re(i)te, @efcf)ic6te unb 93er=
faffung erläutern fönnen." 9lt§ ^itgtieb ber ju ©reifewatb unter bem Ütamen
Colleetorum historiae et iuris patrii gebilbeten @efeüfd)aft na^m er regften 3ln=
t!§eil an ber ^Bearbeitung ber in jWei „'ütugiertigungen" 1747 unb 1756 er=
f^ienenen „9lu§ertefenen Sammlung üerfc^iebener ^Jtact)ridC)ten jur Äenntni^ be§
.^^erjogtl^umö S^or= unb .pinterpommern, wie audf) ber ^nid Dlügen." Sie zweite
Ausfertigung ift fein alleiniges 93erbienft. 'Hoä) feien awei 2;rucffc^riften au§
ben 9tnf äugen feiner litterarifc£)en I^ätigfeit erwäl^nt: „Diss. de eo. quod ju-
stum est in casu dubiae ac litigiosae successionis principum", Jpamburg 1730
unb „Diss. epist. ad Aug. ßalthasarem de iurisdictione criminali academiis
speciatim Grvphioae competente". Vismariae 1734.
S5gt. '2lbelung unb ^ö^er II, 1414. 53ernl). .^xtV), 23eiträge jur iötecfl.
Äirct)en= unb @etet)rtengefc^i;^te I, 307. Schirr mac^ er.
^erbeö: ^f)itip|) 23altt)afar ßJ. — au§ einer alten mecftenburgifd)en
nacf) ^^ommem übergefiebelten gamilie, weld)c eine Cilie äWifd)en 33Iumcnjweigen
im 2Bappen tüfirt unb au§ ber ^afilreic^e ^^^aftoren, @eridt)t6= unb 9tatf)§mitglieber,
unter if)nen audf) ber JribunatSpräfibent 2!aüib Öeorg Don 6. (1726 — 29)
^erDorgingen — geb. äu (Sreifswatb 168U, t 'JloDember 1736, war ber
So'^n be§ '^^rofefforS unb ipofgerict)t5birector§ griebridf) @., geb. 1634, geft.
1696, eines nam'^aften ^uriften, beffen Schritten 3tuguftin S5altf)afar
(f. b.; 1729 in 2 Sßänbeu l^erausgab. Ütac^bem er bie @t)mnafien ju ®reif§=
walb unb Stratfunb bcfud^t ^atte, ftubirte er feit 1698 in (Sreifgwalb unb >!palle
bie p£)itofop:^ifc^en unb iRed)t§Wiffenf Raffen unb begab ftd^ bann nacf) 9io=
ftocf 3U feinem Schwager, bem '^erjogl. mecftenburgifc^en Otegierungsrnf^e
^acob SSalf^üfar, um fid^ für bie juriftifcf)e ^$rari§ ausjubilben. 'Rad) Sreif§=
walb äuxürfgefe^rt, begann er biefe JGaufba'^n unb warb jugteic^ 1708 ^;!icentiat
732 ©cteon — ®crt)arb, ^. D. S^etg.
ber Üiedite, üfterna^m jeboif) nacf) ^4^altt)en'§ 2obe 1713 bie orb. ^H-ofejfui ber
6ef(i)i($te unb ^Jtoral in ber )3'f)itofopf)t|c^en ^^acultät , in treldicm 3tmte er
llnitievfalgefrfiicfite unb 5Uturred)t lai. ^m ^. 1714, nac^ Sd^aif'S Jobe er=
l^ielt er eine orbentlid)e ^^^rofeffur ber 3fui-"i^pi-"u^en5 unb la% ^^^ftitutionen, ^au=
bectcn, ße^nSrerfit u. 21. naä) ben 2et)rBüd)ern öon ©tr^cE, Sauterbad) unb @.
51. ©truüe. 3fn ©emeinji^Qit mit feinem 23etter .«penning (£r)riftopt) 65. (t 1723),
toetd^er gteid)iatt§ feit 1701 eine ^^^rofeffur be§ römifd)en '){ed)te§ öerttjaüete,
tnar er auc^ am ßonfiftorium tlf)ntig unb touibe nac^ beffen 2obe 1724 S)irector
beffetben. Seibe iJied^t^gele^rten :^atten in biefer ^fit aud) einen ttjefenttidien
(Sinflu^ auf Stuguftin 33alt^afar'§ juri[tifd)c ^luäbilbung. ^n ber ^otge betl^ei^
ligte er fid) aud) an bem in ©reiföroatb ätoifdien ben 9InI)ängern bes ^;pieti§mu§
(5eH)arbi, Sfluömetjer, ^. ^. 33altt)afar unb bem gü^i^ei^ öer Drtl^oboren ^.
^apU au§gebro(^fnen Streite, inbem er bie ^ietiften öom iuri[tifd)en ©tanb^
:punfte au§ öertfjeibigte , morauf fic^ bie ©c^rijt „De jurisprudentia non i)api-
zante", 1731 16e,^ieJ)t. 9}on feinen übrigen ^Ib'^anblungen , tt)cld)e S)ät)nert im
©reifSmalber Uniö. 6at. I, 751 unb SBiebcrftebt aufführen, ift bcfouber§ ^u nennen :
„De Germaniae in circulos et praecipue in sex divisionis origine", 1710. 9lad^
einer furzen 35ertt)altung be§ |)ofgerid^t§birectorate§ feit bem ^. 1734 ftarb er
pU^üi^ im S- 1736.
^Bieberftebt , 9tad)ri(^ten jc, ©reifSwalb 1824. — Äofegarten, &t]äj. b.
Unit). I. 5. 279. — ':|.U;(, '4>oi""ierfd)e ®efd)id)t§ben!mäler V, ©. 18, 47.
^ ii d e r m a n n.
Ö^crcoii: 'i)lico taue 6., ^Jtaiujer SancettariuS unter ben ßrjbifc^öien unb
Äurfürften ©(^toeifarb öon ßronenberg (1604—1626) unb ©eorg iyriebrid^ öon
©reiffenttau (1626 — 1629j, toattete feinet 9lmte§ in ben fd^mcren 3citen öon
(Stiftung ber Siga (1609) bi§ ju jener (Spo(^e be§ brei^igjätjrigen ÄriegeS, too
ber Äurfürft, beffen '^anb toiebert)ott öon SBaüenftein bcbrüdt tourbe, in @r^
fenntni^ ber (Jnb^iete beffelben 3ur (Jntferuung 3BaIIenftein'i ernfttid^e ©dirittc
einleitete. Unter biefen Umftänben , bei ber ^eröorragenbeu ©tettung feiner
dürften innert)alb ber Siga unb bei bem energif(^en (Eingreifen ber l;)iegenten in
bie ^otitifc^en 3}ert)äUniffe mar @. eine gro^e ^lujgabe gefteüt. ^nnit finben
tt)ir it)n in '-Begleitung feine§ §errn in ';)5rag (1610), too^in i^aifer 9tubolf ben
©r^bifc^of ©dimeitarb berufen '^tte, um mit il^m unb anberen güi-'ften bie
^Uttel unb äßege jur ?lnbaf)nung einer 3}erftänbigung mit ^att)ia§ unb bie
S3eitegung ber 3ütid)"fd)en (Jrbfolgeftreitigfeiten ]u berat^en (Joanuis, Script,
rer. mog. I. 915). ^n teljterer 9tngelegenl)eit marb Ci>. nebft SInberen mit ber
9Jtiffion betraut, am franjöfifd^en Aöofe, fomie an bem öon $5ranbenburg unb
^Jceuburg bie "Diieberlegung ber SBaffen 3U betreiben. 2)ie (^efanbtfdiaft tüurbe
auf bem 2öcg^ jurüdberufen unb ein ßonöent nad) Göln au§gcfd)rieben, auf
metd)em ®. feinen -'perrn öertrat. 5lud) ^ier marb fein (Erfolg erhielt (Joannis,
1. c. I, 917). 3fnt 9luguft 1619 folgte @. bem Äurfürften nad) (vranffurt jur
fS^af)l ^^erbinanbS II. (Sine te^te ^iffion mar bie 3um GonOente nad) Singen
(25. S^uni 1628) , auf n)eld)em eine ernfte 23orftellung an ben f?^üifer um (5nt=
fernung 3öattenftein'§ berufnen rourbe. 2)ie 33efd^lüffe famen , ba SBatlenftein
9lbplfe öerfpra(^, junäd^ft nid^t .^ur 3(u§fül)rung.
^urter, 3ur @efd§idt)te SBaßenftein'e ©. 224 ff., 270. C. ^lopp,
Xiltt) I, 478. Sodenl^eimer.
(^crljarb, be§ erften ^Jlarfgrafcn unb .öerjog« SBil^elm öon Sfülid^ ältefter
©o'^n, nimmt eine gemiffe Sebeutung in ber nieberr^einifc^en !;llegenten= unb
S;erritorialgefcl)id^te burd) ben Umftanb ein, ba§ er aU 6rbtl)eit feiner ©emal^tin
^argarett)a, itod^ter beS @rafen Otto IV. öon 5Raöen§berg unb ©nfetin 2lbolf§ V.
öon SSerg, 1348 biefc beiben Territorien an ba§ ^ülid^'fd^e ^iau§ brad£)te. ^tvax
@erf)Qtb I., J8. 0. ^Bremen. 733
fanb bama(§ noc^ feine SBerehügung bcv beiben .perjogt^ümev 5ü(i(f)=53er9 [tatt,
benn ®. fucccbirte gar nic^t im ©tanimlanbe feineä Sßnterg, ftarb üiclmr^v ]ä)on
Dor biefem im S. 1360 (18. ^nd). 3lber jein (änfel 2tbo(p() beerbte »üieber
9fieinolb Oon 3ülid^=®elbern , ben ßntel 2ßit^elm§, unb fo toar burd) i^n boc^
bet ©runb gelegt ju ber gonccntrirung nieberr^einiicfier ^ürftenf^ümer in einer
.«panb, tüie fie fpäter in noc^ ^öf)erem ''Ula^t feitens GteDe [tattjanb. '^tußerbem
aber Oerme'^rte ber junge tapfere ö^ürft, ber '^voütif feines .öaujee getreu, in ben
^ämpTen auf ©eiten 'L'ubwigs bce SBaiern unb i?'ar[s Don l'uremburg in @emein=
jcfiaTt mit jfinem S}ater gegen bie (abignoni[tifc£)='i iran,]öfi|cf) gefinntcn berjeitigen
Örjbifdiöie öon Äötn fein Territorium in fur^er 3cit um bie .öerrf(i)ait .parben=
berg, Stabt, (S(i)(o^ unb 3"^^ 3U ^aiferSroertf) unb ben Jpof ©olingen.
i3acomblet'§ Urfunbcnbud) be§ Weberr^einS, Sb. III. Sacomblet'S 3irc^iö
für bie ©efc^ic^te bes Oiieberr^cine , 58b. IV, <B. 06 — s2 , S. 236—252.
t). .'paeften in ber ^eitfcfir. be§ bergifc^en ®ef(i)id)t§t)erein§, 58b. II ©. 19 — 23,
III, ©. 232 f. ©occfe.
©cröarb I. , 58ifc§of üon Cänabrüd 1192 — 1216, f at§ (irjbif^of Don
.Pjamburg = 35 r e m e n am 13. Sluguft 1219; ber te^te, toetc^er bis ju feinem
lobe ben .Hamburger Sitct führte, war ber aioeite Sof)n beS ©raren öeinricf) I.
öon Dtbenburg, be§ ©tifterS ber SGßitbeS^äufer ßinie (t 1167) unb ber loc^ter
beS ©rafen ^einrid) öon (Leibern. Sl(S23ifc^of 3lrnotb am 15. Xecember 1191
auf bem ^reu,viuge geftorben toar, wä^tte i^n ba§ Dänabrüder 2/omtapitel, mit
bem er fid) aber im Kampfe ätoifd^cn ^^f)iüpp unb Dtto IV. al§ treuer Stn^änger
ber otaufer unb öegner ber ^ütftenpolitif überwarf; aud) fd)eint er mit ben
J^ird)engütern nid)t üorfii^tig getoirtt)fc^aftet ]n t)aben. S^er Streit jtoifc^en
^nnocenä III. unb£ttoIV., ber fid) im 'Jiorben in ben (Eingriffen 2JÖatbemar§ bes
(SJroBen üon S)anemart unb in ber äwiefpäüigen @r3bif(^of§n)af)I ber SDomfapitel
öon 33remen, ba§ ben Sd^teStoiger 35ifd)of 3Balbemar, unb .Hamburg, bas
5Burd)arb üon ©tumpen'^aufen toätjÜe, wieberfpiegeüe , brachte 1210, ba ber
'^apft betbe nid)t beftätigte, Sßalbemar bannte unb Surc^arb üer^iditetc, beffen
naf)en S5ertoanbten &. burd^ 2öa^t be§ Sremer S)omfapitet§ am 30. Dctober
auf ben crjbif(^öftid)en Stu^t, ben er aber erft 1216 einnefjmen fonnte. (Js
tüurbe if)m beS^atb geftattet bie C§nabrücfer 2)iöcefe, nad) ber er auc^ genannt
tüurbe , beijube^lten. S)er gebannte Sßatbemar würbe inbe^ Qegen il^n burd)
Ctto IV., bur(^ bie ©tabt 33rcmen unb burd) bie ©tebinger, bie namentüd)
feit 1207 if)re Äraft Ratten fenncn lernen, gehalten, bie auf Seite @erf)arb'§
ftefienben- ^inifterialen bagegtn burd^ bie tro^igen dauern, roetc^e felbft bie
ftarfe 58urg -J^agen an ber llJ^arfd) Cfterftabe berannten, niebergeroorfen. 9lber
burc^ eine 9heberlage, bie @raf ^einrid) II. üon ,spoQa = Stumpen!^aufen, Ö)er=
^arb'S ©ro^neffe, üor ber Surg .poi^a 1212 ben Sauern beibrad^te, änberte
fi«^ ber Äampf, obtool nod) 1214 ber ©i^ ber (Sbett)errn üon ©tötet jerftört
lüurbe. '31I§ Äaifer gr^c^^i'^ II- ^"^ "^5. ^uli 1215 in Stachen gefrönt rourbe,
affiftirte @. , aber nur als 33ifd)of üon Cinabrüd , boc^ nannte er fid^ fcf)on
früher im fetben 3Eif)i-'e ßtjbifdjof. Dttoe IV. ©turj lie^ if)n nun aber bie
©tebinger gewinnen , üielleid)t burd) 3Iufgabe ber bod^ nur mit (bemalt beiju^
treibenben 3cf)i^ten, unb fo ftü^tc er ftc^ "^infort wefentlid^ auf biefe gemrdfjteten
35auerlanbe ber 5JUrfd)en, bereu 2ro^ boburdE) fo n)udC)§, baß @. aU inbirefte
3}eranlaffung be§ auSrottenben ^reujjugl feineg ^lac^folgerS (^ert)arb II. an=
gefe^en werben fann. Unter bem S)rud ber ©tebinger würbe 1217 aud^ bie
©tabt SSremen ^ur Unterwerfung hnxä) eine fogenannte „@intradf)t" gezwungen,
unb ®. ^ielt in'^omp feinen ginjug, bod^ ^atte er ber ©tabt bie üon .partwig II.
erlangten 5reif)citen beftätigt. Xk furjen ^a^xt feiner folgenben ruf)igcn 'Hc=
gierung tonnten bem (Srjftifte bie in ber f)altIofen Ütegierung .P)artwig§ II., ben
734 ©erwarb IL, d. 5Ö. D. Söremen.
äöalbemQx'j(i)en Äämipfen unb buvdf) feine eigne ÄriegTü'^rung gefdilagenen SBunben
ni(i)t {leiten. S)a§ Olbenbuiger ^an§ abn '^at \xä} burd) ©eriiai-b'l Stettung,
toätirenb fein 33vubei- Ctto ^ugtcicf) 1204 — 18 5ßif(^of öon fünfter luar, un=
fraglid) ju einer 5Rac^t[teIInng erhoben, bie e§ früt)er ni(i)t befa^.
5ßgl. gjlöjci-, OSnabr. ©ejd^. III. ©tüöe, @efd^. bc§ |)od)ftiit§ D§n. II.
unb be|onber§ ^. 31. ©d^umadier , 2)ic ©tebinger, ©. 61 ff., n)o bie %ad)=
toeife. S)ct)io in ö. ©l)bel§ ^ift. 3eitf(^i--- XXX (1873), ©. 222 ff., u. ©efc^.
b. 61*36. .^aml6.=33remen II. Ä raufe.
(^erljarb 11., ©rabifdioi uon 93renien 1219—58, ein ©oftn jenes mert=
tDürbigen ßbel^^errn Q3ern:^arb öon ber Sippe (f. 'Eiligem, '^öiogr. 33b. II ©. 422 ff.),
ber al§ SBifc^of öon 8elonien in (Bemeinfd)aft mit feinem ©ot)ne Dtto, ^-Bifc^of
öon Utrerf)t, ®. bie 3Bei^e ertl^eilte, nac^bem i^n, ber feit 1216 ^^propft 3u
^Jaberborn gcroefen ttjar , ba§ Sremifdie S)omfapitel o't)ne 3ujie^ung be§ ^am=
burger ÄQpitelS ertoäf)It ^atte. S)er 3^ul)m be§ 9}ater§, be» alten ^^^arteigängers
«i^einrictiö be§ ßötoen, bie anfe'^nlid^c (Stellung öon (Ser'^arbS näd)ftcn 5)ertt)anbten,
bie naljen Sßejietiungen feine§ .^aufe§ ju ben Söelfen empfaf)len it)n ebenfo fe'fir
wie feine perfönlii^en @igenf(i)aften jur Siegelung ber fd^föierigen SJer^ättniffe,
in toeldjen fid) ba§ ©rjftift befanb. Söenige 2Bod)en fd)on nad) eintritt ber
9legierung gelang itjm ber ?lbfd)tu^ cine§ 5Bertrage§ mit bem ^Pfal^grafen |)einrid)
(September 1219), burd^ tt)eld)en bie (S5raffd)aft ©tabe ber bremifc^en Äiri^e ju
©igen abgetreten, jebod) aU Sel)nbefi^ bi§ ^um jtobe be§ ^falägrafen in beffcn
."pänben betaffen tourbe. 9lber ber natürlid)e 2öiberftreit ber Slntereffen ^toifdien
bem ©rjbiSt'^um unb ben metfifd)en 'Jiad)barn ern)ie§ fid) ftdrfer al§ bie alten
5reunbfc^aft«jbeäiet)ungen, unb bie öiel umftrittene ©taber ©raffd^aft ttjurbe no(^
mef)rmalg jum ^^iifapfel ber Parteien. (Segen ben 'i^ertrag öon 1219 t)atte
^^JfatjgraT ;^-)einrid) feinen ^Jieffen Dtto baö Äinb im ^. 1223 ^um 2e'f)n§erben
aud) für bie ©tabijd)cn ©üter beftimmt unb bie§ gab für Otto öon Süneburg
ben ^nla^ im Kampfe jmifdien 2)änen unb S)eutf(^en, ber foeben burc^ bie
(^efangcnnal^me Äönig äöalbemarS eine entfd)eibenbe 2Benbung ^u ©unften ber
S)eutfd)en genommen unb ben ©r^bifdioi @. an bie ©pi^e ber Kämpfer gegen
bie bänifc^e Dccupation ^olftein§ gerufen "^atte, feinerfeitS bie bänifc^e Partei
3U ergreifen. ^Iber in ber ©(^lad)t bei 5Jtöln n)urbe er 1225 mit 9Ubert öon
Drlamünbe burc^ bie beutfdien Sßerbünbeten au§ bem i^iVitt gefd)Iagen ; unb als
Otto nad) ber ©nttaffung Äönig äöatbemar§ au§ ber ©ejangenfc^aft aufs 5leue
beffen 2rat)nen ergriff , mürben in ber ©d)tad)t hd 33ornl)ööb , in meld)er 6rj=
bifd)of ®. ben erften Eingriff leitete, jugteid) mit ben planen be§ S)änen!önig§
aud) bie ."poffnungen be§ i'üneburgcrS fürerft öernid^tet. 9lo(^ einmal inbe^ öcr=
fud)te Otto bie S^erlegen^eiten be§ Srjbifc^ofS mät)renb be§ ©tebinger Krieges
3ur ©eltenbmac^ung feiner 3lnfprüd)e auf ©tabe ^u benu^en, nnb crft a(§ aud)
biefer SJerfud) fe^lfd^lug, öerftanb er fid) im ^. 1236 ju einem befinitiöeii SBer=
3id)tc auf bie ®raffd)aft , bie öon ba ab ein unbeftrittener 23efi| be§ ©rjftiftg
geblieben ift, beren glücfUd^e SSe^auptung burc^ (5r3bifd)of @. ber 2;erritorial=
entmidelung be§ 6rjbi§tl)um§ il^ren ^bfd)lu^ gab. Sie rul)möot[e ©^lad)t bei
58orn^ööb , meld)e mit einem ©i^lage ^olftein öon ber S)änen^crrfd)ait befreite,
gab bem ©r^bifc^of ®. auc^ ben alten 33efi^ feiner Äird)e, S)itmarfd)en , jurüd
unb befeftigte fein ^Änfel^en jenfeitS ber Slbe. S)er burd^ feine einfeitige 2öal)l
burd) ba§ bremifd)e 3!)om{apitel auf§ ^^leue erregte ©treit jtoifd^en biefem unb
bem Kapitel ^u .ipamburg fanb nad) langwierigen ^roceffen enblic^ burd) ben
5ßertrag öom 24. S)ecembcr 1223, öom ^4?apfte beftätigt am 1. Slpril 1224,
feine ©rlebigung, monad) fünftig bie er5bifd)öflid)e Söürbe auSfd^lie^lidC) bei ber
bremifd)en .^irc^e öerbleiben fottte: öon ba ab ift ber 2itet eine§ l^amburgifd^en
ßr^bifd^ofS ööüig erlofd^en, ein Umftanb, ber nid^t blo§ zufällig jeitlid^ 3ufammen=
@etf)atb IL, e. 23. d. Sternen. 735
yättt mit bem ööttigen Gnbc ber großen norbifc^en ^Jhfiionsf^ätigfeit, für toelc^e
einft ba§ ©rjbiStl^um 3lnjd)ai§ errichtet loorben Xüax. 2)enn |o gtücflic^ Ö). in
ben bi§f)er ertt)äf)nten Unterne'^mungen icar, ben befinitiöen 33erluft ber testen
übeiieei|d)en ^^roDinj feinet ©tijtS, ber litilänbijdien Äird^e , üermod^te er ni(i)t
ab^uroenben. fvattifcf) toar fdion ber im 3- 1229 üerftorbene 5Biid)of Gilbert
öon Sfliga ööttig unabf)ängig üon S3remen getüefen, bie befinitiDe ßonftituirung
be§ 9iigaiic^en ©räbiSt^uml erfolgte 1255 burc^ eine Sulle Stteronber IT. 3}er=
geblid) f)atte @. im ^. 1230 eine @efanbtjrf)aft an ben ^'apft gef(i)icft, um eine
autoritatiöe ^Inerfennung ber 9ie(i)te feiner Äirct)e auf Siölanb burct),5ufe^en, Oer=
ge61i(^ fict) 1247 binbenbe Qufogen öon 3t(6ert ©ucrbeer geben taffen , ber
bamalö auf ben Sübccfer 35if(^of§ftu^[ erfjoben mürbe unb bereite jum fünftigen
Iiülänbij(i)en Metropolitan auSerfe'^en mar. 6)ert)arb§ C^cfanbtfrfiaft im 3f. 1230
l^ing noc^ mit einem anberen ^(ane be§ drjbif^ofS ^ufammen, mit bem beab=
fidltigten ßreu^jug gegen bie ©tebinger. Sa^ biefe Sauernfd^aft, toetd^e in ben
kämpfen roäijrenb be§ bremi|rf)en ,Sird)enj(^i§ma§ üon 1207 — 17 eine gemiditige
OloEe ftetö auf ©eiten be§ Dom ^aifer anerfannten @rjbifci)of§ gefpiett f)atte,
bicf)t öor ben 2:l)oren ber er3bif(i)öfli(i)en Metropole eine unabhängige Griften^
füf)rte, fetbft ben firct)lict)en 3ef)nten ju jafilen oermeigerte, erfd^ieu atö eine fo
gefä{)rü(i)e 3lnomalie in einer 3^^^ ber mac^fenben llnabt)ängigfeit ber ©täbte
Don ber iüi-ftlidien ©ewalt, ba^ @. gleich nacf) Seenbigung ber norbatbingifd^en
2Binen i'^re Unterroerfung ernftüc^ befct)(o§. 5Xber ber erfte 33erfucf) baju mar
öon bem friegerifc^en Sjotfe in einer <Bä)laä)t öom 25. Secember 1229 fiegreid^
jurüctgemiefen, be§ ßr^bifd^ofg 33ruber ^ermann öon ber Sippe mar im Äampfe
gefaüen. Sie Gräfte be§ ©rjftift^ crtoiefen fid^ ni(f)t [tarf genug ba§ freie SBauem=
öotf ju be^toingen, es mußten bie großen Wdä)te ber ßird^e ju |)ülfe gerufen
werben. (Sd£)on im Märj 1230 erflärte bie bremifdtje ©t)nobe bie ©tebinger
für Äe^er unb eifrig betrieb nun @. Bei Äaifer unb ^4>apft bie Äreujprebigt gegen
feine f^einbe. 2;od£) erlangte er erft 1232 öon @regor IX. bie ©rIaubniB nnb
erft auf bie ^unbe öon bem Mi^gefdE)idE ber erften Äreujfal^rt gegen bie 3}er=
feierten ert{)eitte ber 5ßap[t 1233 ben 2l)eilnet)mern an bem Kampfe bie gleid^en
33ergünftigungen toie benen, metd^c gegen bie Reiben jogen. Slber öier Eingriffe
roiefen bie Stebinger mit unöerglcid^lii^er SBraöour jurücE, obroot fclbft i^xt
natürlidl)en 33unbe5genoffen , bie frieftf^en 3}ötferfd^aften an ber Untermefer, bie
©tabt 23remen , fie im ©tidie liefen , ja bie le^tere enblid) gar für bie 2"^eil=
nal^me am Kampfe gegen fie getoonnen mürbe, obmol .^erjog Dtto öon Süne=
bürg , ber eben jefet feine kämpfe megen ©tabe mieber aufnahm , i^nen feine
birecte Ünterftü^ung geroäf)rte. ®r[t am 27. Mai 1234 erlagen bie tapferen
33auern in ber blutigen Sc^tad^t bei 3lltenef(^ i'^rem @efc^id£; (5rjbifct)of @.
^atte mit 9lnmenbung ber äuBeil'ten Mittel audf) l)ier triump^irt. Mit ber ©tabt
Sremen mar @. gleich im SSeginne feiner ^Regierung in heftigen ^ttiiefpalt ge=
ratl^en , al§ er 3ur ^ebung ber burd^ bie öoraufgegangenen SBirren ftarf er=
fd£)üttcrten ginanjfräfte be§ ©tift§ öermittelft eine§ feften ©cf)loffe§ an ber 2Befer
Öanbel unb ©d)ifffaf)rt mit einem 3oll 3U belaften öerfudt)t ^atte. @r öermoc^te,
burd^ feine anbertueiten ©orgen ju fet)r in Slnfprudl) genommen, nid^t burd§=
jubringen, fonbern muBte jidl) bie geroaltfame 3e>:ftörung ber 2Bitteborg gefaflen
taffen unb in ber näct)ften ^^it barauf bebacl)t fein burcf) eine Steige öon 6on=
ceffionen, namentlich im ^. 1233, al§ er fid^ bie Unterftü^ung ber ©tobt gegen
bie ©tebinger fid^ern mollte, ein gute§ 23er^ltni^ ju ben bürgern ju erl)alten.
S)ie ftarfe ©tettung aber, totlä^e er nad^ ber ßonfotibirung feinel Serritoriumi
unb nad^ Crbnung ber ginan^en be§ ßrjbiSt^ums fic^ erworben ^atte, erjtoang
im 3f- 1247 öon ben SSremer 'bürgern ben Söerjidlit auf bae eigenmäi^tig öon
i^ncn abgefaßte ©tabtred^t unb bie unbebingte 3tnerfennung ber erjbifd^öflic^en
736 @ett)atb I., ^. ö. ßambrai u. 3tna-3.
©eric^tSBarfcit. .spocfibetagt ftarb @., na(^bem it)m in ben testen ^a^ren fein
^e^e 33if(i)of ©imon öon ^abefbotn qI§ ^Ibminiftrator äur ©eite geftanben f)attc,
am 27. ^uti 1258.
2)e^io, (SJefc^. be§ ®ra6i§tt). .!pomburg=!öremen, SSb. II, Aap. 9 unb 10.
<Bä}umaä}a, 3)ic ©tebinger. ö. 33ipt)en.
ßJcrljorb I., S5if(i)Di öon ßambtai unb '»JtrraS, f am 14. gjtärj 1051,
wat au§ angefel^enev unb begüterter (Familie ju ^^lorenneö geboren, too fein
3}ater Strnutf ®rbf)err toar unb etnÄlofter gegrünbet t)atte. 3^n frü'fier ,^ugenb
lüor er in bie nod) öon ®erberf§ ©eift erfüllte ©(i)ulc öon 3f{eim§ eingetreten,
beffen @r,0if(i)of Sllbero fein mütterli(f)er ^öerroanbter n}ar; t)ier öerbanb i^n innige
f^reunbfd)ait mit bem nachmaligen 3lbt 3tid)arb öon ©t. 3}anne§ ju 3^erbun,
ber in ber (Sefd^id^te ber flöfterlit^en Steformberoegung ^u ^^nfang be§ 11. 3fa^r=
f)unbertS eine fo bebeutenbe 3lotte fpielt. @. ergriff, nidit toie Ülid^arb, bie
5Jlön(i)§taufbof)n, fonbern trat in bie Äapette ^önig ^einric£)§ II. ein unb rourbe
öon biefem, obmol er erft bie S)iaconat§tt)cit)c empfangen l^atte, im Januar 1012
jum Ttaififotger beö Sif(i)of§ @rlöin öom dambrai ernannt. .g)eintict) ^atte ge=
toünfc^t, ba^ ö). ficf) ,^u Bamberg öor bem öerfammelten beutfc£)cn ©pilcopatc
3um Sif(f)of meiticn (äffe, maä i^m bei ben eigent^ümti(f)en S^erl)äUniffen be§
politifd^ jum beutf(^en 3lcic^ , firrf)lirf) aber jur (Srjbiöcefe 9teim§ gel)ürenben
-Sporf)ftift§ öon befouberer äöid)tigfeit fein mufete. Mein @., beffen erfter @runb=
fa^ tt)ät)renb feiner faft öier.jigiä'^rigcn SBaltung e§ mar , icben (Sonflict , wenn
irgenb möglich , in fluger 33orfirf)t ju mciben , let)nte biefen Eintrag ab unb
empfing in 9leim§ am 27. ?lpril bie bifc^öftid)e Sßei^e. %n ben 3lngelegen^citen
bc§ Üteic^e§ unb in§befonbere ber toeftli(^en Xl)ei(e beffclben na'^m ®. mä^renb
ber 'Hegierung .peinric^§ II. ^eröorragenben ',Hntt)ei(. ©d^on 1012 ober 1013
foU auf feine ^-öeranlaffung ©ottfrieb au§ bem .^aufe ber ^Jtrbennergrafen jum
perjog öon ''Jtiebertot^ringen ernannt fein, barauf fud)te er jmifrfien bem neuen
|)eräog unb bem ©rafcn Santbert öon Sötoen atlerbingS öergeblid) (^rieben äu
öermitteln, mie er aucf) fpäter in ben Iotf)ringif(^en 8ocatfel)ben ftet§ um fyrieben§=
ftiftung bemül)t mar. dagegen Iet)nte er feine 2t)eilnat)me an ber 2anbfrieben§=
öereinigung, meldte um 1020 bie SÖifd^öfc ber iltcimfer ^irc^enproöin^ abfd)toffen,
ab , meit baburcf) bie geiftlict)e ©ematt in bie 9ted)te unb ^^fiicf)ten be§ .^önig=
tt|um§ eingreife, bem e§ ^ufomme ben 5^"ie^Pi^ ^^^t ftarfer -öanb ju mat)rcn, unb
mcil man buri^ bie S3efct)mörung fold^er 5i-'ici>cn§bünbe nur bie So-^ ber ^]Jhin=
eibe öermef)rc. 1012 nat)m er an ber ^Belagerung öon ^}te^ burd) ,g)einri(^ IL
£t)eil unb 1021 wotinte er bem .^oftage ^u Otimmegen bei, auf meld^em ber
britte ;^ug .^einric^S II. nad) :^talien befdiloffen mürbe, ^m ^ai 1023 ging
er mit bem ?lbte 9tici)avb al^ (Sefanbter bc§ .^aifer§ an ben fran^öfifdien ^of
unb öerabrebete bie ^^ufammenfunft beiber Jperrfd)er ju ;jöoi§ im 3luguft beffelben
^al^reS, roä'^renb melc£)cr er |)einrid) begleitete. 'Utad) öeinrit^^ II. 3:obe fd^lo^
er \xä) ätoar ber lotl)ringifcf)en ^^artei , meldte gegen .^onrab II. fic^ gebilbct
liatte, ni(i)t offen an, l)ielt aber auc^ mit feiner 3lnerfennung be§ le^teren fo
lange prüdf, bi§ er 2Bei^nad)ten 1025 mit ben lot^ringifdien Jper^ögen jufammen
bie .^ulbigung leiften fonnte. 2lm ^ofe Äonrab§ II. tritt 65erarb§ ®nflu^
meniger bebeutcnb l)eröor aU an bem ^einrict)§ II., unb mit ^einrirf) III. ftanb
er fogar 1041 unb 1042 in einem fef)r gefpannten 35ert)ältni^ , ma§ öietteidtjt
mit feinem 2Biberftanb gegen bie öon bem ßönig begünftigten , öon Slquitanien
unb Surgunb naci) ^Jtorbfrantreict) unb Sot^ringcn öerpflanjten ^Beftrebungen für
bie 9lner!ennung be§ @otte§ftieben§ (treuga Dei) äufammenl^ängt. ^m inneren
feiner 2)iöcefe lag @. mä'^renb be§ größten 2^eil§ feiner Otegierung in erbitterter
5el)be mit bem 6t)ateEain SBalter öon ^ambrai, ber oft genug mit Unterftü^ung
be§ 5Jlarfgrafcn öon iJlanbern ficf) (Eingriffe in bie bifd^öflidien 9lec^te erlaubte.
®cr:^atb I. — @et{)Qrb III., @r. t). ©elbetn. 737
9lud^ al§ Söalter 1041 in ber 3Jtarienfii-cf)c ju Gambrai meucf)(erilc^ ermorbct
tDQi-, f)Qtte &. noci) nic^t 3tu^e; ba er bem im ^-Bann ©eftorbencn ba^ 5Bfgrä6=
niB in getuei^ter @rbe öerroeigevte, festen SBaÜers SBitttoe, ßimentrubiö, unb if)r
ätteiter 65emQ^t ^ot)anne§, SSogt Don ^Irtaä , bic geinbjeligfeiten fort; te^terer
befe^te bie 33urg öon Gambrai |ür feinen unmünbigen (5tieTfof)n , unb @. tourbe
gejroungen , um feine Äiri^engüter öor n)eiteven 33ern)üftungen ,^u fc^ü^en , ben
Derftorbenen G^ateüain noc^ nac^ bem 2obe ju abfotoircn unb feine regelmäßige
23eftattung ^u ertauben. 6rft ber balb barauf erfolgte Job Don SSalters (5of)n
befreite ben 33ifci)of Don biefen 9tac^ftellungen unb nötf)igte 3iot)anne§, ber bie
iBerleil^ung bes Dafanten 2et)en§ für fid^ tt)ünf(^te, milbere ©aiten auf^ujictien,
ol^ne baß inbeffen bie ^;!lngelegent)eit bi§ jum 2obe bes 33if(f)ofi ju Döüigem
5lbfc|(uß fam. 3{uf ben ©tammbeft^ungen fcine§ .spaufeö ju j^ftorenneS grünbete
&. ein St. ^of)anne§£toftcr, beffen Leitung er bem SIbte 3ticf)arb D. «St. 3)annee
übertrug. S)urc^ benfetben ließ er auc^ ba§ ^^eter = '^au(§f tofter 3U .g)autniont
bei ^Jtaubeuge reformiren, Dertrieb bie .^anonifer, bie ficf) f)ier tt>iberre(f)tli(^ feft=
gefegt l^atten, unb f(i)ü^te ben Don 9ti(^arb eingefe^ten Slbt g'otfuin gegen bie
Umtriebe ber Derjagten Ä?(erifer. %ü<i) bie Don 35if(^of SBotbobo Don ßütticf)
angeorbnete Üteform Don ßiofter Sobbeö fomie bie ^Befreiung be§ reicf)Sunmittet=
baren ßIofter§ ©t. ©liStain Don ben Sebrüdungen be» (trafen Ütainer Don
•D^on§ hmä) Äonrab II. unb bie ^Jteftitution be§ ^(o[ter§ 3Surtfct)eib an ba«
33i§t^um Süttid) burc^ .^einric^ II. DoII^ogen fic^ unter @erarb"§ 5Jlittoirfung.
^n dambrai begann er 1023 (1021) ben prä(i)tigen ^leubau ber fleinen unb
DerfaEenen 5Jkrien = Äat^ebra(e, bie am 18. Cctober 1030 (1027?) gemeit)t
rourbe; aud) bie Sefeftigung Don (iateau (^'ambrefia burcf) ben S3au eines mä(i)=
tigen 2f)urme§ auö Guaberfteinen unb bie ©rünbung unb 2;otirung be§ am
22. (September 1025 gemeinten ©t. 3lnbrea§!(ofterg bafelbft finb fein 2öerf. Um
bie ^iftoriograp^ie ertnarb er fid) ein :^erDorragenbe§ SSerbienft , inbem er burrf)
einen getoiffen grutbert ba§ !i^eben be§ SSifc^ofs 9lutbert Don (iambrai (633 — 69 ?)
fc^reiben ließ unb namentüc§ inbem er einen i^m na^eftel^enben, bem 9kmen
nac^ unbefannten Somfierrn feiner ^ixäjt jur ^Ibfaffung ber Si»t^um§gef(^ici)tc
Don Gambrai (Gesta episcoporum Cameraceusium), einer ber roic^tigften CucIIen
für Iot^ringif(^e23erf)äItniffe, Derantaßte. ®. ftarb nacf) längerer frfiroerer Äranf^
^eit am 14. ^Jfläx^ 1051; fein 91acf)fotger toarb ber ^^^ropft Öietbert, ber Don i^m
erlogen toar unb i^m im Seben fe^r nal^e geftanben ^atte.
Gesta episcop. Cameracensium IIb. III; Mon. Germ. SS. VII, 465 ff.;
bann bo§ Chron. S. Andreae Cameracensis, bie Ann. Elnonens. u. a. 25gt.
i3e ©ta^, Cameracum christianum, p. 22 ff. 33reßtau.
©cröörb I-, ®vaf Don ©eibern unb Söaffenberg, tebte p (Snbe be§
11. unb Einfang be§ 12. ,3a'^r:^unbert§ unb ift ber erfte ipen be§ £'anbe§ ©eibern,
ber l^iftorifc§ unb urfunblid) beglaubigt ift. (Sr ftarb 1117.
(^eröarb iL, ©raf Don ©etbern unb 3utp^en. Sleffen So§n f)eiratf)et
(Srmengarbe, (Srbtoc^ter be§ ©rafen Ctto Don ^utp^en, unb Dereinigte beibe
@raffd)aften. 6r lebte in fel^r engen Sejie^ungen ju Äaifer öeinrii^ V. unb
ftarb 1131. ßin^ige 9}ertrauen Derbienenbe Cuette über beibe ift Stoet, Urfunben=
buc^ Don ©elre in ^utP^^"-
©cröötb in. , ©raf Don ©etbern unb 3utp:5en, be§ Dorigen Urenfct,
folgte 1206 ober 7 feinem 2}ater Ctto II. unb naf)m f^ätigen 'Xnt^eit an ben
kämpfen ber Söetfen unb SBaibünger auf Seite 5i-iebrid)§ Don Sc^maben, megfialb
er Don beffen ©egner Dtto inet ju teiben l^atte. 'Und) in ben Dielen dampfen
unb Streitigfeiten um ben Utrec^ter ^ifc^ofsfi^, too ber getbrifc^e (iinfluB bem
^oIIänbifd)en bie äöage 3U "galten fu^te unb er 1209 feinen Sruber Ctto einfette,
StEgem. beuticöe Siograjjljie. MU. 47
738 ©et^tb I. — ®ert)atb III., ®rf. ö. .^olftetn.
unb in Groningen unb 2)rent]§, too bie ©intüol^nei- bie 3lutovität ber 93tfd§öfe
öfters nid^t anerfennen tooEten, ]ii}xitt er üftevS ein. ^Jlit einer 35ral6anter ^rin=
^effin bertieirattiet unb mit bem l^ottänbifc^en @rafent)au§ öerf(i)tt)ägert , jeine
jTpd^ter Siteron t)eiratl^ete äöilltielm I. öon .^oüanb, nimmt er einen ftebeutenben
5pia^ in ber nieberlänbifc^en @ej(^i(^te ein. ®r ftarb 1229.
5p. 2. gJlüHet.
©erwarb I., ©ol)n 3lbolf§ IV. öon 8(^auen6urg unb ^olftein unb
.^eittt)ig§ öon ber ßip:pe, geB. um 1232, folgte neften feinem älteren 33ruber
^oliann I. 1239 bem 33ater, ber in§ Älofter trat, in beiben (Sraffd^aften nad^,
unter 3}ormunbf(^aft be§ ^er^ogS 2l6el öon ©dileSmig, beffen folgenreiche Söcr=
binbung mit ^ed^t^ilb , molf§ IV. Zodc}tex, 1237 al§ eine ^Jlad^toirfung be§
33orn'§ööebcr ©iege§ anjufe'^en ift. S)er fd)te§migfd^e .^erjog fc^ü^te bie 9ied)te
unb Sntereffen feiner ©i^toäger, äugleitf) freiließ aud) bie feinigen, lüirffam gegen
ben eigenen 33ruber @ri(f), .ffönig öon ©änemarf. 5k($bem ein erfter «Streit
rafd) gefd)li(^tet mar, nalimen bie jungen (trafen einen 3toei|ö!^rigen Slufentl^alt
in 5Pari§. .3urücEgefel^rt fäm)3ften fie, unterftül^t öon SübedE, iia^ i^nen bie
©c^irmöogtei übertrug, im Sunbe mit Slbel 1247 unb 48 erfolgreid) gegen ben
gemeinfamen geinb. ©ie griffen nad) öorübergel^enbem 3^oifte unter fid) 1250
anä) 9tenb§burg an , meld}e§ tro^ bc§ Sorn^ööeber ©iege§ nid^t jurüdgegcben
mar. 3ll§ je^t aber .^erjog Slbel feinem erf(^lagenen S3ruber auf bem bänifd^en
2;'^rone folgte, tam e§ über bie ©tabt ju einem gütlidien 5lu§gleid^: 12 gute
Männer, Schleimiger unb ^olfteincr, fpra(^en fie bem ipolftenlanbe ju. ©^on
1252 fanb Slbel felbft ein getoaltfameg @nbe. S^o'^ann unb @. traten nun
il)rerfeit§ für feinen ©o'^n SGÖalbemar unb nad^ beffen Sobe für 2ßalbemar§ öer=
triebenen 23ruber, 6rid) I., al§ .^erjöge öon ©d)le§mig gegen ben 5ßruber 9lbel§,
6l)rifto^^, ^önig öon S)ünemarf, ein. 6f)rifto^l)§ ©o'^n öottenbl, @ric^ ®li|)ping,
erlag 1261 auf ber ßoli'^aibe bei ©d)leetoig ben öerbunbenen ©c^leStoigern unb
^olfteinern. S)er bänifdie Äönig, fammt feiner 9Jlutter gefangen, erl^ielt bie i^xü=
l)cit erft , nac^bem er feinen 33etter igrid) I. mit bem ^jerjogtljum belel^nt l^atte
(1264). ^(o'^cinn mar inbe^ 1263 geftorben. g^ür bie ©ö^ne beffelben, 3lbolf V.
unb 3^ol)ann II., führte @. bie 9tegierung, fc^ritt aber um 1273 mit i'^ncn jur
erften 3;t)eilung be§ Sanbe§. @. erl^ielt au^er ber ©tammgraffd^aft an ber
SBefer faft jnjei ©rtttl^eile öon ^olftein, einen jufammen'^ängenben ©treifen im
SBeften, einen .^erftüdelten im -Dften. .s^amburg unb S^elioe blieben feine gemöl|n=
lid)en gflefibensen. gr ftarb (21. S)ecbr.?) 1290.
SBgl. au^er anberen 2öaiti, ©d)le§mig=^olftcin§ @efd§. u. 9lorbalbingifd)e
©tubien III (passim) unb IV. 3^anfen.
(Scrljarb III., ober ©ecrt ber @ro^e, föraf öon -Oo Ift ein, ift bex ältere
©ol§n ^einrid^S I. öon 9ienb§burg unb .^cilmigg öon aSrunll^orft , @n£el öon
(SJer"^arb I., beffen Sinie, bie ^^ttjon, burd^ feine brei ©öl^ne 6)erl)arb II.,
Slbolf VI. unb |)einridE) I. in bie ^loner, ©c^auenburger unb 9tenb§burger
fid^ öeratoeigte, neben roeld)en So:^ann§ I. ©ö'^ne, Slbolf V. unb ^o^a^i^ H-. i)ie
©egeberger unb Bieter barfteHten. (B. liat burd) bie ßrbauung eine§ ©d^loffee
in 9lenb§burg (1320) feiner Sinie erft i'^ren feften ©i^ gegeben, ©eine 5lnfänge
finb fagen^ft umfponnen; feine ft)äteren i^ten ge'^ören ber beutfdfien ®e=
fd)ic§tc an.
Geboren um 1292 , menigften§ nod^ unmünbig beim Sobc feine§ Söaters
(1304), erbte @. , ba fein jüngerer SSruber @ifelbert in ben geiftlid^en ©taub
trat, ben gienb§burger Slntl^eil aüein, ber im Söefentlid^en ba§ alte |)olftein im
engeren ©inne, ein Viertel etma beö l^eutigen ^er^ogt^umS, umfaßte, ©eit 1312
ei-f^eint er in Urlunben felbftänbig unb öermäl^lte fid) 1314 mit©o^l§ie, Soditer
be§ ©rafen ^RicolauS II. öon äöerle, früheren SSerlobten 6rid§§ öon ©d^Weben.
©er^Qtb III., ®rf. b. |)oIflein. 739
3)erfeinbet mit ber ^slöner Vinie, burd) bie er iidj bon ber grbjd^ayt bes Segc=
bei-ger motf auägefcJitoffen fanb , erjc^eint (S. au(^ nic^t unbet^eitigt an bcm
jät)en Untergang be§ Bieter Kaufes: 5tbolT, ®o§n 3o^ann§ II. bon Äiet, ianb
3toei ^a^xt naä) feinem älteren 2?ruber ben 2ob burc^ bie .^anb .öarinng
9tebent(oo5, eine§ 93erat^er§ unb 3}ertrauten bon 6. 33ieüei(^t l^ängt el mit
biejen SScftrebungen am 2tu§Breitung feiner ÜJtac^t ^ufammen, menn 0). fid^
1314 — 17 im me^iiaii} erneutem S!tenftDert)ä(tni& au ßrirf) ^J^enbeb bon Säne=
mar! Befinbet, ber il^m unb feinem 33etter ^o^ann III. bon ber $Iöner Öinie
1301 für ben ©olb bie i^nfet gü^nen berpfänbet. 1316 gelangte @. in Jotge
bon Xobegfäüen unb 35er3i(^ten ber Stamme§better in ben 23cfi^ bon ungerä^r
ber ipälfte ber ganjen ©rarfdiaft ^^otftein; im 3Beften bon ßiber, öiefet-^Iu,
|)olften = 2tu , 6tbe unb ber mittleren ©tör umfaßt, bilbetc biefer Seft^ ein ge=
fd§toffene§ Sanje; bon ber ©tör ging er in öftüi^er Otic^tung Bi§ an bie obere
Srabe unb fci)lo^ enblid^ nod) ba§ 6i§mar'fd§e ein. S)a§ Uebrige fiet So'^ann III.
bon ^lön ju.
S)iefen ßrmerb bertl^eibigte @. erfotgretcf) gegen bie 2lnfed)tungen Slbolfs YII.
bon ©(^auenburg, ber (Stammgraffd^aft, ben er 1317 bei 5ßramftebt fc^tug unb
gefangen na^m, gegen beffen '^unbeggenoffen ©ün^el bon 3öittenburg, ben er
Q(eid)iaE§ gefangen na^m unb gegen bie S)itt)marfcf)er, benen er an ber ^Jünjener
2lu auT i^rem i}tücfjuge bon Äiet eine 3lieber(age beibraciite. 1319 fiet er in
it)r eignet Sanb , fijtug fie unb fd)IoB fie in bie Äirt^e bon Söörben ein. 21I§
er aber bmct) ba§ l^erabtiäufelnbc S3Iei be§ ange^ünbeten S;ac^e§ bie ©egner jur
9}er3Weiflung unb ju einem unerwarteten 9tu§fatt trieb, erlitt er eine bertuftboUe
^Jiieberlagc unb räumte ba§ Sanb.
1321 mifi^t fi(^ @. bereits toiebcr unb aud) mit Grfotg in ben ©treit feines
©(i)n)ager§ , be§ öetjogä ^o'^ann bon ©adifen mit bem trüber @ric£) ; nad^
Sol^anns iobe er|ält er bon beffen ©ol^n Gilbert Sauenburg für 6000 '^Mxt
berpfänbet. 3" boller @enugtt)uung unb bemüt^igenber 2Ibbitte für bie an=
getrauen Unbilben 3tt)ang i^n bagegen ber Sübedfer Sifi^of ^einriif) ^ocE^oIt (1324).
S)ur(^ ben 2ob 6ric^§ IL bon ©c^IeSmig, feine§ ©d^toeftermanneS , mirb
Ö). auf einen toeiteren ©c£)au))Ia| gerufen. @r tritt für feinen Steffen unb
^ülünbel, ^er^og Söatbemar V. bon ©d^te§toig, al§ S5erfedt|ter ber fd^teSioigfdien
©etbftänbigfeit gegen S)änemarf ouf, fd^tägt G^riftop'^ II. aut bem ^efterberge
Bei ©d^leSmig, berrotgt i^n bi§ auf ^yü^nen, fe^t feinen Ü^effen auf ben bänifd^en
Sttiron, „5}ormunb bes 9tcidl)e§ ©änemarf", unb lä^t fidC) bann bon i'^m am
15, ^^uguft 1326 3u9ll)borg in boHer 3teid^§berfammlung ba§ ganje ^erjogt^um
©üb = ^ütlanb al§ Se'^en übertragen, ba§ nie lieber mit S)änemarf bereinigt
ttjerben foE. S)iefer folgenreiche ©rteerb blieb niäjt unangefod^ten. ^it 2Baffen=
geiüalt bon @ottor)3 abgeloiefen, berfud)te ber bertriebene 6§rifto|}'^ ben Söeg ber
Unter^anblung. @. tiefe iiä) tuxd) Sodann IIL, be§ ÄönigS ©tiefbruber, mit
80,000 ^Jjlaxt beftimmen, feine 2Biebcr§erfteIlung p geftatten, of)ne jebod^ feinen
fdt)le5migfcl)en Se^nSbefi^ aufjugeben. (Sinen neuen Eingriff auf ©ottorp wies er
blutig ab. 5Da aber äöalbemar !§erantt)U(^§ , tonnte it)m ba§ ^er^ogttium nid^t
füglid^ borent^alten bleiben. 3um 6rfa^ ert)ielt nun ®. bie 33ete^nung mit
^ü^nen unb bie 3lnwartfd§aft auf ©c^leitoig im i^aUt bon äöalbemare un=
beerbtem ^lobe, toofür bann ^^ü'^ncn an ba» Äönigreic^ jurüdfalten fottte. 9Iud^
biefes ';!tbfommen berl^inberte neue 3}erfud§e (5t)riftop'E)§ nid^t. @ert)arb5 ©teg
auT ber So^^aibe aber 1331 erjhjang ben Vieler ^rieben bom 10, i^anuar 1332
unb bie 2}erpfänbung bon 9iorbjütlanb unb gütinen für 100,000 W.axt, auf
einmal ju jagten, .ffönig S^riftop'^ ftarb im ©lenbe; fein ©o% Ctto roarb bei
3}iborg gefd)lagen unb gefangen. Grft 1336 legte®, feine SßormunbfcEiatt nieber,
beftimmte jebodl) feinen ^^leffen nadb borüberge'tienbem ©treit 1340 ju bem S5er=
47=^
740 ©criiavb VI, ®tf. ü. |)o(ftein.
trage öon X^üfeecE, in treldiem @. fic^ für ben größeren Z^ni öon 9brbiüttanb
ta^ -öerjogtr^um (5(i)Ie§it)ig atg ^janb mit Ianbeg{)eniic^en 'Sttä^ttn übertragen
Iie§. 21I§ er äum 53ef)uie ber 5(u§tü^rung bie|e§ 23ertrage§ nac^ ^ütlanb gebogen
war, roarb er ^ier in tRanberS bon bem iüt|(i)en (SbeBnianne ^)lieU ßbbejen unb
©enoffen 2lp. 1 näd^ttid^ übertatten unb aui feinem SBette ermorbet. 6r t)inter=
lieB 3tt)ei ©ötjne, ^^einrid) ben ©ifernen unb Staus, be§ S5ater§ toert"^.
35gl. 3Bai^, @d)le§toig=^olftein§ ©efd). 2)a^Imann, 2)änifd^e @e|(^ic^te.
91orbalbingif(i)e «Stub. III, IV, V unb über feine (Srmorbung ^^alt'g 9lr(i)it) II,
463 ff. Urfunbenfammlung ber (5.-U.=S. ©efeüfct). 33b. II. Raufen.
©cr^orb VI. , niar ber ättefte (5ot)n i^einri(i)§ be§ ©ifernen , ©rafen öon
^olftein, alfo ein 6n!et öon @eert bem ©ro^en. ^ur^ naä) bem 2obe fetne§
Spätere fiel i^m auf Örunb ber ßrfolge feineS ®ro^bater§ burtf) bie @unft ber
norbif(f)en 2}er^ä(tniffe unb ba§ 3uS^l"tänbni§ feine§ Df)eim§ C^tau§ ba§ ^erjog^
t^um ©(i)Ie§mig ju. 93krgaretl§e nämüd^, SBatbemar Sttterbag'g Soc^ter, if)rem
(Botjn Dlaf ganj ©fanbinaöien ju fi(f)ei-n ober ju geminnen bemüht, entfrf)to^
fid) ben langen ©treit um (5cl)le§toig ju enbigen unb e§ al§ ein bänifc^e§ Öe^en
erblid) an ha^ ©cfiaucnburger @raienf)au§ öon ^olftein unb jUjar immer nur
an Sinen be§ @ef(i)tec^t§ ju übertragen: am 15. 5luguft 1386 toarb ®. ju
0ii)6org feierlici) belet)nt unb leiftete Dlaf al§ bänifd)em J^önige bie .»pulbigung.
©ottorp ober Sonberburg maren feine Ütefibenjen. 2tu{^ ber Sifdiof öon ©d)le§=
roig öerpfUditetc fid^ it)m ju 2:reue unb .^ülfe. 2lt§ 1397 @raf ßlauä mit
.s*-)inter(affung nur einer xo(i)ter ©lifabetf) ftarb , fom e§ 3tt)ifci)en ®. unb feinen
,^n)ei ^Brübern 2tlbreii)t unb .Speimid^ ju ©treitigteiten. ßlifabet^ übertrug if)re
5lnfprü(i)e an ®., ben fic jum SSormunb naf)m. @rft burc^ ^uf^un ber ^Jlannen
beibcr X?anbe fam auf bem SSiert öon Sorn^ööeb , Wo nun bie 5}erfammlungen
ber l)o(fteinifrf)en ©tänbc gel)alten würben , am 28. Sluguft ein 3}erglei(^ ^u
©tanbe, an bem l)ier aber offenbar aud) bie fd)le§migf($e ^}Jtannfc^aft 2t)eit ^atte,
benn ber 9}ertrag bitbet jugleid) ein ©runbgefe^ für bie öereinigten Jperiogtt)ümer,
®. erl^iclt ^lön mit bem norbüfttirf)en Söagrien unb f^etimarn, ipanerau mit
.'pabemarfc^en unb ©(i)enefelb , ^afelborf unb einen Sfteit ber äBilfter unb
Sremper ^JJiarfd). S)ie Oied^te an |)amburg unb 6utin fomie bie „^annfdiaft"
beiber I^anbc blieben unget^eilt. S)a§ |)eräogtl)um Sditeemig marb ®. auf
9 ^a^rc gelaffen, bann foEte unter ^Jlittoirf ung ber '«Dtannen barüber entf(^ieben
roerben. ^n biefe gebeil)lid)e ßntWidElung ©c^teätt3ig=Jpol[tein§ fiel ein öer^äng=
ni^üoüer ©d)lag. S)ie S)it^marf(i)er , feine bequeme 9tac^barn, forberten wegen
eiue§ 9iaub3uge§, ben -^er^og @ri(f) öon £'auenburg ol)ne abjufagen unternommen
unb mit ungef)inbertcm 'Surrfi^ug burd^ ba§ Sanb be§ ©rafen 2tlbrec£)t, feine§
Sd)raiegerfot)neS , 33ruber§ öon ®. auggefü'^rt t)atte , ®enugtl)uung. ^llbreclit,
ber unfcf)ulbig ju fein mit einem 6ibe öor feinem ^Bruber bcrfic^erte, foraie @.
füi^lten fid) beleibigt unb griffen tro^ einlenfenber SSorftettungen ber S)itl)marf(^er
jur ©emalt. ©ie brangen 1403 bi§ 5Jtelborf öor unb errid)teten im Sanbe felbft
an bem ^^a^ ber S)el[brüde bie 'O^larienburg. ©egen ben S^orbcn öollfü!§rten
fie einen Diaubäug. 3urüdfel^renb öon biefem ftürjte 5nbred)t in ber ^orber^
^amme mit feinem ^ferbe unb ftarb am 28. ©eptember. @. beftanb je^t bottenb§
ben Srbietungen ber S)it'^marfcl5er gegenüber auf gänalid^e Unterwerfung. 5)tit
gtänjenber ©treitmad^t fiel er 1404 in§ Sanb unb richtete gegen ben 9^orben
einen neuen Staubjug. ?luf bem ütüdwege, ben er burd^ bie ©über'^amme na^m
(je^t bie „©clianje" genannt), entftanb bei ber S^or'^ut ein Särm. ®. in ber
■iD^einung, e§ gäbe einen ©treit ber ©einen p fc^lid)ten, fprengte o'^ne .'pelm
^crbei: ba jerfdfimetterten it)m bie 5Dit^marfd§er ba§ ipi^upt» i»<ife £^' tobt jur
6rbe fanf; neben il)m fan! bie SSlütfje ber ^olfteinifd)en 9titterf(^aft, 300 an ber
3a^t, ben 2;^ieren be§ f^elbeS unb ben Sßögeln preisgegeben, bi§ öerwanbte
®etf)atb VI., ®rr. D. ^üücf) — ®crf)arb, d. »• Süüc^.iBcTg. 741
grauen als ^3tonnen beifleibet fie fortt)olten. 6. um groBes ?öfege(b aulgeHefert
warb in ber ^^tt)on gamiüengruft beigelegt. Srei Knaben, üon benen ber
jüngfte erft nad^ feinem lobe geboren marb , ^interlie^ er , lüie fein ßanb , ju
f(f)lDeren ®efd)i(ien. Sias gefc^af) am OlmalbuS » 5lbenb (4. 5Iug. 1-404); mit
@runb Teierten bie Stt^marjc^er ben ^efttag Dftern gleirf). %nx^ 5leocoru§ ift
un§ ein Srudiftücf eineS gteirf)jeitigen 2iebe§ auf biefc 33egeben'^eit erhalten.
(ö. Öiüencron, öiftor. Sßolfslieber I, 'DU-. 45.)
3}gt. äßai^, Sd^IeStt).=aoIft. @e^. I, @. 274 ff. Urfunbenjammlung k.
SBb. II. " Raufen.
(Vjeröörb (VI.), (Braf bon 3iütic^, britter @o^n äßil^etms (V.), ber bei
bem Sturm auf Stachen erfc^tagen mürbe, fuccebirte 1297 feinem 3?ruber 2öat=
ram , weldier einer ber ©ieger öon Söorringen (1288) geroefen toar. @r na£)m
gteid^ biefem eine feinblidEie ©teüung 3um fö(nifdt)en ©tift ein unb erfct)eint au^
(Seiten Äönig 2llbre(^t§ gegen ßrjbifd^oT 2ßic^botb im 23unbe mit ben märtifc^en
©rafen. ^n bem Streit smifc^en Subtoig bem 33aiern unb grjbifc^of öeinrid^ II.
nal^m er gleidtifalle für ben erftcrn ^^artei. <Boiä)t Sienfte blieben nic^t un^
belohnt. 6r ermarb baburd) unter anberm 1301 ben 5)3fanbbefi^ üon Äaifere^
merff) unb ^tiin 3^af)re fpäter bae 2[ad)ener Sc^ult^eiBenamt unb trug fo 5ur
9}ergröBerung be§ 5tnfe^en§ feine§ Jerritoriumi bei, bas fd)on feit 5tusgang be5
12. Sa"£)r^unbert§ eines ber mäc^tigften jmifciien gif et, 5)taa5 unb Üt^ein geroefen
mar unb na(^mal§ unter feinem Sof)ne SBitl^elm aur erften nieberr'^cinifc^en
^arfgroffd^aft erf)oben rourbe. S)ie le^te Urfunbe ©er^arbs ift öom 10. ^Jlärj
1328 batirt.
8acombtet'§ Urfunbenbucf) für ben ^^lieberrl^ein, II. u. III. 33b. 2acom=
blet'§ Slrd^ib für bie 6ef(^id§te bes 9lieberr^eini , 33b. IV, S. 17—48.
b. ^aeften in ber 3eitf<^vift be§ bergif(^en ö)ef(^.=33er. , Sßb. II, S. 15 — 19.
©oerfe.
ÖJcr^arb, ber ^tüeite .öerjog Don Süli(f> = 58erg, llrenfel bei ©rafen
@. öon 58erg unb 9iaöen§berg au§ bem :3ütid)'f(f)en .öaufe (f 1360), ©nfet
^eraog§ Söil^elm I. öon Serg ft l^OS) unb So'^n 2öil^e(m§ öon 9taöcn§=
berg (t am 22.9loöember 1428), aua beffen S^e mit 9(bel§cib öon lecftenburg,
folgte feinem £)f)eim 2Ibolf am 14. ^uü 1437, faum jmanjigia^rig , in ber
^Regierung unb empfing am 14. September beffelben ^a^ree öon ^aifer Sigii=
munb bie 5Rei(^§be(ef)nung forool mit ^ütidt) , 33erg unb 9taöen§berg ate au(^
mit ©etbern unb 3ütp'§en, auf roeld^e le^teren ^anbe bae öau§ .3üti(f) öon
^erjog (Berl^arb's Urgro^'^eim SBilfielm l^er, 6emaf)( ber @rbtocf)ter ^Jlaxia öon
Selbem, 'bem bort ^ur öerrfdjaft getaugten öaufe ßgmont gegenüber Succeffion5=
redete begrünbete, nacf)bem mit bem finbertofen Üieinatb 1423 ber ^J^anneftamm
ber |)er,5öge öon 3ülirf)=®e[bern auggeftorben mar. £oc§ roarb roeber burcf) bie
faiferli(f)e ^^^rotection — ein S3efet)t SigigmunbS an bie Unterttianen in ©etbern
unb 3ütpt)en, ben öerjog @. ju i'^rem ßrbtierrn an,june!^men, d. d. 25. Septbr.
1437, blieb roirfungloS — no^ burc^ 2Baffengeroalt Öe^terem ber 33efi§ ber
gelbrif(^en Öanbe ju S^eil. S^urd) bie ©rfc^öpfung feines Stammgebietel in
golge ber öor^ergegangenen unauf^örtid^en 5ei)ben junäc^ft jur roieberf otten 3}er=
löngerung be§ 2öaffenftiHftanbe§ mit 5Irnolb öon ggmont unter ber gern gebotenen
«ßcrmitttung be§ ßrjbif^ofS 2ietric^ öon Äöln genöt^igt , öermod^te 6. nad^
Sßieberaugbrud) bes «Krieges felbft burcf) ben glönaenben Sieg über bie in bas
3ülic^'f(i)e eingefallenen Scf)aaren ^trnolbs bei C'innic^ am ^ubcrtustage
(3. ^Dioücmber) 1444, öeremigt burc^ bie Stiftung bes ritterlichen St. ^ubertul=
Drbens, nur fo üiel ]ü erreid£)en, ba^ ber gelbrifc^c 5>er5og bie 9Infprücf)e auf
Sülidl), bie er al§ Sol^n einer Sctiroefter jenes |)erjog3 Meinalb bist)er be^uptet,
nid^t roeiter öerfolgte. ^Dlad^ bem förmlid^en 3}erjid^t auf Sfülic^ , ben Strnolb»
742 GJevIjarb, |). ü. ^üüc^^Serg.
ißruber, SCßUl^etm toon ©öiitont, am 23. 5lot)eml6cr 1445 öeutfunbete, brad^tc
^itng^eräog iSo'^ann öon Sleöe, äum S)ante jugleid^ für (Serfjai-be 'Jteutralitat
in ber ©oefter ^e^be, 3toif(^en biejem unb Slrnolb einen 33ettra9 (d. d. 4. ^uni
1447) jur Garantie be§ B eiberf eiligen 2Sefi|ftanbe§ auf 10^af)re jum 9lbfd)Iuffe,
tt)et(i)et, mel^vmatS erneuert, ber 35orIäuier be§ ä)er!aufe§ ber iüU(^j(^en
@rbre(i)te auf ©eibern an ^erjog Äar( öon SSurgunb al§ 9le(f)t§na(^folger
3lrnolb§ (im i^uni 1473) tourbe. ©eit 1445 mit ©op'^ia, 2o(i)ter ^erjogä
SSerntiarb öon ©adifen = Sauenburg öermä^It unb feiner friebfertigen Dlatur ent»
ft)re(f)enb öorjugStoeife mit ber Drbnung feine§ A^au§^atte§ unb ber Sefferung
ber inneren ßanbegöer'^ättniffe befdiäftigt, öermod^te @. fic^ gIeicf|tt)ol nic^t au§
bem S>ru(fe ber finanziellen SSerlegen'^eiten ju ert)eben. ^mmer neue 33erpfän=
bungen t)on ®ebiet§t{)eiten, inSbefonbere öon allmäl)lic^ faft fämmtlicf)en bergifrf)en
Stemtern , fdiienen bietmef)r eine Stuflöfung be§ Territorium^ in einzelne fo gut
mic felbftänbige Sfieile anjuba'^nen, jumal ber^er^og unter bem lA.Wäx^ 1451
ben Stmtleut^n auSbrüctIirf) ba§ S^iei^t gegenfeitiger 58ünbniffe unb .'pülfcleiftung
jugeftanben ^atte. i^ujtoifc^en mar berfelbe im ^inblide auf feine ©elbnotl^ unb
^inberlofigfeit , üu§ @iferfuci)t bor bem Überflügeinben (ileöe, tior Willem aber
unter bem ©influffe ber energifdien 5|3erfönlirf)feit 5DietricE)"§ öon .^öln ju einem
auffaEenben Sd)ritte übergegangen, inbem er unter bem 12. ÜJiärj 1451 in ber
i^orm eine§ S3erfaufe§, auf ben x^aü, ba^ er ober einer feiner 9la(i)fommen ol^ne
ÖeibcSerben ftürbe, bie @c£)enfung be§ .«öerzogtliumS 33erg mit ber ^errfd)aft
SBlanf cnberg , ber (Braffcfiaft 3ftat)en§berg unb ber ©täbte ©injig unb giemagen
an ben l^eiligen 5petru§ unb ba§ ßr^ftift Äöln gegen ein Entgelt üon 104,000 gl.
üoÜjog. SSorbereitet burd) Unterl)anblungen, meldte feit 1449 mit ßrjbifdjof
2)ietrid§ unb au(^ mit .^aifer griebric^ III. (burct) ben (Srafen ©umprerfit öon
^ieuena'^r) gepflogen morben, mar biefer @d)ritt öon befonberen 93ett)it[igungen
an bie 9titterfd)aft unb bie ©tobte tion 33erg unb 33tanfenberg (5. SS. (Srla|
ber 5lbgabe be§ 3^utter"^afer§ ju ©unften ber 9titterfd)aft, ©c^enfung öon S3ogt=
gütern an bie ©täbte u. a. m.) begleitet: ber Sfugcnbfreunb Söalter öon SSeüeffen
ert)ielt ©(^lo^ unb .'perrfc^aft .»parbenbeTg jum ^^^räfent. ©r^bifdiof £>ietrid) trat
fofort in ben ftipulirten 33efi^ öon SSlanfenberg ein unb lie^ in aÜen ^^emtern
unb ©täbten bon 3?erg bie @rb^ulbigung für fid) unb feine ^]la(i)folger einnetjuten ;
ebenfo unterließ ^Q^jft 'JticotauS V. nid)t, ber ©d)entung unter bem 4. Siuli 1452
feine ^cftätigung ^u ertl)eiten unb nur bie Otitterfc^aft üon SiüHcf) erlief im
Sßerein mit bem ju einem 33iertel am Jperjogtljum Siülicf) berechtigten Sbell^errn
@erl)arb bon Soen, ©rafen öon SBlanfen^eim , eine SSertea^rung gegen atte für
fie nad^tl^ eiligen Gonfeciuenjen (am 1. Dctober 1452). S)a toarb unerroartet bem
.^erjoge am 1- Januar 1455 ein ©o'^n unb @rbc geboren unb fo bie 33ermirf=
lid^ung jene§ (Jeffion§üertragc§, menn nic^t aufgehoben, fo bocf) i^i möglid^ermeife
meite i^nm gerügt, ©eine iörmlii^e 3lufl)ebung erfolgte unter günftigen 35er=
^ältniffen nac^ bem ?lbleben ©räbifd^ofg S)ietric^ II. unter beffen 9lac£)folger
9iubred^t üon ber ^idi^ (1469), faft gleidijeitig nad^ bem gemaltfamen @nbe
be§ legten ©rafen üon SSlanfen'^eim , SBillielm , au§ bem .'paufe Soen bie 6on^
folibation be§ üierten Ti)eii^ üon ^ülid) mit ben jülid)'f(^en ©rblanben be&
■Iperjogg. ^^ür @., meld^er 1460 in ©d)mac^finn üerfaEen toar, fül)rte feitbem
feine ©emal^lin ©opl)ia mit ben 9lätt)en bie 9tegierung; fie ftarb inbeffen üor
bem @emaf)le, am 9. ©ebtember 1473, unb toenige 2age barauf, am 19. beffelben
5Ronat§, folgte i'^r ber ätoeite ©o"^n 5XboIf im 2obe (geb. am 1. 2lug. 1457\
mie e§ ^ei|t in O^olge einer S5ermunbung , bie er in einer O^e^be mit griebrici)
üon ©ombreff, ^errn ju Serben, beim ©c^loffe iomberg in ber 6ifel baüon=
getrogen. SSäl^renb ber legten SebenSjalire @er]^arb'§ regierte balier beffen
ölterer ©o^n 2ßill)elm, 1472 mit glifabet^, 2oc^ter be§ ©rafen ^ofiann II.
(Set^orb IL, @. 0?. t). «Dlainj. 743
öon Ofiafjau = ©aai'brücf en , oertnäl^tt, toelc^e i^m ali 3)htgiit bie Jperrfc^aften
^emeberg unb !L'ölt)en6erg , joioie S)ieft unb ^\ii}en in 3?i-Qbant jubrac^te. @.
ftaxb am 18. 9Iuguft 1475, angebUd^ in feinem ©d)loffe ju ßüCsbotf, unb warb
gleich feinen SBotfa^ren in ber gürftengruft ber 3l&teifirc^e ju Miltenberg , bem
bergif^en Some, beftattet. ©ein 3lnbenfen ift eng Detfnüpft mit ber ©tiftung
unb Sotirung bei ßreuäbtüberftofteri ju Siüffelborf (14. Sluguft 1443;, fotoie
mit ber Seftätigung ber Statuten ber ©t. ©ebaftianu§ ^ ©(^ü^engefetlf(f)ait in
berfelben bergif^en .öauptftabt (20. i^anuar 1452).
i'acomblet, Urf.--^U(^, U3b. lY. Serfelbe, Slrdiiü i. b. @ef(^. be§ ^ieber=
r^eini, 33b. IV. ^tebing'^oüen'fdie ßollectaneen im ©taatiarc^iöe ju S)tiffel=
borf. t). 3uccalmaglio, 2lbtei Miltenberg u. a. m. |)arle^.
©erwarb n., (Srabifc^of oon 5}la ins (1288—1305), entflammt bem toetter=
auifc^en S;t)naftengef(^tec^t öon (Sppenftein, mel(^e§ im S^aufe bei 13. ^aljr:
^unberti tiier feiner 3lngel)örigen ben main^er Srjftul^l befteigen fa^ unb fomit
einen uicf)t geringen (Sinflu^ auf bie ©efd^icfe S)eutf(^lanb§ ausübte. @Ieii$
feinem 9}etter, bem ßräbifc^of SBer-ner, trat aurf) @. frül)e in ben geiftlicfien
©tanb ein, ermarb rafd) bie l)ö^eren @rabe unb betoarb fid§ bereite 1284 nac^
bem 3:obe feines 33erlDanbten um bie 5tad^folge in bcffen 2öürbe. %oä) mar
ber eppenfteinfdieMln^ang im S)omcapitel ni4)t fo ftarf, al§ baB ©• §ätte burc^=
bringen fönnen. Sie äöal^l fiel ätoiefpältig aus, ber ^roce^ ber beiben (ianbi=
baten fam öor ben römifd^cn ©tuf)l jur Sntfc^eibung unb nac^ taft ätDeijäl^rigem
©treit tourbe toeber @. nod) fein ©egner, fonbern ber treue ^^reunb unb ge=
fdiicfte @efrf)äft§trager ^önig JRubolfi, 35ifc^_of öeinri($ öon SSafel, jum erj=
bif^of öon ll^ainä, @erl)arbö ©egner 3um Sifc^of öon 35afel ernannt, toä^renb
&. leer aueging. 6§ unterliegt feinem 3tt)eifel, ba| ^ier eine ^ntrigue fpieltc,
ber Äönig ^ubolf nic^t fremb mar unb ber ißorgang ift barum bejeic^nenb für
@er:^arb"5 ©tcllung. ^nbeffen balb nac^ ber '3Heberlagc in Tlain^ eröffneten
ficf) i^m neue 3lu§fi(^teu in 2rier. 3lud^ "Eiier tourbe er als ßanbibat aufgeftellt,
aucf) ^ier aber f)atte er in Soemunb öon SBarnsberg einen gefä^rliif)en ©egner,
allein biesmal lie§ ber 2ob bei @r3bif(i)oti ipeinrid^ öon Mainj ben Gonftict
eine beibe Bewerber befriebigenbe ööfung finben. (S. mürbe nun öom 5j3apfte
5um @räbif(^of öon 5Jlain3, SSoemunb jum ©rjbifcliof öon Jrier ernannt, am
3. Wäx^ 1289 erhielten beibe bas '^.'allium. — &. toar amgcmadifen in bem
Slnfc^auungifreife (Irjbifdmf Sßerneri, ber nid^t nur bie (Brunbfä^e ber lanbes^
fürftlidien Mlllgemalt entfc^ieben aufrecfit ^ielt, fonbern auc^ — unb bas fättt
^auptfäc^licf) ini ®etoid)t — bie 9te(i)te bei neuen ^urfürftencoUegi neben benen
ber 3iei(^igetDalt , man möditc fagen öerfaffungimä^ig fi(i)er ju ftellen gefuctit
^atte. 2;iefe S)oppeltenben3, mit ber Sßerner nirgenbi öoUtommen burd^gebrungen,
griff oud^ 6. energifd^ unb entfd^ieben auf. )iioä) offener unb meitgeljenber als
SBerner ftrebtc er banacl), bie ©tellung bes Grjfanjleri in Seutfi^lanb auf Soften ber
töniglic^en ©emalt ju ^eben, unb jugleidf) auc| bas mainjer ßrjftift territorial
abäurunben unb ju ermeitern. S3e^terei öerurfadC)te jatilreidlie ^wifte mit Heineren
unb größeren ©etoalten in= unb au^er^alb bei ©väftifti, erfteres mirfte bebingenb
auf ben 35erlauf ber tolgenben ^al)re beutfd)er @efd)i(^te ein. £er enge SSunb
ber brei r^einifd^en .^urfürften, mie er hii jum Jobe 2öerner"i beftanben, mürbe
erneuert, bet fölner ©r^bifi^of ©iegfrieb, ber mäfirenb ber 2Birren in '»lltainj
unb 2:rier empftnblidl)e ßinbu^en an ^ta(^t erlitten l^atte, mürbe in offenem
©egenfa^ 3U Äönig Ütubolf unterftü^t unb am Mlbenb feines Gebens fa"^ biefer
fi(^ toieberum einer gefd)loffenen Cppofition gegenüber, bie 'ü)n bai ©nbaiel
feiner SSeftrebungen öerfe^len lie^. gür bai iBer!^ältni| , in melc^ei @. jum
Könige trot, ift ei ma^gebenb , ba§ ttir biil^er töeber ©. ali ^fUQcn in irgenb
einer Urfunbe Otubotfi, noc§ eine Urfunbe Jiubolfi für @. nacEiweifen fönnen,
744 ©erwarb IL, (5. S8. ö. Hiainj.
oBgteit^ er bem ^oftagc in driurt Bcilüolintc unb imc^'^er auc^ auf bem 9leid^i=
tage ju f^ranffurt erjc^ien. ?luf Selben ^anbette e§ fid^ um bie SOßa'^l SUbtec^te
jum 5^ad)fotgev jetneS S5ater§ unb auj beiben lüuvbe ber Äönig, tote ein ben
^aböBurgern ül6erau§ ei-gebener ftraPurger ßl^ronift mit |d)tec£)t t)ei-t)e{)ltem
2terger 16end)tet, mit feinem 9lnltegen einfad) abgetoiejen. ©., bei bem neben
allen tcnitoxiaten ©elüften oer ©ebanfe an ta^ Oteicf) , an bie Seitung befjelben
burc^ bie ^urjürften unb fpeciell bur(^ ^Jtainj ftet§ übermog, mar entfd)loffen,
bie fic^ i^m bei ber Ä5nig§roat|t barbietenbe @elegent)eit jur S)urc^füf)rung jeiner
$täne ni(i)t ungenu^t entjcfilüpicn ju laffen. 5Der ^^abäburger 9nbred)t mar it)m
p mächtig, mie jeiner 3eit ber ^ßfätjer ßubtoig jeinem Sßetter Söerner, unb mie
biefer in Ütuboli, fo glaubte er in Slbolf öon 'ökffau ben geeigneten Ganbibaten
gefunben p fiaben. S)er fleine (Sraf, ber in fölnijd)cn S)ienften getöteten, |d)ien
ba§ paffenbe aBcrf^eug ju jein, um bie 9ici(^§reiorm im furjürftlit^ mainäijdien
(Sinne au§3utüf)ren. S)ie ^Jtitfurfürften mürben gemonnen , ber ©raf gemät)lt.
5£)ie plum^je !t3i)"t, mit ber @. nad) öfterreicf)ijc^en 23eric£)ten babei ^u äßerfe ge=
gangen fein foll, ift öon ber neueren Äritif aU ©rfinbung nadigelniefen unb
cbenfo fann bie 3lnj(i)auung , met(i)e in ber ^atjl 5Ibolf§ nicf)t§ al§ einen
jdjmufeigen .Spanbel auj Soften be§ gtet(i)§ erblicEt, al§ überrounben bejeidinet
merben. Sienn loenn au\^ bie meiften ^uriürften bie 2öat)l jur Sejriebigung
i^rer für[ttic£)en ©onberintereffen benu^ten unb anä) (S. feinen ^riöatDorf^eil in
umiaffenbfter SBeife mat)rna{)m, ]o finb borf) bie S^orberungen, melci)e er in 58e=
,^ug auf bie ^ei(i)§angelegenl)eiten er'^ob unb fid) bemilligen Iie§, burd)au§ in
ben Sorbergrunb ju [teilen. S)a§ ©rjfanäleramt öon ^Jtainj jottte fortan nid^t
metir blo§ eine SBürbe gleid) ber be§ ^IRarfd)aII§ ober ©dicnfen bejeidinen, fon=
bem bie mirfticEie S^orftanbfd^ait ber 9leid^§regierung in fid) fc^lie^en, ber Sitel
foEte einen realen 3^nt)alt erfialtcn. (B. bege'^rte ju bem 33e!§uf für fid^ unb
feine ^fladifolgev ba§ @mennung§rec^t be§ ^of= unb 23ice!an3ler§, toa§ ein neuerer
5orfd)er treffenb bat)in d)arafterifirt , ha^ e§ „für jene 3cit o^ngefä'^r benfelben
©ffeift ge{)abt l^ätte, mie menn bie 9Jlinifter ^eute m<i)t bon ber .^rone, fonbern
Don ben ©täuben ernannt mürben". Unb bicfeS ©treben nad^ gefe^lid)cr 9iege=
(ung be§ @influffe§ ber ©täube auf bie 9{eid^§regierung bleibt feitbem ein
d)arafteriftifd^eö 'Minimal ber mainjifd^en ^5otitif bi§ über ben 3lu§gang be§
5JiittcIalter§ I)inau§. — Äönig 5Xbolf bemilligte biefe f^orberung mie jebe anbere,
bie if)m öorgetegt mürbe , aEein bie Hoffnungen, m€ldf)e @. baran gefnü^ft, er=
füttten fid) nid)t. SSereite nact)' furjer i^xi^t nal^m 3lbölf meber in ber inneren
nod^ in ber äußeren ^olitif 9iüdfid^t auf ben ^ainjer unb biefe felbftänbige
|)altung be§ leiber nur 3U fd^madt)en ^önig§ mar ber eigentlid^e 91nla§, mie feines
58rud^e§ mit ©., fo aud^ feine§ ©turjeg. Sei @. !ommt nod^ in 58etrad£)t, ba^
ba§ ©trcben 9lbolf§, fid) in 5Jlei^en unb 2;t)üringcn eine ^auämad^t ju ermerben,
bie territoriale ©teüung be§ main^er |)0(^ftift§ in biefen Sanben auf§ äu^erfte
gefät)rbete. S)er SSerfu^, bie 9fted)te bon ^Raina beim Könige geltenb ju mad^en,
milglüdEte, Öj. legte beim päpftlid^en ©tul^l einen förmlichen ^roteft gegen ben
!L'änberfd£)ac^er 3lboIf§ ein unb feitbem gingen bie 5pfabc beiber au§einanber.
2)ennod) trat @. feine§meg§ ^u ber öon |)er3og ?Hbredt)t geführten Dppofition
gegen ben ^önig über, öielmel^r beobad)tete er in öorfidf)tiger 3urücf^altung fo=
rool ba§ 2;reiben be§ ^önig§ mie bie ^.Jlnftalten be§ Oefterrei^erS jum ©turje
be§ ^errfd^erg, entfd)toffen im entfdE)eibenben ^[Uoment bie Seitung beö ©anjen
an fid) ju rei§«n unb 3llbredE)t mie 2lbolf feinen SCßiEen aufjuämingen. Unb al§
nun ber ßonflift ftdf) unabmenbbar äufpiijte, 3llbrect)t unb feine SSerbünbeten jum
©(^lage bereit ben (Sr^bifd^of jur 5Jlilmirfung aufforberten, ba* befd)ieb ®. , öon
bem 33eftreben geleitet, bem mainjer ©tul)Ie ein öerfaffung§mä^ige§ ÜtedC)t ju
magren ober rid^tiger ju ermerben, öon fid) au§, meil e§ i'^m al§ ©rjfanjter äu=
@et{)arb II., G. ig. D. ÜJiatnj. 745
ftcl^e unb gebül^ie , ben Äönig unb |eine SBiberiac^er ^u einer güvftenüerfnmm^
(ung nad^ ^i-'öi^^^urt , qut ber , tüie e§ im 3lu5fcf)reiben ^eißt, über bie i^erbejie=
rung ber Sage bei 9iei(^ei beraf^en loerben joUte. Gr mochte l^offen, au? bieje
äöeife beibe ^part^eien überflügeln ju fönnen, njurbe aber bitter enttduid^t.
£q5 rafd^e ^Borbringen unb bie IHai^t 9tlbrrcf)t§, bejjen ^^'^^errntalent ben
^•ieg nod^ öor ber Sc^lac^t bereits ju Ungunsten '^Ibolis entf(i)ieben f)Qtte, jinang
i^n 3U offener '|'Qrtf)eina^me, üon ben 2Iuf)ängern bei i^erjogs gebrängt, fprod^
er am 23. ^iuni 1298 ju IHainj über ben abroejenben i?önig bas 3lb|e^ung§=
urt^eit au«. 2öcnige xage baram brachte bie Sd^lac^t bei ®öllf)eim Slbotr ben
2ob unb @. um ben erf)offten ©ewinn. gr t)atte jum Sturze 2lbo[f5 mit ge=
roirft, toeit biejer fic^ nidE)t ben Crbnungen untermarr, bie ber ©rjbifc^oT für bie
5Reid§§öerTaffung not^roenbig erac£)tete, in bem SlugenbUcfe aber, roo if)m biefee
gelang , ]ai) er fic§ Don 3nbredf)t überl^olt. 5(tterbing§ UeB ft(^ 2ltbre(^t bei
feiner 2Bat)l 3U ^ugeftänbniffen l^erbei, irelc^e bie üon 3lbolf faft übertrafen, bie
mainjer ^an^terred^te insbefonbere n)urben in öoUem Umfange anerfannt , bafür
bad)te aber ber neue i?Dnig nod^ meniger als lUbotf an beren SJerroitftic^ung.
Äoum brei ,3at)re öergingen, ba ftanben bie r^einifcf)en ßurfürftcn 2Ilbred)t ge=
nau fo feinblidE) gegenüber, mie öorbcm 2(bolf, nur war bieimat &. öon Dorne=
'fierein gü^rer ber Cppofition. — S)ie UrfadEien ber 6nt5tt)eiung waren äbnticE),
ber 3Iu§gang öerf(^ieben Sae Streben 3(lbred)t5 , bie Ärone mit &nih Don
(^ranfreid^ in feinem Jpaufe erbUd) ju mai^en, bie Diid^tberüdEfic^tigung ber äut=
fürften in 9leid^sangetegen^eiten unb nodf) einige Streitpunfte me^r untergeorb=
neter 2Irt erzeugten bereits 1299 eine fo tiefge^enbe Spannung jmiji^en Äönig
unb ßrjfanjlcr, baB ein ^ufammenftoB unüermeibüc^ mar. S)ie SInetbote, baB
&. fid£) öor ber ^ufammenfunft ber Könige Sltbrec^t unb ^J^itipp Don 5rant=
retc^ bei Duatretjaur mit ben SBorten entfernt i)abt, es feien nodt) me^r Könige
in feiner 2:afd5e entölten, ftammt allerbingS aus fet)r trüber Cueüe, bejeid^net
aber feine Stellung jum Könige richtig, ^^enn feitbem plante @. in ber 3:f)at
bie Slbfe^ung Sllbred^tl. Irier unb Äötn maren batb geroonnen, ber ^4>fat3graf
f(f)Io^ fiä) ebenfalls an, ein förmüc^es 33ünbniB ber Pier dürften ftelltc bie @nt=
feiTiung 2ilbre(^t§ öom x^rone offen at§ 6nb3iet auf. 2;ie x^atfraft bes Königs
üereitelte inbeffen bie 2lbfic£)ten ber Segner. 3}on ben Üt^einftäbten nad^^altig
unterftü^t, eröffnete er ben Ärieg, beöor nod) bie gürften fi(i) beffen Derfa^en,
unb einer nad^ bem anberen mußte feine fcf)mere .öanb fügten. Ser ^:pfat3graf
arg bebrängt, bequemte fid) 3uerft 3um grieben, @. mefirte fic§ länger. Seine
gefte 33ingen öor allem miberjtanb mit rü'^mlid^er ^tusbauer faft ^xod 5Ronate
lang bem ^^Infturme bes Königs unb i^re 6innat)me mar eine für bie bamalige
.^riegsfunft fo merfmürbige 2^at, baB bie 3eitgenoffen fie einer einge^enben 33e=
fdireibung mürbigten. S^em gälte biefer Stabt folgte eine ^ßerroüftung bes
Üt'^eingauea, fiel ber fidf) fran3öfif(i)e 6ülfef(i)aaren burc^ ©emaltt^ätigfeiten :§er-
oortf)aten unb bennoc^ beugte @. fid^ ni^t. (frft als 3Ilbrec^t im folgenben
^a^xt (1302) fidl) ju einem 3roeiten &elb3uge anfct)icftc, perftanb er fid^ not^=
gebrungen 3ur Untermerfung. Sie ^cbinguugen bes gricbens rcaren für ben
ftol3en 9]tain3er bemütt)igenb genug — erf^ienen fie boii» feinen ^Jtac^folgern fo
fc^mäi)Iic£), ba| fie no^ in ber Üllitte be§ 18. ^afir^unbertö bie 3?efanntmac^ung
ber betreffenben Urtunbe nici)t geftatteten — aüein raeit ^rter traf i^n bas
gefilfd^Iagen aü feiner ^Uäne. S)enn nac^bem er ben jyrieben gefc^loffen, mußten
ßöln unb Irier binnen furser grift ebenfalls bie @nabe bes A?önigs nad^fuc^en
unb biefer glän3enbe Sieg ber Oteic^sgeroalt über bie dürften mar nid^t nur mit
fc^meren materiellen ginbuBen für bie Unterlegenen öerbunben, er minberte audt)
bas 9lnfel)en unb bie 23ebcutung bei Äurfürftencollegä. S^ie 33emüt)ungen &n=
l)arb§, ben Äurfürften einen beftimmcnben ßinfluB auf bie GntfcfilieBungen unb
746 ®ert)Qvb, (^vf. ö. Dlbenburg u. 2)clmenf)ovft.
50'la|na'^men be§ 9ieic^§o6erf)aupte§ ju ertuirfcti unb bie' Üteid^giegieiung in
ftönbijcf)=oligQr(i)if(^em ©inne ju orbnen, toaven üoUftänbig ge|rf)eitei;t unb if)r
Urheber fam ni(^t mt1)x baju, fie n)iebei;aufpnel)men. 2lm 25. ^^-ebr. 1305
fd^ieb er au§ bcm ßeben, toeiter öom 3^^^^ entietnt al§ Bei feinem (Eintritt in
bie J^aujöal^n. — S)enno(i) :^at er bie 5ß(äne, tt)ie überfommen, ]o aud) jeinen
^Jtarf)ioIgetn al§ poUttfdic 2::rabition überliejert unb faft auSno'^mSloä 1)abtn alle
big auf Serf^olb üon ^enneberg am 3lu§gang be§ 3Jtittelaltet§ fimah fid^ an
beten S)ux(^iül)iung abgemüht. S5iel ttjeiter ift aber feiner gelangt, benn aEe
f)atten ben gteid)en SBiberftanb ber 3Sal)lfönige unb fürftlirfien Serritorialfjcrren
äu belämpfen, benen ba§ partüulare ftet§ über ba§ gemein|ame Stntereffe ging.
S5gl. ßoreuä, ®eutjd)c ©efcf). im 13. u. 14. ^at^r:^., 33b. II; Äopp,
©efct). b. eibgenöff. Sünbe, SSb. III. üon ber 9ftot)p.
©crl^arb ber '^utf)ige, @raf bon -Dlbenburg unb S)elment)or[t, geb.
um 1430, t 1499 (ober 1500), ber britte unb jüngfte ©ol)n bei ©rafen S)ieb=
xiä), bem aU bem ©tammüater ber norbifd)en .^erii(i)ergc|d^Ie(i)ter bie ®ef(i)id)te
ben 33einamen bei ©lücEjeligen gegeben l^at , unb ber (Gräfin .^eitoig, einer
@c§loefter ber testen fd)aumburgifd§en .'peräöge öon ©(^leSluig unb ©rafen öon
c'poiftein, ttjurbe nacf) bem 1438 erfolgten 21obe be§ SSaterö mit jeinen S3rübern
6l)ri[tian, bem na(i)maUgen Äönige ßl^riftian I. öon ©änemarl (j. b.), unb
^ori^ am ^o']t it)re§ Cf)eim§, be§ .^er5og§ Slbolf VIII. öon ©d)Ieätoig=|)olftein,
erlogen. Sa 9Jtori^ bem get[tlicf)en ©taube fid) getoibmet liatte unb ßl^riftian
in gotge jeiner äßa|l äum Äönig öon Sänemarf (1448) auf feinen 2lnt|eil an
ben @raffd)aften Clbenburg unb Selmen^orft öer^idjtete (1454), fo fielen testete
bem ©rafen ®. aEein ^u. 5Jlori^ inbe^ entfagte bem geiftlidjen 35eruf, öer=
mä'^tte ficE) mit einer ©räfin öon .^oija unb forberte ben Sefi^ ber Jpälfte ber
©raffc^aften mit gewaffneter ^anb. Unterftü^t öon bem ^er^og 2Bil^eIm öon
SBrauufditoeig , fc£)lug ®. ben Sruber auf ber Sorftel^eibe (1463), mu^te ftd§
jeboct) auf einbringen bei ^bel§, ber ®ei[tli(i)feit unb ber SBürgerfd^aft ber ©tabt
Dlbenburg baju öerfte^en, bie <!perrf(^aft mit 5!Jiori^ ju tl)eilen, ber aber fc^on
1464 ftarb. — i^nätüifd^en toar i^er^og Slbolf VIII. geftorben (4. S)ec. 1459).
c»). unb SRori^ l^atten, all (J^riftian auf feine Steckte auf Dlbenburg öer=
jic^tete (1454), bereite il^ren 2lnfprü(i)en an ©(i)le§h)ig=^olftein ju beffen ©unften
gegen bie 3ufitf)erung einer Slbfinbung öon 40000 rt)cintfd)en ©ulben an jeben
ber Srübcr entfagt. 3Beil aber bie 3a'§tung berfelben nic^t redjtjeitig erfolgte,
na^m &. für fid) unb al§ SSormunb ber Äinber feine§ 35ruber§ 5!Jlori^ feine
3uflud)t jur ©elbftliülfe, jog teieber'^olt nad) ^olftein (1465 u. 1466), befehle
^HenbSburg unb öeranla^te ben ilönig 6!§riftian, it)m bie (5inlöfung öerfd^iebener
bcm 9lbel öerpfänbeter @d)löffer ^u geftatten unb i^n für bie 3^it ^»£1^ 3lbn)efen=
l^eit be§ Äönig§ äum Statthalter ju ernennen. 2)a ®. fid) beim 2lbel burd)
äßill!ür öerl)a^t mad)te, mä|renb er bie 3lnt)änglid)feit ber SSauern fid) 3U ge=
tüinnen tt)u|te, fd)lo^ jener 1469 eine SSerbinbung gegen il)n, tooburd) er be=
töogcn töurbe, fid) in bie ttjeftlidjen ^Rarfc^en 3U begeben, too bie SSauern i^m
.'pulbigung leifteten (1470). 2)er ^önig erfc^ien in ^olftein unb ^toang ®.,
bie öon it)m befehlen ©c^löffer ^erau§äugeben, aEen 3lnfprü(^en, mit 3lu§na^me
beöienigen auf bie für bie 3lufgabe feine§ @rbred)t§ an ©d)le§toig=^olftein nod^
rüdftänbige (Summe, ju entfagen unb Urfel^be ju fc^toören. 5ll§ inbe^ im ^.
1472 bie ^riefen ber id)le§n)igfd)en 5!)larf(^en einen 3lufftanb erregten, folgte @.
il)rem 9iufc unb erfd)ien toieber bei ."pufum, !onnte aber ber burd) ben ^erjog
öon 9Jtedlenburg unb bie Stäbte Hamburg unb ßübed öerftärltcn bänifc^en
Madiji nid^t miber[tel)en, ttjurbe gefc^lagen unb mu|te in fein (ärblanb enttöeic^en.
."pier l^atte injtoif(^en baö Stift SBremen ^^nfprüd)e auf S)elmen^orft erl^oben.
S)er (är^bifc^of .ipeinri(^ II., jugleid) Sifi^of öon ^Jlünfter, unterftüfet burc§ bie
Üier^arb, J. 33. v. äöüt^buvg. 747
Hamburger unb Sübecfev, xoddjt @. öurc^ ben .spanbel ftörenbe Unternehmungen
fic^ 3U geinben gemoi^t ^atU , eiict)ien 1473 öor 2elment)or[t , raurbe inbefe
buvd) bic 35ermitttung ber ©vafen öon .g)ot)a ,jum 5l6,}uge üevanta^t. %htx im
folgenben ^a^re (l-iT-l) tourbc @. üom ßrjbijrfiof unb ben mit i^m öctbunbenen
CftTriefen in Dlbenburg, toietool öergebti«^, Belagert, roa§ it)n Deranta^te, •|)ülic
in einem ißünbni^ mit .^art bem Äü'^nen öon Surgunb ju fuc^en. 2l6er er
raupte jic^ jelbft l^etfen, at§ bie Sremer, öerftärft burd) Dftiriefen unb 2Rünfter=
länber toieberum in§ ßanb fielen , unb brachte ben ^^"^ben eine entfc{)eibenbe
9lieber(age bei U475), tt)el(f)e norf) je^t unter bem ^amen ber „33remer Jaufc"
beim fSolte ber Umgegcnb im ^tnbenfen fte^t. 6in i^riebe ju CuafenbrücE
(1476) Jetten ben 5ef)ben ein giet. S)a aber &. fein SJerfprec^en, bie ^$i(ger,
^aufteute unb SBanberer rut)ig il)rer Sttale jiel^en ju (äffen, ni(i)t tjidt, fo be=
lagerte (SrabifdioT ^einric^ 1482 gleichzeitig Clbenburg unb S)elmen^orft. @.
trat in feiner Sebrängni| bie 9legierung feinen (5öf)nen ah unb öerlic| feine
^eimat^. 6r fcf)eint au§toärt§ Spietraum für feine ge^beluft gciunben ju ^aben.
Üla«^ mehreren 3»ttt)ren fet)rte er jurücE, inbeB feine blo^e ©egenttjart war feinem
untierfö'^nlii^en geinbc, bem (Sräbifd^of §einri(^, fo furchtbar, ba§ er bie Sö^ne
bettjog, bem 3}ater feinen Stufent^alt in Dlbenburg ju geftatten. £er alte @raf
30g nac^ [yi-'anfi-'eict) unb ftarb 1499 in ben tpt)renäen auf einer SBaEia^rt nac^
St. ^acob äu Gompoftella. — äBegen feiner gef)beluft unb perfönlid)en 2:apfer=
feit ^at er ben ^Beinamen be§ 5)iut^igen ober Streitbaren (bellicosus) erhalten,
gür Dtbenburg ift feine 9tegierung§3eit, abgefe^en öon ber Sicherung bes Sefi^eS
bei friefifd)en 2Sebe, ber Erbauung be§ S(f)toffe§ ju 5tcuenburg (1462) unb ber
grtoerbung äJarelS (1481), noc^ infofern öon iBebeutung, als toä^renb berfelben
bie erfte planmäßige Q3ebeirf)ung in ben 53larf(i)en ausgeführt lüurbe.
öon §a(em, @ef(^i(i)te be§ |)eräogt^um§ Ölbenburg, 33b. I.
3Jiu^enb edier.
©erwarb, 5ürftbifcf)of juerft öon ^Jlaumburg = 3ei^ (1362—72), bann
öDU äBürjburg (1372 — 1400;, So^n be§ (trafen .g)einriä) XI. öon Sd)U)ar3=
bürg in 3:^üringcn unb beffen erfter ©ema^Iin ^etene, einer geborenen ©räfin
Don Sdiaumburg, geb. um 1330. Jrofe friegerifdier 9ln(age unb ber Ueber=
lieferung aufolge fogar ber ©rftgeborene, würbe er beftimmt, bie geiftticf)e $3auf=
ba^n einjufd^lagcn unb foll in feinen jüngeren ^aljren u. a. be^^ufs feiner 5tu§=
bilbung unb um öort^eilfiafte 9}erbinbungen anjufnüpfen, an ben pöpftüc^en
•Öof nad^ Stöignon gefc^icft werben fein, ©emiß ift, baß er früt) mit einem 6a=
nonicat an ber Somfirdie ju ^laumburg unb SBürjburg unb töiber ben äöiüen
beg Sonöenteö butc^ !popft ^nnocenj VI. mit ber *prop)tei an ber alten Äapctte
3u giegensburg bebac^t rourbe. ^m ^. 1362 ift er, nad) bem ^obe be§ 5ürft=
bifct)of§ gtuboli öon "Jtaumburg, wie e§ fd)eint abermals burd^ päpftlid)en ein=
f(uß, 3u beffen 5iad)iolger erWäl^lt worben; er l)at biefeS 9lmt aber nur 10 :3a!^re
lang öerWaltet. ©ewoltt^ätig unb ein fd)lec^ter ^aueljalter, wie er öon 'Jiatur
war, finb jwifd^en i^m unb feinem Gapitel balb genug ^e^'^ürfniffe entftanben,
bic anlegt JU einem ööttigen 5ßrud)e gefüf)rt unb feine Stellung im Üiaumburger
.spod)ftift unmöglich gemad)t ^aben. 'Jtid)t ftarf genug, um mit eigenen Gräften
ben ^ampf mit feinen ©fguern auijune^men, :^at er ficf) nad) 3löignon gewenbet,
um bei ^apft (Srcgor X. perfönli^ feine äßieberf)erfteaung ju betreiben; bie
©unft be§ ÄaiferS .fori IV., auf bie er na^ allem wol ^ätte rechnen bürfen,
t)üt er 3u biefem S^^^ mit 9*e^t "ic^t ^ür au§reid)enb gel)alten. 5)ie golge
biefer 3lppellation War nun aEerbingS nlc^t ©erwarb's äöieber^erftettung im
'Jtaumburger S5i§t^um, wol aber feine Serpflanjung nad) äöürjburg, bie für i^n
unb nod) mel^r für biefeS .'po^ftiit bann fo öerl)ängnifeöoll geworben ift. ^n
äöürjburg war nac^ bem lobe be§ gürftbifd^ois 5Ubrec^t öon .!pof)enlo^e (t am
748 ©er'^otb, g:. 33. ö. SBJütäBurg.
27. :3um 1372) eine 5Doppe(lt)al§i: gefc^e^en. Sie ^inber'^eit bei ^apittU ^atk
ben SDompropft Sltbred^t öon ^e|berg, bie 53lel^r3at)l ben SSamberger S)ombecQn,
2Bitti(f) öon äöolframSboii , jum ^iac^iolgcr getoä'^tt. 2)em ©rtoä^tten bei
9Jltnbeii)eit toax e§ gelungen, bie (Sonfecvation burd) ben ^Jtainjer Metropolitan,
unb ttia§ unter ben gegebenen Umftänben jaft norf) ntet)r Belagen tüoüte, bie
jubelnbe 3lnerfennung öon ©eite ber ©tabt äBür^burg ju gewinnen , inbem er
i^r bie öoüe 9lutonomie, n)el(f)e if)r fein 3lmt§öorgänger getoaltfam entzogen t)atte,
im roeiteften Umfange jurüctgob. 2)er fo au§gefd)loffene ©egencanbibat Söittict)
l)atte ebenfalls ben 2öeg nact) 9löignon eingefd)lagen , um bort feine 2lnfprü(i)e
jur ©eltung ju bringen , unb t)ier tüar e§ nun, mo er mit feinem (Scl)icEfalsf=
genoffen, bem au§ feinem ^od^ftift öerbrängten 'Diaumburger gürftbifcJiof @. 3u=
fammentraf. 3Ba§ nun atte§ ^mifc^en beiben öerlianbelt mürbe, miffen mir beg
5^äl)eren nic£)t, ba§ Srgebni^ fpridjt febod) beuttic^ genug unb mar entfd;eibenb :
fie traten il^re 3lnfprüd)e ber eine auf äBür^burg, ber anbere auf 5^aumburg
einanber ab, unb ber ^papft fprad) ju biefer 3lbmad)ung feinen ©egcn unb öer=
liet) ®. bie ^^^roöifion mit bem ,^od)ftifte 2Cöürjburg. ÖJ. burfte fid) mot al§
beu geminnenbeu jlt)eit betrachten; ba§ ^oi^ftift SBür^burg ftanb bem 'J]aum=
burger in jeber 9lüdfid)t meit tioran unb l)atte üou je^er al§ eine§ ber t)or=
nel)mften unb begel)ren§mert^eften im üleid^e gegolten; unb ber ©unft be§ ^apfteS
mie be§ Äaifer§ in gleichem ©rabe fidler, traute fid) ®. nad)^altige Mad)t ge=
nug 3U , jebem Söiberftanbe ^um Zxo^ , in ben 33efi^ be§ ertauf^ten Siät^umS
3u gelangen. S)a§ 2öql)lred)t ber ßapitet, bie 3»ntereffen ber ^od)ftifte felbft
pflegten ja feit met)r al§ einem 3^a'^rl)unbert ol)nebem gerne umgangen unb meit=
abliegenben @efid)t§punften geopfert ju merben. ©cnug, mäl)renb SBittid^ fid§
nad) 5Zaumburg manbte unb, fd^eint e§, of)ne äöiberfprud) Pon bem ertaufd)ten
SSiSt^um SSefi^ ergriff, fel)rte @. mit päpftlid)en (5mpfe^lung§fd)reiben an Äaifer
.^arl IV. nad) 5Deutfd)lanb jnrüd, unb gleidi^eitig erlief (Tregor X. an ba§
ßapitel, ba§ ^^oc^ftift unb bie ©tabt SBür^burg ben gemeffenen 23efet)l, ben biS=
t)erigcn 35ifd)of öon ^laumburg al§ SSifd)of unb i^errn aufzunehmen unb it)m ju
l^ulbigen. 2)er ^'aifer ^t ^. fc^on in ber allernäd^ften ^di mit faft auffälliger
^aft mit ben 9iegalien belet)nt; e§ ift fein Zweifel, ba^ beibe fid) einanber gut
öetftanben, unb bie SSermut^ung liegt naf)e, ba§ 03. ^arl IV. fd)on je^t al§
©egenleiftung bie binbenbe 3"f«9e mad)te, bie faiferlic^e 5politif überl)aupt unb
im befonberen ^arl§ Siebling^tüunfc^ , feinen ©o^n Söenjel bei feinen liiebjeiten
al§ ^at^folger im 9teid)e gemä'^lt 3U fe^en , nad) Gräften ju unterftü^en. So
gebedt, erfd^ien @. im ^odl)[tift SBür^burg unb forberte ba§ Sapitel unb bie
©tobt jur 5lnerfennung bc§ päpftlid£)en unb faiferlicl)en 3Billen§ auf." Sf^^'ocl)
öon beiben ©eiten ert)ielt er eine able^nenbc Slntmort: ba§ ßapitel mie bie
©tabt t)ielten nad) mie öor, il^ven Siechten unb ^ntereffen eutfprec^enb , an
3llbred)t öon ^ePurg. 51un mar freiließ @. am menigften ber Manu, fidl)
fur<}meg abmeifen ^u laffen unb befd)to§ fofort , angriffStüeife öor^uge^en. S)er
9lbet bc§ ©tifte§ f)atte fidt) ol)nebem pm guten %^t\i gleidf) bei feinem ©rfd^einen
au§ ©runbfa^ für i'^n au§gefprodt)en ; ferner ftettte fi($ if)m ber „Sanbfriebe"
mit feiner Mad^t jur 33erfügung, enblidl) jogen feine Srüber unb SSettern, bie
trafen Pon ©dt)marjburg nebft it)rem 5ln^ang i{)m jur ^lilfe :§erbet. ^^lngefid)t§
biefer Uebermat^t famen ba§ C^apitet unb bie ©tabt SBür^burg balb jur @infid)t,
ba^ fie i'^m auf bie S)auer Söiberftanb ju leiften nid^t im ©tanbe fein mürben.
S)er 23urggraf ^riebridf) IV. Pon ÜZürnberg — ein naiver SSerroanbter ß)erf)arb'§
— öermittelte; ba§ 2)omcapitel ging in ber 9ladl)giebig!eit üoran unb lie| feinen
ßanbibaten fallen, jumal ber ^apft mieberl)olt in ber nact)brüdlid^ften SBeife mit
feiner Pollen 3lutorität ^u @unften ®er^rb'§ eingetreten mar, bie ©tabt folgte
nadl) unb er!annte @. ebcnfaES all it)ren §errn an, mogegcn il^r biefer bie öotle
©et^arb, gf. 9?. ö. üßürabutg. 749
Summe ber grei^eiten Beftätigte, bie fie ^ule^t üon gütftbijc^oi %lhxcä)t ^efe=
berg oerlie^en ei-{)atten f)attc (^juni 1373). 3llbre(f)t, oller öülfgmittet entblößt
unb üon SlHen öevtaffen, fof) ftd^ balb genug genött)igt, bie ©nabe jeine^
fiegvei(f)en öegnetS an^ufletien, bev i^n burcf) bie 2)a3n)iic^enfunft n)o^(ge=
finnter 5)ermitt(er ttiieber in feine frühere Stellung eintreten tiefe. 6S mar
inbefe eine arge 2:äuic^ung, ttjenn man ettoa biefen 3}ergteid^ ats ben
Slnmng eines normalen , irieblicEien 5ßermtniffeö jroiiclien (^. einerjeitä unb
feinem ßapitet ober gar ber ©tabt aSürjburg anbererjeitö ^ätte betrachten
motten. 60 mar bies eben einer ber 5ßergleic£)e , roie man fie in jener <3eit
in äf)nlidt)en ^fäüen fo ^äufig ju f^tiefeen p\ie%tt, bie ben Streit oertagten,
bie Urfac^e beffelben aber ungef)oben liefen. 2)a§ ^ermürfniB tjat fic^ oielmef)r
balb genug erneuert unb ift, menn and) nod) ein 53^al bejcf)mic^tigt, jule^t ju
einer Sßerroitflung ber jeltenften 5lrt gebieten, burct) roel^e bie Öefctiii^te @er=
^arb'§ er[t if)ren eigent^ümli(f)en unb mit ber 9teici)6gef(^ict)te auT5 engfte üer=
fnüpften, fie äug(ei(| in t)o^em (Srabe cl)arafteriiirenben 3nt)alt befommen ^at.
@. mar tro^ feiner Steigung jur ©eroaltfamfeit feine xoi)t 'Jiatur unb ben ibealen
eintrieben feiner ®|3ocl)e ftanb er feinesmegs öer[tänbnifelo§ gegenüber; aber er
mar ein autofratifc^ unb ariftofratif(^ geftimmter, sugletcf) harter unb rücffjc^ts-
lofer gürft, ber mit fic^ ni(^t '^anbeln liefe unb bei jebem aSiberftanbc, auT ben
er ftiefe, fofort anö Sc^roert fct)lug; baöer ba§ ©epräge Don ^Rul)elofigfeit unb
jugreifenber .^eftigfeit, ba« feinem öffentlicl)en i^eben aufgebrücft ift. Ueberbiefe,
menn er bie eine ober bie anbere Jugenb eine^ guten Otegenten befafe, fo mar
er, roie fc^on angebeutet, boct) geraife fein Ülec^ner, fein Staatsroirtl). £er Staat§=
^aus^alt be§ SBürjburger 5)od^ftifte§ toar feit langer 3ett jerrüttet unb biefe
Zerrüttung mit bie QueÜe audj ber frül)eren Birren geroefen; ö. felbft
fam tief üerfc^ulbet in§ Stift; unb bie -Dtotljroenbigfeit, fic^ baffelbe mit ©eroalt
ju unterroerfen, ^atte biefe Saft beträditlicf) gefteigert. S^iefeg O^er^ältnife attein
reichte ^in, e§ äroifc^en ber mifetrauifct)en Stabt unb bem neuen öernt frf)on in
ber näc^ften 3eit jum ^ruc^e äu treiben. Siie (yrei^eiten, bie @. ber Stabt bei
bem ermähnten 3}ergleic^e beftätigt f)atte, ftanben feinen autofratifd^cn 9ieigungen
unb fitiauäietten Sebürfniffen im QBege; er nat)m bal^er im raupen äßortbruc^e
im 35erlaufe bei ^. 1373 feine aulbrücElii^e 3lnerfennung berfelben jurücf unb
erflärte bie fünfte, al§ eine bemofratifc^c Einrichtung, für aufgehoben. 2)ie
autonomifc^e 9ti^tung in ber Stabt mar aber ju tief gerourjelt unb ju mächtig,
alö bafe fie einen fold)en Scf)lag roiberftanbslos t)ingenommen l)ätte; ^erau5=
geforbert roie fie roar, roel)rte fid) öielme^r bie Stabt, roäl)renb bas Somcapitel
an fi(i) B^^ti^ten ju l^aben fc^eint, in einem geroaltigen 3tuibruc^e (^:)ioüember
1373) gegen ben roortbrü(^igen ^yürften, bem balb nict)ts anberei übrig blieb,
als 5U Äaifer .ßarl IV. feine Zuflucht 3u nehmen unb beffen Slutcrität gegen
ben fiegrei(^en ^ufftanb in 33eroegung 3u fefeen. S)er .^aifer erflärte auc^ in ber
3:l)at bie roiberfpänftige Gapitale fofort in bie gtcict)iacf)t unb ert^eilte @. 3u=
gleich bie ermäc^tigung, in 2Bür.^burg unb äroei ÜJleilen im Umfreii einen neuen
3ott auf3uri(^ten, roas bie geroö^nlicje Sorm ber aufecrorbentlic^en Sefteuerung
roar. Slls ©egenleiftung ^atte @. ein «ünbnife mit i^aifer ^arl unb beffen
So£)n Äonig SBen^el gef^loffen, in roelc^em bie engfte Solibarität il)rer ^ntereffen
auTö auebrürflic^fte Derfünbigt rourbc unb 6. fic^ jugleicf) namentli^ für ben
gaü einer neuen Äönig§roal)l ju gemeinfamem |)anbeln mit Äarl unb SBenael
auebrücflic^ öerbinblicf) motzte, ^thoä) bie blos moralifcl)e Unterftü^ung oon
Seite be§ ^aifers f)ätte 6. ber aufftänbifc£)en Stabt gegenüber borf) nid)t fo te!(i)t
jum -Siele gefüf)rt. ®. ^atte batier jugleicf) bebeutenbe Streitfräfte aurgeboten
unb eröffnete im ^ebruar 1374 nun mit il)nen ben Äampr gegen biefelbe: bie
Stabt leiftete tapferen Biberftanb unb fc^lug roieber^olte Eingriffe ah; jute^t
750 ©ev'^arb, 5- SB. b. SÖJütjburg.
aber etmübetc fie bod^ unb na'^m bie tüieberum %n9ebotene Sßermittlung (am
25. ÜJlär^ 1374) an, bie fie t{)atfäii)li(| in bie ."pänbe be§ ^ür[tbi|rf)of§ lieferte,
bei- binnen furjer ^^it jeine unbefd^ränfte ^enfi^aft über fie t)er[tettte. S)ieje§
fc^tüertid) aud) je^t bem ©inne be§ 5Bcrölei(^e§ gemä^ ; unb fic£)er ift, ba^ bie
Stimmung in ber ©tabt auä) tüeiter^in eine gef^jannte blieb unb @. eine il^m
feinblid)e Partei tt)iber fid^ l^atte; finb bod§ fd^on im ^. 1379 fo jd^ümmc ®e=
rüct)te über fein '}tegiment nad£) 9löignon gebrungen, ba§ ber 5]iopft eine eigene
6ommif[ion 5um 'S'medt ber Unterfudt)ung berfelben in i^ranffurt pfammentreten
lie^, beren @rgebni^ bann allerbing§ ju ©unften be§ Sif(^of§ au§gefatten i[t.
3^mmerl§in '^atte toofji ober übel @. mit ber Unterwerfung ber ßopitale fein
nädl)fte§ ^i^^ erreict)t unb gab fiii) nun mit bem ganjen Ungeftüm feine§ 2empe=
rament§ ber 3!3erfolgung feiner territorialen S^ntcreffen unb ber bamit in 3^=
fammenliang ftet)enben SSer'^ältniffe l)in. Unter ben 9teid^§für[ten be§ ©übenä
nimmt er eine l)eröorragenbe Stellung ein, tüie fie t^eil§ in ber 2aqt unb 33e=
beutung feiner StiftSlanbe , tl)eil§ in ber fräftigcn ^idlitung feine§ ^olitifcf)en
6^ara!ter§ begrünbct mar. 3Bo er einen ?tnfprurf) ju l^aben glaubt, lä|t
er nic^t auf fidt) märten unb p jeber ©tunbe ift er bereit, bemfelben mit
bem ©d^mert in ber .^anb ""itadibrurf ju geben, ©o bilbet feine gan^e 9le=
gierung eine faft ununterbrodl)ene .^ette öon ^^el^ben unb ©ü^nen, Don
Jlrieg§3ügen unb ^^riebengfdilüffen. ^n ■ nat)er unb mieber^olt erneuerter 9.1er=
binbung ftel)t er öon Stnfang an mit bem i^-ürftbifdl)of Sambert bon Bamberg
unb bem Burggrafen ^-riebrid) Y. bon 9^ürnberg; e§ l^anbclt fiel) babei in erftcr
Sinie um bie 3lufre(^tl)attung be§ £anbfrieben§ unb nebenher um bie 'Jcieber^
l)altung ber po^jularen 9?eftrebungen. %xi ^aifer ^arl IV. fdl)liefjt er fidt) nad)
mie bor auf§ engfte an unb unterftü^t beffen 5lnftrengungen für bie Crganifi^
rung öon ÖanbfriebenSeinrtd^tungen im größeren ©tt)le. 33ei bem Gonflicte be5=
felben mit bem fd)mäbifd)cn ©täbtebunbe nimmt er grunbfä^lidt) unb entfd^loffen
be§ .^aiferS ^^artei; er ift ^erfonlid) mit i^m gegen Ulm ge,^ogen. S)afür er=
m ortet er micber .^arl§ Unterftü^ung in feinen ^ertoürfniffen mit ben fränfifdl)en
9teid)§ftäbten ©d^meinfurt, 2öinbSl)eim unb öor allem 9tott)enburg§ a. %., biefid) ber
2(nerfennung gemiffer, öon it)m erhobenen ober^errtidE)en 3lnfprüdl)e, im 5ßefou=
beren feinc^i^ faiferlii^en 2anbgeri(^te§, au? guten ©rünben nid)t uutermcrfen
tooUten. S)iefc ©treitfrage, fbecicll mit ^Jtotlienburg , ^ietit fid) burdf) bie ganje
;^eit feiner Sfiegierung ; fie ftel)t im engen 3ufammenl)ang mit ber großen ftäbti=
fdt)en Semegung ber 3eit; mel)rmal§ l)at Ö5. mit bewaffneter .^anb feinem
2Billen 9tadl)brud gegeben, unb bod) ift er nid^t jum crftrebten ^\tit gefommen.
©inen berl^ängniBboHen Söenbe^junft für @. bilbet ber 2:ob .^aifer .^arl IV. unb
bie auc^ bon it)m feiner 3eit mit begünftigte ^tad^folge Äönig SBen^elg im
9{eidf)e (1379). SlKerbingS finb biefe berl)ängniBöollen f^folgen, bie einerfeit§ in
ber ^erfon be§ neuen i?önig§ unb anbererfcit§ in ben allgemeinen 93erl)ältniffen
murmelten, nur aHmälig unb langfam Ijerborgetreten ; junäd^ft t)atte ber 3:!§ron=
medifel für 65. nur bie eine SSebeutung, ba§ fie, o!^ne an feiner einmal genom«
menen ©teEung principiett irgenb etma§ 3U änbern, i^n auf ber eingefd&lagencn
S?al^n mit öerftärfter ^JJbd^t bortüärtS trieben, ©ein 3lnfd)luB an bie 9teid)§=
bolitif äßenjelg erfd^eint 3unäd§ft nod) inniger al§ je üorbem; er tritt bem auS
33eranlaffung beg ^Jöpftlic^en ©c^i§ma'§ im '^. 1879 auf bem 9leid^§tag ju
i^ranlfurt ^u ©unften $apft Urban VI. gefd^loffenen SSünbni^ bei; auf allen
9teid^§tagen SBenjelg begegnen mir it)m; an beffen Slnftrengungen für bie Drb=
nung be§ 8anbfrieben§ ift er nod) unmittelbarer betl^eiligt alg jur 3eit ÄarlS IV. ;
er crfdlieint in biefen S)ingen förmlich ol§ gtatl) unb S5ertrauen§mann be§ Äö=
nig§; mit aSen^elg ^^ftintmung fü^rt er (1384) in feinen eigenen Sanben ben
fog. „meftfätifdl)en" Sanbfrieben ein unb ernennt für beffen 3)urdf)fü^rung einen
®crf)arb, fj. f8. D. aBürjbutg. 751
eigenen 2anbncf)ter. ^n bem großen GonfUcte jtoiidien dürften unb Stäbten
[te!^t er felbftrebenb unb feinen eigenften 'Steigungen entfpred^cnb auf ©eite ber
erfteren; mit einer Slrt üon Seibenjdiaft etgreirt er Partei; bie ©c^ttjanfungen
SSenjelS in biefer x^xa^e t}at ex offenbar nid^t mitgemadit. %i^ •Öerjog Scopolb
öon Oefterreid) mit ben (Sibgenoffen Brati) (1386), {)at aud^ @. mit anberen
9tei(f)§fi:rften biefen ben ?lbfagebrief gefc^rieben ; fo toie in ber ©cf)lac]^t bei
S)öffingen, in ber bie Ülieberlage be§ fc^toäbifd^en ©täbtebunbe§ entfd^ieben mürbe,
an ber ©eite be§ (Brafcn ©berl^arb öon SBirtemberg aud) fein Kontingent nic^t
gefehlt !§at. 3tn ben öerfdjiebenen Sagesfa^ungen unb ©ü^neüerfuc^en ju 5)ler=
genttieim, §eibelberg, 51ürnberg bi§ ju ben Söer'^anblungen, bie jum Öanbfrieben
üon (5ger fü'^rten ^1389), tjat (S. eifrigen unb mir!famen 2lntf)eil genommen
unb ift au(^ für bie 2lu§fü§rung berfelben eingetreten , freilief) ni(i)t , o'^ne baB
er felber toieber no(^ in bemfelben ^a^xt ber 2}erle^ung jene§ fJriebenS öon
ber ?ftei(^§ftabt ütotl^enburg angeflagt mürbe. @benfo begegnen mir il^m ba§
^a^r barauf bei ben mid^tigen 5)ta§regeln 2öen^et§, betreffenb bie 5)lün3gcfe^=
gebung unb bie Subenf(^ulbentilgung, aber boct) fo, ba^ er ha^ eigene S^ntereffe
bem öffentli(f)en borange^en (ä|t. — ^n ben allgemeinen 3lngelegenl§eiten, nament=
lid) beö Sanbfriebeng , tritt @. auc^ in ben folgenben ^al^ren "^anbetnb auf.
^m ^. 1391 mad^t er mit bem SBifc^of öon Bamberg eine üteife ju Äönig
SBeuäel nad£) $rag; boc^ fangen in biefet 3eit bie eigenen 9{ngelegenl§eiten if)n
fid^tticE) mieber mef)r unb am (Snbe auSfd^lie^lic^ ju bef(i)äftigen an. Sßie fpäter
t^ürftbifct)of Suüu§ ftredt er ben 2tvm nad) bem .söo(i)ftift gulba au§, freiüd^
of)ne sum 3iele ju fommen 1357 — 91). ^n biefe ^dt fällt eine i^effbt mit
ben Ferren ö. 2;i^üngcn megen be§ ©obenbergeS, bie fic^ bi§ 139.") unb bod^
nit^t 3U feinem 3}ortf)eite öerlängert ; gleichzeitig ftürjt er fiii) feinem Söettcr
@raf .^einricE) öon ©d^toar^burg ju Siebe in eine ^^elibc mit bem Sanbgrafen
33alt^afar öon 2:^üringen, mirb aber öor Coburg 3urüdEgefdt)lagen unb mu| ben
erbetenen ^rieben treuer be^atjlen. 5Da§ -öod^ftift, ba§ an biefem |>anbet in
feiner Söeife bef^eiligt mar, l^at ju allem anbern ^in einen öcrroüftenben ©infatt
ber Springer über fict) ergct)en laffen muffen. 5Rtt feinen (Sefd^ted)t5öermanbten
^at @. übrigens ununterbrochen enge Se^ie^^ungen unterl^alten ; er !^atte fid§ fo=
gar fein 2lnred)t auf bie eöentuelle ©ucceffion an bem öäterlidtien ^errfd^aft§=
gebiet öorbel^alten unb anbererfeit^, — toa§ feinem politifd^en 33erftanbe 6ftre
mad^t, — eine Sefd^ränfung be§ beliebten ©rbf^eilung^bi^incipe in§ unenblid^e
nad^brüdlid^ anempfohlen. 5lber immerl^in, biefe fortgefe^ten 5?^^^^^ !^atten bie
unau§bleibli(i)e SBirfung gel)abt, ba^ bie ^^inanjen be§ 5ürftbif(f)of§ unb be§
ipod£)[tift§ in immer örgere i^erroirrung gerat^cn maren. 3"^'^'- i^^^ ^^^' ^°'"^^
fpieligen Äoburger Q^e^^be maren alle <g)ilf§mittel @erl)arb"§ erfd^opft, bie @in=
fünfte auf ^al^re ^inau§ öormeggenommen unb öerpfänbet. S;a§ 5£)omcapitel
1)aitt lange 3eit gute 93tiene jum böfen ©piel gemacht unb fid^ bereit finben
laffen, ber öfonomifd)en dlotf) aufjul^elfen : aber 9lüe§ mar fruditloä geblieben
unb ber gute äöille beffelben nun aufgebrandet. Unb mie ba§ S^omcapitel mar
jum guten Steile au(^ ber übrige 6leru§ geftimmt. @§ maren aud^ il)m ju
fd^mere unb 5u l)äufige Opfer angefonnen morben. ß). l^atte öon 3eit ju 3^^^
öon Äönig ^enjel bie Ermächtigung ju neuen au|erorbentlidt)en Sefteuerungen
er^^alten; biefe trafen aber aud^ ben 6lci-u§ unb fdf)on im ^. 1385 l)atten bie
6t)or^erren be§ 6oIlegiatftifte§ ^ieumünfter gegen bie millfürlid^e ©c^a^ung fi(^
aufgelel^nt unb toaren bafür öon bem erjürnten gü^'ften au§.ber ©tabt gemiefen
morben. S)ie ©timmung bei ber ftöbtifcfien S3eöölferung ber ^auptftabt unb
ber C'anbftäbte be§ .spo(|ftifte§ mar öergleid^ungSmeife no(^ erbitterter, als fie
nod^ öiel fc^merer unter bem S)rude biefe§ ©nftcmeä gelitten t)atten. ^eber Sag liatte
eine neue Soft gebrad^t unb ba§ 6efüf)t ber Unerträglid^feit ber löage öon
752 ®crf)arb, g. iö. ti. SSüraburg.
©erlitt 3U ©^ritt gefteigert. SBie ^ätk man gerabe in ben populären Äreijen
ber (Stabt aSüräburg bie burc^ ben gcftrcngen .perrn Dertovenen greitieiten ter=
geffen fotten, jumal je^t, h)o in ber ^}iä^e ber grofee <5täbte!rieg geiü'^rt lootben
war, beffen Stuägang ben ber^a^ten 3uft^iii> äu öereroigen brot)te? @. fel6ft
täujt^te [id^ über ben fritifc^en ß^arafter ber Soge nicf|t me^r. (5r jc^ritt ba^u,
jur <Rieber:^altung ber offenbaren ©ä^rung in ber ©tabt felbft eine ^toingburg
anzulegen, aber bie mi^trauifc^en ^Bürger fielen barüber l^er unb jerftörten bie
bereits fertigen ©runbmauern. Unb hodt) ging ber i5fürftbifcf)or auf ber Salin
feines brütfenben ©tiftemS unerbittlicl) üortoärtS. ^m S. 1396 lie^ er fic^ öom
^$apfte Sonijaä IX. eine neue ©teuer oui bie Stiitggeiftlidjfeit üertoittigen; aber
ein allgemeiner 5prote[t erfolgte, ben er mit ber SSerbannung be§ S)ombecan§, alä
beS i^üt)rer§ ber Dppofition au§ ber ©tabt beantroortete. ^n bemfelben ^di)xt
(2. 9Jtai) gett)äl)rte i^m äöcnjel eine au^erorbentlicl)e Sefteuerung jebeS ^aujeS
ober .!pofe§, öon altem in ben ''JJtü^^len gemal^lenen betreibe unb Don jcbem r^a^
2Bein tuxä) ba§ ganje Sanb, Unb fc^on ba§ ^a^x barauf lie^ er fiel) öon
bemfelben SBenjel für einen neuen unb in ber Z^at l^o^en 3oll auf alten Söein
unb alles betreibe, ba§ auS bem ©tifte ausgeführt tourbe, bie (ärmäd^tigung
ertl^eilen, eine ßaft, bie jeben in gleid)em ^]Jla|e traf unb als eine f(^lecl)tl)in un=
erträglid)e Sergeroaltigung angefe^en mürbe. 3}on ber Kapitale öcrbreitete fic^
bie ©ä'^rung auf baS flache Sanb, üorab in bie Sanbftäbte beS Jpod)ftifteS, bie
unter bem ©l)ftcme ®erl)arbS it)reS X^eilS nic£)t weniger gelitten l)atten. 2)er
©ebanfe eineS gemeinfamen äöiberftanbeS üerbanb fid) mit bem \\ä)ex fd)on
längft ermogenen ^lanc ber ©elbftplfe. fiodi) üor ^4^fing[ten beS S. 1397
f(^loffcn elf ©täbte beS .s^oc^ftiftS mit ber (Kapitale einen 33unb , beffen näclifte
IDta^regel eine gütlid)e Unter^anblung mit ®. mar, um iljn ^u einer freitoittigen
^^erabftimmung feiner l|ol)en ^^orberungen, betreffenb ben neuen aBeinjoll, ^u be=
megen. S)er autofratifd)e unb gelbbebürftige gi'a'ft letinte aber unevbittlid^ febe
©rmä^igung ab, unb ba bie Delegirten ber SSunbeSftäbte i^ren feften ©ntfd^lu^
entgegenl)ielten , fid^ fener Sefteuerung ju entjie^en , fprad) er ftel)enben guBeS
ben 33ann über bie Sßiberfpenftigen auS, maS beiberfeitS mit einer ^riegSer!lä=
rung gleid)bebeutenb mar. 9tun maren bie Singe an bem ^4>unfte angelangt,
mo nur meljr bie ©eroalt entfd^eiben fonnte. 2)ie empörte ^auptftabt, in ber
bie rabifalen, jünftigen (Jtemente nun obenauf famen, antroortete fofort mit
einem 3lufftanb, bie «perrfdliaft in ber ©tabt fiel i^r mie öon felbft ju, bie S5efte
^]3larienberg tonnte freilid) nur mit ©eroalt genommen roerben, roaS tro^ ber
bie ganje S)auer beS SlufftaubeS über fortgefe^tcn 33elagerung nid^t gelungen ift.
S>agegen l)atten bie üerbünbeten Sanbftäbte baS ißeifpiel ber ^^auptftabt mit ber
^ünbigung bcS ®el)orfamS nad^geat)mt. ®. l§atte gleich beim ^^uSbrudie beS
3lufftanbeS ben 'JJlarienbcrg in ber 5lbfid^t öerlaffen, bie '^Jtitkl in Seroegung
3U fe^en, benfelben nieberjuroerfen. @r l^atte ju biefem 3roecfe bie Unterftü^ung
feines <g)aufeS unb beS l}od^ftiftifd|en SlbelS angerufen. Snbe^ l^at er offenbar
öorlüufig eine auSreict)enbe ^lilaäit nii^t aufgebracht, fc^on roeil eS il§m an bem
nervus rerum mangelte. 3)er abgefallenen Sapitale toar, roie fe^r man fie aud^
bcläftigte, bei ber Ueberlegen^eit ber 2}ert^eibigungSfunft in jener 3eit nid)t fo
leidet beiäufommen, unb felbft bie Sanbftäbte l^aben ungeroö^nlicl) lange 3^^^
2Biberftanb geleiftet. Slber immerl)in, ber ©täbtebunb mar unb blieb auf fid^
attein angeroiefen unb nadl)l)altigen Sßeiftanb "^atte er faum öon irgenb einer
©eite l)er 3U erroarten. S)ie fd^mäbifc^en unb fränfif(^en 9f£eidl)Sftäbte roaren
feit ber legten fd^roeren 9Ueberlage ju tief entmutt)igt, alS ha^ fie je^t p einem
fü^^nen ©ntfd^lu^ fic^ ^tten aufraffen mögen, ^n biefer SJerlegen'^eit unb um nic^t
bloS einem brot)enben ^ilngriff ju begegnen, fonbern ^ugleidfi baS fürftlidl)e ^od^
ein für alle ^at abjufdliütteln unb fi^ eine neue 3u^unft äu begrünben, faxten
öJer^Qtb, fj. 35. tj. STOürabutg. 753
bie autflänbij(f)en Stäbtc, Sßürjbiirg üoian, ben ^^Jlan, \\d) an Äönig äöenael
p tDcnben. Sie orbneten in ber lf)at Sofort eine OJefanbtfd^aft an i^n ai, bie
il^m bie ^age ber 2)in_ge fd)ilbctn unb bie SBitte Dottragen joUte , fie unter bie
©tobte bes $Rcic^e& aufjune^men. 2;afe gcrabc SBenjet eg geroejen war, ber Tvj.
ben öer{)a|tcn Söeinjoll öctroiHigt f)atte, machte fie in bicjem beginnen nic^t
im minbeftcn irre. 5)cr gefaxte ©ebanfc, ber, tticnu er firf) öermirftic^cn Iic|,
unief)lbar ba§ ,^o(i)ftift fprcngen mufete, rvax boc^ nid^t fo abenteuerlich, als er
fül)n unb überra^enb toar. 6§ (ag ettoal ber ^^rt bamats in ber Suft.
Äönig äBenjel ^atte firf) jeit bem ßgerer £'anb|i-ieben, beffen erloartcte 2öirfungen
attju langfam eintraten, in gefteigerter 93er[timmung immer me^r au? fein Grb=
lanb Sötjmen jurücfgejogen unb bas 9teic^ ftc^ iclbft übertafjen. 5Bei ben
3leid^siür[ten f)atte er öoüenbö allee Vertrauen öertoren; fie Ratten fic^ bereite
mit ber 3Ibfi(^t befreunbet, ftrf) burd^ eine ^Jlcumaf)! feiner ^n entfebigen; ba^
feine (5d)ulb auc^ bie i^re toar, geftanben fie tüo^l ober übel nic^t ,^u. 9luci)
ba§ 33er{)ältni| (VÜrftbif(i)OT ©erwarb's ju i^m ^atte gelitten; ft. ^atte fic^ in
feiner (Stellung pm Äönige öon 3toeibeutigfeitcn nidjt frei ermatten. 2Iti bie erwähnte
@efanbtf(f)aft aul gi^^nfen in ^iprag anlangte, rüftetc Sßenjel eben ju einer f^ai^xt
in§ Ueiä) , t)auptfäd§ti(i) auc^, um ben planen feiner ©egner juüor.^ufommen.
S;ie (Stimmung, in ber i^n bie ©efanbten trafen, toar fo bie ermünfcf)tefte für
fie; ber .^önig mar über bie f^ürften tief erbittert unb e» fonntc if)n nur reiben,
benfelben ein 'iJJlat ju geigen, mo i'^re (Sc^mäd^c liege unb roie gut er fie fenne.
©0 fanb bie @efanbtf(^aft bie freunb(i(^fte 9lufno^me; SBenjet genehmigte im
allgemeinen i^r (SJefuc^ , orbnete in ber ^erfon feine§ i^^iebtingä 23orjmoi üon
Stüinar fofort einen ©tettdertreter nac^ SBür^burg ah unb ocrfprac^, mit näd^flem
felbft fommen ju mollen. Unb bann in Mrnbcrg angefommen, ftelltr er jene
Urfunbe aus, bie fc£)einbar in befter goi-'tn i>cn öerbünbeten ©tobten bes ^odj^
ftift§ SBür^burg bie 9leic^§frei^eit mit allen iRecf)ten unb ^flic^ten 5ufid)erte
(13. Cctober 1397). 2)iefe Urfunbe enthält in i^ren 'DJiotiüen eine bünbige
unb fd^arfe .^ritif be§ potitifd^en unb ftaat§tDirt^fdf)aftIic^en ©t)ftem§ be§ 5ürft=
bifdf)of§ @). , referbirt if)m aber am ©d^tuffe alle 3^ecf)te, bie er üon 3I(ter§ ^er
an ben gebad£)ten aufftänbifd^en ©tobten ^abe, eine Gtaufel, bur(^ toetd^e ]iä)
äöen^el offenbar ben eüentuellen OtücE^ug bccEen mollte. Stnfangl ^'loocmber fam
ber Äönig bann fetbft nad^ äöür^burg , bae im greubentaumel über bie er=
rungene 9ftei(i)§frcil)eit fd^toelgte, unb fe^te nad^ einem 5lufent^att öon mehreren
Xagen bie Steife nad§ ^rr^nf'urt fort, tool^in er einen 9teid^§tag angefagt ^atte.
6ier fteÜtc fid£) aud^ ®. ein, um feine ©acf)c menn nic^t bei bem Könige, fo
boct) bei ben Ofüi'ften ju betreiben, bie am Snbe bod§ ba§ le^te 2Sort ju fpred^en
l^atten. 6r felber mit feinem 5tnf)ange mar offenbar öorläufig nicf)t im ©tanbe,
be§ 3lufftanbe§ ^err ju ttterben unb bie tapfer öert^eibigte Kapitale ^u ne'^men.
6in nid^t ]u unterfd^ä^enber ßrfotg mar il^m aüerbingS bereits zugefallen; ta'i
SBür^burger Somcapitet, offenbar über bie JfiJirfungen feiner Cppofition erfd£)rcrft,
'^atte feine (Geneigtheit ju erfennen gegeben, fi(^ mit bem gürftbifc^of p öer=
ftänbigen. Unb in ber i^at erreichte ®. ^ier in [yranffurt roenigftenS fo oiel,
ha^ ^enjel (31. Januar 1398) einen ©pruc^ ertiefe, in metdtiem er bie ^u=
fid)erungen Don 'Jlürnberg jraar nicf)t gcrabcju miberrief , aber boc^ in einem
augenfällig gebämpften Jone bie freiüdt) unläugbaren 9lecf)te 6erl)arb's fo ftarf
betonte, bafe ein l^oficr @rab üon Säufd^ung baju gef)örte, ^u mahnen, bofe er,
gebrängt wie er mar, f(^liefeüdö nid^t nod) weiter jurüdfraeid^en roerbe- QnU
fd^cibenbes ift aber nad^ wie öor nid^t§ gefc^e^en. 2)ie ©tabt SBürjburg, bie
Äönig SBenjel @nbe ^uni 139>; auf ber Oiürfreife roieber berührte, behauptete
fid^ nad^ wie Dor, unb fo Perüef baS ^al^x o^ne bemertensroerttic i^orgängc im
«Ilgein. btut^äft aBtoatoj)J)ie. VIH. 48
754 ®ert)otb, fj. S. D. 2Büt3burg.
Gebiete be§ 5lufftanbe§. S)te ©tettung be§ ^önig§ bagegen in jeinen ©rfttanben
wie im 9teic§e lüurbe äufe^enbä fc^toieriger ; ^c^on fprad) mau bon feiner (Jnt=
tt)ronung jiemlii^ laut. Unter biejeu Umftäub^n, öou ben Äurfürften öeftürmt
unb bebrol)t, entfc^lo| er fid), bie |räufif(i)en SSunbegftäbte fallen ju taffen unb
fpracf) er fid^ lüenigften§ ti)atfäd)lid§ für ^. au§. ©o erlief er (am 17. ^fanuar
1399) ju feinem t5fi-'cin!furter <Bpxnä) bie Läuterung öou ^ßrag, in Wcld^er bie
abgefatteueu ©tobte angetoiefen lüurbeu , i^reu 35unb aufäulöfen unb il)rem
dürften neu ^u !§ulbigen. 3"Ö^c^'^ erlief 2BenäeI§ ©tettdertreter Beim ©täbte=
bunb eine ©inlabung ju einer 2;agfa^ung nad) .^i^ingen, um einen gütUd)en
äJergleid) jWifctien ®. unb ben ©tobten tjerfieijufüftren. 2)ie Untertianblungen
fc^eiterten aber an ber '^artnädigen Steigerung @erf)arb'§, in bie borgefd^lagene
3lmne[tie aud^ alle bie ^uf[tänbifd)en ein^ufd^lie^en , bie fict) toä^renb ber Un=
rut)en an Seib unb @ut be§ 6leru§ öergriffen "Ratten, ^it einem 2Borte, '©•
üertangte Ergebung auf (Snabe unb Ungnabe, eine gorberung, ber fid) bie ©täbte
nid)t untermarfen. ©o ging bie Slagfa^ung ergebni^tog auSeinanber unb bie
ßöfung be§ ©treiteS war mieberum auf bie ©pi^e be§ ©c^toerteS geftettt. 6§
entfprad) ba§ am 6nbe ben innerften Steigungen be§ ^^ürften. @r raffte atle
öerfügbaren unb erreid)bareu i?räfte ^ufammen; bie ©rafen üon ©d)tt)aräBurg
unb ^enneberg ftie^en 3u it)m, ber 33urggraf üon Nürnberg unb felbft ber junge
Jper^og Subtoig (ber ©ebartete) öou S3aiern, üon bcm ©tift§abel nid^t ju reben,
füf)rte it)m SJerftärtungen äu, ber Äurfüvft üon 5}tainä fanbte <^ilfe; freiUdö
lie^ fid) alle bie gebra(^te .^ilfe me'^r ober weniger auf Soften be§ ij)0(^ftift§
bejatilen. ^ffbenfaES l§atte man in biefen Greifen eingefeT)en, ba^ bie g'Ortbauer
be§ fiegreic£)en 5(ufftanbe§ eine ©efa'fjr für aEe übrigen in fid) berge, ^m i^od^=
ftift ^Bamberg 3. 33. mar ba§ in Söürjburg gegebene Seifpiel burd)au§ ni(^t
roirfung§lo§ geblieben, ^n ber SSerfammlung 3U ^5ord)t)cim ju ^acobi 1399,
ber @. perfönlid) beiwo'^nte, fd)eiuen jWifd^cn i^m unb bem 35urggrafen ^riebrid^
bie entfd^eibenben SSerabrebungen getroffen morben ju fein, ©injelne Sunbc§=
ftäbte, bebrängt, wie fie Waren, fingen bereits im ©ommer beffelben Sal)te§ an,
i^ren g^-'i^^^ii ä^ mad)en; bie ßapitate felbft jebod), obwol feit langer 3eit eng
eingefd)toffen , unb obwol ber ^-rauenberg na(^ wie bor in ben Rauben ber
f5ürftbifd)öfti(^en geblieben War, ftanb noc^ unangetaftet ba. 'Jteben ben !rie=
gerifd)en Bewegungen waren noc^ neue Söergleid^Süer'^anblungen eingeleitet Wor=
ben, äule^t in Slürnberg unter ber ^itegibe be§ Burggrafen unb man ^offte, ba^
fie biefe§ Mal üon ©rfolg begleitet fein foltten. 3)a fiel aber ein (^reigniB üor,
ba§ aEe berartigen 33ermittelung§üerfud)e überflüffig machte. S)ie 9lufftänbifd§en
in SBürjburg, wo e§ eine Partei gab, bie aud^ je^t üon feiner Sta(^giebigteit
etwas "^ören woUte, l)atten befc^loffen, um bem einrei|enben Mangel an Seben§=
mittein ab^uljelfen, na(^ bem in ber ^id^tung gegen ©df)Weinfurt gelegenen
S)orfe Sergtl^eim, Wo bie üoEgefpidten (iJetreibemagajine be§ 2)omcapitel§ fid^
befanben, einen bewaffneten 3ug 3u unterne'^men. S)iefer ^lan würbe in ber
'Jlad^t üom 3. auf ben 4. ^fanuar 1400 mit. Wie e§ fdieint, ber gefammten
fampffä'^igen S5eüöl!erung ber ©tabt wirflidt) ausgeführt, mißlang aber üon=
ftänbig; er war offenbar bem f5üi-"Pifdf)of üerratl)cn Worben unb fo tvat ben
3lufftänbifd)en, al§ fie in Sergf^eim anlangten, eine il)nen überlegene fürftbifd^öf=
üd§e ©treitmac^t entgegen, mit ber fie nun ben i?ampf aufnelimen mußten unb
üon ber fie tro^ tapferer ©egenwe'^r üoEftänbig gefc£)lagen würben. S)a§ ift
baS treffen bei Bergf^eim, ba§ in ber @efdt)i^te ber ©tabt unb be§ ©tiftS
2BüräBurg (5pocl)e mad§t unb bem ©treite äWifdtjen @. unb feiner aufftänbifd^en
(Kapitale ein plö|lidf)e§ unb unerwartetes S^ei fe^te. Bon ber fyortfe^ung beS
SBiberftanbeS fonnte feine 9tebe mel)r fein; aud£| bie Unterl^anblungen in 5)lürn=
berg waren überflüffig, ba baS ©d£)Wert unb bie Gewalt bie ßntfc^eibung üor=
&ni)axb, 5. 9?. d. SBüraburg. 755
tDeggenommen Ratten. e§ iDurbe ^max jtoifi^en ber dapiiait unb ifirrm ficQ-
m^en .perrn nacfiträgticf) eine ^^trt öon 3}erg(eic^ gefc^Ioffen, ber aber an ben
plgen itjrer Üheberlagc unb ber unbebingteu Ergebung nicfits ünberte 6.
ber »a^i-enb be§ entfc^eibenben ibrgange bei »ergtf)eint leibenb in feinem naben
^agbldjlone 233ernecf barniebergelegen roax, ^atte inj^ifc^en feine iieben^frart
totebergeTunben unb J)ielt nun feinen ßinjug in bic befiegte unb toie öeröbete
fetabt, bie jum au^erften gefc^ritten mx unb nun baö äußerfte über fi* er=
ge^en taffen mußte. 3In bar6arif(^cn grecutionen an ben ^ü^rern bee ?1ut--
It^onbes, bereu man noc^ f)ab§aft geworben roar, ^at es mcf)t gefehlt i^on
e^onung war überhaupt feine Ütebe ; bie ©tobt unb %e Sßerbünbeten mußten
Sc^abenerfa^ im weiteften Sinne teiften unb e§ würbe nac^ allen Dtic^tungen
eine ]o grunbhd^e 9te[tauration burc^gefü^rt, wie fie nac^ fotc^en Vorgängen ba=
mal» unb fpater an ber lagegorbnung War unb wie fie ber ©innesweife eine^
10 unbarm^erstgen ^errn unb ber jeljt reumüt^ig fjinter i^m fte^enben ^oI)en
ülerilei wo^t ober übet gemäß war. 93on Äönig SBenael War bei biefer Äata=
[tropI)e ferne Diebe me^r; t^atfäd^üc^ war er ja bereits üoaftänbig bei Seite ge--
fd^oben unb no(^ tn bemfelben 3a§re fprad^ bie me^x^^l ber Äurfürften bic
^tbfe^ung über t^n au§. @. fetbft f)at ben Iriump^ über feine 3öiberfac^er
wenig me^r genoffen. Ser geführte ^ampf ^atte bie o^nebem feit langer 3eit
franfen finanjieaen Gräfte be§ .^oc^ftifts in einem ©rabe angegiiffen, baß na(^=
traghd^ außerorbentlic^e 5Jiaßregetn al§ angejetgt erf^ienen, bei Welchen ber
©elbjtonbigfett @er^arb§ üom Somcapitet, wenn auc^ in fd^onenber gorm unb
mit ^erbeijie^ung fcine§ «i-uber§, bee trafen ©untrer üon Sc^war^burg eine
Wefentüd^e 5Jtinberung auferlegt würbe. ©. l^atte übrigen§, wie ber libe'r de-
bitomm Gerhardi episcopi im SSür^burger ^reiiard^io auiweift, fd)on Dor ber
er^ebung ber ^odiftiftifd^en Stäbte eine ^um I^eil aus fe^r ftcinen 23etTägen
aufammengcfefete l^o^e @d)urbenlaft aufgefiäuft, bie erft fein Dtacfifolger mit nicf)t
geringen Stnftrengungen unb Opfern getilgt l^at- ^u ben legten öffentlichen
ginblungen ©er^arbS gehört, ba^ er (im October UOO) fic^ officieU Don
SBenjel loöfagte unb auf bie Seite bes ©cgenfijnigi 9hiprec^t üon ber ^:pfal3
öertragemäfeig übertrat. 5Iber bereite am 9. 5loOember beffelben Sa^rei ift er
geftorbm, na(^bem er über 27 ^atirc unter fo aufeerorbentlic^ fritifct)en iVr^
pltniffen brn Stul^l be§ ^. iöurfarb eingenommen ^atte. Saß unter einer,
Wenn auc^ langen, aber fo unruhigen fRegiemng bie innere dntwicfelung bee
,§od^ftiftc5 feine namhaften [yortfd^rittc mad^en fonnte, liegt auf ber -öanb.
^n aa biefen bejügliclien Singen ift wenig er^eblid^eä erhielt worben, üieles
ftillgeftanben , mand^es rücfwärt^ gegangen. eine§ niu^ aber fpeciell ^eröor=
gelioben werben: nämlidl) bie aSürjburger lleberlicferung erjä^lt, bereits ®. ^aU
ben ©ebanfen, ben fein näd^fter ^31a(^folger ausgeführt ^at, in SBür^burg eine ^o^e
Sd^uleju grünben, gefaßt unb in Slngriff genommen, unb fei nur burd^ bie
friegerifc^en ^eitlöuftf an ber S}erwirflic^ung gel^inbert worben. gine urfunb--
Iid§e ^Beftätigung biefer Ueberliefernng , bie fid) jur S^^^ n^t J^eiter als auf
3:nt:^emm§ jurürf Perfolgen läßt, ^at fid^ freilid^ bis ie^t nic^t finben wollen.
Sagegen ift I^atfad^e, ba^ @. 5U ber ^enlid^en gjlariencapeüe, einem ''öleifter=
ftücfe ber gotfjifc^en ^Baufunft, bereits in ben erften Sal)ren feiner ^errfrf)aft
ben ©runb gelegt ^at. Sein gciftlid)es Siegiraent anlangenb, bar? ju feiner
ß^arafteriftif nict)t übergangen werben, baß er einmal ben 9}ei-fu(^ gemacht l^at, an
bie weitoerbreiteten fittli^en ©ebre^en feines Ö'lcruö bie ^eilenbe ^anb 3U legen;
freiließ ^ören wir 3ugleic|, baß er, öon feiner Seite ^er unterftüfet,' bie betreffenbe
SJerorbnung wieber jurücfgejogen ^at. Sie fpater eintretenben 5)erwicfelungen
l^aben bann o^ne 3toeifel berartige aneifennen§wertbe 3lbfid;ten nid^t mcf)r auf=
fommen taffen.
4?-
756 @et^atbu§ — ©ei^atb ö. I?ctttoig.
S. t^rieS, @ef(^i(i)te ber SSijdiöfe üon äöürsBurg (bei ßubetoig, @ef(^i(i|t=
f(i)rei6er öon bem SSiSffiumb So.)- — P- Jovii Chronicon Schwarzburgicum
bei @(i)i3ttgen unb ^tet)Big, Diplomm. et SS. I. cap. 18. — <Stäbted)ronifcn,
öor aÜem S3b. I ber 5tütnb. 6f)ronifen (®cbenfbuc§ beS Ulman ©trotner). —
Regesta Bavarica, S3b. V— IX. — t). Siliencron, S)ie t)ift. S5olf§Iieber bei*
3)eutjd^en, SSb. I. @. 161 ff., öom äöürab. (Stäbtefrieg OJßarteifc^rijt). —
3lci(^§tag§acten , S3b. I., II. u. III. — äöcgele, ^fürftbifd^of @er^rb unb
ber ©täbtehieg im ^oc^ftift äöirjburg, ^lörbtingen 1861. — ^Äcten be§
aöüräb. Ärei§ai'd^iü§. aßegele.
©er^arbuö monaclms. (5in beutf(f)er giftcrcienfermönd) , 5iamen§ ®. , l^at
im 2lnfange be§ 14, ^ffl^v'^unbcrtS au§ ©diriften be§ 9le^o§ be monte 5llbano,
Sancveb unb ;3o^<inne§ be 5Deo eine ©djrift „Defensorium juris" öerfoBt, tootin
bie ©iureben unter 19 Titeln bet)anbett iüerben. 2)affetbe ift in einer Slnjal^l
bon .i^anbfd)ri|ten unb Sirurfen (einer s. 1. et a. fct)tt bei ^ain; berliner
©taat§bibl. O^r. 2836) öorl^anben. lieber bie ^erjon be§ 3Jer|affer§ unb ben
Drt, roo er lebte, lä^t ficC) nic^ty @ic^ere§ ermitteln, ba bie eingaben ber ^anb=
f(i)ri|ten abtoetdien; ficfierlid^ toar er ein S)eutfd^er. ^^rütjer f^rieb man ba§
33uc£) öielfad^ bem berül^mten (iarbinat Sfo'^anneS ^ona(f|u§ p, ber toeber
Wörvi}, nod) Siftercienfer toar, Jonbern 2e 5Jlot)ne f)ie^, latinifirt Monaäju^.
35gl. meine @efct). b. Quellen u. Sitter. be§ can. 9ted^t§, II. 314 ff.,
tt)D bie ©(^riften öon ©tin^ing u. 3t. angefütirt finb. ÜJluf^er, ^ux ®efd^.
ber gie^tsmiff., ©. 174 ff. ö. ©d)uUe.
®crl(|flrb öon utile, aud) öon Äettn)ig genannt, Sombaumeifter, 1247
bi§ gegen 6nbe bc§ 13. ^al)rl)unbert§.- (5§ löirb nid^t barau ge^toeifelt mcrben
fönnen, ba^ (^. ber gro^e ^Jteifter getoefen ift, in beffen ,^o^3f ber ^lan 3U bem
SBunberbau be§ Kölner S)ome§ entftanben. S)a^ 9llbertu§ 5Jlagnu§ ber Urheber
beg !plane§ gewefen , toirb mol niemanb , ber auä) nur eine ^l'^nung bon ber
Summe umfaffenber tec£)nifct)er S)etailfenntniffe l)at, welche ber ^cifter me§
3Berfe§, wie ber i^ölner S)om, befeffen l)aben mu^, im @rnfte bet)aut)ten motten.
2öie "^od^ anä) immer bie ©enialitöt be§ @eifte§, fowie tik Uniöerfalitöt be§
3Siffen§ in 3llbertu§ ^JlagnuS getoefen ift, fo fel)lt e§ bod) an jebem '3tacl)mei§,
ta% er bie tet^nift^en unb fünftlerifi^en ^enntniffe befeffen l)obe, toelrfie bem ©diöpfer
be§ Kölner S)omplane§ in ganj befonberem ^a|t geläufig fein mußten. Um
fo tüeniger !ann man fi(^ für bie Slnna'öme, ba^ ber 5pian jum S)om bem 911=
bertuS 3U öerbanlen fei, erflären, menn man bebenft, ba| biefer gro^e S)omini=
faner gerabe in ber 3eit, in toeldier ber fragliche ^^lan enttüorfen töurbe, fid^
nicl)t in ^öln befanb, fonbern in ^ari§ ttjeologifd^e SSorlefungen l)ielt. 3!)leifter
(5). l)atte ol)ne 3tocifel fcf)on Semeife feiner l)ol)en 33efät)igung gegeben, al§ il^m
1247 üom ©r^bifc^of donrab unb bem S)omcapitel ber 9luftrag tourbe, ben
(Entwurf aum 91eubau einer prac^töoüen S)om!ird)e au§5uarbeiten. S)ie ©diritte,
toelct)e 5ur 25ef(f)affung ber nötl)igen ißaumittel öon ©eiten be§ 6a:|}itel§ getl)an
ttjurben, werben nur in Stücffic^t auf einen öollftänbig auggeorbeiteten Sauptan
für ba§ gauje projectirte Söer! gefd^e'^en fein. 5Jtan toirb ni(i)t annel^men
fönnen, ha% bie SSaul^erreu, meiere fic^ jur ©rrid^tung einer gauj neuen S)om=
fird^e entfd£)loffen l^atten, öorläufig nur bie 3lnfertigung eine§ 5ptane§ für ba§
^o^e 6^or aÜein foEten in 2luftrag gegeben liaben. S)arum glaube id^ be=
l)au|jten ju bürfen, ba^ 5Reifter ®. bie 3ei^tt"ttSf^ iür ben ganzen ®om fcf)on
im ßaufe be§ ^. 1247 enttoorfen l§at. 3iöar ift e§ rid^tig, ba^ ber ^lon
3U Sangbau unb QuerfdCiiff, toie unfer 3?al)rVnbert i^n in unöoEenbeter go'^i"
öorfanb, nid^t im @eifte ber SSaufunft be§ 13. ^a'^rliunbertä enttoorfen ift, fon=
bern öielfad) öon ben beim ßl^orbau 3ur 9lu§fül)vung gebrachten ©runbfäien ber
franäöfifc^en ©c^ule abtoeid^t. S)er @runb für biefe Sliatfad^e fann nur barin
©erwarb to. Äettlüig. 757
gefudfit toerben, ba| bie eigentüd§e 3Iulfüt)rung be§ urfprüngticf)en ^^^lanes nur
ftürfroeife öorging unb bev '^stan ju Sang= unb ©eitenfd^iff , beuor biefctben in
Eingriff genommen ttjurben, nad& ben im 14. unb 15. 3(a^vf)unbett ^u ©eltung
getommenen S5au|)i-incipten umgednbevt ttiurbe. (fin glücf liebes b'ompeÜe Tür bie
raf(i)e i^nangriffna^me be§ 9teubaue§ roax ber 33ranb be§ alten 5Dome§ im ^.
1248, ''Jtur longjam fdjritt ber 35au be§ juerft in Stngriff genommenen Cv^ore§
fort. ßoUectengelber, Oprer, 3in|en, 33ermäd^tnijfe, bie ©infünfte juäpenbirter
5Beneficien, öerjeffene ^Jröfenjgelber boten ben ^roöiforen ber Saufaffe bie ?Hittc(,
bie ungcl^euren Soften be§ großartigen 58aue§ .^u beftreiten. 5Bon großer 53e=
beutung für ben glüdflic^en fyoi-'tsang be§ gemaltigen Unternct)men§ mar bie ein=
bringtic£)e ©praci)e, mit toeldjer '4^apft ^fnnocenj lY. 1248 fid^ ber 2;ombauia(f)e
annal^m. ^m Sauj ber erj'ten neun Sfa^re gebie^ ber 33au fomeit, baß ta'^
S)omcapiteI fid) bettjogen feigen fonnte, bem Sombaumeifter &. fic^ |ür jein tü(i)=
tige§ ©djaffen erfenntlid^ ju ermeijen. ^m ^. 1257 überließ e§ bemfelben
megen ber SSerbienfte, bie er fid^ um ben 23au ber .^ird^e erroorben, Pon feinem
an ber Xrunfgaffc gelegenen SBeinbergc einen großen S3aupla^ unter äußerft
Portl^eill^aften Sebingungen. (B. en-ic£)tete auf biefem ipla^e ein großes ftei=
nere§ ^au%. S)iefe§ ^au§ fiel nad) @erf)arb5 2obe an feine Pier -ßinber,
tt)eld)e fämmtlic^ bem geiftlid)en Staube ange'^örten. 5^iefc Perfügten 1302
über bie il^nen juftelicnben 3lntl§eile be§ il^nen nad) bem 2;obe i^rer (Sltern ju^
gefallenen ^aufe§ ju fünften fird)lid)er ^nftitute. Ob ^eifter &. anä) ber
^aumeifter ber 2lbteifird)e ^u Miltenberg, in meldier bei aller @infa(^l)eit ein
treue§ 2lbbilb be§ Kölner SlomcS erfannt merben muß, getoefen, ift bi§ je^t nod) nid)t
erroiefen. ©id^er ift aber, fia^ er, ber im ©labbaclier ^efrologium magister
Gerhardus lapicida de summo genannt ttjirb, beim S8au beS (Jl)ore§ biefer (5tift§=
!ird)e tl^ätig gemefen ift. Db ®. Pon Utile unb ber „SBerfmeifter ©erart Panme
S)o^me", ber in einer „alden tzedulen" al§ @igentl)ümer eine§ @rbe§ bei (St. ^Itarien-^
©arten genannt mirb unb ba§ 9}erfelen=6onPent mit einer ütente öon fiebcn
Sd)illing bebac^te, ibcntifd) finb , fann' nidl)t feftgcfteHt merben. ^Uleifter @.
führte ben 5flamen @. Pon utile, meil fein 33ater (Sotfc^alf Pon ber unterlialb
©t. Kunibert gelegenen ^errlidf)!eit 9tile nac^ ^öln eingemanbert toar. Jpier
-^atte er in ber 5lä^e ber 5!JlarceEu§ = 6apelle ben ^0'] ^ettmig erroorben. 5öon
biefem <^ofe Tül^rte er foPjol toie fein So'^n ©er'^arb neben bem Flamen „Pon
Stile" aud) ben „oon Äettmig". ®. baute, ef)e er äum Sombaumeifter berufen
lourbe, ein in ber i^o'^annigftraße, bem (Sebür'^aufe Pon ^tiebctic^ gegenüber ge=
legene§ Jpau§; im ©dlireine '^eißt baffelbe „doraus, quam edificavit magister
Gerardus-de Rile". &. mar in bem ^al^re, in meld)em er ben S)ombau be=
gann, mit einer getoiffen ©ertrub Perlobt. S)a§ SJerlöbniß rouibe aber aufge=
loben unb ber ^Bräutigam er!§ielt bie ^rautgefd)en!e jurüd (1248). SSalb nad)=
l^er ]§eivotl)ete er bie ©uba, eine ©d)mefter be§ ^ellermcifter§ bt» Siombed^anten.
^aä) ©. liatte am ßnbe be§ 13. Sal)r^unbert§ ^3teifter Mlrnolb bie Seitung be§
S;ombaue§. 'iJlad) feinem iobe trat beffen ©ol)n ^Jteifter ^oliann ein, metdier
im ^. 1330 ftarb. 'ilaä) :So:^ann befleibete jmei ^al^re lang ein getoiffer ^Itutger
bie ©teile eine§ S)ombaumeifter§. (5§ fd^eint, baß er ber S^ombaumeifter mar,
meld)em im S. 1332 Slrnolb Pon 3BePelin!^oPcn ha^ ^aul be§ ^-lacfo, gelegen
auf ber ©tabtmauer, l^inter bem au? ber @de 5ettenl^ennen=3?urgmauer gelegenen
^üufe iSfenburg, al§ Mlmt§mo'§nung anroie§. 9tutger'§ "^ladifolger war ber
©teinme^e 5)lid)ael; im 3^. 1364 mirb er aufgefül^rt ol§ „'l^tid^ael lapicida
magister operis ecclesiae Coloniensis" ; in biefem Sal)r erfcl)eint er fd^on al§
Spater einer Xodliter ßifa, meldte Pon ber ©tabt eine ©rbrente Pon 20 @olb=
gülben tauft; 1387 {)eißt er ..magister Michael lapicida ecclesiae Coloniensis
opifex'^ 2tn ber betreffenben Urfunbc ift bie 9tebe Pon ^id^ael^ Jod)ter S)rut»
758 ©ctfjQtb ö. ©tetetbutg.
gini§, Wetcfie fic^ im 33efi^ eine§ ftabt!ölnif(f)en 9(ient£)riefe§ ubn 20 @olbgulben
unb be§ .f)auje§ jur ©locEe befanb unb in SSrünn an ben .,magister Henricus
de Gemunden lai^cida et familiaris illustris principis marchionis Moraviae"
öeriieirat^et tcar. Unätoeifelfiaft ift biefe§ beufelbe magister Michael fabricae
ecclesiae Colonieiisis, ber im ^. 1368 al§ @igentt)ümei; be§ §aufe§ äum ßranen
in ber „engen ©äffe" erfc^eint. ^n einem 3tctenftücE, buvc^ tüetc^e§ 1398
„Sürgermeiftei;, 9tatt) unb 33ürger ber Stabt ^öln" üor ba§ faiferlici)e §oi=
geri(i)t ju 9iotttt)eit gelaben toetben, erjd)eint unter ben Söorgefabenen „3lnbre§
^JJleifter im Xum" ; e§ ift bieje§ ^])^eifter 2lnbrea§ öon ©öerbingen, ber nod^ 1412
a{§ „2öerliü!§rer in bem S)ot)me jo ßoelne" erfdieint. '^laä) if)m finben toir
^^3^eifter ^icotauS öon SSüien al§ Somftaumeifter. @r tuar ber D^eim be§
©tabtfteinme^en 9tico(au§ öon 33üren unb ermarb 1424 ba§ Sürgerred^t. 3fn
ben steten be§ Slmtäleutegexid^tS ber % 1433 unb 1436 erf^eint „M^eit aU
uxor magistri fabricae ymme doem be§ 5Jlei[ter§ in summo"'. i^n bem für bie
©teinme^en unb 3"J^nterteute au§gefteltten 3unftbriefe öon 1443 finbet fid) bie
SSeftimmung, „bafe bie Se'^rgefelien am doyme ju i'^rem ^ngange, toenn fte an
ba§ 9lmt fommen, bem S)omtt)erfmeifter 6tai§ einen r'^ein. ©iilben ja'^len fotten".
Söon attcn anbern ©teinme^en fonnte ba§ ?lmt nur mit ätoei ©ulben gewonnen
werben. 'Raäj 'iUleifter ^icla§ öon SBürcn, ber 1446 ftarb, er'^ielt ber @e=
matjl feiner ^Jlid^te Sopl^ie, ^eifter Sonrab Äut)n, bie Seitung be§ S)om!6aue§.
35on biefem wirb angegeben, „ba^ er anfctinlidie Silber in ©tein ge'^auen unb
biefetben fowol inner'^atb Wie au^er'^alb ber S)omfir(f)c aufgerichtet f)abe" ; er
ftarb im ^. 146*J. 2)cm ^eifter Äut)n war auf ber Sagfa^ung ju gtegen§=
bürg ba§ Dbermeifterf^um für bie Steinmeprüberfdiait in bem ©ebiete öon
"llicberbeutfd^lanb jugeftanben Werben. ?tuf biefem Cbermeifterf^um beruf)te e§,
ba| burct) einen ©d)ieb§fpruc^ in 8treitfad)en .^wifdien ben ©teinme^en unb ^a=
lern 1491 bem „S)ot)mmeifter" ein gewi(f)tige§ SBort eingeräumt Würbe, ^fo'^ann
öon f^ranfenberg f(^eint bamat§ 2)ombaumcifter gewefen 3U fein.
SBoifferee, ©efdjjid^te be§ SsomeS. — ßnnen, S;er 5Dom ju Ä5ln. —
^erto , 9tatf)ri(i)ten öon bem i^eben unb ben SQßerfen fötnifc^er ^ünftler. —
•.^anbfc^riftUrf)c§. 2. ßnncn.
(^icr^arb, öon 1164 bil 1209 ^:probft be§ 3Jungfrauenftift§ ©teterburg,
weftüc^ öon SBoIfenbüttel, war ein 9?erwanbtcr be§ gleichnamigen 5Probfte§ öon
S^lidienberg bei (V)0§lar, Weldier aud^ ©teterburg naä) tiefem 33erfatt ju neuer
35lütf)e gebradit ^atte. 9ia(f) @erf)arb§ I. 2ob 1150 waren wieber fd)le(|tc
3eiten eingetreten; am 21. Secember 1163 würbe (SJ. IL erwäl)lt unb im
Januar 1164 öom SSifc^of öon .^ilbeS'^eim eingefe^t. @r war öon feinem
fiebentcn ^a^r an öon ©erwarb I. erlogen unb l^atte feine 2;ü(i)tig!eit nac^
beffen Sob fünf ^a'^re lang al§ ^ellermeifter öon 9iicf)enbcrg beWäl)rt. ^n
©teterburg fteÖte er bie ©ebäube ^ex, fül)rtc bie bort au^er Hebung gefommene
35erfct)leierung ber 9lonnen ein , erbaute eine neue ©tift§fir(i)e unb Wu^te in
mufterl^after aSeife bie ©tiftSgüter ju meieren unb gegen Uebergriffe ju fci)ü^en.
©d^weren ©cfiaben erlitt ba§ ©tift nad^ bem 5^'ieben öon 3}enebig burd^ ben
^rieg gegen ;^einrid^ ben 2'öXDen unb gleid^e 33ebrängniffe wieber'^olten fid£) 1190
unb 1191. @. gel^orte wal)rf(^einli(^ 3U ber ®efanbtfct)aft, Welche -JpeinridC) ber
\^öwe 1191 an ^einrici) VI. abfanbte, unb war 1194 ber Sermittler be§ enb=
lid^en ^^riebenS. lieber aUc biefe 33orgänge finb 9lufäeicf)nungen öorl)anbyi,
welche öon i'^m f^eilS öerja^t, t^eil§ öeranta^t finb, unb fid^ mit 9lbfd§riften
öon Urlunben unb 5lu§äügen au^ 3lnnaten öermifdE)t in einem ßopialbud^ be§
©tift§ au§ bem 14. ^a'^rtjunbert befinben. 3lu§fül)rlic^ faft nur über bie ®üter=
gefdl)i(^te be§ ©tift§ , geben fie bod£) au(^ über bie ©cl)ic£jale ^einrid^S be§
Söwen naii) 1177 nid^t unwichtige 'Dlac^riditen, beren einfeitig welftfd^e 2luffaffung
©erl^atb ti. 3ötp^en — @ert)Qtb. 759
mit anbeten Seridjten ^ujammen ju fialten unb burc^ biefelben ju betic^tigen
i[t. SSorpgtic^ leB^ait unb anjd^autict) finb bie 2)ran9fQte gcf(i)ilbcrt , meldte
bie faiferlid)en Äricgsf)eere über ba§ Öanb bracfiten. ®. ftatb erft am 21. (5ep=
tembei- 1209, aber bie SluijeicEinungen gef)en nur bi§ jum 2;ob bc§ -^er^ogg am
6. 5tuguft 1195. 3laii) ixül^eren ]e1)x mangeltiaften ^ittl^eilungen tnxd) ^ei=
bom unb Öeibnij f)at @. ^. ^er^ naä) 3tuifinbung ber ^anbjd^riit eine 2Iu§=
gäbe gegeben unter bem 2;itel ., Annales Stederburgenses auctoie tierhardo
CSlon. Germ. SS. XYI, 197 — 231)". Ueberfefeung öon ß. Söinfetmann, 1866.
m. SSattenbadg.
©erwarb oon 3ütp^en, eines ber erften unb borjügti^ften 5Jlitglieber
ber öon ©erwarb ©rote ju £eöenier errid^teten Öenoffenfäiait üon Älerifem,
mar ^Profeffor ber 2:t)eologie ju ßö(n unb ftarb bafelbft am 4. 5£)ecbr. 1398 im
3IIter öon 31 ^a^ren. @r l)intcr(ie^ jWei geiftreid)e a§cetifd)e Sd^riiten: „De
relormatione iuteriori seu vinum animae" unb r^e triplicilus ascensionibus
et desceusibus spiritualibus", Ed. Coloniae 1589 in 4". Biblioth. patrum
Paris. 1654 t. Y. Colon. 1618 t. XIV. Lugdun. 1677 t. XXVI. 2ritf)emiue
fc^reibt i^m jerner „Quaestiones seutentiarum notabiles" unb „Quaestiones quod-
libetariae" ju, fo wie Sermones Hb. I. ,6. .ß'ettner.
©erwarb: 2lnbrea§ ©., geb. 29. ©eptbr. 1580 in ^labenburg (nad^ ber
Geneal. Gerhard.: Otobefurt) bei Cuebliburg , f ben 17. (Btptbx. 1623 al§
Äauäter ju 5lrnftabt. ©ein 93ater toar S5artf)o(omäu§ @. , fein trüber ber
befonberi burc^ feine loci theologici berühmte ^enenfer X^eotog ^o^ann
@- — 2tnbrea§ 6. er'^ielt nac^ tjoEenbeten Stubien bie juriftifcf)e 2)octortt)ürbe
in ^cna. 22ir finben if)n fobann als 33eifi^er be§ Scipjiger, al§ £rbinatiu6 bee
ßoburger ©d^öppenftu'^li , aU 3Beimarifd)en ^ofratf) unb 1616 a(§ foldien in
Üiubolftabt bei bem ©rafen üaxi @üntf)er, ton mo au§ er als ^anjlcr nad^
3(rnftabt berufen mürbe, ^n biefer ©tellung mirfte er bil an feinen 2ob. |)ier
f)at er fid) neben feiner amtlit^en 2:t)äti9fcit burrf) mo{)Ü^ätige ©tiftungen um
bie Slrnftöbter ©^ule fe^r öerbient gemadit. '^tu^er ben öon xijin öerfa^ten
juriftifc^en ©d^riften , meift Siffertationen unb S;i§putationen , metd^e man in
•^effe'e 3}er3eic|ni^ f(^mar3burgifdf)cr @elcf)rten au§ bem ^lustanbe, 3. ©t.
1833, ©d^ul^rogramm, Derseidinet finbet, foE er nac^ Apellbadf) (©efd^i^te ber
grauenfirdie ju 2lrnftabt, ©. VI f.) in feinen ^Jtanufcripten merfmürbige 91ad)=
ricfiten öon 2(rnftäbtifcf)en ^töftern l^interlaffen l^aben. .'L'eiber fonnten biefe nod)
nid)t toieber aufgefunben merbcn. lieber i^n finb au^er bem 2Ingefüi)rten nod^
ju öergleicficn : ^öc^er; 2reiber"§ ©d^ulprogramm öon 1695, ^Irnftabt; Sreiber'ö
fd^toarjburgifd^e Genealogie unb (Si^orograp^ie , ©. 81; 9tobft, 2eben bee
©uperint: Sappe, ©. 68, 171; 9UcoIai'g ^nfdji-iiten ju 2Irnftabt. VI. ©ammt.
3trnftabt 1825. Stnemülter.
©erwarb: S)aöib ©ottfrieb @., Dberconfiftorialrat^ unb ^nfpector ber
3Sreglaucr .^irdE)cn unb ©c^ulen, geb. 1734, ben 9. 2)lai in |)errntauerfi^ bei
3Bot)(au, mo fein 3}ater -^pfarrer mar , t am 29. Qtuguft 1809, fanb frül^ öer=
maift in bem 9tatf)ll)errn SSaltagott in 33ree(au einen 2öof)Itl)äter, beffen Jpülfe
i^m ba§ ©tubiren ermöglichte. Söo^I öorbcreitet be^og er 1754 bie Uniöerfität
ÖaHe, öon tveidjtx 3urüc£gefet)rt er in i^oia^c feiner glänjenb beftanbcnen '^*rü=
fung 1759 jum i1tittag§prebiger bei ©t. JrinitatiS in 33re§Iau beftellt mürbe.
9115 beliebter ^vrebigcr rücfte er rafd^ in bie ^ö'^eren ©teilen unb al§ 1778 ha^
*4?aftorat bei ©t. ©lifabetf) fid) erlebigte, berief il)n ber 9tat^ mit Ueberge^ung
ber ^}^ädE)ftbere(i)tigten an bie ©pi^e ber 33re§lauer ©eiftlid^feit ; unmittelbar bar=
auf erfolgte feine (Ernennung jum töniglid^en Cberconfiftorialrat^. 9tl5 foldfier
^at er fi^ burdl) @inridf)tung eines befonberen, längft beabftd£)tigten ©dE)ull)alter=
feminars 1780 um ha^ fd)leftfdl)e 2>olfgfd^ulmefen ein nid^t ju unterfd^ät;enbe§
Sßerbienft crtöorbcn. Sie in bemfelben ^di)xe öon 3?erlin au§ öerorbnetc 6in=
760 ®etf)atb.
lii^vung be§ neuen SSerttnijd^en @ejangl6u(^e§ in bie 55re§Iauer ^ii"d)en fdficttctte
an bem gemeinjamen SBiberftanbe bcr ®eiftltd)cn unb hex ÖJemeinben , toutbe
bafür aBer Stnla^, einer 9iet)ifion be§ im (öeBtaud^e bcfinblid)en S3uvg'jd)en ®e=
fangBuc^eS näl)er 3U treten. ®er Umjcfilag in ber Äird)enpoliti! , n)el(i)er naä)
griebrid^ be§ ©ro^en Sobe eintrat, fiftirte aHe ^leformen, nid)t Mo§ bie in
58re§Iau beaBjic^tigte ÖJefangl6ud)§t)erBef|erung, toeld)e erft nad^ äööttner'S ©turj
njieber auf bie JageSorbnung gebracht merben fonnte. ^tt fiebert)a|ter (Site
fuc£)te man ba§ in je^njätirigem unfreiroilligem ©tittftanbe 35cr}äumte nac^^u'^oten ;
unter Sintoilligung ber Äau|mannf(f)ait unb ber S^n'ik unb mit @enet)migung
be§ fönigticfien 6onfi[torium§ Beauftragte ber Mati) ben i^nf^ector (S. mit ber
?lu§arBcitung be§ neuen @efangl6uc£)e§ unb fteHte i:§m frei fid^ feine ^itarBeitcr
na(^ SSctieBen ju toätiten. 6§ föurbc gearbeitet, at§ oB 3lIIe§ auf bem ©fiele [tünbe.
Sie Slufforberung be§ giat^e§ batirt au§ bem 3futi 1798, im muent 1799 lag
ba§ neue 3Sud) Bereits gebrurft öor, am ^^^almfonntage 1800 ujurbe e§ jum
erften 5JlaIe in ©eBraud) genommen. S)er üBereilten 3lnfeitigung entfpred^enb
ift benn aurf) bie 9IrBeit geratt)en, SBurg'§ ®efangBu(f; in \f)i gar nicf)t n)ieber=
^uerfennen; e§ mar ein ganj neueg 23u(^ getoorben; bie ftaffifd^en älteren Steber
maren mobernifirt, öerftümmett unb ber 5Iuf!tärung, fo gut e§ ging, angepaßt,
bie jal^lreid) neu aufgenommenen gereimte ^U'ofa mit '^auSBadener ÜJ^orat; inbe^ ber
3!öiberf|)ruci) ber 3UtgtäuBigen, mel(f)er f)ier unb ba taut würbe, berftummte öor @er=
t)arb§ öerfötinlidiem^luftreten, unb e§ mährte nid^t gar lange, fo fanb ba§ (SefangBud^
ben SBeg in bie ^robin^ , toctc£)e in ber 91uftlärung "hinter ber §auf tftabt nit^t
^urürfBleiBen moÜte. (Vrül^er mit gleid^gültigen 3lugen angefet)en, ift e§ burd)
bie ungefd^icEten 3}erfu(^c ber ßircf)enBeI)örben, e§ aB§ufd£)affen unb .f)al)n§ (f. b.)
etiangctifd£)e§ ^irc^en= unb |)au§gefangBud^ an bie ©teile ju fe^en, in neuefter
3eit in ben $Borbergrunb gef(i)oBen unb mit einem ^limBug umgeBen morben,
ben e§ frül)er nie gefaßt 'Eiat. ®. mar nidE)t @elet|rter; ba§ il^m öon ber f^eo^
Iogifd)en f^acultät in .^aüe 1797 honoris causa erfreute S)octorat ber 3;i^eologie
mar eine 9lner!ennung fetner Söirtfamfeit at§ ©eiftlid^er. 5lu^er me'Eireren
großen ^Ißrebigtfammtungen finb t)unberte öon einjetnen ^rebigten unb 6afual=
reben öon i^m im Srucfe erf(f)iencn.
S)aöib @ottfr. ®ert)arb'§ ?eBen öon if)m fclBft Befd^rieBen. .^erau§=
gegeBen öon feinem ©o'tjue, SBreSlau 1812. ©d£)immet|)fennig.
©erwarb: griebridE) 2Bil^eIm gbuarb ©. , mürbe am 29. 9loöBr.
1795 in ^ofen, mo fein ^öater al§ 9lidC)ter angefteüt mar, geBoren; im foIgen=
ben Sa'^re mürbe biefer nad^ 33rieg, im ^. 1800 na(^ 33rc§tau al§ 06er=
confiftorialratf) öerfe^ unb fpäter jum £)BerlanbeSgerid£)t§rat{) ernannt, ^m
etterlidt)en .f)aufe unter günfttgen, menn aurf) Bcfd^eibenen 9}er'^ältniffen touä)^
@. "^eran, gelegentlidf) üertoeilte er Bei bem müttertid^en ©ro^öater 5^öffelt in
|)alle. ^ad^bem er öon 1807 — 12 ba§ (5lifaBett)g^mnafium Befud)t '§atte, mürbe
er am 30. ^ärj 1812 in 33re§lau, anfangs ?lpril 1814 in 33erlin immatriculirt
unb erlangte al§ ber erfte cloctor rite promotus ber Uniöerfität Berlin am 1. ^uli
1814 bie Soctormürbe. .Ratten in SBreSlou, mo x^n ©d£)neiber memg, ^einborf
gar nid^t Befriebigte, feine :|3l)ilDlogifd£)en ©tubien öormiegenb auf eigenem t^'^eißf
Berul^t , f 0 äogen il)n in S3erlin ©aöignt) , SBolf , SSelfer , ^öä^ jeber in feiner
3lrt in '^ol)em '^a^t an. ©einer öon ^ugenb an ft)ftematifirenben ülid^tung
entförac^ namentli(i) 2Bolf'§ ©nc^clopäbic ber 2lttert^um§miffenfc^aft , aBer ben
nad^lialtigften @inbruc£ mad£)ten 33ötf'^'§ SSorlefungen üBer ^etrif unb griedt)ifd^e
9lltertl)ümcr, in benen er bie griei^ifdie 9Belt tebenbig merben ]af). ^Mf) 3eid§=
nete il^n au§: er üBertrug it)m bie iöearBeitung ber ©(i)olien ju '^^^inbar unb
tl)at, ba ®. nad£) eifriger 5Bergleidf)ung ber ^anbfc^riften feiner fd)mad^en 5lugen
megen bie 2lrBeit nid£)t öoEenben fonnte, feiner SBorarBeit unb 23eii^ülTe rüt)=
menbe ßrmä'^nung. ^^m mibmete ber banfBarc ©d^üler feine Siffertation :
©cttjatb. 761
„Lectioues Apollouianae" (1816;, eine £cf)riit, xodä^t lüeit überbas 53^6 einet
(5rftüng§ar6eit l^inau» (5Jele!^r|amteit unb ©ctiarffiiin jeigte, ben Ginflu^ bet bop=
pelten SeavBeitung beö If)ema§ aur ben Jert bei ^tpoUonios nai^toies, aber burd)
bie Sd)äxye, toomit mittelmäßige unb große @etef)ite beurtf)eilt njurben , eine
l'trenge Ütccenfion ©. |)ermann"3 "^erDoia'ief unb bem Söevfaifer einflußteic^e 'i)3er=
fönen entTrenibete. S)at)er ianb (S. , a(§ er [id) auf f^runb biefer <54riTt in
S5re§lau am 16. Wäx] 1816 als ^^t^rioatbocent fjabilitirt ^tte, feine ausreic^enbe
Unterftü^ung. %{?> er, burcf) ^Jtißerfotge geteilt , mit feinen greunben Söernicfe
unb 2)teier in ben „'l^^ilotogifd^en blättern" (23re§[au 1817, 2 .g)eite) bie Öeip=
ätgcr, aud§ 33re§(auer in *4^rofa unb 25erfen fc^onungstoi angriff, l^atte er
auf bie Hoffnung batb ju einer !]3rofeffur ju gelangen öerjid^tet. %m 29. -Jloo.
1816 trat er eine (Steüe aU 6i)mnafia(Ie^rer in ^ipcfen an, füllte firf) aber in
feinem treu üerraatteten 9tmte ^öcf)ft unbe'Eiaglic^. ^a er tro^ fötperlicfier 2ei=
ben litterarifci) tl^dtig blieb (außer einigen Dtecenfionen bereitete er eine 1820
erfd)ienene 3Iu5gabe be§ DJlajimu» „^egi vMiaQyßv" üor), mürbe e» il^m ati
grünblic^em ,§)elleniften mit ber ^txi mo^l gelungen fein ben SBeg auf einen
2et)rftuf)l 3U finbcn unb bort -M^licf)e§, aber ni(f)t§ |)eröorragenbes ju leiften,
roenn i!§n nic^t junel^menbe .^ränflic^!eit 5u feinem ©lüdfe in eine anbere 33a]^n
geführt l)ätte. ©c^on in feiner frühen Sugenb t)atte er (x\\ ben klugen gelitten,
bie Arbeit an ben Scfiolien ba§ Vit^d öerf (flimmert , unb all baju roieberljotte
fyieberanfälle i^n ^eimfuc^ten , ]a^ er ftc^ am 15. Wäx^ 1818 genöttiigt,
in Berlin Urlaub unb .öeilung ju fud^en. ©ort, in 5?äbern unb bei ben 3ci=
nigen öerbrad^te er ein trübel 3ffl^i'- S^^ folgenben rietf) man i^m, als 'ixxi
Ucbel na(^ einet Sabefut in ^i)tmont nicfjt meinen mollte, ju einem 2Bintet=
aufentl^alt in Italien. 5lm 6. Sluguft mad^te ftd^ ber SBanbetct auf benSGßcg;
bi§ jum 10. 91ot)br. 1820 Blieb er in 9iom, babete in D^eapel unb 3§c§ia,
bereifte Sicilien unb fel)rte om 12. Januar 1821 ju ben «einigen nad^ S3re»lau
jurüd, mefentlii^ geftärft unb geiftig erfrifc£)t. 2}on ber alten Äunft !§atte
il^n ber Umgang mit 2ölfcn in 33erlin unb ein flüdf)tiger S5efuc^ in S!rc§ben
menig getelirt; in 'Pieapel unbetont geroann er einen tieferen (JinblicE in biefelbe
unb faßte ben Gntfcf)luß einen erneuten 3lufent^alt in einem ^anbe, baä er
fammt ben @intt)ot)nern lieben gelernt l^atte, ju grünblic^en antiquarifd^en @tu=
bien ju benu^en. Ser "^ioxi ^atte begreiflid£)e Sd^roierigfeiten, bas 5Jlinifterium
jögerte lange einem bisher auf biefem @ebiete nid£)t erprobten ?01anne nad^ faum
^meijä^riger amtlicher x^ätigfeit bie ^Jtittel jur üleife ju gemä^ren. 9lber bie
3loifdE)en3eit be»^. 1821 ermunterte @. 3um 3lu§!^arten. ^^ei einet jmeiten Äur in
-^J^rmont traf er ben Äunftl)änbler ©erftäcEer au§ 23raunfc^meig, fpäter in Serlin,
toieber an, ber fic^ für feinen '^>lan etroärmte unb feine ^^Dtitmirfung in 3lu§ftd6t
ftettte. ^it i'^m machte er im (September eine Oorbereitenbe Steife nad§ '$ari§,
tDO er bie Sammlungen befud^te unb me^rfa(^e S3efanntfd£)aften anfnüpfte. Gin
längerer 3lufentl)alt in 3?onn, mo er in bem 5?ibliotl)efar ^^rof. 3?ernb einen
treuen ^ipofenet greunb befuc^te, mit SBelcEer unb beffen (Kollegen näl)er befannt
tourbe, förberte feine SDorbereitungen, unb al§ enblid) bei ben Seinigen nad^
feiner ÜtüdEfe^r ein günftiger 23efd^eib eintraf , il^m :1teifegelb nad£) Italien , ein
2öartegelb öon 300 x^alern unb 9luöficl)t auf miffenfd^aftlid^e 3lufträge getoät)rt
mürben, mad^te er fidE) frö^lidt) auf ben 2Bcg : am 18. Cctbr. 1822 langte er
in 9tom an, too et feine jroeite .!peimat!§ ftnben fottte. 9}on nun an läcl)elte il^m
bag ®lüc£. Sin günftige§ ^iifti^nrentteffen mit I^ietfdE) unb ©d^orn im '^a\\xt
1823 öermittelte eine litterarifd^e ^erbinbung mit ßotta, mclc^er für regelmäßige
Beiträge ju feinen ^outnalen ein jä^ttid^es .söonotat unb beteitmiHig 5)orfd^üffe
gab ; bie 33efanntfd)aft mit 33unfen unb bem (trafen ^ngen'^eim ließ bie
preu|ifd^e Ütegierung auf feine SBünfd^e eingel^en; bie ©tünbung bei S3erltnet
762 ®erf)arb.
^UtujeumS öerfc^offte i'^m ^luitröge ju 5lnfäufen, imb im ^. 1826 ei-t)ielt er in
2)eutfd^lQnb auf ätoei Sat)ve fein ©e^alt ton 650 3:I)lrn. unb 300 Z^x. S^cifegetb.
^m Sißtntex 1828 burfte er bcn .^ron^rinäen öon ^reu^en in üiont führen unb naii)
^Jleapel begleiten, im Slnfong 5Jiär3 1833 erljielt er enblid^ al§ 2lr(fiäoIoge be§ 33er=
tiner 5Jlufeum§ eine fefte SlnfteUung mit 1150 21^lr. föe'Eialt. 33i§ jum 3f. 1837
war (B. eigentlich in i^talien, ba§ er na(^ atten 9li(i)tungen bur^ftreifte , ju
.«paufe ; feine 9leifen nai^ S)eulfc^(anb bienten baju, feine äußeren 33er^ältniffe ju
orbnen, bie gefammeüen tt)iffenf(i)aftlic§en f^fi'üc^te ju öertoertl^en unb neue Unter=
nctimungen üoräubereiten. fSon 1822—26, 1828—32, 1833—34, 1836-37
lebte er in 9tom unb 5teapel, mit tiefer ©mpftnbung manbte er XacituS' SBorte
über Steifen na(i) (Sermanien auf fid) an, unb mit f(i)mer3ti($er Sftü^rung rief er
mit S)ante au§: vengo da luogo ove tornar desio. 21u(^ betra(i)tete man i{)n
in 9tom nic^t al§ f^remben , man munberte ftd) nid^t , Wenn er mieber erfci)ien,
unb menn er fic^ entfernte, toar man öon feiner balbigen 9tüiifef)r überjeugt. i^d^
i)a\}i bie ^af)re 1836 unb 1837 in engem SSerfe^r mit it)m gelebt unb ftet§
üon 5^euem feine munberbare ©etnanbtl^eit in SJer^ältniffe unb ^Jtenft^en ficE) ju
fc^iden, ba§ tiefe , wa'^r'tiafte @emüt!§ unb ben fc^alf^aftcn §umor, bie ®efc|i(I=
lid)!eit , toomit er o'^ne öon feinen Slbfid^ten unb Ueberjeugungen etmaä auf5U=
geben fd)arfe ©den umging , bie gutmüt^ige 5reunblid)feit , toomit er jüngere
üieute anmieä, bele'^rte, untcrftü^te, bie SicbenSmürbigfeit belüunbert , toomit er
gute Einlagen ^eröorjutoden, ©nttäufd^ungen ju öerfdimerjen raupte. 35or 9lttem
fam i^m bie§ 'Jtaturett im 23erfcl^r mit ben 3^tatienern ju gute, ^oä) unb
'JZiebrig, Äunftl)änbler unb 5£)iener, toir!Iic§e unb eingebilbete @röfeen, ^eben be=
^anbelte er nac^ feiner Söeife. 2)a mar feine Sanbftabt , mo'^er it)m ntd)t
merttiöoEc ^itttjeilungen unb gut gemeinte @d)riften jugefd^idt mürben, unb töer
einen ®rui^ be§ ©ignor Dboarbo brad)te, mar einer freunblidien Stufnal^mc unb
ber S(u§rufungen che brava persona, che uomo eccellente gemi^. @. fül^lte
bie§ Talent ; er liebte ba§ 3}olf unb ging auf beffen gutmüf^ige (Sitelfeit , bie
öerbinbtidien S^ormen mit fpielenbem @rnft ein. (Slüdlic^ machte e§ i^n äu
er^älilen, mie bie ©elel^rten be§ 6afe nuoöo i^re bele'^renben @ef:prä(^e, feinen
Lerneifer f(^ä|ten unb Slmati if)m ba§ S^UQnife S^b: e dopo si e messo a scri-
vere anche lui, mie bie ^Jteaipolitaner jcbe Gorrectur in bie goi-'ntel lei m' in-
segna einüeibeten , unb mit finblid^em ^öe'^agen crgö^te er fid) an bem S3olf§=
leben , ben burattini unb beren trefflii^em Cassandrino. ^it ben intereffanten
gremben, meld)e 9tom bamalg jum ^ittelpunft feiner unb l)od)gebilbeter ®c=
fettigfeit mad)ten, öerfel^rte er auf bem ^u^e ber ©leid^'^eit; unter @clef)rten
unb ^ünftlern l)at ^Jtiemanb größeren Sinflu^ auf il^n ge'^abt al§ ber l)oc^öer=
cl^rte öon ©tadelbcrg; ^anoffa, beffen ^enntniB ber Monumente il^n anjog,
blieb er ein treuer f^^reunb; in SSunfen'ä ;^aufe fanb er ©eift unb .^erj,
unb bie jungen greunbe, meldte nacl) ^inbar'§ 3Bort um ben lieben 2^if(|
fdE)eräten, fallen mit ßiebe unb 35cre'^rung ju il^m empor; bie liebftc ©r^olung
bot it)m SBottarb'S gaftlid)e§ .g)au§. — ®§ toäd)ft ber ^enfdi mit feinen |ö^ern
3tüeden. @. l)atte nid)t geal)nt, meldte SSeftimmung in 9lom il)m öorbe^altcn
blieb. ®leid^ nad) feiner ?lntunft marf er feine gried)ifd)en ©tubien, bie il)n
fpäter toieber ^n einbringlidien Unterfuc^nngen über ipefiob unb bie Drp^üer
fül^rten, bei ©eite, um fi(| mit bemjenigen ju befdl)äftigen, wa§ ber SSoben bar= •
bot, mit römifd^en 2lltertpmern unb römifd)er Jopograpljie, S5on le^terer gab
er im S)ecember 1823 in ber fleinen ©d^rift „Della basilica Giulia ed alcuni
siti del foro Romano" eine öielöerfpredlienbe ^robc; er t)at ^uerft berSafilica ^ulio
bie ridl)tige ©tettc, meldte fpötere ©ntbedungen beftötigten, angemiefen. @ine
weitere Unternel)mung , ein topograp:§if(^e§ Urfunbenbu^ , ift ntd)t abgefdliloffen
morben; bie ©tettenfammlung , meldte ber 33efd^reibung ber ©tabt 3f{om jur
@etf)Qtb. 763
©runblage biente , toav untiottftänbig unb meine Umarbeitung burcf) '^edtx'^
S3ud) überflüffig geworben; ber etftc i^eit, bie '3l[tt)grapf)en , lieferte au meinem
Codex topographicus umiafjenbe SBorarbeiten. 2)ie 33e|d^reibung ber Stabt
'^om 30g 6. öon ber i^ottcnbung jene§ 2öerfe§ ab : auf ißunfen's '^Inregung
unternal)m er mit '^latner bie 33c|ä)reibung be§ öaticanijdien ^Rufeume, eine ge=
biegene ^eiftung, burd§ genaue vHngaben unb gelet)rte (Srflärung auägejeid^nct.
%n biefer ?lrbcit reifte ®. jum ^eifter {)eran, fie geigte eine ©eite feinet 33cr=
bienfte§, bie forgiältigc 33eobarf)tung be§ (Sinjelnen, im öortt)eitt)aiten Öid^te; bie
anbete, bie fi)[tematijd^e 3uiatnmeniaffung, bitbete fi(^ im Umgänge mit ©c^om,
^örönbfteb, ö. ©tacfelberg u. 9t aus, unb nic^t au§fc^Iie|tid) günftig mirften bie
auf (Sreujer'g (5i)mboüf beru^enben 9infi(i)ten ber 5Jtet)räa'^( auf i!)n ein. S)er
^iftoii[d)en 3luffafiung meniger geneigt , fu(i)te feine gorfd^ung in bie 2tiimmct
ber alten Äunft Drbnung unb ^ufammeniiang ju bringen, inbem er ben 2)enf=
mälem einen tiefen religiöfen ^n^alt beimaß , aus meinem bie religiöfen , oucf)
bie ml5ftif(^en SJorfteltungen be§ ^Utert^ms rein unb umfaffenb erfannt merben
fönnen ; eine 'Sluffaffung, meiere nur burc^ ftrenge Unterfc^eibung ber 3^^^^*^ öor
bebenfti(^en Söagniffen gehütet roerben fann. 3luc§ bie üortrefflid^e 9lbf)anblung
über „tRonis antife 3?ilbtt)erfe", meiere @. 1826 für bie „93efcl)reibung ber ©tobt
3tom" l§interlie|(35b. II, <B. 277 ff.) ift öon biefem ^}}langet ni(i)t frei; fie berücf=
fid)tigt in einer gebrängten, aber tiollftänbigen Ueberfic^t fomo^l bie Seiten
unb Stile ber £un[tgef(i)id§te at§ ben mnt^ologifd^en unb ft)mbotif(^en (3t^aÜ
namentlich ber ©rabbenfmäler, betont aber bei le^teren bie ft)mbolifcf)e 35ebeu=
tung mt)ftif(^er ^^eier mit 3)orliebe. 9ll§ 0). 9iom am 17. Sluguft 1826 t)er=
lie^, ^atte er au^er biefen Seiträgen öon 1823 — 26 fleißige 3?eri(f)te über
ar(i)äologif(i)e 6ntbecfungen für ba§ .^unftblatt , auc^ für ha^ ^}lorgenblatt an=
mutl^ige 3teifefdE)itberungen geliefert, jtoei micfitige 3öerte öoUenbet ober t:^eit=
toeife nbgef(^(offen: eine mit '^^onoffa 1825 unternommene „iBefc^reibung bei
^TJlufeum§ öon 5teapel", bereu erfter unb einziger 2l)eU (1828) öon feiner Jpanb
bie 2Jlarmorroerfe ganj , 9lnbere§ mit feinem ©enoffen 'jufammen aufgearbeitet
enthält, glei(^ öor^üglitf) mie bie 5lrbeit über ben 3}atican unb bamatä not^
ermünfd^ter, ba bie Bä)ä^e "Recüpel^ meniger allgemein betannt waren. Ungleich
bcbeutenber maren bie „2tntifen 33ilbmer!e", nebft bem baju gefiörigen „ü}ro=
bromu§ mt)tl^ologif(^er Äunfterflärung" (1827—39/. SSeibe SBerfe finb Xorft
geblieben, meil bie üotta'fd^e 33uc^'§anblung hzi bem 5lbfafee be» crften %1^e\U
i^xt 5Rec^nung nicl)t fanb. Slber in if)nen, foteie in einer 3teif)e fleinerer fpä=
terer ©d^riften („Jpt)perboräif(^=römif(^e Stubien" I. ©. 1 ff., 1883, ben „35er=
f)anbtungen ber berliner '4^i)ilologenöerfammlung " , 1850, bem „ ©runbrife
ber 3lr(^äoIogie" , 1853) liegt @er|)arb'ö im Söefentlic^en im ^. 1826 abge--
fc^loffene§ ©gftem öor 9lugen. Sie Silbmerfe, beren 3ei'^nungen nur t^eit=
toeife öeröffcntli($t roerben tonnten, geben eine gro^e S«-^^ unbefannter 5Jlonu=
mente in ftilgetreuer 'Jiadjbilbung unb einer SSoÜftänbigfcit , meiere ben ganjen
Umfang ber ®i§ciplin öcianf^auli(i)en foll. S;iefe S)i§ciplin l)at @. gefc|affen.
^!^m l^at bie ^Ird^äologie, bie er aud^ tool al§ monumentale ^^t)ilologie befinirt,
bie \!(ufgabe, bie antife ßultur au» ben 5)tonumentcn ju erfennen unb ju cr=
tlären. 3^ bem 6nbe bebarf fie öor 9lltem einer gefiederten ©runbtage; bie
2)enEmäler follen fritifc^ geficl)tet unb jebeS einjclne burc^ bie Sergteicf)ung mit
atten öerroanbten OerbfutIid)t roerben. ©ein '^^araboron ..Artis monumentum qui
iinum vidit. nulluni vidit. qui niille vidit. unum vidit" gibt bie allgemein an=
crfannte gtegel ber SSe^nbtung be» ©iuäetnen. ^nforoeit biefe umfaffenbe
^enntniB ber ^unftroerfe öon grünblid^em p'^ilologifc^em SGßiffen getragen , Dor=
au§fe^ung§los benutzt rourbe, roar feine .«permeneutif mufter^aft; inbem er aber
ber ';!innal)me eine§ aufammen^ängenben ©t)ftem§ antifer retigiöfer 33orfteflungen
764 @erf)ai;b.
ju ßiebe ben fünfttenfc^en Sßert^ ber Denlmätei jenem ftofflic^en ©etoinn uuter=
orbnete unb xi)Vi 'i)\)poti)tti\ä)t S)futung Qt§ üotläufige @etDi^f)eit jur j^[temati=
fc^en ßlajfiftcotion Benuljte , entgegenge|e|te 2luffaffungen |d)Qi-i ju befämpien-
^ebcnfen trug, mifrfite fid) in bic ;3fnterpretatton ■ eine öielbeutige Unl6eftimmt=
t)dt, toeldie, aud) in bev j^i-ad)li(i)en S)Qiftennng bemerfbar , ifirev allgemeinen
Stnevfennung f)inbernb in ben 3Beg trat unb ber in j^ftematifdier 3Sonftänbig=
feit unb gebrängter .^ürje unerreichten „TOtif^ologie" (1854 f., 2 23be.) nid)t
bie 2lujnal£)me öer^diaffte, bereu @. felbft mit 9ted)t fie mürbig eraiiitete.
Unübertrefflict) bleibt in alten Söerfen bie ®enauig!eit ber t{)atfä(i)lid§en eingaben
unb ba§ jtatent ber ©ruppirung; »er i^n irgenb ein 2Jlonument jum er[ten=
male in bie .^anb nehmen fall, mu^te über bie ]ä)ax']t 58eobad)tung aud) mit
gefd)tt)ä(^ten fingen , bie fc^nene .^eran^ieliung äljulic^er Söerfe unb bie ©i(^er=
feit ber SSeftimmung erftaunen. Son jebem feiner 9{ömer3üge foKte bie 2ßiffen=
fc^aft (Seminn 3iet)en; ber bebeutenbfte mar bemjenigen öorbeliaiten, meld)er il)n
am 12. gebruar 1828 nad) 9tom fül^rte. @r fafete ben ^lan, pfammen mit
feinen ^^reunben, bie in einer l^t)perboräifd)=rDmifi$en ©efeüfdiaft öereinigt maren,
intereffante 2)en!mäler in regelmäßigen ^eften l^erauSju geben. (Sotta 30g bie
anfängliche 3uf^fi^wng feiner 2f)eilna^me ^urüd, ber ^erjog öon SuljncS,
unter aEen .^unftmäcenen ber fenntnißreic^fte unb opfermittigfte, nat)m ben ^lan
für 5pari§ toieber auf, aber eine günftige @elcgenl)eit , bie ®. mit @efd)id unb
(5ifer benu^te , gab iT^m eine fotgenreid)e SBenbung. S)en .^ronprinjen bon
5preu|en mußte er auf ber am 8. 51obbr. nat^ dleaptl gcmeinfd^aftlid^ unter=
nommenen 9leife 3ur Uebernat)me be§ ^h'otectoratg cine§ in 9tom 3u grünbenben
^nftitutS für ardjäotogifdie ßorrefponbenj ju beftimmen, unb nun tnar e§ @er=
l)arb'§ ©ad)e , biefe europäifd)e Untcrncfimung ju ©taube ju bringen. %m
9. 2)ecbr. mürbe mit Fünfen bic Organifation be§ i^nftitutö feftgefe^t, om
21. 3lpxil 1829, bem @eburt§tage ber ©tobt 9tom, ba§ Instituto di correspon-
denza archeologica eröffnet. S3eibe 931änner finb feine SBegrünber gemefen, @.
in§befonbere fiel nid)t allein bie jtoerfmäßige @intl)eilung ber ^ublicationen,
fonbern aud) bie fd)mierige ^erbeifd)affung be§ (5toffc§ p ; er forgte bafür mit
raftlofem unb gtüdlid)em ©ifer. ^n ber |)auptftabt toaren locale 33Dr=
urttieite unb ^Jtißgunft 3U überminben , in= unb außerl)alb ^talien§ bie t)er=
fc^iebenen correfponbirenben , orbentlid)en unb (S^renmitglieber au§äumäl)len, ju
litterarifc^en unb ©elbbeiträgen, bie Äunftliänblec unb ©ammler äur ^Jlittl^eilung
il)rer Äunftfd^ä^e ju bemegen. 2)ie ©rünbung be§ 3^nftitut§ lonnte in feine ge=
legenere ^nt fatten. S)ai befreite ©riedienlanb fing an fic^ ju eröffnen, mit
51eabel unb ©icilien mar ®. öertraut , in 9iom begann bie 9Xu§grabung be§
^^•orum§ al§balb fid)ere Sln'^altSpunfte ^u bieten, bie ^agajine ber Äunftl)änbler,
mit benen bie einlaufe für ha^ SSerliner ^ufeum engere 23eäie^ungen eröff=
neten , l)atten fid) mit ber ausbeute ber Um.gegenb gefüllt , unb ingbefonbere
lieferten bie 1827 entbedten SCßanbgemälbe öon ßorneto , öor Willem bie 1828
angefangenen SluSgrabungen öon 33ulci mit feinem 9leid)tl)um bon gemalten
33afen maffen^ofte§ 5Jlaterial. Sine reife f^rud^t ber le|teren toar @crl§arb'§
„Rapporto Volcente", ber im .^erbft 1831 öoHenbet mürbe (Annali III,
©. 218 ff), ein ^eiftertnert ber genauen S3eobad)tung , ber fnappen unb bod)
boüftänbigen S3ele^rung über ha^ 2;i§atfäd)lic^e unb ber fljftematifdien 5lnorb=
nung, momit bie S^ütte be§ ©toff§ überfid)tlid) gemad)t mürbe, ^^reilid^ ift bie
miKfürlic^e Kombination be§ ©enat§confultum§ über bie Bacchanalien mit bem
6nbe ber S5afenmalerei , bereu bacd)if(^e 3)iotibe ftarf betont mürben, ein 35ei=
fpiel litibof^etifclier SSegrünbung. S^m öiertenmale fe'^rte (S. am 5. 5^oöember
1833 nad^ 9lom jurüd, 3mar ali ®aft (benn bie im ^ärj be§ i^a'^i-'eS erlangte
3Inftellung al§ 5lrd)äotog be§ 5Jlufeum§ feffelte ii)n an 33crlin); aber ber bamit
®cvt)at6. 765
öevöunbene 9luftrag ju tt)iffenf(^a|tti(^fn 9lcifen ei'^ieU feiner beioeglic^eu ^Jiatur
bie alte ©tafttcität. ?lui biefer 9teife iüf)i-te er S3rauu, ben er mit glücfticfiem SBtitfe
ju feinem ^ac^folger at§ ©ccretär be§ ^nftitutä auöerfe^en fiatte, naif 'Mom.
3lui ber Slürfreife 6efucf)te er 5pari§, üon ^-i3er(in au§ Öonbon. S)ie üebfte (5r=
Rötung 9en}ä§rte i'^m in 33onn ber ^tufent^alt Bei äßetcfcr unb Sernb. Sßon
bem fünften ^ufenttiatte in 9tom, too^in er am 1. 3luguft 183G mit 3lufträgen
be§ ^ufeum§ reifte, fann id§ al§ 9tugen^euge reben. 2)ip freitägtic^eu adunanze
be§ ^nftitutS, ba§ au§ precärem Dbbacf) in bem .s^aufe ber öcfanbtfc^aft in ben
öon 33unfen errid)teten ©aal, ber un§ bamalä ein ^ßalaft fc^ien, üBergefiebett war,
loarcn gefttage für mic^ ; bie @ett)anbtt)eit unb ©ic^er^eit, toomit er neu ju Jage ge«
f ommene .^unfttoerfe Betjanbelte, bie aufmerffameSSetrac^tung auc^ öerborgener 3fn=
f(i)riften , tooju er feine müben Singen jtüang, unb bie umfaffenbe j?enntni§ ber
S)enfmäler erfüEten micf) mit Semunberung ; bie lel)rrei(^en 2}orlefungen, tt)e(d)e
er in franjöfifdier ©t)rad)c üBer bie 2}afenfunbe l)ielt, öerfammelten ein grofeeä unb
gemäl)lte§ publicum. S)er ©lanjpunft feinc§ ?lufentl)alte§ mar bas 2öincEe(=
mann§feft in ber SSiüa Sllbani, bereu SSenu^ung er mit 33unfen burcE) ben ge=
le'^rten Slrd^iteften ßanina erlangt "^atte. &. War unermüblic^ in 6inlabungen,
33efrf)tüic£)tigungeu ^U^öergnügter , @inri(i)tungen ; bie gacfelfteleuc^tung beä
?l6cnb§ in bem großen (Saale mitten unter ben ^JleifterWerfeu ber Äunft,
bie begeifterte ©timmung, bie fi(f) in hieben unb 6ebi($ten ^uft mad^te, lic^
einen unau§löfcf)lid)en @inbrucE jurücf. 33erbienten 2)anf bot i§m ba§ öon
Äünftlern unb Ökle^rten am 14. man 1837 öeranftattete 9lbfc§iebgfeft , gmit
äöolf'ä fciiöne ^armorbüfte , ^. ^et)er'§ begeifterteS f^eftgebi^t: ben ©efeierten
trieb e§ nac^ ©ried^enlanb, bo§ er mit !unbigem 33lic£ burd)reifte. ©ein Sluffafe
„lieber bie ^unfttoerfe ®rie(^cnlanb§" (Annali IX, ©. 104 ff.) ift, wie attc
feine SSerid^te, mufter^aft. S)en 3urüc£gefel)rten begleiteten wir gegen ba§ ßnbe
be§ :5ulimonat§ jur ^Joft. (5§ war ein 9lbfrf)ieb. aCßol ^ielt er fi^ jum
fectiften unb fiebentenmole bom ©e^^tember 1840 bi§ jum Wai 1841 unb 1843
wieber in 9iom auf , au(^ bamal§ eifrig um ba§ ^nftitut bemü'^t. Slber feine
.speimatl) war iujWifi^en Berlin geworben , bie Butter unb öefc^wifter mit i:^m
t^eilten. ^m ^. 1836 würbe U)m bie 55erWaltung ber 2}afen unb lerracotten,
1855 bie S)irection ber Slbtl^eilung für ©culpturen übertragen; im 3- 1843 würbe
er al§ au^erorb entließ) er, 1844 al§ orbenttic^er ^rofeffor an ber Uniöerfttät angeftettt ;
fd^on im ^. 1832 ^tte i^n ju un.5ü^ligen gelef)rten ©efettfc^aften bie 3lfabemie
ber Söiffenfd^aften jum correfponbirenben, im gebruar 1835 .^u i'^rem orbentlidien
^}:)Utgliebe gewä'^lt. Sitten biefen SSerufSpflic^ten fam er mit treuem gleite narf).
äßar . aud^ feine J^ätigfeit an ber Uniöerfität auf eine öerljältni^mä^ig geringe
3af)l öon Su^örern BefdCiräntt, fo wirftc fte intenfiö in 35orlefungen unb
Uebungen um fo erfprie|li^er, inbem eine naml)afte Slnja'^t tüchtiger Strd)äologcn
au§ feiner ©ct)ule t)ert)orging. ^n ben Slbl^anblungen ber Slfabemie öeriJffentU^tc
er äa'^lretc^e Wichtige Unterfuc^ungen. 5£)ie ©d^ä^e be§ ^J^ufeumg öermel)rte er
burdf) werttiöolte Erwerbungen unb mad)tc fic tmä) einen genauen unb gele'^rtcn
Äatatog („S3erlin§ antife SSilbWerte", 1. 2l)eil 183(3, baju „^eu erworbene
2)enfmäler", 1—3, 1836-44) fowie burd^ ftattlid^e .'perauggabe au§gejeid)neter
äöerfe („2;rinffd^alen, 5)afenbilber, Srinffc^alen unb ©efäBe", 1840— 50) attgemein
jugönglid^. 5lber feine .^au^jtt^ätigfeit blieb ber SluSbilbung unb SluSbreitung ber
ar^äologifc^en 3öiffenf(^aft jugeWaubt. Unabläffig war er auf bie 9}erbreitun9 ber
ÄenntniB ber Monumente bebad^t, bie er felbft burd^ 9leifen nad^ j^open'^agen, ^:pariS,
l^onbon unb öerfc^iebenen beutfd^en ©tobten erweiterte ; bie grud^t iebe§ iBefud^§ war
eine gebiegene 33efd)reibung ber bcfid)tigten ©ammlung. Sin bem römifd)en Sfnftitut
na^m er alä ^Jlitglieb ber Gentralbirection fortwölirenb ben teb'^afteften Slntl^eit,
mit unermüblid^em (Sifer Wu|te er bie ard^äologifd^en ©tubien unb Srgebniffe
766 ®er{)arb.
ju förbern. 9tl§ i^ven 53httelpun!t in 2)eutfd)tanb Begrünbete er bie av(i)äo=
Iogif(^e @ejeEfc£)ajt in Berlin unb bie ai-(i)äoIogif(^e 3^itui^9' 'öütgevte ba§
SBindEetmannSieft , f otoeit feine SBe^iel^ungen reic£)ten , in S)eutfd)lanb ein unb
lieferte fott)o'£)l für bQ§ ^Berliner eine 9tcil)e öon ^Pi-ogrammen , al§ für bie 3ei=
tung, toeld^e in üeinerem 5Jta|[ta6 ben 3nftitut§fc^riften entf|3ra(^, föertl^öotte
aSeiträge. 33efonber§ toic^tig tourben bie ft)[tematifc^en Bearbeitungen ber auf
bem SBoben 6trurien§ genia(i)ten «Stubien. S5on ben etru§fifc£)en ©artop^agen
f)atte er in guten 3ßi'|nwngcn eine tioüftänbige ©ammlung angelegt, beren
Verausgabe er nic^t felbft betoerfftettigen fonnte; ^ßrofeffor Srunn '^at biefelbe
ftf)on t^eiltoeife au§gefü'^rt. 2)agegen eröffnete fein boIIenbete§ 3Bcrf „@tru§fif(i)e
(Spiegel", 4 33be., 1843—- 68 burcf) ftilgetreue SlBbilbungen unb eine gelet)rte,
mit feinen ntt^f^ologifc^en Stnfiditen Derwadifene ©rflärung einen öoltftänbigen
©inbliii in eine bem ^un[tmertl)e nad) größeren 3:^eil§ untergeorbnete, aber für
bie ©rtcnntni^ ber eigent^ümlid) etru§!ifd)en Ifunft l)od)mtd)tige glaffe öon
S)enfmätern. 2)icg SBerf barf man al§ ein in ft)[tematifd)em ätbfd)lu^ mufter=
"l)afte§ betrad)ten. 8eine günftigen 33erl)ältniffe l)atten i'^n ferner in ben 5Beft^
eines großen 9lpparate§ bon Safenbilbern au§ ©trurien, befonberg au§ 5^utci,
gebrad)t, ben er mit Dielen anberen 3e^(^nungen jum großen 3tu^en ber ^ox=
fd)ung bei bem 5Rufeum unb ber Uniöetfität bereinigt '^atte. S)arau§ öeröffent=
lid)te er 1840 — 58 in bier Cuartbänben eine unfc^ä^bare 3lu§tt)al)l „?lu§er=
lefene gried)if(^e 5ßofenbilber , '^auptfädilic^ etruö!ifd)en 5-unbort§", meld)e burd)
genaue farbige 3lbbilbungen unb au§fül)tli(^e ©rflärungen bie ©runblage unb
eine |)auptfiuelte be§ 5öafenftubium§ bleiben tüirb. 3ln ^Jlü^en unb Erfolgen
reic^ fal^ &. an feinem am 30. 3fuli 1865 gefeierten S)octorjubiläum mit freu=
biger ^iül^rung au§ jalilreidjen ^Begrünungen, toie meit bie S}erel)rung unb S)anf=
barfeit feiner S^reunbe unb ©d)üler fid) ausgebreitet ^atte. Sin glän^enbeS S^ugni^
geben bie „Nuove memorie dell' instituto di corrispoiidenza archeologica",
Lipsia 1865, toelc^e bie (Sentratbirection beffen Segrünber mibmete. diner
l^er^lidien 3lnrebe bon ßepftuS , meldte 3uglei(^ einen ^Ibri^ ber ®ef(^id)te beS
i^nftituteS entt)ält, folgen 40 ^bl)anblungcn , moju 3)eutf(^e , Italiener, ^ran=
jofen , aBelgier unb ©riechen metteifernb beigetragen 'Ratten , ein ttürbiger ?lb=
fc^lu^ eines nur ebeln 3b3eden gett)ibmeten 2ebenS. @S mar auc^ im "^äuSlic^en
•Greife ein glüdtid)eS in fteigenbem ^O^la^e gctoorben, nac^bcm fid^ ®. am 5. Suli
1842 in ^ranffurt mit @mitie bon ^tie^, ber breiunbätoan^igiätirigen Xod^ter
beS fur'^effifd^en aSunbeStagSgefanbten ©e'^eimratl) bon Slie^, bermäl)lt l)atte.
9ln ber (Seite feiner (Sattin , melt^e an ©aben beS ÖeifteS unb beS .^erjenS
i'^m glcid) ftanb , berlebte @. 23 glürflid)e i^a'^re. Wii frol)er @mpfänglid)!eit
ging fic in feine 2ieblingSbefd)äftigungen ein, lie^ il)n burc^ beren unberbroffene
Unterftü|ung bie @d)mä(^e feiner ^ugcn bergeffen unb mad)te burd) bie liebenS=
toürbige ^Inmuf^ am abmbtic^en %i]ä) fein ^auS ju einem Stempel feiner ®e=
feHtgfeit. S)ie filbcrne ^odjjeit foüte er nid)t erleben. 2llS id) ®. im 2Binter
1866 äum le^tenmale toieberfal) , fanb id) il)n fel^r gealtert, ©eit jel^n 3^al)ren
toaren feine ^ugen ftetS fd)tt)ä(^er gemorben, äule|t faft erlofd)en. S)en gett)ol)nten
©ang jum ^hifeum fanb er noc^ allein , aber .^altung unb SSemegung ent=
bel)rten jener elaftifd)en Sebenbigfeit , toelc^e ben fd^lanfen, jierlid) gebauten
^ann aud) in baS Filter begleitet l^atten. Dtod^ einen fd)önen attifi^en 3lbenb
feierte id) mit feiner geliebten gried)if(^en (SefeEfd^aft; bie "Dlad^rid^t bon feinem
am 12. ^ai 1867 erfolgten fanften %oht tarn nic^t unertoortet.
6in boEftänbigeS 33erjeid)nin feiner (5d)riften gibt baS bortrefflid^c 5Den!=
mal unfereS gemeinfamen greunbeS: ßbuarb ©erwarb, ©in SebenSabri^ bon
Otto Sal)n, ^Berlin 1868. ®ie feinem einbeulen gemibmeten lürjeren 9luffä^e
bon S)e SBitte u. ^., finb grö^tenf^eilS bort berjeid^net. UrlicfiS.
©erljaxb. 7G7
©erwarb: ^teronl;mu§ ©., geb. ju .öeibc(§f)eim in ber ^Pialj am 31. S)fc.
1518, t äu Stuttgart am 12. ^ai 1574, öevbienter mürteml6evgif(|eT <Btaat'i-
mann. @r ftubivte ju äßittenberg, mo ^e(and)tf)on fict) feiner eifrig annafjm
unb 3U jlübingen, mo 3^o(}. SBrenj i'^m Diele ^reunblid)feit eitoie§. !3)er te^=
tere beloirfte auc^ burii) feinen 2lu§fpru(^, ba^ Sott in feiner Äir(f)e nidjt bIo§
gute 2t)eologen fonbern aud§ gute (5f)riften braudie unb ein einziger frommer
9led)t§gete!^rter berfelben gröfjeren S^uljen f(i)affen fönne a(s biete getetjrte X^to=
logen, ha^ (S}ert)arb'§ Später feinem ©ot)ne ba§ ©tubium bcr 9{ec^t§miffenfd^oft
betoittigte. ^fladjbem ber (entere fobann einige ^atite an ber Jübinger Uni=
berfität gemirft, mürbe er bon 'O^^'i^og lUrid) bon äöürtemberg in§ ßonfiftorium
berufen, trat auc£) auf furjc 3eit bei beffen 25ruber öerjog @eorg bon 2öürtem=
berg=^ömbelgarb in ^jlatt)5bienfte. 5)o(^ erprobte er fic^ batb mieber in lUtid^S
S)tenft unb mürbe namentü(^ bon beffen ©o^n unb Diac^folger, öerjog 6^ri=
fto|)!§, mit ben mic^tigften ©efd^äften unb Scnbungen betraut, ©o im S^al^re
1550 ju ben Sßerl^anblungen megen be§ über -^er^og Utridf) bet'^ängten 5eIonic=
proceffeS, im ^. 1551 jum 2rienter ßoncit, im ^. 1564 ^u bem 3ietigion§ge=
fpräd^ ^mifd^en mlhtembergifd)en unb pfäläifc^en Ideologen in ^Jlaulbronn. 3(m
S. 1556 mürbe er S^icefanjler unb ^interlie^ ben S^u^m cincö frommen, eifrigen
unb in ©taat§gefd)äften erfalE)renen 5Jtanne§.
33gt. Sifdibein, Vitae cancell. Wiitemb. 6 — 11. (^ietmanni, 2>erfu(f)
tur^er 2eben§befd^reibungen berüf)mter Söirtemberger 33 — 37.
©tälin.
©cr^orb: Sofiann ®. , Iutl)ei-if(^er S'^eolog unb 6rbauung§fd)riftfteüer
be§ 17. Sa^rl§unbcrt§, geb. ben 17. Octbr 1582 in Cuebtinburg, geft. ben 17. 3tug.
1637 in :5ena — ber ?lrd)itf)eo(ogu§, ^3Jieifter unb 93tufterbogmatifer ber lutl^e=
rifd)cn Ortl^obojie, unter ben ipeioen be§ ortt)oboren 2utt)ertl^um§ mol ber be=
beutenbfte unb einfiu^reid^fte burd) feltene ^Bereinigung polemifc^er ®elet)rfam=
feit unb frieblid)er ©ottfeligfeit , .umfaffenber litterarifd^er , afabemifd)er unb
ürdienpotitifc^er 3Bir!fam!eit ; ein proteftantifd^cr Äird)enbater unb SebenSjeuge
ber ebangcüfd^en ^ird^e 2)eutf(^lanb§ in ben 3citen bcr S5ertoüftung unb orf^O'
bojen (Jrftarrung. ©eboren au§ einer angefet^enen f^amilie in ber ©tabt
Queblinburg, ©oi)n bc§ bortigen ©enator§ unb 9tat^§!ämmerer§ SSart^ot. &.,
entfd)lo^ er fi(^ fd)on in feinem fünf^el^nten SebenSjal^re, in i^otge einer fc^meren
6r!ran!ung unb meIand)Dlifd)er Slnmanblungen , morin er bon bem bamaligcn
5|3rebiger 3fo!§ann 3(rnbt , bem Sßerf affer be§ ma'^ren 6|ri[tentt)um§ , 2roft unb
geiftti^en 3ufpi:nd| empfangen t)atte, 3um ©tubium ber 3:l^eoIogie, geno^ feine
miffenfd)aftlid)e 33orbiIbung auf ben ©d)uten feiner 25aterftabt unb in bem be=
nai^bärten -!pa(berftabt , bejog 1599 bie Uniberfität äßittenbcrg, ftubirtc l^ier
3unä(^ft p^ilofopl^ifd^c ^yäc^er, '^örte aud) bereits tt)eologifd)e 9}orIefungen bei
|)utter unb ®e§ner, ging bann aber auf ben SBunfd) cine§ bornet)mcn S5er=
toanbten, be§ fäc^fifd^en ^rotanjIcrS 9taud)bar, jum ©tubium ber ^Rebicin über.
@rft naö) bem 2;obe be§ te^teren bertaufi^tc er , feinem frül^ercn ©elübbe unb
ben 9tat§fc^lägen feine§ geiftüdien 55ater§ 3o^. 5lrnbt fotgenb , ba§ mebicinifd^e
©tubium mieber mit bem f^eologifdien unb bie Uniberfität SBittenberg mit
Sena, mo er jebod§ meniger burc^ ^ören bon 3)orlefungen (bei (Scorg ^3tQliu§
unb 31. 9taubeniu§) al§ burc^ angeftrengte§ unb umfaffenbe§ ^ribatftubium, be=
fonberg Sefen ber ©d^rift unb ber ^ird)enbäter, nad^ einer brieflichen 3lnmeifung
9lrnbt'§ (f. ben Srtef aber aud£) bie bagegen ftefjenbcn fritifdf)en Sebenfen bei f^ifdlier
a. a. D. ©. 23 ff.) feine t'^eologifd)e 9lu§bilbung bottenbet. ^iad^bem er 1603 bie
^Ölagiftermürbe 3U ^ena fid^ ermorben, begann er i^orlefungen ju Italien — erft
pl)ilofop:§ifd^e (über Sogif, ^^olitif unb ^etap'^yfif nad) ben Gompcnbien be§
.^elmftäbter 3lriftotetifer§ d. ^J^artini), fpäter mit grlaubni^ ber t^eologifc6en
768 ®et()atb.
gocuttät auä) t"^eotogif(i)e. 9k(^ (Senefung öon einer töbtlic^eu Äran!l§eit, in
ber er 6ereit§ fein SLeftament aufgefegt tjatk (f. baffetbe Bei ^ifi^er <B. 29 ff.
naä) bem in ßJot^a 6efinbtid)en Original), üBerfiebelte er mit einem feiner 2ei=
tung anöertrauten 3ögting nadt) Harburg (1604),. beffen i^acultät bamal§ burc§
^})länner toie ^en^er unb Söinfelmann im 9iuf befonberer 9te(^tgläul6ig!eit
unb @elet)rfamfeit ftanb. 6r betl^citigte fid) nid)t BloS an i^ren Sectioncn unb
2)i§putationen , fonbern geno| au(f) ilCire perföntid^e f^reunbfdiaft unb f^orberung
unb begleitete 1605 ben i"f)m bcfonberS befreunbeten ^en^er auf einer @ele'£)rten=
reife bur;^ (Sübbeutfd)Ianb , bie i^m 3ur (Srtoeiterung feiner titterarifd^en Äennt=
niffe toie feiner )3crfönli(i)en Sejie'^ungen biente. ^a(|bem bann aber burd^ ßanb=
graf 5)loriä bon -Reffen ber reformirte Sc'^rtl)pu§ (bic fogenannten 4 S}erbefferung§=
punfte) in Harburg eingefüt)rt, bie luf^eriftfie Q^acultät nac^ ©iefeen überge=
fiebelt War, fe'^rte ©., nad)bem er noc^ einige Stäbte S^orbbeutf(f)lanb§ unb ber
^Heberlanbe befu(^t unb an eine 5lieberlaffung in ©ie^en, Tübingen ober Sfioftod ge*
bad)t l^atte, enblidf) auf SBunfc^ feiner Butter 1605 nad^ ^ena jurüdf unb
^idt 1)m aU 3lbiunft ber tl^eologifc^en g^acuttät mit 33eifaII t:^eologifd§e 5Bor=
lefungen. 3lber filon im nä(^ften ^af)xt ]a^ er fid^ faft toiber SEßitten genötl^igt,
auf t>a^ einbringen be§ .^perjogS ^ol). ßafimir bon Sad^fen=6oburg ben a!abe=
mifdien SSeruf, ju bem i:^n üleigung unb 33egabung liingejogen, mit bem praf=
tifd^en äu öertaufrfjen unb im ^. 1606, obftol erft 24 3fal)re alt, ha^ 3lmt
eine§ ©uperintenbcnten ju .^etbburg anäune'^men, nad£)bem er jubor nod^ öon ber
Sfenenfer üocultät bie f^eologifdfje 2)octortt5lirbe er'^alten. — %nä) im prafti=
fc^en 2lmt bema^rte er feine @aben unb feine gemiffen^afte Sreue befonber§
burdf) eine öon lijxn auggefü^rte ürd^tidfie ßanbeSüifitation fotoie burd^ 5Rebaction
unb @infül)rung einer neuen i^ird^enorbnung im ^. 1615, mä'^renb er burd^ bie
it)m obliegenbc Seitung monatlicher t^eologifd^er 5)i§butationen an bem @t)m=
nafium Gafimirianum ju Coburg fomie burct) eine 9ffei^e öon fcfiriftfteHerifc^en
2lrbeiten fortmäl^renb audt) miffeufdEiaftlid^ fi^ betl)ätigte. — ©eine ©efinfud^t
ftanb nadf) bem afabemif(i)en ßel^ramt; bennod) f(f)lug er mieber^ott in ben
^al^ren 1610 ff. an i^n getangenbe Berufungen nac^ Sieben, 2lltorf, ^elm»
ftäbt, ^tna, 2Jßittenberg aug, meit fein ^^ürft ii^n ni(^t entlaffen mottle unb il^n
hmä) bie Ernennung 5um ©eneralfuperintenbenten bon Coburg (^ebr. 1615)
bauernb feftjuljalten fu(^te. 3ii^f|t •i'^e'^. Q^^ ii^ ©ommer 1615 burd) ben jtob
be§ ©eniDr§ ber gacultät 9ieuben toieberum eine t^eologifd^e Sel)rftette in ^ma
erlebigt mar, bermoc^te &. bem Slnbrängen ber ^enenfer toie bem eigenen 3^9
jum afabemifd^cn l^e^ramt nid^t länger 3u miberftet^en : er erbat unb erhielt auf
fpeciette 35ermenbung be§ fä(^fifd)en ^urfürften ^ot)ann ®eorg I. feine @ntlaf=
jung au§ foburgifdf)en 3)ienften unb überfiebelte 1616 nac^ i^ena, um biefer
Uniberfität fortan bi§ ju feinem 1637 eriolgten Xobe, tro^ ber ^a^lreid^en unb
glän^enben bon atten ©eiten l^er an il)n gelangten ^Infragcn unb 35ocationen
treu 3U bleiben — al§ gläUiHmbfter ©tern in ber bamaligen f. g. Trias Johannea,
b. t). ber au§ Sfoliann ^ajor, ^o'^ann -^immel unb Sio'^ann &. beftel^enben
buri^ f5fi-'öntmig!eit, (Selel^rfamfeit unb TOilbe gleid^ auSgejeidineten ^enenfer
X^eologenfacultät. 3luBerorbentlid£) bielfeitig, eifrig unb erfolgreidE) mar fortan
@erl§arb"§ a!abcmif(^e — , biel auägebe^nter unb einfCu^reii^er no(^ feine pcr=
fönlid^e, brieflid^e, litterarifd)e, firc^cnpolitifd^e 2öirlfamfeit. 6r "^ielt ja^treid^e
33orlefungen unb S)i§putationen au§ ben berfdf)icbenften S)i§ciplinen , forgte mit
großer £reue für bie il)m befannten ober fpeciett empfohlenen ©tubentcn, ber=
waltete biermal ba§ ülectorat, mar bebadfit auf 35ermel)rung ber Uniberfität§cin=
fünfte , unb tonnte in§befonbere aud^ mä'^rcnb ber S)rangfale be§ ^riegc§ bie
©jiftenä, ^yrequenj unb Blutige ber Uniberfität ^ena fogut all moglid^ ju et=
Italien. 2)abei fammelte er, tro^ feiner mäßigen 33efolbung , burc^ fürftlid^e
®ett)arb. 769
Jreigebigfeit unb roeife Spaifamfeit, burc^ ha^i ^eiratJiögut ieincr belbcn Ofi'oucn
(1. 58at6ava geb. Oieumeict au§ Söeimor, t 1611 , 2. ^Jlarie geb. ÜJiattrnberg
au% ©ot^a, t 1660 tüie burcf) eigenen ßrtüeTb, burrf) ,!ponorare unb 2;onQtiöe
|ür Sc^tiften, ©utadöten unb anbete 2/ienft(eiftungen iidj felbft ein nic^t unbe=
h-ä(^tli(f)e§ 33exmögen, foboB er iidj ein i^anbgut in ^Itofela fauien unb ©elb=
anlegen an dürften unb 3Jlagifttate marfien fonnte. 2;ie Äricgejeiten btacf)ten if)m
freiließ aud) gro^e 2}ev(u[te burcb (Sinquattirung, ^^tünberung unb Setttjüftung feinet
Jpauje§ unb @ute§: bennocf) befafe er furj öor |einem Jobe toiebcr me^r a(^ jubor.
2;abei erfreute er ftd) ber allgemeinen Stiftung unb be§ 3}ertrauens feiner Q.oU
legen tüie feinei i^anbeefierrn unb auSmärtiger dürften , Staats^ unb ÄiTd)cn=
männer in fofcfiem '^a^, baB er ttjieber^ott au fird)(ic^en unb felbft ju politifd^en
33erat^ungen unb 9}er!^anb(ungen beigeaogen tourbe. (Sine ^erüorragenbe )KoIIe
fpielte er inebefonbere bei bcn bamals auf S3eran(affung be§ furfäc^ftfc^en ■!öot=
prebigerg ipoeüon ^oenegg 1621 ff. in Sac^fen ueranftalteten (utf)erifcf)en If)eo[ogen=
conbenten , too bie loicfitigften tfieotogifc^en unb fir(i)ü(i)en ^fitfragen jur S3c=
fpred^ung unb (Sntfc^eibung famen unb fo für bie beutf(^(ut^erifc^e .^irc^e ein — trei=
iict) niemols allgemein onerfannteg — oberftee firc^lid^e» Iribunal aufgericf)tet
werben foKte. Bo toitftc &. mit bei einem ©utod^ten über hit .öflmftöbter
J'^eologie unb ^^f)i(ofDp{)ie 1621, bei ber fogenannten decisio Saxonica über ben
cf)riftoIogif(i)en ©treit ber ©iefeener unb lübinger Jl^eotogen 1624, bei bem
@uta(i)ten,über ben fog. tRat^mann'ft^en (Streit 1628, bei ben SJer^anblungen über
bie 9te(^t§gittigfeit ber Stugsburgifc^en (Fonfeffion unb be§ Üteligionsfriebene
gegenüber ben Silltnger ^efuiten 1628 — 30 jc. 9Iber aud^ ]u potitifctien 2?e=
rat^ungen, j. 33. über bie im Ärieg jtijifc^en Sc^n^eben unb Cefterreid) ju er=
greifenbe fäcf)fifc^e ^olitif 1631, über ben 53eitritt .^um ^^'rager f^r rieben 1638 jc,
jnr 3?erat§ung neuer Äird)en= unb ©cfiulorbnungen u. bgl., fogar ju fürftüd)en
£)eiratf)§angelegen{)eiten roirb ber erfa^^rene, ftuge unb friebliebcnbe, nur in po=
litifc^en ^i^agen oft aüju ängfttic^e unb übermäßig conferDatioe lltann mel^r--
fad^ beigejogen : furj, naä) allen (Seiten f)in wirb fein ÜiatI), feine 2]ermittelung,
feine Jpütfe in 3lnfprud) genommen, fobaB e» wa^ri^aft unbegreiflich erfd^eint,
lote fein furjeg J^eben, feine fc^wäc^Iid^e ^örperfraft biefer 53laffe ber üerfd^icben=
artigften 2(rbeiten geroac^fen war. (Sr erlag benn aucf), nic^t boUc 55 ^a^re
alt, einer fdt)einbar unbebeutenben Äranf^eit : „fomm .sperr, fomm!" waren feine
legten Söorte. (Seine @ebeine ruf)en in ber (Stabtfitcfie ^u ^fna- 'Sein ßoUrge
3i. 5]lojor ^ielt bie Öeidt)enrebe, ©taffius unb Slill^err in Sena , Sc^neiber in
äBittenberg , geuerborn in 5)larburg eigene Ö)ebäd)tniBreben auf i^n (fämmtlid^
gebrucEt 1637 — 38 unb neben bem 'Programm feines Ö'oIIegen 3. .^immel
Cueflen für ©erl^arbe iQebenegefcfiidbte). — Sein titterarifc^er Otu^m beruht
f)auptfä(i)IidE) auf ^wei größeren t^eologifd^en Söerfen, einem bogmatifi^en unb
einem potemifd^en. (4rftere§ finb feine „Loci theologici, cum pro adstruenda
veritate tum pro destruenda quorumvis contradicentium falsitate per theses
nervöse solide et copiose explicati'', ju tpelbburg Pon bem 27iä^ingcn 3üng=
ling begonnen, 1621 ju ^ena beenbigt, gebrudEt in 9 Duartbänben, ^ena 1610
big 1622, eine (Srgänaung bee erften xl^eitö bilbet bie 1625 ^u ^ena erfcf)ienene
„Exegesis s. uberior explicatio articulorum". 6in rerormirter 'Jlac^brucf er=
fd^ien ju @enf 1639; eine neue 3tuggabe 1657 ju granffurt unb .pamburg in
^olio (beforgt Don bem (So^n So'^ttnn ©ruft @.); eine mit wert^üollen 3uf<i^en
unb ßrcurfen auggeftattete Stuegabe Peranftattete 1762 89 in 22 Cuartbänben
ber Tübinger ^^^rofcffor unb Jfanjler :3. ^r. (Sotta; ein neuer 3lbbrucf beg
uriprüngti(^en 2Berfeg i[t 1863 76 ju Serün bei Srf)lawife erfc^ienen. Heber bie
wiffenf(^aft(idE)e SSebeutung bc« Söerfeg unb bie i^m gcbüf)renbe Stellung in ber
©efd§id§te ber proteftantifdtien Siogmatif üergl. bie Pon 5ifrf)er a. a. D. @. 392 ff.
aillgem. beutfc^e Siograp^ie. VIII. 49
770 föetijarb.
ÖeigeBvad^ten 9^otijen unb 3eu9niffc , 6otta'§ Praefatio 3u feiner 5lu§gal6e , bon
teueren befonber§ ©a^, @cfd)id)te bei- S)ogmatif I, @. 259 ff. ^u ber "»mitte
ftcf)enb ätoifdien ben älteren äöerlen tion (S'^emnij unb |)utter, ben f^jäteren
Oon 6aIot) unb Cuenftebt bejeicfinen @er'^arb'§- Loci burdt) bie ©olibitdt ber
6i6lif(^en ©runbtegung, bie 6orrectt)eit be§ orf^obojen ©tanbpunfteS , burd) bie
9leid)l)altigfeit be§ gelet)rten 5}laterial§, bie 2)urd)ftcf)tigfeit unb Ueberfid^tlidifeit
ber Slnorbnung, bie burcfigängige 23crbinbung ber tt3iffenf(^Qftli(^en unb prafti=
f(i)en @efi(^t§pun!te ben .spöt)epunft ber orffiobojen alttut^erif(i)en S)ogmati!.
Unb tro^ einer getoiffen 2leu^erlid)feit ber toiffenfc^aftlidien 5!)tett)obe , eine§
getoiffen ^mangels an eigenen bogmatifct)en ober ft)eculntiöen (Sebanfen, einer ju
großen 3Bertt)legung auf ?luctoritöten gilt bn§ Söerl immer nod^ mit ^iedit al§
baS opus palmare ber luttierifd^en S)ogmati! , aU öielbenü^te unb unerfd^öpfte
gunbgruBe tt)cologifd)er ©ele'^rfamf eit , at§ grünbli(^fte unb umfaffenbfte 3]er=
arbeitung be§ bogmatifc£)en <S(^a^e§ ber lutl)erif(^en .^ird^e be§ 16. unb
17. 3at)rf)unbert§. — 5Dur(^gearl6eiteter noct) unb öottenbeter al§ bie Loci ift ba§
^toeite tt)eotogifd)e i^au|)tlüerf ®erf)arb'§, bie „Confessio catholica", — ober tuie
ber jtitel öoEftänbiger lautet: „Doctrina catholica et evangelica, quam ecclesiae
Augustanae Confessioiii addictae profitentur, ex Romano Catholicorum scriptorum
sufiragiis contirmata", ^ma 1633 — 37. 4". 2 Sudler in 4 Steilen; neue 3tu§=
gäbe, beforgt üon bem ©ot)ne Sol). 5lnbrea§ (B. , Sfranffurt 1679. 4". S)iefe§
2öer!, ujorin ber SSerfaffer nact) bem 5ßorgang Don g^laduS' festes veritatis bie
(Stimmen faf^olifdier ©diriftfletter jur ^-üertl^eibigung ber eoangelifd^en 2et)re
fummelt unb bie etiangelifcfie ilirct)e alg bie tr)a'^rl)ait !atl}olif(^e bari'teUt, gilt
neben 6l)emni^' Examen concilii Tridentini at§ bie bebeutenbfte 9tcd)tfertigung§=
fd^rift be§ orttioboycn S^^uf^ertliumS gegenüber ber alten ^ird^e unb trug i^m
bal)er ebenfoöicl Sob unb 5Danf öon Seiten feiner @lauben§genoffen ein al§
Singriffe öon Seiten ber (Segner. — ©dE)on frü'^er '^atte ®. in befonberen
(Sdt)riften ben ^efuiten SSeUarmin unb einige anbere fat^olifi^e ©egner befäm^jft
unb aud^ an Streitfd)riften miber Saltiini§mu§, Sociniani§mu§, 6t)ilia§mu§ lie| e§
ber ftreng ovtt)obore X.'utljeraner nidt)t feilten. ^Jlid^t minber bebeutenb al§ bie
bogmatifi^=polemifd^en erfd)ienen menigften§ feinen 3eitgenoffen aud^ bie ei-egeti=
fd)en Seiftungen ®ert)arb'§: bor Willem bie öon ifim auf öiclfeitigen Söunfcf)
unternommene f^ortfe^ung unb 33oltenbung ber großen, bon Sßl. ßtiemnij be=
^onnenen, bon 5p. ßel^fer fortgefeliten (Sbangclienerflärung, ber fogenannten Har-
monia Chemnitio-Lyseriana , luo^u ®. 1626/27 bie 2eiben§= unb 2luferfte'^ung§=
gefd)ict)te in 3 Quartbänben '^iujufügte , foba^ bann ba§ @anje juerft in
einem (Senfer 5^ad^brucf 1628 i^ol., bann in einer au§ (Ser^arb'S ^anbfdirift rebi=
birten (SefammtauSgabe ^pamburg 1652 unb 1704 in 3 goliobänben erfdC)einen
fonnte. ^u^crbem erfd^ienen bon il)m nad£) feinem Stöbe eine 9teif)e bon Som=
mcntaren unb Slnnotationen ju berfd)iebenen biblifd^en S3üd£)ern 3llten unb
^Jteuen 3;eftamente§, ju ©enefiS, Deuteron., ^ßfalnien, ^^aulinifdt)en unb ^etrini=
fdt)en Briefen (1637. 41. 58 2C.), unb enblict) betl)ciligte er fidt) nodt) in ben
legten ^atjren feine§ Seben§ bei ber J^^erauSgabe be§ auf -^erjog ©ruft be§
frommen äBunfd^ beranftaltcten |)opulären SSibeltoerfeS (ber fogenannten äöei=
marcr ober ''Jlürnberger , aud) ,^urfürften= ober ©rnftbibel), beffen 9tebaction er
eine 3eitlang beforgte unb moau er felbft (Senefig, 5£)aniel unb 5lpofalt)t)fe ge=
liefert l)at. — Seine reidt)en !ird^en= unb bogmen~^iftorifd^en Äenntniffe l)at @.
meift in feinen beiben .'pau|)ttDer!en, ben Loci unb ber Conf. Cath. niebergelegt,
minber bebeutenb ift bie nadt) feinem Xob bon feinem (Sol)n ^o^. (ärnft ®. ^tna
1653 'herausgegebene „Patrologia". — dagegen ift für bie ^enntni^ feiner
t^eologifdjen (iJefammtanfi^auung unb jur 6^ara!terifti£ be§ bamaligen tl)eo=
logifdtien StubienbetriebeS bon Söerf^ bie glei(^ ju 9lnfang feiner ^enenfer ^ro=
feffur 1617 unb öfter l^erauSgegebene ifagogifd^e Sd)rift: „Methodus studii
©er^Qvb. 771
theologici" , auSge^eicfinet befonbers burd^ bie dc^teöangeliic^c ^Jetonung bes
(Sd)viit[tubium§ q1§ ber t^eotogifcfien f^unbameutalroiffenfd^ajt joraie burc^ ent=
jrf)iebene .Sperüorf)ebung bet ptaftifd^en ^^tbjtoecfung bes t^eologifcfien 3tubium«5.
?lo(i) ftärfer tritt bieje praftifd^c 3;enbeii5, bie biirc^ alle iüifii'nfcf)aittict)en
^jlrbeiten be§ groBen 3;^eo(ogen ficf) !^iubui(f),jie^t , tjeroor in ieineii ^4^vebigten,
toon betien toir mel)rere ©ammtungen (^. 33. „^veftprebigten", ^tna 1607, „|)o=
miUen über ha'?: 2ehtn ^t\u 61)rifti", 1609, „^jßoftiüe", 161:J, „Postilla Salomonea",
1631 u. ij., „Homiliae in pericopas evang. 1634 unb 1636) unb eine ^ei'^e
einjelner ßafualprebigten be|i^en, bie burd^ ©iniai^^eit ber goi-'fn unb ^^füüe
fd^riitmä^iger ©ebanten fid^ Qu§jei(i)nen ; fotoie enblid^ in mehreren prattifdf)=
erbauUdf)en <5c^viiten, in benen er nad^ bem SJorbilb feinet öäterlic£)en 5i.'eunbeg
^ot). ^ilrnbt ein Si(b unb görberunggmittcl ber n^a^ren (i)riftlic^en ^rrömmigfeit
ju geben üerfud^t, bie i£)m aber audt) ebenfo wie jenem ben 5yortDur| be§ ^Jh)l"ti=
ci§inu§, 2ßeige(iani§mu§ unb anberer ^e^ereien toon ©eiten bet fanatifcfien Crt^o=
boren juge^ogen t)aben. 2)at)in getjört oor SlUem feine 3^ugenbarbeit, bie ..Me-
ditationes sacrae" , eine Ütei^e öon irommcn 33etra(i)tungen , t^ei(§ an ©teilen
ber ^eil. (5d£)riit, tf)eit§ an bie ältere a^cetifc^e Sitteratur, an 31uguftin, Slnfelm,
^ern^rb, %i)oma^ öon Kempen fici) anfc^üeBenb, fc£)on tt)äf)renb feiner (btubien=
jeit jum S^td eigener ©rbauung niebergefc^rieben unb 1606 erltmatä erjcf)ienen,
nacf)mal§ in unjäfitigen iHusgaben fju ^ena, Seipjig, gi-'on^iui-'t . ©tra^burg,
!^et)ben, ^mfterbani ic.) raicber abgebrucft, unb Taft in olle europäifd^en (5pradt)cn
überfe^t (neuefte 3luögaben 3. 33. öon ©d)oIj 1863, öon ^aijtx 1864 ic).
33orfi(^tiger aber aucf) füf)Ier unb nüdt)terner ift feine juerft 1622—23 ,^u 3?ena
erfdf)ienene , bann gleidtifaHS öfter toieber^otte „Schola pietatis, b. i. (^riftlid^e
unb fieitfame Unterrid)tung jur (Sottfetigfeit k." , Xüoxm er ju 23ermeibung be§
3}orrourl§ be§ ^t)ftici§mu§ unb 2!Bcigetioni§mu§ ftreng an bie ^eilige ©d)riit
fid^ :^aUen unb bem 3lrnbt''fd)en Söa^ren (I^riftentt)um ein ftreng ort{)obore§
©eitenftücC gegenüberftellen roill. Stu^erbem ^at @. noc^ eine 9teit)e öon fteineren
Xractaten, 3lpf)ori§men, Crationen , 4>räjationen, 2)i§putationen, fv^utad^ten über
öerfdt)iebenertei ttjeologifd^e, fird^ti(f)e, anä) fogar politifc^e fragen j. 33. ..Ceu-
turia quaestioniim politicarum" . ^ena 1604) gefd^ricben unb eine ir)a^rt)aft
coloffale (Eorrefponbena geführt: über 10000 iBriefe foüen öon i^m eriftiren,
einjetne gebrucft bei gifrfier, 2^olucE (Spicilegium ex commercio epist. J. Ger-
harcli 1864. ^^rogr.) u. %, üiete ^nbfc^rifttid^ auf ber .Hamburger, StraB=
burger (?), ©ot^aer u. a. 33ibüot§efen. ©ein gefammter ^anbfdf)riitlicf)er ^JiacE)=
lafe in nict)r al§ 30 33änben fam auf bie f)craoglid§e 33ibIiott)cf ju ®ot^, ift
aber ui^t me^r öoüftänbig öorf)anben.
eine au§Tü^rIicJ)e 33iograp:§ie ^. (SerJ^arb'i fd^rieb mit Senü^ung älterer
gebrudter ^toti^en unb ber reidien t)anbfdt)riftü^en ©^ä^e ber @ott)aer Sib(io=
t^ef ber ßoburger S)iafonu§ ßrbmann 9tubol| f^ifc^er unter bem Xitel „Vita
Jo. Gerhardi ad illustrandam bist. eccl. etc., Öeipjig 1723. 8.; jttjeiter M-
brucE unter bem 2itet Historia eccl. saeculi XVII in vita J. G. illustrata,
Seipaig 1727. 33on neueren 3Irbeiten finb ,3u nennen:^, ^r.^ dotta's Prae-
fatio de vita scriptisque auctoris in feiner '^(uSgabe ber Ö)ert)arb'fd^en Loci. !i;ü=
bingen 1762. 33b. I; ©c^röcf^ , Ä.=@. feit ber ^Jieformation IV, ©. 355 ff.;
."p. Döring bei grfdf) u. ©ruber; X^oIudE in feiner 3)orgefd)ic^te be§ 9tatio=
naliämu§ «b. I; in feinen l'ebenSäeugen au§ bem 17. Sa^^"t)unbert ©. 17J;
3Bittenberger 2^eotogen ©. 143; unb bei ^er^og, Itjeot. 0i.=(5. V, ©. 40 ff.;
®. l^ranf in feiner @ef^. ber ^enaifc^en Ifieol., feiner ®efc^. ber proteft. 2f)eot.
I, ©. 371 unb in 513iper'§ 3eugen ber 3Ba§r^eit IV, ©. 227 ff.; (V)aB, ®e=
fii^te bet proteftantifc^en 2)ogmatif I, ©. 259 ff.; 2)orner, ö)efc^icf)te ber
proteft. Xbeologie ©. 529 ff. k. äÖagenmann.
49*
772 ®erf)arb.
©erwarb: ^ofiann @rnft @. , I unb II, lutl^enjc^e S^^rotogen beS
17. 3(Cit)i"^unbeit§, <Bo1)n unb @n!el be§ 3fenenfcv So"§anu ©erfiarb. — 1) 2)er
erftere tft geboren ju i^ena am 15.2)ecBr. 1621, al§ ältefter ©o'^n |eine§ ^aterä
au§ beffen jtüeiter @^e (j. o.). @r 16efud)te bic (5d)ule ju ^ena unb ftubitte
jeit 1637 an bev bovtigen Uniüevfttät ^p^^ilofopl^ic , 2;i^eologie unb orientaU|(i)e
(Bpxaä)m, fetite biefe 6tubien fpäter ju 5lltoxf unb SStttenberg fort, bejud^te
aber aud) nod) eine ganje 9ieil)e tjon anberen Uniöerfitäten , mad)te barauf
eine längere Steife burc^ .^oEanb, ^^^rantreic^ unb bie ©ditoeij, tourbc 1652
Prof. historiarum in Sfcna, 1653 Dr. theo!., 1655 ^xo']. in ber fEieotogtjc^en
i^acultät, befleibete berjd^iebene afabemifd^e äBürben, toar ein 5!)tann öon lil6e=
raier ©efinnung, aber öon fc^toaifier @efunbt)eit unb lüol aud) mäßiger 33egabung
unb ftarb jc^on ben 24. g^ebr. 1668. — ßitterarifc^ Ijat er ftd) befannt gemad^t
be|onber§ burd) bie Verausgabe üerfc^iebencr äöerfe au§ bem ^Jkd)la§ fetne§ SSaterS,
wobei er jebod) nid)t mit ber nöttjigen .^ritif öerful^r (3. 35. berfd^iebener exe-
getica, ber ^patrotogie, ber jtociten 2lu§gabe ber Loci ic); er felbft fd)rieb eine
.,Isagoge" 5u ben Loci th. feineS 9}ater§ , eine „Epitome" ber Conf. catholica
beffelben, „Sylloge decaclum theologicarum" , einige 5trbeiten jur ©rammatif
ber femitifdE)en Sprachen, „Harmonia linguarum orientalium" ic. unb 3a!£)treidC)c
2)ifjertationen ercgetifd^en, bogmatifd)en, :potemifc^en, fird^en'^iftorifd^en, tinguifti=
jd£)en ^n'^altS. ©ein auSgebe'^nter 33rieime(^fet befinbet fid^ toie ber |eine§ Sßaterg
aui ber ^^erjogt. 23ib(iotf)e£ ju ©ot^a. S}gt. 6t)prian, Catal. Mss. Goth. p. 69;
gifdier, Vita J. Gerhardi ©. 263 ff.; unb bie @ebä(^tni^reben bou ©dt)röter, ^ma
1668; äBenbe, ßudissini 1671; ^rätoriu§ in mem. J. E. G. 1673. —
2) ©ein jUjeiter ©o'^n, be§ großen SL^eol'ogen Snfet, ^. 6. @. IL, lourbe ben
19. ^5febr. 1662 ju ^ena geboren, nad^ bem früf)en 2:ob feiner Altern bon einem
Dätertid)en D^eim 3^0'^. 2lnbrea§ ®. erlogen, auf ben ©deuten 3U ©ot^o unb
@era öorgebitbet, ftubirte in ^ena unb 9tltorf ^f)iIofopt)ie, 5tf)eotogie unb 3^uri§=
bruben^, ma^te eine tt)iffenfct)aftUd)e Üieife burd^ S)eutfd)fanb, bocirte eine furje
3eit in 3^ena, Würbe 1694 Sfnfpector ber Äird^en unb ©deuten in @otl)a, 1797
Dr. theol. in 3^ena, folgte 1700 einem 9tuf al§ ^tofeffor ber X^eotogic nad)
@ie^en, wo er eine eifrig unb ängftlid^ ortt)oboj:e 9tidf)tung öertrat unb baburd^
• mit man(^em feiner freier gerid)teten ßottegen in ßonflict £am, ftarb aber fd^on
ben 23. Wäx^ 1707. @r gab eine „Sylloge diss. theol." feineS 3^ater§ :^er=
au§, öeranftaÜete eine ©ammtung ber firdt)tid§cn 2>erorbnungen ^er^og ©ruft
be§ f5i-"onimen bon (Sotf)a, beabfid)tigtc eine .g)erau§gabc be§ tf)eoIogifd[)en S3rief=
med)fel§ feine§ (Sro|öater§, bie aber nic£)t ju ©tanbe tam, bet!)eiligte fid) (at§
(Segncr) an ben 3}erl^anblungen über eine Union jwifi^en Suf^eranern unb 9te=
formirten, fowie am Äampf gegen bie ©d^wärmereien SDippers, ber öon einem
Singriffe (Ser"§arb'§ 3lnla^ nat)m 5u farfaftifdien 5lu§fätteu gegen bie afabemifd)e
(Sotte§getal)rtl^eit über'^aubt.
©. gifd^er, Vita J. G. @. 278 ff.; ©trieber, ^eff. ®ele^rten=®efd^idf)te;
V. 5Döring bei @rfd) u. ©ruber. Söagenmann.
©erwarb: ßarl 2lbra^am @., ein at§ ^incratog berühmter 91atur=
forfd)er, geb. am 26. f^ebr. 1738 äu Serd^enbrunn bei Siegni^, geft. am 9. 3Jlära
1821 3u SSerlin. ®. geno| in feiner ;5ugenb ben geWö^nli^en ©d^ulunter=
rid§t unb bejog atgbann bie Uniöerfität f^ranffurt a. £). um fidf) bem ©tubium
ber ^Jtebicin 3U Wibmen. 2Rit einer 9lb^anblung : „De Granatis Silesiae et
Bohemiae" 1760 ^um S)octor promoöirt Wenbete er fid^ borerft bem niebicini=
fd)en SSerufe ju, betrieb jebodt) aud) ferner b^t)fi£alifd^e unb mineratogifdt)e ©tubien
mit SSorliebe. ©einen l^eiöorragenben Äenntniffen in biefen gädiern öer=
banfte er eine ^Berufung al§ Dberbergbau= unb 9ted)nung§ratf) , jugleid^ aud§
aU (SommiffariuS bei ber 35ergwerf§= unb ^üttenabminiftration in 33erlin. S)ie
©erwarb. 773
erften größeren ^^Nublicationen ©er'^arb'S t)ielten fid^ auf bem'mebicinifd^en @e=
biete: „Triga dissertationum physico-medicarum", 1763 unb „Materia medica'-,
bic 1771 eine jtoeitc Sluflage ertebte; „2)ie SBärentraube , diemifd^ unb mebi»
cinifd^ betrad^tet", 1763; mit feinen „^Beiträgen jur 6{)t)mie unb @efrf)ic^te ber
Mineralogie" in atttei 33änben (1773 unb 1776) betrat er ein neue§ gelb, out
bem feine ißeruiung nad) S3erlin it)m öieliacf)e @elegenf)eit ju auSgebe^nteu
irud)tbaren arbeiten bot. ^n bem jtoeiten SBanbe biefe§ äöertei [teilte @. ein
neue§ Mineraljtiftem ouy , ba§ firf) bem auf rein fünftlid)c Mcrfmalc gegrün=
beten gegenüber jtüecCmä^ig burd) eine natürlict)e ©ruppirung ber Mineralien
au§3eid)net, inbem e§ fic^ bejüglid) ber l^öl^ercn ©tufen me^r auf d^emifd^e, jener
ber ©pecie§ met)r auf äußere ^In^eid^en ftü^. 2)affelbe entl)äÜ ^ugleic^ aud^
ted^nifd^=tüidC)tige Semerfungen 3. 33. über ben @teinfol)tenbau. ©päter t)erüon=
ftänbigte @. baffelbe in bem „@runbri^ eine§ neuen Mineralft)ftem§" (1797j.
^ar'g metaüurgifdtie üteifen jur Unterfu(i)ung unb 23eobad£)tung ber üorne!§mften
@ifen=, ©ta'^l=., SSlei^^ unb ©tein!ot)lentoer!e , 1757 — 1769, bie @. au§ bem
5ran3öfifdf)en überfe^te, berfal^ er mit ja'^lreid^en 3lnmerfungen unb tieröollftän=
bigte biefe§ äBerl burcE) ^mei weitere 23änbe mit 3al)lreid£)enifupfertafeln (1781).
;3n3tüifc£)en l^atte @. 1779 ben 2:itel eine§ geheimen 23ergratt)§ er'^alten unb
mar 1786 jum gcl)eimen C»berfinanä=, .^ricg§= unb S)omäncnratl) beförbcrt morben.
^n feinen 2lmt§gef(f)äften rafttoS tl)ätig, faub er gleidE)mol fortmät)Tenb nod) Mufee ju
fd§rift[tetlerifdt)en Slrbeiten. ©d)on 1779 toar eine neue 3lb^anb(ung: „33eob=
ad)tungen unb Mut^ma^ungen über ben ©ranit unb @nei§" erfd)ienen, mel(f)er
1781 — 82 ein ätoeibänbigeS 2öer! „Sßerfud^ einer @efd^idt)te be§ Mineral
rei(^§", eine feiner tieröorragenbften miffenfctjaftlid^en Seiftungen, folgte, ^n
le^terem 2öer!e fuc£)te er bie ft)ftematifct)e Mineralogie burd^ 23etradt)tungen über
bie ^Jtatur unb 6ntftel)ung ber Mineralien, foluie über bie ©ntfte'^ung unb bie
Seränberungen ber @ebirge ju ermeitern unb 3U öerüottftänbigen. @in „Örunbrife ber
Mineralogie", 1786 mar für bie Senu^ung bei 5öorlefungen beftimmt. @e^r eigen=
tpmlidie Slnfid^ten öerfod)t @. in einer 3lbl)anbtung : „Ueber bie Scrtoanblung
unb ben Uebergang einer ©tein= unb ßrbart in bie anbere", 1788, inbem er ju be*
tüeifen fud^te, baB 3. S. ber Äalf fid§ in Äicfelerbe toermanbele unb baburd) felbft
ganje Gebirge in anbere fidt) umbitben !önnten. 3lu§erbem fdEirieb ®. eine
Menge fleinerer 3lbf)anblungen , lüeld^e in ben ©d)riften ber S3erliner ^Ifabemie,
in fenen ber SSerliner ©efeEfd^aft naturf. S^reunbe, in 6rell'§ dt)emifd^en 9lnnalen,
in ipupfner'g Magazin für ^aturlunbe |)elt)etien§ erfd)ienen finb. Mit einer
„Sammlung bermifd)ter (Schriften" (1803) unb ben „33eobad)tungen über bie in
Ärt)ftatten unb ilr^ftaEmaffen eingefd^loffenen feften Körper" (3lbt)anbl. ber 2lfo=
bemie ber 2ötffenf(^. in Berlin 1814 unb 1815) befd^lo^ er feine reid^e fc^rift=
fteüerifi^e 2;t)ätigfeit. ®. toar Mitglieb ber ^Ifabemie ber 2Biffenfd^aften in
Serlin, Münd£)en unb ber Ac. natur. curiosorum, bann ber öfonomifd^en @efett=
fc^aft in Petersburg, ber (Sefellfc^aft naturforf(^enber greunbe in S3erlin, ^franf'
fürt unb J^alle, au|erbem 9titter be§ rotlien 9lbIerorben§. 1818 feierte ®. fein
50jä^rige§ S)ien[tiubiläum unb ftarb 1821 in l^o'^em 2ltter.
erfd^ unb @ruber'§ ®nct)!lopäbic I. ©ect. 60. 1855. ©. 476; Meufel,
@. 2:.; ^poggenb. a3iogr. 880. 6. äö. @ümbel.
©erwarb: ßubwig @., Mag., gebürtig au§ grieblanb im .f)erjogt^m
MecElenburg=©treli^ , mürbe 1709 ülector an ber S)omf^ule 3U 9ta^eburg (ftre=
li^ifd^), geriet^ ^ier balb mit bem ^Propft Äo^lreiff in ärgerlid^e (perfönlid^e,
nid)t bogmatifdie) ©treitigfeiten , unb tourbe 1712 bei^tb an bie ©tabtfc^ule
ju ^euftreli^ öerfe^t. ©päter finben mir i^n, bereite oer^eirat^et, in 9loftocf,
mo er öon SJorlefungen lebte. 5ln einer 1718 in ber S^acobifird^e für ben er=
franften ^aftor gel)altenen SGÖei^nac^täprebigt „Ueber bie geiftlid^e ©eburt 3^cju
774 ®ert)orbt.
in un§", nafim bie ovtf)oboi-e tticologijd^e ^^a^^uttät 3Infto|, Weil ci: bavin bon
bcm ©"^tiftuS in un§ more fanaticorum (ml)[tij(^=pietiftif(^) Iet)re , juglcid) Qud)
baron, ba^ er mit einem ber xeformirten ?lbenbma'£)fölel§i-e ant)ängenben ,<l'Qmmet=
xati} ©tuvm freunblid^en Umgang l)ielt. S)ie S^acultät öei-t)anbelte mit if)m,
fonnte il)m jtnar tcenig anfiaben, tool aber feine (Stellung untergroBen unb !6e=
mirfen, ba^ er feine ßoHegia (privatissima) me'^r ^u ©tonbc bradjte. @r begab
fi(^ nad^ '^ard)im , tüofjer feine g-rau ftammte ; bie 2[u§fid)t, ba§ fc^tDerinj(i)e
©(i)utrectDrot ju erlangen , 3erj(i)lug fidi an bem öon 9io[to(i au§ genät)rten
33erbacf)te. 91amentli(ä) fanb man in feinen früheren 9leu§crungen aurf) eine t)er=
bäd)tige über bie fir(i)ti($e Seigre öon ber elüigen 33erbammni^. ^n ber %^ai
trat ®. jep, nad^bem er, toie er fagt, crft in 5par(i)im 3ur ööEigen 6ntf(i)ieben=
'^eit für „bie f)3ottmei§ fogenannten neuen ©öangeliften" gefommen, mit einer
umfänglichen Jßert^eibigung ber ße'^rc „öon ber SBieberbringung aller S)ingc"
'^erbor: „Systema aTroy.avaoTccoewg , b. i. ein boÜftänbiger Sel^rbegriff be§
©migen ©üangelii bon ber SBieberbringuug aEcr S)inge", 1727. 4. S)o§ 33ud),
bcm jene ütoftorfer 2Beil)na(^t§|3rebigt unb ein umftänblid^er 33eri(i)t über feine
5öerl)anblungen mit ber S^oftotfer i5^acultät angel)ängt ift, l)at @. bem betüt)mten
^fenaer 2t)eologen 3. ^v. ^ubbeug gemibmet. 5Der SSerfaffer befannte fid) l^ier
ganj ju ber 9ti(^tung be§ be!annten ^tjftiferg unb 3lpo!al^pttfer§ ^^eterfen, ben
er at§ feinen geiftli(i)en 35ater liebe unb berel^re. S)a§ Sud) tourbe in ^e(ilen=
bürg confi§cirt, ber ?lutor bor ba§ 9toftocter ßonfiftovium citirt, eine S^lull) bon
(5ontrober§fcl)riften erfd)ien. @. berlie^ 9)ledlenburg unb ift 1738 in ^Ältona
geftorben. 3ln feine ^au^jtfdirift fd^lie^t fid) nod) „Snpplementa, b. i. grünb=
lid)e 9iettung unb 33ert]^eibigung k." , 1728 unb „Äur^er SBcgriff be§ etbigen
gbangelium§", Slltona 1729. 8. — 33gt. noc^ : Der tl)eol. gacultät ju gtoftod
reblid)e unb bentlid)e ©ntberfung ber offenbaren Untoa'^rl^eiten , weld)e M. S.
(SJerfiarb k., Üioftod 1728. 4.
S. (S. äBalc^, Einleitung in bie 9fieligion§ftreitigfeiten innerl^alb ber lutl^cv.
^irc^e III, 259 — 533. V, 421. ^ortgefe^te Sammlung bon alten unb neuen
t^eol. ©ad^en (Unfc^ulb. ^laä^x.), 1728, ©. 593 ff. u. bie folgenben ^a^x=
gänge an bielen ©teEen. 2B. 9Jtöller.
d^tr^orbt: ^Uulu§ &., lutl^erifdlier ^prebiger unb näd)ft Öut"^er ber größte
S)i(^ter gciftlidE)er ßieber beutfdjer ^ui^flc (1607 — 76), flammte au§ @räfen=
l)aini(^en , in toeld)er bamal§ furfäd)fifd)en ©tabt fein 33ater, (s^riftian @.,
33ürgermeifter mar. 9lu§ feinem Seben finb aufeer für bie @cfc^idf)te feinet
Äampfe§ gegen bie ©biete be§ großen iturfürften bert)ättni^mäfeig nur menige
Daten befannt; t^cilmeife ift erft in neuefter ^e\t ©agen'^afteS , ba§ bon il^m
crjäl)lt mürbe, mieber bon bcm gefd^idlitlid) beglaubigten au§gefd)iebcn; für an---
bereS finb je^t menigften§ fii^crere ?ln^alt§pun!te getoonnen. 2)a| er am
12. 5Jlärä 1607 unb ^mar alten ©tileg geboren (ober getauft) ift, mirb auf
fidlerer .^unbc berulicn, obfd)on biefc Eingabe, fomeit unfcr l)eutige§ Sßiffcn reicf)t,
crft im ^. 1740 auftritt unb bi§ 3um ^. 1866 eigentlid) unbead)tet blieb,
©eine 5)tutter mar eine ßnfelin be§ im ^. 1570 al§ ipofprebiger 3U S)rc§ben
berftorbenen @aEu§ Döbler. ©einen S}ater l)at er mat)rfdC)einlid) frül^ berloren.
SBom 4. 2lprit 1622 bi§ jum 12. Decbr. 1627 mar er ©c^üler ber prften=
fdf)ule ju @rimma; jtoei iSal^re bor xijm Wax fein SBruber 6l)rtftian l)ier auf=
genommen. Diefe ©d)ule ^eidinete fidl) burd) frommen ©inn unb ftrenge^3"'J§t
au§; ba^ unfcr (B. bort fioben§mcrt]^c§ geleiftct, bemeift ein nod) borl)anbene§
3eugni^. Ob er ju bcnjcnigen ©(^ülcrn gcprte, mcldf)c, al§ im 3>- 1626 eine
gcfäl)rlid§e ©cud)e in Grimma auöbrad) , bon ber @rlaubni§ , nad) |)aufc ju
reifen, ©cbraudE) mad)ten, miffen mir nic^t. DaB er am 2. Januar 1628 äu
äöittenberg infcribirt murbc, ftel)t au§ bem ju ^aÜe (l)anbfd^riftlid§) borl^anbenen
(iiet^rbt. 775
Vllbum jenev Uniüeijität feft. SSittenbevg roax hamaU no(f) bcr @i^ einer Qe=
mäßigten unb leöenStooIIeu Drtt)obojic , öoll tüavmen Sintercfieö für bic 93ebüi7=
niffe ber Ähd^e. Unter jeinen bortigen l'ef)rern ift ber ^rofeifor ber Xljeologie
^^aulu§ 9löber al§ befonberer ^^i-'fUJ^^ ^e^' Crgel unb be§ geiftlic^en Öiebe§ unb
aud) at§ S)i(i)tcr geiftlic^er Sieber befannt. Sine anbere Uniocr[ität nocf) ju bc=
fud)en, mögen it)n unter nnbcrm aud^ bie traurigen ÄriegS^eiten get)inbert t)al6en ;
öon 5Jlitteln fd^eint er nirf)t ganj entblößt getüefen ju fein. Sfnr 31. Iö42 ttjirb
et fid) no(i) ober toieber in Söittenberg Qujgel^alten t)at)en, ba ficf) unter ben
gebrucften @ebi(i)ten, mit toetc^en ber Hamburger i^ocob 2ßct)renberg ^u jeiner
am 26. Slprit 1642 bajelbft erfolgten 5)}romotion begIücEtt)unfd)t mürbe, al§
le^te§ ein lateinijdieS Epigramm in bier 2)ifti(^en üon i^m befinbet. ^Jlid)t biet
jpäter treffen mir it)n in Berlin an, mo er im ^. 1643 feinem f5fi-'funbe, bem
3ir(^ibiaconu§ ju @t. ^licoloi , ^oacEiim gromm , ju feiner ."po(^jeit§feier mit
©abina 35artf)olb in einer Gbe ©lücE toünfdite; biefe £)be ift ba§ frü^efte
beutfc^e ©ebid^t ©er'^arbt'S, beffen @ntfte^ung§äeit nadjmeiSbar ift ; bie Sc^loefter
ber Sraut feine§ greunbeä mürbe fpäter feine ^^i-'^u. 3)a| er um biefe 3^^*
unb bi§ äum ^. 1651 im ^aufe feine§ fünftigen ©ct)h}iegerüater§, be§ ^Ummer^
gerid)t§=3lböDcaten 5Xnbrea§ 33artt)olb, al§ ^auSte'^rer tt)ätig gemefen fei, ift eine
teine§meg§ fi(^ere 2lnnat)me; nad^toeisbar ift nur, ba^ er im 3f- 1651 in biefem
Jpaufe äu 33erlin motinte. 6r mar bi§ ba^in ot)ne 2Imt; im ^. 164o nennt er
fid) felbft noc£) einen ©tubiofen ber 3;t)eologie, im 3f- lö51 mirb er Dom S3er=
iiner ^Utinifterium (b. t). ber luffierifdien <5tabtgeiftli(i)fcit) at§ Sanbibat ber
2f)eologie be^eidmet. 2Bir merben aucf) f)ierfür bie (ärftärung in ben aEgemeineu
3uftänben finben, bie in ^otge be§ langen Äriege§ eingetreten maren; mirb un§
borf) ni(i)t nur berid)tet, ha^ biele ©emeinben gänjüd) jerftbrt maren, fonbcrn
auc^, ba| in anberen au§ ^Hanget an ©intünftcn für bie geiftli(i)en Steüen biefe
ja'tirelang unbefe^t blieben ober bod) nur Don einem ©tubiofen au§i)ülfimeife
öermaltet mürben. S)a§ @. nid)t unt"^ätig gemefen unb nidit unbefannt ge=
blieben mar, baDon jeugt ba§ Schreiben be§ genannten 5Jtinifterium§ au§ bem
^. 1651 , in metc^em biefe§ bem ^Ragiftrat ju 5[)tittenmalbc, ber fic^ an 't>a^
felbe megen eineg ^adifolgerS für ben Derftorbenen ^ropft ©obe gemanbt f)atte,
eben unfern (S. 3u biefer ©teile marm empfiehlt. S)er le^tere mirb t)ier ale
eine i^erfon bejeidinet, „beren ^^^ei^ ^^^ ßrubition befannt, bie eineö guten
®eifte§ unb ungefälfd)ter ßel)re, babei and) eines et)r=friebliebenben Ö)emütl)e§
unb d§riftli($ untabel^aften SebenS ift, bal§er er auc^ bei ^oi)tn unb 'Dtiebrigen
unfere§ £)rte§ lieb unb mertf) getialten unb üon un§ otlejeit bai ^^uQ^ife ^i-"
'galten toirb, ba^ er auf unfer freunblicl)e§ 2lnfinnen ju Dielen ^aten mit feinen
Don @ott empfangenen mert^en @aben um unfere Äir(f)e fid) beliebt unb raof)l=
Derbient gemacht l)at." S)er ©d)tu§ biefeS 3eusi^iffc§ ^inn nur barauf gef)en,
ta^ @. in 33erlin oftmals bie ^Prebiger auf ber ^anjel Dertreten l)üt ; momit er
fid) fonft befd)äftigt, bleibt beim Mangel jebe§ genaueren ^inmeifeS barauf un=
gemii; mal^rfdieinlii^ ift, ba^ er Unterricht ert:§eilt l)at. 2)afe einjetne 9lu§brüde
in feinen Siebern aÜenfattS aud) barauf meifen, bafe er mol ^elbprebiger fönne
geioefen fein, ift an fid) faum jujugeben; toeitere ^Folgerungen l)ierau§ ju jie^en,
ift gerni^ ju gemagt. 2)od) ba^ er bamalS fc^on al§ Siebter geiftlic^er Sieber
befannt gemefen fein mu| , barf nid)t unertüät)nt bleiben ; er l)atte nic^t nur
feine 2;|eilna'§me an freubigen unb traurigen (Srlebniffen im Äreifc ber i^m be=
freunbeten i^a^^ili^ti in manchem ernften ®ebid)te auSgefprod^en, mie unS bcr=
gleid)en au§ ben .^. 1643 — 51 nod) fünf gebrudt Dorliegen, fonbcrn inbem
^ol)ann Srüger'fd)en ©efangbuc^e Don 1648 (praxis pietatis melica) finb fc^on
18 feiner ^ird)enlieber aufgenommen, Don bcnen einjelne auc^ fd^on früf)er ge=
brudft fein fönnen, unb Don anberen Siebern @erf)arbt'§, bie für unfere f)eutige
776 ®ert)atbt.
^enntnt^ juerft in j})äteren S)tu(ien öoxliegen, tottb mit met)i- ober tocniger
2öal^rj(i)einlid)feit angenommen, ba^ fie aud^ au§ bieder ^^it finb. 3fo'§ann
ßrügcr , ßantor an ber 5licolai=Äird^e unb Se^rer am @t)mnafium pm grauen
Ätoftcr in SerUn, ge'^örtc ^u bem ^-ei^e, in n)cltf)em fict) ®. bamal§ bewegte
unb ift nic^t unföa^rjdieinlid) mit il^m befreunbet gemefen, ögt. über i'^n S3b. IV,
©. 623 '}. ßrüger !ann bie ©er^arbt'fd^en Sieber in biejer ^Injafit tool nur
öon i^m jelbft ert)alten t)aben; bie späteren 5luflagen feinet ©ejangbud^S ent=
l^alten bann no(^ me!f)r ßieber @et]^arbt'§; er t)at [ie in ben ©emeinbegebrauci)
eingefü{)rt, mie aud) bie 5ReIobien ju itinen jum S^eil öon if)m ]^etrüt)ren.
^n i^otge be§ ern)ät)nten 3eugniffe§ erhielt @. ben Ütuf nac^ 5JtittentoaIbe ; am
2)ienftag, ben 18. 5^oöember 1651, mürbe er in Serün al§ ^ßropft ber ^ird^e
ju ^ittentoalbc orbinirt. 5öci biefer Gelegenheit jc^rieb er in ha^ „3}cr5ei(f)ni^
ber Orbinanben", ba^ bie in ben jt)mbolif(^en 35ü(^ern ber Iut£)erij(^en ^ird^e
einjd)lie|lid) ber ßoncorbienformel enthaltene ßel^re „fic^ auf bie beuttid)ften unb
fefteften 3cugniffe ber propt)etijd£)en unb apoftolijdien (5d)ri|t grünbe, unb ba^
er bi§ an fein öebenSenbe, menn @ott i^m gnäbig fei, bei it)r unbcrrücEt bleiben
moUe". 3n ^Jlittenmalbe foE it)m ber bei feiner ^Berufung übergangene S)iaco=
nul ba§ Seben fdimer gemacE)t l^aben; aud§ fonft foßen bie 35crl)ättniffe ungünftig
gemefen fein. 3lm ©onntage, ben 11, f^ebr. 1655, mürbe ®. 3u 33erlin mit
9lnna 5J^aria 33artl)olb (geb. ben 19. ^3)tai 1622) getraut; e§ mag bann au(^
einem Söunfd^e feiner fjrau entfprodien "^aben , ba^ er im S- 1657 einen 9tuf
nad^ 23erlin mit großer ^^reube annal^m. 3ll§ nämlidt) l)ier ber ^ropft S3e!^r
äu @t. 5licolai geftorbcn unb ber 2trd)ibiaconu§ Siliu§ in beffen ©tefie gemät)lt
mar, bot ber ^)Jtagiftrat &. ha^ erlebigte S)iaconat an, ber, al§ er im S^uli
1657 ba§ neue 3lmt antrat, tno^l nidt)t a^nte, toddjt ©d^mierigfeiten xi)m in
biefer ©teüung bereitet merben mürben. Söäl^renb feine§ nid^t einmal 6jäl^rigen
9lufentl)alte§ in ^Jlittenmalbe l)at er ungefäl^r bie .^ätftc ber Sieber, bie mir öon
i^m fennen, gebidl)tct. ®. ftanb in S3erlin in gutem 3lnbenfen; er !§at f)ier in
ben erften Sat)ren fein neue§ 2lmt in i^rieben pm ©egen feiner ©emeinbe unb
unter mad^fenber ißeliebf^eit gefül^rt; er ift aud) unfd^ulbig an bem erneuten
^^luSbrud^ be§ ©treiteä jmifi^en Sutl^eranern unb ^teformirten , ber nun balb er=
folgte , i)at aber bann freilidl) , al§ ber ©treit entbrannt mar, aU tuf^erifdCier
@ei[tlid)er, mie c§ 5lmt unb ©emiffen öon il§m forberten, fo offen unb entf(^iebcn
in i^m ©teEung genommen, bafe aud§ er bon ben ^^olQen beffelben l)art getroffen
mürbe. 2Ba§ gerabc bamal§ im einjelnen ben ßampf, ber feit bem Uebertritt
be§ ^urfürften ©igiömunb 3ur „reformirtenSteligion" in Sranbenburg nie böüig
geruht l)atte, l)ier mieber fo lieftig au§bredt)en lie§, ift nidt)t gan^ !lar; bie 2}or=
gängc in Berlin ftanben mit ben fird^lidi)en Semegungen im übrigen ®eutfd^=
lanb in 3ßed§felmirfung. ^Jlamentlid^ tiatte ber, mie fie bie ©ad^e anfeilen
mußten, für bie 8utl)erifd)en fd^impflid^e ^u§gang be§ ßaffeler 9fteligion§gefpräd§e§
öom ^. 1661 bie SBittenberger unb aÜe am SSefenntni^ l^altenben ßuf^eraner
in eine grofee Erregung gebrad£)t. 2)er gro|e ^urfürft, meld^er nad§ bem ^rieben
öom ^. 1660 feine ©orge ben inneren 3lngelegen'^eiten feiner Sänber jumanbte,
l^atte befolgten, ba^ in ben berliner 5Jtagiftrat aud) reformirte ^Jtitglieber auf=
genommen merben fottten; biefe§ unb anbereö empfanben bie Sut^eraner aU
einen Eingriff in i^re 9ted^te, unb fie befürdC)teten noc^ meitere ©inbu^en. 6in=
seine lutl)erifd)e ^^rebiger liefen fidt) ma^lofe Eingriffe gegen bie 9leformirten
namentlid^ auf ber Äan^cl ^u ©df)ulben fommen, mie fie bodt) fdf)on burd§ ba§
ßbict ©igi§munb'§ öom 3f. 1614 ftreng unterfagt maren; al§ ein befonberä
tieftiger Eiferer mirb ein (College @erl§arbt'§ , ber ^rebiger 9iein^art, genannt,
ytun erlief Äurfürft ^riebrid^ 2öil^elm am 2. S^uni 1662 ein ^Jlanbat, in
meld^em er ba§ ©biet öon 1614 erneuert unb „ba§ unfelige ^öerbammen unb
föer^Qtbt.' 777
Sßetfeljern auj bet .^anjet" unterlagt. 2)a et aber in biefer gut gemeinten unb
im übrigen ö ortreff ticken 3}erorbnung „bie ebangetifc^n-eformirte Oieügion" ]d)ie(i)i--
t)'m aU bie „tnal^rc" bejeicijnete unb auc^ q(§ jeinc .^offnung auejprarf) , ba^
bereinft, wenn @ott „bie üöllige Erleuchtung" gebe, i'ict) alle jeine Untert^anen
3U biejer toenben würben, fo war bie f^olge, ba^ bie !Cutl^eraner in i^rem 5}li|=
trauen gegen feine ^Jta^na^men unb i^rem äBiberroiüen gegen bie JHeiormirten
nur beftärft würben. 3)er na(i) feiner 2Infid)t günftige ^^lu^gang bes Gaffeler
ßoHoquiumg öerantaBte i^n barauf, aud^ feincrfeit§ ein (Kolloquium jwifc^cn
feinen reformirten ,!pof))rebigeru einerfeitS unb ben lut^erifc^cn 5JHnifterien öon
Serlin unb 6ötn an ber ©pree anbererfeit§ ju öeranlaffen; unb an bemfelben
iage, an weld)em er ben 33cfe{)I tiiep an bag Gonfiftorium fanbte, bem
21. 2(uguft 1662, erüefe er aud) ein 3}etbot für alle 33ranbenburger , weld^c
S^eotogie unb ^^i(ofopf)ie ftubiren Wollten, bie Uniüerfität SBittenberg ju ht^'
fud^en, wai 5u f)inbern er freilief) na<i) ber Seftimmung be§ Weftfä(ifd)en ^riebcnS
ni(fjt befugt war. 5i)ie ^Jiinifterien waren juerft 2Q8iüeng, bal Goüoquium ab=
3ulef)nen; wir f)aben noct) @erf)arbt'§ motibirteS 33ebenfen gegen baffetbe. 3ln
ben 9}erl^anb[ungen, bie nun ftattfanben, unb bei bem Kolloquium felbft, welches
bocE) ju ©tanbe fam , lernen wir Oj. at§ einen tüc[)tig gefd^ulten unb in ber
Iut^erifci)en 2^ogmatif unb ^^polemif grünblic^ bewanberten 2I)eo[ogen f ennen ;
wenn feine @utad)ten au(f) nad) ber Söeife jener ^eit in einer un§ wenig an=
fpred^enben ^orm unb einem wunberbaren ®emifd^ üon SateinifcE) unb ^eutfd§,
bei Welchem ba§ leitete fid^ namentüdt) fteif unb ungewanbt aufnimmt, abgefaßt
finb, fo fcf)(t e§ i^nen bod) nie an ^lari^eit unb Sd)arTfinn, unb er fd)eint eben
um feiner l^eröoiTagenben t^eoIogifcE)en Silbung Witten ganj befonbers mit ber
9tuöfertigung ber ?lntworten unb SJortagen abfeiten ber tutt)erifd)en 53tinifterien
betraut Werben ju fein. 2ßer it)n nur au§ biefen 2lrbeiten tennte, würbe n-eiltc^
fd)Werlid) auf bie 5)^einung fommen , ba^ berfetbe 'OJtann aud) im ©tanbe fein
fönnte, oortrefflid)e§ aU S)id)ter ju leiften. S)a§ Gottoquium, wcld^eg in fieb=
3e]^n ©i^ungen bom 1. ©eptember 1662 bi§ jum 29. 5Jiai 1663 ftattfanb, ^tte
ben beabfid£)tigten ßrfotg, bie Sutl^erancr unb Dteformirten einanber notier 3U
bringen, in feiner 2ßeife; im GJegenttjeit , ber Srfotg war nur eine größere @c=
reijttjeit auf beiben ©eiten. 2)ie bon bem ^urfürften befo^tenc gortfe^ung be§=
fetben unterblieb be§t)atb aud) , unb fo fa'^ fid^ ber te^tere bann beranta^t, am
16. ©eptbr. 1664 ein abermatige§ ßbict ju ertaffen, wetdies fd)ärfer ate ba§
borige ben reformirten unb tuttjerifd^en iprebigern unb Set)rern „bei 5}ermeibung
ber ütemotion bon i^rem ?tmte, auc^ bem 53efinben nadt) anberer 3tnimabberfion
unb 33eftrafung" befat)t, fie fottten einanber nid)t fd^etten unb berunglimpfen, „nod§
audt) ft'reitige ßonfequentien, Wet($e fie beiberfeitS nid£)t geftänbig, aU it)re eigenttid)en
iüel^ren it)nen aufbürben nod^ beimeffen, am alterwenigften aber auf bie Äan^cl
bringen". Sn biefem ©biet befatjl ber ^urfürft au^erbem , ba§ wenn femanb
fein ^nb ot)ne @rorci§mui taufen taffen woEte, „ber belfatt§ angefprod)ene •^rc=
biger ot)ne Erwartung ferneren Sefel^tä bie 2;aufe atfo beri-idf)ten foüe". Siefc§
(Jbict erregte nun eine 93ewegung unter ben lutl^erifd^en 6eifttid)cn bor attem in
Berlin, wie fie nod^ nic^t bagewefen war; man fal^ ben tutt)erifd)en ©(auben
burdf) baffetbe gefä'^rbet; ba^, 9)erbot ber ^^Polemif Würbe at§ eine S3et)inberung,
ben eigenen ©tauben 3u befennen, empfunben; bie ^4-^äpftter genöffen größerer
protection abfeiten be§ Äurfürften at^ bie Öut^eraner. Unb fobiet war ja aufeet
f^frage, ba§ e§ fid^ um eine ©leid^fteltung. Wenn nid^t um eine S^eborjugung ber
Steformirten in einem bis jum Uebertritt ©igigmunb"§ burd^weg lutt)ei-ifc^cn
Sanbe l^anbette, bie ber tuttierifd^en Äird^e md)t gteid)güttig fein tonnte, ^icfe
unteugbare @efat)r für feine ^ird^e, in ber er geboren unb erjogen unb ber er
mit .l^ers unb Äopf 3ugett)an war, red^tfcrtigt aud^ ©er'^arbt'i 33er^atten in
778 ©crfiatbt.
biefen ^äm^ien. @ine ©ingabe bcv Iutl§enj(^en @eiftlid)en an ben Äuriürften,
U)eid)c auä) öon &. untei-jeidinet ift, in ireldiev fie Bitten, if)nen nid§t§ jujU'
mutigen, wa^ fie öon ber gefammten lutl)cnj(i)en ßirdie trennen tonrbe unb au§
tt)elrf)fi; i'^re Ö)en)iffen§notl) au§ jeber 3eile erfici)Ui(^ ift, fanbte ber ^urfürft,
ber oon feinem reformirten ©tanbpunÜ au§ fic§ in il^re SBebenlen garnidEjt {)in=
einöerfe^en tonnte, fe'^r ungnäbig jurücf; er bertangte nun, ba^ \xä) fämmtlid)e
^rebiger burrf) Unteif(i)reibung öon 9icöerfen öer^3flid)ten foUten, bem 3^nt)Ql[te
biefe§ unb ber früheren ßbicte nodileben ju tooHen, rtibrigenfallS fie i!§rer SIemter
3U entfe^en feien, ^e^t nianbten \id\ bie ©eiftlid^en in il)rer Derme't)rten Slngft
an bie tI)eoIogif(i)en §acu(tätcn ^u .^etmftäbt, ^ena, Seip^ig unb SBittenöerg
unb an bie 5[)linifterien ju A^amBurg unb TtürnBerg, inbem fie it)nen @j;enH3larc
bee @bicte§ öom 16. (Sept., bog im gongen Sanbc öerbreitet öjorben mar, 3U=
fanbten, unb fragten, oB man fid^ @emtffen§l^atber burd) einen ütcöerä öerpfliditen
fönne, bem ©biete nact)Iel6en ju moüen. 3}on biefen erbetenen ©utac^ten fiel
nur ba§ 3türnbcrger bem Sbicte günftig au§ ; biefeS fott ben :^ot)ann ^abriciuS,
ber 53b. VI, ©. 508, i^^'xU 2, ermäljut ift, jum 3}erfaffcr iiaben, einen Xf)eo=
logen, ber ber fogen. 5Jteland)tl^on'fd)en 9li(^tung äugetf)an mar; bie i^ehnftäbter
burften nid)t antmorten; alle übrigen fprad)en ficE) me^r ober toeniger cntfi^ieben
gegen bie ^^^orberungen be§ @bictc§ ober bie 'DJIotiöe ju benfelben au§ unb miefen
auf bie gcfä'§rlid)en folgen '^in, bie e§ tjaben mü^te, bemfelbeu auf bie SBeife,
wie e§ öerlangt fei, nad^äufommen. ©er .ffurfürft öermcrftc e§ befonber§ übel,
ba^ fein (5bict auStoärtigen ßottegien ^nx genfur überfanbt mar, unb befa'^l
nid^t nur ben ©eiftlid^en, bie ert)altenen Stntmorten in einer baju auf ben
28. ^^(prit 1665 angefe^ten ©ii3ung feine§ (>onfiftorium§ im Original abzuliefern,
fonbern jugteid^, nunmel)r atßbatb it)nen ben fd^on frü'^er geforberten Üteöerö
abjunefimen; unb an biefem Sage mürben bann, um ein ©jempet ju ftatuiren,
auf augbtüdfUc^eg 33erlangen be§ Äurfürften, ber ^ropft ßiliu§ unb ber ^rebiger
9fleinl)art, beibe (soEegen @er]§arbt'§ an ber ^flicolaifircEie , öon il)ren 3lemtern
remoöirt; ber erftere, meil bie anbercn fid) in i^rem amtlid^en äJcrl^alten l§aupt=
fäd^tid^ nad£) il)m rid£)teten, ber anbere, meil er öor attem bie anberen öom 9te=
öer§ abl)alte. 6ine Sittfd^rift be§ 'iJJlagiftrat§ ber ©tobt 33erlin, neue gingaben
ber 5|j!rebigcr, in beren einer fie it)re ©etoiffenäbebenfen gegen ha^ ©biet au§fü]^r=
lid) mieber barlegten, ja felbft mel)rfad)e auf bie ©treitpunÜc genau eingel)enbe
äJeimenbung ber ©tänbe für bie abgefegten ^rebiger erreid)ten nur, ba^ bem
ÖiliuS megen feine§ l)of)en SllterS noc^ Sebenf^eit gegeben lüurbe; Ütein'^art, ber
aud) jdt)on frül^er buri^ feine ^eftigfeit 3lnfto^ gegeben l^atte, blieb abgefegt unb
fanb i)ernadi) in 2np^i% eine neue (Stellung. 8iliu§ lie^ fid§ f^jäter, namenttidl)
burdl) ein (Sd^reiben feine§ in SSaireutt) al§ ^ofprebiger lebenben 6ol§ne§ betoegen,
crft münbli(^ unb tjtxnaä) am 3. Januar 1666 fdl)riftlid) ju geloben, bem ©biete
gemä^ leben ju tooUen, aÜerbingS mit bem 55orbel)alt, „nadl) tt)ie öor bei er=
tannter unb befannter rein=lutl)erif^er Scl^r unb ©lauben" ju öerbleiben. S)er
Äurfürft refibirte bamol§ in dteöe. ^n feinem (5d)reiben an ba§ (£onfi=
ftorium ju 33erlin, burd) totiä^e^ Siliu§ mieber eingefe^t toirb, — e§ ift öom
31. ;3an./10. f^ebr. (n. St.) 1666 batirt, — l^ei^t e§ am ©d)luffe : „unb toeil mir un§
erinnern, ba^ noi^ melir öorl^anben, fo ben 9teöer§ nidE)t öon fidE) gegeben, öon
bcnen infonber^eit ber ^Pfarrer äu (St. ^ticolai ^aulu§ (B. bie anbern nid^t
roenig öon Unterfd)reibung be§ 9fteöerfc§ bel^ortiret, al§ befehlen hjir eud) gnäbigft,
benfelben öor euc^ ju forbern unb ju 2lu§ftellung be§ 9teöerfe§, ba^ er unfern
©bieten ge'^orfamft nad^fommen motten, anjulialten, unb ba er foldf)c§ p f^un
fid^ öertoeigert , il^n gleidf)fatt§ mit ber Ütemotion ju bebräuen , meiere il§r bann
anä) , ba er fold£)e beftänbig öermeigern tttirb, in unferm Flamen ansubeuten".
5lm 6./16. g^ebruar forberte ba§ ©onfiftorium ®. öor unb öerlangte, ba§ er ben
6crf)avbt. 779
„getröfinlic^en ^^rcbiger^Sfietiere" aueftelleu ioUe; a(£ C^. crflärte , bas nic^t ^u
fonnen, unb bie i^m angebotene adittägige Sebenfjeit nid)t annat)m, ba er ]\dj
fd^on (ängft bcbarf)t ))ai)t unb tt)o( nic^t änbevn toerbc, rourbc if)m fogteid) im
Diamen bes ^mfürften bie '^emotion angefügt. Xas Gonfiftovium melbetc bem
,^urTüvften biefen 9tu§gang am 13./23. gf^i-'iiflv. — S;ic Seftüvjung über bie
Stbfe^ung @eil)aibt'ö toax um ]o größer, al§ er ganj befonbers geaci)tet unb be=
liebt roax unb 9iiemanb fafjen fonnte, woburcf) ber fanfte unb friebüebenbe
ÜJlann bem ^urfürften foIrf)en 3ln[tofe gegeben. S)ic 3}orftet)er ber (^lerocrfe
iDünbten [i(i) an bcu 9tat^, berfetbe moUe beim Äuriürften bermitteln, ba^ biejer
„fromme, ef)rlic^e unb in Dielen l'anben berüf)mte ^Jtann" i^nen möge gelajjen
toerben; e§ fei „mel^r a(s befannt , bofe biefer 53hnn nimmermehr n^iber feiner
furiürftlicfien Xurcf)Iau(^t ©tauben ober beren ©enoffen gerebet, gefc^ttjeigc ge=
fd^mä^et i)ättc, fonbern er l^at alle unb jebc jum ttja'^ren 6^riftentf)um bur^
geben unb Se^re bi§ dato gefüt)ret unb feine ©eelc mit Söorten ober SBerfen
angegriffen". S)er 9iatt) öon SBcrlin bertoanbtc ]\ä} barauf auc^ fcf)on in einem
(£d)reibcn t)om 13.23. Februar bei bem ^urrürften mr 6.; er fagt unter an=
bcrm : „freilief) ift e§ an bem, ba^ üielbefagter -öerr 6. fict) aücmat in feinen
$rebigten atfo ermiefen, ba^ er ßw. furfüiftt. Xur(^tau(^t Üieligion niemals
mit einem SBorte gcbad)t , 3U gefd^meigcn , ba^ er auf biefetbe gefc^mä()et ober
gefc^olten 'i)ahm follte; unb tric fein Vetren jum 6^riftentt)um ift geii(f)tft gc=
toefen , alfo '^at aud) allemal fein Seben barauf beftanben , alfo ba| mir beibcr
9ieIigionen ^nQft^ai'e if)ni tt)o]f)t ba§ ^f^fi^iB gt^ben fijnnen, bafe er biltjero einen
untabet^aften Söanbel o'^ne einige 3tergcrni^ gegen jebermann gefü^ret, fogar
ba§ auc5 @lü. furf. SJurd^I. tein 23ebenfen tragen laffen , in bero 5}lär!ifc^e6
©efangbud^, fo unter bero l^ol^en Flamen im ^. 1658 aU'ij'in ausgegangen, feine
geifttirfjen (Befänge ober fiicber, beren eine jiemlic^e Slnjatit, im XrucE ju geben
unb pubücircn 3U loffen". 3n einem fpätcren ©ci)reiben ber ©emerfe an ben
üiat^ äu 33erlin in berfetben 5(ngelegent)eit l^ei^t es: „@§ ift bod^ eine gro^e
5lngft ba§ ©emiffen; es täffet fic^ ätoar tueber feigen noc^ t^ören, aber bie @m=
pfinblic^feit t)ot man 2ag unb ^laä)t; bat)ero aud^ ©r. furf. S^urd^I. fo 'i)o6)=
löblid^ oEer bero Untertfjonen Öemiffen ungefrönfet frei (äffen unb bel^atten
motten, fo gar tta^ fie auc^ ^att;oIifen, Su^^n« 2Biebertäufer unb 3[Beigelianer
tu i^ren l^anben o'^ne einige ©ubfcription bulben unb teiben; marum fotten
benn mir Sut^craner unb unfere '^rebiger, bie wir feine Untreue ermiefen, fon=
bern bei ©r. furf. S)ur(^l. ju Äiieg§= unb griebenS^Seiten 6ut, 6f)r' unb 33tut
angefe^et unb noc^ auf^ufe^en uns '^iemit erftären, deterioris conditionis feini"
Cbmol ber .ffurfürft onfönglid) nid)t5 baöon miffen roottte, bafe (B. ein fo frieb=
(iebenb'er 3)lann fei unb fid^ feinerlei Sd^mät)ungen ber Üieformirten I)abe ^u
iSdf)uIben fommen laffen, audf) nic^t jugab , ba^ ber gcforberte 'JieberS it^m @e^
miffcnebcbenfen marf)en fönne, fo mad)tc bod^ fd^üc^Iid) baS mieberf)olte ßcngniB
beö ^ogiftrateS unb bie Sßermenbung ber Stänbe, bie fic^ bei biefem 9Inla^
überl^aupt über fein miÜfürlidje» ^rä)enregiment beftagten, auf i^n ßinbrucf
unb, nadC)bem er nac^ Berlin jurücfgefel^rt mar, liefe er am 9.; 19. ^an. 16G7
bem 5Jlagiftrat münbtid^ burt^ ben Cberpräfibenten Otto öon @d)lDerin an3eigen,
bafe er bafür l^alten muffe, @. !§abe bie Meinung ber ßbicte nic^t red)t begriffen,
unb bafe er i§n, meil er fonft feine Älage miber it)n tjcrnommen, mieber in fein
3Imt einfe^e. ^^lo<i) an bemfetben Jage erl^ielt Ü). burcf) einen 6ef)eimfecrctär
bei ^urfürftcn ^ittf)ei(ung l^ieöon , jcbod) mit bem ^uffl^c - ^f^' Äurfürft lebe
ber 3ut)erfid^t, bafe ®. fidf) and) oi)nc ';]ieöcrö feinen ©bieten gemöB äu bejcigcn
toiffen merbe. S)iefcr 3ufa^, ben 6. a[§ bem Sinne bes Äurfürften entfpred^enb
anfal^, obfd)on il^m bon anberer (Seite mitgefreut mar, er fei „ol^ne aüe Sub=
fcription unb Gonbition" mieber eingefe^t, mad^te i^m nun aber gerabc neue
780 ®ert)atbt.
SBebenfen; er :^iett ja eben ben @ef|ovjam gegen bie (Sbicte für unbereinfiar bQ=
mit, „bo^ er bei allen jeinen lutfierijd^en ©laubenäbefenntniffen unb namentürf)
bei ber (Eoncorbieniormel getaffen toerbe". £)bfct)on er be§^alb öorläufig einen
%^eil feiner ^Imtsöerric^tungen lieber tuQt)rnat)m, fo bat er bod) ben ^agiftrat
um feine gürfpradie bei bem Äurfürften, ba^ it)m unter ©rlaffung be§ ©e^or=
fam§ gegen bie ©biete geftattet tüerben möge, hti ben 58efcnntniffcn feiner Äird)e
äu öerbleiben. ^n einem unmittelbaren ©(^reiben an ben Äurfürften legte er
bann biefem bie ganje ^^loÜ) feinet ®ett)iffen§ offen bar. 5tber biefe ®eft)iffen§=
bebcn!en be§ 2utt)eraner§ maditen auf ben Äurfürften üon feinem ©tanbpunfte
au§ feinen ßinbrurf; er antwortete am -i. 14. gebruar bem ^Jtagiftrate , toenn
@. fein ^mt nic£)t toieber antreten ttJoHe, fo möge ber ^agiftrat für eine anber=
toeitige 58efe^ung feiner ©teüe forgen. |)iermit tt)ar für &. bie ©ad)e ent=
fc^ieben. ier ^Jtagiftrat f)offte anfangs freilid), ba| &. norf) toerbe toieber fein
3lmt übernet)men fönnen, unb jbgerte barum mit ber SCßieberbefeljung ber ©tette
fo lange at§ irgenb mögtidt); ba§ gefcfia'^ aud) au§ bem (Brunbe, tou angegeben
wirb, um ®. ben tt^eiliocifen ®enu§ be§ @infommen§ beluffen 3U fönnen. — @.
blieb pnäd)ft rut)ig inSerlin; tt)a§ baöon bericf)tet wirb, ba§ er auä ber ©tabt
au§getüiefen fei, ift cbenfo ungefc^ic^tUd) loie bie weiteren @r5ät)lungen bon feinen
©rlebniffen auf ber g^Iuc^t mit Söeib unb ^inbern. @r litt aud} äu^ertid) feinen
Mangel; nicf)t nur forgte feine (^emeinbe freiwillig für if)n, fonbern ber |)erjog
gliriftian ju (5ad)fen=^krfeburg fe^te i^m and), al§ @. einer 33erufung nacj
gjlerfeburg nic^t folgte, Tür bie 3eit feiner ^Imttofigfeit einen ^afireggcl^alt au§.
— Ucber ben g^ortgang biefe§ firc^tic^en ©treiteä fei l^ier nur in ber ^ür^e er=
wäf)nt, bafe ber i^uifürft auf wieber^oltc ©ingaben ber ©tänbe am 6. ^ut^i
1667 auf bie 3lu§fteHung ber üteüerfe üer^id^tetc unb am 6. ^Jlai 1668 in einer
S)ectaration feine Gbicte in einer foIcf)en SBcife einf(f)ränfte , ba^ ©. firf) Wol
mit it)nen f)ätte befreunben fönnen ; bie 6rWäf)nung ber [treitigen ße{)rpunfte auf
ber Äauäel unb bie 33ert^eibigung ber eigenen Äirdienlel^re foHe nic^t verboten
fein, fonbern nur ba§ ücbtofe 93erfe^ern unb SSerbammen ber 2Inber§tet)renben ;
ba^ @, fi(^ biefe§ aber niemals t)atte ju ©rfiulben fommen laffen, ift burd)
auSbrücflidie 3euöniffe feftgeftellt. Dbfc^on &. biefe i'^m günftige SBenbung ber
2)inge nod^ in Serlin erlebte, ift an eine äöiebereinfe^ung in fein 2tmt bann
bod) wol bon feinet ©eite gebadet, 2)ie ?lrt, in weld)er ber .^ampf tf)eilweife
fd)on bor feinem 9iüdftritt gefüt)rt unb bann namentlid) nad) bemfetben Oom
5}lagiftrat unb einigen ^rebigern fortgefüfirt war, fonnte i^m nid)t gefallen.
@r 'liatte au^erbem aud) anbereg l^eib ju tragen. $0on feinen fünf ^inbern,
jwei %öä)tnn unb brei ©ö^nen, ftarben üier fefir frül;; nur ein ©ol^n, fein
t)ierte§ Äinb, ber im ^uguft 1662 geborene ^aul griebrid), überlebte il)n;
am 5. 9Jiärä 1668 ftarb aud) feine i^^'^u, erft 46 3^a^re alt. — ©eit feiner ^n=
ftellung in SSerlin im ^. 1657 l)at er bon ben 120 ßiebern, weld)e bie erfte
©efammtauSgabe berfelben umfaßt, wal§rfd)einlid^ nod^ 32 gebid)tet; in bie 3eit
nad) feiner ütemotion im f^^ebruar 1666 fättt bann bie -Verausgabe biefer ©amm=
lung feiner Sieber burd) 3^of)ann @eorg dbeling, bgl. S3b. Y, ©. 525, weld)c
äuerft in ben ^. 1666 unb 67 (nid)t 1662; in ^ranffurt a. b. D. unb SSerlin
erfd^ien; e§ ift unbenfbar, ba^ @. bei U)x nid)t irgenbwie betl)eiligt geWefen
fein fotlte, Wie bcnn ©beling bie früljer nicf)t gebrudten ßieber ©er'^arbt'S boc^
aud) ;^5c^ft waf)rf(^einlic^ öon it)m felbft erl)alten "ijat %uä) fonft war &. nid^t
ol)ne nmnnigf ad)e Sl^ätigfeit; es !^at bie S3ermutl^ung, ba^ er Unterrid^t ert^eitt
l^obe, mand^eS für fid). S)ennod^ fe'^nte er fid^ bon Berlin fort. 2ll§ beS'^alb
im ©eptember 1668 an il^n bie Slnfrage au§ Sübben in ber ^iiebcrlauft^, weld^e
bamalS ju feiner .f)eimatl^ ,^urfadl)fen gehörte, erging, ob er ba§ bortige 5lrd^i=
biaconat überne'^men unb 3u bem ^roeät bafelbft eine (Saftprebigt 'galten woüe.
®cr{)otbt. 781
tarn er biejer @in(abung nac^; am 4./1-4. CctoBer prebigte er bort unb crflärte
fic^ bann 2ag§ barauf ]ux 5lnnal§mc ber ©teUe bereit unter ber SSebingung,
ha^ feine ?lint§tDo^nung , bie fid^ in einem traurigen ^uftanbe befanb, öorf)er
genügenb reftaurirt werbe. 2tt§ bann bie yörmlic^e 2Baf)t if)m angezeigt tt»ar,
naf)m er biefelbe oon SBerlin au§ am 6. "JiDtiember an. !2^er 'Amtsantritt öer=
jögerte [it^ aber unb jroar grö^tenf^eitS roegen ber öäffigfeit, mit n)e(c£)er ber 33au
betrieben mürbe, bi§ jum ^uni be§ folgenbcn Saftes, ^n ber 3n3iic^en3eit mar
auc^ feine (Sc^mägerin, bie fc^on ermahnte S^efrau be§ ^i^rebigerö ^i-'omm, bie
al§ SBittme if)m fein ^ausmefen gefül^rt ^atte, geftorben, mas i^n auc^ feiner=
feit© länger, a(§ er gewollt fiatte, in Berlin auif)iett. ^n ^übben t)at er bann
no(^ fieben ^a^re gemirft; an trüben 6rfaf)rungen ^at e§ i^m aud) bort nid^t
gefehlt; am 7. ^uni 1676 ift er bafelbft in feinem 70. 3af)re geftorben (ober
begraben). Äurj bor feinem 2obe fe^te er für feinen einzigen überlebenbcn, ba=
ma(§ 14iä^rigen Sofjn eine Strt 9}ermä(f)tniB auf , in tt)elci)em er i^m golbene
Sebeniregetn gibt unb if)n namentli(^ äur Jreue gegen feine ßirc^e ermahnt.
@§ ift in biefer Ueberfii^t bes @er^arbt'frf)en SebenS nicfjt be§ ßinfluffe« gebockt,
ben bie fromme @emaf)Iin be§ .ffurfürften 2ouife i^enriettc auf feine Jfteftituirung
im Januar 1667 gehabt; mas barüber erjäiilt toirb, fc^eint nur S^ermuf^ung
3u fein. Dbwol fte, bie ja fetbft geiftüc^e ßieber bidjtete, @. ^d)it wa^x-
f(f)ein(ic^ perfönüd), jebenfatlS aber au§ feinen Siebern fannte, mie fc^on barau§
folgt, baß i^re Sieber juerft mit ©erfjarbt'fdjen in bcm 5Runge'f(^en ©efangbuc^c
üom ^. 1653 erf(^ienen, unb obmol befannt ift, ba^ ber Äurfürft gern auf
illiren ^taf^ t)örte, fo lä^t fic^ bo(^ meber Don i^r nocf) Oon bem i:^r eng be=
freunbeten Cberpräfibenten Ctto üon ©cf)roerin, ber gleic^fatlö ein tieffrommer
-IRann mar unb mie fie geiftU($e Sieber oerfaBte, na(f)meifen, ba| fie fic^ für
®. [^eim Äurfürften üerWanbt Ratten; unb Scl)merin mar al§ rechte ^anb be§
Äurfürften unb al§ 9}orfi^enber be§ (5onfiftorium§ gerabe berjenige, burd^ ben
bie 33efe^le unb 3{ntroorten be§ ^utfürften in ber ©erl^orbt'fc^en Sai^e ergingen.
Oh ba§ mit beiber ftreng rcformirtcm Stanb^junft 3ufammenl}ängt, ober ob nur
für unl megen mangelnber ^3tad^rirf)ten barüber ntd)t me^r erfennbar ift, mal
fie für @. ju t^un Oerfucfjten, mu^ ba^ingeftettt bleiben; ba§ beiben bie 93tilbe
unb e(^te grömmigfeit @erf)arbt'§ ebenfomenig mie feine einjigartige JBebeutung
als S)i(i)tcr öerborgen bleiben fonnte, barf geroife gffagt werben. 31uc^ ba§
möge l)ier nocf) au5brücEti(i) ermähnt werben, ba§ wir ni(i)t wiffen, wa§ ben
Äurfürften bewogen ^t, in feinem ßrlaB öom 31. Januar 1666 au§ ßleöe
plö^li(^ ein fo frfjarfes SSorge^en gegen &. ju öerlangen; aus ber %xt, wie @.
in einem feiner Sieber fic^ barüber äußert, „ba^ man i^n an fioben Drten . . .
mit böfen, falfd^en SBorten fe'^r übel angebracht", muB wol gefc^loffen werben,
ba^ Kleiber i^n öerleumbet l)aben. 3tl§ Sid^ter geiftlid)er Sieber fte^t ®. auf
einer .pöi^e, bie feit^er nicf)t wieber erreicht ift. Sie 2Sn^rl)eit unb bie Snnig=
feit feiner ßmpfinbungen , bie (Sewipeit feines @lauben§, ba§ SJolfemäBige unb
babei bie fc^öne (Sprache unb ^^orm, in Welker le^tern ^infict)t bie burd^ ^JJtartin
Cpi^ in ber beutfc^en Sitteratur berurfadlite ^Bewegung für i|n nid)t o^ne merf=
baren (Hnflu^ geWefen ift, ^aben feinen Siebern gleich, ol§ fie befannt würben,
bie |)eräen aller beutfd)en eöangelifd)en 6§riften, gleidl)üie[ weld^er ßonfeffion,
geöffnet unb laffen einen großen Slieit berfelben aud^ :§eute nod^ mit 9ted^t au
ben befannteften unb beliebteften gehören. Siele bon i^nen ftnb bes^alb öon
Einfang an in bie Äirc^engefangbüdl)er aufgenommen unb gleid) ben beften Siebern
au§ ber gteformationsaeit feitbem Gemeingut ber beutfc^en eüangelifd£)en 61§riften=
^eit geworben. 2ßir erinnern nur an bie Sieber: „^efiel)l bu bcine äöege",
„diu Sämmlein gel)t unb trägt bie @(^ulb", ,M finge bir mit Jperj unb
^Blunb", „3Jfi (Sott für mid§, fo trete", „O .^aupt öoll Slut unb Söunbcn",
782 ©ev^arbt.
„©oUf irf) meinem ©ott niiiit fingen", „3eu(f)' ein ^u beinen !It)oi-en". ''JJlan
bnnte au§ feinen fiebern ein öottftänbigeS ©efangfiuc^ jufammenfteüen, fo fel)v
umfoffen fie alit fird^lid)en unb I)äu§li(i)en SJer^ältniffe , tüobon it)ie 3tnorbuung
in bei- 3(n§gnbe SBnrfevnagers ein bentüd)eg 93ilb gibt; eben gerabe neben ben
clQffifc£)en ßiebevn be§ 16. Sa^rf)nnbert§ nnb mit met)v ;Jicd)t al^ bie fc^önften
QU§ bei- geit nad§ @. lüevben getabe feine beften ßieber ben ©vunbftorf be§
beutfd)en ebangelifc£)en ®efangbu(|§ aller ;^)eiten bilben; ba§ i[t ber it)nen ge=
bü^ienbe 9tuf)m. ©ie (;aben i()i-en ganj eigent^ümlicfien (i^^araftcv. 6§ ift nic^t
me^r üov ollem bie befennenbe ©emeinbe, bie auc^ im Siebe bie ewigen @iunb=
raat)rf)eiten be§ göangeüumi bezeugt, loie in ben 2;agen ber Oteformation; ber
Snngev fprirf)t fcf)on ,5unäd)ft im eigenen ^Jiamen; lüät)renb !iiut()er fingt: ©in'
fefte23nvg ift nnfer (Sott, unb betet: ©r^It un§ ^^err bei beinem SSort, t)ei^t
e§ bei ®: „^ft ©ott für mi^, fo trete"; „^JJiein erft (gefüllt fei ^^JreiS unb
2)an{". ^4^Q(mer t)at e§ mit 9{ed)t in biefer >§infid)t a(§ be^eic^nenb gefunben,
ba^ etma ber ad)te 2;^ei( oller "lieber (S5ert)orbt'§ mit ^d) anfängt, lt)ät)i-enb fein
Sieb yutf)er'§ fo beginnt. ®ert)arbt'§ lieber fpredjen feine eigenen perfönlid^en
©rffltjrungen au§, wie benn oud) n)al)ifd)einlid) ein no(^ größerer Ztjiil Don
if)nen, a(§ biejenigen finb, üon benen mir e§ nod) jeljt miffen, in einem gonj
fpeciellen (Srtebni^ im ilreife feiner (}omitie unb ^-rennbe i^ren ?ln(a^ ^obeu.
■"^Iber bod) ift unter feinen Siebein , foioeit fie menigften§ jn feinen ßebjeiten in
bie @efangbüd)er ober bie (Sammlung berfelben oufgenommen finb, feineg, in
metdiem nid)t t)([^ perfönlidje (Srlebni^ fo burd) bie Se^ie^ung ouf bie ewigen
yBo§rt)eiten be§ (^riftlidjen @(ouben§ öertlört ift, bo^ c§ einen allgemein gültigen
^fiorafter ert)ätt; bie irbifd)e (&d)ole ber iebeSnioligen ßmpfinbung ift obgeftreift,
nur ber ewige aBal)rl)eit§gel)alt ift geblieben ; fo fönnen olle, bie ftd) in ät)ntid)en
Sogen bcfinben, i^re (Gebauten unb ömpfinbungen in il)nen au§gefprod)en finben,
follS nur bie S}oi-ausfe^ung be§ ©ängerg, bie unnmftö|tid)e 2Ba^rl)eit ber eüan=
gelifd)en Scben§anfd)auung, and) bie ifirige ift. ^n biefer Jpinfid)t Ijoben feine
Sieber 21el)nlid)fcit mit ben ^|Jfalmen. Unb Wenn man mit 9ted)t gefagt ^at,
(S5erf)arbt'§ Seben liege in feinen Siebern, fo ift man bod) and) oft im ©ud)en
unb g-inben ber perfönlic^en i^e^ieliungen im Seben be§ ©öngerg fe{)lgegangen,
wie l)ernad) bie gntbedung früljerer 3)rude ober anbereä bewies. 5Did)tete er
aud) nid)t wie im 'Jiomen ber i?ird)e felbft, fo bo(^ ouci^ nid)t al§ ein einzelner
^Jtenfd), fonbern bor ollem al§ ein lebenbigeS ©lieb ber .^irc^e. 2)ie evfte 6)e=
fommtauSgobe feiner Sieber, bie fd)on oben genannte (Jbeling'fdie, umfaßte 120;
in neuerer ^dt Ijot mon ou^eibem nod) 11 beutfd)e unb 5 lateinifd)e ÖJebid)te
öon i^m entbedt. Welche red)t eigentlid) @elegenl;eit§gebid)te finb. Unter ben
fpäteren 9lu§goben ift bie bon ^o^onn .Speinri^ O^euftfing, 5uerft gerbft 1707
erfd)ienen, beS^olb wid)tig, Weil biefer .iperouSgeber ben ^ej-t „nod) be§ feiigen
Vlutorö eigenl)änbigem* lebibirten 6i-emptor mit ^lei^ überfelfen" ^u Ijoben ei-=
Kört; in ber 33oirebe biefer 9lu§gabe befinbet \xd} oud) bo§ erwähnte 33ermöd)t=
ni^ Ö5erf)orbt'g an feinen 8o^n jum erften 5)lale obgebrudt. S)er Xert ber
Sieber in ben älteften S)ruden bei ßrüger ober 9tunge , bonn bei (Sbeling unb
enbli(^ bei geuftüng weicht nid)t feiten bon einanber ob, unb e§ ift oft fd)Wer
3u entfc^eiben, wel(^c§ wol ber e(^te ©er^orbt'fi^e fein mag; ©. mog ouc^ felbft
Ueberorbeitungen borgenommen ^oben. @ine öuBerft genaue fritifc^e 3lu§gabe,
in Weither oUe bei-fd)iebenen Se§orten bermerft unb ber ältefte 2ej;t ber Sieber
ttjunli^ft feftgeftellt ift, l)at ^. ^. 23oc^mann, Berlin 1866, beforgt; neue
2itelau§gobe 1877; :^ier finb ou^er ben 131 beutfd)en ouc^ bie 5 loteinifi^en
(Sebid)te abgebrudt. %üd) bie älteften ®rude unb frül)eren 21u§gaben feiner
Sieber finb l^ier boEftönbig ber^eidjnet unb beurt^eilt. ^n ber ^^tngobe ber
Weiteren Sitteratur über i^n ergänzt ^^ad^monn bie früheren ''JJtitt^eilungen bon
(i5erf)au|ct — ®ett)ot). 783
6. 6. @. ßanglberfcr, ßcbcn imb ßieber öon !j3autu8 6., 53er(in 1841. ^n
biefcm testeten Söerfe [inb bie Utfunben übet @ei-^atbt's Äampf gegen bie Gbicte
augfül^vüct) mitgct^eiÜ unb nad) i^neti fein i^eben erid^Ü. ?lef)nU(^e§ leiftet bie
3lu§gabe öon <3c^uti, 33evUii 1842. 2)ie fämtntlicf)en beutirf)en öieber mit einer
Ooi-tveffüd)en btogvap^iicticn unb litterarifc^cn (iinUitung i)at Slaxi (^oebefe im
3f. 1877 aU XII. S3b. ber beutfc^en 5£)ic^ter bei 17. Sfa^r^unbevti bei 33rocf=
^ui f)etau§gegeben ; biefe ^^luSgabe i[t raegen ber (iorrectf)eit bei Wertes unb ber
übrigen 3utf<iten für ben (Öebraud) in ttjeiteren Greifen je^t am meiften ju em=
ptet)Ien, njät)renb bem gclet)rten 33ebürini§ mel)r bie 23a(i)mann'jc^e Ausgabe
genügt, ©etjr jd)ön unb braud)bar finb aud) bie feit lH-i3 roiebert)oü unb in
öerfd)iebenen ^ovmatcn in Stuttgart unb jute^t in Öüterilo^ erfc^iencnen ';Jluö=
gaben öon Ä. 6. ^. SBacfernagel, in metd)en freilid) ber Xert unb bie Eingaben
über bie (Sntftef)ung§jeit ber Sieber feftgeftettt finb, ef)e bie mitunter abroeidicnben
Ütefultate ber neueren 5yi-'fd)ungen betannt n^aren. (9Bi(ben!)a^n'i ^4^au( 6. ift
eine auf "^iftorifd^e ^^orfc^ungen fid) grünbenbe, aber im eiujetnen frei erfunbcnc
graä^tung.) 58 e r 1 1) e a u-
6^crl)0U)er: ^o^ann 93att^afar &., fat§oUfd)er X^eotoge, geb. am
24. ©eptbr. 1766 ju j?aufbeuren, t 1825 ju 5Dittingen. @. [tubirte juerft ju
'^tugiburg, bann ^u 5£)iIIingen, mürbe ^ier 1789 ^^räfect im Gonbict, 1795
iProfeffor ber 3)ogmatif unb ©jegefe, 1800 jugleid) fftegeni bei ßlericatfeminari.
@r fd)rieb u. a. ..Theoria hermeneuticae", 1811; „ßt)ara£ter unb X^eologie bei
2lp. ^aului aui feinen Sieben unb Briefen", 1816; „Ueber bie ^^falmen", 1819;
„lieber bai ©efpröc^ ^efu mit ^Jtifobemui", 1820. 5Ud) feinem 2obe erfc^ien
nod) „35ib(ifd)e ^ermeneutif", 2 %i)[e. (1. Einleitung in bai 31. unb 91. I.
2. ©runbfä^e ber (5(^riftaui(egung), nad) @ert)aufer'i 33ortefungen f)erauigegeben
(öon 51. Serd^enmütter), 1829.
gelber, ©ete^rtenlerifon I. 265; III. 493. 'M.
(^cr^ot) öon 9tei($eriberg, mürbe 1093 ju _5Poüing in Cbcrbaiern ge=
boren, unb empfing in bem bortigen 6^ort)errenftifte feine crfte "iKuibilbung.
oc^on {)ier ^eic^nete er fic^ öor feinen 9Jtitfd)ülern aui; nad)bem er bann mit
16 ^al)ren eine fd^mere ^ranf^eit überftanben ^atte, manbte er fic^ gönjlid) ben
t)öl)eren ©tubien 3U , juerft in S^if^^^Ö ""^ 5Jtoiburg, bann in ipilbcit)eim,
me(c§fi bamali eine blü^enbe unb roeitberüt)mte ©d)ule f)atte. |>ier blieb ©.
brei ^at)xe ; nad) feiner ipeimfe^r berief i^n ber ^ifc^of .ipermann öon Slugiburg
3um Seiter ber ©omfc^ule unb gab i§m ein (ianonicat. @. füt)rte bamali nod)
ein fe{)r melttic^ei Seben, mar aud) anfangi noc^ ein SJorfämpfer bei taiferüd)
gefinnten 5öifd)ofi; balb aber füf)lte er fid) burc^ ben päpftlid)en 33annflud) be=
öngftigt unb jog fic§ in bai Älofter Dtaitenbuc^ ^nxM. 2)ai Söormfer 6on=
corbat [teilte ben ^rieben ^er, ®. fel)rte 3urüd, begleitete feinen 33ifd)of nac^
9{om unb öermittelte beffen 9luifü§nung mit ßalirt II. 9lber bai unfirc^lid)e
Men ber S)omljerren, an melc^em er früher o^ne Sebenfen tt)ei(genommen ^atte,
machte i^m jep ft^mere ©orgen unb 1124 fa^te er ben großen (äntfd)luB, feiner
reichen unb angefe^enen Stefiung ju entfagen unb fi(^ in Stoitenbuc^ ali rcgu=
lirter ß^or^err einreiben ju taffcn. Unabläffig ift er öon nun an bemüljt ge=
mefen, bie Söeltgeiftlid^en unb namentlich bie S)omt)erren ju canonifd)er Sebeni=
form na^ ber bieget he^ ^eiligen 3tuguftin ju bemegen; er öerfuc^tc fogar,
^onoriui II. 3um ^annflui^ gegen bie mettlid) lebenben S)om§erren ju
bemegen, aber biefer lel)nte ei megen ber ju großen ^Blenge ab. Eifrige 5örbe=
rung fanben biefe ^Beftrebungen bei bem SBifc^of ß^uno öon ^Kegeniburg, melc^er
®. 5ur S)urd)fü^rung berfelben ^u \id) berief, unb bei bem Er^bifc^of tonrab
öon ©ataburg, ber @. 1132 jum ^:propft bei Ülor^errenftifti ^}ieid)eriberg er=
'^ob. A^ier ift er bii an feinen Sob am 27. 3uni 1169 unabläffig t^ätig ge=
784 Qiixidi.
toefen; fein ©ttft er'^oB er ju Blül^enbem unb mufter'fiaitem 3uftö"i'e, mufete
aber nod^ ertefien , ba^ e§ öon ber ouSbrei^enben SJerjolgung betroffen njurbc
unb großen ©diaben litt. 6r ftanb in ber .^irdienfpaltung auf ©eiten 3llejan=
ber§ III., bocf) ni(i)t o'^ne fd^irere SSebenfcn; i!§m mißfiel, ba^ ?llejanber fid)
nic^t öor einem ßoncil reci)tfertigen toottte, er tabelte bie n)ettlid)en 2Rittel be§
ÄampfeS unb bie baburd) bebingte finanäieEe 3(u§beutung ber ^irctie. 3)ag
Sünbni^ mit bem Äönig öon ©icilien unb ben ßombarben tuar i^m fe'^r an=
ftöBig unb ebenfo bie Uebergriffe in ba§ ®ebiet be§ Staate^. 3)lit geuercifer
üerfod)t er al§ @d)riftfteHer feinen reformatorif(^en ©tanbpunft, unb ri(i)tetc
audi an 5)3äpfte unb ßarbinäle feine @rmat)nungen , natürlid) ot)ne @rfotg, ob=
glei(^ er perföntic^ gro^e Sichtung unb 3lnerfennung fanb. :^nbem er für 9lein=
feit unb grcifieit ber ^ird^e fämpftc, Iie§ er au^er 9Ic£)t, ba^ biefe unauflöälid)
in ben meülirfien ©taat öerfloctiten mar. @r beflagte biefe SSerbinbung, bod§
ot)ne bi§ 3u ber gorberung bc§ 3Seräid)t§ auf bie meltlid)en 9ted)te üorjugetien.
2ln ber @emalt ber mirflid)en Xtjatfad^en fd)eiterten alle feine SSeftrebungen,
aber fein furc^ttofer g^reimutf ift in l)ol^em ©rabe anjuerfennen. 3tud) auf bem
Gebiete bf§ S)ogma ift er eifrig tl^ätig gemefen, unb l^at ju öerfdjiebenen S5er=
f)anbtungen in ©t)noben unb an ber ßutie 3lnla^ gegeben. 9tac^ ber 5luffaffung
Don S)iEoo (De G. praepos. Reich. Diss. Gryphisw. 1867) mar er ber erfte
beutfd^e £f)eologe, melc^er at§ Stn'^änger ber an Sluguftin an!nüpfenben ml^ftifd^en
2:f)eologie ber eben bamal§ erftarfenben fcöolaftifd^en Seigre SBiberftanb leiftete.
©eine jat)lreid)en ©d)riften finb nad) ben älteren 2(u§gaben fel^r mangel=
l§aft gebrudt bei 5]ligne 193. 194. Einige ber gef(^id)tlid) mii^tigften finb
aber erft in neuefter ^3cit ang ßid)t gebogen öon ^. ©tül^, ^. ^aä}, ^^r.
©d)eibelberger, 6. ^Jiü'^lbac^er. genauerer ^Jlac^raeig bei äöattenbad), S)eutfd)I.
@efd)i(^t§qu. (4. 2lufl.) 2. 237-240. ^ßgl. audj bie Slb^anblung öon ^.
©tül^ über if)n in ben ®enffd)riften ber 2Biener 2lfabemie I. 113 — 166.
2ß. 2Battenba4
(^krttfe: 6l)riacu§@., aud; Ö)evid)e, Kardien ober Verden genannt,
foll nac^ alter Ueberlieferung früi)er 5Rönc^ unb bann arcularius gemefen fein.
3Cßa§ bie§ arcularius bebeutet, ift nid^t ftar. 5Rit 33edmann, ögl. unten, ©. 218,
ber biefe Eingabe einer alten, ot)ne f^rage juöerläffigen Quette entnommen {)at,
einfach „2ifd)ler" ju überfe^en, empftet)lt fid^ nid)t. ^an mirb entmeber an einen
Serfertiger öon !leinen S)ofen ober Giften (©elbfiften) ober an einen SBüd)fcn=
mad)er ju beulen l^aben ober e§ fönnte aud^ eine l^ö'^ere ©tetlung im Älofter,
etma bie eine§ Oefonomen (arcarius i. q. custos thesaurorura) gemeint fein.
(Sr fott fid) barauf pr 9teformation gemanbt f)aben unb in äBittenberg ein
©d^üter unb i^reunb Sutf)er'§ gemorben fein. 6r mürbe ^aftor ju ©t. 5iicolai in
3erbft unb mar jute^t ©uperintenbent unb ^Jaftor in Sernburg. S)a3mifd^en
fd^eint er fid^ audf) in Sötten (öieHeid£)t o^ne 2lmt) aufgel)alten ju "^aben; bort=
f)in f dllrieb il)m nämlid^ im 3f- 1531 Sutl£)er unb fragte it)n, ob er bie ©teHc
eines ©u)3erintenbenten in ©ijttingen anäune^men bereit fei; (SJ. fdt)lug biefe
©teEung au§. 2lm 9. ©ept. 1538 marb er ju 3Bittenberg S)octor ber Z^eo=
logie. ^m ^. 1539 mu^ er gefä^rli(^ franf gemefen fein, ma§ Sut^er öcr=
anlaste, ein tt)eilne^menbe§ ©c^reiben an ben SSürgermeifter unb Mat^ ber ©tabt
58ernburg ^u ridl)ten. Um ha§> ^. 1546 f)at er „@in (^rifllidl) &ebü für 6l)ur=
unb Surften in ©ad^fen unb ipeffen fammt aEen djriftlid^en ©täuben, fo ie|t
megen göttlidlien 3Bort§ in 9lüftung finb", in 9ieimen bruden laffen. 9lm
8. gebr. 1551 ift er ju Sernburg geftorben.
3Jgt. So^. S^riftoff Sedmann, |)iftoria be§ gürftent^um§ 2ln§alt, 3erbft
1710, gol., Sb. I. ©. 117 u. 218; au^erbem ßuti)er'§ Sriefe. — ©oebcfe,
©. 180. I. u.
GJericfe — ©eting. 785
©crirfc: 3^ rieb tief) Äarl ©uftaö ©., Dberamtmann, würbe geboren
4. 3fan. 1755 in .'ptlbeS'^etm, f 29. ^an. 1817 in Sübgeri. 6r roibmete fic£) ber ßanb=
totrtt)|ii)a|t, pad)tete fpätev ba§ (Sut Jpeinbe bei |)i(be§^eim unb bann bai Ätoftergut
Sübgeri bei .^elmftäbt. ^m evrii^tete er ein Innbn}irt^fc^Qltlic£)e§^nftitut, tüoburcf)
er fic§ um bie ^luSbitbung junger 2anbft)irtl)e um jo met)r tierbient maäjie, al§ fid)
bamal§ bie teiffenfc^aftlidie 9teform ber 2anbn)irtt)fc^Qft eben er|"t ju entfalten
Begann. 5Iu|er al§ ße^rer mad)te fic^ ®. aucE) al§ ©ct)riit[tetter Oerbient. @r
jd^rieb „Einleitung jur f5füt)rung ber aBirtl)f(i)ait§gefd)ä|te für Sanbwirt^e", 1805,
2. Slufl. 1815; „Elntoeifung jur Teilung ber 2)re^franf{)eit ber ©diaje", 1806;
„Einleitung jum §au§bac£en unb Sierbrauen", 1809; „Elnraeijung jum @eije==
fieben, Sic^tcjielien , ©tärfemac^en", 1809; „6ere§", 3 ^efte 1810. gr gab
bie 4. 5lufl. bon @ermer§l)aufen'§ „^auSmutter", 1811 l^erau§, rebigirte mit
Äiefetealb eine 3eit lang bie „Cefonomif(i)en ^ejte", Seip^ig 1792—1808 unb
überje|te ßoHain'S „35erjud), ben 9lo^ unb Söurm ber Sterbe 3U feilen", 1812.
ßöbe.
©cridc: ^^eter @., Elr^t, ben 4. Elpril 1693 in ©tenbal geboren, ging,
nacfibem er feine @ct)ulbilbung im Soac£)im§t^al'f(^en (SJl)mnafium in SSertin be=
cnbet l)atte, nad) 3ena, um bem SBunfc^e feiner Altern gcmä^, fid^ bem geift--
lid^en ©tanbe ju toibmen, toanbte fic^ aber balb bem ©tubium ber ^Jlebicin,
perft in ^afle, fpäter in ßeipjig, 3ule|t in Elltorf ju, luo er im ^. 1721 bie
S)octortDÜrbe erlangte. — ^\dei ^al)re fpäter erl)ielt er einen 9tuf al§ Professor
extraordinarius ber ^Jlebicin unb ^p^ilofob'^ie nad^ §alte, im 3- l'^^O tuurbe er
al§ Professor Ordinarius ber Elnatomic, ^t^armacie unb ßl)emie nac^ .^elmftäbt
berufen, 1731 3um au^roärtigen ^[Ritgliebe ber Elfabemie ber äöiffenfd) offen in
33erlin , einige ^a'^re fpäter jum ßeibarjte be§ ^er^ogS bon Sraunfd£)ttjeig er=
nannt unb 1744 rüdfte er in ben erlebigten ße^rftu'^l ber tl)eoretif(^en 5Jlebicin
in ^elmftäbt ein: er ftarb am 8. Oct. 1750. — Unter ben überaus jaljlreirfien
litter arifd)en ^Probucten (Beriefe'S (bgl. ba§ öottftänbige SSerjeidCini^ berfelben in
Biogr. med. IV. p. 395), meift fleinen afabemifcEien ©elegen'^eitlfdiriften, ift
nirfit eine§, ba§ ^eute ber iBeac^tung toerf§ erfdC)eint, in bieten berfelben, be=
f onberg ben bl)t)fiologifd)en, bie Se^re öon bem 33lutfrei§laufe unb ber (Generation
betreffenben , nimmt er felbft einen für feine 3eit antiquirten , irrf^ümlidt)cn
6tanbbun!t ein unb fo ^at ber 9iul^m, beffen fid) &. mäl^renb feine§ 2eben§
erfreute, feinen 2;ob ni(^t überbauert.
Heber fein Seben bergl. ßarpjob. Memoria etc., Lips. 1750.
El. ^irfdt).
(SJcrUig: Ulricl) &., berühmter 58u(i)brucEer , bem ba§ E^erbienft jufommt,
feine Äunft in 5pari§ eingeführt ^u '^abcn. @ering'§ ^eimatl) ift ESeromünfter im
i^anton Supern. E^ietteid^t toar er (Beliülfe be§ bort al§ SrucEer mirfenben (ilior'^errn
fölia§ ^ell^ae (ögl. 33b. VI (2. 6). £)'i) er fic^ in ^am auggebilbet, in E3afel ben
5Ragi[tergrab erttjorben (möglich, ba^ er fpäter in ^ari§ honoris causa ju biefer
Eöürbe fam) , ift noct) niddt ermittelt, ^m ^. 1469 tuurbe er bon EBif^etm
gidtiet, 9tector ber Uniöerfität 5pari§ unb ^o:§anne§ ü. Stein (be Öapibe), '4>rior
ter (Sorbonne, mit ^mei anbeten ÖJenoffen, EJtartin j^ran^ unb EJlic^ael ^ri=
burger, nac^ ber fran^öfifc^en ^''auptftabt berufen. Siefe 5)lännet etöffneten il)te
^'^crtigfeit in bet ©otbonne 1470 mit „Gasparini Pergamensis epistolarum
opus" unb bem „Speculum vite humane Roderici Zamorensis". 9lad§ bem
EBeggang il)tet ©önnet jogen fie in bie „golbene Sonne", rue St. Jacques; 1477
ttennten fid^ bie 5toei ©enoffen öon &. Elu§ biefet $etiobe flammt bie „Biblia
latina vulgata'-. 1475. ©. btucEte 1478 allein, öon 1479 an mit EJtal)nt)al
unb 1484 mit ^tembolbt. Seine ftü^eften E3üdf)et finb in Elntiqua au§gefül)tt,
jpätet manbte er fidt) 3U ben gott)ifcl)en 2;t)pen. S)ie Sorbonne unb ba§ (College
aittgem. beutid)e 58io9ral)t)ie. \UL 50
786 5iacf)trQ9: Seiger.
in "il^tontaigu unterftü^ten i^n DielTQc^, bajüv öermad^te er faft jein %anie^ 35fr=
mögen armen ©tubircnben biefcr beiben 3lnftalten. ®r ftarb am 23. 3iuguft
1510 in ^ari§.
3le6i, 2)ie 33u(^bvu(ferei ju Sßeromünfter im 15, ^fo^T^^unbert , 1870,
S. 32 u. ff.; gfalfenftein, ®efd)id)te ber SBud^brucEerfunft, ©. 238.
35aed^totb.
©eigcr*): Slbra()am ®., ^erbon-agenbei; jübijc^ci- 2:f)eoIo9, geb. 24. ?0tat
1810 äu granffmt al'^Ifi., t 23. Oct. 1874 ju Berlin, einer ftrcng ort^obojen
Familie ange^örenb , in ber rabbinifd)e ©elc^rfamfeit "^eimifd^ tüar , tourbc ber
burd) ©eifteganlagen au§geäeic^nete Ä'nabe j^on in ber erften ^ugenb^eit im
jübifd^en ©(^riTttf)um unterrirf)tet. 6r (ernte ^ebräifd^ lejen, aU er faum btei
^aijxc alt toar, würbe balb '^ernad^ in bie l^ebräifcCie ^ibel, fd)on in feinem
Dierten ^atjxt in bie älteren unb einlageren SBeftanbtl^eile bc§ 2a(mub§ (^if(i)na)
unb in feinem fec^ften ^afjXi in bie fpäteren SnttoicEetungen beffelben (©cmara
ober 2atmub im engeren ©inne) eingejü'^rt. 3Jlit bicfer äu^erft frül^^eitigen,
üon ben (Altern al§ frommet Söerf betracf)teten Untertoeifung fam man jugleid)
ber aufeergetüöfinlic^en SCßifibegierbe unb f^affungSgabe be§ Knaben entgegen.
"^lü^ex feinem tatmubifd) geleierten SJater (5Rirf)ael Sajarn^ ©., geb. 1755, f im
3lprit 1823) untervicf)tete it)n I)aiiptfäd)licf) fein ältefter SSruber (©atomon ©.,
geb. 1792, f am 4. <5ept. 1878, S5ater Don 2a3aru§ ®.), ber eine tion ben
©bi^finbigfeiteu ber meiften bamaligen Jatmubiften entfernte ^^et^obc befolgte
unb i^^m f(i)ou gleid)jeitig mit bem .^")ebräifrf)tefen aud) ba§ S)eutfd)(efen bei=
brad)te. 2)em fortgefeljten Unterrichte biefeS fc^arffinnigen 2almubgelel)rtcn,
beffen au§gebreitetc§ SCßiffen aud) bie alten ()ebräifd)cn ©ramnmtifer unb 6re=
geten umfaßte, öerbanfte ®. bie früt)jeitige Orientirung unb bie fefte ©runblage
auf bem ©ebiete ber jübifdien 2!^eologie, ju bereu ©tubium e§ bamal§ — üon
einigen älteren, meift unbeaditet gebliebenen 3Ößer!eu abgefet)en — an jeber ft)fte=
matif($en Einleitung fel)lte. ^eben bem ausgezeichneten 2;almubgelel)rten 9i.
•»Jlaron f^fulb förberte it)n in feinen t^eologifc^en Sorftubien befonber§ aud) ber
in bem bena^bartcn Stöbell^eim tto^nenbe SBolf ."peibentieim (f. b. 3lrt.). S5on
feinem elften ^a^^re an lie^ man i'^m ^ril}atunterrid)t im Sateinifdien unb
@ried)ifc^en unb nebenbei aud) im ®eutfd)en ertt)eilen. 2)ur(^ bie öon nun an
neben ben rabbinifd)en «Stubien fortgefe^te 33efd)äftigung mit ben claffifd)en
©prad)en unb anberen Ujiffenfdjaftlidjen ©egenftänben, tute burd^ bie \?ectüre ber
bcutfd)en dlaffiter unb burd) ben freunbfd)aftlid)en iöerfel^r mit einigen ftreb=
famen, nad^ freien religiöfen 3lnfid)ten erlogenen 5Uter§genoffen, entlüidelte fid)
in i^^m ein felbftänbigcS @eifte§leben. ^n bem elfjä^^rigcn Knaben waren bereite
religiöfe 3tocifet ertoadjt, bie er ^war geti^altfam nieberbrürfte, aber nic^t für bie
5)auer befiegen tonnte. (Sr war babei in ber Sage, ha'^ er feine ©efinnungen
üor feiner näc^ften Umgebung üerbergcn mu^te, tt)a§ um fo peinlid)er für i^n
War, ba tuan if)n t)on frül^er 2^ugenb an für ben tt)eologifd)en SSeruf beftimntt
Tratte, äu bem er fid) aud) burd) feinen religiöfen ©inn unb burc^ bie tief in
il)in wur^elnbe 9lnl)änglic^feit an bie — nad) feiner fid) aUmä^lid) befeftigenben
Ueberjeugung — nur burd) l^emmenbe unb trübenbe ©inwirtungen einer traurigen
33ergangenl)eit entfteüte tpäterlid^e Üteligion l)inge3ogen fül^lte. (^rü^e fd)on be=
rül)rte it)n au(^ ber ^ampf für bie bürgerlid)e @leid)flellung, ben bie 3fuben in
ben beutfc^en ijänbern unb in§befottbere aud) in granffurt a/^. t)iele ^ai)Xi
f)inburd) fü'^ren mußten, unb nid)t minber ba§ bei bem fortgefdjrittencn
') 3u ©eite 506.
©eiger. 787
2;i§fi(e betfetBen {)errfc^enbe ©treten naä) leligiöfen ^leformen, in njetd^er .öin^
fic|t BefonberS auä) ^o'^Ijon unb 5Jlicf)acI dreijenadE) auf t^n einloirften, 2öie
fo manche jübifc^e Jünglinge , Begeifterte i^n ber ©ebanfe, einft Tür bie ^eBung
feiner ©taubenagenoffen unb bie '(Läuterung be§ 3ut)ent^um§ toirten }u fönnen,
unb bieie§ Siel erftrebenb , bUeii er Beim Stubium ber X§eo(ogie. '^leBen bem
<i^")eBräifd^en Befd)ärtigte er fid) eifrig mit bem G^albäifc^en unb ©prifc^en, öon
bem er bann aud^ jum StraBifc^en üBerging , unb longe (jute^t no(f) im .perbft
1829) ft^toanfte er, oB er )iä) nirf)t auefd^Ue^tidE) bem ©tubium ber femitifd^en
(Sprad^en roibmen folle. ';!IBer auc£) für ba§ eigentliche tf)eotogifc^e ^ad^ mar ein
leB^afteg mifjenfd^aftlicE)e§ ^ntereffe in i^m rege. @r ftubirte bie Schriften be»
5)taimonibe§ unb anberer j[übifc£)er ^t^itofopfien , Befonberi auc^ in gefc^ic^tüdEier
^")infid^t unb iud)te fid^ üBer^upt in ber bamate noc^ mcnig aufgef)ellten @e=
fcfiid^te be§ ;3ubent^um§ (^oft'§ grö^erei SBerf erfd^ien 1820 — 29; eine ba^n=
Bred^enbe 3lrBeit öon 3un3 Brad^te bie 1822 — 23 erfd£)ienene „3eitid^riTt für
2öif|enfd^. b. Subentl§um§") ju orientiren. @r mar 17 ^aijxc alt, q(§ er mit
gereiftem toiffenf(^aftti(^en ©inn eine ben 2:a(mub Betreffenbe SlrBeit unternafim,
bie gan3 au|ert)alB be§ Äreife§ ber gemö^nlic^en \^ad)o,eUt)xtm tag. ©r
jammette ^tateriatien ju einer ©rammotif unb einem SßörterBud^e üBer
bie ^Jlif^na unb tierfotgtc baBei bie öor^er faum Bead^tete {yortenttoidllung
ber tieBräifd^en ©prad^e. (Sin !^ierauf Be5üglid^e§ 2Berf Öanbau'i fam
it)m etft 1828 ju ©eftd^te ; eine ben ©egenftanb Betreffenbe Sd^rift %.
x§. .Ipartmann'i erft im -^crBft 1829. @rftere§ tourbe Don i^m at§Balb
al§ eine oBerfläd^ü(^c 3IrBeit erfannt unb fritifirt. — ^m SSiBtifc^en -l^atten
c^erber unb ßid^'^orn früt)e auf i§n eingemirft.) 9^eBen ber fprad^miffenfc^aft^
tiefen 2lrBeit unterna"^m er audt) einen (f)eBräifdl)en) Sommentar üBer bie ^JJlifc^na,
bei bem er öon einer ööUig neuen Stuffaffung ber tatmubifd^en @efe|e5entn)icf(ung
ausging, ^it fritifd^em Sd^orfBticEe erfannte er BereitI bamat§, baB bie ÜJtifcfina
in ber auf i^r Beru^^enben ©emara nid^t fetten a6meidE)enb öon bem urfprüng=
Iid)en ©inne auigefa^t mirb , unb bemgemä^ öerfu(f)te er eine öon ber fpäteren
gemariftiidl)en Deutung unaB^^dngige (Srftärung berfelBen. S)cr Kommentar
rourbe jmar Batb mieber öon i^m aufgegeBen; er Begann aBer bamit feine im
3}erlaufe feiner fcf)riftfteUerifc§en S^ätigfeit öon if)m geltenb gemachte tief ein=
fcfineibenbe Äritif unb öorurtt>ci(§tofe gefd^i(i)tli(^e Sluffaffung be§ raBBinifdE)=
tatmubifc^en 3Subentf)um§ , ba§ in fetner Srftarrung ]xdt) ati reftc», Bi§ ^u ben
fteinftcn Sinjetn^eiten t)eraB unlöSBar äufammen'§ängenbe§ @efüge barfteüt unb
ba^er als fotgerid^tige trabitionelle Slustegung be§ BiBtifd£)en Sefe^e^ Betrachtet
rourbe. ■ 9In bem SBerfe üBer bie Sprache ber ^if^na arBeitete er — mit
UnterBrei^ungen — noti) in fpäteren ^a^ren; es rourbe aBer burt^ anbere %x=
Betten immer me^r jurücfgebrängt unb BlieB unöoHenbet. S)od§ ift baraus fein
treffü(i)e§ „Se'^r^ unb SefeBud^ jur ©prad^e ber 9Jlif($na" (1845) ]^cröoT=
gegangen. — 6§ mar bamal§ fdt)on jiemlic^ altgemein , ha^ ©tubirenbe ber
jübifc^en S^eotogie , nadlibem fie ftd§ bie für it)r fünitigeS 3Init erforberlid^en
raBBinifc^en Äenntniffe angeeignet "Ratten, jum ^toede if)rer ^ö^eren roiffenfd£)aft=
lidE)en StusBitbung eine Uniöerfttät Befud)ten. ßinige greunbe öerfc£)afften ©.,
beffen ^amiüe in jiemlic^ Befd§rän!tcn 3}er^ä(tniffen leBte, eine Unterftüfeung
für bie 3ßit feinem afabemif^en ©tubiumS , unb im 3lprit 1829 Be]og er bie
Uniöerfttät ."peibelBerg. ®r ^örte bort SSorlefungen öon UmBreit, 2^auB, ßreujer,
Ä. gr. |)ermann unb ©(^loffer, öon benen bie Betben le^teren i^n am mciften
anregten, ^auptgegenftanb feiner ©tubien roaren bie femitifd^en ©prac^en, Tür
roeld^e er aBer gröBtent^eil» auf feinen ^^^i-'iöatfleiB angeroiefen roar. Sr öertiefe
|)eibetBerg fd^on ju 6nbe bes erften ©emefters unb ftubirte bann Bi§ ^uni
1832 ju 33onn. 6r t)brte bort bie 25orlefungen öon Söelcfer, Sranbis, ßalfer,
50*
790 ®"3«-
|ür feine loiffenfd£)aft(id)en f^orfc^ungen. 5lur ungern cntfii)Io^ er ftd^ (1847),
feine ^^iH^^^'^ft eingel^en ^u lafjen. Um bie enlftanbene ßüdfe au§äufütten, nal^m
er fie nad) einem ^^üifd^cnraume öon 15 S^a'^ren mieber auf, jeboc^ mit t!^eil=
locife beränbertem ^lane. ©einer bamaligen 9{iii)tung entf^rei^enb , manbte er
\iä) in ber 2lnfünbigung be§ neuen Organa, ba§ unter bem 2;itel : „S^übifctie 3eit=
fcfirift für Sßiffenfc^aft unb ßeben" erfc^ien (11 SSbe., 1862—75; ba§ Ie|te ^eft
tourbe nadö @eiger'§ 2:;ob mit einem tt)armen , i£)n treffenb (i)ara!terifirenben
9la(^ruf öon feinem ^^reunbe ^. ©erenburg ausgegeben), öorne'^müd^ auc^ „an
bie 33il6elforfc£)er atter ßonfeffionen".
3Em Sfuli 1838 fd^ieb ®. öon feiner (Semeinbe ju 3öie§baben. @r 'Eiatte fein
f^)örlid) bcfolbeteS 5lmt niebergelegt, tourbe aber bolb nadi'^er nad^ SrcSlau berufen.
irft im ®ec. 1889 fonnte er feine ©teile in ber bortigcn (Semeinbe antreten, toeil
bie altortl^oboj-e Gegenpartei bie baju erforbcrlid)e 9iaturaIifation mit allen Rütteln
äu öerl^inbern fud^te. ir l^ielt fid§ in ber ^toifdjenjeit ju 33erlin auf, too er fid§ mit
toiffenfd)aftlii^en 3lr&eiten befc^äftigte. 5Die feiner Slnftettung entgegenfte!§enben
^inberniffe fonnten bei bem bamaligen ©tanbe jübifctier 2lngelegent)eiten in ^^reu^en
nur mit öieter ^Dtü^e unb nadt) langtoicrigen 3}erl^anblungen befeitigt werben.
"^Itaä) bem Eintritte feinet ^mte§ öer^eiratl^ete \iä) @. mit einem 5[Räb(i)en, bem
er fd)on auf ber Uniöerfität ju sBonn feine Neigung jugetoanbt "^atte. (@r !)atte
ftd§ bereits im 9]tai 1838 öertobt. S)ie bur^ Slnmut^ unb ebte Söeiblic^feit
ou§geäeid§nete Sebcn§gefäl§rtin tourbe it)m im S)ecember 1860 burd^ ben Xob
entriffen.) 3^ Breslau l^atte (S. ja'firelange .kämpfe mit ben altort^obojen @eg=
nern ju beftel)en; er mürbe aber baburd^ in feiner immer tiefer eingreifenben
3Birffant!eit faum gehemmt uitb füt)lte fid^ beglüdt burcC) bie S5ere^rung unb
Siebe be§ übcrtoiegenben 2;t)eil§ feiner ©emeinbe. @r grünbete bort eine 9leli=
gion§fdt)ule, einen ^eijx-- unb ßefcöerein, betlieiligte firf) an ben Seftrebungen an=
berer gemeinnü^iger 3}ereine, mie aucf) an öffentlidtien 5lngelegenl)eiten unb ^ielt
eine 3^^^ ^ang ä^orlefungen für ©tubirenbe ber jübifd£)en 3:f)eoIogie. ^n le^terer
|)infid^t Ifiatte er Hoffnung, einen tängft öon i^m gel^egten, für bie 2öiffenfd)aft
be§ S^ubentl^umS unb bie S'Oi-'tenttt^icflung beffetben l)ö^ft tt)ic£)tigen 5pian ganj
in feinem (ginne öermirflic^t ju fe't)en. (är tjatk ben II. ^anb feiner erften
3eitfd^rift mit einer 3lufforberung jur (Srünbung einer fübifdC) = tlieologifd^en
f^acuÜöt eröffnet. S)ie bal)in gerid^teten 33eftrebungen Waren erfolglog ge=
blieben. @in ^JJlitglieb ber 33re§lauer ©emeinbe aber, ein lüarmer S5erel)rer
(Seiger'S (^onaS ^xäntd, geft. 27. ^an. 1846) beftimmte burd§ le^tmillige Söer-
fügung einen großen 2;^eil feineS fe^r beträd^tlic^en 2}ermögen§ (neben anberen
großartigen (Stiftungen, bie tl^eilmeife fc^on bei feinen ßebaeiten in SluSfül^rung
lamen) für bie Stiftung einer Slnftalt pr .^eranbilbung jübifd^er Zi)tolo%tn.
Sin einem berartigen miffenfd^aftlic^en ^^nftitute tüirlen ju fönnen, mar (Ueiger'S
fct)nltd^er 3Buufd^, unb wie er baju ganj befonberS ben Öeruf in fic§ füllte, fo
■^atte aud^ ber Stifter unäWeifel^aft xf)n unb feine 9tid^tung im 3luge. 9lt§
aber bie 2lnftatt in§ Seben gerufen mürbe, übergingen i^n bie 2;eftament§ei;ecu=
toren unb beriefen einen conferöatiben Seiter. S)iefer Umftanb trug baju bei,
baß @). einem öon bent SSorftanbe ber iSraelitifc^en ©emeinbe feiner S5aterftabt
an i!^n ergangenen Olufe folgte unb ba§ bortige 9fiabbinat annat)m. ®r befleibete
fein Slmt ju ^ran!furt a. gjl. öom 2luguft 1863 bi§ @nbe 1869, too er al§
giabbiner nad^ SSerlin berufen tourbe. 3ur 3lnnal^me biefer neuen ©teile betoog
i'^n u. a. aud^ bie 9lu§ftd§t auf bie äöirffamteit an ber „^ocl)fd^ulc für 2öiffen=
fd)aft be§ i^ubent^umS", bereu ®rrid^tung ju Berlin bamalS f(^on siemlidl) ge=
filtert mar unb bie benn audl) im ^Ulai 1872 eröffnet tourbe. @ie getoann in if)m ben
auSgeaeid^neten Seigrer, bot il)m aber aud^ in feinen legten SebenSjaliren nodl) bie ®c=
legent)eit jur ganzen Entfaltung feiner Äraft, in beten SSollgefü^l er nodl) ftanb, al§ if)n
ein plö^lii^er jlob ereilte.
©eiget. 791
5)lan fann tjon @. jagen, bafe er eine jübifd^e Zfjeoio^it angebal^nt l^at, bie
toejentUc^ Ö)ei(f)icf)tc loäre unb einen x^eit ber aEgemeinen SBifienjc^att be§ @ei[teg=
tebenö bilbeu roürbe. (5r i)at auc^ (öornefjmüd^ in feinen legten ^Qtj^'cn, junäciift
mit 33ejug aui bie Sc^tiften üon Dtcnan unb ©trau^j S^-'QQ^" ^<^^ (i)nftü(i)en lf)eo(ogie
oon feinem ©tanbpunfte aus befpro(f)en. 3ft er babei aud) nic^t öon öinieitigfeiten
frei geblieben, |o mußten bod) bie ßrgebniffe feiner tt)iffenf(i)aftlid)en Unterfu(^ungen,
foweit fie baS ©renjgebiet ber @efd)id)te be§ ^ubenttjumö unb ber ©efc^id^tc
be§ 6f)riftentl)um§ berüf)ren , unb nic^t minber bie ?luTfd)(üffe , bie er über bie
®efd)id^te beS i)ebräifd)en SibeÜerteg gegeben f)at , aud) üon c^riftüc^en X^eo=
logen berü(ffid)tigt merben. ^331it lebenbigcr ;3ntuition gefd)id)tlid)er ä^orgänge
begabt, nju^te (53. fid^ in ;3eiti-"äume unb (i^araftere ju üerfe^en unb fteEte bann
au§ ben feiner Ü)ele^rfamfeit ^u (Gebote fte^enben, fritifd) öon i^m gefid^teten
ßinäet^eiten, nid)t feiten na(^ rafc^er, öon einem tt)id)tigen Momente auögef)enber
unb nac^l^er genauer begrünbeter (ionception, ein lcben§üoIIe§ ©efammtbilb 3U=
fammen. ^Jioc^te er fid) babei aud) f)in unb mieber einer ju toeit ge^enben
ßonjectur iiingeben , fo ^at er boc^ auf biefem 3Bege genialer 3luffaffung , ber
ja fd)on ju fo mand)en tt)i(^tigen 6ntbedungen gefüt)rt l^at, überrafd^enb neue @e=
fid^tSpunfte auf bem öon i^m burd)forf(^ten ©ebiete aufgehellt. @r l^at ganj
entlegene cafuiftifc^e Erörterungen beg 2almub§ unb öermanbter 3d)riften jum
erften 'DJlale in beutfct)er Sprache be^anbelt unb Tür bie ©efd^ic^te öermert^ct.
^n öor^er öötlig unbead)tet gebliebenen ober mißöerftanbenen eingaben, bie in
biefen 2Ber£en erlialten finb, aber al§ Jrümmer frül)erer oeiten unter fpäteren
©c^ic^ten öergraben roaren, in ben alten Sibelüberfe^ungen, fowie in bem über=
lieferten Xe^tt ber ^ebraifd)en ^ibel felbft ^at er bie 3eugniffe öerfd)iebener
•$f)afen ber ßntmidlung gefunben unb aufgezeigt. 3lbroeid)enb öon ber gett)o^n=
tilgen 5(nficf)t, »eldje im ^^^^^arifäiemug unb bem auö i^m {)cröorgegangenen
Jalmub nur 3}er£nö(^erung, SCßert= unb ©d)einf)eiligfeit erbtidte, ging @. fd)on
bei feinem erften ^^luftreten (äöiffenfd). 3tfd)i:- I- 36 u. a. anberen ©t.) baoon
aus, ba^ gerabc bie ^^^arifäer, inbem fie ha^ biblifc^e ®efe^ in eigent|£)ümlid)er,
öom natürlichen @d)riftfinne abmeic^enber äÖeife beuteten unb neue 33eftimmungen
f)inäufügten , im ©eifte ber biblifc^en U)orfc^riften mirften unb ha^ SSebürnii^
ii)rer ^^it berüdfid)tigten (fie folgten babei freilid) mel)r einem unbettmBten ge=
fd)id)tlid)en S)range, ma§ öon @. nid)t immer t)inreid)enb f)eröorge^oben unb
nac^^er öon Slnberen ööUig ignorirt rourbe), tt)äl)renb bie ©abbujäer fid) an ben
SBortlaut l^ieltcn unb bem ©tillftanDe ^ulbigten. SBurbe im alten i^ubent^um
bie im "lalmub aufge^eidljnete irabition al§ bie einjig ric£)tige unb für alle 3"=
fünft geltenbe 3XuStegung ber ^ibel betracf)tet, fo mar fie na^ @eiger'§ 3tuf=
faffung ber jeitlic^e 3Iugbrud be§ allgemeinen ^rincip§ eine§ lebenbigen iyort=
f($ritt§ unb leitete er au§ xi)X aud) bie ^Berechtigung ju weiterer ßntroidlung
unter ben nun ööUig öeränberten 3fitöer^ältniffen ^er. (^^Jlan mag t)iebei an
Öeffing benfen, beffen ©treitfc^riften gegen öoeje ®. in 25onn mit lebl)aftcm
;3ntereffe gelefen l^atte; bod) t)at Seffing fic^ bem 5Bud)ftabenglauben gegenüber
in gan^ anberem ©inne auf bie Jirabition berufen.) ©pdter öertiefte &. bie ur=
fprünglict)c @runbanfd)auung in feinem ^auptroerfe: „Urfd)rift unb Ueber=
fe^ungen ber ^ibel in il)rer ^(b^ängigfeit öon ber inneren öntmirflung be§
;Subentl)um6". "iDtit biefem 1854 öon il)m begonnenen, 1857 (alfo am 6nbe
einer fünfunb^toan^igiä^rigen 3Birtfamteit) Dollenbeten SÖerfe ^t (S. ben .^toeiten
5ibfd)nitt feiner miffenfd^aftlid)en Xl^dtigfeit begonnen unb bat)nbre(^enb im @c=
biete ber biblifdl)en .ßritif gemirft. 6in grgebniB biefer goi^fd^ungen mar aud^
bie ^Ib^anbtung: „^ip^ariföer unb ©abbujöer", roeldl)e ba§ 2. ^eft bes 2. ^anbe§
ber „^übifd^en 3citf(irift" brad)te. ©eine ]xü1)ext ^^iuffaffung mobificirte ö.
bat)in, baß in ben fog. ©ecten ber 'ipijarifäer unb ©abbujäer fid^ ältere religiofe
unb politifd^e ^^^arteifftmpfe fortfe^ten, inbem le^tere ta^ auf bem 3lbel ber ®e=
792 ©cigcv.
Burt bevu^cnbe unb barauf bie ipcrrfdiaft begiünbcnbe 5prieftevt§um öertratcn,
i^re ©egnex abex bie :prie[tetli(i)en SSonec^te inoglid^ft ju 16ef(i)rän!en trad^tetcn
unb bie ben ^xieftern sugejd^tiebene au§f(i)Ue^li(^e ipeiligfeit jür ba§ ganje 3>oI!
in Slnfpvud^ na'^men. S5on gtö^ter Söid^tigteit ■ toav babei ber 5ia(i)tt)ei§, ba^
bei- 33ibeltejt lange tenben^iöfen, burd) bie im 3^ubentt)ume bamalS tierrfd^enben
3eitbe[trebungen öeranlalten 3lenbevungen unterlag, biefe aber bann jum großen
2^eile n^ieber befeitigt würben, jo ba| berjelbe un§ im ©an^en in richtiger ©eftalt
öorüegt. S)ie auffaüenbe St'Ciatfad^e , ba^ alte SSibetüberfe^ungen , obgleich im
Uebrigen mit unfcrem l^ebräijc^en S^ejte übereinftimmenb , bod^ an ein^etnen
©teEen öon i^m abh3eid)en, tourbe erft öon ©. ööHig auigeflärt, inbem er äeigte,
ba| jold^e 3Serf(i)ieben^eiten nic^t jclten öon 5lbänberungen be§ ®runbtejte§ t)er=
rül^ren. ©eine gro^e 5ßertrautf)eit mit ben aramäifc^en 5Diatecten unb anbere
S)etail!enntniffe boten i'^m tre^Iii^e bittet ju joti^cn unb ä^lici)en gorfdiungen.
9tact)bem er einmal bie 5ßibel jum .^pauptgegenftanbe jeiner teiffenfc^aitli^en
2f)ätig!eit gemacht ^^atte, ging er au(f) tiefer auf bie fie betreffenben g'^'^Sen ber
.^ritif ein, mobei er ebenjattS (me^r al§ in ben gen)ö'^nli(f)en Urfunbent^eorien
äu gefd)el)en pflegt) ben ge|(i)i(^tlidl)en 2öeg betrat. S)ie Siefultate biefer Unter=
fuc£)ungen, ju benen er be|onber§ burci) bie 8}orträge an ber „.g)0(i)fd)ule" ber=
anlaßt würbe, finb (freilidE) nur lücfenl)aft unb !§auptjä(i)li(^ nac^ 2luijei(i)nungen
feiner ©d)üler) in ben betreffenben gebrüteten 23orlefungcn Ciitadigetaffene
©(i)riften IL u. lY.) entl^alten unb l^arren nocf) ber grünblic^en ^^^rüfung. —
@. legte feine tt)iffenfd)aftliii)cn 3tnfiii)ten ftet§ unumtounben bar, mic fe|r er
aud) baburd) in SBiberfpruci) mit ber !§errfc£)enben ^Jleinung geriet^; in feiner
pro!tifd)en SBirffamfeit ging er f(^onenb Pom S3eftel)enben au§ unb erftrebte bie
t^ortenttoidlung burrf) ben ju belebenben fd^affenben (Seift, forberte aber aud^
toieber, ba^ l^emmenbe geffeln befeitigt unb Peraltete goi-'n^en umgeftaltet werben
(Pgl. u. a. ben 3lrtifet au§ ber SBiffenfc^aftticEien 3eitfd^vift: „S)er ©d^riftfteEer
unb ber 9tabbiner", ^JZadigelaffene ©d^riften, I.)- @v forberte toiffenfdl)aftlid)e
©rörterung unb freute fid^ , wenn auc^ bie ®egner in würbiger äöeife auf ben
Äampfpla^ traten (f. 5. SS. bie 9lecenfion einer widjtigen, Pom altorf^obojen
©tanbpunfte au§gel)enben ©d)rift , 2ßiffenfc^aftlid)e 3eitfdt)rift II. 351 ff.).
@inen eigentlid)en ^pian Pon ber fünftigen ©eftaltung be§ i^ubenf^umS l^at er
nidE)t aufgeftellt; er lebte aber ber Ueber^eugung , ba^ fid^ in ber 3ufunft aud^
bie redete gorm l)erau§bilben werbe, wenn nur bie Pon ber 9leligion un5ertrenn=
lidl)c @rtenntni^ burdt)gebrungen ift. tiefer ©ebanfe leitete i!^n aud§ bei feinen
gefdt)id£)tlidl)en Strbeiten; benn bie ©efd^id^te, wie er fie auffaßte, foll nidC)t auf
bie erftorbene 33ergangenl)eit l)inWeifen, um fie wieber l^er^uftetten, fonbern nac^
ben in i!^r Perborgenen SebenSfeimen forfd^en, um fie für bie ©egenWart ju be=
fru(^ten. „3Ba§ bie äöiffenfd£)aft", fo fdf)iieb er im SßorWorte ju feinem tüf)n=
ftcn unb bebeutenbften Söerfe: „Urfd^rift" ic, „al§ eine gefdf)id)tlid^e 3Bat)r^eit
für bie S^ergangen'^eit aufnimmt, ba§ mu^ fie bann audt) at§ einen neuen grud^tfeim
augftreuen für bie f^ortentWicElung be§ Subentl)um§. Söenn ber 33oben ber (S)e=
fd^ii^te aufgetocfert Wirb unb hit ^JJiäcl)te aufgewiefen werben, bie unabläffig an
il^m gearbeitet liaben : fo mu^ audf) weiter ber gef(i)idt)tlid£)e Zxuh wieber lebenbig
werben unb ber Sebengfaft Weiter ben ©tamm burd£)ftrömen, um in neuer f^rifdfie
geiftige i^rüd^te ju erzeugen." — 25on ben ©d)riften (Seiger'S nennen Wir nur
nod^ bie äJortefungen : „S)a§ SJubenf^um unb feine @efc^idl)te" (3 33be., 1864
[2. 3lufl. 1865]. 1865. 1871).
Soft, ^Jleuere ®efd^. b. S§r., III. — 5lbral)am @eiger. gin ©ebenfbtatt
öon Sert^olb 9tuerbad^ ((Segenwart, VI. 3lx. 45). — 2)er obenerWä"^nte
„5iad£)ruf" P. ^. S)erenburg. — (Sine Erinnerung an früliere Seiten P. 21. 6J.
(;9tad^gel. ©d^riften I. 296 ff.) — ^Jta^gel. ©(|riften Y., woPon eine ©e=
©enncp. 793
l^arQtQUfiQabc u. b. 1. : '^l. ©eiget'S öeben in ^Briefen. ^erauSgeg. D. i^ublüig
@eigev (ls78). ^atoh 5liiei-6ac^.
@ennc|): ^aspav Don ®. (6a§pax ®enepaeu§), 33uc^bru(!er unb
gcfiiittfteüei- ju ^öln jwijdien 1532—1580. @eburt§- unb lobegjofir finb
unbetonnt. Seine ^aupttljätigfeit fällt in bie ^eriobe be§ ÄampieS steiferen
bem Äölnev 2)omcapitet unb bcm mit ber luf^erifdien 33en)egung ft)mpQt!)ifirenben
Stjbiidioie .^ermann tion SBieb unb umfaßte neben ben SBerfen feiner eigenen
^preffe aurf) foIcf)e austDärtiger Cfficinen, namenttid) SIntttjerpener unb Cömener
girmen, fotoie ben ä>er(Qg üon ©c^iiften, bie faft auefc^Iie^licE) bcm Öebiete ber
i-eligiöfen ^^olemif, ber @ebetbuc£)Utteratur unb ber Qmtli(i)en ^irct)enevlQffe an=
gcl^örtcn unb ju beten Sßertriebe er auf ^Betreiben bei 9tector§ ber Uniöcifitot unter
ber iöebingung nur !att)olif(i)e SSüi^er ju öerlegen, boe faiferlidje ^riöitegium
erhalten ^atte. ^n feinem SSeiiage erf(^ien aurf) 1552 eine§ Stnbernad^er ^i(i)=
ters ^Batt^. (ireu^ gaftnac^töfpiel (©oebefe ®r. I, 319). Sa§ S^iä)en feiner
2;rucferei toar eine Suc^f cfieere , ber er enttteber bie ^nitifll^n J- ^^- o^^^' ^•
P. P. T. (Surgit Pulchrius Peiiia Tonsa' beigab, boct) bebiente er fid) in fpäterer
3eit eineg anberen 6mbtem§, ba§ 9tott)=©d)Dl3 (Insignia Typograph. Sect. V,
N. 59) abgebilbet 'i)at unb beffen (£t)mbo(um lautet: Sicut lilium inter spinas.
3lef)nlict) wie fo manrf)e 2;t)pograpf)en feiner 3eit i)ie ttjiffenfdiaftlid^ unb Iitte=
rarifc^ tf)ätig waren, wibmete aud) @. bie ^Jtufeeftunben , bie i^m ber 33etrieb
feines @efrf)äfte§ tie^, ber (Sd)riftfteIIerei, wenn gteid^ feine po(emifcf)e 2:f)ätigfcit
auf biefem (Gebiete feine befonbet§ glüciti(f)e ju nennen ift. 3)enn über fein
profaifdies ^auptraetf, ba§ eine äöiberlegung be§ SteibanuS bejWecfte: .,Epi-
tome. roarf)afftigc 23ef(i)reibung ber Dornemften ^änbel, fo fici) in gciftli(f)en unb
weltlichen ©ac^en . . . öerlauffen f)aben" , 1559, gol. fällt felbft ber ^efuit
Jpar^l)eim in feiner Biblioth. Colon, p. 50 unb 250 ba§ Urt^eil, e§ fei ge=
fd)rieben „infeliciori Minerva", (äin 3Weite§ ä'^nlid^el äöerf, ein poIemifd)er
!Gaienfatecl)iömu§, fülirt ben 2itel: „Ütebe ünb Antwort ber je^igen 3li5et)fpat=
tung in ber 6^ri[tli(l)en i?ir(f|en" k. 1542 unb 1557. 53on öer!)ältuiBmä§ig
größerem Söert^e ift feine geiftü(i)e, auc^ mit ©rlaubni^ be§ .Kölner ^at^t'i
1539 öffentlid) aufgefül)rte ^omöbie : „Homulus. S)er fünbcn loin ift ber
Soib . . .", (iöUen bt) i^aspar üon ©ennep. M. D. XL. 4. (@i)mn.=3?ibl. an
8t- ©ereon in Äöln ; ögl. anä) für bie fpäteren 5lu§gaben @oebefe a. a. D.
317 — 18), btren ä^ebeutung unb grfolg in ber 33erül)rung einet in ben rcli=
giöfcn kämpfen iener tf)eologifd) ftreitbaren 3"t ftarf öentilirten grage, ber
^lte(i)tTertigung§tef)re liegt. Uebrigenl ift nur ber allerflcinfte i^eil biefe§ in
einer 3Jlifct)ung Oon nieber= unb oberr^einifd)em S)ialecte gefc£)riebenen Spielei
perfönlid)e§ gigent^um be§ ®. S;ie -^auptpuetle war il)m. Wie er felbft in ber
Sßorrebe jur erften 9lu5gabe fagt, eine mit 3ufä^en au§ anberen beliebten
Spielen jener 3eit bcteid^erte 33earbeitung be§ 1536 in feiner Cfficin gebturften
„Homulus" be§ ^^Jettuö S)ieftl)emiu§ unb bie englifct)e ^JJtoralität ..Every - man" ;
über anbere Cueüen öerglcidie @oebefe, Homulus unb Hekastus. ^annoü. 1857.
3lu§ biefen Cueüen , unb ba§ 9}erbienft bleibt i^m unbeftritten, f)at @. e§ öet=
ftanben, ein cinl)eitli(i)e§ funftgerec^t ^ufammengefe^teS ©an^e ju f(i)affen , „Wae
un§ bagegen Don biefen befannt ift unb bie 3lrt unb 2Beifc biefer 3ufan^n^fi^=
fe^ung nöt^igen un§ bie moralifct)e ©ewipeit auf, ba§ ©ennep'S 6tgentl)um§=
red^t felbft auf bie Scenen, bereu Original nicf)t me^r ausgeben ift, fe^r
3Weifell)after '»Dlatur ift." 3llletbing§ beanfprud)te er, wie au§ feiner SJorrebe fic6
ergibt, baffelbe auc^ bur(i)au§ nic^t „l)ab \ä) mir fürgenommen, e^tictie materi)
barin ju trecfen") unb es war ja, wie befannt, ba§ Softem ber gegenfeitigen
2lu§plünberung in einer fo raftloS arbeitenben S^\t Wie ber be§ 16. 3^at)rt)unbcrt§
wol erflärlid^ unb üielfad^ recipirt. So l)atte auc^ Seonl^. gulmann (Pgl. Sb. IV
792 ©ciger.
burt htxuiftntt unb barauf bie ^enjd^aft Ibegrünbcnbe ^prieftert^um öertvaten,
i^xt @egner aber bie prie[tevlict)en S5oned)te möglic^ft p 16e|d)ränfen traditeten
unb bie ben ^prieftern äugeft^rieöene au§f(^lie^U(i)e .»peiligfeit füv ba§ ganjc S5ol!
in 2lnjprud) na'^men. 33on größter 2öid)tig!eit toar babei ber ^Jta(^tt)ei§, ba^
ber 33i6eUejt lange tenbenjicjen, burd^ bie im 3Eubentl)ume bomalS "^eiTfctienben
3eitbeftrebungen öeranlo^ten 3lenbeiungen unterlag, biefe aber bann jum großen
X^eile mieber befeitigt mürben, fo ba^ berfelbe un§ im ©an^en in riifitiger ©eftalt
öorliegt. S)ie aujjaEenbe S^'^atfadie , ba^ alte SSibelüberfe^ungen , obgleid) im
Uebrigen mit unferem l)ebräifd)en 2;ejte übereinftimmenb , boc^ an einäelnen
©teEen öon üjxn abtoei(i)en, mürbe erft öon @. ööEig aufgellärt, inbem er jeigte,
ba^ jold)e 3!)erjd)icbenl;eiten nid)t feiten öon 3lbänberungen be§ ®runbtejte§ '^er=
rül)ren. Seine gro^e 5Bertiautl)eit mit ben aramäijd)en S)ialecten unb anbere
S)etail!enntniffe boten i|m trefflid^e Mittel ju fol(i)cn unb äl)nli(i)en ^^orfd^ungen.
5fiac£)bem er einmal bie Sibel jum ^auptgegenftanbe feiner miffenfd)aitlid)en
3;l)ätigfeit gcmad^t l^atte, ging er aud) tiefer auf bie fie betreffenben ^i-'^Sen ber
^ritif ein, mobei er ebenfatt§ (met)r aU in öen gemö^nlic^en Urfunbent^eorien
äu gef(i)el)en pflegt) ben gefct)ic^tlidt)en 2öeg betrat. S)ie giefultate biefer Unter=
fud)ungen, ju benen er befonberS hnxdc) bie 5öorträge an ber „.ipoc^fd^ule" tier=
anlaßt mürbe, finb (freilid) nur lücfenl)aft unb l^auptfäd)li(f) nad) Slufjeidinungen
feiner ©c^üler) in ben betreffenben gebruiiten Sßorlefungcn CJladigetaffene
©rf)riften IT. u. IV.) entl)alten unb l)arren nocf) ber grünblic^en ^^^rüfung. —
®. legte feine miffenfct)afttict)en ^Infid^ten ftet§ unummunben bar, mic fe|r er
and) baburd^ in äöiberfpruc^ mit ber l)errfd)enben Meinung geriet^; in feiner
prattifc^en Söirtfamfeit ging er fd^onenb Pom Sefte'^enben au§ unb erftrebte bie
gortentmidlung burd) ben ju belcbenben fd)affenben @eift, forberte aber aud^
mieber, ba| l)emmenbe i^effeln befeitigt unb Peraltete goi-'nxen umgeftaltet merben
(pgl. u. a. ben Slrtifel au§ ber 9Biffenfd)aftlid)en 3eitf(^rift: „S)er ©d^riftfteller
unb ber 9labbiner", ^Jiadigelaffene ©diriften, I.)- @r forberte miffenfd)aftlid§e
Srörterung unb freute fid) , menn aud) bie @egner in mürbiger SBeife auf ben
.^ampfpla^ traten (f. j. 35. bie gtecenfion einer mic^tigen, Pom altortl)obojen
©tanbpunfte au§gel)enben (5d)rift, 2iBiffenfd)aftlid)e 3eitf(^rift IL 351 ff.).
@inen eigentlid^en 5plan pon ber funftigen ©eftaltung be§ Subentl)um§ l)at er
nid£)t aufgefteEt; er lebte aber ber Ueberjeugung , ba^ fic^ in ber 3wfunft anä)
bie redete i^orm ^erauSbilben merbe, menn nur bie Pon ber üleligion un3ertrenn=
lid§c ßrfenntni^ burd^gebrungen ift. tiefer (SJebanfe leitete i^ aud^ 1)ti feinen
gef^ict)tlidE)en 5lrbeiten; benn bie @efd^idf)te, mie er fie auffaßte, fott ni(^t auf
bie erftorbene S^ergangen'^eit l^inmeifen, um fie mieber l^er^uftetten, fonbern nai^
ben in i!^r Perborgenen SebenSfeimen forfd^en, um fie für bie ©egenmart ju be=
fruc£)ten. „Söa§ bie SBiffenfctjaft", fo fd^iieb er im 33ormorte ju feinem fü]§n=
ften unb bebeutenbften 2öer!e: „Urf(^rift" ic, „al§ eine gefd)id)tli(^e 3Gßat)r:§eit
für bie 3^ergangenl§eit aufnimmt, ba§ mu^ fie bann aud^ al§ einen neuen ^^rud^tfeim
auSftreuen für bie ^ortentmidlung be§ Subentl)um§. SBenn ber SSoben ber @e=
ft^ii^te aufgelocfert mirb unb bie ^JJtädt)te aufgemiefen merben, bie unabläffig an
i'^m gearbeitet l)aben : fo mu| anä) meiter ber gefd)id£)tlidt)e S^rieb mieber lebenbig
merben unb ber ßebenäfaft meiter ben (Stamm burd)ftrömen, um in neuer 3^rifdt)e
geiftige ^^i^ücEite 5u erzeugen." — S3on ben ©d£)riften @eiger'§ nennen mir nur
nod§ bie SJorlefungen : „S)a§ i^ubenf^um unb feine @efd)id)tc" (3 SSbe., 1864
[2. 3lufl. 1865]. 1865. 1871).
Soft, ^}leuere @efd). b. ^^x., III. — ?lbra^am ©eiger. gin ©ebenfblatt
Pon ^ertl)olb 3luerbad^ (©egenmart, VI. 51r. 45). — 3)er obenermä"^nte
„9k(^ruf" P. S. S)erenburg. — Sine Erinnerung an frül)ere Briten P. %. Ö5.
(^ad^gel. ©d^riften I. 296 ff.) — ^.)iacf)gel. ©c|riften V., moPon eine ©e=
©enncp. 793
t)oi'ataus9abc u. b. I. : %. @eigei*'i Seöen in SBrieren. -i^erauSgeg. 0. !Cubwig
m^n (ls78). ;3Qlob ^luerBadC).
^cnilCp: Saäpav üon ©. (6a§f ar @enepaeu§), 33ud)brucfer unb
@d)tiftftenei- ju ^öln äloifc^en 1532—1580. ©eBurtS^ unb lobegjo^t finb
unbefannt. Seine ^aupttliötiafeit föUt in bie ^eiiobe be§ ^ampie§ 3tt)ii(i)en
beni ^Tölncr S;omcnpitel unb bem mit bcr Iut"^enj(i)en SSen^egung ftim^jaf^ifirenben
Srjbildjoie .^ermann öon Söieb unb umia|te neben ben 2Berfen feiner eigenen
*45Tef|e Qurf) fold^e auetoärtiger öjficinen, namentlid) SIntttjerpener unb ßölnener
girmen, jolüie ben äiertag üon ©ct)n|ten, bie faft au&fcfilie^Ud^ bem ©ebiete ber
religiöfen ^^olemif, ber @ebetbud)litteratur unb ber amtlichen ^ircfienerlaffe an=
gel)örten unb ju beten 23erhiebe er auf ^Betreiben be§ 9iector§ ber Uniöeifität unter
bcr SSebingung nur !Qtt)oli[(^e S3üd)er ^u berlegen, ba§ faiferlid^e ^riöilegium
ert)a(ten f)atte. ^n feinem S3erlage erf(|ien aud) 1552 eine§ 2tnbernac^er 5Did)=
ter§ ^attt). ^reu^ g-aftnactitgfpiel (©oebefe @r. I, 319). 5La§ 3eirf)en feiner
2)rurferei toar eine 2:ud§f(i)eere, ber er entttieber bie Initialen J. G. ober S.
P. P. T. (Surgit Piüchrius Penia Tonsa) beigab, boc^ bebiente er fid) in fpätercr
3eit eines anberen @mblem§, ba§ 9tott)=©d)ol5 (Insignia Typograph. Sect. V,
N. 59) abgebilbet ^^at unb beffen ©t)mbolum lautet: Sicut lilium inter spinas.
5te^nlid) toie fo mand)e 2;t)pograp'§en feiner 3eit, bie toiffenfci)aitlid) unb litte=
rarifd§ tt)ätig toaren, roibmete aud^ @. bie ^ufieftunben , bie i^m ber betrieb
feines ®efc£)äite§ lie^, ber ©d)riftftetterei, tt)enn gleid§ feine po(emifd)e 2:ptigfeit
auf biefem ©ebiete feine befonbetg glüdlic^e ju nennen ift. S)enn über fein
profaifd)e§ |)aupttoei!, ba§ eine äöibertegung beS SteibanuS bejttjedte: .,Epi-
tome, roarf)afftigc SSefd)reibung ber öornemften 4")önbe(, fo fid) in gciftlid)en unb
weltlichen ©ac^en . . . öerlauffen l)aben" , 1559, f^ol. fättt felbft ber Sefuit
Jpar^l)eim in feiner Biblioth. Colon, p. 50 unb 250 ba§ Urtlieil, e§ fei ge=
fd)rieben „inl'eliciori Minerva", ©in jtoeiteS ö'^nlidieS Söexf, ein polemifd)er
X?aienfated)i§mu§ , fül)rt ben Xitel: „9tebe önb 3lnttt)ort ber je^igen ^^e^fP'it^
tung in ber Sl)ri[tlid)en ^ird)en" :c. 1542 unb 1557. 93on öerl)ältniBmä^ig
größerem Söert^e ift feine geiftlid)e, aud) mit ©rlaubni^ be§ .Kölner 9({att)e§
1539 öffentlid) aufgeführte .^omöbie : „Homulus. S)er fünben loin ift ber
2oib . . .", (Sötten bt; ^aSpar öon (Sennep. M. I). XL. 4. (@t)mn.=a3ibl. an
©t. ©ereon in ^öln ; ögl. aud) für bie fpäteren 3lu§gaben (Boebefe a. a. D.
317 — 18), btren 53ebeutung unb (ärfolg in ber 23erül)rung einer in ben reli=
giöfen kämpfen jener tt)eologifd) ftreitbaren 3^it f^ai-'f öentilirten i^rage, ber
3ted§tfertigung§lel)re liegt. UebrigenS ift nur ber atter!lcinfte J^eil biefe§ in
einer 3Jlifd)ung üon nieber= unb oberrl)einifd)em S)ialecte gefd)riebenen ©piele§
perfönlic^eS 6igentl)um be§ &. 5Die .g)auptquette tt)ar it)m, tuie er felbft in ber
SBorrebe ^ur erften 9lu§gabe fagt, eine mit gufä^en auS anberen beliebten
©fielen jener ^dt bereid)erte ^Bearbeitung be§ 1536 in feiner Dfficin gebrucCtcn
„Homulus" beS ^$etru§ S)ieftt)emiu§ unb bie englif d)c ^JJloralität „Every - man" ;
über anbere Guetten üergleid)e ©oebefc, Homulus unb Hekastus, .^annoü. 1857.
?lu§ biefen Cuetten, unb ba§ SSerbienft bleibt i^m unbeftritten, l)at @. e§ üer=
ftanben, ein ein!^eitlid)e§ funftgered)t ^ufammengefe^teS ©anjc ju fd)affen , „tnaS
un§ bagegen üon biefen befannt ift unb bie 5lrt unb SBeife biefer 3iifanimen=
fe^ung nöt^igen un§ bie moralifdie @emi§t)eit auf, ta^ @ennep'§ @tgent]§um§=
red)t felbft auf bie ©cenen, bereu Original nid)t me^r anjugeben ift, fe^r
3meifelf)after ^Jlatur ift." 3ltterbing§ beanfprud^te er, wie auS feiner Sorrebe ficft
ergibt, baffelbe aud) burd)au§ nid^t „"^ab id) mir fürgenommen, ejlidf)e materi)
barin ju treden") unb e§ mar ja, mie befannt, ba§ ©t)ftcm ber gegenfeitigen
3lu§plünberung in einer fo raftloS arbeitenben 3fit tuie ber be§ 16. 3^al)r^unbert§
mol ertlärlid^ unb öielfa^ recipirt. ©0 l^atte aud^ fieonl). Sulmann (ögl. S9b. IV
794 3ufä^c unö S3etid)tigungeti.
<B. 639) fein Scbenfen , ben „Homulus" beS @enne^ unb biefer toieberum ben
be§ ^Petrus öan S)ieft ju plünbevn, tDeI(i)er le^tcre j(i)Ue§ti(i) auf einer bem
16. S<i^i-'t)unbei-t angef)örenben engtifdien ^Jtoratität „Every-man" 16eru'£)t. 5ög(.
.^ametmann, Op. gen. bist. p. 1340. 2. (ännen, ^Xtieatr. 9}oi-fteE. in ber 9teid)§=
ftabt 6öln, in ber 3eitfd)r. für ^reu^. (Be\d). nnb ßanbegfunbe, 1869. @oebe!e,
^. ©engenBad^, ©. 54—76. 448-59. 605. »JlorrenBers, J?ölnifrf)e§ Siteratm--
leben im erften 33iertet be§ 16. S<i^i:^- ""^ ht\\tn „Homulus" (mit einem 5116=
brurfe be§ ©ebic^teS öon 1544), 9}ierjen 1873. — 6. % ©errure, Vaderlandsch
Museum voor nederl. letterk. etc. I (1855) 58t. 34 — 40. ^. f^ftancf.
3tt§ ^lad^brucfer gelangte @. ju einer bebenfüc^en 33erüt)mtt)eit burd^
6t)riacu§ ©Jjangenlberg, ber tüegen be§ öeriälfdtjten 9lac£)bructe§ be§ fteinen
ßQted)i§mu§ feine§ 3)ater§ iS^o'^ann ©pangenberg in feinem 33ucf) „SBiber bie
ööfe (Sieben in be§ 2;eutfet§ ^ernöffet ©piel" öon i'^m jagt : „S)er t)eiIofe 'OJknn
ßQgpar ©ennep, S3uct)brucEcr ju 6öün, "^at nict)t ©enüge bran , ba^ er mid^
unb anbere ©öangetifc^e fie^rer, \o nod) (ai§ lange (^ott toill) im ßeben finb, mit
unerfinbtid)cn Sügen |d)änbet unb Idftert , fonbern fd)onet auc^ berer nid^t , bie
nun öorlängft nad^ tiiet ge'^aBter 5!Jlüt)e unb Sreue im äßcinberge be§ Jperrn felig=
lidt) finb entfdilaffen, weldier ^la'^men, 6t)r unb gut 6)eiüd)te er it)nen abfd)neibet,
unb barju auct) i^re Strbeit unb ©dtjiiften nic£)t al§ ein et)rüdt)er 5Jlann, fdt)änb=
lidj öerfct)vct unb tierfälfd£)et. Hub ein foId)e§ rebtid)e§ ©tüdtein t)at er fonber=
lict) bemiefen an mciueg lieben SBatern feiigen ;Sol)ann ©pangenberg'S (iate=
d^i§mu§". 6l)riacu§ ©^jangenberg f)atte eine ®egenfd)rift gegen bie 2Biberlegung
be§ @leibanu§, 'mtiäje (S). im 2f- 1559 ^atte bruden laffen, gefdt)rieben , auf
toeli^e eine neue ©i^rift öon jenem folgte, unter bem Stitel: „(Sl^n ©rnft^aff
ttgc§ (Sef^jräc^ S^ifctien ^aäpar ®en | mp Surger unb Sud^bruder ^u | (Völlen
unb ßt^riaco ©pangeu j berg über bie @efd)id^t 93efd)vei | bung ^ol)anni§
©leibani. | ^Iten lieb^abern ber 2Bar^eit 5^ü^ | lid) unb fur^föeilidt) 3U lefen. j
MDLXI 1 " unb biefe ©d)rift ift für bie S3ud)brudergefdt)id^te mii^tig, ba fie
auf Slatt 8 ff. ba§ 9}erieic^niB ber öon ®. öerlcgten Sudler ent:§ält.
a^gl. ßeffer, Ajiftorie ber 33ud)bruderel) ©. 363 ff. (Seiner, Sud§brucfer=
fünft, III. «b. 254 ff. ©raffe, Öe^rbuct) ber ßitterärgefc^id)te III. 1. 3lbtl).
©. 158. 25arrentrapp , ö- ö. SBieb u. fein -}{eformation§öerfud£) in Äöln,
?ln^ang ©. 49*— 52*. ' j?etd^ner.
Bufä^c unb iBendjtigungett.
SSanb I.
©. 327: 3um Slrtifel mitbringen finb bie in Sb. VIII ©. 320 ff. im 3lrtifel
@aEa§ auf ©runb neuer ^^orfdtiungen gegebenen 2Serid)tigungen unb
3ufät^e 5u öergleii^en.
©. 591. 3. 21 ö. 0.: Snjiüifd^en erfd)ien: 91. ©mming^auä: g. SB. 9lrnolbi,
ßeben unb .©d)öpfungen eine§ beutfdtien Kaufmanns, äöeimar 1878.
@. 628. 3. 7 ö. 0.: ^naiüifd^en erfd^ien: ,^uräer \?eben§abri^ be§ lüeil. f.
preu|ifd§en @eneral§ @. ß. ö. Alfter k. , 'herausgegeben öon einem
©o^ne beffetben. ^Berlin 1878.
aSanb IV.
©. 142. 3. 1 ö. u.: Äüralic^ erfdt)ien: 6. ©örffel, ^ol). griebr. ^1)xiit, fein
Seben unb feine ©d)riften. ©in Seitrag jur ©ele'^rtengefdfiid^te be§
18. Sa^. Sei^jjig, Sreitfopf & prtel, 1878.
3uiä^e unb Scrtdjtigungcn. 795
S. 296. 3- 1 ö- »•: ^' ©rf)toai|, 2ehm be§ ©cnerale Äait üon Glaufetoi^
unb ber grau 'Dtaria üon (itaufettji^, geb. ©räfin S3rilf)(, mit Sriejen,
3luffäfeen k. 2 S9be. SSetlin, S)ümm(er, 1878.
33anb V.
3. 455. 3- 23 ö. 0. : ^n Jßonn in '^nüatBeii^ befinbet fic^ eine Saute mit
ber 3>njct)riit: „lUbrid^ 2)uiffoprugar ßutario A. 1521". Slljo ein
iüniter ber ^^amitie, mit @aspar gleichzeitig, ü. 3Baiiel(ett)Sfi, Öejcf). ber
Snftrumentatmuj. im 16. ^a^xi). (1878) ©. 31 3lnm. 2.
©. 525. 3. 16 ü. u. I. : Serün 1666 ^[t. 1662).
S9anb VI.
©. 482. 3- 1^ ö. u. I.: be§ ©uperintenbenten unb ber ^aftoren.
S. 485. 3. 21 ö. 0. I.: beffelben.
©. 683. 3. 8 ü. 0. l. : (Sc^tcagerS. ^önig griebric^ IL errichtete . . .
B. 684. 3- 7 b. 0. I.: 5lnfpannung (|t. Slnfd^auungj.
S. 684. 3- "23 f. b. 0. I. : ^er^og ^y. — einerfeitl an bie ^lotfirtjenbigfeit ber
@iege§befliffen^eit unb anbererfeit§ an bie nad) bamaligen ipeere§=
öerpflegungSeinrii^tungen gebotene 33et)ut|amfeit bei ben 9}orn)ärt§=
beraegungen gemannt burd) ic.
SSanb YIL
S. 163. 3. 13 ü. u.: Dtto öon f5forften]^aufen ftarb im ^. 1632. S)a§ @ut
^ill'^ofen bei ^ooeburg faujte er im ^. 1599 (Wening. Topographia
Bavariae, 2^1. III ©. 50). ö. Ceiele.
S. 164. 3. 10 ö. 0. t.: 763 (ft. 1763).
S. 213. 6otumnen=Ueberfd^rift l. : "i^xand (ft. ginfenftein).
©. 241. 3. 20 b. u. I.: Xrabemünbe (ft. Söarnemünbe).
©. 352. 3. 14 ö. u. ift ba§ ^omma :§inter 1330—34 ju tilgen.
©. 372. (i^Tet)moniu§) : S^ie bon mir au§ fvret)moniu§' ©d^riften entnommenen
biograp'^ifd^en 9^ac^ri(i)ten werben burd^ ben nadCitotgenben SSeitrag
tt)e|entii(^ ergänjt unb t^eiltoeife berid)tigt. ©tin^ing.
Dr. 9io(^u§ fji^eimann mürbe 1556 Äanäter ber gejürfteten ^^ropftei
i8er(i)te§gaben, ertoarb 1559 ben 9teic^§abet, 1567 ein ®ut p ©ber=
t)aujen bei 9teic^enf)all unb [tarb ben 9. 9}tai 1583. ©ein ©ot)n
^o^nn äöolfgang ö'reimann mürbe am 14. ^läx^ 1546 ju ^ngol=
ftabt geboren (SSud^otjer, Index chronologicus , 1599, p. 613) unb
empfing bafelbft am 27, ^uni 1571 ben S)octorgrab. ©eine @r=
nennung jum 9iegterung§ratf)e in SBurgtjüufen öom 1. Januar 1575
an erfolgte bereite (5nbe Dctober 1574. .^m ©ommer 1576 neben
3lnberen öom Äaifer al§ öfterreid^ifi^er SSeifi^er bes 9iei(^afammcr=
geri(^te§ präfentirt , toarb er am 28. ©eptember beffelbeu 3faf)re§
fierju gemät)(t unb am nädiftfotgenben 19. DZoüember öerpflic^tet; er
legte biefe§ 3lmt am 22. Mai 1581 nieber. -hierauf mürbe er am
9. 31uguft 1581 im 9fteid^§I)oiratf)e öerpflic^tet, am 7. Januar 1586
äum !aiferlitf)cn 5|]f aljgraien , am 30. S)fcember 1588 jum 53titgliebe
beg faifertic^en geheimen 9tatt)e§ ernannt, am 2. gebruar 1589 in
bemfelben inftallirt. ®a§ ^teictiebicefanjleramt ift i^m am 13. 3lpril
1594 ju '$rag übertragen morben, bod) fc^on am 13. 3tuguft 1597
erl^ielt er bie nadigefudtite (äntloffung. 9tun jog er fid^ auf ba§ 1596
796 ^ufö^e uni> 3?etic^tigungen.
zmoxhtnt Scfilo^ 9tanbec£ bei ^el'£)etm jurücf; am 10. 91ot)em6er
1610 geftorben toarb er in ber ititc^e be§ ba^ugc'^övigen S)oi7eö
3I(teffing beftattet (93ev'^anbtungen be§ f)iftorijd)en 53erein§ für bie
Dberpjatj unb 9tegen§burg 33b. V, 1839, ©. 45). ©röBtenttieitä eine
fet)r umftänblic^e Slutobiogrop'^ie , ber aud^ bie meiften ber gegen=
toärtigen eingaben entnommen finb , ift bie öon SBotfgang i^rreimann
im S- 1584 öerfafete unb bi§ 1603 fortgeje^tc „^au§(|ronif", njobon
id§ ?(bjc&rift beft^e, toä^renb i^. ^. ßipotoSh) in feinen „Urgef(i)id^ten
öon ^ünd^en" X^. II ©. 623—650 nur einen 6i§ 1587 reii^enben
3lu§jug tieröffentlirf)te. 3(u^erbcm ^at fyreimann im ^. 1598 ein
„Stammen = 2Bappen= unb 5reunbf(|aft§Bu(^" öerfa^t, lüobon eine
Slöfd^rift auf ber fönigl. .g)of= unb (5taat§bif)Iiott)ef ju ^ünd)en;
in biefem SBerfe fonnte er geneatogifd^e 'Jtadirid^ten über eine 30'^!=
reiche SSertoanbtjd^alt unb ©cEirtiägerfdiaft geben, benn er l§atte öier
i^rauen unb fünf^e^n ^inber. ö. De feie.
6. 383. 3. 6 ö. u.: S)er m-tifel f^riberi^, gJie(d)ior, ift l^ier ju ftreid^en,
ba er S, 390 voce g^rieberid) no(^mat§ folgt (toobei übrigen^
bat)ingeftellt bleibt , tt)etd)e ©d^reibung be§ DtamenS bie correcte ift.
2öir bemer!en, bo^ tüir bcn auf ©. 383 ftctjenben ?lrti!el erft er=
l^ielten, at§ fid§ ba§ 9)lanufcript be§ SSudiftaben 5. längft nid^t mel^r in
unferer .^anb befanb unb baburdC) eine ßontrote nidf)t met)r mbglid^ war.
S)ie ülebaction mu^ bie 5ßerfd£)utbung ber S^rrung infofern abte^nenX
SSanb VIII.
B. 139. 3. 25 ö. 0. I.: becnbet, feit 1648 at§ Se^rer in ?ltt=S)amm unb al§
$vofeffor ber ^Jlufif am ©tettiner ©Qmnafium. — 2>afelbft 3-1*^
b. u. I. : ju Seitmeri^ big er in ba§ ^prämonftratenferftift ©tra'^ott)
auf bem ^rager .^rabfdf)in eintrat, mo er am 16. Dctober 1683 (tarb.
(S5gl. geti§, Biogr. univ. des music. 1862 III, 348). (©d^ttiarje.)
©. 145. 3- 20 : gromonb (er nennt fid^ (ateinifd^ Fromondus) bef^eiligte fid^
aud^ an ber ßontroberfe über ba§ (5opernicanifdf)e ©t)ftem mit ben
bciben ©d£)riften: „Ant- Arislarchus, sive Terra inimobilis, liber
unicus, in quo decretum S. Congregationis Cardinaliuni S. R. E.
anno 1616 adversus Pythagorico - Copernicanos editum defenditur",
1631, unb ,,Vesta, seu Ant-Aristarchi vindex adversus Jac. Lanspergium,
Philippi filium, in quo S. Congregationis Cardinalium a. 1616 et
alterum a. 1633 adversus Copernicanos terrae motores editum iterum
defenditur". 1634.
©. 244. 3. 27 ö. 0.: S5gt. audf) Mt-^ol. 93Iätter 82. Sb. (1878), ©. 549 ff.
©. 312. 3- 11 ö. u. : 3uv urfunbl. Sitteratur über 6. ö. ©ailingen ift nod)
äu tagt.: e^r 2Ö. .©d^irmcr, (Befd^. b. StteS^eim in «mittelfranfen. Slürnb.
1842. 5Derfelbe: ©cfd^id^te b. 3öinb§^eim. ^lürnb. 1848 ©. 48.
Monumenta Zollerana Tom. IV, 303—306. @ef(f)id^te ber 3fiei(^§=
ftabt 9lürnberg 3ur 3cit Äaifer Äarl§ IV. S3erlin 1873 ©. 182 f.
♦ S 0 d£) n e r.
©. 357. 3. 9 b. 0.: 33gl. aud£) f^reiburger 2)iöcefan=3trdt)ib 11. Sb., ©. 285,
©. 443. 3- 7 b. u. (. ; ber ©dt)n)iegerfof)n, mar 3Beber k.
$terer'ftf)e ^oftii^bruderet. <SU\)l)an &iibel & do. in 9itten6urfl.
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